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1
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HANDWÖRTERBUCH
DER
REINEN UND ANGEWANDTEN
CHEMIE.
Holzschnitte
ans dem xylographischea Atelier
von Friedrich Viewcg und Sohn
in Braanschweig.
Papier
aus der mechatiischen Papier-Fabrik
der Gebrüder Vioweg zu Wendbausen
bei Brauuschweig.
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HANDWÖRTERBUCH
DER
REINEN UND ANGEWANDTEN
CHEMIE.
Begründet von
Dr. J. von Liebig, Dr. J. C. Poggendorff und Dr. Fr. Wöhler,
Prof«Mor«a an d«a Unirtnltltcn Mineben, Berlin und OAttingen.
Zweite Auflage,
neu bearbeitet
von mehren Gelehrten
und redigirt von
Dr. Hermann v. Fehling,
Pvofeaaor der Chemie In Stuttgart.
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Zweiter B a' nrjü-;': .- :-- ,
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Mit zahlrd^fMen in den Text eingedruckten Ilolzstichen.
Braunschweig,
Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn.
18 5 8.
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Die Herausgabe einer Uebersetzung in englischer, firanzösisoher und anderen
modernen Sprachen wird Torbehalten.
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Animalisation heisst in der Physiologie der noch sehr dun-
kele Process des thierischen Lebens, wodurch die genossenen Nahmngs»
mittel in Bestandtheile des thierischen Körpers amgewandelt werden (s.
Verdau an g). Man bezeichnet in der Technik damit auch die Opera-
tionen, welche zum Zwecke haben Pflanzenfaser mit passenden soge-
Dunten Proteinstoffen zu vereinigen, z. B. bei Behandlung von Baum-
wolle mit Casein- Ammoniak oder ähnlichen Korpern. P.
Animeharz. Von diesem als Bäuchermittel in den Handel
kommenden Harze werden drei Sorten angeführt: das westindische, das
utindidche oder orientalische and das braune amerikanisch^. Das west-
indische Anime stammt von Hymenaea Courharil^ einem in West-
iodien and Südamerika einheimischen Baume, und wird daher auch
Conrbarilharz genannt. Es wird durch Einschnitte in Stamm und
Zweige des vorgenannten, zur Familie der Caeaalpineae gehörigen Bau-
tm gewonnen. Ueber die Abstammung der Übrigen Sorten ist nichts
&beres bekannnt.
Das westindische Anime bildet blassgelbe Stücke von glasigem
Bnch und bestäubter Oberfläche, erweicht schon im Munde, schmeckt
wie Mastix, und riecht angenehm, besonders beim Erhitzen, daher seine
Anwendung zum Rauchern. Die frisch glänzenden Bruchflächen des-
lelben werden allmälig trübe, matt und undurchsichtig, ähnlich der
»senigen Säure.
Das specifische Gewicht des Animeharzes wurde für die westin-
discheSorte zu 1,028 (Brisson) und 1,032 (Paolii) gefunden, das des
bnnnen amerikanischen =r 1,0781 , und das des orientalischen =
1,027. Wie viele andere Harze brennt das Animeharz mit lebhafter
Pl^me. Das westindische Anime ist in Wasser unlöslich, dagegen
löslich in Terpentinöl, und wie es scheint auch in anderen ätherischen
nd fetten Oelen. Siedender Alkohol löst es vollständig zu einer Lack-
iQ9 röthenden Losung , kalter Alkohol nur zum Theil. Nach seinem
Verhalten zu kaltem Alkohol enthält das westindische Anime wenig-
^eas zwei verschiedene Substanzen: eine in kaltem Alkohol lösliche,
^d eine darin unlösliche. Erstere beträgt dem Gewichte nach etwa
HProc. Wird der in kaltem Alkohol unlösliche Theil in siedendem
Alkohol gelöst, so scheidet sich daraus allmälig ein krystallisirter
Körper in farblosen feinen Nadeln nb, welche, nach Laurent, aus Koh-
^off83,6, Wasserstoff 11,5 und Sauerstoff 4,9 bestehen, woraus er
0 Literatur: Paoli, Trommsdorffs Jonm. Bd. IX, St 1, S. 40, 61. — Qni-
^««'t, Bevne scientif. et iodnstr. T. XVI, p. 177. — Laurent, Ajuial. de chim. et
*«pkyi. T. LXVI, p. 816. — Gerhardt, Trait^ de chim. organ. T. III, p. 669.
"" f ühol, ehendas.
Bn4wdft««adi der Chemie. 2te Auf. Bd. U. 1
2 Animin.
die Formel C4oHsi03 berechnet. Der in kaltem Alkohol lösliche
Theil des Animeharzes scheint, nach Laurent, mit dem ctUarz des
Terpentins identisch zu sein. Ansser diesen beiden Bestandtheilen ent*
hält das Animeharz etwa 2,4 Proc. eines bei der Destillation mit Was-
ser übergehenden, aber nicht näher studirten ätherischen Oeles.
Es muss übrigens bemerkt werden, dass über Natur, Bezeichnung
und Abstammung des Animeharzes noch keineswegs vollkommen überein-
stimmende Angaben vorliegen. So verstehen die Franzosen unter Resine
anxme den Copal , und nennen unser Anime Copal oder Äfume tendre.
Nach Fi 1 hol wäre das aus Indien stammende Harz, aus gröblichen,
rundlichen Stücken bestehend, von vollkommen weisser Farbe, bei 100^
C. schmelzbar, in kaltem Terpentinöl vollkommen zu Firnis löslich, in
wasserfreiem Alkohol dagegen in der Kälte so gut wie unlöslich.
Nach Filhol besteht dieses Harz aus 85,8 Thln. Kohlenstoff, 11,5
Wasserstoff und 8,2 Sauerstoff. Das braune amerikanische Anime er-
weicht nicht im Munde, und ist in kaltem Alkohol vollständig lös-
lich. Das orientalische Anime, welches, nach Guibourt, gar nicht
mehr in den Handel kommt, ist ebenfalls in kaltem Alkohol vollstän-
dig löslich, und scheint aus zwei durch ihre Schmelzpunkte unter-
schiedenen Harzen zu bestehen. G — B.
A n i in i n nennt Unverdorben 0 ^in^ organische Base , welche
er (1829) nebst mehreren ähnlichen Körpern in dem rectifioirten Thier-
Öl, dem sogenannten D ippel' sehen Oel, dem Oleum ammaU Dippüä ge-
funden zu haben glaubt, eine Base, die aber noch nicht im reinen Zu*
Stande dargestellt und die auch noch nicht näher untersucht ist.
Unverdorben giebt als Weg, das Animin von den sonst noch im
Thieröl enthaltenen flüchtigen Basen zu trennen, folgenden an. Man
versetzt das rectiücirte Thieröl mit doppelt so viel Schwefelsälnre als nö-
thig ist, die flüchtigen stark riechenden Basen zu nautralisiren , dampft
die Masse im Wasserbade ein, und destillirt dann nach Zusatz von
überschüssigem Kalk. Das Destillat, welches Odorin (Picolin) neben
Animin enthält, wird mit 3 Thln. Wasser geschüttelt, wobei sich rei-
nes (?) Animin abscheidet, während in der Auflösung alles Odorin ne-
ben etwas Animin bleibt; wird zu dieser Lpsung kochendes wässeriges
Quecksilberchlorid gesetzt, so scheidet sieh sogleich schon in der Hitze
eine Verbindung desselben mit dem Animin in ölartigen Tropfen ab,
die beim Erkalten fest werden.
Das Animin kann auch durch fractionirte Destillation des mit Sal-
petersäure neutralisirten Dippel's Oel erhalten werden, wobei zuerst
Picolin, später dieses gemengt mit Animin übergeht, welche sich dann
durch Zusatz von etwas Wasser trennen lassen, indem das Animin et-
was weniger flüchtig und weniger in Wasser löslich ist als das Odorin.
Das Animin ist, nach Unverdorben, ein farbloses Oel von nicht
bekannter Zusammensetzung ; es löst sich in 20 Thln. kaltem, weniger
leicht in heissem Wasser; es löst sich in jedem Verhältniss in Wein-
geist, Aether, in flüchtigen und fetten Oelen ; es löst Harze, selbst Co-
pal auf.
Das Animin reagirt schwach basisch und verbindet sich mit den
Säuren; seine Salze sind in Wasser löslich; durch Sieden verlieren die
0 Pogg. Annal. d. Phys. u. Chem. Bd. XI, S. 59 u. 67.
f
AnioiL — AnisalkohoL 3
neniraleiK Salze einen Theil der Base; setzt man überschüssige Sänre
m, so TeTflüchtigt sich die Base nicht.
Das benzoesanre Animin ist eine ölige, leichter in siedendem als
ia kaltem Wasser lösliche Verbindung. Mit Schwefelsäure bildet die
Base ein nicht kiystallisirbares Salz.
Das chlorwasserstoffsaure Animin giebt mit Goldchlorid eine ölige^
Bit Platinchlorid eine krystallisirbare in Wasser wenig lösliche Doppel-
ferbindung; mit überschüssigem Quecksilberchlorid bildet es eine in
der Hitze ölardge gelbliche Verbindung, welche beim Erkalten hart
und spröde wird, aus der beim anhaltenden Sieden das Animin sich
aber verflüchtigt. Pe.
Anion (von aviov^ das Hinaufgehende) nennt Faraday den
bei Zersetzung eines Elektrolyten an der östlichen Fläche oder der
T, Anode *'^ sich abscheidenden Bestandtheil; darnach wäre bei Zerlegung
iron Wasser der Sauerstoff, bei der Zerlegtmg von Chlorwasserstoff das
Chlor das Anion oder derjenige Bestandtheil des Elektrolyten, den man
gewöhnlich als den elektronegativen bezeichnet (s. Elektrode und
Elektrolyt). Pe,
Anisaly sjm. mit Anisylwasserstoff.
Anisalkohol. Von Cannizzaro und Bertagnini ^) ent-
^ Fon»el:C..fi,oO.=«O.C.H.O.oder^«H.g,jo,.
Der Anisalkohol entsteht auf Reiche Weise aus dem Anisylwasser-
Koff, wie der BenzoSalkohol aus dem Benzoylwasserstoff (Bitterman-
delöl). — Vermischt man die Auflösung des Anisyl Wasserstoffs in einem
gleichen Volumen Weingeist mit dem dreifachen Volumen alkoholischer
Kalilösang von etwa 7® Baum^ (1,052 specif. Gewicht), so tritt bald
unter geringer Wärmeentwickelung eine Spaltung desselben ein in Anis-
alkohol und Anisylsäure, deren Kalisalz sich in solcher Menge abschei-
det, das« die Flüssigkeit nach einiger Zeit zu einem krystallinischen
Brei erstarrt. Der chemische Vorgang lässt sich durch folgende Glei-
ekong aasdrücken:
i.CifiHgO* -I- KO.HO = KP ^CiflgTOft + C16H10O4
Anisylwasser- Anisylsaures Kali Anisalko-
stoff hol.
Nach zehn- bis zwölfständiger Einwirkung wird der Weingeist
im Wasserbade abdestillirt, der Rückstand in Wasser vertheilt und mit
Aether extrahirt. Die abgehobene ätherische Lösung enthält den Anis-
alkohol, der beim Verdunsten des Aethers als braunes Oel zurückbleibt,
QDd durch Destillation bei 2500 bis 260o G. als farblose Flüssigkeit,
die beim Abkühlen krystallinisch erstarrt, erhalten wird. — Gewöhn-
lieh ist dem so dargestellten Anisalkohol noch etwas unveränderter
Anisylwasserstoff beigemengt, der leicht durch sein Verhalten beim
SehnUeln mit einer concentrirten Lösung von zweifach -schwefligsaurem
Natron (s. Anisylwasserstoff) zu erkennen ist. Zur Beseitigung
<iieser Verunreinigung muss das Präparat nochmals mit einer kleinen
*) U naoyo Cimento T. I, p. 99; im Anszuge: Annal. d. Chem. n. Pharm.
IM. XCVm, S. 188.
4 Anisamid und Anisanilid. — Anisidid.
Menge weiogeistiger Kalilösung behandelt, und der Anisalkohol in
einem Strome von Kohlensäure destillirt, ond nach dem Erstarren zwi-
schen Fliesspapier gepresst werden.
Der reine Aniaalkohol krystallisirt in harten weissen glänzenden
Nadeln, schmilzt bei 23» C. und siedet zwischen 248o und 250oC. Im
feuchten Zustande liegt der Schmelzpunkt viel niedriger. Er ist schwe-
rer als Wasser, hat einen schwachen Spirituosen und süsslichen Ge-
ruch und einen brennenden, an Anisöl erinnernden Geschmack. Bei
gewöhnlicher Temperatur verändert er sich nicht an der Luft, erhitzt
man ihn aber bis nahe zum Siedepunkt, so absorbirt er Sauerstoff und
verwandelt sich in Anisylwasserstoff:
C16H10O4 + 2 O = 2 H O + CoeÄjO*
Anisalkohol Anisylwasserstoff.
Dieselbe Oxydation erfolgt schon bei gewöhnlicher Temperatur
in Berührung mit Platinschwarz, sowie beim Erwärmen mit verdünnter
Salpetersäure und bei der Einwirkung anderer oxydirender Materien.
In allen diesen Fällen schreitet indess die Oxydation rasch weiter fort,
wodurch der Anisylwasserstoff seinerseits in Anisylsäure verwandelt
wird: C16H8O4 + 20 = CieSgOe.
Trägt man Kalium in geschmolzenen Anisalkohol ein, so er-
folgt heitige Wadserstoffentwickelung, und beim Erkalten der gelb ge-
färbten Flüssigkeit scheidet sich die Kaliumverbindung des Anisalkohols
(wahrscheinlich KO . CieHgOs = ^K^i ^«^ ^" *® voluminöser
Form aus, dass das Ganze butterähnlich erstarrt. — Massig concentrirte
Schwefelsäure und wasserfreie Phosphorsäure verwandeln den Alkohol in
einen röthlichen harzähnlichen Körper. Beim Erwärmen mit Chlor-
zink verliert er Wasserstoff und Sauerstoff in der Form von Wasser
und geht dadurch in eine ölartige Flüssigkeit über, die beim Erkal-
ten zu einer harten, durchsichtigen, glasähnlichen, in Wasser und
Weingeist unlöslichen Masse erstarrt.
Von den Aetherarten des Anisalkohols ist noch keine näher unter-
sucht worden; man weiss nur, dass der Alkohol Chlorwasserstoffgad
unter Wärmeentwickelung absorbirt, und damit in Wasser und ein farb-
loses, nuch Früchten riechendes und brennend schmeckendes Oel zer-
fällt, das durch weingeistige Ammoniaklösung zerlegt wird, unteY Bil-
dung von Salmiak und einer Flüssigkeit, tlie alle Eigenschaften des
Anisalkohols besitzt. St,
Anisamid und Anisanilid syn. mit Anisylamid
und Anisylanilid.
Anisaminsäure syn. mit Amidoanisylsäure, s.
unter Anisylsäure.
Anisen, syn. mit Toluol.
Anishydramid das Zersetzungsproduct des Anisyl Wasserstoffs
durch Ammoniak (s. Anisylwasserstoff).
Anisidid. Eine dem Amid analoge Bezeichnung, für diejeni*
Anisidin. 5
gen Derivate anwendbar, welche sich zum Anisidin ähnlich verhalten,
wie das Amid zum Ammoniak, d. h. in denen 1 Aeq. Wasserstoff durch
Kohlenwasserstoffe vertreten ist, wie in Nitranisidin oder Nitranisidid
(i. anter Anisidin). Fe,
AniSldin^ Methylphenidin von Gerhardt Organische,
floehtige Salzbase, von Cahoars^) entdeckt. Formel: Ci^HeNO^s
Diese Basis entsteht dnrch Einwirkung einer alkoholischen Lösung
von Schwefelammonium auf Nitranisol (s. d. unter Anisol) unter Ab-
scheidung von Schwefel. Die alkoholische Flüssigkeit wird nach voll-
endeter Zersetzung bei gelinder Wärme bis zum Viertel ihres Yolu«
meoa eingedampft, die rückständige braune Masse mit einem kleinen
Ceberschnss an Siüzsäure versetzt und darauf nach Zusatz von Wasser
— zur Abscheidung des Schwefels — flltrirt. Die durchlaufende gelb-
brsune Losnng setzt bei fortgesetztem Verdampfen die chlorwasserstoff-
laore Verbindung der Base in nadelförraigen Krjstallen ab. Wird
das durch Pressen zwischen Löschpapier gereinigte Salz mit concen-
trirter Kalilauge vermischt und aus einer Betorte destillirt, so geht das
Aniädin mit den Wasserdämpfen als ein öliger Körper Über, welcher
beim Erkalten erstarrt.
Die Eigenschaften und Verbindungen des Anisidins sind nicht
genuer beschrieben, da die Schwierigkeit, das Nitranisol in grösseren
QB&ititäten zu ge?rinnen, die Darstellung einer grösseren Menge die-
«rSobstanz verhinderte.
Das Chlorwasserstoff saure Anisidin ist in Wasser und Al-
kohol löslich, und krystalUsirt beim langsamen Verdampfen in feinen
dubiosen Nadeln. , Wird eine concentrirte heisse (alkoholische?) Lö-
simg des Salzes mit einer concentrirten Platinchloridlösung versetzt,
90 scheidet sich .das Platindo'ppelsalz beim Erkalten in gelben Na-
deln ans.
Mit Oxalsäure, Salpetersäure und Schwefelsäure bildet die Base
eben&lls krystallisirende Salze.
Das Anisidin unterscheidet sich in seiner Zusammensetzung vom
Toluidin (G14B9N) nur durch 2 Aeq. Sauerstoff, welche es mehr ent-
halt. Betrachtet man das Nitranisol, woraus es entstanden ist, nach
der Formel C14H7O8 . NO4 zusammengesetzt, so kann man sich von
semer Bildung durch folgende' einfache Gleichung Rechenschaft geben:
CiAO, . NO4 + 6NH4S — QnEjO^.B^N+ 6NHä + 6S + 4HO.
Nitranisol Anisidin
Als Substitutionsproducte jener Basis, nämlich als Anisidin, worin 1
oder 2 Aeq. Wasaerstoff durch eben so viele Aequivalente üntersalpeter-
more vertreten sind, lassen sich, das Nitranisidin und Binitrani-
stdin betrachten. Sie entstehen auf ganz ähnliche Weise, wie das Ani-
aidia, durch Behandlung von Binitranisol und Trinitranisol mit Schwe-
felammonium, und haben ebenfalls basische Eigenschaften. Ob sie di-
leet durch Einwirkung von Salpetersäure auf Anisidin dargestellt wer-
den kÖmieiL, ist nicht angegeben.
') Asnal. de chim. ei de phj^. [3.] T. XXVII, p. 448.
6 ' AniskIm.
Nitranisidin: Q.Hg^OjNO, = <^<*'«(^<^«)^j N.
Beim Vermischen alkoholischer Lösungen von Binitranisol und
Schwefelammonium tritt eine lebhafte Beaction ein, unter Absate einer
reichlichen Menge Schwefel. Die davon abfiltrirte Flüssigkeit, welche
das Nitranisidin aufgelöst enthält, wird bei gelinder Wärme bis zum
Drittel ihres Volumens eingedampft, mit einem geringen Ueberschuss
von Salzsäure versetzt, gekocht und filtrirt. Beim Vermischen des
Filtrats mit kaustischem Ammoniak scheidet sich die Base als röthli-
eher krystallinischer Niederschlag ab, den man wiederholt mit kaltem
Wasser wäscht, trocknet und aus siedendem Weingeist umkrystallisirt.
Beim langsamen Erkalten der Lösung scheidet sich das Nitranisidin
in langen granatrothen, stark glänzenden Nadeln ab. Die Bildung des
Nitranisidins aus dem Binitranisol [Ci4ft«(N 04)02 .NO4] ergiebt sich
aus derselben Gleichung, welche für die Bildung des Anisidins aus
Nitranisol mitgetheilt worden ist.
In kaltem Wasser ist das Nitranisidin unlöslich, in heissem Was-
ser ziemlich leicht löslich, so dass die Lösung beim Erkalten zu einer
dichten Krystallmasse gesteht. Kochender Weingeist nimmt es in an-
sehnlicher Menge auf, und setzt einen grossen Theil beim Erkalten wie-
der ab. Auch von Aether wird es gelöst, besonders in der Wärme.
Wird die ätherische Lösung der freiwilligen Verdunstung überlassen
80 schiesst es in langen orangerothen, nadeiförmigen Erjstallen an.
Das Nitranisidin schmilzt in gelinder Wärme und erstarrt beim
Erkalten wieder zu einer strahligen Masse, welche aus langen feinen
Nadeln besteht. Wenn man aber allmälig stärker erhitzt, so entwickeln
sich gelbe Dämpfe, die sich zu feinen gelben Nadeln condensiren. —
Brom wirkt lebhaft ein und erzeugt damit eine harzige Masse, welche
keine basischen Eigenschaften mehr besitzt. — Rauchende Salpeter-
säure zersetzt es ebenfalls, besonders beim Erwärjnen, unter lebhafter
Gasentwickelung, und verwandelt es in eine zähe Masse, die sich nicht
mehr in Säuren auflöst. — Benzoylchlorid verwandelt es in Ben«-
nitranisidid ; Cinnamylchlorid in Cinnnitranisidid. Beide Verbin-
dungen wurden von Cahours^) dargestellt.
BenznitTAniBidid (^Benzanindide nitrique)^ C^s^u^i^s^ ist ein
indifferenter Körper, welcher unter gleichzeitiger Salzsäureentwicke-
lung entsteht, wenn man trockenes Nitranisidin mit Benzoylchlorid ge-
linde erwärmt Die Bildung dieser Verbindung und vielleicht auch
ihre rationelle Formel lässt sich durch folgende Gleichung darstellen:
Ci4H6(N04)02J jj_^^^g^^^ gj ^ ^^j^Ci4HfiÖ*04)g^
Nitranisidin Benzoylchlorid „ , -
Benznitranisidid.
Um das Benznitranisidid rein zu erhalten, wird die erkaltete Masse
nach einander mit Wasser, Salzsäure und verdünnter £[alilauge ausge-
zogen, noch einige Mal mit Wasser gewaschen, und in der möglichst
geringen Menge kochendem Weingeist gelöst, woraus es sich beim
Erkalten in hellgelben feinen Nadeln fast vollständig wieder abschei-
det In Wasser ist es ganz unlöslich; kochender Aether nimmt es in
^) AnnaL de ohim. et de phys. [8.] T. XXVU, p. 460.
Anisidin. 7
gwiDger Menge aaf, und läast es beim Erkalten als krystallinisches
PiÜTer wieder faUen. Es schmilzt in gelinder Wärme und verflOchtigt
mk bei st&rkerem Erhitzen.
Cinnnitranisidid (Cinnanisidide nitriqtie)^ Cgj Hu ^2 0% =
Ci4H,(NO4)0,.
Cig 87 OA N, entsteht durch Einwirkung von Nitranisidin auf
ff (
Cnmamylchlorid unter denselben Verhältnissen wie die vorhergehende
Verbindung, und enthält, wenn die rationelle Formel für die vorher-
gehende Verbindung richtig ist, an der Stelle des Benzoyls Cinnamyl
(Ciefft^s)* Auf gleiche Weise wie jenes gereinigt und aus kochendem
Weingei«t krystallisirt, bildet es kleine gelbliche Nadeln, die in Was-
ser nnlÖBÜch und auch in kaltem Weingeist nur wenig löslich sind.
Von kochendem Weingeist wird es in ziemlicher Menge gelöst.
Aehnliche Verbindungen hat Cahours durch Behandlung von
Cumylchlorid und Anisylchlorid mit Nitranisidin erhalten, aber
sieht näher untersucht
Verbindungen des Nitranisidins mit Säuren. Von den
Salzen des Nitranisidins sind folgende untersucht worden.
Chlorwasserstoffsaures Nitranisidin: Ci4ff8(N04)N03 .
H€L Es scheidet sich aus der Auflösung der Base in kochender Salz-
siare beim langsamen Erkalten in bräunlich gefärbten Nadeln ab, die
teeh Pressen zwischen Fliesspapier und Umkrystallisiren fast farblos er*
Wltcn werden. Es ist in kaltem Wasser wenig, in kochendem sehr leicht
foEch. Wird die heiss gesättigte Lösung mit Platinchlorid vermischt,
so scheidet sich beim Erkalten die Platinverbindung: Ci4ffg(N04)NOs .
fl€l -f- PtGl}, in hellbraunen Nadeln ab.
Bromwasserstoffsaures Nitranisidin, Ci4ffg (N04)N02 .
HBr, wird wie das vorige Salz in fast farblosen Nadeln gewonnen.
Schwefelsaures Nitranisidin, Ci4H8(N04)N03, HO . SOs,
«iid erhalten durch Auflösen der Base in gelinde erwärmter, mit
dem dreifachen Volumen Wasser verdünnter Schwefelsäure und Ver-
dampfen ZOT dicken STrupsconsistenz. Die beim Erkalten krystalli-
oisch erstarrende Masse wird zwischen Fliesspapier gepresst und durch
üaikrTStallisiren im luftleeren Baume über Schwefelsäure gereinigt.
Es krystallisirt in zarten seidenglänzenden, concentrisch gruppirten Na-
ddn, die sich in Wasser, das etwas Schwefelsäure enthält, leicht lösen.
Salpetersaures Nitranisidin, C^Hs (N04)NOa.IlO.N06,
erhalt man durch Auflösen der Base in erwärmter Salpetersäure von
1,36 specif. €rewioht, die zuvor mit ihrem gleichen Volumen Was-
ler verdOnnt ist Beim Erkalten der Lösung scheidet sich das Salz
fiut vollständig in bräunlichen Nadeln ab, die man zwischen Fliess-
pepier presst und durch ümkrystallisiren aus heissem Wasser, dem man
einige Tropfen Salpetersäure zusetzt, reinigt.
Bmitraniflidin: C,»,N^O^o= ^i*'**^'^'^*)«gjJN.
Es entsteht auf gleiche Weise aus demTrinitranisol (Ci4}(5(N04)30s •
NO4), wie das Anisidin und Nitranisidin aus Nitranisol und Bini-
tramsol.
Digerirt man bei gelinder Wärme Trinitranisol mit einer alkoholi-
lehen Lösung von Schwefelammonium, so nimmt die Flüssigkeit eine
8 Anisin. — AnisöL
blutrothe Farbe an, welche bald in tief dunkelbraun übergeht, und nach
einiger Zeit gesteht dieselbe zu einer dichten Masse. Sobald die Erwir-
kung nachlässt, erhitzt man die Mischung zum Sieden, dampft unge-
fähr bis zum Drittel ihres Volumens ab, und versetzt den Bückstand
mit einem Ueberschuss von Salzsäure, welche mit ihrem gleichen Vo-
lumen Wasser verdünnt ist. Nachdem alsdann die schwach saure Flüs-
sigkeit abermals bis zum Kochen erhitzt und kochend filtrirt ist, erhält
man eine klare, braun gefärbte Flüssigkeit, welche, mit einem ueber-
schuss von Ammoniak versetzt, sich trübt und die Basis in dunkel-
rothen Flocken absetzt. Der Niederschlag, wiederholt mit destillirtem
Wasser gewaschen und darauf im Vacuum oder im Wasserbade ge-
rocknet, besitzt folgende Eigenschaften: Er bildet ein bald lebhaft ro-
thes, bald mehr violettrothes Pulver, je nachdem man zur Fällung eine
mehr oder weniger concentrirte Lösung genommen hat, ohne Spur von
krystallinischer Beschaffenheit. Wasser löst von dieser Basis bei ge-
wöhnlicher Temperatur nur Spuren, selbst kochendes Wasser nimmt we-
nig davon auf und färbt sich damit orangegelb. Sie ist gleichfalls io
kaltem Alkohol nur wenig löslich, aber ziemlich leicht löslich in ko-
chendem, und setzt sich daraus beim langsamen Erkalten in schwärz-
lich violetten Nadeln ab, ähnlich den Krystallen des Zinnobers. Aether
löst selbst beim Kochen nur wenig davon auf, beim Verdunsten kry-
stallisirt sie in sehr dunkel violetten Nadeln. — Sie schmilzt schon bei
massig erhöhter Temperatur, und erstarrt beim Erkalten zu einer strah-
lig krystallinischen Masse von schwärzlich violetter Farbe.
Das Binitranisidin besitzt im Vergleich zum Nitranisidin und Ani-
sidin nur schwach basische Eigenschaften. Es verbindet sich zwar mit
Salzsäure, Salpetersäure und Schwefelsäure, wenn man die Säuren im
Ueberschuss zusetzt, zu krystallisirbaren im Wasser löslichen Salzen,
aber diese Salze werden schon durch Wasser zerlegt. Rauchende Sal-
petersäure wirkt beim Kochen lebhaft auf Binitranisidin ein, und er-
zeugt damit eine bräunlich gelbe, harzige Substanz, welche sich in
Kali mit sehr intensiv brauner Farbe löst.
(Ä K.) SU
Anisin, von Bertagnini entdeckte organische Base, durch Um-
wandlung von Anishydramid entstanden; s. bei Anishydramid unter
Anisyl Wasserstoff.
Anisinsäure, syn. mit Anisylsäure.
Anisinsalpetersäure s. Nitranisylsäure unter
Anisylsäure.
Anis öl, das ätherische Oel der Samen von Pimpineüa tmisium^
aus denen es durch Destillation mit Wasser gewonnen wird. Nach
van He es geben 20 Pfund Anissamen 6^/2 Unzen Oel. Es ist ein
neutrales gelblichep, etwas dickflüssiges Liquidum von eigenthümlich
aromatischem Geruch und Geschmack; sein specif. Gewicht schwankt
zwischen 0,977 bis 0,991, Chardin fand sogar ein Oel, welches schwe-
rer als Wasser war. Es mischt sich mit kaltem Weingeist von 0,806
in jedem Verhältniss und löst sich bei 250 C. in 2,4 Thln. Weingeist
von 0,84 specif. Gewicht
Es besteht aus zwei Oelen, einem Elaeopten und einem Stear-
AnisöL 9
opten, welche nach den Analysen von Blatichet nnd SelP) gleiche
Zosaminensetzmig haben, entsprechend der Formel CjoHitO). — üeber
die Eigenschaften des reinen Elaeoptens ist nichts Näheres bekannt. Das
Slearopten beträgt, nach Cahonrs, ungefähr Vs ^^^ Gewicht des
käuflichen Oels, seine Menge wechselt nach verschiedenen Umständen;
es scheidet sich bei-|- lO^G. nnd darunter in weissen Erystallblättchen
abw £U giebt indess Anisöl, welches unter allen Verhältnissen flüssig
bleibt» und demnach nur sehr wenig Stearopten enthalten kann. Das
Aniaöl abaorbirt Sauerstoff aus der Luft , wird dann dickflüssiger^ und
mlieit dadurch wie auch durch wiederholtes Umschmelzen di^ Eigen-
schaft, beim Abkühlen zu erstarren oder Stearopten abzusetzen. Es ab-
eorbirt ebenfalls Ammoniakgas und Chlorwasserstoffgas, erhitzt und
verdickt sich auf Zusatz von concentrirter Schwefelsäure, und wird von
Salpetersäure unter theilweiser Verharzung in Anisylwasserstoff und
Ani^lsäore verwandelt.
Wird Anisöl oder auch Fenchelöl (welches dasselbe Stearopten wie
dasAnisöl enthält) unter umschütte] n in eine kalt gesättigte wässerige
Aoflösiing von Jodkalium getropft, welche' so vielJod aufgelöst enthält,
als sie aufzunehmen vermag, so entsteht nach Will ^)^ein dickes gal»
krtardg^es Magma, das auf Zusatz von dem 6* bis 8fachen Vo-
hraen Weingeist eine pulverförmige Substanz absetzt, die etwa die
Hüfte des angewandten Oels beträgt Nach dem Trocknen stellt die-
ttibe ein lockeres blendendweisses amorphes Pulver dar, das weit über
100^ C. achmilzt und beim Erkalten amorph erstarrt. In höherer Tempe-
BtBr verflüchtigt es sich unter Verbreitung des Geruchs nach AnisöL
Vau Wasser, Weingeist, Kalilauge, Ammoniak, verdünnter Schwefelsäure
oad Salzsäure wird es selbst bei Siedhitze nicht gelöst, in Aether ist
es dagegen ziemlich leicht löslich, und kann durch Zusatz von Wein-
geist fast vollständig wieder gefällt werden. Goncentrirte Salpeter-
aaore vrirkt selbst beim Kochen nur wenig darauf ein, concentrirte
Schwefelsäure färbt es dunkel braunroth und löst es in der Wärme
mit zwiebelrother Farbe. — Will berechnete für diesen Körper die
Formel CaoHigOi und nimmt somit an, dass er durch Oxydation aus
IVfl Aeq. des Oels (ob aus demElaeopten oder Stearopten, wurde nicht
ermittelt) entstanden sei. Da wir indess wissen, dass das Anisstearop-
(en sehr leicht in poljrmere Körper übergeht, so ist es nicht unwahr-
eeheinlicb, dass das jodhaltige Jodkalium in ähnlicher Weise auf Anisöl
imd Fenchelöl einwirkt, wie das Gyankalium auf Bittermandelöl, und
dass die Zusammensetzung des weissen Körpers durch die Formel
04083404 -f- 2HO oder C4oH36 0e ausgedrückt werden muss. — Lässt
Dan trockenes Chlorgas bei gewöhnlicher Temperatur darauf einwir-
ken, so färbt sich der Körper unter Entwidielung von Salzsäure vio-
lett und erwärmt sich ohne zu schmelzen. Hat man vorher auf 100® C.
eihitzt, so erfolgt die violette Färbung nicht. Die Analyse des chlor-
iialtigen Products stimmt sehr gut mit der Formel C4oH3o€l4 04 -f-
2BO oder C4oH93€l4 06 ül^erein.
Anisstearopten, Aniscamphor, Fenchelstearopten, Fen-
ehel camp hör. Formel: GsoI^isOs. — Es ist ein Bestandtheil des
Anisols, StemanisÖls, Fenchelöls und Esdragonöls, aus denen man es
») Amuil. d. Ph«mi. Bd. VI, S. 287. — •) Annal. d. Chem. «. Pbann. Bd. LXV,
8.280.
10 Anisöl.
durch AbkühluDg auf 0^ , Pressen der Kiystalle zwischen Fliese-
papier und Umkrystallisiren ans erwärmtem 90proceatigen Weingeist
gewinnt. Am besten verwendet man zu seiner Darstellung das käuf-
liche Anisöl, das bis ^/lo und darüber Stearopten enthalten kann. Je
höher das specif. Gewicht desselben, um so reichlicher pflegt die Ausbeute
zu sein. — Es krystallisirt in weissen spröden perlmutterglänsenden
Blättchen von 1,014 specif. Grewicht, die bei 18<>C. schmelzen und bei
222<)G. sieden. Der Geruch des Stearoptens ist schwächer aber ange-
nehmer wie der des Anisöls. Durch Einwirkung von concentrirter
SchwefeTbäure, wasserfreier Phosphorsänre und den wasserfreien Chlori-
den von Zinn und Antimon entstehen, nach Cahours^) und Ger-
hardt'), von letzterem als Anethole bezeichnete, pol]rmere Modifica-
tionen, die theils amorph, theils krystallinisch sind, und wohin auch die
durch Einwirkung von jodhaltiger Jodkaliumlösung auf Anisöl und
Fenchelöl entstehende amorphe Substanz (s. o.) zu gehören scheint.
Eine krystallinische Moditication, die Cahours Anisoin genannt
hat, erhält man durch tropfenweises Vermischen des Stearoptens mit
1^/2 Thle. concentrirter Schwefelsäure, Auskochen der entstandenen ro-
then Harzmasse mit Wasser und vorsichtige Destillation, wobei eio
schweres aromatisches Oel und Anisoinkrjstalle übergehen, die man
durch Pressen zwischen Papier und Krystallisation aus ätherischer Lö-
sung reinigt. Es bildet kleine weisse geruchlose Nadeln, die etwas
Über lOO^C. schmelzen und bei stärkerer Hitze mit leuchtender Flamme
verbrennen. Sie sind schwerer als Wasser und darin unlöslich, kaum
löslich in heissem Weingeist, löslich in Aether und flüchtigen Gelen.
Sie lösen sich in concentrirter Schwefelsäure mit schön rother Farbe,
und scheiden sich auf Zusatz von Wasser wieder ab.
Vermischt man das Anisstearopten mit dem 3- bis ifachen Grewicht
concentrirter Schwefelsäure, so wird es vollkommen gelöst, und auf Zu*'
satz von Wasser, nach dem Entfernen des ausgeschiedenen Gels and Sätti-
gen der wässerigen Flüssigkeit mit Baryt, erhält man ein Barytsalz, das
beim Abdampfen als gummiähnliche Masse zurückbleibt und der For*
mel BaG . G^o K13 G) . 2 SGs entsprechend zusammengesetzt ist. Ger-
hardt nennt die darin vorhandene Säure Sulfaneth Ölsäure. Die
löslichen Salze derselben werden durch Easenoxydlösungen dnnkelvio-
lett, fast dintenähnlich gefärbt.
Das Anisstearopten absorbirt bei gewöhnlicher Temperatur Chlor-
wasserstoff in reichlicher Menge und bildet damit eine flüssige Ver-
bindung von der Zusammensetzung C30K13GS .HGl.
Lässt man auf das Stearopten wasserfreies Brom einwirken, so
wird es unter beträchtlicher Temperaturerhöhung und Bildung von
Bromwasserstoff flüssig und verwandelt sich zuletzt in eine feste Masse,
welche durch Waschen mit Aether und Krystallisation ans siedendem
Aether grosse glänzende farblose Krystalle liefert, die sich bei 100<^ C.
zersetzen. Nach der Analyse von Cahours besteht diese Verbindung
aus C2oH9Bi'8G2; sie erhielt den Namen Bromanisal. — Durch Ein-
wirkung von Chlor auf Anisstearopten erhält man ein entsprechend zu-
sammengesetztes syrupförmiges Substitutionsproduct : Csoffs^lgGs, in
*) Annal. de chim. et de phys. [3.] T. II, p. 274 ; Annal. d. Chem. u. Pharm.
Bd. XLI, S. 68. — *) Gompt. rend. T. XX, p. 1441; Journ. f. prakt. Chem. Bd.
XXXYI, 8. 269.
Anisoin. ^- Anisoinsäure. 11
welchem jedoch eine noch gröasere Menge Wasserstoff gegen Chlor
ausgewechselt werden kann.
Ozydirende Säuren zersetzen das Anisstearopten unter Bildung
▼on Anisjlwasserstoff nnd Anisylsänre. Bauchende Salpetersäure ver-
wandelt es in eine gelhe harzähnHche Masse, eine Nitroverhindung
des Anisstearoptens: CsoHio(N04)s02y die yon Cahours Nitrani-
sid genannt worden ist, von der aber nichts weiter bekannt, als dass
sie in den gewöhnlichen Lösungsmitteln unlöslich ist, bei ungefähr
100^ C. schmilzt, sich bei der Destillation vollständig zersetot und beim
Kochen mit concentrirten Alkalilösnngen viel Ammoniak und einen
schwarzen huminähnlichen Körper liefert, für welchen Cahours den
Namen Melanisin säure vorschlägt Durch' Erhitzen des Stearoptens
miW massig verdünnter Salpetersäure kann sich der harzähnliche Kör-
per ebenfalls bilden, das Hauptproduct der Zersetzung ist aber Anisyl-
wasserstoff, der durch weitere Oxydation in Anisylsäure oder Nitra-
nisylsäore übergeht Unter Umständen scheint bei der Einwirkung
▼on verdünnter Salpetersäure auch noch eine andere Säure mit 20 Aeq.
Kohlenstoff (s. Anisoinsäure) aufzutreten. St
Anisoin, s. Anisstearopten unter AnisöL
Anisoinsäure. Oxydationsproduct des Stemanisöls; vo«
Li mp rieht und Bitter^) entdeckt Formel: CjoIiisOis = HO.
CwSitOi].
Diese Säure wurde in Verbindung mit Natron erhalten, indem
SiemanisÖl mit Salpetersäure von 1,2 specif. Gewicht nur so lange
erhitzt ^vard, bis es als schwere ölförmige Schicht zu Boden sank,
welche mit einer erwärmten Lösung von zweifach- seh wefligsanrem
Natron gechüttelt ward. Das beim Erkalten sich abscheidende anitoin-
saore Salz wurde durch Urakrystallisiren aus wenig hebsem Wasser
gereinigt, mit einer zur Sättigung des Natrons genau hinreichenden
Menge Schwefelsäure versetzt, zur Trockne verdunstet, und aus dem
Rückstand die Säure mit absolutem Weingeist ausgezogen. Sie ist in
Wasser, Weingeist und Aether leicht löslich und lässt sich daher nur
schwer in guten Erystallen erhalten. Aus wässeriger Lösung krystalli-
nrt sie in kleinen Blättchen oder Tafeln, die stark sauer reagiren, bei
etwa 120^ G. schmelzen und nicht ohne Zersetzung sublimirt werden
können. — Die freie Säure wurde nicht analysirt, da sie in zu kleiner
Menge erhalten wurde; die obige Formel wurde aus der Analyse des
Barytsalzes abgeleitet. Unter der Voraussetzung, dass sie aus dem im
Stemaniflöl vorkommenden Anisstearopten entstanden sei, erklärt sich
ihre Bildnng durch folgende Gleichung:
CjoftiaO, + 6HO-f-40 = CwHi8 0H
Anisstearopten Anisoinsäure,
ond es würde anzunehmen sein, dass Anisylwasserstoff und Anisylsäure
nicht direct durch Oxydation des Stearoptens, sondern durch Zer-
setzung der Anisoinsäure gebildet werden.
Die Salze der Anisoinsäure scheinen grösstentheils leicht löslich
zu sein; das Silbersalz zersetzt nnd schwärzt sich leicht, so lange es
*) AnnaU d. Ghem. tu Pharm. Bd. XCYH, 8. 864.
12 AnisoL
fencht ist. Die nachfolgenden Formeln beziehen sich auf die bei 100^
C. getrockneten Salze.
Anisoinsaurer Baryt, BaO.CsoftiT^n durch Neatralisation
der Säure mit kohlenBaarem Baryt und Verdunsten des Filtrats erhal-
ten, schiesst in undeutlichen zu Warzen vereinigten Erystallen an.
Anisoinsaures Natron, NaO .C^oHnOn, dessen Darstellung
bereits angegeben wurde, bildet ähnliche Erystallwarzen wie das
Barytsalz,
Anisoinsaures Silberoxyd, AgO .0)0^17 On, erhält man so-
wohl durch Zerlegung des Barytsalzes mit schwefelsaurem Silberozyd,
als auch durch Digestion der Säure mit kohlensaurem Silberoxyd. Es
schiesst ebenfalls in leicht löslichen Warzen an. St
Anisol^ Dracol, Phenylsaures Methyloxyd. Prodnct der
trockenen Destillation der Anisylsäure wie des salicylsauren Methyl-
oxyds mit Aetzbaryt; entsteht ferner aus dem Phenol durch Substitution
eines Wasserstoff äquivalentes durch Methyl. Von Cahonrs^) entdeckt.
Formel: C14H8O2 = ^i^H^^^^^^Jg^j.
Erhitzt man ein Gemenge von trockener Anisylsäure mit Aetz-
baryt oder Aetzkalk in einer Betorte, so wird dieselbe in 2 Aeq.
Kohlensäure und 1 Aeq. Anisol zerlegt, welches sich in der gut abge-
kühlten Vorlage in der Form eines flüchtigen Oeles ansammelt:
C,(Ci2»4[CjH3]02)OaJQ^^2ß^^^2.BaO.CO,
Anisylsäure
_ j^
Anisol.
Die nämliche Zersetzung erleidet das mit der Anisylsäure isomere
salicylsam*e Methyloxyd:
Ca(Cia«5^)0J ^^ _^ ^ß^Q ^ i.BaO.CO,
Salicylsaures Methyloxyd
\ C12 04(02113) Oj
Anisol.
Lässt man diesen Aether tropfenweise auf fein gepulverten Aetzbaryt
fallen, so tritt eine sehr merkliche Temperaturerhöhung ein, indem sich
eine Verbindung desselben mit Baryt (gaultheriasaurer Baryt) bildet
Bei der trockenen Destillation dieser Mischung mit einem grossen
Ueberschuss von Baryt geht alsdann das Anisol in die Vorlage über.
Der dritte Weg zur Bereitung des Anisols ist der, dass man Phe-
nolkalium mit methylätherschwefelsauren Salzen der Destillation unter-
wirft, oder mit Jodmethyi in einem zugeschmolzenen Glasrohr auf 100^
*) Annal. de chim et de phys. [3.] T.-II, p. 274; T. X, p. 858; T. XXV,
p. 21; T. XXVn, p. 439. Compt. rend. T. XXXII, p. 60. — Anch in den Annal.
d. Cham. u. Pharm. Bd. XLI, S. 69; Bd. LXIX, S. 286; Bd. LXXVIII, S. 225.
Anisol. 13
bis 120<^C. erhitzt. Im lotsten Falle erhält man Aniaol neben Jod-
kalium nach folgender Gleichung:
K i + J j — ^* + CjHjj ""^^^ ^^ H
Pheoolkalimn Jodmethyl Anisol.
Das auf die eine oder andere Weise bereitete Product wird zur
weiteren. Beinignng wiederholt mit Kalilauge, dann mit Wasser gewa-
Mshen, über Chlorcalcium getrocknet und rectificirt.
Das Anisol ist eine farblose sehr bewegliche Flüssigkeit von ziem-
lich angenehm aromatischem Geruch, besitzt ein specif. Gewicht^ von
0,991 bei Ib^C.^ siedet bei 152^0. und lässt sich unverändert destilli-
ren. Ss ist unlöslich in Wasser, leicht löslich in Weingeist und Aether.
Salzbilder, Schwefelsäure und Salpetersäure wirken energisch darauf
ein; über wasserfreie Phosphorsäure kann es unverändert destillirt
werden.
Unter allen bekannten Verbindungen, mit denen man das Anisol
vergleichen kann, besitzt es ohne Frage die grösste Aehnlichkeit mit
dem Benzol, nicht bloss dadurch, dass beide unter denselben Verhält-
niBsen entstehen, sondern auch durch die auffallende Analogie, die sich
in ihren Verwandlungen kund giebt. Der Benzidunterschwefelsäure
entspricht die Sulfanisolsäure , dem Nitrobenzol das Nitranisol, dem
Binitrobenzol das Binitranisol, dem aus dem Nitrobenzol direct erhal-
kaen Anilin das auf dieselbe Weise aus dem Nitranisol abgeleitete
Aasidin, dem Nitranilin das Nitranisidin (die rationelle Znsammen-
febamg s. S. 17).
Das Anisol hat dieselbe procentische Zusammensetzung wie das
Kresol (Taurylsäure) und der BenzoSalkohol, von denen es jedoch in
allen Beactionen wesentlich abweicht Die Verschiedenartigkeit dieser
Körper ergiebt sich hinlänglich aus den nebenstehenden Formeln:
CisÄ4(CjH8)Oj j G14H7O3) C14H7J ^
HJ _^i JLL^*
Anisol Kresol Benzogalkohol.
Nur tun die Uebersichtlichkeit zu erleichtem, werden wir in dem Fol-
genden die einfachere Formel (Ci4B7 03).H für das Aniaol einführen.
Verwandlungen des Anisols. 1) Durch Schwofelsäure.
Ani5ol löst sich in dem gleichen Gewicht concentrirter Schwefelsäure,
imd scheidet sich auf Zui«atz von Wasser nicht wieder ab. Die saure
Flüssigkeit enthält eine der Benzidunterschwefelsäure und Naphtalin-
onterschwefelsäure correspondirende Säure, die sich bei der Neutralisa-
tion und Fällung der öberschüssigen freien Schwefelsäure durch kohlen-
sauren Baryt, ^mit Baryt zu einem löslichen Salz vereinigt, welches aus
der abfiltrirten neutralen Flüssigkeit beim Abdampfen krystallisirt. Es
besteht, nach Cahours, aus BaO.GuHgOs, 2S08. Seiner rationel-
len Zusammensetzung entspricht die wahrscheinliche Formel: BaO.
0,48703, SsOs + ^^9 ^^ ^^ ^'^^® ^fui*^ ^^ ^^ Formel: HO.
C14B7 O2 . SsOft. Die Entstehung dieser von Cahours Sulfanisol-
tiore genannten Verbindung lässt sich durch folgende Gleichung ver-
uuchanlichen :
C4»70,.B + 2S0> = aO^uH^Og .^gOft
Anisol Snlfanisolsäare«
14 AniBoL
Lä08t man auf gut abgekühltes Anisol waaserfreie Schwefelsäare
einwirken, so verdickt es sich in dem Maasse, als es die schwefelsauren
Dämpfe absorbirt. Vermischt man darauf mit Wasser, so erhält man
eine Lösung von Sulfanisolsäure , auf der Obex^che der Flüssigkeit
sammelt sich unzersetztes Anisol an, und gleichzeitig scheidet sich ein
aus zarten weissen Nadeln bestehender Niederschlag ab. Dieser kry-
stallinische Körper hat die Znsammensetzung C14H7O2 . 80^ und ist
von Cahours Sulfanisolid genannt worden. Das Sulfanisolid ist an-
löslich in Wasser, löslich in Weingeist und in Aether, und schiesst
beim Verdunsten dieser Lösungen in zarten silberglänzenden Prismen
wieder an. Es schmilzt in gelinder Wärme und lässt sich unverändert
sublimiren. Concentrirte Schwefelsäure löst es auf und erzengt damit
Sulfanisolsäure. — Rauchende Schwefelsäure zersetzt das Anisol an-
ter gleichzeitiger Bildung von Sulfanisolsäure und Sulfanisolid.
2) Durch Salpetersäure« Salpetersäure wirkt energisch auf
Anisol ein, und verwandelt es, je nach der Concentration , in Nitra-
nisol, Binitranisol oder Trinitranisol. Diese Verbindungen worden von
Cahours entdeckt und analysirt
a) Nitranisol: C14H7OS.NO4. Wird Anisol mit rauchender
Salpetersäure in kleinen Portionen versetzt, und dabei das die Flüssig-
keit enthaltende Gefäss sorgfältig durch Eiswasser abgekühlt, so ver-
wandelt es sich in eine blauschwarze Flüssigkeit von der Consistenz
eines fetten Oeles. Diese wird durch wiederholtes Waschen mit ver-
dünnter Kalilauge, zuletzt mit reinem Wasser von aller Säure befreit,
alsdann über Stückchen von geschmolzenem Chlorcalcium getrocknet
und destillirt. Was zuerst übergeht, ist unverändertes Anisol; wenn
darauf der Siedepunkt bis 260^0. gestiegen ist, wird die Vorlage ge-
wechselt, und das bei dieser Temperatur erhaltene Destillat, fast reines
Nitranisol, hoch einmal rectificirt
Es bildet eine klare, bernsteingelbe, in Wasser untersinkende und darin
unlösliche Flüssigkeit von aromatischem, an Bittermandelöl erinnern-
den Geruch, siedet zwischen 162<^ und 164^0. Wässerige Kalilauge,
selbst kochende, ist ohne Einwirkung darauf. Von einer alkoholischen
Lösung von Schwefelammonium wird es unter Abscheidung von Schwe-
fel rasch zersetzt und in eine Base, Anisidin (s. d.), umgewandelt,
welche in der alkoholischen Flüssigkeit gelöst bleibt. — Mit concen-
trirter Schwefelsäure gelinde erwärmt, wird es aufgelöst, und durch
Zusatz von Wasser unverändert wieder gefällt. Kochende rauchende
Salpetersäure verwandelt es allmälig in Binitranisol und Trinitranisol.
b) Binitranisol, CuHe (^04)03 . NO4, entsteht, wenn man
Anisol oder Nitranisol einige Minuten lang mit überschüssiger rau-
chender Salpetersäure kocht. Auf Zusatz von Wasser scheidet sich ein
gelbes Liquidum aus, welches bald darauf zu einer bernsteingelben fe-
sten Masse gesteht Kochender Alkohol löst dieselbe auf und setzt
beim Erkalten reines Binitranisol in langen gelblichen Nadeln ab. Man
erhält dieselbe Verbindung, gemengt mit Chrysanisinsäure auch aus der
Anisylsäure (s. d.), unter gleichzeitiger Kohlensäureentwickelung, wenn
man diese etwa Y2 Stunde lang mit ihrem doppelten oder dreifachen
Gewicht rauchender Salpetersäure auf 90^ bis lOO^G. erhitzt, und das
auf Znsatz von Wasser sich ausscheidende Gemenge der beiden ge-
nannten Substanzen mit Kalilauge behandelt, welche die Chrysanisin-
säure auflöst, darauf den festen Rückstand mit Wasser wäscht und ans
AuisoL 15
kc»cheadem Weingeist nmkrystalUsirt Der letztere Bildangsprocesa ist
leicht einzudehea, die AnisyUäure zerfällt unter diesen Umständen, ähn-
Beh wie bei der Destillation mit Baryt, in Kohlensäure und Anisol,
and iB letzterem werden 2 Aeq. Wasserstoff durch Salpetersäure oxy-
diit und durch die entstandene Untersalpetersäure ersetzt. — Das auf
die eine oder andere Weise bereitete Binitranisol bildet lange glänzende,
gelbliche Nadeln, ist selbst in kochendem Wasser unlöslich, in ko-
ebendem Alkohol und Aether leicht löslich, schmilzt bei ungefähr
86® C. und lässt sich in höherer Temperatur unverändert sublimiren.
WSaaerige verdünnte, kochende Kalilauge ist ohne Einwirkung darauf,
coocentrirte Lauge greift es nach anhaltendem Kochen an. Dagegen
wird es von einer weingeistigen Kalilösung beim Kochen sogleich zer-
gehst, and liefert damit das in orangegelben langen Nadeln krystallisi-
rende Kalisalz der Binitrophenylsänre Cisil4 (2NO4) O3, ohne Zwei-
fel unter gleichzeitiger Bildung von Holzgeist (CSH4O3), wozu das
Helhjl-Aequivalent im Anisol und seinen nitrirten Verbindungen Ver-
aalassong geben würde: Ci4He(N04)03 . NO4 -f 2llO = G19H4
(iN04) Oj -(- CaH4 03. — Eine weingeistige Lösung von Schwefel-
anunoniani mit Binitranisol vermischt, bewirkt die analoge Zersetzung,
welehe unter denselben Verhältnissen das Nitranisol erleidet, nämlich
die Umwandlung in Nitranisidin (9. d. unter Anisidin) unter gleich-
Mitiger Abscheidnng von Schwefel.
c) Trinitranisol: CuH5(N04)a02 . NO4. Man erhält diese
Ytfbindnng durch Behandeln von Anisol, Nitranisol oder Binitranisol
ak edner Mischmig von gleichen Theilen rauchender Salpetersäure und
juehender Schwefelsäure; noch leichter, unter gleichzeitiger Kohlen-
sioreentwickelung, wenn man 1 Tbl. Anisylsäure mit 15 Thln. dersel-
ben Miachang gelinde erwärmt, bis die Flüssigkeit anfängt sich su trü-
ben. In der Ruhe bilden sich alsdann zwei Schichten, deren obere
ölartige beim Erkalten fest wird. Giesst man darauf das erkaltete Ge-
menge in viel Wasser, so sammelt sich am Boden das Trinitranisol als
schweres Oel an, welches schnell zu einer harten hellgelben Masse er-
starrt. Durch Waschen mit Wasser und Umkrystallisiren aus Wein-
gmt oder aus einer Mischung von Weingeist und Aether wird es rein
erhalten. Eis krystallisirt in schwach gelben, sehr glänzenden Tafeln,
fc sich nieht in Wasser, leicht in Weingeist und in Aether lösen. Die
kiss gesättigte weingeistige Lösung setzt beim Erkalten einen grossen
Ilieil davon wieder ab. Es schmilzt zwischen 58® bis 60® C. und lässt
äch bei vorsichtigem Erhitzen unverändert sublimiren. Concentrirte
Schwefelsaure und concdntrirte Salpetersäure lösen es in der Wärme
ohne Zersetzung; aas der letzteren Lösung scheidet es sich beim Er-
kalten krystailinisch wieder ab.
VerdÜxmte Kalilauge und gesättigte Ammoniaklösang verändern es
selbst beim Kochen nicht, aber eine massig concentrirte kochende Kali-
böge färbt es augenblicklich dunkel rothbraun und zersetzt es nach
kurzer Zeit vollständig. Es erleidet hierbei eine ähnliche Metamor*
phiose wie das Binitranisol durch siedende weingeistige Kalilösung, in*
dem sich das Kalisalz einer Säure bildet, welehe mit der Trinitrophe*
Dylsänre gleiche Zusammensetzung hat, und nur in wenigen Punkten,
hlnsicfatlich der Krystallform, der Schmelzbarkeit, der Löslichkeit und
der äusseren Eigenschaften einiger Salze von jener abweicht. Cahours
hält .«ie für eine besondere Säure und hat sie Pikranissäure genannt.
16 Anisolschwefelsäure. — AnisyL
Spätere Versuche müssen entscheiden, ob sie wirklich eine von der
Trinitrophenylsäure verschiedene Säure ist; da das Anisol Phenyl ent-
hältf ist es wahrscheinlicher, dass beide Säuren identisch sind.
Das Trinitranisol zeigt auch in seinem Verhalten gegen eine alko-
holische Lösung von Schwefelammonium vollkommene Analogie mit
dem Nitranisol und Binitranisol , indem es dadurch in eine Salzbasis,
Binitranisidin (s.d. unter Anisidin) verwandelt wird, welche, un-
geachtet sie 2 Aeq. Untersalpetersänre enthält, dennoch deutliche basi-
sche Eigenschaften besitzt.
3) Durch Salzbilder. Durch Einwirkung von Brom auf Anisol
erhält man, nach Cahours, zwei verschiedene Producte, Bromanisol,
C14H7O2 • Br, und Bibromanisol, Ci4l^Br03 . Br. Die Eigen-
schaften des ersteren, welches schwierig rein zu erhalten ist, sind nicht
näher beschrieben. Letzteres, durch Waschen mit Wasser von dem
noch beigemengten überschüssigen Brom befreiet, scheidet sich ans
einer kochenden gesättigten Alkohollösung beim Erkalten in kristallini-
schen, stark glänzenden Schuppen ab. Es schmilzt bei 54^ C, lässt
sich in höherer Temperatur ohne Bückstand verflüchtigen und setzt sich
dabei an den kalten Wänden der Retorte in kleinen, sehr glänzenden
Tafeln an.
Die entsprechenden Chlorverbindungen sind nicht begannt, doch
giebt Cahours an, dass sich Anisol mit Chlor in eine krystallinische
Masse verwandele. (H. K,) SL
Anisold^chwefelsäure, 83m. mit Sulfanisolsäure;
8. d. unter Ani8oL
Anissäure, syn. mit Anisylsäure.
Anissalpetersäure, s. Nitranisylsäure unter
Anisyjsäure.
Anisstearopten, s. unter Anisol.
Anisulmin nennen Brandes und Beimann ^) ein braunes,
dem sogenannten Ulmin ähnliches Zersetzungsproduct aus dem zuerst
beim Behandeln mit Alkohol, Wasser und Salzsäure ausgezogenen Anis-
samen, durch Behandeln desselben mit Kalilauge und Fällen der alka-
lischen Flüssigkeit mit Essigsäure. Fe.
Anisyl, hypothetisches Radical der Anisylsäure, des Anisyl-
wasserstoffs u. a., von der empirischen Formel: Cie 1(704.
Die Anisylsäure steht der Salicylsäure sehr nahe, sie enthält da«
Badical der letzteren, nur ist darin 1 Aeq. Wasserstoff durch Methyl
vertreten. Betrachtet man die Salicylsäure ähnlich constituirt wie die
Säuren mit 4 Aeq. Sauerstoff, Essigsäure, BenzoSsäure u. a., die wii
als Ameisensäuren anzusehen haben, in welchen der Wasserstoff des For«
myls (C3 1102) durch sauerstoflfreie Alkoholradicale : Cj Hs , C4 H^ , Cg H
C1SH5 ersetzt ist, so müssen auch die Salicylsäure und die Anisylsäure
von der Ameisensäure abgeleitet werden, und wir haben darin eben^ li
secundäre Radicale anzunehmen, Formyl, in welches die sauer8tor<
») Buchn. Rep. f, Phann. Bd. XXIV, S. 362.
Anisyl. 17
baltigen (Alkohol-?) Radicale C1SH5O2 und C13 p u^IOq eingetreten
sind. Die Formeln für die Ameisensäure und die übrigen vi^r genannten
Säuren gestalten sich dann in folgender Weise:
C^HO^JO.
C2 (C2 Hg) O3 J^ Cf (Ci 2 H5) O2 1 fx
Ameisensäure Essigsäure Benzoesäure
C,(Q2H5 02)02 JQ^ C2(Ci2«4 [C2H,] 02)02 j q^
Salicylsäure Anisylsäure,
und dem hypothetischen Badical Anisyl würde somit die Formel
C(C,.^^j 0,)0. oder C,[C..fi.(C».)0.]0. zukommen, wofür
wir indess in dem Folgenden, so weit es angeht, den einfacheren Aus-
druck Ci4H4(C2H3)04 oder 0138704 setzen werden. Mit der Annahme
eines derartigen secnndären Radicals stimmen die Beactionen der Ani-
syl Verbindungen überein. Vergleicht man z. B. das Verhrilten der
Anisylsaure und der übrigen vier Säuren beim Erhitzen mit Barythydrat,
so findet man, dass in allen Fällen dieselbe Zersetzung eintritt; die
Kohlenstoff- und Sauerstoff-Aequivalente des Formyls treten mit dem
Sauerstoflr ausserhalb des Badicals zu Kohlensäure zusammen, und der
Wasserstoff des Formyls oder die denselben vertretenden Radicale ver-
einigen sich mit dem basischen Wasserstoff der Säuren, wie aus den fol-
genden Gleichungen hervorgeht:
C2HO2I PI
= 02 04 H" gl
Ameisensäure Kohlensäure Wasserstoff
02(62 H3)02JQ^ = C2O4 + ^'^\
' ^; 7~^. " Kohlensäure -^ . 1 V^^ ^ * o-
Essigsaure Methylwasserstoff
Benzoesäure Benzol
C2(Ci2flf5 02)02Ji-| P n -L ^18^5 02
jj JU2 — ^J^'T H
"" — e 1- 'r^ ' Kohlensäure ^ "^
Sahcylsamre Fhenol
02[Ci2 84(02 113)02] 02^0 __. Q Q I 01284(02 Ha) O2
" AnisyW^ " Kohlensäure ^ '"T;;!;;^
Phenol und Anisol wären somit Wasserstoffverbindungen von sauer-
stoffhaltigen Badicalen, was allerdings mit der jetzt ziemlich allgemein
h«^nr^chenden Ansicht nicht übereinstimmt, nach welcher das Fhenol ein
\lkohol (Phenylalkohol, ^"g (02), nnd das Anisol dessen Methyläther
(Q^'n^|02] sein soll. Die zahlreichen Verwandlungen des Anisols
HADdwArterbDch der Cbemie. 2te Aufl. Bd. IL 2
18 Anisylamid. — Anisylchlorid.
lassen sich aber mit dieser Formel nicht erklären, und dem Phenol
fehlen gerade die Eigenschaften, welche für die Alkohole ganz beson-
ders charakteristisch sind, namentlich die Eigenschaft, unter Einwirkung
von oxydirenden Materien oder Halogenen 2 Aeq. Wasserstoff ohne
Substitution zu verlieren und dadurch in ein Aldehyd oder eine Säure
überzugehen. Es mochte gegenwärtig nur noch die Frage zu erörtern
sein, ob das Phenol als die Wasserstoffverbindung eines sauerstoffhal-
tigen Alkoholradicals oder eines Säureradicals betrachtet werden muss,
wozu ein näheres Studium des Anisalkohols von besonderer Wichtigkeit
sein dürfte. St.
Anisylamid und Anisylanilid s. unter Anisyl-
chlorid.
Anisylbromid, Bromanisyl. — Von Cahours^) entdeckt
Formel: CiöStO* . Br = ^iHiC^**»)^*!.
Es entsteht, wenn man in Anisyl Wasserstoff tropfenweise trockenes
Brom einträgt, wobei sich die Flüssigkeit stark erhitzt und zu einer
festen Masse gesteht, während Brom Wasserstoff entweicht Ein Ueber-
schuss ist zu vermeiden, weil dadurch ein weiterer Austausch des Was-
serstoffs aus dem Radical gegen Brom bewirkt wird. Zur Reinigung
wird die erstarrte Masse rasch mit kaltem Aether gewaschen, welcher
eine ölförmige Substanz, wahrscheinlich unveränderten Anisylwasser-
Stoff, auszieht, darauf zwischen Fliesspapier gepresst und zuletzt aus
Aether krystallisirt Es schiesst in weissen seidenglänzenden Nadeln ao,
welche sich unverändert sublirairen lassen. Kochende concentrirte
Kalilauge zerlegt es in Bromkalium und anisylsaures Kali:
Ci4H4(C2H3)04J ^ 2K0 = ^l*»*(C8H8)04JQ^ ^ gg^
. Anisylbromid Anisylsaures K!ali
Ueber sein Verhalten gegen Wasser fehlen die Angaben, doch
scheint daraus, dass es zur Umwandlung in Anisylsäure der kochen-
den concentrirten Kalilauge bedarf, hervorzugehen, dass es beständiger
ist als die entsprechende Chlorverbindung. {H. K.) St
Anisylchlorid, Chloranisyl. — Von Cahours«) entdeckt
Formel: C^efiiOA • €l = ^"'*4(C,H8)04J
Trockene Anisylsäure und Phosphorsuperchlorid in einer Betorte
zusammengebracht, wirken energisch unter lebhafter Salzsäureentwicke-
lung auf einander ein, und in die Vorlage geht ein Gemenge von Anisyl-
chlorid, Phosphoroxychlorid und etwas unzersetztem Perchlorid über.
Durch fractionirte Destillation können diese Körper, wegen ihres ver-
schiedenen Siedepunktes grösstentheils getrennt werden, wobei man das
zwischen 250^ und 270^0. Uebergehende gesondert auffängt. Um dies
Product von den letzten Antheilen noch beigemengter Chlorphosphorver-
») Annal. de Chim. et de Phys. [8.] T. XIV, p. 486; Annal. d. Chem. a.
PhÄrm., Bd. LVl, S. 808 ; Jonm. f. prakt. Chem., Bd. XXXVI, S. 428.
*) Annal. de Chim. et de Phys. [8.] T. XXUI, p. 861; Annal. d. Chem. o.
Pharm., Bd. LXX, S. 47.
Anisylige Säure. — Anisylsäure. 19
bmdimg«n vollenda za befreien, wird es mit einer kleinen Menge kal-
ten Wassers versetst, welches dieselben in 'Salzsäure und Phodphorsäure
zerlegt, die Anisylverbindung aber weniger leicht angreift Das unver-
änderte Oel wird rasch abgehoben, über Chlorcalciam getrocknet und
rectificirt. Auch durch Einwirkung von Chlor auf Anisylwasserstoff
sdieint Anisylchlorid zu entstehen.
Das gereinigte Anisylchlorid bildet eine farblose Flüssigkeit von
sehr starkem Greruch. Es hat ein specif. Gewicht von 1,261 bei 16^ C,
siedet bei 262^ C. und lässt sich unverändert destilliren. An feuchter
Luft wird es rasch in Salzsäure und Anisylsäure zersetzt. Mit Alkohol
and Holzgeist erhitzt es sich stark, und liefert damit ausser Salzsäure
anisylaaures Aethylozyd und Methyloxyd.
Wird Anisylchlorid mit trockenem Ammoniakgas behandelt, so
erhitzt es sich stark und verwandelt sich in Anisylamid (Anisamid)
^4M^V^ B*{^' ®"^® feste, in Weingeist I5sliche Masse, welche
sich beim freiwilligen Verdunsten der Lösung in schönen Prismen ab-
setzt. Man erhält die Verbindung ebenfalls, wenn mali anisylsaures
Aeihyloxyd mit Ammoniak übergiesst, und beide längere Zeit in einem
verschlossenen Gefass in Berührung lässt Im üebrigen ist sie nicht
näher untersucht.
Bei Einwirkung von wasserfreiem Anilin auf Anisylchlorid bil-
det sich in zarten Nadeln krystallisirtes Anisylanilid (Anisanilid) =
C,«H7 04 .CijHßN (s. unter Anilide). (Ä K.) St
Anisylige Säure, syn. mit Anisylwasserstoff.
Anisylsäure^), — Anisinsäure, Anissäure, Dracon-
sänre, Dragonsaure, Esdragonsäure, Umbellinsäure, Ba-
dianaäure. — Von Cahours entdeckt Formel: fiO.CieH7 0$ oder
Die Anisylsäure ist eines derjenigen Ozydationsproducte, welche
sich durch Einwirkung von Salpetersäure auf das Stearopten des Anis-
öls, StemanisÖls und Fenchelöls bilden, sowie auf den bei 206^0. sie-
denden Theil des Esdragonöls (von Artemisia Dracuncuku)^ der, nach
Gerhardt, dieselbe Zusammensetzung hat wie das Anisstearopten. Die
ans dem Esdragonöl erhaltene Säure nannte Laurent anfangs Dragon-
saure, bis Gerhardt die Identität derselben mit. der Anisylsäure nach-
wies. Die von Persoz Umbellinsäure und Badiansäure genannten Ver-
bindungeo, welche derselbe durch Oxydation des Anis- und' Fenchelöls
mittelst einer Mischung von Schwefelsäure und chromsauren Kali erhal-
ten hat, sind später von Hempel ebenfalls als Anisylsäure erkannt.
Dieselbe bildet sich femer durch Oxydation von Anisalkohol und Anisyl-
*) Literatur: Gshoiirs, Annal. de Ghim. et de Phys. [8.] T. H, p. 289;
T. XIV, p. 488; T. XXTn, p. 861; T. XXY, p. 21 ff.; T. XXVn, p. 489. Aach
in Amutlen der Chemie Bd. XU, S. 66; Bd. LYI, S. 807 ff.; Bd. UOX, S. 286;
Bd. LXX, S. 47. — Laurent, Revue scientifique et industrielle, Kr. 81, JuUlet
1842, p. 6. Auch im Joum. f. prakt. Chem., Bd. XXVU, S. 282. — Gerhardt,
Aoaal. d« Ghim. et de Phys. [8.] T.YII, p. 292; Gompt. rend. T. XIX, p. 489.—
Per loa, Comptes rendns, T. XITT, p. 488; auch im Jonm. f. prakt. Chem., Bd.
XXV, S. 66. •— H«mpel, Annal. d. Ghem., Bd. LIX, S. 104.
2*
20 Anisykäure.
Wasserstoff, sowie durch Spaltung des letzteren mittelst weingeistiger
Kalilösung, wobei neben Anisjlsäare gleichzeitig Anisalkohol entsteht
Zur Darstellung der Anisjlsänre wendet man am zweckmässigsten
Anisstearopten , oder auch direct das feste Anisöl an. Dasselbe wird
mit Salpetersäure von 23^ Banm^ (= 1,2 specif. Gewicht) anhaltend
gekocht, wobei sich eine gelbe harzartige Materie (Nitranisid; s. Anis-
stearopten unter A n i s ö 1) und eine saure Flüssigkeit bildet, aus der die
Anisylsäure beim Erkalten in Nadeln krystallisirt. ttetztere werden
zur weiteren Reinigung mit kaltem Wasser, worin sie beinahe unlöslich
sind , gewaschen und darauf in Ammoniak gelöst. Nachdem man das
Ammoniaksalz mehrere Male um krystallisirt hat, bis es nicht mehr ge-
färbt ist, wird seine Lösung durch essigsaures Bleioxyd gefallt, der
Niederschlag einige Male mit kaltem Wasser gewaschen, mit Schwefel-
wasserstoff zersetzt, und die abgeschiedene, mit Schwefelblei gemengte
Anisylsäure durch kochendes Wasser ausgezogen. Die beiita Erkalten
anschiessende Säure wird zuletzt durch Sublimation vollständig ge-
reinigt.
Die Bildung der Anisylsäure aus dem Anisstearopten geht in zwei
auf einander folgenden Processen vor sich; zunächst nimmt das Stearop-
ten 12 Aeq. Sauerstoff auf und zerfallt damit in Wasser, Oxalsäure und
Anisyl Wasserstoff, der durch weitere Oxydation in Anisylsäure fibergeht:
CtoHijO, + 120 = 2H0 + C4H8O8 + C,(Ci, ^ 5*|o,)OJ
Anisstearopten Oxalsäure *
Anisylwasserstoff
c,(c„ c,i;|ö«>o4 + 20 = c(c„ c,H;l^»^^»fo»
Anisylwasserstoff Anisylsäure.
Die Oxydation des Anisyl Wasserstoffs geht mit grosser Leichtigkeit
vor sich; sie erfolgt schon, wenn man denselben, mit Platinschwarz ge-
mengt, der Luft aussetzt, oder mit Kalilauge bei Zutritt der Luft anhal-
tend kocht. Lässt man den Anisylwasserstoff tropfenweise auf schmel-
zendes Kalihydrat fallen, so erfolgt die Oxydation unter lebhafter Was-
serstoffentwicke lung, und man erhält eine zähe harzartige Masse, ans
deren Lösung in Wasser man die Anisylsäure durch Uebersättigen mit
Salzsäure abscheiden und durch Waschen mit Wasser und Umkrystalli-
siren aus heissem Weingeist rein erhalten kann. Hat man Anisylwas-
serstoff zur VerHigung, so ist dieser Weg zur Darstellung sehr zu
empfehlen, da bei der Oxydation mittelst Salpetersäure leicht ein Theil
der Säure in die Nitroverbindung (s. Nitranisylsäure, S. 24) ver-
wandelt wird.
Um die Anisylsäure ans Esdragonöl darzustellen, erwärmt man,
nach Laurent, 1 Thl. des Oels mit etwas Wasser in einer geräumigen
Retorte, und setzt nach und nach die dreifache Menge gewöhnlicher
Salpetersäure hinzu. Nach beendigter Einwirkung der Säure erstarrt
die Mischung zu einer braunen, harzähnlichen, etwas krystallinischen
Masse, die man durch Waschen mit Wasser von anhängender Salpeter-
säure befreit, und mit heissem verdünntem Ammoniak auszieht. Die
ammoniakalische Lösung enthält neben Anisylsäure einen braunen harz-
ähnlichen Körper und zwei andere krystallisirbare Säuren, Nitranisyl-
Anisy Isäure. 2 1
fläore and eine eigenthümlicbe Doppelsäare, die Laurent Nitrodragon-
tfiiuäare (s. unter Nitranisjlsäure) genannt hat. Zur Entfernung
des barsähnlichen Körpers wird die Lösung zur Syrupsconsistenz ver-
dampft, wobei sie das Ammoniak verliert, das ihn in Lösung hielt, und
er sich grösstentheils abscheidet, während die Ammoniaksalze der drei
Sauren, wenn die Abdampfung in gelinder Wärme vorgenommen wurde,
ach nicht zersetzen. Die syrupiörmige Masse wird darauf mit heissem
Wasser ausgezogen, die Lösung noch einige Male verdampft und zuletzt
mit Thierkohle gekocht, um die harzige Materie vollständig zu entfer-
aen. Die entfärbte Lösung wird nun, wenn sie sauer reagirt, mit Am-
moniak gesättigt und concentrirt, worauf anisylsaures Ammoniak in
rhombischen Tafeln sich ausscheidet, während die Salze der beiden
anderen Säuren im Lösung bleiben. Um aus dem Ammoniaksalz die
Anisjlsiuire auszuscheiden, verfahrt man wie oben angegeben wurde,
oder man reinigt es dxurch wiederholte Erystallisation, löst es darauf in
emer siedenden Mischung von Wasser und Weingeist und vermischt mit
fiberflossiger Salpetersäure, worauf die Säure beim Erkalten in Krystal-
len sich ausscheidet. Durch Umkrystallisiren aus Weingeist, am besten
nach vorhergegangener Sublimation, wird sie vollkommen rein erhalten.
Die Anisylsäure bildet farblose, glänzende Krystalle, die oft eine
beträchtliche Grösse erreichen und mit der Benzoesäure grosse Aehn-
lichkeit besitzen. Die Grundform ist ein schiefes rhombisches Prisma
mit Winkeln von 114^ und 66^. Sie ist geruch- und geschmack-
los, in kaltem Wasser fast unlöslich, und auch in siedendem Wasser
nur wenig löslich (Laurent, nach Cahours dagegen ziemlich leicht
löslich). Aether und Alkohol, besonders siedend, nehmen sie in reich-
licher Menge auf. Beim Erkalten der heiss gesättigten Lösungen scheidet
sie sich in langen, nadeliörmigen Krystallen wieder ab. Diese Lösun-
gen reagiren schwach sauer. Sie schmilzt bei 175^ C. und erstarrt
beim Erkalten wieder zu einer krystallinischen Masse ; ^ stärker erhitzt,
sablimirt sie ohne Zersetzung in schneeweissen Nadeln.
Die Anisylsäure ist isomer mit dem salicylsauren Methyloxyd
(Granltheriasäure) und der Mandelsäure.
Verwandlungen der Anisylsäure. Chlor und Brom mit
trockener Anisylsäure zusammengebracht, wirken lebhaft darauf ein,
and erzeugen unter Entwickelung von Chlor- und Bromwasserstoff zwei
neae Säuren, Chloranisylsäure und Bromanisylsäure, welche 1 Aeq.
Chlor oder Brom an der Stelle von Wasserstoff enthalten. — Durch
Behandlung der Anisylsäure mit concentrirter Salpetersäure ent-
steht unter Entwickelung salpetriger Dämpfe ein den vorigen ähn-
üches Snbstitutionsproduct , die Nitranisylsäure. Dieselbe entsteht
anch, wenn man Anisylsäure in rauchender Salpetersäure auflöst und
dann Wasser zusetzt, worauf sie sich in gelben Flocken abscheidet
Behandelt man femer die Nitranisylsäure mit weingeistiger Schwe-
felamrooninmlösung, so entsteht ein amidhaltiges Substitutionspro-
dnct der Anisylsäure, die Amidoanisylsäure. — Wird die Lösung der
Anisylsäure in rauchender Salpetersäure zum Kochen erhitzt, so ent-
weicht Kohlensäure und im Bückstande bleibt ein Gemenge von Bini-
tranisol (mit Trinitranisol ; s. d. unter Anisol) und Chrysanisin-
länre^), welches sich auf Zusatz von viel Wasser in ölfbrmigen Tropfen
') Cahonrt.'AmiaL de Ghim. et de Pbya. [8.] T. JXVUf. p. 45i.
22 Anisylsäure.
ausscheidet, die bald darauf erstarren. Ein Gremenge von Schwefel-
säure und Salpetersäure löst die Anisylsäure bei gelindem Erwärmen
ebenfalls auf, und verwandelt sie beim Kochen unter lebhafter Gasent-
wickelung (Kohlensäure und salpetrige Säure) in Trinitranisol. —
Phosphorsuperchlorid verwandelt die Anisylsäure unter starker
Salzsänrebildung in Anisylchlorid (s. d.). — Mit einem Ueberschoss
von kaustischem Baryt gemengt und der trockenen Destillation
unterworfen, zerfallt sie in Kohlensäure und Anisol (s. o.)*
Es ist bemerkenswerth, dass in der Anisylsäure bis jetzt nur 1 Aeq.
Wasserstoff durch Chlor, Brom, Untersalpetersäure oder Amid hat sub-
stituirt werden können; ob dieses Wasserstoff- Aequivalent dem Methyl
angehört, welches wir in der Anisylsäure anzunehmen haben, oder ob
es eines von den 4 Wasserstoff-Aequivalenten im iftiisyl-Radical ist,
muss noch ermittelt werden. Wir können daher für diese Substitutions-
producte gegenwärtig nur empirische Formeln aufstellen.
Chloranisylsäure : H O . Ci« H^ €l O5.
Chloranisinsäure, Chlordragonsäure; Chlorodrago- '
nesinsäure (Laurent). Diese Säure entsteht unter Salzsäurebil-
dung, wenn man trockenes Chlor gas auf geschmolzene Anisylsäure
einwirken lässt, oder wenn man die fein gepulverte Säure in eine mit
trockenem 'Chlorgas gefüllte Flasche bringt. Sobald das Chlor nicht
ferner absorbirt wird, entfernt man den Ueberscfauss desselben und die
entstandene Salzsäure durch einen Strom von trockener Luft, wäscht
die gechlorte Anisylsäure mit kaltem Wasser und krystallisirt sie wie-
derholt aus schwachem (40-grädigem) Weingeist.
Die so erhaltene Chloranisylsäure bildet feine, sehr glänzende Na-
deln mit rhombischer Basis, ist in Wasser unlöslich, in Aether und Al-
kohol, besonders kochendem, sehr leicht löslich, schmilzt bei etwa
1760C. und destillirt in höherer Temperatur unverändert über. Chlor,
auch wenn es mehrere Tage im directen Sonnenlichte damit in Berüh-
rung ist, scheint sie nicht weiter zu verändern.^ — Concentrirte Schwe-
felsäure, damit gelinde erwärmt, löst sie in reichlicher Menge auf
und setzt sie beim Erkalten in feinen Nadeln wieder ab. Nach Zusatz
von Wasser scheidet sie sich vollständig und unverändert aus. — Mit
einem Ueberschuss von kaustischem Baryt der trockenen Destillation
unterworfen, wird sie ähnlich wie die Anisylsäure in Kohlensäure und
Chloranisol zerlegt
Die Chloranisylsäure ist mit chlorsalicylsaurem Methyloxyd isomer.
Sie bildet mit den Alkalien in Wasser lösliche, krystallisirende, mit den
Erden und schweren Metalloxyden meist schwerlösliche Salze.
Chloranisylsaures Aethyloxyd,C4H5 0. Cie Hg Gl O5, entsteht
durch Destillation einer mit Salzsäuregas gesättigten alkoholischen Lö-
sung von Chloranisylsäure, oder zweckmässiger durch Einwirkung von
trockenem Chlor auf anisylsaures Aethyloxyd, wobei sich diese Flüssig-
keit unter Austausch von 1 Aeq. Wasserstoff gegen 1 Aeq. Chlor ganz
in eine feste krystallinische Masse verwandelt. Dieselbe wird mit Was-
ser gewaschen, zwischen Fliesspapier ausgepresst und einige Mal aus
Alkohol imfikrystHllisirt. Die Verbindung schiesst daraus in langen
farblosen glänzenden Nadeln an, welche leicht schmelzbar sind und un-
verändert sablimirt werden können. Sie ist in Wasser unlöslich^ leicht
Anisylsäure. 23
iö»Iich in Aether und Alkohol, besonders in kochendem. Kalilauge
Mrlegt sie beim Kochen in Chloranisylsäure und Alkohol.
Chloranisylsaures Methyloxyd, GsHgO . Ciefie^^Os, wird
auf ähnliche Weise wie die yorige Verbindung gewonnen, mit der sie
fiberhaapt in ihrem Verhalten nahe übereinstimmt. Kochende Kali-
lauge zerlegt sie in Chloranisylsäure und Holzgeist.
Die Chloranisylsäure bildet ferner mit Silberoxyd und Blei-
oxyd weisse unlösliche, mit Baryt, Strontian und Kalk schwer
losHehe krystallinische Verbindungen, welche durch doppelte Zersetzuug
aas dem Ammoniaksalz erhalten werden.
Bromanisylfläure: HCCieHsBrO».
Bromanisinsäure, Bromdragonsäure; Bromodra-
gonesinsäure (Laurent). Fein gepulverte Anisylsäure, mit
Brom Übergossen, erhitzt sich unter Entwickelung einer reichlichen«
Menge Brom wasserstoffgas, und man erhält ein röthlichgelbes Product,
das durch Waschen mit Wasser von beigemengtem überschüssigen
Brom befreit, und in siedendem Weingeist gelöst, beim Erkalten Brom-
anisylaäure in Krystallen absetzt. Diurch Pressen zwischen Fliesspapier
und Umkrystallisiren werden sie vollkommen weiss und rein erhalten.
So dargestellt bildet die Broraanisylsäure feine weisse, sehr glänzende
Nadeln; sie schmilzt bei ungefähr 204^ C. und sublimirt in höherer
Temperator in irisirenden Blättchen. In kaltem Wasser ist sie unlös«
lieh und wird auch von kochendem nur in geringer Menge aufgenom-
men; in siedendem Weingeist und in Aether ist sie dagegen leicht lös-
lich. Wird ein Gemenge der Säure mit Aetzkalk der trockenen De-
stillation unterworfen, so zerfallt sie (in gleicher Weise wie die Anisyl-
säure) in Kohlensäure und Bromanisol (s. d. unter Anisol).
Die Bromanisylsänre löst sich mit Leichtigkeit in den Alkalien,
und bildet damit sehr lösliche krystallisirende Salze. In diesen Lösun-
gen erzeugen Blei- und Silbersalze weisse unlösliche, Baryt-, Strontian-
nnd Kalksalze schwer lösliche aus den verdünnten Lösungen sich all-
mälig in Nadeln absetzende Niederschläge.
Broroanisylsaures Aethyloxyd, C4H5O. CieHsBrO^, ent-
steht unter starker Erhitzung und Entwickelung von Brom wasserstoff-
gas , wenn man Brom tropfenweise zu wasserfreiem anisylsauren
Aethyloxyd hinzufügt, welches sich dabei in eine feste Masse verwan-
delt. Diese wird mit Wasser gewaschen, um das überschüssige Brom
zu entfernen, darauf zwischen Fliesspapier gepresst und einige Male
aus heissem Weingeist umkrystallisirt. Der so gereinigte Aether bildet
weisse glänzende, in Weingeist und Aether lösliche, in Wasser unlös*
Mcke Nadeln, schmilzt schon bei massiger Temperatur und lässt sich
unzeraetzt sublimiren. Ein Ueberschuss von Brom scheint ihn nicht
weiter zo verändern. Durch kochende Kalilauge wird er in Weingeist
und Bromanisylsänre zerlegt, die sich auf nachherigen Zusatz von
Säuren abscheidet. — Dieselbe Verbindung erhält man direct aus der
Bromanisylsänre, wenn man eine Auflösung derselben in absolutem
Weingeist mit Salzsäuregas sättigt, erhitzt und darauf mit Wasser ver-
mischt. Der sich ausscheidende Aether muss zur Reinigung zuerst mit
kohlensaurem Natron, dann mit reinem Wasser gewaschen und aus sie-
dendem Weingeist umkrystallisirt werden.
24 Anisylsäure. '
Broraanifljlsaurea Methyloxyd, CsHsO. CieH^BrOs, wird
wie die vorhergehende VerbinduDg erhalten durch Behandeln von anisyl-
snorem Methyloxyd mit Brom, oder durch Kochen einer mit etwas
Schwefelsäure versetzten Lösung von Broraanisylsäure in Holzgeivt.
Die Reinigung geschieht auf die bei der Aethylverbindung angegebene
Weise. — Das bromanisylsaure Methyloxyd schiesst in farblosen, durch-
sichtigen Prismen an, schmilzt in gelinder Wärme, löst sich leicht in
Weingeist und Holzgeist, weniger in Aether, nicht in Wasser. Ko-
chende Kalilauge zerlegt es in Bromanisylsaure und Holzgeist.
Nitranisylsäure : HO. Cie He (N O4) O5.
Nitranissäure, Nitranisinsäure, Nitroanisylsäure, Ni-
trodragonsäure, Anissalpetersäure, Anisinsalpetersäure,
Esdragonsalpetersäure, Dragon8alpeter8äure;Nitrodragon-
esinsäure(Laurent). — Man erhält sie direct aus der Anisylsäure durch
gelindes Erwärmen mit rauchender Salpetersäure und Fällen der Lösung
mit Wasser. Am zweckmäpsigsten stellt man sie unmittelbar aus dem
Anisstearopten dar, indem man dasselbe mit Salpetersäure von 36®
Baum^ (1,33 specif. Gewicht) so lange kocht, bis die anfangs entstandene
schwere ölförmige Substanz (Anisylwasserstoflf) vollständig verschwun-
den ist. Wird darauf die saure Flüssigkeit mit Wasser vermischt, so
scheidet sich die gebildete noch unreine Nitranisylsäure in gelben Flo-
cken ab. Letztere wird mit Wasser so lange gewaschen, bis das Durch-
laufende nicht mehr merklich sauer schmeckt, darauf in Ammoniak ge-
löst, und das Ammoniaksalz aus Wasser umkrystallisirt, bis es farblos
ist. Durch Zusatz einer Säure zu der Lösung des reinen Ammoniak-
salzes fallt alsdann die Nitranisylsäure in gelblich weissen Flocken
nieder, welche man durch Waschen mit destillirtem Wasser vollends
reinigt.
Die auf obige Weise erhaltene Nitranisylsäure ist eine gelblich
weisse, geruch- und geschmacklose lockere Substanz, fast unlöslich in
kaltem und nur wenig löslich in kochendem Wasser, woraus sie
sich beim Erkalten in Gestalt kleiner glänzender Nadeln abscheidet
Alkohol und Aether nehmen in der Wärme ziemlich viel davon auf,
die gesättigten Lösungen gerinnen beim Erkalten; aus verdünnten Lö-
sungen setzt sie sich beim freiwilligen Verdunsten in Krystallen ab.
Auch in siedender Salpetersäure -ist sie ziemlich leicht löslich , und
schiesst daraus beim Erkalten in kleinen abgestumpften, vierseitigen
Prismen an. Sie schmilzt zwischen 175<^ und 180<> C. , lässt sich
aber nur in kleinen Quantitäten unverändert sublimiren; bei Anwen-
dung grösserer Mengen wird sie zum Theil zersetzt und unter Verbrei-
tung eines erstickenden Geruchs geschwärzt. Dieselbe Zersetzung er-
leidet sie beim Erhitzen mit Aetzbaryt. — Von kochender rauchen-
der Salpetersäure wird sie in Kohlensäure und Binitranisol (s. d. un-
ter Anisol) verwandelt. Phosphorsuperchiorid verwandelt sie unter
Salzsäureentwickelung und Bildung von Phosphoroxychlorid, gleich wie
die Anisylsäure, in eine dunkelgelbe, bei sehr hoher Temperatur sie-
dende Flüssigkeit, ohne Zweifel Nitranisylchlorid, Ci6H6(N04)04.€l,
welche sich an feuchter Luft in Salzsäure und Nitranisylsäure zersetzt,
und mit Alkohol Nitranisinsäureäther liefert (Cahours). — Wein-
geistige Schwefelammonium lösung verwandelt die Nitranisylsäure in
Amidoanisylsäure, HO.Ci6H«(NHa)06 (s. unten).
Anisylsäure. 25
Die Nitranisylsäure bildet mit den Alkalien lösliche krystallisirende,
mit den übrigen Metalloxyden meist unlösliche Verbindungen. Daa
Anmioniaksalz krystallisirt in schönen, kugelförmig vereinigten Nadeln.
Nitranisylsaurea Aethyloxyd, C4 H5 O -Cig Hg (N 04)05,
icheidet sich aus einer gelinde erwärmten Auflösung von Anisylsäure-
äther in rauchender Salpetersäure (zu gleichen Theilen) durch Zusatz
fon Walser in gelblichen Flocken aus. Dieselbe Verbindung wird er-
halten^ wenn man eine Auflösung von Nitranisylsäure in absolutem Al-
kohol mit Salzsäuregas sättigt, so lange die sich von selbst erhitzende
und auf einer Temperatur von 60^ bis 70^ C. erhaltene Flüssigkeit
noch davon absorbirt. Sie nimmt dabei eine gelbliche Farbe an und
lä^t nachher auf Zusatz von Wasser den Aether in gelblichen, dicken
rolnminösen Flocken fallen. Er wird darauf durch Watschen mit was-
^rigem Ammoniak von etwa noch unveränderter Nitranisylsäure befreit,
nachher mit Wasser gewaschen, getrocknet und aus Alkohol wiederholt
omkrystallbirt, v^oraus er in grossen, stark glänzenden Tafeln von aus-
nehmender Schönheit anschiesst Er ist im Wasser unlöslich, in heissem
Alkohol in reichlicher Menge, in kaltem wenig löslich, schmilzt zwischen
98^ und 100<> C, und wird von weingeistiger Kalilösung in Weingeist
und Nitranisylsäure zerlegt. Concentrirte Schwefelsäure löst ihn schon
in der. Kälte, noch leichter in der Wärme auf, und aus der heissen Lö-
sung scheidet sich ein Theil beim Erkalten krystallinisch wieder ab;
durch Zusatz von Wasser wird er vollständig gefällt — Brom verän-
dert den Aether nicht.
Nitranisylsaures Methyloxyd, C3H3O .Ci6H6(N04)05, ent-
steht genau auf dieselbe Weise wie die vorhergehende Verbindung,
nämlich durch Auflösen von anisylsaurem Methyloxyd in rauchender,
gelinde erwärmter Salpetersäure, oder durch Aetherificiren einer Lö-
sung von Nitranisylsäure in Holzgeist mit Salzsäure. Auch kann man
e» durch Kochen einer Mischung von Holzgeist, Schwefelsäure und
Nitranisylsäure erh'üten. Auf die bei der Aethyl Verbindung angege-
bene Weise gereinigt und aus heissem Weingeist umkrystallisirt, erhält
man es in breiten glänzenden, dem Aethylät^er völlig gleichenden Blätt-
chen. Es ist in Wasser unlöslich, leicht löslich in heissem Weingeist
und Holzgeist, und scheidet sich beim Erkalten fast vollständig wieder
ab. Es schmilzt bei ungefähr 100^ C. und lässt sich in höherer Tem-
peratur unzersetzt verflüchtigen. Kalilauge zerlegt es in Holzgeist und
Xitr 1 nl^y Isaure.
Aas Lauren t's Untersuchung i) über die Anisylsäure (Dragon-
i^ore) scheint hervorzugehen, dass die Nitranisylsäure mit der Anisyl-
änre, Chloranisylsäure und Bromanisylsäure eigenthümliche Doppel-
iiaren liefert, welche zwei Atome Basis sättigen. Ob sich dieselben
auch durch blosses Vermischen der dieselben zusammensetzenden bei-
den Säuren oder ihrer Salze darstellen Inssen, ist nicht durch Versuche
ermittelt.
Anisylsäure mit Nitranisylsäure (Nitrodragonasin-
säure, Laurent): HO.C10H7O8 + HO .CißHßCN 04)05.
Sie ward erhalten bei der Darstellung der Anisylsäure durch Er-
hitzen von EsdragonÖl mit Salpetersäure (s. S. 21) als Nebenproduct
') Bevne scientifique et industrielle 1842, Kr. 31. Joum. f. prakt. Chem.
Bd. XXVII, S. 239.
26 Anisylsäure.
zugleich mit etwas Nitranisylsänre, und ist in der ammoniakaliBchen
Mutterlauge enthalten, woraus sich das anisylsaure (esdragonsaore)
Arnmoniak abgesetzt hat. Um sie daraus zu gewinnen, und von der noch
beigemengten freien Anisylsaure und Nitranisylsäure zu trennen, wird
jene Mutterlauge der Ammoniaksalze zur Syrupsconsistenz abgedampft und
der Rückstand in siedendem Alkohol gelöst, worauf sioh beim Erkalten
ein krystallinischer Niederschlag abscheidet, welcher grösstentheils aus
dem Ammoniaksalze der Doppelsäure besteht; durch theilweises Ver-
dunsten der davon abgezogenen alkoholischen Lösung und Abkühlung
wird davon noch mehr erhalten, welche Operation mit der jedesmaligen
Mutterlauge noch einige Male wiederholt werden kann. Die so ge-
sammelten Krystallisationen. werden nach einander von Neuem in sie-
dendem Alkohol aufgelöst und diese Lösung in befassen mit engem
Halse langsam erkalten gelassen.
Das Ammoniaksalz der Doppelsäure schiesst dabei in strahligen
Halbkngeln an, welche sich zuerst an der Oberfläche der Flüssigkeit
bilden, hernach zu Boden fallen und sich allmälig vergrössem. Sobald
sich andere Krystalle als einzelne Nadeln auszuscheiden beginnen, giesst
man die überstehende Mutterlauge ab, reinigt die gewonnene Exystall-
masse durch noch einige Male wiederholtes Umkrystallbiren aus Alko-
hol, und löst sie zuletzt in heissem ammoniakalischen Wasser auf.
Durch Zusatz von Salpetersäure fallt dann die Doppelsäure in
Gestalt eines voluminösen weissen Niederschlages zu Boden. Sie wird
auf ein Filter gebracht, mit Wasser sorfaltig gewaschen, getrocknet und
aus heissem Alkohol krystallisirt; sie schiesst alsdann beim Erkalten
in farblosen, geruch- und geschmacklosen platten rhombischen Nadehi
an mit Winkeln von lOO» bis 1020. Sie ist im Wasser unlöslich,
in Aether und Alkohol, besonders kochendem, ziemlich leicht löslich,
schmilzt bei 185<> C. und erstarrt beim Erkalten zu einer strahligen
Masse. Sie lässt sich unverändert nur in kleinen Mengen sublimiren.
Sie giebt, wie die übrigen Anisylsäuren, mit den Alkalien leicht
lösliche Salze. Das Ammoniaksalz erhält man durch Verdunsten
der Lösung, wenn man von Zeit zu Zeit wieder Ammoniak hinzuftigt,
in Gestalt eines Syrups. Wenn man verdunstet^ ohne Ammoniak hin-
zuzufiigen, so geht mit den Wasserdämpfen die Hälfte desselben weg
und man erhält ein saures Salz, welches in halbkugeligen, aus feinen
Nadeln zusammengesetzten Warzen krystallisirt Ihre Verbindungen
mit den Erden und den übrigen Metalloxyden sind meist unlöslich; die
mit den Erden setzen sich aus verdünnten Lösungen allmälig in Ery-
stallen ab.
Nitranisylsäure mit Ghloranisylsäure (Nitrochlorodra-
gonesinsäure; Laurent): HO . CieHg (N04)06 + HO.Cle^^6^1öß•
Sie entsteht, wenn man in die vorhergehende geschmolzene Dop-
pelsäure so lange Chlorgas leitet, als noch Salzsäure entbunden wird.
Das gebildete noch unreine Product wird mit Wasser gewaschen, und
in heissem Weingeist gelöst, worauf die reine Säure in farblosen kleinen
Nadeln krystallisirt. Sie zeigt dieselben Löslichkeitsverhältnisse wie
die vorhergehende Doppelsäure, schmilzt bei 170^ C. und sublimirt in
stärkerer Hitze in nadeiförmigen schiefen Prismen.
Nitranisylsäure mit Bromanisylsäure (Nitrobromodra-
gonesinsäure; Laurent): HO.Ci6Hfe(N04)05 -j- HO . CieHeBrOj.
Sie bildet sich unter Entwickelung von Bromwasserstoff, wenn man
Anisylsäure. 27
db Doppebäure von Anisylfl&nre und Nitranisyl säure mit Brom gelinde
erwanot; das erhaltene Substitationsproduct wird aaf dieselbe Weise wie
dierorigeVerbindong gereinigt, mit der sie in fast allen Punkten gennti
abereinstimmt Ihr Schmelzpunkt liegt zwischen 170<> und 180<> C.
Chrysanisylsäure O-
Chrysanisinsäure, Chrysanissäure. Diese (1849) von Ca-
hoor« entdeckte ßaure bildet sich neben Binitranisol und Trinitranisol
bei Einwirkung von kochender Salpetersäure auf Anisylsäure oder auf
Mtranisylsäure. Ihre Formel ist HO . Ci4H4N8 0i3<) sie ist also iso-
mer mit Trinitranisol (Ci4fi5N3 0i4) und unterscheidet sich von der
Pikrinsäure (HO . CisH^NsOis) nur durch CsH2; ist die letztere
Trinitrophenylsäure (HO . Cij H2 (^ ^4)8 O , so kann die Chrysani-
sylsiare als Trinitromethylphenylsäure angesehen werden : HO.
Zar Darstellung der Chrysanisylsäure wird die ganz trockene Ni-
tnniiylsäure mit dem 2^/2- bis 3£ftchem Gewicht rauchender Salpeter-
iiore Y) bis höchstens ^4 Stunden ganz gelinde gekocht, und darauf
^Flossigkeit mit dem 15- bis 20fachen Volumen Wasser Übergossen,
wobei sich ein, beim Erkalten bald erstarrendes Oel abscheidet, ein
Gonenge von Binitranisol und Tinitranisol mit vorwaltender Chrysa-
nsjlsäure. Die krystallinische Masse wird zerrieben auf einem Filter
Bit yerdanntem Ammoniak ausgezogen, die Lösung durch Eindampfen
fimeentrirt, das hiebei krystallisirende Ammoniaksalz in Wasser gelöst,
«id mit verdünnter Salpetersäure zersetzt, wobei die Säure sich in gel-
^ Flocken abscheidet, welche zwischen Papier getrocknet und ans
Aikobol umkrystallisirt werden; sie bilden dann kleine rhombische,
prächtig glänzende, rein goldgelbe Nadeln.
Die Säure ist nicht merkbar löslich in kaltem, etwas mehr in ko-
ebendem Wasser; Alkohol löst sie kaum in der Kälte, aber in grosser
Menge in der Wärme, und eine siedend gesättigte Lösung gesteht beim
^kalten daher fast vollständig. Aether löst die Säure ziemlich reich-
Heh beim Erhitzen. In gelinder Wärme schmilzt sie und gesteht
^ Erkalten krystallinisch ; etwas stärker erhitzt, verflüchtigt sie sich
in gelben Dämpfen, welche sich, beim Erkalten zu gelben Blättchen
otndensiren.
Kochende Salpetersäure verwandelt die Chrysanisinsäure in Fi-
^riosäure; mit Chlorkalk destillirt, bildet sie reichlich Chlorpikrin.
^b äberschÜBsiges Kali wird die Säure zersetzt und braun gefärbt.
Chrysanisylsäure Salze. Diese Salze sind meist gelb, die
Salze der Alkalien lösen sich im Wasser; auch das Kalisalz ist sehr
'ciclit löslich, und dadurch unterscheidet sich diese Säure von 'der ver-
'»ftdten Pikrinsäure.
Chrysanisylsaures Aethyloxyd: C4H5O .Ci4H4N8 0i3. Die
I'^song der Säure in starkem Alkohol wird mit trockenem Salzsäure-
^ gesättigt , die Flüssigkeit dann einige Zeit gekocht und mit Was-
m
^ AnnaL de chim. et phys. [8.] XXYII, p. 468. Journ. f. prakt. Chem. Bd.
^tt, 8. 274. Pharm. Ccntralbl. 1849, 8. 808. Jahrcsbcr. v. Liebig u. Kopp
1^9, 8. 406.
28 Anisylsäure.
ser versetzt, wobei sich der unreine Aether als ein flocldger Nieder-
schlag abscheidet; er wird abfiltrirt, mit etwas Ammoniak und dann
mit Wasser gewaschen, getrocknet, und aus siedendem Alkohol krystal-
lisirt. Der Aether krystallisirt in durchscheinenden, glänzenden, schon
goldgelben Blättchen, er lost sich nicht im Wasser, aber in Alkohol
oder Aether, besonders in der Wärme, er schmilzt bei ungefähr 100<>C.
Chrysanisylsaures Aramoniumoxyd: NH4O . C14H4N3O1S.
Die Säure wird in überschüssigem verdünnten Ammoniak gelöst und
durch Abdampfen in der Wärme oder durch freiwilliges Verdampfen
concentrirt. Das Salz krystallisirt in kleinen braunen Nadeln, schöner
beim freiwilligen Verdampfen.
Chrysanisylsaures Silberoxyd: AgO . C14H4NJO1J. Das
Ammoniaksalz wird durch salpetersaures Silberoxyd gefällt, der schön
gelbe flockige Niederschlag mit Wasser gewaschen und unter der Luft-
pumpe getrocknet.
Die Lösung von chrysanisylsaurem Ammoniumoxyd giebt mit sal-
petersaurem Bleioxyd einen chromgelben, flockigen Niederschlag, mit
Eisenoxydsalzen einen gelben, mit salpetersaurem Kobaltoxydul einen
schwach grünlichgelben gelatinöaen, mit Kupferoxydsalzen einen grün-
gelben gallertartigen, mit concentrirter Quecksilberchloridlösung einen
rothgelben, mit Zinksalzen einen hellgelben Niederschlag.
Amidoanisylsäure : H O . Cig H« (N Hj) O5.
Anisaminsäure. Man erhält sie nach Zinin ^) auf folgende
Weise: Nitranisylsäure wird mit 8 Thln. 90procentigem, vorher mit
Ammoniak gesättigtem Weingeist Übergossen und Schwefelwasserstoff
bis zur Sättigung eingeleitet. Sobald sich die Säure nach etwa 12-
stündigem Stehen gelöst hat, kocht man die gelbe Flüssigkeit zur Ver-
jagung des Schwefelammoniums, und verdampft darauf unter bisweiligem
Zusatz von etwas Wasser, bis der Weingeist entfernt ist. Die wässerige
Lösung enthält amidoanisylsaures Ammoniak, das man vom ausgeschie-
denen Schwefel abfiltrirt imd mit Essigsäure zersetzt. Die Amido-
anisylsäure scheidet sich in langen braunen Nadeln aus, die durch Be-
handeln der wässerigen Lösung mit Thierkohle farblos erhalten werden.
Die Bildung der Säure ergiebt sich aus folgender Gleichung:
Ci6K7(N04)06 -f 6HS = 4H0 + 6S -f CisHTfflHQOg
Nitranisylsäure Amidoanisylsäure.
Die Amidoanisylsäure löst sich in 800 Thln. siedendem und in
viel mehr kaltem Wasser; die gesättigte Lösung reagirt indess deut-
lich sauer und hat einen süsslichsauren , unangenehmen Geschmack.
In Aether ist sie schwer löslich, in Weingeist leicht löslich. Aus der
siedend geeättigten wäBserigen Lösung erhält man die Säure in zoll-
langen dünnen vierseitigen, stark glänzenden Prismen; aus der heiss
gesättigten weingeistigen Lösung scheidet sie sich während des Erkal-
tens in kürzeren aber dickeren vierseitigen Prismen mit zuspitzenden
octaedrischen Flächen ab. Aus kochender Essigsäure und ziemlich
starker Salzsäure krystallisirt sie unverändert; in heisser verdiinnter
Salpetersäure löst sie sich ebenfalls ohne merkliche Veränderung, aber
0 Petereb. Ac»d, Bullet. T. XII, p. 286. AnnaL d. Chem. u. Pharm. Bd.
XCII, S 827.
Anisylsäureanhydrit. — Anisylsaure Salze. 29
nach längerem Kochen röthet sich die Lösung und scheidet dann beim
Erkalten ein Gemenge von braunen Flocken und einem fast weissen
polverförmigen Körper ab. — Bei 140<>C. bleibt die Säure unverändert,
idunilzt bei ISO^' C. und erstarrt beim Abkühlen krystallinisch. Auf
Plfttinblech erhitzt, yerflüchtigt sie sich unter Entwickelung weisser,
schwach riechender Dämpfe; bei Torsichtiger Destillation giebt sie ein
bptallisirendes Zersetzungsprodnct und hinterlässt einen geringen koh-
figCD Backstand.
Die Salze der Amidoanisylsäure sind mit Ausnahme des Silber-
alze« nicht näher untersucht worden. Die Lösung der freien Säure
wird durch Kalkwasser, Barytwasser und Silberlosung nicht gefällt.
Du Ammoniaksalz ist leicht löslich und krystallisirt schwierig in qua-
dratischen Tafeln ; beim Kochen der concentrirten Lösung tritt partielle
Zersetzung ein, es entweicht etwas Ammoniak und beim Erkalten schei-
det sich freie Saure aus. Blei-, Cadmium- und Silbersalze fällen aus
der Ämmoniakverbindung weisse Niederschläge. Das amidoanisylsäure
Sflberoxyd: AgO. CieHe (Ni}2)05, scheidet sich in dicken weissen
Flocken ab, die in Wasser unlöslich, in Ammoniak und Säuren leicht
löslich sind. Im trockenen Zustande wird es bei 120^ C. nicht zersetzt,
tawnt sich aber, wenn es mit Wasser erhitzt wird. St
Anisylsäureanhydrid, Anissäureanhydrid, Anisyl-
siiire, wasserfreie. Das Anhydrid, C^qHu^io = r *h'o*I^''
bildet sich bei Einwirkung von Phosphoroxychlorid auf trockenes anis-
aores Natron; die Masse wird mit Wasser ausgewaschen, und der un-
löf liehe Rückstand aus Aether umkrystallisirt. Die wasserfreie Anis-
äare krystallisirt in seidenartigen concentrisch gruppirten Nadeln, ist
leicht löslich in Aether oder Alkohol, unlöslich in Wasser oder wässe-
rigen Alkalien, sie schmilzt bei 99^0. und destillirt bei höherer Tem-
perator. Durch längeres Kochen mit Wasser oder wässerigen Alkalien
^ sie in Anissäure umgewandelt (Pisani i). Fe.
Anisylsaure Salze. Die Anisylsaure sättigt a Atom Ba-
I ^ nnd giebt damit ziemlich beständige, zum Theil schön krystallisi-
refide Salze. Sie löst sich in den wässerigen Lösungen der kausti-
I Kken Alkalien mit Leichtigkeit auf, und wird daraus durch Zusatz von
SiareD vollständig wieder abgeschieden. Die unlöslichen, oder schwer-
^slichen Verbindungen der Säure werden am besteiü durch doppelte
Zcnetzong aus dem Ammoniaksalze dargestellt. Um die Uebersicht
I ^ erleichtem , werden wir in dem Folgenden zur Bezeichnung der
! Sake die empirische Formel der Anisylsaure : H O . Cie H7 Os in An-
1 'Bndimg bringen.
I Anisylsaures Aethyloxyd, Anisinäther, C4 ttsO . Cie il? O5
^Idet sich durch Sättigen einer Auflösung der Säure in etwa 6 Theilen
' *^luten Alkohols mit Salzsäuregas bei einer Temperatur von 60® C.
; ^ nachheriger Destillation der Flüssigkeit bis zur Trockne geht ein
'^^ireg Destillat iiber, aus welchem Wasser den unreinen Anisinäther
^ eine schwere, darin untersinkende Flüssigkeit fallt Er wird durch
Waschen mit einer Lösung von verdünnten kohlensaurem Natron, darauf
_ ^) Compt rend. de Tacad. T. XLIV, p. 887; Annal. d. Ghem. n. Pharm. Bd.
cn,a J84.
30 Anisylsaure Salze.
mit heiBaem Wasser gereinigt, über Chlorcalcium getrocknet, und znletz
über Bleioxyd destillirt £r bildet aUdann ein farbloses, schweres, ölarti
ges Liquidnm von angenehmem aromatischen Geschmack und einem den
Anisöl ähnlichen Geruch, ist unlöslich in Wasser, in Alkohol and Aethe
leicht löslich, siedet zwischen '250^ und 25 5^ C. In verschlossenen Ge
fassen erhält er sich unverändert; an der Luft wird er allmäli]
sauer. Durch Kochen mit Kalilauge wird er in Anisylsaure um
Alkohol zerlegt. — Mit Ammoniak Übergossen, verwandelt er siel
nach einiger Zeit in Alkohol und Anisylamid, welches sich als feste
krystallinischer Körper abscheidet. — Chlor und Brom wirken scho]
bei gewöhnlicher Temperatur darauf ein, und erzeugen damit ante
Entbindung von Chlor- und Bromwasserstoffsäure chloranisylsaures uni
bromanisylsaures Aethyloxyd (s. d. bei Anisylsaure, Verwandlun
gen). — Rauchende Salpetersäure löst ihn unter Wärmeentwicke
lung auf, und verwandelt ihn in nitranisylsaures Aethyloxyd, welche
sich auf Zusatz von Wasser in krystallinischen Flocken ausscheidet
Anisylsaures Ammoniumoxyd, Nil4 0.CieH7 05, krystalli
sirt beim Abdampfen der wässerigen Lösung in Würfeln (CahoarB
oder in prismatischen Tafeln mit rhombischer Basis (Laurent). £
enthält kein Krystallwasser; verliert sein Ammoniak beim Erwärmei
bis 99^ C. im lufUeeren Räume und lässt reine Anisylsaure zurück.
Anisylsaurer Baryt schlägt sich beim Vermischen der was
serigen Lösung des Ammoniaksalzes mit Chlorbarium nicht sogleich
sondern erst nach einigen Minuten in schwer löslichen, rhombischei
Blättchen nieder.
Anisylsaures Bleioxyd, PbO . CieH7 05 ~|- HO, setzt sich bein
Vermischen des Ammoniaksalzes mit essigsaurem Bleioxyd als weissei
in kaltem Wasser unlöslicher, in heissem wenig löslicher Niederschlsj
ab, krystallisirt aus der heissen wässerigen Lösung in glänzend weisse
Schuppen, welche bei 120^ C. getrocknet noch 1 Aeq. Krystallwasse
zurückhalten.
Anisylsaures Kali krystallisirt in' rhombischen oder secltf
eckigen Tafeln ; das Natronsalz in Nadeln.
Anisylsaures Methyloxyd, C^ Hg O . Cie H? O^^, entsteht dore
Destillation von 2 Thln. wasserfreiem Holzgeist, 1 Thl. krystallisirtt
Anisylsaure und 1 Thl. concentrirter Schwefelsäure, welche beim Zv
sammenmischen in der Kälte eine sehr intensive carminrothe Farbe ai
nehmen. Durch gelindes Erwärmen geht zuerst Holzgeist, später anisy
saures Methyloxyd als schweres, bald fest werdendes Oel in die Vorlag
über. Um es zu reinigen, wird es zuerst mit einer heissen Lösung vo
kohlensaurem Natron, nachher mit reinem Wasser gewaschen und si
letzt wiederholt aus Alkohol oder Aether umkrystallisirL Es bildi
alsdann grosse weisse, glänzende Schuppen von angenehmem schwachei
an Anisöl erinnernden Geruch und brennendem Geschmack, ist ii
Wasser, selbst kochendem, unlöslich, in Alkohol und Aether, besonder
in heissem, sehr leicht löslich. Die Krystalle schmelzen nahe bei 27^0
und erstarren beim Erkalten wieder zu einer festen, weissen, ki]
stalUnischen Masse. In höherer Temperatur destillirt der Aether xa
verändert Über. Mit Alkalien bildet er nicht wie das fialicylsaoi
Methyloxyd salzartige Verbindungen; mit concentrirter Kalilauge erhiti
zerfallt er in Holzgeist und Anisylsaure; in Berührung mit Ammonia
verwandelt er sich in Holzgeist und Anisylamid.
Anisylwasserstoff. 31
Chlor nnd Brom wirken lebhaft auf den Aether ein and erzeugen
duiit SobstitationsprodaGte, chloranisylsaure« und bromanisylsaures
MetkyloxTd (b. d. unten), worin 1 Aeq. Chlor oder Brom die Stelle von
1 Aaq. Wasserstoff einnehmen. — Bauchende Salpetersäure, in kleinen'
AitfaeileD hinmgefClgt, bringt eine so lebhafte Beaction hervor, dass man
d» 6«&8S abkühlen mnss ; das Product ist nitranisylsaures Methjloxjd.
Die übrigen Salze der Anisylsäure sind nicht näher untersucht.
Die wMserige Losung des Ammoniaksalzes giebt auf Zusatz von Chlor-
ürootioiD erst nach einiger Zeit eine ans kleinen sechsseitigen, sehr
gJÄnzenden Blättchen bestehende Fällung. Chlorcalcinm bewirkt in
ooneeDtrirter Lösung sogleich, in verdünnter erst nach einiger Zeit,
eben krystallinischen Niederschlag. Schwefelsaure Magnesia bringt
kerne Fallung hervor. Das Silbersalz bildet einen in Nadeln krystalli-
arenden, in kochendem Wasser etwas lösUchen, das Zink- und Queck-
alberoxydulsalz einen weissen,, das Kupfersalz einen blänlichweissen,
hi Eisenoxydsalz einen gelben aus mikroskopischen Nadeln bestehen-
den Niederachlag. (Ä K.) St
Anisylwasserstof fy Hydryre dAnisyUy anisylige
Siare, Anisaldehyd, Anisal. Oxydationsproduet des Anisalko-
itols und des Anisstearoptens; von Gahours^) entdeckt.
Formel: C,6»804 = ^«^'g*j = C(Ci, c^fi^jo,)02J
Diese dem Salicylwasserstoff, Benzoylwasserstoff und dem Aldehyd
der Aoetylreihe correspondirende Verbindung entsteht neben Anisylsäure,
wenn Anisstearopten mit verdünnter Salpetersäure erhitzt wird, und
nacht den Hauptbestandtheil des schweren rothen Oels aus, das sich
Heti za Anfang der Operation bildet und zu Boden sinkt. Nach Can-
nizzaro und Bertagnini^ verfährt man zur Darstellung des Anisyl*
«ssaerstoffs am besten auf folgende Weise : Anisöl wird mit dem drei-
&cben Volumen verdünnter Salpetersäure von 1,106 specif. Gewicht
(=14^Baam^) ungefähr eine Stunde lang in gelindem Sieden erhalten,
<hs entstandene schwere ölf örmige Product zuerst mit Wasser , dann
Biit Terdünnter Kalilösung gewaschen und destillirt Das Destillat wird
^vanf mit einer warmen Lösung von zweifach-schwefligsaurem Natron
f^ etwa 1,25 specif. Gewicht geschüttelt, wodurch eine krystallinische
Verbindung des Salzes mit Anisylwasserstoff entsteht (s. unten), die man
of einem Trichter sammelt und nach dem Abtropfen der Flüssigkeit
Klange mit Weingeist wäscht, bis sie vollkommen weiss ist, und der
^essende Weingeist sich auf Zusatz von Wasser nicht mehr trübt.
^ Verbindung wird darauf in der möglichst kleinen Menge heissen
^tfsers aufgelost nnd mit einem Ueberschnss einer concentrirten Lö-
inigvon kohlensaurem Kali erhitzt, worauf sich der Anisylwasserstoff
^ anfschwimmende Schicht abscheidet, die abgenommen und von einem
^igen Gehalt an eingeschlossener salzhaltiger Flüssigkeit durch De-
^>U>tion gereinigt wird.
Aas dem Anisalkohol (C16H10O4) entsteht der Anisylwasserstoff
'^ dnrch die schwächsten Oxydationsmittel. Setzt man ihn mit Pla-
0 AnnaL de Chim. et de Phys. [8.] T. XIY, p. 484; Annal. d.Chem. u. Pharm.,
■*• LVI, 8. 307. JoüTn. f. prakt. Chem., Bd. XXXTI, S. 422. — - ») 11 nuovo Ci-
*^ li p. 99. Im AuBi. : Ajinal. d. Chem. u. Pharm., Bd. XCTIII, S. 189.
32 Anbvlwasserstoffl
tui^wars gemenzt der EiBwiratns der Luft aas. to xei^ nch aehon
n^ca kmcr Zeit der Gemcb de« Aiii«jiwa5«er»totfei ; die Oxydation
§eiiraust /ed^>rk *«ar Tkich weiter ioru in dem «ich Anisrlsaure bildet'
Im räbtn Za^tande bild<:t d«rr Aci«Ylwa««er?ioff' eine schwach gelb-
li^iic F.>*izkeit von l.f»';> *peciL GewieLt bei 20' C« deren Farbe mit
der Zeit uatz,€X dunkler wird. £r besitzt ein^rn aroiD^Btijchen Gemch and
br«r!L»es>let;. Geäe:.jnack. siedet zwischen 2^*3' bi« :f55''C^ ift mit Wein-
^i.41 8bd Aetcer in jedem VerhÄloii^s mi«c!.b.«r, in W&saer nnr wenig
l'**.lt2i. d.'^ ertbelit er demselben »einen eigenthümlichen heaartigen
O^m**^^. Ai^üi er^Dcentrirte Schwefci?äure lö5t ihn aof und färbt sich
ds^atl-t d\iZi£<'.ThiL^ Wa4^9«r »clieidet imle»» onTeränderten AnisjlwaaBer-
¥Uj€ wieder ab. — DerLoit aasgeäetzt, nimmt er allmälig Saaerstoff
*rj£, \z^i Tcrwandelt «ich in AnisyLänre; weil rascher erfolgt diese
Oxri^vi in B^rjhrang mit Platinschwarz und beim Kochen mit ver-
•l-i'.UT hilp-rter^aare. Concentrirte Säore Tcrwandtrlt ihn in Nitraniayl-
*auir*- — Brom entzieht ihm Wai»er*t«»ff und finrt ihn unter Ent-
wirrte. *r»e Ton Brom wa^^erstofiTsras in Ani-svlbromii I5. d-) ober. Chlor
wLr4.t i». ähn.ict^r Wei«e daniuf ein ^ä. Ani^ylchloridX — Schmel-
zende« tk^libydrat verwandelt ihn unter Wasserstoffentwickelong in
Ar-1* 7 !*»:!»* r*. d-;: weingeistige K:>lilösnng sp-ltet ihn in Anisylaäore
•• 1 Ax-U^IkoLol (*. d.)- — Pho 5 phorsnp er Chlorid wirkt heftig dar-
a*«-/ e:r^ e« entwickelt «ich viel Gas, und m :n erhält in der Vorlage eine
f*fr,r.'j*: >i/>rjge einer Flüssigkeit, welche aus Phosphoroxychlorid und
eio^o betcralen Oel von starkem terpentinartigen Geruch besteht; in
der Rec//rte bleibt eine feste schwarze Masse zurück.
Der Ani^ylwai'serdtoflr scheint sich nicht wie der Acetyl Wasserstoff
(A^0^ia\'itr.t\A) mit Basen zu vereinigen; von Kalilauge wird er selbst
\rH\ fi^'ß%keTf:T Concentration in der Kälte nicht aufgenommen, und ob-
worii bei 2irth:>«tendem Kochen allmälig Auflösung erfolgt, so scheint
di*r*<ibe d'ch nur von der Oxydation zu Anisylsäure herzurühren. Da-
gegen verwandelt der Anisvl Wasserstoff sich durch Einwirkung von
Ammoniak in ein Uydramid, ähnlich wie Benzoyl Wasserstoff, welches
dann Wim Erhitzen in eine Base das Anisin (s.S. 33) übergeht. Mit
allen übrigen Aldehyden hat der Anisvl Wasserstoff auch die Eigenschaft
gemdn, sich mit zweifach -schwefligsauren Alkalien zu krystallinischen
Verbindungen zu vereinigen; bis jetzt ist nur die Verbindung von
Anisylwa?serstoff mit zweifach-schwefligsaurem Natron von
Bertagnini^) analysirt worden; die Zusammensetzung derselben ist:
NafJ . 2 SO« + CieHßO* + HO. Schüttelt man Anisylwasserstoff
mit einer Lösung von zweifach - seh wefligsaurem Natron von ungefähr
1,25 j»pccif. Gewicht, so erhält man eine butterähnliche Masse, die als-
bald deutlich kryst^iliinisch wird. Durch Filtration, Pressen zwischen
Fliesspapier und Umkrystallisiren aus siedendem Weingeist oder warmem
Wa^per, dem man etwas zweifach-schwefligsaures Natron zusetzt, wird
die Verbindung in zarten weissen , sehr glänzenden Blättchen erhalten.
Die reine Verbindung löst sich schon in kaltem Wasser, scheidet sich
aber auf Zusatz von zweifach - schwefligsaurem Natron fast vollständig
wieder ab. Wird die wässerige Lösung ohne Zusatz des letzteren
Salzes erwärmt, so zersetzt sie sich unter Trübung und Abscheidung
von Anisylwasserstoff, während schweflige Säure entweicht. Durch Zu-
') Annali dcU' üniversiU Toskana, Tomo III. Annal. d. Chem. u. Pharm.,
Bd. LXXXV, S. 268.
Anisylwasserstoff. 33
ttti TOD Sänren oder Alkalien wird der Anlaylwasseratoff vollständig
aos der LoBong abgeschieden, indem in beiden Fällen das zweifuch-
sehwefligsaure Salz, mit welchem der Anisylwasserstoff verbunden war,
zerstört wird.
Die entsprechenden Kali- und Ammoniakverbindungen werden in
gleicher Weise wie das Natronsalz erhalten, und sind diesem in jeder
Beziehang ähnlich.
Anishydramid,
da« Prodoct der Einwirkung von Ammoniak auf Anisyl Wasserstoff
L«t von Cahours 1) entdeckt und untersucht, seine empirische Formel
ist: C4gHt4N3 06. Seine Bildung aus den Elementen des Anisylwasser-
Stoffs und des Ammoniaks l&sst sich durch folgende Gleichung aus-
drücken:
SXuHjOj + 2NH, = C48Hj4NjO« + 6H0.
ÄDisylwasserstoff Anishydramid
Das hinsichtlich seiner BUdungsweise und Zusammensetzung dem
Hjdrobenzamid und dem sogenannten Salicylimid correspondirende Anis-
hydrunid wird dargestellt, indem man Anisylwasserstoff mit dem f ün{-
(aehen Volumen einer gesättigten, wässerigen Ammoniaklösung über-
gieut und damit in einem verschlossenen Gefässe sich Überlässt Nach
einiger Zeit sieht man stark glänzende Krystalle sich darin absetzen,
welche sich allmftlig vermehren, bis nach einigen Wochen das Oel
ginzlich in eine feste krystallinische Masse verwandelt ist. Dieselbe
wird, am noch etwa« beigemengten , unzersetzten Anisylwasserstoff zu
eotf^en, zwischen Fliesspapier gepresst und getrocknet Das Anis«
bjdramid bleibt abdann in schneeweissen Krystallen rein zurück, wel-
che aas harten, leicht zu pulvernden Prismen bestehen. Es besitzt
meist einen schwachen Geruch, den man nur sehr schwer entfernen
kuin, ist in Wasser unlöslich, löslich in kochendem Alkohol, Aether
ond gelinde erwärmter concentrirter Salzsäure, und setzt sich daraus
b»m Erkalten krystallinisch wieder ab. Es schmUztbei ungefähr 120<>C.
und verwandelt sich beim Erhitzen auf Ißb^ bis 170® C. in eine orga-
niiche Base, Anis in (s. d.)-
Wie die Elemente jener Verbindung geordnet sind, lässt sich ge-
geowirtig eben 60 wenig mit einiger Sicherheit angeben, als wir eine
Mich nur einigermaaseen wahrscheinliche Hypothese über die che-
nUche Constitution des Hydrobenzamids und Salicylimids aufzustellen
im Stande sind. Auch über ihre chemische Natur befinden wir uns
gänzlich im Unklaren. Wir begegnen hier, wie so häufig in der orga-
nischen Chemie einer Verdreifachung eines Atom com plexes, ohne uns
von dein inneren Vorgange Rechenschaft geben zu können.
Erhitzt man Anishydramid etwa 2 Stunden lang auf 1650 bis ITO^C,
90 Terwandelt es sich unter Beibehaltung des Ansehens und ohne Aen-
^Dg der Zusammensetzung in eine organische Base, das
Anisin^
^'onBertagnini ^) entdeckt, dessen empirische Formel C48H24N9O6 ist;
die rationelle Zusammensetzung ist noch nicht ermittelt. Um es zu rei-
0 Amud. de chim. et phys. [8.] T. XIV, p. 488. AnnaL d. Chem. u. Pharm.
^ lYl S. 809. — *) AnnaL d. Chem. u. Pharm. Bd LXXXVni, S. 127.
R«MwMirbaeh der Chmnte. 9te Aufl. Bd. II. 3
34 Anitrohurain. — Anlassen.
nigen, löst man es in siedendem Weingeist, versetzt mit Salzsäare und
trennt das während des Erkaltens sich abscheidende Salz von der Mut-
terlauge. Durch Zersetzung desselben mit Kali oder Ammoniak und
Kry stall isation des abgeschiedenen Anisins aus weingeistiger Lösung
erhält man es in durchsichtigen Prismen. Es ist in kaltem und heis-
sem Wasser fast unlöslich, wenig löslich in Aether, leicht loslich in
Weingeist. Die Lösungen schmecken bitter und reagiren stat'k alkalisch.
Das chlorwasserstoffsaure Anisin, C48H24N20e • HGl^
krystallisirt in weissen stark glänzenden Nadeln, die sich in Wasser
wenig, in Weingeist leicht lösen. Bei 100® C. getrocknet, hat es die
obige Zusammensetzung, im lufttrockenen Zustande soll es 2V2 Aeq.
Wasser enthalten. — Mit Platinchlorid bildet das chlorwasserstoffsaure
Anisin ein in blass orangerothen Blättern krystallisirendes Doppelsalz
von der Zusammensetzung C48 Hj4 Nj O« . H €l -|- PtClj. Es ist in
Weingeist schwer löslich. St
Anitrohumin 1 , „ .....,,,.
l hat Hermann *) stickstofffreie
Anitrohuminsäure) Humnssubstanzen genannt, welche,
nach ihm, besonders darch Einwirkung von Schwefelsäure auf Zucker
bei Abschluss der Luft entstehen, und für welche er die von Ma-
laguti gegebene Zusammensetzung CgoHisOis annimmt (s. Humus).
Anitrokrensäure, (Ci5H„Oi4)j nennt Hermann ver-
Anitrooxykrensäure,(CioaiO/0> «chiedene Btickstoff-
•^ V A- a » ^ 1 ly^j^ Beatandtheüe des
Anitrosatzsäure, (CaoHiaOia)' Humus, für welche er
die beigefügten Formeln giebt (s. Humus).
Anker lt. Ein zum Dolomit gehörendes Mineral, bestehend
aus gleichen Atomen kohlensauren Kalks und kohlensaurer Magnesia,
welche letztere zum Theil ersetzt ist durch kohlensaures Eisenoxydul
und kohlensaures Manganoxydul (s. Dolomit). Lässt sich, nach Ber-
thier^), mit kohlensaurem Natron zu einer krystallinischen Verbin-
dung zusammenschmelzen. p.
Anlassen (recoquere; recuire; reeuit; tempering^ letiing down).
Viele Metalle oder Metalllegirungen, welche durch Hämmern, Walzen
u. dergl. oder durch rasches Abkühlen hart und spröde geworden sind,
verlieren durch Erhitzen bis zu einer passenden Temperatur und langsa-
mes Abkühlen, das „Anlassen", einen Theil der Härte und Sprödigkeit.
Das Anlassen kommt besonders beim gehärteten Stahl (s. d. Art) in An-
wendung, wo es den Zweck hat, ihm so viel Sprödigkeit zu nehmen, dass
er zu Schneidwerkzeugen, Sägen u. dergl. dienen könne. Auch Kupfer,
Silber, Gold und andere Metalle müssen beim Aushämmern und Auswal-
zen, wenn sie nicht Risse bekommen sollen, wiederholt erhitzt werden;
diese Metalle werden hierbei stärker als der Stahl bis zur dunklen
Rothglühhitze erhitzt, man nennt diese Operation hierbei deshalb ge-
wöhnlich das Ausglühen. Auch das langsame Abkühlen des Glases
in den stark erhitzten Kühlöfen (s. Glas) ist eine Art Anlassen, in*
dem dadurch dem Glase auch eine gewisse Elasticität ertheilt, und die
0 Journ. f. prakt. Chem. Bd. XXII, S. 66; Bd. XillT, S. 375; Bd. XXV
S. 189. — «) Pogg. Annal. Bd. XIV, S. 103.
Anlaufen. — Anoxoluin. 35
alljogroffie Neigung zu zerspringen , wie sie z. B. schlecht gekHhlteff
Glas oder die Bologneser Flaschen haben, genommen wird. Fe.
Anlauf e n nennt man die Erscheinung, wenn ein Metall seine ur-
iprünglieh blanke Oberfläche verliert und »ich mit einem dünnen
Ueherzug bedeckt, und dadurch der Metallglanz mehr oder weniger
atmimmt; so laufen die meisten Metalle besonders an feuchter Luft durch
alJmälige Oxydation an, das Silber läuft an in einer Atmosphäre,
velche Schwefelwasserstoff enthält, durch Bildung einer Schicht von
Schwefelsilber. Das Anlaufen zeigt sich besonders beim Anlassen
(9. d.) des Stahls an der Luft, und zwar zeigt sich hier in Folge der
oberflächlichen Oxydation eine gelbliche, röthliche oder bläulich ge-
färbte Oxydschicht, es treten die sogenannten Anlauffarben auf (s.
Stahl), die aber nur in Folge von Oxydation sich bilden, und daher
Dcht erscheinen beim Erhitzen des Metalls in einem sauerstoflfTreien
Gaue. Die Farben entstehen hier durch die verschiedene Dicke der
Oxydschicht in Folge einer Interferenz des Lichtes, in gleicher Weise
wie solche Farben bei reinem Arsen, das kurze Zeit der Luft ausge-
bt war, bei abgestandenen Fenstergläsern in Ställen u. dergl., dann
bei SdfenblaBen u. s. w. sich zeigen. Fe,
Anode (aus ai/a, aufwärts und 080g ^ der Weg vom Sonnen-
aofgang). Eine von Faraday eingeführte jetzt sehr gebräuchliche
Bezeichnung für diejenige Elektrode, welchß sich an der östlichen Seite
der elektrolytischen Flüssigkeit befindet, wenn man sich den elektri-
sehen Strom, nach der gewöhnlichen Terminologie, von Osten nach
Westen durch den Elektrolyten gehend denkt. An der Anode treten
^er bei der elektrolytischen Zerlegung der Oxyde Sauerstoff, bei
Zersetzung der Chloride Chlor, der Sulfide Schwefel, der Salze Säuren
«. 8. w., überhaupt die elektronegativen Bestandtheile der zerlegten Ver-
bindiingen auf; wir können daher den Ausdruck in gewisser Beziehung
^gleichbedeutend mit positivem Pol nehmen (s. Elektrolyse und
Elektrolyt). Fe,
Anorthit, ein zuerst von 6. Rose als eigenthümliche Species
okanntes Mineral der Feldspathfamilie. Seine chemische Stellung in
Bieter Familie findet man in dem Artikel Oligoklas (erste Aufl. des
Haadwörterbuchs) näher angegeben. Th. S.
An Otto. Wenig gebräuchliches Synonym für Orlean (s. erste
KjOl Bd. V, S. 739).
Anoxoluin ^). Nach Leconte und Goumoens sind im Fi-
brin, im Mnskelfaserstoff, dem Albumin, Yitellin, Globulin und Caaeiii
zwei verschiedenartige Stoffe enthalten, von denen der eine sich in
Heigdäurehydrat (Eisessig) löst, während der andere darin unlöslich
itt; den ersteren nennen sie Oxoluin, den in Essigsäure unlöslichen
Bestaadtheil Anoxoluin; im Fibrin und in der Muskelfaser soll da»
Anoxoluin sich auch durch seine faserige Beschaffenheit von dem kör-
ugen Oxoluin mittelst des Mikroskops unterscheiden lassen. Weiter
i^ das Anoxoluin charakterisirt dadurch , dass es sich in verdünnter
^ Compt. rend. de Vacad. T. XXXVI, p. 834. Vierteljaliresschrift f. prakt.
Pktnn. Bd. ül, S. 40.
3
«
36 Anoxydische Körper. — Anthokirrin.
Schwefels&nre mit röthlicher Farbe löst, während das Oxoluin sich nur
wenig und mit gelblicher Farbe löst; durch salpetersaures Quecksilber-
oxyd-Oxydul wird das erste carminroth gef&rbt; das zweite nur hell
rosenroth; Chromsäure löst das erste bei lOO^'C. mit rothbrauner Fär-
bung, wirkt aber auf Oxolnin nicht ein; Salzsäure löst jenes in der
Wärme leicht und mit violetter Farbe, das letztere aber nur wenig und
mit gelblicher Farbe; eine siedend gesättigte Weinsänrelösnng löst das
Anoxoluin leicht auf, das Oxoluin nicht Fe.
Anoxydische Körper nennt H. Rose solche anorgani-
sche Körper, wie Phosphor u. a., welche er in den Pflanzen als ganz
desoxydirt enthalten annimmt.
Anquicken s. Amalgam u. Amalgamation.
Anschiessen, d. i. das langsame Abscheiden von Krystallen
aus Flüssigkeiten, s. Krystallisiren.
Antalogen« Ein von Schweigger vorgeschlagener, aber
nicht angenommener Name für das Jod, weil es gegen Chlor (Halo-
gen) sich positiv verhält. P.
Anthemis arvensis^ Ackerkamille. Die blühende Pflanze
enthält im trockenen Zustande 9,7 Proc. Asche, welche in 100 Thln. be-
steht aus: 80,6 Kali; 7,1 Chlorkalium; 16,0 Kalk; 8,7 Magnesia; 4,8
phosphorsaurem Eisenoxyd; 9,9 Phosphorsäure; 4,6 Schwefelsäure;
14,8 Kohlensäure; 6,8 Kieselsäure i).
Anthokirrin. Riegel*) hat die gelben Blumen von Antir-
rhmum Unaria L* oder Linaria wdgarit B. untersacht, indem er die
Menge Zucker, Schleim, Chlorophyll u. s. w. bestimmte. Dabei hat ei
dann den gelben Farbestoff der Blüthen wahrscheinlich noch unrein
abgeschieden, jedenfalls sehr unvollständig untersucht; diesen Farbe-
stoff non nennt er Anthokirrin, richtiger wäre der Name Antirrhin,
wenn nicht der Korper, wie es scheint, mehr saure als basische Eigen-
schaften besitzt; doch ist es am besten, eine passendere Benennung bi<
zu seiner näheren Kenntniss auszusetzen. Um ihn darzustellen, werdet
die Blumen in der Wärme mit Alkohol ausgezogen, das beim Ab-
dampfen bleibende Extract mit kaltem Wasser behandelt, und der darit
unlösliche Theil in Alkohol gelöst; das durch Abdampfen erhaltene
Extract mit Aether digerirt, bei dessen Verdampfen dann endlich dei
Farbestoff in krystallinischen Wärzchen sich absetzt
Nach einer anderen Darstellungsmethode wird das Alkoholextraci
in heissem Wasser gelöst und dann Kalkwasser zugesetzt, so lange siel
ein rother Niederschlag bildet, der mit Essigsäure versetzt und nacl
dem Abdampfen mit Alkohol behandelt wird ; die Lösung wird mit Blei
zucker gefällt, der Niederschlag durch Schwefelwasserstoff zersetzt, dai
Filtrat abgedampft und mit Aether ausgezogen. Durch Umkrystallisi-
ren aus Alkohol wird das sogenannte Anthokirrin in blassgelben ge
mch - und geschmacklosen warzenförmigen Krystallen erhalten ; dies<
lösen sich schwierig in Wasser, leichter in Alkohol, Aether oder äthe
>) Raiing, Annal. d. Ghem. a. Pharm. Bd. LVI, S. 122.— *) Jahrb. f. praki
Ghem. 1868, Bd. XXVn, S. 16, 74 u. 129. — «) Jahrb. f. prakt. Pharm. Bd. ^
(1842;, S. 148. Pharm. GctttrAlbl. 1848, S. 454.
Anthokyan. — Anthracit 37
risdien LöBangeB. Beim Erhitzen schmilzt der Farbeatoff leicht, und
nbliniirt, wie es scheint, unzersetzt. Die reinen fixen Alkalien lösen
«8 mit rother, Ammoniak nnd kohlensaure Alkalien mit dunkelgelber
Fube, diese Lösungen werden durch Säuren gelb gefällt. Es löst sich
in den Blineralsäaren mit rother Farbe, die Flüssigkeiten färben sich
beira Stehen gelb. Die concentrirte wässerige Lösung wird durch esaig-
nores Blei gelbroth , durch Kupfersalze grüngelb, durch ZinnchlorÜr
pomeranzengelb gefällt. MitThonerdehydrat bildet es einen blassgelben
Lack.
Die Blflthen der Linaria werden wohl zuweilen zum Gelbfärben
angewendet, die damit gefärbten Zeuge sind hellgelb, werden an der
Luft aber schmutzig gelb. Fe.
Anthokyan s. Blau der Blumenblätter.
Antholeucin s. Weiss der Blumenblätter.
Anthophyllit, ein zur Amphibol - Farn ilie gehöriges Mineral
(i. Hornblende).
Anthosiderit. Feinfaseriges, in blumigstrahl igen Aggrega-
tes vorkommendes Mineral , nach Schnedermnnn's A nalyse von der
Zuammensetzung Fe2 O3 . 3 SiOg -f- H O. Ockergelb bis gelblichbraun.
Fjodet sich zu Antonio Pereira in Minas Geraes, Brasilien. Th, JS\
Anthoxanthin s. Gelb der Blumenblätter, erste
Aul Bd. ni, S. 427.
Anthoxanthum odoratum. Way 0 hat die Zusammen-
^^^z^S ^^ gcg^n Ende Mai (1849) gesammelten aromatischen Futter-
grases ermittelt; 100 Theile frisches Kraut enthalten:
2,0 Froc. Proteinsubstanzen,
0,7 „ Fette,
8,5 „ Zucker, Stärkmehl u. s. w.,
7,2 „ Holzfaser, ^
1,2 „ Asche,
80,4 „ Wasser. F«.
Anthracen, Anthracin, syn. mit Paranaphtalin
(!. eiste Aud. Bd. VI, S. 87).
Anthracit; Kohlenblende. (Anthracite; Blind-Coal).
Während wir die fossilen Pflanzenreste der Flötzformation als Stein-
bhle finden, treten die Pflanzenresl^ der Uebergangsformation als
Anthracit auf. Derselbe ist daher gewissermaassen als älteste Stein-
Mle zu betrachten. Scharfe Grenzen oder Unterscheidungsmerkmale
zwiscben Anthracit und Steinkohle exbtiren nicht, obwohl beide Ge-
bilde in ihren Extremen erheblich von einander verschieden sind.
In chemischer Hinsicht pflegt man anzunehmen, dass die Anthracite
^ bis 98 Proc, die Steinkohlen dagegen unter 90 Proc. Kohlenstoff
halten. Aber auch in geognostischer Beziehung lassen sich die An-
tkncite — wenn zugleich ihre chemische Znsammensetzung berück-
*) Jonni. BoT»l. Agric. Soc. of Engl. T. XIV, p. 171; Pharm. Centralbl. 1858.
38 Aiithracokali. — Anthracometer.
sichtigt wird — nicht scharf von den Steinkohlen sondern; denn selbst
innerhalb der Flötzforination kommen — in chemischer Beziehung —
Anthracite vor. Diese wurden wahrscheinlich durch Einwirkung von
Eruptivgesteinen auf Steinkohlen gebildet.
Der am meisten charakteristische , d. h. kohlenstofTreichste und
daher von gewöhnlicher Steinkohle am meisten verschiedene Anthracit
bildet amorphe, eisenschwarze bis graulichschwarze, spröde Massen von
btarkem metallartigen Glanz, muschligem Bruch, einem specif. Gewicht
bis gegen 1,7 und einem Härtegrade zwischen Gyps und Kalkspath,
Strich graulichschwarz. Er verbrennt weit schwieriger als Steinkohle
und bedarf, wenn er zu hüttenmännischen Processen angewendet wird,
wie z. B. in Schottland, England und Nordamerika, einer stark ge-
pressten Gebläseluft, giebt alsdann aber, wegen seines hohen Kohlen-
stoffgehaltee , einen höheren pyrometrischen Wärme -Effect als Stein-
kohle. 7%. 6\
Aiithracokali, von av^ga^y (Steinkohle) und Kali, ein von
Polga gegen Flechten empfohlenes Heilmittel. Es wird dargestellt, in-
dem man 7 Unzen geschmolzenes Aetzkali über dem Feuer mit 5 Un-
zen höchst fein gepulverter Steinkohle zusammenreibt, dann vom Feuer
nimmt und das Reiben noch so lange fortsetzt, bis man ein gleichför-
miges, schwarzes Pulver erhalten hat, welches in trockenen, wohl ver-
dtoplten Gläsern aufzubewahren ist. Dies ist das Änthracoludi simplex.
Geschwefeltes Anthracokali {A, sulphuratuni) erhält man, wenn dem
Steinkohlenpulver zuvor Vs Unze Schwefelblumen zugesetzt ist.
Nach Wittstein soll man nicht Steinkohle, sondern Braunkohle
nehmen und die geschmolzene Masse in einem eisernen Löffel so lange
heiss erhalten, bis kein Aufblähen mehr stattfindet. Ein solches Prä-
parat stellt ein sammtschwarzes, abfärbendes, bituminös riechendes Pul-
ver dar, das an der Luft Feuchtigkeit anzieht, stark alkalisch reagirt
und zugleich laugenhalt und russartig schmeckt. Es löst sich in Was-
ser grösstentheils mit tiefbrauner Farbe auf. Die Lösung enthält hu-
mussaures Kali, gebildet aus dem Bitumen der Braunkohle, ausserdem
Schwefelsäure, Phosphorsäure, Kieselsäure und Thonerde, die durch das
schmelzende Kali aus der Braunkohle aufgenommen wurden. Zusatz
von Säuren bewirkt einen Niederschlag von Humussäure und die £nt-
wickelung eines bituminösen Geruchs. Das ÄntkracokcUi stUphuratwn
enthält überdies eine gewisse Menge Einfach -Schwefelkalium. Wp.
Anthracolith, Anthracönit, ein durch Kohle und Bitu-
men schwarz oder seh wärzliclib raun gefärbter Kalkspath oder Kalk-
stein, besonders in einigen Alaunschiefern und ähnlichen, mit fossilen
Pflanzen- und Thier festen imprägnirten Gesteinen auftretend. So zu
Andreasberg am Harze, Christiania in Norwegen, Andrarum in Scho-
nen u. s. w. Wenn das Bitumen im Anthracönit überhand nimmt, ent-
steht daraus der sogenannte Stinksteiii, welcher beim Heiben und
Ritzen einen eignen, an faule Thierreste erinnernden Geruch von sich
giebt. Th. iS.
Anthracometer, Kohlensäuremesser, nannte A.
V. Humboldt ein von ihm *) beschriebenes Instrument, welches zur
0 Gilbert'8 Annal. Bd. UI, S. 77
Anthrttconit- — Anthropin. 39
fiMtimmung der Kohlensaure in der atmosphärischen Luft dienen sollte,
aar! aus einer getheilten und unten gekrümmten Glasröhre besteht mit
cioer daran sitzenden Kugel, in welcher die Kohlensäure durch Kalk-
wauer oder Kalilauge absorbirt wird. Dieser Apparat ist jetzt nicht
nehr gebrauchlich da wir andere haben (s. Analyse, volumetrische
för Gase). (/>.) Pe.
Anthraconit s. Anthracolith.
Anthracoxen hat Benss i) ein fossiles Harz genannt, welches
dch in 2^3 Zoll mächtigen, oft ziemlich ausgedehnten Schichten zwi-
»hen den einzelnen Lagen der Steinkohle bei Braudeisl bei Schlau
in Böhmen findet. Das Harz ist von Laurent untersucht; es ist
briunlich- schwarz, in dünnen Schichten mit hyacinthrother Farbe
durchscheinend; an der Oberfläche glänzend, mit kleinmuschligem
Bruch, es ist spröde, und giebt ein gelblichbraunes Pulver ; es schmilzt
beim Erhitzen unter starkem Aufblähen; angezündet verbrennt es mit
nicht anangenehmem Geruch, und hintcrlässt eine schwer verbrennliche
Kohle, welche Eisenoxyd, Kalk, Schwefelsäure und Kieselsäure enthält.
Das Harz scheint ein Gemenge von mehreren Substanzen zu sein ;
mit Aether digerirt löst es sich zum Theil auf, während ein schwar-
zer anlöslicher Rückstand bleibt ; dieser enthält neben Aschenbestand-
theilen Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff in solchem Verhältniss,
dus sich die Zusammensetzung durch die Formel CgoHagOij aus-
drücken lässt.
Die braune ätherische Lösung des Harzes scheidet, nachdem der
Aether grösstentheils abdestillirt ist, ein braunes Pulver ab , welches
mch dem Abfiltriren und Trocknen über Schwefelsäure ein braunes
Pulver, Csoüsi Oy, giebt.
An der Lufl liegend nimmt dieses letztere Plarz nach und nach
Sauerstoff auf, und wird dann in Folge der Oxydation zum Theil in
Alkohol löslich ; die weingeistige Lösung mit essigsaurem Kupferoxyd
und Ammoniak gefällt, gab einen flockigen Niederschlag, der (neben
3)6 Proc. Knpferoxyd) ein Harz enthält, dessen Zusammensetzung
uheza der Formel CgoH^^Oia entspricht.
Der hier bei der Lösung in Alkohol bleibende Rückstand hat die
Zusammensetzung C80H50O8; dieser Theil müsste aber am meisten
Sioerstoff aufgenommen haben. Fe.
« Anthranilsäure s. Carbanilsäure unter Anilin
(Bd.1).
Anthrazothionsäure, veraltetes Synonym für Rhodan-
vsMerstoflsäure oder Schwefel cyan wasserstoffsäure.
Anthropin, Anthropinsäure^). Helntz erhielt bei
Untersuchung des Menschenfettes neben der Stearinsäure eine in gros-
s<2n Blattern krystallisirende Fettsäure, welche er Anthropinsäure
oa&ote, und die im Menachenfett dann als das Glycerid, als An-
thropin, enthalten sein musste. Er gab an, dass diese eigenthiimliche
') Joura. f. prakt. Chem. Bd. LXIX, S. 428. — *) Pogg. Annal. d. Phys. u.
B. Bd. LXXXIY, S. 288; Bd. LXXXYII, S. 668. Jahresber. v. Liebig u.
^»PP 1861, 8. 447; 1862, S. 617.
40 Anthropinsäore. — Antiarharz.
Säure die Formel MO.C84H81O8 habe, und ihr Schmelzpunkt bei
56,2<^C. liege. Aus späteren Versuchen, diese Säure aus Hammelfeit
darzustellen, schloss Heintz, dass seine Anthropinsäure ein Gemenge
sei von Stearinsäure mit Margarinsäure, oder vielmehr aas Stearinsäure
und Palmitinsäure, da nach dem weiteren Verfolg der Untersuchung
Heintz auch die Margarinsäure als ein Gemenge von Stearinsäure
imd Palmitinsäure ansieht. Die sogenannte Anthropinsäure konnte
durch Umkrystallisiren aus Alkohol wie durch fractionirte Fällung mit
essigsaurem Baryt in Stearinsäure und Palmitinsäure getrennt werden;
und durch Zusammenschmelzen von 8 Proc. Stearinsäure mit 5 bis 6
Proc. Margarinsäure oder mit 4,5 Proc. Palmitinsäure ward eine wie
die Anthropinsäure in breiten Blättern krystallisirende und bei 56,2<^G.
schmelzende Säure erhalten. Fe.
Anthropinsäure s. Anthropin.
Antiarharz. Von Pelletier und Caventou ^) im £^ on-
tiar^ dem Safte des Upas-Baumes {Äntiaria toxieariä) entdeckt, dessen
sich die Eingebornen des indischen Archipelagus zum Vergiften ihrer
Pfeile bedienen. Von Mulder ^) näher untersucht. Formel: CieHijO.
Aus dem trockenen Safte des Upas-Baumes wird es mit Aether,
auch mit kochendem Alkohol ausgezogen, aus welchem letzteren es sich
beim Erkalten, gemengt mit Wachs, in weissen Flocken niederschlägt.
Durch Auskochen mit Wasser, auf dem das geschmolzene Wachs als
eine Oelschicht sich abscheidet, und nochmaliges Auflösen in heissem
Alkohol gereinigt, setzt es sich während der Abkühlung in sohnee-
weissen Flocken ab, man erhält, nach Mulder, von 100 Upas etwa
20 Thle. Harz. — Das Antiarharz hat keinen Geruch, bei 20® C. ein
specif. Gewicht von 1,032 ; es kann zu feinem Pulver gerieben werden
und ist bröckelig und glasartig von Bruch; zwischen den Fingern ge-
halten, klebt es. Es schmilzt bei 60® C, lässt sich in lange Fäden zie-
hen und giebt beim Erkalten eine helle, durchscheinende, farblose
Masse; bei 225<>C. ändert es noch nicht seine Farbe. In Wasser ist es
unlöslich, schmilzt in demselben bei 80<)C. zu einer zähen farblosen
Flüssigkeit. Alkohol löst bei 20» C. ^/zn Thl., bei Siedehitze V44 Thl.,
Aether bei 20® C. Vs Thl. ; in flüchtigen Oelen ist es ebenfalls löslich ;
diese Lösungen röthen Lackmus nicht. Bei gewöhnlicher Temperatur
löst concentrirte Schwefelsäure es mit gelber, beim Erwärmen unter
Zersetzung mit schwarzer Farbe auf. Durch Salpetersäure wird es gelb,
durch Salzsäure nicht verändert, nur eine geringe Menge wird dabei auf-
gelöst. Es absorbirt weder trockenes Salzsäure-, noch trockenes Am-
nioniakgas merkbar. In schwacher Kalilauge vertheilt es sich beim
gelinden Erwärmen in lange Fäden, und bildet damit beim Kochen eine
Emulsion; starke Kalilauge löst nur wenig davon. — Eine alkoholische
Lösung von Bleizucker fällt die alkoholische Lösung des Antiarharzes
nicht, aber auf Zusatz von Wasser bildet sich ein flockiger Niederschlag.
Sanpitie^ man diesen auf einem Filter, wäscht ihn aus und trocknet
nt|^f Schwefelsäure, so erhält man eine pflasterartige Ma^so, die beim
Kr^^kiWÜi^^ weich wird und in 100 Thln. aus 23,44 Bleioxyd und
" '*)" kiibal'.^'^ ohta.'i tt de phys. T. XXVI, p. 67. — •) Natnur an Schei-
künaig Ärfchkf. .iD(*#|i$,^St*2. 1887. Pogg. AnnaL d. Phys. u. Chem. Bd.XUV.
p. 419. JoarD. f. prakt Chem. Bd. XV, S. 422.
Antiarm. 41
76^6 Hftrs besteht Mnlder glaubt, das» in demselben 8 At. Harz
mh 1 At. Bleioxyd verbunden sind; das ans dieser Verbindung gefun*
deae Atomgewicht 360 muss also durch 3 dividirt werden, um das
richtige SU erhalten, welches dann 120 ist und gut mit dem aus der
Formel Ci^MisOg berechneten, 116, übereinstimmt
Dieses Harz besitzt nicht die giftigen Wirkungen des Upas; 4 Milli«
gnmm des Harzes in die Wunde eines Kaninchens gebracht, zeigten
nachtheilige Wirkung. (Xp.) Fe.
Antiarin ^). Der wirksame, höchst giftige Bestandtheil des
UpoB antiar\ er ist, nach Mulder, stickstofffrei, und seine Formel ist,
nach ihm, Ci4fiioOft -f- 2M0. Der Körper war schon von Pelletier
mdCayentou neben dem Antiarharz als der Bestandtheil des Üpa$
(aäar nachgewiesen; er wurde aber von Mulder zuerst näher unter-
nckt Dem Antiarin sind die giftigen Eigenschaften des üpaa anUar
lozitfchreiben, welches 3,5 Proc. davon enthält. Zur Darstellung die-
se« Körpers wird das üpas mit kochendem Alkohol zu wiederholten
Iblen ausgezogen, der Alkohol, nachdem sich beim Erkalten das An-
tisrharK ausgeschieden hat, verdampft und der Rückstand mit Wasser
uugekocht, welches nach dem Verdunsten kleine, schon ziemlich weisse
Krystalle von Antiarin absetzt, die jedoch bei nochmaligem Auflösen
m kochendem Wasser und Filtriren zu schönen silberweissen, glänzen«
den Kiystallblättchen erstarren, ähnlich denen des äpfelsauren Blei*
oijds. — Es ist ohne Geruch, specifisch schwerer als Wasser, verliert
an der Luft weder seinen Glanz, noch zieht es Feuchtigkeit an. Bei
n\h bedarf es 254 Thle. Wasser, 70 Thle. Alkohol, 2792 Thle. Aetlier,
bei Siedhitze 27,4 Thle. Wasser zur Lösung, welche weder sauer noch
Alkalisch reagirt Von verdünnten Säuren wird es aufgelöst; von coucen-
triiter Schwefelsäure schon bei gewöhnlicher Temperatur braun gefärbt
Bsd zersetzt, dagegen lösen es concentrirte Salzsäure oder Salpetersäure
ohne Veränderung ; auch durch verdünnte Kalilauge oder Ammoniak
vird es aufgelöst Bis 220® C. erhitzt, schmilzt es zu einer hellen,
durchscheinenden Flüssigkeit und giebt nach der Abkühlung eine glas-
irtige, feste Substanz; bei 240<^C. wird es braun, sublimirt nicht, son-
dern giebt sauer reagirende Dämpfe.
Das krystallisirte Antiarin enthält 2 At Wasser, die bei 112^'C. ent-
wfiehen, ohne dass dadurch der Glanz oder das Ansehen der Krystalle
▼trindert wird. Es enthält keinen Stickstoff, wie die eigentlichen AI-
bloide; auch wird es, nach Mulde r's Angabe, durch Galläpfeltinctur
oieht gefällt, während Pelletier und Caventou anführen, dass es damit
ölen in kochendem Alkohol löslichen Niederschlag gebe, was vielleicht
v<m Unreinigkeiten bedingt war, da sie die Substanz nicht so rein gc-
i^t zu haben scheinen, wie Mulder. Mit Säuren konnte das Antia-
rm nicht verbunden werden, auch in trockenem Chlorwasserstoffgns
D^m es in der Wärme wenigstens nicht an Gewicht zu. Man kann
daher dem Antiarin keine basischen Eigenschaften zuschreiben. Es vor-
^ct sich aber auch nicht mit Alkalien, und nimmt auch in trocke-
oon Ammoniakgas nicht an Gewicht zu.
Das Antiarin scheint absolut giftig tmd tödtlich zu sein. Die ge-
ringste Menge in eine Wunde gebracht, hat fast jedes Mal nach länge-
*) LKmtv s. bei Antiarharz.
42 Antichlor.
rer oder kürzerer Zeit den Tod zur Folge. 2 Miliigrin. bei einem Ka-
ninchen in eine Wunde am Schenkel gebracht, hatten den Tod zur
Folge. Dennoch ist es nicht giftiger, als das Upas selbst, welches da-
her röhrt, dass das an und für sich schwer lösliche Antiarin sich in
Zucker und Extract, mit welchen es im Upas verbunden vorkommt,
leicht löst Seine giftige Wirkung scheint durch Zusatz von etwas Zucker,
was seine Löslichkeit erhöht, und dadurch, dass man einen Tropfen
Wasser in die Wunde bringt, beschleunigt zu werden. (Lp.) Fe.
Antichlor. Mit diesem Namen hat man in neuerer Zeit sehr
verschiedene Stoffe belegt, welche vorgeschlagen sind, um das nach
dem Bleichen von Papier, Baumwolle und dergl. von diesen Materia-
lien hartnäckig zurückgehaltene freie Chlor zu entfernen oder wenigstens
in eine unschädliche, leicht auszuwaschende Verbindung überzuführen.
Zuerst wurde neutrales schwefligsaures Natron dazu vorgeschla-
gen ^) und im krystallisirten Zustande in den Handel gebracht, später
unter dem Namen wasserfreies Antichlor, nls trockenes Pulver, wie man
es erhält, wenn trockenes kohlensaures Natrou in dünnen Lagen der
Einwirkung von schwefligsaurem Gase ausgesetzt wird. Es scheint,
dass statt dieses Präparate bisweilen die zur Trockne verdampfte, oft
nur 3 bis 4 Procent schweiligsaures Natron enthaltende Mutterlauge,
von der Sodabereitung aus Kochsalz herrührend, verkauft ist.
Später wurde unterschwefligsaures Natron empfohlen, und
da es zu diesem Zweck nicht ganz rein zu sein braucht, empfiehlt An-
thon ^), es durch längeres aber schwaches Glühen eines Gemenges von
4 Thln. trockenem schwefelsaurem Natron mit 1 bis 1^/4 Thle. Holzkohlen-
pulver darzustellen. Die Masse darf nicht geschmolzen, sondern muss
nur zusammengesintert sein; sie wird mit ^4 ihres Gewichtes Wasser be-
sprengt, und dann der Einwirkung von gasförmiger schwefliger Säure
ausgesetzt, welches Gas rasch absorbirt wird. Die Einwirkung wird
unterbrochen, ehe alles Schwefelnatrium zersetzt ist, und ehe Schwefel-
wasserstoff sich entwickelt. Ein kleiner Bückhalt an Schwefelnntrium
schadet für die Anwendung als Antichlor nicht. Das so dargestellte
Präparat ist ein graues Pulver; von 3 Thln. Schwefel natrium werden
nahe 5 Thle. desselben erhalten. Durch ümkrystallisiren aus Wasser
kann das unterschwefligsaure Salz leicht rein erhalten werden.
Für geringere Papiersorten hat man Schwefelcalcium mit Erfolg
angewendet, welches man durch Kochen von Schwefel mit Kalkmilch
darstellt (74 Thle. Schwefelblumen mit 26 Thln. frisch gebranntem
Kalk, den man zu einer nicht zu verdünnten Kalkmilch mit Wasser an-
gerührt hat). Dasselbe wird noch leichter erhalten, wenn man 40 Thle.
Schwefelcalcium (durch Glühen von 52 Thln. gebranntem Gyps mit
Kohle dargestellt) mit 60 Thln. Schwefel und hinreichendem Wasser
kocht, bis beinahe vollständige Lösung erfolgt ist. Der bei der späteren
Anwendung des Salzes in der Papierraasse sich ausscheidende Schwefel ist
wenig gefärbt, sehr zart und nimmt die Druckfarbe gut auf. Das Papier
behält aber leicht einen übelu Geruch. Bei Anwendung der genannten
Substanzen entsteht schwefelsaures Salz und Chlormetall, die leicht aus-
waschbar und ohne merklichen Einfluss auf die Pflanzenfaser sind. Ob
•) Dingler'i polyt. Journ. Bd. XCIV, S. 818. — •) Dingler's polyt. Jonrn.
\ S. 76.
Anticholerasäure. — Antimon. 43
wirklich alles Cklor gebunden und entfernt sei, ist leicht zu entdecken,
veno ein verdünnter Stärkekleidter mit etwas Jodkalium versetzt und
nach dem Erkalten mit einer Probe der auf freies Chlor zu unter-
nicheoden Flüssigkeit oder Fapiermasse geschüttelt wird. Ist noch
eioe Sjmr davon vorhanden, so wird sogleich Jod in Freiheit gesetzt,
welches alsdann mit der Stärke die bekannte blaue Verbindung erzeugt.
Will man sich überzeugen, ob man einen Ueberschuss des Antichlors
angewendet hat, so darf man nur eine Portion des Stärkekleisters durch
einen einzigen Tropfen verdünnter Chlorkalklösung blau färben und
dann etwas von der zu prüfenden Flüssigkeit zusetzen. Diese muss entfär-
bend auf die Jodstärke wirken, falls sie überschüssiges Antichlor enthält.
Da dad schwefligsaure und unterschwefligsaure Natron sich bei Zu-
tritt der Luft nicht lange unverändert erhalten und zuletzt ganz in
Glaubersalz übergehen, also unwirksam werden, so haben Bobierre
und Moride vorgeschlagen, eine Lösung von Zinnchlorür in Salzsäure
sU Antichlor zu benutzen. 26 Grm. Zinnchlorür nehmen 9 Grm., also
beinahe 3 Liter Chlorgas auf. Es würde zweckmässig sein, nach vollen-
deter Einwirkung soviel kohlensaures Natron zuzugiessen, als erforder-
lich ist, um die Salzsäure zu sättigen, welche zur Lösung des Chlorürs
gedient hat, da dieselbe im freien Zustande, wenn sie durch Aus wa-
schen nicht vollständig entfernt ist, ebenso nachtheilig wie das Chlor
lelbst wirkt. Denn gerade auf der Verminderung dos Auswaschen^ be-
niht die Wichtigkeit der Anwendung des Antichlors in der Papier-
labrication, indem durch das Auswaschen viel feingemahlenes Zeug und
Zeit verloren geht. Der aus dem Zinnsalz entstehende Niederschlag
ht vollkommen weiss und zart, also unschädlich für die weitere Ver-
wendung des Papiers.
Auch Leuchtgas soll, und zwar schon 1818, zur Zerstörung des
CUors in Papiermasse von Uffenheimer benutzt sein; nach W ag-
ier's im Kleinen angestellten Versuchen eignet es sich wohl für die-
sen Zweck ; doch dürfte die Anwendung von Zinnsalz und ähnlichen
Körpern bequemer und unter Umständen auch zweckmässiger sein.
(K) Fe.
m
Anticholerasäure, ein gegen die Cholera angepriesenes
Arcanom, ein Gemenge von verdünnter Schwefelsäure mit Wein i).
Antigority ein nach seinem Fundorte, dem Antigorienthale in
der Schweiz, benanntes wasserhaltiges Magnesia -Silicat, welches zur
Serpentingruppe (s. Serpentin) gehört. Th. S,
Antimiasmatische Mittel, Miasmen zerstö-
rende Körper, s. Desinficiren.
Antimon. Spiessglanzmetall , Spiesäglasmetall ,
^piessglanzkönig, Antimonium p. Stibium metalHcum^ Regulus
^ntimonitj Antimoine^ Antimony. Das Aequivalentgewicht ist bisher,
neb Berzelius, zu 1 29 angenommen ; nach den neueren Versuchen von
Sekoeider') ist 08 120^3; H. liose'jhat es zu 120,7 gefunden. Dex-
ter^ bestimmt es, wie es scheint, weniger genau zu 122,3. Das metallische
*) Bnebner'g Repertor. Bd. CIV, 8. 84. — *) Pogg. Annal. Bd. XCVm,
^•391; Aniwl. d. Ghem. n. Pharm. Bd. C, S. 120. — ^ Journ. f. prakt. Chem.
BiLXVni, S. U5 n. Q. 876. -^ *) Pogg.AmiM. Bd. C, S. 668.
44 AntimoiL
Antimon scheint im Alterthnm nicht bekannt gewesen zn sein» wohl
aber einige Verbindungen desselben. BaRÜius Valentinus be-
schrieb gegen Ende des 15. Jahrhunderts die Darstellung des metal-
lischen Antimons und mehrerer Verbindungen.
Dies Metall findet sich gediegen oder in Legimngen, sowie im oxy-
dirten und geschwefelten Zustande, im letzteren häuftg verbunden mit
anderen Schwefelmetallen (s. Antimon gediegen und Antimon-
erze). Sehr bemerkenswerth ist sein, in neuerer Zeit erst nachge-
wiesenes Vorkommen in eisenhaltigen Mineralwässern neben Arsen,
Zinn, Blei, Kupfer. So fand es WilP) in dem Ockerschlamm des Rip-
poldsauer - Wassers.
Bei weitem das häufigste vorkommende Erz ist das Antimonaulfid
oder Grauspiessglanzerz, aus welchem auch fast ausschliesslich die Dar*
Stellung des regulinischen Metalles erfolgt Daa im Handel befindliche
graue Schwefelantimon oder Antimomum cnuium ist das von der
Gangart und anderen Beimengungen durch Saigerung gewonnene
Schwefelmetall (s. Antimonsulfid). Während die Darstellung die-
ses AnUmonittm crudum in den Kreis hüttenmännischer Arbeiten
fällt, wird das gediegene Antimon daraus seltener auf Hüttenwer-
ken, meistens in chemischen Laboratorien dargestellt. Es wird ge-
wöhnlich zuerst ein nicht chemisch reines metallisches Antimon erhal-
ten , da das Schwefelantimon einige Beimengungen enthält, welche
nur durch ein etwas umständlicheres Verfahren entfembar sind. Die
gebräuchlichen Mittel, um dem Schwefelantimon den Schwefel zu ent-
ziehen, sind: 1) Rösten, d. h. Oxydiren durch Erhitzen unter Luftzutritt,
wodurch der Schwefel als schweflige Säure grösstentheils entweicht,
und Beduciren der entstandenen Antimon sauerstoffverbindon gen.
2) Schmelzen bei Gegenwart von Kohlenstoff und alkalischen Flussmit-
teln zur Bildung alkalischer Sulfurete oder Doppelsulfurete. 3) Schmelzen
mit Eisen zur Bildung von Schwefeleisen und metaUischem Antimon.
Das gepulverte Grauspiessglanzerz wird auf einem Böstscherben
oder in einem Röstofen, je nach dem Maassstab, in welchem man arbeitet,
unter beständigem Umrühren bei Luftzutritt erhitzt. Damit die Mas^e
nicht durch das Schmelzen des unzersetzten Schwefelantimons zusam-
menbacke, ist eine zu hoch gehende Erhitzung zu vermeiden , und es
wird zu gleichem Zwecke oft etwas Kohlenpulver der Masse beige-
mischt. Schweflige Säure entweicht, und es bleibt ein Gemenge von
Antimonoxyd mit Antimonsäure zurück, eine graue, gewöhnlich noch
etwas unzersetztes Schwefelantimon enthaltende Masse, die sogenannte
Antimonasche. Diese wird mit gleichen Theilen Kohle und ihrem
halben Gewicht Potasche, oder mit Kohlenpulver, das in concentrirte
Sodalösung getaucht war, in bedeckten Tiegeln geschmolzen. Den
ganzen Tiegelinhalt giesst man in eine eiserne, mit Talg oder Lelim-
wasser ausgestrichene, mehr tiefe als flache Form, einen sogenannten
Giesspukel, worin sich das Antimonmetall zu unterst und darüber
Schlacke absetzt. Diese besteht aus Antimonsulfid- Schwefelnatriiun
(oder Kalium) mit noch unzersetztem kohlensauren Alkali.
Oder es wird Schwefelantimon mit schwarzem Fluss in einen hessi-
schen Tiegel eingeschmolzen. Ein gebräuchliches Verhältniss der Be-
schickung ist 8 Thle. Schwefelantimon auf 6 Thle. Weinstein und 3 Thle.
0 Annal. d. Chem. a. Pharm. Bd. LXI, S. 192.
Antimon. 45
Salpeter. Oder es wird das Schwefelantimon mit 1/9 seines Gewichts
wass^reier Soda und % Koblenpulver anter Umrühren mit einem Holz-
itab in einem irdenen Tiegel geschmolzen. Die Schlacke ist Schwefel-
antimon-Schwefelalkalimetall mit Kohle gemengt. Der dabei entste-
hende Verlast an Schwefelantimon ist so gross» dass nach der Erfahrung
Bor 27 Proc. metallisches Antimon von dem angewandten Schwefel-
antimon ausgebracht werden. Durch Hinweglassen des Salpeters soll
die Ausbeute au Metall, nach Liebig, auf 45 Proc. gesteigert werden.
Bei Anwendung von Kohle und Soda in obigen Verhältnissen wird
säinmtlicher Schwefel dem Erz ' entzogen , die Ausbeute beträgt 66
(Liebig) bis 71 Proc (Duflos) an rohem Metall. Es ist hierbei
ein ziemlich langes Schmelzen nöthig, das die doppelte Gefahr mit sich
bringt, dass die Masse leicht übersteigt, und dass Antimon verbrennt.
Die üblichste Methode der Darstellung dieses Metalls ist die Be-
docdon des Schwefelantimons durch metallisches Eisen. Diese Operation
wird gewöhnlich in Tiegeln vorgenommen; entweder werden beide
Materien vorher zusammengemischt, oder das Eisen wird zuerst bis zum
Rothglühen gebracht und das Schwefelantimon dann hineingeschüttet.
Die wohlgeflossene Masse wird ausgegossen, die Schlacke vonSchwefel-
eiien von dem Metall getrennt und dieses umgeschn^olzen, wobei sich
noch etwas Schwefeleisen auf der Oberfläche abscheidet.
Da« Eisen entzieht dem Schwefelantimon den Schwefel schon bei ge-
w5hnlicher BothglÜhhitze. Zur Abscheidung des Schwefeleisens von dem
Metall ist, weil das erstere dickflüssig und das specifiscbe Gewicht beider
snr wenig verschieden ist, nöthig, dass man zu Ende der Operation
Weissglflhhitze giebt; es ist ferner unerlässlich, dass man nicht mehr Ei-
len anwendet, als zur Bildung des Schwefeleisens FeS erforderlich ist.
Dies betragt auf 100 Thle. Schwefelantimon 50 Thle. Eisen; nimmt
min mehr, so entsteht eine Legirung von beiden Metallen, welche sich
theils mit der Schlacke, theils mit dem Begulus mengt. Je feiner das
ELmu vertheilt ist, desto schneller geht die Beduction von statten und
desto weniger Schwefelantimon verflüchtigt sich vor der Reduction
(Berthier). Eine Verflüchtigung von etwas Antimon ist bei diesem
YeHahren jedoch unvermeidlich; meistens erhält man nur 50 bis 55 Proc.
Metall, und man verliert mithin 22 oder wenigstens 17 Proc. Man
hat zu beachten, dass nur gefrischtes Eisen zu dieser Operation tauglich
iit; Roheisen verbindet sich nur sehr schwierig mit Schwefel , und bei
seiner Anwendung bleiben Schlacke und Regulus gemengt mit ein-
ander.
Wenn man bei der Beduction Materien zusetzt, die sich mit dem
Sehwefeleisen zu verbinden vermögen und es specifisch leichter und
aehmelzbarer machen, so erhöht sich die Ausbeute an Metall, und es
wird die Zeit der Reduction, und mithin der Aufwand an Brennmaterial,
Termindert. Ganz vorzüglich eignen sich hierzu die Snlfurete der Alkali-
metalle; Schwefelnatrium z. B. bildet mit Sehwefeleisen eine in der
Bothglfihhitze leicht schmelzbare Verbindung; wenn man eine Mischung
von schwefelsaurem Natron, Kohle, Schwefelantimon und metallischem
Eisen zusammenschmilzt, so geht daher die Reduction in einem gut
siehenden Windofen rasch und bei Rothglühhitze von statten. Der Re-
gahis scheidet sich von der flüssigen Schlacke mit Leichtigkeit ab, aber
man verliert an Metall, wenn die Quantität des Schwefelnatriums eine
fewisfe Grenze übersteigt und die des Eisens nicht vermehrt wird.
L
46 Antimon.
Du bnte VeriiältniM ist 100 Thie. Schtrerelantimon , 42 Thle. m«tiiU
liüchea Eiaen, 10 Thle. wasscrTreiej scliwefelsanrej Xatroit und
ii , (nitfh Wittsteiti Si/a) Thle. Kohle. Man erhSlt 60 bU 64 Proc.
Metall.
Di«se Op«r)ttion Usst lich, statt in Tiegeln, im Grossen in Rever-
berirr>ren bewerkstelligen. Je feiner Schwerelantimon und Eisen ver-
theilt sind, desto schneller geht das Schmehen von statten; ist die Et-
«cnfeile rostig, »o muas das Verhältnisa der Kohle etwas vergrös^ert
w«rdw).
Anstntt des Schwereinatriums hat man zur Erreichung dej näm-
lichen Zweckes ein Gemenge von kohlensaurem Natron mit Kohle vor-
geschlagen; in der That giebt dieses Salz in dem Verhältniss von 100
Thln. Schwefelantimon, 10 Thln. kohlensaurem Natron, 1 Thl. Kohle
und 42 Thln. Ei^en ein günstigen Resultat; man erhält n&mlich 62 Proc.
Metnil, allein die Schlacke ist nicht so leichtflüssig, und das Aufblähen
der Masse, hervorgebracht durch das Entweichen der Kohlensäure,
macht diese Operation unangenehm. Eisenoxyde, namentlich Hammer-
schlag, Spathei.oen stein und Frischschlacke , lassen eich bei Znsate pas-
sender Quantitäten Kohle und kohlensauren Natrons auch mit Vortheil
■UT Reduction des Schwefelaatimons benutzen.
Berthier>) %. B. empflehU auf 100 Thle. Schwefelantimon S.'ibb
60 Thio. Hammerschlag, 45 Thle. kohlensaures Natron nnd 10 Thte.
Kohle, wodurch 69 Thle. Antimon erhalten werden sollen. Das Auf-
schäumen der Schlacke tritt aber auch hierbei ein, nnd der obige von
Liebig gemachte Vorschlag der Anwendung von schwefelsaurem Na-
tron gilt jetzt allgemein als das mindest kostspielige und leichtert aus-
fnhrbare Verfahren.
Karsten 0 brachte die unmittelbare Reduction der aufbereiteten,
aber noch nicht nbgesaigerten Grauspiessglanzerze in Vorschlag. Sein
Verfahren besteht im Zuschlagen von 'Ah bis 36 Proc. Schmiedeeisen
mit Glaubersalz, Potasche, Kochsalz und Kohle und Schmelzen in einem
Flammofen mit ausgetieftem Schmelzherd. Die Schmelzung dauert' 8
bis 10 Stunden, das nach dieser Zeit abgestochene Metall wird mit
Potasche, Kochsalz und Kohlenstaub in Tiegeln von 20 bis 30 Pfund
Gehalt um geschmolzen.
Das im Handel vorkommende Antimonmetati ist nicht rein; es
entbtllt Eisen, Schwefel, meistens Arsen, häufig Blei und Kupfer;
0» besitzt einen glänzenden, grossblättrigen Bnich, ist grauweins,
lohmil'^t vor dem LSthrohr auf Kohle schwieriger als das reine Me-
tall, verbreitet, namentlich in dem ersten Augenblick der Schmelzung,
olnen bemerkbaren Knoblnuchgemch, und bedeckt sich hierbei mit einer
Schlacke von Schwefel metallen. Man hat verschiedene Methoden, um
Ol reinigen.
Pia für pharmaceutische Verwendungen bedenklichste Veninreini-
j;iiti^! i'i <li'' "»'t Arsen, es wandte sich deshalb das Augenmerk der
Clii'iuikw liiuptsächlich auf Entfernung dieser Beimengung. Wöhler")
hat ein Vorführen angegeben, um aus käuflichem Antimon arsenfreicj
durxu »teilen. Seiner ursprünglichen Vorschrift nach wird ein Theil
ralan'i Archiv. 1. AdD. Bd. IV, S. 361; Bd. Vltl, S. SSG; Bd. XI,
»11, 3. 8B(I.-- ') Kflr.ten-s MeUllurgie, B.t. IV, S. b\A. — ") Pol«.
VII. S. 6Sfi; Ann»l d. Pharm, Mi. V. S. 20.
Antimon. 47
feingepnlvertes regniinisches Antimon mit 1^4 Thl. Salpeter sehr in-
nig nuammengerieben , und Y^ Thl. gepulvertes trockenes kohlensau-
res Kali oder Natron zugemischt. Die Masse wird in einem hessi-
schen Tiegel zum GlQhen erhitzt; sobald dieser schwach glfiht, fängt sie
an rohig zu yerbrennen. Wenn die Verbrennung vollständig gesche-
hen ist, druckt man die ^fasse mit einem ebernen Spatel zusammen,
bedeckt den Tiegel und giebt noch etwa ^/j Stunde lang stärkere Hitze,
90 dasd die Masse zwar nicht in Fluss kommt, aber breiartig weich
wird. Von Zeit zu Zeit drückt man. sie wieder zusammen , wenn sie
sich in Folge der entwickelten Gase aufgebläht hat. Alsdann nimmt
man sie, noch glShend, also noch weich, vermittelst eines Spateb aus
dem Tiegel, zerstösst sie zu Pulver, und wirft sie in schon im Voraus
xnm Kochen gebrachtes Wasser. Sie besteht nun, das ÜberschOssige
Alkali abgerechnet, aus antimonsaurem und arsensaurem Alkali. Letz-
teres kann durch Wasser ausgezogen werden, das antimonsaure Alkali
aber ist im Wasser unauflöslich. Nach einige Zeit lang fortgesetztem
Kochen und starkem Aufrühren giesst man die Flüssigkeit mit dem
feiasten anfgeschlämmten Bodensatz von den noch nicht völlig aufge-
wachten grösseren Körnchen ab, zerdrückt letztere in dem Oef ässe selbst
adt einem Pistill und kocht sie von Neuem mit Wasser aus. Alsdann
giesst man die ganze Flüssigkeitsmasse zu der zuerst erhaltenen, lässt das
aofgeschlammte pulverförmige antimonsaure Alkali sich absetzen und
giesst die sich rasch klärende alkalische Lauge davon ab. Durch wieder-
holtes Aofgieesen grosser Mengen reinen Wassers auf einmal, umrühren,
Küren und Deoantiren erhält man es bald vollständig ausgewaschen ;
man bringt es nun auf ein Filter und trocknet es. Die alkalische
Lange hält nicht soviel Antimon aufgelöst,, dass sich dessen Abschei-
dimg durch Zusatz einer Säure lohnte. Es ist übrigens zu bemerken,
dass sich die später aufgegossenen Waschwasser nicht mehr so voll-
mundig klären wie die erste stark alkalische Lauge. Das so erhaltene
antiraonsanre Kali ist vollkommen arsenfrei, und bildet ein weisses Pulver.
Gelbliche Farbe zeigt antiroonsaures Bleioxjd an. üni es zu Metall
n redaciren, schmilzt man das antimonsaure Kali bei massiger OlÜh-
bstse mit seinem halben Gewicht Weinstein zusammen. Man erhält da-
durch einen wohlgeflossenen, wenig glänzenden, etwas geschmeidigen
Regulas von Kalium-Antimon. Man zerschlägt ihn in kleinere Stücke
Bad wirft sie, um das Kalium zu ozydiren und zu entfernen, in Wasser.
Bei dieser Reinigungsmethode ist ein Zusatz von kohlensaurem Alkali
dorehaas nothwendig; die Verbrennung bloss mit Salpeter würde kein
anenfireies antimonsaures Kall liefern, weil demselben basisch arsen-
oores Antimonozyd beigemengt bleiben würde, das nur durch die Ge-
genwart überschüssigen Alkalis im Augenblick seiner Entstehung zer-
setzt wird.
Duflos ^) bestätigt die Möglichkeit der Darstellung arsenfreien
Antiroons auf dem von Wöhler angegebenen Wege, hält aber dafür,
dass auf 1 Thl. Antimon und 1% Thl. Salpeter, ^2 '^^^' trockenes
kohlensaures Alkali zu wenig sei, und dass 1 ^2 Thle. desselben genom-
men werden sollen, wodurch vermieden werde, dass einerseits zuviel
uitimonsaures Kali gelöst und andererseits noch etwas Arsen vom anti-
OHHisauren Alkali zurückgehalten werde.
*) Schweigger, Seidert Jonrn. Bd. LSVII, S. 271; Annal. d. Pharm. Bd. VIII,
8. 177.
48 Antimon.
C. Meyer >), der die Wöhler'sche Methode der Trennung des
AnfciinonB von Ar»en selbst für analytische Zwecke brauchbar erklärt, legt
grosses Gewicht darauf, dass statt des kohlensauren Kalis und KaliKal-
peters kohlensaures Natron und Natronsalpeter angewendet werde, da
das vollständige Gelingen der Scheidung hauptsächlich auf der sehr
geringen Löslichkoit des antimonsauren Natrons beruhe. Auf 1 Thl.
Antimon nahm er 1 ^4 Thl. Chilisalpeter und Vs ^^^* trockenes kohlen-
saures Natron, erhitzte und verfuhr sonst nach Wo hier 's Vorschrift;
er erhielt, nach dem Einschmelzen des gut ausgewaschenen und getrock-
neten antimonsauren Natrons mit seinem halben Gewicht Weinstein
einen arsenfreien, weder Kalium noch Natrium haltenden Begulus.
Was dieser, die Entfernung des Arsens ganz sichernden Methode
vorgeworfen werden kann, ist, dass andere Verunreinigungen, wie Ei-
sen, Blei und Kupfer, durch dieselbe ijucht beseitigt werden können^
und dass sie das Product ziemlich vertheuert Liebig ^) wendet ein ande-
res, beiden Erfordernissen entsprechendes Verfahren an. Er empfiehlt
16 Thle. käuflichen grob zerstossenen Antimons mit 1 Thl. Schwefelanti-
mon und 2 Thln* kohlensaurem Natron zu mengen und ia einem hessischen
Tiegel zu schmelzen. Die geschmolzene Masse wird eine Stunde lang im
Flusse erhalten. Man lässt den Tiegel alsdann kalt werden, zerschlägt ihn
und sondert die Schlacke von dem Metall ab. Der einmal geschmolzene
Regulus wird wieder in grobe Stücke zerschlagen, mit l^/j Thl. trocke-
nem kohlensaurem Natron gemengt und aufs Neue eine Stunde lang in
Fluss erhalten. Auf die nämliche Weise behandelt man das Metall
zum dritten Mal mit Zusatz von 1 Thl. kohlensaurem Natron. Die
Schlacke von der ersten Schmelzung ist dunkelbraun, nach der zweiten
hellbraun, nach der dritten hellgelb, beinahe citronengelb oder gelblich-
weiss. Nach der dritten Schmelzung ist der Begulus absolut rein und
frei von Kupfer, Arsen und Eisen. Diese Methode gründet sich aul
das Verhalten des Schwefelarsens zu den alkalischen Oxyden, mit wel-
chen zusammengeschmolzen es sich zerlegt in arsenigsaures oder arsen<
saures Natron und in Schwefelnatriam; sie gründet sich femer auf di€
Eigenschaft des Einfach-Schwefeleisens und Schwefel kupfers, mit Schwe«
felnatrium äusserst leicht schmelzbare und sehr flüssige Verbindunger
zu bilden. Der Zusatz von Schwefelantimon hat den Zweck, das Arsen
ganz, das Eisen und das Kupfer theilweise in Schwefelmetalle zu ver-
wandeln. Beim Schmelzen dieser Schwefelmetalle mit kohlensaurem
Natron gehen sie, ohne dass ein metallischer Bückstand bleibt, eine
Verbindung mit dem Natron ein , und es wird kein Schwefelantimoc
darin aufgelöst oder in Hepar verwandelt, so lange noch Arsen unozy-
dirt in dem Antimon vorhanden ist. Für die Entfernung des Bleie:
hält Liebig dies Verfahren nicht geeignet; Otto aber fand im Ge<
gensatz zu dieser Annahme, dass sich aus bleihaltigem Antimon durol
Umschmelzen mit Schwefelantimon ganz bleifreies Metall erhalten lasse
Er legirte Antimon sogar mit 10 Proc. Blei, schmolz es mit gleichet
Gewichtstheilen Schwefelantimon und bekam ein ganz bleifreies Product
Der bei diesem Verfahren sich ergebende Verlust wird von Liebif
auf i/i« =z 6 bis 7 Proc. vom Gewicht des rohen Metalls angegeben
Einige Einwendungen von Buchner gegen diese Methode, dassereinei
*) Annal. d. Chem. a. Pharm. Bd. LXVI, S. 288. — *) Annal. d. Pharm. Bd. XIX
24.
Antimon. 49
TerliMt Yon etwa 14 Froc. erlitten and erst nach der vierten Schmel-
nmg arseDfreies, aber immer noch Blei, und Spuren von Eisen und
Kupfer enthaltendes Antimon habe erhalten können, begegnet Liebig
mit der Bemerkung, dass ein wesentlicher Punkt, der bei seinem Ver-
fahren beachtet werden müsse, der sei , dass man das Hineinfallen von
Eohlenstäckehen in den Tiegel während der Schmelzung sorgfältig
TOtneide, weil dadurch Arsen reducirt und in den Begiüus zurück«
geführt werde, auch wenn es schon in den Schlacken oxjdirt vorhan-
den war. A. B^ensch^) bemühte sich, die von einigen Seiten gegen
Liebig*s Reinigungsmethode des käuflichen Antimons erhobenen Wi-
dersprüche zu losen, und überzeugte sich, dass ein mit 2 Proc. Arsen
fersetzter und mit reinem Schwefelantimon und kohlensaurem Natron
behandelter Antimomregulus auch nach dem zehnten Schmelzen nicht
gsoz arsenfrei zu erhalten war, er fand aber, dass unter sonst gleich-
gebliebenen Yerhältnissen die Entfernung des Arsens vollständig gelang,
lobald er noch etwas Eisenfeile dem Schwefelantimon zusetzte, indem
dznn nach dreimaligem Schmelzen mit kohlensaurem Natron, Arsen und
Eisoi vdllig beseitigt waren. Eisen ohne Schwefelantimon wirkte nicht,
Sehwefeleiaen dagegen, dem rohen Antimonmetall zugesetzt, lieferte auch
nach dreimaligem Schmelzen mit Soda ein arsenfreies Product. Dar-
ms schlieast Bensch, dass di» Gegenwart von Schwefeleisen eine zum
Gelingen dea Processes unerlässliche Bedingung sei, und vermuthet,
dass die Verwandtschaft des Arseneisens zum Schwefeleisen die Ursache
sei, dasa Schwefeleisen so gute Dienste leiste. Er empfiehlt, um ganz
aeber za gehen, das zu reinigende Antimon vorher auf Eisen zu unter-
mchen; es soll beim Anblasen vor demLöthrohr eine schwarze Schlacke
mgen, die sein Fortbrennen im kalten Luftstrom hindert. Wenn sich
nicht Eisengehalt zeigt, so werden demselben etwa 2 Proc. Schwefeleisen
agesetzt, und die Schmelzung im Uebrigen ganz nach Liebig's Vor-
Khrift vorgenommen. Das erste Mal werden 16 Thle. eisenhaltiger
Begnlos mit 1 Thl. Schwefelantimon und 2 Thln. wasserfreier Soda eine
Stande lang geschmolzen, der Regulus von der Schlacke getrennt, ein
iweitea Bial mit ly^ Thl., und dann so oft mit 1 Thl. Soda umge-
lehmolzen, bis die Schlacke hellgelb erscheint Die Hitze soll beim
Schmelzen so gehalten werden, dass die Masse ruhig und ohne Schäu«
men flieset; das Schäumen beweist, dass Kieselerde vom Tiegel aufge-
nommen wird, was nicht geschieht, wenn man die Hitze etwas mässigt.
Der Gefahr, etwas Antimon durch Hindurchfliessen durch die porösen
hessischen Tiegel zu verlieren, entgeht man leicht dadurch, dass man
den noch leeren Tiegel mit etwas feuchter Soda einreibt, dann so stark
«hitzt, dass diese Soäa zuerst schmilzt und in die Wände sich einzieht,
und non erst das Metall und die Beschickung einträgt.
Als ein geeignetes Material zur Darstellung arsenfreien Antimons
ist auch das Algarothpulver vorgeschlagen worden. W. Artus >)
digerirt 1 Thl. Schwefelantimon in fein gepulvertem Zustande mit 2 Thln«
Kochaalz, 3 Thln. engl. Schwefelsäure und 2 Thln. Wasser 8 Stunden
bag, kocht alsdann 1 Stunde lang, setzt soviel Wasser zu als möglich
bt, ohne dass Fällung eintritt, filtrirt, schlägt das Algarothpulver durch
veiteren Wasserzusatz nieder, wäscht es gut aus, und schmilzt 100 Thle.
>) Amuü. d. Chem. o. Pharm. Bd. LXIII, S. 278. •— ■) Jonrn. f. prakt. Chem.
H Vin, S. 127.
Hudwttftcrbach d«r Chemie. 2te AnlL Bd. II. 4
50 Antimon.
der getrockneten Verbindung mit 80Thln. trockenem kohlensauren Na-
tron und 20 Thln. Kohlenpulver 15 bis 20 Minuten lang. Die Aas-
beute soll 61 Proc. betragen.
Wittstein i) mengt das Algarothpulver mit ^g seines Gewichtes
Kohlenpulver , drückt das Gemenge in einem Tiegel fest ein^ bedeckt
es mit verknistertem Kochsalz und erhitzt langsam zum schwachen Glü-
hen, wobei die zusammensinternde Masse immer wieder fest eingedrückt
werden muss. Die von der Schlacke eingeschlossenen Metallkörner
lassen sich wegen der Leichtlöslichkeit ersterer leicht t|;ennen.
Nach Capitaine ^) soll man durch Verkohlen von Brech Wein-
stein, der durch mehrmaliges Umkrystallisiren gereinigt worden, und
Verbrennen der überschüssigen Kohle mittelst auf die schmelzende
Masse aufgestreuten Salpeters reines arsenfreies Antimon erhalten
können.
Die letzteren Methoden, namentlich aber die letzte, stehen der
Lie big 'sehen weit nach und sind imgleich kostspieliger, und beide
setzen arsenfreie Präparate voraus, während in den meisten Fällen der
Zweck der Darstellung reinen Antimons nur der ist, arsenfreie Prä-
parate zu medicinischen Zwecken daraus zu gewinnen.
Das reine Antimon ist zinnweiss bis silberweiss, sehr glänzend, je
nach langsamerem oder rascherem ErkaRen ist sein Brach grossblätterig
bis körnig kristallinisch, es krystallisirt meist in spitzen RhomboSdern,
doch sind anch stumpfe Rhomboeder beobachtet worden. Der Winkel über
die Scheitelkanten der ersteren ist zu 87 ^ 28' bis 87^89', also nahe dem
Würfel gefunden worden, den Scheitelkantenwinkel an den stumpfen
Rhomboeder fand Mohs = 117^ 15', das spitzere Rhomboeder zeigt
zweierlei Blätterdurchgänge, die einen den Flächen parallel, die anderen
als Abstumpfungen der Scheitelkanten auftretend, also dem beobachteten
nächst stumpferen Rhomboeder entsprechend. Das Antimon ist nicht sehr
hart, aber spröde imd lässt sich leicht pulvern. Sein specif. Gewicht
ist 6,70 bis 6,86 bei 16^0. gefunden worden. Die cubische Ausdehnung
des Antimons für 1» C. beträgt nach H. Kopp ») 0,000033. Es
schmilzt bei schwacher Rothglühhitze, nach Dalton "bei 432^0., nach
Guyton- Morveau bei 513^0. Es dehnt sich beim Erstarren nach
Marx^) nicht aus. Sein Schmelzpunkt liegt um so niedriger je reiner es ist
(Capitaine). Bei abgehaltenem Luftzutritt lässt es sich nur in sehr
hoher Temperatur verdampfen, bei Luftwechsel leichter. In einem Strome
von Wasserstoffgas oder einem anderen sauerstofTTreien Gase lässt sich
das Antimon bei Weissglühhitze vollständig überdestilliren. Mit einem
Flussmittel bedeckt, verliert es auch in der heftigsten Weissglühhitze
nicht Vi 000 »eines Gewichts.
Reines Antimon erleidet bei gewöhnlicher Temperatur an der Luft
keine Veränderung. Es schmilzt vor dem Löthrohr zu einer Kugel mit
reiner glänzender Oberfläche, bis zu starkem Rothglühen erhitzt, ver-
brennt es zu Oxyd, das sich als weisser dicker, geruchloser Raach
verflüchtigt. Eine auf Kohle befindliche glühende Kugel von reinem
Antimon fährt auch in einem kalten Luftstrome zu brennen fort, die
*) Buchner'B Repertorium, Bd. XLIV, S. 45, u. Annal. d. Chem. u. Pharm.
Bd. LX, S. 216. — «) Journ. de pharm. T. XXV, p. 6l6; auch Journ. f. prakt.
Chem. Bd. XVni, S. 449. — ») Kopp u. Liebig, Jahreabcr. nir 1861 S. 55. —
*) Schwcigg. Journ. Bd. LVm, S. 464.
1
Antimon. 51
aufsteigenden Dämpfe verdichten sich theilweise um die Metallkugel zu
KrjBtallen. Flüssiges glQhendes Antimon, von einer gewissen Höhe auf
einen TiBch fallen gelassen, zertheift sich in viele kleine Kugeln, wel*
che mit lebhaftem Fnnkensprühen verbrennen. Kalium* oder Natrinm-
baitiges Antimon wird in gewöhnlicher Temperatur an der Luft schnell
matt; es entwickelt in Wasser geworfen WasserstoflTgas.
Wasserdampf über stark glühendes Antimon geleitet, zersetzt sich,
es entsteht Wasgerstoffgas und Antiroonoxyd.
Da« Antimon wird von Salpetersäure, je nach der Concentra-
tion derselben, nach der Menge und Temperatur, mehr oder minder
heftig angegriffen, und entweder in Antimonoxyd, oder in ein Gemenge
von Oxyd und Antimonsäure verwandelt Die entstandenen Oxydations-
pnxiacte sind in Salpetersäure unlöslich. Verdünnte Schwefelsäure
greift das Metall nicht an, concentrirte wird aber erst beim Erhitzen da-
nit unter Entwickelung von schwefliger Säure und Bildung von schwefel-
Aorem Antimonoxyd zerlegt: Schweflige Säure wird von dem Me-
lall za unterschwefliger Säure reducirt, welche mit dem gebildeten Oxyd
eine Verbindung eingeht
Chlorwasserstoffsäure wird von Antimon in der Kälte nicht
zersetzt, in der Hitze bildet sich eine kleine Menge Chlorid, welches
gdöst bleibt. Das eigentliche Auflösungsmittel des Antimons ist das
Königswasser. £in Gemenge von Salpeter und Antimon verpuflft
in euiem glühenden Tiegel unter Bildung von antimonsaurero Kali,
4em, wenn nicht genug Salpeter vorhanden war, Antimonoxyd bei-
gemengt ist. Chlorsaures Kali verpufft mit feingepulvertem Anti-
mon durch Erhitzen wie durch den Schlag. Schwefelsaures Al-
kali wird in der Glühhitze von metallischem Antimon zersetzt, unter
Bildung von Schwefelalkalimetall, Schwefelantimon und antimonsaurem
Alkali nebst Antimonoxyd. • Bleioxyd, Manganhyperoxyd und
Qnecksilberoxyd werden beim Erhitzen mit Antimonmetall redn-
drt, letzteres verwandelt sich nach der Temperatur und der Sauer-
itoffmenge in Antimonoxyd oder Antimonsäure.
Das Antimon verbindet sich mit den Salzbildern schon in ge-
wohnlicher Temperatur; pulveriges Antimon entzündet sich in Chlor-
gas nnd bildet unter starker Lichterscheinung Antimonsuperchlorid.
AehnHch verhält es sich gegen Brom. Schwefel, Phosphor
and Arsen lassen sich in höherer Temperatur leicht mit Antimon
verbinden. Auch Wasserstoff geht im statua nascens mit Antimon
eine Verbindung ein. Aus seinen sanren Auflösungen wird das Anti-
mon durch Zink, Kadmium, Eisen, Kobalt, Zinn und Blei als metalli-
sehes Pulver gefällt.
Das Aintimon besitzt mehrere Oxydationsstufen; die erste ist das
Antimonsoboxyd, Sb804, die zweite das Antimonoxyd, SbOg (vonBer-
zelins nach der analog zusammengesetzten Arsenverbindung antimo-
Bige Saure genannt), die dritte die Antimonsäure, SbOs« Eine zwi-
tchen den beiden letzteren liegende Sauerstoffverbindung, auf 1 Aeq.
Antimon 4 Aeq. Sauerstoff haltend, die früher als antiroonige Säure
Sb04 bezeichnet wurde, wird jetzt häufig als antimonsaures Antimon-
oxyd betrachtet (s. Antimonige Sänre).
Die Prüfung des Antimons auf seine Reinheit geschieht :
1) Auf Arsen wird zunächst schon durch Erhitzeir vor dem Löth-
rohr geprüft, wobei es leicht zu einem glänzenden Metallkom sohmel-
4*
52 Antimon.
•
£en Tiiuss und nicht den für das Arsen charakteristischen Knoblauch-
geruch zeigen darf. Abreiben einer kleinen Probe des fraglichen Anti-
mons mit etwas Kohlenpulver und Erhitzen des Gemenges über einer
Weingeistflamme in einem eisernen Lößel gewährt, weil dieVerbren*«
nung ruhig und langsam ton Statten geht, die Möglichkeit ruhigerer
Beobachtung, ob der Arsengeruch auftritt. Um grössere Mengen
Antimon auf Arsen zu untersuchen, verpufft man das gepulverte Me-
tall mit Natronsalpeter und kohlensaurem Natron (wie oben S. 48
angegeben), und prüft die durch Auskochen mit Wasser erhaltene Lö-
sung auf Arsen (andere Nachweise dieses Metalls siehe bei Arsen).
2) Zur Prüfung auf Eisen, Kupfer und Blei wird das Antimonpulver
mit Salpetersäure gekocht; nach Verdünnen mit Wasser, Filtriren und
Durchleiten von Schwefelwasserstoff* durch das Filtrat darf kein schwar-
zer Niederschlag (Kupfer oder Blei) entstehen ; beim Versetzen eines
anderen' Theils der salpetersauren Lösung mit Schwefelsäure entsteht
beim Vorhandensein von Blei ein weisser Niederschlag ; der dritte Theil,
mit Ammoniak versetzt, wird bei Gegenwart von Kupfer blau gefärbt
Man entdeckt die fremden Metalle auch durch Sammeln des durch
Schwefelwasserstoff entstandenen Niederschlags, Auswaschen und Auf-
lösen desselben in Salpetersäure, wobei im Fall des Vorhandenseins
von Blei ein weisser unlöslicher Bückstand von schwefelsaurem Blei-
oxyd bleibt, während in der nicht zu sauren Lösung das Kupfer durch
ein Stückchen hineingestellten blanken Eisendrahts, worauf es sich me-
tallisch niederschlägt, oder durch eine Lösung von Cyaneisenkalium, das
die schwach saure Lösung rothbraun fällt, nachgewiesen werden kann.
Das Eisen findet sich in der salpetersauren Lösung, aus det mittelst
Schwefelwasserstoff Kupfer und Blei entfernt worden, und giebt
auf Zusatz von Ferrocyankalium einen bläulichweissen , durch Luft-
berührung blau werdenden Niederschlag. Die Nachweisung des Bleies
auf eben angegebene Art kann erschwert oder unmöglich gemacht
werden, wenn das Antimon Schwefel enthält, weil dieser zu Schwefel-
säure oxydirt mit dem Bleioxyd sich verbindet und als unlösliches
Bleisulfat mit dem oxydirten Antimon vereinigt bleibt. In diesem
Fall kann das bei der Behandlung mit Salpetersäure unlöslich ge-
bliebene weisse Pulver nach dem Filtriren und Auswaschen mit
Schwefelammonium digerirt werden, wodurch das Antimon sich löst,
das schwefelsaure Bleioxyd aber in Schwefelblei umgewandelt als
schwarzes Pulver, zuweilen noch etwas Schwefeleisen enthaltend, zu-
rückbleibt. Oder man kann das fragliche Antimon in Königswasser lö-
sen, wobei es keinen Bückstand lassen soll, die Lösung mit Weingeist
versetzen, wodurch sich Blei, sei es als Bleichlorid oder als schwefel-
saures Bleioxyd, niederschlägt Das Blei bleibt auch beim wiederhol-
ten Glühen des Antimons mit Salmiak zurück.
Die Lösung des Antimonmetalls in Königswasser etwas verdünnt
und mit Chlorbariumlösung versetzt, giebt einen weissen Niederschlag
von schwefelsaurem Bar3rt, wenn das Antimon Schwefel oder ein Schwe-
felmetall beigemengt enthielt
Das Antimon hält sich ausserordentlich lange im thierischen Kor-
per und kann selbst nach Monaten noch, wie Milien^) bemerkte, in
0 Annal. de chim. et de pbys. [8.] T. XDC, p. 188; Pharm. Centralbl. 1B47
S. 897.
Antimon, Bestimmung und Trennung. 53
allen Organen, in den Knochen, dem Fett, namentlich der Leber, nach-
gewiesen werden; letzteres Organ scheint durch fortgesetzte Antimon-
aofnahme an Grösse sehr zuzunehmen, wie an Thieren, deren Futter
Antimonpraparate beigemengt worden, beobachtet worden ist.
(J. X. — F.) . By.
Antimon, Bestimmung und Trennung. Die bis jetzt als
Tortheilhaftest erkannte Methode der Bestimmung des Antimons ist die
Termittelst Durchleitens eines Stromes von Schwefelwasserstoffgas durch
die saaren Lösungen, sei es des Oxyds oder der Antimonsäure oder der
betreffenden Chloride. Es ist bekannt, dass die meisten Auflösungen
des Antimonoxyds wie diejenigen der Antimonsäure durch Zusatz etwas
grösserer Mengen Wassers unter Abscheidung von unlöslichen basi-
schen Verbindungen zersetzt werden; dies erfolgt nicht, wenn den-
selben vor der Verdünnung etwas reine Weinsäure zugesetzt worden,
imd darin hat man ein sehr gebräuchliches Mittel, die Trübung durch
Wasserznsatz zu verhindern. Die Zerlegung der Antimonverbindungen
md ihre vollständige Umwandlung in Schwefelantimon erfolgt begreiflich
Dor dann sicher, wenn die Lösung nicht feste Theile ausgeschieden ent-
hält. In Fällen, wenn der Zusatz von Weinsäure unthunlich ist, ver-
dünnt man die stark saure Lösung der Verbindung in Chlorwasserstoff-
säore so lange mit Wasser, bis eben ein Niederschlag erfolgt, leitet
durch dieselbe einen Strom Schwefelwasserstoff, verdünnt nun erst,
wenn das meiste Antimon gefällt ist, mit Wasser, und fährt dann mit
dem Dnrchleiten des Schwefelwasserstoffs bis zur vollständigen Ab-
scheidnng des Metalls fort. In concentrirten Lösungen des Antimons
erfolgt die Fällung desselben schwerer als in verdünnten, die Lö-
rangen in Königswasser bieten im concentrirten Zustande überdies den
Nachtheil, dass sie viel Schwefelwasserstoff unter Abscheidung des
Schwefels zersetzen.
Die möglichst vollständig mit Schwefelwasserstoff gesättigte Lö-
Bong wird vor dem Filtriren solange ruhig an einem sehr massig
warmen Orte stehen gelassen, bis sie nicht mehr nach dem Gase
riecht, weil die gebildeten Schwefelverbindungen des Antimons, na-
mentlich das Antimonpersulfid, in einem Ueberschuss von Schwefel-
wasserstoff etwas löslich sind. Nachdem das Verdunsten des Schwefel-
wasserstoffs erfolgt ist, filtrirt man auf ein trockenes gewogenes Filter,
trägt Sorge, dass der Niederschlag möglichst vollständig, namentlich
von Cblorwasserstoflsänre (die so innig anhängen kann, dass man sie
früher irrthflmlicherweise sogar für unauswaschbar hielt), ausge-
waschen werde, trocknet bei möglichst gelinder Wärme so lange, bis
och kein Gewichtsverlust mehr zeigt, und bestimmt das Gewicht.
Ehe die Berechnung der Menge des metallischen Antimons aus dem
Gewicht dieses Niederschlags vorgenommen wird, hat man zu be-
itimmen, welcher Schwefelungsstnfe derselbe entspricht. Ist man ganz
ticher, dass man es mit der dem Oxyd entsprechenden Schwefel-
▼srbindung zu thun hatte, d. h. nur Oxyd und nicht theilweise Anti-
monsanre in Lösung war, so mag die sofortige Folgerung einer der
Formel entsprechenden Antimonmenge aus dem Gewicht des Nieder-
schlags gestattet sein , es ist indessen auch ' da die Möglichkeit Über-
•ehfissigen Schwefels zu beachten, da in lufthaltigem Wasser schon,
durch Stehen an der Luft, etwas Schwefelwasserstoff unter Schwefel-
sbseheidnng zersetzt worden sein kann. Deshalb ist unter allen Um-
54 Antimon, Bestinunung und Treimung.
ständen zu empfehlen, zu untersuchen, ob dem Niederschlag nicht freier
Schwefel beigemengt sei. Dies geschieht durch Auflösen einer kleinen
Probe des Niederschlags in Chlorwasserstofföäure, die den Schwefel
ungelöst lässt. Eine quantitative Bestimmung des einen der beiden Be-
standtheile wird sich meistens, da man selten reines Antimonsulfid
unter den Händen haben wird, als nothwendig ergeben. Man kann
den Schwefel bestimmen oder das Antimon; erateren auf nachfol-
gende Art.
Aus dem saromt dem Niederschlag bei 120^0. getrockneten und
genau gewogenen Filter wird soviel des Niederschlags, als vom Pa-
pier leicht getrennt werden kann, in einen Kolben geschüttet und das
Papier sammt dem daran hängen gebliebenen Schwefelantimon zurück«
gewogen, damit man das Gewicht des in den Kolben gebrachten An-
theils erfahre. In den etwas langhalsigen Kolben giesst man sehr be-
hutsam starke Salpetersäure und wartet die Einwirkung der erst aufge-
gossenen geringen Menge ab, ehe man mehr zusetzt, weil sonst leicht
Verlust durch Umherspritzen erfolgen könnte. Nachdem noch eine et-
was grössere Portion Salpetersäure zugegeben worden, wird starke
Chlorwasserstoffsäure nachgegossen und der Niederschlag der Einwir-
kung des Königswassers überlassen, bis die Lösung des Antimons voll-
ständig erfolgt ist. Vorher die Salzsäure oder schwache Salpetersäure
aufzugiessen, ist nicht statthaft, weil dadurch etwas Schwefelwasser-
stoffgas frei werden kann, man also eines Theils des Schwefels verlustig
ginge. Entwickelter Schwefelwasserstoff muss sogleich in der Säure
oxydirt werden, und aller Schwefel des Schwefelantimons sich entweder
als Schwefelsäure in der Lösung oder als unveränderter Schwefel un-
gelöst finden. Man erkennt die Beendigung des gewünschten Vorgangs
daran, dass in der Flüssigkeit entweder nur noch gelber Schwefel
schwimmend sich befindet, oder dass das Ganze eine klare Lösung dar*
stellt. Weil die Lösung leicht etwas krystallinische Antimonsäure ab-
setzt, welche nachher schwer wieder in Lösung zu bringen ist, ist zu
empfehlen, vor allem derselben etwas Weinsäure zuzusetzen, welche
die Ausscheidung der Antimonsäure vollständig verhindert. Ist ein
Theil des Schwefels unoxydirt in der Lösung, so muss die stark ver-
dünnte Flüssigkeit filtrirt und der Schwefel auf einem kleinen vor-
her gewogenen Filter gesammelt werden, um sein Gewicht zu be-
stimmen. Der oxydirte Theil des Schwefels wird durch Zusatz von
Chlorbariumlösung als schwefelsaurer Baryt gefällt; es kann gesche-
hen, dass demselben etwas weinsaurer Baryt beigemengt blieb, der nach
dem Glühen in kohlensauren Baryt umgewandelt, dann in verdünnter
Chlorwasserstoffsäure gelöst, und so vom schwefelsauren Baryt getrennt
wird. Aus dem gefundenen Gewicht des reinen schwefelsauren Baryts
wird der Schwefel berechnet und das Gewicht desselben dem des un-
oxydirt gebliebenen Schwefels (wenn solcher vorhanden war) zuge-
zählt.
Zur Oxydation des Schwefelantimons lässt sich auch chlorsaurea
Kali und Chlorwasserstoffsäure anwenden. Man bringt zu dem Nieder-
schlag in einem Kolben zuerst das trockene chlorsaure Kali, dann et-
was nicht zu schwache Salzsäure, und lässt, damit nicht Explosion ent-
stehe, in gewöhnlicher Temperatur stehen, bis die Lösung erfolgt oder
nur noch Schwefel, an seiner Farbe erkennbar, ungelöst geblieben iat.
Das weitere Verfahren schliesst sich im Uebrigen genau an das an, wa»
Antimon, Bestimmuiig und Trennung. 55
for die erst erwähnte Methode der Oxydation mittelst Königswasser
gesagt worden. Von dem Gewichte des trockenen Schwefelantimons
wird dasjenige des Schwefels abgezogen, und so das des Antimons
erhalten.
Will man das Antimon in dem Niederschlage bestimmen, so sind
dasa zwei Wege offen. Der erstere besteht in der Einwirkung von
Waaserstofigas auf erhitztes Schwefelantimon, wodurch aller Schwefel
ala Schwefelwasserstoff unter Zurücklassung metallischen Antimons weg-
geführt wird, wenn das Schwefelantimon nichts anderes als das dem
Antcmonoxyd proportionale Sulfid ist, während im Fall , dass man mit
einer höheren Schwefelungsstüfe oder mit einem, freien Schwefel ent-
haltenden Niederschlage zu thun hat, ein anderer Theil des Schwefels in
dem Wasserstoffstrom unverbunden sich sublimirt und unter geeigneten
Vorsichlsmaassregeln entfernt werden kann. Der zu dieser Operation
gebrauchte Apparat besteht in einer Kugelröhre, oder in einem Por-
eellantiegel mit durchbrochenem Deckel, an dem ein Porcellanröhrchen
nach oben angesetzt ist. Der getrocknete Niederschlag wird in den vor-
her gewogenen Kugelapparat oder Tiegel gebracht, und nach dem
Einfüllen wieder gewogen. Bei Anwendung der letzteren Vorrichtung,
welcher U. Böse den Vorzug giebt, ist nicht nur der Tiegel, sondern
auch der Deckel zu wägen. Man leitet reines und trockenes Was-
Berstoffgas über das Schwefelantimon, und erst nachdem dies einige Zeit
lang geschehen, beginnt man mit Erhitzung der Kugel oder des Tiegels,
tmd zwar von Anfang an möglichst schwach. Wird Schwefel sublimirt,
io ist dieser durch Erhitzung aus der Kugel bis an die Spitze des Rohrs
allmälig' zu treiben ; der Tiegel, welcher zur Reduction dient, wird heiss
genug, daas der Schwefel durch die Fugen zwischen seinem Band und
dem Deckel entweichen kann. Wenn weder Schwefelwasserstoff noch
schweflige Säure beim Austritt des Gasstromes in die Luft (durch Ammo-
niak) sich erkennen lässt, ist die Arbeit als beendigt zu betrachten. Bei
diesem Verfahren ist nicht leicht zu vermeiden, dass sich ein kleiner
Theil des Antimons mit verflüchtige, dies beträgt auch bei grosser Vor-
acht Y4 Proc, und kann bis auf 1 Proc. steigen. In dem Tiegel ge-
fchiebt es leicht, dass etwas regulinisches Antimon sich an die untere
Deckelwand ansetzt, bei der Abwägung des erkalteten Apparates ist
darum nöthig, auch den Deckel wieder zu wägen und seine Gewichts-
zonahme dem im Tiegel gebliebenen Metall zuzurechnen.
Eine andere Methode der Bestimmung des Antimons, der wohl
der Vorzug zu geben ist, ist folgende ebenfalls von H. Böse zuerst
Torgeschlagene. Die höheren Schwefelungsstufen des Antimons zerfal-
len unter Einwirkung heisser Salzsäure in freiwerdenden Schwefelwasser-
ftoff, freien, in der Flüssigkeit bleibenden Schwefel und in Lösung blei-
bendes Antimonchlorid. Es kann bei Anwendung dieses Verfahrens
der ausgeschiedene Schwefel auf die oben angeführte Weise auf einem
kleinen gewogenen Filter gesammelt, ausgewaschen, getrocknet und
durch Wägung bestimmt werden. Der so ausgeschiedene Schwefel ist
derjenige, der mehr in der Verbindung war als zur Bildung des Sulfids
(SbSj) nöthig ist. Aus seiner Menge lässt sich, unter der Voraus-
setzung, dafls in dem Niederschlage nicht mechanisch vertheilter Schwefel
forkam, die Menge des Persulfids, d. i. der der Antimonsäure ent-
sprechenden Schwefelungsstufe durch Bechnung ermitteln. In dem
▼on dem Schwefel abfiltrirten Antimonchlorid lässt sich das Antimon
56 Antimon, Bestimmung und Trennung.
bestimmen nach einer Methode, die auf der redacirenden Wirkung
des Chlorids gegen Goldchlorid, unter Umwandlung in Perchlorid be-
ruht Wird der Lösung Natrium -Goldchlorid oder Ammonium -Gold-
chlorid (besser diese als Goldchlorid für sich, weil dasselbe möglicherweise
ChlorÜr enthalten könnte) im Ueberschuss zugesetzt und einige Tage
lang in massiger Wärme stehen gelassen, so scheidet sich metalliacbeB
Gold aus unter Bildung von Antimonsäure, die aber nur durch einen
grossen Ueberschuss freier Chlorwasserstoffsäure in Lösung erhalten
werden kann. Ein bei mangelnder Salzsäure leicht erfolgendes Aus-
scheiden körniger Antimonsäure nimmt der Methode yieles von ihrer
Einfachheit. Die Vorsicht gebietet, nach dem Abfiltriren des Goldes
die Flüssigkeit nochmals ruhig zur Seite zu stellen und zu erwarten,
ob nicht eine zweite Goldausscheidung erfolge, um diese wie die erste
auf dem Filter zu sammeln. Man wäscht mit Chlorwasserstoffsäure
haltigem Wasser aus. Das Gold wird sammt dem Filter geglüht und
gewogen, und wenn Besorgniss obwaltet, dass ihm etwas Antimonsäure
beigemengt gewesen, in einem Tiegel unter Zusatz von Salpeter und
trockenem kohlensauren Kali unter starker Erhitzung eingeschmolzen
und der von Salzkrusten gereinigte Regulns nochmals gewogen. Ean
Aequivalent Antimonchlorid oder Antimonoxyd bedarf zwei Aeqniva«
lente Chlor oder Sauerstoff, um in Antimonperchlorid oder Antimon-
säure überzugehen; 2 Aeq. Gold (892,6 Gewichtstheile) entspre-
chen daher 3 Aeq. Antimonoxjd (432,9) oder auch 3 Aeq. metallischen
Antimons (860,9). Die Lösung darf dann ausser Salzsäure nur etwas
Schwefelsäure, sie darf aber weder Salpetersäure, noch Weinsäure oder
eine andere organische, das Gold reducirende Substanz enthalten; im
ersteren Fall würde zu wenig, im letzteren zu viel Gold erhalten
werden. Zu bemerken ist, dass verdünnte Lösungen von Antimonchlo-
rid (oder Antimonoxjd in Salzsäure) wegen des ' Verflüchtigens des*
selben mit den Wasserdämpfen nicht durch Eindampfen concentrirt
werden können.
Wenn Aatimonsäure und Antimonoxyd zusammen vorkom-
men, und jedes davon getrennt zu bestimmen ist, so wird zuerst in einer
besonderen Partie der Lösung der ganze Gehalt an Antimon bestimmt,
sodann in einer anderen Lösung die Menge des Antimonoxyds aus
stark salzsaurer Lösung mittelst Goldchlorid auf die so eben be-
schriebene Weise; die Lösung darf aber auch hier keine Salpeter-
säure, keine Weinsäure oder andere, das Gold reducirende Substanzen
enthalten.
Das empfindlichste Reagens für Antimonoxjd ist unstreitig eal-
petersaures Silberoxyd. Durch blossen Zusatz von Ammoniak zu einer
Lösung von Antimonoxyd in kaustischem Kali entsteht' keine Fällung;
ftigt man dann salpetersaures Silber hinzu, so bildet sich zuerst nur
ein schwacher schwarzer Niederschlag, der sich aber bald vermehrt
und sich nicht in Ammoniak löst. Hat man kein Ammoniak zuge-
setzt, so entsteht ebenfalls der schwarze Niederschlag, aber es wird
durch das Kali zugleich Silberoxyd gefällt, welches sich jedoch durch
Ammoniak ausziehen lässt.
Antimonsäure bildet mit salpetersaurem Silberoxyd einen gelblich-
weissen Niederschlag, der, wenn die Antimonsäure in überschüssigem
Kali gelöst war, durch mit niedergefallenes Silberoxyd braun ist. Beide
Substanzen sind aber in Ammoniak leicht löslich (H. Rose).
Antimon^ Bestimmung und Trennung. 57
Zur Tolometrischen Bestimmang von Antimon, löst Strengt) die
Sobeliinx in Salzsäure, erforderlichenfalls nnter Zaffigung von Wein-
Anre, and, wenn Metall oder Oxyd vorhanden war, von chlorsanrem Kali,
nm es in Antimonsänre oder das entsprechende Chlorid zn verwandeln ;
nach dem Erw&rmen zum vollständigen Verschwinden des freien Chlors
wird die Flüssigkeit bei 40<^ C. mit Überschüssiger titrirter ZinnchlorÜr-
lötnng versetzt; nach 5 Minaten langem Stehen werden 3 Tropfen
JodkaliomlÖsnng und etwas Stärkekleister zugefügt, und dann durch
titrirte Lösung von saurem chrorosauren Kali der Ueberschuss an Zinn-
eUornr bestimmt (s. Analyse volumetrische für feste und flüs-
sige Körper im Isten Bd. S. 895). Diese Bestimmung gründet sich
taf Beduetion der Antimonsäure durch Zinnchlorür zu Antimonoxyd :
SbO, + 2Sn€l + 2H€l = SbOg -f 2Sn€l2 + 2H0.
Die Gegenwart von Arsen schadet hier nicht, da Arsensänre von
Zinnchlorür bei 40^ bis ÖO^C. nicht reducirt wird; dagegen darf das
Antimon kein Eisen enthalten.
Die volumetrische Bestimmung lässt sich auch mittelst überschüssi-
ger saurer titrirter Lösung von Chromsäure ausführen, welche das
Antimonoxyd in Antimonsäure verwandelt; nach Verdünnen der Flüs-
Rgkeit mit Wasser, und nach Abfiltriren der abgeschiedenen Antimon-
aaore wird der Ueberschuss an Chromsäure durch schwefelsaure Eisen-
oxydnlldsong ermittelt, wodurch sich dann die zur Oxydation des Anti-
monoxydR verwendete Chromsäure ergiebt. Die Lösung des Antimon-
ozyds moss überschüssige Salzsäure enthalten, sie muss aber begreif*
hdi frei von Weinsäure und anderen organischen Säuren sein, sowie
sie auch kein Arsen oder Eisen enthalten darf (Kessler >). Es braucht
nieht ausgeführt zu werden, wie diese voluroetrischen Bestimmungen
lamentlich auch anwendbar sind, in einem Gemenge von Antimonoxyd
mid Antimonsäure diese Körper einzeln zu bestimmen.
Zar Trennung des Antimons von den übrigen Metallen, lassen sich
benutzen: 1) Das Verhalten desselben gegen Salpetersäure, durch wel-
che es oxydirt wird, ohne merklich darin auüöslich zu sein. 2) Das
Verhalten seiner in saurer Lösung befindlichen Oxyde gegen Schwefel-
wssserstoff, durch welchen unlösliche Schwe&l Verbindungen erzeugt
Verden. 3) Die Löslichkeit dieser Schwefelniederschläge in Schwefel-
unmoninin. 4) Die Flüchtigkeit seines Chlorids. 5) Die Unlöslichkeit
des antimonsauren Natrons in kaltem Wasser. 6) Die unter Umstän-
den sehr geringe Löslichkeit des Antimonmetalls in Chlorwasserstoff-
s&ore, und 7) die Fällbarkeit des Antimons im metallischen Zustande
WOB sauren Lösungen durch andere Metalle.
1) Salpetersäure, auf antimonhaltige MotalUegirungen einwirkend,
bfldet entweder Antimonoxyd oder Antimonsäure. Beide Oxyde sind in
Wasser aod in überschüssiger verdünnter Salpetersäure fast unlöslich.
Dies Verhalten theilt das Antimon mit dem Zinn; bei Antimonlegirun-
gen, die zugleich Zinn enthalten, findet also das Verfahren keine
Anwendung; ebenso wenig bei Arsen haltenden Metallen, weil sich hier
taeh eine unlösliche Verbindung der Arsensäuren mit Antimonoxyd
erzeugt. Es ist überdies mit der Schattenseite behaftet, dass die An-
ttmonoxyde nicht in dem Grade unlöslich sind wie die Zinnsäure , dass
^ Pogg. AnnaL Bd.Xdy, S. 498; Chem. Gaz. 1856, p. 214; Pbarm. Gentralbl.
Mi, S. 407. — *) Pogg. Annal. Bd. XCV, S. 204; Pharm. Centralbl. 1866, S. 499,
58 Antiihon^ Bestimmung und Trennung.
daher eine absolut genaue Bestimmung nicht möglich ist. Zu beachten
ist ferner das Verhalten der Antimons&ure in der Hitze, dass sie unter
Sauerstoffabgeben theilweise zu Antimonoxyd (oder zu antiraoniger
Säure) reducirt wird. Beim Glühen des -Niederschlags , das nach vor-
herigem Yerbrennen des Filters im Platintiegel vorgenommen werden
kann, ist zu beachten, dass es so lange fortgesetzt werde, bis antimo«
nige Säure gebildet ist, welche dann in Rechnung gebracht wird.
2) Durch einen Strom von Schwefelwasserstoffgas , in die saure
Lösung des Salzgemisches geleitet, lässt sich das Antimon von den Ban-
sen, die der Gruppe der Alkalien, der alkalischen Erden und
eigentlichen Erden angehören, sowie von denOxjden des Urans,
Nickels, Kobalts, Zinks, Eisens und Mangans trennen. Bei
Anwendung dieses allgemeinen Scheidungsmittels ist zu beachten,
welches Verhalten die Weinsäure, die man zum Zweck des Ge-
löstbleibens des Antimons in verdünnter Lösung etwa zusetzte, ge-
gen die übrigen in Lösung befindlichen Oxyde zeigt. Die Oxyde
der alkalischen und eigentlichen Erden lassen sich aus der wein-
sauren Lösung durch die gewöhnlichen Scheidungsmittel zum Theil
nicht fällen, deshalb ist gerathen, den Weinsäurezusatz im Falle
der Anwesenheit solcher Basen zu unterlassen. Auch die schwermetalli-
schen Basen können nicht leicht mit den gewöhnlichen alkalischen Fäl-
lungsmitteln aus den Weinsäure enthaltenden Lösungen abgeschieden
werden, man hat aber für sie das Hülfsmittel, sie mit Schwefelammonium
zu fällen, und nur bei den Nickeloxyden tritt der Fall ein, dass
die Fällung mit Schwefelammonium ebenfalls nicht angeht, weshalb
dann die Weinsäure wegzulassen ist, wenn die Oxyde dieses Metalls
zugegen sind. Wie man am zweckmässigsten vejrfährt, um auch aus
chlorwasserstoffsaurer Lösung ohne Zusatz von Weinsäure das Antimon
vollständig als Sulfid zu fällen, ist oben bei den Vorschriften zur Be-
stimmung desselben angegeben.
3) Die Aufiöslichkeit der Schwefelantimon Verbindungen in Scliwe-
felammonium kann benutzt werden, nicht nur zur Trennung desselben
von anderen aus saurer Lösang durch Schwefelwasserstoff fällbaren Me-
tallen, deren Sulfide in Schwefelammonium nicht löslich sind, wie
Quecksilber, Silber, Wismuth, Blei, Kadmium, Kupfer,
sondern auch ziu* Trennung von den schwermetallischen Oxyden der
Gruppe der mit Schwefelwasserstoff' aus saurer Lösung nicht fällbaren
Metalloxyde, namentlich der des Kobalts, Zinks, Eisens und Man-
gans, weniger der Oxyde des Nickels.
Das Verfahren ist: Auflösen der Verbindung in Chlorwasserstoff-
säure oder, falls sie darin nicht gut löslich sein sollte, in Königswasser,
und Versetzen mit Ammoniak, wodurch die Metalle als hydratische
Oxyde gefällt werden. Auch Verbindungen, w^rin die Metalle im oxy-
dirten Zustande vorkommen, sind in Säure zu lösen und mit Amrooniak
zu fällen, weil nur auf die frischgefällten Oxyde das Schwefelammo*
nium gut einwirkt« Der Niederschlag wird sammt der Flüssigkeit,
worin er erzeugt worden, mit Schwefelammonium, in welchem man
vorher etwas Schwefel gelöst hat, versetzt, und der Kolben, worin sich
die Mischung befindet, in gelinde Wärme gestellt. Das Antimonoxyd
oder die Antimonsäure werden hierdm*ch zuerst in die entsprechen-
den Schwefelungsstufen umgewandelt, und diese gehen nach kurzer
'^'Cit ganz in die Lösung ein. Man lässt, namentlich wenn sich Queck-
Antimoiv Bestimmung und Trennung. 59
olber nnter den Metallen findet, erkalten, oder filtrirt bei Gegenwart
Ton Zink, Mangan oder Kadmium die noch heisse, mit Wasser ver-
dfinnte Flüssigkeit von dem Ungelösten ab und süsst mit Schwefel-
ammonium haltendem Wasser ans. Im Filtrat befindet sich alles Anti-
mon als Schwefelantimon, und wird daraus durch Salzsäure oder Essig-
mm niedergeschlagen, die Flüssigkeit über dem Niederschlage bis zum
Verschwinden des Schwefelwasserstoffgeruchs in gelinder Wärme ste-
hen gel&asen, dann filtrirt, und der Niederschlag weiter auf Schwefel
nnd Antimongehalt untersucht, wie oben unter ,yBestimmung des Anti-
mons^ angegeben worden.
4) TSs kommen Fälle vor, dass selbst zur Trennung von Metallen,
die hinsichtlich ihres Verhaltens zu Schwefelwasserstoff und Schwefel-
ammoninm anderen Gruppen angehören, diese allgemeinen Scheidungs-
mittel nicht ganz genaue Resultate geben, wie z. B. die Methode
3) bei Nickel nnd auch bei Kupfer. In solchen Fällen kann man sich
des Chlors als eines die Zerlegung bewirkenden Mittels bedienen.
MeUlllegirongen oder Schwefelmetalle oder andere antimonhaltige
Verbindungen, die man in metallischen Zustand zuerst übergeführt
(wie z. JB. das Hüttenproduct Kupferglimmer, das neben Antimonoxyd
Kopieroxyd und Nickeloxydul enthält, und durch Wasserstoff in eine Legi-
nmg der drei Metalle verwandelbar ist) oder in Schwefelmetalle umge-
wandelt hat, werden in mögliehst verkleinertem Zustande in eine vorher
genau gewogene Kugelröhre gefüllt und darin die Wägung derselben
vorgenommen; sodann wird der eine Böhrenansatz der Kugel recht-
winklig gebogen und senkrecht in ein Kölbchen gesteckt, worin sich
«in Gemisch von Weinsäure und Chlorwasserstoffsäure befindet, der
bsrizontale Theil der Röhre wird mit einem mit Chlorcalcium gefüll-
ten Bohr verbunden, durch das aus einem Chlorentwickelunga- und
Vfwchapparat Chlor geleitet werden kann. Man beginnt zuerst mit
dem Durchleiten des Chlors, zieht zur Vorsicht den gebogenen Schen-
kt der Kugelrohre aus der Säure soweit heraus, dass er höchstens die
Oberfläche der Flüssigkeit berührt, und setzt nun eine kleine brennende
Weingeistlampe unter die Kugel und erwärmt möglichst gelinde, damit
die Chlorabsorption nicht zu heilig und unter Erglimmen erfolge. Ist
die erste Einwirkung des Chlors erfolgt, so ist diese Gefahr vorüber,
das Schenkelrohr wird einige Linien tief in die Säure getaucht und mit
der Durchleitung des Chlors und Erhitzung der Kugel fortgefahren, bis
aeh aus letzterer nichts Flüchtiges mehr entwickelt. Nach dem Erkal-
ten der Kugel wird der gebogene Schenkel grösstentheils abgeschnit-
ten und mit Wasser mit Zusatz von etwas Salzsäure abgespült, die
Flüssigkeit aber mit derjenigen in der Vorlage vereinigt. Den Inhalt
<ier Kugel , die nichtflüchtigen Cidormetalle enthaltend, wägt man ab,
indem man die beiden ohne Splitter getrennten Stücke der Kugelröhre
sammt Inhalt auf die Wage bringt und die Zunahme des Gewichts der
leeren Röhre notirt, oder durch Wägen des die Kugel enthaltenden
Theihs Auflösen des Inhalts, Trocknen und Wiederwägen. Die Vorlage,
teorin das Gemisch von Weinsäure und Chlorwasserstoffsäure sich be-
ladet^ enthalt Qilorantimon , durch eine zweite kleine Absorptions-
ittche kann, wenn Durchstreichen unabsorbirten Chlorantimons durch
^ erste Flasche zu fürchten ist, dem Verlust vorgebeugt werden.
Die BestimmoDg des Antimons lässt sich nach oben angegebener Me-
tkode durch Umwandlung in Schwefelantimon u. s. w. vornehmen.
60 Antimon, Bestimmung und Trennung.
Diese Methode leistet gute Dienste, namentlich wo es sich nm
Trennung des Antimons von solchen Metallen handelt, die sich gegen
die allgemeinen Scheidungsmittel, Schwefelwasserstoff und Schwefel»
ammonium, ebenso verhalten wie das Antimon selbst, z. B. das Gold
und Platin; die Trennungsmetbode durch Chlor ist aber wie an-
gegeben für Nickel und Kupfer, femer auf Silber und Kobalt anzu-
wenden.
Rose benutzt die Flüchtigkeit der Antimonchloride zur Unter-
suchung von Antimon verbin düngen mit Alkalien oder erdigen Alka*
lien, in Fällen, wo das Antimon nicht direct zu bestimmen ist, so bei
den betreffenden antimonsauren Salzen; werden dieselben mit Salmiak
gemengt geglüht, so verflüchtigt sich Antimonchlorid, und nach wie-
derholter Operation bleibt reines Kalium chlorid u. s. w. zurück.
5) Zinn und Arsen sind zwei Metalle, deren Losungen das
gleiche Verhalten gegen Schwefelwasserstoff und Schwefelamraonium
zeigen, wie Antimon, und deren Trennung von diesem Metall manche
Schwierigkeit bietet; doch hat man in neuerer Zeit passende Methoden
gefunden, sie auch quantitativ genau zu trennen.
Ohne die früheren unzulänglichen Methoden näher zu beschreiben,
soll nur erwähnt werden, dass die Trennung des Antimons von Arsen
mit keiner nur irgend befriedigenden Genauigkeit zu erzielen ist,
wenn man die Legirung oder die Schwefelmetalle mit concentrirter
Salpetersäure behandelt. Zwar bleibt der grösste Theil des Antimon-
oxyds und der Antimonsänre ungelöst, aber beide sind in der Salpeter-
säure nicht ganz unlöslich, ausserdem wird ein Theil des oxjdirten
Arsens von den entsprechenden Antimonverbindungen zurückgehalten.
Will man nur die Menge des Antimons direct, die des Arsens
durch den Verlust bestimmen, so gelingt dies am leichtesten dadurch,
dass man die trockenen Oxyde mit gleichen Theilen von trockenem
kohlensauren Natron und Cjankalium mengt und durch Glühen des
Gemenges in einem bedeckten Porcellantiegel das reducirte Arsen ver-
flüchtigt. Man behandelt hernach die geschmolzene Masse mit etwas
Wasser, übersättigt sie mit Salzsäure und bestimmt das Antimon wie
oben angegeben als Schwefelantimon. Die beste Trennungsmethode
beider Metalle ist jedoch folgende : Die vollständig bxydirten Metalle
werden in überschüssiger Salzsäure gelöst, mit Weinsäure, Chloram-
monium und zuletzt mit einer klaren ammoniakalischen Lösung von
schwefelsaurer Magnesia und Chlorammonium versetzt. Die dadurch
niederfallende arsensaure Ammoniak -Magnesia wird abfiltrirt, mit am-
moniakhaltigem Wasser ausgewaschen, getrocknet und gewogen. Aus
der Flüssigkeit wird dann nach Uebersättigung mit Salzsäure durch
Schwefelwasserstoffgas das Schwefelantimon gefällt.
Zur genauen Trennung des Antimons von Zinn, auch von Zinn and
Arsen, hat sich folgende Methode als zweckmässig erwiesen.
Sind die Metalle im regulinischen Zustande, so müssen sie vor-
erst in den oxjdirten übergeführt werden , Gremenge von Oxyden
genannter Metalle sind an und für sich zu dieser Trennungsme-
tbode geeignet. Die Legirung wird möglichst zerkleinert und eine
abgewogene Menge davon in einem geräumigen Beeherglase mit reiner
starker Salpetersäure vom specifischen Gewicht =1,4 übergössen,
nach der ersten heftigen Einwirkung der Säure und erfolgter vollstän-
diger Oxydation durch massige Wärme die freie Säure verjagt, die
Antimon, Bestimmung mid Trennung. 61
Masse bis zur Trockne yerdampft, die Säure durch Erhitzen bid zum
ichwaehen Glähen, wenn kein Araen zugegen ist, entfernt, oder, wenn
dies der Fall ist, nur auf dem Wasserbade möglichst ausgetrocknet.
Die Masse wird dann in einen Silbertiegel gebracht, das Gefäss mit
Aetznatron nachgespült und diese Flüssigkeit ebenfalls in den Silber-
tiegel gegeben, worin sie auf dem Wasserbade zur Trockne zu bringen
ist Ist dies geschehen, so wird etwa die achtfache Menge Natron-
kydnt in den Tiegel gebracht und das Ganze auf einer gut ziehenden
Lampe einige Zeit lang im glühenden Fluss erhalten. Die wieder er*
kältete Blasse wird in Wasser aufgeweicht, bis das unlösliche antimon-
ssore Natron ein loses zartes PuWer darstellt. Man spült den Tiegel»
Inhalt mit Wasser in ein Becherglas, setzt zur wässerigen Flüssigkeit
dn Drittel ihres Volumen Alkohol von 0,833 specif. Gewicht, mengt
gut und lässt absetzen. Das zinnsaure und arsensaure Natron, sowie
kanstuches und etwa gebildetes kohlensaures Natron lösen sich in dem
verdfinnten Weingeist auf, und werden von dem ungelösten antimonsau-
ren Natron durch Filtration getrennt. Das Auswaschen des antimon-
lanren Natrons geschieht mit etwas stärkerem Weingeist*, zuerst mit sol-
chem von 0,83 specif. Gewicht mit gleichem Volumen, später mit Vs
Yolmnen Wasser gemischt. In dem zum Waschen bestimmten Wein-
geist wird zweckmässig etwas kohlensaures Natron aufgelöst. Das Wa-
sehen ist fortzusetzen, bis die ablaufende, mit Säure versetzte Flüssig-
keit durch Schwefelwasserstoff nach längerem Stehen keine Trübung
oiehr erzengt. Bei diesem Verfahren ist sehr darauf zu achten, dass
der zum Auswaschen gebrauchte Weingeist die angegebene Stärke habe.
Das antimonsaure Natron kann dann in einem Gemisch von Weinsäure
und Chlorwasserstoffsäure gelöst, die Lösung einem Strom von Schwefel-
visserstoff ausgesetzt, und mit dem dadurch erzeugten Schwefelantimon
TVffahren werden, wie oben (S. 54) angegeben ist.
Die alkoholische Flüssigkeit, welche alled Zinn und Arsen enthält,
wvd mit Chlorwasserstoffsänre übersättigt, das dadurch gefällte arsen-
saure Zinnoxyd glfiich in der Flüssigkeit durch Schwefelwasserstoff in
Sehwefelmetall verwandelt, und nach längerem Stehen, wenn aller
Schwefelwasserstoff entwichen ist, abfiltrirt. Durch Einleiten von
sdiw^iger Säure und Schwefelwasserstoff in die Flüssigkeit wird meist
noch eine kleine Menge Schwefelarsen abgeschieden. Die gemengten
Sdiwefehnetalle erhitzt man in einer Kugelröhre in einem Strome von
Sehwefelwasserstoffgas, und fängt das sublimirende und entweichende
8ehwefelarsen in Ammoniaklösung auf, woraus man es nachher durch
üebersattigen mit Salzsäure wieder ausfällt. Der Niederschlag wird
not Salpetersäure oxydirt und das Arsen als arsen8<fture Ammoniak*
Magnesia bestimmt. Auch das in der Röhre zurückgebliebene Schwefel-
liiin wird mit Salpetersäure oxydirt, geglüht und als Zinnoxyd ge-
wogen (H. Böse).
Wenn Zinn allein mit Antimon gemengt zu untersuchen ist, so
Bsaa man, um genaue Resultate zu erhalten, auf dieselbe Weise ver-
ehren, d. h. das oxydirte Metallgemisch mit Natronhydrat schmelzen,
üe geschmolzene Masse mit Wasser aufweichen, mit Alkohol auflwa-
•dien, letzteren durch Verdampfung aus der Zinnlösung entfernen und
•BS der Terdünnten, mit Schwefelsäure übersättigten Lösung durch
Schwefelwasserstoff Schwefelzinn fällen.
Ffir technische Zwecke liefern die nachstehenden einfacheren
62 Antimonarsen.
Scheidungsmethoden genügende Resultate. Das Antimon wird von
Salzsäure nicht oder nur sehr wenig angegriffen, wenn sich in der
Lösung ein grosser Ueberschuss von Zinnchlorür befindet. Wenn
man in einer nur die beiden Metalle Zinn und Antimon enthalten-
den Legirung, oder einer solchen, die ausser ihnen nur noch Blei
enthält, das Antimon bestimmen will, so kann man eine abgewo-
gene Menge der Legirung mit der 20fachen Menge reinen' Zinns za-
sammenschmelzen , die geschmolzene Legirung auswalzen, mit con-
centrirter Chlorwasserstoffsäure übergiessen, von dem ungelösten Anti-
mon abfiltriren, das Gewicht des letzteren bestimmen und nun den so
annähernd gefundenen Gehalt dieser Legirung an Antimon zur Grundlage
des Mischungsverhältnisses bei der eigentlichen Analyse nehmen. Man
setzt zur Legirung soviel Zinn, dass es das 20fache des gefundenen Anti-
mons ausmacht, schmilzt unter einer Decke von Kohlenpulver, lässt er-
kalten, reinigt den Regulus, walzt ihn aus, zerschneidet ihn und schmilzt
ihn aufs neue unter der Kohlendecke ein, damit die Mischung möglichst
gleichmässig erfolge, walzt wieder aus, zerschneidet zu kleinen Blech*
schnitzeln und wägt davon eine zur Analyse passende Menge ab, kocht
mit starker Chlorwasserstoffsäure eine bis anderthalb Stunden lang,
verdünnt die Lösung mit Wasser, filtrirt, trocknet und wägt, und be-
rechnet aus dem gefundenen Antimon den Gehalt der Legirung daran.
Man kann auch eine abgewogene Menge einer Legirung von Zinn
und Antimon in Chlorwasserstoffsäure unter allmäligem, nicht zu reich*
lichem Zusatz von Salpetersäure oder von chlorsaurem Kali auflösen
und die Lös'ung mit einem Stück reinen Zinnblechs einige Zeit lang
kochen, wodurch das Antimon bei Ueberschuss von Säure als schwarzes
Pulver vollständig gefällt wird. Hat man eine Lösung beider Metalle,
so wird in einer Portion derselben die Fällung beider zusammen durch
ein Stück Zink bewirkt, in einer anderen die des Antimons allein
durch Zinn auf angedeutetem Wege, und daraus der Gehalt der Lösung
an beiden Bestandtheilen berechnet. (J. L. V.) By^
0
Antimonarsen, Allemontit. Ein nach seinem Vorkom-
men zu Allemont im Chalancher- Gebirge, Dep. de Tls^re benanntes
Mineral; es ist ein arsenhaltendes Antimon, welches bei einer Unter-
suchung Ram melsberg's 37,9 Antimon auf 62,1 Arsen gab ; nach dem
alten Atomgewicht des Antimons (Sb = 129) entspricht dies gerade
der Formel SbAss; Bammelsberg schliesst daraus, dass die beiden
isomorphen Substanzen nicht bloss mit einander gemengt, sondern
chemiscd verbunden seien, dass der Allemontit ein Antimonarsenid sei,
dem Antimonoxyd entsprechend. Nach dem neueren Atomgewicht des
Antimons (Sb = 120,3) berechnet sich aus der. Analyse das Aequi-
valenten-Yerhaltniss des Antimons zum Arsen = 1 : 2,6 ; es kann da-
her die alte Formel nicht mehr gelten, und wenn die Analyse richtig
ist, woran zu zweifeln kein Grund vorliegt, so sind im Antimonarsen
beide Elemente als isomorph mit einander gemengt.
Das Antimonarsen ist zu Allemont, Andreasberg, Przibram u. a. a. O.
auf Gängen im Gneuss in Begleitung von Antimonmetall und von Anti-
monerzen und Speisskobalt gefunden; es ist äusserlich dem gediegenen
Arsen mehr oder weniger ähnlich. Es kommt vor in derben feinkörnigen
kugeligen und nierenf örmigen Massen mit kmmmschaliger Absonderung
und unebenem Bnich, seine Härte ist 3,5 und sein specif. Gewicht 0,2 ;
Antimonasche. — Antimonbromid. 63
m ist hat ziimweiss, nndnrchaichtig und schwach glänisend. Sein. che-
misches Verhalten geht ans seinen Bestandtheilen hervor. Fe.
Antimonasche Spiessglanzasche, Cinis antimonuy Caljuanti»
momi grUea^ ist das palverige gewöhnlich aschgraue Product der meist
nDFolistandigen Röstung entweder von gepulvertem Antimonium crudum
cder aufbereitetem Grauspiessglanzerz. Es enthält Antimonsäure und
Antimonoxyd oder antimonige Säure, meistens noch etwas noch unzer-
a^ztes Schwefelantimon und alle dem letzteren beigemengt gewesenen
Metall Verbindungen im unveränderten oder ebenfalls oxydirten Zustande.
Die Bereitung geschieht im Grossen auf Flammherden , im Kleinen auf
Roätscherben oder unter der Muffel. Die Erhitzung soll anfangs, wegen
der Schmelzbarkeit des Schwefelantimons eine sehr massige sein, muss
aber gegen das 'Ende der Operation gesteigert werden, um möglichst
alles Schwefelmetall in Oxyd umzuwandeln. Während der ganzen
Arbeit ist sorgfältiges Umrühren nöthig. Es bildet sich aus dem
Schwefelantimon zuerst Antimonoxyd, dies wird aber durch weitere
Saaerstoffaufnahme in antimonige Säure umgewandelt. Ist die Röstung
möglichst vollständig geschehen, so findet sich nur sehr wenig Schwe-
felantimon und freies Antimonoxyd in dem Präparat, immer aber erhält
man auf dem beschriebenen Wege nur ein grauliches Pulver. Ruolz ^)
wendet bei dieser Rostarbeit Wasserdämpfe an, die er über das auf
der Sohle eines Flammofens, der mit Condensationskammern und einem
gutziehenden Schornstein verbunden ist, ausgebreitete Erzpulver hin*
Itttet, and gewinnt auf diese Weise unter Entweichen von Schwefel-
wasserstoff ein vollkommen weisses, ganz entschwefeltes Präparat, das
öch nach seiner Angabe als Ersatzmittel des Bleiweissos zum An-
itrich eignen soll. Dass das Schwefelantimon in diesem Fall nicht
soviel Eisen, Kupfer und Blei enthalten dürfe, Metalle, die gefärbte
Oxyde liefern, versteht sich von selbst. Die nicht vollkommen ge*
rostete Spiessglanzasche schmilzt beim raschen Erhitzen in einem hessi-
dehen Tiegel zu einem Glase (s. Antimonglas). Die weisse vollstän-
dig gerostete Antimoniasche ist fast reine antimonige Säure, und dann
onsehmelzbar. ßy.
Antimonbaryt, prismatischer. Veralteter Name für
Antim onblüthe.
Antimonbleierzy 8301. mit Bournonit (s. d.).
Antimonblende s. Rothspiessglanzerz.
Antimonblüthe s. Weissspiessglanzerz.
Antimonblumen, /lores AntimonU s. Antimonoxyd
S. 81.
Antimonbromid, Antimonbromür, SbBrg. Wenn man
in eine kleine Retorte Brom und nach und nach in kleinen Portionen
feingepulvertes Antimon schüttet, so entzündet sich das Metall mit
lebhafter Wärmeentwickelung, indem es sich mit dem Brom verbindet;
0 verflüchtigt sich hierbei eine grosse Quantität Brom, welche man
verliert, wenn man versäumt, die Retorte mit einem Verdichtungsapparat
() Pharm. Gentralbl. 1844 H, 81.
64 Antimonchloride.
ZU yerbinden. Durch weitere Destillation des Rflckstandes erh< man
die Yerbindung in dem Halse der Betorte in Gestalt einer farbloBeOi
krystallinischen, nadeiförmigen Masse, welche bei 94^0. schmilzt und
bei 270^0. siedet; sie zerfliesst an der Luft und wird durch viel
Wasser zerlegt in eine dem Algarothpulver ähnliche Verbindung und
in Brom wasserstoffsäure. Es geht eine Verbindung ein mit Antimon-
sulfid. J, L.
Antimon Chloride« Das Chlor geht mit dem Antimon meh-
rere VerbiAdungen ein, unter welchen die dem Antimonoxyd und der
Antimonsäure proportional zusammengesetzten, das Antimonchlorid
und das Antimonperchlorid, die wichtigsten sind; ein der antimoni«
gen Säure entsprechendes Antimonsuperchlorür ist für sich nicht
bekannt.
Antimonchlorid, SbGlg.
Antimonchlorür, Dreifach- oder Anderthalb-Chloranti-
mon, Chloretum täbii s. ÄrUimonn^ Stibium sesquiehloratum.
Man stellt das Antiroonchlorid 1) aus Antimonmetall, dem Oxyd
oder Sulfid dar. Ai^ dem gepulverten Antimonmetall erhält man es
durch Erhitzen mit 5 Thln. Salzsäure, und allmäligen Zusatz von
Salpetersäure, indem bei zu schnellem Zusatz der letzteren Säure An-
timonsäure niederfällt, die erst bei Digestion mit frischem Metall und
Salzsäure unter Reduction sich langsam wieder löst.
Gewöhnlich stellt man das Chlorid aus dem Sulfid dar, indem 1 Tbl.
desselben mit 5 Thln. concentrirter Salzsäure in der Wärme ohne Zusatz
von Salpetersäure gelöst wird, wobei man natürlich für Abführung des
Schwefelwasserstoffs sorgen muss. Die so erhaltene Flüssigkeit ist eine
Lösung von Antimonchlorid in überschüssiger Salzsäure; man ver-
dampft sie nach dem Absetzen am besten zuerst in einer Porcellan-
schale zur Entfernung der Säure und des Wassers ; man lässt dann die
Flüssigkeit einige Tage stehen zur Abscheidnng des meistens vorhan-
denen Chlorbleies, und destillirt nun den klaren Rückstand ans einer
Betorte mit angelegter Vorlage, weiche man wechselt, sobald ein Tro-
pfen des Destillats beim raschen Erkalten erstarrt; das dann Ueberge-
hende ist reines Antimonchlorid; nur das erste Destillat kann noch
Arsenchlorid enthalten. Die rohe Lösung des Antimonchlorids von
Anfang an in einer Retorte abzudampfen, ist weniger zweckmässig, da
der Verlust an Antimoncblorid beim Abdampfen in der Schale nur ge-
ring ist; enthält die Flüssigkeit aber wie meistens Chlorblei, so ist das
Abdampfen in einer Schale unerlässlich, wegen des sonst in der Betorte
stattfindenden Stossens and unvermeidlichen Ueberspritzens«
2) Durch Destilliren des trockenen schwefelsauren Antimonozyds
mit seinem doppelten Gewicht Kochsalz. Oder durch Mischen von
Antimonglas oder Antimonsafran mit Kochsalz und Schwefelsäure, und
Destilliren (z. B. 1 Thl. Antimonglas , 3 Thle. verknistertes Kochsalz
und l^jThle. rauchende Schwefelsäure — oder 2 Thle. Antimonsafran,
2 Thle. Kochsalz und 1 Thl. concentrirte Schwefelsäure) und Wechseln
der Vorlage hierbei, sobald reines Antimonchlorid überzugehen beginnt«
3) Durch Einwirkung eines Stromes von Chlorgas auf erhitztes
Antimonsulfid, wobei sich Chlorschwefel neben dem Antimonchlorid
bildet, von dem es durch gelinde Erwärmung entfernt werden kann.
Antimonchloride. 65
4) Durch Erhitzen von 1 Thl. ABtimon mit 3 Thln. Quecksilber-
Sublimat, oder von 3 Thbi. Antimousnlfid mit 7 Thln. Quecksilbersu-
blimat, oder durch Erhitzen von 1 Thl. Antimon mit 3 Thln. Silber-
ehlorid in einer Betorte mit Vorlage, in welcher das flüchtige Antimon-
chlorid aufgesammelt wird.
Wandte man arsenhaltiges Antimon und Qaecksilberchlorid an, so
wird das Destillat durch Bildung von Arsenquecksilberchlorid (Hg^ AsGl)
bräunlich, kann aber durch gelindes Erwärmen von diesem Körper, der
sehr flüchtig ist, befreit werden.
Bei sämmtlichen Darstellnngsmethoden ist darauf zu achten, dass
der Hais der Betorte weit genug sei, weil er sich leicht durch erstarr-
tes I>!^tiliat verstopft.
Das Wasser- und säurefreie Antimonchlorid ist farblos, krystalli*
oisdi fest, schmilzt bei 72^ C. zu einer ölartigen farblosen oder
schwach gelb gefärbten Flüssigkeit, die bei 197,80C. (H. Davy),
bei 230^0. (Capitaine) siedet. Die Dichte seines Dampfes be-
trägt 8,106. Bei der Aimahme, dass 1 YoL Antimondampf mit
3 YoL Chlorgas sich von 4 Vol. auf 2 verdichten, berechnet sich
die Dampfdichte zu 8,117. Das Antimonchlorid ist ein sehr ätzen-
der Korper; an feuchter Luft erzeugt es schwache weissliche Ne-
bel, und zerfliesst, unter Aufnahme von Feuchtigkeit, zuerst zu einer
klaren Flüssigkeit, die aber bald einen weissen Niederschlag absetzt.
Durch Zusatz von Wasser zerfällt es sogleich in unlösliches basisches
Antimonchlorid (s. folg. Seite) und in eine Lösung von Antimonchlorid in
freier Chlorwasserstoffsäure. Gegenwart von Weinsäure verhindert die
Bildim^ des Niederschlags. In Weingeist ist es ohne Zersetzung löslich.
Heisse Salpetersäure bildet damit unter Chlorgasentwickelung Antimon-
tiare, heisse concentrirte Schwefelsäure bildet Chlorwa8serstoff*gas und
aehwefelsaures Antimonoxyd.
Als Antimonbutter, SpiesBglanzbutter oder Spiessglanzöl,
Bul^rum iintimonä s. sUMi liquidum, Cauaticum antimonicUe^ Liquor stibH
mmatiei^ Murias oaydi stihn^ bezeichnet man eine mehr oder weniger
eoncentrirte Lösung von Antimonchlorid in wässeriger Salzsäure, wel-
che, wenn hinreichend concentrirt und sauer, an der Luft raucht. Die-
ses Präparat wird für den Areneigebrauch meistens dargestellt durch
Auflösen von Schwefelantimon, seltener von Antimonoxyd oder Antimon-
glas in kochender Salzsäure, und Abdampfen der Lösung zur Entfer-
mmg des Schwefelwasserstoffs meistens bis zum specif. Gewichte von
1,34 bis 1,35. Durch Destillation, bei welcher hier die Vorlage nicht
gewechselt zu werden braucht, bleiben die nicht flüchtigen fremden
Bestandtheile, Bleichlorid u. s. w. zurück.
Unreine Antimonbutter dient zu manchMi technischen Zwecken,
nun Bräniren von Eisenwaaren, z. B. Flintenläufen, und als Beize
auf Glanzleder , dem es eine tiefgelbe Farbe ertheilt; in der Pharma-
eie dient die Antimonbutter als Aetzmittel und besonders zur Darstel-
bBg pharmaceutischer Antimonpräparate. Das Antimonchlorid enthält
kidit die Chloride von Arsen, Blei, Kupfer und Eisen, auf die e^ wie
bei Antimon angegeben untersucht wird; auch auf Schwefelsäure ist
CS zu prüfen; das destillirte Chlorid kann nur die flüchtigen Chloride
von Eisen und Arsen beigemengt enthalten.
Von den Verbindungen des Antimonchlorids sind hervorzuheben:
Antimonchlorid-Ammoniak. Lässt man geschmolzenes Anti-
Uaadwftrtcrbach der Chemie. 2te Aufl. IUI. II; 5
66 Antimonchloride.
monchlorid in trockenem Ammoniakgas erkalten, so wird letzteres da-
von absorbirt und ein spröder weisser Körper, Nüg • SbGia, gebildet,
der aus der Luft weniger leicht Feuchtigkeit anzieht als das Antimon-
chlorid und beim Erwärmen unter Abgeben allen Ammoniaks nur Anti-
monchlorid zuriicklässt.
Das Antimonchlorid verbindet sich mit einigen Chloriden der Al-
kallmetalle zu Doppelchloriden oder eigentlichen Ghlorosalzen, in wel-
chen das Antimonchlorid als Säure auftritt.
Aii^monium - Antimonchlorid wird, nach Jacquelin, in
doppelt sechsseitigen Pyramiden erhalten, wenn eine Lösung von
1 Aeq. Antimonchlorid mit 2 Aeq. Salmiak langsam abgedampft wird,
es bt nach der Formel 2NH4G1 . Sbf^ls zusammengesetzt Pog-
giale ^) erhielt durch Eingiessen von Antimonchlorid in Salmiaklösung
und gelindes Verdampfen rechtwinklige Prismen von der Formel
8NH4€l.Sb6l3 -f- SHO, und bei weiterem Verdampfen der Mutter-
lauge Würfel oder Pyramidenwürfel, 2NH4 6l.Sb€ls -|- HO. Beide
Salze sind farblos und durchsichtig, werden an feuchter Luft gelb und
trübe, und durch viel Wasser zersetzt.
Barium- Antimonchlorid entsteht durch Znsatz einer concen-
trirten Ghlorbariumlösung zu Antimonchlorid und bildet sternförmig
gruppirte Nadeln, von der Zusammensetzung 2 Ba Gl . Sb Gl^ -f- 5 HO.
Calcium- Antimonchlorid, sowie die Verbindungen des Anti-
monchlorids mit Chlorstrontium und Chlormagnium sind ähnlich
zusammengesetzt.
Kalium- Antimonchlorid. Es sind zwei verschiedene Verbin-
dungen beschrieben, die eine von Jacquelin, 2K€l.Sb€l8^ soll aus
schiefen rhomboidischen Säulen bestehen. Eine andere, SKGl.Sb^ls,
stellte Poggiale dar, die in Blättern krjstallisirt, zerfliesslich ist, tmd
durch Wasser in höherer Temperatur zerlegt wird.
Natrium-Antimonchlorid. Das Antimonchlorid löst sich in
Kochsalzlösung ohne Trübung auf, und aus dieser Lösung lassen sich
regelmässige Krystalle darstellen. Ein von Poggiale dargestelltes
Doppelsalz, SNaGl.SbGis, krystallisirt in Blättern.
Mit Wasser versetzt zerfällt das Antimonohlorid unter Bildung von
An tiroonoxy Chlorid,
basischem Anti monchlorid, Algarothpnlver, ein Präparat, welches
früher als Pulvia Älgarothi s. angelictis^ Merourius vitM und unter vielen an-
deren Namen eine wichtige Bolle spielte (s.Bd. I, S. 431). Es wird erhal-
ten durch Versetzen des Antimonchlorids mit Wasser und schlägt sich ala
ein weisses Pulver nieder, das, mit wenig. Wasser ausgewaschen, sogleich
gesammeili.und getrocknet weiss und zartpulverig bleibt, aber durch
mehrtägiges Stehen unter der Flüssigkeit zu einer grauwcissen, aus klei-
nen Säulchen bestehenden Masse wird. Dieses Algarothpulver dient zur
Darstellung von reinem Antimonozyd und Brechweinstein. Eine sehr
zweckmässige Darstellung dieses Körpers besteht in Folgendem. Sehr fein
gepulvertes käufliches Schwefelantimon {Äntimomum erudum) wird mit
Chlorwasserstoffsäure gekocht bis sie kaum noch etwas zu lösen vermag;
es entweicht hierbei Schwefelwasserstoff. Die gesättigte Auflösung
0 Compt. rcnd. T. XX, p. 1180; n. Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LVT,
8. 243. , '
AntimoDchloride. 67
man erkalten, versetzt sie unter Umrühren mit kleinen Portionen Wasser,
bis sie anfängt sich weisslich sni trüben, und filtrirt; das Filtrat yer*
nüfl^t man mit dem fünf • bis eehnfachen Volumen Wasser. Der ent-
stehende schon weisse Brei wird durch Decantiren und öfteres Uebe]>
giessen mit Wasser oder auf dem Filter ausgewaschen , bis die ablau-
fende FlQssigkeit nicht mehr sauer reagirt. Der getrocknete Nieder-
»ehlag ist ein weisses schweres, nicht krystallinisches Pulver. Der Zu-
satz von wenig Wasser und Filtriren, ehe man die vollständige Fällung
vornimmt, ist deswegen nöthig, weil nur auf diese Weise etwas Schwe-
felwaaserstoff, der immer in der sauren Lösung bleibt, mit der zuerst
erfolgenden Fällung niedergerissen und entfernt werden kann. Ohne
diese Vorsicht wird das Präparat leicht gelblich, und soll die Neigung
erluüteii krystallinisch zu werden.
I>er Umstand, dass das amorphe Pulver durch Stehenlassen mit
der Flossigkeit,' woraus es gefällt wurde, oder durch Kochen mit der-
selben seine flockige Beschaffenheit verliert und in kleine glänzende
Kryztalle umgewandelt wird, deutet das Vorhandensein einer constanten
Verbindung zwischen Antimonchlorid und Antimonoxyd an. Die kleinen
Kiystallnadeln sind schiefe rectanguläre Säulen, an den stumpfen End-
tckea mit Abstnmpfungsfläohen versehen. Die Zusammensetzung des
Qxjehlorids ist verschieden nach der Menge und der Temperatur des zum
FäUen und Auswaschen verwendeten Wassers; es ist nach Analysen
von DufloB und Buchholz = Sb€l8.5Sb03, nach Johnston, der
etwas mehr Chlor fand, = 2Sb€l9 . QSbOa. Nach Peligot ist der
durch Fällen in der Kälte erhaltene Niederschlag, Sb€la -{- 2Sb08,
welche Formel er (SbOs)€l schreibt, indem er die Verbindung als
Antimonylchlorür bezeichnet (s. Antimonyl); das durch !E^rwär-
nen krjstallinisch gewordene Salz = SbGls -f- ÖSbO^.
Gewiss ist, dass schon durch fortgesetztes Waschen mit Wasser
dem Algarothpulver das Chlorid mehr und mehr entzogen wird und
£ut reines Antimonozyd zurückbleibt; bei Zusatz von etwas Alkali
zum Wasser bleibt ganz reines Oxyd frei von Chlorid zurück.
Beim Erhitzen zerfällt es in flüchtiges Antimonchlorid und zurück-
bleibendes Antimonozyd. Beine und kohlensaure Alkalien entziehen
dem Körper ebenfalls alles Chlor.
Antimonperchlorür,
iM Antimonchlorid, welches der antimonigen Säure entspricht, und
also SbGl4 sein müsste, ist für sich nicht bekannt; ob die Lösung der
ntimonigeD Säure in Salzsäure ein solches Chlorid enthält, ist un-
gewiss.
Antimonperchlorid, SbGl».
Antimonsuperchlorid, Antimonchlorid, fünffach- (oder
iweieinhalbfach) Chlorantiraon, Chloridum itibicum. Diese Ver-
KnduDg ist von H. Böse entdeckt, sie bildet sich beim Zusammenbringen
gepulverten Antimons mit Chlorgas in gewöhnlicher Temperatur unter
tekem Fnnkensprühen und Entwickelung eines röthlich weissen Lichtes ;
Iblssiges Chlor wirkt bei — 90^ C. aber nicht auf Antimonmetall. Es
liistsich darstellen aus fein gepulvertem Antimon, oder wasserfreiem Anti-
Boachlorid dorch Einwirkung von Chlor. Leitet man einen raschen Strom
getrocknetes Chlorgas in eine gepulvertes Antimon enthaltende Betorte,
5«
68 Antimonchloride.
welche mit einem Kühlapparat yerbunden ist, so destillirt das Antimon-
perchlorid als gelbliche, rauchende Flüssigkeit in die Vorlage Über. Das
Metall entzündet sich in dem Chlor unter lebhafter Wärmeentwickelong,
und braucht, von aussen nur noch gelinde erwärmt zu werden, damit das
gebildete Chlorid abdestillirt. In der Regel geht dabei mehr oder
weniger Antimonchlorid mit dem Perchlorid in die Vorlage Über, wo-
von das in dem Destillat aufgelöste Chlorgas Yollständig absorbirt wird.
Zur weiteren Reinigung von beigemengter Salzsaure, angezogenem
Wasser und Antimonchlorid, lässt man es eine Zeitlang mit Stücken von
Aetzkalk in Berührung, und destillirt nachher die abgegossene Flüssig*
keit, wobei, wenn man die Destillation rechtzeitig unterbricht, fast alles
Antimonchlorid zurückbleibt. Durch abermalige Rectification des De-
stillats erhält man das Antimonperchlorid fast völlig farblos und rein.
Eine Lösung von Antimonperchlorid in Salzsäure, welche zur
Darstellung von Antimonsäurehydrat geeignet ist, wird erhalten, wenn
man in eine Lösung von Antimonchlorid in Salzsäure Chlorgas bis cur
Sättigung leitet.
Das Perchlorid ist eine dünne, entweder farblose oder blassgelbe Flüs-
sigkeit, specifisch schwerer als Wasser, hat stark sauren Geruch, ist leicht
verdampf bar und raucht an feuchter Luft. Beim Erwärmen giebt es
Chlor ab und lässt Antimonchlorid zurück. Es hat grosse Neigung, Chlor
an organische Körper abzugeben, indem sich Antimonchlorid bildet; es
absorbirt Ölbildendes Gas in grosser Menge, beim Erhitzen der Flüs-
sigkeit entweicht dann das Oel der holländischen Chemiker (s. Iste Aufl.
Bd. IV, S. 533) und Antimonchlorid bleibt zurück. An der Luft zieht es
Wasser an und bildet damit farblose durchsichtige rhombische Sänleii,
durch mehr Wasseraufnahme zerfliesst es und ein grosser Wasserüber-
schuss bringt die Fällung von Antimonsänrehydrat hervor. Die Lösung
des Antimonperchlorids in starker und heisser Chlorwasserstofi^äure zeigt
die Eigenthümlichkeit, dass sie durch wenig Wasser nach einiger 2^it
getrübt, durch starken Wasserzusatz, der aber auf einmal zugegeben
worden, nicht getrübt wird.
Das Antimonperchlorid erleidet eine von Cloez ^) beobachtete eigen-
thümliche Zersetzung, wenn in dasselbe langsam trockenes Schwefel*
Wasserstoff gas eingeleitet wird, indem sich unter Erwärmung und
Entwickelung von Chlorwasserstoff eine weisse krystallinische Verbin-
dung, das Antimonchlorosulfid oder Antimonsulfoperchlorid
&bS2€l8 bildet Dieser dem Phosphorsulfochlorid analog zusammen-
gesetzte Körper schmilzt bei geringer Temperaturerhöhung, bei stär-
kerer Erhitzung zerfällt er in Schwefel und Antimonchlorid, bleibt an
trockener Luft unverändert, zieht leicht Feuchtigkeit an unter Bildung
einer gelben ölartigen feinvertheilten Schwefel enthaltenden Flüssig-
keit, zerfällt durch Wasserzusatz in Antimonchlorid und Schwefel und
durch flüssige Weinsäure in einen Niederschlag von Schwefelantimon
mit beigemengtem Antimonozyd.
Das Antimonperchlorid geht mehrere Verbindungen ein, von
welchen die folgenden die bekanntesten sind.
Mit Phosphor Wasserstoff gas verbindet es sich tu einem fe-
sten rothen Körper (s. bei Phosphorwasserstoff).
') Ann»L de chim. et phys. T. XXX, p. 874. Joarn. f. prakt. Chem. Bd. LT,
S. 469.
Antimonchlorosulfid. — Antimonerze. 69
Antimonperchlorid -Ammoniak, SbGls.GNHs, stellt einen
bmmen, beim gelinden Erwännen weiss werdenden, bei stärkerem Er-
liitien ohne Zersetzung snblimirbaren Körper dar, der sich bildet, wenn
dnrch das flOssige Antimonperchlorid trockenes Ammoniakgas gelei-
tet wird
Antimonperchlorid-Cyanwasserstoff. Nach Klein 0 ▼oi^'
einigen sich Antimonperchlorid und liquide Cjanwasserstoffs&ure unter
Wänneentwickelung zu einer weissen, fein krystallinischen Masse von
äer Zusammensetzung SbGls . 8 H€j. Man erhalt diese Verbindung
in klaren Prismen deutlicher krystallisirt, wenn man den Dampf von
wasserfreier Cjanwasserstoffs&ure zu Antimonperchlorid von 30® C. lei-
tet Zwischen 70^ bis 100® C. verflüchtigt sich dieselbe unter partiel-
ler Zersetzung, indem Blausäure frei wird, und eine anfangs weisse,
nachher gelb und braun werdende Masse zurückbleibt. Auch in einem
Strom von Kohlensäuregas ist sie nicht ganz unzersetzt zu verflüchti-
gen. — An feuchter Luft zerflieast sie , Wasser scheidet Antimonsäure
daraus ab. Sie absorbirt Ammoniakgas , und verwandelt sich damit in
öne tief braunrothe, pulverige Masse.
Das Antimonperchlorid absorbirt gasförmiges Cyanchlorid unter
gelinder Erwärmung; es trübt sich dabei und erfüllt sich allmälig mit
f^en Krystallen. Nach der Sättigung bildet die Verbindung, wahr-
scheinlich Sb€l5.€l€7, eine fein krystallinische, weisse Masse. Sie
lässt sich nur partiell unzersetzt sublimiren, der grösste Theil lässt da-
bei das Cyanchlorid fahren. Von Wasser wird sie sogleich zersetzt
Sie vereinigt sich mit Ammoniakgas unter Erwärmung zu einem gel-
ben pulverigen Körper. (F.) By, i
Antimonchlorosulfid s. bei Antimonperchlorid,
Zersetzung durch Schwefelwasserstoff (S. 68).
Antimonerze, solche sind:
Gediegenes Antimon Sb
Antimonblüthe oder Weissspiessglanzerz SbOs
Antimon- oder Spiessglanzocker (nach L. 6 m e 1 i n) . • Sb O5
Antimonblende Sb Og . 2 Sb Sg
Antimonglanz oder Grauspiessglanzerz Sb Sg
Hierher sind femer noch zu zählen die Verbindungen von Schwefelan-
timon als Säure, mit anderen Schwefelmetallen als Basen, Sulfanti-
moniite, Sulfosalze, worin jenes zuweilen dufch Schwefelarsen ersetzt
istO- ^i® 8^^ folgende:
Zinckenit PbS. SbSg
Miargjrit AgS . SbSg
Kupferantimonglanz CugS. SbSg
Plagionit 4PbS.8SbSg
Jamesonit • . . 3 PbS. 2 SbSg
Federerz 2 PbS. SbS»
*) Annal. d. Chem. Bd. LXXIV, S. 86. — *) S. H. Kose in Pogg. Annal.,
Bd. ZXVm, S. 486; Bd. XXXV, S. 861. Berthier ebenduelbBt Bd. XXIX,
a 468 «nd Boalanger Bd. XXXYI, S. 484.
70 Antimonfahlerz. — Antimonfluoride.
Boulangerit , . • • 3PbS. ShSz
Bothgulden 3AgS. jLgfS»
Bournonit ; . . . (3Cu,S . SbSj) + (3PbS. 2SbS8)
F."-= • • ■ ■ ',(?:i)+<Lt)
Sprödglaserz . . ^ 6AgS. SbSg
^«^y»»-* KcfJ)+ (tk)
Berthierit 3FeS.2SbS3
Varietät des Berthierit von Anglar^) . . FeS. SbSa
Varietät des Berthierit von Marturet : . 3FeS.4SbS8.
Endlich könnte noch das Antimonsilber r= AgjSb hierher gerech-
net werden, doch gehört dies mehr den Silbererzen an. (P.) Fe.
Antimonfahlerz s. Fahlerz.
Antimonfluoride. Das Fluor verbindet sich mit Antimon
in verschiedenen Verhältnissen; nach Berzelius existiren drei Ver-
bindungen (SbFg; SbF4; 8b F5), welche dem Antimonoxyd, der anti-
monigen Säure und der Antimonsäure entsprechen. Näher ist nur das
Antimonfluorid (Sb F3) untersucht. Von den beiden anderen Verbindun-
gen, dem Antimonsuperfluorür und dem Antimonsnperfluorid, giebt Ber-
zelius nur an, dass sie im Wasser löslich sind, und mit anderen Fluor-
metallen Doppelverbindungen oder Flnorsalze geben. Wenn man anti-
monige Säure, Sb04, nicht als eine besondere Oxydationsstnfe ansehen
will, so ist das entsprechende Antimonsuperfluorür auch nur eine Ver-
bindung von Fluorid mit Superfluorid. Die letztere Verbindung konnte
Flückinger nicht erhalten; sie bildet sich nicht beim Erhitzen von
Antimonsäure mit Quecksilberfluorid, oder mit Flussspath und Schwefel-
säure; auch beim Behandeln von Antimonsäurehydrat für sich, oder
nach Zusatz von kohlensaurem Kali, mit überschüssiger Flusssäure
bleibt die Antimonsäure als eine durchsichtige Gkillerte zurück.
Antimonfluorid.
Antimonfluorür, Fluorantimon. Diese VerlHudung hat die
Formel SbFg; ^^^ ^^t früher von Berzelius >) und von Dumas *) dar-
gestellt, später von Flückinger^) näher untersucht.
Das Fluorantimon lässt sich (auf trockenem Wege) durch Destilla-
tion von Quecksilberfluorid mit Antimon darstellen (Dumas). Zweck-
mässiger ist die Darstellung auf nassem Wege aus MetaUozyd und
Flusssäure. Metallisches Antimon wird weder von reiner Flusssäure,
noch merkbar beim Erhitzen mit einem Gemenge von Flussspath und
Schwefelsäure angegriffen. Dagegen löst Antimonoxyd sich leicht und
unter heftiger Wärmeentwickelung in wässeriger Flusssäure ; beim lang-
samen Verdunsten der sauren Lösung bei etwa 70<^ bis 90^ C. bilden
sich meist grosse und regelmässige Krystalle von Antimonfluorid ; beim
^) Nach Rammeleberg auch der von Bräunsdorf (Pogg. Annal. Bd. XL, S. 158).
■) Pogg. Ajanal. Bd. I, S. 34. — ») AnnaL de chlm. el pbys. [2.] T. XXXI,
p. 485. — *) Pogg. Annal. Bd. LXXXVH, S. 245 ; AnnaL d. Cham. u. Pharm. Bd.
LXXXIY, S. 248.
(
Antimonfluoride. 7 1
rasehea Verdampfen der Lösung erhält man es in Prismen oder
Schuppen.
Das Antimonfluorid bildet durchsichtige farblose rhombische Octaä-
der; durch Destillation erhalten, ist es eine schneeweisse feste Masse.
Es raucht nicht an der Luft, aber zieht begierig Wasser an und zerfliesst;
auch die wässerige Losung raucht nicht an der Luft, sie schmeckt sauer,
hinten nach stjrptisch, sie wird durch Überschüssiges Wasser nicht ver*
ändert. Nach Dumas verdampft das Antimonfluorid leichter als Sohwe«
feisäure, -aber weniger leicht als Wasser. Wenn' das feuchte Fluorid
an der Luft bei gewöhnlicher oder bei erhöhter Temperatur verdampft,
so geht Flusssäure fort, und es bildet sich ein in Wasser unlöslicher
weisser Korper, wahrscheinlich ein Oxyfluorid, der sich aber leicht in
Salzsäure oder Flusssäure wieder löst Nach Flückinger blieb beim
Destiliiren von krystallisirtem (etwas feuchtem) Antimonfluorid in einer
Platinretorte viel Antimonoxyd zurück, während im Halse der Betorte
lieh krystallinische Krusten von Antimonfluorid fanden.
Ein Antimonoxyfluorid, SbFs "-f" ^^Oa, ward erhalten beim
Anspreaaen des kr jstallisirten feuchten Fluorids zwischen Fliesspapier;
es ist weiss und nicht weiter zerfliesslich.
Das Antimonfluorid verhält sich gegen andere Fluoride elektro«
negativ, ähnlich dem Chlorid, und bUdet mit ihnen zum Theil Doppel«
verbindongen, welche sich als Fluorsalze oder Fluorantimoniite betrach-
ten lassen; mehrere solcher Verbindungen mit Fluoralkalimetallen sind
von FlQckinger dargestellt, hierbei verbinden sich 1, 2 oder S At
Flooralkalimetall mit 1 At. Antimonfluorid. Beim Erhitzen an der Luft
werden sie zersetzt, indem Antimonozyd sich bildet. Mit einem Na-
triamblattchen umwickelt, zersetzen die trockenen von Flückinger
onlerBachten Salze sich durch einen heftigen Schlag unter Detonation
UBd Fenererscheinung.
Ammonium- Antimonfluorid, Ammoniumfluorantimoniit:
SNH4F.&bF3. Dieses Salz wird erhalten durch Auflösen von Anti-
raonoxyd und kohlensaurem Ammoniak in überschüssiger Flusssäure
und Abdampfen der Lösung. Auch wenn die Lösung eine grössere
Menge von Fluorammonium enthielt, wird das Salz von der angegebe-
nen Zusammensetzung erhalten. Es krystallisirt in wasserfreien rhombi-
idien Tafeln oder Prismen ; es zieht aus feuchter Luft Wasser an, und
löst »cb «chon in 0,9 Wasser von gewöhnlicher Temperatur unter Er-
kaltimg; die Lösung ist sauer, sie greift Glas stark an, und wird von
Alkohol and Aether gefällt. Das trockene Salz verändert sich nicht
btk IS^ C, durch rasches Erhitzen in oflisnen Platintiegeln lässt es sich
vollständig verflüchtigen; beim langsamen Erhitzen wird es grössten-
theils zersetzt, indem etwas Ammoniumfluorid sublimirt, und etwas An-
ÖHicmoxyd zurückbleibt.
Kalinm-Antimonfluorid, Kaliumfluorantimoniii: 2KF.
SbFs. Zur Darstellung des Salzes wird Antimonoxjd und kohlensaures
Ksli in der nöthigen Menge mit überschüssiger Flusssäure versetzt;
beim Abdampfen scheidet sich das Salz aus der concentrirten Lösung
in kleinen Blättchen ab, oder beim langsamen Erkalten, sowie beson-
ders, wenn die gesättigte Lösung bei 60^ bis 70^ G. verdunstet, bilden
neh häufig dünne, aber grosse und durchsichtige rectanguläre Blätt-
eben oder Tafeln. Zuweilen bilden sich auch spitze Octaeder oder
rbombische Blättchen, die in der Flüsmgkeit nach einigen Tagen un-
72 Antimon, gediegen. — Antimonglas.
durchsichtig werden, beim Auflösen and Verdampfen aber die gewöhn-
lichen Krystalle geben. Das Kaliumantimonflaorid ist saner, es hat
einen sauren, hintennach zusammenziehenden Geschmack; es löst sich
bei 1S<^G. in 9 Thln., bei Siedhitze in weniger als- 2 Thln. Wasser; in
Alkohol und Aether ist es unlöslich. Das trockene Salz verliert bei
120^0. nichts an Grewicht; bei Rothglühhitze schmilzt es, und erstarrt
beim Erkalten zu einer strahlig-krystallinischen Masse. Das getrocknete
Salz greift das Glas nicht an; das feuchte Salz ätzt es jedoch.
Ein zweites Kaliumantimonfluorid, KF.SbFs, bildet sicli
beim Auflösen von Antimonoxyd und kohlensaurem Kali in Flnsssänre ;
es krystallisirt aus der heiss gesättigten Lösung in feinen seidenglän-
zenden Prismen, oder in grossen harten rhombischen OctaSdem, die an
der Luft trübe werden; es löst sich schon in 2,8 Thln. Wasser.
Lithium-Antimonfluorid, Lithiumfluorantimoniit: 2LiF.
SbF3. Das Salz krystallisirt schwierig, und nur in undeutlichen grossen
Prismen, es braucht mehr als 20 Thle. Wasser zur Lösung.
Natrium - Antimonfluorid, Natriumfluorantimoniit:
SNaF.SbFs* Dieses Salz, einem basischen Antimonoxjd-Natron ent-
sprechend, wird aus Antimonozyd, Natron und Flusssäure dargestellt;
es krystallisirt ans der heiss gesättigten Lösung in kleinen glänzenden
durchsichtigen Prismen. Das Salz löst sich bei gewöhnlicher Tempera-
tur in 14, bei Siedhitze in 4 Thln. Wasser, die Lösung reagirt saaer.
Bei höherer Temperatur schmilzt das Salz. Fe,
Antimon, gediegen (natürliches). Metallisches Anti-
mon, mit allen charakteristischen Kennzeichen dieses Metalles — mitunter
auch zu rhomboSdrischen Krystallen ausgebildet — findet sich zu Andreas-
berg im Harz, zu Przibram in Böhmen, zu Sala in Schweden und zu Alle-
mont in Frankreich. An allen diesen Orten kommt es aber nur in ge-
ringer, zu seiner bergmännischen Gewinnung und technischen Benutzung
nicht hinreichenden Menge vor. Specif. Gewicht 6,6 bis 6,8. Pflegt
kleine Beimischungen von Eisen, Silber, Arsen u. s. w. zu enthalten.
Th. S.
Antimonglanz s. Grauspiessglanzerz.
Antimonglas Spiessglanzglas, nfrtctnantimofitt, ein Schwe-
felantimon enthaltendes Antimonoxyd, ist ein, früher besonders tat Dar-
stellung von Brechweinstein gebrauchtes, jetzt aber ziemlich obsolet
gewordenes Präparat; es enthält wechselnde Mengen von Schwefelanti-
mon und wird erhalten entweder durch Schmelzen unvollkommen ge-
rösteter Antimonasche (S. 68) oder durch Schmelzen reiner Anti-
monasche mit Schwefelantimon und Ausgiessen der Masse auf eine
eiserne Platte. Da der Tiegel beim Schmelzen stark angegriffen wird,
so ist es zweckmässig, durch vorläufige Versuche im Kleinen sich zuerst
zu Überzeugen, dass das Gemenge passend ist zur Darstellung eines
schönen Antimonglases. Die antimonige Säure der Antimonasche wird
beim Schmelzen durch den Schwefel des Sulfids hierbei zu Antimonoxyd
redncirt, während sich schweflige Säure entwickelt Wäre die anti-
monige Säure rein, Sb04, so wären auf 100 Thle. derselben 12,5 Thle.
Schwefelantimon erforderlich , um sie in Antimonoxyd zu verwandeln ;
die Asche enthält meistens schon etwas mehr Sulfid, so dass noch et-
was von letzterem in dem geschmolzenen Glase enthalten ist. Von der
Antimonige Säure. «73
Menge des Sulfids hängt die Farbe und Schmelzbarkeit des Prodnctes ab.
Debenchoss des enteren yerringert, des letzteren vermehrt die Schmelz-
barkeit. Das Antimonglas soll mbinroth und darchsichtig sein ; es ist roth*
bnum bis gelblich wenn es zu wenig, und bleifarben und undurchsich-
tig wenn es zu viel Schwefelantimon enthält. Im ersteren Falle wird
durch Schmelzen mit Zusatz von Schwefelantimon, im letzteren mit Zusatz
von Antimonoxyd die richtige Eigenschaft erreicht. Antimonsänre ent»
halt das Spiessglanzglas nicht, weU diese durch die Einwirkung des
Sehwefelantimons, unter Bildung von schwefliger Säure zu Antimon-
oxyd redacirt wird. Dass übrigens nicht lediglich von der Zusammen*
setsong, sondern von gewissen Molekulareigenschaften die Farbe und
Dorchsichtigkeit des Antimonglases abhänge, hat H. Bose^) gezeigt.
Eine Verbindung von Antimonoxyd mit Schwefelantimon, die bei äusserst
langsamem Erkalten krystallinisch und von grauschwarzer Farbe, und
als ein Halbleiter der Elektricität erhalten wurde, war durch schnelles
Erkalten glasartig und röthlich und ein Nichtleiter der Elektricität
geworden. Durch Schmelzen und Ausgiessen in kaltes Wasser wird
leicht eine vollkommen glasartige (amorphe) Masse erhalten. By.
Antimonige Säure, antimonsaures Antimonoxyd
{Aeidum stibiosum)^ ShO^ oder SbOs-SbO^. Dieser Körper bildet
äch beim Erhitzen sowohl des metallischen Antimons als des Schwe-
felantimons und Antimonoxyds an der Luft, wie durch Glühen der
Antimonsäure, die Sauerstoff entwickelt unter Zurücklassung dieser Ver-
bindnng. Man stellt dieselbe rein dar durch starkes Glühen des sal-
petersauren Antimonoxyds oder der Antimonsäure; ein meistens unrei-
nes Präparat ist die durch Rosten von Schwefelantimon erhaltene An-
timonasche (s. d.). Die reine Verbindung stellt ein weisses, beim Er-
hitzen vorübergehend gelb werdendes Pulver dar, das in der Flamme
des Lothrohrs lebhaft leuchtet, nicht schmelzbar ist und nicht verflüchtigt
werden kann. Sie ist nicht löslich in Wasser, soll befeuchtet Lack*
mus röthen, ihr specif. Gewicht bt 6,69 nach Karsten. Mit reduci-
raiden Substanzen erhitzt, wird sie viel schwieriger in metallisches
Antimon verwandelt als das Antimonoxyd. Mit Schwefelwasserstoff-
Sehwefelkalium in gewöhnlicher Temperatur zusammengebracht, bleibt
sie unverändert, gekocht damit löst sie sich, und aus der Lösung wird
dareh Säuren die Verbindung SbS4, oder richtiger vielleicht SbSg .
SbS^, niedergeschlagen.
Dieser früher als antimonige Säure angesehene Körper soll , nach
Berzelius, durch Zersetzen seiner Verbindungen mit Alkali durch
eine Säure, ein weisses, Lackmus röthendes Hydrat bilden, Sb04 «HO
(8bOs.SbO5.2HO?), welches in Wasser etwas mehr löslich sein soll
als Antimonoxyd.
Die antimonige Säure geht mit Kali und Natron Verbindungen
ein. Mit ersterem erhält man eine solche durch Schmelzen derselben
srit Kalihydrat oder kohlensaurem Kali, Ausziehen mit kaltem Wasser,
Behandeln mit kochendem. Verdampfen der Lösung zur Trockne, wo-
dorch eine gelbliche unkrystaliinische Salzmasse erhalten wird, die auf
1 At. Sb04 1 At. KO enthalten und aus deren Lösung durch Versetzen
>) Pogg. AudaI. Bd. LXXXDC, S. 316; Annal. d. Cbem. a. Pharm. Bd. LXXXVIII,
8. 259; Phann. Centralbl. lS68j S. SS9.
74 Antimonjodsulfid. — Antimonjodid.
mit wenig S&ore eine andere Verbindung, 2Sb04.KO, niedergesohla-
gen werden soll. Diese Verhältnisse sind mit der Ansicht, dass ein
ShO^ als selbständige Verbindung nicht existire, sondern als anti*
monsaores Antimonoxyd, SbOg . SbOs, anzusehen sei, nicht in
Einklang, und bedürfen, sowie die Verbindung mit Wasser, einer näheren
Untersuchung. Für die Ansicht, dass die antimonige Säure antimonsaa-
res Antimonoxyd sei, führt Berzelius an, dass die Lösung derselben in
Salzsäure, in viel Wasser getröpfelt, anfangs nur Antimonoxyd ab-
scheide, während Antimonsäure gelöst bleibt; und dass femer beim Ko-
chen von antimoniger Säure mit Weinstein und Abdampfen der Lösnng
zuerst Brech Weinstein krystallisire, und in der Mutterlauge ein gummi»
artig eintrocknendes Salz von Weinsäure, Antimonsäure und EjiU zu*
rückbleibt. (7.) F«.
Antimonjodsulfid s. Antimonsulfid S. 124.
Antimonjodid^ Antimonjodür, Sbls. Schon bei gewöhn-
licher Temperatur vereinigen sich die beiden Körper beim Zusammenreiben
unter Erwärmung, die ersten Mengen des in das Jod eingetragenen Antimon*
pulvers machen dasselbe flüssig; man fügt das Antimon allmälig bis zur
Sättigung hinzu und erwärmt die, einen kleinen Üeberschuss von Antimon
enthaltende Masse in einer Retorte mit Vorlage und destillirt davon die
Verbindung ab. Diese ist krystallinisch braunroth, in Pulverform zinno*
berroth, wird erwärmt zuerst weich, dann flüssig, hat in diesem Znstande
dnnkelgranatrothe Farbe, entwickelt violettrothe Dämpfe, die bei stärke-
rem Erhitzen mehr scharlachroth werden, und sublimirt zuletzt als
scharlachrother Anflug oder destillirt in flüssigem Zustande Aber.
Der Siedepunkt liegt nicht weit über dem Schmelzpunkt der Verbin-
dung. Cöncentrirte Schwefelsäure scheidet schon bei gewöhnlicher
Temperatur, Salpetersäure beim Erhitzen Jod ab. Das Antimonjodid
wird durch Wasser zersetzt in eine rothgelbe Lösung von Antimonjodid
in wässerigem Jodwasserstoff und in niederfallendes
Antimonoxyjodid.
ein blassgelbes Pulver. Es ist wahrscheinlich analog dem Antimon-
oxychlorid zusammengesetzt; Brandes und Böttger halten es aber
für ein Antimonjodür, . Sbl^, dem nur etwas Antimonozyd beige-
mischt ist. Es hält aber auch noch Wasser bei einer Temperatur sn-
rück, bei welcher es schon beginnt sich zu zersetzen, bei höherer Tem-
peratur verflüchtigt sich Antimonjodid und Antimonoxyd bleibt zurück.
Es verliert durch Waschen mit Wasser Jod, reine und kohlensaure Al-
kalien bilden Jodalkalimetall und lassen Antimonoxyd zurück.
Ein anderes basisches Antimonjodid i) soll sich aus Brechwein-
steinlöBung auf Zusatz von Jod in goldgelben Flittern abscheiden ; ea
entsteht zuerst eine weisse Färbung von Antimonoxyd, welches erst
mit der Zeit sich in das gelbe basische Antimonjodid verwandelt.
Krystallinisch erhält man die Verbindung, wenn man eine cöncentrirte
Brechweinsteinlösung mit Weinsäure ansäuert, und dann so lange mit
alkoholischer Jodlösung versetzt, als sie sich noch entfärbt. Man darf
aber nicht zu viel Weinsäure nehmen, weil die Verbindung darin auf*
löslich ist 2 Thle. Brechweinstein mit 1 Tbl. Jod versetzt und mit
*) Prenss, Phann. Gontralbl. X889, S. 811.
Antimonit. — Antimonium diaphoreticum. 75
UteiD Wasser ea einem Brei angerfihrt, liefert dieselbe Verbindung.
Bttm Erwärmen löst sich alles Jod aaf.
Wird Chlorantimon mit Jodkaliumlösnng gemengt, abgedampft,
wieder mit Wasser übergössen und dies mehrmals wiederholt, so er-
halt man dieselbe Verbindung aus Sbls -|- öSbOg bestehend. Sie
äeht dem Jodblei sehr ähnlich. Salzsäure löst sie leicht unter brauner
Färbung der Flüssigkeit durch in Freiheit gesetztes Jod. Auch in
Weinstein und Weinsäure ist sie etwas löslich. Salpetersäure fällt An-
timonoxyd. Schwefelsäure wirkt nur langsam darauf ein. Von Elali«
lauge nnd Schwefelammonium wird sie leicht gelöst. Die Hitze zer-
setzt die Verbindung.
Gleichzeitig mit der gelben bildet sich häufig eine nicht näher
ontersuchte braunrothe, 21,4 Proc. Antimon enthaltende krystallinische
Vobindung 0- (F.) By.
Antimonity syn. mit Grauspiessglanzerz.
Antimonium crudum, syn. Antimonsulfid, kry-
stallinisches.
Antimonium diaphoreticum, schweisstreibendes
8pie88glanzozyd, Äntimofäum $eu Kali etibiotim^ Cerusia antmonü^
dix antimonü cUba^ Stibium oaydatum aümm.
Ein pharmaceutisches Präparat, das, obwohl wenig mehr in Ge-
brauch ^ noch in den neuesten Pharmakopoen aufgenommen und der
Hauptsache nach antimonsanres Kali ist. Man stellt es durch Verpuf-
fen von Antimon oder Antimonsulfid mit Salpeter als eine weisse Masse
dar, das Antimonium diaphoreUcwn non abhstwm^ ein Gemenge von sal-
petersanrem, salpetrigsaurem und antimonsaurem Kali (und bei Anwen-
dung des Sulfids auch von schwefelsaurem Kali) neben Antimonozyd-Kali,
wenn zu wenig Salpeter angewendet war; von diesen Salzen werden
£e loslichen durch Waschen entfernt, wobei dann das Äniim<mium diu"
pkoretieian (Mutum^ antimonsaures Kali und allenfalls Antimonozyd-Kali
sornckbleibt. Die sechste Aufiage der preussischen Pharmakopoe giebt
sar Darstellung dieses Körpers folgende Vorschrift« Feingepulvertes
Astimonnietall wird mit der doppelten Menge reinen gestossenen Salpe-
ter gemengt, nnd portionenweise in einen weissglühenden Tiegel ge-
worfen und nach jedem Eintragen einer Portion gewartet, bis die
Oxydation erfolgt, und so fortgefahren bis der Tiegel gefüllt ist. Nun
wnti derselbe etwa eine halbe Stunde im Weissglühen erhalten , und
d«r teigige noch warme Inhalt in ein porcellanenes Gef äss, das ge-
wohnliches Wasser enthält, eingetragen, damit die Masse darin cer-
feUe. Der sich ergebende Bodensatz wird mit Wasser so lange abge-
S|Hllty als in dem Aussüsswasser noch salpetersaures und salpetrigsaures
Kali XU entdecken ist, dann auf einem Filter gesammelt nnd in einer
40^ C. nicht übersteigenden Temperatur getrocknet, zu Pulver zerrie-
ben nnd in wohl verschlossenen Gefässen aufbewahrt. Das Präparat,
das Antimonium diaphoreticum adlutum^ soll weiss von Farbe, geruch-
«id geschmacklos und frei von salpetersaurem und salpetrigsaurem
Kali sein. Berzelins und O. Figuier thaten dar, dass in dem Prä-
pwat immer neben antimonsaurem Kali niedrigere Ozydationsstufen
*) SteiD, Joarn. f. prakt. Chem. Bd. XXX, 8. 48.
76 Antimonkemies. — Antimonlegirungen.
des Antimons enthalten seien, empfehlen daher, eine etwas grössere al«
die vorgeschriebene Salpetermenge anzawenden, um reines antimonsau-
res Kali zu gewinnen. Weil auch dann noch das Resultat unsicher,
schlägt Mohr in seinem Commentar zur preuss. Pharmacopöe vor, das
getrocknete Pulver nochmals mit Salpeter zu glühen und auszuwaschen«
Ein Gehalt von Antimonoxyd -Kali ertheilt dem Antimotttum diaphoreti
cum brechenerregende Wirkungen, und es liefert alsdann durch Di*
gestion mit Weinstein und Wasser, Filtriren und Eindampfen Brech*
Weinstein (vergl. antimonsaures Kali bei Antimonsaure Salze).
Antimonkermes. Ein früher für die Arzneikunde sehr
wichtiges, jetzt verhältnissmässig nur wenig gebräuchliches Präparat,
welches nach seiner Darstellung entweder reines amorphes Antimonsalfid
ist, oder Antimonsulfid mit nach den Umständen wechselnden Mengen
Antimonoxyd, was auf seine arzneiliche Wirksamkeit von dem entschie-
densten Einfluss ist. Die älteren Vorschrifiben liefern einen oxydhal-
tenden Kermes; die späteren Vorschriflen beabsichtigten häufig die
Darstellung eines oxydfreien Kermes; da aber mit dem Sulfid leicht
Oxyd sich abscheidet, und da auch das amorphe Sulfid im feuchten
Zustande sich schon an der Luft oxydirt, besonders in der Wärme, so
ist der trockene Kermes meist immer oxydhaltig, wenn er nicht mit
Weinsäure behandelt ward. Ein oxydfreier Kermes wird daher nur
durch Behandeln des gewöhnlichen Präparats mit wässeriger Wein-
säure in gelinder Wärme und rasches Trocknen am Besten bei Ab-
schluss der Luft erhalten; ein Kermes mit bestimmtem Gehalt an
Oxyd wird am sichersten durch Mischen von reinem Sulfid mit Oxjd
dargestellt (s. Antimon sulfid, amorphes).
Antimonkupferglanz s. Kupferantimonglanz
Bd. IV.
Antimonleber, Hepar antimonii, Sulfantimo*
niite der Alkalimetallsulfurete s. unter Antimon-
sulfid s. 124 u. 125.
Antimonlegirungen. Das Antimon verbindet sieh mit
den meisten Schwermetallen, und zwar gewöhnlich ganz leicht auf di-
rectem Wege durch Zusammenschmelzen, und macht sie spröder and
härter. Die Legirungen mit vorwaltendem Antimongehalt sind meist
webs. Auch Leichtmetalle gehen mit dem Antimon Verbindungen ein,
so namentlich die Metalle der Alkalien. Mehrere der Verbindungen des
Antimons mit anderen Schwermetallen kommen natürlich vor.
Antimon- Arsen findet sich natürlich (s. bei Arsen). Durch
Zusammenschmelzen von 7 Thln. Antimon mit 1 Thl. Arsen wird eine
graue harte, sehr spröde und leichtflüssige Masse, durch Zusammen-
schmelzen von 15 Thln. Antimonpulver mit 2 Thln. Arsen eine ebenfalls
spröde, leicht schmelzbare, von Farbe weisse Verbindung erhalten, die
in der Weissglühhitze alles Arsen verliert.
Antimon-Blei. Beide Metalle lassen sich in allen möglichen
Verhältnissen zusammenschmelzen, das Antimon ertheilt dem Blei H&rte
(Hartblei) ; die Legirung aus gleichen Theilen beider Metalle ist spröde,
klingend; 12 Thle. Blei auf 1 Thl. Antimon stellt eine streckbare Legi*
rung, die etwas härter als Blei ist, dar. Die wichtigste Verwendung
Antimonlegirungen. 77
d€r AiitiiiioBbleileginiDgen ist die zu Buchdruckerlettem , die Yerhält-
nisM, in welchen beide Metalle genommen werden, wechseln zwischen
16 Thln. Blei auf 1 bis 4 Thle. Antimon, das häufigst vorkommende
YerhiJtniss entspricht 17 bis 20 Proc. Antimon. Es werden den Le-
ginmgen zum genannten Zweck zuweilen noch andere Metalle zuge-
setzt, X. B. Wismuth im Verhältniss von 10 Thln. Blei, 2 Thln. Anti-
iDon, 1 Tbl« Wismuth, oder ffir Stereotypplatten Vso ^^ Vao Zinn.
Aach wird zu Lettemmetall der Antimonbleilegirung zuweilen 1 bis
2 Proc. Kupfer zugegeben, welches aber bewirken soll, dass die heisse,
mit FeachtigkeiC, z. B. feuchten Formen, in Berührung kommende Masse
sehr leicht spritzt. Eihe etwas antimonreichere Legirung als das Lettem-
metall soll zu Zapfenlagern leicht verwendbar sein. Das specif. Gewicht
der Antimonbleilegirungen liegt fiber dem berechneten mittleren specif.
Gewicht, es findet also Zusammenziehnng statt.
Antimon-Eisen. Die beiden Metalle lassen sich beim Erhitzen
ohne Feuererscheinung mit einander verbinden. Bei der Darstellung
des metallischen Antimons aus natürlichem Schwefelantimon mit Eisen
erzeugt sich, wenn auf 1 Aeq. Antimonsulfid mehr als 3 Aeq. Eisen
vorhanden sind, neben dem Schwefeleisen etwas eisenhaltendes Anti-
mon (Regtilus anünumn marUaUä). Die Verbindung beider Metalle ist
wenig magnetisch, spröde, hart, weiss, leichtflüssiger als Roheisen. Das
Gemisch von 1 ThL Eisen auf 2 Thle. Antimon soll beim Feilen Fun-
ken sprühen. Ein ganz geringer Grehalt von Antimon (0,23 Proc.) er-
tbeilt dem gefirischten Eisen die Eigenschaften des Kalt- und Roth-
braches.
Antimon-Oold. Das Antimon verbindet sich sehr leicht mit
Gold, letzteres nimmt im geschmolzenen Zustande sogar Antimon-
dämpfe auf. Eün Gemisch von 9 Thln. Gold auf 1 Thl. Antimon ist
•ehr spröde, weiss und hat porcellanartigen Bruch. Das Gold kann
sdion dnrch einen Antimongehalt von etwa ^/sooo seine Dehnbarkeit ver-
lieren. Das Antimon wird durch Erhitzen unter Luftzutritt leicht aus
der Legirung ausgetrieben.
Antimon-Kalium« Das Kalium verbindet sich mit Antimon
noch unter der Schmelzhitze des letzteren unter Feuererscheinung.
Man kann eine Verbindung der beiden Metalle auf verschiedenen We-
gen darstellen. Durch Erhitzen von metallischem Antimon oder ge-
rostetem Antimonsulfid mit gleich viel Weinstein während zwei Stun-
den in verschlossenem Tiegel soll eine 5 Proc. Kalium haltende Le-
girang gewonnen werden. Auch durch Glühen von Brechweinstein
(den man an der Luft vorher so lange erhitzt hatte, bis er verglimmt)
in einem Tiegel für sich oder mit 10 Proc« Salpeter versetzt, wird eine
Legirung beider Metalle erhalten, während der nicht vorher geröstete
Breehweinstein nur eine schwarze pyrophorische Masse liefert.
Low ig und Schweitzer bereiteten sich, behufs der Darstel-
bng organischer Antimonverbindangen, grössere Quantitäten von An-
timonkalium durch Mengen von 5 Thln. rohem Weinstein mit 4 Thln«
Antimonpulver, langsames Erhitzen in einem bedeckten Tiegel bis
m Yerkohlnng des Weinsteins, einstündiges Weissglühen und lang-
•tmes Erkaltenlassen in einem luftdicht verschlossenen Ofen. Es wird
wd diese Art ein krystallinischer Begulns gewonnen, der 12 Proc.
Kslinm enthält, der Wasser heftig zersetzt, an der Luft sich nur lang-
sam oxydirt, beim Zerreiben zu Pulver aber sich erwärmt und entzün-
78 AntimonlegiruDgen.
det, was jedoch verhindert werden kann, wenn man beim Beiben 2 bis
8 Thle. feinen Quarzsand zusetzt.
Es kann auch zur Darstellung der Legirung Antimon mit kohlen-
saurem Kali und Kohlenpulver geglüht werden. Mit grösserem Kohle-
zusatz erlangt man die Bildung lockerer, kohlereicher, sehr pjrophori-
scher Substanzen, ein ziemlich dichtes metallisches Gemenge aber soll
gewonnen werden, wenn auf 6 Thle. Antimon 5 Thle. kohlensaures
Kali und 1 Thl. Kohlenpulver angewendet wurde.
Das Antimon- Kalium ist weich, ziemlich leicht schmelzbar, spröde,
von feinköcnigem Gefüge, lässt sich bei grösserem Kaliiungehalt etwas
ausplatten, entzündet sich namentlich im gepulverten Zustande sehr
leicht und entwickelt unter Wasser Wasserstoffgas.
Antimon-Kobalt Die beiden Metalle im Verhältniss von 1 Thl.
Kobalt zu 2 Thln. Antimon im pulverförmigen Zustande und erwärmt
zusammengebracht, verbinden sich unter Feuererscheinung zu einer
eisengrauen Masse.
Antimon-Kupfer« Die Verbindung beider Metalle erfolgt beim
Znsammenschmelzen ohne Feuererscheinung. Die Legirung aus glei-
chen Theilen ist blassviolet, sehr spröde, und hat blätteriges Gefflge.
Ein Gehalt von 0,15 Proc. Antimon soll das Kupfer, nach Karsten,
etwas kaltbrüchig und sehr rothbrüchig machen.
Antimon-Kupfer-Blei. Die drei Metalle im Verhältniss von
82 Thhi. Kupfer, 9 Thln. Blei und 9 Thbi. Antimon vereinigt, liefern
Spiegelmetall. ^
Antimon -Natrium. Die Bildung der hierher gehörenden Ver-
bindungen und ihre Eigenschaften kommen sehr nahe mit jenen des
Antimon -Kaliums Überein.
Antimon-Nickel, NiSb, findet sich als ein durch Soblimation
entstandenes Hüttenproduct, in langen hexagonalen Prismen krystalli-
sirt. Die Verbindung, der Formel Ni^Sb entsprechend, kommt als
Mineral vor (vergL Nickelantimon). Werden 2 Aeq. Nickel mit
1 Aeq. Antimon zusammengeschmolzen , so erhält man unter Feuerer-
scheinung eine unmagnetische, der natürlichen Verbindung in den
Haupteigenschaften entsprechende Masse.
Antimon-Platin. Platinschwamm lässt sich mit seinem doppel-
ten Gewicht Antimonpulver unter lebhaftem Erglühen vereinigen und
bildet damit durch stärkere Erhitzung eine hellstahlgraue spröde fein-
kömige Masse, die, an der Luft längere Zeit erhitzt, unter Zurücklas-
sung des Platins alles Antimon verliert.
Antimon-Quecksilber (s. Amalgam).
Antimon- Silber. Es findet sich natürlich eine der Formel
Ag4Sb entsprechende Verbindung (vergl. Antimonsilber). Die bei-
den Metalle liefern durch Zusammenschmelzen ein silberweisaes sprö-
des Gemisch, das eine geringere Dichtigkeit hat als die durch Rech-
nung sich ergebende mittlere. Es verliert beim Erhitzen an der Luft
das Antimon und lässt das Silber zurück.
Antimon-Zink. Die Verbindung beider Metalle erfolgt ohne
Lichtentwickelung beim Zosammenschraelzen sehr leicht, das Gemisch
ist spröde und stahlfarben. Die Legirung, welche 57 Proc. Antimon
enthält, zersetzt, nach Cooke ^), siedendes Wasser viel heftiger als
^) SilUm. Americ. Jonrn. [2.] T. XYIU, p. 289; Jonrn. f. prakt. Chem. Bd.
LXrV, S. 90.
Antimonleuchtstein. 79
alle anderen Legirnngen der beiden Metalle. Es soll eine 50 Proc.
Antimon haltende Antimonzinklegirung, mit Schwefehäare oder Chlor-
ira»erstoffsaare behandelt, bald wegen niedergeschlagenen Antimons
aufhören in der Säure sich aufzulösen, nach dem Abwaschen des
Antimonpalvers aber in kochendem Wasser so reichlich Wasserstoff-
gas entwickeln, dass Cooke dieselbe zur Darstellung reinen Wasser-
6toffga«ea (reines Antimon vorausgesetzt) empfiehlt Die Verbindung
mit 57 Thln. Antimongehalt betrachtet Cooke als ZuaSb („Stibiotri-
mcyl"'}^ sie soll durch Schmelzen, theilweises Erstarrenlassen und Ent-
fomen des noch flüssigen Antheils in silberweissen rhombischen, an
den Kanten abgestumpften Säulen, die Über die Kanten Winkel von
117^ und 63^ haben, erhalten werden. Auf ähnliche Weise kann man,
sach Cooke, aus einer 33 Proc. Zink enthaltenden Legimng Kry-
itaUe der Formel Zn^Sb entsprechend erhalten.
Antimon-Zinn. Man erhält die Legirnngen beider Metalle durch
uniBittel bares Zusammenschmelzen ohne Feuererscheinuug. Früher hat
man durch Schmelzen von Antimonsulfid mit Zinn den sogenannten
BBguba {mümonü joviaUs erhalten. Eine Verbindung, die aus 90 Zinn
auf 10 Antimon besteht, ist unter dem Namen des zu Geschirren und
anderen Gregenständen vielfach gebrauchten Britanniametalls bekannt«
In den so benannten Metallcompositionen des Handels sind zwar auch
hinfig noch andere Metalle in geringer Menge durch Analyse nach-
gewiesen worden (s. unten), es scheinen dieses jedoch mehr zufällige
Beimengongen zu sein.
Antimon -Zinn -Kupfer, 16,25 Antimon auf 81,90 Zinn und
1,84 Kapf<CT, oder 9,20 Antimon auf 90,71 Zinn und 0,9 Kupfer kom-
men beide als Britanniametall vor.
Das Lagermetall von Dawrence enthält 4 Thle. Kupfer, 6Thle.
Zinn nnd 8 Thle. Antimon, ein von Karmarsch untersuchtes Lager-
fefttennetall 1 Thl. Antimon, 3 Thle. Kupfer und 10 Thle. Zinn. .
Antimon-Zinn-Kupfer-Wismuth. Es kommt ein Britannia-
metall vor, inwelehem 89,3 Proc. Zinn, 7,14 Proc. Antimon, 1,78 Proc.
Wtsmuth and 1,78 Proc. Kupfer gefunden wurde. In dem sogenannten
Pewter wechselt die Zusammensetzung, man kennt eine Legimng aus
4 Thln« Knpfer, 50 Thln. Zinn, 4 Thln. Antimon und 1 Thl. Wismuth^
and eine andere, die bei Übrigens gleichbleibenden Mischungsverhält-
Bissen nur die halbe Kupfermenge enthält.
Antimon-Zinn-Zink-Kupfer. Diese vier Metalle finden sich
auch in Britanniametall genannten Legirnngen, jedoch nur 1 Proc. Ka-
pler, y« Proc. Zink auf die sonst aus Antimon und Zinn bestehende
Antimon-Zinn-Wismuth-Blei. Das Queensmetall besteht
«OS 9 Thln. Zinn, 1 Thl. Blei, 1 Thl. Wismuth und 1 Thl. Antimon.
ßn MetaUgemisch, besonders geeignet zum Abklatschen von Perrotine-
üormen, enthält 48 Thle. Zinn, 82,5 Thle. Blei, 9 Thle. Wismuth und
10,5 TUe. Antimon. By-
Antimonleuchtstein. So ward früher ein Calcium-Anti-
mossalfid haltendes Prodact genannt, welches durch starkes einstündi-
ges Glühen von feingepulvertem Sehwefelantimon mit gereinigten Au-
itemschalea erhalten wird; die dabei erhaltenen weissen Stücke leuch-
ten darch Insolation. Fe.
80 AntimonnickeL — Antimonoxyd.
Antimonnickel, Antimonnickelkies, s. Nickel-
antimon, Nickelantimonglanz.
Antimonpcker, s. antimonsaures Bleioxyd
S. 111.
Antimonoxychlorid, -oxyjodid, -oxysulfid s.
anter Antimonchlorid, -Jodid, -sulfid.
Antimonoxyd, SbOs, antimonige Säure von Berzelins.
Spiesglanzoxyd, früher auch als Antiroonoxydul oder unter-
antimonige Säure bezeichnet; Äntimonium s. Stibium oxydatum.
Diese Verbindung findet sich natürlich als Weissspiessglanzerz oder
Antimonblüthe; namentlich sind in neuerer Zeit bedeutende Lager des
natürlichen Oxyds im nördlichen Afrika, in der Provinz Constan-
tine gefunden worden, so dass es von dort sogar in den Handel ge-
braclit ist, im Jahre 1850 bis 1851 sollen 3082 Centner von dort
geliefert sein.
Das Antimonoxyd bildet sich beim Erhitzen des Metalls and ver-
schiedener Verbindungen desselben an der Luft; es wird erhalten durch
Zerlegung von Antimonoxydsalzen oder von Antimonchlorid. Lässt
man glühend vor dem Löthrohr geschmolzenes Antimon auf der Kohle
erkalten, so umgiebt sich beim Erkalten die MetaUkugel mit einem
Netzwerk von Antimonoxydkrystallen.
Man besitzt die mannigfaltigsten Vorschriften zur Darstellung von
Antimonoxyd. Die Vorzüge, welche die eine ode^ andere hat, sind nach
der Verwendung des Oxyds zu beurtheilen. Meistens wählt man zur Be-
reitung von Antimonoxydpräparaten nicht reines Oxyd, sondern die ba-
sischen Verbindungen dieses Körpers mit Säuren oder mit anderen
Materien.
Das reinste Antimonoxyd erhält man durch Digestion von 20 Thln.
Algarothpulver (s. S. 66) mit einer Auflösung von 1 Thl. kohlen-
saurem Natron in 20 Thln« Wasser und sorgfältiges Auswaschen;
die kleine Quantität Chlorid, welche diesem Präparate anhing, wird
durch das kohlensaure Alkali zerlegt, und es bleibt reines Oxyd (H.
Rose). Aus der sauren Flüssigkeit, welche bei der Darstellung des
Algarothpulvers bleibt, kann man durch vorsichtigen Zusatz von Ejrdde
bis zur Neutralisation noch eine, verhältnissmässig aber unbedeutende
Quantität mit etwas kohlensaurem Kalk gemengtes Antimonoxyd er-
halten.
Man kann auch 3 Thle. reines höchst feingepulvertes Antimon in
einer Porcellanschale mit 7 Thln. reinem Schwefelsäurehydrat so
lange erhitzen, bis alle metallischen Theile verschwunden sind. Das
Metall oxydirt sich hierbei auf Kosten der Schwefelsäure, es entweicht
schweflige Säure, und es bleibt neutrales schwefelsaures Antimonoxyd
in Gestalt einer weissen Salzmasse. Sie wird nun mit Wasser behan-
delt, zuerst mit kaltem, zuletzt mit kochendem; den websen unauflös-
lichen Rückstand von basisch - schwefelsaurem Antimonoxyd digerirt
man jetzt mit einer verdünnten Auflösung von kohlensaurem Natron
oder Kali, wodurch alle Schwefelsäure entzogen wird. Nach vorher-
gegangenem vollständigen Auswaschen hat man reines Oxyd, welches
mit kleinen Theilen metalüschem Antimon gemengt sein kann, wenn
die Oxydation nicht vollkommen war. Die ersten Waschwasser ent-
Antimonoxyd. 8 1
kftltan noch Antimonoxyd, allein seine Quantität belohnt den Aufwand
Ton Alkali nicht, welchen man nöthig hätte, um es niederzuschlagen.
Die gewöhnlich empfohlene Methode, das Metall durch Oxydation mit
Salpetersäure in basisch salpetersaures Salz zu verwandeln und diesem
durch Waschen mit Wasser die Säure zu entziehen, ist unzweckmässig,
sobald hinreichend Säure vorhanden ist, um alles Antimon zu oxydl-
ren, indem hierbei die Bildung von antimoniger Säure oder Antimonsäure
nicht vermieden werden kann. Diese beiden Säuren geben, ihrer Schwer-
oder Unauflöslichkeit wegen, in allen Anwendungen des Oxyds einen,
nach ihren Quantitäten, mehr oder minder bedeutenden Verlust.
1 ThL Antimon mit 4 Thln. Salpetersäure von 1,2 specif. Gewicht
und 8 Thln. Wasser dürfen selbst gekocht werden, ohne bei der unzu*
reichenden Menge Salpetersäure die Bildung von Antimonsäure befürch-
ten zu mä^en, da das überschüssige Metall hier die Bildung derselben
verhindert. Das Präparat erscheint hierdurch zwar grau {SÜhium oxydatum
griaemn)^ aber die kleine Menge metallisehen Antimons schadet zu den
meisten Verwendungen nichts. Durch Auswaschen mit heissem Was«
■er wird alles Eisen-, Blei- und Kupfersalz und selbst die arsenige
Sinre bis auf eine geringe Spur entfernt.
Unreines Oxyd erhält man durch Schmelzen von Spiessglanzasche
nit oder ohne Zusatz von Schwefelantimon (s. Antimon glas).
Früher bereitete man das Oxyd durch anhaltendes Schi^elzen des
Metalls bei Luftzutritt in schiefstehenden, hohen Tiegeln; das Metall
veibrennt and es bildet sich eine krystallinische Decke von Oxyd, wel-
ches bei höherer Temperatur subHmirt und sich in dem oberen Theile
des Tiegels in Gestalt blendend weisser, sehr glänzender Nadeln {Fhres
aaümonü) anlegt. Man kann sich nach dieser Methode das Oxyd ziem-
lieh leicht und in beliebiger Menge darstellen , und keine der vorher
beschriebenen Methoden liefert es von so aujigezeichneter Schönheit.
Frenss^) empfiehlt, in einem glühenden Tiegel ein Geroenge von
74 Thln. Antimon, 39 Thln. Salpeter und 34 Thln. doppelt-schwefelsau-
rem Kali rasch nach einander einzutragen, den Tiegel bedeckt einige
Z«t lang im Glühen zu erhalten und die Masse, in der sich Nadeln
von Antimonoxyd zeigen, erst mit reinem, dann mit Schwefelsäure hal-
tendem, dann wieder mit reinem Wasser auszukochen, wodurch ein
von Arsen freies, aber Eisen haltendes Oxyd erhalten wird.
Uornung') stellt zum Zweck der Brechweinsteinbereitung das
Antimonoxyd dar durch Mischen von 15 Thln. fein gestossenem Schwe-
felantimon mit 36 Thln. concentrirter Schwefelsäure, Erhitzen bis nur
noeh Schwefelsäure verdampft. Waschen und Zerlegen mit kohlensau-
rem Natron, wie oben bei der Bereitung aus schwefelsaurem Antimon-
oxyd angegeben ist.
Dss Antimonoxyd, sowohl das natürliche wie das künstliche krystal-
lisirt in zweierlei nicht auf einander zurückführbaren Formen. Beim
natürlichen Weiss spiessglanzerz und bei dem durch Verbrennung
des Metalls erhaltenen sind Nadeln, dem rectorhombischen System an-
gehörig, beobachtet worden. Octaeder waren von Bonsdorf und
Hitscherlich am sublimirten Antimonoxyd, von Wöhler und von
H. Rose an solchem beobachtet, das sich beim Erkalten einer heissen
») AxiMl. d. Pharm. Bd. XXXI, S. 197. — ") Arch. f. Phamu [2.] Bd. L,
8.47.
BEBdwönerbach der Chemie. 2te Aafl. Bd. XL Q *
82 Antimonoxydhydrat.
Lösung des Antimonoxyds in Aetzkali absetzte, and Senarmont
fand, dass das Antimonoxyd von der Grube Gued Hamimim in der
Provinz Gonstantine, nach ihm Senarmontit genannt, ebenfalls in
regulären Octaedern vorkomme. Das Antimonoxyd ist also wie die
arsenige Säure ein dimorpher Körper und in jeder der beiden Tor-
kommenden Formen isomorph (isodimorph) mit derselben. Das spe*
cifische Gewicht des Antimonoxyds bt = 5,56 (natürliches), = 5,77
(künstlich bereitet). Es ist weiss, undurchsichtig bis durchscheinend,
perlglänzend bis demantglänzend, beim Erhitzen wird es gelb, ist er-
kaltet aber wieder weiss. Es schmilzt in schwacher Bothglühhitze za
einer gelblichen oder graulichen Flüssigkeit, die beim Erkalten krystal-
linisch, mattweiss seidenglänzend wird. Bei höherer Temperatur ist
es flüchtig und sublimirt in Nadeln. Unter Luftzutritt geglüht, nimmt
es Sauerstoff auf, in antiroonige Säure übergehend« Es hat .brechener-
regende Wirkung. In Wasser ist es kaum löslich, auch Salpetersäare
lö.«t es kaum merkbar; dagegen löst es sich reichlich in Salzsäure,
in Weinsäure und vielen organischen Säuren; mit Schwefelantimon
ist es in allen Verhältnissen zusammenschmelzbar. Durch Kaliom,
Kohle, Eohlenoxydgas , Wasserstoffgas, CyankaUum wird es in der
Glühhitze zu Antimonmetall reducirt.
Die Prüfung des Antimonoxyds auf fremde Metalle ist vorzunehmen
wie die des metallischen Antimons (S. 5 1). Es kann, von der Darstellung
herrührend, Chlor, oder Schwefelsäure, oder Salpetersäure enthalten;
diese gehen, wenn das Antimonoxyd mit einer Lösung kohlensauren
Natrons digerirt wird, in Lösung, welche nach dem Sättigen mit Salpe*
tersäure weder durch salpetersaures Silberoxyd (Chlor), noch durch
Chlorbarium (Schwefelsäure) einen Niederschlag geben darf. Mit
Schwefelsäure und schwefelsaurer Indigolösung versetzt und erwärmt,
darf keine Entfärbung eintreten (Salpetersäure). Das Autimonoxyd
soll in Weinsäure ohne Bückstand löslich sein, ein grauer metallischer
Rückstand deutet auf metallisches Antimon, ein weisser oder gelblicher
kann Antimons&nre oder Schwefel sein, letzterer ist verbrennlich« Daa
Antimonoxyd verbindet sich mit Säuren (s. Antimon oxydsalze),
aber auch mit Alkalien, weshalb das Oxyd auch als antimonige oder
unterantimonige Säure bezeichnet ward. Wird auT nassem Wege dar-
gestelltes Antimonoxyd mit kaustischem Alkali digerirt, so bildet sich
eine schwere, körnig krystallinische, weisse Verbindung, welche sich
schwierig in Wasser lost; sie ist in kochender verdünnter Alkalilösnng
ziemlich leicht, in concentrirten Laugen sehr schwer löslich; an der
Luft ziehen die Lösungen Kohlensäure aber auch Sauerstoff an unter
Abscheidung von krystallinischem antimonsauren Alkali. Auch beim
Schmelzen von Antimonoxyd mit Alkalihydrat entstehen in Wasser lös-
liche Verbindungen. Kohlensaure Alkalien werden vom Antimonoxyd
auf nassem Wege selbst beim Kochen nur schwierig zerlegt; beim
Schmelzen damit entweicht die Kohlensäure, und es entstehen Verbin-
dungen, die bei Ueberschuss von Antimonoxyd leicht schmelzbar sind;
Wassser entzieht ihnen das Alkali vollständig unter Zurücklassung des
Metalloxyd»; bei starker Hitze werden diese Verbindungen zersetzt, be-
sonders bei Ueberschuss an Alkali, indem sich antimonsaures Salz bil-
det und Antimonmetall abscheidet. (J. £.) By.
Antiraonoxydhydrat. Das Antimonoxyd bildet mit Was*
Antimonoxydsalze. 83
ier ein Hydrat, das Antimonoxjdhydrat, nach Schaffner i) bei
100« C. getrocknet = SbOg . 2 H O. Man glaubte lange Zeit, das Anti-
monoxyd sei anfähig, mit Wasser ein Hydrat zu bilden. Fresenius
stellte ein solches auf die Weise dar, dass er zu einer kochenden Lö*
sang von Antimonsulfhydrat in £[alilaage so lange eine Auflösung von
Kapfervitriol zusetzte, bis eine abfiltrirte Probe mit Säuren versetzt kei-
nen orangefarbenen, sondern einen weissen Niederschlag erzeugte. Die Lö-
sung wnrde von dem Schwefelkupfer abfiltrirt und mit Essigsäure so lange
Tersetzt, als noch ein Niederschlag entstand, filtrirt und ausgewaschen.
Antimonoxydsalze. Das Antimonoxyd ist das einzigeOxyd
dea Antimons, welches basische Eigenschaften hat, es ist eine schwache
Basis und verbindet sich mit Säuren zu den Antimonoxydsalzen,
die entweder farblos oder gelblich sind, einen schwach metallischen
Gesckmak nnd brechenerregende Wirkungen besitzen« Eigenthüm-
lieh ist diesen Verbindungen, dass sie trotz der drei Aequivalente
SanerstoflT ihrer Base doch, nach P^ligot^), nur 1 Aeq. Säure binden
and damit Salze bilden, die anderen neutralen Salzen ganz analog sich
reriialten, P^ligot nimmt daher an, das Antimonoxyd bestehe aus
einem Sauerstoff haltenden Radical, SbOj, verbunden mit 1 Aeq. Sauer-
stoff (s. Antimonyl). Es idt aber durchaus nicht bestimmt, dass die
Zosammensetzung der Salze so einfach sei, wie F61igot annimmt.
Die Lösungen dieser Salze ertragen meist nicht den Zusatz grösserer
Mengen Wassers, sondern werden, ausser wenn sie viel freie Säure ent-
halten, oder vorher mit Weinsäure versetzt wurden, dadurch zerlegt,
indem die grösste Menge der Basis mit wenig Säure als basisches Salz
niederfällt, während die verdünnte Säure etwas Antimonoxyd in Lö-
sung zurückhält Mit organischen Säuren bildet das Antimonoxyd we-
niger leicht zersetzbare Salze, namentlich zeigen sich die betreffenden
Doppelsalze viel beständiger, und darin liegt die Ursache, dass ein
Zusatz von Weinsäure, Citronsäure u. s. w. die Zerlegung der Antimon-
oxydsalze durch Wasser verhindert.
Vor dem Löthrohr mit etwas kohlensaurem Natron ' geschmolzen,
liefern die Antiroonoxydsalze metallisches Antimon. Aus ihren Lösun-
goi fällen Zink, Eisen, Kobalt, Zinn und Blei vollständig, Wismuth
and Kupfer unvollständig das Antimon als schwarzes, nach dem Trock-
nen pyrophorisches Pulver; bei Gegenwart freier Salzsäure entwickelt
ach dabei Antimonwasserstoff (s. d. Art.). Schwefelwasserstoff fällt
Antimonsulfid als einen orangefarbenen, in Schwefelammonium und in
Kali löslichen Niederschlag. Brechweinsteinlösung wird durch Schwe-
felwasserstoffwasser roth gefärbt, und erst auf Zusatz von etwas Salz-
säure scheidet sich das Sulfid ab. Enthält die Brechweinsteinlösung
Eiweiss oder ähnliche organische Stoffe, so bildet sich bei Zusatz von
Salzsäure mit Schwefelwasserstoff ein gelber, in der Flüssigkeit schwe-
bender Niederschlag. In weinsaurem Antimonoxyd -Kali bringen Sal-
petersäure, Schwefelsäure wie Salzsäure einen weissen Nieder-
schlag hervor, aber nur bei Anwendung der letzteren Säure ist er im
Ueberschuss des Fällungsmittels löslich.
Beines Alkali giebt einen weissen 'voluminösen, in einem
grossen Ueberschuss des Fällungsmittels löslichen Niederschlag. Koh-
') Annal. d. Chem. a. Phann. Bd. LI, S. 182. — *) AnnaU de chim. et de
phyi. [3.] T. XX, p. 288.
6*
84 Antimonoxysulfid. — Antimonradicale.
lensaure Alkalien fällen bei Abwesenheit von Weinsäure das Oxyd
als eine weisse voluminöse, im Ueberschuss des Fällungsmittels beim
Erwärmen aber lösliche Masse. Reined und kohlensaures Ammoniak
geben einen weissen, in dem Fällungsmittel nicht löslichen Nieder«
schlag. Bei Gegenwart von Weinsäure fällen die kohlensauren Alka-
lien, sowie reines und kohlensaures Ammoniak das Oxyd erst nach
einiger Zeit und unvollständig. Fhosphorsaure^ Natron fällt das
Oxyd unvollständig. Oxalsäure fällt das Oxyd ebenfalls, und zwar
vollständig nach längerem Stehen. Ferrocyankaliuro erzeugt einen
weissen, das F er ridcyankaliu m giebt keinen Niederschlag. Sehr leicht
erkannt wird das Antimonoxyd- Alkali durch Zusatz von salpetersaurem
Silberoxyd mit überschüssigem freien Ammoniak, wodurch ein schv^ar-
eer, in freiem Ammoniak unlöslicher Niederschlag entäteht (vergl.S. 56).
Goldchlorid wird reducirt und metallisches Gold abgeschieden.
Berzelius vermuthete, dass das octaSdrische Antimonoxyd andere
Salze bilde als das prismatische; diese Ansicht findet in der bisherigen
Erfahrung keine Unterstützung. Fe,
Antimonoxysulfid. Antimonoxyd und Antimonsulfid kön-
nen sich, wie es scheint, in mehrfachen Verhältnissen miteinander ver-
binden ; eine solche Verbindung kommt naturlich vor als Antimon blende
oder Kothspiessglanzerz, Sb08,2SbS3 (s. 1. Aufl. Bd. VI, S. 911); viel-
leicht enthält der Antimonzinnober (s. d.) auch ein Oxysulfid ; im ALnti-
monglas (s. d.) ist jedenfalls neben dem Antimonoxyd eine geringe Menge
Antimonsulfid als wesentlicher Bestandtheil enthalten; und endlich ist
auch im Antimonsafran (s. d.) wesentlich Oxyd neben Sulfid. Nach
Lieb ig enthält der nach älteren Methoden dargestellte Antimon -Ker-
mes auch Antimonox^d in Verbindung mit Sulfid (s. S. 76). Fe.
Antimonphyllit s. Weissspiessglanzerz.
V Antimonradicale, organische. Das Antimon vereinigt
sich mit den Alkoholnidicalen in verschiedenen Verhältnissen und bil-
det damit organische Badicale. Man kennt Verbindungen desselben
mit Aethyl, Methyl und Amyl. Das Antimon giebt mit diesen drei Al-
koholradicalen Verbindungen, welche auf 1 Aeq. des ersteren 3 Aeq.
Alkoholradicale enthalten und mit Aethyl und Methyl auch Verbindun-
gen, welche 4 Aeq. dieser Radicale enthalten, doch kennt man die Ba-
dicale mit 4 Aeq. Alkoholradical nicht in freiem Zustande. (Vergl.
Stibmethylium.) Verbindungen, welche auf 1 Aeq. Antimon 4 Aeq.
Amyl enthalten, scheinen nicht zu existiren, dagegen kennt man ein
Radical, welches auf 1 Aeq. Antimon 2 Aeq. Amyl enthält Die For-
meln der jetzt bekannten antimonhaltigen Radicale sind :
CioHii
CioHii
Sb
Antimonradicaley organische. 85
Znr Darstellung der Verbindungen bedient man sich des, durch
Glohen TOD Weinstein mit Antimon erhaltenen Antimonkalioms ^), welches
man auf die Jodverbindung des betreffenden Alkoholradicals einwirken
lasat^ Hierbei bildet sich, unter stärkerer oder geringerer Wärmeent-
wickelong, eine Verbindung von 1 Aeq. Antimon mit 3 Aoq. Alkohol-
radical, welche sich gewöhnlich mehr oder weniger leicht mit einem
weiteren Aeqaivalent der Jodverbindung zu einem neuen, 4 Aeq. Al-
koholradical enthaltenden Radical, vereinigen kann.
Die Verbindungen des Antimons mit 3 Aeq. Aethyl oder Methyl
sind luuersetzt fluchtig, die mit 3 Aeq. Amyl nicht; letztere wird beim
Erhitzen zersetzt, indem hierbei neben anderen Froducten ein neues
Badical entsteht, welches auf 1 Aeq. Antimon 2 Aeq. Amyl enthält
Die Badicale haben eine grosse Verwandtschaft zu den Metalloiden
und vereinigen sich z. B. mit dem Sauerstoff der Luft schon bei ge-
wöhnlicher Temperatur unter beträchtlicher Wärmeentwickelung, wel-
che bei den Aethyl und Methyl enthaltenden Badicalen sich bis
zur Entzündung steigern kann. Die auf 1 Aeq. Antimon 3 Aeq. Al-
hofaolradical enthaltenden Badicale vereinigen sich mit 2 Aeq. Sauer-
stoff zu basischen Verbindungen, welche mit den Sauerstoffsäuren Salze
und mit den Wasserstoffsäuren Haloidsalze bilden. Mit den Halogenen
vereinigen sich die Badicale unmittelbar zu Haloidsalzen. Man hat je-
doch auch Verbindungen des Antimontriäthyls dargestellt, welche 1 Aeq.
Sauerstoff neben 1 Aeq. Chlor u. s. w. enthalten; die Verbindungen,
welche auf 1 Aeq. Antimon 4 Aeq. Alkoholradical enthalten, vereini-
gen sich gleichfalls mit 1 Aeq. Sauerstoff, Chlor, Brom, Jod, u. s. w.
Frankland vergleicht die antimonhaltigen organischen Verbin-
dungen (sowie die Verbindungen der anderen metallhaltigen organi-
icben Badicale) mit den durch die unorganischen Verbindungen des
Antimons gebildeten Typen, woraus sich folgende Uebersicht ergiebt:
(O (C4H5 /CioHii fiiÜB
Sb O Sb C4H5 Sb CioHii SbICaHg
^_^^!2_ ^JSi^ ^JSis^ .Js^b^
Antimonoxyd Anttmontri- Antimontri- Antimontri-
äthyl amyl methyl
CioHii fCjHs [C4fi5 [Cjfts
jCio"ii \C2H8 \C4ix$ ICsHg
Sb{CioHn Sb/CgHs Sb(C4H5 Sb C^H,
!0 O C*H5 C,H,
,0^ lo ^O __ lo
Antimonsäure Antimontri- Antimontri- Antimontri- Antimonte- Antimonte-
äthyloxyd amyloxyd methyloxyd träthyloxyd tramethyl-
oxyd.
Hierzu kommen noch die Oxychloride, Oxybromide, und die übri-
gen von Merck erhaltenen Verbindungen, z. B.:
Sb C4H5 Sb C4H5
jei H
^o ._i!„
Anttmontriäthy loxychlorid A ntimontriäthyljodwasser Stoff.
*) Seine DarsteUnng s. bei AntimonkaUiim unter Antlmonlegimngen S. 77.
86 Antimonradicale^ organische.
Antimonäthyle.
Stibtriäthyl, Antimontriäthyl, Antimonäthjl, Stibäthjl,
Stibäthin (Laurent und Gerhardt). Organisches, antiraonhalti-
ges Radical, (1850) von C. Löwig und E. Schweizer entdeckt, von
der Formel Ci^HisSb = (C4H5)3Sb.
Das Stibtriäthyl bildet sich bei der Einwirkung von Chlor-, Brom-
oder Jodäthyl auf Antimonkalium ^).
Man reibt das Antimonkalium mit 2 bis 3 Thln. feinem Qnarz-
sand zu einem feinen Pulver, füllt damit Kolben mit kurzem Halse, von
8 bis 4 Unzen Inhalt, bis zu ^s an und bringt nun in den ersten so-
viel Jodäthyl, dass die l^schung schwach damit befeuchtet ist, und be-
festigt auf den Kolben eine Gasentwickelungsröhre, welche in eine
kleine Vorlage taucht. Nach einigen Minuten fängt das Gemisch an,
aufeinander einzuwirken, und durch die dabei auftretende Wärme de-
stillirt das überschüssige Jodäthyl über, welches man in der Vorlage
wieder gewinnt. Wollte man das Jodäthyl nur mit Antimonkalium
mischen, so würde die Reaction zu heftig sein und es könnte Entzün-
dung eintreten, welches ebenfalls geschieht, wenn man mit zu grossen
Mengen arbeitet Da sich das Stibtriäthyl an der Luft entzündet, so
bedarf es einiger Vorsichtsmaassregeln, um dasselbe rein zu erhalten.
Nachdem das Jodäthyl sich verflüchtigt hat, bringt man den Kolben
durch eine Gasleitungsröhre mit der Vorlage in Verbindung, welche
bestimmt ist,, das Stibtriäthyl aufzunehmen. Diese besteht in einem
kleinen, mit etwas Antimonkalium gefüllten Kolben, welcher sich in
einem grösseren Glascylinder befindet, auf dessen Boden man schon
einige Zeit (wenigstens eine halbe Stunde) vorher, trockne Kohlensäure
geleitet hat, damit sich der ganze Apparat mit Kohlensäure füllt.
Durch langsames Erhitzen destillirt man das Stibtriäthyl über, während
man fortwährend trockne Kohlensäure durch den Apparat gehen lässt
Ist alles Stibtriäthyl überdestillirt, so verschliesst man die Gasentwicke-
lungsröhre mit etwas Wachs, befeuchtet einen zweiten, mit der Mi-
schung von Antimonkalium und Quarzsand gefüllten Kolben mit Jod-
äthyl, sammelt erst das sich bei eintretender Einwirkung verflüchtigende
Jodäthyl in einer besonderen Vorlage auf, verbindet den Kolben als-
dann wieder mit der zweiten Vorlage und destillirt das Stibtriäthyl
in dieselbe über. Hat man durch mehrmalige Wiederholung dieser
Operationen eine grössere Menge Stibtriäthyl erhalten (man kann sich,
wenn man zu Zweien arbeitet, in einem Tage leicht 4 bis 5 Unzen
rohes Stibtriäthyl verschafien), so verschliesst man die Vorlage undrec-
tiflcirt nach einigen Stunden das rohe Product unter Beobachtung der
nämlichen Vorsichtsmaassregeln aus demselben Kolben, welcher als
^) Literatur: C. LOwig u. E. Schweizer, Mittheüungei\ der Zflrieber nft-
turf. Gesellsch. Nr. 45 u. Bl ; auch Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXV, S. 816;
Pharm. Centralbl. 1860, S. 230, 586, 545. — C. Low ig, Journ. f. prakt. Chcm.
Bd. LX, S. 362, auch Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXVIII, S. 328; Pharm.
Centralbl. 1854, S. 211. — Frankland, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXV,
S. 864; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XCV, S. 56; — C. Löwig, Journ. f. prakt,
Chem. Bd. LXV, S. 356. — W. Merck, Journ. f. prakt. Chem. Bd. LXVI, S. 56;
im Ausz. Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XCVII, S. 829; Pharm. Centralbl. 1856,
8. 839. — R. Löwig, Journ. f. prakt. Chem. Bd. LXIV, S. 415; im Ausz. Annal.
d. Chem. u. Pharm. Bd. XCVII, S. 322; Pharm. Centralbl. 1856, S. 886. —
Antimonradieale, organische. 87
Yorlage gedient hatte. Die zaerst übergehenden Theile enthalten noch
etwas darch Vereinigang von Jodäthyl mit Stibtriäthjl entstandenes
Jodatibtetrathjl (B. Lowig); später erhält man ein reines Produci
Das so erhaltene Stibtriäthyl ist eine wasserklare , äusserst ddnn-
iüssige Flüssigkeit von 1,3244 specif. Gewicht bei IGOC., welche bei
— 29<^C. noch nicht erstarrt, das Licht ziemlich stark bricht und einen
unangenehmen zwiebelartigen, bald wieder verschwindenden Geruch
besitzt. Der Siedepunkt ist 158,50 C. bei 730 Millim. Barometerstand.
Das specif. Gewicht des Dampfes wurde zu 7,438 gefunden (berechnet
7490 bei einer Condensation anf 4 Volume). — Bringt man einen
Tropfen Stibtriäthjl an die Luft, so entsteht ein dicker weisser Bauch,
welcher nach einigen Augenblicken mit blendend weisser, stark ieuch-
tmder Flamme verbrennt Lässt man das Stibtriäthyl aus einer feinen
Spitze in Sauerstoff treten , so verbrennt es mit noch stärker leuchten-
der Flamme. Lässt man es sich in einem Ballon langsam mit Luft
mischen, so bildet sich ein weisser Bauch von antimonigsanrem Stib-
ftriäthjloxjd und eine zähe Masse von Stibtriäthyloxyd. Auch beim
langsamen Verdunsten einer alkoholischen StibtriäthjllÖsung in einem
lose bedeckten Gefässe erhält man dieselben Producte. Ebenso wie
mit Sauerstoff vereinigt sich das Stibtriäthyl bei gewöhnlicher Tempe-
ntor auch mit Schwefel, Selen, Jod, Brom und Chlor unter starker
Wärmeentwickelung, welche bei den beiden letzteren sich bis zur Ent-
sandnng steigert. Diese Verbindungen enthalten alle auf 1 Aeq. Stib-
triäthyl 2 Aeq. Metalloid.
Verdünnte Salpetersäure wirkt erst beim Erwärmen auf das
Stibtriäthyl ein, wobei sich unter langsamer Entwicklung von Stick-
ozydgas salpetersaures Stibtriäthylozyd bildet. Mit rauchender Salpe-
tersäure verbrennt das Stibtriäthyl unter starker Lichtentwickelung.
Mit rauchender Chlorwasserstoffsäure bildet es unter Wasserstoffent-
wiekelang StibtriäthylchlorOr, ebenso wirkt Bromwasserstoffsäuregas.
IGt Jodäthyl bildet es Stibäthyliumjodür. In Alkohol und Aether ist
SS leicht löslich.
Stibtriäthylverbindungen. Löwig und Schweizer be-
sdirieben zuerst folgende Verbindungen des Stibtriäthyls, welche sie
tkeils durch anmittelbare Vereinigung desselben mit den Elementen,
theils durch doppelte Zersetzung darstellten:
CHijSbGl,; CiaHiftSbBrj; Ci^HigSbl^; C,2Hi5Sb08.2N05;
^lafiiö^hOj . 2SO3; Ci5}fi5SbS2.
Später stellte W. Merck in Löwig's Laboratorium andere Ver-
bmdungen dar, welche nur 1 Aeq. Brom, Chlor oder Jod enthalten.
Er gab für diese Verbindungen und für die daraus durch Zersetzung
mit Sübersalzen dargestellten Sauerstoffsalze folgende Formeln:
CijHisSbGl; CijHisSbBr; Ci^HiftSbl; CiaHisSbO'.NOa;
CiaHisSbO.SOg; CiaHisSbO.COa.
Die Analysen und Bildungsweisen stimmen jedoch weit mehr mit
folgenden Formeln überein:
C„B,»Sb^*j; C„His8b ®fj; C„H,5Sb * j; C„H,»SbO,.HO.N05;
CiaÖiftSbOj, HO.SOa.
Merck erhält diese Verbindungen durch Behandlung von Stib-
triithyljodür mit Stibtriäthyl, wobei die Einwirkung nur langsam statt-
88 Antimonradieale, organische.
findet; man kann annehmen, 1) dasft hierbei entweder Sanentoff ans
der Luft aufgenommen wurde (trotzdem dass das Eindampfen in einem
unzureichenden Strom von Kohlensäure geschah), oder 2) mit grdsaerer
Wahrscheinlichkeit« dass eine andere wasserstoffreichere Verbindung
nebenbei entstand (in der Mutterlauge befand sich eine andere Ver-
bindung, wahrscheinlich Ci^His^b .HI.) Im letzteren Falle hatte
man die Bildungsgleichung:
'Ci2Hx5Sb.l2 + Ci8Hi5Sb + HO = Ci3Hi5Sb^j + Ci,Hi5Sb.HI.
Eine andere Bildungsweise derselben Verbindung besteht in der
Einwirkung des Ammoniaks aufs Stibtriäthyljodör, wobei gleichzeitig
Jodammonium entsteht; man hat hier die Bildungsgleichung:
CnHijSbla + NHa + HO = CiaHuSb Jj + NH4l.
Durch Zusatz von Jodwasserstoffsäure verwandelt sich die Ver-
bindung von Merck augenblicklich in StibtriäthyljodÜr.
Man hat hier:
CiaHisSb Jj + Hl = CiaHisSbla + HO.
Auch das salpetersaure Salz von Merck verwandelt sich auf Zu-
satz von Salpetersäure sogleich in das von Löwig beschriebene salpe-
tersaure Salz, beide sind in der That nur durch 1 Aeq. Salpetersäure
verschieden, und das von Merck dargestellte Oxyd ist mit dem von
L ö w i g erhaltenen identisch.
Die von Merck erhaltenen Verbindungen entsprechen also dem
Telluräthyl oxychlorür und den analogen Verbindungen. Nach den von
Merck angenommenen Formeln erklären sich Bildung und Verwand-
lung nur unter der Voraussetzung, dass das StibtriäthyljodÜr von Lö-
wig nach der Formel (C4H5)8 Sbl^ .H zusammengesetzt sei. Da die-
ses aber durch directe Verbindung von Stibtriäthyl und Jod entsteht,
so scheint die Annahme von Merck unzuläBsig zu sein.
Es verdient noch hervorgehoben zu werden, dass Merck bei sei-
nen Berechnungen noch das ältere Atomgewicht des Antimons zu
Grunde gelegt hat, während die Berechnungen nach dem richtigeren
Atomgewicht (120,3) weniger gut mit Merck' s Analysen, als die oben
angegebenen Formeln übereinstimmen. Wir werden daher in dem Fol-
genden diese Ansicht zu Grunde legen.
Stibtriäthylbromür (Bromstibtriäthyl): CisHisSb.Brj =
(C4H5)8SbBr2. Da sich das Stibtriäthyl beim Zusammenkommen mit
Brom entzündet, so bringt man zu einer alkoholischen Stibtriäthyllösung,
welche mit Eis abgekühlt ist, so lange von einer frisch bereiteten alko-
holischen Bromlösung, als deren Farbe verschwindet, und versetzt die
Mischung mit viel Wasser, wodurch die in demselben unlösliche Brom-
verbindung ausgeschieden wird. Man reinigt dieselbe durch mehr-
maliges Waschen mit Wasser und Trocknen über Chlorcalcium. Sie ist
eine farblose, stark lichtbrechende Flüssigkeit von 1,958 specif. Gewicht
bei 170 c. ; welche bei — 10^ C. zu einer schneeweissen kry stall inischen
Masse erstarrt, unangenehm terpentinartig riecht und beim Erwärm^i
zu Thränen und zum Niesen reizt. In Alkohol und Aether ist das Brom-
stibtriäthyl leicht löslich; Wasser, in welchem es ganz unlöslich ist,
scheidet ed aus der weingeistigen Lösung wieder vollständig aus. Es
ist nicht flüchtig, auch nicht mit Wasserdämpfen. Bei der Destillation
Antiinonradicale, organische. 89
desselben bildet sich anter anderen Prodnoten eine stark ranohonde
Flfissigkeit von nnerträglichem Chloralgerach. Angezündet brennt es
mit weisser Flamme, und entwickelt dabei stark saure D&mpfe. Con-
eenCrirte Schwefelsäare zersetzt es imter Entwickelang von Bromwasser-
stoffsanre, Chlor scheidet sogleich Brom ab* Die alkoholische Brom«
stibtriäthyllosnng verh< sich gegen die Lösongen der Metalloxyde
ganz wie Bromkaliam.
Stibtriäth7lchlorar(Chlor8tibtriäth7l):Ci,H,BSb.€l2=
(C4fi5)3Sb.€l9. Es bildet sich beim Zusammenkommen von Salzsänre-
gas mit Stibtriäthjl, wobei die Hälfte des Gasvolumens verschwindet und
Wasserstoff ausgeschieden wird; ebenso beim Zusammenbringen von
Sdbirtäthyl mit rauchender Salzsäure, ebenfalls unter Wasserstoffent-
wickelnng; nnd endlich durch Zersetzen des Brom-, Jod-, Schwefel-, Selen-
BtSytriäthyls , sowie des salpetersauren nnd schwefelsauren Stibtriäthyl-
oxjds mit Salzsäure. Am besten fällt man die concentrirte Lösung
des reinen Salpetersäuren Stibtriäthjloxyds mit starker Salzsäure und
reinigt das niederfallende Chlorstibtriäthyl durch mehrmaliges Waschen
mit Wasser nnd Trocknen über Chlorcalcium. Es ist aladann eine
&rblose, das Licht stark brechende Flüssigkeit von 1,540 specif. Gewicht
bei 17^ C, welche bei — 12^ C noch flüssig ist, stark nach Terpentin
riecht, bitter schmeckt, in Wasser unlöslich, aber leicht löslich in Alko-
hol und Aether ist. Mit den Wasserdämpfen scheint es sich etwas zn
Terfluchtigen. Bei der trockenen Destillation zersetzt es sich ähnlich
wie das Stibtriäthylbromür. Concentrirte Schwefelsäure entwickelt da-
mit sogleich unter starker Wärmeentwickelung Salzsäuregas.
Siibtriäthylcyanür (Cyanstibtriäthyl) bildet sich wahr-
scheinlich beim Vermischen der wässerigen Lösungen von Schwefeistib-
triathyl und Cyanquecksilber, wobei SchwefelquecksUber niederfallt,
während die Lösung die Beactionen der Cyanmetalle zeigt. Nach
längerem Stehen oder nach dem Erwärmen zeigt die Lösung diese
Beactionen nicht mehr und Kali entwickelt nun Ammoniak.
Ans einer alkoholisehen Lösung von Cyanquecksilber scheidet
Jodstibtriäthyl anfangs Jodquecksilber ab, welches sich auf Zusatz eines
üeberschasses von Jodstibtriäthyl wieder auflöst, and bei freiwilligem
Terdonsten bilden sich kleine schwefelgelbe harte, glänzende, in Wasser
und Alkohol lösliche Krystalle, welche wahrscheinlich eine Verbin-
dung von Cyenstibtriäthyl mit Jodquecksilber sind.
Stibtriäthyljodür (Jodstibtriäthyl): Ci^HuSb . I^ =
(C4li»)sSb}s. Man erhält es am besten durch Zusatz von Jod m einer
alkoholischen Stibtriäthyllosnng, so lange noch die Farbe des ersteren ver«
sehwindet, and freiwilliges Verdunsten in vollkommen farblosen durch-
sichtigen Nadeln, welche in Aether und in Alkohol sehr leicht, sowie
«oeh in Wasser, namentlich heissem, löslich sind. Durch mehrmaliges
ümkrystallisiren ans Alkohol, zuletzt ans Aether, entfernt man eine
kleine Menge eines in letzterem unlöslichen gelben Pulvers. Bei 70<^,5
C. schmelzen die Krystalle zn einer vollkommen farblosen Flüssigkeit,
welche bei derselben Temperatur wieder krystallinisch erstarrt Beim
&hiteenanf lOO^'C. verflüchtigt sich ein kleiner Theil unzersetzt; einige
Grade darüber wird die Verbindung unter Bildung dicker weisser
Dampfe zersetzt, ohne dass sich Jod ausscheidet. Chlor und Brom
leheiden ans dem Salze Jod ab. Gegen Metallsalze verhält es sich
ähnlich wie Jodkalium, ebenso gegen Salpetersäure und Schwefelsäare.
90 Antimonradieale, organische.
Stibtriäthylozybromür (Bromstibtriäthyl von Merck),
wahrscheinliche Formel: C„HiBSbOBr = (C4H5)s SbO .Br, erbalt
man, nach Merck^ durch genaue Zersetzung von eiofach-schwefel-
saurem Stibtriäthyloxyd mit Brombarium und Verdampfen der Tom
schwefelsauren Baryt abfiltrirten Lösung im Wasserbade, zuletzt im Va*
cuum über Schwefelsäure, als eine schwach krystallinische Masse.
Stibtriäthyloxychlorür (Chlorstibtriäthyl von Merck).
Formel: CijHisSbOGl = (C4 »5)3 Sb 0 . Gl.
Blendend weisse strahlige Masse, welche man durch Zersetzung
der wässerigen Lösung von Stibtriäthyloxyjodür mit der äquivalenten
Menge Quecksilberchlorid und Verdampfen der filtrirten Lösung erhält.
Die Erystalle ziehen schnell Feuchtigkeit aus der Luft an und löaen
sich sehr leicht in Wasser. Die alkoholische Lösung giebt mit Platin*
Chlorid keinen Niederschlag; beim Verdunsten derselben scheidet sich
eine dunkle, ölige, nicht weiter untersuchte Masse aus. Chlorwasser-
stoffsäure scheidet ans der Lösung des Stibtriäthyloxychlorürs öliges
Stibtriäthylchlorür aus : (C4 «5)3 Sb O . Gl + Gl H = (C4 »5)8 Sb . Gl, -f-
HO, während nach Merck die Zersetzung folgende wäre:
(C4H5)8SbGl + HGl = (C4H5)3HGl,.
Stibtriäthyloxyd. Formel: CisHiftSbOj = (C4fi5)sSb02.
Unserer Ansicht nach ist das Oxyd von Löwig und Schweizer
mit dem von Merck identisch, gleichwohl werden wir die Eigenschaf-
ten beider getrennt beschreiben.
a. Oxyd von Löwig und Schweizer. Dasselbe bildet sich bei
der langsamen Oxydation des Stibtriäthyls oder auch der alkoholbchen
oder ätherischen Lösung desselben an der Lufl, sowie bei der Oxydation
desselben mit Quecksilberoxyd ; das salpetersaure Salz der Base erhält
man bei der Behandlung einer alkoholischen Stibtriäthyllösung mit
verdünnter Salpetersäure.
Durch langsame Oxydation stellt man das Oxyd dar, indem man
die, in einem lose bedeckten Becherglase befindliche, verdünnte alkoho-
lische Stibtriäthyllösung langsam verdunsten lässt. Es entsteht hierbei
eine geringe Menge antimonigsaures Stibtriäthyloxyd (dessen Menge bei
Anwendung einer ätherischen Stibtriäthyllösung viel grösser ist)^ welches
man durch wiederholtes Auflösen des Rückstandes in Aether, in welchem
es schwer löslich ist, entfernt, worauf man durch Verdunsten der Lö-
sung das Stibtriäthyloxyd rein erhält. Durch Zersetzung des zweifach*
schwefelsauren Stibtriäthyloxyds mit Barytwasser, Filtriren und Ein-
dampfen im Wasserbade erhält man eine in Alkohol lösliche Verbindung
von Stibtriäthyloxyd mit Baryt, welche durch Kohlensäure zersetzt und
vom ausgeschiedenen kohlensauren Baryt filtrirt, beim Verdunsten ganz
reines Stibtriäthyloxyd giebt Enthält das Stibtriäthyloxyd noch eine
geringe Menge antimonigsaures Stibtriäthyloxyd, so wird die wässerige
Lösung durch Schwefelwasserstoff gelb gefärbt, welches mit dem reinen
Oxyd nicht der Fall ist. Auch das durch Oxydation der alkoholischen
Stibtriäthyllösung mit Überschüssigem Quecksilberoxyd erhaltene Oxyd
ist rein, da es durch Schwefelwasserstoff nicht verändert wird.
Das auf die eine oder die andere Weise erhaltene reine Stibtriäthyl-
oxyd ist eine sehr bitter schmeckende zähe, wasserhelle, durchsichtige,
ganz nnkrystallinische Masse, die bei längerem Stehen Über Schwefel-
säure ziemlich fest wird, aber bei dem Erhitzen auf dem Wasserbade
wieder erweicht. Es löst sich leicht in Wasser und in Alkohol, weniger
Antimonradicale, organische. 91
m Aetfaer. An der Luft reräDdert es sich nicht und ist nicht flüchtig.
Böm Erhitzen in einem Reagensrohre entwickelt es dicke weisse, mit
keUer Flamme verbrennende Dämpfe, während ein antimon- und kohle-
k<iger Rückstand bleibt. Ealinm verwandelt das Stibtriäthyloxyd
bei gelindem Erwärmen in Stibtriäthyl. Von rauchender Salpetersäure
wird es anter Feuererscheinung zersetzt, von verdünnter ohne Gasent-
viekelnng gelost. Concentrirte Schwefelsäure löst es ohne Zersetzung.
Trockenes Chlorwasserstoffsäuregas wird von dem Stibtriäthyloxyd
mler starker Wärmeentwickelung und Bildung von Wasser und Stib-
trüthylchlorör aufgenommen. Auch wässerige Chlor-, Brom- und Jod-
wasserstofiTsänre bilden augenblicklich die entsprechenden Haloidver-
bindungen. Die mit Schwefelwasserstoff gesättigte Lösung hinterlässt
beim Eindampfen Krystalle von StibtriäthylsnlfQr.
b. Oxyd von Merck. Merck erhielt sein Oxyd durch Zer-
Mtzung einer wässerigen Stibtriäthyloxyjodürlösung mit frisch gefälltem
Silberoxyd und Filtriren vom abgeschiedenen Jodsilber. Die Lösung
»thält noch etwas Silberoxyd aufgelöst, welches sich beim Eindampfen
tkeilweise abscheidet und durch vorsichtigen Zusatz von verdünnter
Jodwasserstoffsäure ausgefallt werden kann. Man kann hierzu keine
Chlorwasserstoffsäure anwenden, da das Chlorsilber im Stibtriäthyloxyd
siemlich loslich ist. Die anfangs im Wasserbade, später im Vacuum über
Schwefelsäure concentrirte Lösung hinterlässt das Oxyd als eine wasser-
kelle, dicke, syrupartige, stark alkalisch reagirende Masse, welche leicht
in Wasser (unter beträchtlicher Wärmeentwickelung) und in Alkohol,
sowie auch in geringer Menge in Aether löslich ist. — Das Oxyd ist
geruchlos, von intensiv bitterem und beissendem Geschmack und fühlt
sieh wie concentrirte Kalilauge schlüpfrig zwischen den Fingern an.
£a ist etwas flüchtig, indem ein über die im Wasserbade erhitzte Lö-
song des Oxyds gehaltener, mit Chlorwasserstoffsäure befeuchteter 61as-
^ab flieh mit schwachen, weissen Nebeln umgiebt; das Oxyd verliert
Aber selbst bei längerem Stehen im Vacuum über Schwefelsäure nicht
beraerklich an Gewicht. Das Stibtriäthyloxyd fallt Kupferoxyd, Blei-
oxyd, Eisenoxyd und Eisenoxydul, Manganoxydul und Quecksilberoxyd
aus ihren Salzen; die Oxyde lösen sich nicht im Ueberschuss des Fäl-
hmgsmittels auf. Die in Thonerde- und Zinkoxydsalzen hervorgebrach-
ten weissen Niederschläge lösen sich dagegen in einem Ueberschuss
des Stibtriathyloxyds wieder auf. Beim freiwilligen Verdunsten der
mit Schwefelwasserstoff gesättigten Lösung des Oxyds erhält man Kry-
rtalle mit allen Eigenschaften des Stibtriäthylsulförs.
Die Verbindungen des Stibtriathyloxyds scheinen fast alle
in Wasser leicht löslich zu sein (Low ig). Die Salze desselben sind
leicht in Wasser, schwer in Alkohol löslich, besitzen einen bitteren Ge-
sdunack und bewirken, selbst in grosser Menge eingenommen, kein Er-
brechen (Merck).
Antimonigsanres Stibtriäthyloxyd: (C4 H6)8 ^b O3 . 2 Sb Og
(bei 1 00^ C* getrocknet). Diese von L ö w i g und Schweizer anfangs für
die SanerstoffVerbindung eines Badicals (C4ll6)Sb = Aethylstibyl ge-
haltene und daher Aethylstibylsäure (C4l{5)Sb05 oder noch früher
Stib&t hy Isäure genannte Verbindung bildet sich neben Stibtriäthyloxyd
bei der langsamen Oxydation des Stibtriäthyls an der Luft. Namentlich
erhik man dieselbe bei dem freiwilligen Verdunsten der ätherischen Stib«
tri&thyllÖsung' in grösserer Menge, wobei sie bei der Behandlung des
92* , Antimonradicale, organische.
Rückstandes mit einer Mischung von Alkohol und Aether, welche das
Stibtri&thjloxyd auflöst, als eine weisse, pulverförmige, amorphe, bitter
schmeckende Masse zurückbleibt. Auch der weisse Rauch, welcher
sich vor dem Entzünden des mit Luft in Berührung' befindlichen Stib-
triäthyls bildet, besteht fast ganz aus dieser Verbindung. In Aether ist
der Körper schwer, in Wasser und in Alkohol leichter löslich. Die kalte,
dünne, wässerige Lösung wird beim Erwärmen dick wie Stärkekleister
und trocknet zu einer porcellanartigen , zerreiblichen Masse ein , welche
beim Wiederauflösen in Wasser etwas Antimonoxyd hinterlässt Aus
der alkoholischen Lösung scheidet concentrirte Ghlorwasserstoffsäure
sogleich Stibtriäthylchlorür aus, und Schwefelwasserstoff fallt aus der
davon abfiltrirten Lösung sogleich Kermes, während sie beim Ver-
mischen mit Wasser sogleich Algarothpulver fallen lässt. Mit verdünn*
ter Salpetersäure behandelt, giebt sie salpetersaures Stibtriäthyloxyd ; der
unlösliche Rückstand entwickelt beim Glühen keinen Sauerstoff. Schwe-
felwasserstoff giebt mit der wässerigen Lösung einen gelben Nieder-
schlag von Schwefelantimon- Seh wefelstibtriäthyl (Sulfantimonigsaurem
Stibtriäthylsulfiir). (S. unten.)
Essigsaures Stibtriäthyloxyd. Beim Verdampfen der
mit Essigsäure gesättigten Stibtriäthyloxydiösung im Wascierbade hin-
terbleibt ein dicker, syrupartiger, nicht krystallisirbarer Rückstand
(Merck).
Kohlensaures Stibtriäthyloxyd erhält man, nach Merck,
durch Zersetzung von Stibtriäthyloxyjodür mit kohlensaurem Silberoxyd
und Eindampfen des Filtrates im Wasserbade als eine syrupdicke, un-
krystallinische Masse. Nach dem oben bei der Darstellung des Oxyds
Angegebenen scheint es die freie Base zu sein.
Salpetersaures Stibtriäthyloxyd. a. Einfachsaures:
(C4H6)8Sb02 . NO5 .HO (nach Merck (04*15)8 SbO . NO5).
Erstere Formel verlangt 18,9 Proc, Merck's dagegen 20,0 Proc«
Salpetersäure, gefunden wurden 19,0 Proc.
Man erhält dieses Salz, nach Merck, durch Zersetzung von
Stibtriäthyloxyjodür mit salpetersaurem Silberoxyd und Verdampfen
des Filtrates im Wasserbade und zuletzt im Vacuum über Schwefel-
säure. Das Ganze erstarrt zu einer festen strahligen Masse, die sehr
leicht im Wasser löslich ist, jedoch nicht an der Luft zerfliesst. Beim
Eindampfen der Lösung des Salzes in verdünnter Salpetersäure scheiden
sich ölige Tropfen aus, welche beim Erkalten krystallinisch erstarren
und alle Eigenschaften des folgenden Salzes besitzen.
b) Zweifachsaures, (04i{5)3 SbO^ .2N0$, kann man auch durch
Sättigen von Stibtriäthyloxyd mit Salpetersäure, oder durch Auflösen von
Stibtriäthyl in verdünnter Salpetersäure darstellen. Im letzteren Falle
scheidet sich immer eine kleine Menge Antimonoxyd aus, die man
durch Filtriren trennt. Beim Verdampfen der Lösung scheidet sich
das Salz aus der freie Säure enthaltenden Lösung bald ab, da es in
derselben schwer löslich ist. Dnrch Wiederauflösen in wenig Wasser
und freiwilliges Verdunsten erhält man das Salz in grossen rhomboidalen
Krystallen, welche sauer reagiren, einen bitteren Geschmack besitzen
nnd leicht in Wasser, schwieriger in Alkohol, kaum in Aether löslich
sind. Bei 62,5^ 0. schmelzen dieselben zu einer farblosen Flüssigkeit,
welche Jbei 57 ^ 0. wieder zu einer weissen krystallinisohen Masse erstarrt.
Beim Erhitzen verpuffen sie wie eine Mischung von Salpetersäure und
Antimonradicaley organische. 93
Kohle. Concentrirte Schwefelsäure macht sogleich Salpetersäure frei^
eonoentrirte Chlorwasserstoffsäure scheidet aus der wässerigen Lösung
flogleieh Sübtriathylchlorür aus , Schwefelwasserstoff verändert dagegen
die Lösung nicht (Low ig und Schweizer).
Schwefelsaures Stibtriäthyloxyd. a) Einfachsaures
Salz: (C4 1*5)8 SbOj.SOa. HO (nach Merck (C4H5)8SbO . SO,).
Nach ersterer Formel berechnen sich 14,7 Proc. Schwefelsäure,
■ach Merck's Formel 15,4 Proc Gefunden 14,8 Proc.
Durch Zersetzung der Lösung des Stibtriäthyloxyjodttrs mit schwe-
felsaurem Silberoxyd und Verdampfen des Filtrates, zuletzt im Yacuum
ftber Schwefelsäure, erhält man diese Verbindung als eine durchsichtige,
gommiartige, nicht krystallisirbare Masse, die zu einem weissen Pulver
■errieben werden kann, sehr leicht an der Luft zerfliesst und sich in
jeder Menge Wasser löst (Merck).
b) Zweifachsaures: (C4fi5)3Sb02 .'iSOs* Man erhält dasselbe
am reinsten durch Zersetzung von StibtriäthylsulfQr mit schwefelsaurem
Knpferoxyd. Die durch E^indampfen erhaltenen kleinen weissen Kry-
stalle sind äusserst leicht in Wasser, ziemlich in Alkohol löslich, aber
fest unlöslich in Aether. Sie sind geruchlos, von bitterem Geschmack,
reagiren sauer und verlieren bei 100® C. nichts an Gewicht, sondern
werden nur etwas weich und schmelzen bei einer etwas höheren Tem-
peiator zu einer farblosen Flüssigkeit (Low ig upd Schweizer).
Stibtriäthyloxyjodar(Stibtriäthyljodär von Merck). For-
n>«l= C„«i58bOI == (C4H5)3 8bO.I (nach Merck, (C4H5)8Sb.J).
Dasselbe bildet sich bei der Einwirkung von Ammoniak oder von
Stibtriäthyl (bei Luftzutritt?) auf Stibtriäthyljodür, sowie bei der Ein*
Wirkung der weingeistigen Lösung des Stibtriäthyloxyds auf die ätheri*
sehe Lösung des Stibtriäthyljodürs und endlich auf Zusatz von Jod*
wasserstoffsäure zu einer Stibtriäthyloxydlösnng , bis eine bleibende
Trübung entsteht. Zur Darstellung desselben kann man sich fol-
goider Methoden bedienen. Man sättigt die eine Hälfte einer ätheri-
flehen Stibtriäthyllösnng genau mit Jod, setzt die andere Hälfte zu und
&sst die in einem Beoherglase befindliche, mit einem grossen Trichter
bedeckte Lösung in einem durch die Trichterröhre auf die Oberfläche
derselben geleiteten fortwährenden Strom von trockener Kohlensäure
laagsam verdunsten. Die Einwirkung des Stibtriäthyls geht hierbei
meht augenblicklich vor sich, denn beim raschen Verdunsten der Lösung
so der Luft findet beständig ein Bauchen statt und der Blickstand ist
eme ölige, noch viel freies Stibtriäthyl enthaltende Flüssigkeit Lässt
man dieselbe jedoch in einem Kohlensäurestrome verdampfen, so erhält
man, wenn der Aether etwa zur Hälfte verdunstet ist, Krystalle der
Jodverbindung. — Verdampft man die Mischung einer Lösung von Stib-
tiäUhyljodür in absolutem Alkohol mit einer gleichen Ammoniaklösung
im Vacnnm über Schwefelsäure, so krystallisirt zuerst Stibtriäthyloxyjo«
^, dann eine Mischung desselben mit Jodammonium und zuletzt reines
Jodammonium aus. Man reinigt die ersten Krystalle durch Umkrystal*
Hsiren ans Wasser oder Alkohol. — Will man das Stibtriäthyl oxyjodör
SOS dem Oxyd darstellen, so setzt man zu der Lösung desselben so lange
▼OQ einer verdflnnten Lösung von Jodwasserstoffsäure, bis eine bleibende
Trtbang entsteht, welche man hierauf wieder durch etwas Oxydlösung
nm Yersehwinden bringt, worauf beim Verdunsten die Jod Verbindung
bystallisirt. Die schönsten Krystalle erhält man beim freiwilligen
94 Antimonradicale^ organische.
Verdunsten der ätherischen Lösung. Dieselben sind wasserhelle, harte,
glasglänzende reguläre Octaeder oder Tetraeder, die keinen Geruch be*
sitzen, sich an der Luft nicht verändern und in Alkohol und Wasser lös-
lich sind. Die wässerige Lösung derselben giebt mit Jodwasserstoffsäure
sogleich einen Niederschlag von Stibtriäthyljodiir.
Eine alkoholische Jodlösung wird von einer Lösung von Stib*
triäthyloxjjodlir in absolutem Alkohol nur langsam bei gewöhnlicher
Temperatur, beim gelinden Erwärmen oder auf Zusatz von etwas Was-
ser sehr rasch entfärbt Setzt man so lange Jodlösung zu, bis deren
Farbe nicht mehr verschwindet, so scheidet sich .ein weisses Pulver ab
und das Filtrat giebt beim Abdampfen Krystalle von StibtriäthyljodQr.
Von Silberoxyd wird das Stibtriäthyloxyjodür zersetzt, indem Jodsilber
abgeschieden wird, während Stibtriäthyloxyd gelöst bleibt. Eine wäs-
serige Stibtriäthyloxyjodürlösung giebt mit einer wässerigen Queck-
silberbromidlösung einen anfangs gelben, schnell roth werdenden Nieder-
schlag von Quecksilberjodid. Beim Vermischen gleicher Aequivalente
von Stibtriäthyloxyjodür und Quocksilberbromid in alkoholischer Lösung
entsteht kein Niederschlag und beim Verdunsten der Flüssigkeit bleibt
ein schwach gelbliches Oel zurück, welches beim Schütteln mit Wasser
sogleich rothes Quecksilberjodid ausscheidet, während Stibtriäthyloxy-
bromür gelöst wird.
Bei dem Eindan^pfen der durch Einwirkung von Stibtriäthyl auf
Stibtriäthyljodür erhaltenen Masse scheiden sich zuletzt von dem Oxy-
jodür verschiedene Krystalle aus, welche leichter in Wasser löslich
sind, und deren Analyse 36,5 bis 36,8 Proc. Jod ergab, und welche
Merck für die Verbindung (C4 85)3 H . Sb . I hält, diese Formel ver-
langt 3 6,1 Proc. Jod. In der Lösung dieser Krystalle verschwindet Jod
nicht und Jodwasserstoffsäure bewirkt darin keine Ausscheidung von
Stibtriäthyljodür.
Stibtriäthylseleniür. Wahrscheinliche Formel: (0485)3 Sb.Sej.
Beim Erkalten einer mit gefälltem Selen gekochten ätherischen
Stibtriäthyllösung krystallisirt diese Verbindung, welche dem Stibtri-
äthylsulfur ganz gleicht. An der Luft wird sie jedoch sehr bald unter
Abscheidung von Selen zersetzt.
Stibtriäthylsulfür: CiaHisShSj = (C4H5)3Sb.S2.
Man erhält diese Verbindung durch directe Vereinigung von Stib-
triäthyl mit Schwefel, indem man beide unter Wasser zusammenbringt,
wobei sie sich sogleich unter Wärmeentwickelung vereinigen. Hierauf
erhitzt man noch ein wenig, worauf beim Verdunsten der wässerigen
Lösung das Stibtriäthylsulfür hinterbleibt. Man kann auch eine ätherische
Stibtriäthyllösung mit gewaschenen und wieder getrockneten Schwefel-
blumen kochen, worauf die vom überschüssigen Schwefel abgegossene
Lösung bald zu einer weissen Krystallmasse erstarrt. Man reinigt die
von der Mutterlauge befreiten Krystalle, indem man sie, nachdem sie
einige Zeit an der Luft gelegen (damit das noch vorhandene Stibtri-
äthyl oxydirt wird), noch mehrmals aus heissem Aether umkrystal-
lisirt. Die so erhaltenen voluminösen, silberglänzenden Krystalle be-
sitzen einen unangenehmen mercaptanähnlicheu Geruch und bitteren Ge-
schmack, sind leicht in Wasser, Alkohol und warmem Aether, schwer
in kaltem Aether löslich. An der Luft verändern sich die trockenen
Krystalle nicht Etwas über lOQo C. schmilzt das Stibtriäthylsuimr
zu einer farblosen, beim Erkalten krystallinisoh erstarrenden Flüssig-
ABtimonradicale, organische. 95
keil; bei stärkerem Erhitzen wird es unter Bildung einer Schwefeläthjl
lehr ähnlichen Flüssigkeit zersetzt. Kalium entwickelt aus geschmol-
lenem Stibtriäthylsulftlr sogleich an der Luft sich entzöndende Dämpfe
von Stibtriäthyl. Die wässerige Lösung desselben entwickelt mit ver-
dfinnien Säuren sogleich Schwefelwasserstoff und schlägt aus den Lö-
fongen der Metallsalze Schwefelmetalie nieder. Rauchende Salpeter-
aiore entzündet die Verbindung.
Stibtriäthylsulför-AntimonsulfÜr (Sulfantimonigsaures Stib-
tiiäthylsalfür), (C4Hfi)8Sb.S3 -f- 2SbS3, erhält man durch Zusammen-
bfingen von Kermes mit einer Lösung von Stibtriäthylsulftir, so daas
letztere im Ueberschuss bleibt, als hellgelben Niederschlag, oder auch
durch Zersetzung des antimonigsauren Stibtriäthyloxyds mit Schwefel-
wisserstoflT. Dasselbe ist ein schön hellgelbes, beim Erhitzen bis 100<^C.
bfaunroth werdendes Pulver von sehr unangenehmem mercaptanähnli-
ehen Gemeh. Von rauchender Salpetersäure wird es unter Feuererschei«
Bung zersetzt; bei der Destillation giebt es wahrscheinlich Aethylsulför.
Yerdünnte Schwefelsäure bildet damit, unter Abscheidung von Kermes
und Entwickelung von Schwefelwasserstoff, schwefelsaures Stibtriäthyl-
ozyd.
Stibäthylium, Stibteträthylium, Antimonteträthylium,
Ci«H}oSb = (C4 115)4 Sb, nennt R. Löwig das hypothetische Badical in
den von ihm (1855) entdeckten Stibäthyliumverbinduhgen. Es cor*
respondirt dem hypothetischen Radical Ammonium {I4N.
Verbindungen des Stibäthylium s. Dieselben enthalten auf
1 Aeq. Stibäthylium 1 Aeq. Chlor, Brom u. s. w. Die Verbindung
mit Sauerstoff ist eine starke Base. Man erhält die Verbindungen aus
don Stibäthyliumjodür durch doppelte Zersetzung oder durch Sättigen
des daraus erhaltenen Stibathyliumoxyds mit Säuren.
Stibäthyliumbromür (Bromstlbäthylium), Ci6H2X)SbBr-(-
X aq. = (C4B5)4Sb.Br -j- x aq.
Blendend weisse nadelfÖrmige Krystalle, welche man beim Ver-
dunsten der mit Bromwasserstoffsäure gesättigten Lösung des Stib-
Uhyliumoxyds erhält. Dieselben enthalten Krystallwasser, welches sie
bd 100^ C. verlieren, sind in Alkohol imd Wasser leicht löslich, aber
sieht zerfliesslich.
Stibäthyliumchlorür(Chlorstibäthylium):CieH2oSb€l
-j-x aq. = (0485)4 Sb.€l -f- X aq.
Man stellt das Salz entweder durch Sättigen des Stibathyliumoxyds
mit Salzsäure oder dureh Zersetzung des Stibäthyliumjodürs mit Queck-
olberehlorid dar. Nimmt man auf 4 Aeq. des ersteren 3 Aeq. Sublimat,
so findet folgende Zersetzung statt :
4C,eHjo&bI +, 3Hgfil = 3CieH2oSb.€l + 3Hgl .CißHaoSbl.
Die Verbindung des Jodquecksilbers mit Jodstibäthylium scheidet
tich aus, und durch Verdunsten der Lösung erhält man das Ghlorstib-
ätkylium in langen nadelfbrmigen , sehr leicht zerfliesslichen , auch in
Alkohol leicht löslichen, bitter schmeckenden Krystallen, welche wahr-
ieheinlich 3 Aeq. Krystallwasser enthalten, welches sie bei 100^ C.
▼trlieren, wobei das Salz als blendend weisses Pulver erhalten wird.
StibäthyliumchlorÜr- Platinchlorid 2[(C4Hß)4Sb.€l] +
3Pt€l,.
Gelbe, in Wasser und Weingeist ziemlich leicht lösliche Krystalle,
96 Antunonradicale, organische.
welche man beim langsamen Verdunsten einer verdönnten weingeistigen
Lösung von StibäthyliumchlorÜr mit einer Platinchloridlösung erhält.
Stibäthyliumchlorür-Qneck silberchlor id. a)(C4H5)4Sb.€l
+ 8 Hg Gl.
Beim Vermischen der Lösungen von 1 Aeq. Jodstibäthylium und
3 Aeq. Sublimat und Erwärmen im Wasserbade scheidet sich eine
Joddoppelverbindung (siehe unten) als gelbliches Oel ab, während
die Lösung die Chlorverbindung enthält, die beim Verdampfen und Er-
kalten in weissen blättrigen Krystallen sich ausscheidet, die auch in
Weingeist, nicht in Aether löslich sind. Die Zersetzung geschieht nach
folgender Gleichung:
4(C4H5)4Sb.I + 12Hg€l = 3[(C4H5)4Sb.'€l.3Hg€l]
+ (C4H5)4SbI.3Hgl.
b) 2[(C4H5)4Sb€l] -|- 3 Hg Gl erhält man beim Vermischen con-
centrirter Lösungen von Chlorstibäthylium und Sublimat als weisdee,
in Wasser schwer lösliches Pulver.
Stibäthylinmjodür, (Jodstibäthylium): (€4115)4 Sb.I-j- 3 aq«
(krystallisirt) (C4H8)4Sb.l-(bei 100© C. getrocknet).
Man erhält es durch directe Vereinigung von Stibäthyl mit Jod-
äthyl. Bei gewöhnlicher Temperatur zeigt eine Mischung von Jod-
äthyl und Stibäthyl keine Einwirkung. Setzt man der Mischung Wasser
zu, so findet die Vereinigung langsam statt. Beim Erhitzen der Mischung
in zugeschmolzenen Glasröhren auf 100^ G. geht dagegen die Verbin-
dung unter so starker Wärmeentwickelung und oft so plötzlich vor sich,
dass die Glasröhren zuweilen zersprengt werden. Am besten bringt
man ein Gemisch gleicher Volume Stibäthyl und Jodäthyl in eine
mit Kohlensäure gefüllte Retorte, deren Hals in eine feine Spitze aus-
gezogen ist, füllt dieselbe beinahe mit Wasser, so dass dieses das 6- bis
Sfache der Mischung beträgt, schmilzt die Spitze zu und erhitzt 2 bis
3 Stunden, im Wasserbade, wobei sich eine Lösung von Jodstibäthylium
bildet Diese giebt beim Eindampfen blendend weisse Krystalle von
Jodstibäthylium, zugleich scheidet sich auch eine kleine Menge eines
gelben Körpers aus, der durch ein wenig Ammoniak gelöst wird, und
durch Säuren wieder abgeschieden werden kann. Beim langsamen Ver-
dunsten der Lösung kann man das Stibäthyliunijodür in zolllangen
hexagonalen Säulen erhalten, welche 3 Aeq. Krystallwasser enthalten;
aus der warmen Lösung scheidet sich das Salz zum Theil in warzen-
förmigen Krystallbüscheln ab, welche nach der Formel 2 (C4 85)4 Sb . I
-|~3aq. zusammengesetzt sind. Das Jodstibäthylium hat einen sehr bit-
teren Geschmack. Bei 20» C. lösen 100 Thle. Wasser 19,02 Thle. was-
serfreies Salz, in wasserfreiem Alkohol ist es noch leichter, in Aether
nur in geringer Menge löslich.
Stibäthyliumjodür-Quecksilberjodid: a) (C4lf5)4&b.I
-j- SHgl. Man erhält diese Doppelverbindung bei der Darstellung
des Stibäthyliumchlorürs, wenn man die warmen Lösungen von 4 Aeq.
Stibäthyliumjodür und 3 Aeq. Sublimat mischt, als ein hellgelbes Oel,
das beim Erkalten zu einer weissen Krystallmasse erstarrt. Dieselbe
ist in Wasser und in Aether unlöslich, wenig löslich in kochendem
Alkohol, aus dem sie sich beim Erkalten in weissen säulenförmigen
hexagonalen Krystallen ausscheidet. Dieselben schmelzen unter Wasser
bei 700 Q, . an der erkalteten erstarrten Masse zeigen sich nach einiger
Zeit rothe Flecken, und zuletzt wird die ganze Masse roth, was man
Antimonradieale, organische* 97
durch Bitsen derselben beschleunigen kann. Die so veränderten Kjy-
staDe scheinen dem regulären System anzugehören, verwandeln sich
jedoch beim Umkrystallisiren aus kochendem Alkohol wieder in weisse,
hexagonale Krystalle.
b) 2(C4M5)4 8b.l -4- 3Hgl. Diese Verbindung erhält man durch
Anträgen von frisch gefälltem Jodquecksilber in eine warme Stib-
idiyliamjodürlösung , so lange die rothe Farbe des ersteren verschwin-
det, als eine gelbe ölige Flflssigkeit, die beim Erkalten zu einer grün-
fichgelben wachsartigen Masse erstarrt, die weder in Wasser noch in
Aether Idslich ist In kochendem Alkohol ist sie schwer löslich, beim
Erkalten scheidet sie sich aus dieser Lösung in weissen säulcnföfmigen
Krystallen ab.
Stibäthjliumoxydhydrat (Antimon teträthyloxydhydrat):
Cie{l3iSb09 = (C4H5)4 SbO.HO. Durch Zersetzung der Lösung des
Stibäthjliumjodürs mit frischgefälltem äilberoxyd entsteht das Oxjd,
welches man, von etwas aufgelöstem Silberoxyd durch Zusatz von ein
wenig Salzssnre befreit, beim Eindampfen im Wasserbade und zuletzt
«Bter der Luftpumpe über Schwefelsäure als eine fast farblose, dicke
ölige FlGssigkeit erhält. Es teigt stark basische Eigenschaften, schmeckt
sehr bitter, l5st sich in jedem Verhältniss in Wasser und Alkohol, nicht
in Aether auf. Das Oxyd gleicht in seinen Reactionen dem Kali, so
lost ein Ueberschuss desselben den in Zinkoxyd- und Thonerdesalzen
hoTorgebrachten Niederschlag wieder auf, Ghromoxyd löst es dagegen
sieht, and fällt auch Baryt und Ealksalze nicht Beim Erhitzen des Stib-
iäiyiinmoxydhydrats im Wasserbade bilden sich dicke weisse Nebel, bei
ifi^erem Erhitzen wird das Oxyd zersetzt.
Stibäthyliumoxydverbindungen. Das Oxyd vereinigt sich
mit den Säuren zu neutralen und sauren Salzen, welche ebenso wie die
freie Base einen stark bitteren Geschmack besitzen, in Wasser sehr
locht, sowie auch in Alkohol löslich sind. Man erhält sie entweder
direct durch Vereinigung der freien Base mit den verschiedenen Säu-
tea oder durch doppelte Zersetzung des Jodstibäthyliums mit verschie-
denen Bleioxyd- und Silberoxydsalzen.
Ameisensaures Stibäthyliumoxyd erhält man durch Zer-
Ktznng von aroeisensaurem Bleioxyd mit Stibäthyliumjodür. Man
misdit die wannen Lösungen gleicher Aequivalente der beiden Salze,
ilirirt warm von dem ausgeschiedenen Jodblei ab, worauf beim Erkal-
ten das ameisensaure Salz sich in farblosen sechsseitigen Nadeln aus-
scheidet, die schwer in Wasser, leichter in Alkohol löslich sind, und
aa der Lnft allmälig gelblich worden.
Bernsteinsaures Stibäthyliumoxyd. Syrupartige, nicht kry-
^IHsirbare, sehr leicht in Wasser und Alkohol lösliche Masse, die
aian durch Verdunsten der mit Bemsteinsäure gesättigten Lösung der
Base erhalt.
Essigsaures Stibäthyliumoxyd. Farblose, in Wasser und
ilkohol lösliche Krystalle, die man durch Zersetzen von Stibäthylium-
jodor mit essigsaurem Bleioxyd erhält, und welche bei 100^ C. nichts
10 Gewicht verlieren.
Kohlensaures Stibäthyliumoxyd. Aeusserst leicht zerfliess-
lidie sähe Masse.
Oxalsanres Stibäthyliumoxyd: 2(Ci«H3oSbO).C4 0«. Kry-
itsDinische, sehr leicht in Wasser lösliche Masse, welche man durch
Hudwtotcrbii^ der Chemto 2te Anfl. IkL IL 7
98 Antimonradicale, organische.
Verdunsten der gemischten Losungen von 2 Aeq. der Base und 1 Aeq.
Oxalsäure erhält.
Salpetersaures Stibäthyliumoxyd: CieH^o^^O . NO5 =
(C4 1(5)4 SbO.NOft (bei lOOoC. getrocknet). Man erhält es durch Zer-
setzung äquivalenter Mengen von Stibäthylinmjodür und salpetersaurem
Silberozyd beim Verdunsten der im Wasserbad concentrirten Lösung
im Vacuum über Schwefelsäure in langen farblosen, sehr leicht in
Wasser löslichen und zerfliesslichen Nadeln.
Schwefelsaures Stibäthyliumoxyd: CieH^o^hO . SO^ =
(041(5)4 SbO . SOs. Durch wechselseitige Zersetzung äquivalenter Mengen
von StibäthyliurajodÜr und schwefelsaurem Silberoxyd, Filtriren und Ein-
dampfen, erhält man äusserst leicht zerfliessliche Krystalle des Salzes«
Verdunstet man die Lösung im luftleeren Baum über Schwefelsäure, so
erhält man kleine harte wasserfreie Krystalle.
Traubensaures Stibäthyliumoxyd. Sehr leicht zerfliessliche
Krystalle, die man durch Verdunsten der mit Traubensäure gesättigten
Stibäthyliumoxydlösung erhält.
Weinsaures Stibäthyliumoxyd. a) Neutrales. Man erhält
es in grossen, sehr zerfliesslichen Krystallen, wie das traubensaure Salz.
b) Saures. Büschelförmig vereinigte, feine durchsichtige zer-
fliessliche Nadeln, die man durch Zusatz von 1 Aeq. Weinsäure zu dem
neutralen Salz erhält.
Stibäthyliumsulfür. Gelbliches, leicht in Wasser und Wein-
geist lösliches Oel, das man durch Sättigen der wässerigen Lösung des
Oxyds mit Schwefelwasserstoff und Verdunsten bei abgehaltener Luft
erhält. Die Lösung verhält sich gegen Metallsalze wie die des Schwe-
felkaliums.
Antimonamyle ^).
Verbindungen des Antimons mit Amyl wurden von E. Oramer
und von F. Berl^ untersucht und zwei Radicale erhalten, von wel-
chen das eine auf 1 Aeq. Antimon 3 Aeq. Amyl, das andere 2 Aeq.
Amyl enthält; es gelang jedoch nicht, Verbindungen eines dem Anti-
monäthylium entsprechenden Badicals darzustellen. Die Radicale zei-
gen ein geringeres Oxydationsvermögen .als die entsprechenden Aethyl
und Methyl enthaltenden, und die Verbindungen zeichnen sich durch
sehr geringe Krystallisationsfähigkeit aus.
Stibtriamyl, Stibamyl, Antimontriamyl: C30 H,« &b =
(CioHii)3Sb. Organisches Radical, (1851) von Gramer entdeckt. Man
erhält dieses Radical bei der Einwirkung von Jodamyl auf Antimonkalium
und beobachtet bei der Darstellung desselben dieselben Vorsichtsmaass-
regeln wie bei der Gewinnung des Stibtriäthyls. Man reibt das Anti-
monkalium mit seinem halben Volumen feinem Sande zu einem äusserst
feinen Pulver, füllt kleine Kolben mit kurzem Hals zu Vs damit an,
und setzt soviel Jodamyl zu, dass^ das Gemenge von Sand undAntimon-
kalium durch seine ganze Masse hindurch befeuchtet ist. Nach einiger
^) Literatur: £. Gramer, Verhandlungen der naturforschenden GeseUschaft
»u Zürich vom 12. Mai 1861; auch Pharm. Centralbl. 1865, 8. 466. — F. BerK,
Joum. f. prakL Chem. Bd. LXV, S. 885; im Auszug Pharm. Centralbl. 1866, 8,
868. — Scheibler, Journ. f. prakt. Chem. Bd. LXIV, S. 606.
Antimonradicale, organische. 99
gewöhnlich aber erst beim Erwännen, findet eine heftige Einwir-
kung statt, wobei der Ueberschoss des Jodamyls bei der hierbei ent-
iteheiiden Temperaturerhöhung überdestillirt. Die Angaben zur weite-
ren Gewinnung des Stibtriamyls von Gramer und Berl^ sind nun
folgende. Berl^, welcher angiebt, dass das Stibtriamyl durch Er-
-httsen zersetzt werde, weicht die erkaltete zurückgebliebene graue pul-
verig sosammenhangende Masse mit etwas Wasser auf, zieht dieselbe
dann in einem mit Kohlensäure gefüllten Cylinder dreimal mit Aether
aus (so lange die Lösung noch gelb gefärbt ist und beim Verbrennen
noch weisse Antimonoxyddämpfe giebt) und destillirt von der klar ab-
gegossenen Lösung nach Zusatz von etwas Wasser in einem ebenfalls
■ii Kohleiisänre gefüllten Kolben den Aether ab. Es bleibt alsdann
reines Stibtriamyl unter der Wasserschicht zurück. Gramer gewinnt
dasselbe dagegen durch Destillation des Gemisches von Antimonkalium
nnd Jodamyl, und befreit es von Jodamyl, indem er den Theil für sich
sofiangt, der bei seiner Verdichtung wenig Wärme abgiebt, während,
io lange Jodamyl übergeht, das Destillationsrohr heiss ist. Durch De-
itillation über Antimonkalium reinigt er dasselbe. Berlä hält es für
aöglich, dass anfangs bei der Einwirkung des Jodamyls auf das Anti-
Bionkaliam eine Verbindung von Stibtriamyl mit Antimon- oder Jod-
kslinm gebildet werde, welche durch Behandlung mit Aether zersetzt
werde, da das im Kolben befindliche Froduct, selbst wenn ein Theil
desselben beim Uebergiessen mit Wasser keinen Wasserstoff entwickelt,
doch darauf gebrachten Aether zum Kochen erhitzt.
Das auf diese Arten erhaltene Stibtriamyl ist eine wasserhelle, oder
lekwach gelb gefärbte, dünnflüssige, bei Temperaturen unter 20<^G.
sehr zähflüssige (Berl6) Flüssigkeit von 1,133 specif. Gewicht bei
17* G. (Berl6), (von 1,059 specif. Gewicht, Gramer) und eigenthüm-
lieh aromatLschem (Berl^), unangenehm zwiebelartigem, zum Husten
icizendein Geruch (Gramer). Es besitzt einen bitteren, etwas metal-
lischen, lange haftenden Geschmack. An der Luft erwärmt es sich be-
deutend and raucht sehr stark, ohne sich aber zu entzünden und bil-
det eine firnissartige, durchsichtige, nachher fest werdende Masse von
bitterem Geschmack (Gramer). Nach Berl^ wird ßs zersetzt, indem
lieh ein weisses Pulver bildet (s. antimonigsaures Stibtriamyl-
oxyd). Auf Fliesspapier gebracht, verkohlt es dasselbe bei seiner
Oxydation, entzündet es aber nicht. Ist das Stibtriamyl nur mit 2 Proc.
Jodamyl oder Amylgelst verunreinigt, so zeigt es diese Eigenschaft
sieht und zersetzt sich alsdann, ohne sich bedeutend zu erwärmen und
ohne zu rauchen. In Wasser ist es unlöslich, schwer in absolutem Al-
kohol, ebenso in Aetheralkohol, sehr leicht in Aether (Berl6), leicht
in Alkohol (Gramer).
Stibtriamyl Verbindungen. Das Stibamyl verbindet sich direct
imd leicht mit den Haloiden, sowie mit SchwefeL Nach Berl^ zer-
letzt sich das Stibtriamyl beim Erhitzen, indem sich dabei Stibbiamyl
Inldet (s. unter Stibbiamyl). Ebenso fand Scheibler in Werther's
Lsboratorium , dass sich aus der durch Einwirkung von Jodamyl auf
Antimonkalium entstehenden Masse nichts ohne tief eingreifende Zer-
letznng abdestilliren lässt.
Stibtriamylbromür (Bromstibtriamyl), (GioHii)8SI>'B'2y
«halt man anf Zusatz von Brom zu der ätherischen Lösung des Radicals,
•0 lange ersteres entfärbt wird , Zusatz von Alkohol und Verdunsten
7*
100 Antimonradicale^ organische.
des Aethers ab eine bei gewöhnlicher Temperatur stemlich s&hflfissige,
in höherer Temperatur leichter flüssige, durchscheinende Flüssigkeit.
Auch durch Auflösen des Oxyds in Bromwasserstoffsäare kann man
die Verbindung erhalten. Durch Waschen mit Alkohol und mit Was»
ser erhält man dieselbe rein- Das StibtriamylbromÜr ist schwerer als
Wasser, löslich in Alkohol und Aether, namentlich in absolutem Alko*-
hol, aus welcher Lösung es durch Aether wieder gefällt wird, und von
eigenthQmlichem Geruch und Geschmack. Es ist, nach Gramer, schwer«>
flüchtig, während es, nach Her 16, beim Erhitzen zersetzt wird.
Stibtriamylchlorür (Chlorstibtriamyl): (CioIIu)8Sb . Gl^.
Man stellt es am besten durch Auflösen von Stibtriamyloxyd in Chlor»
wasserstoffsäure dar, und reinigt es durch Waschen mit Wasser und Aether
und Trocknen über Chlorcalcium. Es gleicht dem Stibtriamylbromür
völlig und wird, nach Berl6, beim Erhitzen über 160<^C. zersetzt
und lässt sich nicht unverändert destilliren. ' '
Stibtriamyljodür (Jodstibtriamyl):(CioHn)3Sb.Is. liian er-
hält es wie die beiden vorigen Verbindungen, denen es auch in den phy-
sikalischen Eigenschaften gleicht Schoibler erhielt durch Auflösen
von Jod in ätherischer Stibtriamyllösung , Verdunsten der Lösung ond
Behandlung des Bückstandes mit Aether eine farblose, in grossen Pria-
men krystallisirende, in Wasser unlösliche, in Alkohol und Aether lös-
liche Jodverbindung, welche bei sehr gelindem Erwärmen schmolz und
beim Erkalten wieder krystallinisch erstarrte. Nebenbei bildete sich,
bei einem Ueberschuss von Jod, eine gelbliche Jodverbindong.
Stibtriamyloxyd: Wahrscheinliche Formel = (CioHii)9&b.09. Es
bildet sich bei der Oxydation des Stibtriamyls oder einer ätherischen Lo-
sung desselben an der Luft, in ersterem Falle neben antimonigsaurem Stib-
triamyloxyd. Das durch langsames Verdunsten der ätherischen Stibtri-
amyllösung erhaltene Oxyd ist eine graulich gelbe, sehr zähe, harzige
Masse, die in der Wärme dünnflüssiger wird und sich bei höheren Tem-
peraturen zersetzt. Geschmack und Geruch gleichen dem des Stib-
triamyls, nur ist letzterer noch aromatischer. Nach Scheibler schei-
det sich bei dem freiwilligen Verdunsten der ätherischen Lösung ein
weisses, in Alkohol leicht lösliches Pulver in ziemlicher Menge ab,
welches mit Chlorwasserstofisäure und Salpetersäure in Wasser schwer
lösliche krystallinische Verbindungen giebt; der Aether enthält noch
Stibtriamyloxyd gelöst Das Oxyd ist unlöslich in Wasser, leicht lös-
lich in absolutem Alkohol, schwer in wässerigem Alkohol und in Aether.
Die alkoholische Lösung desselben fällt die schweren Metalloxyde aus
ihren Lösungen. Die alkoholische Lösung des Oxyds mischt sich leicht
mit den Säuren, und Wasser schlägt aus dieser Lösung die Verbin-
dungen des Oxyds mit Säuren nieder.
Stibtriamyloxydverbindungen. Antimonigsaures
Stibtriamyloxyd, basisches Stibtriamylantimon ox y d:
WahrscheinUche Formel = (CioHiOa Sb O, -f- 2Sb08. Es büdet aich
beim Bauchen des Stibtriamyls an der Luft, wobei es als weisses, in Alko-
hol, Aether und Wasser unlösliches Pulver niederfällt und durch langes
Waschen mit Aetheralkohol von gleichzeitig gebildetem Stibtriamyl-
oxyd befreit wird. Es ist bei lOO^C. getrocknet ein weisses blätteri-
ges Pulver, löst sich nicht in Ghlorwasserstoffsäure, in rauchender Sal-
petersäure nur theilweise, und in Königswasser erst nach längerer Zeit^
wobei sich ein schwarzer kohliger, bei fortgesetzter Digestion sich wie-
Antunonradicale, organische. 101
der auflösender Kdrper aiiBscheidet. ^8 erträgt hohe Temperataren
olnte Zersetzung, und wird erst bei BothglQhhitse unter Abscheidang
nm Kohle zersetzt, wobei sich zugleich ein Antimon Spiegel bildet.
Berl6 mmmt die obige Formel für die (nicht analysirte) Verbindung,
wegen der Analogie mit der entsprechenden Aethyl Verbindung und we-
fcn ihrer Zersetzung durch Schwefelwasserstoff an (s. unter Stibtri-
»mjlsolfür- Antimonsulf ür).
Eazigsaures Stibtriamyloxjd ist, nach Scheibler, kry-
itaninifffihi
Salpetersaures Stibtriamyloxyd: (CiofiiOsSbOs . 2NO5.
Dsreh Zersetzung von Stibtriamylbromür oder -Jodür mit einer alkoholi-
lebea Losung von salpetersaurem Silberoxjd, so lange noch ein Nie-
derscMftg entsteht und Filtriren, erhält man eine Lösung, aus welcher
äeh nach einigem Stehen in der Wärme zwei Flüssigkeiten absondern,
eine obere, hellgelbe und leicht bewegliche, und ein tief ponceaurothes
Oel, weiches sich am Boden sammelt Die obere Flüssigkeit giesst
ab, worauf sie nach langsamem Verdunsten beim Stehen feine
I, sternförmig vereinigte, seidenglänzende Krjstalle des salpeter-
mireD Salzes giebt, die man durch ümkrystallisiren aus verdünntem
Alkohol reinigt. Dieselben schmelzen bei etwa 20^ C, sind in wässeri-
gem Alkohol leicht löslich (in geschmolzenem Zustande weniger leicht),
in Wasser und Aether unlöslich, und besitzen. einen eigenthümlioh me*
tiUiscben Greschmack. Auch aus dem* in einer grossen Menge wässeri-
ffaik Alkohol löslichen ponceaurothen Oel scheiden sich nach längerem
Stehen KrystaUe des salpetersauren Salzes ab (Berl6).
SehwefelsauresStibtriamyloxyd: (GioHii)gSb02*2SOs. Man
«hält es dorch Zersetzung der alkoholischen Lösung von Stibtriamyl-
eyorür oder -Jodür mit einer alkoholischen Lösung von schwefel-
Bsrem Silberoxyd und Verdunsten des Filtrates als ein nicht krystalli-
aiinres Oel, welches sonst der vorhergehenden Verbindung gleicht
(Berl^).
Stibtriamylsulfür kennt man nicht im reinen Zustande. Nach
Gramer verbindet sich Stibtriamyl mit Schwefel, wenn man beide un-
ter Wasser erhitzt. Beim Kochen einer ätherischen Stibtriamyllösung
■it Schwefel nnd freiwilligen Verdunsten des Filtrates hinterbleibt eine
gdbe, krystallinische, leicht schmelzbare und leicht flüchtige Substanz
foa widerlich zwiebelartigem Geruch, deren alkoholische Lösung mit
dea Losungen der schweren Metallsalze gefärbte Niederschläge von
Ttfichiedenen Schwefelmetallen giebt.
Stibtriamylsulfür-Antimon8ulfür:(CioBii)3Sb.S)-4-2SbS8.
Diese Verbindung erhält man beim Einleiten von Schwefelwasserstofigas
a in Weingeist suspendirtem antimonigsauren Stibtriamyloxyd, wobei
aeh sogleich ein weisses Pulver at^cheidet, welches später orange-
faibea wird. Die nicht filtrirbare breiige Masse scheidet erst auf Zu-
ali einer grossen Menge Alkohol und Aether, nnd nach längerem Ste-
hm in der Wärme einen flockigen Niederschlag aus, welcher sich abfil-
triren lässt. B^ längerem Einleiten von Schwefelwasserstoff in eine
^holisehe Stibtriamyloxydlösung bildet sich diese Verbindung eben-
Uli (Berl^). Getrocknet ist es ein braungelbes, in Alkohol, Aether
lad Wasser unlösliches Pulver, welches sich in sehr hoher Tempera-
tur unter Abscheidung von Kohle und Schwefelantimon zersetzt. Beim
I^tbergiessen mit rauchender Salpetersäure entzündet es sich und ver-
102 Antimonradicale, organische.
brennt mit fahler Flamnie, wie feinvertheiites Antimon in SanerstofT.
Ein sich dabei ausscheidender schwarzer Körper löst sich bei 248tttndi-
ger Digestion mit Königswasser, und in der Lösung ist aller Schwefel
der Verbindung als Schwefelsäure vorhanden.
Stibbiamy 1 : C30 Hss ^^ = (ßi 0 tf 1 1 )3 &b. Dieses , von B e r 1 6
(1855) entdeckte Radical erhält man bei der Destillation des durch
« Einwirkung von Jodamyl auf Antimonkalium erhaltenen Products, wäh-
rend nach Grame r*s Angabe hierbei Stibtriamyl Übergeht, doch sehei-
nen die Angaben von Berl6 mehr Vertrauen zu verdienen. Das Ge-
menge von Antimonkalium und Jodamyl wird destillirt und das Ueberge-
hende in zwei Portionen aufgefangen. So lange die Destillationsröhre
heiss ist, verfluchtigt sich überschÜBsiges Jodamyl, wird diese kalt, so
geht Stibbiamyl über, welches man unter Beobachtung der öfters er-
wähnten Vorsichtsmassregeln auffängt. Man erhitzt zuletzt bis zur
dunklen Bothgluth und reinigt das Stibbiamyl durch mehrmalige De-
stillation Über Antimonkalium von Jodamyl. Es enthält jetzt noch einen
anderen ziemlich flüchtigen Stofl*, welcher sich beim Erhitzen im Wasser-
bade verflüchtigt; dies ist ein in Wasser unlösliches, Kohlenstoff,
Wasserstoff und Antimon enthaltendes Gas, welches angezündet mit
stark leuchtender Flamme brennt, wobei sich zugleich Antimonoxyd
ausscheidet. Das Gas hat einen eigenthümlichen , schwach an den des
Stibtriamyls erinnernden Geruch, welcher aber bei zweimonatlichem
Aufbewahren über Wasser verschwand, während sich in der Röhre ein
weisser antimonhaltiger Beschlag bildete; beim Verbrennen zeigte das
Gas nun den Antimonoxydrauch nicht mehr. Berle glaubt, dass das
Gas vielleicht CioKn^b sei.
Das so gereinigte Stibbiamyl ist eine grünlich-gelbe, eigenthüro-
lich aromatisch riechende, bitter schmeckende, ziemlich leicht beweg-
liche Flüssigkeit, die in Wasser, worin sie unlöslich, untersinkt, mit
starkem Alkohol und Aether in jedem Verhältniss mischbar ist. Es
' raucht nicht an der Luft und verbrennt angezündet mit stark leuch-
tender Flamme unter Bildung von Antimonoxyd, in Sauerstoffgas ver-
pufft es beim Anzünden heftig, von rauchender Salpetersäure wird es
unter starker Wärmeentwickelung zersetzt Beim Verdunsten der äthe*
rischen Lösung oxydirt es sich theilweise und zieht Kohlensäure an.
Das Stibbiamyl scheint sich mit 1 Aeq. Sauerstoff, Chlor a. s.w.
zu verbinden, die Verbindungen sind unkrystallinisch und bis jetzt nicht
genauer untersucht.
Stibbiamylchlorür ist eine klebrige Flüssigkeit.
Stibbiamyloxyd kennt man nicht in reinem Zustande, da die
ätherische Lösung des Radicals beim Verdunsten zugleich Kohlensäure
anzieht, und schon von der folgenden Verbindung enthält.
Kohlensaures Stibbiamyloxyd, (CioHn)3SbO.C02, erhält
man durch Einleiten von Kohlensäure in die durch Verdunsten der ätheri-
schen Stibbiamyllösung erhaltene Masse, und völliges Verdampfen dei
Lösung im Wasserbade als einen sehr zähflüssigen Körper, der erst bei
700 C. etwas leichtflüssiger wird und in seinen sonstigen Eigenschaften
dem Radical sehr ähnlich ist.
Salpetersaures Stibbiamyloxyd und
Schwefelsaures Stibbiamyloxyd gleichen einander sehr. Sic
sind feste , amorphe , pulverf örmige Körper , die in Wasser und ver-
Antiinonradicale, organische. 103
dfimitem Alkohol nnlöalich, sehr sohwer in Aether, leicht in abaolutem
Alkohol Idslich sind.
Der Kakodjlsäure entsprechende Verbindungen des Stibbiamyls
kennt man nicht.
Antimonmethyle.
Stibtrimethyl, Stibmethyl, Antimonmethyl, Antimon-
trimethyl. Formel: Cg Hg . Sb = (C3 H8)3 Sb. Organisches Radical,
7on Landolt i) (1851) entdeckt.
Man stellt das Stibtrimethyl entsprechend dem Stibtriäthyl durch
Erhitzen von, mit Quarzsand gemischtem, Antimonkalium mit Jodmethyl
dar, nnd fängt das, nach geschehener Einwirkung beim Erhitzen sich
rerflüchtigende Antimonmethyl unter Beobachtung der beim Stibtriäthyl
angegebenen Vorsichtsmassregeln auf. Es ist eine farblose, schwere,
in Wasser nnlösliche, schwer in Alkohol, leicht in Aether losliche Flüs-
ngkeit, welche einen eigenthümlichen Geruch besitzt An die Luft
gebracht, giebt das Stibtrimethyl anfangs dicke weisse Dämpfe aus, ent-
londet sich and verbrennt mit weisser Flamme unter Abscheidung von
Antimon.
Es vereinigt sich (wahrscheinlich mit 2 Aeq.) Sauerstoff zu einer
dem Antimontriäthyloxyd entsprechenden Base, welche auch 2 Aeq.
Sinre sattigt, ebenso mit 2 Aeq. Chlor, Brom, Jod, Schwefel u. s. w.
Die Eigenschaflen dieser Verbindungen sind nicht genauer untersucht,
ihes im Wesentlichen nicht von denen der entsprechenden Stibtriäthyl-
TtrbindiiDgen abweichend. Mit Jodmethyl vereinigt es sich schon bei
gewöhnlicher Temperatur zu Jodstibmethylium, der Jod Verbindung des
Badicala Stibmethylium.
Stibmethyliuin (Antimonmethylium) (Antimontetrame-
tkjl). Hypothetisches Badical der von Landolt (1851) entdeckten
Stibmethyliamverbindungen.
Beim Erhitzen einer Mischung von Jodstibmethylium mit über-
sdiüssigeni Antimonkalium geht eine schwere ölige, dem Stibtrimethyl
äimlich riechende, schwach gelblich gefärbte Flüssigkeit Über, die
in Wasser untersinkt, welches dadurch schwach alkalisch reagirt. An
der Luft entzündet sich die Flüssigkeit sogleich unter Abscheidnng
dnes weissen Bauches, der sich zu einem weissen, in Wasser theilweise
loslichen Pulver, verdichtet. Landolt glaubt, dass diese Flüssigkeit
vielleicht Stibmethylium enthalte (vergl. Jodstibmethylium).
Man kennt Verbindungen des Stibmethyliums mit Chlor, Brom, Jod,
Sdkwefel, Sauerstoff etc., welche auf 1 Aeq. Stibmethylium 1 Aeq.
Metalloid enthalten. Die Sauerstoffverbindung ist eine starke Base,
«dche beinahe nur durch Kali und Natron in ihren alkalischen Eigen-
idiaften übertroffen wird.
Diese Base bildet mit den Säuren neutrale und saure Salze, welche
bitter schmecken, alle leicht in Wasser, schwieriger in Alkohol und
beinahe unlöslich in Aether sind, und mit den entsprechenden Kali'
*)Literatar: H. Landolt, Mitüieiliingeii der Ztlricher Naturforscher -Gesell-
M^aft Kr. 6 1 ; aocb Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXVIII, S. 9 1 ; im Aosz.
FWm. Centralbl. f. 1851, S. 233. Mittheilungen der Züricher Katurforscher-
äeidbchaft Nr. 72, 78 n. 74; aach Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd.LXXXIV, S. 44;
PhvBL Centralbl. f. 1852, S. 625.
104 Antimonradicale, organische.
und Ammoniuinoxydflalzen isomorph zu sein scheinen. Nor das Platin-
doppelsalz des Ghlorstibmethyliums ist in diesen drei Lösungsmitteln
schwer löslich. Das Antimon kann in den Verbindungen nicht durch
die gewöhnlichen Beagentien entdeckt werden. Schwefelwasserstoffgas
bewirkt erst nach langer Einwirkung einen geringen Niederschlag von
Schwefelantimon, ebenso enthält aus Zink und verdünnter Schwefel-
säure, der man etwas Stibmethyliumsalz zugesetzt hat, entwickelter
Wasserstoff nur sehr geringe Mengen Antimonwasserstoffgas. um das
Antimon nachzuweisen, muss man die Verbindung erst vollständig zer-
stören.
Man kann die Stibmethyliumverbindungen längere Zeit auf 100<^
bis 140^0. erhitzen, ohne dass dieselben zersetzt werden, bei 180^ bis
200^0. fangen die trockenen Salze jedoch an zu rauchen. Geschieht
das Erhitzen in einer am einen Ende zugeschmolzenen Glasröhre, so
entwickelt sich ein weisser Rauch, welcher sich theil weise in der Röhre
verdichtet, zum grösseren Theil aber an der Mündung derselben von
selbst entzündet.
Auf den thierischen Organismus zeigen die Stibmethyliumverbin-
dungen, selbst in grösseren Gaben, innerlich genommen, oder in
die Adern gespritzt, keine auffälligen Erscheinungen. So bewirkten
5,4 Grm. einer 2,]procentigen Lösung (beinahe 2 Gran), welche in die
Drosselblutader eines E[aninchens eingespritzt wurden, keine auffallen-
den Symptome, und Landolt selbst nahm 2 Gran Chlorstibmethyliu9i
in 2 Drachmen Wasser gelöst, ohne die geringste Wirkung zu empfin-
den. Selbst 8 Gran Jodstibmethylium, welche einem Hunde innerlich
gegeben wurden, brachten kein Erbrechen hervor.
Stibmethyliumbromür (Bromstibmethylium): CgHi^ShBr
= (G2l{8)4Sb.Br, erhält man am leichtesten durch Zersetzung von
Stibmethyliumjodür mit einer heissen Lösung von ßromquecksilber,
worauf beim Erkalten der vom abgeschiedenen Jodquecksilber filtrirten
und eingedampften Lösung das Salz in schönen, nicht genau bestinani-
baren Krystallen anschiesst. Dieselben besitzen einen salzigbitteren Ge-
schmack, sind in Wasser und Alkohol leicht, nicht in Aether löslich,
und geben beim Erhitzen weisse, an der Luft sich entzündende Dämpfe,
ohne dass man eine Ausscheidung von Brom bemerkt. Beim Ueber-
giessen mit Schwefelsäurehydrat bilden sich Dämpfe von Bromwasser-
stoffsäure; Salpetersäure macht Brom frei.
Stibmethyliumchlorür (Ghlorstibmethylium): CsHifSbGl
z= (C3 H8)4 Sb . Gl. Weisse, hexagonale Tafeln, die man am besten durch
Zusatz einer heissen Quecksilberchloridlösung zu einer wässerigen Stib-
methyliumjodür lösung, so lange noch ein Niederschlag von Jodqueck-
silber entsteht, Filtriren und Eindampfen zur Krystallisation im Waaser-
bade erhält. Dieselben besitzen einen bittersalzigen Geschmack, sind
sehr leicht löslich in Wasser und in Alkohol, fast unlöslich in Aether.
Beim Erhitzen im Glasrohr blähen sich die Erystalle auf und verflüch-
tigen sich unter Entwickelung sich an der Luft entzündender Dänapfe,
Schwefelsäurehydrat entwickelt aus dem Salze sogleich Chlorwasser-
stoffsänre. Ein Zusatz von Ghlorstibmethylium zu der Lösung eines
Magnesiasalzes verhindert die Fällung des letzteren durch Ammoniak
nicht, es scheint also nicht wie der Salmiak Doppelverbindungen mit
denselben zu bilden.
Stibmethyliumchlorür-Platinchlorid: (CiH3)4Sb.€l -|-
Antimonradicale, organische. 105
PtGlf. Orangegelbe« krystalliniaches Pulver, welches sich anf Zusatz
ron Platinchlorid zu der Lösung des Chlorstibmethyliums ausscheidet.
In heisaem Wasser ist es löslich, ganz unlöslich in Alkohol und Aether;
in Alkalien ist es sehr schwierig, leichter in Salzsäure löslich. Seine
Loslichkeit in Wässer steht mitten zwischen der des Kalium- und des
Natriumplatinchlorids. Beim Erhitzen färbt sich die Verbindung schwarz,
entzündet sich später, und es bleibt eine zu Kugeln zusammengeschmol-
lene Legimng von Platin und Antimon zurück.
Stibmethjliumcyanör (Cyanstibroethylium). Auf Zusatz
einer Cjanquecksilberlösung zu einer Lösung von Jodstibmethjlium
eoteteht anfangs ein gelblicher Niederschlag, welcher sich bald wieder
lost, und beim Eindampfen scheiden sich harte glänzende Krystalle aus,
welche ohne Zweifel eine Verbindung von Cyanstibmethylium mit Jod-
<]Becksilber sind.
StibmethyliumjodÜr (Jodstibmethylium): CgMigSblss
(C|H3)4Sb.l. Stibtrimetbyl vereinigt sich schon bei gewöhnlicher Tero-
perator sehr leicht mit Jodmethyl. Sammelt man das beim Vermischen von
Aatimonkalinm mit Jodmethyl sich bildende Stibtrimetbyl und das über-
lehnssig zugesetzte Jodmethyl in derselben Vorlage auf, so vereinigen
sich die in derselben enthaltenen beiden Flüssigkeiten, von welchen die
ontere Stibtrimethyl, die obere Jodmethyl ist, nach kurzer Zeit zu einer
«eissoi krystallinischen, oft steinharten Masse von Jodstibmethylium.
Durch Auflösen in warmem Wasser und langsames Verdampfen im
Wasserbade erhält man das Salz in ausgezeichnet schönen hexagonalen
Tafeln, welche meist treppenförmig Über einander gelagert sind und
etwas Mutterlauge einschliessen. Das Jodstibmethylium löst sich in
M Thln. Wasser von 23^0., auch leicht in Alkohol, schwer in Aether.
Es schmeckt salzig, hintennach bitter. Beim Erhitzen in einer un-
ten zugeschmolzenen Glasröhre zerfällt es erst zu Pulver und zer-
setzt sich bei 200<> C. nach und nach , indem sich dicke , dem Stibtri-
methyl ähnlich riechende Dämpfe entwickeln, welche sich an der Luft
entzünden.
Salzsäure bildet mit dem Jodstibmethylium JodwasserstofFsäure
and Chloratibroethylium ; Chlor, Brom und Salpetersäure scheiden Jod
ih, ebenso concentrirte Schwefelsäure, welche zugleich Jodwasserstoff-
äuFe und schweflige Säure entwickelt. Die wässerige Lösung des Jod-
lännethyliams wird beim Abdampfen allmälig zersetzt, indem sich eine
kkine Menge eines gelben, in Wasser schwer oder unlöslichen Kör-
[Nfs, wahrscheinlich Jodstibtrimethyl, (C« lis)^ Sb . I3, ausscheidet Auch
4« feste Jodstibmethylium wird im Sonnenlicht zuweilen unter Bil-
^sng desselben Körpers zersetzt
Die wässerige Lösung des Jodstibmethyliums löst namentlich in
der Wanne eine nicht unbeträchtliche Menge gelbes Quecksilberjodid
aal Die rothe Modification des letzteren verwandelt sich beim Kochen
Bit der Losung dieses Salzes erst in die gelbe Modification, ehe es ge-
Ittt wird. Die wässerige Lösung des Jodstibmethyliums wird durch
te elektrischen Strom auf die Weise zersetzt, dass sich am positiven
Pol .Jod und etwas Sauerstoffgas ausscheidet, während sich am negati-
Tm Pol ein , etwa das zehnfache vom ausgeschiedenen Sauerstoff be-
tiagendes, antimonhaltiges Gas entwickelt Es riecht wie Stibtrimethyl
vid verbrennt angezündet mit weissem Bauch. Eine alkoholische Jod-
^ftong wird von dem Gas unter Volumverminderung des Gases ent-
106 Antimonradicale, organische.
färbt, so dass Landolt glaubt, das Gas könne vielleicht Stibinethyliaiii
sein (s. Stibmethylium S. 103).
Mit Jodstibmethylium und Kleister bestrichenes Papier scheint
noch empfindlicher, als mit Jodkalium bereitetes, gegen Ozon zu sein.
Natriumamalgam zersetzt die JodstibmethyliumlÖsung, indem unter fort-
währenden kleinen, von Feuererscheinung begleiteten Explosionen me-
tallisches Antimon abgeschieden wird.
Stibmethyliumoxyd. Wahrscheinliche Formel : (Cj 113)4 O .
HO. Weisse krystallinische Masse, welche man durch Zersetzen der Lo-
sung von Jodstibmethylium mit Silberoxyd, Filtriren und Verdampfen im
Vacuum über concentrirter Schwefelsäure erhält. Das Oxyd ist ätzend
und schlüpfrig anzufühlen wie Kali, an der Luft leicht zerüiesslich, wo-
bei es Kohlensäure anzieht, leicht in Wasser und Alkohol, nicht in
Aether löslich. Die Lösung riecht und schmeckt laugenhaft und bläut
rothes Lackmuspapier sogleich. Mit Wasserdämpfen scheint das Oxyd
etwas flüchtig zu sein, doch bemerkt man nach mehrmaligem Verdon"
sten der Lösung im Vacuum keinen Gewichtsverlust. Bei vorsichtigem
Erhitzen in einer unten zugeschmolzenen Röhre kann es theilweise ohne
Zersetzung sublimirt werden, bei raschem Erhitzen bilden sich an der
Luft entzündliche Dämpfe.
Die Lösung des Stibmethyliumoxyds verhält sich beinahe ganz wie
die des Kalis; es scheidet schon in der Kälte das Ammoniak aus sei-
nen Salzen, löst, im Ueberschuss zugesetzt, die aus Ghromoxydsalzen
gefällte Base wieder auf, die beim Kochen wieder niedergeschlagen
wird, und bringt in Thonerdelösungen einen weissen flockigen Nieder-
schlag hervor, fällt Bleioxyd sogleich aus seinen Lösungen und giebt
mit Zinnoxydulsalzen einen voluminösen, beim Erhitzen braun werden-
den Niederschlag. In Kobaltoxydullösungen entsteht ein blauer, sich
später grün färbender, und beim Kochen nicht verändernder Nieder-
schlag. .Gegen die Lösungen der anderen Metallsalze verhält sich die
Stibmethyliumoxydlösung wie die des Kalis.
Schwefel löst sich beim Kochen in einer concentrirten Stibmethy-
liumoxydlösung zu einer gelben Flüssigkeit auf, welche auf Zusatz von
Säuren unter Abscheidung von Schwefelmilch Schwefelwasserstoff ent-
wickelt.
Jod wird unter Entfärbung von der Lösung des Oxyds aufgenom-
men, welche beim Abdampfen Krystalle von Jodstibmethylium giebt,
während sich zu gleicher Zeit eine kleine Menge eines schweren,
schwarzen, undurchsichtigen, schwer flüssigen Körpers ausscheidet, wel-
cher, nach Landolt, möglicherweise jodsaures Stibmethyliumoxyd ist.
Derselbe sieht wie geschmolzenes Jod aus, ist unlöslich !n Wasser und
giebt beim Erhitzen anfangs Joddämpfe, worauf er sich unter Zurück-
lassung von Jodantimon entzündet.
Essigsaures Stibmethyliumoxyd. Zersetzt man Jodstib-
methylium mit essigsaurem Silberoxyd, so erhält man die Lösung die-
ses Salzes, welche sich beim Eindampfen zu zersetzen anfängt und eine
dunkle, syrupartige, nicht vollständig krystallisirbare , nach Stibtri-
methyl riechende Masse hinterlässt.
Kohlensaures Stibmethyliumoxyd. a) Neutrales. Un-
deutlich krystallisirte, gelbliche, sehr unbeständige Masse, die man darch
Zersetzung von Jodstibmethylium mit kohlensaurem Silberoxyd, Filtri-
ren und Verdampfen im Wasserbade erhält Das Salz reagirt alkalisch.
Antimonradieale, organische. 107
■chmeekt bitter and langenartig und ist leicht in Wasser und Alkohol,
sehr schwer in Aether löslich. Es zersetzt sich leicht und riecht bald
nsch Slibtrimethyl.
b) Zweifach -sanres. Kleine sternförmig gmppirte, zerfliess*
liehe, alkalisch reagirende Nadeln, welche leicht in Wasser and Alko-
hoL, nicht in Aether löslich sind und bitter schmecken, und durch Ab-
dampfen der mit Kohlensäure gesättigten Lösung des neutralen Salzes
oder der freien Base erhalten werden. Die Lösung entwickelt beim
Erhitzen Kohlensäure und fällt Magnesiasalze nicht. Das Salz zer-
setzt flieh beim Aufbewahren bald.
Ozalsaures Stibmethjliumoxyd. Deutliche, viel KrjstalU
Wasser enthaltende, an der Luft allmälig zerfliessende Krystalle, die
leicht in Wasser, schwieriger in Alkohol löslich sind und leicht durch
Emdampfen der mit Oxalsäure gesättigten Lösung des Stibmethylium-
ozTds erhalten werden.
rf
Salpetersaures Stibmethyliumoxyd. Wasserfreie, dem Sal-
peter ähnliche Krystalle, welche man durch Zersetzung des Jodstib-
methylinms mit salpetersaurem Silberoxyd, Filtriren und Eindampfen
erhalt. Dieselben sind in Wasser sehr leicht, schwer in Alkohol und
Aether löslich, und besitzen einen bitteren und herben Geschmack.
Beim Erhitzen entwickeln sie anfangs sich von selbst entzündende weisse
Dämpfe». worauf sie bald mit grosser weisser Flamme verpufTen. Selbst
beim Kochen mit concentrirter Schwefelsäure wird das Salz nicht
Schwefelsaures Stibmethyliumoxyd. a) Neutrales:
Cg H„ SbO .SO, 4- 5 aq. = (C2H3)4SbO . S O3 + 5 aq. Farblose,
wahrscheinlich rhombische Krystalle, welche man durch. Zersetzung von
Jodfltibroethylium mit einer genau getroffenen Menge der heissen Lösung
Ton schwefelsaurem Silberoxyd, Filtriren und Abdampfen im Wasserbade
erhalt. Die Krystalle sind sehr leicht in Wasser und Alkohol, nicht in
Aether löslich, und besitzen einen bitter s<alzigen Geschmack. Das
Salz verwittert nicht an der Luft , verliert aber im ' Exsiccator einen
Theil seines Wassers, wobei es zu einem weissen Pulver zerfällt; bei
100^ C. wird es wasserfrei, scheint aber bei längerem Erhitzen auf diese
Temperator allmälig zersetzt zu werden. Etwas schneller geschieht
dies bei 1200bis 130<>C., dabei tritt Geruch nach Stibtrimethyl auf, das
Sftiz schmilzt alsdann bei 1Ö0<>C., und bei IdO^C. wird es unter Feuer-
tfscheinimg völlig zersetzt. Beim Znsammenkommen von Wasser mit
dem wasserfreien Salz wird viel Wärme frei. Der Versuch mit schwe-
felsaurer Thonerde, ein dem Alaun entsprechendes Doppelsalz darzu-
stellen, gab ein negatives Resultat
b) Zweifach-saures: (C2H8)4 8bO.S08 -f SOgHO. Beim Ver-
dampfen einer Lösung des vorhergehenden Salzes in der äquivalenten
Menge Schwefelsäure erhält man harte durchsichtige Krystalle des sau-
ren Salzes, welche zum Theil vierseitige Tafeln mit schief abgestumpf-
ten Enden darstellen. Sie sind sehr leicht in Wasser, schwerer in Al-
kohol löslich und beinahe unlöslich in Aether, und besitzen einen sau-
ren, hintennach bitteren Geschmack. Durch mehrmaliges Auflösen in
venig Wasser, Versetzen mit Alkohol und Fällen mit Aether erhält
man das neutrale Salz. Das Hydratwasser des sauren Salzes lässt sich
bei 120^0. nicht austreiben, bei stärkerem Erhitzen zersetzt sich die
Verbindung auf dieselbe Weise wie das neutrale Salz.
108 Antimonsäure.
Saures weinsauret Stibmethylinmoxyd iat in Wasser viel
leichter löslich wie das saure weinsaure Kali.
Stibmethyliumsulfür, Einfach - Schwefelstibmethylium.
Sättigt man einen Theil wässerige oder alkoholische Stibmethylium-
oxydlösnng vollständig mit Schwefelwasserstoffgas, setzt dann eine
gleiche Menge der Oxydlösung zu und verdampft bei abgehaltener Luft,
am besten in einer Retorte, so bleibt ein grünes amorphes Pulver, Stib-
methyliumsulfür zurück, welches einen starken, mercaptanähnlichen
Geruch besitzt, leicht in Wasser und Alkohol, nicht in Aether löslich
ist. Bei dem Eindampfen der Lösungen verflüchtigt sich ein nicht an-
beträchtlicher Theil unzersetzt. Die farblosen Lösungen geben mit sal*
petersaurem Silberoxyd einen schwarzen Niederschlag. An der Luft
oxydirt sich das Schwefelstibmethylium sehr schnell, indem es sich in
ein gelbes, allmälig weiss werdendes Pulver verwandelt, welches in
Alkohol, aber nicht völlig in Wasser löslich ist; die Lösung giebt mit
salpetersaurem Silberoxyd einen anfangs braunen, bald schwarz werdenden
Niederschlag, welcher sich beim üebergiessen mit Aether in eine weiche
schmierige Masse verwandelt, ohne sich zu lösen. Beim Erhitzen des
durch Oxydation des Schwefelstibmethyliums an der Luft gebildeten
weissen Pulvers auf Platinblech färbt es sich anfangs schön dunkel-
grün, die Farbe verschwindet aber bei dem Erkalten. Bei stärkerem
Erhitzen wird es wieder weiss und entzündet sich dann. Das Schwefel-
stibmethylium schmilzt beim Erhitzen in einem Röhrchen, zersetzt sich
aber alsdann unter Entwickelung sich entzündender Dämpfe, während
ein gelbrother Beschlag von Schwefelantimon zurückbleibt.
Es giebt wahrscheinlich auch Verbindungen des Stibmethyliums
mit mehreren Aequivalenten Schwefel, denn setzt man zu einer mit
Schwefel gekochten Lösung des Stibmethyliumoxyds eine Säure, so
scheidet sich Schwefelmilch ab. A, S.
Antimonsäure, Aeidwn aUbieum^ Acide animonique, SbO^.
Beine Antimonsäure bildet sich nie durch Erhitzen von Antimon im
Sauerstoffgas , sie entsteht bei der Oxydation des Metalls durch Salpeter-
säure oder Salpetersäure Salze, und^'durch Zerlegung von Antimonperchlo-
rid mit Wasser. Nach Fr em y i) existiren zwei verschiedene Modificaiio-
nen der Antimonsäure, eine einbasische und eine zweibasische, deren er-
stere er Antimonsäure, die andere Metaantimonsäure nannte. Die
einbasische Antimonsäure wird, nach Berzelius, am leichtesten erhal-
ten, wenn 1 Thl. Antimon mit 4 bis 5 Thln. salpetersaurem Kali, beide
feingepulvert, gemischt, nach und nach in einen glühenden Tiegel ge-
tragen, die geglühte weisse Masse mit Wasser gewaschen und zuletst,
um alles E[ali daraus zu entfernen, mit Salpetersäure digerirt und nach
dem Trocknen (nicht zu stark) geglüht wird. Berzelius giebt noch
folgende Wege zur Darstellung dieses Körpers an. 1) Kochen von ge-
pulvertem Antimon mit Salpetersäure und Erhitzen des Rückstandes
bis nicht ganz zum Glühen. 2) Mischen von Antimonpulver mit Qoeck-
silberoxyd und Erhitzen, bis das zuerst unter Entzündung entstandene
grüne antimonsaure Quecksilberoxyd zersetzt und nur gelbe Antimon-
säure zurückgeblieben ist.
0 Annal. de cfaim. et pbys. [8.] T. XXm, p. 404; auch Journ. f. prakt. Chem.
Bd. VL, S. 209.
Antimonsaure Salze. 109
Die wasserfreie Antimonsaure besitzt eine hell citrongelbe Farbe.
Sie ist unlöslich in Wasser und Sftoren , ohne Wirkung auf Lackmus*
papier (nach H. Rose r5thet sie feuchtes Lackmuspapier), in der Glüh-
kitie giebt sie Sauerstoff ab, antimonsaures Antimonoxjd (antimonige
Sinre) zorficklassend. Ihr specif. Gewicht ist, nach Bou 11 ay, 6,5. Durch
Kochen mit concentrirter Kalilauge oder beim Zusammenschmelzen mit
koUensamrem Kali wird sie unter Austreiben der Kohlensäure gelöst,
nf ZaaaiU von Säuren fällt sie als Antimonsäurehydrat nieder.
Das Antimonsäurehydrat, ftO.SbOs, lufttrocken SbOs.öHO
nach Fremy, früher als MaUria perlaia bezeichnet, ist ein zartes weis«
les PnlTer, im Wasser ein wenig löslich, röthet Lackmus, und wird
•ekon in der Kälte von concentrirter Salzsäure, sowie von Kalilauge
gelöst. £in Zusatz von wenig Wasser zu der Auflösung in Salzsäure
bewirkt nach einiger Zeit wieder eine Fällung von Antimonsänrehydrat;
■it ^iei Wasser auf einmal verdünnt, bleibt die Lösung klar (C. Gme-
liiiX Kaustisches Ammoniak löst davon in der Kälte nichts auf. -*
Durdi Ilrhitsen mit einem grossen Ueberschuss von Kalihydrat geht
die Antimonsaure in Metaantimonsäure ober.
Metaantimonsäure nennt Fremy die Säure, deren Hydrat,
SbO( . 4HO, nach ihm, durch Zersetzung von Antimonperchlorid mit
Wasser erhalten wird. Dieselbe entsteht, nach ihm, ebenfalls in Verbin-
dimg mit Kali, wenn man Antimonsaure oder antimonsaures Kali mit
enwm Ueberschuss von Kali erhitzt (s. bei Antimonsaure Salze:
ABtimonsaares und metaantimonsaures Kali). Sie unterscheid
Ist sieh, nach Fremy, von der Antimonsäure dadurch, dass sie zwei
Atome Basis sättigt, von Säuren leichter, und von Ammoniak nach län-
gerer Zeit selbst in der Kälte vollständig gelöst wird. Auch in vielem
bllen Wasser löst sie sich vollkommen auf, und wird daraus durch
SMmK wieder gefällt Sie ist wenig beständig und geht leicht, s^bst
is Wasser in Antimonsäure über. (F.) By.
Antimonsaure Salze. Nach Berzelius giebt es Salze die-
Kr Säore mit 1 At. Basis auf 1 At. Säure, und solche mit 1 At. Basis auf
2 AL Säure. Fremy's ^) Metaantimonsäure bildet neutrale und
aore Salze. Die neutralen wasserfreien Salze der Antimonsäure sind
sadi der allgemeinen Formel MO.SbO«, die der neutralen Metaanti-
BKMisäore der Formel 2 MO . SbOs, di^ sauren metaantimonsauren Salze
MOi
dq{ SbOs entsprechend, zusammengesetzt. Heffter') hat eine Reihe
?oa antimonsauren Salzen analysirt, in welchen er (Antimon Sb zu 129
aBgenommen) auf 1 Aeq. Säure etwas mehr als 1 Aeq. Base berechnet,
z.fi. auf 12 SbOft 13 Aeq. BaO. Diese an und für sich unwahrschein-
Schen Formeln verschwinden, wenn Sb = 120,3 berechnet wird, die
Salze sind dann im wasserfreien Zustande BO.SbOg, wenigstens kom-
mea die gefundenen Zahlen dieser Formel so nahe, dass man keine
ladere annehmen kann. Uebrigens ist die Zusammensetzung der anti*
Bonsauren Salze, besonders in Bezug auf ihren Wassergehalt, noch im-
acr unvollständig bekannt.
*) AnnsL de chim. et phys. [8.] T. Xu, p. 316 u. 867 und [8.] T. XXII,
^404. — •) Pogg. Annal. Bd. LXXXVI, S. 418. Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd.
IXXXIV, 8. 241. Joom. f. prakt. Chem. Bd. LYII, S. 89. Pharmac. Centralbl«
läÜ. 8. W7.
110 Antimonsaure Salze.
Geglühte Antimonsäure verbindet sich mit den reinen Alkaliex
beim Kochen auf nassem Wege, und zerlegt die kohlensauren Alkaliei
beim Glühen. Die antimonsauren Salze bilden sich am leichtestei
durch Glühen von Antimon mit salpetersauren Salzen.
Die antimonsauren Salze sind im Ganzen schwerlöslich, nur wenig«
Verbindungen dieser Säure mit Alkalien sind ziemlich leicht löslich
Die unlöslichen Salze lassen sich aus dem löslichen Kali- und Ammo
niaksalz durch doppelte Zersetzung darstellen. Die Salze werdet
durch stärkere Säuren leicht zersetzt unter Abscheidung von Antimon
Säurehydrat. Schwächere Säuren, Kohlensäure z.B., schlagen aus den
neutralen Kalisalz das saure Salz nieder. Starke Salzsäure löst di<
antimonsauren Salze unter Zersetzung meist auf. Die schwermetalli
sehen Salze der Antimonsäure werden durch Schwefelammonium zer<
legt, die Antimonsäure wird in Antimonperdulfid verwandelt, und al
solches durch überschüssiges Schwefelammonium gelöst. Mehren
schwermetallische Salze, z. B. das Zink- Kobalt-Kupfersalz, zeigen, nad
Berzelius, nachdem sich alles Wasser entwickelt hat, in der Glühhit»
ein Erglimmen , wodurch sie blasser und in Säuren schwieriger lösba]
werden. Die antimonsauren Salze werden durch Glühen mit Salmial
unter Verflüchtigung von Antimonchlorid zersetzt.
Antimonsaures Ammoniumoxyd: NH40.Sb05 -f- 4H0
Sowohl Antimonsäurehydrat wie Metaantimonsäurehydrat lösen sich ii
der Hitze in Ammoniak auf, in beiden Fällen scheidet sich antimon
saures Ammoniak von obiger Zusammensetzung als ein weisser pulver
förmiger Körper aus. Dass der flockige Niederschlag, welcher ent
steht, wenn man die wässerige Lösung von antimonsaurem Kali wi
Salmiak Vermischt, die nämliche Zusammensetzung habe, ist unwahr
scheinlich, weil die darüber stehende Flüssigkeit eine alkalische Beae
tion erhält; nach Berzelius ist dieser Niederschlag zweifach -anti
monsaures Ammoniumoxyd ; dieselbe Verbindung setzt sich beim Ver
dunsten jener Lösung als weisses Pulver ab.
Metaantimonsanres Ammoniumoxy.d. Das Metaantimon
Säurehydrat löst sich langsam schon in der Kälte in Ammoniak zi
einem schwierig isolirbaren Salz, welches gleich dem entsprechende]
Kalisalz wahrscheinlich 2 Aeq. Ammoniumoxyd auf 1 Aeq. Metaanti
monsäure enthält. Wenn man die wässerige Lösung mit ein Pa«
Tropfen Alkohol versetzt, so scheidet sich
saures metaantimonsanres Ammoniumoxyd, NH40.SbQ
-f-GHO oder NH4O.HO.SbO5 -f" 5 HO, dem sauren metaantimon
sauren Kali entsprechend, und nur 1 Aeq. Wasser weniger enthaltend
als ein krystallinisches Salz aus. Seine wässerige Lösung präcipl
tirt ebenfalls die Natronsalze. Es ist sehr wenig beständig; ein)
massige Temperaturerhöhung genügt, um es unter Wasser verlu st in aQ
lösliches antimonsaures Ammoniak zu verwandeln. Wird jenes krystal
linische Salz mit Wasser gekocht, so sieht man es die krystalliniscb
Textur verlieren und in ein weisses Pulver übergehen, ohne dass ein
Spur von Ammoniak dabei frei wird. Selbst bei gewöhnlicher Tempd
ratur und in verschlossenen Gef ässen findet nach einiger Zeit von selbl
die Umwandlung des trockenen Salzes in antimonsaures Ammonial
statt (Fremy).
Antimonsaures Antimonoxyd, SbOs) SbOs, wird häuQj
die antimonige Säure (s. d. Art.) bezeichnet.
Antimonsaure Salze. 111
Antimonisanrer Baryt, BaO.SbO», fällt auf Zusatz von Chlor-
iwriimilösiing zu antimonsaurem Kali als flockiger Niederschlag zu Bo-
den; er wird in der Flüssigkeit allmälig körnig, ist in Überschüssigem
Chlorbarinm nicht unlöslich; der beim Eintröpfeln von etwas antimon-
anrer Kalüösnng in Chlorbarium entstehende Niederschlag löst sich
nach einiger Zeit in dem überschüssigen Haloidsalz wieder auf. Beim
Yerdonsten scheiden sich Körner von antimonsaurem Baryt ab. Koh-
l^isanre zersetzt die Lösung nicht
Wenn man antimonige Säure mit kohlensaurem Kali schmilzt, die
ge|mlverte Masse mit kaltem Wasser auswäscht, den Rückstand in sie-
dendem Wasser löst und in eine siedende Lösung von Chlorbarium fil-
trirt, so fallen, ausser flockigem antimonsauren Baryt, silberglänzende
Kzystallnadeln von Antimonoxyd- Baryt nieder; verdünnte. Säuren zie«
hen daraus ^e Baryterde aus.
Heffter stellt das Barytsalz durch Mischen einer siedend heissen
wiftseri^en Lösung von krystallisirtem antimonsauren Natron mit Chlor-
baiiiunlösung dar. Der gebildete antimonsaure Baryt wurde als ein
weisser flockiger Niederschlag erhalten, aus dem eine Spur von anü-
Bonsanrem Natron durch Auswaschen nicht entfembar war und bei der
Analyse in Abzug gebracht werden musste. Lufttrocken zeigte das Salz
die Zusammensetzung BaO, SbO^ -f- 6 MO oder (5 HO) 0* ^s schei-
den sich, wenn die Flüssigkeit längere Zeit bei einer Temperatur unter
0* C. mit dem Niederschlag in Berührung blieb, an den Gefäss wän-
den dünne Nadeln von antimonsaurem Baryt aus. Derselbe ist in
aberachüssiger Chlorbariumlösung löslich.
Antimonsaures Bleioxyd, FbO . SbOs, wird durch Vermi-
sdien der Auflösungen von salpetersaurem Bleioxyd und antimonsau-
mn Kali als weisser, käseähnlicher, wasserhaltiger,, in Wasser unlös-
licher Niederschlag erhalten. Es bildet sich auch durch Behandlung von
Antimon -Blei mit heisser Salpetersäure. Beim Erhitzen wird es unter
Wasserverlnst gelb. Durch Glühen auf der Kohle in der Löthrohr-
ftunme reducirt es sich mit schwacher Verpuffung zu Antimon-Blei. Sal-
peter zersetzt es nur sehr unvollständig.
Ein basisches antimonsaures Bleioxyd findet unter dem Namen
Keapel^elb in der Oelmalerei vielfache Anwendung. Man soll es
Ton dem schönsten Farbenton erhalten, wenn man 2 Thle. chemisch
raines salpetersaures Bleioxyd mit 1 Thl. des reinsten Brechweinsteins
«od 4 Thln. öfters umkrystallisirtes Kochsalz mengt und zwei Stun-
den lang einer eben zum Schmelzen des letzteren hinreichenden Glüh-
hitze aoaaetzt. Das Kochsalz wird alsdann nut Wasser ausgezogen
md das Neapelgelb als feines Pulver erhalten, wenn die Temperatur
sieht zu hoch gesteigert worden ist. Durch Zusammenschmelzen einer
gepulverten Legirung aus gleichen Theilen Antimon und Blei mit dem
dreifiu^en Gewichte Salpeter und dem sechsfachen Kochsalz erhält
man dieselbe Farbe, jedoch meistens weniger schön.
Herr mann') hat ein schwefelgelbes, natürliches, basisch -anti-
■ooBaurefl Bleioxjd von Nertsohinsk unter dem Namen Antimonocker
*) Heffter berechnete nach. dem alten Atomgewicht des Antimons ftir dieses
für die flbrigen Salze die Formel RO . UO -\- 12. (RO . SbO^ -\- xHO);
encbetnt nnndthtg, diese Formeln noch ansaführen.
*) Journ. f. prakt Chem. Bd. XXXIY, S. 179 n. Bd. XXXYUI, S. 191.
112 Antimonsaare Salze.
beschrieben, deflsen ZoBammenBetzuDg der Formel SPbO . ^bOs -|-
4 HO entspricht
Antimonsaures EisenoxyduL Ein weisses Palver durch
doppelte Affinität wie die vorhergehenden antimonsaoren Salze erhal-
ten, das beim Trocknen gelbgran, und unter Wasserverlast durch Glü-
hen roth wird, es ist in Wasser wenig löslich.
Antimonsaures Eisenoxyd ist hellgelb von Farbe (Berze-
lins).
'Antimonsaures Kali: KO.&bOj. Das wasserfreie antimonsaure
Kali entsteht durch Eintragen eines Gemenges von 1 Thl. gepulvertem
Antimon und 4 Thln. Salpeter in einen rothglühenden hessischen Tiegel
und bildet das weisse Pulver, welches nach dem Auskochen der ver-
pufften Masse mit Wasser unlöslich zurückbleibt; es ward früher für
saures antimonsaures Kali gehalten.
He ff t er 0 ^&i^^ ^^ diesen Körper auch die Zusammensetzung
KO.SbOs, aber er zeigte auch, dass derselbe bei längerem Kochen
unter mehrmaligem Ersatz des verdampfenden Wassers zersetzt werde, dass
das ungelöst zurückbleibende Salz 2 KO . 3 Sb O5 sei , und die davon
abfiltrirte Flüssigkeit nach dem Abdampfen ein Salz aasscheide, dem er
die Zusammensetzung KO.SbOs -j- 7 HO zuschreibt. Nach Fremy
wird das, wie angegeben, durch Glühen erhaltene und mit kaltem Wasser
ausgewaschene Salz durch Kochen mit Wasser zum Theil löslich, und es
geht in die Lösung ein Salz von der Zusammensetzung KO.SbO^ -|~
5 HO, das beim Abdampfen der mit dem antimonsauren Kali in Berührung
gewesenen Flüssigkeit sich zuerst als „ gummöse ^^ Masse, bei fortge-
setzter Verdampfung als weisse Salzmasse abscheidet. Dieses in Wasser
lösliche Salz hat, nach Fremy, nicht die Eigenschaft, in Natronsalzen
einen Niederschlag zu erzeugen, dagegen wird es von einer Salmiak-
lösung gefällt. Das „ gummöse ^^ Salz, mehrere Stunden einer Tem-
peratur von 160<^ C. ausgesetzt, soll 2 Aeq. Wasser verlieren und
KO . SbOs -f- 3 HO werden, welches wie das wasserfreie Salz in
kaltem Wasser unlöslich sei, in kochendem aber sich wieder in die
lösliche Verbindung verwandle.
A. Rejnoso^) versetzt eine Lösung des Antimonozyds in über-
schüssigem Aetzkali mit übermangansaurem Kali bis die Flüssigkeit
gefärbt bleibt, nimmt den Ueberschuss mit Antimonoxyd in Aetzkali
gelöst weg und dampft ein, bis sich beim Erkalten Krystalle ab-
scheiden.
Saures antimonsaures Kali. Hierher gehört das oben er-
wähnte Salz von Heffter, 2KO.SSb05, das sich, nach ihm, auch
'bilden soll, wenn zu einer Lösung von antimonsaurem Kali schwefel-
saures Ejüi zugesetzt wird.
Ein saures Salz, K0.2Sb05 -|- 6 HO, wird nach Berzelins
erhalten, wenn man einen Strom von Kohlensäure in die Lösung neu-
tralen antimonsauren Kalis leitet, so lange noch ein Niederschlag erfolgt.
Es ist ein blendend weisses Pulver. Nach Heffter hat das auf diese
Art gewonnene Salz die Zusammensetzung 2K0.8Sb05 -|~ 10 HO.
Demnach wäre es nicht doppelt antimonsaures Kali.
Metaantimonsaures Kali, 2KO.Sb05, zerfliessliches an-
timonsaures Kali, erhält man durch längeres Schmelzen des gum-
^) A. a. O. — ■) Annal. de chim. et de phys. [S.J T. XXm, p. 324.
Antimonsaare Salze. 113
noMD andmonsatiren Kalis im Silbertiegel mit dem dreifachen Gewicht
Äetxkali. Die Masse ist dann im Wasser fast ganz löslich. Beim
hngsamen Abdampfen dieser stark alkalischen Lösong setzt sich jenes
Salz in warzigen, an der Lnft zerfliesslichen Erystallen ab. Dnrch
Üngeres Kochen seiner wässerigen Lösung wird es in gummöses anti»
oMmsaurea Kali verwandelt. Ueberhaupt kann das Salz in Lösung nur
bei einem grossen Ueberschuss von freiem Kali bestehen. Mit kaltem
Wasser in Berührung, geht es unter Verlust von Kali in saures me-
taantimonsanres Kali, KO . SbOs +7H0 oder KO.HO. SbO»
-f-6KO (auch körniges antimonsaures Kali genannt), über. Dasselbe
kst eine kömige krjstallinische Beschaffenheit, ist im Wasser ziemlich
schwer loslich, und verwandelt sich damit nach längerer Zeit in
^mmoses antimonsanres Kali. Bis zu 200^0. erhitzt, verliert
es nur 6 Aeq. Wasser , das siebente geht erst bei 300<^ C. weg. Es
sneagt in Salmiaklösunffen keinen Niederschlag, dagegen bewirkt es
iD Natronsalzen eine kömige krystallicische Fällung, wodurch es sich
?QQ dem gummösen antimonsauren Kali wesentlich unterscheidet. Durch
hinlängliches Waschen mit Wasser von allem Ueberschuss an Alkali
befreiet, giebt es mit Natronlösnngen , die* nur Ysoo Natronsalz ent»
lialten, alsbald einen Niederschlag, und ist daher als Reagenz auf
Natronaalze wichtig.
Nach Fremy bereitet man sich das Salz zu diesem Zwecke am
besten aaf folgende Weise: Durch Glühen von 1 Thl. Antiroonmetall und
4 Thln. Salpeter in einem hessischen Tiegel und Auslaugen der Salzmasse
out kaltem Wasser gewonnenes ungelöstes antimonsaures Kali wird meh*
lere Standen lang mit Wasser gekocht, welches in dem Maasse, als es ver*
dampft, wieder ersetzt werden muss, und die dadurch erzeugte Lösung
von gummösen antimonsaurem Kali wird unter Zusatz von festem Kalihj-
dnt soweit eingedampft, bis eine herausgenommene Probe krjstallinisch
«starrt. Das Abdampfen wird dann sogleich unterbrochen, worauf
adi wahrend des £rkaltens metaantimonsaures Kali in reichlicher Menge
absetzt, welches man durch Decantiren von der alkalischen Mutterlauge
befreit und auf Platten von unglasirtem Porcellan trocknen lässt. Das
Sek mnas trocken aufbewahrt werden, weil die wässerige Lösung sich mit
to Zeit in antimonsaures Kali verwandelt. Man entfernt den Ueber-
•ebnss des Alkalis am besten jedesmal erst unmittelbar vor seiner An-
veodung als Reagens auf Natron.
Antimon saurer Kalk: CaO . SbO», wird wie das Barjtsalz
dirch doppelte Zersetzung erhalten. Es ist ein krystallinischer Nie-
derschlag, der sich wie kohlensaurer Kalk fest an d^e Wände der 6e*
fisse ansetzt.
Die von Heffter wie fOr Darstellung des Barytsalzes befolgte
Methode lieferte ein amorphes Salz, weiss von Farbe, lufttrocken CaO.
SbO» + 5 HO.
Antimonsaures Kobaltoxydul: CoO.SbOs. Wenn man mit
ailimonsanrem Kali eine siedende Lösung von Kobaltoxydnlsalzen fällt,
m löst sich anfangs der Niederschlag auf, setzt sich aber bald in Form
«Des röthlichen Krystallmehles wieder ab. Beim Erwärmen verliert
« B^n Krystallwasser, wird dunkelviolett, dann schwarz. Bis zum Glü-
ba erhitzt, verglimmt es und wird beinahe weiss.
Durch Mischen einer Lösung von schwefelsaurem Kobaltozydul
Bit einer heissen Lösung antimonsauren Natrons scheidet sich, nach
HMdvtatcrbsdi der Cbemi«. 2t« Aafl. Bd. 11. 8
114 Antimonsaure Salze.
H elfter, sogleich ein flockiger rosenrotker Niederschlag ab, der der
Formel CoO.SbOs -f" 7 HO entspricht. Nach Abscheidung desselben
und mehrtägigem Steheulassen bilden sich in der Flüssigkeit Krystaile,
CoO.SbOs -f^ 12ilO, dem sechsgliedrigen Systeme angehörig, ans
flachen regelmässig sechsseitigen Säulen mit geraden Endflächen beste*
heud.
Antimonsaures Kupferoxyd: CuO.SbOs, ist ein grünliches
Krysiallmehl , welches beim Erwärmen 19^2 Procent Krystallwasser
verliert und schwarz wird. Bis zum Glühen erhitzt, verglimmt es wie
das Kobaltoxydulsalz, wird weiss und ist nun wie dieses für Säuren und
Alkalien auf nassem Wege unangreifbar. Auf der Kohle vor dem Löth-
rohr reducirt es sich leicht zu Antimon -Kupfer.
Antimon sau res Lithion: LiO.SbOs. Da auch dies Salz in
Wasser schwer löslich ist, so lässt es sich durch Versetzen einer con-
centrirten Chlorlithiumlösung mit antimonsaurem Kali in Flocken fällen,
die bald körnig krystallinisch werden. In heissem Wasser ist der
Niederschlag leicht löslich und schiesst beim Erkalten in Körnern an.
In verdünnten Lösungen erhält man keinen Niederschlag; das Salz ist
viel leichter löslich als das Natronsalz.
Antimonsaure Magnesia. Durch Mischep einer siedend ge«
sättigten Lösung von antimousaurem Natron mit einer Lösung von
schwefelsaurer Magnesia bildet sich, nach Heffter, nicht sogleich ein
Niederschlag, nach dem Erkalten aber scheidet sieb antiraonsaure Mag-
nesia in 'farblosen glänzenden harten, dem schwefelsauren Kobaltoxydu]
isomorphen Kry stallen ab, die nach Abzug einer unauswaschbarei
Spur von Natronsalz aus MgO . Sb06-|-12HO bestehen und bei lOO^C
8, bei 2000 10, bei 300^ C. 11 Aeq. Wasser verlieren.
Antimon saures Mangan oxydul. Ist in Wasser schwer lös<
lieh, etwas löslicher in überschüssigem Manganoxydulsalz, weiss, ai
der Luft unveränderlich. Es wird durch Glühen unangreifbar füi
Säuren, ohne dass dabei eine Feuererscheinung stattfindet.
Antimonsaures Natron. Bildet tafelförmige Zusammenwach'
sungen aus kleinen Krystallen, wenn das Waschwasser, das man bein
Auswaschen des mit Salpeter verpufiten Antimons erhält, mit einen
Natronsalz versetzt wird. Fremy giebt für dies Salz die Formel NaO
SbOö -(- 7 HO. Dieselbe Zusammensetzung kommt, nach Heffter
den Krystallen zu, die aus Goldschwefel und Aetznatroniauge durcl
Sieden und Filtriren des wässerigen Auszugs in regelmässigen Octae
dern erhalten wurden. Das Salz ist in kaltem W^asser fast unlöslich
von siedendem bedarf es der 350fachen Menge. Es verliert bei 200<>C
4 Aeq., bei SOO^C. noch 2 Aeq., aber erst bei Glühhitze alles Waaser
Saures metaantimonsaures Natron: NaO.HO.Sb05-(-6ftO
Wird saures metaantimonsaures Kali, welches ganz frei von über*
schüssigem Kali ist, mit irgend einem Natronsalz versetzt, so entsteh
bei überschüssigem Kalisalz sogleich ein flockiger Niederschlag, dei
bald krystallinisch wird, wenn die Lösung nicht gar zu verdünnt war
selbst wenn die Lösung nur Viooo Natronsalz enthält, setzt sich dai
metaantimonsaure Natron nach etwa 12 Stunden in kleinen Krystallei
an den W^änden des Glases ab. Noch vollständiger und schneller ge
schiebt dieses nach Zusatz von etwas Alkohol. Salze von Lithion
Ammoniak und Erden dürfen nicht zugegen sein, wenn auf diese Weis«
Nation entdeckt oder bestimmt werden soll, da sie bei hinreichend ej
Antimonsafran. 115
VardünnuDg ähnliche Niederschläge bilden. Enthält die Flüsaigkoit
lireies Natronhydrat, bo ist das antimonsanre Salz weit löslicher als in
Wasser. Das Salz verliert schon bei etwas über lOO^C. 6 Aeq. Wasser,
das 7te Aeq. erst bei gegen 300® C. 7—
Antimonsanres Nickeloxydul. Schwefelsaures Nickeloxydul
mit einer siedendheissen Lösung antimonsauren Kalis versetzt, giebt so-
gleich eine hellgrüne flockige Verbindung, die aus NiÜ . SbOs -(- ^HO
besteht. Nach einigen Tagen bilden sich in der Flüssigkeit dunkler
gfüne Krystalle von antimonsaurem Nickeloxydul, gleich zusammen-
gesetzt wie das Magnesiasalz und isomorph damit.
Antimonsanres Quecksilberoxyd: HgO.SbOs* Durch dop-
pelte Zersetzung bereitet, bildet es einen orangegelben Niederschlag.
Wird aber 1 Thl. Antimon pul ver, mit 6 bis 8 Thln. Quecksilberoxyd
erhitzt, so destillirt metallisches Quecksilber über, und eine für Säuren
&0I gane anangreifbare Verbindung von Antimonsäure mit Queck-
iSberoxyd bleibt mit dunkel olivengrüner Farbe zurück. Sie kann
bis zum schwachen Glühen, ohne Zersetzung zu erleiden, geglüht wer-
den; bei stärkerer Hitze entweicht Sauerstoff, Quecksilber destillirt ab
und Antimonsäure bleibt zurück. Chlorwasserstoffsäure löst im Kochen
etwas von dem Salz auf und Ammoniak fällt aus dieser Lösung ein
hellgrünes Pulver.
Antimonsaurer Strontian, wurde von Hefft er auf ähnliche
Weise urie der antimonsaure Kalk als amorpher Niederschlag von der
Zusammensetzung SrO.SbOj -[- 6H0 erhalten.
Antimonsaure Thonerde. Giesst man Thonerdelösung in
fiberschüssiges antimonsaures Kali, so wird alle Thonerde, an Anti-
monsäure gebunden, in weissen Flocken abgeschieden, diese sind aber
etwas löslich in überschüssigem Thonerdesalz.
Antimonsanres Zinkoxyd: ZnO.SbOs. Es ist ein unlöslicher
bystaUiiiischer Niederschlag, in überschüssigem Zinkoxydsalz etwas
aidöslich. Erhitzt man denselben, so verliert er etwas Wasser und
wird gelb, jedoch ohne Feuererscheinung. Er schmilzt nicht auf der
Kohle vor dem Löthrohr und wird ohne Zusatz von Alkali nicht re-
daeirt. Heffter erhielt nur ein amorphes Salz, dessen Zusammen-
Mznng er nicht angiebU (F.) By,
Antimon Safran, Metallsafran, Crocua antimonii^ Crocua
uelaüorum. Der gewöhnliche Spiessglanzsafran ist ein Gemenge von
Sehwefelantimon - Antimonoxyd mit etwas Antimonoxyd-Kali, er bildet
^kh bei Einwirkung von Alkalien auf überschüssiges Schwefelantimon
{B. 126 u. 128), so wie beim Behandeln von Antimonlebern mit Wasser.
Er wird auch erhalten durch Verpuffen von gleichen Theilen grauem
Sehwefelantimon mit Salpeter, Auslaugen der geschmolzenen Masse und
Trocknen des Rückstandes (Liebig); oder durch Glöhen von 1 Thl.
pioem Schwefelantimon mit 1 Thl. Salpeter und V2 ^^^ ^ '^^^* kohlen-
ttnrem Kali und Auswaschen mit heissem Wasser. Auch kann man ihn
Erstellen durch Kochen von grauem Schwefelantimon mit Kalilauge;
ier gelbe pulverige Röckstand löst sich nach längerem Erwärmen in
Kalilauge. Kalifrei wird das Präparat erhalten durch Vertheilen von
fruchgefalltem Kermes in einer salzsauren Lösung von Antimonchlorid
and Versetzen der Flüssigkeit mit viel Wasser.
Der Antimonsafran ist ein Präparat von sehr ungleicher Zusam-
116 Antimonseleniuret. — Antimonsulfide.
mensetzuog, er stellt ein branngelbes, in der Hitze za einem gelben
Glase schmelzendes Pulver dar. An Chlorwasserstoffsäure giebt es An-
timonoxjd -Kali ab und löst sich in der Wärme unter Entwickelang
von Schwefelwasserstoff. Das jetzt fast ganz obsolete Präparat wurde
fpuher wohl für sich, hauptsächlich wegen seines Grehaltes an Antimon-
ozyd, zur Darstellung von Brechweinstein benutzt {J, X.) By,
Antimonseleniuret. Antimon verbindet sich mit Selen beim
Erhitzen unter lebhafter, oft bis zum Glühen steigender Erhitzung zu
einer krjstallinischen bleigrauen Masse; dieselbe Verbindung ent-
steht auf nassem Wege durch Fällen von Brechweinsteinlösung mit
Selenwasserstoff; die Formel der Verbindung ist daher wahrscheinlich
SbSe3. Das Selenantimon ist leicht schmelzbar , an der Luft erhitzt,
oxydirt es sich unter Verflüchtigung von seleniger Säure; mit Antimon-
oxyd bei Abschluss der Luft erhitzt, schmilzt es zu einer dem Spiesa-
glanzglaso ähnlichen Masse zusammen. Eine vollständige Untersuchung
des Selenantimons fehlt. Fe,
Antimonsilber, Antimonsilberblende s. Sil-
berantimon u. Rothgültigerz.
Antimonsuboxyd: Sb804. Diese Verbindung wird nach
Marchand ^) gebildet, wenn man eine concentrirte Brechweinstein-
lösung durch eine kräftige Grove'sche oder Bunsen'sche Kette zer-
legt. Es tritt sehr lebhafte Gasentwickelung ein, die zum Theil von-
der Wasserzersetzung, zum Theil von der Weinsäure herrührt, und an
dem positiven Pole scheidet sich das Antimonsuboxyd als schwarzes
Pulver auf der Platinplatte ab , welches bald in Masse auf den Boden
des Gefässes niederfällt. Man giesst die Flüssigkeit ab iind wäscht
das Antimonsuboxyd mit heissem Wasser aus.
Es stellt nach dem Trocknen über Schwefelsäure ein sammtschwar-
zes, schweres, unter dem Mikroskope vollkommen homogen erscheinen-
des Pulver dar, welches unter dem Polirstahle metallischen Glanz an-
nimmt, uud beim Kochen mit Salzsäure in Metall und sich auflösendes
Chlorid zerfällt. Mit Weinstein lösung gekocht, scheidet es ebenfalls
Metall ab, indem Oxyd gelöst wird. Es verliert die letzten Antheile
von Feuchtigkeit sehr schwer. An der Luft erhitzt verglimmt es, min-
der erhitzt zu Oxyd, stärker erhitzt zu antimoniger Säure. Beim Er-
hitzen in einem zugeschmolzenen Glasrohre trennt es sich in einen klei-
nen, sich unten ansammeluden Regulus und in Antimonoxyd, welches
sublimirt. v,
Antimonsulfid e. Das Antimon bildet mit Schwefel zwei
den Oxydationsstufen des Metalls entsprechende Schwefel Verbindungen,
das Antimonsulfid SbSs und das Persulfid SbSs ; die Existenz eines
der antimonigen Säure SbO«, diese als eine eigenthümliche Oxydft-
tionsstufe angesehen, entsprechenden Sulfids ist unsicher.
Antimonsulfid.
Sulfantimonige Säure, Dreifach- oder Anderthalbfach-
Schwefelantimon, Antimonsulfür. Es muss hier das krystalli-
■) Jonrn f. prakt. Chem. Bd. S4, 3. 381.
Antiinonsulfide. 117
Biiehe Salfid von dem amorphen als nach Gewinnung und Eigenschaf-
ten wesentlich verschieden unterschieden werden.
Das krystallisirte oder krjstallinische Antiroonsulfid,
Spiessglanz, roher Spiessglanz, graues Schwefelantimon,
Antimonium crudum^ Sulphuretum oder Seaquiaulphuretum
itihii^ Stibium sulpkuratum nigrum^ Lupus metallorum^ kommt
natürlich als Grauspiessglanzerz vor, dieses wird durch Aus-
schmelzen Ton der Grangart befreit, und dann in spiessigdn grauschwar-
zen Ifassen in den Handel gebracht als roher Spiessglanz, AntimO'
a«M crudum^ Antimome cru^ crude Antmony,
Der Process des Ausschmelzens, das Aussaigern des Schwefelanti-
moDS Ton seiner Gangart, wird auf verschiedene Weise und mit verschie-
denen Einrichtungen vorgenommen. ,
Der einfachste Apparat, der dazu dient, sind konische im Boden
mit einigen Löchern versehene Töpfe von etwa 3S Centimeter Höhe und
22 Centimeter oberer Weite, deren 25 bis 80 in einer Reihe zwischen
zwei ^4 Meter hohen Mauern, die 40 Centimeter von einander abstehen,
oad wovon ein jeder in einem Untersatz, der in den Boden eingegraben
ist, ruht, in der unmittelbarsten Nähe der Grube aufgestellt sind. Der
Baom zwischen diesen Töpfen in den Mauern wird mit Steinkohlen
ingefullt nnd diese mit Beissig angezündet. Ein solcher Topf fasst
etwa 15 Kilogramm; in 40 Stunden lassen sich vier Schmelzungen aus-
fahren, durch welche der Untersatz angefüllt wird. Dieser wird nach
Ansgehenlassen des Feuers vom Obersatz durch einen Schlag ge-
trennt und entleert. Die Vortheile der Methode bestehen in der Er-
spanxng einer Ofenanlage und der Leichtigkeit der Uebersiedlung
ia ganzen Einrichtung an Orte, wohin das Erz oder Brennmaterial
am wohlfeilsten gebracht wird. Aufgewogen werden aber in vielen
Fallen diese Vortheile durch den vergleichungsweise viel grösseren
Br^instoffverbrauch. Es sollen in Malbosc im Ard^che Departement,
wo dieser Apparat noch dient, auf 100 Kilogramm des Products 300
Eüogramxn Steinkohlen und 40 Kilogramm Holz gebraucht werden.
Za Wolfsberg am Harz werden die Grauspiessglanzerze wenig-
iteiu teilweise in ganz ähnlichen Apparaten ausgesaigert.
Cin etwas abweichendes Verfahren ist dasjenige, bei welchem man
mit Beibehaltung der Töpfe mit Untersatz die Heizung in Flammöfen
bewirkt. > Solche Einrichtungen finden sich z. B. zu La Lincoulu im De-
partement der oberen Loire. Ein Ofen, der bis 75 irdene kegelförmige
Töpfe faast, weicht in seiner Form nicht wesentlich von einem gewöhn-
lidien Flammofen ab. Die Töpfe haben eine Höhe von 19" sind oben 1 V%
raten 9'' weit, haben im Boden 5 Löcher von ^j^ Zoll Durchmesser
and Btehen in Untersätzen von bauchiger Gestalt von 9" Höhe und 10"
Wate. Die Untersätze stehen tiefer als die Herdsohle. Jeder der
Häfen wird mit etwa 40 Pfd. Erz zu unterst mit reichem pben mit ar-
oem gefSllt, es wird eine Stunde lang schwach, dann drei Stunden
gtärker ond zuletzt wieder zwei Stunden lang schwächer gefeuert,
damit zuerst die Erzstücke nicht springen, bei dem starken Feuer die
Anaschmelzung vollständig erfolge und doch eine Verflüchtigung des
Piodnctes vermieden werde« Nach einer Abkühlungsdauer von 20
Us 34 Stunden werden die Untersätze entleert. Auf 8000 Pfd. Erz,
not 50 Proc AnUmcnium crudum^ werden 15 bis 16 Cubikfhss Birken-
holz gebraucht Auch zu Wolfsberg bestehen ähnliche Einrichtungen
118 Antimonsulfide.
für die Btrengflösaigen Erze. Abweichend sind von diesen Oelen die
jenigen, die man zu Schmöllnitz in Ungarn constrairt hat, und bei wel
chen die Vorlagen für das flüssige Erz ausserhalb des Ofens angebracli
sind.
Bei allen Verfahningsarten, die auf Anwendung von Topfen g€
gründet sind, machte man die Beobachtung, dass Verluste an diese
Erdwaaren unvermeidlich und beträchtlich sind. Man hat dieselbe
deswegen an mehrern Orten durch Röhren ersetzt. In der Auvergn
dienen Oefen mit vier cylindrischen Röhren, deren jede 500 Pfd. Er
fasst. Diese stehen auf einem Teller, der wie der Boden der Röhre
mit einigen Löchern versehen ist, durch welche das geschmolzen
Schwefelmetall ausfliessen kann, und welche über kleinen Gefache
des Ofens ruhen, in welchen bauchige Töpfe zur Aufnahme der g€
schmolzenen Masse sich befinden. Nach Beendigung einer Operatioi
die drei Stunden dauert, werden die Rückstände entweder durcb di
Ofendecke oben oder aus einer unten in den Cy lindem gelassenen Oefl
nung herausgeschafft und dann aufs neue die Cylinder gefüllt. E
werden bei dieser Einrichtung auf 100 Thle. Änimoniwn crudum 64 Thh
Steinkohlen gebraucht.
Ohne alle Gefässe, nur durch Erhitzen mit geneigter Herdsohli
hat man ebenfnlls versucht, das Schwefelantimon aus seiner Gangai
abzuscheiden. Sowohl zu Linz in Preussen als in der Vendee wir
dieses Verfahren angewendet. Es wird dabei viel an Brennmateria
erspart, und die Vermehning der Erzeugungskosten durch den nich
unbeträchtlichen Verbrauch an Cy lindern oder Topfen bei der andere:
Methode aufgewogen, allein es findet auch ziemlich viel Verflüchtigun]
von Schwefelantimou statt, so dass die Methode besonders da nu
Vortheil bieten kann, wo das Erz wohlfeil, das Brennmaterial aber hoc
zu stehen kommt.
Das natürliche Schwefelantimon kommt in rhombischen Säule
vor, das ausgeschniolzene stellt gewöhnlich schwarzgraue stahlglänzendc
häufig irisirende, strahlig spiessige Massen dar; sein spccif. Gewicli
= 4,62. Es ist leicht schmelzbar, in dünnen Splittern schon in de
liitzß einer Kerzenflamme (wodurch es sich leicht von Braunstein üb
terscheidet) ; es ist weich, abfärbend, leicht zerreiblich, giebt ei
schwarzes Pulver und wird bei abgehaltener Luft in der Hitze unzerset2
verflüchtigt. Im Allgemeinen zeigt es dasselbe chemische Verhalter
wie das amorphe Schwefelantimon; nur sipd die Einwirkungen auf da
kr^'stallinische Sulfid begreiflicherweise weniger rasch, und oft wenige
vollständig (s. unten). Es ist selten reines Schwefelantimon, sonder
enthält gewöhnlich Blei, Kupfer und Eisen, und wohl meistens ivenig
fltens geringe Spuren Arsen. Das Rosenauer Antimoninni wird fa
das reinste gehalten. Wittstein ^) untersuchte vier verschiedene Soi
ten von Antimonium cnidum mit nachfolgendem Resultat:
*) Buchn. Repcrt. f. Pharm. [3.] Bd. V. S. 67. — Nach dorn älteren Atom
gewicht (Sb = 129) berechnet sich bei allen Proben auf 1 Aeq. Antimon etvr«
mehr als 3 Aeq. Schwefel (das Blei als PbS, und das Eisen als FeSg berechnet'
und Wittstein nimmt daher an. dass das Antimonitim crud. etwas Persulfid eut
halte, dessen Menge er zu 4,9, 19,3, 19,0, und 8,0 Proc berechnet. Nach dei
neueren Atomgewicht (Sb = 120) geben die obenstehenden Analysen bei 1 und
etwas zu wenig Schwefel (0.9 und 0,71) zur Bildung von Antimonsulfid; bei 2 nn
S ist wohl ein kleiner Ueberschuss (1,8 und 1,0); bei der Art der Analyse abei
Antimonsulfide. 119
Es enthielten:
1. bontangelaufenes von Kronach Antimon. Bl«i. Eisen. Arsen. Schwefel.
in Oberfranken . . . 62,48 10,40 0,70 Spur 26,42
1 nichtangelaufenes ebendaher . 59,67 1 1,96 0,6S Spur 27,74
3. ungarisches 70,26 — 0,31 — 29,43
4. englisches 71,98 — — — 28,02
Rein darstellen lässt sich das krystalliniache Schwefelantimon aus
dem natürlichen unreinen schwieriger, als durch Zusammenschmelzen
reinen Antimonmetalls mit Schwefel. 13 Gewichtstheile reines Metall-
polvcr mit 5 Thln. Schwefelblumen werden möglichst innig gemengt
und portionenweise in einen erhitzten hessischen Tiegel eingetragen und
Tor jedem Zusatz einer neuen Portion zugewartet bis die Verbindung
der firnhcrcn nnter Feuererscheinung vor pich gegangen ist; man lässt
nach dem Znsammenschmelzen bedeckt erkalten. Feines Pulvern des
Metalls und möglichst inniges Mengen mit Schwefel ist nothwendig,
da sich sonst eine gewisse Menge Metall unverbunden am Boden des
Tiegels ansscheidet, von einem solchen Regulus kann aber das Schwefel-
uitimon leicht mechanisch getrennt werden. Es wird auch empfohlen,
da.<Product noch einigemale mit geringeren Schwefelmengcn zusammen-
sosehmelzen.
Die Prüfung des grauen Schwefelantimons auf andere Schwefel-
stetalle lässt sicli in der Weise ausführen, dass man dasselbe fein ge-
pulvert mit concentrirter Chlorwasserstoffsäure behandelt, bis es voll-
«äicdig zersetzt ist. Ist das Schwefelantimon ziemlich bleihaltig ge-
wesen, so scheidet sich beim Erkalten der Lösung, besonders auf Zusatz
7on "Weingeist, Chlorblei «ib. Durch Zusatz von Wasser zu der durch
Abdampfen von einem Theil der überschüssigen Säure befreiten Lösung
wird Algarothpulver niedergeschlagen, während Eisen, Kupfer und
Arjen als Chloride neben etwas Antimonchlorid in Lösung bleiben.
Ämmoniakflüssigkeit schlägt aus derselben das Eisenoxyd und Antimon-
f*Tjd nieder. Das Kupfer bleibt bei überschüssigem Ammoniak in Lö-
-3ng: und färbt diese blau. Eisen kann in einem anderen Theil der Lö-
sang aneh durch Ferrocjankalium oder Rhodankaliumlösung, die einen
bkaen Niederschlag oder blutrothe Färbung hervorbringen, nachge-
wiesen w^erden,
Aaf Arsen lässt sich das Schwefelantimon prüfen durch Pulvern,
Verpuffen mit Chilisalpeter und kohlensaurem Natron, Auskochen mit
Wasser, und Versetzen des Filtrates mit Salzsäure, Reduciren durch
«cbwelii«»^e Säure und Fällen mit Schwefelwasserstoff, wodurch das Ar-
fen ah Schwefelarsen ausgeschieden wird, welches dann weiter zu
QT^rsnc^hen ist, da ihm noch Schwefelantimon beigemengt sein kann.
Wackenroder behandelt 20 Grm. Schwefelantimon in der an-
jre^ebenen Weise mit 20 Grm. kohlensaurem Natron und 40 Grm.
Cbilisalpeter; aus dem Schwefel wasscrstoffniederschlag wird dasSchwe-
ftlaraen mit kohlensaurem Ammoniak ausgezogen, wobei das Schwefel-
utimon zurückbleibt.
I
M welcher die Controle fQr die richtige Bestiramnng des Schwefels fehlt, ond
Wi der das Antimon gar nicht bestimmt wurde, erscheint Wittstein's Annahme
«fts der Gegenwart von Antimonpersulfid nicht hinreichend begründet, um so weni-
^. dft »einer Annahme bekanntlich die Thatsache widerspricht, dass das Antimon-
yamü&A beim Schmelzen sieb zersetzt in fVeien Schwefel und Antimonsulfid.
120 Antimonsulfide.
Nach Weigand lässt sich aber zuerst dem feingepolverten Schwc
felantimon der grösste Theil des Arsens durch 488tündige Digesdoi
mit der doppelten Menge ätzenden Ammoniaks in einer verschlossene]
Flasche und öfteres Schütteln entziehen. Die abfiltrirte Flässigkeit enl
hält neben dem Schwefelarsen immer etwas Schwefelantimon, die beid
durch Ansäuern mit Chlorwasserstofisäure daraus niederfallen. Ma:
kann deshalb die ammoniakalische Lösung zuerst an der Luft stehe
lassen, wobei das Antimon sich oxydirt und als Oxyd ausscheidel
aus dem Filtrat fällt dann Salzsäure, am besten nach Zusatz von etwa
SchwefelwasserStofiF das Arsen. Der auf eine oder die andere Weis
erhaltene Niederschlag ist dann auf eine der im Artikel ,,Arsen^^ an
gegebenen Methoden weiter zu untersuchen.
Vorzugsweise ist der beim schwachen Erwärmen von etwas übei
schlissigem Schwefelantimon mit Salzsäure bleibende unlösliche Rück
stand auf Arsen zu untersuchen.
Amorphes Antimonsulfid, braunrothes Schwefelantimon
zum Theil Mineralkermes, Karthäuserpulver, Kermes minerak
Pulvis Carthusianoruni, Sulphur sUinatum rulnrum^ Stibiwn sulphuraium ru
heum.
Die Vorschriften zur Darstellung des sogenannten Mineral^Kerme
sind sehr zahlreich, keineswegs aber liefern alle ein gleiches Produd
Die hauptsächlichste Verschiedenheit in den gewonnenen Productei
beruht in einem wechselnden Gehalt von Antimonoxyd, welches den
Antimonsulfid meistens beigemengt ist, man muss deswegen oxydfreiei
Kermes von dem oxydhaltenden unterscheiden. Der oxydfreie Ker
mes ist nur amorphes Antimonsulfid und unterscheidet sich vom Ana
monium crudum, wesentlich nur durch den Mangel an Krystallgestalt
seine feinere Vertheilung uiid die braunrothe Farbe. Man kann amor
phes Antimonsulfid, naeh Fuchs, durch Schmelzen von grauem Schwe
felantimon während längerer Zeit und sehr rasches Erkalten erhalten
indem man das Glas, worin die Schmelzung vorgenommen wurde, ii
eine grössere Menge kalten Wassers wirft
Der oxydfreie Kermes, reines amorphes Schwefelantimon wird aui
nassem Wege, nach Liebig's Methode, durch Fällen der Lösung voi
Schwefelantimon in Kalilauge mit Säure (s. oben) erhalten; odei
durch Glühen von 1 Äntimonium crudum mit 2 Thln. schwarzem Fhisi
(aus 1 Salpeter und 2 Weinstein); die geglühte Masse wird mit Was-
ser ausgekocht, und das klare Filtrat mit kohlensaurem Alkali ve^
setzt; der Niederschlag ist oxydfreier Kermes (Liebig).
Endlich wird amorphes Schwefelantimon immer durch Zersetzung
der reinen Antimonlebem (S. 124 u. 125) erhalten; und aus dem
oxydhaltenden Kermes, wenn dieser mit Weinsäure bei gelinder Wärme
digerirt und dadurch das Oxyd gelöst wird.
Die gewöhnlichsten Methoden der Darstellung von Kermes aui
nassem Wege beruhen auf dem Verhalten des Schwefelantimons gegen
Alkalien (S. 129). Die meisten liefern einen oxydhaltenden Kermes,
der vielleicht gerade durch den Gehalt an Oxyd wirksamer sein mag;
durch Weinsäure kann dieses entzogen werden.
Die älteste vom Pater La Ligerie herstammende Methode, den
Kermes zu bereiten, besteht darin, dass man feingepulvertes graues
Schwefelantimon mit einer Lösung kohlensauren Alkalis kocht und die heisfl
Antiinonsalfide. 121
filtriite Lösung erkalten lasst, wobei sich Kennes abscheidet. Dieselbe
ist aach in der neuesten Auflage der preussischen Pharmakopoe auf-
genommen, wo sich folgende besondere Vorschrift findet.
Drei Pfund kohlensaures Natron werden in 30 Pfund gewöhnü-
efaen Wasser gelöst und bis zum Sieden erhitzt, der Lösung unter
Umrühren vier Unzen geschlämmtes graues Schwefelantimon zugesetzt,
mit dem Kochen zwei Stunden fortgefahren, das verdampfte Wasser
immer wieder ersetzt, und die Lösung siedend heiss in ein Gefiiss, das
heisses Wasser enthält, filtrirt. Nach dem Erkalten wird der Nieder-
schlag auf ein Filter gebracht und auf diesem mit destillirtem Wasser
aosgewaachen, bis die Flüssigkeit rothes Lackmuspapier nicht mehr bläut
und anfangt etwas gefärbt abzufliessen. Der Niederschlag, oxydhal-
tender Kermes, wird zuletzt etwas zwischen Fliesspapier gepresst, bei
etwa 25® C. getrocknet, rasch zerrieben imd an einem dunkeln Ort in
wohlTerschlossenen &efässen aufbewahrt.
Wegen der Schwerlöslichkeit des krjstallisirten Schwefelantimons in
kohlensaurem Natron schlägt Liebig vor, zuerst amorphes Schwefelanti-
mon darzustellen, um es zur Eemiesbereitung zu verwenden. Die Vor-
schrift, die er dazu giebtund welche auchKossmann^) als die beste em-
pfiehlt, ist folgende : Man koche 1 Tbl. fein gepulvertes graues Schwefel-
antimon mit 1 Tbl. Kalihydrat und 30 Thln. Wasser (oder 1 Thl. Schwefel-
antimon, 4 Thle. £[alilauge von 2,25 specif. Gew. und 12 Thle. Wasser
oder 1 Thl. Schwefelantimon, 1 Thl. kohlensaures Soili, 1 ^^ Thl. Kalkhydrat
und 15 Thle. Wasser) eine Stunde lang und setze zu der filtrirten noch
heiseen Flüssigkeit verdünnte Schwefelsäure, um das amorphe Schwefel-
antimon zu fällen ; das dickliche Gemenge theile man in drei Theile und
fibergiesse es in drei verschiedenen Gefassen mit Wasser, lasse es ab-
atzeD, entferne das Wasser nnd erneuere es bis der Niederschlag gut
ausgewaschen ist, bringe sodann die Niederschläge auf drei verschiedene
Filter. Man löse 1 Thl. wasserfreies (oder 2,7 krystalllBirtes) kohlen-
saures Natron in 34 Thln. Wasser, und trage in die filtrirte Lösung den
Niederschlag vom ersten der drei Filter ein, koche eine Stunde lang und
stelle die Lösung, in der kein ungelöstes Schwefelantimon zurückgeblie-
ben sein wird, zum Erkalten. Es scheidet sich hierbei der Kermes ab;
die fiber demselben stehende Flüssigkeit wird zum Kochen gebracht und
der zweite Niederschlag zugefügt, ebenso wie mit dem ersten verfah-
ren, dann wird das Nämliche mit dem dritten Niederschlage vorgenom-
men. Der ans der zweiten Kochung sich absetzende Kermes ist ge-
wöhnlich der schönste. Die Niederschläge werden mit kaltem Wasser
ausgewaschen, das Gewicht derselben nach dem Trocknen beträgt
naheza die Hälfte des angewendeten grauen Schwefelantimons. Der
Vorgang bei diesem Verfahren ist unten bei dem Verhalten des Anti*
monsnifids gegen reine und kohlensaure Alkalien genau angegeben.
Weil die Lösungen der ätzenden Alkalien das Schwefelantimon
viel reichlicher auflösen als die der kohlensauren, wird auch Kali- oder
Natronlaoge als Lösungsmittel angewendet Sind die Lösungen der
Alkalien in grossem Ueberschuss vorhanden, so setzt sich aus den mit
Sehwefelantimon gekochten Flüssigkeiten beim Erkalten kein Kermes
ab. Die Mntterlangen, nach dem Absetzen des Kermes mit dem noch
^) JouriL de pbann. et de chim. [8.] Y. T. I, p. 18 u. 821,
122 Antimonsulfide.
ungelösten Theil des grauen Schwefelantimons gekocht, liefern noch
neue kleinere Mengen von Kermes. Wenn man, nach Duflos, 100 Thle.
graues Schwefelantimon 1/4 Stunde lang mit einer Lösung von 30 Thln.
Kalihydrat in 300 Thln. Wasser kocht, so erhält man nach dem Erkalten
25 Thle. Kermes, eine zweite Kochung der Mutterlauge mit dem unzer-
setzten Schwefelantimon liefert 10 Thle., eine dritte 3,2 Thle. Kermei«.
Aus einer überschüssiges ätzendes Alkali enthaltenden, und nach dem
Erkalten nichts absetzenden Lösung wird Kermes abgeschieden, wenn
man einen Strom von Kohlensäure durch dieselbe leitet, und nachdem
auch Kohlensäure nichts mehr abscheidet, fallen stärkere Säuren noch
mehr Kermes; der auf diese Weise bereitete Kermes enthält gewöhn-
lich auch etwas Antimonoxyd, namentlich aber ist dem Schwefelantimon
etwas Antimonpersulfid-Schwefelkalium oder -Schwefelnatrium beige-
mengt, welches sich nach der Ansicht von H. Rose dadurch bildet,
dass ein Theil des Antimons durch Luftzutritt sich oxydirt und seinen
Schwefel an einen anderen Theil Antimonsuliid abgiebt, Persulfid bil-
dend. Es findet sich in dem frischen Niederschlage, der eine dun-
kelbraune , schwierig auswaschbare und schwer zu trocknende Masse
darstellt, reichlicher, dieser ist nämlich 2 SbSg -j- KS. SbSj; es
wird aber dnrch Auswachen mit heipsem Wasser ziemlich daraus ent-
fernt, und was zurückbleibt ist 9 SbSs -f- KS . SbSs.
Weitere Methoden der Darstellung des Kermes sind: Kochen des
Schwefelantimons mit Kalilauge und Schwefel, oder Kochen einer Lo-
sung von Antimonpersulfid -Natrium mit metallischem Antimon, Filtri-
ren und Fällen durch eine Säure. Der letzte Weg wurde vorgeschla-
gen, weil sich das Antimonpersulfid- Natrium arsenfrei erhalten lässt,
und daher durch Kochen mit arsenfreiem Antimon sich arsenfreier
Kermes darstellen lasse; es werden also zwei arsenfreie Präparate vor-
ausgesetzt, der Vortheil ist daher nicht gross.
Der oxydfreie Kermes, nach der Methode von Fuch-s dargestellt, ist
eine dichte rissige Masse von muschligem Bruch und härter als Grau-
spiessglanz, seine Farbe ist bleigrau, in dünnen Stücken dunkelhyi^zinth-
roth, ^die des Pulvers rothbraun, etwas minder hell als die des gewöhn-
lichen Kermes; sein specif. Gewicht ist 4,15. Das nach anderen Me-
thoden gewonnene amorphe Sulfid ist ein braunrothes lose zusammen-
hängendes Pulver, das auf Papier beim Reiben einen braunrothen Strich
giebt*; es ist specifisch leichter als Grauspiessglanzerz, und leitet nicht
die Elektricität; es enthält Wasser, welches noch unter 100^ C. ent-
weicht. Wird oxydfreier Kermes einige Zeit lang mit kalter Chlor-
wasserstoffsäure behandelt, oder geschmolzen und sehr langsam abge-
kühlt, so verwandelt er si'ch in krystallinisches Schwefelantimon, der
oxydhaltige aber liefert im letzteren Falle nur eine schlackenartige
Masse ohne krystallinisches Gefüge.
Der gewöhnliche Kermes ist nicht reines Antimonsulfid, sondern
enthält wechselnde Mengen von Antimonoxyd, und nicht selten Anti-
monsulfid-Schwefelnatrium. Die mikroskopische Untersuchung des Ker-
mes zeigt, dass das Antimonoxyd nicht in chemischer Verbindung darin
existirt, da man neben dem Antimonsulfid zahlreiche kleine weisse ELry-
stallnadeln darin wahrnimmt. Die Menge des Antimonoxyds ist in
demjenigen Kermes am geringsten, der durch einmaliges Auskochen des
grauen Schwefelantimons gewonnen wurde. Kermesproben , die durch
ein zweitmaliges oder drittes Auskochen erhalten worden waren, erga-
Antimonsulfide. ' 123
zcngen.
Wird ein trockenes Gemenge von gleichen Theilen Antimonsulfid
') Nach Vcwacbcn von Sontienberg stieg der Gehnlt des Kertnes an Anti-
•onoxytl bei viermaligem Aaskochen von 8 Proc. auf 33, 43 und 67 Proc. Wenn
*" ricbtifij ist, folgt daraus, das^s der Kermes jedenfalls ein unsicheres Präparat
mi,ht and da^a zu seiner Darstellung eine genaue und feste Vorschrift zu geben
K wenn man nicht vorzieht Oxyd und Sulfid in bestimmten Verhältnissen zu men-
S^ was wohl allein ein gleichbleibendes Product giebt.
ben einen immer reichlichem* Antimonoxydgehalt i). Anch die Tem- ^
peratur, unter welcher die KermesausBcheidung erfolgt, bedingt einen
Terschiedenen Antimonoxydgehalt. '
Die Farbe des gewöhnlichen Kermes ist braunroth, derselbe ist j
ein lose zusammenhängendes Pulver, das beim Beiben auf Papier einen i
brannrothen Strich giebt. Nach dem Auswaschen mit kochendem Was-
?ar wird der Strich des Kermes schwarzgrau (Lieb ig). Durch Schmel* * <
zen and langsames Abkühlen liefert der oxydhaltende Kermes eine
sehlackenartige Masse, die nichts Krystallinisches zeigt.
Das Antimonsulfid erleidet durch Einfluss anderer Körper ver-
tthiedene Zersetzungen, und zwar das amorphe leichter als das kry-
itallinische, im Ganzen aber kommen beide in dieser Hinsicht ziemlich
mit einander nberein. Das trockene amorphe Antimonsulfid verglimmt an
der Lafl, wenn es mit einem glühenden Körper berührt wird, das graue
Schwefelantimon verbrennt, bis über den Schmelzpunkt erhitzt, mit
blauer Flamme (ohne Flamme bei geringer Hitze, s. Antimouasche);
die Oxydationsproducte sind schweflige Säure , Antimonoxyd und Anti-
moDÄäure. Das amorphe Antimonsulfid wird, im frisch gefällten Zu-
stande mit sehr viel Wasser Übergossen und lange damit gekocht, zer-
legt, und es bleiben Schwefelwasserstoff und Antimonoxyd gelöst, in
lufthaltigem Wasser sollen geringe Mengen von Kermes nach und nach
Töllig verschwinden. Wasserdampf über glühendes Schwefelantimon
geleitet, bildet ebenfalls Antimonoxyd und Schwefelwasserstoff; ersteres
▼erbindet sich mit unzersetztem Schwefelantimon, und es sublimirt ein
Pomeranzen gelber Körper.
Chlor zersetzt das Antimonsulfid in der Wärme vollständig unter
Büdang von Antimonchlorid und Chlorschwefel.
Chlor was 3 erste ff gas zerlegt das Antimonsulfid in der Hitze,
▼ie starke wässerige Salzsäure beim Kochen in Schwefelwasserstoff und
Antimonchlorid, das im letzteren Falle in überschüssiger Säure gelöst
bleibt (s. Antimonchlorid).
Durch concentrlrte Salpetersäure wird das Antimon des Anti-
Bionsalfids zu Antimonoxyd, der Schwefel theilweise zu Schwefelsäure
oxfdirt, ein Theil des Schwefels bleibt dem weissen, Antimonoxyd,
Schwefelsäure und Salpetersäure haltenden Pulver beigemengt.
Königswasser mit überschüssiger Salzsäure löst das Schwefel-
utiinon, es entsteht Antimonchlorid und Schwefelsäure, der Rück-
wand ist Schwefel, dem oft etwas Antimonsäure beigemengt ist.
Concentrirte Schwefelsäure bildet schweflige Säure und schwe-
felsanres Antimonoxyd, während der Schwefel zusammengeballt zurück-
bleibt.
Wasserstoff gas über glühendes Antimonsulfid geleitet, reducirt
teras Metall unter Bildung von Schwefelwasserstoff, Kohle damit
befiig geglüht, soll Schwefelkohlenstoff und metallisches Antimon er-
124 ' Antiinonsulfide.
und Jod in einer Betorte im Sandbade langsam erwärmt, so erheben sieh
rothe Dämpfe von Antimonjodid-Solfid, welches sich in der Vorlage
verdichtet Derselbe Körper bildet sich, wenn 24 Thle. Antimon, 9 Thle.
Schwefel und 68 Thle. Jod, oder wenn 2 Thle. Antimon mit 9 Thln.
Jodschwefel der Sublimation unterworfen werden. Das Sublimat stellt
glänzende durchsichtige blutrothe Blätter und Nadeln dar, die leichter
sich verfluchtigen als das Antimonjodid , und in gelinder Wärme
schmelzbar sind. Die Masse hat einen stechenden Geschmack und wi-
drigen Geruch. Henry und Garot geben ihr die gewiss unrichtige
Formel ShSs^s* Wird sie an der Luft stark erhitzt, so zerfällt sie
in schweflige Säure, Joddampf und Schwefel, Antimon und Antimon*
oxyd« Durch Chlor wird sie in Chlorantimon, Chlorschwefel und Chlor-
jod umgewandelt. In Wasser zerfällt sie in Jodwasserstoff und ein
Gemenge von ungelöstem Schwefel, Antimonpxyd und etwas Jod-
antimon.
Mit salpetersaurem Kali oder Natron geglüht, wird das
Schwefelantimon mit grosser Heiligkeit oxydirt; unter Feuererscheinung
schmilzt die Mischung mit Aufschäumen und wird, wenn die Verbrennung
vollendet ist, wieder trocken, und weiss, wenn das Schwefelantimon r^
von fremden Metallen war. Nimmt man weniger Salpeter, als zur voll-
ständigen Verbrennung gehört, z. B. auf 10 Thle. Antimon weniger als
14 Thle. Salpeter, so bleibt eine Doppelverbindung von Schwefelkalinm,
Schwefelantiroon und Antimonoxyd. Je nach dem Verhältniss an Salpe-
ter, enthält die verbrannte Masse Antimonsäure, antimonige Säure
oder Antimonoxyd und Schwefelsäure, verbunden mit Kali. Bei einem
Verhältniss von 10 Thln. Schwefelantimon auf 17 Thle. Salpeter ist Sauer-
stoff genug vorhanden, um allen Schwefel in Schwefelsäure und alles
Antimon in Antimonsäure zu verwandeln; setzt man dieser Mischung
vor der Verpuffung noch 4 Thle. kohlensaures Eitli zu, so bleiben die
gebildeten Säuren als neutrale Salze in der verbrannten Mischung.
- Mehrere Metalle entziehen dem Antimonsulfld in der Glähhitze,
mit demselben zusammengebracht, den Schwefel,, so z. B. Eisen, Ka-
lium und Natrium (Potasche oder Soda mit Kohle gemengt) und an-
dere. Es bildet sich dabei Schwefelmetall, das sich zuweilen mit un-
zersetztem Autimonsulfid verbindet, und andererseits kann sich über-
schüssiges Metall mit dem reducirten Antimon vereinigen.
Mit verschiedenen Schwefelmetallen geht das Antimonmüfid
zum Theil natürlich vorkommende Verbindungen ein, Sulfantimo-
niite nach Berzelius, das sind Sulfosalze, worin dem Antimonsulfid
die Bolle der Säure zukommt. Es gehören dahin der Haidingerit,
Berthierit, Nickelspiessglanzerz, Bothgültigerz, einige Fahlerze, Hete-
romorphit, Boulangerit, Jamesonit, iMeneghinit (s. diese Art und An-
timonerze). Die wichtigsten Sulfantimoniite sind die der niedrigsten
Sulfurete der Alkalimetalle, die sogenannten Antimonlebern,
Spiessglanzlebern, Hepar antimonii. Gemengt mit Oxyd in
wechselnden Verhältnissen erhält man sie beim Zusammenschmelzen
von kohlensauren Alkalien mit Schwofelantimon, oder von metallischem
Antimon mit schwefelsaurem Kitli; frei von Oxyd werden sie erhalten,
wenn schwefelsaure Alkalien und Kohle mit Schwefelantimon, oder
kohlensaure Alkalien mit Schwefel, Schwefelantimon und Kohle, oder
Antimonpersulfid-Natrium mit metallischem Antimon zusammengeschmol-
zen werden.
Antimonsulfide. 125
Alle diese Antinionlebeni sind sehr leichtflüssig, an der Luft zer-
ffiesslich oder unveränderlich, je nach dem Verhültniss des alkali-
•eben Schwefelmetalls und des SchwefelantiiQons; sie sind im Wasser
mehr oder weniger löslich, wenn das Gewichtsverhältniss des Schwe-
felantimons zum Schwefelalkali kleiner ist, wie 2:1; sie sind unlöslich,
wenn das erstere grösser ist.
Im geschmolzenen Zustande sind die Antimonlebern schwarz oder
lehwarzbraun, kiystallinisch; ihre Auflösungen, mit gepulvertem Schwe;
felantimon gekocht, lösen eine neue Quantität davon auf, welche sich
beim Erkalten als flockiger Niederschlag, eine Verbindung von
Schwefelantimon mit dem Schwefelalkali, abscheidet. Aus den Auf*
lösungen schlagen Säuren amorphes Antimonsulfid nieder; auf
eine ähnliche Art verhält sich kohlensaures Ammoniak. Doppelt-
kohlensaure Alkalien schlagen sogleich unlösliches Schwefelantimon-
Schwefelkalium oder -Schwefelnatrium nieder; mit gewöhnlichen koh-
lensauren Alkalien vermischt, bleibt die Auflösung anfangs klar, erstarrt
aber nach einiger Zeit zu einer zitternden Gallerte, welche die nämliche
Verbindung enthält. Dasselbe geschieht, wenn die mit Antimonsulfid
gesättigte Auflösung der Lebern in Wasser mit vielem kalten Wasser
verdünnt wird. An der Luft verändert sich die Auflösung der Anti-
Donlebern ausnehmend schnell, es entsteht eine Antiroonpersulfid-Ver-
Mndung, und es scheidet sich eine Portion Antimonsnlfid 'in Gestalt
brauner, metallisch glänzender Häute oder als Pulver ab.
Das Verhalten der Metalloxyde, besonders das der reinen
and der kohlensauren Alkalien gegen Schwefelantimon, bietet in
Hinsicht auf die Kermesbildung besonderes Interesse, und ist namentlich
von Liebig näher untersucht.
Eine geringe Einwirkung zeigt wässeriges Ammoniak auf kry-
stallisirtes und selbst auf amorphes Schwefelantimon; in Schwe-
felammonimn , am leichtesten im Polysulfuret, ist das Antimonsulfid
ToLLständig löslich.
Verhalten der fixen kaustischen Alkalien gegen Schwe-
felantimon. Die Wirkung, welche die reinen fixen Alkalien auf das
Sehwefelantimon äussern, ist vorzugsweise studirt worden ; sie verhalten
aeh auf nassem und trockenem Wege vollkommen gleich, und es genügt, die
eine oder andere genau zu kennen, um sich alleErscheinungeil dieser Zer-
aetsung, so verwickelt sie auch zu sein scheinen, erklären zu können. Das
Sdiwefelantimon verhält sich gegen Alkalien dem Schwefelarsenik (ilu-
piffmentum) ähnlich, aber die eigenthümliche Fähigkeit des Anti-
inlfids, mit den alkalischen Schwefelmetallen und mit Antimonoxyd
Vcrfoindangen in mannigfaltigen Verhältnissen zu bilden, macht, dass
& Zersetzungsproducte von denep des Schwefelarseniks abweichen.
Die ätzenden fixen Alkalien lösen auf nassem Wege dar-
gestelltes Schwefelantimon, wenn es, mit Wasser zu einem dünnen Brei
angerührt damit zusammengebracht wird, schon in der Kälte ohne
Hüek^and auf und bilden eine vollkommene Auflösung. Diese
Aoflösliciikeit hat aber eine bestimmte Grenze. Bringt man nämlich
mehr Schwefelantimon mit der Lauge zusammen, als in der Kälte auf*
gelöst werden kann, so wird dieser üeberschuss zersetzt, und nur
eiiis der Producte dieser Zersetzung geht in die Auflösung ein, es findet
unvollkommene Auflösung statt, und es bleibt ein kömig-kry-
126 Antimonsulfide.
fltallinischer, gelber Rückstand, welcher übrigeiiä vollkommen verschwin-
det, wenn er wiederholt mit neuer Lauge digerirt wird.
Diese Erdcheiuung erklärt sich leicht aus den Zersetzungsproduo-
ten. Das alkalische Oxyd giebt nämlich seinen Sauerstoff an einen
Theil des Schwefelantimons ab und verbindet sich mit dessen Schwefel;
auf der einen Seite entstehen 3 At. Einfach -Schwefelkalium, auf der
anderen 1 At. Antimonoxyd. Schwefelkalium löst Schwefelantiraon in
beträchtlicher Menge auf, und Antimonoxyd bildet mit freiem Alkali
eine in Wasser, namentlich aber in schwachen Alkalilaugen, lösliche
Verbindung. Die vollkommene Auflösung enthält demnach Schwe-
felkalium (3 KS), Schwefelantimon, Antimonoxyd (Sb O3) und Kali.
Die Auflösung des Schwefelantimons wird nun begrenzt durch die Auf-
löslichkeit des Antimonoxyds in der vorhandenen Alkalilauge. Ist diese
mit Antimonoxyd -Alkali gesättigt, und wird derselben mehr Schwefel-
antimon zugesetzt, so geht die Zersetzung desselben durch das vorhan-
dene freie Alkali noch wie vorher von statten, nur mit dem Unterschiede,
dass das neugebildete Antimonoxyd sich nicht auflösen kann, es bleibt
im Rückstand, welcher ein Gemenge ist von zwei Verbindungen, näm-
lich von Antimonoxyd-Alkali und Antimonoxyd-Schwefel-
antimon. Dieses Gemenge bezeichnet man gewöhnlich als Crocus
antimonii^ Antimonsafran. Das auf Kosten des überschüssig zuge-
setzten Schwefelantimons neugebildete Schwefelkalium geht aber in die
Auflösung ein, und mit ihm eine neue Portion Schwefelantimon. Die
Flüssigkeit, welche oben unvollkommeneAuflösung genannt wurde,
enthält demnach, bei gleichem Volum und gleicher Concentration, die
nämliche Quantität Antimonoxyd- Alkali, wie die vollkommene Aufiösung;
sie enthält aber eine grössere Menge Schwefelkalium und daher mehr
Schwefelantimon. Das Verhalten beider Auflösungen gegen andere
Körper erklärt sich aus dem Vorhergehenden leicht
Wird die vollkommene Auflösung mit Wasser verdünnt, und
vermischt man sie mit einer Säure, oder leitet Kohlensäure hinein, so
entsteht ein feuerrother Niederschlag von reinem Schwefelantimon,
ohne dass man die geringste Entwickelung von Schwefelwasserstoffgas
bemerkt. £s ist nämlich klar, dass die Schwefelmenge des Alkalisulfurets
(3KS) genau entspricht dem Sauerstoffgehalt des Antimonoxyds (SbOs);
beide befinden sich in der Flüssigkeit neben einander. Durch den Zusatz
einer Säure muss mithin das Alkalisulfuret zerlegt werden in Oxyd and
in eine Quantität Schwefelwasserstoff, welche genau hinreicht, um mit
dem Antimonoxyd Wasser und Antimonsulfld zu bilden.
Die unvollkommene Auflösung verhält sich anders. Der Zusatz
einer Säure bewirkt zwar ebenfalls eine Fällung von Schwefelantimon,
allein es entwickelt sich hierbei eine reichliche Quantität Schwefelwasser-
•stoff; dies kann natürlich nicht anders sein, da das zur Reduction des-
selben erforderliche Antimonoxyd bei der Bildung dieser Auflösung als
Crocus ungelöst im Rückstand blieb.
Gegen kohlensaures Ammoniak und doppelt- kohlensaure Alkalien
verhalten sich beide Auflösungen auf eine andere Weise. Werden sie
im concentrirten Zustande damit vermischt, so erhält man einen
schmutzigbraunen, gallertartigen Niederschlag, welcher eine unauflösliche
Verbindung ist von 3 At. Schwefelantimon mit 1 At. Schwefel -Kalium
oder -Natrium, und es bleibt in der Flüssigkeit Schwefel-Kalium oder -Na-
trium zurück. £s findet ferner eine Zersetzung des Antimon oxyd-Alkalid
AntimoDsuIfide. 127
!tatt, ron welchem der grösi^te Theil niederfällt, wenn durch den Zusatz
des doppelt -kohlensauren Salzes das ätzende Alkali in einfacli-kohlen-
saures äbergeht. Die Abscheidung des Antimonoxyds wird aber nicht
auäschliesslich von dem Zusatz des doppelt-kohlensauren Salzes bewirkt,
sondern da das Antimonoxyd eine ausgezeichnete Verwandtschaft zu
Schwefelantimon besitzt, mit dem es gern Verbindungen in festen Verhält-
nissen bildet, so erfolgt bei der Abscheidung beider aus der nämlichen
Flüssigkeit eine partielle Zersetzung des Schwefelantimon -Schwefel-
alkalimetalles, in der Art, dass ein Theil des letzteren vertreten wird
durch Antimonoxyd.
Es ist klar, dass bei der Zersetzung der vollkommenen Auflösung
Biit doppelt-kohlensauren Alkalien der Niederschlag mehr Oxyd enthält,
als bei der unvollkommenen; denn die letztere enthält, im Verhältniss
zum aufgelösten Schwefelantimon, von Anfang an weniger Oxyd.
Mit einfach kohlensauren fixen Alkalien lassen sich beide Auflösun-
gen ohne Tröbung mischen, nach einiger Zeit erstarrt aber die Mischung
SU einer durchscheinenden braunen Gallerte, welche die nämlichen Be-
itandtheüe wie der erwähnte Niederschlag enthält.
Die nn vollkommene, d. h. die mit Schwefelantimon gesättigte
Aaflösnng wird häufig beim Verdünnen mit Wasser gallertartig, in-
dem mit der Concentration die Auflöslichkeit des Schwefelantimons in
dem Schwefelkalium abnimmt; der Niederschlag ist rothbraun und ent-
käit die oft erwähnte Verbindung von Antimonsuliid mit alkalischem
Schwefelmetall und eine gewisse Portion Schwefelantimon-Antimonoxyd.
Mit einem löslichen Bleisalze vermischt, geben. beide Auflösungen
einen Niederschlag, welcher neben freiem Bleioxyd Schwefelblei,
Schwefelantimon und Antimonoxyd enthält.
Die vollkommene Auflösung absorbirt an der Luft mit Begierde
Saoerstoffgas ; nach einiger Zeit bemerkt man auf dem Boden des Ge-
fisaes glänzende weisse Krystalle von antimonsaurem Alkali; mit doppelt
kohlensauren Alkalien vermischt, giebt die Lösung jetzt keinen Nieder-
schlag mehr; aber Säuren schlagen daraus Goldschwefel nieder unter
Entwickelung von Schwefelwasserstofigas. Die Aenderung, welche die
Auflösung erleidet, ist folgende:
Von den 3 At. Schwefelkalium (3 KS) oxydiren sich 2 At. Kalium,
und diese geben ihren Schwefel an das aufgelöste Schwefelantimon ab;
es entsteht Antimonpersulfid- Schwefelkalium (SbSs -f- KS). Bis zu
dem 2^itpunkte, wo sich diese Verbindung gebildet hat, geht der Sauer-
stoff an das Alkalimetall; man bemerkt kein antimonsaures Alkali;
nachdem aber alles Antimonsulfid in Antimonpersulfid verwandelt ist,
tritt der Sauerstofl* der Luft an das aufgelöste Antimonoxyd -Kali; das
Oxyd geht in Antimonsäure über.
In dem Vorhergehenden sind die Veränderungen berührt worden,
welche amorphes Schwefelautimon, also in dem höchsten Zustande der
Zertheilung, in der Kälte durch kaustische Alkalien erleidet. Die
Wirkung der kaustischen Alkalien auf überschüssiges Schwe-
felantimon in der Hitze und die Producte, die sich hierbei
bilden, sind die nämlichen, mit dem einzigen Unterschiede jedoch,
dass sich in der heissen Flüssigkeit, und zwar in dem entstandenen
AlkalLsulfuret , mehr Schwefelantimon auflöst, als sie in der Kälte zu-
roekbehalten kann, woher es kommt, dass die Flüssigkeit beim Erkal-
ten einen Niederschlag bUdet, welcher alles überschüssige Schwefel-
128 Antimonsulfide.
antimon enthält Dieser Niederschlag ist aber nicht reines Schwefel-
antimon, denn die Verwandtschaft dieses Körpers bedingt eine partielle
Zersetzung der aufgelösten Materien in der Art, dass eine Portion da-
von mit Schwefelalkalimetall, eine andere mit dem vorhandenen Anti-
monoxyd in Verbindung tritt. Dieser Niederschlag ist demjenigen
ähnlich zusammengesetzt, welcher beim Zusatz von doppelt-kohlensaurem
Alkali zu der in der Kälte bereiteten Auflösung des Schwefelantimons
in Aetzkali gebildet wird.
Wird die über diesem Niederschlage stehende kalte Flüssigkeit von
.demselben getrennt, mit doppelt-kohlensaurem Alkali vermischt, so er-
hält man einen neuen Niederschlag von derselben Farbe, aber von
anderer Zusammensetzung, denn er enthält kein Antimonoxyd mehr; er
ist eine Verbindung von Schwefelantimon mit Alkalimetallsulfnret.
Alle seither erwähnten Niederschläge ändern sich in ihrer Zusam-
mensetzung, wenn sie sehr lange mit kaltem lufthaltigen oder mit ko-
chendem Wasser behandelt werden. Den antimonoxydhaltigen entzieht
das Wasser fortwährend Antimonoxyd in Verbindung mit Alkali; zuletzt
bleibt Antimonsulfid von dunkler Farbe.
Die kaustischen Alkalien verhalten sicti gegen krystallini-
sches Antimonsulfid ähnlich wie gegen amorphes, nur mit dem
Unterschiede, dass es, seiner Beschaffenheit wegen, weniger leicht auf-
gelöst wird, und dass in der Kälte unter allen Umständen Crocus zurück-
bleibt Nach Berzelius beträgt das Gewicht desselben 49 Proc. von
dem angewandten Schwefelantimon; allein dieses Verhältniss wechselt
nach der Menge der Kalilauge und nach dem Grade der Verdünnung
der Flüssigkeit, und bei fortgesetzter Behandlung mit frischer Kalilauge
verschwindet er vollkommen.
Das Verhalten der mit krystallinischem Schwefe4antimon
und Aetzlauge erhaltenen Auflösung ist unter gleichen Verhältniss^i
vollkommen das nämliche wie das der unvollkommenen Auflösung
des auf nassem Wege dargestellten Schwefelantimons ; eine nähere Ver-
gleichung ist deshalb unnöthig, indem, wie bemerkt, nicht die mindeste
Verschiedenheit stattfindet. Dasselbe gilt für das Verhalten der soge-
nannten Antimonlebern, wenn sie im Wasser ganz oder theilweiae
löslich sind. Einige besondere Erscheinungen sollen aber hier ber(ihrt
werden.
Kohlensaure Alkalien schmelzen mit krystallinischem
wie mit amorphem Schwefelantimon in allen Verhältnissen zu-
sammen, es entwickelt sich die Kohlensäure unter Aufschäumen,
und nie entsteht hierbei eine Oxydationsstufe des Schwefels; stets wird
auf der einen Seite ein alkalisches Schwefelmetall und auf der anderen
Antimonoxyd gebildet; die Mischung enthält beide in Verbindung mit
überschüssigem Schwefelantimon und Alkali. Je nach der Menge dec
vorhandenen kohlensauren Alkalis bedarf die Mischung einer höheren
Temperatur zum Schmelzen, und der Unterschied der Temperatai
allein bedingt hierbei eine Verschiedenheit der entstehenden Producte«
Das Verhältniss von 4 Thln. Schwefelaniimon auf 1 Thl. kohlensau«
res Alkali giebt bei dem Zusammenschmelzen eine leichtflüssige, nacli
dem Erkalten eisengraue, vollkommen homogene krystalliuische Maase,
welche vom Wasser nicht angegriffen wird.
Bei einem Verhältniss von 2 Thln. kohlensaurem Alkali auf 1 Thl.
Schwefelantimon erfordert die Mischung zum Schmelzen eine stark«
Antiinonsulfide. 129
BothglShhitze; es scheiden sich nach dem Erkalten 12 Pro c. metallisches
Antimon ab ; die erhaltene Antimonleber ist hellbraun, an der Luft zer-
fliessiicb, vollkommen auflöslich im Wasser. Die Abscheidung des
Metalle« beruht auf der Zerlegung des in der Mischung befindlichen
Antimonoxyd-Alkalis , welches hierdurch in antimonsaures Salz über-
gebt. Bei Verhältnissen, welche zwischen beiden angegebenen liegen,
«st die Mischung weniger strengflüssig; bei gleichen Theilen Schwefel-
antimon und kohlensaurem Alkali scheiden sich nur 5 Froc. Metall ab,
bei 2Ys Thln. des ersteren uud 1 Thl. des anderen bemerkt man keine
Abscheidung. In dem Yerhältniss, als die Menge des Schwefelantimons
in diesen Mischungen zunimmt, wird die gebildete Antimonleber weniger
anflöalich im Wasser. Der unauflösliche Bückstand enthält das über-
schüssige Schwefelantimon, verbunden mit einer Portion des Alkali-
metallsulfurets und mit Oxyd; er ist von derselben Beschaffenheit, wie
der auf nassem Wege dargestellte Crocus, enthält aber in den meisten
FälleD mehr Schwefelantimon.
£uiiltes und heisses Wasser verhält sich gegen diese Antimonleber
genau wie Aetzlauge gegen Schwefelantimon unter denselben Um-
ständen.
Verhalten der kohlensauren Alkalien gegen Schwefel-
antimon auf nassem W^ege. Theorie der Kermesbildung.
ErystaUinisches wie amorphes Schwefelantimon werden in der Kälte von
wässerigen Losungen kohlensaurer Alkalien nicht angegriffen, in der
Wärme hingegen erfolgt vollkommene Auflösung, bei dem auf nassem
Wege dargestellten Schwefelantimon leicht, bei gewöhnlichem schwierig.
Die heisse Auflösung, wenn sie bei Abschluss der atmosphärischen Luft
gemacht ist, enthält dieselben Producte, wie die vollkommene Auf-
^öaong (S. 126) des amorphen Schwefelantimons in kalter Kalilauge;
ne trübt sich beim Erkalten und setzt einen graubraunen Nieder-
ichlag ab; er ist von der nämlichen Beschaffenheit und besitzt die-
selbe Zusammensetzung y wie der Niederschlag, welcher durch Zusatz
TOD doppelt-kohlensaurem Alkali zu der kalten vollkommenen Auflösung
des Schwefelantimons in Aetzkali gebildet wird.
Wie schon früher erwähnt, enthält der Niederschlag zwei Verbin-
dungen, nämlich: 1) Schwefelantimon-Sciiwefelalkalimetall
and 2} Schwefelantimon-Antimonoxyd. Die Flüssigkeit enthält
Dach der Abscheidung dieses Niederschlages eine gewisse- Portion
Seh wefelalka limetall.
Wird die Auflösung des Schwefelantimons in heissem kohlensauren
Alkali bei Zutritt der Luft längere Zeit gekocht, so wird diu-ch die
Einfrirkung des Sauerstoffs die Zusammensetzung und Beschaffenheit
des sich bildenden Niederschlages geändert. Von dem vorhandenen
Schwefelnatrium oxydirt sich nämlich ein Theilauf Kosten des Sauer-
stoffs der Luft, und dieser giebt seinen Schwefel an eine Portion des auf-
gelösten Schwefelantimons ab, welches dadurch in Antimonpersulfid über-
geht, das beim Erkalten in Auflösung bleibt. Die Menge des Antimon-
Qxjds ist daher die nämliche geblieben, die des Schwefelantimons hat
lidi aber um diejenige Quantität, welche in Auflösung bleibt, vermindert.
Die Menge des Schwefelnatriums hat ebenfalls abgenommen, denn ein
Theil davon hat sich oxydirt Die Menge des vorhandenen Antimon-
oxyds reicht jetzt nicht allein hin, um alles Schwefelalkalimetall in sei-
ner Verbindung mit dem niederfallenden Schwefelantimon zu ersetzen,
UaadwdrUrbndi der Chemie. 2te Aad. Hd. IL \j
130 Antimonsulfide.
sondern ea bleibt noch eine gewisse Portion Antimonoxyd-Alkali frei
in der Flüssigkeit; es fällt eine Verbindung nieder von Schwefel-
antimon -Antimonoxyd Ol und dieses ist der eigentliche medicini-
sehe Kerroes; meistens ist er gemengt mit kleinen Portionen Anti-
monoxyd-Alkali.
Nach dieser Yerfahrungaweise dargestellt, besitzt der Kerm es einen,
wie angegeben, unter Umständen ziemlich constanten Gehalt an Antimon-
oxyd deshalb, weil bei Anwendung der kohlensauren Alkalten dasjenige
Schwefelantimon, welches davon angegriffen wird , unter allen Umstän-
den vollkommen und ohne Rückstand in die Auflösung eingeht, in
der Art also, dass die ganze Quantität der gebildeten Producte gleich-
zeitig in der nämlichen Flüssigkeit sich befindet.
Man hat eine Zeitlang angenommen, dass das kohlensaure Alkali
die Eigenschaft besitze, Schwefelantimon in der Wärme ohne Zersetzung
aufzulösen und beim Erkalten unverändert wieder fallen zu lassen, und
die Aehnlichkeit in der Farbe ist die Ursache gewesen, dass man den
Kermes häufig mit anderen auf nassem Wege gebildeten Schivefel-
antimon -Niederschlägen identisch hielt; allein man hat die Zersetsang
nicht beachtet, welche der Kermes durch anhaltendes Auswaschen erlei-
det; er unterscheidet sich von allen ähnlichen Schwefelantimon-Nieder-
schlägen darin, dass er kein alkalisches Schwefelmetall enthält,
immer vorausgesetzt, dass die Vorschrift, welche zu seiner Darstellung
angegeben worden, genau befolgt wird.
Es ergiebt sich aus dem Vorhergehenden, warum die durch Schmel-
zen dargestellten Präparate, welche in der Medicin mit Unrecht dem
wahren Kermes substituirt wurden, in ihrer Zusammensetzung von ihm
abweichen, und wie wenig man Ursache hat, sie für identisch damit zu
halten. Die zu dieser Darstellung angewendeten Antimonlebem ent-
halten entweder Antimonoxyd oder antimonige Säure; um die Bildung
der letzteren, oder vielmehr die Abscheidung von Metall, zu vermeiden,
ist bei manchen Vorschriften ein Zusatz von Schwefel vorgeschrieben.
Von der irrigen Voraussetzung, dass der ältere Kermes lediglich amor-
phes Schwefelantimon, und von dem gewöhnlichen bloss durch die Form
oder den grösseren Grad von Vertheilung verschieden sei, sind femer
bei der Darstellung der Antimonleber einige Vorschriften ausgegangen,
nach welchen, um das durch Schmelzen gebildete Oxyd zu zerstören,
der Mischung eine gewisse Portion Kohle oder Weinstein zugesetzt
wird. Ueber das Verhalten der letzteren verweisen wir auf die Anga-
ben über Antimonleber (S. 124 u. folgd.)) in Beziehung auf die
anderen begnügen wir uns. Folgendes vor Augen zu bringen.
Die zur Darstellung des Kermes benutzten Antimoniebern ent-
halten: Schwefelantimon, verbunden mit Schwefelalkali-
metall; Antimonoxysulfid; Antimonoxyd-Alkali; femer über-
schüssiges Schwefelantimon; das Oxysulfid und das Oxyd- Alkali
sind nach dem Schmelzen ganz unauflöslich oder kaum noch aufloslich
in kaltem Wasser.
Werden diese Antimonlebern mit kaltem Wasser behandelt, so löst
sich auf: (überschüssiges) Schwefelalkalimetall und Schwefel-
) Nach H. Kose soheidet sich zuerst reines oder fist reines Autimonsulfid ab,
^ erst beim vollständigen Erkalten fWlt ein an Antimonoxyd reicher Niederschlag
"den.
Autimonfiulfide. 181
SB ti m 0 D ; es bleibt als Bückstand : (äberschüssiges) Schwefelanti-
mon-Schwefelalkalimetall; Antimonoxyd- Schwefelantimon
ODd Antimonoxyd-Alkali. Die Auflösung in kochendem Wasser
eathät eine grössere Portion Schwefelantimon^ ab sie in der Kälte zu-
niekbehalten kann; es wird ferner von dem heissen Wasser eine ge-
wiae, obwohl sehr kleine Portion Antimonoxyd -Alkali aufgelöst, und
iwiD Erkalten der Flüssigkeit erhält man mithin einen Niederschlag,
vBleher ein Gemenge ist von vorwaltendem unlöslichen Schwefelantimou-
Sdiwefelalkalimetall mit geringen Portionen Kermes, dessen Entstehung
^orch das aufgelöste Antimonoxyd bedingt ist.
Hätte sich die Antimonieber vollkommen im Wasser aufge-
iöit, enthielte mithin die Auflösung alles gebildete Antimonoxyd, so
würde man beim Kochen an der Luft einen wahren Kerraes erhalten
Uten; aber es bleibt hierbei stets ein Rückstand, welcher ^Vioo ^^
cBCilandenen Antimonoxyds enthält, und das erhaltene Präparat muss
ii demselben Verhältniss von dem eigentlichen Kermes in seinem Oxyd-
gshak verschieden sein, als dieser Rückstand mehr oder weniger be^
Verhalten des amorphen Schwefelantimons zu Antimon-
oxjd auf nassem Wege. Beide Materien besitzen zu einander eine
nageseichnete Verwandtschaft; feucht zusammengebracht entstehen
mkrttt Verbindungen, verschieden in ihrer Beschafl'enheit und in ihi*er
Zosimmensetznng von dem Kermes. Bringt man zu einer in der
Kihs gesättigten Auflösung von Schwefelantimon in Schwefelkalium
Coidi niedergeschlagenes Algarothpulver, so verwandelt sich dies äugen*
Uidlich in eine braune Verbindung von Oxyd mit Schwefelantimon;
te^ geschieht, wenn man Schwefelantimon in einer verdünnten
Müsnng von Antiraonchlorid vertheilt und nachher Wasser zusetzt,
^ dus Oxyd anfängt Bic\\ niederzuschlagen. Die Verbindung, welche
fa entsteht, ist gelb. Man hat beide lange Zeit, und auch jetzt noch,
ätdem Orocua Änümonn verwechselt; allein letzterer enthält 30 bis
36Proc.Antimonoxyd«Alkali, welches in den erwähnten Verbindungen
Verhalten von Baryt, Kalk und anderen Oxyden ge-
gen Schwefelantimon. Das gewöhnliche Antimonsulfid mit Kalk,
^iryt oder Strontian zusammengeglüht, wird auf eine ähnliche
Weile zerlegt, wie bei Behandlung mit fixen und kohlensauren Alka-
Ikb; es bilden sich Verbindungen von Antimonsulfid mit Schwefel-Cal-
^■ni, -Barium, -Strontium, und auf der anderen Seite von Antimonoxyd
vt Sekwefelantimon. Diese Verbindungen sind im Wasser unlöslich.
Schmilzt man Bleioxyd im Ueberschuss mit Antimonsulfid zusam-
■O) so entwickelt sich schweflige Säure, es entsteht Antimonoxyd und
■ctftllisches Blei; ist das Antimonsulfid iih Ueberschuss vorhanden, so
icbnilzt es mit dem Bleioxyd ohne Abscheidung von Metall zusammen.
KtManganhyperoxyd unter denselben Umständen behandelt, erhält
■tti onter Entwickelung von schwefliger Säure Gremenge von Antlmon-
^ mit Manganoxydul.
Sekwefelantimon mit schwefebaurem Bleioxyd zusammengeschmol-
^ serlegt dieses Salz unter Entwickelung von schwefliger Säure und
^Utmg Yon Antimonoxyd. Hierbei wird meistens eine gewisse Quan-
^ Bleioxyd zu Metall reducirt.
9*
132 Antimonsulfide.
Antimonpersulfllr.
Antimonsulfid, das der antimonigen Säure entsprechende SuU
&bS4 ist nicht mit Sicherheit bekannt. Die Lösung von antimonig)
Säure in Salzsäure giebt mit Schwefelwasserstoffgas einen rothen Ni
derschlag; ein ebensolcher wird durch Auflosen von antimoniger Säui
in Kaliumsulfhydrat und Fällen der Lösung mit Säure erhalten. Di
ser Niedersciilag schmilzt beim Erhitzen und zerfällt dabei in Anl
monsulftd und Schwefel. Wir wissen von diesem Körper noch wen
ger als von der entsprechenden Sauer stofiverbindung.
Antimonpersulfid.
Sulfantimonsäure, Fünffach- oder Zweieinhaibfacli
Schwefelantimon, Spiessglanzschwefel , Goldschwefe
Sulfur Quratum antimonii^ Sulfur stibiatum aurantiaoum^ Sui
fidum stibicum. Das Antimonpersulfid lässt sich nicht durch Zusan
nienschmelzen von Antimonsulfid mit Schwefel für sich darstellen, diesi
verflüchtigt sich, und es bleibt reines Sulfid zurück; nur unter Einwi:
kung von Alkalimetallsolfureten geht das Antimonsulfid unter Aufnahm
von Schwefel oder unter Abscheidung von Antimonmetall (S. 127 i
129) in Persnlfid über. Man erhält dasselbe auch, vielleicht in Verbii
düng mit Wasser, indem eine Lösung von Antimonperchlorid in wässi
riger Weinsäure mit Schwefelwasserstoffgas gefällt wird.
Die gewöhnlichen Methoden zur Darstellung des Persulfids bestehe
alle darin, dass man eine Verbindung desselben mit einem Schwefelalkal
metall, Antimonpersulfid -Natrium z. B., darstellt und diese in Wbsh
gelöst mit einer Säure versetzt, die das Schwefelnatrium zersetzt, ei
Alkalisalz unter Entwickelung von Schwefelwasserstoff bildend, und di
Antimonpersulfid fallt. Die Darstellung des Antimonpersulfidalkal
roetalles kann auf nassem oder auf trockenem Wege geschehen, indei
man ein ätzendes Alkali (auch Kalk) mit Schwefelantimon Schwef«
und Wasser kocht, oder durch Kochen von Antimonleber mit Schwef«
und Schwefelantimon, oder indem man Schwefelantimon mit Kohle un
schwefelsaurem Alkali, oder endlich indem man Schwefelantimou m
kohlensaurem Alkali und Schwefel glüht und das Product der beide
letzteren Operationen in heissero Wasser löst und filtrirt.
Der Darstellung des Goldschwefels geht demnach diejenige vc
einem löslichen Suliantimoniat voraus, dessen wässerige Lösung m
einer Säure zersetzt wird , damit sich die Sulfantimonsäure daraus al
scheide, welche auf einem Filter zu sammeln und auszuwaschen ii
Manche der Präparate, die auf diese Weise gewonnen werden, könne
mechanisch beigemengten präcipitirten Schwefel enthalten, wenn d«
beim Kochen oder Glühen hinzugeftigte Schwefel theilweise dazu dienl
eine höhere Schweflungsstufe des Alkalimetalles herzustellen, die \n
Zersetzung durch Säure Schwefel fallen lässt.
In älteren Zeiten ward dieses Präparat aas Antimonlebem darg<
stellt, welche zuerst einige Zeit der Luft ausgesetzt waren ; auf vorsid
tigen Zusatz von Säuren fällt dann zuerst kermesbraunes Antinioi
Sulfid, und erst bei weiterem Sänrezusatz fällt das orangefarbene Sä
phur auratum tertiae praecipitationis. Später stellte man gelöst^
unreines Sulfantimoniat dar, indem man Kalkhydrat (oder kohlensaurt
Kali oder Natron nach Zusatz von Kalk), mit Schwefelantimon nfl
Antimonsulfide. 133
Schwefel kochte, die erhaltene Lösung wird mit Salzsäure gefällt Das so
erhaltene PräfMirat ist meistens unrein, wenigstens fehlt alle Garantie
dff Beinheit.
Um ein reines Präparat zu erhalten, ist daher der sicherste Weg,
nerst sich reines krystallisirtes Natrium • Antimon persulfid (Sohlip-
pt'sehes Salz, s. unten Natrium-Sulfantimoniat) darzustellen,
isd dessen Lömng mit Säure zu zersetzen. Nach der preussischen
Pharmakopoe wird 1 Pfund Yon lufttrockenem Schlippe'schen Salze
ia 5Pfd. gewöhnlichem Wasser gelöst, filtrirt, und das Filtrat mit 25 Pfd.
Wasser verdünnt. Dazu wird nun ganz allmälig eine erkaltete Mischung
aas 4^ s Unzen reiner Schwefebäure und 8 Pfd. Wasser gesetzt. Der
eotitaodene Niederschlag soll auf ein Filter gebracht und zuerst mit
gameinem, dann mit destillirtem Wasser ausgewaschen werden. Nach-
dem dies geschehen, wird derselbe zwischen Fliesspapier ausgedrückt,
bei etwa 20® C. getrocknet und zerrieben in gut verschlossenen Gläsern
im Dunkeln aufbewahrt.
Nach Mohr erhält man den schönsten und reinsten Goldschwefel,
wenn 10 Thle. frisch bereitetes Schlippe' sches Salz in 60 Thln. de-
itillirten Walsers gelöst werden und diese Lösung in ein Gemisch von
Sbii 4 Thln. Schwefelsäure mit 100 Thln. Wasser unter fortwährendem
ÜBirnhren eingegossen wird. Den entstehenden Niederschlag lässt man
ibietzen, giesst die überstehende Flüssigkeit ab, rührt ihn mit viel de-
idllirtem Waeaer auf und wiederholt dies so oft , bis er volbtändig von
aOeo löslichen Theilen befreit ist, und eine Probe des Wassers durch
Chlorbarium nicht mehr stiirk getrübt wird. Hierauf lässt man mög-
fiehit gut absetzen und bringt den Niederschlag auf ein dichtes leinenes
loch, in dem man ihn auspresst. Er wird alsdann auf Löschpapier
and Ziegeleteine vertheilt, möglichst schnell an der Luft getrocknet und
a feinem Palver zerrieben.
Die anzuwendende Schwefelsäure braucht nicht destillirt zu sein,
ne muse aber, nachdem sie mit etwa ihrem 6- bis lOfachen Gewicht
Wasser verdünnt worden, mit Schwefelwasserstoff behandelt werden, um
lOes Blei und Arsen daraus zu entfernen.
Giesst man die Säure langsam in die Lösung des Salzes, statt um-
gekehrt, so erhält man in Folge der länger andauernden Einwirkung der
naersetzten Salzlösung auf den Niederschlag, indem sie d^m schon gefäll«
teo Goldschwefel etwas Schwefel entzieht, diesen von brauner hässlicher
Farbe. Daher empfiehlt Mohr, die Salzlösung in die Säure zu giessen
ii^ umgekehrt. Aber auch die saure Flüssigkeit darf man mit dem Niedcr-
vhlage nicht zu lange in Berührung lassen, da dieselbe ebenfalls darauf
anwirkt. Er ist daher durch Auswaschen sorgfältig von Säure zu
hdreien, waa nur durch Decantiren, nicht aber auf dem Filter gut gelingt.
Der Goldschwefel stellt eine dunkel orangefarbene oder gelbrothe,
kwe zusammenhängende oder pulverige Masse dar, die schwach Brechen
erregende Eigenschaften, sehr schwachen Schwefelgeruch und süsslichen
Sdtwefelgeschmack hat. Das Antimonpersulüd zersetzt sich, wenn es bei
abgehaltener Luft bis zum Siedepunkt des Schwefels erhitzt wird, in
gnnes Schwefeiantimon und Schwefel (Mitscherlich). An der Luft
oUlit, brennt es mit Flamme. Feucht an der Luft liegend, zersetzt es
lieh nach langer Zeit zu einem kleinen Theil in Antimonoxyd. Erhitzte
CUorwasserstoffsänre entwickelt daraus Schwefelwasserstoff, scheidet
^wefel ab und bildet wässeriges Antimonchlorid, kalte Säure ertheilt
1 34 Antimonsulfide.
ihm eine mehr grauliche Farbe , wahrscheinlich in Folge der Bildung
von Antimonsulfid and Freiwerden zweier Aeqaivalente Schwefel. Der
Goldschwefel löst sich, bei Abschlnss der Luft damit zerrieben, in wis*
serigem Ammoniak vollständig, und zwar leichter in erwärmtem als in
kaltem, aus der Lösung wird derselbe durch Zusatz einer Säure wiedei
ausgeschieden; bleibt beim Lösen in Ammoniak ein brauner Bückstand
so lässt dieser .auf beigemengtes Sulfid schliessen ; ein gelblicher odei
weisser Rückstand rührt von beigemengtem Schwefel oder von Anti«
roonsäure her. Ward der Goldschwefel aus einer Lösung gefÜlt
welche Alkalimetallpolysulfuret enthält, so fällt Schwefel mit nieder,
und der Niederschlag ist dann heller gelbroth als das reine Persulfid
Arsen enthält er nicht, wenn er aus krjstallisirtem Natriumsullanti'
rooniat gefällt ward. In Kali- oder Natronlauge sowie in Schwefel'
ammonium ist er leicht löslich. Die kohlensauren Alkalien und Baryt
Wasser wirken ähnlich ein. Lösungen von Kupfervitriol oder Salpeter
saurem Silberoxyd bilden damit Antimonpersulfid-Kupfer oder Antimon
persnlfid- Silber und Antimonsäure.
Einige Chemiker haben früher das Antimonpersulfid nicht als ein«
eigenthüroliche Verbindung gelten lassen wollen, weil Terpentinöl un«
Schwefelkohlenstoff demselben etwas Schwefel entziehen, und weil bein
Erhitzen bis' zum Siedepunkt des Schwefels ein Theil desselben ent
weicht. Da aber diese Entziehung von Schwefel nur sehr langsan
und unvollständig erfolgt, und selbst nach Stunden langem Kochen mi
Schwefelkohlenstoff kaum 1 bis 2 Proc. aufgenommen werden, so u
dies nur als eine theilweise Zersetzung des Antimonpersulfids anzusc
hen, namentlich wenn man ins Auge fasst, welche ausgezeichnete, zui
Theil sehr schön krystallisirende Verbindungen mit anderen Schwefel
metallen dieser Körper liefert, und dass sich beim Zusammenschmelze
von Einfach- Schwefelkalium mit Antimonsulfid unter Ausscheidung vo
Antiraonmetall Antimonpersulfid -Kalium bildet (H. Rose).
Antimonpersulfidsalze, Sulfantimoniate. Das Antimoi
persulfid geht mit einer grossen Reihe alkalischer und schwermetall
scher Sulfurete Verbindungen ein, die wir als Sulfosalze ansehen könnet
Dass dieses Sulfid eine grosse Verwandtschaft zu den Sulfureten ha
geht aus dem Verhalten des Antimonsulfid (SbSg) beim Schmelzen m
Kaliumsulfuret hervor, wobei sich das Sulfid zerlegt in Persulfid undAnt
monmetall (S. 127 u. 129). Die Verbindungen des Antimonpersulfids m
den Sulfureten der Metalle der Alkalien und alkalischen Erden sind i
Wasser sehr löslich, und krystallisiren zum grössten Theile, viele Krjstal
Wasser enthaltend; in Alkohol scheint keine derselben löslich zu seil
mit den Schwefelverbindungen der schweren Metalle bildet es anlösl
che Verbindungen. Die löslichen Antimonpersulfidsalze werden sehe
durch Kohlensäure unter Schwefelwasserstoffentwickelung zerlegt, d
unlöslichen häufig nur durch Salpetersäure und Königswasser.
Die N»>ncentrirten Lösungen des Antimonpersulfid - Kaliums ni
-Natriums vermögen auch im Sieden keine grössere Menge des Persu
fids zu lösen, wodurch sie sich wesentlich von den Antimonsulfidverbii
düngen unterscheiden. Durch Zusatz von Schwefelkalium oder -N
trium bilden sich keine basische Verbindungen.
Die Alkaiimetall enthaltenden Salze werden beim Glühen in vc
schlossenen Gefässen nicht zersetzt, die Verbindungen mit den achw
Antimonsulfide. 135
nn Metaliea geben Schwefel ab und es bleiben Antimonfiulfid- Verbin-
dungen von der Zusammensetzung 3 RS -f- SbSa.
Die loslichen Verbindungen des Antimonpersulßds mit basischen
Scbwefelmetallen lassen sich auf sehr verschiedene Weise hervorbringen,
entweder durch Digestion von Antimonpersulfid mit Lösungen von ba-
uschen Schwefelmetallen oder Sulfhydraten — in letzterem Falle wird
Bstorlieh Schwefelwasserstoff frei; oder indem man Lösungen von
andmonsanrem Salc mit Schwefelwasserstoff behandelt (da die neutra-
len Saoerstoffsalze (BO . SbOs) den Schwefelsalzen (3 RS . SbS») nicht
proportional sind, so wird dabei Antimonpersulfid ausgeschieden); oder
^DTch Auflösen des Persulfids in den Hydraten der Alkalien und alka-
üscheD Erden, es bildet sich hierbei dann zugleich antimonsaures Salz,
welches zumeist in der Kälte als unlösliches weisses Pulver sich abschei-
^ Deshalb entwickeln diese Lösungen auf Zusatz von Säuren Schwe-
felwasserstoff. Bei Anwendung von kohlensauren Alkallen erhält man
bei längerem Kochen unter allmäliger Entwickelung von Kohlensäure
dieselben Producte. Digerirt man Antimonsulfid mit kohlensaurem Kali,
Sdiwefel und gebranntem Kalk, so entsteht ebenfalls eine Lösung von
Antimonpersulfid -Kalium. Dieselbe Verbindung bildet sich auch durch
Zottminenschmelzen dieser Materialien oder von Schwefelkalium mit
Antifflonpersulfid oder Antiroonsulfid, im letzten Fall unter Abscheidung
von Aotimonmetall.
Die unlöslichen Verbindungen des Antimonpersulfids mit den Sul-
fnreten der schweren Metalle, nach der Formel SRS.SbSs zusammen-
geaetst, bilden sich, wenn man in die Lösung von Antinionpersulfid-Na-
tnom eine für ihre Zersetzung unzulängliche Menge von neutralen Me-
ttUoxydlösungen tropft. Setzt man dagegen zu überschüssiger Metall-
nydlösang eine zur völligen Zersetzung nicht hinreichende Quantität
Ton Aotimonpersulfid- Natriumlösung und kocht den Niederschlag we-
Digftens ^4 Stunde lang mit der Flüssigkeit, so enthält jener Sauerstoff
Bfid diese zeigt einen Gehalt an freier Säure. Die Zusammensetzung
dieser Niederschläge lässt sich meistens durch die Formel 8 RS . SbS»
-f 5R0 oder 8BS-|-Sb05 ausdrücken. Letztere Formel scheint die
liehtige zu sein. Man muss nämlich in Folge des Verhaltens von Ar-
iespersulfid-Natrium zu neutralen Metalloxydsalzen annehmen, dass die
angefahrten Niederschläge nur Gemenge, nicht Verbindimgen von Schwe-
ielmetall mit Antimonsäure sind, und dass letztere sich nur ihrer Ünlös-
Kehkeit halber mit ersteren vermischt. Tropft man nämlich in neutrale
schwefelsaure Kupferozydlösung eine Auflösung von Arsenpersulfid -Na-
^Äun, so erhält man einen Niederschlag von reinem Kupfersulfid, und
>Be Arsensäore bleibt in der Flüssigkeit. Antimonpersulfid , mit salpe-
t^nsorer Silber- oder schwefelsaurer KupferoxjdlÖsung übergössen,
^ sogleich braun und beim Erwärmen schwarz. Es entsteht Antimon-
P^nolfid- Silber (oder -Kupfer) und Antimonsäure. Diese sowie alle
folgeoden Angaben über die Antimonpersulfidverbindungen sind einer
Arbeit von Bammelsberg ^) entnommen.
Ammonium -Antimonper Sulfid, Ammoniumsulfantimo-
siftt, 3NH4S . SbS^, wird erhalten, wenn man überschüssiges Anti-
oonpersolfid mit reinem, ammoniakfreiem Schwefelammonium digerirt.
^ Salz lässt sich nicht im festen Zustande darstellen , denn die gelbe
^) Aaiua. d. Fhyu. Bd. LH, S. 198 f\\
136 Antinionsulfide.
Lösung wird sowohl beim Concentriren, selbst bei Luftabschlüsse al
durch Vermischen mit Alkohol theil weise zerlegt. Letzterer bewirkt di
Fällung eines kermesfarbigen Niederschlages, aus dem Kalilauge An
moniak entwickelt. Es wäre aber leicht möglich, dass dieses nu
beigemengt und nicht in chemischer Verbindung enthalten gewese
wäre.
Barium-Antimonpersulfid, Bariumsulfantimoniat, 3BaS
SbSs -|- 6 HO, bildet sich, wenn in eine Schw^felbariumlösung s
lange frisch gefälltes Antimonpersulfid eingetragen wird, als noch L^
sung stattfindet, und man die gelbliche Flüssigkeit mit Alkohol versetz
wodurch sich das Salz in sternförmig gruppirten Nadeln abscheide
die an der Luft nicht zerfliessen, sich aber mit einem braunen kerme<
farbigen Ueberznge bedecken. Durch Glühen von schwefelsaurem Baiy
Kohle, Schwefel und Antimonsulfid erhält man die Verbindung nich
Wasser löst aus der geglühten Verbindung nur sehr wenig auf. Kocl
man Barjthjdrat mit Antimonpersulfid, so bildet sich Antimonsäure, wi
bei der Behandlung mit Kali, nur verhältnissmässig in noch grossere
Menge (s. Kalium- Antimonpe'rsulfid).
Blei-Antimonpersulfid, Bleisulfantimoniat, 3PbS.SbS.
bildet sich, wenn eine Lösung von Bleizncker in aufgelöstes Antirooi
persulfid- Natrium getröpfelt wird. Man darf die Lösungen nicht t
concentrirt anwenden, muss langsam und unter starkem Umrühren si
giessen, den Niederschlag mit der Flüssigkeit einige Zeit in der Wärm
digeriren und dabei stark und oft umrühren. Es wird nämlich jede
Tropfen Bleilösung bei seinem Einfallen leicht von einer Hülle de
Niederschlages umschlossen ; bringt man den Niederschlag so auf da
Filter, so läuft die Antimonpersulfid-Natrium haltende Flüssigkeit zuen
ab; alsdann wirkt die eingeschlossene, unzersetzte Bleizuckerlösung ai
das Blei- Antimonpersulfid, die Essigsäure wird frei und diese entwickel
. aus dem noch nicht ganz abgelaufenen Antimonpersulfid - Natrini
Schwefelwasserstoff*. Man erhält daher bei Nichtbeachtung der angege
benen Vorsichtsmaassregeln jenes Salz mit Schwefelblei und Antimoi
persulfid gemischt
Einen, 8 Aeq. Blei, 8 Aeq. Schwefel, 1 Aeq. Antimon und 5 Ae(
Sauerstoff* enthaltenden Niederschlag giebt eine Antimonpersulfid -Ns
triumlösung, wenn sie in überschüssige Bleizuckerlösung getropft nn
längere Zeit damit gekocht wird. Die Flüssigkeit zeigt stark saure Reactioi
(3NaS.SbS5)-f 8(PbO.C4H303) + 8HO = 8PbS + Sb05-f 3Na(
-j- 8 C4H4O4. Beim Erwärmen des Niederschlages mit Kalilauge bleibt rei
nes Schwefelblei zurück; die Kalilauge lässt bei Uebersättigung mit Sali
säure weisse Antimonsänre niederfallen. Erhitzt man den Niederschla,
in geschlossenen Gefässen möglichst rasch und stark, so entweicht vi«
schweflige Säure, es sublimirt aber kein Schwefel; der halb geschmol
zene Rückstand ist mit krystallisirtem Antimonoxyd überzogen und ent
hält Schwefelblei und Antimonsulfid.
Wird das Antimonpersulfid -Blei bei ISO^C. getrocknet und dan
in einem Destillationsapparat erhitzt, so bleibt ein bei schwacher Rotb
glühhitze geschmolzener, aus SPbS.'SbSa bestehender Rückstand nn»
2 Aeq. Schwefel sublimiren. Durch Kochen mit Kalilauge wird das Anti
roonpersulfid-Blei zerlegt in Schwefelblei , welches zurückbleibt, nm
Antimonpersulfid, welches sich unter theilweiser Oxydation zu Anti
monsäure in dem Kali löst. Antimonsäure so wie Antimonpersulfi«
Antimonsulfide. 137
wtrden durch Uebersättigen der gelblichen Flüssigkeit mit Salzsäure
daraus gefallt.
Calcinm-Antimonpersulfid, Calciurasulfantiraoniat
{S^ho stiSicu ' eaicieus) (Berzelius). — A ntitnonpersulfid-
Sehwefelcalcium; Schwefelantimoncalcinro; 3 CaS . SbS^,
entsteht aaf dieselbe Weise wie das Barytsalz. Man kann es aber we-
der durch Abdampfen , wobei es zersetzt wird, noch dnrch Vermischen
mit Alkohol, wodurch eine ölige, das Salz enthaltende, wässerige Lö-
Bong sich abscheidet, in krystallisirtera Znstande erhalten.
£m Gemenge von dieser Verbindung mit überschüssigem Kalk und
Antimon safra n , die Kalkerdige Spiessglanzleber, Hoffmann's
Spiessglanzkalk mit Schwefel; Calx antimonii cum sulphure
Höffmanni; Sulphuretum stibii cum calce^ Calcaria sulphurato
itihiata^ wurde im ISten Jahrhundert von Hoff mann entdeckt und
als Geheimmittel verkauft. Zu seiner Dar.^tcllnng werden 8 Thie.
Schwefelantimon, 4 Thle. Schwefel, 16 Thle. gebrannter Kalk, oder
SThle. präparirte Austerschalen, 1 Thl. Antimon und 2 Thle. Schwefel
ftufs feinste gepulvert und innig gemengt, so lange einer schwachen
Bothglühhitze ausgesetzt, bis eine Probe der Masse gelb oder gelb-
brSnnlich erscheint. Man erhält ein weisslichgelbes , gelbliches oder
brinnlichgelbes Pulver, welches an feuchter Luft nach Schwefelwasser*
stoffsaure riecht, scharf und schwefelartig schmeckt.
Es lost sich im Wasser schwer und nur theil weise auf; die Aufiö-
iong ist farblos und enthält Antimonpersulfid in Verbindung mit Schwe-
fdcalcium ; sie verhält sich gegen Säuren und andere Körper, wie die
übrigen Antimonpersulfid- Verbindungen.
Eisen- Antimonpersulfid, Eisensulfantimoniat. Beim
Eingies^en von schwefelsaurer Eisenozydlösung in Antimonpersulfid*
Natrium entsteht ein schwarzer Niederschlag, der aber so leicht zer-
setzt wird, dass er sich schon beim Filtriren grau und dann sehr bald
rothgelb färbt. Setzt man zu schwefelsaurem Eisenoxjd-Amrooniak An-
timonpersnlfid- Natrium, so entsteht ein grünlich branner Niederschlag,
90 lange noch Eisen im Ueberschuss vorhanden ist. Er enthält kein Ei-
len, sondern besteht nur aus Schwefel und Schwefelantimon, das Ei-
senoxyd ist, zu Oxydul reducirt, in der Lösung enthalten.
Kadmium - Antimonpersulfid, Kadmiumsulfantimoniat.
Neutrales Kadmiumoxydsalz liefert, in Antimonpersulfid -Natriumlösung
getropft, einen hell orangefarbenen Niederschlag. Bei überschüssigem
Ksdmiumsalz ist er etwas dunkler, bei längerem Stehen rothbraun.
Kali nm-Antimonpersulfid, Kai iumsulfantimoniat, 3KS.
SbSj -f- 9 So. In der Hitze wird das Antimonpersulfid vollständig
▼on Kalilauge gelöst. Wird diese Lösung verdünnt und mit kohlensau-
rem Ammoniak versetzt, so scheidet sich allmälig ein kermesfarbener
Niederschlag ab, der aber nur Antimonpersulfid mit etwas Antimon-
persnlfid- Kalium ist und weder Antimonsulfid noch Antimonsäure ent*
bält. Kohlensaures Kali wirkt in der Kälte nicht auf Antimonpersulfid,
ent beim Kochen bildet sich das Antimonpersulfid -Kalium unter Ab-
icheiduDg von antimonsaurem Kali. Deshalb entwickelt auch die Lö-
snng bei Znsatz von Säuren Schwefelwasserstoff. Die wasserfreie Ka-
üomverbindung wird erhalten durch Znsammenschmelzen von Schwefel-
kalium, Schwefelnntimon und Schwefel, oder Schwefelantimon, Kohle
and doppelt-schwefelsaurem Kali, oder auch durch Erhitzen einer An-
138 Antimonsulfide.
timon-Kaliamachwefelleber, wobei Bich etwas metallisches Antimon
ausscheidet.
Dorch Auflösen der so gewonnenen Producte und Krystallisiren
wird das gewässerte Salz erhalten, das aber besser auf die nachfol-
gende Weise dargestellt wird: 11 Thle. feingeschlämmtes Schwefel-
antimon mit 6 Thln. kohlensaurem Kali, 1 Thl. Schwefelblumen, 8 Thln.
gebranntem nnd gelöschtem Kalk werden einige Stunden lang mit
20 Thln. Wasser unter Ersetzen des Verdampften gekocht, oder etwa
24 Stunden lang unter häufigem Schütteln in einem bedeckten Gelasse
stehen gelassen, filtrirt und das Filtrat abgedampft, aus welchem beim
Erkalten sich Krystalle abscheiden.
Dieselben sind farblos oder gelblich, körnig und zuweilen strahlig.
schmelzen beim Erhitzen unter Verlust von Wasser und Znrücklassuo|
einer braunen Masse.
Kalium-Antimonpersulfid mit antimonsauremKali. Wird
Antimonpersulfid mit massig concentrirter Elalilauge in der Kälte über
gössen, so verliert es seine Farbe, weisses, saures antimonsaures Kai
(KO . 2Sb05 -|- 6H0) bleibt ungelöst (was bei dem überschüssii
vorhandenen Kali allerdings auffallend erscheinen muss), es bildet siel
freies Schwefelkalium, und beim Abdampfen der Flüssigkeit erhält mai
ein farbloses Doppelsalz von (3 KS . SbS» -f 9H0) 4- (KO . SbQ
-f-.ffO), welches in langen Nadeln krjstallisirt, die an der Luft nick
zerfliessen, sich aber mit einem kermesfarbigen Ueberzuge bedecken
Mit kaltem Wasser Übergossen, werden die Krystalle milchweiss, eii
Theil löst sich nnd es bleibt ein weisser, aus saurem antimonsaurei
Elali bestehender Rückstand. In heissem Wasser ist das Salz leich
löslich, Säuren fallen daraus einen hell orangefarbenen, aus Antimon
persulfid und Antimonsäure bestehenden Niederschlag.
Das entsprechende Natrondoppelsalz exisürt nicht, weil bei de
Einwirkung der Natronlauge auf Antimonpersulfid alle Antimonsäur
gleich in saures antimonsaures Natron verwandelt wird.
Kobalt-Antimonpersulfid, Kobaltsulfantimoniat, ist ei
schwarzer Niederschlag, auf ähnliche Weise wie die Blei Verbindung z
erhalten. An der Luft oxydirt er sich und wird durch kochende Sali
säure- zerlegt.
Kupfer -Ant im onpersnlfid, Kupfer sulfantimoniat, SCuS
SbS5, unter denselben Verhältnissen wie das Bleisalz zu erhalten, bü
det einen dunkelbraunen Niederschlag, der durch Kalilösung wie di
Bleiverbindung zerlegt wird. Beim Erhitzen sublimirt Schwefel und c
bleibt ein bei anfangendem Glühen schmelzender Rückstand, der ao
Antimonsulfid -Kupfersubsulfuret zu bestehen scheint.
Bei Anwendung von überschüssigem schwefelsauren Kupferozy
und längerem Kochen des Niederschlages in der Flüssigkeit erhält ma
auch hier ein Gemenge von Schwefelkupfer und Antimonsäure, welch«
beim raschen Erhitzen unter Luftabschluss schweflige Säure ausgiel
und Kupfersulfiiret mit Antimonoxyd gemengt Mnterlässt.
Wenn reine Antimonsäure mit reinem Schwefelkupfer, oder Ant
monpersulfid-Kupfersulfuretmit Kupferoxyd, in der Weise gemischt wir<
dass, wie in dem beschriebenen Salz, 8 Aeq. Kupfer, 8 Aeq. Schwefe
1 Aeq. Antimon und 5 Aeq. Sauerstoff in der Mischung enthalten aini
so erhält man durch Glühen beider Gemenge absolut dieselben Produci
wie aus obigem Niederschlage. Es lässt sich daher hieraus kein Schlui
Antimonsulfide. 139
auf gerne Ztuammenseteang sieben. Aber Anenpersaltid-Natriiiin, in
äbenehfiasiges sdiwefelsaures Kupferoxyd getropft und gekocht, liefert
nur Kopforeolforet, während alles Arsen als Araensaure in der Flüs-
ngkeit gelost bleibt. Die Analogie der Arsenverbindangen mit denen
des Antimons lässt daher vermuthen, dass jene antimonhaltigen Nieder-
lehlago nur Gemenge aus Schwefelmetall and Antimonsänre sind.
Magnesium - Antimonpersnlfid, Magnesinmsulfantimo-
aist Wird in Wasser, worin Magnesiahydrat suspendirt ist, Schwefel-
wssserstoffgas geleitet und dann frisch geftilltes Antimonpersulfid im
Ueberschuss zugesetzt, so löst sich letzteres. Ans der gelben Flüssig-
keit lassen pich aber keine Krystalle, weder durch Abdampfen noch
doreh Vermischen mit Alkohol erhalten. Der an das Magnesium gebun«
dne Schwefel steht aber auch hier zu dem des gelösten Antimonpersul-
fidi in dem Yerhältniss von 3:5.
Mangan- Antimonper Sulfid,. Mangansulfantimoniat.
IXe Auflösung von schwefelsaurem Manganoxydul, mit Antimonpersulfid-
Natriom yersetzt, liefert zuerst eine weissliche Trübung, bald bildet
■eh aber ein rothbranner Niederschlag, der sich durch Erwärmen in der
Flüasigkeit nicht ändert, aber sowohl beim Auswaschen wie noch mehr
bran Trocknen durch Oxydation röthlich braun wird.
Natrium-Antimonpersulfid, Natriumsulfantimoniat, jSii/-
fkurämn Hibn et natrü cum aqua^ Schlippe'sches Salz, SNaS.SbSs
*f 18 HO. Zur Darstellung dieses Salzes digerirt man bei gewöhnli-
dier Temperatur in einem verschliessbaren Gefasse unter häufigem Um-
riUmn ein Gemenge von 11 Thln. geschlämmtem Schwefelantimon,
13 Thln. krystallisirtem kohlensauren Natron, 1 Till. Schwefelblnmen,
& Thln. gebranntem , vorher gelöschtem Kalk und 20 Thle. Wasser.
Nseh 24 Stunden wird die Lauge abgeseiht, der Bückstand mit Was-
MT mehrmals ausgewaschen, und Lauge und Waschwasser in einer Por-
MUsnsehale oder einem blanken eisernen Kessel so weit abgedampft,
bis eine kleine Probe nach dem Erkalten Krystalle giebt Man lässt
ahdann das Ganze ruhig erkalten, wäscht die gebildeten Krystalle mit
ninao Wasser mehrmals ab, und trocknet sie an der Luft oder besser
HDter einer Glocke oder einem anderen passenden Gefasse, unter wel
dies man gleichzeitig gebrannten Kalk oder concentrirte Schwefelsäure
nr Aufnahme des Wasserdampfes gestellt hat
Schneller als bei gewöhnlicher Temperatur erhält man die Yerbin-
teg, wenn die Mischung zwei Stunden lang gekocht wird.
Nach der prenssisehen Pharmakopoe sollen 3 Pfd. Soda in 15 Pfd.
Wasser gelöst und der Lösung unter stetem Umrühren 1 Pfd. gebrann-
ten Kalk, der vorher in S Pfd. Wasser gelöscht worden, zugesetzt wer-
te; in die Lange soll man eintragen 2 Pfd. geschlämmtes graues
Scfawefelantimon und 4 Unzen Schwefelblumen. Das Ganze wird an-
derthalb Stunden, oder so lange bis die graue Farbe vollständig ver-
lekwimden ist, unter immerwährendem Ersatz des verdunsteten Was-
lers gekocht und dann filtrirt. Der Bückstand soll nochmals mit un-
ge&hr 6 Pfd. Wasser gekocht, dann filtrirt und mit heissem Wasser
«ugewaschen werden. Die Flüssigkeiten sind nun abzudampfen bis
lieh Krystalle daraus abscheiden , die mit Wasser, dem der zwanzigste
Theil Aetmatronlösung zugesetzt ist, abgewaschen werden.
Man kann auch Natronschwefelleber, gleichgültig, auf welche
Weise dargestellt, mit Schwefelantimon und Schwefelblumen kochend
140 Antimonsulfide.
sättigen und ;durch Abdampfung und Concentration die nämliche Ver-
bindung erhalten. Ein Gromenge von 8 Thln. Glaubersalz (wasserfrei),
4 Thln. SchwefelantimoD und 2 Thln. Kohle (Schlippe), oder 8
Glaubersalz, 6 Schwefelantimon und 3 bis SVs Kohle, nach dem
Schmelzen in Wasser gelöst und mit 1 Thl. (n/^ Thl.) Schwefel ge-
kocht, oder von 12 Thln. trockenem kohlensaurem Natron, 7 Thln. Schwe-
fel, 12 Thln. Schwefelantimon und 1 ^s Kohle, geschmolzen und in heissem
Wasser gelöst , liefert die Verbindung ebenfalb. Schmilzt man schwe-
felsaures Natron, Schwefelantimon und Kohle ohne weiteren Zusati
von Schwefel zusammen, so erhält man nach dem Auflösen und Ab-
dampfen die nämliche Verbindung, obwohl in geringerer Menge, aU
wenn man noch Schwefel zusetzt. Die Ursache ihrer Bildung liegt in
diesem Falle darin, dass nur die Schwefelsäure und ein Theil des Na-
trons durch die Kohle reducirt werden, in der Art also, dass die ge-
schmolzene Masse freies Natron und Antimon persulfid enthält.
Das Natriumsulfantimoniat stellt fast farblose, oder blassgelbe durch-
sichtige regelmässige Tetraeder mit abgestumpften Ecken oder mit den
Zuspitzungsflächen des Rautendodekaeders versehen dar. Der Geschmack
desselben ist bitterlich metallisch und zugleich alkalisch. Bei la^ C. er-
fordert es 2,9 Thle. Wasser zu seiner Auflösung ; die Lösung wird durch
Weingeist gefallt. Beim Erhitzen schmilzt es in seinem Krystallwasser,
nach Verflüchtigung desselben bildet es eine grauweisse Masse, die
an der Luft zu einem voluminösen Pulver zerfallt. Bei beginnendem
Glühen kommt es in Fluss, ohne, wenn der Luftzutritt abgehalten
wird, zersetzt zu werden. Die geschmolzene Masse ist leberbraun
und löslich in Wasser mit Hinterlassung einer geringen Menge von
Schwefeläntimon. Die Zersetzung der Lösung sowohl, wie des Salzes
bei Luftzutritt ist durch die Gegenwart von Kohlensäure bedingt,
doch findet vollständige Zersetzung selbst nach Monaten nicht statt
Der entstandene rothbraune Niederschlag scheint beim Auswaschen et-
was verändert zu werden. Er enthält Antimonpersulfid -Natrium und
Antimonsulfid, in der Flüssigkeit findet man neben Schwefelnatriam
kohlensaures und unterschwefligsaures, aber kein schwefligsaures Natron.
Wird zu einer Brechweinsteinlösung Antimonpersulfid •Natrium ge-
setzt, so entsteht im ersten Augenblick eine rothe Färbung, bald aber
scheidet sich ein orangefarbener Niederschlag ab. Er enthält Antimon-
persulfid, Antimonsulfid und Antimonoxyd: 3 (KO . SbOg . 0984010)
-f 3NaS . SbSj = 3(KO.NaO.C8H4 0io) + 2Sb08 + SbS, --(-
SbSs* Der Niederschlag schmilzt bei erhöhter Temperatur zu einer
schwarzen metallglänzenden Masse, welche an den Kanten roth durch-
scheinend ist und von heisser Salzsäure vollkommen gelöst wird. Mit
Kalilauge Übergossen wird derselbe zersetzt und es bleibt ein gelber
Rückstand, der aus Schwefelnatrinm , Antimonozyd und Antimonoxyd-
Kali besteht.
Nickel-Antimonpersulfid, Nickelsulfantimoniat, ist ein
schwarzer Niederschlag, der sich an der Luft ozydirt und durch heisse
Salzsäure zersetzt wird.
Quecksilber-Antimon per Sulfid, Quecksilbersulfantimo-
niat. — a) Antimonpersulfid-Quecksilbersulfuret, 3HgS.
Sb S5 , bildet sich wie das entsprechende Bleisalz beim Eintröpfeln tod
Quecksilberchlorid in überschüssige Antimonpersulfidlösung als orange-
farbiger Niederschlag, den man in der Flüssigkeit erhitzen muss. Wenn
Antimonsulfidhydrat. 141
man den ausgewaschenen Niederschlag mit Queckailberchloridldsung
fibergiesst, oder Aniimonpersalfidlösung in überschüssige Quecksilber-
ehloridlosnng tropft und die Niederschläge mit den Flüssigkeiten kocht,
so erhält man einen weissen unlöslichen Körper, dessen Zusammen-
aetxang die Formel 3 HgS . SbSj + 3 HgGl -f 3 HgO ausdruckt. Es
ist eine Verbindung und nicht ein Gemenge, da er von den einfachen
Sauren nur wenig angegriffen wird; Königswasser löst ihn dagegen
leicht auf. Kali zersetzt die Verbindung augenblicklich, lässt schwarzes
SchwefelquecksUber zmück und löst Antimonsäure auf; die kalihaltige
Fiusaigkeit, mit Salpetersäure gesättigt, lässt darauf die Antimonsäure
niederfallen, and salpetersaures Silber zeigt die Gegenwart von Salz-
säure an. —
b) Antimonpersulfid-Quecksilbersubsulfuret. Man erhält
sdiwitrze Niederschläge, sowohl wenn man überschüssiges salpetersaures
Qoecksüberoxjdnl mit Antimonpersulfid -Natriumlösung versetzt, als
wenn letztere vorwaltet.
Silber-Antimonpersulfid, Silbersulfantimoniat, 3AgS.
SbSj, ganz auf dieselbe Weise wie die entsprechenden Blei- und
Knpferverbindungen erhalten, bildet einen schwarzen, so vollkommen
imlöalichen Niederschlag, dass, wenn man gerade nur soviel Salpeter-
saure Silberlosung zotröpfelt, bis alles Antimon dadurch gefallt wird,
mir salpetersaures Natron und freie Salpetersäure in der Flüssigkeit.
enthalten ist. Durch Erhitzen bei Luftabschluss sublimirt Schwefel
und es bleibt ein geschmolzener, aus 3 AgS . SbSs bestehender Bück-
stand von grauer Farbe, der wie das Bothgültigerz beim Zerreiben
ein rothes Pulver giebt.
Um den antimonsäurehaltigen Niederschlag von Schwefelsilber zu
erbalten, muss derselbe mehrere Stunden mit der, überschüssiges Silber
enthaltenden Flüssigkeit gekocht werden. Die Antimonsäure lässt sich
durch Kali leicht daraus ausziehen.
Stroutian- Antimonpersulfid, Strontiumsulfantimoniat,
wird wie das Caiciumsalz erhalten, ist ebenfalls nicht krystallisirbar.
Uran-Antimonpersulfid, Uransulfantimoniat, ist ein gelb-
brauner, mittelst Ammoninm-Uranchlorid und Antimonpersulfid-Natriam
zn erhaltender Niederschlag.
Wismuth-Antimonpersulfid, Wismuthsulfantimoniat, ist
wohl schwer frei von Antimonpersulfid und Schwefelwismuth zu erhal-
ten, weil die Wismuthlösungen viel überschüssige Säure enthalten.
Zink- Antimonpersulfid, Zinksulfantimoniat, entsteht
durch Eintröpfeln von schwefelsaurer Zinkoxydlösung in überschüssi-
ges gelöstes Antimonpersulfid-Natrium als orangefarbener Niederschlag;
derselbe löst sich beim Frhitzen in der Flüssigkeit auf, beim Auswa-
sehen geht er zrnn Theil durch das Filter. Chlorwasserstoff zersetzt
diese Verbindung und löst sie vollständig auf.
Der mit überschüssigem Zinksalz bereitete Niederschlag besitzt die-
selbe Farbe, ist aber nicht leicht frei von dem vorhergehenden zu er-
halten, selbst wenn er sehr lange mit der Flüssigkeit gekocht wird.
Banehende Salpetersäure zerlegt ihn unter Feuererscheinung.
iJ. L. — F.) By.
Antimonsulfidhydrat. Wenn man eine saure Antimon-
oiydlösong oder besser eine mit Salzsäure angesäuerte Lösung von
weinsanrem Antimonoxyd -Kali (Brechweinstein) mit SchwefelwaAser-
142 Antimonsulfojodid. — Antimonwasserstoff.
stoffgas fällt, so scheidet sich wasserhaltendes amorphes Salfid als
oraDgefarbener oder feuerrother Niederschlag ab. Wird mit wässeri-
ger Weinsäore versetzte Antimonchloridlosung mit SchwefelwasserstofT-
gas gefällt, so bildet sich zuerst ein hellerer, basisches Antimonchlorid
haltender Niederschlag, der aber bei fortgesetzter Behandlung mit
Schwefelwasserstoff auch in reines Sulfidhydrat tibergeht. — Es ist wahr-
scheinlich, dass das aus wässeriger Lösung von Kalium-Sulfantimoniit
durch Schwefelsäure gefällte amorphe Sulfid auch Wasser enthält.
Getrocknet ist das Antimonsulfidhydrat von einer schönen, dunkeln
Orangefarbe; verliert in der Wärme Wasser, sein ganzer Wassergehalt
kann ihm aber erst bei 200® C, entzogen werden, wobei es zu schwarzem
Schwefelantimon wird; bei höherer Temperatur schmilzt es, und erstarrt
beim Erkalten krystallinisch; es oxydirt sich leicht an der Luft; löst
sich leicht und vollkommen in Chlorwasserstoffsäure (mit dieser Säure
kalt in Digestion gesetzt, ändert es seine Farbe); in ätzenden Alkalien
schon in der Kälte, in kohlensauren fixen Alkalien in der Wärme. Mit
einer Quantität Salzsäure Übergossen, welche nicht hinreicht, um es
aufzulösen, bleibt ein Röckstand, welcher eine Verbindung ist von
Oxyd und Sulfid; mit einigen Tropfen kaustischem Alkali in Berüh-
rung, wird es kermesbraun und verwandelt sich in zwei Verbindun-
gen; die eine enthält Antimonoxyd und Schwefelantimon, die andere
Schwefelantimon und Schwefelkalium. (J. £.) Fe.
Antimonsulfojodid s. S. 124.
Antimonsuifoperchiorid s. Antimonperchlorid.
Antimonwasserstoff. Bis jetzt ist mit Sicherheit nur ein
gasförmiger Antimonwasserstoff bekannt; doch soll auch eine starre
Verbindung beider Elemente existiren (s. unten).
Auf das Antimonwasserstoffgas wurde zuerst von Despretz
aufmerksam gemacht. 1837 stellte es Levis Thompson dar und
lehrte gleichzeitig mit Pf äff, F. Simon und Laugier seine Eigm-
schaften näher kennen, nachdem durch die Anwendung der Marsh'*
sehen Probe auf Arsen das Gas eine grössere Bedeutung gewonnen
hatte. Seine Formel = HsSb. Gleiche Theile von Zink und Antimon
zusammengeschmolzen liefern, in Salzsäure oder verdünnte Schwefel-
säure geworfen, zwar fast reinen, äusserst wenig freien Wasserstoff ent-
haltenden Antimonwasserstoff, aber die Entwickelung findet sehr lang-
sam statt und hört bald auf. Nach Lassaigne ist es besser 3 Thle.
Zink mit 2 Thln. Antimon zu legiren. Man erhält daraus ein Gas,
welches nicht mehr als 2 Proc. freien Wasserstoff enthält. Capitaine
schreibt vor, 2 Thle. Zink mit 1 Thl. Antimon zusammen zu schmel-
zen. Ganz frei von Wasserstoff ist das Gas bis jetzt noch nicht dar-
gestellt. Eine Legirung von Antimon und Kalium soll nur reines
Wasserstoffgas liefern, wenn es in Wasser geworfen wird. Wenn Zink
mit verdünnter Schwefelsäure Übergossen und eine Sauerstofiverbindnng
des Antimons zugesetzt wird, so entsteht unter gleichseitiger Abschei-
dung von metallischem Antimon ebenfalls Antimonwasserstoff, welches
sich mit dem entweichenden Wasserstoffgase mengt, und selbst wenn
der Antimongehalt nur ^/loo Gran beträgt, noch durch den Gehalt an
Antimon erkannt werden kann. Das G«s ist, nach Capitaine, geruchlos.
Der von Anderen demselben zugeschriebene Geruch scheint durch Ver-
Antiinonwasserstoff. 148
unreiiiigaiig bedingt zn sein. Erhitzt man das Gas, lässt man es z. B. duroh
ebe an einer Stelle glühend gemachte Glasröhre streichen, so zerfallt es
noch leichter als der Arsenwasserstoff in seine Bestandtheile, und das An-
timon setzt sich als Metallspiegel theils unmittelbar hinter, theils schon
vor der erhitzten Stelle ab. Dabei nimmt das Gas nicht an Volumen ab.
Ifit Sauerstoff oder Luft geroengt, verpufft es beim EntzQnden oder
dnreh den elektrischen Funken lebhaft unter Bildung eines weissen, aus
ÄBtimonoxyd bestehenden Rauches. Das aus einer Röhre ausströmende
Gas verbrennt beim Anzünden mit blaugrünlicher Flamme und weissem
Rauch; lässt man die Flamme an einen glatten kalten Körper anschla-
gm, so setzt sich darauf ein Spiegel von metallischem Antimon ab.
Ueber Wasser aufbewahrt, zerfällt es allmälig, das Wasser wird von
sependirtem Antimon braun und an den Gefässwänden setzen sich rae-
tUHache Flitterchen ab. Chlor wirkt langsam anf das Gas ein, aber
mn man es durch Ghlorwasser leitet , so wird es vollständig zerlegt
nid alles Antimon zurückgehalten. Mit Chlor gemengt, verpufft es
durch den elektrischen Funken. Jod- und Bromlösungen wirken ganz
ähnlich. Schwefelsaure Kupferlösung wird nur sehr wenig bei langem
Dorehleiten des Gases zerlegt, es bilden sich wenige schwarze Flocken
Too Antimonknpfer. Salpetersaure Silberlösung wird leicht durch das
Gas zerlegt , sie hält alles Antimon zurück, indem sich schwarzes , un-
lösliches Antimonsilber bildet; war Arsen Wasserstoff beigemengt, so
bdet sich das Arsen in der Flüssigkeit als arsenige Säure gelöst
(Simon). Nach Lassaigne sind in dem so dargestellten Antimon-
lOber 3 Aeq. Silber auf 1 Aeq. Antimon enthalten. Rose fand aber,
dau das Antimonwasserstoffgas aus Quecksilberchlorid einen anders zu-
wamengesetzten Niederschlag fällt als der Arsenwasserstoff (H3 As), und
glaabt deshalb, dass die Zusammensetzung beider Gase nicht analog sei.
Anch Platin- und Goldchloridlösungen werden durch das Gas reducirt,
iadaiD sich Antimon mit den Metallen verbindet. Concentrirte Schwe-
felsittre sersetst es unter Abscheidung von Antimonmetall. Von con-
c«iitrirter wässeriger Kalilauge oder Salpetersäure wird das Gras nicht
voindert, von alkoholischer Kalilauge wird es absorbirt (Meissner).
Die Lösung wird bald braun und setzt metallisches Antimon in Pulver-
fonn ab.
Starrer Antimon Wasserstoff. Buhland hat schon vor lan-
ger Zeit angegeben, dass, wenn man eine Antimonplatte als negativen
Uiter der galvanischen Kette in schwach mit Schwefelsäure angesäuertes
Nasser tauchen lässt, sich braune Flocken , welche Antimon und Was-
iintoS enthalten, absetzen. Nach Marc h and 0 erhält man diesen
Körper in grösserer Menge, wenn man statt des sauren Wassers eine
Kb concentrirte Salmiaklösung anwendet. Legt man in ein flaches
Porcellangefäss mit steilen Wänden ein Antimonstäbchen und giesst
mr so viel Salmiaklösung hinzu, dass jenes nicht ganz davon bedeckt
^, verbindet alsdann das Stäbchen mit dem negativen Pole einer
^^ wirkenden Batterie, schiebt es so dicht als möglich an den Rand,
I ^ es gewissermaassen einen Theil der Flüssigkeit absperrt, und legt
P^Uel mit dem Antimon einen starken Platindraht in diesen Theil der
Rüssigkeit, so scheiden sich von dem Antimon dicke schwarze Flocken
^y and wenn die Batterie kräftig genug wirkt, beginnen alsbald fort-
*) Joani. f. prakt. Chem. Bd. XXXIV, S. 388.
144 Antimonyl. — Antimonzinnober.
währende Detonationen, von glämsender weidser Flamme und weissem
Rauche begleitet.
Marc h and glaubt diese Erscheinung der Bildung eines selbstent-
I zündlichen festen Antimonwasserstoffs zuschreiben zu müssen.
G. Gore ^) machte ebenfalls die Beobachtung, dass Explosioneo
I durch geringen Schlag auf eleklroly tisch aus Antimonchlorid abge-
setztes Antimon entstehen, und B. Böttger^) fand das Zerbersten
des auf diese Weise dargestellten Metalls beim Bitzen und unter Was-
ser bestätigt; auch er ist Marchand 's Meinung, dass die Erscheinung
der Bildung eines festen Antimonwasserstoffs zuzuschreiben sei. 6.
Gore wandte eine saure Lösung von Antimonchlorid an und zerlegte
sie durch einen schwachen elektrischen Strom, wobei als positives Pol
ende metallisches Antimon, als negatives ein Kupferblech diente, ac
welchem letzteren sich das Antimon allmälig in Form einer silberätinli-
chen Platte absetzt Wenn die Vermuthung ausgesprochen wurde, di<
explosiven Eigenschaflen des von Marchand auf angegebenem Weg<
gewonnenen Antimons könnten von der Bildung von Chlorstickstof
abgeleitet werden, so ist diese Annahme bei dem Präparat von G. Gor<
ausgeschlossen. (K) Bt/.
Antimonyl nennt Peligot^ ein von ihm in den Antimon
oxyden angenommenes hypothetisches Badical aus 1 At. Antimon ud<
2 At Sauerstoff (Sb O3) bestehend. Veranlasst zu dieser Annahme is
er durch seine Wahrnehmung, dass das 3 At Sauerstoff enthaltende An
timonoxyd doch nur 1 Aeq. Säure aufnehme, um Salze zu bilden, di<
den neutralen Salzen ganz analog beschaffen sind, wie die Metalloxyd
BO mit 1 Aeq. Sauerstoff; das Antiraonoxyd ist nach ihm daher nich
SbOg, sondern Antimonyloxyd (Sb02)0; die Antimonsäure war
dann (Sb O2) O3. By,
Antimonzinnober {annabaris Antimomi). Diesen Name
hatte früher das krystallinische Schwefelquecksilber, welches sich nebe
Antimohchlorid bildet bei Darstellung dieses Präparats aus Queck
Silberchlorid und Antimonsnlfid (vergl. auch den folgenden Artikel).
Antimonzinnober. Formel, nach Strohl, SbSs . SbOj
nach Mathieu-Plessy, SbSg. Diesen Namen hat StrohM) einer zt
vor schon von U n g e r beobachteten und von Pettenkofer^) untei
suchten Verbindung gegeben, welche man durch Einwirkung von ui
terschwefligsaurem Natron im geringen Ueberschuss (60 Thle.) auf Ai
timonchlorid (50 Thle.) und Wasser (500 Thle.) als schonen carmo
sinrothen Niederschlag erhält Die Beactiou tritt schon in der Kalt
jedoch langsam ein, beim Erhitzen bis zum Sieden geht sie rasch vc
Statten. Der mit kaltem Wasser sorgfältig gewaschene und bei gelii
der Wärme getrocknete Niederschlag stellt ein höchst zartes, carmo
sinrothes Pulver von sammetartigem Aussehen dar, welches weder dur(
Luft, noch durch Licht verändert wird, sich in Salzsäure unter Entbit
düng von Schwefelwasserstoff auflöst und überhaupt wie Kermes ve
») Philosoph. Mag. [4.] T. IX, p. 78. Pogg. Annal. Bd. XCV, S. 173.
«) Pogg. Annal. Bd. XCMI, S. 884. — *) Annal. de chim. et de phvfl. [\
T. XX, S. 288. Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXIV, S. 280. — 0 Journ.
pharm, et de chim. [3.] T.XVI, p. 11. — *) Dingl. Polyt. Journ. BU CXIII. S. 21
Antiphlogistische Theorie. 145
hftlt. Seine Farbe wird beim Eifwarmen immer dankler, und saletst
bleibt eine schwarze Masse, welche Antimonsafran (?) ist.
G. Mathieu-Plessy^) bereitet sich eine Lösung von nnter-
^ehwefligsanrem Natron von 25^ B. (1,1^ specif. Gew.) und eine von An-
timondilorid von der gleichen Stärke. Von letzterer giesst er 4 Liter
in eise Schüssel, setzt 6 Liter Wasser, und darauf 10 Liter der Lösung
das nnterschwefligsauren Natrons zu. Durch den Wasserzusatz bildet
äeh anfangs ein Niederschlag, der aber schon durch das kalte uuter-
schwefligaanre Natron wieder gelöst wird. Die Schüssel wird nun in
ein Waaserbad gestellt, dieses zum Kochen erhitzt, und die Masse da-
durch allmalig bis auf 55o C. erwärmt. Schon bei 30^ C. beginnt ein
aerst orangefarbener Niederschlagsich zu bilden, dessen Menge bei 55^0.
sehnell zunimmt. Durch Erkaltenlassen setzt er sich rasch ab, man
deeanCirt, wäscht mit Wasser, dem Vi 5 ChlorwasserstoiFsäure zugesetzt
worden, ans, sammelt den Niederschlag und trocknet ihn; er hat feucht
eme glänzend rothe Farbe, beim Trocknen verliert er etwas von sei-
Mm Glänze.
Seine Bildung soll nach folgender Gleichung vor sich gehen:
iSb€l3 + 3(NaO.S,02) + 6HO==SbS8.Sb08+8(NaO.S08)-|-
6HGL Nach Pettenkofer enthält der Antimonzinnober noch eine
bedeutende Quantität von Chlorantimon (SbGls), welches leicht davon
abdestiilirt werden kann, worauf ein Gemenge von Schwefelantimon
und Antimonoxjd in der Retorte zurÖckbleibt. Auch soll sich bei
»einer Bildung, selbst wenn ein Ueberachuss von unterschwefligsaurem
Natron vermieden ist, schweflige Säure in reichlicher Menge entwickeln,
TOD deren Entstehung obige Gleichung keinen Nachweis giebt. Ma-
tkieu-Plessy fand darin 1,1 Proc. Wasser, welches er als unwesent-
lich ansieht. Pettenkofer hat diese Farbe für Oelmalerei, ferner
als Leim - und Wasserfarbe sehr brauchbar gefunden ; dagegen efgnet
sie sich nicht für Fresco- und Wasserglasmalerei, weil sie durch Al-
kali zersetzt wird. (fl. K) By.
Antiphlogistische Theorie^ Antiphlogistisches
System. Lavoisier wies zuerst mit Sicherheit nach, was auch schon
frdher wohl behauptet worden war, ohne bewiesen zu sein, dass die Me-
talle einfache Körper seien, und dass bei ihrer Verbrennung, dem Ver-
kalken, eine Verbindung derselben mit Sauerstoff stattfinde; er zeigte
saroentlich , dass nach dieser Ansicht sich alle Erscheinungen erklären
lassen, und dass dagegen die StahTsche Phlogistontheorie (s.Phlo-
giston Iste Aufl. Bd. VI, S. 227) durchaus unrichtig sei, und nicht
äMreinstimme mit den festbegrQndeten Thatsachen. Damach erhielt La-
foisier's der Phlogistontheorie widersprechende Theorie den Namen
der antiphlogistischen; sie ward zuerst von den Phlogistikem mit
^rosseni Eifer bekämpft; bald zeigte sich aber der strengen Conse-
<(aenz derselben gegenüber die phlogistische Ansicht so unhaltbar, dass
die erstere nach 1785 eigentlich allgemein als wesentliche Basis zur
Erid&mng der chemischen Erscheinungen angenommen ward. Die An-
sichten von Lavoisier gelten im Wesentlichen auch heilte noch als
richtig, und bilden die Basis unserer theoretischen Chemie. Fe.
■) Bulletin de Im soc. ioduBtr. de Mulhonse 1S65, Nr. 150, p. 297 — 8024
Centnlbl. 1865, S. 905.
Uwi4w6it«rbiicli der Chemie. 2te Aofl. Bd. II. XQ
146 Antirrhin. — Antyrrhinsäure.
Antirrhin s. Anthokirrin.
Antirrhinsäure ^). Von Morin in der Digitalu purpurea
and anderen zur Familie der Antirrhioeen gehörenden Pflanzen entdeckte
Säure von unbekannter Zusammensetzung. Sie wird erhalten, wenn
man die Blätter der Pflanze so lange mit Wasser destillirt, als dai
Uebergehende noch Geruch besitzt, das saure Destillat mit Baryt odei
einer anderen Base in geringerem Ueberschuss versetzt, im Wasser
bade zur Trockne verdampft, den nach Benzoe riechenden Rückstand
mit verdünnter Schwefelsäure oder noch besser mit Oxalsäure übergiessl
und wieder destillirt, wobei man zum Rückstande so lange Wassei
setzt, als das Destillat durch den Geruch noch Säure erkennen lässt
Es wird zuletzt über Chlor calcium im Wasserbade /ectificirt Man er
hält dann eine gesättigte wässerige Lösung, auf der die Säure in oli«
gen Tropfen schwimmt. Sie ist farblos, röthet stark Lackmus, löst
sich in Alkohol. Mit Wasser in Berührung, bilden sich weisse Haut«
chen, die zuletzt auch gelöst werden. Der Geschmack ist unangenehm,
der Geruch an die Pflanze erinnernd, und Kopfschmerzen, selbst Be«
täubung bewirkend 3). Lp.
Antirrhinum cymbalaria L., A. linaria L. und
A. majus L. Walz^) glebtan, diese Pflanzen untersucht zuha-
ben, sowohl die Destillationsproducte des Krautes mit Wasser, wie dai
Kraut für sich und seine Asche. Die verschiedenen daraus dargestellte!
unreinen, aber nicht näher untersuchten Stoffe haben von ihm einst
weilen zum Theil besondere Namen erhalten, Cymbalarin, Linariio
Antirrin, Antirresin, Antirrosmin, Antirracrin, Antyrrhinsäure (s.d*]
u. a. m. Fe,
Antiseptica, Fäulnisswidrige Mittel (s. d. Art
erste Aufl. Bd. UI, S. 22).
Antitartersäure, gyn. für die linksdrehende Wein
säure, Pasteur's Acide leooracemique ^ weil sie verbunden mit dei
Tartersäure (Weinsäure) die optisch -indifi^erente Traubensaure bU
det (s. Traubensäure).. Fe,
Antiweinsäure, linksdrehende Weinsäure odei
Traubensäure, Pasteur's Acide levoracemique s. unter Trau
bensäure.
Antrimolith nennt Th. Thomson^) ein zu Bengane an dei
Nordküste der irländischen Grafschaft Antrim in tropfsteinartigen weissei
Massen vorkommendes zeolithartiges Gestein, ein Thonerdesiiicat, wel
ches wahrscheinlich zum Mesotyp gehört (s. erste Aufl. Bd. V, S. 209)
Antyrrhinsäure nennt Walz eine durch Destillation voi
Antirrhinum linaria L. {Linaria vulg. Dec) mit Wasser erhaltene fluch
tige Säure, deren Atomgewicht er nach dem Barytsalz zu 212 be
*) Journ. do pharm. Avrll 1845. p. 299.
«) Nach Walz (Jahrbuch f. prakt. Pharm. 1868. Bd. Vn, S. 66.) nicht weite
bewicsenpr Angabe findet sich in dem Destillat ionsproduct der Digitalis grandtflora luto
Poll. neben Ameisenstture und Essigsäure eine eigentbUmlicho nicht näher untersttcht
Fettsäure. — «) Jahrb. f. prakt. Chem. 1858. Bd. XXVII, S. 16, 74 u. 129.
*) Journ. f. prakt. Chcm. Bd. VIII, S. 498.
Anylamid. — Apatit. 147
KclüMt; das Baryt3(^lz soll an der Luft zerfliessen; alle weitere Anga-
ben fehlen.
Anylamid syn. mit Nitrosalicylamid, s. d.' unter
Salicylamid.
Anziehung, chemische, s. Verwandtschaft.
Apateilt. Ein im Thone von Auteuil bei Paris vorkommen-
de halb -schwefelsaures Eisenoxyd = 2 (2 Fe^ Oa.3 SOa) -f- 3. HO,
dem Goldeisenerz ähnlich. In eierf örmigen und erdigen, gelben Massen.
Th, Seh.
Apatit (d. h. Trügling, von asraracS, ich betrUgo, täusche,
veil sich die Mineralogen lange in der Bestimmung dieses Minerals ge-
ttoicht) Spargelstein; Moroxit, Euklasit. — Chatuß phoaphatee. —
FhsphaU of Lime. Ein Mineral, welches nicht selten in schönen Kry-
iUUen erscheint, die sich auf eine regelmässige sechsseitige Säule beziehjen
lasieo; daher ins rhomboedrische oder drei- und eingliedrige System ge-
hörend. Es findet sich aber auch massig, mit blätterigem, faserigem, kör-
Bigem, selbst dichtem Gefüge. Es ist farblos, oder nur zufällig grau,
bUo, grün, gelb, hellbraun, rosenroth u. s. w. gefärbt; seine Härte fällt
zwischen die des Flussspaths und des Feldspaths; sein specif. Gewicht
iit =: 3,17 bis 3,25. Im Bruch ist es muschlig. Strich und Pulver
ttui weiss. Vor dem Lüthrohre schmilzt es sehr schwierig zu farblo-
iem, dorchscheinendem Glase.
Erystallisirter Apatit findet sich vorzugsweise im Urgebirge, so auf
dem Schneegebirge, im Salzburgischen, zu Ehrenfriedersdorf in Sachsen,
Schlackenwalde in Böhmen, Snarum und Arendal in Norwegen, in Eng-
land, Spanien u. s. w.
Eine massige Varietät mit traubiger und nierenf örmiger Aussen-
fl&ehe und strahlig faserigem Gefüge, welche, weil sie beim Reiben
pbosphorescirend wird, den Namen Phosphorit fuhrt, findet sich
tiieiü auf Zinnsteingängen, wie zu Schlacken walde, theils auch im se-
CDodaren Gebirge, w^ie zu Amberg in Baiern, häufig im Flötzkalk.
Die chemische Zusammensetzung der Apatite wird, nachG. Rose^),
iffl Allgemeinen durch die Formel: 3(3CaO . PO5) "f- p pi ausge-
druckt Fluor utid Chlor können, ah isomorphe Körper, einander er-
Ktzen, und daher in ganz uubestimmten Verhältnissen vorkommen.
Fehlte das Chlor gänzlich, so würde man einen Fluor-Apatit haben,
bestehend aus 7,69 Fluorcalcium und 92,31 basisch phosphorsaurom
Kalk; fehlte dagegen das Fluor gänzlich, so hätte man einen Chlor-
Apatit, bestehend aus 10,62 Chlorcalcium und 89,38 basisch phos-
pikor^iurem Kalk.
Za der ersten Glosse gehören die Apatito vom Gotthardt, von
Bffcnfriedersdorf in Sachsen, von Faldigl in Tyrol und vom Greiner
^^bst, die nur eine unbedeutende Spur von Chlor enthalten. Fluor-
^e Apatite hat man bis jetzt noch nicht aufgefunden. Die meisten
einhalten Fluor und Chlor zugleich. So die von Arendal und vom Cabo
^Gata in Spanien (0^80 und 0,88 Proc. Chlorcalcium). Den grössten
Gehalt an Chlorcalcium besitzt der Apatit von Snarum in Norwegen
*) Pogg. Annal., Bd. IX, S. 185.
10*
148 Apatoid. — Aphlogistische Lampe.
(4,28 Chlorcalcium , 4,59 Fluorcalcium und 91,13 basisch phosphd^
saurer Kalk).
Die Zusaramensetcung des Apatits ist nur ein specieller Fall ^4
einer allgemeineren Formel: 3 ('SRO.* q j "hßp ' worin B ei
Metall bedeutet, das, nach den bisherigen Erfahrungen, sowohl Gi
cium als Blei sein kann, und worin nicht bloss Fluor und Chlor, soi
dern auch Phosphorsäure und Arsensäure einander vertreten könnei
Diese Formel umfasst auch die Zusammensetzung der Grünbleierzi
die mit dem Apatit isomorph sind. (P.) Fe,
Apatoid, ein in einigen amerikanischen Meteoriten gefonden
phosphorsäurefreies Mineral i).
Apelainsäure, syn. mit Azelainsäure.
Aphanes (natürliches arsensaures Kupferoxyd) s. Strahler
Aphanit s. Diorit.
Aphlogistische Lampe, Davj's Glühlampe, flamn
lose Lampe. Die Einrichtung dieser Lampe gründet sich auf dervc
Davy bei Gelegenheit seiner Sicherheitslampe entdeckten Eigenscha
des Platins, die chemische Verbindung gasförmiger Stofie bei einer vi
niedrigeren Temperatur zu veranlassen, als zu ihrer raschen Verbrei
nung mit Flamme erforderlich ist, so dass im Fortgange dieses Ye
bindungsprocesses zwar das Platin, wenn es massiv, als Blech odi
Draht, angewandt wird, zum Glühen kommt, das Gasgemisch aber nid
in Flammen ausbricht. Man gewahrt diese Eigenschaft am leichteste
wenn man einige Tropfen Aether in ein kaltes, oder einige Tropft
Alkohol in ein erwärmtes Fläschchen giesst, und darauf in den mit a
mosphärischer Luft gemengten Aether- oder Alkoholdampf einen z
vor an einer Flamme erwärmten Platindraht einführt. Augenblickli<
wird derselbe glühend, und bleibt ^s, so lange vom Gasgemisch hii
reichend vorhanden ist^).
Zur Anfertigung einer aphlogistischen Lampe bildet man zunäch
aus etwa 0,01 Zoll dickem Platindraht, durch Aufwickelung um ei
rundes Stäbchen, einen hohlen Drahtcylinder von etwa 12 Windunge
und schiebt nun denselben auf den gerade hineingehenden Docht eini
einfachen Weingeistlampe, so dass etwa 8 Windungen Über diesen hi
ausragen. Oder man wendet eine Kugel von Plntinschwamm an, we
che mit einem Geflecht von Platindraht umgeben ist, an der ein Pbtii
draht befestigt ist, welcher in ein Glasrohrchen eingeschmolzen ward; ms
steckt dann dieses Röhrchen so weit in den Docht hinein, dass die K\
gel wenige Linien über demselben her\'orragt. Dann zündet man d
Weingeistlampe an und lässt sie einige Zeit brennen, damit das Plati
bis zum Glühen erhitzt und die Verdampfung des Alkohols eingeleit
werde. Bläst man nun die Flamme vorsichtig aus, so fährt der PI)
tin fort zu glühen, so lange noch Alkohol in der Lampe vorhanden is
Man hat diese Lampe als Nachtlampe vorgeschlagen. Dazu ist si
aber nicht geeignet; denn selbst wenn sie auch hinreichend Licht en
wickeln würde, so verbreitet sie doch den Geruch der Aldehydsäur
*) ITnstit. 1847, p. 879. — *) Gilb. Annal. Bd. LVI, S. 242.
Aphrit. — Aphtonit. .149
(«, dkae) oder sogenannten Lampensäure, der, wenn nicht durch könat-
fiehe Yorrichtimg entfernt, sehr lästig wird. Wendet man Aether statt
h§ Alkohold an, so erblickt man im Dunkeln über dem glühenden
Plitiiidraht ein schwaches bläuliches Licht, wie bei der langsamen
Verbrennung des Phosphors ; und auch bei der langsamen Verbrennung
foAethers findet, wie bei der des Phosphors, gleichzeitig Bildung von
Oson statt (s. d. Art. Iste Aufl. Bd. V, S. 846). (P.) Fe.
Aphrit, Schieferspath. — Chaux carhonoUe nacree. —
Seküferspar. Ein schieferigschaliger, perlmutterglänzender kohlensau-
rer Kalk, der sich sparsam auf Lagern und Gängen im älteren Ge-
birge, so namentlich zu Kongsberg, Comwall u. s. w. vorfindet. Der
Seh an m kalk (Schaumerde), ein kieselerde- und eisenoxydhaltiger
koldensaurer Kalk führt auch den Namen: zerr eiblicher Aphrit
P.
Aphnzit (Gemeiner Schörl. — Turmalin noir. — Common
Sekörl), So hat Andrada den schwarzen, in niedrigen Säulen krystal-
liiiiten Tumnalin von Krageroe in Norwegen genannt, den er für eine
besondere Species hielt. p.
Aphrodlt, ein in seinen äusseren Eigenschaften dem M e er-
leb an m ähnliches wasserhaltiges Talksilicat von der chemischen Con*
ititation 3 (2 BD . SiO,) + 2 (RO . Si O,) + 6 H O. Das in Talksili-
caten enthaltene Wasser ist stets basisches; je 3 Atome desselben er-
sstzen 1 Atom Magnesia. Unter solchen Umständen erhält die obige
chemische Formel die einfachere Gestalt 2(BO).Si08 d.h. der Aphro-
//*
dit ist halb - kieselsaure Magnesia, worin ein Fünftel des Talkerdege-
hsltes durch basisches Wasser ersetzt ist. (Man sehe Magnesia-
ffilicate, wasserhaltige). Findet sich zu Longbanshytta in Schweden.
Th. S.
Aphronitrum (aq)Qog<i Schaum, und vtxQOV^ Natron) nannten
<fie Alten das auf Mauern auswitternde und dieselben oft reif- oder
ichimmelartig überziehende Salz, also unseren sogenannten Mauersalpe-
ler, welches Salz aber zuweilen schwefelsaure Magnesia, häufiger wohl
kohlensanres oder schwefelsaures Natron ist, wohl selten aber salpeter-
sanres Kali oder Natron. (P.) Fe.
Aphrosiderit. Die chemische Constitution dieses dem Chlo-
rit (und Thuringit) verwandten Minerals ist durch eine Analyse des-
felben von San db erger noch nicht hinreichend ermittelt Namentlich
«t es zweifelhaft, ob der bedeutende Eisengehalt des Minerals ans*
schliesslich als Eisenoxydul auftritt. Nach Sandberger entfialt es
i6,4 Kieselsäure, 21,2 Thonerde, 1,1 Magnesia, 44,2 Eisenoxydul und
7,7 Wasser; er giebt ihm die Formel 3(3RO.Si08) -f- SRaOs.SiO,
-f-6HO. Th. S.
Aphtalose s. Arkanit.
Aphtonit hat Svanberg ein dem derben Fahlerz (s.d.) ähn-
liches Mineral von Wärmkog in Wärmeland genannt, welches durch
einen beträchtlich grösseren Gehalt an basischen Schwefelmetallen cha-
rakterisirt ist, als das gewöhnliche Fahlerz besitzt. Nach Svanberg' s
Analyse {ßfoeraigi af Kongel. Vatensk. Äcad. FörhoandL Bd. /F, p. 85)
150 Apin. — Apiin.
kommt ihm die — allerdings nicht sehr wahrscheinliche — Forme
TBS.SbSa zu. B besteht hauptiächlich aus Kupfer, Zink^ Silbei
Eisen. Von Arsenik ist nur eine Spur vorhanden. Specif. Gewich
= 4,87. Ist bisher nicht krystalliäirt vorgekommen. Vielleicht is
es eine Verbindung GRS.SbSg, gemengt mit RS. Th. S.
Apin, syn. mit Porphyroxin (s.d. Art. iste Aufl. Bd. V]
S. 626).
Apiin. Ein dem Pectin verwandter stickstoflTreier Korper, (1848
von Braconnot in der Petersilie {Apium graveolens) aufgefundei
Seine Formel ist nach v. Planta und Wallace CsiHxiOis«
Das Apiin war zuerst von Braconnot dargestellt, aber nicht gan
rein erhalten; v. Planta und Wallace^) stellten zuerst den Körper rei;
dar, und ermittelten seine Zusammensetzung. Nach Braconnot wir
frisches vor der Blütho gesammeltes Petersilienkraut drei Mal mit Wai
ser ausgekocht; diese Abkochungen werden gemengt, sie scheiden beiv
Erkalten eine dunkelgrüne durchsichtige Gallerte ähnlich wie Pek
tin ab, welche mit kaltem Wasser abgewaschen, dann ausgepreSj
und im Wasserbnde getrocknet wird. Das trockene gelbliche ode
schmuts^ig grünliche Pulver, was nach der angegebenen Methode vo
Braconnot dargestellt ward, mussnach v. Planta und Wallace, m
es zu reinigen, wiederholt mit Weingeist ausgekocht werden; das Aus
kochen setzt man so lange fort, bis der heiss ßltrirte Auszug nicli
mehr dunkelgrün, sondern hellbraun gefärbt ist. Beim Erkalten de
Spirituosen Flüssigkeiten erhält man wiederum eine dichte, dunkelgrün
(Gallerte, von der man, nachdem sie in warmem Wasser aufgelöst wox
den, den Weingeist so weit abdustillirt, bis ein dichter, grüner Bre
untermengt mit einem weissen, wachsartigen Pulver zurückbleibi
Dieser wird auf Leinwand geschüttet und durch Pressen mit der Han
von der dunkelgrün gefärbten Flüssigkeit getrennt. Die in dem Lei
ncn befindliche Substanz ist nunmehr grünlich weiss. Durch wiedei
hohes Eintauchen in heisscn Weingeist und jedesmaliges Pressen, dai
auf diu'ch Kochen mit öfters erneuerten Portionen Aether wird si
endlich ganz von Chlorophyll und Wachssubstanz befreit und bildet nac
dem Trocknen unter der Luftpumpe und im Wasserbade ein zartef
weisses Pulver, welches weder Geruch noch Geschmack hat und beu
Verbrennen nur etwa 0,15 Procent Asche hinterlässt.
In dem abgepressten Weingeist ist neben Wachs und Chlorophyl
auch Apiin enthalten, welches dadurch gewonnen werden kann, das
man den Alkohol abdestillirt und den Rückstand so lange mit Aethe
behandelt, als dieser sich grün färbt.
Das nach der beschriebenen Methode dargestellte Apiin ist ei
weisses geruchloses und geschmackloses Pulver; im Wasserbade ge
trocknet, nimmt es an der Luft etwa 8,86 Procent Feuchtigkeit aul
Beim Erhitzen auf 100^ bis 180^0. verändert es sein Gewicht nich
schmilzt aber bei letzterer Temperatur sehr rasch und giebt nach der
Erkalten eine glasige, brüchige, gelbliche Masse. Erst bei -f- 200
bis 210<>C. beginnt die Zersetzung. Von kaltem Wasser bedarf es 850<
^) Annal. d. Chemie u Pharm. Bd. LXXIY, S. 262; Joum. f. pnOit. Cbes
Bd. LH, S. 890; Im Auszug: Pharm. Centralbl. 1860, S. 600; Jahresber. ^
Liebig u. Kopp, 1860, S. 546.
Apiin. 151
Thle. znr Aaflosnng, dagegen ist ea leicht IdsKoh in kochendem Wasser,
das vorsichtig geschmolzene in noch höherem Grade. als das nicht ge-
gchmolzene. 1 Thl. Apiin giebt mit 1527 Thln. Wasser beim £r-
büten noch eine lockte Gallerte , die Fähigkeit zu gelatiniren hört
sber erst bei einem Yerhältniss von 1 Thl. Apiin zu 8500 Wasser
auf. Kalter Weingeist ist ein besseres Auflösangsmittel für Apiin als
kaltes Wasser, es bedarf von demselben nur 359 Thle. Kochender
Weingeist nimmt so viel davon auf, dass der Siedepunkt der gesättigten
Losnog über dem des Wassers liegt Die weiageistigen Lösungen gc«
btiairen ebenfalls beim Erkalten.
Eigenthflmlich ist die Beaction des schwefelsauren Eisenoxyduls
nf das Apiin. Die Lösungen desselben werden nämlich dadurch
bhitroth gefärbt, und selbst bei sehr grosser Verdünnung tritt noch
rothe Färbung ein. Mit Cblorbarium, essigsaurem Bleioxyd und sal-
peiersaarem Silberoxyd geben sie keinen Niederschlag, aber eine Auf-
Umag von Bleizucker in Weingeist wird durch eine ebenfalls spiri*
tooM Losging von Apiin intensiv gelb gefallt. Der Bleigehalt des Nie-
derschlages variirt zwischen 53,60 und 61,09 Procent.
Wenn man eine Auflösung von Apiin in Wasser längere Zeit kocht
und das verdunstete Wasser immer ersetzt, so verliert die Flüssigkeit
£e Fähigkeit beim Erkalten zu gelatiniren, sie wird zuletzt röthlich
g«lb, und nach dem Erkalten scheidet sich nun ein leichtflockiger, bei-
Babe farbloser Niederschlag aus, welcher bei lOO^C. getrocknet die Zu-
sammensetzung C24H]60i5 hat, also durch Aufnahme von 2 Aeq. Wasser
enstanden ist, ohne dass sich ein anderes Product daneben gebildet
lat Dieser neue Körper ist spröde und leicht zerreib] ich, das Pulver
denelben ist braun. In kochendem Wasser ist er leicht lödlich, eben
10 in Weingeist. Die Reaction mit schwefelsaurem Eisenoxydul ist
geblieben. Chlorbarium trübt die heisse wüsserige Auflösung- desselben
QU wenig, essigsaures Bleioxyd erzeugt darin einen reichlichen Nieder-
Mfalag, salpetersaures Silber ist ohne Wirkung.
Durch längeres (^/j- bis 24 stündiges) Kochen des Apiins mit ver-
dönnter Schwefelsäure verliert sich gleichfalls die Eigenschaft desselben
n gelatiniren. Beim Erkalten bekommt man einen weisslichen, flocki-
gen Niederschlag, der sich leicht auswaschen lässt und nach dem Trock-
&en bellbraun aussieht. Er hat bei 100^ C. getrocknet die Zusammen-
*^^^g 0^4^10 O9, enthält also die Elemente von 4 Aeq. Wasser we-
uger als das Apiin, und ist in kochendem Wasser ungleich weniger
mfiöslich als dieses. Dagegen löst es sich leicht In kochendem AVein-
geist und scheidet sich beim Erkalten nicht wieder aus. Schwefel-
Banres Eisenoxydul erzeugt in der Lösung dieses Körpers einen roth-
bnanen Niederschlag, Chlorbarium, essigsaures Blei und salpeter-
Bores Silber sind ohne Wirkung. Er lässt sich nicht ohne Zersetzung
läimeUen.
Braconnot hat angegeben, dass sich bei der Einwirkung von
verdQnnter Schwefelsäure auf Apiin Zucker bilde, v. Planta und
WsUace haben dies aber nicht bestätigt gefunden. Sie erhielten
twar eine Flüssigkeit, welche, als sie nach Hinwegnahme der Schwe-
feliinre durch kohlensauren Baryt zum Synip concentrirt wurde, süss
ichmeckte und, mit weinsaurem Knpferoxyd-Kali gekocht, Kupferoxydul
AQBSchied, aber sie liess sich nicht in Gährung versetzen und verbrei-
152 Apios tuberosa oder Glycine apios.
tele beim Erhitzen anf PMkin nicht den eigenthümlichen Gremch des gpe
brannten Zuckers.
Kochendo verdünnte Chlorwasserstoffsäure wirkt ähnlich auf das iLpiii
wie die verdünnte Schwefelsäure. Der dadurch entstehende Korper hA
die gleiche Znsammensetzung wie der durch verdünnte Schwefelsäure ent
standene, aber er ist viel löslicher in kochendem Wasser. Seine Aufl5
sung in Wasser oder Weingeist färbt sich mit schwefelsaurem ßiaeii
oxydul ziegelroth und giebt einen rothbraunen Niederschlag. Bssig^
saures Blei erzeugt in der wässerigen Losung geringe Trübung, Salpeter
saures Silber und Chlorbarium sind ohne Wirkung.
Concentrirte Schwefelsäure und Chlorwasserstoflbäure lösen das Apün
ohne dass man zu erwärmen braucht, mit orangerother Farbe auf. Onrcl
Zusatz von Wasser erhält man einen Niederschlag, der nach dem Axl»
waschen und Trocknen gelblich braun ist, und dessen ZusammensetKun^
CS4H19O1J ist, der also dadurch entstanden ist, dass die Elemente von 2 HC
aus dem Apiin ausgetreten sind. Dieser Körper theUt mit dem durch ver-
dünnte Säuren erhaltenen Körper die grössere Schwerlöslichkeit in kochen-
dem Wasser, doch ist die Eigenschaft des Apiins, zu gelatiniren, bei demsel-
ben nicht so völlig verloren gegangen. Beim Erhitzen schwärzt die eoncen-
trirte Schwefelsäure das Apiin und entwickelt schweflige Säure. Aas dei
klaren Lösung, welche concentrirte kochende Chlorwasserstoffsäure mit den
Apün anfangs bildet, schlägt sich bald ein dunkelbrauner Körper nieder.
Bei 100^ C. getrocknetes Apiin absorbirt5,l Proc. trockenes Chlor-
wasserstoffgas, es färbt sich dadurch gelblich; die Färbung verschwin-
det aber beim Erhitzen wieder.
Chlor erzeugt in der wässerigen heissen Auflösung des Apiins als-
bald einen schmutzig gelben chlorhaltigen Niederschlag, welcher nach
dem Trocknen dunkelbraun ist und beim Erhitzen Chlor wasserstofiTsaure
entwickelt. Er löst sich leicht in heissem Wasser und Weingeist. Die
Lösungen reagiren neutral; die wässerige scheidet beim Erkalten
einen gelblichen Niederschlag aus, die weingeistige erst nach einiger
Zeit. Beide färben sich mit schwefelsaurem Eisenoxydul blutroth
Essigsaures Bleioxyd erzeugt in der wässerigen Lösung einen starken
gelben Niederschlag.
Salpetersäure soll, nach Bracon not, aus dem Apiin Pikrinsalpeter-
sänre und Oxalsäure bilden, v. Planta und Wallace schreiben die
Bildung dieser Säure fremdartigen Beimengungen zu, da sie mit reinem
Apiin nichts der Art erhielten, wohl aber aus unreinem.
Wird Apiin in einem Destillationsapparate der oxydirenden Ein-
wirkung von Braunstein und Schwefelsäure ausgesetzt, so geht unter
heftiger Beaction Ameisensäure und Essigsäure über. Zugleich ent-
wickelt sich Kohlensäure.
Die Alkalien, auch Ammoniak, lösen das Apiin mit Leichtigkeit,
sie verändern es aber selbst beim Kochen nicht und auf Zusatz von
Säuren entsteht wieder eine Gallerte. Kalkwasser löst dasselbe nur
zum Theil auf. Die Lösung gelatinirt mit Säuren.
(W^p.) Fe.
Apios tuberosa oder Glycine apios (Lin.), eine ans
Nord-Amerika stammende, zu den Leguminosen gehörende Pflanze, de-
ren Wurzeln als ein Ersatz für die Kartoffeln vorgeschlagen sind, wäh-
rend die jungen Samen statt Erbsen genossen werden sollen. Die Wor^
zeln sollen schon von Eingebomen Amerikas benutzt worden sein, und
Apirin. — ApophyUensäure. 153
m Virginien auch noch als Nahrungsmittel üenen. Nach Payen ent-
halten sie in 100 Theilen: 4,5 Proc. stickstoffhaltende Substanz;
0,8 Pioc Fett; 33,5 Proc. Stärkezucl^er undPectinsubstanz; 1,3 Proc.
CeUolose; 2,6 Proc. AschenbestandtheUe ; 57,3 Proc. Wasser i). Fe,
Apirin s. Apyrin.
Apium graveolens. Der Sellerie enthält, nach Herapath,
im frischen Zustande 1,1 Proc, voUkoniinen trocken 16,8 Proc. Asche;
lOOTheile derselben enthalten 8,2 Proc. Kohlensäure; 1,0 Proc. Schwe-
kAAare; 6,4 Proc. Phosphorsfture ; 29,3 Proc. Kali; 32,3 Proc. Chlor-
BstrioDi; diese Bestandtheile bilden lösliche Verbindungen, ausserdem
enthalt die Asche an unldslichen Salzen 7,5 Proc. kohlensauren Kalk,
1S,7 Proc. phosphorsauren Kalk, 1,6 Proc. Kieselsäure. Fe.
Apllt. Mit dieser unzweckmässigen Benennung hat man einen
ssndsteinartigen Granit belegt, der aus einem klein- oder feinkörnigen
Gemenge von Quarz und Feldspath besteht und Glimmer höchstens in
Spuren enthält. 2X S,
Aplom s. Granat.
Apoglucinsäure s. Glucinsäure.
Apokrensäure s. Humussäure.
Apoirs Thränen, bei den Dichtern der Alten, der Bern-
stein. P.
ApophyUensäure. Eine stickstoffhaltende, durch Zer-^
letzong von Cotarnin erhaltene Säure, deren Formel HO.CieHsNOf
vL Sie ward (1844) zuerst von Wöhler'), aber in geringerer Menge
dargestellt, Anderson^) bat sie später weiter untersucht.
Die Bildungs weise der ApophyUensäure aus dem Cotarnin ist noch
UToUständig bekannt, da man nicht die Prodücte kennt, welche neben
der Säure zugleich entstehen. Ihre Bildung beruht auf einer Oxydation,
Dan kann dafür folgendes Schema aufstellen :
Cotarnin ApophyUensäure
Aus dem letzteren Korper müssten sich dann weitere nicht näher
beobachtete Prodncte bilden. Der Zusammensetzung nach steht die
Siare in naher Beziehung zur Anthranilsäure (C14H7NO4), welche die
Elemente von 2Aeq. Kohlensäure weniger enthält als das Apophyllen*
lior^ydrat. Ihren Namen' hat die Säure von Wo hl er erhalten wegen
der Aehnlichkeit mit dem Apophyllit in Bezug auf Spaltbarkeit und Form
der Krystalle. Die ApophyUensäure wird aus dem Cotarnin bei Ein*
wirkong von Platinchlorid (Wöhler), sowie durch Behandlung mit
Silpetersäore erhalten (Anderson).
^) Compt. rend. de Tscad. T. XXXVIll, p. 191 u. p. 709; Pharm. Centralbl.
S. 253 a. S. 559. — *) Anoal. d. Chem. a. Pharm. Bd. L, S. 24; Berzelius'
Jihresber. XXIV, S. 439. — ») Transact. of the Royal Soc. of Edinb. T. XXIXI,
^347. Chem. Soc. Qn. Journ. T. V, p. 267; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXVI,
S* 196; Joium. f. praXt. Chem. Bd. LVII, 8. 364; Jahresber. v. Lieb ig o. Kopp
m% 8. 544.
1 54 Apophyllensäure.
Wo hl er erhielt die Säure, indem er Cotamin mit Platinchlorid
fällte, den Niederschlag mit SchwefelwasserstofT behandelte und der
vom Schwefelplatin^ abfiltrirten Flüssigkeit Barythydrat -zusetzte; aus
dem dabei entstehenden Niederschlage wird das Cotamin mit sieden-
dem Alkohol ausgezogen, und dann der Rückstand mit verdünnter
Schwefelsäure erwärmt ; aus dem Filtrat scheiden sich zuweilen nach
einigen Wochen Krystallc von Apophyllensäure; es gelang aber nicht,
die Säure auf diese Weise willkürlich darzustellen (Wöhler).
Besser gelingt die Darstellung der Apophyllensäure aus dem Co-
tamin durch Einwirkung von Salpetersäure, wobei aber ein Ueber-
Bchuss dieser Säure zu vermeiden ist, weil dadurch die Abscheidung
der Apophyllensäure erschwert, und diese zum Thell selbst wieder zer-
setzt wird. Man verfährt am besten so, dass man Cotamin in Salpeter-
säure, welche mit ihrem doppelten Volumen Wasser verdünnt ist, löst,
dann concentrirte Säure zusetzt und bis zum Kochen erhitzt, wobei sich
reichlich Dämpfe von salpetriger Säure entwickeln. Man erhitzt so
lange, bis sich aus einer Probe der Flüssigkeit auf Zusatz von viel Al-
kohol mit Aether nach kurzer Zeit Krystalle abscheiden; darauf wird
die ganze Masse so behandelt, und bleibt 24 Stunden stehen. Die ab-
geschiedenen Krystallc werden durch Umkrystallisiren , wenn nöthig
mit Zusatz von Thierkohle gereinigt. Die so erhaltenen farblosen Kry-
stalle sind zuweilen wasserfrei, mitunter enthalten sie Krystallwasser.
Aus einer siedend gesättigten wässerigen Losung scheidet die Apophyllen-
säure sich beim Erkalten in wasserfreien prismatischen, in der Wärme
nicht verwitternden Krystnllen ab, von der Zusammensetzung HO.
Cio^e^O?* Aus einer weniger concentrirten Lösung setzen sich bei
niedrigerer Temperatur wasserhaltende Kiystalle HO.CieHeNO? -f"
2H0 ab. Diese sind farblose scharfe Bhombenoctaeder, der Form nach
dem Quadratoctacdcr sich nähernd, mit Kantenwinkeln von 106<^ 28',
103« 24' und 1900, und mit Winkeln an der Basis zu 92« und 98<>
(Hausmann). Sie lassen sich parallel mit der Basis leicht spalten,
und zeigen auf der Spaltungsüäche Perlmutterglanz, welche Eigen-
schaften zur Benennung der Säure Yeranliissung gegeben haben. Die
Krystalle verlieren das Krystallwasser vollständig schon weit unter
1000 C.
Die schwach sauer schmeckende Säure löst sich in Wasser nur
langsam und schwierig, in Alkohol und Aether ist sie unlöslich; die
wässerige Lösung reagirt schwach sauer. Die wasserfreien Krystalle
schmelzen bei 2050C., und erstarren beim Erkalten wieder zu einer
krystallinischen Masse ; bei höherer Temperatur verkohlt die Säure un-
ter Bildung flüchtiger Froducte, unter denen* zwei ölartige Körper
sich finden, eine indifferente und eine basische schwach aromatisch rie-
chende Substanz, welche letztere, nach Wöhler, wahrscheinlich Ghi-
nolin ist; nach Anderson ist sie weder Chinolin noch Anilin, weiter
konnte ihre Natur nicht ermittelt werden. In concentrirter Schwefel-
säure löst die Apophyllensäure sich ohne Veränderung, durch siedende
Salpetersäure wird sie unter Bildung von Oxalsäure oxydirt, daher bei
der Darstellung eine zu lange Einwirkung überschüssiger Salpetersäure
zu vermeiden ist.
Die Apophyllensäure ist eine schwache Säure; ihre meisten Ver-
bindungen mit Basen sind in Wasser löslich; die Salze der Alkalien
sind krystallisirbar , und ihre Lösungen werden weder durch Baryt^
ApophyUit. 155
noch Bleisalze gefallt, darch salpetcrsaures Silberozyd nur nach länge-
rer Zeit.
Apophyllensanres Ammoniamoxyd bildet kleine prismati*
sebe, in Wasser leicht lösliche Nadeln.
Apophyllensanrer Baryt wird aus der wässerigen Lösung,
dnreh Digeriren der wässerigen Säure mit kohlensaurem Baryt erhal-
ten, aof Zusatz von Alkohol in warzenförmigen Krystnllen abgeschieden.
Apophyllensaures Silberoxyd, AgO.CieHeNOy, kann nur
durch Digeriren der Säure mit kohlensaurem Silberoxyd und Wasser,
und Fällen der Lösung mit Alkohol und Aether erhalten werden. Es
bt ein krystallinisches Pulver, leicht löslich in Wasser, unlöslich in
Alkohol und Aether; beim Erhitzen verbrennt es langsam ohne zu ver-
paffen •
Apophyllensaures mit salpetersaurem Silberoxyd: AgO.
Cic fi« N O7 -f- Ag 0 . NO5. Wird die wässerige Lösung von apophyllen-
saurem Alkali mit salpetersanrem Silberoxyd versetzt, so scheidet sich
das Doppelsalz in zeolithäbnlichen Gruppen von feinen weissen Kry-
itallnadeln ab, welche beim Erhitzen heftig explodiren. Wöhler hatte
diese Krystalle für apophyllensaures Silberoxyd gehalten, nach Ander-
son sind sie das Doppelsalz. Fe.
ApophyUit (von dnofpvXkil^v^ entblättern, wegen des eigen-
thGmlichen Verhaltens dieses Minerals vor dem Löthrohrc, indem es sich
beim Erhitzen zerblättert), auch Ichthyophthalm (Fischaugen stein),
Alb in oder Fesselit. Obgleich dieser durch seine äusseren Charaktere sehr
aasgexeichnete, an mehreren Fundorten in Krystallen von grosser Rein-
heit vorkommende Zeolith von verschiedenen Chemikern — wie Berze»
lins, Rammelsbergu. A.^ — analysirt worden ist, und obgleich hierbei
nahe Übereinstimmende Resultate erhalten wurden, hat man bisher ver-
gebens versucht, die chemische Zusammensetzung des ApophyUit durch
öne chemische Formel von hinreichender Wahrscheinlichkeit auszu-
# _
drucken. Alle betreffenden Analysen, acht an der Zahl, kommen darin
fiberein, dnss — wie zuerst Berzelius angab — der ApophyUit an«
Bähemd besteht aus 10 Aeq. Kieselerde, 8 Aeq. Kalk, 1 Aeq. Kali
und 16 Aeq. Wasser, wobei jedoch ein kleinerer Theil des Calciums
als Flnorcalcium oder Fluorkieselcalciam auftritt. Die von den ver-
schiedenen Analytikern gefundene procentische Menge des Fluors
variirt zwischen 0,61 bis 0,80 (Berzelius) und 1,09 bis 1,28 (Ram-
melsberg). Unter der nicht unbegründet dastehenden Annahme,
dass das Fluor eine entsprechende Menge Sauerstoff ersetzt, führt jenes
Atomverhältniss direct zu der von Berzelius aufgestellton Formel:
KO . 2 Si O3 4- 8 (CaO . SiOg) + 16 HO, welche uns aber eine che-
mische Constitution darstellt, die wenig Wahrscheinlichkeit für sich hat
Einige andere Formeln hier anzuführen, welche 6. Rose, Dana u. A.
för den ApophyUit aufgestellt haben, erscheint überflüssig, da sie den
analytischen Resultaten mehr oder weniger Gewalt anthun. So z. B.
setzt die Bos ersehe Formel i) ein Yerhältniss von SiOs : CaO : KO
:H0 = 7:6:1:14 (= 8 : 6«/7 : I1/7 : 16) voraus. Bei genauer Be-
trachtung der Sauerstoffverhältnisse, welche den verschiedenen Analy-
sen des ApophyUit entsprechen, findet man, dass die von Berzelius
*) 6. Böse, Das kr^Btallo- chemische Minerals^tani, S. 87.
156 , Aporetin. — Apothema.
aogenommene Sauerstoff- Proportion, 10:8:1:16 oder besser SiOs
:RO:HO = 10:9: 16, nicht die einzig mögliche ist, sondern dasa
sieh die Proportion 9 : 8: 15 mindestens eben so scharf, zum Theü noch
schärfer an die analytischen Resultate anschliesst Der Ueberschnss
von Kieselerde und der mit ihm auftretende Wassergehalt stellen es als
wahrscheinlich heraus, dass das Wasser hier als eine Base 3 (HO)
= 1 RO auftritt. Mithin y erändert sich unsere Proportion zu Si Os
:R0 = 9:13, entsprechend der Formel: 4(3RO . 2SiO,)-f RO
. SiOs* Im zweiten Glied e dieser Formel dürfte der Sitz des Fluors (als
Fluorcalcium oder Fluorkieselcalcium auftretend) anzunehmen sein. Der
Apophyllit wird von erhitzter ChlorwasserstofTsäure, unter Abscheidung
von Eieselgallerte, leicht zersetzt Das Filtrat, mit Ammoniak öberaät-
tigt, giebt einen Niederschlag yon Fluorkieselcalcium. — In den
reinsten Varietäten wasserhell und farblos, mitunter rosenroth; auch
durchscheinend bis kantendurchscheinend und dabei weiss, röthlich-
weiss bis fleischroth. Die Krystalle sind tetragonale Pyramiden von
ausgezeichneter basischer Spaltbarkeit; derbe Massen von blätterigem
Gefüge. An einigen Fundorten (besonders zu Aussig in Böhmern)
vorkommende weisse, undurchsichtige Krystalle von besonderer Eury-
stall -Combination hat man Alb in genannt. Glasglanz, auf den ba«
sischen Flächen Perlmutterglanz. Specifisches Gewicht 2,3 bis 2,4.
Härte fast wie Apatit, gewöhnlich etwas geringer. Die durchsichtigen
Apophyllitkrystalle zeigen, nach Brewster, ein eigenthümliches opti-
sches Verhalten, indem jedes Erystallindividuum aus mehreren symme-
trisch geordneten Gliedern besteht, was bei der grossen Einfachheit der
äusseren Form dieser Krystalle um so merkwürdiger erscheint. — Findet
sich an mehreren Orten in Schweden (und Norwegen) auf Magneteisen-
steinlagem im Gneuss, namentlich auf der Insel Utü (Utön) von be-
sonderer Schönheit; ferner auf Erzgängen im Uebergangsthonschiefer
zu Andreasberg (rosenrothe Varietät); in Drusenraumen eines, dem
Gnenss untergeordneten Kalksteins zu Orawicza und Cziklowa in Un-
garn; endlich in den Blasenräumen bas9.1tischer und phonolytischer Gre-
birgsarten in Böhmen, Tyrol, Schottland, auf den Faröer-Inseln, Grön«
land, in Mexico u. s. w. TK S.
Aporetin nennen Schlossberger und Döpping ein Hars,
welches erhalten wird, indem der im Wasser unlösliche Theil des wein-
geistigen Extractes der Rhabarberwurzel in Alkohol gelöst und dann
mit Aether gefällt wird; beim Behandeln dieses Niederschlags niit AU
kohol bleibt das Aporetin zurück (s. Iste Aufl. Bd. VI, S. 825). Fe.
Aposepidin. Ein gewöhnliches Product der Fäulniss der
stickstoffhaltenden sogenannten Proteinstoffe, von Proust entdeckt und
als Käsoxyd bezeichnet, das nach späteren Untersuchungen von Mnl-
der, von Iljenko und von Cahours als unreines Leucin sich erwies
(s. Iste Aufl. Bd. IV, S. 836). Fe.
Aposepsie, syn. für Vermoderung (s. d. Art).
Apothema oder Extract-Absatz nennt Berzelius den
unlöslichen Absatz, welcher sich bei Luftzutritt aus der Auflösung
von Pflanzenextracten abscheidet, und der sich bei wiederholtem Auf-
lösen, Abfiltriren des ungelösteli Theils, und Wiederabdampfen immer
Apparat. — Apyrit. 157
von neuem bildet. Es ist ein dunkelbrauner amorpher, geruch- und ge-
schmackloser pulveriger Körper, offenbar keine bestinunte Verbindung
MHidern ein Gemenge yerschiedener, zum Theil in Umsetzung begriffe-
nor Körper, vollkonunen ähnlich oder identisch, so weit unter solchen
Umstanden dayon die Bede sein kann, mit dem Moder des Holzes.
Man hat diesen Körper auch wohl oxydirten Eztractivstoff* genannt,
weil er durch Einwirkung von Luft entsteht; durch diese Einwirkung
wird er aber, weil sowohl der von aussen hinzutretende Sauerstoff* wie
m Theil des Sauerstoffs der Substanz zur Bildung von Kohlensäure
md Wasser verwendet wird, sauerstoffärmer und kohlenstoffreioher
(flwFänlniss und Vermoderung). (P.) Fe,
Apparat (Geräthschaft, Geräth) heisat im Allgemeinen
jede zur Ausführung einer chemischen Arbeit erforderliche, mehr oder
weniger zusammengesetzte Vorrichtung, während eine solche von ein-
^cherer Art Instrument (Werkzeug) genannt zu werden pflegt. Die
Retorte ist ein Instrument ; verbunden mit einer Vorlage stellt sie einen
Apparat dar. Der Apparate giebt es im Grunde so viele, als chemi-
icbe Operationen, und häufig sogar mehrere für eine solche. Auch
itellt der experimentirende Chemiker dieselben meist für jeden Fall
anders zusammen, wie es seine Absichten und Bedürfnisse gerade er-
heischen. Die Apparate können daher nur bei den einzelnen Operatio-
nen beschrieben werden, oder unter besonderen Namen, welche sie nach
diesen bekommen haben. ' P.
Appert's Methode s. Conservirung der Nah-
rungsstoffe.
Apyre. £in vermeintliches Alkali, welches Brugnatelli in
dem Harne oder der Blasensteinsäure gefunden haben will, welches nach
Döbereiner aber nichts ist, als phosphorsaure Magnesia und phosphor-
ttorer E[alk 0- Sonst heisst apyre (franz.), apyrua (latein.), feuerfest.
P.
Apyrin. Eine Pfianzenbase, die Bizio^) in den Früchten von
Gkoc nudfera und Coco9 lapidea gefunden haben will. — Er zieht die
Substanz der Nüsse mit verdünnter Chlorwasserstoffsäure aus und fällt das
Apyrin aus der abgegossenen Flüssigkeit mit Ammoniak* Es ist Weiss,
der Starke ähnlich, ohne Geruch, schmeckt erst nach einiger Zeit stechend
«ad reagirt weder sauer noch alkalisch. Die merkwürdigste Eigen-
lehaft des Apyrins ist die leichtere Löslichkeit in kaltem Wasser, .als
in warmem, deshalb trübt sich eine kalt bereitete wässerige Lösung beim
£rwärmen (daher der Name) und lässt Apyrinhydrat fallen. Dieselbe
Sigoischaft th eilen die Verbindungen des Apyrins mit Säuren, von wel-
chen Bizio angiebt, dass die mit Essigsäure und Weinsäure auf diese
Weise in kleinen Kry stallen erhalten werde. — Beim Erhitzen stösst
du Apyrin weisse , nach verbrennendem Hanf riechende Dämpfe aus
und hinterlasst Kohle. — Die Existenz desselben, als eines eigenthüm-
Üchen Körpers, bedarf noch sehr der Bestätigung. (Xp.) Fe-
Apyrit^ Siberit, Rubellit {TurmaUne apyre^ Red turmaiine);
^e rothe Varietät des Turmalins (s. d.).
0 GUb. Anna]. Bd. LXVII, S. 386. — *) Journ. de chim. m^ic. 1838. T. tX, p. 596 ;
•wb Jonrn. f. prskt. Chem. Bd. I, p. 421; Berzelias' Jahresber. Bd. XIV, S. 271.
158 Aqua ßinelli. — Aqua reginae.
Aqua Binelli. Ein aus Italien stammendes Geheimmittel,
welches nach seinem Entdecker, Dr. Fedele Binelli aus Piemont, so
benannt wurde, und seiner Zeit vorzugsweise als blutstillendes Mittel,
aber auch sonst für innerliche wie für äusserliche Anwendung bedeu-
tenden Ruf hatte, nachdem Commissionen der Turiner Akademie wie
der Acrzte zu Neapel mit dem Mittel auffallend gQnstige Resultate er-
halten haben wollten. Nach Binelli's Tode (1827) kam das Geheim-
niss in Besitz von Gaetana Pironti und Andrea Ferrara, deren
amtlich geprüfte Präparate dann durch Gräfe 1831 nach Berlin ka-
men. Nachdem das Mittel Anfangs nahezu Wunder bewirkt hatte, fand
man später, dass seine Wirkung nicht bedeutender sei, als die von rei-
nem kalten Wasser.
Der grosse Ruf des Mittels , wie sein hoher Preis (20 Thaler das
Pfund) waren hinreichende Veranlassung zu wiederholten Untersuchun-
gen und Versuchen, es darzustellen. Berzelius gab an, dass es Spu-
rren Ammoniak und einen flüchtigen eigenthümlichen unbekannten Xor-
per enthalte, welcher dem Oleum anmale Dippelü wohl ähnlich sei, sich
aber wesentlich dadurch unterscheide, dass er sich an der Luft nicht
bräune. — Alle anderen Untersuchungen ergaben übereinstimmend, dass
das Wasser nur eine sehr geringe Menge eines flüchtigen nicht isolir-
baren Körpers enthalte, ähnlich wie die sogenannten Aqua empifreuma-
Hca^ fuUginia u. a.
Man wollte dann mit einer Mischung von 1 Unze Tabacksöl (oder
Saft aus den Tabakspfeifen), 32 Unzen Wasser und einigen Tropfen
Thieröl eine gleiche Wirkung erhalten haben; ebenso mit einer con-
centrirten Abkochung von Tabacksblättern. Da das eigentliche Aqua
Binelli aber auch Unzen weise innerlich genommen werden sollte, so
konnte es wohl nicht Tabackssaft enthalten. Nach anderen Angaben sollte
eine Auflösung von wenig Kreosot in Wasser dieselbe Wirkung thun.
Blei erhielt beim Destiiliren der Braunkohle von Preusslitz mit Was-
ser ein dem Aqua Binelli ganz ähnliches Product. Buchner vermu-
thete, dass es ähnlich wie das in Italien längst bekannte Aqua del car^
ceraü di Roma oder AqiLa stypUca vulneraria Clementini bereitet werde, wel-
ches Mittel aus dem ansgepressten frischen Saft von Hb. Majoranae^ jSo-
niculi^ Verbenae^ Sedi maj,^ PimpineUae alb.^ MiUefoUi^ Bryoniae und 3/art
dargestellt wird, indem man ^5 Unzen des Saftes mit 6 Unzen Koch-
salz, 6 Unzen Potasche, 4 Unzen Weinstein, V/2 Unzen Aloe und 1
Unze Essig vermischt, die Masse 24 Stunden stehen lässt, und dann
zur Trockne abdestillirt, das Destillat wird auf den zn Pulver geriebe«
nen Rückstand zurückgegossen und wiederum abdestillirt, und diesei
Process dreimal wiederholt.
Jetzt ist das Aqua Binelli in Deutschland wenigstens längst ver-
schollen. (P.) Fe.
Aqua fortis simplex und Aqua fortis duplex,
syn. für einfaches und doppeltes Scheidewassei
(s. Salpetersäure).
Aquamarin, syn. für Beryll (s. d.) ; bei den Jawelierei
haben auch blassbläulich- oder meergrüne Topase diesen Namen.
Aqua oxymuriatica, syn. für Chlorwasser.
Aqua reginae (Königinnenwassser). So hat früher max
Aqua regia. — Arachin. 159
ein Gemisch von concentrirter Schwefelsäure und Salpetersäure, oder ein
mit >;« bis Vio seines Gewichts an Salpeter versetztes Vitriolol genannt,
welches der Engländer Keir anir Auflösung des Silbers (ehemals Kö-
nigin der Metalle genannt) und dessen Scheidung ,von Kupfer und an-
deren Metallen im Grossen anwandte ^).
Aqua regis, Königswasser, syn. Salpetersalzsänre,
Addum nitrico ' muriaticum (s. Königswasser Iste Aufl. Bd. IV, S. 428).
Aquila alba, mitigata, coelestis, Mercurii.
Veralteter Name für Quecksilberchlorür. P,
Ar ab in hat man dasjenige Gummi genannt, welches den Haupt-
bestandtheil des arabischen Gummi ausmacht; es ist bei 100^ C. ge-
trocknet CisHuOii; in Verbindung mit Basen hat es die Züsammen-
letzong CisHioOio; es zeichnet sich durch seine Lödlichkeit in kaltem
Wasser aus, mit dem es einen Schleim bildet, durch Alkohol wird es
ans der Losung gelallt. Nach neueren Untersuchungen von Neubauer')
ist das Arabin im arabischen Gummi mit Kalk, Magnesia und Kali verbun-
den ; durch Behandeln mit Chlorwasserstoflsäure und Alkohol werden die
Basen abgeschieden, und das reine Arabin verhält sich dann ganz wie
eine Saure, welche feucht sich leicht in kaltem Wasser löst, und durch
Alkohol aus dieser Lö&nng kaum gefällt wird; bei 100^ C. getrocknet,
löst es sich nicht mehr in kaltem Wasser, sondern quillt darin nur zn
einer gallertartigen Masse auf (siehe unter Gummi, arabisches). Fe,
Arachin, Arachinfett, Arachinsaures Gljceryloxyd
oder Lipyloxyd. Die neutralen Fette der Arachinsäure sind bis
jetzt noch nicht in reinem Zustande aus dem Oel der Erdnuss ab-
geschieden. Gössmann und Scheven ^) haben säuerst (1853) ein
solches Arachinfett nach Berthelot's Methode dargestellt, indem sie
Gljcerin mit Arachinsäure auf einander einwirken Hessen; das Pro-
dnct mit Wasser aufgekocht nannten sie Triarachin, seiner Zusam-
mensetzung nach musste es entstanden sein aus 1 Acq. Glyccrin
(CfHgOe) mit 3 Aeq. Arachinsäure (3*C4oH4o04) unter Abscheidung
von nur 4 Aeq. HO, statt dass sonst hier meistens 6 Aeq. HO austreten;
der gefundenen procentischen Zusammensetzung nach kann es aber auch
ein Gemenge von Biarachin mit eigentlichem Triarachin sein. Ber-
thelot ^) nimmt an, dass es neben Biarachin noch freie Arachinsäure
enthielt, und er stellt die, nach seiner Angabe, reinen neutralen Fette
90 dar, dass er das rohe Product, welches sich beim Erhitzen von
Gljcerin mit Arachinsäure bildet, in einem Ballon schmilzt, dann eine
reichliche Menge gelöschten Kalk zusetzt, und das Ganze mit Aether
etwa 15 Minuten im Wasserbade digerirt; es wird dann mit Aether ge-
kocht, wobei das neutrale Fett sich löst, während die Kalkseife unge-
löst zurückbleibt; die ätherische Lösung hinterlässt beim Abdampfen
das Arachinfett; ist dieses vollkommen frei von anhängender Fettsäure,
Bo darf seine Lösung in kochendem Alkohol die weingeistige Lö-
nmg von Lackmus nicht röthon. Berthelot hat nun in dieser Weise
1) CrelVs ehem. Annal. 1791, Bd. II, S. 215 u. 889. — *) Joum. f. prakt.
Chcm. Bd. UUI, S. 193; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. CII, S. 105. — *) Anoal.
d. Ctwm. u. Pharm. Bd. XCVII, S. 264. — *) Annal. de chim. et phys. [8.]
T. XLVn, p. 856; Chem. Centralbl. 1866, S. 887.
160 Arachinamid.
die drei Arachiofette , das einsäorige, das zwei- und dreiaänrige, dar«
gestellt
Monarachin.
Seine Formel ist C4eH4e08; es entsteht aus 1 Aeq. Glycerin ood
1 Aeq. Arachinsänrehjdrat unter Abscheidung von 2 HO; C^HgOg -f
C40H40 O4 — 2 H O = €45 H4e Og ; man erhält es durch achtstündiges Er-
hitzen der Gemengtheile in einer Glasröhre auf ISO^C, welche Tem
peratur aber nicht überschritten werden darf. Das so erhaltene Pro-
duct mit Kalk und Aether, wie angegeben, gereinigt, ist ein weütsej
neutrales Fett, welches sich kaum merkbar in kaltem, und schwie-
rig auch nur in kochendem Aether löst, ans welcher Lösung es siel
beim Erkalten in körnigen Massen absetzt ; das geschmolzene Fett m
wachsartig.
Biarachin.
Seine Formel ist, nach Berthelot, C86H8fiOi2) das ist CgHgO)
-f- 2. €4084004 — 2 HO; danach sind hier nur 2 Aeq. Wasser abge
schieden, nicht 4 Aeq., wie sonst bei Bildung der zweisäurigen Fette
man könnte daher zweifelhaft sein, ob das Fett, dessen Zusammen
Setzung eigentlich CgeHg4 0io sein sollte, vollkommen rein ist Dai
Biarachin bildet sich, wenn Glycerin mit Arachinsäure 6 Stunden, odei
Monarachin mit Arachinsäure unter Zusatz einer Spur Wasser 8 Stun
den auf 200« bb 230» C. erhitzt wird.
Das gereinigte Biarachin ist weiss, selbst in kochendem Aethei
nur sehr wenig löslich; beim Erkalten scheidet es sich in feinen kör
nigen Massen ab; in Schwefelkohlenstoff löst es sich leichter als ii
Aether, das beim freiwilligen Verdunsten der Lösung bleibende Fei
lässt keine krystallinische Beschaffenheit erkennen. Das Biarachu
schmilzt bei 75® C, und verdampft, auf dem Platinspatel vorsichtig er
hitzt, fast vollständig ohne Zersetzung.
Triarachin.
Seine Formel ist, nach Berthelot, Ci^e 8133^129 ^^ ist CgHgO
-{- 3.C40H40O4 — 6 HO. Es wird, nach ihm, erhalten durch 8 bis 1<
Stunden langes Erhitzen bei 200^ bis 220^ C. von Diarachin mit dec
10- bis 20fachen Gewicht von Arachinsäure. Dieses Triarachin ist de
anderen Fetten sehr ähnlich, und wie diese wenig in Aether löslich.
Das Triarachin von Gössmann und Scheven, welches Ber
thelot für ein Gemenge von Arachinsäure mit Biarachin hält, bildet
nach ihnen, nach seiner Abscheidung aus der kochenden Lösung in AI
kohol mit Aether eine flockige,, unter dem Mikroskop krystalliniscb
Masse, welche, nach ilmen, bei 70^0. schmilzt, nach dem raschen Ei
kalten eine glanzlose amorphe Masse ist, nach dem langsamen Erkal
ten aber deutlich krystallinische Structur zeigt. Fe.
Arachinamid. Das Amid der Arachinsäure ist (1855) vo
Scheven und Gössmann 0 entdeckt. Seine Formel ist = C40H41NO
_ C4oH89 0a| jj j^.^^^ Verbindung bildet sich bei Einwirkung vo
>) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XOVII, S. 262.
Arachinsäure. 161
Ammoniak auf Erdnussöl; durch ESrhitzen yon arachinsaurem Ammo-
Biak, oder durch Einwirkung von Ammoniak auf arachinsaurea Aethyl-
ozjd hat es noch nicht erhalten werden können.
Zur Darstellung des Arachinamids wird Erdnussöl (von Arachis
hgpogaed) mit überBchössigem , mit Ammoniak gesättigtem Alkohol
nehrere Wochen in einem verschlossenen Gefäss digerirt, so lange
noch die Masse eine Veränderung erleidet. Sie wird dann mit Was-
Mr erwärmt, zur Trennung von Alkohol und Ammoniak abgenommen
und ZOT ESütfemung des flüssigeren Oels zwischen Papier stark gepresst,
dann aaa Alkohol umkrjstallisirt, bis der Schmelzpunkt constant ist.
Leichter wohl würde das Arachinamid aus dem künstlich dargestellten
Arachin rein darzustellen sein.
Daa Arachinamid ist weiss, unlöslich in Wasser, löslich in Alko-
boL| aus starkem Alkohol krystallisirt es in sternförmig gruppirten Pris-
men ; es schmilzt bei 98^ bis 99^ C. ; es entwickelt erst beim Schmel-
len mit Alkalihydrat Ammoniak. . Fe.
Arachinsäure. Die festere Fettsäure oder Talgsäure aus dem
Oel der £rdnns8, der Frucht von Arachis hypogaea (s. d.). Ihre Formel.
islHO . C40HS9OS. Sie ist wahrscheinlich identisch mit der von Heintz
ans der Butter abgeschiedenen Fettsäure, welche er Butinsäure (s. d. Art.)
nennt, nnd für welche er auch die Formel HO. 0401(3903 als wahr-
leheinlich giebt Die Arachinsäure ist (1854) von Gössmann i) zuerst
darg^estellt und untersucht. Um diese Fettsäure aus dem durch V^r-
snfuug des Erdnussöls erhaltenen Gemenge von fetten Säuren abzu-
leheiden, wird die Masse zuerst mit dem 5- bis Gfachen Volumen
Tim kaltem Alkohol digerirt, worauf die ungelösten Säuren in etwa
20 Thln. siedendem Alkohol gelöst werden; die beim Erkalten zuerst
abgeschiedene kiystallinische Masse wird dann durch Auspressen nnd
wiederholtes Umkrystallisiren gereinigt, bis ihr Schmelzpunkt bei 74,5^
bis 750 C. liegt.
Die Arachinsäure lässt sich auch durch partielle Fällung darstel-
len; die Lösung der festen Fettsäuren in der hinreichenden Menge sie-
denden Alkohols wird dann mit so viel freier Essigsäure versetzt, dass
der auf Zusatz von überschüssigem neutralen essigsauren Blei entste-
bcnde Niederschlag eich beim Erhitzen vollständig wieder löst. Beim
Efkalten krystallisirt dann das fettsaure Bloiozyd, welches nach dem Ab-
fihnren nnd Auspressen in Alkohol gelöst und mit Salzsäure zersetzt
wird. Hierbei scheidet sich neben freier Fettsäure auch immer viel fett-
amres Aethyloxyd ab, weshalb die abgeschiedene Masse mit Kalilauge
gekocht und dann durch Säuren zersetzt wird. Die so erhaltene noch
imreine fette Säure wird wieder in Alkohol gelöst und mit Vio ^^ ^Ii2
der zur Tollständigen Fällung nöthigen Menge von essigsaurer Magne-
«ia versetzt; die Flüssigkeit wird noch warm von dem Niederschlag
abfiltrirt, und das Filtrat noch zwei Mal in ähnlicher Weise mit essig-
suaer Magnesia versetzt.
Die so durch fractionirte Fällung erhaltenen fettsauren Salze wer-
den durch Säuren zersetzt, und die abgeschiedene Fettsäure aus Alko-
hol umkrystallisirt, bis sie den constanten hohen Schmelzpunkt zeigt.
0 AniML d. Cbem. u. Pharm. Bd. LXXyTX, S. 1 ; im Auszug Journ. f. prakt.
Bd. LXI, 8. 586; Pharm. CratralbL 1864 S. 60.
llaDdwMirlNub der Cbamif. ncAnil. Bd. II. ]^]^
162 Arachinsaure Salze.
• «
Ana den späteren FSllnngen kann man noch mehr Arachintönre
abscheiden, wenn man das Gemenge der Fettsäuren in Alkohol IM
nnd die noch warme Flüssigkeit von den zuerst abgeschiedenen K17-
stallen schnell abfiltrirt, und diese für sich umkrystaliisirt.
Die in der angegebenen Weise dargestellte Arachinsäore ist zu-
weilen durch einen beigemengten harzartigen Körper schwach ^ grün-
lich gefärbt; durch Lösen in warmem Aether, der das Harz migeldst
lässt, kann sie dann farblos erhalten werden.
Die reine Arachinsaure krjstallisirt in sehr kleinen glänzenden
Blättchen; zusammengepresst haben sie Perlmutterglanz; die frisch ge-
schmolzene Säure ist strahlig krystallinisch, beim Aufbewahren erhält
sie ein porcellanartiges Ansehen. Sie löst sich in der Kälte selbst in
absolutem Alkohol sehr schwer, leichter in Aether; sie schmilzt bei
750 C. und erstarrt bei 78© bis 74» C. Fe.
Arachinsaure Salze. Diese Salze verhalten sich toU-
ständig wie die Salze der übrigen fetten Säuren. Die Arachinsäun
verbindet sich direct mit den Basen und zersetzt auch die kohiensaurei
Salze. Die arachinsanren Alkalien sind wie die gewöhnlichen Seifei
in Wasser und Alkohol löslich; die übrigen Salze sind in Wasser on*
löslich, aber löslich in siedendem Alkohol, sie sind leicht durch Fäl
lung aus den arachinsanren Alkalien darzustellen. Die Yeibindongei
der Arachinsaure sind von Scheven und Gössmann ^) untersucht
Caldwell hat die verschiedenen Aetherverbindungen dargestellt *).
Arachinsaures Aethyloxyd: C4H5O . C40H39O8. Die ArachiO'
säure wird schon beim Kochön mit absolutem Alkohol für sich in Aethei
verwandelt, leichter noch bei Gegenwart von Chlorwasserstoffs&nre odei
auch Essigsäure. Bei wiederholtem ümkrystallisiren der Talgsäore an
Alkohol, namentlich bei Gegenwart einer anderen Säure, bildet sich da*
her leicht arachinsaures Aethyloxyd, woher es kommt, dass beim um*
kiystallisiren solcher Fettsäure möglicherweise der Schmelzpunkt fällt
statt höher zu werden, indem sich der Säure die Aethylverbindung bei
mischt.
Um den Arachinsäureäther darzustellen, wird die Arachinsiui
wegen ihrer geringen Löslichkeit am besten in absolutem Alkohol ge
löst, und in die erwärmte Flüssigkeit Salzsäuregas Ji)b zur Sättigung
geleitet, worauf man die Masse am besten noch 12 bis 24 Stunden be
gelinder Wärme digerirt Es hat sich nun gewöhnlich schon etwa
Aether in ölartigen Tropfen abgeschieden, durch Zusatz von wenif
Wasser scheidet sich aller Aether ab. Es ist zweckmässig, den Aethei
nochmals in siedendem Alkohol zu lösen, und wieder mit Salss&uregai
zu behandeln, um die letzten Antheile der freien Säure zu ätherificiren
indem auf Zusatz von Wasser sich dann meistens vollkommen reinei
Aether abscheidet. Man kann den Aether freilich auch durch Waschei
mit einer verdünnten heissen Lösung von kohlensaurem Natron reim
gen, ihn dann nochmals in Alkohol lösen und durch Zusatz von Wat
ser wieder abscheiden. Bei der Behandlung mit kohlensaurem Alkal
wird ein Theil des Aethers aber auch wieder zersetzt, daher die mehr*
mal ige Behandlung mit Salzsäure vorzuziehen ist.
») Anna!, d. Chem. u. Pharm. Bd. XOVII, S. 267. — •) Annal. d. Chem. a
Pharm. Bd. Cl, S. 98.
Arachinsaure Salze. 168
Der Arachinsanre-Aether ist eine durchscheinende krystallinische,
durchaus nichi spröde Masse, sie ist auf dem Brach blatterig, und
schmilzt bei 50« C.
Arachinsaurc^s Ammoniuniozyd: NH4O . C40HB9O8. Das
Salz scheidet sich in reichlicher Menge aus, wenn eine massig concen-
trirte irarme Ldsung der freien Säure in Alkohol, die mit überschüssi-
gem Ammoniak versetzt ward, langsam erkaltet. Das Salz bildet nadel-
förmige KrystaUe, die beim Trocknen zu einem lockeren krystallini-
seheii Pulver zerfallen; an der Luft verlieren sie schon bei gewöhnli-
cher Temperatur schnell Ammoniak.
Arachinsaures Amyloxyd, CioHiiO.C4oHs9 03, lässt sich in
gleicher Weise wie die Aethyl Verbindung darstellen durch Behandeln der
in Amylalkohol gelösten Arachinsäure mit Chlorwasserstoffgas. Das ara-
dunsaure Amyloxyd bildet schöne glänzende Ejystallschuppen ; es löst
sich leicht in heissem Alkohol, sowie in kaltem Aether; bei 45 ^ C.
schmilzt es, und erstarrt bei 44<> C. zu einer biegsamen durchscheinen-
den krystallinischen Masse; es lässt sich nicht ohne Zersetzung destilli-
ren (^Caldwell).
Ar ac hinsaurer. Baryt: BaO.C4oK39 08. Das durch Fällung
des Ammoniaksalzes erhaltene Salz ist ein weisses lockeres krystallini-
sches Pulver, welches unlöslich in Wasser, in einer grossen Menge
von siedendem Alkohol aber löslich ist
Arachinsaures Kali, KO.C4ofi89 08, bildet sich nur langsam
und nach längerem Kochen von Arachinsäure mit Kalilauge. Lässt
man die eingedampfte trockene Masse längere Zeit an der Luft liegen,
damit das freie Alkali sich mit Kohlensäure sättigt, so löst Alkohol
BOD das neutrale Salz, welches durch ümkrystallisiren aus Alkohol ge-
reinigi wird. Das arachinsäure Kali löst sich in Wasser wie in Alko-
koL Die eoncentrirte alkoholische Lösung erstarrt beim Erkalten zu
einer durchsichtigen Gallerte, welche auf Fliesspapier zu einem locke-
,re& krystallinischen Pulver eintrocknet.
Die Lösung von 1 Thl. Salz in 15 bis 20 Thln. Wasser ist voll-
kommen klar; b^im Verdünnen mit dem SO- bis 40facheh Wasser schei-
det sich saures Kalisalz in glänzenden Blättchen ab.
Arachinsaurer Kalk, CaO . C40H39O89 ist, wie das Barytsalz
^i^estellt, ein sehr lockeres, etwas gl&izendes Pulver.
Arachinsaures Kupferoxyd: CuO.C4oHs908. Beim Fällen
von neatxalem arachinsauren Ammoniak mit neutralem essigsauren
Kopferozyd, beide Salze in alkoholischer Lösung, bildet sich ein blau-
gr&aer.i anfangs amorpher Niederschlag, der bei längerem Stehen in der
Flfisaigkeit krystallini»ch wird. Das trockene Salz ist ein lockeres blau-
grunes Pulver; es ist in siedendem Alkohol löslich« und krystallisirt
beim langsamen Erkalten in Nadeln; bei hoher Temperatur schmilzt es.
Arachinsäure Magnesia: MgO.C4oH89 08« Das Salz schei-
det sieh ab beim Fällen des Ammoniaksalzes mit einer kalt gesättigten
alkoholischen Lösung von essigsaurer Magnesia; der Niederschlag löst
meh beim Erhitzen in der überstehenden Flüssigkeit, und krystallisirt
ibnn beim Erkalten in sternförmig gruppirten Prismen. Das trockene
8als ist ein weisses, lockeres, glänzendes, krystallinisches Pulver, un-
löslich in Wasser, schwerlöslich in Alkohol. Durch längeres Auswa-
sdien mit kaltem Alkohol, so wie durch Behandeln damit in der Siede-
hitze wird das Salz zersetzt, indem ein basisches Salz zurückbleibt
11*
164 Arachis hypogaea.
Arachiosanres Methyloxyd: C2f(30.C4oH8903. Dieser Aether
wird wie gewöhnlich dargestellt, indem in Holzgeist gelöste Arachin-
sänre mit Salzsäuregas behandelt wird; das Product wird zur Beini*
gung wiederholt aas Alkohol umkrystalHsirt. Der reine arachinsaare
Methyl&ther bildet weisse perlmutterglänzende Krystallschuppen; sie
lösen sich leicht in Alkohol oder Aether, und schmelzen bei 54® C; die
erkaltete Masse ist durchscheinend nadeiförmig • krystallinisch. Der
Aether lässt sich nicht ohne Zersetzung verflüchtigen (Caldwell).
Arachinsaures Natron, NaO.C4oHs908, wird wie das Kali-
salz dargestellt, und hat ganz die gleichen Eigenschaften.
Arachinsaures Silberoxyd: AgO.C4oH3g08. Das Salz wird
auch durch Fällen von arachinsaurem Ammoniak mit essigsaurem Silber-
oxyd in alkoholischer Lösung erhalten; der Niederschlag ist ein amor-
phes, getrocknet dem Chlorsilber ähnliches Pulver , welches sich am
Licht aber nur schwach färbt; es löst sich ziemlich leicht in siedendem
Alkohol, und krystallisirt in glänzenden Prismen, welche am Licht un-
veränderlich sind.
Arachinsaurer Strontian, SrO.C4oHa9 08) ist dem Baiytsalz
ganz ähnlich; es löst sich aber viel leichter als dieses in Alkohol; beim
Erkalten scheidet es sich dann als krystallinisches Pulver ab. Fe,
Arachis hypogaea L., eine zu den Leguminosen gehörende
Pflanze, deren Frucht als Erdnuss {PiBittche de terre) bezeichnet wird.
Die kleine, meist am Boden liegende, oder an fremden Gegenstän-
den wie die bohnenartigen Pflanzen sich in die Höhe rankende Pflanze
ist in Indien, auf den Küsten von Süd« Afrika und in Süd -Amerika
einheimisch, und wird schon seit Ende des vorigen Jahrhunderts in den
südlichen Staaten von Nord- Amerika, dann in Italien, Spanien und dem
südlichen Frankreich angebaut. Die blüthentragenden Stengel zeigen
von Beginn der Fruchtbildung an die Neigung in den Boden zu drin-
gen, und diejenigen Blüthen, welche nach dem Abblühen nicht unter
den Boden gelangen, setzen gar keine Frucht an, oder diese wird we-
nigstens nicht reif. Beim Anbau der Pflanze ist daher die Haupt-
aufgabe, alle abgeblühten Stengel mit Erde zu bedecken, damit hier
sich die Früchte bilden; während im wilden Zustande die Pflanze nur
5 oder 6 Schoten trägt, bringt die cultivirte Pflanze eine angleich
grössere Anzahl hervor. Die 1 bis IVs Zoll langen Schoten enthalten
1 bis 3 länglichrunde Samen, die eine sehr dünne feinaderige runzelige
braune Oberhaut haben, im Inneren aber ganz weiss sind. Diese Früchte
haben im gerösteten Zustande einen den gerösteten Mandeln ähnlichen
Geschmack; sie sind wegen der Art ihres Vorkommens Erdnüsse ge-
nannt, zeichnen sich durch ihren grossen Gehalt an Oel aus, nach De-
buc enthalten sie etwa die Hälfte ihres Gewichts davon.
Das Erdnussöl {Huüe cParackide^ H. de pistache de terre) wird durch
Auspressen der Frucht gewonnen; durch kaltes Pressen gewonnen, ist
es kaum gefärbt, ohne allen Geruch, und hat einen schwachen ange-
nehmen, an den unserer grünen Bohnen erinnernden Geschmack; wami
ausgepresst, ist es gefärbt und hat einen unangenehmen Geruch und
Greschmack. Das kalt gepresste Oel kann daher statt Olivenöl selbst
zu Speisen verwendet werden, nur soll es leichter ranzig werden; es
hat bei öQoC. ein specif. Gewicht == 0,916; es erstarrt bei -- d^C.}
bei — 7^0. wird es fest. Lässt man es bei + 8<>C. einige Zeit ste-
ArachyL — Aräometer. 165
heu, so scheidet sich ein stearinartiges Fett ab. Es löst sich nur we-
nig in Alkohol, leichter in Aether und in ätherischen Oelen. Es lässt
ach nur langsam verseifen, nnd giebt eine weisse und geruchlose harte
rorzfigliche Natronseife, die seit mehreren Jahren in Frankreich, zum
Theil auch in Deutschland in grösserer Menge dargestellt wird; das
Oel dazu kommt nach Deutschland hauptsächlich über England aus
Ostindien, in geringeren Sorten aus Afrika. Aus dieser Seife sind zwei
eigeothümliche Fettsäuren abgeschieden, die der Stearinsäure ähnliche
Arachinaäure, HO.C4oH8g08, und die an die Oelsäure sich anreihende
Hypogäsänre, I{O.C82Hs9 03 (s. d. Art.); ausserdem Palmitinsäure i)
in grosserer Menge; Stearinsäure scheint nicht darin enthalten zu sein.
Damach besteht das Oel aus Arachin, Palmitin und Hypogäin (Cald-
well). Fe.
Arachyl ist als Badical in der Arachinsäure angenommen,
seine Formel ist C40H30O2*
Aräometer (von ccgai^og^ locker, dünne, und fUtgoVy Maass),
Hydrometer, Grayimeter, Senk wage (Hygrobaroscopium; Baryl'
tkm; Areometre; Peae-liqueur), Ein Instrument, das man frei auf Flüssig-
keiten schwimmen lässt, um damit das specißsche Gewicht sowohl die-
ser als auch fester Körper zn bestimmen.
Das specifische Gewicht der Körper, seien sie starr oder flüssig,
Ton gleicher Art und verschiedener Temperatur, oder von verschiede-
ner Art und gleicher Temperatur, lässt sich im Allgemeinen auf zweier-
lei Weise ermitteln. Nach der einen nimmt man gleiche Gewichte von
den Körpern nnd misst die Volume, nach der anderen nimmt man glei-
che Volame und bestimmt die Gewichte. Die Volume bei gleichen Ge-
wichten sind den specifischen Gewichten umgekehrt, und die Gewichte
bei gleichen Volumen denselben geradezu proportional.
Um demnach die specifischen Gewichte zweier Flüssigkeiten zu
inden, braucht man nur entweder zwei gleiche Gewichtsmengen von
ihnen folgweise in ein thermometerartig gestaltetes, nach Volumtheilen
graduirtes Gef äss zu giessen und die darin von ihnen eingenommenen
Volnme an der Scale abzulesen, oder dies Gef äss successiv mit beiden
ganz zu füllen und die dazu erforderlichen Mengen zu wägen. Das
umgekehrte Verhältniss der Volnme im ersten Falle, oder das directe
Verfaältniss der Gewichte im zweiten, ist dann das specifische Gewicht
der einen Flüssigkeit gegen das zur Einheit angenommene der anderen.
Beide Methoden lassen sich indess noch in einer anderen Form an-
wenden. Statt nämlich die Flüssigkeiten in einen thermometerartig ge-
«talteten Hohlkörper zu bringen und nachher ihr Volumen oder Gewicht
auf oben angedeutete Weise zu bestimmen, kann man umgekehrt einen
eben so gestalteten Körper auf den Flüssigkeiten schwimmen lassen,
and beobachten, entweder wie tief er darin einsinkt, oder wie stark er
belastet werden muss, um stets bis zu einem und demselben Punkte
dnzusinken. Das erste Verfahren entspricht dem Messen der Volume
bei gleichen Gewichten, das zweite dem Wägen der Gewichtsmengen
bei gleichen Volumen.
DasB diese beiden letzteren Methoden nur in der Form, nicht im
Wesen, von den beiden ersten verschieden sind, ist leicht zu ersehen.
I M Annal. d. Ghem. u. Pharm. B(L Ol, S. 97.
166 Aräometer,
Was nämlich die erate derselben betrifft, so ist klar, dass ein
schwimmender Körper so tief in die Flüssigkeit einsinken mnss, bis der
eingetauchte X^eil desselben ein Volamen der Flüssigkeit verdrängt hat,
welches eben soviel wiegt, als er selbst, der Körper im Ganzen. Je
specifisch leichter die Flüssigkeit ist, desto tiefer wird der Körper ein-
sinken, weil in demselben Maasse das Volumen der Flüssigkeit, welches
an Gewicht dem schwimmenden Körper gleichkommt, grösser sein mnae.
Derjenige Theil des festen Körpers also, der beim Schwimmen aof
Flüssigkeiten von verschiedenem specifischen Gewicht in diese einge-
taucht ist, kommt in Grösse genau den Volumen gleich, welche die-
selben Flüssigkeiten in einem Gefässe, inwendig von gleicher Grestalt
und Grösse mit der äusseren Begrenzung des schwimmenden Korpers,
einnehmen würden, wenn man sie in Quantitäten , die an Gewicht je-
nem Körper gleich sind, successiv in diese Gefässe einfüllte. Bei ei-
nem schwimmenden Körper ist demnach der eingetauchte Theil dem
specifischen Gewichte der Flüssigkeit umgekehrt proportional.
Analog verhält es sich mit der zweiten Methode. Belastet man
einen schwimmenden Körper verschiedentlich, so dass der eingetauchte
Theil desselben in Flüssigkeiten von ungleichem specifischen Gewichte
eine gleiche Grösse behält, so ist dieser eingetauchte Theil das unver-
änderliche Volumen, welches die verschiedenen Flüssigkeiten einnehmen
müssen, um soviel zu wiegen, als zusammen der schwimmende Körper
und seine Belastung. Das vereinte Gewicht dieser beiden letzteren ist
also das Gewicht der Flüssigkeiten bei gleichem Volumen, d« h. das
specifische Gewicht derselben.
Das Werkzeug zur Ausführung dieser beiden letzteren Methoden
heisst nun Aräometer. Es wird hohl aus Glas oder Blech verfertigt
und hat im Allgemeinen die Gestalt eines Thermometers, besteht näm-
lich aus einem kugel- oder cylinderförmigen Gefässe mit darinsitzen-
dem langen Halse von cylindrischer oder parallelepipedischer Gestalt
Es wird im Inneren nach unten zu so beschwert, dass es mit seinem
Gefässe ganz, und mit dem Halse zum Theil in die Flüssigkeit ein-
sinkt und selbst bei den geringsten Grraden von Einsenkungen genau
senkrecht schwimmt, wozu erforderlich ist, dass der Schwerpunkt des
Ganzen immer' unter dem Mittelpunkte des eingetauchten Theiles liegt
Den beiden Methoden der Diohtigkeitsbestimmung entsprechend, hat
das Aräometer auch zweierlei Einrichtung. Ist es für die erste be-
stimmt, so besitzt es auf dem Halse eine Scale ; soll es dagegen für die
zweite gebraucht werden, so hat der Hals nur eine einzige Marke, und
trägt dafür oben einen Teller zur Auflegung von Gewichten.
Das Aräometer der ersten Art wird Aräometer mit Scale ge-
nannt, und könnte auch zweckmässig das Volumen- Aräometer
heissen; das der letzten Art führt den Namen Aräometer mit Ge-
wichten oder besser Gewiohts-Aräometer.
L Aräometer mit Scale.
Der wichtigste Theil an einem Aräometer dieser Art ist die Scale.
Die Theile der Scale geben entweder die specifischen Gewichte der
Flüssigkeit unmittelbar an, oder sie geben willkürlich gewählte Grade
an. Sollen im ersten Falle die specifischen Grewichte für die einzelnen
Theile um gleiche Differenzen zunehmen, so müssen die Theile der
^cale ungleich werden. Die genauere und leichtere Theilung der Scale
Aräometer. 167
iD glaich ^zoMe Theile giebt diesen den Vorzug , da es überdies ganz
gleiehgültig ist, ob die Angaben de« Aräometers um gleiche Differen-
un in d«n specifischen Gewichten fortschreiten oder nicht Wir über-
gehen daher hier die Construction einer Scale der letzteren Art, mit
Aosnahme einer Construction derselben von G. G. Schmidt i), und
setieii in dem Folgenden Überall voraus, dass die Scale in gleich grosse
Thflib getheüt werden solL
Was für eine dieser Scalen man auch wählen mag, so ist es zweck-
uMsig, dass der Hals des Instrumisnts, sei er sonst cylindrisch oder pa-
nUelepipediach gestaltet, überall einen gleich grossen Querschnitt habe.
Es ist dies zwar kein unumgängliches Erfordemiss, allein die Nicht-
efffillong desselben würde doch die Anfertigung der Scale unnöthiger-
weise mit sehr grossen Schwierigkeiten verknüpfen. Bei jeder Aräo-
BMtencale mfissen nämlich die Abtheilungen oder Grade gewisse Bruch-
werthe vom Volumen des ganzen Instrumentes vorstellen. Hat der
Hals des Instruments genau die Form eines Cylinders oder Parallelepi-
pedoms, so sind diese Yolumstücke genau ihren Längen proportional,
and es können also letztere für erstere genommen werden ; hat der
Hals aber eine unregelmässige Gestalt, so müssten die, gleichen V^-
hmstucken von ihm entsprechenden, Längen entweder durch eigends
angestellte Versuche ermittelt, oder nach den an vielen Punkten des
Hüses aosgemessenen Querdimensionen berechnet werden, wovon das
Eine eben so schwierig und mit Genauigkeit nicht auszuführen wäre,
als das Andere.
Voraosgesetzt nun, dass der Hals des Instruments genau cylindrisch
oder parallelepipedisch sei, so lässt sich die Aräometerscale auf zweier-
lei Weise entwerfen.
Nach der ersten braucht man nur einen festen Punkt, den Punkt
oimlich, bis zu welchem es in eine Flüssigkeit von bekanntem specifi-
lehen Gewicht einsinkt; allein es muss dann auch das Volumverhältniss
des Halses zu dem bei jenem Punkte eingetauchten Theile des Instru-
sMnts gegeben sein. Kennt man Beides, so lässt sich die erforderliche
Grösse der Grade durch Rechnung finden.
Nach der zweiten Methode sind zwei feste Punkte erforderlich,
die Punkte, bis zu welchen das Instrument in zwei Flüssigkeiten von
verschiedenem und bekanntem specifischen Gewichte einsinkt. Bei die-
ser Methode braucht man nicht die Dimensionen des Instruments zu
knmen, nnd sie ist daher, weil letztere immer schwer mit völliger Si-
cherheit za ermitteln sind, nicht bloss die genaueste , sondern auch die
bequemste. Sie allein wird auch wirklich angewandt.
Zur Anfertigung der Scale nach dieser Methode bedarf es weiter
niehts, als die Strecke zwischen den beiden festen Punkten auf dem
Halse in die verlangte Anzahl gleich grosser Theile zu theilen.
Man kann die Aräometerscale geometrisch so construiren,
dass die einzelnen Scalentheile gleichen Unterschieden in den specifi-
leben Grewichten entsprechen. Die dazu erforderlichen Data sind zwei
durch ErÜEÜiimng bestimmte Punkte, die specifischen Grewichte, welchen
lie entsprechen, und der Unterschied im specifischen Gewicht, welchen
«n Grad angeben solL Gesetzt, jene specifischen Gewichte seien 1,0
und 1,6, dieser Unterschied betrage 0,1. Das Verfahren ist dann fol-
0 Gren's Journ. d. Phys. Bd. III, S. 864.
168
Aräometer.
gendes. Man liehe eine eenkrechta Linie BA> welche an LSnge gleich
ist dem gegensüligen Abatnnde der beiden Normal punkte oder, wenn
diese an den Enden der Scale liegen sollen, der Lknge der Scale selbal
Fig. 1). Winkelrecht gegen diese Linie ziehe man durch Ä die Linie
C£ nnd trage auf diese eine willkürliche LKnge, welche den Unte
schied 0,1 vorstellt, von Ä aus nach beiden Seiten hin auf, bis rna
den Punkt A mit 1,0 bezeichnend, einerseits bis 1,6 und anderersei
bis 0,0 gekommen ist, wie es die Figur zeigt. Von dem Punkte E fäl
man eine Senkrechte und durch die Punkte C und B lege man eil
andere Gerade. Diese werden sich im Punkte O schneiden. Von di
sem Punkte 0 ziehe man nun auch Gerade nach den Funkten 1,
1,4 .... 1,1, 1,0. Die Durchschnittspunkte dieser Linien mit d
Linie AB geben die Theilstriche der Scale, welche den speci&scht
Gewichten 1,6, 1,5 .. . 1,1, 1,0 entsprechen, wie man ans der Tig<
ersteht, wo die Znhlen sogleich daneben gesetzt sind. Statt die sehr
gen Linien aus dem Punkte 0 zu ziehen, kann man sie auch von d<
Durchschnittspunkten ziehen, welche sie mit einer mit A E paralleli
Linie BD bilden. Nachdem man diese Linie gezogen hat, trägt mi
auf sie, von B nach D hin, Theile auf, welche sich zur Länge 0,1 ve
halten, wie 1,0 ; 1,6; und aus den so bestimmten Punkten zieht nu
nach den entsprechenden Punkten von CE die schrägen Linien.
Die eben nueeinandergesetxte Constmction stammt von G. '
t^chmidt. Sie kann, wie leicht zu erncbten, nuch Ober die durch Vc
suche bestimmten Punkte ausgedehnt werden; und wenn man mehre
Ariometer zu graduiren bat, deren Gnule demselben constanteu Unfo
schiede in den specitlschen Gewichten entsprechen sollen, deren Dime
sionen aber verschieden sind, so dass die festen Funkte auf dem Hai
verschiedene Abstände von einander besitzen , so findet man die Sei
dieser Instrumente, wenn man in dem Liuienficher CA 0 porall«! n
Aräometer. 169
ABmoie Linie, z. B. Ä' B\ zieht, in solchem Abstände von AB^ dass
die Länge derselben dem gegenseitigen Abstände jener festen Punkte
fldch ist. Wäre dieser Abstand grösser als AB^ so müsste A* B* links
^9ik AB gesogen, und demnach der Linienfächer oberhalb CE erwei-
tert werden. Hierdurch hat die Construction einen bedeutenden Vor-
dwil vor der Rechnung voraus.
ü^wrhanpt ist diese Construction ganz allgemein, denn sowie sie
Scato für gleiche Unterschiede im specifischen Gewichte liefert, so
ktm loa» aach Scalen für ungleiche Unterschiede der Art nach ihr
Wollte man z. B. die Alkoholometerscale (Bd. I, S. 523) nach
so brauchte man nur die Linie JSC vorläufig in 9991 glei-
dielWb SU theilen, 0 bei R, 7939 bei A und 9991 bei C zu setzen.
Toftitflseli C hätte man dann auf dieser gleichförmigen Theilung die
^IflMliolprocenten entsprechenden specifischen Gewichte zu bezeich-
Bco, ten in A die der Scale an Länge gleiche Linie il^ zu errichten,
dai B0|ttndikel EO za ziehen, 0 zu bestimmen, und den Linienfächer
28 aialllk» welcher ^jB in die verlangten Theile theilt.
Bi|^M>C noch eine dritte, und zwar rein experimentelle Methode
zBrQJHhBning des Aräometers, darauf . beruhend , dass es, wenn man
m 9illi<^t verändert, in einer und derselben Flüssigkeit aller Grade
Toa ÜMwnkung fähig ist, welche es bei unverändertem Gewicht in
Fäii|||kAen von verschiedenem specifischen Gewicht darbietet Lässt
MB «^demnach auf einer Flüssigkeit von bekanntem specifischen Ge?
viditi %, B. auf Wasser, schwimmen , und bezeichnet den Punkt seines
EjDteoehenA, so kann man durch zweckmässige Veränderung seines Ge-
vidits alle Übrigen Punkte der Scale auffinden. Das Princip dieser
Mflihode ist leicht einzusehen. Bei unverändertem Gewicht des Instru-
WDts verhalten sich die Volume seines eingetauchten Theils umge-
kehrt wie die specifischen Gewichte der Flüssigkeiten. Sind diese Ge-
wichte z. B. 1, i«Vioo, *°Viooi "Viooi "Vioo n. s. w., so sind die ein-
Setanchten Volume: 1, wo/ioi, >%mi ^^Vioa, ^®Vio4 u- e. w. Wird da-
gtfen das Gewicht des Instruments verändert, ohne df^s sonst eine
iendeniog mit ihm vorgenommen wird, und bleibt das specifische Ge-
vieht der Flüssigkeit dasselbe, so verhalten sich die Volume des ein*
Setaocbten Theils wie die Gewichte des Instruments. Sollen also die
eiagslauchten Volume 1, ^^Vion **^Vimi '%08i ^®®/io4 »• »• w. sein, so
Bnnen offenbar auch dem Gewichte des Instruments diese Werthe ge-
geben werden. Lässt man demnach das Instrument auf der Flüssig-
ittt vom specifischen Gewicht 1 schwimmen, vermindert nun sein ur-
i^i^tiches Gewicht, das bekannt sein muss, in den Verhältnissen
**/ioH ^^li%7^ **^/i08i *®^/io4 ^' »• ^'^ wöd bezeichnet die Punkte sei-
ne« jedesmaligen Eintauchens, so erhält man die Punkte der Scale,
■dehe bei ursprünglichem Gewicht des Instruments den Flüssigkeiten
TOD den specifischen Gewichten ^*^\/ioai ^^Viooi ^^Viooi ^^*/ioo "• s. w.
Sprechen. Wäre das ursprüngliche Gewicht des Aräometers 40, so
«nute es folgweise gebracht werden auf 39,60, 39,21, 38,83 n. s. w.
Ue«e Gewichts Verminderung, welche natürlich erfordert wird, wenn
aan von der leichteren zur schwereren Flüssigkeit übergeht, ist zweck-
ttMger, ab die Gewichts Vermehrung, welche beim umgekehrten
^nge erforderlich sein würde. Die Gewichtsverminderung geschieht
nuniich mit Leichtigkeit und Genauigkeit dadurch, dass man dasAi'äo-
meter, während es im Wasser schwimmt, durch ein Haar an eine em-
170 Aräometer.
pfindliche Wage h&igft, in deren andere Schale man nur die eiforder
liehen Gewichte zu legen braucht.
Auf dieselbe Weise kann man ein bereits gradoirtes Araometei
auf seine Richtigkeit prüfen , und dazu vor Allem möchte sich die«
Methode den Physikerp und Chemikern empfehlen.
Eine vierte rein empirische Graduirungsmethode endlicl
bestände darin, dass man das Aräometer successiv in Flüssigkeitei
schwimmen Hesse, deren specifische Grewichte bekannt wären und all«
die Stufen umfassten, welche seine Scale angeben soll. Diese Methode
hat den Y ortheil, dass der Hals des Instruments nicht genau cylindriscl
oder parallelepipedisch zu sein braucht, wie bei den drei vorhergehe»
den Methoden; aber sie von Grad zu Grad auszuführen, würde höchsi
beschwerlich sein. In der Praxis, wo man oft diese Methode an wen«
det, begnügt man sich daher, nur einige Punkte, vier oder sechs, au
diese Weise zu bestimmen, und dann die Zwischenräume in g^leicl
gprosse Theile zu theilen, wodurch denn freilich der elgenthümliche Vor«
theil dieser Methode mebtens wiederum aufgewogen wird.
Bei der wirklichen Constmction eines Aräometers nach einer die*
ser Methoden untersucht man zuerst, ob das Instrument in der leichte-
sten Flüssigkeit, für welche es gebraucht werden soll, noch nicht gern
einsinkt, sondern nur bis nahe an das Ende des Halses; sinkt es soweil
nicht ein, so beschwert man das Instrument in dem unteren Theile mil
■Quecksilber wenn es von Glas ist, mit Schrot wenn von Metall, waa
zugleich den Zweck hat, dasselbe beim Schwimmen aufrecht zu erhal-
ten, was selbst auf der schwersten Flüssigkeit, für welche das Aräo-
meter gebraucht werden soll, noch der Fall sein moss. Dann bringt
man bei gläsernen Instrumenten in den noch offenen Hals eine provi-
sorische Scale, welche in beliebige, nicht zu grosse gleiche Theile ge-
theilt ist, und bemerkt sich, bis zu welchem Punkte dieser Scale das
Aräometer in einer leichten Flüssigkeit einsinkt, und bis zu welchem
in einer möglichst schweren. Den Abstand dieser Punkte trägt man
auf einen mit der provisorischen Scale gleich schweren Papierstrelfen,
und theilt ihn in die gewünschte Anzahl gleicher Theile ein, und aetst
die Bezeichnung bei. Dann ist die Scale fertig und wird nun statt dei
provisorischen Scale in den Hals des Aräometers gebracht, und dort
so verschoben, dass der eine der Fundamentalpunkte wieder den Ean-
senknngspunkt des Aräometers in der entsprechenden Flüssigkeit an-
giebt
Sollen bei der Theilung die specifischen Gewichte der Flüssigkeit
angegeben werden, so hat man die specifischen Gewichte der beiden
gebrauchten Flüssigkeiten zu bestimmen; diese seien* Si und m^. Hat
man dann den Abstand der EiQsenkungspunkte in diesen beiden FlQa-
sigkeiten in iV gleiche Theile getheilt, und diese von dem Einsenknnga-
punkt in der Flüssigkeit Si an gezählt, so ist das specifische Grewicht
8 einer Flüssigkeit, in welche dieses Aräometer bis zum Theilstriche n
einsinkt,
~ (Pi — Sa) n + «4 iV*
Ist nämlich V das Volumen des Aräometers bis zum Theilstrieh mm
dem es in der Flüssigkeit Si einsinkt; v das Volumen des Halses zwischen
je zwei Theüstrichen, so hat man für das immer gleiche Gewicht det
Instrumentes, wenn ein Volurotheil 1 wiegt.
Aräometer. 171
F«, = (F+ Nv)a^ = (F -f- nv)8,
voraus man findet
*i — «, Ns^ .
= und 8 wie oben.
«I — s na
Gewöhnlich nimmt man für die eine der beiden Flüssigkeiten Wasser,
ftr welches das specifische Gewicht 1 ist Damit hat man für leich-
tere Flüssigkeiten als Wasser
_ sg N
' ~ (1 — Sj) n + s, iV"
aad für schwerere als Wasser
' — SjiNT— (s, — l)n'
Hat man z. B. den Abstand, welchen man in Wasser und Weingeist
▼on dem specifischen Gewicht 0,800 gefunden hat. in 36 gleiche Theile
geCheüt, so hat man für dieses Aräometer das specifische Gewicht
_ 0,800 , 86 _ 144
* ~ 0,200 .n + 0,800 . 36 ~" 144 + n'
was dem holl&ndischen Aräometer entsprechen würde«
Hat man dagegen, den in Wasser und Schwefelsäure vom specifi-
schen Gewicht 1,850 gefundenen Abstand in 100 gleiche Theile ge-
theiit, so ist das dem Theilstriche n, vom Wassereinsenkungsponkte an
gesüdt, entsprechende specifische Gewicht
_ 1,850 , 100 _ 117,6
* ~ 1,850 . 100 — 0,850n ~ 117,6 —n'
Die nach diesen Formeln berechneten specifischen Gewichte setst
onn dann entweder unmittelbar auf die Scale, oder man zählt die
HieUe nnr, wo dann die Formel oder eine darnach bei'echnete Tafel
die specifischen Gewichte giebt.
Bei dem Vorhergehenden ist vorausgesetzt, dass die Temperatur
imner dieselbe war, und auch nur für diese Temperatur giebt die ent-
wickelte Formel das specifische Gewicht, weshalb gewöhnlich die Tem-
^kerator, f fir welche das Instrument eingerichtet ist, auf der Scale be-
merkt wird. Steigt nun die Temperatur um t^ über diese Tempera-
tnr, so wird das Volumen des Aräometers aus F, jetzt V(l-\-a (), wo
a die cnbische Ausdehnung des Stofies des Aräometers für einen Grad
Temperaturerhöhung ist; und wenn bei der Normaltemperatur in einer
Flassigkeit vom specifischen Gewichte s das Volumen V eingesunken ist,
BD wird jetzt das Aräometer bis zu demselben Theilstrieh in einer Flüs-
■gkeit einsinken, welche das specifische Gewicht'
haL FQr ein Glasaräometer und lOOtheilige Temperatorgrade ist a
imgefähr 0,000024, so dass also diese Gorrection für einige Grade
fibor oder unter der Normaltemperatur ohne alle Bedeutung Lnt; viel
wichtiger ist, dass durch die Temperaturänderung das specifische Ge-
widit der Flüssigkeit selbst sich geändert, dass man also jetzt bei
.demselben specifischen Gewipht eine andere Flüssigkeit als bei derNor-
maltemperator hat Soll also die Untersuchung des specifischen Gewichtes
172 Aräometer.
dazu dienen, eine Flüssigkeit von einem bestimmten Gehalt zu erha
ten, so wird man dazu die Normaltemperatur herstellen- müssen.
Wenn eine Aräometerscale einigermaassen Grenauigkeit gewahre
soll, so dürfen ihre Grade naturlich nicht zu klein sein. Bei sehr Kh
trächtlicher Grösse der Grade würde aber eine Scale, wenn sie zugleic
einen bedeutenden Umfang in ihren Angaben haben soll, sehr lang gi
nommen werden müssen, und dies würde nicht nur dem ganzen Instn
ment eine unförmliche Grösse und einen hohen Grad von Yerletzbai
keit ertheilen, sondern auch den Nachtheil herbeiführen, dass sein Gi
brauch eine unverhältnissmässige Menge von der zu prüfenden Flüssif
keit erforderte und sein Hals noch schwieriger, als bei kleineren Läi
gen, genau von der Form eines Cylinders oder Parallelepipedums ei
halten werden könnte. Um diesen Uebelstand zu vermeiden, d. h. ui
mit Instrumenten von massigen Dimensionen einen bedeutenden Gra
von Genauigkeit zu erlangen, hat man zwei Wege eingeschlagen.
Der eine derselben ist sehr einfach. Man bringt nur wenig Grad
auf die Scale und vertheilt den Umfang von specifischen Gewichtet
welche zu prüfen sind, auf mehrere Instrumente.
Der andere besteht, darin, dass man das Gewicht des Instrument
veränderlich macht und ihm für jeden besonderen Werth desselben ein
besondere Scale giebt.
Bringt man eine Aendemng in dem Gewichte des Aräometers ai
so sei neben den obigen Bezeichungen Si das specifische Gewicht de
Flüssigkeit, in welcher das Aräometer so tief einsinkt, als vor Aendi
rung des Gewichtes in einer Flüssigkeit vom specitischen Gewicht »i
und ^ das specifische Gewicht, das nun dem nten Theilstnche entsprich
dem vor der Aendemng das specifische Gewicht a entsprach. Dan
hat man
Vsi* = (7+ nv)8'
und
Vsi = (F+ nv)«,
woraus
s' =^.*
sich ergiebt, oder wenn «i = 1 ist
Hätte man z. B. ein Aräometer, das im Wasser bis 0 eintaucht, un
nun so beschwert wird, dass es in einer Flüssigkeit vom specifische
Gewicht 1,200 wieder bis 0 einsinkt, so hat man das specifische 6<
wicht, das es bei nGrad in dem beschwerten Zustande angiebt,
y = 1,200 . «,
wenn s das specifische Gewicht ist, das es in dem nicht besehwerte
Zustande bei nGrad angiebt. Die Gewichte des Aräometers in beide
Zuständen verhalten sich wie «i' : «i, also im letzten Beispiele wi
12 : 10 oder wie 6:5.
Die Scalen -Aräometer von vei'änderlichem Gewicht machen de
Uebergang zu den eigentlichen Gewichts -Aräometern, und nähern sie
ihnen desto mehr, je weniger Theilstriche ihre Scale enthält undj
mehr ihr Gewicht abgeändert wird. Man hat sie daher ganz passefl
gemischte Aräometer genannt.
Aräometer. 173
Das Vorstehende umfasst die gesaminte Theorie der Aräome-
lerscale.
Liease das Volnm-Aräoineter eine grössere Genauigkeit zu, als es
lirklieh der Fall ist, so würde es zweckmässig sein, die Scale ganz
vom lastmment zu sondern, und sie neben diesem, an dem Gefässe,
welches die zu prüfende Flüssigkeit enthält, auf einem senkrechten
Stabe anzubringen. Mittelst eines an der Scale verschiebbaren hori-
»otalen Arms, den man auf das obere Ende des Halses herabliesse,
wurde dann der Betrag der Einsenkung des Instruments in verschie-
dene Flüssigkeiten zu messen sein, wenn man von diesen immer so viel
ifl das Gef ä8s gösse , dass sie einen von der Scale herabgehenden un-
rerruckbaren Stift genau berührten. Aehnlicher Vorrichtungen haben
seh Montigny ^) und Deparcieux^) bedient, aber sie sind wegen
üirer Umständlichkeit nicht empfehlenswerth.
Arten des Volumen- oder Scalen -Aräometers. — Die
•rosse Zahl der wirklich ausgeführten oder bloss vorgeschlagenen In-
itnxmente dieser Art zerfällt in zwei Classen; die erste umfasst die
allgemeinen, die andere die besonderen Aräometer.
Ä. Allgemeine Aräometer heissen solche, die für Flüssigkei-
ten jeder Art bestimmt sind. Davon giebt es wieder zweierlei, mit
theoretischer und mit empirischer Scale.
a) Aräometer mit theoretischer Scale, d. h. diejenigen, de-
ren Grade gleich grossen unterschieden im specifischen Gewicht
entsprechen. Die Prüfung der Scalen kann nach der auf S. 169 be-
«iiriebenen dritten Methode geschehen. Diese Methode ist unter an-
deren von Bohnenb erger') angewandt.
Man könnte von diesem Aräometer wiederum zwei Arten unter-
^faeiden, reine und gemischte, d. h. Instrumente von unveränder-
llehem und veränderlichem Gewicht; indess sind die letzteren
nicht gebräuchlich.
Von den ersteren ist das älteste das von B rissen. Er verfertigte
zwei .solcher Instrumente, eins für specifische Gewichte von 1,000 bis
0,820, und das andere für die von 1,000 bis 1,900. Die Graduirung
fescbah, bei -|- 17,5<>C., nach der auf Wägung beruhenden Methode
(S. 169), die sehr mühsam ist. Daher wandte er sie auch nur auf je-
^ lOten Grad an, und theilte die Zwischenräume in 10 gleiche Theile.
^ Nullpunkt lag beim specifischen Gewicht 1000, d. h. dem des Was-
Krs, und jeder Grad entsprach 0,001 Unterschied.
Aehnlich sind die Instrumente von Gasbois, nur sind die Grade
% 10, 20 . . . durch Eintanchung in Flüssigkeiten von den specifischen
Gewichten 1,000; 1,000 ± 0,1; 1,000 ± 0,2 u. s. w. bestimmt.
In Deutschland hat G. G. Schmidt^) in Giessen zuerst richtige
Aräometer zn verfertigen gelehrt. Neuerdings haben sich Barr6 d' Or-
gans und Delezennes mit der Theorie dieser Classe von Instrumen-
ten beschäftigt, indess enthalten ihre Aufsätze^) über den bereits er-
^pften Gegenstand jetzt nichts Bemerkenswerthes mehr.
Zu dieser Classe gehört auch Meissuer's allgemeines Aräo-
*) M^m. de Tacad., 1768, p. 486. — ^) Prony 8 Architect. hydrauliq. T. I,
§. 6U — 627. — «) Tabinger Blätter, Bd. ü, S. 267. — *) Gren'B N. Journ. d.
^ 179«, Bd. m, S. 117. — *) Journ. de phvB. T. LVII, p. 488 et T, XCIV,
p. 204.
174 Aräometer.
meter fflr FlOssigkeiten von 1,0 bis 0,7 und von 1,0 bis 2,0 spec:
Oewioht« Man 'findet sie beschrieben in dessen Werk: Die Aräom<
irie in ihrer Anwendung auf Chemie and Technik. Wie:
1B16.
b) Ar&ometer mit empirischer oder gleichförmig gi
theilter Scale. Hierher gehört die zum Ueberflass grosse Zahl tc
ganE willkfirlich eingerichteten Instrumenten, deren nähere Kenntni
eigentlich nur nothwendig ist, weil sie einmal im Gebrauch sind. Mi
kann von ihnen wiederum zweierlei unterscheiden, reine und gi
mischte Yolums-Arfiometer, je nachdem ihr Gewicht beständig od<
veränderlich ist
a) Aräometer von beständigem Gewicht mit gleichfoi
miger Scale. Die Instrumente dieser Art sind die ältesten; sie füh
ten bei den Griechen den Namen Baryllion. Gewöhnlich wird-Hj
pathia (j- 415 unserer Zeitrechnung zu Alexandrien), die Lehrerin di
Synesios von Cyrene, Bischofs von Ptolemais, als die Erfinderin derse
ben genannt; es ist indess erwiesen, dass schon Archimedes (f 21
vor unserer Zeitrechnung) dieselben gebraucht hat ^). Unter den neai
reu sind die von Baumä und Cartier, sowie das holländisch«
femer die von Richter, Beck, Twaddle und das Volumeter vc
6ay-Lussac am bekanntesten.
Baum 6 verfertigte zwei solcher Aräometer, eins für leichtere no
eins für schwerere Flüssigkeiten. Für das erste gaben die Fundi
mentalpunkte reines Wasser und eine Lösung von 1 Thl. Kochsalz i
9 Thln. Wasser. Den Abstand zwbchen beiden theilte er in 10 gleicli
Theile, bezeichnete den untersten mit 0, den obersten (dem specifischc
Gewicht des Wassers entsprechenden) mit 10, und trug nun noch i
solcher Theile auf das obere Ende der Scale. Für das zweite b(
stimmte er die Fundamentalpunkte durch reines Wasser und eine L^
sung von 15 Thln. trockenen Kochsalzes in 85 Thln. Wasser, theili
den Abstand in 15 gleiche Theile, und trug noch 70 solcher Thei!
auf das untere Ende der Scale. Die Temperatur dabei war die mittle]
der Luft ohne nähere Bestimmung,
Die ausgebreitete Anwendung des Baum ersehen Aräometers hi
eine oftmalige Untersuchung seiner Scale veranlasst. Man branchl
dazu eigentlich nur die specifischen Gewichte der angegebenen zw
Kochsalzlösungen zu kennen, und könnte dann das Uebrige durch Recl
nung finden. Man hat indess vorgezogen, die Werthe der Grade a
fertigen Instrumenten durch Versuche (mittelst der Methode der Wi
gung S. 169) zu ermitteln. , Solche Prüfungen haben unter Ander«
vorgenommen Delezennes^, Francoeur'), Bohnenberger ^) uo
Gilpin^). Die Resultate derselben sind in den weiterhin folgende
Tafeln neben einander gestellt. Sie sind nicht zusammengezogen, ai
durch ihre Abweichungen zu zeigen, welche Verschiedenheiten bei de
einzelnen Instrumenten vorkommen und wie gross also der Grad ihr<
Zuverlässigkeit ist, wiewohl -ein Theil der Abweichungen auch auf Becl
nung der Prüfungen kommen mag.
>) Gilb. Annal. Bd. VI, 8. 126. — «) Joum. de phys. T. XCIV, p. 204. -
*) Diction. technolog. art. ar^omMr«. — ^) Tttb. Blfttt. Bd.' II, S. 457. — ^) Anni
Mm. T. XXin, p. 186. .
Aräometer.- 175
Die Besfunmunffen von Gilpin geben sehr nahe die Formel
144
vo Ji die Zahl der Grade B und 8 das hierzu gehörende specifische
Gewicht ist. Für Flüsdigkeiten leichter als Wasser, hat man dann das
fecifische Grewicht
Die B an m 6 'sehen Aräometer werden jetzt gewöhnlich so einge-
richtet, dass sie bei der auf ihnen angegebenen Teroperator diesen For-
mId entsprechen.
Dss holländische Aräometer, d. h. das, welches die Fharmaccpoea
yom eingeführt, entspricht ffir schwerere FlOssigkeiten der Formel (1)
nd fällt also hier gitnz mit dem neueren B au m^ 'sehen Aräometer
OBunmen. Für Flüssigkeiten leichter als Wasser, sind seine Grade
iwBer um 10 niedriger als die des neueren B a um ^' sehen mit der
FonDd (2). Die nachfolgende Tafel enthält die Angaben der For-
mk (1) und (2).
Cartier, ein Goldarbeiter, den Baum 6 zur Anfertigung seiner
Aiiometer gebraucht hatte, glaubte diese zu verbessern, indem er die
Gnde so vergrösserte, dass 15 derselben gleich 16 der ursprünglichen
«Dden. Ueberdies legte er, vielleicht mehr zufällig als absichtlich,
& ganze Scale etwas tiefer, so dass auf derselben der Punkt 10^4
oto 11 dem Funkte 10 der Baum 6' sehen Scale oder dem specifi-
ite Gewichte des Wassers entsprach. Das Cartier'sche Aräometer
iitalio mit noch mehr Unrecht, als das Baume' sehe, zu seinem grossen
Sofe gekommen. Francoeur giebt für das specifiische Gewicht s* das
kn Graden (n) desselben entspricht, die Gleichung:
_ . 186,8
"" 126,1 -f- n '
Nach demselben Mathematiker findet zwischen den Baum 6 'sehen
finden (B) und den Cartier'schen (C) folgende Beziehung statt:
160= 155+ 22.
Bichter's allgemeines Aräometer, da es eine in gleiche
ftde getheilte Scale besitzt, gehört ebenfalls hieher, wiewohl sein Ur-
Uier irrigerweise glaubte , die Grade desselben entsprächen gleichen
Oüenchieden im specifischen Gewicht 0- ^s hat kein Gef äss, sondern
^"^ bloss aus einer am unteren Ende durch Schrot oder Queck-
Aer beschwerten Glasröhre. Diese Einrichtung, die neuerdings
Meissner (s. dessen Aräometrie) wieder hervorgesucht hat, ist aber,
vornan mindestens zwei Fundamentalpunkte durch Erfahrung be«
iliniDt, wie es immer rathsam ist und auch Richter gethan hat, we-
^ eme Yerein&chung zur Verfertigung des Instruments, noch sonst
^Verbesserung, hat im GegentheU den Nachtheil, diesem eine un*
bequeme Länge zu geben. Bichter's Aräometer, sowie mehrere ahn«
■*^i sbd kaum mehr im Grebrauch (nur noch das Alkoholometer s.
^ I, S. 514), und daher hat eine Angabe über die Bedeutung ihrer
^^^ gegenwärtig keinen Nutzen.
Dai von Beck in Bern, nach Bentely's Vorschrift, gearbeitete
*) Ueber die neneren GegenstSnde der Chemie, Bd. V, S. 61.
176
Aräometer.
Aräometer hi^t Beinen Nullpunkt beim specifischen Grewichte des Wai
sers (bei -|- 12,5^0.) = 1000, seinen SOsten Grad beim specifisohe
Gewicht = 850. Zur Zurückführung der Grade auf specifisches 6«
wicht ist dem Instrument eine Tafel beigegeben, berechnet nach de
Formel
^ _ 1000.850.30 _ 1000,170
*' "" 850 . 30 + 150. (n) "" 170 ± n *
Die Tafel selbst, nur 1,000 darin statt 1000 gesetzt, findet sie
weiterhin in der Vergleichung ^).
Twaddle's Hydrometer ist ein in England übliches AnU
meter für Flüssigkeiten schwerer als Wasser. Es besteht ans sechs g<
sonderten Instrumenten, deren Scalen an einander schliessen und so zi
sammen die specifischen Gewichte von 1000 bis 2000 umfassen. Nac
einer Untersuchung von E. Dingler ^) sind diese Instrumente so gn
duirt, dass sie, wenn sie im Wasser schwimmend an einer Wage an
gehängt und theilwciise balancirt worden sind, durch gleiche Gewicht
beschwert, um gleiche Grade einsinken. Es sind also, schliesst Ding
1er, die Abtheilungen auf dem Stiel von gleichem Volumen, und folglic
ist die Graduirung genau. Gleich darauf heisst es indess, dass, wen
man das specifische Gewicht des Wassers bei-|- 16,2<^ C. = 1000 setzti
diese Zahl für jeden Grad Twaddle um Hinf Einheiten zunehme; un
nach diesem Satz wird dann eine ausführliche Tafel berechnet, von d(
die nachstehende einen Auszug darstellt.
Grade
Specif.
Grade
Specif.
1 Grade
Specif.
Grade
Speci
Twaddle.
•
Gew.
Twaddle.
Gew.
iTwaddle.
Gew.
Twaddle.
Gew.
0
1000
50
1250
100
1500
160
1750
. 10
1050
60
1300
110
1550
160
1800
20 .
1100
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170
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30
1150
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130
1650
180
1900
40
1200
90
1450
140
1700
190
1950
Es ist jedoch zu bemerken, dass, wenn die Theilstriche gleict
Volume vom Stiele abschneiden, die Grade nicht auch gleichen Ünte:
schieden im specifischen Gewichte entsprechen können. Eins von be
den nius^ fehlerhaft sein, entweder die experimentelle Bestimmung, od<
der daraus gezogene Schluss. In ermangelnder Gewissheit darüber i
hier das Twaddle 'sehe Hydrometer unter die Instrumente mit gleicl
förmiger Theilung gesetzt
Das Volum eter von Gay-Lussac nach der ersten der S. 16
erwähnten Methoden graduirt. Der Nullpunkt ist mit 100 bezeichne
d. h. das Volumen des eingetauchten Theils, wenn das Instrument ai
reinem Wasser schwimmt, das zu 100 angenommen, und jeder Scalei
theil gleich einem Hundertel dieses Volumens gemacht Für Flüssigke
ten schwerer als Wasser ist nämlich das Instrument, nach Bestimmung d<
0 Trommsdorfi't Journ. d. Pharm. Bd. IX, St 1, S. 17 *) Polytechn. Joar
Bd. LXII, S. 829.
Aräometer. 177
100
yallpuDktea. in eine Salzlöaung vom gpecif. Gewicht = 1,333 = ~ät~i
fär leichtere in Weingeist vom specif. Gre wicht = 0,800 = — -- ein-
^etaacht^ dann sind die Eintanchungspunkte respective mit 75 und 125
bezeichnet und ihre Abstände vom Nullpunkte in 25 Theile getheilt
TOTden. Die Scale giebt also unmittelbar die spccifischen Volume
T(m Flüssigkeiten, d. h. die Volume, welche dieselben bei gleichem
Gewicht einnehmen; da nun diese Volume sich umgekehrt wie die
tpecifischen Gewichte, d. h. die .Gewichte bei gleichem Vo-
iamen, rerhalten, so findet man dies aus den Angaben des Instruments,
venn man 100 durch die Zahl der Grade am Eintauchungspunkt divi-
äiL um sich die jedesmalige Rechnung zu ersparen, dient folgende
Tafel (g. S. 178).
^ Wenn man, bei der Frage nach der Dichtigkeit von Flüssigkei-
ten, gewohnt wäre, dieselbe in specifischen Volumen, statt in spe-
cif isch es Gewichten, anzugeben, so würde das Volum et er ohne
Widerrede das zweck massigste Instrument sein ; da man nun aber ein-
aal nach den specifischen Gewichten fragt, und diese durch das Volu-
siter nicht anders als mittelst einer Rechnung oder Construction ge-
fafiden werden können , so hat das Instrument in der That keinen an-
(kfai Vorzug vor irgend einem der S. 174 u. ff. beschriebenen Aräo-
oeter mit gleichförmiger Scale, sobald nur auf derselben zwei Punkte
wDklbestimnit worden, als dass sich das specifische Gewicht schnell
■OS den Graden berechnen lässt.
Eine gleichförmige Scale gewährt, wie schon S. 167 bemerkt,
ose grössere Sicherheit; da indess die aräometrischen Messungen
imBier nur eine massige Genauigkeit haben, Schnelligkeit und Be-
fKOBÜchkeit Hauptanforderungen an dieselben sind, so werden ohne
Zweifel diejenigen Scalen, welche die specifischen Gewichte unmittel-
bar angeben, in Praxis immer den Vorzug behalten.
Ganz unnöthiger Weise ist in neuerer Zeit die Zahl dieser Aräo-
meter noch Termehrt worden; wir geben für diese nur die Formeln,
imlcfae das specifische Gewicht angeben. Dahin gehören:
das Aräometer von Stoppani:
_ 166
'"" 166 ±n'
das Aräometer von Balling:
_ 200
'~ 200 ±n'
Hier bedeutet s das specifische Gewicht der Flüssigkeit und n die
Zihl der Grade, welche das Instrument in der Flüssigkeit zeigt; das
-^ Zeichen bezieht sich auf Flüssigkeiten, die leichter als Wasser, das
«ädere Zeichen auf solche, die schwerer als Wasser. Das Aräometer
voD Balling ist bei 170,5C. (14^ R.) zu gebrauchen.
Bttdvflttcrimcb der Cbcml«. 2te AnlL Bd. U. 12
178
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Es mögen nun die Yergleichungen der bekannteren AräomeU
Scalen folgen:
Aräometer. 179
Aräometer für Flüssigkeiten schwerer als Wasser.
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Formel 1.
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cb
Holländi-
scbes
Aräometer
t
u
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Delezennes
Bobnen-
berger
Gilpin
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b. + 12»,5C.
b. + 14»,4 C.
b. + 12»,5 C.
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— + 10»,0B.
- + 11^6B.
- + 10«,0ß.
- + 10*,0ß.
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1,0000
1,000
1,000
1,000
1,0000
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1,0072
1,0066
. 1,007
1,007
1,0059
2
1,0145
1,0133
1,013
1,014
1,0119
s
1,0219
1,0201
1,020
1,020
1,022
1,0180
4
1,0294
1,0270
1,027
1,029
1,0241
5
1,0370
1,0340
1,033
1,036
1,0308
$
1,0448
1,0411
1,040
1,040
1,044
1,0366
7
1,0526
1,0488
1,047
1,052
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1,0556
1,066
1,060
1,0494
9
1,0687
1,0680
1,062
1,064
1,067
1,0559
10
1,0769
1,0704
1,069
•
1,075
1,0625
11
1,0853
1,0780
1,077
1,083
1,0692
13
1,0987
1,0857
1,084
1,089
1,091
1,0769
IS
1,1028
1,0935
1,092
1,100
1,0828
14
1,1111
1,1014
1,099
1,106
1,0897
li
1,1200
1,1095
1,107
1,114
1,116
1,0968
1€
1,1290
1,1176
1,115
1,125
1,1039
17
1,1882
1,1259
1,123
1,134
1,1111
18
1,1475
1,1343
1,132
1,140
1,143
1,1184
19
1,1670
1,1428
1,140
1,152
1,1268
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1,1516
1,148
1,161
1,1838
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1,1764
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1,157
1,170
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0,9859
0,985
0,9848
0,9868
0,8947
Aräometer.
181
B aam€
Gar
tier
nach
nach
öoi
•
Fonnel 2.
s — . .
»B« o e
w
Delesennes
Francoeur
Delesennes
Francoeui
h. + 12*,5 C.
,b. + 12»,5 C.
b. + 12«,5 C.
b. + 12*,5 C.
b. +12»,5C.
• ■
= + 10«,0R.
= + 10«,0R.
- +10S0R.
« + 10» 0 R.
- + 10«,0R.
.O R
21
0,9272
0,9300
0,929
0,9275
0,9299
0^8900
n
0,9211
0,9241
0,923
0,9208
0,9237
0,8854
n
0,9151
0,9183
0,917
0,9143
0,9175
0,8808
u
0.9091
0,9125
0,911
0,9078
0,9114
0,8762
25
0,9033
0,9068
0,906
0,9014
0,9054
0,8717
n
0,8975
0,9012
0,900
0,8951
0,8994
0,8673
•7
0,8918
0,8967
0,894
0,8889
0,8985 .
0,8629
?Ä
0,8861
0,8902
0,889
0,8827
0,8877
0,8585
?»
0,8806
0,8848
0,883
0,8767
0,8820
0,0542
30
0,8751
0,8795
0,878
0,8707
0,8763
0,8500
Sl
0,8696
0,8742
0,873
0,8649
0,8707
0,8457
32
0,8643
0,8690
0,867
0,8590
0,8652
0,8415
33
0,8590
0,8639
0,862
0,8533
0,8598
0,8374
34
0,8537
0,8588
0,857
0,8477
0,8545
0,8383
3»
0,8486
0,8538
0,852
0,8421
0,8491
0,8292
34
0,8435
0,8488
0,847
0,8366
0,8489
0,8252
37
0,8384
0,8439
0,842
0,8312
0,8387
0,8212
39
0,8334
0,8391
0,887
0,8258
0,8836
0,8173
39
0,8285
0,8348
0,882
0,8205
0,8286
0,8133
40
0,8236
0,8295
0,828
0,8153
0,8095 .
41
0,8188
0,8249
0,823
0,8101
0,8057
4t
0,8141
0,8202
0,818
0,8050
0,8018
43
0,8094
0,8156
0,818
0,8000
0,7981
44
0,8017
0,8111
0,809
0,7944
45
0,8001
0,8066
0,804
0,7907
46
0,7956
0,8022
0,800
0,7871
47
0,7911
0,7978
0,796
0,7834
4^
0,7866
0,7935
0,791
0,7799
49
0,7823
0,7892
0,787
0,7768
M
0,7779
0,7849
0,783
•
0,7727
31
0,7807
0,778
0,7692
32
0,7766
0,774
0,7658
33
0,7725
0,770
0,7623
54
0,7684
0,766
0,7589
33
0,7643
0,762
0,7556
3«
0,7604
0,758
0,7522
37
0,7565
0,754
0,7489
5S
0,7526
0,750
0,7456
39
0,7487
0,746
0,7428
^
0,7449
0,742
0,7391
ß) Aräometer von v^eränderlichem Gewicht mit gleich-
formiger Scale. Faat alle gebräuchlichen Instrumente dieser Art
gehören in die Classe der besonderen Aräometer, sind nämlich Alke-
bolometer. Doch kann man hierher rechnen ein von Musschenbroeck
▼Qigeschlagenes Aräometer (Introduct. T. 11, §. 1384, wo indes» die
Angabe, dass der iOste Grad der Scale einer solchen Flüssigkeit ent-
sprechen soll, die bei gleichem Volumen 40 Gran mehr wiege, als
Regenwasser, dessen specifisches Gewicht dem Nullpunkte entspricht,
keinen Sinn hat, da das Gewicht des Instruments nicht festgesetzt wird)
and ein von DesaguliersO ^^i' Ermittelung sehr kleiner Unterschiede im
^) Coars of experiment. Philosoph. T. II, p. 284.
182 Aräometer.
specifischen Gewicht bestimmtes. Die Einrichtang der Instmmente diem
Art bedarf übrigens nach dem bereits Gresagten keiner Erl&utenmg meh
Noch ein zur Classe der allgemeinen Scalen -Aräometer gehör
ges, und nur von ihnen in der Form verschiedenes Instrument i
Adie's Schieber-Aräometer (^SUding-Bydrometer), Es ist hohl ai
Metall gearbeitet und von constantem Gewicht. Der Hals besitzt eis
Scale.; aber statt die Einsenkungen des Instruments an den verschiedi
nen Punkten desselben abzulesen, wird er so weit verschoben, bis in
mer ein und derselbe Punkt dieser Scale ins Niveau der Flfiaaigke
kommt, und der Grad der Verschiebung giebt dann das specifisct
Gewicht. Da man diesen Punkt natürlich erst nach mehrmaligem Pr<
biren auffinden kann, so hat die Einrichtung schwerlich einen Vorzuj
B. Besondere Aräometer sind solche, die nur für gewiss
und zwar gemischte Flüssigkeiten bestimmt sind, und nicht sowohl di
specifische Gewicht angeben, als vielmehr den damit in Beziehung st
henden Gehalt an einem ihrer Bestandtheile, bisweilen unmittelbar aui
gedrückt in ' Gewichts - oder Volumsprocenten des Gemisches. Si
heissen, je nach ihrer Bestimmung, Alkoholometer, Branntwein
m e s 8 e r (Pese^eaprit)^ Weinmesser (Oenometer), Mostmesser (Glei
kometer), Bier wage, Bierprober, Milchmesser (Galactometc
und Lactometer) , Zuckermesser (Saccharometer) , Laugenwagc
Salpeterspindeln, Soolwage, Sool- oder Salzspindel, Gradii
wage {Fese-sel)^ Säuremesser {Phe-acide) u. s. w.
Zu den besonderen Aräometern von unveränderliche!
Gewicht gehören die Alkoholometer von Tralles, Gaj-Lussac
Richter und Meissner, welche schon in dem Artikel Alkoholometri
(Bd. I, S. 493) beschrieben sind.
Ueber die zur Ermittelung des specifischen Gewichts von Sab
lösungen oder Getränken dienenden Aräometer noch etwas Ausführl
ches zu sagen, wäre überflüssig. Ihre Scalen, die meistens gleic
grosse Abtheilungen besitzen, sind nach Ort und Zweck des Gebraucl
so verschieden, und haben dabei so wenig Eigenthümliches , dass eii
Beschreibung derselben keinen Nutzen hätte.
Die für einfache Lösungen bestimmten Instrumente dieser Ai
z. B. die Laugenprober, Pottaschenwagen, Soolwagen, Sal
peterspindeln, Säure- und Zuckermesser erfüllen ihren Zwec
vollkommen, weil man, selbst bei gleichförmiger Abtheilung des Halse
doch mit Hülfe einer Tafel, immer den Gehalt der Flüssigkeit an Aet:
kali, Pottasche, Kochsalz, Salpeter, Säure oder Zucker dadurch finde
kann. Die für zusammengesetztere Flüssiglteiten bestimmten aber, z.l
die Wein-, Bier-, Most-, Milch- und Lohbrühe-Messer, en
sprechen ihrem Zweck nicht oder unvollkommen, da diese Flüsaigkeiic
therls wie Wein und Bier gleichzeitig Substanzen enthalten, die d
Lösung leichter, und solche, die sie schwerer machen, und da thei
die Güte dieser Flüssigkeiten nie bloss aus dem specifischen Gewicl
bemessen werden kann, indem ihnen entweder schon von Natur od(
absichtlich weitere Substanzen beigemengt sind, die das specifische G<
wicht als Kriterium des Gehaltes trüglich machen; so beim Weinmo«
dem Traubensaft, wo die Zunahme des specifischen Gewichtes nicl
bloss durch Zucker, sondern auch durch Schleim, Pectin u. s. w. b(
dingt wird (s. Wein). Specielleres über einige andere dieser Instn
mente unter den betreffenden Flüssigkeiten.
Aräometer. 183
Was die Aräometer für einfache Lösungen betriflt, so haben sie
ontonter nnr eine einzige Marke, wenn sie nnr dazu dienen sollen, bei
der Lösung (z. B. einer Salzlösung zum Behufe der Kristallisation)
öoen bestimmten Grad der Concentration anzuzeigen.
n. Gewichts-Aräoroeter.
Das EigenthQmliche der wahren Gewichts-Aräometer besteht darin,
das« sie an ihrem Halse, statt der Scale, nur eine einzige Marke be-
nuen, oiid dass sie durch Abänderung ihres Gewichts, welche durch
Auflegung von Massen auf einen oben am Halse befindlichen Teller
geschieht, in Flüssigkeiten von verschiedenem specifischen Gewichte
inuner bis zn dieser festen Marke eingesenkt werden. Das Volumen der
Terdrangten Flüssigkeit ist also constant, und da das Gewicht dessel-
ben nothwendigerweise dem des Instruments gleich sein muss, so ist
letzteres das Maass des specifischen Gewichts der Flüssigkeit Sind
demnach «, tf', «i die specifischen Gewichte dreier Flüssigkeiten, und
p^p*^ pi die Gewichte des in dieselben bis zur festen Marke versenkten
InstramentB (von denen p das Gewicht des unbelasteten Ldstruments
sein mag), so ist:
£ = £ = ?! = «,
wenn v das constante Volumen von dem bis zur festen Marke eingetauch-
ten Theile des Instruments bezeichnet Hieraus folgt zunächst:
P' — Pi =v (8* — «i),
d. h. die Gewichtsänderung, welche für das Instrument beim
Uebergange von einer Flüssigkeit zu einer anderen nöthig wird, ist
dem Unterschiede im specifischen Gewichte dieser Flüssigkeiten propoi^
twnal, and zwar wird sie desto beträchtlicher, je grösser das einge-
tauchte constante Volumen o des Instrumentes ist.
Bei einem Scalen -Aräometer hat man für die Volums-
Aenderungen, die dessen eingetauchter Theil unter gleichen Um-
ständen erleidet, den Ausdruck:
o 8\
vmn p das constante Gewicht dieses Instruments bezeichnet
Während also für gleich grosse Unterschiede in den specifischen
Gewichten die Gewichtsänderungen bei einem Gewichts - Aräo-
meter constant bleiben, was für Werthe die specifischen Gewichte auch
haben mögen, nehmen bei einem Scalen- Aräometer die Volum sä nd e-
rungen seines eingetauchten Theils zu oder ab, sowie umgekehrt die
specifischen Gewichte ab- oder zunehmen.
Wenn daher beide Instrumente von gleicher Grösse und Gestalt
angefertigt würden, so dass sie sich bei einer gleichen Aenderung des
ipedfischen Gewichts der Flüssigkeit um ein gleiches Stück ihres Hal-
ses höben oder senkten, so hätte das Gewichts- Aräometer bei
schweren Flüssigkeiten, das Scalen- Aräometer bei leichten
den Vorzug der grösseren Genauigkeit, vorausgesetzt, dass man
bei bdden Instrumenten die Goincidenz des betreffenden Punktes
mit dem Niveau der Flüssigkeit mit gleicher Genauigkeit beobachten
könnte«
Es ist also nicht allgemein richtig, wenn man sagt, das Gewichtsi>
184 Aräometer.
Aräometer sei empfindlicher oder gebe kleinere Unterschiede im spe-
cifischen Gewicht an, als das Scalen- Aräometer. Der Satz gilt nur, weil
man in der Regel beide Instrumente nicht von gleicher Gestalt and
Grösse macht und machen kann.
Die Ursache hiervon ist einleuchtend. Die Genauigkeit beider In-
strlimente wächst, bei gleichem Volumen ihres Körpern, mit der Dunn-
heit ihres Halses. Wollte man nun bei einem Scalen- Aräometer den
Hals sehr dünn machen, so würde nicht nur die Anbringung der Scale
darauf mit Schwierigkeit verknüpft sein, sondern er müsste auch, damit
die Scale den gehörigen Umfang bekäme, sehr lang gemacht werden,
und dadurch würde er sehr leicht Beschädigungen ausgesetzt sein, selbst
wenn man das ganze Instrument von Metall verfertigte. Bei einem
Gewichts-Aräometer dagegen kann der Hals sehr kurz sein, und die
Anbringung einer einzigen Marke darauf hat selbst bei grosser Dünn-
heit desselben keine Schwierigkeit. Daher kann man auch bei ihm den
Körper beliebig gross nehmen, den Hals auf wenigstens ein.e Viertel-
linie im Durchmesser zurückführen, und so dem Instrumente jeden ge-
wünschten Grad von Genauigkeit und Emp^ndlichkeit verleihen. Be-
sonders ist dies der Fall, wenn man das Instrument hohl aus Metall
verfertigt, was daher auch in der Regel geschieht Bei einem so grossen
Grade von Empfindlichkeit des Instruments ist es aber durchaus nöthig,
auf die Temperatur zu achten und für dieselbe , wenn sie bei den auf
ihr specifisches Gewicht zu prüfenden Flüssigkeiten nicht gleich ist, die,
natürlich auch nach dem Material des Instruments verschiedene, Berich-
tigung anzubringen.
Besteht die Gewichtsänderung des Instruments in einer Gewichta-
vermehrung, herbeigeführt durch auf seinen Teller gelegte Gewichte,
so wird die feste Marke am Halse der leichtesten Flüssigkeit, die man
damit prüfen kann, entsprechen. Natürlicherweise lässt es sich aber
auch so einrichten, dass das Instrument erst bei einer gewissen Bela-
stung bis zur Marke in die Normalfiüssigkeit (z. B. Wasser) einsinkt,
und dann durch Vermehrung oder Verminderung dieser Belastung zu-
gleich für Flüssigkeiten schwerer oder leichter als die normale anwend-
bar wird. Immer muss dabei das Instrument durch Einschüttung von
Schrot oder Quecksilber in seinen hohlen Körper so beschwert sein,
dass es bei allen Lasten, die man oben auf seinen Teller legt, senk-
recht zu schwimmen vermöge. Für den Gebrauch ist auch nothwen-
dig, dasä man wisse, wie viel das Instrument wiege, sei es für sich al-
lein oder mit der eben genannten Normalbelastung.
Arten des Gewichts-Aräometers. Die bekanntesten dersel-
ben sind die von Fahrenheit, Tralles, Nicholson und Charles.
Die letzteren dienen auch zur Bestimmnng des specifischen Gewichts
bei starren Körpern.
Fahrenheit's Aräometer ist das Vorbild agiler späteren Instru-
mente dieser Art geworden. Zwar sind schon vor Fahrenheit ähn-
liche Aräometer vorgeschlagen, allein diesem Künstler (einem gebore-
nen Danziger, 1 1740) gebührt das Verdienst, zuerst ein solches Werk-
zeug mit einer einzigen festen Marke am Halse und einem Teller oben-
auf verfertigt zu haben. Die feste Marke entspricht Weingeist oder
Terpentinöl; bei einer schwereren Flüssigkeit hat man Gewichte in
den Teller zu legen, damit das Instrument bis zur Marke einsinkt
(Fig. 2). Wiegt nun das Instrument 500 Gran, und hat man bei
Aräometer.
185
der zweiten Flüaaigkeit 20 Gran zuzulegen, so verhält sich das speeif.
Gewieht dieser za dem der ersten Flüssigkeit , wie 520 zu 500. Der
Gebrauch dieses Instruments, wie im Grunde der al-
ler übrigen Gewichts-Aräometer i), ist also sehr ein-
fach. Schmidt in Giessen hat späterhin dem In-
strumente eine vortheilhaftere Gestalt gegeben, ihm
nämlich zwei mit Quecksilber gefüllte Gefässe von
ungleichem Gewicht beigefügt, die einzeln unten an-
gehängt werden, und dadurch das Instrument geschickt
machen, sowohl leichte als schwere Flüssigkeiten zu
untersuchen. Auch sind die Gewichte, welche oben
in den Teller gelegt werden, so abgeglichen, dass
sie sogleich das specifische Gewicht angeben, wozu
natürlich nur nöthig ist, dass sie Hundertel oder
Tausendtel vom Gewicht des Instruments, mit der
einen oder anderen constanten Belastung, angeben.
Wöge das Instrument (mit Einschluss des grossen
Anhängegewichts) 1000 Gran, und sänke es in Was-
ser bis zur Marke ein, so wird jeder für eine an-
dere Flüssigkeit zugelegte Gran einem Ueberschuss von 0,001 im spe-
dfischen Gewicht derselben entsprechen ^).
Tralles' Senkwage weicht nur in der Form von Fahren-
heit's Aräometer ab. Es ist nämlich der Teller oben am Halse durch
eise Schale ersetzt, die von einem zweimal rechtwinklig gebogenen
Arme unter dem Gefäss gehalten wird, wie ohne weitere Beschreibung
aas der Fig. 3 ersichtlich ist. Da die in der Flüssigkeit schwim-
mende Glaskugel gross und der Hals verhältnissmässig dünn ist, so
hat das Instrument einen sehr hohen Grad von Empfindlichkeit. Es
Flg. 8. Fig. 4. kann auch als gewöhnliche Wage gebraucht
werden, wenn man erstlich den zu wägenden
Körper in die Schale bringt und so viel Gramm
zulegt, dass die Marke am Halse in. das Niveau
der Flüssigkeit tritt, dann aber den Körper
herabnimmt und statt seiner so viel Gramm
hinzufügt, bis die Marke wiederum einspielt
Diesd Zahl von Grammen ist dann das Gewicht
des Körpers 3).
Nicholson's Hydrometer hat gewöhn-
lich die Fig. 4 abgebildete Gestalt, und wird
in der Regel aus Metallblech verfertigt Es
dient zur Bestimmung des specifischen Gewichts
sowohl flüssiger als auch fester Körper, und
dieser letzte Umstand macht seine wesentliche
Verschiedenheit von dem Fa hrenh ei t' sehen
Instrumente aus. Für Flüssigkeiten ist es ähn-
lich eingerichtet, wie das Schmidt 'sehe Aräo-
meter. Mit einer Masse von 1000 Gran, die
oben in den Teller gelegt wird, sinkt es in Was-
ser von 60^ F. bis zur Marke ein. Bei einer anderen Flüssigkeit hat
0 PhiL tTUiiact 1720 T. XXJJL, p. 140. — *) Gren's Journ. Bd. VII, S. 186.
^ Gilb. AnnaL Bd. XXX, S. 384; u. Bd. XXXYIII, S. 401.
186 Aräometer.
man znr Einstellnng dieser liiarke noch eine grössere oder geringere
Zahl a von Granen nothig. Ist nun W das Gewicht des Aräometers und
das specifische Gewicht des Wassers = 1, so wird 8^ das der anderen
Flüssigkeit, durch die Proportion gefunden:
Tr+ 1000 : W+a!= 1 : «.
Znr Bestimmung des specifischen Gewichts eines festen Körpers ist
unten der kleine Eimer angebracht, und es wird dabei folgendermaassen
verfahren. Man lässt das Instrument auf Wässer schwimmen, legt den
Körper auf den oberen Teller, und fügt nun so viel Gewichte hinzu,
bis die Marke einspielt Hat man 400 Gran hinzulegen müssen, so wird
der Körper 600 Gran wiegen. Nun nehme man diesen Körper vom
Teller und lege ihn unten in den Eimer. Da sein Gewicht jetzt theil-
weis vom Wasser aufgewogen wird, so spielt die Marke nicht mehr
ein. Man wird also, um dies wieder zu bewirken, eine neue Anzahl
von Granen in den oberen Teller legen müssen, z. B. 500. Die 500
Gran sind das Gewicht einer dem Körper an Volumen gleichen Wasser-
masse, und wenn man daher mit ihnen in die 600 Gran, welche der
Körper in der Luft wiegt, dividirt, so erhält man das specifische Gewicht
desselben, für dieses Beispiel, 1,200. Das Wasser braucht dabei nicht
nothwendig die Temperatur 600F. zu haben; es könnte auch irgend
eine andere, z. B. die von 70® F., besitzen. Nur würde man dann, um
das absolute Gewicht des Körpers richtig zu erhalten, zuvor ermitteln
müssen, welche von 1000 verschiedene Zahl von Granen erforderlich
wäre, um das Instrument in Wasser von dieser Temperatur bis znr
Marke einzusenken. Auch würde man natürlich das specifische Ge-
wicht des Körpers gegen das des Wassers von 70<^ F. bekommen i).
Das Nicholson'sche Instrument, gut ausgeführt, gewährt aller-
dings einen bedeutenden Grad von Genauigkeit, und es ist daher von
früheren Mineralogen, besonders von Haüy, zur Bestimmung des spe-
cifischen Gewichts von Mineralien benutzt worden. Indess wird es doch
gegenwärtig nicht oder sehr selten noch dazu gebraucht, weil es im
Grunde ein überflüssiges Instrument ist. Mittelst einer guten Wage,
die ohnedies in den Händen eines jeden Mineralogen und Chemikers
sein mnss, lässt sich, mittelst einer kleinen Hülfsvorrichtung, das specifi-
sche Gewicht eben so schnell und doch noch mit grösserer Genauigkeit
bestimmen. Nur in besonderen Fällen, z.' B. auf Reisen, und wenn eine
schnelle Bestimmung, ohne die letzte Schärfe, verlangt wird, hat das
Nicholson'sche Instrument Vorzüge.
Gharles's Hydrometre fhermomitrique und Äreometre-Manee^ die
man in Biot's Tratte de physique^ T. /, p. 414 et 433, ausführlich be-
schrieben findet, unterscheiden sich wesentlich gar nicht von den eben
erwähnten Instrumenten. Das erstere hat den Zweck, die specifischen
(gewichte einer und derselben Flüssigkeit bei verschiedenen Temperata-
ren zu bestimmen, und da diese verhältnissmässig wenig verschieden
sind, so ist demnach dem Instrument durch einen grossen Körper und
dünnen Hals ein hoher Grad von Empfindlichkeit gegeben. Bei seinem
Gebrauch muss natürlich die Temperatur sorgfältig beobachtet und dar-
nach das Volumen des Instruments berichtigt werden. Biot hat damit
das specifische Gewicht des Wassers bei verschiedenen Temperaturen be-
*) Manchester Memoirs, VoL II, p. 670 ; .n. Kichols. Natural. Philosoph. VoL H,
p. 16.
Aräometer.
187
stimiDt, aber die Resultate weichen von den sinteren üntersncbangen
nicht tubedeatend ab. — Das zweite Instrnment ist eigentlich ein Ni-
efaolson'sches Aräometer, nnd dient, wie dieses, cor Bestimmang des
ipecifidchen Gewicht« von featen Körpern. Statt des Eimers hat es
«inen Korb von Silberdraht, der, weil sich weniger Lufl darin festsetzen
kann, ohne gesehen zn werden, allerdings den Vorzug verdient. Dieser
Korb kann umgekehrt werden, und ab iat man im Stande, auch Körper
mn geiingerem specifiachen Gewicht als Wasser, zu untersuchen. Das
Ferfahren dabei ist übrigens dem früheren gleich; nur wird man, wenn
ein solcher Körper anter den Korb gebracht igt, mehr Grane oder
Gramme anf den Teller legen mOssen, als der Körper in der Luft wog.
Gajtoa de Morveau's Gravimeter ist ebenfalls ein in der
Haoptsache von Nicholson's i) Aräometer nicht verschiedenes In-
strument.
An die eben beschriebenen Instrumente schliessen sich noch zwei
an, die wiedemra gemischte Aräometer heissen könnten, da sie, neben
der- Einricbtnng einea Gewichts-Aräometers, eine Scale besitzen. Es
dnd die Aräometer oder Gravimeter von Bustamente und Baum-
gartner, welche beide nur den Zweck haben, das specifische Gewicht
loter Körper, besonders Mineralien, zu bestimmen.
Bnstamente's Instrumente nebst Zubehör sieht man in Fig. 5,
6 itnd 7 abgebildet. Der kegelförmige Körper abcde ist hohl von
Metallblech und mit der nöthigen Belastung von Schrot versehen ;
seine schllssel förmige
Deckplatte afb dient statt
des Eimers am Nichol-
son 'sehen Instrument.
Der Hals ist von Glas
und mit einer in gleich
grosse Theile getheilten
Scale versehen ; oben-
auf trägt er den Teller.
Fig. 6 zeigt das Instru-
ment in der zinberaen
BQchse, in welche es
beim Transport einge-
schlossen wird ; diese
BQchse dient ancb tax
im Gebranch des Instruments erfor-
abgeglichen, da?s es, nnbescbwert,
es bis inm Null-
Anfnahme des Wassers, welches
dert wird. Das Instrument ist !
r Basis ab des Kegels
punkt der Scale, dessen Lage übrigens willkürlich ist,
mugs man anf den oberen Teller ein gewisses Gewicht legen. Ist dies
geschehen, und man will nun ein Mineral auf sein specißsches Gewicht
unters neben, so legt man auch dieses zuvorderst auf den oberen Teller.
Dadurch sinkt das Instrument bis zu einem gewissen Funkt ein, z. B.
bis zum Strich 51 der Scale. Hierauf bringt man das Mineral ans dem
Teller r« in die untere Schüssel afb., ohne das Zu läge- Gewicht vom
Teller zu nehmen. Jetzt wird das Instrument weniger tief, z. B. bis
znm Theibtrich 34, einsinken. Ans diesen beiden Datis ergiebt sich
•) Aaiul. da cbiin. X XXI, p. 8.
lös Aräometer.
52 Q
nun das specifische Gewicht des Minerals; es ist = ■=-; r-j = 3. Wor-
51 — 84
auf diese Rechnung beruht, wird ans dem bei Nicholson's Aräometer
Gesagten klar werden, wenn man erwägt, dass hier die gleich grossen
Scalentheile die Stelle der dort auf den Teller gelegten Gewichte ver-
treten. Es wird auch einleuchtend sein, dass das Instrument vor Aufle-
gung des Minerals picht nothwendig bis zum Nullpunkt der Scale ins
Wasser gesenkt zu sein braucht Tauchte es z. B. bis zum Theilstrich
4 ein, so hätte man, statt der Zahlen 51, 34 und 0, die: 55, 38 und 4,
55 4
und dann ^ ^ = 3, wie vorhin. Da es immer etwas schwierig
DO — öO
ist, genau zu beobachten, welcher Strich der Scale ins Niveau der Flüs-
sigkeit fällt, besonders hier, wo die Abtheilungen klein und das Instru-
ment von einer Metallbüchse umgeben ist, so werden die Senkungen
des Instruments an zwei seidenen Fädchen abgelesen, die dies- und
jenseits seines Halses quer über die'Büchse ausgespannt und ausserhalb
am Knöpfchen befestigf sind, wie es Fig. 7 zeigt. Die Ablesung ge-
schieht dann durch den Ausschnitt ay^ und ist allerdings einer bedeu-
tenden Genauigkeit fähig; wenn indess das Resultat einen gleichen
Grad von Genauigkeit haben soll, so muss freilich auch eine Berichti-
gung für die Veränderung angebracht werden, welche der Wasser-
spiegel durch das mehr oder minder beträchtliche Einsenken des Aräo-
meters und durch die Einführung des gewogenen Körpers in das Was-
ser erfährt.
Baumgartner^s Aräometer ist in der Hauptsache dem eben be-
schriebenen ähnlich; nur hat es die Gestalt des Nicholson'schen In-
struments und ist am Halse mit zwei Scalen versehen, wodurch die
kleine bei Bustamente noth wendige Rechnung umgangen wird, frei-
lich nicht ohne eine andere wiederum einzuführen. Die eine dieser
Scalen (A) hat gleich grosse Theile und zählt, von unten nach oben,
von 1 bis 100. Die andere (B) hat eine ungleichförmige Theilung und
beruht auf Folgendem: Wenn p das Gewicht eines Körpers in Luft
und p' dasselbe in Wasser bezeichnet, so hat man für sein speci fisch es
Gewicht 8 den Ausdruck:
p —p'
Die Gewichte ;) und p* sind gegeben an der Scale (Ä) durch die
Punkte, bis zu welchen das Instrument einsinkt, wenn man den zu wä-
genden Körper, z. B. ein Mineral, erstlich auf den Teller oben und
dann in den Eimer unten legt, und das Instrument für sich bis zum
Nullpunkt dieser Scale eintaucht. Ist nun p eine constante Zahl, z. B.
100, so entspricht jedem p' ein gewisses «, und wenn die verschiedenen
Werthe von p' durch die Theilstriche von Ä vorgestellt werden, so
wird man jedem derselben gegenüber den entsprechenden Weith von s
schreiben können. Die zweite Scale (B) giebt nun diese Werthe von
8y und zwar sind nur solche Theilstriche gezogen, welche gleich grossen
Unterschieden dieser Werthe entsprechen, wodurch sie dann nothwen-
dig, gemäss der obigen Formel, ungleiche Abstände von einander be-
kommen. Die Corre^ipondenz der Theilstriche beider Scalen ergiebt
sich durch folgende Tafel:
Aräometer.
189
^tsprschende Theile
der Scale
iOO.
95,0
94,8
94,5
94,1
9S,7
93,3
«>«,9
9^3
91,7
91,3
91,0
90,6
90,0
89,5
88,9
88,3
87,5
86,8
85,7
85,5
85,0
84,4
83,9
der Scale
dB)
Entsprechende Theile
der Scale
88,4
20
82,8
19
82,2
18
81,5
17
80,8
16
80,0
15
79,2
14
78,8
18
77,8
12
76,2
11,6
75,0
11
78,7
10,5
72,2
10
70,6
9,5
68,8
9,0
66,7
8,5
65,5
8,0
64,8
7,5
68,0
7,0
61,5
6,8
60,0
6,6
58,8
6,4
56,5
6,2
54,6
der Scale
dB)
Entsprechende Theile
6,0
5,8
5,6
5,4
5,2
5,0
4,8
4,6
4,4
4,2
4,0
3,8
3,6
8,4
8,2
8,0
2,9
2,8
2,7
2,6
2,5
2.4
2,8
2,2
der Scale
(AI
52,4
50,0
48,8
47,4
45,8
44,5
42,9
41,2
89,4
37,5
85,5
83,8
81,0
28,6
25,9
23,0
20,0
16,7
18,0
9,1
4,8
0,0
der Scale
dB)
2,1
2,0
1,95
1.90
1,85
1,80
1,75
1,70
1,65
1,60
1,55
1,50
1,45
1,40
1,35
1,80
1,25
1,20
1,15
1,10
1,05
1,00
Sinkt nun das Instrument für sich bis znm Nallpunkt der Scale ^A)
in die Flüssigkeit ein, and hat das Mineral ein solches Gewicht, dass
ei, auf den oberen Teller gelegt, das Instrument bis zum Punkt 100
derselben Scale herabdrückt , so findet man sein specifisches Gewicht
ohne Rechnung durch die Scale (^). Man braucht nämlich das Mineral
nur in den unteren Eimer zu legen, und an der Scale (B) den Punkt
abzulegen , der im Niveau der Flüssigkeit liegt . Die beigefügte Zahl
giebt anmittelbar das specifische Gewicht. Sänke das Instrument, wäh-
rend das Mineral im unteren Eimer liegt, bis zum Punkt 68,8 an der
Scale (^A) ein, so zeigt die obige Tafel, dass an der Scale (^) der
Punkt 3,2 im Niveau der Flüssigkeit liegen würde. Es wird also 3,2
das specifische Gewicht des Minerals sein.
In der Regel wird das Mineral, wenn es sich in dem oberen Tel-
ler befindet, das Instrument nicht gerade bis zum Punkt 100 der Scale
(A) herabdrücken, sondern nur bis zu irgend einem anderen Punkte,'
c B. bis 80. In diesem Falle legt man neben dem Mineral auf den
Teller noch so viel Gewicht, dass der Punkt 100 ins Niveau der Flüs-
sigkeit tritt. Dann bringt man das Mineral, ohne das Zulagegewicht
aus dem Teller zu nehmen, in den Eimer unten, und bemerkt, welcher
Punkt der Scale (B) einspielt. Wäre dies z. B. der Punkt 4, so hat
man 4 mit 80 zu multipiiciren und durch 100 zu dividiren. ^ Die dadurch
eriialtene Zahl 3,2 ist das specifische Gewicht des Minerals gegen das
des Wassers = 1.
Der Grund dieser Rechnung mag aus Folgendem erhellen: Wenn
das Gewicht des Körpers in der Lufi, statt p zu sein, nur mp ist, so
190
Aräometer.
geht aach sein Gewicht in Wasser ans p" m mp' Ober. EnUprechende
Zahlen wird man an der Scale (_A') ablesen. Fügt man nun zu mp ein
Gewicht a, ao dass mp -\- a =^ p, »o sinkt das Instrament, an d«
Scale CA) gemessen, wenn das Mineral im oberen Teller liegt, bb eui
Punkt mp -|- a :^ p ins Wasser, und wenn es unten im Eimer lief -
bis zum Punkt mp' -\- a. Statt des obigen Auadrncka für » hätte m ■,.
also den folgenden; .)
"■P + ° j jj mp -\- a ■^^'■
(mp + o) — (fnp- -j-a) ' ' {p — p-)m .S
and dies würde der Punkt der Scale {ff) sein, welcher, unter der -■'.. '
nannten Bedingungen, im Wasserspiegel liegt Klar ist nan, daaa, ' .^^ -
man diesen Ansdrack mit mp multiplicirt nnd darch mp -f- a di '^
man wieder anf den früheren Werth von s zuräckkommt, f (ir wel ^<^ :
Tafel und die Scale (ff) entworfen ist. Daraus ergiebt sieb d) l..
obige Regel. Unter m wurde hier irgend ein &cbter Bmch ven ^_" '*■' ,
einleuchtend ist aber, dass es aocb ein nnftchter Bruch oder eir . ' ^ t
Zahl sein könnte, in welchem Falle das Uineral mehr als lOft;^' '^r j:
würde nnd das Znlagege'wicht negativ sein mQsste. ;.^ '^^g,
Die Einrichtung dieses Instruments ist sinnreich, aber die. /'*'■ r.^Q
brauch desselben meistens erforderliche Multip lication nicht -^ j
als die Division bei Bustameate's Gravimeter '}■ -'-< r.
Dies w&rea denn, wenn auch nicht alle, doch wenigste' ^^' doi
zfiglichsten der gebräuchlichen oder bloss vorg,esch1agenen T; i^ ^'p
welche im eigentlichen Sinne den Namen Aräometer vei^^^ "'■ ^i
giebt indess noch ein Mittel, welches in ihnen gerechnet ^ ^^ *^^'~d r
n&mUch die aräometrischen Glasperleu. Es sind dif'i»^-*^?*^^^
kugeln, in verschiedenem Grade beschwert, also von ' '* »JT"* *.'"
specifischen Gewicht, die, wenn sie in einer Flüssigkeit ^.^ ^ "Zii
noch steigen, sondern unverrückt an ihrem Orte_schwebf*'i,j^ fli ,- *
Anzeige liefern, daaa die Flüssigkeit ein gleiches gpecit"^ {■'^^ ■^tT^'
besitzt. Sie sind von Wilson, weiland Professor der-^-i^ '''*'irl.^
Glasgow, erfunden, und später von Lovi verbeaBert-C-f^ ,"^Vr;- V-
ganze Sammlungen sricher Glasperlen geliefert, die mi;
:imr viius[>erion geiieieri, uie nu ff, ^-:.
r anderen um zwei Einheiten "'d^,. '<:
1 Gewicht verschieden sind, '^■f' ■'■-^t.
iewichte 1,000, 0,998, 0,996, ^z ^'f- *e_ ■'%
malstelle im specifischen *
weise die specifischen Gewichte 1 .u - - ■
geben. Um eine Flüssigkeit auf ihr specifisches G<(^^^ J"*'-
bTaucht man demnach nur eine Anzahl solcher nnm ^ t;,_ '^-t .
in dieselbe zu schütten. Die, welche achweben bleibt^;
sehe Gewicht an. ^
Wir halben liit-r unter Araonitter .lio Irei sol
stmmente vi'Ti'tiinderj, welch« zur ErmiUeluiig des
angewandt «erden ^), Alle übrieen m diesem ~
richtnngeii, ii;imeiillich die ' ^tisf^Ueu
Uebergang zu den Gen
Arükel „Gewicht, si tiabxii
F <f
i-
,e-
he
ille
*rb-
phe
das
3xyd-
efällt.
h das
ßären-
gt man
landein
'n einem
röthlich,
welcher
Trauben -
rbutin hat
192 Arbor Dianae.
von 90 bis 95 Proc. aufgelöst wird, und aus der siedend ßttrirten Lo-
sung krystalUsirt. Die so erhaltenen Krjstalle, durch Unikryeitallisireu
gereinigt, haben die Zusammensetzung und alle Eigenschaften des
Amyrins (s. d. unter Elemiharz).
Um die anderen Körper von einander zu trennen, wird die durch
Weingeist von 85 Proc. erhaltene Lösung abdestillirt (wobei mit dem
Weingeist besonders im Anfang ein ätherisches Oel von sehr angeneh-
men Geruch sich verflüchtigt) und der Rückstand (a) mit 50procentigem
Weingeist und mit Wasser ausgezogen; die dadurch erhaltenen Lösun-
gen werden eingedampft, wobei sich das Brjoidin in ölartigen beim
Erkalten erstarrenden Tropfen ausscheidet, während beim Verdampfen
in der Mutterlauge das Brei diu krystalUsirt.
Der mit Wasser und schwachem Alkohol behandelte Rückstand (a)
giebt nun mit 85procentigem Weingeist eine Lösung, aus der beim lang-
samen Verdunsten das Brei'n krystalUsirt. Die einzelnen Substanzen
werden durch Umkrystallisiren gereinigt.
Das Bryoidin wird aus wässeriger Lösung in weissen faserigen
seidenartigen Krystallcn erhalten, welche schwach bitter und beissend
schmecken und neutral reagiren; es löst sich bei 10^ C. in 350 Thln.
Wasser, in viel weniger heissem; daher die siedend gesättigte wässe-
rige Lösung beim Erkalten fast gesteht, leicht auch in Alkohol, Aether,
in flüchtigen und fetten Oelen. Es schmilzt bei 135^ C, und erstarrt
beim Erkalten plötzlich zu einer warzenförmigen faserigen Masse; es
verflüchtigt sich beim Erhitzen schon unterhalb seines Schmelzpunktes
ohne Rückstand, und bildet ein moosartiges Sublimat (daher sein Name
von ßgvov^ Moos/und elSog^ die Gestalt).
Das Bryoidin krystalUsirt aus alkalihaltender Flüssigkeit oder aus
verdünnter Essigsäure unverändert; seine wässerige Lösung wird durch
neutrales, reichlicher durch basisch - essigsaures Bleioxyd gefällt, es
wird aber weder durch die Salze von Eisenoxyd, Quecksilberoxyd,
Kupferoxyd oder Silberoxyd gefäUt, noch durch Galläpfeltinctur ge-
trübt. Concentrirte Schwefelsäure löst es mit rother Farbe, concen-
trirte Salpetersäure verwandelt es in eine gelbe ölartige Flüssigkeit.
Das durch Abdampfen der Mutterlauge vom Bryoidin erhaltene
Breidin bildet durchsichtige rhombische vierflächig zugespitzte Prismen
von 1020 und 780. Es löst sich in 260 Thln. .Wasser von 20» C;
leichter in heissem Wasser; in Alkohol ist es leicht, etwas schwieriger
in Aether löslich. Die Krystalle des Breidins werden schon bei schwa-
chem Erwärmen undurchsichtig, etwas über lOO^C. schmelzen sie, stär-
ker erhitzt sublimiren sie ohne Rückstand.
Das Bre'in krystalUsirt beim langsamen Verdunsten des Alkohob
in durchsichtigen rhombischen Prismen von 110^ und 70^^, an den
Enden zugeschärft durch Flächen, welche Winkel von 80<> mit ein-
ander bilden; es ist unlöslich in Wasser, bei 20^0. löst es sich in
70 Thln. Weingeist von 85 Proc; in absolutem Alkohol und in Aether
ist es Jeichter löslich, es schmilzt bei 187^0. zu einer durchsichtigen
farblosen harzartigen Masse. Fe,
Arbor Dianae, Arbor Martis, Arbor Plumbi s.
Saturni u. s. w. Silberbaum, Eisenbaum, Bleibaum n. 8. w.
Als Metallbäume wurden früher die aus den wässerigen Lösungen ih-
rer Salze durch langsame Reduction in dendritischen KrystalUsstio-
Arbutin. 193
&ea abgeschiedenen Metalle genannt (s. Iste Aufl. Bd. U, S. 582 ;
ite Aufl. die betreffenden Metalle Blei, Silber und Silberamal-
gam o. 8. w.).
Arbutin. Ein atickstofiTreler indifferenter Körper, aus den
Blattern von Arctostaphylos uva ursi schon früher dcargestellt, (1852)
Too Kawalier ^) zuerst näher untersucht. Die Zusammensetzung der
bei 100^ C. getrockneten Substanz giebt, nach Kawalier, die For-
ael C33 H32 Oi9 ; Gerhardt führt als wahrscheinlicher die Formel
CmB«4O90 an 2); die von Kawalier gegebene Analyse (Kohlenstoff
Si,5, Wasserstoff 6,1) stimmt freilich besser zu der ersten Formel (be-
Rcfanet Kohlenstoff 52,5, Wasserstoff" 6,0) als zu der zweiten (berech-
net Kohlenstoff 54,0, Wasserstoff 6,0), welche einen bedeutenden Verlust
an Kohlenstoff oder eine sehr unreine Substanz voraussetzt, so dass man
^e, wenn auch einfachere Formel von Gerhardt nicht wohl ohne Wei-
teres annehmen kann. Das krystallisirte Arbutin enthält noch Wasser,
und ist QwHajOi» -|- 2H0, oder C3€Ha4 02o -f 2H0.
Das Arbutin kann direct aus den trockenen Blättern der Bären-
tiaube mit Aether ausgezogen, oder aus der wässerigen Abkochung
dargestellt werden. Im letzteren Fall wird das braungelbe Decoct
der Blätter zuerst mit neutralem essigsauren Bleioxyd ausgefällt, um
die Gallussäure zu entfernen, das Filtrat soll in einer Betorte abdestil-
Uit und der Rückstand dann mit Schwefelwasserstoffgas behandelt wer-
den. Die vom Schwefelblei abtiltrirte Flüssigkeit wird zur Syrupsdicke
abgedampft, worauf sie nach mehrtägigem Stehen zu einem Krystall-
brei erstarrt. Nach dem Abpressen der Mutterlauge wird die Krystall-
niaise ans siedendem Wasser mit Zusatz von Thierkohle umkrystalii«
ort, wodnrch das reine Arbutin in langen farblosen, meistens zu Bü-
fcheln vereinigten Krjstallnadeln erhalten wird. Sie haben einen bitte-
ren Geschmack, lösen sich in Wasser, Alkohol oder Aether, welche
Lösungen alle neutral reagiren. Bei lOO^C. verlieren die Krystalle
i Aeq. Wasser; bei höherer Temperatur schmelzen sie zu einer färb-*
kisen klaren Flüssigkeit und bilden nach dem Erkalten eine amorphe
msige Masse, die aber noch die gleiche Zusammensetzung hat wie das
trockene Arbutin.
Die wässerige Lösung der Krystalle wird weder durch Eisenoxyd-
salze noch durch neutrales oder basisch -essigsaures Bleioxyd gefällt.
Eine merkwürdige Umsetzung erleidet das Arbutin durch das
Emulsin der süssen Mandeln, wie durch ein in den Blättern der Bären-
trtabe selbst enthaltenes, dem Emulsin analoges Ferment. Bringt man
eine wässerige Lösung von Arbutin mit Emulsin aus süssen Mandeln
zasammen, und lässt das Ganze in einem bedeckten Gefäss an einem
wsrmen Ort mehrere Tage stehen, so wird die Flüssigkeit röthlich,
■ad hinterlässt beim Abdampfen eine bräunliche Masse, aus welcher
Aether einen neuen Körper, das Arctuvin, auflöst, während Trauben-
locker oder ein ähnliches Kohlenhydrat zurückbleibt; das Arbutin hat
') Lit^ratnr s. bei Arctostaphylos.
*) Trait^ de chim. org. T. IV, p. 266; an diesem Ort steht die Formel
C,, Hf, Oj^^, and darnach ist auch die procentische Zusammensetzung berechnet ; es
itt aber wahrscheinlicher, dass hier nur ein Schreibfehler stattfand, und dass Ger-
hardt die besser passende, oben angeführte Formel meinte, yrie auch aus der bei
dem ATCtwin angeführten Formel zu folgen scheint.
Hsn<!w&rt«rbiie!i der Chemie. 2tc Aufl. Bd. IT. J[3
194 Arcanum. — Archll.
sitih ia diese beiden Körper gespalten. Je nachdem man die Forme
von Kawalier oder die von Gerhardt für das Arbutin nimmt, ist di
des Arctuvins Cjo Hio O7 oder C24 Hia Os ^).
C32HJ2O19 = CjoftloO? -f- Ci2tiijOi2
oder
C86Ä24O20 = ^24 "ij Qs "T" ^isJiJ^^ia
Arbutin Arctuvin Glucose.
Das Arctuvin wird durch Abdampfen der ätherischen Lösung am
wiederholtes Umkrystallisiren aus Alkohol mit Zusatz von Thierkobl
in farblosen Krystailen erhalten, welche oft 4 bis 6 Linien lange und l
bis 4 Linien dicke vierseitige Prismen bilden. Es schmeckt bitterlicl
süss und löst sich leicht in Wasser, Alkohol oder Aether. Die Kry
stalle zeigen bei 100^ C. keine Gewichtsverminderung, sie schmelze)
bei höherer Temperatur und sublimiren bei vorsichtigem Erhitzen ohn
sich zu zersetzen.
Die wässerige Lösung von Arctuvin wird auf Zusatz von etwa
Ammoniak durch basisch «essigsaures Bleioxyd weiss gefällt, der Iße
derschlag färbt sich aber bald braun. Wird Eisenchlorid tropfenweift
zu der wässerigen Lösung gesetzt, so färbt sie sich zuerst blau, abe
bald grün und bläulich gelb.
Ammoniakgas färbt das Arctuvin bei Zutritt von Luft schwarz, in
dem sich unter Aufnahme von Stickstoff und Sauerstoff ein neue
Körper, das Arctuve'in, bildet, dessen Formel, nach Kawalier
^soKioNsOao ist. Dieser Körper ist bei 100<^ C. getrocknet nach den
Zerreiben ein graues Pulver; beim Befeuchten mit Wasser wird es wie
der schwarz.
Wird doppelt- chromsaures Kali zu in Wasser gelöstem Arctuvii
gesetzt, so findet sogleich eine Oxydation statt; der anfangs entstehend
braune Niederschlag löst sich beim Kochen mit überschüssigem sao
rem chromsauren Kali mit dunkelbraunrother Farbe; wird die erkaltet
Flüssigkeit filtrirt, so schlägt Salzsäure schwarzbraune Flocken eine
Chromoxydverbindung von nicht ganz constanter Zusammensetzung nie
der, für welche Kawalier die Formel 5Cr2 03 -|- 2C2oHi8 0t6 4
HO annimmt Fe.
Arcanum (Geheimmittel). Ein Name, der früher, in dei
Zeiten der Geheimnisskrämerei, vielen als Heilmittel benutzten un(
nicht selten auf ganz un zweckmässigem Wege bereiteten chemischei
Präparaten beigelegt wurde. So hatte man ein Arcanum coraüinm
(Quecksilberoxyd), Arcanum cosmeticum (Wismuthpräcipitat), Arcanut
Tartari (essigsaures Kali), Arcanum duplicatum (schwefelsaures Kai
wenn es bei der Salpetersäuredestillation gewonnen war); der letzter
Name nur ist noch gebräuchlich. p.
Archil, syn. für Orseille.
'") Kawalier gieM als gefunden an: Berechnet
^io 11^1 0^7 Gi^HjjOg
Kohlenstoff . . . 64,4 64,5 ' 66,4
Wasf^eratoff ... 5,6 6,4 6,4
Sauerstoff .... 80,0 30,0 29,2.
Arctostaphylos uva ursi. — Argentit. 195
Arctostaphylos uva ursi Spr. Die Blätter dieser
Pflanze, das sogenannte Herha uva ursi geben rait Wasser abgekocht
eine Flüssigkeit, welche^ aas^er etwas Gerbsäure, viel Gallussäure ent*
kilt, daher auch wohl zur Darstellung von Dinte verwendet ist. Ausser
diesen Säuren enthält die Abkochung der Blätter, nach Kawalier^),
Arbutin neben etwas Zucker, Erioolin und eine harzartige Substanz;
ausserdeni noch Wachs, Fett, Chlorophyll, Pflanzenfaser und einen
dem Emnlsin ähnlichen Körper, der die Fähigkeit hat eine Umsetzung
des Arbntins hervorzurufen. Aus der bei der Darstellung des Arbu-
tins (s. d.) erhaltenen Mutterlange wird beim Erwärmen mit Salz-
nore das Harz ausgeschieden ; es ist spröde , fast schwarz , nach dem
Zerreiben dankelbraun, und soll die Formel C4oHi7 0]5, vielleicht
^mBis^ic haben. Ausser diesen genannten Stoffen fand H. Tromms-
dorff ^ in den Blättern neben Arbutin noch eine andere krystallisir-
bare, durch Aether ausziehbare Substanz, das Urson (s. d.). Fe.
Arctuvein ) * i .
^ . > 8. Arbutin.
Arctuvin ) ^
Arekanüsse. Die Früchte der Arekapalme (Areka catechuL.)
enthalten hauptsächlich Gerbsäure (^CcUechü) und Gallussäure, dann
essigsaures Ammoniak, Fette, Oel, Gummi, stickstoft haltende Substan-
zen und einen rothen Farbestoff, das Arekaroth, welches braunroth
ut, ohne Geruch und Geschmack, unlöslich in kaltem Wasser und in
Aether, löslich in kochendem Wasser und in alkalischen Flüssigkeiten,
darch Säuren daraus fällbar; Salpetersäure damit gekocht giebt Oxal-
iinre (Morin*). Fe.
Arendalit s. Epidot
Arenilla (als Diminutiv von Arena^ Sand) soll als Bezeichnung
gebraocht werden für ein unreines Eupferchlorid, welches in Peru ge-
Boklen als Streusand benutzt wird.
Arethase nennt Laurent das von Bunsen beschriebene, nicht
oiher nntersachte Zersetzungsproduct von Chlorkakodyl mit alkoholi-
leher Kalilosung (s. Arsenmethjl).
Arfvedsonit s. Hornblende iste Aufl. Bd.in, S. 914.
Argensulfid s. Ammoniumrhodanür Bd. I, S. 747.
Argentan s. Neusilber.
Argentine ist ein mit Kiesel gemengter Schieferspath (s.
Kalkspath) von Southaropton und Williamsburgh in Massachusets
geoannt worden.
Argentit, syn. für Silberglanz.
*) Bericlite d. Wien. Akad. Bd. IX, S. 290; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd.
LUX, S. 356; Jonrn. f. prakt. Chem. Bd. LVIII, S. 193; Pharm. Centralbl. 1862,
& 761; Chem. Gaz. 1868, p. 61; Jahresber. v. Liebig a. Kopp 1862, S. 688.
*) Archiv d. Pharm. [2.] Bd. LXXX, S. 273; Pharm. Centralbl. 1856, S. 116.
^) Joum. de pharm. T. VUI, p. 449.
13*
196 Argillium. — Arlcm.
Argillium (von argilla^ Thon), s}Ti. mit Aluminiuni
Argyritis oder Silberglätte s. Bleioxyd.
Argyrolith ^). unter diesem Namen sind in Frankreich G<
genstände in den Handel gebracht, welche, nach Junot und Barse*
Angaben, mit metallischem Wolfram überzogen sein sollten, die bei gl
nauer chemischer Untersuchung sich aber nur schwach versilbert zei^
ten, wie Baiard in eitieni ausführlichen Bericht der Pariser Akademi
mittheilte. Fe.
Aricin, Cusconin, Cusco - Cinchonin, Ginchovatin
Chinovatin, Quinovin. Eine der in den Chinarinden vorkommer
den PAanzenbasen. Die Formel dieses China -Alkaloids ist, nach Pel
letier 2), C20H12NO3, darnach unterschiede es sich vom Chini
(C2oHi2^C)2) nur durch den grösseren Sauerstoffgehalt; Nfanzini'
berechnete aus seinen Resultaten für das Chinovatin die Formi
( 46 1^37 ^3 ^8 ') ^^^^ Gerhardt nimmt, weil hier nach seinen Ansichte
die Anzahl der Wasserstoff äquivalente eine gerade Zahl sein musi
die Formel C4eH26N2 08; darnach wäre das Aricin isomer mit dem i
seinen Eigenschaften so verschiedenen Brucin. Die Formel von Pelle
tier und die von Gerhardt differiren hauptsächlich im Stickstof
gehalt, durch dessen genauere Bestimmung man die Richtigkeit de
einen oder der anderen Formel bestimmen muss, die bis jetzt vorlii
genden Resultate geben nachstehende Zahlen:
Stickstoff in 100 Theilen Aricin
berechnet: gefunden:
Pelletier Gerhardt Pelletier Manzini
8,2 7,1 8,0 7,2 bis 7,6.
Die Base ward zuerst von Pelletier und Corriol (1828) dai
gestellt aus einer sogenannten falschen Calisayarinde, einer Aricf
oder Cusco -Chinarinde, von unbekannter Abstammung, die aus dei
Hafen Arica in der peruanischen Provinz Arequipa nach Europa g(
bracht ward^ weshalb die Base zuerst den Namen Aricin erhielt. Lc
verköhn^), der die Base fast zu gleicher Zeit in der Cusco-China fan<
nannte sie Cusconin. 1842 stellte Manzini aus der hellen Jaei
oder Tenchina das Chinovatin dar, von dem Wink 1er*) alsbal
(1843) nachwies, dass es mit dem Aricin identisch sei.
Zur Darstellung des Aricins aus der Cusco- oder Tenchina b<
folgt man genau ein gleiches Verfahren, wie bei der Gewinnung vo
Chinin aus der braunen Chinarinde; man zieht die Rinde mit Alkoh(
aus, setzt dann Kalkbrei bis zur Entfärbung zu, und verdampft, wob<
unreines Aricin krystallisirt, das durch Waschen mit Aether von ein€
fettartigen Substanz befreit werden muss. Besser kocht man die gepu
0 Compt. rend. de l'acad. T. XLI, p. 1069; T. LXII, p. 241. — «) Jouni. c
pharm. T. XV, p. 675; Annal. de chim. et pJiy«. [2.] T. LI, p. 185; Berzeliui
Jahresber. Bd. XIII, S. 266. — ■) Joiirn. de pharm. 13.] T. II, p. 96; Annal. c
chim. et phys. [8.] T. VI, p. 127. Berzeliu«' Jahreeber, Bd. XXIII, S. 871. -
*) Buchn. Repertor. Bd. XXXIII, S. 853. — *) Buchn. Repert. [2.] Bd. XXX
S. 294; Bd. XLII, S. 25 u. 281; [8.1 Bd. I. S. 11; Berielins' Jahresber. B
XXIV, S. 408.
Aricin. 197
rdfte Bixide wiederholt mit angesäuertem Wasser aus, fällt die Ab-
kochung mit Kalkbrei, und zieht den Niederschlag mit starkem kochen-
den Alkohol aus; aus der siedend filtrirten weingeistigen Flüssigkeit
«beidet sich beim Stehen, vollständig beim Abdampfen stark gefärbtes
Aricin ans; es wird in wenig überschüssiger Salzsäure gelöst, und dann
■it Ammoniak gefällt, nachdem zuerst durch Zusatz einer concentrir-
ten Kochsalzlösung die Farbstoffe abgeschieden sind. Der Nieder-
tehlag giebt dann beim liosen in Alkohol und Behandeln mit Thier-
kohle reine« Aricin.
Winkle r reinigt das unreine Alkaloid von einem gelben hart-
lÄckig anhängenden Harz dadurch, dass er aus der Lösung desselben in
Cssigsänre mit basisch -essigsaurem Blei und Zusatz von etwas Thier-
kohle die Farbstoffe fällt, und aus dem farblosen Filtrat mit Ammo-
niak das Aricin niederschlägt, das dann durch Umkrystallisiren gerei-
aigt wird.
Das Aricin bildet lange weisse glänzende durchscheinende Na-
deln, es ist geruchlos, wegen seiner geringen Löslichkeit scheint es im
Aniang geschmacklos, allmälig zeigt es aber einen bitteren Geschmack,
der zugleich etwas herb und brennend ist ; es ist fast unlöslich in Was-
ser, löst sich ziemlich leicht in Aether und sehr leicht in siedendem
Alkohol. Die grössere Länge der Krystalle, die leichtere Löslichkeit
ia Alkohol und besonders in Aether, unterscheiden das Aricin von dem
iiudichen Cinchonin. Fs löst sich auch etwas in flüssigem Ammoniak,
ans welcher Lösung es beim Verdampfen krystallisirt Das Aricin ent-
hält kein Krjstallwasser, bei 185^ bis 190^0. schmilzt es, ohne sein
Gewicht zu vermindern, zu einer bräunlichen, nach dem Erkalten amor-
phen-Masse. Bei höherer Temperatur wird es vollständig zersetzt, un-
ter Bildung höchst übelriechender gasförmiger Producte.
Sehr charakteristisch ist das Verhalten des Aricins gegen concen-
trirte oder nicht zu verdünnte Salpetersäure, worin es sich mit grüner,
nach der Concentration der Säure mehr oder weniger dunkeler Farbe
l^t; ganz verdünnte Salpetersäure zeigt diese Einwirkung nicht. Diese
Beaction unterscheidet das Aricin bestimmt von Chinin und Cinchonin,
die mit Salpetersäure keine gefärbte Lösung geben.
Das Aricin ist eine schwache Base, die weingeistige Lösung soll
TeOchensyrap grün färben, and rothe Lackmustinctur röthen; es ver-
bindet sich direct mit den Säuren zu Salzen, welche leicht krjstallisir-
bsr and von bitterem Geschmack sind, und sich leicht in Wasser und
Alkohol^ aber nicht in Aether lösen. Die Salze werden durch Jod-
küiuin, durch Goldchlorid, Platinohlorid und andere Metallchloride ge-
fallt. Aus den gelösten Salzen fällt Ammoniak das Aricin in Flocken,
die aber nach mehrtägigem Stehen in der Flüssigkeit krystallinisch
werden ; überschüssiges Ammoniak löst einen Theil des Niederschlages
wieder auf.
Chlorwasserstoff- Aricin, C46li36^9 08 . MGI, bildet sich
Icieht beim Auflösen von Aricin in Weingeist mit Zusatz von etwas
Salzsäure, and krystallisirt beim Erkalten der siedenden Lösung. Das
Salz enthalt Krystallwasser, das schon beim Trocknen im Vacuum ent-
weicht.
Da8Platindoppelsalz,C46ll96^3 08.H€l-|-Pt6l3, wird aus der
Lösung des Chlorwasserstoff- Aricins auf Zusatz von Platinchlorid als ein
eitrongelber Niederschlag abgeschieden ; es ist wenig löslich in Wasser,
198 Aridium.
löst sich viel leichter in Alkohol, und wird durch Verdampfen dessel-
ben in krystallinischen Blättchen erhalten.
Bei der Einwirkung von trockenem Salzsäuregas aufAricin, erhitsi
sich die Masse, wodurch ein Theil der Base zersetzt wird.
Jodwasserstoff-Aricin, C4eIl2eN2 08 . HI« wird durch Auf-
lösen von Aricin in etwas überschüssiger, sehr verdünnter Lösung von
Jodwasserstoff in der Wärme erhalten ; beim Erkalten krystallisirt daj
Salz in citrongelben wasserfreien Nadeln, die sich wenig in Wasser,
leichter in heissem Weingeist lösen, und bei 250^0. schmelzen, abei
dabei sich zugleich zersetzen.
Schwefelsaures Aricin bildet sich direct beim Zusammen'
bringen von Säure und Base; bei Anwendung von nicht zu viel Sämn
wird ein neutrales Salz erhalten, welches in heissem Wasser lösUcI
ist, beim Erkalten dieser Lösung bilden sich aber nicht wieder Krystalle
sondern die Flüssigkeit erstarrt zu einer weisslichen Gallerte, die allmä
lig zu einer durchscheinenden hornartigen Masse eintrocknet, welch«
in kochendem Wasser wieder zu einer Gallerte aufquillt Aas der Lö
sung in Alkohol soll das Salz krystaliiesirt erhalten werden können.
Saures Salz, C46H26N2O8, HO.SO3 +H0.S08 nach Man
zini, soll beim Auflösen der Base in etwas überschüssiger Säure er
halten werden; es krystallisirt in platten glänzenden Nadeln, welch<
kein Krystallwasser enthalten. Es bildet mit Wasser keine Gallerte
Weder das Aricin noch die Aricinsalze haben bis jetzt An wen
dnng als Arzneimittel gefunden, noch sind Versuche über ihre medi
cLnische Wirksamkeit angestellt. Fe.
Aridium, CAqT\g^ Mars, und eiSog^ die Beschaffenheit) nannt
Ullgren ein wie er glaubte -eigenthümliches Metall, welches er an
dem Chrom eisenstein von Röras und einigen anderen Eisenerzen ab
scheiden konnte. Er stellte es dar, indem er die Lösung der Erze ii
Salzsäure, nach Abscheidung der Kieselsäure, mit Schwefel wasserstol
behandelte, das Filtrat mittelst Chlor oxydirte und mit kauätischeo
Kali ausfällte, den Niederschlag mit chlorsaurem Kali schmolz un<
den im Wasser unlöslichen Theil in Salzsäure löste, und nochmals mi
Aetzkali fällte. Die Lösung des Niederschlags in Salzsäure mit essig
saurem Natron versetzt und gekocht, giebt einen hellrothen pulverföi
migen Niederschlag, der nochmals in Salzsäure gelöst und dann mi
Ammoniak gefällt wird; der so erhaltene schwarzbraune Niederschla]
von Aridium haltendem Eisenoxyd in Salpetersäure wieder gelöst um
mit der nöthigen Menge Schwefelsäure behandelt, giebt eine weiss
krystallinische Masse, welche in starkem Alkohol gelöst und dann mi
viel Aether versetzt wird; aus der von dem braunen öligen Niederschla]
abgegossenen ätherischen Lösung krystallisirt beim längeren Stehe:
schwefelsaures Aridiumoxyd in kleinen warzenförmigen Kry stallen.
Wird der schwarzbraune, durch Ammoniak entstandene Niederschla]
von Aridium haltendem Eisenoxyd in Wasserstoff reducirt, so löst vei
dünnte Salpetersäure aus dem Bückstande das Eisen und es bleibt eii
schwarzer magnetischer Rückstand, der sich in Salzsäure ohne Gasen!
Wickelung löst und der, nach Ullgren, ein niedriges Oxyd von Aridiuc
*) Ofversigt af Vetensk. Ak. Förhandl. 1850, S. 66; Pharm. Centralbl. 1»5(
S. 417; Jahrb. v Liebig u. Kopp 1860, S. 82?.
i
Aristolochia clematitis. — Aristolochia serpentaria. 199
iit. MH Cyankaliam im Eohlentiegel bei starker Hitze behandelt, bil-
det es eine eisengrane zusanmiengesinterte, nur theilweise geschmolzene
Masse. Von den Reactionen des neuen Metalls hebt Ullgren hervor, dass
die Lösung de» Oxjds in Salzsäure beim Abdampfen einen amorphen citron-
gelben Rückstand, und dass dessen Lösung auf Zusatz von essigsaurem
Natron beim Erhitzen einen braun violetten Niederschlag gebe. Bahr^),
derTersuchte, das neue Metall aus dem Chrom eisenstein von Rör&s dar-
netellen, erhielt nur Eisen, welches etwas Phosphor, und wahrscheinlich
loch Chrom enthielt, wornach das vermeintlich neue Metall also unrei-
nes Eisen ist. Fe.
Aristolochia clematitis L. Die Wurzel dieser Pflanze,
dit Badix aristolochiae long, vulgär, war früher als ein wirksames Heil-
mittel im Gebrauch, und zeichnet sich durch einen scharfen bitteren
G«schmack aus. Sie ist wiederholt untersucht, aber die Ergebnisse
der früheren wie der späteren Untersuchungen haben jedenfalls einen
ieb geringen Werth. Die neuesten auch ganz unvollständigen Unter-
aichimgen der Wurzel sind von Winckler*), von Frickinger 3) »
ond Ton Walz^); die Resultate sind unbedeutend.
Bei der Destillation der Wurzel mit Wasser geht mit dem Was-
ur ein goldgelbes ätherisches Oel von 0,903 specif. Gewicht über,
etwa 0,004 der Wurzel, welchem nach wenig übereinstimmenden Ana-
Ijien Walz die Formel CnftgOg giebt.
Neben dem Oel geht eine in Wasser lösliche flüchtige Säure über,
deren Eigenthumlichkeit nicht erwiesen ist, der Walz aber einstwei-
ieo den Namen Aristolochinsäure giebt. Das Barytsalz dieser
Sure soll der Zusammensetzung nach sein = 2 Ba O . Cg H5 O9 (?),
imd das Bleisalz soll nach dem Trocknen ein Gemenge von essigsau-
Rm and ameisensaurem Salz sein (?).
Aus dem wässerigen Auszug der Wurzel stellte Walz einen dem
Aristolochin (s. d. Art.) von Chevallier sehr ähnlichen, jedenfalls
mreinen Körper dar, den er Clematidin nennt.
Frickinger giebt an, dass er neben einem bitteren nicht kry-
stallisirbaren Körper einen gelben krystallisirbaren Körper erhal-
ttD habe, den er Aristolochiengelb nennt; ob nun der Bitterstoff
oder der krystallisirte Farbstoff mit dem Aristolochin von Cheval-
lier, oder Clematidin von Walz identisch ist, lässt sich nach den vor-
liegenden Thatsachen nicht erkennen.
Femer enthält die Wurzel ein in Acther und ein in Alkohol
lo^cbes Harz.
Die Aschenbestandt heile der Wurzel sind : Kali 1 0,3 ; Natron
M; Chlomatiium 8,6; Kalk 9,1; Magnesia 3,0; Phosphorsäure 14,2;
SebwefeUäure 1,4 ; ELsenoxyd 3,1 ; Kieselsäure 4,5 ; Sand, Kohle und
KohleDsänre 43,5 (Walz).
Aristolochia serpentaria. Die Wurzel, welche früher
eben grossen Ruf als Heilmittel hatte, ist jetzt fast obsolet. Sie ist
^^r von Buchholz, später von Chevallier untersucht, die Unter-
0 Ofrenigt af Vetensk. Ak. Förhandl. 1852, S. 161; Pharm. Centrabl. 1858,
J. 400; Jahrb. v. Liebig u. Kopp; 1868, 8. 371. — «) Jahrb. f. prakt. Pharm.
H XIX; S. 71. — ») Bttchn. Repertor [3.] Bd. VU, S. 1. — *) Jahrb. f. prakt.
™^ Bd. XXIV, S. 66, n. Bd. XXVI, 8. 65.
200 Aristolochiengelb. — Arki.
suchuDg ist nicht vollständiger als die der ÄriatoL clemoL Cheval
lier glaubt, dass der wirksame ßestandtheil der Wurzel der von ihn
als Aristolochin bezeichnete Körper sei. Ausserdem enthält die Wui
zel auch ätherisches Oel, Harze, Gummi u. s. w. wie die B€uii
aristoloch, long, vulgär, Fe.
Aristolochiengelb ) a • x i i_- i ^-x-
, , > s. Anstolochia clematitis
Anstolochinsäure )
Aristolochin nennt Chevallieri) eine Substanz, welche e
aus der Wurzel von Aristolochia serpentaria^ wenn auch unrein, dai
stellte, und die er für dep wirksamen Bestandtheil dieser früher al
sehr heilkräftig geschätzten, jetzt fast obsoleten Wurzel hält. Zur AI:
Scheidung dieses Körpers wurde die wässerige Abkochung der Wur»
mit Bleizuckerlöäung ausgefällt, und der gewaschene und getrocknet
Niederschlag mit heissem Alkohol ausgezogen; das abgedampfte alko
holische Extract giebt, mit Wasser behandelt, eine goldgelbe wässerig
Lösung, die gerade das Aristolochin enthalten soll, während. ein frem
des Harz zurückbleibt.
Der so erhaltene unreine Körper, der Aristolochin genannt isl
schmeckt sehr bitter und bewirkt ein reizendes Gefühl im Schlünde
löst sich in Wasser und Alkohol mit goldgelber Farbe; seine Ldsmi;
wird durch Zusatz von Alkalien gebräunt; sie wird von Bleiessig gc
fällt, aber nicht von Bleizucker (?), von Quecksilberchlorid, Silbersab
Kupfervitriol und Eisenvitriol.
Walz^) hat nun später aus der Wurzel der Aristolochia Clenuxt
Üs L. nach ganz ähnlichem Verfahren wie Ghevallier eine amorph
jSubstanz dargestellt, indem er den mit Wasser und ganz wenig Amme
niak bereiteten Auszug der Wurzeln mit Bleizucker fällt, den aosgc
waschenen Niederschlag mit Weingeist und Schwefelsäure zersetzt, un
dann den Ueberschuss an Säure durch Baryt fortnimmt, den Rücft
stand eindampft, mit Aether das Harz auszieht und den Bückstand i
Wasser löst. Er erhält so eine bittere aloeartig schmeckende goldgelb
Substanz, welche sich in 200 Thln. kaltem, und 50 Thln. heissem Wasse
löst, in Alkohol leichtlöslich, in Aether unlöslich ist. Salze machen es i
Wasser löslich, Alkalien färben die Lösung bräunlich. Bleizucker, Blei
essig fällen die wässerige Lösung; andere Salze, Silbersalz, Kupfei
salz, Eisenchlorid, Quecksilberchlorid geben zuerst nur eine Färbun<
nach einiger Zeit einen mehr oder weniger starken Niederschla|
Walz nennt diesen Körper Glematidin und giebt ihm die Forme
C9 H5 Oß ;' unzweifelhaft hat er ebensowohl wie Ghevallier eine un
reine Substanz gehabt, und beide sind wohl im Wesentlichen iden
tisch. Fe,
Ar kamt, syn. für das natürlich vorkommende schwefelsaur
Kali (nach dessen altem Namen Ärcanum dupUoahm)^ von Haus ra am
Glaserit genannt.
Arkansit, sjm. Brookit
Arki s. Area.
») Jonrn. de pharm. T. V, p. 666. — ■) Jahrb. f. prakt. Pharm. Bd. XXIV
S. 66, u. Bd. XXVI, S. 66.
Arkose. — Aniicin. 201
Arko8e,.ein Feldspathsandstein, von oft porphyrartiger Structur,
der bei Poivin in den Vogesen sich findet, und der, nach Delesse i),
durch Aufnahme der Bestandtheile von Feldspath und Hyalith auf nas-
sem Wege metamorphosirt ist, und nach oben allmälig in den Vogesen-
sandsteio, nach unten in Granit Übergeht. Fe,
Arktizit s. Wernerit.
Armenischer Stein {Lapis Armenius. — - Pierre ctÄrmenie. —
Armefäte) wurde ehemals ein Gemenge aus erdiger Eupferlasur und
Kalkstein, zuweilen mit Kupfer- oder Eisenkies, oder ein durch Kupfer-
lasor blangefärbter Quarz genannt.
Arnaentum album, veralteter Name fiir Bleiweiss.
AmiCin. Die Blumen der Ämica montana sind wiederholt un-
tersucht, und verschiedene Chemiker haben meist noch unreine und
verschiedenartige Substanzen, die sie daraus darstellten, ah Arnicin be-
nannt; ob die Blumen einen basischen Körper überhaupt enthalten, ob
wirklich ein Arnicin existirt, ist aber durchaus noch problematisch.
Aeltere Untersuchungen Über die Blumen und Wurzeln der Ar-
nica von Weber *), von Pfaff *) und von Weissenburger *) haben
keine hier erwähnenswerthen Resultate geliefert. Chevallier und
Lassaigne^) zogen das wässerige Extract der Blumen mit Alkohol
ans, lösten den beim Abdampfen bleibenden Bückstand mit neutralem
easigaauren Blei, und dampften das Filtrat ab; der unreine braune
amorphe Rückstand ist von ihnen Arnicin genannt; er schmeckt bitter,
scharf und ekelerregend, er ist in Wasser und Alkohol löslich, und die
Losung wird durch Galläpfeltinctur sowie durch basisch-essigsaures
Bleioxyd, aber nicht durch andere Metallsalze gefällt. Ob diese Sub-
stanz aus den Amicablumen, wie Chevallier und Lassaigne anneh-
men, mit dem sogenannten Cytisin (aus Cytisus labumum) oder mit
dem Cathartifi der Sennesblätter identisch sei, lässt sich bei so unrei-
nen Substanzen nicht entscheiden.
Spater will dann Lebourdais ^) ein Arnicin dargestellt haben,
indem er einen concentrirten Aufguss der Blumen durch Thierkohle
Sltnrte, und die gewaschene und getrocknete Kohle mit Alkohol aus-
kochte. Beim Verdampfen der Flüssigkeit bleibt dann eine terpentin-
artige Substanz, welche sehr bitter schmeckt, in Wasser sehr wenig,
in Alkohol dagegen sehr leicht löslich und vollkommen neutral ist.
Die Lo.^iug wird durch neutrales essigsaures Bleioxyd gefällt, daher
dessen Anwendung bei der Darstellung des Arnicins nicht statthaft ist.
Endlich giebt Bas tick ^) an, auch aus den Blüthen der Ämica
wumtana ein Arnicin dargestellt zu haben, von schwach bitterem Ge-
schmack und den Geruch von Biebergeil, welches stark alkalisch rea-
giren und nicht flüchtig sein soll; seine Verbindung mit Chlorwasser-
stoff soll in sternförmig gruppirten Nadeln krystallisiren.
Man sieht, die Angaben sind zum Theil sich widersprechend und
') Arch. des 9c. phys. et oat. de Gen^ve. T. VII, p. 177. — ") Tromms-
iorff» Joiini. XVIII, Uft. 2. S. 163. — ^ Syst. der Mat. med. Bd. III, & 209.
— 0 Geiger's Hagaz. Bd. XXXIV, S. 178. — *) Journ. de pharm. T. V,
p^ I4g. — «) Annales de chim. et phys. [8.] T. XXIV, p. 68. — ') Pharm. Journ.
tnns. VoL Xj p. 886.
202 Aroina. — Arragonit.
sehr unvollständig, so dass es noch dahin gestellt bleiben mufw, ob die
Amica montana wirklich eine organische Base enthält; bis jetzt ist we-
nigstens mit Sicherheit nichts von einem Arnicin bekannt. Fe.
Aroma (Gewürz) nennt man im Allgemeinen die Ursache des an-
genehmen Geruchs, besonders von pflanzlichen Substanzen. In der Regel
sind es ätherische Oele, zuweilen Aetherarten oder verwandte Stoffe, die
das Arom einer zusammengesetzteren Substanz ausmachen. P.
Aroph, ein Name, der aus den ersten Buchstaben der Worte
Aro(ma) und ph(ilo8phorum) durch Zusammenziehung gebildet sein soll,
diente bei den Alchemisten als Bezeichnung für verschiedene Flüssigkei-
ten; ArophHelmontii ward eine mit Eanariensect bereitete Safrantinc-
tur genannt; ArophParacelsi eine auf sehr umständliche Weise darge-
stellte Lösung von Eisensalmiak (Ammonium-Eisenchlorid). (P.) Fe.
Arqucrit. £iu nach dem Fundort, Arqueros in der Provinz
Coquimbo in Chili, so benanntes Silberamalgam, nach Domejko von
der Formel Ag^; Hg, welches dort in glänzenden regelmässigen Octaedem
vorkommt, oder in derben matten Massen; es i^t silberweiss, lässt sich
mit dem Messer schneiden, sein specif. Gewicht = 10,8 (s.Bd. I, S. 650).
Arragonit, Aragonit, Rhombischer kohlensaurer
Kalk, Prismatisches Kalkhaloid von Mohs, Arragon^ Arra^
gonite^ Arragon spjar. Dieses Mineral, nach dem Vorkommen in
Arragonien benannt, findet sich theils in Erystallen als Arragonit-
spath, theils in krystallinischen Massen faserig oder strahlig, als
faseriger oder strahliger Arragonit, oder als Absatz heisser Quellen im
Sprudelstein oder Sinter derselben. Er hat eine Härte von 3,5 bis 4,0;
sein specif. Gewicht ist im gepulverten Zustande 2,92 bis 3,0; grossere
Stücke zeigen oft ein geringeres Gewicht bis 2,77.
Der Arragonitspath (Igloit) findet sich in Krystallen, deren
Grundform eine gerade rhombische Säule (ein- und zweiaxig) ist, mit
Winkeln von 11 6^ 16' und 63^ 44'; fast immer finden sich Zwillinge
oder spiessige nadeiförmige Krystalle, oder krystallinische Massen mit
stängliger Absonderung. Die Arragonitkrystalle sind selten farblos,
meistens mannigfach gefärbt: gelblich, grünlich, röthlich, braun, grau
u. s. w. ; sie haben Glasglanz , auf glühendem Eisenblech zeigt sich
das Pulver phosphorescirend. Der Arragonit findet sich an vielen
Orten, besonders auf Klüften und in Blasenräumen neuerer vulkanischer
Gesteine, besonders des Basalts: in Böhmen, Ungarn, Schottland, den
FarÖern u. s. w. ; im Dolerit am Kaiserstuhl im Breisgau; im Gneiss
und Syenit bei Dresden und in Nordamerika; in der Lava des Aetna
und Vesuvs; im Thon und Gyps in Arragonien; im Muschelkalk in
Württemberg; in Mergel ablagerungen in Böhmen u. s. w.
Strahliger Arragonit sind derbe Massen mit strahligem oder
feinstängligem Gefüge; er findet sich besonders am Kaiserstuhl im
Breisgau, bei Gergovia in der Auvergne, in Schottland u. s. w.
Faseriger Arragonit oder Eisenblüthe kommt theils in
kugelförmigen oder nierenförmigen, oder in stalaktitischen Massen mit
faserigem oder blätterigem Gefüge vor ; er zeigt Perlmutterglanz, findet
sich auf Eisenlagerstätten in Kärnthen und Steyermark, Ungarn, Sieben-
bürgen.
Arragonit. ^ 203
Der Sprudelstein, der Absatz heisser Quellen, enthält neben
Arragonit öfter auch Kalkspath ; er bildet faserige Massen, und findet sich
als Absatz des Sprudels in Carlsbad (Temperatur 71® C.)? der heissen
Quelle auf Thermia (56<> C), der grossen Quelle (76® C.) auf Euboea
zu Aedepsos in den Bädern des Herakles, und des dortigen Sprudels
(84* C), der besonders schöne Sprudelsteine liefert.
Die Bergmilch (Montmilch, Chaux carbonate pulver,^ Rock- milk)
igt nach H. Rose Arragonit geroengt mit Kreide ; unter dem Mikroskop
erkennt man neben den Krystallen des Arragonits die Kügelchen der
Kreide; sie findet sich in dicken schwamm artigen, kugel- oder nieren-
formigeo Massen oder als Anfiug, in Höhlungen von Kalksteinen in
Württemberg, der Schweiz, Böhmen etc. Ihr specif. Gewicht ist 2,72
bis 2,82. Sie enthält Spuren organischer Theile und hinterlässt nach
dem Glühen bei Abschluss der Luft etwas Kohle.
Der Schaumkalk, bisher zum Kalkspath gerechnet, ist nach
6. Rose Arragonit als Pseudomorphose nach Gyps. Er findet sich
theils in Formen des Gypses, theils als krystallinische oder blättrige
weisse oder gelblich - weisse Masse ; die Krystalle zeigen auf den Spal-
tongsflächen starken Perlmutterglanz; mit Wasser ausgekocht, hat er
ein specif. Gewicht von 2,98. Bei Hettstädt und Sangerhausen im
liannsfeldischen, bei Wiederstädt in Thüringen u. a. m.
Alm oder Alben ist ein der BergmilcK ähnliches Mineral, welches
sich in grosser Ausdehnung im südlichen Bayern findet, wo es allgemein
die oft bis zu mehreren Fuss mächtige Unterlage der Wiesenmoore
bildet, so des Erdinger Moores n. a.
Auch die Osteocolla oder der Beinbruch stein ist ein mit
Sand und organischen Resten gemengter kohlensaurer Kalk, der sich
QBi vermodernde Wurzeln ansetzt und so die eigenthümlichen Formen
anoimrot; er findet sich in der Nähe von Berlin; sein specif. Gewicht
ist 2^82; unter dem Mikroskop sind die Formen des Arragonits neben
körnigen Massen zu erkennen.
Der Arragonit ist kohlensaurer Kalk, zum Theil reiner ; häufig, aber
nicht immer, enthält er geringe Mengen des isomorphen kohlensauren
Stronttans beigemengt, am meisten (bis gegen 4 Proc.) der von Mo-
iina; ausserdem enthält er auch wohl geringe Mengen Magnesia, Eisen-
oxydul u. s. w. Eine besondere Varietät des Arragonits, der Tarno-
witzit, nach dem Fundort Tarnowitz in Oberschlesien, enthält 3,86
Procent kohlensaures Bleioxyd, welches hier auch als vicarirender Be-
standtheil auftritt. Das Mineral zeigt daher im Wesentlichen die Eigen-
schaften des kohlensauren Kalks in Hinsicht auf das Verhalten beim
Glühen, wobei reiner Kalk erhalten wird, und gegen Säuren, worin
es sich unter Aufbrausen löst.
Der Arragonit ist daher den chemischen Bestandtheilen nach iden-
tbch mit dem krystallographisch und mineralogisch so wesentlich ver-
schiedenen Kalkspath ; der kohlensaure Kalk ist also dimorph und bietet
eines der am frühsten constatirten Beispiele von Dimorphismus (s. d. Art).
Ehe man sieh von der Thatsache überzeugt hatte, dass derselbe Körper
• m Formen, die zwei verschiedenen Krystallsystemen angehören, auf-
treten könne, glaubte man, dass die verschiedenen Formen allein von
verschiedenen Bestandtheilen bedingt seien, und da man in dem Arra-
gonit kohlensauren Strontian fand, so nahm man an, dass'^dieser, wenn
auch in geringerer Menge vorhanden, oft weniger als 1 Proc. betragend,
204 Arragonit.
doch hier die Krystallform bedinge; diese Annahme ist jetst schon des-
halb nicht mehr statthaft, weil man später Arragonite gefanden hat,
welche statt kohlensauren Strontian, andere kohlensaure Salze und
auch solche , die keine merkbaren Mengen fremder Substanzen ent-
halten. Wir nehmen jetzt, auf mannigfache Erfahrungen gestutzt, an,
dass der kohlensaure Kalk unter bestimmten Umstanden als Kalkspath,
unter bestimmten als Arragonit krystallisirt.
H. Rose^) hat den Arragonit am genauesten studirt; nach ihm hat
der kohlensaure Kalk im Arragonit bestimmte physikalische wie chemische
Eigenschaften, die ihn charakterisiren. Auch bei scheinbar amorphen
Mineralien lässt sich unter dem Mikroskop oft die rhombische Form
erkennen, entweder allein oder neben Kalkspath oder Kreide. Der
Arragonit zeigt zwei optische Axen, die im violetten Licht unter
20® 25', im rothen Licht unter 19® 44' 40" gegen einander nei-
gen (Rudberg); seine specißsche Wärme ist 0,1966 (geringer als die
des Kalkspaths). Seine Härte ist 8,5 — 4,0; er ritzt den Kalkspath,
wird von diesem aber nicht geritzt; sein specif. Gewicht ist, wenigstens
im gepulverten luftfreien Zustande, im Mittel 2,94 bis 2,95. Grössere
Arragonitkry stalle verknistern häufig beim Erhitzen, blähen sich dann
plötzlich auf uud zerfallen zu Pulver. Kleinere Arragonitstucke oder fa-
seriger Arragonit, werden oft nur trübe und mürbe. Das Yerknistem
soll von einer geringen Menge zwischen den KrystaQen mechanisch
eingeschlossenem Wasser herrühren; vielleicht ist es nur Folge der
Umwandlung des Arragonits in Kalkspath. Der Arragonit verwandelt
sich durch das Erhitzen nämlich in ein Aggregat von kleinen Kalkspath-
rhomboSdern, was die Volumsvermehrung (weil diese specifisch leichter
sind) und das Undurchsichtigwerden bedingt; unter dem Mikroskop
lässt sich die Umänderung häufig an den Bhomboedern, leichter, be-
sonders im polarisirten Licht, bei nicht zerfallenden Arragonitvarietäten
dadurch erkennen, dass die Krystalle vor dem Erhitzen nur eine Farbe,
oder doch in einander übergehende Farben zeigen, während sie nach
dem Erhitzen Aggregate nicht parallel gestellter Krystallindividuen sind,
und daher verschiedene scharf an einander abschneidende Farben zei-
gen. Der Arragonit hat nach dem Erhitzen das specif. (rewichi des
Kalkspaths. — So mögen die Pseudomorphosen von Kalkspath nach
Arragonit, wie sie zuweilen gefunden werden, durch Erhitzen des letzte-
ren Minerals gebildet sein; Mits eher lieh beobachtete einen Arragonit-
krystall vom Vesuv, der durch Einwirkung der glühenden Lava äusser-
lich in Kalkspath umgewandelt, im Inneren aber noch Arragonit war.
Der Arragonit soll sich in sehr verdünnter Säure langsamer als
Kalkspath lösen; nachdem die Säure einige Zeit eingewirkt hat, ist der
Rückstand also vorzugsweise Arragonit.
Wenn es auch unzweifelhaft ist, dass Arragonit unter anderen
Umständen krystallisirte als Kalkspath, so kennt man leider diese Um*
stände noch nicht mit Sicherheit. U. Rose hatte früher, auf ansführ-
liche Versuche gestützt, die Ansicht aufgestellt, dass das Kalkcarbonat
sich nur aus heissen Flüssigkeiten in rhombischen Formen, d. h. als Arra-
gonit abscheide. Nach ihm findet sich daher in dem Absatz heisser Quel-«
len der kohlensaure Kalk als Arragonit (s. o.); and wenn man in eine
*) Pogg. Annal. Bd, XLII, S. 863; Bd. XCVII, S. 161; Abhandl. d. Bert.
Akad«m. d. Wissensch. 1866, S. 1.
Arrak. — Arrow-root. 205
siedende Losung von kohlensaurem Ammoniak eine siedende Chlor-
calciumlösung giesst, so besteht der Niederschlag aus mikroskopischen
ArragonitkryatalleB, die aber, längere Zeit unter der kalten Flüssigkeit
stehend, zu KalkspathrhomboSdem werden. Nach Becqueren) bilden
sich beim Einwirken von gelöstem doppelt - kohlensauren Natron auf
Gjps, auch schon bei gleichbleibender mittlerer Temperatur, bei An-
wendung concentrirter Lösung rhombische Arragonitkrystalle, während
bei verdünnter Lösung rhomboedrische Krystalle von Kalkspath ent*
stehen. Nach G. Bischof sind umgekehrt nicht alle Arragonite als
aas heisren Quellen abgesetzt anzusehen. Es kann demnach nur als
feststehend betrachtet werden, dass manche Arragonite auf nassem
Wege bei höherer Temperatur entstanden sind, wie heutigen Tages
Boch immer sich solche bilden; ob andere Arragonite in anderer und in
welcher Weise entstanden sind, bleibt noch nachzuweisen. Fe,
Arrak (eigentlich AI Bak) heisst bei uns ein Branntwein von
feinem eigenthiimlichen Aroma, der seit alten Zeiten in China und
Indien meistedB aus Reu bereitet wird. In Ostindien scheint der Name
Oberhaupt Branntwein zu bezeichnen. Der Arrak wird noch jetzt zu
Goa auf der Küste Malabar, und zu Batavia auf Java in grosser Menge
dargestellt, entweder aus Reis mit oder ohne Zusatz von Palroensaft,
oder auch aus dem letzteren allein. Der Reis wird gemalzt, die daraus be-
reitete Meische in Gährung versetzt, und nachdem sie vergohren ist,
destillirt ; der beste Arrak wird aus dem Zuckersaft (Toddy) der Blü*
thenkolben von der Cocospalme, der Dattelpalme mit Zusatz von Zucker,
Reis und Palmbaumrinde gebrannt. Man unterscheidet einfachen, dop-
pelten und dreifachen Arrak, der doppelte kommt hauptsächlich nach
Eoropa. £r soll zuweilen mit der Schärfe gewisser Seethiere (Holo-
timrien) versetzt sein, um ihn stärker erscheinen zu machen. Die Ei-
geathümlichkeit des Arraks liegt in seinem Aroma, man hat vielfach
versucht dieses nachzubilden; es ist bis jetzt nicht bekannt, dass auf
kunstlichem Wege allein ein gutes Product erhalten ist, denn obgleich
wohl viel künstlicher Arrak verkauft wird, enthält er jedoch meistens
wenigstens ächten beigemengt. Fe.
Arrow-root^), Pfeil wurzelmehl. Unter diesem Namen kommt
aus Westindien, von den Südseeinseln und aus Ostindien in zinnernen Kap-
seln oder in Fässern und Büchsen ein Stärkmehl in den Handel, von wel-
chem die von Bermuda kommende Sorte die geschätzteste ist. Das west-
indische ist das Stärkmehl derMaranta arundinacea, der westindi-
schen Pfeilwurzel (daher der englische Name arrow root^ von arrow^ Pfeil,
and roott Wurzel) einer in Westindien heimischen Pflanze aus der Ordnung
der Marantaceaen. Das sogenannte TahitiArrow-root ist Amylum
ftos dem Wurzelstocke der Tacca pinnatifida, welches übrigens
dem gewöhnlichen Arrow-root sehr häufig und zwar in grossen Quan-
tiUten zugesetzt ist (Walpers). Das ostindische Arrow-root
soll dagegen von den Wurzelstöcken mehrerer Curcumaarten, nament-
») Compt. rend. T. XXIV, p. 29 et 673; Annal. d. Chem. u. Phann. Bd. LXXXIV,
& 201 n. 203.
*) Literatur: Walpers, Arch. d. Pharm. Bd. LXXI, S. 117. — Groves,
PbamL. Joom. Vol. XIII, p. 60. — May et, Journ. d. Pharm. [3] T. XI, p. 81.;
Pbarm. Centrabl. 1847, 8. 398. — Scharling, Chevallier Dictionn. d. falsificat.
T. r, p. 98. — Gaibonrt, Hist. d. drogaes T. 11, p. 866, 8 ddit.
206 Arrow-root
lieh Curcuma anguatit'olia, leacorrhiza und rabescens ge-
wonnen werden., während dag sogenannte Portiand Arrow-root von
Arum maculatum, und das braBilianische von Jatropha Ma-
nihot stammt, und von Guibourt unter dem Namen Mou<<8acha
oder Cipipa beschrieben wurde. Auch aus den Wurzelknollen der
Arracacha esculenta, den Yamswurzeln (Walpers) und ans
den Wurzelknollen einer in Chili vorkommenden noch nicht näher
bestimmten Alströmeria wird ein dem Arrow-root ähnliches 8täi^-
mehl in den Handel gebracht. In Bezug auf die Abstammung des
Arrow-root ist ferner noch zu erwähnen, dass das ostindische Arrow-
root auch den Namen Tikhurmehl führt. Walpers schliesst aus
seiner Untersuchung einer grossen Menge käuflicher Arrow-root- Sor-
ten, dass das Stärkmehl der Maranta arundinacea immer den Grund-
bestandtheil desselben ausmache, doch seien demselben häufig verschie-
dene andere Arten Stärkemehl, wie Kartoffelstärke, Maisstärke, Stärke
von Tacca pinnatißda (welch letzteres für sich als Tahiti Arrow-root
in den Handel kommt) und Tapioca beigemengt. Dagegen konnte
Walpers im käuflichen Arrow-root nie Stärke von Maranta indica und
Weizenstärke flnden.
Das westindische Arrow-root ist weiss, geruch- und geschmacklos,
und stellt entweder ein feines Pulver oder zusammengebackene weisse
Massen dnr. Unter dem Fingerdrucke giebt es ein eigenthümliches
knirschendes Geräusch von sich, und ist in kaltem Wasser löslich.
Beim Anbrühen mit kochendem Wasser giebt es einen vollkommen ge-
ruch- und geschmacklosen Kleister. Unter dem Mikroskop erscheinen
die Stärkemehlkörnchen der Maranta arundinacea denen der Kartoffel-
stärke sehr ähnlich, doch sind sie kleiner, gedrungener. Der excen-
trische Kern liegt mehr gegen die Mitte zu, die Schichtenbildung ist
undeutlicher (O'Shaugnessy), endlich besitzen die Marantakörn-
chen einen deutlich sichtbaren einfachen oder dreispaltigen Querriss,
welcher vom excentrischen Kern ausgeht (Walpers), ^der sich jedoch
nicht in den Stärkekörnchen der frischen Pflanze findet, und daher
durch das Austrocknen entstanden sein mag. Getrocknete Kartoffel-
stärke zeigt diesen Querriss nicht. Die Gewinnung des Arrow-root
ist die des Stärkmehls (s. d.) überhaupt, seine Anwendung die eines
erweichenden, demulcirenden Mittels für convalescente Kinder.
Die nach Chevallier vorkommenden Verfälschungen des Arrow-
root sind die mit Reis-, Weizen- und Hafermehl, mit Kartoffelstärke,
mit Cassava, mit Gyps und Kreide. Verfälschung mit Mclil giebt sich
durch die ammoniakalischen l'roducte bei der trockenen Destillation zu
erkennen, Kartoffelstärke durch die mikroskopische Gestalt der Stärke-
körnchen, durch die nur theilweise Löslichkeit eines so verfälschten
Arrow-root in kaltem Wasser, und durch das folgende von May et an-
gegebene Verfahren. Man löst 1 Tbl. Kali-Kalk in 3 Thln. Wasser,
mischt 5 Thle. dieser Lösung noch mit 6 Thln. Wasser, und rührt 1 Thl.
Stärke mit 22 Thln. dieser Mischung an. Kartoffelstärke giebt dabei
eine dicke Gallerte, welche opalisirend durchsichtig ist, und nach %
Minute fest wird. Arrow-root giebt ein ganz flüssiges Gemisch, wor-
aus sich leicht Stärke absetzt, und wobei die überstehende Flüssigkeit
klar bleibt. Weizenstärke giebt ein Gemisch, das nicht fest wird, opak
und milchig bleibt, aber keine Stärke absetzt. Auf diese Weise soll
sich, nach May et, noch Yiq Kartoffel- und Weizenstärke im Arrow-root
Arsa. — Arsen. 207
entdecken lassen. Nach Schariing entdeckt man die Kartoffelstärke,
aoeh wenn die Menge derselben nur 4 bis 6* Proc. beträgt , auf fol-
gende Weise: man reibt das Arrow-root mit einer Mischung aus glei-
chen Theilen Salzsäure und Wasser an. Bei Gegenwart von Kartoffel-
stärke bildet sich ein dicker steifer Mucilago. Gyps- und Kreidezusatz
werden durch Einäschern, so wie durch das Gewicht der Asche er-
kannt 1000 Gewichtstheile reines Arrow-root geben nicht mehr als
7 Thle. Asche, weniger wie ein Procent. G. — B,
Arsa nennen die Tataren einen aus gegohmer Stutenmilch er-
haltenen und rectificirten Branntwein. Sie lassen die Milch dazu in
Schläuchen von ungegerbten Häuten sauer werden, und unterwerfen
dann die saure Milch (tatarisch Kunfis oder Kumys; kalmückisch Tschi-
gan), nachdem ?ie geschüttelt ist, bis sich ein dicker Rahm an der Ober-
fläche abgeschieden hat, der Destillation; hierzu dient ein sehr roher
und unreiner Apparat, der aus einem eisernen Topf mit hölzernem
Deckel und hölzernen gebogenen Ableitungsröhren besteht, und dessen
Fugen mit Lehm und Mist verstrichen werden. Der so erhaltene
schwache Branntwein heisst Araca, nochmals rectificirt, giebt es end-
lich den Arsa. Die saure gegohme Milch, der Kumis, soll ein ange-
nehmes Getränk sein, dagegen schmeckt der Arsa höchst unangenehm
and ranzig.
Aus Kuhmilch lässt sich durch Gährung eine ähnliche Flüssigkeit
wie ans Stutenmilch darstellen, welche durch Destillation einen Milch-
Branntwein giebt, den die Kalmücken Airak nennen; Pallas nennt
ihn Arki.
Die Bildung von Branntwein erfolgt hier durch Gährung des
Milchzuckers« an dem die Stutenmilch reicher ist als die Kuhmilch
(wgL Iste Aufl. Bd. in, S. 222 u. Bd, V, S. 296). (p.) Fe,
Arsarat nennen die Perser eine schlechte Sorte Schellack
(Göbel).
Arsen, Arsenik, Scherbenkobalt, Fliegengift, Näpf-
chen co halt, Ar^enicum^ CobaUum derOfticinen, Cobaltum cryataUisaium^
Rtgubuaraenici^ agöevixov desDioscorides. (Mit öavSagcixtl scheint
Aristoteles und mit a^^svcxov Theophrastus die Verbindung von
Anen mit Schwefel, das Äurum pigmentum bezeichnet zu haben.) Sein Zei-
chen = As; das Aequivalentgewicht 75,0 (oder 937,5) ; das einfache Atom
iit Dach Berzel ins halb so gross, also= 37,5 (oder 468,7) (Pelouze^).
Das Arsen gleicht in seinen physikalischen Eigenschaften völlig
^ Metallen , aber seine Verbindungen, welche eine grosse Analogie
nit den Verbindungen des Phosphors zeigen, sind Veranlassung gewe-
v^en, dass man jetzt es allgemein zu den Metalloiden zählt. Es
wde 1694 von Schröder zuerst aus arseniger Säure dargestellt.
Brand (1733) untersuchte seine chemische Natur. Weitere Un-
^crsachungen über das Arsen stellten ferner an, Macqner (1746),
Mamet (1773) und Bergmann. Scheele entdeckte 1775 die Arsen-
äore und das Arsenwasserstoffgas , H. Davy das Wasserstoffarsen,
Berzelius untersuchte die stöchiometrischen Verhältnisse des Arsens
ond seine Schwefelverbindungen.
^ Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LVI, S. 205.
208 Arsen.
Früher hielt man das Vorkominen des Arsens für ciemlich be-
schränkt, obw^ohl es nicht selten, namentlich aU Arsenkies, gefanden
wurde; jetzt weiss man jedoch, dass es su den verbreitetsten Körpern za
zählen ist. Es findet sich gediegen, nnd zwar nierenförmig, tranbig mit
krummsciialiger oder körniger Absonderung, in undurchsichtigen ange-
laufenen Massen, in welcher Form es den Namen Scherbenkobalt
führt Wie der Schwefel die Metalle vererzt, so auch das Arsen, da*
mit Arsenmetalle bildend. So fmden sich Arsenmangan , Arseneisen,
Speiskobalt, Knpfernickel u. a. Diese Arsenmetalle finden sich ferner noch
in Verbindung mit Schwefelmetallen, so im Arsenkies (Fe As -|- Fe S^)
dem für die Gewinnung des Arsens wichtigen Mineral. Ferner sind noch
zu erwähnen einige Schwefelverbindungen des Arsens, das Rauschgelb
oder Operment, der Realgar oder Sandarach. Salze der Arsensäuren finden
sich häufig da, wo arsenhaltige Erze brechen. Kleine Mengen von Arsen
finden sich sehr allgemein in vielen Metallerzen und den daraus dargestell-
ten Producten. Man hat gefunden, dass die wenigsten Schwefelsorten
ganz frei davon sind, dass bei weitem die meisten Schwefelkiese gar
nicht unbeträchtliche Mengen davon enthalten, woher es kam, dass, so-
bald man anfing, die Schwefelsäure an vielen Orten durch Verbrennung
von Schwefelkiesen zu bereiten, Arsen nicht allein in dieser, sondern
auch in einer Menge pharmaceutischer Präparate gefunden wurde.
Descharaps fand es in sonst reiner Essigsäure, Chevallier in ver-
schiedenen Proben Speiseessig, die zur Verstärkung des Weinessigs
mit gereinigter Holzessigsäure versetzt worden waren. Wöhler*) fand
in Phosphor bis zu ^^ Procent Arsen, was ofieubar auch aus der Schwe-
felsäure herrühren musste. Die Nachtheile dieser Verunreinigung der
Schwefelsäure haben veranlasst, dass sie jetzt häufig davon befreit
in den Handel gebracht wird. Auch Salzsäure ist sehr häufig stark
arsenhaltig, von der rohen Schwefelsäure herrührend. Später machte
Walchner^) darauf aufmerksam, dass sehr viele Gusseisensorten geringe
Mengen Kupfer und Arsen enthalten ; er fand diese Metalle in den meisten
natürlichen Eisensteinen, dem Spatheisenstein, denen der Oolith- wie
der Juraformation, in den Bohnerzen, dem Sumpferz oder Baseneisen-
stoin, dann in den ockerartigen Absätzen vieler Quellen, in thonigem
Ackerboden, vielen Thon- und Mergelarten, auch in mehreren Meteor-
eisensorten u. s. w. Seither hat man namentlich bei Untersuchung der
Mineralquellen grosse Aufmerksamkeit auf diesen Körper verwendet nnd
ihn in der Mehrzahl der ockerartigen Absätze aus stark eisenhaltigen
Wässern, aber auch hie nnd da in weniger eisenhaltigen Mineralwäs-
sern selbst gefunden. WilP) hat die Absätze der Quellen zu Rippoldsau
im Schwarzwalde, zu Soden, Homburg, Wiesbaden, Walchner^) die
von Teinach, Rothenfels, Cannstatt, Wiesbaden, Schwalbach, Ems,
p3nrmont, Lamscheid, Andernach, Tripier^) zweier Quellen in Algier,
Ludwig^ die von Driburg und Liebenstein, Büchner^) die der Kissin-
ger Quellen Pandur und Rakoczy, Bley^) von Alexisbad am Harz,
Fischer^) die des Wildunger Wassers untersucht; in all den genannten
Mineralwässern ist Arsen, meist neben Kupfer, Zinn, bisweilen Antimon
0 Annal. d. Chem. Bd. LH, S. 141. — «) Annal. d. Chem. Bd. LXI, S. 206.
- «) Annal. d. Bd. LXI, S. 192. — *) Ebendag. S. 20G. — *) Jouni. de Chim.
m^d. 1840. T. VI, p. 278. — ') Polrtecbn. Centralbl. 1847. S. 719. — 0 Eben-
daselbst. — Ö Ebendas. 1848. S. 80.'— ^) Ebendas. S. 96.
Arsen. 209
^fimdeD. Eben so ist von französischen Chemikern Arsen in dem Wasser
TOD Tichy 1), Plombidre, Hantrive und vielen anderen, so wie in noch
mehreren ockerartigen Absätzen und damit auch die allgemeine Ver-
breitmig dieses Vorkommens nachgewiesen worden. Aach in mehreren
SCeinkohleoaschen *) hat man es gefanden. Otto giebt an, es in einem
Kesselstein gefanden zu haben. Die Angabe von Orfila^), dass es
sich in den Ejiochen und Muskeln gesunder Menschen und Thiere
lüde, ist von vielen französischen Chemikern widerlegt worden.
Das in dem Handel vorkommende Arsen ist entweder der söge-
BMUite Scberbenkobalt, oder ein Product der Sublimation ans Arsen-
kies. Dieser wird in irdenen Bohren, die in einem sogenannten Galee-
renofen reihenweise nebeneinander liegen und nach und nach einer
starken Bothgluth ausgesetzt werden, zersetzt: der Arsenikkies
= Fe As. Fe S3 giebt hierbei 2FeS, die zurückbleiben, und gediegen
Arsen, welches sublimirt. Die Röhren, welche horizontal liegen, sind
drei Fuss lang und ein Fuss weit; man schiebt ein acht Zoll langes,
durch Aufrollen eines Eisenblechs* verfertigtes Bohr zur Hälfte in den
aoi dem Ofen hervorragenden Theil einer solchen Bohre und kittet eine
irdene Vorlage darüber. Das Arsen sublimirt sich in die Blechröhre als
cioe zusammenhängende, im Inneren krystallinische Masse, die m«i
ueh dem Erkalten durch Aufbiegen der Bohre ablöst.
Das so dargestellte Arsen stellt eine bröckelige, aus gröberen
glänzenden Metallüittem bestehende Masse dar, welche unter dem Na^
men CabalUcm bekannt ist. Es enthält meist nicht unbedeutende Bei-
m^ignngen Ton Arsensuboxyd und Schwefelaraen, ferner nicht flüch-
tif e Theile von Bergart , Arsenkies u. s. w. ; durch wiederholte Subli-
mation, gewöhnlich unter Zusatz von etwas Kohlenpulver, reinigt man
ei TOQ dieser Beimengung; das tiüohtigere Schwefelarsen verdampft ent-
weder ohne sich zu verdichten oder setzt sich in den kältesten Theilen
des Sublimirgefässes an. Am besten gelingt die Operation im Kleinen,
wenn man in einem Glaskolben kälufliches Arsen mit Kohlenpulver ge-
mengt bringt, und denselben in einem Tiegel, zur Hälfte mit Sand umge-
ben, nach und nach einer starken Bothgluth aussetzt. Sobald die Subli-
mation beginnt, steckt man in den Hals des Kolbens einen schlecht
sehliessenden Pfropf von Kreide, stülpt einen zweiten Tiegel über den
eilten, setzt die Hitze noch eine Zeitlang fort und lässt langsam erkal-
ten. In dem oberen Theil desGefässes setzen sich dann ausgezeichnet
glänzende Krjstalle von metallischem Arsen au.
Die Darstellung von reinem Arsen aus arseniger Säure, durch
Mengen derselben mit Kohlenpulver oder sogenanntem schwarzen Fluss,
oad Sublimation in einem Wasserstoffstrome kann nur in ganz kleinen
Qnantitäten und sehr weiten Bohren vorgenommen werden, weil sich
iflinier unzersetzte arsenige Säure mit verflüchtigt und das Bohr leicht
verstopft. Auch durch Glühen von arsenigsaurem Kalk im Wasser-
itoffstrom lässt sich reines Arsen darstellen.
Das Arsen krystailisirt in Bhombogdern, die dem drei- und
eioaxigen Systeme angehören, ist isomorph mit Tellur und Antimon
(Mitscherlich). G. Bose^) hat gefunden, dass Osmium, Iridium,
*)Polytechn. Centralbl. 1847. S. 610. — «) EbendAs. 1847. 8.271 — ^ Journ.
^ chim. m^ T. XV, p. 462 a. 632. — *) Bericht d. AkAdem. d. Witsensoh. zu
B«rim 1849. S. 187.
Ktti4«telarb«eb der Ch«nie. Me Anfl. Bd. II. X4
210 Arsen.
Arsen, TeUar, Antimon, Wismuth, BämmÜich in RhomboSdem
krystallisiren , deren Endkantenwinkel zwischen 84<> 52' und S7^ iO'
betragen. Das Arsengas ist farblos und besitzt ein specif. Gewicht
von 10,37. Das specif. Gewicht des reinen Metalls im starren Zustande,
wie es sich aus dem -Dampfe absetzt, ist gleich 5,7. Wenn man es
rasch in einer damit angefüllten Porcellanretorte zum Glühen erhitzt,
so schmilzt es zwar nicht, aber man findet es dann weit glänzender aaf
dem Bruch und das specif. Gewicht erhöhtsich bis auf 5,96 (Gnibouri).
Nach Berzelius erhält man es in zwei Modificationen ; die eine ent-
steht, wenn man Arsen in dem Strom eines unwirksamen Gases er-
hitzt und an kalten Gefässwänden verdichtet, wo es sich dunkelgrau
krystallisirt abscheidet Erhitzt man aber Arsen in einem Gefässe für
sich rasch und stark und erhält die Stelle, wo es sich verdichtet, nahe
auf der Temperatur, bei welcher es sich verflüchtigt, so bildet es
eine weisse, stark metallglänzende Masse von etwas höherem specif.
Gewicht.
An der Luft überzieht sich das* Arsen unter noch nicht genau er-
kannten Umständen bald mit einem grauen Anflug von sogenanntem Arsen-
subozyd (s. d.), bald hält es sich unverändert. Nach Berzelius oxydirt sieh
nur die erstere dunkelgraue krystallisirende Modification, besonders
leicht bei 40® C, wobei sie zu schwarzem Suboxyd zerfallt, während
die zweite, wie oben angegeben, in weissen, stark metallglänzenden
Massen erhaltene Modification selbst als feines Pulver, und bei 70<^ bis
80<> C, zuweilen selbst noch über 100® C, an der Luft unverändert
bleibt. Nach v. Bonsdorf bleibt das Arsen in ganz trockener Luft
unverändert glänzend, während es in feuchter Luft, besonders bei
30^ bis iO^ C. rasch schwarz .wird. Mit lufthaltigem Wasser ange-
feuchtet, bildet sich allmälig arsenige Säure. Beim Erhitzen an der
Luft oxydirt es sich zu arseniger Säure, welche verdampft; und
sich in Erystallen (OctaSdern) an kalten Gegenständen verdichtet;
bringt man es brennend in Sauerstoffgas, so verbrennt es rasch mit glän-
zend weissem Licht (Böttger) unter Entwickelung eines starken knob-
lauchartigen Geruches, den weder das Metall noch die arsenige Säure
an und für sich besitzen, sondern der nur im Entstehungsmoment der
letzteren sich entwickelt.
Man hat die Erfahrung gemacht, dass sich frisch sublimirtes Arsen,
in Massen mit Wasser benetzt, zuweilen bis zur Entzündung erhitzt ; die
näheren Bedingungen derselben sind nicht ausgemittelt Das Arsen
verbindet sich mit Metalloiden, mit manchen wie z. B. dem Chlor anter
Feuererscheinung. Andrews^) hat die Menge der Wärme bestimmt,
welche sich bei dem Verbrennen von Arsen in Chlorgas entwickelt und
geftinden, dass
1 Liter Chlor mit Arsen 2282 Wärmeeinheiten
1 Grm. Chlor mit Arsen 700 „'
1 „ Arsen mit Chlor 994 ,,
entwickeln; unter Wärmeeinheit ist hier zu verstehen die Wärmemenge,
welche 1 Grm. Wasser bedarf, um um 1^ C. erwärmt zu werden.
Salzsäure wirkt bei Abschluss der Luft nicht auf das Arsen und
bei Luftzutritt entsteht eine geringe Menge Arsenchlorid ; Salpetersäure
so wie Königswasser oxydiren das Arsen mit grosser Heftigkeit zu
0 PhArm. Centralbl. 1848. S. 471.
Arsen, Bestimmung desselben. 211
anemger Saure nnd Arsensänre, concentrirte Schwefelsäure oxydirt
es ebenfalls unter Freiwerden von schwefliger Säure zu arseniger
Saare. Mit den Metallen verbindet sich das Arsen leicht zu Arsen-
setallen. Mit den Hydraten der Alkalien zusammengeschmolzen, oxydirt
«9 sich auf Kosten des Sauerstoffs vom Metalloxyde wie vom Wasser,
Wasserstoff wird frei, und es bildet sich arsenigsaures Metalloxyd neben
ÄnennietalL Mit Salpeter oder chlorsaurera Kali gemischt und ange-
zündet, verpufft es mit Heftigkeit, ein Gemenge mit chlorsanrem Kali
explodirt schon durch einen starken Schlag.
Aether und Weingeist greifen das Arsen nicht an, in manchen
tetten Oelen ist es in der Hitze löslich.
Das Arsen und alle löslichen Verbindungen desselben, so wie die-
jenigen, welche durch den Einfluss der Säfte löslich gemacht werden,
üisserD sämmtlich heftige giftige Wirkungen auf den Organismus so-
wohl der Pflanzen wie der Thiere. (Siehe das Nähere unter dem Art.
Arsenige Säure, so wie Arsen, Ausmittelung bei Vergif-
»ingen.) (J. X.— F.) Schi,
Arsen, Bestimmung desselben. Die qualitative Be-
lämmang des Arsens hat in den meisten Fällen keine besondere Schwie-
rigkeiteo, besonders kommt man mit Hülfe des Löthrohrs oft leicht
nun Ziele. Der Knoblauchgeruch, den metallisches Arsen beim Er-
biteea unter Zutritt von Luft ausstösst, verräth dasselbe in den meisten
^eo; oxydirte Arsenverbindungen müssen zur Hervorbringnng dieses
Genichs mit desoxydirenden Substanzen (Kohle unct Soda) gemengt
werdeu. Aus einer Auflösung von Goldchlorid wird durch arsenige
Säare und deren Salze, nachdem dieselben mit Salzsäure versetzt worden
sind, Gold mit gelber Farbe metallisch abgeschieden. Die Ausschei-
dimg erfolgt schneller in der Hitze.
Charakteristisch ist der gelblichgrüne Niederschlag, welchen eine
Kopferoxydsalzlösung in einer Lösung von' arseniger Säure hervor-
l^nngt, wenn man vorher die freie Säure abstumpft. Ganz besonders be-
Kichnend ist aber der reingelbe Niederschlag, der auf Zusatz von Schwe-
Uwasserstoff zu sauren Lösungen von Arsen verbin düngen entsteht, und
^ in Ammoniak wie in Schwefelammonium leicht löslich ist. Selbst bei
^eowart von organischen Substanzen leistet Schwefelwasserstoff die
^i^teo Dienste , man darf sich jedoch hierbei nie mit dem gelben Nie-
derschlag allein begnügen , sondern muss denselben weiter untersuchen,
^ häufig durch Schwefelwasserstoff ein ganz ähnlicher Niederschlag in
irKoireien Lösungen entsteht, wenn z. B. Fleisch, welches Fett enthielt,
■Sit einer Auflösung von Kali oder Säuren längere Zeit gekocht wurde
(i. S. 225).
Durch die Löslichkeit des Schwefelarsens in Schwefelammonium
^ das Arsen viel Aehnlichkeit mit dem Zinnoxyd, welches jedoch
<^orch das Löthrohr leicht davon unterschieden werden kann. (Ueber
^Trennung von Zinn und von Antimon, womit es ebenfalls leicht
v€nrechselt werden könnte, siehe S. 218 und 219.)
Zink fallt bei Gegenwart von verdünnten Säuren aus Arsenoxyden
'^ea Arsen als schwarzes Pulver, wobei sich aber zugleich Arsen -
^'Uderstoff neben freiem Wasserstoff entwickelt. Selbst wenn nur ge-
'inge Spuren von Arsenoxyden mit Zink und verdünnter Schwefel-
^^ zosammenkonunen , entwickeil sich Arsen Wasserstoff, welches
leicht durch sein Verhalten beim Erhitzen und gegen Silber- oder Gold-
14*
f
212 Arsen, Bestimmung desselben.
lösung, sowie durch die Eigenschaften der Flarame erkannt und nach-
gewiesen werden kann. Hierauf beruht die sogenannte Mar ah 'sehe
Arsenprobe (siehe Arsen, Ausmittelung bei Vergiftungen S. 229).
Arsensulfide werden durch Wasserstoff im Status nascens nicht zersetzt,
sind daher nicht geeignet für die Märsh'sche Probe.
Legt man ein ganz kleines Kömchen von arseniger Säure in eine
kleine Glasröhre, die an einem Ende zugeschmolzen ist, fügt darauf
eine etwas grössere Menge essigsaures Natron oder Kali hinzu, so
entwickelt sich jbeim Erhitzen ein sehr unangenehmer, charakteristischer
Geruch von Kakodyl. Durch diesen Geruch lassen sich die kleinsten
Mengen Arsen (so wie umgekehrt geringe Mengen Essigsäure) ent-
decken (Bunsen).
In Wasser unlösliche Arsenverbindungen löst man in Salzsäure,
fällt das Arsen als Schwefelarsen, filtrirt, setzt zum BCLckstand auf dem
Filter etwas Ammoniak und Schwefelammonium, wodurch das Schwe-
felarsen gelöst wird. Aus der filtrirten Lösung fällt man dann das
Schwefelarsen durch verdünnte Salzsäure.
Hat man es mit sehr kleinen Mengen Arsen zu thun, wie bei den
Mineralwässern und ihren Absätzen, wo es zugleich mit Eisenoxjd sich
findet, so zieht man diese mit Kali aus , übersättigt die alkalische Lö-
sung mit Salzsäure, fällt das Arsen durch Schwefel Wasserstoff, zieht
den Niederschlag mit Ammoniak aus, trocknet den durch Säuren wie-
der abgeschiedenen Niederschlag, und behandelt ihn in einem Glas-
rohre mit Cyankalium und Soda, hierbei wird das Arsen als Metall-
spiegel reducirt.
Die quantitative Bestimmung des Arsens hat wesentliche Verbes-
serungen erfahren, eben so seine Trennung von den meisten übri-
gen Metallen, welche jetzt mit grosser Schärfe vorgenommen werden
kann. Besonders H. Rose verdankt man eine Anzahl neuer Methoden
und wesentlicher Verbesserungen vieler bereits früher bekannter.
Die Oxydation des Schwefelarsens, um die Quantität des darin
enthaltenen Schwefels als Schwefelsäure zu bestimmen, wird am zweck-
mässigsten durch chlorsaures Kali und Salzsäure bewirkt, weil bei der
Anwendung von Königswasser die in grösserer Menge vorhandene Sal-
petersäure leicht Veranlassung zu falschen Gewichtsbestimmungen des
schwefelsauren Baryts giebt. Man muss die Operation in hinreichend
grossen Gefässen vornehmen, weil die Einwirkung schon in der Kalte
mit Heftigkeit beginnt. Der sich abscheidende Schwefel soll nicht
vollständig oxydirt, sondern nur so lange mit der Flüssigkeit digerirt
werden, bis er sich fest zusammengeballt und jede Spur von röthlicher
Färbung, also von Schwefelarsengehalt verloren hat. Wollte man ihn
vollständig oxydiren, so würde man die Operation allzu lange fortsetzen
müssen, wobei die Verflüchtigung von Arsenchlorid zu fürchten steht
Der Schwefel wird auf einem gewogenen Filter gesammelt, vorsichtig ge-
trocknet und gewogen. Zur Bestimmung der entstandenen Schwefelsäure
wird die saure Lösung mit Chlorbarium gefällt ; es schlägt sich schwefel-
saurer Baryt nieder, während arsensaurer in Auflösung bleibt. Aus
dem schwefelsauren Baryt berechnet man den Schwefel, der zu dem un-
oxydirt gebliebenen addirt, den gesammten Gehalt an Schwefel giebt,
woraus sich das Arsen berechnen lässt, indem man ihn von der be-
kanntet Quantität des Arsensnlflds abzieht.
Man kann auch das Arsensulfld durch Schmelzen mit 8 Thln.
Arsen, Bestimmung desselben. 213
Salpeter nnd 2 Thln. kohlensaaren Natron in einem Porcellantiegel
FeqHiffen, die Auflösung mit Salzsäure übersättigen, übrigens wie oben
iDgegeben verfahren.
Ist der erhaltene Schwefelniederschlag aus einer Auflösung mit
Schwefelwasserstoff erhalten, die keine Arsensäure enthält, so kann man
ihn trocknen und wiegen, und durch Behandlung mit Ammoniak, welcher
den unverbundenen Schwefel zurücklässt, letzteren bestimmen (H.Rose).
Nach Berthier's Methode kann man Arsensänre quantitativ be-
stimmen, wenn man eine genau abgewogene Menge metallisches Eisen
in Salpetersäure auflöst, diese Auflösung mit der Flüssigkeit mischt,
«18 welcher die Arsensänre bestimmt werden soU,^ und das Granze als-
dann dnrch überschüssiges Ammoniak fällt Es ist unerlässlich, hierbei
dn Uebermaass des Eisenoxydsalzes anzuwenden. Der Niederschlag]
wird sorgfältig ausgewaschen, getrocknet und geglüht. Die Menge
des in diesem Niederschlage enthaltenen Eisenoxyds ist aus der Quan-
tität deB aufgelösten Eisens bekannt. Es ist klar, dass das erhaltene
Gewicht unn die darin enthaltene Menge Arsensäure grösser sein muss.
Durch Snbtraction der berechneten Oewichtsmenge des reinen Eisen-
Qzyds von dem erhaltenen bekommt man mithin die Menge der Arsen-
Die zweckmässigste Bestimmung des Arsens ist die als arsensaures
Magnesia -Ammoniak. Nach Levol^), welcher diese Methode zuerst
angegeben hat, wird die Arsensäure dadurch vollständiger und sicherer
«U durch Schwefelwasserstoffgas gefällt. Man setzt einer schwefel-
aaiiren Magnesialösung so viel Salmiak zu, dass Ammoniak keine Fäl-
bmg mehr verursacht, übersättigt die das Arsen als Arsensäure enthal-
tnde Lösung, welche dadurch gefällt werden soll, mit Ammoniak, lässt
itteh dem Vermischen 12 Stunden bei gewöhnlicher Temperatur stehen
(ttarkes Erwärmen ist nachtheilig), filtirt und wäscht den Niederschlag
mit Ammoniak haltendem Wasser aus. Levol hat denselben geglüht und
als arsensaure Magnesia 2 MgO • AsOs berechnet. Aber das Ammoniak
radueirt beim Glühen einen Theil der Arsensäure, so dass man dabei
Dieiatens einen Verlust von mindestens 4 bis 6 Proc. , häufig bei raschem
Erhitzen sogar von 12 Proc« erleidet. Man muss daher den Nieder-
lehlag entweder neben Schwefelsäure unter der Luftpumpe trocknen,
wobei er kein Kiystallwasser verliert, und nach der Formel (2 MgO.
NH40).As05 -|-' i^e^q* berechnen, oder besser einer Temperatur von
lOO^C. aussetzen, wobei 11 Aeq. Wasser fortgehen und die Verbin-
dung (2MgO . NH4O) . AsOft + aq. [60,5 Proc. AsOj] zurück-
bleibt (H. Böse*). War ein Theil des Arsens als arsenige Säure zuge-
gen, so ward diese nicht gefällt, wenn eine recht grosse Menge von
Qüoraminonium zugesetzt wurde, und kann in der abfiltrirten Flüssig-
keit alsdann auf eine der gewöhnlichen Weisen bestimmt werden.
Sehr genaue Resultate erhält man durch Anwendung von Gold-
cklorid- Natrium, sobald es sich nur darum handelt, arsenige Säure
zn bestimmen , gleichviel ob in der Lösung Arsensänre vorhanden ist
oder nicht. Die Gegenwart und selbst ein Ueberschuss von Salzsäure ist
^ftbei ohne Naehtheil, nur von Salpetersäure darf keine Spur vorhanden
sein. Man lässt die zu prüfende, mit der Goldsolution versetzte Flüs-
*) AaiiaI. de chim. et de pfays. [8] T. XVII, p. 601. — *) Journ. f. prakt.
Oiaa, Bd. XLIX, S. 166; Bericht der Berliner AUdemie. 1S49, S. 124.
214 Arsen, Bestimmung desselben.
sigkeit mehrere Tage .lang in einem neuen, ganz glatten Glase stehen. (In
gebrauchten Glasgefässen mit raoher Wandfläche würde sich das Gold .
80 fest ansetzen, dass es schwer heraus genommen werden könnte.)
Nur sehr verdünnte Lösungen mag man sehr gelinde erwärmen, man
muss sie besonders lange, recht geschützt vor Staub stehen lassen ; denn
je verdünnter die Lösung, desto langsamer findet die Bildung der Ar- •
sensäure durch die Goldreduction statt. Ist ausser der arsenigen -
Säure Arsensäure vorhanden, so leitet man nach Abscheidung des ge-
fällten Goldes schweflige Säure in die filtrirte Flüssigkeit, wodurch
alles Gold gefällt und die Arsensäure zu arseniger Säure reducirt wird,
fällt dann durch Schwefelwasserstofi^ alles Arsen und zieht von der er-
haltenen Menge die durch Gold als arsenige Säure bestimmte ab.
Da bekanntlich die Fällung der Arsensäure durch Schwefelwasser- .
Stoff viel langsamer als die der arseiygen Säure und nur schwierig g«inz
vollkommen stattfindet, so schlug Wohl er vor, dieselbe durch Zusatz
von schwefliger Säure (oder von schwefligsaurem Alkali und Salzsäure im
Ueberschuss) zuvor zu reduciren und hernach durch Erwärmen die über-
schüssige schweflige Säur^ zu entfernen. Aber Wo hier selbst spricht
jetzt gegen dieses Verfahren als wenig förderlich, auch wenn die Flüs-
sigkeit von Salpetersäure frei ist, da die schweflige Säure nicht rasch
desoxydirend wirkt; und die Schwefelwasserstoffwirkung auf die Ar-
sensäure sehr beschleunigt werden kann, wenn man die Flüssigkeit wäh-
rend des Durchleitens auf ungefähr 70<) C. erhält.
Da Chlorarsen mit Wasserdämpfen etwas flüchtig ist, so darf man
nie versuchen, verdünnte Lösungen durch Abdampfen zu concentriren
(H. Rose).
Die Berthier'sche Bestimmungsmethode hat v. Kobell abgeän-
dert, indem er vorschlägt, statt durch Ammoniak durch kohlensauren
Baryt in der Kälte alles Eisenoxyd neben der Arsensäure zu fallen.
Der Niederschlag wird in Salzsäure gelöst und der Baryt mit Schwe-
felsäure gefällt, sein Gewicht bestimmt, und als kohlensaures Salz be-
rechnet von dem Gewicht des Niederschlages abgezogen. Sind in der
arsenhaltigen Flüssigkeit nur Metalloxyde vorhanden, die durch kohlen-
sauren Baryt in der Kälte nicht gefallt werden, so mag diese Methode
einfach sein, so genau wie die Bestimmung durch Magnesia ist sie
in keinem Falle, v. Kobell^) hat auch die von Rein seh vorge-
schlagene Fuchs' sehe Kupferprobe, wonach man die arsensäure-
haltige Lösung mit einem Stück gewogenen Kupfers kocht, dies ab-
spült, wieder wägt und aus dem Kupferverlust die Menge des als
Arsensäure vorhandenen Arsens berechnet, dahin ' abgeändert , dass
er die Menge Kupfer bestimmt, welche aufgelöst wird. Er oxydirt
das durch Schwefelwasserstoff gefällte Schwefelarsen mit Salpeter-
säure und chlorsaurem Kali, verdampft zur Trockne, behandelt den
Rückstand mit Schwefelsäure, um alle Salpetersäure zu verjagen,
sättigt mit Kali, setzt einen starken Ueberschuss von Salzsäure hinzu
und kocht ^/^ Stunden lang mit überschüssig zugesetzten dünnen Kupfer-
blättchen, trennt dann die Flüssigkeit von dem Metalle, wäscht diese
mit Kochsalzlösung ab, oxydirt die eingeengten Flüssigkeiten durch
chlorsaures Kali und kocht sie nochmals mit einer gewogenen Menge
Kupferblech. Statt des letzten Kochens mit Kupfer kann man auch
0 Annal. d. Ghem. u. Phann. Bd. LXIV, S. 410.
Arsen, Bestimmung desselben. 215
de von Ley ol empfohlene Methode anwenden, die Flössigkeit mit Am»
Doniak übersättigen und in luftdicht geschlossenen Grefassen in der
Eilte bis zur völligen Entfärbung digeriren. Diese Bestimnrangswei-
wn können sehr scharfe Resultate nicht geben und sind nicht einmal
sehr einüach.
Znletzt hat v. Eobell i) noch vorgeschlagen, die schweflige Säure
nr Bestimniiing des Arsens su benutzen. Man oxydirt das Arsen m
Arsens&ure, leitet einen Strom von gewaschenem schwefligsaaren Gas
1 Stande lang duröh die in einer Flasche gegen den Luftzutritt ge-
echQtzte Lösung, kocht diese dann sogleich einige Zeit , um die Über^
ichiissige schweflige Säure zu verjagen, fallt die durch Desoxydation
der Arsensaore zu arseniger Säure gebildete Schwefelsäure durch Chlor-
barimn and berechnet ans der Menge des schwefelsauren Baryts die
Mienge der desoxydirten Arsensäure, von der jedes Aequivalent 2 Aeq.
schweflige Säure zu Schwefelsäure oxydirt. Hat man das Arsen im
Sehwefelarsen zu bestimmen, so fallt man die bei der Oxydation gebil-
dete Schwefelsäure zuerst durch Chlorbarium, filtrirt, leitet dann schwe-
%e Sänre ein und verfährt wie vorher beschrieben.
Wert her ^ hat vorgeschlagen, die Lösung der Arsensäure mit Über-
Mhassigem Kalihydrat zu versetzen, zu kochen, mit Essigsäure zu Über-
aittigen nnd dann essigsaures Uranoxyd zuzusetzen. Es fallt arsen-
saores Uranoxyd (2 U3O3. HO). AsOs -f~ ^ ^^* nieder, welches mit
Chlorammoniamlösung und zuletzt mit Wasser, dem man etwa Yg Al-
kohol zugesetzt hat, ausgewaschen werden muss, weil es sonst mit dem
Waschwasser durch das Filter geht. Der Niederschlag wird vom
FUter getrennt, schwach geglüht und als 2U3O8.ASO5 in Rechnung
gebucht. Auch diese Methode zeigt keinen Yortheil vor -der leichteren
Bestimmung durch Ammoniak - Magnesia.
Eine andere quantitative Bestimmung des Arsens, welche in eini-
gen Fällen sicher und schnell zum Ziele führt und eine sehr genaue
genannt werden muss, ist von Ft. Mohr') angegeben worden, sie
gräiidet sich darauf, dass Jod von arseniger Säure, bei einem Ueber-
ichius von Alkali, sehr leicht in Jodwasserstoff resp. in Jodmetall
äbergefuhrt (nnd in dieser Form natürlich nicht mehr auf Stärkekleister
wirb), während zugleich die arsenige Säure zu Arsensäure oxydirt
wird (s. Bd. I, S. 923). Ist die Oxydation vollendet, so wird nun-
aehr bei weiterem Zusatz von Jod der Stärkekleister, den man vorher
^ arseni^n Säure zufilgte, gebläut werden müssen.
Man bedarf hierzu nun einer Normallösung von arseniger Säure,
welche 4,950 Grm. ASO3 im Liter Lösung enthält, und zweitens einer
Losung von Jod inJodkalium, am besten einer solchen, die 1,269 Grm.
hd enthalt (vergl. Bd. I, S. 924). Die Jodlösung verändert leicht
äffen Gehalt, da selbst in den besten verschlossenen Gelassen Jod ab-
äimstet, ihre jedesmalige Stärke lässt sich aber schnell mittelst der
Normal- Arsenlösung bestimmen. Angenommen, es wären bis zum Ein-
treten der blauen Färbung auf 5 C. C. Arsenlösung 50,6 Jodlösung
vQhraocht, so würde 1 C.C. Jodlösung -ttttt- = 0,09881 C.C. arse-
50,6
oigsaarem Katron entsprechen. Verbraucht man nun von dieser Jodlö-
') Jonrn. f. prakt. Chem. Bd. XXXXVI, S. 491. — ") Annal. d. Chem. u. Pharm.
B4. LXVlli, S. 314. — ") Lehrb. d. chem. -analytischen Titrirmethode, S. 296.
216 Arsen, Bestimmung desselben.
«
sung 2u einer Lösung arseniger Säure tor unbestimmtem Gehali, z. B.
20,8 e.G., so entsprechen diese 2,055248 CG. (20,8 X 0,09881)
arsenigsaurem Natron oder 2,055248 X 0,00495 Grro. reiner arseni-
ger Säure. Somit wird das Maass der unbekannten arsenigen Säure
gegeben durch das der bekannten reinen.
Ist die arsenige Säure in alkalischer Lösung und hat man sich
yon der Abwesenheit der auf Jod ebenfalls reagirenden Salze, wie
schwefligsaurer und unterschwefligsaurer, überzeugt, so misst man die-
selbe mit einer Pipette ab, versetzt mit Stärkelösung und etwas doppelt-
kohlensaurem Natron und titrirt mit Jodlösung blau.
Die verbrauchten CC, Jodlösunf; auf die normal -arsenige Säure-
Lösung reducirt, geben den Gehalt an arseniger Saure an. Ist die
arsenige Säure nicht in Lösung, so wird sie durch Kochen mit doppelt-
kohlensaurem Natron gelöst und wie vorhin verfahren.
Wenngleich diese Bestimmung der arsenigen Säure gute Resultate
giebt, so lange man es mit reiner Säure zu thun hat, so wird ihre An-
wendung doch nur sehr beschränkt sein können, weil nämlich Arsenik
bei Analysen fast immer als Schwefelarsen ausgeschieden wird und die-
ses sich nur schwierig in arsenige Säure umwandeln lässt .
Eine andere volumetrische Bestimmung des Arsens aus einer Lö-
sung von arseniger Säure beruht auf der Oxydation derselben mit
Ghromsäure; eine titrirte Lösung (1,619 Grm. saures chromsaures Kali
und 10 Grm. Schwefelsäurehjdrat im Liter enthaltend), von der 1 C.C.
= 1 Mgr. SauerstofiT ist, wird im Ueberschuss zugesetzt, und dann mit
titrirter EisenoxjduUösung, von welcher 1 G.G. demselben Volum der
Ghrom Säurelösung entspricht, rückwärts titrirt. Das Verhalten der
Flüssigkeit gegen Ferridcyankalium giebt den Punkt der Sättigung za
erkennen. Hat man eine Lösung von Arsensäure, so muss diese zuerst
durch schweflige Säure reducirt werden; ist das Arsen als ArsensoMd
vorhanden, so wird es durch eine Auflösung von Quecksilberchlorid
in Salzsäure zuerst in arsenige Säure verwandelt (Kessler)^.
Trennung der arsenigen Säure und der Arsensäure von
anderen Oxyden.
Von den Alkalien kann man das Arsen sehr leicht trennen und
freilich nur durch den Verlust bestimmen, wenn man die zerriebene
und erhitzte Verbindung in einem kleinen Forcellantiegel wiegt, mit
ihrem fünffachen Gewichte an reinem gepulverten Ghlorammoniam
mengt, und, mit einem concaven Platindeckel bedeckt, auf den man
etwas Ghlorammonium gelegt hat, glüht. Man wägt den Bückstand,
setzt nochmals etwas Ghlorammonium zu und glüht zum zweiten
Male, wodurch jedoch meistens das Gewicht nicht mehr abnimmt
Der Rückstand enthält dann nur die reinen Ghloralkaliraetalle (H. Rose).
Von dem Bleioxyd, dem Baryt, Strontian und Kalk kann
man die Arsensäure leicht absclieiden, wenn man sie im gepulverten
Zustande mit Schwei'elsäure digerirt und dann den Rückstand mit Wein-
geist übergiesst und auswäscht. Ist bloss Baryt vorhanden, so ver-
dünnt und süsst man nur mit Wasser aus. Die arsenigsauren Salze
dieser Basen müssen vorher durch Uebergiessen mit starker Salpeter-
säure und Abdampfen derselben im Wasserbade in Arsensäure verwan-
») Pogg. Ann«]. Bd. XCV, S. 204; Pharm. Ccntralbl. 1866. S. 499.
* Arsen, Bestimmung desselben. 217
delt werden. Soll die Arsensäare nooh überdies direct bestimmt wer-
den <, so Terdünnt man die alkoholische Lösung mit sehr viel Wasser
and fallt sie durch Ammoniak-Magnesia.
Von den genannten alkalischen Erden, so wie von denjenigen Metall-
oxjden., dereQ saure. Lösungen nicht durch Schwefelwasserstoff gefallt
werden <, lässt sich das Arsen leicht durch fortgesetztes Einleiten dieses
Gases in die stark angesäuerte Flüssigkeit trennen, welche nachher bei
gelinder Wärme so lange stehen bleiben muss, bis sie nicht mehr nach
Schwefelwasserstoff riecht. Die Flüssigkeit darf jedoch auch nicht zu
atark aaaer sein, weil sonst, nachdem das Überschüssige Schwefelwasser-
itoffgaa entwichen ist, leicht wieder etwas von dem Schwefelarsen zer-
setzt und gelöst wird.
Wo hier empfiehlt, bei dieser Trennung die Arsensäure zuvor
dorch schweflige Säure zu arseniger Säure zu reduciren, weil z. B. Zink-
oxjd mit der Arsensäure sehr leicht durch Schwefelwasserstoff als gel-
bes Pulver gefallt wird.
Die Trennung der Säuren des Arsens von deigenigen Metalloxyden,
deren Metalle aus den sauren Lösungen durch Schwefelwasserstoff ge-
lallt werden, deren Seh wefelmetalle aber unlöslich in Schwefelammonium
ibd, z. B. Kupfer, Quecksilber, Wismuth etc., kanu durch Schwefel-
aiBiiioniam bewirkt werden. Man macht die Lösungen, worin sich die
genannten Metalloxyde neben den Säuren des Arsens befinden, am-
moziiakalisch , giebt dann eine hinreichende Menge Schwefelammoniuift
iuDZQ und digerirt längere Zeit bei erhöheter Temperatur. Nach völ-
ligem Erkalten sammelt man die ungelöst gebliebenen Schwefelmetalle
auf einen» Filter und wäscht mit Wasser aus, dem etwas Schwefelwasser-
doffwasser zugesetzt worden. Ans dem Filtrate, welches Schwefelarsen
io Schwefelammoninm gelöst enthält, fällt man mit verdünnter Salzsäure
oder besser mit Essigsäure das Schwefelarsen, welches man dann weiter
behandelt. In Verbindungen, welche wenig Arsen neben viel Kupfer
enthalten (z. B. 1 Arsen auf 99 Kupfer) lässt sich dasselbe nach diesem
Verfahren nicht nachweisen, da Schwefelammonium es nicht mehr aus
dem Niederschlage löst (Bloxam) ; wenn aber die salpetersaure Lösung
in diesem Falle zuerst mit gelöster Oxalsäure gemischt wird, so fallt
das Kupfer aus der sauren Lösung fast vollständig als oxalsaures
Knpferoxyd nieder, während im Filtrat neben wenig Kupfer alles Ar-
ten bleibt, was jetzt durch Ammoniak und Schwefelammoninm leicht
abgeschieden werden kann (Field)^). Schwefelammoninm lässt sich
auch in der oben angegebenen Weise zur Trennung des Eisens, Man-
gans, Zinks und Kobalts von den Säuren des Arsens aus ammoniaka-
bchen Liöflungen benutzen. Nach H. Rose ist es dann aber besseri,
die Yerbindung im fein zerriebenen Zustande mit 3 Thln. kohlensaurem
Natron and eben so viel Schwefel im Porcellantiegel zu schmelzen,
md aus der erkalteten Schmelze das Arsensulfosalz durch Wasser aus-
nziehen, welchea die genannten Metalle ungelöst lässt.
Von allen Oxyden, deren Lösungen durch Alkalien nicht gefallt
Verden, wenn sie eine grosse Menge von Weinsteinsäure enthalten,
kann die Arsensäure sehr scharf getrennt werden, wenn man die Lö-
nngen mit hinreichender Weinsäure versetzt, mit Ammoniak übersät-
tigt und Ammoniak -Magnesialösung hinzufügt. Allzuviel Weinsäure
•) Chem. Gag. Aug. 1867. Nro. 367; Journ. f. prskt. Chem. Bd. LXXII, S. 188.
218 Arsen, Bestimmung desselben.
inu88 vemiieden werden. Namentlich för die Trennang von der Them-
erde ist diese Methode zu empfehlen. Hierbei fallt jedoch immer eine
geringe Menge Eisenoxyd resp. Thonerde mit nieder, daher das arsen-
saure Magnesia- Ammoniak ein- oder zweimal wieder in Salzsäore gelöst
nnd dann nach Zasatz von wenig Weinsäure und etwas Salmiak mit
Ammoniak wieder gefallt werden muss.
Die grösste Schwierigkeit bietet die Trennung des Arsens ▼om
Zinn und Tora Antimon. Nach H. Rose ist die beste Methode folgende:
Weun man eine Legimng von Zinn nnd Antimon auf Arsen zu prüfen
hat, so zerkleinert man dieselbe so viel als möglich, mengt sie mit
ihrem fünffachen Gewichte eines Gemisches aus gleichen Theilen koh-
lensaurem Kali und trockenem kohlensauren Natron und eben so viel
Schwefel innig zusammen und schmilzt bei einer nicht zu hohen Tem-
peratur ober der Spiritnslampe. Die geschmolzene Masse löst sich
vollständig in Wasser ; mitunter bleibt ein kleiner Bückstand von Schwe-
feleisen, der sich leicht abfiltriren und auswaschen lässt. Die Flüssig-
keit, mit viel Wasser verdünnt, setzt beim Uebersättigen mit Salzsänrd
Schwefelzinn und Schwefelarsen als braunes Pulver ab, welches man so
lange darin lässt, bis der Geruch nach Schwefelwasserstoff beinahe ver-
schwunden ist, dann auf einem gewogenen Filter sammelt, aussösst
und bei lOÖ® C. völlig trocknet. Ein Theil davon wird in eine recht-
winkelig gebogene Kugelröhre gebracht, darin gewogen nnd Schwefel-
wasserstoff, während man erwärmt, darüber geleitet; der abwärts ge-
bogene Schenkel der Röhre taucht in einen Ammoniak haltenden Kol-
ben. Schwefelarsen sublimirt ab und Schwefelzinn bleibt in der Kugel
der Röhre. Man treibt das Sublimat so weit als möglich vorwärts
schneidet die Rohre ab, wirft sie in erwärmte, verdünnte Kalilaoge,
welche das Sublimat leicht löst, vereinigt diese Flüssigkeit mit dem
vorgelegten Ammoniak, übersättigt mit Salzsäure, und setzt nach nnd
nach unter Erwärmen chlorsaüres Kali hinzu, wodurch sich alles Arsen
oxydirt, der meiste Schwefel aber ungelöst bleibt ; die abfiltrirte Flüssig-
keit wird durch Ammoniak-Magnesia gefällt. Das Schwefelzinn wird
in einem Platintiegel mit Salpetersäure befeuchtet und geröstet, bis es
in Zinnoxyd verwandelt ist. Hat man beide Metalle im oxydirten Zu-
stande, oder oxydirt man dieselben durch vorsichtiges Erwärmen mit
Salpetersäure und trocknet die Masse ein, so kann man die Schmelzung
mit Schwefelnatrinm umgehen und die Oxyde eben so mit Schwefel-
wasserstoff in der Kugelröhre behandeln, wie oben für das Gemenge
der Schwefelmetalle beschrieben würde. Will man das Arsen nicht
direct, sondern durch den Verlust bestimmen, so darf man nur den bei
100<> C. getrockneten Niederschlag stark glühen, das zurück bleibende
schwarze Schwefelzinn, mit Salpetersäure befeuchtet, rösten, bis es zu
weissem Oxyd geworden, dann, mit etwas kohlensaurem Ammoniak be-
feuchtet, nochmals glühen und wägen.
Die folgende von L e v o H) angegebene Trennungsmethode ist ausser-
ordentlich umständlich und verdient deshalb vor den beschriebenen kei-
nen Vorzug. Er hat die bekannte Thatsache, dass Zinn, dessen Arsen-
gehalt 5 bis 8 Procent nicht übersteigt, wenn man es mit Salpetersäure
oxydirt, eine arsenfreie Flüssigkeit liefert, indem das stark basisch
^) Annal. de chim. et d« phys. [8.] T. XVI, p. 498. o. B er sei ins' Jahresbe-
M 27, S. 220.
Arsen, Entdeckung und Abscheidung etc. 219
•nensaure Zinnoxjd in Salpetersäure anlMich ist, dazu benutzt, um
daa Arsen aua Flüssigkeiten zu fällen. Man versetzt dünne Zinnblätt-
chen mit nicht zu concentrirter Salpetersäure, fügt die arsenige Säure
haltende Lösung hjnzu und kocht einige Minuten. Alles Arsen fällt, an
Zinnoxyd gebunden, nieder. Der Niederschlag wird geglüht und gewogen
im GlaadchifiTchen im Wasserstoffstrom zum dunkeln Bothglühen erhitzt,
wobei das reducirte Arsen in den kälteren Theil des Rohrs sublimirt,
während unreines Zinn zurückbleibt. Das Ende der Röhre, worin das
Arsen sich absetzte, wird abgeschnitten, gewogen, das Arsen daraus
aufgelöst nnd das Bohr wieder gewogen, der Verlust giebt den Arsen-
gebalt an.
Das reducirte arsenhaltige Zinn wird in Salzsäure aufgelöst, das
entweichende Gas in kaustisches Kali geleitet, um die Salzsäure zurück-
zuhalten, und dann in eine Lösung von salpetersaurem Silberoxyd, worin
sich das Arsen als arsenige Säure auflöst unter Ausfallen von Silber.
Etwas fester Arsenwasserstoff' bleibt ungelöst, dieser wird gut ausgewa-
»hen in Salpetersäure aufgelöst und mit Silberlösung vermischt. Aus
der heissen Arsen haltenden Lösung wird das überschüssige Silbersalz
durch Kochsalz gefallt und darauf das Arsen als Schwefelarsen (As S3)
niedergeschlagen.
Noch schwieriger ist -die scharfe Trennung des Antimons von dßm
Arsen. Wenn sie allein mit einander im metallischen Zustande ver-
banden vorhanden sind, so kann man das Arsen durch blosses Erhitzen
in einem unwirksamen Gasstrome abdestilliren. Am besten wendet man
dazu Kohlensäure an, welche man über das in einer Kugelröhre liegende
MetaU leitet. Sobald alle Luil verdrängt ist, beginnt man zu erhitzen,
hntet sich jedoch, eine höhere Temperatur zu geben, als für die Ver-
Üaehtignng des Arsens nöthig ist, weil bei Weissglühhitze das Antimon
selbst nicht absolut feuerbeständig ist. Die Oxyde der beiden Metalle kön-
nen durch Glühen mit einem Gemenge von Cjankalium und kohlensaurem
Natron getrennt werden (s. S. 60). Ist Arsensäure neben einem Anti-
monoxjd in Lösung, so werden die genauesten Resultate durch Fällung
der ersteren als arsensaures Magnesia-Ammoniak erhalten (S. 60).
Die Methoden, im metallischen Antimon oder im Antimonsulfid
einen Gehalt an Arsen nachzuweisen, sind früher besprochen (s. S. 48
and 52).
Hat man Zinn und Antimon, beide zugleich, von Arsen zu trennen,
»0 werden die Oxyde mit Natronhydrat geschmolzen, und durch Be-
handlung der Schmelze mit Alkohol wird das arsensaure und zinnsaure
Natron gelöst, während antimonsaures .Natron ungelöst zurückbleibt
(9. dieses Verfahren S. 60 u. 61).
Quantitativ liefert die Methode des Schmelzens eines oxydirten Ge-
webes von Zinn, Antimon und Arsen mit Gyankalium und kohlen-
wirem Natron in einem Strome von Kojilensäure (s. den folgenden
An), welche von Fresenius 0 angegeben worden ist, keine ganz
icharifen Resultate. (K) SchL
Arsen. Entdeckung und Abscheidung bei gericht-
Hchen Untersuchungen ^). Die Ausmittelung und Nachweisung
*) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XLIX, S. 287 ff.
*) Bei der reichen diesen Gegenstand behandelnden Literatur ist es nicht thun-
lieh, hier dieselbe ToUstAndig zu geben; es mag genttgen, hier die wichtigsten Schrif-
220 Arsen, Entdeckung und Abscheidung
des Arsens in den yersohiedenartigsten Substanzen ist besonders flij
die gerichtliche Chemie eine Aufgabe von der höchsten Wichtigkeit
Die arsenige Säure, der weisse Arsenik, eignet sich unglAcklichenreiM
mehr wie jede andere Substanz snr Ausfuhrung des feigsten aller Ver-
brechen, und macht auch Vergiftungen durch Unvorsichtigkeit leicht
möglich ; der Arsenik besitzt keine hervorstechenden Eigenschaften
die dem Opfer die Nähe des gefährlichen Feindes ahnen lassen, wäh-
rend die unausbleiblichen Wirkungen sich in der Regel erst dann zel
gen , wenn jede Hülfe unmöglich geworden ist. Ueberdies ist dieaef
Gift dem Publikum nicht schwer zugänglich, da es zum Vergiften voi
Ungeziefer , Ratten , Mäusen u. s. w. noch immer nicht selten in Ge-
brauch ist, und da es auch in manchen Gewerben Anwendung findet
Die Aufgabe, welche der Chemiker im Fall einer solchen Untersu-
chung zu lösen hat, ist, den Beweis zu fuhren, dass die zu untersuchen-
den Substanzen wirklich Arsenverbindungen enthalten, wobei dahir
getrachtet werden muss, annähernd die Menge derselben zu bestim-
men , um zu zeigen, dass dieselbe hinreichend sei, die Symptome dei
Krankheit oder den Tod herbeiführen zu können, wobei man sich zu er-
innern hat, dass geringe Spuren Arsen sehr verbreitet in der Natur vorkom-
men, in Mineralwässern, Eisenerzen, der Dammerde, namentlich in man-
chen chemischen und pharmaceutischen Präparaten u. s. f. sich finden. Ef
ist daher vor Allem erforderlich, das Gift in reiner Substanz möglichsi
vollständig herzustellen, um nicht bloss seine Eigenschaften unzweifelhaft
zu erkennen, sondern um es auch dem Richter vor Augen zu legen, und
dadurch auch eine Controle durch einen Dritten möglich zu machen.
In den zahlreichsten Fällen von Vergiftungen, in mehr als 90 un-
ter 100, hat man es mit weissem Arsenik zu thun, der oft noch in den
Speisen oder den Ausleerungen der Kranken, oder in den verschiede-
nen Organen des Gestorbenen aufzusuchen und daraus abzuscheiden
ist. In solchen Anklagen, wo es sich um Ehre und Freiheit, vielleichl
selbst um Leben und Tod handelt, hängt der Ausspruch des Richten
zunächst von der Umsicht, von der Geschicklichkeit und Grewissenhaf-
tigkeit des Chemikers ab; ein Mann, der eine solche schwere Verant-
wortlichkeit auf sich nimmt, muss natürlich nicht nur die anzuwenden-
den Mittel genau kennen, er muss auch hinreichende Gresohicklichkeil
und Gewandtheit besitzen , diese Mittel anzuwenden ; es ist nicht ge«
nug , die chemischen Kenntnisse zu besitzen , sondern es wird anct
nothwendig eine Gewandtheit und Sicherheit in Ausfuhrung chemische]
Versuche erfordert, wobei sehr in Betracht kommt, dass das erste nichl
nothwendig mit dem zweiten verbunden ist. Darum sollten die Ge-
richte, im Interesse der Rechtspflege, solche Untersuchungen nicht dem
ten und Abhandlungen zu citiren. Dnflos u. Hirsch, Das Arsenik, seine Krachei-
nung u. B.w. Breslau 1842. —Wohl er u. v. Siebold, Das forensisob-gerichtiich«
Verfahren bei einer Arsenikvergiftung (Abdruck aus Siebold's Lehrbuch der ge-
richtlichen Medicin). BerUn, 1847. — Wo hl er, Praktische Uebungen in der chemi-
sehen Analyse. Göttingen, 1858. — Otto: Ausmittclung der Gifte. Braunschweig
1867, S. 1. (Abdruck aus Otto-Graham's ausfUhrl. Lehrbuch der Chemie, 1864,
Bd. 11, Abtheil. 8. S. 604.) — Fresenius, Anleitung zur qualitativen chemischen
Analyse S. 278: Auffindung unorganischer Gifte in Speisen etc. Brannschweig, 1856. —
Fresenius u. v. Babo, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XLIX, S. 287. — Wäh-
ler. AnnaL d. Chem. u. Pharm. Bd. LXDC, S. 864. Pharm. Centralbl. 1849 S.429.
— Schneider, Wien. Akad« Berichte. 1861. Bd. VI, S. 409; Poggend. AnneL
Bd LXXXV, S. 488. — Pyfe, Philosoph. Magas. II, p. 487; Journ. f. prakt. Chem.
Bd. LV, S. 103.
bei gerichtlichen Untersuchungen. 221
ersten bebten Apotheker oder Lehrer der Chemie übergeben, sondern
BOT euem tüchtigen, hinreichend gewandten Chemiker, denn das ver-
branchte UnterBachungsmaterial , das Corpus delicti, ein Mal vergeu-
det ^ ist unwiederbringlich verloren. Im Interesse der Sache liegt es,
eine solche Untersuchung von einem einzelnen Chemiker ausführen zu
Inimrn ; es ist anmöglich, wie jeder Sachverständige weiss , dass eine
Commiasion eine chemische Untersuchung ausführe, oder dass auch
aar zwei Personen sich in einer solchen Arbeit theilen ; einer dersel-
ben ^rird doch die Arbeit allein ausführen, und eine Controle dabei
ist kaom möglich; die Gegenwart eines Zuschauers, sei er Arzt oder
Richter«, ist daher nicht bloss überflüssig, sondern direct störend, und
daher die Sicherheit des Resultates beeinträchtigend.
Jedem Chemiker, der nicht vollkommen sicher ist in Betreff der
nothi^en Gewandtheit in den einzelnen Versuchen im speciellen Fall,
ist zu rathen*, dass er die nöthigen Operationen zuerst versuchsweise
aasitihre, aber natürlich nicht mit dem Corpus delicti , mit dem man
nicht zu sorgfältig umgehen kann, sondern mit fremden Materien, wel-
che den zu untersuchenden Objecten ähnlich sind, denen man geringe,
am besten gewogene Quantitäten Arsenik beimengt, um danach zu er-
messen, wie weit es gelingt, die Menge desselben wieder zu erhalten.
Kb ist jedenfalls nöthig, eine solche Untersuchung allein in einem
sonst von Niemandem betretenen Local vorzunehmen, und es ist die
Vorsieht anerlässUch, dass ein solches Local, namentlich in der Abwe-
ftoiheit des Untersuchenden, von^ Niemanden betreten werden kann ; wer
möchte sonst z. B. das Vorhandensein von Arsenik beschwören, wenn
dadurch die Ehre und das Leben eines Mitmenschen gefährdet sind ?
Selbstverständlich sind vor dem Beginn der eigentlichen Unter-
suchung ganz besonders die einzelnen Beagentien, die Säuren wie die
Basen» auch der Braunstein , der zur Chlorentwickelung dient u. s. w.,
genau su prüfen, um sich zu vergewissern, dass sie frei von Arsenik
sind. Die anzuwendenden Gefasse von Glas und Porzellan müssen
natürlich rein sein, dass sie neu sind, ist wohl nicht nothwendig.
Die Chemiker hatten schon früher der Auffindung von Arsen
bei gerichtlichen Untersuchungen grosse Aufmerksamkeit geschenkt;
y. Rose namentlich, und später Berzelius, hatten Mittel angegeben,
verhaltniasmässig geringe Mengen des Giftes mit Sicherheit nachzu-
weisen; genaue Methoden der Art sind später besonders von Wohl er,
von Fresenius und v. Babo, von Duflos und Hirsch u. a. m. an-
gegeben. Der seiner Zeit berüchtigte Process der Lafarge, bei dem
Orfila die chemische Untersuchung allem Anschein nach mit durch-
aas ungenügender Umsicht und geringer Gründlichkeit geführt hatte,
hat Veranlassung gegeben, die verschiedenen Methoden zur Auffindung
von Arsen wiederholt zu prüfen und zu verbessern. Man hat dadurch
sieh überzeugt, dass es fUr den geübten Chemiker bei hinreichender
Sorgfalt möglich ist, sehr kleine Mengen von Arsenik, selbst wenn
mit grosseren Massen organischer Substanz vermengt, aufzufinden, und
mit Sicherheit von ähnlichen Substanzen, namentlich von Antimon, zu
QSterscheiden, eine Unterscheidung, welche bei der grossen Aehnlich-
keit beider Körper von um so grösserer Wichtigkeit ist, da Brechwein-
stein und andere Antünonpräparate nicht selten als Arzeneimittel an-
gewendet sind.
Als das beste Verfahren zur Auffindung von Arsen muss man
222 Arsen, Entdeckung und Abscheidung
unstreitig dasjenige betrachten, welches erlaubt, auch die kleinste
Menge des Giftes, in welcher Form es auch vorhanden ist, unzweifel-
haft nachzuweisen, und so dass eine Verwechselung mit einem anderen
Körper dabei zugleich ausgeschlossen ist Es giebtf.nun allerdiDgs
keine Methode, welche den Erfolg absolut unabhängig von der Ge-
schicklichkeit des Arbeiters macht; aber es giebt jetzt einfache Wege,
welche es dem in chemischen Manipulationen einigermaassen Geäbteo,
wenn auch nicht sehr Gewandten, möglich machen, eine solche Arbeit
auszuführen. Bei einer solchen Untersuchung ist es immer anzurathen,
nach reiflicher Ueberlegung sich einen bestimmten Weg zur AufEndang
des Giftes festzustellen und diesen festzuhalten, wobei man sich zu böten
hat, von dem angewandten Material, wie es von Aerzten oder Richtern
oft gewünscht werden mag, zuerst zu einzelnen Reactionen zu ver-
wenden, um schnell zu erfahren, ob Arsenik vorhanden ist oder nicht
Man verwende aber nicht sogleich die ganze Masse des l^faterials ZQ
der Untersuchung, sondern nur die Hälfte oder zwei Drittel, um den
Rest im Fall des Misslingens noch benutzen zu können, oder uro die
Resultate, mag nun Arsenik gefunden sein oder nicht, von einem zwei-
ten Chemiker nöthigenfalls bestätigen zu lassen. Der Untersnchungs-
gang soll zugleich es möglich machen, auch andere Mineralgifle zu
finden, die etwa allein oder neben Arsenik vorhanden sein können.
Der Arsenik kann bei einer gerichtlichen Untersuchung
1. noch in Substanz, d. h. in auffindbaren Kömern in den Spei-
sen, im Magen oder im Darmcanal, oder in den ausgebrochenen Sub-
stanzen u. s. w. enthalten sein; oder er ist •
2. mechanisch nicht mehr, aufzufinden, weil er theils den im
Magen oder Darm enthaltenen Stoffen, den Speisen n. s. w. innig
beigemengt ist, oder weil er nicht mehr im Magen oder Darra enthal-
ten, sondern schon resorbirt ist, und daher im Harn oder den Faeces,
im Blut, Leber, Lunge, Milz, der meist pergamentartig gewordenen
Haut und anderen Theilen der Leiche aufzusuchen ist.
Man kann demnach also entweder den Arsenik mechanisch ab-
scheiden , oder mnss ihn auf chemischen Wege von der organbchen
Substanz trennen.
Da der weisse Arsenik gewöhnlich grob gepulvert im Handel vor-
kommt, da er meistens im Ueberschuss gegeben wird, und sich schwie-
rig löst, so wird es häufig der Fall sein, dass noch einzelne Körnchen
desselben im Magen und Darmcanal, in den Speisen, ode.r den ausge-
brochenen Massen, im Inhalt des Magens und des Darmcanals n. 8. w.
aufgefunden werden können. Man durchsucht mit Hülfe einer guten
Loupe den Magen und Darmcanal (besonders in den Falten und an
den gerötheten Stellen) , so wie die anderen Massen , Speisen , Ansge-
brochenes und dergl., ob weisse harte Partikelchen bemerkt werden
können, in welchem Fall sie mit einer Pincette sorgfaltig ausgewählt
werden. Ist so nichts gefunden, so ist es oft möglich , durch Schläm-
men zu bewirken, dass der schwerere Arsenik sich mehr oder weniger
rein zu Boden setzt; man übergiesst dann die Masse in einem Be«
cherglase oder in einer Porcellanschale mit etwas destillirtem Wasser,
wenn sie nicht flüssig genug ist, und befördert durch Schwenken oder
Umrühren mit einem Glasstabe die Absonderung der schwereren Theile,
die sich beim Stehen dann zu Boden senken. Durch Abgiessen der
überstehenden Flüssigkeit wird dann vielleicht ein Pulver erhalten;
bei gerichtlichen Untersuchungen. 223
ftssen sich darin einselne weisse Körner bemerken , so werden diese
msgelesen, sonst ^rd das Pulver durch Abschlftinnien mit Wasser
Doglichst gereinigt^ nm es weiter ra untersuchen. Die nächste Auf-
gabe ist nan^ftiis den Körnern oder' dem Pulver arsenige Säure und
netallisches Arsen abzuscheiden und ihre charakteristische Eigenschaf-
ten naohznweisen.
Man bringt su dem Ende ein weisses Kömchen oder etwas von
lern schweren Pnlver in ein etwa 8 Millimeter weites böhrchen von
sngefahr 90 bis 100 Millimeter Länge von starkem und schwer
schmelzbarem Glase ^ welches unten zugeschmolzen und in eine etwa
20 Millimeter lange nicht zu enge Spitze ausgezogen ist, wie die
Fig. 8 es zeigt. Nachdem etwas Substanz in den untersten Theil des
Fig. 8.
Eohrchena gebracht ist, wird ziemlich dicht aber nicht unmittelbar dar-
Iber ein 8 bis 12 Millimeter langer gut ausgeglühter Kohlensplitter ge-
idioben (Fig. 8). Indem die Röhre zuerst horizontal gehalten wird, bringt
nan durch eine Lampe das Kohlenstückchen zum Glühen , und indem
man es dann, ohne die Kohle aus der Flamme zu bringen, allmälig mehr
fduräg hält, wird auch die untere Spitze mit dem Inhalt nach und nach
nun Glühen erhitzt. Ist hier Arsenik, so verdampft er, und der Dampf
wird in Berührung mit der glühenden Kohle reducirt, worauf das ab-
geschiedene metallische Arsen sich oberhalb der erhitzten Stelle als
«n braunschwarzer oder schwarzer spiegelnder Anflug, als ein Arsen-
ipiegel (Fig. 9), absetzt. Statt eines Kohlensplitters kann man gröb-
i Fig. 9.
'fidles Kohlenpnlver nehmen, nur muss die Kohle immer vorher ausge-
j ^fikt sein, weil, wenn beim Erhitzen Feuchtigkeit oder brenzliche Pro-
^Kte sich entwickeln und in der Röhre ansetzen, dadurch die Bildung
[öer fest anhängenden spiegelnden Oberfläche verhindert wird.
Nachdem ein Spiegel erhalten ist, hat man sich zu überzeugen,
der Spiegel Arsen ist; man erhitzt ihn zuerst in dem Rohr, wo-
er sich leicht verflüchtigt ; ist seine Menge sehr gering , so pxydirt
sieh darin, und man bemerkt dann in dem unteren weiteren Theile
Rohre ein weisses Sublimat von arseniger Säure (Fig. 10), wel-
Fig. 10.
vimmitm>it
.411 mi
besonders im Sonnenlicht, glänzende Kryställchen bildet; dieses
^Umat löst sich in kochendem Wasser, besonders leicht bei Zusatz
Salzsäure; in der Lösung bewirkt Schwefelwasserstoff einen gel-
Niederschlag, der sich in Ammoniakflüssigkeit und in Schwefel-
linm leicht löst und durch Salzsäure wieder niederfallt
Bei einer zweiten Probe wird das enge Rohr hinter dem Metall-
224 Arsen, Entdeckung und Abscheidung
Spiegel abgeschnitten, um durch Erhitzen in einer Lampe den charak*
teristischen Knoblauchgeruch zu erhalten, wobei sich zugleich die bläu-
lich weisse Flamme des verbrennenden Arsens zeigt.
Ein Theil des ursprünglichen Pulvers 9 in Wasser gelöst , wird
weiter mit verschiedenen Beagentien zu untersuchen sein. Die LfÖ*
sung muss mit salpetersaurem Silbcroxyd, nach vorsichtiger Neutralisation
mit Ammoniak, gelbes arsenigsaures Silberoxjd geben, welches in
Essigsäure löslich ist
Die Lösung des Pulvers in Salzsäure giebt mit Schwefelwasser-
stoff gelbes Schwefelarsen; mit Zink und Schwefelsäure entvrickeU
es Ar^e n wasserstoffgas , aus welchem sich beim Erhitzen metallisches
Arsen abscheidet (s. unten).
Ein blankes Kupferblech überzieht sich in der Lösung des Pulvers
in verdünnter Salzsäure mit einem eisengrauen Ueberzug von metalli-
schem Arsen. Mit etwas trockenem essigsauren Kali oder Natron ge-
mengt, giebt das Pulver, in einer engen Glasröhre bis zum Glühen erhitzt,
den penetranten eigenthümlichen Geruch von Kakodyloxyd. Mit starker
Salpetersäure erhitzt, bildet es Arsensäure, welche durch den rothbrau-
nen Niederschlag, den salpetersaures Silber hervorbringt, und durch
das unlösliche krystallinische Magnesia- Ammoniaksalz erkannt wird.
Kann der Arsenik in der zu untersuchenden Substanz nicht in
Substanz aufgefunden werden, so hat man die ganze Masse zu un-
tersuchen , seien es nun Speisen oder Getränke , sei es der Inhalt des
Magens, des Darmcanals, oder hat man Harn, Blut oder Leber, Nieren,
Herz und andere Organe, oder selbst ganze Leichname zu untersuchen:
das letztere wird zuweilen bei wieder ausgegrabenen Leichen der Fall
sein ; hier wird dann unter Umständen auch die Untersuciiung des Sarg^es,
oder nach dessen Vermoderung die Untersuchnng der umgebenden EIrde
auf einen Arsenikgehalt nothwendig.
Selbstverständlich sind die Speisen und Getränke für sich zu un-
tersuchen; in den meisten Fällen ist es auch zu empfehlen, den Inhalt
des Magens und Darmcanals abgesondert zu untersuchen, da man hiex
grössere Mengen des Giftes vermuthen darf.
Die Untersuchung zerfallt in dem Fall, wo eine mechanische
Trennung von Arsenik nicht mehr möglich ist, sei es wegen zu feinei
Vertheilung, oder weil es im flüssigen Zustande angewendet odei
schon resorbirt ist, in folgende Operationen:
1. Zerstörung der organischen Substanz und Darstellung einei
reinen Arsenverbindung;
2. Reduction der Arsenverbindung und Abscheidung von met&lli.
schem Arsen daraus;
3. Reactionen auf Arsen und Unterscheidung desselben von ähn-
lichen Substanzen, namentlich von Antimon.
Die Zerstörung der organischen Substanz kann auf tro<
ckenem wie auf nassem Wege bewirkt werden. Eine zweckmässig«
und mit Recht vielfach angewendete Methode, die organische Substa.u2
zu zerstören, um das Arsen abzuscheiden, ist von Fresenius und v
B a b o angegeben ; sie ist sowohl bei Untersuchung der Contenta dej
Magens u. s. w. wie bei Untersuchung ganzer Organe anwendbar.
Feste Substanzen werden zuerst durch Zerschneiden oder Zerrei-
ben zweckmässig verkleinert, und dann in einer hinreichend geräamigei
Porcellanschale mit so viel Wasser vermengt, das« man einen dünnec
\
bei gerichtlichen Untersuchungen. 225
Brei erbäU. Hat man aber uraprtinglich schon einen zu dünnen Brei oder
m verdönnte Flüssigkeiten, so dampft man diese zoerst im Wasserbade
mr passenden Concentration ab. Dem Brei wird nun ungefähr so viel
reine concentrirte Salzsäure ^) zugesetzt, als etwa trockene Substanz in
der Masse enthalten ist. Man erwärmt dann die flüssige Masse im
Wasserbade, während man von Zeit zu Zeit das verdunstete Wasser
ersetzt; der heissen Masse wird femer von Zeit zu Zeit (etwa alle
5 bis 10 Minuten) l bis 2 Grm. chlorsaures Kali zugesetzt, bis sich
eine homogene dünnflüssige Masse gebildet hat; darauf werden noch
5 bis 8 Grm. chlorsaures Salz zugesetzt, worauf die Erwärmung bis
nun Verschwinden allen Chlorgeruchs fortgesetzt wird. Besonders
wichtig ist es, dass die Flüssigkeit nie zu heiss wird, namentlich nie
inni Sieden kommt, weil sich sonst Arsen in merkbarer Menge als
Chlorarsen verflüchtigt Nach dem Erkalten wird die Masse durch ein
leinenes Tach gegossen, oder, wenn es geht, durch Papier filtrirt, der
Baekstand wird abgewaschen und das Waschwasser für sich einge-
dampft, und die durch Concentration erhaltene Flüssigkeit dem ersten
Pihrat zugesetzt
Durch die Einwirkung des aus Salzsäure und chlorsanrem Kali
^werdenden Chlors ist die organische Substanz zersetzt und zum
TheU gelöst worden; das Arsen, in welcher Form es auch in der or-
guischen Substanz enthalten war, ist, wenn nicht zu stark erhitzt wurde,
ToUstandig in Arsensäure verwandelt und gelöst; bei zu starker Hitze
bst ein grosser Theil desselben sich als Chlorarsen verflüchtigt
Um die Arsensäuie aus der Lösung zu scheiden, wird in die auf
6(H^ bis gegen 80<) C. erwärmte Flüssigkeit gewaschenes Seh wefelwasser-
sloffjgas ein oder einige Stunden im langsamen Strom geleitet, bis sie
stark darnach riecht, worauf man unter fortgesetztem Einleiten des
Gaiea die Flüssigkeit langsam erkalten lässt Sie bleibt jetzt an einem
Biissig warmen Ort in einem bedeckten Gefass etwa 24 Stunden stehen.
lA dann der Creruch verschwunden, so muss die Behandlung mit
Schwefelwasserstoff wiederholt werden. Sobald die Flüssigkeit auch
nach längerem Stehen noch deutlich nach Schwefelwasserstoff riecht,
viid der Niederschlag durch smaltefreies Papier filtrirt; das Filtrat
aber nochmals in gleicher Weise mit Schwefelwasserstoff behandelt,
am sicher zu sein, dass alles Arsen gefallt ist
Der Niederschlag muss nun alles vorhandene Arsen enthalten; es
tesnen sich weiter Antimon, Zinn, Blei, Kupfer und Quecksilber darin
^den, wenn diese Metalle vorhanden waren; zugleich enthält er immer
organische Substanz und zeigt daher eine schmutzige, meistens graulich-
braone Farbe. Enthält die organische Substanz viel Fett, so kann der
^ Schwefelarsen ähnliche Niederschlag möglicherweise ganz frei
▼on Arsen sein. Umgekehrt kann auch in einer Arsen haltenden, aber
Kbr verdünnten Flüssigkeit kein Niederschlag entstanden sein ; im Fall
il*ker keine Beaction sich zeigt, muss die Lösung zuerst durch Eindampfen
ttncentrirt und dann nochmals mit Schwefelwasserstoff behandelt werden,
^ mit Sicherheit auf die Abwesenheit von Arsen zu schliessen ist.
Da die Arsensänre ungleich langsamer durch Schwefelwasserstoff
*) Dft die SalssSare leicht hierbei in grösseren Mengen verbraucht wird, ist es
'^Üiig, sie vor dem Gebrauch, mit dem gleichen Volum Wasser verdünnt, durch Be-
Ixadtin mit Schwefelwasserstoff und Stehenlassen von den geringsten Spuren Arsen zu
WWea (Otto).
HmdwftrtcThach der Chemie, »te Aall. Bd. II. i 5
226 Arsen, Entdeckung und Abscheidung
geföllt wird, als arsenige Säure, so kann man auch die Lösung snerst
durch Zusatz von wässeriger schwefliger Säure oder von schweflig-
saurem Natron und £indampfen bis zum Verschwinden des Grerachs
reduciren und dann erst mit Schwefelwasserstoff behandeln. Diese
Reduction hat nur dann Vortheil, wenn der Niederschlag unmittelbar
mittelst Cyankalium reducirt werden soll, was aber jedenfalls unz^weck-
massig ist. Der auf dem Filter gesammelte, zuerst mit Sch^wefel-
wasserstoff haltendem, dann mit reinem Wasser ausgewaschene Nieder-
schlag wird nun mit verdünntem Ammoniak vorsichtig behandelt <, 'wo-
durch das Schwefelarsen, die organische Substanz und etwas Sch'wefel«
antimon gelöst wird, während der grössere Theil des letzteren neben
Blei, Kupfer und Quecksilber zurückbleibt, auf welche Metalle man also in
diesem Rückstande zu untersuchen hat. Die ammoniakaUsche Flüssigkeit
wird von dem Rückstande, der gut ausgewaschen ist, abfiltrirt; das mei-
stens dunkelbraune Filtrat wird zuerst für sich im Wasserbade zur Trockne
verdampft, und die trockene Masse dann mit concentrirter chlorlreier
Salpetersäure befeuchtet und nochmals verdampft; um nun die orgm*
nische Substanz noch vollständiger zu zerstören , setzt man etwsA reine
concentrirte Schwefelsäure hinzu, und erwärmt zuerst einige Standen im
Wasserbade, dann vorsichtig bei einer zuletzt bis 150^ C. steigenden
Temperatur, bis die Masse vollständig verkohlt ist, und mit destillirtem
Wasser ausgezogen nun ein klares farbloses Filtrat giebt, welches bei
vorsichtigem Arbeiten jedenfalls nur eine Spur organischer Substanz
beigemengt enthält.
Vollständiger noch als auf diesem Wege und sicherer kann die orga-
nische Substanz auf trockenem Wege bei Gregenwart von Alkali zerstört
werden; der unreine Schwefelniederschlag, oder besser der eingetrock-
nete ammoniakalische Auszug, wird dann in einem geräumigen Porcellan-
tiegel mit concentrirter chlorfreier Salpetersäure wiederholt befeuchtet and
abgedampft, bis der Rückstand nur noch gelblich erscheint; man setzt diuin
etwas Natron (am besten kaustisches, nicht kohlensaures, um das durch
entweichende Kohlensäure verursachte Spritzen zu vermeiden) hinza bis
zur vollständigen Neutralisation, worauf man abdampft und den trocke-
nen Rückstand mischt mit einem feingeriebenen Gemenge von kohlen«^
saurem und salpetersaurem Natron, welches letztere hinreichen mos»,
die Substanz vollständig zu oxydiren. Das Gemenge wird nun in ei-
nem Porcellantiegel allmälig erhitzt, zuletzt bis zum ruhigen Schmelzen
der Masse. So ist nun alles Organische ganz vollständig zerstört. Beim
Aufweichen der Salzmasse in Wasser bleibt, wenn Antimon zugegen
war, dieses Metall beim Abfiltriren vollständig als antimonsaures Na-
tron zurück; das Filtrat, welches alles Arsen als arsensaures Natron
enthält, wird mit reiner Schwefelsäure im Ueberschuss versetzt und
damit abgedampft, um die salpetrige Säure und Salpetersäure vollstän-
dig fortzutreiben; die farblose Salzmasse enthält nun schwefelsaures und
arsensaures Natron frei von Antimon und organischer Substanz. Wesent-
lich ist hierbei, dass alle bei dieser Operation nöthigen Materialien, die
Säuren wie das Natronhjdrat und die Salze durchaus frei von Chlor
waren, weil sonst ein l'heil des Arsens durch Verflüchtigung als Chlor-
arsen verloren gegangen ist (W ö h 1 e r ).
Eine zweite Art, die organische Substanz der Speisen, Organe
u. s. w. zu zerstören, ist von Dang er und Flandin in Anwendung
gebracht; sie versetzen die zu untersuchenden Stoffe in einer Por»
>
bei gerichtlichen Untersuchungen. 227
eellanschale mit % bis ^j^ ihres Gewichte ^00 reiner coacentrirter
Schwefelsäure und erhitzen allmälig, bis die anfangs breiige schwarze
ItasBe nach und nach das Aussehen einer trockenen kohligen Substanz
arbalten hat. Der Bückstand wird mit etwas concentrirter Salpeter-
iiore befeuchtet, dann wieder eingetrocknet und nun mit kockendem
Waoser behandelt, wodurch eine klare wässerige Flüssigkeit erhalten
wird, w^eJche das Arsen als arsenige Säure enthält und fast frei von
organiseher Substanz ist i). Diese Methode ist ganz zweckmässig, mit
Leichtig^keit die organische Substanz zu zerstören ; nur wenn die zu un-
ttfsnchende Substanz Chlornatrium enthält, was freilich wohl in der
Regel der Fall sein wird, läuft man Gefahr, einen Theil des Arsens
als Arsenchlorid durch Verflüchtigung zu verlieren. Sonst ist dieses
Verfahren sehr passend, wenn gross" ere Massen fester organischer Kor-
per zu zerstören sind. Der Umstand, dass Arsenik bei Gegenwart von
iialzsaiire in höherer Temperatur sich umsetzt, und sich so Arsenchlorid
bildet, vrelches sich verflüchtigt, macht es noth wendig, wo man die Ar-
sen haltenden Substanzen bei Gegenwart von Salzsäure erhitzt, eine zu
hohe Temperatur zu vermeiden, oder, wenn die Masse stark erhitzt
werden soll, darauf zu sehen, dass in der Masse nicht Salzsäure ist.
Umgekehrt hat man aber auf diesem Verhalten der arsenigen Säure
gegen Salzsäure und des Arsenchlorids in der Wärme ein Verfahren
gegründet, das Arsen durch Verflüchtigung von den organischen Mas-
sen zu trennen. Das reine Chlorarsen siedet bei IS'2^C.; es verflüchtigt
sieh aber mit den Dämpfen der Salzsäure schon weit unter seinem
Siedpnnkte, natürlich aber um so stärker, je höher die Temperatur steigt.
Um auf diese Weise das Arsen abzuscheiden, muss es in Verbindung
mit SauerstofiT vorhanden sein; bei Gegenwart überschüssiger Salpe-
tersäare soll aber kein Chlorarsen abdestilliren , ein Ueberschuss von
Sebvrefelsanre jedoch wesentlich zum Gelingen beitragen. Man erhitzt
^e TU untersuchende Masse nach dem Zerkleinern in einer Retorte mit
Vorlage, nachdem man geschmolzenes Chlomatrium (oder reines Stein-
salz in Stücken) und reine Schwefelsäure, von letzterer aber weniger
als zur gänzlichen Zersetzung des Kochsalzes nöthig ist, und nöthigen-
Mls Wasser hinzugesetzt hat, wodurch die Bildung von schwefliger
Säure vermieden wird, deren Gegenwart schädlich ist, 'wenn man das
Destillat unmittelbar in den Marsh 'sehen Apparat bringen will. Die
D^tillation wird so weit wie möglich fortgesetzt, weil das Chloraraen
erst bei einer Temperatur über 100<>C. fortgeht, daher hauptsächlich gegen
Ende der Operation (Schneider, Fyfe). Das saure Destillat enthält
flfichti^ organische Substanzen und namentlich viel Salzsäure; es ist
daher un zweckmässig, es unmittelbar in den Wasserstoff*- Apparat zu brin-
gen; auch scheint es nicht so zweckmässig, die Chlorwasserstoffsäure durch
FiUang mit salpetersaurem Silber zu entfernen, weil man dann viel
freie Salpetersäure erhält, die sich freilich durch Abdampfen entfernen
l^ett, Am besten ist es wohl, die Salzsäure haltende Flüssigkeit mit
Sdtwefelvrasserstoff mit der nöthigen Vorsicht zu fällen, und in dem
Niederschlag von Schwefelarsen, der auch organische Substanz ent-
hält, die letztere durch Behandeln mit Salpetersäure oder durch Schmel-
^) Nach Blondlot enthält die mit Schwefelsäure verkohlte Masse das Arsen
' haoptaaehlicli als Schwefelarsen ; die Kohle mnss daher mit ammoniakhaltendem Was-
I MT ausgezogen, oder, wie oben angegeben, mit Salpetersäure behandelt werden.
(Gmpt. rend. T. XLIV, p. 1222; Chem. Centralbl. 1867, S. 608.)
15*
228 Arsen, Entdeckung und Abscheidung
zen mit Salpeter, wie oben ausführlicher beschrieben ist, za zerstören
und das Arsen zu oxydiren.
Von den vielen sonst noch in Vorschlag und zum Theil in An-
wendung gekommenen Methoden zur Zerstörung der organischen Sub-
stanz verdient nur noch ein Verfahren von Wo hier Beschreibung
welches in manchen Fällen besonders vortheilhaft sein wird, so nament-
lich wenn sehr alte Leichen, oder wenn grosse Massen der Behandlung
unterworfen werden sollen. Nach Wo hier werden diese Massen zer*
schnitten in einer geräumigen Porcellanschale mit reiner Salpetersäure
von 1,2 specif. Gewicht übergössen und erwärmt, bis Alles in einen
gleichförmigen Brei verwandelt ist; darauf wird die Masse mit Kali-
oder Natronlauge übersättigt, das Gemenge so weit wie möglich
eingetrocknet und nach Zusatz von hinreichend saipetersaurem Natron
bis zum Glühen erhitzt. Die Menge des salpetersauren Natrons musi
hier so gewählt seirf, dass alle organische Substanz vollständig verbrannt
aber dennoch ein Ueberschuss von Salpeter soviel wie möglich ver-
mieden wird, was durch einige Proben mit kleinen Quantitäten des Ge-
raenges leicht festzustellen ist Ist das richtige Verhältniss gefunden,
so wird die ganze Masse in einem neuen hessischen, zum Glühen er-
hitzten Tiegel löffelweise nach und nach eingetragen. Die geftchmol
zene Masse wird in möglichst wenig kochendem Wasser gelöst, die
Flüssigkeit, ohne sie zu filtriren, mit reiner Schwefelsäure übersättigt
und dann abgedampft, um alle Salpetersäure und salpetrige Säure zt
verjagen; das aus dem Rückstände nach dem Verdünnen mit Wassei
erhaltene Filtrat enthält nun alles Ar^en als Arsensäure, welche entwe
der unmittelbar oder nach vorhergangener Reduction durch schweflig«
Säure mittelst Schwefelwasserstoff als Schwefelarsen gefallt wird
Auch bei dieser Methode ist es wesentlich, dass die Materialien, na
mentlich der Salpeter, kein Chlor enthalten, weil sonst wieder dnrcl
Bildung von Chlorarsen ein Verlust stattfindet.
Früher wurde die organische Substanz bei den Untersuch ungei
auf Arsenik hauptsächlich durch Kochen mit Kalilauge gelöst, die ge
kochte Flüssigkeit mit Salzsäure übersättigt und dann zur ZersetKuni
der organischen Substanz mit Chlorgas behandelt Statt der umstand
liehen Behandlung mit Chlorgas würde sich der Zusatz von chlorsaareo
Kali empfehlen. Abgesehen davon, hat diese Methode den Nachtheil
dass beim Kochen der sogenannten Proteinstoffe mit alkalischer Lang
sich leicht etwas Schwefelkalium bildet und bei der Zersetzung de
Flüssigkeit mit Säure dann Schwefelarsen niederfallt und so leicht fü
die Untersuchung verloren geht (Otto); überdies geht auch beim AM
dampfen der sauren Lösung leicht etwas Chlorarsen verloren. Dieü
Methode kann daher leicht ein falsches Resultat geben ; sie ist aber aud
jetzt ganz entbehrlich, da sie durchaus keine Vorzüge vor den oben b«
schriebenen hat.
Das Schwefelwasserstoffgas ist bei nöthiger Vorsicht das beste Mittel
das Arsen aus seinen Auflösungen vollständig abzuscheiden; statt dura'
dieses Gas ward früher die Arsensäure aus der unreinen Lösung, wl
sie nach der Zersetzung der organischen Substanz erhalten wird, durch Kall
Wasser abgeschieden, wodurch ein ungenaues Resultat erhalten wird, d
der arsensaure Kalk nicht unlöslich ist, besonders in Salmiak haltende]
Flüssigkeiten. Statt Kalkwasser würde ungleich zweckmässiger d|
Fällung durch schwefelsaure Magnesia nach Oebersättigung mit Aeti
bei gerichtlichen Untersuchungen. 229
ammoDiak söin, wodurch sich Arsensäure als Magnesia- Ammoniaksalz
Toilstandig abscheidet.
Nachdem nun nach einer oder der anderen Methode eine von or-
ganischen Substanzen freie Lösung von arseniger Sanre oder Arsensäure
(oder ein Niederschlag von reinem Arsensulfid oder Arsenpersulfid)
dargestellt ist, ist nun die nächste Aufgabe, durch Ueduction aus
den Arsenverbindungen das metallische Arsen abzuscheiden
ood darzustellen :
Wir wollen zuerst die Methoden zur Rudnction der Arsenoxyde
betrachten, sei es, dass man das Arsen unmittelbar in dieser Form er-
blten bat, oder dass man das Schwefelarsen durch Oxydation mit
Salpetersäure in Arsensäure verwandelt.
Zur Rednction der Arsensäuren ist das Verfahren von Marsh am
zweckmässigsten , wonach man diese in Arsenwasserstoff verwandelt,
indem man sie mit Wasserstoff im Entstehungsmoment zusammen-
bringt, um dann aus dem Arsenwasserstoff durch Erhitzen ftir sich oder
durch nu vollständige Verbrennung das Arsen metallisch abzuscheiden,
oder am durch Oxydation des Gases mittelst salpetersaurer Silberoxyd-
löamg eine reinere und vielleicht concentrirtere Lösung von arseniger
bänre zu erhalten.
Man hat nun den Wasserstoffappnrat zum Behuf der Bildung
TOQ Arsen Wasserstoff verschiedenartig eingeiichtct; am zweckmässigsten
wendet man einen gewöhnlichen Wasser stoffentwickelungsapparat an,
wie er in Yig» 11. gezeichnet ist: a ist eine Gasentwickelungsflasche
Fig. 11.
Bit doppelt durchbohrteni Kork (statt welcher natürlich auch eine zwei-
bakige Woulff'sche Flasche dienen kann); b ist das rechtwinklig ge-
bogene Gasleitungsrohr mit einer Kugel zur Aufnahme der Über-
spritzenden Flüssigkeit; das Glasrohr c enthält zwischen zwei lockeren
Pfropfen von Baumwolle Stücke von Chlorcalcium und auch einige
230 Arsen, Entdeckung und Abscheidung
Stückchen Kalihydrat ^). Concentrirte Schwefelsäure darf nicht zun
Trocknen des Arsenwasserstoffgases angewendet werden, weil dae G&
dadurch gerade wie Schwefelwasserstoff unter Bildung von schwefli
ger Säure zersetzt wird. Die Reductionsröhre d, von bleifreiem, schwe:
schmelzbarem Glase, ist etwa 5 bis 7 Millim. im Lichten weit and ha
ungefähr 1,5 Millim. Glasdicke; sie ist am besten 0,3 bis 0,4 Mete:
lang und an vier oder fünf Stellen etwas ausgezogen, aber mit der Vorsicltt
dass das Glas dadurch nicht zu eng und nicht zu schwach geworden ist
die Röhre ist überdies vom in eine Spitze ausgezogen und am bestei
rechtwinklig gebogen.
Die Trockenröhre c ist mit den Bohren ö und d nur durch Kaut
schukröhren verbunden, wenn sie an der einen Seite zu dem Durch
messer der Röhre b ausgezogen ist; sonst stellt man die Verbindunj
durch Korke mit dünnen Glasröhren und Kautschuk her.
In das Entwickelungsgefäss kommt reines gekörntes Zink mit ai
viel Wasser, um die Trichterröhre abzusperren , worauf man reine, anc
damit der Inhalt der Flasche sich nicht erwärmt, schon mit dem zwei
bis dreifachen Gewicht Wasser verdünnte Schwefelsäure zusetzt, so das
man einen nicht zu starken und möglichst regelmässigen Strom voi
Wasserstoffgas erhält, der während der Operation durch zeitweilige
Nachgiessen der verdünnten Säure gleichmässig erhalten wird. Sobal<
das Gas die atmosphärische Luft des Apparates verdrängt hat, wird de
dem Chlorcalciumrohr zunächst liegende Theil des Rohrs d zam leb
haften Glühen erhitzt und 15 bis 20 Minuten so erhalten, zugleich kani
man das durch die glühende Röhre streichende Gas, indem man di
Spitze nach unten richtet, durch eine verdünnte Lösung von salpetei
saurem Silberoxyd leiten. Wenn nun nach der angegebenen Zeit siel
hinter der erhitzten Stelle im Rednctionsrohr kein dunkler Anflug zeigt
und wenn die Silberlösung vollkommen klar geblieben ist, so Bind di<
Materialien, Zink und Säure, frei von Arsen. Zeigen sich dagegen di(
angegebenen Reactionen, so muss der ganze Apparat vollständig unc
sorgfältig gereinigt, namentlich auch das Chlorcalciumrohr frisch gef üll
werden, wonach dann frische Materialien in gleicher Weise untersuch
werden, um die Gewissheit zu erlangen, dass sie frei von Arsen sind
Nachdem dies erwiesen ist, wird die saure Flüssigkeit, welche auf Arsen
säure oder arsenige Säure untersucht werden soll, nöthigenfalls nacl
und nach, damit die Entwickelung momentan nicht zu rasch wird, durcl
das Trichterrohr in den Wasserstoffapparat gebracht, nachdem zuen
das Rednctionsrohr vor der ersten Verengung zum lebhaften Glühen ge
bracht ist. Man erhitzt nun bald eine der folgenden Stellen der Rohre]
vor einer Verengerung allmälig, damit wenn sich an der ersten Stell
ein hinreichend starker Arsenspiegel gebildet hat, man hier die Lamp«
entfernt, nachdem die zweite Stelle in lebhaftes Glühen gebracht ist
worauf dann sich auch hier ein Metallspiegel abscheidet So kann man
wenn hinreichend Arsen vorhanden ist, an jeder der engeren Stellei
des Rohres einen Arsenspiegel erhalten, der sich nach gänzlicher Voll
endung des Versuchs, durch Abschneiden und Zuschraelzen der Röhn
an der betreffenden Stelle, prüfen oder aufbewahren lässt Da aber wäh
rend des Glühens leicht ein Theil Arsenwasserstoff unzersetzt entweicht
0 Otto hält es iür nöthig, wenigstens die vordere HälÄc oder das gan«e Rohr
mit Kalihydrat zu füllen, um alle Säure zurückauhalten , damit sich nicht durcl
überspritzende Schwefelsäure aus dem Chlorcaicium Salznäare entwickeln kann.
bei gerichtlichen Untersuchungen. 231
to kann man das ans dem glühenden Bohr entweichende Gas an der
Spitse deft Rohre« anzünden und hält dann in die bei Gegenwart von
Arsen meistens bläulichweisse Flamme echtes Porcellan ; man nimmt hier-
ca nur kleine Schalchen oder kleine passende Porcellanscherben und
wechselt diese so oft sich ein' hinreichend starker Fleck gebildet hat,
am mit jedem der Flecken eine andere Reaction machen zu können.
Vollatandiger noch als in der angegebenen Weise hält man die durch
daa glöhende Bohr entweichenden Spuren von Arsen zurück, wenn man
daa ans dem erhitzten Rohr tretende Gas in verdünnte Silberlösung leitet,
der man nothigenfalls, sobald alles Silber abgeschieden sein sollte, et-
was einer conpentrirten Silberlösung zusetzt Der so erhaltene Metall-
SfHegel and die Silberlösung enthalten bei pünktlicher Arbeit alles Ar-
sen; möglicherweise kann der Spiegel auch, wenn das Antimon nicht
dnreh passende Behandlung vorher abgeschieden war, Antimon neben Ar-
sen enthalten, oder gar nur aus Antimon bestehen; doch ist die (S. 236
tu folgende zu beschreibende) Unterscheidung beider Körper leicht und
sicher. Wesentlich zum Gelingen des Versuchs ist cf, dass die saure
Arsenlösong, wie man sie in den Mars h'schen Apparat brachte, keine
Salpetersäure oder kein freies Chlor enthielt; bei Anwesenheit von Salz-
saure bilden sich leicht dem Arsen ähnliche Flecke von Zink; die Ge-
genwart Ton Quecksilbersalzen und wahrscheinlich auch von anderen
Metallsalzen verhindert aber die Bildung von Arsenwasserstoff über-
banpi. Hierauf ist also die nöthige Bücksicht zu nehmen.
I>ie Beduction der Arsensäure lässt sich auch durch Kohle - be-
werkstelligen, wie ein solches Verfahren schon oben (S. 223) beschrie-
ben ist. Ebenso kann man die Niederschläge von arsenigsauren oder
axsensanren Salzen (Kalksalz oder Magnesia-Ammoniaksalz) • durch
Glühen mit überschüssigem, vorher für sich gut ausgeglühten Kohlen-
polver reduciren, wozu sich eine Bohre mit Kugel vollkommen eignet
Fig. 12.
Das in die Kugel gebrachte» möglichst trockene Gemenge wird durch
langsames Erwärmen von aller Feuchtigkeit befreit, und nachdem diese
durch Erhitzen oder mittelst Papier aus dem Böhrchen vollständig ent-
finnt ist, bis zum hellsten Glühen erhitzt. Der hierbei erhaltene Arsen-
«piegel ist. vollkommen frei von Antimon.
Statt der Kohle könnte man zu dieser Beduction, nach Otto's
Vorschlag, wohl zweckmässig das Gemenge von Cyankalium und kohlen-
ssarem Natron anwenden; jedenfalls ist aber die oben beschriebene
Bedaction auf nassem Wege mittelst Wasserstoffgas einfacher und
sicherer.
Das Arsen kann nun auch unmittelbar aus dem Schwefelarsen
abgeschieden werden, und solche Methoden werden zuweilen deshalb
vorgezogen, weil das Arsen in der Begel doch zunächst als Schwefel-
arsen erhalten wird.
Berzelius wandte hiebei folgendes Verfahren an: das Schwefel-
arsen wird zuerst in Ammoniak gelöst, wobei zugleich die Sulfide von
Blei, Kupfer, Quecksilber u. s. w. zurückbleiben, sowie der grössere
Theil von etwa vorhandenem Schwefelantimon (vollständiger bei An-
232 Arsen, Entdeckung und Abscheidung
Wendung von kohlensanrem Ammoniak, die Lösung wird in einem
kleinen Schälchen abgedampft und noch etwas feucht mit trockenem
kohlensauren Natron gemengt; man formt aus dem Gemenge Kügel-
chen oder besser kleine Cylinder, die man mittelst eines Glasstabes
bis an die Stelle d in eine Glasröhre c schiebt, welche, wie Fig. 13
zeigt, mit einem Wasserstoffapparat verbunden wird. Der in der Eni-
wickelungsflasche aus arsenfreien, vorher sorgfaltig geprüften Mate-
rialien entwickelte reine Wasserstoff geht zuerst durch das mit lockerer
Baumwolle geflillte Rohr a und das Chlorcalciumrohr b. Man lässt nun
Wasserstoffgas in einem massig starken und gleichmässigen Strom ent-
wickeln, erwärmt, sobald die atmosphärische Luft verdrängt ist, die
Substanz allmälig, um die Feuchtigkeit vollständig zu entfernen, und
Fig. 18.
'i;*'t*>r»3'?is*s^VA-.
erhitzt danach die Stelle d möglichst stark; das Arsen wird reducirt,
verflüchtigt sich und setzt sich bei k als ein schöner Arsenspiegel ab,
der danach weiter untersucht werden muss.
Dieses Verfahren hat, wie H. Rose angiebt, den Nachtheil, dass
hiebei nicht alles Arsen aus der Schwefel verbindung reducirt wird ; nach
ihm ist dieReaction hier nämlich folgende: ist ursprünglich Arsen sulfid,
As 83, vorhanden, so bildet sich beim Mischen mit kohlensaurem Natron
durch theil weise gegenseitige Zersetzung arsenigsaures Natron und sulf-
arsenigsaures Natriumsulfuret ; beim Erhitzen für sich verliert sowohl
die Sauerstoff- wie die Schwefelverbindung des Arsens ^/^ Arsen, indem
sie sich in Arsensäure und Arsenpersulfid verwandeln :
5 AsSs = 3 AsSs -|- 2 As und 5 A3O3 = 8 AsOj -|- 2 As.
Das abgeschiedene metallische Arsen verflüchtigt sich natürlich, zu-
gleich wird aus dem Sauerstoffsalz durch Einwirkung des Wasserstoffs das
Arsen vollständig reducirt und abgeschieden, während das Arsen im
sulfarsensauren Schwefelmetall (NaS.AsSj) hier keine Veränderung er-
leidet und fiir die Beobachtung verloren geht. Ist der Arsenverbindung
so viel Schwefel schon beigemengt, dass alles Arsen in Arsenpersulfid-
Natrium verwandelt werden kann^ so würde selbst gar kein Arsenmetall
verflüchtigt werden.
Ein anderer Verlust wird dadurch herbeigeführt, dass ein Theil
des reducirten Arsengases sich nicht in der Röhre absetzt, sondern mit
dem Wasserstoffgas fortgeht, und zwar, nach Fresenius, nicht damit
verbunden, sondern nur fein vertheilt in dem Gase, so dass es sich voll-
bei gerichtlichen Untersuchungen.
233
stSndig abli.gert, wenn man e8 doreb eine hinreichend lange Bohre, die
mit lockerer Baumwolle gefüllt ist, leitet.
Der Diicb diesem Verfahren erhaltene Metallfpiegel kann endlich anch
Antimon enthalten, welchen Metall »ich vom Arsenepiegel nach dem un-
ten (S. ^39) zn benchreibenden VeifahreD dnrch Ruccessive Einwirkung
Ton ScbwefelwasserstofT und Chlorwasserstoff unterscheiden und trennen
iiwt Dieser letrtere üebelstand, die Beimengung von metallischem Än-
timoD, l&sst sich nun vollständig vermeiden, wenn die Reduction statt
in Wasserstoffgas mit Gyankalium vorgenommen wird, und zwar nach
dem von Fresenius nnd v. Babo angegebenen Verfahren am besten
in einer Atmosphäre von Kohlensänregas. Beschreiben wir zuerst das
Verfahren. Nachdem das bei der ersten Fällung mit Schwefel w&sser-
Boffgas erhaltene, noch mit organischer Substanz gemengte Schwefel-
>nen mit Salpetersäure und Schwefelsäure behandelt, und die rd erhal-
l«ae L5sung nochmals mit SchwefelwasserstofTgas gefallt war, wird der
Niederschlag in wässerigem Ammoniak gelöst und die Lösung in einer
Force Ilan schale abgedampft ; aus dem Gewicht des trockenen Rückstandes
TonArsensulfidCAsSs) lässt sich, wenn es auch nicht absolut rein ist, das
Gewicht der gefundenen Menge von arseniger Säure doch annähernd be-
rechnen. Man mengt nnn in einer erwärmten Reibschale 1 ThL von diesem
trockenen Schwefelarsen mit 4 Thin. eines vollkommen trockenen Gemen-
^ von Li e big'schen Cyankaliam ('/4) und wftsserireiem kohlensauren
Nitren {*/*) ; das Gemenge wird nun rasch, ehe es Feuchtigkeit anzieht, in
^ Reductionsröhre (Fig. 1 4) gebracht, nnd zwar so, dass alles zi
Hg- W.
uderStellet'« liegt; die etwa 20 bis :iOCeiitimeter lange Röhre wird an
den KohlensäDre-EIntwickclungsapparat Fig. lö befestigt, in welchem die
ia A entwickelte Kohlensäure zuerst in B durch Schwefelsäure getrocknet
*ird und dann erst in die Reductionsröhre C tritt Die Kohlec
<nrd aus Marmor oder festem Kalkstein mittelst Salzsäure entwickelt,
iti einen langsamen und gl c ich in äs.-^ igen Gasstrom zu erhalten; man
lüst das Gas durch ein Glas mit üüttügM Schwefelsäure gehen, um die
284 Arsen, Entdeckung und Abseheidung
Stärke des Stroms deatlich sehen zu können. Zweckmässig kann man
hier einen nach dem Princip der Wasserstoff-Feuerzeuge construirten,
immer in Bereitschaft stehenden Kohlensäure-Entwickelungsapparat an-
wenden, wie man solche Apparate von sehr verschiedener äusserer
Form besonders fiir Wasserstoffgas hat, und auch fiir Schwefelwasser-
stoffgas in Anwendung findet.
Das Gemenge von Schwefelarsen mit Gjankalium und Soda wird
nun in dem ganz langsamen Gasstrome zuerst durch schwaches Erwär-
men sergfaltig and aufs vollständigste ausgetrocknet, worauf, sobald
alle Feuchtigkeit aus der Bohre entfernt ist, bei starkem Glühen eine Re-
duction und Verflüchtigung von Arsen eintritt, welches sich dann in dem
vorderen Theil bei h (Fig. 1 4) metallisch absetzt, und, indem man mit der
Lampe gegen c fortrückt, gegen den verengten Theil der Bohre getrie-
ben und hier gesammelt werden kann. Sobald die Beduction vollen-
det ist, wird das Rohr bei i zugeschmolzen und durch Erhitzen der
Spitze alles Arsen bei h concentrirt, wodurch der Spiegel einen beson-
ders reinen Metallglanz erhält
Diese Beductionsmethode mit Cyankalinm in einer Kohlensäure-
Atmosphäre hat den grossen Yortheil, dass der Metallspiegel hier jeden-
falls ganz frei von Antimon ist; denn wenn der Schwefelniederschlag
Antimon enthält, so bleibt dieses, sowie auch Zinn, vollständig im Rück-
stand und kann beim Auflösen desselben leicht gefunden werden. Auf
der anderen Seite hat diese Methode auch mehrere Nachtheile, es ver-
flüchtigt sich namentlich selbst bei der grössten Vorsicht immer etwas
Arsen mit dem fortgehenden Kohlensäuregas, welches daher den be-
kannten Knoblauchgeruch zeigt; es entweicht um so mehr Arsen, je
stärker der Strom ist, daher man vor allem auf eine sehr langsame Gas-
entwickelung zu sehen hat Auch das Forttreiben des Arsenspiegels
von einer Stelle zur andern veranlasst immer einen geringen Verlust von
Arsen. Endlich wird aber auch hier, wie bei der Beduction in Wasser-
stoff, das Arsen nicht vollständig reducirt, indem ein Sulfosalz von
Arsenpersulfid mit Rhodankalium zurückbleibt, aus welchem das Arsen
durch Erhitzen nicht abgeschieden wird. Löst man diesen Bückstand
in Wasser und versetzt die Lösung mit Salzsäure, so scheidet sich das
Schwefelarsen ab. Man muss daher daftir sorgen, dass das Arsen als
Sulfid (As S3) und nicht alsPersulfid (AsSs) angewendet wird ; nament-
lich aber darf kein überschüssiger Schwefel beigemengt sein, weil dieser
beim Erhitzen Arsenpersulfid bildet, und so möglicherweise keine Spur
Arsen reducirt wird, während es doch in bemerkbarer Quantität in
dem Gemenge ist. Endlich müssen auch reducirbarc Metalle wie Blei,
Kupfer vorher abgeschieden sein, weil diese allerdings die Beduction
des Arsens nicht verhindern, aber indem sie selbst reducirt werden,
verbinden sie sich mit dem reducirten Arsen und verhindern dadurch
dessen Verflüchtigui^g vollständig (H. Böse ^).
Man könnte den grossen Vortheil dieser Methode, dass gar kein Anti*
mon verflüchtigt werden und sich dem Arsenspiegel beimengen kann, bei
Vermeidung der meisten Nachtheile beibehalten durch Abänderung dieses
Verfahrens in der Weise, dass man das Schwefelarsen durch Behandeln mit
Salpetersäure oxydirt, die Masse mit Schwefelsäure verdampft, um alle
Salpetersäure zu verjagen, und den Bückstand zuerst mit Natron neutra-
') Berl. Akad. Berichte 1868, S. 441; Pog^,^ Annal. Bd. XC, S. 193; Pharm.
Centralbl. 1853, S. 598; Jahresber. v. Liebig n. Kopp 1858, S. 667.
bei gerichtlichen Untersuchungen. 235
lüirt and abdampft, und nach dem vollständigen Austrocknen mit Cyan-
kaliom und Soda gemengt, wie angegeben, reducirt; der nach dem Glü-
hen bleibende Bückstand enthält hier alles Antimon, und wenn nicht Blei,
Kupfer und andere leicht rcducirbare Metalle vorhanden sind, kein
Arsen. Aber auch hier geht eine kleine Menge Arsen verloren, das
mit der Kohlensäure leichter entweicht als mit Wasserstoff. Wenn es
sich daher um Auffindung und Erkennung sehr kleiner Mengen von Ar-
KD handelt, so ist jedenfalls die Beduction der Arsenoxyde im Mar sh'-
schen Apparate der Beduction durch Cyankalium in Kohlensäure vor-
znnehen. Hat man aber reichlichere Mengen Schwefelarsenik erhalten,
n kann man dieses für sich oder nachdem es oxydirt ist, mit Cyankalium
and Soda mengen, und dann nach dem beschriebenen Verfahren, oder ohne
dne Kohlensäure- Atmosphäre durch £rhitzen für sich in einem Glasröhr-
cheomit Kugel von der Form der Fig. 16 und 17 reduciren ; man bringt
Fig. 16.
Fig. 17.
das Gemenge in die Kugel (Fig. 16), die aber nur zur Hälfle höchstens
g<^llt sein darf, reinigt das Böhrchen durch etwas Papier mit Hülfe
eines Drahts von allem Staub, trocknet durch gelindes Erwärmen und
nimmt die dabei im Böhrchen sich condensirende Feuchtigkeit sorgialtig
mit Papier fort, worauf das Gemenge bis zum Schmelzen und zum lebhaften
GIfihen, welches einige Zeit unterhalten werden muss» erhitzt wird; das
dabei durch Beduction gebildete Arsen verflüchtigt sich und setzt sich
im engeren Theil des Bohrs als Metallspiegel ab (Fig. 17), aber deut-
lich nur wenn hier keine Feuchtigkeit war. Sehr geringe Spuren Ar-
sen können hier allerdings verloren gehen, da ein kleiner Theil des
MetaUs sich durch die im Böhrchen enthaltene Luft oxydirt; nimmt
man ein nicht zu weites Bohr, so kann diese Menge nur äusserst gering
sein, da die geringe Luftmenge durch Erhitzen noch stark verdünnt ist.
Früher wurde zur Abscheidung des Arsens aus Schwefelarsen
dieses mit Kohle haltendem Alkali erhitzt; man nahm ein Gemenge
Ton Aetzkalk und Kohle, auf mechanischem Wege durch Mischen von
3 Thln. Kalk und 1 Thlr. Kienruss erhalten^, oder durch Glühen von wein-
Morem Kalk dargestellt; eben so fand der sogenannte schwarze Fluss
Anwendung, das Gemenge von kohlensaurem Kali mit Kohle und andere
ibnliche mehr. Man bringt das Schwefelarsen in die Spitze einer
Glaaröhrei vrie Fig. 8 (S. 223) zeigt, darüber das Kohle haltende Alkali
Bnd erhitzt sodann zuerst das Gemenge von Alkali und Kohle, dann das
Aisensnlfid. Ein Theil des letzteren geht leicht unredncirt durch das
Alkali fort und es ist daher die Beduction weniger vollständig, als bei
Cyankalium und Soda, weshalb die anderen Gemenge nicht leicht mehr
ia Anwendung kommen.
Man hat nun nach den beschriebenen Methoden zuerst alle or-
gsnische Substanz mehr oder weniger vollständig zerstört, darauf
236 Arsen, Entdeckung und Abscheidung
das Arsen als unlösliche Verbindung abgeschieden, und es dann end-
lich durch Reduction im reinen metallischen Zustand erhalten. Es
bleibt nur übrig, durch die Eigenschaften des Metallspiegels
nachzuweisen^ dass er wirklich Arsen ist oder enthält; er könnte näm-
lich, im Marsh' sehen Apparate dargestellt, bei Anwendung unreiner,
organische Substanz enthaltender Flüssigkeit noch Kohle enthalten;
bei Anwendung von Zink mit Salzsäure könnten die Flecken in der
Glasröhre auch von etwas Zink herrühren; war in der zu prüfenden
Flüssigkeit auch Antimon enthalten, so hat sich auch ein Antimonspicgel
gebildet. Der wesentliche Nachtheil der Reduction durch Wasserstoff
auf nassem Wege bei dem sogenannten Marsh'schen Verfahren be-
steht nämlich darin, dass Antimonoxyd hierbei ganz analog den Arsen-
oxyden in Antimonwasserstoffgas (Ha-Sb) verwandelt wird, welches
sich beim Erhitzen wie beim unvollständigen Verbrennen genau wie
jenes zersetzt unter Abscheidung eines Antimonspiegels; glücklicher-
weise ist es nicht schwer, diesen durch seine Beactionen mit der grosflten
Sicherheit von dem ähnlichen Arsenspiegel zu unterscheiden, auch wenn
beide neben einander sich gebildet haben.
Mag der Metallspiegel nun Antimon enthalten können, oder mag
er nach seiner Darstellung schon absolut frei davon sein, immer muss
man durch Hervorbringung der charakteristischen Reactionen des Arsens
ihn als solches nachweisen. Wir wollen nun zuerst die Eigenschaften
und Reactionen, welche sich beim Untersuchen des reinen Arsenspie-
gels ergeben, beschreiben.
Der Arsenspiegel ist stark glänzend schwarzbraun oder braunscbvirarKi
an den nicht zu dicken Stellen gegen ein weisses Papier gehalten, ist
er vollkommen durchscheinend braun. Der Arsenspiegel hat sich in
der Röhre nur hinter der erhitzten Stelle (der Richtung des Gaa-
stromes nach) abgelagert, und zwar wegen seiner Flüchtigkeit nicht
unmittelbar an dieser ; wegen der Flüchtigkeit entweicht auch ein Theil
des Gases mit dem Wasserstoff, und beim Anzünden des knoblanchartig
riechenden Gases werden auf Porcellan Metallflecke erhalten; diese
Flecke sind schwarzbraun, oder in sehr dünnen Schichten braun bis
hellbraun.
Wird das Glasrohr an der Stelle, wo sich der Arsenspiegel befindet,
abgeschnitten und hier in einer kleinen Lampe erhitzt, so zeigt sich die
Färbung der Flamme, und namentlich der starke unverkennbare Knob-
lauchgeruch.
Werden die Theile des Glasrohrs, in welchen sich der MetalLspie-
gel zeigt, abgeschnitten und in einem engen Reagensrohr erhitzt, so ver-
flüchtigt der Spiegel sich leicht und vollständig, und in dem Reagensrohi
findet man ein weisses, im Sonnenlicht glänzendes kry stall inisches Subli-
mat, welches auch unter derLoupe deutliche Kryställchen zeigt; es l5s(
sich in kochendem Wasser, besonders bei Zusatz von etwas Salzsäure odei
von Ammoniak, und die saure Lösung giebt mit Schwefelwasserstoff ei-
nen rein gelben, in Schwefelammoninm oder auch in reinem Ammoniak
leicht löslichen Niederschlag.
Der Arsenspiegel löst sich sehr leicht beim Befeuchten mit wenigen
Tropfen einer alkalischenLösung von unterchlorigsaurem Natron, wel-
ches durch Einleiten von Chlor in kohlensaures Natron erhalten w^ar.
aber kein freies Chlor enthalten darf (weil dadurch auch Antimon ge-
löst würde). Die so erhaltene Lösung kann nach dem Ansäuern mit
bei gerichtlichen Untersuchungen. 237
Schwefelwasserstoffgas gefallt werden, oder man kann die darin enthal-
tene Arsensänre als Magne^iasalz abscheiden (8. unten).
Die Arsenflecke lösen sich beim Betupfen mit Salpetersäure von
1,2 bis 1,3 leicht auf schon in der Kälte , oder bei ganz gelindem Er-
wärmen ; auf Znsatz von salpetersaurem Silberoxyd entsteht bei vor-
sichtiger Neutralisation mit Ammoniak ein gelber, in Salpetersäure
and in Ammoniak oder auch in Essigsäure löslicher Niederschlag von
inenigsaurem Silberoxjd. Wird die Lösung in Salpetersäure stärker
erhitzt, so^wird durch salpetersaures Silberoxyd bei Neutralisation mit
Ammoniak ein rothbranner, oder auf Zusatz von Weinsäure mit über-
schoBdigem Ammoniak und schwefelsaurer Magnesia ein weisser kry-
stollbischer Niederschlag von arsensaurem Salz erhalten.
Wird das Arsenwasserstoflfgas in gelöstes Salpeter sau res Silberoxyd
gleitet, so fallt Silber nieder und in der Lösung istjetztfreie'arsenige
Säure neben freier Salpetersäure und übersciiüssigem salpetersauren
Sflberoxyd; auf Zusatz von Ammoniak scheidet daher das Filtrat gelbes
vsenigsaures Silberoxyd aus. Aus der sauren Lösung kann nach Ab-
Kheidang des Silbersalzes durch Salzsäure das Arsen auch durch
Schwefelwasserstoff* gefallt und erkannt werden.
Wenn der Arsenspiegel in einer Porcellanschale mit einem Tropfen
Sehwefelammonium befeuchtet und dieses darauf in sehr gelinder Wärme
ihgedampft wird, so bildet sich gelbes Schwefelarsen, welches sich bei
Zotttz von wenig Salzsäure, selbst wenn man diese in gelinder Wärme
daranf verdampfen lässt, nicht verändert, sich aber schnell in wässeri-
gem and in kohlensaurem Ammoniak vollständig löst Hat man den
AzKiupiegel in einem Glasrohr, so leitet man trockenes Schwefelwasser-
itoffgas diurüber, indem man zugleich in der dem Gasstrom entgegenge-
setzten Richtung nach und nach vorrückend den Spiegel mit einer klei-
nen Lampe erwärmt ; es bildet sich hier gelbem Arsensulfid , welches
dnrch einen Strom trockenen Salzsäuregases sich nicht verändert.
Uebergiesst man den Arsenspiegel mit etwas Salzsäure und setzt
^uiige Körnchen von chlorsanrem Kali zu, so löst sich der Metallspiegel
leieht schon in der Kälte; fügt man nach schwachem Erwärmen nun
etwas W^einsäure und überschüssiges Ammoniak . hinzu , so giebt die
Uare Losung auf Zusatz von schwefelsaurer Magnesia einen krystalli-
ovchen Niederschlag von arsensaurem Magnesia- Ammoniak. Die an-
gefahrten Reactionen sind jedenfalls schon ausreichend, das Arsen un-
^eifelbaft als solches zir constatiren. Ausserdem kann man auch noch
folgende Reactionen machen, namentlich mit den in einzelnen Porcellan-
^Ichen oder auf Porcellanscherben hergestellten Arsenflecken.
Legt man ein Stuck feuchtenPhosphor auf ein Uhrglas oder Schale,
1^ die Bildung von Ozon zu veranlassen, und deckt dann ein Schälchen
BQt einem Arsenfleck so darüber, dass das entstehende Ozon auf das
^nea wirken kann, so wird' der Metallfleck in wenigen Stunden ver-
lehwnnden sein durch Oxydation des Arsens; die Stelle, an welcher
^ Arsen befand, wird nun feuchtes Lackmuspapier röthen. Bringt
"^ einen Tropfen Brom in ein kleines Gefass, welches man mit der
^hale bedeckt, so färbt sich der in der letzteren enthaltene Arsenfleck
"^ citrongelb ; beim Aussetzen an die Luft wird er schnell durch Zer-
^ng farblos und giebt dann mit Schwefelwasserstoffgas einen gelben,
«» Ammoniak leicht löslichen Fleck.
Lässt man Joddampf in ähnlicher Weise wie den Bromdampf auf
238 Arsen, Entdeckung und Abscheidung
den Araenspiegel einwirken, so wird der Fleck bald hell gelblichbraun^
an der Lnil wird er zuerst gelbbraun und verschwindet bei längerem
Aussetzen; durch Einwirkung von Schwefelwasserstoff bildet sich dann
sogleich gelbes Schwefelarsen. Eine concentrirte Lösung von jod-
saurem Kali färbt die Arsenflecke zuerst zimmtbraun und löst sie
dann schnell.
Eine Lösung von Nitroferrocyankalium löst dagegen den
Arsenspiegel nicht
Antimon verhält sich in vielen Beziehungen dem Arsen sehr
ähnlich, namentlich aber zeigt der Antimonwasserstoff in Bezug auf
Bildung beim Hineinbringen von Antimonoxyden in den Wasser-
stoffapparat, wie in seinem Verhalten beim Erhitzen für sich, und beim
unvollständigen Verbrennen, unglücklicherweise dasselbe Verhalten, und
man kann daher, da Antimonpräparate, namentlich das weinsanre
Antimonoxyd-Kali, der Brech Weinstein , als Arzneimittel gebraucht
werden, bei einer gerichtlichen Untersuchung nach der angegebenen
Behandlung im Wasserstoffapparat einen Metallspiegel erhalten, der nur
Antimon ist, und in diesem Fall zeigt er folgende Eigenschaften.
Der Antimonspiegel findet sich, da das Antimon wasserstoffgas leichter
zersetzbar als Arsenwasserstoff und das Antimon weniger fluchtig als
Arsen ist, nicht bloss hinter, sondern auch vor der erhitzten Stelle
und nahe an derselben. Die Flecke sind, wo sie am heissesten wur-
den, mehr weiss, und zeigen hier unter der Lonpe selbst kleine ge-
schmolzene Metallkü gelchen ; weiterhin ist der Spiegel in dünnen Schich-
ten auch wohl bräunlich, ohne aber einen zusammenhängenden glänzend
braunen Ueberzug zu bilden.
Das Antimon lässt sich schwieriger als Arsen im Wasserstoffgaa-
Strom verflüchtigen; bei einem starken Grasstrom verflüchtigt es sich
jedoch auch; zuerst aber verändert der Metallspiegel beim Erhitsen
sein Ansehen, indem das Antimon zu kleinen weissen, unter der Loupe
glänzenden Metallkügelchen zusammenschmilzt; das entweichende Gas
bleibt dabei ganz geruchlos. Bei der unvollständigen Verbrennang
von Antimon wasserstoffgas- werden auf Forcellan mehr sammetschwarze,
nicht glänzende Flecke erhalten, die nur, wenn sie sehr dünn sind,
Glanz haben, aber dabei eisenschwarz oder dnnkelgraphitfarbig^
und am äussersten Rande bräunlich-grau erscheinen.
Beim Erhitzen des Metallspiegels in einer Lampe bei Zutritt der
Luft zeigt sich kein Geruch; beim Erhitzen in einem weiten Glasrohr
zeigt sich ein glänzendes Sublimat, welches weder in Wasser noch in
Ammoniak löslich ist, sich aber leicht in Salzsäure löst und dann mit
Schwefelwasserstoff einen orangerothen Niederschlag giebt, der sich
kaum in Ammoniak löst.
Unterchlorigsaures Natron, welches kein freies Chlor ent-
halten darf, löst den Antimonspiegel nicht.
Salpetersäure von 1,2 bis 1,3 macht auch den Antimonfleck
verschwinden. Die Flüssigkeit lässt aber das ungelöste Antimonoxyd
durch die. Trübung erkennen, wenn seine Menge nicht zu gering ist;
die saure Flüssigkeit giebt, mit salpetersaurem Silber versetzt und mit
Ammoniak neutralisirt, keine Reaction ; Schwefelwasserstoff giebt in der
Flüssigkeit einen orangerot|;ien , in wässerigem und auch in kohlensan*
rem Ammoniak nicht merkbar löslichen Niederschlag.
Wird Antimon wasserstoffgas in die Lösung von Salpeters aurem
bei gerichtlichen Untersuchungen. 239
Silberoxyd geleitet, so wird es zersetzt, es fiillt metallisches Silber und
daneben alles Antimon nieder, so dass das Filtrat keine Spnr Antimon
enthalt, und nach Abscheidang des überschüssigen Silbersalzes daher
nicht durch Schwefelwasserstoffgas verändert wird.
Schwefelammonium auf einen Antimonfleck gebracht . und
damit erwärmt, hinterlässt beim Verdampfen rothes Schwefelantimon;
betopft man dieses mit einem Tropfen starker Salzsäure, so verschwin-
det beim Verdampfen der Fleck leicht und vollständig, oder es bleibt
höchstens, wenn die Säure zu wässerig war, etwas weisses Antimonoxyd
siirnck. Wird der Antimonspiegel zuerst mit trockenem Schwefel-
wasserstoff gas bei schwachem Erwärmen behandelt, so bildet sich
rothes Schwefelantimon, welches, in ganz trockenem Salzsäuregas
ichwaeh erwärmt, sich vollständig verflüchtigt als Antimonchlorid und
Schwefelwasserstoff. War das Chlorwasserstoffgas nicht ganz trocken,
30 bleibt wohl ein Haucl^ von weissem Antimonoxyd zurück.
In der Kälte wirkt Salzsäure nach Zusatz von wenig chlor-
sanrem Kali nicht merkbar auf den Antimonspiegel ein; beim Er-
wärmen lost sich das Metall leicht; nach Zusatz von Weinsäure und
Ammoniak bringt schwefelsaure Magnesia in der klaren Lösung kei-
Doi Niederschlag hervor.
Man sieht, dass Arsen- und Antimonspiegel, so ähnlich sie sich
sind, doch auch sehr abweichende Eigenschaften zeigen; das Verhalten
der Metallspiegel beim Erhitzen för sich, der Unterschied der Lösung
in Salpetersäure, das abweichende Verhalten gegen unterchlorigsaures
Natron, sowie bei der auf einander folgenden Behandlung mit Schwefel-
ammoniam oder Schwefelwasserstoff und Salzsäure, sowie die Ver-
schiedenheit in Bezug auf das Verhalten der gasförmigen Wasserstoff-
verbindnngen gegen gelöstes salpetersaures Silberoxyd, das alles sind
Unterschiede, welche so bestimmt sind, dass eine Verwechselung von
Aotimon und Arsen nicht möglich ist; am wenigsten sicher können die
beiden Metalle, als spiegelnde Ueberzüge in Glasröhren oder auf Por-
oellan erhalten, nach der Farbe unterschieden werden.
Weitere Unterschiede fiir die beiden Metalle sind nnr noch nach-
gehende: In einer Atmosphäre von Ozon, durch Phosphor bei gewöhn-
licher Temperatur gebildet, oxydirt sich das Antimon äusserst langsam
exBt nach mehreren Tagen; an der Stelle, wo sich das Oxyd befindet,
wird Lackmuspapier nicht geröthet; Bromdampf färbt das Antimon
schnell, rascher noch als Arsen; der orangerothe Fleck verschwindet
bald an der Luft; auf Zusatz von Schwefelwasserstoff zeigt sich dann
eine orangerothe Färbung, aaf welche wässeriges Ammoniak nur äusserst
bagsam einwirkt. In etwas Joddampf färbt sich der Antimonfleck
armeliterbrann; die Farbe wird an der Luft orange, aber verschwindet
Mich nach längerer Zeit nicht; Schwefelwasserstoff giebt wieder die
rothe f^bung.
eine Lösung von jodsaurem Kali greift den Antimonspiegel
selbst nach mehreren Stunden nicht an.
Kitroprussidkalium löst dagegen Antimonflecken leicht auf.
In manchen Fällen wird man es mit einem Metallspiegel zu thun
kaben, der gleichzeitig Arsen und' Antimon enthält; hier ist nach den
Versuchen von Pettenkofer und von Fresenius es am zweckmässig-
sten, den in der Glasröhre enthaltenen Metallspiegel zuerst in einem
inaserst langsamen Strom von trockenem Schwefelwasserstoffgas wenig
240 Arsen, Entdeckung und Abscheidung etc.
zu erwärmen ; man sieht hierbei oft schon im vorderen Theil der Bohre
gegen die Oeffnung zu schwarzes oder orangerothes Schwefelanttmon und
weiterhin gelbes Schwel'elarsen ; leitet man nun ganz trockenes Chlor-
wasserstofigas über diese Schwefelmetalle ^ so zersetzt sich auch ohne
Erwärmen das Antimonsulfid und verschwindet vollständig; das dabei
entweichende Chlorantimon kann in Wasser aufgefangen und weiter
geprüft werden; das Schwefelarsen, durch die Salzsäure nicht ver-
ändert, bleibt vollständig in der Bohre zurück.
Man kann auch bei Gegenwart beider Metalle die Wassentoff-
Verbindung in eine verdünnte Lösung von salpetersaurem Silberoxyd
leiten, wobei dann alles Antimon sich mit dem Silber niederschlägt,
während alles Arsen in Lösung bleibt.
Löst man das Gemenge beider Metalle in Salzsäure unter Zusatz
von chlorsaurem Kali in der Wärme, so wird nach Zusatz von Wein-
säure, welche die Fällung von Autimonsäure «erhindert, beim Zusetzen
von hinreichend Ammoniak und schwefelsaurer Magnesia alle Arsen-
säure in dem Doppelsalze niederfallen, während die Antimonsaure voll-
ständig in Lösung bleibt
Am zweckmässigsten erscheint es bei Untersucliung auf Arsen, den
unreinen, beim ersten Fällen der Metalllösung mit Schwefelwasserstofl
erhaltenen Niederschlag, zum Beinigen von organischen Substanzea
mit salpetersaurero und kohlensaurem Natron zusammen zu schmelzen
(s. S. 226), indem hier alles Antimon als antimonsaures Natron zu-
rückbleibt, das für sich untersucht werden kann, während die Losung
dann reines arsensaures Natron enthält.
Nach der bei der Wichtigkeit des Gegenstandes für den Chemiker
besonders fUr den Pharmaceuten, der so häufig berufen ist, hier als Ge
hülfe des Bichters zu wirken, nothwendigerweise ausfuhrlich gegebenei
Behandlung desselben ist also die Aufgabe bei einer solchen legalei
Untersuchung auf Arsenik, falls dieses sich nicht schon mechai^iscl
trennen lässt, zuerst die organische Substanz zu zerstören, an
leichtesten in der Begel auf nassem Wege durch die Behandlang mi
Salzsäure und chlorsaurem Kali , zuweilen auf trockenem Wege dnrcl
Schmelzen mit Soda und Salpeter; dann weiter die Abscheiduni
des Arsens durch Einwirkung von Schwefelwasserstoff und di(
Beinigung des Niederschlags, wenn er noch organische Substan:
enthält, durch Salpetersäure und Schwefelsäure oder Schmelzen mi
salpetersaurem und kohlensaurem Alkali. Die erhaltene rein
Arsenverbindung ist endlich, wenn man ein Arsenoxyd hat, au
nassem Wege durch Einwirkung von Wasserstoffgas, oder auf trockenen
Wege durch Cyankalium oder Kohle zu reduciren, oder das Schwefel
arsen durch Cyankalium oder mit Hülfe von Wasserstoff zu zersetze!
Endlich ist der Metallspiegel genau auf seine Eigen sc hafte:
zu prüfen und namentlich die Unterscheidung von Antimo!
zu berücksichtigen.
Hat der Chemiker nun hiemach bei einer gerichtlichen Untei
snchung Arsen dargestellt und seine Eigenschaften erkannt, so hat e
neben dem ausführlichen, den Gang der Untersuchung hinreichend g^
nau angebenden Bericht einen Metallspiegel in einem zugeschmolzeno
Glasröhrchen, so wie, wenn es möglich ist, einen Best von Schwefelarsen und
wenn es nicht verbraucht, den Theil der ursprünglichen Substanz^ de
im Anfang zurückgestellt wurde, dem Bichter zu übergeben, erster
Arsen, gediegen. — Arsenbromid. 241
Proben als Beweismittel, das letztere um eine Controle durch einen
anderen Chemiker möglich zu machen. p^
Arsen, gediegen, findet sich in grösserer Menge an ver-
schiedenen Orten des sächsischen und böhmischen Erzgebirges, dann zu
Andreasberg am Harz, Kapnik in Siebenbürgen und einigen anderen
Orten. Bildet traubige , nierenf örmige , kugelige und krumroschalige
Massen von feinkörnige^ bis dichter Structur, seltener mehr oder weni-
ger undeutliche rhomboedrische Krystalle. Im frischen Zustande licht-
bleigrau, an der Luft aber sehr bald graulichschwarz anlaufend.
Chemische Eigenschaften ganz wie die des künstlich dargestellten Ar-
sens, nur durch einige zufällige Beimengungen modificirt. Th, S,
Arsenantimon s. Antimonarsen S. 62.
Arsen blende. Unter dieser Benennung kann man die natür-
lich vorkommenden Schwefelverbindungen des Arsens zusammenfassen.
Bothe Arsenblende, Bealgar = AsSa, Arsensulfür (s.d.).
Kommt, namentlich zu Kapnik und Fehöbanya, in schön ausgebildeten,
morgenrothen Krystallen monoklinoSdrischer Gestalt vor. Strich pome-
nnzengelb. Die dem Lichte ausgesetzten Krystalle zerfallen allmälig
a Pnlver.
Gelbe Arsenblende, Auripigment, Operment, Bausch-
gelb = AsSg, Arsensulfid. Von rhombischer Krystallform, citron-
gelber bis pomeranzengelber Farbe und gleichfarbigem Strich. Am
häufigsten in breitstängligen und blätterigen Aggregaten. Ebenfalls zu
Kapnik und Felsöbanya, sowie an einigen anderen Fundorten vorkom-
mend.— Di morphin, nach Scacchi eine in zwei verschiedenen Kry-
stallformen auftretende Schwefelarsen - Verbindung, welche hinsichtlich
fltres Schwefelgehaltes zwischen Arsensulfür und Arsensnlfid steht und
▼ielleicht As^Sg ist. In äusserst kleinen Krystallen als Sublimations-
product auf Gesteinsklüften der Solfatara bei Neapel. Pomeranzengelb,
^rk glänzend, durchscheinend bis durchsichtig. Th, S,
Arsenblüthe. Arsenikblütlie. Arsenit. Arsemc oxyde.
— Oxyd of Äraeräc; Ärsemcbloom, Ein seltenes Mineral, meist in nadel-
Bod haarf önnigen Krystallen, auch massig, mit kugeliger und traubiger
Amsenlläehe und selbst als erdiger Beschlag vorkommend, äusserst
aelten in E^rjstallen (regulären Octaedem). Es ist mehr oder weniger
f^ine arsenige Säure, ist weiss bis graulichweiss, nur zufällig gelb,
nth oder grün, durchscheinend, glas- bis seidenglänzend, hat ein
specif. Gewicht = ^5,69 bis 3,71 und ist härter als Gyps. Es zeigt
alle Eigenschaften der arsenigen Säure. Es findet sich meist nur als
Verwittemngsproduct in älterem und jüngerem Gebirge und in alten
Gnibengebäaden, so zu St Andreasberg, Mariakirch, Kapnik in Ungarn,
fiteber bei Hanau u. s. w. • Fe.
Arsenbromid, ArsenbromürrAsBrg. Von Serullas zuerst
^rgestellt. Man kennt von den Verbindungen des Arsens mit den Haloge-
nen bis jetzt nur die der arsenigen Säure entsprechenden Verbindungen.
Das Arsenbromid wird dargestellt durch Eintragen von pulverisir-
t^ metallischen Arsen in Brom, so lange man noch eine Feuererschei-
Dnng wahrnimmt, der Bückstand wird der Destillation unterworfen,
nan<i«örterbach der Chemie 2tc Aud. DU. II. \Q
242 Arsenchlorid,
wobei das Araenbroroid als eine farblose Flüssigkeit, welche bald er-
starrt, übergeht.
Es besitzt bei gewöhnlicher Temperatur eine butterartige Consi-
stenz, Pchmilzt bei iO» bis 25^0. und siedet bei 2200C.; durch Wasser
wird es in BromwasserstoflTsäure und arsenige Säure zerlegt (S er Ul-
las) 0. iJ'L,) SchL
Arsenchlorid, Arsenchlorür, Arsenikbutter, ätzendes
ArsenikÖl: AsGla.
Die Einwirkung des Chlors auf Arsen ist sehr heftig, Arsen ver-
brennt im Chlorgas. Zur Darstellung des Arsenchlorids bringt man
das Arsen in eine tubulirte Retorte und leitet unter Erwärmen tro-
ckenes Cblorgas darüber, es verbrennt nun mit schwacher weisser
Flamme zu Chlorid, welches durch Erhitzen in die angelegte Vorlage
übergetrieben wird, durch wiederholte Rectiücation über gepulvertes
Arsen erhält man es frei von Chlor. Auch durch Destillation von
Quecksilberchlorid mit Arsen (6 Thle. und 1 Thl.), sowie eines Ge-
menges von arseniger Säure mit Kochsalz und Schwefelsäure kann es
erhalten werden. Letztere Methode liefert jedoch ein mit Chlorwasser-
stoffsäure und Wasser vermengtes Product, durch Destillation mit con-
centrirter Schwefelsäure lässt es sich vom Wasser befreien, von der
Salzsäure ist es nicht zu trennen^).
Das Arsenchlorid ist eine farblose, Ölige Flüssigkeit, welche bei
— 29^ C. noch nicht erstarrt, bei 0^ C. ein specif. Gewicht von 2,05
hat, und bei 134^ C. siedet (Pierre), das specif. Gewicht des Dampfes
ist = 6,3 (Damas); 1 Vol. Chlorarsen enthält daher 0,5 Vol. Arsen
gas und 1,5 Vol. Chlorgas. Es ist sehr giftig, verdunstet allmälig an
der Luft, indem es weisse Dämpfe ausstösst. Mit wenig AlkolioL
Aether, mit flüchtigen und auch mit fetten Oelen lässt es sich ver-
mischen, Harze löst es, mit viel Wasser längere Zeit in Berühning oder
damit erwärmt, wird es zerlegt in arsenige Säure, welche sich grossten-
theils ausscheidet, und als weisses Pulver zu Boden sinkt, und Salzsäure«
Durch die gleichzeitig gebildete Salzsäure wird ein TheÜ des Arseniks
in Lösung erhalten. Mit viel wässeriger Salzsäure erhitzt, destillirt das
Arsenchlorür mit den Dämpfen derselben über, daher ist Salzsäure mit-
telst arsenhaltiger Schwefelsäure dargestellt immer arsenhaltig. Unter
100^ C. verflüchtigt sich nur sehr wenig Arsenchlorid (Disting). Man
hat auf $lie Flüchtigkeit des Chlorarsens ein Verfahren gründen wollen,
Arsen bei gerichtlich chemischen Untersuchungen nachzuweisen (siebe
Arsen, Ausmittelung bei Vergiftungen). Phosphor und Schwe-
fel lösen sich in dem Arsenchlorid in der Wärme auf und krystalli-
siren daraus beim Erkalten unverändert.
Arsenchlorid- Ammoniak: 2 As €13 -f-7NH3(H. Rose') oder
vielleicht 2(A8G-1NH) + 4Nif4€l + NH« (Pasteur*).
Diese Verbindung wird dargestellt durch Einleiten von trockenem
Ammoniakgas in Arsenchlorid, welches das Gas reichlich absorbirt
(Persoz, H. Rose*). Es bildet sich ein weisser starrer Körper, der
in Weingeist und Wasser löslich ist und unverändert daraus krystallisirt.
*) Annal. de chim. et de pbys. [2.] T. XXXVIII, p. 319. — ») Pharm CentralbL
1868, S. 64. — ») Pogg. Annal. Bd. LH, S. 62. — *) Annal. d. Chem. u. Pharm.
Bd. LXVIII, S, 307. — ») Annal. de chim. et de phys. [2.1 T. XLIV, p. 320:
Pogg. Annal. Bd. LII, S. 62.
Arseneisen. — Arsenerze. 243
Abweichend von Rose nimmt Pasten r an, dass der Körper als
eine Verbindung von Chlorarsenimid (AsHNGl) mit Salmiak und
Ammoniak anzusehen sei, wie obige Formel es angiebt; beim Erhitzen
zersetzt, soll zuerst Ammoniak entweichen, worauf bei weiterem Erhitzen
der Backstand vollständig sich verflüchtigt; im Sublimat lassen sich die
Würfel von Chlorammonium erkennen.
Bei Behandlung mit heissem Wasser zersetzt sich das Arsenchlorid-
Ammoniak, es entweicht Ammoniak und die Lösung enthalt arsenige
Sänre und Salmiak. Mit kaltem Wasser Übergossen, erwärmt sich die
Verbindung, es entweicht Ammoniak, und bei freiwilligem Verdunsten
der Losung krystallisiren sechsseitige Tafeln, d^ren Zusammensetzung
= AsjCINHjOt = AsGlNH + AsOa + 4H0, also als eine Ver-
bindung^ von Chlorarsenimid mit arseniger Säure und Wasser angesehen
werden kann. Durch Behandlung mit concentrirtem Ammoniak ver-
wandelt sich diese Verbindung in eine harte, aus langen sechsseitigen
Tafeln bestehende Masse, welche neutrales arsenigsaures Ammonium-
oxyd (NH4O.ASO3) ist, das sich in Lösung, noch schneller in festem
Zustande unter Verlust des meisten Ammoniaks rasch zerlegt (Pa-
itenr). (J.X.) SchL
Arseneisen, Arsenosiderlt. Nach den Analysen von
Hoffmann, Meyer, Karsten, Scheerer, Weidenbusch und II-
ling hat es sich herausgestellt, dass zwei Verbindungen dieser Art in
der Natnr vorkommen, nämlich Fe4As3 und Fe As.
Das Arseneisen Fe4As3 (gleich Fe^As^ oder Fe^As -|- 2 Fe As)
kommt zu Beichenstein in Schlesien vor. Es pflegt durch etwas Arsen-
kiea verunreinigt zu sein, wodurch es einen kleinen Schwefelgehalt
erhält, der bei einigen Analysen gegen 2 Froc. betrug.
Das Arseneisen, Fe Asg (gleich FeAs^), findet sich auf dem Säter-
berg (Modum) in Norwegen und zu Schladmig in Steiermark. Beide
ehemisch verschiedene Arten des Arseneisens haben ein und dieselbe
Krystallform, ein rhombisches Prisma von etwas über 122<^. Wenig-
stens ist dies in Bezug auf das Beichensteiner und Schladmigef Arsen-
eiien ausgemacht; die Krystallform des Modumer Arseneisens Hess sich
bisher nicht genau bestimmen. Ein eigenthümlicher Umstand findet in
Betreff der specifischen Gewichte dieser Mineralien statt. Specif. Ge-
wicht 1) des Beichensteiner Arseneisens =7,00, Breithaupt; 2) des
Modamer Arseneisens = 7,09, Scheerer, 7,22 Breithaupt; 3) des
Scbladmiger Arseneisens = 8,70, Weidenbusch. *Die beiden che-
misch gleich zusammengesetzten Verbindungen von Modum und Schlad-
mig haben hiernach sehr verschiedene Dichtigkeit, während die beiden
VKschieden zusammengesetzten von Beichenstein und Modum fast ge-
nau gleiche specifische Gewichte besitzen. Um diese Thatsachen fest-
nitlellen, werden jedenfalls erneuerte Untersuchungen erfordert. —
Li den meisten äusseren Eigenschaften stimmen Arsen eisen und Arsen-
kies fast völlig mit einander überein. Th, S*
Arsenerze. Damit wollen wir hier nur solche natürlich vor-
kommende Arsenverbindungen bezeichnen, aus welchen das Arsen und
ananige Saure im Grossen — und zwar nicht als Nebenproduct —
gewonnen werden;
16*
244 Arsenfahlerze. — Arsenglas, rothes.
Gediegenes Arsen == As,
Arseneisen, erste Art = 2 Fe As -f- Fe^As,
Arseneisen, zweite Art = FeAs,
Arsenkies = FeAs -(- FeSj.
Als Nebenproduct, zugleich mit anderen darin vorkommenden
nutzbaren Metallen, werden Arsen und Arsenik hüttenmännisch darge-
stellt aus dem Speisskobalt, Cloanthit, Arsenkobalt, Kobaltglanz, Nickel-
glänz, Kupfernickel, Arsennickel, arsenikhaltigem Fahlerz and einigen
anderen verwandten Erzen. Th. S.
Arsenfahlerze oder Lichte Fahlerze werden diejenigen
Fahlerze genannt, in welchen hauptsächlich Arsensultid als Sulfosänre
auftritt (s. Fahlerz).
Arsenfluorid, Arsenfluorilr: AsFg. Bei Destillation von
gleichen Theilen Flussspath und arseniger Säure mit 5 Thln. concen-
trirter Schwefelsäure erhält man diese Verbindung in Gestalt einer
farblosen bei G3<>C. siedenden Flüssigkeit Von 2,73 »pecif. Gewicht,
welche an der Luft sehr stark raucht und dem Fluorsilicium ähnlich
riecht. Das Fluorarsen ist sehr flüchtig. £in Tropfen auf die Haut
gebracht, bewirkt gerade wie Flusssäure Entzündung und langwierige
Eiterung (Dumas 0. Glas zersetzt das Fluorarsen, besonders bei Gre-
genwart von Feuchtigkeit, in Fluorkiesel und arsenige Säure. Mit
Wasser mischt sich das Flnorarsen, unter einer Temperaturerhöhung
von 3® C, zu einer klaren Flüssigkeit (unverdorben*), die sich
aber bald zerlegt in arsenige Säure und eine Arsenfluorwasserstoffsäure,
welche mit Basen Salze giebt, die jedoch noch nicht näher untersucht
sind. Mit Alkohol, Aether, und schwieriger mit flüchtigen und fetten
Gelen, lässt es sich mischen, indem es theilweise zersetzt wird; m\%
Ammoniak geht es eine Verbindung ein, analog in seinen Eigenschaften
dem Arsenchlorid- Ammoniak. {V.)SchL
Arsenglanz nannte Breithaupt ein Mineral von Marienberg
im sächsischen Erzgebirge, welches nach Karsten's Analyse nichts
als ein durch einige Procent Wismuth verunreinigtes gediegenes Arsen
zu sein scheint. 7^ S.
Arsenglas, gelbes, wird oft unreines Arsensulfid genannt,
wie es hauptsächlich durch Zusammenschmelzen von weissem Ajrsenik
mit Schwefel erljalten wird; es ist meistens ein Gemenge von Arsen-
sulfid mit oft viel arseniger Säure, da in der Regel nicht genug Schwe-
fel genommen wird (g. Arsensulfide).
Arsenglas, rothes, wird ein unreines amorphes Arsensulför
(s. d.) genannt, welches immer noch arsenige Säure beigemengt ent-
hält, und welches aus dem bei der Destillation von Arsenikkies mit
Schwefelkies erhaltenem unreinen Sulfür dargestellt wird durch Üm-
schmelzen mit Zusatz von Arsen oder Schwefel, je nachdem die Farbe
dunkler oder heller gewünscht wird (Hausmann^. Es wurde früher
als rothe Malerfarbe angewandt. Ein Gemisch aus 24 Thln. Salpeter
') Annal. de ehem. et de phys. [2.] T. XXXI, p. 484. — *) Pogg. Anna]. Bd.
VIT, S. 816. — ■) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXIV, S. 196.
Arsenide. — Arsenik. 245
and 2 Thln. rothem Arsenikglaa bildet das sogenannte indianische
WeiBsfeuer, welches mit blendend weisser Flamme verbrennt. F«.
ArsenidCy Arsenlegirungen, Arsenmetalle, nennt man
die Verbindungen von Arsen mit Metallen, wovon einige in der Natur
ziemlich rein und krystallisirt vorkommen. Sie bilden sich zum Theil
direct durch Zusammenschmelzen der Metalle mit reinem Arsen, einige
unter Feuererscheinung, so wie beim Blrhitzen von arseniger Säure mit
Kohle and Metall, und bei Einwirkung von Arsenwasserstoff auf die
Loaung der schweren Metallsalze.
Die Verbindungen der schweren Metalle mit Arsen sind spröde und
leichter schmelzbar als die reinen Metalle; erhitzt man ein Stückchen
Arsen oder eine Arsenverbindang unter Umständen, wobei sich Arsen
rednciren kann, auf einem Platinblech, so entsteht sogleich ein Loch,
mdem die entstandene Verbindung schmilzt.
Beim Glühen in verschlossenen Gefässen werden die meisten Ar-
senide zerlegt, indem sich der grösste Theil des Arsens verflüchtigt;
beim Glühen an der Luft ist diese Zersetzung noch vollständiger, das
Arsen geht als arsenige Säure hinweg, während das Metall entweder
rein, wie. bei den edeln Metallen, oder als Oxyd, oder als basisch
anensaures Salz zurückbleibt. Durch Glühen von arsenig- oder ar-
sensauren Salzen mit Kohle lassen sich keine dem Arsengehalt ent-
sprechende Verbindungen hervorbringen; gewöhnlich wird hierbei
alles Arsen verflüchtigt, und es bleibt Oxyd, oder Metall, oder arsen-
haltiges Metall. Manche Arsenmetalle, wie die des Kaliums, des Natriums,
Alnminiiims, Berylliums u.a.zerlegen das Wasser unter Bildung von Metall-
oxyd und Entwickelung von Arsenwasserstoffgas; zugleich bildet sich
meistens etwas fester Arsenwasserstoff, der als schwarzes Pulver zu-
rfickbleibt. Die Arsenide werden durch Schmelzen mit Salpeter in
basisch -arsensaure Salze verwandelt; geschieht das Glühen bei Zu-
satz von reinen oder kohlensauren Alkalien, so bleiben bei den schweren
Metallen nach dem Uebergiessen mit Wasser ihre Oxyde arsenfrei zu-
rück. Die Arsenide der schweren Metalle werden durch Säuren, ausser
Salpetersaure oder Königswasser, entweder gar nicht oder nur schwie-
rig angegriffen. Durch Schmelzen mit kohlensauren Alkalien oder mit
fchwarzem Fluss erleiden die Arsenide keine Veränderung; wird dieser
IGschung aber Schwefel zugesetzt,- so entsteht ein im Wasser lösliches
alkalisches Arsensulfosalz , während das Metall frei von Arsen als
Sdiwefelmetall zurück bleibt.
Dadnrch, dass Arsen mit vielen Metallen wirkliche Verbindungen
Too constanter Zusammensetzung bildet und nicht gewöhnliche Legirun-
gen, schli^sst es sich enge an die sogenannten Metalloide, die nicht
metallisehen Körper, an, und die einzelnen Verbindungen werden daher,
soweit sie nicht natürlich vorkommen, bei den betreffenden Metallen
angeführt werden. (J.L) Schi.
Arsenige Säure s. Arsensäuren S. 289.
Arsenik s. Arsen und arsenige Säure.
Arsenik, rother s. Arsenglas, rothes.
Arsenik, weisses Arsenikmehl s. Arsenige
Säure unter Arsensäuren.
246 Arsenikalkies. — Arsenjodid.
Arsenikalkies s. Arsenkies S. 247.
Arsenikbutter, syn. Arsenchlorid.
Arsenikeisensinter, Arseneisensinter s. Eisen-
pecherz.
Arsenikleber, fixe, veraltetes Syn. für arsenigsaurcB
Kali.
Arsenikleber, flüchtige, Arseniksalmiak, ver*
altetes Syn. für arsenigsaures Animoniunioxyd.
Arsenikleuchtstein. Durch Glühen von ardenigsaurem
Baryt mit Tragantscbleim soll, nach Osann, ein graugelber Leucht-
stein erhalten werden.
Arsenikmehl, s. arsenige Säure S. 289.
Arseniköl, ätzendes, sjoi. Arsenchlorid.
Arsenikrubin s. Arsenglas, rothes.
Arseniksinter, Arsensinter, nennt Hermann ein ia
den Gruben von Nertschinsk am Ural theüs als Ueberzug auf Atm-
nik, Bleiglanz u. s. w., theils in stalaktischen Massen oder dünnen
Blättchen vorkommendes wasserhaltendes neutrales arsensaures Eisen-
oxyd, FejOg.AsOs -[- 4H0, wahrscheinlich Zersetzungsproduct ver-
schiedener Mineralien. ^e.
Arseniosiderit. Dieses bisher nur an einer Localität (za
Bomaneche bei Mdcon) gefundene Mineral ist ein wasserhaltiges Doppel-
salz von arsensaurem Eisenoxyd und arsensaurem Kalk. Es wurde
von Dufr^noy und von Rammeisberg analysirt, jedoch mit so ab-
weichenden Resultaten, dass seine wahre Zusammensetzung hierdurch
noch nicht mit Sicherheit ermittelt erscheint. Bildet kugelige Aggregate
von faseriger Textur und bräunlich gelber Farbe. 7^ S.
Arsenit syn. mit Arsenblüthe.
Arsenjodid, Arsenjodfir:As{3. Arsen und Jod verbinden sich
bei gelindem Erhitzen unter sehr bedeutender Wärmeentwickelung. De*
stillirt man ein Gemenge von 3 Thln. Jod mit 1 Thl. Arsen aus einer Re-
torte, deren Bauch im Sande liegt, so dass das Sublimat sich in dem
Halse der Retorte ablagern muss, so erhält man Arsenjodid in Gestalt
einer orangerothen , goldglänzenden krystallinischen Masse. Es ist in
Wasser löslich und scheidet sich beim Verdampfen wieder ab, jedoch
entweicht während des Abdampfens immer etwas Jod und das Präparat
wird mit arseniger Säure verunreinigt (Bette). Das Jodid enthält eben-
falls arsenige Säure beigemengt, wenn bei der oben angegebenen Dar-
stellungsmethode das Jod feucht war oder Luft zutreten konnte;
es zerfällt dann ein Theil des Jodids in freies Jod und Arsen, und letztere!
verwandelt sich in arsenige Säure ; bei raschem Erhitzen bis zu 138^0.
ist, nach Thomson, die Zersetzung vollständiger. Aus Alkohol lüssi
sich das Jodarsen leicht umkrystallisiren. Kocht man die durch Zu-
^enschmelzen von 3 Thln. Jod und 1 Thl. Arsen erhaltene Masse
Arsenkies. — Arsenmangan. 247
mit Weingeist, so lost dieser das Arsenjodid und beim Erkalten schei-
det sich dasselbe in schon ziegelrothen glänzenden Blättchen ab.
Das Arsenjodid ist als Arzneimittel beim Krebs angewandt worden,
und es hat deshalb Wackenroder zu einem Liquor SuperjödurtU Ar-
seniei von constanter Zusammensetzung folgende Vorschrift gegeben.
1 Thl. fein geriebenes Arsen und 6 Thle. trockenes Jod werden in
einer Digeriräasche mit ungefähr 100 Thln. Wasser Übergossen und
damit bei gelinder Wärme digerirt, die entstandene Auflösung wird bei
der gelindesten Wärme, zuletzt am besten ohne alle Erwärmung, ver-
dampft und die rückständige Masse in 2880 Thln. Wasser aufgelöst.
Eine Drachme dieser Auflösung enthält Vg Gran Arsenjodid oder ^/^g
Gran Arsen und */4g, also ungefähr Vio Gran Jod. (J, L.) Schi,
Arsenkies, Arsenikkies, Misspickel. Ein sehr verbrei-
tetes nnd an mehreren Orten in grosser Menge vorkommendes Arsen-
erz. Von der Zusammensetzung Fe^S^As = Fe As -}- FeS^. Bei
Abschlnss der Luft erhitzt, entweicht daraus metallisches Arsen,
unter Zurücklassung von 2 Fe S. An der Luft geröstet*, werden ar-
tenige Säure und schweflige Säure verflüchtigt. Bei vollkommenster
Bostong bleibt ein etwas arsen - und schwefelhaltiges Eisenoxyd zurück.
Durch Salpetersäure wie durch Königswasser leicht und vollkommen
zersetzbar. — Bildet rhombische Kry stalle von 111^ 12' oder nach
einem solchen Prisma spaltbare derbe Massen. Hat eine mehr oder
weniger reine silberweise Farbe, metallischen Glanz, eine Härte fast
wie Orthoklas und ein specif. Gewicht = 6,0 — 6,2. —
Ein Arsenkies, in welchem ein Theil des Eisens durch Kobalt er-
setzt ist, findet sich besonders auf den Modumer und Snarumer Kobalt-
gmben in Norwegen (s. Kobaltarsenkies). — Akontit hat Breit-
haapt einen Arsenkies genannt, der in seinen Winkeln von dem ge-
wöhnlichen Arsenkicä etwas abweichen soll. Th, S.
-j
Arsenkobalt nennt G. Rose (zum Unterschiede vom
Speisskobalt = (Co, Ni, Fe) As und Cloanthit = (Ni, Co, Fe) As
die zu Schneeberg vorkommende Verbindung (Co, Fe) As, welche eine
ganz ähnliche rhombische Ejrystallform zu besitzen scheint wie das
Arseneisen, Fe As, und das Arsennickel, NiAs. Somit muss man an-
nehmen, da Speisskobalt und Cloanthit tesseral krystallisiren , dass die
Verbindung RAs, (worin R = Co, Ni, Fe), dimorph sei, und zwar auf
snaloge Weise dimorph wie Fe S2 im Schwefelkies und Speerkies. Th. S.
Arsenkobaltkies. Bekannter tmter dem Namen Tesseral-
kies (s. d.).
Arsenkupfer, von der Zusammensetzung Cu^As, ist ein
zo Coqnirabo und Copiapo in Chile vorkommendes Mineral von zinn-
weisser bis sÜberweisser Farbe und metallischem Glänze. In trau-
bigen, nierenförmigen und derben Massen. Von Salzsäure nicht an*
greifbar. Th. S,
Arsenleber s. Arsenikleber.
Arsenlegirungen s. Arsenide.
Arsenleuchtstein s. Arsenikleuchtstein.
Arsenmangan, von der Zusam mensetzung Mn^ As, ward vo
248 Arsenmehl. — Arsenradieale, organische.
Kane aof einem Stücke Bleiglanz aufsitzend gefunden, welche» angeb-
lich aus Sachsen stammen sollte. Graulich weiss, metallglänzend,
leicht schwarz anlaufend. In harten und spröden derben Massen von
kömiger und schaliger Zusammensetzung. Dieses problematische Mi*
neral ist bisher nicht nieder angetroffen worden. Tk. S.
Arsenmehl s. Arsenikmehl.
Arsenmetalle s. Arsenide.
Arsennickel, Weissnickelkies. Rein =Ni As, findet sich
besonders zu Schneeberg und Riecheisdorf in Begleitung von Kobalt-
und anderen Nickelerzen. Bildet rhomische Prismen von 123<^ bis
124<', ganz ähnlich den Krystallen des Arseneisens, Fe As. Hat zinn-
weisse Farbe, Metallglanz, etwas geringere Härte als Orthoklas und
ein specif. Gewicht = 7,09 bis 7,19. Tk, S.
Arsenöl s. Arseniköl.
Arsenomelan nennt Sartorius ein rhombisch krystallisiren-
des graues Schwefelmetall, nach ihm ein Bleisulfarsenit == Pb S . As S3
(s. Dufrenoysit).
Arsenosiderit. Unpassende, weil leicht mit Arseniosiderit
(s. d.) zu verwechselnde Benennung für das Arsen eisen (s. d.).
Arsenphosphor. Wenn man ein Gemenge aus gleichen
Theilen Arsen und Phosphor in einem Kolben bis zum dunkeln Roth-
glühen erhitzt, so erhält man, nach Landgrebe, ein braunschwarzes
Sublimat von muscheligem Bruch. Es ist metallglänzend, beim Er*
hitzen an der Luft verbrennt zuerst der Phosphor, dann bildet sich ar-
senige Säure.
Nach Pelletier soll man auch. eine Verbindung beider Elemente
als schwarzes Pulver erhalten, wenn man sie unter Wasser, oder wenn
man arsenige Säure mit Phosphor unter Wasser erhitzt V.
Arsenphyllit. Nach Breithaupt findet sich die arsenige
Säure in der Natur nicht stets von tesseraler Form, als Arsenblüthe,
sondern mitunter auch von rhombischer Form, isomorph mit dem Weiss-
spiessglanzerz. In dieser Gestalt nennt er sie Arsenphyllit. Arse-
nige Säure und Antimonoxyd sind also isodimorph. 7*A. s,
Arsenradieale, organische; Verbindungen des
Arsens mit den Alkohol radicalen. Das Arsen bildet, ähnlich
wie das Antimon (siehe Seite 284), mit den Alkoholradicalen gepaarte
organische Radicale, welche ganz die Rolle einfacher Körper spielen.
Auch sie enthalten, wie die entsprechenden Antimon Verbindungen, 2,
3 oder 4 Aequivalente Alkoholradical auf 1 Aeq. Arsen; doch kennt
man von den Verbindungen mit 4 Aeq. Alkoholradical die Radicale
noch nicht im freien Zustande.
Eine Verbindung des Arsens mit Methyl, das sogenannte Kako-
dyl, war schon länger, durch B u n s e n genau, untersucht worden,
doch war man wegen seiner rationellen Zusammensetzung noch unei-
nig. Diese wurde erst von Kolbe richtig erkannt und durch die spä-
ter entdeckte Bildungsweise aus Arsennatrium und Jodmethyl bestätigt.
Man kennt bis jetzt Verbindungen folgender, zum Theil noch
nicht isolirter Radicale:
Arsenradieale, organische. 249
C4H5 j ^g Qlfs) C4SJ
8
^HjJJ^ C4H5 As C4«5
Arsenbiäthyl oder _5iS^i^_^ ^^S*
As
Aethylkakodyl Arsentriäthyl .^^iSj
Arsenteträthyl
^a"3 l A Ca Hg l 4 CaHaf . C2 Ha i 4^
C\j I Ä» r« U 1 ^" r> II I -'** r» II ' ^^
Arsenbimethyl oder
C4H5 CioHii
Kakodyl Araentetra- Arsenbimethyl- Arsenbimethyl-
methyl äthylium amylium
Verbindungen des Arsens mit Aethyl ^).
Arsenbiäthyl Arsendiäthyl, Aethylkakodyl. Arsenhal-
tigei organisches Radical, (1854) von Landolt entdeckt.
Formel: CgHioAs = (C^ü,), As oder [clSäAl'
Dos Arsenbiäthyl bildet sich bei der Einwirkung von Jodäthyl
auf Arsennatrium oder Arsenkalium (Landolt, Gahours nnd Riche),
sowie durch Zersetzung des Arsenbiäthyljodiirs mit Zinkaraalgam
(Cahoars und Riche).
Bei der Einwirkung von Jodäthyl auf Arsennatrium 2) bilden
sich verschiedene Verbindungen des Arsens mit Aethyl. Zur Gewin-
nung des Arsenbiäthyls verfahrt man, nach Landolt, auf folgende Art.
Eine Anzahl kleiner, etwa 8 Unzen fassender Kolben mit kurzem Hals
') Literatur. Arsenäthjlet Cahours u. Riche, Compt. rend. T. XXXII,
p. 1001, T. XXXIX, p. 541; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXVIII, S. 816,
Bd. XGII, S. 861; Pharm. Centralbl. f. 1858 S. 485, n. 1854, S. 808. — H. Lan-
delt, Untersncbongen aber die Arsenäthyle, Inaagaral - Dissertation , Breslau 1858;
aach AnnaL d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXIX, S. 801, Bd. XGII, S. 865; Pharm.
Centralbl. 1858 S. 918 u. 929, 1855 S. 65; Joum. f. prakt. Chem. Bd. LXIU,
S. 283.
Bntylkakodyl: Gibbs Sill. Amer. Jonm. [2.] Bd. XY, S. 118; Annal. d. Chem.
m. Pliann. Bd. LXXXVI, S. 222.
Arsenmethyle: Cadet. Mi^m. de Math, et Phys. präsent, des Savants Strang.
ToL ni, p. 638, auch Crell's neuestes chem. Archiv Bd. I, S. 212. — Thdnard,
Annal. de Chim. T. LH, p. 54; Annal. von Gehlen Bd. IV, S. 292. — Bunsen,
Amial. d. Pbjs. u. Chem. Bd. XL, S. 219, Bd. XLII, S. 145; Annal. d. Chem. n. Pharm.
Bd. XXIV, S. 275; Bd. XXXI, S. 171; Bd. XXXVÜ, S. 1; Bd. XLO, S. 14;
Bd. XLVI, S. 1. — Damas, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XXVII, 148; Annal.
de chim. et phys. [8.] T. VIII, p. 862. ^ Cahours u. Riche, siehe unter Ar sen-
il hyle.
Prop jlkakodyl: Wöhler, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXVffl, S. 127,
•ach Pharm. Centralbl. 1849, S. 156.
*) Arsennairiam erhftlt man, nach Landolt, auf folgende Weise: Man bringt
gepulvertes, vollkommen reines Arsen in einen Porcellantiegel , welchen man mit ei-
■em Deckel verschliesst und in einem hessischen, ebenfalls gut verschlossenen Tie
gel schwach erhitzt. Entwicklen sich Arsendftmpfe, so nimmt man die Kohlen weg
Bad wirft erbsengrosse Natrinnistttcke auf das Arsen, welches sich sogleich unter
Fenerencheipnng damit verbindet. Nach beendigter Einwirkung bringt man wieder
Natrium hinzu, rflhrt mit einem Eisenstabe um, und wiederholt dies so oft, bis die
Masse ftOsaig zn werden beginnt, wozu man auf 1 Tbl. Arsen etwa 1 Thl. Natrium
braucht. Den langsam erkalteten Tiegel zerschlägt man und erhftlt so die Legirung,
wdehe nlbergUnzcnde, weisse, krystaUinische Bmchflftchen aeigt, die aber an der
250 Arsenradieale, organische.
fiillt man etwas über ^3 mit Arsennatrium , welches man mit 4 bis 5
Tbeilen feinem Quarzsand fein gepulvert hat, und verkorkt dieselben
darauf. Alsdann befeuchtet man den ersten Kolben mit Jodäthyl und
setzt eine Gasleitungsröhre auf. Die Masse erwärmt sich bald und ein
Theil des Jodäthyls verflüchtigt sich , welches man in einer mit Koh-
lensäure gefüllten Vorlage auffangt, die in einem grösseren Glas-
cylinder befindlich ist, in welchen man fortwährend Kohlensäure ein«
leitet. Hat die Einwirkung aufgehört, so bringt man meder Jodäthyl
auf das Arsennatrium , und wiederholt dies, so lange noch Einwirkung
stattfindet Dann treibt man das überschüssige Jodäthyl durch schwa-
ches Erwärmen in die Vorlage und leitet, wenn die Arsenäthyle zu
destilliren anfangen, das Gasleitungsrohr in eine zweite, schon vorher
im Glascylinder befindliche Vorlage. Man erkennt diesen Punkt daran,
dass die Gasleitungsröhre nicht länger heiss ist und die Tropfen sich
schon am Anfang derselben bilden. Man erhitzt bis zum Glühen und
wenn nichts mehr übergeht, so beginnt man dieselben Operationen mit
einem zweiten Kolben u. s. w. 12 bis 15 auf diese Weise verarbeitete
Kolben, die 1 Pfund Jodäthyl bedürfen, von welchem man die Hälfte
wiedergewinnt, geben 2 Unzen rohes Product, welches ein Gemenge
von Arsenbiäthyl und Arsentriätbyl ist.
Um daraus das Arsenbiäthyl rein zu erhalten , kann man auf
zwei verschiedene Arten verfahren. Man erhitzt entweder das Ge-
menge mit eingesenktem Thermometer, indem man fortwährend einen
raschen Strom Kohlensäure durchgehen lässt, bis der Siedepunkt auf
etwa 200^ C. gestiegen ist, wo sich das flüchtigere Arsentriätbyl und
nur wenig Arsenbiäthyl verflüchtigt hat, während das letztere grössten-
theils und ziemlich rein, nur mit etwas Arsen gemengt, zurückgeblie-
ben ist. Man erhält auf diese Weise jedoch immer nur eine verhält-
nissmässig geringe Menge Arsenbiäthyl. Besser verfahrt man so, dass
man das, auf dieselbe Art wie nach der ersten Methode mit über-
schüssigem Jodäthyl behandelte*^ Arsennatrium nach beendigter Ein-
vnrkung mit Aether auszieht, indem man den Inhalt der Kolben mög-
lichst schnell in eine mit Aether und Kohlensäure gefüllte Flasche
bringt, verschliesst und stark umschüttelt. Hat sich die Lösung klar
abgeschieden, so giesst man sie schnell in ein anderes vorher mit
Kohlensäure gefülltes, gut verschliessbares Gefass, wobei sich ein
schwefelgelbes Pulver ausscheidet, dessen Menge um so grösser ist, je
länger die Lösung mit der Luft in Berührung war. Dieses gelbe Pul-
ver schmilzt bei etwa 70^ C. zu einem rothen, harzigen, in allen Lö-
sungsmitteln unlöslichen Körper. Man behandelt nun den Rückstand in
der Flasche wiederholt mit Aether, so lange sich die Lösung an der
'Luft trübt, und destillirt von den vereinigten Lösungen, unter Zusatz von
etwas absolutem Alkohol, den Aether im Wasserbade ab. Es bleibt eine
stark rauchende, äusserst unangenehm riechende Flüssigkeit zurück,
welche ein Gemenge von Arsenbiäthyl, Arsentriäthyl und Jod&thjl^
nebst wahrscheinlich mehreren anderen noch nicht rein erhaltenen Ar-
senäthyl verbin düngen ist. Auf Zusatz von Wasser scheidet sich mui
Luft sich bald oxydiren und grau werden. Es ist sprOde und leicht pulyeriairbar.
Oft erhält man es amorph und lebergrau, aber in seinen sonstigen Eigenschaften gleicli
dem vorigen. An feuchter Luft, lebhafter beim Zusammenbringen mit Waseer ent-
wickelt es Arsenwasserstoff. In Stücke zerschlagen und in mit Quarssand TollgefÜlltc
gutsohliesBende Flaschen gebracht, Iftsst es sich lange unverändert aufbewahren.
Arsenradicale, organische. 251
das Anenblathy] ans, während ArBentriäthyl , verbanden mit Jodäthyl,
ala JodaTBenathyliuro gelöst bleibt. Das auf diese Weise gefällte Ar-
senbiäthyl ist nicht ganz rein ; vermischt man die weingeistige Lösung
nur mit so viel Wasser, dass eine starke Trübung entsteht, lässt ab-
setzen und fallt die von dem ausgeschiedenen ölartigen Körper (dessen
Analyse 27,30 Proc. Kohlenstoff und* 6,08 Proc. Wasserstoff ergab)
abgegossene Lösung mit einer grösseren Menge Wasser, so erhält man
das Arsenbiäthyl rein. Es ist hierbei nothwendig, luftfreies Wasser zur
Fällung anzuwenden, sowie Überhaupt die Luft vollständig abmihalten,
da sieb sonst ein rothes Pulver mit niederschlägt, von welchem das
Anenbiäthyl schwer zu reinigen ist.
Zieht man den mit Aether behandelten Kolbeninhalt mit absolu-
tem Alkohol aus, so löst dieser eine neue Menge arsenhaltiger Stoffe,
welche beim Verdunsten theils in fester, theils in öliger Form zurück*
bleiben, ans welchen es aber nicht gelang, reine Verbindungen zu ge*
winnen, und die bei der trockenen Destillation, bei welcher die Luft
angehinderten Zutritt hatte, unter anderen Prodncten auch Arsentri-
ilhylozyd bildeten.
Das auf diese Weise gewonnene, über Chlorcalcium getrocknete
reine Arsenbiäthyl ist eine schwach gelblich -geftlrbte stark lichtbre-
ehende, bei 185^ bis 190<^C. siedende Flüssigkeit (nach Cahours und
Riehe siedet das durch Zersetzung von Arsenbiäthyljodür mit Zink-
amalgam erhaltene Arsenbiäthyl bei 200^ C.) von unangenehmem durch-
dringendem Knoblauchgeruch, welche in Wasser untersinkt, in Aether
und Alkohol leicht löslich ist und aus der letzteren Lösung durch Was-
ser vollständig gefallt wird. An der Luft nimmt das Radical Sauer-
stoff aaf und verbrennt gewöhnlich mit fahler Flamme , unter Entwi-
ekelnng von Dämpfen von arseniger Säure. Bringt man einen Tropfen
destfllirtes Arsenbiäthyl auf Papier oder Holz, so entzündet es sich so-
gleich, das ans der alkoholischen Lösung durch Wasser gefällte ent-
zündet sieh unter denselben Umständen erst bei 180^ C. Lässt man
Luft oder Sauerstoff langsam zu Arsenbiäthyl treten , so bildet sich
wahrscheinlich erst Arsenbiäthyloxyd , welches aber durch weitere
Aufnahme von Sauerstoff in Arsenbiäthylsäure Übergeht. Aus einer
Losang von salpetersaurem Silberoxyd scheidet eine weingeistige Ar-
•enbiäthyllösung sogleich metallisches Silber ab; ebenso reducirt sie
Quecksilberoxyd zu Metall (Unterschied von Arsentriäthyl). Es ver-
einigt sich direct und unter starker Wärroeentwickelung mit den Ha-
logenen, femer mit Schwefel. Verdünnte Schwefelsäure verändert es
nicht f concentrirte entwickelt erst beim Erwärmen schweflige Säure.
Ton concentrirter Salpetersäure wird es unter Feuererscheinung oxy-
dirt, anch Verdünnte Säure oxydirt es, und es entsteht in letzterem
FaQe als secundäres Product ein rother Körper, welcher sich auch bei
der nnvollkonmienen Verbrennung des Arsenbiäthyls bildet und wo-
dnreh dies von anderen Arsenäthylen verschieden ist.
Dieser rothe Körper, welcher sich ans einer alkoholischen Lö-
tBDg des Arsenbiäthyls beim Stehen an der Luft bildet, entspricht dem
Erytrarsin von Bunsen (s. unter Arsenmethyl e, S. 274). Er ist
im Anfang hellroth, färbt sich bald dunkler und ist, getrocknet, ein
brannes Pulver, welches an der Luft fnach längerer Zeit weiss wird.
In Wasser, Alkohol bnd Aether ist er" unlöslich. Auf Platinblech er-
hitzt, verbrennt er mit fahler Flamme, ohne einen Rückstand zu hinter-
252 Arsenradicale, organische.
lassen; im Röhrchen giebt er, mit Hinterlassung von Arsen, nnange*
nehm riechende, entzündliche Dämpfe.
Verbindungen des Arsenbiäthyls.
a. Mit 1 Aeq. des Metalloides.
Diese Verbindungen sind noch nicht genauer untersucht; sie sind
tropfbarflüssig, ron äusserst widerlichem, stark zu Thränen reizendein
und lange haftendem Geruch, der bei längerer Einwirkung Niesen, an-
haltenden Schnupfen und Kopfschmerz bewirkt und stärker ist als der
Geruch der übrigen Arsenäthylverbindungen.
Genauer kennt man nur das
Arsenbiäthyljodür, Aethylkakodyljodür, CgHioAs . I =
(C4H5)9 AsI, ein gelbes, leicht in Aether und Alkohol, nicht in Was-
ser lösliches Oel, welches man durch Sättigen einer ätherischen Arsen-
biäthyllösung mit ätherischer Jodlösung (bis diese nicht mehr entfärbt
wird) und Verdunsten bei abgehaltener Luft erhält. Gahours und
Biche erhielten dasselbe Jodür bei der Destillation von Arsenteträthyl-
jodür-Arsenjodür neben Arsentriäthyljodür , rielleicht nach folgender
Gleichung :
2[(C4H5)4AsI.AsJ8] = (C4H5)2AsI + 2(C4H5)8A8l2 + Asls;
ersteres erhält man durch Aufsammeln des bei der Bectification zwi-
schen 2280 bis 2320 C. übergehenden Theils fiir sich. Das Arsenbiäthyl-
jodür raucht nicht an der Luft und verbrennt ziemlich schwer unter
Entwickelung von Joddämpfen. Schwefelsäure und Salpetersaure zer-
setzen es unter Abscheidung von Jod. Mit einer weingeistigen Lösung
von sal petersaurem Silberoxyd giebt die alkoholische Lösung von Ar-
senbiäthyljodür sogleich einen Niederschlag von Jodsilber; eine wäs-
serig-weingeistige Sublimatlösung wird dagegen nicht gefallt. Bei der
Destillation mit Zinkamalgam giebt es Arsenbiäthyl.
Arsenbiäthyloxyd. Man kennt es nicht in freiem Zustande, jedoch
erhielten Cahours und Riche durch Zersetzung der alkoholischen Lö-
sung des Arsenbiäthyljodürs mit salpetersaurem und schwefelsaurem
Silberoxyd das salpeter saure Arsenbiäthyloxyd, (041(5)3 AsO.
NO5 .Ho, und das schwefelsaure Arsenbiäthyloxyd, (041(5)9 AsO .
SOs . Ho, in hübschen Krystallen.
b. Mit 3 Aeq. des Metalloids.
Arsenbiäthylchlorid kennt man noch nicht in freiem Zustande,
sondern nur in Verbindungen.
Arsenbiäthylchlorid - Quecksilberoxyd, Dreifach-
Ohlorarsenbiäthyl - Quecksilberoxyd: 4 Hg 0.(04 ({5)9 As GI3.
Durch Zusatz einer verdünnten alkoholischen SublimatlöBung zu
einer alkoholischen Arsenbiäthyllösung, bis der anfangs auftretende
unerträgliche Geruch wieder verschwunden ist (wobei ein weisser
Niederschlag entsteht), Erhitzen auf dem Wasserbade und Erkalten der
klar gewordenen Flüssigkeit erhält man die Verbindung als ein weis*
ses, krystallinisches Pulver. Es ist vollkommen geruchlos, sehr schwer
in kaltem, leichter in kochendem Wasser und auch in Alkohol sehr
schwer löslich. Von verdünnter Salpetersäure wird die Verbindung
nicht verändert, von concentrirter zerstört. Beim Erhitzen bilden sich
Quecksilbersublimat und flüchtige arsenhaltige Körper. Die Analyse
des Körpers stimmt nicht sehr genau mit der obigen, von Landolt
angenommenen Formel überein. '
Arsenradieale, organische. 253
Neben dieser Verbindung bilden sich bei der Einwirkung von Qaeck-
BÜberchlorid noch zwei andere, nicht genauer untersuchte Körper in
gering^er Menge. Der. eine scheidet sich aus der warmen Lösung in
schweren öligen Tropfen ab, welche zu einer harten, amorphen , sprö-
den, grünlich grauen Masse erstarren; der zweite bleibt in farblosen
Nadeln zurück, wenn man die vom ausgeschiedenen Arsenbiäthylchlo-
rid - Qnecksilberoxyd abfiltrirte Lösung bis nahe zur Trockne ver-
danBtet.
Arsenbiäthylsäure, Aethylkakodylsäure, GgHioAsOs.HO
::^ (0485)9^802.110. Diese Säure kann man entweder durch lang-
same Oxydation des Arsenbiäthyls an der Luft oder durch Quecksilber-
oxjd erhalten. Im ersteren Falle lässt man die alkoholische Lösung
des Arsenbiäthyls an der Luft stehen , wobei nach und nach der Ge-
ruch desselben verschwindet, worauf man durch Abdampfen der Lö-
sung im Wasserbade blättrige Krystalle der Säure erhält, die man
durch schnelles Abpressen zwischen Fliesspapier von der kleinen
Menge einer öligen Substanz befreit. Schüttelt man die alkoholische
Araenbiathyllösung mit SauerstofiTgas , so geht die Oxydation noch
fchneller vor sich. Bringt man zu Arsenbiäthyl, welches sich unter
Wasser befindet, fein zerriebenes Quecksilberoxyd, so wird dieses unter
Wärmeentwickelung zu metallischem Quecksilber reducirt und ein an-
derer Theil vereinigt sich mit der gebildeten Säure zu in Wasser lös-
lichem arsenbiäthylsauren Quecksilberoxyd. Aus diesem erhält man
die Arsenbiäthylsäure durch Zusatz von Arsenbiäthyl-, so lange noch
nach längerem Stehen Quecksilber ausgeschieden wird, und Verdunsten
dtt mit Alkohol behandelten eingedampften Rückstabdes. Die Säure
cnthälty auf diese Weise dargestellt, gewöhnlich noch eine geringe
Menge Quecksilber, da selbst durch einen Ueberschuss von Arsenbi-
äthyl das Quecksilbersalz nicht vollständig zersetzt zu werden scheint.
Stellt man sich jedoch durch Zusatz von Barytwasser zu der Lösung
des Qnecksilbersalzes erst das Barytsalz dar, entfernt den überschüssi-
gen Baryt durch Kohlensäure, und fällt nun im Filtrat den Baryt vor-
sichtig mit Schwefelsäure , so erhält man beim Verdunsten reine Ar- '
senbiathylsänre.
Lässt man Arsenbiäthyl mehrere Wochen lang in einem unvoUkom»
men schliessenden Oefässe stehen, so erhält man die Säure. am schön-
sten in wasserhellen glänzenden Blättchen krystallisirt. Dieselben
schmecken anfangs schwach sauer, hintennach bitter, reagiren sauer,
sind geruchlos, sehr zerfliesslich , sehr leicht in Wasser und Alkohol,
schwer in Aether löslich. Die zerflossenen Krystalle verlieren das
Wasser beim Trocknen nur langsam. Die Lösung treibt aus kohlen-
sauren Alkalien sogleich die Kohlensäure ans. Beim Erhitzen auf etwa
190<* C. schmilzt die Arsenbiäthylsäure zu einer öligen Flüssigkeit,
velche beim Erkalten wieder krystallinisch erstarrt; bei stärkerem Er-
liitzen wird sie zersetzt, indem sich arsenige Säure und übelriechende
arsenhaltige Producte bilden. Beim Erhitzen an der Luft verbrennt
lic mit fahler Flamme.
Die Säure ist sehr beständig ; weder ooncentrirte Salpetersäure noch
Königswasser verändern sie, auch nicht schweflige Säure oder schwe-
felsaures Eisenoxydul; dagegen wird sie von phosphoriger Säure beim
Erwärmen zersetzt, wobei sich eine ölartige durchdringend riechende
Flüssigkeit, wahrscheinlich Arsenbiäthyloxyd, abscheidet.
254 Arsenradicale, organische.
Arsenbiäthylsaure Salze. Arsenbiäthylsaarer Baryt^
2 Ba O . H 0 . 3 [(C4 Hs)^ As O3] + 4 aq. (im Vacuum über Schwefelsäure
getrocknet). Durchsichtige krystallinische, zerfliessliche Masse, sehx
leicht in Wasser 1, schwieriger in Alkohol löslich, welche man durch
Zusatz von Barytwasser zu der Lösung der Säure, Ausfallen des über-
schüssigen Baryts mit Kohlensäure, Fiitriren und Eindampfen erhält
Bei 1200 c verliert das Salz das Krystallwasser noch nicht vollstän-
dig, beim stärkeren Erhitzen wird es zersetzt, wobei ar^enigsaurer Baryl
hinterbleibt. Landolt vermuthet, das» sich beim Sättigen der Saun
mit Baryt das neutrale Salz, BaO .(C4H5)j,As08, bilde, welchem dam
durch die Kohlensäure Vs ^^* Baryts entzogen werde, wodurch es ii
das andere Salz übergehe.
Arsenbiäthylsaures Bleioxyd. Weisser Niederschlag, wel
chen Arsenbiäthylsäure in einer Lösung von essigsaurem Bleioxy<i
erzeugt.
Arsenbiäthylsaures Eisenoxyd. Branner pulverförmiger ii
Salzsäure sehr schwer löslicher Niederschlag, welcher sich aaf Zusati
der Lösung der Arsenbiäthylsäure zu Eisenchloridlösung nach einigei
Zeit ausscheidet
Arsenbiäthylsaures Kupferoxyd. Blassgrünlicher Nieder
schlag.
Arsenbiäthylsaures Quecksilberoxyd. Krystallinische sehi
leicht zerfliessliche Salzmasse.
Arsenbiäthylsaures Quecksilberoxydul. Weisser, in ver-
dünnter Salpetersäure unlöslicher Niederschlag, welchen Arsenbiäthyl«
säure in der Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxydul hervorbringt
Arsenbiäthylsaures Silberoxyd. Salpetersaures Silberoxyd
bringt in einer Lösung von Arsenbiäthylsäure einen' intensiv gelb ge-
färbten, flockigen, in einer geringen Menge Ammoniak löslichen Nieder-
schlag hervor, an welchem, nach Landolt, die Arsenbiäthylsäure leicht
erkannt werden kann. Bringt man frisch gefälltes Silberoxyd zu einei
Lösung der Säure, so erhält man ebenfalls einen gelben unlöslichei
Körper. Nach einiger Zeit, namentlich beim Erwärmen, färben sich
diese Körper dunkel, und stellen getrocknet ein schwarzes amorphei
Pulver dar, dessen Analyse zwischen 28,6 und 56,7 Proc. Silber ergab,
und welches von verdünnter Salpetersäure nicht verändert, von conce»
trirter unter Zersetzung gelöst wird. Beim Erhitzen zersetzt sich dal
Salz unter Entwickelung übelriechender, an der Luft sich zuweilen voi
selbst entzündender Dämpfe, wobei Arsensilber hinterbleibt.
Arsentriäthyl, C19K15AS = (C4H5)8 As. Das bei der Einwi»
kung von Jodäthyl auf Arsennatrium durch Destillation erhaltene Prei
duct besteht, wie bei dem Arsenbiäthyl angegeben (siehe S. 250) haupi
sächlich aus Arsentriäthyl, nebst einer geringeren Menge Arsenbi
äthyl. Unterwirft man dasselbe einer fractionirten Destillation nfll
sammelt das zwischen 140^ bis 170^ oder 180^ C. Uebergehende fiij
sich auf, so erhält man das Arsentriäthyl rein. Auch bei der
stillation von Arsen triäthylj od ür mit Zinkamalgam erhielten Cahoui
nnd Biche das Arsentriäthyl gemengt mit Arsentriäthyljodür als eü
bei 140<' C. siedende Flüssigkeit von unerträglichem Geruch
Arsenwasserstoff. Dasselbe ist eine farblose, das Licht sehr stark bi
chende, leicht bewegliche ■ Flüssigkeit von 1,151 specif. Gewicht
Arsenradicale^ organische. 255
16,7^C., von unaogenehmem^ dem Arsenwasserstoff ähnlichem Geruch,
welche nicht in Wasser, leicht in Alkohol und Aether löslich ist. Das
specif. Gewicht des Dampfes wurde zu 5,278 gefunden, bei einei^ Ver-
dicbtaog auf 4 Vol. berechnet es sich zu 5,627.
An der Luft raucht das reine Arsentriäthyl anfangs, entzündet sich
jedoch gewöhnlich erst bei schwachem Erwärmen, wobei alsdann ar-
aenige Sänre, Kohlensaure und Wasser gebildet werden. Selbst beim
Anfben^ahren unter Wasser in einem gut verschloäsenen Gefäss nimmt
das Radical Sauerstoff auf und verwandelt sich theil weise in Oxjd,
woraaf es an der Luft nicht mehr raucht. Reines Arsentriäthyl be-
deckt sich , in einem loseverschlossenen Gef ässe mehrere Wochen lang
aufbew^ahrt, mit einer Rinde schöner tafelförmiger geruchloser Kryätalle^
in welche sich, wenn man dieKrystalle von Zeit zu Zeit herunterstösdt,
aUmäiig beinahe die ganze Flüssigkeit verwandelt In Aether und Alko-
hol sind sie löslich, unlöslich in Wasser, wodurch sie in ein farbloses
Oel verwandelt werden, welches sich auch an feuchter Luft sowie bei
geUndem Erwärmen bildet. Die Krystalle reagiren sauer und geben
in weingeistiger Lösung mit salpetersaurem Silberoxyd einen gelben
ibckigen, beim Trocknen zu einem braunen Pulver zusamroenschwin-
denden, 60,8 Proc. Silber .enthaltenden Niederschlag. Zwei Elementar-
analyseii gaben keine übereinstimmenden Resultate.
Von concentrirter Salpetersäure wird das Arsentriäthyl unter Feuer-
entwickelnng und Explosion zersetzt; Salpetersäure von 1,42 specif. Ge-
wicht löst es unter schwacher Stickoxydgasentwickelung langsam zu
salpetersaurem Arsentriäthyloxyd auf. Concentrirte Schwefelsäure wird
beim Erwärmen durch Arsentriäthyl, welches sich mit derselben mischt,
zu schwefliger Säure reducirt Das Arsentriäthyl reducirt die Oxyde
der edlen Metalle nicht.
Verbindungen des Arsentriäthyls.
Die Verbindungen des Arsentriäthyls enthalten auf 1 Aeq. Radical
2 Aeq. Chlor, Brom, Schwefel u. s. w.
Ärsentriäthylbromür, Bromarsentriäthyl, Ci^HisAsBr^
= (C4 Hft)« AsBr^. Schwach gelblich gefärbte, zerflieasliche, leicht in
Wasser and Alkohol, nicht in Aether lösliche Krystalle, welche man durch
Zusatz von alkoholischer Bromlösung zu einer alkoholischen Arsen-
triathyllosQDg , bis die Mischung schwach nach Brom riecht, und Ver-
dampfen im Wasserbade erhält. Die Krystalle besitzen einen bitteren
Geschmack, keinen sehr intensiven Geruch, welcher jedoch stark zum
Niesen reizt. Beim Erhitzen schmelzen sie zuerst und verbrennen daqn
ndt weisser Flamme. Chlor und Salpetersäure scheiden sogleich Brom, con-
centrirte Schwefelsäure Bromwasserstoffsäure aus der Verbindung aus.
Arsentriäthylchlorür konnte bis jetzt nicht in grösserer Menge
erhalten werden. Auf Zusatz von Wasser zu einer mit concentrirter
Chlorwasserstoffdäure versetzten alkoholischen Arsentriäthyloxydlösung
•eheidet sich das Oxyd wieder unverändert ab. Die Flüssigkeit nimmt
p jedoch dabei einen unerträglichen, die Augen stark angreii'enden Ge-
I nich an, welcher wahrscheinlich dem Arsentriäthylchlorür angehört,
Arsen triäthylchlortir-Quecksilberoxydul, Arsentriäthyl-
oxychlorür-Quecksilberchlorür, Hg^ O . (C4H5)8 As €l2 oder
Gli
Hgi Gl • (C4 H()8 As ^ |. Setzt man zu einer alkoholischen Arsentri-
\
256 Arsenradieale, organische.
äthyllösnng eine verdünnte alkoholische Sublimatlösung , so lange nocl
ein Niederschlag entsteht (der anfangs entstehende lost sich beim Um
rfihren wieder aof), erhitzt das Gemisch im Wasserbade bis es klar ge
worden, so krystallisirt beim Erkalten das obige Salz in volaminösei
weissen Nadeln aus, während ein anderes, nicht näher untersuchtes ge
löst bleibt. Getrocknet ist das Salz leicht, seidenglänzend, geruchlos
nnd löst sich ziemlich leicht in heissem Wasser und Alkohol, wenige
in kaltem auf. Ammoniak scheidet aus der Lösung Quecksilberoxydn
ab. Beim Erhitzen im Röhrchen schmilzt die Verbindung und sublimii
unter theilweiser Zersetzung in weissen Dämpfen ; auf Platinblech vei
brennt sie mit fahler Flamme.
Wahrscheinlich ist das Salz eine Verbindung von Qnecksilbei
chlorür mit Arsentriäthyloxjchlorür, entsprechend dem Stibtriäthyloxy
chlorür.
Arsentriäthyljodür, Jodarsentriäthy 1, Cq^HisAsIs =
(C4 {{5)8 As I2. Schwefelgelber flockiger Niederschlag, welcher auf Zusat
von ätherischer Jodlösung zu einer ätherischen Arsentriäthyllösung, s
lange die erstere noch entfärbt wird. Waschen mit etwas Aether un
Trocknen zwischen Papier, erhalten wird. Bei der Destillation de
durch Einwirkung von Jodäthyl auf Arsen erhaltenen Verbindun
(04115)4 As I . As Ig erhielten Cahours und Biche eine bei 180^ bi
190^0. siedende Flüssigkeit, deren Analyse zu der Formel (C4H5)s As 1
führte, und welche bei der Destillation mit Zinkamalgam eine bei 140^(
siedende Flüssigkeit, Arsentriäthyl, (041(5)3 As, und schöne, in Aikoh(
lösliche Krystalle von Arsentriäthyljodür gaben. Sehr unbeständig
Verbindung, welche sich an der Luft bald bräunt und dann zu einer s)
rupdicken, dunkelen Flüssigkeit zerfliesst; selbst bei völlig abgehaltene
Luft bräunt sich die Verbindung allmälig. In Wasser und Weingeu
ist das Arsentriäthyljodür leicht, in Aether sehr schwer löslich. Di
wässerige Lösung scheidet aus Silber- und Bleilösungen sogleich Jo<i
metalle aus , in Sublimatlösung giebt sie einen weissen, im Ueberschus
derselben löslichen Niederschlag. Salpetersäure und Schwefelsäure zei
setzen das Arsentriäthyljodür sogleich, unter Abscheidung von Jod ; an
der Lösung in heisser Salzsäure scheidet es sich beim Erkalten wiede
unverändert ab, heisse Kalilauge bildet damit Arsentriäthyloxyd unU
Entziehung des Jods.
Beim Erhitzen im Röbrchen färbt sich das Jodarsentriäthyl dunke
schmilzt bei 160^ 0. zu einer braunen, beim Abkühlen wieder erstaj
renden Flüssigkeit, und verwandelt sich bei 190^ 0. unter theilweise
Zersetzung ohne Ausscheidung von Jod in Dämpfe, welche sich an de
kälteren T heilen der Röhre zu hellgelben Tropfen verdichten.
Arsentriäthyljodür-Zinkäthyljodür, (041*5)8 Asf, -|
(04ll5)Zn{. Jodäthyl wirkt heftig auf Arsenzink und giebt damit dies
Verbindung als weisse krystaliinische Masse (Cahours und Riche).
Arsentriäthyloxyd, O12H15AS. 0^ = (C4H5)3As02. Man ei
hält das Oxyd auf verschiedene Weise. Beim Verdampfen der ätherische
Lösung des Arsentriäthyls bei gewöhnlicher Temperatur an der Lui
hinterbleibt das Oxyd, vermischt mit anderen, nicht genau untersuchte
Producten, als eine beinahe farblose ölige Flüssigkeit von schwachen
knoblauchartigem Geruch.
In grosser Menge erhält man das Arsentriäthyloxyd auch, indei
man die durch Einwirkung des Jodäthyls auf Arsennatrium erhalten
Arsenradicale, organische. 257
Muse zoent mit Aether, welcher Arsenbiäthyl auflöst, und dann mit
Alkohol aaszieht, den alkoholischen Auszug verdunstet und dann bei
ungehindertem Luftzutritt der Destillation unterwirft, wobei man eine
wisserige und eine ölige Flüssigkeit erhält. Die letztere scheidet sich
bei mehrtägigem Stehen in zwei Schichten, eine untere dickflüssige,
jodhaltige, und eine obere leichter bewegliche, welche k^in Jod enthält
und wesentlich Arsentriäthyloxyd ist. Durch Schütteln mit Wasser
I md Trocknen über Chlorcaleium erhält man dasselbe als eine schwach
gelbliche Flüssigkeit von unangenehmem, stark zu Thränen reizendem
Geruch. Das auf beide Arten dargestellte Oxyd sinkt in Wasser, in
weichem es unlöslich ist, unter, löst sich leicht in Alkohol und Aether,
and wird durch Wasser aus der ersteren Lösung wieder abgeschieden.
Die weingeistige Lösung verändert Lackmuspapier nicht und giebt mit
sdpetersaurem Silberoxyä keinen Niederschlag. Das Oxyd löst sich
in massig concentrirter Salpetersäure, nicht in verdünnter Schwefelsäure
oder Chlorwasserstoffsäure.
«Der Luft ausgesetzt wird das Arsentriäthyloxyd trübe und oxydirt
fkh höher, ohne dabei zu rauchen.
Von den Verbindungen des Arsentriäthyloxyds kennt mau nur das
Salpetersaure Arsentriäthyloxyd, welches man durch Be-
handlung des Badicals oder des Oxyds mit verdünnter Salpetersäure,
Verdampfen zum Syrup im Wasserbade und später im Exsiccator in
«kr leicht zerfliesslichen Krystallen erhält
Arsentriäthylsulfür, Schwefelarsentriäthyl, C19H15ASS9
= (04115)3 As . S^* Es bildet sich durch directe Vereinigung von Ar-
KDtriäthyl mit Schwefel, sowie auch beim Kochen von Arsentriäthyl-
oxjd mit Fünffach-Schwefelkalium.
Man kocht am besten eine ätherische Arsentriäthyllösung in einem
Kolben mit gewaschenen Schwefelblumen, giesst die noch warme Lö-
Niog von dem überschüssigen Schwefel ab , worauf sich beim Erkalten
<ias Sulfür in schönen säulenförmigen Krystallen abscheidet. Zur
Seinignng von etwas Schwefel und Arsentriäthyloxyd krystallisirt man
dieselben aus Alkohol oder Wasser um. Die grössten Krystalle erhält
uq durch freiwilliges Verdunsten der warmen ätherischen Lösung.
^ sind in Alkohol, warmem Wasser und kochendem Aether leicht
löllich, beinahe unlöslich in kaltem Aether. Sie besitzen einen bitteren
Geschmack und sind in reinem Zustande geruchlos. An der Lult ver-
iodeni sich die Krystalle nicht Beim Erhitzen im Röhrchen schmel-
Kn äe etwas über 100^ C. zu einer gelblichen Flüssigkeit, die bei
^irkerero Erhitzen kocht und eine Menge sich an der Luft entzün-
Mer Dampfe ausstösst, während sich in der Röhre ein gelbrother
Befehbg von Schwefelarsen bildet. Von concentrirter Salpetersäure
Verden die Krystalle oxydirt, verdünnte Salzsäure entwickelt etwas
^wefelwasserstoff, zugleich bildet sich eine geringe Menge durch
^cioen Geruch erkennbares Arsentriäthylchlorür. Mit Kalilauge kann
9 ohne 2«ersetzung gekocht werden. Mit salpetersaurem Silberoxyd
giebt die wässerige Arsentriäthylsulfürlösnng- sogleich einen Nieder-
'düag von Schwefelsilber, dagegen fällt sie essigsaures Bleioxyd und
Kopferoxydsalze nicht. Mit salpetersaurer Quecksilberoxydlösung giebt
^ einen schwarzen, allmälig weiss werdenden, mit Sublimatlösung
^en voluminösen, weissen Niederschlag.
Httdwftrtrrbacb d«r Chemie. 2te Aofl. Rd. II. X7
258 Arsenradieale, organische.
Arsenäthylium, Arsenteträthyl. Man kennt dns Radical nichi
in freiem Zustande, sondern nur in Verbindung mit Chlor, Brom, Sauer
Stoff* u. s. w. Diese Verbindungen enthalten 1 Aeq. des Metalloids
krystallisiren leicht, sind sehr beständig, geruchlos, leicht in Waasei
löslich, bitterschmeckend, und scheinen nicht giftig zu sein. Znm Au»
gangspunkt dieser Verbindungen dient das Arsenäthyliumjodiir, welch«
man dui'ch directe Vereinigung von Arsentriäthyl mit Jodäthyl erhält
Durch Behandlung mit Silberoxyd stellt man hieraus das Oxyd dar
womit man alle übrigen Verbindungen erhalten kann.
Arsenäthyliumbromür, Bromarsenäthylium, Cjeltso^^^
x)der (04115)4 As Br. Weisse, sehr leicht zerfliessliche, geruchlose, bitter
schmeckende Salzmasse, welche man beim Abdampfen einer mit Brom
wasserstoffsäure gesättigten Arsenäthylinmoxydlösung erhält: sie ist'ii
Wasser und Alkohol sehr leicht löslich , und verhält sich gegen Sal
petersäure, Schwefelsäure und die Lösungen der Metallsalze wie Brom
kalium.
ArsenäthyliumchiorÜr, Chlorarsenäthylium, Ck^HsoAtsG
-f- 8 aq. oder (C4H6)4 As€l + 8 aq. Man erhält es durch Sättigen eine
ArsenäthyliumoxydlÖsung mit verdünnter Chlorwnsserstoffsäure und Ver
dampfen in leichtzerfliesslichen bitterschmeckenden Krystallen, welche
sehr leicht in Wasser und Alkohol, nicht in Aether löslich sind. Bein
Erhitzen schmelzen die Krystalle in ihrem Krystallwasser und verliere]
es allmälig unter Zersetzung. Bei stärkerem Erhitzen verschwinde
das Salz vollständig.
Concentrirte Schwefelsäure macht aus dem Salz sogleich Chlorvirasser
stoffsäure frei, salpetersaures Silberoxyd bewirkt in der Lösung sogleid
einen Niederschlag von Chlorsilber. Sublimatlösung erzeugt einei
weissen imlöslichen Niederschlag einer Doppel Verbindung.
Arsen äthyliumchlorür.Platinchlorid,(C4Hß)4AsGl-f-Pt Gl,
In concentrirter Arsenäthyliumchlorürlösung giebt - Platinchlorid narl
einiger Zeit einen orangegelben krystallinischen Niederschlag, der in kal
tem Wasser sehr schwer, in kochendem mit gelber Farbe löslich ist
und beim Erkalten sich wieder vollständig, ausscheidet In verdünnte
Chlorwasserstoffsäure löst sich die Verbindung nicht, von concentrirte
warmer Chlorwasserstoffsäure wird sie dagegen unter Zersetzung auf
gelöst.
Arsenäthyliumjodür, Jodarsenäthylium, Ci6l(20^I ode
(C4H5)4 AsI. Diese Verbindung erhält man durch directe Vereinigung voi
Arsentriäthyl mit Jodäthyl; so erstarrt der erste Theil des bei «lerEin
Wirkung von Überschüssigem Jodäthyl auf Arsennntrium erhaltenen De
stillates, welcher aus Jodäthyl und Arsentriäthyl besteht, nach einige
Zeit zu spiessigen Krystallen von Arsenäthyliumjodür. Die Vereinigunj
findet schon nach einigen Stunden, schneller in der Kälte als in de
Wärme statt. Durch Umkrystallisiren aus Wasser oder Alkohol rei
nigt man die Verbindung, welche man so in langen farblosen Nadeli
erhält, die sich mit der Zeit oft etwas dunkel färben. Die Krystalle sim
in Wasser und Alkohol leicht löslich, unlöslich in Aether und Aether
alkohol. Salpetersäure und Schwefelsäure scheiden sogleich Jod nt
letztere bildet zugleich noch Jodwasserstoffsäure und schweflige Sänrc
Quecksilberchlorid schlägt aus der Lösung ein weisses Doppelsale nieder
Silberoxyd zersetzt das Arsenäthyliumjodür unter Ausscheidung voii
Arsenradicale^ organische. 259
^odsilber and Bildang von Arsenäthyliamoxyd. Beim £rhitzen zerfällt
CS ra Pulver und entwiokelt dann weisse, un der Luft sich entzündende
Dimpfe, während metallisches Arsen und eine geringe Menge Jod oder
iodaraen soblimirt.
Das ArsenäthjliomjodQr bildet mit Arsenjodur eine Verbindung
foB der Formel (C4ii5)4AsI. Aslj, welche man beim Erhitzen von
Mithyl mit Arsen in prachtvollen rothen Tafeln erhält. Bei der De-
ilillaftioD zersetzen sich die Krystalle und *es geht eine Flüssigkeit über,
Ü6 bei 1600 C. zu sieden anfängt, deren Siedepunkt aber bis 300^ C.
neigt. Der bei der Bectification bei 180» bis 1900 C. übergehende Theil
k Arsentriäthyljodür, (C4B5)8As . k (S.. 256). Zwischen 228» bis
mo C. geht Arsenbiäthyljodür, (0485)9 As I (S. 252), über.
Arsenäthylinmoxydhydraty CieH^o^sO.HO, erhält man durch
Zeisetsung von Arsenäthyliumjodfir mit Überschüssigem frischgefäiltem
Silberoxyd, Filtriren und Verdunsten bei möglichst abgehaltener Luft
»b eine weisse, stark alkalische Masse, welche an der Luft schnell
Wasser and Kohlensäure anzieht. Das Oxyd treibt schon in der Kälte
iss Ammoniak aus dessen Salzen aus, und fällt die Lösungen der Erden
nd der schweren Metalloxyde.
Zweifach-schwefelsaures Ar senäthyliumoxyd, (04115)4 AsO.
SQi-j-HO.SOa. Körnige Krystalle, welche man durch Zersetzen von
Arseokthyliurnjodür mit schwefelsaurem Silberoxyd, dem freie Schwefel-
mre zugesetzt ist, Filtriren und Eindampfen erhält. Die Krystalle be-
■taen einen anfangs sauren, hintennaeh bitteren Geschmack und lösen
suk leicht in Alkohol und Wasser, schwer in Aether. Beim Erhitzen
im Böhrchen schmelzen sie unter Knistern und geben dann saure, an
der Luft sich nicht entzündende Dämpfe.
Verbindungen des Arsens mit Methyl.
Arsenbimethyl^ Kakodyl (wegen des eigen thümlichen furcht-
baren Geruchs (von xaxog und odsiv) vieler seiner Verbindungen so
Venannt), Methylkakodyl. Organisches Radical (1842) von Bun-
sen entdeckt. ^
Formel: C4H6A8 = (C3H3)2As oder (c'g iAif ^^^^^^'''' ^^
(Bansen ^).
Das Kakodyl bildet sich in geringer Menge bei der Einwirkung
TOD Jodmethyl auf Arsen oder Acsenna^rium (Cahours und Biche)
Bad macht einen Gemengtheil des rohen Kakodyloxyds aus, welches
doBselben wahrscheinlich seine Eigenschaft, an der Luft zu rauchen
Bud sich zu entzünden, verdankt. Es gelingt jedoch nicht, das Radical
aas diesem Chemisch unmittelbar abzuscheiden. Die Isolirung dessel-
bei geschieht, nach Bunsen, am besten durch Einwirkung von me-
tsObchem Zink auf Chlorkakodyl bei erhöhter Temperatur ; sie wird
teefa den Umstand wesentlich befördert, dass das gebildete Chlorzink
fowdil in dem Chlorkaltodyl wie in dem Kakodyl selbst auflöslich ist,
di§ Zink daher bis zu Ende der Zersetzung immer eine blanke metal*
üsdbe Oberfläehe behält
^ Zur Abkflnnng and Vererafachnng der Formeln behalten wir das Zeichen
U mr ArMnbiiiietbyl (= G«H« . As) bei.
17 ♦
260 Arsenradieale, organische.
Die energische Verwandttichaft dep Kakodyls zum Sauerstoff i
Luft erfordert bei seiner Darstellung bej^ondere Vorfichfesmaan^reg«
wie «ie anch bei der Gewinnung der anderen arsen- und antimonfa
tigen Alkoholradicale angewandt werden müssen. Bnnsen hat s
dazu des folgenden Verfahrens bedient. Eine massig starke, etf
weite gewöhnliche Gasleitungsröhre wird an zwei, etwa 6 Zoll i
einander entfernten Stellen a und b^ vor <
FiK 10- Glasbläserlampe kugelförmig erweiterte, dar
das eine Ende unterhalb b zu einer feinen Spi
ausgezogen, und letztere, wie die beistehei
Figur 18 zeigt, zweimal in spitzen Winkeln j
bogen. Durch das weite offene entgegengeset
Ende der Röhre bringt man alsdann aos ein
gereinigten dünnen Zinkblech fein geachnitti
Zinkspäne in die Kugel o, zieht darauf dasse!
dicht vor dieser Kugel ebenfalls zu einer feil
zwei Mal gebogenen Spitze aus und f iillt <]
ganzen Apparat sorgfältig mit reiner^ i
ckener Kohlensäure. Um die das Zink ei
haltende Kugel o, worin die I^ductioD sU
finden soll, mit der zu zerlegenden FlQssigk
zu füllen, taucht man den offenen Schenkel c
reines, durch dreimalige Digestion des Kakodyloxyds mit Concentrin
Chlorwasserstoffsäure von Oxyd befreites, und darauf durch mehrtäj
ges Stehen über einem Gemenge von Ghlorcalcium und Aetskalk ei
wässertes und entsäuertes Kakodylchlorür und saugt davon mitteln ein
kleinen, mit dem Schenkel d verbundenen Handluftpumpe so viel
den Apparat ein, bis die Kugel a etwa bis zur Hälfte ihres Volume
damit gefüllt ist, worauf man einerseits die offene Spitze d mit d
Löthrohrflamme rasch verschliesst und anderseits den Schenkel c bei
abschmilzt. Die Reduction des Chlorkakodyls geht ohne Gasent?
ckelnng schon bei 100<> C. vor sich und wird am besten auf die Wei
ausgeführt, dass man den Apparat, umgekehrt mit der Kugel b nm
oben gerichtet, drei Stunden lang in kochendes Wasser stellt. D
Zink löst sich mit Leichtigkeit auf, während die Flüssigkeit eine etw
dunkele Farbe annimmt. Es scheint sich hierbei zuerst eine Verbi
düng von Chlorzink mit Chlorkakodyl zu bilden, welche, wenn mi
den Apparat aus dem Wasserbade nimmt und auf 50® C. erkalten last
in grossen cubischen Krystallen anschiesst, die beim Erwärmen »ii
wiederum lösen. Nach mehrstündiger Einwirkung bei 100^ C. find
sich zuletzt der ganze Inhalt der Kugel in eine weisse, trockene Sal
masse verwandelt, die zwischen 110^ und 120^ C. wieder zu eine
ölartigen Liquidum schmilzt. Es gelingt nicht, durch stärkeres Erhit«
der Kugel o, unter Abkühlung des abwärts gekehrten Schenkels d, di
flüchtige Kakodyl von dem Chlorzink zu trennen, weil es von diese
schon unterhalb seiner Siedetemperatur in weiter unten zu beschri
bende Producte zerlegt wird. Um es davon zu scheiden, wird die Spiti
d unter frbch ausgekochtem Wasser geöffnet, darauf durch Erhitsi
des ganzen Apparates die eingeschlossene Kohlensäure ausgetrieben an
dann erkalten lassen, bis sich die Kugel b an der Stelle des aasgetr
tenen Gases fast ganz mit Wasser gefüllt hat. Nachdem die Spiti
d wiederum hermetisch verschlossen ist, lässt man durch Neigung d(
Arsenradicule, orgamsche. 261
Ai^mtUu das WiMder kub A in die Kugel a einflieuen. Durch gelio*
'»m Erwinnen erhält man nladsan nach einiger Zeit eine Lösung von
hluniok, und Kakodyl alu ein schweres ülartiges Liquidum, welche«
pfa uf dem Üuden ansammBU und nobit dein übrig gebliebenen blan-
tn metoMitwhen Zink von der Chlorzinklödung bedeckt wird.
Zar weiteren Reinigung dee Kakodyls und zunächst zum Kntwäs-
■n de«s«lbeii dient der Fig. 19 abgebildete Apparat, dessen Kugel ij
vor dem Anaziden dee unteren Schenkels mit Stttck-
'^' '^' eben von geschmolzenem Chlorcolcium gefüllt iiL
Derselbe wird mit Kohlensäure gefüllt lud an beiden
Enden durch Abschmelzen der Spitzen hermeüsch
verschlusnen. Vor dem Gebrauche wird die Spitze n
wieder geÖfTuet und mit einer kleinen Handluftpumpe
luftdicht verbunilen. Durch die dann ebenfalU ge-
affnete bpitzc o, welche in den bei p abgesprengten
Schenkel der Kugel n, P'ig. 18, bis in die Kakodyl-
schiebt eingerührt wird, f^augt man letzteres mit der
kleinen Pumpe m die Kugel y, worauf man die beiden
Spitzen R undi> zugleich wieder hennetiach verschliefst.
Nachdem da« Kakodyl hierin durch [das Chlor-
calcium entwtUaert ist, bringt ma:i es in einen zweiten,
dem Fig. 18 abgebildeten gleichen, vor dem Oebrau-
che mit Kohlensäure geflillten Destillationsapparat,
\4mm Kugel j, wiu vorhin. Zink enthält. Das Einfüllen der Siib-
Mhu ^enchieht aiil' ähnliche Weise wie vorhin, dadurch dass man den
Schrnkei c in die Kugel (j de« Trockenapparatee einführt, welcher durch
Absprengen des oberen Schenkels bei » cuvur geöffnet ist und die
^(«•"ifckeit durch die mit dem Schenkel d verbundene kleine Pumpe
Mtnugt, worniif man die beiden Schenkel dicht unterhalb a und b »b-
achmilzt. Der Apparat besitzt dann
f '8- *" die ia Fig. 20 abgebildete Form. Um
. das Kakodyl von einem geringen
Gehalt an Chloritr vollständig zu be-
freien, wird es auf die durch Fig. 20
angedeutete Weise von dem in
der De«tillationskugel beQndlichen
Zink wiederholt abdestillirt, in-
dem man das in die durch kaltes
^mm^HH^^^BBBri Wasser abgekühlte Elecipientenkugel
Uebergehende einige Male in die
tntere übergiesst. Das nach der dritten oder vierten Bectilication er-
Utene wasaerhelle Destillat wird dann zur völligen Reinigung in der
Bwipientenkugel bis auf — O'^C. abgekühlt, wobei die Flüssigkeit er-
«arri. und wenn ', g derselben in Kristallen angeschossen ist, der übrige
Kssige Theil in die Deatillationskugel zurückgegossen. Die zurück-
Uubenden Kryslalle sind reines Kakodyl.
Es besitzt folgende Eigenschaften. Es ist ein wasserhellei, dünn-
löHiges, sehr stark lichtbrechendes Liquidum, dem Oxyde im Aeusseren
md im Gerüche sehr ähnlich, entzündet sich an der Luft momentan
■4 verbrennt mit einer fahlen Arsenikflamme zu Kohlensäure, Wasser
md arseniger Säure, welche als weisser Rauch aufsteigt. Nebenbei
■cheidet sich, wenn die Sauerstoffmenge zur Verbrennung unzureichend
^.J^
262 Arsenradieale, organkehe.
ist, etwas Erytrarsin (siehe Seite 274) und schwarzes metallisches Ai
Ben ab. Bei so sparsarneni Luftzutritte, dass keine Entzündung eis
tritt, stösst es weisse Nebel aus und verwandelt sich dabei in Kakodj]
oxyd und Kakodylsäure^ Es siedet ungefähr bei 170<>C. und erstarrt bc
— 6^C. bis auf den letzten Tropfen zu einer eisähnlichen Masse, welch
gleich den Eisblnnien auf den Fensterscheiben die Glaswände überzieh
Durch langsame Abkühlung erhält man grössere Krystalle, qua
dratische Prismen mit einer gegen die Seitenflächen gerichteten Fli
chenzone. Das specifische Gewicht Seines Dampfes beträgt dem Vei
suche zu Folge 7,101, welche Zahl mit der berechneten 7,255 (bei eine
Verdichtung auf 2 Vol.) nahe tibereinstimmt.
Das Kakodyl verbindet sich direct mit dem Sauerstoff und de
übrigen negativen Elementen. Schwefel, in geringer Menge zugesets
löst sich darin zu einer wasserhellen Flüssigkeit auf, zu Kakodylsul
für, welches, mit mehr Schwefel versetzt, in die feste höhere Scbwc
felungsstufe übergeht. Mit Chlorwasser Übergossen, verwandelt es sie
unter Entfärbung desselben in Chlorkakodyl. Jodmethyl und Kakod}
vereinigen sich unter heftiger Einwirkung zu Arsenmethyliuinjodu
(Cahours und Riche). — Salpetersäure löst es unter Bildung vo
salpetersaurem Kakodyloxyd, welches auf Zusatz von salpetersaurei
Silberoxyd eine reichliche Fällung von salpetersaurem Silberoxyd-Ks
kodyloxyd giebt. Eine Lösung von Quecksilberchlorid wird äugen
blicklich davon zu Chlorür reducirt, worauf Kakodyl-Quecksilberchlori
anschiesst. Durch Behandlung mit Salzsäure und Zinn entatek
neben anderen Producten auf eine etwas unerklärte Weise Erjtrarsu
Rauchende Schwefelsäure löst das Kakodyl in der Kälte unter Kntbiü
düng von schwefliger Säure auf, ohne sich zu schwärzen. Beim Erwäi
men entweicht eine angenehm ätherartig riechende Substanz, welch
mit dem schwefelsauren Aetherol Aehnlichkeit besitzt. — Wird da
Kakodyl einer Temperatur von 400^ bis 500^0. ausgesetzt, indem ma;
es in einer gekrümmten Glocke über Schwefelsäure erhitzt, so zerlegt e
sich in metallisches Arsen, welches siqh als schwarze Masse abacheidc
und in ein mit bunter leuchtender Flamme verbrennendes Gasgemeugc
welches aus 2 Vol. Grubengas und 1 Vol. ölbildendem Gas besteht:
2(C4Ä6 As) = 2 Ca »4 + C4H4 + 2 As.
Durch Destillation über Chlorzink in »einer z weischenkligen , her
metisch verschlossenen Röhre erleidet es eine eigenthümliche Zersetzung
in Folge deren man ein Gemenge mehrerer Flüssigkeiten mit verschie
denem Arsenikgehalt und sehr abweichenden Siedepunkten erhall
Werden die zwischen 200<) und 260^0. übergegangenen Producte aber
mals in einem ähnlichen Apparate für sich destUlirt, so geht zaers
zwischen OO^undlOO^C. ein wasserhelles, dünnflüssiges Liquidum übe
von ätherartigem Geruch, welches kaum mehr selbstentzündlich ist
bei — 18^0. noch nicht erstarrt und Kohlenstoff, Wasserstoff und Arsei
etwa in dem Verhältniss von C4 : H«.i : Aso,e enthält Die zwischei
1 OQo und 1700 c. und von da bis 200^ c' überdestillirenden, getrennt ge
sammelten Producte zeigten sich reich an Kakodyl, äusserst selbstent
zündlich, und setzten dasselbe bei — 8^ C. in prismatischen Krystalien ab
Im letzteren betrug der Arsengehalt 1,2 Aeq. auf 4 Aeq. Kohlenstofl
während in dem mittleren Destillat nur 0,8 Aeq. Arsenik auf dieselbe
Kohlenstoffmenge geftinden wurde; welche Zahlen am nächsten den
Arsentrimethyl entsprechen. Es ist indessen noch zweifelhaft, ob diese
Arsenradieale, organische. 268
Phfawigkeilen Gemenge von Kohlenwasserstoffen mit verschiedenen Ar*
ffenmethylen sind, oder ob sie nur verschiedene Arsenmethylverbindun-
gen enthalten.
lieber die rationelle Zusammensetzung des Kakodyls war man
lange im Zweifel; Dumas nahm darin das Glied Hg As, dem Amid
entsprechend , mit dem Kohlenwasserstoff C4 H4 verbunden an ; Lau-
rent betrachtete es als eine innige Verbindung von einem, dem Am-
moniak correspondirenden Arsenikwasserstoff mit Acetyl, C4 H3 ; während
L^wig es sogar filr ein binäres Radical hielt, worin ein Theil des
Koblenstoffs durch Arsenik vertreten wäre. Eolbe betrachtete das
Kakodyl zuerst als eine gepaarte Verbindung von 1 Aeq. Arsen mit
t Aeq. Methyl, worin das Arsen vorzugsweise den Angriffspunkt fiir
dt« Verwandtschaftskräfte des Sauerstoffs, Chlors, Schwefels etc. aus-
macht. Die Bildung des Kakodyloxyds aus Essigsäure (Methylamei-
scnsänre) erklärt sich daher leicht nach folgender Weise:
:e[KQ . C> (CgHs) 03]+ AsOgrisCCaSs)« AsO + 2X0.0^04 + 0^04.
Essig^sanres Kali Kakodyloxyd
I>ie Vorstellung, dass das Kakodyl wirklich Methyl als solches
eothalte, findet noch darin eine gewisse Bestätigung, dass mehrere Ka-
kodyl Verbindungen in bekannte Glieder der Methyl reihe übergeführt
werden können, sowie in der directen Darstellung desselben aus Arsen-
oatrium und Jodmethyl.
Verbindungen des Kakodyls mitBrom, Chlor, Cyan,
Fluor und Jod.
Das Kakodyl bildet mit den Halogenen Verbindungen, welche auf
1 Aeq. Kakodyl (C^Vt^^^AB entweder 1 Aeq* oder 3 Aeq. Metalloid ent-
kalten; in zusammengesetzteren Verbindungen kann man ferner ein
Kakodylchlorid mit 2 Aeq. Chlor annehmen. Die Verbindungen las-
sen sich theils durch unmittelbare Vereinigung von Kakodyl mit den
Halogenen, theils durch Behandlung der Kakodylozyde mit den betreffen-
den Wasserstoffverbindungen darstellen.
Kakodylbromür, Bromarsin. Formel: (C^ 113)3 As Br =
KdBr. Eis entsteht durch Deiitillation von Quecksilberchlorid-Kakodyl-
oxyd mit hdchst concentrirter Brom wasserstoffsäure, und geht ale eine
nicht rauchende, gelb gefärbte Flüssigkeit in die Vorlage über, welche
in ihren Eigenschailen mit dem Kakodylchlorür die grösste Aehnlich-
keit besitzt. Beim Erhitzen mit Wasser zerlegt es sich in Bromwas^er-
«toffsaure und an der Luft rauchendes
Basisches Kakodylbromür, KdO.SKdBr. Diese Verbin-
dang bildet sich auch direct durch wiederholte Destillation von Kako-
dyloxyd mit ziemlich concentrirter Bromwasserstoffsäure. Nachdem
ne durch abermalige Destillation mit Kreidepulver und Wasser bei
▼dlligen) Abschluss der Luft von der -beigemengten freien Säure gerei-
nigt, darauf Ober Chloroalcium getrocknet und in einem mit Kohlen-
«änre gefüllten hermetisch verschlossenen Apparat ftir sich destillirt ist,
bildet sie eine gelbliche, in Wasser unlösliche, an der Luft rauchende,
dem Bromkakodyl übrigens sehr ähnliche Flüssigkeit, welche die Eigen-
tbamlichkeit besitzt, beim Erwärmen farblos zu werden, aber beim Er-
kalten seine ursprüngliche gelbe Farbe wieder anzunehmen. — Wird
das basische Bromkakodyl mit metallischem Quecksilber erhitzt, so ver-
wandelt es sich ohne Gasentwickelung in eine süsse, citronengelbe.
264 Arseuradicale, organische.
leicht schmelzbare und ohne ZernetKun^r flüchtige Subütanz, die beun
Kochen mit Wasser in Qiieckdilber iin<i eine mit den Wasserdäropfen*
übergehende rauchende Flüssigkeit zerfällt In höherer Temperatur
scheidet sich' Quecksilber und Quecksilberbromür ab, unter Entbindung
stinkender arsenikalischer Producte.
Kakodylsuperbromid, kakodylsaures KdBrg.KdOs
-)-- 12 Ho. Das Verhalten der Kakodylsäure gegen trockenes Brom-
wasserstoffgas weicht von dem gegen Chlorwasserstoff* ab, indem sich
beide nicht direct vereinigen, sondern unter Ausgabe von Was:ier und
Abscheidung Vi3n Brom Kakodylbromür liefern. Ein Kakodylsuperbro-
mid für sich ist daher nicht bekannt. Die Verbindung desselben mit
Kakodylsäure kann durch Auflösen von Kakodylsäure in möglichst con-
centrirter, schwefelsäurefreier Bromwasserstoffsäure und Abdampfen
der Lösung bei 0^ C. im Vacuum über Kalk und Schwefelsäure er-
halten werden. Sie bildet alsdann eine färb- und geruchlose, zähe,
syrupdicke Flüssigkeit, welche im Wasser und Alkohol in alleu Ver-
hältnissen löslich ist, an der Luft zerfliesst und für sich völlig neutral
reagirt. Sie ist im Wasser, jedoch nicht ohne Zersetzung löslich, und
zerfällt dadurch in Kakodylsäure und Brom wasserstofTsäure ^ daher die
wässerige Lösung stark sauer reagirt. Von metallischem Zink wird
sie leicht zu Kakodylbromür reducirt. Analog der entsprechenden
Chlorverbindung (s. d.) erleidet sie bei höherer Temperatur eine Zer-
setzung in arsenige Säure^ Methylbromür, kakodylsaures Kakodylbromid
und Wasser.
Kakodylchlorid, kakodylsaures, 3 Kdf^l^ . 2 KdO^. Das
2 Aeq. Chlor enthaltende Kakodylchlorid ist im freien Zustande unbe-
kannt. In Verbindung mit Kakodylsäure bildet es das ölartige Zer-
setzungsproduct des Kakodylsuperchlorids oder kakodylsauren Kako-
dylsuperchlorids (s. d.) durch Erhitzen. Die Bildung des Kakodyl-
chlorids iiir sich neben Methylchlorür und arseniger Säure aus einem
Gemenge von 2 Aeq. Kakodylsuperchlorid und 1 Aeq. Kakodylsäure
findet in folgender Gleichung eine ganz einfache Erklärung:
2 (Ca H3)2 As Gla + (C2 H3), As O« = As 03 + 2 C, H, Gl
Kakodylsuperchlorid Kakodylsäure Methylchlorür
-f 2 (C2 Ha)» As Gl,
Kakodylchlorid.
Wenn man in Betracht zieht, dass beim Erhitzen des Kakodyl-
superchlorids der obigen Zersetzung jedenfalls eine theil weise Zerlegung
desselben mit dem damit chemisch gebundenen Wasser in Kakodyl-
säure und Salzsäure vorhergeht, so ist nicht nur die in obiger Gleichung
ausgesprochene Umsetzung der Elemente, sondern auch das Zustande-
kommen einer Verbindung von der Zusammensetzung des kakodylsau*
ren Kakodylchlorids leicht zu verstehen. Es ist schwieriger einzugehen,
wie dieselbe Verbindung durch Erhitzen der Krystalle des kakodyl-
sauren Kakodylsuperchlorids entstehen soll, und nicht unwahrscheinlich,
dass zwei oder mehrere Verbindungen der Kakodylsäure mit dem
Chlorid existiren, ausser der obigen vielleicht noch die Verbindung
2 KdGl] . 3KdOi), welche sich gerade aus dem kakodylsauren Kako-
dylsuperchlorid (s. d. S. 267) am einfachsten herleiten lässt.
Die von Bunsen untersuchte und analysirte Substanz ist das
Arsenradieale, organische. 266
Destülaiionsproduct des Kakodylsuperchlorids. Ueber. Aetzbaryt von
Saltsäore and Wasser befreit und darauf in einer zweischenkligen
benneiisch verschlossenen Röhre destillirt, stellt sie eine farblose, in
Wasser unlösliche, in Alkohol lösliche , dem Kakodylchlorür sehr ähn-
liche Flüssigkeit dar, welche 'durch ihre specifische, heftige Einwirkung
Mf die Geruchsnerven ausgezeichnet ist. Der anfangs unmerkliche
Geruch, den man wahrnimmt, wenn man nur wonige Secunden an
einein damit befeuchteten Glasstab riecht, steigert sich nach kurzer Zeit
m einer übermässigen Stärke , und bewirkt heftiges Niesen , profuse
Sckleimabsonderung und Röthung von Na.^e und Augen. Riecht man
«n einer etwas grösseren Quantität, so geht der Geruch allmälig in ein
aoerträgliches Gefiihl über, verbunden mit einem bohrenden Schmerze
im kleinen Gehirn.
Die alkoholische Lösung des kakodyUauren Kakodylchlorids giebt
mit einer eben solchen Auflösung von Quecksilberchlorid dieselbe, in
jeidenglanzenden Schüppchen krystallisirende Quecksilberverbindung
(KdO . 2 Hg Gl oder Kd Gl^ . Hga O), welche das Kakodyloxyd mit Queck-
^Iberchlorid erzeugt, mit dem Unterschiede, dass gleichzeitig keine
Abscheidung von Quecksilberchlorür stattfindet.
- Kakodylchlorür,Chlorarsin. Formel: (C3H8)sAsGl=KdGl.
Es entsteht durch Destillation von Quecksilberchlorid- Kakodyloxyd mit
iiöehgt concentrirter Salzsäure. Das Destillat wird, ohne es mit Was-
!er in Berührung zu bringen, durch Chlorcalcium und Aetzkalk von
Wasaer und der beigemengten Salzsäure befreit und in einer kleinen
mit Kohlensäure gefüllten, hermetisch verschlossenen Desttllationsröhre
dertUlirt. — Das Chlorkakodyl bildet sich auch unmittelbar durch De-
^llstion von Kakodyloxyd mit concentrirter Chlorwasserstoffsäure, doch
bleibt dem so erhaltenen Product, auch nach oft wiederholter Destilla-
tion mit erneuerter Säure, immer basisches Chlorid beigemengt.
Das Kakodylchlorür bildet ein wasserhelles, ätherartiges, im Wasser
untersinken des^ und darin, wie in Aether unlösliches, in Alkohol leicht
)<i9liche« Liquidum von sehr heftigem, durchdringendem, betäubendem
Genich, der den des Oxyds an Stärke weit übertrifft. In grösserer
Menge eingeathmet, afficirt es in dem Maasse die Schleimhaut der Nase,
^ diese atischwillt, und macht die Augen thränen und selbst mit Blut
onterlaafen.
Eä bleibt bei — 4ö.<>C. noch flüssig, siedet wenige Grade über lOO^C,
nacht nicht an der Luft. Das specif. Gewicht seines Dampfes beträgt
4,56 (berechnet 4,85). Es enthält demnach ^/^ Volumen Kakodyl mit
'/) Volnnien Chlor zu 1 Volumen ohne Condensation verbunden. An
lier Luü erhitzt, verbrennt es mit fahler Arsenikflanime unter Abnatz
^on Arsen und arseniger Säure und Ausgabe von salzsauren Dämpfen.
^ einer Atmosphäre von Saueirstoff erhitzt, verbrennt es mit heftiger
Explosion. Bei langsamem Luftzutritt setzen sich daraus wasserhelle
K^IBtalle (von Kakodylsäure?) ab. — Im Chlorgas entzündet es sich
^QD »elbst unter Abscheidnng von Kohle. — Verdünnte Salpetersäure
^ es ohne Zersetzung auf, concentrirte Säure dagegen bewirkt Ent-
zindimg und Explosion. Schwache Säuren sind im Allgemeinen ohne
Einwirkung darauf, Schwefelsäure und Phosphorsäure dagegen machen
^OB Salzsäure freu — Aus der alkoholischen Lösung des Chlorkako-
<ljU wird sein Chlor durch salpetersaures Silberoxyd vollständig als
Clilor«ilber ausgefällt. — Eine alkoholische Kalilösung scheidet Chlor-
266 Arsenradieale, organiBche.
kalium ab und erzeugt eine im Wa88er and Alkohol lösliche, flüchtige,
ätherartige Substanz, von unbekannter Zusammensetzung (C4H5AS?
Bansen), welche kein Chlor mehr enthält, von Laurent Arethase
genannt — In DampfTorm über erhitzten Kalk geleitet, giebt es sein
Chlor nicht eher an denselben ab, als bis völlige Zersetzung desselben
erfolgt Eben so wenig entziehen ihm Aetzbaryt und Aetzkalk Salz-
säure. — Trockenes Ammoniakgas verwandelt es in eine weisse Salz-
masse, welche bei Behandlang mit Alkohol Salmiak zurücklässt. —
Von metallischem Zink und Zinn wird es bei einer Temperatur von
lOQo C. unter Bildung von Metallchlorilr zu Kakodyl (s. S. 259) reducirt
Wasserhaltiges KakodylchlorÜr, wahrscheinlich Kd€l.
HO. Reines Kakodyloxyd absorbirt, bei sorgfaltig abgehaltenem Zu-
tritt von Ladt, trockenes Chlorwasserstoffsäuregas mit grosser Begierde
and anter starker Wärmeentwickelung. Wahrend sich eine kleine Menge
eines ziegelrothen Pulvers, Erytrarsin (s.d. unter Kakodyloxyd), ab-
scheidet, theilt es sich anfangs in zwei Schichten, die sich bei fortge-
setztem Einleiten von Salzsäuregas unter beständiger Abköhlung nach-
her wieder zu einer homogenen Flüssigkeit vereinigen, woraus sich bei
Berührung mit eckigen Körpern eine Menge Gas entwickelt Wird
dieselbe in einer Atmosphäre von Kohlensäure so lange erhitzt, bis kein
Gas (nebst Wasser dämpfen) mehr entweicht, so theilt sie sich wieder
in jene beiden Schichten, eine obere dünnflüssige von KakodylchlorÜr
und eine untere von zäher dickflüssiger Beschaffenheit, welche sich auch
nach der Destillation in der Vorlage wiederfinden. Dass diese untere
Schicht ein wasserhaltiges KakodylchlorÜr ist, erhält noch dadurch eine
Bestätigung, dass geschmolzenes Chlorcalcium darin zerfliesst und fast
reines KakodylchlorÜr zurücklässt Da es beim Erhitzen Wasser ver-
liert und ohnedies mit Salzsäure verunreinigt bleibt, so hat es in reinei
Gestalt weder dargestellt, noch analysirt werden können.
Basisches KakodylchlorÜr, 3KdGl.KdO, entsteht durch
Behandlung des Chlorürs mit Wasser oder durch Destillation von Kako-
dyloxyd mit wässeriger Chlorwasserstoffsäure. Das auf die letztere Art
erhaltene Product, mit Kreidepulver und Wasser bei völligem Aosschlass
der Luft destillirt, dann über Chlorcalcium getrocknet, und darauf noch
einmal für sich in einer mit Kohlensäure gefüllten hermetisch verschlos*
senen Röhre destillirt, ist eine dem Chlorkakodyl sehr ähnliche Flüs-
sigkeit, jedoch von minder starkem Geruch. Sie stösst an der Lufl
weisse Dämpfe aus, siedet bei lOQ^C. Ihre Dampfdichte beträgt dem
Versuche zufolge 5,46, was einer Verbindang von ^7 Vol. Kakodyl-
chlorÜr mit ^/7VoL Kakodyloxyd zu einem Volumen entspricht (berech-
net = 5,29).
Das KakodylchlorÜr vereinigt sich mit anderen Chloriden zu eigen-
thümlichen Duppelsalzen, die jedoch mit Ausnahme der beiden nachfol-
genden wenig beständig sind.
Kakodyl-Kupferchlorür, KdGl.CuaGl, entsteht beim Ver^
mischen einer alkoholischen Lösung von Kakodyloxyd mit einer Auf-
lösung von Kupferchlorür in Chlorwasserstuffsäure als ein voluminöser,
breiigen weisser Niederschlag. Um das von demselben umschlossen6f
ausgeschiedene freie Chlorkakodyl mit dem Kiipfer^alz vollkommen xif
verbinden, wird der Niederschlag in einer Reibschale mit einem Ueber*
schuss von Salzsäure zerrieben, darauf bei völHgem AnsschUiss der Luft
zuerst mit concentrirter , dann mit verdünnter Säure und endlich mit
Arsenradieale, organische. 267
Waiser möglichBt schnell aasgewaBchen , darauf noch feucht zwischen
Pliespapier ausgepresst und im luftleeren Baume getrocknet. Durch
m langes Auswaschen wird er zersetzt und zuletzt ganz aufgelöst.
Das so gereinigte Doppelsalz bildet ein kakodylartig riechendes,
weisses, körnigem Pulver, welches durch angehende Zersetzung gelblich
za sein pflegt ; es ist in Alkohol und Aether unlöslich, wird von kochen-
dem Wasser zersetzt, färbt sich an der Luft grün von gebildetem Kupfer-
ehlorid unter Aufgabe stinkender arsenikalischer Producte. Beim Er-
hitzen entweicht mit grüner Flamme Chlorkakodyl, und Kupferchlorür
bleibt zurück.
Kakodyl-Platinchlorid, wahrscheinlich Kd€l.'Pt€l2, erhält
maa beim Vermischen alkoholischer Lösungen von Eakodylchlorür und
Platinchlorid als ziegelrothen Niederschlag, welcher durch Kochen oder
Aaswaschen mit Wasser eine höchst merkwürdige Metamorphose er-
leidet, indem er sich dabei zu einer kaum gefärbten Flüssigkeit auflöst,
woraus beim Abdampfen eine neue farblose, in grossen Nadeln krystal-
liiirende sehr beständige Verbindung anschiesst. Dieselbe enthält,
analog den Reiset'schen Platinverbindungen, ein platinhaltiges Radi-
cil, worin das Kakodyl die Rolle des Ammoniaks (der Reiset'schen
Ba^en) zu spielen scheint. Dasselbe geht mit den Halo'iden Verbin-
dungen ein and bildet mit Sauerstofi* eine Basis, die sich mit Säuren zu
kryttallisirbaren Salzen vereinigt.
Kakodylsuperchlorid und kakodylsaures Kakodyl-
superchiorid. Das Kakodylsuperchlorid hat für sich nicht rein dar-
gestellt werden können. Leitet man einen Strom trockenes Chlor wasser-
itoSgas über trockene Elakodylsäurd^ so verwandelt sich letztere unter
iieftiger Wärmeentwickelung in eine Flüssigkeit, aus der sich beim
Erkalten grosse glänzende Krystallblättchen abscheiden, welche aus
^kodylsaorem Kakodylsuperchlorid bestehen. Die Mutterlauge bildet
eine wasserhelle , geruchlose, syrupdicke Flüssigkeit, die an der Luft
nacht und mit grosser Begierde daraus Feuchtigkeit anzieht Dieselbe
^>esteht, nach Bunsen, ans Kakodylsuperchlorid, welches jedoch noch
dtfin auflösliches saures Kakodylsuperchlorid beigemengt enthält und
nicht davon getrennt werden kann. In Folge der bei der Vereinigung
der Kakody Isaure und Chlor wasserstofTsäure eintretenden Wärmeentwicke-
long und der hierdurch bewirkten, weiter unten näher zu beschreiben-
den Zersetzung des kakodylsauren Kakodylsuperchlorids, enthält jenes
Liquidum in der Regel auch noch etwas freie arsenige Säure.
Das Kakodylsuperchlorid wird durch Zink und andere Wasser zW"
^c^sende Metalle zu Kakodylchlorür und in höherer Temperatur zu Ka-
kodyl reducirt. Für sich erhitzt, zerfällt es in kakodylsaures Kakodyl-
(Uorid, arsenige Säure und Methylchlorür. Es lasst sich für sich nicht
«ntzänden, aber in der Spiritusflamme verbrennt es unter Ausgabe von
^i^eniger Säure und salzsauren Dämpfen.
Da bei der Verd|iigung des Chlorwasserstofi'säuregases mit der
Kakodylsäore kein Wasser abgeschieden wird, und dieses nicht eher
^i wird, als bis die Verbindung durch fortgesetzte Einwirkung der
^orwasserstoffsäure eine Zersetzung erleidet, so darf man sie nach
^r Formel KdGl, -(- 4H0 (oder KdGl» + 3 HO, Bunsen) zusaro-
"»engwetzt betrachten. Ihre Bildung lässt sich durch folgende Glei-
chttng erklären :
268 Arsenradicale^ organische.
4(H0 .KdOs) + 6 H€l=KdGl8 . 2KdOs + 6H0-f KdGjg^+jBO.
KakodyUäure Kakodylsaures Kakodyl- Kakodylsuper-
superchlorid chlorid.
Das kakodylsaure Kakodylsuperchlorid^ KdGl3.2Kd03
-|- 6H0, wird am leichtesteD frei von fremden Beimengungen er-
halten durch Auflösen der Kakodylsaure in concentrirter Chlorwasser-
Btoffsäure und Abdampfen der Flüssigkeit im Vacuum über Kalk und
Schwefelsäure. Sie erstarrt nach und nach zu einer breiartigen Masse
blätteriger Krystalle^ welche man wiederholt zwischen getrocknetem und
erwärmtem Fiiesspapier in einer ebenfalls erwärmten Presse auspresse
nachdem man sie zwischendurch wieder Feuchtigkeit aus der Luft hat
anziehen lassen. Zur völligen Reinigung muss man die nach dem letzten
Auspressen erhaltene Krystallmasse noch einmal in den luftleeren Raum
über Kalk und Schwefelsäure bringen.
Die so gereinigte Verbindung bildet grosse, durchsichtige, weisse
Kry Stallblätter, die aus der Luft mit grösster Begierde Feuchtigkeit an-
ziehen, und damit zu einer zähen sauren Flüssigkeit zerfliessen. Sie ist
geruchlos und besitzt einen stark sauren Geschmack.
Beim Erwärmen unter 100^ C. schmilzt sie zu einem farblosen Li-
quidum und erleidet dabei eine Zersetzung in arsenige Säure, welche nach
fortgesetztem Erhitzen fast rein zurückbleibt, in eine öl artige, stinkende,
sehr giftige Flüssigkeit (kakodylsaures Kakodylchlorid), welche mit
Wasser und Salzsäure in die Vorlage übergeht, und in gasförmig ent-
weichendes Methylchlorür. Die nämliche Zersetzung findet statt, wenn
man über trockene Kakodylsaure bei IQO^ bis 109^ C. Chlorwasserstoff-
gas leitet. Wenn, wie anzunehmen ist, die Kakodylsaure sich in meh-
reren Verhältnissen mit Kakodylchlorid vereinigt und das bei obiger
Zersetzung sich bildende ölartige Product die Zusammensetzung
2KdGl2*3Kd03 hat, so lässt sich jene Zersetzung des kakodylsanren
Kakodylsnper Chlorids durch Erwärmen durch folgende Gleichung aus-
drücken :
2 [(Cj »8)2 As Gig . 2 (Cg Ha)^ As Q3 -f 6 H O] = As Og -f- 2 C^ H,Ö
Kakodylsaures Kakodylsuperchlorid Methylchlorür
+ 2(Cgtf3>jAsGl2 . SCCgHaJaAsOa + 12 HO.
Kakodylsaures Kakodylchlorid
Ueber die von Bunsen Quecksilberoxyd-Kakodylsuperchlorid ge-
nannte Verbindung s. kakodylsaures Quecksilberchlocid unter
Kakodylsaure (S. 278).
Kako dylcyanür, Cyanarsin. Formel: (C2H3)2AsGy =
KdGy* Das Kakodylcyanür entsteht durch Destillation von Kakodyl-
oxyd mit concentrirter Cyanwasserstoffsäure, und geht mit Oxyd ge-
mischt als eine ölartige Flüssigkeit über, die nach dem Erkalten kry-
stallisirt; doch ist es schwer, sie durch Krystallisation von dem anhän-
genden Oxyd ganz zu befreien. Vortheilhafter und weniger gefahrvoll
(wegen der ungemeinen Giftigkeit des Cyanürs) ist die Darstellung
desselben durch Vermischen einer concentrirten Lösung von Cyanqueck-
Silber mit Kakodyloxyd. Unter Ausscheidung von metallischem Queck-
silber entsteht hierbei neben dem Kakodylcyanür noch Kakodylsaure,
und vielleicht kakodylsaures Kakodyloxyd, wovon ein wenig bei nach-
heriger Destillation mit dem Cyanür in die Vorlage übergeht. Letzteres
Arsenradieale, organische. 269
nmmelt sich darin unter dem Waeser als eine gelbliche, ölartige Schicht
an, welche nacl\ einiger Zeit zu grossen, schön ausgebildeten prisma-
tischen Krystallen fast ganz erstarrt, die oft weit bis in die darüber
stehende Wasserschicht hineinragen. Zur weiteren Reinigung werden
die Krjstalle, nachdem man die Flüssigkeit hat ablaufen lassen, zwi-
schen Fliesspapier geptesst, darauf wieder geschmolzen und über Aetz-
biryt in einem kleinen mit Kohlensäure gefüllten Destillationsapparat,
(wie Fig. 20, S. 261), bei hermetischem Verschluss rectificirt.
Uta diese Substanz von den letzten Spuren fremder Beimengungen
vollends zu befreien, bringt man sie, wieder geschmolzen, au^ dem
Recipientenschenkel in den kürzeren Schenkel eines zweiten zuvor mit
Kohlensäure geftlllten ähnlichen Destillationsapparats, und lässt sie
durch langsames Erkalten wieder krystallisiren. Wenn dann Zwei-
drittel derselben fest geworden ist, giesst man den flüssigen Theil in
den längeren Schenkel» und wiederholt diese Operation mit dem jedes-
maligen Rest so lange, bis die abgegossene Flüssigkeit beim Erstarren
in dem längeren Schenkel keine gelbliche Farbe jaehr zeigt.
Es ist wegen der Flüchtigkeit und ausserordentlichen Giftigkeit
dieser Substanz nothwendig, alle jene Operationen im Freien vorzuneb-
oen, und während dem durch ein langes Glasrohr zu respiriren, dessen
Mündung den Dämpfen des'Cyankakodyls unzugänglich ist.
Das auf die angegebene Weise gereinigte Kakodylcyanür ist über
33^0. ein ätherartiges, farbloses, das Licht stark brechendes Liquidum,
welches bei 32,5^0. zu einem Haufwerk grosser diamantglänzender Kry-
^Ue erstarrt, die sich, ähnlich den Eisblumen an den Fensterscheiben,
u das Glas anlegen und im Aeusseren sehr der Osmiumsäure gleichen.
Am schönsten und grössten erhält man die Krystalle durch freiwillige
Soblimation der Substanz bei gewöhnlicher Temperatur in einer mit
Wasser benetzten Glasröhre. Sie bilden wenig geschobene, vierseitige
Prismen (oft von 4 bis 5 Linien Länge) mit kleinen Abstumpfungsflä-
chen an den kleineren Seitenkanten, die an den Enden durch gegen die
kleineren Seitenkanten gerichtete Zuschärfungen geschlossen sind.
Das Cyankakodyl ist im WasseT wenig, in Alkohol und Aether
leicht löslich, siedet bei etwal40<'C., lässt sich entzünden und verbrennt
mit einer röthlich blauen Flamme. Seine Dampfdichte beträgt 4,68 (be-
rechnet 4,526), wonach 1 Vol. seines Dampfes Va ^o^* Kakodylgas und
^sVoL Cyangas ohne Condensation verbunden enthält.
Das Kakodylcyanür bewirkt in einer Lösung von salpetersaurem
^heroxyd eine weisse Fällung von Cyansilber, in Quecksilberchlorid-
^^^^song einen Niederschlag von Qnecksilberchlorid-Kakodyloxyd. Sal-
[«tersaares Quecksilberoxyd wird nicht dadurch geföllt, das Oxydulsalz
^ redncirt. Eine mit Kali versetzte Mischung von einem Eisenoxy»
dulsalz mit einer Lösung von Cyankakodyl giebt auf Zusatz der stärke-
ren Säuren Berlinerblau. Essigsäure bewirkt diese Veränderung nicht.
Wie bereits erwähnt, besitzt das Cyankakodyl in weit höherem
^(uBse als alle übrigen Kakodyl Verbindungen giftige Eigenschaften.
^Soige Gran davon, in der Luft eines Zimmers verbreitet, verursachen
^ Binathmen ein plötzliches Einschlafen der Hände und Füsse,
^Windel, Betäubung und Bewusstlosigkeit.
Kakodylfluorür, (C2H,), AsF == KdF, ist eine farblose, in
Walser onlösliche Flüssigkeit von unerträglich widrigem, stechendem
^emch, welche durch Destillation von Quecksilbercblorid-Kakodyloxyd
270 Arsenradieale, orgaiiifiche.
mit sehr concentrirter Fluorwasscrstoffsäare erhalten wird. Sie greift
die Glasgefasse an und wird durch Wasser nach und nach zersetzt.
Kakod^Uuperfluorid, kakodylsaures, 2KdFs.Kd08 -{-
3 Ho, wird durch Auflödung der Kakodylsäure in concentrirter Fluor-
wasserstoffsäure und Abdampfen im . Wasserbade erhalten, worauf beim
Erkalten der Lösung die Verbindung in schön ausgebildeten prismatischen
Krystallen anschiesst, welche man durch Pressen zwischen Fliesspapier
und Trocknen im Vacaum über Kalk und Schwefelsäure reinigt.
Sie ist geruchlos, in Wasser und Alkohol leicht löslich und
zerfliesst an der Luft zu einer stark sauer reagirenden Flüssigkeit. Beim
Erhitzen schmilzt sie, es entweichen Dämpfe von Fluorwasserstoffsäure
und alkarsinartig riechende Prodacte; zuletzt verbrennt sie mit fahler
Arsenikflamme und hinterlässt eine leicht verbrennliche Kohle. — Selbst
die getrockneten Krjstalle greifen das Glas so stark au,'das8 man sie
in Blei- oder Platingeiassen aufbewahren muss.
Kakodylsuperfluorid für sich ist nicht dargestellt.
Kakodyljodür, Jodarsin. Formel: (G9 M«), As I = Kd L
Diese Verbindung entsteht durch Destillation von Kakodyloxyd mit
concentrirter Jodwasserstoffsäure; sie geht mit den Wasserdämpfen als
gelbliches ölartiges Liquidum aber, aus dem sich eine feste gelbe Sub-
stanz beirp raschen Erkalten in Krusten, bei langsamer Abkuhlang in
durchsichtigen, rhomboidalen Tafeln absetzt. Man umgiebt die Vorlage
mit einer Kältembchung, giesst darauf das noch flüssige Jodür von dem
erstarrten krystallinischen Stoffe ab, und* destillirt dasselbe noch einmal
mit concentrirter Jodwasserstoffsäure. Das Destillat wird alsdann in
einem mit Kohlensäure gefüllten, hermetisch verschlossenen Gefass durch
AetzkSlk und Chlorcalcium von der beigemengten JodwasserBtoffsänre
und Wasser befreit, und zuletzt in einer zweischenkligen , gleichfalls
Kohlensäure enthaltenden, hermetisch verschlossenen liöhre destillirt,
bis höchstens zwei Drittel übergegangen sind.
Das gereinigte Kakodyljodür ist ein dünnflüssiges, gelbliches Li-
quidum von Ekel erregendem, durchdringendem, dem Chlorkakodyl ähn-
lichem Gerüche, in Aether und Alkohol leicht löslich, in Wasser nnlös-
lich, schwerer als dieses, selbst schwerer als Chlorcalcium (geschmolze-
nes?); Aetzkalk sinkt darin zu Boden. Es ist bei — 10<^C. noch flüssig,
siedet weit über 100<^C., lässt sich aber mit Wasserdämpfen leicht über-
destilliren. Sein Dampf ist gelblich gefärbt, gleich dem der nnterchlo-
rigen Säure. An der Luft raucht es nicht, nimmt jedoch Sauerstoff
daraus auf und setzt nach einiger Zeit schöne prismatische Krystalle
ab, wahrscheinlich von Kakodylsäure. Es brennt mit hell leuchtender
russender Flamme unter Ausgabe von Joddämpfen. Schwefelsäure und
Salpetersäure zersetzen es, und machen ebenfalls Jod frei. Auch Queck-
silber entzieht ihm beim Elrhitzen das Jod unter Bildung von Jodqueck*
Silber. Mit einer Sublimatlösnng erzeugt es gleich dem Oxyd Queck-
silber chlorid-Kakodyloxy d .
Basisches Kakodyljodür, SKdI.KdO, bildet sich gleich-
zeitig mit dem JodÜr bei der Destillation von Kakodyloxyd mit Jod-
wasserstoffsäure und macht den in der Vorlage aus dem Jodür beim
Erkalten in gelben kiystallinischen Krusten sich absetzenden Stoff ans»
welchen man durch Auspressen zvn sehen Fliesspapier unter Inftfreiera
Wasser und Urokrystallisiren aus absolutem Alkohol reinigt, aus dem
es beim Erkalten in schönen Krystallen anschiesst, worauf man durch
r
Arsenradicale, organische. 271
aberroaligea Aaspressen unter Wasser den anhängenden Alkohol ent-
fernt Es wird darauf durch geschmolzenes Chlorcalciom bei Ab^chluss
der Loft getrocknet und in einer zweischenkligen mit Kohlensäure ge-
füllten, hermetisch verschlossenen Bohre zur Hälfte abdestillirt. Das
Destillat krystallisirt in durchsichtigen rhombischen Tafeln, die weit
onter 1 00^ C. schmelzen, an der Luft weisse Nebel ausstossen und mit so
grosser Begierde Sauerstoff daraus aufnehmen, dass die dadurch be-
wirkte Wärmeentwickelung sogar eine Entzündung zur Folge haben
kuiL Wie schon erwähnt, ist es im Wasser unlöslich, in Alkohol, be-
noders in heissem, löslich, und lässft sich sowohl mit# Wasser, wie für
lieh unverändert destilliren. Entzündet verbrennt es mit russender
Flsmme und Entbindung von Joddämpfen.
Das basische Jodkakodyl entsteht auch durch directe Vereinigung
von Jodkakodyl mit Kakodyloxyd, die sich im wasserfreien Zustande
olue sichtbare Veränderung in allen Verhältnissen mischen. Wenige*
Tropfen Wasser machen die Mischung zu einer Krystallmasse erstarren,
veiche alle Eigenschaften der basischen Verbindung besitzt.
Verbindungen des Kakodyls mit Sauerstoff.
Man kennt zwei Verbindungen des Kakodyls mit Sauerstoff; das
Kftkodyloxjd (C3Hs)3AsO und die Kakodylsäure (C2H8)sAs03.
Ho, welche beide mannigfaltige weitere Verbindungen bilden.
Kakodylozyd, Alkarsin, Cadet's rauchende Flüssigkeit. —
Von Cadet 1760 entdeckt, von Bunsen analysirt und genauer unter-
socht — Formel : C*«^ AsO = (C, H,), As O = KdO.
Das Kakodylozyd ist der Hauptbestandtheil der bekannten rauchen-
den, stinkenden Flüssigkeit, welche durch Destillation von arseniger
Sure mit essigsaurem Kali erhalten wird. Die Selbsten tzündlichkeit
diefler Substanz und die Giftigkeit der mit ihr übergehenden gasAirmi-
m Prodncte erfordert bei ihrer Darstellung einige Vorsicht, weshalb
^ dabei zn beobachtende Verfahren hier etwas genauer beschrieben
Verden soll.
Eine geräumige Retorte von Glas wird mit einer innigen Mischung
^00 gleichen Tbeilen (je ein Kilogramm) arseniger Säure und trocke-
MD essigsauren Kali gefüllt, und in einem Sandbade über allmälig
Tcrst&rktem Feuer erhitzt Der Hals der Retorte ist durch eine mög-
lidttt weite knrze Glasröhre vermittelst luftdicht schliessender Korke
^ emem Liebig'schen Kühlapparat verbunden, dessen unteres ab-
virti gebogenes Ende in den Hals einer doppelt tubulirten Woulff-
'cheo Flasche ebenfalls luftdicht einmündet, auf deren Boden sich eine
S^ht Wasser befindet In den anderen Tubulus ist mit einem Korke
^ioe weite lange Röhre eingesetzt, welche dazu bestimmt ist, die bei
te Destfllation sich entwickelnden, stinkenden, gasförmigen Producte
^rtsaleiten. Um sich derselben zn entledigen, und sich vor ihren gif-
^ Wirkungen möglichst zu bewahren, föhrt man das äusserste Ende
^r Gasleitungsröhre am zweckmässigsten unter den Rost eines gut-
ntkenden, mit glühenden Kohlen gefüllten Ofens. Die ganze Operation
iBOK nothwendig im Freien vorgenommen und die Vorlage nebst Kühl-
*Pptrftt durch oft erneutes, kaltes Wasser beständig möglichst kalt er-
^Iten werden« Die vom Beginn der Destillation bis zu Ende sich
'"^wickelnden Gase, ein Gemenge von Kohlensäure, Grubengas und
^^Mdcndem Gas ~ sie enthalten kein Arsenikwasserstoffgas — , womit
272 Arsenradieale, organische.
sich so|j:leich der ganze Apparat fiillt, verhindern die Entzündung di
übergehenden Kakodyloxyds durch die in der Retorte nnd dem Kuli
apparate anfangs eingeschlogstene Luft. Mit dem Kakodyloxyd verflücl
tigt sich namentlich gegen daF Ende der Destillation eine nicht nnb
trachtliche Menge schwarzem metallisches Arsen, welches zum gröbst«
Theile schon in dem Halse der Retorte und dem Kühlrohr sich abseti
zum Theil aber mit in die Vorlage fortgerissen wird und den Bod<
derselben als eine schwarze Schicht bedeckt Ueber dieser saramc
sich unreines Kakodyloxyd als ein braunes ölartiges Liquidum a
welches von einer sauren wässerigen Flüssigkeit bedeckt ist , eil
Auflösung von Essigsäure^ Aceton und in Essigsäure gelöstem Kakodj^
oxyd. Gegen Ende der Operation fangt die Retorte in Folge der EIü
Wirkung des darin zurückbleibenden kohlensauren Kalis an zu schme
zen. Erst nachdem der ganze Apparat erkaltet ist, wird die Yorlai
entfernt. Man befreit die untere Kakodylschicht von der darüber al
henden sauren Flüssigkeit, indem man letztere behutsam abgiesst -
dieselbe eignet sich durch ihren nicht unbeträchtlichen Gehalt an au
gelöstem essigsauren Kakodyloxyd noch sehr gut zur Darstellung d<
Kakodylsulfürs (s. d.) — , und bringt sie darauf, möglichst frei vc
Arsen, in ein zweites geräumiges, Inftfreies Wasser enthaltendes, ähi
liches Gefass. Dies kann wegen ihrer grossen Selbstentzflndlichke
nicht gut durch unmittelbares Uebergiessen wie gewöhnlich geschehe
lässt sich aber leicht dadurch bewerkstelligen, dass man auf den einf
Tubulus der Woul ff 'sehen Flasche eine am Ende zu einer Spitze avi
gezogene, daselbst zugeschmolzene Glasröhre setzt, deren Oeffhnn
nicht weiter hineinreicht als der sie umschliessende Kork, durch de
anderen Tubulus eine zweite, an beiden Enden offene Glasröhre m
einem Korke luftdicht einsetzt, welche so tief in die Flasche hinabgeli
dass sie beim Umkehren derselben über der Flüssigkeit mündet, wob
man nur Sorge zu tragen hat, dass nichts von dem Kakodyloxyd i
dieser Etöhre hinabÜiesst. Um nun letzteres auszugiessen, ohne dai
es mit der Luft in Berührung kommt, braucht man nur die Flascl
behutsam umzukehren und die verschlossene Spitse der ersteren Böhi
dicht über dem Gefass, in welches man einftülen will, zu öflFnen nn
sogleich unter die darin befindliche Flüssigkeitsschicht zu bringen, w(
rauf es in dem Maasse langsam ausfliesst, als Luft durch die zweh
Röhre in die Flasche nachdringt. Das auf diese Weise in eine ander«
mit gleicher Vorrichtung versehenen W o uiff sehen Flasche eingebracht
unreine Oel wird darin wiederholt mit erneuten Antheilen frische
Wassers, und zuletzt zur völligen Entfernung der noch beigemengte
Essigsäure und arsenigen Säure mit einer Lösung von kohlensanrei
Kali geschüttelt, mit der man es schliesslich auf gleiche Weise» -wie zv
vor, in eine tubulirte Retorte bringt. Diese ist mit dem Rohr eine
guten Kühlapparates luftdicht verbunden, dessen anderes Ende in ein
ein wenig luftfreies Wasser enthaltende Vorlage mündet Nachdei
darauf der ganze Apparat mit Kohlensäure gefllllt ist, wird das Kakc
dylozyd überdestillirt, wobei man den abwärts gebogenen Schenkel de
Kühlröhre am besten bis unter die Oberfläche des in der Vorlage b<
Endlichen Wassers bringt.
Man erhält auf diese Weise ein klares farbloses Destillat, welche
gewöhnlich in Folge einer langsamen Oxydation durch Zutritt der Loü
die auch bei dem beschriebenen Verfahren nie ganz abznhalten is
Arsenradicale, organische. 273
aoch mit ein wenig Kakcrdylsstire verunreinigt ist Um es von dieser
mid dem Wasser zu befreien, bedient man sich am zweckmässigsten des
S. tSl^ Fig. 20, abgebildeten, zuvor mit Kohlensäure geföllten Destilla-
^naapparates, in dessen eine, Stücke von Aetzbaryt enthaltende Kugel
man das Kakodyloxyd auf die ara obigen Orte beschriebene Weise auf-
fiaogt, worauf man ihn an beiden Enden hermetisch verschliesst. Wenn
es von dem Baryt vollständig entwässert ist, wird es in die gut abge-
kthlte andere Kugel fiberdestillirt
Die BUdung des Kakodyloxyds aus arseniger Säure und essigsau-
rem Kali wird aus folgender Gleichung deutlich:
3[KO.Ca(C2H3)Q»]+A308=(QiH,)aAsO+2KO. €204+0^04.
Essigsaures Kali Kakodyloxyd
Das gereinigte Kakodyloxyd besitzt folgende Eigenschaften: Es ist
bei gewöhnlicher Temperatur eine in Wasser unlösliche , in Alkohol
nd Aether lösliche, daraus durch Wasser wieder fallbare wasserhelle
Flüssigkeit von stark lichtbrechender Kraft, ausgezeichnet durch ihren
«igeothumlichen furchtbaren, .lange haftenden Geruch, der heftig zu
Thränen reizt, und durch ihre grosse Selbstentzündlichkeit an der Luft.
Jeder Tropfen desselben verbrennt beim Ausgiessen, noch ehe er den
fiand des Glases verlässt, mit leuchtender weisser Flamme, woraus
iich an kältere Gegenstände ein starker schwarzer Metallspiegel von
Arsenik absetzt. Eingeathmet bewirkt sein Dampf schon in geringer
Menge Uebelkeit und Beklemmung der Brust, bei Manchen sogar Er-
Vrechen, ohne indess aufdieGesundheitanhaltend nachtheilig zu wirken.
Auf die Haut gebracht, ohne dass es sich entzündet, z. B. unter einer
Wssserachicht, verursacht es heftiges Jucken ; darauf entflammt, erzeugt
ei gefährliche Brandwunden. — Es erstaiTt bei — 25^ C. und bildet dann
leidenglänzende Krystallschuppen, siedet ungefähr bei 150<> C. Das specif.
Gewicht der Flüssigkeit beträgt 1,462 bei 15^C., seine Dampfdichte (bei
einer Condensation auf 4 Volume = 7,810 berechnet) gefunden == 7,555.
Bei ZOT Selbstentzündung unzureichendem Luftzutritt raucht es stark.
Eine Flasche, auf deren Boden sich unter Wasser eine Kakodyloxydschicht
befindet, füllt sich beim Oefinen augenblicklich mit dichten weissen
Kebeln. Eine längere Zeit unter einer Wasserschicht der Lufl ausge*
letzt, verschwindet es nach und nach und verwandelt sich durch Auf*
Qilime des SauerstoflTs aus der Luft in Kakodylsäure und kakodylsaures
Kakodyloxyd, die sich nachher im Wasser aufgelöst befinden. — Das
Kakodyloxyd entzündet sich ebenfalls im Chlorgas und verbrennt mit
gdber rossender Flamme unter Bildung von Arsenchlorid und Salz-
tare. Auch mit Brom erhitzt es sich leicht bis zur Entzündung unter
Fällung brauner Flocken. Jod löst sich darin zu einer farblosen Flüs-
agkeit, woraus sich ein weisser krystallinischer Körper absetzt, eben
S6 Phosphor zu einem opalisirenden Liquidum, Schwefel in fast allen
Verhältiiissen zu einer rothen B'lüssigkeit, und krystallisirt beim Erkal-
te« wieder unverändert aus. — Mit Salpetersäure, Schwefelsäure und
IWphorsäure verbindet es sich direct zu eigenthümlichen, weiter unten
besc^ebenen salzartigen Verbindungen. Rauchende Salpetersäure be-
wirkt momentan eine Entzündung und heftige Explosion. — Das Kako-
dyloxyd reducirt leicht das Qnecksilberoxyd unter Bildung von Kako-
dflMare, gleichfalls Quecksilbercyanid, wobei sich neben Kakodylsäure
Doch Cyankakodyl erzeugt. — Kalium wirkt in der Kälte wenig darauf
BudviMerboch der Chemie. 3te Anfl. Bd. II. 1 8
276 Arsenradieale, organische.
Es Ut geruchloB) doch bringt ein Stänbchen davon, in die Nase gelangt,
die Empfindung eines Jange anhaltenden anerträglichen Gemches her-
vor; es besitzt einen ekelhaft metallischen Geschmack und erregt m
kleinerer Menge Uebelkeit, in grösserer Menge wirkt es aasaerordent-
lich giftig. Es ist in kaltem, leichter noch in heissem Alkohol loslich,
von kaltem Wasser von 18^0. bedarf es 476 Thl., von heissem nur
29 Thl. zar Auflösung. — Beim Erhitzen an der Luft verflüchtigt es
sich, ohne einen Bückstand zu hinterlassen; in verschlossenen Gefassea
geglüht, sublimirt ein Gemenge von Sublimat, Calomel und ErytrarsiE,
wiUirend stinkende Dämpfe entweichen und eine lockere poröse Kohl«
zurückbleibt, die an der Luft unter Verbreitung eines Arsenikgerucha
leicht vollkommen verbrennt. — Die wässerige Lösung erleidet beim
Kochen (besonders bei Gegenwart von freiem Quecksilberchlorid) eine
Zersetzung, wobei QuecksilberchlorÜr, welches sich ausscheidet, femer
mit den Wasserdämpfen entweichendes Kakodylchlorür und Kakodyl-
säore, wahrscheinlich auch freies, nebst dieser in der Flüssigkeit gelöst
bleibendes Quecksilberchlorid entstehen, etwa nach folgender Glei*
chung:
3(Kd0.2HgG-l) + HO = 2Kd€l+2Hga€l + HO.Kd03 4-2Hg€l.
Wird eine verdünnte Lösung dieser Verbindung mit wenig Kali-
lauge versetzt, so scheidet sich anfangs gelbes QuecksUberoxjd ab,
welches sich nach wenigen Augenblicken, dadurch dass es auf da«
gleichzeitig frei gewordene Kakodyloxyd oxydirend wirkt, mit dem an-
zersetzt gebliebenen Quecksilberchlorid in Chlorür verwandelt. Nach
Zusatz von mehr Kalilauge scheidet sich dann Quecksilberoxydul ab»
welches von dem abermals frei gewordenen Kakodyloxyd theilweise zu
Metall reducirt wird. Hieraus geht hervor, dass die Verbindung nicht, wie
die Formel Hgj O.KdGl2 voraussetzen würde, Quecksilberoxydul enth<,
sondern ans Kd 0.2 Hg Gl besteht. — Salzsäure verwandelt die Sub-
stanz in Quecksilberchlorid und Kakodylchlorür, welches auf diesem
Wege am reinsten erhalten wird. — Concentrirte Jodwasserstoflsäore
scheidet augenblicklich rothes Quecksilberjodid und Kakodyljodür ab,
welches sich in überschüssiger Jodwasserstoffsäure auflöst und bei der
Destillation in ölartigen Tropfen übergeht, während jodwasserstoffsanres
Quecksilberchlorid in der Retorte zurückbleibt. Ein ähnliches Verhal-
ten zeigen die übrigen Wasserstoffsäuren. — Goldchlorid und leicht
reducirbare Metalloxyde wirken auf die Verbindung eben so, wie anf
freies Kakodyloxyd, sie erzeugen damit freies Quecksilberchlorid und
Kakodylsäure.' — Durch Kochen mit phosphoriger Säure, Zinn, Queck-
silber oder anderen das Sublimat reducirenden Substanzen wird sie in
QuecksilberchlorÜr und Kakodylchlorür verwandelt
Parakakodyloxyd: C4H6A8O. Mit diesem Namen belegt Ban-
sen eine Substanz, welche dieselbe Zusammensetzung wie das Kako-
dyloxyd besitzt, und sich in ihren Eigenschaften nur darin von jenem
nnterscheidet , dass es an der Luft nicht raucht, noch selbstentzündlich
ist, und dass es, mit Cyanquecksilber vermischt, nicht, wie jenes, Cyan-
kakodyl giebt, sondern einen braunen, pulverigen, dem Paracyan ähnli-
chen, nach getrockneten Morcheln riechenden Niederschlag erzengt.
Im Uebrigen stimmen ihre Eigenschaften ganz mit denen des Kakodyl-
oxyds überein.
Diese Substanz entsteht durch Destillation einer Auflösung von
kakodylsaurem Kakodyloxyd (S. 279) in Wasser, und geht, sobald die
Arsenradieale, organische. 277
Temperatar der Flüssigkeit auf 120® C. gestiegen ist, in die Vorlage
ab olariiges, in Wasser schwer lösliches Liquidam über, welches gans
den Geruch des Kakodyloxyds besitzt, aber an der Loft nicht raucht,
nd sich mit dem Sauerstoff derselben viel schwieriger, ohne merkliche
Wirmeentwlckelung, zu Kakodylsäure verbindet.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Parakakodyloxjd das würk-
fiehe Oxyd ist, und dass das Kakodyloxyd Bunsen's seine Eigenschaft,
tn der Luft zu rauchen und sich zu entzünden, einer Beimengung von
Kikodjl verdankt. Als Hauptgrund gegen diese Ansicht, welche
Bonsen anfangs anzunehmen geneigt war, fuhrt er das verschiedene
Terhaiten beider Stoffe gegen Cjanquecksilber an« Es ist )edocb wohl
■öglich, dass dieses eben in jener Beimengung von Kakodyl begrün^
detist.
Kakodylsäure, Alkargen. Höchste Oxydationsstofe des Ea-
Mfb. Formel: HO . (CsH,), As O, = H O . KdO,.
Diese Säure wird am leichtesten durch Oxydation des Kakodyl-
oijds vermittelst Quecksilberoxyd erhalten. Man trägt in rohes, unter
Wasser befindliches Kakodyloxyd rothes Quecksilberoxyd in kleinen
Portionen mit der Vorsicht ein, dass die sich dabei stark erhitzende,
Ton Aussen gut abgekühlte Flüssigkeit nicht ins Sieden geräth. Wäh-
iCDd sich metallisches Quecksilber auf dem Boden des Gefasses ansam*
■dt, nimmt die sich oxydirende Eakodyloxydschicht immer mehr ab,
tia zuletzt auch der Geruch desselben verschwindet« Die Flüssigkeit
Kagirt nun sauer und enthält freie Kakodylsäure mit kakodylsaurem
Qoeeksilberoxyd. Um letzteres Salz zu zersetzen, trägt man in die
Tom Quecksilber abgegossene Lösung so lange neue Portionen Kako-
dyloxyd, bis sie beim Elrhitzen kein Quecksilber mehr ausscheidet und
lebwach kakodylartig riecht. Sie wird alsdann filtrirt, abgedampft und
da Rückstand aus heissem Alkohol umkrystalUsirt. Schon die erste
KrTBtallisatioa liefert gewöhnlich ein ganz reines Product. Jener Oxy*
dationsprocess wird durch folgende Gleichung erklärt:
(C,H3)2AsO -f HO + 2HgO = H O . (Ca {{3)3 As O3 + 2Hg.
Kakodyloxyd Kakodylsäure
Die Kakodylsäure bildet sich gleichfalls durch langsame Oxydation
de» Kakodyls und Kakodyloxyds auf Kosten der atmosphärischen Luft,
and findet sich daher in nicht unbeträchtlicher Menge in der Wasser-
RUcht, welche das rohe Kakodyloxyd bedeckt, wenn dieselbe der Luft
uigesetzt gewesen ist. Ladessen eignet sich dieser Oxydationsprocess*
oieb zur Darstellung der Säure, weil sich nicht gleich die freie Saure,
nodem eine chemische Verbindung derselben mit Kakodyloxyd bildet,
Teiche sich nur schwierig und nie ganz vollständig weiter oxydiren
bBt (g. kakodylsaures kakodyloxyd S. 279). Auch Einfach-
Sckvelelkakodyl verwandelt sich an der Luft in eine weisse, Kakodyl-
ifBre und Kakodylsulfid enthaltende Salzmasse, woraus Aether letzteres
BDkr Zorücklassung der reinen Säure auszieht.
Die Kakodylsäure schiesst aus der alkoholischen Auflösung in
gvoisen wasserhellen, wohl ausgebildeten Krystallen (geschobene vier-
>^e Säulen mit ungleicher, gegen die Seitenflächen schräg einge-
setzter Zuscharfung) an, die sich an trockener Luft unverändert erhal-
ten, in feuchter Luft schnell zerfliessen. Sie ist geruchlos, reagirt und
sckneekt schwacb saoer, und wird von Wasser und wasserhaltigem AI-
I
278 Arsenradicale, organische.
kohol leicht gelöst. In wasflerfreiem Alkohol ist sie nar in sehr gerin
ger Menge, in Aether gar nicht löslich. Sie lässt sich ohne Zersetzun
und ohne Wasser auszugeben bis 200<> C. erhitzen, und schmilzt bei diesf
Temperatur zu einer ölartigen Flüssigkeit, die erst bei 90^0. wieder z
einer strahlig krystallinischen Masse erstarrt. In noch höherer Ten
peratur wird sie unter Entbindung stinkender, flüchtiger arsenikhaltigc
Producte und Bildung von arseniger Säure zerlegt.
Ungeachtet ihres grossen Arsengehalts, welcher über 54 Procei
beträgt, ist sie durchaus ohne giftige Wirkungen auf den thierischs
Organismus, was um so auffallender ist, da sie Arsen und Sauerste
gerade in dem Verhältniss enthält wie die arsenige Säure und noc
dazu eine viel grössere Löslichkeit im Wasser als diese besitzt.
Die Kakodylsäure zeichnet sich femer durch ihre grosse Best«
digkeit aus, welche sie namentlich den stärksten oxydirenden Bfittd
gegenüber behauptet. Baachende Salpetersäure, Salpetersalzsäure, selbi
ein Gemenge von Schwefelsäure und chromsaurem Kali verändern si
nicht. Chromsäure bewirkt erst dann, wenn man sie im trockenen Zi
Stande mit der Kakodylsäure erhitzt, eine mit Feuererscheinung un
heftiger Explosion begleitete vollständige Zersetzung. — Schweflig
Säure, Oxalsäure, schwefelsaures Eisenoxydul, wie überhaupt die schwj
cheren Beductionsmittel sind ohne Einwirkung auf dieselbe. Phosphc
rige Säure, mit einer Lösung von Kakodylsäure erhitzt, bewirkt sogleie
eine Beduction unter Entbindung der Dämpfe von Kakodyloxyd. Ein
gleiche Desoxydation bringt metallisches Zink hervor, wenn es ro
wässeriger Kakodylsäure gekocht wird, wobei kakodylsaures Zinkoxy
und Kakodyloxyd entstehen. Eine salzsaure Lösung von Zinnchlorfi
bewirkt momentan eine Reduction der Kakodylsäure zu Kakodylchlorft
— Die trockene Säure zersetzt sich ferner mit wasserfreiem Jodwasstt
stoffgas unter starker Erhitzung in Wasser, Kakodyljodür und freie
Jod, welches sich im letzteren auflöst und dann eine weitere Zei
Setzung desselben bewirkt. Auf ähnliche Weise verhält sich Bromwassei
Stoff. Schwefelwasserstoffgas verwandelt sie durch Austausch de
Sauerstoffs gegen Schwefel in Kakodylsulfid-Kakodyl, Kd S . KdS
(= KdS2 Kakodylsulfid , Bunsen) unter Bildung von Wasser an«
gleichzeitiger Fällung von Schwefel. Mit Chlorwasserstoffsäuregas vei
bindet sie sich ebenfalls unter Wärmeentwickelung zu einer in gross^e;
strahligen Krystallen anschiessenden Verbindung von kakodylsaurei
Kakodylsuperchlorid. Ueber das Verhalten der Kakodylsäure gegei
•concentrirte Lösungen von Chlor-, Brom- und Fluorwasserstoffsäure t
Kakodylsuperchlorid, -bromid, -fluorid.
Ausser dem unter Kakodylchlorid (S. 264) beschriebenen Kakodyl
säure - Kakodylchlorid existirt noch eine Verbindung der Säure mi
Quecksilberchlorid, das
Kakodylsäure-Quecksilberchlorid, 2Hg€l.Kd03, welch*
beim Vermischen alkoholischer Lösungen von Kakodylsäure undQueek
Silberchlorid in perlmutterglänzenden Schüppchen niederfallt, die sid
unter der Flüssigkeit nach einiger Zeit oder beim Umkrystallisiren an
Alkohol in feine weisse Nadeln verwandeln. Es i^^t geruchlos, in Was
ser in fast allen Verhältnissen löslich, in Alkohol schwer löslich. Bein
Erhitzen schmilzt es zu einer wasser hellen Flüssigkeit, welche in höhe-
rer Temperatur in stinkende arsenikhaltigc Producte, Chlorwasserstoff
säure und Qaecksilberchlorür zerfällt. Bei der Verbrennung mit chrom'
Arsenradicale, organische. 279
MDrem Bleioxyd sammelt sich alles Quecksilber als Metall in dem ans
lern y«rbrennnng8ofeii etwas weiter wie gewöhnlich hervorragen-
dm Torderen Theil der Yerbrennnngsröhre an, und kann auf diese
Weise nigleich mit dem Kohlenstoff und Wasserstoff leicht bestimmt
werden 0.
Kakodyl saure Salze. Die Kakodylsäure verbindet siqh mit
kea Basen, unter Verlust ihres basischen Wasseratoms, zu eigenthüm«
fieken Salzen, welche sämmtlich in Wasser leicht löslich sind, und die
unn Theil aus Alkohol krjstallisirt erhalten werden können. Durch
finwirkong von Schwefel frasserstoff werden die meisten kakodjlsanren
Uze in die entsprechenden Kakodylsulfid-Metalle verwandelt (S. 283).
In höherer Temperatur erleiden sie eine ähnliche Zersetaung wie die
itie Saure, die Metallsalze mit Hinterlassung von kohlensauren und
nenigsanren Salzen.
Kakodylsaures Kakodjloxyd (Hydrarsin), EdO.EdOg.
Bis Eakodyloxyd verwandelt sich durch langsame Oxydation an der
hh in eine zähe syrupartige Flüssigkeit, welche sich leicht in Wasser
litand, nach Bunsen, eine salzartige Yerbindang von Kakodylsäure
vt Kakodyloxyd ist. Diese sind darin nur lose gebunden, denn schon
htth blosse Verdünnung mit viel Wasser zerfallt die Verbindung in
hnkakodyloxyd (s. S. 276), welches sich als ölartige Flüssigkeit
Msondert, und in aufgelöste Kakodylsäure, die jedoch noch eine nicht
■betrachtliche Menge Oxyd enthält. Eine gleiche Zersetzung erlei*
4et die ooncentrirte wässerige Lösung des kakodylsauren Kakodyloxyds
iareh Destillation. Wenn der Siedepunkt 120<>C. erreicht hat, so geht
Bnkakodyloxyd über, und noch ehe derselbe bis auf 135<>G. gestie-
gen ist, hat man fast reine Kakodylsäure, in der Begel mit etwas arse-
^et Saure gemengt, im Rückstande. Es ist schwer, jene zähe Flüs-
lifkeit höher zu oxydiren ; selbst wenn man bei einer Temperatur von
fO^buTO^C. Tage lang reines Sauerstoffgas hindurchleitet, enthält die
gebildete Kakodylsäure immer noch von dem Oxyd beigemengt. —
Ke obige Verbindung lässt sich auch als eine besondere, zwischen dem
Kakodyloxyd und der Kakodylsäure liegende Oxydationsstufe als Kako- ,
iyibioxyd (2 Kd02 = KdO.KdOs) betrachten, dem Kakodylohlorid,
UGl,, entsprechend. Es ist unentschieden, welche von beiden An-
Beben die richtige sei.
Kakodylsaures Kali ist ein an der Luft zerfliessliches , beim
Abdampfen der wässerigen Lösungen in concentrisch strahligen , dem
Wawellit ähnlichen Krystallgruppen anschiessendes Salz. — Das Na-
^ronsalz ist demselben sehr ähnlich, jedoch weniger zerüiesslich.
ETakodylsaures Kupferoxyd ist nicht für sich dargestellt
Bn saures kakodylsaures Kupferoxyd, in Verbindung mit Kupferchlo-
nd,2(Cu0.2Kd03) -j- 7Cu€l, fällt beim Vermischen alkoholischer
^^gen von Kakodylsäure und Kupferchlorid als ein schleimiger
P^er Niederschlag zu Boden; beim Kochen mit der darüberstehenden
^^gkeit wird er körnig und nimmt eine grünlich gelbe Farbe an.
^ lifist sich leicht und vollständig mit Alkohol auswaschen, ist im
0 Der von Bunsen geftindenen procentieehen ZasammenBetznng (C = 5,9,
a = 1,8, Hg = 48,0, -ei = 20,6) kommt die obige Formel, welche 6,0 Proo. 0,
^'^ S, 50,0 Hg nnd 17,7 -61 verlangt, am nächsten. Die von Bunsen ans der
^^«Pen Zoiammenfletzung abgeleitete Formel 2HgO.Kd^l, -f" ^^ (Queck-
'^I^cnzyii-Kakodylsiiperchlorid), ist ans einem Bechnongsfehler hervorgegangen.
280 Arsenradieale, organische.
• Wasser leicht löslich, kann aber nicht daraus krystallisirt erhalten wei
den« Beim Erhitzen der trockenen Verbindungen entweichen kakody]
artig riechende Dämpfe, die sich an der Lufl entzünden; Chlorkupfei
mit arsenigsaurem Kupferoxyd, metallischem Arsenik und Kohle gc
mengt, bleibt zurück.
Kakadylsaures Quecksilberoxyd entsteht durch Auflöse
von frisch gefälltem Quecksilberoxyd in concentrirter Kakodylsänrelc
sung. Beim freiwilligen Verdampfen der Lösung über Schwefelsäux
scheiden sich weisse zarte, wollig gruppirte Nadeln aus, welche mi
Wasser oder Alkohol übergössen, unter Abscheidung von Quecksilbei
oxyd, gelb werden. Die leichte Veränderlichkeit dieses Salzes in toi
Bchiedene basische und saure Verbindungen machen die BeindarsteUnn
einer bestimmten Verbindung unmöglich, selbst jene nadeiförmige
Krystalle sind keine einfache Substanz. Beim Erhitzen derselben vei
flüchtigt sich metallisches Quecksilber mit einem Gemenge stinkend«
arsenikalischer Producte. — Beim Vermischen alkoholischer Lösunge
von Kakodylsäure und Quecksilberchlorid entsteht eine andere best»
digere Verbindung, das S.278 beschriebene Kakodylsäure-Quecksilbei
Chlorid.
Kakodylsaures Silberoxyd, neutrales, Ag O . Kd Q
Wird eine wässerige Lösung der Kakodylsäure mit einem Ueberschol
von reinem Silberoxyd zur Trockne Verdampft und der Bückstand in
heissera Alkohol behandelt, so schiesst das Salz beim Erkalten der heil
filtrirten Lösung in langen, äusserst zarten, gewöhnlich concentrisc
gruppirten, geruchlosen Nadeln an, welche am Lichte geschwärzt wei
den und sich im Wasser in allen Verhältnissen lösen. Das trocken
Salz verträgt eine Temperatur von 100^ C, ohne sich zu zersetzen; b<
einer wenige Grade höheren Temperatur zerlegt es sich unter Eni
Wickelung flüchtiger stinkender Producte und Hinterlassung von reinei
arsenfreien Silber. — Ein Doppelsalz von kakodylsaurem Silberoxji
mit salpetersaurem Silberoxyd, AgO.KdOs -|- AgO.NOs, scheide
sich beim Vermischen alkoholischer Lösungen von Kakodylsäure an
salpetersaurem Silberoxyd in grossen nadelformigen Krystallen ab, di
sich' nach wenigen Augenblicken unter der Flüssigkeit in perlmuttei
glänzende Schüppchen von obiger Zusammensetzung verwandeln. Die»
Verbindung besitzt eine geringe Beständigkeit und muss daher diirc)
Decantation möglichst rasch ausgewaschen und bei Ausschluss des Lieb
tes über Schwefelsäure getrocknet werden. I^e ist im Wasser leichl
im absoluten Alkohol dagegen schwer löslich. Am Lichte färbt si«
sich schnell dunkelbraun, dieselbe Veränderung erleidet sie beim Kochei
mit Wasser , oder durch Erhitzen im trockenen Zustande bis 100^ C
Bei 210^0. verpufll sie gleich dem Oxalsäuren Silberoxyd.
Saures kakodylsaures Silberoxyd, AgO.KdOa -|-2(ifC
.KdOa), ^^i^d erhalten, wenn man kohlensaures Silberoxyd im lieber
schuss mehrere Tage lang mit einer wässerigen Lösung von Kakodyl
säure in der Wärme digerirt, die Lösung zur Trockne verdampft um
die zurückbleibende Salzmasse mit Wasser auszieht. Es gleicht ifl
Aeusseren dem neutralen Salze, doch ist es schwieriger, in undeutliche!
Nadeln, krystallisirbar. Das bei lOO^^ C. getrocknete Salz besitzt di(
obige Zusammensetzung.
Arsenradieale, organiBche. 281
«
Yerbindungen des Kakodyls mit Selen and Schwefel.
Daa Kakodjl bildet mit Schwefel und Selen Verbindungen, welche
den Verbindangen des Kakodyls mit Saaerßtoff entsprechend zusam-
meogesetzt sind, doch kennt man nur die dem Kakodyloxyd analogen
Ferbindangen im freien Zustand genauer.
Kakodylseleniet, Kakodylselenür (Bunsen). Formel:
(C,H3),A8Se = EdSe.
E» entsteht wie die Schwefelverbindung, durch wiederholte Destil-
hdoD von reinem KakodylchlorQr mit einer wässerigen Lösung von
Selennatrium , und wird auf dieselbe Weise, wie jenes gereinigt. Es
Uldet alsdann eine durchsichtige, gelbliche Flüssigkeit, von höchst wi-
irigeiD, penetrantem Geruch, der an den der Schwefelverbindung erin-
nert, ^ ist wie diese unlöslich in Wasser, leicht löslich in Alkohol und
Äether. Es gehört zu den schwerüüchtigsten Kakodylverbindungen,
Ia»t sich aber sowohl für sich, wie mit Wasserdämpfen ohne Zersetzung
^tilliren. Der Luft ausgesetzt, absorbirt es Sauerstoff und sondert
uch einiger Zeit farblose Kry stalle aus. Entzündet, verbrennt es mit
Kböner blauer Flamme und verbreitet dabei den bekannten, starken
Selengeruch. — Von Salpetersäure und von heiaser Schwefelsäure wird
IS leicht oxydirt , von letzterer unter Bildung von schwefliger Säure
md Abscheidung von rothem pulverförmigen Selen« — Metallsalze
Verden dadurch als Selenmetalle gefallt, während andererseits ein auf-
lösliches Kakodyloxydsalz entsteht. Sublimatlösung erzeugt anfangs
«Be schwarze Fällung von Selenquecksilber, später bei einem Ueber-
iduus des Fällungsmittels einen weissen Niederschlag von Kakodyl-
«xyd-Quecksilberchlorid, welches durch kochendes Wasser ausgezogen
Verden kann.
Eakodylsulfür (Bunsen), Kakodylsulfuret. Formel:
(C8H,),A8S = KdS.
Diese dem Oxyd entsprechende Schwefelverbindung des Kakodyls
virl am besten durch Destillation von Kakodylchlorür mit einer Auf-
bong von Bariumsulfhydrat erhalten (nicht Schwefelbarium, weil das
Chlorkakodyl gewöhnlich noch Oxyd bei'gemengt enthält, welches nicht
^h Schwefelbarimn, aber durch das Sulfhydrat in Kakodylsulfuret
ungewandelt wurd). Beim Erwärmen entweicht Schwefelwasserstoff
BBter Aufschäumen, und zuletzt geht das Kakodylsulf ür mit dön Wasser-
^pfen über. Li der Retorte bleibt Chlorbarium, gewöhnlich mit
«Her geringen Menge einer stinkenden, zähen Masse zurück, welche
^Schwefel und Kakodylsulfid-Kakodyl besteht und von einem Ge-
Ult des Bariumsulf hydrats an Zweifach* Schwefel barium und unter-
^wefligsaurem Baryt herrührt. Schwefeleisen, welches im Barium-
^vlfhydTat enthalten ist, ertheilt dem Kakodylsulf ür eine blaue Farbe,
^ jedoch das Destillat nicht mehr besitzt. Um die Schwofelverbin-
^inig vom Chlorkakodyl völlig frei zu erhalten, ist eine zweite Destil-
^on mit neuem Barium sulfhydrat erforderlich. Die leichte Oxydir-
^trkeit des Products erfordert besondere Vorsichtsmaassregeln und
Sorgfalt bei der weiteren Reinigung desselben, besonders nachdem es
von beigemengtem Wasser und Schwefelwasserstoff befreit bt. Letz-
^^^ geschieht in einem mit Kohlensäure gefüllten luftdicht verschlösse-
'^ Apparat durch CUorcalcium and kohlensaures Bleioxyd. Zuletzt
282 Arsenradieale, organische.
wird es in einem ebenfalls zuvor mit Kohlensäure gefüllten, zweischenk
ligen kleinen Destillationsapparat, gleich dem S. 261, Fig. 20, abgebilde
ten, aufgesogen und nach dem Abschmelzen der beiden Enden onterhal)
der Kugeln, durch Erwärmen des kürzeren Schenkels in den in kalte
Wasser tauchenden längeren Schenkel überdestillirt. In dem erster«
bleibt gewöhnlich etwas Kakodylsulfid-Kakodjl als zähe, stinkende
mit krystallinischen Körnern untermischte Flüssigkeit zurück.
Zur Darstellung des Kakodylsulfürs lässt sich sehr yortheilhal
die saure Flüssigkeit benutzen, welche bei der Darstellung des rohei
Kakodyloxyds als obere leichtere Schicht erhalten wird. Beim Vermi
sehen dieser Flüssigkeit, welche eine nicht unbedeutende Menge Kako
dyloxyd in Essigsäure aufgelöst enthält, mit Bariumsulf hydrat fallt Ka
kodylsulf ür unter Entwickelung Yon Schwefelwasserstoff als ein schwere
unlösliches Liquidum nieder, und die Lösung enthält nachher essigsaurei
Baryt aufgelöst. — Eine andere Methode der Darstellung beruht an
der Eigenschaft der Kakodylsäure, in wässeriger Lösung durch Schwe
felwasserstoff unter Abscheidung von Schwefel zu Kakodylsnlfttr re
dncirt zu werden.
Das Kakodylsulfür bildet ein wasserhelles in Wasser nntersin«
kendes, darin unlösliches, mit Alkohol und Aether in allen Verhältnissei
mischbares, an der Luft nicht rauchendes Liquidum von höchst pene-
trantem, widrigem, lange haftendem Geruch, der zugleich an Kakodyl
oxyd und Mercaptan erinnert. Aus der alkoholischen Lösung wird ei
durch Wasser wieder ausgefällt. Bei — 40^0. wird es noch nicht fest;
sein Siedepunkt liegt zwar weit über dem des Wassers, doch lässt es
sich leicht mit den Wasserdämpfen überdestilliren. Das specif. Gewicht
seines Gases beträgt nach dem Versuch 7,72, nach der Berechnan^ft
welche eine Condensation von 1 Vol. Kakodyl und % Vol. Schwefel-
dampf zn 1 Vol. voraussetzt, 8,39. Es ist leicht entzündlich und ver-
brennt mit einer fahlen, an den Rändern hellblau gefärbten Arsenik-
flamme. Im wasserfreien Zustande oder in alkoholischer Lösung verbindet
es sich mit Schwefel zu Kakodylsulfid-Kakodyl (S. 284); Selen bildet
damit eine analoge Verbindung, welche in grossen farblosen Blättchen
krystallisirt. Auch Jod erzeugt damit eine krystallinische Substanz. —
Phosphor wird in der Wärme davon gelöst, beim Erkalten aber unver*
ändert wieder ausgeschieden. — Mit Sauerstoff vereinigt es sich direot
und verwandelt sich damit in eine krystallinische Masse, welche aof
Kakodylsäure und Kakodylsulfid-Kakodyl besteht — Salzsäure, Scbwe*
feisäure und Phosphorsäure verwandeln das Kakodylsulfür nnter Bot»
Wickelung von Schwefelwasserstoff, erstere in Kakodylchlorür, letztere
in die entsprechenden Kakodyloxydsalze.
Das Kakodylsulfür scheint auch mit anderen Schwefelmetallen Ver-
bindungen einzugehen; von diesen ist indess bis jetzt erst eine bekannt, das
Kupfer -Kakodylsulfür, SCuS.KdS. Dasselbe krystalU«
sirt aus den gemischten alkoholischen Lösungen von Kakodylsulfür
und salpetersaurem Kupferoxyd in schönen diamantglänzenden, la^
beständigen, regulären Octaedem.
Kakodylsulfid^), Kakodylsupersulfid (Bunsen). For-
mel: KdSs.
*) Die yon Bnnsen Kakodylsnlfid genannte Verbindung KdS, := KdS.KdS, Ab*
det sich als Kakodylsulfid-Kakodyl unter den Kakodylsulfidsalzen S. 284 tutgoMfft
Arsenradieale, organische. 283
Die der Kakodylsäure entsprechende Schwefelverbindnng des Ka-
kodjis \9t hauptsächlich nur in Verbindung mit anderen basischen Schwe-
felmetallen bekannt. Ob sie im freien Zustande überhaupt bestehen
kann , i»t nicht mit Sicherheit ermittelt Jedenfalls scheint sie im un-
gebundenen Znstande eine sehr unbeständige Substanz 2;u sein. Bun-
den yermnthet, dass das Kakodylsulfid in der Flüssigkeit enthalten sei,
welche man durch Auflösen von 2 Aeq. Schwefel in 1 Aeq. Kakodyl-
solfdr erhält, da diese b^m Erkalten zu einer Krystallmasse gesteht,
deren Form Yon derjenigen abweicht, womit das durch Auflösen von
1 Aeq. S in 1 Aeq. Kd S gebildete Kakodyl-KakodylsulAd krystallisirt.
Doch gelang es nicht, jene Krystalle zu reinigen, denn beim Auflösen
in Alkohol scheidet sich Schwefel ab. Uebrigens beträgt die Menge
iß3 hierbei abgeschiedenen Schwefels weniger, als einem Atom ent-
ffpricht. Auch erhält man beim Abkühlen der alkoholischen Lösung
neben dem Kakodylsulfid-Kakodyl einzelne Krystalle von abweichender
Form, die zugleich mehr Schwefel als jenes enthalten. 6 u n s e n schliesst
hieraus aaf die Existenz noch einer zweiten niederen Schwefelungsstufe
emes Kakodylsupersulfürs, dessen Zusammensetzung vielleicht die For-
mel Kdi S3 ausdrückt.
Kakodylsulfid-Salze, Sulfokakodylate. Sie können auf
nreierlei Weise erhalten werden, entweder durch Behandlung der Lö-
simgen der entsprechenden Sauerstoffsalze mit Schwefelwasserstoff, oder
durch Yermischen alkoholischer Lösungen des weiter unten beschriebe-
nen Kakodylsulfid-Kakodyls und der betreffenden Metallsalze.
Antimon-Kakodylsulfid, SbSj.SKdSa, krystallisirt aus einer
Mischung der concentrirten alkoholischen Lösungen von Kakodylsulfid-
Kakodyl und salzsanrem Antimonchlorid (SbGls-f-K €l) in hellgelben,
plattgedrCckten kurzen Nadeln aus, welche sich ohne Zersetzung mit
Alkohol auswaschen lassen. Aus den verdünnten Lösungen föllt ein
gelblichweisser Niederschlag zu Boden, welcher sich nach einiger Zeit
^elb und zuletzt durch sich abscheidendes Schwefelantimon orange färbt
Beim Auswaschen mit Alkohol erleidet er die nämliche Zersetzung.
Bansen vermuthet, dass jene Krystalle noch eine Chlorverbindung bei-
gemengt enthalten.
Blei-Kakodylsulfid, PbS.KdSa, schlägt sich durch Vermi-
schen alkoholischer Lösungen von Kakodylsulfid-Kakodyl und essigsau-
rem Bleioxyd in kleinen weissen, seidenglänzenden Schüppchen nieder.
Es ist geruchlos, luftbeständig, wird von Alkohol nur wenig, von Was-
ser gar nicht gelöst.
Gold-Kakodylsulfid, AuS.KdSs. Beim Vermischen alko-
holischer Lösungen von Goldchlorid und Kakodylsulfid-Kakodyl fallt
nierst braunes Schwefelgold bieder, welches sich nach längerem Kochen
mit der darüberstehenden Flüssigkeit in ein sandiges, leicht zu Boden
nnkendes völlig homogenes weisses, etwas ins gelblich Graue spielen-
des Pulver verwandelt, worin sich mit dem Mikroskop keine Spur von
Sehwefelgold mehr entdecken lässt. Die Flüssigkeit enthält eine nicht
onbeträchtliche Menge Kakodylsäure. Diese Zersetzung wird durch
folgende Gleichung erklärt:
KdS.KdS3-f-AuGl3 + 4HO = KdS+AuS8 + Kdei8+4HO =
AuS.KdSa-fÄO.KdOaH-SHGl.
Mit absolutem Alkohol ausgewaschen und im Vacuum über Schwe-
felsaure getrocknet, bildet es ein gelblich weisses, äusserst zartes, ge-
284 Arsenradieale, organische.
ruch- und geschmackloses Pulver, welches im Wasser^ Alkoholi Aethe
und Salzssure unlöslich ist. Mit rauchender Salpetersäure in Berül
rung entzündet es sich unter Ausscheidung von Gold und theilweisi
Oxydation des Schwefels. Kalihydrat scheidet Schwefelgold daraus al
Beim Erhitzen färbt es sich dunkel und giebt fast reines Kakodylsulf &
später Schwefel aus, während reines arsenikfreies Gold zurückbleibt
Kakodyl-Kakodylsulfid, KdS.EdSs (=KdS, Kakody]
Sulfid, Bunsen). Diese Verbindung entsteht durch directe Yerein
gung des Kakody Isulfürs mit Schwefel, wenn man eine, in einer m
Kohlensäure gefiülten Digerirflasche, abgewogene Menge des reinen vöi
lig trockenen Sulfürs mit ^/7,664 scharf getrockneten Schwefelblumc
erwärmt. Diese lösen sich dabei zu einer schwach gelb gefärbten Fläf
sigkeit auf, die beim Erkalten zu einem Aggregat weisser Erystal
schuppen gesteht. Um die Verbindung von dem etwa noch beigemenj
ten Schwefel oder Kakodylsulfür und einem Gebalt an Kakodylsäoi
zu befreien, wird sie am besten in heissem absoluten Alkohol aufgelös
und der klaren Lösung nachher so lange kalter Alkohol und Wassc
hinzugefügt, bis sie bei 40^ C. anfangt Kakodyl-Kakodylsulfid in Ki}
stallen abzusetzen. Die Mutterlauge kann noch zur Darstellung vo:
Kakodylsulfid-Metallen benutzt werden. — Die obige Verbindung bildi
sich auch durch Oxydation des Sulfürs an der Luft, welches sich da
bei nach und nach in eine feste Masse, ein Gemenge von Kakodyl
säure und Kakody Isulfid-Kakodyl verwandelt, woraus letzteres durd
Aether ausgezogen werden kann. Sie entsteht ferner durch Beductio
der Kakodylsäure vermittelst Schwefelwasserstoff. Wenn man in eint
concentrirte alkoholische Lösung der Säure Schwefelwasserstoff leitet
so fällt ein Geraenge von Schwefel und Kakodylsulfid- Kakodyl niedei
welche sich leicht durch Behandlung mit verdünntem erwärmten Alkoho
trennen lassen, der beim Erkalten letztere Verbindung in Krystallei
absetzt. Diese Zersetzung wird durch folgende Gleichung erklärt:
2(HO.Kd08) + 6HS = KdS.KdS, + 8H0 4- 2S.
Bei Anwendung einer mit Wasser verdünnten alkoholischen La
sung der Kakodylsäure zur Fällung mit Schwefelwasserstoff erhält mai
jenes Schwefelsalz noch mit Kakodylsulfür verunreinigt. Die Geg60<
wart von Wasser ist zu dieser Zersetzung überhaupt nicht erforderlich
Sie geht eben so gut von Statten, wenn man trockenes Schwefel wasser
stoffgas über Kakodylsäurekrystalle leitet, die sich dabei aber so starl
erhitzen, dass man sie, um weitere Zersetzungen zu vermeiden, sorg*
faltig abkühlen muss.
Das Kakodyl-Kakodylsulfid krystallisirt beim langsamen Erkalten
der alkoholischen Lösung in wasserhellen grossen rhombischen Tafehv
bei rascher Abkühlung zu einer Masse zusammengehäufter kleiner Pnfl*
men, die sich in wässerigem und absolutem Alkohol, auch in Salzsaoffl
ohne Zersetzung und leicht, in Aether wenig, in Wasser gar nicht losea
Aus der alkoholischen Lösung scheidet es sich bei einem gewissen 6rad<
der Verdünnung mit Wasser, anstatt in Krystallen, in ölartigen Tropfen
ab, die sich bei ruhigem Stehen bis 20^ C. abkühlen lassen, ohnezaer*
starren, dann aber durch die leiseste Berührung der Flüssigkeit unter
starker Erwärmung zu schönen Krystallen gestehen. Es ist weich vd«
fettartig anzufühlen, luftbeständig und besitzt einen penetranten Genich
nach AaafoeUdoL Es schmilzt bei 50^ C. zu einem farblosen LiquidoDH
welches beim Erkalten wieder zu einer krystaHinisch blätterigen Ms>^
Arsenradieale, organische. 286
entonl Wird es allmälig stärker erhitzt, so färbt es sich gelblich, Kako«
djlndfOr entweicht mit etwas Kakodjlsalfid-Kakodyl gemengt und der
Ücbtand enthält Schwefel, welcher zaletzt ebenfalls snblimirt. In der
Glähfahze zerlegt es sich in Schwefelarsenik und ein Gemenge stinken-
der arsenikalischer Producte. Beim Erhitzen an der Lnft verbrennt es
But einer bläalich-fahlen Flamme anter Entbindung von Wasserdämpfen,
Kohlensäure, schwefliger und arseniger Säure. — Von Quecksilber wird
cf fchon bei gewöhnlicher Temperatur unter starker Erhitzung in Ea-
kodylmlffir und Schwefelquecksilber verwandelt, und bei 200^ C. da-
Ton voUig zu Kakodyl reducirt. — Schwefelsäure löst es unter Ent-
fickelang von schwefliger Säure und Fällung von Schwefel auf. —
Ton Salpetersäure wird es ebenfalls unter Abscheidung von Schwefel
n Schwefelsäure und Kakodylsäure oxydirt Braunes Bleisuperoxyd
ffzeagt damit Schwefelblei und kakodylsaures Bleioxyd, gemengt mit
fraem Schwefel.
Dass jene Substanz wirklich eine Verbindung von Kakodylsulfid
■it Kakodylsulfür ist, und nicht als Kakodylbisulför betrachtet wer-
^ darf, scheinen die Zersetzungen zu beweisen, welche es durch al-
koholische Lösungen der Metalloxydsalze erleidet. Durch Uebertragung
ki Schwefels vom Sulfür auf das Metall beim Vermischen der Lö-
angen entstehen nämlich die dem Kakodyl-Kakodylsulfid entsprechen-
ka Kakodylsulfld-Metalle, die sich vermöge ihrer Schwerlöslichkeit in
te Regel krystallinisch ausscheiden, während das andererseits gebildete
Kakodyloxyd wahrscheinlich in Verbindung mit der Säure des Metall-
oxydsalzes in Lösung bleibt. Diese Zersetzung kann durch folgende
t%eiDeine Formel ausgedrückt werden, worin Ac das Säureatom be-
tticimen mag:
KdS.KdSa + MO.Ac = MS.KdS, -f KdO.Ac.
Eopfer-Kakodylsulfid, Cu^S.KdSs, schlägt sich beim Ver-
BBchen alkoholischer Lösungen von salpetersaurem Kupferoxyd urid
^odylsulfid - Kakodyl im grossen üeberschuss, nieder, während die
gleichzeitig gebildete Kakodylsäure und salpetersaures Kakodyloxyd
{elött bleiben :
2(KdS.KdS8)-f-4(CuO.N05)=2(CuaS^KdS8) + KdO.N05
4-KdOa + 3NOB.
Ist bei der Fällung salpetersaures Kupferoxyd im Üeberschuss vor*
■öden, 80 erhält man häufig noch ein anderes in büschelförmigen Na-
^ kiystallisirendes Schwefelsalz, welches sich nach einiger Zeit unter
Abicheidung von Schwefelkupfer zersetzt.
l^as erstere, mit einem Üeberschuss von Kakodylsnlfid-Kakodyl
^kaltene Knpfersalz, mit absolutem Alkohol ausgewaschen und im Va-
^'"nn aber Schwefelsäure getrocknet, stellt ein eigelbes, zartes, lockeres
^er dar, ist in Wasser, Alkohol und Aether, so wie in Säuren und
^lien unlöslich, wird aber durch Kalihydrat unter Abscheidung von
^efelkapfer zersetzt. Beim Erhitzen zerfällt es in Kakodylsulfür,
^«hrefcl und Schwefelkupfer.
Wismuth-Kakodylsulfid: BiS.KdSg. Tropft man in eine
f'^ntrirte, siedend heisse alkoholische Lösung von Kakodylsulfid-Ka-
*wyl eine sehr verdünnte kochende, weingeistige Lösung von salpeter-
"^^ Wismuthoxyd unter beständigem Bewegen der ersteren, so färbt
^ ^c Flüssigkeit goldgelb und setzt nach einigen Aiiar*>nblicken eine
286 Arsenradlcale, organische.
vülumluöse Masse zarter, wolliger Nadeln ab, die sich nach einig«
Zeit in krystallinische Schüppchen verwandeln. Aus der nach den
Erkalten abgegodsenen Matterlauge erhält man durch Eintröpfeln der
selben ~Wisniuthlö8ung, unter Beobachtung der obigen Vorsichtsmaa»
regeln, eine neue Kry stall isation des Schwefelealzes, welche Operatioi
so oft wiederholt werden kann, bis sich schwarzes Schwefelwismuth ab
zuscheiden beginnt.
Es bildet geruchlose, luftbeständige, goldgelbe, zarte Schüppchen
die in Wasser, Alkohol und Aether fast unlöslich sind, und sich be
100^ C. unverändert erhalten. In höherer Temperatur zerfällt es u
Kakodylsulfür, Schwefel und Schwefelwismuth.
Kakodylsuperbromid siehe S. 264.
Kakodylsuperchlorid siehe S. '267.
Kakodylsuperfluorid siehe S. 270.
Arsenmethylium , Arsentetramethyl. Man kennt folgend
von Cahours und Riche untersuchte Verbindungen dieses Radicals
Arsenmethylium-Bromür, Arsentetramethyl -Bromüi
Bromarsenmethylium. Wahrscheinliche Formel: (C2H3)4A3Bi
Schön krystallinische, selir zerfliessliche Masse, welche man neben Ka
kodylbromür bei der Einwirkung von Brommethyl auf Kakodyl, welch
sehr heftig ist, erhält.
Arsenmethyliumjodür, Arsentetramethyljodür, Jod
arsenmethylium, C8H12ASI oder (C3H3)4AsI. Es ist das Haupt
product der Einwirkung von überschüssigem Jodmethyl auf Arser
natrium und wird bei der Destillation derselben in einem Kohlei
Säurestrom als eine weisse, glänzende krystallinische Masse, nebe
etwas unverändertem Jodmethyl und geringen Mengen von Kakodj
und Arsentrimethyl erhalten. Ebenso bildet es sich bei dem Vermische
von Kakodyl mit Jodmethyl. Beide Körper wirken sogleich heftig ai
einander und zugleich bildet sich noch Kakodyljodür:
2(CaHsh^^ + ^3^3* = (CaH3)4Asi -f (CaHs^jAsl
Kakodyl Methyljodür Arsenmethyliumjodür Kakodyljodür.
Durch Umkrystallisiren aus Jodmethyl erhält man das Salz L
prächtigen glänzenden Tafeln.
Silberoxyd verwandelt es unter Abscheidung von Jodsilber in Arsec
methyliumoxydhydrat.
Mit Jodarsen bildet dieses Jodür eine Doppelverbindnn|
(C2H3)4AsI. Asis, welche man beim Erhitzen von Jodmethyl mi
metallischem Arsen auf etwa 200^ C. in orangerothen , breiten Tafel
erhält, die von einer bräunlichen Flüssigkeit benetzt sind und darc
Trocknen zwischen Fliesspapier rein erhalten werden. Bei der trockene
Destillation zersetzen sich die Kry stalle und geben dabei ein Oel vo
durchdringendem, zu Thränen reizendem Geruch, dessen bei 170^ (
siedender Theil aus Jodkakodyl besteht, während der flüchtigste The
schöne lange weisse, mit dem Jodkakodyl isomere Nadeln absetzt.
Arsenmethyliumoxydhydrat erhält man durch ZersetzuD
von Arsenmethyliumjodür mit Silberoxyd und Verdampfen der star
alkalischen Flüssigkeit im Vacuura in sehr zerfliesslichen Krystall
tafeln.
Salpetersaures Arseninethyliumoxyd, (CsHs)« AsO .NQ
erhält man durch Zersetzung von Arsenmethylinn\jodnr mit salpetei
Arsenradieale, organische. - 287
saurem Silberoxyd, Filtriren und Verdunsten im Vacuuni in sehr lös-
licheo, serfliesslichen, hübschen Krystallen.
Schwefelsaures Arsenmethyliumoxyd, (C9 H8)4 As O . S Os,
wird entsprechend bei Anwendung von schwefelsaurem Silberoxyd erhal-
ten and bildet ebenfalls sehr lösliche und zerfliessliche, schöne Krystalle.
Arsenbimethyläthy lium, Arsenbimethy lainy lium. C a h o u r s
md Riche haben auch denen des Arsenmethyliums entsprechende Ver-
limdangen dargestellt, welche an der Stelle von 2 Atomen Methyl 2 At.
iethyl oder Amyl enthalten.
Arsenmethyläthyliumbromür bildet sich neben Kakodylbromür
bei der Einwirkung von Bromäthyl auf Kakodyl; die Einwirkung des
Äethylbromörs auf Kakodyl geht jedoch langsamer als die des Aethyl-
jodfirs Yor sich.
Arsenmethyläthyliumchlorür: (CaH3)2(C4H5)aA8€l. Aethyl-
ddor&r, welches sich mit Kakodyl mischen lässt, wirkt selbst bei mebr-
tigigem Stehen bei gewöhnlicher Temperatur nicht ein, erhitzt man
aber die Mischung in einer zugeschmolzenen Röhre auf 180^ bis 200<> C,
ID fiuigt bald ein Gel an sich auf dem Boden abzuscheiden, dessen Menge
jallmälig zunimmt, und welches lange farblose Nadeln enthält Destillirt
jMndie Hälfte der Flüssigkeit ab, so scheidet sich beim Erkalten des
Sacbtandes noch eine grössere Menge derselben, sehr zerdiesslichen
Krjstalle von Arsenmethyläthyliumchlorür ab, das nebenbei entstandene
Oel ist Kakodylchlorür.
Das Chlorür giebt in wässeriger Lösung mit Platinchlorid einen
gelben Niederschlag, welcher in einem siedenden Gemisch gleicher
Tbeile Alkohol und Aether löslich ist, woraus er beim Erkalten in
Khönen orangerothen Nadeln krystallisirt
Gold Chlorid giebt mit dem Arsenmethyläthyliumchlorür eine in
deinen goldgelben Nadeln krystallisirende Verbindung.
Quecksillier Chlorid giebt eine farblose, in kleinen seidenglänzen-
^n Nadeln krystallisirende Verbindung.
! Arsenmethyläthyliumjodür. Jodäthyl wirkt erst nach einiger
Zeit auf Kakodyl ein ; wenn man die Mischung beider einige Zeit stehen
^st, so scheiden sich allmälig eine Menge Krystalle der Jodverbindung
^; der zugleich entstehende Ölige Körper ist Kakodyljodür:
^CijM + 2(C2_«2)jA8 = (CaHa)^ (C4H5)2 As.I + CaHj^^Ad
^yljodur Kakodyl Arsenmethyläthyliumjodür Kakodyljodür.
Arsenmethyläthyliumoxydhydrat erhält man durch Zer-
"^^g der Lösung des JodÜrs mit Silberoxyd und Verdampfen der
^^ alkalischen Lösung in sehr zerfliesslichen, krystallinischen Schüpp-
^^ Das salpetersaure Salz, (C2M3)3(C4M5)sAsO .^^069 und das
icliwefelsaure Salz, (C2Ä8)2(C4H5)2AsO. SOs, welche beide sehr
'^t zerfliessliche schöne Krystalle bilden, werden durch Zersetzung
^Anenmethyläthyliumjodürs mit salpetersaurera und schwefelsaurem
äberoxyd erhalten.
Araenmethyläthyliumsulfür erhält man neben Kakodylsulfür
^ der Einwirkung von Schwefeläthyl (welche aber langsam und nur
Wm Erhitzen vor sich geht) auf Kakodyl in Krystallen.
Arsenmethylamyliumjodür, (09ll3)3(CioHii)3Ast) entsteht,
JI^QCahours und Riebe, neben Kakodyljodür bei 2 bis Stägigem Er-
wtoen von Jodainyl mit Kakodyl auf etwa I8OO C. Es bildet entwe-
288 Arsenrubin. — Arsensäuren.
der perlmutterglänzende Nadeln oder sehr dünne Tafeln. Durch Zet
Setzung derselben mit Silberoxyd, salpetersaurem und schwefelsauren
Silberoxyd erhielten Cahours und Riche das Arsen methylamy«
liumoxyd, (C2ft8)3(Ciof{ii)3A809 das salpetersaure Arsenine<
thylamyliumoxyd, (CsHs)^ (CioHnJs^sO^NOg, und das Schwefel
saure Arsenmethylaroyliumoxyd, (CsHa)] (CioH] 1)3 Afl 0,80).
Als Anhang zu den genauer bekannten arsenhaltigen Radicalen fuh-
ren wir einige unvollständig untersuchte, entsprechende VerbinduDgen an
Arsenamyl.
Bei der Einwirkung von Jodamyl auf Arsenkalium und Arsen
natrium erhielten Cahours und Riche Verbindungen, von weichet
sie angeben, dass sie den bei .Anwendung von Jodäthyl oder Jod
methyl erhaltenen Verbindungen entsprechen.
Arsenbutyl (?)
Butylkakodyl. Bei der Destillation gleicher Gewichtsmengei
von valeriansaurem Kali und arseniger Säure erhielt G ibbs eine schwere
ölige, schwach gelbliche, durchdringende, unangenehm nach Knoblaocl
riechende, an der Luft stark rauchende, aber sich nicht entzündende Flua
sigkeit. Dieselbe gab mit Quecksilberchlorid einen dicken weissen Niedei
schlag, war in Wasser löslich und schien Quecksilberoxyd zu Metall f
reduciren. Bei längerem Aufbewahren in einem unvollkommen verscldoi
senen Geföss verwandelte sie sich in grosse glänzende, vierseitige Prif
men, die nach dem Ausgiessen geruchlos waren, sauer reagirten, in Wai
ser löslich waren und durch Silberoxyd vollständig zersetzt wurden.
Arsenpropyl (V)
Propylkakodyl. Wöhler erhielt bei der Destillation gleiche
Gewichtstheile buttersauren Kalis und arseniger Säure eine Flüssigker
welche aus einem Gemenge einer fast farblosen sauren und einer damnU
liegenden, durch metallisches Arsenik fast schwarz gefärbten bestand. B(
der Destillation beider mit Magnesia und Wasser ging neben letzterer
ein in demselben untersinkender ölförmiger, farbloser Körper über, dl
in Berührung mit Luft anfangs orangegelb, später dunkelblau word<
Derselbe besass einen kakodylähnlichen, eckelhaften Gerach, raucht
nicht an der Duft und verbrannte beim Anzünden mit weisser Flamme an
Arsenikrauch. Die mit überdestillirte wässerige Flüssigkeit schien vi<
von demselben Körper aufgelöst zu enthalten, und gab mit Quecksilbei
Chlorid einen weissen Niederschlag, wobei der Kakodylgeruch vei
schwand. Der durch Erwärmen gelöste Niederschlag schied sich beii
&kalten wieder in kleinen Ejrystallen ab. Beim Vermischen der Lösnn
und der Krystalle mit Salzsäure und Zink trat der Kakodylgeruch seil
bald wieder auf, das sich hierbei entwickelnde Wasserstoffgas verbreitet
an der Luft dicke weisse Dämpfe und setzte an eine daran gehaltene FlÜ
che einen orangefarbenen Körper ab. Beim Erhitzen des Gemisches de
stillirte ein farbloser, öliger, widrig riechender, an der Luft rauchende
Körper über, der sich aber nicht von selbst entzündete. A. S.
Arsenrubin s. Arsenikrubin.
Arsensäuren. Es sind zwei Säuren des Arsens bekanni
nämlich die arsenige Säure (AsO») und die Arsensäure (AsO*).
Arsensäuren. 289
Arsenige Säure.
Weisser Arsenik, Arsenikmehl, Giftmehl, Hüttenrauch,
Arsenikblnmen, Rattengift, Arsenikbltithe, Arsenoxyd. Ar-
»tnicum album^Acidum araenicosum^ acid araeniceux^oxyd d^aV'
unic,
Formel : As O3. Die arsenige Säure kommt im Mineralreiche aber
selten als secundäres Erzengniss vor (Arsenikblüthe).
W i 1 n) hat gezeigt, dass das Arsen in den meisten Mineralwässern
ab arsenige Säure enthalten ist, und dass man bei Untersuchung der
cekerartigen Absätze derselben wohl daran thut, nach ihrer Auflösung
nierst durch schweflige Säure alles Eisenoxyd in Oxydul zu ver-
ir&ndeln, ehe man durch Schwefelwasserstoff fallt, damit nicht so viel
Schwefel mit dem Schwefelarsen zugleich sich ausscheidet.
Arsen oxydirt sich an feuchter Luft, es überzieht sich mit einer
Khwarzen Rinde (sogenanntes Suboxyd) , aus welcher heisses Wasser
arsenige Säure auszieht; schneller geschieht diese Oxydation, wenn
«8 einer höheren Temperatur ausgesetzt wird; bis nahe zur Rothglüh-
kitzc erwärmt, verbreitet es, indem es verbrennt, in der Luft dicke
weisse Dämpfe von arseniger Säure, wobei man einen eigenthümlichen
durchdringenden Knoblauchgeruch bemerkt. Auch wenn Arsen mit
coBcentrirter Schwefelsäure erwärmt, oder wenn Arsenchlorid mit
Wasaer gemischt wird , entsteht arsenige Säure ; beim Behandeln von
Arsen mit verdünnter Salpetersäure bildet sich neben arseniger Säure
I aach Arpensänre.
Diese Säure wird in den Laboratorien nur selten dargestellt, in-
dem sie im Handel sehr rein vorkommt; sie wird nämlich im Grossen
als Nebenproduct bei den Smaltewerken, und direct durch Rösten von
ArFenkies (s. d. S. 247) gewonnen. Das zerkleinerte Erz wird in einem
Ofen in einem Theile desselben, welcher die Form einer £hn beiden Seiten
offenen Muffel besitzt, zum Glühen erhitzt; die vordere Oeflhung dient
zun Kintragen des frischen und zum Herausnehmen des gerösteten
Erzes ; die hintere Seite steht vermittelst einer weiten Röhre in Ver-
Mndang entweder mit einem gemauerten Canal oder mit gewölbten
Kammern, die^ über einander angebracht sind, Gift fange. Durch
I die vordere OeflTnung geht während der Dauer der Röstung ein massi-
ger Luftatrom über das glühende Erz nach den Giftfängen zu, wodurch
das aui^getriebene Arsen verbrennt und die arsenige Säure in die Gift-
I Snge übergeführt wird. Sie setzt sich an den Wänden und am l^oden
in Gestalt eines weissen oder grauen Pulvers an als Arsenikmehl,
Giftmehl.
Dieses Giftmehl wird sodann in eisernen Kesseln, welche cylindri-
%he Aufsätze und Helme mit Abzugsröhren in die Giftfänge haben,
erhitzt, wobei es schmilzt und mich dem Erkalten eine glasige Masse
I bildet Dies ist die gefährlichste Operation bei der Arsengewinnung.
\ Das dem Giftmehl beigemischte reine Ai'sen verbindet sich nämlich
mit dem Eisen dieser Gefässc; sie bekommen bald Löcher, durch
▼eiche ar.senige Säure in den Feuerraum fällt, aus dem sie sich in
dem ganzen Arbeitsraum verbreitet.
Die auf die beschriebene Weise geschmolzene arsenige Säure kommt
*) AnnaL' d. Chcm. u. Pharm, üd. LXI, S. 192.
Haodir&rterboch d«r Chemie. 3te Aufl. Bd. II. 19
290 Arsensäuren.
im Handel in Gestalt von durchscheinenden bis durchsichtigen, farl
losen oder schwachgelblichen Stücken vor, von muschUchem Brad
ohne bemerkbar krystallinisches Geiuge ; es ist amorphe arsenig
Säure (s. den Art. Amorph); sie ist geruchlos, von schwache!
styptischen sasslichen Geschmack; sie ist leicht schmelzbar, leichte
flüchtig wie Arsen , sie lässt sich sublimiren , ihre Dämpfe sind ge
ruchlos.
Wasser benetzt die gepulverte arsenige Säure nicht Wird di
amorphe Säure in Wasser oder Salzsäure gelost, so scheidet sich beii
Erkalten der heiss gesättigten Lösung krystallisirte Säure in reguläre
OctaSdern aus. Bei der Bildung der Krystalle aus der Losung i
Wasser bemerkt man keine besondere Erscheinung, vielleicht weil di
Kry Stallbildung nur sehr langsam vor sich geht; in der Lösang i
Salzsäure bemerkt man im Dunkeln eine starke und so lange fori
dauernde Lichtentwickelung in der Form von leuchtenden Funken, bis di
E[rystallisation beendigt ist; die erhaltenen durchsichtigen Krystalle, au
dieselbe Weise wiederholt kry stall isirt, zeigen diese Erscheinong nicfa
mehr, sie ist demnach abhängig von dem Uebergange der amorphe;
Säure in den krystallinischen Zustand. Die gewöhnliche glasartige durch
sichtige arsenige Säure wird mit der Zeit, ohne ihr Gewicht zn ver
ändern, milchweiss porcellanartig; auch diese Veränderung beruht an
dem Uebergang aus dem amorphen in den krystallinischen Zustand.
Die undurchsichtige krystallinische Säure hat ein speciflsches Ge
wicht = 3,689; das der amorphen glasigen Säure ist 3,7385 (Gui*
bourt). Auch die Löslichkeitsverhältnisse beider sind verschieden
nach 6ui bourt soll sich 1 Thl. krystallinische Säure in 80 Thln. kal
tem oder 9 Thln. siedendem Wasser, 1 Thl. amorphe Säure in 10«
kaltem oder 10,3 kochendem Wasser lösen. Nach Bussy^) ist amge
kehrt die glasige oder amorphe Säure* leichter löslich als die krystaV
Unische; bei 13^0. löst 1 Thl. jener sich in 25 Thln., von dieser erat ii
80 Thln. Wasser, und 1 Thl. amorphe Säure löst sich in 9 Thln. siedenden
Wasser. Aus Arsenchlorid durch Zusatz von Wasser gefällte arsenigc
Säure soll sich in 22 Thln. Wasser von 80^0. lösen. Man findet in*
dess nie eine constante Löslichkeit der amorphen und der krystallinischen
Säure wegen der leichten Umwandlung der einen Modification in die
andere. Bei länger fortgesetztem Kochen löst sich daher durch solche
Umwandlung die krystallinische so stark wie die amorphe Säure. Um-
gekehrt geht die amorphe Säure bei Berührung mit kaltem Wasser in
die krystallinische Form über. Auch durch Befeuchten mit Ammoniak
wird die amorphe Säure, ohne damit sich zu verbinden, krystalli-
nisch. Guibourt hatte früher angegeben, dass nur die amorphe Säure
Lackmus röthe; nach Bussy röthen beide Säuren gleichmässig Lack-
mus, die krystallinische Säure wegen ihrer trägeren Lösung nur lang-
samer.
Die arsenige Säure ist dimorph, die gewöhnliche Form ist das
reguläre Octaeder und Tetraeder, man erhält sie in dieser Form durch
langsame Sublimation in einer Glasröhre, femer durch Umkrystallisiren
aus Wasser. Bei der Digestion von arseniger Säure bei 70® bis 80» C.
mit Ammoniakflüssigkeit scheiden sich aus der decantirten Lösung beim
>) Compt. rend. T. XXIV, p. 774; Pharm. Centralbl. 1847, S. 988; Ann«!,
d. Chem. u. Pharm. Bd. LXIV, S. 286.
Arsensäuren. 291
£rkftJCen und Verdunsten ebenfalls octaedrische Krystalle der Säure ab
(Goibonrt). '
Wohle r^) hat eine arsenige Säure beschrieben, welche in gera-
den rhombischen Prismen krystallisirt war; bei dem Abbrach eines
Ofens, in welchem Kobalterze geröstet worden waren, fanden sich
Tiele Zwischenräume des Mauerwerks mit durchsichtigen, perlmutter-
glänzenden, sechsseitigen, biegsamen und nach der Richtung der gros-
seren Flächen spaltbaren Tafeln, bisweilen mit daraufsitzenden OctaS-
iem, von ganz reiner arseniger Säure angefüllt. Beim Umkrystallisiren
lieferten diese die gewöhnliche Form.
Kuhn') erhielt die arsenige Säure in derselben Form aus einer
Auflösung von arsenigsaurem Silberoxyd in Salpetersäure. Kocht man
inenige Säure mit Kalilauge bis zur Sättigung, so scheidet sich, nach
Paste ur'}, fast immer arsenige Säure in gerad-rhombischen Krystallen
ns, die dem Weissspiessglanzerz isomorph sind.
Die arsenige Säure löst sich kaum in Alkohol, sie ist unlöslich
b Aether, in fetten Oelen löst sie sich in der Wärme uhd bildet eine
schwarze pflasterartige Masse. Sie löst sich in verdünnten heissen
Sinren in grösserer Menge als im Wasser, und krystallisirt daraus,
ohoe von den Säuren zurückzubehalten. Beim Kochen mit Salpeter-
»ore verwandelt sie sich in Arsensäure; ihre Auflösung in Säuren
oder Wasser absorbirt Cblorgas in grosser Menge; beim Abdampfen
erhält man Arsensäure, wobei Chlorwasserstoffsäure entweicht. Mit
Phosphoraäore lässt sie sich zu einem Glase zusammenschmelzen. Phos-
phorige und unterphosphorige Säure zerlegen die arsenige
Siore in Arsen , was sich abscheidet, während sich Phosphorsäure bü-
glet; dies geschieht, wenn die Auflösungen beider so weit abgedampft
Verden, dass die genannten Phosphorsäuren Phospborwasserstoff ent-
viekeln, wodurch es sehr wahrscheinlich wird, dass die Zersetzung auf
Kosten der Bestandtheile dieses Gases vor sich geht
Nach Brame ^) absorbirt die glasige arsenige Säure Joddampf
QBd fiirbt sich dadurch braun, die kry stall isirte nicht, aus der gei^bten
Lösung setzen sich beim Abdampfen und Erkalten silberglänzende weisse
Krystalle ab, eine Verbindung von Jod mit arseniger Säure; trocken
tihitzt geben sie Wasser, Arsenjodid, Jod und arsenige Säure.
Wasserstoff, Kohle, Kohlenoxyd, Schwefel, Phosphor, Kalium,
Nuriom und Zink (diese letzten drei unter lebhafter Feuerentwicke-
IvBg, Gay-LuBsac und Th6nard, Gehlen) entziehen der arse-
lugen Säure sämmtlichen Sauerstoff, Wasser, Kohlensäure, schweflige
&uire, Phosphorsäure oder Metalloxyd bildend, neben der schwefligen
ttod Fhosphörsäure entsteht zugleich ArsensulfÜr und Arsenphosphor.
Wird arsenige Säure mit trockenem Gyankalium in einer Glasröhre
^tzt, so erhält man einen Spiegel von metallischem Arsen, desgleichen
veno man ein Kömchen arsenige Säure in ein Glasrohr bringt, welches
QiiteD Eogeschmolzen ist, und einen gut ausgeglühten Kohlen Splitter da-
^ legt, diesen zuerst zum Glühen bringt und dann die arsenige Säure
cridtzt, der über die glühende Kohle gehende Dampf der Säure wird
T^Qcirt (e. Art. Arsen, Entdeckung u. s. w. S. 223.)*
*) Pogg. Annal. Bd. XXVI, S. 177. — «) Phami. Centralbl. 1852, S. 956. —
^ Compt rencL T. XXIV, p. 774. — ■•) Pharm. Centralbl. 1862, S. 128; 1853,
S.720.
19*
292 Arsensäuren.
Mit wasserfreien alkalischen Erden oder mit kohlensauren fixes
Alkalien zusammengeglüht, zeriUllt die arsenige Säure in arsensanres
Salz und in Arsen, das sich sublimirt (Gay-Lnssac). Neben der
arseasauren Verbindung entsteht um so mehr arsenigsaure Verbindung,
je schwächer die Glühhitze war (Simon).
Die höheren Oxydationsstufen vieler Metalle (Mangansäure, Chrom-
saure) werden durch arsenige Säure in die niedrigsten zurückgeführt;
dasselbe geschieht auf nassem Wege, wenn manche frisch niederge-
schlagene Metallöxyde, z. B. Kupferoxyd, mit arseniger Säure und übe^
schüssigem Alkali digerirt werden. Eine wässerige Auflösung von ar-
seniger Säure wird durch Schwefelwasserstoff gelb geförbt; aber erst
auf Zusatz einer Säure entsteht ein gelber flockiger Niederschlag von
Arsensulfür, der sich in Ammoniak, Kali und Natron, sowie in Schwe-
felammonium u. s. w. leicht löst, auch in concentrirter Lösung von
kohlensauren Alkalien löslich ist. — Salpetersaures Silberoxyd fälll
die wässerige Lösung der freien Säure weisslich, bei vorsichtigem Zu-
satz von Ammoniak gelb.
Aus sauren Auflösungen der arsenigen Säure wird das Arsen durch
Zink in Gestalt eines schwarzen Pulvers niedergeschlagen, wobei sieb
mit dem Wasserstoffgas Arsenwasserstoflgas entwickelt. Ein blankei
Kupfer überzieht sich in der Lösung bei Gegenwart von hinreichende!
Salzsäure mit einem eisengrauen metallischen Ueberzug von reinem Ar
sen, der beim Kochen der Flüssigkeit schwarz wird und sich in Schop-
pen ablöst.
Die arsenige Säure geht eine Verbindung ein mit saurem wein«
sauren Kali. Mit salpetersauren äalzen zusammengeschmolzen, entste-
hen arsensaure Verbindungen.
Der Schmelzpunkt der arsenigen Säure liegt so nahe dem Ver
flüchtigungspunkt(200^C.), dass man sie nicht in offenen Gläsern, wohl
aber in verschlossenen durch Erhitzen erweichen und schmelzen kann
Dies gilt besonders von der undurchsichtigen Säure, die glasige lässt sicfc
schmelzen, ehe sie bedeutend verflüchtigt wird (Wöhler ^). Dad specif
Gewicht des Dampfes beträgt etwa 13,0 (Mitscherlich).
Die arsenige Säure ist eines der furchtbarsten Gifte ; unter Umstän-
den wirkt sie schon in Gaben unter 1 Gran tödtlich ; Gaben über 1 Gran
sind immer gefährlich; in Gaben von 2 bis 4 Gran ist sie fast immei
tödtlich. Merkwürdigerweise giebt es nun aber Menschen, die ohne
allen Schaden verhältnissmässig grosse Gaben von Arsenik nehmen.
Dass man dem Vieh, um es schneller wohlbeleibt zu machen, wie
Antimonverbindungen, so auch Arsenik giebt, ist längst bekannt ; Schafe
sollen sogar Dosen von 1 Loth und mehr ohne Nachtheil ertragen. In
Tyrol sollen aber auch Menschen nicht selten Arsenik selbst in Doseo
von 4 Gran und darüber nehmen, theils um wohlbeleibter zu werden und
ein kräftigeres Aussehen zu erhalten, vorzüglich aber um ohne Athmen-
beschwerden mit grossen Lasten höhere Berge ersteigen zu können, in-
dem es hier eigenthümlich auf die Respiration einwirkt. Aach die Ar-
beiter in den Arsenik werken sollen, um sich gegen die schädliche Ein«
Wirkung der nicht zu vermeidenden Arsendämpfe zu schützen, regel«
massig Arsenik in Dosen selbst von mehreren Granen nehmen. Es wird
weiter angegeben, diss Menschen, die Arsenik zu nehmen gewohnt sind,
*) Annal. d, Chem. u. Pharm. Bd. LI, S. 155.
Arsensäuren. 293
aog^r es nachtheilig empfinden, sobald sie ihn nicht mehr nehmen. Im
Ganxen wird diese Gewohnheit sehr heimlich betrieben, nnd man weiss
daher mrenig Näheres darüber (Bibra^).
Ueber die giftige Wirkung und die ungleichmässige Verbreitnng
der arsenigen Säure in dem Pflanzenorganismus hat Chatin ^) eine
Reihe von Versuchen veröffentlicht, worin er unter anderen zu zeigen
nicht, dass die nicht tödtlich vergifteten Pflanzen das Gift wieder ab-
scheiden, und dass ChlorcalciumlÖsung für sie ein Gegengift ist.
Nachdem früher ausser einhüllenden Substanzen hauptsächlich
Schwefel wasserstoffwasser als Antidot bei Vergiftungen mit Arsenik
»gewendet war, jedoch oft ohne genügenden Erfolg, zeigten Bun sen und
Bert hold ^), dass" frisch gefälltes Eisenoxydhydrat, in genügender
Menge angewandt, die arsenige Säure vollständig unlöslich zu machen
im Stande sei. Dieses Mittel ist jetzt in den meisten Staaten als in den
Apotheken vorräthig zu halten gesetzlich eingeführt. Die Versuche
zdgten, dass das Hydrat, um diese Wirkung zu haben, nicht getrock-
net sein durfte, sondern unter Wasser aufbewahrt werden muss; dieses
in Wasder snspendirte Eisenozydhydrat, das Ferrum oüßydahim kydratum
Uqtddum^ Liquor Ferri oxyd. kydr. oder Ferrum kydricum in agtio, wird
daher so dargestellt, dass krystallisirtes Eisenchlorid in dem 30- bis 40-
£u:hen Wasser gelost, und mit reinem Ammoniak in geringem Ueber-
sdiosse gefällt, nach dem Absetzen durch Decantiren, wiederholtes
Anfirohren in Wasser, Absetzen u. s. w. ausgewaschen und zuletzt
mit so viel reinem Wasser versetzt wird, dass 100 Thle. der Flüs-
sigkeit etwa 5 Thle. (oder 1 Unze etwa 24 Gran) Eisenozydhydrat
enthalten. 100 Grm. des flüssigen Hydrats (5 Grm. trockenes Hy-
drat enthaltend) fällen nach Digestion von fünf Minuten bei etwa 30^0.
angeiahr 0,27 Grm., nach ein- bis zweistündiger Digestion gegen 0,40
Grm. Arsenik; oder 100 Thle. trockenes Hydrat binden gegen 5 bis
aber 6 Thle. Arsenik. Die letztere Verbindung enthält auf 12 Aeq.
Fe^O^ etwa 1 Aeq. AsOs.
War das Ozydhydrat vorher getrocknet, so wird es dichter und
verliert seine Wirksamkeit fast vollständig; aber selbst wenn es immer
ODler Wasser aufbewahrt war, aber längere Zeit, so ist es nicht im Stande,
die arsenige Säure in kurzer Zeit in so grosser Menge aufzunehmen
dla vorher; je nachdem es mehrere Monate oder Jahre gestanden hat,
werden, um eine bestimmte Menge Arsenik zu fällen, statt vorher 100
Tille. Hydrat jetzt 200 und selbst über 300 Thle. erfordert. Es ist daher
zweckmässig, in kürzeren Zeiträumen das Hydrat durch Auflösen in
Salzsäure und Fällen mit Ammoniak wieder neu darzustellen.
Bringt man zu 100 Grm. flüssigem Eisenoxydhydrat 1 bis gegen
i Grm. gelösten Arsenik, so bleiben 0,010 bis etwa 0,040 Grm. des-
selben in Lösung, während der Best mit dem Eisenoxydhydrat eine un-
föfliehe Verbindung eingeht (im letzten Falle etwa dFe^Og . AsOg),
4er ab«* dnreh Einwirkung von überschüssigem Wasser etwas Säure
atzogen wird, was bei der überbasischen Verbindung nicht der Fall
'et Bei Anwendung von 5 Grm. Arsenik auf 100 flüssiges Hydrat
bildet eich das basische Salz (Fe^Os.AsOa) als ein mehr gelblicher,
*) Die narkotUchen Genossmittel und der Mensch, Nürnberg 1865. — *) Polyt.
CeotrelbL 1845, S. 347; 1846, 8. 719; 1847, S. 128; 1848, 8. 449. — ») Das
Bacnoxvdhydraty ein Gegengift der arsenigen Säure. Göttingen, Dioterich, 1884.
294 Arsensäuren.
sich schwieriger absetsender Niederschlag, welcher sich auch nicltt IlUi
filtriren lässt
Das neutrale wie das basische Eisenoxydsalz sind also nnlöslic
in Wasser, aber nur dem überbasischen wird durch Wasser keine S&ar
mehr entzogen.
Statt des Eisenoxydhydrats, welches mit der Zeit an Wirks&mkei
abnimmt, hat Fuchs in Wien ein Geraenge von Eisenoxydhydrat mi
Magnesiahydrat und schwefelsaurer Magnesia als Antidot vorgeschlstg^ei
welches er bereitet, indem er schwefelsaures Eisenoxyd mit über
schüssiger gebrannter Magnesia im Augenblick des Gebrauches fällt
und das Gemenge, ohne es auszuwaschen, verwendet. Der Vorzug
dieses Mittels liegt darin, dass es nicht vorräthig gehalten zu werdei
braucht, sondern im Augenblicke des Bedarfes schnell gemischt ^rerdei
kann, sobald eine passende Lösung von Eisenchlorid oder Schwefel
saurem Eisenoxyd und gebrannte Magnesia vorräthig sind. Die g^e
brannte Magnesia bietet vor dem Ammoniak als Fällungsmittel ^i
Vortheile, dass auch ein stärkerer Ueberschuss derselben nicht hinder
lieh ist, und dass auch die Gegenwart von Chlormagnesium oder schiw^e
feisaurer Magnesia durch die Wirkung auf den Darracanal eher vor
theilhafb als unzweckmässig ist. Es bedarf also hier nicht des Answa-
Sehens wie beim Fällen mit Ammoniak. Zur Darstellung der Eisen-
oxydlösung werden 100 Grm. Eisenvitriol mit 100 Grm. Wasser
19 Grm. concentrirter Schwefelsäure und etwa 25 Grm. Salpetersäure
von 1,20 specif. Gewicht erhitzt, nach vollständiger Oxydation des Eisens
wird die Flüssigkeit abgedampft bis zur Vertreibung der Salpetersaure,
und darauf das Ganze mit Wasser zum Gewichte von 200 Grm. ver-
dünnt 100 Grm. dieser Flüssigkeit werden mit 800 Grm. Wasser und
37,5 Grm. schwach gebrannter Magnesia gemischt. — lOOThle. dieser
gelblichen trüben Flüssigkeit enthalten 1,52 Grm. wasserfreies Eisen-
oxyd, 3,5 schwefelsaure Magnesia und 2,8 gebrannte Magnesia, oder in
einer Unze der Flüssigkeit sind etwa 7,3 Gran Eisenoxyd, 17 Gran
schwefelsaure Magnesia und 13,5 Gran gebrannte Magnesia.
Mohr schlägt vor, 1 Tbl. krystalUsirtes Eisenchlorid in 16 Thln.
Wasser zu losen, und mit 1 Thl. Magnesia usta zu versetzen. Es ist we-
sentlich, dass die Magnesia nicht zu stark gebrannt sei, weil sie sonst
weniger schnell und in geringerer Menge die arsenige Säure unlöslich
macht, als wenn sie bei nur massiger Glühhitze gebrannt und daher recht
locker ist. 100 Grm. von der Flüssigkeit in der Stärke, wie sie Fuchs
angiebt, fällen in wenigen Minuten etwa 0,5 Arsenik, d. i. dreimal soviel,
als das in derselben enthaltene Eisen oxydhydrat für sich gefällt haben
würde. Die Magnesia für sich würde die anderen ^s ^^^ Arseniks
auch nicht fällen, so dass hier das Gemenge viel stärker wirkt, als die
Gemengtheile für sich; möglich dass das auf dem Magnesiahydrat fein
vertheilte Eisenoxydhydrat hier besonders kräftig wirkt.
Auch wenn die arsenige Säure mit Alkalien verbunden ist, wird sie
durch Eisenoxydhydrat, sowie durch das Gemenge desselben mit Magnesia
vollkommen unlöslich gemacht; selbst wenn die Säure zuerst mit einem
bedeutenden Ueberschusse von kohlensaurem Alkali oder von Ammo-
niak versetzt war, wurde sie von derselben Menge Eisenoxydhydrat,
oder dem Gemenge desselben mit Magnesia, gefällt, wie bei Abwesen-
heit alles Alkalis. Man hat gewöhnlich angenommen, dass, um arsenig-
saures Kali zu fällen, ein Gemenge von essigsaurem Eisenoxyd mit
Arsensäuren. 295
Ozjdhjdrat genommen werden ronss, und das ist in den meisten Phar-
macopöen vorgeschrieben; Versuche haben gezeigt, dass, wie angege-
ben, die Oxydhydrate Jür sich die arsenige Säure, auch bei Gegenwart
fon Alkalien, vollständig fällen, und auch Bunsen und Berthold
kfttten schon vorgeschrieben, bei dem Eisenozydhydrat einen geringen
üeberschiiss von Ammoniak zu lassen, damit dieses zuerst die Lösung
des festen Arseniks und dadurch seine Verbindung mit Eisenoxyd ver-
mittele. Besondere Versuche haben aber weiter gezeigt, dass, wenn
dem Eisenoxydhydrat zuerst etwas Essigsäure zugesetzt wird, seine
Flhigkeit, eine bestimmte Menge Arsenik zubinden, in demselben Grade
abnimmt, als mehr fissigsänre zugesetzt wird (Fehling).
Nachdem es constatirt war, dass Eisenoxydhydrat im Stande
lei, bei chemischen Versuchen in Gläsern den Arsenik in unlös-
Üehe Verbindung öberzuführen, blieb noch übrig, die Wirksamkeit
dieses Antidots zuerst an Thieren zu versuchen. Das ist nun von
rielen Seiten und mit glücklichem Erfolg geschehen ; auch haben viel-
fache Erfahrungen bei vorgekommenen Vergiftungen an Menschep seit
oebr als 20 Jahren die Wirksamkeit des Eisenoxydhydrats bewiesen.
Bei Versachen an Thieren hat auch das Fuchs' sehe Büttel sich als
Antidot gegen arsenige Säure wie gegen arsenigsaures Kali bewährt, und
ei ut daher nicht zu zweifeln, dass es, wenn zur rechten Zeit ange-
wendet, auch im menschlichen Körper die arsenige Säure in unlösliche
Verbindong überfuhren, und so unschädlich machen werde (Zeller i).
Arsenigsaure Salze. Die arsenige Säure verbindet sich mit
Basen zn sauren, neutralen oder basischen Salzen, welche bis jetzt nur
wenig untersucht sind. Die Salze BO.AsOs werden als neutrale
betlachtet; die basischen Salze sind 2B0 . AsOg und 8B0 . AsOs-
Die Säure löst sich in Kali- und Natronlauge in jeder Metage auf,
oime das Alkali zu neutralisiren ; die concentrirten Auflösungen zerle-
gen sich an der Luft durch die Einwirkung der Kohlensäure , und man
erhält daraas nach längerer Zeit sehr grosse und vollkommen ausgebil-
dete Octaeder von freier Säure. In wässerigem Ammoniak löst sich
die Säure leichter als im Wasser; beim Verdampfen der Auflösung
bleibt sie ammoniakfrei zurück.
Kalk, Baryt und Strontian lösen sich auf, wenn sie mit Was-
ser and überschüssiger arseniger Säure gekocht werden; aus diesen Auf-
lösongen schlägt Kalk-, Baryt- und Strontianwasser basische Salze
in Gestalt von weissen Flocken nieder. Diese Niederschläge lösen
ach in Säuren nnd Ammoniaksalzen auf; aus diesem Grunde kann
die arsenige Säure aus Flüssigkeiten, welche Ammoniaksake enthalten,
durch diese Basen nicht gefallt werden.
Die fibrigen arsenigsauren Salze sind im Wasser unlöslich, sie
werden durch Zersetzung eines löslichen arsenigsauren Salzes mit den
Auflösungen der entsprechenden Metalloxydsalze dargestellt. Alle ba-
tiflchen Salze sind in Säuren löslich, wenn diese mit der Basis kein
onlösliches Salz bilden; manche lösen sich in überschüssiger arseniger
Säure auf. Die Auflösungen der Salze, deren Basen in Säuren oder in
Wasser lösliche Schwefelmetalle bilden, verhalten sich zu Schwefel-
wasserstoff genau wie Auflösungen von arseniger Säure (s. S. 292);
0 Schwefelsanrcs Eisenoxyd mit gebrannter Magnesia als Gegenmitt«! gegen
«ncnige Sinre. Inaagnral-Diasertation. Tttbingen, 1858.
296 Arsensäuren.
bei den übrigen schlägt sich mit Arsensulfür das in Säuren an*
lösliche .Schwefelmetall nieder, aus welchem Niederschlage ersterea
durch Ammoniak ausgezogen werden kann. Die meisten arsenigsaa*
ren Salze werden durch Glühen zersetzt in Arsen, das sich sublimirt,
und in ein arsensaures Salz; bei Zusatz von Kohle allein oder too
Borsäure mit Kohle ist die Zersetzung und Abscheidung des Arsens
meistens ToUkommen.
Die arsenigsauren Alkalien fällen essigsaures Eisenozyd roatf&rben^
Eisenoxjdul salze grünlichgelb, die Bleisalze weiss, Kupferoxydsalze
zeisiggrün , Kobaltoxydulsalze pfirsichblüthroth , Nickeloxydulsalze
hellgrün. Salpetersaures Silberoxyd giebt damit einen gelben, in Ks-
sigsäure leicht löslichen Niederschlag; salpetersaures Quecksilberoxj-
dul giebt auch in verdünnten Salzlösungen eine weissliche Fällang.
Diese Niederschläge sind alle in stärkeren Säuren löslich; die Salze
des Eisenoxyds, des Kobalt- und Nickeloxyduls, des Kupfer- und Silber-
oxyds lösen sich auch in Ammoniak. Das arsenigsaure Kupferoxyd
giebt mit Ammoniak eine farblose Lösung, welche Kupferoxydul und
Arsensäure enthält. Das Kupferoxydsalz löst sich auch in Kali oder
Natron, beim Erhitzen bildet sich aber schnell Arsensäure und Kupfer*
oxydul scheidet sich ab.
Vermischt man die arsenigsauren Salze mit Salmiak und glüht sie,
so entweicht Ghlorarsen, und wenn die Chlorverbindung der Basis nicht
flüchtig ist, bleibt sie als Ghlormetall zurück (Rose). Die arsenigsauren
Salze mit alkalischer Basis sind in jedem Verhältniss in Wasser löslich,
die der alkalischen Erden lösen sich sehr wenig in Wasser, aber leicht
in verdünnten Säuren, die der schweren Metalloxyde sind in Wasser
unlöslich, aber leicht löslich in Säuren.
Viele in Wasser unlösliche Oxyde werden aus ihrer Verbindung
mit arseniger Säure durch Kali nicht gefallt, so ist das arsenigsaure
Eisenoxyd leicht löslich in Kali. Aehnlich verhalten sich die meisten
schweren Metalloxydsalze, man mnss daher annehmen, dass sie luicht
Doppclsalze mit arsenigsaurem Kali bilden (Reynoso^).
Arsenigsaures Ammoniumoxyd, 2 NH4O . AsO^ (nach
Stein). Es entsteht, nach Pasteur, wenn man arsenige Säure mit
höchst concentrirtem Ammoniak übergiesst. Unter schwacher Tennpe-
raturerhöhung bildet sie eine harte, fest am Glase sitzende Masse, die
unter dem Mikroskop aus sechsseitigen Tafeln, dem prismatischen Sy-
stem angehörend, erscheint Es kann nur in Berührung mit Ammoniak
bestehen; es ist unlöslich in Alkohol und Aether, und verliert an der
Luft rasch das Ammoniak. Silbersalze föllen daraus einen gelben Nie-
derschlag, 2AgO.As03, und die Lösung wird sauer. Schwaches Am-
moniak löst etwas mehr Säure auf als Wasser, beim Verdampfen kry-
stallisirt aber reine Säure.
Arsenigsaures Antimonoxyd entsteht bei der Digestion von
Antimonmetall mit flüssiger Arsensäure, wodurch leztere zu arseniger
Säure reducirt wird. Wasser schlägt das Salz nieder (Berzelius).
Wird Antimoniäure mit Arsen erhitzt, so entsteht eine durchsichtige,
glasartige Masse, die ebenfalls dasselbe Salz ist.
Giesst mau in die Auflösung des arsenigsauren Antimonoxyds eine
Lösung von arseniger Säure in viel überschüssiger Kalilauge, so ent-
M Compt. rend. T. XXXI, p. 6K.
Arsewsäuren. 297
sieht kein Niederschlag, das einmal gefällte arsenigsaore Antimonoxyd
ist aber in dem arsenigsauren Kali nicht löslich. Eben so verhalten
sich das Kobalt- und Nickelaalz (Beynoso).
Arsen igsauren Baryt, Ba O. As Og, erhält man, nach Fi Ihol,
kicht durch Vermischen einer Lösung von Chlorbariam mit dem sauren
Kalisalze. Erst nach einigen Stunden bildet sich eine gallertige Masse
oder dendritischeVerästelungen ohne Spur von regelmässiger Krystalli-
»tion. In diesem Zustande ist er leicht löslich in Wasser, nach dem
Trocknen sehr wenig löslich. Eben so erhält man ihn, wenn man die
TOQ der Gallerte abfiltnrte Flüssigkeit erhitzt, wo er als schwer lös-
iiclies Pulver niederfallt. Die gallertartigeVerbindung scheint demnach
Wasserhaltig zu sein.
Nach Stein erhält man ein der Formel 2BaO.As03 -f- 4H0
entsprechendes Salz, wenn man in die wässerige Lösung von arseniger
Säore Barytwasser tröpfelt, bis kein Niederschlag mehr entsteht. Auf
Zusatz von Alkohol vermehrt sich derselbe etwas. Man wäscht ihn
mit verdünntem Alkohol aus. 2 Aeq. Wasser entweichen schon bei
100^ C, die übrigen erst bei einer Tjemperatur, bei der auch Arsen
rerflüchtigt wird.
Nach G m e 1 i n fallt eine concentrirte Lösung von arseniger Säure
gttiiUigtes Barytwasser sogleich, bei grösserer Verdünnung erst später
oder gar nicht. Arsenigsaures Ammoniak fällt erst nach längerer Zeit
CUorbariumlösung (H. Böse).
Arsenigsaures Bleioxyd, PbO.AsOs, erhält man durch
FaQong von Bleizuckerlösung mit dem sauren Kalisalz, oder mit ar-
Beoiger Sänre (Filhol). Auch wenn man Bleizuckerlösung mit Am-
moniak fallt, welches in der Wärme mit arseniger Säure gesättigt wor-
den ist, entsteht ein weisses Pulver von derselben Zusammensetzung,
welches aber Wasser enthält, trocken gerieben sehr elektrisch wird, beim
Erhitzen unter Verlust von etwas arseniger Säure und Wasser zu einem
gelblichen Glase schmilzt (Berzelius). Dieses Salz ist in Wasser
etwas löslich. In Kalilauge ist es unlöslich, aber löslich in Natron-
lauge.
Das basische Salz, 2PbO.AsOj, bildet sich, nach Filhol,
(iorch Niederschlagen von Bleizuckerlösung mit dem basischen Kalisalze,
oder, nach Berzelius, durch Fällung von Bleiessig mit ammoniakali-
Kher Lösung von arseniger Säure. Es ist ein weisses, Wasser ent-
bftlteodes, in reinem, wie in Ammoniaksalze enthaltendem AVasser un-
iöiliches, in der Wärme zu einem gelblichen Glase schmelzendes Pulver.
N^h Simon erhält man es als schwefelgelbes, leicht^ schmelzendes,
einea bedeutenden Hitzegrad ohne Zersetzung ertragendes Glas, wenn
man über glühendes Bleioxyd den Dampf von arseniger Säure leitet.
Kühn erhielt ein Salz von der Zusammensetzung dPbO.AsOs,
indem er basisch essigsaures Bleioxyd durch eine siedende Lösung von
aneniger Sänre fällte.
ArsenigsauresEisenoxyd. Es sind verschiedene Sättigungs-
g^e der arsenigen Säure mit Eisenoxyd bekannt. Digerirt man
frischgefälltes Eisenoxydhydrat mit einer concentrirten Lösung von ar-
Kniger Säure, so wird dieselbe, wenn zehnmal so viel trockenes
Oxyd als arsenige Säure hinzugebracht worden ist, vollständig aus
der Flüssigkeit entfernt (Bunsen). Bei weniger Oxydhydrat ist die
F^long nicht ganz, aber beinahe vollständig; es bilden sich hier ba<
298 Arsensäuren.
sische VerbinduDgen, SFesOs.AsOs u.a.; Wasser entzieht ihnen etwa
Säure. Bei Anwendung von hinreichend arseniger Säure bildet siel
ein gelblicher schwierig sich absetzender Niederschlag (s. S. 293). We
gen dieser vollständigen Bindung der arsenigen Säure durch öberschüa
siges Eisenoxjdhydrat ist dieses als das sicherste Gegengift bei Vergif
tungen mit arseniger Säure zu empfehlen.
Behandelt man die Lösungen von arseniger Säure oder arsenig
saurem Alkali mit essigsaurem Eisenoxyd, so erhält man einen ockei
gelben, dem Oxydhydrat ähnlichen Niederschlag, der zu einer braunei
Masse mit fettglänzendem, muscheligem Bruch eintrocknet und beii
Zerreiben ein gelbes Pulver giebt, dessen Zusammensetzung der Foi
mel 4 Fe2 0$ . As Oa -|- 5 aq. entspricht ; beim Erhitzen verliert e
Wasser und den grössten Theil der Säure, jedoch nie die ganze Meng
(Bunsen). Nach Simon soll alle Säure verflüchtigt werden. Wsi
ser entzieht dem Salze etwas Säure ; starke Mineralsäuren lösen e
vollständig. Schwefelsaures Eisenoxyd oder Eisenchlorid werden durol
freie arsenige Säure auch nicht, wohl aber, nach Guibourt, durcl
arsenigsaures Kali gefallt als rostfarbiger, zu einer harten Masse ein
trocknender, nach der Formel 2FeaOa.As08 -{- 7H0 zusammenge
setzter Niederschlag. Damour giebt an, dass dieses Salz theilweis
mit Rostfarbe von Kalilauge gelöst werde; bei langsam gesteigerte
Hitze schmelze es, ehe es die arsenige Säure verliere.
Eine der Formel 2Fe3 Oa.AsOa -{r 7 HO entsprechende Yerbin
düng erhält man ebenfalls, wenn Eisenvitriollösung durch Königswasse
oxydirt, mit Ammoniak neutralisirt und durch Natronlauge gefallt wird
die man kochend mit arseniger Säure gesättigt und durch Abköhlei
von dem Ueberschuss der letzteren befreit hat. Der Niederschlag des ba
sisch-arsenissauren Eisenoxyds entsteht erst nach 1 2 Stunden, ist rostgeD)
nach dem Trocknen rubinroth, durchsichtig, hart, von gelbem Pulvei
löslich in Natronlauge, durch Kohlensäure daraus nicht fällbar. Ver
dampft man diese Lösung zur Trockne, so erhält man eine rothe MasM
die in Wasser vollkommen löslich geblieben ist.
Arsenigsaures Eisenoxydul: 2FeO.A803. Arsenige Säur«
in Ammoniak gelöst, giebt mit Eisenvitriol einen grunlichweissen, bein
Auswaschen an der Luft ockergelb werdenden Niederschlag. In wässe
rigem Ammoniak ist die nicht oxydirte Verbindung löslich. Bei trocke
ner Destillation entweicht zuerst Wasser, dann schmilzt die Masse, ar
senige Säure sublimirt und es bleibt ein rostfarbener Rückstand.
Arsenigsaures Kali, 1) neutrales: KO.AsOa, wird nad
Pasteur erhalten, wenn man das saure Salz längere Zeit mit kohlen
saurer Kalilösung kocht, wobei Kohlensäure entweicht Es bleibt ei]
in Alkohol wenig lösliches Salz, welches nach öfterem Schütteln ml
Alkohol als syrupartige Masse zurückbleibt Fi 1 hol konnte dies Sal
nicht rein erhalten.
2) Saures Salz, K0.2As08 + 2 HO. Pasteur erhielt die
ses Salz krystallisirt, indem er Kalilauge mit überschüssiger arsenige:
Säure kochte, wodurch eine alkalisch reagirende Flüssigkeit entsteht
die mit Silbersalzen einen gelben Niederschlag (2AgO.AsOa) voi
arsenigsaurem Silberoxyd, gemengt mit arseniger Säure, giebt, wäh
rend die Flüssigkeit sauer wird. Versetzt man die alkalische Flüs
sigkeit mit Alkohol, so wird sie dick und trübe, nach einigen Ta
gen bilden sich an den Gefasswänden rechtwinkelige, gerade Pris*
Arsensäuren. 299
men, und nacli Doch längerer Zeit gesteht das Ganze za einer Salz-
maaae. Bei 100® C. entweicht nnr 1 Aeq. Wasser. Hiernach wäre das zu-
rfickbleibende Wasser vielleicht als basisches zn betrachten, KO.HO.
^AsOs -j- aq.
3) Basisches Salz, 2EO.A8 Og, erhält man durch Versetzen
des neutralen Salzes mit überschüssiger Kalilauge und Fällung durch
Alkohol. Es ist in Wasser sehr loslich, liefert mit Silbersalzen den gel-
ben Niederschlag (2AgO.As03), wobei jedoch die Flüssigkeit nicht
d»ier wird, sondern neutral bleibt.
Arsenigsaures Jodkalium. Die Lösungen von Jodkalium
imd arseniger Säure oder arsenigsanrem Kali zusammen gemischt, geben
weisse, in Wasser sehr wenig lösliche Niederschläge nach der Formel
Et-f-dAsO^ zusammengesetzt' Bei Anwendung reiner arseniger
Säure wird dieselbe vollständig, bei Anwendung von arsenigsanrem Kali
IDT theilweise gefallt, indem etwas in dem überschüssigen Kali gelöst
Ueibt Eine 315^0. übersteigende Temperatur, sowie Erhitzen mit
Schwefelsäure oder Salpetersäure zerlegen die Verbindung. Sie ist
hl 19 Thln. siedenden Wassers löslich (Emmet).
£. Harms 1) hat gefunden, dass es noch zwei andere Salze der Art
giebt. Löst man die vorige Verbindung in nur wenig siedendem
Wasser, setzt das 3- bis 4fache Volumen heissen Weingeistes hinzu, und
leitet Kohlensäure hinein, bis sich die Wandungen des Gefasses mit ei-
Mr Salzhant zu überziehen anfangen, so scheidet sich eine syrupartige
Flüssigkeit ab, die mit Säuren stark aufbraust und ausser dem Kohlen-
sioresalz noch erhebliche Mengen von Jod und arseniger Säure ent-
ktit Durch Eindampfen dieser syrupartigen Lösung erhält man eine
fcin krystallisirte Verbindung von der Zusammensetzung Kl -j-
J(K0.ÄO.AsO8).
In Wasser, wie in Weingeist, ist das Salz ziemlich leicht löslich^
die keiss gesättigte Lösung setzt beim Erkalten warzenförmige Massen
ib, die selbst unter dem Mikroskop nichts Krystallinisches erkennen
lassen, zusammengesetzt nach der Formel Kl -f- KO .HO -f- AsOs.
Diese Verbindung verhält sich gegen die Salze der alkalischen
Erden und Metalle wie eine Mischung von Jodkalium und arsenigsanrem
Kali. Concentrirte Schwefelsäure fallt daraus einen rothen oder gelblich-
rothen Niederschlag von Arsenjodid.
Lässt man durch die heiss gesättigte Lösung dieses Salzes einen
S^m von Kohlensäure gehen, so scheidet sich ein weisses, pulverför-
■iges Salz ab, K O . HO -|- 3 As Os. Diese Verbindung ist schwer lös-
lich, reagirt alkalisch und entwickelt beim Erhitzen in einem engen
Ohsrohr, ausser Wasserdampf und metallischem Arsen, noch eine reich-
ficiie Menge von arseniger Säure. Joddämpfe zeigen sich nur dann,
veim Luft hinzutreten kann.
Arsenigsaurer Kalk. Durch Versetzen der verschiedenen
Kalisalze mit Chlorcalcium erhielt Fi 1 hol zwar Niederschläge, aber
Bieht von constanter Zusammensetzung.
Das neutrale Salz soll man, nach Simon, erhalten, wenn Chlor-
caJeininlösnng mit Ammoniak, das mit arseniger Säure gesättigt ist,
gefönt wird. Man fügt noch etwas Ammoniak hinzu, wodurch der
*) Änmil. d. Chem. n. Pharm. Bd. XCI, S. 371.
300 Arsensäuren.
Niederschlag vermehrt wird und wäscht aiu. Hierbei lo8t sich aber
viel davon auf, da dies Salz nicht unlöslich in Wasser ist
Wenn man dagegen eine wässerige Lösung von arseniger Säare
mit überschüssigem Kalkwasser versetzt, so fallt ein weisses, schweres
Pulver (2 Ca O . As O3 mit Wasser) nieder , welches in Wasser sehr
schwer, in Ammoniaksalzen aber, namentlich bevor es getrocknet
wurde, sehr leicht löslich ist. Von Wasser sind 3000 bis 4000 Thle. znr
Lösung nöthig, auch Chlorkalium und Chlornatrium vermehren die
Löslichkeit. Die Luft zersetzt die Verbindung, indem kohlensaurer
Kalk und 'freie arsenige Säure entstehen.
Nach Stein soll auf diese Weise ein Gemisch von basischen Salzes
erhalten werden. Dasselbe ist in freier arseniger Säure leicht auflöslich
Setzt man jedoch nicht so viel hinzu, dass alles gelöst wird, so ist dei
Rückstand der Formel SCaO.^AsOs -|- 3 HO entsprechend zusam-
mengesetzt. Bei 100^ C. entweicht 1 Aeq. Wasser, der Rest erst bei
einer die Zersetzung des Salzes selbst bewirkenden Temperatur.
Nach Kühn^) fällt eine siedende Lösung von arseniger Säure aui
überschüssigem Kalkwaaser das Salz 3 CaO.AsOg.
Arsenigsaures Kobaltoxydul, 3 CoO ."iAsOs + ^'^^i '^'^^
aus Kobaltchlorür in gleicher Weise wie das Nickelsalz dargestellt.
Arsenigsaures Kupferoxyd, 1) neutrales. Wenn man koh
lensaures Kupferoxyd mit Wasser und arseniger Säure digerirt und du
Auflösung abdampft, so erhält man ein gelbgrünes Salz, welchen wede
durch Alkalien noch durch Säuren geiallt wird. Dies scheint da
neutrale Salz Cu 0 . As O3 zu sein.
2) Basisches Salz: 'iCuO.AsOg. Dies Salz wird erhaltei
durch Fällung von Kupfervitriol mit arsenigsaurem Kali, oder voi
Knpferoxyd- Ammoniak mit wässeriger arseniger Säure. Es ist eu
zeisiggrüner Niederschlag (ScheeTsches Grün), der sich farblos u
überschüssigem Ammoniak löst als Arsensäure und Kupferoxydul
Beim Erhitzen entweicht Wasser, arsenige Säure, und ein Genieng
von Arsenkupfer und Kupferoxyd bleibt zurück. In einer Lösung yo:
arseniger Säure in überschüssigem Kali löst es sich leicht mit blaue
Farbe. Die Lösung zersetzt sich bald in niederfallendes Kapfei
oxydul und arsensaures Kali. Glühendes Kupferoxyd verbindet siel
nicht mit darübergeleiteten Dämpfen von arseniger Säure.
Arsenigsaures Kupferoxyd, früher als Scheel'sches Grün bezeicli
net, bildet in Verbindung mit essigsaurem Kupferoxyd den Hauptb<
standtheil vieler grünen Farben. (Siehe Grün, Schweinfurter, wo sie
mehreres über grüne Arsenfarben findet.) Aehnlich wie mit essigsaorei
Kupferoxyd giebt es auch mit buttersaurem Kupferoxyd eine Doppel
Verbindung (Wohl er).
Arsenigsaure Magnesia. Bei Vermischung der Lösungen vo
schwefelsaurer Magnesia mit saurem arsenigsauren Kali bildet sich i
der Kälte kein Niederschlag, auch nicht nach langer Zeit, aber bell
Erhitzen der Flüssigkeit entsteht er reichlich. Filhol fand denselbe
jedoch wechselnd in der Zusammensetzung. Gebrannte Magnesia m
arseniger Säure gekocht, nimmt etwas davon auf, aber es kann kein
bestimmte Sättigungsstufe erreicht werden. Wenn über glühend
Magnesia Arsenigsäuredampf geleitet wird, so sättigt sie sich dami
») Liebigs Jahresber. 1862, S. 379.
Arsensäuren. 301
ohne dasB arsenigsaure Magnesia und Arsen gebildet werden, wenn die
Temperatar nicht gar zu hoch war.
Versetzt man schwefelsaure Magnesialösung, der hinreichend Sal-
miak zugesetzt worden ist, um die Fällung durch freies Ammoniak zu
rerhindem, mit einer Lösung von arseni^er Säure in überschüssigem
Ammoniak, so erhält man einen Niederschlag, der, über Schwefelsäure
getrocknet, eine der Formel SMgO.AsOa entsprechende Zusammen-
letzong zeigt. (Stein.)
Arsenigsaures Manganoxydnl, 3Mn O.^ AsOa -|-5aq., bil-
det sich bei der Fällung von Manganoxydullösung durch arsenigsaures
Ammoniak als rosenrother Niederschlag, den man- bei abgehaltenem Luft-
satritt auswaschen mnss, weil er sonst sich rasch oxydirt und braun förbt.
Bei lOO^C. verliert er 1 Aeq. Wasser. Bei weiterem Erhitzen entweicht
vsenige Säure und ^rsen, Mangan und arseusaurcs Manganoxydul
bleiben als Bückstand.
Arsenigsaures Natron. Mit Natron sollen, nach Pasteur,
dieselben Verbindungen der arsenigen Säure wie mit Kali existiren, nur
das saure Salz nicht krystaliisirbar sein. Filhol konnte das neutrale
Sftiz nicht rein erhalten.
Arsenigsaures Nickeloxydul, 2NiO.As03, entsteht auf
Zusatz von arsenigsaurem Kali zu einer Lösung von einem Nickel-
oxydalsalz.
Ein weniger basisches Salz, 3 NiO . 2 AsOa -|~ 4 HO, entsteht, nach
Girard^), wenn man Chlomickel, welches mit stark überschüssigem
CMorammoninm zusammen aufgelöst wurde, rasch mit arsenigsaurem
Kali vermischt. Es färbt sich dann die Flüssigkeit zuerst blau, ohne
eiDen Niederschlag zu geben, und Ammoniak entwickelt sich, nach einigen
Angenblicken trübt sie sich unter Ausscheidung eines grünlich weissen
Niederschlages von der oben angegebenen Zusammensetzung, der beim
Trocknen bei 110® C. 10,3 Procent oder 4 Aequivalente Wasser ver-
liert An der Luft erhitzt, verliert es zuerst den Gehalt an Wasser,
giebt dann ein Sublimat von arseniger Säure und lässt gelbes un-
tekinelzbareB Pulver, arsensaures Nickeloxydul, zurück, entsprechend
der Gleichung 3Ni0.2As03 + 20 = SNiO.AsOs 4" ^«Og.
Durch Salpetersäure wird das arsenigsaure Nickeloxydul zu arsen-
ianrem Salz, durch Salzsäure zu arseniger Säure und Chlornickel; es
löst sich in Ammoniak zu violetter Flüssigkeit.
Arsenigsaures Quecksilberoxyd. Salpetersaures Quecksilber-
oryd wird durch arsenige Säure als weisses Pulver gefällt, welches
i& arsenigsaurem Kali mit brauner Farbe löslich ist. Enthält die Lö-
sing überschüssiges Kali, so tritt fast augenblicklich Reduction und
Aosicheidung des Metalls ein. Auch in Salpetersäure ist das arsenig-
änre Quecksilberoxyd löslich.
Arsenigsaures Quecksilberoxydul. Es entsteht bei der
Kgestion von Arsensäure mit Quecksilber, oder durch doppelte Zer-
*«teang als weisser, in freier Salpetersäure löslicher Niederschlag.
ArsenigsauresSilberoxyd, 1)2 Ag O . As O3 , bildet sich als
P^T Niederschlag bei der Fällung von Silbersalzen mit arsenig-
'««ren Salzlösungen (s. d. Kalisalze). I)as Salz wird an der Luft
*) Compt. rcnd. T. XXXIV, p. 918. u. Annal. d. Chem. u. Pharm., Bd. LXXXIT,
8- 254.
302 Arsensäuren.
allmälig dunkelgrau, im Licht schwärzt es sich allmällg. BeimErhitzei
soll es, nach Simon, Wasser abgeben, dann arsenige Säure, während
ein Gemenge von arsensaurem Silberoxyd und metallischem Silber 2\t
rückbleibt. Eine andere Silberoxyd Verbindung erhält man, nach Fi 1 hol
wenn man mit arseniger Säure gesättigtes Ammoniak mit in Ammoniai
gelöstem salpetersauren Silberoxyd versetzt, als zeisiggelbes, am Lichtf
schnell grün werdendes Pulver. Bei 140<^ bis 150^0. wird es plötzlicl
schwarz, ohne viel an Gewicht zu verlieren, bei stärkerer Hitze schmilzt
es und verliert arsenige Säure.
Das arsenigsaure Silberoxyd ist in ^Essigsäure leicht löslich (Un
terschied von phosphorsaurem Silberoxyd); es löst sich auch in Kali
die Lösung wird durch Chlorkalinm nicht gefallt, im Gegenthei
vermag sie frischgefalltes Chlorsilbcr zu lösen. Sie scheidet langsan
metallisches Silber aus, indem arsensaures Kali gebildet wird. Wem
die Lösungen von Palladium- und Platinchlorid mit arsenigsauren
Kali und dann mit arsenigsaurem Silberoxyd-Kali versetzt werden, »
scheiden sich die erstgenannten Metalle rasch im regulinischen Zustand)
ab (Beynoso).
2) 3 Ag0.2AsOa. Das salpetersaure Silberoxyd giebt beiO^geD
wart eines grossen Ueberschusses von salpetersaurem Ammoniak au
tropfenweisem Zusatz von arsenigsaurem Kali unter Ammoniakentwicke
lung einen weissen Niederschlag, 3 AgO . 2 AsOs« Dieses Salz schwärz
sich am Licht, es löst sich in Ammoniak und in einem Ucberschuss toi
arsenigsaurem Kali ; es wird beim Erhitzen schwarz, giebt ein Sublioia
von arseniger Säure und hinterlässt einen schön rothen schmelzbare!
Bückstand (E. Harms a. a. O.).
Arsenigsaurer Strontian: * SrO. AsOg -f- 4 H O. . Wässerig»
arsenige Säure wird durch Strontianwasser nicht gefällt; arsenigsaure
Kali durch Chlorstrontiura erst nach einigen Tagen. Arsenigsaures Am
moniak giebt mit Strontianwasser aber alsbald einen weissen fiockigei
Niederschlag, der in Wasser ziemlich leicht löslich ist Durch Ver
dampfung der wässerigen Lösung erhält man das Salz in kleinen Krj
stallen. Li Weingeist ist es sehr wenig löslich. Bei 100^ C. verlier
es 1 Aeq. Wasser.
Arsenigsaures Zinnoxydul und Zinnoxyd sind weiss*
Niederschläge; letzteres ist eine schwer schmelzbare Verbindung.
Arsensäure.
Arseniksäure Äcid araenique^ Äcidum araenicum. Die Arsen
säure, zuerst von Scheele dargestellt, ist die höchste Oxydationsstuf
des Arsens. Formel: ASO5.
Sie wird dargestellt aus der arsenigen Säure entweder dard
Digestion mit Salpetersäure, oder rascher, wenn man 4 Thle. arsenig
Säure mit 1 Thl. Ghlorwasserstoffsäure erwärmt, und nach und nacl
12 Thle. Salpetersäure hinzufugt (Mitsc her lieh). Es entwickelt Bicl
hierbei immer etwas Chlorarsen, deshalb muss die Operation in eine
Betorte unter einem gut ziehenden Banchfange vorgenommen werdec
Leitet man in eine Lösung von arseniger Säure Chlorgas, so entsteh
neben Salzsäure ebenfalls Arsensäure. Die erhaltene Auflösung der Arsen
säure wird eingedampft, beim Vorhandensein von Salzsäure mitdernöthi
gen Vorsicht, die concentrirte Flüssigkeit verdampft man im Platintiege
Arsen^äuren« 303
Trockne und erhitzt endlich zum Schmelzen, doch nicht zu stark,
Weil die Säure sonst in Sauerstoff und arsenige Säure zerfällt
In neuester Zeit ist die Arsensäure von Kopp^) im Grossen dar-
jgeatiellty und zugleich sind von ihm die verschiedenen Hydrate zuerst nä-
^er untersucht. Es wurden zu 400 Kilogr. Arsenik nach und nach
SOO Kilogr. Sälpetersäure von 1,35 specif. Gewicht gesetzt; es findet schon
iorcli die Einwirkung eine starke Erhitzung statt; nach 24 Stunden wird
eine flüssige Lösung von der Gonsistenz wie Schwefelsäurehydrat erhal-
ten, welche nach Zusatz von nur wenig Salpetersäure keine arsenige
Säure mehr enthielL Beim «längeren Stehen der Lösung bei 15 ^ C.
scheidet sich wasserhaltendes Arsensäuretrihydrat SHO.AsOs
-f-HO ab in kirren durchsichtigen Kryst* -len, längliche Prismen oder
duHnboidale Blättchen bildend ; sie zei^essen schnell an der Luft, und
losen sich leicht in Wasser unter starker Temperaturerniedrigung. Das
Eryalallwasser, aber auch das basische Wasser lässt sich durch Erhitzen
abscbeideD, theilweise oder ganz, wodurch äie drei Hydrate und das
Anhydrid der Arsensäure dargestellt werden können.
Arsensäuretrihydrat, 3HO.As05, wird beim Erhitzen der kry-
itülisirten Säure auf 100^ C. erhalten; die Masse schmilzt zuerst, wor-
md sich bald ein krystallinidcher Niederschlag bildet; dieser ist das
Trihydrat. Dieselbe Verbindung wird auch in grossen durchsichtigen
Kijstallen erhalten, wenn eine concentrirte Lösung von Arsensaure
«er starken Kälte einige Zeit ausgesetzt wird ; dieses Hydrat löst sich
hiebt und ohne Teniperaturverändenmg in Wasser.
Arsensäurebihydrat, 2HO.ASO5, bildet sich, wenn die kry-
Jtalfisirte Säure einige Zeit auf 140^ bis 180^ C. erhitzt wird; es schei-
net sich in harten glänzenden Krystallen ab, während eine Mutterlauge
bleibt, die bei 16^ G. ein specif. Gewicht von 2,36 hat. Das Bihydrat
lost sich noch ziemlich leicht in Wasser, aber unter starker Tempera-
tarerhdhung.
Arsensäuremonohydr at, HO.AsOs, bildet sich beim Er-
ytEm der vorigen Erystalle auf 200^ C, zuletzt auf 206^ C, wobei
die Blasse plötzlich unter starker Entwickelung von Waaserdampf teigig
«nd m einer weissen perirautterglänzenden LIasse wird, welche dann
kauptsachlich aus dem Monohydrat besteht. Es löst sich nur langsam
m kaltem, ziemlich leicht in warmem Wasser und hier dann unter
starker Wärmeentwickelung.
Wasserfreie Arsensäure, Arsensäureanhydrid, AsO«,
wird durch Erhitzen der Hydrate bis zum Dunkelrothglähen erhalten;
ae bleibt hier als eine weisse Masse zurück , die nicht auf Lackmus rea-
girt, sie ist kaum löslich in Wasser oder Ammoniak; selbst an feuch-
ter Luft zieht sie in mehreren Tagen kaum merkbar Wasser an; sie
serfliesst erst nach längerer Zeit. Die wasserfreie Säure wird beim
Bothglühen für sich zersetzt in arsenige Säure und freien Sauerstoff.
Die Losungen der verschiedenen Arsensäurehydrate und die der
wasserfreien Säure verhalten sich vollkommen gleich, sie haben einen
sauren metalUschen Geschmack und enthalten alle Trihydrat; die an*
deren Hydrate gehen also beim Auflösen sogleich unter Aufnahme von
Wasser in dieses Über, worin sich die Arsensäurehydrate wesentlich
verschieden zeigen von den Hydraten der Phosphorsäure.
*) Compt. rcnd. de Vac. T. XLII, p. 1060; Annal. d. chim. et ph^s. [3.]
T. XLYin, p. 106; Chem. Centralbl. 18&6. S. 614.
304 Arsensäuren.
Ob die Arsenaäurebydrate vielleicht isomorph sind mit den eni
sprechenden Phosphorsäorehydraten ist nicht genan bestimmt, abe
wahrscheinlich.
Das Verhalten der Arsensäure gegen Kohle, Metalle, Cyankaliam et4
ist ganz das der arsenigen Säure (r. diese). Schweflige Säure desoxydirt di
Arsensäure unter Bildungvon Schwefelsäure (Wohl er, Wackenrader]
Sie löst ZinkundEisen auf mitEntwickelung von reinem Wasserstoffgas, di
Auflösung des Zinks erstarrt nach und nach, so wie die Flüssigkeit ncntra
wird, zu einer gelatinösen durchsichtigen Masse ; bei Gegenwart von Schwc
feldäure zerlegen die genannten Metalle^ die Arsensäare, es scheide
sich Arsen ab und mit dem freiwerdenden Wasserstoff entwickelt sie
Arsen Wasserstoff, wie bei der arsenigen Säure.
Schwefelwasserstoff zerlegt die wässerige Arsensäure In de
Kälte sehr langsam, bei Gegenwart einer fremden Säure und in da
Wärme (600 bis 70® C.) schneller, die Flüssigkeit wird anfänglich gel
und bleibt klar und durchsichtig, nach einigen Stunden setzt sich Arsen
Sulfid (AsSj) ab, welches sich im Allgemeinen wie der in saurei
Lösungen der arsenigen Säure entstehende Niederschlag verhält.
Unterschwefligsaures Natron fällt aus einer salzsauren Lösung voi
ArseAsäure auch Arsenpersulfid (Himly), nach der 6leichnn|
5 (NaO.SjOg) -f AsOft = 5 (NaO. SOg) + AsSß.
Gleich der arsenigen Säure sind die Arsensäure und ihre Salz*
sehr giftig , doch weniger energisch als jene (W ö h 1 e r und Frcrichs^J
Auf die Haut gebracht, bringt die Arsensäure Wasserbläschei
hervor, wie sie bei Verbrennungen entstehen.
In neuester Zeit ist die Arsensäure in grosser Menge »tatt Wein
säure in der Kattundruckerei verwendet, um in der Chlorkalkküpe nu
gefärbtem Grunde weisse Muster hervorzubringen.
Arsensaure Salze. Die Arsensäure ist eine starke Säur
und treibt in der Hitze alle flüchtigeren Säuren aus ihren Verbindungei
ans. Die Salze der Arsensäure sind zum Theil sehr charakteristiscl
und bieten namentlich durch ihre Analogie mit den phosphorsaurei
Salzen grosses Interesse.
Gleiöh der cPhosphorsäure bedarf die Arsensäure zu ihrer Sättignn;
3 Aeq. Basis , wovon 2 oder 1 Aeq. durch basisches Wasser vertretei
werden können. Analog der Phosphorsäure nennt man gewöhnlich di<
arsensauren Salze welche 3 Aeq. Basis enthalten, basische; diejenigei
mit 2 Aeq. Basis und 1 Aeq. basischem Wasser, neutrale; und endlicl
die Salze mit 1 Aeq. Basis und 2 Aeq. basischem Wasser, saure arsen
saure Salze. Die Aufiösnng der basischen oder neutralen Salze zeigei
meist eine basische oder neutrale, die der sauren Salze saure Reaction
Beim Erhitzen verlieren die neutralen und sauren arsensaurci
Salze ihr Wasser, nehmen es jedoch beim Auflösen in Wasser wiede:
auf. Es sind daher bis jetzt keine der Pyro- oder Meta-Phosphorsänn
entsprechenden arsensauren Salze bekannt
Die arsensauren Salze der Alkalien sind auflöslich in Wasser, voi
den alkalischen Erden und Metalloxyden sind nur die sauren Salze darin
löslich; die neutralen oder basischen Salze lösen sich leicht in freier Ar-
sensäure so wie in Mineralsäuren, weniger leicht in Essigsäure. Die
gelösten ErdalkalLsalze, und schweren Metall oxydsalze werden da-
') Annal. d. Chera. u. Pharm. Bd. LXV, S. 336.
Arsensäuren. 305
her nicht durch freie ArsenBäure , wohl aber durch arsensaores Alkali
gefiilt
Die neutralen arsensauren Salze von Kalk, Baryt und Stron-
äan sind anloslich in Wasser, aber löslich in Ammoniaksalzen, deshalb
eotsteht in Lösungen, welche neben Arsens&ure viel Ammoniaksalze
enthalten, kein Niederschlag durch die genannten Fällungstnittel.
Beim Fällen von neutralen arsensauren Alkalien durch Metallsalze
büdet sich oft unlösliches basisches Salz (3 R O.As Ob), während die
Flüssigkeit dann natürlich sauer wird.
Alle in Salpetersäure löslichen arsensauren Salze geben mit basisch
etfigsanrero Bleiozyd einen weissen Niederschlag (3 Pb O . As O5), welcher,
Mif Kohle vor dem Löthrohr geglüht, schmilzt und unter heftiger Ent-
wickelnng von Arsen reducirt wird. Dieses Verhalten wird als Er-
kennongsmittel der arsensauren Salze benutzt. Magnesiasalze mit so-
liel Chlorammonium versetzt, dass Ammoniak keinen Niederschlag ver-
maeht, bringen in arsensauren Salzen einen weissen krystallinischen
Niederschlag von arsensaurem Magnesia «Ammmoniak hervor.
Salpetersanres Silberoxyd bewirkt in den Salzen der Arsensäure
eioen rothbraunen Niederschlag von arsensaurem Silberozyd, leicht
liilich in Salpetersäure und Ammoniakflüssigkeit. Eupferoxydsalze
dnen blaugrünes arsensaures Eupferoxyd. Eisenoxydsalze erzeugen ei-
nen weissen oder bräunlichweissen Niederschlag von arsensanrem Eisen-
oxyd, der fast ganz unlöslich in Essigsäure ist, ziemlich leicht von Ammo-
Bttkflässigkeit und kohlensaurem Ammoniak gelöst wird. Eisenoxydhydrat
idieidet ans der Auflösung die Arsensäure vollständig oder fast voll-
ständig ab.
Alle arsensauren Salze sind bei gleicher atomistischer Znsammen-
ictzong mit den entsprechenden phosphorsauren isomorph.
Arsensaures Ammoniumoxyd, l)basisches, 3NH4O.ASO1,
«beidet sich bei der Uebersättigung starker Arsensäurelösung mit Am-
moniak als schwer lösliches Pulver ab, bei schwachem Erwärmen geht
ts lehnell in das neutrale Salz Über.
i) Neutrales, 2NH4O . HO . AsOg, bildet sich bei der Sättigung
^ncentrirter Arsensäurelösung mit Ammoniak, bis sich ein Nieder-
^clilsg zu zeigen beginnt, und schiesst bei freiwilliger Verdampfung in
KToswn rhombisch-prismatischen Krystallen an, deren Lösung alkalisch
f^irt An der Luft verwittern die Erystalle, indem die Hälfte des
Ammoniaks, aber kein Wasser weggeht. Beim Elrhitzen zerlegen sie
sieh m metalliBches Arsen, Ammoniak, Wasser und Stickgas.
3) Saures, NH4O . 2 HO . AsOs, entsteht bei unvollständiger
S&ttiguDg der Säure mit Ammoniak. Es ist zerfliesslich und sehr lös-
jich in Wasser, sclüesst aus der Lösung beim freiwilligen Verdampfen
in qnadratoctaSdrischen Erystallen an. Beim Erhitzen zerlegt es sich
inarMnige Säure, metallisches Arsen, Wasser und Stickgas. Die Lö-
^ reagirt sehr sauer.
Arsensaurer Baryt, 1) basischer, 3BaO. AsOs, wird durch
^nng von Arsensäure mit Überschüssigem Barytwasser erhalten als
*aiBet, in Wasser fast unlösliches Pulver (Laugier). Am reinsten
^t man es dar durch Fällung des basischen Natronsalzes mit Chlor-
Wrinm.
2) Neutraler, 2BaO.HO.AsOß -f- aq. (Mitscherlich),
^ erhalten , wenn man eine Lösung von krystallisirtem arsensauren
Btt4i«itci^tacii der Chcmte. 3t« Anfl. Bd. U. 20
306 Arsensäuren.
Natron in eine Chlorbariumlöaung tropft, welche letztere aber im lieber-
schuds bleiben muss. Der anfangs entstehende Niederschlag ver-
schwindet bald und die nentrale Verbindung setzt sich schuppig kry-
stallinisch ab. Giesst man umgekehrt die Ghlorbarinmlösung in das
Natronsalz, so erhält man ein Gemenge von basischem und neutralem
Salz, und die Lösung enthält saures Barytsalz.
3) Saurer, Ba0.2H0. AsO^, entsteht, wenn man zu Arsensäure
so lange Barytwasser setzt, bis ein Niederschlag sich zu zeigen be-
ginnt. Das Salz ist leicht in Wasser löslich und kann durch Ver*
dampfen in Krystallen erhalten werden. Am besten stellt man dies
Salz dar durch Auflösen des neutralen Salzes in Arsensäure, woraus es
beim Verdunsten anschiesst Wendet man einen sehr grossen Ueber-
schuss der Säure zur Lösung an und verdunstet auf dem Sandbade bis
fast zur Trockne, so bleibt beim Wiederauflösen der Masse ein weisses
Pulver zunick, nach der Formel BaO . 4H0 . 2 A8O5 zusammen-
gesetzt. Die Krystalle des einfach - sauren Salzes werden schon durch
kaltes Wasser, dieses Salzpulver wird aber kaum durch kochendes
Wasser zerlegt (Setterberg).
Arsensaures Baryt-Ammoniumoxyd, (2BaO.NH40). ASO5
-(-HO, wird, nach Bau mann, bereitet, indem man das neutrale Ba-
rytsalz mit Ammoniak vermischt und so lange stehen lässt, bis der
Niederschlag, der anfangs voluminös flockig ist, krystallinisch geworden.
Nach Mitscherlich entsteht die Verbindung (BaO.NHiO .HO)
ASO5, wenn man eine Lösung von .salpetersaurem Baryt mit Arsensänre
und Ammoniak versetzt; wobei sich der anfangs entstehende voluminöse
Niederschlag in Krystallnadeln verwandelt.
Arsensaures Bleioxyd, 1) basisches, ^PbO.AsO^, fallt
nieder, wenn man Bleisalzlösungen in überschüssiges, neutrales, arsen-
saures Natron tröpfelt, oder das neutrale Bleisalz mit Ammoniak dige-
rirt. Beim Erhitzen wird es jedesmal gelb, schmilzt nicht, sondern
backt nur zusammen. Es ist weder in Ammoniak noch in Ammoniak-
' salzen löslich.
2) Neutrales, 2 Pb O . As O5 , fällt nieder , wenn Salpetersäure
Bleioxydlösung mit Arsensäure oder mit einer unzulänglichen Menge
von neutralem arsensauren Ammoniak, Kali oder Natron versetzt wird.
Es ist ein weisses krystallinisches Pulver, unlöslich in Wasser und EIs-
sigsäure, löslich in Salz- und Salpetersäure. Es ist zu einer undurch-
sichtigen Masse schmelzbar.
Arsensaures Geroxydul, 2CeO.As05, ist ein unlösliches,
weisses Pulver, das sich in Arsensäure als saures Salz auflöst und zu
einer glasartigen Masse eintrocknet.
Arsensaures Ghromoxyd. Die Chromoxydsalze werden durch
arsensaures Kali apfelgrün gefällt.
Schweizer 1) erhielt durch Vermischen von Lösungen des einfach-
chromsauren Kalis und der arsenigen Säure nach einigen Minuten eine
Art Gallerte, die nach dem Trocknen bei 100<>G. eine der empirischen
Formel 4 K0.3 CrjOs . 3 AsOs --|- 10 aq. entsprechende Zusammen-
setzung zeigte. Giesst man aber das chromsaure Kali in die arsenige
Säure, so entsteht nur eine grüne Färbung, aber keine Gallerte.
Arsensaurea Eisenoxyd, 2 Fe, O3 .3H O. 3 AsOj 4-.9aq,i
0 Journ. f. prakt. Chem. Bd. XXXIZ, S. 267.
Arsensäuren. 307
*
wird durch Fällen von Eisenohlorid mit nentralem arsensauren Natron
erhalten als weisses, beim Erhitzen roth werdendes Pulver, wobei es
sein Wasser verliert. Beim Glühen zeigt es eine schwache Feuerer-
scheinnng nnd nimmt dann eine mehr gelbliche Farbe an.
Uebergiesst man das noch feuchte Salz mit Ammoniak, so lost es
sich sogleich, war ea getrocknet nur nach längerer Digestion. Bei
freiwilliger Yerdanstong entweicht das überschüssige Ammoniak und
Wasser, nnd es bleibt eine rabinrothe, durchsichtige Masse zurück, die
von Ammoniak gelöst, von Wasser theilweise zersetzt wird. Aus die-
ser Lddung wird durch Ferrocjankalinm erst beim Zusatz einer Säure
Berlinerblau gefallt.
Oxydirt man das neutrale Oxydulsalz mit Salpetersäure und setzt
aberschüssiges Ammoniak hinzu, so fUllt ein in Ammoniak nicht lös-
licher Niederschlag, der auf 1 Aeq. Arsensäure 1 Aeq. Eisenoxyd
enthält. Ein grosser Ueberschuss von Kalilauge entzieht ihm einen
Theil der Säure, 7 Thle. Arsensäure bleiben mit 79 Thln. Ebenoxyd
vereinig;!. Erhitzt man dies Salz zum Glühen, so entsteht eine sehr
lebhafte Feuererscheinung, ohne dass Arsensäure entweicht.
Eisensinter nennt man ein natürlich vorkommendes, nach der
Formel 2 Fe^Os.AsOs-f- 12H0 zusammengesetztes arsensaures Eisen-
oxjd. Die Zusammensetzung des Scorodits entspricht der Formel Feg Og .
ibOs + 4H0, die des Würfelerzes der Formel SFeO.AsOs -f-
i (3 Fe, O3 . ASO5) + 36 HO.
Arsensaures Eisenoxydul &llt als weisses Pulver nieder,
welches aa der Lufl schmutzig grün wird.
Arsensaures Iridiumoxyd wird erhalten durch Fällung von
CUoriridinm mit arsensaurem Natron, beim Erwärmen bildet sich ein
braaner Niederschlag.
Arsensaures Kali, 1) basisches: 3KO.ASO5. Wässerige
Arsensänre, oder das neutrale Salz, mit Kalilauge versetzt und stark ab-
gedampft, liefert dieses Salz in kleinen an der Luft schnell zerfliessen-
den Nadeln.
2) Neutrales, 2KO.HO.AsO5, erhält man durch Sättigen voil
Arsensäure mit Kali als eine nicht krystallisirende , zerfliessende Salz-
masse. Es bildet sich auch, wenn arsenige Säure mit Kalihydrat zu-
aammen^eschmolzen wird; auf Kosten des Hydratwassers oxydirt sich
hio^ei die Säure und Wasserstoff entweicht; zuletzt scheidet sich bis-
weilen metallisches Arsen ab, weshalb das Schmelzen nicht in Metall-
gefassen vorgenommen werden darf.
3) Sanres, KO.2HO.AsO5 (Macquer's arsenikalisches Mitteln
salz), bereitet man nach der alten Vorschrift durch Erhitzen von glei-
ch«! T heilen Salpeter und arseniger Säure, Lösen der Masse in Wasser
and Abdampfen zur Krystallisation. Beim Abdampfen eines auf Pilan-
zenfarben neutral reagirenden Gemisches von Kalilauge und Arsen-
saure krystallisirt dieses Salz, während das neutrale gelöst bleibt,
wie das entsprechende phosphorsaure Salz in Formen, die dem quadra-
tischen Systeme angehören. Die Böthung, welche die Lösung dieses
Salzes bei blauem Lackmuspapier hervorbringt, verschwindet beim Trock-
oen. Es schmeckt dem Salpeter ähnlich. Verliert selbst bei 2 8 8^0. nur
wenig Wasser. In höherer Temperatur schmilzt es unter Waaserverlust
and erstarrt beim Erkalten zu einer glasigen, zerspringenden Masse. Die
Krystalle lösen sich bei -f~ 6^0. in 5,3 Thlm Wasser, in heissem sind
20*
308 Arsensäuren.
sie noch viel löslicher, nicht in Weingeist Die Löanng fällt die alka-
lischen Erdsalze nicht
Arsensaurer Kalk, neutraler, 2 GaO.HO. AsO» -|-5aq.,
in der Natur vorkommend als Pharmakolith, wird wie das Barytsalz er-
halten.
Das saure Salz ist löslich, das basische unlöslich in Wasser.
Das letztere erhält man durch Fällung des neutralen mit Ammoniak.
Arsensaures Ealk-Amrooniumoxyd, basisches, (2CaO.
NH4 0).As05 -\~ 12 aq., erhält man, nach Wach, beim Vermischen
heisser Lösungen von Arsensäure in überschüssigem Ammoniak mit
salpetersaurem Kalk. Beim Erkalten krystallisirt das Salz in trep-
penförmig Übereinander gelagerten Tafeln. Vermischt man die Lö-
sungen kalt, so schlägt sich die Verbindung sogleich pulverförmig nie-
der. Ist zugleich arsenige Säure vorhanden, so bleibt diese .gelöst
Wenn man aber neutralen arsensauren Kalk in Salpetersäure löst
und durch etwas Überschüssiges Ammoniak niederschlägt, so erhält
man, nach Bau mann, ein saures Kalk -Ammoniumoxydsalz (CaO.
NH4 0.HO)As05 als flockigen Niederschlag, der bald nadeiförmig
krystallinisch wird. Setzt man so viel Ammoniak hinzu, dass nur ein
kleiner Theil des Salzes ausgefallt wird, so liefert die in einer Flasche
der Buhe Überlassene Flüssigkeit Krystalle, welche dem regulären Sy-
steme angehören, aber dieselbe Zusammensetzung wie das nadelförmige
Salz besitzen. Es ist also dimorph.
Arsensaures Kobaltoxyd bereitet man durch Fällung einer
Lösung von Kobaltoxydhydrat in Essigsäure mit arsensanrem Alkali.
Es ist ein brauner Niederschlag.
Arsensaures Kobaltoxydul. Die neutrale Verbindung ist
nicht bekannt. Das saure Salz erhält man durch Verdunsten der Lö-
sung von Kobaltoxydulhydrat in überschüssiger Arsensänre, im luftlee-
ren Räume; das basische Salz, dCoO.AsO» -|- 8 HO (Kerstan^),
kommt in der Natur als secundäres Product vor, durch Zersetzung von
Speisskobalt entstanden, in rothen Krystallen und führt den Namen
Kobaltblüthe. Nach Buchholz enthält es nur 6 Aeq. Wasser. Künst-
lich erhält man es durch Fällung eines löslichen Kobaltsalzes mit basisch
arsensaurem Natron als röthliches Pulver.
Unter dem Namen Chaux mSuüUque ist ein basisch arsensaores
Kobaltoxydul im Handel, welches aus der Lösung des Kobaltglanzes in
Salpetersäure erhalten wird. Man setzt so lange kohlensaures Kali zn,
als noch weisses arsensaures Eisenoxyd dadurch gefällt wird, filtrirt
und schlägt durch weiteren Zusatz des Fällungsmittels das arsensaure
Kobaltoxydul nieder. Die Verbindung ist in Ammoniak mit blanrother,
in Salzsäure mit rother Farbe löslich. Kaustisches Kali zieht die
Arsensäure aus und hinterlässt blaues Oxydul, welches, mit 1 bis 2 Thln.
reiner Thonerde geglüht, eine schöne blaue Farbe giebt, durch Olft-
hen wird sie dunkler, aber nicht zerlegt.
Auf trockenem Wege bereitet man dasselbe Salz durch Schmelzen
von Glanzkobalt mit seinem doppelten Gewicht Potasche und etwa»
Quarzsand. Es setzt sich ein Begulus von Arsenkobalt ab, den man
nochmals gepulvert mit Potasche schmilzt, wobei eine zur Smaltefabri-
kation taugliche Schlacke und ein reiner Regulus von Arsenkobalt er-
0 AnnaL d. Phys.» Bd. LX, S. 266.
Arsensäuren. 309
halten wird, der durch vorsichtiges Rösten die gewünschte, ebenfalls
ab Üunuf fneUüliqw verkaufte Verbindung von Kobaltoxydul mit Arsen-
saure liefert.
Gen tele erhielt durch Schmelzen des auf nassem Wege berei-
teten ChcMx metalUque im Porcellanofen eine Masse, worin sich in
Höhlungen tief blaue, ein rosenrothes Pulver gebende, in Säuren leicht
lösliche Prismen befanden, welche der Formel 4C0O.ASO5 ent-
iprachen.
Arsensaures Kupferoxyd, basisches, erhält man als grü-
nes Pulver durch Fällung von Kupfervitriollösung mit arsensaurem
Alkali, wobei die Lösung alkalisch wird. Es ist nicht in Wasser,
aber in freien starken Säuren und in Ammoniak löslich. Versetzt man
die Flfissigkeit nebst dem Niederschlage mit so viel Salmiakgeist, dass
sich letzterer wieder löst, und überlässt die Mischung der freiwilligen
Verdunstung, so krjstallisirt arsensaures Kupferoxyd* Ammoniak, CuO.
ibOj -j- 3NH4O -[-^O? ®ui an der Luil beständiges, durch Sonnen-
licht aber und eine Temperatur von 300^ C. leicht zersetzbares Salz.
Zaent geht Ammoniak und Wasser fort, bei höherer Hitze sublimirt
«nenige Säure.
Verschiedene basische arsensaure Kupferoxydhydrate kommen in
der Natur vor: Euchroit, 4CuO.As05 -f" 7H0, Olivenit, die-
selbe Verbindung, jedoch mit nur 1 Aeq. Wassergehalt, Linsenerz,
femer Kupferschaum, öCuO.AfiOs -4~ lOHO, und Erinit,
oCnO.AsOft -f 2 HO.
Arsensaure Magnesia, (2 MgO . HO) . ASO5 -^ 13 aq.,
(Graham i), bildet sich als weisser, in Wasser unlöslicher Nieder-
sehlag, wenn verdünnte Lösungen von 3 Thln. schwefelsaurer Magne-
sia and 5 Thln. neutralen arsensauren Natrons mit einander gemischt
werden. Er ist in Salpetersäure leicht löslich, nachdem er aber
stark roth geglüht worden ist, löst er sich nicht mehr in Säuren.
Die saure Verbindung mit 1 Aeq. Basis ist iu Wasser leicht löslich
Qod trocknet zu einer jgummiartigen Masse ein. Das basische Salz
bfldet sich durch Fällung von Bittersalz mit basischem Natronsalz, oder
vsnn man das neutrale Salz längere Zeit in einer concentrirten Lösung
TOD arsensanrem Natron kocht.
Arsensaares Magnesia-Ammoniumoxyd erhält man nach
der Formel (2 MgO.NH4 O). AsOs + 12 aq. (H. Rose), wenn man
Bittersalz in eine mit Ammoniak stark übersättigte Lösung von Ar-
Knaore giesst, mit der Vorsicht, dass letztere nicht ganz ausgefällt
wird.
Nach L e V o P) entsteht durch Vermischen einer salmiakhaltigen
Hagnesialösung mit einer ammoniakalischen Lösung von arsensaurem
AromonUk die Verbindung (2 MgO, NH4 O) . AsOj -f 12 aq. in'
^inen Krystallen. Sie ist in aminoniakhaltigem Wasser (gleich der
correspondiiren phosphorsauren Verbindung) so schwer löslich, dass sie
<tth zur Bestimmung der Arseniksäure und Trennung der arsenigen
&ure eignet. Sie verliert bei 100^^ C. 11 Aeq. Wasser (H. Rose),
^ Glühen 44,28 Proc. Wasser, Ammoniak und etwas Arsen.
In der Natur kommt als Pikropharmakolith eine der Formel
^) Annal. d. Cbem. u. Pharm. Bd. XXIX. S. 24. ~ *) Annal. de Chim. et de
^ [3.] T. XVn, p. 501.
310 Arsensäuren.
s
2CaO.AB05 + 3 CaO. As 05 + 2Mg O. AbO^ +^3MgO.A8 05-f
12 HO entsprechende Kalk - Magnesiaverbindüng vor.
Arsensaiires Magnesia-Kali. Sclimilzt man arsenäaure
Magnesia mit überschüssigem kohlensauren Kali, so wird sie leicht und
vollständig zerlegt, setzt man aber nur 1 Aeq. Kali zu, so bildet^'sich
eine der Formel (K O. 2MgO). AsOs entsprechende Verbindung, die
jedoch durch Wasser wieder zerlegt wird.
Die entsprechende Magnesia-Natron Verbindung wird in analoger
Weise wie die Kaliverbindung dargestellt (H. Rose *).
Arsensaures Manganoxydul, 2 MnO .HO. AsO^, wird am
leichtesten durch Sättigen von Arsen säure mit frisch gefälltem kohlen-
sauren Oxydul erhalten. Es ist löslich in freier Arsensäure.
Arsensaures Manganoxydul- Ammoniumoxyd, (2MnO.
NH4 0).Ab05 -f- 12 aq., erhält man, nach Otto, durch Vermischen
heisser Lösungen von Arsensäure in überschüssigem Ammoniak und
Manganchlorür, als anfangs schleimigen, bald krystallinisch werdenden
Niederschlag von weisser, etwas ins röthliche ziehender Farbe.
Arsensaures Molybdänoxydul ist ein grauer Niederschlag,
der beim Vermischen von Molybdänchlorür mit arsennaurein Natron
entsteht. Der zuerst sich bildende Niederschlag verschwindet anfangs,
wird aber bei grösserem Zusatz bleibend.
Arsensaure Molybdänsäure. Wenn man beide Säuren
mit einander digerirt, so erhält man eine saure farblose Losung und
ein basisches, citronengelbes, in Wasser unlösliches Salz. Die farblose
Lösung liefert, zur Syrupdicke abgedampft, farblose Krystalle, die mit
Alkohol Übergossen zuerst weisse Flocken bilden, sich aber allroälig
lösen. Die weingeistige Lösung wird beim Abdampfen blau und lie-
fert keine Krystalle mehr.
Arsensaures und molybdänsaures Ammoniumoxyd. Ar-
sensäure bringt nicht in der Kälte, aber beim Erhitzen auf 100<>C. in
sauren Lösungen von molybdänsaurem Ammoniak einen gelben Nieder-
schlag hervor, ähnlich wie Phosphorsäure ihn schon bei gewöhnlicher
Temperatur bildet. Dieser Niederschlag enthält etwa 7 Proc. Arsen-
säure (Sonnenschein), und man darf wohl annehmen, dass er der
Verbindung der Phosphorsäure analog zusammengesetst sei.
Arsensaures Natron, 1) basisches: 3NaO.As05 -|- 24 aq.
Man glüht das neutrale Salz mit überschüssigem kohlensauren Natron,
oder dampft die Lösungen beider stark ein. Aus der Mutterlauge kry-
stallisirt dann das Salz fast vollständig, während das überschüssige
Natron gelöst bleibt. Die Krystalle sind luftbeständig, schmecken alka-
lisch, schmelzen bei 86^0., lösen sich inS^/^Tliln. Wasser, die Lösung
so wie das geglühte Salz ziehen aus der Luft Feuchtigkeit an.
2) Neutrales, (2 NaO . HO) . AsO» + 24 aq. (Fresenius »)i
schiesst aus einer Lösung von Arsensäure, wenn man dieselbe ein
wenig mit kohlensaurem Natron Übersättigt, bei freiwilliger Verdam-
pfung unter 18^ C. in gprossen Krystallen an, welche mit dem ge-
wöhnlichen phosphorsauren Natron correspondiren. Läset man es
aus concentrirteren Lösungen bei 20® C. und darüber krystallisireiit
so bilden sich Krystalle von anderer Form mit nur 14 Aeq. Kry-
') Annal. d. Phys. Bd. LXXVII, S. 288. — «) Erdmann, Journ. f. prakU
Chem. Bd. LVl, S. 30.
J
Argensäuren. 311
slaUwaMer. Entere verwittern sehr leicht an der Luft^ letztere
gar nicht. Bei 200^0. behalten sie nur 1 Aeq. basisches Wasser zu-
rück. Sie schmelzen laicht in der Hitze, das Wasser entweicht und
man erhält eine durchsichtige, glas&hnliche Flüssigkeit, die erst nach
längerer Zeit strahlig, seidengiänzend erstarrt. Bei 0<>C. soll ein Salz
mit 27 Aeq. Wassergehalt krystallisiren (Setterberg).
3) Saures, (Na O . 2 H O) As O5 -{- 2 aq. , bildet sich, wenn man
kohlensaures Natron so lange mit Arsen säure versetzt, bis die Lösung
durch Chlorbarium nicht mehr gefällt wird; nach einiger Zeit schiesst
das Salz in der Kälte an. Es ist noch leichter löslich als das neu-
trale, bildet grosse Krystalle. Beide Verbindungen sind mit den ent-
sprechenden phosphorsauren isomorph.
Arsensaures Natron-Kali, neutrales (NaO.KO.HO).
AsOft --|- 16 aq., wird durch Neutralisation des sauren arsensauren
Nalronsalxes mit kohlensaurem Kali erhalten. Die Krystalle scheinen
isomorph mit dem neutralen, 1 4 Aeq. Krystallwasser enthaltenden Natron-
salce zu sein, es ist deshalb auch vielleicht in diesem Salze nicht mehr
Krystall Wasser enthalten (L. Gmelin).
Arsensaures Natron mit schwefelsaurem Natron. Man
kennt mehrere Doppelverbindungen dieser Salze. Nach Mitscher-
lich entsteht bei Zusatz von 2 Aeq. Schwefelsäure zu der Lösung
von 3 Aeq. neutralem arsensauren Natron eine der Formel t (Na O .
S Qj) -|- 4 Na O^ 3 As O5 entsprechende krystallisirende Verbindung,
deren Lösung Lackmus schwach röthet, aber Curcuma noch bräunt
Nach Setterberg erhält man durch Auflösen äquivalenter Verhält-
nisse von schwefelsaurem Natron und arsensaurem Natron, so wie
durch Erhitzen von wasserfreiem arsensauren Natron in einem Strom
von schwefliger Säure (wobei die Hälfte der Arsensäure zu arseniger
redncirt und verflüchtigt wird) und nachheriges Umkrystallisiren eine
der Formel NaO . S Os -|- 2 Na O . ASO5 entsprechende Verbindung,
die an der Luft nicht fatiacirt und leichter als jedes der beiden Salze
schmilzt.
Arsensaures Natron mit Fluornatrium, 3NaO.As05-f'
Na F -|- 24 aq. Diese Verbindung wird erhalten, wenn ein Gemenge
von 1 Theil arseniger Säure mit 4 Thln. kohlensaurem und 3 Thln.
salpetersanrem Natron und 1 Thln. Flnssspath nach und nach in einen
rodiglöhenden Tiegel eingetragen, und hier zuletzt bis zum vollständi-
(Cen Schmelzen erhitzt wird ; beim Auskochen der geschmolzenen Masse
mit Wasser krystallisirt die Doppelverbindung von der angegebenen
Zusammensetzung in regulären OctaMem, die vollkommen das Aus-
sehen des gewöhnlichen Alauns haben; sie haben ein specif. Gewicht
r=: 2,849 bei 2öo C. Das Salz löst sich bei 25^ G. in 9,5 Thln., bei
750 C. in 2 Thln. Wasser (Briegleb i).
Arsensaures Nickeloxydal, basisches, wird durch doppelte
Zersetzong als apfelgrOnes Krystallpulver erhalten, ist unlöslich in Was-
ser, löslich in Arsensäure. in anderen starken Säuren und in Ammoniak,
aus letzter Lösung fallt Kalilauge arsenireies Nickeloxydulhydrat. In
der Natur findet sich das basische Salz unter dem Namen Nickelblüt he.
Arsensaures Palladiumoxy dul soll als hellgelber Nieder*
*) Anoftl. d. Chem. u. Pharm. Bd. XCVII, S. 95; Chem. Centralbl. 185G.
8. 167.
312 ArBeDMuren.
schlag gef&llt werden, wenn man die Losnngen von anauMirem Na-
tron and nentmlem salpetersanren Pallndinmoxjdnl mMunmen er-
wärmt.
Arsensaures Platinoxjd soll beim Vermischen von salpeter-
sanrem Platinoxyd mit arsensaurem Natron al» hellbraanea, in Salpeter-
säure lösliches PnWer erhalten werden.
Arsensaares Qaecksilberoxyd. Wenn zu salpetersanrem
Qaecksilberoxyd Arsen säare, oder zu Qaecksilberchlorid arsensaores
Natron gesetzt wiid^ so entsteht ein in Arsensaare nnd Salpetersäure
löslicher gelber Niederschlag. Aach wenn man trockene Arsensaure
mit QaecksUber erhitzt, so erhält man gelbes arsensaores Qaecksilber-
oxyd nnter fjitweichen von arseniger Säore.
Arsensaares QoecksilberoxydnU I)neatrales: (2Hg]0.
H O) As 0§ -^ H O. Tropft man salpetersanres Qaecksilberoxydal in eine
concentrirte Losnng von Arsensäore^ so entsteht ein weisser Nieder-
schlag, der sich anfangs löst, bei Znsatz von mehr Qnecksilberlösnng
aber bleibend wird. Beim Aaswaschen bleibt er weis&, wird aber beim
Trocknen roth. Setzt man za der Qnecksilberlösang Arsenaaore oder
arsensaures Natron, so bildet sich znerst eine Doppelverbindnng auf
arsensaurem nnd salpetersanrem Quecksilberoxydul, welche aber, be-
sonders in der Wanne, schnell zersetzt wird, und erst in gelb, orange,
roth und zuletzt ins Purporrothe Qbergeht
Diese Salze, in Salpetersaare gelöst, werden bei vorsichtigem Zu-
satz von Ammoniak schwarz gefällt Beim Erwärmen wird auch die-
ser Niederschlag roth.
Das arsensaure Qaecksilberoxydal verliert beim Erhitzen erst Was-
ser, dann destillirt Quecksilber ab, and gelbes arsensaures Qaecksilber-
oxyd bleibt zurück. Salpetersäure löst es in der Kälte unverändert au(
oxydirt es aber beim Kochen zu Oxydsalz. .Salzsäure zerlegt es in freie
Arsensäare und Quecksilberchlorür, kocht man den Niederschlag län-
gere Zeit, so bildet sich Qaecksilberchlorid und Quecksilber wird ab-
geschieden (Simon). Es löst sich in wenig salpetersaurem Ammo-
niak und scheidet sich daraus in schönen rothen, kleinen Krystallen ab.
In Wasser, Alkohol und E^igsäore ist es unlöslich.
2) Saures: HgaO.AsOs. Wenn Qnecksilberoxydul oder das
neutrale Salz mit Arsensäare zur Trockne verdampft, die Masse mit
Wasser ausgewaschen und im Wasserbade getrocknet wird, so erhält
man ein weisses Palver, welches in kalter Salpetersäure nicht leicht
löslich ist, Ammoniak iUllt daraus beim Erwärmen das neutrale Salz.
Gegen Salzsäure und kochende Salpetersäure verhält es sich wie die-
ses. Durch vorsichtiges Versetzen mit Kalilauge wird ihm die Hälfte
der Arsensäure entzogen. Beim Erhitzen liefert es unter Quecksilber-
verflüchtigung neutrales gelbes arsensaures Oxyd.
Ein Doppelsalz von arsensaurem nnd salpetersaurem Quecksilber-
oxydul, 2Hg2 0.A8 05 -|- Hg3 0.N05, wird erhalten, wenn man auf
eine concentrirte Lösung von arsensaurem Quecksilberoxydul in ziem-
lich starker Salpetersäure vorsichtig ein gleiches Volumen Wasser und
dann eben so viel Ammoniak giesst, ohne sie zu vermischen. Es bil-
den sich allmälig weisse Warzen und Nadeln des Doppelsalzes. Wenn
man die salpetersaure Lösung des Qaecksilberoxyd uls mit sehr wenig
Arsensäure versetzt, so erhält man die Verbindung in Pulverform.
Arsensaures Khodiurooxyd. Wenn Natrium-Rhodiumchlo-
Arsensäuren. 313
rid mit einer Lösung von arsenBanrem Natron erwärmt wird, 8o bildet
sich ein gelblich weisser Niedersohag.
Arsensaares Silberoxyd, basisches: SAgO.AsOs. Auf
nassem Wege ist keine andere Verbindung des Silberoxyds mit der
Arsensaure zu erhalten, man mag Salpetersäure Silberlösung mit Arsen-
säore oder mit einem ihrer alkalischen Salze mit verschiedenem Basen-
^balt anwenden. Die basischen Salze der Alkalien fallen das Silber
ToUstäodig und die Lösung bleibt neutral, die neutralen fallen es
wie freie Arsensäure nicht vollständig, weil die Flüssigkeit durch
freie Salpetersäure sauer wird, und dadurch etwas arsensaures Silber-
oxyd gelöst bleibt. Es ist ein dunkel braunrother Niederschlag, der
m der Hitze zu einem braunrothen Glase schmilzt, durch Salzsäure
in Chlorsilber zerlegt wird, in Essigsäure, wässerigem Ammoniak und
beim Erwärmen in schwefelsaurem, salpetersaurem und bernsteinsaurem
Ammoniak löslich ist.
Schmilzt man 1 Aeq. Arsensäurehydrat mit 2 Aeq. salpeter-
saareni Silberoxyd zusammen, bis alle Salpetersäure verjagt ist, so
eriiält man ein fast durchsichtiges gelbes Glas. Giesst man Wasser
darauf, so zersetzt es sich und das braune basische Salz bleibt zu-
rfick. Wird dieses in kochender Salpetersäure aufgelöst und bis zur
cheilweisen Verdunstung der Salpetersäure gekocht, so setzen sich beim
Erkalten kleine schwarze Krystalle des basischen Salzes ab. Aus der
sjmpdicken Mutterlauge schiesst bei gelindem Verdunsten ein Doppel-
ülx von Salpeter- und arsensaurem Silberoxyd an, welches aber durch
Wasser sogleich zersetzt wird, unter Abscheidung von braunem basi-
schen Salz. Löst man das basische Salz in freier Arsensäure, so
schiaest daraus beim Verdunsten ein saures , nach der Formel (Ag O .
:^IiO)As05 zusammengesetztes Salz an. Sowohl das Salz wie die
Mutterlauge geben das braune basische Salz, so wie sie mit Wasser in
Berfihmng kommen.
Das basische Salz mit Schwefelsäure Übergossen, liefert beim Ab-
donsten des Ueberschusses ein nach der Formel 2 AgO . AsO^ -^ AgO
SOs zusammengesetztes Doppelsalz, welches sowohl durch Wasser als
auch durch verdCInnte Schwefelsäure zersetzt wird (Setterberg).
Arsen saurer Strontian wird erhalten und verhält sich wie
das Bar3rtsalz. Wenn man das Salz in Salpetersäure löst und durch
Sberschfissiges Ammoniak lallte so wird der flockige Niederschlag in
der Flüasigkeit bald krystallinisch und entspricht der Formel (2SrO.
NH4O), AsOft + HO.
Arsensaure T hon erde: 2 AljOs • 3 ASO5. ^üi durch dop-
pelte Zersetzung entstehender weisser, in Wasser unlöslicher Nieder-
schlag, der sich in der freien Säure leicht löst, und bei deren Ver-
dampfen zu einer glasähnlichen Masse wird.
Arsensaure Thorerde wird durch doppelte Zersetzung als
weisser, flockiger, in Wasser und wässeriger Säure unlöslicher Nieder-
ichlag erhalten.
Arsensaures Titanoxyd. Arsensäure schlägt aus Titan-
oxydlösnngen weisse Flocken nieder, die zu glasartigen Massen ein-
trocknen und sowohl in freier Titansäure, als auch in freier Arsensäure
löslich sind.
Arsensaures Uranoxyd, 2U2OS .HO. ASO5 -|- 8 aq., bildet
sich, wenn man essigsaufes Uranoxyd durch Arsensäure, oder Salpeter-
314 Arsensäuren.
sftores Salz durch arsensafures Natron f ftllt Es ist ein gelber Nieder-
schlag, der bei l'iO^C. 8 Aeq. Wasser ' verliert
Versetzt man die salpetersaure Uranoxydlösung mit basischem
Natronsalz, so erhält man ein blassgelbes unlösliches Doppelsalz^ der
Formel (Na 0 . 2 U2 Os) . As Os -|- 5 H O entsprechend. Kocht idad
das neutrale gelbe Salz mit basisch essigsaurer Kupferoxydlösung,
wie man sie erhält durch Digestion von Grünspan mit Wasser, so wird
es grünlich und besitzt die Zusammensetzung (CuO . 2 U9O3) . AsO^ -^
8 aq. (Werther).
Arsen saures Uranoxydul: 2U0. HO. AsO^-)- 3 aq. (Rain-
melsberg i). Ein grüner Niederschlag aus Uranchlorür durch dai
Natronsalz zu erhalten. Er ist löslich in Salzsäure, Kalilauge entsiehl
ihm die Säure, beim Glühen entweicht ein Theil derselben als arsenig«
Säure und es bildet sich Oxyd. Die salzsaure Lösung liefert durcli
Versetzen mit überschüssigem Ammoniak einen sehr voluminösen grü«
nen Niederschlag, der 3 Aeq. Uranoxydul auf 1 Aeq. Arsensäure enthält
Arsensaures Vanadiumoxyd. Eine Auflösung von Vana-
diumoxydhydrat in überschüssiger Arsensäure liefert beim Abdampfen
eine Binde von hellblauen Krystallkörnern. Das Salz kann abgewa-
schen werden, es löst sich so langsam auf, dass es fast unlöslich er-
scheint. Es ist leicht löslich in Salzsäure und enthält 1 Aeq. Vana*
diumoxyd auf 1 Aeq. Arsensäure. Ein basischeres Salz in Form einei
syrupartigen Masse, gemischt mit Krystallen des vorhergehenden Salzea
wird durch Abdampfen einer mit Vanadiumoxyd gesättigten Lösung
von Arsensäure erhalten. Wird die Lösung der krystallinischen Verbia-
düng in Salpetersäure abgedampft, bis sich salpetrige Säure entwickelt
so setzt sich ein gelbes Pulver ab, welches aus arsensaurer Vanadin-
säure der Formel 2 VOs -|- 3 AsO^ entsprechend zusammengesetzt ist
Arsensaares Wismuthoxyd: 2 610« .8ASO5. Durch Fäl-
lung von salpetersaurer Wismuthlösung mit Arsensäure bildet sich eiD
weisser pulveriger Niederschlag, der in Salpetersäure und Wasser un-
löslich, in Salzsäure leicht löslich ist.
Arsensaare Yttererde, neutrale, erhält man durch dop-
pelte Zersetzung als ein weisses, schweres Pulver, leicht in Salpeter-
säure löslich und daraus beim Abdampfen sich in Krystallrinden ab-
scheidend. Durch Uebersättigen der Lösung mit Ammoniak wird ba-
sisches Salz gefällt In einem Ueberschuss von Arsensäure ist die
Yttererde löslich, aber beim Erhitzen fällt das neutrale Salz nieder.
Arsensaures Zinkoxyd. Durch Fällung des essigsanrei
Salzes mit Arsensäure oder arsensaurem Natron als weisser Niederschlaf
zu erhalten. Er löst sich in überschüssiger Arsensäure und krystalli
sirt beim Verdampfen in cubischen Krystallen als saures Salz. Zinb
löst sich in wässeriger Arsensäure unter Wasserstoffentwickelung und
Bildung von festem braunen Arsenwasserstoff. Schmilzt man Zmk
und Arsensäure zusammen, so wird viel Arsen unter schwacher Detona-
tion reducirt.
Ein basisches Zinksalz, 3ZnO.As05 -j~ ^^*9 kommt auf dei
Kobaltgrube Daniel bei Schneeberg als Sinter vor, in welchem dm
Zinkoxyd theil weise durch Kobaltoxydul vertreten ist (Kö ttig ^).
0 Pogg. AiiiiBl. Bd. LIX, S. 96. — ») Jonrn. f. prakt. Ohem. Bd. XLVIIl
S. 182 n. 266.
Arsenschwärze. — Arsenschwefelsäure. 815
Fügt man zu einer Auflösung von arBenBaorem Natron Amono-
niakflüssigkeit , 6o entsteht auf Zusatz von schwefelsaurem Zink-
oxyd ein Niederschlag von basisch-arsensaurc^ Zinkoxyd, der sich
aber bald in die krystallinische Verbindung 8ZnO . AsOs -|- NHs
-(- 3 H O (?) verwandelt (Bette).
Arsensaures Zinnoxyd: 2Sn03 . AsO« -|- lOaq. Wird ein
Gemenge von zinnsaurem Natron und überschüssigem arsensauren Na-
tron mit überschüssiger Salpetersäure versetzt, so fällt das arsensaure
Zinnoxjd als eine gallertartige weisse Masse nieder. Nach dem Trocke-
nen ist es durchsichtig; bei 120^0. verliert es alles Wasser (Häffely^).
Arsensaures Zinnoxydul. Zinnchlorür wird durch Arsen-
säore weiss gefallt, eben so essigsaure Oxydullösung. Zinn mit wäs-
seriger Arsensäure erwärmt, bildet unter Wasserstoffent Wickelung eine
gallertartige Masse.
Arsensaure Zirkonerde. Ein weisser, in Walser unlöslicher
Niederschlag, durch doppelte Zersetzung zu erhalten. (J. L. — V.) ScM.
Arsenschwärze. Eine auf Hornsteingängen bei Joachims-
thal in Böhmen als Ueberzug vorkommende problematische Substanz,
welche als ein Arsenoxyd in Anspruch genommen worden bt. Th. Ü.
Arsenschwefelsäure: HO.AsSaOg. Ein saures Oxy-
mlfid, welches im freien Zustande nicht bekannt ist. Es entsteht, wenn
durch eine kalt gesättigte Lösung von neutralem arsensauren Kali ein
rascher Strom von Schwefelwasserstoff geleitet wird ; die Lösung wird zur
erst gelb, dann setzt sich etwas Arsensupersnlfid ab und zuletzt ein Salz
in farblosen Krystalien. Hat sich dasselbe in einiger Menge gebildet,
lo fugt man der Flüssigkeit etwas Kalilauge zu und fährt mit dem
Einleiten von SchwefelwasserstoflT fort, wodurch die Menge des Salzes
Doch etwas vermehrt wird. Man spült mit der Mutterlauge das mei-
»le Schwefelarsen ab und wäscht das Salz mit sehr kleinen Mengen
Wasser, presst und trocknet es unter der Luftpumpe. Seine Zusammen-
setzung entspricht der Formel EO . AsS^Os -f 2 HO = (KG . 2 HO)
As li^'. Das trockene Salz verändert sich nicht an der Luft, bei
170^ C. verliert es seinen ganzen Wassergehalt, bei höherer Tempera-
tur erst schmilzt es und zersetzt sich, indem zuerst Schwefelarsen, dann
Metall sich verflüchtigt.
Es ist wenig löslich in Wasser, das aufgelöste aber zersetzt sich
beld, namentlich bei der Siedhitze, indem Schwefelwasserstoff entweicht
and reiner Schwefel niederfällt, setzt man dann Salzsäure hinzu, so Wlt
Schwefelarsen nieder; wird aber das unzersetzte Salz mit Salzsäure
behandelt, so scheidet sich aller Schwefel frei von Arsen ab und das
Filtrat enthält arsenige Säure.
Die frische Salzlösung wird durch Bleisalze weiss gefüllt, es tritt
aber bald Zersetzung ein und der Niederschlag wird schwarz. Filtrirt
man ihn sogleich ab und versetzt ihn mit verdünnter, unzulänglicher
Schwefelsäure, so erhält man eine stark saure Flüssigkeit, welche Ba-
rytsalze nicht fällt, sich aber unter Schwefelabscheidung bald zersetzt
(Bouqnet und Clogz«). V,
^) Phil. Mag. |4.] T X, p. 290; Pharm. Centralbl. 1866, S. 88S. — *) Annal.
4e ehtm. et de pbys. [3.] T. XHl, p. 44.
816 Arsensilber. — Arsensulfide.
Arsensilber {Argent arUm<mial ferro - argenüfhre) ^ findet sid
bei Andreasberg und am Quadalcanal, scheint jedoch nur eb sehr in
nigea Gemenge von Grediegen -Arsenik und Arsenikkies mit Antiinoii
Silber (r. d.) zu sein; nach Bammelsberg sprechen die äusseren ES
genschaften sowie der constante Silbergehalt daflir, dass das Minen
kein Gemenge sei ; die Analyse giebt die Formel 5 (5 Fe4 Asj -f- Ag^Sl^
-f (Fe Sa. Fe As). F«.
Arsensilberblende, sjm. für lichtes Rothgiltig
crz (s. erste Aufl. Bd. VI, S. 908).
Arsensinter s. Arseniksinter.
Arsenspiegel. Beim Sublimiren von Arsen in Glasröhr«
scheidet dasselbe sich leicht in Form eines metallglänzenden Sublimat
als ein „Arsenspiegel^^ ab.
Arsensuboxyd, Formel wahrscheinlich : AsO, ist ein schwam
Pulver, welches sich bei Berührung des bei niedriger Temperatur sublimii
ten und condensirten Arsens mit der Luft bildet. Es wird auch bei der Bi
reitung des Arsens als zuerst sublimirendes Product erhalten. Durch B
hitzen für sich zerfällt es in reines Arsen und arsenige Säure, welche n
letzt sublimirt. Kochende Salzsäure scheidet ebenfalls Metall ab. Lanf
in lufthaltigem Wasser liegend, oxydirt es sich zu arseniger Säur
Es bildet -sich deshalb auch stets arsenige Säure , wenn Arsen unt«
lufthaltigem Wasser aufbewahrt wird, und nicht Arsensuboxyd. F.
Arsensulfide. Mit dem Schwefel verbindet sich da« Ars«
in mehr Verhältnissen als mit dem Sauerstoff, die bekannten Ve
bindungen sind: ArsensulfÜr (ASS2), Arsensulfid (AsSs) and Ars«
persulfid (AsSs); eine der ersten Verbindung entsprechende Sauerstol
Verbindung ist nicht bekannt, dagegen entsprechen die beiden folgend«
der arsenigen und der Arsensäure.
Sämratliche Verbindungen sind Sulfosäuren.
ArsensulfÜr.
Rothes Schwefelarsen, Bealgar, Sandarach, Bubii
Schwefel, unterarsenigsaures Sulfid, Arsenbisulfuret, hyp<
sulfarsenige Säure. AsSg.
Diese niedrigste Schweflungsstufe des Arsens findet sich in d
Natur und krystallisirt in schiefen rhombischen Prismen des zwei- ui
eingliedrigen Systems, besitzt eine rubin- oder morgenrothe Farbe ui
ist mehr oder weniger durchscheinend. Das specifische Gewicht ist 3
bis 3,6. Kommt vor zu Andreasberg am Harz, Kapnik und Nagyi
in Siebenbürgen, zu Felsöbanya, Tajowa in Ungarn; auch findet
sich unter den Sublimationsproducten der Vulcane.
Es kann durch Zusammenschmelzen von Arsen und Schwefel
dem erforderlichen Verhältnisse dargestellt werden, oder durch Zusai
menschmelzen von Arsensulfid mit Arsen, oder von Schwefel mit hi
reichend arseniger Säure. Das so dargestellte Product ist rubinro
und durchsichtig, leicht schmelzbar und nach dem Schmelzen ste
krystallinisch.
Das im Handel vorkommende Präparat ist amorph, braunroth ui
Arsensulfide* 317
indnrchsichtig, von keiner constanten Zosammensetzung (0. Art. Arsen-
glas, rothes). Mit Schwefel schmiizt es in jedem Verhältnisfl zasam-
aeo ; bei Destillation geht ein schwefelreicheres Produot zuerst über, zu
Ende derselben erhalt man diese Verbindung immer rein. Gepulvert ist
es gelb, in der Wärme dunkler werdend. Verbrennt an der Luft, indem
fleh schweflige und arsenige Säure bildet ; mit Salpetersäure erhitzt,
aktsteht Arsensänre unter Abscheidung des Schwefels; concentrirte
Schwefelsäure bildet damit schweflige und arsenige Säure. Digerirt
tto feingepulvertes ArsensulHir mit kaustischer Kalilauge 9 so bleibt
an braunes Pulver, welches auf 6 Aeq. Arsen 1 Aeq. Schwefel ent-
küt = Ase S. Ein Gemenge von Arsensulf ür mit Salpeter lässt sich
joieh einen brennenden Körper entzünden und brennt mit blendend-
letflser Flamme (indianisches Weissfeuer).
ArsensulfÜrsalze, Hyposulfarsenite (Berzelius). Das
Anensnlför, AsSg, verbindet sich mit Sulfobasen zu eigenen Sul-
fcialzen, den Hyposulfarseniten, deren Kenntniss man Berzelius ver-
kokt. Die Salze sind in Wasser meistens schwer löslich.
Aromonium-Arsensulfür, Ammoniumhyposulfarsenit.
M längerer Aufbewahrung des neutralen Arsensolfid - Ammoniums in
venehlossenen Flaschen setzen sich an den Wandungen des Gefllsses
Ueine dunkelbraune Korner ab, die bei dem Erwärmen Ammoniak
atwickeln and die Verbindung des Arsens mit 2 Aeq. Schwefel ent-
Uteo. Diese Schwefel Verbindung vermag Ammoniakgas zu absorbiren
Bad färbt sich dadurch heller, verliert d^ Ammoniak aber wieder beim
Liegen an der Luft
Barium- ArsensulfÜr, Bariumhyposulfarsenit, wird durch
ftllong von Chlorbarium mit basischem Kalium -ArsensulfElr erhalten.
& ist ein unlösliches rothbrannes Pulver.
Kalium- ArsensulfÜr, Kaliumhyposulfarsenit. Wenn Ar-
Knsolfid mit einer massig concentrirten Lösung von kohlensaurem Kali
gekocht wird, so löst sich ein grosser Theil auf. Die heiss filtrirte
ftfbloBe Lösung setzt binnen 12 Stunden braunrothe Flocken von der
Zusammensetzung 2KS. AsS^ ab, die man erst mit wenig kaltem Was-
ser abwäscht, bis sie gallertartig aufquellen, dann behandelt man sie
Bit mehr Wasser , worin sie sich mit dunkelrother Farbe als 8KS.
bS) losen. Beim Verdampfen gesteht die Lösung vor dem Eintrock-
Ben KU einer rothen Gallerte. Auch nach dem völligen Trocknen ist
^e Masse in Wasser mit dunkelrother Farbe noch vollkommen löslich.
^ dem Filtrum bleibt bei der Lösung des basischen Salzes ein dun-
kdbraanes Pulver zurück, welches in Wasser unlöslich ist, die Zusam-
Büttetzung KS.2A8Ss besitzt, in der Hitze leicht schmilzt und beim
bblten zu einer durchsichtigen dnnkelrothen Masse erstarrt.
Das Calcium- ArsensulfÜr ist ein rothbraunes, die Mag«
i^esiümverbindnng ein braunes, die Manganverbindung ein
^Qohebrothes Pulver. Die Natriumverbindung verhält sich voll-
^<"&men wie dacT Kalium- ArsensulfÜr. '
Arsensulfid.
GelbesSchwefelarsen, Rauschgelb, Auripigment, Oper-
inent, Arseniges Sulfid (Berzelius), Sulfarsenige Säure,
Araeniupersulfttr. AsSs.
318 Arsensulfide.
Das Arsensttlfid findet sich ebenfalls in der Natur., sowohl krystal-
lisirt in schiefen rhombischen Prismen des zwei- und eingliedrigen Sy-
stems, als auch in Massen, welche aas goldgelben biegsamen Blättchen
bestehen (s. Arsenblende). Auf nassem Wege erhält man diese Verbin-
dung am reinsten ; sie bildet sich stets durch Zerlegung von Arsenchlorid
oder von arseniger Sänre mit Schwefelwasserstoff, in letzterem Falle bei
Gegenwart einer Mineralsäure. Beim Zusammenbringen einer wäs-
serigen Auflösung von arseniger Säure mit Schwefelwasserstoff wird
die Flüssigkeit gelb, ohne dass sich ein Niederschlag bildet, so da«
die nicht zersetzte arsenige Säure die Abscheidung von der Flüssig
keit cu verhindern scheint ; bei Zusatz einer Mineralsäute , namentlick
Salzsäure, scheidet sich aber das Arsensulfid sogleich oder beim ge-
linden Erwärmen ab. Der Niederschlag von Arsensulfid besitz^
eine schöne citrongelbe Farbe, wird beim Erhitzen dunkler bii
braunroth, schmilzt leicht und ist in höherer Temperatur leicht ver
dampfbar.
Das in dem Handel unter dem Namen Operment, Auripigmentun
oder gelbes Arsenikglas vorkommende Präparat wird durch Sublima
tion von 7 Thln. Arsenikmehl mit 1 Theil Schwefel auf den Arsenik
hütten erhalten, und enthält nicht unbedeutende Mengen arsenige;
Säure, da zur Verwandelung von 10 Thln. arseniger Säure in Arsen
Sulfid 7,8 Thle. Schwefel erforderlich sind. Aus diesem käufiichei
Operment lässt sich durch Wasser, verdünnte Säuren oder Weinsteii
die arsenige Säure ausziehen. Hausmann^) fand, dass man arsenig«
Säure mit Schwefelarsen in wechselnden Mengen zusammenschmelze]
kann und dadurch gelb bis roth gefärbte Massen erhält. Das Oper
ment kam früher unter dem Namen : Königsgelb, als Malerfarbe in dej
Handel, welche Farbe aber jetzt durch das Chromgelb vollständi{
verdrängt worden ist. Auch zum Zeugdruck hat man das Schwefel
arsen benutzt, indem man mit einer Masse bedruckte, welche arse
nige Säure enthielt, und dann das Zeug durch ein Bad von Schwefel
wasserstoffwasser nahm. Eine Auflösung von Operment in Kalilaug*
wird in der Färberei als desoxydirendes Mittel und besonders zud
Redttciren von Indigo gebraucht. Ein Brei von gelöschtem KaU
Operment und Wasser (Rhusma) wird von einigen Völkern zur Ent
fernung des Barthaars benutzt, kann aber, nach Böttger, durch Ca!
ciumsulfhydrat ^ersetzt werden.
Das Arsensulfid wird, wie alle übrigen Schwefelverbindungen de
Arsens, durch oxydirende Mittel in höhere oder niedere Oxydations
stufen seiner Elemente verwandelt. Saures schwefelsaures Kali dami
zusammengeschmolzen, löst es unter Aufbrausen auf, es entwickelt siel
schweflige Säure, und arsenigsaures Kali gemengt mit schwefelsauren
Kali bleibt zurück.
Wenn Stücke von Schwefelarsen der Einwirkung von Chlof
gas ausgesetzt werden, so zerfliessen sie zu einer braunen Flüssigkei
unter starker Wärmeentwickelung, und die Flüssigkeit ist eine Yerbio
düng von Arsenchlorid mit Chlorschwefel (As Gl ~|- 3S6l), die voi
Salpetersäure unter Entwickelung salpetrigsanrer Dämpfe in Schwefel
säure, Salzsäure und arsenige Säure zerlegt wird. Wasser zerlegt si
auf ähnliche Weise, nur bildet sich gleichzeitig unterschweflige Säure
*) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXIV, S. 190.
Arsensulfide. 319
düMeibe findet durch wässeriges Ammoniak statt Arsensnlfür (AsS«)
erleidet dnrch Chlor eine ähnliche Zersetzung (H. Rose^).
Leitet man seine Dämpfe über glühendes Eisen, Silber und andere
Metalle, so entziehen ihm diese den Schwefel, und Arsen wird abge-
schieden; sind die reducirenden Metalle im Ueberschuss zugegen, so
verbindet sich das frei werdende Arsen auch damit. Erhitzt man Ar-
sensolfid mit kohlensaurem Kali in einer Glasröhre zum Schmelzen, so
erhält man einen Arsenspiegel, indem sich zugleich Arsensupers uliid
(^Sj) bildet neben einem Arsensäure-Salz.
Beim Erhitzen von Arsensnlfiid mit kohlensaurem Alkali, unter Was-
serstoffigas, oder nach Zusatz von Kohle erhält man einen stärkeren
Arsenspiegel, weil zu dem Arsen, welches aus dem Arsensulfid frei
wird, noch Arsen hinzukommt, was durch Wasserstoffgas oder Kohle
«OS dem arsensauren Salz reducirt wird. Bei hinreichend langem Er-
kitzen lässt sich viel Arsen aus dem Arsensäure - Salze austreiben; es
kuin selbst das Alkali des Salzes frei zurückbleiben. Das Sulfarseniat
bleibt nnzersetzt (H. Rose ^).
Schmilzt man Arsensulfid mit einem Gemenge von kohlensau-
rem Alkali und Gyankalium in einer Glasröhre, die unten zugeschmol-
zeo ist, so erhält man alles Arsen als Metall reducirt (Fresenius).
Nach H. Rose wird jedoch hierbei nur ein Theil des Arsens reducirt,
mter Bildung von Schwefelcyankalium, während das sich gleichzeitig
bildende Sulfosalz des Arsens der Einwirkung des Cyankaliums wider-
steht. Deshalb giebt mit überschüssigem Schwefel und Gyankalium
gemengtes Schwefelarsen keinen Arsenspiegel ^). Die Gegenwart von
Leicht reducir baren Metallen kann die Bildung eines Arsenspiegels
beim Erhitzen des Schwefelarsens mit Gyankalium ganz oder zum Theil
verhindern. Das Metall bildet dann mit dem Arsen ein Arsenid, welches
das Arsen nicht oder nur zum TheU entlässt.
Leitet man die Dämpfe von Arsensnlfid über glühenden Kalk, so
wird arsensaurer Kalk unter Abscheidung von Arsen gebildet. Der
Rückstand enthält Arsensulfid, gemengt mit Schwefelcalcium.
Kocht man Arsensulfid mit einem gelösten kohlensauren Alkali,
M erhalt man nach dem Filtriren der concentrirten Lösung eine was-
«erkläre Flüssigkeit, die nach einiger Zeit eine Menge eines kermes-
braonen Pulvers absetzt. Dieses Pulver ist eine Verbindung von Ar-
äensulfnr mit Schwefelkalium, und in der Aufiösung bleibt Arsenpersul-
idkalinnri. Das Arsensulfid wird also unter diesen Umständen gerade
so zersetzt, wie bei Behandlung seiner neutralen löslichen Verbindun-
gen mit Wasser (s. Arsensulfidsal ze).
{ Erhitzt man eine Auflösung von Arsensulfid in Kalilauge mit Sil-
I ber-, Blei- und anderen Metalloxyden, so werden diese Metalle in
r Schwefelmetalle verwandelt, während alles Arsen des Arsensulfids als
Arsensinre oder arsenige Säure in der Auflösung bleibt. Dasselbe findet
^tt^ wenn der kochenden alkalischen Auflösung des Arsensulfids
Bkimlze^ Silber- und andere Metallsalze zugesetzt werden mit der
Vorsieht, dass die Flüssigkeit stets alkalisch bleibt.
Arsensnlfid löst sich mit Leichtigkeit in Kalilauge, Natronlauge
nad Ammoniak, und zwar unter Zersetzung, auf; die Veränderung,
0 ADiud. d. Ph^s. Bd. XLII, S. 586. — *) Pogg. Annal. Bd. XC, S. 665
Pbarm. CcstralbUtt iS6S S. 46. — *) Phannac. CentralbUtt. 1868, S. 898.
320 Arsensulfide.
welche es hierbei erleidet, ist ganz dieselbe, welche das Antimoosalfär
Unter gleichen Umständen erfahrt; das Arsen des Sulfids oxjdirt sich
auf Kosten des Sauerstoffs des Alkalis zu arseniger Säure, während
sein Schwefel mit dem Alkalimetall in Verbindung tritt Letzteres
vereinigt sich mit Überschüssigem Arsensulfid zu einem Schwefelsali;
nie entsteht hierbei eine Oxydationsstufe des Schwefels.
5 At. Kali (5K0) z. B. zerlegen sich mit 1 At. Arsensulfid (As 8s)
zu 1 At arsenigsaurem Kali (2K0 . AsOs) und 3 At Schwefelkaliuio
(3KS); letzteres löst in der Kälte doppelt so viel Arsensulfid auf, ak
das neutrale Schwefelsalz enthält (s. unten).
Wenn diese Auflösung mit einer Säure versetzt wird , so wird
das Schwefelkalium zerlegt in Kali, was sich mit der Säure verbindet,
und in Schwefelwasserstoff, welcher genau hinreicht, um die in der
Flüssigkeit befindliche arsenige Säure in Sulfid und Wasser nmzusetzeot
so dass also Arsensulfid , sowohl das mit dem Schwefelkalium verbau-
dene, als das neu gebildete, niederfallt, ohne dass sich Schwefel-
wasserstoff entwickelt
Arsensulfidsalze, Sulfarsenite, Berzelius. Die Verbin-
dungen von Arsensulfid mit Sulfobasen. Die Kenntniss dieser Salze
verdanken wir fast nur den Untersuchungen von Berzelius ^).
Das Arsensulfid vereinigt sich mit Schwefelbasen in mannigfal-
tigen Verhältnissen; in den gewöhnlichsten Verbindungsstufen ver-
hält sich der Schwefel der Schwefelbasis zu dem des Arsensolfida,
wie 1, 2, 8 : 8. Die Verbindungen, worin sich der Schwefel der Ba-
sis zu dem' der Säure wie 2 : 8 verhält, »lud die gewöhnlichen und
werden als neutrale Salze angesehen.
Die neutralen Verbindungen des Arsensulfids mit Schwefelkalinna
und Schweielnatrium erhält man durch Glühen der entsprechenden Ar-
senpersulfidsalze. Wird z. B. neutrales Kalium - Arsenpersulfid (2KS.
AsSfi) geschmolzen, so verliert es 2 Atome Schwefel und es bleibt
neutrales Kalium-Arsensulfid. Löst man Arsensulfid auf in Elaliam-
sulfhydrat (MS.KS), so wird Schwefelwasserstoff ausgetrieben, und
es entsteht saures Kalium -Arsensulfid (KS.AsSa). Dieselbe Verbin-
dung entsteht y wenn Arsensulfid in Alkalihydraten aufgelöst oder mit
kohlensauren Alkalien geschmolzen wird; hier bt die Verbindung ge-
mengt mit arsenigsauren Salzen.
Die neutralen Arsensulfid-Alkalimetalle werden durch Wasser zer-
setzt ; vollständiger geschieht dies beim Abdampfen. 8 At Arsensulfid
(AssSs = 8As^) zerlegen sich in 2 At Arsensulfür (2A8S9) ^^^
1 At Arsenpersuliid (As S5). Das ArsensulfUr schlägt sich nieder in
Verbindung mit 1 At Schwefelbasis als kermesbraunes Pulver , wäh-
rend ein basbches Arsenpersulfidsalz gelöst bleibt
Die löslichen Verbindungen der arsenigen Säure geben mit Am-
moniak neutralisirt , wenn sie Ueberschuss von Säure enthalten und
mit den Sohwefelverbindungen der Alkalimetalle in Ueberschuss ver-
setzt und digerirt werden, eine Flüssigkeit, welche freies Alkali und eii
Arsensulfidsalz enthält Auf dieselbe Weise verhalten sich alle unlösli-
chen Salze der arsenigen Säure. Aus 1 At arseniger Säure und 4 At
Einfach -Schwefelkalium entsteht 1 At saures Kalium -Arsensulfid und
3 At Kali (AsOs •+■ 4KS = KS. AsSa -f- 3 KO). Wird eine höhere
') Detien Lehrbuch d. Chemie. 6. Aufl. Bd. UL u. Aniuileii d. Phytik. Bd. VE
Arsensulfide. 321
Schweflungsstufe des Alkalimetalla genoinmen, so bleibt in der AuflÖ-
sang die höhere Schweflungsstufe des Arsens. Bei Anwendung von
Alkalimetallsulfhydraten bleibt in der Auflösung kein freies AlkalL
lAt- AsOa + 3 (KS.HS) giebt SKS.AS, + 3H0.
Ammonium-Arsensulfid, Ammoniuinsulfarsenit, 2NH4S.
AsSg, erhält man durch Auflösung von Arsensulfid in Schwefelammo-
niniD oder kaustischem Ammoniak. Beim Abdampfen zersetzen sich
die Lösungen, mit Weingeist versetzt geben sie einen weissen kristal-
linischen Niederschlag, der jedoch sehr schnell braun wird. Versetzt
man sie vorher mit Schwefel wasserstofi*- Schwefelammonium , so schei-
den sich federartige , weisse Krystalle ab von basischem Salz :
9^1x4 il>» As Og*
Arsensulfid absorbirt im fein geriebenen Zustande 6^2 Proc. Am-
moniakgas, verliert es jedoch wieder schnell an der Luft.
Barium-Arsensulfid, Bariumsulfarsenit, ^BaS.AsSs,
entsteht durch Lösung von Arsensulfid in Schwefelwasserstoff- Schwe-
felbarinm bei gewöhnlicher Temperatur, bis aller Schwefelwasserstoff
aasgetrieben ist. Die Flüssigkeit trocknet zu einer gummiähnlichen,
rothbraunen, in Wasser völlig löslichen Masse ein. Versetzt man die
Losung mit Weingeist , so fallt ein basisches Salz (3 Ba S . As S3) in
krystallinischen Flocken nieder, dasselbe erhält man durch Behandlung
einer Lösung von Arsensulfid mit überschüssigem Schwefelbarium.
Beryllium-Arsensulfid, Berylliumsulfarsenit, 2 Be2 S3 .
SAsSs- Neutrale Berjllerdesalze fallen aus der mit Arsensulfid ge-
sättigten Lösung von Schwefelnatrinm dies Salz als gelben Niederschlag,
ohne dass Schwefelwasserstoff entweicht; Säuren entwickeln daraus
nur wenig Schwefelwasserstoff und Ammoniak lässt reine Beryllerde
zarfick.
Blei-Arsensulfid, Bleisulfarsenit, 2PbS.AsS8, ist ein
rothbrauner , beim Trocknen schwarz werdender Niederschlag , der
leicht zu einer spröden, metallisch erscheinenden Masse schmilzt, von
glänzend grauem krystallinischen Bruch und grauem Pulver.
Calcium-Arsensulfid, Calciumsulfarsenit, 2CaS.AsS8,
erhält man am besten durch Digestion von Arsensulfid mit Kalkmilch.
Der sich bildende arsenigsaure Kalk bleibt ungelöst, die farblose Lösung
liefert bei freiwilligem Verdunsten federförmige Krystalle eines basischen
Salzes 3 CaS. AsSa, umgeben von einem braunen Syrup, der das neutrale
Salz enthält. Wird dies mit mehr Arsensulfid digerirt, so wird es gelb und
setzt ein braunes Pulver von Arsensulfür-Calcium (Ca S . As S2) ab. Die
Losung des einen Ueberschuss an Schwefelcalcium enthaltenden Sal-
zes, mit Alkohol versetzt, giebt einen weissen Niederschlag von der
Zusammensetzung 3 CaS. As Ss -|- 15 aq., die des Salzes mit Ueber-
schuss an Arsensulfid zwar auch eine weisse Fällung, aber der Nie-
derschlag wird schnell braun.
Cersulfuret-Arsensulfid, Cersulfuretsulfarsenit, 2CeS.
AsS). Die Ceroxydulsalze werden durch Arsensulfid-Natrium gelb ge-
fallt Die Farbe des Niederschlages nimmt beim Trocknen noch an
Litensität zu. Er ist wenig löslich in Wasser, schmilzt beim anfangen-
den Glühen, wobei ein Theil des Arsen sulfids verflüchtigt wird, zu
einer im Fluss durchsichtigen Masse. Durch Rösten entweicht leicht
alles Arsen und schwefelsaures Salz bleibt zurück.
Chromsesquisulfuret- Arsensulfid, Chromsesquisulfuret-
IIa]idw»ilerbadi der Cliemic. 3te Aufl. Bd. U. 21
322 Arsensulfide.
salfarsenit, 2 Cr2 Sa . 3 As Sg. Durch doppelte Zersetzung zu erhal-
tender graugelber, beim Trocknen grüngelb werdender Niederschlag.
Er schmilzt in der Hitze, wobei sich Arsensulfid verflüchtigt, zu einer
glänzenden grauen Masse, aus der eine höhere Temperatur noch einen
Theil des rückständigen Arsensulfids austreibt. An der Luft erhitzt,
verbrennt der Rückstand unter Entwickelung von schwefliger und arse-
niger Säure zu Chromoxyd.
Eisensesquisul für et -Arsensulfid, Eisensesquisulfuret-
sulfarsenit, 2¥e^ 83 . 3 As 83, ist ein olivengrüner, ebenfalls im
Ueberschuss des Fällungsmittels löslicher, trocken grün» nach dem
Zerreiben schön gelbgrün erscheinender Niederschlag, der in der Hitze
leicht schmilzt, ,bei Rothglühhitze sich zersetzt und reines arsenfreies
Schwefeleisen hinterlässt.
Eisensulfur et- Arsensulfid, Eisensulfuretsulfarsenit,
2 Fe S . As S3 , ist ein braunschwarzer Niederschlag , der sich im
Ueberschuss des Arsenpersulfid -Natriums mit braungelber Farbe auf-
löst; getrocknet erscheint er graubraun, verrieben dunkel grünlicL
Beim Erhitzen entwickelt sich schweflige Säure und Schwefelarsen,
und reines arsenfreies Schwefeleisen bleibt zurück. Der getrock-
nete Niederschlag enthält stets Eisenoxyd, gemengt mit dem folgenden
Salze.
Goldsesquisulfuret -Arsensulfid, Goldsesquisulfuret-
sulfarsenit, 2 Au Ss . 3 As S3, ist ein gelber, beim Absetzen dunk-
ler, beim Trocknen fast schwarz werdender Niederschlag, der zer-
rieben ein gelbbraunes Pulver darstellt Er giebt bei dunkler Roth-
glühhitze , wo er: schmilzt, einen Theil des Sulfids ab, erstarrt zu einer
durchsichtigen, gelbrothen, bei trockenem Zerreiben ein gelbbraunes
Pulver gebenden Masse. Wird aber das Zerreiben unter Wasser fort-
gesetzt, so nimmt das Pulver Metallglanz an, wie von reducirtem
Gold. Das Wasser löst dabei nichts auf. Erst bei vollkommener Weiss*
glühhitze verflüchtigt sich alles Schwefelarsen.
Kadmium-Arsensulfid, Kadmiumsulfarsenit, 2CdS.AsSs,
bildet sich als gelber Niederschlag, wenn die Lösung von Kadmium-
salzen durch eine gesättigte Lösung von Arsensulfid in Schwefelamroo-
nium gefällt wird. Der Niederschlag wird beim Trocknen pomeranzen-
gelb, in der Hitze wird er halbflüssig, ein Theil des Arsensulfids ver-
dampft und es bleibt eine geschmolzene basischere Verbindung von
grauer Farbe zurück.
Kalium-Arsensulfid, Kaliumsulfarsenit, 2 K S . As S3.
Wenn Kalium- Arsenpersulfid (2 K S . AsSs) in einer Retorte bis zur Ver-
flüchtigung des überschüssigen Schwefels geschmolzen wird, so erhält
man eine dunkel gefärbte, nach dem P>kalten gelbe Masse von ange-
gebener Zusammensetzung. Bei Behandlung mit Wasser löst sich Ka-
lium-Arsenpersulfid (3KS . AsSö) auf, während Kalium - Arsensulfur
zurückbleibt.
Wenn Arsensulfid bei gewöhnlicher Temperatur in Schwefelwas-
serstofl'-Schwefelkalium bis zur Entweichung alles SchwefelwasserstoflT-
gases gelöst wird, so enthält die Lösung Arsen sulfid-Kalium (KS . 2 AsSs)-
Man kann sie ohne Zersetzung nicht verdampfen, indem sie dabei ein
braunes Pulver fallen lässt, welches Arsensulfür-Kalium (KS.AsSi)
ist Vermischt man die Lösung mit Alkohol , so bildet sich zuerst ein
weisser Niederschlag von einem mehr Schwefelkalium (3 KS . As Sj)
Arsensulfide* 328
enthaltenden Salze, es wird aber bald dunkelbraun, syrupartig und
setzt Arsensulf ür ab.
Schmilzt man kohlensaures Kali in einer Retorte so lange mit Ar-
lensnlfid, bis der üeberschuss abdestillirt ist, so bleibt eine Masse von
der Zusammensetzung K S.As Sa zurück. Wasser zerlegt sie, wobei
ach KS.2A8S8 auflöst und eine rothe, noch mehr Arsensulfid enthal-
tende Verbindung ungelöst bleibt
Kobalt-Arsensulfid, Kobaltsulfarsenit, 2CoS.AsS8, Ist
ein dunkelbrauner Niederschlag, die Flüssigkeit hat anfangs dieselbe
Farbe , klärt sich aber allmälig. Er wird beim Trocknen schwarz , ist
töaUch im Üeberschuss des Fällungsmittels und giebt beim Glühen in
Terschlossenen Gelassen einen dem Kobaltglanz gleich zusammenge-
letzten Bückstand.
Lithium-Arsensulfid, Lithiumsulfarsenit» gleicht in jeder
Beziehimg den entsprechenden Natrium- und Kaliumsalzen.
Magnesium-Arsensulfid, M agnesiumsulfarsenit« Die
wässerige Lösung wird beim Abdampfen hellbraun, eben so beim Ab-
kühlen bis — 5<^C., und setzt etwas Magnesium- Arsensulfür als braunes
Pulver ah, trocknet zu einer zähen, zuletzt fest werdenden Masse ein,
die bis auf den geringen braunen Rückstand in Wasser löslich ist.
Mangan -Arsensulfid, Mangansulfarseuit. Die mit Arsen-
snlfid gesättigte Lösung von Schwefelwasserstoff-Schwefelnatrium schlägt
ans den löslichen Manganoxjdullösungen ein hellrothes, beim Trocknen
pomeranzengelb werdendes Pulver nieder. Beim Erhitzen in verschlos-
senen Gefassen bleibt nach Verflüchtigung eines grossen Theiles von
Arsensnlfid eine gelbgrüne Verbindung zurück, aus welcher Salzsäure
onter Schwefelwasserstoffentwickelung das Mangan auszieht und Ar-
sensnlfid zorücklässt.
Molybdän-Arsensulfid, Molybdänsulfarsenit. Die salz-
nare Lösung von Moljbdänsäure giebt mit Natrium - Arsensulfid ein
dunkelbraunes, beim Trocknen schwarz werdendes Pulver, welches
beim Glühen unter Verlust von Arsensulfid und Schwefel fichwefel-
moljbdän (MbSg) hinterlässt.
Natrium-Arsensulfid, Natriumsulfarsenit ist dem Ka-
liunsalz in jeder Beziehung ähnlich.
Nickel -Arsensulfid, Nickelsulfarsenit, 2NiS . As Ss*
Schwarzer Niederschlag, der bei der Destillation leicht alles Sulfid ver-
liert und gelbes, zusammengesintertes Schwefelnickel hinterlässt
Platinbisulfuret -Arsensulfid, Platinbisulfuretsulfar-
senit, PtSj. AsSs. Der sich bildende Niederschlag ist zuerst dun-
kelgelb, wird aber bald dunkelbraun, getrocknet ist er schwarz. Beim
Erhitzen entweicht ein Theil des Arsensulfids, es bildet sich eine graue,
metallisches Pulver gebende, leicht schmelzbare Masse, die noch Schwe-
fel und Arsen enthält,
Quecksilbersulfuret-Arsensulfid , Quecksilbersulfuret-
salfarsenit, 2HgS.AsS8. Es bildet einen pomeranzenrothen flocki-
gen Niederschlag, der bei Üeberschuss an Quecksilberchlorid weiss
wird, bei Üeberschuss des Fällungsmitteb aber seine Farbe behält. Er
wird beim Trocknen dunkelbraun und giebt zerrieben ein gelbes Pulver;
sobliffiirt ist es HgS. AsSj, grau, metallglänzend, in dünnen Schichten
durchscheinend, bei feinem Zerreiben ein gelbes Pulver liefernd.
Quecksilber sabsulfuret- Arsensulfid, Quecksilbersubsul-
21*
324 Arsensulfide.
furetsulfarsenit, 2Hg3S.AsS8. Schwarzer Niederschlag, der ni
dann grangrün erscheint, wenn die Losung Oxyd enthielt Bei d(
Destillation decrepitirt er explosionsartig, es destillirt Qaecksilber a
lind das neutrale Quecksilbersulfuretsalz sublim irt in schwarzen, metal
glänzenden, undurchsichtigen Rinden, die beim Zerreiben ein rothf
Pulver geben.
Silber-Arsensulfid, Silbersulfarsenit, 2AgS.AsSa. Ei
hellbrauner, zuerst durchsichtiger, beim Ansammeln schwarz werdend«
Niederschlag, der trocken erhitzt schmilzt und einen Theil des Sulfic
sublimiren lässt. Die schwarze geschmolzene Masse giebt ein braun«
Pulver. Wird saures Arsensulfid-Natrium durch eine gesättigte Lösun
von Chlorsilber in Ammoniak gefällt, so bildet sich ein dunkelgelbc
Niederschlag, eine sehr basische Verbindung: GAgS.AsSa.
Uran6e8quisulfuret-Arsen8ulfid,Uran8esquisulfuretsnli
ars enit, 2 UsSa . As S3. Ein schmutzig gelber Niederschlag, der beim £1
hitzen schmilzt, einen Theil Sulfid verliert, und nach dem Weissglühe
eine graue poröse Masse hinterlässt, die nicht frei von Arsensulfid is
Wismuth-Arsensulfid, Wismuthsulfarsenit, 2BiS8.A8S3
Ein rothbrauner, beim Trocknen schwarz werdender Niederschlag
Durch Schmelzen erhält man eine graue metallglänzende krystallini
sehe Masse', welche die basische Verbindung ist.
Zink-Arsensulfid, Zinksulfarsenit, 2ZnS.AsS3. Scheide
sich als citronengelber Niederschlag ab; die darüber stehende Flüssig
keit bleibt farblos, beim Trocknen wird er blass pomeranzengelb
Bei der De8tillation entweicht Sulfid, während eine znsamroengesin
terte basischere Verbindung zurückbleibt. Bei stärkerer Hitze bleib
nur reines Zinksulfuret.
Zinnsulfuret-Arsensulfid, Zinnsulfarsenit, 2 SnS . AsSt
Dunkel rothbrauner Niederschlag, der unschmelzbar ist, aber einen
Theil seines Sulfids in der Hitze verliert.
Zinnbisulfid -Arsensulfid, Zinnbisulfuretsulfarsenit,
SnSj.AsSg. Ein schleimig gelber Niederschlag, der beim Trocknen
pomeranzengelb wird.
Zirconium-Arsensulfid, Zirconiumsulfarsenit, 2Zr]S|.
As Sa, pomeranzengelber Niederschlag, der nicht ganz unlöslich indem
Fällungsmittel ist.
Arsenpersülfid.
Arsensupersulfid, Sulfarsensäure. ASS5.
Dies ist die der Arsensäure correspondirende Schwefelongsstofe
des Arsens. Am leichtesten wird sie erhalten, wenn arsensaures Kali
(2KO.As06), in Wasser aufgelöst und vollständig durch Hineinleiten
von Schwefelwasserstoff zerlegt wird; man erhält eine schwach
gelbliche Flüssigkeit, die bei Zusatz einer Säure Arsenpersulfid
fallen lässt, indem die Schwefelbasis unter Entwickelung von Schwefel-
wasserstoff zerlegt wird. Durch Zersetzung von Arsensäure mit Schwe-
felwasserstoff erhält man diese Verbindung ebenfalls, obwohl ungleich
langsamer , wenn man nicht die Lösung auf TO«' bis 80« C. erwärmt
Der Niederschlag ist dem Arsensulfid in der Farbe und Beschaffen-
heit so ähnlich, dass beide durch das Auge kaum von einander un-
terschieden werden können; er besitzt übrigens gewöhnlich eine
etwas hellere Farbe. Im trockenen Zustande stellt es ein hochgelbes
Arsenßulfide. 325
PulTer dar, welches schwieriger als Schwefel schmilzt^ und dabei
iunkler und röthüch wird; für sich erhitzt, sublimirt es ohne Yer*
änderong zu einer zähen, rothbraunen, nicht krystallinischen Masse;
ciimltet ist sie durchsichtig und gelbroth. Mit Alkohol gekocht, ent-
l&eht ihm dieser etwas Schwefel; frisch niedergeschlagen röthet es
I Lackmus, lost sich mit grosser Leichtigkeit in Alkalien und kaustischem
coQcentrirten Ammoniak ; durch verdünntes Ammoniak wird es in Schwe-
kL und in Arsensulfid zersetzt. Es zerlegt die Sulfhjdrate unter Aus-
treibung von Schwefelwasserstoff; eben so leicht zerlegt es die kochenden
j kohlensauren Alkalien. Es verbindet sich mit Schwefelbasen zu Sulfo-
salzen.
Wenn eine Auflösung von neutralem Arsenpersulfid -Natrium oder
Kaünm mit Alkohol vermischt und die filtrirte kochende Flüssigkeit bis
aaf zwei Drittel abgedampft wird, so scheiden sich aus derselben glän-
leode Ejystallgruppen ab, welche gegen 1 At. Arsen 9 At Schwefel
enthalten, ohne Zweifel Verbindungen von Schwefel mit Arsenpersul-
Sdnüzen.
Arsenpersulfidsalze, Sulfarseniate, (Berzelius). Allear-
msaaren Salze, mit den Schweflungsstafen der Alkalimetalle in Berüh-
lang, werden davon zersetzt in Arsenpersulfidsalze. Diese Zerlegung
«folgt auf eine ähnliche Art, wie die der arsenigsauren Salze unter den-
i8n>enUmständen(s.ArsensulfidsalzeS. 320). Die Verbindungendes
ixtenpersulfids mit alkalischen Schwefelmetallen sind im wasserfreien
Zustande gelb; mit chemisch gebundenem Wasser sind sie farblos oder
gelblich ; sie besitzen einen Schwefel artigen, ekelhaft bitteren Geschmack.
Dnreh Säuren werden sie zersetzt unter Fällung von Arsenpersulfid; alle
Salze der Radicale der Alkalien, alkalischen Erden, Beryllerde und Ytter-
erde sind, so wie einige der schweren Metalle, löslich. Die neutralen
knen sich nicht krystallisiren , die basischen nehmen leichter regel-
nä^ge Form an. Die neutralen zerlegen sich beim Glühen in Schwe-
fel und ein Arsensulfidsalz , die basischen werden nicht verändert. Die
AnflosoDgen verändern sich an der Luft; durch Absorption von Sauer-
itoff entsteht unterschwefligsaures und arsenigsaures Salz, was in Auf-
lösung bleibt; es schlägt sich Arsenpersulfid und Schwefel nieder.
Diese Salze existiren in den verschiedenen Sättigungsgraden;
diejenigen, worin der Schwefel der Basis sich zu dem des Arsen-
pennfids verhält, wie 2 zu 5, werden als die neutralen betrachtet (Ber-
zelius).
Alle Oxydationsstufen des Arsens verwandeln sich bei Digestion
Bot den löslichen Polysulfureten der Alkalimetalle in Arsenpersulfid-
saJze (s. Arsensulfidsalze), die sich leicht und vollständig lösen.
Ammonium - Arsensupersulfid, Ammoninmsulfarseniat,
^NH4S.AsS5, erhält man durch Auflösen vqn Arsenpersulfid in Schwefel-
uaiDoninro. Die Lösung giebt beim Verdunsten eine zähe,^ rothgelbe
Masse, die nicht vollständig ohne Zersetzung getrocknet werden kann;
beim Erhitzen schmilzt sie zuerst, dann geht eine gelbe, Zweifach*
Schwefelammonium enthaltende Flüssigkeit über und zuletzt sublimirt
Anensulfid, 2NH4S . iksSg = 2NH4S2 + AsS,.
Kocht man die Lösung, so wird sie braungelb, beim Erkalten setzt sie
ein gelbes Pulver ab, welches die Zusammensetzung Nil4S.12AsSft
hat
Die wässerige Lösung des neutralen Salzes wird durch Alkohol
326 Arsensulfide.
gefällt und ein saures SrIz NH4S.A8S5 bleibt gelöst. Yermisdit
ihan dagegen vorher die Lösung mit Schwefelammoniuoi , erwärmt
und setzt dann Alkohol zu, so wird beim Erkalten basisches Salz,
dNH4S.AsS5, in prismatischen Krystallen abgeschieden.
Leitet man über trockenes Arsensapersulfid Ammoniakgas, so er-
hält man eine weisse Salzmasse. Die Lösung in Wasser setzt bald
einen gelben Niederschlag ab, wie überhaupt die Verbindung an dei
Luft alles Ammoniak verliert Concentrirtes wässeriges Ammoniak
löst das Snpersulfid, verdünntes aber zersetzt dasselbe und hinterlässl
Schwefel.
Barium - Arsenpersulüd, Bariumsulfarseniat, 2 BaS
AsSj, bildet sich, wenn neutrale arsensaure Barytlösung bis zur Sättiganj
mit Schwefelwasserstoff behandelt wird. Sie trocknet zu einer rissigez
citronengelben Masse ein, welche Wasser anzieht, zu Pulver zerfällt un<
vollständig löslich in Wasser ist Wird es in einer Retorte zum Glühei
erhitzt, so sublimirt Schwefel und Arsensulfid, es bleibt eine branni
Masse, die sich mit Hinterlassung einer braunen Materie leicht in Was
ser löst, zu einer gelben, nicht krystallinischen Substanz eintrockne
und die Zusammensetzung 8 BaS. As S5 besitzt. Auch durch Behand
lung der neutralen Lösung mit Schwefelbarium und Verdunsten der
selben unter der Luftpumpe neben Schwefelsäure bei einer Temperatm
wo erstere gefriert, erhält man die Verbindung nach der Verdunstoni
alles Eises in Form von Schuppen. Fällt man die Lösung durch AI
kohol, so entsteht eine käsige Masse, welche dieselbe Verbindung, je
doch chemisch gebundenes Wasser enthaltend, zu sein scheint Di<
Lösung enthält saures Salz (BaS.AsSs). Dampft man sie ab, so schd
det sich ein gelbes Pulver BaS. 3 As S5 ab und die Lösung enthSl
dann neutrales Salz.
BerjUium-Arsenpersulfid, Berylliumsulfarseniat. Arsen
persulfid, mit BerjUerdehydrat und Wasser digerirt, wird in kleiner Meng
mit gelber Farbe gelöst, durch Säuren daraus wieder gefällt. Beryll
erdesalze, mit Natrium- Arsensupersulfid versetzt, geben keinen Niedei
schlag.
Blei-Arsenpersulfid, Bleisulfarseniat, 2PbS.AsS5 an
SPbS.AsSs, sind durch doppelte Zersetzung darstellbare Niedei
schlage, ersterer ist schwarzbraun, letzterer schön roth. Beim Trocl
nen werden jedoch beide ganz schwarz.
Calcium -Arsenpersnlfid, Calciumsulfarseniat, 2CaS
As S5, ist dem Bariumsalze in jeder Beziehung ähnlich. Beim Eindampfe
gesteht es zu einem Syrup, der bei weiterer freiwilliger Verdnnstun
zu einer gelben undurchsichtigen, bei 60<^C. ihr Wasser verlierende
Masse wird. An der Luft zieht sie Feuchtigkeit an, schwillt auf an
löst sich von den Gefäss wänden. Das der Formel SCaS.AsSs en
sprechende Salz bildet sich, wenn das vorhergehende mit überschassigei
Schwefelwasserstoff- Schwefelkalium digerirt, oder wenn die Lösun
des neutralen Salzes mit Alkohol versetzt wird, wo es sich je nac
dem Wassergehalt als Pulver oder ölige Flüssigkeit abscheidet Ei
saures Salz ist nicht bekannt.
Cersesquisulfuret- Arsenpersulfid , Gersesquisulfurel
sulfarseniat, 2Ce3S8 . 8 AsSs, ist ein gelbweisser Niederschlag, d(
nicht ganz unlöslich in Wasser ist, daher bei grosser Verdünnung d<
Lösungen nicht erscheint
r
Arsensulfide 327
Cersulfuret- Ars enp er Sulfid, Cersulfuretsnlfarseniat,
2 GeS . As S5 and 3 Ce S . As S5. Durch doppelte Zersetzung zu erhaltende,
ichdn gelbe, beim Trocknen etwas dunkler werdende Niederschläge.
Eisen sesquisulfur et- Arsen persulfid, Eisens es quisulfure t-
9slfarseniat, 2Fe2S8 »SAsSs, bildet einen graugrünen, thonfarbigen,
im Ueberschuss des F^Uungsroittels mit sehr dunkler Farbe loslichen
Siederschlag, der sich beim Trocknen unverändert erhält, in der Hitze
leicht schmilzt, dabei Schwefel verliert und in das ebenfalls leicht
ichmelzbare Arsensulfidsalz übergeht.
Eisensulfuret-Arsenper Sulfid, Eis ensulfuretsulfarseniat,
2FeS . AsSs , ein dunkelbrauner, im Ueberschuss des Fällungsmittels
löblicher Niederschlag, der sich beim Trocknen zersetzt, Hostfarbe an-
nimmt und ein Gemisch des vorhergehenden Salzes mit Eisenoxjd ist.
Goldsesquisulfur et- Arsenpersulfid, Goldses quisulfure t-
lolfarseniat, 2 Au Sa . 3 AsSs, ist in Wasser mit rothbrauner Farbe 15s-
licL Fällt man die Goldlösung mit basisch Arsenpersulfid -Natrium, so
erhält man einen braunen Niederschlag, der sich nicht auswaschen lässt,
ireü er auch in reinem Wasser löslich ist Eisenvitriollösung giebt da-
mit einen nicht näher untersuchten gelbbraunen Niederschlag.
Kalinm -Arsenpersulfid, Kaliumsulfarseniat, 2KS.ASS5,
erhält man am besten durch Behandlung des entsprechenden Sauerstoff-
akes mit Schwefelwasserstoff und Abdampfung der Lösung unter der
Laftpompe. Es bleibt eine gelbe, zähe Masse. An der Luft wird sie
erst flüssig, dann bilden sich darin farblose rhombische Tafeln. Ver-
mischt man die concentrirte Lösung mit Alkohol, so wird sie milchig
and setzt eine ölige Flüssigkeit ab, die in gelinder Wärme krystallinisch
wird and die Zusammensetzung 3ES . AsSs. zeigt, ^n ^^^ Flüssigkeit
bleibt eine weniger Schwefelkalium enthaltende Verbindung (KS.AsSs)
gelöst, beim Verdampfen setzt sie AsSig ab.
Löst man Arsenpersulfid bei gewöhnlicher Temperatur in Ealium-
RÜfhjdrat und verdampft die Lösung an der Luft, so scheidet sich erst
Sehwefel, dann Arsenpersnlfid ab, und die syrupartige, nachher zu einer
gelben krystallinischen Masse gestehende Flüssigkeit ist ebenfalls das
nentrale Kalium -Arsenpersulfid (2ES . AsSs). Wird in die Lösung
^eses Salzes Kohlensäure geleitet , oder saures arsensaures Kali durch
Schwefelwasserstoff zerlegt , so bildet sich ein gelbes Pulver , dessen
Zusammensetzung durch die Formel KS . I2A8S5 ausgedrückt werden
bon.
Kobalt- Arsenpersulfid, Kobaltsulfarsenia't, 2CoS.A3S5,
ist ein branner Niedeirschlag, der beim Ansammeln und Trocknen schwarz
wird und in überschüssigem Natrium-Arsenpersulfid mit dunkler Farbe
lödich ist.
Lithium - Arsenpersulfid , Lithiumsulfarseniat, 2 LiS .
^8}, ist eine nicht krystallinische citrongelbe Masse, welche an der Luft
Feuchtigkeit anzieht und in Wasser vollkommen löslich ist Alkohol
filH aiu dieser Lösung glänzende farblose Krystallschuppon dea basi-
*d^en Salzes 3 LiS . AsSs, welche in heissera Wasser löslich sind und
^nxu beim Erkalten in sechsseitigen Prismen , beim freiwilligen Ver-
dunsten m vierseitigen Tafeln mit rhombischer Basis krystnllisiren.
^ sanre Salz ist nur in der alkoholischen Lösung bekannt, es kann
oicbt darch Abdampfen erhalten werden, das Salz mit 12 Aeq. Arsen-
P^iüfid wird wie das Kalisalz dargestellt.
328 Arsensulfide.
Magneaium-Arsenpersnlfid, Magnesium sulfarseniat,
2 MgS . As Sg^ ist in Wasser in allen Verhältnissen löslich, trocknet zu einer
etwas krystallinischen , gelblichen Masse ein, die an der Laft zerfliesst
Die Lösung wird durch Alkohol nicht gefällt, setzt man aber Schwefel-
wasserstoff-Schwefelmagnesium so lange zu, als noch Entwickelnng
von Schwefelwasserstoff stattfindet, verdampft die Lösung unter der
Luftpumpe und kühlt ab, so erhält man strahlige, farblose, an der Lnft
feucht werdende Krystalle des basischen Salzes 3 MgS . AsS^. Ueber-
giesst man dieselbe mit Alkohol, so wird neutrales Salz gelost und
ein basischeres, sehr wenig in Wasser lösliches Salz bleibt zurück,
dieselbe Verbindung bildet sich beim Glühen des neutralen Salzes,
indem ein Theil des Persulfids entweicht Ein saures Salz scheint
nicht zu existiren.
Mangan-Arsenpersulfid, Mangansulfarseniat, 2MnS.
As S5, erhält man am besten durch Digestion von frisch gefälltem Mangan-
sulfuret mit Arsenpersulfid. Es löst sich, wenn viel Wasser zugesetzt
wird , ganz auf, im entgegengesetzten Falle bleibt ein Theil als ' gelbes
Pulver ungelöst Die Lösung zersetzt sich beim Abdampfen an der
Luft, lässt beim Zersetzen durch Säuren viel Schwefelarsen fallen und
entwickelt viel Schwefelwasserstoff. Digerirt man kohlensaures Mangan-
oxydul mit Arsenpersulfid, so erhält man, obwohl schwieriger, Arsen-
persulfid-Mangan, aber beim Versetzen der Lösung mit Sänre ent-
weicht kein Schwefelwasserstoff. Die Lösungen der Manganoxjdulsalze
werden durch neutrales Natrium - Arsenpersulfid nicht gefällt. Digerirt
man das mit Schwefelmangan erhaltene gelbe Pulver mit Ammoniak,
so zieht dies einen Theil des Persulfids aus und hinterlässt ein ziegel-
rothes, nach dem Trocknen blasser erscheinendes, unzersetzt an der
Luft trockenbares Pulver, welches der Formel 3MnS . AsSs entspre-
chend zusammengesetzt ist; wird es an der Lufl stark erhitzt, oder an
einer Stelle angezündet, so verbrennt es.
Natrium- Arsenpersulfid, Natriumsulfarseniat , 2 NaS .
As S5. Wenn die wässerige Lösung von neutralem arsensauren Natron mit
Schwefelwasserstoff behandelt, abgedampft und zuletzt bei gelinder
Wärme eingetrocknet wird, so erhält man eine citronengelbe Masse, die
an der Luft Feuchtigkeit anzieht. Es schmilzt bei gelinder Wärme
unter Verlust von Wasser zu einer wenig gefärbten Masse und er-
starrt dann beim Erkalten wieder mit gelber Farbe. Wenn man die
Lösung mit Alkohol versetzt, so fallt dieser weisse Krjstallschnppen
eines basischen Salzes, 3 NaS. As S5 -|- 15 aq., welches, wenn es gut
ausgewaschen wurde, sich unverändert an der Luft erhält, und aus
seiner wässerigen Losung in regelmässigen Krystallen anschiesst. Aus
der siedenden Lösung setzen sich bei rascher Abkühlung lange, sechs-
seitige, platte Prismen ab, bei freiwilligem Verdampfen oder sehr lang-
samer Abkühlung vierseitige Prismen mit rhombischer Basis, bei einer
unter dem Gefrierpunkte liegenden Temperatur bilden sich roilchweisse,
undurchsichtige Octaeder mit rhombischer Basis. Die durchsichtigen
Krystalle sind gelblich und haben Diamantglanz. Ueber Schwefelsäure
verlieren die Krystalle ihr Wasser nicht, wohl aber beim gelinden Er-
wärmen, wodurch sie ihre Form nicht ändern, aber milchweiss werden;
stärker erhitzt, werden sie gelb, unter Entwickelung von etwas Schwe-
felwasserstoff. Beim Erhitzen in einer Retorte schmilzt das Salz in
seinem Krystallwasser zu einer farblosen Flüssigkeit, aus der das Was-
Arsensulfide. 329
ser allmälig entweicht; das zurückbleibende Sak decrepitirt schwach
imler Schwefelwasserstoffentwickelung, wird gelb und schmilzt bei hö-
herer Temperator zq einer rothen Flüssigkeit, die beim Erkalten gelb
wird und sich ganz in Wasser löst.
lo dem Alkohol, durch den man das basische Salz ans dem neu-
tralen gefällt hat, ist das saure Salz (Na S.As 85) aufgelöst enthalten.
Es kann aber daraus nicht in fester Form dargestellt werden. Beim Ab-
d»tilliren des Alkohols setzt sich haußg ein Arsensupersulfnret (AsSig)
in schönen Krystallschnppen ab.
Das basische Salz 3NaS.AsS5 -f~ l^aq. erhält man auch di-
Kct durch Digestion einer Auflösung von Schwefelnatrium mit Arsen-
persalfid, oder mit Arsensulfid und soviel Schwefel, dass sich Arsen-
pertalfid bilden kann, beim Erkalten der abgedampften Lösung scheidet
fich die Verbindung in grossen farblosen oder gelblichen Prismen des
nrei- and eingliedrigen Systems ab, welche sich an der Luft nicht ver-
modern.
Das mit Persulfid übersättigte Salz wird wie das entsprechende
Kalisalz dargestellt i).
Natrium- Ammonium -Arsenpersulfid, Natrium- Ammo-
fiinmsulfarseniat, (dNfi4S. AsS5)4-(3NaS.AsS5), kann erhalten
werden durch Vermischen der Lösungen 'beider basischen Salze mit
wmem Alkohol und langsames Abkühlen, wobei es sich in kleinen viersei-
tigen Tafeln an den Gefässwänden absetzt. Noch leichter gelingt die
Barstellang, wenn man in der Lösung des basischen Natronsalzes in
iehr wenig kaltem Wasser die richtige Menge Salmiak auflöst und
biwülig verdunsten lässt, worauf das Salz in sechsseitigen gelblichen
Prismen anschiesst, welche an der Luft unveränderlich und in Wasser
nel löslicher sind als das Natronsalz. Bei der Destillation entweicht
Schwefelammonium und etwas Wasser , Natrium - Arsensulfid bleibt
nräck.
Die neutralen Salze, mit einander vermischt, trocknen zu einer
gelben Masse ein.
Natrium -Kalium -Arsenpersulfid, Natrium -Kaliumsulf-
»raeniat Wenn die Lösungen der Arsenpersulfidsalze beider Alkali-
metalle mit einander gemengt werden, so erhält man ein Doppelsalz,
welches in sehr regelmässigen , schwach gelblichen, vierseitigen Ta-
feln fcrystallisirt.
Nickel - Arsenpersulfid, Nickelsulfarseniat. In Nickel-
oxjdlösnngen entsteht, wenn sie nicht sehr verdünnt sind, sogleich ein
^elbranner, beim Trocknen schwarz werdender Niederschlag, wenn
nemit neutralem oder basischem Arsenpersulfid -Natrium versetzt wer-
^ Bei sehr verdünnten Lösungen zeigt sich zuerst nur eine gelb-
bnnne Färbung, später erst der Niederschlag.
Platinbisulfnret • Arsenpersulfid, Platinbisulfuretsulf-
^rieniat, PtS^.AsSs. Arsenpersulfid-Natrium, sowohl basisches wie
^Mitrales, fällt die Platinlösungen nicht, sondern färbt sie nur dunkel-
^i'nxaL Eisenvitriol fallt daraus eine schwarzbraune Materie und die
I^«mg wird farblos.
Qaecksilbersulfuret-Arsenpersulfid , Quecksilbersul-
faretsnlfarseniat, 2HgS . AsSs* Sowohl durch basisches wie durch
0 Pogg. Äxinal. B(L Ln, S. 289 nnd Bd. XC, S. 40.
330 Arsenwasserstoff.
neutrales Arsensulfid-Natriuin wird in Qnecksilberchlorid ein dunkelge
ber Niederschlag erhalten, der beim Trocknen seine Farbe behält. I
snblimirt unzersetzt und giebt ein zinnoberähnliches rothes Pulver.
Qaecksilbersnbsulfuret-Arsenpersalfid, Qnecksilbersul
Sttlfaretsulfarseniat, 2HgaS. AsSg, wird aus oxydfreien Losunge
mit schwarzer Farbe gefällt; war Oxyd vorhanden, so ist der Niederschla
braungelb und wird beim Trocknen dunkler. Bei der Destillation decr<
pitirt er heftig, Quecksilber entweicht, und bei höherer Temperati
snblimirt die vorher beschriebene Verbindung des Quecksilbersulforet
Silber-Arsenpersulfid, Silbersulfarseniat, 2AgS.A8S!
Sowohl das neutrale wie das basische Salz wird aus Silberlösungen m
brauner, beim Trocknen schwarz werdender Farbe gefällt, der Niedei
schlag setzt sich sehr langsam ab. Beim Erhitzen schmilzt er zu eine
glänzenden Metallkugel, ohne dass etwas sublimirt; sie ist geschmeidi
und lässt sich daher nicht pulvern. An offener Luft erhitzt bleibt nu
Schwefelailber zurück.
Ur ans esquisul füret- Arsenpersulfid, Uransesquisulfuret
sulfarseniat, 2U2S8.A8S5, ist ein schmutzig gelber Niederschlag, de
des basischen Salzes ist etwas dunkler. In einem Ueberschnss des Fäl
lungsmittels sind beide Niederschläge mit dunkelbrauner Farbe löslicli
Zink-Arsenpersulfid, Zinksulfarseniat. Das neutrale Sal
ist ein hellgelber, das basische ein noch blasser gelber Niederschlag
nach dem Trocknen erscheinen beide gleich pomeranzengelb.
Zirconium -Arsenpersulfid, Zirkonsulfarseniat. Zirkon
erdelösungen werden sowohl durch das basische wie durch das neutral«
Kalisalz niedergeschlagen, aber der Niederschlag bildet sich nicht so
gleich, er ist nass citronengelb, wird beim Trocknen pomeranzen-
färben. Säuren ziehen keine Zirkonerde aus, so wenig wie dieselbei
Schwefelzirconium verändern.
Ausser diesen Salzen sind noch untersucht: die Antimonverbin*
düng, welche einen brandgelben, leicht schmelzbaren Niederschlag
bildet; Chrom oxydsalze werden grün gefällt; die Kadmiumve^
bindung ist ein hellgelbes Pulver; das Strontiumsalz verhält sich
wie das Bariumsalz, die Yttrium Verbindung wie die des Beryllin m.
Sowohl die basische wie die neutrale Wismuth Verbindung bilden daii-
kelbraune, im Ueberschuss des Fällungsmittels lösliche Niederschläge.
Molybdänsäure wird durch Arsenpersulfid - Natrium nicht gefällt, auch
Vanadoxyd nicht-, aber die blaue Lösung wird entfärbt. {J.L. — V.)SchL
Arsenwasserstoff. Arsen bildet mit Wasserstoff zwei Ve^
bindangen, HsAs und H^As, von denen die eine gasförmig, die ändert
fest und pnlverförmig ist.
Ar8enwasserstoffgä.s, HsAs, ist bei gewöhnlicher Temperatur
ein Gas, das bei — 400C. tropfbarflüssig, aber selbst bei — llO^C. nock
nicht fest wird. Das specifische Gewicht ist, nach Dumas, 2,695.
Man erhält diese Verbindung rein, wenn Zinkarsenür (Arsenziok)
in Schwefelsäure, die mit ihrem dreifachen Gewicht Wasser verdüniil;
ist, aufgelöst wird; es kann über ausgekochtem Wasser aufgefangen
werden.
Das zur Bereitung des Arsenwasserstoffs dienende Arsenzink he*]
reitet man, nach Soubeiran^s Vorschrift, am besten auf die Weis^j
dass man gleiche Theile fein granulirtes Zink und zerstossenes Arsen
j
Arsen Wasserstoff. 331
in einer thönemen Retorte (oder einem bedeckten Tiegel) erhitzt Bei
der Vereinigung beider Metalle wird so viel Wärme frei, dass die
Hasse schmilzt. — Bei der Darstellung des Gases ans dieser Verbin-
dung dorch üebergiessen mit der verdünnten Schwefelsäure in einem
Gasentwickelungsapparat kann man bei der furchtbaren Giftigkeit des-
selben nicht genug Vorsicht anwenden, dass keine Gasblase frei in die
Atmosphäre austritt. Durch Versäumen der nöthigen Vorsicht und
Einathmen dieses Gases haben bereits mehrere Chemiker ihr Leben
yerloren, unter ihnen namentlich Gehlen (1815).
Das Gas besitzt einen höchst unangenehmen eigenthümlichen Ge-
raeh. Eb ist leicht entzündlich und brennt mit bläulicher Flamme.
Die gelbliche Flamme des gewöhnlichen Wasserstoffgases wird bei einer
geringen Einmischung von Arsenwasserstoff bläulich.
Leitet man das Gas durch eine nicht zu weite Glasröhre, welche
an irgend einer Stelle zum schwachen Glühen erhitzt wird , wozu die
Flamme einer Weingeistlampe hinreicht, so zerlegt sich das Gas voll-
ständig in Wasserstoffgas und in Arsen, welches sich in der Richtung
des Gasstroms jenseits des glühenden Theils als schwarzer , metallisch
glänzender Bing absetzt. 2 Vol. Arsen wasserstoffgas geben hierbei
3 YoL Wasserstoffgas.
Leitet man die Flamme von brennendem Arsenwasserstoff auf
dnen glatten kalten Körper, eine Porcellan-, Glasfläche etc., so ver-
Ivennt der Wasserstoff, und das ausgeschiedene Arsen setzt sich auf
den Gegenstand ab und überzieht die Oberfläche desselben mit einem
schwarz metallisch glänzenden Anflug, welcher in Salpetersäure und
mterchlorigsaurem Natron leicht löslich ist.
A Die gleiche Erscheinung zeigt Wasserstoffgas nur wenn ihm Ar-
senwasserstoff beigemischt ist.
Alles Wasserstoffgas ist gemischt mit mehr oder weniger Arsen-
wasserstoffgas, wenn es sich aus einer Flüssigkeit entwickelt, welche
die kleinsten Mengen arseniger Säure enthält Wenn also arsenhaltiges
Zinn oder Zink in reiner Salzsäure gelöst und das sich entwickelnde
Gas durch eine an einer Stelle glühende Glasröhre, oder die Flamme
des brennenden Gases auf eine kalte Porcellanfläche geleitet wird, so
wird jetzt ein schwarzer metallischer Anflug entstehen. Dasselbe findet
statt, wenn arsenhaltige Salzsäure mit reinem Zink zusammengebracht
wird. Bei Prüfungen dieser Art, wo Eisen oder Zinn oder andere Me-
talle zur Entwickelung des Wasserstoffgases angewandt werden, muss
das Gas vorher durch eine mehrere Zoll lange, mit lockerer Baum-
wolle angefüllte Glasröhre geleitet werden, um die durch die Heftigkeit
der Gasentwickelung mit fortgerissenen Tröpfchen der Flüssigkeit zu-
rfickzuhalten ; im entgegengesetzten Falle erhält man leicht schwarze
Anflüge von metallischem Eisen, Zinn etc., die an ihrem Verhalten zu Sal-
petersäure und Schwefelammonium übrigens leicht erkannt werden können.
Wird das Arsenwasserstoffgas über ein glühendes Metalloxyd ge-
lotet, so wird dieses durch den Wasserstoff reduoirt und das Arsen
▼erbindet sich vollständig mit dem Metall. Es ist dies die leichteste
Methode, das Arsen in einem Gase zu bestimmen, in dem es als Arsen-
wasserstoff enthalten ist, besonders ist hierzu glühendes Knpferoxyd
geeignet
Zinn, Kalium, Natrium, in dem Gase erhitzt, verbinden sich mit
dem Arsen und lassen reines Wasserstoffgas zurück.
332 Arsenwasserstoff.
AuB den Salzen der sogenannten edlen Metalle fallt der Arsen-
Wasserstoff das Metall regulinisch, unter Bildung von Wasser und arse-
niger Säure.
Manganoxydul, Zinnoxydul und Eisenoxydulsalze werden davon
kaum verändert, aus den meisten übrigen Metallsalzen schlägt der Ar-
senwasserstoff Arsenide dieser Metalle nieder, indem sein Wasserstoff
das Oxyd zu Metall reducirt, welches mit dem Arsen in Verbindung
tritt. Die Salze derjenigen Metalle, welche von Säuren unter Wasser-
stoffentwickelung aufgelöst werden, erleiden, nach Soubeiran, keine
Veränderung ihrer wässerigen Losung, wenn Arsenwasserstoffgas hin-
durchgeleitet wird. Nach H. Rose ist der Niederschlag, welcher sich
bildet, wenn das Gas durch überschüssige Quecksilberchloridlosung ge-
leitet wird, eine unlösliche Verbindung von Arsenquecksilber und
Quecksilberchlorid , Hgs As -f- 3 Hg Gl. Wird dieser Niederschlag, in
Wasser vertheilt, mit Arsenwasserstoffgas geschüttelt, so wird al-
les Quecksilberchlorid zersetzt und es bleibt reines Arsenquecksilber,
HggAs.
Kupferoxydlösungen absorbiren das Gas unter Zersetzung vollkom-
men; dieses Metall dient, um seine Reinheit, d. h. Einmischungen
fremder Gase, die nicht davon absorbirt werden, zu entdecken.
Körper, die zum Wasserstoff grössere Verwandtschaft haben, zer-
legen den Arsenwasserstoff augenblicklich, indem sie sich mit dem
Wasserstoff verbinden, wobei Arsen abgeschieden wird. Bei Ueber-
schuss des zersetzenden Körpers verbindet sich dieser mit dem frei-
gewordenen Arsen. Auf diese Weise verhalten sich Chlor, Jod und
Brom, femer Phosphor und Schwefel; die letzteren, wenn sie
zum Schmelzen erhitzt werden. Salpetersäure, Schwefelsäure,
luft haltendes Wasser etc. zerlegen das Gas durch Oxydation des
Wasserstoffs. Viele Chloride in wässeriger Auflösung verhalten sich
gegen Arsenwasserstoff, wie Chlor für sich allein.
Das beste Mittel, um Arsen aus dem Arsenwasserstoff in fassbare
Form zu bringen, ist, ausser der Abscheidung des Arsens durch Er-
hitzen, eine Lösung von Goldchlorid oder salpetersaurem Silberoxyd.
Die erstere zerlegt, nach Jacquelain, das Gas vollständig und leicht
in sich abscheidendes Metall und arsenige Säure, erhitzt man die Flüs-
sigkeit mit schwefliger Säure, so wird der Ueberschuss des Goldes ge-
fällt, so dass nur arsenige Säure und Schwefelsäure in derselben vor-
handen sind. Wendet man statt des Goldchlorids, salpetersaures Sil-
beroxyd an, so ist das überschüssige Silber durch Salzsäure oder Chlor-
natrium zu entfernen. Das Antimon wasserstoffgas, welches etwa dem
Arsenwasserstoff beigemengt ist, geht nicht in Lösung, sondern fällt das
Silber als Antimonsilber (vergl. Antimonwasserstoff S. 143).
Arsenwasserstoff, fester Wasserstoffarsenik. H^As. Bei
der Auflösung von Kalium- und Natrium -Arsenür in Wasser erhiel-
ten Gay-Lussac und Th^nard weniger Wasserstoffgas, als das Ka-
lium für sich entwickelt haben würde; es schied sich dabei ein brau-
nes Pulver ab, das diese Verbindung von Arsen mit Wasserstoff sein
soll. Dies ist bis jetzt der einzige Weg, diese Verbindung darzu-
stellen. Durch Glühen wird sie zersetzt in Wasserstoff und Arsen.
Davy giebt an, eine ähnliche Verbindung erhalten zu haben bei
elektrolytischer Zerlegung von Wasser unter Anwendung von Arsen
als negative Elektrode. Magnus erhielt so nur eine Spur eines festen
Arsid. — Arterienhaut. 333
Wasserstoffarsens, und Soubeiran, der wie Magnus eine schwache
Siole anwandte, erhielt kein solches Prodnct. (J. L. — F.) Schi,
Arsid. So bezeichnet L. Gmelin^) nach Laurent den dem
hypothetischen Amid entsprechenden Arsenwasserstoff, 112^3, welchen
man frQher wohl in den organischen Arsen Verbindungen anzunehmen
geneigt war (s.' Arsenradieale, organische).
Artanitin ist ein sehr unvollständig bekannter Körper aus
deo froher als Radicea Ärtamtae ofiieinellen Wurzeln von Cyclamen euro^
foeim. Der Korper ist von Saladin^) zuerst dargestellt und soll sich
nach ihm in geringer Menge in den Wurzeln von Primula veria^ von
AmagaUia caroeruis^ und von Lmoaeüa aquaäca finden* Es ist nach Sa-
Udin, auch von Buchner und von Herberger') untersucht In
Denester Zeit hat de Luca^) aus den Wurzeln von Cyclamen einen
eigenthümiichen Körper dargestellt, den er als Cyclamin beschreibt,
und der von Saladin's Artanitin in wesentlichen Eigenschaften sich
verschieden zeigt, der daher als Cyclamin (s. d. Art.) besonders be-
schrieben werden soll.
Herberger stellt das Artanitin dar, indem er die frischen Wur-
zeb von Cyclamen mit kaltem Weingeist auszieht, den Auszug in ge-
linder Wärme abdampft, den Rückstand erst mit Aether (zur Fortschaf-
fong von Wachs) und dann mit kaltem Wasser (zur Befreiung von
einem bitteren Extractivstoff) wäscht, hierauf in warmem Alkohol löst,
die Losung mit gereinigter Thierkohle schüttelt und bei sehr gelinder
Wärme abdunsten lässt, wobei Artanitin sich in Krystallen abscheidet
So dargestellt, bildet es zarte weisse Nadeln, die geruchlos sind,
üuaerst scharf und brennend, nicht bitter schmecken, äusserlich auf die
Haut nicht wirken, innerlich in der Dosis von einigen Granen aber
Brechen und Stuhlausleerungen bewirken. Es reagirt weder sauer noch
^lisch, ist nicht sublimirbar, sondern zersetzt sich in der Hitze; es
ist unlöslich in Aether und in fetten und ätherischen Gelen ; leicht lös-
üch dagegen in Alkohol. Vom kalten Wasser erfordert es 500 Thle.
ZV Losung; Säuren begünstigen diese Lösung, ohne es zu sättigen.
Salpetersäure verwandelt es in Oxalsäure. Concentrirte Schwefelsäure
lersetEt und färbt es, kalt oder wenigstens in gelinder Wärme, sehr
lebhaft violettroth, in grösserer Hitze es verkohlend. Durch Sieden
Miner Lösungen in Wasser oder Alkohol verliert es seine Schärfe und
>^e Leichtlöslichkeit in Alkohol. Diese Zersetzbarkeit ist Ursache
^ geringen Wirksamkeit und des milden Geschmacks der trockenen
Wnrxehi von Cyclamen. (p.) Fe.
Arterienhaut. — Von chemischen Bestandtheilen der Ar-
^^rienhaot kann, da die letztere aus thierischen Geweben sehr verschie-
^er chemischer, wie physiologischer Dignität gebildet wird, da femer
ui chemischer Hinsicht über die constituirenden Gewebe wenig mehr
^nnt ist als ein Theil der Producte ihrer Zersetzung unter ziemlich
^genau ermessenen Einflüssen, nur in sehr unbestimmter Form die
^^ sein.
^ HftDdbach der organiHchen Chemie. Bd. II, S. 50. — *) Journ. de chim.
«ei T. VI, p. 417. — ») Büchners Repert. Bd. XXX VII, S. 86. — *) Compt.
'«l de r«CÄd. T, XLIV, p. 723; Journ. f. prakt. Chem. Bd. LXXI, S. 330.
334 Arterienhaut.
Die drei wesentlichsten histologischen Elemente der Arterienhaat
sind das elastische Gewebe, die contractile Faserzelle und das Binde-
gewebe oder leimgebende Gewebe, die ersteren beiden unter einander und
mit geringeren Mengen der Bindegewebmasse gemischt als vorzugsweise
Constitaentien der inneren Schichten des Gefässrohres, das letztere als
fast ausschliesslicher Bestandtheil der äusseren Gefässschicht, das &e-
fässrohr verbindend mit den verschiedenen von ihm darchlaufenen
Parenchjmen.
Chemisch unterscheiden sich die genannten drei Gewebsformen
hauptsächlich dadurch, dass, während das elastische Gewebe der Ein-
wirkung von Säuren und Alkalien lange Zeit widersteht, und nach an-
haltender concentrirter Anwendung jener Reagentien, namentlich der
Schwefelsäure, direct in eines der allgemeineren Zersetzungsprodacte
thierischer Gewebe, das Leucin, und zwar mit besonders massenhafter
Bildung dieses Korpers, übergeht^), aus der contractilen Faserzelle
schon durch Einwirkung jener Reagentien im verdünnten Zustande ein
fibrinähnlicher, auch aus der sogenannten animalen oder quergestreiften
Muskelfaser darstellbarer Stoff, das Syntonin, und aus dem Bindege-
webe endlich, durch Kochen, vorzugsweise Glutin gemacht werden kann.
Die chemische Stellung dieser drei vorwiegenden Umsetzungspro-
ducte der drei anatomischen Bestandtheile der Arterienhaut ist jedoch
keine parallele. Das Syntonin, ein eiweissartiger und dem Albumin
und Blutfibrin in seiner Zusammensetzung und wahrscheinlich (worüber
noch keine Untersuchungen vorliegen) auch in seinen Zersetzungspro-
ducten nahe stehender Körper, scheint, nach dem jetzigen Stande der
Untersuchungen , zu dem gereinigten elastischen Stoff ungefähr in dem
Yerhältniss zu stehen, wie lösliches Eiweiss zu coagulirtem. Der Leim,
das Product der Zersetzung des Bindegewebes durch siedendes Wasser,
wird von der Zoochemie, wenn auch als verwandt mit den Prot^nstof-
fen erkannt, ausser ihrer Reihe verlegt Auch seine Zersetzung darch
dieselben stark wirkenden Agentien, die, aus elastischer Faser fast aus-
schliesslich, aus Syntonin höchst wahrscheinlich wenigstens theilweise,
Leucin entstehen lassen, führt zur reichlichen Bildung dieses Körpers,
neben flüchtigen Fettsäuren und flüchtigen organischen Basen, Ani-
lin, Picolin etc.
Auf die chemischen Eigenschaften der die Arterienhaut zusammen-
setzenden Gewebe gründet sich der genauere mikroskopische Nachweis
der einzelnen. Die Fasern der elastischen Haut bleiben unversehrt
und geben ein deutliches mikroskopisches Bild, wenn man durch con-
centrirte Lösungen von Kali oder Natron, oder durch massig concen-
trirte Schwefelsäure auf dem Objectträger die organische Muskelfaser
und das Bindegewebe aufquellen macht und schliesslich löst. Die ab-
präparirte und am frischen Object von Bindegewebe nicht deutlich
unterscheidbare Muskelhaut (contractiles Gewebe) wird durch Einwir-
kung von Salpetersäure, mit intensiver Gelbfärbung (die dem Binde-
gewebe unter gleicher Einwirkung abgeht), in ihre einzelnen länglich
lanzettförmigen, zelligen Elemente zerspalten. Das Binde- oder leim-
gebende Gewebe quillt durch verdünnte Essigsäure schon zu einem
homogenen gallertigen Klumpen auf.
Von der Venenhaut unterscheidet sich die Arterienhaut naraent-
^) Zollikofer, Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXXXUf S. 168.
Artischocke. — Artocarpus incisa. 335
lieh durch die grössere Dicke ihrer, vorzugsweise durch elastisches
Gewebe und organische Muskelfasern gebildeten, inneren Hautschichten.
Die häufig beobachteten Entartungen der Arterienhaut, bekannt
unter dem Namen der atheromatösen Degeneration, bestehen in Abla-
gerungen an Kalksalzen reicher Detritusmassen thierischer Gewebe,
anter deren organischen Bestandtheilen Fette und Cholestearin vor-
wiegen. V^r,
Artis chocke. Verdell ij hat den grünen Farbstoff der Arti-
aehoeken und anderer Pflanzen aus der Familie der Synanthereen unter-
ncht, und giebt an, dass er vom Chlorophyll verschieden sei. Er bilde
lieh bei Einwirkung von Luft, Wasser und Ammoniak auf die zerklei-
oerteo Pflanzentheile ; die schön grün gewordene Flüssigkeit giebt mit
Eidgaaure gefällt einen voluminösen grünen Niederschlag, der nach
^m Trocknen dem Indigo gleicht, mit reinen wässerigen Alkalien
aber schön grüne Lösungen giebt.
Die Asche der Artischocken ist von Th. Richards on 3), die der
«iosehien Theile der Pflanze sind von Way und Ogston') bestimmt.
Nach Richardson giebt die Artischocke im frischen Zustande
lil7 Proc, getrocknet 6,2 Proc. Asche; Way und Ogston fanden in
^ Wurzeln, Stengeln und Blättern der Jerusalem-Artischocke im fri-
schen Zustande 1,79, 1,94 und 15,00 Proc; in der trockenen Sub-
stanz 12,2, 4,4 und 28,3 Proc. Asche. Die Bestandtheiie der Asche
and:
Jerasalem- Artischocke *)
Artischocke*}
Wurzeln^
Stengel
Blätter
Kali
24,0
55,9
38,4
6,8
Natron . . .
. 5,5
—
0,7
3,7
Kalk ....
9,6
3,3
20,3
40,1
Magnesia . . <
. 4,1
1,3
1,9
2,0
Schwefelsäure
5,2
3,8
3,2
2,2
Kohlensäure . .
11,8
25,4
24,3
Phosphorsäure .
. 36,2
16,7
3,0
0,6
Elieselsäure . .
. 7,0
1,5
1,5
17,5
Eisenoxyd . .
0,5
0,9
1,1
Chlorkalium . .
5,0
—
Chlornatrium
. 3,6
—
4,7
1,8
Phosphorsaures
Eisenoxyd .
. 4,8
—
f 1 »T 1 r\ ^ ^4. T
•• .„! .tT^
__1_»_L
-_ A •_
_1 _— A
n,
— Fe.
BU)ff und Wasserstoff in geraden Zahlen bestehenden Radicale CqH;
^ R eine gerade Zahl ist.
Artocarpus incisa, der auf den ostindischen Inseln ein-
heimische Brotfruchtbaum, dessen Früchte 14 Proc. Stärkmehl, 3 Proc.
Zweigs, 19 Proc. Kleber und Holzfaser, und 63 Proc. Wasser enthal-
^ sollen.
^) Compt. rend. de l'acad. T. XLI, p. 588; Journ. f. prakt. Chem. Bd. LXVII,
S. 264. — «) Ännal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXVII, Tabelle. — ■) Joum. of the
^ ^c. Soc. of England. T. YII [2.] p. 698; Jahresber. t. Liebig n. Kopp
l^S, 8. 675.
336 Arum esculentum. — Asa foetida.
Arum esculentum. Die frischen Knollen dieser Pflanxc
geben, nach Herapath^) 1,65 Proc. Asche, welche in 100 enthält
61,7 in Wasser lösliche Bestandtheile :
Kali 45,1; Chlomatriam 8,1; Schwefelsäure 3,8; Phosphorsäure 4,7
38,2 in Wasser unlösliche Bestandtheile:
Kalk 18,3; Eisenoxjd 1,1; Schwefelsäure 1,3; Phosphorsäure 11,4
Kieselsäure 6,1. Fe,
Arummaculatum. Die frische Wurzel enthält einen schar
schmeckenden Milchsaft, der auf der Haut Entzündung erregt; er \m
aber so flüchtig oder leicht zersetzbar, dass er in der trockenen War
zel nicht mehr vorhanden ist; diese soll 71 Proc. Stärkmehl neb«i
23 Proc. Gummi und Pflanzenschleim enthalten. * Fe,
Arundo phragmites. Die trockene Pflanze giebt 4,7 Pro«
Asche, welche nach Schulz-Fleeth ^) in 100 enthält: Kali 8,6
Kalk 5,9 ; Magnesia 1,2 ; Eisenoxyd 0,2 ; Schwefelsäure 2,8 ; Kiesel
säure 71,5; Kohlensäure 6,6; Phosphorsäure 2,0; Ghlomatrinni 0,4.
Fe.
Asa duleis s. Benzoe.
Asa foetida^) Gummi Asae foetidae^ Stinkasant, Tcu
felsdreck. Die Äaa foetida ist ein sogenanntes Schleim- oder Gummi
harz, welches durch Einschnitt in die Wurzel der Ferula Asa foetida
einer in Persien in den Gebirgen von Chorassan und Laar, sowie ü
Syrien und Lybien vorkommenden Umbellifere, und Eintrocknen de
ausfliessenden Milchsaftes gewonnen wird. Doch hat man Grund, an
zunehmen , dass die Aaa foetida auch aus anderen Ferulaceen , so au
Ferula persica (Pope), welche den Geruch des Stinkasants in hoben
Grade besitzt, stammt. Royle glaubt fetner, dass Prangos pcUndarit
eine von den Silphionarten der Alten, und eine in Ostindien namentlicl
in Thibet vorkommende Umbellifere ebenfalls Asa foetida liefere.
Pereira unterscheidet drei in den Handel kommende Varietätei
di&c Asa foetida» 1. Asa foetida in granis oder lacrymis^ wahracbein
lieh von Fenda persica abstammend, und ziemlich selten; 2. Asa foe
tida in massis^ von Ferula Asa foetida^ die gewöhnliche Sorte, un<
*6, Asa foetida petraea. Die Asa foetida in granis bildet rundliche breit
gedrückte kleinere Stücke oder Thränen, die Asa foetida in massis grösser
unregelmässige Stücke. AeusserUch sind dieselben gelblich- bis röthlich
braun, auf dem Bruche muschelig, weisslich oder weiss und von Wachs
glänz. Durch die Einwirkung des Lichtes und der Luft werden die frische]
Bruchflächen nach wenig Stunden violettroth bis pfirsjchblutroth gef ärbl
Der Stinkasant besitzt Wachsconsistenz, ist schmelzbar, erweicht schoi
in der warmen Hand und ist brennbar. Er besitzt einen ekelhafte;
knoblauchartigen Geruch (daher der Name Teufelsdreck), und einei
bitterscharfen widerlichen Geschmack. Gleichwohl benutzen ihn einig
*) Qaart. Joarn. of ehem. Soc. T. III, p. 198; Annal. d. Cbciii. u. Pharm. B<
LXXVI, S. 883. — «) Pogg. Annal. Bd. LXXXIV, S. 80.
*) Literatur: Pope, Phil. Transact. Bd. LXXV. — Koyle, Illuetr. S. 2SS
— Pelletier, Ballet, de pharm. Vol. III, p. 556. — Brandes, Rcpert. Bd. VIJ
S. 1. — Trommsdorff, TrommsdorflTs neues Journ. Bd. II, S. 137. — Angelioi
Brandes' Arcb. Bd. XXII, S. 142. — Zeise, Schweigg. Jonrn. Bd. XLYI, S. 324
«Johnston, Phil. Mag. Dec. 1838; Journ. f. prakt Chem. Bd. XVI, S. 611.
Asa foetida - Oele. 337
asiitische Stämme als Gewürz zu ihren Speisen. Der Stinkasant ist
löslicher in Weingeist als in Wasser, und giebt mit Wasser der De-
stillation unterworfen ein schwefelhaltiges ätherisches Oel. Nach den
Analysen von Pelletier, Trommsdorff, Brandes und Hlasiwetz
sind die wesentlichen Bestandtheile der Aaa foetida; Äaa foetida'H&rz^
Pflanzengumroi, Bassoriui, ätherisches Oel und saurer äpfel-
laorer Kalk nebst Cellulose und anorganischen Salzen. Pelle-
tier fand in 100 Th\n. Asa foetida: Harz 05,00, Gummi 19,44, Bassorin
11,16, flüchtiges Oel 3,60, äpfelsauren Kalk und Verlust 0,30. Das
Harz des Sdnkasants ist schwefelirei, es löst sich in Weingeist auf und
wird aus der weingeistigen Lösung durch Wasser ausgeschieden. £s
ut, nach Johns ton nach der Formel C4ofis6 0io zusammengesetzt und
fiürbt sich unter der Einwirkung der Sonnenstrahlen violett. Nach
Brandes enthält der Stinkasant zwei Harze, ein in Aether lösliches,
und ein darin unlösliches. Zur Gewinnung des Harzes zieht man die
Ata foetida mit Weingeist aus und destillirt den grössten Theil dessel-
ben ab. Die zurückbleibende concentrirte Lösung des Harzes wird
mit Wasser vermischt, wodurch sich das Harz als ein gelblichweisser
fut geruchloser Niederschlag abscheidet. Von conoentrirter Schwefel-
liore wird es mit grüner Farbe gelöst und durch Wasser aus die-
ser Losung in rothen Flocken wieder ausgeschieden. Wird das Harz
ms einer Retorte destillirt, so verliert es zuerst das ihm anhängende
Wagser und etwas ätherisches Oel, schäumt dabei stark und entwickelt
Schwefelwasserstoff. Hierauf siedet es ruhig, wird tief braun, und es
gehen hierauf Oele über, welche nacheinander grün, blau, violett und
roth gefärbt sind und mehr oder minder aromatisch riechen. Aus dem
violetten Theile nimmt Kalilauge einen Antheil auf, der sich an der
Loft intensiv roth färbt. Wird die Kalilauge , welche zum Waschen
der Destillations producte gedient hat, mit verdünnter Schwefelsäure
(lestillirt, so geht unter Entwickelung von Schwefelwasserstoff eine
rauchige Flüssigkeit über, die etwas ätherisches Oel enthält, welches
schwerer als Wasser ist und von einem Gehalte an Ameisensäure und
£nig8äure sauer reagirt. (Hlasiwetz). Die Asa foetida findet als
Arzneimittel Anwendung. G B.
Asa foetida-Oel. Die Asa foetida verdankt ihren eigenthüm-
lieheo Geruch einem schwefelhaltigen ätherischen Oele, welches durch
Deitillation der Asa foetida mit Wasser aus Glasgefässen gewonnen
Verden kann. 100 Thle. Asa foetida geben ungefähr 3 Thle. Oel.
Danelbe ist von Hlasiwetz i) näher untersucht worden. Die beste
Methode zur Gewinnung des Oeles besteht darin , dass man deu Stink-
a^nt, in kleinere Stücke zerschlagen, mit Wasser aus grossen Glas-
^Iben, die in einem Kochsalzbade erhitzt werden, unter passender Ab-
i^öhlung der Destillation unterwirft. Wird das Oel aus Metallgefässen
^^^tiUirt, so laufen letztere von gebildetem Schwefelmetall schwarz an,
^ Oel iat dann dunkel von Farbe und der Bückstand in der Blase
brennt leicht an. Das aus Glasgefässen destillirte Oel dagegen ist
gläch vom Anfang an lichtgelb, dünnflüssig, hell, von penetrantem
sehr widrigen und äusserst fest haftenden Asagernch, und kann nach
^) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXI, 8. 28.
Baad«Mert>aeh d«r Chemie. 3tc Aufl. Bd. U. 22
338 Asa foetida - Oele.
dem Trocknen über Chlorcalcium zu allen weiteren Veraachen sofort
ohne weitere Reinigung verwendet werden.
Dus Asa foetida-Oel i6t in starkem Weingeist und Aether sehr leicht
löslich^ in nicht unbedeutender Menge auch in Wasser, besitzt eineo
anfangs milden , hintennach kratzenden Geschmack, wirkt nicht wie
andere schwefelhaltige Oele hautröthend, und reagirt neatral. Beim
Stehen entwickelt es beträchtlich Schwefelwasserstoff, eine Eigenschaft,
welche auch die Äaa foeüda selbst besitzt. Es erstarrt in einer Kälte-
mischung weder ganz noch theilweise, und zersetzt sich beim Kochen,
welches zwischen -f- 135^ bis 140^ C. beginnt, unter fortwährender
Seh wefeiwasserstofientwickelung .
In frischem Zustande ist das Oel sauerstoffirei, and besteht aus
Kohlenstoff, Wasserstoff und Schwefel. Bei längerem Stehen an der
Luit und in schlecht verschlossenen Gefässen wird es sauer und ver-
ändert ein wenig seinen Geruch. Es ist Hiasiwetz nicht gelangen»
bei der Analyse des Oeles übereinstimmende Zahlen zu erhalfen (Oel
von verschiedenen Bereitungen gab 64,2 bis 69,3 Kohlenstoff, 9,1 bis
10,5 Wasserstoff und 20,2 bis 25,4 Schwefel), unzweifelhaft, weil es
ein Gemenge ist von CigHuSg und Ci^HnS in wechselnden Verhält-
nissen, d. i. ein Gemisch verschiedener Sulfurete eines dem Allyl ho-
mologen Badicals CigHn.
Bei Destillation des Oeles in einem Strome von A.mmoniakgas
setzen sich bei IbQ^ C. im Halse der Retorte Krystalle von Schwefel-
ammonium ab. Dasselbe bildet sich auch durch blosses Einleiten vod
Ammoniak in rohes Oel.
Beim Erhitzen des Oeles mit Einfach-Schwefelkalium fin-
det bei 1500C., mit Fünffach-Schwefelkaliam bei 1 8 5^ C, lebhafte
Schwefelwasserstoffentwickelung statt, während das Oel von aufgelöstem
Schwefel immer dunkeler wird.
Salzsaures Gas färbt das Oelroth, violett, endlich schwarz, and
macht es dickflüssig. Aehnlich wirkt Chlor unter Entwickelung von Ssli-
däure, Chlorschwefel und Bildung einer theerartigen Masse.
Salpetersäure, Chromsäure, Natron-Kalk und Aetznatron
bewirken Oxydation des Oeles.
Kalium veranlasst Gasentwickelung und Bildung von Schwefel-
kalium. Der Schwefelgehalt des rückständigen Oeles ist zuweilen bis
auf 9,4 Proc. vermindert, und das Oel zeigt einen anderen aromatischen
Geruch. Löst man das gebildete Schwefelkalium in wenig Wasser auf
und sättigt mit Essigsäure, so nimmt man, wenn die Schwefelwasser-
stoffentwickelung nachgelassen hat, einen anffallenden Zimmtgerach
wahr.
Mit einem Ueberschuss von Silberoxyd bildet das Oel ein
schwarzes schon bei 100<^ C. ins Kochen kommendes Gemisch. Dabei
wird Wasser und Schwefelsilber gebildet. Das davon abdestillirte Oel
besitzt eine mit dem rohen Oele übereinstimmende Zusammensetzung
und enthält namentlich nicht weniger Schwefel. Hiasiwetz fand dann
65,64 und 65,57 Kohlenstoff, 10,00 und 10,29 Wasserstoff, und 24,81
Schwefel Er glaubt, dass durch das Silberoxyd ein Theil des Oeles
oxydirt wird, während der andere unverändert bleibt. Die Oberfläche
des Glaskolbens, worin der Versuch angestellt wurde, war mit einem
Silberspiegel überzogen, wahrscheinlich durch Einwirkung der gebilde-
ten Ameisensäure.
Asa foetida-Oele. 339
Die weingeistige AnflösuDg des rohen Oeles giebt mit Platin-
jehlorid je nach der Concentration und Temperatur der Flüssigkeiten
jmid der Zeit der Einwirkung verschieden zusammengesetzte gelbe oder
;inane Niederschläge*, welche, nach Hlasiwetz, Gemenge sind von
PbtiDsnlffir nnd Platinsulfid mit Ci^HnSs . PtS^ und CiaHnGl^.
PtO,.
Concentrirte alkoholische Lösungen von rohem Oel und Queck-
silberchlorid geben einen weissen (später durch Schwefelquecksilber
|nn werdenden) Niederschlag. Die Flüssigkeit riecht knoblanchähn-
Beh and reagirt sauer, zugleich bildet sich durch Einwirkung von Salz-
fiart auf das Oel eine etwas schmierige Masse. Kocht man den weissen
Miederschlag mit starkem Weingeist aus, so scheiden sich beimErkal-
va der filtrirten Lösung leichte schön weisse, seidengl&nzende Krjstalle
aas, welche in Wasser unlöslich sind, Quecksilber und Chlor enthalten,
Wim Erhitzen unter Bräunung einen stechenden Knoblauchgeruch ent-
vickeln und endlich mit blauer Schwefelflamme ohne Bückstand ver-
krennen. Die Analyse dieser Verbindung i) führte zu der Formel:
(C„H,iS, + 5HgS) + (C,gHi,€l, -f Hg€l).
I Die Analyse des in Weingeist unlöslichen Theiles des Qnecksilber-
I liedenchlages , der mit Kalilauge Übergossen schwarz wird, zum Be-
veiie, das« er Quecksilberchlorür enthält, führte zur Formel:
C„ Hu Sb + 2 HgS) + 4 (Hg, €l) + 4 (Hg, S, €l).
I Beim Behandeln einer der Quecksilberverbindungen mit Rbodan-
Uimn, und Destilliren, wird etn Oel erhalten, welches ähnlich dem
Senf 51 riecht, und wie dieses, mit Ammoniak eine krystallinische Ver-
Undang giebt, die aber nach den Versuchen nicht Allyl (CeHs), son-
dern wahrscheinlich das homologe Badical C12 Hu enthält.
Durch wiederholte Einwirkung eines concentrirten Gemisches von
Bleioxyd und Kali, welches man durch Eintragen von Bleiglätte in
kochendes Kali erhält, auf das rohe Äsa foeUda-Oel und Destillation,
»wie durch längeres Digeriren des rohen Oeles mit feuchtem Blei-
oxjdhydrat, ferner durch längeres Einleiten von schwefliger
Slore stellte Hlasiwetz Zersetzungsproducte' des Äsa /o«(tVia-Oele8
^1 leichte aromatisch riechende schwefelhaltige Oele , von gleicher
pneentischer Zusammensetzung, welchen er die Formel C49M44S9
fKOt.
Lässt man rohes Asa foeÜda-Oel tropfenweise auf Natron-Kalk
&U«n, welcher in einer Retorte auf '200^ C. erhitzt ist, so destiUirt
Cialis ein aromatuches Oel von der Formel C48II44S9 über, es ent-
^ckelt sich etwas Schwefelwasserstoff und im Rückstände finden sich
>n Natron und Kalk gebunden Valeriansäure und Propionsäure, wel-
cW dorch Destillation des wässerigen Auszuges des Rückstandes mit
▼eTdanoter Schwefelsäure übergehen. Diese beiden Säuren finden
sich auch in dem bei der Darstellung des rohen Äsa foeÜda-Oeles mit
überdestillirenden Wasser, so wie im Retortenrückstande. Sie müssen
0 HlftBiwetz n«hm frtther fllr das in der Quecksilberverbindnng enthaltene
^ & Formel C|,H-io ^t = 2C|, H^ . S an, also eine Allyiverbindung sei entstanden
*" ^itKii dorch Spalten des Radicals nnd Austreten von Wasserstoff. Noch spä-
^n Versuchen (nach Privatmittheilnng) nimmt er wohl mit grösserem Rechte an,
^ Aas Oel das unverllnderte Badical C^, Su enthalte. D. Red.
22*
340 Asant, stinkender. — Asarin.
von einer partiellen Zersetzung des Oeles herrühren, da weder Hai
noch Gummi des Stinkasants bei der trockenen Destillation dieselbe
lieferten, wohl aber Ameisensäure und Essigsäure.
Setzt man in einer Retorte das Oel der Einwirkung von Aet]
natron bei einer Temperatur von 120^0. aus, 00 werden von denSii
ren der Fettsäurereihe ebenfalls nur Ameisensäure und Essigsäure g
bildet, es entwickelt sicli viel Schwefelwasserstoff <, es destillirt etwi
unzersetztes und ein lavendelartiges leichtes Oel, welches letzter
nach Hlasiwetz, die Zusammensetzung CgeHssSj hat.
Concentrirte Salpetersäure wirkt auf das rohe Äsa/oeÜda-O
sehr heftig ein, und es findet dabei beträchtliche Erwärmung statt, d
sich bis zur Entzündung steigern kann. Bei gut geleitetem Verfahre
durch nur allmäliges Eintragen der Säure und nur zuletst angewei
dete Siedhitze erhält man eine orangegelbe Flüssigkeit, die, mit Was«
verdünnt, ein Harz absetzt. Im Destillat findet sich Propionsäure 111
Essigsäure, aus dem Rückstand krjstallisirt Oxalsäure. Diurch Eil
Wirkung von mit etwas Wasser angerührter Chromsänre auf di
Oel werden ähnliche Zersetzungsproduete erhalten. Das Destillat cd
hält Ameisensäure, Essigsäure und Propionsäure^ während etwas schwe
lige Säure und Schwefelwasserstoff entweicht
Es entstehen sonach durch Einwirkung von Oxydationsmitteln ai
AsafoeUda-Oel eine ganze Reihe von Säuren, nämlich Oxalsäure, Arne
sensäure, Essigsäure, Propionsäure, Valeriansäure. Hlasiwetz mad
darauf aufmerksam, dass die letztere Säure, welche sich so leicht ai
dem Asa foetida-Oel bildet, in mehreren Species der Umbelliferen , 2
welcher Familie auch Ferula gehört, vorkommt, die Wurzel der An
gelica elithält neben Angelicasäure auch Valeriansäure, das in Ätht
manta Oreoselinum enthaltene Athamnntin ist eine Verbindung vo
Oreoselon mit Valeriansäure.
Aus dem ganzen Verhalten, so wie namentlich aus dem Umstand
dass bei Zersetzung des Oels sich Valeriansäure bildet, schliesst Hlasi
wetz, dass das Radical desselben kein niedrigeres als C12H11 sein kani
d. i. vielleicht Caproyl, dessen Wasseratoffverbindung *'ii*M bis jetJ
nur bekannt ist, und das mit Sauerstoff verbunden in der Capronsaiu
enthalten ist. Die Eigenschaften des Oels, sein unerträglicher Gentol
die Schwierigkeit der Darstellung grosser Mengen, machen die Arb6
damit sehr schwierig, so ist es nicht gelungen, aus diesem Gemenge dl
einzelnen Verbindungen rein abzuscheiden. Es fragt sich, ob es nifll
gelingt, ähnlich wie beim Allyl, die Verbindungen des Radicals Cjf II
mit Sauerstoff, Schwefel u. s. w. künstlich darzustellen, und auf diesd
Wege die Gemengtheile des natürlichen Äsa foetida- Oels jedes isott
und dadurch über die Natur des Oels Aufschluss zu erhalten.
Eine Wiederaufnahme der Untersuchungen über das Äaa foetida'Oi
auch in Bezug auf künstliche Darstellung wäre höchst wünschenswefl{
Anhaltspunkte für eine solche würde die verdienstliche Arbeit fd
Hlasiwetz genug darbieten. G. — B,
Asant, stinkender s. Asa foetida.
Asarin, Asaron, Asar, Asarit?, Haselwurzcaraph
Ein zu den sogenannten Pflanzencamphern gehörender flüchtige
carapboj
iger Sta^
Asarin. 341
ier in der Haselwurz (yon Asarttm europaeum) zuerst von Görzi)aufge-
ümden ward,, später von Lasi^aigne und Feneulle^), danach von
ßräger')^ von Blanchet und Sell^) und zuletzt von Schmidt^)
uiteisacht ist. l^lanchet und Seil gaben dem Asarin die Fornial
CifiHi]04; werden ihre Resultate nach dem neueren Atomgewichte des
Kohlenstoffes (= 6) umgerechnet, so ergiebt sich aus den von ihnen ge-
fimdenen Zahlen die Formel C]6Hio04, oder die damit nahe überein-
itiiDrnendeCjoHisOs; letztere Formel wird von Schmidt als die rich-
tigere angenommen, wobei er sich auf die Zersetzung des Körpers
^eh Chlor stützt.
i Das Asarin scheint wenigstens zum Theil fertig gebildet in der'
Haselwurz enthalten, zum Theil bildet es sich vielleicht erst durch
Oxydation eines darin enthaltenen Oeles (s. Asarumöl). Es wird Erhal-
tes, indem man die trockene Wurzel mit dem achtfachen Gewicht Wasser
! übergössen kocht, und etwa 3 Thle. Wasser abdestülirt. Der Campher
feheidet sich zum Theil schon im Halse der Retorte krystallinisch ab<,
titeils verwandelt sich das auf dem Destillat sch>vimmMide Oel beim
Stehennach einigen Tagen in krystallinisches Asaron; die durch Fil-
^ tßtion vom Wasser getrennten Krystalle werden aus Weingeist umkry-
!<iallisirt; sind die gebildeten Krystalle dann noch mit Oel gemengt, so
tennen sie durch Abpressen zwischen Papier und nachheriges vorsich-
tiges Schmelzen in einer offenen Schale , oder durch Umkrystallisiren
Vi Weingeist davon gereinigt werden.
Nach Gräger enthält die Wurzel 1,1 Proc. Asarin. Es ist
kristallinisch , weiss und durchsichtig ; die Krystalle sind , nach
Sckmidt's Angabe, klinorhombisch ; zuweilen tritt die Giiindform
OP . 00 P auf, häufig zeigen sich verschiedenartige Combinationen ; die
beobachteten Winkel sind ooP:xP = 1210 5P; xPoo :0P = 73®
n';ooPao :aoP = 1190 ^ij^^. P:OP = 1280 51/3'; P:aoP= 134©
6'V. Das Verhältniss der Hauptaxe: Klinodiagonale : Orthodiagonale
, der Grundform = 0,63267:1:0,53391.
I Das Asaron riecht und schmeckt schwach aromatisch, campher-
vtig. Wasser nimmt den Geruch und Geschmack des Körpers an, ohne
ib in merkbarer Menge zu lösen; Alkohol löst ihn leicht; beim lang-
UMD Verdampfen der Lösung bilden sich Krystalle, die immer abge-
leitete Formen zeigen. Wird die alkoholische Lösung mit Wasser ver-
iBi^ht, so wird eine milchige Flüssigkeit erhalten, die, sogleich filtrirt,
HDTerändert durch ein Filter geht; unter dem Mikroskop lassen sich
d^ zahlreiche, das Licht stark brechende sphärische Oeltröpfchen er-
^en, die in wenigen Minuten sich aneinanderlagern und Krystalle
tötlen; diese zeigen im Anfang die Grundform; durch Anlagerung neuer
^leknle entstehen schnell Combinationen daraus (Schmidt). Das
^ron wird schon in der Hand weich, dass es sich wie Wachs kneten
i**8t, M schmilzt bei 40o C. und erstarrt erst bei 270 C; wird es län-
gere Zeit über den Schmelzpunkt hinaus erhitzt, so krystallisirt es
Qtch dem Erkalten um so langsamer, je hoher oder je länger es erhitzt
^v; wird es 10 bis 20 Minuten auf 140o C. erhitzt, so erstarrt es erst
') Pftff, Syst. d. Mater. Med. Bd. III, p. 22y. — *) N Trommsd. Journ. Bd. V,
t S. 72. — ») Dissert. inmug. de asaro europ. Gott. 1880. — *) Annal. d. Pharm.
^ ^ S. 197. — ») AimaL 4. Chem. u. Johann. Bd. LUX, S. 166.
342 Asarin.
nach 8 oder nach 12 Standen; 30 Minuten auf 210^0. erhitzt, kr^rstal
lisirt ea.erst nach 3 Tagen.
An der Luft erhitzt, verbreitet das Ajsarin zum Husten reizend
Dämpfe; wird es zwischen zwei ührgläsern vorsichtig erwännt, »
sublimirt ein Theil unzersetzt; in einer Betorte erhitzt, fängt das. Abatoi
bei 280^ G. an zu sieden, wobei etwas Campher unzersetzt verdampft
der Siedepunkt steigt aber schnell auf 290^ und 300^ C, indem es siel
zersetzt, und sich dann nicht mehr verflüchtigt. Wird es dann länger
Zeit bei dieser Temperatur erhalten, so verwandelt es sich in ein
amorphe rothe Masse, die nach dem Erkalten dickflüssig, harzartig Im
in welcher Masse sich nach längerem Stehen einzelne wenige Krystall
von unverändertem Asaron zeigen. Diese rothe Masse ist nun der Zusan
mensetzung nach nur eine isomere amorphe Modification des krystalliBirte
Asarins, dem höchstens eine sehr geringe Menge eines Oxydationsprc
ductes beigemengt ist. Derselbe amorphe Körper entsteht beim Koche
der alkoholischen Lösung von Asarin; die Flüssigkeit färbt sich hiebe
und ist nach viertelstündigem Kochen blutroth; beim Erkalten scheid«
sich etwas Asarin krystallinisch ab, während das Filtrat nach dem Vei
dampfen rothes harzartiges amorphes Asarin zurticklässt; dieses ist nicli
flüchtig, und löst sich weniger leicht als das luystallisirte in Salpetei
säure; durch längeres Erhitzen mit Wasser in zugeschmolzenen 61a«
röhren auf 200<^ C. wird es nicht verändert.
Trockenes Chlorgas wirkt auf krjstallisirtes Asarin bei eine
Temperatur unter-}- 10® C. nicht verändernd ein ; über-j- 10<> C. findet abe
sogleich eine lebhafte Einwirkung statt, wobei zuerst das Asaroi
schmilzt, und sich dann schnell in die blulrothe amorphe Masse vei
wandelt, die dann bei weiterem Behandeln mit Chlor unter £n(
Wickelung von Salzsäure grün wird; das so erhaltene Produet enthäl
vielleicht verschiedene chlorhaltende Substitutionsproducte des Asarini
es löst sich leicht in Alkohol, und bleibt beim Verdunsten desselbe
als eine grüne amorphe harzartige, nicht flüchtige Masse zurück, welch
sich bei der trockenen Destillation zersetzt, wobei neben Salzsäure un
anderen gasförmigen Körpern ein durchsichtiges grünes dickflüssige
Oel überdestillirt, während viel Kohle zurückbleibt. Das Oel entspricl
der Formel C2ollii€l3 05; es ist schwerer als Wasser, es löst sich nicl
darin, aber leicht in Alkohol und Aether; bei 220« bis 224® G. destillii
es grösstentheils unverändert über.
Salpetersäure löst das krystallisirte Asarin leicht, tind vei
wandelt dieses wie das amorphe in Oxalsäure.
Chromsaures Kali und Schwefelsäure mit Asarin erhitz
giebt unter Beduction der Chromsäure ein rothes amorphes, leicht in A
kohol lösliches, durch Wasser fällbares Harz, dessen Znsammensetzmig d<
Formel C90K13 Og entspricht, wonach seine Bildung ans Asarin C^o^is^
sich leicht erklärt.
Manganhyperoxyd und Schwefelsäure geben ein ähnliche
Harz wie Chromsänre. Dagegen soll ein Gemenge von Bleihypei
oxyd und Schwefelsäure keine Einwirkung zeigen. Auch 8chwefli|
Säure und Salzsäuregas wirken nicht zersetzend auf Asarin ein.
Concentrirte Schwefelsäure löst das Asarin in der Kall
schwer und mit gelber Farbe; wird die Lösung rasch mit Wasser vei
setzt, so scheidet es sich, wie es scheint, unverändert ab ; beim längere
Stehen oder beim Erwärmen mit der concentrirten Säure wird di
Asarit. — Asarumöl. 843
Flflssigkeit braunroth, und auf Znsatz von Wasser scheidet sich eine
brannrothe hanartige Masse aus, während aber auch die Flüssigkeit
bniuroth bleibt.
Werden die Dämpfe von wasserfreier Schwefelsäure auf
bystallinisches Asarin geleitet, so zeigt sich im Anfang keine Heaction,
bald aber färben die Ejrystalle sich roth, dann braun und endlich
lehwarz; einige weniger angegriffene Erystalle zeigen sich auch wohl
blau, gelb oder grön, und lösen sich nicht in Wasser, aber leicht in
AlkohoL Die braune Flüssigkeit lässt sich dagegen leicht mit Wasser
meogen; aus der schwarzbraunen Lösung scheiden sich auf Zusatz
TOD Kali schwarzbraune Flocken ab, während auch die Flüssigkeit
dunkel gefärbt bleibt Hiebei scheint auch eine gepaarte Schwefelsäure
IQ entstehen, denn beim Versetzen der sauren Flüssigkeit mit über-
lebfissigem kohlensauren Baryt bleibt ein Barytsalz in Lösung. Fe,
Asarit. Gräger^) glaubt bei der Untersuchung der Haselwurz
aeben dem Asarin noch einen zweiten ihm ähnlichen camphorartigen
Körper aufgefunden zu haben, den er zuerst für eigenthümlich hielt,
ipater aber doch als wahrscheinlich mit dem Asarin identisch erklärte;
(fie Richtigkeit der einen oder anderen Angabe erwartet jedoch noch
immer ihre Bestätigung. Er erhält das Asarit, indem er die unreinen
Kiyitalle, wie sie aus dem wässerigen Destillat der Haselwurz sich ab-
acbeiden, in Weingeist löst, und daraus durch Wasser fällt, und dann
die in der Flüssigkeit herumschwimmenden Krystalle für sich sammelt;
(Bese sind das Asarit. Sie bilden kleine seidenglänzende Krystalle,
die einem mehlartigen Pulver gleichen , sie sind geruch - und ge-
lehmacklos; sie schmelzen bei 70<) C; beim stärkeren Erhitzen subli-
nirt das Asarit, und nur der letzte Theil zersetzt sich hiebei. In Sal-
petersäure, welche das Asarit auch in Oxalsäure verwandelt, und in
Schwefelsäure soll es sich unter Aufbrausen lösen. Darin so wie in
dem Ansehen der Krystalle , und darin , dass es sich beim Sublimiren
nicht so leicht zersetet, unterscheidet das Asarit sich vom Asarin, we-
sentlich aber in dem Schmelzpunkt (ersteres bei 70<^, letzteres bei 40^ C),
dessen grosse Differenz nicht wohl einem Beobachtungsfehler zuge-
Khrieben werden kann. In allen Übrigen Verhältnissen, so weit sie
bis jetzt untersucht sind, verhält das Asarit sich wie das Asarin. Ob
heide identisch oder verschieden sind, ob das Asarit, wie Blanchet
Qod Seil vermutheten, der feste Theil des Asarumöls sei, während
du Asarin ein ümwandlungsproduct dieses Oels sein soll, muss durch
vettere Untersuchungen entschieden werden. Fe,
Asarumöl ^)y Haselwurzöl. Das flüssige ätherische Oel,
velehes in der Wurzel von Asamm europaeum in geringer Menge (etwa
Vin) enthalten ist, und bei der Destillation mit Wasser abgeschieden
vird (s. Asaron). Es lässt sich von dem Asaron durch Behandeln
nit wenig Alkohol scheiden , indem sich hiebei zwei Schichten bilden,
öne obere weingeistige, in der das Asaron und etwas Oel gelöst ist,
vihrend die untere Schicht eine Lösung von etwas Asaron und Wein-
st in ätherischem Oel ist Wird letzteres für sich über Kalkhydrat
dcetillirt, so krystallisirt aus dem Destillat beim ruhigen Stehen Asarin
'^cnus; die übrigbleibende Flüssigkeit ist dann das Oel, welches durch
*) AnuL d. Pharm. Bd. VI, S. 298. — ") Annal. d. Ph«rm. Bd. VI, S. 29G.
344 Asbest. — Asbolin.
Behandeln mit Chlorcalcium entwässert wird. Das Oel ist dickflüs-
sig gelblich, hat einen scharfen brennenden Geschmack, riecht ähnlich
wie Baldrianöl, es ist leichter als Wasser, löst sich nur wenig darin,
aber leicht in Alkohol, Aether, in flüchtigen und fetten Oeleti.
Blanchet und Seil hatten in dem Oel, nach dem neueren Atom-
gewicht des Kohlenstoffs berechnet, 74,4 Kohlenstoff^ und 9,7 Wasser-
stoff gc^fnnden ; danach berechnen sie eine Formel CigHsOs (79,3 Koh-
lenstoff^; 7,4 Wasserstoff), die nicht zu diesen Zahlen passt; eher könnte
man die Formel C2oKi6 04 (75,4 C; 9,2 H) annehmen; da aber das
Oel unzweifelhaft noch Asaron enthält, so lässt sich aus der Analyse
nichts weiter schliessen, als dass dieses Oel mehr Kohlenstoff und mehr
Wasserstoff enthält als das Asaron ; ob dieses sich einfach aus jenem
durch Oxydation bilden konnte, lässt sich danach nicht beurtheilen.
Fe.
Asbest (aus dem Griechischen abgeleiteter Name, sich auf das
„Unvertilgbare^^ im Feuer beziehend, welches diesem Minerale troU
seiner feinfaserigen Beschaffenheit eigen ist), Amianth, Bjssolith,
Bergholz, Bergkork, Bergleder. Alle hierher gehörigen Minera-
lien sind Silicate, und zwar grösstentheils wasserhaltige Silicate, welche
durch eine ausgezeichnet faserige krystallinische Beschaffenheit charak-
terisirt sind, nicht selten verbunden mit einer gewissen Biegsamkeit
und Elasticität sowohl der einzelnen, sehr dünnen faserförmigen Indi-
viduen, als auch ihrer Gesammtmasse. Indem man sich früher von
einem solchen Habitus leiten oder vielmehr verleiten Wqas^ hat man
eine Menge verschiedenartig zusammengesetzter Silicate für identisch
gehalten. Nunmehr wissen wir, dass die Asbestform kein bestimm-
tes Mineral bedingt, sondern ein eigenthümlicher Zustand ist, in
welchem die verschiedensten Mineralien auftreten können. Der Name
„Asbest^^ ist, am richtigsten, nur auf diejenigen asbestförmigen Mineralieo
zu beziehen, welche die chemische Zusammensetzung eines Augits oder
Amphibols besitzen. Augitische Asbeste sind z.B. der gewöhnliche
bekannte Asbest von verschiedenen Tyroler Fundstätten; der Bergkork
vom Zillerthal ; Asbest von Reichenstein (nicht zu verwechseln mit dem
„schillernden^^ Asbest von ebendaher); asbestartiger Traversellit. Zu
den amphibolitischen Asbesten gehört z. B. ein asbestartiger Talk
vom St. Gotthardt; asbestartiger Krokydolith. In allen diesen Mine-
ralien ist ein Theil der Magnesia durch basisches Wasser ersetzt, und
in dem Vorhandensein oben dieses basischen Wassers scheint ein Grund
zur Ausbildung der Asbestform zu liegen, sowie zum Auftreten der
Asbeste und asbestartigen Mineralien in Gestalt homoazer Paramor-
phosen ^). — Als andere Mineralien, die mitunter in Asbestform vor-
kommen, mögen hier beispielsweise angeführt werden : Serpentin (aoch
das sogenannte Bergleder aus dem Zillerthal hat die chemische Zu-
sammensetzung des Serpentins) und Turmalin. Th. S
Asbolan, ein kobaltoxydhaltiger Wad (s. d.), dessen Kobalt-
gehalt mitunter bis zu mehr als 80 Proc. steigt Th. S,
Asbolin (von aößoXriy Russ) nannte Braconnot eine extract-
') Der Paramorphismus und seine Bedeutung in der Chemie, Mineralogie und
Geologie, S. 34 bis 87, S. 57 bis 60. — In Betreff der Zusammensetxung der oben
angefahrten Asbest« s. Pogg. Annal. Bd. LXXZIV, S. 821 bis 410.
Aschblei. — Asche organischer Körper. 346
aitige stiokstoffhaltende Substanz, welche sich, nach ihm, im Flatter-
nl!^5 findet; er stellt sie so dar, dass er den Bnss mit Wasser auskocht,
die Losung abdampft, den Röckstand wieder in Wasser löst, und die
FIü:»sigkeit mit etwas Salzsäure versetzt; der hierbei entstehende pech-
ahnliche Niederschlag wird zuerst mit kaltem Wasser abgewaschen,
dann mit Wasser ausgekocht und abfiltrirt; die erkaltete Flüssigkeit
wird, nachdem der dabei entstandene Niederschlag abfiltrirt ist, abge-
dampft^ der Röckstand wieder mit Wasser ausgekocht und filtrirt, bis
^ich beim Erkalten nichts mehr abscheidet. Die so erhaltene Flüssig-
keit hinterlässt beim Verdampfen einen firnissartigen Rückstand, der
mit Alkohol ausgezogen wird; die alkoholische Lösung wird abge-
dampft und mit Aether extrahirt; der ätherische Auszug hinterlässt
beim Verdampfen das Asbolin als ein gelbliches Oel, von scharfem und
bitterem Geschmack, auf Wasser schwimmend, wenig darin sich lösend,
leichter löslich in Aether und in Weingeist, aus welcher Lösung es
durch Wasser nicht abgeschieden wird; es ist unlöslich in Terpentinöl
and in fetten Oelen. Das Asbolin ist nicht ünchtig, und wird bei der
Destillation unter Bildung ammoniakalischer Producte zersetzt. Ko-
chende Salpetersäure löst es mit röthlichgelber Farbe; die Lösung
giebt beim Erhitzen Pikrinsäure und wenig Oxalsäure. Die wässerige
Auflösung von Asbolin wird durch die Alkalien dunkelroth gefärbt,
etsigsaures Blei fällt sie pomeranzenroth ; auch Galläpfeltinctur bringt
darin einen Niederschlag hervor; salpetersaures Silberoxyd wird da-
durch langsam reducirt Fe.
Aschblei. Durchaus veralteter Name für Wismuth.
Asche organischer Körper. — Alle organisirten Wesen,
Thiere wie Pflanzen, enthalten als integrirende Bestandtheile ihrer
Organe, in bestimmten Formen in denselben abgelagert oder noch
in dem Blute, dem Safte in gelöstem Zustande circulirend, eine An-
zahl von chemischen Verbindungen, welche, dem anorganischen Be-
stand der Erdoberfläche entstammend, als die anorganischen oder
Mineral-Bestandtheile des Thier- und Pflanzenkörpers bezeichnet
werden. Es sind im Wesentlichen Verbindungen der Halo'ide, insbe-
sondere des Chlors, mit den Alkalimetallen, so wie die Oxyde dieser
letzteren und der Metalle der alkalischen Erden, des Eisens und Man-
gans, verbunden mit anorganischen od^ organischen Säuren oder mit
organischen Verbindungen, welche — wie die Eiweisskörper — Ver-
bmdungsfahigkeit mit Basen oder auch mit Salzen zeigen. Verbrennt
manthierische oder pflanzliche Materien, so entweichen die sogenannten
organischen Elemente — Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff,
Schwefel — wenigstens zum grossen Theil in der Form gas- oder
dampfförmiger Verbindungen; die nicht flüchtigen, unorganischen Be-
standtheile bleiben, theils in der Form, in welcher sie in dem Thier-
oder Pflanzenkörper vorhanden waren, theils in neuen, durch den Ver-
brennongsprocess bedingten und selbst mit diesem wechselnden Ver-
bindungsformen als „feuerbeständige^* oder „Aschenbestand-
theile^ zurück. Die Asche einer organischen Substanz enthält also
die Summe derjenigen Materien, welche — seien sie fertig gebildet
vorhanden gewesen oder erst neu erzeugt worden — bei der Tempera-
tur und unter, den Umständen, bei welchen die Einäscherung stattfand,
eich nicht verflüchtigten.
346 Asche organischer Körper.
Als Bestandtheile von Aschen sind bis jetzt die nachsteheoden
Körper aufgefunden wordeit.
Säuren oder sie vertretende
Basen. Körper.
Kali Phosphorsänre
Natron Schwefelsäure (Schwefel)
Kalk (Baryt) Kohlensäure
Magnesia Kieselsäure
Eisenoxyd Chlor (Brom, Jod)
Manganoxydoxydul Fluor
Thonerde Cyan und Cyansäure.
Kupferoxyd
Zinkoxyd
(Bleioxyd , Nickel-, Kobalt-
oxydul, Zinnoxyd, Titan-
säure ?).
Nicht alle diese Körper sind für den Organismus der Pflanze ode
des Thieres von gleicher Wichtigkeit und Bedeutung; sie sind nicht ii
einer jeden Asche gleichzeitig alle ohne Ausnahme vorhanden. Nur di
Alkalien, die alkalischen Erden, Eisenoxyd, Phosphorsäure, Eüleselsäur
(Schwefelsäure), Chlor (Fluor?) sind selten oder nie fehlende Bestsnd
theile einer Asche, sei dieselbe pflanzlichen u)der thierischen Ursprongs
Sie haben in dem Organismus in den verschiedenen Yerbindungsfor
men, welche sie unter sich wie mit organischen Verbindungen bilde
können, eine bestimmte chemische oder physikalische Function ausn
üben; sie sind nothwendige Bestandtheile des Thier- oder Pflanzenkörpen
jedoch sind sie in verschiedenen Theilen oder Organen desselben niol
stets in gleicher absoluter oder relativer Menge vorhanden; es ii
wahrscheinlich, dass die einzelnen Alkalien und alkalischen Erden i
ihrer chemischen Function ^einander vertreten können. Der Kohlen
Säuregehalt einer Asche ist in bei weitem den meisten Fällen lediglic
das Resultat des Yerbrennungsprocesses ; ihre Menge hängt ab eben
sowohl von der Quantität und Qualität der vorhandenen Basen t wi
der nicht flüchtigen vorhandenen oder erst entstandenen mächtigere]
Säuren. Das Knochengerüst der höheren Thierclassen enthält jedocl
fertig gebildeten kohlensauren Kalk, neben viel phosphorsauren alka
lischen Erden, bei niedrigeren Thierclassen ist das Verhältniss umge
kehrt
Alle stickstoffhaltigen Materien des Thier- und Pflanzenreich
enthalten eine gewisse (im Durchschnitt 1 Proc. betragende) Meng
von Schwefel und zwar nicht in der Form von Schwefelsäure. Di
Asche einer organischen Substanz enthält, wie W. Mayer ^) gezeig
hat, nie die ganze diesem Schwefelgehalt entsprechende Menge voi
Schwefelsäure. Ist die organische Substanz reich an schmelzbareJ
Salzen der Alkalien, so wirkt die davon umhüllte Kohle reduciren<
auf die schwefelsauren Salze ein; die Asche entwickelt dann rai
Säuren Schwefelwasserstoff*, sie enthält ein Schwefel metall. Aschen thie
rischer (stickstoflreicher) Substanzen enthalten häufig ein Cyanmetal
oder auch ein cyansaures Salz, welche ebenfalls als Producte des Ein
äscherungsprocesses zu betrachten sind. — Ein Fluorgehalt — der bi
0 Ann«!, d. Chem. u. Ph«nn. Bd. CI, S. 129.
Asche organischer Körper. 347
jetzt in der Asche der Knochen und Zähne, der Milch, des Blutes,
des Harns and mehrerer Pflanzen beobachtet wurde, ist meist nur bei
Anwendung grösserer Mengen nachweisbar. Die vorsichtig bereitete
Aflche von MeerespfUinzen enthält in der Regel Jod, seltener Brom;
das in Süsswasserpilanzen enthaltene Jod ist meist nicht unmittelbar in
der Asche, sondern nur in den löslichen Salzen der Pflanze aufzufinden,
in welchen sich — wie bei der Potaschegewinnung aus Runkelrüben-
Melasse — der Jodgehalt grösserer Massen concent^irt hat. — Wa8
^en Thonerdegehalt betrifft, so ist hervorzuheben, dass man denselben
mit Bestimmtheit und in grösserer Menge in der Asche solcher Pflan-
zen aufgefunden hat, deren Wurzelsaft eine saure Reaction zeigt, wie
r. B. in Lycopodhtm chamaecypariasus^ L, 'Claoatum und L. 'dentieiUatum^%
während in den Aschen der meisten übrigen Pflanzen die Thon-
erde entweder ganz fehlt oder doch nur in so unbedeutender Menge
zogegen ist, dass man ihre Anwesenheit als eine zufallige, von
einer nicht vollkommenen Reinheit der eingeäscherten Substanz
oder auch der angewendeten Reagentien (Kali- oder Natronlauge) ab-
bingige betrachtet hat. Auch die als Aschenbestandt heile angeführten
Oxyde schwerer, ähnlich dem Elisen sehr verbreiteter Metalle sind
Kets nur in geringer Menge vorhanden und ihre Anwesenheit in dem
O^anidmns einer Pflanze oder eines Thieres ist wohl in den meisten
Fülen einem zufalligen Gehalt des Bodens oder der Nahrung zuzu-
icbeiben ^). Nach A. Braun ^ ist jedoch das Vorkommen einer
gelbblühenden Veilchenart, der Viola caktminaris an einen (und dann
wohl die Varietät bedingenden) Galmeigehalt des Bodens geknüpft,
ond in der Asche dieser Pflanze hat man in der Tha^ einen Zink-
gehalt dargethan. In der Asche des blauen Blutes von LimtUua
e^dops fand Genth^) einen 0,08 bis 0,33 Proc. betragenden Kupfer-
oxydgehalt. Eines Titansäuregehalts von Pflanzenaschen erwähnt
Sudeler^), eines Barytgehaltes ausser Scheele (1788) auch neuer-
dings Eckard ^ und Forchhammer 7).
Wie znm Theil schon aus den vorstehend mitgetheilten That-
9Khen erhellt, giebt die Zusammensetzung einer, nach den bis jezt
gebräuchlichen (unten gent^uer besprochenen) Methoden dargestellten
Asche, sowohl bezüglich des absoluten Gehalts mehrerer ihrer Bestand-
tkeile wie such der Gruppirung derselben zu bestimmten Verbin-
dmigsformen nur ein sehr unvollkommenes Bild über die Menge und
^e chemische Form der Mineralbestandtheile im Organismus selbst
Abgesehen davon, dass bei der Einäscherung mehrere der überhaupt
vorhandenen unorganischen Verbindungen in der Asche nicht in der
Menge oder in der Form wieder auftreten, wie sie in der unzerstörten
^) Salm-Horstmar, Joarn. f. prakt. Chem. Bd. XL, S. 802. — Aderholdt,
AttuL d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXII, 8. 111. — Solms-Lanbach, Annal. d.
Cbem. u. Pharm. Bd. C, S 297. — «) Po gg. Annal. Bd. CXII, S. 146. Jahresber.
wn Liebig u. Kopp, 1864, S. 868. — ■) Pogg. Annal. Bd. XCII, S. 175. —
')AimaL d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXI, 8. 68. — *) Wöhler's prakt. Chem.
C«l>migen 1868, 8. 178. — «) Annal. d. Chem. Pharm. Bd. C, S. 294.
0 Pogg. Annal. Bd. XCY, S. 60; Jahresber. von Lieb ig n. Kopp 1866,
S. 9S7. Der hier von Forchhammer angegebene Gehalt von Blei, Nickel und
Kobalt wird von W. Knop bezweifelt (s. Pharm. Centralbl. 1865, S. 425).
Weitere Literatur fiber den Grehalt an Kupfer- und anderen Metalloxyden in
AK*»n: Jahresber. von Liebig u. Kopp 1847 u. 1848, 8. 874; 1849, S. 480;
1W2, 8. 702; 1868, 8. 604.
348 Asche organischer Körper.
Pflanzen- oder Thiersabstanz enthalten sind, addiren sich bei der Ein-
äscherung die noch in löslicher Gestalt vorhandenen (und zum Theil
als solche nicht assimilirbaren) unorganischen Stoffe zu den, schon zu
einem wesentlichen Bestandtheil eines Organs oder eines bestimmten
Individuums (eines Eiweisskörpers z. B.) gewordenen nicht flQchügen
Körper. Salpetersaure Salze, welche in manchen Pflanzen in nicht unbe-
trächtlicher Menge enthalten sind, liefern, wie auch pflanzensaure Salze,
beim Einäschern die Basen an Kohlensäure gebunden; ein beträcht-
licher Kieselsäuregehalt bedingt sicher eine theil weise Zersetzung von
vorhandenen Chlormetallen und somit eine Erhöhung der Menge der
Oxyde. Ist in einer Pflanzen- oder Tbiersubstanz die mehrbasische Phos-
phorsäure zum Theil an Ammoniak, oder andere flüchtige Basen gebun-
den, so ist die Form, in welcher diese Säure in der Asche gefunden 'wird,
nicht nur abhängig von der beim Einäschern herrschenden Tempera-
tur, sondern auch von der Menge der noch an organische Säuren, an
Salpetersäure oder an Eiweisskörper gebunden gewesenen Basen. Nicht
für alle Fragen, welche man bis jetzt durch die Untersuchung von
Aschen zu lösen versucht hat, ist die Andeutung dieser Schwierigkei-
ten von gleicher Wichtigkeit; sie bietet z. B. in theoretischer Bezie-
hung, für Thier- und Pflanzen-Physiologie ein grösseres Interesse,
als in landwirthschaftlicher, obwohl auch für letztere Zwecke genauere
analytische Zahlen wünschenswerth sind, sofern di^ in der Analyse
begangeneu Fehler bei Berechnungen auf grössere Mengen wesentlich
von der Wahrheit abweichende Ergebnisse bedingen können.
Nach einer Angabe von Caillat^) lässt sich manchen Pflanzen,
wie Futtergewächsen, fast die ganze Menge ihrer Aschenbestandtheile
durch Behandlung mit verdünnter Salpetersänre entziehen; er erhielt
stets eine grössere Menge von unorganischen Stoffen, namentlich von
Schwefelsäure, als auf dem Wege der Einäscherung. Gleichwohl
bietet dieses, keineswegs methodisch anwendbare Verfahren nicht min-
der grosse Schwierigkeiten als die Einäscherung. Wenn es sich
darum handelt, gewisse Elemente oder deren Verbindungen in Pflan-
zen- oder Thiersnbstanzen genauer zu bestimmen, zur Ermittelnng
quantitativer Beziehungen z. B. zwischen einzelnen anorganischen und
organischen Verbindungen, so ist dies bis jetzt nur möglich durch
Anwendung von Methoden, welche auf die Eigenschaften des zu be-
stimmenden Körpers vorzugsweise oder allein berechnet sind, in der
Art also, dass man in der organischen Substanz die Phosphorsäure,
den Schwefel, den Stickstoff u. s. w. nach Methoden bestimmt, welche
die schärfsten Resultate geben. W. Mayer hat auf diesem We^e
wichtige Beiträge zur Kenntniss der quantitativen Beziehungen der
Phosphorsäure zum Schwefel- und Stickstoff, also zu den eiweisarti-
gen Körpern in Getreidesamen geliefert. Die von ihm befolgte Me-
thode ist zu Ende dieses Artikels mitge theil t
In dem Folgenden geben wir eine Zusammenstellung der wich-
tigsten von verschiedenen Chemikern angewendeten Methoden zur
Einäscherung und zur Analyse von Aschen. Wenn es auch erwiesen
ist, dass ein und dieselbe Pflanze z. B. je nach ihrem Standpunkt eine
Verschiedenheit in der Zusammensetzung der Asche bietet, so ist e8
anderseits nicht weniger gewiss, dass abweichende Resultate aus der
') Compt. rend. Bd. XXIX, S. 187.
* Asche organischer Kcirper. 349
Anwendung verschiedener Methoden hervorgingen; die Kenqtniss der
letzteren znr Beartheilung der ersteren ist somit ein Bedürfnis?.
Methoden der Einäscherung.
Der Bereitung der Asche muss in allen solchen Fällen, wo einß
Beimengung fremder, feuerbeständiger Materien möglich oder zu be-
fürehten ist, eine sorgfältige, der Natur der einzuäschernden Substanz
iogemessene Reinigung vorhergehen. Ki'autartige Gewächse, Wur-
zeln und Riuden, bei welchen eine Verunreinigung der Asche durch
aohangende Dsramerde, Thon oder Sand am leichtesten stattfindet,
müssen zuerst auf mechanischem Wege so vollständig als möglich da-
von befreit werden; mittelst eines schwach befeuchteten Schwammes
nimmt man zuletzt den festanhängenden Staub hinweg; dies darf nicht
darch Waschen mit vielem Wasser geschehen, sofern hierdurch lösliche
Bestandtheile ausgezogen werden können. Das Reinigen von Samen-
kömern, welchen ebenfalls stets Sand oder Thon in nicht unbeträcht-
licher Menge anhängt, geschieht nach H. Rose am besten, wenn man
dieselben in einem Becherglase mit etwas destillirtem W^asser iiber-
pesst, einige Augenblicke mit einem Glasstabe umrührt und sodann
auf ein etwas weitlöcheriges Sieb bringt, das den feineu Staub durch-
Iftufen lässt, die Samenkörner aber zurückhält. Nach mehrmaliger
Wiederholung dieser Operation reibt man die Samen noch zwischen
emem leinenen Tuch, wodurch noch feiner an den Kömern haftender
Sand weggenommen wird. Der so gereinigte Samen ist fast frei von
fremden Bemengnngen. Bei thierischen Substanzen (Fleisch, Blut,
Gehirn, Eiern u. s. w.) ist eine solche Verunreinigung weniger zu be-
förchten; ihre Einäscherung gelingt in der Regel leichter, wenn sie
Torher mit Wasser ausgezogen und der Rückstand, so wie der ver-
dampfte wässerige Auszug für sich eingeäschert werden. Sehr häufig
fällt diese Behandlung mit dem Zweck der Aschen-Analyse zusammen.
Mao nimmt von der einzuäschernden Substanz eine solche Quantität,
dass das Gewicht der gewonnenen Asche wenigstens 4 bis 6 Grm. beträgt,
worüber eine vorläufige Bestimmung der Aschenmenge, welche der
Korper liefert, hinreichend Aufscbluss giebt. Von aschereichen vege-
tabilischen Substanzen, wie Samen, Rinden, Wurzeln und Kräutern
reichen hierzu in 4er Regel 100 bis 200 Grm. der trockenen Substanz
^u; von Hölzern, welche arm an unorganischen Bestandtheilen sind,
bedarf man das Doppelte oder Dreifache; von wasserreichen anima-
liichen Substanzen hat man «oft eine weit grössere Menge nöthig.
Die orj^anische Substanz wird vor der Einäscherung sorgfaltig getrock-
net mid, je nach ihrer Beschafienheit, auch etwas zerkleinert; die ge-
reuugten Samen werden am besten geradezu, ohne weitere Zerklei-
nernng angewendet.
Die Einäscherung selbst ist in vielen Fällen der schwierigste Theil
der Untersuchung einer organischen Substanz auf ihre Aschenbestand-
tbeile. Die Art und Weise der Einäscherung und die dabei herrschen-
den Bedingungen sind von so bedeutendem Einfluss auf die Zusam-
loensetzong einer Asche, dass die letztere, aus einer und derselben
Substanz, aber auf verschiedenem Wege dargestellt, in ihrer Zusam-
inensetznng so grosse Verschiedenheiten zeigen kann, wie die Asche
verschiedener Substanzen. Verkohlt man z. B. ein Gemenge von ba-
>ttch-«phosphorsaurero Natron (SNaO.qPOs) mit viel Zucker und laugt
350 Asche organischer Körper.
die Kohle mit Wasser aus, so enthält der wässerige Auszog kohlen-
saures Natron; die ausgelaugte Kohle liefert nach dem völligen Ein-
äschern einen leicht schmelzbaren Rückstand von pyrophosphorsaurem
Natron. In diesem Falle hat also die aus dem Zucker gebildete Kohlen-
säure dem basisch - cphosphorsauren Natron 1 Aeq. Base unter Bil*
düng von kohlensaurem Salz entzogen. Aeschert man die ganze
Masse ein, ohne die Kohle mit Wasser auszulaugen, so erhalt man ab
Aschenröckstand nur basisch - cP^osphorsanres Natron. Hieraus gebt
hervor, dass die Qualität der Aschen bestandtheile mit der Behand-
lungsweise wechselt, dass insbesondere die Gegenwart kohlensaurer
Salze in dem wässerigen Auszug verkohlter Substanzen für Anwesen-
heit kohlensaurer oder organischsaurer Salze in einem Thier- oder
Pflanzenstoff nicht beweisend ist Bei in so hoher Temperatur vor-
genommener Einäscherung werden leicht Körper — wie Chlomatrinm,
Chlor kalium oder entsprechende Jod Verbindungen — verflüchtigt,
welche in niedrigerer Temperatur noch als feuerbeständige gelten,
oder es können, unter Mitwirkung von Kieselsäure und Kohle, durch
Reduction von Phosphorsäure und Verflüchtigen von Phosphor, oder
durch Keduction von schwefelsauren Salzen zu Schwefelmetallen oder
durch Bildung von Cyanmetallen, tief greifende Veränderungen in der
Zusammensetzung der Asche, und folglich unrichtige Schlüsse ober
Quantität und Qualität der ursprünglich vorhandenen unorganischen
Stoffe hervorgerufen werden. Organische Substanzen, welche verhält-
nissmässig reicher an unschmelzbaren Salzen der alkalischen Erden
sind und deren Structur — wie die der krautartigen Gewächse, Höl-
zer, Binden u. s. w. — eine leichtere Verbrennung gestatten, sind in der
Regel leichter einzuäschern. Die Schwierigkeiten der Gewinnung
einer reinen und die ursprünglich vorhandenen feuerbeständigen Ma-
terien in möglichst unveränderter Form enthaltenden Asche wachsen
aber, oder sind fast unüberwindlich bei solchen organischen Körpern,
welche (wie Samen von Pflanzen, getrocknetes Blut und andere ahn«
liehe Stoffe thierischen Ursprungs) beim Erhitzen schmelzen und eine
in Folge ihres Reichthums an alkalischen Salzen schmelzbare Asche
hinterlassen. Aus den Bemühungen, die hieraus für die constante Zu-
sammensetzung der Asche erwachsenden Nachtheile zu heben oder
zu umgehen, ist eine Reihe von Vorschlägen zur Gewinnung der
Aschen hervorgegangen, von welchen die wichtigsten hier hervorge-
hoben werden sollen.
Die zuerst und besonders bei vegetabilischen Substanzen ange-
wendete Methode war die der Einäscherung in 'hessischen Tiegeln«
welche schief zwischen glühenden Kohlen stehen. In massiger, oft
längere Zeit zu unterhaltender Glühhitze verbrennt hierbei die Kohle
um so vollständiger, je weniger die Lage und Form der verkohlten
Substanz durch Bewegen und Umrühren verändert wird, je leichter
also der Sauerstoff in die lockere Masse Zutritt hat Gegen diese»
Verfahren ist, namentlich von Erdmann und H. Rose, der gegrün-
dete Einwurf gemacht worden, dass man durch dasselbe bei den
meisten Substanzen in Betreff des Phosphorsäure-, Kohlensäure- und
Chlorgehalts unrichtige Resultate erhalten kann, sofern durch Einwir-
kung saurer phosphorsaurer Salze auf alkalische Chlormetalle bei
Gegenwart von Wasser Salzsäure, und durch Einwirkung von Kohle
auf saure phosphorsaure Salze in sehr hoher Temperatur Phosphor
Asche organischer Körper. 351
verflfiehtigt werden könne. Porcellantiegel werden von schmelzenden
phosphonauren Salzen stark angegriffen, weniger Tiegel von Stein-
et, obwohl auch bei der von H. Rose ^) empfohlenen gleichzeitigen
Anwendung von Saaerstoffgas die oben berührten Nachtheile nicht
umgangen sind.
£rdmann empfiehlt die Bereitung der Asche in einer in einem
CMen eingemauerten Muffel; eine Eioäscherungsroethode , welche vor
allen den Vorzug verdient. Die Einäscherung geht am besten 3 bis 4
Zoll von der vorderen Oeffnung entfernt vor sich und zwar bei einer
bei Ta^e nicht sichtbaren Rothgluth, einer Temperatur, bei welcher
weder Kochsalz noch pyrophosphorsaures Natron schmilzt. Hält man
die Muffel (ohne dass durch eine aufgesetzte Röhre ein Luftstrom ver-
anlasst wird) vorn durch einen thönernen Deckel lose verschlossen, so
genfi^ die Luftcirculation zu dem Verbrennen der Kohle vollständig,
KD der Art, dass man in 1 2 Stunden eine zur Analyse genügende Menge
von kohlenireier Asche erhalten kann. Man sieht hierbei die in einer
Pladn- oder Porcellanschale verkohlte organische Substanz unter
sehw^acher Glöherscheinung verbrennen.
Strecker 0 hat nachgewiesen, dass bei dieser Methode der Ein-
iflchernng kein Kochsalz verflüchtigt wird, sofern Kohle von Ochsenblut
nahezu dieselbe Menge von Chlor lieferte, mochte sie unmittelbar ein-
geäschert oder erst durch Wasser von einem Theile ihres Kochsalzge-
haltes befreit sein; auch erlitt Kochsalz beim Einäschern mit Zucker
keinen Gewichtsverlust.
Da gleichwohl auch bei diesem Verfahren ein Verlust an Phos-
phorsänre, Schwefelsäure, Chlor, Jod u. s. w. in manchen Fällen mög-
lieh ist, 80 hat man gesucht, durch Zusatz einer stärkeren Base zu der
verkohlten und einzuäschernden Substanz diesem Uebelstande zu begeg-
nen. Wackenroder empfiehlt hierzu essigsauren, kohlensauren oder
atmenden Kalk; Strecker schlägt vor, die getrocknete und in einer
Porcellan- oder Platin-Schale verkohlte Substanz mit so viel concen-
txirtera Barytwasser zu befeuchten, dass die nach dem Verbrennen
blmbende Asche etwa die Hälfte ihres Gewichts an Baryt enthält Die
angefeuchtete Kohle wird wieder getrocknet und bei möglichst niederer
Temperatur in der Muffel verbrannt. Way und Ogstone haben zu
demselben Zweck bei kohle- und kieselsänrereichen Aschen Salpeter-
sauren Baryt, Slater Barinmsuperoxyd, Verdeil salpetersanres Am-
moniak und Will Qnecksilberozyd in Anwendung gebracht, aber alle
diese Mittel führen wieder Nachtbeile anderer Art mit sich, welche
ihrer allgemeinen methodischen Einführung einen Damm entgegensetzen.
Nach Versuchen von W. Mayer findet sich — sofern die eiweiss-
artigen Körper bei der trockenen Destillation schwefelhaltige Producte
Befem — in der Asche eine grössere Menge von Schwefelsäure, wenn
£e Substanz, bevor man sie mit Barytwasser befeuchtet, nicht vollkom-
men verkohlt war, als im entgegengesetzten Falle. Die gefundene
Schwefelsäure giebt — und dies gilt in noch höherem Grade für die
gewöhnlichen Einäscherungsmethoden — weder eine richtige Vorstel-
lung von der Menge von Schwefel, welche als Schwefelsäure in der
Substanz enthalten war, noch von ihrem Gesammtgehalt an diesem
*) Aiuftlhrl. Handbuch d. analyt. Chem. Bd. 11, S. 769. — *) Annal. d. Chem.
o. PharoL Bd. LXXIU, S. 869.
352 Asclie organischer Körper.
Element. Die 8ch wefelsäure- Menge ^ welche in der mit Aetsbaryt \n
reiteten Asche von Getreidesamen enthalten ist, entspricht kaum dai
fünften Theil der durch directe Bestimmung aus den Samen erhalteiu
oder aus den Eiweisskörpern (mit 1 Proc. Schwefel) berechneten ^^ wi
sich aus nachstehenden Zahlen ergiebt:
Schwefelsäure, in 100 Thln. getrockneter Samen.
In der mit Baryt
Darch Schmelzen mit
AoB den AlbniB
erhaltenen Asche.
Kali und Salpeter.
naten berechnet
Winter- Weizen
. 0,042 bis 0,058
0,464 bi80,472
0,S53bisd6!
Winter-Roggen
. 0,088
0,517
0,378
Gerste . . .
. 0,060
0,345
0,3105
Hafer . . .
. 0,105
0,479
0,2465
H. Ro s e hält selbst den Zusatz einer gewogenen Menge von kol
lensaurem Natron für geeigneter und mit weniger Unannehmlichkeite
verknüpft, als die Einäscherung mit Baryt oder Kalk. Er verkohlt di
organische Substanz zuerst in einem Thontiegel oder (wenn es auf ein
genaue Ermittelung eines Gehalts an Kieselsäure ankommt) in einei
Platintiegel bei gelinder Hitze. Flüssige animalische Substanzen (Milcl:
Galle, Blut, Harn u. s. w.) werden zuerst in einer Porcellanschale m
Trockne verdampft und dabei ihr Wassergehalt bestimmt. Die vet
kohlte organische Substanz wird sodann, wie unten angegeben , nnte
Zusatz von Platinschwamm vollkommen eingeäschert.
Mitscherlich erhitzt die auf einem Silberblech (das von einen
Platinblech umgeben ist) liegende organische Substanz in einem Gl»»
röhr zuerst in einem Strom von Kohlensäure zum schwachen Roth
glühen und dann, nach vollendeter Destillation, in einem niögliehs
langsamen Strom von Sauerstoff, bis zur vollständigen Veraschung
Das Silberblech wird mit dem Rückstände gewogen und sammt diesen
in verdünnter Salpetersäure gelöst; das Silber wird aus der Anflösonj
durch Salzsäure entfernt und mit der sauren Flüssigkeit, wie untei
angegeben, verfahren. Platinblech allein wird hierbei von den phos
phorsauren Salzen stark angegriffen und das Silberblech schmilzt, nacli
Rose 's Beobachtung, in der hohen Temperatur und verbindet aich mii
dem Platin. Auch ist zur Gewinnung grösserer Mengen von Aschen
ein öfteres Füllen der Röhre erforderlich.
Hlasiwetz^) wendet zur Darstellung von Pflanzenaschen einen
Apparat an, der die Einäscherung der verkohlten Pflanzensubstanz in
derselben Weise verrichtet, wie der Taback beim Rauchen aaa Pfeifen
im Pfeifenkopfe verascht wird. Ein mit Wasser gefülltes und uh
Sauggefäss dienendes Fass steht oben mittelst Kautschnkschläuchen
zuerst mit zwei halb mit W^asser gefüllten und dann mit einer dritten
leeren Woul ff sehen Flasche in Verbindung, welche letztere in ihrer
zweiten Tubulatur das Verbrennungsgefäss trägt. Dasselbe ist von
Eisenblech oder besser von Porcellan, bei schwer verbrennlicher Kohle
cylindrisch, bei Blättern, Wurzeln u. s. w. konisch ( 1 Zoll lang, 1 V2 ^^'^
weit), trichter- oder kugelförmig und verengt sich nach unten in eine
Spitze vom Durchmesser der (4 Linien weUen) Verbindungsröhren; es
wird, ohne Kork, in den Hals der Flasche eingeschliffen oder verkittet
Ein Siebboden von Platin mit 6 bis 8 Löchern, verhindert, dass Kohle
^) Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. XCVII. S. 244.
Asche organischer Körper. 353
oder Aiche in die Flasche fällt Die einzuäschernde Substanz wird
passend zerkleinert, das Pulver abgesiebt und dann in einem Porcel-
laniieg«] mit aufgesetztem Deckel verkohlt. Wenn keine brennbaren
Gase mehr entweichen, wirft man die schwach glühende Kohle durch
einen Trichteraufsatz in das Verbrennungsgefäss und lässt sofort das
Wasser anfangs in schwachem Strahl auslaufen. Das YerglQhen erfolgt
b« je nach der Natur der Substanz geregeltem Wasserabfluss, etwa in
V» der Zeit, die man zum Einäschern in der Muffel braucht. Für
leicht verbrennliche Substanzen genügt bei einem Durchmesser des
Hahns von Vs Zoll meistens nur Yiertelstellung desselben, für Samen
mid ähnliche dichte Kohlen ist etwa Dreiviertelstellnng desselben anzu-
wenden, die noch bleibenden Beste von Kohle werden in der Platin-
lehale verbrannt.
Methoden der Analyse.
Die Methoden zur Analyse von Aschen, welche bis jetzt am hänüg-
iten zur Anwendung gekommen sind, wurden von Fresenius und
WilP), von O. L. Erdmann'), von H. Böse'), von Mitscherlich^)
Bod Wackenroder^) angegeben. Auch Städeler^), Wittstein 7)
•owie W. Knop und Arendt^) haben besondere Vorschriften zur
Asehen- Analyse gegeben, welche in einigen Punkten von denen der
oben genannten Chemiker abweichen.
Der eigentlichen Analyse der Asche geht stets die quantitative
Bestimmung der letzteren in der sorgfältig getrockneten und somit auf
dn bestimmtes Gewicht gebrachten organischen Substanz voraus; in
ebigen Fällen, wie bei dem oben erwähnten Einäscherungsverfahren
▼on Mitscherlich oder von Hlasiwetz kann diese Bestimmung des
Aschengehaltes mit der Einäscherung selbst zusammenfallen.
Methode von Will und Fresenius. — Durch einen qualitativen
Versuch ermittelt man vorerst, ob die Asche durch concentrirte Salz-
ȟre vollkommen zersetzbar ist und ob sie, ausser phosphorsaurem
fäsenoxyd, noch andere phosphorsaure Salze enthält Die Aschen von
Hölzern und krantartigen Gewächsen enthalten vorwaltend kohlen-
isure Alkalien und kohlensaure alkalische Erden, die von
Samen enthalten in der Begel nur phosphorsaure Salze, die Aschen von
Grisem sind reich an Kieselsäure. Vermischt man die salzsaure
Uwong irgend einer Asche, nach Abscheidung der Kieselsäure, mit
«sigsanrem Alkali oder übersättigt man sie mit Ammoniak und dann
nit Essigsäure, so scheidet sich ein gelblichweisser Niederschlag von
phosphorsanrem Eisenoxyd ab; giebt die davon abfiltrirte Flüssigkeit
auf Zusatz von Ammoniak einen neuen Niederschlag, der nicht Eisen-
oxyd ist, so enthält die Asche, ausser phosphorsaurem Eisenoxyd noch
modere phosphorsaure Salze, namentlich phosphorsanren Kalk und Mag-
nesia. Durch weitere Versuche wird die Gegenwart von Mangan,
Brom, Jod, Fluor u. s. w. festgestellt.
Man erwärmt nun, zur quantitativen Analyse, 4 bis 5 Grm. der
*) Annal. d. Cbem. n. Pharm. Bd. L, S. 868. — *) Jonm. f. prakt. Chem.
Bl XXXVm, S. 20. — ") Pogg. Annal. Bd. LXXX, S. 94 u. H. Rose's Ausf.
Haodb. d. anal. Chem. Bd. II, S. 766. — *) Jonrn. f. prakt. Chem. Bd. XXXVI,
8. 131. — ») Archiv, d. Pharm. [2.] Bd. LIH, S. 1. — «) Prakt. Uebungen in der
«*»«. Anal, von Wöhler 1868, 8. 172. — 0 Vierteljahraachr. f. Pharm. Bd. 11,
8. t44; Pharm. Centralbl. 18d8, S. 761. — ^ (^«m* Centnübl. 1857, S. 199.
BiBdwSrterbach der Chemie. 3te Aafl. Bd. II. 23
354 Asche organiBcher Körper.
Asche mit ooncentrirter Salzsaare bis zur yölligen Zersetzniig , vc
dampft zur Trockne, befeuchtet den Rückstand mit Salzsäure and I
trirt nach gehörigem Verdünnen die erwärmte Flüssigkeit aaf eine
bei 100^ C. getrockneten und gewogenen Filter ab. Der Rückutai
ist Kieselsäure (nebst Sand und Kohle) ; er wird ausgewaschen, vollkoi
men getrocknet, vom Filter abgelöst und in einer Platinschale mit ve
dünnter Kalilauge ausgekocht, wobei sich alle abgeschiedene Kieael^au
auflöst, während etwa vorhandener Sand und Kohle zurückbleiben. D
kaiische Auflösung wird nun durch dasselbe Filter abfiltxirt, das Ui
gelöste gut ausgewaschen, bei 100^ C. getrocknet, gewogen and jua
Abzug der Kohle und des Sandes in Rechnung gebracht. A.na de
mit Salzsäure übersättigten Filtrat wird die Kieselsäure wie gewöhnli«
abgeschieden. — Die von der Kieselsäure (Kohle und Sand) abfiltrir
salzsaure Lösung der Asche wird mit dem Waschwasser gemischt ai
das Gemisch dem Volumen nach in 3 bis 4 Theile getheilt. In de)
einen Theil bestimmt man das Eisenoxyd und die alkalische
Erden, indem man die Flüssigkeit mit Ammoniak versetzt, bis dt
Niederschlag nicht mehr vollständig verschwindet, alsdann fü^ ma
essigsaures Ammoniak und hinreichend freie Essigsäure zu, in der Ar
dass nur phosphorsaures Eisenoxyd (2 Fe^O«. 3 ePO») ungelöst bleib
welches abfiltrirt, geglüht und gewogen wird. Aus dem Filtrat f&ii
man durch oxalsaures Ammoniak den S^alk und dann durch UeberaÜ
tigen mit Ammoniak (wenn nöthig unter Zusatz von phosphoraaorez
Natron) die Magnesia als phosphorsaure Ammoniak -Magnesia. L
Eisen oder Mangan in grösserer Menge zugegen (und nicht an Phoi
phorsäure gebunden), so fällt man sie vor der Abscheidung des Kalkes
nach Uebersättigung der Flüssigkeit mit Ammoniak, durch Schwefel
ammonium. — In dem zweiten Theil bestinunt man die Alkalien, iS'
dem man die Flüssigkeit mit einem Ueberschuss von Barytwasaer er
wärmt Aus dem Filtrat entfernt man den Barytüberschuss durch koh-
lensaures Ammoniak unter Zusatz von freiem Ammoniak, verdampl
die vom Niederschlag abfiltrirte Flüssigkeit zur Trockne, glüht on^
wägt die als Chlormetalle zurückbleibenden Alkalien. Sie werden mit-
telst Platinchlorid getrennt. Bei diesem Verfahren zor Bestimmonj
der Alkalien kann die Löslichkeit des kohlensauren Baryts bei Gregen-
wart von viel Ammoniaksalz einen von Erdmann 0 un<l ▼on 6. B i a ch o f ^
hervorgehobenen Fehler veranlassen, wodurch leicht die Menge dea
Natrons grösser gefunden wird als sie wirklich ist. Die alkalischeD
Chlorüre sind deshalb stets auf einen Barytgehalt zu prüfen, eben so
die vom Kaliumplatinchlorid abfiltrirte Lösung auf einen wirklichen
Natrongehalt. — Im dritten Theil der salzsauren Lösung der Asche
bestimmt man die Schwefelsäure und Phosphorsäure, Man fällt
erstere durch Chlorbarium ans, neutralisirt sodann die vom schwefel-
sauren Baryt abfiltrirte Flüssigkeit nahezu mit Ammoniak, versetzt üt
mit essigsaurem Ammoniak und dann mit (scKwefelsäurefreiem) Eisen-
chlorid. Durch Erhitzen zum Sieden wird alles JSisenoxyd nebst aller
Phosphorsäure niedergeschlagen. Der ausgewaschene und geglühte
Niederschlag wird gewogen, wieder in Salzsäure gelöst, das Elisen aiu
der mit Weinsäure und Ammoniak vermischten Lösung als Schwefel-
■) Annal. d. Chem. o; PhMrm; Bd. LIV, S. 86Ss — *) Joam. f. prakt. Qicai.
Bd. XLVn, S. 198.
Aache organischer Körper. 355
«iaeo abgeschieden und das Gewicht des daraus erhaltenen Eisenoxyds
von dem saerst gewogenen abgesogen, wodurch man das der Phosphor-
sinre erf&hrt. Oder man lost den noch feuchten Niederschlag des ba-
sisch phosphorsanren Eisenoxyds in Salss&ure und fällt die Phosphor-
sinre ans der mit Weinsäure und Ammoniak vennischten Lösung durch
ein Magnesiasalz. — Den Chlor- und Kohlensäure-Gehalt bestimmt
man in besonderen Portionen der Asche. — Aschen, welche in Folge
cuies bedeutenden Gehaltes an Kieselsäure durch Salzsäure nicht voll-
itandig zersetzbar sind, werden durch Eindampfen mit Kalilauge oder
Erhitzen mit Barythydrat aufgeschlossen.
Methode von Erdmann. — Die Asche wird in Salzsäure auf-
fslöst, die Kieselsäure wie gewöhnlich abgeschieden, aus der von der
Kieseleänre (und Sand) abfiltrirten Flüssigkeit die phosphorsauren
Salze der alkalischen Ehlen und des Eisenoxyds durch Ammoniak ge-
fiUt und das Filtrat, welches die Alkalien als phosphorsaure Salze oder
Chlormetalle enthält, zur Trockne verdampft und der Bückstand geglüht.
Nach seiner Wiederanflösung in Wasser fallt man die Phosphorsäure
mit essigsaurem Bleioxyd aus, entfernt das überschüssige Bleisalz mit
kohlensaurem Ammoniak, verdampft das Filtrat, unter Zusatz von Salz-
siore, und wägt den geglühten Bückstand, in welchem man das Ghlor-
kaliom mittelst Platinchlorid bestimmt. Das phosphorsaure Bleioxyd wird
Bit Schwefelsäure zerlegt und in der abfiltrirten Flüssigkeit die Phos(Au>r-
liiire bestimmt — Die phosphorsauren alkalischen Erden, welche nach
dem Aaswaschen geglüht und gewogen sind, werden mit kohlensaurem
Natron und Kieselsäure zusammengeschmolzen, mit Wasser aufgeweicht,
die zorftckbleibenden kieselsauren alkalischen Erden mit Salzsäure zer-
Mtzt und nach bekannten Methoden getrennt Die an das Natron ge-
bondene Phosphorsänre wird, nach der Entfernung der Kieselsäure,
ebenfiülls bestimmt. — Dieses Verfahren- ist hauptsächlich auf solche
Aiehen berechnet, welche so reich an Phosphorsäure sind, dass alle
Bisen, insbesondere die alkalischen Erden, an diese Säure gebunden
lind.
Methode von H. Böse. — Die, wie oben angegeben, verkohlte
and fein zerriebene organische Substanz wird mit 20 bis 30 Grm.
(oder noch weniger) Platinschwamm innig gemengt und portionenweise
in einer dünnen Platinschale über der Spirituslampe unter Umrühren
erhitzt, bis in der Masse kein Verglimmen mehr bemerkbar ist. Die
trhaltane graue platinhaltige Masse wird im Luftbade so lange bei
lliO* C. getrocknet, bis sich ihr Gewicht nicht mehr ändert. Man zieht
de lodann vollständig mit heissem Wasser aus, welches, neben geringen
Mengen von phoaphorsauren Erden, die in Wasser löslichen Bestand-
Me der Asche aufnimmt ; der Bfickstand kann, neben phosphorsauren
Eiden, auch noch Alkalien enthalten, welche als unlösliche phosphor-
laore Doppelsalze zugegen sind. In manchen Fällen, wie bei der
Ajche der Halme von Gramineen, kann der wässerige Auszug ausser
Kalk and MagnoMa auch Eaeselsäure enthalten.
Der wässerige Auszug wird zur Trockne verdampft, der Bückstand
Kbwach geglüht und sein Grewicht bestimmt. Soll der Kohlensäure-
S^ittlt desselben ermittelt werden, so sättigt man die Flüssigkeit vor
^ Abdampfen mit Kohlensäure, um die beim Glühen der kohlensauren
Alkiliflo (mit Kohle) als Kohlenoxyd etwa entwichene Kohlensäure zu
^VMticiL Betfftgt das Gewicht des Bückstandes mehrere Gramm, so
28*
356 Asche organischer Körper.
kann man zur Bestimmung einzelner Bestandtheile verschiedene Men*
gen desselben benutzen; bei geringerem Gewicht bestimmt Rose alle
Bestandtheile in einer und derselben Quantität auf folgendem Wege :
Die in Wasser gelöste Masse wird mit verdünnter Salpetersäure
übersättigt (was, wenn die Kohlensäure bestimmt werden soll, in einem
dazu geeigneten Apparate geschehen kann). Scheidet sich hierbei
Kieselsäure aus, so wird diese abfiltrirt. In der Losung bestimmt man
zuerst das Chlor, entfernt durch Salzsäure das Überschüssige Silber
und verdampft sodann die Flüssigkeit in einer Porcellanschale im Was*
serbade zur Trockne. Der mit Salzsäure befeuchtete Rückstand hlnter-
lässt, beim Behandeln mit Wasser, die Kieselsäure, welche abfiltrirt und
gemeinschaftlich mit derjenigen bestimmt wird, welche durch Salpeter-
säure etwa ausgeschieden wurde. Man übersättigt nun das Filtrat mit
Ammoniak und filtrirt den nicht unbedeutenden Niederschlag ab; er
wird kurze Zeit gewaschen, geglüht und sein Grewicht von dem Olfth-
rückstand des wässerigen Auszugs abgezogen. Seine weitere Unter-
suchung geschieht gemeinschaftlich mit dem in Salpetersäure Idslichen
Antheil der Asche. — Die Flüssigkeit, welche von dem durch Am-
moniak entstandenen Niederschlag abfiltrirt wurde, wird mit etwas
Oxalsäure versetzt und der etwa niederfallende oxalsaure Kalk bestimmt
(der wässerige Auszug der Asche von Samen oder von thierischen
Snl)stanzen ist frei von Kalk). Die Flüssigkeit wird jetzt mit Chlor-
barium versetzt, der aus schwefelsaurem und phosphorsaurem (oder
auch oxalsaurem) Baryt bestehende Niederschlag, nach dem Auswaschen,
mit verdünnter Salzsäure behandelt und der zurückbleibende schwefel-
saure Baryt bestimmt. Ans der Salzsäuren Lösung entfernt mao den
Baryt durch verdünnte Schwefelsäure , übersättigt dann mit Ammoniak
und fällt die Phosphorsäure als phosphorsaure Ammoniak-Magnesia. —
Die Flüssigkeit, ans der die Schwefelsäure und die Phosphorsänre dnreh
Chlorbarium entfernt wurden, wird mittelst kohlensaurem und etwas
freiem Ammoniak vom BarjrtÜberschuss befreit, das Filtrat zur Trockne
verdampft und der Rückstand geglüht. Er enthält die Alkalien als
Chlormetalle, welche mittelst Platinchlorid getrennt werden.
Der in Wasser unlösliche (platinhaltige) Theil der Asche wird
nun mit verdünnter Salpetersäure erwärmt, abfiltrirt nndmitheisaemmit
etwas Salpetersäure angesäuertem Wasser gewaschen. Die Lösung enthält
phosphorsauren Kalk, phosphorsaure Magnesia und phosphorsaures Eäsen-
oxyd (häufig auch Mangan) sowie die salpetersauren Salze von Kali, Na-
tron, Kalk und Magnesia ; sie ist frei von Schwefelsäure und Chlor. Sie wird
durch Verdampfen concentrirt, jedoch so, dass noch ein Ueberschnss von
Salpetersäure zugegen ist und dann mit einem Ueberschuss von metal-
lischem Quecksilber auf dem Wasserbade zur völligen Trockne ge*
bracht, in der Art, dass keine freie Salpetersäure mehr zugegen ist; die
eingetrocknete Salzmasse darf in der Wärme nicht mehr darnach riechen.
Man behandelt die trockene Masse nun mit Wasser, filtrirt das Unge-
löste auf einem möglichst kleinen Filter ab und wäscht den Rück-
stand so lange mit Wasser, bis das Filtrat auf Platinblech, nach
dem Glühen, keinen Bückstand hinterlässt. Die Flüssigkeit enthält
jetzt alle Basen (das Eisenozyd theilweise) als salpetersaure Salze nehst
viel salpetersaurem Quecksilberoxydnl. Maq entfernt letzteres entweder
durch Zusatz von Salzsäure und zuletzt, ohne das Quecksilberchlorür
abzufiltriren, von Ammoniak; oder man verdampft die Lösung in einer
Asche orgaDischer Körper. 357
FbliiMehale zur Trockne, veijagt das QaeoksüberaabB durch Glühen,
lö«C den Röckfltand in Salssäure und trennt dann Eiaenoxyd, Kalk,
Magnesia, Kali und Natron nach bekannten Metboden. — Der in Was-
MT unlösliche Antheil der eingetrockneten Salzmasse enthält alle Phos-
phorsanre an Quecksilberoxydul gebunden, nebst salpetersaurem Queck-
ttlberoxydul und metallischem Quecksilber. Er wird zur Bestimmung
der Phosphorsäore gut getrocknet und im Platintiegel mit überschüs-
sigem kohlensauren Natron-Kali gemengt. Das Filter bringt man,
so einer Kugel zusammengerollt, in eine Vertiefung des Gemenges und
überdeckt es noch mit letzterem. Der Tiegel wird nun, etwa eine halbe
Sdmde lang, unter einem Rauchfange massig erhitzt, so dass er nicht
tum Glühen kommt und der Inhalt nicht schmilzt. Es verflüchtigen
lieh hierbei das metallische Quecksilber und die QuecksUbersalze, mit
Ausnahme des phosphorsauren Quecksilberoxyduls. Dann giebt man
eine starke Hitze und bringt den Inhalt dea Tiegels zum Schmelzen,
die geschmolzene Masse wird mit heissem Wasser behandelt, worin sie
bis auf den Gehalt an Eisenoxyd völlig auflöslich ist; in der mit
Sftizsaure und dann mit Ammoniak Übersättigten Auflösung fällt man
die Phosphor säure durch ein Magnesiasalz. Das (phosphorsäurefreie)
fdMDoxyd wird in Salzsäure gelöst und mit Ammoniak gefällt. —
Bei solchen Aschen, welche, wie die von Stroh, nur geringe Mengen
▼OD phosphorsauren Salzen enthalten, ist es nach U. Böse bequemer,
die salpetersaure Lösung der A«che zuerst mit Ammoniak zu fällen
and erat den in Salpetersäure wieder aufgelösten Niederschlag in obiger
Weise mit metallischem Quecksilber zu behandeln.
Das mit Wasser und Salpetersäure erschöpfte Platin enthält nur
noch Kieselsäure; es wird in einer Platinschale mit Kalilauge erhitzt,
filtrirt, mit heissem Wasser ausgewaschen und die Kieselerde aus der
alkalischen Auflösung wie gewöhnlich abgeschieden. Das rückstän-
dige Platin wird bei 120^ G. getrocknet; was es jetzt weniger wiegt,
aU Dach der Verbrennung der Kohle, ist das Gewicht der Asche,
weniger ihres Gehalts an Kohlensäure. Das Platin ist rein, wenn die
eingeäscherte organische Substanz zuvor sorgfältig gereinigt war, andern-
Uls enthält es Thon und Sand und muss dann — wenn es von Neuem
dienen soll — aufgelöst werden.
Nach einer früheren, von H. Rose angegebenen Methode O9 wurde
die verkohlte Masse zuerst fein gepulvert, darauf mit Wasser, dann mit
Salzs&ure ausgezogen und endlich die durch Auflösungsmittel erschöpfte
Koble unter Zusatz von Platinchlorid verbrannt Die bei diesen drei
Operationen erhaltenen Aschenantheile wurden jeder für sich unter-
sucht and endlich die erhaltenen Bestandtheile zusammengerechnet.
IHeaes langwierige und umständliche Verfahren — welches aus eigen-
thfimlicben Ansichten hervorging, welche sich H. Böse Über die Form
gebfldet hatte, in welchen die unorganischen Elemente in den verschie-
den Theilen eines Thieres oder einer Pflanze enthalten seien und nach
^rVerkohlung zurückgehalten würden — wurde verlassen, als sich
«»Versuchen von Strecker^) und von H. Rose») selbst ergab, dass
M emem gewissen Verhältniss der Menge der Kohle zu der Menge
^r Asche ein Theil der Aschenbestandtheile und zwar ein um so
. 0 Pogg. Aonal. Bd. LXX, S. 449 a. B<L LXXVI, 8. S«4. — *) Annal. d.
<^*B- «. Pharm. Bd. LXZni, S. 8S9. — 0 Pogg. Annal. Bd. LXZIX, S. 398.
358 Asche organischer Körper.
grösserer, je beträchtlicher das Verhältniss der Kohle zur Menge der
unverbrennlichen Körper ist, vor der Berührung mit dem Lösangamittel
und somit ror der Auflösung geschützt wird, in ähnlicher Weise, wie
aus einer Legirung von Gold und Silber das letztere Metall je nadi
der relativen Menge beider bald durch Salpetersäure gelöst wird, bald
darin unlöslich ist Aus der 12 bis 15 Proc. Asche enthaltenden Kohle
des ganzen Blutes lässt sich nur ^/a der ersteren mit Wasser nnd Salz-
säure ausziehen, während nach der Abscheidung des Albuniins durch
Coagulation bei 100<^ C. durch Verdampfen der Lösung eine über
80 Proc. Asche enthaltende Kohle gewonnen wird, welche durch Was-
ser und Salzsäure vollkommen erschöpfbar ist. Ans directen Versuchen
mit Zucker und Casem, welche mit Salzen — essigsaurem Kali, phos-
phorsaurem Natron, schwefelsaurer Magnesia, Chlorkalium oder Ohlor-
natrium — verkohlt wurden, ergab sich, dass diese Salze oder ihre
Basen um so vollständiger und hartnäckiger zurückgehalten werden,
je weniger die Kohle von ^ denselben enthält Dieses Verhalten zieht
eine Unrichtigkeit in der nach diesem Verfahren von Rose ermittelten
Zusaipmensetzung einer Asche, namentlich in Beziehung auf den Chlor-
gehalt, in allen den Fällen nach sich, in welchen die Kohle mit Wasser
und mit Salzsäure sich nur unvollständig auslaugen liess; sofern das
übersehene Chlor bei der Berechnung durch Sauerstoff ersetst wurde,
musste die Monge der Oxjde zu hoch und die der Chlormetalle zu
niedrig ausfallen. Bei einer grösseren Aschenmenge lässt sich die
Kohle vollständig oder bis auf eine verschwindend kleine Menge von
Aschenbestandtheilen befreien.
Methode von Mitscherlich. — Die in einem Sauerstoffstrome,
wie oben angegeben, dargestellte Asche wird in Salpetersäure gelöst
und durch Eindampfen und Wiederaoflösen in schwach angesäaertem
Wasser ein Kieselerdegehalt abgeschieden. Aus der Lösung fällt man
durch Ammoniak die phosphorsauren Salze von Kalk, Magnesia, Eisen-
oxjd (und Thonerde), durch Behandlung mit Essigsäure entsieht man
dem Niederschlage phosphorsauren Kalk und phosphorsaure Magnesia;
den Kalk fällt man aus der essigsauren Lösung mit Oxalsäure, die Mag-
nesia als phosphorsaures Salz durch Ammoniak. — Die mit Ammoniak
übersättigte salpetersaure Auflösung der Asche wird sodann wieder mit
etwas Salzsäure angesäuert, mit einer Auflösung von Eisenozyd von bekann-
tem Ozjdgehalt und dann mit Ammoniak versetzt und aus dem Gewichts-
Überschuss des Eisenozyds die Phosphorsäure berechnet Das Filtrat
wird in einer t^orcellanschale verdampft, nach dem Verjagen der.Ani-
moniaksalze geglüht und die zurückbleibenden Chloralkalimetalle mit-
telst Platinchlorid getrennt — Mitscherlich untersuchte in dieser
Weise .die Asche der Hefe; er machte dabei die Beobachtung, dass der
phosphorsaure Kalk durch Ammoniak um so unvollständiger ausgefällt
wird, je mehr Ammoniaksalz zugegegen ist, und dass phosphorsaures
Eisenozyd zwar in Essigsäure unauflöslich, aber auflöslioh in einer
Flüssigkeit ist, welche essigsaures Eisenozjd enthält; durch Schwefel-
säure oder eine andere Säure, welche die essigsaure Ve^indung anf-
hebt, lässt sich das phosphorsaure Eisenoxyd ausfällen.
Methode von Wackenroder. — Dies Verfahren ist nur bei
solchen Aschen anwendbar, welche an und für sich reich sind an Kalk,
kohlensaurem Kali und Ghlorkalium oder durch den von Wackenro-
der empfohlenen Zuaats von essigsaurem (kohlensaurem oder ätiendem)
Asche organischer Körper. 359
Xftlk bei der Veraschnng schmelzbarer und an KieseUäore oder Phon-
pboraiare reicher Sabataiuien in Kalkaschen verwandelt werden. — Die
Unteraaehting der Asche zeri'ällt in die Analyse des in Wasser lös*
lidMn und d^ darin unlöslichen Theiles.
a. In Wasser löslicher Theil. — Der wässerige Auszug (von
10 bis 20 Grm. Asche mit dem vier- bis sechsfachen Gewicht Wasser)
enthalt, wenn in der Asche kohlensaures Kali rorhanden ist, alle Schwe-
fcJtSnre und einen Theil der Phosphorsäure, dagegen nur Spuren von
Kieselsäure, Kalk und Magnesia. Der erdige Bückstand besteht ans
don Beet der Phosphorsäure, aus Kieselsaure und Kohlensäure, in Ver-
bindmig mit Kalk, Magnesia, Eisenozyd (Thonerde) und Manganoxyd-
ozydal. Ist die Asche frei von kohlensaurem Kali, so enthält der
wmsBerige Auszug meist nur Chlorverbindungen und schwefelsaure
S^se, aber keine phosphorsauren. Trübt sich der wässerige Auszug
eaeh einiger Zeit, so filtrirt man den aus kohlensaurem, phosphorsaurem
and kieselsaurem Kalk bestehenden Niederschlag ab und fügt ihn dem
erdigen Rückstände zu. Glüht man den Rückstand gelinde im verschlos-
senen Platintiegel und zieht sein Gewicht von dem der Asche ab , so
eilialt iD&n eine Controle für die Gesammtmenge der löslichen Aschen-
»Ize. Der wässerige Auszug wird in vier nach Erfordemiss ungleich
grosse Theile getheilt. In dem einen bestimmt man die Kieselsäure
durch Ansäuern mit Salzsäure , Erwärmen , Versetzen mit Ammoniak
ud i4ftiündig^s Stehenlassen; die stets geringe Fällung von Kiesel-
erde kann auch Spuren von phosphorsauren Erden enthalten. In dem
zweilen ermittelt man Kalk und Magnesia, in dem dritten 'das Chlor
(Cyan) nach bekannten Methoden. Der vierte etwas grössere Theil
dioit zur Bestimmung der Schwefelsaure, Phosphorsäure und Kohlen-
Biiire. Er wird erhitzt, nach dem Erkalten durch Chlorbarium völlig
niedargeachlagen, und der ausgewaschene schwefelsaure, phosphorsaure
und kohlensaure Baryt nach gelindem Glühen gewogen. Nach seiner
Behandlung mit Salzsäure bleibt schwefelsaurer Baryt; aus dem Filtrat
fälH anf Zusatz von Ammoniak phosphorsaurer Baryt (SBaO . ePOs oder
l5BaO . BcPOft -f- BaGl) nieder. Genauer fällt die Bestimmung der
Fhoephorsäure aus, wenn man aus der salzsauren Lösung den Baryt
durch Schwefelsäure entfernt und das mit Ammoniak übersättigte Fil-
trat mit einem Magnesiasalz vermischt. Die Menge des kohlensauren
Baryts (nnd somit der Kohlensäure) ergiebt sich aus der Differenz.
Den KaHgehalt ermittelt man durch Fällung der hinreichend verdampf-
ten Lösung mit Weinsäure nnd Trocknen des niedergefallenen, mit
wenig kaltem Wasser gewaschenen (25 Proo. Kali enthaltenden) Wein-
rteines bei 100<^ C, oder wie gewöhnlich als Kalium platinchlorid.
Einen Gehalt der Asche an. Natron beobachtete Waokenroder nur
in wenigen Fällen.
b. In Wasser unlöslicher Theil. — Er wird mit Salzsäure
behandelt, die Kieselerde (nebst Kohle und Sand) abgeschieden, in dem
Fütrat, wenn Schwefelsäure vorhanden ist, diese zuerst bestimmt, als-
dann dasselbe (nach vorgängiger Abscheidung des überschüssigen Baryts
mittelst Schwefelsäure) mit kohlensaurem Natron beinahe gesättigt nnd,
nach Zusatz von essigsaurem Natron, gekocht, wo alles Eisenoxyd (und
alle Thonerde) in der Form von piiosphorsauren Salzen gefällt werden.
Sie werden nach dem Glühen und Wägen, als FesOg . c^Os und Al^Os •
«PO^, berechnet, in Salzsäure gelöst, mit überschüssiger concentrirter
360 Asche organischer Körper.
Natronlauge erwärmt und das abgeschiedene BUenoxyd besüninii; die
alkalische Flüssigkeit liefert mit Essigsäure angesäuert und gekocht
die phosphorsaure Thonerde, die mit wässerigem Weingeist gewaschen
und als Al2 03.cl^05 gewogen wird. — Zur Bestimmung des Bestes dei
Phosphorsänre vorsetzt man die vom phosphorsauren Eisenoxyd (und phos-
phorsaurer Thonerde) abfiltrirte Flüssigkeit mit Eisenchlorid von bekann«
tem (etwa V^o bis ^/lo denAsche betragenden) Eisengehalt, dann mit einei
hinreichenden Menge von essigsaurem Natron und kocht, wo alle Phos-
phorsäure sammt dem Eisenoxyd niederfällt. Zieht man von dem Ge-
wicht dieses Niederschlages das Eisenoxyd ab, dessen Menge bekanm
ist, so erhält man das der Phosphorsäure. Der Kalk und die Magnesia
die neben Mangan in der Flüssigkeit bleiben, werden nach bekanntet
Methoden bestimmt. Zur Bestimmung des Mangans wird die heisw
Flüssigkeit mit kohlensaurem Natron gefällt, und der gelinde geglüht«
Niederschlag mit wenig überschüssiger verdünnter Salpetersäare behau
delt, wo alles Mangan als Oxydoxydul ungelöst bleibt; das Filtrat eot
hält den Kalk und die Magnesia.
Methode von Städeler. — a. Samen-Aschen. Etwa 50 Grm
der lufttrockenen oder bei IPO^ C. getrockneten Samen werden be
schwacher Glühhitze in einem Platintiegel vollständig verkohlt, di<
Kohle zu Pulver zerrieben und mit Wasser befeuchtet, einige Zeit d«
Einwirkung der Luft ausgesetzt, wodurch etwa vorhandene Schwefel
metalle in schwefelsaure Salze übergehen. Man digerirt darauf dai
Kohlenpulver mit concentrirter Essigsäure, setzt Wasser hinzu, fiitrir
und wäscht den Rückstand mit heissem Wasser, bis die ablaufend«
Flüssigkeit nur noch schwach auf Lackmus reagirt Die hierdurch fas
vollständig von Chlormetallen befreite Kohle wird in einem Platintaege
durch anhaltendes gelindes Glühen zuletzt unter Zufügen einiger Tiopfei
concentrirter Salpetersäure vollständig eingeäschert Mit dieser AscIm
vermischt man dÜe durch Abdampfen des essigsauren Auszuges erhal'
tene Salzmasse, glüht zur Zerstörung der vorhandenen essigsauren Sal»
gelinde und wägt. Die Asche wird im Kohlensäure-Apparat mit Sal-
petersäure aufgeschlossen und ihr Kohlensäuregehalt durch den Verlast
bestimmt. Die von der verdünnten Salpetersäuren Lösung abfiltrirU
Eaeselsäure (Kohle und Sand) wird wie gewöhnlich bestimmt; aus den
Filtrat fällt man das Chlor durch salpetersaures Silberoxyd und — nad
Entfernung des Silbers durch Salzsäure — die Schwefelsäure dard
Chlorbarium. Nach Entfernung des BarytÜberschnsses mit Schwefel'
säure verdampft man das Filtrat zur Trockne und digerirt die Sals<
masse mit concentrirter Salzsäure zur Entfernung von Salpetersäon
und Ueberführung der Phosphorsäure in die gewöhnliche Modification
Die beim Wiederauflösen in Wasser zurückbleibende Kieselsäure wirc
abfiltrirt, Eisen, Mangan, Thonerde, Kalk und Magnesia durch Am-
moniak als phosphorsaure Salze gefällt, nach sechs bis acht Stunden abftl'
trirt, geglüht und gewogdn. Den Niederschlag digerirt und löst man mit
concentrirter Salzsäure, stumpft die freie Säure mit Natron ab und ver-
mischt mit essigsaurem Natron, wodurch phosphorsaures Etsenoxyd un<i
phosphorsaure Thonerde abgeschieden werden. Sie werden geglüht, gewo'
gen und, wennnöthig, nach bekannten Methoden getrennt. — Ans dem Fil-
trat wird der Kalk durch oxalsanres Ammoniak, die Magnesia durch Ueber«
sättigen mit Ammoniak als phosphorsänre Ammoniak-Magnesia gefällt and
die mit dem Kalk verbunden gewesene Phosphorsäure aus dem Verlust be-
Asche organischer Körper. 361
rechnel. Ein etwaiger ICangangehalt ist mit der Magnesia niedergefallen.
Die Lösung, ans der die phosphorsauren Erden und Metalloxyde durch Am-
moniak gefallt sind, enthält nur noch Alkalien und einen Theil der
Phosphorsaare. Man fällt die letztere (nebst Schwefelsäure) miC Chlor-
bariiun, entfernt den Barytüberschuss durch Schwefelsäure oder neu-
trales kohlensaures Ammoniak, verdampft, glüht und wägt die Alkalien
al« Chlormetalle oder schwefelsaure Salze. Der durch Chlorbarium
entstandene Niederschlag wird mit Salpetersäure ausgezogen, mit
Schwefelsäure bis zur vollständigen Au^fällung des Baryts vermischt
und aas dem mit Ammoniak übersättigten Filtrat die Phosphorsäure
durch ein Magnesiasalz gefällt. — b. Aschen von Holz, Kräutern
o. s. w. Der Gang der Analyse weicht von dem eben angegebenen
ab, als diese Aschen mehr alkalische Erden enthalten, als zur Sät-
tigung der Phosphorsänre erforderlieh ist; bei der Fällung mit Am-
moniak wird also sämmtliche Phosphorsäure ausgeschieden. Man ül-
trirt drai entstehenden Niederschlag sogleich ab, fällt aus dem Filtrat
zuerst Mangan durch Schwefelammoniuro, dann Kalk durch Oxalsäure
Qitd endlich die Magnesia durch phosphorsaures Ammoniak. Ueber-
achfissig zugesetzte Phosphorsäure trennt man, wie oben angegeben,
von den Alkalien. Von kieselsäurereichen Aschen wird der durch
Saoren nicht zersetzbare Antheil mit Flusssäure aufgeschlossen; das
Giewicht der Kieselsäure ergiebt sich aus dem Verlust und auf die Be-
stimmuiig von Kohle und Sand ist zu verzichten.
Methode von Wittstein. — Sie ist, wie die vorhergehende,
darauf berechnet, möglichst viele Bestandtheile mit einer und derselben
Aschenmenge (mindestens 0,5, höchstens 1,3 Gramm) zu bestimmen; we-
sentlich unterscheidet sie sich von Städeler's Verfahren nur in folgen-
den Punkten: Wittstein wägt die verkohlte Substanz vor und nach
dem Aaslaugen mit Wasser und äschert dann die Kohle unter Zusatz
von etwas Salpetersäure oder salpetersaurem Ammoniak vollständig
ein. Addirt man das Gewicht der so erhaltenen Asche zu dem Ge-
wichtsverlust der Kohle beim Auslaugen, so ergiebt sich das Gesammt-
gewicht der Asche. Die von Chlor, Schwefelsäure, Kieselsäure befreite
Losung der Asche wird mit Ammoniak übersättigt, die gefällten phosphor-
saoren Salie in Salzsäure gelöst und nach der Abscheidung von phos-
phorssnrem Elisenozyd und Thonerde (Fe^Oa • ifiO^ und Al^Og . c^Os),
welche mit KaM getrennt werden, die Phosphorsäure mit essigsaurem
Bleioxyd gef&Ut, die salpetersaure Lösung des Niederschlages mittelst
Scbw^lsäure und Alkohol vom Bleioxyd befreit, im Filtrat die Phos-
phontänre als phosphorsaure Ammoniak-Magnesia bestimmt und die an
Thonerde und Eisenoxyd gebundene hinzuaddirt. Nach dem Entfernen
^s Bleiflberschusses mittelst Schwefelwasserstoff aus der vom phosphor-
sanren Bleioxyd abfiltrirten Flüssigkeit fällt man das Mangan mit
Sehwefelammonium , dann Kalk und Magnesia in gewöhnlicher Weise.
— Ans der die Alkalien enthaltenden Lösung fällt man die Phosphor-
iinre — wenn noch davon vorhanden ist — mit Chlorbarium als
5Ba0.2P05, und bestimmt in dem barytfreien Filtrat die Alkalien
als Chlormetalle. Enthält die Lösung keine Phosphorsäure, so werden
darin Kalk, Magnesia und Alkalien wie gewöhnlich bestimmt
Die einfachste Methode der Analyse von Aschen ist folgende: Die
in der Muffel bei möglichst gelinder Hitze bereitete Asche wird gleich-
massig zerrieben und in ein verschliessbi^res Glas gebracht« In einem
862 Asche organischer Körper.
besonderen Theile derselben bestimnit man die Kohlens&ure, in einem
anderen, mit verdünnter Salpetersäure ausgezogenen, das Chlor. Eiae
dritte etwas grössere Menge (etwa 4 bis 5 Grm.) wird zur Bestimmimg
der Kieselsäure und der übrigen Bestandtheile verwendet. Man ver-
setzt hierzu die Asche mit Salzsäure, scheidet die Kieselsaure wie ge-
. wohnlich ab und ermittelt das Gewicht oder Volumen des (gemischten)
Filtrats. In einem, dem Gewicht oder Volumen nach bekannten Theil
desselben bestimmt man die Schwefelsäure, in einem änderen den Kalk,
die Magnesia, das Eisenoxyd (Thonerde) und die Pho«»phorsäure , in
einem dritten die Alkalien. — Sind, wie dies bei Aschen von Samen
und vielen animalischen Substanzen der Fall ist, alle Basen oder doch
bei weitem der grössere Theil derselben als phosphorsaure Salze vorhan-
den, so übersättigt man zuerst mit Ammoniak und dann mit Elssigsänre,
und bestimmt das hierbei ungelöst bleibende phosphorsaure Eisenoxyd«
Fe^ Os . cP O5, (und die durch Kali zu trennende phosphorsaure Thonerde) ;
man fällt alsdann den Kalk mit Oxalsäure, dann einen Theil der Phos-
phorsäure und alle Magnesia durch Ammoniak und den Rest der Photphor-
säure durch ein Magnesiasalz. — Bei Aschen, welche ärmer an Phos-
phorsäure sind, bleibt nach diesem Verfahren entweder ein Theil oder
auch alle Magnesia in Auflösung. Man bestimmt diesen gelost geblie-
benen Theil durch Fällung mit phosphorsanrem Natron oder (wenn
man das Filtrat noch zur Bestimmung der Alkalien verwenden will)
mit phosphorsaurem Ammoniak. Enthält die Asche auch ManganoxyduU
so bestimmt man zuerst dafi vorhandene Eisenoxyd, wie oben angege-
ben, sodann setzt man der davon abfiltrirten Flüssigkeit ein bestimm-
tes Volumen einer möglichst neutralen Auflösung von Eisenchlorid
(von bekanntem Oxydgehalt) zu und erhitzt zum Sieden. Ans dem
Gewicht des mit heissem Wasser ausgewaschenen und gelösten Nieder-
schlages erfährt man das der Phosphorsänre , indem man das zuge-
setzte Eisenoxyd abzieht und diejenige Phosphorsäure hinzurechnet,
welche schon als phosphorsaures Eisenoxyd (und phosphorsaure Thonerde)
vorhanden und bestimmt war. — In dem Filtrat, welches alles Mangan-
oxydul, den Kalk und die Magnesia enthält, bestimmt man aladann
diese Basen wie gewöhnlich, indem man das Mangan zuerst durch unter-
chlorigsaures Natron ausfällt (welches nach 24 Stunden abflltrirt, ge-
glüht und alsMn8 04 gewogen wird). — Zur Bestimmung der Alkalien
versetzt man die nicht zu viel freie Salzsäure enthaltende Lösung der
Asche mit Oxalsäure, dann mit überschüssigem Ammoniak und — wenn
noch Magnesia in Auflösung ist — auch mit phosphorsaurem Ammoniak ^).
Der Niederschlag wird mit ammoniakhaltigem Wasser ausgewaschen,
das Filtrat zur Verjagung des Ammoniaks etwas verdampft und noch
heiss mit essigsaurem Bleioxyd gefällt. Den Ueberschuss des ange-
setzten Bleioxyds entfernt man mit Ammoniak und kohlensaurem Am-
moniak. Das Filtrat wird, sammt dem Wasch wasser, unter Zusatz
von Salmiak verdampft, die Ammoniaksalze durch gelindes Glühen
verjagt und die als Chlormetalle gewogenen Alkalien mit Platinohlorid
getrennt, oder ihr Chlorgehalt mit Silberlösung durch Titrirung bestimmt
W. Knop und Arendt verfahren im Wesentlichen in derselben
Weise, nur bestimmen sie die Phosphorsäure in der mit E^igsäure
*) Die hierzu verwendete PhosphorsHnre darf, wegen eines möglichen Alkali-
gebaltes nicht aus Knochen dargestellt sein.
Asche, vulcanische. 363
ugMiaerten Löeong durch Znsats von essigsaarem Uranozyd und Er-
kHno nun Sieden (bei Gegenwart von Eisenozyd nach vorheriger Re-
iuetion durch Uranchlorür). Ans dem zuerst durch Decantiren, dann
ivf dem Filter oder nach Zusatz einiger Tropfen von Chloroform ans-
pewasehenen Niederschlage von phosphorsaurem Uranozyd-Ammoniak
berechnet man die Phosphorsfture, nach dem Glühen unter Zusatz von
etwu Salpetersäure, nach der Formel 2Ur3 08 .PO5.
Zur genaueren Bestimmung von Phosphorsäure in Aschen, bezie-
bnngsweise in Thier- oder Pflanzensubstanzen, hat W. Mayer^ dasnach-
ilefaäide Verfahren angegeben: Die Substanz wird verkohlt, in der
Mnffel, nach Strecker's Vorschrift unter Zusatz von Baryt völlig ein-
leiachert, und die Asche — welche in den meisten Fällen mit Salzsäure
Bdiwefelwasserstoff entwickelt — in Bechergläsem mit rauchender Sal-
^etenftnre oder mit Königswasser zur Trockne verdampft. Die einge-
Iroeknete Masse wird mit verdünnter Säure längere Zeit erwärmt und das
fOtnt mit Ammoniak versetzt, bis eine schwache Fällung erfolgt; diese
Wird dnrch einige Tropfen Salzsäure wieder gelöst, eine Mischung von
Websäure, schwefelsaurer Magnesia und Salmiak (in lOOOC.C. Flüssig-
köt 15 Grm. Weinsäure, 6Grm. wasserfreie schwefelsaure Magnesia und
1S,5 Grm. Salmiak enthaltend) zugefügt, darauf oxalsaures Ammoniak
JMd essigsaures Natron ; einen etwaigen Barytgehalt entfernt man durch
^thwefelsaures Ammoniak. Aus der baryt- und kalkfreien Flüssigkeit
ÜUt man die Phosphorsäure durch Ammoniak-Magnesia; dasEisenozyd
^ird durch die Weinsäure in Lösung erhalten. — Zur Bestimmung des
^«ammtschwefelgelialtes (den man, wie schon oben angegeben, in der
Aieke mir zum kleinsten Theil als Schwefelsäure findet) hält es Mayer
m geeignetsten, die organische Substanz (Samen z. B.) in Aetzkali
■Dzotragen, welches bei möglichst niederer Temperatur geschmolzen
«kd mit Vso Salpeter versetzt ist, und dann die Temperatur allmälig
tt steigern. Aus der angesäuerten Lösung fällt man die Schwefel-
ftee doreh Barytsalz. WL
Asche, vulcanische. Ein Product der Vulcane, welches
ftnien Namen nur sehr uneigentlich f flhrt. Es ist der pulverförmige
«itr itaabartige Theil der bei vulcanischen Ausbrüchen emporgeschleu-
^Md Massen, und von sehr verschiedenartiger Beschaffenheit und
Zttunmensetzung, sowohl bei einem und demselben Vulcane als bei
l^tlnvreo derselben. Zuweilen ist die sogenannte Asche dunkel oder
|*^wt von Farbe und aus erdigen oder weichen Theilchen zusam-
^gesetzt, zuweilen aber grau oder weiss und ziemlich leicht und fein.
I«id«m Ausbruche des Vesuvs im Jahre 79, welcher die Städte Uer-
^^ntm und Pompeji begrub, war die Asche so fein und trocken, dass
*Kmdie zerborstenen Bisse drang und von verschütteten Personen die
PiviMten Abdrücke machte. Besonders diese staubartigen Massen
p «, welche den Namen vulcanische Asche führen (während man
p grelleren vulcanischen Sand zu nennen pflegt), welche zu sehr be-
■i>MeD Höhen aufsteigen und dann vom Winde weit fortgeführt
*^dcn, 10 z. B. beim Ausbruche des Aetna im Jahre 1778 bis Malta,
*^(lein desMomeOaron auf St. Vincent im Jahre 1814 bis Barbados,
ki dem des Coseguina an der Bai von Conchagua in Guatimala im
') AaiuL d. Chmn. a. Pharm. B<L Gl, S. 129.
364 Asche, vulcanische.
Jahre 1835 bU Kingston auf Jamaika, 700 engl. Meilen davon entfen
Die Zusammengesetztheit der vulcanischen Asche ergiebt sich am dei
lichsten durch eine mücroskopische Untersuchung; sie erweist sicli dali
als bestehend aus Trümmern von Lava, Schlacken, Glimmer, Feldspat
Magneteisenstein, Augit, Bimsstein, Olivin u. dergl. Sie ist daher ein a
chanisches Gemenge von aneinander abgeriebenen Mineralien und G
steinarten, und eine chemische Analyse derselben hat nur allein aus geo]
gidchem Gesichtspunkte Interesse, um die Producte verschiedener Vi
cane, oder verschiedener Ausbrüche eines und desselben Vulcans, od
endlich verschiedener Stellen eines und desselben Ausbruchs (am Veai
hat man die Erfahrung gemacht, dass die Asche im Verlaufe ein
Ausbruchs immer weisser wird, und die weissliche Farbe ein Zeich«
der baldigen Beendigung des Ausbruchs ist) mit einander zu vergleiche
und daraus Schlüsse zu ziehen über die Ursachen der valcaaiflchi
Erscheinungen. — Beispielshalber mögen hier die Resultate ein^
Analysen erwähnt werden. In der am 22. October 1822 vom Ve«
ausgeworfenen Asche fand Vauquelin^): Kieselerde 2 8, 1 , Thonen
8,0, Gyps 18, Schwefeleisen 20,88, Kalk 2,6, Kohle 1, nebst schweft
saurem Kupfer, schwefelsaurem Ammoniak, salzsauren Salzen, Schwefi
zusammen 41,42. Die vom Krater des Soufri^re auf Guadeloupe i
Jahre 1797 ausgeworfene Asche enthält nach Dufr^noy^), aus»
2 Proc. Alaun, Kali, Gyps und 8,84 Proc Wasser, 32,61 durch Säon
angreifbare Theile (welche er für Labrador hält) und 56,23 dun
Säuren nicht angreifbare -Theile (für glasigen Feldspath gehaHes
Die aus demselben Krater vom Ausbruche im Jahre 1836 gab ihn
00,88 in Säuren Unlösliches, 33,72 dai-in Lösliches, 6,93 Wasser, ui
0,62 Schwefel, ausser 1,85 Verlust.
Wir wollen ausserdem hier eine übersichtliche Darstellung ve
schiedener neuer Aschenanalysen mittheilen.
Die Asche von dem oben erwähnten Ausbruch des Coseguina enthid
nach Dufr^noy und Elie de Beaumont'), 18 durch Salzsäure ai
schliessbare (I) und 82 unlösliche Theile (II). Mayer ^) hat dieAsd
von Gunnung-Gurtur of Java, Eruption vom 4« Januar 1843 (HI), n
tersucht; Wasser entzieht ihr etwas Schwefelsäure, Kalk und Span
Salzsäure. Schweitzer^) die desselben Vulcans, Ausbruch vom 2
November 1843 (IV) analysirt, aus letzterer lösten kochendes Was»
etwas Kalk- und Magnesiasalze, im Ganzen 0,3 Proc. Sartori ns vc
Waltershausen ^) hat 5 sogenannte Eidenoxyd- und 2 Bogenann
Eisenoxydulaschen vom Aetna analysirt, die Zusammensetzung 4
einzelnen giebt keine grosse Differenzen, daher es genug bt zweiBi
spiele anzuführen (V u. VI). Endlich hat Genth eine Asche von 4
Eruption des Hekla von 1846 untersucht (VII). i^
>) Annal. de min. tt de phys. T. XXXII, p. 120. — *) Annal. de cbii
phys, [2.] T. LXVII, p. 261.— ^ Annal. de chim. et phys. [2.] T. LXVIII, p.'
— *) V. Leonh. u. Bronn Jahrb. 1868, 8. 468. — *) Jonrn. f. prakt. Chem.
LXV, S. 194. — «) W. SartoriuB v. WaltershanBen, Volc. Gestein«. '^''^'
1868, S. 172.J— ') daselbst S. 176.
Aschen, metallische. — Asclepion. 365
I. n. m. IV. V. VI. VII.
Kieselsäure 51,7 64,3 34,2 51,0 48,7 51,3 56,9
Thonerde 15,2 21,1 87,5 21,9 17,9 18,4 14,2
fisenoxyd 18,0 — 18,2 — 12,7 — —
fSaenoxjdul — — 6,7 10,8 — 11,7 18,9
Kalk 11,1 1,4 0,7 9,3 5,5 7,5 6,2
Magnesia — 0,7 — 3,8 2,5 4,3 4,0
Natron 6,2 9,6 — 2,9 4,5 4,6 2,8
KaU — — — 0,5 2,0 1,6 2,6
Wasser und Verlust . . 2,8 8,4 1,0 0,6 6,6 0,5 —
in Waaser lösliche Theile — — 1,7 0,3 — 2,7 ~
(P.) Fe.
Aschen, metallische, Metallkalkc, wurden früher
die durch Verbrennen der Metalle an der Luft erhaltenen, meist noch
■it metallischen Theilen verunreinigten Oxyde genannt : Eupferanche,
Ikiasche, Zinnasche u. s. w. Nach der phlogistidchen Theorie nahm
HU nämlich an, dass die Metalle aus Metallasche oder Metallkalk und
Mogiston bestehen, so dass beim Erhitzen der Metalle, indem das
Alogiston fortgehe, 4^s Unverb rennliche, die Asche, zurückbleibe.
Fe.
Aschenbad (Balneum cinerefim; Bains des cendrea). Ein Bad,
«dehes als Unterlage bei Destillationen u. s. w. Asche enthält (s. Bad).
Aschenzieher (Aschentrecker), ein veralteter Name des
Tnrmalins, hergenommen von der von den Holländern zuerst be-
L^erkten Eigenschaft, bei Erwärmung auf einer glühenden Torfkohle,
vermöge erlangter Elektricität die Asche anzuziehen und bald darauf
ttonstossen.
Asclepiadin, Asclepin. Der« brechenerregende Stoff de;^
fCiftwnrzes, Äaeiepias vinceioaicum ^ von FeneuUeO entdeckt. — Ep
I "iird nach ihm erhalten, wenn man die zerstossenen Wurzeln mit Was-
«r auskocht , den Auszag mit essigsanrem Bleiozyd fällt und das Fil-
-M, nachdem es vom überschüssig zugesetzten Blei befreit ist, in ge-
Httler Wärme eindampft. Dieses Eztract behandelt man dann mit
Weingeist, verdampft die geistige Lösung und zieht aus dem Rück*
üttide mit verdünnter Schwefelsäure das Asclepiadin auä; die saure
Losung wird mit Magnesia im Ueberschuss und mit Thierkohle digerirt,
ftriit, das Filtrat verdampft und die trockene Masse mit starkem Al-
kobol behandelt, der nach dem freiwilligen Verdunsten das Asclepiadin
■ Form einer gelblichen nicht krystallinischen Substanz hinterlässt. —
& iat leicht löslich in Wasser, Alkohol und alkoholhaltigem Aether.
nebt aus der Luft Feuchtigkeit an, schmeckt bitter und erregt Erbre-
^. Es scheint keinen Stickstoff zu enthalten und besitzt auch keine
baiüchen Eigenschaften. Die wässerige Lösung wird nicht von neu-
Meio essigsauren Bleioxyd, wohl durch basisch esnigsaures Bleioxyd,
^h Quecksilberchlorid und Galläpfel hifusion gefällt. Von Salpeter-
i>Bre wird das Asclepiadin fast ganz in Oxalsäure verwandelt; von
^bwefelsanre wird es verkohlt. (Lp.) Fe.
Asclepion. Eine in dem Milchsaft von Äaclepias ayriaca von
^ Jourii. de Pharm. '1646. T. XI, p. 804.
366 Asparagin.
List^) (1849) aufgefundene harzähnliche Substanz. Formel: GioH^O«
Die Äaclepias syriaca enthält, besonders zur Zeit der Blöthe in daE
Markparenchym wie in dem Rindenparenchym eine Menge Miloii
gefässe, aus denen, wenn die Pflanze quer durchschnitten wird, ei
concentrirter, weisser dickflüssiger Saft ausfliesst, welcher schwach saue
reagirt, einen scharfen Geschmack und aprikosenähnlichen Gemcl
hat. Um das Asclepion daraus darzustellen, erwärmt man den Sau
Das darin enthaltene Albumin gerinnt alsdann und hüllt zugleich da
Asclepion ein. Man filtrirt das Gerinnsel ab und digerirt es mit Aethei
welcher das Asclepion daraus aufnimmt und dasselbe nach dem AI
destilliren in krjstallinischer Form zurücklässt. Von einer die Eryatall
noch verunreinigenden Substanz werden sie durch wiederholte Behang
lung mit wasserfreiem Aether geschieden , welcher die unreine Snl
stanz ungelöst zurücklässt.
Das reine Asclepion bildet weisse, blumenkohlartige, krystaUiniseh
Massen; bei sehr langsamer Verdunstung der ätherischen Lösung eihSi
man es als eine feinstrahlige, concentrische Kristallisation. Es ist gl
schmack- und geruchlos, in Wasser und Alkohol ganz unlöslich. Vo
Aether wird es leicht gelöst, weniger leicht von Terpentinöl, Steint
und concentrirter Essigsäure. Concentrirte Kalilauge hat selbst in de
Wärme keine Einwirkung darauf. Es schmilzt leicht bei -|- 104<> C
und bleibt dann, wie das verwandte Lactucon, amorph. Beim weitere
Erhitzen färbt es sich gelb und zersetzt sich mit dem Gemche nae
verbranntem Kautschuk. Es nähert sich offenbar in seinen Eigensehai
ten dem Lactucon, auch findet zwischen ihnen eine gewisse Beziehung
hinsichtlich der Zusammensetzung statt, da das Lactucon die Fori»
CioHagOs hat (^Wp,) Fe.
Asparagin, Spargelstoff, Asparamid, Althäin (AI
th6ine) von Bacon, Agedoile von Gaventou. Ein stickstoffhaltei
der organischer Körper, seinem Verhalten nach zu den Amiden geh5ri|
Das Asparagin hat im krystallisirten Znstande die Zusammensetson
Ca Hg Ns Oe + 2 H O ; bei 100» 0. gehen 2 Aeq. Krystallwasser fort
die trockene Substanz giebt, indem sie sich mit Metallozjden vereinigi
noch 1 Aeq. Wasser ab, und ist in diesen Verbindungen Cg Bt N^ C
(die rationelle Zusammensetzung des Asparagins s. nnten am Ende dl
Artr Asparagin säure). Das bei 100<^ G. getrocknete Asparagi
(Gg Hg N2 Og) ist isomer mit dem allophansauren Aethylozyd = 04850
G4 »8 Nj Oö == Cg »g Nj Gg.
Dieser Körper ward 1805 von Vauquelin und Bobique^ in de
Sprossen von Äapcaraffiu offvomaäB entdeckt, später fand Bacon di
Althäin in der Eibisch wurzel, und Gaventou das Agedoil in de
Süssholzwurzel; Henry und Plisson zeigten, dass beide Körper idei
tisch seien mit Asparagin. Dieses Amid ist nach den genannten Ghi
mikem noch besonders von Boutron-Gharlard und Pelouze^ ontei
sucht, Lieb ig') gab zuerst die richtige Zusammensetzung des Körpei
an, dessen Verbindungen und Zersetzungsproducte später namenüie
') Annal. d. Chem. Bd. LXIX, S. 126; Pharm. Centralbl. 1849. S. 9SS.
*) Annal. de chim. et phys. [2.] T. LH, p. 90 ; Anoal. d. Chem. a. Pharn
Bd. VI. S. 75. — *) Annal. d. Chem. a. Phann. Bd. VII, S. 146.
Asparagin. 367
▼OD Piria i) and von Dessaignea'), von Letzterem theils allein theiU
gememdchaiUioh mit Chantard*), oäber erforscht wurden. Pasteur^)
liaC endlich auch hier die Beziehungen zwischen der chemischen Zu-
aammensetsung und den optischen und krystallographischen Eigen-
aefaaften ermittelt.
Ausser in den oben angegebenen Pflanzen findet sich das Aspara-
gin in den Sprossen von Aßparagua acuUfoUuB^ und zwar in etwas
reichlicherer Menge als im Äip, offieinaUs; es findet sich in den Wur-
ido von Symphytum officinale^ von Canoaüaria majcdis und von Paria
quadrifoUa^ in den Früchten von CoMtanea veaca^ in den Blättern von
Mnpa Belladonna^ in den Sprossen des Hopfens, im Milchsaft von Lo'
(taea aatioa; in den Knollen der Kartoffeln (Vauquelin), dagegen fand
och in den Keimen, welche die letzteren im Keller trieben, kein Aspa-
ngin (Desaaignes, Chautard). Es findet sich besonders reichlich
in den Schösslingen der Leguminosen (Piria, Dessaignes), hanpt-
ilehlich wenn sie sich bei Lichtabschluss gebildet haben; es findet sich
in den farblosen Keimen von Piaum aathmm^ Ervum lena^ Pkaaeolua vtdga-
fti, Vida faba und F. aaüoa^ Lathyrtia odoratus und L. latifoUua^ Oytiaua
ynvnwm , Geru'ata juncea , Cohäea arboreacena , Trifolium pratenae^ Hedy-
«nm Onobrychia ; auch die im Keller entstandenen Keime von Dahlien-
bollen und von Eibischwnrzeln , wie diese Knollen und Wurzeln
Mlbst enthalten Asparagin. Während dieser Körper sich in reich-
Üeher Menge in den Keimen der Leguminosen findet, enthalten die Sa-
men derselben kein Asparagin; es bildet sich erst bei und mit Ent-
vid[elang der Keime aus anderen Bestandtheilen des Samens, seine
Möge nimmt ab und verschwindet mit der Entwickelung der Blfithe,
and sobald die Frucht sich gebildet hat lässt sich in keinem Theil der
Pflanze noch Asparagin auffinden. Ob dasselbe sich in den Keimen
uu dem Legomin derselben bildet, wie Piria vermuthet, ob es unter
Mitwirkung der organischen Säuren entsteht, muss bb jetzt dahin ge-
itelU bleiben. Jedenfalls ist das Asparagin eine in der Classe der Le-
guninosen häufig vorkommende Substanz.
In den Wurzeln der Robinia paeudacacia will Beinsch ^) eine
lehwache Säure gefunden haben, welche er ohne genauere Untersuchung
i &U eigenthümlich annimmt, und Robiniasäure nennt; Hlasiwetz^ er-
I lüelt aos der Abkochung der Wurzel nach dem von Beinsch ange-
gebenen Verfahren keine solche Säure, sondern nur Asparagin.
Aas den Wurzeln von Oynodon DactyUm hat Semmola das
0 Aniua. de cbim. et phys. [8.] T.'XXU, p. 160; Joarn. f. prakt. Chem. Bd.
mr, S. 71; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXYIII. S. 848; Pharm. Centralbl.
IH8. 8. 61; Jahresber. ▼. Lieb ig u. Kopp. 1848. S. 816. — ■) Annal. de chim.
^ih^ [3.] T. XXXIY, p. 149; Oompt. rend. de l'aoad. T. ZXXin. p. 712;
Wd. de Pharm. [8.] T. XXV, S. 28; Annal d. Chem. u. Phann. Bd. LXXXII, S. 287 ;
J««n. f. prakt. Chem. Bd. LT., S. 482; Jahresber. ▼. Lieb ig u. Kopp 1862,
i.5JS; Pharm Centralbl. 1862, S. 141. — «) Joum. de pharm. [8.] T. XIII, p. 245;
J«viL f. prakt. Chem. Bd. XLV, S. 60; Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXYIII,
8- S49; Pharm. Centralbl. 1848. S. 688; Jahresber. ▼. Liebig o. Kopp. 1848. S.
S18. — «) Annal. de chhn. et phys. [8.] T. XXXI, p. 70 ; Joarn. f. prakt. Chem.
T. m, S. 414; Jahresber. v. Liebig u. Kopp. 1860. S. 166 n. S. 418; 1861.
8. 175 tr. — ») Nene« Repertor. d. Pharm, v. Bu ebner. Bd. XXXIX, S. 198. —
*) aitraagsbcr. d. Wiener Acad. Bd. Xm, S. 626; Jonm. f. prakt Chem. Bd. LXIV,
^ M; Jahresber. v. Liebig a. Kopp. 1854. S. 640.
368 Asparagin.
Cynodin dargestellt als einen Körper, der mit dem As{iaragiti w^ahr-
scheinlich identisch ist (L. Gmelin).
Das bei 100<> C. getrocknete Asparagin ist den Bestandtheilcn
nach das Amid der Aepfelsanre, d. h. neutrales äpfelsanres Antimon iak
(2 N H4 O . Cg H4 Og) minus 4 Aeq. HO ; ob es aber mit dem aus dem
äpfelsauren Aethyloxyd durch Ammoniak erhaltenen Malamid identisch
ist, darüber fehlen bestimmte Untersuchungen ; Demondesir^) hatte
angegeben, dass beide nach allen Eigenschaften wahrscheinlich über-
einstimmen, also identisch sind; Pasteur behauptet, dass Asparagin
nur isomer, nicht identisch sei mit Malamid.
Das Asparagin kann aus den Spargeln, leicht aus den Scboaslingen
von Äsparagua acutifolius dargestellt werden, indem man sie zuerst emige
Tage in feuchter Leinwand liegen lässt, um durch anfangende Gäh-
rung eine schleimige, die Ejystallisation erschwerende Substanz zu zer*
stören ; sobald die Spargel einen unangenehmen Geruch zeigen, werden
sie nach dem Zerstossen mit Wasser ausgepresst; der anfgekochte
Saft wird filtrirt, und bleibt nach dem Eindampfen zur Sympsdicke
zum Krystallisiren stehen.
Leicht erhält man das Asparagin aus der Eibischwurzel (2 ProcentX
indem man die ganze oder zerschnittene Wurzel durQh wiederholtes
(2- bis 4malige8) je 48 stündiges Maceriren mit Wasser auszieht, ent-
weder bei ganz niedriger Temperatur von etwa 5^0. (Boutron, Char-
lard und Pelouze) oder bei gelinder Wärme (Henry und Plisson);
der Auszug wird nach dem Durchseihen in gelinder Wärme za einem
dünnen Syrup abgedampft, ans welchem sich dann bei längerem Stehen
mehr oder weniger gefärbtes Asparagin absetzt. Statt mit Wasser
kann man die Eibisch wurzel auch mit Kalkwasser oder mit dunner
Kalkmilch bei gewöhnlicher Temperatur ausziehen ; aus der klar abge-
seihten Flüssigkeit wird der Elalk durch kohlensaures Ammoniak ge-
fallt und das Filtrat zum Krystallisiren abgedampft.
Am vortheilhaftesten ist wohl die Darstellung aus den Keimen
der Leguminosen; 1 Liter Saft aus den Keimen der Wicke gab von 9
bis 40 Gramm reines Asparagin, dieselbe Menge Saft von Erbsenkeimen
8 bis 9 Gramm, von Bohnenschösslingen 14 Gramm Asparagin (Des-
saignes und Chautard). Piria erhielt ziemlich ähnliche Resultate, aus
100 Thln. Wicken keimen 1,5 Gramm Asparagin, ans 100 Thln. Keimen
von Saubohnen 1,4 Gramm, und zwar gleichgültig, ob die Keime sich im
Dunkeln oder unter Einüuss von Licht gebildet hatten; Pasteur hekam
aus 1 Liter Saft von im Dunkeln gewachsenen Wickenkeimen nur 5 bis
6 Gramm, aus 200 Liter Saft von im Licht gewachsenen vor dem
Blühen gesammelten Wickenpflanzen bekam er kein Asparagin mehr.
Man lässt die Wicken am besten im Keller auf feuchtem Sand
oder in feuchter Gartenerde keimen, bis die Pflanzen eine Höhe von
0,6 bis 0,7 Meter Höhe erreicht haben ; sie werden dann abgeschnitten
und ausgepresst, wobei man gegen % ihres Gewichts an Saft erhält:
dieser wird aufgekocht, von dem coagulirten Eiweiss abgeseiht, und
darauf im Wasserbade zum dünnen Syrup eingedampft, woraus sich
beim längern Stehen das Asparagin ausscheidet.
Die nach der einen oder anderen Weise erhaltenen gelb oder
') Compt. rend. de Tacad. T. XXXIII, p. 8*^7; Jahresber. v. Lieb ig d. Kopp.
1861. 8. 516.
Aspafagin. 369
brann gefturbten Krystalle werden zuerst mit kaltem Wasser abge-
warben, und dann aus siedendem Wasser nothigenfalls mit HiÜlie von
Tbierkohie umkrystaliisirt und entfärbt.
Das so gereinigte Asparagin bildet wasserhelle durchsichtige Kry-
^lle, Bectanguläroctaeder (Vanquelin, Plisson); oder gerade
rhombische Säulen (Bernhardi); nach Pasteur sind die Krystalle
gerade Prismen mit rhombischer Basis, deren scharfe Ecken durch vier
Flicben abgestampft sind; ausserdem sind auf zwei Seitenkanten der
oberen und der unteren £nd6äche 4 Abstumpfungsfiiichen, welche genug-
am verlängert ein irreguläres Tetraeder bilden. Wird der Krystall
Bit den Endflächen horizontal gestellt, und werden die langen Diagonalen
ifem Beobachter zugerichtet, so sind die Abstampfungsflächen oben nur auf
^ linken, unten auf der rechten Seite ; auf der hintern Seite ist e^ umge-
kehrt; es findet hier also nicht congruente Hemiedrie statt (Pasteur).
Das Asparagin ist hart und knirscht zwischen den Zähnen, es (ichmeckt
kühlend fade, schwach ekelerregend; die Krystalle f^ind luftbestaiidig,
oe lösen sich in 58 kaltem (bei 13^0.) und in 4,5 kochendem Wasser;
ia absolutem Weingeist sind sie unlöslich, in wässerigem lösen sie sich
am so leichter, je verdünnter er ist. Asparagin löst siclj bei der Sied-
bitze in 700 Jhln. 98grädigem, in 290 Thln. SOgrädigem oder in
40Thln. eOgrädigem Weingeist, in der Kälte in 1000 Thln. SOgrädi-
gem oder in 500 Thln. GOgrädigem Alkohol, eh löst sich nicht in
Aether, in fetten oder flüchtigen Oelen.
Die wässerige Lösung des Asparagins röthet schwach Lackmus, sie
lenkt den polarisirten Lichtstrahl nach links ab ; die Drehung ist aber
vagen der geringen Löslichkeit nur in heiss gesättigten Lösungen deut-
lich wahrzunehmen; die Lösung des Asparagins in Natron oder Am>
BKmiak zeigt auch die Rotation nach links ; ^ die Lösung in Salzsäure
oder Salpetersäure dreht nach rechts. Eine Lösung von 0,0889 Aspa-
ngio in 0,9111 wässerigem Natron (specif. Gewicht der Lösung 1,0788),
oder von 0,1272 Asparagin in 0,8728 wässerigem Ammoniak gelöst,
(Dichtigkeit 1,0154) zeigte — 7^,5 und — llo,-i Drehung.
0)1108 Asparagin in 0,8892 Salpetersäure von 1,110 specif. Ge-
richt, oder 0,1113 Asparagin in 0,8887 Salpetersäure von 1,070 specif.
Gewicht gelöst, zeigte eine Ablenkung von -|- 35® oder -{- 34®.
Die Asparaginkrystalie werden in der Wärme undurchsichtig und
verlieren bei 100® C. 2 Aeq. Krystallwasser ; und das trockene Aspa-
rifin ist dann Cg Hg Nj Oe , welches nun ohne Zersetzung kein Wasser
inehr abgiebt. Wird es stärker erhitzt, so bräunt es sich und es ent-
wickelt sich etwas Ammoniak; wird es bei 200® C. erhitzt, so lange der
Geruch von Ammoniak bemerkbar ist, so bleibt eine braune Substanz,
welche, mit Salzsäure gekocht, Asparaginsäure giebt, die sich von der
gewöhnlichen imterscheidet, indem sie in kurzen, harten Prismen krystal-
ÜttrC Bei der trockenen Destillation wird das Asparagin unter Bildung
^moniakalischer Producte, darunter Cyanammonium zersetzt, und es
bleibt Kohle zurück. Schon durch fortgesetztes Kochen mit reinem Wasser
^d es langsam zersetzt, es bildet sich unter Aufnahme der Elemente
de« Wassers asparaginsanres Ammoniak; diese Zersetzung findet bei
1000 C. sehr langsam statt, bei 140^ bis 150^ C. geht sie rasch vor
sich, und zwar dann unter BlLlung eines permanenten Gases (Boutron-
Charlard und Pelouze), dessen Eigenschaften nicht angegeben sind^
^^•HD Bildung aber unzweifelhaft einer secundären Zersetzung; zuzu-
^^«arterbwh &tw Chmte. 2te Aafl. Bd. IL 24
370 Aßparagin.
schreiben ist, daher namentlich auch noch nachgewiesen werden miiM^
ob sich dann nicht neben Asparaginsäure nnd Ammoniak anch andere
Producte bilden.
Das kryätallisirte Asparagin enthält die Elemente von Asparagin-
säure und Ammoniumoxyd:
2HO.C8H8N8 06 H4NO.C8fi6N07
Krystall. Asparn gin Asparaginsaures Ammoniumoigr<L
Dieselbe Umsetzung wie Wasser bewirken Säuren oder Basen.
Wird Asparagin längere Zeit mit reiner Salzsäure oder mit reiner Sal-
petersäure (frei von salpetriger Säure) gekocht, so geht die Bildung ron
As)>aragiusäure langsam vor sich; schneller beim Kochen mit wässerigen
Basen und hier unter Entwickeln ng von Ammoniak. In Wasser gelöstem
Kali- oder Natronhydrat, Baryt, auch Magnesia und Bleioxyd, selbsl
wässeriges Ammoniak bewirkt diese Zersetzung, obgleich ziemlich lang-
sam; beim Schmelzen mit Kalihydrat findet sie schnell statt.
Das Asparagin wird durch reine Salpetersäure nicht oxydirt; ent-
hält diese Untersalpetersäure, so zerfallt es schon in der Kalte, nnd
bildet unter Ei^twickelung von Stickgas Aepfelsäure:
^(CgHsf^Oc) + 3 NO4 = 2 (2H0 . CßH^Og) + 7N -f 4H0.
Asparagin Aepfelsäarehydrat.
Um aus dem Asparagin Aepfelsäure abzuscheiden, wird eB am
besten in der' vierfachen Menge reiner Salpetersäure von 1,20 specif. Ge-
wicht gelöst, in welche Losung dann Stickoxyd geleitet wird; die Ze^
Setzung findet schnell unter lebhafter Gasentwickelung statt. Nach Be-
endigung des Processes wird die Flüssigkeit mit kohlensauren) Kall
gesättigt, und dann mit essigsaurem Bleioxyd gefallt; wird der Niede^
schlag nach dem Absetzen mit wenig kochendem Wasser behandelt, so
bleibt das äpfelsaure Bleioxyd im geschmolzenen Zustande meistern
etwas gelblich gefärbt zurück.
Mit Schwefel schmilzt das Asparagin zu einer rothen Masse zu-
sammen , welche bei stärkerem Erhitzen SchwefelwasserstofiT entwickeln
soll (Plisson und Henry).
Eine wässerige Lösung von reinem Asparagin verändert sich auch
bei längerem Aufbewahren nicht; die Auflösung von unreinem Aspar
ragin geht dagegen bald in Gährung über, die Flüssigkeit wird schneU
alkalisch, nimmt den Geruch nach faulenden Thierstoffen an aod be-
deckt sich mit einer weissen schleimigen an Lifusorien reichen Hant;
das Asparagin ist dann vollständig verschwunden; als Endproduct der
Zersetzung findet man bemsteinsaures Ammoniak; das Asparagin geht
hierbei zuerst in Asparaginsäure über, die sich dann aber weiter in
Bernsteinsäure umsetzt. Das Asparagin, zu dem Wasser hinzutritt, ent*
hält die Elemente von bemsteinsaurem Ammoniumoxyd -|~ Sauerstoff:
CgHsNaOe + 4H0 = 2NH4O.C8H4O6 + 20
Asparagin Bemsteinsaures Ammoniumoxyd.
Bei dieser Umsetzung entsteht wahrscheinlich neben dem bemstein-
sauren Salz, wie bei der Gährung von äpfelsaurem Salz, Kohlensäure
nnd Essigsäure, und der angegebene Sauerstoff mag zur Bildung sol-
cher Säuren verwendet sein.
Das reine wie das unreine Asparagin ^ehen bei Zusatz von frischem
Asparagin. 371
. Wickeiuaf^ oder nach Zusatz eines Ferments wie Bierhefe oder Casei'n,
|-aehoeIl in Gähmng über, und bilden^, wie angegeben, zuerst asparagin-
saures, dann bemsteinsanres Ammoniumoxyd.
I Das Asparagin, obgleich selbst schwach sauer reagirend, lödt sich
m Sauren leichter als in Wasser, indem es sich mit ihnen zum Theil zu
irystallisirbaren Verbindungen vereinigt, welche zuletzt von Dessaignes
' imtersncht sind.
Chlorwasserstoff-Asparagin: CgHsN^Oe . HGl. Diese Ver-
Undnng scheidet sich krystailinisch ab, wenn 1 Aeq. Asparagin in
i Aeq. verdünnter Salzsäure gelöst und der Flüssigkeit nach dem Con-
cratriren in gelinder Wärme Alkohol zugesetzt wird.
Wird wasserhaltendes Asparagin mit trockenem Salzsäuregas durch
längeres Ueberleiten vollständig gesättigt, so bildet sich eine Ver-
bindung von 1 Aeq. Asparagin mit 1 Aeq. Chlorwasserstoff, welche
eben kleinen Ueberschuss der Mineralsäure beigemengt enthält, daher
an der Luft saure Dämpfe ausstösst. Wird die Masse in wenig heissem
Wasser gelöst, so bilden sich beim Erkalten grosse Kry stalle der reinen
Verbindung, welche rasch abgewaschen und über Schwefelsäure ge-
trocknet nicht zerüiesslich sind; die wässerige Lösung giebt beim Zer-
setzen mit Ammoniak wieder reines, unverändertes Asparagin (Des-
saignes).
Wasserfreies Asparagin absorbirt auch nach lange fortgesetzter
Einwirkung von trockenem Chlorwasserstoff davon nur halb so viel wie
die krystallisirte Substanz; ob das Product eine besondere Verbindung
l(C8SgN2 0e)-|-H€l ist, oder ein Gemenge der vorigen Verbindung
arit Asparagin, ist nicht ermittelt (Dessaignes).
Oxal saures Asparagin: Cs Hs N^ Oe . C4 Oe ~|- *^ &q* Durch
fforsichtiges Abdampfen einer Lösung von 150 Thln. (1 Aeq.) kry-
stallisirtein Asparagin mit 126 Thln. (1 Aeq.) krystallisirter Oxalsäure
wird diese Verbindung in kleinen Krystallen erhalten, welche bei 100 ^^C.
Wasser abgeben.
Wird weniger Oxalsäure genommen, so krystallisirt dennoch dieselbe
Yerbindiing, aber gemengt mit reinem Asparagin.
Salpetersaures Asparagin. Wenn 1 Aeq. Asparagin in 1 Aeq.
mrdünnter Salpetersäure gelöst, und die Flüssigkeit in luftleerem Baum
ftbgedampft wird, so bleibt ein Syrup zurück, der sich nach längerem
Stehen in einem schwach erwärmten Trockenranm fast vollständig um-
vandelt in grosse nicht zerÜiessliche Kry stalle, welche nicht näher un-
tersucht sind, sie enthalten Salpetersäure und Asparagin, wahrschein-
tieh zu gleichen Aequivalenten.
Schwefelsaures Asparagin. Aus einer Flüssigkeit, welche
aof 1 Aeq. gelöstes Asparagin weniger als 2 Aeq. Schwefelsäure ent-
teüt, scheiden sich bei der Concentration Krystalle von reinem Aspara-
gin ans. Wird 1 Aeq. Asparagin in 2 Aeq. verdünnter Schwefelsäure
gelöst, so erhält man beim Abdampfen nur eine farblose amorphe Masse,
«nd aoch bei Znsatz von Alkohol bilden sich keine Krystalle.
Das Asparagin hat schwach saure Eigenschaften, es verbindet sich
mit Basen wie auch andere Amide ; manche in Wasser unlösliche Me-
tallozyde sind in der wässerigen Lösung von Asparagin löslich, doch
zersetzt es in der Wärme selbst auch essigsaures Bleioxyd und Knpfer-
24*
372 Asparagin.
ozyd, indem die Essigsäure verdampft. Bei der Verbindung des Aspi
ragins mit Metalloxyden verliert das trockene Asparagin (CgHsN^O«) noc
1 Aeq. Wasaer, and in diesen Verbindungen ist seine Zusammen^etznn
daher: C^Sf N2O5; dieses Verhalten ist eigenthümlich, indem sonst di
Amide sich wohl mit Metalloxyden vereinigen, aber meistens ohn
Abscheidung von Wasser. Die Verbindungen des Asparagins mit M(
talloxyden sind von Dessaignes, zum Theilin Vereinigung mit Chac
tard, untersucht (S. die rationelle Zusammensetzung S. 382.)
Asparagin -Bleioxyd. Beim Kochen von gelöstem essigsaarei
Bleioxyd mit Asparagin entweicht Essigsäure, und beim Abdampfen di
Lösung bleibt eine gummiartige Masse zurück, welche selbst bei 100*(
schwer austrocknet. Auch beim Verdampfen einer Lösung von 1 Ae
Asparagin mit 2 Aeq. salpetersanrem Bleioxyd bleibt eine amorpl
Masse zuröck.
Asparagin-Kadmiumoxyd: CdO . C8H7N3O5. Eadmion
oxyd löst sich leicht in der Wärme in wässerigem Asparagin; beii
Erkalten des concentrirteA Filtrats scheidet sich die Verbindong i
feinen, glänzenden, prismatischen Krystallen ab, welche, im Vacuum g
trocknet, die angegebene Znsammensetzung haben.
Asparagin-Kali: KO.CgHjNaOs -f- aq. Aus einer weinge
stigen Lösung von Kalihydrat scheidet sich auf Zusatz von gepulverte
Asparagin eine schwere syrupartige Flüssigkeit ab, welche nach wi«
derholtem Abwaschen mit Weingeist, und in der Wärme getrockn«
nach dem Erkalten ein wasserhelles Glas giebt, welches 1 Aeq. El
auf 1 Aeq. Asparagin enthält.
Wird* das gepulverte Asparagin mit der alkoholischen Kalilösnii
in einem verschlossenen Glase erwärmt, so klärt sich die trübe FlüBaif
keit beim ruhigen Stehen, indem sich kleine Krystalle abscheiden, di
aber nicht näher untersucht sind.
Asparagin-Kalk: CaO.CgHTNjOs-f-HO. Das Asparagin 1&
Kalk auf, es entsteht eine Verbindung, welche einen Ueberschass v«
Kalk enthält und nicht krystallisirt erhalten werden kann. Beim Koch«
der Verbindung mit Wasser entweicht ein wenig Ammoniak, and <
bildet sich etwas Asparaginsäure.
Asparagin-Kupferoxyd: Cu O . Cg H7 N9 O5. Beim Kochi
von Kupferoxyd mit Asparagin und Wasser wird eine blaue Lösung «
halten, aus welcher sich beim Erkalten die Verbindung als schön hisat
krystallinisches Pulver abscheidet. Leichter wird die Verbindung ei
halten, indem man eine concentrirte Lösung von Asparagin mit eio<
heiss ge.sättigten Lösung von essigsaurem Kupferoxyd mischt ; es tri
dann entweder sogleich, oder nach dem Kochen des Gemenges eine Tri
bung ein, und es scheidet sich das Asparagin-Kupferoxyd als scbfi
ultramarinblauer Niederschlag ab.
Die Verbindung ist in Wasser in der Kälte fast unlöslich, und selb
in der Siedhitze nur wenig löslich, sie löst sich dagegen leicht in Afl
moniak oder in Säuren. Bei lOt)^ C. nimmt sie nicht an Gewicht sl
und erleidet auch keine Veränderung; beim stärkeren Erhitzen wir
sie zersetzt.
Durch Behandeln mit SchwefelwasserstoflP wird nach Abscheidifll
des Schwefelkupfers unverändertes Asparagin erhalten (Piria).
Asparagin- Quecksilberchlorid: 4Hg€l . CgHtN,0, +*'
Asparaginsäure. 378
Aw einer iieisBen Lösung von 1 Aeq. Asparagin auf 4 Aeq. Qaeck-
aiberehlorid scheidet sich beim Erkalten die angegebene Verbindung
m feinen Prismen ab.
Wird die Menge des Asparagins vermehrt^ so erhält man beim
Erkalten neben den angeführten prismatischen Krystallon grosse Kry-
iCalle Ton reinem Asparagin.
Asparagin-Quecksilberoxyd: 1) aHgO.CgHjNaOsC-f-HO?).
Eine solche basische Verbindung bildet sich , wenn im Wasser suspen-
ürtes Quecksilberoxyd mit überschüssigem Asparagin erhitzt wird,
vobei das Oxyd sich in ein weisses unlösliches Pulver verwandelt,
tdches, bei lOOo c getrocknet, die angegebene relative Menge von
Ibtalloxyd und Asparagin enthält; ob es noch Wasser enthält, ist nicht
nt Bestimmtheit festgestellt.
2) Hg O . Cg H7 N2 O5. Quecksilberoxyd löst sich beim Kochen mit
ii Wasser gelöstem Asparagin ; das Filtrat hinterlä^st beim Abdampfen
«De gummiartige amorphe Masse, welche neben der Verbindung Hg O .
(^HjN^O:^ noch etwas freies Asparagin enthält; die concentrirte Lö-
«Dg dieser Verbindung wird beim Verdünnen mit Wasser zersetzt,
iDdem sich ein weisser Körper, wahrscheinlich die basische Verbindung,
abscheidet. Bei 100^ C. getrocknet, färbt sieh die gummiartige Masse
incb Redaction des Metalloxyds schön grau.
Asparagin-Silberoxyd: AgO.CgH? Nj O5. Silberoxyd löst
«eb io wässerigem Asparagin, und beim Verdampfen des farblosen Fil*
tniu im Dunkeln über Schwefelsäure in luftverdünntem Räume bilden
sirh piizartig zusammengehäufte Krystalle von fast schwarzer Farbe,
nd von der angegebenen Zusammensetzung.
Asparagin mit salpetersaurem Silberoxyd: Cg Hg N2 O«
4" iAgO.NOft. Beim Verdampfen einer Lösung von 1 Aeq. Aspa-
n^ und '/ Aeq. salpetersaurem Silberoxyd bilden siel) krystallini-
ttlus Scheiben aus feinen Nadeln bestehend von der angegebenen
Zasammeuäetzuiig ; die Krystalle nehmen bei 100^ C. nicht an Ge-
wicht ;ib.
Wird auf 1 Aeq. Asparagin 1 Aeq. salpetersaures Silber gelöst,
^ krj9tallisirt zuerst reines Asparagin, und dann bilden sich feine Na-
^In der vorhergehenden Verbindung.
Asparagin -Zinkoxyd: ZnO .CgHjNjOs. Zinkoxyd löst sich
Mm Kochen in der wässerigen Lösung von Asparagin^ und beim Er-
Ut«Q .tcbeidet sich die Verbindung in Krystall blättchen aus, welche
infttrocken die angegebene Zusammensetzung haben und bei 100^ C.
ktoiD etwas an Gewicht abnehmen. Fe,
Asparaginsäure, Asparagsäure, Asparaminsäure,
Aiparamsänre, Aspartsäure, Actde aspartique^ Ac, asparamique.
Bne Stickstoff haltende organische Säure, (1827) als Zersetzungsproduct
^Asparagins von Plisson zuerst dargestellt. Die Zusammensetzung
^trockenen Säure ist CgH7N0g; in Verbindung mit Basen verliert
Be zwei Aequivalente Wasser, und sie muss daher als 2 HO . Cg}f5N0e
bezeichnet werden. Ihrer Entstehung und ihren wesentliclicn Eigen*
Thalien nach lässt sie sich als eine Aminsanre betrachten, und danach
wwe sie HO . CgHfiNO, (s. S. :^82).
Die Asparaginsäure ist nach Plisson noch von Boutron-Char-
374 Asparaginsäure.
lard und Pelouze^) antenncht; Liebig-) hat zuerst die richtig
Zusammensetzung der Säure angegeben; in neuester Zeit hat Pasteur^
das optische und krjstallographische Verhalten derselben und das ihn
Salze untersucht; Piria^) und Dessaignes^) haben unsere Kennt
nisse über die Bildung, und die Eigenschaften der Säure und ihrer Vei
bindungen erweitert.
Die Asparaginsäure muss isomer sein mit der aus äpfelsaorei
Aethyioxyd dargestellten Malaminsäure (s. äpfelsaures Aethyloxyd)
ob beide aber identisch sind, lässt sich nicht bestimmt entscheiden, d
eine Untersuchung der Malaminsäure fehlt; Paste ur nimmt aber ai
daiis beide verschieden seien.
Die Säure entsteht neben Ammoniak aus dem Asparagin unter Eii
Wirkung von Wasser oder wässerigen Säuren oder Alkalien bei höhere
Temperatur, so wie durch Gährung desselben (s. Asparagin S. 370'
Sie bildet sicli auch, wie Piria zuerst vermuthete und was dann dnrc
Versuche von Dessaignes und von J. Wolff bestätigt wsird, aus dei
sauren äpfelsauren Ammoniak in ähnlicher Weise wie Ozaminsäure aa
saurem Oxalsäuren Ammoniak. Die Asparaginsäure bildet sich wie an
dem saureu äpfelsauren Ammoniak, so durch Zersetzung des sauren famaj
sauren (NH4O.C4HO3 -(- HO.C4HO8) und des sauren maleiniaure
( 4n(*^^^'^^ ) '^'"i^oi^^.^^s? welche beiden letzteren isomeren Salz
sich von dem Bimalat des Ammoniaks ( liol'^*^^^^) ^^^ ^^^
ihren geringeren Wassergehalt unterscheiden (Dessaignes).
Zur Darstellung von Asparaginsäure wird das Asparagin mi
Wasser unter Zusatz von Kalilauge gekocht, so lange sich Amraonia
entwickelt, während das verdampfte Wasser von Zeit zu Zeit erseti
wird; sobald sich kein Ammoniak mehr entwickelt, wird die alkalisch
Flüssigkeit mit Salzsäure übersättigt, im Wasserbade zur Trockne at
gedampft und der Rückstand mit wenig Wasser ausgewaschen, wob<
reine weisse kalifreie Asparaginsäure zurückbleibt (Lieb ig).
Statt Kalihydrat kann man kaustischen Baryt anwenden; in die
sem Falle wird nach vollendeter Zersetzung der Baryt aus der heissei
Flüssigkeit durch vorsichtig zugesetzte Schwefelsäure gefällt und di
^) D^mondesir (s. b. Asparagin S. 868).
^ Laurent, Compt. rend. par Laur. et Gerh. 1861, p. 177; Rev. scient [i
I, p. 26. ^ Annal. de chim. et pbys. [8.] T. XXIII, p. 118; Journ. f. pnk
Ghem. Bd. XLV, S. 170 u. Bd. LV, S. 61; Jahresber. v. Liebig u. Kopp 1841
S. 817; 1851, S. 388; 1862, S. 469.
^ P ästen r, Annal. de chim. et phys. [8.] T. XXXIY, p. 30; Compt. reoi
T. XXXm, p. 217; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXX, S. 151 u. Bd. LXXH
S. 824; Journ. f. prakt. Ghem. Bd. LIV, S. 50; Pharm. Centralbl. 1S5]
S. 769; Jahresber. ▼. Liebig n. Kopp 1851, S. 176, 176n. 177 u. S. 888 ff.
*) Piria, Annal. de chim. et phys. [8.] T. XXII, p 169; AnnaU d. Cbm
w. Pharm. Bd. LXVITI, S. 416 u. 843; Journ. f. prakt. Chcm. Bd. XLIV, S. 7l
Pharm. Centralbl. 1848, S. 162; Jahresber. v. Lieb ig u. Kopp 1848, S. n
u. 818.
**) Dessaignes, Compt. rend de Tacad. T. XXX, p. 824, T. XXXI, p. 4M
Journ. de pharm. [8.] T. XVII, p. 849, T. XVIII, p. 254. — Quesneville,
scient [4.] T. I, p. 22; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXIII, S.
Journ. f. prakt. Chcm. Bd. L, S. 289, LI, S. 247; Pharm. Centralbl. I8l
S. 848 u. 729; Jahresber. v. Liebig u. Kopp 1850, S. 875, 376, 414; V
S. 466 ff.
Asparaginsaiire. 376
Losung sogleich filtrirt; beim Erkalten scheidet sich dann die Aapara*
ginsanre in Krystallen ab (Boutron-Charlard und Pelotize).
Das Asparagin kann auch durch Kochen mit Bleioxyd und Wasser
sersetzt werden; es bildet sich dann unlösliches asparaginsaures
Bleioxyd, welches in Wasser vertheilt und durch Schwefelwasser-
stoff zersetzt wird; darauf wird die Flüssigkeit zur Trockne ab-
gedampft, mit siedendem Alkohol ausgezogen und filtrirt; die Aspara-
ginsäure scheidet sich beim Erkalten des Filtrats in krystallinischen
Blattchen aus.
Auch durch dreistündiges Kochen des Asparagins mit überschüs-
siger concentrirter Salzsäure bildet sich A^paraginsänre ; wird die ge-
kochte Flüssigkeit zur Trockne abgedampft, so bleibt eine Verbindung
Ton gleichen Aequivalenten Asparaginsäure und Salzsäure, welche in
wenig heissera Wasser gelost und dann zur Hälfte mit Ammoniak neu-
tralisirt wird; beim Erkalten der heissen Flüssigkeit krystallisirt reine
Asparaginsäure (Dessaignes).
Zar Darstellung der Säure aus saurem äpfeläauren Ammoniak
wird dieses Salz in einem Oelbade auf 160^ bis 200^0. erhitzt, so lange
sich Wasser verflüchtigt, wobei zugleich aber auch etwas Ammoniak
frei wird; es bleibt hiebei eine röthliche harzartige Masse zurück; dieser
Körper enthält keine Asparaginsäure, sondern eine Substanz, welche in
W^asser wenig loslich ist, und welche noch weniger Wasserstoff und
Sauerstoff, im Verhältniss wie beide Wa^ss^er bilden, als die Asparagin-
säure enthält Diese Substanz bleibt reiner zurück, wenn das äpfclsaure
Ammoniumoxyd zuerst mit wässerigem Ammoniak befeuchtet und dann
erst erhitzt wird (nach Pasteur, s. saures äpfelsaures Ammoniak
unter äp fei saure Salze). Nach dem Auswaschen des gepulverten Rück-
standes mit warmem Wasser bleibt ein amorphes röthliches Pulver, wel-
ches sich nur wenig in siedendem Wasser, leichter in heif^ser concentrirter
Säure lost, aus welcher Lösung durch Zusatz von Wasser die Substanz
imverändert niedergeschlagen wird. Wird sie aber 5 bis 6 Stunden
mit einer bedeutenden Menge Salzsäure oder Salpetersäure gekocht, so
scheidet sich jetzt auf Zusatz von Wasser nichts mehr ab, indem der
unlösliche Körper unter Aufnahme der Elemente des Wassers in Aspa-
raginsänre übergegangen ist, welche sich mit der Mineralsäure ver-
banden hat Diese Lösung wird nun im Wasserbade abgedampft.
War Salzsänre angewendet, so scheidet sich die Asparaginsäure in
Verbindung mit derselben in meist braun gefärbten Krystallen ab,
welche durch Umkrystallisiren mit Hülfe von Kohle vollständig ent-
färbt werden. Bei Anwendung von Salpetersäure muss die Masse
lange im Wasserbade getrocknet werden, um die freie, nicht chemisch
gebundene Mineralsäure, welche äusserst hartnäckig anhängt, vollstän-
dig auszutreiben, weil sonst die Verbindung nicht kryst^llisirt, sondern
als gummiartige Masse erhalten wird.
Die durch Abdampfen, in Krystallen erhaltene Verbindung von
Aspamginsäure mit Salzsäure oder Salpetersäure wird in Wasser gelöst,
die Hälfte der Lösung mit Ammoniak neutralisirt und dann mit der
zweiten Hälfte gemengt, worauf besonders bei Zusatz von etwas Alkohol
die Asparaginsäure krystallisirt, während dns Ammoniaksalz gelöst
bleibt Man k*ann auch zur Trennung der Asparagin - und der Mineral-
saure die gelöste Verbindung beider mit Kalk neutralisiren, durch Zu-
satz von Alkohol den asparaginsauren Kalk fällen, und dieses Salz
876 Asparagmsäure.
nach dem Auswaschen mit Oxalpänre zerlegen (Dessaignes).
(Wolff)*)-
Die Bildung Ton A^paraginsäure ans saurem äpfelsauren Ammo-
niumozyd erlblgt in gleicher Weise wie die Bildung von Oxaminsanre
aus saurem oxalsniiren Ammoniumoxyd unter Abscbeidung von 2 Aeq.
Wasser, nach folgender Gleichung:
***Jj2j.C8H4 08 - 2H0 = 2HO.C8»5NO|
Saures äpfelsaures Ammoninmoxyd Asparaginsaure.
Das zweifach -fumarsaure wie das doppelt- maleinsaure Ammoniak
geben beim Erhitzen ein Zersetzungsproduct, welches nicht identisch
ist mit dem aus dem sauren äpfelsauren Salz dargestellten Körper, aber
es geht durch längeres Kochen mit Salzsäure und Salpetersäure wie
jener in Asparaginsaure über (Dessaignes).
Die Asparaginsaure, nach den bescliriebenen Methoden dargestellt,
wird in kleinen weissen Kry stallen von Perlmutter- oder Seidenglanz
erhalten, oder als Krystallmehl, welches unter dem ^likroskop durch-
sichtige zugeschärfto vierseitige Säulen zeigt; die Säure ist geruchlos,
sie schmeckt schwach säuerlich, hinterher schwach nach Fleischbrühe;
sie hat ein specif. Gewicht = 1,87 bei 8^ C. und löst sich in l28Thlo.
kaltem Wasser (Plisson). Die aus Asparagin oder aus optisch wirk-
samer Aepfelsäure dargestellte Asparaginsaure ist optisch wirksam, hat
ein specif. Gewicht von 1,661, krystallisirt in kleinen undeutlichen
glimmerartigen Krystallen, die dem rhombischen System angehöreoi
und welche 364 Thle. Wasser von 11^ C. zur Lösung erfordern.
Bei der geringen Löslichkeit der Säure in Wasser ist das Drehung«-
vermögen der wässerigen Lösungen weniger deutlich als das der in
Mineralsäuren oder Basen gelösten Säure; 0,0402 Asparaginsaure in
0,9598 Ammoniak gelöst (1,0230 specif. Gewicht der Lösung), oder
0,0999 Säure in 0,9001 Natron gelöst (specif. Gewicht der Lösung
1,0794) geben — 11 »,6 oder — 2^,2 Ablenkung; Lösungen von
0,0509 Asparaginsaure in 9,491 Salzsäure oder 0,1718 Säure in
0,8282 Salpetersäure (specif. Gewicht der Lösungen 1,0892 reip.
1,3303) geben Drehungen von -j- 27^,6 oder + 380,8.
Aus dem sauren Ammoniaksalz der unwirksamen Aepfelsäure, w
wie der Fumarsäure und Maleinsäure, krystallisirt eine optisch unwirk-
same Asparaginsaure in äusserst kleinen dicken, oft länglich -linsenför-
mig erscheinenden Krystallen, die dem monoklinometrischen System
angehören ( oo P : ooP = 128® 28' im klinodiagonalen Durchschnitt,
OP : 00 P = 910 30', (P (»):0P = 131« 25'). Die Krystalle zei-
gen keine hemiedrischen Flächen ; sie haben ein specif. Gewicht von
1,663 und lösen sich bei 13,5oC. in 208 Thln. Wasser; diese Säiu-e ist
also etwas löslicher ah die active Säure, sie bildet leicht übersättigte
Lösungen; die freie Säure wie ihre Verbindungen zeigen kein opti-
sches Drehungsverroögen (Pasteur).
Die beiden optisch verschiedenen Asparaginsäuren haben gleiche
Zusammensetzung und fast gleiche oder ähnliche chemische Eigen-
schaften und geben auch Verbindungen von gleicher Zusammensetzung.
Die Asparaginsaure löst sich leichter in heissem Wasser als io
*) Annal d. Chem u Pharm. B«i. LXXY, S. 298; Pharm. Centralbl. lS6t,
S. 241; Jahreaber v. Liebig a. Kopp, S 416.
Asparaf^Dfiäure. 877
kaltMi, nnd krystallisirt beim Erkalten der heiss ged&ttigten Lösung, die
WBsaerige Lösung röthet Lackmns ; in wasserhaltendem Weingebt ist die
Sior« weniger löslich als in Wasser^ in absolutem Alkohol idt sie unlöslich.
Die lufttrockene Asparn ginsäure verliert selbst bei 1200 C. kein
Wasser; bei höherer Temperatur wird sie zersetzt, es bilden sich Oüeh*
tige, namentlich ammoniakalische Producte, darunter Cyanammonium,
und Kohle bleibt zurück. — Die Asparaginsäurc löst sich in Salzsäure
leichter als in Wasser, und auch durch längeres Kochen mit dieser Säure
wird nie nicht verändert; mit dem zwölffachen Gewicht starker reiner Sal-
petersäure erwärmt und damit selbst erhitzt nnd zur Trockne abgedampft,
wird nur ein sehr kleiner Theil der organischen Säure zersetzt. Auch
durch kalte oder kochende verdünnte Schwefelsäure erleidet sie keine
Veränderung, und in der Kälte löst sie sich selbst in Schwefelsäure-
hjdrat ohne Zersetzung; beim Erhitzen damit wird sie unter Entwicke-
long von schwefliger Säure zerlegt. Beim Lösen in Salpetersäure,
welche salpetrige Säure enthält, oder beim Behandeln der Salpeter-
säuren Lösung mit Stickoxydgas zerlegt sie sich unter Entwickelung
von Stickgas und Bildung von Aepfelsäure in ähnlicher Weise wie d&ti
Aspar&gin (s. S 370) ; hiebei giebt optisch active Asparaginsänre eine
optisch wirksame Aepfelsäure, die optisch anwirksame Asparaginsänre
dagegen auch eine inactive Aepfelsäure.
Beim Schmelzen mit überschüS'iigem Katihjdrat wird die Aspara-
ginsänre erst bei starkem Erhitzen zersetzt; es bildet sich hier unter
Entwickelung von Amraoniakgas und Wasserstoff essigsaures und oxal-
sanres Salz.
Dorch Gährung geht die Asparaginsänre in ihren Verbindungen
leicht in Bernsteinsäure über (Dessaignes).
Die Asparaginsänre bildet mit verschiedenen Mineralsänren be-
itimmte kry^talüsirbare, aber nicht sehr feste Verbindungen.
Chlorwasserstoff - Asparaginsänre: C6H7NO8.H6I. Die
beiden opti.sch verschiedenen As paragin säuren lösen sich in Salzsäure,
und beim langsamen Verdampfen bis zur Syrupsconsistenz krystallisirt
eine Verbindung von der angegebenen Zusammensetzung, deren
Eigenschaften etwa;« abweichend sind nach den optischen Eigenschaften
der angewendeten Säure.
Die Verbindung der activen Säure bildet rhombische Prismen
von etwa 90^ an welchen zwei gegeuQberstehende Kanten abgestumpft
sind; an den Enden sind sie durch Flächen eines .rhombischen Sphe-
noids (Tetraeder) begrenzt. Diese Krystalle ziehen an der Luft Feuch-
tigkeit an und zerfliessen; sie lösen sich leicht in Wasser, bei Anwen-
dung von reinem Wasser unter Abscheidung von etwas Asparaginsäurc,
welche sich bei Zusatz von etwas Salzsäure wieder löst; diese Lösung
seigt eine Ablenkung des polarisirten Lichtstrahls nach rechts; 0,0555
der Verbindung in 0,9445 Salzsäure haltendem Wasser gelöst (specif.
Gewicht der Lösung 1,0274) polarisirt -f- 24^
Die Verbindung der inactiven Säure hat auch die Zusammen-
Mtzung CgHyNOs.HGl, die KrystaUe gehören dem monokltnometri-
ichen System an; sie sind luftbeständig, bei Sommerwärme werden 9ie
milchig, sie losen sich in Wasser unter Zersetzung, aber ohne das.4
die freie unwirksame Asparaginsänre wegen ihrer grösseren Löslichkeit
neh abscheidet.
Bei höherer Temperatur zersetzt sich die salzsaure Verbindung
378 Asparaginsäure.
unter AbMcheidung von Salzsänre und Wasser, wobei der luiloslicfae
Körper C()H4N07 zurückbleibt, der bei längerem Kochen mit Säure
wieder Asparaginsäure giebt (Pasteur, Dessaignes).
•Salpetersäure Asparaginsäure bildet sich beim Eindampfen
einer Lösung von Asparaginsäure in überschüssiger Salpetersäure; die
zurückbleibende gummiartige Masse verliert erst nach längerem Erhitsen
im Wasserbnde alle freie Säure, und beim Umkry^tallisiren aiu
Wasser wird die reine Verbindung in schönen Kry stallen erhalten
(Dessaignes).
Schwefelsaure Asparaginsäure: CgHyNOs -f~ ^(BO.SOs).
Wird zu dem in einer weiten Röhre auf 50^ bis 60® C. erwärmten
Schwefelsäurehjdrat allmälig gepulvertes Asparag^n gesetzt, so lange
es sich löst, so bilden sich, wenn das Bohr einige Tage verstopfit stehen
bleibt, grosse zusammengewachsene Prismen, welche auf dei* Säure
schwimmen ; nach dem Abtropfen auf einer porösen Platte werden sie
mit Alkohol abgewaschen und dann über Schwefelsäure getrocknet
Asparaginsäure Salze. Die Asparaginsäure ist eine schwache
Säure; sie verbindet sich direct mit den reinen Basen und zersetzt auch
die doppelt -kohlensauren, sowie die fettsauren Alkalien. Die Saare
bildet zwei Beihen Salze ; die gewöhnlichen asparaginsauren ab neu-
trale bezeichneten Salze haben vollkommen getrocknet die Zusammen-
setzung BO.CgHeNO, oder (ßO . HO)C8H5N06; sie bildet dann
noch basischere Salze, deren Zusammensetzung im wasserfreien Zu-
stande 2B0 , CgHsNOß ist.
Die neutralen Salze sind fast alle in Wasser löslich ; die basischen
sind zum Theil darin unlöslich, sie sind aber löslich in Säuren. Die
eigentlichen Alkalien bilden nur neutrale Salze; die erdigen Alkalien
bilden neutrale und basische Salze, beide sind in Wasser löslich.
Die löslichen basischen Salze reagiren stark alkalisch; Kohlen-
Häure entzieht ihnen das zweite Aequivalent Base, verwandelt sie in
neutrale Salze. Doppelsalze der ähnlichen Bnsen unter sich sind noch
nicht dargestellt.
Die löslichen Salze der Asparaginsäure, aber nicht die freie
Säure, werden durch die Salze von Bleioxyd, Kupferoxyd, Quecksilber-
oxyd und Quecksilberoxydul und von Silberoxyd gefällt; die löblichen
basischen Salze werden von Eisenchlorid niedergeschlagen; die Nieder-
schläge lösen sich leicht in einem Ueberschuss des asparaginsauren
Salzes, so wie des anderen Salzes; Nickeloxydul und Zinkoxyd geben
lösliche Verbindungen mit Asparaginsäure.
Beim starken Erhitzen werden die Salze zersetzt unter Bildung
flüchtiger ammoniakalischerProducte, darunter Cyanammonium ; bei den
Salzen der Alkalien enthält der kohlige Bückstand Cyanalkalimetsll
beigemengt.
Asparaginsaures Ammoniumoxyd ist schwierig krystalli^ir-
bar; es ist sehr leicht in Wasser löslich; beim Abdampfen der L5sung
wird es durch Verlust von Ammoniak sauer.
Asparaginsaurer Baryt: BaO.HO.CgüjNOe -f- 4aq. Ota
durch Sättigen der Säure mit kohlensaurem Baryt erhaltene Salz kiy-
stallisirt beim Abdampfen in feinen seidenartigen Nadeln, welche bei
160^ C. getrocknet das Krystallwasser verloren haben und dann
BaO.HO .CgHjNOe sind; das Salz ist in Wasser löslich.
Asparaginsäure. 379
Das ba^iflche Salz, ;SBaO . CgHsNOe -|- ^ ^<]*i wird erhalten
durch Versetzen des vorigen Salzes mit Barjthydr<at; wendet man eine
concentrirte Losung des einbasischen Salzes an, so erstarrt die Flüs-
sigkeit auf Zusatz von Barythydrat zu einer krystallinischen Masse,
welche nach Zusatz von Wasser zum Sieden erhitzt, und vor Zutritt
von Kohlensäure geschützt, beim Erkalten durchsichtige glänzende
prismatische Krystalle absetzt. Die Krystalle verlieren über Schwefel-
sänre im luftleeren Baum getrocknet 3 Aeq. Wasser; bei 160^ C. ge-
trocknet sind sie wasserfrei.
Asparaginsaures Bleioxyd, PbO.HO.CgHsNOß, wird durch
Fallen von neutralem asparaginsauren Alkali mit Bleizuckerlösung
dargestellt ; das niederfallende Salz löst sich in einem Ueberschuss jedes
der angewendeten Salze; auch in freier Säure ist es leicht löslich.
2 PbO . CgHsNO« -(- HO wird durch Fällen des Natronsalzes der
optisch activen wie der inactiven Säure mit einer ammoniakalischen
Losong von essigsaurem Bleioxyd als käsiger amorpher Niederschlag er-
halten. Bei Anwendung des unwirksamen Natronsalzes wurden aus
der von dem Niederschlage abfiltrirten Flüssigkeit nach dem Zusetzen
von viel Wasser in einigen Tagen harte warzenförmige Krystalle erhal-
ten, welche nach dem Trocknen bei lOOo C. = 2PbO . CgHjNOe
-f HO sind, also 1 HO mehr enthalten, als sonst die basischen Salze
der Asparaginsäure.
Asparaginsaures und salpetersauresBleioxyd: PbO.HO.
CgHjNOe -f" ^bO - NO5. Dieses Doppelsalz ward einmal erhalten,
aU die durch Kochen des Asparagins mit Salpetersäure erhaltene saure
Flossigkeit unmittelbar mit Ammoniak neutralisirt und dann mit essig-
saurem Bleioxyd gefällt ward. Der Anfangs entstandene Niederschlag
löste sich beim gelinden Erwärmen wieder a#f, und beim Stehen der
Losong schieden sich die Krystalle des Doppelsalzes in glänzenden
weissen Nadeln vom Ansehen des ameisensauren Bleioxyds ab. Das
Doppelsalz ist in kaltem Wasser wenig löslich, durch Kochen damit
▼ird es zersetzt; in einem trockenen Luftstrom auf 150^ C. erwärmt,
verändert es sich nicht; stärker erhitzt zersetzt es sich unter schwacher
Verpaflfung. Das Doppelsalz ward nur einmal von Piria erhalten;
bei wiederholten Versuchen konnte er es nicht wieder darstellen;
wahrscheinlich hängt seine Bildung von den Mengungsverhältnissen
der beiden Salze wie von der Concentration der Lösung ab.
Asparaginsaures Eisenoxyd. Neutrales asparaginsaures Al-
kali wird bei Znsatz von Eisenchlorid roth, ohne dass die Flüssigkeit
lieh trübt; bei Anwendung von basischem Salz entsteht durch Eisen-
chlorid ein brauner Niederschlag, der sich aber leicht in einem Ueber-
^choss des Eisenchlorids wie des asparaginsauren Salzes löst
Asparaginsaures Kali: KO.HO.C8H5NOe. Das Salz wird er-
^Iten, indem man die concentrirte Lösung der Asparaginsäure in Kali
D^t Alkohol fällt; es scheidet sich dann als eine zähe Masse aus,
welche, mit Alkohol abgewaschen, nach dem Trocknen die angegebene
Ziuaniinensetzung hat, auch selbst wenn die Lösung auf 1 Aeq. Aspa-
'Aginsäure mehr als 1 Aeq. Kali enthielt. Das Salz zerfliesst an der
Wt; es ist sehr leicht löslich und giebt eine süssliche, schwach nach
neiachbrühe schmeckende Lösung, welche beim Abdampfen wohl
Krystalle giebt, die sich aber von der dickflüssigen Mutterlauge nicht
tonen lassen.
SSO Asparaginsäure.
AsparaginsaurerKalk, neutrales Salz: GaO.HO.GsHsNOi
-j- aq., bildet sich beim Lösen yon kohlensaurem Kalk in w&sseriger
Asparaginsäure, und bleibt beim Abdampfen als gnmmiartige Masse zu-
rück, die (iber lOO^^C. getrocknet hart und spröde wird.
Basisches Kalksalz: 2CaO.CBM5N06 + ^^^-i ^^«^^t sich
durch AuHösen von Kalk in dem neutralen Salz; beim Verdunsten des
Filtrats über gebrannten Kalk scheidet es sich in prismatischen Kry-
stallen ab. Das Salz ist löslich in Wasser; seine Lösung reagirt stark
alkalisch. Die lufttrockenen Krystalle haben die angegebene Zusam-
mensetzung, sie verlieren schon im luftleeren Raum einen Theii des
Krystallwassers ; bei 100® C. getrocknet sind sie wasserfrei.
Ein Doppelsalz von Asparaginsäure mit Baryt und Kalk konnte
nicht dargestellt werden.
Asparaginsaures Kupferozyd. Ein neutrales Salz ist im
trockenen Zustande nicht bekannt; wird das basische Salz in freier
Asparaginsäure gelöst, oder wird das neutrale Barytsalz mit schwefel-
saurem Kupferoxyd gefällt, so bildet sich eine dunkel violette Flüssig-
keit, welche wahrscheinlich das neutrale Salz in Lösung enthält, da^
aber bis jetzt nicht abgeschieden ist
Basisch-asparaginsaures Kupferoxyd, 2CuO . CgH^NO«
-|- 10 aq., entsteht, wenn ein lösliches asparaginsaures Alkali- mit
schwefelsaurem Kupferoxyd versetzt wird; es scheidet sich beim Erkal-
ten in blass himmelblauen seidenglänzenden Nadeln ab; ward neutraler
asparaginsaurer Baryt mit schwefelsaurem Kupferoxyd gefällt, so idt
die überstehende Flüssigkeit nach dem Abscheiden des basischen Salzes
durch fre^'e Schwefelsäure stark sauer. Das Salz ist nach dem Trocknen
bei 160^ C. wasserfrei; es löst sich wenig in kaltem, ziemlich leicht in
heissem Wasser; die Losung schmeckt zusammenziehend metallisch.
Das asparaginsäure Kupferoxyd löst sich sehr leicht in asparaginsaurem
Natron; beim Mischen von gleichen Aeqnivalenten asparaginsaurem
Natron mit schwefelsaurem Kupferoxyd scheidet sich daher dn9 Knpfer-
,8alz nicht vollständig aus; und bei Anwendung von überschüssigem
asparaginsauren Natron bildet sich eine dunkelblaue Lösung^ aus wel-
cher sich auch beim Erkalten kein Kupfersalz abscheidet.
Asparaginsäure Magnesia, neutrales Salz: MgO.HO.
OgHsNO« -(-HO. Mit Magnesia erhitzte wässerige Asparaginsäure
hinterlässt beim Abdampfen eine gummiartige Masse, welche leicht in
Wasser löslich ist und sich auch in schwachem, aber nicht in starkem
Weingeist löst
Basisches Magnesiasalz, *2 MgO . CgHsNOß -f- 2 aq., bil-
det sich beim Kochen des vorhergehenden Salzes mit überschüssiger
Magnesia, und bleibt beim Abdampfen des Filtrats als eine gummiartige,
scharf schmeckende Substanz zurück.
Wittstock giebt an, dass bei der Darstellung von Asparagin aus
der Eibischwurzel aus der weingeistigen Mutterlauge nach Abscheidung
des Asparagins eine Verbindung von Asparaginsäure mit Magnesia
sich als ein gelblichweisses Pulver abgeschieden habe^ welches beim
ümkrystallisiren aus Wasser in Krystallrinden erhalten ward; das Sah
soll in 16 Theilen kochenden Wassers sich lösen, und die Lösung neu-
tral sein. Die Zusammensetzung des Salzes ist nicht ermittelt.
Asparagin saures Natron, neutrales Salz: NaO.fiO.CgHsNOf
-|- 2 aq. Die beiden optisch verschiedenen Säuren geben etwas ver-
Asparaginsäore. 881
iduedenc Salze. Das Salz der activen Säure kiystallisirt in Nadeln des
P
rhombischen Systems oo P . -r-; die Flächen oo P sind stark gestreift;
die heroiedrischen Flächen stossen unter Winkeln von 106® zusammen.
100 Thle. Wasser von 12® C. lösen 89,2 Salz.
Das Natronsalz der unwirksamen Säure bildet monoklinometrische
Krystalle, die häutig zu Zwillingstkr^'^staUen zusammengewachsen sind;
100 Thle. Wasser lösen bei 12,5o. C. von diesem Salz 83,8 Thle.
(Pasteur).
Das Salz verliert bei 150« C. 2 Aeq. Wasser; bis ITO^C. erhitzt,
fängt es an, sich unter Entwickelnng von Ammoniak zu zersetzen.
Wird die Asparaginsäure mit 2 Aeq. Natron versetzt, so bildet sich
eine nicht kryätallisirbare Ma^se.
Ein Doppelsalz von Kali und Natron scheint nicht zu existiren;
ans einem Gemenge beider Salze krystallisirt reines Natronsalz, frei
von Kali.
Asparaginsaures Nickeloxydul bleibt beim Abdampfen als
ein grünes amorphes Salz zurück; es ist leicht in Wasser löslich.
Asparaginsaures Quecksilberoxyd, basisches: 2HgO.
CgH^NOfi -{- aq. Quecksilberchlorid wird durch gelöstes asparagin-
»ores Kali oder Natron weiss gefällt und ist im Ueberschuss eines der
Salze leicht löslich. Das Salz wird rein dargestellt durch Sieden von
gelöster Asparaginsäure mit Quecksilberoxyd; es ist ein weisses Pulver,
welches bei 100<> C. kein Wasser verliert.
Asparaginsaures Quecksilberoxydul wird durch Fällen von
salpetersaurem Quecksilberoxydul mit asparaginsaurera Kali oder Kalk
dargestellt; es ist ein weisser im Ueberschuss des Fällungsmittels lös-
licher Niederschlag.
Asparaginsaures Silberoxyd, neutrales Salz: AgO.HO.
CgffjNOe* Es bildet sich beim Lösen von Silberoxyd in wässeriger As-
paraginsäure, Filtriren der Flüssigkeit durch Asbest und Eindampfen
des Filtrats im Wasserbade. Dasselbe Salz wird auch zuweilen aus
der Kotterlauge des nachstehenden Salzes in gelblichen Krystallen er-
halten.
Das basische Silbersalz, 2 AgO . CgHsNOe« wird als weisser
Niederschlag erhalten beim Fällen von gelöstem asparaginsauren Al-
kali mit salpetersaurem Silberoxyd, wobei ein Ueberschuss jedes der
Salze vermieden werden muss, weil der Niederschlag dadurch wieder
gelöst wird.
Die wirksamen wie die unwirksamen Säuren geben dieselben
Niederschläge ; aus der von diesen abfiltrirten Flüssigkeit scheidet sich
beim längeren Stehen noch basisches Silbersalz in kugelförmigen Kry-
stallen aus. Der Niederschlag wie die Krystalle sind im lufttrockenen
Zostande 2 AgO . CgHsNOe + aq.; bei 100» C. geht 1 Aeq. Was-
«wfort.
Wird eine Lösung von Asparaginsäure mit Ammoniak bis zur
Khwach alkalischen Beaction versetzt, so giebt die Lösung auf Zusats
▼on salpetersanrem Silberoxyd einen Niederschlag, der beim Umrühren
Weht wieder verschwindet; beim Stehen der Lösung scheiden sich nach
24 Standen weisse undurchsichtige schwere Krystalle des basischen
Salzes aas, welche sich am Licht leicht schwärzen (Dessaignes).
Asparaginsaures Zinkoxyd ist eine weisse undurchsichtige
382 Asparaginsäure.
Masse, weiche im Wasser löslich ist, aber an der Lufl nicht zerfliesst; die
Löanng schmeckt nach Fleischbrühe, dabei aber anch zusammenziehend.
Die Zusammensetzung des Asparagins und der Asparagin-
säure.
Piria gelang es, das Asparagin und die Asparaginsäure durch
Einwirkung von Untersalpetersäure zu zersetzen, wobei eine Säure
' erhalten wird, welche die Zusammena,etzung der Aepfelsäure hat, und
deren Bleisalz auch unzweifelhaft alle Eigenschaften des äpfelsauren
Bleioxydsi besitzt. Danach glaubte er, die genannten Körper als dh»
Amid und die Aminsäure der Aepfelsäure (2llO . CgH4 08) bezeichnen
zu dürfen, da Asparagin und Asparaginsäure ihrer Zusammensetzung
nach zu dieser Säure in derselben Beziehung stehen, wie Oxaroid und
Oxaminsäure zu Oxalsäure, oder wie Carbamid und Carbamin^äure zn
Kohlensäure, die beiden letzten Säuren auch als zweibasisch angenom-
men. Wird das Hydratwasser zii der Verbindung selbst gerechnet, m
ist die empirische Zusammensetzung:
Neutrales äpfelsaures Anmioniumoxyd C8i(]2^*iOio
Asparagin Cgtfg NjOe
Saures äpfelsaures Ammoniumoxyd . . C8II9 N Oio
Asparaginsäure Csfi? N O»
Neutrales oxalsaures Aromoniumoxyd C4Hg N^Og
Oxamid €4^4 N2O4
Saure? oxalsaures Aipmoniumoxyd . . C4H5 N Og
^ Oxaminsäure C4H8 N Og
Neutrales kohlensaures Ammoniumoxyd C2l(8 N^Oe
Carbamid C,H4 NaO,
Saures kohlensaures Ammoniumozyd • CgHs N O«
Carbaminsäure CsHs N O4
Enthalten Asparagin und Asparaginsäure wirklich Aepfelsäure,
wie Oxamid und Oxaminsäure Oxalsäure, u. s. w., so mössen naturlich
bei passender Behandlung von Aepfelsäure auch die entsprechenden
Producte entstehen. Pasteur, Dessaignes und Wolff haben nun
durch Zersetzung von saurem äpfelsauren Ammoniak (s. Bd. I, S. ISi)
ein Product erhalten, welches nicht Asparaginsäure enthält, beim an-
haltenden Kochen mit Säure jedoch Asparaginsäure giebt; auf dem glei-
chen Wege kann diese Säure aber auch durch Zersetzung von Maleinsäure
oder Fumarsäure erhalten werden, und der bei der trockenen Destüls-
tion sich bildende Körper lässt sich daher sowohl von der Maleinsäore
oder Fumarsäure als von der Aepfelsäure ableiten (s. S. 375). Anderer^
seits ist das aus äpfelsaurem Aethylozyd erhaltene Malamid so wie die
Malaminsäure verschieden von Asparagin und Asparaginsäure (Pasteur).
Danach können wir diese Körper bis jetzt nicht als das Amid und die
Aminsäure der Aepfelsäure bezeichnen; ob sie in einer solchen Be-
ziehung zu der verwandten Maleinsäure oder Fumarsäure oder zu einer
anderen ähnlichen Säure stehen, welche sich unter gewissen Umständen
in Aepfelsäure umwandeln kann, müssen nähere Untersuchungen ent-
scheiden. Auch die Beziehungen zwischen Asparagin und Asparagin-
säure sind zum Theil abweichend, so weit sie bekannt sind, von dem
Verhalten, wie sie Oxamid und Oxaminsftnre zeigen. Beide letztere
Asparaginsäure. 383
Körper geben beim Kochen mit Alkalten und Säaren Oxalsäure, und
nrar, soviel angegeben, ohne dass das Oxamid \) hierbei zuer^^t Oxamin-
suire bildet Das Asparagin giebt beim Kochen mit Säuren oder Alka-
lien Ammoniak und Asparaginsäure; ob die letztere bei selir lange fort-
gesetzter gleicher Behandlung, vielleicht beim Erhitzen unter verstärk-
tem Druck, sich noch weiter zerlegt, ist nicht angegeben; Aepfelsäure
oder öberhaopt eine stickstofffreie Säure ist weder aus Asparagin noch
ans Asparaginsäure auf diese Weise dargestellt. Das Appar.igin zer-
fallt in Asparaginsäure und Ammoniak, wie das Oxamid in Oxalsäure
and Ammoniak. Aus dieser Zerlegung kann man schliessen, dass das
erete Aeqnivalent des Stickstoffs des Asparagins inniger gebunden ist,
ala das zweite Aequivalent. Der Zusammensetzung und dem Verhal-
ten bei der Umwandlung in Asparaginsäure nach kann man das Aspa-
ragin als das Amid der Asparaginsäure ansehen ^ ^^ M^! ^> ®^
«nthält die Elemente des einbasisch-asparaginsauren Ammoninmoxyds
(das freilich für sich noch nicht rein dargestellt ist), minus 2 H O :
(NH4O . CsHe^0T = CsEs^2 0e -(- 2H0). Das bei lOOoC. getrock-
iKte Asparagin ist Cg H^ N2 Oq. Das Asparagin kann aber seiner Zu-
C H O i
äammensetzung nach auch als ein primäres Diamid ^ ^ii^l ^s ^^^i*
C4H6 0a»
ab ein secondares Diamid angesehen werden : C4 04> N3. Die Aspa-
ngin{>aQre wäre als einbasische Säure vielleicht ' * * * ' * H* I ^» »
danach wurden die zweibasischen Salze nicht in diese Formel passen;
als zweibasische Säure kann sie sein = • •* *• 4 4| q^^ Durch
! £e bbherigen Untersuchungen ist nun weder die wahre Constitution
(ies Asparagins noch der Asparaginsäure ermittelt.
Der Zosammenhang zwischen Asparagin, Asparaginsäure, Bern-
steinsänre und Aepfelsäure zeigt sich auch in der empirischen Zusam-
neoaetzung :
Bernsteinsäure «• . 2ff0 • C8H40e
Aepfelsäure . . . 2H0 . CgH4 08
Trockenes Asparagin C8H4 0e . M4N3
Asparaginsäure . . 2H0 . CgHsO« . HgN.
Alle diese Körper geben bei der Oxydation durch Kalihydrat als
Kadjirodacte Essigsäure und Oxalsäure, und man kann daher, nach
Kolbe, die rationelle Formel folgendermaassen annehmen:
Bemsteinsäure 2 HO j^jjj " ^«^«
Aepfelsäure 2 HO jcjSj.^* ' ^'^'
Asparagin (C4 H4 O, • ^' 2j | ^) ' ^'Sj j ^•
Asparaginsäure Ro/c4H4 02.^*g'| nV C2O3.
0 Wird Oxamid (C^IljN^gO^) mit höchstens 1 Aeq. kaustischem Natron erwärmt
» bildet «ich neben Ammoniak (Ä Hg) oxaminsanres Natron (NaO.C^U^JvOJ (Feh.
384 Asparaginsäure«
Diesen Formeln liegt der Gedanke zu Grande, dau die Bei»-
«teinBäore wie die AepfeUäure zweibasische Säuren seien and ani
2 Aeq. Oxalsäure bestehen, deren eines an den Paarling C4H4 (in der
Bernsteinsäure) oder C4H4O9 (in der Aepfelsäure) gebunden iat Dil
' Asparaginsäure ist demnach eine Oxarninsäure, ^^^-i ii*{N); CjO|,
in welche der Atomcomplex C4H40y als Paarling von Oxamid mil
übergegangen ist, während das Asparagin als eine Doppel verbindnDg
von demselben gepaarten Oxämid mit reinem Oxamid ( ii'lN) ^'
trachtet werden Icann.
Dieser Betrachtungsweise gemäss sollte die Asparaginsäure eine
einbasische Säure ^ein, und diese Säure wie auch das Asparagin sollteB
im hypothetisch- wasserfreien Zustande 1 Aeq. Wasser mehr enthalten^
als die erste im Silbersalz, das letzte im Asparagin-Kupferoxjd enthält
Man könnte nun annehmen, dass bei der Bildung der genannten Ver*
bindungcu 1 Aeq. Wasserstoff vom Amid des bei den letzteren Verbin*
düngen gemeinschaftlichen Gliedes {C4H4 0a. u^JN} durch 1 Aeq
jener Metalle vertreten würde, und dass demnach das Asparagin-Kupfer
oxyd die rationelle Formel hätte: (C4H4O, . CurNj; ^SjÄ
Das basisch - asparaginsäure Silberoxyd wäre dann:
/ co,j \
AgO . I C4H4OS . Agl N ); CjOs. Diese Annahme mag gewagt er*
\ H) /
scheinen, es ist aber in neuester Zeit hinreichend dargethan, difl
Wasserstoffäquivalente des Amids durch andere Radicale vertretet
werden können (Kolbe).
Da allerdings in der Regel zweibasische Säuren einbaaisehe Amin
säuren bilden, so hat die Ansicht, dass die Asparaginsäure (als AmiH'
säure der zweibasischen Aepfelsäure) einbasisch sei, Manches für sick
Laurent nimmt dies an, und bezeichnet die mit dieser Ansicht nichi
in Einstimmung zu bringenden zweibasischen Salze als basische; diesi
zweibasischen Salze sind nun aber nicht in dem Sinne basbch, wi<
z. B. die basisch • essigsauren Salze, da hier das zweite Aequivalen)
Metalloxyd so gut wie das erste je 1 Aeq. Wasser eliminirt hat, wak
rend ja bei den gewöhnlichen basbchen Salzen das Metalloxyd siel
direct mit dem neutralen Salz vereinigt, ohne dass Wasser abgeschie
den wird. Laurent 's Annahme giebt daher nur das Factum an, abei
durchaus keine Erklärung des von den sonnigen einbasischen Säorei
abweichenden Verhaltens der Asparaginsäure.
Will man die Asparaginsäure als einbasisch (HO. CgH^NOT) be
zeichnen, so roussman Kolbe 's Ansicht folgen, und annehmen, dass no!
das erste AequivalenttMetalloxyd sich mit der Säure unter Abscheidun§
von Wasser verbinde, und das zweite Aeqnivalent Metall in die Ver
bindung an die Stelle von Wasserstoff trete. Oder man muss annehmen
dass die getrockneten Verbindungen des Asparagins mit Metalloxjt
(RO.C8H7N3O5), so wie die getrockneten zweibasischen aspara ginsaurer
Salze (2B0 . C8H5NO({) nicht mehr unverändertes Asparagin odei
Asparaginsäure enthalten, sondern veränderte organische Substanzen, auf
Asparaginsaure Salze. — Asparagus officinalis. 386
welchen bei der Zerlegung der Verbindungen unter Aufnahme der Ele-
meDte des WasaerB wieder Asparagin oder Asparaginaäure regenerirt
wird^ ähnlich wie man in dem bei 200^0. getrockneten weinsauren An-
tiiDonoxyd- Kali oder Antimonoxyd -Silberoxyd eine veränderte Wein-
a&are annehmen kann, und wie Berzelius auch im. trockenen citron-
fioreu Silberoxyd (3 AgO . C19H5O1O ein Gemenge von Citronaäure
Dod Aconitsäure annimmt, welche letztere Säure bei der Zerlegung
des Salzes unter Aufnahme der Elemente des Wassers erst wieder in
CitroDsäare umgewandelt wird, und so wie auch die Tartralsäure n. s. w.
unter Aufnahme von Wasser leicht wieder in Weinsäure übergehen.
Wenn wir daher einfach bei den Thatsachen stehen bleiben wollen,
10 mQssen wir einstweilen das bei 100^ C. getrocknete Asparagin al
Ho . GgIi7N2 05 und die Asparaginsäure als 2H0 . CgHsNOe be-
Kichnen, in welchen Formeln dann an die Stelle von je 1 ff O je 1 Aeq.
MetaUoxyd treten kann. Weiteren Forschungen muss es vorbehalten
bleiben, uns über die rationellen Formeln der Verbindungen bestimm-
ter als bis jetzt geschehen aufzuklären. Fe,
Asparaginsäure Salze s. Asparaginsäure s. 378.
Asparamid, syn. Asparagin.
Asparamidsäure, syn. Asparaginsäure.
Asparagolith, Spargelstein, nannte man frdher den
ipargelgrünen Apatit. Tk, S,
Asparagus officinalis. HerapathO hat die Asche der
vilden wie der cultivirten Spargelpflanze, und die Asche der essbaren
Sprosaen der letzteren untersucht; 100 Thle. der frischen wilden Spargel-
pflanze gaben 2,42 Proc, 100 der getrockneten Pflanze 6,07 Proc. Asche.
Die caUivirte Pflanze gab frisch 1,53 und getrocknet 6,07 Proc. Asche;
<Üe essbaren Sprossen gaben 0,81 und 11,24 Proc. Asche.
Bestandtheile der Asche.
Wilde PfUnzen. Gnltivirte Pflanz. Cnltivirte Sprossen .
Kohlensäure 4,86
I Schwefelsäure 7,77
I ^hosphorsäure Spuren
! Kaü 15,81
Natron 2,72
I Chlornatrium 20,51
^ -Chlprkalium —
knsanrer Kalk . . . 21,43
' lensaure Magnesia . . 2,62
I ^h «phosphorsaurer Kalk 21,67
j *»«. ephosphors. Eisenoxyd 1,70 .
KieAlftäore 0,85
^hwefelsaurer Elalk . . . Spuren
^^fflsch-phosphors. Magnesia Spuren
14,27
4,01
3,56 1
2,10i
• 31,08
32,74|
32,63
Spur. 1
13,06J
10,06
14,61
6,96
16,21
14,05
0,46
0,21
2,97
1,00
Spuren
Spuren
Spuren
Spuren.
Fe.
^ Cbem. Soc. Qa. Joarn. Bd. II, S. 4; Pharm. Centralbl. 1849, S. 666; Joarn.
<• pnkt Cben. Bd. XLVII, S. 881.
BiadwOrtcrhodi der Chemie. 2toAun. Bd. U. 25
386 Aspartsäure. — Aspertannsäure.
Aspartsäure s. Asparaginsäure.
Aspasiolith (von äöna^iog^ willkommen, und Xld'og^ Stei
nennt 8 che er er ein Mineral, welches in Bezag aaf den Gehalt
Kieselsäare und Thonerde eine ähnliche Zusammensetzung wie der C<
dierit hat; dagegen enthält es weniger Magnesia und mehr WasM
Scheerer nimmt daher an, das Wasser sei hier als isomorpher Korf
an die Stelle von Magnesia getretep, nnd zwar seien an die Ste
voii 1 Aeq. R O 3 Aeq. H O als polymer isomorph getreten (s. d. A
Isomorphismus, polymerer, Iste Aufl. Bd. III, S. 172). Andc
Mineralogen betrachten den Aspasiolith als eine Umwandlnngs-Paiend
morphose des Cordierits (s. d. Art).
Aspertannsäure^) (aus Asperula und Tannin gebildet) ner
Schwarz eine zu den Gerbsäuren von ihm gezählte Säure, welche er
dem Kraut von Asperula odoraia gefunden hat. Die Formel der San
ist nach ihm IfO.Ci4H8 08; nach Rochleder's') Ansicht, die ab
noch der Bestätigung bedarf, wäre die rationelle Formel H O. p^^u^K
Laurent 3) nimmt an, dass die Säure die Elemente von Kohlenhydr
und Rubichlorsäure minus Wasser enthalte, und ihre Formel C40 H^s Q
= (CijHi2 0i2 -f- 2.C141R10O10 minus 6H0) sei; (nach Laurent istdi
Rubichlorsäure = C14H10O10, nach Roc bieder = Ci4Hg09); hieff
fehlt nun freilich alle experimentelle Begründung, denn es ist der Ziick<
noch nicht nachgewiesen unter den Zersetzungsproducten. der Aspei
tannsäure, die überhaupt unvollständig untersucht und vielleicht auc
noch nicht ganz rein dargestellt ist.
Zur Abscheidung der Aspertannsäure soll, nach Schwarz, da
wässerige Decoct des Krautes von Asperula odorata mit neutralem es
sigsauren Blei gefällt, der grüne Niederschlag nach dem Auswasche
in Essigsäure gelöst, und dann zuerst mit wenig basisch-essigsaure«
Bleioxyd versetzt werden ; die von dem hiebei erhaltenen Niederschlag;
abfiltrirte Flüssigkeit scheidet nun beim vollständigen Ausfällen ml
Bleiessig gelbes Bleisalz ab, das, nach Schwarz, reines aApertannsan
res Bleioxyd ist.
Eine ähnliche Verbindung kann aus dem in Wasser löslichfll
Theil des weingeistigen Extracts von Asperula erhalten werden, wed
die wässerige Flüssigkeit mit Bleizucker ausgefällt nnd der ansgei
scheue Niederschlag mit verdünnter Essigsäure behandelt wird. Die sai
Losung wird von dem ungelösten Theil abfiltrirt, und dann fractioi
mit absolutem Alkohol ausgefällt; der zuerst entstehende grüne Niedf
schlag wird als unrein beseitigt; der später entstehende gelbe Nied<
schlag ist reines aspertannsaures Bleioxyd, er wird mit Alkohol ausget
sehen und getrocknet.
Um aus den Bleiniederschlägen die Säure abzuscheiden, verthc
man dieselben in Wasser und zersetzt mit Schwefelwasserstoff; das P
trat wird in einer Retorte in einem Strom von Kohlensäure abgedlmp
») Bericht tL Wien. Akad. d. Wissenschaften, April 1861. Bd. VI, S. 44«
Pharm. Centralbl. 1861, S. 929; Journ. f. prakt Chem. Bd. LV. S. 898; Annift
d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXX, S. 888. — ») Bericht d. Wien. Akadrm. Bd. VIIJ
S. 64; Journ. f. prakt. Chem. Bd. LVIII, S. 108; Annal. d. Chem. u. Pharm. 1«
LXXXITI, S. 64. — 3) Annal. de chim. et de phys. [3.J T. XXXVI, p. 380.
Asperula odorata. — Asphalt. 387
«nd der dabei bleibende schwach bräanlichgelbe Röckstand bei 100<^ C.
fetrockneL Die amorphe Mafi^e schmeckt säuerlich zusammenziehend ; sie
ist geruchlos, sehr hygroskopisch, io Wasser and Alkohol leicht, in Aether
lehwer loslich. Die Aspertannsänre färbt Eisenozydsalze grün, sie
fällt aber weder Leim oder Eiweiss, noch Brechweinsteinlösung, sie
lal also nicht die Eigenschaften einer eigentlichen Gerbsäure. Die
visserige Losung wird durch Kupferoxjdsalz gefällt; neutrales wie
basisch-essigsaures Bleioxyd giebt gelbe Niederschläge von sehr wech-
selnder Zusammensetzung; Schwarz hat solche erhalten, welche auf
H Aeq. Kohlenstoff 6 oder 9 Aeq. Bleioxyd enthielten, verbunden mit
verschiedenen Mengen Wasser; aus solchen Verbindungen lässt sich das
■Atomgewicht einer Säure natürlich auch nicht mit annähernder Sicher-
kdt ableiten.
Die Aspertannsänre zieht begierig Feuchtigkeit und Sauerstoff aus
4er Luft an, besonders schnell bei Gegenwart von Alkalien, wobei sie
liich dunkelbraun färbt; das Filtrat nach der Neutralisation durch Säure
mit Bleizuckerlösung versetzt und von dem Niederschlag getrennt, gab
nit Bleiesstg einen nach dem Trocknen röthlichgrauen Niederschlag,
^ im Wasser ziemlich leicht löslich ist; seine Zusammensetzung be-
rechnet Schwarz zu 18PbO -f- C^ß^Q^O^sy ^us seinen Zahlen lässt
sieb aber eben so gut die Formel 21PbO -4- C43 H^] O29 und wohl noch
wuiche andere berechnen; ein Beweis, dass, wie er meint, C^tf 2-^^10*
felreten und daher die erstere Formel die richtigere sei, ist deshalb
durch die Zusammensetzung nicht geg^eben.
Mit kohlensaurem Kupferoxyd gelinde, erwärmt, bildet die Asper-
tannsänre eine grüne Lösung, aus welcher absoluter Alkohol ein grünes
Kopfersalz fällt, welches, nach Schwarz, Kupferoxydul enthält, ob da n n
illes Kopfer als Oxydul vorhanden sei, ist nicht angegeben, eben so
fehlt der Nachweis, dass überhaupt Oxydnl vorhanden ist, danach muss
ät Uichtigkeit der Formel für die mit dem Kupfer verbundene organi-
sche Sabstanz .= ChHhOis, einstweilen dahin gestellt bleiben.
AHB salpetersaurem Silberoxyd scheidet sich bei Zusatz von Asper-
tumsaure das Silber metallisch ab.
Bei fortgesetztem Kochen von Aspertannsäure mit verdünnter
Sehwefelsäure 9 bis die Lösung Eisenchlorid nicht mehr grün färbt,^
bildet sich eine Säure, welche sich abscheiden lässt durch fractionirte
Fallang mit basisch-essigsaurem Bleioxyd, wodurch zuerst die Schwefel-
^nre gefällt wird. Der lichtgelbe mit Alkohol ausgewaschene und
getrocknete Niederschlag hat eine der Formel 9PbO-f-Cei)H2i O^i ent-
^rechende Zusammensetzung. Wenn darin das Metalloxyd dnrch gleiche
Aeqnivalente Wasser ersetzbar angenommen wird, so wäre der organische
Korper Gl 3 He Ofi, dessen Bildung aus der Aspertannsäure, C] 4 Hg Og, sich
^iireh das Austreten von C^HsO^i erklären würde; die Bildung von
Zocker neben der neuen Säure konnte nicht nachgewiesen werden, auch
Mgsäore ist nicht bemerkt. Fe.
Asperula odorata. L.^) Waldmeister. Das Kraut dieser
Pflanze enthält Cumarin. Aspertannsäure, Rubichlorsäure, Citronsäure
ond wahrscheinlich Catechin.
Asphalt, Erdpeeh, Bergpech, Bergtheer, Judenpech,
*) Literfttar: g. bei AtpertannBäore.
25
388 Asphalt.
schwarzes Erdharz, Bitume solide^ Goudron mineral^ compw
Bitumen, asphalt^ mineral pitck^ ist ein branner bis sammetschw&rz«
»usserlich gewissen Anthraoiten ähnlicher, bei gewöhnlicher Temperatt
fester harzartiger Körper von muschlichem Bruch und einem Strich, de
gewöhnlich etwas heller ist als die Brtichfläche, worauf man ihn hervor
bringt. Derselbe ist undurchsichtig, hat einen bituminösen, nach dem Bd
ben stärker hervortretenden Geruch und ein specißsches Gewicht von I
bis 1,68; löst sich theilweise in Weingeist, leichter in fetten undätheri
sehen Gelen ; auch reine und kohlensaure Alkalien lösen ihn. Bei nn
gefähr 100^ C. schmilzt er, entzündet sich leicht und verbrennt mit let
hafter, aber stark russender Flamme. Der trockenen Destillation anter
werfen, giebt er wenig ammoniakhaltiges Wasser, ein eigenthümlich«
brenzliches Gel und einen kohligen Rückstand, dem je nach dem Grade de
Reinheit mehr oder weniger unverbrennliche Bestandtheile beigemeng
sind. Man bezeichnet nämlich sehr oft mit dem Namen „Asphalt^^ bitumi
nöse Massen, die nichts anderes sind als Gestein, das mit dem Erdharz bUlt
imprägnirt ist, Substanzen, welche die Techniker Rohasphalt, die Minen
logen erdigenAsphalt nennen. Der eigentliche Asphalt findet sich zien
lieh häufig. Bekannte Fundorte sind: das todte Meer, in dessen Bett eri
flüssigem Zustande aus der Erde quellen uud auf dessen Gberfläche er sie
zu Klumpen zusammenballen soll, die, ans Ufer geworfen, von den B(
wohnem gesammelt und in Handel gebracht werden. Auf Trinidad fii
det sich ein See, der sogenannte Asphaltsee, in welchem das Erdhai
eine zum Theil starre, theils aber noch weiche Bank bilden soll. Weit!
findet er sich in Südamerika, auf Cuba in Westindien u. a. a. O. Naffl
hafte Fundorte in Europa, von welchen aus Asphalt in den Handel gl
bracht wird, sind : Pyrimont bei Seyssel am Ufer der Rhone im Depaiti
ment de l'Ain, wo der Asphalt ein Lager voji i2500' Länge und 8(H
Breite bilden soll, aus dem jährlich etwa 30000 Centner gefördert an
dem Handel übergeben werden. Im Val de Travers im Canton Neuei
bürg in der Schweiz, findet sich der zur Kreideformation gehörend
Neocomienkalk sehr stark mit Asphalt durchdrungen, er wird durc
Sprengen mit Pulver gebrochen und dient unter dem Namen Rohnspha
ohne weiteres zu gewissen baulichen Verwendungen. Bei Bastennes un
^Dax im Departement des - Landes findet sich ein mit Bitumen innig in
prägnirter Kieselsand; in Bechelbrunn und Lobsann, im Departement d(
Niederrheins, kommt neben einem mit Bitumen durchtränkten t\m
Bchüasigen tertiären Sandstein eine klebrige Masse vor, mehr ber|
theerartig als ein eigentlicher Asphalt, die im Handel „graisse de Stros
bourg^ heisst. Bei Limmer im Königreich Hannover finden sich Asphal
gruben , die ausgebeutet werden. Endlich werden einige andere Fun«
orte in Frankreich (Pont du Chateau), in Italien, Dalniatien, Grieche!
land, den ionischen Inseln und Schweden genannt, die aber 8ämmtli<
nicht so viel in den Verkehr bringen, dass die Producte eine techniscl
Bedeutung hätten. Boussingault berichtet noch von bedeutenden A
phaltlagem bei Mendez am Ufer des Rio grande de la Magdalena, vc
Coxitambo bei Cuenco in Peru und von bedeutenden ErdtheerergSss<
zu Pagta an der peruanischen Küste. Viel reiner Asphalt soll vc
Cuba in den Handel kommen.
Die chemische Untersuchung der Erdharze ist in drei verschiedi
nen Richtungen vorgenommen worden : Man bestimmte die Menge d(
bituminösen Substanz und die des Gesteins im Rohasphalt, man ze
Asphalt. 389
^[te die organische Materie, den eigentlichen Asphalt in seine näheren
lertandtheiie, und man machte endlich die Eleraentaranalyse , sei es
i» Asphalts im Ganzen oder jedes einzelnen der aufffefundenen nähe-
yeo Bestaodtheile.
Von vorwiegend technischem Interesse sind die Bestimmungen
jier organischen Materie in dem Rohasphalt In dem Asphalt von SeyB-
lel fanden Ulex und Beit 9 Thle. Bitumen auf 91 Thle. kohlen-
luren Kalk: Karmarsch 0 fj^ind darin 88 Proc. kohlensauren Kalk
«ssaDdige Masse. Der Asphaltstein von Lobsann enthält nach Ulex
ndBeit« 12 Thle. Bitumen und 88 Thle. eisenschüssigen kohlensau-
IttD Kalk, in dem vom Yal Travers ist das Verhältniss von Gesteins-
Bftsse zu der imprägnirenden organischen Substanz nach denselben
Beobachtern ganz dasselbe wie im vorigen Fall. VölkeTO fand darin
lie organische Materie zwischen 10 und 20 Proc. wechselnd. Der
Kohasphalt von Bastennes enthält, nach Ulex und Beit, 6 bis 12 Proc.
Erdharz, und der von Limmer nach den gleichen Beobachtern 13 1/2
ilbeile bituminöse Materie.
Die Trennung der letzteren von dem damit 'durchtränkten Gestein
jÜist sich entweder durch Kochen mit Wasser bewirken, wodurch der
lAiphalt ausschmilzt, oder durch Salzsäure, die den kohlensauren Kalk
JMiflöst, oder durch Terpentinöl, das das Erdharz auszieht.
Boussingau-lt ^) hat zuerst versucht, Erdharz in seine näheren
{estandtheile zu zerlegen, und zwar dasjenige vom Bechelbrunn im
Bttss, welches folgendes Verhalten zeigte: Alkohol von 40<'C. wirkt
waentlich erwärmt auf den Bergtheer ziemlich stark ein, indem ein
Btttandtheil desselben zum Theil ausgezogen wird, während der an-
te in etwas consistenterem Zustande zurückbleibt. Es ist jedoch nicht
■öglich, die Zerlegung in die beiden Bestandtheile auf diesem Wege
voUitaadig zu bewirken, da der feste Rückstand durch die Behandlung
Bit Alkohol immer härter wird und der Alkohol in demselben Maasse
TQO seiner auflösenden Kraft verliert. Der Alkohol beladet sich bei
fiesem Verfahren mit einer Substanz, die nach der Verdampfung des
Alkohols flüssig ist und von Boussingault Petrolen genannt wird,
während er den festen Rückstand Asphalten nennt.
Die Trennung des festen Bestandtheils von dem flüssigen bewirkte
Boussingault durch Destillation des Bergtheers mit Wasser undCon-
deiuiren der übergehenden Dämpfe, die aus Wasser und einer- obenauf-
schwimmenden, nicht ganz farblosen Flüssigkeit bestehen, welche, abge-
^ben und über Chlorcalcium umdestillirt, wassei^hell wird.
Völkel'*) machte eine ähnliche Untersuchung über den Asphalt
voQ) Val Travers. An diesem Ort wird der Rohasphalt in eisernen
Retorten einer Destillation unterworfen, und als flüchtiges Product ein
^KViDgelbes Oel „Asphaltöl**^ gewonnen. Dies Oel schüttelte Völkel
1^ concentrirter Kalilösung, destillirte mit Wasser und rectificirte es
aber Chlorcalcium. Auf diese Weise erhielt er ein Product, das bei 90^ C.
ufbg za kochen, dessen Siedepunkt aber bis 250^ C. stieg, bei welch
letzterer Temperatur ein dickliches stärker gefärbtes Oel zurückblieb.
I ') tfittheilungen des Gewerbevereins für das Königreich Hannover, Lfrg. XXXV,
! J«hrg. 1S44. — «) Ännal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXVII, S. 189. — •) Annal.
*e dum. et de phya. T. LXIV ; auch Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XXIII,
S. 161. - *) A. 8. O.
390 Asphalt.
Das zwischen 90^ und 200^ C. Uebergegangene hatte ein sped
Gewicht von 0,817, das zwischen 200^ und 2öO<^C. Uebergegnngene d
specif. Gewicht von 0,ß68. Die Zusammensetzang beider Dedtillatioo
producte ist die nämliche, es sind Kohlenwasserstoffe mit noch eiu
sauerstoffhaltigen Körper verunreinigt, der Sauerstoffgehalt betrug nid
ganz 1 Proc. Völkel macht darauf aufmerksam, daM die Destilhitio
des Bernsteins, nach Döpping, ein flüchtiges ölartiges Product liefer
das mit Schwefelsäure und Aetzkali behandelt und ober Chlorcalcia
rectifioirt, eine ganz ähnliche Zusammensetzung zeigt, and dessen Siedi
punkt ebenfalls nicht constant ist Um den sauerstoffhaltigen Körp«
zu entfernen, schüttelte Völkel das Oel wiederholt mit concentriitf
Schwefelsäure, die etwas davon aufnahm. Den nicht aufgenommene
Theil, der obenauf schwamm, hob er ab, mischte ihn mit Aetzkalilosan
und unterwarf ihn der Destillation mit Wasser. Das Destillat war fark
los, roch schwach aber angenehm. Sein Siedepunkt war wieder nid
constant, die ersten Portionen gingen schon bei 90^0. über und de
Kochpunkt steigerte sich bis auf 250^^ C. Das Destillat wurde in 6 Pai
tien gesondert aufgefangen, die specifischen Gewichte der einzelne
stiegen mit dem Siedepunkt, das bei 90^ bis 120<^C. Uebergegangen
hatte ein specif. Gewicht von 0,784, während das zwischen 200^ ud
250^0. Ueberdestillirte ein solches von 0,867 zeigte. Die Zusaromea
Setzung der sechs Destillationsproducte war ganz gleich, sie enthieltet
87,4 Kohlenstoff auf 12,4 Wasserstoff wie Boussingault's Petrole
und, nach Döpping, das sauerstofffreie Bernsteinöl. Der flüssigem»
fluchtige Bestandtheil des Asphalts und Bergtheers ist somit ein Kohlea
Wasserstoff. Der gefundene Gehalt an Kohlenstoff und Wasserstoff fall
zwischen die Verhältnisse von 5 ; 4 und 5 : 5 Atom.
Völkel ist geneigt, dem Körper die Formel nCCeft^) zu geben
es ist aber nach den beobachteten Thatsachen eher anzunehmen, das
man mit Gemengen von »(^5^4) mit n(d}) zu thun habe. Bous
singault stellt das Petrolen in die Tereben- oder Caniphenreihe. E
fand das specif. Gewicht = 0,891, den Siedepunkt constant bei 280^ C.
das specif. Gewicht des Petrolendampfes = 9,415 gerade das Dop
pelte des Terpentinöldampfes (nach Dumas = 4,765).
Im' Uebrigen stimmen die Angaben der Eigenschaften über di<
flüchtigen Asphaltöle von Boussingault und Völkel fiberein. Si
sind in Alkohol und Aether löslich, unlöslich in Wasser, und verbreo
nen mit russender Flamme, aber starkem Leuchten.
Das Asphalten, der feste nicht flüchtige Bestandtheil des As
phalts oder Bergtheers, ist nur von Boussingault näher untersucht woi
den. Er erhitzte in einem Oelbade den Bechelbrunner Bergtheer lafl
gere Zeit bei 250^ C, bis sich sein Gewicht nicht mehr veränderte
dies zu erreichen sei auch für nur 2 Gramm Substanz ein constante
Erhitzen von 45 bis 50 Stunden nöthig. Der Körper ist in diesem Zu
Stande schwarz, sehr glänzend, von muschlichem Bruch und schwere
als Wasser. Bei 300^ C. wird er weich und elastisch. Er zersetzt siel
vor dem Schmelzen und brennt wie die Harze, indem er viel Kohl
zuriickläsdt. Er ist unlöslich in Alkohol, dagegen löst er sich i
Aether, fetten Oelen und Terpentinöl wie das Petrolen auf; er eot
hält, nach Boussingault, Kohlenstoff 74,24 und Wasserstoff 9,9(
und derselbe giebt ihm die Formel GsoKieOa, wonach er als ein Otj
dationsproduct des Petrolens angesehen werden kann.
n.
in.
IV.
V.
VI.
78,50
76,13
77,64
67,43
81,46
8,80
9,41
7,86
7,22
9,57
(2,60
10,34
8,35
23,98)
8,97
|l,65
2,32
1,02
l,37j
8,45
1,80
5,13
—
Asphalt, künstlicher. 391
Vdlkel fand in dem Asphalt von Dax im Departement des -Lan-
des, aosser den in Aether löslichen und den mineralischen Bestandtheilen,
eine braone ulminähnliche harzige M^sse, die erst bei ziemlich hoher
Temperatur schmilzt, die er aber, da es ihm nicht gelang dieselbe hin-
länglich zu* reinigen, nicht der Analyse unterwarf.
Es liegen noch einige Untersuchungen von Boussingault 0 und
lodere von Ebelmen ^) vor, aus welchen die Elementarzusammen-
Itttzang verschiedener Asphalte erkannt werden kann. Regnault ^)
1 untersuchte im gleichen Sinn ein Erdharz von Cuba. Die untersuch-
> ten Erdharze sind
L das von Coxitambo in Peru .... Boussingault
. II. „ „ Bastennes Ebelmen
ni. ri n Font du Chateau Auvergne . „
IV. Erdharz aus den Abruzzen bei Neapel y,
V. „ von Pontnavey „
VI. y, „ Cuba Regnault.
Die Ergebnisse sind:
I.
Kohlenstoff 88,63 — 88,70
Wasaerstoff 9,69— 9,68
«r/i '.«»-'•«''
Asche —
100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00
Der natürliche Asphalt findet, nöthigenfalls gemengt mit der er-
forderlichen Quantität von erdigen Theilen Sand, Kreide, gemahlenem
Kalbtein u. s. w., vielfache Anwendung zu den bekannten Asphalt-
trottoirs, zur Darstellung wasserdichter Gruben oder Bedeckungen; als
Deberzug von Eisenblech- oder Glasröhren, um sie zu Wasser- oder
Gasleitungen zu verwenden, als Ueberzug auf Metallblech , um es vor
Veränderung durch Luft und Feuchtigkeit zu schützen, wie zu ähn-
lichen Zwecken. By-
Asphalt, künstlicher, Gastheerasphalt. Wird Stein-
^hlentheer, wie er in den Gasfabriken als Nebenproduct erhalten
wird, zur Entfernung des Wassers, der Oele und überhaupt der flncli-
tigeo Bestandtheile, in offenen Pfannen, oder um zugleich die flüchti-
gen Oele zu gewinnen, in Destillätionsapparaten eingedampft, so bleibt,
veno nicht zu weit eingekocht ward, eine zähe, pechartige, beim Er-
kalten festwerdende Masse zurück, ungefähr 3/4 des Theers. Dieser
Ruckstand nun dient zur Darstellung von sogenanntem künstlichen
^halt, indem man der geschmolzenen Masse die nöthige Menge Mi-
Qeralsubstanzen , gemahlene Kreide, Kalkstein oder Sand (besonders
bitoiDlnose) u. dergl. sorgfältig einmengt. Wesentlich ist es, die Mi-
Qeralsnbstanzen zuerst für sich stark genug zu erhitzen, um die einge-
schlossene Feuchtigkeit und anhängende Luft auszutreiben, weil beide
«ö Emdringen des Asphalts in das Pulver und eine innige Verbin-
dung damit verhindern, und auch das genaue Mengen der Substanzen
*) Anü»l. de chim. et de phys. [2.] T. LXXIII, p. 442; auch Annal. d. Chem.
«• Phinn. Bd. XXXV, 8. 354. — «) Anwl. des mlne». T. XV, p. 528. — *) Dingl.
Poiyt. Jcmra. Bd. LXVUI, S. 2fl.
392 Asphalten. — Äspirator.
erschweren würden. Der kUnstUcbe Asphalt findet dieselba Verwen-
dong wie der DatUrllche su TroUoirs, zn wasserdichten Ueberzüg«a
u. s. w. Wesentlich ist es, dass das Pech stark genug erhitzt wurde,
ohne aber 2u verkohlen, und dass dos richtige Verh<niss der Mineral'
Substanzen gewählt ward. Fe.
Asphalten, Asphalt» erdiger, Asphalterde,
Asphaltöl 'S. Asphalt
Asphodelus. Die Knollen verschiedener Asphodelns- Arten sind
bis jetzt nur unvollständig untersucht; nach Rogain enthalten die
Wurzeln von AtphodeU (U Sardaigne einen gährangsfähigen Körper,
den er nicht weiter untersucht hat, aber einstweilen Asphodelin nennL
Clerget macht darauf aufmerksnin, dass die Knollen von A^hodebu
racemoaas zur Fabrikation von Weingeist benntzt werden können. Nach
Landerer werden die Knollen, von A. raeemoaiu und A. ßsbdonu,
welche sich in allen Theilen Griechenlands, in Klein-Asien bei Con-
stantinopel a. s. w. finden, nach dem Abwaschen mit Wasser in einem
Oren stark getrocknet, und dann zu einem gröblichen Pulver zermah-
len, welches mit Wasser einen ausgezeichnet klebenden Leim für Buch-
binder und Sattler, selbst für Zimmerleute u. s. w. giebt. Die KnoUea
geben, mit Salzsäure behandelt, beim Gähren Weingeist von einem sehr
unangenehmen Fuselgeruch. Pc
Äspirator, ist der von Brunner vorgeschlagene nnd jetd
altgemein angenommene Name für einen Apparat, den Branoer
zuerst zur Hervorbringung eines Luftstroms empfahl. Die ursprÜDg-
lichc nnd einfachste Gestalt des Aspirators ist die Fig. 21, welche jeM
noch in vielen Laboratorien, z. B. zum Trocknen in einem wanneD
LnHitrom dient (s. d. Art. Analyse, organische n. Austrocknen).
.<1 ist ein Cylinder von Zinkblech. Derselbe
hat nahe am Boden eine Oeffnnog niit
Hahn a, um Wasser, welches sich in den
Cylinder befindet, mit beliebiger Ge-
schwindigkeit ausfliessen zu lassen, ^ e
und d sind OefTpungen, die mit Kork-
pfropfen verschliessbar sind, d dient lum
Wiedereinfüllen neuen Wassers, wenn der
Cylinder leer ist, c ist dazu bestimiol,
ein Thermometer IufUii;ht in den Bsum
A mittelst eines Korkes zu stecken, und
mit b ist ein gebogenes Glasrohr in Ver-
bindung, das an seinem anderen Ende mit
den Gelassen, Rohren u. s. w. commum-
cirt, durch welches der Gas- oder LdA'
Strom hindurch geleitet werden soll (s. Bd. I, S, 846). Es ist ieicbl
einzusehen , dnss bei vollständigem Verschluss von c und d ein Lult-
strom durch b gegen das Gefäss A hin stattfinden muss, sobald der
Hahn a geöffnet wird.
Eine Flasche, wie Fig. 22, kann begreiflich auch an der Stelle det
Blechcylinders dienen.
Regnault hat die Gestalt des Aspirators etwas geändert, indem er
an die Stelle des flachen Bodens und DeckeU einen conischen Boden nnd
Fig. 21.
Aspirator. 393
Dackel anbringt. ¥^g 23 it«11t diesen Aipirator dftr, wi« er von Re-
gnsnlt eur Analyse der otinosph&riBChen Laft angewandt ist. Beiaist mit-
Fig. 28.
Idat ünea Korks eine gebogene an
beiden Enden offene Metallröhre ad
bleibend luftdicht eingesetzt, die mit
ooem System Ton 0-farmig gebogenen Etöhren ABCDEF in Ver-
Undang steht, dnrcb die man die Luft hindurchteiten will , um an die in
ABCDEF befindlichen Substanzen ihren Feuchtigkeit«- und Kohlen*
mregebalt abzugeben, b ist ein Tnbulns für das TherniOTiieter und zum
< liiiifnllen nanen Wassers bestimmt, r ein Hahn, an dessen unteres
i M« ein umgebogeoM Glasrohr angekittet ist, das die Bestiramnag hat,
den Lnlteintritt von unten in den von Wasser entleerten Cjlinder V zu
I lerbindem. Die conische Form von Boden und Deckel, gewährt den
Vonheil, das Gefäss V viel genauer ganz TOtlffiUen und somit seinen .
hibslt sicherer bestimmen zu können, als es bei flachem Boden und
1^<^1 möglich isL Oer Äspirator voo Begnault fasst 50 bis lUO Liter
Das WiederffiUen des Aspiraton bt ein mühsames und unange-
I stkuues Gesch&ft, und aus dieser Wahrnehmting siud eine grosse Reihe
'OD Vorschlägen hervorgegangen, deren gemeinschaftliches Ziel ist,
w DDtrai abgelaufene Wasser sogleich in einen zweiten Cylinder auf-
""^Dgen, und sobald der obere leer und der untere gefallt ist, dieStel-
Ing der beiden zu wechseln, dass der untere su oberst kommt, um^ die
'^tigkeit des Apparates von neuem beginnen zu lassen. Man kann
^iocArt Asplratoren Drehaspiratoren nennen. In einfachster Weise
'»* diese Idee zuerst von Brunuer selbst ausgeführt worden, A und
ß (Pig. 24 s. f. S.) sind zwei cjündrische Trommeln von Blech, jede
'OD etwa einem Cublkfuss Inhalt; sie sitzen an der 6 Zoll langen Eisen-
"Mge ab, in deren Mitte die Querstange ac, welche als Axe in den
liBlienien Trägem cf, dt drehbar ht. Zwei in der Mitte mit Hähnen
394 Aspirator.
versehene Röhren j^^iiA^ fuhren von einer Trommel cur anderen. Der eine
dieser Hahne hat die gewöhnliche, der andere eine Bohrung wie Fig. 25
>eigt; durch den ersten können beide Trommeln mit
einander in Verbindung gesetzt werden, durch den
letzteren jede derselben einieln mit der äusseren Luft.
Beide Trommeln haben an einem ihrer Bödeu , nicht
weit vom Rande, eine kurze Bohre K, die mittelst
Kork verschlossen, oder mit anderen Röhren verbun-
den worden kann. Die Röhren K haben eine entspre-
chende Stellung an beiden Trommeln, bo dass b«Ini
Umdrehen de» Instmmentea die eine an die titeile im
anderen kommt. An der Trommel Ä ist, seiner gan-
zen Länge nach, ein oben und unten in sie ansge*
hendes Glasrohr angebrochL Endlich hat jede Trom-
mel seitwärts eine Hülse n, um an den Träger ge-
' hakt werden zu können. — Der Gebrauch des luilru-
mentes ist nun folgender: Man schliesst beide Hahne
„. „. ab, füllt die Trommel ^-mit Waeser und verbindet
sie durch eine in K eingesetzte Röhre mit dem Ge-
^B fäss, aus welchem oder durch welches Luft gesaugt
^^V werden soll. Hierauf dreht man die Hähne so, äsu
D einerseits mit A und andererseits mit der äunseren
Luft in Verbindung kommt. Dann wird, wie die Röhre m l sehen l&Nt,
dns Wasser aus Ä in B abfliesseu und dafür Lufl aus dem Gefüse
durch K einströmen. Ist Ä leer geworden, so braucht man nur Kta
verstöpseln, die Hähne abzuschliessen, die Trommel B oacb oben za
kehren, sie mit dem Gefässe zu verbindea und die Hahne in tavor
angegebener Weise wieder zn Öffnen.
Was an dem Bruuner'schen Drehaspirator einer VerbesseruDg
werth erschien, ist die Art der Verbbdung zwischen Aspirntor und
dem Af^arste, durch welchen der Gasdtrom soll hindurchgeführt wer-
den. Vor jeder Drehung des Brunner'schen Aspirators muss du
VerbinduDgsrohr aus der Oeffnung K abgelöst, diese mit einem Kork
veratopfl werden , um nach der Umdrehung das Verbindungsrohr mit
dem anderen Blechcylinder in Verbindung zu setzen. Als ein Vortheil
ist jedenfalls die Einrichtung anzusehen, wenn die Saugröhre io un-
unterbrochener Verbindung mit dem Aspirator bleiben kann und der
Ausweg der 'Luft aus dem unteren, sowie der Abfluss des Wassers
aus dem oberen ins untere Gefäss durch Hähne bewerkstelligt wird.
Einrichtungen der Art sind beschrieben von Abendroth >), Bol-
ley'), Baumhauer') und Anderen. Diese Einrichtungen erfüllen ih-
ren Zweck in ganz genügender Weise; was vielleicht gegen dieselben
eingewandt werden kann, ist, dass sie wegen etwas comjilicirterer Con-
Btruction theurer zu stehen kommen.
Verschieden im Frincip von den ebenbesprochenen Aspiratoreo
ist derjenige von Mohr. Man hat ganz ahnliche Einrichtungen in dea
englischen Essigstuben und an den Maschinen zur Darstellung end-
losen Papiers zum Behufe de^t Lnftansaugens ; es sind engere Cylinder.
di«, mit der Oeffnung nach nuten gekehrt, in einem weiteren mit Wasser
1. Bd. XU,
Afipirator. 395
fällten Gefäss stehen, und aobald sie aus dem weiteren Gefäss in die
Höhe gezogen werden, einen luftverdünnten Raum herstellen, der mit
der äusseren Luft in Verbindung das Einströmen derselben bewirkt.
£5 ist zu dieser freilich einfachen Construction zu bemerken , dass sie
ohne einen immer gleichmässig wirkenden Mechanismus , wenn nur '
mittelst eines Gewichtes der Ansaugecylinder gehoben wird, nicht leicht
eine sehr .regelmässige Aufwärtsbewegung zulässt, und dass sie da
ucht dienen kann, wo das aufgesogene Luftvolumen genau gemessen
werden soll, wie es z. B. bei Luftanalysen mittelst des Regnault'-
schen Aspirators der Fall ist.
Die Einrichtung des Mohr' sehen Aspirators ergiebt sich aus
Fig. 26. A ist das weitere mit Wasser gefüllte Gefäss, B die darin '
Fig. 26. umgestülpte Glocke oben mit einem
niedrigen Rand umgeben, damit ei-
nige Linien hoch Wasser eingefüllt
werden kann, das ein Wasserventil
mit der doppelt gebogenen Röhre
ee bildet, deren einer senkrechter
Arm mit dem Inneren der Glocke
B corarounicirt, während der andere
anter das Wasser, das auf dem Deckel der Glocke sich befindet, ein-
taucht, b ist ein Gewicht an einer über zwei Rollen geschlagenen
Scfannr, das die Glocke in die Höhe zieht. Beim Niedergehen des Ge-
wichtes und Aufwärtsgehen der Glocke findet ein Luftstrom nach dcog
statt, jedoch nur in dem Fall, als das in die Sperrflüssigkeit d eintau-
cheode Rohr nicht tiefer eintaucht, als der Schenkel von e in die Sperr-
fliissigkeit auf dem Deckel der Glocke B eintaucht; im anderen Falle
wärde natürlich durch das Rohr e e Luft in die Glocke treten. Ist das
Gewicht bis zum Boden gekommen, so hängt man es aus, drückt die
Glocke B nach Ä hinab, so 'dass die in B befindliche Luft bei c aus-
ströme, und kann dann durch Wiederanhängen des Gewichtes das Stei-
ge der Glocke und das Ansaugen von d nach c u. s. w. aufs Neue
bewirken.
Ganz abweichend von den bisher beschriebenen Aspiratoren ist
^erjenige von Johnson i). Das Princip, das Johnson zu Nutzen zog,
ist das nämliche, das dem sogenannten Wassertrommelgebläse zu
Onmde liegt.
Fig. 27 (s. f. S.) stellt den einfachen Apparat vor, der in jedem Labora-
torioii], wo man laufendes Wasser hat, und in den Fällen, wo es sich nicht
^) London chemtcal society quaterly Journal. T. IV, p. I8G; Annal. d. Chem.
0- Phann. Bd. LXXXI, S. 880.
396 Aspirator.
um Messung des angesogenen Loftroliimeiis bandelt, gate Dienste leisten
kann. Der Apparat besteht ans einem kleinen, an beiden Enden of-
g- 27. fenen CyUnder von Glas oder Mesnng A, in
diesen mQndet seitlich ein engerer Cjlind« C,
der mit dem Gefässe in Verbindung steht, durch
das Luft eingesaugt werden soll, an den Cy-
linder A ist unten eine Glasröhre bei B ange-
setzt und oben i^t er durch ein Kaulsc hak röhr
an die Mündung einer Brunnenröhre befestigt
Für einen Hahn von */g" Durchmesser haben
sich folgende Dimensionen als zweckmäuig er-
wiesen: Ä 2" lang und °/g" weit, B 1" Isog
'/g" weit, und Cl" lang und '/g" weit. Je län-
ger die Glasröhre i^t, die man an das AdkU-
stück B ansetzt, um so stitrker ist der Luflatrom.
Beim Gebrauch wird der Hahn nicht ganz ge-
öffnet, da sonst Wasser auch nach C auslaufen
konnte. Es lässt sich ein hinlänglich starker
Luftstrom mit dieser Vorrichtung hervorbringen,
wenn die Ansatzröhre bei B vierfach länger iit
als die Wassersäule, durch welche man die Loa
hindurchführen will. Bei längeren AnsatzrÖbren
gestaltet sich dies Verhältnis etwas weniger
gUnstig. Es ergiebt sich zngleich hieraus, due
nicht, wie bei den anderen Aspiratoren, das Volumen des abUsfen*
den Wassers gleich ist dem Volumen der angesogenen Luft. . Johnson
beobachtete, das« bei einer Länge der ^V weiten An?atzröhre von etwa
8" für je 1 Cubikzoll Lufl nur 0,69 Cubikzoll Wasser erforderlich
Bei Gas- oder Luftanalysen dienen die eigentlichen Aspiralerea
(Fig. 21, 22 n. 23) nicht nur zur Hervorbringung eines Gasstronies, son-
dern es ist ihr wesentlichster Dienst zugleich die Bestimmung des Volum«
der angesogenen Gase. Dient hierzu eine Flasche wie Fig. ü, so vird
dieselbe mit Wasser von bekannter Temperatur bis zu einer Marke am
Hals derselben gefUlh und dann tarirt, und nach dem AbAiessen du
Wassers die mehr oder weniger vollständig entleerte Flasche wieder
gewogen. Um die Umrechnung des Wassergewichts in Volumen zd ei^
leichtem, bedient man sich am besten des französischen Gram n)ge wicht».
Angenommen, wir hätten in der Flasche Wasser von i",! C, d.h. lol-
ches, wovon 1 Cubikceutimer 1 Gramm wiegt, so sind in die vollkom-
men leergelaufene Flasche eben so viele Cubikcentimeter Gas einge-
treten, als Gramme Wasser darin enthalten waren. Soll das in die
Flasche eingesogene Gas zu weiteren Versuchen verwendet, und, we-
gen der Gefahr des unvollkommenen Verschlusses, sogleich wieder aus
der AspiratorQasche entfernt werden, so lässt sich auch der Weg ein-
schlagen, dasa man die abgelaufene Flüssigkeit unter Vermeidung von
Verlust in eine zweite tarirte Flasche laufen lässt und nach der Ent-
leerung des Aspirators abwägt. Man kann auch, bei Anwendung eines
grossen Aspirators wie Fig. 23, sein Volumen durch wiederholtes Fül-
len einer Flasche von bekanntem Inhalt (5 bis 10 Liter) bestimmen.
In allen diesen Fällen hat man bei Beduction auf das Volumen
unerlässtiche Correctionen der unmittelbar beobachteten Wertbe vor-
Assacou oder Ussacu. 397
zunehmen. Hätte das in dem Aspirator befindliche Wasser während
des Versuchs z. B. 10^ C. gehabt, so entspräche 1 6rnn desselben
Dicht 1 C.C., sondern 1,00025 C.C, da 1 Vol. Wasser beim Erwär-
men von 4<^,1 bis zu 10<^ C. sich auf 1,00025 Vol. ausdehnt (s. d. Art
Ausdehnung). Die Anzahl der, ans dem Aspirator abgelaufenen
Gramine Wasser wäre also hier mit 1,00025 zu multipliciren , um sein
Volumen in Cubikcentimeter zu finden. Es versteht sich ganz von selbst,
dass das auf diese Weise gefundene Gasvolumen auf 0^ C. und 760<"°'
Barometerstand, wie es bei jeder Gasvolnmbestimmung zu geschehen
hat, zurückgeführt werden muss. Der Ansdehnungscoefficieht der mei-
sten Gase kann hierbei gleich dem der Luft = 0,003665 oder Vsts für
1*C. genommen werden, da er doch nahezu gleich, wenn auch be-
kannüich nicht ganz derselbe ist.
Es int weiter noch der Feuchtigkeitsgehalt des Gases zu beachten,
wenn das Gas ober Wasser aufgesammelt wird. Da das Gas hier der Tem-
peratur entsprechend mit Feuchtigkeit gesättigt, daher sein Volumen ver-
grössert ist, während das Volumen der trockenen Luft bestimmt wer-
den soll, so hat man nach den Tabellen über Tension des Wasser-
dampfs die Spannkraft desselben für die gegebene Temperatur zu su-
chen. Diese in Millimetern -Quecksilbersäule ausgedrückt = /, wird
dann in die Formel eingeführt, wo h den Barometerstand,' t die Tem-
peratur des Gases in Centesimal-Graden angiebt. Das corrigirte Vo-
Ä— / 1
lumen r' = » ^g^ . ^ _|_ o,o03665.t- ^ '^ '"''•^**"'' ""''*»«*'
Volumen an trockenem Gas bei 0^ und 760™°> ist, um sein Gewicht
^ zu finden, mit 0,0012932 Grm. (dem Gewicht von 1 C.C. Luft) zu
mnltipliciren. Bei dem grossen Volumen des zu wägenden Wassers er-
scheint noch die Reduction auf den leeren Raum nöthig, eine bei anderen
Wägungen gewöhnlich nicht erforderliche Correction. Das im Luft-
raum bestimmte Gewicht des Wassers ist um das Gewicht eines gleich
grossen Volums Luft zu gering gefunden. 1000 Gramm Wasser von
4M C. nehmen den Raum von 1 Liter ein, 1 Liter Luft aber bei O^C.
and TGO^*™ Barometerstand wiegt 1,2932 Gramm, es sind also (wenn man
weitere Correctionen wegen Temperatur und Feuchtigkeitsgehalt und
Luftdruck während des Versuchs u. s. w. ausser Acht lässt) auf jede
1000 Grm. aus dem Aspirator abgelaufenen Wassers 1,2932 Grm. zu-
nizählen und aus der gefundenen Grammzahl das Volumen in oben
angegebener Weise zu berechnen.
Bei Anwendung eines Saugaspirators (wie Fig. 23) ist noch zu
beachten, dass der Wasserausfius^ bei unveränderter Stellung des Hahns
gleich bleibt,' so lange sein Niveau nicht unter die untere Mündujig des
Rohrs ad fällt; der eintretende Gasstrom ist aber nicht so gleichmässig,
aondem seine Schnelligkeit nimmt von Anfang an fortwährend zu, weil
das Gas im Gefäss V zuerst unter schwachem Druck steht, seine Span-
nung aber nach und nach zunimmt, bis sie zuletzt dem äusseren
Atmoephärendruck gleich wird. By.
Assacou oder UssacU, ist der brasilianische THame eines in
die Familie der Euphorbiaceen gehörigen, Hura IfrasiUenma Martiua ge-
nannten Baumes. Sowohl in der Kinde, als auch, obwohl in geringerer
Menge in dem Safte, ist ein .scharfes Princip, welches sehr giftig wirkt,
enthalten. Der eingedickte Saft, sowie die Abkochung der Binde, welche
398 Assamar.
brechenerregend wirkt, und auf die Haut gebracht, seihet eiternde Pu-
steln verursacht, werden als Mittel gegen Elephantiasis angewendet
Auch bereiten die Eingeborenen daraus Giftgetränke, gegen die man
keine Gegengifte kennU (M^rat et Gilbert 0. (T.) Fe.
Assamar (von ossäre^ braten, rösten, und omeirti«, bitter, also
Röstbitter) nennt Beichenbach^) einen StoflT^ der entsteht, wenn man
verschiedene Substanzen, wie Pflanzeneiweiss, Gummi, Kleber, Zocker,
Stärke, Leim, Blutkuchen, Fleisch, Brot u. s. w. am Feuer oder auf einem
Bleche an offener Luft bis zum Braunwerden röstet. Zu stark er-
hitzte , sogenannte angebrannte Speisen enthalten dienten Stoff, der na-
mentlich auch im gerösteten KaflTee und in der braunen Brotrinde ent-
halten ist, und den leicht bitteren Geschmack derselben verursacht
Nach Völkel findet sich Assamar oder ein ihm ähnlicher Stoff gepaart
mit Essigsäure unter den Prodncten der trockenen Destillation des
Zuckers. Uebrigens .fehlt eine nähere Untersuchung dieses Körpers, und
es ist noch nachzuweisen, dass es sich um eine einfache Verbindung han-
delt, dass man es nicht etwa mit einem Gemenge verschiedenartiger
Substanzen zu thun hat; es ist weiter ungewiss, ob sich aus verschieden-
artigen Substanzen, wie Fleisch, Brot, Stärke u. s. w. die gleichen
Stoffe oder etwa nur ähnliche bilden.
Reichenbach giebt zur Darstellung seines Assamars folgende Vor-
schrifl. Dünne Scheiben von Weizenbrot werden auf einer Metallflächc
vorsichtig bis zur schwarzbraunen P^arbe geröstet, dann rasch zerrieben,
damit sie nicht Feuchtigkeit anziehen, und mit eiskaltem absoluten Al-
kohol zu wiederholten Malen ausgezogen. Von den geklärten, wein-
gelben Auszügen wird der grösste Theil des Weingeistes im Wasserbade
abdestillirt. Ist der Bückstand in der Retorte S3rrupartig geworden, so
setzt man ein wenig Wasser zu, wodurch eine geringe Trübung entsteht,
und dcstillirt dann die letzte Portion des Alkohols vollständig ab.
Unter Umständen sammelt sich nun beim langsamen Erkalten anf der
Oberfläche ein wenig erstarrendes Fett, das man «abnimmt oder dnrch
Aether löst und entfernt. Eine schwach saure Reaction der Masse wird
durch Zusatz von etwas Kalkmilch gehoben, dann bringt man die Mi-
schung bis nahe zur Siedhitze, wobei ein brauner, flockiger Niederschlag
entsteht, und fügt von Neuem absoluten Alkohol in kleinen Portionen
hinzu, bis der dadurch entstehende Niederschlag sich beim Erwärmen
nicht wieder auflöst, sondern sich an die Gefäss wände absetzt. Nach
dem Erkalten giesst man den Alkohol von dem Niederschlage ab und
«destillirt. Der syrupartige Rückstand wird dann in der Wärme wieder
mit absolutem Alkohol behandelt, der Alkohol nach dem Erkalten von
einem etwa entstandenen Niederschlage abgegossen und durch Destil-
lation entfernt. Dies Verfahren wird so oft wiederholt, bis sich der
Syrup, ohne Niederschlag zu bilden, gänzlich in Alkohol aufgelöst. Zu
der alkoholischen Auflösung wird nun etwas gewöhnlicher Aether hin-
zugesetzt. Es entsteht dadurch abermals ein Niederschlag, der sich
an die Gefäss wände absetzt. Die davon abgegossene, geklärte Flüs-
sigkeit wird hierauf im Wasserbade destillirt, bis der Rückstand eine
dickliche Consistenz angenommen hat. Durch vorsichtiges Erhitzen
kleiner Portionen desselben kann man ihn trocken und fest erhalten.
*) Pharm Centralbl. 1849. S. 30. — •) Annal. d. Cbom. n.-Pharm. Bd.XLK, S. 3.
Aster tripolium. — Astrakamit. 399
80 dargestellt enthält das Assamar noch immer eine Spur von
Kalk. Es ist ein fester^ durchsichtiger, bernsteingelber, amorpher Kör-
per, welcher leicht zerspringt. In der Wärme ist sein Geruch schwach
gewärzhaft, der Geschmack ist angenehm bitter. Es ist nicht flöchtig,
sondern schmilzt in gesteigerter Hitze erst nnd Terkohlt sodann unter
Au^tos8nng von Dämpfen, welche beim Verbrennen einen angenehmen
Geruch verbreiten. Das Assamar ist so hygroskopisch, dass es selbst
dem Weingeist Wasser entzieht. Es löst sich in allen Verhältnissen
in Wasser und ist ohne Zersetzung nur sehr schwer ganz davon zu be-
freien, selbst beim Erwärmen unter der Luftpumpe. Von Alkohol wird
es am so leichter aufgelöst, je mehr derselbe Was^ier enthält. Aether
bat keine Wirkung darauf und schlägt das Assamar aus seiner Auflö-
sung in Alkohol theilweise nieder. Durch Kochen mit Alkalien oder
alkalischen Erden verliert das Assamar, ohne dieselben zu neutral idiren,
iteine Bitterkeit; es wird dabei zersetzt, denn Znsatz von Säuren bringt
den bitteren Geschmack nicht wieder hervor. Im Ganzen zeigt es sehr
wenige charakteristische Beactionen. Essigsaures Blei, schwefelsaures
Eisenoxyd, schwefelsaures Kupfer, Platinchlorid, Zinnsalz geben keine
Niederschläge damit Goldchlorid giebt (unter Reduction?) einen blau-
schwarzen Niederschlag; salpetersaures Silber wird reducirt; mit essig-
ianrem Kupfer entsteht im Sieden Kupferoxydul. Doppelt chromsaures
Kali ist ohne Wirkung. Von Salpetersäure wird eine Assamarlösung
im Sieden entfärbt, ohne dass sich Stickstoflbxyd entwickelt, es entsteht
dabei weder Schleimsänre noch Oxalsäure. Concentrirte Schwefelsäure
verkohlt es; Salzsäure ist ohne Wirkung. Chlorgas entfärbt eine Assa-
marlösung erst beim Erwärmen. GaUustinctur und Hausenblase sind
ohne Wirkung; Ferment bringt keine Gährnng hervor. (Wp.) Fe.
•
Aster tripolium. Die gegen Ende September gesammelte
Pflanze gab hinsichtlich des Gehalts an Asche und ihrer Zusammen-
setzung 0 folgende Resultate :
Wurzelblätter Stengel Stengelblätter Blüthen
Aschenprocente . • . .14,9 8,7 1G,2 9,4
Die Asche enthält nach Ab-
zug von Kohle u. Sand:
Kohlensäure 3,4 ' 3,3 4,2 3,7
Chlornatrium 65,5 68,5 60,2 30,3
Chlorkalium 3,7 14,1 — —
Natron — • — 14,0 1,4
Kali 13,6 2,5 6,1 25,4
Kalk 5,0 4,5 4,8 7,2
Magnesia 2,2 2,2 1,7 5,7
Phosphorsanres Eisenoxyd 1,1 2,1 2,3 4,0
Manganoxydoxydul . . . Spur Spur Spur Spur
Schwefelsäure. . . . . 2,7 1,8 4,1 10,5
Phosphorsäure .... 2,0 0,6 1,7 10,8
Kieselsäure 0,6 0,5 0,8 1,0
Fe.
Astrakamit. Ein naturlich vorkommendes Doppelsalz von
der Zusammensetzung A^O . SO3 -f- NaO . SOs -|- 4 HO, welches,
') Harms, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XCIV, S 247.
400 Astraüt. — Atakamit
nach G. Rose, in weiaaen, nndarchsichtigen , prismatischen Krydtallea
an den Bittersalzseen der Ostseite der Wolga roündung, gemengt tnit
gewöhnlichem Bittersalze, gefanden wird. Tk. S.
Astralit. So nannte Pettenkofer^) einen dem Ayentnrin älm-
lichen Glasfluss, welcher Krystalle einer KapferoxjduWerbindnng enthält,
die bei auffallendem Lichte dichroitischen Schimmer von dunkelrotli
and grönlich-bläalich zeigen. Er giebt Vorschriften für zwei verschie-
dene Mischungen:
L
IL
Kieselerde ....
80 Grm.
80 Grm.
Bleioxyd ....
120 ^
110 „
Soda . • . . ' .
72 „
72 „
Kalk
jy
5 „
Wasserfreier Borax .
18 y.
18 „
Kupferham merschlag
24 „
26 „
Eisenharamerschlag .
1 «
2 „
Diese Glassätze werden in hessischen Tiegeln geschmolzen, wozu
die Hitze eines gewöhnlichen Windofens genügt Nach dem Schmeken
und Läutern yerschliesst man alle Luftzüge des Windofens, nachdem
man ihn nochmals mit Kohlen angefüllt hat, und lässt auf diese Weise
die geschmolzene Masse sehr langsam erkalten, wobei sie krystallisirt
Die Krystalle werden bei sonst gleichen Urflstanden in der leichtüüffii-
geren Masse I viel grösser, als in der schwerflüssigeren II. Der di-
chroitische Schimmer derselben ist namentlich im geschliffenen nnd po-
lirten Zustande der Masse von vorzüglicher Schönheit 7^
Astrapyalith (von aöXQanra blitzen, nvg feurig und At^os
Stein) syn. für Blitzröhren.
Astrophyllit nannte Scheerer^) eine zu Brevig in No^
wegen vorkommende eigenthümliche Glimmerart, welche sich sowohl
durch ihre Kiystallform als gewisse andere Eigenschaften von anderes
Glimmerarten unterscheidet. In Bezug auf die chemische Zasaminen-
Setzung des Astrophyllit wurde vorläufig nur ermittelt, dass derselbe
aus Kieselerde, Eisenoxyd, Thonerde, Eisenoxydül, Magnesia, Kali^
Natron (Spur), Manganoxydul, Kalk und (etwa 3 Proc) Wasser be-
steht. Der Eisengehalt ist ausserordentlich bedeutend. Fluor fehlt
Vor dem Löthrohre leicht und unter Aufwallen schmelzend. Von
tombackbrauner bis — in dünneren Partieen — fast goldgelber Farbe
Die strahligblättrigen Individuen oft zu schönen stern- nnd blumenför
migen Gruppen vereint. Daher der Name Astrophyllit Th. S.
Atakamit, Salzkupfererz. Nach übereinstimmenden Ana-
lysen von Klaproth, J. Davy, Ulex und Mallet ist dieses Mineral
als eine Verbindung CuGl -|- 3 (CuO .HO) zu betrachten. Ber-
thier fand früher, wohl irrthümlich, eine fast doppelt so grosse Wasser-
menge. Bildet kleine, lauch- bis smaragdgrüne, rhombische Krystalle
welche gewöhnlich zu krystallinischen Aggregaten zusammengehäuti
') Abhandlungen der natnrwisBenschaftUch technischen Commission bei der Aka-
demie der Wissenschaften in München, S. 134. — *) Berg- und httttenmannischc
Zeitung, Jahrgang 1864, S. 240.
.Athamanta Oreoselinum. — Athamantin. 401
sind. Sowohl in Säaren als üt Ammoniak leicht und vollständig löslich.
Findet sich im Districte Atakama in Chile and an einigen anderen
Localitäten. Wird zur Knpfergewinnung nnd als Streusand benutzt.
TÄ. S.
Athamanta Oreoselinum. Die Wurzel und Samen der
Pflanze enthalten neben einer eigenthümliohen nicht näher untersuchten
bitter schmeckenden Substanz einen besonderen Stoff, das Athamantin
(3. d. Art.). Die Blätter enthalten kein Athamantin , aber einen Bitter-
stoff nnd ein ätherisches Gel , welches durch Destillation mit Wasser
aas dem Kraut erhalten wird. Das Oel hat die Zusammensetzung des
Terpentinöles = C^oH^e; ^ riecht wachholderähnlich , hat ein specif.
Gewicht = 0,841 und siedet bei 163^0. Es verbindet sich mitChlor-
wtoserstoffgas zu einer nach der Destillation farblosen nicht krystallisir-
baren Flüssigkeit, welche leichter Ut als Wasser und bei 190^ C. sie-
det. Nach den angestellten Versuchen zeigt sich in Hinsicht auf Bil-
dung oder Zusammensetzung keine Beziehung zwischen diesem Oel
irad denn Athamantin, oder dem durch dessen Zersetzung entstehenden
Valerianöl (Schnedermann und Winckler^).
Athamantin. Das Athamantin ist eine in mancher Beziehung
den Fetten ähnelnder Körper, welcher von Winckler^) unrein darge-
stellt war, dann aber von ihm und Schnedermand^) zuerst rein erhal-
I ten und näher untersucht ward. Es hat die Formel 0^4 Mi 507.
Das Athamantin findet sich in der Wurzel und in den halbreifen
; Samen von Athamanta Oreoselinum^ der sogenannten Bergpetersilie, es
konnte aber weder aus den «Blättern dieser Pflanze dargestellt , noch
m den verwandten Arten Athamanta Libanotia und Athamanta Cervaria
sofgefonden werden.
Zur Darstellung desselben wird die getrocknete Wurzel der Berg-
petersiUe mit 80procentigem Weingeist warm ausgezogen, von dem fil-
trirten Auszüge Weingeist und Wasser abdestillirt und der Bückstand
mit Aether behandelt, welcher unreines Athamantin daraus aufnimmt.
Die Aetherlösung wird mit Thierkohle entfärbt, dann der Aether durch
Destillation entfernt. Was zurückbleibt, löst man in wari/em Wein-
geist von 60 bis 65 Proc. Aus dieser Auflösung setzen sich in der
Kälte allmäUg haarfeine, weijsse, sternförmig gruppirte Krjstalle ab.
Je ooncentrirter die Lösung in Weingeist war, desto mehr sind die sich
daraus abscheidenden Krystalle mit einem Öligen Liquidum gemengt,
welches als ein weniger reines Athamantin möglichst zu entfernen ist.
Durch wiederholte Krystallisation und jedesmaliges Absondern der ein-
gemengten Oeltropfen erhält man das Athamantin endlich als blendend
weisse, atlasglänzende Masse von zusammengewebten, biegsamen Ejry-
stallen, ganz ähnlich dem langfaserigen Asbest. Obgleich diese Kry-
stalle das Athamantin in völliger Reinheit darzustellen scheinen, so ist
dies doch nicht der Fall. Unter Umständen, die noch nicht genau
ermittelt sind, bekommt man dasselbe in grossen, soliden, vollkommen
fiirblosen, zuweilen fast zolllangen Krystallen, deren Grundform ein
QnadratoctaSder zu sein scheint. Sie haben nicht nur eine etwas an-
dere Zusammensetzung wie die haarfein krystallisirte Masse, solidem
|) AonaL d. Chem. tl Pharm. Bd. LI, S. 886. — *) Büchners Kepertor. Bd.
XIVU, 8. 169. — *) Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LI, S. 816.
HMidw6Tt«rbaeh der Chemie. 2te Aufl. Bd. IL 26
402 Athamantin.
achmelzen auch bei einer bedeutend höheren Temperatar als diese.
Wincklei; und Schnedermann erhielten sie einmal, als ein aus
Weingeist in öliger Form abgeschiedenes Athamantin mit dem darüber
befindlichen Weingeist längere Zeit bei -\- 20<* C. stehen blieb, wo die
ölartige Masse sich zum Theil in solche Erystalle umgewandelt hatte,
welche unter anscheinend gleichen Verhältnilssen nicht wieder erhalten
erhalten werden konnten. Zuweilen scheiden sich freilich aus der alko-
holischen Lösung neben den gewöhnlichen Erjstallen auch solche
grössere aus, doch nur in ganz geringer Menge.
Die grösseren und reineren Krystalle dienten nur zur Analjae; die
weitere Untersuchung ward mit den gewöhnlichen Athamantinkrystallen
vorgenommen.
Das Athamantin hat einen eigenthümlichen , ranzig seifenartigen
Geruch, der besonders in der Wärme hervortritt, und einen ranxig
bitterlichen, hintennach scharf kratzenden Geschmack. In Wasser ist
es unlöslich. In kochendem Wasser bildet es niedersinkende Tropfen,
die nach längerer Zeit krystallinisch erstarren. In Weingeist, selbst
sehr schwachem , und in Aether ist es sehr leicht löslich und scheidet
sich aus den in der Wärme gesättigten Lösungen beim Erkalten in
öligen Tropfen ab. Eine weingeistige Lösung von Athamantin wird dnrch
Zusatz von Wasser zu einer milchähnlichen Flüssigkeit, aus der es sich
nach Wochen theils in Erystallen, theils in compacten Massen abschei-
det, welches letztere aber auch die gleiche Zusammensetzung hat wie das
krystallisirte Athamantin. Auch in Terpentinöl und fetten Gelen ist das
Athamantin leicht löslich. Die Lösungen werden durch Metallsalze nicht
gefällt. Die grossen soliden Krystalle des Athamantins schmelzen
etwa bei -j- 79* C, die haarfeinen werden schon bei -f- 59^ bis ßO'^C.
flüssig. War es geschmolzen, so wird es nach dem Erkalten terpen*
tinartig; erst nach längerer Zeit verwandelt es sich wieder in wawel-
lithähnliche Krystalle. Das Athamantin ist nicht flüchtig ; bei der tro-
ckenen Destillation giebt es neben anderen Stoffen eine beträchtliche
Menge Valeriansäure.
Leitet man bei gewöhnlicher Temperatur Salzsäuregas über Atha-
mantin, so schmilzt es, indem das Gas absorbirt wird, allmälig zu einem
klaren, gelbbraunen Liquidum, welches alsbald wieder zu einer mit
feinen weissen Nadeln durchwebten amorphen Masse erstarrt. Dieses
Erstarren beginnt oft schon, ehe alles Athamantin mit Salzsäure ver-
bunden ist; man muss daher das Gas rasch zuströmen lassen und darch
häufiges Umdrehen des Gef äases dem schmelzenden Athamantin anf den
Wänden desselben eine grössere Oberfläche zu geben suchen. Wird
die flüssig gewordene Masse erwärmt, so entwickeln sich Blasen von
Salzsäuregas, die bei 100<^ C. ein förmliches Kochen verursachen, nnd
es destillirt zugleich wasserhaltige Valeriansäure. In dem Maasse, wie
diese Gasentwickelung wieder aufhört, erstarrt das Liquidum zu einem
festen Körper, welcher den Namen Oreoselon erhalten hat und im Atha-
mantin die Stelle des Glycerins zu vertreten scheint Das Oreoselon
(s. d. Art.) hat die Zusammensetzung C14H5O8, wenigstens lässt sich
diese Formel am besten aus den Analysen desselben entwickeln:
Athamantin Oreoselon Valeriansäure.
Dieselbe Zersetzung in die beiden Produote geht auch vor sicbi
Athamantin. 403
wenn man das Athamantin zuerst auf 100^ 0. erhitzt und dann erst mit
Saluäaregas behandelt, oder wenn es mit ganz concentrirter wslsseriger
Salzsäure gekocht wird; immer zerfällt es hier unter Einfluss der ge-
kannten Säure in die beiden Körper Oreoselon und Yaleriansäure. Dem
; Zerfallen des Athamantins geht aber unzweifelhaft eine Verbindung des-
selben mit der Säure voraus, und diese Verbindung zerfällt dann so-
gleich, bei gewöhnlicher wie bei erhöheter Temperatur, in Salzsäure,
Oreoselon und Valeriansäure , weshalb sie sich äusserst schwierig dar-
stellen lässt.
Nor einmal glückte es Win ekler und Schnedermann durch
'Behandlung des nach dem Ueberleiten von Salzsäure erstarrten Atha-
iBHintins mit Aether ein krystallinisches Pulver abzuscheiden, welches
|«H 1 Aeq. Salzsäure und 1 Aeq. Athamantin = C24H15O7.HGI zu-
lunmengesetzt war. Gewöhnlich löste sich Alles ohne Rückstand,
in Aether sowohl als in Alkohol, und diese Auflösung verbreitete
tald den Geruch nach Valerianäther, während ein Körper sich ab-
«chied, der Oreoselon zu sein schien. — Jene kryätallinische Chlor-
wasserstoff-Verbindung löste sich in Alkohol und Aether mit Leich-
tigkeit, die Auflösung hinterliess nach dem Verdunsten zum Theil
nadelförmige Krystalle, zum Theil eine amorphe Masse vom Ansehen
i» Oreoselons, letzteres ausschliesslich wenn die Verdunstung in der
Wirme geschah. Für sich erhitzt, schmolz die Verbindung schon unter
100^ C, das klare Liquidum entwickelte aber bald Gasblasen und trübte
rieh zugleich unter Abscheidung von Oreoselon. Mit Wasser zum Ko-
chen erhitzt^ schmolz sie ebenfalls zu öligen Tropfen, die aber allmälig
rieh wieder auflösten. Beim Erkalten schied sich aus der Auflösung
ein Korper in mikroskopischen, prismatischen Krystallen ab, der ge-
trocknet eine blendendweisse , seideglänzende Masse darstellte. Er ist
in Alkohol und Aether leicht löslich und bleibt beim Verdunsten des
Gitteren in kleinen schuppigen Krjstallen, des letzteren in feinen Na-
deln mrfick. In verdünnter Kalilauge und in Aetzammoniak ist er mit
! gelber Farbe löslich und wird aus der Auflösung durch Säuren wieder
': in feinen Nadeln niedergeschlagen. Er enthält kein Chlor. Seine Ana-
lyse scheint auszuweisen , dass er aus dem Oreoselon durch Hinzutre-
ten von 1 At. Wasser entsteht, so dass er eigentlich der Körper wäre,
^ in dem Athamantin mit wassei*freier Valeriansäure verbunden ist.
Von der wasserhaltigen Benzoesäure, mit welcher er gleiche Zusammen-
hang hat, unterscheidet er sich wesentlich durch die gelbe Farbe
^er Auflösung in Alkalien und dadurch , dass er sich nicht ohne Zer-
^^tnmg verfluchtigen lässt. Die Bildung dieses Körpers gelingt übrigens
1 nicht immer.
Schweflige Säure wirkt ganz ähnlich auf das Athamantin, wie Salz-
äore. Unter dem Zuströmen des Gases wird es zuerst fl üssigund er-
*^ dann wieder krystallinisch , bald früher , bald später. Die kry-
•talEnische Verbindung schmilzt unter 100^ C. und erstarrt bald wieder,
ttdem sich Oreoselon abscheidet, während Valeriansäure und schweflige
«wre frei werden. In Alkohol ist sie auflöslich und scheint beim frei-
^Tligen Verdunsten desselben sich unzersetzt wieder auszuscheiden;
; heim Verdunsten in der Wärme bildet sich Valerianäther und Oreose-
i lon wird ausgeschieden. Die Vorbindung besteht aus 1 Aeq. schwefliger
S&ore und 1 Aeq. Athamantin.
lo eoncentrirter Schwefelsäure löst sich das Athamantin unter
26*
I
404 Athanor. Atheriastit.
Erwärmung zu einer klaren, bräunlichen Flüssigkeit, welche einen star-
ken Baldriangeruch verbreitet. Zusatz von Wasser bewirkt in der Auf-
lösung einen starken, gelblichweissen Niederschlag, der keinen Schwe-
fel enthält, und nur ein durch Einwirkung der Schwefelsäure mehr oder
weniger verändertes Oreoselon zu sein scheint; aber dieser Körper
scheidet sich beim Verdunsten der alkoholischen Lösung nicht mehr
krjstallisirt, sondern als gelbe amorphe Masse ab, welche ein durch die
Säure mehr oder weniger verändertes Oreoselon zu sein scheint. Die
davon abfiltrirte Flüssigkeit giebt bei der Destillation Valeriansäure,
getrübt durch eine flockige Substanz, die etwa ein Procent des Atha-
mantins beträgt, nach dem Trocknen krystallinisch ist, über 100^ C.
schmilzt, in Alkohol und Aether sich leicht löst und beim Verdunsten
in feinen Nadeln wieder anschiesst.
Die Zersetzung des Athamantins durch Alkalien ist der Verseifong
der Fette ähnlich. Es wird nämlich von Kalilauge in der Wärme, von sein
concentrirter schon in der Kälte aufgelöst. Vermischt man die klare roth-
braune Lösung mit Schwefelsäure bis zur sauren Beaction, so entwickelt
sich der Geruch nach Valeriansäure und ein gelblichweisser, häufig nach
dem Trocknen bräunlicher Niederschlag wird ausgeschieden, dessen An*
sehen und Zusammensetzung nicht immer gleich ist. Es scheint eine Ve^
bindung von Oreoselon und Wasser zu sein, mehr oder weniger verän-
dert durch den Einfluss des Alkalis und der Wärme. Im frisch gefällten
Zustande löst er sich mit gelber Farbe in Ammoniak; diese Auflösung
giebt mit essigsaurem Blei einen Niederschlag = PbO.Ci4H5 0^.
Die von dem Niederschlage abfiltrirte angesäuerte Flüssigkeit giebt
beim Destilliren Valeriansäure, getrübt durch dieselbe flockige Substani,
die bei Zersetzung des Athamantins durch concentrirte Schwefelsäun
entsteht. Wird der Rückstand von der Destillation mit Alkali neutrali*
sirt, zur Trockne verdunstet und mit Alkohol behandelt, so zieht dieser
noch etwas von dem durch den Einfluss des Alkalis aus dem Athamao*
tin gebildeten Körper aus, das in Alkohol Unlösliche ist reines schwe«
feisaures Kali.
Kalk- und Barytwasser wirken beim Kochen eben so aaf das Atha^
mantin, nur langsamer. Ammoniak, gasförmiges wie flüssiges, scheinen
ohne Wirkung zu sein. {Wp.) Fe,
Athanor s. Acanor.
Athar, indische Bezeichnung des ätherischen Rosenöls.
Atheriastit hat Weib je ein, seiner äusseren Krystallgestall
nach, skapolithartiges Mineral von Arendal genannt. Berlin^) hat el
analysirt; doch lässt sich aus dem Resultate seiner Analyse keim
wahrscheinliche Formel ableiten, um so weniger als es unausgemaclH
blieb, ob das im Minerale enthaltene Eisen darin als FeO oder FeiQj
auftritt. Ist letzteres der Fall, was wohl am wahrscheinlichsten ist, «
ergiebt sich eine gewisse Aehnlichkeit der Zusammensetzung des Athi^
riastit mit der des Epidot, wie folgende Vergleichnng zeigt:
0 Pogg- Annäl. Bd. LXXIX, S. 302.
Athmen der Pflanzen. 405
(1)
(2)
Kieselerde
. . . 38,00
37,59
Thonerde
. . . 24,10
20,73
Eisenoxyd
. . 6,22
16,57
Kalk . .
. . . 22,64
22,64
Magnesia . .
. . . 2,80
0,41
Wasser . .
. . 6,95
2,11
100,71 100,05
(1) Atheriastit nach Berlin; (2) Epidot von Arendal i). Dadurch
wird es wahrscheinlich, dass die Thonerde und das Eisenoxyd im
Atberiaatit — wie im Epidot — eine elektronegative Rolle spielen, so
dass 3 Atome Alg Og für 2 Atome Si Oj auftreten, und 3 Atome Fe^ O3
desgleichen. Wird nun zugleich das Wasser als basisches angenommen,
äo ergiebt sich ein Sauerstoffverhältniss von [SiOg] : (R O) = 28,47 : 9,64
=:3 : 1, entsprechend einem Atomverhältniss von 3 : 3, also der Formel
S (RO) . 3 [Si O3], während die Formel des Epidot = 3 (R O) . 4 [Si O3]
ist Hiemach wurde der Atheriastit zwischen Epidot und Augit
3(RO).2[Si08], oder zwischen Epidot und Vesuvian (s. d.) in der
Mitte stehen, mit Skapolith aber, ausser der Aehnlichkeit der äusseren
Form, die ebenso an Vesuvian erinnert, nichts gemein haben. Th.S.
Athmen der Pflanzen. Die Blattgrün enthaltenden
Thdle der lebenden Pflanze haben das Vermögen, am Tage, oder über-
haupt unter Einfluss des Lichtes, die Kohlensäure der Luft zu zer-
setzen, deren Kohlenstoff oder eine niedrigere Oxydationsstufe dessel-
ben sich anzueignen, während Sauerstoff gasförmig abgeschieden wird. '
Bei Nacht, oder im Dunkeln, findet der umgekehrte Process statt; die
grauen Pflanzentheile verhalten sich dann wie die nichtgrünen, oder
wenigstens wie die kein Chlorophyll (Blattgrün)- enthaltenden Pflanzen-
theile im Licht sowohl, wie bei Abschluss desselben, es findet eine
Sauerstoffaufnahme und Kohlensäureausscheidung statt. Diese That-
eachen haben nicht nur ihre Geltung für die von der atmosphärischen
Luft direct umgebenen Grewächse, sondern auch für die im Wasser ve-
gitir«nden, in Bezug auf die vom Wasser gelösten Gase der At-
mo^häre.
Der erstgenannte Theil dieses Gasaustausches der Pflanzen, der
g^ewöhnlich nach Analogie mit ähnlichen Vorgängen im Thierleben
Respiration der Pflanzen genannt wird, hat also eine der durch
die thierische Athmung bewirkten entgegengesetzte Luftveränderung
zur Folge ; der letztere Theil wirkt dagegen auf die Zusammensetzung
der Atmosphäre in ähnlicher Richtung, wie das Hauptresultat des thieri-
Khen Athmens.
Nach vielen darüber angestellten Untersuchungen ist mit Bestimmt-
httt ansunehmen, dass die Kohlensaureaufnahme und Sauerstoffabschei-
dong grüner Theile der gesammten Pflanzenwelt aih Tage, die Sauer-
stoffiftufiiahme und Kohlensäurebiidung der nicht chlorophyllhaltigen
Pflanzentheile am Tage und bei Nacht sammt der der chlorophyllhalti-
gen im Dunkeln, quantitativ überwiegt ; dass also der durch das thieri-
8che Athmen, durch Verbrennungs- und Verwesungsprocesse etc. be-
^) Scheerer, iu Pogg. Annal. Bd. XCV, S. 513.
406 Athmen der Thiere.
dingten UeberhäuAing der Atmosphäre mit Kohlensäure, durch du
pflanzliche Athmen entgegengearbeitet wird ; dass die Pflanzenwelt ein
Regulator der LoftzuBammensetzang , vom thierischen Standpunkt be-
trachtet, ein Laftverbesserer ist.
Die Pflanze ist an ihrer ganzen Oberfläche mit atmosphärischen
Gasen in Bertihrang; durch ihre Wnrzelfasem saugt sie dieselben, ge-
löst in dem Wasser des Bodens, in sich auf; ihre zarteren, saftreichen
terminalen Ausbreitungen gestatten durch dünne Epidermislagen oder
deren Spaltöfi'nungen ohne Zweifel directe physikalische Diffusion der
Gase des Zellsaftes mit denen der umgebenden Medien. Die Vorgänge
eines solchen physikalischen und des erwähnten chemischen, das Leben
der Pflanzen näher angehenden Gaswechsels compliciren sich daher
zu bis jetzt quantitativ nicht zu analysirenden Processen.
Die von chlorophyllhaltigen Pflanzentheilen vollführte Kohlen-
säurereduction wird von allen neueren Forschern in innige Beziehimg
zu jenem Pigmentstoff und seinen fast constanten Begleitern im Zell-
inhalt der Pflanze, dem Amylum und Wach^, gebracht, ohne dads über
das Detail des Processes Sicheres eruirt wäre. Neben der ausnahms-
los feststehenden Thatsache, dass nur den Blattgrün enthaltenden Thei-
len jenes Vermögen zukommt, und die einzelne an sich unversehrte^
aber aus ihrem Parenchym verband gesonderte Zelle dasselbe noch ei-
nige Zeit bewahrt, ist es interessant und für obige Annahme wichtig,
dass der chlorophyllfreien Epidermiszellenlage grüner PflanzentheiU
jenes Vermögen entschieden abgeht.
Die Saiterstoffaufnahme und Kohlensäureabscheidung nicht grünei
Pflanzentheile zu jeder Zeit, und auch chlorophyllhaltiger bei Abschlos!
des Lichtes, wird nach bisher gemachten Erfahrungen, der einfachen
Oxydation auch nicht lebender organischer Substanzen, durch den
Sauerstoff der Luft, gleich geachtet.
lieber eine Theilnahme des Stickstoffs der Luft am Gaawechsel
der Pflanzen liegen keine zweifellosen Beobachtungen vor. F— r.
- Athmen der Thiere (respirath). Unter diese Bezeich-
nung gehören hauptsächlich diejenigen Vorgänge, mittelst ^welchei
einerseits der für die Lebensthätigkeiten erforderliche Sauerstoff aus
dem umgebenden Medium in den thierischen Organbmns aberge-
führt wird, und andererseits die im Organismus als Endproduct vital-
chemischer Umsetzungen gebildete Kohlensäure in jenes Medium aus>
tritt.
Dieses umgebende Medium ist entweder ein gasförmiges Fluid am.
die atmosphärische Luft, oder ein tropfbarflüssiges mit den Gasen je<
ner imprägnirtes, das Wasser. Im Princip der Respiration wird dnrd)
die Differenz jener Medien nichts Wesentliches geändert. Der atmo-
sphärische Sauerstoff ist in dem Thieren zur Respiration dienenden
Wasser in etwas grösserem Verhältniss zum Stickstoff vorhanden, ah
in der Atmosphäre selbst (s. Atmosphäre).
Der, namentlich seiner chemischen Dignität nach, durch alle
Thierclassen ziemlich einheitliche Act der Respiration wird, anato-
misch-physiologisch betrachtet, in' mannigfach modificirter Weise aus-
geführt. Bei den möglichst einfach construirten animalischen Organis-
men, den Infusorien und den sogenannten Protozoen, von denen erstere
Athmen der Thiere* 407
oft als mit individueller Selbständigkeit begabte einfache Zellen er-
scheinen, findet ein en- nnd exosmotischer Gasaustausch des Zellinhal-
tes mit dem umgebenden Wasser statt. Sauerstoff dringt durch die
Zellmembran ein, Kohlensäure auf demselben Wege aus dem Zellinhalt
nach aussen; die ganze Körperoberfläche verlieht hier die Respira-
tion. — Mit der stufenweise anwachsenden Complicirtheit des Thier-
leibes werden specielle dem Graswechsel dienende Apparate nothwen-
di^. Während noch bei den meisten Formen der sogenannten regulär
gebildeten Thiere die ganze Körperoberfläche der Athmung vorsteht,
begegnen wir in den Kiemen der Schalthiere, den Trachenen der In-
secten schon besonderen Athmungswerkzeugen , die stellenweise fast
ausschliesslich, meist aber wohl unterstützt durch eine ausgedehnte re-
spiratorische Function der Oberfläche, dem Athmungsgeschäfte dienen.
Die Bedeutung der Oberhaut als Bespirationsorgan sinkt bei den höhe-
ren Thieren auf ein Minimum, das für einige begleitende Momente der
Athioong von Wichtigkeit, für den eigentlich respiratorischen Sauer-
stoff- und Kohlensäureaustausch aber verschwindend ist.
Dem oben kurz angedeuteten Athmen der selbständigen Thier-
zelle begegnen wir wieder in den der Respiration angehörigen Vor-
gängen des complicirtesten Thierleibes des Wirbelthierkörpers. Für
die einzelnen Zellen und die ihnen entsprechenden Gewebselemente ist
gewissennaassen das Blut der Capillaren, welches sie bespült, oder der
in ähnlicher Abhängigkeit vom Blute, wie jene Gewebselemente selbst,
stehende Parenchymsafl das Medium, aus welchem sie nach endosmoti-
schen Gesetzen ihren Sauerstoff schöpfen, an welches sie ihre Kohlen-
säure abgeben. Dieses Blut wird vom Herzen durch eine meistens
vollkommen doppelte Bahn , der grosse und der kleine Kreislauf ge-
nannt, getrieben. Nachdem es in dem grossen Kreislauf dem Stoff-
wechsel der Organe, der Respiration der Zellen, gedient hat, gelangt
es ärmer an freiem Sauerstoff, reicher an Kohlensäure in die rechte
Herzhälfte, strömt von dieser aus durch ein Capillargefässsjstem (das
des kleinen Kreislaufs), welches den feinsten membranösen Ausbreitun-
gen der Respirationsorgane anliegt, und tritt hier in endosmotischen
Verkehr mit einer, durch rasche Erneuerung stets sauerstoflfreichen,
kohlensäorearmen, gasförmigen oder in Wasser diflfundirten Atmosphäre.
Abgabe von Kohlensäure, Aufnahme von Sauerstoff sind die wesent-
lichsten Resultate des durch die membranösen Zwischenwände hier-
durch erfolgten Diffusionsvorganges; das geathmet habende Blut tritt
in das linke Herz ein, um bald abermals im grossen Kreislauf der Re-
spiration der Zellen mit seinem Sauerstoffreichthum und seiner Afßni-
tät zur Kohlensäure zu dienen.
Die hier in allgemeinen Umrissen gezeichneten Vorgänge sind bei
dem Menschen und den höher organisirten Thieren vielfach mühe-
vollen Untersuchungen unterworfen, deren chemische Resultate zwar
manchen für die Lehre vom Stoffwechsel erspriesslichen Aufschluss
gegeben haben, dennoch aber mit den übrigen Gebieten der physio-
logischen Chemie im Stadium erster Kindheit stehen. Die Kenntniss
der Chemie des thierischen Athmens ist in der neueren Zeit beson-
ders gefördert durch die Arbeiten von Scharling^), Andral und
»> Scharling, Liebig u. Wöhler's Annal. Bd. XI^V, S. 214 u. Bd. LVII,
& 1.
408 Athmen der Thiere.
Gavarret 1), Vierordt ^, Begnanlt und Reiset*). Barral ^X
Becher *).
Bei dem Menschen and den Repräsentanten der ausschliesslich
oder doch vorzugsweise in der freien Atmosphäre athraenden Wirbel-
thiere, den Säugern, Vögeln und Amphibien finden sich sackförmige,
▼ielfächerige luftführende Organe mit contractilen Wandungen einge-
schlossen in Skeletttheile, deren Wände der Einwirkung willkürlicher
Muskeln unterworfen, das umschlossene Athmungsorgan , die Lunge,
einer bis zu einem gewissen Grade willkürlichen Erweiterung and Ver-
engerung fähig machen. Diese Erweiterung und Verengerung, meist
rhythmisch und unwillürlich (instinctiv) erfolgend, bedingt einen be-
ständigen Wechsel der in den Lungen enthaltenen mit der äusseren
Luft durch den Zugang des sackförmigen Organs, den Kehlkopf nnd
die Luftröhre (In- und Exspiration).
Um zu einer genauen Kenntniss der qualitativen und quantitativen
Veränderungen, welche die Luft durch das Athmen erleidet, zu gelan-
gen, sind, mit oft sehr complicirten Apparaten, von den meisten der oben
citirten Forscher über Respiration Untersuchungen angestellt, deren
Methode und Detail in den betreffenden Werken selbst, sowie in den
Handbüchern der physiologischen Chemie und der Physiologie einzn-
sehen ist. Es hat sich mit Bestimmtheit ergeben, dass durch den
Wechselverkehr der eingeathmeten Luft mit dem Blute der ersteren ein
etwas grösseres Quantum Sauerstoff entzogen , als Kohlensäuf^ an die-
. selbe abgegeben wird (in einem Volumen Kohlensäuregas ist bekannt-
lich das gleiche Volumen Sauerstoff enthalten; das Verhältniss von
dem durch das Athmen absorbirten Sauerstoff zur ausgeschiedenen
Kohlensäure ist ungefähr wie 1,0:0,850). Dieser im Ueberschuss über
die exspirirte Kohlensäure aufgenommene Sauerstoff ist, nach ziemlich
sicheren Annahmen, theilweise in einer geringen Menge durch die Haut
ausgeschiedener Kohlensäure enthalten, theilweise wird er in dem zwei-
ten Endproduct der Oxydation im ThierkÖrper in der Bildung von
Wasser aufgehen.
Diese eben berührten Veränderungen des Sauerstoff- und Kohlen-
säuregehaltes der geathmeten Luft sind jedoch, wenn auch die wichtig-
sten, nicht die ausschliesslichen chemischen Veränderungen derselben.
Innerhalb der Luftwege mit stets feuchten blutbespülten Membranen in
Berührung, muss die von Wassergas selten gesättigte inspirirte Luft,
unter dem begünstigenden Einfluss der meist hohen Körpertemperatur
der luftathmenden Thiere, eine mehr oder minder bedeutende Menge
desselben aufnehmen und fortführen. Genaue Bestimmungen femer
haben festgestellt, dass sehr gewöhnlich, namentlich aber bei stickstoff-
reicher animalischer Nahrung eine kleine Quantität von freiem Stick-
stoff aus dem Blute in die Lungenluft übertritt (Boussingaült ^),
Regnault und Reiset), während nach früheren Untersuchungen die
Meinungen , ob Stickstoff bei dem Respirationsprocess absorbirt oder
^) Andral n. Gsvsrret, Ueber die durch die Lungen ausgeAthmete Kohlen
säuremenge. — •) Vierordt, Physiologie des Athmeas. KarUrahe 18i6. — *) Re-
gnault u. Reiset, Annal. de chim. et de phys. 1849. ~ ^) Barral, Stattque
chimique des animaux. Paris 1850. — ^) Becher, Studien über die Respiration.
Züricher Mittheilungen 1856. — *) Boussingaült, Annal. de chim. et de phym.
[2.] T. LXXI, p. 118 et 128, et [8.] T. XI, p. 488, et T. XII, p. 16S.
Athmen der Thiere- 409
seeemirt werde, getheilt waren. March&nd hat aosserdem nachge-
wiesen, dass die Exspirationsluft stets Spuren von Stickstoff in der
Form von Ammoniak enthält. Endlich möchte hier noch der Ort sein,
zn erwähnen, dass manche leichtflüchtige Ingesta, deren Zersetzung im
OrgaaismoB nnr unvollständig erfolgt ist (Aether, Alkohol, flüchtige
Oele, Camphor etc.), welche auf dem Wege der Digestion, der In-
jectioii oder der endermatischen Anwendung dem Blute zugeführt wur-
den, ausser ihnen aber bisweilen abnorme gasförmige Zersetzungs-
prodncte des kranken Körpers (kohlensaures Ammoniak in der Urä-
mie) zum grossen Theil durch die Lnngenansscheidung den Orga-
DifiDxi« verlassen (Ausdünstung) ; dass andererseits jene flüchtigen Ver-
bindangen, der Inspirationsluft beigemischt, durch die Athmung dem
Blate zag^eführt werden (Ohloroformathmung, giftige Gase etc.).
Die quantitativen Verhältnisse der normalen Respiration gestalten
lieh, nach Scharling, für einen erwachsenen Mann ungefähr folgen-
dermaassen:
Gewicht der in 24 Stunden excemirten Kohlensäure
= 867 Grm. oder Volumen 443409 CC.
Gewicht des in 24 Stunden absorbirten Sauerstoffs
= 746 Grm. oder Volumen 520601 CC.
Gewicht des in 24 Stunden ausgeschiedenen Wassers
= 320 — 400 Grm.
Ueber den Umfang der Veränderungen, die die Luft durch die
respiratorischen Vorgänge erleidet, sind ebenfalls vielfache Untersuchun-
gen angestellt Bei weitem nicht aller Sauerstoff, welcher überhaupt
m das Lnngencavum gelangt, wird auch vom Blute absorbirt, im Ge-
gentheü ist die Menge des absorbirten, gegen die des unverändert mit
der Exspiration wieder ausgestossenen ziemlich unbedeutend. Aeltere
üniersachnngen von H. Davy, Allen und Pepys, Menzi^s, Prout
eonstatirien in der ausgeathmeten Luft 4 bis 8 Proc. Kohlensäure,
nach neueren Untersuchungen von Vierordt schwankt jener Kohlen-
ftiuregehalt zwischen 3 und 5 Proc. ; das aus der atmosphärischen Luft
durch die Athmung fortgenommene Sauerstoffvolumen ist, nach oben
angefahrten Angaben, ein etwas grösseres. Das Schwankende der An-
gaben erklärt sich aus der Schwierigkeit, genaue Resultate der Unter-
fochung exspirirter Luft für längere Dauer einer möglichst normal
▼on Statten gehenden Respiration zu gewinnen. An Thieren sind von
Begnanlt und Reis et bewundernswerthe Untersuchungen in dieser
Richtung angestellt, Untersuchungen, denen freilich nur der Gesammt-
guwechael des Thierkörpers , nicht die seinen Hauptfactor bildende
Lungenfunction ausschliesslich, unterworfen werden konnte. Die De-
tails dieser Untersuchungen finden sich in dem oben citirten Werke
imd vorzugsweise in dem Lehrbuch der Physiologie von Ludwig,
Band n.
Für den physiologisch -chemischen Theil der Lehre von der Re-
spiration von grösster Wichtigkeit sind die Veränderungen, welche das
Blut durch seinen Wechselverkehr mit der Athmungsluft erleidet, und
in den Vordergrund dieses, mit der ganzen chemischen Lehre vom
Blute erst sehr oberflächlich bekannten Gebietes der Lehre vom Stoff-
wechsel, drängt sich die Frage nach der Form, in welcher sich die bei
der Athmung betheiligten Gase im Blute vorfinden. Dass das Blut wie
das Wasser und wässerige Lösungen organischer und unorganischer
410 Athmen der Thiere.
Verbindungen ein gewisses Lösimgs vermögen für Gaae besitxt, irt
durch das Experiment bewiesen. Nach früheren Untersuchangen mit
einander oft widersprechenden Resultaten, hat Magnus i) entschieden
dargethan , dass ausser Sauerstoff und Kohlensäure auch Stickstoff im
Blute gelöst enthalten sei. Untersuchungen von Blut in Venen, also
kurz vor der Einwirkung der Respiration, und von Blut aus Arterien,
also bald nach jener, ergaben, nach Magnus, einen fast gleichen €re-
halt an Stickstoff. Nach demselben Forscher kommen auf 16 Volume
Kohlensäure im arteriellen Blut 6, auf die gleiche Menge Kohlensaure
im venösen Blut etwa 4 Volume freien Sauerstoffs. Nach Magen-
die femer enthält venöses Blut 78 Froc. seines Volumens ao gas-
förmiger Kohlensäure, arterielles dagegen 66 Proc. Die in den Lun-
gen vor sich gehende Kohlensäureabscheidung aus dem Blat betriA
also nur ungefähr V? seines Gehaltes an difiundirtem Kohlensäaregase.
Die ältere Auffassung, nach welcher die Lungen nicht sowohl das
Organ für Vermittelung des Gaswechsels im Körper, sondern aach dei
Hauptheerd der mit einer Verbrennung so häufig verglichenen Oxyda-
tion des Blutes sein sollten, hat, wie das aus der oben gegebenen
Skizze des Athmungsvorganges erhellt, der geläuterteren Ansicht von
einer, nicht bloss durch das ganze circulirende Blut, sondern durcb
alle vital functionirenden Parenchyme verbreiteten, mit der Lebens-
thätigkeit Hand in Hand gehenden, stufenweisen Zersetzung weichen
müssen. Die Ansicht, dass der in einem Moment durch die Respira-
tion in das Blut übergeführte Sauerstoff, nach rascher Vollendung sei-
ner Mission zu oxydiren, in einem der nächsten Momente in der Koh-
lensäure der Exspirationsluft wieder entweiche, ist längst als beseitigi
anzusehen; von tieferer Bedeutung aber ist die Frage: ob ein TheiJ
des dem Blute zugeführten Sauerstoffs schon innerhalb der Langen«
circulation in chemische Verbindung mit Bestandtheilen des Blatei
tritt. Magnus, Mftrchand, Liebig und Lehmann haben dies
wahrscheinlich gemacht und zugleich die rothen Blutkörperchen als di<
vorzugsweisen Träger dieses chemisch gebundenen Sauerstoffs beseich-
net. Die dunklere Färbung des venösen Blutes, gegenüber der des ar
teriellen, früher gröblich auf überwiegenden Kohlenstoffgehalt bezogen
rührt nach den Untersuchungen der genannten Forscher von der diffe
reuten Einwirkung der bei dem Athmungsvorgange besonders bethei-
ligten Gase auf die Form der die Blutfärbnng tragenden Blutkörper-
chen her. Durch Hineinleiten von Kohlensäure in aus dem Thierkorpei
entleertes hellrothes, arterielles Blut kann man demselben die dunklen
Färbung des venösen ertheilen, und umgekehrt durch Hineinleiten voi
Sauerstoff dem venösen die des arteriellen. Anderweitige auf analyti«
schem Wege gefundene Differenzen der arteriellen und venösen Blut
bestandtheile haben vielfache Muthmaassungen , aber keinen exaetei
Aufschluss über respiratorische Einflüsse ergeben. Den verschiedentliol
interpretirten Untersuchungsresnltaten von Magnus^) sind in neueste]
Zeit von Harley^) inBunsen's Laboratorium angestellte Beobachtun-
gen gefolgt, welche der chemischen Absorption des Sauerstoffs durch da4
») Pogg. Annal. Bd. XXXVI, S. 685.— *) Pogg. Annal. Bd. XXXVI, S. 685
Bd. LVI, S. 177. Lehmanns phys. Chcm. Bd. 11, S. 159 u. ff. — *) Harley
üeber die chemische Yerändernng des BIntes bei der Respiration; Virchoir'i
Archiv Bd. XI, S. 107.
Athmen der Thiere. 411
Blut bedeutend weitere Grenzen stecken als Magnus' Verduche. Har-
lej liess mit Sauerstoff gesättigtes Blut mit atmosphärischer Luft un-
ter Verschluss in Berührung, und fand, dass von diesem Blut noch
etne bedeutend grössere Sauerstoffinenge aus jener Luft aufgenommen
wurde, als in der während des Contactes gebildeten und abgeschiede-
nen Kohlensäure enthalten war; ausserdem sucht Harley eine ent-
schiedene Affinität einzelner Blutbestandtheile, namentlich des Fibrins,
Albumins und Hämatins zu Sauerstoff, noch bevor an eine faulige Zer-
setzung jener Körper zu denken ist, nachzuweisen. In wie weit die
Harley 'sehen Resultate auf die Bespirations Vorgänge Anwendung fin-
den dürfen, ist noch abzuwarten.
Bei den mittelst Lungen oder Kiemen athmenden Thieren ist der
Gasaustansch des Organismus an jene Bespirationsorgane fast aus-
schliesslich gebunden. Der Sauerstoffaufnahme durch die allgemeine
Korperdecke setzt der Ueberzug dieser die hornartige Epidermisschicht
wohl absoluten Widerstand entgegen, und eine Kohlensäureaushau-
chung erfolgt ohne Zweifel nur in dem wenig umfänglichen Grade,
welcher durch Diffusionssättigung der von den Hautdrüsen secemirten,
wässerigen Abscheidungen mit jenem Gase möglich ist. In ähnlicher
Weise wird ein Theil Kohlensäure durch andere Secretionen, z. B. den
Urin, aus dem Blute fortgeführt. Einem Capitel der Physiologie der
Zukunft, der Lehre vom Gesammtgaswechsel des Organismus, liegt .es
ob, die Verhältnisse dieser Gasabsonderuogen zu den durch die Re-
spirationaorgane erfolgenden genauer festzustellen. Einer Erwähnung
dieser Theilnahme der allgemeinen Oberflächen und der Schleimhaut-
sjsteme an den Athmungsvorgängen bedurfte es hier deshalb, weil nach
weiter oben gegebenen Andeutungen der Gaswechsel durch die ganze
Körperoberfläche für manche Repräsentanten niederer Thierclassen der
einzig existirende ist Die Bezeichnung Hautathmen begreift diesen
Gaswechsel niederer Thiere sammt den erwähnten exspiratorischen
Fonctionen der Haut höherer Thierorganismen unter sich, mit Zuhülfe-
nahme einer nur sehr schwachen Analogie.
Die Kiemenform der Respirationsorgane ist eine für die chemische
Bedeutung des Processes der Lungenform ziemlich gleiche. Die Ge-
fisia nsb reitungen , anstatt, wie bei den Lungen der Oberfläche viel-
fieheriger Luftsäcke anzuliegen, bedecken gefranzte membranöse Aus-
lyreitungen, die der beständig oder rhythmisch sich erneuernden Be-
spülung des gashaltigen Wassers ausgesetzt sind. Üeber die quanti-
tativen Verhältnisse der durch Kiemen und der mit der einfachen, oder
mehr oder weniger complicirt gebauten KörperoberÜäche athmenden
niederen Thiere sind noch keine Untersuchungen gemacht. — Die dem
Pflanzenathmen analoge Sauerstoffentwickeluag eines niederen Organis-
RiQs der Salzsoole, von Wohl er entdeckt, möchte diesen Organismus
trotz mancher Thierähnlichkeit unter die Pflanzen verweisen lassen.
Eine Atmosphäre, der ein gewisses Quantum Sauerstoff, als dessen
Normalmenge ohne Zweifel die in der gewöhnlichen atmosphärischen
Lad enthaltene Quantität angesehen werden muss, abgeht, ist entweder
einfach irrespirabel oder wirkt geradezu giftig je nach ihren Bestand-
theilen; das erstere ist z. B. bei * Wasserstoff • oder Stickstoffatmosphä-
ren der Fall; als Beispiele giftiger Atmosphären können unter den
häufigeren Vorkommnissen die an Kohlenoxydgas und Kohlensäure
reichen dienen. V—r.
412 Atlaserz. — Atmosphäre.
Atlaserz syn. mit faserigem Malachit.
Atlasstein, Atlasspath Saän-apar^ ein feinfaseriger koh-
lenBaurer Kalk von Gumberland, bis jetzt gewöhnlich als zam Aragonit
gehörend betrachtet, ist, nach H. Rose, seiner Härte und dem specif.
Gewicht nach bestimmt Kalkspath. Fe.
Atmerythrin hat Eane ^) ein in rothen Dämpfen sich ver-
flüchtigendes, zu röthlich grünen Blättchen condensirbares Prodact ge-
nannt, welches sich bei der trockenen Destillation von Litmjlinsäure
(Erythrolitmin), und von Litmussäure (Gemenge von Azolitmin und
Spaniolitmin) mit Kalk bilden soll. Fe.
Atmidoskop, ein Apparat von Babinet *) die St&rke der
Verdampfung nachzuweisen.
Atmosphäre, Atmosphärische Luft (von ar/i6g, Dunst,
Dampf und ötpatga^ Kugel). Atmosphäre nennt man zunächst "die den
Erdkörper umgebende Gashülle, vorzugsweise bestehend aus Stickstoff-
gas, Sauerstoffgas, Wasserdampf und Kohlensäure. Ferner gebraucht
man den Ausdruck Atmosphäre für die gasförmige Hülle eines Welt-
körpers überhaupt. Endlich bezeichnet man mit demselben Worte
auch die gasförmige Umgebung, in welche starre oder tropfbarflüasige
Körper versetzt sind. Vermöge einer eigenthümlichen anziehenden
Kraft (vergl. den Art. Absorption) üben solche Körper einen verdich-
tenden Einfluss auf ihre gasförmige Umgebung aus, so dass starre
Substanzen ihre Oberfläche mit einer verdichteten Hülle derselben über-
kleiden, tropfbarflüssige Körper sich durch ihre ganze Masse damit
beladen.
Die Lufthülle der Erde ist von dem umfassendsten Einfluss auf
den Zustand der ^doberfläche. Einzelne ihrer Bestandtheile wirken
mit bei der Verwitterung der Gesteinsmassen, unterhalten die Verwe-
sungs- und Verbrennungsprocesse und bilden femer die wesentlichste
Bedingung für die Functionen des Pflanzen- und Thierlebens. Die
Atmosphäre ist die hauptsächlichste Trägerin der Schallwellen; sie
mässigt die Wirkung des Sonnenlichtes und mildert die Uebergänge
der Finsterniss der Nacht in die Helligkeit des Tages durch die Dära»
merung; sie erhöht den erwärmenden Einfluss der Sonne auf die £rd-
oberfläche und ist der Sitz der für die organische Schöpfung so bedeu-
tungsvollen Witterungser<tcheinungen , unter welchen der Wechsel der
Temperatur im Laufe des Tages und Jahres, die Winde, die Aende*
rungen im Feuchtigkeitszustande und die wässerigen Niederschläge die
wichtigsten sind.
L Physikalische Eigenschaften der Atmosphäre.
1. Die Schwere und die Gestalt der Atmosphäre. Die
Luft wird, wie jeder andere Körper, von dem Erdkörper angezogen;
sie übt demzufolge einen Druck auf die Unterlage aus, d. i. sie besitzt
Schwere. Den directesten Beweis für die Schwere der Lufl erhalt
man durch zweimalige Wägung eines Glasballons, das einemal, wSh-
*) Compt. rend. de l'acad. T. IX, p. 656; Annal. d. Chem. ii. Pharm. Bd. XXX VI,
S. 324. — «) Compt. rend. de l'acad. T. XXVII, p. 629.
Atmosphäre. 413
read er mit Luft gefüllt ist , das anderemal , nachdem er mittelst der
Lofitpiinipe möglichst luftleer gemacht wurde.
Vermöge ihrer Eigenschaft der Schwere lagert sich die Luft in
einer concentrischen Schicht um den Erdkörper, auf dessen Ober-
fläche sie einen Druck ausübt. Was den statischen Gleichgewichts-
zustand dieser Lufthülle von demjenigen einer tropfbarflüssigen Masse
unterscheidet, rührt von der allen gasförmigen Substanzen eigenthüm-
lichen Expansivkraft her, vermöge welcher ihre Theile sich möglichst
weit von einander zu entfernen streben, wahrend sie zugleich unter An»
Wendung einer hinreichenden Gegenkraft sich weit stärker verdichten
lassen als tropfbarflüssige Körper. Die tieferen der Erdoberfläche
zunächst gelegenen Schichten der Atmosphäre sind unter dem Drucke
der auf ihnen lastenden höheren Schichten am stärksten verdichtet; je
höher hinauf, desto freieres Spiel hat die Expansivkraft, desto mehr
verdünnt sich die Luft. Nur durch die Abnahme der Temperatur mit
zunehmender Höhe wird diesem Expansionsbestreben eine Grenze ge-
Das nach Archimedes benannte Gesetz, wonach ein Körper, wel-
cher in eine Flüssigkeit getaucht is^ soviel weniger wiegt, als das Gewicht
der verdrängten Flüssigkeit beträgt, findet auch auf die von der atmo-
sphärischen Luft umgebenen Körper Anwendung. Zwei Körper von
ungleichem Volumen, wie z. B. ein mit Luft gefüUtef, aber gegen die
umgebende Luft abgeschlossener Glasballon und ein Messinggewicht,
welche an einem empfindlichen Wagebalken ins Gleichgewicht gebracht
Bmd, behaupten dieses Gleichgewicht nicht mehr, wenn der Apparat
onter die Glocke der Luftpumpe gebracht und die Luft ausgepumpt
wird. Der Glasballon kommt ins Uebergewicht und sinkt, weil sein
vorher in der Luft erlittener Gewichtsverlust, der nunmehr in Wegfall
kommt, beträchtlicher war, als derjenige des Messinggewichtes. Es
kann dieser Versuch als ein weiterer Beweis für die Schwere der Luft
ielbst angesehen werden und er zeigt zugleich, dass bei genauen Wä-
gongen, welche in der Luft ausgeführt werden, auf diesen Umstand
Backsicht genommen werden muss (vergl. den Art. Wägen). Ver-
möge des angeführten Gewichtsverlustes wirkt auf Körper, deren To-
talgewicht geringer ist als dasjenige eines gleichen Volumens atmo-
sphärischer Luft, eine Kraft des Auftriebs, vermöge deren sie in der
Atmosphäre aufsteigen, bb sie in eine Schicht gelangt sind, in welcher
dfts verdrängte Luftvolumen so schwer ist als der Körper selbst. In
dieser Schicht schweben oder schwimmen sie. So verhalten sich z. B.
Ballons aus dünnem, aber luftdichtem Zeuge, welche mit erhitzt gehal-
tener atmosphärischer Luft, mit Wasserstoffgas oder Kohlenwasser-
stoffgas gefüllt sind. Die Luftreisen in solchen Ballons, welche bereits
bis za gleicher Höhe mit den höchsten und völlig unzugänglichen Ge-
birgsgipfeln der Erde geführt haben, sind zur Erforschung der Ab-
nahme der Temperatur und des Feuchtigkeitsgehaltes der Luft mit
nmehmender Höhe benutzt worden.
Die anziehende Kraft der Erde wirkt auf die auf der Meeresfläche
ruhende Luft in stärkerem Grade an den Polen als am Aequator; ein-
mal dämm, weil die Erde keine Kugel, sondern ein an den Polen ab-
geplattetes Sphäroid, mithin die Luft an der Meeresfläche in höheren
Breiten dem Mittelpunkt der Anziehung näher ist als in der Nähe des
Aequators, femer und zumeist aber darum, weil die aus der Axendre-
414 Atmosphäre.
hung der Erde entspriugende Centrifngalkraft , welche der Schwere
direct entgegenwirkt, an den Polen gänzlich fehlt, nach den niederen
Breiten hin znnimmt und am Aequator selbst ihren grössten Werth er-
reicht. Ungeachtet dieser ungleichen Wirksamkeit der Schwerkraft
würde, wenn die Atmosphäre nicht durch anderweite Ursachen verhin-
dert würde im Zustande statischen Gleichgewichtes zu beharren, der
Druck der Atmosphäre an der Meeresfläche in allen Breiten gleich sein,
weil der Druck einer Flüssigkeit nicht allein senkrecht abwärts, son*
dem, vermöge der vollkommenen Beweglichkeit der Theilchen, nach
allen Seiten hin in vollkommen gleicher Stärke wirkt und somit in dem
nämlichen Niveau alle Verschiedenheiten sofort sich ausgleichen muss-
ten. Zugleich leuchtet aber ein, dass an den Orten intensiverer Schwer-
kraft, also in höheren Breiten, zur Herstellung des nämlichen Druckes
eine Luftsäule von verhältnissmässig geringerer Hohe geniigen muss,
so dass die Atmosphäre auch dann, wenn sie aller Orten gleiche Tem-
peratur besässe, die Gestalt einer sphäroidalen Hülle haben würde,
deren Dicke unter dem Aequator am grössten wäre. Die Ungleichheit
in der Höhe der Atmosphäre am Aequator und an den Polen wird aber
durch die grosse Verschiedenheit der Temperatur noch vermehrt.
Welche Dimensionen die sphäroidale Lufthülle besitze, d. h. wie
hoch die Atmosphäre über einem jeden Punkte der Erdoberfläche sei,
ist ungeachtet vielfältiger Bemühungen noch nicht ausgemittelt. La-
place hat bemerkt, dass die Luft sich jedenfalls nicht weiter als bis
zu der Grenze erstrecken könne, wo die Centrifugalkraft der Luftpar-
tikelchen ihrer Schwere gleich sei. Allein eine Höhe von mehr als
drei Erdhalb messem, wie sie sich aus jenem Satze ergeben würde, hat
die Atmosphäre sicher nicht. Auch sieht man ein, dass die Gleichheit
vielmehr zwischen der Schwere der Lufttheilchen einerseits und der
Summe aus der Centrifugalkraft und der Abstossung der Theilchen an-
dererseits bestehen müsse. Nun hat man aber über die Grösse der
Expansivkraft der Luft in grossen Höhen darum kein Urtheil, weil
diese von der Temperatur abhängig, das Gesetz der Temperaturab-
nahme in der Höhe aber noch unbekannt ist. Je nachdem man in
dieser Beziehung die eine oder die andere Hypothese zu Grande legte,
hat man die Höhe der Atmosphäre Über dem Aequator zu 7 oder za
27 geographischen Meilen gefunden. Endlich ist aus der Beobachtung
der Zeit, zu welcher an einem heiteren Abend die Grenze der Dämme-
rung das Zenith erreicht, und aus dem Sonnenstande zu dieser Zeit,
unter Zugrundelegung des Reflexionsgesetzes, die Höhe der Atmosphäre
zu 9,5 bis 10 geogr. Meilen bestimmt worden. Freilich ist diese Be-
rechnung auf die unbewiesene Annahme gegründet, dass das Licht von
der ohnehin nicht scharf bestimmbaren Dämmerungsgrenze nach nur
einmaliger Reflexion zu dem Beobachter gelange.
Die mannigfachen Erscheinungen, in welchen die Wirkung des
atmosphärischen Druckes sich ausspricht, sollen hier nicht aofge-
zählt werden. In dem Saugrohr einet Pumpe, in welchem ein luft-
dicht schliessender Kolben aufwärts gezogen wird, folgt das Wasser, durch
den auf den äusseren Wasserspiegel wirkenden Luftdruck gehoben, dem
Kolben bis zu einer Höhe von etwa 82 Pariser Fnss oder 10 Metern,
und es kann mithin eine Wassersäule von dieser Höhe als ein Bfaass
des atmosphärischen Druckes angesehen werden. Bequemer zu diesem
Zwecke ist das 13,6mal schwerere Quecksilber, da nach hjdrostati-
Atmosphäre. 415
sehen Gesetzen eine 13,6nial kürzere Säule dieser Flüssigkeit dem
Laftdracke das Gleichgewicht hält. Das Barometer, welches von To-
ricelii ersonnen und von dessen Schüler Viviani im Jahr 1643 zu-
erst amg^ef übrt wurde , ist jetzt das allgemein angewendete Instrument
zur Messung des Luftdruckes. Der mittlere Barometerstand am Spie-
gel d^s Meeres ist zwar wegen mannigfacher NebeneinflÜdse nicht in
allen Breiten gleich ; man hat aber den mittleren Stand unter dem 45^
nördi. Breite, nämlich eine Säule von 760""* Höhe, im Allgemeinen als
das Normalmaass des Luftdruckes an der Meeresfläche angenommen.
Hiemach lastet, vermöge des atmosphärischen Druckes, auf der Grund-
taehe eines Quadratcentimeters ein Gewicht von 1033,8 Grammen, auf
der Omncifläche eines Quadratdecimeters also ein Gewicht von 103,33
Kilograni men .
E^ kann hiernach auf den ersten Blick allerdings auffallen , dass
der menschliche Körper bei einer Oberfläche von ungefähr 150 Qna-
dratdecimetern einen atmosphärischen Druck von 15500 Kilogrammen
m tragen hat und es hat dieser Umstand in der That Veranlassung ge-
gegeben, den Luftdruck ganz zu läugnen. Es ist indessen unzweifelhaft,
dass unsere ganze Organisation so beschaffen ist, dass sie diesen Luft-
dmek nicht nur erträgt, sondern dass sie bei einem merklich geringe-
ren Drack gar nicht bestehen kann. Nach W. und £. Weber^s Er*
fiihningen werden die Köpfe der oberen Bein- und Armgelenke nur
dnrch den Luftdruck in ihren Pfannen erhalten; der Muskeldmck,
welcher das Blut im Gef ässsystem umtreibt, würde es an Stellen, welche
nicht mit dicker Haut bedeckt sind, nach Aussen pressen ohne den ent-
gegenwirkenden atmosphärischen Druck. Beim Ansteigen zu grossen
H&hen, im Luf^baUon oder in hohen Gebirgen, stellt sich Missbehagen
ein und das Blut tritt aus den Lippen, dem Zahnfleisch und an den Au-
gon ana.
Eb war eine schöne Bestätigung der Toricelli' sehen Lehre von
den Luftdruck, als Perrier im Jahre 1648 auf Anrathen Pascal's
durch eine Besteigung des Puy-de-Ddme bewies, dass die Höhe der
Queeksübersänle im Barometer, welche dem Luftdrücke das Gleichge-
vieht hält, mit zunehmender Erhebung über das Niveau des Meeres ab-
nimmt. Ana dem Mariotte'schen Gesetze (vergl. Iste Aufl. Bd.V, S. 137),
nach welchem die Dichte der Luft sich direct verhält wie der auf ihr
lastende Druck, folgt, dass bei Zunahme der Höhe in arithmetischer Pro-
gression die Dichte der Luft in geometrischer Progression abnehmen
nnas. Die Höhenunterschiede zweier Funkte in denselben Verticalen
worden sich hiemach verhalten wie die Unterschiede der Logarithmen
der an beiden Punkten beobachteten Barometerstände. Wäre die Tem-
pcrator der Luftsäule zwischen beiden Punkten durchgängig gleich
O^C, so hatte man den Unterschied der Briggs 'sehen Logarithmen
der anf O^C. reducirten Barometerstände (vergl. den Art. Barome-
ter) an beiden Stationen mit der Zahl 18382 zu vervielfachen, um den
gesDchten Höhenunterschied in Metern ausgedrückt zu erhalten. Durch
die niedrigere Temperatur der höher gelegenen Luftschichten wird de-
ren Dichte vermehrt; man kann sich indessen doch des angegebenen
Reefanangsverfahrens bedienen und muss nur den gefundenen Höhen-
antersehied um so viel vermehren oder vermindern, als eine Luftsäule
von dieser Lfinge sich dnrch Erwärmen oder Abkühlen von der Tem-
peratur O^C« anf die zur Zeit der Beobaehtung wirklich herrschende
416 Atmosphäre. ,
mittlere Temperatur der Luft zwischen beiden Beobachton^satationei i
verlängern oder verkürzen würde. Da man diese mittlere Temperata:
nicht wohl ausmitteln kann, so bedient man sich als Naherongswerthi !
des Mittels zwischen den Lufttemperataren an den beiden Beobach
tungsstationen.
2. Die Temperatur der Atmosphäre. Der statische G-leicb
gewichtszustand, wie er bis jetzt vorausgesetzt wurde, existirt in den
Lufthülle unseres Erdkörpers zu keiner Zeit. Die mannigfaltigen Sto
rungen des Gleichgewichtes, welche durch die Einwirkung der Son
nenstrahlen in erster Linie, und durch ihren ungleichen Effect, je nach
dem sie auf die surren oder die flüssigen Theile der Erdoberfläch«
treffen, in zweiter Linie hervorgerufen werden, sind zum Theil constaH'
ter, zum anderen Theil periodisch ab- und zunehmender und zum letztei
Theile so unregelmässiger Natur, dass eine Gesetzmässigkeit darii
noch nicht hat nachgewiesen werden können.
Die Sonnenstrahlen üben ihren erwärmenden Einfluss auf die At-
mosphäre in dreifach verschiedener Weise aus. Ehe sie zur Erdober-
fläche selbst gelangen können, müssen sie die Atmosphäre durchdringen
sie gehen durch die höheren, so äusserst dünnen und durchsichtigen
Schichten ohne merklich absorbirt zu werden, also auch ohne merkli*
eben er wärmenden Einfluss; dieser tritt aber in den dichteren und wasaer-
dampfreicheren Schichten in der Nähe des Erdbodens stärker hervor,
so dass auch bei heiterem Himmel nur etwa sieben Zehntel der ganzen
auf die Grenze der Atmosphäre treffenden Menge von Wärmestrahlen
zur Erde selbst gelangen, bei nebliger und bewölkter Atmosphäre aber
ein weit geringerer Antheil. Die unter dem Einfluss der auftreflTendan
Strahlen erwärmte Erdoberfläche giebt zunächst Wärme durch Leitung
an die unmittelbar sie bespülende unterste Luftschicht ab, nnd wenn
auch die hier erwärmte Luft sich erhebt, so kann sich dieser £inflnss
doch immer nur in verhältnissmässig sehr geringen Höhen geltend ma-
chen. Diejenige Wärme, welche in strahlender Form von der erwärm-
ten obersten Erdrinde in die Luft zurückgesendet wird, dringt zwar
theilweise in die höchsten Höhen der Atmosphäre und in den leeren
Himmelsraum — es ist dies die Ursache der Abkühlung während der
Nacht und der niedrigen Temperatur der Wintermonate — , allein die
untersten und dichtesten atmosphärischen Schichten halten von diesen
dunkelen Wärmestrahlen einen verhältnissmässig noch grösseren Antheil
zurück, als von den leuchtenden Wärmestrahlen der Sonne. Hierin
allein ist die Ursache zu suchen, dass die Atmosphäre inmitten der
entgegengesetzten Processe der Bestrahlung der Erde durch die Sonne
und der Wiederausstrahlung der Wärme in den Himmelsraum der Erd-
oberfläche eine höhere Temperatur sichert, als diese, der Lufthülle völ-
lig entkleidet, besitzen würde.
Da die Atmosphäre Erwärmung und Abkühlung nur zum kleinen
Theil durch directe Einwirkung der Sonne und directe Ausstrahlung
in den Himmelsraum, zumeist dagegen durch Vermittelung der ober-
sten Schicht der Erde erfährt, so ist der Betrag der regelmässigen
Temperaturschwankungen im Laufe des Tages und des Jahres sowohl,
als die mittlere Temperatur an einem gegebenen Orte, vorzugsweise
von den für die Erdoberfläche gültigen Bestrahlungsgeaetzen und von
der physischen Beschaffenheit der Erdoberfläche an der betreffenden
Atmosphäre. 417
Stelle abhängig. Ohne irgend in speciellere Erörterungen und Be-
eehreibnngen klimatologischer Verhältnisae einzugehen, sollen nur die
Ursachen, welche die Temperaturyerhältniase bestimmen, im Allgemei-
nen angeführt werden.
Die Intensität der Bestrahlung ist dem Sinns des Winkels, unter
welchem die Sonnenstrahlen auf die Erdoberfläche fallen oder, was das
Nämliche sagt, dem Sinus der Sonnenhöhe proportional. Dies ist die
hauptsächlichste Ursache des Temperaturunterschiedes der heissen, der
gemässigten und kalten Zonen. Die Sonnenhöhe selbst und ihr Sinus
schwanken im Laufe des Jahres für Orte unter dem Aequator, femer
in 45^ Breite und endlich am Polarkreise, also unter 66,5<^ Breite, zwi-
aeheu den folgenden Werthen:
Aequator,
'0«Br.
Gemässigte
Zone, 45» Br.
Polarkreis,
66,5« Br.
Aendening in der Son-
nenhöhe am Mittag . .
Aendening im Sinus der
Sonnenhöhe
90» bis 66,5» '
1 bis 0,917
68,5» bis 21,5»
0,930 bis 0,367
47» bis 0»
0,731 bis 0
^Entsprechend den Schwankungen im Sinus der Sonnenhöhe sind
diejenigen der Lufttemperatur im Laufe des Jahres in der heissen Zone
un kleinsten, in der gemässigten Zone grösser und in der kalten Zone
am bedeutendsten. Freilich tragen zu diesem Resultate noch mehrere
andere Ursachen bei, insbesondere die ungleiche Länge des Tages und
die verschiedene Dicke, welche die Sonnenstrahlen in der Atmosphäre
zu durchlaufen haben. Die Schwankungen in der Tageslänge und in
der Tiefe der zur Zeit des Mittagsstand'es der Sonne durchstrahlten At-
mosphärenschicht sind z. B. in den oben erwähnten geographischen
Breiten die folgenden:
Aenderungen der Tages-
l&nge
Dicke der durchstrahlten
Schicht
Aequator,
0»Br.
12»» bis 12»»
10 bis 10,8 Meil.
Gemässigte
Zone, 45» Br.
17,5»» bis 8,5»>
10,75 bis 26,4 M.
Polarkreis,
66»,5 Br.
24 bis
13,6 bis 130 M.
Die Begelmässigkeit, sowohl der Temperaturabnahme im Allger
meinen vom Aequator nach höheren Breiten hin, als der Grösse de-
Temperaturschwankungen in der jährlichen und in der täglichen Pe-
riode, erleidet die beträchtlichsten Modificationen durch die ungleiche
Erhebung der Länder über die Meeresfläche, sowie durch die ganz un-
gleiche Wirkung, welche die aufiallenden Sonnenstrahlen hervorbrin-
gen, je nachdem sie auf entblösstes Erdreich und nackten Fels, oder
auf mit üppiger Vegetation bedecktes Land , oder endlich auf die Flä-
chen der Seen und Meere auftreffen.
RMdvOrterboch der Chemie. 3te Aofl. Bd. 11.
27
418 Atmosphäre.
Isolirte Gebirgsgipfel , - welche hoch in die dünnere und kältere
Luftregion ragen, vermögen nur wenig zu deren intensiverer £^rä^
mnng beizutragen, während massenhafte Hochländer die mittlere Tem-
peratur der sie bespülenden Luftschicht beträchtlich erhöhen. Die
Unterschiede der Tag- und Nachttemperatur müssen in den Hochpla-
teaus (welche zudem aus leicht ersichtlichen Gründen meist wasserarm
sind) wegen der intensiveren Ein- und Ausstrahlung, welche die doB-
nere reinere Luft gestattet, beträchtlicher sein als in den Tiefländern.
lieber weiten inselfreien Meeren, wo nicht regelmässige nach hö-
herer oder niederer Breite gerichtete Meeresströmungen störend ein-
greifen, spricht sich die oben erwähnte Abhängigkeit der Temperatur
von der geographischen Breite, also von der Höhe des Sonnenstandes
am regelmässigsten aus , und die Schwankungen im Laufe des Jahres
und des Tages sind weit geringer, als im Inneren wasserarmer Con-
tinente. Jener Einfluss des Meeres überträgt sich auf die angrenzen-
den Küstenländer, so dass ein allmäliger Uebergang von dem See-
klima durch das Küstenklima nach dem Binnen- oder Conti-
nentalklima stattfindet, wie sich dies z. B. in den folgenden Zahlen
ausspricht, welche den Unterschied zwischen der Mitteltemperatur des
wärmsten und kältesten Monates in Celsius'schen Graden an den nach-
benannten, zwischen dem See- und Binnenklima eine stetige Kette bil-
denden Orten angeben:
Temperaturunterschied des wämuten
und kältesten Monats.
Plymouth 9,7®
Paris 16,8
Frankfurt 19,2
Berlin 21,2
Warschau 23,5
Moskau. 29,3
Kasan . , ' 84,1
Tomsk 35,9
Jakutzk . . - 63,5
Von dem Wasser wird die einstrahlende Sonnenwärmc bis zo
grösseren Tiefen durchgelassen, während Erde und nacktes Gestein
dieselbe in ihren oberflächigen Schichten sofort in fühlbare Wärme nm-
setzen. Das Wasser erfordert etwa 5mal mehr Wärme als die Ge-
steine, um sich um eine gleiche Zahl von Teraperaturgraden zu erwäp
men, und im gleichen Yerhältniss muss das Wasser bei der Abkühlung
mehr Wärme abgeben. Ein beträchtlicher Theil der Wärme, welch«
auf Wasser oder feuchtes, sumpfiges Erdreich einstrahlt, geht, indem
er zur Bildung von Wasserdampf verwendet wird, welcher sich in die
Luft erhebt, in den gebundenen unfühlbaren Zustand über und wird,
wenn bei Wiederabkühlung der Luft der Sättigungszustand erreicht isl
(vergl. den Art Dampf), indem die Wasserdünste sich als Nebel, Re-
gen oder Schnee niederschlagen, wieder frei, d. h. zu solcher Warme,
welche mit dem Thermometer nachweisbar ist und auf das Gefiihl
wirkt. Dies sind die Ursachen, welche die Extreme der Lufttempera-
tur, die im Inneren wasserarmer Länderstriche so fühlbar hervor-
treten, über dem Meere abschwächen. Der häufige Austausch zwischen
den über dem Meere und über den von ihm bespülten Ländern ruhen-
den Luftmassen und der Umstand, dass die von den Wasserflächen auf-
Atmosphäre. 419
gestiegenen Dämpfe er^t über den Ländern sich tropfbar niederschlagen
und ihre gebundene Wärme dort abgeben, bewirkt, dass die Küstenlän-
der in abnehmendem Grade nach dem Inneren des Binnenlandes hin
an der Gleichmässigkeit des Seeklimas participiren.
Die statische Ruhe, in welcher nach den Gesetzen der Schwere
das Meer und die Atmosphäre beharren müssten, würde ohne Einwir-
kung der Sonnenwärme nnr durch die zweimal täglich umlaufende
Flathwelle (erzeugt durch die Gravitation der Wasser- ond Lufttheil-
ehen gegen Sonne und Mond) gestört werden, eine Bewegung, welche
in der Atmosphäre wegen der geringen Dichte der Lufl unmerklich
rerlanfen würde. Ungleich bemerkbarer und mächtig in ihren Wirkun-
gen auf das Klima sind die Strömungen im Meere und in der Atmo-
sphäre, welche dem localen Uebergewicht der Erwärmung durch die
Sonne ihre Entstehung verdanken. Die in der tropischen Zone er-
wärmten Gewässer verbreiten sich vermöge ihres geringeren specifi-
»ehen Gewichtes nach Norden und Süden, um in der Tiefe von kälte *
rem ans höheren Breiten zuströmenden Wasser ersetzt zu werden.
Aber diese Ströme, durch die Gestalt des Meeresbodens nqd der Kü-^
sten mannigfach behindert und abgelenkt, verlaufen nicht nur überein-
ander, sondern haben ihr Bett, namentlich ausserhalb der Wendekreise,
nebeneinander gefunden. Es ist bekannt, wie der aus dem Golf von
Mexico hervordringende und danach benannte Aequatorialstrom der
aber den Küsten von Europa ruhenden Atmosphäre bis nach der Nord-
spitze von Norwegen hin eine höhere Temperatur ertheilt, als sie
ausserdem der geographischen Breite nach besitzen würde, während
eine aus dem nördlichen Eismeer kommende Polarströmung die Ost-
kasten von Nordamerika, eine aus dem südlichen Eismeer hervorkom-
mende mächtige Strömung die Küste von Chili und Peru abkühlt.
Directer wirken natürlich die durch die Sonne in der Atmosphäre
selbst eingeleiteten Strömungen, welche keineswegs aller Orten den
ansteten, wechselvollen Charakter an sich tragen, wie in der nörd-
lichen gemässigten Zone und namentlich über dem europäischen Fest-
laode.
3. Bewegungen in der Atmosphäre. Winde. Mit der
Erwärmung nach Sonnenaufgang beginnt an jedem Orte eine vertical
anfwärts'gerichtete Bewegung der am Boden erwärmten und dadurch aus-
gedehnten Luft, und dieser aufsteigende Luftstrom nimmt an Lebhaftig-
keit bis zur Zeit der grössten Tageshitze zu. Die von ihm in die
Höhe getragene Luft muss durch andere am Boden von allen Seiten
der erwärmten Stelle zuströmende kältere und dichtere Luft ersetzt
werden. Dies ist die allgemeine Entstehungsursache der Winde; aus
ihr erklärt sich, warum in Gebirgsthälern der Luftstrom Morgens nach
der Höhe, Abends nach der Tiefe gerichtet ist; warum an den Kü-
sten Morgens Seewind herrscht, während Abends und Nachts der Wind
vom Lande nach der See hin weht
In umfassenderer Weise macht sich die aus der ungleichen Tem-
peratur der verschiedenen Breitegürtel entspringende Bewegung der
Atmosphäre bemerkbar. Unter dem Aequator, in der sogenannten Re-
gion der Windstillen (Calmen), erhebt sich die Luft in einem stetigen
Strome za grossen Höhen. Die Mitte dieses Gürtels, welche durch die
grosse Regelmäsaigkeit ihrer Witterongsersoheinungen ausgezeichnet
27»
420 Atmosphäre.
ist, fällt nicht genau unter die Linie des Aequators, sondern ist (wegen
der etwas höheren Temperatur, welche die grossere Ländermasse der
nördlichen Erdhälfite ertheUt) etwas nach Norden verschoben. Die b
der Region der Windstillen aufsteigende Luft wird durch andere ersetzt,
welche an der Erdoberfläche von Norden und Süden her zuströmt.
Wegen der geringeren Umdrehungsgeschwindigkeit, welche die aoB
höheren Breiten nach dem Aequator strömenden Luftma^sen mitbrin-
gen, bieten dieselben einen der Umdrehungsbewegung der Erde entge-
gen, also von Ost nach West, gerichteten Widerstand , so dass jene re-
gelmässigen Strömungen, welche den Namen Passate führen, auf der
nördlichen Erdhälfte einen Nordostwind (der Nordostpassat im Mittel
zwischen 9» und 28« nördl. Br.), auf der südlichen Erdhälfle einen
Südostwind (der Südostpassat im Mittel zwischen S^ nÖrdl. Br. and
25^ südl. Br.) darstellen. In höheren Breiten sinkt die in der Region
der Calmen aufgestiegene Luft auf der nördlichen Erdhälfte als süd-
westliche, auf der südlichen Erdhälfle als nordwestliche Strömung he^
ab, und in den gemässigten Zonen suchen sich die oberen und unteren
Passate ihr Bett nebeneinander, in dem sie sich häufig verschieben and
einander verdrängen. Die ganze beschriebene Erscheinung tritt an
regelmässigsten im Atlantischen und Stillen Ocean auf, weil deren Wu-
sermassen sich, von Land nicht unterbrochen, von Pol zu Pol erstreckea
Im Indischen Meere wird die Begelmässigkeit der Erscheinung getrübl
durch den Gegensatz der Erwärmung, welche die nördlich vom Indi-
schen Meere über den asiatischen Ländermassen liegende Atmosphäre
erfährt. Die intensive Erhitzung des Landes während des Sommen
veranlasst eine Durchbrechung der Passate durch die von April bif
September wehenden südwestlichen Monsune, die übrigens in dei
anderen Hälfte des Jahres, durch die stärkere Abkühlung der Ländei
im Verhältniss zUm Meere umgekehrt, als Nordoste in die Ordnung dei
Passate wieder eintreten.
Durch diese nur in den allgemeinsten Zügen angedeuteten Bewfr
gungen des Luftmeeres wird die aus den Gewässern sich erhebend!
Feuchtigkeit weithin über die wasserärmeren Ländergebiete verbreitet
durch den aufsteigenden Luftstrom wird sie in grösseren Höhen em*
porgetragen und somit im Ganzen eine gleichmässigere und raschen
Durchdringung der Luft mit Wasserdunst bewirkt, als durch DifTusioi
allein eintreten würde. Indem der Wasserdunst über den Ländermas
sen theilweise in tropfbarer oder starrer Form niedergeschlagen wird
führt er diesen die wieder freiwerdende Yerdunstungswärme und dami
im Ganzen einen Gewinn an Wärme zu, welcher wesentlich dazu bei
trägt, die Mitteltemperatur der länderreicheren Nordhälfle der Erdi
etwa 2^0. über diejenige der Südhälfte zu erheben. Beide Erdhälftei
verhalten sich in dieser Beziehung wie Dampfkessel und Condensatoi
Die Mitteltemperatur der untersten atmosphärischen Schicht auf de;
ganzen Nordhälfte der Erde beträgt etwa 15,5^0., diejenige auf de:
Südhälfte 13,60 0. und im Mittel auf der ganzen Erde 14,60 0.
4. Die Aenderungen des atmosphärischen Druckea
Die regelmässigen Strömungen im Luflmeere, verbunden mit den durcl
die Oberflächenbeschaffenheit der Erde bedingten Verhältnissen de
Dampfdruckes, sind die Ursache, dass der mittlere atmosphärische Drocl
na der Meeresfläche in verschiedenen Breiten nicht gleich ist, und das
Atmosphäre. 421
an jedem einzelnen Orte gewisse im Laufe des Tages and des Jahres
regelmässig wiederkehrende Schwankungen im Luftdrücke stattfinden.
Auf der nördlichen Erdhälfte hat man die folgenden mittleren
Barometerstände an der Meeresfläche beobachtet:
Nördliche Breite. Barometerstaiid.
00 757,4"»»
10 758,6
20 761,0
30 762,9
40 761,3
50 759,5
60 757,0
65 751,6
70 754,1
75 757,7
Vom Aequator, wo die Luft am meisten aufgelockert ist, wachsen
die Barometerstände bis zum 80. Breitegrad, wo sie ein Maximum er-
reichen, weil hier die sich entgegenwehenden oberen und unteren Passate
grössere Luftmengen anhäufen. Unter dem 45 ^ der Breite ist der
mittlere Druck an der Meeresfläche sehr nahe gleich 760"'"' und diese
Grosse wird daher fast allgemein in physikalischen Betrachtungen als
der Normalluftdruck im Niveau des Meeres angenommen.
Die regelmässigen Schwankungen, welche der Barometerstand im
Laufe des Tages und im Laufe des Jahres erleidet, sind als die Be-
niitante der Aenderungen anzusehen, welche die Spannung der trocke-
nen Luft einerseits und die Spannung der atmosphärischen Feuchtigkeit
andererseits unter dem veränderlichen Einflüsse der Wärme erfahren.
Der Drack der trockenen Luft ist seiner Summe nach eine für die
ganze Erde unveränderliche Grösse, nur die Art seiner localen Ver-
theilnng wechselt. Der Wasserdampf kann aber auch seiner Quantität
nach im Laufe des Jahres oder des Tages wechseln. Während er zu
einer Zeit über der Quecksilbersäule schwimmt und ihren Stand er-
höht, fliesst er zu anderer Zeit unter dem Gefässe des Barometers als
tropfbares Wasser hin.
Fast an allen Orten der Erde steigt das Barometer nach Sonnen-
aufgang unter dem Einfluss der durch die Temperaturzunahme hervor-
gerufenen Verdampfung und erreicht um 10 Uhr etwa . einen höch-
sten Stand; dann sinkt es wieder, weil die Auflockerung der Luft, na-
mentlich im Lineren der Festländer, den Effect der Dampf bildung über-
wiegt; einige Zeit nach der höchsten Tageswärme, im Mittel um 4 Uhr
Nachmittags, nimmt es seinen tiefsten Stand ein; indem es unter dem
Einfluss der sich verdichtenden Luft aufs neue steigt, erreicht das Ba-
rometer zwischen 10 und 11 Uhr Abends ein zweites Maximum, aus
welcbeni es wegen der mit zunehmender Kühle stark sich vermindern-
den Dampfspannung einem zweiten Minimum entgegengeht, welches es
einige 2^it vor Sonnenaufgang erreicht.
Wo inmitten der tropischen Zone der nördliche und südliche Passat sich
begegnen und stauen, in der schmalen Region der Windstillen, verlau-
fen alle Witterungserscheinungen und so auch die täglichen Schwan-
kungen des Barometers so regelmässig, dass sie aus den Beobachtun-
gen eines Tages sich mit Sicherheit erkennen lassen, ja dass das Bä-
•»_ ••
V I f : i , ! I ] f i^
422
rometer als Uhr dienen konnie^ In höheren fireileB , aiUMgrhnlb der
Wendekreise, werden die regelmässigen Oadllatioaen im Luife des Tar
ges (nnd des Jahres) durch die weit bedeoienderen nnregelmässigen
Schwankungen verdeckt, welche dem Barometer vorzugsweise durch
den Wechsel kalter nnd warmer (in Europa z. B. nordS^tlicher nnd
südwestlicher) Winde eingeprägt werden. Diese unregelmässigen
Schwankungen sind die Ursache, dass man bei allen physikalischen und
chemischen Versuchen, bei welchen der Luftdruck nicht ohne Eanflnss
ist, diesen nicht nach der Lage des Ortes, nach Tages- nnd Jahreszeit
voraus bestimmen , sondern jedesmal nur aus einer directen Beobach-
tung finden kann. Die regelmässigen taglichen und jährlichen Schwan-
kungen stellen sich in den anssertropischen Klimaten nur als Mittel-
werthe lange fortgesetzter Beobachtnngsreihen heraus.
Man findet dann« dass auch im Laufe des Jahres an den na^sten,
nämlich an allen denjenigen Orten, welche weder reines Seeklima noch
reines Continentalklima , sondern sogenanntes gemischtes oder Ueber-
gangsklima haben, der Barometerstand zwei grösste und zwei kleinste
Werthe annimmt Die Alaxima fallen aber auf die Zeiten der Tempe-
raturextreme, die ^liniraa in die Zwischenzeiten, während in der täg-
lichen Periode das Umgekehrte stattfand. Die Ursache dieses Unter-
schiedes ist wohl darin gelegen, dass bei dem allmäligen Anwachsen
und Abnehmen der Wärme im Laufe des Jahres die Entwickelang det
Wasserdämpfe volle Zeit hat zu folgen, während zur Zeit der grössten
Tages wärme, auf dem festen Lande wenigstens, der aufsteigende Luft-
strom mehr Dampf in die Höhe reisst, als am Boden sich gleichzeitig
entwickeln kann. Li der heissen Jahreszeit wird daher die Aafiocke-
mng der Luft durch die wachsende Dampfspannung mehr als compen-
sirt und dadurch ein zweites, wenn auch geringeres Maximum des At-
mosphärendruckes herbeigeführt. Dies Maximum wird um so geringer«
je reiner an dem betreffenden Orte das Continentalklima sich aussprichf.
Es giebt Orte (im östlichen Asien), wo es ganz wegfällt und die jähr-
liche Schwankung des Barometers derjenigen des Thermometers gerade
entgegengesetzt verläuft, während an manchen Orten reinen Seeklimas
(Island z. B.) die Erscheinung die umgekehrte ist, d. h. Barometer und
Thermometer parallel gehen, weil hier nicht die grössere oder gerin-
gere Dichte der trockenen Luft, sondern die mit der Temperatar wach-
sende nnd abnehmende Dampfspannung die Schwankung des Baro-
meterstandes vorzugsweise bedingt.
Wie schon angeführt, ist, wenn man einen Barometerstand von
760"" Höhe voraussetzt, der Druck der Atmosphäre.
auf 1 Quadratcentimeter .... 1033,3 Gramm
„ 1 Qnadratdecimeter .... 103,33 Kilogramm
,, 1 Quadratmeter 10383 Kilogramm.
Nimmt man den mittleren Erdhalbmesser zu 3266608,23 Toisen und
die Erde als Kugel an, so berechnet sich ihre Oberfläche zu 9249804,4
geographischen Quadratmeilen, und hieraus findet man (die geographische
Meile = 7420,43 Meter angenommen) das ganze auf der Erdober-
fläche lastende Gewicht der Atmosphäre gleich
5 262 396 000 000 000 000 Kilogramm.
Hierbei ist freilich vorausgesetzt, dass die ganze Barometerhöhe
^on 760"*™ durch den Gegendruck trockener Luft getragen werde.
Atmosphäre. 423
l^mt man aber an, da» im Mittel auf der Erdoberfläche lO""" Dampf-
ftpumong herrsche, so beträgt das Gewicht der trockenen Luft alleis,
welche einem Barometerstande von 750"""* das Gleichgewicht hält,
5 193 154000000 000 000 Eüogramm.
Die atmosphärische Luft ist ein Gemenge, welches in 100 6e-
wichtstheilen
76,84 Gewichtstheile Stickstoffgas
23,10 „ Sauerstoffgas
0,06 „ Kohlensäure
enthalt, und demnach berechnet sich das Gesammtgewicht jedes dieser
Bestandtheile der Atmosphäre, wie folgt:
3990419 Billionen Kilogramm Stickstoffgas
1199619 „ „ Sauerstoffgas
3116 „ „ Kohlensäure
Summa 5193164 Billionen Kilogramm Luft.
Würde die ganze Masse der atmosphärischen Luft, welche sich
nach dem früher Angeführten, wohl bis zu 10 Meilen Höhe erstreckt,
onmitielbar an der Erdoberfläche gewogen, so würde ein grösseres Ge-
wicht als das hier berechnete gefunden werden, weil die Luft der höhe-
ren Regionen, wegen Abnahme der Schwere in Folge der grösseren
Entfernung vom Anziehungsmittel punkte und der grösseren der Schwere
entgegenwirkenden Centrifugalkraft , einen geringeren Druck auf die
Unterlage ausübt, als sie an der Erdoberfläche selbst ausüben würde.
1 Liter trockener atmosphärischer Luft wiegt bei Oo G. und 760"^'"
Drock
1,293187 Gramm,
ein Volumen von V Litern also 1,293187 V Gramm. Bei Erwäf-
raong von 0^ auf i^C vergrössert sich das Volumen der trockenen Luft
im Verhältniss von 273 : 273 -f- (, und im umgekehrten Verhältniss
der Baame stehen die Gewichte , so dass V Liter Luft von t^ C. =
273
1,293187 V • ,,,, , ^ Grm. wiegen. Sind die V Volume bei
Z7o -\- i
einem Barometerstand B, anstatt bei 760'"'' Druck abgemessen, so ist
ihr Gewicht:
273 JB
0=1,293187 F. ^-^^-p.-.
Gesetzt, die F Volume, welche bei t^C. und B Barometerstand ab-
gemessen wurden, seien nicht trockene Luft, sondern ein Gemenge aus
trockener Luft und Wasserdampf, so muss, um das Gewicht dieses
Gemenges ausmitteln zu können, durch eine hygrometrische Bestim-
mung (vergl. den Art Hygrometer) die Spannung des in dem Ge-
menge enthaltenen Wasserdampfes ermittelt werden. Gesetzt, diese
entpreche e Millimeter Quecksilberhöhe, so ist das Gewicht der in
F Volumen enthaltenen trockenen Luft
G' = 1,293187 V . ^^^ . ^ Gramm,
und das Gewicht des in den FVolumen enthaltenen Wasserdampfes (1 Li-
ter Wasserdampf bei OOC. und 760~"* Druck wiegt 0,804478 Gramm):
ö" = 0,804478 F. j^^-p .- Gm.
424 Atmosphäre.
Das Gesammtgewicht O ist aber gleich €h -(- G'\
Die folgende Tabelle giebt das Gewicht von 1 Liter trockener
Luft bei den in der ersten Verticalreihe verzeichneten Temperataren
und den in der ersten Horizontalreihe verzeichneten Barometerständen
in Grammen an :
700»»
720«»
740»»
760»»
780»»
800»»
0»
1,190
1,224
1,258
1,293
1,337
1,861
5
1,169
1,203
1,286
1,270
1,803
1,887
10
1,150
1,183
1,216
1,248
1,280
1,814
15
1,129
1,161
1,198
1,226
1,258
1,290
20
1,110
1,142
1,174
1,205
1,237
1,269
25
1,091
1,122
1,153
1,185
1,217
1,249
80
1,078
1,104
1,136
1,165
1,196
1,227
Wenn bei Bestimmung des Wasserdarapfgehaltes der Luft der
Thaupunkt (vergl. Art Hygrometrie) gleich einer der nach verzeich-
neten Temperaturen gefunden wurde, so geben die Zahlen der zweiten
Horizontalreihe die Spannung des gesättigten Dampfes bei diesen
Temperaturen (vergl. Art. Dampf) in Millimetern Quecksilber, die
Zahlen der dritten Horizontalreihe das Gewicht von 1 Liter Dampf in
Milligrammen ausgedrückt.
Temperatur.
0«
6»
10»
15«
20«
25»
30»
Spannung
Gewicht von 1 Liter. .
mm
4,600
4,876
mm
6,584
6,801
mm
9,165
9,876
mm
12,699
12,761
mm
17,891
17,179
mm
28,550
22,874
nm
31,548
30,116
5. »Verhältniss der Atmosphäre zum Lichte. Die Strah-
len der Sonne und der übrigen Gestirne werden, wenn sie an die
Grenze der Atmosphäre gelangen und nicht gerade senkrecht auf die
Grenzfläche treffen, von ihrem geraden Weg abgelenkt oder gebrochen,
und diese Brechung wiederholt sich fort imd fort, während die Strahlen
in die nach der Erdoberfläche hin immer dichter werdenden atmosphä-
rischen Schichten herabgehen. Das Licht beschreibt somit eine ge-
krümmte Bahn, welche der Erde ihre hohle Seite zukehrt, und ein
Beobachter glaubt das Object, von welchem das Licht ausginge in Rich-
tung der Tangente an die an seinem Auge endigende Bahncurve zu er-
blicken. Alle cölestischen Objecte erscheinen ihm darum hoher als sie
sich wirklich befinden, dem Zenithe genähert. Auch bei terrestrischen
Gegenständen wiederholt sich diese Erscheinung, wenn auch in gerin-
gerem und im Yerhältniss der Horizontalentfernqng sich verminderndem
Maasse, da ja auch das von diesen Gegenständen ausgehende Licht
Luftschichten von ungleicher Dichte durchdringen muss, wenn sich nicht
Gegenstand und Beobachter zufällig in gleichem Niveau befinden.
Bei 00 C. und 760"" Druck ist der Brechungscogfficient der Luft
n = 1,000294; die brechende Kraft (vergl. Art. Licht) «« — 1
= 0,000589, und diese Grösse nimmt proportional der Dichte der Luft
Atmosphäre. 425
zu und 9bj 80 dass man hiernach die brechende Kraft und den Bre-
chnngffCoSfficient n für jede andere Temperatur und jeden anderen
Druck der Luft leicht berechnen kann.
Bei der änsBerst geringen Brechung des Lichtes in der Atmo-
sphäre kann man eine merkliche Farbenzerstreuung nicht erwarten.
Nur bei der Beobachtung von Gestirnen in der Nähe des Horizontes,
deren Strahlen sehr schief auftreffen , erkennt man ein kurzes Farben-
spectnim, woraus man folgende BrechungscoSfficienten der Luft für
die verschiedenen Farbenstrahlen abgeleitet hat:
Mittleres Roth 1,0002924
Gelb 1,0002944
Blaugrün 1,0002953
Aeusserstes Blau 1,0002965
Von dem Sonnenlichte, welches an der Grenze der Atmosphäre
ankommt, gelangt nur ein Theil zur Erdoberfläche herab, ein anderer
Theil wird an den nach unten immer dichter werdenden Luftschichten
lorückgeworfen oder absorbirt. Zurückwerfung und Absorption stei-
gern sich namentlich in den der Erdoberfläche zunächst gelegenen
Schichten wegen der Dishomogenität, welche der Wasserdampf die-
sen Schichten ertheilt.
Von den zurückgeworfenen Strahlen gelangen übrigens viele
nach abermaliger oder mehrmals wiederholter Reflexion doch noch zur
Erde, ja selbst ein Theil des auf die Erdoberfläche gefallenen und von
dieser zarückgestrahlten Lichtes wird von der Atmosphäre abermals
zur Erde gesendet. Diese Reflexionen bewirken in ihrer Gesammtheit
die sogenannte Tageshelle, welche Ursache ist, dass der Glanz des rei-
nen anbewölkten Himmels das Licht der Sterne überstrahlt. Wenn
man, im Luftballon aufsteigend, die dichtesten und dampfreichsten at-
mosphäriBchen Schichten unter sich gelassen hat, oder wenn man aus
tiefem Schachte heraufblickend vom Schimmer der Lufthülle nicht ge*
blendet ist, so kann man am Tage die Gestirne am Himmel glänzen sehen.
Nach Clausius^) sind Folgendes die zur Erde gelangenden Licht-
mengen:
Zenith-
abstand der
Sonne-
0«
60
80
Ungeschwäch-
tes Sonnen-
Ucht.
1,000
0,500
0,174
Durch die
Atmosphäre
geschwächtes
Sonnenlicht.
"n —
0,750
0,281
0,033
Ganze Licht-
menge, welche
die Erde von
der Luft em-
pfangt.
0,186
0,138
0,067
Ganze zur
Erde gelan-
gende Licht-
menge.
0,986
0,420
0,100
Danach würden, wenn die Sonne im Zenith steht, von 1000 von
ihr ausgehenden Strahlen 750 ohne Reflexion direct zur £rde gelangen,
femer noch 186 als Tageslicht von der Atmosphäre zur Erde gesendet
werden, so dass nur 64 Strahlen verloren gingen. Bei 10° Höhe der
0 Pogg. Annal. Bd. LXXII, S. 294.
426 Atmosphäre.
Sonne Aber dem Horizont oder 80^ Zenithabstand wäre dieser Ve^
luBt auf 900 Strahlen von 1000 angewachsen. Uebtigens weichen die
Angaben und Berechnungen anderer Physiker, wie z.B. von Boaguei
und von Lambert, ziemlich stark von obigen Resultaten ab.
In welchem Verhältnisse die chemisch wirkenden Strahlen od«
OsciUationen von der Atmosphäre absorbirt werden, and wie ücli
diese Absorption je nach der Reinheit der Atmosphäre verhält, ist noch
nicht ausgemittelt. Daraus, dass die leuchtenden (brechbareren) Wär-
mestrahlen von der Atmosphäre weit vollständiger durchgelassen we^
den als die dunkelen, kann man mit einiger Wahrscheinlichkeit schlies-
sen, dass die chemisch wirkenden Strahlen, ihrer hohen Brechbar
keit wegen, noch vollständiger die Atmosphäre durchdringen. Wie sehi
aber Bewölkung auch dem Fortgange der chemisch wirkenden Strah'
len hinderlich ist, verräth sich durch das Zurückbleiben der Vegetatioi
gemässigter Klimate in bewölkten Sommern , im Gegensatz zu der üp
pigen Entwickelung derselben bei häufigem Sonnenschein. Die che
mische Intensität des Lichtes in gewöhnlichen Zimmern findet mai
meist schon für Darstellung photographischer Bilder zu gering, weldM
besser im Freien oder in Glaspavillons gerathen. Zr.
n. Chemische Beschaffenheit der Atmosphäre.
Bestan dt heile. Die äusserst wichtige Rolle, welche die atino
sphärische Luft bei sehr vielen, ja bei den meisten Vorgängen in de
unorganischen wie in der organischen Natur spielt, war früher freilicl
nicht deutlich erkannt, aber doch geahnt, und darin liegt wohl de
Grund, dass, seit Aristoteles, die Luft, sowie Feuer, Wasser und Erde
den meisten Chemikern und Philosophen bis zur letzten Hälfte des vo
rigen Jahrhunderts als ein Element galt; Viele nahmen überdies si
dass ein Element sich in das andere umwandeln ' lasse , dass z. fi
Wasser in Luft und Luft in Wasser umgewandelt werden könne.
Von Zeit zu Zeit waren auch richtigere Ansichten ausgesprochei
ohne ab\3r weiteren Anklang zu finden. So hatte van Helmont schoi
im Anfang des 17. Jahrhunderts bemerkt, dass ein Licht in einem Loi
haltenden, mit Wasser abgesperrten Gefäss nach einiger Zeit erlischt, das
hierbei das Volumen der Luft sich um etwas vermindert habe, die zu
rückgebliebene Luft aber nicht mehr zur Unterhaltung des VerbreE
nens brauchbar sei. — Majow, ein Engländer (gest. 1679) hatte av
seinen Untersuchungen den Schluss gezogen, dass nicht die ganze Luf
sondern nur ein Thoil derselben zum Athmen und Verbrennen taa|
lieh sei; er nimmt weiter nach seinen Versuchen an, dass der The
der Luft, welcher zum Athmen tauge, auch bei den Verbrennai
gen wirksam sei ; er schliesst sogar weiter , dass dieser Lufttheil, ol
gleich selbst nicht sauer, doch an 'der Bildung von Säuren einen ad
ven Antheil habe, und dass er namentlich in die Zusammensetzuiig d«
Säure des Salpeters eingehe. Man sieht, dass Mayow sehr scha
beobachtet hatte, trotzdem ward auch nach ihm die Luft meistens f(
einen einfachen, oder wenigstens gleichartigen 'Körper gehalten, bis er
in der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch die Arbeiten vc
Priest lej, von Scheele und von Lavoisier eine richtige Erkenntnt
über die chemische Beschaffenheit der Luft begrilndet wurde. Nad
dem Priestley den Sauerstoff entdeckt und erkannt hatte, dass d
Atmosphäre. 427
atmosphariBche Luft ans dieser dephlogistisirten und ans verdorbener
Luft bestehe, sprach Lavoisier (im November 1774) bestimmt die
Ansicht aas, dass die Luft aus zwei yerschiedenen Gasen bestehe, und
dasfl eines derselben nur allein zum Athmen tauglich sei, wie es auch
allein das Verkalken der Metalle bewirke, während das zweite Gas, schon
1742 von Rutherford dargestellt, weder zum Brennen noch zum Ath-
men tauge» Scheele, unabhängig von Priestley und Lavoisier,
sprach in seiner erst 1777 veröffentlichten, aber auf Versuche von 1774
und 1775 gestützten Abhandlung auch entschieden aus, dass die Luft
ans elastischen Flüssigkeiten von zweierlei Art bestehe (Kopp, Ge-
lehichte der Chemie).
Nachdem durch diese Arbeiten endlich eine richtige Ansicht von
der Beschaffenheit der atmosphärischen Luft gegeben war, beschäftig-
ten sich nach Scheele und Priestley viele Chemiker des vorigen und
des jetzigen Jahchunderts mit der Erforschung ihrer chemischen Ver-
haltnisse; aus früherer Zeit sind hier namentlich zu nennen Cavendish,
H. B. Saussure, Volta, de Marty, BerthoUet, Configlia-
ehi, Dalton, H. und E. Davy, Biot, Gay-Lussac, A. v. Hum-
boldt, in späterer und neuester Zeit Th. Saussure, Brunner, Du-
mas und Boussingault, Bunsen, Begnault, Lewy u. A.
Die beiden Luftarten, welche von Lavoisier und Scheele als
Bestandtheile der Atmosphäre unterschieden waren, hatten die erste,
die dephlogistisirte Lebensluft oder Feuer luft, den Namen Sauerstoff,
die zweite, die verdorbene Luft, den Namen Stickstoff erhalten. Die
Gregenwart dieser beiden Gase in der Luft wird nun, nachdem ihre
Eigenschaften bekannt sind, leicht nachgewiesen; jeder verbrennende
Körper zeigt das Vorhandensein des Sauerstoffgases; nehmen wir das-
selbe durch brennende Körper fort, so lange diese noch Sauerstoff auf-
nehmen, und schaffen wir dann die dadurch entstandenen Verbrennungs-
producte fort, so bleibt der Stickstoff, dieser so indifferente [Körper,
zurück.
Ein kleiner Theil des Sauerstoffs ist nun, worauf Schönbein
hauptsächlich aufmerksam machte, in der activen Form als Ozon in
der Atmosphäre vorhanden, seine Gegenwart wird leicht nachgewiesen
durch die Wirkung der atmosphärischen Luft, die, wenn sie Ozon ent-
kalt, auf Jodkalium -Kleister bläuend wirkt; seine Entstehung durch
Umwandlung des gewöhnlichen Sauerstoffs kann wie durch elektrische
Einflüsse, so, nach Schönbein, durch Einwirkung der verwesenden
Körper veranlasst sein.
Die Eigenschaft der Gase, sich leicht in einander zu verbreiten,
bringt es mit sich, dass alle gasförmigen Producte, welche sich auf
unserer Erde bilden, sich dem grossen Gasreservoir unserer Atmo-
sphäre beimengen, so wie auch fluchtige Körper in Berührung mit
der Luft in dieser nothwendig verdampfen; wir müssen daher eine
groise Menge gasförmiger Stoffe in der Atmosphäre finden , wenn sie
nicht durch chemische Einflüsse alsbald wieder abgeschieden wurden.
Ein nie und nirgends fehlender Bestandtheü der Atmosphäre ist
Wasserdampf, dessen Gegenwart begreiflich ist, wenn wir bedenken,
welche grosse Oberfläche unsere Meere und Flüsse der Luft darbieten,
und dass von deren Oberfläche wie aus dem feuchten Boden sich fort-
während Wasserdämpfe der Luft beimengen; so viel auch in flüssiger
oder fester Form als Thau, Regen, Hagel oder Schnee auf die Erde
j|:^:<c Atmosphäre.
«^^^tAlH« imner bilden sich neae Quantitäten Wasserdampf; nie auch
v»^Ai b^ d«r tiefsten Wintertemperatnr und an keinem Orte ist die Luft
»MV\ uur vorübergehend frei von Feachtigkeit, deren Gegenwart wir
KjMi:\^ Wicht schon erkennen, wenn wir kalte Körper in einen wärme-
v^ii R;ftttin bringen, sicherer, wenn wir hygroskopische Körper, gut aus-
iS^in>oknetes Holz, Chlorcalcium, trockenes kohlensaures Kali, gebrann-
K'tt Kalk, Schwefelsäurehydrat u. a. m. in solche Luft bringen; die Yo-
lumenänderung und Gewichtszunahme zeigt die Gegenwart von Was*
serdampf an.
Ein vierter nie in der Luft fehlender BestandtheÜ ist die Kohlen-
säure, ein Körper, der als allgemeines Product der Zersetzung orga-
nischer Körper auftritt, der sich beim Athmen der Menschen und Thiere,
beim Verwesen wie beim Verbrennen organischer Körper, bei der Gah-
rung von Zucker u. s. w. bildet, der überdies auch noch in grosser
Menge im Inneren der Erde entstehend, und für sich oder im Wasser
gelöst ausströmend, der Atmosphäre sich beimengt.
Die Gegenwart der Kohlensäure in der Luft wird leicht durch die
wässerigen Auflösungen von Baryt, Kalk, Strontian und basisch -essig-
saurem Blei erkannt, welche beim Schütteln mit gewöhnlicher Luft
durch Abscheidung von unlöslichem kohlensauren Salz sich trüben; Black
hatte dieses Gas schon als ein beim Athmen sich bildendes Product er-
kannt; der ältere Saussure zeigte, dass es sich überall in der Atmo-
sphäre finde, in der Ebene wie über dem ewigen Schnee des Mont-
blanc.
Ausser den genannten nie fehlenden Bestandtheilen müssen sich
in der Luft begreiflicherweise sonst noch alle die gasförmigen Pro-
ducte finden, welche bei den verschiedenen chemischen Processen auf
der Erde entstehen, sie müssen hier wenigstens vorübergehend vorhan-
den sein, so lange sie nicht durch andere Processe wieder abgeschie-
den sind, selbst wenn es auch nur schwierig gelingt, diese Körper wegen
zu kleiner Menge direct nachzuweisen, oder nur bei Untersuchung sehr
grosser Luftmassen, oder dort, wo sie sich vielleicht in grösseren Mas-
sen gesammelt hatten.
So finden wir in der Luft Ammoniak, oder vielmehr Ammonium-
verbindungen, kohlensaures und salpetersaures Ammoniak, Schwefel-
ammonium, Producte, die beim Faulen thierischer Stoffe sich in reichli-
cher Menge bilden, die aber wegen ihrer Löslichkeit in Wasser sich nie in
grösserer Menge in der Luft sammeln können ; setzen wir Schwefelsäure,
Salzsäure u. dergl. enthaltende Gefässe, die nicht fest verschlossen sind,
der Luft aus, oder bringen wir die Säuren in offenen Schalen an die
Luft, so zeigen sich häufig bald Krystalle von Ammoniaksalz, and die
Untersuchung der Säure zeigt einen Gehalt an Ammoniak an. Salpe-
tersäure finden wir hauptsächlich auch wohl als Product elektrischer
Einflüsse, namentlich nach Gewittern.
Unsere Feuerungen erzeugen neben Kohlensäure nicht selten in
vorwaltender Menge Kohlenoxyd, neben geringen Mengen Koh-
lenwasserstoff, welcher letztere auch weiter aus anderen Quellen,
aus Sümpfen, aus Bergwerken u. s. w. herstammt; doch finden wir
diese Körper nur in äusserst geringer Menge in der Atmosphäre; wird
Luft, welche frei ist von Kohlensäure und Wasser, über glühendes
Kupferoxyd geleitet, so wird durch Verbrennung von oxydirbaren Koh-
' nstoffVerbindungen Kohlensäure und Wasser gebildet.
Atmosphäre. 429
Nach Chatin's^) Angaben, der die Luft in yerschiedenen Ge-
genden Frankreichs, der Schweiz, Norditaliens, Deutschlands, Hollands
a. 8. w. untersucht haben will, enthält die Luft wirklich immer, aber
jedenfalls nur äusserst geringe Mengen Jod; nach ihm wechselt die
Menge desselben , so dass sie in einigen Gegenden nicht mehr wohl
nachweisbar, oder jedenfalls ungleich geringer als in anderen Gegen-
den ist; der Mangel von Jod in Luft und Wasser soll, nach Chat in 's
freilich noch unerwiesener Angabe, das endemische Vorkommen der
Kröpfe und des Cretinismus in solchen Gegenden bedingen, während
b jodreicherer Atmosphäre sich diese Krankheiten nicht zeigen. Van
Ankam') hat die Angabe über das Vorhandensein von Jod in der
Luft bestätigt, während Luca'), der 11000 Liter Luft durch EaHIÖ-
diDg leitete, und Lohmejer^), der 4000 Liter ebenso behandelte,
kern Jod nachweisen konnten; Chat in behauptet, dass die Schuld an
der mangelhaften Untersuchung liege, er giebt aber nicht die von ihm
befolgte Untersuchungsmethode an; Luca und Lohmeyer glauben ih-
rerseits, dass die Anwendung jodhaltender Reagentien die Behauptung,
da«g Jod in der Luft vorhanden sei, veranlasst habe. Danach ist die
Gegenwart von Jod, wenn auch nicht unwahrscheinlich, doch noch
nicht unzweifelhaft nachgewiesen.
Salzsäure, zum Theil wohl als Kochsalz ist in der Nähe des
Meeres wie von Salinen leicht nachzuweisen; Lamjpadius konnte
m Freiberg bei starkem Westwind im Begenwasser Chlorcalcium
nachweisen; in Giessen zeigte bei jeder Untersuchung das Begen-
wasser (in 77 Begenf allen) einen Gehalt an Kochsalz.
Ausserdem gehen überhaupt alle gasförmigen Producte wenigstens
Torübergehend in die Atmosphäre über, wie z. B. die riechenden Sub-
stanzen der Blumen, der faulenden organischen Stoffe u. a.; entwickeln
sich eigenthümliche Stoffe in einzelnen Localitäten in grösserer Menge,
so können sie wohl selbst nachgewiesen werden ; sind solche Körper in
Wasser löslich, so gelingt es meistens am leichtesten ihre Gegenwart
ün Begenwasser nachzuweisen, besonders in dem nach längerem trocke-
Den Wetter zuerst fallenden Begen; so finden wir im Begenwasser
Ämmoniaksalze; Chat in fand in 41 Liter Thau deutliche Spuren von
Jod; Boussingault so wie Bineau fanden Ammoniak, so wie Sal-
pHersäure; Barral fand Stickstoff haltende organische Substanz,
schwefelsauren Kalk , Chlomatrium und Eisenoxyd im Begenwasser.
In Gegenden, wo grössere Mengen Kiese geröstet, oder wo grosse
Quantitäten Steinkohlen verbrannt werden, wie dies besonders in den
grossen Fabrikstädten Englands der Fall ist, finden sich merkbare
Mengen schwefliger Säure in der Atmosphäre, die hier bald in
Schwefelsäure übergeht; Smith^) fand in 1 Liter Begenwasser in
Manchester gegen 100 Milligrm. freier Schwefelsäure.
') Compt. rcnd. de l acad. T. XXXII, p. 669, T. XXXVIIl, p. 83 , T. XXXIX,
P 1088; Annal. d. Chem. n Pharm. Bd. LXXX, S. 229; Journ. f. prakt. Chem.
Bd. LXI, S 861; Pharm. Centralbl. 1864, S. 136; Jahreabcr. v. Liebig n. Kopp
^W4, 8. 309. — ■) Journ. f. prakt. Chem. Bd. LXIÜ, S..267; Pharm. Centralbl.
1SS5, S. 81; Jahresber. v. Liebig u. Kopp 1854, S. 809. — ^ Journ. de pharm.
WT. XXVI, p. 260; Jahresber. v. Lieb ig u. Kopp 1864, S. 809. — *) Nach-
richt, d. GeaelUch. d. Wiaa. Göttingen 1863, S. 131; Pharm. Centralbl. 1868, 8.441.
-- ^ Civil-eDsineer and architect's Journ. Aug. 1861; Pharm. Centralbl. 1852,
8. 591.
430 Atmosphäre.
Ausser diesen gasförmigen Körpern finden wir auch starre Kör-
per in feinster Vertheilnng in der Luft, organische ond unorganischt
Substanzen, die an und für sich schwerer als Luft in Folge der äussert
feinen Vertheilnng darin schwimmen (wie Gold auch auf Wasser
schwimmen kann), und deren Gegenwart im Sonnenstrahl wie ännk
den sich absetzenden Staub sich hinreichend bemerkbar inacHt. Neben
anderen festen Körpern müssen auch die äusserst feinen ^Saroen toi
vielen Pflanzen und Thieren sich durch die Luft verbreiten; finden
solche Samen auf Pflanzen- oder Thierstoffen einen geeigneten Boden«, so
erfolgt ihre Ausbildung und Verbreitung oft mit wunderbarer Schnellig-
keit, während sie andererseits lange Zeit, ohne ihre Keimfähigkeit za
verlieren, unentwickelt bleiben können, wenn die dazu nöthigen Bedin-
gungen fehlen. Nur so können wir uns manche Erscheinungen erkla-
ren, wenn wir z. B. oft in wenigen Stunden eine grosse Menge Schimmel-
pilze sich entwickeln sehen. Ob bei der parasitischen Schimmelbildung,
die oft auf grossen Strecken lebende wie abgestorbene Pflanzen schnell
überzieht (Brand auf Getreide, Krankheit der Trauben, der Kartoffeln;
Schimmelbildung auf Brot u. s. w.), auch die Sporen auf weitere Ent-
fernung durch die Luft verbreitet werden, ist noch nicht erwiesen.
Dass die Luft organische Substanzen enthält, zeigt sich unzweifel-
haft beim Schütteln derselben mit Silberlösung unter Einwirkung von
Licht, wobei sich die Flüssigkeit zuerst röthet, dann Silber abscheidet
Eben so verhält sich reines festes oder gelöstes salpetersaures Silber-
oxyd, wenn man es in Berührung mit Luft dem Lichte aassetzt, es
wird Silber reducirt. Auch Goldlösung zeigt in ähnlicher Weise die
Gegenwart organischer Substanzen in der Luft an.
Es ist wahrscheinlich, dass bei manchen epidemischen Krankheiten
die Ansteckungsstoffe (Miasmen und Contagien) sich durch die Luft
verbreiten; ob die Körper nun wirklich im gasförmigen Zustande in
der Luft enthalten sind, oder ob sie sich nur in höchst fein vertheiltem Zu-
stande darin finden, lässt sich nicht entscheiden, da diese Körper seibat
noch nicht aufgefunden worden sind, wie freilich zuweilen z. B. bei
Choleraepidemien behauptet worden ist.
Die tägliche Erfahrung lehrt, dass viele organische Substanzen,
Fleisch u. dergl. , wie auch Zucker und andere einfachere chemische
Verbindungen in Berührung mit Luft schnell in Selbstzersetzung über-
gehen oder unter Schimmelbildung sich verändern, während bei Ab-
schluss der Luft diese Zersetzung nicht, oder nicht so leicht eintritt,
wogegen aber die einmal angefangene Zersetzung auch bei Abschlnss
der Luft ihren Verlauf nimmt. Der Anstoss zur Zersetzung dieser or-
ganischen Stoffe geht hier unbestreitbar von der Luft aus, aber wie Ver-
suche gezeigt haben, häufig weder von dem Sauerstoff noch von dem
Stickstoff, sondern nur von den in der Luft feinvertheilten organischen
oder organisirten Stoffen oder Keimen, nicht von eigentlich gasförmigen
Substanzen ; denn wenn man zersetzbare Substanzen wie Fleisch, Zucker
u. s. w. in Gefässe bringt, welche mit Luft gefüllt sind, die zuerst
durch glühende Röhren oder durch concentrirte Schwefelsäure geleitet
wurde, so tritt hier nun in solcher Luft, bei Abhaltung der gewöhnlichen
Luft, die Zersetzung nicht ein (Schwann i), Uelmholz^). Selbst in
») Pogg. Annal. Bd. XLI, S. 184. — •) Journ. f. prakt. Cham. Bd. XXXI.
S. 489.
Atmosphäre. 431
Lnfl, die nur durch ein längeres Rohr mit Baumwolle filtrirt wird, hält
frisch abgekochtes Fleisch, wie Fleischbrühe und süsse MalzwÜrze sich
Wochen lang unverändert, während Milch auch in solcher Luft gerinnt
(Schröder und Dusch ^). Die Hitze wie die Schwefelsäure bewirken
in der Luft keine andere Veränderung, als dass sie die organischen
Substanzen zerstören , und die Baumwolle hält nur die fein vertheilten
Stoffe znrück; von diesen zerstörbaren oder durch Baumwolle zurück-
gehaltenen Stoffen muss also die Zersetzung der Körper ausgehen.
Quantitative Zusammensetzung. Nachdem durch Priest-
ley's, Scheele's und Lavoisier's Arbeiten aufs klarste bewiesen
war, dass die Atmosphäre aus verschiedenen Gasarten bestehe, und dass
eine derselben eine thätige Bolle beim Athmen wie bei allen Verbrennungs-
processen spiele, dass dieses Gas fortwährend durch solche Processe der
atmosphärischen Luft entzogen, und ihr dafür oft andere Bestandtheüe
zugeführt würden, so musste sich die Ansicht bilden, dass sehr wahr-
scheinlich die Lullt zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Or-
ten in ihrer Zusammensetzung differire, un^ man konnte daher wohl die
Vermathung hegen, dass mit der Zu- oder Abnahme der Lebensluft die
Luft der Gesundheit mehr oder weniger zuträglich sei. Man stellte
daher Versuche an, um zunächst die Quantität des Sauerstoffs in der
Luft za ermitteln, und nannte diese Untersuchungsmethode Eudiome-
trie (ans €vdu>g^ schön, gut, svdla^ heitere Luft, und ^btqbIv^ messen),
ein Name, der nachher überhaupt auf die volumetrischen Untersuchungs-
methoden für Gase ausgedehnt wurde; die zum Abmessen der Gase
dienenden eingetheilten Glasröhren wurden als Eudiometer, Luft-
gütemessef, bezeichnet; die Substanzen, welche hierbei zunächst dien-
ten, dnrch Absorbtion die Menge des Sauerstoffs zu bestimmen, hiessen
eadiometrische Mittel. Nachdem man sich darauf beschränkt hatte,
zuerst hauptsächlich die Sauerstoffmenge und daneben den Stickstoff^-
gehalt der Luft zu bestimmen, hat man dann weiter sich bemüht, auch
die Quantität von Kohlensäure und Wasserdampf zu ermitteln, und
in neuester Zeit hat man auch versucht, die in der Atmosphäre enthal-
tenen Quantitäten von O^on, Ammoniak, Jod und Kohlenwasserstoff zu
bestimmen.
Sauerstoff. Die Quantität des Sauerstoffs in der Atmosphäre
kann nun wesentlich nach zwei verschiedenen Verfahrungsarten be-
stimmt werden, entweder nach dem Volumen oder nach dem Ge-
wicht.
Das ältere eudiometrische Verfahren (s. Bd. I, S. 980 u. folgd.) besteht
darin, dass man ein abgemessenes Volumen Luft in einer eingetheilten mit
Quecksilber oder Wasser abgesperrten Glasrohre mit einer den Sauerstoff
absorbirenden Substanz zusammenbringt, durch welche eine dem Sauer-
stoffgehalte entsprechende Volumenveränderung eintritt Als solche eudio-
metrische Substanz brauchten Priestley und Fontana Stickoxjd-
gas, das aber bald als ungeeignet erkannt wurde ; Scheele nahm eine
eoncentrirte kalt bereitete Lösung von Schwefelleber; BerthoUet
absorbirte den Sauerstoff durch Phosphor bei gewöhnlicher Temperatur ;
Achard dagegen erhitzte den Phosphor sogleich bis zum lebhaften
Verbrennen; H. Davy nahm eine Lösung von Stickoxjdgas in Eisen-
^ Jianal d. Gh«m. u. Pharm. Bd. T.XXXTX, S. 282.
432 Atmosphäre.
vitriollöBung ; Gaj-Lassac wandte Knpferblech an, das mit Salzsäare
oder Schwefelsäare befeuchtet war; Lassaigne befeuchtet Knpferdrelh
spähne mit Ammoniak; nach Th. Saussure ^) wird die Luft mit Blei-
schrot (80 bis 100 Stück auf 1 Grro. gehend) oder mit Bleidrehspähneo
und etwas Wasser geschüttelt; Dupasquier bringt zuerst Eisenvitriol
und dann eine concentrirte Kalilauge in die Luft; Liebig ^) wendet
pyrogallussaures Kali an; Schönbein ^) hat in letzter Zeit gezeigt, dass
das durch Beduction aus dem Oxyd mittelst Wasserstoff erhaltene pulve-
rige Kupfer, mit Ammoniak befeuchtet, den Sauerstoff rasch aufnimmt
Alle die genannten Substanzen absorbiren den Sauerstoff schon direct
und bei gewöhnlicher Temperatur; sie sind, mit Ausnahme des Stick-
oxyds, nicht merkbar flüchtig, und die bei ihrer Oxydation sich bildeih
den Oxyde sind fest, meistens in Wasser löslich; das Volumen de«
Sauerstoffs ergiebt sich daher direct durch die Volumenveränderung ii
Folge der Absorption.
Anders ist es bei dem Wasserstoff, welches Volta zuerst im Eudio
roeter anwandte, und dessen Verbindung mit dem Sauerstoff er durcl
den elektrischen Funken veraiklasste ; Döbereiner bewirkte statt dessei
die Vereinigung desselben mit dem Sauerstoff durch Platinschwamm
am besten wendet man ein Gemenge von Platinschwamm mit Thoi
an, welches, ohne glühend zu werden, und daher ohne VerpnffVtng, di<
Vereinigung von Wasserstoff und Sauerstoff bewirkt Man erhält eil
solches Gemenge, indem man aus 1 Thl. Platinsalmiak mit etwa 2,5 Thlo
Thon und etwas Wasser oder Schleim kleine Kügelchen formt, un<
diese ausglüht bis zur vollständigen Zersetzung und Verflüchtigung de
Salmiaks. In einem wie in dem anderen Fall verbinden sich zwei Maas
Wasserstoff mit ein Maass Sauerstoff, so dass also der letztere nur '/
des verschwundenen Gasvolumens ist.
Von allen den angegebenen eudiometrischen Mitteln kommen nn
noch das Wasserstoffgas, der Phosphor und die Pyrogallussäure in An
Wendung ; diese Mittel verdienen vor den anderen den Vorzug sowoh
in Bezug auf Anwendbarkeit wie auf Genauigkeit der Resultate.
Die zuerst mit den verschiedenen eudiometrischen Mitteln erhaltene;
Bestimmungen von Sauerstoff geben sehr differirende Resultate ; Font an
u. A. hatten miteist Stickoxyd an 18 bis 25 Vol. Sauerstoff in 100 Vol
Luft gefunden ; Scheele fand mittelst Schwefelkalium, später mit eines
Gemenge von Eisen, Schwefel und etwas Wasser, 25 bis 33 Vol. Sauei
Stoff; Lavoisier giebt den Gehalt zu 20 bis 25 Proc. an. Man könnt
danach wohl annehmen, dass der Sauerstoffgehalt der Luft an verschic
denen Orten und zu verschiedenen Zeiten bedeutend schwanken könne
Bei weiteren Untersuchungen zeigte sich jedoch bald nicht bloss ei
geringeres Schwanken an denselben Orten, sondern auch grössere Uebei
einstimmung in den Resultaten verschiedener Chemiker, so fand D
Marty in Catalonien 21 bis 22 Vol.; Dal ton fand in einzelnen Theile
Englands 20,7 bis 20,8, als Maximum 21,1 VoL, in einigen Berge
Englands und der Schweiz von 20,8 bis 19,8 Vol. Sauerstoff. Gaj-Lua
sac und A. ▼. Humboldt^) hatten schon 1804 in der Luft, welche i
0 Pogg. Annal. Bd. XXXVIII, S. 17. — •) Annal. d. Chem. u. Phatm. B<
LXXXVII, 8. 107; Pharm. Centralbl. 1851, S. 860; Chem. Ga». 1861, p. 52
Compt. rend. T. XXXII, p. 64. — ") Dingler'p Polyt. Journ. Bd. CXXJU. S. 7i
— *) Gilberts Annal. Bd. XX, S. 88.
Atmosphäre. 433
Pari« mitten auf der Seine gesammelt war, von 21,1 bis 20,9, im Mit-
tel 21,0 Vol. Sauerstoff gefunden; übereinstimmend fand H. Davy i)
in England 20,8 bis 21,1; Thomson in Glasgow 21,0; Eupffer zu
Kasan 21,1 Vol. Sauerstoff. Diese Untersuchungen betrafen zunächst
Luft aus geringerer Höbe; aber auch die Untersuchung yon Lull aus
höheren Luftschichten gab fast genau gleiche Resultate. Configli-
achi^) fand auf yerschiedenen Schweizer Bergen von 6000 bis 8000
Pariser Fuss Höhe 21 Volum; Gay-Lussac') fand in der 21430 Fnss
Sber der Erdoberfläche bei seiner Luftfahrt gesammelten Luft 21,5 Vol.
Sauerstoff, wie in der Luft in Paris; ähnliche Resultate hatten Biotund
Berg er mit der Luft von yerschiedenen Bergen der Schweiz erhalten,
Humboldt mit der Luft yom Antisana (16640 Fuss hoch). Bous-
singaalt^) fand in den Anden in yerschiedenen Höhen 20,7 bis 20,8
Vol. Sauerstoff.
Die bis dahin angewandten Methoden und Apparate zeigten aber
noch immer Schwankungen yon etwa 0,5 Proc. dem Volumen nach.
Zum Theil lag dies darin, dass Druck und Temperatur der Gase, und
namentlich der Gehalt an Feuchtigkeit nicht gehörig berücksichtigt
ward. Indem man diese Umstände genauer berücksichtigte, und indem
man kohlensäurefreie und besonders entweder ganz trockene oder mit
Waaserdampf bei der Versnchstemperatur y ollständig gesättigte Luft,
deren Volumen im trockenen Znstande dann durch Rechnung leicht
gefunden werden kann, angewandt hat, haben sich yiel genauere Resul-
tate ergeben. Bunsen, Regnault und Frankland haben eudio-
xnetrische Apparate construirt, welche unter Beachtung der nöthigen
Yorsichtsmanssregeln es möglich machen, den Sauerstoffgehalt der Luft
bis auf 0,0003 bis 0,0004 genau zu bestimmen (s. Analyse, yoluroe-
trische für Gase Bd. I, S. 930 u. folgd.).
Mittelst solchen genaueren Verfahrens sind dann in den letzten
Jahrzehnten ungleich weniger differirende Resultate erhalten.
Th. deSaussnre^) erhielt bei Untersuchung der Luft auf dem
Genfer See, wie auf einer Wiese zu Chambeisy etwa eine Lieue yon
Genf in vierzehn Versuchen, 'indem er den Sauerstoff durch metalli-
sches Blei absorbirte, zwischen 20,98 und 21,15, im Mittel aller Ver-
suche 21, Od Sauerstoff. Als besonders genau dürfen die neueren yolu-
metrischen Bestimmungen des Sauerstoffs der Luft yon Bunsen, yon
Eegnaalt, letztere zum Theil gemeinschaftlich mit Reiset, und yon
Lewy bezeichnet werden.
Bansen fand an zehn yerschiedenen Tagen im Mittel aus je zwei,
um höchstens ^/loo Proc. differirenden Versuchen 20,85 bis 20,96, im
IGttel aod allen Versuchen 20,93 Vol. Sauerstoff.
Bei Untersuchungen, welche zum Theil in Gemeinschaft mit Rei-
set ausgeführt waren, hatte Regnault^) in der Luft zu Paris im
Deeember 1847: 20,96 bis 21,0 Vol., im Januar 1848 bei 38 Versu-
^) Gilberts Annal. Bd. XIX, S. 894. — *) Schweigger, Bd. I, S. 144
- •) Gilbert'» Annal. Bd. XIX, S. 412, Bd. XX, S. 38, Bd. XXVI, S. 101;
J«mi. de phy«. T, XVI, p. 878; Voyage A. v. Humboldt, T. I. p. 811. —
•} AanaL de chim. et phys. [8.] T. I, p. 860. — *) Pogg. Annal. Bd. XXXVIII,
S.171. — «) Gompt. rend. T. XXVI, p. 11, 16G, 288, T. XXXIV, p. 868; Annal.
^chim. et phy». [3.] T. XXXVI, p. 386; Annal. d. Cham. u. Pharm. Bd. LXVIII,
1 Ml, Bd. LXXXrV, S. 207; Pharm. Centralbl. 1848, S. 2BB, 1858, S. 49 u.
'1; Jahrcsbcr. v. Liebig n. Kopp 1847, S. 890, 1862, S. 854.
HudwörUrtmch der Chemie. 2te Aofl. Bd. II. 28
434 Atmosphäre.
eben nur zwisclieii 20,90 und 20,97 Vol. Sauerstoff erhalten , in Ver-
sailles wurde auch zwischen 20,90 bis 20,97 Sauerstoff gefunden.
Um noch weiteren Aufschluss über den Sauerstoffgehalt der Luft
in verschiedenen Gegenden der Erde zu erhalten, hat Regnault Luft
aus verschiedenen Gegenden analysirt, die in zugescbmolzenen Bohren
aufbewahrt war, indem so eine Veränderung in der Zusammensetzung
auch nach dem längeren Transport nicht möglich war, während Kitte,
namentlich solche, die Wachs, Harz, Kautschuk u. s. w. enthalten, enU
weder nicht absolut dicht sind, oder Sauerstoff aufnehmen, und dadurch
die Zusammensetzung der Luft verändern. In Paris wurden wieder bei
einer grösseren Reihe von über 100 Versuchen als Maximum 20,99,
uls Minimum 20,91 erhalten: der Unterschied ist gering, aber doch be*
deutender, als dass er durch Beobachtungsfehler allein entstanden sein
könnte, daher man mit Sicherheit annehmen kann, dass hier locale Ur-
sachen, wie sie in einer grossen Stadt nicht fehlen, den Saaerstoff-
gehalt momentan um einige Hundertstel Procent verändern. AU Mit-
tel aus den Versuchen ergab sich 20,96 Vol. Sauerstoff. Die ausser-
halb Paris gesammelte Luft gab folgende Resultate:
9 Luftproben von Lyon, Montpellier gaben • . 20,92 bis 20,96
30 Proben von Berlin 20,91 „ 21,0
10 Proben von Madrid 20,92 „ 20,98
23 Proben von Genf, Mont Sal^ve, Mont Buet . 20,91 „ 20,99
15 Proben von der Rhede von Toulon, vom Mit-
telländischen Meere und vom Hafen von Algier 20,9 1 „ 20,98
ö Proben auf der Fahrt nach Veracruz .... 20,92 „ 20,96
1 Probe von Guallalaniba (Ecuador in Südamerika) 20,92 „ 20,96
2 Proben vom Gipfel des Pichincha (höher als der
Montblanc) 20,95 „ 20,99
8 Proben 1848, 1849 und 1850 an verschiedenen
Punkten der Südsee gesammelt, gaben . . . 20,90 ,, 20,97
17 Proben 1848 und 1849 vom Capitain James
Ross in den Polarmeeren aufgefangen, gaben 20,85 „ 20,94
Neben diesen unter sich so wenig differirenden Proben gaben
einige andere etwas stärkere Differenzen. Eine Probe Luft von der
Rhede von Toulon gab nur 20,86,- eine andere aus dem Hafen von Al-
gier gab 20,41 Sauerstoff, ohne dass in einem oder dem anderen Fall
eine besondere Ursache nachgewiesen worden wäre. Eine Probe aus
dem Meerbusen von Bengalen gab 20,46, eine andere von dem Ganges
bei Calcutta nur 20,39 Sauerstoff, hier fanden sich aber grosse Quan-
titäten faulender Stoffe im Wasser.
Danach nimmt Regnault an, dass der Sauerstoffgehalt der Atmo-
sphäre in den gemässigten Zonen durch locale Einflüsse zwischen 20,9
und 21,0 schwanke, dass er in heissen Ländern etwas niedriger sei,
und selbst auf 20,3 und 20,4 Volumenprocente falle.
Lewy ^) fand auf einer grösseren Reise in Paris 21,00, in Ha vre
20,89, auf dem Atlantischen Ocean 20,96 bis 21,05 und in Neu -Gra-
nada an verschiedenen Orten bei normalem Eohlensäuregehalt (s. u.)
zwischen 20,98 und 21,04 Vol. Sauerstoff in 100 Vol. Luft- Aehn-
0 Compt. rend. T. XXXI, p. 725, T. XXXIIL p. 845; Annal. de chim. et
phys. [8.] T. XXXIV, p. 5; Jouni. f. prakt. Chem. Bd. LIV, S. 249; Annal. d.
Chem. u. Pharm. Bd.LXXVllI, S. 123, Bd. LXXX, S 227; Pharm. Centralbl. 1861,
S. 808; Jahresber. v. Liebig a. Kopp 1851, S. 328.
Atmosphäre. 485
liehe Resultate hat Luft aus verschiedenen Höhen gegeben; die Luft
so Bogota, 2645 Meter hoch, enthielt 20,99 bis 21,03; Luft, welche
Green in Everge auf einer Luftfahrt 11000 Fuss hoch aufgefangen
haUe, enthielt 21,0 Vol. Sauerstoff.
Nach allen diesen Versuchen, welche auch noch von anderen Chemi-
kern bestätigt sind, enthalten also 100 Vol. trockene Luft im normalen
Zustande 20,9 bis 21,0 VoL (in den tropischen Gegenden vielleicht et-
was weniger) Sauerstoff; zwischen diesen Grenzen finden Schwankungen
statt, da der Sauerstoff fortwährend der Atmosphäre entzogen und ebenso
ihr wieder zugeführt wird; grössere locale Schwankungen gleichen
sich bei der Beweglichkeit der Luft schnell mit der Umgebung aus.
Dass aber solche locale Schwankungen vorübergehend stattfin-
den können, zeigen (nach Lewy) Analysen von Luft, welche dicht
über dem Atlantischen Ocean aufgefangen ward, sie enthielt bei Tag
constant etwas mehr Sauerstoff, 21,05 Vol., als bei Nacht 20,96, was
sich durch die Einwirkung der Sonne auf das sauerstoffreichere Luft
enthaltende Meerwasser erklärt (s. S. 452 und 458).
Endlich ist noch zu erwähnen, dass Doyere i), abweichend von
Begnault, bei gleichzeitig in Paris angestellten und längere Zeit fort-
gesetzten Untersuchungen zwischen 20,5 und 21,5 Vol. Sauerstoff, nach
spateren Versuchen zwischen 20,5 und 21,2 Vol. Sauerstoff erhielt, also
viel ^össere Schwankungen als sie von einem anderen Chemiker beob-
achtet sind, und es ist daher wohl erlaubt, den Grund hier in Beobach-
tnngsfehlem zu suchen.
Der Sauerstoffgehalt der Luft lässt sich nun statt nach dem Volu-
men auch nach dem Gewicht bestimmen; Brunner, Dumas und
Bonssingault haben solche Methoden in Anwendung gebracht, die
den Vortheil haben, dass man grössere Luilquantitäten anwenden kann. '
Brunner lässt vollkommen trockene und kohlensäurefreie Luft über
einen Körper streichen, der den Sauerstoff absorbirt, und dessen Ge-
wichtszunahme die Menge des Sauerstoffs angiebt. Als oxyphorische
Körper wendet Brunner ^) gewöhnlich Phosphor an, in neuester Zeit hat
er durch Thonerde feinvertheiltes Eisen ^) genommen, welches so er-
halten wird, dass man ein passendes Geroenge von Alaun und Eisen-
oxydsalz fällt, um ein Gemenge von 96 Eisenozyd mit 4 Thonerde zu
erbalten, welches nach dem Glühen für sich in Wasserstoffgas reducirt
wird.
Zur Absorption des Sauerstoffs mit Phosphor nimmt Brnnner^)
ein Glasrohr, Fig. 28; es ist bei / etwa 10 Millimeter weit, von d bis g
Fig. 28.
etwas enger und bei b in eine Spitze ausgezogen. Von d bis g ist
das Rohr mit gezupfter lockerer schwach erwärmter trockener Baum-
wolle gefüllt, und bei d ein Pfropf von Asbest angebracht; nach-
») Compt. rend. de lacad. T. XXV, p. 928, T. XXVI, p. 198; vergl. Rc-
gnault, T. XXVI, p. 288. — *) Pogg. AnnaL Bd. XXXI, S. 1. — ") Pogg. Er-
gftDzangsheft, Bd. n, S. 609. — *) Pogg. Annal. Bd. XXVII, 8. 1, Bd. XXXI.
& 1; Annal. de chim. et pbya. [8.] T. III, p. 305.
28«
436 Atmosphäre.
dem dann 0,8 bis 1 Gnu. trockener Phosphor eingefüllt ist., wird
auch bei c ein Pfropf von Asbest angebracht und bei a die Spitze aus-
gezogen. Durch Erwärmen wird der Phosphor geschmolzen, und dann
durch Drehen der Röhre auf der Glasfläche* ausgebreitet. Werden nun
durch eine dreihalsige mit einem Thermometer versehene und mit Oel
gefüllte Flasche, Fig. 29, welche als Aspirator dient, etwa 100 C.C.
trockene Luft durch die Röhre gesaugt, während man den Phosphor
Fig. 29.
^
schwach erwärmt,
so wird der Appa-
rat dadurch mit
Stickstoff gefüllt,
wie es nach der
Beendigung jedes
eudiometrischen
Versuches auch
der Fall ist, und
zugleich ist die
Baumwolle mit
phosphoriger Säu-
re überzogen^ wodurch bei späteren Versuchen die kleinere Menge Sauer-
stoff, die der Einwirkung des Phosphors selbst etwa entgangen sein kann,
von der hier auf einer grossen Oberfläche verbreiteten begierig Sauer-
stoff absorbirenden phosphorigen Säure vollständig zurückgehalten wird.
Nach dieser Vorbereitung wird das Bohr a^ an beiden Enden zuge-
schmolzen und zum Gebrauch aufbewahrt. Bei dem Versuch selbst
wird es zuerst gewogen und dann, nachdem die beiden zugeschmolze-
nen Spitzen abgeschnitten wurden (die aber wegen der späteren Wä-
' gung aufzubewahren sind), bei b mit dem Aspirator A (der etwa 0,5 Li-
ter halten mag) und bei a mit einem Chlorcalciumrohr verbanden;
sollte die Luft mehr als gewöhnlich Kohlensäure enthalten, so muss
noch ein Rohr mit Kalihjdrat angefügt werden.
Nachdem der Apparat so vorbereitet ist, wird der Phosphor
schwach erwärmt, und dann der Hahn des Aspirators ein wenig geöff-
net, um das Oel, besonders im Anfange, nur sehr langsam abfliessen zu
lassen, während der Theil gddes Rohres (Fig. 28) durch feuchtes Fliess-
papier kühl erhalten wird. Bei Beendigung des Versuches wird der
Hahn geschlossen, und nach dem Erkalten das Pfiosphorrohr an beiden
Seiten zugeschmolzen, und mit den 'zuerst abgeschnittenen Spitzen ge-
wogen. Man hat nun auf der einen Seite die Gewichtszunahme des
Phosphorrohres, entsprechend dem der Luft entzogenen Sauerstoff; auf
der anderen Seite giebt das Volumen des aus dem Aspirator abgeflos-
senen Oeles, welches in einem Gefäss von bekannter Capacität aufge-
gefangen ist, das Volumen des mit dem Sauerstoff gemengten Stick-
stoffs. .
Man kann das Volumen des Stickstoffs , nachdem es auf nor-
malen Druck und Temperatur reducirt ist, in Gewicht umrechnen,
wodurch sich das Gewicht der untersuchten Luft und das Gewicht des
erhaltenen Sauerstoff ergiebt. Man habe z. B. 0,1779 Grm. Sauer-
stoff neben 500 C.C. Stickstoff von lö^C. und 0'",750 gefunden; das
Volumen bei O^C. und 0,76" des letzteren ist dann 467,71 C.C. und sein^
Gewicht also = 0,58791 Grm. (1 Liter Stickgas = 1,2561 Grm.).
Man hat daher 0,1779 Grm. Sauerstoff auf 0,5879 Grm. Stickstoff; das
Atmosphäre. 437
iat in 100 = 23,2 GewichtotheUe Sauerstoff nnf 76,8 GewichtWheilea
Stickstoff.
Die Genauigkeit, welche aach dienern Verfahren zn erreichen tat,
beträgt 0,1 bis 0,2 Proc, lun welches die Terschie denen Verguehe von
einander differiren (Bronner), ist also geringer ah bei dem ondiome-
triachen Verfahren. Brunner fand in Bern 22,95 Grra. Saueratoff in
100 Grm. Luft; Verver') fand in Groningen nach der gleichen Me-
thode 23,0 Grm. Saueratoff.
Dnmas und Bonaainganlt*) brauchen als eudiometriachen Mittel
glühendes Kupfer, und zwar pulveriges durch Wasaeratoffgas reducirtea.
Ein Verbrennungsrohr von achwer schmeltbarem Glase (Fig. SO) mit
»Ichem Kupfer gefüllt, wird mit den beiden Hähnen r und r' verbun.
Flg. 30.
den; es wird in einem BShrenofen, wie er bei den Elementnrnnnlysen
gebrSachlich ist, gebracht, und anf der einen Seite mit dem Bnllon F,
anf der anderen Seite mit dem Ufiirmigen Rühren C nnd B imd dem
Kngelappamt A verbunden; der letztere enthält Kalilauge; B enthält
mit Kalilnuge, C mit ooncentrirter Schwefelsäure getränkten Bimsstein.
Ehe der Apparat zusammengesetzt ward, ist der Ballon V und daa
Bohr ah Inftteer gepumpt, und jedes für sich gewogen. Nachdem die
einzelnen Theile des Apparates luftdicht mit einander verbanden sind,
wird dns Rohr ai tirnn GlUhen erhitzt, worauf zuerst der [{ahn r,
später r" and der Mahn u des Ballons geöffnet wird, letztere über im
Anfange natürlich nur sehr wenig, später allmälig weiter, damit die Luft
nur ganz langsam, und in einem möglichst gleichförmigen Strom , der
sich an der Schnelligkeit der durch den Kaliapparat A aufsteigenden
Blasen beurtheilen lässt, Uber das glühende Kupfer streicht Der Ver-
FDch ist beendigt, sobald der Ballon V bei ganz geöfineten ilähnen
keine Lnft mehr einsaugt. Nachdem dann die dr^i Hähne geschlossen
sind, werden nach dem Erkalten das Rohr mit Kupfer, wie der Ballon
F gewogen. Beide haben an Gewicht zugenommen; die Zunahme des
I) Bull«, d» ■«. ph. et iimt. cn Neerl.ndo IR40. r- 101; Berieliu,-' J«hre8-
h*r. Bd. XXTI, S. 44.
') Campt, rend. T. XII, p, 1005; Ann.l. de chim. et phyi. [8.) T. Ill, p. 257;
PluTiii. OntralbL 1842, S. 487; Jonrn f. pmkt. Cbam. Bd. XXTV. S. 65.
438 Atmosphäre.
Bohres a b gegen die erste Wägnng ist das Grewicht des Tom Kupfer
aufgenommenen Sauerstoffs -|- dem Gewichte von Stickstoff, welches
natürlich das Bohr nach dem Versuch füllt Nach der ersten Wäguog
wird das Bohr luftleer gepumpt und nochmals gewogen; es ergiebt
sich hier eine Abnahme, die der im Bohre enthaltenen Stickstoffmenge
entspricht.
Bbenso ist der Ballon V gewogen ; diese Wägung erfordert aber
einige Sorgfalt; denn bei seiner Grösse (Dumas und Boussingault
wandten Ballons von 10 bis 15 Liter Inhalt an) ist das Ergebniss der
Wägung merkbar unrichtig, wenn der Ballon nicht vor und nach dem
Versuch bei genau gleichem Druck und Temperatur gewogen wird.
Um die durch verschiedene Temperatur und Dichtigkeit der Luft bei
den beiden Wägungen entstehende Unrichtigkeit zu vermeiden, benutzt
man, nach Begnault, als Thara für den ersten Ballon einen zweiten
gleich grossen; beide Ballons werden mittelst Haken unter die Schalen
der Wage -aufgehängt; eine Aenderung des Thermometers oder Baro-
meters hat hier, da sie beide Ballons gleichmässig afficirt und dadurch
ausgeglichen wird, keinen Einflnss mehr auf die Bichtigkeit der Wägnng.
Der Gewichtsüberschuss des Ballons, so wie das Mehrgewicht des
Bohres ab bei der zweiten Wägung gdgenfiber der dritten, geben zu-
sammen das Gewicht des Stickstoffs.
Dumas und Boussingault fanden nun in Paris bei mehreren
sehr wenig differirenden Versuchen, bei welchen sie gegen 4 bis nahe
6 Grm. Sauerstoff erhielten, in 100 Grm. Luft 22,92 bis 23,09 Grm.,
im Mittel 23,01 Grm. Sauerstoff bei schönem Wetter wie bei Regen-
wetter ; bei sehr bedecktem Himmel erhielten sie 22,89 Sauerstoff.
Nach demselben Verfahren wurde in der Luft vom Faulhorn 22,97
(Bravais und Martin^); von Genf 22,87 bis 23,01 (Marignac>); zu
Brüssel bei 12 Analysen 23,01 bis 23,08 ; bei zwei anderen Versuchen 23,1 1
und 23,14 (Stas s); zu Kopenhagen und Helsingör 22,96 bis 23,02 Proc
Sauerstoff gefunden und ähnliche Besultate auf Guadeloupe (Lewy^)
erhalten. Danach berechnet sich aus dem Mittel nahe 23,0 Gewichts-
procent Sauerstoff auf 77 Proc. Stickstoff. Um diese Gewichtsprocente
in Volumenprocente zu verwandeln, hat man die Zahlen mit den be-
23
treffenden specifischen Gewichten zu dividiren: = 20,8 Vol.
77
Sauerstoff und - = 79,2 Vol. Stickstoff. Umgekehrt kann man
die direct gefundenen Volumenprocente (S. 434) in Gewichtsprocente
verwandeln; 20,95 X 1,1057 = 23,16 Gewichtstheile Sauerstoff auf
79,05 X 0,972 = 76,83 Gewichtstheile Stickstoff. Man sieht, dass
diese Besultate mit den eudiometrischen Versuchen von Begnault und
von Bunsen hinreichend genau übereinstimmen, zumal wenn man er-
wägt, wie leicht bei den grossen Apparaten Wägungsfehler möglich
sind, und dass das Gewicht des Glasrohres durch das Glühen 'sich sehr
leicht verändern kann.
Natürlich lässt sich diese Methode auch in der Weise abändern,
dass man das Kupfer haltende Bohr mit einem Aspirator verbindet,
*) Annal. de chim. et phys. [8.] T. III, p. 291. — *) Coxnpt. rend. de l'acad
T. XIV, p. 879. — ■) Compt. rend. de r»c«d. T. XIV, p. 670. — *•) Gompt. rend.
T. XVn, p. 286; Joum. f. prakt. Chcm. Bd, XXX, S. 207.
Atmosphäre. 439
oder auch den laftleer gepumpten Ballon, dessen Capacität bekannt
sein moss, als Aspirator benutzt und so den Stickstoff durch Messung an-
statt durch Wägung bestimmt. Der hier dadurch entstehende Fehler,
dass man das Rohr a b nicht auspumpt, liegt bei Anwendung eines grös-
seren Luftvolumens wohl innerhalb der Grenzen der -Beobachtungs-
feh^r.
Offenbar hat die volumetrische Bestimmungsmethode des Sauer-
stoffs nach Bunsen und Begnault yiele YorzOge vor dem Verfahren
▼on Brunner und vor dem von Dumas und Boussingault, bei wei-
chem man mit grossen Massen arbeitet, was grosse Apparate erfordert,
die nicht überall zu Gebote stehen. Namentlich wenn man die Analyse
nicht an Ort und Stelle ausführen kann, so hat die eudiometrische Me*
thode den Vorzug, weil man leicht einige Cubikoentimeter Luft in einer
Glasrohre auffangen und diese zuschmelzen kann, während es schwie-
rig idt Ballons von 10 bis 20 Liter Inhalt luftdicht zu verschliessen,
und umständlich ist sie zu transportiren.
Bei manchen Untersuchungen kommt es oft nur darauf an, den Sauer-
stoff der Luft rasch zu ermitteln ; in dem Fall bestimmt man am einfachsten
denselben nach dem Volumen mit Hülfe von pyrogallussaurem Alkali i).
Man misst die Luft in einer Glasröhre über Quecksilber, bringt dann etwa
'.100 ^^^ Volumens starke Kalilauge (1 Hydrat auf 2 Wasser) hinzu;
eine Volnmenverminderung giebt hier den Gehalt von Kohlensäure an
(8. unten); man setzt Pyrogallussäure hinzu, entweder für sich in. 5 bis
6 Thln. Wasser gelöst, oder mit wenig Zucker und etwas Wasser zu
Kugelchen geformt; beim Schütteln, wobei die Wände von der Lösung
befeuchtet werden, wird der Sauerstoff leicht absorbirt, wobei die Flüs-
sigkeit sich allmälig dunkelbraun färbt. Sobald keine Baumverminde-
rung erfolgt, ist aller Sauerstoff verschwunden; hat man nicht mehr
Wasser genommen, als angegeben, so ist der Fehler durch die Tension
des Wasserdampfes äusserst klein, so dass er vernachlässigt werden
kann.
Wie früher angegeben , ist eine kleine Menge von Sauerstoff als
Ozon in der Atmosphäre enthalten; seine Menge ist nach Witterung,
Jahreszeiten und localen Verhältnissen wechselnd, aber immer absolut
zu gering, um bestimmt werden zu können. Seine relative Menge lässt
Mch, nach Schönbein^), messen, indem man eine Farbenskale aufstellt
aus Papierstreifen mit gebläutem Jodkaliumkleister von verschiedener
Intensität, so dass Nr. 0 weiss ist, und Nr. 10 dunkel violett- blau.
Verschiedene Beobachtungen stimmen darin überein, dass der Ozonge-
halt bei höherer Temperatur wie auch bei heiterem Himmel abnimmt;
er fand sich stärker im Winter al» im Sommer, mehr bei Schneewetter
als bei Regenwetter; Nachts mehr als bei Tage; bei Gewittern nimmt
der Ozongehalt oft plötzlich zu. In der Stadt ist der Ozongehalt ge-
ringer als ausserhalb derselben, und oft dort nicht nachweisbar, wah-
rend er hier nicht leicht fehlt. Neumann 3) hat die von verschiede-
nen Beobachtern erhaltenen Ergebnisse Über den Ozongehalt der At-
mosphäre zusammengestellt, und aus diesen und den früher bekannt
gewordenen folgendes Resultat gezogen: Der * Ozongehalt entspricht
') AnnaL d. Chcra. u. Pharm. Bd. LXXVII, S. 107. — *) Pogg. AnnÄl. Bd.
XCni, S. ß27, Bd. XCIV, 8. 336; Wien. Akad. Ber. Bd. XVII, S. 191. — ") Pogg.
AnoAL Bd. CU, S. 614.
}
440 Atmosphäre.
der Loftelektricität und dem Feachtigkeitogehalt der Luft; die Inten-
sität des Windes vermehrt den Gehalt an Ozon ; seine Menge steht im
umgekehrten Yerhältniss zur Temperatur. Bei niedrigerem Barometer-
stand ist die Luft ozonreicher. Der höchste Gehalt findet sich im Ja-
nuar oder Februar; das Minimum im Juli oder September. Die bis
jetzt über Ermittelung von Ozon angestellten Versuche erlauben noch
nicht ganz bestimmte Resultate anzugeben.
Stickstoff. Die qualitative Untersuchung der Luft ergiebt, dass
sie im normalen Zustande getrocknet neben einem hier nicht weiter zu
beachtenden Kohlensäuregehalt nur Sauerstoff und Stickstoff enthält
Bei der Bestimmung des Sauerstoffs in trockener und kohlensäurefreier
Luft wird daher durch Differenz zugleich der Stickstoff gefunden.
Wenn also bei der eudiometrischen Analyse 20,9 bis 21,0 YoL Sauer-
stoff gefunden wurden, so ergiebt sich der Stickstoffgehalt zu 79,1 bis
79,0 Vol. in 100 Luft.
Nach Brunner's und nach Dumas' und Boussingault's Ver-
suchen beträgt das Gewicht des Stickstoffs in 100 Grm. Luft 76,9 bis
77,08, im Mittel 76,97, woraus sich 79,1 Volumenprocente berechnen.
Natürlich lässt sich bei der Bestimmungsmethode des Sauerstoffs nach
Dumas und Boussingault (s. S. 488) der Stickstoff auch messen, statt
wägen, wenn man das Rohr ab mit einem Aspirator verbindet, oder
wenn man einen Ballon von bekanntem Volumen anwendet.
Die Zusammensetzung der trockenen kohlensäurefreien Luft ist
daher in 100: 20,95 Vol. Sauerstoff und 79,05 Vol. Stickstoff, oder
in 100 Grm. 23,16 Grm. Sauerstoff auf 76,83 Grm. Stickstoff.
Wasser. Bei der chemischen Untersuchung der Luft handelt es
sich gewohnlich weniger um Bestimmung der Menge des Waaserdam-
pfes, als dass dieser berücksichtigt werden muss, weil er das Volumen
der Luft ändert. Handelt es sich so nur um Bestimmung des Volu-
mens der trockenen Luft, so trocknet man das Luftvolumen durch Ein-
führung einer Kugel von geschmolzenem Chlorcalcium oder von Kali-
hjdrat (s. Analyse, volumetrische, für Gase Bd. I, S. 942 u.
943) vollständig aus, oder wenn man eine bei der gegebenen Tem-
peratur mit Wasserdampf gesättigte Luft hat, so berechnet man das
Volumen des Wasserdampfes aus der Tension nach den hierfür be-
kannten Tabellen, woraus sich dann das Volumen des Wasserdampfes
und das der trockenen Luft ergiebt (s. oben S. 396).
Handelt es sich um Ermittelung des Wassergehaltes der freien
atmosphärischen Luft, so kann dies nach dem älteren Verfahren mit-
telst des Hygrometers (s. d. Art.) geschehen, die entweder nur an-
geben, ob die Atmosphäre feuchter oder weniger feucht ist, von denen
einige aber auch zur Bestimmung der Menge des Wasserdampfes die-
nen können. Die absolute Menge desselben in einem gegebenen Raum
wird am besten durch die Spannkraft des vorhandenen Wasserdampfes
ausgedrückt, die relative Menge ist dagegen der Quotient aus der er-
sten Zahl, dividirt durch diejenige, welche vermöge der Temperatur
vorhanden sein könnte. Die letztere drückt den Grad der Sättigung
des Raumes mit Wasserdampf aus , und von ihr hängen die hygrosko-
pischen Erscheinungen der Atmosphäre ab. Ist nun, nach den unter
Hygrometrie näher zu beschreibenden Methoden, z. B. ermittelt,
dass der in der Luft vorhandene Wasserdampf eine Spannkraft von vier
Atmosphäre. 441
Linien hat, and ist der Barometerstand 336 Linien, so macht die ab-
solnte Menge des Wasserdampfes in einem gegebenen Baum %86 =^ V84
desselben , oder die zur Menge der trockenen Luft im V erhältniss wie
1:83. Wäre die Temperatur der Luft hierbei 20^0., so würde die
Tension des Wasserdampfes nahezu acht Linien betragen können, folg«
Uch würde die relative Dampfmenge oder Feuchtigkeit der Luft ^/g
oder ^/s sein.
Kämtz giebt nach seinen zu Halle stündlich angestellten Beob-
achtungen für die Mittelwerthe der absoluten und der relativen Dampf-
menge für unsere Gegenden nachstehende Zahlen:
Dampfimenge
Jan.
Feb.
Mrz.
Apr.
Mai
Juni
Juli
Aug.
Spt.
Oct.
Not.
Dec.
tbsohite . . .
rdatiTe . . .
1,85
85,8
2,02
81,0
2,29
77,8
2,70
71,3
8,52
G9,2
4,58
71,0
5,11
68,5
4,74
6G, 1
4,24
72,8
8,49
78,9
2,52
85,6
2,44
86,8
Die absolute Feuchtigkeit, in der ersten Zahlenreihe in Pariser
Linien angegeben, ist also grösser in den wärmeren als in den käl-
teren Monaten, die relative Feuchtigkeit kleiner.
In den heissen Klimaten ist die absolute Menge des Wasserdam-
pfes bedeutend grösser, er kann hier selbst im monatlichen Mittel auf
12 Linien und darüber steigen. Li Benares in Lidien z. B. betrug im
Juli 1825 die mittlere Tension des Wasserdampfes 11,79 Linien;^ der
Barometerstand war dabei 3 2 8''', 6 9 , folglich der Druck der trockenen
Luft 316'",89; das Volumen ' des Wasserdampfes zur trockenen Luft
verbält sich hier also = 1 : 26,88 (Poggendorff).
Da nun durch den vorhandenen Wasserdampf das Volumen der Luft
verhaltaissmässig vermehrt wird, so ist es natürlich, dass eine feuchtere
Luft bei gleichem Volumen sauerstoffarmer ist als eine trockene. Es
ist daraus ersichtlich, wie nur gleich trockene Luft in Beziehung auf
ihre Zusammensetzung nach Stickstoff und Sauerstoff vergleichbar ist;
denn enthielt z. B. 1 Vol. der feuchten Luft, wie sie zu Benares ge-
fanden wird, 20,25 Vol. Sauerstoff, so würde sie im trockenen Zu-
stande 21,0 Vol. des Gases enthalten, eine bemerkbare Differenz, wie
man sieht.
Der Wassergehalt lässt sich nun auch direct dem Gewichte nach
bestimmen^), man wendet dazu einen passenden nicht zu kleinen Aspi-
rator an, von bekanntem Inhalt, den man mit mehreren Rohren, die
Chlorcaicinm oder mit Schwefelsäure befeuchteten Bimsstein enthalten,
verbindet, nachdem diese Röhren genau gewogen sind. Sobald alle
Theile des Apparates luftdicht schliessen, setzt man den Aspirator in
Thatigkeit, wobei die Luft durch die Röhren hindurchgeht, und hier
den Waaserdaropf vollständig abgiebt, ohne sonst eine Veränderung zu
erleiden. Die Gewichtszunahme der Röhren giebt die Menge des Was-
sers an, welches in dem durch den Aspirator angezeigten Luftvolumen
*) Pogg. Annal. Bd. XX, S. 274; Annal. de cbim. et de phys. [8.] T. m,
p. 809.
442 Atmosphäre.
enthalten war. Da hier die Luft über Wasser aufgefangen wird, so hat
man jetzt in dem Aspirator eine mit Feuchtigkeit gesättigte Luft, deren
Volumen im trockenen Znstande sich nach der Tabelle über Tension dei
Wasserdampfes leicht berechnet; aus dem Volumen der trockenen Luft be-
rechnet sich dann leicht, unter Berücksichtigung des Thermometers und
des Barometers, das Gewicht der Luft (vergl. S. 397). Ein Beispiel mag
dies verdeutlichen. Bei einem Versuch von Brunnerwaren in dem Aspi-
rator 12,976 Liter von 10<>C. und 722"° gesammelt; da die Tension deB
Wasserdampfes bei 10® C. 9"" ist (s.d. Art. Dampfspannung), so be-
trägt der Druck für die trockene Luft nur 713""" und sein Volumen bei
normaler Temperatur und Dichtigkeit ist daher 1 1,743 Liter. — Aus die-
ser Luftmenge wurden 0,094 Grm. Wasser erhalten, welche 116,8 C.C.
Wnsserdampf bei O^C und 760°"' geben; danach enthalten 1000 VoL
trockener Luft 9,9 Vol Wasserdampf. Dem Gewichte nach ist, da
11,743 Liter Luft = 15,1860 Grm., in 1000 Grm. Luft daher 6,2 Grm.
Wasser enthalten. Der Gehalt an Wasserdampf in der Luft ist so ver-
änderlich, dass sich hier ein Mittel nicht wohl angeben lässt; im
Ganzen ist nach dem Obigen die Luft in wärmeren Klimaten und in
der wärmeren Jahreszeit reicher an Wasserdanipf; doch wechselt seine
Menge selbst an der gleichen Localität nach Witterung, Windrichtung,
Temperatur u. s. w. Man kann annehmen, dass 1000 Grm. Luft etwa
6 bis 8 Grm. Wasser enthalten. Verver hat bei 50 Versuchen in Gro-
ningen im Maximum 10,18, als Minimum .6,1 Thle. Wasser in 1000
Luft gefunden. Der Wassergehalt kommt also bei der Untersuchung
hauptsächlich in so weit in Betracht, als dadurch die absolute Menge
der -anderen Bestandtheile in 100 Thln. Luft verringert wird.
Kohlensäure. Dieses Gas ist auch ein nie in der Luft fehlen-
der Bestandtheil, dessen Menge zu bestimmen ist.
Th. V. Saussure 1) hat zuerst, um die Quantität derselben zu er-
forschen, genauere Versuche in grösserer Zahl, und zwar nicht we-
niger als 225, in den Jahren 1827 und 1829 angestellt. Er Hess die
zu untersuchende Luft in einem luftleer gepumpten Ballon von etwa
40 Liter Inhalt durch die Oeffnung des Hahnes strömen, schüttelte die
Lufl wiederholt mehrere Tage mit etwa 100 Grm. gesättigtem Baryt-
wasser, brachte dann die trübe Flüssigkeit in eine Flasche, und von
hier nach dem Absetzen auf ein Filter ; weil er nicht unlöslich in Was-
ser ist, wird der Niederschlag mit einer gesättigten Lgsung von kohlen-
saurem Baryt ausgewaschen, zuletzt aber mit etwas ausgekochtem Was-
ser nachgewaschen, und dann in schwefelsauren Baryt verwandelt, aus
welchem sich nun die Menge der Kohlensäure berechnet.
Weniger umständlich als nach dieser Weise lässt sich die Koh-
lensäure dem Gewichte ^) nach (gleichzeitig mit dem Wasserdampf)
bestimmen, indem man ein bestimmtes Volumen von getrockneter Loft
über Kali oder Kalkhydrat leitet, und dessen Gewichtszunahme be*
stimmt.
Man bringt hier einen geeigneten Apparat mit Rohren, die Alkali
enthalten, in Verbindung, wobei nur Sorge zu tragen ist, dass das Alkali
nicht gleichzeitig mit der Kohlensäure Wasser aufnehmen kann, natürlich
•) Gilberts Anoftl. Bd. UV, S. 72; Pogg. Annal. Bd. XIX, S. 891
^ Pogg. Annal. Bd. XXIV, S. 669.
Atmosphäre. 443
4arf es aber auch nicht Wasser verlieren. Man wendet (Fig. 3 1) sechs
U-förmige Röhren Ä^ 5, C, Z>, -B, F an, welche durch mit Siegellack
Fig. 81.
überzogene Korke luftdicht
verschlossen und durch die
gebogenen Glasröhren und
Kautschuk luftdicht unter-
einander verbunden sind.
In A und B ist mit Schwe-
felsäure benetzter Bimsstein
oder Asbest; in C und D ist
mit Kalilauge befeuchteter
Bimsstein; E enthält festes
Kalihydrat oder Bimsstein
mit Schwefelsäure, und in
Fist wieder mit Schwefel-
sitnre getränkter Bimsstein. Selbstverständlich können die Röhren
A^ B^ K, F auch Chlorcalcium enthalten; Brunn er nahm in C und
D feuchtes Kalkhjdrat, und in E Schwefelsäure, um das aus dem
Hydrat entweichende Wasser aufzunehmen. Nachdem die Röhren Ä
ond B zusammen, und die drei Röhren C^D^E auch gemeipschaftlich ge-
wogen sind, werden alle sechs Röhren verl)unden, und dann durch die
Röhre F bei e mit einem passenden Aspirator vereinigt, durch wel-
chen man 50 bis 100 Liter Luft von bekannter Temperatur und Druck
durch die combinirten Röhren durchsaugt. In den Röhren A und
B wird das atmosphärische Wasser absorbirt , in C und D wird die
Kohlenaaare zurückgehalten; sollte hier etwas Wasser verdampfen, so
wird es in £J verdichtet ; F dient nur als Schutz gegen den Wasser-
dampf ans dem Aspirator und ist daher nicht gewogen. Man erhält hier
ann (so wie aus der Gewichtszunahme von A und B den Wasse.rge-
halt) ans der Gevrichtsznnahme von C, D und E den Gehalt derjenigen
Loftmenge an Kohlensäure, welche in den Aspirator getreten ist, deren
Volumen sich aus dem Volumen des abgeflossenen Wassers berechnet;
man erhalt hier zuerst das uncorrigirte Volumen ; durch Correction für
Barometer und Thermometer und für die der Temperatur entsprechende
Tension des Wasserdampfes (s.d. Art. Aspirator S. 397) wird das rich-
tige Volomen der trockenen Luft erhalten, aus dem sich dann das Ver-
H<niaa der Kohlensäure berechnet, entweder dem Volumen nach, wozu
man die dem Gewichte nach gefundene Kohlensäure in Volume um-
rechnet (1 Liter wiegt bei O^C und 760"" 1,967. Grm.) unter Berück-
sichtigung der Temperatur und Dichtigkeit der Luft, oder dem Ge-
wichte nach, wozu man das Volumen der trockenen Luft auf O^C. und
; 760"" reducirt, und daraus ihr Gewicht (1 Liter Luft von 0*^ C. und
760— = 1,2932 Grm.) berechnet.
444 Atmosphäre.
Mene 0 giebt an, ohne Beweise dafür zu liefern, dass daa WasNi
der Luft von der Schwefelsäure in den ersten Bohren nicht vollständil
absorbirt, sondern auch noch von dem Kali aufgenommen werde, we»
halb der Kohlensäuregehalt zu hoch ausfalle. Er will daher die Koh<
lensäure durch Aetzlauge absorbiren, und diese dann mit titrirter Sun
neutralisiren, so weit, dass wohl das vorhandene Aetzkali, aber nicht du
kohlensaure Kali von der titrirten Säure gesättigt wird. Dieses Ver«
fahren scheint wenig geeignet, genaue Resultate zu geben.
Hlasiwetz ^) hat jedoch in neuerer Zeit nachgewiesen, dass and
das Brunner 'sehe Verfahren, wie es beschrieben ist, ungenaue mk
unter einander bedeutend diffcrirende Resultate giebt, nach seinen An
gaben, weil die Schwefelsäure nicht bloss Wasser, sondern auch Kohlen
/ säure absorbirt, und weil die Kalilauge auch Sauerstoff aus der Lnf
aufnimmt, was H. Rose schon früher angegeben hat. Der wesentlichab
Nachtheil der Brunn er 'sehen Methode liegt aber in dem Urostandi
dass die Gewichtszunahme des Kalis immer nur gering sein kann ge
genüber der grossen Oberfläche der Glasröhren, was die Wägan(
selbst bei den besten Wagen höchst unsicher madht; Veränderungeo ii
der Temperatur und dem hygroskopischen Zustande der Luft, Reiben nii
Tüchern u. s. w. bringt schon für sich leicht GewichtsverändeniDgei
von 5, 10 und selbst mehreren Milligrammen hervor, wodurch die Re
sultate höchst unzuverlässig werden. Wenn als Absorptionsmittel ift
Wasser statt Schwefelsäure Chlorcalcium , und für Kohlensäure stat
Kali Kalk angewandt wird, so werden die Resultate wegen der blei
benden grossen Glasflächen doch nicht viel genauer; Hlasiwetz erhisl
nach der Brunner 'sehen Methode von 0,23 bis 7,8 Kohlensäure ii
10000 Vol. Luft; einige Mal hatte das Gewicht der Kaliapparate sogst
ab- statt zugenommen. Hlasiwetz suchte die Kohlensäure nach ^ineo
manometrischen Verfahren zu bestimmen in der Art, dass er zweiGlS
ser von gleicher Capacität, deren eines Kalilauge in einem dünnwas
digen Glasröhrchen enthält, luftdicht mit einem horizontalen Rohr vei
band, in welchem sich ein Weingeisttropfen als Index befand; nachdei
Zerbrechen des Kaliröhrchens durch starkes Schütteln musste die Kob
lensäure absorbirt, und dadurch der Index verschoben werden, woraa
das Volum der Kohlensäure berechnet werden kann. Es ist wohl bc
greiflich, dass diese Methode bei dem geringen Volum der Kohlensäur
kein sehr genaues Resultat giebt«
Gilm ^) hat nach einer von Mohr angedeuteten Methode di
Kohlensäure bestimmt, indem er die Luft mittelst eines Aspirators duro
eine Glasröhre von der Weite gewöhnlicher Verbrennungsröhren un
von 1 Meter Länge, zog; die Röhre ist am unteren Ende schenke!
förmig gebogen, oben in eine Spitze ausgezogen; sie ist bis über di
Hälfte mit groben Glasstücken und mit klarem Barytwasser hinreichen
gefüllt. Zwischen dieser Absorptionsröhre und dem Aspirator ist ei
Glas mit Barytwasser angebracht, um sich zu überzeugen, dass di
Kohlensäure vollkommen in der Röhre absorbirt ward. Nachdem etw
60 Liter Luft durchgesogen sind, wird der in der Absorptionsröhre al
geschiedene kohlensaure Baryt bei Abschluss der Luft abfiltrirt, zuen
0 Compt. rend. de Tacad. T. XXXIII, p. 222. — «) Sitzungsbcr. d. Wien, kern
Bd. XX, S. 189; Chem. Centralbl. 1866, S. 675. — ») Sitzungsbcr. d Wien. Aca«
Bd. XXIV, 8. 279; Chem. Centralbl. 1867, 8. 760.
r
Atmosphäre. 445
WasMr, welches mit kohlensaurem Baryt gesättigt ist, zuletzt einige
1 mit laftfreiem destillirtem Wasser abgewaschen; der kohlensaure
ryt aas der Rohre wie aud dem Filter wird dann in überschüssiger Salz-
gelost, die Lösnng zur Trockne abgedampft und zuletzt geglüht, um
zunächst die Menge des Chlors zu bestimmen, am einfachsten durch
ilStriren nach Mohr (s. bei Chlor, Bestimmung n. s. w.)* Natürlich
luin man auch die Menge des Baryts auf irgend eine Weise bestim-
■eo. Aus dem Chlorbarium berechnet sich dann die Kohlensäure.
Pettenkofer absorbirt die Kohlensäure der Luft durch Schüt-
lldn mit überschüssigem Kalkwasser von bekannter Stärke (es enthält
m 1 Liter gewöhnlich 1,1 bis 1,3 Grm. Calciumoxyd: CaO), und be-
nimmt die Menge des nicht gefällten Kalks durch Titriren mit einer
Probesaore. Als solche wendet er eine Lösung an, welche bei 17P,d C.
i,250 Gnn. krystallisirte Oxalsäure in 1 Liter enthält; 1 C C. der
Sioreloenng sättigt 0,001 Grm. Calciumoxyd : CaO; der Punkt der Neu-
tralisation lässt sich am genauesten erkennen, wenn man einen Tropfen
|4er Flüssigkeit auf ein Curcnmapapier bringt, an der Peripherie des
I Tropfens zeigt sich leicht die braune Färbung, wenn auch nur eine
Spur Kalk noch gelöst ist; denn wenn auch nur 1 Tropfen Kalkwasser
»it 12 bis 15 C.C.Wasser gemischt war, so zeigt die Flüssigkeit auf
Cnrcaroapapier , in der angegebenen Weise behandelt, noch sichtbar
kssische Reaction, während durch blosses Eintauchen diese nicht mehr
isotlich erkannt wird.
Zur Bestimmung des Kohlensäuregehalts der Luft füllt man nun
tne trockene Flasohe mit gut eingeschliffenem Glasstöpsel von etwa
6 Liter Inhalt, deren Capacität genau bestimmt ist, mit der zu unter-
suchenden Luft, am besten in der Regel mittelst eines Blasebalgs;
setst dann 45 C. C. klares Kalkwasser hinzu , und schwenkt die Fla-
sche, ohne heftiges Schütteln, zuweilen so, dass das Kalkwasser sich
wieder auf den Wandungen ausbreitet. Nach mehrmaligem Schwen-
ken ist in etwa V2 Stunde die Kohlensäure vollständig absorbirt; man
gicsst dann das trübe Kalkwasser in ein enges Becherglas, lässt es hier
absetzen, nimmt dann 30 C. C. der klaren Flüssigkeit mit einer Pipette
ah, und titrirt diese genau mit der Oxalsäure von der angegebenen
Stiirke. Ans der Menge der verbrauchten Oxalsäure mit 1,5 multipli-
eirt (da hier von den ursprünglich angewandten 45 C. C. nur 30 C. C.
genommen wurden), berechnet sich der freie Kalk, welcher nicht mit
Kohlensäure gesättigt ward, und durch Differenz erhält man also den
doreh Kohlensäure gesättigten Kalk, daher die Menge der Kohlen-
aaure im Gewicht, aus welchem sich leicht das Volum derselben be-
rechnet, da 1000 C.C. derselben bei O^C. und 760«" = 1,9676 Grm.
wiegen.
Ist die Luft mehr als lOmal so reich an Kohlensäure als gewöhn-
liehe atmosphärische Luft, so nimmt man auf je 1 Liter Luft 12 bis 15
oder mehr C. C. Kalkwasser.
Diese Methode hat vor den anderen beschriebenen, denen sie an
Genauigkeit wenigstens gleich kommt, den Vorzug, dass ein Versuch sehr
idinell beendigt ist, man erhält daher nicht bloss, wie bei Durchsaugung
grosserer Luftmassen mittelst des Aspirators, den durchchnittlichen Ge-
halt, sondern man kann den augenblicklichen Gehalt der Atmosphäre
an Kohlensäure bestimmen. Dieses Verfahren eignet sich daher be-
tonders auch zur Bestimmung der Kohlensäure in der Zimmerluft, und
446 Atmosphäre.
namentlich um die Zunahme derselben in kurzen Zeiträumen^ aelb
von 5 zu 5 Minuten zu ermitteln (Pettenkofer^).
Saussure hatte bei seinen zahlreichen Versuchen als hoch«
Zahl 5,74 Vol., als niedrigste Zahl 3,15, im Mittel aller Verbuche i
Vol. Kohlensäure in 10000 Vol. Luft gefunden.
Verver ^) hatte mittelst des Aspirators im. Maximum 5,05, i
Minimum 3,57, im Mittel von 90 Versuchen 4,18 Vol. Kohlensaai
gefunden. Lewy^} fand (1847 und 1848) in Neu -Granada im no
malen Zustande als Maximum 5,0 , als Minimum 3,6 , im Mittel sein*
Versuche nahe 4,01 Vol. Kohlensäure. Gilm fand in Innspruck :
20 Versuchen von November 1856 bis März 1857 von 3,8 bis 4,6 V<
Kohlensäure.
Nach diesen unter so verschiedenen Umständen angestellten ui
nahe übereinstimmenden Versuchen enthalten also 10000 Thle. Luft i
Mittel dem Volum nach etwa 4,1, und dem Gewicht nach 6,2 Thle. Ko
lensäure. Danach kann die Angabe von Mene, dass er nach seine
Verfahren nur 1 Vol. Kohlensäure fand, während er mit dem Aspirat
mehr als 5 Vol. gefunden hatte, unberücksichtigt bleiben.
Schon die Untersuchungen von Saussure zeigten, dass in de
Gehalt an Kohlensäure ein gewisser Wechsel nach Tages- und Jahn
Zeiten stattfinde; er fand des Tages als Maximum 5,4, als Minima
3,15, im Mittel aller Versuche 3,38 Kohlensäure; Nachts dagegen a
Maximum 5,74, Minimum 3,21, Mittel 4,3 Vol. Kohlensäure. Die Li
ist also in der Nähe der Erdoberfläche Nachts etwas reicher an Kohle
säure, das Maximum findet sich hier gegen £nde der Nacht, wie d
Minimum gegen Ende des Tages. Weiter ist der Kohlensänregeha
im Sommer etwas grösser als im Winter.
Ausserdem haben verschiedene Witterungs- und Localverhältoisi
einen Einfluss ani den Gehalt der Luft an Kohlensäure. Bei starke
Winde soll sich der Kohlensäuregehalt um etwas steigern, im Verbal
niss wie 1,000 : 1,058. Bei anhaltendem Regenwetter verringert sie
der Kohlensäuregehalt, und ebenso ist er etwas geringer über Was»
und über feuchtem Boden.
In Neu-Granada enthielt die Luft in der trockenen Zeit im Mitt
4,6, in der Regenzeit als Maximum 3,8, als Minimum 3,G Vol. Koi
lensäure (Lewy).
Auf dem Genfer See enthielt die Luft 4,39, auf dem Lande gleicl
zeitig 4,60 Vol. Kohlensäure, und während in trockenen Monaten d<
Gehalt an Kohlensäure zwischen 4,8 und 5,2 Vol. schwankte, betn
er in feuchten Monaten 3,6 bis 4,5 Vol. (Saussure).
Boussingault und Lewy fanden bei gleichzeitigen Versuch«
in Paris 3,19 Vol., und auf dem Lande zu Andilly 2,99 Vol. Kohl«
säure, welche Differenz sich constant zeigte, und grösser ist als d<
wahrscheinliche Beobachtungsfehler *).
Die zunächst über dem Meere lagernde Luftschicht enthielt AC
tags 3 Uhr 5,4 Vol.; Morgens 3 Uhr nur 3,3 Vol. Kohlensäure; d
Zunahme rührt hier wohl daher, dass Mittags in Folge der Erwärmoo
durch die Sonnenstrahlen so wie Sauerstoff auch Kohlensäure ans dei
Wasser sich der Luflt beimischt.
^) Nach Privatmittheiinng einer demnächst erscheinenden Abbandlang. — *) BoU«
de 90. ph. et nat. en Neerlande 1840, p. 191; Berzelius' Jahresber. Bd. XXII, S. *
^ Literatur s. oben S. 484. — *) Annal. de chim. et phys. [d.j T. X, p. 470.
Atmosphäre. 447
San 8 an re hatte weiter beobachtet, dass der Gehalt an Kohlen-
aaore in den oberen Luftregionen , wohl wegen der hier weniger ent-
wickelten Vegetation, reicher an Kohlensäure sei; Versuche in dieser
Richtung von Schlagint weit i) haben Saussnre's Angaben bestä-
tigt. Saassure hatte auf den Bergen bis zu 5^5 Kohlensäure gefun-
den. Schlagintweit fand in Berlin 3,9 bis 4,5 Vol. Kohlensäure;
in der Umgebung vom Monte Rosa erhielt er, in Meereshöhen von 3 100
hu ta 4224 Meter, im Maximum 9,03 Vol. Kohlensäure; der Gehalt
sank auf das beobachtete Minimum von 5,9 Vol., wenn der Beobach-
tongsort mit dichten aus der Tiefe aufsteigenden Wolken umgeben war.
Als Mittel in diesen Höhen nimmt er in 10000 Thln. Luft 7,9 Vol. oder
nahe 12 Gewichtstheile Kohlensäure, also etwa doppelt so viel als in
der Ebene. Schlagintweit ist der Ansicht, dass die Kohlensaure,
▼on der Oberfläche allmälig zunehmend, bei etwa 3300 Meter Meeres-
höhe ihr Maximum erreicht, bei grösseren Höhen aber gleich bleibe.
Der Kohlensäuregehalt kan^^nnn selbst in der freien Atmosphäre
vorabergehend locale Zunahmen erfahren, was sehr naturlich erscheint,
wenn man bedenkt, welche grosse Massen Kohlensäure an einzelnen
Orten in Folge vulkanischer Thätigkeit oder aus anderen Ursachen
tfaeils gasförmig, theils lose in Wasser gelöst aus dem Erdinnem dringt
und sich hier den nächsten Luftschichten beimengt^ wobei die fortwäh-
rend in der Luft stattfindende Bewegung freilich eine baldige Mengung
mit den übrigen Luf^chichten bewirkt. Auffallende Erscheinungen sind
hier namentlich von Lewy auf dem Plateau von Bogota beobachtet; in
den Monaten von März bis Juli hatte er 3 bis 4 Vol. Kohlensäure in
10000 Vol. Luft gefunden; in den Monaten August und September
stieg der Gehalt auf 49 Vol., eine Zunahme, die theils durch die Thä-
tigkeit der Vulkane , hauptsächlich aber dadurch veranlasst sein soll,
dass in dieser Zeit grosse Brände in der Ebene zur Urbarmachung des
Bodens stattfanden.
Der normale Gehalt an Kohlensäure in der Luft, etwa 0,04 Proc.
dem Volumen nach, ist nicht so bedeutend, dass durch Gegenwart dieser
Siare die Genauigkeit der Resultate bei Bestimmung des Sauerstoffs in
der Luft beeinträchtigt wird. Sobald der Gehalt aber steigt, ist es
nöthig, die Luft kohlensäurefrei anzuwenden.
Ammoniak. Der Gehalt der Luft an Ammoniakverbindungen ist
so gering, dass es nur bei Untersuchung grosser Mengen Luft möglich
ist, sogar das Vorhandensein derselben nachzuweisen ; um die Quantität
ni bestimmen, muss man grössere Luftvolume untersuchen. Die zu
nntersachende Luft wird hier mittelst eines Aspirators durch Säure ge-
lötet, aus welcher dann das Ammoniak durch Platinchlorid als Platin-
^hniak gefällt wird. Bei den geringen Quantitäten, welche davon er-
balten werden, ist es nöthig, dass man sich durch einen Versuch über-
leogt, ob die Säure und das Platinchlorid ganz frei von Ammoniak
sind, oder dass man bestimmt, wie viel sie davon enthalten, um diese
Qpiantitat nachher in Abzug bringen zu können.
Da man, um nur einigermaassen hinreichende Mengen Ammoniak
ni erhalten, mehrere Cubikmeter Luft in Untersuchung nehmen muss, so
stellte Eine au, um das Abmessen solcher Luflquantitäten zn vermeiden.
0 Pogg. Ann»l. Bd. LXXVI, 8. 442, Bd. LXXXVII, S. 298; Pharm. Centralbl.
1S53, S. 4; Jahresber. ▼. Liebig u. Kopp 1849, S. 257, 1862, S. 866.
448 Atmosphäre.
eine Schale mit verdünnter Schwefelsäure, und eine zweite mit verduim«
ter Natronlösung neben einander auf, nach Ablauf von je einem Moml
wird dann die Menge Ammoniak in der Säure und die Menge Kohlen-
säure im Alkali bestimmt; unter der Annahme, dass die Luft durch'
schnittlich 0,0006 ihres Gewichtes an Kohlensäure enthalte, wurde
dann das Gewicht der Luft, welche Ammoniak abgegeben hatte, be-
rechnet.
Die Quantitäten Ammoniak sind nun ausserordentlich verschieden
gefunden; in 1 Million Gewichtstheilen Luft sind geinnden^):
kohlensanres
Ammoniak Ammoniamoxj^
von Gräger in Mühlhausen im Mai in vier
Regentagen 0,33 oder 0,94
von Kemp, 300 Fuss über dem Irländischen
Meer, im Juni und Juli bei heiterem Wetter 3,6 „ 10,37
von Fresenius in Wiesbaden in 4P Tagen
im August und September 0,098 „ 0,28
in 40 Nächten in den gleichen Monaten. . 0,169 „ 0,47
von Horsford in Boston im Juli .... 47,6 „ 134,8
ebendaselbst im December 1,2 „ 4,2
von Ville in Paris im Mittel von 16 Versu-
chen, 1849 und 1850 23,7 „ 66,9
von Pierre zuCaen im Winter 1852, 3 Meter
über dem Boden 3,5 „ 9,9
von Pierre zu Caen von Mai 1852 bis April
1853, 8 Meter über dem Boden .... 0,5 „ 1,4
von Bineau zu Lyon 71/2 Meter über dem Bo-
den, im Mittel 0,33 „ 0,9
von Bineau auf dem Observatorium, 32 Meter
über dem Boden, im Mittel 0,21 „ 0,6
von Bineau zu Caluire bei Lyon, im Sommer 0,08 „ 0,2
im Winter 0,04 „ 0,1
Zu den Bestimmungen ward hier meistens etwa Y2 his 1 Cubik-
meter Luft genommen; Ville hält diese Mengen für zu gering, mid
nahm , um genauere Resultate zu erhalten , 20 und zuletzt 55 Cubik-
meter Luft.
Die erhaltenen Resultate sind so abweichend (von 0,1 bis zu 134,8
kohlensaures Ammoniak), dass sich kein Mittel angeben lässt; die
Schwankungen mögen zum Theil durch locale Ursachen, zum Theil
durch Witterungsverhältnisse bedingt sein; doch mag auch die Menge
nach Tages- und Jahreszeit wechseln.
Bineau fand in Lyon die Luft reicher an Ammoniak, als gleich-
zeitig zu Caluire in der Nähe von Lyon; Horsford fand dagegen
gleichzeitig denselben Ammoniakgehalt in Boston an der SeeküBte, und
0 Gräge;-, Arch. d. Pharm. Bd. XLIV, S. 85. — Kemp, Chem. Gas. 1848,
p. 99; Pharm. Centralbl. 1868, S. 816. — Fresenius, Journ. f. prakt. Chem.
Bd. XLVI, 8. 100; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXIl, S. 218. — Horsford,
Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXIV, S. 243. — Ville, Compt. rend. de l'acad.
T.XXXV, p. 464.— Pierre, Compt. rcnd. T. XXXIV, p. 878, T. XXXVI, p.694.
— Bineau, Compt rend. T. XXXIV, p. 877; Annal. de chim. et phys. [8.] T.
XLII, p. 462; Jahresber. v. Liebig u. Kopp 1864, S. 816. — Barral, Compt
rend. T. XXXIV, p. 288, T. XXXV, p. 427.
Atmosphäre. 449
in der Stadt seibat an einem sehr unreinen und dicht bevölkerten
Platte; er fand aber einen auffallenden Unterschied im Sommer und
Winter; bei den von Juli bis December fortgesetzton Versuchen fand
regelmässige Abnahme statt, so dass die Atmosphäre im December
BOT etwa ^/4o so viel Ammoniak enthielt als im Juli. Aber es zeigen
neh in verschiedenen Jahren grosse Abweichungen. Ville fand im
Jahre 1849 als Maximum 31,7 und als Minimum 17,7; im Jahre 1850
Maximum 27,3, Minimum 16,5. Pierre hatte im Winter 1852 3,5
Thie., bei Veriuchen vom Mai 1852 bis April 1853 nur 0,5 Ammo-
niak gefunden. Natürlich lässt sich nicht ermessen, wie weit die 6e-
osoigkeit der Beobachtung selbst geht. Nur das lässt sich mit 6e-
wütheit sagen, dass nach Regenwetter die Luft, wegen seiner grossen
Löalichkeit, ärmer an Ammoniak sein muss; in Folge dieser Löslich-
köt finden wir auch Ammoniak immer in den atmosphärischen Nieder-
schlägen. Barral fand in 1 Million Gewich tsth eilen Regen wasser bei
Beobachtungen vom Sommer 1851 bis Sommer 1852, 1 bis 9 G.-Thle«
Ammoniak; Binean fand im Februar sogar 18 bis 30 Thle. Ammoniak,
Mch späteren Büttheilungen, nach den im Laufe von 1853 angestellten
Beobachtungen, ist der Gehalt an Ammoniak im Winter 16,3, im Früh-
img 12,1, im Sommer 3,1, im Herbst 4,0, im Mittel des ganzen Jahres
^8 Thle. Ammoniak. BoussingaultO ^^Q^ i° ^ Liter 'Thau (Mitte
Aogust bis Ende September 1853) auf dem Lande 3 bb 6 MilUgrm.
Ammoniak ; in 1 Liter Wasser , welches er auf einem Hofe in Paris
durch Abkühlung der Luft an einem mit Eis gefüllten Gefässe conden-
sirt hatte, 10 Milligrm. Ammoniak. Auch im Schnee findet sich Am-
moniak; Boussingault fand im Liter Wasser von frisch gefallenem
Schnee 1,78 Milligrm. Ammoniak; im Gletschereis fand Horsford
Vmooooo Ammoniak; Men6 fand es in Hagelkörnern; er fand, dass
bei langsam fallendem Regen das Wasser reicher an Ammoniak sei.
Allen diesen Beobachtungen nach, ist das Ammoniak ein wohl
iteU in höchst wechselnden Mengen vorhandener Bestandtheil der AU
Dosphäre; seine Menge ist jedenfalls so gering, dass bei Angabe der
qoantitativen Zusammensetzung der Luft das Ammoniak übersehen wer-
dtn kann.
Jod. In noch geringerer Menge als das Ammoniak ist jedenfalls
<)s8 Jod in der Atmosphäre enthalten, dessen Bestimmung daher durch-
ftos ungenau ausfallen mus>s, oder dessen Menge vielmehr nur geschätzt
werden kann. Chat in fand in 4000 Liter Luft Jod, dessen Monge er
«n 0,002 Milligrm. angiebt, das wäre in 1 Million G.-Thl. Luft etwa
0,4 Thl. Jod. Ankum schätzt die Menge Jod, nach Untersuchung
von 5 bis 7 Cubikmeter Luft auf 1 Milligrm. in 2 bis 3 Millionen Liter
Lüfi, was in 1 Million G.-Thl. Luft etwa 0,3 bis 0,4 Thle. Jod geben
würde. Auch im Regen wasser wie im Thau fand Chatin Jod, 10000
6nn. vom ersteren enthielten nur 0,0005 Grm. Jod. Wie oben erwähnt
(s. 8. 429), haben andere Chemiker überhaupt kein Jod in der Luft
osckweisen können.
Kohlenwasserstoffe?). Endlich hat man auch versucht den
6«halt an Kohlenstoff und Wasserstoff zu bestimmen, der nicht als Koh-
^MMiare und als Wasser in der Luft enthalten ist. Dazu wird die ga-
*) Compt. rrad. d« fao. T. XUY, p. 1084.
dir Cteoiit. tu Aafl. Bd. 11. 2t)
450 Atmosphäre.
trocknete nnd kohlensäiirefreie Luft über gliihendea Kupferoxyd gelei-
tet, und dann wie bei der organischen Elementaranalyse Wasser and
Kohlensäure bestimmt. Boussingault fand in 100000 Vol. Luft 5
bis 13 Vol. Wasserstoff; Verver erhielt Kohlensäure und Waaaer in
der Menge, dass sich auf 100000 Vol. Luft 14,8 bis 22,4 Vol. W^asser-
atoffgas und 10,4 bis 17,3 Vol. Kohlenstoff berechnen wurde; Vogel
berechnet auf 100000 G.-Thle. Luft 41,1 Kohlenstoff und 2,2 bis 0,8
Wasserstoff.
Zusammensetzung der Luft. Wenn wir nun da? Ammoniak,
das Jod und die Kohlenwasserstoffverbindung als in äusserst geringer
Menge vorhanden unberücksichtigt lassen, so enthält die trockene Luft
in 100 im Mittel:
Stickstoff . . 79,02 Vol.
Sauerstoff . . 20,94 „
Kohlensäure 0,04
11
Luft .... 100,00 Vol.
Oder:
Stickstoff . . 76,84 Grm.
Sauerstoff . . 23,10 „
Kohlensäure. . 0,06 „
Luft .... 100,00 Grm.
Da nun das Gesammtge wicht der Atmosphäre sich zu mindestens 5 Tril-
lionen Kilogramm annehmen lässt, so ist die ganze Kohlensäuremenge
der atmosphärischen Luft über 3000 Billionen Kilogramm, die Sauer-
stoffmenge über 1,19 Trillionen Kilogramm und die Stickstoff menge
= 3,99 Trillionen Elilogramm.
Bei der grossen Masse der ganzen Atmosphäre gewinnen selbst
relativ kleine Grössen ungeheure Dimensionen; nimmt man dea Gehalt
von kohlensaurem Ammoniak nur zu 0,000001 an, und diese Grosse
erreicht er unzweifelhaft häufig, so ist doch das Gesammtgewicbt des
kohlensauren Ammoniaks in der Atmosphäre über 5 Billionen Kilo-
gramm. '
Die atmosphärische Luft ist keine chemische Verbin-
dung von Stickstoff und Sauerstoff. Lassen wir die Kohlen-
säure ausser Acht, so finden wir, dass die Luft zu verschiedenen Zeiten
wie an allen Theilen der Erde, wo sie bis jetzt untersucht ward, in
der Ebene wie auf den Bergen, bis auf kleine Schwankungen immer
die gleiche Zusammensetzung zeigt. Diese Thatsache ward schon frü-
her nach den weniger vollkommenen und weniger übereinstimmen-
den Analysen als wahrscheinlich angenommen, und bei der offenbaren
geringeren Genauigkeit der älteren Methoden schliessen Thomson,
Proüt u. A., dass Sauerstoff und Stickstoff der Atmosphäre miteinan-
der chemisch verbunden seien, und zwar im Verhältniss wie 4 Vol.
Stickstoff auf 1 Vol. Sauerstoff, so dass die Verbindung als N3O zu be-
zeichnen sei, also ein unter dem Stickoxydul stehendes Oxyd des Stick-
stoffs. Die Annahme, dass beide Gase mit einander chemisch verbau«
den, und nicht bloss gemengt seien, ist jetzt nicht mehr znlä83ig, nach-
dem viele Analysen, die unzweifelhaft hinreichend genau sind, nach-
gewiesen haben, dass das Verhältniss nicht 20 : 80, sondern weniger ein-
Atmosphäre. 45 1
fach 21:79 sei, ein Yerhältniss, das sich vorübergehend und innerhalb
gewisser Gränzen ändern kann. Ueberdies sprechen auch alle anderen
Umst&nde gegen die Annahme, dass beide Gase chemisch verbunden
seien. Die Luft hat alle physikalischen und chemischen Eigenschaften,
das LichtbrechuDgs vermögen, die Dichtigkeit u. s. w. eines Gemenges;
es zeigen sich weder beim Zusammenbringen der Gase noch beim Hin-
wegnehmen des Sauerstoffs z. B. durch eudiometrische Mittel , irgend
Erscheinungen, die auf das Stattfinden oder Zerlegen einer chemischen
Verbindung hin schliessen liessen, indem die Luft durchaus ein ganz
anderes Verhalten zeigt als die eigentlichen Verbindungen von Stick-
stoff mit Sauerstoff, Stickoxydul u. s. w. Endlich zeigt das Verhalten
der Lull gegen Wasser, indem relativ mehr Sauerstoff als Stickstoff
absorbirt wird, unzweifelhaft, dass die Gase gemen^ sind. Wäre Lufl
eine chenusche Verbindung von 4 Vol. Stickstoff mit 1 Vol. Sauerstoff,
so müsBte das Wasser auch 4 Maass Stickstoff auf 1 Maass Sauerstoff,
oder wenn es die Verbindung zersetzte, dieselben jedenfalls in einem
anderen einfachen Verhältnisse lösen. Dies ist nun nicht der Fall, das
Waaser löst die einzelnen Gase wie immer bei Gemengen im Verhält-
niss der Löslichkeit jedes einzelnen Gases für sich, und seiner relativen
Menge; es lösen nun 1000 Wasser von reinem Sauerstoff 46, und
von reinem Stickstoff 25 Vol.; aus der Luft aber: 20,95 . 0,046 =
0,0096 Vol. Sauerstoff und 79,05 . 0,025 = 0,01976 Stickstoff; dem-
nach müssen 100 Thle. in Wasser gelöste Luft 32,5 Vol. Sauerstoff auf
67,5 VoL Stickstoff enthalten, was vollkommen mit der Erfahrung über-
einstininit (s. S. 452).
Dal ton hatte früher die Ansicht aufgestellt, dass wenn Stickstoff,
Sauerstoff und Kohlensäure mit einander nur mechanisch gemengt seien,
und nach seiner Annahme nur unter sich, nicht aufeinander, einen
Druck ausüben, mithin jedes der Gase gleichsam für sich eine Atmo-
sphäre bilde und diese einen entsprechenden Druck ausübe, so dass die
Summe daraus dem von dem Barometer angezeigten Druck entspreche,
so könne das Verhältniss der Gase sich nicht in allen Höhen gleich
bleiben, sondern müsse sich so ändern, dass die Luft in grösseren Höhen
reicher an Stickstoff, also ärmer an dem schwereren Sauerstoff und an
Kohlensäure wäre. Enthält z. B. die trockene Luft an der Erdoberfläche
78,95 Vol. Stickstoff auf 21,00 Vol. Sauerstoff und 0,05 Vol. Kohlen-
saure, und ist der Barometerstand, d. i. der Gesammtdruck der Gase
335 Pariser Linien, so berechnen sich danach folgende Verhältnisse:
so
P4
0
10000
20000
D r a c k.
Stickstoff
257,66'"
173,00
116,15
Sauerstoff.
77,09'"
49,04
31,20
Kohlen-
säure.
0,25"'
0,13
0,07
Zusam-
men.
335,00"'
222,17
147,42
Volnmenverhältnisse.
Stickstoff.
78,950
79,885
80,820
Sauerstoff.
21,000
20,070
19,140
Kohlen-
säure.
0,050
0,046
0,042
Hiemach inüsste also die Luft in 10000 Fuss Höhe 20^,7, und über
20000 Fns8 Höhe 19,1 Vol. Sauerstoff enthalten; auch der Kohlen-
Onregehalt sollte sich 7on 0,05 auf 0,042 verringern. Die Bestimmungen
29 •
4^2 Atmosphäre.
der Ga^e sind nnn hinreichend genau, um das sicher m stellen, dau
die Lnft in höheren Schichten nicht weniger Sauerstoff (Gay- Las sac,
Dumas und Boussinganlt, Martin und Bravais, Lewy), and
dass sie dort vielleicht mehr, aber nicht weniger Kohlensäure enth<
als in den unteren (Schlagintweit); so dass die Thatsachen ent-
schieden gegen die Dal ton 'sehe Ansicht sprechen.
'Die Luft wird daher jetzt allgemein als ein Gemenge angesehen.
Dass hier die Gase von verschiedenem specifischen Gewichte so gleich-
massig gemengt sind, ist theils bedingt durch das Diflfusionsvermögen
der Gase und theils durch die grosse Beweglichkeit derselben, und da-
durch dass fortwährend Strömungen nach verschiedenen Richtangen in
der Luft stattfinden.
In Wasser gelöste Luft. In Folge der Löslichkeit der die
Atmosphäre bildenden Gase in Wasser wird jedesmal, wenn Luft mit
Wasser in Berührung kommt, sich davon lösen; alles Flusswasser, das
Regenwasser, destillirtes Wasser, welches an der Luft gestanden hat,
enthält die Bestandtheile der Luft gelöst, wie oben angegeben, in
einem der Löslichkeit der Gase und ihrer relativen Menge entsprechen-
den Verhältniss. Nach Dalton enthält 1 Liter süsses Wasser 46, nach
Lewy's und Morren^s nahe übereinstimmenden Versuchen 40 C. C.
Luft; nach Schlagintweit waren in Alpbächen nur 13 bis 26 C.C.
Luft enthalten ; Salzwasser löst weniger Luft , das Meerwasser enth<
nur 20 Vol. Luft in 1000 Vol. Wasser. Die Menge wechselt nach
der Witterung, das Wasser enthält viel mehr Luft bei klarem HimmeL
Im Schneewasser fand Lampadins 38 C.C. Luft; H. Schlagintweit
fand in 1000 C.C. weissem Gletschereis 47 C.C. Luft; in blauem Glet-
schereis 29 C.C. ; im Firn 23,6 C.C. ; in frischgefaUenem Schnee 34,2 C.C.
Luft.
Genauer ist die Löslichkeit der Luft in Wasser von Bunsen be-
stimmt (s. unter Absorption Bd. I, S. 36).
Die Luft wird aus dem Wasser durch längeres Kochen vollständig
ausgetrieben, sie enthält im normalen Zustande, wenn nicht durch Ein-
wirkung von im Wasser vorhandenen Substanzen Zersetzungen stattge-
funden haben, mehr Sauerstoff als die freie atmosphärische LufL A. v.
Humboldt und Gay-Lussac fanden in der vom destillirten Wasser
absorbirten Luft 32,8 Vol. Sauerstoff; andere Analysen haben dagegen
zwischen 3 1 und 33 Sauerstoff ergeben. Der Kohlen Säuregehalt wech-
selt zwischen 2 bis 4 Procent, das übrige ist Stickgas.
Morren fand im süssen Wasser 32 Vol. Sauerstoff auf 2 bis 4 Vol.
Kohlensäure; im Meerwasser 33 Vol. Sauerstoff auf 9 bis 10 Vol. Koh-
lensäure. Lampadius fand in der Luft des Schneewassers auf 30 VoL
Sauerstoff 1 Vol. Kohlensäure und 69 Vol. Stickstoff. Saussure,
Boussingault u. A. beobachteten, dass der Schnee schon beim Schmel-
zen Luft abgiebt, die aber nur 16 bis 18 Vol. Sauerstoff in 100 ent-
hält; die in dem Schneewasser gelöst gebliebene, erst durch Kochen
ausgetriebene Luft enthält aber 32 Voluroenprocette Sauerstoff. Bi-
schof hatte gefunden, dass die aus den Eislöchern der Gletscher
sich entwickelnde Lnft nur 10,2 Vol. Sauerstoff enthält, und ebenso I
fand H. Schlagintweit in solcher Luft, welche sich beim Abfliessen
des Wassers aus den Gletschern sogleich entwickelt, 16«4 Sauerstoff auf
Atmosphäre.
453
83,6 Stickstoff; die durch Kochen aus dem Gletscherwasser ausgetrie-
bene Luft enthielt aber 29 Vol. Sauerstoff auf 71 Stickstoff^).
Von dem Erdboden absorbirte Luft. So wie das Wasser
absorbirt der Erdboden, wie fast alle starren Körper Luft, um so
mehr je poröser sie sind; die Menge der absorbirten Lnfl muss sich
hier ganz nach der Beschaffenheit der Körper ändern, und unter Um-
standen erleiden die Luftbestandtheile durch Reaction der festen Kör-
per leicht eine chemische Veränderung. Boussingault und Lewj')
haben die Luft, welche im Ackerboden enthalten ist, untersucht; sie
fanden , dass die Zusammensetzung der Luft sich in solchem Boden,
der reich an organischen Bestandtheilen ist, bald verändert, und da-
mit auch die Menge der absorbirten Luft, so dass sich hier die gröbs-
ten Verschiedenheiten in Bezug auf Quantität der absorbirten Luft und
ihre Zusammensetzung zeigen. Sie fanden folgende Resultate:
Culturart.
1000 Liter Bo-
den enthalten
Liter einge-
schlossene
Luft.
100 Vol. Luft enthalten
ia
ia
o
o
«j
*•
00
a
Sl
M
SJ
c
s
•ö
rf
09
Leichter Sandboden , frisch
gedüngt
I>enelbe, frisch gedüngt, kurz
nach Regen
Derselbe, lange vorher gedüngt
Sehr sandig
Sandig mit viel Steinen . .
Lehmiger Untergrund des
vorigen
Sudiger Untergrund des vo-
rigen
Stndboden, lange vorher ge-
düngt
Saadboden, frisch gedüngt .
„ vor acht Tagen
gedüngt
Gmbe mit Holzerdc ....
Thoniger Muschelkalk, lange
vorher gedüngt
Thoniger Muschelkalk, lange
vorher gedüngt
Schwerer Thonboden . . .
Pmchtbar, feucht
Palmentreibhauserde . . .
Dieselbe, zwei Tage vorher
begossen
Gelbe Rüben
Weinberg
Wald
Spargeln
9>
Runkelrüben
Luzerne.
Topinambour
Wiese
235,3
232,4
282,4
117,6
70,6
88,2
223,5
420,6
235,3
220,6
205,9
161,8
361>8
2,2
9,7
0,9
1,1
0,9
0,5
0,2
0,7
0,8
1,5
3,6
0,9
0,8
0,6
1,8
1,0
1,1
10,3
19,5
19,7
19,6
19,0
19,4
18,8
16,4
19,7
20,0
20,0
19,4
19,7
19,0
79,9
79,6
79,2
79,5
80,3
79,8
79,7
80,0
79,4
79,2
79,4
78,8
79,8
79,9
Die Atmosphäre des Bodens ist also besonders reich
selbst aas dem lange Zeit nicht gedüngten Boden enthalt
an Kohlensäure,
sie 20mal mehr
*) A. V. Humboldt et Gay-Lussac, Jonrn. de phys. T. LX, p. 129. —
Bischof, Schveigg. Journ. Bd. XXXVII, S. 266. — Lampadius, Joum. f. prakt.
Ch«m. Bd. X, 8. 78. — Boussingault, Annal. de rhim. et phys. [2.] T. LXXVI,
p. 854.» H. Schlagintweit, Pogg. Annal. Bd. LXXX, S. 177; Pharm. Centralbl.
1860, 8.757.— •) Annal. de chim. et phys. [8.] T. XXXVII, p. 5; Journ. f. prakt,
Chcm. Bd. LVIU, S. 841; Pharm. Centralbl. 1858, S. 22.
454 Atmosphäre.
als die Luft; dagegen Dimmt der Saner^toflTgehalt ab in dem Maasse aia die
Kohlensäure zunimmt, denn letztere hat sich hier offenbar durch Ver-
wesung des Kohlenstoffs im Humus gebildet; 1 Vol. Sauerstoff bildet
bekanntlich fast genau 1 Vol. Kohlensäure; das Volumen der Kohlensäure
und des Sauerstoffs zusammen ist immer um etwas geringer als 20,9 ;
ein kleiner Theil des Sauerstoffs ist also wohl auch zur Verbrennung
des Wasserstoffs im Humus verwendet.
Die atmosphärische Luft nimmt nun Oberhaupt den wesentlichsten
Antheil an den meisten chemischen , Processen , die auf der Erde vor
sich gehen, sowohl an denen der anorganischen wie der organischen Kör-
per, der Thiere wie der Pflanzen, der lebenden Wesen wie der abge-
storbenen. Den wichtigsten Antheil an den chemischen Processen von
den Elementen der Luft nimmt zunächst der Sauerstoff. Schon Mayow^
und Willis hatten die Ansicht ausgesprochen, dass Verbrennung und
Respiration einander ähnliche Processe seien, und dass hierbei nur ein
Bestandtheil der Atmosphäre wirke; Black hatte erkannt, daas beim
Athmen sich Kohlensäure bilde, Lavoisier hatte zuerst bestimmt ge-
zeigt, dass der Sauerstoff der Luft beim Athmen fortgenommen werde.
Dasselbe findet nun auch statt beim Verwesen wie beim Verbrennen
organischer Körper, so wie bei der Oxydation anorganischer Stoffe bei
gewöhnlicher wie bei höherer Temperatur. Die Verwesung und die
Verbrennung organischer Substanzen, der Athmungsprocess , der Ver-
witterungsprocess und viele Röstoperationen alles sind Oxydations-
processe , welche den Sauerstoff der Atmosphäre verzehren.
Die Menge des Sauerstoffe, welche der Mensch conaumirt, ist
nach Alter und Geschlecht verschieden (s. Athmen); bei Erwachse-
nen enthält die ausgeathmete Luft in 100 Vol. 8 bis 5,5 Kohlensäure,
zwischen 17,5 und 15 Sauerstoff und etwa 79 Stickstoff; nach Lavoi-
sier und Davy braucht ein Erwachsener pr. Stunde etwa 40 Grm.,
nach Dumas 27 Grm. Sauerstoff, das ist nahe 27, resp. 18 Liter Sauer-
stoff, oder etwa 130, resp. 90 Liter Luft, vorausgesetzt, dass der Sauerstoff
derselben vollständig con.«umirt wird; nach Scharling beträgt der ein-
geathmete Sauerstoff 22 Liter oder Luft 105 Liter. Ob ausser Sauer-
stoff auch Jod aufgenommen wird, wie Chatin angiebt, oder ob das
Volumen des Stickstoffs hier eine Veränderung erfährt (Boussin*
ganlt; Regnault und Reiset s. S. 408), kommt hier nicht wesent-
lich in Betracht. Durch das Athmen wird der aufgenommene Sauerstoff
grösstentheils in Kohlensäure umgewandelt und ansgeathmet, deren
Volumen also dem des verschwundenen Sauerstoffs gleich sein moss.
Nach Versuchen von Andral und Gavarret*) wie nach denen von
Brunner und Valentin athmet ein Erwachsener in der Stunde nahe
21 Liter Kohlensäure aus; nach Scharling beträgt die Menge 18,5 Liter.
So wie nun die Respiration der Menschen und Thiere, consumirt
auch das Verbrennen unserer Heiz- und Leuchtmaterialien Sauerstoff, und
es erzeugt sich dafür hauptsächlich Kohlensäure; 1000 Grm. lufttrocke-
nes Holz verzehren 1000 Grm. Sauerstoff von etwa 3000 Liter Luft,
und geben etwa 720 Liter Kohlensäure.
1000 Grm. Fett (Unschlitt, Oel, Wachs u. dergl.) brauchen an
3000 Grm. Sauerstoff entsprechend gegen 10000 Liter Luft, und pro-
duciren etwa 2000 Liter Kohlensäure.
») Annal. de chim. et de phya. [8.] T. VIII, p. 129.
Atmosphäre.
455
Man sieht, üass der Verbrauch an Sauerstoff bei den gewöhnlichsten
Processen nicht gering ist; gehen dieselben in einer beschränkten At-
mosphäre vor sich, wie z. B. in einem Zimmer, wo mehrere Men-
sehen sich aufhalten, Kerzen brennen u. s. w. , so müssen 8olche Ver-
ändeningen leicht nachweisbar sein durch die Veränderung in der
Zusammensetzung der Lui't, besonders da ein erwachsener Mensch in
der Stunde, nach Seguin, an 40 Grra. Wasserdampf ausscheidet, und
ausserdem flüchtige organische Substanzen, die bei Anhäufung in ge-
schlossenen Bäumen, Schulzimniern u. dergl. dem Geruch leicht be-
merkb^ werden. Aeltere Versuche in Hörsälen, in Theatern u. s. w.
die Abnahme des Sauerstoffs durch den Versuch nachzuweisen, konnten
wegen der mangelhaften Methode nur durchaus ungenügende Resultate
geben. Später hat Leblanc^) solche Verbuche wiederholt, und dabei,
indem er den Sauerc'toff nach der Methode von Dumas und Boussin-
gault bestimmte, folgende Resultate erhalten:
Hürsaul in der Sorbonne (vor der Vorlesung)
^ „ ,, ,, (nach der Vorlesung)
Schlafsimmer mit einem Kamin (Morgens) . .
Fmientaal in Notre-Dam« du Kofluaire (Mor-
gens ö thr, Winter)
Schlafj^cmach in der Salpetribrc (Sectinn der
epileptischen Irren)
Schlafffemach in der Salpetribre (Dachzimmer
für unheilbare)
Kiiulerbewahran«$tah
Saal einer rriinärschule (mit Ventilation auf
1080 Cubikmcter Luft in der Stunde bei 721
Cubikmeter Kauminhalt des Zimmers) . . .
Derselbe Schulsaal (mit etwa Vs so starker
Ventilation)
Derselbe Saal (ohne Ventilation)
Die Luft ward immer untersucht, nach-
dem 180 Knaben und Mädchen vier
Stunden dort zugebracht hatten.
Deputirtenkammer (vollständige Ventilation) . .
Komische Oper, Parterre 1 Meter über dem
BcKlen
I)a»elbst, in den höchsten Logen unter der
Decke
Pferdestfall in der ^cole militaire (mit schlecht
sehlicssenden Tbüren und Fenstern) . . . .
In Schlafzimmern und Casernen
Hörsaal, Luft vom Boden
„ von der Docke
Pferdestall, Luft vom Boden
,, „ von der Decke
In 100 Vol. trockener Luft
Sauerstoff.
Stickstoff.
Kohlen-
säure.
^
20,3
19,9
20,7
79,3
79,4
79,04
0,4
0,7
0,26
2U,C
; 9,ß
0,2
20,4
79,2
0,4
20,4
20,G
79,07
79,22
Ö,08
0,18
20,0
—
—
—
0,3
0,57
- —
0,1Ö
—
--
0,15
—
—
0,20
20,1
79,2
0,7
0,3 bis 0,8
20,1
19,8
19,4
20,0
79,35
79,58
80,05
79,48
0,55
0,G2
0,55
0,52
») Annal. de dum. et phys. [3.] T. V, p. 223, T. XXVU, p 878; Annal. d.
Cbem. a. Pharm. Bd. XLIV, S. 218; Pharm. Centralbl. 1850, S. 93.
456 Atmosphäre.
Die letzten beiden ünterBuchungen sind von Lassaigne^) ange-
stellt ; die erstere der beiden mit Luft aus einem kleinen gut geschlosse-
nen Hörsaal, in dem 55 Menschen 1 V^ Stunden geathmet hatten ; die lelsfcs
Untersuchung mit Luft aus einem kleinen gut geschlossenen Pferdestall.
Danach ist in Wohnräumen die Abnahme von Sauerstoff allerdings
bemerkbar, noch auffälliger ist die Zunahme der Kohlensäure, die hier
also von 0,04 Vol. auf 0,70 und 0,80 Vol. steigt. Nach Pettenkofer
beträgt der Kohlensäuregehalt in Wohnräumen, wo man noch kein BedÖrf*
niss des Luftwechsels fühlt, zwischen 0,055 und 0,087 Vol., im Mittel
0,07 Vol. in 100. — Sobald der Gehalt an Kohlensäure in einem hewohn-
ten Raum 0,1 Froc. beträgt, wirkt die Luft auch schon auf den Geruch.
In überfüllten Räumen, wo längere Zeit viel Menschen dicht zasammenge-
drängt sind, so in einem überfüllten Hörsaal Liebig^s, in dem 800 Men-
schen mehrere Stunden waren, in überi'üllten Wirthschaftslocalen u. dgl.,
steigt der Gehalt an Kohlensäure selbst auf 0,25 bis gegen 0,4 Vol. Kohlen-
säure in 100. In überfüllten, dichtgeschlossenen Schlafsälen soU die
Kohlensäuremenge selbst noch höher steigen. In Räumen, in welchen die
Luft einen solchen Gehalt an Kohlensäure zeigt, fühlen wir das Athmen
beschwert, der Aufenthalt dort ist selbst für kurze Zeit lästig, und ei
ist nicht zu bezweifeln, dass bei längerem Aufenthalt sich hier nach-
theüige Folgen für die Gesundheit zeigen. Diese Erscheinungen sind
wohl nur zum Theil durch den grösseren Gehalt an Kohlensäure, aber
wesentlich auch durch die grössere Masse Feuchtigkeit und die flüchti-
gen organischen Substanzen in der ausgeathmeten Luft veranlasst, und
in so fern als deren Menge annähernd proportional ist der Kohlensfture-
qnantität, giebt die letztere ein Maass ab für die Brauchbarkeit einer
eingeschlossenen Atmosphäre für den Aufenthalt von Menschen.
Leblanc fand in den Schlafzimmern der Casernen iin Mittel in
einem Cubikmeter Luft 8,1 Grm. Wasserdampf; mit Feuchtigkeit ge-
sättigt würde die Luft 10,5 Grm. Wasser enthalten haben, während
die äussere Luft nur 3,3 Grm. Wasser enthielt. Das Vorhandensein
von organischer Substanz in dieser Luft zeigt sich in ihrem Verhalten
gegen Silber- und Goldlösung; wird das in solchen Räumen an den
Fenstern oder an kalten Gegenständen condensirte Wasser gesammelt,
so geht es in Folge des Gehalts an organischer Substanz bald in Pänl-
niss über.
Die Abnahme an Sauerstoff und Zunahme an Kohlensäure in der
Luft bewohnter Räume ist ungleich geringer, als sie sein würde, wenn un-
sere Zimmer luftdicht verschlossen wären; aber nicht nur durch die Spalten
der Thüren und Fenster, sondern in grösserem Maassstabe noch durch die
Wände selbst, welche nach Pettenkofer 's Versuche, (mögen sie von
Backstein oder von natürlichem Stein sein, mit Mörtel beworfen oder
nicht), im trockenen Zustande in hohem Grade porös sind, findet
ein fortwährender Austausch zwischen den Bestandtheilen der einge-
schlossenen und der äusseren Atmosphäre statt; wir haben durch diese
Porosität also eine natürliche Ventilation unserer Wohnräume, die für
gewöhnliche Wohnräume ausreicht, aber nicht hinreichend ist för
Schulen und überhaupt für solche Räume, wo eine grosse Menge Men*
sehen längere Zeit zusammen sich aufhalten.
*) Joura. de chim. m^. [8.] T. ü, p. 477 et 761; PharoL Geotimlbl. 1S47,
S. 88.
Atmosphäre. 457
Nach Yermichen mass die Menge der durch Ventilation zugefuhr-
ien Luft in Krankheiten, wo sie gut and geruchlos bleiben soll, 60
Gobikmeter für den Kranken und die Stande betragen, d. i., da ein
Meniieh in ^ der Minate im Durchschnitt 5 Liter Luft ausathinet, genau
das 200fac1ie der ausgeathmeten Luft (Pettenkofer).
Bei den Verbrennungsprocessen wird nan wie beim Athmen Sauer*
Stoff verwendet^ es bildet sich hier Kohlensaure , oft viel Kohlenoxyd,
and auch wohl etwas Kohlenwaäserstoffl Ebenso wird auch durch die Ver-
wesang^ der organischen Substanzen, wie sich an der Luft im Erdboden
aeigt, Kohlensäure erzeugt, und endlich wird beim Verwittern vieler
Mineralsubstanzen , Kiese u. s. w. Sauerstoff absorbirt ; in dem Stollen
einer Brannkohlengrube zu Zserchen bei Halle enthält die Luft am
EiDgange 20,9 Vol. Sauerstoff, während seine Menge beim Hineinge-
kea in den Stollen abnahm, und vor Ort, d. i. an den Arbeitsstellen,
nur 16,2 Vol. betrug; umgekehrt nahm der Kohlensäuregehalt auf 0,2
Volon) zu.
Der Btickstofi* der Luft verhält sich viel indifferenter, man hat
oll ang^enommen , dass er kaum eine Verändening erleiden könne;
Beg^naalt and Beiset geben als Bejultat von Versuchen an, dass
die vrarmblötigen Thiere zuweilen Stickstoff entwickeln, zuweilen ihn
aber aneh absorbiren ; der entwickelte Stickstoff beträgt meistens weni-
ger alu 1 Proc. vom Gewichte des verzehrten Sauerstoffs (s. S. 408).
Sehdnbein giebt an, dass wenigstens das Ozon der Luft sich un-
ter Einflnss von Basen mit dem Stickstoff zu Salpetersäure vereinige.
Aach ninunt man an, dass die Salpetersäure, welche wir im Gewitter-
ragen finden, aus den Elementen der Luft unter Einfluss der Elektrici-
tü entstehe. CloSz^) giebt an, dass aus atmosphärischer Luft, die
dnrch eine Lösung von Kali, dann Aber Schwefelsäure geleitet
Tj bei längerer Berührung mit verschiedenen porösen Körpern, wie
BtoMStein, Thon und Kreide n. s. w. , bei Gegenwart von Alkali sich
salpeleraaures Salz bildet. Nach Ville's *) Untersuchungen stellt er
entschieden die Behauptung auf, dass die Pflanzen auch den freien
SdekstofT der Atmosphäre aufnehmen und ihn in Salpetersäure ver-
wandeln, welche dann zur Ernährung der Pflanzen verwendet wird.
Boussinganlt ') hatte aus seinen Versuchen den Schlnss gezogen,
dass die von ihm antersuchten Pflanzen keinen freien Stick iitoff assimi-
Kren. Chevreul *) behauptet in einem Bericht über Ville's Ver-
soehe an die Akademie die Bichtigkeit der Assimilation des freien
6tißks(ofrs,und Ville^) hat dnrch spätere Versuche seine früheren An-
gaben bestätigt und vervollständigt.
Bndlich erleidet auch noch die Kohlensäure der Atmosphäre eine Ver-
iodemn^ durch Einwirkung der lebenden Pflanzen (s. S. 405), welche sie
aufnehmen und unter Einfluss des Sonnenlichtes zerlegen, indem sie sich
den Kohlenstoff aneignen, und den freien Sauerstoff ausscheiden. Greine
Blätter, besonders fleischiger Pflanzen (von Agave ofTimcona, von Sem-
-Arten) in Kohlensäure haltendes Wasser gebracht, entwickeln
>) CoBtpt. Tend. de Vaoad. T. XLI, p. 985; Pharm. Centralbl. 1855, S. 818.
^ Compt. rend. de Vacad. T. XXXI, p. 578; T. XXXIV, p. 464 et p. 650;
T. XXXYIH, p. 705 et p. 728. — ■) Annal. de chim. et phye. [8.] T. XLI, p. 5;
C<impt. rend. de I'acad. T. XXXYIII, p. 680 et p. 717. — *) Compt. rend. de
Faead. T. XLI, p. 757. — *) Amial. de chim. et pby». [8.] T. XLIX, p. 168; Chem.
CcntnlbL 1866, 8. 632.
458 Atmosphäre.
im Sonnenlicht kleine Bläschen von reinem Sauerstoff. Ob der Was-
serdampf durch die Pflanzen in ähnlicher Weise unter Abscheidonig
von Sauerstoff zersetzt wird, ist nicht nachgewiesen, aber nicht un-
wahrscheinlich.
Dieselbe Veränderung wie die freie Atmosphäre erleidet nun diejenige
Luft, welche im Wasser gelöst enthalten ist; der Sauerstoff derselben
dient den im Wasser lebenden Thieren zum Athmen, im luftfreien
Wasser ersticken sie schnell. Der Sauerstoff wird weiter auch von den
todten Thier- und Pflanzenkörpern aufgenommen, welche damit Koh-
lensäure bilden, die ihrerseits wieder von den im Wasser lebenden
Pflanzen bei Einfluss von Sonnenlicht zersetzt wird unter Abscheidong
von Sauerstoff; bei lebhafter Vegetation im Wasser bemerkt man daher
oft starke Entwickelung von Sauerstoff und zwar in süssem Wasser
wie im Meerwasser.
Im ruhigen Meerwasser stehende Algen bedeckten sich unter Ein-
fluss von directem Sonnenlicht mit kleinen Luftbläschen, welche 55
Proc. Sauerstoff enthielten; die in den Knoten der Algen selbst enthal-
tene Luft enthielt Morgens 17 Proc, bei Sonnenlicht 36 Proc. Sauw*
Stoff (Aim^O.
Ausgedehnte Untersuchungen über den Einfluss des Lichtes und dar
organischen Substanzen auf die Zusammensetzung der im Wasser en^
haltenen Luft sind von Morren^) angestellt. Er fand, dass der Sauer-
stoffgehalt in süssem Wasser bei Gegenwart einer grünen organischen
Materie (nach ihm nicht Conferven, sondern ein Thier, EmcheUs monadma
virescens subsphäricd) je nach Einfluss des Lichtes und der Temperatur
wechsele^ und ebenso in umgekehrtem Verhältniss zum Sauerstoff sich
die M'enge der Kohlensäure ändere; das Wasser enthielt im normalen
Zustande in 100 Luft etwa 4 bis 6 Vol. Kohlensäure und 30 bis 32
Vul. Sauerstoff. Bei hellem Sonnenlichte stieg der Sauerstoff hier über
50 bis 56 Proc, selbst bis zu 61 Proc, während die Kohlensäure
2 bis 8 Vol. betrug; der Sauerstoffgehalt ist des Morgens am geringsten,
Nachmittags am grössten, er betrug so z. B. 9. August, 7 Uhr Morgen«
24 Proc, Abends 5 Uhr 60 Proc; Kohlensäure Morgens 6, Abends
1 Proc Nach kaltem Wetter verschwindet oft schnell die grüne Sub-
stanz und dann steigt der Kohlensäuregehalt der Luft im Wasaer ad
mehr als 20 Proc, während der Sauerstoffgehalt unter 20 Proc. fällt;
solche Atmosphäre wirkt dann für das thierische Leben tödtlich. —
Die Luft im Meerwasser erleidet ganz analoge Veränderungen, wie die
im süssen Wasser, doch sind diese deutlicher bemerkbar bei ruhigeoi
Wetter als bei Wind. Der Sauerstoffgehalt in 100 Vol. Luft im Me^-
Wasser wechselt nach der Stärke des Lichtes zwischen 31 und 89 Proc:
da aber das Meer bei klarem Wetter viel mehr Luft gelöst enthält als
bei trübem, so enthält 1 Liter Meerwasser von 5,4 bis 9,7 C.C. Sauer-
stoff je nach der Stärke des Lichtes; in einem eingeschlossenen mit See-
Wasser gefüllten Graben enthielt 1 Liter Wasser sogar je nach der Stärk«
des Sonnenlichtes 4 bis 14 C. C. Sauerstoff. Ans dem sehr saaerstoff-
reichen Wasser geht ein Theil dieses Gases natürlich durch Diffusion in
die Atmosphäre, und bei ruhigem Wetter enthält daher die Luftschicht
unmittelbar über dem Wasser 23 bis 24 Vol. Sauerstoff.
') Annal. de chim. et de phys. [3.] T. TT, p. 56. — *) Annal. de chim. «t de
phv8. [8.]T. I, p. 466, T. XII, p. 6; Berzelius' Jahrcaber. Bd. XXIl, S. 226, Bd.
XXV, S. 61.
Atmosphäre. 469
Der Sauersteffgehalt der Luft im Wasser nimmt ab mit den le*
benden Pflanzen, und verschwindet endlich, indem er durch die Thiere
wie darch die todten Pflanzen zur Kohlensäurebiidung verbraucht wird;
mit dem Verschwinden der lebenden Pflanzen hört daher aach alsbald
das ihierische Leben im Wasser auf.'
Wir sehen also in der eigentlichen Atmosphäre, wie in der im
Wsksaer gelösten Luft , die gleiche Beziehung zwischen Thier, Pflanze
und atmosphärische Bestandtheile. Die Pflanze entzieht der Atmosphäre
die Kohlensäure und führt ihr Sauerstoff zu.
Leblanc fand in einem Treibhause:
Sauerstoff Kohlensäure Stickstoff
Abends 20,80 0,0 79,2
Morgens 20,74 0,06 79,2
Das Thier consumirt die Pflanze, und verwandelt den Kohlenstoff
derselben durch atmosphärischen Sauerstoff in Kohlensäure; ohne die
Pflanze vrörde der Sauerstoff der Atmosphäre nach und nach in Kohlen-
siare verwandelt und dadurch das thierische Leben unmöglich gemacht
sein, ^e dies schnell in der eingeschlossenen Atmosphäre des Wassers der
Fall ist. Das Bestehen der Pflanzenwelt kann daher ohne thierisches
hehen gedacht werden, umgekehrt ist aber das thierische Leben an die
Pflanze gebunden. Die Cnltur macht daher Gegenden bewohnbar, und
mit AnfhÖren der Cultur werden bisher bewohnte Gegenden bis zu
dnem gewissen Grad unbewohnbar. Der Kohlenstoff macht also einen
Kreislanf ; aus der Atmosphäre geht er in die Pflanze, von dort in den
Tliierkörper, und von hier gelangt er in die Atmosphäre zurjick. Wir haben
nun in der Atmosphäre eine gewisse Menge Kohlenstoff als Vorrath, der
die Zunahme der lebenden Wesen, Pflanzen und Thiere, möglich macht,
aber nur bis zu einem gewissen Grade. Es treten hier aber noch andere
Quellen auf, welche das Quantum an Kohlenstoff auf unserer Erdober-
£ftche beständig vermehren. Verschiedene Thatsachen. lassen uns nicht
zweifeln, dass in einer früheren Periode der Erdbildung, zu einer Zeit
als noch kein Thier die Erde bewohnte, eine durch eine höhere Tem-
peratur begünstigte üppige Inselvegetation die freie Erdoberfläche be-
deckte; Pflanzen von für die Jetztzeit colossalen Dimensionen fan-
den den ihnen nöthigen Kohlenstoff in der sehr kohlensäurereichen At-
mosphärey nach dem Absterben gelangte nur ein Theil des Kohlenstoffs
derselben als Kohlensäure wieder in die Atmosphäre zurück ; ein grosser
Tbeil ward im Inneren der Erde in der Form von Anthracit, Steinkohle
und Brannkohle aufgespeichert, in ähnlicher Weise wie wir noch heuti-
gen Tages Torf sich bilden sehen ; für jeden Cubikfuss Kohle (von der
Beschaffenheit der Splintkohle von Newcastle), welche sich ablagerte,
wurden der Luft 1800 Cnbikfuss Kohlensäure entzogen, und dafür eben
9o viel Sanerstoffgas zugeführt (Liebig). Dadurch ward die Atmo-
sphäre also nach und nach ärmer an Kohlensäure, aber reicher an Sauer-
stoff, und so konnte die Erde für Thiere und zuletzt für den Menschen
bewohnbar werden. Wenn wir jetzt diese Kohlenlager verbrennen, so
stellen wir die Kohlensäure her, die in früheren Zeiten der Erdbildung als
solche in unserer Atmosphäre war, und wir machen es dadurch mög-
«lieh, dass die Pflanzenmasse auf der Oberfläche sich entsprechend ver-
mehrt, wodurch dann auch die Zunahme der Thierwelt ermöglicht
wird. Wenn wir endlich noch bedenken, dass auch Kohlensäure in
grosser Menge, theils in Folge vulkanischer Thätigkeit, theils aus un*
460 Atmosphäre.
bekannten Quellen aus dem Inneren unserer Erde dringt, so könna
wir annehmen, dass die Zahl der Erdbewohner, der Pflansen um
Thiere, noch fortwährend wachsen kann und wird.
Die Frage, ob die Menge des atmosphärischen Sauerstoffs in Folg«
der bedeutenden Consumtion nach und nach sich verändere , lässt sie]
für jetzt experimentell nicht entscheiden , was sich aufs überseugendsti
aus den Zahlen verhältniseen erkennen lässt, die Poggendorffin fol
gender Weise zusammenstellt Das ganze Volumen der trockenen At
mosphäre lässt dich = 9307500 Cubikmeilen annehmen; der Saaer
BtoflT für sich wäre = 1954570 Cubikmeilen, das ist ein Cubus ▼<»
etwa 125 Meilen Seite, wonach das Gewicht des letzteren etwa l Tril
Hon Kilogrm. betrüge (nach Marchand berechnet sich sein Gewich
höher, nämlich zu 1,2 Trillion Kilogrm. s. S. 423).
Ein erwachsener Mensch verzehrt, nach den Angaben von La
voisier und Davy, in 24 Stunden etwa 45000 Pariser Gubikzol
=: 26,04 Cubikfuss Sauerstoff, im Jahre also 9505,2 Gubikfoss. I>v
gesammte Menschheit zu 1000 Millionen angeschlagen, verbraucht hier
nach in einem Jahr 9,505200,000000 Cubikfuss, oder, da eine Cabik<
meile 11,919500,000000 Cubikfuss ist, nicht mehr als 0,7975, das is
nicht ganz 0,8 Cubikmeile. Lebten immer 1000 Millionen erwachsenei
Menschen auf der Erde, und konnten sie den jetzt vorhandenen Sauerstof
bis auf das letzte Atom verzehren, so würde dieser für 2451000 Jahn
ausreichen. Wäre seit Adam's Zeiten immerfort die gleiche Anzak!
Menschen dagewesen, so würden sie bis jetzt nicht einmal V400 ^^
Sauerstoffs verbraucht haben, das ist eine Grösse, die sich unseren An»'
lysen entzieht. Ein einziges Zehntelprocent des atmosphärischen Santf"
Stoffs reicht hin, das gesammte Menschengeschlecht vielleicht auf. lOOOO
Jahre mit Sauerstoff zu versorgen. Wenn nun auch der zum Athmea
der Thiere, zu Verbrennungen u. s. w. verwendete Sau^^toff das Neun*
fache beträgt, so würde die Abnahme in 1000 Jahren erst ein Zehntel-
procent, oder in 10000 Jahren ein Procent betragen.
unsere ältesten brauchbaren Analysen sind kaum 50 Jahre alt;
dass sie nicht im Stande wären, eine verhältnissmässige Abnahme dea
Sauerstoffs in der Atmosphäre nachzuweisen, selbst wenn die Pflansen
nicht zu gleicher Zeit auch wieder Sauerstoff regenerirt hätten, fod
wenn selbst der Verbrauch an Sauerstoff auf 1 Proc. in 1000 Jahres
stiege, ist nach dem Vorigen klar, da man trotz der vervoUkommnetei
Uülfsmittel der neuesten Zeit den Sauerstoff doch nicht auf 0,0001 g»
nau bestimmen kann.
Da der der Atmosphäre entzogene Sauerstoff grösstentheils in Kok
lensäore verwandelt wird und 1 Vol. Sauerstoff fast genau in 1 Vol. Kokt
lensäure übergeht, so fragt sich, ob vielleicht der Kohlensäuregehalt dtf
Luft eine Veränderung erfährt. Die Gesammtmenge der Kohlensäure il
der Atmosphäre, nach Saussure dieselbe im Mittel zu 0,0004 Voll
angenommen, berechnet sich zu 3862 Cubikmeilen (Poggendorff)!
durch das Athmen der Menschen, ihre Anzahl zu 1000 Millionen s^
geschlagen, würden jährlich nicht ganz 0,8 Cubikmeilen Kohlensäore «^
zeugt ; nimmt man nun die durch Verbrennung und Verwesungspi
durch das Athmen der Thiere erzeugte, und aus anderen Quellen s
mende Kohlensäure, freilich ganz willkürlich, nahe I2mal so hoch,
beträgt die jährliche Erzeugung an Kohlensäure in runder Zahl 10 Cubi
meilen, und in 386 Jahren müsste dann der Kohlensäuregehalt der
r
I Atome. 461
aaospb&re sich verdoppelt haben. Wir haben nan, wie gesagt, Ursache
waznnehmen , dass dies nicht geschieht, dass sogar der Kohlensäure-
, ^iialt der Atmosphäre einst ein grösserer war; ob er sich jetzt noch
I Tenmindert, wir wbäen es nicht ; jedenfalls ist aber der Vorrath an
I Kohlenstoff in der Atmosphäre in der Form von Kohlensäure nicht so
1 gering , wie es erscheint wenn man seine relative Menge mit der des
i Stickstoffs und Bauerstoffs vergleicht; denn die Atmosphäre enthält
mehr ala 1400 Billionen Kilogramm Kohlenstoff, das ist mehr als das
Gewicht aller Pflanzen, aller bekannten Stein- und Brannkohlenlager
nsammengenommen (Liebig). Danach können wir uns bei dem Ge-
danken beruhigen , dass die verschiedenen Processe in entgegengesetz-
I ter Kichtung auf die Bestandtheile der Atmosphäre einwirken, und dass
die Sch^vrankung nach einer oder der anderen Seite, so bedeutend sie
iimner an und ffir sich sein mag, gegenüber dem grossen Quantum der
Atmosphäre doch in Jahrtausenden sich kaum bemerklich machen kann.
Fe.
Atome. Ueber die innere Beschaffenheit der Körper haben
•ich zweierlei Ansichten gebildet. Nach der einen ist die Materie bis
ins Unendliche tbeilbar und erföUt den Raum mit Stätigkeit; nach der
I anderen ist die Theilbarkeit begrenzt und die RanmerfüUung eine un-
i tcrbrochene. Die letzten nicht weiter theilbaren Theilchen, aus wel-
ken, nach der zweiten Ansicht, die Materie zusammengesetzt ange-
nommen wird, nennt man Atome (von aTOfto^, ein Un,zerschneid-
bares) und die Ansicht selbst die Atomistik oder Corpuscnlar-
philosophie (^AtomUtica^ PhüoBophia corptucularis). Die Atomistik
ist sehr alt. Schon Moschus aus Sidon, mehr ah 1100 Jahre vor
nnserer Zeitrechnung, soll sie aufgestellt haben; dann findet man sie
bei Anaxagoras, Leucipip, Demokrit, Epikur, durch das ganze
Mittelalter hin, bis herab zu Descartes, Gassen di, Newton, Le
Sage nnd unseren Zeiten. Noch heut zu Tage ist die Mehrzahl der
NatorfoTScher dieser Vorstellung zugethan , wenn gleich man es längst
för eine müssige Beschäftigung erkannt hat, ihr so weit nachzugehen,
wie die Alten, welche durch die den Atomen beigelegten Formen alle
iiiÖ|i?lichen Eigenschaften der Körper, selbst die Einwirkung derselben
auf nnsere Sinne, wie z. B. Geruch und Geschmack, zu erklären suchten.
Im Allgemeinen denkt man sich nach dieser Ansicht, die Kör-
per als bestehend aus starren, schweren, trägen, beweglichen, absolut
harten nnd undurchdringlichen Theilchen von zwar äusserst kleiner,
aber verschiedener Grösse, die einander nicht berühren. In älteren
Zeiten nahm man die Masse aller Atome als gleich an und erklärte
die Verschiedenartigkeit der Materie bloss aus der verschiedenen Zu-
tammenldgung der Atome. Seitdem, durch die Fortschritte der Chemie,
die qualitative Verschiedenheit der Körper in ein helleres Licht gestellt
worden» hat man diese Verschiedenheit auf die Atome selbst übertra-
gen j und letztere nur zur Erklärung gewisser Eigenschaften ange-
wandt, namentlich der Farbe, Dichtigkeit, Elaaticität, Zusammendrück-
barkeit, der Aggregatzustände, der Krystallform u. s. w., wobei indeps
die Vorstellung beibehalten blieb, sie hätten, durch Wirkung von Ab-
stossnngskräften, verschiedene, aber in Bezug auf ihre eigene Grösse
immer noch bedeutende Abstände von einander, und wären bei starren,
namentlich krjstallisirten Körpern auf verschiedene Weisen symme-
trisch angeordnet. Die grosse Entdeckung, dass sich die Stoffe so-
462 Atome.
wohl dem Gewicht als dem Räume nach in festen und mehriachi
Verhältnissen mit einander verbinden, hat endlich eine wesentlicl
Umgestaltung der Atomistik herbeigeführt, nämlich auch die Ai
nähme von einfachen und zusammengesetzten, von ganzen und gi
theilten Atomen veranlasst, durch welche denn die ursprüngliche B*
deutung des Wortes Atom gänzlich aufgehoben ist. Diese neu«
Atomistik belegt man, zur Unterscheidung von der älteren, mit dai
Namen Atomtheorie. (S. d. Art.)
Die beiden entgegengesetzten Ansichten von der inneren Beschaffet
heit der Materie haben noch in neueren Zeiten zu lebhaften Streitigke
ten Anlass gegeben, und während die Anhänger der einen mit einer S
cherheit von Atomen reden, wie wenn sie solche gesehen und betaal«
hätten, glauben die Vertheidiger der anderen schon ihrer Vernunft e
was zu vergeben, wenn sie nur das Wort Atom in den Mund nehm«
Das Richtige mag auch hier, wie bei vielen anderen Dingen, in di
Mitte liegen. Gewiss ist die Annahme einer begrenzten Theilbarke
der Materie, aus welcher die der Atome entsprang, eine rein hypoth<
tische, die, bis aufs äusserste verfolgt, zu mancherlei Widersprüche
führt und häufig auch nicht mehr erklärt, als was man schon hineii
gelegt hat. Aber andererseits ist auch gewiss, dass noch Keiner m
eine bestimmte und einigermaassen genügende Weise von den EigM
Schäften und Erscheinungen der Körper im Speciellen Rechenschal
gegeben hat,* ohne nicht von Theilchen zu sprechen imd diese, so wi
deren ßeschaffenheit als gegeben vorauszusetzen. Lässt man es dalü
gestellt, ob die Theilchen, die man annimmt, die letzten unendliel
kleinen untheilbaren Theilchen, die Grund- oder Urtheilchen, kor
die wahren Atome seien, erinnert man sich stetd, dass die Annahw
solcher Theilchen, wie gefällig sie sich auch manchmal darbieten rn«g
immer nur Hypothese ist, — wie vor der Hand Alles, was die inner
Constitution der Körper betrifft, — so kann man auch von Atomei
reden, und in der Regel wird man sich bei den damit verknOpftei
Vorstellungen, wenn sie auch blosse Bilder sind, mehr befriedigt fühlen
als bei den sogenannten dynamischen Erklärungen, welche die Schwie
rigkeiten nur umgehen, nicht heben, und, da sie gewöhnlich im Vn
bestimmten schweben bleiben , fast nie einer Anwendung auf speciell<
Fälle fähig sind. In allen Fällen übrigens, wo die nähere Betrach*
tung der inneren Constitution der Körper ausser Spiel bleibt, ist ei
ganz überflüssig, von Atomen zu reden. Das, was z. B. der Chemikei
für gewöhnlich ein (chemisches) Atom, ein Atomgewicht nennt, I8<
nicht ein einzelnes (physikalisches) Atom oder das Gewicht eines sol-
chen, sondern eine Masse sehr vieler Atome, eine bestimmte Grewichts-
masse. Wem also das Wort Atom zu anstössig ist, kann dafür in
allen diesen Fällen Massentheil oder Mischungsgewicht sagen:
so bleibt er rein bei der Erfahrung stehen. Wo es sich aber um den
Grund der Erscheinungen handelt, wird man doch nicht umhin können,
von Theilchen zu reden, und da ist es ziemlich gleichgültig, wie man
dieselben nennt. In neuerer Zeit hat man auch das Wort Molekäi,
Molecule (von Moles^ Masse) eingeführt, welches Theilchen (Mas-
sentheilchen) bedeutet, ohne den Begriff der Untheilbarkeit damit
zu verbinden. Einige Physiker und Chemiker gebrauchen dies Wort
schlechthin als synonym für Atom, welches letztere, nach Gay-Lussac t
Ansicht, für die Physik und Chemie dasselbe, was das Ünendlich-Hewe
Atomgewichte. 463
fftr die Mathematik wt. Andere dagegen nehmen an, das Molekül sei
ein Aggregat von mehreren Atomen, and wenn sich viele Moleküle
vereinigen, entstehe daraas ein Partikel oder sichtbares Theilchen
der Materie. (P.) A, S.
Atomgewichte, Mischnngsgewichte der einfachen Stoffe
nennt man die relativen Gewichte der chemischen Atome der Elemente,
wie aolch^ der Atomtheorie entsprechend angenommen werden. Als
gleichbedeutend damit betrachtet man häafig die Aequivalent-
geirichte oder die relativen Gewichtsmengen der Elemente ^ welche
gleichen chemischen Wirkungswerth haben und einander in entspre-
chenden Verbindangen ersetzen.
Atomgewicht und Aequivalentgewicht eines Körpers sind indessen
keineswegs in jeder Beziehung einander gleich, und obgleich die Atom-
gewichte der Elemente, weil ihre Annahme zum Theil von der Willkür
abhängt, den Aeqnivalentgewichten in der Regel gleichgesetzt werden
können, so ist eine solche Gleichstellung beider für die Verbindangen in v
vielen Fällen nicht möglich.
Wir führen später die Gründe an, weshalb viele Chemiker das
Wasser als eine Verbindung von 2 At. Wasserstoff mit 1 At. Sauer*
•toff, und die Chlorwasserstoffsäure als eine Verbindung gleicher Atome
Waaaertoff und Chlor betrachten. Da das Wasser auf 8 Gewichtstheile
Sauerstoff 1 Gewichtstheil Wasserstoff enthält, so sind die relativen
Gewichte der Atome hiernach 16: 1 oder 8:0,5. In der Chlorwasser-
attottaänre sind auf 1 Gewichtstheil Wasserstoff 35,5 Gewichtstheile Chlor
enthalten; hiemach ist das Atomgewicht des Chlors 35^5 (wenn das
Atomgewicht des Wasserstoffs = 1) oder 17,75 (wenn das Atomgewicht
des Wasserstoffs = 0,5 gesetzt wird). Bei der Zersetzung des Was-
sers dnrch Chlor in der Glühhitze werden darin 8 Gewichtstheile Sauer-
stoff dorch 35,5 Gewichtstheile Chlor vertreten; diese Mengen beider
Stoffe sind daher äquivalent. In den organischen Verbindungen wird
häufig 1 Gewichtstheil Wasserstoff durch 35,5 GewicliUtheile Chlor
vertreten^ und wir müssen daher diese Gewichtsmengen der beiden Stoffe
einander äquivalent annehmen. Wir haben daher
die Aeqnivalenz ... 8 Sauerstoff, 35,5 Chlor, 1 Wasserstoff,
die relativen Atomgewichte 8 „ 17,75 „ 0,5 „
Nimmt man dagegen in dem Wasser eine gleiche Anzahl Atome
Wasserstoff und Sauerstoff an, gegen welche Annahme freilich ver-
schiedene Gründe angeführt werden können , so wird das Atomgewicht
des Wasserstoffs und somit auch das des Chlors den oben abgeleiteten
Aequivalenten gleich.
Für viele Verbindungen lässt sich dagegen Atomgewicht und
Aequivalent nicht gleich annehmen, wenn nämlich 1 Atom derselben
mehreren Aequivalenten entspricht. Wenn wir uns zur Bezeichnung
der atomistischen Zusammensetzung der Kürze halber der chemischen
Formeln bedienen, so wird das Eisenoxydul durch FeO, das Eisen-
oxyd dnrch Fe^Og ausgedrückt. Die durch die Formel Fe^Os dar-
gestellte Menge von Eisenoxyd ist aber nicht mit FeO oder KO äqui-
valent, sondern mit 3 FeO oder 3 KO; sie bedarf nämlich dieser Men-
gen, um aus ihren Salzen (z. B. Fe^Os.SSOa) verdrängt zu werden.
Obgleich also Fe^Os ^^ Atom des Eisenoxyds darstellen kann, so
druckt diese Formel 3 Aeq. Eisenoxyd aus, so dass 1 Aeq. durch
464 Atomgewichte.
Fe%0 bezeichnet werden musa. Letztere Formel hat als atomiatiflche
Formel keine Bedeutung, während sie als äquivalente Formel wohl an-
genommen werden kann. Um diese Formel als atomistische Fonuel
betrachten zu können, muss man annehmen, dass das chemische Atoiu
des Eisena (welches eine Anzahl physikalischer Atome einschlie^sen
kann) verschieden ist, je nachdem das Eisen als Bestandtheil der Rlsen-
oxydulsalze oder der Eisenoxyddalze auftritt. Beiderlei Salze verhal-
ten sich in der That so verschieden von einander, wie die ^alze tob
zweierlei Metallen, und wir würden ohne Zweifel in den Eisenozyd-
salzen ein anderes Metall als in den Eisenoxydulsalzen annehmen, wenn
es nicht gelänge, beiderlei Salze aus demselben Stoffe darzustellen
oder die Verbindungen in einander überzuführen. Laurent nnd
Gerhardt bezeichnen auch in der That das Atom des Eben« durch
verschiedene Zeichen und zwar das in den Eisenoxydsalzen enthaltene
Atom des Eisens durch fe = ^/^ . 28 = 18,7 Gewichtstheile, wahrend
das Atom Eisen in den Eisenoxydulsalzen wie gewöhnlich Fe = 28
Gewichtstheile geschrieben wird.
Ebenso drückt die Formel PO5 1 At. Fhosphoraäure, aber 3 Aeq.
Phosphorsäure aus, so dass 1 Aeq. Phosphorsäure Py, Oy, geschrie-
ben werden müsste; 1 At. Phosphorsäure ist daher 3 Aeq. Phosphor-
säure gleich, nnd 1 Aeq. Phosphorsäure lässt sich nicht durch atomi-
stische Formeln darstellen, weil es wegen der dreibasischen Natur der
Phosphorsäure nicht existirt.
Um die atomistischen Formeln in ihrem Ausdrucke so viel alz
möglich mit den äquivalenten Formeln in U ebereinstimmung zu bringen,
wendet man häufig bei denjenigen Elementen, bei welchen in dem
Aequivalent 2 Atome angenommen werden, zur Bezeichnung der 2 Atome
oder eines sogenannten Doppel atoms durchstrichene Buchstaben an,
so dass z. B. 1 Aeq. = 2 At. Wasserstoff' durch ft, 1 Aeq. = 2 At
Chlor durch Gl bezeichnet wird.
Zur Bestimmung des Atomgewichtes eines einfachen Körpers most
man im Allgemeinen kennen :
1) die Zusammensetzung einer Verbindung desselben mit einem
oder mehreren Körpern von bekanntem Atomgewicht;
2) die atomistische Zusanunensetzung dieser Verbindung.
Der ersten Bedingung lässt sich durch das Experiment genügen,
die zweite ist von der Theorie abhängig und wechselt mit den Grand-
sätzen der Atomtheorie.
Die Zahlen, durch welche wir die Atomgewichte ausdrücken, sind
daher abhängig:
1) von der Annahme der Einheit, welche den Verhältnisszahlen
zu Grunde gelegt wird;
2) von der Annahme der atomistischen Zusammensetzung der sur
Analyse gewählten Verbindung;
3) von der Genauigkeit in dem Resultate der Analysen, aus welchen
die Atomgewichte abgeleitet wurden.
Obgleich man jede Analyse einer Verbindung rar Berechnung des
Atomgewichts eines Bestandtheib anwenden kann, so werden doch snr
Feststellung der Atomgewichte der Grundstoffe bestimmte Versuche
gewählt, die zu diesem Zweck angestellt wurden. Während bei ande-
ren Analysen, z. B. solchen, die zur Ermittelung der chemischen Formel
Atomgewichte. 465
neuer Verbindungen ausgefOhrt werden, man sich oft mit einer gerin-
geren Genauigkeit und Sorgfalt begnügen kann, wenn die Resultate nur
Über das Verhältnlss der Atomanzahl keinen Zweifel übrig lassen,
mnas man bei den Atorogewichtsbestimmungen der Grundstoffe die
höchste Genauigkeit zu erreichen suchen, und .darf keine Vorsichtsmaass-
regel, wodurch Fehler ausgeschlossen werden, versäumen. Da man
hierbei unter allen beliebigen Verbindungen eines Elementes wählen
kann, so hat man bei der Entscheidung auf mehrere Punkte Rücksicht
xn nehmen. Vor Allem mnss die Verbindung, aus deren Analyse das
Atomgewicht abgeleitet werden soll, sich im Zustande absoluter oder
höchster Reinheit darstellen lassen. Hygroskopische, flüchtige, an der
Loft Teränderliche und unkrystallisirbare Stoffe wird man also so viel wie
möglich vermeiden. Die Analyse soll einfach, ohne vielfache Operationen,
aassnföhren sein, und es muss hierzu eine grössere Quantität angewen-
det werden, damit die unvermeidlichen Wägungsfehler und die Diffe-
renzen in dem Gewicht der Apparate möglichst wenig Einfluss erhalten.
Man sollte endlich solche Verbindungen des zu untersuchenden Grund-
stoffes ^w^ählen, in welchen sich ausserdem nur Grundstoffe von genau
bekanntem Atomgewicht befinden. In dieser Beziehung verdienen die
Sauerstoffver bin düngen vor Allen den Vorzug, insofern das Atomge-
wicht des Sauerstoffs entweder als Einheit gewählt wird, oder wenig-
stens, wenn man das Atomgewicht des Wasserstoffs zur Einheit wählt, mit
grosser Genauigkeit bekannt ist. Die Mehrzahl der Atomgewichte wurde
daher anch aus der Analyse von Oxyden oder' aus der Gewichtsverän-
derang, welche bei der Verwandlung eines Oxyds in ein anderes statt-
findet, abgeleitet.
£ine eigenthümliche Methode zur Berechnung des Atomgewichts
der Grandstoffe wurde von Strecker^) in Vorschlag gebracht, und in
einem Beispiel angewendet; er zeigte nämlich, wie man durch Bestim-
nning eines einzelnen Elementes, welches in verschieden zusammenge-
. fetzten Verbindungen enthalten ist, die Atomgewichte einer Anzahl ver-
' sehiedener Elemente ableiten kann. Aus der von einer Reihe organischer
SUbersalze durch Verbrennen erhaltenen Silbermenge bestimmte er die
Atomgewichte des Kohlenstoffs, des Wasserstoffs und des Silbers, ohne
för ein einziges Element aus anderen Versuchen abgeleitete Atomge-
wichte zu Grunde zu legen.
Ansden von Liebig und Redtenbacher ausgeführten Silberbestim-
nmigen des essigsauren, weinsauren (traubensauren) und äpfelsauren Sil-
beroxyds lassen sich diese drei Atomgewichte in folgender Weise berech-
nen. Bezeichnet man durch m, m', m'^ die Gewichte der angewendeten
SUbersalze , durch », ^, s^' das Gewicht des daraus durch Verbrennen
erhaltenen Silbers, so kann man folgende drei Gleichungen ansetzen:
(för essigsaures Silberoxyd) 4 C -)- 3 H -|- 400 = Ag,
o
(flir weinsanres Süberoxyd) 4 C + 2 H -f 600 = . ^ Ag,
(för äpfelsaures Silberoxyd) 4 C 4- 2 H 4- 500 = — -^p- Ag.
Aus diesen drei Gleichungen lassen sich die drei Grössen C, H, Ag
') AnnaL d. Ghem. a. Pharm. Bd. LIX, S. 266.
Hiiidv5rtflrbiic3i der Chemie. Ste Aafl. Bd. II. 80
466 Atomgewichte.
berechnen. Die nach der Methode der kleinsten Quadrate aosgefuhrie
Berechnung ergab:
C = 75,415 ± 0,061
Ag = 1348,70 ±10,37.
Obgleich die Methode der Analyse von allen die einfachste ist,
so darf man doch in dem gegebenen Beispiel keine sehr grosse Ge-
nauigkeit erwarten, weil die Anzahl der Kohlenstoff- und Wasserstoff-
ntome in den drei analjsirten Salzen zu nahe übereinstimmt Für eine
genauere Bestimmung der Zahlenwerthe mtisste man eine grössere An-
zahl von Salzen, deren Säuren sehr verschieden im Kohlenstoffgehalt
sind , wählen , und man könnte zugleich andere Salze , wie Kalk- und
Barytsalze , deren Gehalt an Basis sich durch Verbrennung genau er-
mitteln lässt, mit in die Rechnung ziehen, wodurch man constante, der
Methode angehörige Fehler ermitteln könnte. Durch die Verbrennung
stickstoffhaltiger Silbersalze könnte man zugleich das Atomgewicht des
Stickstoffs mit in Rechnung ziehen. Ein Hauptvortheil, welchen man
durch diese Methode erreicht, ist femer, dass die Genauigkeit der Atom-
gewichte sich gegenseitig controlirt. Bei der Berechnung wird man
am besten, wie es auch Strecker ge^han, die Methode der kleinsten
Quadrate anwenden.
Da die Atomgewichte (oder Mischnngsgewichte) wie angeführt,
von der Annahme der atomistischen Zusammensetzung (oder Formel)
der zur Analyse gewählten Verbindung abhängig sind, und in dieser
Beziehung oft keine Uebereinstimmung zwischen verschiedenen Chemi-
kern stattfindet, so findet man schon aus diesem Grunde die Atomzahlen
in den Lehrbüchern häufig sehr verschieden angegeben. Gewohnlich
differiren solche Atomgewichte in dem Verhältniss von 1 : 2 (z. B. Chlor,
Brom, Jod, Fluor, Wasserstoff^ Antimon, Wismuth, Arsen, Gold u. a.),
öfters in dem von 2:3 (z. B. Kiesel, Beryllium, Yttrium, Thoriam,
Tantal u. a), sehr selten in anderen Verhältnissen. Die ersten lassen
sich leicht durch MultipUcation oder Division mit 2, die anderen mit
1,5 in einander verwandeln.
Andere, stets weit geringere Unterschiede werden durch die Ver-
suchsfehler in den zur Berechnung benutzten Analysen hervorgebracht.
Es ist bekannt, dass wir Nichts mit absoluter Genauigkeit wägen oder
messen können, und es ist somit unmöglich, die Atomgewichte mit ab-
soluter Genauigkeit aus den Resultaten der Analysen abzuleiten. Die
von der Wage und den Gewichten herrührenden Fehler sind übrigens
bei den chemischen Analysen bei der jetzigen Vollkommenheit der In-
strumente sehr gering im Vergleich mit anderen Fehlem, z. B. den-
jenigen, welche von wechselnder Gondensation von Wasser anf der
Oberfläche der zu wägenden Körper, Verlust oder Ueberschuss bei der
Ausitihrung der Analyse herrühren. Diese zufalligen und wechselnden
Fehler, welche bei der einen Ausföhrung einen ueberschuss, bei einer
anderen einen Verlust bewirken, lassen sich durch Rechnung gross ten -
theils eliminiren, indem das arithmetische Mittel der Messungen mit
um so grösserer Wahrscheinlichkeit der Wahrheit sich nähert, je grösser
die Anzahl der (gleich guten) Versuche ist Es ist daher von Wichtig-
keit, zur Bestimmung des Atomgewichtes eines Grundstoffes, stets eine
grosse Anzahl von Versuchen anzustellen, wodurch man zugleich an
der Abweichung der einzelnen Versuche unter einander .einen Maass-
stab für die Benrtheilung des Fehlers hat. Man kann z. B. den wahr-
Atomgewichte. 467
Mheinlichen Fehler des Resultats nach der Methode der kleinsten
Quadrate berechnen.
Hänfig macht sich aber in den chemischen Analysen ein anderer
Fehler b^merklich , welcher nicht l^ald positiv bald negativ ist, sondern
stets in derselben Richtung seinen Einflnss ansübt, und in dieser Bezie-
bang constant genannt werden kann. Es ist klar^ dass dieser Fehler
durch Yermehning der Anzahl der Versuche und durch Berechnung des
Mittels nicht eliminirt oder vermindert werden kann. Solche constante
Fehler scheinen bei den chemischen Analysen häufig vorsukoramen und
viel mehr zu betragen als die eliminirbären Fehler. Das Stattfinden
lolcher Fehler ist nicht immer leicht zu bemerken, am besten noch durch
VerandemDgen in der Methode der Bestimmung.
Als Beispiel solchen constanten Fehlers Aihren wir die Bestimmung
der Zusammensetzung des Eisenoxyds an, welche Svaorberg und
Nor 1 in zur- Feststellung des Atomgewichtes des Eisens auf zwei Wegen
Tersuchten, nämlich 1) durch Wägung des aus einer gegebenen Menge
von Eisen durch Oxydation mit Salpetersäure darzustellenden Eisen-
oxyds und 2) durch Wägung *des aus einer gegebenen Quantität Eisen-
oxyd durch Reduction mit Wasserstoffgas erhaltenen Eisens. Auf 150
Thle. Sauerstoff berechnet betrug die Menge des Eisens im Eisenoxyd :
Nach der ersten Methode Nach der zweiten Methode
849,6 350,4
348,9 350,3
848,8 350,2
849,5 350,5
349.8 351,2
349,5 350,9
348.9 350,6
Mittel 349,2 Mittel 850,6
Svanberg und Nor 1 in nahmen fQr das Atomgewicht des Eisens
das Mittel ans 349,2 und 350,6, nämlich 349,9 (oder 27,99).
Es ist aber klar, dass in einer der zwei Methoden, wenn nicht
in beiden, ein constanter Fehler liegt; die Differenzen in den Resultaten
der einzelnen Reihen sind von zufölligen Fehlem bewirkt und weit ge-
ringer als die in den Mittelzahlen aus jeder Reihe, welche von der Me-
thode abhängen. Nur in dem Falle, dass zwei constante Fehler von
entg'egengeeetzter Richtung vorhanden wären , könnte man durch An-
nähme der Mittelzahl ans beiden Versuchen der Wahrheit näher kom-
v«n. Dies müsste aber erst durch Auffindung der Ursache des con-
stanten Fehlers bewiesen werden.
Berzelins glaubt in der ersten Methode einen constanten Fehler
entdeckt zu haben, wodurch die Menge des Eisenoxyds zu gross gefun-
den wurde. Er bemerkt nämlich : da die Auflösung des Eisens in Sal-
petersäure in einem Olasgefass geschah, worin auch das Eindampfen
ond Ansglflhen stattfand, so sei anzunehmen, dass das Glas angegriffen ^
worden und bei dem Glühen ein Theil der Säure in Verbindung mit
dem Alkali geblieben sei. Indem Berzelius dieselbe Operation mit
Eisen in einem Platintiegel vornahm, fand er in dem Eisenoxyd auf
150 Thle. Sauerstoff 350,37 und 350,27 Thle. Eisen.
Hiernach ist die erste Reihe der Versuche von Svanberg und
Norlin mit einem constanten Fehler behaftet, und Berzelius nimmt
30*
468 Atomgewichte.
nnr die zweite Reihe and seine oben angefiihrten Verrache in Reehnmg
lind findet somit das Atomgewicht des Eisens ab Mittel der neim
Versuche zu 850,5 (oder 28,04).
Im Allgemeinen zeigt sich ein ähnliches Verhalten bei der Mehr-
zahl der Analysen, welche znr Bestimmang des Atomgewichts der Ele-
mente ausgeführt wurden. Die nach verschiedenen Methoden be-
stimmten Atomgewichte zeigen grössere Unterschiede von einander, als
die in verschiedenen Versuchen nach derselben Methode ermittel-
ten Atomgewichte.
Als ein weiterer Grund, weshalb die von verschiedenen Gheroiken
angenommenen Atomgewichte von einander abweichen, muss noch an-
geführt werden, dass einige Chemiker die Gewichte der Substanzen bei
der Bestimmung des Atomgewichtes auf den leeren Baum rednciren,
andere dagegen die unmittelbar gefundenen Gewichte (in der Luft)
in Rechnung ziehen. Berücksichtigt man endlich noch , dass ans einer
Reihe von Versuchen öfters ein von dem Mittel ungewöhnlich abwei*
chendes Resultat von der Berechnung des Endresultates (beaonders
häufig von Berzelius) ausgeschlossen worden ist, so erklärt sieh die
Mannigfaltigkeit in den Angaben Über die Atomgewichte der Elemente,
welche demselben Autor zugeschrieben werden. Eine solche AusschUei-
sung gewisser ihres Resultates wegen für verdächtig gehaltener Versuche
möchte im Allgemeinen als unzulässig angesehen werden müssen, wenn
sie nicht von dem Autor geschieht , welcher allein beurtheilen kann, ob
ein solcher Versuch mit gleicher Sorgfalt wie die übrigen ausgeführt
wurde, und ob kein beobachteter Fehler stattfand.
Da die Atomgewichte nur Verhältnisszahlen sind, welche die re-
lativen Gewichte der Atome oder der in den chemischen Verbindungen
enthaltenen elementaren Bestandtheile ausdrücken , so könnte man bei
der Berechnung von irgend einem Atomgewicht und einer beliebigen Zahl
ausgehen; am besten wird man das Atomgewicht eines Elementes zor
Einheit wählen. Dalton^), welcher zuerst den Begriff des Atomge-
wichtes einführte, setzte bei der Berechnung das Atomgewicht des Was-
serstoffs = 1, worin ihm Prout und Andere folgten. Berzelius fand
es dagegen besser, bei der Berechnung der Atomgewichte von dem des
Sauerstoffs auszugehen und dasselbe zur Einheit zu wählen. Er setste
dasselbe gleich 100, aus denselben Gründen, weshalb man die Zusam-
mensetzung gewöhnlich auf 100 Thie., statt auf 1 Thl. berechnet. Diese
Wahl des Sauerstoffs wurde dadurch gerechtfertigt, dass damals haupt-
sächlich nnr die Sauerstoff^erbindungen genauer bekannt waren", wie
denn in der Mineralchemie dieselben noch immer als die wichtigsteo
angesehen werden. Auch wurden die meisten Atomgewichte aus der
Zusammensetzung von Sanerstoffverbindnngen abgeleitet.
Prout ^) hat dagegen für Beibehaltung des Atomgewichtes des
Wasserstoflfs zur Einheit als entscheidenden Grund angefUhrt, dass die
Atomgewichte aller Elemente Vielfache von dem Atomgewicht des
WasserstofiB seien, wonach also sämmtliche Atomgewichte, wennH= 1«
gesetzt wird, sich durch ganze Zahlen genau ausdrücken Hessen.
Dieser Hypothese fehlte jedoch eine jede theoretische Begründung
und experimentell konnte schon aus dem Grunde ihre Richtigkeit nicht
*) Tn der Schrift: A oew System of chemical philosophj. — *) AnnAls to Philo«.
1816, T. VI, p. 821.
Atomgewichte. 469
bewiesMi werden, weil dieVorsache, aus weloben man damals die Atom-
gewichte bereehnete, meistens zu wenig genau waren. Th. Thomson^)
versuchte die Richtigkeit der von Prout dieser Hypothese zu Folge ange-
nommenen Atomgewichte durch Versuche darzulegen, indem er gleiche
Atomgewichte solcher Verbindungen, welche durch doppelte Zersetzung
unlösliche oder leicht sublimirbare Froducte erzeugen, abwog, und
naehwies, dass nach stattgeAmdener Zersetzung weder von dem einen
noA Ton dem anderen Körper ein Ueberschuss vorhanden war. Diese
Methode der Controle ist gewiss in vielen Fällen mit Nutzen anwendbar,
doch scheinen Thomson's Versuche nicht hinlänglich sorgfältig ange-
stellt worden zu sein, da er auch für unrichtige Atomgewichte Bestätigung
in seinen Versuchen fand. Turner hat später gleichfalls die Atomge-
wichte von Prout zu controliren versucht und ist dabei zu dem Resultat
gelangt, dass dieselben ungenau seien,*und zwar auch für solche Atom-
gewichte, welche jetzt als die genauesten angesehen werden (z. B. N
= 175 oder 14,0; nach Turner 177 oder 14,16).
In der Geschichte der Atomgewichte ist Berzelius' Namen mit
glinsender, unauslöschlicher Schrift eingeschrieben. Sein ganzes Le-
ben hindurch hat er diesem Gegenstande mit Vorliebe seine Thätigkeit
gewidmet 9 und seine sinnreichen Methoden zur Ermittelung der Atom*
gewichte sind noch jetzt Vorbilder oder selbst unveränderte Vorschrif-
ten. Indessen waren die Zahlen, die wir niemals mit absoluter Ge-
nauigkeit aus den Versuchen ableiten können, zum Theil zwar sehr
genau, acum Theil aber auch mit grösseren Fehlem behaftet, die durch
fortgesetzte Versuche berichtigt werden konnten.
Als Dumas und Stas im Jahr 1840 nachwiesen, dass das Atom-
gewicht des Kohlenstoffs so nahe mit 75 (also dem sechsfachen Ge-
wicht des Doppelatoms Wasserstoff) übereinkomme, dass diese Zahl
unbedenklich statt der direct gefundenen Zahl 75,005 angenommen
werden könnte, und dass die von Berzelius für das Atomgewicht des
Kohlenstoffs gegebene Zahl 76,4 um etwa 2 Proc. ungenau ist, erschien
es ndthig, alle anderen Atomgewichte genau zu controliren, imd Du-
mas und Stas, sowie Erdmann und Marchand, Marignac, Fe«
louse, Schneider und andere Chemiker haben sich der Aufgabe mit
Eäier angenommen. Für viele Elemente ergab sich das Atomgewicht als
an Mnltiplnm des Atomgewichts des Wasserstoffs, oder wenigstens,
dass die in verschiedenen Versuchen erhaltenen Resultate in engen
Grrenzen um ein solches Multiplum schwankten.
Dies war der Fall mit den Atomgewichten folgender Elemente:
Arsen
Kobalt
Quecksilber
Bor
Kohlenstoff
Rhodium
Brom
Lanthan
Sauerstoff
Calcium
Magnesium
Schwefel
Cer
Molybdän
Silber
Didym
Natrium
Stickstoff
Eisen
Nickel
Titan
Fluor
Osmium
Uran
Gold
Palladium
Wismuth
Jod
Phosphor
Wolfram
Kalium
. Platin
Ziun
<) Ad ftttempt of csUblish thc first principles of rhemistrr bv Experiment.
London, 1825.
470 Atomgewichte.
Nicht alle Atomgewichte der obigen 33 Grundatoffe sind übiigeiu
mit gleicher Genauigkeit bekannt; für einige, wie Arsen, Brom, Cal-
cium, Eiden, Kobalt, Kohlenstoff, Magnesium, Natrium, Nickel, Phosphor,
Quecksilber, Sauerstoff, Silber, Stickstoff, Schwefel and Wismuth sind
<Üe Atomgewichte durch die genauesten Versuche sehr annähernd be-
kannt und die aus dem Mittel der Versuche abgeleiteten Werthe kommen
^ einem Multiplum von dem Atomgewicht des Wasserstoffs so nahe, dass
man nicht nur letzteres statt des ersteren ohne merklichen Einfluss in
allen Fällen bei den Berechnungen anwenden kann, sondern daas es
selbst sehr wahrscheinlich ist, dass diese Multipla die wahren Atomge-
wichte sind. Bei anderen sind die Atomgewichte noch nicht mit gleicher
Schärfe bestimmt worden, und die aus den verschiedenen einzelnen Ver-
suchen abgeleiteten Atomgewichte schwanken in weiteren Grenzen um
solche Multipla, so dass man diese wohl als Annäherungen statt der
direct aus dem Mittel der Versuche abgeleiteten Zahlen wählen kann,
ohne dass es jedoch ebenso wahrscheinlich wie bei den ersten ist, dass
dieselben wirklich die wahren Atomgewichte sind. Es bleiben hier-
nach noch viele Grundstoffe übrig, deren durch Versuche gefundenen
Atomgewichte Multiplen des Wasserstoffatoms nicht so nahe liegen, als
dass man letztere statt der ersteren ohne bedeutende Veränderung wäh-
len konnte, doch ist es möglich, dass eine sorgfältigere Bestimmung des
Atomgewichts für einige derselben solchen Multiplen von dem Atom-
gewicht des Wasserstoffs sehr nahe liegende Zahlen ergeben wird.
Nur für wenige Grundstoffe kann man es dagegen für erwiesen
ansehen, dass ihr Atomgewicht kein Vielfaches von dem des Was-
serstoffs ist, nämlich für Barium, Blei, Chlor und Kupfer.
Es möchte dies wohl genügend erweisen, dass die Prout'sche
Hypothese in ihrer Allgemeinheit unrichtig ist, während sie mit grosser
Wahrscheinlichkeit für eine gewisse Anzahl von Grundstoffen für wahr
gehalten werden kann.
Betrachtet man die Stoffe, deren Atomgewichte entweder absolut
genau oder sehr annähernd Vielfache von dem des Wasserstoffs sind,
90 findet man darunter diejenigen, welche die zahlreichsten Verbindun-
gen eingehen, namentlich die sogenannten organischen Elemente, Koh-
lenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Schwefel. Da nun alle Berechnungen
weit einfacher sind, wenn man für das Atomgewicht dieser Elemente
das Gewicht eines Doppelatoms Wasserstoff zur Einheit wählt, so ha-
ben viele Chemiker, besonders die sich specieller mit den organischen
Verbindungen beschäftigen, es vorgezogen, wieder zur ursprünglich von
Dalton eingeführten Einheit zurückzukehren.
Die Atomgewichte werden gewöhnlich (besonders wenn 0 = 100
gesetzt wird) auf eine unnöthig grosse Anzahl von Decimalstellen be-
rechnet. In Berzelius' Tabelle findet man dieselben gewöhnlich auf
drei Decimalstellen angeführt, also nicht selten auf MillionteVdes ganzen
Werthes. Es ist aber klar, dass es nichts nützen, und weniger genan
mit den Grundversuchen Bekannte nur irreleiten kann, die Zahlen der
Versuche selbst nur auf Tausendtel zu berechnen, wenn die Versuche
noch nicht auf Hunderttel genau sind. Das Atomgewicht des Sil-
bers ist von Berzelius selbst auf Hundertmilliontel berechnet worden
(1349,66258), während es als wahrscheinlich angesehen werden kann,
dass dasselbe vielmehr 1350 ist, und Marignac aus denselben Ver*
suchen wie B^zelius 1349,01 berechnete. Das Atomgewicht des Au-
Atomgewichte. 471
tiinons fährt Berzeliua an &b = 1612,903, wäBrend neuere Versuche
zeigten, dass es nahezu 1504 ist, wonach das ältere Atomgewicht einen
Fehler yon über 7 Proc. einschloss. Wir wollen hier nicht darauf ein-
gehen ^ dass andere Atomgewichte von Berz,elius (z. B. Beryllium,
Tantal) noch viel grössere Fehler enthalten.
Zur Benrtheüung der Frage, bis auf welchen Theil des ganzen
Werthes die Atomgewichtszahlen berechnet werden sollten, müssen wir
zuerst untersuchen, in wie weit die Versuche zur Ermittelung der
Atom^^ewichte genau sind. Berechnet man daher den wahrscheinlichen
Fehler der Analysen, so findet man ihn selbst in den besten und zahlreich-
sten Versuchen über Vioooo,) ^^^^ ^^^ ^^^^ grossen Mehrzahl der Atom-
gewichte betragt er mehr als ^looo ^^^i* uoch weit mehr. Dabei ist
aber auf die constanten Fehler der Methoden keine Rücksicht genom-
men , und wir können daher annehmen , dass das Atomgewicht keines
einzigen Körpers auf ^/loooo genau aus den Versuchen bis jetzt abzu-
leiten ist, während die jetzt berechneten Atomgewichte vieler Körper
Fehler von Tausendstel oder selbst Procenten einschliessen.
Berechnet man daher die Atomgewichte der Grundstoffe auf Zehn-
taiuendtel ihres Werthes, so ist wenigstens die letzte Stelle schon
rein zufällig und dürfte als die äusserste Grenze angesehen werden,
bis zu welcher man vernünftiger Weise jetzt gehen kann.
Wir geben in dem Folgenden eine Uebersicht der Versuche, auf wel-
chen unsere Kenntniss der Atomgewichte der Grundstoffe jetzt beruht.
Dieselben sind trotz ihrer Wichtigkeit im Ganzen wenig bekannt,
und man begnügt sich leider zu oft, diese Zahlen, ohne ihre Glaubhaf-
tigkeit zu prüfen und die Genauigkeit derselben zu beachten, bei den
Berechnungen anzuwenden ^).
Atomgewichtsbestimmüngen der Grundstoffe 3).
Alamimuin. Das Atomgewicht desselben wurde von Berzelius^)
(1812) durch die Analyse der schwefelsauren Alaunerde bestimmt.
100 Thle. schwefelsaurer Alaunerde hinterliessen beim Glühen 29,934
Thle. Alaunerde, verloren daher 70,066. Nach der atomistiachen For-
mel des Salzes Al^ O» . 3 S Os und bei Zugrundlegung des Atomge-
wichts des Schwefels gleich 200,0 berechnet sich das Atomgewicht
29,934
der Alaunerde zu •' ^ ^^^ X 1500 = 640,84. Zieht man hiervon
470,066
300 (O3) ab und dividirt den Rest durch 2, so erhält man — ~ —
= 170,42 (oder 13,63) als Atomgewicht des Aluminiums. Auf die-
sem einzigen Versuch beruht unsere Kenntniss von dem Atomge-
wicht des Aluminiums..
Antimon. Berzelius^) suchte das Atomgevricht dieses Metalls
durch Bestimmung der aus einer gewogenen Menge von Antimon dar-
^) Eine fleissige Zusammenstellung der verschiedenen in den Journalen zer«
streuten Abhandlungen ttber die Atomgewichte wurde von einem Verein hoUftndi-
!K!ber Chemiker, £. Mulder, L. Mulder, Oudemans und Wvan Geuns, in 4
Banden (Orerzight van de Bepaling der Aequivalent-Gewigten, Utrecht, 186S) her-
ausgegeben. — ^) Es erschien zweckm&ssig in diesem Artikel bei den Berechnungen
die in den betreffenden Abhandlungen gebrauchten grossen Atomzahlen O := 100 stehen
zu lassen ; bei dem Resultat ist aber die kleinere Atomzahl I( = 1 In Klammern beige-
fllgt. — -») Pogg. Annal. Bd. VIII, S. 187. — -•) Schweigger's Journ. Bd. XXII, S. 69.
472 Atomgewichte.
zustellenden antimonigen Säure (SbO«) festsiuteUen. 100 Tille. Anti-
mon gaben hierbei nach der Oxydation mit Salpetersäure und Qlüheai
der Masse 124,8 Thle. Sb04. Hieraus berechnet sich das Gewicht
des Doppelatoms Antimon Sb = ^7^-400 = 1612,9 oder 129,03.
Neuere Versuche (1856) von Schneider,^) (sowie schoa ältere
von H. Rose 3), welche, erst kürzlich veröffentlicht wurden) zeigen je-
doch, dass das Atomgewicht des Antimons beinahe um T^j^ Proc zu
hoch angenommen wurde, was wohl seinen Grund darin hat, dass der
geglühte Rücksttind der Auflösung des Antimons in Salpetersäure nicht
genau der Formel Sb O4 entsprechend zusammengesetzt ist, sondern we-
niger Sauerstoff enthält.
Schneider bestimmte das Atomgewicht des Antimons durch die
Analyse von natürlichem Antimonglanz (von Arnsberg), welcher
ausser Dreifach -Schwefelantimon nur beigemengten Quarz {}j^ Proc.)
enthielt. Durch Reduction im Wasserstoffstrom verwandelte er eine
gewogene Menge desselben in Antimon, dessen Gewicht bestimmt wurde.
Es mussten hierbei mehrere Correctionen angebracht werden ; eine kleine
Menge Schwefelantimon verflüchtigte sich bei der Reduction; das ent-
weichende Gas wurde daher durch verdünntes Ammoniak geleitet, worin
das Schwefelantimon condensirt wurde; nach Beendigung der Reduc-
tion wurde durch Ansäuern mit Salzsäure das gelöste Schwefelantinion
ausgefallt, abflltrirt und durch gelindes Rösten in antimonige Saure,
Sb04, verwandelt, welche gewogen wurde. Ihre Menge betrug höch-
stens 2 Milligramme. £ine weitere Correction musste wegen des bei-
gemengten Quarzes und der nicht ganz vollständigen Reduction des
Sehwefelantimons angebracht werden. Der gewogene Rückstand der
Reductionsröhre wurde in Königswasser gelöst (wobei der Quarz hinter-
blieb und quantitativ bestimmt werden konnte), der Schwefelgehalt der
Lösung durch Barytlösung, und durch diese die Menge des unzersetzten
Schwefel an timons ermittelt (sie betrug höchstens 0,4 Proc). Nach diesen
verscliiedenen Correctionen ergab sich die Zusammensetzung des Schwe-
felantimons ^bSa:
I. IL iiL IV. V. VI. vn. vin.
Sb 71,441; 71,443; 71,499; 71,446; 71,468; 71,515; 71,508; 71,519,
Sa 28,559; 28,557; 28,501; 28,554; 28,532; 28,485; 28,492; 28,481.
A • luf* 1 Sb 71,480
oder im Mittel g^ ^8,520.
Hieraus berechnet sich das Gewicht des Doppelatoms Antimon
(wenn S = 200) zu 1500,9 bis 1506,7 oder im Mittel:
^^ = '^^^0 ' ^^^ = ^^^^'^ ^= ^'^^'^^^'
Durch die Analyse des Dreifach- Chlorantimons fand Rose die
Zahl 1508,7, welche er doch keineswegs für richtiger als die Zahlen
von Schneider hält.
Neuerdings hatDexter») das Atomgewicht des Antimons, auf
dem früher von Berzelius eingeschlagenen Wege, bestimmt In zehn
M Pogg. Annal. Bd. XCVUI, S. 293; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. C,
S. 120.— «) Pharm. Centralbl. 1856, S. 611..— =*) Pogg. Aunal. Bd. C, S. 570.
Atomgewichte« 478
V«nachen, in welchen zwischen 1,5 und 3,3 Grm. Antimon angewen-
det wurde, ergnb sich die procentische Zusammensetzung des antimon-
«auiren Autimonoxyds (zwischen 79,286 und 79,253 Antimon) im Mit-
tel zu 79,266 Antimon auf 20,734 Sauerstoff. Hiernach berechnet
zieh Sb = ll'lll ' ^^^ = lö*^^»2 (oder 122,33).
Die Einfachheit der Ausführung dieser Versuche kann zwar als
eine gute Empfehlung der daraus abgeleiteten Zahl betrachtet werden,
doch scheint ein Ueberschuss von Antimonoxyd bei dem antimonsauren
Antimonoxyd kaum zu vermeiden, wodurch das Atomgewicht des An-
timons sich zu hoch berechnen würde. Die von Schneider gefundene
Zahl 1503,8 (120,3) möchte daher der Wahrheit näher kommen.
Ar86Il. Berzelius 0 bestimmte das Atomgewicht des Arsens
durch die Analyse der arsenigen Säure. Er erhitzte eine abgewogene
Men^ derselben mit Schwefel und bestimmte das Grewicht der hierbei
entweichenden schwefligen Säure. In einem Versuch erhielt er von
2,2203 Gramm arseniger Säure 1,069 Gramm schweflige Säure, woraus
•i^ das Atomgewicht der arsenigen Säure, AsO» (welche mit Schwefel
l^/s Atom SOs giebt) in folgender Weise berechnet (unter der Voraus-
setmng, dass S = 200,0):
2 203
A.0, = ^ . 600 = 1236,5.
Zieht man hiervon das Gewicht von 3 Atomen Sauerstoff (300) ab, so
bleibt ftSr As . . . 936,5 (oder 74,92).
Pelouze *') versuchte (1845) das Atomgewicht des Arsens durch
die Analyse des Dreifach-Chlorarsens festzustellen. Nachdem dasselbe
zur Entfernung freien Chlors über Quecksilber rectiflcirt war, wurde
es durch Wasser zersetzt und die Menge der entstandenen Chlorwasser-
ttoffsäore durch Ausiallung mit einer titrirten Silberlösung ermittelt.
Bei der Berechnung legte Pe 1 o u z e die Atomgewichte Ag = 1 3 49,0 1
und €1 = 443,2 zu Grunde und fand hiernach das Gewicht des Doppel-
atomA Arsen in drei Versuchen:
Mittel
As . . 937,9 937,1 937,4 937,5.
Setzt man dagegen das Atomgewicht des Silbers gleich 1350,0
and Gl = 448,75, so erhält man für
As . . . 938,5.
Das Mittel zwischen dieser Zahl und der von Berzelius erhal-
tenen ist 937,5 (oder 75,0).
Barium. Berzelius') versuchte (1818) das Atomgewicht des
Baiiunos auf zwei Wegen zu bestimmen, indem er die Menge des aus
einer gewogenen Quantität von Chlorbarium dargestellten Chlorsilbers
ermittelte, sowie aus der Menge des schwefelsauren Baryts, welche ein
gewisses Gewicht Chlorbarium lieferte. 100 Thle. wasserfreies Chlor-
barinm gaben 138,06 Thle., und in einem zweiten Versuch 138,08 Thle.
1) Scbwe/gger's Joiirn. Bd. XXIII, S. 172. — *) Compt read. T. XX.
p. 1014; AniMbl d. Gfaem. u. Pharm. Bd. LYI, 6. 205. — ") Schweiggers Journ.
Bd. XXIIl, S. 117.
474 Atomgewichte.
Chlorsilber, im Mittel 138,07. Indem Berselius die Atomgewidifei
Ag = 1349,66 und €l = 443,28 zu Grande legte, berechnete er fSi
das Atomgewicht des Chlorbariuros BaGl = —j^-jr;^ • 1792^94 =
13 0,07
1298,57 oder für Ba = 855,29 (oder 68,42).
Bei der Annahme Ag = 1349,01; Gl = 443,2 .berechnet siel
dagegen Ba = 854,85 (oder 68,39).
Pelouze^) ermittelte das Atomgewicht des Bariums durch Be
Stimmung der zur AusfäUung des Chlorgehalts erforderlichen Meng^
von Silber (in einer titrirten Silberlösung), und berechnete hieraus
unter der Annahme von Ag = 1349,01 und Gl = 443,2 die Resal
täte dreier Versuche zu 857,94; 857,95; 858,16; oder im Mitte
Ba = 858,01 (oder 68,64).
Marignac^ hat nach demselben Verfahren das Atomgewicht de
Bariums bestimmt; seine Versuche sind, wie es scheint, mit grosse
Umsicht ausgeführt worden. Das aus Wasser krystallisirte ChlorbariuB
wurde mit Alkohol gewaschen und nochmals aus Wasser umkrystalli
sirt; zuletzt bei schwacher Glühhitze getrocknet. Die Mengen voi
Chlorbarium und Silber, welche einander äquivalent sind, wurden ge
funden :
I. IL ni. IV. V. VI.
BaGl 6,6680; 5,4158; 5,6300; 8,2650; 4,6470; 6,5980,
Ag 6,9200; 5,6230; 5,88435; 8,5750; 4,8225; 6,8460,
BaGl
— — 96,358; 96,363; 96,346; 96,884; 96,861; 96,377,
Ag
oder im Mittel entsprechen lOOThle. Silber 96,365 Thln. Chlorbarium
Nimmt man nun Ag = 1349,01 und Gl = 443,2, so findet man
BaGl = 96,365 X ^^tlf^ = 1299,97 und also
Ba = 856,77 (oder 68,54).
Von denselben Atomgewichten für Chlor und Silber ausgebend
wurden demnach von drei ausgezeichneten Chemikern folgende Atom«
gewichte für das Barium gefunden:
Berzelius Marignac Pelouze
Ba= 854,95, 856,77, 858,01.
Legt man jedoch für die Atomgewichte des Chlors und Silbers suiderc
Zahlen zu Grunde, so erhält man wieder abweichende Resultate. So
berechnet sich aus Marignac's Versuchen bei Zugrundlegung der von
Berzelitfs angenommenen Atomgewichte Ag = 1349,66 und Gl =
443,28 das Atomgewicht Ba = 857,32. Setzt man endlich das Atom-
gewicht des Silbers = 1350,0 und das des Chlors = 443,75, so be-
rechnet sich Ba = 857,17 aus Marignac's Versuchen.
Für die Berechnung der Analysen und überhaupt die gewöhnlichen
Anwendungen, welche man von den Atomgewichten macht, ist es völlig
gleichgültig, welcher der vorhergehenden Zahlen man den Vorzug giebt,
da die Fehler bei gewöhnlichen Analysen jedenfalls weit grösser sind
als die Fehler bei den zur Bestimmung des Atomgewichts des Bariums
von Berzelius, Marignac und Pelouze mit aller möglichen Sorg-
*) Compt. rend. T. XX, p. 1047; Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LVI, S. 204.
*) Areluves des ScienceA phyb. et nat. T. \1II, p. 265 u. AnnaL d. Chem. u.
rharm. Bd. LXVUI, S. 216.
Atomgewichte. 475
&it ausgeführten Verauchen, and zu welchen auf die Reinigung der zu
analysirenden Substanz eine nngewöhnliche Sorgfalt verwendet wurde.
Sehr verschieden von den angeführten Zahlen wurde das Atomge-
-«rieht des Bariums durch die Gewichtszunahme bei der Verwandlung
von Chlorbarium in schwefelsauren Baryt gefunden.
Berzelius, Turner^) und Struve^) haben diese Methode be*
folgt. Aus 100 Thln. Chlorbarium erhielten sie 112,175, 112,19 und
112,094 Thle schwefelsauren Baryt, woraus (bei Annahme von S =
200,0 ; €1 = 443,2) sich berechnet :
Berzelius Turner Struve
Ba= 844,68, 843,1, 853,33.
£s ist klar, dass bei einer der beiden Methoden ein constanter
Fehler vorhanden ist, und man konnte ihn in der unvollständigen
Zersetzang des Chlorbariums selbst durch überschüssige Schwefel-
sanre finden (Piria), wenn nicht durch diesen Fehler das Atomge-
wicht des Bariums zu hoch ausfallen müsste, während es doch viel
niedriger als nach der ersten Methode gefunden wurde.
Wir halten die erste Methode jedenfalls für zuverlässiger als die
letztere ond sonach die Zahl 857 (= 68,56) für annähernd richtig.
Beryllium. Berzelius' «) erste Versuche (1815) zur Bestim-
mung des Atomgevrichts, wobei er schwefelsaure Beryll erde analysirte,
gaben ein der .Wahrheit weit näher liegendes Resultat ald die späteren*
Er erhielt aus der Lösung des Salzes 0,553 Gramm Beryllerde und
5,00 Gramm schwefelsauren Baryt , woraus (für die Formel Be O . S Oa
Ba = 857, S = 200) sich berechnet Be = 161,1. Später analysirte
Berzelins Chlorberyllium, das er durch Eindampfen der Losung der
Beryllerde in Salzsäure, und Wiederauflösen in Wasser in Lösung dar-
stellte- Auf 6,626 Gramm Beryllerde erhielt er 8,892 Gramm Chlor-
silber, woraus er Be = 375,0 berechnet (wenn die Beryllerde Be^Os).
Offenbar hatte sich ein basisches Salz gebildet, wodurch die Bestimmung
ganz unrichtig wurde. Ebenso verhielt es sich mit dem schwefelsauren
Salz, worin er 34,1 Proc. Schwefelsäure fand, und daher Be = 381,2
berechnet.
Awdejew^) stellte Chlorberyllium durch Behandlung eines Ge-
menges von Beryllerde imd Kohle mit Chlor dar, und fand darin 86,7
bis 88,3 Proc. Chlor; im Mittel der Versuche berechnet sich hieraus
(för die Formel Be€l) Be = 60,8, oder für BejOs wird Be = 91,2.
Bei der Analyse der krystallisirten schwefelsauren Beryllerde be-
stimmte er das Verhältniss der Säure zur Base, und berechnete hieraus
im Mittel von vier Versuchen (für S ^= 201,16) das Atomgewicht des
Berylliums zu 58,08 (Grenzwerthe 57,06 und 59,02). Giebt man der
Beryllerde die Formel Be^ Og^ so berechnet sich hieraus Be = 87,12.
Wie man sieht, gehört das Atomgewicht des Berylliums noch zu
den weniger genau bekannten Zahlen, und man kann es vorläufig als
AnniUierung 87,5 (= 7) setzen.
Blei. Das Atomgewicht dieses Metalls ist in wiederholten Ver-
suehen von Berzelius bestimmt worden. Wir lassen die früheren
*) Philo«. Transactions. T. CXIX, p. 291. Journ. f. prakt. Chem. Bd. II, S. 278.
*) Srsnberg's Jahresber. f. 1861. S. 46. — ^) Schveigger's Journ. Bd. XV,
S. 296. Pogg. Annal. Bd. VIU, S. 187. — ♦) Pogg. Annal. Bd. LVI, S. 101.
476 Atomgewichte.
versuche unberücksichtigt und führen nur die loteten und sorgfiLUigsten
Beatimmungen ^) (von 1830 und 1845) an, in welchen reines Bleioxyd
durch gereinigtes Wasserstoffgas reducirt und der Sauerstoffgehalt des
Bleioxyds somit ermittelt wurde. Berzelius fand hierbei, dass 100 Thle.
Bleioxyd 7,1724 Thle. Sauerstoff enthalten, wonach das Atomgewicht
des Bleis sich zu 1294,2 berechnet. Wenn man indessen mit Berze-
lius einige Versuche von der Berechnung ausschliesst , weil sie weni-
ger gut mit den Übrigen übereinstimmen , so erhält man das Atomge-
wicht 1294,6. Die äussersten Grenzen, welche Berzelius* Verfluche
ergaben, sind 1292,0 und 1295,6. Hiermit .stimmen sowohl die älteren
Versuche (1818) von Berzelius, in welchen er die Zahl 1294,5 fand,
als auch die Versuche von Turner 3) (1835), welcher 1295,1 daf&r
fand, nahe überein; sowie endlich auch die von Longchamp') (1827)
erhaltenen Zahlen (1295,5 bis 1296,7) innerhalb der Grenzen der Ber-
zelius'sehen Zahlen fallen. Im Mittel ist daher 1294,5 (oder 103,56)
anzunehmen.
Boron. Die ersten Versuche zur Bestimmung des Atomgewichts
des Borons, bei welchen man die durch Verbrennen von Boron erhal-
tene Borsäure wog, gaben sehr wenig übereinstimmende Resaltale.
Gay-Lussac und Th^nard, Davy und Berzelius fanden hiemach,
dass 100 Thle. Borsäure 61 bis 68 Proc. Sauerstoff enthalten. JBbenso
ungenügende Resultate ergab die Bestimmung des WasserstofTgehalts
der krystallisirten Borsäure oder des borsauren Ammoniaks.
Uebereinstimmende Resultate erhielt Berzelius^) dagegen durch
Bestimmung des Wassergehalts des krystallisirten Borax, welchen er in
drei Versuchen jedesmal zu 47,1 Proc. fand. Bei Annahme der ato-
mistischen Zusammensetzung Na 0.2B08 -|- lOHO berechnet sich
(wenn Na = 290,9 gesetzt wird) B = 136,31 oder (wenn Na =
287,5) B = 138,1. Diese Zahl kommt so nahe mit 137,5 (= 11)
überein, dass man letztere auch wählen könnte.
Wenn dagegen die Formel der Borsäure BO« geschrieben wird,
so muss das Atomgewicht des Bors verdoppelt, also entweder 272,6
oder 275,0 (= 22,0) gesetzt werden. Will man endlich die atomisti-
sche Znsammensetzung der Borsäure durch BOg ausdrücken, so wäre
B = 91 (oder 7,3) anzunehmen.
Brom. Wir erwähnen nur kurz , dass die ersten Bestimmun^n
des Atomgewichts desselben weit niedrigere Zahlen gegeben haben als
die. späteren, nämlich 943 (Baiard), 941 (Liebig) und 978 (Berze-
lius) (für das Gewicht des Doppelatoras oder Aequivalents). Die aus-
föhrlichsten und sorgfaltigsten Bestimmungen verdankt manMarignac*).
Derselbe stellte drei Reihen von Versuchen an. In der ersten bestimmte
er das Gewicht des Bromsilbers, welches man aus einer bestimmten
Menge von Silber durch Ausfallen erhalten kann. Er fand hierbei,
dass 100 Thle. Silber 174,072; 174,055; 174,066, im Mittel 174,065
Bromsüber geben. Nimmt man Ag = 1349,01 , so berechnet sich Br
0 Pogg. Annsl. Bd. XIX, S. 800 (1880) u. Lehrb., Sie Aufl., B<t III, 8. 1187<»
*) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XlUi S. 14. — *) Annal. de chim. et phj-s.
[2.] T. XXXIV, p. 106. — *) Po gg. Annal. Bd. II, u. Lehrb., 5te Aufl., Bd. Ill,
S. 1199. — *) Biblioth. Univ. de Gen^ve. T. XLVl, p. 357. Boraelius* Lehrb.
Bd. m, S. 1194.
Atomgewichte. 477
= 999,15 oder bei der Berechnang anf den InfUeeren Banm 999,3.
Für Ag = 1350,0 wäre dagegen Br = 999,9.
In einer iweiten Reihe bestimmte er die Menge Bromkalium,
welche zum völligen Ausfllllen • einer bestimmten Menge von Silber
(nach dessen Lösnng in Salpetersäure) gerade noth wendig war.
Er fand hierbei folgende äquivalente Mengen :
Ag 2,131; 2,559; 2,447; 3,025; 8,946; 11,569; 20,120,
KBr 2,351; 2,823; 2,700; 2,336; 4,353; 12,763; 22,191;
im Mittel also auf 100 Thle. Silber 110,306 Bromkalinm.
Nimmt man wieder Ag = 1349,01 und K:^ 488,85, so berechnet
sich St = 999,9, oder bei der Bednction auf den luftleeren Raum
999,6; oder wenn Ag = 1350,0, so wird Br = 1000,3.
£ine dritte Methode bestand darin, die bei dem Glühen einer be-
sthnmten Menge von bromsaurem Kali hinterbleibende Menge von Brom-
kalinm zn wägen. In vier Versuchen ergab sich hierdurch ein Gehalt
an Sauerstoff in 100 Thln. Salz zu
28,702; 28,650; 28,605; 28,746.
Obgleich diese Versuche weit mehr unter einander differiren als
die früheren, so fuhrt die Mittelzahl 28,728 zu demselben Atomgewicht,
nämlich Br = 999,9, oder bei der Beduction auf den leeren Baum
Br = 999,6 (oder 79,97).
Berzelius berechnet aus den zwei ersten Yersnohsreihen, indem
er Ag = 1349,6 und K = 488,86 setzt, Br = 999,6 (= 79,97).
Da die Zahlen alle um 1000 schwanken, je nachdem man das
Atomge-wicht des Silbers und Kaliums innerhalb der wahrscheinlichen
Grenzwerthe der Berechnung zu Grunde legt, so wählt man am zweck-
niäasigsten für das Gewicht des Doppelatoms Brom 1000 (= 80).
Calcium. Ueber das Atomgewicht dieses Metalls haben beson-
ders Berzelius, sowie Erdmann und Marchand Untersuchungen
angestellt. Berzelius^) versuchte dasselbe zuerst durch Bestimmung
des in geschmolzenem Chlorcalcium vorhandenen Chlorgehalts (durch
Silber ku fällen) zu ermitteln nAd fand dadurch die Zahl 253 (durch
einen Schreibfehler wurde 256 dafHr angegeben, welche Zahl SO Jahre
lang allgemein angenommen wurde).
Damas*) analysirte später (1842) den kohlensauren Kalk (Kalk-
spaih) dnrch Crlfihen und fand, dass derselbe, wenn man die im Ganzen
0,03 Proc. betragenden fremden Bestandtheile abrechnet, 56,07 Proc.
Kalk enthält. Hieraus berechnet sich das Atomgewicht des Calciums
(för C = 75,0) zu 251,0, statt welcher Zahl Dumas 250 (oder 20,0)
annahm.
Bald darauf ( 1 842) wiederholten Er d m a n n und Ma r c h an d ') diese
AnaljTse mit isländischem Doppelspath und fanden, dass derselbe beim
Gldhen (nachdem er vorher bei 140<) bis 150^ C» getrocknet worden)
56,09 bis 56,18 Proc. Kalk hinterlässt. Die vollständige Analyse des
KaJkBpaths zeigte, dass derselbe aber auch über 0,01 Proc fremde
Stoffe enthielt
£rdmann und Marchand bestimmten hierauf die Menge des aps
X) Gilbert'» Jonrn. Bd. XXXVII, S. 461. — •) Compt. rend. T. XVT, p. 587;
AbimL d. Ch«m. n. Phttrm. Bd. ZLIV, S.216. — -^ Jonrn. f. prakt Ch«m. Bd.
XXVI, S. 461; AnnaL d. Ch«m. u. Pharm. Bd. XLIV, S. 216.
478 Atomgewichte.
einer gewogenen Menge von Kalkspath durch Behandlung mit Sehinr«-
feisäure darzustellenden schwefelsauren Kalks, und erhielten hieH>«
im Mittel von vier nahe übereinstimmenden Versuchen aus 100 Thln.
kohlensaurem Kalk 136,05 Thle. schwefelsauren £[alk. Es bereohn«!
sich hieraus für C = 75 und 8 = 200, Ca = 249,1. Dieselben Che-
miker analysirten endlich noch künstlich dargestellten reinen kohlen-
sauren Kalk und erhielten nach dem Trocknen desselben bei 160^ bis
1880 G. durch Glühen aus 100 Thln. desselben 55,98 bis 56,08, im
Mittel 56,00 Proc. Kalk.
Es berechnet sich hieraus Ca = 250,0 (= 20,0).
Endlich bestimmten sie noch den Gehalt an Kohlensäure im koh-
lensauren Kalk durch Zersetzung desselben mit verdünnter Schinrefel-
säure , wobei die Kohlensäure, durch Chlorcalcium getrocknet, entwich,
und durch den Gewichtsverlust des Apparats ermittelt wurde. In swei
Versuchen fanden sie in 100 Thln. kohlensaurem Kalk 44,00 und
43,98 Thle. Kohlensäure, also fast wie oben 56,00 und 56,02 Kalk.
Berzelius^) stellte hierauf eine neue Reihe von Versuchen an,
in welchen er die aus einer bestimmten Menge von Aetzkalk durch Be-
handlung mit Schwefelsäure gebildete Menge von schwefelsaurem Kalk
wog. Die Resultate waren:
Kalk.
Schwefeld'äure.
Atomgewicht des
Calciums.
1,80425
2,56785
251,91
2,504
8,5705
251,18
8,900
5,5514
251,79
3,0425
4,3265
252,14
8,459
4,9314
251,24
oder im Mittel 251,65 (für S = 200,75) oder (für S = 200,0), Ca
= 251,1 (oder 20,09).
£rdmann und Marchand') habep später nachgewiesen, dass
der kohlensaure Kalk beim Glühen stets eine kleine Menge von Kohlen-
säure zurückhält, so dass also der von Berzelius angewendete Aetz-
kalk noch Kohlensäure enthalten haben muss ; dass endlich die Schwe-
felsäure leicht beim Verdampfen etwas schwefelsauren Kalk mitreist.
Beide Fehler wirken in derselben Richtung und lassen das Atomgewicht
des Calciums zu hoch finden.
Erdmann und Marchand') kamen hierauf wieder zurück zn
ihrer früheren Methode; sie ermittelten, dass der von ihnen angewen-
dete Kalkspath 0,04 Proc. fremde Bestandtheile enthält; in sechs neaen
Versuchen fanden sie den Kalkgehalt desselben durch Glühen zn
55,997 bis 56,044, im Mittel zu 56,028 Proc^ woraus sich Ca = 250,39
(oder 20,08) berechnet.
Durch die Entgegnungen Berzelius^ veranlasst, zeigten £rd-
mann und Marchand ^) endlich, dass der bei 200^ C getrockDete
0 Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. XX. VI, S. 241. — *) Journ. f. prakt. Chem.
Bd. XXXI, S. 257; Annal. d. Chem. u. Phann. Bd. LII, S. 210. — *) Jonrn. f.
prakt. Chem. Bd. XXXI, S. 267; Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. UI, S. 210.
— *) Journ. f. prakt. Chem. Bd. L, S. 287 ; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXTI,
S. 219.
Atomgewichte. 479
Kalkspaih keine Spur von Wasser enthält, dafls aber der geglühte Kalk-
s|>ath eine Spur Kohlensäure zurückhält, wodurch das Atomgewicht des
Kalks etwas su hoch gefunden werden muss. Indem sie darauf die
Men^e der Kohlensäure in dem geglühten Kalk ermittelten, fanden sie,
dasa dieselbe für jedes Gramm kohlensauren Kalk etwa 0,001 Grm.
betragt. Aus 13,6031 Orm. reinem kohlensaurem Kalk erhielten sie
unter Berücksichtigung dieser Gorrection 7,6175 Grm. Kalk, woraus
das Atomgewicht des Calciums sich zu 249,93 berechnet. Diese Zahl,
oder vielmehr 250,0 (20,0), ist denn jetzt fast allgemein angenommen.
Calor. Das Atomgewicht des Chlors ist mit dem des Kaliums
und des Silbers aus denselben Versuchen abgeleitet worden, so dass
wir hier die Bestimmung dieser drei Atomgewichte zusammen beschrei-
ben müssen.
Die beste Methode hierzu ist von Berzelius^) angegeben und
später noch von Marignac^, Penny'), lifaumen^^) und anderen
Chemikern mit nahe. übereinstimmenden Resultaten befolgt worden.
1) Als Ausgangspunkt dient das chlorsaure Kali (K O . GlO^),
welches beim Glühen Chlorkalium hinterlässt; der Gewichtsverlust ent-
ipricht also 6 Aeq. Sauerstoff, wodurch das Atomgewicht des Chlor-
kalimn sich berechnen lässt.
2) Da ein Atomgewicht Chlorkalium ein Atom Silber aus seiner
hosang niederschlägt, so giebt die Ermittelung der Quantität Chlor-
dlber, welche durch ein Atom Chlorkalium gebildet wird, das Atom-
gewicht des Chlorsilbers*
3) Bestimmt man femer, wie viel Chlorsilber man aus 1 Tbl.
Silber erhält, so hat man hiermit das Atomgewicht des Silbers, woraus
endlich das Atomgewicht des Chlors sich unmittelbar ergiebt.
Man kann endlich auch die Menge des Silbers ermitteln, welche
aus der Lösung in Salpetersäure durch ein bestimmtes Gewicht Chlor-
kAlintn gefällt wird.
Man hat also drei oder vier Versuchsreihen auszufahren, und wir
wollen die von verschiedenen Chemikern hierbei erhaltenen Resultate
zusammenstellen :
1) Bestimmung des Sauerstoffgehalts des chlorsauren
Kalis. Da bei dem Erhitzen stets kleine Mengen des Salzes mitge-
rissen werden, so müssen die Apparate so eingerichtet sein, dass die
Menge des mitgerissenen Salzes aufgefangen und in Rechnung ge-
zogen werden kann. Penny bestimmte den Gehalt an Sauerstoff (oder
Chlorkalium) durch Behandlung des chlorsauren Kalis mit überschüssi-
ger Chlorwasserstoffsäure, Eindampfen und Glühen des Rückstandes.
In 100 Thln. chlor sauren Kalis fanden hierbei die Menge des
Sauerstoffs:
Berzelius Marignac Pennj Maumen^
(4 Versuche) (6 Versuche) (6 Versuche) (7 Versuche)
19446 bis 39;i50 89,155 bis 39,167 39,185 bis 89,170 39,215 bis 39,205
Mittel: 39,150 89,161 39,177 39,209
0 AnnBl. de cliim. et phys. T. XCI, p. 102. — ^ Jonrn. f. prakt. Chem. Bd.
XXXI, S. 272; Ann»l. d. Chem. u. Pharm. Bd. XLIV, S. 14. — ■) Philosoph.
Trmnaact. T. IV, p. 129 (1839). — «) Annal. de chim. et phys. [8.] T. XVin,
p. 41; Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LX, S. 178.
480 Atomgewichte.
Also das Atomgewicht des Ghlorkalinms:
982,57 982,14 981,51 930,28
2) Bestimmung des Atomgewichts des Chlorsilbera.
Aus 100 Thln. Chlorkalium wurden folgende Mengen von Chloi
silber erhalten:
Berzelius Marignac Maumene
(5 Versuche) (8 Versuche)
Ag€l 192,4 192,33 bis 192,37 192,75
Mittel: 192,35.
Zar Aasfällung von 100 Thln. in Salpetersäure gelösten Silbei
wnrden in sechs Versuchen erfordert (Marignac):
69,067 bis 69,049, im Mittel 69,062 Thle. Chlorkalinm.
Geht man hiernach von 932,14 als Atomgewicht des Chlorkalinn
ans, so berechnet sich das Atomgewicht des Silbers:
3) Bei der Bestimmung der Menge von Ghlorsilber, welche ms
ans 100 Thln. Silber erhält, fanden
Berzelius Marignac Penny Mauinen*
1844 1845 ^
(5 Versuche) (7 Versuche) (ö Versncke
Ag€l 132,75 132,73 132,84 132,84 132,73.
Das aus der Lösung einer bestimmten Menge von Silber dord
Salzsäure gefällte Chlorsilber wurde in obigen Versuchen getrockse
nnd nach dem Schmelzen gewogen; nur Maumene bestimmte das be
der Reduction einer gewogenen Menge von Chlorsilber im Wasserstoff
Strom zurückbleibende Silber.
Aus den drei Angaben von Marignac, dass
100 Thle. chlorsaures Kali 39,161 Thle. Sauerstoff enthalten,
100 Thle. Chlorkalium 192,35 Thle. Chlorsilber nnd
100 Thle. Silber ^ 132,73 Thle. ChlorsUber geben,
berechnen sich die Atomgewichte:
K€l = 932,1 (oder 74,57)
AgGl = 1798,0 (oder 143,44)
Ag = 1350,a (oder 108,06)
Gl = 442,2 (oder 85,37)
K = 489,9 (oder 39,19)
Geht man dagegen von demselben Atomgewicht des Chlorkaliuou
(932,1 oder 74,57) aus, und nimmt an, dass 100 Thle. Silber 132,84 Thle
Chlorsilber geben (Marignac, Penny), und dass zur Ausfällung voi
100 Thln. Silber 69,062 Thle. Chlorkalium nöthig sind, so findet man
Ag = 1849,7 annähernd 1350,0 (oder 108 )
AgGl = 1792,9 „ 1793,75 ( „ 148,5)
Gl = 443,2 „ 443,75 ( „ 35,5)
K = 488,9 „ 487,5 ( „ 39,0)
Aus diesen Resultaten ergiebt sich, dass das Gewicht des Doppel*
atoms Chlor kein Mnltiplum von 12,5 (Gewicht von H) mit einer
ganzen Zahl ist, dass dagegen die Atomgewichte des Silbers and Ka-
liums solchen Multiplen so nahe kommen, dass man ohne bemerkli"
chen Fehler 1350 oder 108,0 und 487,5 oder 39,0 für die Atonge-
Atomgewichte. 481
wichCe annehmen kann, indem diese Werthe innerhalb der durch die
Yenache gefundenen Grenzen fallen, und sich dadurch erhalten lassen,
das9 ilian den einen oder anderen Versuch von der Berechnung aus-
ichiiesst.
Cer. Die älteren Angaben über das Atomgewicht des Cers be-
sehen sich stets auf lanthan- und didymhaltiges Cer. So fand Hi Sin-
ger (1814) dafür die Zahl 570,6 und Otto 584,6. Nachdem man
gelernt hatte, dasselbe von Lanthan und Didym zu befreien, bestimmte
Beringer 1) das Atomgewicht des Cers durch die Analyse des Cer-
chlorürs und des schwefelsauren Ceroxyduls. In ersterer ermittelte er
die Menge von Chlorsilber und Ceroxyd, welche man aus dem Chlorür
erhält, woraus er Ce = 596,97 ableitete. Bei der Analyse des schwe-
felsauren Ceroxyduls bestimmte er die Menge des aus einer abgewoge-
nen Quantität des Salzes auszufällenden schwefelsauren Baryts und die
Menge des Ceroxyds (CeaOs). Im Mittel der Analysen berechnete er
Ce= 077,2 (oder 46,17).
Hermann wurde durch eine Analyse des schwefelsauren Ceroxy-
duls, in welcher er den Gehalt an Schwefelsäure als schwefelsauren
Btryt bestimmte, zur Zahl 575,0 geführt.
Marignac^) hat (1848) eine grössere Anzahl von Versuchen zur
Bestimmung dieses Atomgewichts mitgetheüt Er ermittelte den Ge-
halt an Schwefelsäure in dem schwefelsauren Ceroxydul , indem er die
Losang desselben so lange mit einer titrirten Lösung von Chlorbarium
▼ersetzte, als noch eine Trübung bemerkt wurde, und hierauf das Über-
lehüssig zugesetzte Chlorbarium durch eine titrirte Lösung von Schwe-
felsaure zurückmass. Da in der Lösung von schwefelsaurem Ceroxy-
dul die Beaction der Schwefebäure mit Baryt weniger scharf sich
zeigte als in reinem Wasser, so fand er stets zwei ziemlich entfernte
Grenzen für den Gehalt an Schwefelsäure, ein Minimum und ein Maxi-
mmn ; das Mittel beider muss dem wahren Gehalt sehr nahe liegen. In
lieben Versuchen fand er das Atomgewicht im Mittel zu 590,8 (Maxi-
Bmm 594,4, Minimum 587,4) (oder 47,26).
In einer späteren Abhandlung') (1858) verwirft indessen Ma-
rignac diese Zahl, und glaubt sie, ohne doch specielle Angaben zu
machen, auf etwa 575 (=r 46,0) setzen zu können; also auf dieselbe Zahl,
welche Hermann früher gefunden hatte. Der Grund, weshalb die Zahl
«^90,8 zu hoch gefunden worden sei, liege darin, dass der bei dem Mischen
vonChlorbarinm und schwefelsaurem Ceroxydul niederfallende schwefel-
»Mire Baryt unzersetztes schwefelsaures Ceroxydul eiuschliesse, wodurch
die zum Niederschlagen nothwendige Menge von Chlorbarium geringer
«ufallen müsse, als wenn säramtliche Schwefelsäure als Barytsalz er-
kalten werde;
Chrom. Das Atomgewicht des Chroms gehört zu den weniger
gcoan bekannten Atomgewichten, insofern die von Verschiedenen Che-
laikem dafür gefundenen Zahlen nicht unbedeutend von einander ab-
weichen.
*) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LIL S. 184. — *) Bibl. univ. de Genfer«
[».] T. Vin, S. 266 ; Annal. d. Chem. u. Phinn. Bd. LXVm, S. 216. — •) Annal.
*• chha. et de phya. [8.] T XXXVIU, p.l48.
HiBdwecttrtach dw Chtmie. SU Aofl. Bd. n. 31
482 Atomgewichte.
Berselins^) berechnete (1818) das Atomgewicht des ChroiM
durch Bestiminung der aus 100 Thln. Salpetersäuren Bleiozyds durch
chromsaures Kali auszufällenden Menge von chromsaurem Bleiozyd,
wobei er 98,772 PbO . CrOs erhielt. Darin sind nach der Bechnong
von Berzelius 67,31 Thle. Bleioxjd enthalten. Geht man von dem
Atomgewicht des Bleis 1294,6 aus, so berechnet sich das Atomgewicht
des Chroms zu 851,8 (oder 28,14).
P^ligot') wies später (1844) nach, dass diese Zahl zu hoch ist;
aus der Analyse vonChromchlorür, Cr€l, in welchem er 56,7 bis 58,4 Proe.
Chlor fand, berechnet er Cr = 328 (oder 26,24), welche Zahl doch in
Betracht der geringen Uebereinstimmung der Analysen nicht zuverlässig
erscheint. Auch die Analyse des essigsauren Chromozyduls gab ihm
Zahlen, welche mit Cr = 828 übereinstimmten.
Wir übergehen die Angaben von Jacquelin, dass das Atomge-
wicht des Chroms 313 sei, und führen Berlin' s sorgfaltige Varsnche
genauer an. Berlin ') wandte zwei Methoden zur Bestimmung an,
nämlich die Analyse des chromsauren Silberoxyds und die Bestimmung
der Menge von chromsaurem Bleioxyd, welche man aus einer abgewo-
genen Quantität von salpetersaurem Bleioxyd ausfällen lumn.
Bei der ersten Methode bestimmte er sowohl die Menge des Sil-
bers durch Ausfällen mit Chlorwasserstoffsäure, als auch die Menge
des durch Reduction der Chromsänre entstandenen Chromoxyds aus
dem Filtrat.
Nimmt man für Ag 1349,7 und für Gl 443,2, so ergiebt sich aas
der Yergleichung des Atomgewichts des chromsauren Silberoxyds mit
dem des Chlorsilbers Cr =z 329,3 (in fünf Versuchen zwischen 328,1
und 330,8) (oder 26,34); oder durch Yergleichung der Menge des
Chromoxyds und des chromsauren Silberoxyds Cr == 328,4 (in fünf
Versuchen zwischen 327,8 und 328,8) (oder 26,27).
Nach der zweiten Methode .erhielt Berlin durch Ausfällen von
100 Thln. salpetersaurem Bleioxyd 97,559 bis 97,594 chromaaures
Bleioxyd, woraus er das Atomgewicht des Chroms zu 324,5 und 325,8
im MitUl 324,9 (oder 25,99) berechnet (wenn Pb = 1294,6 and N =
175,06).
Moberg ^) versuchte später (1848) das Atomgewicht des Chroms
ans der Analyse des schwefelsauren Chromoxyds und des Anunoniak-
Chromalauns herzuleiten.
Durch Bestimmung des Chromoxyds in dem bei 330<^ C. getrock-
neten schwefelsauren Chromoxyd erhielt er (wenn S = 200) das
Atomgewicht des Chroms 331,9 bis 332,5; durch die Analyse des bis
zum beginnenden Glühen erhitzten Salzes fand er dagegen ein höheres
Atomgewicht, nämlich 335,4.
Durch die Bestimmung des beim heftigen Glühen von krystallisir-
tem, un verwittertem schwefelsauren Chromoxyd - Ammoniak hinterblei*
benden Chromoxyds erhielt Moberg im Mittel für Cr 334,8 (in zehn
Versuchen zwischen 334,0 und 335,7) (oder 26,78).
») Schweigger's Journ. Bd. XXU, S. 68. — •) Annal. de ehim. et de phj».
[8.] T. XII, p. 628; Annal. d. Cham. u. Phann. Bd. LII, S. Ui; Joarn. f. prakt.
Chem. Bd. XXXV, S. 27. — •) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LVI, S. 207, u.
Bd. LX, S. 182; Journ. f. prakt. Chem. Bd. XXXVin, 8. 146. — *) Joutd. f.
prakt. Chem. Bd. XLID, S. 114, nnd Bid. XLIV, S. 822.
r'-
Atomgewichte. 483
Lefort ^) bestimmte (1850) den Barytgehalt des bei 250<^ C. ge-
trockneten chromsauren Baryts durch Auflösen desselben in Salpeter-
saare und Ausfällen mit Schwefelsäure. In 14 Versuchen ^fand er in
100 Thln. chromsaurem Baryt 60,35 bis 60,01, im Mittel 60,19 Baryt.
Für Ba = 857 berechnet sich hieraus Cr = 333,0 (oder 26,64).
Wildenstein 2) hat endlich (1853) die Menge des aus einer ab-
gewogenen Quantität wasserfreien Chlorbariums mit einfach -chrom-
saurem Kali ausfällbaren chromsauren Baryts ermittelt. Im Mittel von
82 Yersuehen fand er, dass 100 Thle. chromsaurer Baryt 81,70 Chlor-
bariom entsprechen (die Grenzen waren 81,52 bis 81,86). Nimmt
man nun die Atomgewichte Ba = 857, Gl = 443,2, so berechnet
sich Cr = 334,5 (oder 26,76).
Die Versuche von Moberg, Lefort und Wilden stein gaben
daher sehr naheliegende Werthe für Cr. Auch Berzelius^) hatte
schon früher auf dem nämlichen Wege wie Lefort (10 Grm. chrom-
saarer Baryt gaben 9,1233 Grm. schwefelsauren Baryt) das Atom«
gewicht 335,65 gefunden.
Da übrigens die Analyse der Barytsalze mit Schwefelsäure stets
einen Fehler mit sich bringt (vergl. Barium, Cer, Didym, Lanthan u. a.),
indem der Barytniederschlag mechanisch einen Theil der gelösten
Salze einschliesst, und das Atomgewicht des Bariums weniger genau
bekannt ist, so dürften die auf anderen Wegen von Berlin und F^li-
got gefundenen Zahlen der Wahrheit näher kommen, und wir halten
die Zahl 328 (= 26,24) für sehr annähernd richtig.
Dldym. Das Atomgewicht des Didyms wurde von Marignac^)
(1848) aus der Analyse des schwefelsauren Didymoxyds berechnet.
Es wurde hierbei einerseits ermittelt, wie viel Chlorbarium zur völligen
Ansfällung der Schwefelsäure erforderlich war, sowie andererseits der
schwefelsaure Baryt gewogen. Das Gewicht des Niederschlags zeigte
sich hierbei immer grösser als es aus der Quantität des angewendeten
Chlorbariuma (nach Abzug des in der Lösung noch enthaltenen) sich
berechnete, und es liess sich darin nach dem Glühen leicht ein Gehalt
▼on Didym nachweisen.
Aus der Menge des zersetzten Chlorbarinms berechnet, fand
Marignac das Atomgewicht des Didyms in vier Versuchen 606,9 bis
619,9, und er glaubte hiernach, dass man das Atomgewicht des Didyms
zu wenigstens 620 (oder 49,6) annehmen könne, insofern eine Verun-
reinigung mit Lanthan das Atomgewicht zu niedrig finden lasse.
Im Jahr 1853 hat Marignac^) abermals Versuche zur Feststel-
lung des Atomgewichts des Didyms veröffentlicht. Er weist darin eine
Fehlerquelle in seinen früheren Versuchen nach, welche das Atomge-
wicht des Didyms zu hoch finden liess ; bei der Fällung des schwefelsau-
ren Didymoxyds mit Chlorbarium reisst nämlich der schwefelsaure Baryt
stets eine gewisse Menge von schwefelsaurem Didymoxyd mit nieder,
welches später durch überschüssiges Chlorbarium nicht zersetzt wird.
») Joarn. de Pharm. T. XVHI, p. 27; Journ. f. pr»kt. Chem. Bd. LI, S. 261.
•) Journ. f. prakt. Chem. Bd. LIX, 8. 27. — ■) Berzelius' Jahresber. XXV,
8. 46. — Ö Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXVIII, S. 212; Biblioth. univ.
de GcD^e T. VIII, p. 266. — *) AnnaL de chim. et de phys. [8.] T. XXXVHI,
p. 14$.
81«
484 Atomgewichte.
Es wiirde daher die Menge des Ohlorbariums, welche 1 At. Schwefel-
saurem Didymoxyd entspricht^ zu gering gefanden.
Marignac wählte daher zwei andere Methoden zur Bestimmung
des Atomgewichts. Er bestimmte nämlich 1) den Gehalt an Didjm-
oxyd im schwefelsauren Didymoxyd durch Ausfällen mit oxalsanrem
Ammoniak und Glühen des Niederschlags, bis derselbe weiss war; er
analjsirte 2) das Chlordidym , indem er mit Silberlösung den Chlor-
gehalt ermittelte, und in dem Filtrat das Didjnmoxyd bestimmte.
Nach der ersten Methode fand er in fünf Versuchen, dass lOOThle.
schwefelsaures Didymoxyd 58,22 bis 58,31 Thle. Didymoxyd enthalten,
woraus das Atomgewicht des Didyms im Mittel 598,2 sich ergiebt
Durch die Analyse des Chlordidyms fand er in drei Versuchen die
Zahlen 603,5, 598,9, 598,8 für das Atomgewicht des Didyms.
Marignac setzt Di = 600 (oder 48,0), als eine Zahl, die dem
wahren Atomgewicht sehr nahe kommt. Nimmt man das Mittel aus den
zwei letzten Versuchsreihen, so findet man Di := 599 (oder 47,92).
Eisen. Obgleich Bucholz schon früher sehr genau die Zusam-
mensetzung des Eisenoxyds angegeben hatte, wurde doch auf Berie-
lius' Autorität hin lan^e Zeit ein von dem wahren sehr abweichendes
Atomgewicht für das Eisen (339 oder 27,12) allgemein angenommen.
Berzelins^) hatte die Zusammensetzung des Eisenoxyds durch Auflö-
sen von metallischem Eisen in Salzsäure, Oxydation mit Salpetersaare,
Ausfällen mit Ammoniak, Glühen und Wägen des Niederschlags zu er-
mitteln versucht, und dabei auf den Kohlenstoffgehalt des Eisens (CU-
vierdraht) Rücksicht genommen.
Gay-Lussac^ fand durch Messen des beim Auflösen einer ab-
gewogenen Menge von Eisen in Salzsäure freiwerdenden Wasserstoffs
für das Atomgewicht die Zahl 353,4, und durch directe Oxydation des
Eisens mit Salpetersäure die Zahl 854,5; im Mittel also nahe 354
(oder 28,8).
Davy *) bestimmte den Chlorgehalt im Eisenchlorür und Chlorid;
20 Gm. FesGls gaben 53 Grn. Chlorsilber, woraus Fe = 849,7 (oder
27,98) sich berechnet
Auch Stromeyer^) fand bald darauf, dass das Atomgewicht des
Eisens weit grösser sein müsse als Berzelius' Zahl.
Im Jahr 1844 kam Wackenroder^) zu demselben Schluss, wo-
durch Berzelius bewogen wurde, eine Revision des Atomgewichts des
Eisens durch Svanberg und Norlin*) zu veranlassen.
Wir haben schon früher (S. 467) die Zahlen angegeben, zu welchen
diese Chemiker gelangten. Durch Oxydation des Eisens fanden sie
im Mittel Fe = 349,2; durch Beduction des Eisenoxyds dagegen
Fe = 350,6.
Da Berzelius^ in der ersten Methode einen Constanten Fehler,
herrührend von der Einwirkung der Säuren auf das Glasgefäss, gefun-
den zu haben glaubte, so wiederholte er den Versuch in Platingefässen
') Gilberfs Annol. Bd. VII, p. 818. — «) Ann*!, de Chimie T. LXXX P- !*••
— ■) PhfloB. Transactioii» T. CH, p. 181. — *) Pogg. Annal. Bd. VI, S. 473. -
») Archiv der Pharm. Bd. XXXV, S. 279 u. Bd. XXXVI, 8. 22. — •) AhmL d.
Cbem. u. Pharm. Bd. L, 8. 482 ; Pogg. Annal. Bd. LXII, 8. 270. — 0 Amial. i
Chem. n. Pharm. Bd. L, 8. 482.
Atomgewichte. 485
oDd fand hiebei das Atomgewicht des Eisens im Mittel von zwei Ver-
sochen zn 350,3 (oder 28,02).
Erdmann und Marchand >) bestimmten etwa gleichzeitig hier-
mit das Atomgewicht des Eisens durch die Analyse von Eisenozjd. Sie
reducirten eine abgewogene Menge davon im WasserstofTstrom , liessen
nach dem Erkalten langsam Luft zutreten, und wogen endlich des
Eisen, nachdem sie den Apparat luftleer gepumpt hatten. In acht Ver-
sDchen erhielten sie aus 100 Thln. Eisenoxyd 69,96^ bis 70,044 Thle.
Eisen, im Mittel 70,009 Thle. Das Atomgewicht des Eisens berechnet
sieh hieraus 350,15 (oder 28,01).
Später (1846) hat Maumen^^) das Atomgewicht des Eisens noch-
mals festzustellen gesucht, indem er reinen Eisendraht (vom elektrischen
Telegraphen des chemin de fer da Nord) in Salpetersäure löste, durch
Ammoniak fällte und den Niederschlag wog. In sechs Versuchen
&nd er hierbei das Atomgewicht des Eisens zwischen 849,8 und 350,2,
im Mittel 350,0 (oder 28,0). Diese Zahl, um welche alle genaueren
Bestimmungen schwanken, wird jetzt mit Recht fast allgemein ange-
iXMnmen.
Elrbium. Man kennt noch keine Analyse einer Erbium-Verbin-
dang.
Fluor. Berzelius') bestimmte das Atomgewicht des Fluors
verschiedene Male, wobei er theils Flussspath, theils künstlich darge-
stellte Fluorverbindungen analysirte.
Der Flussspath von Derbyshire gab bei dem Erhitzen und Glühen
mit reiner Schwefelsäure 1,7386 bis 1,7363 schwefelsauren Kalk.
Berzelius fand darin nachträglich Phosphorsäure und Magnesia.
Eonstlich dargestelltes Fluor calcium gab bei gleicher Behandlung
1,749, 1,750 und 1,751 schwefelsauren Kalk. Im Mittel gaben ktz-
tcre Analysen daher auf 100 Thle. Fluorcalciuro 175 Thle. schwefel-
sauren Kalk. Für Ca = 250,0 und S = 200,0 berechnet sich
hieraus F = 235,7 (oder 18,85).
Diese Zahl (oder vielmehr 235,4) betrachtete Berzelius doch nur
als annähernd genau, und forderte zu einer Revision auf.
Louyct*) erhielt bei der Analyse von beinahe farblosem Fluss-
spath von Derbyshire nahe dieselben Zahlen wie Berzelius; er bekam
in drei Bestimmungen 1,735 bis 1,736, im Mittel 1,7358 schwefelsau-
ren Kalk. Künstlich dargestelltes Fluorcalcium gab ihm dieselben
Zahlen, nämlich 1,734, 1,735, 1,737, schwefelsauren Kalk. Das Atom-
gewicht des Fluors berechnet sich aus dem Mittel dieser Analysen
2u 240,0 (oder 19,20).
Louyet bemerkte jedoch, dass die völlige Zersetzung des Fluss-
spaths mit Schwefelsäure hierbei sehr schwierig auszuführen war; doch
gelang sie ihm zuletzt, indem er den Flussspath sehr fein pulverte, ihn
kalt mit concentrirter Schwefelsäure behandelte, bis er völlig gelöst war
und endlich erhitzte, und den Rückstand stark glühte. In sechs Ver-
^) Jonrn. f. prakt. Chem. Bd. XXXIII, S. 1 ; Annal. d. Ghem. n. Pharm. Bd. LK,
S. m, — *) Annal. de chiin. et phys. [8.] T. XXX, p. 880 ; Annal. d. Chem. u.
Pharm. Bd. LXXVI, 8. 280; Journ. f. prakt. Chem. Bd. LI, S. 860. — ") Pogg.
Annd. Bd.l, S. 1; Berselliis' Lchrb. (5te Aufl.) Bd. III, S. 1196. — *) Journ.
f- prakt. Chem. Bd. XLVII, S. 104; Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXX, S. 284.
486 Atomgewichte.
suchen erhielt er aus 1 Grm. Flusflspath zwischen 1,742 und 1,745 Grm.
schwefelsauren Kalk, im Mittel 1,7436. Es berechnet sich hieraus (fQr
Ca = 250, S = 200) das Atomgewicht des Fluors zu 237,5 (oder 10,0).
Andere Versuche mit künstlich dargestelltem Fluorcalcium, Fluor-
barium, Fluorblei führten zu sehr naheliegenden Zahlen.
Gold. Wir übergehen die älteren Versuche zur Bestimmung des
Atomgewichts die|^s Metalls von Richter, Vauquelin, Bucholz and
Oberkampf und bemerken nur, dass Berzelius dasselbe zuerst da^
durch zu ermitteln suchte, dass er die Menge des Quecksilbers bestimmte,
welche zur Ausfällung des Goldes aus Goldchlorid erfordert wurde.
Er fand in zwei Versuchen 9,355 Gold auf 14,29 Quecksilber und
6,557 Gold auf 9,95 Quecksilber. Geht man von Hg = 1250 aus,
so findet man Au ^2455,0 und 2471,3, Berzelius selbst berechnete
von Hg = 1265,8 ausgehend, im' Mittel der Versuche Au = 2486,0
(oder 198,88).
Figuier ^) versuchte durch die Analyse des DoppeUalzes von
Chlorgold mit Chlornatrium das Atomgewicht des Goldes zu bestiromeit
Joval ^) ebenso durch die Analyse der entsprechenden Kaliumverbin-
düng. Wir übergehen die Resultate und führen nur die von Berzelius')
bei der Analyse des Salzes Au€l3-{-EGl erhaltenen Zahlen an. Ber-
zelius reducirte das gewogene Doppelsalz durch Glühen im Wasser-
stoffstrom, wog den Rückstand von Gold und Chlorkalium, sowie das
nach dem Behandeln mit Wasser hinterbleibende Gold.
Berzelius verglich die Menge des Goldes mit der des Chlor-
kaliums und berechnet (für KGl = 932,14) (im Mittel von fünf Versu-
chen, welche zwischen 2457,1 und 2459,1 schwankten) Au = 2458,3
(oder 196,66). Man könnte auch das Gewicht des ursprünglichen Sal-
zes mit dem des Goldes vergleichen, doch würde man hierdurch unge-
naue Resultate erhalten, weil beim Trocknen des Salzes etwas Chlor
entweicht.
Geht man von KGl = 931,25 aus, so berechnet sich im Mittel
der Versuche Au = 2454 (oder 196,32).
LevoH) bestimmte das Atomgewicht des Goldes durch Auflösen
einer abgewogenen Menge von reinem Gold in Königswasser, Entfernen
der Salpetersäure durch wiederholtes Eindampfen mit Salzsäure, Ein-
leiten von schwefligsaurem Gas und Bestimmung der entstandenen
Schwefelsäure durch Ausfallen mit Barytlösung. 3 Aeq. schwefel-
saurer Baryt entsprechen hiernach einem Doppelatom, Gold AuGl« -j*
3SO2 + 3H0 = Au -f 3SO3 + 3H€l. Aus 1 Gramm Gold er-
hielt er 1,782 Gramm BaCSOg. Setzt man BaO.SO, = 1457,69,
so findet man Au = 2454,0 (oder 196,32).
Für BaO.SOg = 1456 findet man Au ==2451,3, also sehr nahe
2450 (oder 196,0), welche letztere Zahl bei der Unsicherheit, welche
Über das Atomgewicht des Bariums besteht, ebensowohl aus Levol's
Versuchen berechnet werden kann.
Jod. Die ersten Versuche zur Bestimmung des Atomgewichts
des Jods von Prout, Davy, Gay-Lussac und Berzelius geben da-
*) Annal. de chim. et de phys. [2.] T. XIX, p. 177. — •) Annal. de china. et
de pbyB. [2.] T. XVII, p. 837. Schweigger'» Joura. Bd. XXXIU, S 288. -
») Berzelina' Jahresber. XXV, S. 41. — ") Annal. de chim. et de phys. [8.] T
~* , p. 866; Joarn. f. prakt. Chcm. Bd. LI, S. 446.
Atomgewichte. 487
för eine viel niedrigere Zahl (1058- bis 1578) als die culetst yon Ma-
rignac ansgef fihrten Bestimmungeiy Auch Mil Ion i) yersuchte dat-
selbe dilreh die Analyse von jodsaurem Kali und von jodsaurem Silber-
ozyd festzustellen. £r wog den beim Glühen von jodsaurem Kali hin-
terbleibenden Rückstand (im Mittel 77,527 Proc. betragend) woraus
Tor KI 2069,8 folgt. Man hat hiemach (für K = 4H8,9) { = 1580,9
(oder 126,47).
Aus 100 Thln. jodsaurem Silberoxyd erhielt Milien durch Be-
bandlung mit Jodwasserstoff im Mittel 82,95 Thle. Jodsilber, woraus
Agl= 2919,0 sich berechnet und somit (für Ag= 1350) 1=1569,0.
Marignao') hat endlich zwei Reihen von Versuchen mitgetheilt,
welche übereinstimmende Resultate gaben. Er bestimmte zuerst die
Menge von Jodkalium, welche zum Ausfallen einer bestimmten Menge
7on Süber (aus der salpetersauren Lösung) erfordert wird, und fand in
fänf nahe fibereinstimmenden Versuchen, dass lOOTheile Silber 158,74
Thle. Jodkalium erfordern (Maximum 158,79, Minimum 153,65). Aus-
gehend von Ag = 1849,0 K 3= 488,9 berechnet er I = 1585,0 (oder
126,80).
In der zweiten Reihe bestinjmte er die Menge von Jodsilber, welche
man aus einer abgewogenen Menge von Silber durch Auflösen in Sal-
petersaare und Fällen mit Jodkalium erhält. Im Mittel dreier Ver-
SQche fand er, dass 100 Thle. Silber 217,511 Thle. Jodsilber geben
(Maximum 217,54, Minimum 217,50). Setzt man Ag = 1349,0, so
findet man I = 1585,2 oder für Ag = 1350 berechnet sich { =
1586,2, welche Zahl 1587,5 (oder 127) hinlänglich nahe kommt, so dass
man ebensowohl letztere annehmen kann.
IridlUID. Das Atomgewicht des Iridiums wurde (1828) von
Berzelius^) durch die Analyse des Kalium -Iridiumchlorids, KGl -|-
IrGlg, bestimmt. Nach schwachem Glühen in einem Strom trockenen Chlor-
gases wurde der Ruckstand gewogen und in einem Strom von Wasser«
stoffgas geglüht. 100 Thle. Salz verloren hierbei 29,00 Thle. Chlor.
Für €1=442,6 u. K = 489,92 aUo Ir = 1283,5 (oder 98,68).
Für €1 = 443,2 u. K = 488,85 „ Ir= 1282,1 (oder 98,57).
Da dies der einzige Versuch zur Bestimmung des Atomgewichts
des Iridiums ist, so bedarf es zur Controle noch weiterer Versuche.
Kadmium. Unsere Kenntniss des Atomgewichts des Kadmiums
benihle bisher allein auf der Angabe von Stromeyer (1818), dass das
Kadmiumoxyd auf 100 Thle. Metall 14,352 Thle. Sauerstoff enthalte,
woraus Cd = 696,77 (= 55,74) sich berechnet.
In neuester Zeit hat v. Hauer ^) das Atomgewicht des Metalls be-
stimmt, indem er das wasserfreie schwefelsaure Salz durch Erhitzen in
trockenem Schwefelwasserstoffgas in Schwefelkadmium verwandelte;
nach den bei neun Versuchen erhaltenen Resultaten enthalten 100 Thle.
wasserfreies schwefelsaures Salz im Mittel 30,769 Sauerstoff (erhalten
wurde 30,7426 bis 80,7907); darnach berechnet sich das Atomgewicht
dei Kadmiums im Mittel 699,992 (oder 55,999), so dass man wohl
*) Annal. de chim. et phys. [8.] T. IX. — *) Biblioth. univ. de Gen^^e.
T. XLVI, p. 867; Jahresber. v. Berrelius XXIV, 8. 76. — ") Pogg. Annal.
W. Xm, S 486; Berzelins' Jahresber. IX, S. 116. -^ *) Sitxungsber. d. Wien.
Aeid. lUtlL-natarw. KL Bd. XXV, 8. 118; Cbem. Centralbl. 1867, S. 897.
488 Atomgewichte.
700 (oder 56,0) alB das wahre Atomgewicht des MetalU annehme
kann.
Kaünm. S. bei Chlor S. 479.
Kobalt, unsere Eenntniss von dem Atomgewicht des Kobalts
nihte seither auf einem einzigen Versuch von Roth ho f ^ und bedi
daher der Gontrole. 2,692 Gramm Kobaltoxydul wurden in Ghloi
yerwandelt und daraus durch Silberlösung 10,299 Gramm Chloriilbei
erhalten. Nimmt man Ag = 1350,0, Gl = 443,75, so berechnet siel
Co = 368,9 (oder 29,51).
Das Atomgewicht des Kobalts ist kürzlich von Schneider*) am
der Analyse des Oxalsäuren Kobaltoxyduls abgeleitet worden. E
wurde darin das Verhältniss zwischen dem Gehalt an Kohlenstoff an
an Kobalt genau ermittelt, ersterer durch Verbrennen mit Kupferoxyd
in einem langsamen Luftstrome, letzterer durch Glühen im Luft-, znJ
letzt im Sauerstoffstrome bis zur Entfernung allen Kohlenstoffs, worauf
das Oxyd durch Wasserstoffgas redncirt wurde. In vier Versuehea
Kohlenstoff . . 13,024 13,041 13,005 13,014
Kobalt . . . 32,552 32,619 32,528 32,528,
daraus Co . . 374,9 375,2 375,2 874,9,
oder im Mittel (für C = 75,0) berechnet sich Co = 375,05, woför
man ohne bemerkliche Abweichung 375 (oder 30,0) setzen kann.
Kohlenstoff. Die genaue Kenntniss des* Atom gewicht« des Kok*
lenstoffs ist von grosser Wichtigkeit, weil in den organischen Verbin«
düngen häufig eine sehr grosse Anzahl von Kohlenstoffatomen, selbst
100 und mehr Atome enthalten sind, wodurch schon ein geringer Feh-
ler in dem Atomgewicht, den man bei anderen Elementen ftir unwesent-
lich halten könnte, sehr bedeutend werden kann.
Bei der Bestimmung des Atomgewichts des Kohlenstoffes hat man
hauptsächlich drei Methoden befolgt. Man verglich zuerst die Gewichte
gleicher Volnme von Kohlensäure und Sauerstoffgas, welche der Theorie
zufolge gleiche Quantitäten Sauerstoff enthalten, so dass die Differeas
beider Gewichte die Menge des Kohlenstoffs in der gegebenen Menge
von Kohlensäure ausdrückt. Aus den Bestimmungen des specifischen
Gewichtes der Kohlensäure 1,5245 und des Sauerstoffgases 1,1026
von Dulong und Berzeliud (1819) berechneten sie das Atomgewicht
des Kohlenstoffs zu 76,438 (oder 6,11), welche Zahl 20 Jahre lang
unverändert beibehalten wurde (obwohl sie selbst fehlerhaft berechnet
ist, statt 76,528).
Später (1841) hat Wrede auf Berzelius' Veranlassung das
specifische Gewicht des Kohlensäuregases und Sauerstoffgases zu ermit-
teln gesucht und dabei (unter Berücksichtigung, dass die Kohlensäure
dem Mari Ott' sehen Gesetz bei gewöhnlicher Temperatur nicht genau
folgt) für das Atomgewicht des Kohlenstoffs die Zahl 75,13 (bei An-
nahme des Rudberg'schen AusdehnungscoSfficienten) oder (bei An-
nahme der AusdehnungscoSfficienten nach Magnus und Begnault)
75,12 (oder 6,01) gefunden.
») Pogg. Aanftl. Bd. VIU, S. 186. — «0 Pogg. Ann»l. Bd. CI, S. 887; Anntl.
d. Ghem a. Pharm. Bd. CIV, S. 220.
_j
I Atomgewichte. 489
Wieder andere Zahlen erhält man bei Annahme der specifischen
Gewichte dieser Gase nach Regnault's, Marchand's und Anderer Be-
itimmaDgen, welche wir nicht näher anführen wollen, da die Methode
fiberhaupt nicht genaue Resultate geben kann. Es wird nämlich bei der
Berechnung vorausgesetzt, dass das Sauerstoffgas bei der Verwandlung
io Kohlensäure sein Volumen nicht ändert, was niemals exact bewiesen
wurde, und auch nicht allgemein genau richtig sein kann, weil Kohlensäure
ond Sauerstoffgas sich durch Einwirkung der Wärme verschieden aus-
dehnen (Begnault) und unter dem Druck der Atmosphäre oder grösserem
Dniek für gleiche Druckzunahme verschiedene Volumveränderung er-
I leiden. Man muss hiemach bei der Berechnung des Atomgewichtes
des Kohlenstoffs aus der Dichtjigkeit dieser Gase für verschiedene
Temperaturen und verschiedenen Druck wechselnde Zahlen finden.
Eine zweite Methode zur Ermittelung des Atomgewichts des Kohlen-
I Mofa besteht in der Bestimmung der Menge von Kohlensäure , welche
leine gewisse Menge von Kohlenstoff^ bei der Verbrennung liefert. Ohne
Inf die Bestimmungen von Lavoisier (1775), Gujton Morveau
(1785), Clement und Desormes (1802), Allen und Pepys (1807),
Saassure (1809) näher einzugehen, welche zum Theil der Wahrheit
lehr nahe kamen, ohne allgemeiner angenommen zu werden, führen
vir die ausgezeichneten Untersuchungen von Dumas und Stas^, und
Erdmann und Marchand ^) näher an, welche das jetzt allgemein
angenommene Atomgewicht 75,0 (oder 6,0) ergaben.
DieJse Chemiker verbrannten abgewogene Mengen von Diamant
oder Graphit mit Kupferaxjd und Sauerstoffgas und wogen die von
Kaliapparaten aufgenommene Kohlensäure, nachdem sie vorher von
einer kleinen Menge von Wasserdampf durch Chlorcalcium oder
Schwefelsäure befreit worden war. Die geringe Menge der zurück-
bleibenden Asche wurde von dem Gewicht der angewandten Kohle ab-
gezogen und die Menge des entstandenen Wassers gleichfalls in Bech-
inmg gebracht.
Dumas nnd Stas fanden hierbei im Mittel von vierzehn Versuchen
(welche zwischen 74,87 und 75,12 schwankten) das Atomgewicht des
Kohlenstoffs = 75,005. Der wahrscheinliche Fehler der Versuchs-
reihe berechnet sich zu + 0,018.
Erdmann und Marchand fanden ebenso im Mittel von neun
Tersachen (die zwischen 74,84 und 75,19 schwankten) die Zahl
75,028.
Eine dritte Methode zur Bestimmung des Atomgewichtes des Koh-
lenstoffs haben Lieb ig und Redtenbacher^) angewendet. Sie be-
>^mten in einer Anzahl von Silbersalzen organischer Säuren den Ge-
l^t an Silber durch Verbrennen der Salze , berechneten hieraus das
Atomgewicht der Säuren, woraus, da das Atomgewicht des Wasser-
^fh bekannt und das des Sauerstoffs zur Einheit gewählt wurde, das
Atomgewicht des Kohlenstoffs sich ableiten liess. Ausgehend von Ag
= 1351,6 ft = 12,4B, berechneten sie aus den Analysen im Mittel
C = 75,854 (oder 6,06).
Da indessen das Atomgewicht des Silbers jetzt genauer bekannt
*) Annai. de chim. et de phys. [8.] T. I, p. 1, und AnnaL d. Gh«m. a. Pharm.
HXXXVm, S. 160. — *) Joum- f. prakt. Chem. Bd. XXTIT, S. 169. — =) Annal.
1 ChoB. a^ Pharm. Bd. ZJLXVin, S. 116.
1 490 Atomgewichte-
ist, 80 würde sich aas diesen Versuchen eine etwas verschiedene Zahl
berechnen lassen.
Strecker hat aus denselben Versuchen, ohne das Atomgewicht
des Silbers oder des Wasserstoffs als bekannt voraaszosetzen, das
Atomgewicht des Kohlenstoffes zu 75,415 (oder 6,03) berechnet, wel»
che Zahl der ungenügenden Anzahl der Versuche halber jedoch nur als
annähernd angesehen werden darf.
Kupfer. Zur Bestimmung des Atomgewichtes dieses Metallei
wurde eine gewogene Menge Kupferoxyd mit Wasserstoffgas reduciit
und das hinterbleibende Kupfer gewogen-
Berzelius^) fand hierbei (1820) in zwei Versuchen mit auf nas-
sem Wege bereitetem Kupferoxyd die Zahlen 395,69 und 395,51 (oder
31,65).
Erdraann und Marchand ^) erhielten in fünf Versuchen, zu wel-
chen das Kupferoxyd durch Glühen von salpetersaurem Kupferoxyd be-
reitet war, die Zahlen 396,9, 396,5, 396,8, 396,2, im Mittel 396,6
(oder 31,73).
Da die Versuche von Er d mann und Marchand mit äusserster
Sorgfalt angestellt wurden, so mag ihre Zahl als die wahrscheinlichste
betrachtet werden.
Lanthan. MarigUac') allein scheint didymfreies Lanthan zur
Bestimmung des Atomgewichtes verwendet zu haben. Er wandte
schwefelsaures Lanthanoxydul an und ermittelte die Menge einer titrirten
Chlorbariumlösung, welche zum Ausfällen der Schwefelsäure nöthig
war. In acht Versuchen fand er sonach das Atomgewicht des Lanthans
zwischen 582,5 und 591,0, und indem er die am meisten abweichenden
Versuche ausschloss, berechnete er als Mittelzahl 588,3 (oder 47,06).
Zur Gontrole stellte Marignac noch folgenden Versuch an. Eine
abgewogene Menge schwefelsaures Lanthanoxydul wurde mit etwas
mehr Chlorbarium, als der Rechnung nach erforderlich, in Lösungen
vermischt, und die im Filtrat befindliche Menge von Barium durch
Schwefelsäure gefällt und gewogen. Durch Abziehen der entsprechen-
den Menge von Chlorbarium ergab sich die Menge des von dem
schwefelsauren Lanthanoxydul gefällten Bariums und somit das Atom-
gewicht des schwefelsauren Lanthanoxyduls. In zwei Versuchen fand
Marignac für das Atomgewicht des Lanthans die Zahlen 587,4 und
588,3, und er nahm im Mittel La = 588 (oder 47,04) an.
Später*) (1853) hat Marignac eine Fehlerquelle- in diesen Be-
stimmungen nachgewiesen, indem der schwefelsaure Baryt nnzersetztes
schwefelsaures Lanthanoxydul mitreisst, und er giebt an, dass nach an-
deren Versuchen, welche er nicht näher beschreibt, da« Atomgewicht
des Lanthans dem des Cers gleich, nahezu 575 (oder 46,0) sei.
Lithium. Die Ersten Versuche zur Bestimmung des Atomge*
wichtes dieses Metalles von Arfvedson, Vauquelin, C. G. Gmelin
und Kralovansky wurden mit natronhaltigen Salzen angestellt und
gaben daher viel zu hohe Zahlen (118 bis 128).' Hermann^), Ber-
0 Pogg. Annal. Bd. VOI, S. 182. — *) Journ. f. prakt. Chem. Bd. XXXI,
S. 886. — ■) AnMl. de chim. et de phys. [8.] T. XXVII, p. 228 u. Annal. d.
Chem. u. Pharm. Bd. LXXT, S. 806. — *) Annal. de chim. et de phy». [8.)
T. XXXVIII, p. 148. — ») Pogg. Annal. Bd. XV, 8. 180.
Atomgewichte. 491
Ixelias^) and Hagen') stellten durch Fällen mit kohlensaarem Am-
Imoniak natronfreies kohlensaures Lithion dar, welches sie in schwefel-
tanres Salz verwandelten und hierauf durch Fällen mit Barjtlösung aoa«
IjsirteD. Auf diese Weise fanden Hermann 76,10, Berselius 81,87,
Hagen 81,57 für das Atomgewicht des Lithiums.
Da jeder der drei Chemiker nur einen einzigen Versuch und oben-
;^m mit geringen Mengen von Substanz angestellt hat (höchstens
t Grm. Substanz), so bedarf es weiterer Versuche zur genaueren Be-
itbrnnung des Atomgewichten. Für S = 200 und Ba = 857,0 be-
rechnet es sich aus Berzelius' Versuch = 82,85, also nahezu 82,5
(oder 6,5).
Neuerdings hat Mallet^) das Atomgewicht des Lithiums aus der
Analyse des Chlorlithiums abgeleitet. In zwei mit 7 bis 8 Grm. Chlor-
Miam angestellten Versuchen wurde aus der Menge des erhaltenen
Chlorsilbera die Menge des Chlors und Lithiums ermittelt. Mall et
berechnet aus diesen Versuchen Li = 86,98 und 86,96, im Mittel
86,96 (oder 6,96).
Da übrigens das Ghlorlithium nur durch Auflösen in Aetherwein-
geist von anderen alkalischen Chlor metallen gereinigt war, so bleibt es
iweifelhaft, ob etwas Chlornatrium oder Chlorkalium beigemengt war,
ivodurch das Atomgewicht zu hoch ausfallen müsste.
Mall et hat in einem dritten Versuche das Chlorlithiuro aus koh-
Wnsanrem Lithion dargestellt, welches durch Ausfällen mit kohlensau-
rem Ammoniak dargestellt war. 3,9942 Grm. Chlorlithium bedurften
10,1702 Grm. Silber (in Lösung) zur Ausfällung des Chlors. Hieraus
berechnet sich Li (für Ag = 1350 und €l = 443,75) = 86,45
(oder 6,92).
Wir müssen es vorläufig dahin gestellt sein lassen, ob diese Zahl
der Wahrheit näher liegt als die Zahl von Berzelius.
Troost^) hat kürzlich angegeben, dass das Chlorlithium, beim
Glühen an der Luft Chlor verliert, weshalb Mall et das Atomgewicht
a hoch finden musste. Seine eigenen Versuche, die nicht speciell
nntgetheilt sind, sollen das Atomgewicht 82,5 (oder 6,6) ergeben haben.
Magnesium. Lange Zeit wurde das Atomgewicht des Magne-
&Di&ä zu 158,3 angenommen, welche Zahl Berzelius^) dadurch be-
>tinimt hatte, dass er eine gewbse Menge geglühter Magnesia in schwe-
felsaare Magnesia verwandelte und sie nach dem Glühen wog. 100 Thle.
^tagnesia gaben 293,985 Thle. schwefelsaurer Magnesia, wonach Mg =
157,8 (oder 12,62).
Gay-Lussac«) fand 1819 durch Bestimmung des Schwefelsäure-
gehaltes in der krystallisirtcn schwefelsauren Magnesia das Atomgewicht
ded Magnesiums 147,6 im Mittel zweier Versuche (wenn S = 200 und
Ba= 856,8). Scheerer^ (1846) nach derselben Weise aber bei An-
wendung von geglühter schwefelsaurer Magnesia 152,2, Svanberg^)
^ Nordenfeldt durch die Analyse von krystallisirter oxalsaurer
0 Pogg Ann«l. Bd. XVII, S. 379. — ■) Pogg. Annal. Bd. XLVni, S. 861.
— ■) Sillim, Amer. Joarn. Bd. XXII, S. 849 und Annal. d. Chem. n. Pharm.
^ CI, S.870.— *) Annal. de chim. et de phys. [8] T. LT, p. 108.— *) Berae-
Hb»' LehA., 5te Aufl., Bd. III, S. 227. — •) Annal. de chim. et de phys. [2.] T. XIII,
p. 80S. — T) Pogg. Annal. Bd. LXIX, S. 586; Annal. d. Ch«m. u. Pharm. Bd. LXIV,
8. 220. ~ «) jonm. f. prakt. Chenj. Bd. XLV, S. 474.
492 Atomgewichte.
MagDesia (für C = 75 und B = 12,5) die Zahl 154,8, Bahri) nadi
derselben Weise wie früher Berzelius, wozu jedoch die Aiagnesia aus
einem Meteorstein verwendet wurde (I) 154,8.
Mit ^er grössten Umsicht und Sorgfalt wurde das Atomgewicht
durch Scheerer^) und Marchand (1850) bestimmt Sie analjaiiteo
natürliche kohlensaure Magnesia (Magnesit) , welche nur 0,009 bis 0,05
fremde Bestandtheile enthielt (die in Rechnung gebracht wurden). Du
feingepulverte Mineral wurde bei 200^ bis 300^ C. getrocknet, die hierbei
entweichende Spur von Kohlensäure bestimmt, der Rückstand gewogen
und durch Glühen in Magnesia verwandelt, deren Gewicht bestimmt wurde.
Der geglühte Rückstand enthält indessen noch eine kleine Menge von
Kohlensäure, welche gleichfalls noch bestimmt wurde. In elf Yersnchen
(wobei jedesmal 4 bis SO Grra. Mineral verwendet wurden) fanden Mar«
ehand und Scheerer das Atomgewicht des Magnesiums zwischen
149,8 und 150,6, im Mittel 150,3 (oder 12,02).
Man kann hiernach ohne bemerklichen Fehler Mg =150 (odei
12,0) setzen.
Mangan. Die ersten Atomgewichtsbestimmungen dieses Metallei
von Berzelius«) führten zu der Zahl 355,8 (oder 28,46). Berzeliai
hatte hierbei 0,50^5 metallisches Mangan in Salpetersäure gelöst und
den beim Eindampfen erhaltenen Rückstand schwach geglüht und g^
wogen. Das Atomgewicht wurde unter der Voraussetzung berechnet,
dass der Rückstand (0,7225 Grm. an Gewicht) nach der Formel MnjOj
zusammengesetzt sei.
I. Davy^) analysirte (1812) das Manganchlorür durch Fällen roil
Silberlösnng; aus seinem Resultat berechnet sich die Zahl 369,9 (odei
29,59).
Forchhammer*) versuchte (1821) durch die Analyse von schw*
feisaurem Manganoxydul das Atomgewicht zu bestimmen. Ans seinei
Analysen berechnet sich etwa die Zahl 321 (oder 25,7).
Arfvedson^) kam wieder auf das Manganchlorür zurück, welche«
er mit Silberlösung fällte. Aus seinen Angaben berechnet sich Mn =
350 (= 28,0), also gleich dem des Eisens.
Turner 7) (1818) wandte zur Bestimmung des Atomgewichte)
sowohl das schwefelsaure Salz, als auch die Chlorverbindung an. Ei
bestimmte die Menge des schwefelsauren Salzes, welche man ans einei
abgewogenen Menge von Manganozydul durch Behandlung mit Sohwe
feisäure erhält. 100 Thle. MnO gaben hierbei 211,2Thle. MnO.SO»
Hiernach berechnet sich Mn = 349,5 (oder 27,96). Eine hiervon ziem
lieh verschiedene Zahl erhielt er durch die Analyse von Manganchlonlr
das im Chlorwasserstoffstrom getrocknet worden war und mit Silber
lösung gefällt wurde. Aus dem Resultat des Versuches berechnet siel
Mn = 348,4 (oder 27,47).
Endlich hat Berzelius ») (1830) nach derselben Methode zwe
Versuche angestellt; aus dem Mittel derselben berechnet er die Zah
M Journ. f. prakt. Cbem. Bd. LVI, S. SlO. — *) Journ. f. prakt. Chem. Bd.L
S 886; Annal. d. Chem. o. Pharm. Bd. LXXVI, 8. 219. — ") Berselius' Jahr«8bei
IX, 8. 186. — *) Philo». Transact. T. CII, p. 181. — ») Thomaon» Annal
of Philo». T. I, p. 64. - •) Schweigger's Journ. Bd. XLII, p. 202. — 0 Phü«
Magna. [2.] T, IV, p. 22; Pogg. Annal. Bd. XIV, S. 211. — •») Pogg. Annal
Bd. XVm, S. 74.
Atomgewichte. 493
945,9, oder für Ag= 1350 und €1 = 448,75 findet man Mn = 844,5
(oder 27,56).
V, Hauer ^) hat das Atomgewicht des Mangans ähnlich wie beim
Esdmium bestimmt durch Umwandlung des wasserfreien schwefelsauren
Qxjdulsalzes in Mangansulf ür; der Gehalt des Sulfats an Sauerstoff
ut darnach im Mittel aus neun Versuchen 42,390 Proc. (gefunden von
42,351 bis 42,428), und darnach ist das Atomgewicht im Mittel 843,632;
man kann darnach wohl die Zahl 348,75 (oder 27,5) als das Atom-
gewicht des Metalls annehmen, so dass Mangan und Eisen ein nahezu
gldches, aber nicht dasselbe Atomgewicht haben.
Molybdän. Berzelius versuchte zuerst^) (1818) das Atomge-
wicht des Molybdäns dadurch zu bestimmen, dass er das Gewicht des
molybdänsauren Bleioxyds ermittelte, welches aus einer abgewogenen
Menge von salpetersanrem Bleioxyd durch Ausfällen mit neutralem mo-
lybdansaurem Ammoniak erhalten wird. 10 Grm. salpetersaures Blei-
oxyd gaben 11,068 Grm. molybdänsaures Bleioxyd, woraus Ber-
zelius für das Atomgewicht des Molybdäns die Zahl 601,56, bald
darauf aber bei Wiederholung desselben Versuches die Zahl 598,55 er-
hielt ').
Svanberg und Struve^) haben sich (1848) ausführlich mit dieser
Bestimmung beschäftigt. Nachdem sie die Beduction der Molybdän-
»ore im Wasserstoffgas, mit Schwefelwasserstoffgas, sowie mehrere
andere Verwandlungen zur genauen Ermittelung des Atomgewichtes
als anbrauchbar gefunden hatten, blieben, sie bei der Ueberführung von
Sehwefelmolybdän, MoSs, in Molybdänsäure stehen. Sie ermittelten die
beim Rösten stattfindende Gewichtsabnahme, woraus das Atomgewicht
dea Molybdäns sich berechnen lässt, wenn das Atomgewicht des Schwe-
fels bekannt ist. Setzt man S = 200 und die Gewichtsabnahme von
100 Thln. Schwefelmolybdän beim Rösten gleich o, so ist das Atom-
gewicht = — . (400— 300) — 400.
a
In zehn Versuchen mit künstlich dargestelltem Schwefelmolybdän
fimden sie die Gewichtsabnahme beim Rösten zwischen 9,929 und
10,356 Proc, und ^ndem sie die am meisten von den übrigen abwei-
chenden drei Versuche ausschliessen, im Mittel 10,2477 Proc, woraus
Mo = 575,83 (oder 46,07) folgt.
%u dieser Bestimmung kann man bemerken, dass der Fehler in
dem zur Berechnung angewandten Atomgewicht des Schwefels nahezu
20mai vergrössert in dem Atomgewicht des Molybdäns auftritt, so wie
I ^ ^e einzelnen Versuche nicht genau genug mit einander überein-
^men (indem die aus den einzelnen Versuchen berechneten Atom-
gewichte zwischen 505,5 und 607,2 schwanken), so dass also das Mittel
^ Versuche kein sehr grosses Vertrauen verdient.
Berlin») hat später (1850) das Salz 2NH4O .5Mo08 + 3 HO,
^Q^ysirt. Nach dem Trocknen über Schwefelsäure wurde eine abge-
*) Bericht, d. Wien. Aead. Math.-i]atnrw. Kl. Bd. XXY, S. 124; Chem. Gentralbl.
JWi, S. 881. — ■) Schweigger's Jahrb. Bd. XXH, S. 61.— •) Schwcigger's
J«kib. Bd. XXm, S. 186. — *) Joum. f. prakt. Chem. Bd. XLIV, S. 267; Annal
i Chem. u. Pharm. Bd. LXVm, S. 209. — *) Joum. f. prakt, Chemie. Bd. XLIX,
8. 444; Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXXVI, S. 272.
494 Atomgewichte.
wogene Menge desselben mit Salpetersäure befeuchtet im Platinti«^
erhitzt und die zurückbleibende Molybdänsäure gewogen. In vi
Versuchen erhielt Berlin zwischen 81,555 und 81,612, im Mitt
81,581 Proc. Molybdänsäure, woraus er (für N = 175 und H = 12^
Mo = 574,95 (oder 45,99) berechnet. Diese Versuche geben ei
zeln berechnet Mo zwischen 573,25 und 576,57, zeigen aUo nicht d
grossen Abweichungen wie die obigen.
Wir können sonach 575 (oder 46,0) als eine dem wahren AtoD
gewicht des Molybdäns sehr nahe kommende Zahl annehmen.
Ganz kürzlich hat Dumas ^) mitgetheilt, dass er in drei Ver«
chen, deren Details noch nicht veröffentlicht sind, durch Beduetion d<
Molybdänsäure mit Wasserstoffgas, Zahlen erhalten habe, welche i
dem Atomgewicht Mo = 600 (oder 48) führten.
Natriuin. Berzelius hat wiederholt das Atomgewicht des Nj
triums zu bestimmen versucht. Zuerst bestimmte er die Men^ vc
Chlomatrium, welche man aus einer bestimmten Menge Ton Nj
trium (als Amalgam gewogen) durch Behandlung mit Salzsaui
erhält, und berechnete dabei das Atomgewicht 261,9. Elr analysin
ferner das schwefelsaure Natron und Chlornatrium, ersteres durch Fi
len mit Barytsalzen, letzteres mit Silberlösung. Berzelius schenkl
namentlich der letzten Bestimmung Vertrauen und berechnete nach il
das Atomgewicht 288,95, sowie später nach einem anderen Atomgi
wicht des Silbers und Chlors die Zahl 290,9.
Eine sehr gediegene Arbeit P e n n y ' s ^) zur Bestimmung des Atom
gewichtes des Natriums erschien 1839. Er bestimmte zuerst die Meng
von Chlomatrium , welche bei der Zersetzung von chlorsaureni Natro
mit Salzsäure erhalten wird. 100 Thle. chlorsaures Natron gaben i
vier Versuchen 54,92 bis 54,95, im Mittel 54,93 Thle. Chlornatrinm.
In einer zweiten Versuchsreihe ermittelte Penny die Menge voi
Chlornatrium, welche aus einer bestimmten Quantität salpetersaare
Natrons durch Eindampfen mit Salzsäure erhalten wird.
100 Thle. NaO.NOfi gaben 68,767 bis 68,780, im Mittel voi
sechs Versuchen 68,771 NaGl.
In einer dritten Versuchsreihe bestimmte er endlich die Meng«
von salpetersaurem Natron, die man aus einer abgewogenen Menge voi
Chlornatrium durch Eindampfen mit Salpetersäure erhält. In siebei
Versuchen gaben 100 Thle. NaGl 145,408 bis 145,424, im Mittel 145,41<
Thle. NaO.N05. Aus diesen Resultaten berechnen sich die Atom
gewichte:
NaGl = 731,25
NaO.NOft = 1063,33, und hieraus für:
Gl = 443,75 wird Na =287,5 (oder 23,0) undN= 175,8
Gl= 443,2 „ Na = 288,05 (oder 23,04) „ N= 175,28
Einige Jahre später theilte Pelouze') einige Versuche zur Be-
stimmung des Atomgewichtes mit. Er löste theils Steinsalz, theiU künst-
lich dargestelltes Chlomatrium auf und bestimmte, wie viel davon zui
Ausfällung einer bestimmten Menge von Silber, das in Salpetersäure
*) LTnstitut 1867, p. 281. — ■) PhiloB. Transmet., T. CXXIX, p. 18.
*) Compt. rend. T. XX, p. 1047; AnaaL d. Chem. a. Pharm. Bd. LVI, S. 201
, Atomgewichte. 496
gelöst war, erfordert wurde. Er fand in drei Versuchen, dass 100 Thle.
SOber äquivalent waren 54,150; 54,139; 54,125 Thln. Chlomatrium.
Für Ag =r 1349,0 und Gl = 443,2 berechnet sich hieraus Na :=
287,2 (oder 22,98). Für Ag = 1350 und Gl = 443,75, wird Na 287,1
(oder 22,97). Man kann hiernach die Zahl 287,5 (oder 23,0) für das
Atomgewicht des Natriums annehmen.
Nickel. Unsere Kenntniss des Atomgewichtes des Nickels be-
rahte bis vor Kurzem auf einer einzigen Bestimmung Rothoff's^), wel-
cher eine abgewogene Menge Nickeloxydul 1,88 6rm. in Chlomickel
verwandelte und darin den Chlorgehalt durch Silber bestimmte (7,182
Grm. Chlorsilber). Hieraus berechnet sich fär Ag =1350 und Gl ==
443,75, Ni = 369,2, eine Zahl, für deren Genauigkeit keine Beweise
Torliegen. Nach Versuchen von Erdmann ^) und Marchand, die
nicht speoieller beschrieben sind, wurde aus der Analyse des Nickel-
oxyduls das Atomgewicht zwischen 365,9 und 367,2 gefunden; der ge-
naueste Versuch ergab die kleinste Zahl. Schneider hat nach dem-
•elben Verfahren wie das Atomgewicht des Kobalts (s. S. 488) auch das
des Nickels bestimmt. In vier Analysen des oxalaauren Nickeloxyduls
fand er in 100 Theilen des Salzes das Verhältniss:
Kohlenstoff . . 12,055 12,022 12,004 12,016
Nickel . . . 29,107 29,082 29,066 29,082,
daraus Ni . 362,18 862,85 363,20 363,04,
oder im Mittel (für C = 75,0) berechnet sich Ni =362,81, wofür
man ohne bedentende Abweichung 362,5 (oder 29,0) annehmen kann.
Niobium. Man kennt die Zusammensetzung der Niobverbindnn-
gen noch nicht
Osnuum. Das Atomgewicht dieses Metalls wurde von Berze-
Uqs ähnlich wie das des Platins und Palladiums durch die Analyse
des Doppelsalzes Os€l2 -|~ K€l ermittelt. 1,8165 Grm. desselben
verloren beim Erhitzen im Wasserstoffstrom 0,3805 Grm. Chlor, und
der BGckstand gab nach dem Behandeln mit Wasser beim Eindampfen
0,401 Grm. Chlorkalium. Berzelius') berechnet hiemach für K ==
488,9 und Gl = 443,2, Os = 1242,624, Bücker hat hierin einen
Drackfehler nachgewiesen und berechnet selbst Os = 1243,624 (oder
99,49). Für KGl = 931,25 berechnet sich aus dem Verhältniss des
Oimioms zn Chlorkalium = 1242,5 (oder 99,4).
Andere Zahlen erhält man aber, wenn man die Menge des Dop-
pelaalzes mit dem gefundenen Chlorkalium oder dem Grewichtsverlust
in Wasserstofistrom vergleicht; in ersterem Falle nämlich Os = 1288,7,
im zweiten Os = 1252,0. (oder 100,16). Letztere Zahl möchte wohl
der Wahrheit am nächsten kommen, vorausgesetzt, dass das Salz OsGlj
'l' K€l sich ohne Zersetzung trocknen lässt.
Fremy^) hat 1844 aus Versuchen mit Osmiumsäure, deren De-
tuls nicht veröffentlicht wurden, das Atomgewicht des Osmiums zn
1247,8 (oder 99,82) berechnet.
Die Zahl 1250 (oder 100,0) kann vorläufig so gut wie jede der
uideren angenommen werden.
') Po gg. Amua. Bd. yin, S. 184. — ■) Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXXXII,
S. 76. — ») Lehrb., 6te Aufl., Bd. HI, S. 1213. — *) Annil. de chim. et phy».
m T. Xn, p. 861; Joura. f. prakt. Chem. Bd. XXX 111, S. 407.
496 Atomgewichte.
Palladiuin. Mit Uebergehang der ersten qnantitatiTen Bestim-
muDgen von Vauquelin und Thomson führen wir nur ao^dass Ber-
zelius zuerat^) (1813) das Atomgewicht durch Bestim mang der Schwe-
felmenge, welche das Palladium beim Glühen zurückzuhalten vermag,
sowie durch die Menge des Quecksilbers, welche eine bestimmte Menge
von Palladium aus der Chlorverbindung abscheidet, zu ermitteln ver-
suchte. Das daraus abgeleitete Atomgewicht war 711,4 und 703,8.
Später') (1828) bestimmte Berzelins das Atomgewicht auf ähn-
liche Webe, wie bei dem Iridium beschrieben, nämlich durch Beductioo
des Salzes Pd€l -j- KGl im Wasserstoffstrom. Da das Salz sich nicht
unzersetzt trocknen liess, so wurde das Gemenge von Chlorkalinm ood
Palladium gewogen, sowie die Menge des beim Ausziehen mit Wasser
hinterbleibenden Bückstandes. Auf 0,075 Grm. Palladium gab der Ver-
such 0,809 Grm. Chlorkalium, und auf 0,851 Grm. Palladium 1,192
Grm. Chlorkalium. Aus dem ersten Versuch berechnet sich Pd =
664,6, aus dem zweiten 665,8. Nimmt man KGl 931,25, so findet
man Pd =; 663,4 und 664,8, im Mittel 664,1 (oder 53,18), oder nahe-
zu 662,5 (= 58,0).
Phosphor. Die erste annähernd richtige AtomgewichtsbestiiD*
mung dieses Elementes rührt von Berzelius') her. Er bestimmte
(1816) die Menge von Silber, welche durch eine abgewogene Menge
von Phosphor aus einer Lösung von schwefelsaurem Silberoxyd beim
Kochen gefällt wird; zugleich bestimmte er die Menge von Gold, welche
Phosphor aus Goldchlorid niederschlägt. Er fand hierbei, dass 0,8115
Grm. Phosphor 13,98 Grm. Silber ausfällen; ferner erhielt er dorek
0,829 Grm. Phosphor 8,714 Grm. Gold und durch 0,754 Grm. Pboi-
phor 7,93 Grm. Gold.
Für Au = 2450 berechnet sich aus dem Mittel der
...^1 ,r 1^ T* 1,583.2450.5 „^„ ,
beiden letzten Versuche 4* = — -— = 888,4
16,644 • ü
(oder 81,04),
X TT vn 0,8115.1350.5 „^, ^
. und aus dem ersten Versuch P = -^ 7T^ ^^ 891,8
(oder 81,34).
Ziemlich abweichend hiervon ist das Resultat von Pelo uze's*)
Versuchen (1847). Er versuchte die Menge von Phosphorchlorfir,
PGls) zu bestimmen, welche zur vollständigen Ausfällung einer be-
stimmten Lösung von salpetersaurem Silberozjd, die mit Salpetersaare
angesäuert war, erfordert wurde. Er fand, dass 100 Thle. Silber durch
42,74 Thle. Phosphorchlorür ausgefällt werden, und berechnete hie^
nach P = 400,3 (oder 32,0).
Mit Uebergehung der Versuche von Jacquelain*), welche wenig
Vertrauen verdienen, gehen wir zu den letzten und entscheidensten Ver-
suchen Schrötter's^) (1853) über. Sohrötter verbrannte abgewo-
gene Mengen von amorphem Phosphor in einem Strom trockenen Sauei^
*) Schweiggor'ß, Journ. Bd. VII, 8.48.— «) Pogg. AonaL Bd. Xm, S.iS>.
^ Anntl. de chtm. et dephys. [2.] Vol. II; Schweig ger's, Journ. Bd. JUUÜ.
♦) Compt. rend. T. XX, p. 1047. — ») Journ. f. prakt. Chem. Bd. LV.
*) AnnaL de chim. et de phys. [S.] T. XXXVni; Journ. f. prakt. Chem. Bd.
Lm, S. 486.
Atomgewichte. 497
[tfoffgases, wobei der Apparat so eingerichtet war, dass keine Phosphor-
saure verloren gehen konnte.
Aof 100 Thle« Phosphor erhielt Schrott er in zehn Versuchen
229,30 bis 228,78 ThJe. Phosphorsäure, und im Mittel berechnet sich
US den Versuchen: P = 387,8 also sehr nahe 387,5 (oder 31,0).
Mit dieser Zahl stimmen Berzelius' frühere Versuche mit Gold-
losong gut^öberein.
Platin. Das Atomgewicht dieses Metalles wurde zuerst durch
Berzelius (1813), Vauquelin (1817), E. Davy (1817) und Andere
XQ bestimmen versucht, doch waren die Methoden sehr unvollkommen.
Die erste genauere Bestimmung wurde (1826) durch Berzelius 0
ausgeführt. 6,981 Grm. Ealiumplatinchlond verloren beim Glühen im
Wssserstoffstrom 2,024 Grm. Chlor und hinterliessen nach dem Aus-
waschen des Ghlorkaliums 2,822 Grm. Platin. Aus diesen Angaben
Isast sich das Atomgewicht des Platins auf dreierlei Weisen berechnen;
ümlich durch Vergleichung des ursprünglichen Salzes mit dem Ghlor-
geblt des Chlorplatins ^'^^^ ^Aff^ ^ ^ — (9» 1.25 + 887,5)
= 1242,40 (oder 99,4) ; oder durch Vergleichung des Chlors mit dem Platin
2,822
443,75 X 2 = 1237,4 (99,0); oder drittens durch Vergleichung
2 822 *
des ChlorkaHums mit dem Platin -n^rrT • 93 1,25 = 1230,9 (oder 98,5).
2,loo
Auch Andrews') hat das Kaliumplatin ohlorid analjsirt. Er zer-
letzte es nach dem Trocknen bei 150^ C. mit Zink und Wasser und
wog das hinterbleibende Platin, nach dem Auswaschen mit Essigsäure
und zuletzt mit Salpetersäure. Die speciellen Zahlen finden sich nicht
angegeben; als Resultate werden angeführt, dass drei Versuche Pt =
98,93, 98,84 und 99,06, im Mittel 98,94 (für H = 1) gaben, woraus
ibo für O = 100 Pt'= 1236,75 sich berechnet Diese Zahl stimmt
mit einer der oben aus Berzelius' Versuchen berechneten Zahlen nahe
fiberein, und man kann daher ohne bemerklichen Fehler Pt = 1237,5
(oder 99,0) annehmen.
Quecksilber. Lange Zeit wurde das Atomgewicht des Queok-
nlbers zu 1265,8 (oder 101,26) angenommen. Diese Zahl hatte Sef-
ström') (1812) aus der Analyse des Quecksilberoxyds abgeleitet, worin
er auf 100 Thle. MetaU 7,89, 7,90, 7,97 Thle. Sauerstoff gefunden
QDd den mittleren Versuch als den genauesten der Rechnung zu Grunde
gelegt hatte.
Zwar hatte Turner^) schon 1835 aus der Analyse des Queck-
alberoxyds in zwei Versuchen Hg 1254,8 und 1249,8 (wenn die Formel
ffir das Quecksilberoxyd HgO ist) gefunden, doch wurden seine Resultate
nicht weiter beachtet. Auch die Analyse des Quecksilberchlorids, wo-
^ das Quecksilber durch Zinnchlorür ausgefällt und nach dem Trock-
nen im Vacuum gewogen wurde, gab für Gl = 443,75 berechnet Hg
= 1249,8 und 1250,0 (= 100,0).
O'Uhrb^ 6. Aufl. Bd. UI, S. 121S. — *) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd.
UXIV, S. 266. — ') Scbweiggers Journ. Bd. XXU, S. 828. *- *) Annal. d.
Chan. n. Pharm. Bd. Zm, S. 14.
Bttdwttrtirboeh d«r Chemie. Ste Aufl. Bd. IL 32
498 Atomgewichte.
EDtacheidend waren die Verbuche von Erdmann^) and Marchai
(1844). Sie zersetzten sorgfältig dargestelltes und getrocknetes Qn<
siiberoxyd durch Glühen in einem Strome trockner Kohlensaure^
men den freiwerdenden Sauerstoff (der sonst sich zum Theil wieder
dem Quecksilber vereinigt) durch glühende Kohle und Kupfer wi
und sammelten das überdestillirende Quecksilber auf, wobei das
weichende Gas zuletzt durch eine Goldblättchen enthaltende Rohre
Queoksilberdampf befreit wurde. In fünf Versuchen , worin jedesi
zwischen 44 und 118 Grm. Quecksilberoxyd zersetzt wurde, fanden
darin 92,594 bis 92,604 Proc, im Mittel 92,597 Proc Quecksül
Das Atomgewicht des Quecksilbers berechnet sich hieraus 1250,9 ((
100,07) (in den einzelnen Versuchen zwischen 1250,8 und 1252,lj
Gewöhnlich setzt man Hg = 1250 (oder 100,0). ^
Der Dampfdichte des Quecksilbers zufolge sollte man als einfache
Atom des Quecksilbers die Hälfte — -^ — =625 annehmen ond dfl
Quecksilberoxyd HgO, das Quecksilberoxydul Hg^O schreiben, worii
Hg = 1250 Gewichtstheile ausdrückt.
Rhodium. Wir übergehen die ersten Versuche von Berzelius'
zur Bestimmung des Atomgewichtes des Rhodiums, sowie die voi
Thomson 3), und führen nur die letzten (1828) jetzt noch geltende]
Resultate von Berzelius an. Er^) wandte dieselbe Methode an, ws
bei der Gewichtsbestimmung des Platins, Palladiums, Osmiums u. a.
3,146 Grm. Kaliumrhodiumchlorid verloren beim Glühen im Was
serstoffstrome 0,930 Chlor und hinterliessen ein Gemenge von 0,91!
Rhodium und 1,304 Chlorkalium.
Hiernach enthält das Chlorrhodium l^^mal soviel Chlor ab dai
Chlorkalium, und seine Formel ist mithin RhjGls -|- 2KGL Unte
dieser Voraussetzung berechnet Berzelius aus obigem Versuch Bh::
651,96 (oder 52,16).
Ein zweiter Versuch wurde in derselben Weise angestellt: U
Grm. Salz verloren 0,335 Grm. Chlor und gaben 0,358 Grm. Rhodiun
mithin 0,515 Grm. Chlorkalium. .
Beide Versuche lassen, wie bei Platin angegeben, verschieden
Berechnungen zu. Vergleicht man die Menge des Bhodioms mit de
des Chlorkaliums,, so ergiebt der zweite Versuch (für K€l = 931^22
Rh = -V7T-931,25 = 647,4 und der erste Versuch 651,3; dasMitti
0,51o
beider 649,35, kommt der Zahl 650 (oder 52,0), so nahe, dassjeti
tere so gut wie diese gewählt werden kann.
Ruthenium. Dieses Metall ist bis jetzt allein von Claus<^) tu
tersncht worden. Aus der Analyse des Kaliumruthenium Chlorids leiti
er die Formel 2KG1 -(- RujGlg ab und berechnet hiernach Ru -
651,387 (oder 52,11). Diese Zahl kommt dem Atomgewicht des Bb(
diums so nahe, dass man beide einander gleich setzen kann.
*) Journ. f. prakt. Ghem. Bd. XXXI, S. 885; Annal. d. Ghem. u. Pharm. Bd Li
S.216. — «) Schweiggcr'8 Journ. 1818. Bd. XXII, S. 817. — ■) Schweigger
Journ. 1826. Bd. XLVU, S. 6. — *) Pogg. Annal. Bd. XUI, S. 486. — «) BnU.
tin de St. Peterb. 1845. Nro. 68; Journ. f. prakt. Ghem. Bd. XXXIV, S. 178, 42(
Annal. d. Ghem. u. Pharm. Bd. LYI, S. 257.
Atomgewichte. 499
ffieryon weicht jedoch das Atomgewicht des Batheniunifi bedeu*
taid ab, welches man aus anderen Bestimmungen von Clans ableiten
mm:
1^04 Grai. 2Kei-fRu3Gl8 gaben 1,364 AgGl, berechnet Ru = 718
er 57,44).
4Grm. 2Kei4-Bn,€l8 „ l,268AgGl, „ Ru = 711,6
Mer 56,93).
£s bleibt daher noch eine grosse Unsicherheit über das wahre
llomgewichl Vorläufig kann man das Atomgewicht 650 (oder 52)
inehmen.
Saaerstoff. Bei den vorliegenden Berechnungen haben wir densel-
ioD zur Grundlage gewählt und =100 (oder 8) gesetzt.
Schwefel. Zur Bestimmung des Atomgewichtes wurde eine grosse
^hl von Untersuchungen angestellt. Bei den ersten ^) Bestimmungen
fDg Berzelius von dem Schwefelblei oder metallischen Blei aus,
che er in schwefelsaures Bleioxyd verwandelte und die Gewichts-
e ermittelte. 100 Thle. Schwefelblei gaben 126,5 und 126,4
e. schwefelsaures Bleioxjd. Das Atomgewicht des Schwefelbleies
k hiernach PbS = -^^-400 = 1512,3, und wenn Pb= 1294,1 wird
26,45
= 218,2. Femer gaben 100 Grm. Bleioxyd mit Salpetersäure und
efehäure behandelt und geglüht 135,71 Grm. schwefelsaures
iozyd, woraus für Pb = 1294,1 S = 197,8 sich berechnet.
Berzelius leitete aus seinen Versuchen S=204,19 (oder 16,33) ab.
Wir übergehen die übrigen Versuche Berzelius' mit kohlensaurem
Blei, schwefiig^urem B)ei, sowie die Synthese des Schwefelbleies
ßn Jahre 1810) und führen nur die Versuche 2) von 1818 an, in wel-
i^ er die Menge von schwefelsaurem Bleioxyd bestimmte, welche aus
^r abgewogenen Menge von Blei durch Eintrocknen mit Salpeter-
fe and Schwefelsäure erhalten wird. 100 Thle. Blei lieferten 146,380
U6,458, im Mittel 146,419 schwefelsaures Bleioxyd, woraus für
*b=: 1294,1, S = 201,2 (oder 16,09) sich berechnet.
Bei ihren Versuchen mit isländischem Kalkspath (1842) bestimm-
te» Erdmann und Marchand') auch die Menge des schwefelsauren
Silks, welche man aus einem bestimmten Gewicht Elalkspath durch Be-
bndlang mit Schwefelsäure erhält; aus 100 Thln. Kalkspath erhielten
"e 136,02 bis 136,07, im Mittel 136,05 Thle. schwefelsauren Kalk.
*8r C = 75,0, Ca = 250 berechnet sich hieraus S = 200,3 (oder
16,02).
Später (1844) haben Erdmann und Marchand^) einen anderen
«vcg eingeschlagen ; sie analysirten nämlich Zinnober , der aus reinem
uoflichem Product durch wiederholte Sublimation vollkommen rein
^Iten wurde. Das reine Schwefelquecksilber wurde in einem Strome
^ Wagserstofigas reducirt und dabei derselbe Apparat angewendet,
^^^^^ sie sich zur Analyse des Quecksilberoxyds bedient hatten. Si^
erhielten aus 100 Thln. Schwefelquecksilber (auf den leeren Baum re-
^ Gilberts AnnaL-Bd. XXXVII (1811). — *) Schweigger'a Journ. Bd.
pni; Berseüu»' Lehrb. Bd. V, 8. 1187.— ■) Journ. f. prtkt. Chem. Bd. XXVI,
*■ 47t. - *) Journ. f. prakt. Chem. Bd. XXXI, S. 396.
32«
500 Atomgewichte.
dncirt) in vier Versachen 86,205 bis 86,222, im Mittel 86,211 Gn
QaeckBÜber.
Für Hg = 1250 berechnet sich S = 199,98, oder für Hg s
1250,9 wird S = 200,08.
Berzelius^) bat hierauf (1845) eine andere Methode zur Besta
mang des Atomgewichtes des Schwefels angewendet; er bestimmte fll|
lieh die Menge des Schwefelsilbers, welche man aus einer gegeben
Menge von Chlorsilber durch Behandlung mit trockenem SchwefelwaiM
stofTgas erhält In vier Versuchen fand er für Ag = 1849,7 mid(
= 443,28,8 = 200,6 bis 201,1, im Mittel 200,7.
Auch Svanberg und Struye') stellten einen einzelnen YerüN
nach letzter Methode an. Aus 5,5967 6rm. Chlorsilber erhielten fl
4,8845 Grm. Schwefelsilber, woraus sie S = 200,7 berechnen. Dt ii
dessen noch etwas unverändertes Chlorsilber vorhanden war, so würi
man durch völlige Verwandlung in Schwefelsilber eine noch klein«
Atomzahl gefunden haben.
Struve') hat endlich (1852) schwefelsaures Silberoxjd analjsi
und daraus das Atomgewicht des Schwefels berechnet. Er redadil
dasselbe durch Erhitzen in einem Strom von Wasserstoffgas und wo
das hinterbleibende Silber. Für Ag =108 berechnet er aas sed
Versuchen S = 15,970 bis 16,048, im Mittel 16,001, oder für 0 =
100 wird S = 200,01.
Berzelius', Erdmann's und Marchand's, Svanberg^s oo
Struve's Bestimmungen zeigen übereinstimmend, dass das Atomgewiel
des Schwefels so nahe 200 (oder 16,0) kommt, dass diese Zahl ohi
bemerklichen Fehler bei allen Berechnungen angewendet werden kam
und es ist sogar wahrscheinlich, dass das Atomgewicht des Schwefd
genau doppelt so gross ist als das des Sauerstoffes.
Selen. Die erste Bestimmung von Berzelius^) bestand in di
Verwandlung von Selen in Ghlorselen durch Ueberleiten von Chlorgai
1 Grm. Selen gab hierbei 1,79 Grm. Chlorselen. Für €l = 442,6
berechnet sich hieraus Se = 494,58. Für Gl = 443,75 wird Se =
495,8. Nach dem Auflösen in Wasser und Ausfällen mit salpeterBsi
rem Silberoxyd in saurer Lösung erhielt Berzelius femer 7,2285 Gm
Chlorsilber. Femer gaben 0,937 Grm. der Chlorverbindung 2,48 Gm
geschmolzenes Chlorsilber. Für 4:^1 = 448,75 und Ag = 1350 bered
net sich aus dem ersten Versuche Se = 496,8 (oder 89,74) und ai
dem zweiten Se = 495,8 (oder 39,66).
Berzelius analysirte endlich noch das Selensilber, welches er dorc
Einleiten von Selenwasserstoff in Silberlösung ausgefällt hatte. l,8o
Grm. über 1000 C. getrocknetes Selensilber gab 1,844 Grm. Chlorsilbel
1 888
man hat hieraus für €l = 448,70 und Ag = 1850, Se = 7—
1798,75 — 1850 = 486,5 (oder 88,92).
Mitscherlich und Nitzsch^) versuchten (1827) die Bestimniap{
des Atomgewichtes durch die Analyse selensaurer Salze.
2,6545 Grm. geschmolzenes selensaures EaU gaben 1,7655 CUd
0 Pogg. Annal. Bd. LXV; Lehrb. 5. Aufl. Bd. m, S. 1188. — *) Joorn.
prAkt. Chem. Bd. XLIY. — ") Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXZX, S. 208.
*) Schweigger's Journ. 1818, Bd. XXUl. — ^) Pogg. Annal. Bd. DL
J
I Atomgewichte. 501
UiaiD, womns für Gl = 443,75 und E = 487,5 sich berechnet Se
p 512,7. Femer gaben 4,880 Grm. selensaores Natron nach dem
jfchmelzen, Kochen mit Salcsäare und Aasfällen mit schwefliger Sänre
^020 6rm. Selen. Hieraas berechnet sich Se = 484,9 (oder 38,79).
i Sacc^) hat (1847) mehrere Yersachsreihen zur Bestimmang des
fe gewichtes des Selens veröffentlicht Durch Verwandlung von
in selenige Säure (durch Behandlung mit Salpetersäure) und Be-
ibmong der Gewichtszunahme, fand er die Atomgewichte 489,5, 500,0
aid 506,3. Letzteren Versuch hält er für den genauesten« Durch
Bestimmung der Menge von Selen, welche man aus einer abgewogenen
Ifa&ge seleniger Säure durch Beduction erhält, fand er die Zahlen
188,0, 489,6 und 493,5. Durch Bestimmung der Menge von schwefel-
pnrem Baryt, welche man aus einer abgewogenen Menge selenigsauren
liryts durch Zersetzen mit Schwefelsäure nach dem Glühen erhält,
iridelt er in vier Versuchen nahe übereinstimmend Se = 490 (wenn
li = 856 and S = 200).
Erdmann und Marchand*) haben (1849) durch die Analyse des
[necksübers, welche sie wie die des Schwefelquecksilbers ausführ-
den Quecksilbergehalt darin gleich 71,726, 71,731 und 71,741 in
gefunden. Für Hg = 1250 wird hieraus im Mittel der
fenoche Se = 492,6 (oder 39,41).
Es bleibt hiemach noch grosse Unsicherheit über das Atomgewicht
Selens. Berzelius' erste Versuche mit Chlorselen schwanken um
Zahl 496 (39,7). Sacc's Versuche gaben sehr wechselnde Zah-
die genaaesten nahezu 490 (39,2), Erdmann' s und Marchand's
«,6 (39,41).
Als Mittel dieser Zahlen kann man Se = 493,75 (oder 39,5
Mhlen.
Süber. Siehe bei Chlor (S. 479).
Sflicium. üeber das Atomgewicht des Siliciums herrscht noch
0QBse Unsicherheit, insofern es unentschieden ist, ob die atomistische
NBammensetzung der Kieselsäure durch die Formeln SiO, Si02 oder
K0| auszudrücken ist Wir legen den folgenden Berechnungen die
Formel SiOs zu Grunde.
Die ersten Versuche zur Ermittelung des Atomgewichtes des Sili-
cnma konnten der Methode der Bestimmung zufolge nur sehr entfernte
Aanihemng an die Wahrheit geben.
Berzelius*) analysirte silicium- und kohlenstoffhaltiges Eisen
9}^ Grm.); durch Auflösen in Salzsäure und Verbrennen des entwei-
^Modea Gases verwandelte er den Kohlenstoff in Kohlensäure, deren
Ke&ge nach dem Fällen mit Kalkwasser bestimmt wurde (0,7 CaO . C O9) ;
^ geloste Eisen wurde als Eisenoxyd gef lUt und gewogen (4,7 1 Fe« 0$)
Vid hieraus die Menge von Eisen berechnet. Das Ungelöste wurde an
fa Luft geglüht und gewogen (0,335), es wurde als Kieselsäure be-
^t^cbtet. Zieht man nun von dem Gewichte der ursprünglich ange-
wendeten Eisenverbindung die Menge des Kohlenstoffs und des Eisens
^1 Bo erhält man die Menge des Siliciums , welches die gefundene
0 Annal. de chim. et dephys. T. XXI, p. 119; Jonni. f. prakt. Chem. Bd.XLII,
& SS9. _ ty Jonrn. f. prakt. Chem. Bd. LV; Annal. d. Chem. il Phenn. Bd.
UXXH 8. 77. — ^ Aiual. d. Phyt. von Gilbert, Bd. XXXVI.
502 Atomgewichte.
Menge von Kiesels&ure liefert Berechnet man hieiMs f fir ¥^b = SS
C = 75 diesen Yersnch, so findet man Si = 165. Berzelias I
rechnete nach den damals geltenden Atomsahlen 8i = 296.
Wir übergehen dieVersache von BerEeliae^), durch BestiroiDoi
der Menge von Kieselsäure, welche sich beim Einleiten von Flaorki«
in Boraxlösung abscheidet, das Atomgewicht zu bestimmen, weU 4
Wahlen in verschiedenen Versuchen sehr wechselten.
Auch die Analyse von Mineralien (Silicaten) konnte keine 6
nauigkeit geben , so wenig wie die Bestimmung ') der Menge von Ki
seisäure, welphe man durch Oxydation von Silicinm erhält In ^nc
Versuche erhielt er von 100 Silicium 203,75 Kieselsäure, woraus Si:
277,8 (oder 22,22).
Berzelius analysirte endlich Kieselfluorbarium; er fand du
0,85 Proc. Wasser und erhielt bei der Behandlung mit Schwefelsiil
und Glühen im Bückstande 82,933 Proc« schwefelsauren Baryt, won
Berzelius Si = 277,2 ableitete. Für Ba = 856, F = 237,5 m
S = 200 wird übrigens Si = 258,3 (oder 20,66).
Im Jahre 1845 hat Pelouze^) das Chlorsiliciura zur Bestä
mung des Atomgewichtes des Silicinms angewendet Zur Ausfalloi
von 1 Grra. Silber aus seiner Lösung in Salpetersäure bedurfte er Infi*
Versuchen 0,8943 und 0,8946 Grm. SiClg. Im Mittel dieser Versvd
berechnet sich für Ag = 1350 und €l = 443,75, Si = 266,5 (od
21,32).
Diese Zahl, deren Genauigkeit wahrscheinlich nicht sehr gross ii
wegen der Schwierigkeit, reines Chlorsilicium zu bereiten, wirdjel
ziemlich allgemein angenommen.
Stickstoff. Man kann das Atomgewicht des Stickstoffes duK
Vergleichung der Gewichte gleicher Baumtheile von Stickstoffgas ui
Sauerstoffgas ermitteln, da beide permanente Gase sind und gleicl
Ausd eh nungscoef fielen ten besitzen. Setzt man das Gewicht eines V(
lumens Sauerstoff = 1, so ist das Gewicht eines gleichen Volumeos Stfol
Stoff unter demselben Druck und der nämlichen Temperatur nach d«
Versuchen von : ,
Lavoisier 0,8757 daher N = 175,1
Biot und Arago 0,8781 „ „ = 175,6
Dulong und Berzelius . . 0,8852 „ „ = 177,0
Dumas und Boussingault 0,8791 „ „ = 175,8
Regnault 0,8786 „ „ = 175,7
Die Zahl 177 (oder 14,16) wurde auf Berzelius' Autorität frühe
gewöhnlich angenommen.
Man kann aber auch durch die Analyse salpetersaurer Salze ode
von Ammoniaksalzen das Atomgewicht berechnen.
'Svanberg*) (1842) hat das salpetersaure Bleioxyd analysirt,iD
dem er das Gewicht des beim Glühen hinterbleibenden Bleioxyds be
stimmte. Aus seinen Bestimmungen berechnete er N = 174,4 (im ^
tel von vier Versuchen, deren Grenzwerthe 174,2 und 174,6). I^
Penny durch die Analyse des salpetersauren Natrons die Zahl 175^«
fand, haben wir bei Natrium oben angegeben.
>) Schweigger's Journ. Bd. XXIII, 8.277 (1818). — ■) Pogg. AiuäL Bd.!
(1824). — ») Compt. rend. T. XX, p, 1047 u. Annal. d. Chem. u. Phtnn. Bd. LVl
ß.202. - *) Berzelius' Jibreaber, Bd. XXÜ, 8. 89.
I Atomgewichte. 503
i PeloQzeO vn^l Marignac') haben die Menge von CUoram-
■wniiiin bestimmt, welche zur Ansf&Unng von 1 Gewichtstheil Silben
108 dessen Ldsnng in Salpetersäure, erforderlich ist.
I P 6 1 on z e fand in zwei Versuchen, dass 1 00 Thle. Silber durch 49,556
jiDd 49,517 Thle. Salmiak gefällt werden, Marignac dagegen im Mit-
pl von sieben Versuchen 49,522 (Maximum 49,545, Minimum 49,482).
Im Mittel von Marignac' s und Pelouze's Versuchen berechnet sich
Mernach für Ag = 1350 und Gl = 448,75 und H = 12,5 N =
174,84 (oder 13,99).
, Für €1 = 443,2 und Ag = 1340,7 wird dagegen N = 175,2
<oder 14,01).
Marignac hat ferner das Gewicht des aus einem Gewichtstheil
iBüber durch Behandlung mit Salpetersäure darzustellenden salpeter-
üoren Silberoxyds ermittelt Im Mittel von fünf Versuchen gaben
ilOO Thle. Silber 157,2 Thle. salpetersaures Silberoxjd, woraus für Ag
^ 1350 N = 175,2 (14,0) sich berechnet.
Marignac hat endlich noch die Mengen von Chlorkalium und
«IpeteTsaurem Silberoxyd ermittelt, welche sich gegenseitig zersetzen.
i Zur Zersetzung von 100 Thln. Chlorkalium wurden erfordert, im
BGttel 227,99 (Maximum 228,09, Minimum 227,81) salpetersanres
Klberoxyd.
I Hieraus berechnet sich für Ag = 1349,7 €l = 443,2 und K =
488,9 N = 175,4 (14,03).
Alle diese Versuche zeigen, dass das Gewicht des Doppelatoms
Ifitickstoff nahezu 175 (oder 14,0) ist, indem die Versuche um diese Zahl
ichwanken. Berzelius berechnete aus Marignac's Versuchen die
Zahl 175,06, indem er einige Versuche von der Berechnung aus*
'kUoss.
Strontium. Stromeyer^) bestimmte (1816) die Zusaroroen-
KtzoDg des kohlensauren Strontians durch den Gewichtsverlust, der
beim Auflösen desselben in Salpetersäure stattfand; er fand dadurch
29,455 Proc. Kohlensäure, woraus Sr = 558,7 (oder 44,69) sich be-
rechnen würde. Durch Messen der unter einer mit Quecksilber gefüll-
ten Glocke durch Salzsäure aus 0,5 Grm. künstlich dargestelltem kohlen-
laoren Strontian entwickelten Kohlensäure erhielt er 75,256 bis
75,978 C.C. Kohlensäure (bei 0<) C. und 760°"°" Barometerstand).
Im Mittel der Versuche enthalten hiemach 100 Thle. des Salzes
29,687 Kohlensäure, woraus Sr = 551,4 (oder 44,11) sich berechnet.
Stromeyer führt ferner an, dass, nach Rose's Bestimmung,
100 Thle. Chlorstrontinm 181,25 Thle. Chlorsilber geben. Hiemach
kerochnct sich für Ag = 1350 und Gl = 443,75: Sr = 545,9 (oder
43,67).
Salv^tat^) hat (1843) angegeben, dass nach dem Gewichtsverlust,
^ kohlensaurer Strontian beim Glühen im Forcelianofen und bei der
Zinetziing mit Säuren erleidet,» das Atomgewicht des Strontiums sich
ai 550 (oder 44,0) berechne. Das Nähere ist nicht mitgetheilt.
Pelouze^) hat endlich (1845) gefunden, dass zur Ausfällung von
•) Compt. rend. T. XX, p. 1047 ; Jonrn. f. prakt. Chem. Bd. XXVTI, 8. 883.'
*) Aniua. d. Chem. u. PhBim. Bd. LIX, S. 289. — *) Schweigger'a Journ.
M. XU, S. J28. — 0 Compt. rend. T. XVÜ, S. 818. — ^) Compt. rend. T. XX,
^ 1047; Jonrn. f. prakt. Chem. Bd. XXXV, 8. 78; Annal. d. Chem. u. Pharm.
^ l-VI, 8. 204.
504 Atomgewichte.
3,690 Gnn« geglOhtem Chlontrontimn eine Lönmg von 5,022 Qrm
Silber in Salpetersäare erforderlich ist (Mittel zweier nahe öberebi
stimmender Bestimmongon). Für Ag = 1350 and 6l = 448,75 b*
rechnet sich hieraas Sr = 548,2 (oder 43,85).
Diese Zahl kann vorlänfig als AnnÜhernng angenommen werden.
Tantal. Berzelias 0 f&nd (1825), dass 100 Thle. metalliaehei
Tantal beim GlQhen an der Laft 115,8 bis 117,0 Tantalsänre geben
Da er aber das Tantal für unrein hielt (wohl mit Recht), so versndtc
er, aas der Gewichtsveränderang, welche das Schwefeltantal bei setnei
Verwandlung in Tantalsäure erleidet, das Atomgewicht des TantaL
abzuleiten. Er nahm hierbei an, dass die atomistische Zusammen'
Setzung des Schwofeltantals der Formel der Tantalsäure entspreche, vai
dass beide auf 2 Atome Metall 3 Atome Metalloid enthalten. Di
100 Thle. Schwefeltantal in drei Versuchen 89,6 bis 89,743, im Mittel
89,65 Thle. Tantalsäure gaben, so berechnete Berzelias nach obigei
Annahmen Ta = 1152,87.
Nach Bose's Bestimmungen weicht dieses Atomgewicht sehi
weit von der Wahrheit ab.
H. Bose^) giebt an, dass nach seinen Versuchen in 100 Thk
Tantalchlorid 50,75 Thle. Chlor enthalten sind, und berechnet daraoi
das Atomgewicht des Tantals 860,26 (wenn die Formel der Tantal'
säure TaQ,). Für die Formel TajO, wäre hiemach Ta=: 645,2 (oder
51,6).
Hermann *) hat (1847) zur Atomgewichtsbestimroang des Tan-
tals eine Chlorverbindung, sowie tantalsaures Natron analjsirt In dei
ersten fand er 40 Proc. Chlor, und erhielt durch Zersetzung 69,36 Proo.
Tantalsänre, woraus er das Atomgewicht 1333,57 ableitete (für TaOt).
Nach H. Rose ist die von Hermann analjsirte Verbindung ein Oxj-
chlorid, weshalb das Atomgewicht nicht richtig ist.
In dem tantalsauren Natron fand Hermann im Mittel zweier
Analysen 80,198 Proc. Tantalsäure und 19,802 Natron. Geht man
von der Formel Ta^Og • NaO aus, so berechnet sich aus der angege-
benen procentischen Zusammensetzung Ta = 635 (oder 50,8), was
sich dem von H. Rose gefundenen Werth einigermaassen nähert
Tellur. In seinen ersten Versuchen^) (1812) fand Berzelioii
dass 100 Thle. Tellur bei der Oxydation zu telluriger Säure (TeO|)
miUelst Salpetersäure 127,83 Thle. Säure geben, woraus er Te = 718,6
(oder 57,49) berechnete.
Später!^) (1818) erhielt er bei demselben Versuch ans 100 TUo.
Tellur 124,85 Thle. tellurige Säure, woraus er Te = 806,4 (oder
64,5) berechnete.
Da es jedoch zweifelhaft war, ob das angewendete Tellur gans
rein, namentlich frei von Selen gewesen, so stellte Berzelias^ TtisLt^
Tellur aus Tellurwismuth dar, oxydirte es in einem Platintiegel mi^
verdünnter Salpetersäure, trocknete and wog den Rückstand.
^) Pogg. Annal. Bd. lY, S. 6. — *) Berliner. Akadem. Berichte 1866, S. 885;
Anna], d. Chem. n. Pharm. Bd. C, S. 246. — "} Joum. f. prakt. Chem. Bd. JU
S. 457 ; Pharm. Oentralbl. 1847, S. 664. — *) Kong. Yestensk. Aoad. HandL (16U)>
S. 175. — ^) Schweigger'B Annal. Bd. XXU, S. 74. ~ •) Jahreeber. Bd. HU.
S. 96; Pogg. Annal. Bd. XXYIII, S. 892.
Atomgewichte. 505
In drei Yenochen erhielt er von
1,2725 1,5715 2,88125 Gnn. TeUnr,
1,5895 1,9635 3,6000 6rm. TeO,,
wonus 802,8 801,8 801,7 för Te sich ableitet
Als Mittel könnte man 802,1 nehmen; doch zieht Berzelins das
Mittel der beiden letzten Yersache 801,75 (oder 64,14) vor.
In nenester Zeit hat auch ▼. Hauer ^) das Atomgewicht des Tellurs
bestimmt; er fand in dem wasserfreien Kalium -Tellurbromid (EBr .
TeBr^) durch Fällen mit Silberlösung in fünf Versuchen im Mittel
69,9236 (von 69,8443 bis 70,0163) Proc. Brom (dabei Ag = 1351
und Br = 1000 angenommen). Wird K = 490,0 genommen, so be-
rechnet sich das Atomgewicht des Tellurs zu 800,3 (oder 64,03), wo-
ffir in runder Zahl 800 (= 64,0).
Thorium. Berzelins ^) berechnete das Atomgewicht diesem
Metalls aus der Analyse der schwefelsauren Thorerde. Das aus kochen-
dem Wasser abgeschiedene Salz gab durch Niederschlagen mit Kali
0,6754 Gnn. Thorerde, und das Filtrat 1,159 Grm. schwefelsauren
Baiyt; und in einem zweiten Versuch 1,0515 Grm. Thorerde auf
1,882 Gnn. schwefelsauren Baryt. Unter Voraussetzung der atomisti-
schen Formel ThO berechnete Berzelins aus dem ersten Versuch
Th = 748, und aus dem zweiten 735,7.
Berzelins erhielt femer bei der Analyse des schwefelsauren
Thorerde-Kalis 0,265 Grm. Thorerde, 0,156 Grm. Schwefelsäure und
0,3435 Grm. schwefelsaures Kali, woraus man Th = 740,6 (oder 59,25)
oder 750,6 (= 60,05) ableitet, je nachdem das Verhältniss der Schwe-
fftUaore oder das des schwefelsauren Kalis zur Thorerde zur Grund-
lage der Berechnung gewählt wird. Das Mittel aller dieser um 15
Einheiten abweichenden Zahlen, 743,9 (oder 59,1), hat Berzelins in
•eine Tabelle aufgenommen.
Titan. Die ersten Versuche (1823) zur Bestimmung des Atom-
gewichts, wobei H. Rose >) Schwefeltitan durch Glühen in Titansäure
▼erwandelte und den Gewichtsverlust bestimmte, konnten schon des-
bslb kein genügendes Resultat (389,1) geben, weil es nicht gelang,
reines Schwefeltitan darzustellen. Später^) (1829) analysirte Rose
ds8 Titanchlorid, indem er eine abgewogene Menge desselben mit
Wasser zerlegte, die Titansäure durch Ammoniak fällte und im Filtrat
den Gehalt an Chlor durch Silberlösung bestimmte.
In vier mit grosseren Mengen des Chlorids angestellten Versuchen
eikielt er im Mittel aus 100 Thln. Chlorid 801,7 Thle. Chlorsüber,
woraus für Ag = 1350 und €1= 443,75 sich berechnet (für die For-
BielTiGl,) (Grenzwerthe 300,5 und 303,0) Ti = 301,6 (oder 24,13).
Rose wog gleichzeitig auch die abgeschiedene Titansäure; doch
zeigten sich hierbei grössere Differenzen in den einzelnen Versuchen,
als Im ersten Fall.
Wesentlich dieselbe Methode zur Bestimmung des Atomgewichts
>) Bericht d. Wien. Akad. Math.-natiirw. Kl. Bd. XXV, 8. 186; Cbem. Cen-
Mbktl 1867, S. 904. — *) Pogg. Annal. Bd. XYI, S. 886; Berzelias' Lehrb.
&*• AdL, Bd. m, 8. 1234. -^ *) Gilbert b Annal. Bd. XIH, 8. 67 ii. 129;
'OQ. Annal. Bd. VUI, 8. 177. — *) Pogg. Annal. Bd.Xy, 8. 146; Berselins*
Uhrb. 6teAnfl., Bd. V, 8. 1210.
506 Atomgewichte.
befolgte Pierre 0 (1^^7); doch wog er nicht das CUorrilber, solidem
bediente sich einer titrirten Silberlösung.
In fünf Versuchen, wobei jedesmal 700 bis 800 Milligramm Chlo-
rid angewendet wurden, fand er, dass zur Ausfällung des Chlors ans
100 Thln. Chlorid zwischen 224,58 und 225,53 Thle. Silber erforder-
lich waren.
Pierre berechnete hieraus Ti zwischen 309^4 und 314,9, und ab
Mittelzahl der fünf Versuche erhält man 313,1 (oder 25,05), was so
nahe mit 312,5 (= 25,0) übereinkommt, dass man diese Zahl ebenso
gut wählen kann.
Später hat Demoly^) (1849) das Titanchlorid, welches er über
Quecksilber, Kaliumamalgam und Kalium rectificirt hatte, mit Silber-
lösung gefällt und dabei aus 100 Thln. Chlorid in drei Versuchen
288 bis 290 Thle. Chlorsilber erhalten.
Für Ag = 1350 und €l = 443,75 berechnet sich hiemach
Ti = 355 (oder 28,4).
Die grosse Abweichung dieser Zahl von den früheren, welche
Rose und Pierre erhielten, lässt uns bis auf Weiteres die Versuche
von Demolj nur mit Miss trauen ansehen.
Uran. Die ersten Versuche zur Bestimmung des Atomgewichts
des Urans mussten ein unrichtiges Resultat ergeben, weil man den
Uranoxjd die Formel UO beilegte und fälschlich voraussetzte, dA»
demselben beim Glühen in Wasserstoffgas der ganze Sauerstoffgehalt
entzogen werde, während P^ligot (1842) entdeckte, dass nur der
dritte Theil des Sauerstoffs hierbei von dem Oxjd abgegeben wird.
Man muss also dem Uranoxyd die Formel U^Og und dem durch
Reduction mit Wasserstoff daraus erhaltenen, früher für Uran gehalte-
nen Körper die Formel U O geben. Berechnet man hiemach die frühe-
ren Versuche von Arfvedson und Berzelius^), so erhält man als
Atomgewicht etwa 800 (oder 64,0).
P^ligot«) entdeckte (1842) das flüchtige Uranchlorür (ü€l),
worin er nach dem Auflösen in Wasser durch Fällen mit Silberlösnng
den Chlorgehalt bestimmte. Er fand darin 39,1 bis 37,2 Proc. Chlor.
Ans letzterer Bestimmung, welche Pdligot für die richtigste hält, be-
rechnet sich:
62 8
^= 37^2-^^3,75 = 749,1,
statt welcher Zahl P^ligot 750 (oder 60,0) wählte.
Ebelmen^) suchte durch die Analyse von oxalsaurem Uranozyd
das Atomgewicht des Urans zu bestimmen. Er glühte das bei 100^ G.
getrocknete Salz U^Og • C3O3 4~ ^O in einem Platingefäss, leitete
zuletzt in der Wärme einen Strom von WasserstoflTgas durch und wog
das hierbei erhaltene Uranoxydul. Durch Glühen im Sanerstofllitroin
verwandelte er dieses wieder in Oxydoxydul.
^) AduaI. de chim. et de phys. [8.] T. XX, p. 257 ; Joorn. f. prakt. Chem. Bd. XL0,
8. 66; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXIV, S. 220. — *) Annal. d. Chem. tL
Phann. Bd. LXXII, S. 218; Compt. rend. T. XXV, p. 82. — *) Schweigger'i
Jonrn. Bd. XLIV, S. 1. ~ ^) Annal. de ohim. et phys. [3.] T. V, p. 6; Annal' d.
Chem. n. Pharm. Bd. XLII, S. 141; Journ. f. prakt. Chem. Bd. XXIII« S. 494.
^) Annal. de chim. et phys. [8.] T. V, p. 189; Annal. d. Chem. u. Pharm.
Bd. XLII, S. 286; Journ. f. prakt. Chem. Bd. XXVII, S. 886.
Atomgewichte. 507
Als Büttel von sieben Yersuchen berechnet sieh ü= 742,9 (59,43)
(Mazimam 748,1, Minimam 742,0).
Bamroelsbergi) hat bei der Wiederholung der Analyse des
Uranchlorfirs (U€l) darin einen geringeren Chlorgehalt gefunden als
P tilget, n&mlich 35,8 bis 36,1 Proc. Im Mittel der Versuche be-
rechnet sich daraus (wenn das Uranoxyd U^Os) ü = 787,5 (oder
63,0). Da er übrigens für die Oxyde des Urans die Formeln UO9,
UOs und U9O7 annahm, so berechnete Bammelsberg U = 2362,5.
Statt dieser Formeln wurden doch bald darauf wieder die P61i-
got'schen von Bammelsberg angenommen.
Werthheim >) versuchte (1848) die Bestimmung des Atomgewichts
durch die Analyse des essigsauren Uranoxyd -Natrons (NaO.C4M8 0s
-f- 2 (U9O3 . C4M3OS). Das Salz wurde, nach dem Trocknen b6i
200« C, an der Luft geglüht und hinterliess 67,51 bis 67,55 Proc.
Uranoxyd -Natron. Hieraus berechnet sich für C = 75, Ä = 12,5,
Na = 287,5: U = 747,2 (oder 59,78).
Endlich hat P^ligot >) (1845) das essigsaure Uranoxyd, U^Os .
048308 -\' 21iO^ zum Zweck der Atoragewichtsbestimmung analysirt.
Schon früher^) (1841) hatte er aus der Analyse desselben für U9O9
(was man damals für metallisches Uran hielt) das Gewicht 1700 abge-
leitet, woraus U = 750 (= 60,0) folgt
In seinen- neueren Versuchen verbrannte er das Salz in einem
Strom von Sauerstoff und wog das hinterbleibende grüne Oxyd U8O4.
Im Mittel von sieben nahe übereinstimmenden Versuchen berechnet
sich ü = 750,5 (= 60,04).
Zu naheliegenden Zahlen (750 bis 748) gelangt man, wenn man
von der Menge des Kohlenstoffs, welche durch Verbrennung des Salzes
erhalten wurde (11,27 bis 11,30 Proc), bei der Berechnung ausgeht.
Die Analyse des Oxalsäuren Uranoxyds, welche F^ligot zu wie-
derholten Malen ausführte, gab keine so wohl übereinstimmenden
Werthe ; die ersten Eryatallisationen führten zu den Zahlen 730 bis 737 ;
nach dreimaligem Umkrystallisiren gab das Salz dagegen Besultate,
die zu den Zahlen 749 bis 751 führten.
Wir haben im Vorhergehenden die Versuche Übergangen, durch
Bestimmung der Gewichtsdifferenz von Us04 und UsOs (durch Oxy-
dation mit Sauerstoff oder Beduction mit Wasserstoff) das Atomgewicht
des Urans herzuleiten, da sie zu wenig unter sich Übereinstimmen.
Die Methode ist übrigens im Princip nicht empfehlenswerth, da ein
kleiner Fehler das Besultat um ein Bedeutendes fehlerhaft macht
Die von P^ligot gewählte Zahl 750 (oder 60,0), der die Be-
sultate von Ebelmen, 742,9, und von Wertheim, 747,2, sich nä-
hern, kann hiemach als der wahrscheinlichste Werth des Atomgewichts
angesehen werden.
VanadlUin. Das Atomgewicht des Vanadiums leitete Berze-
11 us^) aus dem Gewichtsverlast ab, den die Vanadsäure durch Be-
duction mit Wasserstoff erleidet Unter der Annahme, dass die Säure
VOs sei, zeigte es sich, dass 2 Atome Sauerstoff durch den Wasserstoff
0 PoSg- Annal. Bd. LV, S. 318. — ') Jonrn. f. prakt. Chem. Bd. XXIX.
8. JOS; Pogg. Annal. Bd. XUI, 8. 482.— •) Compt. rend. T. XXII, p. 487; Jonrn.
l prakt. Ohem. Bd. XXXVUI, S. 152; Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LX, S. 183.
*) Compt. rend. T. XII, p. 736. — ^) Pogg. Annal Bd. XXII, S. 1,
508 Atomgewichte.
.entBogen werden und Vanadsuboxyd, YO, bleibt Er ozydiite andi
Vanadsuboxyd mit Salpetersäure and bestimmte den beim Eindampfen
hinterbleibenden Rückstand. Bei letzterem Versuch fand er, dus
100 Thle. VO 20,916 Thle. Sauerstoff aufnehmen; durch die Beduc-
tion fand er, dass 100 Thle. Vanadsuboxyd mit 20,901, 20,840 and
20,952 Thln. Sauerstoff in der Vanadsäure verbunden sind. Im Mittel
der vier Versuche berechnet sich:
V = ^^^ - 100 = 856,8 (oder 68,54).
Wasserstoff. Die genaue Bestimmung des Atomgewichts des
Wasaerstofls ist um so wichtiger, als in vielen Verbindungen 100 und
mehr Atome dieses Elementes vorhanden sind, wodurch ein kleiner
Fehler in dem Atomgewicht von weit grösserer Bedeutung werden
kann« Da femer viele Chemiker das Grewicht eines Doppelatomi
Wasserstoff zur Einheit annehmen, so ist es von Wichtigkeit, das Ver-
hältniss zwischen den Atomgewichten des Wasserstoffs und des Sauer*
Stoffs genau zu kennen, um die Zahlen der Atomgewichte f Ür O = 100
in die Atomgewichte für H = 1 verwandeln zu können.
Nachdem Humboldt und Gay-Lussac zu dem Resultat gelangt
waren, dass sich genau 2 Vol. Wasserstoff und 1 Vol. Sauerstoff mit
einander zu Wasser verbinden, leitete man aus den specif. Gewichten
des Wasserstoffgases 0,0732 und des Sauerstoffgases 1|1036, welche
Biot und Arago (1807) gefunden hatten, für E die Zahl 13,27 ab.
Berzelius kam im Jahr 1811 zu einer ähnlichen Zahl (13,32),
indem er das bei dem Auflösen einer gewissen Menge von Zink in
Schwefelsäure entwickelte Wasserstoffgas mass, und das Volumen nach
döm obigen specif. Gewicht in Gewichtstheile verwandelte.
Dulong und Berzelius i) wandten hierauf (1819) zuerst eine
Methode zur Bestimmung des Atomgewichts des Wasserstoffs an, wel-
che zu genauen Resultaten führte, nämlich die Synthese des Wassers.
Sie leiteten gereinigtes trockenes Wasserstoffgas über Eupferoxyd, e^
hitzten dasselbe hierauf zum Glühen uäd sammelten das entstandene
Wasser in einer vorher gewogenen Chlorcalciumröhre auf. Die Gre-
Wichtsvermehrung entsprach der Menge des entstandenen Wassers; die
Gewichtsabnahme des Gefässes mit Eupferoxyd gab die Menge des
Sauerstoffs an.
Aus drei Versuchen, in welchen sie 9 bis 12 Gramm Wasser bil-
deten, berechneten sie für H die Zahlen 12,434, 12,418 und 12,601,
als deren Mittel sie 12,488 angeben (richtiger 12,484).
Diese Versuche berichtigten das früher angenommene Atomgewicht
des Wasserstoffs bedeutend, weichen aber unter einander noch zu sehr
ab und sind zu wenig zahlreich, als dass man sich jetzt noch mit dem
Resultat begnügen könnte. Der mittlere Fehler der Versuchsreihe be-
rechnet sich zu :t 0,101, beträgt also beinahe 1 Proc. des ganzen
Werthes.
Nach demselben Princip stellte Du mas^) (1842) eine ausführliche
und sorgfältige Untersuchung an. Man kann der Methode höchstens
den Vorwurf machen, dass sie aus übertriebener Aengstlichkeit, Fehler
>) AnnaL de chim. «t phys. [2.] T. XV, p. 886. ~ ') Annal. de chim. et phys.
rs.] T. Vm, p. 189.
Atomgewichte. 509
m vermeideii, su oomplidrte Apparate beanspruchte, so da88 dadurch
ohne Zweifel neue Fehlerquellen eingeführt wurden. Zur Reinigung
und Trocknung des Wasserstoffgases musste es ein System von acht
Röhren durchstreichen, wodurch das Gras mit salpetersaurem Bleioxjd,
schwefelsaurem Silberoxyd, E[ali, wasserfreier Phosphorsäure, Schwefel-
saurehjdrat in Berührung kam, hierauf das Kupfer oxyd redi]föirte, worauf
der grösste Theil des entstandenen Wassers in flüssiger Form gesam-
melt, der Rest aber in drei Röhren von Kalihydrat und wasserfreier
Phosphorsäure absorbirt und somit gewogen wurde. Es bietet sich
hier zuerst eine Fehlerquelle dadurch dar, dass es sehr schwierig ist,
die Luft vollständig aus dem sehr zusammengesetzten Apparat zu ver-
drängen ; diese Fehlerquelle lässt das Atomgewicht des Wasserstoffs zu
hoch finden. Femer ist die Zahl der Apparate, welche das Wasser-
stoffgas trocknen, bevor es durch Kupferoxyd verbrannt wird, grösser
als die Zahl der Apparate, welche das überschüssige Wasserstoffgas
nnd die durchgeleitete Luft trocknen. Entweder sind also auf der
eben Seite Überflüssig viele Trockenapparate, oder auf der anderen
Seite nicht genug. Das tropfbar flüssig angesammelte Wasser mnss
femer Luft absorbirt enthalten haben, deren Gewicht nicht in Rech-
nung gezogen wurde. Diese Fehlerquelle muss das Atomgewicht des
Wasserstoflb zu niedrig finden lassen, doch beträgt der Fehler noch
nicht Vi 0000 ^^ ganzen Werthes. Dumas wog den Ballon mit Kupfer-
ozyd vor und nach der Reduction, nachdem er lufUeer gepumpt wor-
den war, und hatte somit keine Reduction auf den leeren Raum anzu-
bringen. Nach Meisen s soll noch eine Fehlerquelle darin liegen,
dass das Knpferoxyd bei der Reduction mit Wasserstoff einen Theil .
des Wasserstoffs aiifnimmt (300 Grm. reducirtes Kupfer binden 0,007
6rm. WasserstofiF)- Auch diese Fehlerquelle lässt das Atomgewicht
des Wasserstoffs zu hoch finden.
In 19 Versuchen (wobei zwischen 15 und 86 Grm. Wasser ge-
bildet wurden) fand Dumas für ü Zahlen zwischen den Grenzen 12,481
nnd 12,583, im Mittel 12,533. Durch Anbringen einer Correction Air
die mit der Schwefelsäure in den Apparat gekommene Luft berechnet
Dnmas als Mittelzahl der Versuche 12,515. Der wahrscheinliche
Fehler der Versuchsreihe wurde zu 0,005 berechnet.
Erdmann und MarchandO haben bald nach Dumas eine Reihe
ähnlicher Versuche veröffentlicht, die obwohl minder ausgedehnt und
mit etwas einfacherem Apparate doch eine grössere Genauigkeit erreich-
ten. In vier Versuchen, bei welchen 35 bis 96 Grm. Wasser gebildet
worden, erhielten sie fdr H die Zahlen 12,518 bis 12,585, im Mittel
12,548, und in einer zweiten Versuchsreihe (vier Versuche), wobei sie
das dem Gas beigemengte Sauerstoffgas durch reducirtes Kupfer weg-
nshmen, erhielten sie für H als Mittel werth 12,492 (zwischen den
Grenzen 12,502 und 12,487). Der wahrscheinliche Fehler der ersten
&eihe ist 0,011 und der der zweiten 0,002.
In Betracht, dass noch einige constante Fehler, auf welche wir
oben aufmerksam machten, der Bestimmung anhängen, kann man nicht
nnr 12,50 (oder 1,0) als eine innerhalb der Fehlergrenzen der Versuche
Hegende Zahl annehmen, sondern es ist selbst sehr wahrscheinlich und
ebenso sicher erwiesen, wie Mariott' s Gesetz oder das Gesetz, dass
^ Jonrn. f. pnkt. Ghem. Bd. XLYI, 8. 461.
510 Atomgewichte.
die Grasarten sich nach einfachen RarnnverhältniMen yeretnigen, dasa
das Gewicht eines Doppelatomes Wasserstoff und das eines Atoms
Sauerstoff in dem Verhältnisse von 12,5 : 100 = 1 : 8 stehen.
Aus dem Yerhältniss der specifischen Gewichte des Wasaeraloff-
und Sauerstoffgases leiten sich folgende Zahlen ab:
nach Dumas und Boussineault (1841) —2 ^ = 12,53, '
^ ^ 1,1057
0,06J26 V 200
nach Regnault (1845) ^ Tiots ='12,528.
Wismuth. Die atomistische Zusammensetzung des Wismuth-
oxyds wurde zu verschiedenen Zeiten von der Mehrzahl der Chemiker
als BiO, BiOj, BiOg oder Bi^Og angenommen, woraus natürlich vier
verschiedene Atomgewichte sich ableiten, die sich zu einander wie
1 : 2 : 3 : 1 ^3 verhalten« Da man von dem Wismuth jetzt drei ver-
schiedene Oxydationsstufen kennt, in welchen die mit derselben
Menge von Metall verbundenen Sauerstoffmengen sich wie 2:3:5
verhalten, so kann weder die erste noch die zweite Formel
angenommen werden, and es bleibt nur noch die Frage, ob
man dem Wismuthoxyd die Formel Bi O3 oder Big O3 geben soll. Da
wir uns hier nur mit der numerischen Bestimmung beschäftigen, so
legen wir die atomistische Zusammensetzung des Wismuthoxyds Bif Oa
zu Grunde. Für die Formel BiOa muss das Atomgewicht verdoppelt
werden.
Ohne auf die ersten Versuche von Guyton-Morveau, Proust,
Klaproth und Bucholz, Thomson, Davy und Yauquelin,
welche theils die Zusammensetzimg des Schwefelwismuths , theils die
des Wismuthoxyds zu bestimmen versuchten, näher einzugehen, fiihren
wir nur an, dass das Atomgewicht aus den Analysen sich zwischen
600 und 1350 berechnet
Die ersten genaueren Bestimmungen wurden von Lager hje Im ^)
1815 ausgeführt. Er ermittelte, dass 100 Thle. Wismuth beim Erhit-
zen mit überschüssigem Schwefel 22,065 bis 22,520 Thle. Schwefel, im
Mittel der fünf Versuche 22,351 Thle. Schwefel aufiiehmen. Hieraus
berechnet sich Bi = -r^^ . 3 . 200 == 2684,5 oder Bi = 1342,2
(oder 107,4). Ferner fand er,* dass 100 Thle. Wismuth durch Oxyda-
tion mit Salpetersäure und Glühen 111,275 Thle. Wismuthoxyd gaben,*
woraus sich berechnet:
Bi = ^^ '^y^^ = 2660,8 oder Bi= 1330,4 (oder 106,4).
Er fand endlich, dass 100 Thle. Wismuth bei der Behandlung mit
Schwefelsäure und Salpetersäure nach Verflüchtigen des Ceberschusses
67,82 Gewichtstheile aufgenommen hatten. Es berechnet sich hieraus:
Bi = .1^^ . 1800 = 2654,1 oder Bi = 1327,0.
67,82
Gmelin2) fand, dass diese Zahlen zu hoch sind und dass im Wis-
muthoxyd wenigstens 10,33 Proc. Sauerstoff enthalten sind, woraus Bi
== 1302 (oder i04,l) sich berechnet.
^) Annal. de clum. T. XCIV, p. 161; Schweigger's Journ. 1816, Bd. XVII,
8. 416. — *) Qmelin'B HAndbach. 4. Aufl. Bd. II, S. S48.
Atomgewichte. 511
Dieae Angabe TonGmelin wurde später (1851) dnrch eine Reihe
sorgfältiger Versnche von Schneider^) bestätigt und das Atomge-
wicht noch genauer fixirt Schneider oxydirte reines Wismuth in
einem Kolben (wobei er die von den Dämpfen übergerissenen Sparen
des Metalls aufsammelte und in Rechnung brachte)^ dampfte die Lösung
in dem Kolben zur Trockne ein und glühte deii Rückstand schwach.
In acht Versuchen, wobei jedesmal 3 bis 12 Grm. Wismuth angewendet
wurden, fand er, dass 100 Thle. VVismuthoxyd zwischen 10,318 und
10,366 Thle., im Mittel 10,345 Thle. Sauerstoff enthalten. Hieraus
berechnet sich
ß» = I^TTT • 300 = 2599,95 oder Bi = 1299,98 (oder 104,0),
1U,o4d
wofür man mit gleicher Wahrscheinlichkeit 1300 (= 104,0) anneh-
men kann.
W olfiram. Aus den ersten Analysen der Wolframsäure von
Klaproth, Bncholz, d'Eluyart, Aikin und Berzelius (1818)
leiten sich ziemlich fehlerhafte Zahlen (1200 bis 1855) ftlr das Atom-
gewicht des Wolframs ab, weshalb wir sie nicht näher anfuhren. Ber-
zelius hat später 2) (1825) eine andere Analyse mitgetheilt, welche
schon ein genaueres Resultat ergab. 0,899 Thle. Woiframsäure hin-
terliessen bei der Reduction mit Wasserdtoffgas 0,716 Thle. Metall,
und 0,676 diesea Metalls gaben 0,846 Säure bei der Oxydation. Aus
der Rednctionsbestimmung berechnet sich W = 1173,7 (für WO5),
ans der anderen 1192,9, das Mittel beträgt 1183,2 (oder 94,66). Diese
Zahl wurde lange unverändert beibehalten, obwohl sie als Mittel zweier
so abweichender Zahlen wenig Genauigkeit beanspruchen kann.
Malaguti^) hat durch Bestimmung des Gewichtsverlustes der
Wolframsäure, bei ihrer Reduction durch Wasserstoffgas, zu blauem
Oxyd das Atomgewicht des Wolframs zu bestimmen versucht. Indem
er dem blauen Oxyd die Formel W3O5 giebt, berechnet er als Mittel
von vier Bestimmungen W = 1158,0 (oder 92,6). Da Übrigens bei
diesen Reductionen die Gewichtsabnahme nur 3 Proc. beträgt (bei Ma-
laguti's Bestimmungen höchstens 60 Milligramme), so ist es unmöglich,
auf diesem Wege eine genügende Genauigkeit für das Atomgewicht
zu erhalten, indem die Fehler des Versuchs in dem Resultat sehr be-
deutend vergrÖ.ssert erscheinen.
Genaue Untersuchungen über das Atomgewicht des Wolframs sind
von Schneider^) 1850 ausgeführt worden.
Er stellte zwei Reihen von Versuchen an. Durch Reduction abge-
wogener Mengen von Wolframsäure mittelst Wasserstoffs bei starker Hitze
mit Kohlenfeuer erhielt er im Mittel von fünf Versuchen 79,316 Proc.
Metall (Grenzwerthe 79,254 und 79,350), woraus W == 1150,4 (== 92,03)
folgt
Bei der Oxydation des in den vorhergehenden Versuchen erhalte«
nen Metalls durch Glühen an der Luft und Befeuchten mit Salpetersäure
fand er in drei Versuchen, dass 100 Thle. Wolframsäure 79,324 bis
*) Pogg- AnnmL Bd. LXXXil, S. 808; Annal. d. Gbem. n. Pharin. Bd. LXXX,
S. 204. — *) Pogg. Annal. Bd. lY, S. 147. — ^ AnnaL de chim. et de ^hys, [2.]
T.LX, p.378. — *) Jonrn. f. pnkt; Chem. Bd. L, S. 152; Annal. d. Ghem. u. Phann.
Bd. LXXYU, S. 261.
5 12 Atomgewichte.
79,329, im Mittel 79,327 Thle. Wolfram enthalten, woraus W =
1151,2 sich berechnet. Im Mittel beider Yersnchsreihen bt W =r
1150,8 (oder 92,06).
Diese Zahl kommt so nahe mit 1150 (= 92,0) überein, das« niAn
IctsEtere ebensowohl wählen kann.
Marchand 1) theilte ähnliche Versuche mit, nach dem Bedac-
tions- und nach dem Oxydations verfahren, welche zu den Zahlen 1149,4
bis 1152,9, im Mittel zu 1150,6 (oder 92,05) fahrten.
Auch Yon Borch') hat 1851 in gleicher Weise sieben Beductions-
und zwei Oxydations versuche mitgetheilt Das Mittel der ersten Ver-
suche führt zu der Zahl 1147,8 (Maximum 1150,6, Minimum 1143,1);
die letzteren ergaben die Werthe 1153,4 und 1152,0.
Alle die neueren Versuche gaben also fUr das Atomgewicht dw
Wolframs Zahlen, welche in engen Grenzen um 1150 (oder 92,0)
schwanken; die Oxydationsversuche stets eine etwas grössere Zahl, die
Beductionsversuche meist eine kleinere Zahl. Auch Dnmas^ theilte
kürzlich mit, dass seine Versuche dieselbe Zahl ergeben hatten.'
Diesen übereinstimmenden Resultaten gegenüber können wir die
nach der nämlichen Methode von Biche^) gefundene Zahl 1087,5
(Mittelzahl von fünf Versuchen, deren Grenz werthe 1076 und 1098)
nicht für wahrscheinlich halten.
Yttrium. Unsere Kenntniss über das Atomgewicht des Yttriams
beruht auf zwei älteren Bestimmungen von Berzelius. £r fand'),
dass 100 Thle. schwach geglühte schwefelsaure Yttererde 154,4 bis
148,7 Thle. schwefelsauren Baryt gaben, wonach sich das Atomge-
wicht des Yttriums, wenn die Formel der Yttererde YO ist, zu iOi
(oder 32,16) berechnet.
In einem anderen Versuche fand er^), dass 2,8 Grm. Yttererde
beim Behandeln mit überschüssiger Schwefelsäure und schwaches
Glühen des Bückstandes 5,392 Grm. schwefelsaures Salz gaben. Das
Atomgewicht des Yttriums berechnet sich hiernach zu 437 oder 437,5
(= 35,0).
Da es übrigens zu vermuthen ist, dass die von Berzelius ange-
wendete Yttererde, die später von Mosander und Berzelius anCe^
schiedenen Oxyde (Erbium- und Terbiumoxyd) beigemengt enthielt,
so kann man den Atomgewichtsbestimmungen gegenwärtig keinen Werth
beilegen.
Zink. Gay-Lussac^ fand durch Oxydation von Zink mit Sal-
petersäure, sowie durch Messen des beim Auflösen von Zink in verdflon-
ten Säuren freiwerdenden Wasserstoffgases , dass 100 Thle. Zinkozjd
19,62 Thle. Sauerstoff enthalten, womach Zu = 409,7 (oder 32,78)
sich berechnet.
Zu einer sehr nahe liegenden Zahl (409,8) gelangte Berzelius^)
durch Auflösen von 10 Grm. Zink in Salpetersäure, Eindampfen und
Glühen, wobei 12,44 Grm. Oxyd hinterblieben.
') Annal. d. Chom. u. Pharm. Bd. LXXVII, S. 261. — ») Journ. f. pr»kt. Che«.
Bd. LIV, S, 264; Pharm. Centralbl. 1862, S. 97.— ") L'Institut. 1867, Nro. 1246.
*) Compt. rend. 1866. 4. Mai; Annal. de chim. et de phjs. [3.] T. L, P- 1^'
*) Schweiggcr's Journ. Bd. XVI, 8. 422. — ") Schweigger's Jo»™-^
XXn. — 0 Mrfmoir. d'Arceuü. T.H, p. 174- — •) Gilbert» Annal. Bd.XXXVlI,
S. 460.
Atomgewichte. 513
Etwas hdhere Zahlen fanden Jacquelain^) und Favre^).
Jacqaelain versuchte durch Messen des Volumens des aus Zink
und yerdünnter Schwefelsäure entwickelten Wasserstoffgases das Atom-
gewicht SU bestimmen; 100 Grm. Zink gaben 35,887 Liter Wasserstoff-
gas bei 0<)C. und 760°^ Bar., woraus Zn = 389,2 sich berechnet
Durch Oxydation von 9,809 Grm. Zink mit Salpetersäure, Eindampfen
in Piatingefassen und Glühen erhielt er 12,180 Grm. Zinkoxyd, wor-
us Zn = 413,7 sich berechnet.
Da aber das durch wiederholte Destillation gereinigte Zink in
100 Thln. noch 0,685 Thle. Blei, 0,H2 Thle. Eisen und 0,003 Thle.
Kohle enthielt, so stellte er weitere Oxydationsversuche an, in welchen
er die Menge dieser Beimengungen durch Rechnung eliminirte. Er
tdod hierbei wieder die Zahl 413,7.
Endlich löste er 100 Thle. Zink in verdünnter Schwefelsäure auf,
und bestimmte in genau abgewogenen Fortionen der Lösung den Ge-
halt an Zinkoxyd durch Eindampfen zur Trockne und heftiges Glühen
des BQckslandes, bis alle Schwefelsäure entfernt war. Durch Anwen-
dnng der Correctionen wegen der fremden Beimengungen berechnet
Jacquelain für Zn die Werthe 413,5 und 414,6 und nimmt als Mit-
tel Zn = 414 (oder 33,12) an.
Favre analysirte oxalsaures Zinkoxyd, dargestellt durch Fällen von
schwefelsaurem Zinkoxyd durch kochende Oxalsäurelösung. Das Salz
wurde verbrannt und die Kohlensäure ohne Verlust gesammelt und ge-
wogen, sowie das hinterbleibende Zinkoxyd. Aus dem Verhältniss
der Kohlensäure und des Zinkoxyds berechnete Favre in drei Ver-
SQchen (für G == 75) Zn = 412,25, 412,45 und 412,58.
In einer zweiten Versuchsreihe löste Favre durch Destillation
gereinigtea Zink in verdünnter Schwefelsäure auf und bestimmte die
Menge des freiwerdenden Wasserstoffs durch Verbrennen desselben
mit Knpferoxyd (nach völligem Trocknen des Gases) und Wägen des
hierbei entstehenden Wassers. In drei Versuchen mit 25 bis 31 Grm.
Zink erhielt er die Werthe 412,28 , 411,78 und 412,43. Favre schliesst
US seinen Resultaten, dass das Atomgewicht des Zinks 412,5 (oder
33,0) sei.
Auf Berzelius' Veranlassung stellte hierauf Axel Erd-
mann*) (1844) neue Versuche mit reinem Zink an, welches er durch
Bednction von reinem Zinkoxyd selbst bereitete, und im Wasserstoff-
strome destillirte. Durch Oxydation abgewogener Mengen (0,8 bis
1,2 Grm.) davon mit Salpetersäure, Eindampfen und Glühen im Por-
cdlantiegel (da Platintiegel angegriffen werden), kam er in vier Ver-
neben zu den Zahlen 406,9 bis 406,2, im Mittel 406,6 (oder 32,53).
Da die nach derselben Methode von Gay-Lussac, Berzelius,
Jscquelain und Erdmann erhaltenen Zahlen bedeutend von
einander abweichen, so kann die Entscheidung über das richtigere
Atomgewicht nur von dem Zutrauen, welches man den verschiedenen
Versachen schenken will, abhängen. Die zuletzt angeführten, mit Sorg-
fah angestellten Versuche von A. Erdmann mochten wohl den Vor-
ng beanspruchen können, welchen auch Berzelius ihnen einräumt.
0 AnoAl. de chim. et de pbjs. [S.] T. VII, p. 189; Annal. d. Chem. u. Pharm.
Bd. XUV. S. 317. — *) Annal. de chim. et de phjs. [8.] T. X, p. 168; Annal
d. Chem. IL Pham. Bd. XLym, S. 198. ~ «) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. L,
8. 485; Pogg. Annal. Bd. LXD, S. 611.
Bndwttftoib«ah der Chemie. 9te Aufl. Bd. H. 33
514 Atomgewichte.
Zinn. Gay-Lnsflaci) fand (1811), dass 100 Thle. Zinn b«
der Oxydation zu Zinnoxjd (mittelst Salpetersäure) 27,2 Thle. Sauer-
stoff anfnahmen ; Berzelins') fahd (1812) dieselbe Zusammenset-
zung, woraus das Atomgewicht 735,3 sich ableitet, wenn da.s Zinnoxyd
die Formel Sn Og hat.
Erst im Jahre 1849 wurde eine ausgedehntere Reihe von Ve^
suchen durch 6. J. Mulder') veröffentlicht Derselbe analjairCe
verschiedene Sorten von Bankazinn, welches nur Vioooo fremde Mettlk
enthält. Durch Oxydation von 201,877 Grm. Bankazinn, worin nach
Abzug der direct bestimmten fremden Metalle 201,799 Grm. reines
Zinn enthalten sind, erhielt er (als Summe von 20 Proben) 256,9896
Grm. Zinnoxyd. Hieraus berechnet sich Sn = 731,23 (oder 58,50).
Noch niedriger wurde das Atomgewicht bei der Oxydation von
reinem Zinn (aus Zinnoxyd durch Reduction mit schwarzem Fluss und
Kohle dargestellt) gefunden; 2,752 Grm. davon entsprachen 3,5104 Gm.
Zinnoxyd, woraus Sn = 725,7 (oder 58,06).
Viaanderen erhielt aus 100 Thln. reinem Zinn 127,56 und
127,48 Thle. Zinnoxyd, woraus Sn = 725,7 und 729,2 sich berechnet
Obwohl diese Zahlen noch nicht die gehörige Sicherheit geben,
so kann man doch 725 (oder 58,0) als eine dem wahren Atom*
gewichte nahe liegende Zahl annehmen.
Zirkonium. Nachdem Berzelius^) (1823) vergebens ver-
sucht hatte, zur Atomgewichtsbestimmung des Zirkoniiuns die auf nas-
sem Wege bereitete Chlorverbindung des Metalls anzuwenden, welche
jedoch keine constante Zusammensetzung zeigte, analysirte er schwe-
felsaure Zirkonerde, welche durch Eindampfen von Zirkonerde mit
überschüssiger Schwefelsäure und Verdampfen des Ueberschasses da^
gestellt wurde. In fiinf Analysen benutzte Berzelius den trockenen
Weg; er trieb durch starkes Glühen, zuletzt unter Zusatz von kohlea-
sanrem Ammoniak, die Schwefelsäure aus und wog den Bückstand.
Einmal analysirte er auf nassem Wege. Auf 100 Thle. Schwefelsäon
fand er in dem Salz 75,74 bis 75,97 Thle. Zirkonerde, im Mittal
75,853. Nimmt man die atomistische Zusammensetzung der Zirkon-
erde ZrO an, so berechnet sich aus obigen Versuchen Zr = 279,27.
Für die Formol Zr, O» ist Zr = 279,27 X V» = -^1^,9 (wenn S =
200). Berzelius berechnete für S = 201,1 : Zr = 420,0 (oder
33,6).
Hermann^) hat das auf trockenem Wege dargestellte Chlornr-
koniuro, Zr2 Glj , sowie basisches Chlorzirkonium , 2 Zr^ Os -f- ^ ^^
(aus Zirkonen von dem Urnen gebirge) analysirt, nnd ans ersterem das
Atomgewicht Zr = 415,9, aus letzterem die Zahl 417,8 abgeleitet,
welche dem von Berzelias gefundenen Werthe so nahe liegen, dais
sie als Bestätigung desselben angesehen werden können.
Basisch salzsaure Zirkonerde aus Hyacinthen von Ceylon bereitat,
gab bei der Chiorbestimmung eine zu dem Atomgewichte 425,7 föb-
rende Zahl.
*) Annal. de chim. T. LXXX, p. 168. — ^ Gilbert's Annalen. BdX, 8. SSI.
") Scheik. Onderz. D. 5. p. 259; AnnaL d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXQi
8. 212; Joum. f. prakt. Chem. Bd. XLVin, S. 81. — *) Pogg. Annal. Bd. IV,
8. 124 a. Bd. VIII, 8. 186. — *) Jonrn. f. pimkt Chem. Bd. XZZI, S. 77;
Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LH, 8. 240.
Atomgewichte. 515
Nach L. Svanbergi) soll die Zirkonerde aus norwegischen Zir-
konen ein Gemenge zweier Oxyde sein; sollte auch das von Berze-
lias nnd Hermann dargestellte Oxyd nicht homogen gewesen sein,
so bedürfte es wiederholter Bestimmungen mit reinen Stoffen zur Fest-
atellong des Atomgewichtes des Zirkoniums.
Die nach den vorhergehenden speciellen Angaben berechneten
Atomgewichte oder Aequivalente stellen wir in einer Tabelle
(Aequivalenttafei, Aequivalentscale) zusammen.
Atomgewichtstabelle.
H-l
0=100
13,G
170,4
120,8
1603,8
75,0
937,5
G8,G
857,0
7,0
87,6
103,6
1294,5
11,0
137,5
80,0
1000,0
20,0
250,0
4G
675
35,5
443,75
26,2
328,0
48
600
28,0
350,0
19,0
237,5
196,0
2450,0
127,0
1587,5
98,6
1232
56,0
700,0
89,0
487,5
30,0
375,0
6,0
75,0
31,7
396,6
46
575
6,5
82,5
12,0
150,0
27,6
344,5
46
575
23,0
287,5
29,0
362,5
—
—
Formel der analys.
VerbiDdung ■).
Nach VersQchen von:
Aitimon
inen
hriBin
AI
Sb
As
Ba
Be
Pb
B
Br
Ca
Ce
-ei
Cr
Di
Fe
E
¥
An
J
Ir
Cd
K
Co
Co
La
Li
Mg
Mn
Mo
Na
Ni
Nb
No
Thonerde AI« Og
Antimonglanz Sb S,
Arsenchlorid As 61,
Bariumchlorid Ba 61
Beryllerde Be, O^
Bleioxjd PbO
Borsäure BO,
Kaliumbromid KBr
Kalk CaO
Ceroxydul CeO
KaUumchlorid K -61
Chromsäure CrOg
Didymoxyd Di O
Eisenoxyd Fe,^,Os
^Calciumfluorid C&¥
Goldchlorid Au 61»
Kaliun^odid K 1
Iridiumcblorid Ir-61,
Kadmiumoxyd CdO
KaUumchlorid Ki^l
Kobaltoxydnl CoO
Kohlensäure CO,
Kupferoxyd CuO
Lanthanoxyd La O
Lithiumoxyd LiO
Magnesia MgO
Manganchlorür Bfn-Cl
Molybdänsäure Mo O,
Natriumchlorid Na 61
Nickeloxydul Ni O
Benelins
Schneider
Pelouze und Berzelius
Marignac, Pelouze
Awdejew
Berzelius
Berzelius
Marignac
Erdmann u. Marchand
Marignac, Hermann
Marignac, Penny,
Maumen^, Berzelius
P^igot, Berlin
Marignac
Svanberg u. Norlin, Mau-
men^, Erdmann u. Blar-
chand, Berzelius
Louyet
Levol, Berzelius
Marignac
Berzelius
▼. Hauer
Marignac, Penny,
l Maumen^
I Schneider
Dumas u. Stass,
Erdmann u. Marchand
Erdmann n. Marchand
Marignac
Berzelius
Scheerer u. Marchand
Berzelius
( Sranberg u. Strure,
( Berlin
Penny, Pelouze
Schneider
*) Pogg. Annal. Bd. LXV, S. 817. '
") Die sngeftthrte Verbindong wurde entweder fttr sich, oder in znsammengesetz
^ ^erbindmigeD mit anderen Körpern analysirt; oft wurde das Atomgewicht noch
*^ den Analyseu anderer Verbindungen mit anderen Elementen abgeleitet.
33«
516
Atomgewichte.
H = l
0 = 100
Formel der analys.
Verbindung.
Nach Versuchen iv
Osrniam . .
Ob
100,0
1250,0
Osmiumchlorid Os-CL
Palladiumchlorür Pd^l
Benehns, Fremy
Palladium .
Pd
d8,0
662,5
Berseliufl
Phosphor . .
P
31,0
387,5
Phosphorsäure PO^
Schrötter
Platin . . .
Pt
99,0
1237,5
Platinchlorid Pt^l^
Berzelios, Andrewt
Qaecksilber .
Hg
100,0
1250,0
QuecksUberozyd HgO
Erdmami u. ICarehi
Rhodium . .
Rh
52
650
RhodiumchloridRhs^l,
Benelins
Ruthenium .
Ru
52
660
Rutheniumchlorid
Ru,-ei,
Claus
Sauerstoff . .
0
8,0
100
—
^
Schwefel . .
S
16,0
200,0
Zinnober Hg S
Erdmaiin a. liucli
Strome
Selen . . .
Se
39,5
493,75
Selenquecksilber HgSe
[Berselius, Sacc,
1 Erdmann u. liucki
SUber . . .
Ag
108,0
1350,0
SUberchlorid Ag-Cl
flfarignac, Miininwri
! Penny, BerBelins
Silicium . .
Si
21,8
266,5
SiUdumchlorid Si€l,
Pelouse
Stickstoff . .
S^
14,0
175,0
Salmiak ^S«€l
Pelouie, Bfarigiiao,B
Strontium
Sr
43,9
548,2
Strontiumchlorid Sr-Cl
Pelouse
Tantal . . .
Ta
68,8
860,3
Tantalchlorid Ta^l«
H. Rose
TeUur . . .
Te
64,0
800,3
Kalium - Tellnrbromid
KBr.TeEr,
▼. Hauer
Terbium . .
Tr
—
— i
.^
Thorium . .
Th
59,5
743,9
Thorerde Th 0
Benelins
Titan .
Ti
25
312,5
Titanchlorid Ti-ei,
Pierre
Uran . . .
U
60
750
Uranoxyd U,Oa
P^ot
Vanadium
V
68,5
866,7
Vanadsäure VO3
Berzelius
Wasserstoff .
U
1,0
12,5
Wasser HO
Siarchand
Wismuth . .
Bi
104,0
1300,0
Wismuthoxyd Bi, 0,
Schneider
Wolftram . .
W
92
1150
Wolframsäure WOg
Schneider, Horch
Yttrium . .
Y
35
437,5
Yttererde YO
Berzelius
Zink ....
Zn
32,5
406,6
Zinkoxyd ZnO
A. ErdmAim
Zinti ....
Sn
58,0
725,0
Zinnoxyd SnO«
Mnlder, VTaanderen
Zirkonium
Zr
33,5
418,9
Zirkonerde Zr, Og
Zwiflchen den Atomgewichten der Elemente hat man verschied«
Beziehungen aufzufinden geglaubt, welche wir hier zum Theil a&fÖ
ren. Die Ansicht, dass die Atomgewichte vieler Grundstoffe Viel&cl
von dem Gewichte eines Doppelatom Wasserstoffs seien, haben n
schon oben ausführlich erörtert. Maumen^ hat für das Chlor, welcb
diese Beziehung zu dem Wasserstoff nicht zeigt, hervorgehoben, dl
das Gewicht eines Doppelatoms Chlor (35,5) ein Vielfaches von d<
Gewichte eines einfachen Atoms (0,5) Wasserstoff sei Je klein
die Einheit gewählt wird, um so mehr müssen sich natürlich alle Atoi
gewichte einem Vielfachen der Einheit nähern, so dass wir durch g
ringe Veränderungen in den aus den Vei'suchen direct abgeleitet«
Zahlen' ein Vielfaches von der kleineren Einheit erhalten können. E
Resultate der Atomgewichtsbestimmungen sind aber in den meist
Fällen noch nicht auf 0,25 Einheiten (wenn H = 1 gesetzt wird) g
nau, was der Fall sein müsste, wenn die von Maumen^ angenommei
Begelmässigkeit für die Atomgewichte im Allgemeinen nachgewie«
werden sollte.
Die Atomgewichte verschiedener Grundstoffes, welche direct aoa di
Versuchen abgeleitet sind, kommen einander so nahe, dass man zawc
len eine absolute Gleichheit derselben angenommen hat. Zum Tbc
Atomtheorie. 517
findet dies för in den chemischen Eigenschaften einander ähnliche Ele-
mente statt, 2. B. Cer und Lanthan, Platin ond Iridium, Rhodium und
iBnthenium, Eisen und Mangan, zum Theil fiir solche, welche keine so
nahen Beziehungen zu einander zeigen, Molybdän und Cer, Osmium
ond Quecksilber, Tantal Vanadium und Barium.
'•'Andere Elemente, welche man wegen der Aehnlichkeit ihrer Ver-
bindungen, gewöhnlich in Gruppen zusammenstellt, zeigen in einer ge-
wissen Reihefolge nahezu gleiche Differenz der Atomgewichte.
' Die Differenzen von etwa 24 zeigen: Calcium 20, Strontium 44,
Barium 68, Schwefel 16, Selen 40, Tellur 64; eine Differenz von
16 zeigen Lithium 7,0, Natrium 23,0, Kalium 39,0; eine Differenz von
ib zeigen Chlor 35,5, Brom 80,5, Jod 125,5; eine Differenz von 44,5
^seigen Phosphor 31, Arsen 75,5, Antimon 120.
Alle diese Beziehungen finden nur statt, wenn man nicht diewirk-
ilkii gefundenen Zahlen annimmt, sondern mehr oder weniger davon
; abweichende Atomgewichte vergleicht.
Andere Beziehungen, welche Eremers^) und Low') angedeutet
.ksben, führen wir nicht an, weil dieselben noch grossere Veränderun-
gen in den angenommenen Atomgewichten nöthig machen, wenn sie
Oberhaupt stattfinden sollen ^. A. S,
Atomtheorie nennt man eine Theorie, welche den Erfahrungs«
gesetzen über die Gewichtsverhältnisse der chemischen Verbindungen
nur Erklämng dient. Diese aus den Versuchen abgeleiteten Gesetze,
welche man unter der Bezeichnung stochiometrische Gesetze oder
Lehre von den chemischen Aequivalenten zusammenfasst, sind:
1) Die ehemischen Verbindungen finden stets in demselben Ge-
wichtsverhaltniss statt, im Falle die Producte dieselben (physikalischen
ond chemischen) Eigenschaften besitzen. Solche Verbindungen haben
daher immer und unter allen Umständen einerlei Zusammensetzung.
2) Wenn zwei Stoffe sich in mehreren Verhaltnissen mit einander
▼«reinigen, so stehen die mit derselben Menge des einen Stoffes {Ä)
Hrbondenen Mengen des zweiten Stoffes {B) unter sich in einem sehr
«mischen Verhältniss, welches z. B. durch die Zahlen:
1:2:3:4:5:6
SBSgedrfickt werden kann. So verbinden sich:
100 Thle. Stickstoff mit 52,14 Thln. Sauerstoff zu Stickoxydul,
^W ^ „ „ 104,28 „ „ „ Stickoxyd,
100 „ ,, „ 156,42 „ „ „ salpetriger Säure,
100 ,, ,, ,, 208,56 „ „ „ Untersalpetersäure,
100 „ „ „ 260,70 „ „ „ Salpetersäure.
Die Zahlen 52,14, 104,28, 156,42, 208,56 und 260,70 verhalten
nch aber zu einander wie 1:2:3:4:5.
Dieses Gesetz ist unter dem Namen Gesetz der vielfachen
^orhältnisse (multiplen Proportionen) bekannt
3) Die Mengen verschiedener Stoffe {Ä^ B^ C , , .\ welche sich
out einer bestimmten Quantität eines Stoffes {Z) verbinden, vereinigen
sich auch unter einander in denselben Gewichts Verhältnissen, oder in
*) Pogg. Ännal. Bd. LXXXY, 8. 56. — *) Sillimanf American Journ. [2.]
I* XTIIf p. 887. — *) Ueber den Zusammenhang zwischen den Atomgewichten ähn-
Hdnr £leiii0Qte nnter einander vergl. Lenssen: Annal d. Ghem. u. Pharm. Bd. CITI,
8. m.
518 Atomtheorie.
Multiplen davon. Mit Einem Gewichts-Theil Wasserstoff vereinigen sich:
8 Gew.-Thle. Sauerstoff, 16 Gew.-Thle. Schwefel, 85,5 Gew.-Thle.
Chlor, 6 Thle. Kohlenstoff. Die Erfahrung hat nun gelehrt, da» 8
Gew.-Thle. Sauerstoff sich auch mit 16 Gew.-Thln. Schwefel, 35,5
Gew.-Thln. Chlor, 6 Thln. Kohlenstoff verbinden. Nach dem Geseti
der multiplen Proportionen sind ausserdem noch viele andere Verbin-
dungen möglich, z.B. 35,5 Gew.-Thle. Chlor mit 3 X 8. ^ X ^ '> X «i
6 X Ö> 7 X ö Gew.-Thln. Sauerstoff, in welchen doch stets Äfaf-
tipla der angeführten Zahlen als die Gewichtsmengen der betreffenden
Stoffe' auftreten.
Dies ist das Gesetz der Aequivalente, insofern man die 6«-
wichtsmengen verschiedener Körper, welche einander in den cheraisehen
Verbindungen vertreten, chemische Aequivalente nennt.
Die im Vorhergehenden angeffihrten Gesetzmässigkeiten finden
nicht nur bei den einfachen, sondern ebensowohl bei den zusammen-
gesetzten Stoffen statt. Bei letzteren hat man aber femer noch dnrch
die Versuche das Gesetz gefunden:
4) Das Aequivalent eines zusammengesetzten Körpers ist gleich
der Srnnme der Aequivalente seiner Bestandtheile. In der Chlorsäure
sind 35,5 Gewichtstheile Chlor (1 Aeq. Chlor) mit 40 = 5 X ^ 6e-
wichtstheilen Sauerstoff (5 Aeq. Sauerstoff) verbunden. In der Schwe-
felsäure sind 1 6 . Gewichtstheile Schwefel (l Aeq. Schwefel) mit 24
= 3 X ^ Gewichtstheilen Sauerstoff (3 Aeq. Sauerstoff) verbunden.
Der Versuch hat nun gelehrt, dass 75,5 = (35,5-4-40) Gewichtstheile
Chlorsäure mit 40r=(16-4-24) Gewichtstheilen Schwefelsäure äquiva-
lent sind, d. h. einander in den Verbindungen zu ersetzen vermögen.
Ein Gleiches gilt für die Basen.
Dal ton 1), welcher das Gesetz der vielfachen Verhältnisse nient
entdeckte, und mit dem schon früher von Richter zum Theil nachge-
wiesenen Gesetz der Aequivalente in Verbindung brachte, suchte dieie
Gesetze durch eine Theorie zu erklären oder wenigstens zu versinnlidien,
welche noch jetzt ziemlich allgemein angenommen ist Nach dieser Theorie
sind alle Körper nur bis zu einer gewissen Grenze theilbar, Ober welche
hinaus eine Theilbarkeit nicht stattfinden kann. Die letzten Thefle
(Atome) eines Körpers sind gleich schwer und gleich gross, die Atome
verschiedener Körper können verschieden gross und von verschie-
denem Gewicht sein. Jedes Atom ist von einer Wärmesphäre umge-
ben, so dass zwischen den einzelnen Atomen keine unmittelbare Be-
rührung stattfinden kann. Chemische Verbindungen entstehen durch
inniges Aneinanderlagern der Atome verschiedener Körper zu einem
zusammengesetzten Atome.
Diese Theorie erklärt völlig die oben angeftihrten Gesetze. Alle
Verbindungen und Vertretungen können nämlich hiemach nur in dem
Verhältnisse der Gewichte der Atome geschehen. Da ferner die Ve^
bindungen nur in dem Verhältniss von
1 Atom ^ zu 1 Atom B
1 ^ Ä : 2 „5
1 „ ^ : 3 „ B
2 „ il : 3 „5
u. s. w. stattfinden können, so werden auch die in den Verbindungen
*) Ä new System of Chemical Philosophy 1S08.
Atomtheorie. 519
eaümlteneii Gewichte votf B (berechnet auf das Gewicht von 2 Ate«
men Ä) eich wie 2 : 3 : 4 : 6 . • • yerhalten.
Nicht weniger selbstverständlich ist es, dass das Aequivalent (oder
vielmehr Atomgewicht) einer Verbindung durch die Summe der Aequi-
valente (oder Atomgewichte) der Bestandtheile ausgedrückt wird.
Wenn uns hiernach die relative Anzahl der in einer chemischen
Verbindung enthaltenen Elementaratome bekannt wäre, so würde sich
das relative Gewicht der Atome "aus der bekannten Zusammensetzung
berechnen lassen ; oder wenn das relative Gewicht der Atome sich aus-
findig machen liesse, ao würde man aus der bekannten Zusammenset-
long der Verbindungen das Verhältniss der darin enthaltenen Elementar-
itome berechnen können. .
Dalton versuchte zuerst das relative Gewicht der Atome zu be-
itimmen, indem er von der Voraussetzung 'ausging, dass in den Verbin-
dungen von zwei Bestandtheilen, welche sich nur in einem einzigen
Veihältnise vereinigen, eine gleiche Anzahl beider Elementarbestand-
tbeile enthalte u sei. In dem Wasser nahm er hiernach ein Atom Was-
serstoff mit einem Atom Sauerstoff verbunden an. In den neutralen Sal-
ien nahm er ebenso gleichviel Atome Säure und Basis an. ^
Berzelins nahm (1815), gestützt auf Gay Lussac's Entdeckung
der Gesetzmässigkeiten bei der Verbindung gasförmiger Körper, an,
dus gleiche Volume der gasförmigen Elemente eine gleiche Anzahl
Atome enthalten, und dass hiemach durch das specifische Gewicht
dieser Gase, das relative Gewicht ihrer Atome ausgedrückt sei. Fer-
ner stellte er noch den Grundsatz auf, dass in jeder Verbindung zweier
Elemente von dem einen Bestandtheil 1 Atom enthalten sei. In dem
Eiseooxyd nahm er hiemach 1 Atom Eisen mit 3 Atomen Sauerstoff,
oad in dem Eisenoxydul folglich 1 Atom Eisen und 2 Atome Sauer-
stoff an.
Eine andere Beziehung zwischen dem relativen Gewichte der Atome
fanden Du long und Petit (1819) in der specifischen Wärme der
Elemente; sie ermittelten nämlich, dass die specifische Wärme der
Elemente sich umgekehrt verhält wie die Atomgewichte, welche man
denselben beilegen kann. Für viele Elemente zeigte sich diese Rela-
üon nach den von Berzelius angenommenen Atomgewichten anwend-
bar, för andere dagegen musste das Atomgewicht halbirt oder ver-
doppelt werden; man musste also doppelt so viele oder halb so viel
Atome, ab Berzelius gethan, in ihren Verbindungen annehmen«
Die Entdeckung Mitscherlich^s (1820), dass die Körper von
gkicher atomistischer Zusammensetzung, wenn auch verschiedene Ele-
meDte darin enthalten sind, gewöhnlich gleiche ErystalUbrm (Isomor-
phismos) zeigen, lässt sich ferner als ein treffliches Mittel gebrauchen,
die atomistische Zusammensetzung von Verbindungen durch die Analo-
gie mit anderen Körpern von bekannter Atom- Anzahl herzuleiten.
Wir haben In dem Vorhergehenden gezeigt, wie man nacheinan-
der cur Bestimmung der relativen Anzahl der in den Verbindungen
Mithaltenen Atome folgende Leitpunkte annahm.
1) Die möglichste Einfachheit der Verhältnisse;
i) das specifische Gewicht der Elemente im gasförmigen Zustande;
3) die specifische Wärme der Elemente;
4) die Isomorphie der Verbindungen.
Für gewisse Verbindungen führt die Berücksichtigung aller dieser
520 Atomtheorie:
VerhiUtiiisse zu derselben atomiatischen ZoBammeiiMtsong, aber för di«
meisten leiten sich verschiedene «tomistische Zusammensetzungen ah,
je nachdem man die eine oder die andere Beziehung zur Richtschnur
wählt Wir wollen daher in dem Folgenden diese Verhältnisse näher
betracl^ten, um den verschiedenen Werth derselben beurtheilen ra
können.
Einfachheit des Verhältnisses der Atome. Im Falle «in
Element sich nur in einem einzigen Verhältnisse mit anderen Elemen-
ten vereinigt, und die Verbindungen keine Beziehungen zu anderen
Körpern von bekannter oder angenommener atomistischer Znsammen-
Setzung zeigen, so lassen sich keine Gründe für die Wabrscheuilick-
keit einer bestimmten atomistischen Zusammensetzung anführen, and
man kann mit gleichem Rechte jedes beliebige Verhältniss annehmen.
In diesem Falle wird man wohl das einfachste Verhältniss 1 : 1 wib*
ien, bis weitere Entdeckungen uns Beziehungen zu anderen Verbindun-
gen gelehrt haben. So verhält es sich zum Theil mit der Beryilerde,
Thorerde, Yttererde und anderen, welche man gewöhnlich ans gleichen
Atomen Metall und Sauerstoff bestehend betrachtet, obwohl für ein-
zelne, fl. B. die ^eryllerde, gewisse Analogien mit der Thonerde un-
verkennbar sind, welche für ein analoges Verhältniss der Atome in
beiden Oxyden sprechen.
Ueberhaupt wird der Begriff Einfachheit des Verhältnisses
zu eng begrenzt, wenn man denselben auf 1 : 1 einschränken wollt^
und die Erfahrung hat gelehrt, dass die Verhältnisse 1:2, 1:3, 2:8
ebenso häufig als ersteres vorkommen.
Specifisches Gewicht der Elemente im Gas- oder Dampf-
zustande. Die meisten Chemiker nehmen an, dass gleiche Volnme
der einfachen Gase (unter denselben Verhältnissen des Drucks und der
Temperatur) die nämliche Anzahl von Atomen enthalten. Dies gilt
nicht nur von den bei gewöhnlicher Temperatur gasförmigen Elemen-
ten, sondern auch für die erst in höherer Temperatur den gasP^rmigeo
Zustand annehmenden Stoffe (z. B. Brom, Jod), da die Dämpfe keinen
specifischen Unterschied von den Gasen zeigen.
Dieser Annahme zufolge drückt das Verhältniss der in einer
Verbindung enthaltenen Gasvolume der Bestandtheile zugleich des
Verhältniss der Atome derselben aus.
Bei den unmittelbar in Verbindung tretenden Gasen, wie Wasser-
stoff und Sauerstoff, Chlor u. a. lässt sich das Volumverhältniss unmit-
telbar beobachten, für andere aber aus der bekannten Zusammensetsong
leicht berechnen, indem man das Gewicht der in der Verbindung ent-
haltenen Bestandtheile durch die Dampfdichte der betreffenden Körper
dividirt
Da übrigens nur die Dampfdiohte weniger Elemente bekannt iB^
so wird man nur für eine eingeschränkte Anzahl von Elementen das Ge-
wicht der Atome diesem Grundsatz gemäss ableiten können.
Ausserdem gelangt man bei der Durchführung des GnmdsstsM
zu gewissen sehr unwahrscheinlichen Folgerungen. In der was^r-
freien Schwefelsäure sind z. B. auf 40 Gew.-Thle, Schwefel 60 Gew.-
Thle. Sauerstoff enthalten. Da das specif. Gewicht des Schwefeldampf«
6,636, das des Sauerstoffgases 1,106 ist, so berechnet sich das VoloD-
verhältniss der Bestandtheile der Schwefelsäure in Gasform:
Atomtheorie. 521
Schwefel Saaerstoff Yolamverh<niga
*0 , ^„ 60 ^ , «^ 54,27 9 •
= M3 ^ ^^^ = 54,27 '
6,686 ' 1,106 ~ ' 6,08 ~ 1 '
das VerhSltniss der Atome wäre also 1:9; ebenso müssten in dem
Sehwefelwasserstoffgas auf 1 At. Schwefel 6 At. Wasserstoffgas enthal-
ten sein. Wir wollen die weiteren Folgemngen, zn welchen man bei
eonseqaenter Durchführung dieses Atoroverhältnisses der Verbindungen
des Schwefels gelangt, nicht Tcrfolgen, da das Angeführte die Che-
miker zur Verwerfung des Princips für den Schwefel veranlasste.
Allerdings lassen sich auch gewichtige Gründe anführen* welche
einen Ausnahmefall bei dem Schwefel annehmen lassen. Die Dampf*
diehte vieler Körper ist nämlich bei einer Temperatur, die nicht weit
entfernt vom Kochpunkt des Körpers liegt, wechselnd und wird erst
bei weit höher liegenden Wärmegraden constant, sowie Überhaupt die
Dimpfe vieler Körper erst in weit über dem Kochpunkt derselben lie-
genden Temperaturen mit den Grasen in den Eigenschaften völlig Über-
emstimmen. Noch wichtiger ist aber die Bemerkung, dass der Schwefel
io der Wärme eine Veränderung erleidet und schon unterhalb seines
Eochpanktes völlig in eine andere Modification verwandelt wird. Man
bnn nun annehmen, dass 8 At. Schwefel sich hierbei zu einem Atom
▼erdichtet oder innig vereinigt haben, so dass in einem Volumen Schwe-
feldampf die dreifache Anzahl normaler Schwefelatome enthalten ist,
wie in einem Volumen SauerstofTgas. Nach dieser Hypothese würde
also in der Schwefelsäure das Verhältniss der Atome wie 1 : 3 sein,
wofür auch viele andere Gründe sprechen.
Aehnliche Abweichungen von der Regel finden bei dem Phosphor-
dampf statt, dessen Dichte doppelt so gross ist, als aus dem anderweitig
bestimmten Atomgewicht folgen würde. Aber auch der Phosphor er-
leidet in der Wärme eine wesentliche Veränderung.
Aus der Zusammensetzung der Oxyde des QuecksObers und der
Dichtigkeit des Quecksilberdampfes (6,87) berechnet sich das Atom-
▼erhütniss für das
Quecksilber Sauerstoff Atomverhältniss
A LMu ^ ^2,6 ,^^ 7,4 ^^ 13,5 2
Quecksilberoxyd . . ^, = l^.^ MO = ''' 67 = "
n« L -lu ^1 96,1 , , ^ 3,9 . - 14,0 4
Qnecksüberoxydul . ^ = ^fi j;^ = 3,5 -3;^=-
Der Dampfdichte des Quecksilbers und der Zusammensetzung der
Oiyde zufolge müssten also in dem Quecksilberoxjd 2 At Quecksilber auf
1 At Sauerstoff, in dem Oxydul 4 At Quecksilber auf 1 At Sauerstoff
^Aalten sein. Auch hier nimmt man gewöhnlich einen Ausnahme-
fall an, obgleich man,, wohl ohne andere Analogien zu verletzen, dieses
AtoQTerhältniss in den Verbindungen des Quecksilbers zu Grunde
l«g«n dürfle.
Da zur Ermittelung der Atomgewichte die Volumverhältnisse
Uentach von den Chemikern nur für Sauerstoff, Wasserstoff, Stick-
*M, Chlor, Brom und Jod berücksichtigt wurden, während bei dem
P^MMphor, Schwefel und Quecksilber dieselben unberücksichtigt blie-
^ imd für die grosse Mehrzahl der Elemente die Volumverhält-
ouse unbekannt sind und meist auch bleiben werden, so haben viele
Clittniker der Betrachtung der Volumverhältnisse als Mittel zur Be-
522 Atomtheorie.
8timinung[ der atomistischen Znflammenselzung jeden Werth abge-
sprochen.
Als einen wesentlichen Einwurf gegen die Volamtkeorie konnte
man anführen, daas nur bei den Elementen gleiche GaB*Volmne gleich
viele Atome enthalten, während in den Verbindungen die verschieden-
artigsten Verhältnisse möglich sein sollten. Wir wissen aber nicht, ob
die sogenannten Elemente wirklich aus gleichartigen Partikeln zoBam-
mengesetzt sind, oder ob sie nicht vielmehr ebenfalls wie die Ver^
bindungen ungleichartige Bestandtheile enthalten. Ein bestumnter
Unterschied zwischen den Elementen und den zerlegbaren Verbin-
dungen möchte jetzt um so weniger nachgewiesen werden können,
als wir viele zusammengesetzte Stoffe kennen, welche in ihren Verhalt-
nissen durchaus den sogenannten Elementen entsprechen (Cyan, Kako-
dyl, Aethjl u. s. w.) mit dem Unterschiede, dass sie in nähere Bestand-
theile zerlegt werden können, was bei den Elementen bis jetzt nicht
nachzuweisen ist In dieser Beziehung haben jedoch Gerhardt und
Laurent einen Schritt weiter gethan, indem sie auch ffir die Verbin*
düngen eine gleiche Anzahl zusammengesetzter Atome in gleichem
Gas- Volumen annahmen, ähnlich wie für die sogenannten Elemente
gleiche Anzahl von Atomen in gleichem Gas- Volumen angenommen
wurde. Wenn wir uns der chemischen Zeichen als Ausdruck (Ur die
Atome bedienen, so enthalten 2 Volumeinheiten H*"!!; 0'~0; Gl'^Cl;
Br'^Br; J^J; NT^; H,0; CIH; BrH; JH; NH,; N^O; NO,; NHOij
JCl; BrCl; PCI«; CO; CO,.
In gleicher Weise kann man für die meisten organischen Verbin-
dungen annehmen, dass das Atom derselben im gasförmigen Zustande
zwei Volumeinheiten bildet. Die sogenannten Elemente wären hiernach
im freien Zustand^ Verbindungen gleichartiger Atome unter sich, welche
einzeln sich nicht darstellen lassen, wohl aber in Verbindungen ent*
halten sein können. Der freie Wasserstoff z. B. enthielte 1 At Wasser-
stoff in Verbindung mit 1 At. Wasserstoff; der Chlorwiiaserstoff in
gleicher Weise 1 At. Wasserstoff und 1 At. Chlor. Diese Betrach-
tungsweise ist wesentlich darin von den älteren unterschieden, dass in
1 At Chlorwasserstoff nur halb soviel Chlor* und Wasserstoffatome
angenommen werden, als in dem freien Chlor oder Wasserstoff. In-
zwischen müssen hierbei doch ausser den früher erwähnten noch einige
weitere Ausnahmen von der Regel angeführt werden, so bildet die
Atomeinheit Salmiak, Phosphorsnperchlorid u. a. 4 Volume im gasför-
migen Zustand, ohne dass es möglich wäre die halbe Anzahl von Ato-
men darin anzunehmen. Auch unter den organischen Verbindnngen
war Gerhardt genöthigt einige Ausnahmen anzunehmen.
Die specifische Wärme der einfachen Körper steht, nach
Dulong und Petit 's Gesetz, im umgekehrten Verhältniss zu den
Atomgewichten, mithin ist das Product des Atomgewichts mit dtf
specifischen Wärme (oder die specifische Wärme der Elementaratome)
för alle Elemente eine constante Zahl.
Die Versuche, aus welchen Dulong and Petit das Gesetz ableite-
ten, betrafen indessen nur eine kleine Anzahl von Elementen, und mach-
ten femer gewisse Veränderungen in den Atomgewichten nÖthig, ohne
welche die Gesetzmässigkeit nicht stattfand.
Regnault bestimmte später für eine weitere Anzahl von Elemen-
ten die specifische Wärme und fand, dass die von Dulong und Petit
Atomtheorie.
523
hervorgehobene Beziehnng derselben m dem Atomgewicht f fir die meisten
Elemente stattfhide, insofern wenigstens dasProdnct des Atomgewichts
(fflr O = 100) mit der specifischen W&rme für alle Elemente zwischen
36 and 41 fiel, wonach also keine absolute Gleichheit, aber doch eine
gewisse Annaherong stattfand. Eine solche absolute Gleichheit ist
•ehon deshalb nicht möglich, weil für verschiedene Temperataren die
ipecifische Wärme der Körper sich ändert und somit nur für eine be-
itimmte Temperatur das Gesetz völlig richtig sein könnte. Begnault
•rklärt diesen geringen Unterschied durch die Annahme, dass die spe-
zifische Wärme nicht nur die Wärmemenge sei, welche zur Tempera*
torerhöbang des Atoms verwendet werde, sondern ausserdem auch die
Wärmemenge begreife, welche bei der Ausdehnung des Körpers ver-
idiwinde oder Molekularveränderungen bewirke.
Auch in neuerdings veröffentlichten Versuchen i) fand Begnault
h ähnlicher Weise, dass die specifische Wärme der Atome der ein*
f^hen Köi^r nahezu gleich gross sei, und brachte durch genauere
Bestimmung einige früher angenommene Ausnahmen zum -Ver-
ichwinden.
Wir führen zur Nachweisung dieses Verhältnisses folgende Ta-
belle «n:
Spec. Wärme
Atomgewicht
(Aeqaivalent)
Prodttct beider
Aluminium ....
0,2148
170,4
86,6
Aatiflioii .
0,0507
1508,8
76,2 : 2 = 88,1
AIKII .
0,0814
987,5
76,8 : 2 = 88,1
BItt . .
0,0814
1294,5
40,6
Brom (festes;
0,0843
1000
84,8 : 2 = 42,1
ÜMD . . .
0,1188
850,0
89,8
Gold . . .
0,0824
2450
79,4 : 2 = 89,7
Jod . . .
0,0541
1587,5
85,6 : 2 = 42,8
Iridium . .
0,03G3
1282 (?)
44,7
Kadmium.
0,0567
700,0
89,7
Kalinm . .
0,1696
487,5
82,6 : 2 == 41,8
KoMt .
0,1069
875,0
40,1
Kohkostoff C
koi
hJe;
)
0,2411
75,0
18,1 X 2 = 86,2
Kupfer
0,0951
396,6
37,8
0,1441
844,5
40,7
Nitriam .
0,2984
287,5
84,2 : 2 = 42,1
STickd . .
0,1109
862,5
40,2
Umiim
0,0806
1250
88,2
Piüa^om
0,0598
662,5
89,8
Pkoiphor
0,20
387,5
77,5 : 2 = 88,7
Phtin . .
0,0824
1287,5
40,4
QMekiilber
0,0888
1250,0
41,6
BMiom . .
0,0541
650
85,2
Sehwcftl .
0,2026
200
40,5
Selen . .
0,0762
498,75
87,5
Sflbw .
0,0570
1850
76,9 : 2 = 88,5
Telhir .
0,0474
800,8
87,9
^Vinuth
0,0808
1800
40,0
WoUhim
0,0864
1150
41,9
Zink .
9*
0,0955
406,6
89,8
om
0,0562
725
40,7
") AnnaL de chim. et de phys. [8.] T.XLVI, p. 257; Pogg.Annal. Bd.XCVin,
8. 8S€.
524 Atomtheorie.
Ausser den angeführten starren und flüssigen Körpern zeigen aoob
die permanent gasförmigen Elemente unter sich yerglichen, das« bei ihnen
die specifische Wärme sich umgekehrt wie das Atomgewicht verhah,
indem nämlich dieselben für gleiche Volume gleiche specifische WämM
zeigen.
In der angeführten Tabelle findet man, dass das Prodnct der
specifischen Wärme mit dem Atomgewicht eine um etwa 40 schwan-
kende Zahl ist) wenn man für Antimon, Arsen, Brom, Gk>ld, Jod, Phos-
phor das Atomgewicht halb so gross als das Aequivalent annimmt, wie
dies auch gewöhnlich geschieht, und ausserdem die Atomgewichte des
Silbers, Kaliums und Natriums halb so gross wie gewöhnlich (das
Aequivalent) setzt, die Formel der Oxyde also K| O, Na^ O, Ag^ O schrubt,
femer noch das Atomgewicht des Kohlenstoffs doppelt so hoch wie g^
wohnlich annimmt und die atomistische Formel der Kohleosäare CO4
schreibt. In Betreff des Kohlenstoffs ist zu erwähnen, dass die verschie-
denen Modificationen desselben bedeutende Unterschiede fiinsichtlich
der specifischen Wärme zeigen; so wurde die der Holzkohle zu 0,244
bestimmt, während die desDiamants sich zu 0,1469 ergab ( Begn an U).
Die specifische Wärme fand Regnault für glasiges Selen 0,109;
für krystallinisches Selen 0,076 bei Temperaturen über OO; Dagegen
giebt Regnault an, dass er für glasiges und krTStallinisches Selen
för Temperaturen unter 0^ dieselbe specifische Wärme (0,075) gefun-
den habe.
Wollte man das von Dulong und Petit aufgestellte Gesetz als
entscheidenden Grundsatz für die Wahl der atomistischen Zusammen-
setzung der Verbindungen wählen, so würde man nur wenige Aende-
rungen in den jetzt gewöhnlich angenommenen Atomgewichten anbrin-
gen müssen, welche dazu keineswegs mit anderen Erfahrungen in
Widerspruch stehen. Dagegen wäre für eine nicht kleine Anzahl vor
Elementen (z. B. Lithium, Barium, Strontium, für dib meisten soge-
nannten Erdmetalle, und Fluor, Bor und Silicium) eine Entscheidung
nach diesem Grundsatz vorläufig unmöglich, bis die specifische Wärme
dieser Elemente ermittelt wäre.
Die Isomorphie der Verbindungen. Die von Mitscher-
lieh entdeckte Thatsache, dass man in den Verbindungen gewisse Be-
standtheile durch andere (in welchen beiden man nach den im Vorbei
gehenden erwähnten Grundsätzen gleiche Anzahl von Atomen annimmt)
ersetzen kann, ohne dass eine Aenderung der Krystallform stattfindet, wird
häufig als ein Mittel zur Erkennung der atomistischen Zusammensetznng
solcher Verbindungen angewendet. In dem Salz ^o*so'| + ^''^
kann man z. B. das Magnesium durch Mangan, Eisen, Nickel, Ko-
balt, Kupfer, Kadmium oder Zink ohne wesentliche Forraveränderong
ersetzen, und die dazu erforderlichen Quantitäten dieser Metalle ste-
hen in dem Verhältniss der anderweitig ermittelten Atomgewichta
Man kann ebenso das Kalium durch Natrium und den Schwefel durch
Selen in dem Verhältniss der Atomgewichte ganz oder theilweise e^
setzen.
Wenn dieses am obigen Beispiel nachgewiesene Gresetz allgo*
meine Gültigkeit hätte und femer alle Verbindungen von gleicher Krjr-
stallform eine entsprechende atomistische Zusammensetzung hätten, 10
würde man, ausgehend von gewissen anderweitig bekannten oder sitg^
Atomtheorie. 525
nommenen atomistiBchen ZnsimmienBetznngen, die der einander isomor-
f ben Stoffe ermitteln können.
EiBenoxyd und Thonerde sind isomorph und ersetzen einander
aoch in dem Alaun ohne Formver&nderung ; wir haben demnach Grund,
in beiden dieselbe atomistische Zusammensetzung anzunehmen. Da
■das Eisen zwei basische Oxyde bildet, in welchen die Sauerstofimengen
sich wie 1:1V2 ^^^^ ^® '^-^ verhalten, so kann man die Formeln
! der Oxyde FeO« und FeO^ oder FeO und Fe,Os schreiben. Für die
' letzte Annahme spricht die Isomorphie des Eisenoxyduls mit Magnesia,
Ihnganoxydul, Zinkoxyd und Kupferoxyd, welche wieder mit anderen
Verbindiingen in Beziehung stehen. Die Formel des Eisenoxyds ist
also, wenn man die erwähnten Verbindungen im Zusammenhange be-
trachtet, Fcs Oj, und die entsprechende Formel AI9 O3 wird man daher
anch f fir die Thonerde wählen.
Das Zinn bildet zwei Oxyde, deren Sauerstoffgehalt (auf die gleiche
Menge Metall berechnet) sich wie 1 : 2 verh<. Die Einfachheit, sowie
die specifische Wärme des Zinns haben die Chemiker bewogen, die
Formeln der Oxyde SnO und SnOj anzunehmen. Da die Titansäure
(Botil) mit dem Zinnoxyd isomorph ist, so nimmt man für sie die gleiche
atomistische Zusammensetzung, daher die Formel TiO^ an.
Wie werthvoUe Wahrscheinlichkeitsgründe die Isomorphie auch
mr Auffindung der atomistischen Znsammensetzung der Verbindungen
nod somit des Atomgewichts der Elemente liefert, so darf man doch
in isomorphen Verbindungen keineswegs immer eine gleiche Anzahl von
Atomen voraussetzen. Abgesehen davon, dass viele Körper, zwischen
welchen wir gegenwärtig gar keine Beziehungen bemerken, dieselbe
Krystallform zeigen (z. B. Borax und Augit, Zinkvitriol und Antimon-
ghuiz), giebt es viele nahe übereinstimmende Stoffe, welche nicht nur
dieselbe Krystallform besitzen, sondern auch gemeinschaftlich krystalli-
liren, ohne dass sie dieselbe Anzahl von Atomen enthalten. Dies gilt
I. B. für Ammoniak- und Kalisalze , wovon die ersten , ausser dem in
beiden gemeinsamen Bestandtheil, 2 At. Stickstoff und 8 At Wasser-
•toff, letztere dagegen 1 (oder wenn man will 2) At. E[alium enthalten.
Die zur Erklärung dieses Verhaltens aufgestellte Theorie, dass NIi4
ein zusammengesetztes Radical sei, welches das Kalium isomorph ver-
treten könne, räumt die Thatsache, dass isomorphe Verbindungen eine
ungleiche Atomanzahl enthalten können, nicht weg. Ebenso verhält es
sich mit dem salpetersauren Natron und Kalkspath, welche beide dieselbe
Form besitzen, während ihre atomistische Zusammensetzung durch die
Formeln NaOeN^ und GaO^C gewöhnlich ausgedrückt wird. Verdop-
pelt man indessen die letzte Formel und halbirt das Atomgewicht des
Natriums, wozu man nach der specifischen Wärme desselben Grund
hat, so erhalten beide Stoffe die entsprechenden Formeln:
Na^OsN, undCasOeC,.
Obwohl sich also für diese beiden Stoffe durch eine geeignete Wahl
der Atomgewichte die gleiche Gestalt mit entsprechender Zusammen-
ietzang in Verbindung bringen lässt, so ist dies doch nicht immer mög-
lich. Viele sogenannte homologe Verbindungen, z. B. essigsaures und
huttersaures Knpferoxyd, C4H3O4CU -f- aq. und C8H7O4CU -|- aq.,
kaben die gleiche Form und gewisse Bestandtheile gemeinsam, während
Andere Bestandtheile in ungleicher Anzahl von Atomen vorhanden sind.
Man wird hiemach es ebensowenig für bewiesen ansehen können,
526 Ajfeomvolum.
dass das ÜberchlorMuire Kali und ftbernuiDgaiiBaiire Kali, weil H
gleiche Form besitasen, auch die gleiche Anzahl von Atomen enihalM
mü säten, nnd dass, wenn für letzteres die Formel KOgMuf gültig aei|
ersteres KOsCl^ sein müsse und nicht etwa KOgQ sein könne*
Die Betrachtung der Verhältnisse der Isomorphie zeigt daher, 6mm
sie in Bezug auf die atomistische Zusammensetzung der Verbindoiigai
werthvoUe Aufschlüsse liefern kann, ohne dass sie jedoch im Stands
wäre, für sich allein Über die Anzahl der Atome in einer Verbmdaog
zu entscheiden.
In neuerer Zeit hat man noch viele andere Verhältnisse bei dv
Entscheidung über die atomistbche Zusammensetzung berficksichtigti
so z. B. die Siedepunkte flüchtiger Verbindungen, das AtomvolnmeD d«
festen und flüssigen Stoffe, ohne dass es jedoch möglich gewesen wiit,
so entscheidende Beweisgründe aufzufinden, dass man der Willkürlich*
keiten enthoben wäre. Wir müssen es im Gegentheil ansspreckeii,
dass unsere Ansichten von. der atomistischen Zusammensetzung der
Verbindungen, und somit auch die Atomgewichtszahlen der £lero6Dte
grossentheils willkürlich sind, oder auf einem Uebereinkommen bemheo,
woraus es sich denn erklärt, warum eine so grosse Verschiedenheit in
den verschiedenen chemischen Lehrbüchern zu bemerken isL
Bevor wir schliessen, wollen wir noch auf die von Williamson,
Gerhardt und Laurent zuerst angewendeten Atomgewichte anfmerksais
machen, da dieselben eine weitere Verbreitung gefunden haben. Ger-
hardt drückt die atomistische Zusammensetzung des Wassers durch HfO
aus und führt als Beweis dafiir die Thatsache an, dass in dem Wasser
nach und nach 1 oder 2 At Wasserstoff durch Metalle oder andere Badi-
cale vertreten werden könne, wodurch man also BHO oder fi|0 er*
halte. Alle basischen Oxyde haben nach Gerhardt und Lanreot
die Formel B^O und auch für die gewöhnlich als BsO|, betrachteten
sogenannten Sesquioxyde nehmen sie die gleiche atomistische Ziuam-
mensetzung an. Für diejenigen Oxyde, welchen man gewöhnlich die
Formel BO giebt, halbiren sie also das Atomgewicht des Metalles,
.wälurend für die Sesquioxyde das Atomgewicht auf % des gewöhn-
lichen angenommenen Gewichts gesetzt wird. Diejenigen Metalle,
welche zwei basische Oxyde, wie das Eisen oder Kupfer, bilden, haben
daher in den verschiedenen Metallsalzen ein verschiedenes Atomgewicht
nnd erhalten daher auch verschiedene Zeichen z. B. Fe = 28, fe ^
(Vs 28 =) 18,7; Cu = 81,7, cu = (Vi 8 1*7 =) 15,8.
Da Gerhardt nicht das Gewicht eines Doppelatoms, sondern das
Gewicht eines Atoms Wasserstoff gleich 1 setzt, so erhält er für fol-
gende Atomgewichte dieWerthe: H = 1, 0= 16, 8 = 32, Gl ^95,5,
Br = 80, J = 127, P = 81, C = 12, K = 89, Na=28, Ca=M,
Mg = 12 Fe = 28, fe = 18,7. Im Allgemeinen bleibt alMo das
Atomgewicht der Metalle, des Chlors, Broms, Jods, Phosphors, Stick-
stoffs unverändert, während die Atomgewichte des Sauerstoffs, Schwe-
fels, Selens und Kohlenstoffs verdoppelt sind. A ^•
Atomvolum ist eine oft gebrauchte , aber streng genomineD
weniger passende Bezeichnung für die relativen Volume, welche sol-
chen Massen verschiedener Substanzen, die den Aequi valentgewich-
ten oder Atomgewichten proportionirt sind, entsprechen. DiefBr
diesen Begriff mindestens ebenso gebräuchliche Bezeichnung ist: specifi*
sc he 8 Volum; andere dafür vorgeschlagene Benennungen sind: Äeqai-
Atomvotum. 527
Talen tvolam, MolecalarTolum, welche Namen alle mit Atom-
foliim oder specifischem Volam gleichbedeutend genommen werden.
Die Aeqnivalentgewichte oder Atomgewichte geben die
Gewichtsverhältnisse an^ nach welchen sich die Körper zu cheroi-
ichen Verbindungen yereinigen. Die Atomvolume geben die Vo-
lome an, welche jene Gewichte erfüllen, oder sie geben an, nach wel-
chen Volnraverhältnissen die Körper zu chemischen Verbindungen sich
▼ereinigen.
Wenn die Aequivalent- oder Atomgewichte zweier Körper sich
verhalten wie A zu B^ ihre specilischen Gewichte wie a zu b^ so ver-
kalken sich die Volume, welche durch jene Atomgewichte A und B
A ß
erfüllt werden, wie — zu—; letztere Quotienten geben die Atomvo-
o o
lame; das Atomvolum eines Körpers ist also ausgedrückt
dnrch den Quotienten aus seinem specifischen Gewicht in
sein Atomgewicht
Es ist unmöglich, die Eigenschaften eines einzelnen Atoms eines
Körpers unmittelbar zu untersuchen. Auf das Verhältniss der Gewichte
der einzelnen Atome zweier verschiedener Körper kann man aus dem
Verhältniss der Gewichte grösserer Mengen von beiden schliessen,
wenn man Grund hat, in jeder dieser grösseren Mengen gleichviel
einzelne Atome anzunehmen, oder wenn die Voraussetzung gerecht-
finrtigt ist, dass die Anzahl der einzelnen Atome in der einen grösseren
Menge zu der in der anderen in einem einfachen und bekannten Ver*
biltnisse stehe. Das specifische Gewicht lässt sich gleichfalls nicht
för einzelne Atome, sondern nur für grössere Mengen oder Aggregate
Ton Atomen bestimmen, aber während man bezüglich des Atomgewichts
auf das Verhältniss der Grewichte einzelner Atome verschiedener Körper
sehliessen kann, ist dieses bezüglich des specifischen Gewichts nicht
ebenso der Fall. In jedem Aggregat von Atomen berühren sich diese
nicht anmittelbar, sondern sie sind durch Zwischenräume — nach der
gewöhnlichen Annahme durch Wärmesphären, welche jedes einzelne
Atom umgeben — getrennt Das Vorhandensein dieser Zwischen-
rinnie hat keinen Einfluss auf das Gewicht des Aggregats von Atomen,
wohl aber einen auf das Volum und mithin auf das specifische Gewicht
deiselben. Während man für solche Massen zweier Körper, für welche
die Voraussetzung eines Gehaltes an gleichviel Atomen gerechtfertigt
erscheint, das Verhältniss der absoluten Gewichte der Massen auch als
dsi der Atomgewichte beider Körper betrachten kann, darf das Ver-
hätoiss der specifischen Gewichte der Massen als das der specifischen
Gewichte der einzelnen Atome nur dann betrachtet werden, wenn die
ZwiBchenräume im Vergleich zu dem Volum der Atome selbst ver-
Khwindend klein sind, oder wenn bei jedem der Körper die Grösse
der Zwischenräume zu dem von den Atomen selbst erfüllten Räume
in demselben Verhältnisse steht Aber es ist kein Anhaltspunkt vor-
li^en, zu bestimmen, wann man einen der beiden letzteren Umstände
▼onossetzea dürfte. Die Quotienten aus den beobachteten specifischen
Gewichten in die Atomgewichte geben somit nicht das Verhältniss
der Volume je eines Atoms der verschiedenen Körper, sondern nur das
der Vohune solcher Quantitäten » welche durch die Atomgewichte aus-
S^^ckt werden und mithin eine gleich grosse Anzahl Atome ein-
^^^^'l^^Men; diese Volume aber sind ausser dnrch den Baum der Atome
528 AtomYolttBi.
selbst auch noch durch die |8ie umhtUlenden W&rmespharen erfffli
Der als Atomyolum bezeichnete Quotient aus dem speciÄsch^i Grewttl
in das Atomgewicht lässt sich also nur betrachten als das relitii
Yolum eines einzelnen Atoms sammt der es umgebenden W&i
mesphäre, nicht als das relative Volum des einzelnen Atoms für nd
Es ist klar, dass bei jeder veränderten Ansicht Über die Zäh
durch welche das Atomgewicht eines Körpers auszudrücken ist, an«
das Atomvolum sich anders ergeben wird; die Atomvolume werdt
durch andere Zahlen ausgedrückt, wenn man von Atomgewichten mn
geht, die sich auf O = 100 beziehen, als wenn man solche zu Gmd
legt, die sich auf 0 = 8 oder H == 1 beziehen. Von den letztsra
auf H = 1 bezogenen Atomgewichten , gehen wir bei der folgendi
Darstellung aus.
Ebenso wird das Atomvolum eines Körpers durch verschied«
Zahlen ausgedrückt, wenn man das specifische Gewicht des Koipi
auf das verschiedener anderer Substanzen als Einheit bezieht W
nehmen hier, wie gewöhnlich, die specifischen Gewichte der gas- in
dampfförmigen Körper auf das der atmosphärischen Luft als Einhd
die specifischen Gewichte der flüssigen und festen Körper auf das di
Wassers als Einheit bezogen an. Es ist klar, dass alsdann — je nai
der gemeinsamen Einheit für die Zahlen, welche das specifische Gl
wicht ausdrücken — auch nur die Atomvolume der Gase und DSjo^
unter sich, und nur die Atomvolume der flüssigen und festen Körpi
unter sich vergleichbar sind, nicht aber die Zahlen für die AtofflT<
lume der Gase und der flüssigen oder festen Körper.
Die Zahlen für die Atomvolume sind natürlich nur relative, a
drücken nur ein Verhältniss aus und jede hat nur in Beziehung al
eine andere eine Bedeutung. Das Atomgewicht des Schwefels ist 1^
sein specifisches Gewicht 2,07, das Atomgewicht des Bleies ist =10^
sein specifisches Gewicht = 11,88, die Atomvolume von Schwefel na
16 108 7
Blei verhalten sich wie ^rrrz zu J oder wie 7,7 zii 9,2. Eine Ik
2,07 11, oo
stimmtere, aber willkürlichere Bedeutung erhalten die Zahlen ffir dJ
Atomvolnme, wenn man die Atomgewichte sich auf eine bestiiBnl
Einheit bezogen denkt. Bezieht man diese z. B. auf Gramme (so ^
die Atomgewichte 16 für Schwefel und 108,7 für Blei ansdrflckei
dass sich 16 Gramm Schwefel mit 108,7 Grm. Blei verbinden)« i
bedeuten die Zahlen für die Atomvolume Cubikcentimeter (da ^
specifische Gewicht für jede feste oder flüssige Substanz angiebt, ^
viel Gramm Ein Cubikcentimeter derselben wiegt); 16 Grm. Sctwt
fei erfüllen (bei gewöhnlicher Temperatur) einen Baum von 7,7 Onbik
centimeter, 103,7 Gramm Blei einen Baum von 9,2 Cnbikcentiinetar
mit 7,7 Cubikcentimetem Schwefel verbinden sich 9,2 Cnbikoentiiae
ter Blei zu Schwefelblei.
Der Begriff des Atomvolums geht aus der gleichzeitigen Betraca
tung des Atomgewichts und des specifischen Gewichts hervor ose
drückt das zwischen beiden stattfindende Verhältniss ans. Eb ^^
somit in diesem Artikel die (jresetzmässigkeiten zu besprechen, weicht
hinsichtlich der Beziehungen zwischen Atomgewicht und specifiwb^
Gewicht erkannt worden sind; es sind die Versuche zu erwiluMia
welche man gemacht hat, um Beziehungen zwischen den AtomTO»*
men der Verbindungen und denen ihrer Bestandtheile nachsawetfco*
Atomvolum.
539
tpSehst einfiftche Benehungen zwischen specififlohem Gewicht und Atom-
Mwicht oder Regehnässigkeiten bezöglich des Atomyolnnis sind bei
Mufönnigen Körpern , saerst durch Gay-Lussac's Untersuchungen,
Wftgestellt, deren £rörterung hier zunächst folgen mag.
Atomvolum gasfönniger Substanzeu.
Die Atomvolmne gaeförmiger, nnserlegter wie snsammengesetz-
i», Substanzen sind entweder gleich gross oder sie stehen in ein-
hdien Verhältnissen zu einander. Beispielsweise folgen hier dieAtom-
fobme der unzerlegten Körper, deren speciflsches Gewicht im gasför-
vigen Zustande man kennt, und einiger Verbindungen.
Snbstuis
Specif. Gew.
A *m*«*wa1
Atomvoi
6,CS9
2,41
1,108
7,22
4,294
7,22
10,888
7,22
13,713
7,22
0,0698
14,44
0,969
14,44
2,458
14,44
5,540
14,44
Sfi6t
14,44
1,801
14,44
6,925
14,44
0,623
14,44
1,177
14,44
1,524
14,44
8,933
14,44
1,524
14,44
1,089
28,88
1,264
28,88
0,589
28,88
2,238
28,88
2,078
28,88
0,935
28,88
4,501
28,88
8diwefel . .
Aoentoir . .
Fhoiphor . .
' Axflcn ...
^Anenige Sftare
\ WtBsentoff . .
|ftidftoff . .
,^t . . .
j won ...
M . . . .
Qya& ....
<iiecknlber. .
Winer . • .
; Sdiwefelwassentoff
' KoUe&flänte
i Zbuehlorid
Btidoiqrd
ChlonraM«rttofr
Ammtmiafc .
Qioiiihyl . .
Snigiiiire . .
CjunraBientoff
ViIefuasaaTCt Aethyl
S
O
P
As
AfO,
«1
Er
l
Hg
HO
US
CO,
Sn€l,
»O
$^0,
H«l
^^.
C.&O,
Ci4 0,404
16
8
81
75
99
1
14
35,5
80
127,1
26
100
9
17
22
129
22
80
86,5
17
64,5
60
27
180
Ein Atomgewicht irgend einer gas- oder dampfförmigen Substanz
crf&Ut also einen ebenso grossen Baum, wie ein Atomgewicht Sauer-
itoff unter denselben Umständen (demselben Druck und derselben Tem*
iwntor), oder einen Baum, welcher zu dem eines Atomgewichts Sauer-
Bkoff in einem einfachen Verhältnisse steht Bei einzelnen Körpern,
s*B* Säuren aus der Beihe CnHn^i) Camphorarten, Phosphorchlorid
^ S zeigt sich erst bei Temperaturen, welche bedeutend hoch fiber
^«n Siedepunkt liegen, ein constantes und einfaches Verhältniss zwi-
schsD dem von 1 Atomgewicht der Substanz und dem von 1 Atom-
S^cht Sauerstoffgas erfüllten Baum; bei anderen, z. B. den Alkohol-
ttd den Aetherarten, schon bei Temperaturen, welche dem Siede-
punkte nahe liegen. Bei organischen Verbindungen ist es in der Be-
gel der Fall, dass ein Atomgewicht derselben im Oasznstand einen
^«mal so grossen Baum einnimmt, als ein Atomgewicht Sauerstoff
>ntsr denselben Umständen, oder, wie man sich gewöhnlich ausdrückt,
^ ein Atomgewicht im Gaszustand auf 4 Volume condensirt vi»
Btti4w5rtcrboch dar ChMile. Sie AalL Bd. n. 34
630
Atomvolum.
Atomvolum starrer und flüssiger Substanzen.
Atoinvolum starrer und flüssiger Elemente.
Das Atomvolum der starren und iittssigen Elemente (letzter« mnd aü
einem Sternchen bezeichnet), welche in Besiehung auf ihr specifisch«
Gewicht genauer bekannt sind, ist in nachfolgender Tabelle gegeben
Subfltans
Atom-
gewicht
Aluminium
13,7
Antimon
120,8
Arsen . .
76
Beryliiom .
4,7
Blei . .
108,7
^ßrom . .
80
Calcium
20
•Chlor .
85,5
Chrom .
2C,7
Eisen
28
Gold -. .
197
Jod . .
127,1
Iridium .
99
Kadmium
56
Kalium .
39,2
Kobalt . .
29,5
Kohlenstoff
6
KupHsr . ,
Litninm
31,7
6,5
Blagnesium
12
Mangan
27,6
Molybdän .
46
Natrium
23
Nickel .
29,6
Palladium
58,8
Phosphor .
81
Platin .
98,7
•Quecksilbe
r 100
Rhodium
52,2
Schwefel
16
Selen
39,5
Süber . .
108,1
Silicium
21,3
Strontium
43,8
TeDur . .
64,2
Uran . .
60
Wismuth .
208
Wolfram .
92
Zink . .
32,6
Zinn . .
58
2,5 — 2,67 Wöhler; 2,56 — 2,67 DenUe .
6,72 Marchand und Scheerer, Kopp . . .
5.68 Karsten; 5,67 Herapath
2,1 Debray
11,89 Karsten; 11,88 Kopp
3,19 Pierre; 2,99 Löwig
1,58 Bunsen
1,33 Faraday
7,01 Bunsen und FrankUuid
7,84 Broling; 7,79 Karsten
19,34 G. Rose; 19,26 Brisson
4,95 Gay-Lussac
21,80 Hare
8.69 Stromeyer; 8,45 Kopp
0,86 Gay-Lussac und Tli^nard .....
8,49 Brunner; 8,51 Berselius
j Diamant : 3,52 Brisson
Graphit: 2,88 Karsten; 2,27 Regnaalt . . .
8,95 Marchand und Scheerer; 8,98 Kopp .
0,59 Bunsen
1,74 Bunsen; 1,70 Kopp
8,08 Bachmann; 8,01 John
8,62 — 8,64 Buchol»
0,97 Gay-Lussac und Th^nard
8,60 Brunner; 8,82 Tupputi
11,80 Wollaston
gelber: 1,84 Schrötter; 1,88 Kopp ....
rother : 1,96 Schrötter
21,5 Wollaston, Benelius
18,60 Regnault, Kopp
11,0 Wollaston; 11,2 Cloud
rhombisch : 2,07 Marchand und Scheerer, Kopp
monoklinometrisch 1,98 Marchand und Scheerer
amorph : 4,28 Schaffgotsch
kömig: 4,80 Schaffgotsch
10,4 Karsten; 10,57 G Rose
2,49 Wöhler
2,54 Bunsen
6,24 Berzelius; 6,18 Löwe
18,4 Pfligot
9,80 Bfarchand und Scheerer; 9,78 Kopp .
17,2 Allen und Aiken; 17,5 — 18,8 Wöhler
7,13 Kopp; 7,1 - 7,2 BoUey
7,29 Karsten; 7,30 Kopp
Die Atomvolume dieser starren und flüssigen Elemente seigea
nicht eine solche einfache Begelmässigkeit, wie sie hinsichtlich der
Atomvolume der gasförmigen Elemente ausser 2<weifel gesetft ist
Beachtet mnss indess werden, dass die Atomvolume der starren ond
flüssigen Elemente keineswegs f tir gleiche Umst&nde ermittelt ond die
für die Atomvolume gegebenen Zahlen deshalb auch keineswegs alle
}
1
I
Atomvolum. 53 1
genäexn unter sich vergleichbar sind. Einige (QueckBÜber, Chlor,
Brom) wurden auf ihr specifisehes Gewicht im flüssigen Zustande, die
anderen auf diese Eigenschaft im festen Zustande untersucht. Der-
lelbe Körper kann im starren Zustande, je nachdem er krystallinisch
oder amorph ist, oder je nachdem er in wesentlich verschiedenen Kry-
llallformen (in dimorphen Modificationen) erscheint/ verschiedene spe-
«fisehe Gewichte haben und dem entsprechend verschiedene Atom-
Tolume ergeben. Das apeciflsche Gewicht, und mithin auch dasAtom-
TofauD, wird durch die Wärme verändert, und wahrscheinlich sind
die verschiedenen Körper hinsichtlich ihres specifischen Gewichts und
Atomvolums nur bei solchen Temperaturen einander vergleichbar, wo
die Wärme in gleichem Grade auf sie einwirkt; die starren Körper
and es vielleicht bei ihren Schmelztemperaturen, die flüssigen sind es
bei solchen Temperaturen, bei welchen ihre Dämpfe gleiche Spannkraft
kaben (vergL S. 535). Die oben für starre Elemente angegebenen
»peeifischen Gewichte und daraus abgeleiteten Atom volume gelten aber
alle für Temperaturen, welche der mittleren ziemlich nahe liegen, d. h.
som Theii für Temperaturen, welche von den Schmelzpunkten nicht
weit abstehen (wie bei Kalium, Natrium, Phosphor u. a.), zum Theil
für Temperaturen, welche von den Schmelzpunkten sehr weit abstehen
(wie bei Platin u. a.). E^ sind mithin viele Umstände vorhanden,
welehe verhindern, dass hinsichtlich der Atomvolume nicht-gasförmiger
Elemente etwa bestehende Begelmässigkeiten durch die in der obigen
Tabelle enthaltenen Zahlen angezeigt werden. Doch weisen schon diese
Zahlen gewisse Uebereinstimmungen nach: dass nämlich, wie Dumas
tuerst wahrgenommen hat, chemisch ähnliche Elemente häufig annähernd
gleiche Atomvolume besitzen. Dies ist z. B. der Fall bei Schwefel
und Selen; bei Chrom, Eisen, Kobalt, Kupfer, Mangan und Nickel; bei
Moljbdän und Wolfram; bei Iridium, Palladium, Platin und Rhodium;
bei Gold und Silber. Manche dieser Uebereinstimmungen dürften
Kharfer hervortreten und auch für andere Elemente Gesetzmässigkeiten
sich zeigen, wenn die Elemente auf ihr specifisches Gewicht und Atom-
▼olnm anter übereinstimmenderen Umständen, in dem oben angezeigten
Sinne, untersacht werden.
Atomvolum starrer Verbindungen.
Für starre Verbindungen findet, wie Kopp gezeigt hat. Gleich*
heit des Atomvolums statt, wenn die Verbindungen isomorph sind.
Körper, welche bei ähnlicher atomistischer Zusammensetzung ganz
gleiche Krjstallform besitzen, haben auch gleich grosses Atomvolum;
äquivalente Gewichtsmengen von ihnen erfüllen gleich grosse Räume,
oder ihre specifischen Gewichte verhalten sich wie die Atomgewichte.
Fast genau gleiche Krystallform haben z. B. kohlensaurer Strontian
(Strontianit) und kohlensaures Bleiozyd (Weissbleierz):
Formel Atomgewicht Specif.Qewicht Atomvolum
Srü.COa 73,8 «,60 20,5
PbO.CO, 133,7 6,47 20,7
oder schwefeis. Magnesia (Bittersalz) u. Schwefels. Zinkoxyd (Zinkvitriol):
Formel Atomgewicht Specif. Gewicht Atomvolum
KgO.SO, -j- 7H0 123 1,751 70,2
ZnO.SOt + 7fiO 148,6 2,086 70,5
34*
532 Atomvolum.
Bei iBoinorphen Verbindung^en, deren Kiystallgestaltnari
gleich iflt, zeigen sich die Atomvoliune um so ann&hemder gleich gram
je mehr Uebereinstimmang in der Grösse der entsprechenden Winkel na
den Axenverhältnissen stattfindet« Einer kleineren oder grösseren V«
schiedenheitin dem Atomvolam entspricht in einem solchen Falls aiia
eine kleinere oder grössere Verschiedenheit in der Krystallform, eiaa
Veränderung in der Grösse des Atomvolums — wie sie s. B. dadapoi
hervorgebracht werden kann, dass ein Bestandtheil einer VerbindBiii
theilweise durch einen anderen ersetzt wird — auch eine Verindefmii
in der Erystailform. Auch ohne Veränderung in der Znsammenaetouni
kann eine Aenderung des Atomvolums hervorgebracht werden, nSmüci
durch Aenderung der Temperatur (je nach welcher das specif. Gewich
und mithin auch das Atomvolum verschieden gross ist); auch einer •
hervorgebrachten Aenderung des Atomvolums entspricht eine Aenderuni
der Ei^tallform (die durch Mitscherlich entdeckte Winkeländenini
durch Erwärmung). Nur bei Erystallen des regulären Systems win
durch Erwärmung keine Winkeländerung hervorgebracht, und in diesoa
System kann also Gleichheit der Form bei Verschiedenheit in dasi
Atomvolum stattfinden.
Annähernde Gleichheit der Atomvolume findet mitunter auch b«
solchen Verbindungen statt, welche zwar grosse Uebereinstimmimg ii
der Krystallform, aber keine Analogie in der Zusammensetzimg haben
wo sich aber eine gewisse Analogie in der Zusammensetzung heransstelH
wenn man zwei Atomgewichte der einen Verbindung mit einem Ahn»
gewicht der anderen vergleicht; die durch diese Atomgewichte erffilk
ten Räume ergeben sich annähernd gleich gross« Nahe fibereinstsn^
mende Krystallform zeigen z. B. salpetersaures Natron und kohlensanrei
Kalk (Kalkspath):
Atomgewicht Speoif. Gewiohl AtonTofaus
NaO.NOj =NaNO« 85 2,26 87,6
2(CaO.C02) = Ca,C;,0« 100 2,72 36,8
oder salpetersaures Kali und kohlensaurer Baryt (Witherit):
Atomgewicht Specif. Gewicht Atomvohim
KO.NO5 = KNOe 101,2 2,14 47,8
2 (Ba O . C Oj) = Ba^i Cj Oß 1 97,0 4,20 45,8
Es scheint hier ein Zusammenhang zwischen der annähernd analo-
gen Zusammensetzung, der Übereinstimmenden Krystallgestalt und der
üebereinstimmung der Atomvolume zu bestehen. Doch kann man keines*
wegs die Üebereinstimmung der Atomvolume als die Ursache der üeber-
einstimmung in der Krystallform betrachten und letztere aus ersterer er*
klären ; gleiche Form bedingt zwar bei analog zusammengesetzten Kör*
pem Gleichheit der Atomvolume, aber Gleichheit der Atomvolume be*
dingt bei solchen Körpern keineswegs Gleichheit der Krystallfonn.
Am wenigsten darf man es versuchen, bei Substanzen, deren Znsammeo-
setzung sich in keiner Weise als eine analoge auffassen lässt, die etwa
stattfindende Üebereinstimmung in der Krystallform ans der Gleich-
heit oder einem einfachen Verhältnisse der Atomvolume erklären tn
wollen.
Aequivalente Gewichtsmengen verschiedener Körper, welche iio*
roorph sind, erfüllen gleich grossen Raum ; äquivalente Gewichtaroengen
eines und desselben Körpers in seinen verschiedenen Zuständen, wie siebst
Dimorphismus möglich sind, erfüllen hingegen verschieden grosse Bänias.
Atomvolum. 538
KRrper, weloher dimorph ist , hat n&mlich in jeder seiner Modifl-
MtieDen ein besonderes spedfisches Gewicht ond somit auch ein be-
bmderM Atomyohim.
In welchen Beziehangen das AtoniTolnni einer starren Verbindung
m den AtomToliimen ihrer Bestandtheile steht, oder mit welchen Atom-
••liiioen diese Bestandtheile in der Verbindung anzunehmen seien, ist
nicht mh Sicherheit erforscht Doch sind auch in dieser Beziehung
ise Regehnissigkeiten aufgefunden worden und Erkl&mngen lassen
geben, welche, wenn auch zum Theil auf Hypothesen beruhend,
eme grosse Anzahl beobachteter Thatsachen einfache Ausdrücke
Die wichtigste hier nachgewiesei\e Begelmässigkeit ist die von
Behr5der gefundene: dass» wenn man von den Atomvolumen analoger
Vetliindnngen die Atomvolume der entsprechenden Bestandtheile abzieht,
Mr das Atomvolum des gemeinsamen Bestandtheiies in vielen Fällen
ein gleicher Best bleibt Analoge Verbindungen sind z. B. Kupfer-
eocyd und Zinkoxyd; die Atomvolume derselben sind 6,2 und 7,2 (wenn
die Atomgewichte zu 89,7 und 40,6 und die specif. Ghewichte zu 6,48
nd 5,65 gesetzt werden). Zieht man von diesen die Atomvolume der
«üspreehenden Metalle (8. 580) ab, so erhält man ffir das Atomvolum
4m gemeinsamen Restes (1 Atomgewicht SanerstoflT) dieselbe Zahl:
6,2 — 3,6 = 2,6 und 7,2 — 4,6 = 2,6.
Die Begelmässigkeit lässt sich auch in folgender Weise ausdrücken.
Aeqnivalente G^wichtsmengen verschiedener Elemente nehmen bei
l^cher chemischer Veränderung häufig nicht nur um gleichviel an
Gewicht, sondern auch um gleichviel an Volum zu. — Denkt mau sich
wieder die Atomgewichte als Gramme bedeutend, so sind äquivalent
Pb = 103,7 6rm. Blei und Ag = 108,1 Grm. Silber. 108,7 Grm.
Blei erfüllen einen Raum von 9,2 G.G., 108,1 Grm. Silber einen Raum
von 10,2 G.G. Bei der Verwandlung beider Metalle in salpetersaures
Oxyd zeigt sich eine gleiche Gewichtsvermehrung (um N und De, d. i.
sm 62 Ghin.) und auch eine gleiche Volumvermehrung. Die entstehen-
den 165,7 Ghrm. salpetersanres Bleioxyd (specif. Gewicht 4,40) erfüllen
oimlieh einen Raum von 37,7 G.G., und die entstehenden 170,1 Grm.
nlpeCersanres Silberozyd (specif. Gewicht 4,37) erfüllen einen Raum
fon 88,9 G.G.; durch den Zutritt von 14 Grm. Stickstoff und 48 Grm.
Senerstoff findet bei dem Blei eine Volumzunahme von 87,7 — 9,2 =
%,5 G.C., bei dem Silber eine Volnmzunahme von 88,9 — 10,2 =
i^7 e.G., in beiden Fällen also im Wesentlichen eine gleiche, im
Ifittel der Bestimmungen 28,6 G.G. betragende Volumzunahme statt
Diese Erscheinungen lassen sich sehr einfach in der Annahme
nuanraienfassen, das Atomvolum des Bleies oder des SilberB sei in dem
lüpetersauren Salze unverändert so, wie es diesen Metallen auch im
iioiirten Zustande zukommt, das Atomvolum der Elemente NO« zusam-
mengenommen, durch deren Zutritt ein Metall zu einem salpetersauren
8tlze wird, sei aber in den salpetersauren Salzen z^ 28,6.
In ähnlicher Weise sind von Kopp für andere Verbindungen An-
nahmen versucht worden, welche einen einfachen Ausdruck für die Be-
liahnngen abgeben, in welchen das Atomvolum einer starren Verbin-
doiig zQ dem eines Bestandtheiies steht. Bei der Oxydation von 108,7 Grm.
(Pb) Blei (= 9,2 .G.G.) zu Bleioxyd (PbO), von 56 Grm. (Cd) Kad-
minm (s 6,5 G.G.) zu Kadmiumoxyd ((MO), von 81,7 Grm. (Gu)
584 Atomvolum.
Kupfer (= 3,6 C.C.) zu Kupferozyd (CnO), oder von 32,6 GnD.(Zi)
Zink (= 4,6 C.C.) zo Zinkoxyd (ZnO) findet neben gleicher Zonehm
an Gewicht (um 8 Giro., = O) auch nahezu gleiche Zunahme an Vdoi»^
um etwa 2,6 C. C, statt. Bei der Oxydation von 56 Grm. (Fes) EiMi
(=7,2 C.C.) zuEisenoxyd (Fe^Oa), d. h. bei der Aufiiahme von 3X^
Grrm. Sauerstoff, findet eine Volumzunahme um etwa 8,1 ==: 3 X "^^^ ^^
statt Der einfachste Ausdruck für diese Begelm&ssigkeit ist die An*
nähme, in diesen Oxyden erfülle jedes Metall noch denselben Rann
wie im isolirten Zustande, 8 Grm. Sauerstoff aber erfüllen in ihaea
einen Raum von etwa 2,6 C.C. oder das Atoravolum des Sauentoffi
sei in die^^en Oxyden ungefähr = 2,6.
Zu einer bestimmten Vorstellung darüber, welche Baamerfülliui|
man den einzelnen Bestandtheilen einer Vorbindung in derselben beil»
gen soll, gelangt man also durch die Betrachtung, einen wie groeiai
Raum in verschiedenen aber analogen Verbindungen der gemeinsawi
Bestandtheil einnimmt, wenn man voraussetzt, die anderen Bestandtheik
dieser Verbindungen erfüllen in ihnen noch denselben Baum, wie in
isolirten Zustande. Diese Betrachtungsweise führt zu befriedigendei
Resultaten bei den Verbindungen der sogen, schweren Metalle. Nimmi
man an, es haben diese in ihren Verbindungen dasselbe Atomvolmi
wie im isolirten Zustande, so erge];>en sich für die Atomvolnme der
mit ihnen verbundenen anderen Elemente oder Atomcomplexe ZahleDi
welche häufig grosse Regelmässigkeiten zeigen, sofern sich aus verschis-
denen Verbindungen für das Atomvolum desselben Elementes (z. B.
für O in den oben angegebenen Beispielen) oder desselben Complezei
von Atomen (z. B. für NO« in den S. 533 angegebenen Beispielen)
sehr annähernd dieselbe Zahl ableitet.
Für die leichten Metalle (die der Alkalien und Erden) lässt sieh
nicht annehmen, sie erfüllen in ihren Verbindungen einen eben m
grossen Raum, wie der ist, welchen sie nach den vorliegenden Beohaeb-
tnngen im isolirten Zustande einnehmen. 39,2 Grm. Kalium (1 Atom-
gewicht) erfüllen z. B. einen Baum von 45,6 C.C; bei der UmwuMi*
lung in schwefelsaures Salz entstehen hieraus 87,2 Grm. scfawefelsaurea
E^ali, welche etwa 33,2 C.C. erfüllen; das hierin enthaltene KaUom
kann unmöglich den grösseren Raum von 45,6 C.C. einnehmen. Ein*
Bestimmung, ein wie grosses Volum ein derartiges leichtes Metall n
gewissen Verbindungen, z. B. in seinen Salzen, einnimmt, lässt äch
in der Art versuchen, dass man von dem Volum eines Salzes des leich-
ten Metalles das Volum der anderen damit verbundenen Elemente, wie
sich dies durch Betrachtung an den Salzen schwerer Metalle erga)>
(vergl. z.B. S. 533), abzieht, und den Best als das Volum betrsch^
welches dem leichten Metalle in der Verbindung zukommt.
Nach diesen Ansichten wurde zu bestimmen versucht, wie m^
die Atomvolume von starren Verbindungen entstehend sich denken
kann. Es erschien gerechtfertigt, durch die Uebereinstimmung, welche
die Rechnung nach den folgenden Annahmen mit den Beobachtangen
ergab, das Atomvolum von NH4 in seinen Salzen = 17,4, von Ba
= 11,4, von Ca = 4,8, von K = 18,7, von Mg = 3,2, von Na = 1^»^'
von Sr = 8,6 zu setzen; das Atomvolum von COs (dem Complei
von Elementen, durch dessen Zutritt zu einem Atomgewicht eioes
Metalles ein kohlensaures Salz entsteht) =12,1 in den kohlensM^
Salzen von Pb, Cd, Fe, Mn, Ag, Zn, Ba, Ca, K, Mg, Na, Sr (in ^
Atom volum. k 535
Salzen den schweren Metallen die S. 580 angefahrten Atom-
volmne, den leichten die so eben angegebenen zas^iischreiben wären);
das Atomvchnn von NOe = 28,6 in den Salpetersäuren Salzen von
Pb, Ag,N84, Ba, KfNa, Sr; das Atomvolum von SO4 = 18,9 in den
sehwefeleanren Salzen von Ca, Ag, Zn, Ca, A^, Na, nnd = 14,9 in de-
nen von Pb,Ba,K,Sr; das Atoravolnm von G\ = 15,7 in den Chlor-
verbindimgen von Pb,Ag, Ba,Na, und = 19,6 in denen von NH4, Ca,
K, Cu), Hg, Hg2, Sr; das Atomvolum von 0 = 2,6 in den Oxyden PbO,
CdO, CnO, HgO, ZnO, SnO, SbO«, Fe^Oj, Co^Oj, BiO», Pb304, und
= 5,2 in den Ozjden Cu, O, AgO, Hg, O, Mo O3. Aber diese Annahmen,
welehe 1841 versucht wurden und sich auf die damaligen Bestimmun«
gen der Atomgewichte und specifischen Gewichte stützten, bedürfen
jetzt, wo in beiderlei Beziehungen neuere berichtigende Untersuchungen
hinzugekommen sind, theilweiser Abänderung; letztere zu versuchen
und mit der nöthigen Ausführlichkeit zu begründen, würde mehr ins
Detail führen und weitläufiger ausfallen, als hior zulässig ist^).
Atomvolum tropfbar-flüssiger Verbindungen.
Bei der Untersuchung des Atomvolnms der flüssigen Verbindungen
tritt eine Schwierigkeit weniger hervor, welche bei der Untersuchung des
Atomvolnms der festen Verbindungen grosse Hindemisse in den Weg legt:
die Beachtung, dass eine Vergleichung der Atomvolume verschiedener
Körpernur für solche Temperaturen zulässig ist, bei welchen die Wärme
gleiche Wirkung auf die verschiedenen Körper ausübt. Für die flüs-
sigen Körper sind solche Temperaturen (sogen, correspondirende)
höchst wahrscheinlich die, bei welchen die Dämpfe der Körper gleiche
Spannkraft haben, z. B. die Siedepunkte; nur annähernd kann man als
correspondirende Temperaturen solche betrachten, welche von den
Siedepunkten gleich weit abstehen.
Dass die Temperaturen von gleicher Spannkraft der Dämpfe, die
Kedepnnkte z. B., diejenigen seien, bei welchen die Atomvolume der
Flüssigkeiten vergleichbar sind, geht darans hervor, dass die Atont-
volome für diese Temperaturen höchst einfache nnd sich vielfach wieder-
holende Begelmässigkeiten zeigen, während die Vergleichung der Atom-
volume für eine nnd dieselbe Temperatur bei Flüssigkeiten, die ungleiche
Siedepunkte besitzen, Nichts von diesen Begelmässigkeiten erkennen
lisst. Für die folgenden isomeren Flüssigkeiten ergaben sich z. B. aus den
verschiedenen Beobachtungen, welche für ihr specif. Gewicht bei einer
und derselben Temperatur angestellt wurden, ganz ungleiche Atom-
voluroe:
Atomgew. Specif. Gew. bei 0' C. Atomvolum bei C C.
Essigsäure C4H4O4 60 1,080 bis 1,075 55,6 bis 55,8
Ameisens. Methyl C4 H« O4 60 0,9 98 60, 1
Buttersäure . . . C8K8O4 88 0,990 bis 0,978 88,9 bis 89,9
Essigs. Aethyl. . Cg Hg O4 88 0,910 „ 0,907 96,7 „ 97,0
während sich für jedes Paar isomerer Substanzen dasselbe Atomvolum
ergiebt, wenn man, nach der für jede Substanz ermittelten Ausdehnung
') Eine Üebersicht dar Literatur Über dM Atomrolum im Allgemeinen bie sn
1844, w«lebe namentlich die Üntersnchnngen über daa Atomvolum starrer KArper
tenftlndSger enthlUt, findet sich in dem Joum. f. prakt. Ghem., Bd. JUJUY, S. 1.
T
]^^ Atomvolum.
4«Nti ^ W)««Mt Miftncht, wie grois sieh die Aiomvoliime ans M
•<j|i>ilLiilt»iii Beobachtungen für das specif. Gewicht für die (m d«^
l\Vmiltii »«gegebenen) Siedepunkte berechnen: i
AtonTolmn '
RMige&are 041(404 63,5 bis 63,8 bei 118« a
Aneisensanres Methyl . 048404 63,4 „ 36«
Butters&nre C8H8O4 106,4 bis 107,8 bei 156«
Essigsaores Aetbyl . . . C8H8O4 107,4 „ 107,8 „ 74«
Die Atomvolmne der isomeren Verbindungen, f fir die Siedepmikli
derselben, ergeben sich hier gleich gross, nnd dieselbe Begelm&ssigksil
ist für ^viele andere Fälle von Isomerie nachgewiesen; nach den Beobi
aehtongen sind z.. B. die Atomvolarae folgender Substanzen für dk
Siedepunkte derselben:
AtoniToliiBi
Propions&nre C6ilft04 85,4 bei 137« C.
Ameisensaures Aethyl ••• 0^11404 84,9 bis 85,7 „ 55«
Essigsaures Methyl CeH4 04 88,7 „ 85,8 „ ' 55«
Chlorelayl C«!}«^!, 85,8 bU 86,4 bei 85«
Einfach gechlort Chloräthyl G«!!«^!, 86,9 „89,9 ^ 64«
Andere von Kopp nachgewiesene Regelmässigkeiten in den Atom*
▼olumen flüssiger Verbindungen (stets für die Siedepunkte derselbeo)
sind noch folgende«
Bei analogen Verbindungen entspricht derselben ZusaromensetKoagt-
differenz dieselbe, der xfachen Zusammensetiungsdifferens die xfadis
Differenz der Atomyolume. Der Znsammensetzungsdifferens zC|i^
entspricht s. B. stets nahezu die Differenz x X ^^ ^^^ Atomvolam«)
wie die folgenden Reihen zeigen, in welchen wiederum die ans des
verschiedenen Beobachtungen des specifischen Grewichtes nnd der Be-
stimmung der Ausdehnung sich für die Siedepunkte berechnenden AtoD-
volume angegeben sind:
Atomyolam.
Holzgeist G, 84 O2 41,9 bis 42,2 bei 59« C.
Weingeist C4 8« O, 61,8 „ 62,5 „ 78(»
Amylalkohol G10819O, 123,6 „ 124,4 „ 185«
Ameisensäure G, H, O4 40,9 „ 41,8 „ 99«
Essigsäure C4 H« O4 68,5 „ 68,8 „ 118^
Propionsäure Ge H« O4 85,4 „ 137«
Buttersäure 08^8 04 106,4 bis 107,8 „ 156«
Valeriansäure G10H10O4 180,2 „ 131,2 „ 175«
Ameisensaures Methyl . • C4 84 O4 63,4 „ 86«
Ameisensaures Aethyl ..06 8^04 84,9 bis 85,7 „ 55«
Essigsaures Aethyl . . . . Gg 83 O4 107,4 „ 107,8 „ 74«
Buttersanres Methyl ...01081004125,7 „ 127,8 „ 93«
Buttersaures Aethyl 01981,04 149,1 „ 149,4 „ 112«
Valeriansanres Aethyl . . G14814O4 173,5 „ 173,6 „ 181«
Aethyl-Mercaptan G4 8« S, 76,0 „ 76,1 „ 86«
^yl-Meroaptan CioSuS, 140,1 ^ 140,5 „ 120«
Atomvohim. 537
Chloralayl C« flUGl, 85^ bis 86,4 \m 850C.
Chlorbotylen 0« »sGl^ 129,5 ,, 133,7 ,, 123o
Verbindungen, welche x Atomgewichte Brom an der Stelle von
X Atomgewichten Chlor in analogen Verbindungen enthalten, haben
(bei den Siedepunkten) um etwa x X ^ grössere Atomvolnme als die
letsteren; s* B,;
AtoniTohuii.
I^omithjl CiHftBr 78,4 bei 41« C.
Chlorälhjl C«^^! 71,2 bis 74,5 „ 11»
Bromelayl C^li^Br^ 97,6 „ 99,9 „ ISO«
Chlorelayl 0484 €1, 85,8 ^ B6,4 ,, 85«
Brorophosphor PBrs 108,6 „ 175«
Chlorphosphor fGk 93,9 „ 78«
Noch mehrere andere solcher Begelmässigkeiten sind nachgewie-
•en und lassen sich ans den weiter unten (S. 539) angegebenen An-
nshmen, welche Atomvolume den Bestandtheilen flüssiger Verbindungen
beisolegen seien, leicht folgern.
Aeqnivalente Gewichtsmengen Sauerstoff und Wasserstoff kön-
nen sich ersetzen , ohne dasä das Atomvolnm der Verbindung dadurch
trheblich geändert wird ; durch den Eintritt von Sauerstoff an die Stelle
fon Wasserstoff scheint nur eine kleine Vergrösserung des Atomvolums
bewirkt sn werden. Beispiele hierför sind:
Atomvolnm.
Weingeist C« «« O, 61,8 bis 62,5 bei 780C.
EssigsSnre C4 H4 O4 63,5 „ 63,8 „ 118«
Aether Cg HioOt 105,6 „ 106,4 „ 34«
Bnttersfture Cg Hg O4 106,4 „ 107,8 „ 156»
Wasserfreie Essigsäure. . Cg Hg Og 109,9 „ 110,1 „ 138o
Cymol C,oÄi4 183,5 „ 186,2 „ 175»
Cnminol CtoB»0, 189,2 „ 286»
CUoräthjl C4 Hi»€l 71,2 bis 74,5 „ ll»
Chloracetyl C4 H,0,ei 74,4 „ 75,2 „ 55«
Aeqnivalente Oewichtsmengen Kohlenstoff und Wasserstoff können
sich ersetsen, ohne dass das Atomvolum dadurch wesentlich geändert
nird. Beispiele hierffir sind:
Atomvoliuii.
BensoSsaures Methyl. . . .CigHg O4 148,5 bis 150,8 bei 1900C.
Methyl. . .Ci,His04 148,7 „ 149,6 „ 112«
Ci4Hg O4 126,9 „ 2530
Buttersaores Methyl ..... CioHioO« 125,7 bis 127,3 „ 98<^
Phenol Ci A O, 103,6 „ 104,4 „ 194»
Aether Cg HiqO, 105,6 „ 106,4 „ 84»
538
CyiMl CmH|4 193^ Us ItSct Wi 175
Bfltjl C,«fl|, 1^^ • 1K.€ ^ 108
Diäthrlaiulio C^flis?^ 13*XS ^ 213,5
CftpryiaaiB CuH,^ 190.0 « 170
deMTti, wie & AlOBTolHBe ftoarigcr Tcf^MdiBgen tw
der ZosaiDiBeiiscIsiiiig der letitcieu abhäagva, iü igh^gwitMii, da»
da« AtoiBVoliini keinetwegs ^oHcklie^Uek warn der QBiGftü imd dem
lleogcDverbahiiifse der in emer VcrtMndmir CHlkalleM
Atome abhängt. Mit anderen Worten: da^ AtowiiilnM
Vertnndong hängt nicht lediglidi Ton der cfli|iinscken FuimU denel«
ben ab, sondern andi Ton der Conatitiition dcr^elbca. Ware das Atoia-
▼olnro lediglieh dnreh die empirische Formel bedingt^ so mnwte (rteti für
die Siedeponkte) di.« AtomTohin des Aldehyds C« H« O^ (M^O bis 5C,9 bä
21« C.) gerade die Hälfte Ton dem des e«ig»m AcHtIs Q^^Oi
(107,4 bis 107,8 bei 74« C.) sein, oder die StaanM der AtomTolome
des Aldehyds C4II4OS und des Acetons QflcO^ (77^ bis 77,6 bei
56* C.) ronsüte gleich sein dem Atomrolnss des hnttaijaren lieCh]^
C10H1SO4 (125,7 bis 127,:^ bei 93« C): beides ist aber nielif der PsU.
— Dass das AtomTolnm «ner flüssigen Verbindung aidit lediglich dareb
die empirische Formel derselben bedingt ist» geht andi darans hervor,
dass die oben angegebenen Begelmassigfceiten keineswegs gans aUgs-
mein stattfinden. För so versdiiedenartige Yerbindungeii sieh aneb
diese Begelmassigkeiten seigen, so gelten sie doch nicht gans allgs*
mein. Nicht alle isomere Verbindungen haben bei ihren Siedepankten
dasselbe AtomTolom ; nicht alle V erbindangen, deren eine im Vergleich so
einer anderen ebenso viel KohlenstoAtome mehr als Wasserstoffatoae
weniger enthält, haben gleiches Atomvolnm. Das Atomvolnm dn
Anilins CifHtN ist z.B. bei dem Siedeponkt 184«C.= 106,4 bis 106,8;
das des Benzonitryls oder Cyanphenyls Ci4iIjN, welches eben so riele
Kohlenstoffatome mehr als Wasserstoffatome weniger enthalt, ist bei
dem Siedepunkt 19 1 0 C. = 121,6 bis 121,9, also gans Terschieden ge-
funden worden.
Die Angabe, wie das Atomvolum einer flüssigen Verbindimg
von der Zusammensetzung derselben abhängt, wird unsicher, sobsld
man, wie dies hier wirklich der Fall ist, die der Natur der Sache naeb
schwankenden und unsicheren Ansichten über die rationelle Constitotion
der Verbindungen mit in Betracht ziehen rouss. In dieser Besiehimg
hat sich ergeben, dass es Gruppen von Verbindungen giebt, innerhalb
welcher die oben hervorgehobenen Begelmassigkeiten statt haben, wäh-
rend sie bei der Vergleichung von zu verschiedenen Gruppen gehörigeo
Verbindungen sich nicht zeigen, und dass diese Gruppen mit den von
Gerhardt aufgestellten Typen zusammenfallen. Bekanntlich besiebt
Gerhardt die Constitution der verschiedenen Verbindungen, deren
Formeln einer Condensation auf 4 Volume im Gas- oder Dampfenstaade
entsprechend anzunehmen sind, auf möglichst einfache unorganiscbs
Verbindungen, auf Wasserstoff n, Wasser 2(0« und Ammoniak fi>N,
als Typen, in der Art, dass er den Wasserstoff dieser Typen durch anders
Elemente oder Atomgmppen ersetzt denkt (durch sauerstofflreie Atom-
Atomvolum. 539
grappen wie im Aethjlwagserstoff ^n^, im Alkohol ^u^lOs und im
^A) C H O
Aethjlaroin 8 >N; oder durch sauerstoffhaltige wie im Aldehyd ^ ^«i^,
H) **
C H O ) ^fiz^i)
m der Essigsäure ^ 'n'fOs and im Acetamid H >N); die Beur-
theilimg, auf welchen Tjpas eine Verbindung zu beziehen sei, fusst
hsaptsachlich darauf, welche Atomgruppen bei Zersetzung der Verbin-
duogen in die Produote übergehen oder bei der Bildung von Verbin-
dangen zusamraenireten. Büt diesen Typen also fallen die Gruppen,
innerhalb deren die oben angeführten Begelmässigkeiten bezüglich des
AtoiDTolums flüssiger Verbindungen statt haben, zusammen, und der
Typentheorie folgend hat man mit Erfolg versucht, für die einzelnen
Elemente oder sich wie Elemente verhaltenden Atomgruppen Annah-
men zu machen, welche Atomvolume ihnen in flüssigen Verbindungen,
bei den Siedepunkten derselben, angehören. Die Annahmen, das Atom-
Tolom von C sei unter diesen Umständen = 5,5; das von H auch =
5,5; das von O, wenn innerhalb eines Radicals enthalten, = 6,1 ; das
TOD 0, wann ausserhalb eines Radicals (an der Stelle, wo im Wasser
n!0)) stehend, = 3,9; das von S, wenn an der Stelle wo im Schwe-
lle
felwasserstoff ul ^ stehend, = lli3; das von 61 = 22,8; das von Br
= 27,8; das von { = 37,5; das von N in den organischen Basen =s
2,3; das von C^N in ilen Gjan Verbindungen = 28; das von NO4 in
den Nitroverbindungen = 33, — diese Annahmen gestatten, die Atom-
folnme einer sehr grossen Zahl von flüssigen Verbindungen für die
Siedepunkte derselben in naher Uebereinstimmung mit den Resultaten
n berechnen , welche sich aus den experimentalen Bestimmungen des
ipecif. Gewichtes, der Ausdehnung und des Siedepunktes ableiten. —
Hierbei ist noch zu beachten, dass die für das Brom, das Cyan und die
Untenalpetersäure in ihren flüssigen Verbindungen für die Siedepunkte
^letzteren angenommenen Atom volume dieselben sind, welche diesen
Körpern auch im freien Zustande, für ihre Siedepunkte, zukommen.
Schon früher ist für einzelne Fälle bemerkt worden, dass die durch
die Atomgewichte ausgedrückten Mengen verschiedener Substanzen im
flfiMigen Zustande bei den Siedepudkten nahezu gleich grosse Räume
vfülleo. Die neueren Untersuchungen haben, ausser den S. 535 als
^^^stimmt nachgewiesene Regelmässigkeiten angeführten Fällen, ver-
lehiedene Gruppen kennen gelehrt, wo die Glieder einer jeden bei den
Siedepunkten nahezu gleiches Atomvolum besitzen. Von sehr vielen
Snbetanzen erfüllen die (durch die Formeln gegebenen) Quantitäten,
welche im Dampfzustande gleich grosse Räume einnehmen, auch im
flflasigen Zustande bei ihren Siedepunkten annähernd gleich grosse
B^iome. Wir lassen hier einige solcher Gruppen folgen, und geben
für die Glieder derselben die Atomvoliime an , welche sich aus den
Beobachtungen des specif. Gewichts (immer auf das des Wassers bei
^*^ C. als Einheit besogen), der Ausdehnung und des Siedepunktes ab-
l«ite& (das Atomvoium des Wassers H^ O3 selbst ist hiemach bei seinem
Siedeponkt = 18,8):
540 Atomvolum.
AtomTolam.
Aldehyd C4 84 O, 56,0 bü 56,9 bei 21«C
Cyanmethyl C« 8« N 54,3 „ 74»
Brommethjl G| Hs Br 58,2 „ 13«
Weingeist 048^0, 61,8 bis 62,5 „ 78«
Essigsäure C4 84 O4 68,5 „ 68,8 „ 118«
Aineisensaares Methyl . . . C4 84 O4 68,4 „ 36*
Aethylamin C4 87 N 65,3 „ 19«
Schwefelkohlenstoff 0,84 62,2 bis 62,4 „ 47«
Einf. gechlortes Chlormethyl C« 8, Gl^ 64,5 „ 80«,5
Jodroethyl C, 8, t 65,4 bis 68,3 „ 48«
Aceton C« 8« O2 77,8 „ 77,6 „ 56«
CyanÄthyl C« 8» N 77,2 „ 88«
Schwefelcyanmethyl C4 83 NS,75,2 bis 78,2 „ 138«
Schwefelmethyl C4 8« S2 75,7 „ 41«
Propionsäure C« 8e O4 85,4 „ 137«
Essigsaures Methyl C« 8^ O4 83,7 bis 85,8 „ 55«^
Ameisensaures Aethyl . . . . Ce 8« O4 84,9 „ 85,7 „ 55*
Chloroform C, 8 Gl, 84,8 „ 85,7 „ 62*
Einf. gechlortes Chloräthyl C4 84 €1, 86,9 „ 89,9 „ 64*
Chlorelayl C4 84 €1, 85,8 „ 86,4 „ 85*
Jodäthyl C4 85 I 85,9 „ 86,4 „ 71*
Cyansaures Aethyl C« 85 NO, 84,8 „ 84,8 „ 60*
Aether C« 810O2 105,6 „ 106,4 „ 84*
Phenol Ci,8e O, 108,6 „ 104,0 „ 194*
AnUin CiA » 106,4 „ 106,8 „ 184*
Buttersäure Cg 89 O4 106,4 „ 107,8 „ 156*
Essigsaures Aethyl Cg 89 O4 107,4 „ 107,8 „ 74*
Wasserfreie Essigsäure . . . Cg 8« O« 109,9 „ 110,1 „ 188*
Chloral C48GlaOj 108,4 „ 108,9 „ 96»
Zweif. gechlortes Chloräthyl C4 8» eis 105,6 „ 109,7 „ 75<^
Einf. gechlortes Chlorelayl. C4 83 €1, 105,4 „ 107,2 „ 115®
Bromphosphor PBrs 108,6 „ 175®
Valeraldehyd ......... C10810O2 117,8 bis 120,3 „ 101*
Bittermandelöl Ci48e O, 118,4 „ 179*
Beneonitryl Ci486 » 121,6 bis 121,9 „ 191*
^ Schwefeläthyl Cg 810S, 120,5 „ 121,5 „ 91*
/
Valeriansaures Methyl . . . Ci,8is04 148,7 „ 149,6 „ 112*
Bnttersaures Aethyl C12812O4 149,1 „ 149,4 „ 112*
Essigsaures Butyl Ci,8i,04 149,8 „ 112*
Araeisensaures Amyl. .... C1281SO4 149,4 bis 150,2 „ 112*
BenzoSsaures Methyl .... C1688 O4 148,5 „ 150,8 „ 190*
Naphtalb C,o88 149,2 „ 218«
Schwefligsanres Aethyl . . .C^SioSsO« 148,8 bis 149,5 •„ 160®
Jodamyl Cio8i,{ 152,5 „ 158,8 „ 147®
Aethylanüin Cie8i,N 150,6 „ 204®
Atomzahlen. — Atropin. 541
Zahl solcher Grappen lässt sich schon ans dem jetzt vorlie-
genden Beobachtnngsmaterial leicht aiiBehnlich vergrössern. Ob allen
in Eine Gnippe gehörigen Verbindungen etwas Gemeinsames^ als Ur-
sache der Gleichheit der Atomvolume, zn Gmnde liegt, ist noch nicht
nachgewiesen. Auch nach den oben (S. 539) gegebenen Annahmen
fOr das Atomvolam der in die Zusammensetzung dieser Verbindungen
eingehenden Elemente und Atomgruppen berechnen sich für die Glieder
jeder Groppe unter sich und mit den Beobachtungen nahezu übereinstim-
neade Besaltate^). Kp.
Atomzahlen s. Atomgewichte.
Atramentenstein nennt man am Rammeisberg wegen sei-
ner An^rendnng zur Dinte (airamerUmn) ein durch theilweise Ver-
wittemng des Eisenkieses bei den Feuersetzarbeiten sich bildendes Ge-
menge TOn schwefelsaurem Eisenoxjdnl und Eisenoxyd mit freiem £i-
senozjd und etwas schwefelsaurem Kopferoxyd mit nnzersetztem Eisen-
kies. Fe.
Atriplex verrucifera, eine in der Kirgisensteppe wach-
sende Chenopodiacee, hinterlässt 12,5 Proc. Asche, darin sind 43,3 Proc.
lösliche Salze, welche letztere aus 7,2 schwefelsaurem Kali, 4,8 schwefel-
sanrem Natron, 0,8 kohlensaurem Natron, 24,6 Chlomatrium und 1,9
kangtischem Natron bestehen sollen (Göbel). Fe.
Atropasäure nennt Richter') eine organische S&ure, welche
in der Belladonna enthalten sein soll, deren Eigenthümlichkeit jedoch
noch nicht nachgewiesen ist Die genannte Säure ist in der ammoniaka-
lischen Flüssigkeit enthalten, aus welcher bei der Darstellung des Atro-
pins, nach Richter (s. S. 543), diese Base abgeschieden ist Die
Flüssigkeit wird zur Entfernung des Überschüssigen Ammoniaks abge-
dampft, dann die w&sserige Lösung mit KalUauge versetzt und mit
Thierkohle behandelt, das FUtrat eingedampft und mit Schwefelsäure
sersetzt. Die Atropasäure soll sich hier in langen zugespitzten Kry-
Italien abscheiden, die der Benzoesäure ähnlich sind; die Säure ist auch
fifiehtig wie diese, sie giebt aber mit Eisenoxydsalzen nicht den Nieder^
schlag wie die Benzoesäure. Eine nähere Untersuchung konnte wegen
geringer Menge der Säure nicht vorgenommen werden. Fe.
Atropin* Atropinum, Atropium, Daturin« Eine orga-
nische Base (1833) von Geiger und Hesse und fast gleichzeitig von
Mein entdeckt; sie findet sich in allen Theilen der Tollkirsche (.^opa
BdLadanna) wie des Stechapfels (Datura stramonium). Die Zusammen-
setsnng der Base ist wie Liebig*) (1833) nachwies, CgiKasNO«.
Nachdem Brandes^) schon früher angeblich ein Atropin ans dem
Kraut von Belladonna abgeschieden fiatte, gelang es (1833) Geiger
■nd Hesse*) ans dem Kraute, und unabhängig von ihnen Mein^)
SOS der Wurzel der Tollkirsche das eigentliche Alkaloid dieser Pflanze
0 AnsfOlirUelMr« ünterraofaiuigen aber du Atomvolnm dar flttsaigen Verbindungen«
nis(leich die LHeratnr Über diesen OegentUnd enthaltend, finden sich in den AnnaL
d-Chem. n. Pharm. Bd. XCVI, S. 158 n. 808, n. Bd. C, 8. 19. — *) Jonm. f. prakt.
Chem. Bd. ZI, 8. SS. — *; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. YI, S. 66. -^ *) Annal.
d. Chem. vu Pharm. Bd. I, 8. 68; Bd.V, 8. S8. — ^) Annal. d. Chem. u. Pharm.
Bd. V, 8. 44; Bd. VII, 8. 269 n. 272. — *) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. VI, 8. 67.
542 Atropin.
rein darzustellen, and dieses erhielt dann den Namen Atropia. Oeiger
und Hesse stellten dann auch aus den Samen des Stechapfels (ßatma
ttramonium) das Daturin dar,^ von welchem Planta i) zeigte, dass es dis
gleiche Zusammensetzung und die gleichen Eigenschaften wie das Atro-
pin habe, daher mit ihm identisch sei.
Zur Darstellung des Atropins aus dem wasserigen Extraote 6m
Beiladonnakrautes wird dieses mit Wasser behandelt, die Lösung abfil-
trirt^mit Aetznatron bis znr alkalischen Beaction versetzt, und dann mit
dem anderthalbfachen Volumen Aether geschüttelt. Der Aether, wekkar
das, durch das Natron von einer Säure geschiedene, Atropin hierbei
aufnimmt, trennt sich schnell wieder von der Flüssigkeit und wird ab-
gegossen. Die Behandlung mit Aether wird auf dieselbe Weise wiedei^
holt. Nach dem Verdampfen des Aethers bleibt das Atropin, gemengt
mit Fett und Chlorophyll , zurück. Aian übergiesst mit etwas Wasser,
neutralisirt mit sehr verdünnter Schwefelsäure (1 Thl. Säure, 9 Thk.
Wasser), setzt dann noch einen geringen Ueberschuss derselben hinio
und schüttelt die L'ösung mit nur eben so viel frisch bereiteter Blutkohle,
dass die braungefärbte Flüssigkeit gelblich erscheint. Man filtrirt dano
von der Kohle, und scheidet durch Natronlauge das Atropin, das nacb
starkem Umrühren als weisses Pulver oder in Gestalt zäher Flocken
niederfällt Die vom Atropin filtrirte Flüssigkeit und das AussÜsswasaer
setzen nach einiger Zeit noch einen Niederschlag von Atropin ab
(Geiger und Hesse).
Aus der Belladonnawurzel erhält, man das reine Atropin, wenn man
24 Thle. der zwei- bis dreijährigen getrockneten und zerstoBsenen Wur-
zel mit 60 Thln. Weingeist von 85 bis 90 Proc mehrere Tage digeriit»
den Auszug abpresst und den Rückstand noch einige Male in gleicher
Weise extrahirt. Den vereinigten und iiltrirten geistigen Auszügen
giebt man 1 Thl. Kalkhydrat hinzu, das man mit ein wenig der Flüs-
sigkeit vorher atigerieben hat, und lässt sie 24 Stunden damit in Be-
rührung, während welcher Zeit man öfters umschüttelt. Die Flüssigkeit
wird dann von dem starken Niederi^chlage abfiltrirt, durch Zugeben roa
verdünnter Schwefelsäure schwach sauer gemacht und der dadurch ent-
standene Gyps ebenfalls durch Filtration getrennt. Hierauf destillixt
man bis über die Hälfte ab, vermischt den Bückstand in der Betorte
mit 6 bis 8 Thln. Wasser, und lässt in gelinder Wärme den Weingei^
vollständig verdampfen. Die zurückbleibende wässerige Flüssigkeit
wird, wenn sie trübe ist, filtrirt, bis auf 2 Thle. eingeengt und nach
dem Erkalten in flachen Grefässen vorsichtig und allmälig mit so viel
einer concentrirten Lösung von kohlensaurem Kali vermischt, dass sie
schmutzig trübe erscheint, wonach sich in der Buhe ein Harz absetrt,
das man durch Filtration trennt. Ein Ueberschuss von kohlensauren
Kali ist natürlich zu vermeiden , ^weil dadurch zugleich Atropin gefällt
werden würde. Die vom Harze befreite Flüssigkeit, welche das schwe-
felsaure Atropin enthält, wird nun mit kohlensaurem Kali in geringem
Ueberschusse zur Abscheidung des Atropins versetzt. Man lässt den
entstandenen gallertartigen Niederschlag von Atropin ungefähr 24 Ston*
den iii der Flüssigkeit, wonach er etwas krystallinisch wird und leichter
die Flüssigkeit entlässt; dann sammelt man ihn auf einem Filter, sÜMt
ihn nicht oder doch nur sehr wenig aus, weil er sich feucht in dem
*) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXtV, S. 246 u. 962.
Atropm. 543
ooeb nureiDen Zmtande ziemliek reichlich in Wasaer 15st, befreit ihn
dnreh Pressen von der Mutterlauge und trocknet ihn. Nach dem Trock-
il«i wird dies unreine Atropm zerrieben, zur Reinigung mit ein wenig
Wasser zu einem Teige angerührt und von diesem durch Pressen zwi-
seben Papier das Flüssige entfernt. Der Bückstand ist ziemligh reines
▲tropin, das durch Auflösen in 5 Thln. erwärmten höchst rectificirten
Weingeist, Ansgiessen der Lösung auf das 6- bis 8fache Volumen
Wasser und langsames Verdunsten, in Krystallen gewonnen werden
kann. Durch Pressen und Umkrystallisii'en lassen sich dieselben voU-
kfHDBien rein erhalten; oder die weingeisiige Lösung wird mit Blut-
kohle geschüttelt, die entfärbte Flüssigkeit filtrirt, der Weingeist grössten-
theils abdestillirt, worauf man den Bückstand in gelinder Wärme ver-
doDsten lässt
Richter^) stellt einen Auszug der Belladonnawurzel mit kaltem
Wasser dar, welchen er durch Erwärmung auf 125® C. und Zusatz von
Hefe saerst in Gährung versetzt zur Zerstörung des Zuckers, die ge-
gohrene Masse wird dann aufgekocht, durch ein Tuch gegossen und zu
«nem dünnen Eztract eingedampft, welches mit ^/j Pfd. Ammoniak
md 4 Pfd. Weingeist digerirt wird. Das Filtrat, welches neben Atro-
pin Atropasäore (s. S. 541) und Schillerstoff enthalten soll, wird nach
dem Eindampfen im Wasserbade nochmals mit 2 Unzen Ammoniak und
1 Pfd. starkem Weingeist behandelt, und der durch Schütteln erhaltenen
gleichförmigen Mischung 1 Pfd. Aether zugesetzt Aus der durch Ab-
erhaltenen klaren Tinctnr wird der Weingeist und Aether abde-
i, und der mit etwas Wasser versetzte Bückstand im Wasserbade
eingedampft und 'dann mit Ammoniak versetzt, wobei sich unreines
Atropin abscheidet. Zur Entfernung des Ammoniaks wird die Masse
sneisi mit etwas Wasser verdünnt, dann in heissem Wasser unter Zusatz
von etwas Schwefelsäure gelöst und niit filutkohle digerirt. Nach dem
Eindampfen der heiss ültrirten Flüssigkeit wird die concentrirte Lösung
von schwefelsaurem Atropin mit Ammoniak gefällt und der Nieder-
schlag von Atropin mit 'etwas Ammoniak abgewaschen und in der
Wärme getrocknet
Nach Bouchardat*) stellt man das Atropin ans dem Belladonna-
Extraet dar, indem man die wässerige Lösung desselben mit jodhal-
teadem Jodkalium fällt, den Niederschlag abscheidet und mittelst
Zink und Wasser zersetzt, das Zinkozyd mit kohlensaurem Kali ausfällt
mid das Atropin mittelst Alkohol auszieht
Babourdin') presst das frische, zur Zeit der beginnenden Blüthe
gesammelte Kraut aus, erhitzt den Saft zum Coagnliren des Ei-
weisses auf SO« bis 90» C, und fütrirt. Je 1 Liter klaren Saftes wird
naeh dem Erkalten mit 4 Grm. Kalihjdrat und 30 Grm. Chloro-
form geschüttelt; dieses löst dabei das Atropin auf und scheidet es
beim Stehen als eine grünliche ölige Flüssigkeit ab, welche abgenom-
men and nach dem Abwaschen in einer Betorte destillirt wird; der
Rückstand wird zuerst mit verdünnter Schwefelsäure behandelt, wobei
•in grünes Harz zurückbleibt, dann mittelst kohlensaurem Kali gefällt
and aus Alkohol umkrystallisirt Li Ermangelung von frischem Kraut
kann man das of&otnelleBelladonnaextractin ähnlicher Weise behandeln.
■) Jonrn. f. prtkt. Chem. Bd. XI, S. 29. — *) Oaz«tte mtfdicale 184B, p. 991.
*) AaiMiL d« chua. et da pbys. [S.] T. XXX, p. 881.
544 Atrq[>in.
Ana dem Sftmen der Stechäpfeln wird das Atropia eriiatten, indM
man sie zerstonsen mit Alkohol, dem ^/»o seines Gewichtes an Sehwefet
säure zugesetzt ist, in der Wlirme wiederholt exirahirt. Dair Aassag
wird mit Überschüssigem pnlverförmigen Kalkhydrat behandelt, nsek
einigen Stunden abfiltrirt und dann mit Schwefelsäure bis zur schwMk
sauren Beaction versetzt. Nachdem der Gyps abfiltrirt ist, wird der
grösste Theil des Alkohols aus dem Filtrat abdestiliirt, die rfioksliih
dige Flüssigkeit mit Wasser versetzt uiyl im Wasserbade die latzten
Theile Alkohol verflüchtigt. Ans der wässerigen Flüssigkaii, die von
einem oben aufschwimmenden Oele getrennt isti wird das Atropindoreb
kohlensaures Kali gefällt, der Niederschlag abfiltrirt, zwischen Pspkr
abgepresst und dann mit absolutem Alkohol ausgezogen; das Filtnt
wird mit etwas verdünnter Schwefelsäure versetzt und durch ThierkoUe
entfärbt, dann filtrirt, die Flüssigkeit abgedampft und aus der wisserigta
Lösung des Rückstandes die Base mit koMensaurem Kali gefällt. Des so
erhaltene unreine Atropin wird in 4 bis 5 Thln. absoluten Alkohols gs*
löst und die Lösung nach Zusatz von Wasser in flachen Schalen so
der Luft verdunstet.
Die Ausbeute an Atropin wird sehr verschieden angegeben, und id
auch wohl nach Beschaffenheit des Materials sehr wechselnd, 1000 TUa
getrockneter Belladonnawurzeln sollen etwa 2 bis 8 Thle. Atropin
geben.
Das Atropin wird durch Erkalten der heissen wässerigen, wie beim
Verdampfen der weingebtigen Lösung krystallinisch erhalten; es biMsl
dann farblose seidenartige büschelförmig vereinigte Nadeln; zuweilflD
wird es bei sehr langsamem Verdunsten der alkoholischen Lösung ab eine
glasartige amorphe durchscheinende Masse erhalten. Das reine Atropii
ist geruchlos, unrein riecht es oft unangenehm narkotisch, es schmeckt
aber widrig bitter und etwas scharf und reagirt alkalisch. Es löst noh
nur schwierig in Wasser; nach Geiger und Hesse braucht iThL
Atropin 500 Thle. kaltes und 30 Thle. heisses Wasser; 1 ThL Dstmii
280 Thle. kaltes und 72 Thle. heisses Wasser, üaoh v. Planta löst 1 TU.
reines Atropin sich in 299 Thln. kaltem und in weniger heissam Wasier.
1 Thl. kalter Weingeist löst nach Geiger und Hesse Vs Atropin
oder Vs Daturin; nach v. Planta ist es fast in jeder Menge hsisstm
Weingeist löslich; von Aether braucht das Atropin 68, das DstoriD
21 Thle. i^ der Kälte, weniger in der W&rme (Geiger und Hesse)*
Diese abweichenden Angaben über die Löslichkeit dieser Base' haben
ihren Grund wohl in der Veränderung, welche dieselbe beim Üngeren
Erwärmen mit Flüssigkeiten erleidet.
Das wasserfreie Atropin schmilzt bei 90^^ C. zu einer klaren dnreih
sichtigen, nach dem Erkalten brüchigen Masse, welche etwas stftrksr
erhitzt, nach dem Erkalten oft krystallinisoh erstarrt; bei 140« C. ver-
flüchtigt es sich unter Zersetzung des grössten Theiles.
Das Atropin ist eine leicht veränderliehe Base; längere Zeit in
feuchtem Zustande mit der Luft in Berührung zeigt sich ein widrigsi^
Gkruch, der von einer neuen Base herrühren soll, welche Berselins
Tropin nennt Die gleichen Veränderungen erleidet auch das gsld^
Atropin; dampft man Lösungen desselben, welche beim &kalteD kry-
stallisiren würden, langsam ein, so bleiben zuletzt flmissartige Massen
zurück, in welchen sich beim längeren Stehen wieder einzelne Krysts^^^
bilden. Lässt man das krystallisirte Atropin längere Zeit mit seiner
r
Atfopindaizf^. 545
Mbtterlaage in Berffhrong, so verach winden die Krystalle wieder, die
Rlfiasigkeit wird gelb' und widrig riechend; kohlensaures Kali scheidet
ans der Ldsang dw Masse dann theils unverändertes Atropin ab, theils
Tiropin als eine ölige Masse; diese letztere Base ist noch nicht näher
bekannt, sie zeigt aber stark alkalische Reaction.*
Eine Lösung von Atropin oder einem Atropinsalz wird durch
Chlorgas, welches nnr schwach einwirkt, gelb- gefärbt; die Lösung
SDtbftU dann aber viel salzsaores Atropin. Jodlösung färbt das Atro*
pin bnuin.
Beim Lösen yon Atropin in Salpetersäure wird die Flüssigkeit
merst blassgelb, dann orange, zuletzt aber wieder farblos; die Lösung
eothält dann kein Atropin mehr.
Coneentrirte Schwefelsäure löst die Base anfangs ohne Zer-
aeteung; in der Wärme wird die Lösung bald rotb und dann schwarz
unter Entwickelnng von schwefliger Säure.
Wird Cyangas in eine concentrirte alkoholische Lösung von Atro-
pa geleitet, so bildet sich eine blutrothe Flüssigkeit, und nach dem
Yerdampfen des Alkohols bleibt ein in Wasser unlöslicher Syrup(Hin-
terberger).
Kalihydrat verwandelt das Atropin schon bei gewöhnlicher Tem-
perator zaerst in Tropin, welches bald, besonders bei gelindem Er-
wärmen, sich unter Entwickelnng von Ammoniak weiter zersetzt
Ammoniakflüssigkeit und die kohlensauren Alkalien sol-
Ifln das Atropin wenigstens bei gewöhnlicher Temperatur nicht verän-
dern; dagegen soll Blutkohle (gut ausgewaschene?) schon bei gewöhn-
Ucher Temperatur, schneller beim Erwärmen das Atropin unkrystalli-
mber machen.
Diese leichte Zersetzbarkeit des Atropins erschwert seine Abschei-
dmig; bei seiner Darstellung ist es wesentlich, höhere Temperatur, so
vie längere Einwirkung von Alkalien oder von Blutkohle und selbst
dir Lösongsmittel möglichst zu vermeiden, und das krj^tallisirte Atro-
pin daher schnell von der Mutterlauge zu trennen und zu trocknen.
Dis Atropin zeigt die giftige Wirkung der Belladonna und der Datura
tnf dan thierischen Organismus im hohen Grade; es bringt zuerst ein
Gsffihl von Trockenheit im Halse hervor, mit erschwertem Schlucken,
bei stärkeren Dosen bewirkt es Schwindel und selbst den Tod. Eigen-
thiiffllich ist besonders seine Wirkung auf das Auge; selbstjn sehr ge*
rioger Menge bewirkt es eine starke und lange andauernde Erweiterung
der Pupille; ein Tropfen einer Lösung, welche höchstens ^/i^qq Atropin
enthält, bewirkt eine so starke Erweiterung der Pupille, dass man kaum
noch Zeichen der Iris sehen kann, und dieses kann mehrere Tage an-
halten, i/g Gran Daturin tödtete einen Sperling innerhalb weniger
Standen; auf Kaninchen scheint es dagegen keine Wirkung hervorzu-
bringen. Bei Vergiftungen von Menschen mit Datura stramonhtm konnte
dM Daturin im Harn aufgefunden werden (Bonchardat). Das Atro*
pin ist als Heilmittel bei chronischen Nervenleiden angewendet, nach
Versuchen in Gliben von 0,002 bis 0,010 Grm.; 1 Thl Atropin soll in
Miner Wirkung 200 Thln. Extract oder 600 Thln. Kraut gleichkommen.
Atropins alze. Das Atropin ist eine starke Base und sättigt
die Säuren vollständig; die Salze sind von Geiger und Hesse, aus-
fShiHeher von ▼. Planta nntersncht; sie können direct durch Sättigen
nuidworftfbneb d« rhcmto. iU Aafl. Bd. 11. 35
546 Atropinsalze.
der Baae dargestellt werden, aind gröastentheile imkxyBtallisirbar and
gemchlofl nnd schmecken scharf und bitter; sie sind meistens in Wasser
und Alkohol löslich, aber kaum löblich in Aether; die Lösungen der
Salse yer&ndern sich beim Erwärmen weniger leicht als die des ronen
Atropins ; sie wirken* auf den thierischen Organismns wie dieses ein.
Aas gans concentrirten Lösungen der Atropinsalse füllen reines oder
kohlensaares Kali oder Natron, so wie kaustisches Ammoniak Atropia
im anfangs flockigen oder pulyerförmigen Zustande; der NiederscUag
löst sich aber im Ueberschnss des F&llungsmittels, beim längeren SCeheo
in der Flüssigkeit wird er zähe und ballt su wachsähnlichen Klumpen
SttSammen» Kohlensaures Ammoniak, doppelt-kohlensaures and phos-
phorsaures Natron, so wie Natrinm-Lridiumchlorid fällen die Salze nicht;
auch reines Jodkalium fällt die Salzlösung nicht; jodhaltendea Jodka-
Hum, so wie Jodtinctur giebt einen kermesbraunen, Kalium-Quecksilber-
jodid einen weisslichen käsigen Niederschlag; Quecksilberchlorid fäUt
nur concentrirte Lösungen, der weisse Niederschlag ist in Salasäare wie
in Salmiak löslich. Platinchlorid und Groldchlorid geben gelbe Nieder-
schläge, welche nur schwierig krystallinisch erhalten werden könnea,
anfangs puWerig sind, leicht aber harzartig zusammenballen; das Pia*
tindoppelsals ist noch nicht rein dargestellt Bhodankalium fällt die
Atropinsalze nicht; Pikrinsalpetersänre giebt einen pulverförmigen gel-
ben Niederschlag; Oalläpfeltinctur fällt die Salze in Flocken, aber
erst auf Zusatz von Salzsäure.
Chlor w assers to ff- Atropin. Wird trockenes Atropin mit tro«
ckenem Chlorwasserstoffgas gesättigt, so schmilzt es zu einer durchsieh-
dgen gelblichen Masse, die in Wasser löslfch ist und beim Abdampleii
der Lösung krystallisirt und glänzende sternförmig grnppirte Nadeb
bildet, wie sie auch durch Abdampfen einer Lösung von Atropin in
wässeriger Salzsäure erhalten wurden (Geiger und Hesse), v. Planta
konnte das Salz nicht krystallinisch erhalten; ward die concentrirte
alkoholische Lösung in Aether gegossen, so schied sich das Salz sjrvp-
artig aus, ohne beim längeren Stehen selbst in Eis krystallinisch an wer-
den; wenn die Salzlösung mehrere Tage bei 30^ bis 40<^C. stand, bildeten
sich eben so wenig Krystalle ; auch bei Anwendung grösserer Quanti-
täten Salzlösung konnte Merk das Salz nicht kiystallisirt eriialten;
die Angaben von Geiger und Hesse über die Darstellung und Eigen-
schaften des krystallisirten Salzes sind daher noch nicht ericl&rt Nach
Planta ist das trockene Salz eine glasartige Masse; es löst sich in
Wasser, nur in concentrirter Lösung wird es durch Quecksilberchlorid
und selbst Platinchlorid gefällt; das Platinsalz ist sehr leicht löslich in
Salzsäure und lässt sich nicht leicht gana rein darstellen.
Das Chlorwasserstoff- Atropin-Goldchlorid, Cs4iI)8NQK*
HGl + Au€ls, wird durch Fällen der Atropinlösung mit Goldchlorid
erhalten; um aber das harzartige Zusammenballen des Niedersohlsr
ges zu vermeiden, muss man die concentrirte Lösung you Atropin in
Salzsäure tropfenweise in eine verdünnte Goldchloridlösung giessan,
unter fortwährendem Umschwenken des Glases; der anfangs pnlverigs
Niederschlag verwandelt sich dann bald in einen schön goldgelben Krj*
Stallbrei. Das Doppelsalz ist nur wenig löslich in Wasser wie in Salz-
säure; es verliert bei lOQO C. kein Wasser und schmilzt bei 195^ C.
Essigsaures Atropin. Das Salz soll in perlmuttergläasenden,
sternförmig gruppirten Nadeln krystallisiren, luftbeständig and sehr
r
Attraction, chemische. — Auflösen. 547
Idilieh in Wasser sein; beim Erwärmen verliert es leicht Essigsftnre
(Geiger and Hesse).
Krokonsaures Atropin soll eine gelbe nicht krystallinische Masse
Bhodiconsanres Atropin soll hjacintroth durchscheinend sein.
Salpetersaures Atropin ist eine gummiähnliche an der Luft
feucht werdende Masse.
Schwefelsaures Atropin, Cs4fissN06 9 HO.SOs, soll nach
Geiger und Hesse leicht krystallisiren; Planta und Merk konnten
das Salz nicht krystallinisch darstellen.
Weinsaures Atropin ist eine durchsichtige gummiartige, ander
Luft feachl werdende Masse. Fe.
Attraction, chemische, s. Verwandtschaft.
Aufbrausen (efferveBcere)^ das Entweichen gasförmiger Sub-
stansen aas FlüssigkeitMi unter Geräusch und Aufschäumen, nament-
fieh das rasche Entweichen, ohne Anwendung äusserer Wärme, z. B. der
Kohlensäure bei Zersetzung kohlensaurer Salze durch andere Säuren,*des
Wasserstoffgases beim Auflösen von Zink und Eisen in Salzsäure, des
Stickozydgases bei Auflösung von Kupfer in Salpetersäure u. s. w. P.
Aufgiessen oder Infundiren heisst, einem Körper durch
Debergiessen mit einer Flüssigkeit Theile entziehen, welche in dieser
Flüssigkeit löslich sind. Nach der Natur der letzteren unterscheidet
man einen wässerigen, alkoholischen etc. Aufguss, und nach der ange-
wandten Temperatur einen kalten, warmen und heissen Aufguss. Im
engeren Sinne nennt man in der Pharmacie jedoch nur das Product
der Einwirkung von kaltem oder siedendem Wasser auf Pflanzenstoffe
eben Aufguss oder ein Infusum. Die zu dieser Operation dienlichen
Gefässe sind die sogenannten InfundirbGchsen , von Zinn oder Porcel-
Isa, welche mit .wohlschliessenden Deckeln versehen sind, und häufig
nach geschehener Infusion noch eine Zeitlang im Wasserbade erwärmt
werden. Im Allgemeinen ist ein Aufguss einer Abkochung vorzu-
xithen, sobald der zu extrahirende Stoff' flüchtige Bestandtheile ent-
Wt. Fe,
Auflösen, Lösen {Disaolvere) ^ Auflösung, Lösung
(Dwoiutto, Solutio), Auflösungsmittel (^Merutruum^ DÜ8olioen$).
Wenn ein fester Körper, mit einem tropfbarflüssigen zusammengebracht,
flüssig wird, und sich darin zu einer in allen Partikeln gleichartigen Masse
▼ertheilt, so sagt man, er habe sich gelöst, sei aufgelöst worden
in dem als Lösungsmittel dienenden flüssigen Körper, z. B. Salpeter
oder Zucker in Wasser. Wenn die Auflösung stattgefunden, so bleibt
der feste Körper in der ganzen Menge des Lösungsmittels gleichmässig
▼ertheilt, wie lange man dieselbe auch der Buhe überlassen mag (Gaj-
Lassac^).
Man hat früher einen Unterschied zwischen Lösung und Auflö-
sung festzuhalten gesucht; mit dem ersten Ausdruck den in obigen
Beispielen stattfindenden Vorgang die Bildung einer gleichmässigen
0 AniML de ehim. et de phys. [2.]T.XI, p. 296 xu ff.; auch Hnnt in Lieb ig
«. Kopp'B Jahreiber. 1866, S. 268. Auch feiner ebendm». 1868, S. 810 u. 886.
35 •
548 Auflösen.
Flüssigkeit ohne Ver&nderang der chemischen Constitution d«r Kdrper
bezeichnet, AuflöRung aber genannt, wenn die chemische Natur der
Körper beim Zusaiiimenbringen sich ändern mosste, um eine homogene
Flüssigkeit bilden zu können , wie z. B. wenn kohlensaurer Kalk oder
metallisches Kupfer in Salpetersäure, oder Zink in Schwefelsäure ge-
bracht werden. Es ist aber einleuchtend, doss hierbei nicht nur Lö-
sung der genannten Körper stattfindet, sie gehen in neue sosamroeih
gesetzte Körper über und lösen sich als solche auf; die Kohlensäure
des Kalkes entweicht, und der entstehende salpetersaure Kalk löst sieb
im Wasser; oder die Salpetersäure wird theilweise zerlegt, giebt an ds»
Kupfer Sauerstoff ab, das gebildete Kupferoxyd vereinigt sich mit einem
anderen Antheil Salpetersäure und das entstandene Salpetersäure Ku-
pferoxyd ist der aufgelöste Körper. Die Schwefelsäure kann sich
nur mit dem durch Wasserzersetzung entstehenden Zinkoxyd su schwe-
felsaurem Zinkoxyd vereinigen, was in dem Rest des Wassers löslieb
ist. Da es in vielen Fällen unentschieden ist, ob eine chemische Aen-
derung vor dem Uebergang in den flüssigen, aufgelösten Zustand statt-
gefunden oder nicht, so pflegt man die bezeichnete Unterscheidung nicht
mehr festzuhalten.
Man bezeichnete früher das Schmelzen fester Körper durch die
Wärme als „einfache Lösung^^ die Auflösung eines aolohen in
einer Flüssigkeit als „zusammengesetzte^^ Lösung, weil cur Üeber-
führung eines festen Körpers in die tropfbarflüssige Form die Anfhahmc
von Wärme stets erforderlich ist und bei der Lösimg durch eine Flfis*
sigkeit stets Wärme gebunden wird, so dass, wenn nicht gleichseitig
stattfindende chemische Vorgänge, welche Wärme entwickeln, die Er-
scheinung verdunkeln, die Auflösung stets einen niedrigeren Tempera-
turgrad zeigt, als der feste und flüssige Körper vor ihrer Mischung be-
sassen (s. Kältemischungen IsteAufl. Bd. IV, S.210). Sind die m
lösenden Körper der Art, dass sie mit dem Lösungsmittel eine chenüsche
Verbindung bilden , können sie Wasser als Krystallwasaer aufnehmen,
so beobachtet man häufig die Temperaturemiedrigung nicht, oft sogar
eine Erwärmung, so z. B. wenn wasserfreies schwefelsaures Natron oder
Chlorcalcium in Wasser geworfen werden, weil mehr Wärme entwickelt
wird durch Bindung des Krystallwassers, als Wärme gebunden wird
bei der üeberf ührung des festen Salzes in den flüssigen aufgelösten Zu-
stand. Wendet man aber statt der von ihrem Krystallwasser durch
Erhitzen befreiten Salze die krystalllsirten an, so wird die Temperatur
der Lösung ebenso erniedrigt, als ob man Salze, die kein Wasser bin-
den, wie Chlorkalium, Kochsalz, Salpeter gelöst hätte.
Favre und Silbermann i) haben eine Uebersicht der Wärme-
menge mitgetheilt , welche bei der Lösung von je einem Gramm einer
grossen Zahl von Salzen absorbirt wird. Auch Person*) hat wich-
tige Untersuchungen in dieser Hinsicht angestellt und gezeigt dass di«
latent werdende Wärme bei höheren Temperaturen kleiner ist,, als bei
Anflösung der Salze in gleich viel Wasser bei niedrigeren Temperatu-
ren, und dass bei der Lösung mancher Salze, z.B. des Kochsalzes und
des Salpeters in weniger Wasser , weniger Wärme gebunden wird, ab
bei dem Lösen in mehr Wasser.
») Compt. rend. T. XXIV. p 1081; Jahresber. r. Liebig u. Kopp 1848. S. 58.
«> Jahresber. v. Liebig u. Kopp 1850, S. 66, ebenda«. 1861, S. 67; AnnaL
d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXX, S. 139.
Auflösen. 549
Wenn zwei tropfbare Flüssigkeiten sich in jedem Verb<niss
mischen, so nennt man dies keine Lösnng, sondern eine Mischung. Sehr
hSuAg ist dies jedoch nicht der Fall, sondern jede der beiden Flüssigkei-
ten wird von der anderen nnr in einer bestimmten Menge aufgenommen.
Es unterscheiden sich solche Lösungen dann von denen fester Kör*
per nur dadurch, dass, da beide Körper schon flüssig waren, eine Tem-
peraturemiedrigung nicht eintreten kann. Bringt man .die Flüssigkeiten
iD solchem Verhältniss zusammen, dass die eine von der anderen nicht
ToUstindig gelöst werden kann^ 90 bilden sich in der Regel zwei
Schichten , wovon die eine den einen , die andere den anderen Körper
in fiberwiegender Menge enthält. Mischt man z. B. Wasser und
Aether zu gleichen Theilen miteinander, so schwimmt nach einiger
Zeit obenauf Aether, der Wasser gelöst enthält, und die untere Schicht
wird von einer Lösung von Aether in Wasser gebildet, lieber die
L&sang YOD gasförmigen Flüssigkeiten s. Absorption Bd. I, 8. 19.
Das Wasser ist eine Flüssigkeit, welche sehr viele Substanzen zu
lösen vermag, von den starren, einfachen Stoffen jedoch nur wenige und
nur in geringer Menge (Brom, Jod). Andere Flüssigkeiten, wie Alkohol,
Aether, ätherische und fette Oele sind oft geeignet die Substanzen
EU lösen, welche in Wasser sich nicht lösen (Harze, Fette u. dergl.).
Die Lösungen haben häufig ein grösseres specifisches Gewicht, als
deoharithmetischen Mittel aus den Dichtigkeiten ihrer Bestandtheile ent-
spricht Das Lösungsmittel, sofern es flüchtig ist, verdampft beim Er-
wirmen, die Lösungen sieden aber bei höherer Temperatur als das
reine Lösungsmittel, und. zwar steigert sich dieselbe um so mehr, je
mehr des festen Körpers die Lösung enthält, bis sie damit gesättigt
ist, wo derselbe sich auszuscheiden beginnt und als Bestandtheil der
Lösung nicht mehr in Betracht kommt. Bei derjenigen Temperatur,
bei der ihre gesättigte Lösung kocht-, lassen sich alle Salze voUkom*
men austrocknen (Legrand).
Wenn man verdünnte wässerige Lösungen einer Temperatur unter
O^C. aussetzt, so scheidet sich ans ihnen oft ein Theil des Wassers als
EU ab; die Übrigbleibende Flüssigkeit bildet eine gesättigtere Lösung
des festen Körpers.
Die Lttchtigkeit, mit welcher eine Substanz von den Lösungsmit-
teln aufgenommen wird, hängt nicht nur von ihrer Auflöslichkeit
(s. d.) in denselben ab, sondern häufig von der Grösse der Ober-
^iiehe (welche man durch Pulverisiren zu vermehren pflegt) und ande*
ren Verhältnissen. Giesst man das Lösungsmittel auf den festen Kör-
per, so wird dieser in der Regel am Boden des Gefässes liegen bleiben,
die entstehende Lösung ist schwerer als das reine Lösungsmittel, bleibt
daher ebenfalls unten stehen und verhindert den Zutritt der übrigen
snflösenden Flüssigkeit. Diesem UebeUtand kann man abhelfen, da-
durch, dass man den festen Körper in einem Beutel, Korb, oder Sieb
vas geeignetem Bifaterial nur eben in die Flüssigkeit eintaucht, so dass
die sieb bildende Lösung auf den Boden des Gefässes sinkt, und da-
ber stets frisches Lösungsmittel seine Wirkung änssern kann. Abgese-
hen von der leichteren Löslichkeit der meisten Körper in erwärmten
Lösungsmitteln, bewirkt das Erhitzen in von unten geheizten Gefässen
<tvas Aehnliches, wie das Umrühren oder das Aufhängen der zu lö-
tenden Substanz an der Oberfläche der Flüssigkeit, die mit dem am
Boden liegenden festen Körpern in Berührung beflndlichen Flüssigkeits-
650 Aufiöslichkeit.
tbeile werden am st&rksten erwärmt, und dadurch in die H5he zu stei-
gen und frischen Platz zu machen gezwungen. Tritt Sieden ein, so
bewirken die sich am Boden bildenden Dampfblasen ein eigentlidics
mechanisches Umrühren oder Schütteln, was man, wo die genannten
Verfahren sich nicht eignen, gewöhnlich zur Beförderung desAuflösens
anzuwenden pflegt.
Manche Suh/stanzen jedoch verwandeln sich bei der üebergiessong
mit dem Lösungsmittel durch Einsaugen desselben leicht in einen ziU
hen Klumpen, der sich nicht leicht vertheilen lässt, und dann dem Lö-
sungsmittel nur eine sehr geringe Oberfläche bietet, so verhalten sieh
z. B. viele Harze u. s. w. ; solchen pflegt man unlösliche Körper, gro-
bes Glaspulver und dergleichen beizumischen, um das ZusammenbaUen
zu verhindern und das Eindringen des Lösungsmittels zu erleichtern.
In diesen Fällen ist es oft zweckmässig, wenigstens Anfangs, Erwär-
mung zu unterlassen. Andere Körper sangen sich mit dem Lösungs-
mittel in der Kälte leicht ganz voll und werden dann beim Erwärmen
leichter gelöst, z, B. Leim. V.
Aufiöslichkeit, Löslichkeit Die Lösungskraft der Flfit-
sigkeit wirkt sehr verschieden auf die verschiedenen Körper ein.
Mancl\e Körper, z. B. viele Salze, werden nur von Wasser gelöst, gsr
nicht oder weniger leicht von Alkohol, Aether, Oelen; andere lösen
sich nur in eilier der zuletzt bezeichneten oder einer anderen Flüssig-
keit. Femer sind die festen Substanzen in sehr ungleicher Menge
in ihren Lösungsmitteln löslich, wonach man Sie als leicht- oder
schwerlöslich bezeichnet. Es ist unrichtig, diese ünterseheidong
auch darauf anzuwenden, ob ein Körper rasch oder langsam von den
Lösungsmittel aufgenommen wird, denn dies hängt von Umständen ab,
welche in der Dichtheit ihrer Masse, ungenügender Berührung und de^
gleichen begründet sind und kann bei demselben Körper, je nachdem
er krystallisirt oder gepulvert ist u. s. w., sehr verschieden gefimden
werden.
Wenn ein Körper überhaupt löslich in einer Flüssigkeit ist, •<>
wird er in der Regel in grösserer Menge bei erhöhter als bei niede-
rer Temperatur aufgenommen. Die Erhöhung der Temperatur steigert
jedoch die Löslichkeit der verschiedenen Substanzen sehr ungleich,
und man hat bis jetzt hierfür den Grund nicht kennen gelernt. För
jede gegebene Temperatur besteht aber eine bestimmte Grenze, über
die hinaus eine Substanz von einem bestimmten Lösungsmittel nicht auf-
genommen wird. Eine Lösung, welche in dieser Weise so viel von
der festen Substanz enthält, als sie bei der gegebenen Temperatur an^
nehmen kann, wird gesättigt oder concentrirt genannt.
Man kennt Körper, die so leichtlöslich sind,'dass nicht einnal
ihr gleiches Gewicht an Wasser erforderlich ist, um sie aufzulösen, nnd
wieder andere, von denen 1 Thl. das hunderttausendfache Gewicht
Wasser selbst bei 100<>C. bedarf. Die chemische Constitution der Kör-
per scheint hierbei nicht in Betracht zu kommen. Die alkalischen Er-
den, BaiTt, Kalk und Magnesia bilden mit mehreren Säuren in Wasser
lösliche Salze, ebenso sind viele Salze, welche Schwefelsäure enthal-
ten, in Wasser löslich. Aber der schwefelsaure Baryt ist nahezu das
in Wasser unlöslichste Salz, welches wir kennen, der schwefelsaure
Kalk ist nur schwer, die schwefelsaure Magnesia aber leicht löslich
r
Auflöslichkeit* 551
m Wasser. Zn Übersehen möchte hierbei nicht sein, dass die grosse
Mehrsahl der Barytsalze weit schwerlöslicher ist als die Verbindungen,
welche dieselben l^uren mit Elalk bilden, und dass wir nnr wenig schwer-
lösliche Magnesiasalse kennen. Dass keine Verbindung des schwefel-
sauren Baryts mit Wisisser bekannt ist, während Gyps und Bittersalz Kry-
stall Wasser aufnehmen, kann der Grund nicht sein, denn wir finden bei an-
deren analogen Verbindungen ebenfalls Löslichkeits Verschiedenheiten,
ohne dass eine derselben Krystallwasser enthält. Chlorsilber ist un-
löslich in Wasser, Chlorblei schwerlöslich, Chlorzink ausserordentlich
leichtlöslich. Man kennt sonach bis jetzt keine Anhaltepunkte, nach-
dem sich im Voraus über die Löslichkeit eines Körpers Bestimmtes
sagen Hesse.
Man erhält nach 6ay-Lussac^), eine für eine bestimmte Tem-
peratur gesättigte Salzlösung mit gleichem Salzgehalt, man mag einen
üeberschnss desselben mit Wasser erhitzen und bis zu der bestimmten
Temperatur erkalten lassen, oder mit kaltem Wasser Übergossen langsam
auf dieselbe Temperatur erheben. Dies ist jedoch nur richtig bei Salzen,
welche entweder kein Krystallwasser enthalten, oder doch nur in einem
Verhaitniss mit Wasser krystallisiren. Salze, welche wie kohlensaures
und schwefelsaures Natron in Verbindungen mit verschiedenem Wasser-
gehalte zu krystallisiren vermögen, zeigen oft bei langsamem, ruhigem
Erkalten der in früherer Temperatur gesättigten Lösungen die Erschei-
nung, dass sie sich in weit grösserer Menge in Wasser gelöst erhalten,
oder sogenannte übersättigte >) Lösungen bilden, welche dann beim
umrühren. Schütteln oder durch die Berührung mit stanbhaltiger Luft,
oder wenn sie auf noch niedrigere Temperaturgrade abgekühlt werden,
plötzlich unter WärmeentwickeluDg krystallisiren»). Umrühren mit
ausgeglühten Glasstäben, Durchtreiben von über Schwefelsäure
u. s. w. gereinigter Luft ^ veranlasst dagegen die plötzliche Krystalli-
sation nicht.
Löwel hat~ ermittolt, dass bei folgenden Temperaturen in einer
gesättigten Lösnng A^ in einer übersättigten Lösung B^ auf 100
Thle. Wasser an wasserfreiem schwefelsauren Natron enthalten
sind:
bei 00
100
130
160
170
180
190
200
A 5,0
B 19,6
9,3
30,5
11,2
34,3
14,3
38,7
15,6
40,0
16,8
41,6
ISJi
43,4
19,6
44,7.
Von dem kohlensauren Natron hat Löwel^) ferner gezeigt, dass
ausser der gewöhnlichen Verbindung mit 10 Aeq. Krystallwasser noch
zwei verschiedene krystallisirbare Verbindungen, beide mit 7 Aeq. Kry-
stallwasser dargestellt werden können , welche in Wasser leichter als
das NaO.COs -f* lOHO löslich sind und zu der Entstehung von
zweierlei scheinbar übersättigten Lösungen Anlass geben, indem sie
sehr leicht in das gewöhnliche Salz Übergehen. Das Salz mit 7 Aeq.
^) 6. d6B«en «mfUhrliche Abhandlung ttber LSBÜchkeit r Annal. de ohim. et
de phys. L^.j T. IX, p. 296. — *) L. Gmelln, Handb. Bd. I, S. 10 n. 628 auch
207. — 3) Löwel, Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXXVI, S. 227; Jahresber.
▼. Liebig n. Kopp 1850, S. 294 u. ff. u. 1861, S. 881 u. ff. — *) LSwel,
Jahreaber. t. Liebig n. Kopp 1862, S. 868 vu ff.; Lieben, Wien. akad. Ber.
Bd. Xn, S. 771 u. 1087 und Jahreaber. t. Liebig u. Kopp 1864, 8. 822.
») Jahreaber. t. Liebig a. Kopp 1861, S. 881 n. 884.
552
Auflöslichkeit.
«•I
300
380
.<*
37,2
51,7
*Hi
43,5
• 1
Krystallwasser ht auch schon von Mit« eher lieh ')
worden.
In einer Lösung von kohlensaurem Natron können in 100 TUn.
Wasser an wasserfreiem kohlensauren Natron enthalten sein,
Lösungen das SaU mit 10 Aeq. Was^rgehalt enth< und nÜ
zeichnet wird, wenn sie das erste 8alz mit 7 Aeq. Wa8S«*gehallbi
löst hat, welches rhombische Krystalle bildet und diese mit B
net wird, wenn die Lösung des zweiten Salzes, welches 7 A4
atallwasper enthält und in quadratischen Tafeln krystallisirt C
wird, bei folgenden Temperaturgraden:
bei 00 100 150 200 25o
A 7,0 12,1 16,2 21,7 28,5
B 20,4 25,3 29,6 38,6 38,1
C 31,9 37,9 41,6 45,8
Nach diesem scheint e8,dass die Bildung Übersüttigter
stet^ von der Existenz von 'leichter löslichen Salzen mit verecl
Wassergehalt abhängt.
Die grössere Löslichkeit der Salze bei erhöhter Temperatitf
gewöhnlichste; auch das nach Fuchs Angabe bei jeder Ti
tur in Wasser gleichlösliche Kochsalz ist, wie Gay-Luseac
telte und Fehling^) undKarsten*) bestätigten, löslicher in
als kaltem Wasser. Aber nur bei einigen Salzen ist die
der Löslichkeit der der Temperatur proportional.
für jeden Gm4
100 Thle- Wasser bei 0«C. lösen ~ - - •
Chlorkalium 29,23
Chlorbarium, wasserfrei .... 30,62
Chlornalrium 35,15
Schwefelsaures Kali 8,36
Schwefelsaure Magnesia, wasserfrei 25,76
Bei den meisten steigt die Löslichkeit bei der Erw&rmmig
viel rascher als die Temperatur. Eine graphische Darstellung dt
lichkeitiverhältnisse mehrerer Salze verdeutlicht solche am 1
massigsten.
Es bezeichnen in dem beistehenden Schema, Fig. 32:
Temperaturerhöbiiag
. 0,2738
. 0,2711
. 0,04768
. 0,1741
. 0,4716.
«I
IIV
Auf der horizontalen Axe der Coordinaten werden die Temp«ra-^
turen von lOo zu lOOC., auf der verticalen die Gewichtsmengen bezo>
gen auf 100 Thle. Wasser, aufgetragen. Die einzelnen Punkte der
die Löslichkeit darstellenden Curve erhält man , indem man nach den
durch Versuche gefundenen Zahlen die Temperatur als Abscisae, die
Menge als Ordinate nimmt.
In einigen Fällen hat man eine geringere Löslichkeit von Sub-
stanzen in heissem als in dem kalten Lösungsmittel beobachtet. Das
bekanntes^ Beispiel ist das Kalkhydrat Erwärmt man klares gesät-
tigtes Kalkwaaser in einer verschlossenen Flasche, so trfibt es sidi,
und wird beim Erkalten wieder hell. Aehnlich verhält sich die L5-
>) Handwörterb. late Aufl. Bd. IV. S. öofc. — *) Fehling, Annal. d. GbtBL
u. Pharm. Bd. LXXVII, S. 882. — ") Karsten» Fortochr. d. Flijrs. 1846.
AuflÖsUchkeit. 553
Mog des citron- uud buUersauren Kalk« und die in der Kälte getä-
tigte Lösung de» Cerunydula.
KLg. 32.
Chlorsanrea Kali,
Sftljietarssuran Baryt,
Schwefelsaures Natron,
SchwofelsanroB Kali,
äalpetersanru Kali,
Anderthalb kohlensaure» Ai
Wawer,
Schwefelsaure Afagnesia, wasserfreie,
Kaliumchlorid,
Schwefelsaures Knpferazyd,
Bariumchlorid, wasserfreies,
I Natron, wasserfreies,
Bariuinchlorid, krystallisirtes.
liumoxyd mit 2 Aeq.
554 Auflöslichkeit
Gomplicirte LösungB- und S&ttigungsyerii<xiiBse treten ein, wem
mehrere Salze gleichzeitig im Ueberschoss dem Wasser dargeboten
werden , und so beschaffen sind , dass sie der gewöhnlichen Annahme
nach sich weder zersetzen noch bekannte Doppelsalze bilden.
Es kann dann sein, dass 100 Thle. Wasser bei einer bestimmteo
Temperatur weniger von dem einen und weniger von dem anderen
Salze aufnehmen, wenn, man sie mit einem Üeberschuss von beiden
schüttelt, als sie von jedem einzelnen gelöst haben -wfirden. In diesem
Falle erhält man auch eine Lösung mit gleichem Gehalt an beiden
Salzen wie die eben beschriebene, wenn man das Wasser erst mit dem
einen Salze sättigt und dann einen Üeberschuss des zweiten hinzobringti
indem ein Theil des Salzes der gesättigten Lösung auskrystallinit
Eine gesättigte Lösung von Kochsalz, mit Salmiak geschüttelt, nimnft
viel Salmiak auf und scheidet etwas Kochsalz in Würfeln ab ; aus einer
gesättigten Salmiaklöitung scheidet Kochsalz, indem es sich löst, etwas
Salmiak dendritisch ab. Mischt man eibe bei gewöhnlicher Tempere^
tur gesättigte Kochsalzlösung mit einer gesättigten Salmiaklösung, ao
entsteht ohne alle Temperaturveränderung ein Gemisch, welches sowoU
noch etwas Kochsalz wie etwas Salmiak lösen kann. Auch beim Er-
wärmen mit Kochsalz wird von dem gesättigten Gemisch nur noch wd>
nig Kochsalz aufgenommen und dieses beim Erkalten wieder abg^
schieden; setzt man dagegen Salmiak während des Erwärmens zu, ao
löst es diesen Anfangs klar auf, fügt man mehr hinzu, so wird dieser
zwar auch gelöst, aber Kochsalz reichlich ausgeschieden^ beim Abkfih*
len löst sich das Kochsalz wieder auf und der in der Hitze aufgelöste
Salmiak krystallisirt heraus. Aehnliche Verhältnisse zeigen Mischun*
gen von Salmiak und Ghlorkalium, letzteres mit Kochsalz oder Chlor-
barium ; auch salpetersaures Ammonium oxjd und Natron scheinen sieh
ähnlich zu verhalten.
Von manchen Salzen lost das Wasser gleichviel auf, sei es mit
einem Üeberschuss derselben allein oder mit einem zweiten Salze so-
gleich geschüttelt; von dem zweiten Salze wird aber dann eine kleinere
Menge aufgenommen, z. B. eine gesättigte Lösung von Chlorksliuro,
oder Kalisalpeter löst nur wenig schwefelsaures Kali, und wenn eine mit
letzterem gesättigte wässerige Auflösung mit den vorhergehenden Sal*
zen geschüttelt wird, so fällt viel schwefelsaures Kali heraus.
Endlich kann eine gegebene Menge Wasser mehr von dem einen
Salze auflösen, wenn es vorher mit dem zweiten gesättigt Vurde, und
zugleich auch noch mehr von dem zweiten aufnehmen. In diesem Falle
können dreierlei Sättigungs Verhältnisse unterschieden werden :
a) 100 Thle. Wasser von I8V4O C. mit dem Salze A gesättigt,
werden mit überschüssiger Menge des Salzes B geschüttelt;
b) durch B gesättigtes Wasser wird mit A gesättigt;
c) das Wasser wird mit einem Üeberschuss beider Salze gesättigt
In allen diesen Fällen findet keine Salzausscheidung statt.
a. b. o.
A Salmiak 37,98 44,33 39,84
B Salpeter 37,68 30,56 38,62.
Bei der Behandlung von Gemischen, welche dreierlei Salse ent-
halten, werden diese Verhältnisse noch complicirter ^).
*) Kopp, AoDal. d. Chem. n. Pharm. Bd. XXXIV, S. 260.
Aufschliessen. — Augenschwarz. 555
Es scheint schwierig, alle diese YerhältniBse anders zu erklären
sls durch die Bildung yon Doppelsalzen und Theilung der Säuren in
die verschiedenen Basen. y,
Aufschliessen. So bezeichnet man die Operationen, deren
Zweck es ist, in Wasser, Säuren oder anderen Flüssigkeiten unlös-
liche Substanzen durch Einwirkung gewisser Körper löslich zu machen ;
SB findet hauptsächlich Anwendung bei der krystallinischen Kieselsäure
und den durch die 'gewöhnlichen Säuren nicht zerlegbaren Silicaten;
iber auch bei anderen Substanzen kann man von Aufschliessen spre-
sheo, so beim schwefelsauren Baryt u. a. Das Aufschliessen kann auf
iMMsem wie auf trockenem Wege geschehen ; hauptsächlich dies letztere
VeHahren wird speciell unter der angegebenen Bezeichnung verstan-
den. Das Aufschliessen von Kieselsäure oder Silicaten geschieht durch
Zosammensohmelzen derselben mit den reinen oder erdigen Alkalien,
oder passenden Salzen dieser Basen, namentlich den kohlensauren und
ttlpetersauren Salzen, so wie durch Einwirkung von Fluorwasserstoff-
saure (s. das nähere Verhalten bei Kiesel, Bestimmung, Iste Aufl.
Bd. IV, S. 319). .
Bei dem Aufschliessen anderer Substanzen müssen die Mittel den
Bestandtheilen entsprechend sein ; schwefelsaurer Baryt wird durch
Schmelzen mit kohlensaurem Alkali, wie beim Kochen damit immer un-
vollständig zersetzt; schwefelsaurer Strontian und schwefelsaurer Kalk
lassen sich schon durch Kochen mit kohlensaurem Natron vollständig
is lösliches kohlensaures Salz überführen; geglühte Thonerde wird
durch Glühen mit saurem schwefelsauren Alkali aufgeschlossen, Chrom-
ciseDStein u. s. w. durch Glühen mit salpetersaurem Alkali. Die Metho-
deo des Aufschliessens wechseln daher zunächst nothwendig nach der
Natur des aofschliessbaren Körpers, und werden daher bei diesen zu
beschreiben sein (vergl. Bd. I, S. 820). Fe.
Augei^chwarz, Opkthaimo - Metanm ^ ist das zwischen der
Netz- und der Aderhaut des Auges der Wirbelthiere in einer besonde-
ren Zellenschicht abgelagerte schwarze Pigment. Seine chemische Na-
^ ist wie die der meisten, thierische Farbstoffe genannten, Substanzen
BQch sehr wenig erforscht.
Man hat versucht, das erwähnte schwarze Pigment durch Aus-
waschen der dasselbe enthaltenden Augenmembran rein zu erhalten,
Bad gewann so ein schweres, schwarzes, in Wasser, Alkohol und Aether
völlig unlösliches Pulver. Die ebenfalls in verdünnten Mineralsäuren
wenig oder gar nicht lösliche Substanz wird von kaustischen Alkalien,
jedoch nicht ohne Zersetzung (durch eine Entwickelung von Ammo-
niakgas angezeigt) gelöst.
Nach einer Untersuchung von Gmelin enthält die Asche des
Melanin der Augen die allgemein verbreiteten mineralischen Bestand-
theUe des ThierkÖrpers : Chlornatrium, phosphorsauren Kalk und
Eisenoxyd.
Drei Elementaranalysendes Augenschwarz, von Sc her er ^) an-
gestellt, ergaben in 100 Theilen: 58,0 0, 6,0 H, 14,0 N und 22,0 O.
Analysen schwarzer Pigmente anderer Theile des ThierkÖrpers,
▼om Aogenschwarz durch Reagentien nicht unterscheidbar, sind von
0 AaiMl d. Ghem. n. Pharm. Bd. XL, S. 68.
556 Augenstein. — Augit.
C. SobmidtO ^^^ Ueintz') geniaeht, haben aber ▼on einander so
abweichende Resaliate gegeben, dass an Anfstellnng einer cbemlsciMB
Formel für den Stoff noch nicht su denken ist
Dass das Angenpigment in naher chembcher Beziehong zum Bitil-
pigment stehe, ist wahrscheinlich, die Art dieser Beziehung aber bis-
her nicht näher definirt worden. F— r.
Augenstein {Lapis divinus)^ ein veraltetes Medicament« wird
bereitet, indem man gleiche Theile von Kupfervitriol oder Qrflnspao, Alaun
und Salpeter rasch in ihrem Krystallwasser schmilzt, ein Achtel Cainpher
hinzusetzt, und das Ganze schnell auf Blech ausgiesst, wo es dann zu
einer hellgrünlichen Masse erstarrt, welche kühlend, aber herbe metal*
lisch schmeckt und sich ziemlich vollständig in Wasser löst.
Augenstein heisst auch zuweilen der Zinkvitriol, weil er gegen
Augenkrankheiten gebraucht wird, so wie der Chalcedon, wenn er
mit einer dem Auge ähnlichen Zeichnung versehen ist.
Augit, Pyroxen. Diese Namen umfassen eine ganze Claaae
von Mineralien, denen 1) eine gewisse monoklinoSdrische Krystailform
(Prisma von nahe 87<> mit 7i^ geneigter BasisJ und 2) eine bestimmte
chemische Zusammensetzung eigen ist, welche sich durch das allgetneine
Formel-Schema 3 .(BO) 2.[Si03] ausdrücken lässt. In dem Gliede
(RO) treten besonders MgO, CaO, FeO, MnO und mitunter auch basi-
sches Wasser auf, indem 3 Doppelatome HO an die Stelle von 1 Atom
MgO treten (s. Isomorphismus, polymerer). Das Glied (SiOs) be-
steht entweder bloss aus Kieselerde (thonerdefreie Augite) oder aus
Kieselerde und Thonerde (thonerdehaltige Augite), indem 3 Atome
Ala Os hierbei 2 Atome SiOg polymer-isomorph vertreten.
Je nach der Art und relativen Menge der im Augit auftretenden
Basen, BO = CaO, MgO, FeO und (HO), zeigt sich dieses Mineral
mit sehr verschiedenem äusseren Charakter, der sich nicht bloss auf
Farbe, Olanz, Grad der Pellucidität und specifisches Gewicht, sondern
auch auf die, zum Theil mit Winkeldifferenzen der Grandform ver-
knüpfte krystallographische Ausbildung erstreckt, welche letztere es
besonders ist, die zur Aufstellung der verschiedenen Angitapecies
Veranlassung gegeben hat, von denen wir folgende als die wichtigstell
hier anführen.
Gemeiner Augit, BO = CaO, MgO, FeO. Ein Theil der
Kieselerde ist in mehreren dieser Augite durch Thonerde — 2 SiO^
durch 8 Al^ Os -^ vertreten. Schwarze, grünlich oder bräunlich schwarze,
undurchsichtige Krjstalle und krjstallinische Massen, spaltbar nach
einem monoklinoSdrischen Prisma mit Winkeln von nahe 87^ und 93^
Specif. Gewicht =: 3,33 bis 8,36. Die meist ringsum ausgebildeten Kry-
stalle kommen gewöhnlich in basaltischen oder anderen vulcaniscben
Grebirgsarten eingewachsen vor, woher der Name basaltischer
Augit. Von den sehr zahlreichen Fundstätten desselben nennen wir
Aetna, Vesuv, Eifel, böhmisches Mittelgebirge, Fassathal, Island. In
einigen dieser Augite ist MgO fast ganz durch CaO und FeO ver-
drängt. Der Hudson it von Nordamerika enthält vorherrschend FeO
und fast keine MgO ; zugleich ist in ihm ein sehr beträchUieher Tbeii
der SiOa durch Al^Os polymer- isomorph vertreten«
') Lehmann, phys. Chem. Bd. I, S. 296. — *) Ueinti, Zoochemle, S. SiS.
Aurade. ' 567
Pyrozen. Mit dieser BeneimiiDg <, obwohl dieselbe eigentlich
der ganzen Augitfamilie zukommt, nmfasst Dana gewisse grüne bis
dankelgrAne Augitvariet&ten , wie Fassait, Kokkolith (ans einer
Znsammenhänfang randlioher, krystalliniscber Komer bestehend), Fun-
kit, Baikalit u. s. w. Ihre chemische Zusammensetzung unterschei-
det sioh von der des geroeinen Angit besonders durch eine geringere
Men^ voa FeO*
Diopsid (weisser Augit, Mussit). RO besteht wesentlich
Bur am GaO und MgO, doch in einigen Varietäten sind auch kleine
Mengen FeO, MnO und selbst (HO) enthalten. Von weisser, graulich
bb grünlich weisser und licht grüner Farbe. Mitunter sehr schön
krystalllairt, so namentlich von der Mussa-Alpe in Piemont.
Malakolith. Ein an MgO reicher Äugit, der zugleich (HO)
enthält, und in welchem CaO und FeO nur untergeordnet aufzutreten
ptfegeo. Wegen seines Wassergehaltes weniger hart als die wasser-
freien Angite. Salit und Pyrgom schliessen sich, hinsichtlich ihrer
ehemischen Zusammensetzung, theils dem Malakolith, theils dem Pyroxen
und Diopsid an.
Diaila g, Broncit sind, wie der Bialakolith, wasserhaltige, an
MgO reiche Augite. in welchen zugleich mehr oder weniger SiOa
diireh AJ^O» polymer-isomorph vertreten zu sein pflegt. Im Hyper-
ithen ist FeO sehr vorherrschend. Alle diese Mineralien, welchen sich
tach gewisse au gi tische Talke (s. Talk) anschliessen, haben wegen
vorherrschender Deutlichkeit gewisser Spaltungsflächen, blättrige
Stmctnr.
Asbestartige Augite sind wasserhaltige Kalk-Magnesia- Augite
von fiiseriger Structur. Einige derselben treten als Paramorphosen
sot Dies ist z.B. der Fall mit dem Traverse 11 it i) (s. d.)i ein
wasserhaltiger Eisen- Magnesia -Augit von Traversella in Piemont.
Aach scheint hierher ein fast reiner Eisen-Augit zu gehören, welchen
Grüner ') analysirt hat.
Endlich sind hier noch folgende augitische Mineralien zu nennen.
Aegyrin, wahrscheinlich ein Elalk- Natron -Augit; Akmit (s. d.), in
welchem SiOg durch Al^Og und Fe^O^ vertreten wird; Spodumen
(».Akmit), in welchem AlfOg für 3 BO auftritt; Jeffersonit, ein
smkhaltiger Augit; Bhodonit, ein Bifangan- Augit, worin RO fast nur
= MnO.
Durch seine chemische Constitution steht der Augit in einer eigen-
^fimlichen Beziehung zum Vesuvian (s. d.)
Die Augite werden durch stärkere Mineralsäuren, mit Ausnahme
<ier Flosssänre, nicht vollkommen zersetzt. Ihr Löthrohrverhalten ist,
nseh den in ihnen auftretenden Bestandtheilen , natörlich ein verschie-
«lenes, doch nicht charakteristisch genug, nm durch diese? Verhalten
»Hein eine Augitspecies zu erkennen. n. s.
Aurade, Pomeranzenblüthencampher nennt PHsson
eioen aus dem Oleum neroU durch Znsatz von Alkohol in weissen perl-
motterglänzenden Nadeln abgeschiedenen Körper, wahrscheinlich das
Stearopten dieses Oeles. Nach Henry und Plisson enthält es 88,76
Kohlenstoff, 15,09 Wasserstoff und 1,15 Sauerstoff; ohne Zweifel rührt
^) Pogg. AiwaL Bd. XCin, S. 109. — *> Compt rend. T. XXIV, p. 794.
668 Atirantin, — Ausdehnung.
dieser Saneratoffgehalt nur vou einem Yerlnat an Kohknetoff b«i der
Analyse her, und dann hätte dieser Kohlenwasserstoff nahe dieselbe Zi»>
sammensetzung , wie das Stearopten des Rosenöles. Erhitzt schmilrt
dieser Korper bei 50® C, erstarrt beim Erkalten zu einer wachflsirtig-
unkrjstallinischen Masse und sublimirt bei Abschlnss der Luft ohne
Zersetzung. Er erfordert 10 Thle. siedenden Weingeist von 44^ B. sa
seiner Auflösung, er löst sich auch in Aether so wie in Terpeptinfii,
nicht aber in Wasser. Säuren verändern ihn nicht.
Man erhält aus frischem Neroli-Oel, welches reichhaltiger aU altes
ist, gegen 1 Proc. X.
Aurantin, syn. mit Hesperidin (s. iste Aufl. Bd. m,
S. 855).
Aurichalcit (von csunm^ Gold, und xalnog^ En, in
auf die goldfarbige Legimng, welche man bei der Bednction
kapfer- und zinkhaltigen Erzes enthält) nannte Böttger ein in dnrcli-
sichtigen, spangrünen, nadeiförmigen KrystaUen m Loktewsk mm Altai
vorkommendes Mineral, welches die Zusammensetzung 2(CuO . COf)
-j- 3 Zn O . H O) zu haben scheint , entsprechend 29 Kapferoxjd,
45 Zinkoxyd und 10 Wasser. ' Th. S.
Aurikel-Camphor, Aurikel-Stearopten^). Dasb«
der Destillation von (im April oder Mai gesammelten) frischen Aurikel-
wurzeln (von Primula aurictUd) mit Wasser erhaltene trübe DestiUal
soll einen weissen krystallinischen Körper von eigenthümlichem, stai^
ken, angenehmen Geruch absetzen; seine Lösung in Alkohol wird dordi
Zusatz von Eisenoxjdsalz zuerst roth, später unter Absatz einer br&im*
lichgelben harzartigen Substanz wieder farblos.
Aurin nennt Chevreul einen goldgelben Farbstoff, der sieh in
dem Bois de Sable neben einem rothen findet, der aber nicht unter-
sucht ist.
Auripigment s. Arsensulfide S. 316 und Arsen-
bienden S. 241.
Aurum mosaicum S. Musivum, syn. fOr das bei höhe-
rer Temperatur dargestellte metallisch -glänzende Zinnsulfid (s. d.).
Ausblühen s. Auswittern.
Ausdehnung. Unter Ausdehnung soll hier die Vergröase*
rung des Baumgehaltes der Körper bei gleichbleibender Masse TerstaD-
den sein, so dass die Volumenverändemngen , welche mit Aufnahm«
oder Abgabe eines anderen Stoffes verbunden sind, wie z. B. das Auf-
quellen oder Zusammenschwinden des Holzes oder anderer organischer
Substanzen in Folge der Veränderung des Feuchtigkeitsgehaltes, von
den folgenden Betrachtungen ausgeschlossen sind.
Die Vergrösserung des Baumgehaltes einer Substanz ohne ICas*
senveränderung kann durch mechanische Kräfte oder durch die Wärme
hervorgerufen werden. In beiden Fällen wirkt, bei starren und aoeh
noch bei tropfbarflüssigen Körpern, die Cohäsion, oder die gegenseitige
^} Hfl&efeld B Joura. f. prakt. Ghem. Bd. VH, S. 61 n. Bd. xVl, S. 111.
Ausdehnung. 559
iknziehnng der kleioBten gleichartigen Theilchen eines Körpers (eine
Knft, welefae an sich das Volumen eines Körpers zu verkleinern strebt)
Ausdehnung entgegen. Bei den Gasen ist die Cohäsion im AUge-
len nicht mehr merkbar und sie beginnt erst dann einen wahrnehm-
baren Einfluss SU äussern, wenn die Gase durch Verdichtung oder Ab-
kfiblnng dem Uebergange in die tropfbarflüssige Aggregatform, also dem
Zustande nahe gebracht sind, in welchem sie vorzugsweise Dämpfe ge-
muEUit werden. Es soll im Folgenden nur die durch die Wärme bewirkte
Amdehnung näher betrachtet werden.
Alle Substanzen, sie mögen dem starren, tropfbarflüssigen oder
gasförmigen Aggregatzustande angehören, dehnen sich aus, wenn ihre
Temperatur erhöht wird, und ziehen sich wieder zusammen, wenn sie
ab^ekfihlt werden. Es giebt nur äusserst wenige Ausnahmen von die-
sem allgemeinen Satze, und sie finden sich nur da, wo entweder die
Temperator eines starren Körpers sich dessen Schmelzpunkt nähert
(wie s. B. bei Bose's Metallgemisch zwischen 59^ und 95<^C.), oder
wo die Temperatur einer tropfbarflüssigen Substanz bei der Abkühlung'
dem Erstarrungspunkte nahe kommt (wie z. B. bei dem Wasser zwi-
selien 4« und QOC).
Eis mag noch erwähnt werden, dass im Folgenden nicht von sol-
chen Volnmenändemngen durch die Wärme die Bede sein soll, welche
manche Körper in hohen Hitzgraden erleiden, wie z. B. das Schwinden
oder Zusammensintern mancher, namentlich thonerdehaltiger Substanzen in
heftigem Feuer, und die Baumvergrösserung, und damit Abnahme des
qiecifischen Gewichts, welche manche Krystalle erfahren, wenn sie beim
Schmelzen in den amorphen, glasigen Zustand Übergehen, wie z. B. der
Yesavian von Egg (specif. Gewicht krjstallinisch 3,45; amorph 2,95);
Grosaular (3,63 und 2,95); Axinit (3,29 und 2,81); Granat von
Grönland (8,90 und 8,05).
I>ie genaueren Methoden, die Ausdehnung zu messen, welche Kör-
per einer Aggregatform in der Wärme erleiden, setzen die Kenntniss
der Ausdehnung von Substanzen anderer Aggregatformen voraus. Da
es indessen zu weitläufig wäre, den historischen Weg, auf welchem man
allniälig zur Kenntniss der genaueren Ausdehnungswerthe gelangte,
hier zn verfolgen, so soll nach einander die Ausdehnung der starren,
der tropfbarilüssigen und gasförmigen Körper abgehandelt werden.
1. Ausdehnung starrer Körper.
Die Ausdehnung der starren Substanzen ist, der bei ihnen noch
staiic vorherrschenden Cohäsion wegen, nur äusserst gering. Durch eine
Erwännong von 0^ auf 100® C. wird der Raumgehalt derselben um
i/mo bis höchstens ^/s« vergrössert.
Unter diesen Umständen kann die Verlängerung einer linearen
Dimension oder die sogenannte lineare Ausdehnung ohne merkba-
roiFehler dem dritten Theile der räumlichen Ausdehnung gleich-
gesetzt werden. Denn angenommen, es verlängere sich jede Seite
eines Wflrfels, welche bei O^C. gleich 1000»» war, durch Erwärmung
auf lOO^C. um 1*"*, also um Viooo ^^^ nrsprOnglichen Länge, so ist
der Banmgehalt des auf lOO^C. erwärmten Würfels in Cubikmillime*
tem (1000 + 1)«
= 1000» -f. 8. 1000« -f. 8 . 1000 + 1.
= 1 000 000 000 -f 8 000000 + 8000 -f 1.
560 Ausdehntttig.
VeniachläaBigt man die beiden letzten Glieder, als im Vergleich mit
der Hauptsumme völlig unerheblich, so hat maft eine Baumvergröase«
ruug von '/looo ^^^ anfänglichen Volumens. Nennt mnn daher den
Betrag ff, uro welchen die Lüirgeneinheit einer Substanz durch Erwär-
mung von t auf t -\- l Grad zunimmt, den linearen Ausdehnungs-
coSfficienten der betreffenden Substanz bei der Temperatur t^ bo
ist 3a der räumliche Ausdehnungscoefficient für die oiim-
liche Temperatur. Bei vielen starren Substanzen bleibt der Betrag,
um welchen die Längeneinheit oder die Baumeinheit sich durch Erhö-
hung der Temperatur um Einen Gi'ad ausdehnt, innerhalb sehr weiter
Temperaturgrenzen (z. B. zwischen 0® und 100^ C.) constant^. In
solchen Fällen wird jener Ausdehnungswerth für die Erwärmung um
1<^C. schlechthin der lineare oder der cubische AusdehnungscoSf&cient
der betreffenden Substanz genannt, und wenn die Ausdehnung a einer
Länge /, oder die Ausdehnung (t eines Volumens v des Körpers bei
Erwärmung von 1^ auf t^ beobachtet wurde, 9o ist mit genügender An-
'näherung, abgesehen von einer bestimmten Temperatur:
a =' jr r der lineare AusdehnungscoeflUcient,
a' = 3 a = -=- r der cubische AusdehnungscoSfHcient.
Der Raumgehalt von Gefässen vergrössert sich beim Erwärmen
gerade so, als wenn er mit der starren Substfinz erfüllt wäre, aus wel-
cher die Gefäss wände bestehen. Bezeichnet cC die cubische Ansdeh*
nung einer Glassorte für l^C, so wird ein Gefäss aus solchem Glase,
welches bei 0<^C. einen Raumgehalt Vq hat, bei t9 ein Volumen Vt
= ^(1 ~F~ A'O haben. Die nämliche Betrachtungsweise ist anwend-
bar, wenn ein Glasgefäss durch eingeritzte Skale in gleiche Ranm-
theile eingetheilt ist und als Volumeneinheit der Raum betrachtet wird,
welcher bei O^C. zwischen zwei nächsten Theilstrichen begriffen ist
Hat man bei ifi ein scheinbares Volumen V beobachtet , so ist das auf
die angenommene Einheit reducirte wahre Volumen F(l -(- oT i).
Die lineare Ausdehnung ist für solche Substanzen gemessen wor-
den, uns welchen sich längere Stäbe darstellen liessen. Der eine E^nd-
punkt derselben wurde unverrückbar befestigt und die Länge derStibe
mittelst am anderen Ende angebrachter mikrometrischer Apparate bei
zwei Temperaturen gemessen, welche sich lange genug constant er-
halten liessen (z. B. O^^C, mittelst Umgeben der Stäbe mit schmel-
zendem Eise, und lOO^C. , mittelst Umgeben mit siedendem Wasser
oder mit den aus siedendem Wasser sich entwickelnden Dämpfen), uro
sicher sein zu können, dass die Substanzen durch ihre ganze BCasse
die betreffende Temperatur angenommen hatten. Es wiurden auf diese
Weise folgende Au.«dehnnngen ^) der Längeneinheit gefunden:
') Wann dies auch nicht in tller Strenge der Fall ist, vielmehr höchst wmhr-
Bcheinlich bei allen starren und tropfbarflttssigen Körpern der AusdehuungscoSfBcient
in höherer Temperatur wächst, so scheint derselbe doch oft innerhalb der Grense, bis
zu welcher die Genauigkeit der Beobachtung reicht, constant zu sein.
<) Die Tabelle enthält fast durchgängig die von Lavoisier und La place ge-
fundenen Werthe.
Ausdehnung.
561
Substanzen.
■«H
Verlängerung
für das In-
tervall
0» bis 100« C.
Substanzen.
Verlängerung
fiir das In-
teryall
0« bis 100» C.
Antimon . . •
Blei
Bronze . . . .
Eisen: ,
Gusseisen . •
Schmiedeeisen
Eiaendralit . .
Glas
Gold, gegitiht ....
„ nickt geglüht .
Hartloth:
1 Zink, 2 Rupfer . .
Kupfer
Marmor von Carrttra .
Messing
0,001088
0,002848
0,001817
0,001109
0,001220
0,001140
0,000776
bis
0,000944
0,001514
0,001552
0,002058
0,001718
0,000849
0,001867
bis
0,001890
FUtin
Sandstein . . . .
Silber
Spiegelinetall . .
Stahl:
gehärtet ....
weich
Weichloth:
1 Zinn, 2 Blei .
Wismuth . . . .
Zink:
gegossen . . . .
gehämmert . . .
gewalzt . . . .
Zinkloth:
1 Zinn, 2 Kupfer
Zinn
0,000857
0,001174
0,001910
0,001988
0,001800
0,001079
0,002505
0,001892
0,002987
0,003108
0,008331
0,002058
0,001983
bis
0,002178
Wie man sieht, sind je nach der physikalischen BeschaflPenheit der
Metalle, je nachdem dieselben gegossen, gehämmert und gewalzt, ge-
härtet oder angelassen sind, die Ausdehnungscoefiieienten verächieden.
Im Aligemeinen scheinen die Operationen, welche die Dichte vermeh-
ren , auch die Aasdehnung durch die Wärme zu vergrössern. Uebri-
geos sind auch bei scheinbar gleichartigem Zustande der Substanzen von
▼erschiedenen Beobachtern sehr ungleiche Ausdehn'ungswerthe gefunden
worden, was bei zusammengesetzten Körpern, wie Glas, Messing, Stahl,
▼on dem Mangel an chemischer Gleichheit, bei einfachen Substanzen
Ton kleinen Verschiedenheiten der physikalischen Beschaffenheit her-
rühren möchte. In Fällen, wo es auf grösste Schärfe in der Bestim-
mung der Längenausdehnung ankommt, wie z. B. bei Stäben, welche
zu Pendelbeöbachtungen oder bei Basismessungen dienen, kann man
sich daher nicht auf vorhandene Angaben Ober die Ausdehnung der
betreffenden Substanz verlassen, sondern muss die Bestimmung der
Längenaosdehnung an jedem Individuum besonders vornehmen; dies
war z. B. von Borda bezüglich der vier Platinlineale (jedes von zwei
Toisen oder 12 Pariser Fuss Länge) geschehen, welche als Maassstäbe
bei den zur Fesstellung des Meters vorgenommenen französischen Grad-
messongen gedient haben.
Anf die Platinlineale waren Kupferlineale am £inen Ende befestigt,
am anderen Ende trugen diese letzteren eine Theilung, welche unmit-
telbar Zwanzigtausendtel von der Länge der Lineale angab, während
ein anf dem Platinlineale befestigter Nonius noch Zehntel solcher
Thefle, also noch etwa Hundertel Pariser Linien, abzulesen gestattete.
Auf diese Weise kann der Unterschied der Ausdehnung zweier Stäbe
von gleicher Länge, aber aus verschiedenem Material, sehr genau beob-
mckMt and, wenn derAusdehnungscoSfficient für die Substanz des einen
BndwOrtcrbiich dw Üb«iiii«. 2te Aafl. Bd. U.
36
562 Ausdehnung.
Stabes bekannt Ut, derjenige für die Substanz des zweiten Stabes ge-
funden werden.
Gresetzt, bei 0^ G. haben beide Stäbe die Länge Ly bei fi der erste
Stab die Länge Z' = Z(l + at), der zweite Stab die Länge L" =
Lil ^ a'ty, so ist L' — L" = L t(a — iT). Es ist aber L' — V
der beobachtete Längenunterschied, so dass mithin, wenn a bekannt
13t, a' berechnet werden kann, und es ist auf diese Weise z. B. ^on
DuloBg und Petit (He Ausdehnung des Kupfers ans derjenigen des
Platins abgeleitet worden.
Darf man dagegen die Ausdehnung der Substanzen zweier nach
der oben angegebenen Art verbundener Lineale als bekannt und inner-
halb eines gewissen Temperaturintervalles auch den Temperataren des
Quecksilbertherroometers proportional annehmen, so kann das System
der beiden Lineale als Metallthermometer dienen, und es Ist diese Art
der Temperaturbestimmung von besonderem Werthe bei Maassstäben,
welche zu genauen Längenmessungen dienen sollen, weil diese dann
ihre eigene Temperatur angeben. Gesetzt, beide Lineale haben bei
0<^C. gleiche Länge und zeigen bei 100^ C. einen Längenunterschied
Z>, bei (^ einen Längenunterschied d, so ist die Tenlperatur durch die
Oleichung ( = — 100 gegeben.
Wenn gerade dünne Streifen zweier Metalle von ungleicher Aus-
dehnung ihrer ganzen Länge nach mit einander verbunden werden, so
müssen sich dieselben bei jeder Temperaturänderung biegen, indem das
weniger ausgedehnte Metall auf die concave , das stärker ausgedehnte
auf die convexe Seit^ des KrÜmmungsbogens zu liegen kommt. Diese
Conseqnenz der ungleichen Ausdehnung ist in dem MetallthermooDeter
(vergl. Art Thermometer) zur Messung der Temperatur angewandt
Verglichen mit den durch das Quecksilberthermometer gemessenen
Temperaturen wächst der AusdehnungscoSfficient vieler starrer Körper
in höherer Temperatur, und dies ist noch mehr der Fall, wenn man
die Temperaturangaben des Luftthermometers (vergl. Art Thermo-
meter) zu Grunde legt, d. h. die Ausdehnung der Metalle mit derjenigen
der Luft vergleicht So ergaben sich z. B. für die folgenden auf die
Angaben des Luftthermoraeters bezogenen Temperaturintervalle die
mittleren linearen Ausdehnungen:
Zwischen 0<> und 100<^ C. Zwischen 0« und SOC" C
Für Platin .... 0,00088420 .... 0,00275482
„ Glas .... 0,00086183 .... 0,00303252
„ Eisen .... 0,00118210 .... 0,00440528
„ Kupfer. . . . 0,00171820 .... 0,00564972.
Es würden hiemach Thermometer aus Platin, Kupfer, Glas, Eisen,
wenn man den Eis- und den Siedepunkt bei denselben auf die gewöhn-
liche Art festgelegt hätte, bei 300<^C. des Luftthermometers die folgen-
den Temperaturen angeben:
Lnft PUitin Kupfer Glas Eisen
800« 3120 8290 8530 3730
Die Messung der Ausdehnung der genannten Substanzen bei die-
sen hohen Temperaturen waren übrigens von Dnlong und Petit
nicht an Stäben ausgeführt worden; vielmehr bestimmten diese For-
jeher snnächstdie cubische Ausdehnung so, dais sie eine bestinuBte
Ausdehnung. 568
Grewichtsmenge der betreffenden Substanz in ein Glasgefäss brachten,
welches nachher zn einer capillaren Spitze aasgezogen und übrigens
mit reinem Quecksilber gefüllt wurde. Der Apparat wurde dann, w&h-
rend seine Spitze unter Quecksilber tauchte, verschiedenen Tempera-
turen ausgesetzt und jedesmal durch Wägung bestimmt, wie viel Queck-
silber noch zur Ausfüllung des Zwischenraumes zwischen der einge-
brachten starren Substanz und den Glaswänden erforderlich war. Ans
der bekannten Ausdehnung des Quecksilbers und der daraus abgeleiteten
dea Glases (vergl. unten Ausdehnung tropfbarflüssiger Körper)
konnte dann auf die cubische Ausdehnung der eingebrachten starren
Substanz geschlossen werden.
£in anderes Verfahren, die cubische Ausdehnung starrer Substan-
zen zu bestimmen, besteht darin, dass man bei verschiedenen Tempera-
toren die Dichtigkeiten jener Substanzen ermittelt, diejenige des Was-
sers bei O^C. (oder bei 4<^C.) als Einheit angenommen. Die Baum-
gehalte derselben Gewicbtsmenge verhalten sich umgekehrt wie die
Dichtigkeiten bei den bezüglichen Temperaturen.
Es ist zu diesem Zwecke erforderlich^ zunächst die G^wichtsmen-
gen reinen luftfreien Wassers zu bestimmen, welche ein Glasfläsch-
chen mit eingeriebenem Stöpsel bei verschiedenen Temperaturen auf-
nimmt; sodann, nachdem eine bestimmte Gewichtsmenge der starren
Substanz in das Fläschchen gebracht und die Zwischenräume wieder
mit reinem Wasser gefüllt wurden, zu ermitteln, welches das Gesammt-
gewicht bei verschiedenen Temperaturen ist Es sei für die Tempera-
tur t
W das Gewicht des im Fläschchen enthaltenen Wassers,
P das Gewicht der eingebrachten starren Substanz,
S das Gewicht des Inhaltes des Fläschchens, wenn es die starre
Substanz und Wasser enthält,
P
ao i»t -= — =- = Di gleich der Dichte der starren Substanz bai
W — (.o — Jr)
t9 bezogen auf Wasser von gleicher Temperatur. Ist femer Vf das
Volamen, welches die bei 0^0. abgemessene Baumeinheit Wasser bei
fi annimmt, so ist r~ == Dq die Dichte der starren Substanz bei f^
bezogen auf Wasser von 0<>C. als Einheit Es ist demnach bei diesar
Methode die Kenntniss der Ausdehnung des Wassers durch die Wärme
vorausgesetzt (vergl. S. 576). Hat man ebenso für eine Temperator
i^ die Dichte der starren Substanz D'q gefunden, so ist
Dp — D'o
(r-Oi>'o
die mittlere cubische Ausdehnung derselben für l^C. innerhalb des
Temperaturintervalles von t^ bis t^. Auf diese Weise sind folgende
Besoltate von U. Kopp gefunden worden:
86
564
Ausdehnung.
Sabstanc.
Räamliche
Ausdehnung
für 1«C.
Substanz.
BäomEche
Ansdehnrntf
für VC
Kupfer .
Blei . . .
Zinn . .
Eisen . .
Zink . .
ELadmium
Wismuth
Antimon .
Schwefel .
Bleiglanz
Zinkblende
l^isenkies
Rutil . .
Zinnstein
Eisenglanz
0,000051
0,000089
0,000069
0,000087
0,000089
0,000094
0,000040
0,000083
0,000188
0,000068
0,000086
0,000084
0,000082
0,000016
0,000040
Magneteiaen . .
Flussspath . . .
Airagonit . . .
Kalkspath . . .
Bittenpath . . .
Eitenspath . . .
Schwerspath . .
Cölestin ....
Quarz
Orthoklas ....
Weiches Natronglas
Andere Sorte . .
Hartes Kaliglas . .
0,000019
0,000068
0,000065
0,000018
0,000085
0,000085
0,000058
0,000061
(0,000042
10,000089^
(0,000086
|0,000017»)
0,000086
0,000084
0,000091
Die In dieser Tabelle mit *) bezeichneten Werthe bestimmte H. Kopp
nach der oben angegebenen Methode von Dalong nnd Petit.
Die Zunahme der Aoadehnong starrer SubstanzeQ mit steigender
Temperatur tritt bei vielen ganz besonders merklich in der Nähe des
Schmelzpunktes hervor, auch abgesehen von der jähen Volumenver-
grösserung der meisten Körper im Augenblick des Schmelzens selbst
Namentlich solche Körper zeigen ein stärkeres Anwachsen des Ansdeb-
nungscoSfficienten, welche vor dem Schmelzen durch verschiedene Grade
der Weichheit und Zähflüssigkeit hindurchgehen , ehe sie völlig flussif
werden, wie man dies unter Anderen bei Stearinsäure und Wachs beob>
achtet. Auch das Chlorcalcium zeigt eine deutliche Zunahme der Aus-
dehnung fbr gleiche Temperatur Intervalle in der Nähe des Schmeb-
pnnktes. Die folgende Uebersicht giebt die Volume der genannten Kdr-
per für gleiche Temperaturintervalle, das Volumen bei 0<^G. gleich 1
angenommen ; ausserdem noch die Volume bei dem Schmelspunkte f8r
den starren und flüssigen Zustand nach den Bestimmangen von H. Kopp:
Starr
Schwefel
Volumen
00 280 460 690 920 1150
1 1,004 1,009 1,015 1,024 1,096
Ausdehnung für je 2 30 0,004 0,005 0,006 0,009 0,072
115«
1,150
Stearinsäure
Volumen . .
Ausdehnung für je 350
Wachs .
Volumen
Ausdehnung für je 320
Chlorcalcium
Volumen . . •
Ausdehnung für je lOo
Starr
Flüssig
00 350 700
700
1 1,025 1,079
1,198
0,025 0,054
Starr ^
Flüssig
00 320 640
640
1 1,018 1,161
1,166
0,018 0,143
•
Starr
Flüssig
00 100 200
290 290
1 1,008 1,007
1,020 1,118
0,008 0,007
Ausdehnung. 565
Eine besondere Erw&hnnng verdienen noch das Stearin und Ro-
se'8 leichtflfiBBige MetaUlegining (ans 2 Thln. Wismuth, 1 Thl. Zinn
und 1 Thl. J^lei bestehend), für welche die folgende Uebersicht die
Zunahme des Volumens (das Volumen bei 0<^ = 1 angenommen) beim
Erwärmen, insbesondere aber das bezügliche Verhalten in der Nähe
des Schmelzpunktes erkennen lässt
Temperatur.
Stearin.
RoBc's Legirang.
0«
1,0000
1,00000
10
1,0087
1,00055
20
1,0086
1,00099
30
1,0148
1,00147
40
1,0222
1,00199
50
(1,0308 erste Modification
n,0O76 zw.eite „
1 1,00847
60
(1,0759 starr
11,1298 flüMig
1 1,00267
70
1,1397
1,00220
80
1,1501
1,00060
90
1,1604
0,99724
95
—
0,99467 starr
98
1,01014 flüssig
100
__ «
1,01104
110
—
1,01552
Das Stearin geht bei 50^ C. unter vorübergehender Schmelzung in
eine zweite Modification über, indem es zugleich eine bedeutende Volu-
menveränderung erleidet; es dehnt sich dann als starrer Körper sehr
nseh wieder aus, und im Moment des zweiten Schmelzens nochmals
um 5 Procent.
Rose 's Legirung dehnt sich bis zu 59<^C. aus, zieht sich aber ab-
oonner Weise wieder zusammen, so dass es bei 82^0. wieder das näm*
Uehe Volumen hat, wie bei 0<^C. , und bei 95<^C., im Moment des be-
ginnenden Schmelzens, ein noch kleineres Volumen einnimmt
Alle amorphen starren Substanzen, so wie die im regulären Sy-
steme kry stall isirenden Körper dehnen sich nach allen EUchtungen
gleich stark aus, daher man auch aus der cubischen Ausdehnung die
lineare oder umgekehrt (vergl. oben S. 560) ableiten kann. Bei Kör-
pern dagegen, welche in einem anderen Systeme, als dem regulären
kT}r8tallisiren, ist die Ausdehnung mit der Richtung gegen die Krystall-
sxcQ verschieden. Bei organischen Körpern, welche Textur besitzen,
iit ebenfalls eine mit der Richtung verschiedene Ausdehnung (bei Tan-
nenholz z. B. eine andere Ausdehnung nach der Richtung der Fasern,
*k rechtwinkelig gegen dieselbe) wahrgenommen worden. Bei den-
^stallen spricht sich die mit der Richtung verschiedene Ausdehnung
*m deutlichsten in der Veränderung der Flächenwinkel aus. Die Flä-
chen, welche in den Endkanten des KalkspathrhomboSders zusammen«
"Motten, bilden bei gewöhnlicher Temperatur zu je zwei einen Winkel
▼on 10505'; bei lOOoC. ist dieser Winkel um 8,5' kleiner, derFlächen-
vmkel an den Seitenkanten (74<^ 55' bei gewöhnlicher Temperatur)
on ein entsprechendes grösser geworden. Das RhomboSder hat sich
^sr Würfelform genähert. Nennt man die lineare Ausdehnung för das
Migegebene Temperaturintervall in Richtung der Hauptaxe «, diejenige
566 Ausdehnung.
in Bichtang der Nebensxe y, so folgt aas jener Winkeländenmg, dasi
= 1,00842, während femer ar+2y = 0^018,
1 + y
weil die r&nmliche Ausdehnung nach 8. 564 = 0,0018 ist Hieniu
folgt aber x = 0,00288 und y = — 0,00054, so dass sich also eine
Znsammenaehang, anstatt einer Ausdehnung in Bichtang der Neben-
axe ergiebt. Wenn man zwei Blättchen von einem Gypskrystall ab-
löst und sie mit rechtwinkelig gekreuzten Axen wieder aufeinander
leimt, so biegt sich das System bei Erhöhung der Temperatur ans dem-
selben Grunde, wie ein System zweier Streifen aus verschiedenen Me-
tallen, welche durch die Wärme ungleich ausgedehnt werden. Jene
Formänderung ist ein Beweis för die ungleiche Ausdehnung des 67p-
ses in Bichtnng verschiedener Krystallazen.
Mit der höchsten Wahrscheinlichkeit kann man annehmen, dass bei
den Krystallen des quadratischen und des hexagoualen Systems (also
bei den optisch -einaxigen) die Ausdehnung durch die Wärme nach
allen auf der Hauptaxe rechtwinkeligen Bichtungen gleich ist, dass m
dagegen bei den Krystallen des rhombischen Systems und bei denjeni-
gen der schiefaxigen Systeme (also bei den optisch -zweiaxigen) nach
drei zu einander rechtwinkeligen Bichtungen verschieden ist.
2. Die Ausdehnung tropfbarflüssiger Körper.
Die Ausdehnung tropfbarflüssiger Körper durch die Wärme ist
im Allgemeinen beträchtlicher als diejenige starrer Substanzen, sie
liegt ffir eine Erwärmung von 0<^ auf lOO^^G. zwischen 1/5« bis Ve ^^
«nf anglichen Banmgehaltes, und ist im Allgemeinen um so grosser, bei
je niedrigerer Temperatur eine Flüssigkeit siedet, je näher dieselbe
also bei gewönlicher Temperatur ihrem Siedepunkte liegt.
Die gebräuchlicheren Methoden, die Ausdehnung einer Flüssigkeit
m messen, geben zunächst nur deren scheinbare Volumenvergrösse-
rnng in Glasgefässen, weil der Baumgehalt der letzteren selbst beim
Erwärmen grösser wird. Um die wahre Baumvergrössemng der
Plfissigkeit aus der geringeren scheinbaren abzuleiten, müsste man die
Glasausdebnung kennen. Da indessen die Genauigkeit der Versuche
erfordert, diese Ausdehnung für jede angewendete Glassorte besonders
an bestimmen , und dies nur dann mit Leichtigkeit und Sicherheit ge-
schehen kann, wenn man eine Flüssigkeit von bekannter wahrer Ana*
dehnnng in jene Gefässe einschliesst , und deren scheinbare Ausdeh-
nung beobachtet, so war es erforderlich für Eine Flüssigkeit die wahre
oder absolute Ausdehnung nach einer von der Ausdehnung starrer
Körper unabhängigen Methode zu ermitteln. Das Quecksilber, welches
seines hohen Siedepunktes wegen in niederen Temperaturen eine sehr
gleichmässige, mit den Angaben des Luftthermometers (vergl. d. Art
Thermometer) fast gleichen Schritt haltende Ausdehnung zeigt, er-
schien hierzu am geeignetsten; es wurde dessen wahre Ausdehnnog
zuerst von Dnlong und Petit, später von Regnault auf die Weise
bestimmt, dass die Höhen der auf verschiedene Temperaturen gebrach*
ten Quecksilbersäulen gemessen wurden, welche sämmtlich einer con-
stant auf 0® G. erhaltenen Quecksilbersäule von unveränderlicher Hohe
das Gleichgewicht hielten. Das Volumen des Quecksilbers bei O^C.
gleich 1 gesetzt, fand Begnault für die mit dem Luftthennometer
gemessenen Temperaturen folgende Baumgehalte:
Ausdehnung.
567
Ramiiffeluüt
bei !•
Mittlerer Ausdeh-
Wahrer Ansdeb-
t
nunffscoefficieot
swisäen 0* and 1*
nnngscoefficient
bei <•.
0«
1,000000
0,00000000
0,q0017905
10
1,00179« '
0,00017925
0,00017950
30
1,008590
0,00017951
0,00018001
80
1,005898
0,00017976
0,00018051
40
1,007201
0,00018002
0,00018102
50
1,009018
0,00018027
0,00018152
60
1,010831
0,00018052
0,00018208
70
1,012655
0,00018078 •
0,00018268
80
1,014482
0,00018102
0,00018804
90
1,016815
0,00018128
0,00018854
100
1,018153
0,00018158
0,00018805
110
' 1,019996
0,00018178
0,00018455
IW
1,021844
0,00018208
0,00018505
180
1,028697
0,00018228
0,00018556
140
1,025555
0,00018254
0,00018606
150
1,027419
0,00018279
0,00018657
160
1,029287
0,00018304
0,00018707
170
1,081160
0,00018829
0,00018758
180
1,088089
0,00018855
0,00018808
190
1,084922
0,00018880 '
0,00018859
200
1,046811
0,00018405
0,00018909
210
1,088704
0,00018480
0,00019959
220
1,040608
0,00018456
0,00019010
280
1,048506
0,00018481
0,00019061
240
1,044415
0,00018506
0,00019111
250
1,046829
0,00018581
0,00019161
260
1,048247
0,00018557
0,00019212
270
1,050171
0,00018582
0,00019262
280
1,052100
0,00018607
0,00019818
290
1,054084
0,00018682
0,00019868
300
1,055978
0,00018658
0,00019418
SlO
1,057917
0,00018688
0,00019464
320
1,059866
0,00018708
0,00019515
880
1,061820
0,00018788
0,00019565
340
1,068778
0,00018758
0,00019616
350
1,065748
0,00018784
0,00019666
Die letzte ColnmDe dieser Tabelle giebt an, um wie viel in den
▼erschiedenen Regionen der Temperatnrskale von 0^ bis 850^ C. die
Ranmeinheit Quecksilber sich durch Erhöhung der Temperatur um
1*C. aosdehnV 100000 000 Cubikmillimeter Quecksilber, bei 0<>C. ab-
gemessen, nehmen bei l^C. einen Raum von 100017 905 GubikmilH-
meter ein; 100000 000 Cubikmillimeter Quecksilber, bei SOO^C. abge*
messen, nehmen bei 8010C. einen Raum von 100019 413 Cubikmilli-
meter ein. Der wahre Ausdehnungscoßfficient wächst mithin
mit der Temperatur. Die dritte Columne enthä^ die Quotienten des
Unterschiedes des zwischen dem Volumen des Quecksilbers bei t^iVt)
and demjenigen bei O^CVq = 1) dividirt durch die Anzahl der Tem-
peraturgrade t, also — , die sogenannten mittleren Ausdeh-
nnngscogfficienten. Zwischen Oo und lOO^C. ündem sich diesel-
ben so wenig, dass man die wahre Ausdehnung des Quecksilbers, und
nm so mehr noch die geringere scheinbare Ausdehnung im Glase, als
den Temperaturen des Luftthermometers proportional annehmen kann.
Wenn die. Punkte 0^ und lOO^C bei einem Quecksilber- und einem
Loftthermometer unter gleichen Umständen bestimmt waren, also noth-
568 Ausdehnung.
wendig zusammenfielen, ergab eine genaue Yergleichung die folgenden
Abweichungen zwischen dem Luft- und dem Queckailberthermomeler:
Luft:
— 860 00 4- 1000 129,90 148,70 197,Oo 245,0© 292,70 350o
Quecksilber :
_ 860 00 -|. lOOo 1300 150o 200© 250© 300© 360«
Ans obiger Tabelle ergiebt sich , wenn man die darin enthaltene
absolute Ausdehnung des Quecksilbers als Maass der Temperaturen
annimmt, die Yergleichung mit dem Luftthermometer :
Luft:
00 500 looo" 1800 1500 200o 250« 300© 350«
^Quecksilber *
00 49,60 1000 180,50 151© 202,80 255,2o 308,3o 362,2«
Auf den Grund obiger Tabelle über die wahre Ausdehnung des
Quecksilbers lässt sich nun die kubische Ausdehnung von Glasgef&ssen
bestimmen. Es kann dies dadurch geschehen, dass man das zu capilla-
rer Spitze ausgezogene Glasgefäss mit reinem Quecksilber anter Veiv
meidung aller Luftblasen füllt und dann nacheinander den Temperato-
ren Oo und lOOoC. aussetzt, während die Spitze dabei unter Quecksil-
ber taucht und dass man beidemal wägt. Gesetzt man habe gefunden
das Gewicht des leeren Glasgef ässes = P
das Gewicht des gefüllten Gef ässes bei Oo C. . . . = P
das Gewicht des gefüllten Gef ässes bei lOOo . . . := i>
und es sei D die wahre Ausdehnung des Quecksilbers, S die kubische Aus-
dehnung des Glases, beide zwischen OOund lOOoC. genommen, so hat man
Häufiger wird der Fall vorkommen, dass man die Glasaasdehnung
thermometerähnlicher Apparate zu kennen wünscht, welche mit getheil-
ter Skale versehen sind und bei welchen zuvor nnsgemittelt wurde,
wie viele einem Skalentheile entsprechender Raumeinheiten das Gefäss
des Apparates fasst Sind solche Apparate bis zu einem gewissen
Punkte der Skale mit reinem luftfreien Quecksilber gefüllt, so braucht
man sie nur den Temperaturen von Oo und lOOO C. auszusetzen und die
scheinbaren Volume V und V' des Quecksilbers bei diesen Tempen-
tnren in Skalentheilen ausgedrückt zu beobachten, um die Glasausdeh-
nung (d) bestimmen zu können. Es ist nämlich das scheinbare Volu-
men des Quecksilbers P bei lOOOQ., berichtigt f^r die Ausdehnung
des Glases, gleich dem Volumen des Quecksilbers bei OoC, vermehrt um
die wahre Ausdehnung D des Quecksilbers zwischen OO und lOOOG., also
F(l + S) ^V{\ -f D) oder i = -^(1 + D) _ 1.
Die scheinbare Ausdehnung des Quecksilbers im Glase findet man
im Mittel 0,0001545 für je loC. Dieser Mittelwerth kann z. B. unbe-
denklich gebraucht werden, wenn man denjenigen Theil des Queck-
silberfadens im Thermometer, welcher einer zu messenden Temperatur
nicht ausgesetzt ist, auf diese Temperatur corrigiren will. Für das
Intervall von Oo bis lOOo G. vermehrt sich das scheinbare Volumen des
Quecksilbers im Glase im Verhältniss von 1 : 1,01545, das wahre
Volumen im Verhältniss von 1 : 1,01815, daher entspricht jener
scheinbaren Ausdehnung des Quecksilbers eine oubische Glasausdeh-
nong zwischen OO und lOOOQ.:
Ausdehnung.
569
d =
1,01815
— 1 = 0,002663.
1,01545
Die wahre Aasdehnnng des Quecksilbers koromt bei der Bedne-
tion der Barometerhöhen auf 0® C. in Betracht , weil die Dichten des
Qaecksilber3 sich umgekehrt wie die wahren Volume verhalten. Ist
5f ein bei tf^ (Temperatur des Quecksilbers) abgelesener Barometerstand,
^ die auf 0^ C. reducirte Baronyeterhöhe, so hat man
*• = 1+ 0,0001815 t *"^*' «'''^^''' *• = *'(!- 0,000180.
Die wahre Ausdehnung einer Flüssigkeit kann nnn dadurch
ermittelt werden, dass dasselbe Glasfläschchen, dessen cubische Ausdeh-
nung auf die vorher angegebene Weise bestimmt wurde, bei verschie-
denen Temperaturen mit der Flüssigkeit gefüllt und gewogen wird. Am
expeditivsten, und darum in der grössten Anzahl von Fällen angewen-
det, ist aber das Verfahren, die Flüssigkeit in thermometer&hnliche
Apparate (Dilatometer) zn fällen, die scheinbaren Volume bei verschie-
denen Temperaturen abzulesen und sie mittelst der vorher bestimmten
Glasaosdehnung des Dilatometers auf wahre Volume zu reduciren.
Anf diese Weise haben insbesondere H. Kopp und J. Pierre die
Ausdehnung einer grossen Zahl von Flüssigkeiten, namentlich für die
Temperaturen zwischen O^C. und dem Siedepunkte ermittelt. Es
wurde hierdurch möglich gemacht, aus dem bei gewöhnlichen Tempe-
raturen bestimmten specifischen Gewicht jedes dieser Körper dessen
specifisches Gewicht bei der Siedetemperatur abzuleiten und so die
Ranmerfüllung der Aequivalentgewichte jener Körper bei ihren respec-
tiven Siedepunkten zu berechnen.
Es folgen hier übersichtlich die Resultate dieser Untersiichungen.
Das Volumen bei O^C. ist durchgehends zu 10000 aägenommen.
L
Ausdehnung
; kohlenstoff-,
Wasserstoff-
und sauerstoffhaltige
\T
,
Verbindungen nach den
Bestimmungen von H. Kopp.
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10138
10114
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10105
10119
10123
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10281
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10498
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11233
11236
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11115
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11405
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Ausdehnung.
3. Attfldehnting Stickstoff haltiger VerbiodnngAn naeh den
miingen vod H. Kopp.
S
[ 0 p p
■
Pierre
Kopp
OC
gqmS
•C
0
10000
10000
10000
10000
10000
10000
10000
0
10
10083
10117
10084
10122
10093
10098
10107
10
20
10167
10244
10168
10250
10186
10200
10215
20
80
10253
10377
10253
10884
10279
10305
10324
80
40
10842
10517
10340
10523
10378
10416
10484
40
50
10433
10661
10428
10669
10467
10531
10546
50
60
10525
10810
10518
10824
10562
10658
10660
60
70
10619
10962
10609
10988
10659
10781
10777
70
80
10716
11116
10701
11161
10757
10909
t0897
80
90
10815
11270
10796
^—
10857
11042
11021
90
100
10915
10892
—
10961
11178
11148
100
110
11018
10990
—
11067
11318
11280
110
120
11124
_
11090
....
11177
11462
11418
120
ISO
11231
...
11192
-^
11289
11609
11561
180
140
11841
._
11297
—
11406
11760
11708
140
150
11454
—
11404
—
11528
—
1186S
150
IGO
11569
—
11512
...
11652
—
..
160
170
11686
— >
11623
—
11788
mmm
—
170
180
11806
—
11736
-^
11919
....
—
180
190
11928
—
11853
—
12061
—
190
200
._
.— .
11972
^
12209
..
.^
800
210
—
—
12098
.._
..-
_
...
810
220
•~^
*~~
12218
-^
^^
^—
""
820
Die Torstehenden Resultate bestätigen im Allgemeinea den Sats*
dass Flüssigkeiten in gewöhnlichen Temperaturen sich um so stärker
aasdehnen, je niedriger ihr Siedepunkt liegt, wenngleich es an Aoi-
nahmen nicht feht. Flüssige Kohlensäure, welche bei — 78^0. siedet,
soll, nach Thilorior's Angaben, von 0^ bis 80<^C. ihr Volumen von
100 auf 146 ▼ergrössem, eine Ausdehnung, welche selbst diejenige ^
gasförmigen Kohlensäure beträchtlich übersteigen würde.
Wenn eine Flüssigkeit sich der Temperatur (s. B. der mit dem
^uecksilberthermometer gemessenen) proportional ausdehnt, so kann
das Volumen derselben bei einer Temperatur t durch die Formel
V= 1 +Ät
ausgedrückt werden , wenn das Volumen bei 0<^G. sur Einheit genom*
men wird. Ä ist dann der aus den Versuchen sich ergebende Aos-
dehnungscoSfficient. So ist z, B. das wahre Volumen des Quecksilber»
zwischen den Orensen OO und 100<^C. mit sehr grosser Annäherang
durch die Formel F= 1 -|- 0,00018lbS ( ausgerückt. Für einen
weiteren Umfang der Temperaturen findet aber auch für das Qoick-
Auadehnung. 575
Silber statt, was bei den meisten Flüssigkeiten sich schon swischen 0®
and 100® C. deutlich heraasstellt, dass nämlich die Volume in rasche-
rem Verh<niss anwachsen, als die Temperaturen. Man hat dann, um
die Volume der Flüssigkeiten auch für ^weiteren Umfang der Tempera-
toren mit einer einzigen Formel zu umfassen, Ausdrücke von der Form
F= 1 -f- iit -f Äf« + Cf» + . . .
gewählt, wo die Werthe von li, B, C . . . aus Beobachtungen abzulei-
ten und so viel Glieder der Formel beizubehalten sind, als nothwendig
erscheinen, um die Volume bis zu der Grenze der Genauigkeit,
welche durch die Beobachtungsfehler selbst gezogen wird, durch Rech-
nung wieder zu geben. Streng genommen sind solche Formeln nur
f ör denjenigen Umfang der Temperaturen gültig, auf welchen die Beob-
achtungen sich erstrecken; doch kann man dieselben, ohne zu grosse
Fehler befürchten zu müssen , auch noch etwas über jene Grenze hin-
aas anwenden, was namentlich insofern von Werth ist 9 als man auf
diese Weise das Volumen der Flüssigkeiten bei ihrem Siedepunkte aus
Beobachtungen, welche sich nicht bid zu dieser Temperatur erstreckten^
ableiten kann. Es sind z. B. die in obiger Tabelle der Ausdehnung
organischer Verbindungen enthaltenen Volume beim Siedepunkt auf
diese Weise gefunden.
Der Nutzen jener Resultate beschränkt sich nicht nur auf die un-
tersuchten Substanzen selbst, sondern man kann aus denselben nicht
selten auch genäherte Werthe für die Ausdehnung solcher Körper ablei-
ten, welche einer der untersuchten Substanzen analog zusaitim engesetzt
lind und entweder gleichen oder fast gleichen Siedepunkt haben. Sol-
che Substanzen zeigen nämlich entweder gleiche oder doch sehr wenig
Terachiedene Zusammenziehung (Verkleinerung des Volumens), wenn
man um gleiche Temperaturintervalle vom Siedepunkte abwärts geht.
Die Ausdehnung isomerer Aetherarten, welche gleichen Siedepunkt
haben, ist höchst wahrscheinlich in allen Fällen bis zum Siedepunkt
hin gleich. Bewiesen ist dies z. B. für ameisensaures Aethyl und es-
sigsaures Methyl (beide (C^H^O^)^ für propionsaures Aethyl und but-
tersaures Methyl (beide C10H10O4), für buttersaures Aethyl und vale-
riaosaures Methyl (beide Cis 81204).
Es folgen hier noch die Interpolationsformeln für die Berechnung
der Volume des Quecksilbers, sowie einiger Flüssigkeiten, welche in
den obigen Tabellen entweder nicht oder nicht in dem ganzen Umfang
der Temperaturen enthalten waren, auf welche die Beobachtungen sich
erstreckt haben.
1. Quecksilber. Zwischen 0« und 350oC.
F = 1 -(- 0,000179007 . t + 0,0000000252816 . t«.
i. Alkohol. Zwischen — SO« und -|- 700C. (nach J. Pierre).
F= 1 -f- 0,0010486« + 0,0000017151 .t 4. 0,000000001846. r»,
8' Schwefelkohlenstoff.
Zwischen — 80» und -|- 40« C. (nach J. Pierre).
F= 1 -f 0,00ll898.f-f-0,000001S707.<« + 0,000000019128.«».
4. Ammoniakflüssigkeit von 0,9465 specif. Gewicht bei 12,50C.
Zwischen — 15^ und 4- 450C. (nach Mnncke).
F = 1 4 0,000285586 . t -f- 0,000002600 1« + 0,000000064 . (»
— 0,000000001 . t*. '
576 Ausdefanimg.
5. Salastture von 1,1978 spedf. Gewicht bei 12,5^0.
Zwischen — 20<^ und -f- 45<^C. (nach Manoke).
F= 1 -h 0,000566287 . t — 0,0000008295 «« -f 0,0000000«71.l»
— 0,0000000005 . t*.
6. Saipetersäare von 1,4405 specif. Gewicht nnd dem Siedepunkte
= 1850 C. Zwischen — 20^ und + 115« C. (nach Muncke).
r= 1 + 0,001066129.« — 0,000001646«« + 0,000000045 . (»
— 0,0000000002.«*.
7. Schwefelsäure von 1,886 specif. Gewicht bei 12,5^ C.
Zwischen — 30» und -|- 230<>C. (nach Muncke).
F= 1 + 0,000551615581.« + 0,00000083851988.«»
— 0,000000008171231 . «« -|- 0,0000000000252167 . «*.
Von besonderem Interesse ist die Kenntniss der Ausdehnung dei
Wassers in der Wärme, und es ist dieselbe auch von einer grösseren
Anzahl von Forschem untersucht worden. Die in neuerer Zeit gewon-
nenen Resultate zeigen eine hinreichende Uebereinstimmung unterein-
ander, um es unnöthig erscheinen zu lassen , auf die Ergebnisse frühe-
rer Untersuchungen hier zurückzukommen. Insbesondere hat H. Kopp
nach zwei verschiedenen Methoden (die erste Methode bestand in der
Beobachtung des scheinbaren Volumens in einem Dilatometer bei ver-
schiedenen Temperaturen und Ableiten des wahren Volumens mittelM
der bekannten Glasausdehnung; die zweite Methode bestand im Abwa-
wägen der Wassermenge, welche dasselbe Glasfläschchen mit eingerie-
benem Stöpsel bei verschiedenen Temperaturen füllt, und Berechnen
des Gewichtes der Volumeneinheit Wasser bei jenen Temperaturen
unter Zuhülfenahme der vorher ermittelten Glasausdehnung) gut über-
einstimmende Werthe erhalten, welche bei Berechnung der nebensteh«i-
den Tabelle (siehe folgende Seite) zu Grunde gelegt sind.
Die Interpolationsformeln, welche die in der zweiten Colnnme
enthaltenen Volume des Wassers,^ auf dasjenige bei 0<^C. als Einheit
bezogen, geben, sind die folgenden:
Zwischen 0« und 25« C.
F = 1 — 0,00006 1045« + 0,0000077 188 . «« — 0,00000003784 . «».
Zwischen 25^ und 500C.
F= 1 — 0,0000654 15. «4-0,0000077585. ««—0,000000085408.«».
Zwischen 50« und 75« C.
F = 1 — 0,00005916 .«+ 0,000003 1849 . «« + 0,0000000072848 . «».
Zwischen 75« und 100« C.
F = 1 — 0,00008645 . « -f- 0,0000031892 . « -|- 0,0000000024487 . «•.
Das Wasser zeigt bezüglich seiner Ausdehnung durch die Wärme
eine Eigenthümlichkeit, welche man bei keiner der bis jetzt angeführ-
ten Flüssigkeiten beobachtet hat; es besitzt einige Grade über dem
Gefrierpunkte ein Maximum der Dichte. Nach der ersten der vier
eben angeführten Interpolationsformeln fällt dieses Dichtigkeitsmazi-
mum auf die Temperatur -|- 4908<^C. Die nämliche Temperatur haben
auch Hällström, Budberg und Despretz zum Theil durch sehr
zahlreiche Versuchsreihen und theilweise nach ganz anderen Methoden
gefunden. Der letztgenannte Physiker brachte unter Anderem, nach
einem auch schon von Hällström angewendeten Verfahren, vier
Thermometer übereinander in horizontaler Lage in einem mit Wasser
gefüllten Gefässe an und liess letzteres langsam erkalten. Die Was-
Ausdehnung.
577
Volumen
Dichte
Volumen
Dichte
Tetnpc*
des Wassers
des Wassers
des Wassers
des Wassers
ratur.
(bei 0" — 1)
(bei 0« — 1)
(bei 4« = 1)
(bei 4» = 1)
00
1,00000
1,000000
1,00012
0,999877
1
0,99995
1,000053
1,00007
0,999930
2
•0,99991
. 1,000092
1,00003
5,999969
3
0,99989
1,000115
1,00001
0,999992
4
0,99988
1,000123
1,00000
1,000000
5
0,99988
1,000117
1,00001 '
0,999994
0
0,99990
1,000097
1,00003
0,999973
#*
1
0,99994
1,000062
1,00006
0,999939
8
0,99999
1,000014
1,00011
0,999890
9
1,00005
0,999952
1,00017
0,999829
10
1,00012
0,999876
1,00025
0,999753.
11
1,00021
0,999785
1,00034
0,999664
12
1,00031
0,999686
1,00044
0,999562
13
1,00048
0,999572
1 ,00055
0,999449
14
1,00056
0,999445
1,00068
0,999322
15
1,00070
0,999306
1,00082
0,999183
IG
1,00085
0,999155
1,00097
0,999032
17
1,00101
0,998992
1,00113
0,998869
18
1,00118
0,998817
1,00131
0,998695
19
1,00137 .
0,998631
1,00149
0,998509
20
1,00157
0,998435
1,00169
0,998312
21
1,00178
0,998228
1,00190
0,998104
22
1,00200
0,998010
1,00212
0,997886
23
1,00223
0,997780
1,00235
0,997657
24
1,00247
0,997541
1,00259
0,997419
25
1,00271
0,997293
1,00284
0,997170
26
1,00295
0,997035
1,00310
0,996912
27
1,00319
0,996767
1,00387
0,996644
28
1,00347
0,996489
1,00365
0,996367
29
1,00876
0,996202
1,00393
0,996082
30
1,00406
0,996908
1,00423
0,995787
35
1,00570
^
40
1,00753
45
1,00954
50
1,01177
.
55
1,01410
CO
1,01659
65
1,01930
70
1,02225
75^
1,02541
80
1,02858
85
1,03189
90
1,03540
95
1,03909
100
1,04299
sertheilchen an der Aupsenfläche der Wassermasse nehmen zuerst eine
niedrigere Temperatur an und sinken herab, während die im Inneren
befindUchen Wassertheilchen sich erheben. Die unteren Thermometer
zeigen daher zuerst eine niedrigere Temperatur an. Von dem Augen-
blick an, wo die der grössten Dichte entsprechende , Temperatur er-
reicht igt, kehrt sich das Spiel um; die weiter erkaltenden Wassertheile
Bind weniger dicht und steigen nach oben. Es müssen demnach zu
einer gewissen Zeit die oberen und unteren Thermometer gleiche Tem-
Hndwtetcrbneb der CbtniU. tte Aufl. Bd. IL 37
578 Ausdehnung.
peratur angeben, und dieaTe entapricht der grössten Dichte des Wasaen.
Despretz fand auf diese Weise -|- 3,9 85p. Die oben geschilderte
Erscheinung erklärt auch, warum die stehenden süssen Wasser im Win-
ter nicht bis auf den Grund gefrieren , sondern sich nur an der Ober-
fläche mit einer Eisdecke überziehen, welche wegen der geringen Lei-
tungafähigkeit des Ebes und namentlich des Wassers für die Wärme
auch bei strenger Kälte nur langsam an Dicke zunimmt. Man erklärt
die Ausdehnung des Wassers bei Abkühlung yon 4^ auf 0® G. aus einer
beginnenden Lagerung der Wassertheilchen zur Krjstallisation. Beim
Gefrieren selbst findet indessen eine noch weit merklichere plötzliche
Ausdehnung statt:
Temperatur 4» 0» flüssig 0« starr
Dichte des Wassers 1 0,99988 0,908
Manche Physiker beziehen die specifischen Gewichte auf die
Dichte des Wassers bei 4^C. als Einheit; gewöhnlicher ist es indessen,
die Dichte bei O^C. als Einheit anzunehmen. Das erste Verfahren
bietet in Fällen, wo die höchste Genauigkeit erfordert wird, den Vor-
theil, dass das specifische Gewicht zugleich das absolute Gewicht (in
Grammen) der Raumeinheit (des Cubikcentimeters) der betreffenden
Substanz ausdrückt, da bei der Festsetzung des nenfranzösischen Ge*
wichtssystems, das Gewicht eines Cubikcentimeters Wasser, dieses bei
der grössten Dichte, also bei 4^0. angenommen, 1 Gramm genannt
worden ist.
Ein Zusatz eine^ löslichen Salzes zum reinen Wasser macht nach
einer Untersuchung von Despretz den Punkt der grössten Dichte so-
wohl als den Gefrierpunkt sinken, den ersteren Punkt rascher als den
letzteren ; so dass z. B. bei einer Kochsalzlösung von nur 1,02 spedf.
Gewicht ein Maximum der Dichte gar nicht beobachtet werden kann,
wenn man das Gefrieren nicht durch Abhalten jeder Erschüttenuig
künstlich auf einen tieferen Temperaturpunkt verlegt.
8. Die Ausdehnung der gasförmigen Körper.
Die Ausdehnung der Gase bt weit beträchtlicher als diejenige
der starren und der tropfbarflüssigen Körper; sie beträgt für PC.
schon ^/373 bis ^257 des Raumgehaltes einer G-asmasse bei O^C, wa»
für eine Temperaturerhöhung von 0® auf 100® C. eine Yolumenver-
grösserung von 36 bis 40 Proc. ausmacht. Dieselben Grenzwerthe der
Ausdehnung gelten auch für die Dämpfe, vorausgesetzt, dass diese
nicht in einer Dichte angewendet werden, bei welcher sie dem Punkte
ihres Ueberganges in die tropfbarflüssige Aggregatform nahe stehen.
In der Nähe des Verdichtungspunktes bedecken sich die inneren Wan-
dungen der Gefässe, in welchen man die Dämpfe bei Untersuchungen
ihrer Ausdehnung einschliesst, mit um so grösseren Mengen verdichteten
Dampfes, je niedrigerer die Temperatur is#, und man findet dann noth-
wendig zu grosse Ausdehn ungscoefficienten. Dies ist auch der Grand,
warum sowohl die Gase, deren Ausdehnung man untersuchen will, al«
auch das Innere der Gefässe, worin man sie einschliesst, zuvor mit
g^Össter Sorgfalt getrocknet werden müssen.
Gay-Lnssac bestimmte die Ausdehnung der Gase in thenno-
meterartigen Glasgefässen (deren Kugel etwa 1 Centimeter Weite, das
Rohr 1 bis 1,5 Millimeter Weite und 30 bis 40 Centimeter Länge haben
j
Ausdehnung. 579
kann). Das Rohr war in gleiche Raumtheile getheilt and der Raum-
gehalt der Kugel in Raumeinheiten der Skale aiugeniittelt. Das
trockene Gas war in diesem Apparat durch einen Quecksilbertropfen
gegen die äussere Luft abgesperrt und der Apparat wurde in horizon-
taler Lage in ein mit Wasser gefülltes Gef äss eingeschoben, und das Gas
durch Erhitzen des Wassers auf verschiedene Temperaturen gebracht.
Die unmittelbar abgelesenen Gasvolume bedurften der Verbesserung
wegen der Glasausdehnung, wegen der niedrigeren Temperatur des
aas dem Wasser herausragenden Theiles des Gasfadens in dem Skalen-
rohre und wegen etwaiger Aenderung des Barometerstandes während
des Versuches. Abgesehen von diesen letzteren, immer nur sehr unbe-
deutenden Veränderungen blieb der Druck, unter welchem das Gas
während des Versuches sich befand, constant, das Volumen war ver-
änderlich. Gay-Lussac fand, dass alle Gase und Dämpfe (in genü-
gendem Abstände von ihrem Verdichtuogspunkte) gleiche Ausdeh-
nung darch die Wärme besitzen, indem sie sich nämlich bei Erwär-
mung von 00 aul' 100« C. im Verhältniss von 1 : 1,375, also für PC.
nrn 0,00375 = Vae? d«« Volumen« bei 0«C. ausdehnen.
Das Zutrauen, welches dieses Resultat seines Autors wegen fand,
wurde sowohl durch Bestätigung von Seiten Dulong's und Petit's,
als aach durch theoretische Gründe noch erhöht, da mau es a priori
fnr höchst wahrscheinlich halten durfte, dass bei Körpern, bei welchen
jede Cohäsionswirkung verschwunden zu sein scheint, die Wirkung der
Wärme auf das Vqjlumen unabhängig von der chemischen Zusammen-
setzung sei.
Radberg wandte ausser der Gay-Lussac*schen Methode noch
eine zweite zur Messung des Ausdehnungscoefficienten der Gase an,
bei welcher während des Versuches das Volumen der Gasmasse con-
stant erhalten, der Druck, unter welchem dieselbe' stand , aber durch
die' nach Belieben zu verändernde Höhe einer Quecksilbersäule so modi-
ficirt wurde, dass er der durch die Temperaturerhöhung gesteigerten
^ Ezpansivkraft des Gases jedesmal das Gleichgewicht hielt. Aus der.
Gaitigkeit des Mariotte'schen Gesetzes für jede Temperatur eines
Gases, welche genügend von dem Verdichtungspunkte entfernt ist, folgt,
dass wenn ein Gas während der Erwärmung verhindert wird, sich aus-
sodehnen, seine Spannung in eben dem Verhältnisse wächst, als bei
angehinderter Ausdehnung unter gleichbleibendem Drucke sein Volu-
men zugenommen haben würde. Gesetzt eine Gasmasse stand beim
Beginn des Versuches unter dem Drucke einer Quecksilbersäule von A
MiUiroeter, der Barometerstand war B^ die Temperatur t<^, nach Erhö-
hnng der Temperatur auf if^ mu^^ste, um das Volumen der Gasroasse
onverändert zu erhalten, die Quecksilbersäule auf h* erhöht werden, der
Barometerstand war • mittlerweile B' geworden , so hat man nach dem
oben angeführtenJSiatze, wenn a den AusdehnungscoSfficienten bezeich-
net, die Gleichung
1-fa« ^4-Ä , (,B* + h') — (ß -\-h)
- — ' also a =
-.••14- a
r~B'-f-Ä'' (J5 + Ä)f — (B' + Ä')<
Bndberg fand für die atmosphärische Luft und für eine Tempe-
ralnrerhöhang von 0® auf lOO^C. eine Volumenvergrösserung von
1 : 1,365, der Werth von a für l^C. also = 0,00365 = V2741 eine
nierkHch. kleinere Zahl, als der Gay-Lussac'sche AusdehnungscoSfß-
cient, und die Messungen, welche in neuerer Zeit Magnus und Keg-
87*
580 Ausdehnung.
nault nach den beiden angeführten Methoden mit äusserster Sorgfalt
ausgeführt haben, stimmen unter sich sehr genau und mit Rndberg*»
CoSfficient sehr nahe überein. Die Resultate sind folgende:
Ausdehnungswcrth zwischen 0* und 100*
bei constantem Volumen
bei constan-
tem Druck
«
nach
Rcgnault.
nach
Magnus.
nach
Regnanit.
Atmosphärische Lufit
Wasserstoffgas
Kohlenoxydgas
Stickstoffgas
Stickoxycnilgas
Kohlensäure
Cyangas
Schweflige Säure
0,3665
0,3667
0,3667
0,3668
0,3676
0,3688
0,3829
0,3845
0,3665
0,3657
0,3691
0,3856
0,3670
0,3661
0,3669
0,3719
0,3710
0,3877
0,8903
Offenbar warder von Gay-Lussac gefundene AusdehnungscoelB-
cient der Gase zu gross, wahrscheinlich wegen nicht ganz vollkomme-
ner Austrocknung der angewendeten GlasgefUsse. Eine andere Frage
ist die, ob man, auf den Grund obiger Resultate kin, eine ungleiche
Ausdehnung der Gase durch die Wärme anzunehmen genöthigt sei.
Es ist nicht zu verkennen, dass diejenigen Gase, deren Ueberfnh-
rung in den tropfbarüüssigen Zustand noch nicht gelungen ist,
fast absolut gleiche Ausdehnung zeigten, während die Ausdehnnngs-
coefficienten der Übrigen um so grösser gefunden wurden, je näher
diese Korper unter den gewöhnlichen Verhältnissen des Druckes und
der Temperatur ihrem Verdichtungfipunkte stehen. Da diese Gase
bei allen Versuchen, welche zu den obigen Werthen führten, in Glas-
gefässen eingeschlossen waren, deren Wände eine um so grössere
Menge der mit ihnen in Berührung stehenden Gase an ihrer Oberfläche
verdichten, je niedriger die Temperatur ist und je näher das betreffende
*Gas dem Uebergange in die tropfbarflüssige Aggregatform steht, fo
ist es nicht unmöglich, dass dieser Umstand einen wesentlichen Antheil
an der gefundenen Ungleichheit der Ausdehnungswerthe hat.' Es er-
scheint dies noch wahrscheinlicher, wenn man bemerkt, dass ffir die
vier letztgenannten Gase obiger Tabelle die Ausdehnungswerthe bei
dem Verfahren mit constantem Druck durchgängig merklich grösser
gefunden wurden, als bei dem Verfahren mit constantem Volumen, und
dass ferner der AusdehnungscoSflficient der Luft, der Kohlensäure
u. s. f. bei zunehmender Dichte der Gase grösser gefunden wird, wie
folgende Beispiele zeigen:
Atmosphärische Luft
Druck. Ausdehnungscoelficient. Druck.
1 10-» 0,3648 758,5
3656"" 0,3709 3589,0
mm
Kohlensäure
Ausdehnungscoeffident.
0,36856
0,38598
Der Unterschied der AusdehnungscoSfHcienten der atmosphärischen
Luft und der übrigen unverdichtbaren Gase ist so gering und ihre Ab-
i
AusdünstUDg, thierische. — Ausfrieren. 581
hÄDgigkeit von dem Drucke ist innerhalb der Grenze derjenigen Span-
nimgen, welche bei Verfluchen mit Gasen gewöhnlich vorkommen, von
80 geringem Einfln^s, dass man durchgängig als Ausdehnungsco^flficien-
tenfür lOC. den Werth
0,003665 = %73
anwenden kann. 273 Baumtheile eines solchen Gases dehnen sich bei
Erwärmung auf t9 und bei unveränderter Spannung zu 273 -f* t Raum-
theflen aus. Ein Gasvolumen F, abgemessen bei i^^ erfüllt^ mithin bei
O^C. einen Baum
273
rr TT . _____
^0— '^ 273 + t'
nnd bei r" ein Volumen
273 + r
^ — ^ 273 4- t *
Man darf ausserdem nach wie vor annehmen , da.<)s die Zunahme
des Volumens der permanenten Gase in der That der Wärmezufuhr
und der dadurch erzeugten Wärmeintensität proportional erfolge, dass
die trockene atmosphärische Luft mithin das naturlichste thermome-
trische Material sei.. Zr.
Ausdünstung, thierische. Man begreift hierunter den
excretorischen Theil des Athmungsprocesses (s. Athmen der Thiere)
ond die Hautabsonderung, soweit sie sich auf Ausscheidung bei der
fördernden Einwirkung der Korperwärme flüchtiger Substanzen er-
streckt.
Die Haut des Menschen und der höheren , Inftathmenden Wirbel-
thiere theilt sich mit den Lungen in die fär die Regulirung der
Wärme wichtige Function, von ihrer Oberfläche eine nach physiologi-
schen Zuständen sehr wechselnde Quantität Wasser gasförmig abzu-
scheiden. Wie bei der Ausdunstung auf dem Lnngenwege (s. Ath-
men), werden auch mit der wässerigen Hautabsonderung, unter Um-
ständen, leicht flüchtige mit dem Blute circulirende Substanzen ver-
flüchtigt. Diese Stoffe sind theils von aussen in den Organismus ein-
geführte,- wie Alkohol, Aether, ätherische Oele etc. oder im Organis-
laos selbst gebildete, flüchtige Fettsäuren, kohlensaures Ammoniak etc.
Die Gegenwart abnormer Mengen sonst normaler Schweissbestand-
tbeile oder ausserge wohnlicher Beimengungen bedingt den oft specifi-
schen Geruch der Ausdünstung. Für die Physiologie ist die Erfor-
schung der quantitativen Verhältnisse zwischen Lungen- und Haut-
autdünstun^ von grosser Wichtigkeit, jedoch bis jetzt so schwer über-
windlichen Widerständen unterworfen, dass brauchbare Zahlenangaben
nicht ezifltiren. V—r.
Aus frieren. Wenn verdünnte Lösungen von Salz, Alkohol
tt. »', w. in Wasser einer nicht zu starken Kälte, ausgesetzt werden, so
scheidet sich ein Theil des Wassers im festen Zustande als Eis ab, wel-
ches einen Theil der Mutterlauge mechanisch eingeschlossen hält, die
zorückbleibende Flüssigkeit ist daher nothwendig eine concentrirtere
^ttog. So giebt Seewnsder beim Gefrieren reines Eis, und darunter
eine concentrirtere Salzlösung. Man kann diese Eigenschaft zuweilen
<QiD Concentriren von Lösungen benutzen; in Sibirien soll das Ver-
den zum Gradiren von Salzsoole angewendet werden; Essige schwa-
582 Ausglühen. — Auslaugen.
eben Wein (Schneewein) werden darch ,,Au8frieren^^ concentrnt erlial-
ten; Flüssigkeiten, welche leicht veränderliche Stoffe enthalten, wie
Harn u. dergL, können bei niedrigerer Temperatur dadurch ooncenirirt
werden. Fe,
Ausglühen s. Anlassen.
Auskochen s. Abkochen.
Auslaugen, Aussüssen, Auswaschen. Diese nahe
verwandten Ausdrücke bezeichnen im Allgemeinen jene bei chemischen
Arbeiten so häufig vorkommende Operation, deren Zweck es ist, aus
einem Gemenge lösliche und unlösliche Antheile von einander zu son-
dern. Beim Auslaugen, welches seinen Namen von der Darstellaog
einer Lauge aus Asche durch Behandeln derselben mit Wasser führt»
ist in der Regel wohl die Flüssigkeit vorzugsweise Zweck der Operation,
während der Rückstand häufig unbenutzt bleibt (Auslaugen der Asche,
der Salpetererde, der rohen Soda), doch pflegt man den Ausdruck nicht
immer so streng zu nehmen, dass nicht auch solche Operationen damit
bezeichnet würden, bei denen das ungelöst Bleibende besonders in Be-
tracht ^ommt. Gleiches gilt vom Aussüssen und Auswaschen, wobei, wie
in der analytischen Chemie, eben so oft der Rückstand, als di^ Wasch-
flüssigkeif Gegenstand der Benutzung sind. Zum Auslaugen bedient
man sich im Grossen der Fässer oder Kästen, aus welchen die Lange
durch verschliessbare Oeffhungen abgelassen, und wenn sie noch nicht
hinlänglich gesättigt ist, in andere darunterstehende Laugenkästen gelei-
tet wird. Oft haben die Gefässe einen doppelten Boden, wovon der
obere durchlöchert und mit Stroh bedeckt ist, um der auszulaugenden
Substanz zur Unterlage zu dienen. Bei Operationen im Kleinen laugt
man in hohen cylindriachen Gefässen, Gläsern oder irdenen Töpfen,
aus, und entfernt die klare Flüssigkeit nach geschehener Extraction, durch
_ Abgiessen, durcn einen Heber oder durch Oefinungen^ welche in ver-
schiedener Höhe in den Seitenwänden der Gefässe angebracht sind
(s. Abgiessen). Aehnlich geschieht das Auswaschen von Nieder-
schlägen, die sich leicht absetzen, und bei denen die Waschwässer nickt
benutzt werden. Oft aber geschieht es auf Filtrirapparaten, in wolle-
nen oder leinenen Spitzbeuteln , auf mit Papier belegten Seihtüchern,
welche durch Tenakel ausgespannt werden, oder auf Filtern.
Um das Auslaugen mit sowenig als möglich Wasser und doch
möglichst vollständig zu erzielen, bedient man sich bei vielen techni-
schen Auslauguiigen eines nach ähnlichem Princip construirten Ap^
parates (Fig. 38), wie er in den Sodafabriken angewandt zu werden
pflegt
Die einzelnen Auslaugekasten A^ B^ Oy ^^ E stehen auf einem
terrassenförmigen Gestell nebeneinander, in jeden Kasten können zwei
aus durchlochten Blechen gebildete Gefässe eingehängt werden. Wenn
diese mit frischer auszulaugender Substanz gefüllt sind, werden sie in den
untersten Kasten E eingehängt, nach einiger Zeit werden sie herausgeho-
ben und nach D, von da nach Cu. s. w. gebracht, E aber sofort mit frisch
gefüllten Gefässen versehen. Auf diese Weise rückt die auszulaugende
Substanz allmälig bis nach dem Kasten A^ von wo sie zum Abtropfen auf
das Brett k gestellt wird. Nur in das Gefäss A wird fri^hes Wasser ge-
geben, welches hier die schon fast ganz extrahirte Masse vollends ans-
Auslaugen. 583
wäscht; durch die nahe wn Boden der Kasten eingeaetiten Röhren,
welche die FlGdsigheit bis fiber den Rand dea niedriger atehenden Kii-
Fig. 8B.
Mens führen, gelangt es allmtllig nach B, C, J?, wo es sich mit lösli-
eher Substanz bereichert und in E vollends dnmil geslittigt wird. Statt
AusliLugekasten einzuhängen und von den
I tmnsportiren, hebt mnn nuch bisweilen die
durehlochte Gefasse
unleren nnch den oberen
Anslangekaaten selbst, nachdem i
entfernt hat, jeden um '
Es ist klar, dais n
den obersten behiifit Reinigung
höher und setzt unten einen neuen
• Wei^e in E stets gewttigte Lauge
erhält und, je nachdem man mehr Kasten anwendet, aus A einen gnnz
erschöpften unlöslichen Rückstand entfernt, dass die ununterbrochene
Anelangung jedoch nur bei einer fortlaufenden Fabrikation Anwendung
finden kann, lieber das Auslaugen durch die Verdrängungsmethode,
welche besonders bei Fflanzensnb stanzen benutzt wird, s. Art. Pres-
sen; Iste Aufl. Bd. VI, S. 651 u. fT.
Bei analytischen Auswaachnngen , wo es sich jeder Zeit um die
tbnnlichst vollkommene Auswaschung des Rückstandes auf dem Filter
.handelt, rouss man je nach den Umständen verschieden verfahren, mei-
stens jedoch ist die Anwendung von mehr FlflssigkeiC , als unumgäng-
lich erfordert wird, nicht zu empfehlen, d» nur wenige Niederschlüge
TftUig unlöslich sind. Ist diese Bficksicht die überwiegende, so bemfiht
man sich die helle Flüssigkeit »nf d:is Filter zu bringen (s. Ab-
giessen), ohne den Niederschlag ntifznrfihren , ilbergiesst ihn in dem
Glase ei^igemale mit destillirtem Wasser, lässt jedesmal absetsen und
den Trichter leer lanfen. Hierdurch bringt man mit wenig Wasser
eine grosse Verdünnung der Lösung hervor, giebt zuletzt den Nieder-
schlag anf und spült ihn mit der Spritzflosche in der Spitze des Pil-
lers zusammen, wenn man da.« Papier durch Anfgiessen des Wassers an
seinem oberen Rande von aller aufgesogenen Lösung befreit hat. E^
ist wesentlich, dass mnn das Filter, soweit wie thunlich, mit dem
Ana wasch Wasser fttlll, und den Strnhl desselben immer oben auf den
Rand richtet, wenn mnn nachgiesst, weil sonst leicht oben Salzlösung
noch vorhanden bleibt, die sich nur langsam nach unten zieht und die
Vollendung des Auswaschens sehr verzögert.
Hat man auf die Menge des verbrauchten Aus wasch mittels nicht
zu sehen und grössere Mengen von Niederschlag zu behnndeln, so
kann man das Fortdauern der Operation von seiner Gegenwart unab-
hängig machen, indem man Apparate anwendet, die stets soviel Wasch-
flüssigkeit nachfliessen lassen, als durch das Filter ISuft, Das ein-
fachste ist, eine Flasche mit nicht zu enger OefTnung Bber dem Trichter
584
Auslaufcen.
umzukehren und durch einen Halter so zu befestigen, dass ihre Mfin-
dung etwa ^j^ bis 3/4 Zoll tiefer als der Rand des Filters zu stehen
kommt. Da aber das Umdrehen der Flasche ohne Stopfen oder das
Hinwegnehmen des Stopfens über dem Trichter nicht wohl gelingt,
ohne Flüssigkeit zu vergiessen oder gar von dem Inhalt des Trichters
etwas herauszuwerfen, so muAs man für die meisten Fälle auf dieses
rohe Verfahren verzichten. Man kann bei grossen Flaschen eine */*
Zoll weite kurze Röhre mit einem Korke luftdicht einsetzen, diese mit
einem weiten Kautschukrohr mit einem Mohr' sehen Quetschhahn ver-
sehen, wodurch man die Flasche an ihre Stelle bringen und den Ausflnss
erst zu geeigneter Zeit beginnen lasäen kann. Oder man bedient sich
eigenthümlich geformter Röhrchen , die man mit dem verschliessenden
Korke einsetzt, wie Fig. 34 und 35 zeigen. Beide stimmen im Principe
« Fig. 34. Fig. 85. ' Fig. 86.
\-. i..». ■>! .11.1 iri"n miitj
Überein. In Fig. 36 ist nur das aufwärts gebogene Rohrchen, durch
welches die das ausfliessende Wasser ersetzende Luflb eindringen soll,
in einem Stück mit dem Ausflussrohre vereinigt Diese von Berse-
lius angegebene Röhrchen sind aber zerbrechlich und nicht leicht an-
zufertigen, weil sie bestimmte Dimensionen in Höhe und Weite haben
müssen, wenn sie gutes und gleichmässiges Auslaufen bewirken sollen.
Bei der in Fig. 36 vergrössert dargestellten Einrichtung der Flasche,
Fig. 35, ist nur darauf zu sehen, dass a höher als b und d liege, weil
sonst Wasser herausspritzt, so oft Luft eingedrungen ist, femei:, dass h
tiefer liege als d^ weil sonst der ganze Rest des Wassers ausfliesst,
sobald b nicht mehr bedeckt ist. Liegt c zu tief, so fliesst auch Was-
ser aus, wenn c nicht in die Flüssigkeit des Trichters reicht. Ist bei
c eine sehr kleine Oeffhung und liegt es nicht tief genug, so kann die
Adhäsion des Wassers am Glase so stark sein, dass auch, wenn 0 unter
die Flüssigkeit im Trichter taucht, kein Auslaufen des Wassers eintritt
Die richtig adjustirten Flaschen bringt man über den Trichter, nach«
dem die meiste Flüssigkeit vom Niederschlage abgelaufen ist, und giebt
dann soviel Wasser auf den Trichter, dass c eintaucht , wo sofort das
regelmässige Auslaufen beginnt. Das kleine Wassersäulchen zwischen
e/ und gh ist nämlich nicht genügend Luft durch ab zu saugen, wenn
aber noch die Adhäsion des Wassers im Trichter an das im Röhrchen
od enthaltene hinzukommt, so überwinden sie den Widerstand und so-
bald sich der Flüssigkeitsspiegel im Trichter erniedrigt, fliesst aus c
Wasser und durch ab dringt Luft ein, bis der Flüssigkeitsspiegel wie-
der die Biegung von ab berührt.
k
Auslaugen. 585
Da bei grossen Flaschen das Umdrehen schwierig wird und die-
selben auf den üblichen Statifen sehr unsicher stehen , so wendet man
häufig folgende Waftchflaschen an (Fig. 37). Man stellt die Flasche
* so hoch wie den oberen Rand des
*^ Filters im Trichter, bläst durch
m Luft ein bis der Heber sich ge-
füllt hat, und zieht nun m so hoch
heraus, dass Luftblasen durch sie
eintreten, so wie die Flüssigkeit
im Filter sinkt.
Auch die Fig. 38 (s. f. S.)
stellt eine bequeme Waschflasche
dar. Wenn die Röhre n weit ge-
nug gewählt, so dass Luft und
Wasser sich darin leicht auswei-
chen können, und unten schief
abgeschliffen wird, so tritt durch
n Luft ein, sobald die Mündung
aus der Flüssigkeit im Trichter
kommt, und durch h fliesst Was-
ser nach, bis n wieder in die
Flüssigkeit taucht. Die Röhre m
dient lediglich, um bei zugehal-
tener Oeffnung von n den Heber
h durch Einpressen von Luft in die Flasche mit Wasser zu füllen.
Wenn man n in ihrem langen Schenkel durch eine Kautschukröhre unter-
bricht, so kann man den Apparat fertig zusammenstellen, den Schenkel
seitwärts aus dem Trichter heben, durch Lufteinblasen h zum Laufen
bringen' und n wieder senkrecht herabhängend wirken lassen. Auf
diese Weise wird m überflüssig. Dass völlig luftdichter Verschluss
durch die Korke bei allen diesen Apparaten stattfinden muss, versteht
lieh von selbst.
Nachdem der Niederschlag vollständig ausgesüsst bt, wovon man
sich bei allen quantitativen analytischen Bestimmungen stets durch be-
sondere Prüfung überzeugen muss, sammelt man ihn mit Hülfe der
Spritz flasc he so gut als möglich in der Spitze des Filters.
Wenn die Niederschläge völlig unausflöslich sind und die lösli-
chen Bestandtheile nicht mit dem Wasser verdampfen können, so über-
zeugt man sich von dem vollständigen Auswaschen, wenn man einige
Tropfen der ablaufenden Flüssigkeit auf einem reinen Platinblech lang-
sam zur Trockne verdampft, wo kein Rückstand bleiben darf, der
selbst, wenn er sehr unbedeutend ist, sich leicht deutlich erkennen
laut.
Wenn die löslichen Bestandtheile leicht flüchtig sind, so muss
man die ablaufende Flüssigkeit von Zeit zu Zeit auf ihren Gehalt mit
geeigneten Reagentien prüfen ; ein Gleiches wird nothwendig, wenn der
Niederschlag selbst in reinem Wasser nicht ganz unlöslich ist, wo man
eben den Funkt zu treffen suchen muss, dass das Waschwasser keine
fremden Bestandtheile mehr enthält, aber noch weniger von dem Nie-
derschlage gelöst hat. Manche Niederschläge bleiben ungelöst, wenn
man dem Wasser Alkohol, verdünnte Säuren oder Salmiak zusetzt In
dieden Fällen lässt sich die Probe auf dem Platinblech anwenden, indem
586 Ausaaigem. — Austern.
der Salmiak zwar auf dem Platinblecb eu einer Salzmasse ointrocknet,
bei stärkerem Erhitzen aber verflüchtigt wird uird keine Spar mrttck-
tässt.
Will man einer Ldsung (Substanzen daiiurcli entzieiien , diiss rasa
sie mit einer anderen nicht damit gemischt bleibenden Fldatigkcil
schüttelt, die die fremden Substanzen aufnimmt, so wird dies mit Becht
aach Auswaschen genannt, z. B. die Entziehung von Alkohol ans
Aether durch Schütteln mit Wasser, oder der Schwefelsäure durch
Waseer aus Oel, welches damit von Schleim theilen gereinigt wurde.
oder des freien Broms aus einer wässerigen Lösung durch A«th«r.
Die Trennung der beiden sich übereinander ablagernden Flüssigk«-
ten wird man entweder durch Pipetten oder passende Scbei-
detrichter (s. d.) bewerkstelligen, wenn dieselbe mechanbch voll-
ständig bewirkt werden soll. V.
Aussaigern 8. Saigern.
Austern. Die Hauptsubstanz der Austern ist, nach Hulder,
eine sogenannte Protein Substanz ; sie gerinnt bei 90^' C. , und ist dsnii
in concentrirter Essigsäure 13slich. Die Austern enthalten 0,5 Proc.
Salze. Die trockenen Austerschalen enthalten, nach Buchholi end
Brandes, 98,1 kohlensauren Kalk, 1,2 phosphorsauren Kalk, 0,5
eiweissartige Substanz und 0,2 Thonerde (?), Nach einer neueren Un-
tersuchung von Schlossberger >) bestehen die Austerschalen »a» drei
anatomisch-verschiedenen Schichten; 1) eine innerste glänzende, glatte,
halbdurchscheinende sogenannte Ferlmutterschicht; i) diebranneuhsrlen
') Aniul.ll. Cham. u. Ph.rm. Bd. XCVUI, S. 99.
Australerde. — AuBtrocknen. 587
Schuppen, welche an den DeckeUchalen aU Randbesetzung der Über
einander geschichteten Schalenblätter bemerkbar sind; 8) eine kreide-
artige Schicht, glanzlos undurchsichtig, kreideweiss, hie und da zwi-
schen den Schalenlamellen eingelagert. Die Untersuchung ergab in
diesen drei Schichten:
1 2 8
Kohlensaurer Kalk , . '94,7^ ~9 8,3' 89,1 88,6
Organische Substanz . 2,2 0,8 6,3 4,7
Andere Salze u. Verlust 8,1 0,8 . 4,6 6,7
Die Salze enthalten geringe Mengen Phosphorsäure und Alkalien,
Spuren Kie^^elerde und Schwefelsäure. Die beim Behandeln der Auster-
schalen mit verdünnter Salzsäure zurückbleibende organische Substanz
besteht zum grossen Theil aus braunen Häuten, welche sich in heissem
Wasser auch bei erhöhtem Druck nicht lösen, in concentrirten Mineral-
sauren sich in der Hitze allmälig, in concentrirter Kalilauge von 50 Proc.
nur theilweise lösen; das darin ungelöste enthält 50,7 Kohlenstoff,
6,5 Wasserstoff, 16,7 Stickstoff, ist also ähnlich zusammengesetzt wie
Fremy's Conchiolin, unterscheidet sich durch den hohen Gehalt an
Stickstoff wesentlich vom Chitin (Schlossberger). Ft.
Australerde hatte Wedgewoöd eine eigenthümliche Erde
genannt, welche, nach ihm, in dem Sande von Neuholland sich finden,
und aus seiner Lösung in Salzsäure durch Wasser gefällt werden soll.
K 1 ap r o t h und Hatchett fanden in dem Sande nur Kieselsäure, Thon-
erde and Eisenoayd.
Austrocknen. Sowohl um Körper, namentlich organischen
Ursprungs, unverändert aufzubewahren, als auch um sie besser zerklei-
nern, pulvern, zerreiben zu können, müssen sie häufig von dem grössten
Theile des in ihnen enthaltenen, nicht chemisch gebundenen Wassers be-
Ireit werden.
Femer müssen wir, da die meisten Körper, an der stets Waaser-
dampf enthaltenden Luft liegend, bald mehr bald weniger Feuchtigkeit
(je nach ihrer eigenen Anziehung zu dem Wasser und je nach dem
grosseren oder geringeren Wassergehalt der Luft) aufnehmen, bevor wir
sie zur genauen Bestimmung ihres Gewichtes verwenden können, von
allem hygroskopischen Wasser befreien. Zu allen quantitativen Be-
stimmungen der Bestandtheile eines Körpers können wir ihn nur im
aasgetrockneten Zustande anwenden. In dem Artikel Analyse,
organische, s. Bd. I, S. 845, sind bereits einige zu diesem Zweck die-
nende Apparate genauer beschrieben. Wir werden hier noch eine Reihe
der Üblichen Vorrichtungen hinzufügen, wenn wir kurz angegeben
haben, unter welchen Umständen man zur Austrocknung nur die ge-
wöhnliche Temperatur, oder eine bis zum Siedepunkte des Wassers ge-
steigerte, oder einen sonst festgesetzten Wärmegrad anwenden darf.
Zidetzt werden die allgemeinsten Trockenapparate, welche man in
der Technik benutzt, ihrem Principe nach beschrieben werden.
In der Regel versteht man unter Austrocknen nur die Entfernung
des hygroskopischen, nicht des Kry stall- oder des chemisch gebundenen
Wassers. Man rauss daher bei der Wahl der Trockenmethode die
Eigenschaften des zu trocknenden Körpers kennen. Es giebt z. B.
Salze, die „verwittemden^S welohe schon an der Luft« die nicht
588
Austrocknen.
vollatändig mit Wasaerdampf gesättigt ist, bei gewöhnlicher Tem-
peratur einen Theil ihres Krystallwassers verlieren, wie krystallisirte
8oda und Glaubersalz. Um von diesen das anhängende Wasser zu
entfernen, ohne Krystallwasser auszutreiben, bleibt nichts übrig als sie
zu zerreiben, zwischen oft erneuten Lagen Löschpapier zu pressen, wie-
der zu reiben und zu pressen, bis das Papier keine Spur von Feuch-
tigkeit mehr anzieht Bei einem so rohen und mechanischen Verfah-
ren bleibt man stets sehr unsicher, wie weit man seinen Zweck erreicht
hat. Andere Salze, wie Bittersalz, Seiguettesalz, verwittern nicht leioht
an der Luft, welche etwas Feuchtigkeit enthält Man kann sie daher,
nachdem man sie im gepulverten Zustande durch Pressen zwischen
Löschpapier von der meisten anhängenden Feuchtigkeit befreit hat, in
dünner Lage an einer schattigen trockenen Stelle vor Staub geschützt,
so lange stehen lassen, bis die Wage keine weitere Gewichtsabnahme
zeigt. Würde man die genannten Salze mit vöUig getrockneter Loft
in Berührung bringen, so würden sie Krystallwasser verlieren. Viele
Körper jedoch können der absolut trockenen Luft bei gewöhnlicher
Temperatur ausgesetzt werden ^ ohne Wasser zu verlieren, und erst
von diesen kann man mit Recht behaupten , dasS man sie vollständig
von ihrem Gehalt an hygroskopischem Wasser befreien könne. Man
bringt dieselben - fein zerrieben, auf einer flachen Schale oder Uhr-
glas in einen Raum, dessen Luft durch Wasser anziehende Körper
beständig im Zustande vollkommener Trockenheit erhalten wird. Be-
queme Apparate dazu stellen Fig. 39, 40 und 41 dar. Fig. 39 ist
Fig. 39.
Fig. 41.
iH.wiimminlimi.i...,....M|..»i.....f..«...K..aM...-m...p.y...-,^...-..^-....^
eine flache Glasbüchse mit luftdicht aufgeschliffenem übergreifenden
Deckel. Man giesst auf den Boden concentrirte Schwefelsäure und
stellt in diese einen Glasrihg, der das Uhrglas oder Schälchen trägt
Der Apparat hat den Vorzug, dass der Luftraum möglichst klein ist
und daher die von der Substanz aufsteigenden Wasserdämpfe der ab-
sorbirenden Schwefelsäure möglichst nahe sind. In Fig. 40 und 41
sind die mit Schwefelsäure gefüllten Schalen auf eine abgeschliffene
Glasplatte gestellt, darüber ein Gestell angebracht, was mehrere Uhr-
gläser oder Schalen tragen kann, und das Ganze durch Ueberdecken
mit einer Glasglocke, deren Rand abgeschliffen ist, von der äusseren
Xuft abgeschlossen. Man kann auch die Glastafel durch einen Teller
ersetzen, ein gewöhnliches Becherglas statt der Glocke überstülpen und
in den Teller Oel giessen, um den Luftwechsel zu verhindern. Stellt
Austrocknen. 589
man die mit Schwefelsäure gefiillten Schalen nebst den darüber ange-
brachten zum Trocknen bestimmten Substanzen auf den Teller der
Luftpumpe, überdeckt sie mit der Glocke und pumpt die Luft aus, so
bilden sich die Wasserdämpfe, wie bekannt, schneller, es wird da-
durch die Trocknung sehr beschleunigt^ und zugleich die manchen Kör-
pern nachtheilige oxydirende Wirkung des Sauerstoffs beseitigt. Hat
man es mit Substanzen zu thun, die upter den angegebenen Verhält-
nissen zwar kein Wasser, aber Ammoniak verlieren, so wendet man
statt der Schwefelsäure gebrannten Kalk an und mischt diesem etwas
Salmiakpulver zu, so dass die Trocknung in einer mit Ammoniak ge-
sättigten Atmosphäre vor sich geht.
Hat man Substanzen auszutrocknen, die einer Temperatur von
lOO^C. ausgesetzt werden dürfen, so bedient man sich zweckmässig
des in Fig. 42 abgebildeten Wasserbades. Der innere Raum c, in
welchen die zu trocknenden Substanzen
auf Uhrgläsem gestellt werden, ist auf
fünf Seiten in etwa einem Zoll Entfer-
nung von der äusseren Hülle umgeben
und vorn durch eine einfache Thür ver-
schliessbar, in welcher die Löcher g und k
angebracht sind, welche, so lange die Sub-
stanzen noch feucht sind , einen genügen-
den Luftwechsel gestatten. Dieselben kön-
nen durch Korke oder Schieber geschlos-
sen werden, damit die Temperatur durch den Luftwechsel nicht zu
sehr herabgestimmt werde. Der Zwischenraum zwischen beiden
Kasten wird durch Eingiessen von Wasser durch die Tülle b ge-
füllt, in die Tülle a kann man ein Thermometer einsetzen. Soll der
Apparat auf der Spiritus- oder Gaslampe erwärmt werden, so lässt
man ihn am besten aus dünnem Messingblech anfertigen und mit Weich-
loth zusammenfügen , soll er auf Kohlenfeuer benutzt werden , so wird
er zweckmässiger aus Kupferblech, welches hart gelöthet wird, gemacht,
und der mit Flüssigkeit zu füllende Zwischenraum von grösserer Di-
mension gewählt. Für Substanzen, die einer höheren Temperatur als
100^ C. ausgesetzt werden dürfen, kann man dann denselben Apparat
gebrauchen , indem man statt Wasser Oel in den Zwischenraum füllt
und das untergelegte Feuer so regelt, dass das durch a eingesenkte
Thenrtometer ziemlich constant einige Grade über der Temperatur er-
halten wird, bei der man die Anstrocknung vornehmen will.
Fast noch leichter ist es auf einer Spiritnslampe eine constante
Temperatur in den aus Kupfer oder Messing gefertigten Luftbädern,
Fig. 43 und 44 (s. f. S.), zu erzielen. Die Thermometerkugel muss mög-
lichst nahe neben die Uhrgläser gebracht werden, jedoch so, dass sie
keine Metalltheile der Träger berührt. Der Deckel auf Fig. 43 ist leicht
abzonehmen, in die Tülle wird das Thermometer eingesetzt, die zweite
bleibt offen bis die Substanz fast völlig ausgetrocknet ist, um den
Wasserdämpfen das Entweichen leicht zu gestatten, zuletzt schliesst
man dieselbe durch einen lose aufgesetzten Kork. Ein in derselben
Höbe des Gefässes auf einigen Nieten liegendes Dreieck von dünnem
Dnht trägt die Schale, welche die zu trocknende Substanz enthält
IHe Einrichtang der Fig. 44 ist selbstverständlich.
590 Austrocknen.
Schneller ßndet die AuBtTocknnag statt in einem Laftabome. Ibn
hat dem Apparat eine etwas andere Form gegeben, wie Flg. 4ä
Flg. 48. Fig. M.
^
md unten an den beiden lan-
gen Seiten von der zwi-
schen ihm and der fiiusem ,
Wandung oingeachlosaeneD
rt Flüssigkeit, Waaser oder
Oel, umgeben , die beiden
kurzen £mdflächeQ giad oQen
und können durch Schieber
geschlosBen werden. An
dem einen Ende ist «ne
senkrechte Röhre bis inden
Trockenraum hinabgeführt,
dieselbe wird Toneiner zwei-
ten Röhre umgeben, welche
in dem mit Wasser gefüll-
ten Räume mundet, dadurch die innere Röhre heisa erhält und bewirkt,
daas ein aufsteigender Luflatrom entsteht Die Oe&taung bei t gestat-
tet der äusseren Luft Zutritt, man kann dieselbe vorher durch ein mit
Ghlotcalcium gefQlUes, in t befestigtes Rohr treten lassen, oder heisse
Luft dnrch ein erhitzties Rohr einleiten oder einblaaen. Geeignete Ap-
parate, um in einem erwärmten Luftatrome oder im luftleeren Ranme
bei beliebiger Temperatur zu trocknen, sind Art. Analyse, organi-
sche, Bd. I, S. 645 n. ff., beschriebeo.
Das Anwenden von Uhrgläaem als Unterlage für die zn trock-
nenden Substanzen, in den oben beschriebenen Fällen , ist baaondera
deshalb zu empfehlen, weil man leicht zwei dicht mit den Rändern zu-
sammenachliessende Uhrgläser aussuchen kann, um die in dem einen
liegende getrocknete Subatanz zum Wägen mit dem zweiten zu be-
decken and beide Gläser durch Ceberschieben einer measingeneD Klam-
mer, wie Fig. 46 zeigt, zusammenzuhalten. Auf diese Weise kann man
den Apparat erkalten laasen und wägen, ohne befOrchten zu mflss«n,
Austrocknen.
591
Fig. 47.
daes die Substanz während dieser Zeit Feuohtigkeit aus der Luft an-
ziehen kann. Die Messingklainnier bildet man durch Zusammenlöthen
p-,g 4g zweier dünner, schmaler hart-
geschlagenerüdessingstreifchen
an ihren Enden, oder, indem
man einen breiteren Streifen
durch zwei parallele nicht ganz
bis an die Enden reichende
Schnitte so theilt, dass man
die Uhrgläser unter den mit-
telsten und über die beiden seitlichen Streifen schieben kann, wenn
man den ersteren in der Mitte etwas nach oben, die beiden anderen
etwas nach unten gebogen hat, so dass sie noch gegen die dazwischen
gebrachten Uhrgläser federnd wirken. Die Uhrgläser werden nicht
leicht so dicht auf einander passen, dass beim Erkalten ein luftver-
dünnter Baum sich zwischen denselben bilden könnte, aber Luftwech-
sel, somit die Möglichkeit, dass die Substanzen eine wägbare Menge
Feuchtigkeit aufnehmen, findet nicht statt.
Zum Trocknen grösserer Mengen von Substanzen, wie z. B. der
Krauter, Blumen und Wurzeln, welche zum Pulvern bestimmt sind,
wendet man in den Apotheken zweckmässig den von Mohr angegebe-
nen Trockenschrank ^) an, Fig. 47. Der Schrank ist an beiden Seiten
mit parallelen Leisten versehen, auf wel-
chen sich Hürden schieben lassen, die die
zu trocknenden Substanzen aufnehmen.
Sie werden folgendermaassen eingerich-
tet. Aus zwei Zoll hohen Leisten wird
ein viereckter Rahmen von passender
Grösse gebildet. An der einen Seite wird
eine fünfte ähnliche Latte parallel zwei
Zoll abstehend eingefügt. Der Best des
Bahmens wird mit starker Leinwand be-
spannt und diese durch untergenagelte
Stäbchen im Abstände von circa ein Zoll
am Sacken verhindert. Man schiebt nun
die Hürde so in den Schrank, dass einmal
der zwischen obiger Latte und dem Bande
der Hürde frei gebliebene Baum vom bei
der darüber stehenden Hürde hinten im
Schrank zu stehen kommt. Dadurch wird
die von unten aufsteigende erwärmte Luft
genöthigt, bald vorn und bald hinten auf-
zusteigen und über und unter der ganzen
Hürdenfläche herzustreichen.
Die Erwärmung der Luft bewirkt
man durch die Benutzung des abziehenden
Rauches einer stets thätigen Feuerungsan-
lage, z. B. des Dampfapparates. ' Man
leitet den Bauch durch ein gewöhnliches
^) Mohr, Pharm. Techn. 2. Aad. S. 46 u. ff.
blechernes Ruiichrahr c, Fig. 48, in den aiu> Schwanblech aogefortig-
ten, unter den Httrden im Schrank aufgestellten Blechkasten nnd an*
diesem durch das Kauchrohr d ia den bchomstein, die Schieberttiilr >
dient zur leichten Reinigunff. Wenn der Kasten vor der Bennizung
mit AsphaltArniss gut angestrichen wird , so widersteht er dem Bo^
sehr lange.
Die in der Technik erforderlichen Trockenstuben sind meist nach
dem schematisch, in Fig. 49 versinnlichten Principe eingerichtet
Man lässt erhitzte Luft oben in die
Kammer eintreten und durch einen
Schornstein unten wegsaugen. Oben
stellt mnn die fast trockenen Sabstan-
zen anf, unten die noch sehr feuchten.
Die noch möglichst warme nnd trocken«
Luft entzieht den schon fast trockenen
Stoffen den Best des Wassers und sät-
tigt sich, ehe sie die Kammer verläsEi,
anf den unteren Schichten mit Wasf«r-
daropf. Die meijiten Substanzen erfordern
geradezu diesen Weg der Trocknung)
da, wenn sie nicht verändert werden »ol-
len, anfangs , so lange pie noch viel
Wasser enthalten, nur eine massige Hitze angewandt werden darf, die
kaam ausreichen würde die letzten Wnsscrantheile zu entfemeo.
Eine au SS erordentlich zweckgemäese Trockeustnbe , die bei belie-
biger Grösse doch kein Hineingehen der Arbeiter erheischt, nnd die
Wftnne sehr vollständig unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Stei-
gerung derselben in dem Maasse als die Trocknung fortschreitet, erhält,
wird z. B. in allen Fabriken getrockneter Gemüse u. s. w. angewendet
Eine ansfUhrliche Beschreibung derselben hat Flucharl geliefert*).
f> polyt. Joorn. Bd. CXXKIII, S. 1
> QtBit
/
Inhalt der dritten und vierten Lieferung zum zweiten
Bande der zweiten Auflage.
Seite
Ameuige Säore:
Weisser Arsenik, Arsenikmehl,
Giftmehl, Hüttenrauch, Ar-
senikblumen, Rattengift, Ar-
senikblüthe, Arsenoxjd. . 289
Arsenigsaure Salze .... 295
Arsenigsaures Ammonium-
oxyd 296
Arsenigsaures Antimonoxyd . —
Arsenigsaurer Baryt .... 297
Arsenigsaures Bleioxyd . . —
Arsenigsaures Eisenoxyd . . —
Arsenigsaures Eisenoxydul . 298
Arsenigsaures Kali:
1) Neutrales —
2) Saures Salz .... —
3) Basisches Salz ... 299
Arsenigsaures Jodkalium . . —
Arsenigsaurer Kalk. ... —
Arsenigsaures Kobaltoxydul . 800
Arsenigsaures Kupferoxyd:
1) Neutrales —
2) Basisches Salz ... —
Anenigsaure Magnesia . . —
Arsenigsaures Manganoxydul 801
Arsenigsaures Natron ... —
Arsenigsaures Nickeloxydul . —
Arsenigsaures Quecksilber-
oxyd —
Arsenigsaures Quecksilber-
oxydul —
Arsenigsaures Silberoxyd —
Arsenigsaurer Strontian . . 802
Arsenigsaures Zinnoxydul u.
Zinnoxyd —
Arsensäure :
Arseniksäure —
Arsensänretrihydrat .... 808
Arsensaurebihydrat .... —
Arsensäuremonohydrat. . . —
Wasserfreie Arsensäure, Arsen-
säureanhydrid —
Arsensaure Salze 304
Arsensaures Ammoniumoxyd:
1) Basisches 305
2) Neutrales —
8) Saures —
Arsensaurer Bar}'t:
1) Basischer —
2) Neutraler —
8) Saurer 306
Arsensaures Baryt - Ammo-
niumoxyd —
.*
Seite
Arsensaures Bleioxyd:
1) Basisches 306
2) Neutrales —
Arsensaures Ceroxydul . . —
Arsensaures Chromoxyd . . —
Arsensaures Eisenoxyd . . —
Eisensinter 307
Arsensaures Eisenoxydul . . —
Arsensaures Iridiumoxyd . . —
Arsensaures Kali:
1) Basisches —
2) Neutrales —
8) Saures —
Arsensaurer Kalk, neutraler . 808
Arsensaures Kalk- Ammonium-
oxyd, basisches .... —
Arsensaures Kobaltoxyd . . —
Arsensaures Kobaltoxydul . —
Arsensaures Kupferoxyd, ba-
sisches 309
Arsensaure Magnesia ... —
Arsensaures Magnesia- Ammo-
niumoxyd —
Arsensaures Magnesia-Kali . 810
Arsensaures Manganoxydul . —
Arsensaures Manganoxydul-
Ammoniumoxyd ... —
Arsensaures Molybdänoxydul —
Arsensaure Molybdänsäure —
Arsensaures u. molybdänsau-
res Ammoniumoxyd ... —
Arsensaures Natron:
1) Basisches —
2) Neutrales —
8) Saures 811
Arsensaures Natron-Kali, neu-
trales —
Arsensaures Natron mit schwe-
felsaurem Natron. ... —
Arsensaures Natron mitFluor-
natrium —
Arsensaures Nickeloxydul, ba- —
sisches ....... —
Arsensaures Palladiumoxydul —
Arsensaures Platinoxyd . . 812
Arsensaures Qnecksilberoxyd —
Arsensaures Quecksilberoxydul :
1) Neutrales —
2) Saures —
Arsensaures Rhodiumoxyd . —
Arsensaures Silberoxyd, basi-
sches 313
Arsensaurer Strontian ... —
Fortsetzung dee Inhalte der 3. u. 4. Lieferung von Band 2 der 2. Aufl.
Arsensaure Thoncrde . .
Anensaure Thorerde .
Arsensaares Titanoxjd
Arsensaures Uranozyd,
Axfensfuires Uranozjdnl •
Arsensaures Vanadiumoxyd
Arsensaares Wismuthoxyd
Arsensaure Yttererde , neu-
trale
Arsensaures Zinkoxyd .
Arsensaures Zinnoxyd .
Arsensaures Zinuoxydu)
Arsensaure Zirkouerde.
Arsenschwärze
Arsenschwefelsäure ....
Arsensilber
Arsensilberblende, syn, für lichtes
Bothgpltigerz (s. erste Aufl. Bd. IV,
S. 908).
Arsensinter s. Arseniksinter.
Arsenspiegel
Arsensuboxyd
Arsensulfide
Arsensulfür:
^othes Schwefelarsen, Beal-
gar , Sandarach , Bubin-
Schwefel, unterarsenigsaures
Sulfid, Arseobisulfuret, )vy-
posulfarsenige Säure . .
ArsensulfUrsalae , Hyposulf-
arsenite (Berzelius) . . .
Ammonium-Arsensulfäri Am-
moniumhyposulfarsenit . .
Barium- Arsensulfür, Barium-
hypofolfarsenit , . , .
Ka^um- Arsensulfür, Kalium-
hyposulfarseni^ ....
Arsensulfid:
Qclbes SchwQfielarsen« Bauch-
gelb, Auripigment, Oper-
ment, Arseniges l^ulfid (Ber-
zelius), Sulfarsenige Säure,
Arsensupersulfür ....
Arsensulfidsalze, Sulfiursenite,
Berzelius
Anunonium-Arsensulßd, Am-
moniumsulfarsenit . , .
Barium-Arsensulfid, Bariom-
sulfarsenit ......
Beryllium- Arsensulfid, 3eryl-
Uumsulforsenit
Blei- Arsenfulfid, Bleisulfiirsenit
Calcium-Arsensulfid, Calciuip-
sulfarsenit
Cersulfüret- Arsensnlfid , Cor-
sulfüretsulfarsenit . . . .
ChromsesquisulAiret-Arscnsul-
fid, Chromsesquisulforetsiüf-
arsenit .
EisensesquisuV^iret - Arsensul-
fid, Eisensesquisulfüretfiulf-
arsenit .
EisensuKtiret- Arsensulfid, Ei-
sensulfuretsulfiu'aeuit . . .
Seite
S13
914
815
316
817
320
821
822
Seit«
Goldsesquisolfiiret-Arsensalfid,
GoldsesquisulAiretsulfarsenit - 32i
Kadmium - Arsensnlfid , Kad-
miumsulfarsenit . . . . —
Kalium -Arsensulfid, Kalium-
sulfarsenit —
Kobalt -Arsensnlfid , Kobalt-
sulfarsenit 323
Lithium- Arsensulfid, Lithium-
sulfarsenit —
Magnesium - Arsensulfid, Bia-
gnesiumsulfarsenit ... —
Mangan-Arsensulfid, Mangan-
sii^arscnit . . ... —
Molybdän-Arsensulfid, Molyb-
dänsulfarsenit —
Natrium- Arsensnlfid, Natrinm-
sulftirsenit —
Nickel-Arsensnlfid, Nickelsulf-
arsenit —
Platinbisulfüret - Arsensolfid,
Platinbisulfüretsulfiursenit . —
Quecksilbersttlfüret- Arsensnl-
fid, Quecksilbersulfuretsulf-
arsenit —
Quecksübersubsulf uret - Arsen-
snlfid, Quecksill^enabsalfii-
retsul£arsenit —
SUber-Artensulftd, Silbertulf-
arsenit ....... 324
UrapsesquisaUüret-Arscnsulfid,
UransesqussuUUretsulfarsenit —
Wismuth - Arsensulfid, Wis-
muthsul&rsenit .... —
Zink-Arsensulfid, Zinksnlfar-
sani( —
ZinnsuHüret-Araensulfid, Zion-
solfarsenit —
Zinnbisulfid' Arsensnlfid, Zinn-
bisulfüretsulikrsenit . . . —
ZirQoniam^'Arsensulfid, Zirco-
niumsnlfarsenit . . . . —
Arsenpersnlfid:
ArsensupersalfidvSulfSarseoaänre —
Arsenpersulfidsalze, Sulfarte-
niate (Berzelius) .... 325
Ammonium - Arsensapersulfid,
Ammoniumsulfarseniat . . —
Barium-Arstnpersulfid,Bariiim-
sulfarseniat '^^
Beryllium-Arsenpersulfid, Be-
rylliumsulüarseniat . . . —
Blei-Arsenpersulfid, Bleisolf-
arseniat —
Calcium -Arsenpersnlfid, Cal-
dumsulfarseniat . . . . —
CersesquisulfUret-Arsenpersul-
fid, CersesquisnUUretsiilfar-
seniat —
Cersulfüret - Arseiq>ersnlfid,
Cersulfuretsulfarseniat . . 327
Bisensesquisulfüret - Arsenpvr-
■ulfid, EisensesqnisolAurtt-
suUkrseniat "
r
Fortoetsung des Inhalts der 3. u. 4. Lieferung von Band 2 der 2. Aufl.
BUenBalftaiet - Artenperiulfid,
EUensallüretsulfargeniat
GoldBesquisulfüret - Arsenper-
snlfid , Goldsefqaisulfiiret-
salfareeoiat . . ...
Kaliam-Anenpersulfidf Kalium-
sulfanoiiat
Kobalt-Arsenpersttlfid, Kobalt-
snlfarseniat
Lithiiim-Arsenperf nlfid , Li-
thiomsalfAneiiiat ....
Magnesium - Anenpersulfid^
Magnesinmaulüarseniat . .
Hangan-Araenpennlfid, Man-
gansnlfaneniat ....
Katriiun-Anenpersnlfid, Ka-
triumsi^rsenlat ....
Natrium - Ammonium - Arsen-
peranlfid, Natrium -Ammo-
niumsulfiurseniat ....
Natrium-Kalium-Arsenpersul-
fid, Natrium -Kaliumsulfar-
seniat
Nickel-Arsenpersnlfid, Nickel-
snlfarseniat
Platinbisulfüret-Arsenpersnlfid,
Platinbisulfüretsulfarseniat .
Quecksilbersulfüret - Arsenper-
sulfid, Quecksilbersolftaret-
snlfarseniat
Queeksilbersubsulftiret-Arsen-
persulfid, Quecksilbersubsul-
furetsulfarseniat ....
Silber -Arsenpersulfid, Silber-
snlfiirseniat
Uransesqoisulfiiret- Arsenper-
sulfid, Uransesquisnlltiret-
sulüarseniat
Zink-Arsenpersulfid, Zinksulf-
arseniat
Zirconium- Arsenpersulfid, Zir-
konsuUkrseniat ....
Arsenwasserstoff
Arsenwasserstoffgas . . . .
ArsenwasserstoiF, fester Was-
serstoffarsenik
Ariid
Artsnitin « .
Arterienhaot
Artischocke
Äitiylc
Aitocarpns indsa
Aram escolentum
Anim macnlatum
Anmdo phragmites
Aia dukis s. Benxoe.
Asa foetida
Asa foetida-Oel .......
Asant, stinkender, s. Asa foetida.
Asarin, Asaron, aInut, Asarit?, Hasel-
wuncamphor
Aiarit
Asarumdl
Asbest
Seite
327
828
829
380
882
888
885
88G
887
840
848
844
'Asbolan
Asbolin
Ascbblei
Asche organischer Körper. . . .
Methoden der Eünäscherung . .
Methoden der Analyse . . .
Methode Ton WiU und Fre-
senius
Methode von Erdmann . .
Methode ron H. Böse. . .
Methode ron Mitscherlich
Methode ron Wackenroder .
a. In Wasser löslicher
Theil . • ...
b. In Wasser unlöslicher
Theil
Methode ron Städeler:
a. Samen-Aschen . .
b. Aschen von Holz, Kräu-
tern u. s. w. . .' . .
Methode von Wittstein . .
Asche, Tulcanische
Aschen, metallische
Aschenbad
Aschenxieher
Asdepiadin, Asdepin
Asclepion
Asparagin, Sparg^lstoff, Asparamid,
Althätn
Chlorwasserstoff-Asparagin .
Oxalsaures Asparagin . . .
Salpetersaures Asparagin . .
SchwefiBlsaures Asparagin
Asparagin-Bleiozyd ....
Asparagin-Kadmiumoxyd . .
Asparagin-Kali
Asparagin-Kalk
Asparagin-Kupferoxyd . .
Asparagin-Quecksilberchlorid
Asparagin-Quecksilberozyd .
Asparagin-Silberoxyd , . .
Asparagin mit salpetersaurem
Silberoxyd
Asparagin-Zinkoxyd . . .
Asparaginsäure, Asparags&nre, As-
paraminsänre, Asparamsäure, As-
partsäure
Chlorwasserstoff- Asparagin-
säure
Salpetersaure Asparaginsäure
Schwefelsaure Asparingin-
säure
Asparaginsäure Salse . .
Asparaginsaures Ammonium-
oxyd
Asparaginsaurer Baryt
Asparaginsaures Bleioxyd.
Asparaginsaures und salpeter-
saures Bleioxyd . . .
Asparaginsaures Eisenoxyd
Asparaginsaures Kali . .
Asparaginsaurer Kalk:
Neutrales Salz . . .
Basisches Kalksais . .
Seite
844
846
849
858
855
858
869
860
8G1
868
865
866
371
372
878
877
878
879
880
n
Fortsetzung des Inhalte der 3. u. 4. Lieferung von Band 2 der 2. Aufl.
Seite
Asparagiosaures Kupferoxyd :
Neutrales Salz .... 380
Bnsißch -asparaginsaures
Kupferoxyd ..... —
Asparaginsaure Magnesia :
Neutrales Salz
Basisches Magnesiasalz. . —
Asparaginsaures Natron, neu-
trales Salz —
Asparaginsaures Nickeloxy-
dul ^81
Asparaginsaures Quecksilber-
oxyd, basisches .... —
Asparaginsaures Quecksilber-
oxydul —
Asparaginsaures Silberoxyd:
Neutrales Salz —
Basisches Silbersalz ... -
Asparaginsaures Zinkoxyd —
Die Zusammensetzung des As-
paragins und der Asparagin-
s'aure 882
Asparaginsaure Salze s. Asparagin-
säure S. 878.
Asparamid, syn. Asparagin.
Asparamidsäure, syn. Asparaginsaure.
Asparagolith 885
Asparagus officinalis —
Aspartsäure s. Asparaginsaure.
Aspasiolith .......•• 886
Aspertannsäure —
Aspernla odorata 387
Asphalt —
Asphalt, künstlicher 891
Asphalten, Asphalt, erdiger, Asphalt-
erde, Asphaltöl s. Asphalt.
Asphodelus 392
Aspirator —
Assacou oder Ussncu 397
Afisamar 398
Aster tripolium 399
Astrakamit —
Astralit 400
Astrapyalith . .
Astrophyllit —
Atakamit —
Athamanta Oreoselinum . . . 401
Athamantin —
Athanor s. Acanor.
Athar 404
Atheriastit —
Athmen der Pflanzen 405
Athmen der Thiere 406
Athiserz, syn. mit faserigem Malachit.
Atlasstein, Atlasspath 412
Atmerythrin. —
Atmidoskop —
Atmosphäre, Atmosphärische Luft . —
I. Physikalische Eigenschaften
der Atmosphäre:
1. Die Schwere und die Ge-
stalt der Atmosphäre . . —
2. Die Temperatur der At-
mosphäre 416
Seite
3. Bewegungen in der Atmo-
sphäre 419
4. Die Aenderungen des at-
mosphärischen Druckes 43i)
5. Verhältniss der Atmosphäre
zum Lichte 424
II. Chemische Beschaffenheit der
Atmosphäre:
Bestandtheile 426
Quantitative Zusammensetzung 431
Sauerstoff —
Stickstoff ...... 440
Wasser —
Kohlensäure 442
Ammoniak 447
Jod 449
KohlenwasserstofT (?)... —
Zusammensetzung der Luft . 450
In Wasser gelöste Luft . . 452
Von dem Erdboden absorbirte
Luft 458
Atome 461
Atomgewichte .... ... 463
Atomgewichtsbestimmungen der
Grundstoffe:
Aluminium « 471
Antimon —
Arsen 478
Barium —
Beryllium 475
Blei -
Boron 476
Brom —
Calcium 477
Chlor 479
1) Bestimmung des Sauer-
stoffgehalts des chlorsauren
Kalis -
2) Bestimmung des Atomge-
wichts des Chlorsilbers . . 480
3) Bestimmung de« Chior-
silbers aus 100 Thln. Silber -
Cor 481
Chrom —
Didym 483
Eisen .......... 484
Erbium 485
Fluor —
Gold 486
Jod . . —
Iridium 487
Kadmium —
Kalium s. bei Chlor.
Kobalt 488
Kohlenstoff —
Kupfer 490
Lanthan —
Lithium ~
Magnesium 491
Mangan 49*
Molybdän 493
Natrium 494
Nickel 495
Niobium "
r
Auswittern. 598
Es ist eine lange liegende Kammer von nur wenigen Füssen Höhe,
massiger Breite, aber grosser Länge, Die Luft wird vermittelst eines
Ventilators durch eiserne Röhren getrieben, welche im Feuer liegen.
Es ist sehr zweckmässig, in die Röhren einzelne Stücke alter zerbroche-
ner Rohren einzulegen, so dass die Luft sich daran bricht, weil sie sonst
nnr unvollkommen die Wärme aufnimmt, oder die Röhren beträchtlich
länger sein müssen. Ein Heizapparat, mit dem selbst bei heftigem
Rothgluhen der Rohren das erforderliche Luftquantum nicht genügend
erhitzt werden konnte, wurde durch diese kleine Abänderung sofort
brauchbar. Das Eintreiben der Luft mit dem Ventilator statt des frü-
her üblichen Saugens, ist ebenfalls als viel zweckmässiger befunden
worden. Wenn man die Luft aussaugt, so dringt durch jede OefTnung
oder Undichtheit des Apparates kalte Luft zu, während beim Eintreiben
das^ namentlich am Ende der Trockenstuben unvermeidlich erforder-
lich werdende Oeflnen von Einsetzthüren u. s. w., weder kalte Luft ein-
dringen lässt, noch den Zug schwächt, wodurch die Luft in dem Röh-
rensystera eine zu hohe Temperatur annehmen und die vordersten Sub-
stanzen verderben könnte. Man macht die Trockenstube so lang, dass
die hinten mit feuchter Substanz eingeschobenen Hürden, welche auf
einem Tuche ohne Ende oder auf blossen Rollen laufen, lange genug in
der Kammer verweilen , um den Inhalt am vorderen Ende getrocknet
herausnehmen zu können, wenn die Arbeiter, sobald sie eine Hürde ge-
füllt haben, dieselben hinten einschieben, wodurch am vorderen Ende
die Hürde mit getrockneter Substanz aui der Kammer herausgeschoben
wird.
Das Trocknen von Zeugen, Papier n. s. w. findet meidt dadurch
statt, dass man die Stoffe über mit Dampf geheizte Walzen führt.
Näher die einzelnen in den verschiedenen Fabrikationen verwen-
deten Trockenapparate zu beschreiben, ist hier nicht Raum. V.
Auswittern, Ausblühen, Effloresciren, Efflorescere.
So bezeichnet man die Erscheinung, wenn feste Körper sich mit einem
lockeren krystallinischen , meist weissen Salzanflug bedecken. Solche
Auswitternng oder Efflorescenz zeigt sich z.B. bei salpeterhalten-
der Erde, wo salpetersaures Kali auswittert, an Mauern, wo oft schwefel-
saures oder kohlensaures Natron , oder auf Alaunschiefer , Schwefelkies
ond anderen Erzen, wo Alaun, Eisenvitriol und verschiedene Metall-
salze auswittern. Diese Salze waren hier entweder schon fertig gebil-
det, oder sie entstanden durch die gegenseitige Einwirkung verschie-
dener Gemengtheile der Gesteine, zum Theil erst bei gleichzeitiger
Einwirkung von Luft und Feuchtigkeit. Die Auswitterung besteht zu-
nächst aber immer darin, dass das Salz ans seiner durch Capillarltät
auf die Oberfläche des feßten Körpers gestiegenen Auflösung durch Ver-
I dunsten auskrystallisirt.
I Als Auswittern oder gewöhnlich Effloresciren bezeichnet man
namentlieh die Erscheinung beim Verdunsten oder langsamen Verdam-
pfen mancher Salzlösungen, bei welchen das feste Salz sich am Rande
des Gefäases oberhalb der Flüssigkeit in dendritischen Krystallen ab-
scheidet; indem die Lösung dann in diesen Dendriten durch Capillari-
1 tat in die Höhe steigt und weiter verdampft, wachsen diese Efflorescen-
zen, und bedecken nicht nur die innere Seite der Gefässe bis zum
oberen Rande, sondern absteigend bald auch die äussere Seite , dann
Handwftrierbach der Chemie. 3te Aufl. Bd. II. 38
694 Ausziehen. — Avanturinglas.
den Tisch n. 8. w. Dieses Fortkriechen der Salse durch Effloresdren
zeigt sich bei Salmiak, bei verschiedenen Animoniaksalzen n. a. id., es
l&sst sich einigermaassen durch starkes Fetten des Randes der Gefässe
vermeiden, besser durch rasches Sieden der Lösungen, oder rasches
Verdampfen durch Erhitzen von oben. Fe.
Ausziehen. Darunter sind die verschiedenen Methoden ver-
standen, die wir anwenden, um festen Körpern, namentlich Pflanzen-
Stoffen, durch Auflösungsmittel ihre löslichen Bestandtheile zu entzie-
hen, hauptsächlich durch Wasser, Alkohol oder Aether, seltener mittelst
flüchtiger oder fetter Oele; bei der ausgedehnteren Fabrication der-
selben werden später wohl auch Chloroform, Schwefelkohlenstoff, und
das als Benzol im Handel beflndliche leichte Steinkohleotheeröl häufi-
ger verwendet werden. Diese Auflösungsmittel können nun kalt oder
warm angewendet werden (s.auch Abkochen, Aufgi essen und £x-
trahiren), Fe.
Automolith syn. mit Gahnit. ,
Avanturin, Aventurin. Eine Varietät des Quarze«. Das
Eigenthiimliche desselben ist, dass er angeschlifl*en auf unzähligen Punk-
ten einen starken Lichtreflex zeigt, welcher theils von eingemengten zarten
Glimmerschuppen, theils von feinen Rissen und Sprüngen herrührt. Er
ist theils röthlichbraun, theils gelblich und nur an den Kanten durch-
scheinend. Man findet ihn gewöhnlich in abgerollten Stücken in Spa-
nien, Sibirien etc. Er wird als Schmuckstein verarbeitet, aber häufig
durch Glasfluss nachgeahmt, welcher den natürlich vorkommenden an
Schönheit der Lichterscheinung meist übertrifilL
Avanturinfeldspath s. Oligoklas (iste Aufl. Bd. V,
S. 673).
Avanturinglas, Aventuringlas (auch Goldfluss ge-
nannt) zeigt auf geschliflenen und polirten Flächen eine ähnliche Erschei-
nung, wieder natürlich vorkommende Avanturin,. trotz ganz verschiede-
ner chemischer Zusammensetzung. Dem Anscheine nach liegen kleine, das
Licht stark reflectireude Flitter in einer hellbräunlichen Glasmasse. Dieses
Glas wurde früher sehr hoch geschätzt und zu Zier- und Schmuckg^gen-
ständen der verschiedensten Art verarbeitet — Seine Darsteliong war
lange ein Geheimniss der Glasfabriken in Murano bei Venedig, doch
zeigte sich bei Industrie- Ausstellungen der neuesten Zeit, dass es jetzt
auch in den Glasfabriken anderer Länder dargestellt wird. — Ueber
die Natur der Flimmer in diesem Glase sind verschiedene Ansichten
aufgestellt worden. Uebergeht man die willkürlich geäusserten Mei-
nungen, wonach sie bald Glimmerblättchen, bald Goldblättchen (Gold-
fluss) sein sollten, so findet man, dass J. G. Gähn (1807) zuerst durch
nähere Untersuchungen zeigte, dass dieselben regelmässige Krystalle
seien, die sich bei dem Erkalten der geschmolzenen Masse ausgeschieden
haben müssten >)• Man sieht nämlich bei Betrachtung eines Stückchens
Avanturin unter dem Mikroskope bei nur massiger Vergrösserung, dass
jedes Flimmerchen ein regelmässiger glänzender Erystall ist. Sie er-
^) Wöliler, Analyse des Avanturinglases. Annal. d. Chem. u. Pharm., Bd. XLV.
S. 185.
Avanturinglas. 695
scheinen als dünne Segmente regulärer Octagder und sind undurch-
sichtig. Die mit verschiedenen Glasmassen angestellten Analysen ergaben
sammtlich einen nicht unbeträchtlichen Gehalt an Kupfer.
Analysen des Avanturinglases:
Schnedermann und Wöhler P^ligot Kersten
5,5 5,3
7,1 7,0
8,9 9,0
(FeO) 3,5 3,4
Spuren
Kali . . .
2,1
Natron . .
8,2
Kalk . . .
8,0
Magnesia • .
4,5
Eisenoxyd •
6,5
Thonerde
Kieselerde .
65,2
Phosphorsäure
1,5
Kupfer . .
3,0
Zinn . • •
Spuren
Blei . . .
—^
67,7 67,3
3,9 4,0
2,3 2,3
1,1 1,0
P e 1 i go t jmd Kersten hatten offenbar Glas von gleicher Zusam-
mensetzung; die Zusammensetzung des von Schnedermann und
Wöhler untersuchten Glases war hievon wesentlich abweichend. Das
eine war zinn« und bleihaltig, das andere frei von diesen Metallen und
enthielt daiiir eine beträchtliche Menge Bittererde und etwas Phosphor-
saure. Der Kupfergehalt beträgt bei allen dreien zwischen 3 und 4
Prooent und der Eisengehalt nahezu eben soviel.
Aus dem Ergebnisse der Analyse und der mikroskopischen Be-
trachtungen hat man Schlüsse auf die Natur und Darstellung des Avan-
taringlases gemacht. Man nahm an , dass die undurchsichtigen Kry-
stalle im Avanturin aus metallischem Kupfer bestehen, das sich aus dem
schmelzenden kupferoxydhaltigen Glase durch Zusatz einer reducirenden
Materie krystalliäirt ausgeschieden hat — Auf dieser Ansicht beruhen
auch die meisten synthetischen Versuche, welche in Deutschland und
Frankreich angestellt wurden, jedoch ohne Erfolg. Clemandot und
Fremy ^) erhielten eine trübe, jedoch mit octa^drischen Krystallflim-
mem erfüllte Glasmasse, in dem sie 300 Thle. zerstossenes Glas, 40 Thle.
Kupferfeile und 80 Thle. Eisenfeile 12 Stunden lang unter öfterem Um-
rülffen znaammenschmelzen und nachher langsam erkalten Hessen. Die
Theorie, welche das Kupfer in metallischem Zustande annimmt, lässt
zwei wesentliche Thatsachen unerklärt: 1) dass man beim Schleifen
and Poliren des Avanturinglases, wo die Krystalle nach allen Rich-
tangen durchschnitten werden müssten, auf der polirten Fläche nie —
selbst mit keinem Mikroskope — den eigenthümlichen rothen Metall glänz
des regulinischen Kupfers wahrnimmt; und 2) dass das Glas von der
bedeutenden Menge Eisenoxydul) welche es enthält, nicht grün gefUrbt
erscheint. Der Bedeutung des nach allen Analysen beträchtlichen Eisen-
gehaltes des Avanturinglases kann bei der Annahme, dass die Krystalle
regnlinisches Kupfer in einer bräunlichen Glasmasse seien, keine Rech-
nung getragen werden; denn sowohl Eisenoxydul als auch Eisenoxyd
in einer Glasmasse aufgelöst, giebt immer tiefgrüne Gläser.
Pettenkofer hat, auf seine Erfahrungen und Beobachtungen bei
Darstellung des Hämatinonglases (Porporino) gestützt, eine andere
^) Compt. rend. T. XXII, p. 889.
88«
596 Avanturinglasur. — Avenin.
Ani«icht aufgestellt 0« ^^ nimmt die krjstaUinischen Flimmer im Avan-
turinglase als grossere Krystalle jener kie{«el9auren Kupferoxydolver-
bindung, welche dem Iläraatinon die hochrothe Farbe ertheilt, an^ welche
in eine von Ei^enoxjdul grün gefärbte Glasmasse eingebettet sind. Roth
und Grün sind complementäre Farben, die einander aufheben. Denkt
man sich rothe Krjstalle in einer grünen Glasmasse, so kann das Glas
weder grün noch roth erscheinen ; es eutstehtbei Mischung dieser Farben
in der Regel ein unbestimmter bräunlicher Ton, der je nach Menge
und Natur der farbigen Beimischungen in verschiedenen Abstufungen
auftritt In der That, nimmt man ein grünes Glas und bedeckt damit
einen rothen Körper (z. B. rothes Siegellack), so erblickt man eine
braune Farbe, welche ganz die des Avanturingtases, nur intensiver
ist Das Eisenoxydul ist zur Darstellung des Avanturinglases daher
ebenso unentbehrlich und wesentlich, wie das Kupferoxydul, denn die
Erscheinung ist so zu sagen die diagonale Wirkung der optiRchen Ei-
gfenschaften beider. Man erhält stets Avanturin, wenn man in 1 00 Thln.
einer nicht zu strengflüssigen Glasmas4e 8 bis 1 0 Thle. eines Gemenges
von gleichen Theilen Kupferoxydul und Eisenoxydul auÜöst und nach
vollständiger Lösung die grünschwarze Glasmasse nnter Umstanden
abkühlen lässt, welche der Entstehung von Krystallen günstig sind.
Diese Umstände sind die nämlichen, welche der sogenanten Entgla-
sung günstig sind, und längeres Schmelzen und sehr langsames allmä-
liges Uebergehen aus dem erweichten in den erstarrten Zustand nehmen
darunter die erste Stelle ein. Auf diese Weise wird sich eine krvstalli-
nische rothe Kupferoxydul Verbindung ausscheiden und das Eisenoxjdal
mit grüner Farbe gelöst bleiben. Pettenkofer hat, auf diese Ansich-
ten gestützt, aus Hämatinon durch Zusatz von Eisen Avantaringlas her-
gestellt (vergl. Astralit S. 400). PL
Avanturinglasur. So nannte Wöhler«) eine von ihm
erfundene Glasur auf Porzellan, zu welcher er folgende Vorschrift gab :
31 Thle. Kaolin von Halle, 43 Quarzsand, 14 Gyps, 12 Porzellan-
scherben, sämmtlich fein gemahlen und geschlämmt und gemengt, "wer-
den mit 300 Thln. Wasser angerührt und dem so entstehenden Glasor-
brei nach einander die Lösungen von 19 Thln. zweifach chromsatiren
Kali, 47 Bleizucker, 100 Eisenvitriol und so viel Ammoniakflüssi^keit
zugesetzt, als nöthig ist, um das Eisen vollständig zu fällen. Nach
dem Auswaschen der Kali- und Ammoniaksalze durch mehrmaliges De-
cantiren ist die Glasurmasse fertig und wird auf die gewöhnliche Weise
durch Eintauchen der verglühten Waare aufgetragen und im Porzellan-
ofen eingebrannt. Nach dem Erkalten zeigt die bräunliche Grand-
masse krystallinische , goldglänzende (unter dem Mikroskope and im
durchfallenden Lichte grüne durchsichtige) Blättchen, welche Wäch-
ter für Chromoxyd oder Chromoxyd- Eisenoxyd hält. Pt,
Avenin. Von Johnston in dem Hafer in geringer Menge anf-
gefundene, von Norton*) näher untersuchte, dem Legnmin ähnliche
Substanz. Man erhält dieselbe, indem man die zerkleinerten Samen
*) Abhandlungen der natarwissensclmflluh teohnwehcn Commission bei der Aka-
demie der Wissenschoflen in München, Bd. I, S. 123 — «) Annal. d. Cbem. n. Pharm.
Bd. LXX, S. 67. — *) Sillim. Americ. Journ. [2.] T. V, p. 22; Pharm. Centralbl.
1847, S. 4C6 u. 1848, S, 240; Jahresbcr. von Liebig u. Kopp 1848, S. 844.
AvigTionkörncr. — Axinit. 597
mit viel Wasser anröhrt, 12 bis 16 Stunden an einem kühlen Orte di-
gerirt, dann die Flüssigkeit durch Leinen seiht, mehrmals durch Papier
filtrirt und durch einige Tropfen Essigsäure fällt. Den abgewaachenen
Niederschlag lost man in möglichst verdünntem Ammoniak bei 50® bis
60* C, filtrirt, fällt wieder durch Essigsäure und befreit den Nieder-
schlag von allen darin löslichen Bestandtheilen vollständig durch Wa-
schen mit Alkohol und Aether, welche eine weissliche, wie Fett verbren-
nende Substanz aufnehmen. Das Avenm ist stets gelb gefärbt, in Wasser
löslich, durch Kochen nicht coagulirbar. Bei längerem Sieden an der Luft
scheidet es sich erst nach dem Erkalten in geringer Menge aus. Da-
durch, dass es erst beim Erkalten niederfällt und dass es durch verdünnte
Salzsäure und Essigsäure nur aliuiälig, nicht sogleich gefällt wird,
unterscheidet das Aveuin sich von dem ganz verwandten Legumin
der Erbsen und Mandeln. Mit einer 1 Proc. Kali enthaltenden Lauge
eine Stunde lang erwärmt, dann durch Essigsäure gefällt, besitzt die
Lösung des Niederschlages in Kali nicht mehr die Eigenschaft, Bleisalze
zu schwärzen. Norton fand in dem möglichst gereinigten A venin nach
Abzug des Aschengehaltes, wovon er es nicht ganz hatte befreien kön-
nen, 53,27 bis 51,82 KohlenstofT, 6,94 bis 6,85 Wasserstoff, 16,81 bis
16,39 Stickstoff, '24,16 bis 22,82 Sauerstoff, 0,595 bis 1,11 Schwefel
und 0,81 bis 1,0 Phosphor. Die vergleichende Untersuchung des Ave-
nin3 und des Legumins aus Erbsen und Mandeln giebt ein wenig deutli-
ches Bild von der Verschiedenheit dieser Substanzen, da die einzelnen
Resultate jedes der Körper schlecht unter einander stimmen. ( V.) Fe.
Avignonkörner (grains dAvignon^ fr euch berries) s.
Gelbbeeren.
Avivage, Aviviren oder Schönen s. Rothfär-
berci, Istc Aufl. Bd. VI, S. 905.
A X e (af cw, axis) bezeichnet ursprünglich eine Vorrichtung zur
Fortbewegung (Wagenaxe). Dasselbe Wort wurde sodann als Bezeich-
nung für die Linie gebraucht, welche bei einer drehenden Bewegung
allein in Ruhe bleibt, z. B. die Erdaze. Endlich erhielt das Wort
Axe die Bedeutung einer Linie, auf welche die Lage geometrischer
Objecte (Coordinatenaxe) oder die räumliche Vertheilung von Masse
(Axe der statischen Momente, der Trägheitsmomente etc.) bezogen ge-
dacht wird, oder in Beziehung auf welche die äussere Begrenzung
eines Körpers (bezüglich Kry stalle xe, vergl. den Art. Krjstallogra-
phie) oder gewisse physikalische Eigenschaften desselben eine symme-
trbche Anordnung besitzen (Elasticitätsaxe vergl. Elasticität; ther-
mische Axe vergl. Wärme und Wärmeleitung; optische Axe vergl.
Licht; magnetische Axe vergl. Magnetismus). Zr,
Axinit (von a^tvri^ Beil, Axt, wegen der meist beilförmigen
Zoschärfiing der Seitenkanten seiner Krystalle), Thumit oder T hu -
m erst ein (nach einem seiner Fundorte, Thum in Sachsen), After-
sehörl, ist ein borsäurehaltiges Silicat von der Formel 8 BO . 2 (SiOs)
B03)-f 2(R,Oa.[Si03,B03]), worin RO = CaO und MgO; R^Oa
= AljOa, Fe^Oa und Mn^ Oa. Ausgezeichnet durch seine triklinoedri-
Bchen, schön nelkenbraunen bis ranchgrauen, mitunter auch pflanmen-
bboen, glasglänzenden, weiss durchsichtigen Ejrystalle, die einen sehr
698 Azadirin. — Azelaansäure.
entschiedenen Trichroisnms zeigen. Härter als Orthoklas, fast QinrK-
härte. Specif. Gewicht = 3,0 bis 3,8. Vor dem Löthrohre beim Sclunel-
zen mit saurem schwefelsauren Kali und Flussspath die Borsanre-Reac-
tion gebend. Durch Salzsäure, wenn ungeglüht, nicht au&chliessbar,
wohl aber nach der Schmelzung. An verschiedenen Fundorten in Frank*
reich (Dauphin^e), England, Norwegen (Kongsberg), Sachsen, im Harz
und in den Alpen. 7%. S.
Azadirin. Nach Piddington's ^) unvollständiger Angabe
findet sich in Melia Äzadirackta^ einem ostindischen Baum, ein bitter-
schmeckender Stoff, seiner Behauptung nach ein Alkaloid, welches als
Surrogat für Chinin dienen könne.
Nach Angaben über Azadirachta indica von O'Shaugnessj *)
sind sämmtliche Theile des Baumes sehr bitter; das Blatt ist bitter und
ekelerregend; die Rinde ist vorzugsweise bitter, dabei etwas zusammen-
ziehend, sie ist in Bombay mit Erfolg statt China gebraucht; aus der
reifen Fruchtschale wird ein sehr bitteres, wurmwidriges, fettes Oel er-
halten, welches auch äusserlich zu Einreibungen gebraucht wird. Ft.
Azelainsäure, Acide azelaique. Nach Laurent') ein ei-
genthümliches Oxydationsproduct der Öelsäure durch Salpetersaure;
die Säure ist, nach ihm, HO.C10H8O4. Bromeis^) konnte die Aze-
lainsäure nicht neben der Korksäure unter den Oxydationsprodacten der
Oeldäure finden, er nimmt daher an, dass Azelainsäure identisch sei mit
Korksäure (2 HO. CigHisOg), wenigstens haben beide Säuren fast die
gleiche procentische Zusammensetzung, und stimmen auch in den mei-
sten Eigenschaften überein; die Azelainsäure ist jedoch, nach Laurent,
leichter schmelzbar und leichter löslich in Aether als die Korksäure, und
hat überdies auch ein verschiedenes Atomgewicht: auf 1 Aeq. Silber-
oxyd kommen, nach Laurent, 96,2 Azelainsäure, aber nur 78 Kork-
säure; da er aber nur sehr geringe Mengen Säure erhielt, so sind
die Resultate nicht so maassgebend, und es muss eine weitere Unter-
suchung erst entscheiden, ob diese Saure eigenthüralich ist oder un-
Teine Korksäure.
Zur Darstellung der Azelainsäure wird die durch Abdampfen der
Lösung von Öelsäure in Salpetersäure erhaltene Krystallmasse, welche
Azelainsäure und Korksäure gemengt mit einem eigenthümlichen Oel
enthält, mit Aether behandelt; die beim Verdampfen der ätherischen
Lösung zuletzt bleibende Mutterlauge enthält die Azelainsäure gemengt
mit wenig Korksäure.
Die Azelainsäure ist weiss und zeigt alle Eigenschaften der Kork-
säure (s. d.), nur ist sie leichter löslich in Aether, und leichter schmelz-
bar (ihr Schmelzpunkt scheint aber nicht genauer bestimmt zu sein);
die geschmolzene Säure ist auf dem Bruch matt, und lässt kaum kry-
staUinische Spuren erkennen.
Die azelainsanren Salze sind den korksauren Salzen sehr ähnlich;
das azelainsaure Ammoniumoxyd fällt die Salze von Blei, Quecksilber
und Silber weiss; es fällt die Lösungen von Chlorbaiinm, Ghlorstronünin
und Chlormagnesium auch nicht auf Znsatz von Alkohol (Unterschied
1) Geiger't Mag. Bd. XIX, S. 50. — *) Pharm. Gentralbl. 1844, S. 865.
*) Annal. de chim. et phys. [2.] T. LXVI, p. 154.
*) AnnaL d. Chem. n. Pharm. Bd. XXXV, S. 108.
Azobenzid. — Azomarsäure. 599
Ton KorkBäure), dagegen fällt es die concentrirte Lösung von Chlor-
calciniD. ^t.
Azobenzid, Azobenzol, Stickstoffbenzld, ein Zerse-
tcnngsprodact des Nitrobenzols durch Einwirkung von Kalihydrat
entstehend, entweder direct aus demselben darstellbar, oder durch De-
stillation des in gleicher Weise aus dem Nitrobenzol gebildeton Azoxy-
benzids (s. Benzol, Abkömmlinge). Fe*
Azobenzil s. Benzil.
Azobenzoid. Von Laurent unter den Prodneten der Ein-
wirkung von Ammoniak auf rohes Bittermandelöl gefunden (s. Bitter-
inandelöl, Verwandlungen durch Ammoniak).
Azobenzoidin. Von Laurent entdeckt. Es entsteht bei
der Einwirkung von Ammoniak auf rohes Bittermandelöl (s. Bitter-
mandelöl, Verwandlungen durch Ammoniak).
Azobenzoilid. Eine von Laurent entdeckte, durch Ein-
wirkung von Ammoniak auf Benzoylwasserstoff entstehende Verbindung
(s. Benzojlwasserstoff, Verwandlungen durch Ammoniak).
Azobenzoilinwasserstoff nennt Laurent einen durch
Einwirkung von Ammoniak auf Benzojlwasserstoff entstehenden Kör-
per, den er später als eine Basis erkannt und mit Amarin bezeichnet
hat (s. unter Benzojlwasserstoff, Abkömmlinge).
Azobenzol, syn. mit Azobenzid.
Azobenzoyl. Von Laurent so genannt. Ein Product der
Einwirkung von Ammoniak auf rohes Bittermandelöl, s. Bitterman-
delöl, Verwandlungen durch Ammoniak.
Azobenzoylschwefelwasserstoff. Ein von Lau-
rent entdecktes Prodnct der Einwirkung von Schwefelammonium auf
rohes Bittermandelöl (s. Bittermandelöl, Verwandlungen durch
Schwefelammonium).
Azocinnamylhydrür, ein von Laurent aus Cinnamjl-
hydrür durch Einwirkung von Ammoniak erhaltenes Zersetzungs-
prodtibt (s. Cinnamylwasserstoff, Verwandlungen).
Azocodein, eine von Anderson durch Zersetzung des Ni-
trocodeins mittelst Schwefelammonium dargestellte organische Base
(s. unter Code'in).
Azodifune nennt Gm el in das Azobenzid«
Azoerythrin s. Orseille.
Azoleinsäure, syn. mit Oenanthylsäure (s. d
Axt Iste Aufl. Bd. V, S. 664).
Azolithofellinsäure s. Lithofellinsäure.
Azolitmin s. Lackmus , iste Aufl. Bd. IV, S. 754,
Azomarsäure s. Pimarinsäure.
600 Azophcnylainin. — Azulininsäure.
Azophenylamin von Zinin, ein Zersetzungsproduct des
Nitranilins mittelst Schwefelammonium (s. Bd. I, S. 1035).
Azophenylamin von Gottlieb, richtiger Nitrazophenyl-
ainin, ein Zersetzungsproduct des Binitranilins durch Schwefelaoiino-
nium (8. Bd. I, S. 1038).
Azorit, ein in einem trachy tischen Gesteine der Azorischen
Inseln vorkommendes Mineral, kleine grünlich oder gelblich weisse
Pyramiden bildend; nach Hayes im Wesentlichen tantalsaurer (?) Kalk.
Hiemach würde der Asorit dem Perowskit (s. d.), titansaurer Kalk, an
die Seite zu stellen sein. n S.
Azosulfure de Benzen, Benzenazosulfür syn. mit
Sulfazobenzoylwasserstoff oder Thiobenzaldin (8,
Benzoylwasserstoff, Verwandlungen durch Schwefelammo-
nium).
Azot (von tfo^^ Leben, mit dem et privativum), der von Lavoi-
sier dem Stickstoff gegebene Name.
Azotan, ein wenig gebräuchlicher Name für Chlor st ickstofü
Azoth, auch Azoc und Azot, mystische, in den alchemidti-
sehen Schriften vorkommende Namen für eine hypothetische Substanz,
welche auch Merkur der Weisen (hier nicht Quecksilber) hiess, und
welche als höchste Potenz den Stein der Weisen gab.
Azotüre, eigentlich eine allgemeine Bezeichnung für Stickstoff-
verbindungen, nennt Gerhardt^) überhaupt dieAmide, Verbindungea,
die zu dem Typus Ammoniak gehören; so ist das Acetamid als Acetyl-
azotür, oder auch als Acetylazotür mit Wasserstoffazotür be-
zeichnet, die Aethylamine sind Aethylazotüre u.s. w. Gerhardt und
Chiozza >) bezeichnen dagegen als Azotüre die tertiären Amide (s.
Bd. I, S. 696), Verbindungen, in welchen alle drei Aequivalente des
Wasserstoffs im Ammoniak durch Sauerstoff halten de Radicale ersetzt
sind; und als Diazotüre bezeichnen sie dann die tertiären Diamide
(8. d. Bd. I, S. 700). Fe.
Azoxybenzid nennt Zinin ein beim Behandeln von Nitro-
benzol mit weingeistiger Kalilösung entstehendes Product, weil es der
empirischen Zusammensetzung nach als ein Oxyd des Azobenzids an-
gesehen werden kann (s. unter Benzol). fe,
Azoxydifune nennt L. Gmelin das Azoxybenzid.
Azulminsäure, Azulmsäure, Azulmin, Stickkohlen-
stoff. Mit diesem Namen hat man Zersetz ungsproducte der Blausäiu«
und des Cyans bezeichnet, welche äusserlich mit den Iluminsubstanzen
Aehnlichkeiten haben, aber Azot enthalten (daher der Name „Azul-
min^^). Schon Proust, nach ihm Ittner und Andere hatten bemerkt,
dass bei Zersetzung der Blausäure und des Cyans sich ein braoner
*) Trait^ de chim. org. Pari» 1856, T. IV, p. 786. — ") Compl. rend. de
raoad. T. XXXYIII, p. 457; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XC, 8. 106; Fhsnn.
Centralbl. 1854, S. 806; Jahresber. v. Liebig u. Kopp 1864, S. 472.
Azulrninsäure. 60 1
Körper absetzt; dieses Product i»t später von Johnston i), von Boal-
lay '), Delbräck ^), von Pelonze und Bichardson ^) und von
Thaulow^) ontersncht, dabei sind jedoch abweichende und zum Theil
sieh widersprechende Resultate erhalten, wohl deshalb, weil sich hier
unter ähnlichen, Umständen mehrere ähnliche, aber nicht identldche
Körper neben einander bilden, so dass mebtens ein Geraenge nahe ste-
hender Substanzen untersucht ward. Die sogenannte Azulrninsäure ist
daher noch immer sehr unvollständig bekannt. Das Product ist früher
auch für Paracyan gehalten, es unterscheidet sich von diesem wohl
schon durch seinen Gehalt an Wasserstoff und wahrscheinlich auch an
Sauerstoff, doch sind die Angaben über seine Zusammensetzung durch-
aus verschieden; Boullay giebt für die durch Auflösen in Kali und
Fällen mit Säure gereinigte Substanz die Formel C5N2H; nach John-
Bton ist die aus Cyan dargestellte Substanz = CsNH4, das Zer-
setzungsproduct der Blausäure aber CsN^H -f- 2H0; Pelouze und
Bichardson geben der Substanz die Formel C8N4H4O4, das sind die
Elemente von Cyan und Wasser. Die Azulrninsäure bildet sich bei Ein-
wirkung von Cyan oder Cyanwasserstoff auf Wasser oder Weingeist, schon
bei Abwesenheit schneller aber bei Gegenwart von Alkali ; an ihrer Bil-
dung nehmen wahrscheinlich die Elemente des Cyans und des Wassers
Theil; über die Art der Bildung lässt sich begreiflich bei der Unbe«
ilimmtheit über die Zusammensetzung nichts sagen.
Man erhält das Azulmin leicht, wenn man reine concentrirte oder
wenigstens nicht zu verdünnte Blausäure einige Zeit, besonders am
Licht, stehen lässt; am schnellsten geht die Umsetzung vor sich, wenn
man die Flüssigkeiten mit einigen Tropfen Kali oder Ammoniak ver-
setzt; wird solche Blausäure destillirt, so bräunt sie sich sogleich in
der Vorlage. Oder man leitet Blausäuredampf in eine verdünnte Lö-
sung von Cyankalium. Die Azulmsäure wii*d weiter auch leicht erhal-
ten, wenn man wässeriges Cyankalium mit einer unzureichenden Menge
Schwefelsäure zersetzt, oder in eine Lösung von Cyankalium (am be-
sten von 1,2 specif. Gewicht) Chlor leitet, bis sich ein Aufbrausen zu
zeigen anfängt.
Man kann zur Darstellung der Azulmsäure auch eine Lösung von
Cyangas in Wasser oder Weingeist einige Zeit stehen lassen; hierbei
bildet sich neben dem braunen Niederschlag Kohlensäure, Oxalsäure,
Blausäure, Ammoniak und Harnstoff. Wird eine weingeistige Lösung
von E^ali mit Cyangas gesättigt, so scheidet sich bei schwachem Luft-
zutritt nach längerem Stehen eine braune Masse ab, die nach vollstän-
digem Auswaschen mit Wasser noch Kali enthält, durch Auflösen in
coDcentrirter Schwefelsäure und Fällen mit Wasser aber gereinigt wer-
den kann (Thaulow).
Die Eigenschaften der Azulmsäure werden sehr verschieden an-
gegeben, und dies weist darauf hin, dass man hier ähnliche aber nicht
gleichartige Körper, zum Theil auch wohl Gemenge hat. Dies Zer-
setzungsproduct ist eine humusarüge schwarzbraune oder schwarze ge-
ruchlose Masse, nach Boullay unlöslich in Wasser, Weingeist und
^) Schweigjper's Joarn. Bd. LVI, S. 341. — ') Journ. de pharm. T. XVI, p. 180;
Annal. d. Cbem. u. Pharm. Bd. XXII, S. 280. — *) Joum. f. prakt. Chem. Bd.
XU, S. 161. — *) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XXVI, S. 63. — *) Joom. f.
prakt. Chem. Bd. XXXI, S. 228.
602 Azurblau. — Azurstein.
Aether; nach Peloaze und Biohardson ein wenig löslich in Waaser
wie in Weingeist; sie löst sich in Essigsäure wie in Salzsäure und in
kalter concentrirter Schwefelsäure, aus letzterer Lösung wird sie durch
ein gleiches Volumen Wasser unverändert (?) gefällt. Die kaustuchen
und die kohlensauren fix^n Alkalien so wie Ammoniak lösen die Andm-
säure mit rothbrauner Farbe, diese Lösungen scheiden au£ Zusatz tod
Säuren das Azulmin als rothbraunes Pulver ab, mit den Salzen dtf
schweren Metalloxyde giebt die alkalische Lösung braune Kieder-
schläge unter Entfärbung der Flüssigkeit.
Die Azulminsäure wird durch Erhitzen Im Chlorgas zersetzt, und
es bildet sich hier wahrscheinlich fluchtiges und fixes Chlorcjan; in
kalter Salpetersäure löst sie sich mit gelblichrother Farbe^ beim Ab-
dampfen derselben bleibt em harz- oder pechartiger, in wässerigen Al-
kalien löslicher Buckstand; auf Zusatz von Wasser scheidet sich ans
der Lösung in Salpetersäure ein gelber Körper ab, den Johnston Pan-
cyansäure genannt hat; das paracyansaure Qnecksilberoxyd und Silber-
oxyd sind, nach ihm, 2HgO.CgN40 und AgO.CgN40; weitere An-
gaben über diese Untersuchung fehlen.
Bei der trockenen Destillation der Azulminsäure sind verschiedene
Producte erhalten, nach BouUay bildet sich Cyanammonium neben
einem nach Cyan riechendem Gas unter Zurücklassung von Kohle;
nach Johnstoii entweicht kohlensaures Ammoniak und Cyan, und Pan-
cyan bleibt zurück; nach Thaulow verflüchtigt sich zuerst Blaosäure
und Cyanammonium, bei stärkerer Hitze Gyangas, wobei dann stick-
stoff'freie Kohle zurückbleibt. Beim Glühen des Aznlmins mit Alkali
bildet sich wieder Cyankalium.
Man hat auch wohl noch andere, äusserlich mehr oder weniger ähn-
liche Körper mit der Azulmsäure für identisch genommen, so die beim
Behandeln von Gusseisen oder von Indigo mit Salpetersäure, oder die
bei Einwirkung von wässerigem Kali auf Thierleim entstehenden mo-
derartigen Substanzen (Boullay). Auch beim Auskochen von in bleier-
nen Särgen vermoderten Leichen mit Kali wurde ein rothbraunes Pul-
ver erhalten, welches die Zusammensetzung (C5N2iI) haben soll, die-
selbe, welche Boullay der Azulminsäure giebt. Ob diese Substanzen,
die dem Azulmin äusserlich ähnlich sind, auch identisch damit sind,
kann begreiflich nicht als erwiesen angenommen werden, so lange wir
so gar wenig von allen diesen Körpern wissen. Fe,
Azurblau s. Smalte.
Azurit syn. mit Lazulith.
Azurstein sjoi. mit Lazulith.
Babingtonit. — Bablah. 608
B.
Babingtonit. Ein von Levy nach dem englischen Minera-
logen W. JBabington benanntes Mineral; findet sich auf dem Magnet-
eisenerzlager der Neskielgrube unweit Arendal im südlichen Nor-
wegen, auch auf den Shetland Inseln und zu Gouverneur, St Law-
rence County in New York, sowie zu Athol in Massachusetts. Es bil-
det kleine kurzprismatische Krystalle des anorthischen Systems, welche
ein fast rechtwinkeliges anorthisches (rhomboidisches) Prisma von etwa
90 Ys^^ mit Abstumpfung der beiderlei Kanten durch die Quer- und
Längsflächen darstellen, mit einer stumpfen Zuschärfung an den Enden,
deren eine Fläche als Basis gewählt wird und dem vollkommensten Blät-
terdnrchgange entspricht ^). Der Bruch ist unvollkommen muschelig.
Rabenschwarz, glasartig glänzend, undurchsichtig (in dünnen Splittern
durchscheinend); Härte = 5,5 bis 6,0, specif. Gewicht = 3,4 bis 3,5,
spröde, Strichpniver grünlichgrau. Vor dem Lötbrohre för sich leicht
mit Blasenwerfen zu einer bräunlichschwarzen glänzenden, dem Magnete
folgsamen Kugel schmelzbar, mit Borax auf Eisen reagirend, in kochen-
der Chlorwasserstoffsäure langsam zersetzbar. Das Mineral enthält, nach
Arppe*), die unter 1., nach R. D. Thomson ^) die unter 2. angegebe-
nen Bestandtheile:
SiOs CaO FeO MnO MgO Al^Oa Giahverlust
1. 54,4 19,6 21,8 1,8 2,2 0,3 0,9
2. 47,4 17,7 16,8 10,1 2,2 6,5 1,2
woraus hervorzugehen scheint, dass eine fernere Untersuchung für die
Feststellung der chemischen Formel nothwendig ist. K.
Bablah oder Neb-Neb werden im Handel die Früchte
mehrerer Acacia Arten genannt. Man unterscheidet besonders:
Ostindisches Bablah, von Acacia Bainbölah Roxhurgh (MimoBeen)
stammend. Es sind flache, einfach er ige, zwei- bis viersam ige Hülsen, die
durch Einschnürungen zwischen den einzelnen Samen das Ansehen von
Gliederhtilsen haben und deren braune Schale mit einem erdgrauen
Filz überzogen ist; die kreisrunden, plattgedrückten, braunen Samen
sind glatt und sehr hart.
Bablah vom Senegal und aus Aegypten kommt von Acacia nüoUßa
DeUU. Die Hülsen sind glatt, perlschnurfbrmig und kommen gewöhn-
lich zerbrochen als einsamige Glieder vor. Die Samen sind elliptisch.
^ Das Pericarp dieser Früchte ist mit einem eingetrockneten bi*aunen
Safte beladen , dem sie ihren adstringirenden Geschmack und ihre An-
wendbarkeit zum Gerben, Färben und zur Dintebereitung verdanken.
— Das wässerige Extract enthält, nach ChevreuH), Gallussäure,
Gerbsäure, einen röthlichen Farbstoff, eine stickstoffhaltige Materie nnd
andere nicht untersuchte Substanzen. Ostindisches Bablah tritt an ko-
ckendes Wasser 49 Froc, senegalsches 57 Proc. ab; nichtsdestoweni-
0 Pogg. Annal. Bd. XCIV, S. 402. — *) BerzelhiB Jahresber. Bd. XXII,
8. 205. ~ «) PhUos. Magaz. Bd. XXVII, S. 128. — *) Le^ona de ohimie «ppUqu^
^ 1a teintare, T. U, p. 211; Pham. Centralbl. 1838, S. 208.
604 Babulgummi. — Badesalz.
ger ist, nach Guibonrt, das ostindische reicher an Gerbs^toflT und
Gallussäure und geschätzter.
In Verbindung mit Thonerde- oder Eisen-Beizen wird da.s Bablah
in der Kattundruckerei zur Hervorbringung verschiedener Nuancen von
Rehfarbe angewandt; mit den Samen fallen die!«e anders als mit den
Halden aus; erstere sollen einen rothen Farbstoff enthalten .und in
Aegypten und Ostindien zum Maroquin-Färben benutzt werden. £L
Babulgummi, Gond-Babul, eine geringere Sorte von
Gummi-arabicum aus Bengalon von Acacia arabica Wiüd^ dem Babul-
bäum stammend ( Marti us ^).
Babylonquarz, Babelquarz. Eigenthümliche Qnarzkry
stalle aus dünnen parallel auf einander liegenden, nach oben terrassen-
förmig abnehmenden Krystallen zusammengesetzt erscheinend, zu Beer]-
ston in Devonshire vorkommend ^).
Bacilli oder Baculi sind cylindrlsche Stäbchen von Blei-
stiftdicke. Eine jetzt wenig melu* übliche Arzneiform, die man einer
meist aus Zucker und IVaganthschlcira bestehenden Paste, in welche
Gewürze oder arzneiliche Zusätze eingekörpert sind, durch Ausrollen
giebt. BacilU Liqtaräiae^ IreoSy brandenburgensis*
Backkohle s. Steinkohle.
Bad, Bäder. Mit diesem Namen bezeichnet man in verschie-
denen Gei^erben sehr verschiedenartige Flüssigkeiten, die z. R zur Be-
handlung von Geweben dienen, theils um sie für einen spätem Pro-
cess vorzubereiten, theils um ihnen von früheren Operationen anhän-
gende Theile zu entziehen ; so werden in der Bleicherei verdünnte Säu-
ren oder Laugen, Säurebäder (Sauerbäder) oder Laugenbäder
angewendet, in der Färberei z. B. dasKuhkothbad.(vergl. Bleiche-
rei und Färberei) u. s. w. (s. unten d. Art Bäder). Fe.
Badesalz. Die unter diesem Namen oder als „feste Mutter-
lauge^^ oder „ Mutterlaugensalz ^^ im Handel vorkommenden, zu Bä-
dern bestimmton Salzgemenge werden entweder, wie das Badesalz
von Orb und die Kreuznacher fe^te Mutterlauge, durch Eindampfen
der bei dem Ver sieden der Salzsoolen zurückbleibenden Mutterlauge
erhalten, in welchem Falle sie von diesen hauptsächlich nur durch
geringeren Wassergehalt verschieden und demnach vorzugsweise an
leichtlöslichen Salzen reich sind. Oder man stellt sie, wie das Kran-
kenheiler Salz, durch völliges Eindampfen der Mineralwässer dar,
deren sämmtliche feste Bestandtheile , nur theilweise in anderer als
der ursprünglichen Form, sie dann repräsentiren. Das Badesalz
von Wittekind (bei Halle) wird durch Verdampfen gleicher Volume
der Salzsoole von Wittekind und der Mutterlauge von Halle gewon-
nen. — Da der Magnesiagehalt der Soolen sich in der Mutterlauge
concentrirt und die Halo'idverbindungen des Magnesiums in sehr con-
centrirter wässeriger Lösung nicht ohne theilwebe Zersetzung (Bildung
von Magnesia und Entweichen der Wasserstoffverbindungen der Halogene)
erhitzt werden können, so ist ein starkes Eindampfen brom- und jod-
^) Jahrb. f. prakt Pharm. Bd. XXVII, S. 276; Pharm. Centralbl. 18(4, 8.89«.
*) Pogg. Annal. Bd. C, S. 142.
Badeschlamm.
605
haltiger Muiterlaagen nothwendig mit Verlast an diesen beiden wesent-
lichen Stoffen verknüpil, was bei der Darstellung fester Badesalze, die
▼or den flüssigen Mutterlaugen den Vorzug des bequemeren und wolil-
feileren Transportes haben, zu borficksichtigen int. — Nachstehende Ta-
belle giebt die Zusammensetzung in 100 Theilen von: I. concentrirtcr
Rreuxnacher Mutterlauge nach Wechsler^); II. Badesalz von Witte-
klnd nach W. Baer^); III. Badesalz yon Orb, bei lOO^C. getrocknet,
nach V. B i b r a ^) ; IV. Krankenheiler Sal z nach Fresenius^). E.
Kohlenwnres Natron . . .
Andertlialb-kohlens. Natron
Schwefelsaures Natron
Schwefelsaures Kali
Schwefelsaare Magnesia
Schwefelsaurer Kalk
Chlorkaliam
Chlomatrium .
Chlorlithium .
Chlormagnesium
ChloTcalcium .
Bromnatrium .
Brommagnesium
Bromalaminium
Jodnatrinm . .
Jodalnmhiinm .
Kohlensaurer Kalk
Kohlensaure Magnesia
Eisenoxyd ....
Phosphorsaurer Kalk
Phosphorsaares Eisenoxyd
Kieselsaures Natron
Kieselsaure ....
Hnminsanres Natron
Huminsaures Kali .
QneUsäure n. Quellsatzsäure
UanE Ton Bensoegeruch
Organische Suhstanz .
Wasser
2,38
0,39
8,76
25,70
0,69
Spuren
67,07
0,188
3,696
11,834
31,135
15,325
0,799
0,136
0,025
0,013
0,008
0,158
0,046
0,345
0,107
36,295
13,284
8,400
23,679
49,339
3,410
mit Thonerde 0,030
0,766
Sparen
Jod, Brom \
Borsäure deiner
und Verlust 1,092
84,327
6,743
9,113
1,298
20,259
Spuren
Spuren
0,198
0,428
0,109
0,054
0,048
4,475
1,110
Spuren
Spuren
25,800
E,
Badeschlamm, Mineralschlamm. Unter diesem
Namen wendet man der Sumpferde stehender Wässer analoge Bildun-
gen wegen ihrer hautreizenden Eigenscha|^ und anderer eigenthüroli-
cher Wirkungen zu Bädern an. Alle diese Materien, Gemenge von
Mineralsubstanzen mit Producten einer unter Wasser und bei beschränk-
tem Luftzutritt vor sich gegangenen Verwesung pflanzlicher und thie-
rischer Organismen, zeigen in Bezug auf ihre organischen Bestandtheile
*) Journ. r. prakt. Chem. Bd. XLV, S. 282. — *) Archiv d. Pharm. Bd. CXXII,
S. 129.; Pharm. Ccntralbl. 1862, S. 987. — ^) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd.
LXXXVII, S. 179; Pharm. Centralbl. 1863, S. 670. — *) Journ. f. prakt. Chem.
Bd. XLIX, S. 146; Pharm. Centralbl. 1860, S. 350.
606 Badeschlamm.
eine grosse Uebereinstimmung nnd sind unter einander besonders durch
die anorganischen Substanzen verschieden, die zu ihrer Bildung beige-
tragen und dabei zum Theil selbst, wie namentlich schwefelsaure Salj^
Metallsalze u. s. w., Veränderungen erlitten haben. Es liegen sahlreiehe
Untersuchungen von Badeschlammarten vor; aber einzelne Analjsen
so ungleichartiger und veränderlicher Gemenge können eigentlich nur
für die untersuchte Parzelle und fUr diese nur bis zu einem gewissen
Grade Gültigkeit haben; von der Beschaffenheit des Ganzen geben sie
nur ein annäherndes Bild. Es genügt deshalb, hier einige Beispiele
anzuführen. — Man benutzt zu Schlammbädern:
1. Mit Meteor wasser getränkte Moore. Sie stimmen in
ihren festen Bestandtheilen mit der Dammerde Überein. So enthiJt
der Badeschlamm von Kleinschirma bei Freiberg, nach Lampadiaa i),
in 100 Theilen:
Unzerstörte Pflanzensubstanz 4,3i
Quellsauren Kalk 1,33
Quellsaure, quellsatzsaure und huminsaure Salze von
Kalk, Magnesia, Thonerde, Eisenozyd und Mangan*
ozydul 6,02
Humin ' . . . . 2,01
Kohlensauren Kalk 1,23
Granitsand 2,12
Wasser 82,0C
Der Badeschlamm von Gleissen in der Neumark ist, nach Simon '|,
eine junge Braunkohle, die auf einem mächtigen Braunkohlenlager auf*
liegt. Er stellt eine feuchte, schwarze, fettig anzufühlende Masse dar,
ohne besondern Geruch und Geschmack. Beim Erhitzen giebt er
Wasserdampf aus, und verbreitet dann einen aromatischen Geruch nach
Bernstein- oder Steinöl, zuletzt den von erhitztem Fett, und hinterläast
nach dem Verbrennen eine röthliche Asche. 100 Theile des Schlam-
mes enthalten nach Simon:
Huminsaure, Quell- und Quellsatzsäure 25,570
Bergtalg 2,130
Harz 1,775
Eisenoxyd 2,854
Schwefelkies 0,177
Thonerde 0,606
Phosphorsauren Kalk 0,109
Kieselsäure 0,704
Salze von Kali, Natron, Kalk, Magnesia und Man-
ganoxydul 0,899
Wasser 64,500
2. Mit Mineralwasser getränkte Moore. Hierher ge-
hören : •
a. Die schwefeleisenreichen sogenannten Mineralmoore
von Marienbad, Franzensbad u. s. w. Sie werden vor ihrer Anwendung
zu Bädern längere Zeit der Luft ausgesetzt, wobei sie sich oxydiren nnd
mit Salzauswitterungen überziehen. Der Mineralmoor von Marienbad ist
von Lehmann') besonders in Beziehung auf die Yeränderung unter-
>) Beneliiu Lehrb. d. Chem. III. Aufl. Bd. VIII, S. 427. — *) Joiini. f.
prakt. Chem. Bd. XIX, S. 886. — >) Jonrn. f. prskt. Chem. Bd. LXV, S. 457.
Badeschlamm.
607
racht worden, die er dnrch die Verwittemog erfllhrt. Im frischen Zn-
stande bildet derselbe eine schwarze erdige, noch Pflanzenfiberreste ein-
scbliessende Masse, worin einzelne Krystalle von Schwefelkies nnter-
scbieden werden können. Ausser den gewöhnlichen organischen Be-
fitandtheiien der Dammerde enthält er kleine Mengen von Stearin,
Olefn, Bemsteinsänre und einer mit Wasserdämpfen flüchtigen camphor-
ähnlichen organischen Sabstanz. — Nach der Verwitterung ist er licht-
braun» zerreiblich, mit freiem Schwefel, Krystallen von Gyps und von
schwefelsaurem Eisenoxydul durchsäet und zeigt eine stark saure Reac-
tion, die zum Theil von schwefelsauren Salzen, zum Theil von flüchti-
gen organischen Säuren herrührt, welche durch den V erwittorungsprocess
gebildet worden sind. Bei der Destillation der verwitterten Moorerde mit
Walser erhielt Lehmann ein saures Destillat, worin Essig- und Ameisen-
säure nebst einer dritten nicht näher untersuchten Säure in bestimm-
barer Menge enthalten waren. Die verwitterte Moorerde enthält ferner
Ammoniaksalze, während sich in der frischen nur Spuren stickstofl'hal-
tiger Verbindungen nachweisen lassen. Der Erfolg der Verwitterung
ist aus der folgenden Zusammenstellung von Lehmann's Resultaten
ersichtlich. I. bezeichnet frische, H. fast völlig verwitterte Moorerde.
100 Theile enthielten: I. II.
Bei -f- llO^C. getrocknete Substanz .... 27,921 . . . 73,888
Wasser 72,079 . . . 26,112
100 Theile der bei -|- llO^C. getrockneten Moor erde enthielten:
§
m
9
«2
o
2
u
a
Neutrales schwefelsaures Kali
Saures schwefelsaures Kali
1 Neutrales schweftUaures Natron ....
ISanres schwefelsaures Natron
ISaorei schwefelsaures Ammoninmoxyd .
|Schwefclsanren Kalk
Schwefelsaure Magnesia
[Schwefelsaure Thonerde
ISchwefelsanres Eisenozydnl
iKieselsaure
Quellsäure
Andere organische Materien (und Ver-
lust)
0,042
0,033
0,044
0,024
0,017
0,021
0,011
0,098
0,147
0,43
0,513
0,458
1,135
4,594
1,076
11,790
15,518
0,103
2,144
4,G84
42,06
lo Alkohol lösliche Substanzen
In Kali
I»
w
3,80
14,98
4,37
4,25
Einfach Schwefeleisen
[Phosphors. Eisenoxyd (2 Fe, Oa . 8 P Oj)
lEisenox/d
iThonerde
iMagnesia ....
iKali und Natron .
jeselsaoie . . .
Oigamsche Blaterie
Verlust
Unlösliche organische Substans
„ anorganische „
4,024
1,342
0,446
3,514
3,183
1,444
Spuren
0,162
0,814
0,685
15,61
44,18
20,98
1,052
1,591
0,184
Spuren^
0,097
0,613
8,55
40,42
5,28
608 Badesehlamm.
Unter den unlöslichen Mineralsubfltanzen der frischen Moorerde «ind
10,9 Proc. Schwefel, als Schwefelkies oder Magnetkies voriiandeo^
inbegriffen, unter denen der verwitterten 4,0 Proc. freier Schwefel.
In der frischen Moorerde fehlen die flüchtigen organischen Sauren; in
der verwitterten betrag der Gehalt an Hydraten derselben, auf die bei
-|- llO^C. getrocknete Substanz berechnet, 1,8 Proc, wovon 0,4 Proc
Ameisensäurehydrat*
b. Moore mit löslichen Schwefelmetallen. (Schwefelmineral*
schlämm von Nenndorf, Wippfeid u. s. w.)
Der Badeschlamm von Nenndorf, der aus einem Moorfelde ge-
wonnen wird, worin die Nenndorfer-Schwefelqnellen entspringen, ist
von Wöhler^) untersucht worden. Er hat eine schwarzgraue Farbe,
die Consistenz eines gleichförmigen Breies und einen starken Schwefel-
wasserstoflTgemch. Er enthält ein Schwefel Wasserstoff- Seh wefelmetall
und ist mit Kohlensaure impragnirt Eingetrocknet hinterlässt er eine
graue Masse, die beim vorsichtigen Erhitzen ein Sublimat von Schwe-
fel und den Geruch nach schwefliger Säure giebt, und dann an der Loft
mit Torfgenich verbrennt. Der Rückstand ist grau, erdig und enthält
die gewöhnlichen unorganischen Bestandtheile der Dammerde und die
der Nenndorfer Schwefelquellen. An stickstoffhaltigen Verbindungen,
die zum Theil in der Form von Ammoniaksalzen zugegen sind, ist die-
ser Schlamm so reich, dass er bei der trockenen Destillation ein durch
Schwcfelammonium und kohlensaures Ammoniak stark alkalisches De-
stillat liefert. Wegen der fortwährenden Veränderung, die er an
der Luft erleidet, und in deren Folge er eine bedeutende Menge von
ausgeschiedenem Schwefel enthält, hat Wohl er auf die quantitative
Bestimmung der einzelnen Bestandtheile verzichtet.
3. Schlammabsätze aus Mineralwässern, die sich bei Luft-
zutritt bilden und zum Theil aus organischer, dem Baregin verwandter
Substanz, zum Theil aus Mineralstoffen bestehen. Ein solcher Schlamm
wird zu Taten hausen, wo er sich theils in den Wasserbehältern abla-
gert, theils durch besondere Quellen zu Tage tritt, angewandt* Nach
Brandes bildet er eine gallertartige, röthlich geiUrbte Masse, ohne er-^
kennbare Pflanzenreste, von schwachem Geruch und Geschmack nach
Schwefelwasserstoff. Die organische Substanz desselben ist theils in
Alkohol und Aether löslich (Harz und Wachs), theils in Wasser und
Kalilange, letztere ist stickstoffhaltig. Unter den anorganischen Be-
standtheilen herrschen kohlensaurer Kalk, Eisenoxyd, Thonerde nad
Kieselsäure vor.
4. Schlamm der Salzseen des südlichen Russlands. Der Bade«
schlämm aus dem Salzsee Tnsly bei Sak in der Krimm ist von Gobel
untersucht worden ^). Er hat eine braunschwarze Farbe , salbenartigs
Consistenz und einen staiken Schwefelwasserstoff- und Sumpfgemch.
Weingeist nimmt daraus ein klebriges Harz auf, das den eigenthüroli-
chen Sumpfgeruch in hohem Grade zeigt Bei der trockenen Destilla-
tion liefert er Schwefelammonium und kohlensaures Ammoniak; bei
Luftzutritt erhitzt, giebt er nach dem Eintrocknen schweflige Säure aus
und verglimmt zuletzt mit Torfgeruch. Der Schlamm wird ohne Was-
>) Annal. d. Pharm. Bd. XVII, S.812. — *> Ottbel, Reise in die Steppen des
sadlichcn Rnsskinds, Theil II, S. 80.
J
Badeschlamm. 609
9&rzus9kiz zu Bädern benutzt und enthält in dieaeni Zustande, nach
Göbel, in 100 Theilen:
Quellsäare und Quellsatzsäure 2,70
Schlammharz 0,32
Aronioniaksalze und flüchtige Substanzen ) ia^c
mit Schwefelwasserstoff und Kohlensäure) lW^7b
Ghlornatrium 6,90
Gypa 3,41
Schwefelsaure Magnesia 0,69
Schwefelsaures Kali T 0,25
Schwefelsaures Natron 3,73
Schwefelcalcium • 0,57
Phosphorsauren Kalk 0,06
Sand ' 34,24
Wasser 28,00
Verlust 4,50
5. Schlamm der Meeresbuchten, an organischen Bestand-
theilen gewöhnlich arm, in Bezug auf anorganische so verschieden als
der Meeresboden und die Beschaffenheit der Küsten, wird besonders in
Norwegen und an dem baltischen Meere benutzt. Nach Schmidt^)
haben I. der Badeschlamm von Hapsal, II. der von der kleinen Wick
der Insel Oesel die folgende Zusammensetzung.
U.
Einfach-Schwefeleisen
Kohlensaurer Kalk
Schwefelsaurer „
Schwefelcalcium . . . f
Schwefelanunonium
Schwefelsaure Magnesia
Chlormagnesium
Chlorkalium
Ghlomatriom ^ . . . .
Phosphorsaarer Kalk )
Phosphorsaure Magnesia)
Jod- und Brom-Natrium
(Kieselsäure
Thonerde
oiiicaie < Eisenoxyd -
/ Kalk, Biagnesia )
^ Kali, Natron (
Organische Substanzen
Wasser mit Schwefelwasserstoff gesättigt
2,575
1,465
0,171
0,024
0,018
0,240
0,891
0,147
0,002
Spuren
47,892
8,897
1,045
0,800
2,216
89,620
1,961
1,445
0,054
0,045
0,086
0,048
0,168
0,002
Spuren
62,725
1,819
81,709
A. Göbel^) fand das Eisen im Schlamm der Insel Oesel nur zum
kleinen Theil als Einfach- Schwefeleisen, zum Theil als Schwefelkies
neben freiem Eisenoxyd, -r-
Künstlicher Badeschlamm wird an einigen Orten auf die Weise
^ In A. A. Schrenk, Uebersicht des obem eilurischen Schichtensystems:
Liy- und Ehstlands. Dorpat 1861, Bd. I, S. 101.
*) Der heilsame Heeresschlamm der Insel Oeael. Dorpat 1854.
HandwOrterbDcta der Chemie. 2te Anfl. Bd. fl.
39
610 Badeschwamm. — Bäder.
erzeugt^ daas Moorerde in gebauten Sümpfen mit Mineralwässern, die
schwefelsaure Salze enthalten, angeschwängert wird; so zum BeiBpiel
in Baden bei Wien. E.
Badeschwamm s. Schwamm.
Badiansäure, syn. Anisylsäure.
Bäder, haina^ batha nennt man in der Chemie feste, flüs-
sige oder gasförmige Medien, womit man eine Substanz nmgiebt, am
ihr eine gewisse Temperatur mitzutheilen. Die znr Abkühlung bestimm-
ten kalten Bäder sind in den Artikeln Destillation und Kälteini-
schung beschrieben. — Erhitzte Bäder haben vor dem freien Feuer
den Vorzug, die Wärme gleichmässiger zu verbreiten, und mehr oder
weniger gut das Festhalten einer bestimmten Temperatur zu gestatten;
man macht deshalb in allen den Fällen von ihnen Gebrauch, wo freies
Feuer den Bruch der Gefasse herbeiführen kann, oder wenn eine nn-
gleichförmige und zu hohe Temperatur Zersetzungen oder mechanischen
Verlust der zu erhitzenden Substanzen befürchten lässt Je nach dem
Zwecke, der durch das Bad erreicht werden soll, hat man da am ein
Medium mit entsprechenden Eigenschaften zu wählen. Wenn es mehr
auf Schutz der Gefasse als auf eine bestimmte oder oonstante Tempe-
ratur ankommt, benutzt man gewöhnlich das Sandbad. Gleichfonni-
ger, nicht zu feiner Sand wird zu diesem Zweck, am besten durch An-
rühren mit Wasser und Decantiren, von anhängendem Staube befreit
und nach dem Trocknen durch ein Sieb geschlagen, um eingemen«^
Steinstücke zurückzuhalten. — Als Gefass für das Sandbad dient bei
Destillationen die Capelle. Grossere Capellen sind gusseiserne Kessel
mit kugelförmigem Boden, oben mit auswärts gehendem horizontalen
Rande und an der Seite mit einem Ausschnitte fiir den Retortenhals
versehen; sie werden in einem Ofen so eingesetzt, dass das Feuer
Boden und Seiten wände trifft, Fig. 50. Cylindrische Capellen von
Eisenblech mit flachem Boden , erfordern wegen der dickem Sand-
schicht ein stärkeres Feuer und brennen bei häufigem Gebrauche bald
durch. — Kleinere Capellen werden zum Gebrauche in tragbare Oefen
eingesetzt; sie müssen dann mit einem seitlichen Ansatz versehen sein,
um den Retortenhals vor der Berührung der Flamme zu schützen. Mit
einer zweckmässigen Capelle dieser Art ist der Luhme'sche Ofen
ausgestattet. Der cylindrische Ring von Eisenblech, Fig. 51, passt ge-
nau auf den Ofen Fig. 52,* und nimmt die Capelle Fig. 58, auf, die einen
etwas kleinern Durchmesser bat, so dass das Feuer ihre äussere Wan-
dung überall umgeben kann. Verschliessbare OefTnungen in ihrem
oberen Rande dienen als Register. — Bei Arbeiten im Kleinen ersetzt
man die Capelle durch eine Schale von Eisenblech.
Das zum Abdampfen u. s. w. bestimmte Sandbad kann ebenfalls
in einem Kessel hergerichtet werden; für den beständigen Gebrauch
bietet jedoch ein feststehendes und abgeschlossenes Sandbad grosse
Vorzüge. Eine zweckmässige Einrichtung desselben ist die folgende.
Eine flache Pfanne, deren Boden eine Gusseisenplatte bildet, an welche
Seiten wände von Eisenblech angenietet sind, und die mit Handhaben
versehen ist, wird über der Feuerung eines Ofens so eingesetzt, dass
der Boden in seiner ganzen Länge erhitzt wird. Der Ofen wird am
besten an eine Wand angebaut, die an ein Kamin stösst. An der Vor-
deneite des Ofens befinden sich zwei Pfeiler, die denselben nm 2 bis
3 Meter Überragen nnd eine obere Bedeckung unterstützen; seitltcb
Flg. 60. Fig. 51. Fig. b3.
9'^
«ind sie mit R«hinen versehen, in welche steh aufziehbnre Glasfenster
bewegen. 'Der Abzngscanal für die Dämpfe ist anter der Bedeckung
in der Mauer angebracht and mündet in das Kamin, in welches 2weck-
mäaeig keine andere Penemng cingehL Der Raum Über dem Sandbnde
i« so vor dem Staube der Umgebung, und letztere wieder vor den ge-
bildeten Dämpfen geschlitzt; der Raum deH Ofens unter der Feuerung
kannalsTrockenschrank benutzt werden. — Wenn Platin- oder Porzellaa-
geftsse anhaltend und heftig geglüht werden sollen, so setzt mati sie
in einem irdenen Tiegel, der mit gebrannter Magnesia ausgenittert ist,
ins Feuer. In einem solchen Magnesiabade bleiben die Gefässe
rein nnd nnangegrilTen, wenn die angewandte Magnesia ganz alkalifrei
war, was durch Aaswaschen nach einmaligem Glühen leicht erreicht
Wegen der Langsamkeit, womit die Wärme sich in pul verförmigen
Körpern fortpflanzt, sind dieselben, namentlich bei olFenen Badern, we-
niger geeignet, in allen ihren Theilen eine gleichförmige Temperatur
uizDuehmen , als (tropfbar oder elastisch) flüssige Snbstanzen. Um
mittelst dieser zugleich Bäder von bestimmter Temperatur zu erhalten,
Hehen zwei Wege offen. Entweder wendet man Substanzen an, die
niiter dem gewöhnlichen Luftdruck eine höhere aln die erforderliche
Temperatnr überhaupt nicht annehmen können, oder solche, welche
man durch Begulirung des Feuers auf dieser Temperatur erhält. In
die erste Categorie gehören FlQssigkeiten von cohstantem Siedepunkte
oder ihre nicht überhitzten Dämpfe.
Taucht man ein Gefäss in kochendes Wasser, so hat man ein
ffas^erbad {Baitieum maria«, baxn-marie); wird dasselbe nur von den
Dänpfen getroffen, das Dampfbad, gewöhnlich ebenfalls Wasserbad
genannt. In beiden Fällen wird das eingetauchte Gefäss auf -|- 100" C.
erhitzL — Zu analytischen Arbeiten benutzt man als Wasserbad
einen kleinen knpfemen Kessel, dessen Oeffnung 0,12 bis 0,08 Meter
Darchmesser hat; kleinereGefässe werden mittelst aufgelegter Metallringe
mit entsprechenden kreisrunden Oeffbungen aufgesetzt. Das Bad wird
39*
612
Bäder.
dnrch eine Weingeist- oder GaBlampe im Kochen unterhalten. Venäumt
man das verdaropfte Wasser zu ersetzen, so entsteht nach dem völligen
Verdunsten desselben bei l'ortdauerndein Feuer ein viel heisseres Luftbad.
Diesem Uebelstande hat Fresenius') durch ein Bad mit constanteto
Niveau begegnet. Fig. 54. Der kleine Kessel g steht du ri-h daHKnpfer-
rohr /, das in der unteren Hälfte seiner Höhe dicht eingesetit ist und
in seinem Inneren bis auf den Boden reicht, und durch das Kautschuii'
röhr » mit dem Zinkgefasse abcd (von 0,13 Ueter Durchmesser Dod
0,10 Meter Höhe) in Verbindung, in welches die mit Waaaer genülu
Zinkflasche hikl umgestürzt ist Die 3 Centimeter weite Oeffnnng
dieser letzteren hat denselben Verschluss wie die Stnrzflaacheu in dtn
gewöhnlichen OeUampen und lässt folglich Wasser ansfliesseo, sobald der
Spiegel im ZinkgefUsse unter hi sinkt Ein beliebiges Niveau im Kef
sei g wird durch Höher- oder Tieferstellen des Trägers o erhalten.
Zu grösseren Dampfbädern dienen kupferne oder eiserne Ke-uel.
die durch aufgelegte flache metallene Deekel mit Ausschnitten fSr Ge-
(&sse der verschiedensten Dimensionen brauchbar werden. Man erhiUl
sie mit beliebigem Brennmaterial. — Da Flüssigkeiten um so leicfaUr
in Dampf verwandelt werden, je trockener die umgebende atmosphäriscbc
Luft ist, so gewährt eine in den obem Theil des Kessels eingeseUte
K5bre, durch welche die entweichenden Dämpfe des Bades weggeführt
werden , neben möglichst dampfdichtem Schluss der Gerässe auf den
Bade, bei dem Abdampfen wesentlichen Vortheil. — Statt denWasser-
dampf in dem Badgefaise selbst lu entwickeln , kann der«elba auch
aus einem Dampfkessel ingeleitet werden.
18G8, 8. 70,
r qiumütativcn cbrmiscben Analye?. IV. AoUagc, Bn>iuebr*>g
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Bäder. / 613
B&der von Temperaturen unter oder über -j- lOO^C. können mit
Flüssigkeiten Von entsprechendem Siedepunkte erhalten werden. Zu
ersteren benutzt man jedoch einfacher ein Wasser- oder Luftbad (siehe
nnten), das nur bis zu der erforderlichen Temperatur erhitzt wird. —
Zu Bädern von Temperaturen über -|- 100® C. lassen sich gesättigte
siedende Salzlösungen anwenden, in welche das zu erhitzende GefUss
eingetaucht wird.
Eine gesättigte Lösung von kohlensaurem Natron siedet bei -|- 104^,6
-» » » » phosphorsanrem Natron » " -|- 106®,6
» Salmiak „ „ _|- 1140,2
>» salpetersaurem Kali >• » -f-115o,9
» essigsaurem Natron » *' ~|~ 1^4^,4
» einfach-kohlens. Kali - » » -|- 135^,0
» salpetersaurem Kalk
» essigsaurem Kali » » -f- 169^,0
» Chlorcalcium » » -f- 17 9^,5
• » » »» Salpeters. Ammoninmoxyd » » -(- 180^,0.
Durch Verdünnen dieser Lösungen mit Wasser erhält man leicht
Bäder von intermediärem Siedepunkte, der aber natürlich nur dann
constant bleibt, wenn das verdunstete Wasser stets genau wieder er-
setzt wird, was in der Wirklichkeit nicht leicht zu erreichen ist. Die
Anwendung der gesättigten Lösungen selbst ist mit der Unannehmlich-
keit verknüpft, dass sich bei der Verdunstung gewöhnlich festes Salz
abscheidet und das Kochen alsdann unter Stossen und Schäumen statt-
findet, wobei ein momentanes Ueberhitzen gar nicht zu vermeiden ist,
weshalb diesen Bädern die unten angefahrten, nach dem Thermometer
regulirten, in vielen Fällen vorzuziehen sind.
Zu Bädern von Constanten, sehr hohen Temperaturen (zurBestim-
mnng der Dampfdichte anorganischer Substanzen) sind Quecksilber-,
Schwefel- und Zinkdampf von Deville und Troost^) Angewandt
worden. Als Apparat benutzen dieselben eine Quecksilberflasche, die
nahe am Halse abgesägt ist und in ihrem Innern zwei Ringe hat,
welche das zu erhitzende Glas- oder Porzellangefäss ; 6 bis 8 Centi-
meter vom Boden der Flasche entfernt, festhalten. Cylindrisch gebo-
gene Bleche sind ferner, der Wandung der Flasche parallel, im Innern
am das zu erhitzende Gefass angebracht und beseitigen jeden directen
Emfluss der äussern Wärmequelle oder der umgebenden Luft. Oben
ut der Apparat durch eine gusseiseme Platte verschlossen, die mit zwei
Oeffnnngen versehen ist, von denen die eine der ausgezogenen Spitze
des Dampfdichtegefasses den Durchgang gestattet, die andere ein Luft-
thennometer aufnimmt. Die Dämpfe des Bades entweichen durch ein
eisernes Bohr von 2 Centimeter Durchmesser, das im obersten Theil
der Flasche, von der Stelle wo der ausgezogene Hals des Dampfdichte-
gefasses beginnt wenigstens 8 Centimeter in senkrechter Linie entfernt,
eingeschraubt ist. — Zu einer Bestimmung werden 1 bis 2 Kilogrm.
Qoecksilber oder 1 Kilogrm. Schwefel in diesem Apparate verdampft;
bei Anwendung von Schwefel ist die eiserne Röhre zur bessern Vcr-
dichtang noch durch eine angesetzte weitere zu verlängern. Da in
dem geschlossenen Baume der Schwefeldampf die Temperatur des sie-
») Comt. rend. T. XLV, p. 821; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. CV, S. 218.
614
Bäder.
denden Schwefels (-|- 440oC>), der Quecksilberdampf die Teoipenbu-
von -(- 350*>C. bat, bo ist das Loitthermotneter bloss bestimmt, üb«
die GonsteDz der Temperatur und die Abwesenheit störender EinfliuK
Auskunft zu geben und braucht deshalb nicht giUiduirt zu pein.
Wo die angegebenen Mittel zur Herstellung einea Bades von be-
stimmter Temperatur unzureichend oder unbequem sind, schlägt maa
den zweiten Weg ein und wendet Substanzen an, welche fabig sind,
eine höhere als die erforderliche Temperatur anzunehmen und erhält
sie auf dieser letzlern, indem man sie nach den Angaben einea einge-
senkten ThermomeUrs stärker oder schwächer erhitzt. Am leichtesteo
gelingt dies mit dem
Luftbad. In seiner einfachsten Form, als Lnftstrom dar von
einer erhitzten Flüche aufsteigt, benutzt man es zuweilen zum Abdam-
pfen , indem man eine mit Plil«sigkeit gefüllte Schale so ilber eioer
grössern leeren, welche erhitzt wird, disponirt, doss sie den Böden
derselben nicht berührt. Soll die Temperatur eine bestimmte sein, »o
wendet man verachliessbare Gefässe an. Fig. 55 zeigt einen als Luftbad
benutzten Apparat, eine kupferne Büchse von ungefähr 0,1 1 Meter Höhe
und 0,8 Meter Durchmesser. Der überfallende Deckel ist mit zweiTubn-
laturen versehen, durch deren eine die Dämpfe entweichen; in der zwei-
ten wird mit einem Korke das Thermometer befestigt. Im Innern siad
in der halben Höhe der Büchse drei Stifte angebracht, auf welchen ein
Kupferring ruht, der die zu erhitzenden Gerässe aufnimmt — Zun
gleichzeitigen Erhitzen mehrerer kleineren Gefasse ist das Luftbad Fig. ^ii
Fig. Sft.
deckel umgeben, um die Abkühlung durch die äussere Luft möglictul zi
▼eiringern. Das Erhitzen geschiebt mit einer kleinen SpirituS' oder GiU-
lampe, die sich leicht so reguliren lässt, dass die Temperatur fast ganz oon-
stant bleibt. Wendet man Leuchtgas an, so gewährt bei grösseren Loft-
bädemeinvonKemp >) angegebener, vonBunsen wesentlich verbesBer-
ter Regulator die Annehmlichkeit, der Ueberwacbung überhoben zu Kia,
indem hier bei einer beliebig zn bestimmenden Temperatur durch dietelbe
sich ausdehnendes Quecksilber den Gaszufloss bis auf ein Minimum ab-
') Cbcm. Gaz. leso Nra. 182 ( DiDgltc'i polyt. Jodid. B4. CZTIl, S. SU-
Bäder. 615
sperrt, und die Flamme also kleiner wird ; bei dem Fallen der Tempera-
tar strömt mehr Gas aus, und die Flamme wird in dem Maasse grösser.
Das Gay-Lussac'sche Bad, welches schon früher (S. 589 Fig.
42) beschrieben ist, ist ebenfalls ein Luftbad, das seine Temperatur von
einem flüssigen Bade empfangt. Die Temperatur des Innern Raumes
erreicht jedoch niemals ganz die durch das Thermometer angezeigte
dcd äussern Bades; bei Anwendung von Wasser lässt sie sich auf
-|- lOO^C. bringen, wenn derTubulus b durch einen Kork verschlossen
wird, in den eine gebogene dreischenklige Bohre eingesetzt ist, deren
äusserer Schenkel unter Wasser taucht. In den Tubulus a muss dann
eine lange, bis nahe an den Boden herabgebende Trichterröhre dampf-
dicht befestigt werden (Röchle der). — In Laboratorien, die mit
einer, den Tag über zur Gewinnung von destillirtem Wasser geheizten
Destillirblase versehen sind , kann leicht eine ganze Reihe solcher Bä-
der erhalten werden, indem man die Dämpfe durch einen in der unmit-
telbaren Nähe der Blase angebrachten Schrank von Kupfer leitet, in
welchen einfache Kästchen mit passenden Zwischenräumen eingelöthet
sind. — Norton^) hat eine Einrichtung beschrieben, in welcher die
Feuerung des Sandbades zugleich einen Wasserkessel heizt, des;}en
Dämpfe einen solchen Apparat durchströmen, ehe sie in die Kühlvor-
richtung gelangen.
Seine wesentlichste Anwendung findet das -Luftbad als Apparat
zum Austrocknen (s. d. Art.)*
Zu flüssigen Bädern von höheren Temperaturen liefern fette Gele
(Büböl, Leinöl) das gewöhnlichste Material. Sie ertragen eine Tem-
peratur von nahe -{- 300^0. bevor Zersetzung eintritt, und für Fälle,
wo es auf Durchsichtigkeit des Bades nicht ankommt, lässt sich die
Grenze ihrer Anwendbarkeit bis weit über -{- 400^ C. hinausrücken,
wenn man sie vorläufig Tage lang an freier Luft kocht, bis sie dick-
flüssig und nachdem Erkalten beinahe fest geworden sind (Berthelot).
In jedem Falle müssen Oele vor dem Gebrauche von einem Wasser-
gehalte, der Ueberschäumen veranlassen könnte, durch vorsichtiges Er-
hitzen über -(- 1000 C. befreit werden.
Reinlicher, nur theurer ist ein Paraffinbad, das auch nicht wie
die Oele einen Übeln Geruch verbreitet (Schmelzpunkt gegen -f- 47^0.,
Siedepunkt gegen + 370» €.)•
Statt der Oele können auch englische Schwefelsäure (bis
gegen -f- 300» C), wasserfreies Chlor zink (bis gegen 400<>C.) und
die leichtflüssigen Legirungen von Rose (Wismuth 2 Thle., Blei
1 Thl., ;5inn 1 Thl., Schmelzpunkt zwischen -|- 95» und 980C.) oder
von d'Arcet (Wismuth 8 Thle., Blei 5 Thle., Zinn 3 Thle., Schmelz-
punkt-|~ 94^,5) benutzt werden. Die beiden letzteren lassen sich ohne
Nachtheil bis fast zum Glühen erhitzen, aber dieser Vorzug ist für Glas-
gefasse wenigstens illusorisch, da diese bei so hohen Temperaturen
darin zusammengedrückt werden; auch bildet sich auf diesen Bädern
eine Oxydsohichte, die den eingetauchten Gelassen hartnäckig anhängt.
Quecksilber ist wegen des leichten Verdampfens und der schädlichen
Eigenschaften seiner Dämpfe durchaus zu grösseren offenen Bädern von
höheren Temperaturen nicht anwendbar. — Die Vorrichtungen zu allen
diesen Bädern sind sehr einfach. Man erhitzt sie in gusseisernen Kesseln
^) American Journal of Science and arte [2.]* ^ol. XU, p. 52.
616 Bäder.
über Kohlenfeaer, Schwefelsäure in einem Porzellangef ässe im Sandbade,
und befestigt ein Thermometer so, dass die Kugel desselben in die Mitte
des Bades reicht Damit aber das im Bade zu erhitzende Gefass wirklich
die Temperatur desselben annimmt, rauss es darin so vollständig wie
möglich untergetaucht und der hervorragende Theil vor dem von aussen
aufsteigenden kalten Luftstrora geschützt sein, was am besten durch Be-
decken des Bades mit einem durchlöcherten Deckel geschieht. Metall-
bäder machen wegen ihres hohen specifischen Grewichts besondere Vor-
richtungen nöthig, um die Glasgefasse untergetaucht zu halten, lieber^
dies müssen letztere, damit sie beim Eintauchen in das geschmolzene
Bad nicht springen, vorläufig erhitzt werden.
Eine der häufigeren Anwendungen des Oelbades in den chemi-
schen Laboratorien ist die zum Erhitzen von zugeschmolzenea Glasroh-
ren, in welchen flüchtige Substanzen unter höherm Druck einer Reae-
tion unterworfen werden. Berthelot ^) hat für diesen Zweck, um der
Gefahr bei vorkommenden Explosionen der Rohren vorzubeugen, einen
besondern Ofen empfohlen, der aus einem von Backsteinen aufgemaner-
ten Viereck mit getrenntem Arbeitsraum und Feuerraum besteht. Der
Feuerraum hat ein seitliches Zugrohr und ist von dem oben offenen
Arbeitsraum durch eine eingemauerte massive eiserne Platte geschie-
den, die in der Mitte eine runde Oeffnung hat, welche ein gusseiser-
net Hafen (das Oelbad), zur Hälfte seiner Höhe eingesenkt, ausfOLllt
Der Arbeitsraum wird mit einer dicken eisernen Platte bedeckt, welche
eine Oeffhung hat, um eine eiserne unten geschlossene Röhre, die bb
in die Mitte des Oelbades taucht, darin zu befestigen. Diese Rohre
wird theil weise mit Quecksilber gefüllt und nimmt ein Thermometer
auf. — Gegen die mit der Explosion verbundene Gefahr kann man sich
bei einem oflTenen Bade einfacher dadurch schützen, dass man die Glas-
röhren in einer schmiedeeisernen cylindrischen Büchse, von etwa 5 his
6 Millimeter Wandstärke auf 20 Millimeter Innern Durchmesser, ein-
schliesst , auf welche ein ebenso massiver Kopf aufgeschraubt und mit
einem Schlüssel angezogen werden kann. — Explosionen finden aber
viel weniger leicht statt, wenn die Glasröhren nicht bloss einen innem,
einseitig wirkenden Druck auszuhalten haben, sondern in
Bädern von höherm Druck erhitzt werden. Man kann zn
diesem Zwecke die zugeschmolzene Glasröhre in eine zweite grössere
einführen, die eine weniger flüchtige Substanz enthält und sodann eben-
falls zugeschmolzen wird. Das Ganze senkt man in das Oelbad ein.
Alkohol und Aether lassen sich so bis gegen -|~ 360^0. erhitzen, wenn
die äussere Röhre Terpentinöl enthält (Berthelot 3). — Grössere Si-
cherheit gewährt aber jedenfalls die Anwendung eines papianischen
Digestors. Wo Gelegenheit gegeben ist, können solche Röhren z. B.,
durch eine Umhüllung mit Stroh gegen Stösse gesichert, in dem
Dampfkessel einer Hochdruckmaschine erhitzt werden (Wöhler*),
wobei man allerdings auf sehr hohe und auch auf bestimmte Tempera-
turgrade verzichten muss. Zu einer allgemeinern Anwendung eignet
sich ein von Frankland*) beschriebener Apparat, in welchem Gla»-
röhren mit eingeschlossenen Flüssigkeiten mit Sicherheit auf alle Tero-
peratureoi unter der Rothgluth erhitzt werden können. Fig. 57 versinn-
>) Jonrn. de pharm. [3.] T. XXIII, p. 851. — «) a. a. O. — *) Annal. i
Chem. u. Pharm. Bd. CHI, S. 117. — *) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XCV, S.
28; Joum. f. prakt. Chem. Bd. LXV, S. 22.
Bäder.
617
lieht denselben. AA ist ein eiserner Cylinder, ann einem Stocke ge-
schmiedet, anten geschlossen, oben offen, von 460 Millimeter Länge,
76 Hillimeter innerm DnrchmesRer und 16 Millimeter Wandstärke.
An seiner obern Oeffnnng ist er mit einem 16 Millimeter dicken and
32 Millimeter breiten, oben glatt abgedrehten Rande umgeben, in wel-
chem rings nm den Innern Hohlraum eine Rinne von 1,3 Millimeter
ausgespart ist. Der Deckel C hat denselben Dnrchmesser and dieselbe
Dicke wie der Band des Cylinders und trägt unten einen 6,5 Milli-
meter vorragenden Vorsprung, der genau in die Höhlung des Cylin-
derf passL Innerhalb des Vorsprungs ist der Deckel zweimal durch-
bohrt. In die eine Oeffnung ist die gusseiseme Röhre d, von 153 Hil-
Fig. 68.
Fig. 67.
limeter Ii&nge und 13 Milli-
meter Durchmesaer, befestigt, -
die mit Quecksilber gefüllt
wird und das Thermometer
aufnimmt; die zweite ist mit
Messing ausgefQttert und dient
als Canal Tiir das Sicherheits-
ventil r, einen 3 Millimeter
dicken Mesaingdraht , der zu
beiden Seiten abgeplnttet ist
und oben den gut eingeschlif-
fenen Conus des Ventils trägt.
Bela«tet ist das Ventil in ge-
wöhnlicher Weise. Deckel
und Rand haben femer vier
gebohrte Oeffbnngen, durch welche Schrauben von 6,5 Millimeter
Dicke von uuten eingesteckt werden, die in Schraubenmuttern eingrei-
fen, welche man mittelst eines Schlttssels anriehen kann. Der dichte
Vorschluss wird durch eine 3 Millimeter dicke Bleiplatte hergestellt,
welche in die erwähnte Rinne eingelegt und durch den Druck der
Schraaben comprimirt wird. Zum Oebrauche wird der Apparat tu '/i
DÜt Wuser gelOUt in einem Gasofen erhitzt, den Fig. 58 ceigt. AAAA
618
Bärengalle. — Bagrationit
Fig. 59.
ist eiD maaaives Gestelle von Schmiedeisen, ia dessen EDiteno eiaCjrlinder
B B von Eiflenblech befestigt ist, der unten geschlossen üt und obcD
nur eine zur Aufnahme des beschriebenen Appnrates hinreichende Oeff-
nung hut. Dieser ruht dann mit seinem vorspringenden Bande auf dea
einwärts gebogenen Eigenstäben. C ist ein Regulator fiir den Luftzu-
tritt Den Gasbrenner bildet das 6,5 Millimeter weite, mit lU bis
20 kleinen Löchern versehene Kupferrohr E, das in dem Cj'Iinder bt-
festigt ist. — Um die Wärmeausstrahlnngen zu verringern, ist der Ap-
parat noch mit einem Cylinder, B'B", von polirtem Weissblecb uia-
geben, der von dem inneren Cylinder l'i Millimeter entfernt bleibt. Die
Verbrennungsproducte treten durch die OeSnungen DJ}, welche in
dem eisernen und in dem Weisabi echcy linder angebracht sind, ans.
Auch zum Abdampfen und OestiUiren geeignete Blider von Tem-
peraturen über -|- lüC^C. können mit gespannten Wasserdämpfen er-
hallen werden , die ans einem Generator in einem passenden BebiJler
einströmen , auf welchem die zu erhitzenden Gefässe dicht und hinrei-
chend fest angebracht sind, um nicht durch den Dmck herausgehoben
zu werden.
Zur Bestimmung der Schmelspunkt« fester
und der Erstarrungspunkte geschmolzener Sub-
stanzen ist das concentrische l{ad')(Pig.39)
wegen der sehr allmäligen und gleichmüMi-
gen Verbreitung der Wärme , sehr geeignet.
Das Becherglas A ist mit Korks egmenteu in
einem grossem, welches nach Bedurfniss mil
nusgeküchtem Wasser oder mit möglichst färb-
^m Oel gefüllt ist, befestigt oder mitteU
es Triangels eingesenkt. In das innere Be-
cherghis, das dieselbe Flüssigkeit wie dtu äussere
mthält, bringt man die zu untersuchende Sub-
stanz, die im geschmolzenen Zustande in Ilaor-
'öhrchen aufgesogen worden ist, und ein Ther-
mometer. Der ganze Apparat wird auf einem
Drahtnetz über einer kleinen Weingeist- oder
Gasflamme sehr bingsain erhitzt. E,
Bärcngalle s. unter Galle.
Bärentraube, der deutsche Ni<me des slrauch.irtigen Arba-
tus s. Aretostaphyloa uva urai (s. S. 1'.I7).
Bärme, syn. Hefe (a. d.).
Bäuchen s.'bei Bleichen.
Bagrationit *). Ein von N. v. Kokscharow zu Ehran des
Finders, des russischen Fürsten P. Ungration, benanntes Mineral von
Achmatowsk am Ural. Es ist durch seine krystallograp bischen Ver-
hältnisse bemerkcnswerth ; J. D. Dana und C. F. Naumann hallen
es für eine Abänderung des AUanit oder Ortliit, womit die Krystall-
gestalten und andere Eigenschaften übereinstimmen. Es ist schwarz.
Bai^rlne. — Baläu. 619
mehr oder weniger glasartig glänzend, auf den Endflächen unvoUkom-
mpn metallisch, andurchsichtig und giebt ein dunkelbraunes Strichpul-
ver. Härte = 6,5, specif. Gewicht = 4,115. Blätterdurchgänge
wurden nicht beobachtet, der Bruch ist uneben bis muschelig. Vor dem
Lothrohre bläht sich das Mineral blumenkohlartig auf, kocht und
schmilzt zu einer schwarzen glänzenden Kugel, die auf die Magnet-
nadel wirkt Mit Borax leicht löslich zur durchsichtigen orangogelben
Perle, die beim Erkalten bouteillengrün wird. Im Phosphorsalz ist es
schwieriger löslich und zeigt ein Kieselskelet, beim Erkalten wird die
Perle farblos. Analysirt wurde dieses Mineral bis jetzt noch nicht,
um die Identität mit Allanit oder Orthit zu beweisen. K.
Bai^rine, Baierit. Beudant gab diesen Namen dem Niobit
von Bodenmais in Baiern (daher der Name) und dem ^on Limoges
in Frankreich, wonach der Name nur als Bezeichnung der Varietät
zu gelten hat, wenn man denselben überhaupt zu gebrauchen ge-
neigt ist. K.
Baikalit nannte Blumenbach nach dem Fundorte, der Ge-
gend am Baikalsee, eine grüne Abänderung des Diopsid (s. d. A.).
Balanophoreenharz. Der Holzkörper der Balanophoreen,
einer parasitischen Pflanzenfamilie aus Java, enthält sehr viel von
einem wachsartigen Harz, das sich wenig in Alkohol, leicht in Aether
löst, es schmilzt bei etwa 100^ C, löst sich in kalter Schwefelsäure,
und wird durch Wasser daraus gefällt; Salpetersäure greift ihn erst in
der Wärme an; seine Zusammensetzung entspricht der empirischen
Formel CijHioO (Poleck 0. , Fe.
Baldrianöl s. ValerianöL
Baldriansäure s. Valeriansäurc.
Baldrianwurzel Die Wurzel von Valeriana ofßcinalis, aus-
gezeichnet durch ihren starken eigenthümlichen Geruch, enthält, nach
Trommsdorf, in 100 Thln. etwa 1,6 Satzmehl, 16,3 Harz, 4,5 ätheri-
sches Oel, ausserdem Gummi, Harze und Holzfaser. Nach Zell er ge-
ben 100 Thle. trockener Baldrianwurzel, je nach der Qualität, ob
frisch u. s. w., 2 bis 3,5 Oel. Fe,
Balduin's Phosphor, hermetischer Phosphor, Phos-
phoms me magnes luminaria. Der Alchimist und Amtmann tu Grossen-
hain in Sachsen Baldewein (latinisirt Balduinus, geb. 1632, gest.
1682) bemerkte zufällig, dass bis zur anfangenden Zersetzung der
Säure calcinirter salpetersaurer Kalk, nachdem er den Sonnenstrahlen
ausgesetzt war, die Eigenschaft hat im Dunkeln zu leuchten; man
nannte das Präparat deshalb nach ihm Balduin' scher Phosphor. Fe.
m
Balein, Balaine, Balenin. Saussure hatte früher dem
Wallrath diesen daför aber nicht gebräuchlichen Namen gegeben.
V. Kerkhoff 0 bezeichnete später damit die durch Behandeln mit
Essigsäure und Fällen mit Ammoniak erhaltene reine Hornsubstanz
des schwarzen Fischbeins, ein schwefelhaltender Körper, den Mul-
») Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXVII, S. 179. — *) Report, f. Pharm. Bd.
XCVm, S. 162.
620 Ballas-Rubin. — Balsam, canadischer.
der als ein Protein -Salphamid bezeichnet; es enthält, nach ihm, in
100 Thln. 50,8 Kohlenstoff, 6,8 Wasserstoff, 15,7 Stickstoff, 23,1 Saaer-
stoff und 3,6 Schwefel.
Balias-Rubin, Rabin-balais, Rnbis-balais, Rubin-
ball as wird von den Juwelieren der blassrothe bis röthlich weisse
Spinell zum Unterschiede von dem echten Rubin, dem rothen Korund
genannt. K.
Ballesterosit. Ein zu Ehren des um Spaniens Bergwesen
verdienten Lopez Ballesteros benanntes Mineral i), von W. Schulz
und A. Paillette unter diesem Namen als Species eingeführt Es
findet sich in hexaSdrischen Krystallen im Thonschiefer der Gegend
um Ribadeo in Asturien und Mondonedo in Galicien in Spanien und
ist wahrscheinlich nur eine Abänderung des Pyrit ^der Schwefelkies.
Ausser Eisen und Schwefel soll er etwas Zink und Zinn enthalten, die
Farbe ist ähnlich der des Pyrit, das specif. Gewicht ist = 4,75 bis
4,90. % K,
Ballon hat man mehr oder weniger kugelförmige Glasgefässe
genannt, die zu mannigfachem Gebrauch dienen und darnach sehr ver-
schiedene Form und Grösse haben. Die Ballons dienen als Vorlagen
bei Destillationen aus Glasretorten, sie dienen auch zum Sieden von
Flüssigkeiten, z. B. zur Bestimmung des specif. Gewichts u. s. w. Oft
haben die Ballons ausser dem Halse noch eine oder mehrere Oeffnun-
gen oder Tubulaturen. Grössere Ballons von Glas oder von Steingut
dienen namentlich zum Transport und Aufbewahren von Säuren, Schwe-
felsäure, Salzsäure u. s. w.
Balsam, canadischer, Canadischer Terpentin, Baume
du Canada^ stammt von der in Canada, Virginien und Carolina ein-
heimischen Abies balsamea^ Dec. (Familie der Coniferen). Er sam-
melt sich unter der Rinde der Bäume in blasenförmigen Anschwellun-
gen, aus denen er durch Einschnitte gewonnen wird und kommt in
kleinen irdenen Flaschen in den Handel. Er ist farblos oder schwach
gelblich, ziemlich flussig, jedoch zähe und fadenziehend ; die trübe Be-
schaffenheit, die er im frischen Znstande zeigt, verliert er in der Ruhe
bald und wird glasklar. Sein Geruch ist aromatisch, an Muskatnossol
erinnernd, sein Geschmack bitterlich und brennend. — Sein Licht-
brechungscogfficient ist = 1,532; die Polarisationsebene des Lichtes
lenkt er nach rechts (Biot). Li Alkohol löst er sich nur unvollstän-
dig, mit Hinterlassung eines körnigen Harzes. Mit Wasser destillirt
liefert er ein flüchtiges Oel von balsamischem Geruch, das in seiner
Zusammensetzung mit gewöhnlichem Terpentinöl übereinstimmt (Wir-
z^n) und wie dieses die Polarisationsebene des Lichtes nach links ab-
lenkt (Biot). In dem DestillirgefUsse bleibt ein, nach dem Erkalten,
spröder Harzkuchen, der ein Gemenge mehrerer Substanzen ist. — In
dünnen Lagen der Luft ausgesetzt trocknet er in 48 Stunden zu einem
harten Firniss aus; auch in verschlossenen, nur zum Theil gefiillten
Gefassen Verdickt er sich allmälig, indem er zugleich eine goldgelbe
Farbe annimmt.
Die näheren Bestandtheile des Canada-Balsams sind, obschon der-
^) V. Leon ha rd, Jahresber. 1861, S. 860.
Balsam^ canadischer. 621
selbe nehrfach untenucht worden ist, nicht mit Sicherheit bekannt.
Nach einer älteren Angabe von Bonastre ^) enthält er in 100 Theilen:
ätherisches Oel 18,6,
in Weingeist leicht lösliches Harz 40,0,
in Weingeist schwer lösliches Unterharz 33,0,
Kantschok, nnd bittere in Wasser lösliche (Extractiv-) Stoffe 8,4.
JL>as schwerlösliche Harz beschreibt Bonastre als trocken, zerreiblich,
beim Beiben sehr elektrisch werdend, von grösserem specif. Gewichte
Als Wasser und schwer schmelzbar.
Nach Caillot'), der die Terpentine von ÄHes exceUa, Äües pecä"
naia und Ä. baUamta ontersocht hat, den letzteren aber nnr kurz erwähnt,
enthält er, wie die beiden erstgenannten, ein neutrales, in Weingeist
von 0,854 leicht lösliches, krystallisirbares, indifferentes Harz, das
' Abietin (s. d. Art); das unlösliche Unterharz ist, nach Caillot, von
dem der anderen Abies- Arten wenig oder nicht verschieden, weiss,
pulverig, ohne deutliche Krystallform, ohne Wirkung auf Lackmus; in
Steinöl und in Kalilauge ebensowenig löslich als in Alkohol von 0,824.
— Ueber die Harzsaure, welche im canadischen Terpentin enthalten
ist nnd demselben die Eigenschaft giebt mit Natronlauge eine weiche
Seife zu bilden und durch ^/le seines Gewichtes gebrannter Magnesia
zu einem consistenten Teige verdickt zu werden, hat Caillot nichts
Näheres angegeben.
Zuletzt ist der Canada-Balsam von Wirzön') untersucht worden,
der die einzelnen daraus abgeschiedenen Stoffe der Analyse unterwor-
fen, über ihre chemischen Eigenschaften jedoch nichts mitgetheUt hat. •
Siedender Alkohol von 0,833 löst, nach Wirz^n, aus dem Harzgemenge,
welches bei der Destillation des Balsams mit Wasser zurückbleibt, ein
Alphaharz, das aus der alkoholischen Lösung durch Wasser geföllt
wird und bei -|- 100® C. getrocknet, die Zusammensetzung C40 R32 O4
hat. Die gefundenen Zahlen (in 100 Theilen 78,31 Kohlenstoff und
1 0,08 Wasserstoff) stimmen übrigens ebenso annähernd mit der Formel
der Pininsäure (C40 H30 04). Der mit heissem Weingeist erschöpfte
Röckstand löst sich in kaltem Aether theil weise auf; die gelbgeiarbte
ätherische Lösung hinteriässt nach dem Verdunsten das Betaharz, des-
sen Zusammensetzung der Formel C40 H29 O7 entspricht. — Den in
Alkohol und Aether unlöslichen Antheil nennt Wirz^n Gammaharz;
den Resultaten einer Analyse zufolge soll derselbe nach der Formel
C30 H33 Og zusammengesetzt sein. Nach Wirz6n enthält der Balsam
die genannten Bestandtheile annähernd in folgendem Verhältniss:
Aetherisches Oel 16,
Alphaharz . . . . 30,
Betaharz . . . . 33,
Gammaharz ... 20.
Die Harze beschreibt Wirz6n sämmtlich als amorph und opak,
was aber wohl nur der Darstellungsweise zuzuschreiben ist. Das Alpha-
harz insbesondere muss, nach Caillot's (früheren) Angaben, als ein
») Journ. de Pharm. T. VIII, p. 574. (1822). — «) Journ. de Pharm. T. XVI»
p. 436 (1830); Trommsdorf^s neues Journal Bd. XXIII, S. 168; Pharmac. Cen-
tralblatt 1830, S. 337. — "^ De Baisamis et praesertim de balsamo canadense Dis-
seriatio, Helsingforsiae 1849; im Auszug im Jahresbericht über die Fortschritte der
Pbarmacie von Wiggers, IX. Jahrgang, S. 88.
622 Balsam de Mecca seu de Gil^ad.
Gemenge von krystallisirbarem Abietin mit einer gleichfalls krjstalli-
nischen Harzsäure betrachtet werden.
Der Canada- Balsam wird in der Optik angewandt and dient in
einigen Ländern als Arzneimittel. Nach dem innerlichen Gebraache
desselben, so wie des ätherischen Oeles, nimmt der Harn einen Mnskat-
gernch an (Wirz6n).
Einen dem Canadabalsam ganz ähnlichen, nur dunkler gefärbten
Balsam liefert Abtes canadensis^ Link. Von anderen Terpentinen, die
dem canadischen zuweilen substituirt werden, unterscheidet sich dieser
im Allgemeinen durch seinen eigenthümlichen Geruch und die voll-
kommene Durchsichtigkeit bei fadenziehender Consistenz, sowie durch
die Leichtigkeit, mit welcher er an derLufL erhärtet Der sehr analoge
Strassburg'er Terpentin (von Abies pectinata^ Dec.) wird ausserdem an
seinem Verhalten zum polarisirten Licht, das er nach links drehte der
venetianische (von Lari:e europaea^ Dec.) an seiner leichten und voll-
kommenen Löslichkeit in gewöhnlichem Weingeist und seiner Indiffe-
renz gegen gebrannte Magnesia erkannt E.
Balsam de Mecca seu de Gil^ad, Meccabalsam;
OpobaUamum verum ^ s. zileckdetue^ Baume de la Mecque. Stammt von
Bcdsamodendron gileadense Kunth {Amyrideae)^ einem strauchartigen Ge-
wächse des glücklichen Arabiens. Es giebt wahrscheinlich drei Arten
von Meccabalsam. Der schönste und theuerste, welcher höchst ange-
nehm riecht, im Handel in bleiernen Flaschen vorkommt, aber fast nur im
Orient verbraucht wird, soll in klaren, farblosen Tropfen aus den Blü-
then schwitzen. Eine geringere Sorte üiesst freiwillig oder nach ge-
machten Einschnitten aus den jungen Aesten der Pflanze. Sie ist dünn«
flüssig, blassgelb, trübe" wie Mandelsjrup und riecht sehr angenehm
nach Rosmarin und Citronen. Der Geschmack ist bitterlich scharf
Ax\ der Luft erhärtet dieser Balsam allmälig ganz und wird durchsich-
tiger. Die dritte Sorte wird durch Auskochen des Holzes und der
Zweige mit Wasser erhalten. Sie ist etwas dickflüssiger als Copaiva-
balsam, wird, in der Hand gerieben, seifenartig weiss und bildet, auf
Wasser getropft, eine Haut, welche sich mit einer Federfahne leicht
abnehmen lässt Spiritus löst diesen Balsam nur theilweise und hinter-
lässt eine durchsichtige, wohlriechende Substanz, von welcher warmer
Alkohol von 0,815 zwei Drittel auflöst. Der Best ist eine flockige,
fadenziehende Substanz.
Trommsdorff^) fand einen von Petersburg in den Handel gebrach-
ten Meccabalsam zusammengesetzt aus ätherischem Oel 30,0 Procent;
Hartharz 64,0 Procent; Weichharz 4,0 Procent und bitterem Farbstoff
0,4 Procent
Das ätherische Oel war farblos, roch sehr angenehm und schmeckte
scharf. Es war in Alkohol, Aether, Steinöl und fetten Oelen loslich
und explodirte nicht mit Jod. Schwefelsäure löste es mit dunkelrother
Färbung auf und verharzte es. Ebenso Salpetersäure. Alkalien wirk-
ten nicht darauf.
Wurde der Destillation^rückstand mit starkem Alkohol in der
Wärme behandelt, so löste sich das Hartharz auf, das weiche Harz
blieb zurück. Jenes war honiggelb, durchsichtig, brüchig und leicht
^) Trommsdorfs neues Joarnal Bd. XYI, S. 62.
Balsam de Tolu. 623
za pulvern. Specif. Gewicht =1,338. Es erweichte bei -f- 44« und
schmolz vollständig bei -|- 90<>. Ausser in Alkohol war es auch in
Aether, fetten and ätherischen Oelen löslich. Schwefelsäure löste das-
selbe mit dankelrother Farbe auf, concentrirte Salpetersäure bildete
damit Oxalsäure und eine gelbe, salbenartige Substanz. Mit Alkalien
gab es wahrscheinlich Verbindungen, welche in freiem Alkali unlöslich
sind.
Das Weichharz war braun und klebrig, die Klebrigkeit verlor sich
aber nach und nach. Es hatte weder Geruch noch Geschmack^ er-
weichte nach dem Austrocknen bei -\- 100<> C. und schmolz vollständig
bei -f- 112® C. In fetten und fluchtigen Oelen war es löslich, aber
nicht in Alkohol und Aether. Alkalien und concentrirte Schwefelsäure
griffen es nicht an, Salpetersäure blähte es auf und machte es zerreiblich.
Bonastre^) hat auch den Meccabalsam untersucht. Er fand darin
flüchtiges, angenehm riechendes Oel 10,0
braunes, bitteres, in Wasser und Alkohol lösliches Extract . 4,0
saures, in Alkohol lösliches, nicht erhärtendes Harz . 70,0
weissgraues, steifes, in Alkohol schwer lösliches Harz . . . 12,0
eine saure* Substanz und Unreinigkeiten 4,0.
Ein alter aus den ägyptischen Gräbern herrührender Balsam war
nur in der Wärme flüssig und wohlriechend. Aetherisches Oel fand sich
nicht mehr darin, aber freie Essigsäure; auch enthielt dieser Balsam
kry stall inische Körner, die in ihrem Verhalten mit dem krystallinischen
Elemiharze Aehnlichkeit hatten.
Der Meccabalsam ist früher als Arzneimittel angewandt worden,
jetzt aber seiner Seltenheit und Kostbarkeit wegen ausser Gebrauch.
Im Orient steht er als innerlich stärkendes Heilmittel in grossem An-
sehen.
Eine mögliche Verfälschung des Meccabalsams mit canadischem
Terpentin lässt sich, nach Bonastre, daran erkennen, dasn letzterer
nach Abdestillation des Oels ein trockenes pulverisirbares Harz hinter-
läsdt, was mit dem Meccabalsam nicht der Fall ist; auch wird der
Meccabalsam selbst durch % seines Gewichtes gebrannter Magnesia
nicht verändert, während canadischer Terpentin mit noch kleineren
Mengen /est wird. ( Wp.) E.
Balsam de Tolu, Tolubaisam, Baume de Tolu^ wird durch
Einschnitte in den Stamm von Myroapermum Tohtiferum Sprengel,
{Myroxykun Tohüferwn Richard) einem in den Gebirgen von.Turbaco
und Tolu und am Magdalenenstrome wachsenden Baume gewonnen. —
Im frischen Zustande ist er gelblich, vollkommen durchsichtig und flüs-
sig wie Terpentin (weisser Tolubaisam), verändert sich jedoch bei der
Aufbewahrung ziemlich schnell, indem er eine röthlichbraune Farbe
VLody steife Consistenz annimmt (schwarzer Tolubaisam) und wird zuletzt
sa einer zerreiblichen Substanz von körnig krystallinischem Gefüge
(trockener Tolubaisam). Er hat einen aromatischen Citron- und Jas-
mingeruch und einen süsslich gewürzhaften, etwas kratzenden Geschmack.
In gelinder Wärme schmilzt er. In Alkohol löst er sich leicht und
vollständig ; schwieriger in Aether oder flüchtigen und nur unvollständig
' >) Joam. de Phftrm. T. XYIIl, p. 94, 338; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd.III,
8. 147.
624 Balsam de Tolu.
in fetten Oelen. An heisses Wasser tritt er Zünmi- und Benzoesinre
ab, nebst ätherischem Oel. Concentrirte Schwefelsäure löst ihn in der
Wärme zu einer rothen Flüssigkeit, ohne schweflige Säure su entwickelo.
Mit Kalilauge von 1,1 7 specif. Gewicht giebt er eine klare Losung,
die einen Nelkengeruch hat und an deren Oberfläche sich OeltrÖpfcheo
abscheiden. — Mit Wasser destillirt, giebt er ein flüchtiges Oel in ge-
ringer, nach dem Alter des Balsams verschiedener Menge. Deville
erhielt davon 0,2 Procent, Scharling 1 Proc. und wenn die Destillat
tion durch Einleiten von Wasserdampf, der auf -f" ^70® C. erhitzt war,
vollendet wurde, noch 0,2 Proc vom Gewichte des Balsams.
In Bezug auf die Zusammensetzung des Tolubalsaros stimroeD die
Angaben verschiedener Chemiker nicht völlig überein. Fröroy Oi der
denselben zuerst untersuchte, fand darin dieselben Bestandtheile wie
im. Perubalsam, also Zimmtsäure, Ginnsmem und Harz, das, ohschon
schwerer schmelzbar als Perubalsamharz, doch in seiner Zusammen-
setzung von diesem nur durch einen Mehrgehalt der Elemente des Wai-
sers abwich. (Gefunden in 100 Thln.: 71,2 KohienstoiT, 6,5 Wasser-
stoff, 22,3 Sauerstoff.) Frömy betrachtete hiernach den Tolubalsam
als einen vollständiger veränderten Perubalsam. Da jedoch die späte-
ren Untersuchungen zu ganz anderen Resultaten geführt haben, so vA
zuvermuthen, dass der von Fr^my untersuchte Balsam nicht wirklicher
Tolubalsam gewesen ist.
Deville >) hat aus dem Tolubalsam folgende Substanzen darge-
stellt : 1. Tolen, einen flüssigen Kohlenwasserstoff von der Formel CjiKis;
2. Benzoesäure und Zimmtsäure; 3. Ginnamein; 4. Harz; 5. Benzol
säure-Aethyläther und 6. Benzoen (Toluol), einen flüssigen Kohlen-
wasserstoff von der Formel C14 H^. Die beiden letzten sind Prodncte
der trockenen Destillation. — Die verschiedenen Balsamsorten des Han-
dels gaben dieselben Bestandtheile, doch wiegt in dem noch flüssigen Bal-
sam die Benzoesäure vor, während der feste reicher ist an Zimmtsäure*
Das durch Destillation des Balsams mit Wasser und wiederholtet
Cohobiren des wässerigen Destillats erhaltene Oel setzt an der Loft
Benzoesäure ab und wird allmalig durch Verharzung fest. Es ist eis
Gemenge mehrerer Substanzen. Beim Erhitzen derselben bis -)- 160^C.
destillirt zunächst das Tolen , welches nach der Bectiflcation mit Kali
bei -j- 170^ C. siedet. Nachdem das Tolen übergegangen, erscheinen
in der Vorlage Krystalle von Benzoesäure und zuletzt bleibt in der
Betorte ein zäher Rückstand , welcher auf Papier Flecke macht, tod
Alkalien • theilweise aufgenommen wird und bei 340^ C. nicht ohne
Zersetzung flüchtig ist. Was bei 340® bis 350« C. übergeht, hii
die Zusammensetzung des Cinnameins. Vielleicht enthält das rohe Tn-
luol noch andere Körper. Sammelt man nämlich bei der Bectifieation
die letzten Antheile, welche bei 180<> 0. übergehen, so zeigen diese
die Zusammensetzung eines Tolenh3rdrates. Die erhaltene BenzoSsaure
ist femer vielleicht nur aus einem flüchtigen, mit dem Benzoylwasser-
stoff isomeren Körper neugebildet.
Die freien Säuren können dem Balsam entweder durch siedeodei
') Annal. de chim. et de phys. [2.] T. LXX, p. ISO; Annal. d. Chem. o. Pbam-
Bd. XXX, S. 388 ; Journ. f. prakt. Chem. Bd. XVin, S. 244. Berxeliu»' Jahreiber.
XX, S. 896. — *) Journ. de Phann. T. XXVII, p. 686; Annal. de chim. et de phjs-
[S.] T. m, p. 151; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XLIV, S. 304; Journ. f. pnkl
Chem. Bd. XXV, S. 821; BerzeUus* Jahresber. Bd. XXTTI, S. 849.
Balsam de Tolu. ^25
Wasser, das beim Erkalten vorzugsweise Zimnitsäare ausscheidet, oder
durch alkalische Laugen entzogen werden. Behandelt man den Balsam,
besonders solchen, der sehr zähe ist, mit einer Lösung von kohlensau-
rem Natron, so färbt er sich ziegelroth und man erhält eine grüngelbe
Flüssigkeit, ans welcher Ghlorcalciuro Harzkalk und kohlensauren Kalk
niederschlägt. Die entfärbte Flüssigkeit lässt dann auf Zusatz yoU
Salzsäure einen Niederschlag fallen, der in seiner Zusammensetzung
mit der BenzoSsäure übereinstimmt* — Wird der Balsam in Kalilauge
gelöst und die mit Wasser verdünnte Lösung,- von welcher die auf«*
schwimmenden Tröpfchen von Tolen mit Fliesspapier weggenommen
werden, mit Kohlensäure übersättigt, so scheidet sich ein Theil des
Harzes ab ; der gelöste Rest desselben wird durch Chlorcaleium geil^llt.
Der Niederschlag, ein Gemenge von Harz, kohlensaurem Elalk und einer
Verbindung von Harz mit Kalk, wird abfiltrirt und dient zur Darstel-
lung; des Harzes; aus dem Filtrat wird durch Salzsäure ein Gemenge
von Zimmtsäure und Benzoesäure niedergeschlagen, welche aus heissem
Weingeist gesondert krystallisiren. Das Harz des Tolubalsams enU
spricht der Formel C8eH2oO]o* Zur Reindarstellung desselben wird
der oben erwähnte Rückstand mit Salzsäure behandelt, das abgeschie-
dene Harz zur Entfernung von anhängendem Oel in Alkohol aufgelöst
und durch Wasser wieder niedergeschlagen. Nach dem Trocknen stellt
es dann ein rosenrothes Pulver von Vanillegeruch dar. Bei 100^ C.
erweicht es noch nicht. Es ist sehr hygroskopisch und verändert seine
Farbe bei Luftzutritt leicht; durch ranchende Salpetersäure wird es
entsfindet.
Wenn man den bei der . Destillation des Tolubalsams mit Wasser
bleibenden harzigen Rückstand zuerst an der Luft erhitzt bis er ruhig
flie88t,nnd dann in einer geräumigen Retorte einer starken Hitze aussetzt,
so geht unter regelmässigem Kochen eine farblose zähe, in der Vorlage
krystallisirende Substanz Über. Die Destillation wird nun durch star-
kes Aufblähen des Retorteninhaltes schwierig; doch geräth derselbe
bei öfterem Schütteln der Retorte unter gleichzeitiger Erhöhung der
Temperatur nochmals in ruhigen Fluss. Es entwickelt sich viel Gras,
wenig Wasser und zuletzt geht eine farblose dünnflüssige, aber schwere
FIfissigkeit über. In der Retorte bleibt mit unzersetztem Harz ge-
mengte Kohle. — Die Gase sind ein Gemenge von Kohlenozyd und
Kohlensäure; die krystallinische Substanz, durch Pressen zwischen Pa-
pier von anhängendem Oel befreit, ist nach dem Umkrystallisiren ans
Alkohol fast reine Benzoesäure mit etwas Zimmtsäure. — Der flüssige
Antheil besteht ans Benzogn (Toluol) und BenzoSsäure-Aethyläther.
Das BenzoSn erhält man rein, wenn der bei der Rectiflcation des
Bohproductes unter -j- ISO^^C. übergehende Antheil für sich aufgeian*
gen nnd wiederholt 'mit Kali destillirt wird, wobei man nur das bis
180^0. U ebergehende aufsammelt Nach dem Austrocknen mit Chlor-
caleium zuletzt für sich rectificirt, hat es den Siedepunkt 108<^ C«
(e. d. Art. Toluol).
Der Über ISO^' C. siedende Rückstand des Rohproductes wird
anhaltend auf 200^0. erhitzt, um einen Rückhalt von Tolen zu ent-
fernen, sodann wiederholt destillirt, indem man jedesmal nur die ersten
zwei Drittel des Destillats sammelt und zuletzt mit Bleioxyd digerirt,
nm aufgelöste Benzoesäure wegzunehmen. Das vom Bleioxyd abge-
gossene, für sich rectificirte Oel, siedet bei 208o bis 2090 c. und zeigt
fltadwerlvlmeh dtr Cbcmie. 3tt AnfL Bd. II» 40
626 Balsam de Tolu.
die Zusammensetzang und Eigenschaften des BeszoSianre • Aethjl-
äthers (C4 H5 O . Ci4 H5 O,).
Nach £. Kopp ^) enthält der Tolubalsam weder Cinnammn nodi
Benzoesäure) soüdern nur die folgenden Substanzen : 1) Tolen, für wel-
ches er die Formel CjoHg vorzieht; 2) Zimmtsäure; 3) ein in Wein-
geist leicht lösliches Alphaharz == CjeHisOg; 4) ein in Weingeist
schwer lösliches Betaharz CaeHjoOio.
Das Alphaharz ist braun, durohscheinend, glänzend, in der Kalte
zerreiblich; das Pulver backt schon bei -f^ 15^0. zusammen und
schmilzt bei 60^0. Es löst sich leicht in Alkohol, Aether und Kali-
lauge. Concentrirte Schwefelsäure färbt es purpurroth. In Kalilauge
gelöst und der Luft ausgesetzt, oxydirt es sich leicht und verwandelt
sich in Betaharz. Bei der trockenen Destillation liefert es Tolaol und
Benzoesäure.
Das Betaharz ist bräunlich, glanzlos, ohne Geruch und Geschmack
und schmilzt erst über 100^ C. In Alkohol und Aether ist es schwer*
löslich; in Kalilauge löst es sich mit brauner Farbe, durch Schwefel-
säure wird es violett gefärbt. Es ist beständiger als das Alphaharz.
Das Gemenge beider Harze liefert bei der Behandlung mit Sal-
petersäure an flüchtigen und gasförmigen Producten Kohlensäure, sal-
petrige Säure, Stickozyd, Bittermandelöl, Blausäure und etwas Benzol
säure. Im Rückstande bleibt eine fi^elbe Masse, bestehend aas Benzoe-
säure und einem gelben harzigen Farbstoff, der die erstere am K17-
stallisiren hindert und von dem sie nur durch Sublimation getrennt
werden kann. Das Harz lieferte auf diese Weise ungefähr ein Drittel
seines Gewichts an reiner Benzoesäure.
Nach Scharling's ') neuerer Untersuchung enthält der Tola-
balsara allerdings, wie Deville gefunden hatte, sowohl BenzoSsaore
als Zimmtsäure, die durch kohlensaures Natron ausgezogen werden kön-
nen; femer Tolen und ein oder mehrere Harze. Cinnametn Hess sich
dagegen nicht nachweisen.
Werden, nach Scharling, die Harze des Tolubalsams mit der
Hälfte ihres Gewichts gestossenen Bimssteins gemengt und in der Re-
torte noch mit einer Lage von Bimsstein überdeckt, so geht die trockene
Destillation ruhig und ohne alles Aufblähen von Statten. 16 Theile
Harz gaben so, zuletzt bis zum Rothglühen erhitzt, 2 Thle. einer wässeri-
gen Flüssigkeit und 5 Thle. eines öligen Liquidums, das schwerer war
als Wasser und bei der fractionnirten Destillation in Toluol, Phenol und
einen über 198^0. siedenden Antheil zerfiel. Letzterer konnte nicht
von constantem Siedepunkt erhalten werden, und gab bei der Analyse
Zahlen, welche zwischen denen des Benzoesäure- Aethyläthers und des
BenzoSsäure • Methyläthers in der Mitte liegen'; allein bei der Zer-
setzung durch Kalilauge wurde daraus nicht Alkohol, sondern Holi-
geist erhalten. Demnach liefert die trockene Destillation der Harce
Toluol, Phenol und Benzogsäure -Methylüther (G^ Hs O . Cu Ba Os>
Ueber die Bildungsweise des Tolubalsams fehlt es an einer siehe-
^) Anoal. de chim. et de phys. [8.] T. XX, p. 879 ; Annal. d. Chem. u. Phtfffl*
Bd.LXIY, S. 372; Journ. f. prakt. Chem. Bd. XLI, S. 826; Pharm. Centralbl. 1S47,
S. 433; Jahresber. von Lieb ig u. Kopp 1847 a. 1848, S. 786.
*) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XCVII, S. 68; Joürn. f. prakt Chem. Bd.
LXVn, S. 420; Annal. de chim. H de phys. [8.] T. XLYII, p. 885; Jahresber. ▼•
^iebig n. K.opp 1866, S. 627.
Balsam, peruvianischer. 627
ren Vorstellang. Deville betrachtet als primitive Bestandtheile des
Babamd Tolen, Cinnamein and vielleicht einen mit dem Benzoylwasner-
stoff isomeren Körper ; er hält ferner für wahrscheinlich, dasa der bei der
trockenen Destillation der Harze von ihm erhaltene Benzoesäure-Aethyl-
äther, Cisffio04, schon in der Pflanze gebildet wird nnd durch Sauer-*
stoffanfnahme in das Harz CigHioOs übergeht
Kopp hält das Alphaharz CseMisOg oder die Substanz, woraus
sich dieses bildet, für ursprünglich vorhanden. Durch Oxydation würde
das Alphaharz Zimmtaäure, Betaharz und Wasser liefern :
C36«i»08 H- 20 = C18H8O4 + CjsHioOft + HO.
Aus dem Betaharz könnte sich Benzoesäure bilden :
CigWioOs == C14H6O4 + 2H0 + C4H2.
Der abgeschiedene Kohlenwasserstoff würde vielleicht zur Bildung des
Tolens Anlass geben (Kopp).
Scharling nimmt dagegen an, dass alle andere Bestandtheile des
Balsams sich aus dem Tolen bilden, da sich dies an d^er Luft leicht
▼erharzt und eine saure Reaction annimmt. Für diese Ansicht fehlt es
insofern noch an einem vollgültigen Beweise, als das von Scharling
ans dem Tolen erhaltene Harz in Zusammensetzung und Eigenschaften
von den Harzen des Tolubalsams verschieden und die Natur der gleich-
zeitig gebildeten Säure nicht ermittelt ist.
Der Tolnbalsam dient als innerliches Arzneimittel (früher zu Brust-
täfelchen, zu der Tinctura nnd dem Syrupua baUami de Tolu u. s. w.)
und zu Parfümerien. Er soll mit flüssigem Storax, mit Liquidambor
and mit canadischem Terpentin verfälscht werden, zuweilen auch schon
dnrch Wasser extrahirt vorkommen. Der reine Balsam ist durch seine
Durchsichtigkeit im frischen Zustande, durch den Geruch und die Ab-
wesenheit von Wasser , durch seine vollkommene Löslichkeit in Kali-
lange von 1,17 und in Alkohol, so wie durch sein Verhalten zu Schwe-
felsäure, hinreichend charakterisirt (^pO E'
Balsam, peruvianischer; baUamum peruvianum^ haU. indi"
cunu Im Handel kommen unter diesem Namen mehrere Balsame vor,
die lange Zeit irrthümlich dem Myroxylum penä/erum^ L., zugeschrie-
ben worden sind, nach Warsciewicz und Ure Skinner's Angaben ^)
aber von einigen nur an der Balsamküste bei der Stadt San Sonate
ira centralamerikanischen Freistaat San Salvador und nicht in Peru
vorkommenden Myroxylum - Arten, besonders M. Perdrae Moyle^ viel-
leicht auch 3f. punctatum und myrtifoUum abstammen. Man unterscheidet
1. weissen peruvianischen Balsam. Weisser Balsam von
San Sonate oder San Salvador. Er wird, nach Pereira, aus den Früch-
ten der genannten Bäume auf die Weise gewonnen, dass man dieselben
von den Flügeln und dem äusseren und mittleren Theile der Frucht-
hülle befreit und den innersten Theil, der zwei mit flüssigem Balsam
gefüllte Schläuche fuhrt, zusammen mit dem öligen Samen anspresst.
Der so erhaltene Balsam ist blassgelb, dicklich, trübe und kömig und
besitzt einen angenehmen Melilotgeruch. In der Ruhe scheidet sich dar-
aus eine feste kry»tailinische Schicht ab. In Alkohol und Aether löst
er sich in der Kälte nur unvollständig, in der Wärme zum grössten
Theil; die alkoholische Lösung setzt in der Ruhe Krystalle eines in-
^) Pharm. Journ. and Traniactions Vol. X, p. 280 and 280 ; Phann. Centralbl.
1S51, S. 2S2 n. 238.
40*
628 Balsam, peruvianischer.
di£Perenten Körpers ab, der von Stenhouae unterrachi und Myroxo-
carpin genannt worden ist (s.d. Art). Die krystalliniache Ablagerasg
im Balsam scheint aus demselben Körper zu bestehen. Der aihcrisdie
Aaszag des Balsams hinterlässt beim Verdunsten ein Gemenge Ton
Harz und fettem Oel. — Mit Wasser destillirt liefert dieser Balsam
Sparen fluchtigen Oels und einer flüchtigen Säure (Scharling). ~
Nach Cruibourt kommt noch ein anderer weisser Pembalsam Yor, der
mit Liquidambor identisch ist.
2. Trockener peruvianischer Balsam, Bahamum penariaHim
»iccum^ Opobalsamum sicoum^ soll aus dem Vorhergehenden durch Erhir-
ten an der Luft entstehen. Nach Weddel fliesst er aus dem Stamme
einer Myroxylum-Art freiwillig aus. Er ist röthlichgelb , durchschei-
nend, hart, besitzt einen aromatischen Geruch und der Vanille ähnlichea
Geschmack, schmilzt beim Erhitzen und verbrennt mit rossender Flamme.
Trommsdorf^} fand in demselben in 100 Thln.:
Benzoesäure (wahrscheinlich Zimmtsänre) 12,0,
ätherisches Oel 0,2,
trockenes Harz 88,0.
3. Schwarzer Pernbalsam, schwarzer Balsam von San
Salvador oder San Sonate, BaU. penmianitm 8eu indieum nigrum^ Baum
du Pirou noir. Der gewöhnliche Perubalsam ist seit 1580 in Europa
durch Monardes bekannt. Man glaubte früher, dass, während der
weisse Balsam freiwillig ausfliesse, der schwarze durch Auskochen er-
halten werde. Nach neueren Angaben wird er aus den genannten
Myroxylum- Arten erhalten, indem man die Rinde der Bäume stelle&-
weise so ablöst, dass sie oben mit dem Stamme verbunden bleibt, dann
zwischen^ Rinde und Holz wollene Tucher schiebt und den Baum durch
umgelegtes Feuer erwärmt. Nach mehreren Tagen werden die mit
Balsam imprägnirten Tücher ausgepresst, mit Wasser ausgekocht und
der Balsam noch durch mehrstündiges Kochen unter Wasser von einem
fest gebundenen Wassergehalte befreit Derselbe wird dann vom Wasser
geschieden, durch Coliren von zufUlligen Unreinigkeiten befreit und
über Peru, woher der Name, in den Handel gebracht. Sali 6 und
Berluz sprachen die Ansicht aus, dass er von einer Liane stamme,
welche sich nur in einem beschränkten Bezirk von Guatimala finde.
Die den Kern der Frucht dieses Baumes umgebende Hülle enthält zw«
Schläuche, in deren jedem sich etwa 40 bis 50 Centigramm Balsam fer-
tig gebildet vorfinde. Peruanischer Balsam heisst er, nach ihnen, blou
deshalb , weil er von Peru aus in den Handel kommt Frisch soll er
sehr dünnflüssig und dunkelbraun sein.
Guibourt stellt obige Angaben in Abrede. Nach den ihm zuge-
kommenen Nachrichten wird der Perubalsam auf der Küste von San
Sonate durch Einschnitte in den Stamm einer Mjrospermum-Art ge-
wonnen. Die Früchte dieses Baums enthielten zwar auch im Mesocar-
pium ein wenig gelblichen Balsam , doch würde die Quantität dessel-
ben für den Handel längst nicht ausreichen. Der Balsam ist dick-
flüssig, nicht klebrig, dunkelbraun, in Masse undurchsichtig, in dSn-
nen Lagen mit braunrother Farbe durchsichtig und vollkommen klar.
Sein specif. Gewicht beträgt 1,15. An der Luft verdickt er sich all-
mälig, ohne fest zu werden. Sein Geruch ist angenehm, der Vanille
^) Trommsdorfi neties Journal Bd. Ü, S. 80.
Balsam, peruvianischer. 629
ibnliclL, sein Geschmack bitter und anhaltend kratzend; er zeigt eine
aaore Beaction, 1000 Thle. Balsam sättigen ungefähr 75 Thle. krystal-
fiairtes kohlensanres Natron. Erhitzt lässt er sich entzünden and brennt
mit mssender Flamme. Mit Wasser destillirt, giebt er kein flüchtiges
Oel;. im Destillate findet sich Zimmtsänre, die im Balsam im freien
Zustande enthalten ist und demselben durch wfederholtes Behandeln
mit Wasser, das ihn nicht weiter verändert, oder durch kohlensaures
Natron entzogen werden kann. — Mit absolutem Weingeist mischt er
sieh in jedem Verhältniss, doch ist die Lösung nicht vollkommen klar
und scheidet in der Ruhe eine flockige Substanz ab. Schwächerer
Weingeist löst ihn schwieriger und hinterlässt einen Rückstand von
Harz. Auch in Aether und in seinem mehrfachen Gewichte fetter und
flüchtiger Oele löst er sich nur unvollständig. Mit y« seines Gewichtes
fetter Gele, sowie mit .^4 Copaivabalsam lässt er sich ohne Trübung
miscben; bei einem etwas stärkeren Zusatz derselben bilden sich jedoch
wieder zwei Schichten. — Schwefelsäure verwandelt ihn unter Ent-
wickelang von schwefliger Säure in eine dicke rothe Masse; Salpeter-
säure wirkt nur in der Wärme auf ihn ein , wobei salpetrige Dämpfe
und Blausäure auftreten; nach dem Verdampfen der Mischung bleibt
eine branngelbe, bittere, in Wasser lösliche Substanz. — Werden zwei
Yolunie Balsam mit drei Volumen einer Kalilauge von 1,3 specif. Ge-
wicht gelinde erwärmt, so bilden sich zwei flüssige Schichten : eine obere
von bräunlich gefärbtem Oel (Perubalsamöl)' und eine untere dunkele
wftsserige, in welcher Zimmtsäure, Harze und färbende Materien an Kali
gebunden gelöst sind. 4 Thle. Balsam geben mit 1 Thle. Ealihydrat,
in 1 Thl. Wasser gelöst, eine seifenartige Mischung (Lichtenberg,
Stoltze). Der trockenen Destillation unterworfen, beginnt er bei
287<^ G. zu sieden und liefert, unter fortwährendem Steigen der Tem-
peratur, ein durch Zersetzungsproducte gefärbtes Oel; in der Re-
torte bleibt zuletzt eine poröse Kohle.
Der Perubalsam ist wiederholt untersucht worden. Stoltze i)
fand als wesentliche Bestandtheile desselben Perubalsamöl, zwei ver-
schiedene Harze und Benzoesäure, woför er die zur Zeit seiner Ünter-
saehung (1824) noch unbekannte Zimmtsäure hielt. Nach ihm enthal-
ten 100 Thle. des Balsams:
Perubalsamöl 69,0,
Benzoesäure (Zimmtsäure) . . . 6,4,
in Alkohol leicht lösliches Harz . 20,7,
in Alkohol schwer lösliches Harz 2,4,
ExtractivstoflP 0,6,
Feuchtigkeit 0,9.
Zur Darstellung der Harze behandelt man, nach Stoltze, den
Balsam mit 6 Thln. 75proöentigen Weingeistes, der das schwerlös-
liche Harz zurücklässt. Die weingeistige Lösung wird verdunstet und
der Rückstand mit 12 Thln. Olivenöl gemischt, worin sich das Pem-
baLsaiDi^l und ein Theil der (Zimmt-) Säure lösen; das ausgeschiedene
Harz wird nochmals mit Olivenöl behandelt, sodann in 'tFOprocentigem
Weingeist gelöst, in der Lösung noch enthaltene (Zimmt-) Säure durch
kohlensaures Kali neutralisirt und der Alkohol zuletzt unter Zusatz
^) B«rUner Jahrb. f. Pharm. Bd. XXV, S. 24; Brandes* Archiv Bd.yni, S, 91.
630 BaLsatDy penivianischer.
von Wasaer verdunstet. Das abgeschiedene Harz wird gewaschen und
dann durch gelindes Schmelzen wasserleer erhalten.
Das leichtlösliche Harz ist fest, dunkelbraun, geruchlos und erst
über lOQO C. schmelzbar; in Wasser, Aether und fetten Oelen un-
löslich, leicht löslich in absolutem und wässerigem Alkohol, sowie in
kaustischen Alkalien.
Das schwerlösliche Harz ist schwarzbraun, zerreiblich ; es schmilzt
in gelinder Wärme unter Verbreitung eines Benzoegeruchs ; in Aether,
gewöhnlichem Alkohol und fetten Oelen ist es unlöslich ; in kochendem
absoluten Alkohol löst es sich, scheidet sich aber beim Erkalten cum
Theil wieder ab. Auch in kaustischen Alkalien löst es sich nur in der
Wärme.
W. Richter ^), der den Perubalsam ebenfalls unter.'^uchte, erkannte
in dem durch Kali abgeschiedenen Oele einen leicht erstarrenden, in
75procentigem Alkohol schwer löslichen Antheil, den er Mjrozylin, und
einen flüssigen, in schwachen Weingeist leicht löslichen, den er Mjrrios-
permin nannte (s. d. Art.). In der von dem Oele getrennten alkali-
schen Flüssigkeit sollen, nach ihm, sieben weitere Körper enthalten «ein,
nämlich: Benzoesäure, Myroxyl insäur e, MyrioFperminsäure, «Harzsaure,
I, Harzsäure, ein krystallinisches Myroxoin und ein öliges Perubalsam-
aromin. — Die folgenden gründlicheren Untersuchungen haben diese
Angaben jedoch nicht bestätigt
Fremy^) fand in dem Perubal^am folgende Substanzen in wech-
selndem Verhäituiss: Perubalsamöl, das er Cinnamein nennt, einen
krystallisirbaren Stoff (Metacinnamein) , Zimmt«äure und Harz. Löst
man, nach Fremy, den BaUam in Alkohol und setzt eine weingeijtige
Kalilösung zu, so schlägt sich eine Verbindung von Harz mit Kali
nieder und das Cinnamein oder Perubalsamöl bleibt in Auflösung. Dnrch
Vermischen der Flüssigkeit mit Wasser scheidet das letztere sich ab;
die vorhandene Zimmtsäure aber bleibt in der wässerig - weingeistigen
Flüssigkeit an Kali gebunden. Man reinigt das Oel von beigemengtem
Harz durch Auflösen in Steinöl und Verdampfen des letzteren; durch
starke Abkühlung und Wiederauflösen in schwachem Alkohol wird da«
krystallinische Metacinnamei'n, welches sich aber nicht in jedem Balsam
findet, abgeschieden (s. Cinnamein).
Die in dem Balsam enthaltenen Harze sind von Fr^mj nicht
näher beschrieben worden. Eines derselben fand er in seiner Zusam-
mensetzung übereinstimmend mit dem aus Cinnamein dnrch die Elin-
wirkung der Schwefelsäure gebildeten ; ein anderes war davon nur durch
einen Mindergehalt in den Elementen des Wassers verschieden.
Auf diese ThatsacheU gestützt, hat Fr^my die Ansicht ausge-
sprochen, dass Cinnamein und Metacinnamein als die ursprünglichen
Bestandtheile des Perubalsams zu betrachten sind; die Zimmtsäure ist
das Oxydationsproduct des Metacinname'imi , die Harze sind Hydrate
des Cinnameins; es folgt hieraus, dass die Zusammensetzung des Bal-
sams sich mit seinem Alter ändern muss, und es erklärt sich nicht nur,
wie in dem durch Kochen mit Wasser gewonnenen Balsam überhaupt
Zimmtsäure enthalten sein kann, sondern auch, dass dieselbe in altera
*) Jonrn. f. prakt. Chem. Bd. XTIT, S. 167.
') Annal. de chim. et de phys. [2.] T. LXX, p. 180; Annal. d. Chem. iLPhArm.
Bd. XXX, S. 824; Journ. f. prakt. Chem. Bd. XVIII, S. 280.
Balsam, peruvianischer. 681
Balsam reichlich genug vorhanden ist, tun sich daraus krystallinisch
abzuscheiden.
Plantamoar^) zerlegte den Pembalsam dnrch eine wässerige
Elalilange und fand, wie Fr^my, Zimmtsänre und Cinnamein, welches
letztere er dnrch Schütteln mit Wasser und wiederholtes Auflösen in Al-
kohol und Verdunsten der Lösung von beigemengtem Harz reinigte ; allein
es gelang nicht durch Abkühlung festes Metacinnamem daraus zu erhal-
ten. — Mit alkoholischer Kalilösnng bildet es eine gelbe, weiche, wohl-
riechende Seife, bei deren Auflösung in Wasser sich eine Oelschicht
abschied. Beim Deütilliren der Mischung ging zuerst ein schweres, kla-
res, aromatisches Oel Über; wurde die Destillation unter Zusatz von
Wasser fortgesetzt, so kam später eine leichte Flüssigkeit von weniger
aromatischem Geruch.
Die schwere Flüssigkeit hatte nach der Rectification über Chlor-
calcinm die Zusammensetzung des Zimmtsäure-Aethyläthers, C2>ifii3 04,
und wurde von Plantamour dafür gehalten, obschon der beobach-
tete Siedepunkt 205<>C. nicht mit dem des wirklichen übereinstimmt.
Uebrigens Hess Plantamour unentschieden, ob diese Verbindung im
Balsame präexistire oder aus der Zimmtsänre und dem angewandten
Alkohol unter so ungewöhnlichen Umständen neugebildet sei.
Das leichte Liquidum entsprach dem Peruvin, welches Fr6my
durch Zersetzung von Cinnamem erhalten hatte. — Der trockene Rück-^
stand in der Retorte gab, in Wasser gelöst und mit Salzsäure ver-
setzt, zuerst einen Niederschlag von Zimmtsäure; durch Abdampfen
der Mutterlauge schieden sich später blumenkohlähnliche Krystalle einer
anderen Säure ab, durch grössere Löslichkeit, sowie durch Schmelz-
nnd Siedepunkt von der Zimmt- und der BenzoSsäure verschieden. Ihre
Zusammensetzung entspricht der Formel Ci5fie04; Plantamour
nannte sie Kohlenbenzogsäure (s. d. Art. Iste Aufl. BgL.IV, S. 449).
Nach Kopp ^ sind Cinnamein und Metacinnamein nichts Anderes
als die "flüssige und feste Modification des Stjracins, das Peruvin da-
her mit Stjron identisch. KohlenbenzoSsäure konnte er nicht auf-
finden.
Wieder andere Resultate erhielt Scharling'). Nach ihm hat das
aas verschiedenen Perubalsamsorten dargestellte Cinnajnein nicht die-
selbe Zusammensetzung. Er stellte es auf folgende Weise dar. Der
Balsam wurde zuerst mit kohlensaurem Natron, dann wiederholt mit
Wasser ausgekocht, wornach der zimmtsäurefreie Rückstand sich in
ein festes Harz und ein flüchtiges Oel schied. Letzteres lieferte, in
einem Strom bis zu 170® C. erhitzten Wasserdampfes destillirt, ein
CiiHiamem von der Zusammensetzung C80H15O4, das in der Kälte nur
wenig Metacinnamein ausschied und bei der Destillation mit E[alilauge
in Zimmtsäure und ein Peruvin von der Zusammensetzung Cu H9 O2
zerfiel. — Aus einer anderen Sorte von Balsam wurde dagegen nach
demselben Verfahren ein Cinnamein erhalten, das leichter Ejystalle ab-
schied, die auch Styracin enthielten. Dies Cinnamein hatte die Zusam-
mensetzung C32 Hi4 O4 ; mit Kalilauge destillirt, lieferte es neben einem
>) Annal. d. Chem. u. Phann. Bd. XXVII, S. 829; Bd. XXX, S. 841.
*) Compt. rend. par Gerhardt et Laurent, 1860, p. 1C2; Annal. d. Chem.
n. Pharm. Bd. LXXVT, S. 868. — ») Annal. d. CJhem. u. Pharm. Bd. XCVII, 8.
168; Jonm. f. prakt. Chem. Bd. IJLVll, S. 420; Jahresber. ▼. Lieb ig a. Kopp
185G, S. 629.
632 Balsam, peruvianischer.
nicht weiter nntersuchten krystaliinischen neutralen K&rper ein inWae-
ser leicht lösliches Penivin, Ci4HgOa, das folglich mit dem BensUalko-
hol identisch oder isomer ist
Sch'arlingi) hn^t femer Versuche angestellt, um die Frage zu
entscheiden, ob der Balsam den von Plantamour beschriebenen Aether
fertig gebildet oder seinen Bestandtheilen nach enthalte, oder ob zur
Bildang desselben die Gegenwart von Alkohol erforderlich seL — Die
Destillation des Balsams mit Wasser lieferte, auch wenn der Siedepunkt
durch Zusatz von Kochsalz oder Ghlorzink erhöht wurde, nur Spureo
flflchtiger Producte. Wurde dagegen 1 Thl. Balsam mit 2 Thln.
Kalilauge von 1,3 specif. Gewicht nach 248tündiger Digestion deatÜlirt,
so gingen mit den Wasserdämpfen zwei ölige Körper über, die durch
iractionnirte Destillation getrennt werden konnten. Der specifisch leich-
tere schien Penivin zu sein ; der specifisch schwerere hatte, übereinstim-
mend mit Plantamour's Angaben, den Geruch des Zimmtp&nre-
Aethyläthers und den Siedepunkt 205 o C; mit gepulvertem Kali-
hydrat und Schwefelkohlenstoff bildete er eine Salzmasse, deren Losung
mit Blei» und Kupfersalzen die Beactionen der Xanthogens&ure zeigte.
Da andere zusammengesetzte Aether, wie Essigäther, dieselbe Beaetioa
gaben, so hält es Scharling für bewiesen, dass diese schwerere Flfis-
iigkeit wirklich Zimmtsäure - Aethylä^her ist, der demnach erst durch
• die Einwirkung der wässerigen Kalilauge aus einem der Bestandtheile
des Balsams gebildet wurde. Da aber der wirkliche Zimmtsänre&ther
den Siedepunkt 266^0. hat, so ist die wahre Natur des aus dem Peru-
baisam erhaltenen Körpers noch ebenso dunkel, als seine Entstehongs-
weise in Plantamour's und Scharling's Versuchen.
Unterwirft man das Perubalsamharz, mit Bimsstein gemengt^ der
trockenen Destillation, so erhält man, nach Scharling, BenzoSs&nre,
ein wässeriges und ein öliges Destillat. Wird letzteres für sich de-
ftillirt, so geht bis 175^ G. ein specifisch leichtes Gel über; spater
kommt eine schwere Flüssigkeit, die im Wasser zu Boden sinkt. Aas
dem leichten Gele erhält man durch wiederholtes Rectificiren mit Kali-
lauge und zuletzt über Kalihydrat reines Cinnamol, Ci« Hg. Der speci-
fisch schwere Antheil besteht, nach Scharling's Vermuthang, ans
BenzoSeäure- Methyläther und Phenol. Mit Kalilauge destillirt Uefeit
er Holzgeist.
Von den angefiihrten drei Arten peruvianischen Balsams findet
nur der zuletzt beschriebene schwarze in der Heilkunde als innerliches
und änsserliches Arzneimittel, femer in Chocoladefabriken als Surro-
gat für Vanille und in der Parfämerie Anwendung. — Bei dem inner-
lichen Gebrauche des Balsams tritt im Harn Hippursäure auf nebet
einem anderen Stoff, der dem Harn die Eigenschaft ertheilt, mit Salz-
säure erhitzt eine blutrothe Färbung anzunehmen (Wo hl er und Fre-
richs).
Zuweilen kommt der Perubalsam verfälscht vor. Man erkennt
1. bttgemengte fette Gele an der Unlöslichkeit derselben in starkem
Alkohol; 2. Alkohol und flüchtige Gele an dem erniedrigten Siede-
punkt; auch gehen alle flüchtigen Stoffe bei der Destillation mit Wasser
*) Oyersight af kongl. danski VidenskAbernes Forhandlingar 1849, p. 9; Aonal.
d. Chem. n. Pharm. Bd. LXXIY, S.280; Pharm. Centralbl. 1860, S. 791; Jahresber.
▼. Liebig o. Kopps 1849, S. 449.
Balsame, künstliche. — Balsame, natürliche. 633
in das Destillat über; 3. Copaivababam und Terpentin am Gerach
beim Erhitxen ; sie liefern ferner bei der Destülation mit Wasser eben-
falls flüchtiges Oel; 4. Zackersyrap und alle in Wasser lösliche Sub-
stanzen daran, dass das Volumen eines so verfälschten Balsams sich
beim Schütteln mit Wasser vermindert, was bei reinem Balsam nicht
merklich stattfindet — Zuckersyrap macht überdies den Balsam trübe.
(Wp.) E.
Balsame, künstliche, verdanken ihre Benennung einer ge-
wissen, häufig sehr geringen Analogie mit natürlichen Balsamen in
Bezug auf Consistenz, Geruch und ähnliche Eigenschaften oder auf ihre
wirklichen und vermeinten Heilkräfte. Es gehören hierher zahlreiche,
meist zum äusserlichen Gebrauch bestimmte Arzneimittel, denen kein
anderer gemeinschaftlicher Charakter zukommt. So ist Balaamwn Opo-
deldoe eine weingeistige, freies Ammoniak enthaltende Seifenlösung,
Balsamum Arcaei eine Elemiharz enthaltende Salbe, BaUamum vüae
Hoßnanni eine alkoholische Lösung ätherischer Oele, Bala. sulphuris
schwefelhaltiges Oel u. s. w. E.
Balsame, natürliche. Die Benennung Balsam, womit man
ursprünglich das aromatif^che ölig-harzige Product des Balsamstranches
(^BaUamodendron gileadense), den Meccabalsam, bezeichnete, ist später
nach Analogie äusserer Eigenschaften oder auch der Anwendung auf
eine grosse Zahl von festen oder flüssigen Pflanzenproducten der ver-
schiedensten Abstammung und Zusammensetzung Übertragen worden,
die nur darin übereinstimmen, dass sie einen aromatischen Geruch ha-
ben, im Pflanzenkörper entstehen und aus demselben freiwillig oder
durch Einschnitte ausfliessen.
Um mit dem Namen einen Begriff zu verbinden, haben die deut-
schen Pharmacognosten denselben auf die natürlichen dickflüssigen Ge-
mische von Harzen mit flüchtigen Oelen beschränkt; in Frankreich
versteht man darunter sogar nur Harze mit einem Gehalt von freier
Zimmt- oder Benzoesänre, ohne Rücksicht auf Consistenz oder das Vor-
handensein von flüchtigem Oel. — Nach der ersten umfassenderen De-
finition reihen sich die bekannteren Balsame nach Analogie der Be-
Btandtheile in zwei Gruppen, von denen die eine die zimmt- oder ben-
zoSsäurehaltigen : Tolu- und Perubalsam, Liquidambor, festen und
fifissigen Storax; die zweite die ölig -harzigen: Copaiva- und Mecca-
balsam, den Terpentin von Ohio (Familie der Cassuvieen) und die Ter-
pentine der Coniferen umfasst.
Die Glieder der ersten Gruppe sind, mit Ausnahme des Tolnbal-
sams, durch den Gehalt an neutralen, den Fetten in ihrer Zusammen-
aetzung ähnlichen Körpern ausgezeichnet, welche als die in der Pflanze
arsprünglieh gebildete Yerbindung angesehen werden können, woraus
durch Aufnahme von Sauerstoff oder der Elemente des Wassers die
Übrigen Bestandtheile hervorgegangen sind.
Die Glieder der zweiten Gruppe, wesentlich nur aus flüchtigem
Oel nnd Harz bestehend, zeigen zum Theil hinsichtlich der Eigenschaf-
ten ihrer Bestandtheile eine grosse Uebereinstimmung. Die Harze der-
selben lassen sich meistens als schon im Pflanzenorganismus gebildete
Ozjdationsproducte oder Hydrate des ätherischen Oeles betrachten.
Als Product der trockenen Destillation liefern einige Balsame der
ersten Gruppe benzoSsaures oder zimmtsaures Aethyloxjd oder Methjl-
oxyd, und nach Scharling können diese oder vielleicht andere Aether,
634 Balsamito. — Balsamum copaivae.
obschon sie nicht in den Balsamen präexistiren, durch Behandlung mit
wässerigen alkalischen Laugen daraus gebildet werden. Dieser Gegen-
stand bedarf weiterer Untersuchungen. E.
Balsamito oder Essentia tinturado del Balsamo Virgen^
eine mit Rum bereitete Tinctur der Früclito des Myroxylum Pereirae
Royle. Sie ist hellgelb, von Coumaringeruch und bitterem Geachmack,
und trübt sich beim Vermischen mit Wasser milchig. In Centralamerika
steht sie als eine Art von Panacee zam äusserlichen und innerlichen
Arzneigebrauch in grossem Ansehen.
Balsamum copaivae, Copaivabalsam, Baume (^OUore-
sine) de Copahu^ Balsam of Copaiva^ Copaiba^ stammt von mehre-
ren Copaifera- Arten (Familie der Caesalpinieen), insbesondere von C. ft-
juga Willd., C. muüijuga Hayne, C, guianensis^ C, Langadorfii und
C. Jacquini Des f., die in Brasilien, Peru, Mexico und auf den Antillen
einheimisch sind. Er wird in diesen Gegenden auf die Weise gewon-
nen, dass man nach der Regenzeit Einschnitte oder Bohrlöcher in die
Bäume macht, aus denen er dann so reichlich ausfliesst, dass ein ein-
ziger Einschnitt zuweilen 12 Pfunde desselben liefert. — Der so erhal-
tene Balsam, eine natürliche Lösung von Harzen in ätherischem Oele,
kommt sowohl hinsichtlich seiner äusseren Eigenschaften als hinsichtlich
der chemischen Natur seiner Bestandtheile von sehr verschiedener Be-
schaffenheit vor. Im Handel unterscheidet man überdies, nach dem
Ursprung, mehrere Sorten, von denen der brasilianische Balsam,
der von Para, Maranhon und Rio de Janeiro ausgeführt wird, die be-
kannteste und geschätzteste ist. Dieser ist hellgelb, gewöhnlich voll-
kommen klar, von Syrupsconsistenz bis dünnflüssig; sein speciflsches
Gewicht schwankt innerhalb ziemlich weiter Grenzen (von 0,920 bis
0,985). Er besitzt einen eigenthümlichen aromatischen Geroch und
einen anhaltend bittern und reizenden Geschmack. Längere Zeit der
Luft ausgesetzt wird er dunkler, terpentinartig zähe, schwerer als Was-
ser und zuletzt fest, wobei sein Geruch verloren geht. — An der Luft
erhitzt entzündet er sich leicht und brennt mit leuchtender und stark
russender Flamme.
Der Balsam von den Antillen weicht von dem vorhergehen-
den durch seine zähe Consistenz, dunklere Farbe, unvollkommene Durch-
sichtigkeit und unangenehmen terpentinartigen Geruch ab; der Bal-
sam von Columbien unterscheidet sich, nach Guibourt, durch seine
trübe Beschaffenheit, die von suspendirten Harztheilchen herrührt, wel-
che sich in der Ruhe als krystallinische Krusten ablagern. In Bezug
auf die chemische Natur der Bestandtheile des Balsams lassen sich, so
weit bis jetzt Untersuchungen vorliegen, die besonders mit brasiliani-
schem Balsam ausgeführt worden sind, zwei Varietäten unterscheiden.
L Copaivabalsam mit vorwiegendem Gehalt an Harzsäoren,
früher der allein bekannte, zeigt folgendes Verhalten. In Wasser ist
er unlöslich, theilt ihm aber seinen Geruch und Geschmack mit. In
wasserfreiem Alkohol , in Aether , fetten und flüchtigen Oelen löst er
sich in jedem Verhältniss ; doch ist die alkoholische Lösung zuweilen
durch ausgeschiedene harzige Flocken getrübt. 90procentiger Alkohol
löst ihn in grosser Menge, BOprocentiger dagegen nur ^/xo bis Y» sei-
nes eigenen Gewichtes. Auch mit seinem gleichen Gewichte fetter
Oele gemischt, löst er sich noch in zwei Theilen 90procentigen Alko-
Balsamum copaivae. 635
hoU auf, das fette Oel wird erst auf Zusatz von grösseren Mengen
Alkohol abgeschieden. — £r absorbirt Ghlorgas, indem er sich unter
Bildung von Salzsäure trübt. Mit concentrirter Schwefelsäure färbt er
sich roth und nimmt eine zähe Consistenz an; gleichzeitig entwickelt
sich schweflige Säure und ein dem Bernsteinöl ähnlicher Geruch. Con-
centrirte Salpetersäure wirkt heftig, verdünnte weniger auf ihn ein; es
bildet sich dabei ein gelbes hartes Harz, das sich theil weise in der
Säure löst, und eine gelbe, bittere, in Alkohol und Wasser lösliche Sub-
stanz. Mit einigen Procenten seines Gewichtes concentrirter Schwefel-
säure oder mit unterchlorigsaurem Kalk destillirt, soll er, nach Lowe ^),
ein schön blau geiarbtes flüchtiges Oel liefern. Dasselbe soll auch mit
zweifach-chromsaurem Kali erhalten werden. Ganz besonders ist die-
ser Balsam durch sein Verhalten zu Basen charakterisirt. Drei Theile
desselben, mit einem Theile einer Kalilauge, die Yg Kalihydrat enthält,
gemischt, geben eine klare Flüssigkeit, die mit Weingeist oder mit we-
nig Wasser gemischt werden kann, ohne ihre Durchsichtigkeit zu ver-
lieren ; mit vielem Wasser trübt sie sich dagegen milchig. Zusatz von
mehr Kalilange scheidet aus der klaren Verbindung eine an die Ober-
fläche tretende durchsichtige Copaivaseife ab, welche mit vielem Was-
ser oder auch mit wasserfreiem Alkohol nur eine trübe Lösung giebt,
in Aether und wasserhaltigem Alkohol aber vollständig löslich ist. —
Wird eine alkoholische Lösung des Balsams mit verdünnter Kali- oder
Katronlauge gemischt, so scheidet sich flüchtiges Oel an der Oberfläche
ab, während die gebildete Verbindung von Harz und Alkali in dem
wässerigen Weingeist gelöst bleibt. Dies Verhalten kann zur Darstel-
lung des flüchtigen Oeles benutzt werden (Ader).
5 Thle. Balsam bilden mit 2 Thln. Ammoniakflüssigkeit von
0^921 specif. Gewicht ein klares Gemisch, woraus sich bei grösserem
Ammoniakzusatz eine seifenartige Verbindung absondert. — Aus einem
wohl durchgeschüttelten Qemenge von 9 Thln. Balsam und 2 Thln.
Ammoniakflüssigkeit scheidet sich in der Ruhe bei einer Temperatur
von -{- 10^ C. die Harzsäure des Balsams allmälig krystallinisch ab.
Mit Magnesia verbindet sich der Balsam ebenfalls leicht. Vso s®^'
nes Gewichtes gebrannter Magnesia löst er vollständig auf; mit Vis
derselben verdickt er sich in einigen Tagen zu einem consistenten
Teige, mit ^/g in einigen Stunden. Aetzkalk verhält sich ähnlich. Auch
kohlensaure Magnesia giebt bei mittleren Temperaturen (15^ G.)
mit 4 Thln. des reinen Balsams eine klare, dickflüssige Lösung
(Blondeau).
Mit Wasser destillirt, giebt der Balsam ein flüchtiges dünnflüssiges
Oel, das den eigenthümlichen Geruch desselben in hohem Grade be-
sitzt; es hat die Formel CioHg ^^^ bildet mit Salzsäure eine krystalli-
nische Verbindung (s. d. Art. Copaiva-Oel). In dem Destillirgefässe
bleibt eine brüchige Harzmasse, die durch Behandlung mit Petroleum
in einen darin löslichen krystallisirbaren Antheil (Alphaharz von Ber-
zeliafl) und einen unlöslichen, schmierigen (Betaharz von Berzelius)
serfallt. Beide Harze sind sowohl in Alkohol als in Aether löslich.
Das krystallisirbare hat die Formel C40 H30 O4 und ist wegen seiner
Eigenschaft, Lackmus zu röthen und sich mit Basen leicht zu verbinden,
^) Pharm. Jonrn. and Transactions Vol. XTV, p. 65; Pharm. Centralbl. 1854,
S. 6&S.
636 Balsamum copaivae.
mit dem Namen CopalTasänre belegt worden« — Der
Bodensatz, der sich aus trübem Balsam ablagert, ist nach Fehling's
Untersuchnng ebenfalls eine Harzsäure und hat die Zusammensetzung
C40 H38 Og. Auf dem Gehalt an einem dieser Harze beruht das Ver-
halten, welches der Balsam selbst gegen Basen zeigt — Das weiche
Harz entsteht vielleicht nur durch die Oxydation des ätherischen Oelea
an der Luft und scheint zu Basen sehr schwache Verwandtschaften m
besitzen, da es sich im isolirten Zustande in Kalilauge nur langsam und
in Ammoniak nur in der Wärme zu einem trüben Liquidum löst
(Stoltze); genauer ist dasselbe übrigens nicht untersucht (vergL d.
Art. Gopaivaharze).
Neben diesen vorwiegenden und wesentlichen BestandtheUen findet
sich zuweilen ein geringer Wassergehalt und, nach Durand, kleine
Mengen eines süsslichen Stoffes, Essigsäure (vielleicht auch Bemateia-
säure) und eines fettigen Körpers, der beim Auflösen in Alkohol von
0,842 zurückbleibt, femer Spuren von Ghlorcalcium. In 100 Thln.
des Balsams fanden
Stoltze 0 Guibours^) Gerber*)
Frischer Balsam Alter Baham
Aetherisches Oel . 38,0 45,0 41,0 31,07
Alphaharz . . . 52,75 53,9 51,38 53,68
Betaharz .... 1,66 1,1 2,18 11,15
Wasser und Verlust 7,59 5,44 4,10
IL Gopaivabalsam, der nur indifferente Harze enthält. £r
ist erst in neuerer Zeit im Handel erschienen und hat durch seine un-
gewöhnliche Dünnflflssigkeit den, übrigens nicht begründeten, Verdacht
einer Verfälschung mit fetten Oelen erregt. In Geruch und Gescbmaek
stimmt er mit dem vorhergehenden Überein, gegen Lösungsmittel und
Basen zeigt er aber^ nach Posselt 's Untersuchung^), ein ganz anderes
Verhalten. Mit Alkohol giebt er in jedem Verhältniss eine milchige
Flüssigkeit. Auch Kalilauge und Ammoniak geben damit nur trabe,
linimentartige Mischungen, aus denen der Balsam in der Buhe wieder
unverändert abgeschieden wird. Mit Magnesia verdickt er sich nicht. —
Das flüchtige Oel, welches er bei der Destillation mit Wasser liefert,
ist wie das oben angeführte zusammengesetzt, von diesem aber dorch
seine Dickflüssigkeit, seine Schwerlöslichkeit in absolutem Alkohol und
besonders dadurch verschieden, dass es mit Salzsäure keine krystalli-
nische Verbindung bildet. Posselt hat es Paracopaivaöl genannt (s.
Copaivaöl). Der nach dem Abdestilllren des flüchtigen Oeles zorQck-
bleHiende, in der Kälte spröde Harzkuchen wird durch kalten Alkohol in
einen löslichen Antheil, der sich beim Verdunsten der alkoholisch«Ei
Lösung in allmälig amorph erstarrenden Tropfen ausscheidet und in
ein, nur in siedendem Alkohol und in Aether lösliches Harz zerlegt,
das schwer schmelzbar ist und ebenfalls nicht krystallisirt erhalten wer-
den kann« Beide Harze zeigen weder in ihren Lösnngen saure Reaetion,
noch gehen sie mit Basen Verbindungren ein (B.d. ArtCopaiTaharse).
100 Thle. des von Posselt untersuchten brasilianischen Balsams ent»
*) Berliner Jahrb. f. Pharm. Bd. XXVII, 8. 179. — •) Phwm. Jonrn. uid Tnuu-
actions Vol. X, p. 172. — ') Brandes* Archiv Bd. TYTC^ S. 147; Geiger*8 Ma-
gazin f. Pharm. Bd. XXX, S. 809. ~ '*) Annal. d. Cham. n. Pharm. Bd. LXIX, S. 67 ;
Pharm. Centralbl. 1849, S. 281; Jahresber. ▼. Liebig u. Kopp 1849, S. 464.
Balsamum copaivae. 637
hielten 82 Thle. flüchtiges Oel und 18 Thle. Hars, wovon das in
kaltem Alkohol lösliche den grössten Theil aasmachte.
Die beschriebenen beiden Varietäten ^ von denen die erste wegen
ihres Verhaltens zn Magnesia in Frankreich und England als Bcoktm
ioUdifiabU^ festwerdender Balsam, von der zweiten unterschieden wird,
sind nar als Typen zu betrachten, die vielleicht nicht die einzigen sind
and in Bezug auf das Mengenverhältniss ihrer Bestandtheile nichts con-
sCantes zeigen, also mehr oder weniger reich an Oel oder Harz und
folglich von sehr verschiedener Consistenz vorkommen können. Mit
Siciierheit ist dies von der ersten Varietät bekannt, und es liegt kein
Grund vor, anzunehmen, dass der neutrale, ge wohnlich dünnflüssige
Balsam nicht ebenfalls grösseren Harzgehalt und folglich grössere Con»
sistens haben könne. Die neneren Angaben geben in dieser Beziehung
keinen Aufschlnss, da die chemische Natur der Balsame von den Beob-
achtern meistens nicht berücksichtigt worden ist.
Oberdörffer ^) hat mehrere Proben dünnflüssigen Parabalsams
antarsucht. Eine derselben war bräunlich gefärbt und in Alkohol voll-
kommen auflöslich; zwei andere besassen die gewöhnliche hellgelbe
Farbe und hinterliessen bei der Behandlung mit Alkohol eine unwesent-
liche Menge von Flocken, die in Wasser und Aether unlöslich, in Pe-
troleum löslich waren, in der Wärme leicht schmolzen und bei stärke-
rem Erhitzen mit einem kautschukähnlichen Geruch verbrannten. Alle
diese Balsame schieden beim Schütteln mit überschüssiger Kalilauge
eine klare Seife ab und sind demnach der ersten Varietät zuzuzählen.
In 100 Thln. derselben waren enthalten:
I. II. ni.
Flüchtiges Oel 60 58 54
Harze ... 40 42 46.
Noch grössere Schwankungen ergeben sich aus der folgenden Zusam-
nienatellnng. In 100 Thln. verschiedener Balsame, unbekannten Ur^
Sprungs, fanden
ülex«) Stöckhardt«) Procter*)
IV. vT^vir VII. vni.
Specif. Gew. 0,928 — — 0,916 0,956
Flucht. Oel 90 58 56,5 80 65
Harze . . 10 42 43,5 20 35
Als flüchtiges Oel ist der Gewichtsverlust der Balsame beim Ko-
chen mit Wasser (I. bis VI.) oder beim anhaltenden Erhitzen auf
120<* C, bis zum Constantbleiben des Gewichtes (VIL bis XI.) auf-
geführt. Die Balsame IV. bis VI. waren dünnflüssig und sind nicht
näher beschrieben ; VII. und VIII. sind dünnflüssige Balsame der zwei-
ten Varietät, IX. bis XI. dickflüssige der ersten.
Die Schwankungen im Oelgehalte hängen, nach Procter, von dem
Alter der Copaiferabäume ab, da dieselben in ihrer Jagend immer
IX.
X.
XI.
0,983
0,985
0,986
50
35
34
50
65
64.
') Archiv d. Phann. [2.] Bd. XLV, S. 172; Pharm. Ccntralbl. 1846, S. 474.
*) Archiv d. Pharm. Bd. CXXU, S. 14 ^ Pharm. CentralbL 1863, S. 176.
^ Archiv d. Pharm, Bd. XXXVIII, 8. 12; Pharm. Ccntralbl. 1844, S. 466.
^) Pharm. Jonrnal and Transactions Vol. X, p. 608; Pharm. CentralbL 1861,
S. S90.
638 Balsamum copaivae.
dünnflQssigen ölreichen Balsam liefern. Nicht bekannt ist dagegen,
worin die angegebene chemische Verschiedenheit begründet ist. Proc*
ter hat die Beobachtung gemacht, dass Copaivaöl, welches durch
Destillation des Balsams mit Wasser erhalten worden und unter unvoU-
ständigem Verschluss mehrere Jahre dem Luftzutritt auFgesetzt war,
dickflüssige Balsam consistenz angenommen hatte und beim Verdampfeo
34 Proc. eines weichen, kaum sauren, in Alkohol löslichen Harzes hin-
terliess, welches er für identisch hält mit dem weichen Harze, das ge-
wöhnlich im Copaivabalsam enthalten ist. Es erscheint hiemach die An-
sicht Procter's begründet, dass die Harzsäuren schon in derPflanie
gebildet werden und der Gehalt eines gegebenen Balsams an denselben
unveränderlich ist, während das indifferente weiche Harz vielleicht
überhaupt erst durch die Einwirkung der Luft entsteht und die Menge des-
selben jedenfalls mit der Dauer der Aufbewahrung beständig zunimmt,
wie dies auch aus Gerb er 's oben angeführten Analysen deutlich her-
vorgeht. Es folgt daraus ferner, dass die Consistenz und das specif.
Gewicht eines Balsams zur Beurtheilung seiner Beschaffenheit keine
sicheren Anhaltspunkte liefern können. Procter's weitere Annahme,
dass nur ältere Bäume Copaivasäure oder analoge Harze liefern und
aller dünnflüssige Balsam, den er als unausgebildet bezeichnet, nur neu«
trale Harze enthalte, ist nicht auf Beobachtungen gestützt und steht
überdies mit Oberdörffer's Angaben im Widerspruch.
Der Copaivabalsam dient zur Darstellung von Lackfimissen und
Durchzeichenpapier; seine hauptsächlichste und wichtigste Anwendung
findet er aber als innerliches Arzneimittel gegen Krankheiten der Harn-
wege; er ertheilt dem Harn einen Veilchengeruch. Es ist nicht ermit-
telt, welchem der Bestandtheile die arzneiliche Wirksamkeit angehört,
und gegen die öfter ausgesprochene Ansicht, dass das ätherische Oei
als der ausschliessliche Träger derselben zu betrachten sei, spricht so-
wohl der deutlich ausgeprägte chemische Charakter der Copaivasäure,
der nicht auf eine physiologische Indifferenz schliessen lässt, als auch
der Umstand, dass das vom ätherischen Oele befreite Copaivaharz (ßi*
sine de Copahü) an manchen Orten wie der Balsam selbst angewandt
wird. Da nun die früheren Erfahrungen mit dem consistenteren und
sauren Balsam gewonnen worden sind, so erscheint es am gerathensten,
den neutralen und überhaupt allen ölreichen Balsam so lange vom An-
neigebrauche auszuschliessen , bis therapeutische Versuche über dessen
Werth entschieden haben (Wiggers).
Der Copaivabalsam kommt zuweilen verfälscht vor, besonders mit
fetten Oelen und mit Terpentinen. In neuerer Zeit ist ferner das von
Dipterocarpni-Arten stammende, aus Ostindien eingeführte Wood-oil der
Engländer (auch Balsam Gurjun oder Capivi genannt), das dem Copaiva-
balsam in Geruch und Geschmack sehr ähnlich ist, als Copaivabalsam
in den Handel gebracht worden. Auf 130<^ C. erhitzt, verdickt es
sich gallertartig und wird hierdurch leicht von reinem Copaivabalsam,
der in der Wärme dünnflüssiger wird, unterschieden.
Zur Nach Weisung beigemengter fetter Oele giebt es mehrere Me-
thoden. 1. Die einfachste ist die von Berzelius angegebene, einen
oder zwei Tropfen dos Balsams auf Papier über ganz gelindem Feuer
einzutrocknen. Reiner Balsam hinterläsät einen scharf begrenzten, Bt^
nissartigen, harten Fleck, während dieser bei ölhaltigem weich und mit
einem Fettrande umgeben ist.
BalBamum seu Oleum nucistae. 639
2. Beiner Balsam hiDterlässt, mit Wasser in einem offenen Ge-
fässe mehrere Stunden lang gekocht, ein im erkalteten Zustande brüchi-
ges Harz; fette Oele machen diesen Bäckstand weich oder schmierig.
3. Beim Auflösen des Balsams in 8 Thln. 90procentigen Al-
kohols bleiben die fetten Oele ungelöst zurück. Ein geringeres Ver-
kaltniss von Alkohol giebt aus dem oben angeführten Grunde kein
sicheres Besultat BicinusöJ, das in Alkohol ebenfalls löslich ist, läsf^t
sich nach dieser Methode natürlich nicht nachweisen, und auch ein ge-
ringer, weniger als 10 Procent betragender Gehalt anderer fetter Oele
wird durch dieselbe nicht aufgefunden. Terpentin und Terpentinöl ge-
ben sich durch den Geruch beim Erwärmen zu erkennen, besonders
wenn der Balsam auf eine erhitzte Metallplatte getröpfelt wird.
Alle anderen Prüfungsmethoden des Copaivabalsams gründen sich
anf den Gehalt desselben an sauren Harzen und beziehen sich folglich
nar auf die erste Varietät. Dieser officinelle Balsam ist als probe-
baltig zu betrachten, wenn er nicht nur die angegebenen Kriterien der
Reinheit bietet, sondern auch sich in Alkohol klar oder fast klar löst,
bei der Destillation mit Wasser nicht mehr als höchstens 45 Procente
ätherisches Gel liefert, mit ^/g seines Gewichtes Amrooniakflüssigkeit
von 0,921 eine klare Lösung giebt und mit Vie gebrannter Magnesia
nach vorherigem Erwärmen allmälig (in 24 bis 48 Stunden) einen pla-
stischen Teig bildet. (SL) E.
Balsamum seu Oleum nucistae, Muskatbutter, wird
ans deik Muskatnüssen, der Frucht von Myriatica moschata Willd., die
davon ungefähr 40 Procent enthalten, durch Auspressen gewonnen und
kommt im Handel in parallelepipedischen , aussen braunen j innen "iroth
nnd gelb marmorirten Stücken von sehr aromatischem Gerüche vor.
Sie ist ein Gemenge von festem, farblosem Fett, dickflüsdigem, rothgel-
bem, fettem Oel nnd flüchtigem Oel. An kalten Alkohol oder Aether
tritt sie die beiden letzten ab und hinterlässt das feste Fett. In vier
Theilen heissen Alkohols oder Aethers löst sie sich vollständig auf, bei
dem Erkalten scheidet sich das feste Fett pulverförmig wieder ab.
Dieses ist von Plajfair untersucht und mit dem Namen Myristin be-
legt worden, welches durch Behandeln mit verdünnter Lauge nicht ver-
ändert, durch concentrirte Lauge oder durch Kalihydrat aber leicht ver-
seift wird (s.d. Art. Myristin und Myristicinsäure IsteAufl., Bd. V,
S. 418). Das dickflüssige fette Oel ist nicht näher untersucht; das flüch-
tige kann durch Destillation der Muskatbutter mit Wasser gewonnen
werden und ist ein Gemenge mehrerer Verbindungen (s. d. Art. Mus-
katnnssöl Iste Aufl. Bd. Y, S. 409). Nach Schrader enthält die
Muskatbutter in lOD Theilen:
festes Fett .... 43,75,
dickflüssiges Oel 52,10,
ätherisches Oel . 4,15.
Sie wird als äusserliches Arzneimittel angewandt und zuweilen nach-
gemacht, indem geschmolzener Talg mit gepulverter Muskatnuss dige-
rirt, durch Orlean gefärbt und ausgepresst wird. Ein solches Kunst-
product wird an der Unlöslichkeit in 4, Thln. kochenden Weingeistes
erkannt.
Ean durch Zusammenschmelzen von Muskatbutter mit Wachs und
640 Balsamum sulphuris simplex.
OliTen&l dargestelltes pharmaceatiscbes Präparat trägt ebenfolls den
Namen BaUamum nucistae, E,
Balsamum sulphuris simplex, Carpu$ pro halsamo mdr
phuriSy Oleum Lini mlphuratum^ Schwefelbalsain^ ist der Name eines
jetzt wenig mehr üblichen pharmaceutischen Präparates. Zar Darftel-
lung desselben trägt man in Leinöl, das in einem glasirten irdenen
Gefässe zum beginnenden Sieden erhitzt worden bt, V4 seines Gewich*
tes Schwefelblumen in kleinen Antheilen ein und erhitzt anter bestän-
digem gelindem Umrühren, bis der Schwefel sich vollkommen gelöst
und die Masse eine dickliche Consistenz angenommen hat.
Zwischen Oel und Schwefel findet bei Temperaturen bis etwa
150^ G. nur insofern eine Einwirkung statt, als sich eine geringe
Menge des letzteren auflöst, wovon der gröste Theil beim Erkalten
wieder auskrystallisirt Ueber 150^ C. geht der Schwefel um so leich*
ter und reichlicher in Lösung, je feiner vertheilt er mit dem Oele
in Berührung kommt und je höher die Temperatur steigt. Wenn dies«
200^ G. überschritten hat, so giebt sich durch eine starke Gasent-
wickelung eine tiefer gehende Einwirkung kund, und es geschieht bei
diesem Zeitpunkte leicht, dass das entweichende brennbare Gas, welches,
nach Harff, Schwefelwasserstoff, gasförmige Kohlenwasserstoffe and
ein flüchtiges Oel enthält, Feuer fängt. Man bedeckt in diesem Falle
das Gefäss mit einem bereit gehaltenen gut schliessenden Deckel.
Wenn das Oel nach fortgesetztem vorsichtigen Erhitzen dicklich ge-
worden ist, so hat es die für das pharroaceutische Präparat erforderlicshe
Beschafl*enheit und wird vom Feuer entfernt. Steigert man die Hitse
bis za der Zersetzungstemperatur des Oel es an und für sich, so geschieht
es gewöhnlich, dass eine plötzliche heftige Reaction eintritt, dorch
welche ein grosses Gasvolumen entwickelt und die dickflüssige MsMse
unvermeidlich zum Uebersteigen gebracht wird, wenn das Gefass nickt
mindestens die achtfache Gapacität der Mischung hat. Wenn diese
Erscheinung sich einzustellen droht, so hebt man sogleich vom Feuer
und bringt das Geiass über eine bereitgehaltene geräumige Schussel,
um etwa Ueberfliessendes zu sammeln. Ein solches Präparat zeigt übri*
gens gewöhnlich nicht mehr die Löslichkeit des gut bereiteten und ist
dann zu Verwerfen. Wenn das Aufblähen stattgefunden hat, so kann
die Masse durch erneutes Feuer wieder zum ruhigen Fluss gebracht
werden und giebt nun Producte der trockenen Destillation. — Diese
Erscheinungen sind, von Unterschieden in Bezug auf die zur Einwir-
kung erforderliche Temperatur abgesehen, für alle ol^nhaltigen Fette
im Wesentlichen dieselben. In dem angegebenen Verhältniss mit trock-
nenden Oelen dargestellt, ist der Balsam meist dick und gallertartig,
mit nicht trocknenden zähflüssig wie Terpentin; mit festen Fetten be-
reitet, hat er Salbenconsistenz. Bei einem grösseren Verhältniss von
Schwefel wird er fester: 6 Thle. Schwefel und 1 Thl. Oel geben ein
zerreibliches Product
Der officinelle Leinölbalsam insbesondere bildet nach dem Erkal-
ten eine gleichförmige, dunkelbraune, gelatinöse, in dünnen Lagen mit
rothbrauner Farbe vollkommen durchsichtige Masse von widerlichem
Geruch. In der Wärme schmilzt er. Wasser lässt ihn unver&ndoti
nimmt aber seinen Geruch an. Kalter Alkohol ist ohne Wirknng, sie-
dender 1^"^ daraus freien Schwefel und unverändertes Oel aaf and hin*
Balsamum sulphuris simplex. 641
tarlaast die eigenthümliche, daroh die Einwirkung des Schwefels auf
das Oel gebildete Verbindung, die eine dunkelere Farbe und grossere
Consistenz hat als der ursprüngliche Balsam. In Aether, fetten und
fluchtigen Oelen ist er leicht löslich; die dunkele ätherische Lösung
entfärbt sich bei Luft- und Lichtzutritt. Kalilauge wirkt auf den durch
wiederholtes Ausziehen mit heissem Alkohol von unverändertem Oel
befreiten Balsam nicht ein ; dieser löst sich jedoch in einer alkalischen
Seifenlösung auf, so dass der ursprüngliche Balsam, wenn die RLenge
des unzersetzten Oeles hinreicht, scheinbar verseift werden kann. —
Der Luft ausgesetzt, trocknet der Balsam zu einer zähen, lederartigen,
in Aether und Oelen unlöslichen Substanz ans; dieselbe Veränderung
fuhrt, mehr oder weniger vollständig, zu starkes Erhitzen bei der Dar-
stellung herbei.
Der trockenen Destillation unterworfen, liefert der Schwefelbali»am
unter fortwährender Entwickelung von schwefelwasserstoffhaltigen Ga-
sen, die durch Wasser geleitet ein leichtflüssiges, flüchtiges, dunkelge-
farbtes Oel hinterlassen und angezündet mit leuchtender Flamme ver-
brennen, geringe Mengen von Wasser, ein Sublimat von Schwefel und
als Hanptproducte zuerst ein durch einen Gehalt von Margarinsäure
erstarrendes, sodann ein flüssiges und zuletzt, wenn die Retorte zum
Glühen gebracht wird, ein rothgelbes, butterartiges Oel. Schwefelkoh-
lenstofT findet sich nicht im Destillat (Rad ig). In der Retorte bleibt
eine poröse, metallglänzende Kohle, die 44,6 Proc. Schwefel ent-
h<. Aether färbt sich in Berührung mit diesem Rückstande dunkel
und hinterlässt nach dem Verdunsten schwarze, glänzende Blättchen
einer schwefelhaltigen Substanz (Rad ig). Die Natur der im Schwe-
felbalsara enthaltenen schwefelhaltigen Verbindung ist nicht bekannt;
Ober ihre Bildungs weise liegen nur Andeutungen vor. — Nach An-
derson ^) erhält man bei der Destillation von Schwefel mit Leinöl
oder Mandelöl neben einem reichlichen Strome von schwefelwasser-
stofiThaltigen Gasen ein dunkelbraunes Oel von intensivem Knoblauch-
gemch. Man bemerkt dabei nicht die Entwickelung vonAcrolei'n und
im Destillate findet sich keine Brenzölsäure. Wird das braune Oel
ftir sich rectificirt, so sind die ersten Antheile flüssig und farblos, die
letzten gefärbt und theil weise erstarrend; durch Pressen wird aus die-
sen eine Krystallmasse erhalten, die in Alkohol umkrystallisirt , die
Eigenschaften der Margarinsäure zeigt. Der flüssige Theil des Destil-
lats ist ein Gemenge verschiedener Oele, über welche der Artikel Od-
mjl nachzusehen uL — Da, nach Anderson, Oelsäure bei der Destil-
lation mit Schwefel ganz dieselben Producte liefert, wie Leinöl und
Mandelöl, während Stearinsäure unter denselben Umständen sich wie
gewohnlich zerlegt, so steht in Bezug auf die Bildung des Balsams so
viel wenigstens fest, dass. das Olein der fetten trocknenden und nicht
.trocknenden Oele bei derselben eine wesentliche Rolle spielt; die Bil-
dung der Margarinsäure und das Nichtauftreten von Brenzölsäure und
Acrolein lassen weiter auf eine eigenthümliche Zersetzung der Oel-
sänren sowohl als auch des Glycerins schliessen.
Der Schwefelbalsam wird zum innerlichen Arzneigebrauch in
*) Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXlIIf S. 870; Joaro. f. pnkt. Chem. Bd.
XUI, 8.1; Fbmrm. Ceotralbl. 1S47 S. 787; Jahresber. v. Liebig u. Kopp 1847
u. 1848, S. 570.
Haadwteterboch der Chemie. Ste Aufl. Bd. JD. 41
642 Baltimorit — Baralit
Anisöl gelöst) als Balsamum sulphuris anisatum^ zum äasserlicheB in
Terpentinöl) als Bah. aulphuris terebinthinatum angewandt £.
Baltimorit hat Thomson i) den hei Baltimore in Nordamerika
vorkommenden Chrysotil oder faserigen Serpentin (s. d. A.) genannt
Bamlit. Ein von A. Erdmann nach dem Vorkommen bei
Brevig im Kirchspiele Bamle in Norwegen benanntes mikrokrystdli-
sches, mit Quarz verwachsenes, in Gneiss vorkommendes Mineral, wel-
ches linare Krystalloide, stenglige bis faserige Partieen bildet und in
einer Richtung nach der Länge der Krystalle vollkommen spaltbar ist
A. Erdmann fand in dem vor dem Löthrohre unschmelzbaren Mi-
nerale.
56,90 SiOa, 40,73 AI3O3, 1,04 Fe^Oa, 1,04 CaO, Spuren Fluor,
welche Mengen nahezu der Formel 2AI2O3 -|- 8 SiOa entsprechen.
Das weisse ins Blassgrünliche gehende, glas- bis seidenartig glänzende,
durchscheinende, in einzelnen Individuen fast farblose und durchsichtige
Mineral, von der Härte des Disthens und mit dem specif. Grewicht =
2,984 , bildet mit Borax langsam ein farbloses Glas und wird, mit Ko-
baltsolution befeuchtet und geglüht, blau '). Es ist dem Disthen, Sil-
limannit und Bucholzit nahe verwandt und bedarf noch weiterer Un-
tersuchungen. F. v. Kobell erklärte es für ein Gemenge des Disthen
mit Quarz. K.
Bandachat. Ein Achat mit bandartigen Zeichnungen (siehe
Achat unter Quarz).
Bandanos, Bandanofabrication. Bandanos helssen
eigenthümliche ursprünglich aus Ostindien kommende Taschentücher,
in welchen das Dessin aus dem gefärbten Grunde weggeätzt ist. Za
ihrer Nachahmung werden echt krapproth gefärbte Tücher zwischen
zwei Bleiplatten gepresst, die so ausgeschnitten sind, dass die zu blei-
chenden Stellen frei bleiben; durch Chlorwasser wird nun die Farbe
fortgenommen, dann mit Wasser ausgewaschen, und dann erst die
Presse geöffnet, worauf das Zeug gewaschen und appretirt wird. Fe.
B a n d j a S p i S , ein Jaspis , dessen Farbenzeichnung bandartig
ist. Zum Theil können derartige Farbenzeichnungen durch wech-
selnde Lagen des Jaspis und des sogenannten Eisenkiesels oder des
dichten Feldsteins hervorgebracht und derartige Vorkommnisse als Band-
jaspis benannt gefunden werden, ohne dass das Ganze dann Jaspis ist
Auch bei dem Jaspoid oder Porzellanjaspis lassen sich zuweilen ähn-
liche Farben wahrnehmen. Etwaiger Thonerdegehalt neben Kiesel«
säure ist hiernach nicht dem Jaspis eigen, sondern hängt von der Bei-
mengung ab, oder wird in Folge von Verwechselung des wahren Jas-
pis mit Jaspoid gefunden. K^
Baralit^), Bavalit. Ein wen ig bekanntes Mineral von Ba-
ralon, Cote du Nord in Frankreich; wahrscheinlich ein Gemenge, dessen
Gemengtheile für das Auge nicht deutlich unterscheidbar sind. Bil-
') Philosoph. Mag. T. XXII, p. 19d. — *) Erdmann, Joarn. f. prakt. Chem.
Bd. XXXI, S. 166. — Kenngott, Uebere. min. Forschungen 1863, S. 79. —
') Kenngott, Uebere. 1868, S. 136.
Barascamphor. — Baregin. 643
det dichte bis poröse Massen mit Hinneigung zum Schieferigen, ist grün-
Uchschwarz, schimmernd, undurchsichtig, giebt graulichgrfines Strichpul-
ver und hat die Härte = 4,0. Im Glasrohre geglüht, giebt es Wasser und
wird bräunlich, vor dem Löthrohre ist es fast unschmelzbar, mit Borax
giebt es ein durch Eisen gefärbtes Glas, mit Soda schmilzt es zum Theil.
Als Bestandtheile Hessen sich Kieselsäure, Thonerde, Eisenoxyd, Kalk,
Magnesia und Wasser finden. In den Hohlräumen enthält es erdigen
bis festen Magnetit. A'.
Barascamphor s. Borneocamphor.
Barbatimao werden in Brasilien mehrere gerbstoff haltige Rin-
den genannt, von welchen einige seit 1820 in Deutschland bekannt ge-
worden sind und als Arzneimittel Anwendung gefunden haben. Die ins-
besondere als Cortex Barbatimao bezeichnete Rinde stammt von Pithecolo^
hium Aoaremoiemo Mart. {Mimosa cochliocaros Gomez) aus der Familie
der Mimoseen. Sie besteht aus flachen Baststücken, die nur einzelne Frag-
mente einer dünnen blätterigen Borke tragen und an der Oberfläche
stellenweise mit ausgeschwitztem Gummi bedeckt sind. Die Farbe der
Rinde ist dunkelviolett, ihr Geschmack adstringirend und schleimig.
In dem wässerigen rothlich gefärbten Auszuge bewirkt Leimauflösung
eine starke schmutzigweisse Fällung, kohlensaures Kali eine braune
Färbung; durch Bleizucker wird er schmutzig -fleischfarben, durch
schwefelsaures Eisenoxjd dunkelgrün gefällt, der Niederschlag wird
später schwarzgrau; Zinnchlorür giebt einen rothen, salpetersaures
Quecksilberoxydul einen graugelben Niederschlag; Gallustinctur ver-
ändert den Auszug nicht Nach Trommsdorf ^) besteht die luft-
trockene Rinde in 100 Theilen aus:
Eisen -graufällendem Gerbstoff . • i 29,0
Eisen -grünendem, Leim nicht fällendem (Extractiv-) Stofi^ 4,0
Braun gefärbtem Gummi, mit Kali und Kalksalzen . . 5,0
Holzfaser 57,0
Feuchtigkeit 5,0
Cortex Barbatimeo verus hat man in neuester Zeit die brasi«
lianische adstringirende Rinde (jCortes adstringeru brasiUensis) genannt,
6ie dem Siryphnodendron Barbatimao Mar iius (^Acacia adstringeru Reise)
zugeschrieben wird und mit der vorhergehenden in ihrem Verhalten
volUg übereinstimmt, obschon sie sich im Aeussern durch ihre gerollte
Form und die rissige Borke unterscheidet. — Als rein adstringirende
Arzneimittel haben diese Rinden keine Vorzüge vor inländischen; in
Brasilien werden sie zum Lohen des Leders benutzt. (J. X.) E,
Bardiglione, braucht Bon rnon als S3monym für Karstenit,
wahrscheinlich weil man gewisse Marmore aus Valencia und Portugal Bar-
diglio nennt, und der Karstenit bisweilen den Marmor genannten Va-
rietäten des Kalkes ähnlich ist. K,
Baregin, Bar^gine; Glairin nach Chaptal, Zoogen nach
Gimbernat, auch Plombier in genannt. Eine Stickstoff haltende or-
ganische Substanz, welche in verschiedenen Schwefelthermen nament-
^) Trommsdorf's neues Joarn. Bd. XXI, S. 69; PhArm. Getitralbl. 1831, S. 1.
41«
644 Baregin.
lieh Frankreichs nachgewiesen ist, sich hier gelöst findet, und nnter ge-
wissen Umst&nden als gallertartiger Niederschlag abscheidet Hur
Vorkommen zu Bar^ges hat ihr den Namen Baregin gegeben.
Das Baregin und ähnliche Gebilde sind von Yanquelin, Sam-
sure, Longchamps, Robiquet, Daubeny, Turpin, Anglada^)
und von Bonjean') untersucht und beschrieben worden. Man findet
dasselbe als üeberzug an den Wänden der Behälter und Leitongen
der Quellen, welche zeitwebe von Wasser erföllt, zeitweise leer smd.
Es findet sich nie an den stets von Wasser bedeckten Stellen. Es bil-
det gallertartige Massen oder Lappen, welche meist farblos sind, zu-
weilen auch gef&rbt vom Hellgrauen bis ins Dunkelgraue und Schwan«
erscheinen. Beim Ausfiiessen der Quelle an der Luft bildet das Baregm
weisse, im Wasser schwimmende Filamente, die bisweilen sich grfinlich
förben. Es ist geruchlos und ohne Greschmack. Es löst sich wenig in der
Kälte, viel leichter in der Hitze in Wasser und Alkohol, wässerigen
Säuren und Alkalien, und in Terpentinöl; in Aether ist es unlöslich.
Beim Trocknen hinterlässt es nur 2 Proc. trockener Substanz (Long-
champ) von hornartigem Ansehen, im Aeusseren dem Eiweiss oder
Leim wohl ähnlich, aber sehr verschieden der Zusammensetzung nach.
Das getrocknete Baregin enthält keinen Schwefel und ist frei von Jod,
in 100 Thln. sind 30 bis 40, zuweilen selbst 70 bis 80 Proc Asche,
die hauptsächlich aus Kieselsäure besteht; nach Abzug der Asehen-
bestandtheile besteht es in 100 Thln. aus etwa 68 bis 75 Proc Koh-
lenstoff, 10,5 bis 11,5 Wasserstoff, 4 bis 12 Sauerstoff und 9,0 bis
12,0 Stickstoff; es unterscheidet sich also wesentlich seinen Bestandthei"
len nach von den ProtSinstoffen (Bouis)^). Beim Erhitzen an der
Luft verbrennt es mit hornartigem Geruch ; bei der trockenen Destills-
tion giebt es reichlich amrooniakalische Producte. Seine Gegenwart in
Wasser wird daher leicht durch den Geruch erkannt, wenn man dsi-
selbe abdampft und den Böckstand verbrennt
Nach Turpin's Beobachtungen stellt das Baregin bei 300fach«r
Vergrösserung eine gallertartige, durchsichtige Substanz dar, die beinahe
farblos und ohne Spur sichtbarer Organisation ist. Diese angehäufte
Schleimmasse, die wahrscheinlich aus der Zersetzung von Infusorien nnA
der niedersten Yegetabilien hervorgegangen ist, betrachtet er als das
Chaos des organisirten Reichs, aus welchem alle Wesen, direct oder in-
direct, ihre Nahrung ziehen und mit welchem sie sich in der Folge wieder
vermischen. In dieselbe gleichsam eingehüllt und daraus sich henror-
bildend, beobachtete er eine ziemlich beträchtliche Anzahl kugeliger
und eiförmiger Sporen, welche bei mehr vorgeschrittener Entwickelung
ausserordentlich feine , weisse , durchsichtige Fäden , ohne Zellen und
Aeste bilden, die später unter gewissen, der Vegetation günstigen Um-
ständen grün werden mögen.
Turpin untersuchte femer eine ähnliche Bildung, welche Bobi-
quet in den Wassern von Neris beobachtet und ebenfalls Baregin ge-
nannt hatte. Er fand dasselbe theils aus häutigen, theils aus roseo-
kranzförmigen Geweben bestehend und erklärt dieselben ffir ein wohl-
*) Mrfmoires 1887, 1888. — •) Annal. de chim. [1.] T. XXXIX, p. 78; Jounu
de pharm. T. XV, p. 821; Annal. d. Pharm. Bd. X, S. 888, 326 u. Bd. XVU, S.
844. — ') Compt. rend. de Tacad. T. XLI, p. 1116.
Barilla. — Barium. 645
o^fsnisirtes, nnter dem Namen Tremella Noatoc bekanntes Ye-
getabil.
Danbenj, der Gebilde derselben Art in vielen Thermen Frank-
reichs, Englands nnd Deutschlands beobachtete, and dem die grösste
Masse derselben als eine Anhäufung von Conferven und Oscillatorien
erschien, schreibt ihr Vorkommen und ihre Verbreitung diesen organi-
schen Wesen und ihrem raschen Wachsthum zu.
Mit dem Baregin nahe verwandt, wo nicht identisch, ist eine Sub-
stanz, welche sich zuweilen bei der Schnellessigfabrication bildet und
in gallertartigen Lappen an der inneren Seite des durchlöcherten Fass-
deckela anhängt. Schödler fand dieselben in ihrem Ansehen und
Verhalten ganz öbereinstimmend mit dem von Longchamp be-
schriebenen Baregin. Nach Entfernung des eingeschlossenen Wassers
blieb eine pergamentartige Haut, welche 42 Proc. Kohlenstoff, 6Proc.
Wasserstoff und ausserdem Sauerstoff und Stickstoff enthielt und alka-
lische Asche hinterliess. Es scheint demnach, als ob Flüssigkeiten von
300 — 36^0., bei Berührung mit Luft, das Entstehen solcher Vegeta-
tionen besonders begünstigen. (J, £.) Fe,
Barilla, Barille nennt man die durch Einäschern von Sal-
sola-Soda, welches in der Umgegend von Alicante, Malaga, Cartha-
gena n. s. w. zu diesem Zweck cultivirt wird, erhaltene natürliche Soda,
welche früher in grösserer Menge, jetzt wohl wenig mehr, von Spanien
ans in den Handel gebracht ward. Als die beste Sorte galt die von
Alicante, in Frankreich Soude douce genannt; sie ist gleichförmig gut
geschmolzen und enthält etwa 25 bis 30 Proc. kohlensaures Natron.
Die zweite Sorte Barille, Soude melangee ist dunkler und poröser; die
dritte Sorte, Sonde bourde^ wird aus verschiedenen Strandpflanzen dar-
gestellt, ist viel unreiner und enthält Kohlenstückchen eingemengt.
Fe.
Barium, Baryum, Bariummetall. Erdalkalimetall, Radi-
cal des Baryts. Zeichen Ba. Aequivalentenzahl 68,5 (oder 857,0 s.
Bd. U, S. 473). Der Name Plutonium, den Clarke dem Metall zu geben
vorschlug, weil es in Vergleich zu den gewöhnlichen Metallen nicht
schwer, sondern leicht ist, hat keine Annahme gefunden. Das Metall
kann vermöge seiner Eigenschaften sich nicht frei in der Natur finden,
es wird durch Zersetzung seiner Verbindungen, besonders des Oxyds
oder Chlorids erhalten; das Oxyd findet sich an Säuren gebunden in
Terschiedenen Mineralien (s. Barytsalze).
Nachdem Berzelius und Pont in schon früher das Bariuraamal-
gam erhalten hatten, stellte H. Davy das Metall zuerst (1808) rein dar,
indem er Baryt oder Barythydrat mittelst einer Vol tauschen Säule
Ton 500 Paaren zerlegte, wobei der negative Pol in Quecksilber
tauchte, mit welchem sich das Metall zu Amalgam verband ; durch Destil-
lation des letzteren in einer mit Steinöldampf gefüllten, gebogenen Röhre
Ton Glas oder Eisen, oder in einem luftleeren eisernen Apparat wird
das Quecksilber abdestillirt, wobei das Barium als nicht flüchtig zurück-
bleibt. Bei der Destillation in Glas darf die Temperatur nicht bis
ZOT starken Glühhitze gesteigert werden, weil das Barium sonst auf die
Bestandtheile des Glases reducirend einwirkt (Böttger).« Bansen 0
') Pogg- AnnaL Bd. XCl, S. 619; Annftl. d. Chem. n. Pharm. Bd. XCn, S.
24S; Joum. f. prakt Chem. Bd. LXII, S. 177.
646 Barium,
stellt das Metall durch Elektroljse von Chlorbaiiain dar, weldiei
mit wenig Salzsäure haltendem Wasser zu einem Brei anger&hrt
und auf 100^ C. erwärmt wird; an dem als negativen Pol dienenden
amalgamirten Platindraht scheidet sich sodann leicht silberweisses,
kristallinisches Bariumamalgam ab, so dass man es bald in Quanlitä-
ten von 1 6rm. erhält. In Berührung mit Luft oxydirt sich das Amal-
gam schnell und unter Erhitzung zu Barythydrat; es wird daher so-
gleich in einem Kohlenschiffchen in einem Strom von reinem Wasser-
stoffgas erhitzt, wobei Barium als eine aufgeblähte angelaufene Masse
zurückbleibt, die in den Blasenräumen oft silberweisse glänzende Fla-
chen zeigt Matthiesen^) stellt das Barium dar, indem er ein Ge-
menge von wasserfreiem Chlorbarium mit etwas Chlorammonium in etn^
kleinen Tiegel und eine in demselben stehende Thonzelle bringt, so dass
die geschmolzene Masse in der Zelle etwas höher steht als im Tiegel
In dem letzteren befindet sich ein die Zelle umgebendes, als positiver
Pol dienendes Eisenblech, während in die Thonzelle ein an dem unteren
Ende nicht zu starker Eisendraht taucht, der bis auf ein kurzes hervor-
ragendes Ende in einem thönernen Pfeifenstiele steckt. Wird statt des
Eisendrahts Platin draht als negativer Pol genommen, so bildet sich
hier eine gelbe, spröde Platinbariumlegirung, welche das Wasser lang-
sam zersetzt, wobei feinvertheiltes Platin zurückbleibt. Der ganze Ap-
parat wird zum Schmelzen des Chlorbariums erhitzt, in der Weise, dasi
auf der Oberfläche des Thonzelleninhalts sich eine feste Salzkruste bil-
det, welche die Berührung des sich abscheidenden Metalls mit der Luft
verhindert. Das bei der Elektrolyse sich abscheidende Barium bildet
keinen Regulus, sondern ein feinzertheiltes Pulver, vielleicht weil es in
Berührung mit dem Pfeifenthon sogleich Kieselsäure und Thonerde re-
ducirt, so dass die einzelnen Metallkügelchen sich mit einer Oxydschicht
überziehen, welche das Zusammenschmelzen derselben verhindert.
Nach Böttger wird auch Bariumamalgam erhalten, indem man
eine gesättigte wässerige Lösung von Chlorbarium mit Natriumamalgam
schüttelt; es scheidet sich festes Bariumamalgam ab.
Das Barium wird, nach Clarke, in kleinen Kugeln erhalten, wenn
Baryt in einem Schüsselchen aus Kohle in einer Knallgasüamme aas
3 Vol. Wasserstoff auf 1 Vol. Sauerstoff erhitzt wird. Es lässt
sich auch durch Einwirkung von Kaliumdämpfe auf Baryt oder Chlor-
barium darstellen, wie H. Davy zuerst zeigte. Begnault verfahrt
hierbei in der Weise, dass er in einen an beiden Seiten offenen Flinten-
lauf Platinschiffchen mit Baryt bringt, und danach einige Stücke Ka-
lium. Der Flintenlauf wird nun an der Seite, wo sich das Kalium be-
findet, mit einem Apparat verbunden, aus welchem reines und trockenes
Wasserstoffgas strömt. Sobald dadurch alle Lufl ausgetrieben ist» wird
die Stelle, wo der Baryt liegt, zum starken Rothglühen erhitzt, worauf
auch bald das Kalium sich verflüchtigt, dessen Dampf den Baryt redu-
cirt. Nachdem dann durch den Apparat bis zum vollständigen Erkal-
ten noch Wasserstoff geleitet ist, findet man in dem Platinschiffchen ein
Gemenge von Kali mit Barium ; das letztere wird mit Quecksilber aus-
gezogen, und das Amalgam abdestillirt.
Das Barium ist nach Davy silberweiss, schwach glänzend, nach
*) Chem. Soc. Qu. J. T. VIII, p. 294; Journ. f. prakt. Chem. Bd. LXVII, S.
494; Jahresber. v. Lieb ig u. Kopp 1866, S. 823.
Barium, Bestinimung und Erkennung desselben. 647
Clarke yon der Farbe des Eisens, nach Matthiesen ist es ein gelbes
Pnlver. Es ist schwerer als Wasser und sinkt trotz der anhängenden
Gasbläschen selbst in concentrirter Schwefelsäure schnell zu Boden.
Nach Dayy ist das Metall ductil, lässt sich aber nur schwierig zu
Platten ausdrucken. Es schmilzt unter der Glühhitze, lässt sich aber
nicht destilliren. Es oxjdirt sich an der Luft schnell und unter Er-
hitzung, und zersetzt das Wasser rasch und bei gewöhnlicher Tempe-
ratur; an der Luft erhitzt verbrennt es mit dunkelrothem Licht (Davy),
▼or dein Knallgasgebläse (nach Glarke) mit grünlicher Flamme. Fe.
Barium, Bestimmung und Erkennung dessel-
ben« Von den Barytsalzen lösen sich einige neutrale, so wie verschie-
dene saure Verbindungen in Wasser, andere werden erst durch Zusatz
verdünnter Säuren löslich; nur der schwefelsaure Baryt, der kieselsaure
Baryt und das Barinm-Siliciumfluorid sind auch in Säuren nicht oder nur
wenig löslich. Die letztere Verbindung wird durch Glühen für sich zersetzt,
indem Fluorbarium zurückbleibt, das leicht in Säuren löslich ist; kiesel-
saurer Baryt wird, wie andere Silicate, leicht durch Glühen mit Alka-
lien aufgeschlossen; auch das schwefelsaure Salz giebt beim Schmelzen
mit kohlensaurem Kali-Natron schwefelsaures Alkali, welches sich mit
heissem Wasser ausziehen lässt, während nach dem raschen Abfiltriren
kohlensaurer Baryt zurückbleibt; auch durch Kochen mit gelöstem
kohlensauren Alkali findet diese Umsetzung des schwefelsauren Baryts
statt, doch ist sie- nie vollständig, weil namentlich in der Kälte aus ge-
löstem schwefelsauren Alkali und kohlensaurem Baryt sich rückwärts
wieder dessen Sulphat bildet Durch Glühen in einem Strom von
Wasserstoff oder Kohlenstoff wird der schwefelsaure Baryt zu Schwefel-
bariam reducirt, und dadurch in Wasser und Säuren vollständig löslich.
Kalihydrat fällt die gelösten Barytsalze nur in ganz concentrir-
ten Lfösungen, der weisse Niederschlag, Barythydrat, löst sich auf Zusatz
von Wasser leicht auf, nur wenn kohlensaurer Baryt eingemengt war,
bleibt dieser hierbei zurück.
Ammoniak, wenn es kohlensäurefrei ist, fällt selbst die concen-
trirten Barytlösungen nicht.
Die einfach -kohlensauren Alkalien fällen die Barytsalze
▼ollständig, der weisse Niederschlag, kohlensaurer Baryt, löst sich in
verdünnter Salzsäure leicht unter Aufbrausen.
Doppelt-kohlensaure Alkalien fällen sogleich concentrlrte,
aber erst beim Kochen verdünnte Lösungen von Barytsalzen, der Nieder-
schlag ist, nach H. Hose, einfach-kohlensaurer Baryt; nach Boussin-
gaalt und Laurent giebt aber anderthalb-kohlensaures Natron (Urao)
einen Niederschlag von anderthalb-kohlensaurem Baryt (2Ba0.3GO*i
+ »O).
Phosphorsaures Natron giebt einen weissen Niederschlag von
phosphorsaurem Baryt, der sich in Salz- oder Salpetersäure leicht löst,
und durch Ammoniak aus dieser Lösung gefällt wird. Aehnlich ver-
halten sich arsensaures und borsaures Alkali.
Jodsaures Natron in kalter concentrirter Lösung fällt die
Barytsalze sogleich, der weisse körnige Niederschlag ist in Salzsäure
loslich.
Freie Oxalsäure oder saures oxalsaures Alkali fällt nur
ganz concentrlrte Barytlösungen ; neutrales oxalsaures Salz bringt auch
648 Barium, Bestimmung und Erkemiung desselben.
in mäasig Terdünnten Lösungen noch einen Niederschlag hervor, tber
nicht in ganz yerdönnten.
Neutrales hernsteinsaures Alkali fallt die BarytnlM
je nach der Concentration der Losungen schneller oder langftuner.
Ferrocyankalinm fällt die nicht zu stark verdünnten Barjtp
salze, Ferridcjankalinm nur die concentrirten Lösungen. Ueher-
chlorsäure, Schwefelwasserstoff und Seh wefelannmoniam
bringen in den Barytsalzen keinen Niederschlag hervor.
Der schwefelsaure Baryt ist die unlöslichste Barytverbindung, freie
Schwefelsäure wie schwefelsaure Salze fällen doher selbst verdfinnte
Barytsalze ; ist in der Flüssigkeit nur eine Spur von Baryt^alz vorhan-
den, so giebt Schwefelsäure wenigstens nach einiger Zeit eine TrObnng
von schwefelsaurem Baryt. Selbst die Lösungen von dem schwerlösli-
chen schwefelsauren Kalk und schwefelsauren Strontian fällen die Baryt-
salze. Der aus den Barytsalzen erhaltene weisse Niederschlag ist in
Wasser und selbst in verdünnten Säuren so gut wie unlöslich. Auch die
chromsauren Salze fällen die Barytsalze, der gelbliche Niederschlag
ist sehr unlöslich in Wasser und wenig löslich in verdünnten Säuren;
nur durch einen grossen Ueberschuss von Salpetersäure wird er gelost,
auf Zusatz von Ammoniak fällt er wieder nieder.
Kieselfluorwasserstoffsäute fällt die Barytsalse weiss; der
krystallinische Niederschlag, der sich aus verdünnten Flüssigkeiten erst
nach einiger Zeit, schneller beim Erhitzen abscheidet, ist in Wasser
wie in verdünnten Säuren kaum lösliches Kieselfluorbarinm S BaF
-|- 2 SiFa; auf Zusatz von Alkohol wird es aus der wässerigen Flüssig-
keit vollständig abgeschieden.
Die schmelzbaren Barytsalze färben, am Platindraht in der Löth*
rohrflamme erhitzt, die äussere Flamme zeisiggrün oder gelblichgrün;
kohlensaurer und schwefelsaurer Baryt färben die Flamme weniger in-
tensiv; Barythydrat färbt sie gelblich. Die Barytsalze, welche keine
Metallsäure enthalten, schmolzen mit Soda auf Platinblech in der äusse-
ren Löthrohrflamme zu einem durchsichtigen Glas, das sich beim Er-
kalten trübt, auf Kohle geschmolzen zieht sich das Gemenge in diese
hinein.
Die Barytsalze zeigen in manchen Beziehungen, namentlich im
Verhalten gegen Schwefelsäure, grosse Aehnlickheit mit den Strontian-
salzen, zum Theil auch mit den Kalksalzen ; sie unterscheiden sich von
den Strontiansalzen aber leicht durch das Verhalten gegen chromsanre
Salze, gegen Kieselflusssäure, und dadurch, dass sie von gelöstem
schwefelsauren Strontian getrübt werden, und durch die wesentlich
verschiedene Färbung der Löthrohr- und der Weingeistflamme, nament-
lich bei dem salpetersauren Salz und dem Chlormetall. Von den Kalk-
salzen unterscheiden die Barytsalze sich noch Überdies durch das Ver-
halten gegen Oxalsäure.
Auch die Eigenschaften des Chlorbariums, welches luflbest&ndige
tafelförmige Krystalle bildet, die in Alkohol fast unlöslich sind, unter-
scheiden dieses von den hygroskopischen und in Alkohol leichter lös-
lichen Chloriden des Strontiums und Calciums. Aehnliohe Unterschiede
wie die Chloride zeigen auch die salpetersauren Salze.
Die Unlöslichkeit des schwefelsauren Baryts in Wasser und selbst
in verdünnten Säuren bietet ein Mittel, den Baryt durch Fällen ans
seinen gelösten Verbindungen mit grosser Schärfe zu bestimmen. Die
Barium, Bestimmung und Erkennung desselben. 649
nicht 2a concentrirte Lösang der Barytverbindang in Wasser oder ver«
dOnnter Sänre, Salzsüiire oder Essigsäare, wird bis auf lOO^C. oder
nahe zum Sieden erwärmt, worauf man die nöthige Menge Schwefel-
fläare zusetzt. Man lässt die trübe Flüssigkeit einige Stunden in ge«
linder Wärme stehen, bis die Flüssigkeit klar Über dem Niederschlag
ftCeht; die erstere wird vorsichtig auf ein Filter gegossen, so zwar,
dass von dem Niederschlag nichts darauf kommt, weil von dem fein
vertheilten Salze etwas durch das Filter gehen, und das Filtrat leicht
trübe machen würde. Nach dem Abgiessen der klaren Flüssigkeit wird
der Rückstand mit etwas heissem Wasser angerührt, oder damit erwärmt,
nnd nach vollständigem Absetzen die klare Lösung wieder abfiltrirt. Das
gleiche Verfahren, Anrühren mit heissem Wasser und Absetzenlassen
wird noch einige 'Male wiederholt, worauf dann zuletzt auch der Nieder-
schlag auf das Filter gebracht wird. Nach dem Auswaschen wird der
schwefelsaure Baryt geglüht und gewogen. Eine theil weise Reduction
des Salzes zu Schwefelbarium durch die Kohle des Filters ist bei Be-
rührung mit der Luft nicht zu befürchten. Sollte das Filtrat von
sehwefelsaurem Baryt bei Benutzung von sehr porösem Filterpapier
trübe dnrchÜiessen, so ist der Zusatz von Salmiaklösung zweckmässig.
Bei der Fällung des schwefelsauren Baryts kommen nur kleine
Fehler zweierlei Art vor; einerseits fällt mit dem schwefelsauren Baryt
leicht auch salpetersaurer Baryt oder Chlorbarium in geringer Menge
nieder, andererseits löst sich eine kleine Menge des schwefelsauren
Salzes in der freien Säure.
Enthält die Barytlösung Salpetersäure, so fällt fast immer mit dem
schwefelsauren auch etwas salpetersaurer Baryt als ein schwer lösli-
ches Doppelsalz nieder, was die Bestimmung der Schwefelsäure durch
Barytsalze weniger genau macht, als die Bestimmung von Baryt durch
Schwefelsäure. Man muss daher die nicht zu concentrirte Flüssigkeit
mit überschüssiger Schwefelsäure in der Wärme fällen. Sollte der aus-
gewaschene Niederschlag nach dem Glühen freien Baryt enthalten, so
müsste er nochmals mit Schwefelsäure befeuchtet und erhitzt werden.
Auch beim Fällen von Ghlorbarium mit Schwefelsäure fällt zu-
weilen ein Theil Chlorbarium mit nieder, selbst wenn in der Wärme
nnd mit überschüssiger Säure gefällt wurde, namentlich bei Anwendung
von concentrirten Flüssigkeiten. Man muss bei Bestimmung von Baryt
nur verdünnte Flüssigkeiten anwenden, und jedenfalls mit überschüssi-
ger Schwefelsäure erwärmen.
Gefällter schwefelsaurer Baryt löst sich in geringer Menge in
starker Salpetersäure und in Königswasser ; nach Siegle^s^) Versuchen
löst er sich auch etwas in verdünnten Säuren, namentlich in der Wärme,
weniger in Essigsäure als in Chlorwasserstoff- oder Salpetersäure. Die
zn fällende Barytlösung darf daher nicht zu viel freie Säure enthalten.
Der Baryt lässt sich durch die Unlöslichkeit des schwefelsauren
Salzes leicht von den meisten Übrigen Basen trennen, namentlich von
den Alkalien, von den Erden und den mebten Metalloxyden, mit Aus-
nahme des Bleiozyds, dessen schwefelsaures Salz auch kaum löslich ist.
Von diesem Oxyd, wie Überhaupt von den aus sauren Auflösungen durch
Schwefelwasserstoff und von den aus neutralen Lösungen durch Schwe-
felammoninm fällbaren Metallen, lässt es sich auch durch diese Bea-
^) Jonrn. f. prakt. Chem. Bd. LXIX, S. 144.
^
650 Bariumbromid.
gentien trennen; von Thonerde, Eisenoxyd und anderen O^den dorck
Fällen mit Ammoniak. Das Schwefelammonium und das Ammoniak
müssen jedoch frei von Kohlensäure und Schwefelsäure sein, die Nie-
derschläge müssen rasch abfiltrirt und mit heissem Wasser, nöthigen-
falls mit Zusatz von Schwefelammonium oder Ammoniak, ausgewaschen
werden, worauf das Filtrat nach dem AnsäuMTi mit Schwefelsäure aas*
gefällt wird.
Bei der Unlöslichkeit oder geringen Löslichkeit der schwefelsau-
ren Salze Yon Strontian und Kalk worden bei gleichzeitiger Anwesen-
heit von Strontian- oder Kalksalzen deren Sulphate dem schwefelsanren
Baryt beigemengt werden. Um Baryt von Strontian zu trennen, wird
daher am besten die Lösung der Salze in verdünnter Salzsäure mit Eje-
selfluorwasserstoffsänre, die frisch bereitet ist, oder wenigstens nicht zb
lange in Glasgefässen aufbewahrt war, versetzt, worauf noch Alkohol zo>
gefügt wird, weil Kieselflnorbarium in Wasser etwas löslich, dagegen in
Alkohol ganz unlöslich ist. Der krystallinische Niederschlag, der sich
aus verdünnten Lösungen erst in einigen Stunden vollständig absetzt,
was durch Erhitzen beschleunigt werden kann, wird auf ein gewogenes
Filter gebracht, und nach dem Auswaschen getrocknet und gewogen;
die Zusammensetzung des trockenen Salzes ist = 3 Ba F -f- 2 SiFj,
wornach sich der Gehalt an Baryt berechnet
Der Baryt kann von Strontian so getrennt werden, das« die ver-
dünnte neutrale wässerige Lösung mit chromsaurem Kali gefällt wird,
wobei nur chromsaurer Baryt sich niederschlägt, während das Strcm-
tiansalz nicht gefällt wird. Diese Methode ist aber ungenau, da aoch
der chromsaure Baryt nicht ganz unlöslich in Wasser ist. Ebenso giebt
die Trennung von Chlorbarium und Chlorstrontiura durch absoluten Al-
kohol ungenügende Resultate, da auch Chlorbarinm (s. d. Art. S. 652)
darin sich etwas löst
Vom Kalk kann der Baryt wie vom Strontian in der angegebe-
nen Weise durch Kieselfluorwasserstoffsäure getrennt werden, oder da-
durch, dflss man die stark verdünnte, mit ChlorwasserstoiTs&are ange-
säuerte Lösung mit verdünnter Schwefelsäure fällt, und den Nieder^
schlag durch Auswasehen vollständig von* Kalk befreit. Da schwefel-
saurer Kalk in heissem Wasser nicht merkbar löslicher ist als in kal-
tem, so ist es nicht nöthig, den Niederschlag mit heissem Wasser aus-
zuwaschen. Die Gegenwart freier Salzsäure ist zweckmässig, weil das
Kalksalz sich darin etwas leichter löst als in reinem Wasser.
Die Trennung des Baryts von Kalk, indem man die Ghlormetalle
oder die salpetersauren Salze mit absolutem Alkohol behandelt, der
Ghlorcalcium oder salpetersauren Kalk leicht löst, giebt, weU die ent-
sprechenden Barytverbindungen nicht ganz unlöslich sind, weniger ge-
naue Resultate als die Fällung mit Schwefelsäure in verdünnten Lö-
sungen.
Aus in Wasser oder Säuren löslichen organbchen Verbindongen
wird der Baryt durch Zusatz von Schwefelsäure leicht abgeschieden.
In der Asche der organischen Substanzen lässt sich der Baryt leicht
in der oben angegebenen Weise nachweisen. Fe.
Bariumbromid. Brombarium. Bromefxm Barii %, hanfti-
cum. Die Formel des wasserfreien Salzes ist Ba Br, des krystallisirien
BaBr 4* 2 *q« I^ÄS Brombarium wird durch Sättigen von Barytwas-
Bariumchlorid. 65 1
ser, Schwefelbarium oder kohlensaurem Baryt mit Bromwasterstoff dar-
gestellt, oder aas Schwefelbarium mit freiem Brom , wobei sich Schwe-
fel abscheidet; beim Sätligen von Barytwasser mit Bropn bildet sich
bromsaurer Baryt (s. d. Art.) neben Brombarium, welches letztere Salz
in der Mutterlauge bleibt.
Das wasserhaltende Brombariuro, BaBr -|- 2 aq., krystallisirt ans
seinen wässerigen Lösungen in farblosen, durchsichtigen, rhombischen
Tafeln, die Krystalle sind denen des wasserhaltenden Chlorbariums iso-
niorph; das Salz schmeckt ähnlich dem Chlorbarium, »\it herber; es
zeigt sich in seinem Verhalten der letzteren Verbindung sehr ähnlich,
nur löst es sich leichter in Wasser, und ist selbst in absolutem Alko-
hol sehr leicht löslich, wodurch es von Chlorbarium getrennt werden
kann; 1 Thl. wasserfreies Salz löst sich bei O^G. in 1,02; bei 200C. in
0,96 Thln., bei400C. in 0,88 Thln., bei 60« C. in 0,81 Thln., bei 800C.
in 0,74 und bei lOO^C. in 0,67 Thln. Wasser (Kremers); seine
wässerige Lösung färbt sich bei Zutritt von Luft und Kohlensäure durch
freiwerdendes Brom gelb. Fe.
B arium C h 1 0 r i d , Chlorbarium, Barium chloratum oder CA/o-
reium Barü s. daryticum. Die Formel des wasserfreien Salzes ist BaGl;
das wasserhaltende Salz, früher als Terra ponderoaa saUta bezeichnet,
= BaGl + 2 aq.
Das Bariumchlorid wird meistens aus dem schwefelsauren Baryt
dargestellt, zuweilen durch Auflösen von kohlensaurem Salz.
Die einfachste und gewöhnlichste Methode zur Darstellung des
Chlorids aus dem schwefelsauren Salz ist eine indirecte, indem das
letztere durch Glühen mit Kohle oder anderen reducirenden Substanzen
zuerst in Bariumsulfuret (s. d. Art.) verwandelt wird; das hierbei erhal-
tene rohe Schwefelbarium wird mit 3 bis 4 Thln. Wasser gekocht, und
dann allmälig gewöhnliche Salzsäure zugesetzt, bis die Flüssigkeit neu-
tral oder schwach sauer ist; man setzt dann noch etwas Schwefelbarium
bis zur schwach alkalischen Reaction zu, damit die etwa vorhandenen
schweren Metalle, Blei, Kupfer Eisen und Mangan, und auch Thonerde
gefallt werden; das Filtrat wird zur Trockne abgedampft, in kochen-
dem Wasser gelöst und umkrjstallisirt, wobei, wenn die Flüssigkeit
etwas alkalisch reagiren sollte, zuvor durch Zusatz von Salzsäure neu-
tralisirt wird.
Um direct den schwefelsauren Baryt in Chlorbarium zu verwan-
deln, werden gleiche Aequivalente Schwerspath und wasserfreies Chlor-
ealcium (2 Thle. des ersteren auf 1 Thl. des letzteren) in einem Tie-
gel bei fiiothglühhitze etwa eine Stunde lang geschmolzen, worauf eine
Probe an der Luft nicht mehr feucht werden darf. Die geschmolzene
Masse wird ausgegossen, nach dem Erkalten gepulvert, darauf mit dem
6- bis Sfachen kochendem Wasser Übergossen, einige Mal aufgekocht,
worauf das Ganze durch ein dichtes Leintuch oder Papier schnell fil-
trirt und dann zur Krystallisation abgedampft wird. Die geglühte
Masse enthält neben Chlorbarium wasserfreien schwefelsauren Kalk;
sie muss nach dem Behandeln mit Wasser bald filtrirt oder abgegos-
sen werden, weil sich sonst wieder schwefelsaurer Baryt und Chlor-
calciom bildet, doch erfolgt diese Umsetzung nur allmälig, da der ge-
glühte wasserfreie schwefelsaure Kalk sich nur langsam löst.
Nach Duflos wird das Gemenge von 2 Thliit Schwerspath und
652 Bariumchlorid.
1 Thl. Chlorcalcium mit Zusatz yon Yf Thl. EienrnsB geglüht, woranf
die Masse wie angegeben behandelt wird; es bildet sich hier neben
Chlorbarium Schwefelcalcinm, welches letztere in der Mutterlauge bleibt
Die Zersetzung kann auch durch Zusatz von Eisen begünstigt werden;
man mengt 2 Thle. Schwerspath und 2 Thle. Eisenfeile mit 1 TU.
Chlorcalcium und etwas Wasser, dampft zur Trockne und glüht dann
in einem eisernen Tiegel kurze Zeit, die geschmolzene Masse wird nach
dem Erkalten und Pulvern mit Wasser ausgezogen, das Filtrat zur Zer-
setzung Yon etwas Schwefelbarium mit Salzsäure versetzt und durch
Eindampfen krystallisirt (A. d'Heureuse).
In neuerer Zeit wird das Chlorbarium zuweilen auch im Grossen
durch Auflösen des natürlichen kohlensauren Baryts (s. Witherit) in
Salzsäure dargestellt und dann durch Umkrystalüsiren gereinigt
Das rohe Chlorbarium, wie es in den Handel kommt, enthalt mei*
stens etwas Eisen, zuweilen Spuren Kupfer und Blei, häufig Chlorstron-
tium und namentlich Chlorcalcium. Die schweren Metalle können ans
der Lösung durch Znsatz von wenig Schwefelbarium gefüllt werden, das
Eisenoxyd durch Digeriren mit kohlensaurem Baryt; dadurch wird anch
das Chlorcalcium zersetzt und als Carbonat gefüllt (Henry WnrtzX
aber langsam; rascher, wenn man die Lösung des unreinen Chlorba-
riums mit Barytwasser versetzt und dann Kohlensäure hineinleitet
(Gibbs). Chlorstrontium und Chlorcalcium können auch durch Wa-
schen mit Alkohol entfernt werden.
Aus der wässerigen Lösung krystallisirt immer wasserhaltendes
Chlorbarium, Ba€l -f- 2 aq., in wasserhellen, farblosen, flachen, vier-
seitigen Tafeln, welche dem zwei- und zweigliedrigen System angehö-
ren, und den Schwerspathkrystallen ähnlich sind; die Winkel sind
00 P : 00 P = 980 20'; OP : V« P «> = l^^o 85'; OP : V« ^ »
= 140^ 57'. Die Krystalle schmecken unangenehm bitter und scharf
salzig, sie wirken ekelerregend und giftig; ihr specif. Gewicht ist 2,66
nach Filhol, 8,05 nach Joule und Playfair, ihre cubische Ausdeh-
nung von 00 bis 100» C. = 0,00987.
100 Thle. Wasser lösen bei 15oC. 48,5, bei 105oC., dem Siede-
punkt der gesättigten Lösung, 78 Thle. krystallisirtes Salz; nach Gay
Lussac lösen 100 Thle. Wasser bei OO = 32,62 Thle., und fiir jeden
Grad darüber 0,2711 Thle. wasserfreies Salz mehr auf. Nach Michel
und Kraft enthält 1 Liter gesättigte Lösung bei lö^C. (specif. Ge-
wicht = 1,2828) 384,07 Grm. krystallisirtes Salz auf 898,27 Grm.
Wasser, oder 328,07 wasserfreies S^lz auf 984,27 Grm. Wasser.
Chlorbarium ist in Alkohol schwer löslich; 1 Thl. Salz soll sieh in
400 Thln. absolutem Alkohol lösen; nach Fresenius i) ist es noch
viel weniger löslich , von 99,8grädigem Alkohol braucht ea, nach ihmi
bei 140C. etwa 7500 Thle., in der Siedhitze 4800 Thle. zur Lösung.
Das krystallisirte Chlorbarium verwittert nicht an der Luft, bei
1000 C. getrocknet sind die Krystalle aber wasserfrei; starker erhitst,
schmilzt das wasserfreie Salz zu einer farblosen durchsichtigen Masse, .
die beim Liegen an der Luft durch Anziehen von Feuchtigkeit nndureb-
sichtig wird. Das wasserfreie Chlorbarium hat ein specifisches Gewicht
von 8,71, nach Karsten und Filhol; es nimmt an der Luft wieder
2 Aeq. Krystallwasser auf; mit Wasser zusammengebracht, verbindet
1) AnnaL d. Chem. n. Pharm. Bd. LIX, S. 127.
Bariumcyanid. — Bariumfluorid. 653
es sich schnell damit unter W&rmeentmckelung. Leichter als für sich
schmilzt das Chlorbarium bei Zusatz von Ghlorstrontium, ein Gemenge
beider zu gleichen Aequivalentgewichten lässt sich über der Spiritus-
larope schmelzen.
För sich wird das Chlorbarium beim Schmelzen nicht zersetzt,
durch Wasserdaropf wird es schon unter der Rothglühhitze zerlegt
in Chlorwasserstoff undBarythydrat; mit Schwefel geglüht, wird es nur
theilweise in Schwefelbarium umgewandelt Wasserfreie Schwefel-
saure zerlegt das wasserfreie Chlorbarium in der Kälte nicht. Beim
Zusammenschmelzen mit Silicaten soll es diese vollständig zersetzen, so
dass es zum Aufschliessen derselben benutzt werden kann (U enr y Wurtz).
In concentrirter Lösung zersetzt Chlorbarium sich mit salpeter-
saurem Natron in Chlornatrium und salpetersauren Baryt; mit Glyco-
coll bildet es eine farblose krystalllsirbare Verbindung (s. Iste Aufl.
Bd. m, S. 642); wird Chlorbarium mit Blut zusammengebracht, so
bleibt dieses flüssig und fault nicht, Blandet^) glaubt deshalb, dass
es zu Injectionen bei Cadayem anwendbar sei, um diesen das Anse-
hen lebender Körper zu erhalten. Das Chlorbarinm ist die hauptsäch-
lichste, als Reagens angewendete Bariumverbindung; zuweilen wird
es als Gift gegen Ratten u. s. w. angewendet Fe,
Bariumcyanid. Bariumcyanür, Cyanbarium. For-
mel: Ba€y. Die Verbindung bildet sich beim Sättigen von Barytwas-
ser mit wässeriger Blausäure und Abdampfen bei Abschluss der Luft,
oder besser durch Glühen von Ferrocyanbarium (durch Fällen von
2 Thln. gelbem Blutlaugensalz und 1 Thl. Chlorbarium erhalten), bei
Abschluss der Luft, Auslaugen des Bückstandes mit heissem Wasser,
und Abdampfen des Filtrats in einem Kolben, worauf beim Erkalten
der concentrirten Flüssigkeit sich das Cyanbarium abscheidet Es ist
ein weisses Salz, in Wasser ziemlich schwer löslich (nach einer Angabe
in L. Gmelin's Handb. 4. Aufl. Bd. IV, S. 334 leicht in Wasser und
selbst in starkem Alkohol in der Hitze ziemlich leicht löslich); die Lö-
sung reagirt alkalisch, sie zersetzt sich an der Luft durch Anziehen von
Kohlensäure; beim Kochen entweicht Ammoniak und etwas Cyanwas-
serstoff. Fe.
Bariumfluorid. Wasserfrei : Ba F. Die Verbindung schei-
det sich ab beim Neutralisiren von Barytwasser mit Fluorwasserstoff^,
oder beim Mischen der Lösungen von Flaomatriura mit salpetersaurem
Baryt. Sie wird auch durch Digeriren von frisch gefälltem, noch feuch-
ten kohlensaurem Baryt mit wässeriger Flusssäure erhalten. Das Fluor«
barium bildet ein weisses kömiges Pulver oder, durch Abdampfen aus
Lösungen erhalten, feinkörnige Krystallrinden. Es ist in Wasser
kaom löslich, löst sich aber leicht in Salpetersäure sowie in Salzsäure
oder in Flusssäure; beim Glühen wird es nicht zersetzt.
Beim Vermischen der Lösungen von Fluorkalium oder Fluorna-
triom und Chlorbarium, so wie beim Fällen von in Salzsäure gelöstem
Fluorbarium mit Ammoniak büdet sich ein körniges Doppelsalz aus
Chlorbarinm mit Fluorbarium = Ba€l -{- BaF, welches in Wasser
viel löslicher ist als das reine Fluorbarium, .und beim Abdampfen
der Lösung in kömigen Massen krystallisirt. Durch längeres Aus-
^) Compt. T«nd. de l*M»d. T. XXXV, p. 221.
1
654 Barium hj^eroxyd.
waschen mit Wasser wird es zersetzt, indem vorzugsweise Cblorbariam
sich löst, während im Rückstande hauptsächlich Fluorbarium bleibt
Mit Fluorbor und Fluorsilicium bildet das Fluorbarium Doppel-
verbindungen (s. bei Borfluorid und Kieselfluorid). Fe.
Bariumhyperoxyd. Bariumsuperoxyd. Formcl:BaO„
von Gay-Lussac und Th^nard zuerst dargestellt. Baryt oder Baryt-
hydrat nehmen bei nicht zu starker Glühhitze leicht noch 1 Aeq. Sauer-
stoff auf, letzteres unter Abscheiduug von Wasser, und gehen so in Hy-
peroxyd über. Zur Darstellung des hohem Oxyds wird daher Baryt
in einer Röhre von Porzellan oder schwerschmelzbarera Glase zani
dunkeln Rotbglühen erhitzt, während man getrockoete und kohlensaare-
freie Luft oder reinen Sauerstoff darüber leitet, wobei das Oxyd sich
leicht und vollständig in Hyperoxyd verwandelt. Barythydrat schmilst
zuerst beim Erhitzen, und absorbirt den Sauerstoff weniger vollständig.
Am vollständigsten gelingt diese Umwandlung bei Anwendung eines
Gemenges ^on Barythydrat mit Kalk und Magnesia, weil die Masse
sehr porös bleibt, und daher der Sauerstoff überall eindringt.
Wird auf schwach glühenden Baryt nach und nach das Vierfache
seines Gewichts an chlorsaurem Kali gestreut, so bildet sich unter Er-
glühen Hyperoxyd neben Chlorkalium, welches letztere durch Auswa*
sehen mit Wasser entzogen werden kann, wobei aber das erstere als
Hyperoxydhydrat zurückbleibt (Liebig und Wähler^).
Das Bariumhyperoxyd ist ein graues Pulver, es vertheilt sich in
Wasser, verwandelt sich dabei aber in Bariumhyperoxydhydrat,
BaO) -[- 6liO. Dieselbe Verbindung scheidet Bich in permuttergl&n»
zenden Krystallen ab, wenn man Wasserstoffhyperoxyd mit concentrir-
tem Barytwasser versetzt; das Hydrat ist wenig löslich in kaltem Wi^
8er, beim Erhitzen damit auf 100^ C. zerlallt es in Barythydrat und
freien Sauerstoff. In gleicher Weise zersetzt sich das trockene Barioni-
hy peroxyd beim heftigen Glühen; der dal>ei zurückbleibende Baryt
kann bei schwächerer Glühhitze durch Aufnahme von Sauerstoff ach
wieder in Hyperoxyd verwandeln, welches dann beim stärkeren Glühen
wieder reines Sauerstoffgas entwickelt; BonssingaultOi de' diese £^
scheinungen zuerst beobachtete, meint, dass dies Verhalten ein Mittel
abgeben könne, um reinen Sauerstoff in grösseren Massen für techni-
sche Zwecke darzustellen ; man soll, nach ihm, den Baryt in einer Rohre
von glasirtem Steingut dunkelroth glühend machen, dann einen Stron
trockener und kohlensäurefreier Luft darüber leiten ; nach erfolgter Ab-
sorption den Luftstrom absperren und nun stärker glühen , wobei sich
jetzt Sauerstoffgas entwickelt; nach beendigter Gasentwickelung wird
bei erniedrigter Temperatur wieder Luft über den regenerirten Baryt
geleitet und so fort. Reiner Baryt soll auch bei wiederholtem Er-
hitzen den Sauerstoff der Luft gleich leicht absorbiren, wenn eine ge-
ringe Menge Feuchtigkeit vorhanden ist; ist dagegen die Lnft absolot
trocken, so erfolgt die Absorption schwierig und unvollständig. Ent*
hält der Baryt Kieselsäure und Thonerde, so sintert er bei wiederhol-
tem Erhitzen immer mehr zusammen, und nimmt dann nur wenig
Sauerstoff mehr auf. Am zweckmässigsten zeigt sich ein Gemenge von
') Pogg. Annal. Bd. XXVI, S. 172. — •) Compt. rend. de Tacad. T. XXXII,
p. 261; Journ. f. prakt. Chem. Bd. LII, S. 480; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd.
LXXX, S. 230.
Bariumjodid. ' 656
Barjthydrat mit Kalk und Magnesia, weil es durchaus porös bleibt
(Boussinganlt).
Das Bariurosuperoxyd wie sein Hydrat losen sich bei Gegenwart
▼erdünater Säaren in überschössigem Wasser unter Bildung von Baryt*
salzen nnd Wasserstoffhyperoxyd ohne £ntwickelung von freiem Sauer-
stoff. Wird das Hyperoxyd mit Wasser und verdünnten Säuren ver-
setzt bei Gegenwart Von Silbersalzen, Braunstein, Bleihyperoxyd, Pla-
tin a. 8. w., so entwickelt sich Sauerstoffgas, und zwar aus dem Barium-
hyperoxyd wie gleichzeitig aus den genannten Oxyden, es treten hier
dieselben Erscheinungen ein, wie bei dem Wasserstoff hyperoxyd (s.
d. Art.).
Wird Bariomhyperoxyd mit concentrirter Schwefelf^äure zusam-
mengebracht, so entwickelt sich bei gewöhnlicher Temperatur oder bei
gelindem Erwärmen Sauerstoffgas; ist die Temperatur des Gemenges
hierbei nicht mehr als höchstens 50^ bis 60^0., so entwickelt sich ein
Theil des Sauerstofis als Ozon , welches durch den Geruch wie durch
seine sonstigen Eigenschaften leicht erkennbar ist. Steigt die T'cmpe-
ratnr des Gemenges aber über 70^ C, so hat man nur gewöhnlichen
Saniorstoff ohne Beimengung von Ozon (Houzeau 0. Das Bariurahy-
peroxyd wird durch oxydirbare Körper, wie Kohle, Phosphor, Schwe-
fel, Wasserstoff, Schwefelwasserstoff u. s. w. natürlich leicht zerlegt,
theils schon bei gewöhnlicher Temperatur , theils beim Glühen ; in
einem raschen Strom von trockenem Kohlenoxydgas über einer grossen
Spiritoslampe rasch erhitzt, wird es weissglühend, wobei auf der Ober-
fläche kleine weisse glänzende Flämmchen hervorbrechen, wohl von der
Entwickelung von Sauerstoff aus noch unzersetzten Hyperoxydtheilchen
herrührend. In gasförmiger schwefliger Säure erhitzt, zeigt sich die
Verbrennungsersch einung noch glänzender (Wo hl er'). In einem
Strom von Kohlensäuregas erhitzt, bildet sich aus dem Hyperoxyd
kohlensaurer Baryt und freies Sauerstoffgas. Mit organischen Körpern
erhitzt, oxydirt es dieselben natürlich, und bewirkt leicht eine vollstän-
dige Verbrennung der Kohle, daher Slater') es- zum Einäschern
schwenrerbrennlicher, namentlich Stickstoff haltender Substanzen an-
wendet (s. S. 351). Fe,
Bariumjodid. Jodbarium, Bariumjodür,.7oe20/tim^ants.
hanfttcum» Wasserfrei = Bai, wasserhaltend Bai -|- 7 aq. (Cr oft *).
Jodwasserstoff über glühenden Baryt geleitet, zersetzt sich damit unter
Fenererscheinung und Bildung von Jodbarium und Wasser. Das Jod-
bariuro wird ähnlich wie das Brombarium aus Baryt, Schwefel barium
oder kohlensaurem Baryt durch Neutralisiren mit Jodwasserstoff darge-
stellt, am zweckmässigsten durch Auflösen von Jod in wässerigem Schwe-
felbarium so lange sich noch Schwefel abscheidet; die farblose oder
schwach gelbliche Flüssigkeit wird, um die Luft abzuhalten, rasch in
einem Kolben eingedampft und die trockene Masse in wenig heissem
Wasser gelöst, worauf man das Filtrat bei Abschluss der Luft erkalten
lässt. Das wasserhaltende Salz krystallisirt in feinen Nadeln, welche
7 Aeq. Krystallwasser enthalten, sehr leicht Feuchtigkeit anziehen und
*) Compt. rend. de 1 acad. T. XL, p. 949; Journ. f. prakt. Gliom. Bfl. LXV, S. 499.
*) Annal. d. Chcm u. Pharm. Bd. LXXVII, S. 128. — ^) Chem. Qaz. 1BÖ8,
8. 68; Joorn. f. prakt. Chem. Bd. LXV, S. 258. — *) Ghem. Gaz. 1866, p. 126;
Chem. Centralbl. 1856, S. 404; Joorn. f. prakt Chem. Bd. LXVin, S. 402,
656 Bariumoxyd.
cerflieasen, das Salz Ut auch in Alkohol leicht löslich. Bei Abschlau
der Luft erwärmt, hinterlassen die Krjstalle wasserfreies Salz von 4,91
speeif. Gewicht. Bei Zutritt von Luft zersetzt das Jodbarium sich leicht
schon bei gewöhnlicher Temperatur unter Abscheidung von Jod; bei
Luftzutritt erhitzt, zerfallt es in freies Jod, das verdampft, und Baryt
Das wasserfreie Salz kann dagegen bei Lnftabschluss erhitzt werden,
ohne sich zu zersetzen. Fe.
Bariumoxyd, Baryt, Barjterde, Schwerspath oder
Schwererde, Terra ponderosa^ Baryte^ Terre pesante^ Bartfttt
(von ßagvg^ schwer). Eine zu den Erdalkalien gehörende Base. For-
mel: BaO. Der Baryt ist eine begierig mit Säuren sich verbindende
Base, welche daher sich in der Natur nie im freien Zustande, sondern
nur als Barytsalz vorfindet» hauptsächlich als schwefelsaures Salz im
Schwerspath, und als kohlensaures Salz im Witherit, dann in einigen
anderen Verbindungen in verschiedenen weniger häufigen Mineralien,
wie im Baryt-Harm otoni u. a.
Scheele erkannte zuerst die Baryterde als eine eigenthümliche,
von der Kalkerde verschiedene Base; Gähn zeigte dann, dass sie einen
Hauptbestandtheil des Schwerspaths (^Spathtim ponderosum) ausmache,
Bergmann nannte sie deshalb Schwererde, Terra ponderosa; Kirwan
gab ihr dann den Namen Barytes (von ßuQvg^ schwer).
Bariumoxyd bildet sich rasch durch Oxydation von Barium an
der Luft bei gewöhnlicher wie bei höherer Temperatur, sowie beim
Zusammenbringen des Metalls mit Wasser. Man erhält den Baryt
durch Glühen von kohlensaurem, leichter von salpetersaurem oder jodr
saurem Baryt für sich, sowie beim starken Glühen von Chlorbarimn,
und bei Weiasglühhitze selbst von schwefelsaurem Baryt in Wasser-
dampf (Tilghmann). Zur Darstellung von wasserfreiem Baryt veN
wendet man hauptsächlich das salpetersaure Salz, welches man fein
zerreibt, scharf trocknet, und dann in einem gut bedeckten Tiegel tos
Platin oder Porzellan, besser in einer Porzellanretorte erhitzt, im An-
fang gelinde, zuletzt bei der heftigsten Glühhitze, so lange sich noek
Gas entwickelt. Das Salz schmilzt zuerst, schäumt in Folge der Ga^
entwickelnng stark auf, und steigt bei nicht sehr vorsichtigem Erhitxen
leicht über; bei vorgeschrittener Zersetzung wird die Masse wieder
trocken 9 worauf dann heftig geglüht werden muss, um den Rest dal
salpetrigsauren Salzes zu zersetzen, welcher sonst dem Baryt beigemengt
bleibt Wird zu lange erhitzt, so zieht das Oxyd, besonders beim Gli^
hen in einem Tiegel, leicht Kohlensäure an, so dass sich wieder koh-
lensaures Salz bildet
Besonders lästig ist immer das starke Aufschäumen und leichll
Üebersteigen des geschmolzenen Nitrats, was ein sehr langsames Er-
hitzen und die Anwendung grosser Gefösse nöthig macht Um dieii>
Uebelstände zu vermeiden, kann man in manchen Fällen, wo die Ge*
genwart des unlöslichen schwefelsauren Baryts nicht nachtheilig ist, dal
salpetersaure Salz mit dem gleichen bis dem doppelten Gewicht aa
Schwerspathpulver mengen, und das Gemenge in einem hessischen Ti«»i
gel, der mit einem Brei aus Schwerspathpulver und Wasser an8gestn*|
chen ist, bringen und unter einer Decke von Schwerspathpulver glQhea»'
Man kann hier den Tiegel in einem Gebläseofen rasch und sogleich
stark erhitzen, ohne dass die Masse aufschäumt, da sie nicht flOssig
i
Bariumoxydhydrat. 657
wird; ans diesem Grunde kann hierbei auch ein hessischer Tiegel be-
nutzt werden (Mohr ^).
Im Kleinen kann man Baryt durch Glühen von jodsaurem Baryt
bequem darstellen, der ohne zu schmelzen und sich aufzublähen, leicht
allen Sauerstoff und alles Jod entwickelt, welches letztere noch aufge-
fangen und wieder benutzt werden kann.
Aus kohlensaurem Baryt erhält man, nach Ab ich, durch Glühen
im Porzellantiegel im Feuer des Gebläseofens auch reinen Baryt; ge-
wöhnlich verwendet man ein Gemenge von 100 Thln. kohlensaurem Baryt
mit 6 bis 10 Thln. Kohle, welches man fßr sich glüht oder mit Hülfe
von Kleister, Oel , Theer n. dergl. zu Kugeln formt und dann in einem
bedeckten Tiegel in einem Gebläsefeuer '/4 ^^ ^ Stunde stark erhitzt.
Man hat, um Baryt für technische Zwecke im Grossen darzuHtellen, den
natürlichen Witherit benutzt, Leplay und Dubrunfaut stellen kau-
stischen Baryt, den sie zur Scheidung von krystailisirbarem Zucker
ans der Melasse verwenden, im Grossen dar durch Glühen von kohlen-
saurem Baryt mit Holzkohlenpulver 3).
Jacquelain^) erhielt auch reinen Baryt, indem er ein Gemenge von
gleichen Theilen kohlensauren Baryt und kohlensauren Kalk in einem
Wasserdampfstrom glühte; je nach der Temperatur verloren von 100 Thln.
Barytcarbonat 40 bis 50 Thle., oder 80 bis 90 Thle. die Kohlensäure.
Kohlensaurer Baryt allein verlor auf diese Weise keine Kohlensäure.
Der durch Glühen aus dem Salpetersäuren Baryt erhaltene Baryt
enthält leicht noch salpetrigsauren und kohlensauren Baryt, im Thon-
tiegel geglüht enthält er Thonerde, Elieselsäure und Eisen, in einem
Platintiegel geglüht Platinoxyd in merkbarer Menge.
Der reine Baryt ist eine grauweisse, zerreibliche Masse von 4,7
(nach Karsten), 5,45 specif. Gewicht (nach Filhol), welche ätzend
and stark alkalisch schmeckt und giftig wirkt. Er schmilzt erst vor dem
Knallgaagebläse oder im heftigsten Edsenfeuer zu einer bleigrauen
Schlacke. Elr zieht ander Luft schnell Wasser und Kohlensäure an, und
zerfallt dabei; wird er an der Luft schwach geglüht, so nimmt er Sauer-
stoff anfs und geht in Barium hyperoxyd über. Mit Wasser verbindet
er sich zu Barythydrat, mit Alkohol bildet er eine Verbindung, BaO.
C^H^O) (s. Bd. I, S. 488), mit Methylalkohol ein anafoges, BaO.
CSS4O9 (s. 1. Aufl., Bd. V, S. 263). Durch Elektrolyse wird das
Bariumoxyd zerlegt in Barium und Sauerstoff; Kalium entzieht ihm
beim Glühen den Sauerstoff; im Dampf von Schwefelkohlenstoff erhitzt,
bildet sich kohlensaurer Baryt und Schwefelbaryum. F«.
Bariumoxydhydrat, Barythydrat, Aetzbaryt oder
kaustischer Baryt, BaO. HO. Reiner frisch geglühter Baryt ver-
bindet sich mit Wasser besprengt mit demselben unter starkem Erhitzen,
das selbst bis zum Glühen und Schmelzen des gebildeten Hydrats sich
steigern kann. Die Umwandlung des wasserfreien Oxyds in Hydrat
erfolgt unter starker Volumsvermehrung , die so bedeutend ist, dass,
wenn in einem Platintiegel geschmolzener Baryt Wasser aus der Lnft
anzieht, der Tiegel selbst zuweilen ausgedehnt wird.
Das Barythydrat bildet mit Wasser in Berührung eine krystallisir-
') Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XXVII, S. 27. — *) Sillim. Amer. Jonrn.
[2.] T. XVI, p. 276. — *) Compt. rend. de l'acad. T. XXXII, p. 877.
Huidwdrterbacii der Chemie. 3te Aafl. Bd. II. 42
658 ßariumoxydhydrat
bare Krystallwasaer enthaltende Verbindung, BaO.HO -^ 8aq.
(nach Filhol -\- 7 aq.; nach H. Rose und Noad vielleicht -f" ^ ^•)*
Man erhält diese Verbindung, indem man Baryt in siedendem Wauer
lost, und die gesättigte Lösung erkalten lässt. Man kann hier zweck-
mässig das Gemenge von schwefelsaurem mit kaustischem Baryt ver-
wenden, welches, nach Mohr 's Vorschlag, durch Glühen von salpeter-
saurem mit schwefelsaurem Baryt erhalten wird. Oder man glüht für
diesen Zweck ein inniges Gemenge von 1 Tbl. salpetersaurem Baryt
mit ^/s Thln. Eisen, welches man löffelweise in einen rothgluhenden
Thontiegel einträgt; die Masse wird erhitzt, bis sie nicht mehr schäumt,
dann herausgenommen, und nach dem Zerstossen mit Wasaer ausge-
kocht, wobei Eisenoxyd zurückbleibt (Artus).
Am häufigsten wird das Barythydrat durch Erhitzen des gelosten
Barinmsulfurets (s. d. Art) mit Kupferoxyd (Kupferhammerschlag) dar-
gestellt, bis eine abfiltrirte Probe Bleisalze nicht mehr schwarz, son-
dern rein weiss fallt.
Darcet hatte früher angegeben, dass man das Barythydrat aoch
beim Zersetzen von Barytsaizen mit Kalihydrat erhalten könne; Mohr^)
giebt nun folgende einfache Methode zur Darstellung dieses Hydrais.
Eine reine Aetznatronlauge von 1,10 bis 1,15 specif. Gewicht, deren
Gehalt an Natron durch Titriren genau bestimmt ist, wird zum Sieden
erhitzt, und dann die äquivalente Menge von fein zerriebenem salpeter-
sauren Baryt unter fortgesetztem Sieden zugefügt; nöthigenfalls wird«
um alles zu lösen, Wasser in kleinen Mengen zugesetzt; hierbei bleibt
nur etwas kohlensaurer oder vielleicht auch etwas schwefelsüarer Ba-
ryt ungelöst. Die siedende Flüssigkeit wird, wenn nöthig, durch ein
gefaltetes Filter möglichst rasch in eine verschliessbare Flasche filtrirt;
beim Erkalten bildet sich eine reichliche Krystallisation des wasserhal-
tenden Barythydrats, welche» durch AbfUtriren und Abtropfen, oder
zweckmässig mit Hülfe einer Gentrifugalmaschine von der Mutterlauge
möglichst vollständig befreit wird. Die Krystalla enthalten dann nnr
noch sehr wenig saipetersaures Salz eingemengt; um sie ganz davon zn
befreien für Fälle, wo das Hydrat absolut rein sein soll, werden sie
durch Umkrystallisiren gereinigt.
Statt salpetersauren Baryt kann man Chlorbarium nehmen, nur
wird die Gregenwart von Chlornatrium bei der Anwendung des Baiyta
öfterer hindernd sein, als die des salpetersauren Salzes.
Das krystallisirte Barythydrat bildet wasserhelle, vier- oder sechs-
seitige, mit 4 Flächen zugespitzte Säulen, sie lösen sich bei 15® C. in
20 Thln., in der Siedhitze in 2 Thln. Wasser (nach Bineau enthüt
die bei IS^C. gesättigte Lösung auf 29 Thle. Wasser I Tbl. Baryt);
die wässerige Lösung wird als Barytwasser bezeichnet, sie reagirt
stark alkalisch, ist ätzend, wird nicht durch Weingeist gefallt, sie zieht
begierig Kohlensäure an der Luft an, und bildet unlösliches kohlen-
saures Salz, welches sich zunächst als ein Häutchen auf der Oberflaehe
der Flüssigkeit abscheidet
Das krystallisirte Barythydrat schmilzt auf 100<>C. erhitzt, und
verliert dabei 2 Aeq. Wasser; bis zum Rothglühen erhitzt, geht alles
Krystallwasser fort, und es bleibt reines Barythydrat, BaO.HO, zurfick,
welches beim Erkalten krystallinisch erstarrt; um reines Hydrat zu er-
^) Arch. d. Pharm. [2.], Bd. LXXXVIU, S. 38; Chem. Centralbl. 1856, S. 8H
Bariumoxydsalze* 659
halten, ist die Umwandlung der Wasser haltenden Verbindung durch
Crlfihen in wasserfreies Hydrat oft der bequemste Weg. Das Hydrat soll,
für sich erhitzt, erst bei Weissglühhitze etwas Wasser abgeben, leicht
wenn es bei Zutritt von Kohlensäure .erhitzt wird, wo sich kohlensaures
Salz bildet, oder wenn es in einem Luftstrom dunkelroth geglüht wird,
wo unter Abscheidung von Wasser Sauerstoff aufgenommen und Ba-
rium hyperoxyd gebildet wird.
Die Lösung von Barythydrat dient zur Absorption und Bestim-
mung von Kohlensäure, wie zur Trennung der Magnesia von den Al-
kalien , und zu anderen Zwecken. Da das krystallisirte Hydrat wie
seine Lösung leichter Kohlensäure anzieht als das trockene Hydrat, so ist
ea zweckmässig, die Krystalle zu schmelzen, und das so erhaltene was-
serfreie Hydrat aufzubewahren. Fe.
Bariumoxydsalze, Barytsajze. Von den Bariumverbin-
dungen findet sieh am häufigsten und in grösserer Menge der Schwer-
spath oder Baryt, schwefelsaures Bariumoxyd, weniger häufig findet
sieh der kohlensaure Baryt oder Witherit; Baryt kommt femer im
Barytharmotom, im Baryto-calcit, im Brewsterit und im Psilomelan vor;
geringe Mengen Baryt verbin düngen sind in vielen Mineralwäsäern und,
nach Forchhammer, auch im Meereswasser enthalten. So wie im
Schw^erspath sich meistens geringe Mengen von schwefelsaurem Kalk
finden, sind auch wohl im schwefelsauren Kalk meistens geringe Men-
gen Schwerspath vorhanden. Schon Scheele hatte bemerkt, dass
auch Pflanzenaschen nachweisbare Mengen von Barytsalzen enthalten;
Eckart 0 fand diese Base neuerer Zeit in der Asche von Buchenholz.
Die Barytsalze bilden sich leicht durch Neutralisation der reinen
Base, oder bei Zersetzung von kohlensaurem Baryt oder Schwefel-
barium durch die betreffenden Säuren; namentlich wird das Schwefel-
barium zu diesem Zweck besonders häufig dargestellt und angewendet;
in neuerer Zeit auch wohl der Witherit, der in England in grossen
Mengen aufgefunden ist. Die unlöslichen Barytsalze können auch durch
doppelte Zersetzung erhalten werden.
Die Barytsalze sind farblos, wenn nicht die Säure gefärbt ist,
einige derselben sind in Wasser löslich, die meisten sind darin unlös-
lich; die in WaSSer löslichen Salze lösen sich nur wenig in concentrir-
ten Säuren, die wässerigen Lösungen werden daher äurch Zusatz von con-
centrirter Salpetersäure und Chlorwasserstoffsäure krystallinisch gefällt;
Wasser löst diese Niederschläge vollständig wieder. Die in Wasser un-
löslichen Barytsalze lösen sich meistens in verdünnten Säuren, zum
Theil saure Salze bildend. Die Barytsalze^ der Mineralsäuren sind
nicht oder kaum in Alkohol löslich; die Salze von organischen Säuren
sind oft in Alkohol leichter löslich als in Wasser. Von den Verbin-
dungen des Baryts mit Mineralsäuren sind namentlich die mit arseni-
<reT Säure und Arsensäure, mit Borsäure, Phosphorsäure, Kohlensäure,
Chromsäure, Schwefelsäure u. a. m., so wie das Fluorbarium und das
Kieselfluorbarium in Wasser unlöslich oder kaum löslich, sie lösen sich
aber meistens auf Zusatz von verdünnten Säuren, nur der schwefel-
«laure Baryt ist aufch darin fast ganz unlöslich, eine geringe aber merk-
bare Menge des Salzes löst sich in Königswasser, kaum in Salz- oder
*) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. C, S. 294.
42
660 Bariumoxysulfurele. — Bariumrhodanür.
Salpetersäure, weniger in Essigsäure (Siegle^); es löst sich ein we-
nig in concentrirter Schwefelsäure, scheidet sich aber auf Zusatz von
Wasser wieder daraus ab. Die Barytsalze werden daher durch die
neutralen so wie zum Theil durch die sauren Salze der Arsensäure,
der Borsäure, Phosphorsäure, Kohlensäure und Chromsäure gefällt;
Kieselfluorwasserstoffsäure und Schwefelsäure fällen sie auch im freieo
Zustande; wegen der Unlöslichkeit des schwel elsauren Baryts bringen
sogar noch die Lösungen von schwefelsaurem Strontian oder schwefel-
saurem Kalk in Barytsalzen Trübung hervor.
Die Barytsalze mit flüchtigen oder in der Hitze zerlegbaren Säu-
ren, wie Salpetersäure, Kohlensäure, werden beim Glühen zersetzt, an-
dere bleiben, bei Abschluss der Luft geglüht, unverändert, während sie,
bei Luftzutritt geglüht, sich zersetzen, wie Brom-, Schwefelbariuni u. s. w.;
Ghlorbarium, schwefelsaurer Baryt bleiben beim Glühen unyeränd^
mag Luft zutreten oder abgeschlossen sein. In Wasserdampf geglüht,
werden die Barytsalze mit flüchtigen Säuren zersetzt, Ghlorbarium und
selbst schwefelsaurer Baryt sollen hierbei Barythydrat bilden. Mit
Kohle geglüht, werden die Sauerstoffsalze meist reducirt, ebenso beim
Glühen in Wasserstotf'gas oder in Schwefelkohlenstoffdampf.
. Vor dem Löthrohr färben Chlorbarium, salpetersaurer «und beeon-
ders essigsaurer Baryt die Flamme grünlich, auch kohlensaurer and
schwefelsaurer Baryt geben, wenn sie in der inneren Flamme stark er-
hitzt werden, diese Färbung; Barythydrat färbt die Flamme gelblich.
Fe.
Bariumoxysulfurete. Beim Stehenlassen einer Auflösung
von Schwefelbarium in kochendem Wasser in einem verschlossenen Ge-
fäss scheiden sich in Folge der Umsetzung des Schwefelbariums mit
den Elementen des Wassers (s. unter Bariumsul füret) zuerst Kry-
stalle von Barythydrat ab. In der davon abgegossenen Flüssigkeit bU-
den sich dann Krystallisationen von Oxysnlfureten (vielleicht auch nor
Gemenge von wasserhaltendem Snlfuret mit Oxydhydrat); zuerst schei-
den sich schuppige, später körnige Krystalle ab. H. Rose fand die
schuppigen Krystalle annähernd nach der Formel 4BaO -}- 3 BaS -f
58 Ho = 4 (BaO . 10 H O) -f- 3 (BaS . 6 aq.) zusammengesetzt. Die
körnigen Krystalle entsprechen der Formel BaO -|- BaS -f- 10 HO.
Aus einer nicht zu concentrirten Lösung von Schwefelbarium bil-
deten sich nach et^a zwei Monat langem Stehen grosse wasserhelle,
tafelartige Krystalle von der Form eines HexagonaldodekaSders mit ab-
gestumpften Endecken, ihre Zusammensetzung ist nach Rose BaO +
3BaS -f- 28HO oder BaO. lOHO -|- 3(BaS -f 6aq.).
Alle diese Ozysulfurete sind sehr leicht zerlegbar, sie zerfallen
beim Lösen in heissem tVasser in Bariumsulfhydrat und Barythydrat,
welches letztere, wenn nicht zu viel Wasser genommen war, beim Er-
kalten herauskrystallisirt /r«.
Bariumrhodanür, Rhodanbarium, Sulfocyanbarium,
Schwefelcyanbarium. Formel: BaGyS», oder wasserhaltend ^
BaGyS^ -[- 2 aq. Das Salz bildet sich analog dem Rhodankalium beim
Glühen von Ferrocyanbarium mit SchwefeL Man stellt das Salz auch
dar durch Erhitzen von Rhodanammonium mit Barytwasser, oder durch
^) -Jonrn. f. prakt. Chem. Bd. LXIX, S. 148.
Bariumselenocyanid. — Bariumsulfhydrat. 661
Sättigen der Hhodanwasserstoffsäure mit reinem oder kohlensaurem
Baryt.
Das wasBer haltende Salz, krystallisirt aus der Lösung in langen
weissen glänzenden Nadeln, die an der Luft bald feucht werden und
zerlassen; das Salz ist leicht in Wasser löslich; über Schwefelsäure
verwittern die Krystalle. Das wasserhaltende Salz schmilzt beim Er-
hitzen und färbt sich dabei leicht braun, es erstarrt beim Erkalten kry-
stalliniscb. Das wasserfreie Salz schmilzt bei Abschluss der Luft ohne
eine Veränderung zu erleiden. Ft.
Bariumselenocyanid, Bariumselenocyanür, eine
dem Rhodanbarium analoge in Wasser lösliche Selenverbindung,
Ba€ySe3, von Crookes^) dargestellt aber nicht weiter beschrieben.
Bariamselenuret, Selenbarinm. Wird durch Erhitzen
▼on selenigsaurem Baryt in Wasserstoffgas für sich erhalten, oder durch
Glühen eines Gemenges des Barytsalzes mit Y5 seines Gewichts von gut
durchgeglühtem Lampenruss in einer Retorte, so lange sich noch Gas
entwickelt. Das auf letztere Weise dargestellte Selenbarium ist durch
Kohle etwas gefärbt. Es ist in Wasser löslich, zersetzt sich aber dabei
wie das Schwefelbarinm, und bildet Barythydrat und ein höheres mit
geibrother Farbe in Wasser lösliches Selen metall, dessen Lösung durch
Säuren zersetzt wird, indem sich Selen Wasserstoff entwickelt und zu-
gleich Selen niederfällt. Fe.
Bariumsulfhydrat, BaS.flS + ^»q-» bildet sich wie die
Solf hydrate der Alkalimetalle durch Sättigen von Barytwasser oder von
mit Wasser zu einem Brei angemachten reinem Baryt, oder einer wäs-
serigen Lösung von gewöhnlichem Einfac^-Schwefelbarium (zu welchem
letzteren Zweck die rohe^ durch Glühen von Schwerspathpulver mit Kohle
erhaltene, mit Wasser angerührte Masse verwendet werden kann) mit
Schwefelwasserstoff! Dampft man darauf die Lösung bei abgehaltenem
Zutritt der Luft ab und lässt erkalten, so scheidet sich zuerst Baryt-
hydrat ab. Auf Zusatz von Alkohol zu der Mutterlauge fällt ein we-
nig unterschwefligsaurer Baryt mit Schwefel nieder; wird darauf die
davon abfiltrirte Flüssigkeit bis zu — 10» C. abgekühlt, so krystallisirt
das Bariumsulfhydrat in vierseitigen Säulen aus. Dieses Sulfhydrat
ist, nach H. Rose, auch in dem ersten Auszug von rohem Schwefel-
barinm mit einer ungenügenden Menge kalten Wassers enthalten, so
wie in der beim Abdampfen von gelöstem Schwefelbarium erhaltenen
letzten Mutterlauge (s. unter Bariomsulfuret S. 664).
Das krystallisirte Bariumsulf hydrat enthält Krystallwasser, welches
bdm Erhitzen unter Weisswerden der Krystalle fortgeht. Erst bei an-
fangendem Glühen soll der Schwefelwasserstoff daraus entweichen, und
dnnkelgelbes, nach dem Erkalten weiss werdendes Einfach - Schwefel-
barinm zurückbleiben. An der Luft verwittert es zu einer weissen
Maase, welche aus unterschwefligsaurem und schwefelsaurem Baryt be-
steht. Es ist unlöslich in Alkohol, aber sehr leicht löslich in Wasser.
Diese Lösung entwickelt beim Kochen Schwefelwasserstoffgas, und fällt ,
^) Jonrn. f. prakt. Ghem. Bd. LIII, S. 161.
662 Bariumsi^ret.
aas schwefelaaurein Manganoxydul SchwefelnaMigan unter Enibinduig
des nämlichen Gases ; an der Luft färbt sie bich schnell gelb, indem
durch Anziehung von Sauerstoff sich einerseits Wasser und Baryt, an-
dererseits Bariumpolysulfuret bildet. H. K.
Bariumsul füret. Barium verbindet sich in mehreren Ver-
hältnissen mit Schwefel. Diese Verbindungen sind noch nicht direct
aus den beiden Elementen hergestellt, sie werden Hauptsächlich aus
schwefelsaurem Baryt durch Reduction erhalten. Das bekannteste der
Bariun»sulfurete ist das Monosulfuret, weniger bekannt sind die Poly-
sulfurete. ' I
Bariumsulfuret
Einfach-Schwefelbarium? BaS. Man erhält dasselbe in fe-
ster Form und rein, wenn über in einer Röhre erhitzten Aetebaryt so
lange ein Strom von Schwefelwasserstoff oder Kohlensulfid geleitet
wird, als sich noch Wasser (oder Eohlenoxyd) bildet, oder wenn man
gepulverten, bis zum Rothglühen erhitzten schwefelsauren Baryt durch
Wasserstoff oder Kohlenwasserstoff reducirt
In grösseren Mengen stellt man das Schwefelbarium gewöhnlich
nicht in der angegebenen Weise dar, sondern reducirt das schwefel-
saure Salz durch Glühen mit Kohle oder kohlehaltenden Substanzen,
wodurch ein neben unzersetztem - Seh werspathpulver noch Kohle ent-
haltendes und daher grau gefärbtes Product erhalten wird. Beim län-
geren Glühen von 4 Thln. (1 Aeq.) feingepulverten Schwerspathpulver
mit 1 Thl. (4 Aeq.) Kohle bildet sich Schwefelbarium und Kohlenoxvd;
die vollständige Zersetzung hängt hier aber nicht allein von der Starke
und Dauer des Glühens ab, sondern wesentlich von der vollständigen
Berührung beider Substanzen, die daher sehr fein gepulvert, der Schwer-
Späth am besten geschlämmt, und innig gemengt sein müssen. Sehr
zweckmässig sind daher Zusätze von in der Hitze schmelzenden organi-
schen kohlenreichen Substanzen, wie Mehl, Harz, Oel, Theer u. dergl
Berzelius nimmt 8 Thle. Schwerspath, 2 Thle. Kohlenpulver, 1 Thl.
Roggenmehl und 1 Thl. Harz; das Gemenge wird angefeuchtet in
einem Tiegel eingestampft, dieser gut bedeckt in einem Windofen bei
allmälig gesteigerter Hitze einige Stunden stark geglüht. Bei grösse-
ren Mengen ist es vortheilhaft, den Tiegel in einem Töpfer- oder Ziegel-
ofen einen Brand mitmachen zu lassen.
Man kann auch aus dem Gemenge von Schwerspath, Kohle und
Mehl mit Zusatz von etwas Wasser einen steifen Teig bilden, aus dem
man Kugeln oder Cylinder von etwa 1^/2 Zoll Durchmesser formt, die
zuerst getrocknet werden. Man füllt nun einen Windofen etwa 1 Fos«
hoch mit glühenden Kohlen, schichtet darüber das trockene Gemenge
abwechselnd mit Kohlen, bedeckt das Ganze noch mit einigen Kohlen, und
lässt es dann bei heller Rothglühhitze abbrennen. Wenn die Masse in
voller Gluth ist, bedeckt man sie mit Asche und Backsteinen, verschliesst
die Züge des Ofens, und lässt sehr langsam erkalten. Das nach dem Er*
kalten herausgenommene rohe Schwefelbarium bildet gewöhnlich noch
Kugeln oder Cylinder, ist jedoch stark zusammengesintert, grau und
leicht zerreiblich (Liebig).
Sehr zweckmässig ist die Anwendung eines Gemenges von Schwer-
spathpulver mit V3 fetter Steinkohle; man kann es im Tiegel glühen,
Bariumsulfuret 663
oder mit Steinkohlentheer einen Teig daraus bilden, der in Brote ge-
formt zwischen Kohlen gebrannt wird. Grüneberg ^ formt Ziegel
daraus, die er mit einer Schicht Thon überzieht; sie werden dann in
einem Schachtofen abwechselnd mit Schichten von Kohle gebracht und
damit niedergebrannt.
Gibbs hat vorgeschlagen, den schwefelsauren Baryt durch Erhitzen
in Steinkohlengas zu reduciren.
Im Fall die Gegenwart von Kali- oder Natronsalzen nicht hin-
dert, z. B. wenn das Schwefelbarium zur Darstellung von kohlensau-
rem Baryt dienen soll, ist nach Buch hol z's Vorschlag* der Zusatz
von Chlomatrium oder schwefelsaurem Natron wegen der Schmelzbar-
keit dieser Salze zweckmässig; man glüht ^n Gemenge von 4 Thln.
Schwerspathpulver mit 1 Thl. Kohlen pulver und 1 Thi. Kochsalz oder
trockenem schwefelsauren Natron. Zur Darptellung von Schwefelbarium
im Grossen, glüht. Kucz in ski ^) ein Gemenge von 100 Thln. Schwer-
spath, 200 Thln. Kochsalz und 15 Thln. Kohlenpulver in einem Flamm-
ofen, Iftsst die flüssige Masse ausfliessen, und zieht sie nach dem Erkal-
ten mit heissem Wasser aus; das Filtrat enthält Schwefelbarium, wel-
ches zur Darstellung von Barythydrat (durch Behandeln mit Kupfer-
oxyd) oder zur Darstellung von kohlensaurem Baryt (durch Einleiten
von Kohlensäure) benutzt werden kann.
Das reine Schwefelbarium, durch Erhitzen von Baryt in Schwe-
felvrasserstoff oder von Schwerspath in Wasserstoff dargestellt, ist eine
weisse Masse von hepatischem Geruch und alkalischem Geschmack, leicht
and vollständig ip Wasser löslich ; an der Luft verwandelt es sich durch
Einwirkung von Kohlensäure und Feuchtigkeit unter anhaltender und
gleichförmiger Entwickelung von Schwefelwasserstoff allmälig in koh-
lensauren Baryt. Stärkere Säuren zerlegen das Schwefel harium rasch
und vollständig unter lebhafter Schwefelwasscrstoffgasentwickelung. Für
sieh an der Luft erhitzt, oxydirt das Bariumsul füret sich nur schvnerig,
in Wasserdampf zum ßothglühen erhitzt, oxydirt es sich zu schwefel-
saurem Salz unter Freiwerden von Wasserstoffgas (Regnault).
Das durch Glühen von Schwerspath mit Kohle oder Kohle halten-
den Gemengen dargestellte Schwefelbarium ist meistens unrein und
von beigemengter Kohle grau oder schwärzlich, es enthält gewöhn-
lich noch nnzersetzten schwefelsauren Baryt. Wasser entzieht ihm das
Schwefelbarium, indem Kohle und unzersetzter schwefelsaurer Baryt
zurückbleiben. Hierbei treten verschiedene Erscheinungen ein, je nach
(^antität und Temperatur des Wassers (H. Rose *). Uebergiesst man
da« rohe Gemenge, welches Einfach- Schwefelbarium enthält, in einem
verschliessbaren Gef äss mehrere Male nach einander mit einer zur voll-
ständigen Auflösung unzureichenden Menge kalten Wassers^ und lässt
dasselbe jedes Mal 24 Stunden damit in Berührung, so enthalten die
ersten durch etwas Mehrfach-Schwefelbarium gelblich gefärbten Auf-
güsse fast nur Bariumsulfhydrat, BaS.HS, was daran erkannt wird,
dass die Flüssigkeit mit einer Lösung von neutralem schwefelsauren
Hanganoxydul versetzt, unter Fällung von fleischrothem Schwefelman-
gan (und etwas Schwefel, aus dem Mehrfach-Schwefelbarium), reich-
') Joarn. f. prakt. Chcm. Bd. LX, S. 168. — *) Repert. of Patent. Inv. Fe-
bn»«ry 1836, p. 161; Dingler'» polvt. Journ. Bd. CXXXV, S. 466. — ") Pogg.
Ann»!. Bd. LV, S. 416. ' '
664 Bariumsulfuret.
lieh Schwefelwasseratoifgafl entwickelt. Die folgenden Aufgüue geben
mit Biangansalz einen Niederschlag von reinem Schwefelmangan, aber
ohne Schwefelwasserstoff zu entwickeln, enthalten daher haaptBachlieh
Einfach-Schwefelbarium ; die letzten wässerigen Auszüge geben aber
mit Mangansalz mehr und mehr rein weisse Niederschläge von Mangaih
oxydulhydrat, sie enthalten daher fast nur Bar3rth7drat, welches schwer-
löslicher ist als die Schwefelverbindungen. Hiernach hat sich also das
Einfach-Schwefelbarium bei wiederholter Behandlung mit angenögen-
den Mengen Wasser in Folge der geringeren Löslichkeit von BaiTt-
hydrat in der angegebenen Weise mit Wasser zerlegt:
2BaS + 2 HO =*BaO.HO -f-BaS.HS.
Wird das rohe Schirefelbariuni mit der zur vollständigen Losung
des Sulfurets nöthigen Menge heissen Wassers behandelt, so verhält
sich die Flüssigkeit wie gelöstes Einfach-Schwefelbarium, denn sie giebt
mit Mangansalz einen Niederschlag von reinem Schwefelroangan ohne
Entwickelung von Schwefelwasserstoffgas. Man kann freilich in dieser
Lösung statt Bariumsulfuret auch ein GemMige von gleichen Aequiva-
lenten Bariumsulf hydrat und Barythydrat annehmen, direct lässt »ich
aber weder die eine noch die andere Annahme bestimmt beweisen.
Lässt man die durch Ausziehen des rohen Schwefelbarinms mit
heissem Wasser erhaltene Lösung in einem verschlossenen Gefäsee
stehen, so krystallisirt zuerst als am schwerlöslichsten reines wasser
haltendes Barythydrat, später kommen schuppige, dann körnige Kry-
stalle, beide Bariumoxysnlfurete (s. d. Art.), Verbindungen von Bariao-
sulfuret mit Bariumoxydhydrat Wird dann die Mutterlauge von den
Krystallen abgegossen, in einer Retorte abgedampft, so entweicht
Schwefelwasserstoffgas, und beim Erkalten scheiden sich kömige Krj-
stalle von wasserhaltendem Bariumsulfuret, Ba S -^ ^ aq., ab ; aus der
von diesen Krystallen abgegossenen Flüssigkeit krystallisirt beim Ver
dampfen das am leichtesten lösliche reine Bariumsulf hydrat (8.d.Art.).
Das Einfach-Schwefelbarium, welches in dem geglühten Geroeng«
enthalten ist, zerlegt sich mit Wasser in verschiedene Producte voo
sehr ungleicher Löslichkeit, von denen das schwerlösliche Barythydnt
zuerst krystallisirt, während das am leichtesten lösliche Bariumsntf*
hydrat in der letzten Mutterlauge bleibt; zwischen beiden bilden sieh
Oxysulfurete von verschiedener Zusammensetzung.
Das wasserhaltende Bariumsulfuret, BaS -f- 6 aq., ist ein weisses
Pulver, welches sich bald gelb färbt; vollständig in Wasser gelöst,
wird es durch Mangansalz ohne Entwickelung von Schwefelwasserstoff
gefällt; mit wenig Wasser behandelt, löst sich Bariumsulf hydrat, wah-
rend Barythydrat zurückbleibt.
Das Bariumsulfuret, in Wasser gelöst, wird durch Kochen mit Kn-
pferoxyd, Eisenoxydhydrat u. s. w. leicht zersetzt, indem sich Baryt-
hydrat (s. d. Art.) und Schwefelkupfer u. s. w. bilden ; durch wässerige
Säuren, Kohlensäure, Salpetersäure, Schwefelsäure, Salzsäure u. s. w.
wird es zerlegt unter Bildung von Barytssdz oder Chlorbarium (s. d.
Art.) u. s. w. und Entwickelung von Schwefelwasserstoff; Chlor, Brom
und Jod zerlegen es, bilden die entsprechenden Haloidsalze, und schei-
den Schwefel ab. Das Schwefelbarium ist daher das gewöhnliche Ma-
terial zur Darstellung der verschiedenen Barytverbindungen.
Ein Gemenge von Einfach-Schwefelbarium mit schwefelsaurem
Baryt, welches man durch Glühen d^s letzteren mit einer unzureichen-
Bariumsuperoxyd. — Barometer. 665
den Menge kohlehaltiger Materie erliält (am besten Traganthschleim,
womit das SchwerspathpuWer zu einem steifen Teig angerührt und zu
Kuchen geformt wird), bildet den sogenannten Bologneser Leucht-
stein (s. Lenchtsteine).
Dreifach-Schwefelbarium,
BaSs\]soll, nach Vauquelin, neben schwefelsaurem Baryt durch
Glfihen von 8 Thln. Baryt mit 6 Thln. Schwefel entstehen, wobei sich
1,78 Thle. des letzteren verflüchtigen. Beim nachherigen Auflösen des
Dreifach -Schwefelbariums in Wasser bleiben 2,8 Thle. schwefelsaurer
Baryt ungelöst. Wird befeuchtetes Dreifach-Schwefelbarium zum Glü-
hen erhitzt und Wasserdampf darüber geleitet, so soll, nach 6ay-
Lussac, Schwefelwasserstofl" entweichen und schwefelsaurer Baryt ge-
bildet werden.
Fünffach-Schwefelbarium,
BaS( , erhält man in Auflösung durch Kochen einer Lösung von Ein-
fach-Schwefelbarium (oder Bariumsulf hydrat, welches dabei Schwefel-
wasserstoff entwickelt) jnit Schwefel ; oder mit unterschwefligsaurem Ba-
ryt gemengt, durch Auflösung von Schwefel in kochendem Barytwasser.
Es bildet eine gelbe, alkalische Flüssigkeit von bitterem Geschmack,
welche im Vacuum Über Schwefelsäure zu einer gelblichen, unkrystal-
linischen Masse eintrocknet, an der Luft unter Abscheidung yoA Schwe-
fel sich langsam zu unterschwefligsauren Baryt oxydirt. Fe.
Bariumsuperoxyd s. Bariumhyperoxyd.
Barnhardtit. Hin nach dem Fundorte einer Grube in Dan.
Bamhardt's Land, Cabarras County in Nord Carolina, von G enth benann-
tes dichtes metallisches Mineral, welches auch bei der Pionir-Mühle
in der Phönix- und Yanderberg- Grube in derselben Grafschaft, so wie
bei Charlotte in der Grafschalt Mecklenburg vorkommt. Seine Zu-
sammensetzung i) entspricht nach den Analysen von Genth, Tayler
ii.A.der Formel 2 Cu^S -f- Fe^Ss; er enthält Spuren Silber. Es zeigt
keine Spaltbarkeit, sondern nur muscheligen Bruch, ist bronzegelb, me-
tallisch glänzend, bisweilen matt, undurchsichtig; Härte = 3,5, specif.
Gewicht = 4,521; spröde, im Striche grauschwarz und etwas glänzend.
An der Luft läuft es bald an, namentlich in Berührung mit Feuchtig-
keit, und wird dann tombackbraun oder rosenroth. Vor dem Löthrohre
aehmelzbar unter Entwickelung schwefliger Säure zu einem eisenschwar-
zen magnetischen Korne, mit Borax zeigt es Eisen- und Kupferreac-
tioD, mit Soda und Borax giebt es metallisches Kupfer. K,
Barocalcit, sjm. mit Barytocalcit.
Barometer, Luftschweremesser. Es ist in dem Artikel „ At-
mosphäre^^ bereits auf die geschichtliche Entstehung des Barometers
und darauf hingedeutet worden , wie man sich die Ueberzeugung ver-
schaffte, dass der Yerticalabstand des Quecksilberspiegels in dem Ge-
fasse n n, Fig. 60 (s. f. S.)i von demjenigen in dem eingesenkten Bohre
in der That ein Maass des herrschenden Atmosphärendruckes sei, vor-
ftosgesetzt, dass der Raum oberhalb des Quecksilberspiegels im Bohre
') Jonrn. f. prakt. Chem. Bd. LXIV, 8. 468.
666
Barometer.
YoUkommen Inftleer ist. Da der Druck der Luft auf den Spiegel des
Quecksilbers im Gefasse wirkt, so kann Gleichgewicht nuf dann be-
Fig. 60.
stehen, wenn in gleichem Verhältnisse mit derZu-odtf
Abnahme des Atmosphärendrucks auch die Hohe der
Quecksilbersäule im Rohre wächst oder sich Termin-
dert. Wenn die Säule aus chemisch reinem Quecksilber
von 0® C. Temperatur, also von 13,595 specif. Gewicht
besteht, so ist im Mittel des Jahres an der MeeresflÜche
unter 45® nördlicher Breite ihre Höhe gleich 0,760 Me-
ter. Diese massige Länge, welche das Quecksilberbaro-
meter ohne allzu grosse Schwierigkeiten transportabel
zu machen gestattet, ist einer der hauptsächlichsten
Gründe, aus welchen man dem Quecksilber vor an-
deren flüssigen Substanzen den Vorzug als barome-
trische Flüssigkeit gegeben hat Da das Quecknlber
etwa lOOOOmal schwerer ist als die Luft an der
Meeresfläche, so überträgt sich jede jitmosphärische
Welle auf das Quecksilberbarometer in lOOOOroal
verkleinertem Maassstabe. .Ein Wasserbarometer
zeigt die Schwankungen im Spannungszostande der
Luft in 13,595mal grösserem Maass^tabe als ein
Quecksilberbarometer, ein gleichgrosser Irrthiim in
der Messung der Barometersäule würde also bei An-
wendung des Wassers als barometrische Flüssigkeit
einen 18,595mal geringeren Fehler in der Messung
des Luftdruckes verursachen. Aliein eine verticale
Höhe von 10,3 Meter, welche die flüssige Säule in
einem Wasserbarometer im Mittel besitzt, ist an sich
unbequem und macht das Instrument unfähig tran^
portirt zu werden. Zudem aber wäre an jeder ba-
rometrischen Ablesung noch eine Correction wegen
der Spannung der Wasserdämpfe im luftleeren Räume oberhalb der flfia«-
gen Säule anzubringen, da die Barometerhöhe um den Betrag dieser
Spannung zu niedrig befunden würde. Letztere schwankt aber bei den
atmosphärischen Temperaturen ( — 18® bis -f- 30® C.) zwischen 1 und
31 Millimeter Quecksilberhöhe oder 13,6 und 421 Millimeter Wasse^
höhe, und überdies könnte man bei dem Wechsel der atmosphärischen
Temperatur niemals sicher sein, ob in der luftleeren Kammer des Ba-
rometers das Maximum aer Dampfspannung eingetreten wäre oder nicht
Die Spannung der Quecksilberdämpfe bei den atmosphärischen Tempe-
raturen ist zwar nicht absolut Null, sie beträgt aber bei 25® C. kanm
1/50 Millimeter, also eine unter den gewöhnlichen Umständen gar nicht
mehr in Betracht kommende Grösse.
Aus diesen Gründen ist man von wiederholten Versuchen, Wasser,
Schwefelsäure oder andere Flüssigkeiten bei dem Barometer zu ver-
wenden, stets wieder auf das Quecksilber zurückgekommen.
Das Quecksilber des Handels ist häufig nicht rein genug, um zum
Füllen des Barometers unmittelbar benutzt werden zu dürfen. Seine
Flüssigkeit erscheint verringert, es hängt stark an den Wänden der
Gefiisse, und lässt, wenn es sich endlich losreisst, insbesondere aber,
wenn man es durch Papier filtrirt, etwas Schmutz zurück. Es oiiisa
in diesem Falle einem Beinigungsprocesse unterworfen werden. ^^
Barometer. 667
einfachste Beinigangsmittel besteht darin, das flüssige Metall mit che-
misch reiner, jedoch stark verdünnter Salpetersäure wiederholt zu
schütteln. Um indessen auf diesem Wege alle fremdartigen Bei-
mischungen zu entfernen, scheint es nothwendig, (Las Quecksilber we-
nigstens einige Wochen hindurch mit der Süure in Berührung zu las-
sen. Nachher zieht man die Auflösung ab und befreit das Quecksilber
durch Auswaschen zuerst mit verdünnter Säure, zuletzt mit destillirtem
Wasser, aufs sorgfaltigste von aller anhängenden Salzlösung und dann
von Säure.
Durch einfache Destillation, oder durch Reduction aus Zinnober
mittelst Eisenfeilspähnen, erhält man niemals ganz reines Quecksilber.
Es enthalt in diesem Falle aufgelöstes Quecksilberoxyd, ist zähe-flüs-
sig und öfters schmutzend. Durch Schütteln mit einer Auflösung von
Schwefelwasserstoff oder mit verdünntem Schwefelammonium und nach-
heriges sorgsältiges Auswaschen kann es indessen leicht und schnell
Von dieser Beimengung befreit und dadurch ebenfalls in genügend rei-
nem Zustande gewonnen werden.
Das auf die eine oder andere Art behandelte Quecksilber wird
getrocknet, mit frisch ausgeglühter Holzkohle zusammengeschüttelt,
dann filtrirt, und nun erst in das ebenfalls trockene, ganz reine Baro-
raeterrohr, durch einen Trichter mit feiner Oeffnung eingefüllt.
In der Regel gelingt es übrigens auf diese Weise nicht , weder
Glasrohr noch Quecksilber von aller anhängenden Luft und Feuchtig-
keit zu befreien. Man pflegt daher die flüssige Säule ihrer ganzen
Länge nach über Kohlenfeuer bis ^um Sieden- zu erhitzen, wodurch das
Wasser als Dampf, -theils schon wegen seiner • so sehr verminderten
Dichte aufsteigt, theils durch die gebildeten Quecksilberdämpfe mit
Gewalt vertrieben wird. Es erfordert indessen grosse Geübtheit und
mehrmaliges Auskochen, um hierdurch Luft und Feuchtigkeit aus dem
inneren Räume des Rohres vollständig zu vertreiben. Man wird des-
halb häufig finden, dass Barometer, kurze Zeit nach der Verfertigung
in eine geneigte Lage gebracht, die leere Kammer nicht vollständig
ausfüllen, zum Beweise, dass eine geringe Menge Luft darin enthalten
ist Indessen sollte dies auch in der ersten Zeit nicht der Fall sein,
so lässt sich doch das Emporsteigen geringer Spuren von Luft durch
die Quecksilbersäule bis zu der oberen Leere auf die Dauer kaum ver-
meiden. Auch schadet dies wenig, wenn der cubische Inhalt der lee-
ren Kammer nur einigermaassen beträchtlich ist. Es sei z. B. die
Höhe des leeren Raumes 60 Mm., sein Durchmesser 18 bis 14 Mm.,
was einem cubischen Inhalt von 8000 Cubik-Mm. entspricht. Die
eingedrungene Luftmenge betrage , auf den mittleren Luftdruck von
760 Mm. reducirt, bis zu einem C.-Mm.; so kann die Spannkraft der-
7ß0
wlben bei der SOOOfachen Ausdehnung doch nur = 0,095 Mm.
oOOO
aasmachen ; und gerade um so viel wird die Barometersäule zu niedrig
stehen. Man ersieht aus diesem Beispiel den Nutzen einer geräumi-
gen leeren Kammer, um eine Unvollkommenheit des Barometers,
welche auch bei den besten Instrumenten dieser Art auf die Dauer
selten ausbleibt, einigermaassen auszugleichen.
Das Auskochen der Quecksilbersäule wird in der neuesten Zeit
häufig ganz unterlassen. Man wählt aber Glasröhren von wenigstens
14 Mm. Durchmesser, welche auio sorgfältigste gereinigt, ausgetrock-
668 Barometer.
net und vor dem EiDföllen erhitzt werden. Auch das Qnecksilber
wird, am besten unter eiper Atmosphäre von Kohlensäure, welche die
Oxydation desselben verhindert, bis zum Sieden erhitzt, um Luft nnd
Feuchtigkeit zu verjagen, und dann noch warm, durch einen langen,
engen Trichter, der bis zum Boden des Barometerrohres hinabreicbt,
eingefüllt. Bei einiger Uebung gelingt es auf diese Weise, das Baro-
meter von Luft fast ^ben so gut wie durch das sorgfaltigste Auskochen
zu befreien, namentlich wenn man das gefüllte Bohr mit einer Luft-
pumpe in Verbindung setzt, und das Quecksilber im möglichst Inftver-
dünnten Räume erkaltet. Uebrigens wird auch das Auskochen minder
umständlich und gefährlich, wenn man, nach einer von Taupenot*)
vorgeschlagenen Methode, während des Siedens mittelst der Luft-
pumpe ein Vacuum über dem Quecksilber darstellt
Man hat früher geglaubt, ein Barometer sei nur dann von anhan-
gender Luft ganz frei anzunehmen, wenn der obere Quecksilberspiegel
eine ebene Fläche bilde und ringsum an den Wänden des Glases an-
hänge. Du long hat aber zu zeigen gesucht, dass diese Voraussetzang
nicht richtig ist, und dass das Verschwinden der Quecksilberkuppe von
einem kleinen Antheil in der metallischen Flüssigkeit aufgelösten
Oxyds herrührt, welches sich während des Auskochens gebildet hat
Spätere Versuche haben diese Ansicht bestätigt.
Hieraus erklärt sich nun sehr einfach , warum die nicht ausge-
kochten Barometer, wenn auch ganz frei von Luft, doch die gekrüinnite
Oberfläche niemals ganz verlieren. In der That ist die Luft ganz ohne
Einfluss auf die Beschaffenheit des Meniskus, und kann in trockenem
Zustande weder zur Erhöhung noch zur Erniedi^igung desselben bei-
tragen. Dagegen findet man, dass die Höhe der Quecksilberkuppe
sich vermindert in dem Grade als man die Feuchtigkeit fortschafft^
ohne übrigens, mag man nun streng oder leicht schmelzbares Glas an-
wenden, jemals in eine ganz ebene Fläche überzugehen.
Die verschiedenen Einrichtungen, welche den Barometern gege-
ben worden sind, haben zum Zweck., eine genaue Messung der Baro-
meterhöhe zu ermöglichen, und ausserdem das Instrument transporta-
bel zu machen , so dass man während des Transports weder das Zer-
brechen der Röhre, noch das Eindringen von Luft zu befurchten bat
Jene Einrichtungen lassen sich in zwei Glassen eintheilen. Bei den
Gefässbarometern endigt oder mündet das Barometerrohr unten in
ein Gefass, dessen Weite imVerhältoiss zu derjenigen des Rohres groM
genug ist, damit die vorkommenden Schwankungen in der Höhe der
Quecksilbersäule nur geringe Niveauunterschiede im Gefasse herbei-
flQhren. Bei den Heberbarometern ist das Barometerrohr unten
in einen kürzeren Schenkel, welcher dem Zutritt der Luft offensteht,
umgebogen. Vorausgesetzt, dass das Rohr an den Stellen, wo das
untere und das obere Quecksilberniveau sich auf und ab bewegen, gleiche
Weite hat, so muss bei einer Zunahme der Barometerhöhe der untere
Quecksilberspiegel um ebenso viel sinken, als der obere steigt; ^^
ganze Aenderung fallt weniger in die Augen, weil sie sich auf den
unteren und oberen Spiegel zu gleichen Theilen vertheilt. Dagegen
bietet das Heberbarometer den Vortheil, sich unbeschadet seiner Güte
in kleinerem Umfange und von geringerem Gewichte anfertigen an
^) Annal. de chim. et de phys. [3] T. XLIX, p. 91. Pogg. AnnaL Bd. C, S. 475.
Barometer.
66»
la>s«D, als (Us Gelaasbarometer, daher ee , als zam Transport geeigne-
ter, aach TorzugsweUe den Namen ReUebarometer erhalten hat.
1. GefäBsbarometer. Die gewiihnlichea Zimmerbarometer,
-welche die Bastimmunv haben, als Wettergläser zn dienen, gehören in
diese Ciasee. Gewöhnlich ist daHselbe; wie Fig. 61 andeutet, auf
einem Bret befestigt, and zwar so, doss die Qaecksilbersäule in eine ver-
ticale Richtung kommt, wenn das Bret am oberen Ende aufgehängt
«rird. Von den Niveauändern n gen des Quecksilbers im Gefässe wird bei
diesem Instramente ganz abgesehen. Ein Strich auf dem Bret in der
mittleren Höhe Jenes Niveaus deutet ein für allemal die Nulllinie an, von
«reicher ans aufwärts die Quecksilbersäule gemessen wird. Die zu die-
ser Hefsnng erforderliche Scale, auf Messing in Pariser Zolle und
Linien oder in Millimeter getheilt , ist indessen nur in ihrem oberen
ng. 61. Fig. 62. Fig. SS.
670 Öargmeter.
Theile auf dem Brete angebracht, so weit als der Spielraam des
Qaecksilbemiveans bei den an einem bestimmten Orte vorkommenden
Schwankungen des atmosphärischen Druckes geht. Das Gefassbaro-
meter in dieser unvollkommenen Form gestattet weder den Transport,
noch ist es fiir eine genaue Messung der Quecksilberhöhe geeignet
Beide Vorzüge besitzt dagegen das Gefassbarometer von Fortin.
Das Gefass und der obere Theil des Rohres dieses Barometers sind in
Fig. 62 und Fig. 63 (s. S. 669) in beinahe natürlicher Grösse, das Gefass
halb in äusserer Ansicht, halb im Durchschnitte abgebildet Dieses
Geiass, in seinem oberen Theile aus Glas bestehend, damit man dse
Quecksilbernivean sehen kann, besitzt einen beweglichen Boden U ron
Leder, welcher auf der Seite auf einen Bing von Buchsbaamhols auf-
geleimt und festgebunden ist. Mittelst der Schraube 8 kann der be>
wegliche Boden und folgeweise auch das Quecksilbern iveau gehoben
und gesenkt werden. Das in die Mitte des Gefässes eingelassene Ba-
rometerrohr taucht mit etwas verengter Mündung in das Quecksilber
des Gefässes ein. Beim Transport wird die Schraube 8 soweit hinein-
geschraubt, dass das Quecksilber das Gefass und das Rohr bis oben
hin vollständig erfüllt und somit die ganze Quecksilbermasse gepackt
ist, ohne dass bei der Dehnbarkeit des Lederbodens der AusdehnnDg
des Quecksilbers durch die Wärme der nöthige Spielraum benommeD
ist. Wenn eine Beobachtung gemacht werden soll, wird die Schraube
8 soweit herausgeschraubt, bis die Elfenbeinspitze r sich an dem Qaeck-
silberniveau mit ihrem Spiegel bilde gerade berührt. Dann befindet
sich dieses Niveau in einer Horizontalebene mit der äussersten Spitze
des Elfenbeinstiftes, welcher mit dem Messingdeckel des Gefässes and
der damit zusammenhängenden Messinghülse, welche das Barometer-
rohr umgiebt, in unveränderlicher Verbindung steht und zugleich
dem Nullpunkte der Barometer scale entspricht, welche auf jener Hübe
aufgetragen ist. Die Hülse ist, um die Quecksilberkuppe im Bohre
beobachten zu können, mit zwei diametral gegenüberstehenden Schlitze
versehen. Ein das Messingrohr umschliessender Schieber aa, Fig. 6S,
ist mit zwei Schlitzen versehen, welche auf diejenigen des Rohres pas-
sen, jedoch etwas breiter sind, damit man die Theilung noch seheo
kann , an welche sich ein auf dem Schieberrande angebrachter Noniu?
unmittelbar apschliesst. Der Nullpunkt dieses Nonius entspricht ge-
nau den obenm in der nämlichen Horizontalebene, befindlichen Bän-
dern der beiden gegenüberliegenden Spalten des Schiebers; man rückt
daher bei der Beobachtung den Schieber so, dass die durch jene ge-
genüberliegenden Ränder gegebene Horizontal ebene den Scheitel der
Qnecksilberkuppe tangirt und dadurch, dass man jene beiden Rander
beim Beobachten zur Deckung bringt, wird ein Fehler der Parall-
axe vermieden.
Das Fort in 'sehe Gefassbarometer ist, gewöhnlich um zwei zu
einander rechtwinkelige* horizontale Axen drehbar (Cardanische Auf-
hängung), im Halse eines dreibeinigen Statifs aufgehängt, wie Fig. ^^
zeigt Das bedeutende Gewicht des Gelasses hält das Rohr in veiti-
caler Stellung. Beim Transport bilden die zusammengelegten Beine
des Stativs, welche auf ihrer inneren Seite cylindrisch ausgehöhlt sind,
das Gehäuse, in welchem das Barometer eingeschlossen wird.
Ein Gefassbarometer, mit Rücksicht auf die hier mitgetheUten
Vorschriften ansgefilhrt, ist nicht nur ein sehr empfindlicher Anzeiger
Barometer.
671
jeder Ver&nderung de» Luftdrucks, sondern gestattet auch, denselben
mit grosser Sch&rfe zu messen. Es eignet sich deshalb vorzugsweise,
tun die täglichen Schwankungen des Luftdrucks an demselben Orte zu
vergleichen. Auch lässt es sich mit derselben Sicherheit als Nor mal -
barem eter gebrauchen; d. h. als ein Werkzeug, das niemals seinen
Ort verändert und dessen Bestimmung ist: die Richtigkeit des
Standes anderer Barometer zu controliren. . Das Bohr muss
jedoch für diesen Zweck einen inneren Durchmesser von wenigstens
14 Mm. erhalten.
2. Heberbarometer. Da diese Instrumente ihres geringeren
Gewichtes wegen sich vorzugsweise zu Reisebarometem eignen, so
war man ganz besonders darauf bedacht, denselben Einrichtungen zu
geben, welche das Zerbrechen der Röhren durch Stossen des Queck-
silbers während des Transportes unmöglich machen und das Eindringen
▼on Luft erschweren.
Bei der von Gay-Lussac angegebenen Einrichtung ist, wie
'ig. 65 und Fig. 66 zeigen, der kürzere mit dem längeren Schenkel
Fig. 64.
Fig. 66.
Fig. 66.
1
a
durch ein Capillarrohr verbunden und die Quecksilbermenge so abge-
messen, dass bei dem Umkehren des Instrumentes aus der Lage Fig. 65
in die Lage Fig. 66 das Quecksilber aus dem kürzeren ganz in den
längeren Schenkel treten kann und dann seine Oberfläche in das Ca-
pillarrohr fällt. Die Oeffnung a im kürzeren Schenkel, durch welche
derselbe mit der äusseren Atmosphäre communicirt, ist so eng, dass
kein Quecksilber durch dieselbe austreten kann. — Um bei dem Wie-
672
Barümeter.
n dait Eintreten von Luft in den längeren Schenkel n «er-
indem, hat Bnnten, wie Fig. 67 zeigt, ein« Erweiterang «n d«
F'e 68 FIe 6T unteren Uülfte des capillarenTbeil«
dee Barometerrohreg nngebtadil
und die obere Hälft« des Capiliu-
rohreil in die erweiterte KunoMr
eingeechmolzen. Luft, welche iwi-
Hchen Quecksilber and G-lsswaad
in diufle Kammer gelangen mIIu,
wird in dem dasGapillarrohr nmg*-
benden ringförmigen Räume anlge-
halten und kann somit nicht tw in
den leeren Baum des Barometm
Ein sehr zweckmässiger Ver-
achluM wird von tireiner an Mi-
nen Ileberbsrometem angewendeL
Uer oifene Schenkel ist, wie Fig. S8
luigt, nahe über der Krümmung b<i
d etwad verengt und anmittelbv
unter diexer Stelle baacliig erwei-
tert. In diase Erweiterung erhebt
sich von Unten die konisch ver-
jilngle Spitze des hier eingeschmol-
zenen längeren Schenkels. Uas Instrument ent-
hält gerade iioviel Quecknilber , dass die bau-
chige Erveiterung noch bis d gefüllt bleibt
. wenn man durch Neigen des Bu-ometers den
längeren Schenkel vollständig mit Qnecksilber
gefüllt hat. Zum Verschluss dient ein in die
Verengung bei t^pasxenderEork k, dessen durrh
den Kork gehender Stiel aus einer im Lichten
1 Mm. weiten und bei n zu geschmolzenen Gls^
röhre besteht. Während des Transportes irt
der Kork sammt Stiel unverrückbar befestigt;
etwaige Ausdehnung des Quecksilbers im Bsro-
meterrohre durch Erwärmung findet im Inne-
ren des engen Glasrohres Baum.
Bei aller Vorsicht wird es nicht gelingen,
den Eintritt von Lnft in die leere Kammer einet
Heberbaro meten , welches vielfach transportiri
wird, gänzlich zu verhindern. Uankann awardco
hierdurch entstehenden Fehler in Rechnung neh-
men, wenn man dem Barometer eine gewi»t
von Ku pf Ter ') vorgeschlagene Einrichtung giebt oder wenn man et-
was reines Quecksilber in dem offienen Schenkel zusetzt oder heraw-
nimmt, und jedesmal beide Niveaus beobachtet. Ef bleibt jedoch im-
mer das Gerathenste, das Heherbarometer nowohl gleich anfangs, ab
auch je nach zeitweiligem Gebrauche mit einem Normalbarometer n
') Pogg. AnnaL Bd. XXTI, 3. £46.
Barometer. 673
vergleichen nnd hierdurch ohne Weitere« die CorrectioDsgrösse der
beobachteten Barometerstände auszumitteln.
Bei der Messung der Quecksilberhöbe am Heberbarometer mnss
der Stand des unteren Niveaus ebensowohl wie derjenige des oberen
beobachtet werden, da beide veränderlich sind. Es giebt zwar Heber-
barometer, bei welchen das Barometer bei festliegender Scale, oder
die Scale bei unverrückbarem Glasrohr so verschoben werden kann,
dass das untere Quecksilbemiveau mit der Nulllinie der Scale in eine
EiorizoBtale gebracht wird. Allein solche Instrumente gehören nicht
zo den vollkommeneren Heberbarometem. Bei den besseren Instrumen-
ten ist das Glasrohr sowohl als die Scale fest, und der Nullpunkt der
letzteren liegt entweder tiefer als der tiefste Stand, welchen das untere
Quecksilbemiveau jemals einnimmt, oder er liegt zwischen beiden Ni-
veaus, und die Theilung erstreckt sich von ihm aus aufwärts und ab-
'wärts. Im ersteren Falle ist die Quecksilberhöhe durch den Unter-
schied, im letzteren Falle durch die Summe der beiden Ablesungen ge-
geben. Häufig, wie z. B. bei den Gay-Lussac'schen Barometern,
ist die Scale auf das Glasrohr selbst eingeätzt. Wie dem sein möge,
so ist man beim Ablesen doch immer dem Fehler der Parallaxe aus-
gesetzt. ^
Man hat mancherlei Mittel ersonnen, um dieser Fehlerquelle zu
entgehen. Eins der zweckmässigsten besteht darin, dass man in dem
Brett, worauf das Barometer festliegt, an jedem der beiden Beobnch-
tangsorte einen länglichen Spalt fast von der Breite des Rohres ein-
schneidet, so dass man durch denselben, wenn die Quecksilbersäule
zw^ischen Auge und' Licht hängt, die Schwankungen bequem beobach-
ten kann. Oben und unten ist das Rohr von einem etwa 12 Mm.
hohen Messingcylinder umgeben, der niit dem Metallstreifen, welcher
den Nonias trägt, zusammenhängt und mit diesem leicht auf und nie-
der bewegt werden kann. Der untere Rand der cylindrischen Hülse
ist eben geschliffen nnd so gerichtet, dass die Verlängerung seiner
Ebene in den Nullpunkt des Nonius fällt und die Scale rechtwinklig
dorchschneidet. In dem Metall streifen selbst, welcher die Scale bil-
det, befindet sich ein Einschnitt, worin die Platte des Nonius sitzt und
nar in verticaler Richtung auf und nieder bewegt werden kann. Die
feinere Einstellung geschieht mittelst einer Mikrometerschraube.
Man richtet nun dieses bewegliche Stück ganz so wie die ähn-
liche Vorrichtung bei dem Gefassbarometer, bis die Ebene des unteren
Randes der Hülse den Gipfel der Quecksilberkuppe berührt Man be-
greift, dass eine falsche Stellung des Auges unter diesen Umständen
unmöglich ist. Die cjlindrische Hülse muss eine Hohe von etwa 12 Mm.,
theils um der Festigkeit willen, theils darum erhalten, damit sie den
Quecksilberspiegel beschattet; denn hierdurch wird die richtige Ein-
stellung sehr erleichtert.
Ein anderes Verfahren, um jeder Täuschung, veranlasst durch eine
unrichtige Stellung des Auges, vorzubeugen, ist vor mehreren Jahren von
Wilh. Weber *) in Anwendung gebracht. Man wählt einen Streifen von
^ dickem Spiegelglase zur Barometerscale, und foliirt diesen auf der einen
Seite seiner ganzen Länge und halben Breite nach, so dass er in zwei lange
schmale Streifen zerföllt, von denen der eine einen Spiegel bildet, der
•) Pogg. Annal. Bd. XL, S. 2S.
lUndwOrterbaeh der Chrml«. 2te AaH. B«i. 11. 43
674
Barometer.
andere durchsichtig üt. Auf der anderen Seite, der Grenze des Spie-
gels nnd des durchsichtigen Glasaa gegenüber, wird mit dem Diannn*
ten Mif der Glasoberfläche die Scale aufgetragen, so, dass alle Theil-
striche zur Hälfte auf der durchgichtigen, zur Hälfte auf der oodiirdi-
sichtigen Seite liegen. Diese Scale wird, die getheilte GlasÖäche nach
vorn, vor dem Barometerrohr befestigt, Fig. 69, und man stellt da*
Auge 80 davor, dass, während man durch den durchsichtigen Streifen
p,^ j.q die Quecksilberkuppe des Barometers erblickt, diebt
daneben iiu Spiegel das Bild des Äugea erscheint.
Hängt iiuo die Scale genau vertical und sind beide
Flächen des Glasstreifena parallel };eschliBen, so wird
das Auge die richtige Stellung haben, sobald «ein«
Axe sich in gleichem Niveau mit der Queckailber-
kuppe beßndet; denn in diesem Falle muss die leti-
tere mit dem Augenpunkte nnd dessen Bild in der-
selben Horizontalebene liegen. Im Allgemeinen wird
man alsdann die Qnecksilberkuppe zwischen swei
Theilstrichen der Scale erblicken, und es kommt nur
darauf an, diesen Bruchtheil zu beBtiromea.
Bei^iniger Uebung bringt man es bald dahia,
ein Zehntel einer halben Linie ziemlich ^nau absn-
schätzen, mithin in der Längenmessung keinen Feh-
ler zu begehen, der die Grenze von ein ZehnUl Linie
überschreitet, und dieser Grad der Genauigkeit ui
in den meisten Fällen vollkommen genUgend. El
wird, wie man sieht, bei dem Weber'schen Barome-
ter erreicht, ohne Beihülfe des Nonius, ohne dus
Scale oder Rohr berührt oder etwas darao verrückt
wird, durch die blosse Ansicht des InstrameDtes.
Bei^enjentgen Barometern, die mit Mikroskopen veraehen nnd,
ist ebenfalls die richtige Stellung des Auges gesichert, und insofern
ein haarscharfes Abmessen der Quecksilbersäule die Zu Ter lässigkeil
der aus barometrischen Messangen gezogenen Resultate zd erbShoi
vermag, geschieht es ohne Zweifel durch die Anwendung der Mikro-
skope. Zu den vollkommensten Barometern dieser Art gehören die
Ton Schiek in Berlin verfertigten'). Sie sind mit einer sehr wei-
ten RShre versehen, deren Durchmesser nie unter 11 Mm. beträgt,
damit das Quecksilber die nöthige Beweglichkeit besitzt. Diese Röhre
ist so gebogen, dass beide Quecksilberkuppen senkrecht unter einander
stehen. Der Messapparat besteht aus einem starken Messinglineale
von der Länge der ganzen Quecksilbersäule. Dasselbe Ist verschieb-
bar, trägt unten ein festes, oben ein mit dem Nonius verschiebbares
Mikroskop mit Fadenkreuz und ist leicht von dem Instrumenta zu tren-
nen, um auf einem eigens dazu verfertigten Etalon geprüft zu wer-
den. Dieser Etalon, von Messing, nnd wie die Stabe liir Vi°R. aja-
sürt, enthält auf zwei eingelassenen Silberplatten zwei Striche in dem
Abstände von 28 Zoll; mit diesen bringt man die Fadenkreuze der
beiden Mikroskope in Coinoidenz, indem man zuerst das mit dem No-
nius verbundene auf 28 Zoll stellt , und dann an dem festen Mikio*
skope mit einer dazu angebrachten Stellschraube nachhilft. Nonios
') PogK. Annal. Bd. XXVI, 3. 151. AnmcA.
Barometer« 675
ind Scale, die beide auf Silber getheilt sind, liegen in einer Ebene
in<i geben Hundertel der Par. Linie; beiden wird die feine Bewegung
lurch Mikrometerschrauben ertheilt. Endlich ist das Indtrument so
lufgestellt, dass man die Scale genau vertical »teilen und in dieser
:>tel]ung unverrückbar erhalten kann. Von einer an der Mauer durch
ief eingelassene und eingegypste Schrauben wohl befestigten dicken
[^hle gehen horizontal zwei starke eiserne Arme ab, von denen der
intere eine konische Pfanne von Glockengut und der obere einen
äing trägt. In der Pfanne ruht das ganze Instrument mittelst eines
iiflemen konischen Zapfens; oben wird es mittelst d^s Ringes durch
sinen , mit einem Scharniere versehenen Stift gehalten. Durch Stell-
schrauben kann der Stift so lange verschoben werden, bis die Prüfung
mit dem Senkblei zeigt, dass die Scale vertical steht. Die Einrich-
tung des Stativs erlaubt, nicht nur das Instrument, unbeschadet seiner
senkrechten Stellung, nach allen Seiten zu drehen, sondern auch es
uD« der Pfanne zu heben und bis zu eitiem gewissen Grade zu neigen.
Heberbarometer, welche mit dieser Sorgfalt ausgeführt sind, stehen
bei gleicher Weite der Röhren, den besten Geiass-Normalbarometern
in keinem wesentlichen Pi^nkte nach, sind aber eben so wenig wie
diefte transportabel.
8. Correctionen. Durch die mit den angegebenen Hiilfsmit-
teln und mit der grössten Sorgfalt angestellte Messung der Qnecksil-
berhohe erhält man ohne Weiteres in der Regel noch keinen vergleich-
baren Ausdruck ilir das Gewicht der 4juftsäule, weil Scale und Queck-
silber dem Einflüsse der wechselnden Temperatur unterworfen sind
und ausserdem die Capillaritat auf den Quecksilberstand eine gewisse
Aich nicht immer gleich bleibende Wirkung ausübt.
Am unbedeutendsten ist die Verbesserung, welche an der beob-
achteten Barometerhöhe wegen der Ausdehnung der Scale durch die
Wärme anzubringen ist, ja man wird bei den meisten derartigen Beob-
achtungen jene Verbesserung ganz vernachlässigen können.
Gesetzt, eine Scale, welche Pariser Zolle und Linien enthält, habe
bei 16,25^0. ihre normale Länge, und es sei bei t^ ein Barometerstand
6 abgelesen worden, so ist die wahre Länge:
Bei einer Scale auf Silber: B = b {1 -^ 0,0000191 [f — 16,26])
„ „ Messing: iB = 6 (1 + 0,0000189 [t — 16,25])
„ „ Glas: 5 = Ä (1 + 0,0000086 [t — 16,25]).
Gesetzt, eine Millimeterscale habe bei 0^ ihre normale Lange, und
es sei ein Barometerstand b bei t^ abgelesen worden, so ist die wahre
Länge desselben:
Bei einer Scale auf Silber: ^ = * (1 + 0,0000191 0
„ „ * „ „ Messing: B = b (l -f- 0,0000189 t)
„ „ Glas: B = bll -|- 0,0000086 0-
Hat man z. B. auf einer auf Glas geätzten Theilung bei 26^ den
Barometerstand von 753 Mm. abgelesen, so würde man bei einer Tem-'
peratur 0^ der Scale eine Länge von 753,15 Mm. beobachtet haben.
Ungleich wichtiger ist die Berücksichtigung des bei verschiedenen
Temperaturen ungleichen specifischen Gewichtes des Quecksilbers.
Damit die bei verschiedenen Temperaturen beobachteten Quecksilber-
hohen vergleichbare Maasse des Luftdruckes abgeben, müssen dieselben
alle auf eine und dieselbe Temperatur reducirt sein. Man wählt hier-
für die Temperatur von 0^. Ist die bei t^ beobachtete Barometerhöhe
43*
676
Barometer.
bf^ die auf 0^ redncirte Barometerhöhe ^ und nimmt man, was für
den vorliegenden Zweck hinlänglich genau ist, den wahren Ansdeh-
nungscoefficient des Quecksilbers für loC. = 0,00018 an, so ist
-ho!o0018.r '''^^'' genähert: b^ = 3, (1 - 0,0001 8. t).
6r> =
Man hat an dem beobachteten Barometerstande bg demnach 0,00018
.t.bf Scalentheile in Abzug zu bringen. Die folgende Tafel entbäk
den Werth dieser Correction in Millimetern innerhalb der gewohnlich
vorkommenden Grenzen des Barometerstandes und der Temperaturen
für den Fall, dass die Barometerhöhe in Millimetern gemessen wurde:
8»
10"
12«
14''
16»
18»
20'^
22«
24«
26«
28«
$«•
780""«
1,1
1,8
1,6
1,8
2,1
2,4
2,6
2,9
3,2
3,4
8,7
3,9
740
1,1
1,8
1,6
1,»
2,1
2,4
2,7
2,9
8,2
*8,6
8.7
4,0
760
1,1
1,4
1,6
1,9
2,2
2,4
2,7
8,0
8,2
8.6
8,8
4,1
760
1,1
1,4
1,6
1,9
2,2
2,6
2,7
3,0
3,8
8,6
8,8
4,1
Die Reduetion der Barometerstände auf 0^ mittelst dieser Tabelk
wird um so mehr eine für alle Fälle ausreichende Grenauigkeit gewah-
ren, als eine absolut genaue Bestimmung der Quecksilbertemperator
bis jetzt zu den Unmöglichkeiten gehört, und man sich selbst selteo
versichert halten darf, nicht einen Fehler von einigen Zehntel Grad
gemacht zu haben; ein Fehler, der mehr beträgt, als man durch die
weitläufigere, aber theoretisch genauere Rechnung gewinnen kann.
Die Temperatur des Quecksilbers stimmt nur in einem verschlos-
senen Zimmer und bei sehr gleichförmiger Temperatur mit derjenigeo
der Luft überein. In luftigen Räumen und besonders im Freien wird
meistens der Wärmegrad des Quecksilbers hinter dem eines frei hxdgt-
hängten Thermometers zurückbleiben, d. h. dieses Thermometer wird
bei steigender Temperatur höhere, bei sinkender niedrigere Grade
als das Quecksilber zeigen.
Um ntin den Temperaturgrad des letzteren in jedem Augenblicke
erfahren zu können, pflegt man ein kleines Quecksilberbehälter, in
welches ein empfindliches Thermometer quecksilberdicht eingeseixt
ist, in der Mitte der Höhe des Barometergohäuses zu befestigen. Die-
ses Verfahren ist jedoch nur dann untadelhaft, wenn der Behälter am
einem Stücke des Barometerrohres verfertigt ist, denn nur in diesea
Falle besitzt die Flüssigkeit in beiden gleiche Empfänglichkeit für an»-
sere Einflüsse.
Vermittelst eines Quecksilberbehälters ohne W.lhl lässt sich der
Wärmegrad des Barometerquecksilbers um so weniger sicher verbür-
gen , je weiter es ist und je dickere Wände es besitzt. Aus diesem
Grunde giebt auch ein Thermometer, das in das Gefass eines Gefass-
barometers getaucht ist, niemals brauchbare Anzeigen für die Tempe-
ratur der Säule. Directe Versuche, in dieser Beziehung angestellt,
haben gelehrt, duss der Wärmegrad des oberen Theils der Säule der
äusseren Temperatur immer näher stand, als derjenige der antereo
Masse. Der Unterschied betrug nicht selten 0,5® bis 0,7^0.
Es ist wahrscheinlich , dass selbst in Heberbarometem die Tem-
peratur des unteren und oberen Theiles der Säule nicht immer gan<
Barometer.
677
gleich ist. Jedenfalls reicht schon der kurze Aufenthalt vor dem In-
Btnunente and die Berührung desselben, welche nöthig ist, den Nonius
zu rücken, hin, bemerkbare Aenderungen des Wärmegrades zu erzeugen.
l>ie auf 0^ reducirte Barometerhöhe bedarf noch einer weiteren Ver-
besserung wegen der Capillardepression, eines Einflusses, welcher
erst in Rohren von mehr als 14 Mm. innerer Weite unmerklich wird.
Es ist bekannt, dass die Depression eine Function der Röhren weite
ist und zu derselben in einem nahe umgekehrten Verhältnisse steht.
Allein die einfach auf Grund dieses Gesetzes entworfenen Tabellen
können nur für Quecksilber in offenen, dem Zutritt der atmosphärischen
Feachtigkeit unmittelbar ausgesetzten Röhren, nicht aber ihr die in
einem Barometerrohr eingeschlossene Säule giltig erachtet werden.
Die Adhäsion des Quecksilbers zu den Glaswänden nimmt bei gänz-
lichem Abschluss der Feuchtigkeit auffallend zu und in gleichem Grade
▼ennindert sich die Capillardepression. Auch hat hierauf der Zustand
der Reinheit, in welchem sich das Quecksilber befindet, entschiedenen
Eanfluss.
Schleiermacher und Eckhardt^) haben deshalb eine Tabelle
mit doppeltem Eingang für die ' Capillardepression berechnet, so dass
dieselbe nicht nur von der Röhren weite, sondern auch von der Höhe
des Meniscus abhängig erscheint Diese Tafel ist später von Delcros*),
gleichfalls nach Formeln von Schleiermacher neu berechnet und
neaerdings von Pohl und Schabus') durch Interpolation noch be-
trachtlich erweitert worden. Wir theüen hier einen Auszug aus der
letzteren Tafel mit:
Depi
ression in
Mill
imetern.
Höhe des MeniscuB in Millimetern.
Darchmeflser
der Röhre
mm.
0,1
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
1,6
1,8
V
2
1,268
2,460
4,896
3
0,654
1,092
2,068
2,846
4
0,802
0,698
1,158
1,648
2,046
2,848
6
0,1J*6
0,868
0,721
1,042
1,821
1,552
1,781
6
0,122
0,248
0,478
0,698
0,896
1,068
1,210
1,322
7
0,085
0,168
0,332
0,488
0,631
0,758
0,868
0,959
1,080
8
0,060
0,120
0,238
0,350
0,455
0,551
0,685
0,707
0,766
9
0,044
0,088
0,174
0,257
0,885
0,407
0,472
0,528
0,575
10
0,083
0,065
0,130
0,192
0,250
0,805
0,854
0,898
0,436
11
0,024
0,049
0,097
0,145
0,189
0,231
0,269
0,302
0,332
0,356
12
0,019
0,087
0,074
0,110
0,144
0,176
0,205
0,231
0,254
0,278
13
0,015
0,028
0,057
0,084
0,110
0,135
0,158
0,178
0,196
0,210
14
0,011
0,022
0,044
0,065
0,085
0,105
0,122
0,188
0,152
0,163
16
0,007
0,016
0,032
0,048
0,064
0,080
0,094
0,106
0,116
0,126
Die Zahlen in der ersten Verticalcolumne sind doppelt so gross,
als im Original; allein dort bedeuten sie die Röhrenhalbmesscr, nicht
die Durchmesser, wie irrthümlich in der citirten Stelle in Poggen-
») Biblioth^que universelle de Genfeve, T. VIII, p. 8. — *) Nouv. Möm. de
rA»d. Roj. de Bnutelles, T. XIV, p. 72; auch Pogg. Annal. Bd. LX, S. 877. —
*) Wien. AkAdem. Berichte, Bd. IX, S. 834.
678 Barometer.
dorff'sAnnalen und in den meisten deutschen Lehr- und Handbüchern,
wo dieDelcros'sche oder die ältere Eckhardt- Seh leiermacher'-
sehe Tabelle aufgenommen ist, angegeben wurde.
Man begreift in Folge der vorhergehenden Erörtemngea, dass die
Capillarität auch bei den Heberbarometern nicht ohne Einflnss ist:
denn selbst dann, wenn beide Schenkel genau einerlei Weite besitzen,
wird man doch in der Regel in dem offenen Rohre, weil hier die Feuch-
tigkeit freien Zutritt hat, eine bedeutend stärkere Wölbung wahrneh-
men. Da hierdurch die Depression vermehrt wird, so folgt, dass He-
berbarometer, deren Röhren nicht sehr weit sind, den Luftdruck su
hoch angeben.
Andere Barometerformen. Die Sorgfalt, welche auch die
möglichst praktisch ausgeführten Reisebarometer immer noch bei dem
Transport in Anspruch nehmen, so wie der Umstand, daas sie durch
ihren Umfang und ihr Gewicht dem Reisenden leicht lästig wer-
den, hat Veranlassung zur Construction sogenannter Differenzial-
oder abgekürzter Barometer gegeben, idre GonstructioD beruht
darauf, dass ein gewisses Volumen Luft von atmosphärischer Dichte von
der umgebenden Atmosphäre abgeschlossen und mittelst eines Kolbens
oder eines mittelst Schraube verschiebbaren Bodens auf einen bekann-
ten aliquoten Theil reducirt wird. Der Druck dieser verdichteten
Luft auf ein Quecksilbemiveau macht das Quecksilber in einem in das-
selbe tauchenden oben offenen Glasröhrchen steigen, und die Höhe die-
ser Quecksilbersäule, welche man beobachtet, ist ein bestimmter aliquo-
ter Theil der Quecksilberhöhe im Barometer. Wenn z. B. die Loft üb
Verhältnis^ von 10 : 9 comprimirt wird, so ist die Höhe der Queck-
silbersäule in der Steigröhre des abgekürzten Barometers ^/g der wah-
ren Barometerhöhe. Speciellere Angaben über die Construction dieser,
namentlich durch die Leichtigkeit des Transports ausgezeichneten In-
strumente haben August^) und Kopp^) gegeben. Kreil') hat dai
Fortin* sehe Barometer auf die Hälfte der Länge reducirt, indem
er zwei Einstellspitzen in solcher Stellung im Gefasse anbrachte, das«,
wenn das Niveau auf die Spitze a eingestellt, alsdann das Gefass ge-
gen die äussere Luft abgeschlossen und nunmehr die Bodenschranbe
gesenkt wird, bis das Niveau an der Spitze b einsteht, die Luft gerade
auf die Hälfte der anfanglichen Dichte gebracht ist Man mifiat ab-
dann nur den halben Barometerstand, und die Barometerröhre braucht
darum auch nur die Hälfte der gewöhnlichen Länge zu haben.
Alle diese abgekürzten Instrumente haben das gegen sieb, dass
der Fehler einer Beq^imniung ebenso vielmal vervielfacht sich auf die
ganze Quecksilberhöhe überträgt, als diese in dem Instrumente verkürzt
beobachtet wurde.
Das Aneroidbarometer, von Vidi^ erfunden, beruht nickt
auf einem hydrostatischen Principe, sondern auf demjenigen der Ela-
sticität. Es besteht aus einer ^/^ Zoll tiefen Metalldose, welche luftleer
gemacht und dann hermetisch verschlossen ist Der obere Boden ist
dünn und seine Beweglichkeit durch concentrisch eingeätzte Kreise
noch gesteigert, so dass er bei jeder Aenderung des Luftdruckes eine
*) Pogg- Annal. Bd, III, S. 829. — *) Pogg. Annal. Bd. XL. 8. 62; und ««pi-
t«r eine zweckmässigere Fonn Bd. LVI, S. 618. — ') Wien. Akad. Bericht, Bd. XIT
S. 897. — <) Compt. rend. de l'Acad. franc. T. XXIV, p. 975.
Barsowit. — Baryt. 679
andere Lage einnimmt. Die Dose ist in eine Holzbiichse eingelegt
und mit dem Mittelpunkte des beweglichen Bodens ein Hebelwerk ver-
bunden, welches jede Bewegung, 600 bis TOOmnl vergrössert, auf einen
Zeiger überträgt, welcher sich auf der Aussentfeite der Büchse an
einer Theilung hinbewegt. Einmal mit einem Norroalquecksilberbaro-
meter verglichen, kann das Aneroidbarometer zur fortgesetzten Beob-
achtung des Luftdruckes dienen, vorausgesetzt, dass es auf einen Feh-
ler von 1 Mm. Quecksilberhöhe nicht ankommt. Veränderungen der
Temperatur haben keinen merklichen Einfluss auf den Gang dieses Ba-
rometers. Dasselbe ist leicht transportabel, da die Buchse nur etwa
4 Zoll im Durchmesser und 1^/4 Zoll Dicke hat
Angaben über die Construction eines Maximum- und Minimnm-
barometers von Geissler sind von 6. Bischof ') mitgetheilt
worden. Z,
Barsowit. Ein in den Barsowschen Goldseifen am Flusse
Barsowka am Ural vorkommendes Mineral (G. Rose 2), welches sich
hier als Gerolle findet und kleine Soymonit genannte Korundkrystalle
einschliesst Es bildet dichte Massen oder kleinkörnige Aggregate, ist
in einer Richtung ziemlich deutlich spaltbar, weiss, die körnige Varie-
tät schwach perlmutterartig glänzend, die dichte matt, an den Kanten
durchscheinend; Härte = 5,5 bis 6,0, specif. Gewicht r= 2,740 bis
2,752. Vor dem Löthrohre schwer an den Kanten zu einem blasigen
Glase schmelzbar, mit Borax langsam und ruhig zu wasserhellem Glase,
mit Phosphorsalz desgleichen, Kieselsäure ausscheidend, wobei . das
Glas bei grösserem Zusätze beim Erkalten opalisirt. Mit gleicher
Menge Soda gemischt zu blasigem Glase schmelzbar, das mit mehr
Soda schnee weiss und unschmelzbar wird. Durch Kobaltsohition wird
das Mineral beim Glühen blau. Das Pulver ist durch Salzsäure leicht
zersetzbar und es bildet sich eine dicke Gallerte. Nach Varren trapp's
Analysen entspricht die Zusammensetzung der Formel 3 Ca O . 2 SiOg -f-
3 (AI9O3 . SiOs), neben Kalk enthält es wenig Magnesia. K,
Barwood, Camwood, ein in England vielfaltig benutztes Roth-
holz, dessen Farbstoff, nach einer gemeinschaftlichen Untersuchung von
Pr ei SS er und Gi rar diu'), mit dem Santalin identisch sein soll.
Barystrontianit ist der Stromnit genannt worden, weil er
neben kohlensaurem Strontian (Strontianit) auch viel schwefelsauren
Baryt enthält (s. Stromnit).
Baryt, syn. Bariumoxyd.
Baryt. Barytin, Barytkrystalle, Barytstein, Schwer-
«ipath, schwefelsaurer Baryt, prismatischer Hai- Baryt,
Wolnyn, Stangenspath, Bologneserspath, Bologneserstein,
AUomorphit, Shoharit, Hepatit, Aehrenstcin, Cawk, Litheo-
spore, Baryte sulfatie^ Barytes, Heavy Spar. Zusammensetzung:
BaO.SOa. Diese Mineralspecies findet sich meistens krystallisirt, zuwei-
len dicht oder erdig; sie krystallisirt orthorhombiscb und wird sehr oft in
schon ausgebildeten Krystallen gefunden. Die einfachste Combination ist
») Pogg. Annal. Bd. LX, S. 857. — *) Pogg. Annal. Bd. XLVm, S. 667. —
*) Annal- d. Chem. n. Pharm. Bd. LH, S. 875.
680 Barj^flussspath. — Barytgelb.
eine rhombische Tafel mit geraden Bandflächen, gebildet dorch die
Längsflächen oo P ao und das Querdoma P ^, dessen Endkanten
78p 18' messen. Daran sind bisweilen die Combinationskanten durch
eine orthorhombische Pyramide P abgestumpft, welche allen Gestalten
des Baryts zu Grunde gelegt wird; ihre Endkanten sind = 128^ 23'
und 910 26% die Seitenkanten = 110<> 44'. Oft kommt auch ein
Längsdoma P o6 vor, dessen Endkanten 105^ 6' messen, und ein
Prisma oo PY<t dessen brachydiagonale Kanten 77® 27' messen, ausser
diesen noch viele andere Gestalten in mannigfachen Coinbinationen.
Je nachdem nun die Längsflächen od P o6 oder das Prisma od "PXy oder
ein Doma vorherrscht und mit anderen Gestalten verbunden vorkora-
men, sind die Krystalle rhombische Tafeln mit geraden Bandflachen,
odPo5 -P^, oblonge Tafeln mit zugeschärften Rändern, od Poe .poo •
00 PT, prismatische Krystalle durch die vorherrschenden Prismenfladbieo
odPT, oder domatische (horizontal prismatische) durch ein Doma, nach
den Dimensionen dick- bis dünn tafelförmig, kurz- bis langprismatisch
oder auch nadeiförmig. Die Krystalle sind einzeln auf- oder einge-
wachsen, gruppirt oder zu krystallinisch-schaligen, stengligen bis faseri-
gen, auch kömigen Aggregaten verwachsen. Sie sind vollkommen spaltbar
parallel ooPob , weniger vollkommen parallel P"3o , der Bruch ist mnsche-
lig, uneben, splitterig, so bei dem dichten, und erdigen. Der reinste Baryt
ist farblos oder weiss, meist ist er etwas gefärbt, grau, gelb, roth, seltener
braun, grün, blau bis schwarz, glasartig glänzend, zum Theil in Wach>-
glänz geneigt, auf den vollkommensten Spaltungsflächen in Perlniutter-
glanz durchsichtig bis undurchsichtig, Strich weiss, Härte = 3,0 bis 8^,
spröde, specif. Gewicht = 4,3 bis 4,7. Erwärmt phosphorescirt er oft
mancher gebrannte auch durch Einwirkung des Sonnenlichts (so der zu
künstlichen Phosphoren gebrauchte Bologneserspath, ein stengliger Ba-
ryt vom Monte paterno bei Bologna). Der Schwerspath enthält ne-
ben schwefelsaurem Baryt öfter geringe Mengen anderer Stoffe ab
Beimengungen, so Strontian oder Kalk als vicarirende Bestandth^e
für Bariumoxyd. In Säuren ist er unlöslich, vor dem Löthrohre
zerknistert er heftig, schmilzt sehr schwer zu einer alkalisch reagiren-
den Masse, die Flamme gelblichgrün färbend; mit Soda schmilzt er
auf Platinblech zu einer klaren Masse und giebt in der Reductions-
flamme Schwefelbarium. Der Baryt ist ziemlich verbreitet, ohne we-
sentlicher Gemengtheil von Gebirgsarten zu sein, flndet sich am häu-
flgsten auf Gängen, für sich oder in Begleitung anderer Minerale, we-
niger häufig auf Lagern, in verschiedenen Gebirgsformationen. Be-
sonders schöne Krystalle liefern Ungarn, Siebenbürgen, Böhmen, Sach-
sen, England, Frankreich u. s. w.; der dichte und erdige ist selten,
wie am Harz, bei Frei her g in Sachsen und Herrengrund in Ungarn.
Barytflusspath oder Fluss-Schwerspath ist eine Mi-
neralsubstanz aus Derbyshire genannt worden, welche ein 1 Zoll mächti-
ges Lager im schieferigen Kalkstein bildet und, nach Smithson 0^ 51,5
Proc. schwefelsauren Baryt und 48,5 Fluor calcium enthält, wahrschein-
lich nur ein Gemenge ist.
Barytgelb, Gelbin, auch als gelbes Ultramarin bezeich-
net) s. chromsaurer Baryt
>) Schwcigger's Journ. Bd. I, 862.
Barythmspath. — Barytspath. 681
Barythinspath, pyramidaler, s. Edingtonit
Barythydrat u. a. Barytverbindungen s. Ba-
riumoxydhydrat u. s. w.
Barytm war zuert das Jervin genannt, weil es mit Schwefel-
säure auch ein schwer lösliches Salz bildet.
Barytin nannte Beudant den Baryt.
Barytkreuzstein s. Harmotom iste Aufl.Bd.III, S.781.
Barytmanganerz, syn. mit Psilomelan.
Barytocalcit (Brooke), Barocalcit, hemiprismatischer
Hai -Baryt Ein klinorhombisch krystallisirendes Mineral von Ai-
ston - Moor in Cumberland in England, welches der Formel Ca O . C O2
-|-BaO.C02 entspricht Die leicht erkennbaren Krystalle zeigen vor-
herrschend ein klinorhombisches Prisma ooP von 95® 15' mit einer
schiefen Endzuschärfnng durch eine Hemipyramide P' mit dem End-
kantenwinkel 106® 54% ausser diesen sind noch einige andere Gestal-
ten untergeordnet. Er ist vollkommen spaltbar parallel P' und weni-
ger deutlich parallel P'oo , der Abstumpfungsfläche der Endkanten von
P'. Oelblichweiss, glasglänzend i, durchscheinend, Strich weiss, Härte
= 4,0, spröde, specif. Gewicht = 3,6 bis 3,7. Vor dem Löthrohre un-
schmelzbar wird er trübe und dann alkalisch reagirend, mit Soda auf
Platinblech schmilzt er zu einer unklaren Masse, auf Kohle wird er.
zersetzt, die Baryterde geht mit der Soda in die Kohle und Kalk bleibt
zurfick. In Salzsäure ist er mit Brausen auilöslich.
Den Namen Barytocalcit gab Thomson auch einem blätteri-
gen Minerale, welches zwischen Leeds und Harrowgate in Yorkshire
vorkommt und 71,9 Procent schwefelsaiu'en Kalk, 28,1 schwefelsauren
Baryt enthalten soll i), so wie Johnston endlich auch den Alstonit
mit dem Namen Barytocalcit belegte ^).
Barytocölestin sind zwei Mineralien genannt, von denen eines
krystallinisch bei Kingstown in Canada, das andere orthorhombisch kry-
stallisirend häufig im Dolomit des Binnenthaies in der Schweiz vor-
kommt, weil sie schwefelsauren Strontian und Baryt (die Bestandtheile
des Colestin und Baryt) enthalten. Da jedoch das Mineral ans dem Binnen-
thale nach Sartorius ^ von Waltershausen 87,8 schwefelsauren
Baryt gegen 9,1 schwefelsauren Strontian enthält, so ist es richtiger
als eine Abänderung des Baryts anzusehen, während das von Kingstown,
nach Thomson, nahezu 2 Aeq. SrO . SO3 gegen 1 Aeq. BaO.SOg
enthalten soll, beide also nicht zusammengehörig angesehen werden
können. Letzterem würde sich eher ein dichtes Mineral aus dem Kreide-
mergel von Moen anschliessen, wenn es kein G-emenge ist, weil
Pfaff ^) darin 40,0 Procent schwefelsauren Strontian, 28,3 schwefel-
sauren Baryt, 15,5 schwefelsauren Kalk, 13,5 kohlensauren Kalk und
2,5 Wasser fand« K,
Barytophyllit nannte E. F. Glocker den Chloritoid, s. d. A.
Barytspath, Schwerspath s. Baryt.
») Outl. of Min. T. I, p. 106. — «) Philos. Magaz. [8J Bd. VI, S. 1.
*) Pogg. Annal. Bd. XCIV, S. 134. — *) Schweigger's Journ. Bd. XV, S. 377.
682 Barytetein. — Basalt
Baryt stein ist dichter BaryU
Barytwasser s. Bariumoxydhydrat.
Basalt, ein gemengtes Gebirgsgestein , dessen Gemengtheile
aber so innig und klein sind, dass es meist vollkommen dicht und ho-
mogen erscheint und man die Gemengtheile durch das Auge kaum un-
terscheiden kann, unter denen der Olivin am deutlichsten hervortritt
Das dichte, zum Theil kugelig und säulenförmig abgesonderte, auch
* porphyrartige (durch Krystalle des Augit, Amphibol, Labradorit) man-
. delsteinartige oder schlackige, feste und sehr zähe, graulich-, bläulich-,
bräunlich- oder selten grünlich-schwarze, matte oder schimniemde Ge-
stein mit unebenem oder splitterigem, im Grossen flachmuscheligem
Bruche, mit dem specif. Gewichte ^ 2,8 bis 3,2, lässt die Cremeog-
theile schwierig feststellen. Man nimmt im Allgemeinen an, dass das
Gemenge vorzüglich aus Labradorit, Augit, Olivin, Magneteisenerz
und einem sogenannten Zeolith bestehe, und das zuerst von C. Gmelin
nachgewiesene, durch vielfache Untersuchungen Anderer bestätigte
Verhalten, in Säuren sich in einen zersetzbaren und einen unzentetz-
baren Theil zu zerlegen hat die Mittel an die Hand gegeben, die Ge-
mengtheile und die relativen Mengen derselben durch Berechnangen
nach Möglichkeit zu ermitteln. So einfach auch das Verfahren er-
scheint, das Gestein durch Säuren, wie durch Chlorwasserstofiaaure
oder durch Schwefelsäure, in zwei Theile zu zerlegen und daraaf Rech-
nungen zu gründen, denen die Mengenverhältnisse der Bestandlheile
der bezüglichen Minerale zu Grunde gelegt werden, so haben bis jetzt
die zahlreichen Untersuchungen der Basalte dargethan, dass dieses Ver-
fahren nicht ausreicht, weil die Resultate untereinander zu sehr ab-
weichen, überdies auch nicht vorauszusetzen ist, dass die Gemengtheile
wirklich immer dieselben sind, insofern nämlich der Labradorit durch
Nephelin(?) oder einen anderen sogenannten Feldspath, der Augit durch
Amphibol ersetzt werden, der zeolithische Bestandtheil aber sehr ver-
schieden sein kann. Der Olivin, welcher meist in kleinkörnigen Krjstal-
loi'den oder körnigen Aggregaten ausgeschieden sichtbar ist, das Mag-
neteisenerz, zum Theil auch titanhaltig, und der zeolithische Bestand-
theil werden zwar durch kalte Salzsäure ganz aufgelöst, doch werden
auch der Augit und der Labradorit oder die Vertreter derselben davon
angegriffen, wenn die Säure stark genug ist, und da selbst der natür-
liche Znstand des zu untersuchenden Gesteins auf die Löslichkeit £Iin-
flnss hat, so können die Gemengtheile nur annähernd aus der Berech-
nung hervorgehen. Die Bestandtheile der Basalte sind, wie schon ans
der als Gemengtheile angenommenen Mineralspecies ersichtlich ist, Kie-
selsäure (im Durchschnitt um 50 Procent herum), Thonerde, Eisenozj*
dul, Kalk und Magnesia, Kali, Natron und Wasser, oft etwas Mangan-
oxydnl, deren Mengen gegen einander sehr wechseln, wie die zahlrei-
chen' Analysen zeigen i). Es ist hiemach bei ferneren Untersuchungen
nicht allein das Verhalten des Basaltes verschiedener Fundorte und
verschiedener Proben desselben Fundortes gegen kalte und erwärmte
Säuren in gewissem Grade der Concentration, sowie gegen Alkalien
') Rammelsberg, Handwörterb. des ehem. Tbeils der Min. n. Soppl. Ber-
lin. — Kenngott} Uebersicht der Resnltate min. Forschungen 1844 bis 1849, 8.
272; 1860 bis 1851, S. 168; 1868, S. 147.
Basaltglas. — Basen, anorganische. 683
zu prüfen, sondern es müssen dabei gleichzeitig vergleichende Unter-
suchungen mit den einzelnen vorausgesetzten Mineralen bezüglich des
verschiedenen Löslichkeitsverhaltnisses angestellt werden, auch verdient
die von A. Bensch ^) gemachte Beobachtung einige Beachtung, zufolge
welcher fein zerriebener Basalt durch längere Einwirkung von Wasser
angegriffen wurde. K.
Basaltglas. Basalt schmilzt für sich zu Glas, und lässt sich
als Zusatz zu dunkelgrünem oder schwarzem Glas gebrauchen; Stickel
nimmt 1 Thl. Basalt, 2 Glasscherben, 2 Soda, 1 Asche und ^/^q Braun-
stein.
Basaltit wurde ein dem Basalt sehr ähnliches, bei Zwickau in
Sachsen anstehendes Gestein "genannt, welches ai^statt Olivin Quarz
enthält. Auch erhielt diesen Namen der Melaphyr. Neuerdings ge-
braachte F. Senft^) diesen Namen, um im Allgemeinen eine Gesteins*
gmppe zu benennen, welche den Dolerit, Anamesit, Basalt und die
Wacke mit ihren Unterarten nmfasst. K.
Basal tjaspiS wird ein halb verglaster Mergel oder Grauwacken-
schiefer wegen der Aehnlichkeit mit gewissen Abänderungen des Jas-
pis genannt. K.
Basaltspeckstein heissen in Blasenräumen mancher Basalt-
mandelsteine vorkommende an Speckstein erinnernde Massen, welche
znm Theil, nach Scheerer, eine deip Neolith ähnliche Zusammenset-
zung haben sollen. K.
Basanit findet man als Synonym des Basaltes, da es wahr-
scheinlich ist, dass die Alten daininter den Basalt verstanden, auch als
Synonym des Lydit oder Probirstein genannten schwarzen Kiesel-
Bchiefers. K,
Basanomelan nennt F. v. Kobell^ den tafelartige oft ro-
8ettenf5rmige Gruppen (Eisenrosen) bildenden Hämatit vom St. Gott-
hard (s. Hämatit). - K.
Base^ Basis. Dieser Ausdruck wird zuweilen gleichbedeutend
mit Radical oder Element (s. d. Art.) genommen, insofern damit die in einer
Reihe von Verbindungen vorkommende gemeinschaftliche Basis oder
Grundlage bezeichnet wird. Gewöhnlich versteht man unter Basen Ver-
bindungen, welche den Säuren in ihren Eigenschaften entgegengesetzt
sind, und sich mit diesen zu Salzen oder salzartigen Verbindungen ver-
einigen (s. d. folgd. Art).
Basen, anorganische; Salzbasen, Metalloxydbasen,
basische Oxyde. Als Basen bezeichnet man überhaupt die Verbin-
dungen, welche die Fähigkeit haben sich mit Säuren zu sogenannten
Salzen zu vereinigen. Man unterscheidet anorganische und organische
Basen. In weitester Bedeutung zählt man zu den anorganischen Basen
alle die binären Verbindungen der ersten Ordnung, welche die Fähig-
keit haben sich mit ähnlich zusammengesetzten Körpern zu binären Ver-
bindungen der zweiten Ordnung zu Salzen zu verbinden, Körpern, bei
*) Erdmann's Joum. Bd. LXIIT, S. 317. — *) Classification und Beschreibung
der FelMrten, S. 68 u. 272. ~ *) Joum. f. prakt Chem. Bd. XIV, 8. 411.
684 Basen, anorganische.
deren elektrolytischer Zersetzung die Basen sich am elektronegativeo
Pol abscheiden, daher sie von Berzelius als die elektropositiven
Bestandtheile der Salze bezeichnet werden. In diesem weiteren Simie
genommen, sind die Basen daher elektropositive Verbindungen tob
Metallen mit verschiedenen Metalloiden, Sauerstoff, Chlor, Brom^ Jod»
Schwefel, Fluor, Cyan. Im engeren Sinne bezeichnet man nur die be-
treffenden Sauerstofiverbindungen, die Metalloxyde, als Basen oder
Sauerstoffbasen, und darnach sind hierunter also elektropositive Oxyde
verstanden , welche sich mit Sauerstoffsäuren zu Salzen vereinigen, und
aus diesen Verbindungen bei der Elektrolyse am negativen Pol abschei-
den, also den positiven Bestandtheil der Salze bilden.
Die basischen Metalloxyde werden nach ihren Eigenschaften, und
denen der Metalle gewöhnlich in vier Gruppen getheilt: die Alkalien
(Bd. I, S. 436), die alkalischen Erden oder Erdalkalien, die Erden und
endlich die Erzmetalloxyde (s. d. Art.), welche letztere auch als Oxyde
der schweren Metalle bezeichnet werden.
Die Metalloxydbas cn haben verschiedene Zusaromensetsong; üe
enthalten auf 1^ zuweilen auf 2 Atom Metall 1 At., oder auf 2 Au Me-
tall 3 At.^ einige wenige auf 1 At. Metall 2 At Sauerstoff. Die erste
Reihe von Metalloxyden von der allgemeinen Formel RO hat die
stärksten basischen Eigenschaften, wie die Alkalien und Erdalk&Ueu,
die Oxyde von Blei, Kupfer, Silber u. a., die Oxydule von Eisen^ 5ff&n-
gan, Kobalt u. s. w. Ihnen nahe stehen die Basen R9O, wie die Oxy-
dule von Kupfer und Quecksilber, die für sich im freien Zustande etwas
weniger constant sind. Diese Basen mit 1 At. Sauerstoff nehmen von
den einbasischen Säuren, wie Schwefelsäure Salpetersäure, 1 At. auf
zur Bildung neutraler Salze, und werden daher auch als einsäurige
Basen bezeichnet.
Die Basen RgOg, wie die Oxyde von Aluminium, von £iaen,
Chrom u. s. w., und einige wenige, die wohl auch als ROs bezeichnet
werden, wie Wismuthoxyd, Antinionoxyd, haben im Ganzen schvirach-
basische Eigenschaften; sie verbinden sich mit den stärkeren Säuren,
ohne sie vollständig zu neutralisiren, sie verbinden sich aber auch um-
gekehrt mit stärkeren Basen und verhalten sich diesen gegenüber wie
Säuren. Diese Basen nehmen auf 1 At. von den einbasischen Sauren
3 At., von den dreibasischen Säuren 1 At. auf; sie werden daher als
dreisäurige Basen bezeichnet.
Von den Oxyden RO2 haben nur wenige noch schwach basische
Eigenschaften, wie Vanadinoxyd, VO2, das Zinnoxyd oder die Zinn*
säure, Sn 02^ die Titansäure, Ti 02^ sie bilden mit den Säuren daher nur
lose Verbindungen, in welchen 2 At. einbasische Säuren mit 1 At. RO^
verbunden, daher diese Oxyde als zweisäurige zu bezeichnen sind.
Verbindungen der mehrsäurigen Basen, in welchen z. B. neben
1 Atom einer dreisaurigen Base 3 Atome von verschiedenen einbasischen
Säuren enthalten sind, wurden noch nicht näher untersucht.
Die Basen zeigen sich nun sehr verschieden in Bezug auf ihre
Eigenschaften. Einige derselben sind in Wasser leicht löslich, wie die
Alkalien (s. Bd. I, S. 436); andere sind schwer löslich, wie die Erd-
alkalien, oder kaum löslich, oder unlöslich darin, wie die Erden und
die Oxyde der schweren Metalle.
Die löslichen Basen zeigen eine besonders starke Einwirkung auf
einzelne Pflanzenfarben (sie färben die blauen Tincturen von Veilchen^
Basen, anorganische. 685
Dalüien, Biftterspom grün^ die gelbe Carcnfnatinctar oder Lösung von
Chrjsopbandäare braun oder braunroth, die geröthete Lacknrastinctur
wieder blau n.s. w.^ (s. Bd. I, 8. 438); die in Wasser wenig oder gar
nicht löslichen Basen zeigen diese Einwirkung weniger stark oder gar
nicht. Die löslichen Basen wirken oft zerstörend auf organische Stoffe,
sie sind ätzend oder kaustisch; die weniger löslichen oder unlöslichen
schmecken schwach oder sind ganz geschmacklos. Die Salze dieser
Hasen sind sehr beständig, sie lösen sich ohne Zersetzung in Wasser,
selbst fluchtige Säuren, wie Schwefelsäure und Kohlensäure u. s. w.,
'werden durch Erhitzen oft nicht oder unvollständig ausgetrieben; nur
zerlegbare Säuren, wie Salpetersäure oder organische Säuren können
in Verbindung mit den Basen zerstört werden. Die stärkeren Basen
neatralisiren selbst die stärksten Säuren vollständig, so dass die neu-
tralen Salze mit diesen nicht mehr auf Pflanzenfarben reagiren, sich
g^egen diese ganz indifferent verhalten, während die neutralen Salze
mit schwachen Säuren noch mehr oder weniger deutliche basische Re-
action zeigen.
Die schwächeren Basen bilden mit den stärkeren Säuren neutrale
Salze, welche sauer reagiren und sich oft wie schwache Säuren verhal-
ten; so die neutrale schwefelsaure Thonerde, sie löst Eisen wie ver-
dünnte Schwefelsäure, zersetzt wie diese die Metallchloride unter Ent-
wickelung von Chlorwasserstoff, die fialpetersauren Salze unter Abschei-
dung von Salpetersäure. Mit schwachen Säuren bilden diese Basen
gar keine oder wenig beständige leicht zerlegbare Verbindungen, so
die Thonerde mit Kohlensäure. Die Salze der schwächeren Basen sind
überhaupt leicht zerlegbar, Wasser entzieht ihnen oft schon die Säure
mehr oder weniger vollständig ; üuch durch Erhitzen werden die flüch-
tigen^Säuren leicht ausgetrieben. Diese schwächeren Basen bilden mit
stärkeren Basen, BO, salzartige Verbindungen, in welchen sie als Säuren
oder als elektropositive Bestandtheile auftreten, so die Thonerde in den
Aluminaten, so das Eisenoxyd gegenüber dem Eisenoxjdul im Magnet-
eisenstein u. a. m.
Blan hat früher versucht, die Stärke der einzelnen Basen, mre Ver-
wandtschaft gegenüber den Säuren, zu bestimmen und die relative
Grösse dieser Verwandtschaft in Zahlen auszudrücken; man glaubte,
dass eine Base um so stärker sei, je weniger derselben erfordert werde, um
eine bestimmte Menge Säure zu sättigen ; danach müsste also die Stärke
der Basen sich umgekehrt proportional den Atomgewichten derselben
verhalten; die Magnesia (20) müsste eine stärkere Base sein als Kali
(47), das Lithion (^14,5) müsste die stärkste Base sein, was allen Er-
fahrungen widerspricht Auch die Abscheidung einer Base durch eine
andere ist nicht allein maassgebend, weil es hier auf die Löslichkeit
der Verbindungen, auf das Lösungsmittel und die Temperatur an-
kommt, und die Erscheinungen daher nach Umständen wechseln.
Die Metalloxyde bilden mit den Elementen des Ammoniaks zum
Theil eigenthümliche Verbindungen von stark basischen Eigenschaften,
die Metallamine, Verbindungen, welche nachdem Typus Ammoniak,
HsN, oder in Verbindung mit Säuren nach Amraoniumoxyd, H4NO.HO
oder u^l O3, zusammengesetzt sind, und hierdurch wie auch durch
manche andere Eigenschaften sich den organischen Basen anschliessen,
daher soll die Constitution derselben, so weit sie bekannt ist, im An-
686 Basen, organische^
hang anter dem Artikel Basen, organische^ besprochen werden; aus»
führlicher werden die einzelnen Verbindungen Cupramin, PlatinamiD,
Kobaltamin oder Kobaltiak bei den einzelnen betreffenden Metallen,
bei Kupfer, Platin, Kobalt, Palladium, Quecksilber, Rhodiuni, Rutheniara
unter dem Artikel Platinbasen u. s. w. beschrieben werden. Ft.
Basen, organische. Als organische Basen bezeichnet man im
engeren Sinne eine Classe von zusammengesetzten stickBtoffhal-
tigen Körpern, welche die Eigenschaften der basischen Metalloxjde
besitzen, Materien also, die sich mit Säuren zu Salzen verbinden und
die Metalloxyde in ihren Verbindungen zu vertreten vermögen. Die
Oxyde des Methyls und Aetliyls sind ebenfalls organische Basen ^ aber
von besonderer Art, sie vereinigen sich mit Säuren und heben ihre sau-
ren Eigenschaften völlig auf, allein in diesen Verbindungen ist der Cha-
rakter der Salze nur schwach ausgesprochen. Der allgemeinst« Cha-
rakter von allen Salzen ist die Vertretbarkeit ihrer Säure durch eine
andere Säure, und ihrer Base durch eine andere Base. Vermischen wir
schwefelsaures Natron und salpetersauren Baryt, so wissen w^ir, d»s^>
Baryt und Natron ihre Säuren oder, was das Nämlitshe ist, das» Schwe-
felsäure und Salpetersäure ihre Basen tauschen; sie vertreten sich ge-
genseitig. Dieser Charakter geht den Verbindungen des Methyls und
Aethyls keineswegs vollkommen ab, allein die Säuren können In ihnen
nur langsam und schwierig, und oft nur unvollkommen durch andere
Säuren vertreten werden. Ferner sind die genannten Basen unfähig,
ein Metalloxyd aus einer Salzverbindung auszuscheiden und zu ersetzen.
Diese Fähigkeit besitzen aber die stickstoffhaltigen Körper, die man
organische Basen nennt; ihre Verbindungen mit Säuren schliessen sich
in ihrem ganzen Verhalten den gewöhnlichen Mineralsalzen an.
Eine sehr grosse Anzahl von organischen Basen findet sich fertig
gebildet in den Pflanzen vor, sie heissen vegetabilische oder X^flan-
zenbasen; eine noch grössere Anzahl kilnn künstlich in gewissen
Zersetzungsprocessen erzeugt werden. Diejenigen unter den Pflanzen-
basen, welche in ihrer wässerigen oder weingeistigen Lösung gerothete^
Lackmus wieder in Blau zurückfuhren oder Curcuma braun färben,
heissen auch organische Alkalien, Alkaloi'de (s. Bd. I, S. 460).
In dem Opium wurde von Sertürner 1804 die erste vegetabi-
lische Base, das Morphin entdeckt, aber die Darlegung ihrer merkwür-
digen Eigenschaften erregte damals keineswegs die Aufmerksamkeit
die sie in so hohem Grade verdiente; sie kam asu der Zeit, ^ro alle
Kräfte und Ideen sich der unorganischen Chemie mit ausserordentlicheai
Erfolg zugewendet hatten, wo man kaum erst die metallische Natur
der Alkalimetalle bewiesen hatte. Die Entdeckung zusammengesetster
Verbindungen, die mit den Metalloxyden so viele Eigenschaften gemein
haben, kam zu früh, um das Interesse der Chemiker zu erwecken. Um
den Werth einer Entdeckung zu beurtheilen, muss man stets einen
Maassstab haben, welcher damals fehlte, wo die Grundlagen anserer
gegenwärtigen Vorstellungen sich erst ordneten. Dieser Maassstab ist
das Eingreifen der Entdeckung in die Forschungen der Zeit; wenn die
für die Wissenschaft erfolg- und einflussreichste Thatsache zu einer
Zeit aufgefunden ^y^ird, wo sie isolirt mit keiner bekannten in Verbin-
dung gebracht werden kann, so geht sie für diese Zeit nutzlos verloren
und gewinnt erst dann ihren wahren Werth, wenn die Ideen zu ihrer
Basen, crrganische. 687
Schätznng vorbereitet, man kann sagen, wenn sie reif zur AnfTassung
geivorden sind, während eine bei weitem minder wichtige Entdeckung,
minder wichtig nämlich fiir das Gebäade der Wissenschaft, wenn sie
zu einer Periode gemacht wird, wo sie zur Lösung gewisser Fragen
beiträgt, mit denen man sich gerade beschäftigt, ihrem Urheber eine
ephemere Berühmtheit sichert.
E^ ist in der That zu merkwürdig, um nicht der Erwähnung zu
verdienen, dass vierzehn Jahre vergingen, ehe die Entdeckung der er-
sten organischen Basis Früchte trug, ehe sich^aus ihr neue Entdeckun-
gen entwickelten, und dies geschah erst, als Gay-Lussac auf ihre
Wichtigkeit aufmerksam machte. In Deutschland war alles gethan
worden, um ihren Einfluss zu schwächen, und es blieb ausländischen
Chemikern vorbehalten, sie zum Vortheil der Wissenschaft und zu ih-
rem eigenen auszubeuten. Dies ist denn auch mit grossem Erfolg ge-
schehen.
Nachdem man nämlich beobachtet hatte, dass dem Morphin ein
grosser Theil der arzneilichen oder giftigen Wirkungen des Opiums
angehörte, so lag die Vorstellung nahe, Substanzen von ähnlichen
Eigenschaften in anderen wirksamen Arzneistoffen aufzusuchen. Die
Zweifel über die Existenz des Morphins waren von Robiquet besei-
tigt worden. Indem sie genau den von Sertürner eingeschlagenen
Weg verfolgten, gelang es Pelletier und Caventou, in den China-
rinden, den Strychnosarten und in anderen Pfianzenstoffen neue orga-
nische Basen aufzufinden, welche bemerkenswerther Weise die Arznei-
wirknngen derselben in concentrirtem Zustande in sich schlössen, in der
Art, dass die Pflanzenstoffe, die Rinden, Samen oder Wurzeln, nach-
dem die organische Base daraus entfernt worden, keine Art von Wirk-
samkeit mehr darbot
Die Chemie wurde durch diese Entdeckungen nicht allein mit einer
Reihe von Stoffen der merkwürdigsten Art bereichert, diese Entdeckun-
gen waren in gleichem Grade fftr die Arzneikunde und für den Handel
von Wichtigkeit. Die Chinarinden verdanken ihre Wirksamkeit ihrem
Grehalt an Chinin und Cinchonin, aber die verschiedenen Chinasorten ent-
halten diese Basen in sehr ungleichen Verhältnissen ; vor ihrer Auffindung
war natürlich dieser Maassstab ihres Werthes unbekannt Daher kam
es denn, dass die durch Erfahrung der Aerzte ausgemittelte Wirkung
einer gewissen Dosis von einer Sorte Chinarinde, dieser einen Sorte
einen vorzüglichen Werth gab, welcher, der ausschliesslichen Nach-
frage wegen, den Werth anderer, wie man später fand, weit wirksame-
rer Rinden ums Dreifache oder Vierfache überstieg. Die Kennzeichen
dieser einen Rinde, ihre Form, Beschaffenheit und Farbe bestimmten,
als Waare betrachtet, ihren Preis, und alle anderen Sorten Chinarinde,
welche die Eigenschaften der gesuchten nicht besassen, hatten und
. erhielten einen weit geringeren Handelswerth. Jetzt, wo man aus den
Binden den wirksamen Bestandtheil auszieht, steht ihr Werth im Ver-
hältniss zu ihrem Gehalte daran, und kein Stück der abgeschälten
iUnde des Baumes wird verloren gegeben, sobald sie nur eine Spur
ausziehbaren Chinins oder Cinchonins enthält Dieselbe Aenderung
in der Benrtheilung des Werthes der Opiumsorten und anderer Arznei-
stoffe hat sich durch die Entdeckung der in denselben enthaltenen
wirksamen Bestandtheile ergeben.
688 Basen, orgamsche.
Darstellung der Pflanzenbasen.
Bei einer so zahlreichen Classe von Yerbindangen, wie die Pflan-
zenbasen, welche sich in der Natur unter so mannigfaltigen Verhält-
nissen vorfinden, müssen natürlich die Methoden, aufweiche sich die
Gewinnung der einzelnen Substanzen gründet, ausserordentlich ver-
schieden sein. Hier sollen nur die allgemeinen Principien hervorge-
hoben werden, welche bei diesen Verfahrungsweisen in Anwendung
komipen; die speciellen Methoden, welche man in gewissen Fällen
zweckmässig befunden hat, sind bei der Beschreibung der einzelneD
Basen aufgeführt^ Die Bildnngsweisen der zahllosen künstlichen or-
ganischen Basen, welche die letzten Jahre zu Tage gefördert haben,
werden zweckmässig erst nach der Besprechung der Constitution der Ba-
sen abgehandelt.
Das allgemeine Verfahren zur Darstellung der vegetabilischen
Basen, die, wie das Morphin, im Wasser unlöslich sind, besteht darin,
dass der Pfianzenstoif mit einer verdünnten Sänre ausgezogen wird, die
mit demselben ein lösliches Salz bildet. Diese Auflösung wird nach
der Concentration durch Abdampfen oder geradezu mit einem loslichen
Alkali, mit Ammoniak, Kalkhydrat, kohlensaurem Natron schwach über-
sättigt, wo dann die Pflanzenbase, wiewohl gefärbt und unrein, nieder-
fällt. Die weitere Aufgabe besteht jetzt darin, die niedergeschlagene
Basis von den beigemischten fremden Materien zu befreien, and dies
geschieht, wenn sie in der Wärme und Kalte ungleich in Alkohol lös-
lich ist, durch- Krystallisation aus Alkohol; wenn sie mit einer Saure
ein leicht krystallisirbares Salz bildet, so wird sie mit dieser Saure ge-
nau gesättigt, und nachdem das Salz durch wiederholte KrystaUisation,
Behandlung mit Kohle etc. gereinigt und weiss geworden ist» so er-
hält man daraus durch Praecipitation mit kohlensaurem Natron die
reine Pflanzenbase.
Diese Darstellungsmethode setzt, wie sich von selbst versteht, vor-
aus, dass die Pflanzenbasis unlöslich oder sehr schwerlöslich im Was-
ser ist, eine Eigenschaft, die allerdings den meisten, aber nicht allen
zukommt.
Die Gewohnheit, Eigenschaften von bekannten Verbindungen ähn-
lichen wiewohl unbekannten bei Untersuchungen zu ' unterlegen , ist
der Grund gewesen, warum manche organische Basen erst sehr spat
entdeckt wurden. Bei der Darstellung von salzsaurem Morphin nach
der Methode von Robertson und Gregory erhielt Robiqaet ein
weisses krystallisirtes Salz, aus dem er durch Fällung mit einem lös-
lichen Alkali bemerklich weniger Morphin erhielt, als er nach der be-
kannten und ausgemittelten Zusammensetzung des Salzes hätte erhalten
müssen. Das hier dem Anscheine nach verlorene Morphin mosste
in der Flüssigkeit nach der Fällung enthalten sein; indem er sie einer
genaueren Untersuchung unterwarf, entdeckte er darin dasGodein,, eine
der interessantesten organischen Basen, welche im Wasser leicht lös-
lich ist.
Bei der Darstellung der in Wasser nicht löslichen vegetabilischen
Basen ist schon früh beobachtet worden, dass manche davon in den
alkalischen Fällungsmitteln leichtlöslich sind; so ist z. B. Chinin in
warmem Ammoniak leicht löslich, und Morphin in Kalk und kaosüschen
fixen Alkalien; man muss sich deshalb zur Fällung des Chinins der
Basen, orgaiuflche. 689
kohlensanren fixen Alkalien, und zu der des Morphin« des Atnmoniakfl
bedienen, wenn man Verlnst vermeiden wilL
Von den imOpiam enthaltenen organischen Basen sind drei durch
die Verschiedenheit in dieser Eigenschaft entdeckt worden. Wird ein
schwachsanrer Auszug von Opium mit Kalkmilch Übers&ttigt, so schlägt
sich Thebain nieder, Codein und Morphin bleiben gelöst; vermischt
man nun die alkalische, von dem Thebun getrennte Flüssigkeit mit
Saimiaklosung, so entsteht Chlorcalcium und freies Ammoniak, in wel-
chem Morphin nicht löslich ist, es scheidet sich in GeBtalt eines krj-
etallinischeu Niederschlages aus, und Codein bleibt in Auflösung.
E^ griebt organische Basen, welche löslich im Wasser und dabei
flüchtig sind; die erste dieser flfichtigen Basen, das Coniin, ist von
Geiger entdeckt worden; die Darstellung dieser Classe von Basen ist
sehr einfach. Das Kraut, die Bluthen, Wurzeln oder Samen, worin die
flfichtige Basis enthalten ist, werden mit einer schwachen Kalilauge
der Destillation unterworfen. Das übergehende Wasser ist gesättigt
mit der Basis und gewöhnlich milchig getrübt von einem Ueberschuss
davon, es enthält in der Begel freies Ammoniak, dessen Gegenwart von
einer Portion der zersetzten Basis ^herrührt. Wird das Destillat mit
verdünnter Schwefelsäure gesättigt, im coneentrirten Zustande mit Aetz-
kali vermischt, und die Masse in einem verschliessbaren Gefasse mit
Aeiher digerirt, so löst dieser die abgeschiedene vegetabilische Basis
and das Ammoniak auf, und diese ätherische Lösung hinterlässt, in
einer Betorte im Wasserbade abgedampft, indem Aether und Ammo-
niakg^as entweichen, die vegetabilische Basis in reinem Znstande.
Chemischer Charakter der organischen Basen.
Wenn man das Verhalten der organischen Basen näher ins Auge
lasai, namentlich aber, wenn man sie an eine unorganische Verbindung
anzulehnen sucht, so lässt sieh die Beziehung dieser Körpergruppe zu
dutva Ammoniak nicht verkennen. Diese Beziehung ist besonders in
den Verbindungsverhältnissen derselben ausgesprochen. Der chemische
Charakter des Ammoniaks in seinen Salz Verbindungen unterscheidet
sich von dem der Metalloxyde nur darin, dass es sich mit den Säuren
(Wasserstoffsäiiren oder Sauerstoffsäurehydraten) direet, ohne Hinzutritt
and ohne Abscheidung von Wasser, zu neutralen Salzen vereinigt.
Den nämlichen Charakter besitzen alle organischen Basen. Diese
Aehnlichkeit geht aber. noch weiter; das chlorwasserstoffsaure Ammo-
niak bildet mit dem Flatinchlorid eine Verbindung, den Platinsalmiak,
in welchem das Chlor des ^rsteren zu dem des Platinchlorids sich ver-
halt wie 1 : 2. Fast alle bis jetzt untersuchten Verbindungen der
Clilorwasserstoffsäure mit organischen Basen vereinigen sich mit dem
Platinchlorid zn höchst ähnlichen Doppelverbindungen, welche meistens
schwerlöslich, seltener leichtlöslich und krystallisirbar sind; auch in
diesen Salzen verhalten sich die Quantitäten des Chlors in dem Salz-
säuren Salz der organischen Base und m dem Platinchlorid, mit weni-
gen Ansnahmen, wie 1 : 2.
Der Salmiak vereinigt sich mit Goldchlorid zu einer leicht lös-
lichen, schön krystallisirbaren Verbindung, in welcher sich das Chlor
des Ss^miaks zu dem des Goldchlorids verhält wie 1 : 3. Eine grosse
Anzahl orgamscher Basen liefert, beim Vermischen mit Goldchlorid-
RfladwSrterbveb der Chmnie. 9te Aafl. Bd. II. 44
690 Basen, organisdie.
lösnng, Verbindiing«!! von dnrchaas ähnlicher Constitotioo, die
in Wasser löslich, theilweise aber unlöslich sind.
Das chlorwasserstofl^aore Ammoniak bildet mit dem Sublimat eine
Doppel Verbindung, bekannt unter dem Namen Alembrothsalz; üast alle
bis jetzt untersuchten saksauren Verbindungen organischer Baaen ver-
einigen sich mit Sublimat zu ähnlichen Doppel verbin düngen , die sieh
nur dadurch von dem Alembrothsalz unterscheiden, dass sie meist
schwerlöslich sind, so dass Sublimatlösung in ihren sauren Auflösongen
weisse, häufig käseartige Niederschläge bewirkt. Viele davon, wie
die mit chlorwasserstofiTsaurero Strychnin z. B., lassen sich leicht ia
schönen Krystallen erhalten. Phosphor-Molybdänsänre liefert niit Am-
moniak eine gelbe Verbindung, deren Bildung ursprünglich von Strave
als Reaction für Phosphorsäure vorgeschlagen worden ist. Nach neue-
ren Versuchen von Sonnenschein^) erzeugen fast alle organische Ba-
sen analoge Verbindungen.
Diese Aehnlichkeit mit dem Ammoniak, welche sich bei den in der
Natur vorkommenden Basen vorzugsweise in den Verbindongsverhalt-
nissen ausspricht, erstreckt sich bei vielen der in neuester Zeit kOnst-
lich dargestellten Basen sogar auch auf die physikalischen Eigenschaf-
ten derselben. Während die Mehrzahl der Pflanzenalkaloide feste Kör-
per, und nur ganz wenige derselben Flüssigkeiten sind, finden wir, dass
unter den künstlichen Basen eine sehr grosse Anzahl Flüssigkeiten dar^
stellen, welche auf den ersten Blick weit mehr an das Ammoniak erinnern
als die Pflanzenbasen ; einzelne derselben, wie das Methylamin, Biinethyl>
amin und Trimethylamin sind sogar bei gewöhnlicher Temperatur gas-
förmig, ihre Eigenschaften fallen in jeder Beziehung so ganz und gar
mit denen des Ammoniaks zusammen , dass sie nur durch genaue Ver-
suche von demselben unterschieden werden können, und wahrscheinlich
nicht selten mit dem Ammoniak verwechselt worden sind. EIndlich ste-
hen auch die künstlichen Basen in ihrer Zusammensetzung dem Ammo-
niak viel näher als die natürlichen, denn während die Mehrzahl der letz-
teren sauerstoffhaltig sind, enthalten die grössere Zahl der künstüeheB,
wie das Ammoniak, keinen Sauerstoff.
Constitution der organischen Basen.
Schon sehr bald, nachdem den ersten von Sertürner entdeekten
Basen sich andere Glieder derselben Körperfamilie angereiht hatten,
lenkte sich die Aufmerksamkeit der Chemiker den mannigfaltigen Ana-
logien zu, welche diese Gruppe von Verbindungen dem Ammoniak
anschmiegen. Besonders nachdem die Salzverbindungen der Basen,
auf welche wir in dem vorhergehenden Paragraphen hingewiesen haben,
genauer untersucht worden waren, konnte das Vorhandensein einer inni-
gen Beziehung dieser Körper zu dem Ammoniak nicht länger bezweifelt
werden. Ueber die Art dieser Beziehung aber sind die Ansichten der
Chemiker lange Zeit getheilt geblieben. Berzelins') glaubte in al-
len Basen Ammoniak praeexistirend annehmen zu müssen; in seinem
Sinne wären die organischen Basen mit einem organisch^en Paar-
ung verbundene Ammoniake. Liebig'),auf der anderen Seite war
*) Aonal. d. Chem. a. Pharm. Bd. CIV, S. 45 ; Joarn. f. prakt Chem. Bd. LXX1,
S. 498. — «) Dessen Lehrbuch, 6te Aufl. Bd. V, S. 16.
*) In der ersten Ausgabe des Handwörterbuchs Bd. 1,8. 697 spriolit Liebt g
Basen,* organische. 691
geneif^t^ diese K5rper b\b Araidverbindongen tsn betraehten, d. h. als
in welchem 1 Aeq. Wasser dnreh ein organisches Radical
Ansiclit in folgenden Worten ans : „Es ist von einigem Interesse, sich mit einer Vor-
Btellung bekannt zn machen, die man sich geschaffen hat, um die Eigenschaften der
sUekBtoffhftltigen organischen Basen zu erkl&ren. Es iSsst sich mit genügender
Sicherheit darthsuif dass der Sauerstoff dieser Basen an ihren alkalischen Eigen-
achaltcn keinen Antheil hat, nnd alles scheint daranf himradentan, dass diese Eigen-
schaften abhängig sind von ihrem Stickstoffgehalte.
Diese VorsteUnng ist hervorgegangen aus dem chemischen Verhalten des Am-
moniaks, das man als den Typus aller organischen Basen und als diejenige be-
tvttchten kann, welche die einftushste Zusammensetzung besitzt.
Ana dem Verhalten des Ammoniaks zu Kalium, zu QuecksUberehlorid nnd zu
gewissen organischen S&nren geht unl&ugbar hervor, dass eine gewisse Quantität
seines Wasserstoffs ersetzbar ist durch einfache Körper und durch zusammengesetzte,
welche die Rolle von einfachen spielen. Wir wissen in der That, wenn Kalium
and Natrium in Ammoniakgas erhitzt werden, dass beide 1 Aeq. Wasserstoff daraus
abscheiden, welcher vertreten wird durch 1 Aeq.. Kalium oder Natrium; diese
Verbindungen nehmen, wenn wir $(- S4 mit Amid =: Ad bezeichnen, folgende
Form an:
Wasserstoffamid (Ammoniak) Kaliumamid Natriumamid
Hfe 4- Ad K -f Ad Na -{> Ad
Wenn man die Verbindung NH^, nSmlich das Amid, als ein zusammenge»
setstes Radical betrachtet, welchem die Eigenschaften von Radicalen zukommeUf
die den Eigenschaften der Säure-Radicale entgegengesetzt sind, so ist es klar, dass
das Ammoniak die Wasserstoffverbindung eines basischen Radicals darstellt, in
seiner Zusammensetzung Ähnlich dem Cyanwasserstoff (H -f" -€y)f aber entgegen-
gesetat in allen seinen Eigenschalten. Der Cyanwasserstoff verhält sich ,wie eine
Säure, der Amidwaaserstoff besitzt alkalische Eigenschaften, eine Verschiedenheit,
welche abh&nging ist von dem Charakter der zusammengesetzten Radicale, die sie
enthalten. Wir wissen nun , dass das Amid (das zusammengesetzte Radical im
Ammoniak) den Sauerstoff in vielen organischen Säuren, Aequivalent für Aequi-
▼alent, vertreten kann, und wir finden, dass die neuen Verbindungen, welche auf
diese Weise entstanden sind, den Charakter als Säure gänzlich eingebttsst haben,
es entstehen ganz indifferente Stoffe, deren Zusammensetzung ans folgender Ueber-
sieht erhellt:
Oacalsäure Bemsteinsänre Fumarsäure Benzoesäure
C.0, + 0 C,H,0. + 0 C,HO,-hO C14H5O.+O
C,0. + Ad €40,0,4- Ad C^KOj+Ad CuHjO.+Ad
Oxamid Succinamid Fumaramid Benzamid.
Wenn die Radicale der Oxalsäure, Bemsteinsänre, die, mit Sauerstoff vereinigt,
Verbindungen bilden von entschieden sauren Eigenschaften, wenn diese Radicale,
mit Amid vereinigt, ihren Charakter als Säureradieale gänzlich einbfissen, so ist
auf der andern Seite der Schbiss nicht widersinnig, dass das Amid, mit zusammen-
gesetzten Radicalen vereinigt, die ihm in seinen Eigenschaften näher stehen, dass
es mit diesen Verbindungen bildet, die den Charakter des Ammoniaks besitzen,
welche also organische Basen sind, dass selbst Säureradieale Übergehen können in
organische Basen, wenn das Amid damit höhere (an Amid reichere) Verbindungen
eingeht. Nach der Ansicht von Dumas muss die Constitution des Harnstoffs durch
die Formel C, O^ -f' 2 Ad ausgedrückt werden ; wenn wir diese Formel nun mit
der des Oxamids vergleichen, so ist es augenfällig, dass beide dadurch von einan-
der verschieden sind, dass der Harnstoff doppelt soviel Amid enthält wie das Oxa-
mid; das letztere ist aber ein neutraler Körper, der erstere ist eine organische Base.
Wenn wir im Stande wären, den Sauerstoff in dem Aethyl* und Methyloxyd,
in den Oxyden von zwei basischen Radicalen zu vertreten durch 1 Aeq. Amid, so
würden wir, ohne den geringsten Zweifel, Verbindungen haben, die sich ganz dete
Ammoniak ähnlich verhalten würden. In einer Formel ausgedruckt wtlrde also eine
Verbindung C4M5 -^ ^H, = Ae -{- Ad basische Eigenschaften besitzen. Es
ist nun neuerdings von Fritzsehe das von unverdorben entdeckte Krystallin,
welches alle Eigenschaften des Ammoniaks, als Salsbasis betrachtet, besitzt, untersucht
worden, seine Formel ist Cj, M7 lÜ^, und es ist leicht möglich , dass es die Amid-
verbindVBg eines dem Aethyl ähnlichen Radicals C,,fi, -j- Ad darstellt. So ist
es denn, wie erwähnt, denkbar, dass die organischen Basen Amidverbindungen sind,
worin 1 Aeq. Wauerstoff ersetzt und vertreten ist durch ein zusammengesetztes
44«
692 Basen^ organische.
vertreten ist, in anderen Worten, als snbstituirte Ammoniake. Dm
Berselius'Bcbe Ansicht wird im Aagenblick nor noch tob wenigen
Chemikern getheilt, der Fortschritt der Wissenschaflt hat eine gann
Reihe von Thatsachen za Tage gefördert, welche sich mit dieser Theorie
nicht mehr in Einklang bringen lassen. Die Quelle der gegenwarti-
gen Ansichten über die Constitution der organischen Basen ist die
Liebig'sche Amidtheorie. Aber auch diese Ansicht, in welcher der
berühmte Forscher nicht nur sämmtliche zur Zeit bekannte Thatsachen
unter einem allgemeinen Gesichtspunkt zusammenfasste, sondern auch
die Existenz und Natur von Verbindungen zu fixiren vermochte, deren
Entdeckung einer späteren Periode vorbehalten war, — auch diese An-
sicht bedarf beträchtlicher Erweiterung und Verallgemeinerung, um auch
jetzt noch die Sichtung des ungeheuren Materials, welches sich seit
jener Zeit angehäuft hat, zu gestatten.
Eine solche weitere Entwickelung und Verallgemeinerung der Amid-
theorie ist von Hofmann ^) versucht worden. Derselbe zeigte, dasseine
grosse Anzahl namentlich künstlicher Basen in der That, im Sinne
der Liebig 'sehen Ansicht, wahre Amide sind, dass aber die Substi-
tution des Wasserstoffs im Ammoniak keineswegs bei einem Aeqoi-
valent stehen bleibt, sondern dass sich auch das zweite and dritte
Aequivalent Wasserstoff durch Badicale vertreten lassen, dass end-
lich eine Classe von Verbindungen existirt, welche sich als substi-
tuirte Amraoniumoxyde betrachten lassen, in denen die 4 Wasser-
stofflUiuivalente durch organische Radieale vertreten sind. Der allge-
meine Ausdruck, zu welchem Hofmann gelangte, ist zunächst auf die
künstlichen und besonders auf die flüchtigen Basen anwendbar, aUeis
in angemessener, Erweiterung scheint sich derselbe auch den natürlichen
und nichtflüchtigen Alkaloiden anzuschmiegen.
Die Ammoniaksalze, im Sinne der Ammoniumtheorie betrachtet,
lassen sich allgemein durch die Formel
«NX
h)
darstellen, wo X Chlor, Brom, Jod oder die zusammengesetzten Körper
SO4, NOe U.S. w. bedeutet. Aus den oben angeftihrten Untersaehon-
gen ergiebt sich nun, dass sich in der Moleculargruppe
R|
lUdical, ähnlich dem Amid selbst, in Beinen chemischen Eigenschalten Diese
Radieale könnten wie das Cyan Stickstoff^ sie könnten Sauerstoff enthalten, irie dsf
xnsammengesetate Radical des Harnstoffs; aber welches auch die Zusammensetrans
des mit Amid verbundenen Radicals sein möge, die Verbindungen seibat mflsstea
den Charakter des Ammoniaks behaupten".
Wie viele Keime der gegenwärtig leitenden Ansichten sind nicht in diesen Zei'
len enthalten 1 Wie scharf finden wir hier den Charakter des Aethjlamina gesei^
netl Wie wunderbar ist in diesem Falle die Theorie dem Versnobe vorausgeeilt I
Im Sinne einer speciellen rAuffaasung der organischen Basen und cur VeFanschsaU-
chung dieser Auffassungsweise wird hier eine Verbindung ersonnen, welche der
Versuch, dem Fluge dieser Ideen langsam folgend, sehn Jahre später mit alleii ihr
beigelegten Attributen ins 'Leben rufen sollte.
>) AnnaL d. Ghem. n. Pharm. Bd. LXXIV, S. 117 n. Bd. LXXVIU, S. tU.
J
Basen, organische. 693
der WaMerstoff, Aeqaivalent för Aequivalent, durch mannigfaltige
Atomencomplexe ▼erü'eien lässt, ohne dass hierdurch die Fundamental-
eigenechaften des Prototypen aufgehoben werden, obwohl dieselben in
vielfacher Weise raodificirt erscheinen können. Je nachdem die Ver-
tretung sich auf 1, 2, 3 oder 4 Aeq. Wasserstoff erstreckt, lassen sich
demnach vier verschiedene Gruppen unterscheiden, welche man durch
folgende Formeln darstellen kann:
Aj A\
NX.
Aj
Aj
Aj
X
»NX
S^NX
B
C
h)
h)
w
D
In allen diesen Salzen ist der Typus des Ammoniums unversehrt
erhalten. Versucht man, in denselben durch Behandlung mit Metall-
Oxyden für das Säureradical Sauerstoff zu substituiren, so ergiebt sich,
dass die drei ersten Gruppen das Verhalten der Ammoniaksalze in jeder
Besiehung nachahmen. Die gebildeten Oxyde zerlegen sich nämlich
im Augenblicke ihrer Ausscheidung, wie das Ammoniumoxyd, in Was-
ser und wasserfreie Basen, welche dem Ammoniak correspondiren. In
der vierten Gruppe dagegen, welche keinen vertretbaren Wasserstoff mehr
enthalt, lässt sich das Säureradical durch Sauerstoff vertreten, ohne
dass eine weitere Zersetzung eintritt, indem Verbindungen entstehen,
welche in jeder Beziehung das hypothetische Ammoniumoxydhydrat re-
prasentiren. Die aus den drei ersten Gruppen von Salzen entstehen-
den Basen lassen sich je nach der Anzahl der vertretenden Wasser-
stoffaqnivalente als primäre Aminbasen (Amidbasen), secundäre Amin-
basen (Imidbasen) und tertiäre Aminbasen (Nitrilbasen) bezeichnen:
A) A) A)
HN BN BN
fi) H) C)
Primäre Aminbasen Secundäre Aminbasen Tertiäre Aminbasen.
Alle Glieder dieser Reihen sind wahre Ammoniake, welche sämmt-
lich flüchtig sind, deren Siedepunkte aber, je nach der Anzahl der ver-
tretenen Wasserstoffäquivalente und der Natur der vertretenden Atomen-
complexe höher oder niedriger liegen. Alle diese Körper haben einen
mehr oder weniger bestimmt hervortretenden Geruch, der vielfach an
den des Ammoniaks erinnert, aber ebenfalls nach dem Grade und der
Art der Substitution verschieden ist.
Die dem Ammoniumoxydhydrat entsprechenden Basen sind ge-
ruchlos, sie sind nicht ohne Zersetzung flüchtig. Einer hohen Tempe-
ratur ausgesetzt, verwandeln sie sich in tertiäre Aminbasen, während
ein Oxydhydrat des vierten Atomencomplexes als solches, oder seinen
Zersetzungsproduoten nach, ausgeschieden wird:
N.(ABCD)|q^ verwandelt sich in bIn und DO. HO.
** ' C)
Die im Vorstehenden besprochenen Körpergruppen sind bereits
durch zahlreiche Glieder vertreten, allein es verdient bemerkt zu wer-
den, dass die mit A, B, C und D bezeichneten substituirenden Moleküle
bis jetzt vorzugsweise in den Badicalen des Methyl- und Phenyl- Alko-
hols, so wie ihrer Homologen, gefunden worden sind.
In den vorstehenden Zeilen ist so ziemlich enthalten, was man
694
Basen, organische.
im Augenblick Sicheres Über die Constitation der organisoheii Besen
weiss. Allein bereits sind mannigfaltige Anhaltspunkte för nator- und
zeitgemässe Elrweiterong dieser Theorie gegeben. Die genauere Er-
forschun *; der zweiatomigen und dreiatomigen Alkohole gestattete keinen
Zweifel, dass sich die zwei- und dreiatomigen Badicale dieser Verbin-
dungen gleichfalls in das Ammoniak würden einfahren lassen. Bereits
sind verschiedene solcher Basen dargestellt, allein ihr Studium ist kaum
bis zur nöthigen Reife gediehen, um im Augenblick zu einer allgemei-
nen Ansicht zu führen. Femer scheinen sich viele organische Ba-
sen, namentlich mehrere der natürlichen, von zwei, drei oder selbst
von vier Aequivaienten Ammoniak abzuleiten, so dass wir also untar
den Basen Diammoniake, Triammoniake und selbst Tetrammoniake an-
zunehmen hätten, gerade wie wir unter den neutralen Abkömmlinges
des Ammoniaks Diamide und Triamide unterschieden haben (s. d. Art
Amid und Anilin). Die Bildung solcher Verbindungen steht beson-
ders in Aussicht, wenn man die Bromüre und Jodüre der mehratomigen
Alkohole auf das Ammoniak wird einwirken lassen. In der That sind
bereits mehrere Di- und Triammoniake bekannt, aber die Kenntnisi
auch dieser Classe von Verbindungen, welche voraussichtlich äusserst
zahlreich und mannigfaltig werden wird, ist noch äusserst lückenhaft.
Im Folgenden sind nun vorerst die Basen zusammengestellt, derso
Natur im Sinne der obigen Theorie festgestellt erscheint«
Primäre Aminbasen*).
H
H
C4H»
H
H
Methylamin . . . . Cj H5 N =
Aethylamin . . . . G^ II7 N =
Propylamin . . . . Cg H9 N =:
Batylamin (Petinia) . C« HuN =
Amjrlamin (Valeramin) CipHisN =
Gaprylamin .... CuHuN =
Allylamin G, Hf N =
G« Hj
H
H
Cg H»
M
E
Cio"ii
H
H
G15H17
H
H
G,H,
H
H
N. W., Ä
N. W^H.
N(?). Ä.
IT« It«« «•
N. w., a
N. a,s.
N. GU.Ä
*) Abkürzungen der Namen der Beobachter: A. Anderson; B. Barlow; C. C«-
bours; F. FritzBche; G. Gottlieb; N. Hoftnann; M. Muspratt; N, Nicholson; P. Fi-
sani; 8, Squire; W. Wartz; Z. Zinin.
Basen, organüehe.
Cijiis
Phenylamin (Anilin) . CijHr N = ft
H
C„ (H4€l)
Chlorpbenylaniüi Ci<H<€l Hi = S
H
Ci, ÄBr)
Bromphenylaniin Ci*HeBr N = H
H
Ci, (H4 1)
Jodphenylamin . . CiaHgl N = fi
H
C„(H4,N04)
Nitrophenylainio . . Ci3H«N2 04 = H
H
BiQhlorophenylamin Ci3H56l3 N = H
H
CnCHgBrj)
Bibromophenylamin CisH&Br2 N = H
TT
C„(H,[N04],)
BimtrophenylainiD . C12H5N8O8 = H
H
C12 (Ha G\z)
Trichlorophenylaroin CdH^GIs N = H
8
Ci3 (Hg Bfs)
Tiibromophenvlamin CiaHiBrs N = H
8
CisCH^LNOJs)
TrinitropheDylamm . C12H4N4OX3 = H
TZ
Tolylamin (Toluidin) . C14H9N =
C14H7
H
Ci4(«6,N04)
Nitrotolylamin . . C14H8N2O4 = H
Xylylamin (Xylidin) . CieHn N = H
TI
Comylamin (Comidin) Gigüis N =
H
H
695
rt* F»^Z^jt£»
N. EL
N. Ä
N. Ä
N. Ä u. M.
N. Ä
N. Ä
N. O.
N. Ä
N. F., Ä
N. /».
N. K u. jlf.
N. C.
N. C.
N. iV.
696 Basen, organische.
Nitrocumylamin . . C18H1JN2O4 = H } N. C
H
Cyinylamin .... Cso^f 15 N = H J N. Ä
TZ
Naphtylamin (Naphta- C20H7
Üdam) . . . C2oHg N = H \N» Z.
H
Noch sind mehrere Basen bekannt, welche wahrscheinlich m
den primären Aminbasen gehören, deren Constitution indeas bb jetzt
nicht durch Versuche festgestellt worden ist Das von Dusart be-
schriebene Phtalidin ist wahrscheinlich Ammoniak, in dem 1 Aeq.
Wasserstoff durch dasBadical CieH? (vielleicht imStyrol oderCinnamb
existirend) vertreten ist:
Cie H7 )
Phtalidin CieHa N = H } N(?) Dusart.
Hierher gehört femer das vonBamdohr neuerdings aufgefandene
Styrylamin:
Styrylamin C,8 Hn N = "h}N(?) Ramdohr.
h)
Ebenso dürfte das von Maule aus dem Nitromesitylen erhaltene
Nitromesylamin (Nitromesidin), welches dieselbe Zusammensetzung hat
wie das Nitrocumylamin, eine primäre Aminbase sein:
Ci8(H„.N04)|
Nitromeivlamin Cig {{)] N} O4 = H |N(?) Maule.
H )
Neue Versuche machen es wahrscheinlich, dass auch das Glycodn
(Glycocoll)^ der Prototype einer Classe von Körpern, welche ihren che-
mischen Eigenschaften nach in der Mitte zwischen den Sauren und
Basen stehen, eine Amin Verbindung ist. Dieselbe Gonstitalion muss
alsdann Hir sämmtliche Homologe und Analoge des Glycocins ange-
sprochen werden:
Glycooin C, H. NO« = ^* h' ^* \ N. Horsford, Per
H
kin u. Duppa.
Ce H. O4
Alanin C« H, NO« = H | N. Strecker.
H
Leucin C^HijNO« = H |n. ^f^*!."?:
Strecker.
Benzaminsäure C14H7 NO4 = H \N. Zinin.
H
Basen, organische. 697
Tolaminsttore CigHo NO4 = H }N. Cahours.
8
C80H11O4
CuminaniinBäure C20H18NO4 = H ( N. desgL
H
Anisaroinsäure Cie II9 N Oe = H } N. desgl.
H
Durch die EinwirkuDg des Cyangases auf Anilin , Tolylamin und
Comylamin bildet sich eine Reihe merkwürdiger Basen, welche einfach
die Elemente des Cyans neben den genannten Körpern enthalten. Die
Constitution des Cyananilins, des Cyantolylamins und Cyancumylamins
ist im Augenblick unermittelt; Aber die Function des Cyans in diesen
Körpern hat man bis jetzt keine irgend wie begründete Ansicht Die
genannten Basen mögen daher bis auf weiteres den primären Amin-
basen zugezählt werden:
CyC„H5 )
Cjananilin C14H7 N3 =r H } N. Hofmann.
H )
CyCuÄT )
Cyantolylamin C16 H9 N, = H } N. desgl.
H )
CyCisHii)
Cyancumylamin CsofiiaN^ = H } N. desgl.
H )
Unter den Namen Formylamin, Acetylamin und Propenylamin sind
von Clo&e und, theilweise vonNatanson, Basen beschrieben worden,
welche diese Chemiker zu den Aminbasen rechnen:
Ca« )
Formylamin C, H, N = H > N. Cloez.
H )
C4»,)
Acetylamin C4 H5 N = H | N. CloSz, Natanson.
(Vinylamin?) .H )
Fropenylamin c, H, N = ^'e\ N. CloSz.
(AUylammO • ' ^ \
Die Natur dieser Verbindungen ist aber kaum hinreichend ermittelt.
Nach Versuchen von Moitessier, welche indens sehr der Bestä-
tigung bedürfen, scheint das Solanin eine primäre Aminbase zu sein,
wenigstens giebt derselbe an, dass sich in dieser Base 1 oder 2 Aeq.
Wasserstoff durch Alkoholradicale vertreten lassen (s. S. 699 u. 702) :
C42 «38 Ol 4)
C4,HwNOi4 = fl } N(?) Moitessier.
H )
Das in dieser Formel figurirende complicirte sauerstoffhaltige ein-
atomige Badical €4^ Hgs O14 ist, wie kaum bemerkt zu werden braucht,
in hohem Grade problematbch.
698 Basen, organische.
Endlich lä88t sich za den Aminbaaen vielleicht noch das Ammelid
rechnen, insofern Gerhardt dasselbe als eine Verbindang Ton Cjan-
amid mit Cyansäure betrachtet:
AmmeHd Q H4 N4 O4 = ^^j N -}- 2 C, N HO,. Gerhardt.
Dieser Aasdruck ist indessen nicht durch besondere Versache be-
gründet, auch darf man nicht vergessen, dass die Formel des Ammelids
selbst noch streitig ist, insofern Liebig, der Entdecker dieser Verbin-
dung, der Formel G12 H9 N9 Oe den Vorzug giebt
Secnndäre Aminbasen.
Bimethylamin . C4 H? N
Biäthylamin Cg K^N
Biamylaroin C20H38N
Biallylamin . CiaHnN (?)
Cyanmethylamin C4 H4 ff.
Cyan&thylamin C« fi« N,
Cyanallylamin .
(Sinamin)
Methylphenyl-
amin .
Cg xie rf,
C14H9 N
Aethylphenyl-
amin . . . CieHn^
Aethylchlorphe-
nylamin . . CißHio€lN
Aethylnitrophe-
nylamin . . CuHioNa04
Aethylcaprylamin CsoH^sN
C, 1x3
^^^ Oj Äg ( TW
H
= 04»» }N
M
CioHii]
= CioHii} N
Cj H»
= Cg ttj / Pr
C, N
= CH,J N(?)
S
C,N
= €485} N(?)
C« N
= Ce»,} N(?)
H
H
C4»«
W«6 )
H )
N
Hofmann,
Petersen.
Hofmann.
Hofmann.
* Cahonrs q. Hof-
mann.
Clogz a. Ca
h o u r s.
Will.
C4H5 )
= Ci2(H4€l) N
E )
C4 »5 )
= Ci2(H4,N04) N
H >
Hofmann.
I
C4H»)
H )
Cahours.
BasJBOy organifiehe« 699
AmylplMDylainui CssfliyN sCi^fis > N Hof mann.
fi )
C12H5
Cetylphenjlamin C44HS9N = Cgsfls»} N Fridau.
H
C4H,
Aeihyltolylamin CigHiaN =CliS^ \ N Abel u. Morley.
H
Aethjlnaphtjl- C4 H5 )
amin . . . Gs4lIi,N =0,087 f N Schiff.
H >
An diese Reihe schliesst sich eine Anzahl von secun<}aren Amin-
basen'an, deren Constitution bis jetzt nicht mit derselben Pr&oision
ermittelt ist, wie die der vorhergehenden.
Lässt man das Phtalidin als primäre Aminbase gelten, so ist das
Aethylphtalidin zu den secundären zu rechnen.
C4H5)
Aethylphtalidin G,oHisN = GieH? NCO Dnsart.
H )
Gelegentlich der Untersuchung über das Acetylamin (s. S. 697)
hat Natanson auch ein Acetylanilin oder AcetylphenylaiAin (richtiger
wohl Vinylphenylamin Bd. I, S. 1064) dargestellt. Die Natur dieser
Verbindung, welche mit dem Phtalidin isomer ist, ist ebenfalls nicht als
festgestellt zu betrachten; nach dem, was vorliegt, scheint sie eine se-
cnndäre Aminbase zu sein:
C4 Ha )
Vinylphenylamin CieHoN =:= G12H5 } N(?) Natanson.
H )
Die von Moitessier beschriebenen Derivate des Solanins, das
Aethylsolanin und Amylsolaiiin sind vielleicht gleichfalls secundäre
Aminbasen :
Aethylsolanin C4«»8sNOi4 = C4 »6 N(?))
\ Moitessier.
C4,H880i4\ j
Amylsolanin C5,a45NOi4 = C,oHn l N(?)\
H ) J
Femer rouss nach Versuchen von Cahours das Piperidin hierher-
gerechnet werden. Dieser Körper ist unzweifelhaft eine secundäre
Aminbase , allein es ist bis jetzt unentschieden, ob die beiden Wasser-
Btoff-Aeqoivalente durch ein zweiatomiges Radical Ciofiioi' welches
man Piperyl nennen könnte, oder durch zwei einatomige Badicale ver- .
treten "sind:
Piperidin(Piperylamin) CioIIiiN=(CioHior j jj Cahours.
Das Gleiche gut von dem Coniin:
Coniin (Conylamin) CieHiftN = (Cifi^y) ^ Ortigosa, Blyth,
H \ ^ Gerhardt.
Auch liier ist die Natur des H3 äquivalenten Atomencomplezes nn-
700 Basen, organische.
ermittelt Die Annahme eines zweiatomigen Badicals Ci6H]4 lehnt
nicht an bin jetzt Bekanntes an. Wahnoheinlicher ist es, ao zw«
Aeqnivalente eines Badicals CgH? (Butyryl?) zu denken. BekanntÜck
hat Blyth nachgewiesen, dass Coniin unter dem Einflüsse von Oxy-
dationsmitteln Buttersäure bilde.
Endlich mögen hier die von CloSz und Natanson bei der Be-
handlung des Ammoniaks mit Bibromathylen und Bichlorathjlen enV
deckten Basen nochmals Erwähnung finden. Nach Mittheiinngen yos
Cahours^) wären die früher als Formylamiuy Acetylamin und Pro-
penyiamin angeföhrten Verbindungen als Methylenamin, Aethylenamia
und Propylenamin zu betrachten, und enthielten die zweiatomigen B»-
dicale Methylen, Aethylen und Propylen.
'h N = C,H,N = (^^ J»^"j N Methylenamin.
Focmylamin
Vinylamin
Propenylamin
H
C4H
H j N = C4H5N = ^^'ft ^ } N Aethyl
enamin.
(Allylamin?) **
N = CeH^N = (^« J«)" j N Propylenamin.
Die Untersuchung dieser Körper, deren wir weiter unten nochroab
gedenken werden, bedarf einer erschöpfenden Wiederholung.
Tertiäre Aminbasen.
Trimethylamin .
Cd H9 rl
= C, H,
C4 H5 X
N
Hofmann,
Wertheim.
Triäthylamin .
C„H.»N
- C4 H»
Cio«ii\
N
Hofmann.
Triamylainin .
Cjo^ss^
CjoHii'
N
Tricaproylamin
GgeH39N
CnHisj
— CiaÄigJ
CiaHis)
N
GöBsmann u.
Petersen.
Triallylamin
C18H15N
- C. H,
C19H5 j
N
Cahonrs u.Hof
mann.
Triphenylamin .
CgjHiftN
- c, A
N
Gössmann.
Methyläthylamyl
»
C, H, j
•
amin •
Cl«**l9"
- C4 H5
Cioflii)
N
Hofmann.
^) Iie90ns de chimle generale, T. U, p. 664.
Cyandiäthylamin CiqHioN,
Cyan&thylallyl- \
amin • .f
Aethylsinamin 1 Ci^H^oN}
Sinäthjlaniin . i
Methylsthylphe-
nvlamin . •
Methylamylphe-
nylamin .
Bi&thylpheDyl-
amin •
Biäthylchlorphe-
nylamin . .
Aethylamylphe-
nylamin . •
Cyanathylphe-
nylamin . .
Bicetylphenyl-
amiD •
MsÄigN
C24H19N
CfoSiftN
Vy^Qxxi 4 Vilnr
C«6"21^
CigHioN^
C7sfll7iN
Basen, organische.
= C4H5}N(?)
C4H5
C2N
C.H5
= CioHii) N
C1JH5
C4»5,
= C4 H, l N
C4H. ,
= C4 »5 i N
C„(H4€l)
C4»»
= CioHiiJ N
C,N
= C4 H, { N CO
^= C/39ng3> ff
C4H»
= C4 H, { N
N
701
GIoSe u. Ca-
honrs.
N(?) Hinterberger.
Hofmann.
CIoSz n. Ca-
honrs.
Fridao.
Abel u. Morley.
Büthyltolylaroin CmHitN
C14H7
An die in der vorstehenden Tabelle aufgeführten Aminbasen
achlie5ist sich eine grosse Reihe basischer Verbindungen an, von de-
nen man mit riemlicher Sicherheit weiss, dass sie zu derselben Classe
gehören, obwohl ihre Constitution im Uebrigen noch sehr zweifel-
haft ist.
Hierher gehört vor Allem eine Reihe von Basen, welche in den
De^tillationsproducten der Steinkohle, der thierischen Substanzen, über-
haupt stickstoflfhaltiger Aiaterien aufgefunden worden sind. In allen
diesen Verbindungen sind die 3 Aeq. Wasserstoff des Ammoniaks sub-
Btituirt, allein man hat bis jetzt keine Anhaltspunkte, um die Anord-
nung der Elemente in den substituirenden Atomencomplexen zu beur-
theilen :
Pyridin C10H3 N = (CioH»)'" N
Picolin CuH, N = (Ci,Äy)'" N
Lutidin CiAi N = (014«,)"' N
Collidin Ci,Hi,N = (Ci,Hu)'"N
Parvolin C,e«wN = (Ci8»i,rN
Anderson.
Williams.
702 Basen, organische.
LeucoUn CA N = (C„H,)"' N j "^winu^.!""**'
Lepidin C,oH, N = (CjoH»)"' N i _.„.
_ J Williams.
Cryptidin CkHuN = (CH„)'"N J
Femer rind hierher die einfach-methylirten und •äthylirten Derivate
des Piperidins zn zählen :
■ Methylpiperidin i r U tl ^j H» | m
(Methylpiperylamin) j ^'«""^ — (doHio)")
Amylpiperidin | p n m CioHn ( m
(Amylpiperylamin) j ^o»n^ — (Cj^H^^yj ^
Nach neueren Versuchen von Hofmann ist das von Liebig voi
Wöhler entdeckte Thialdin eine tertiäre Aminbase, und dieselbe Con-
stitution muss man daher fiir sätnmtliche Homologe dieses Körper» an-
nehmen :
Thialdin C.A,NS, = (CÄArN j ^ HoiL'in'!''''"'
Selenaldin CiiHttNSe4=(Ci,IIi,Se4)'"N Liebig n. Wöhler.
Bntyrothialdin C}4liMNS4 = (C,4MuS4)'"N Gackelberger.
Valerothialdin C,oH«NS4 = (CoH3iS4)"'N j ^Xintou!"'^^"
Auch das Nicotin, sowie das Methylconiin und Aethylconiin sind
tertiäre Aminbasen, ebenso das noch zu bestätigende Aethylamylsolanin.
Nicotin p u M /P U V"ÄI l örtigos», BarraK
(Nicotylamin) ^<>*^ ^ " ^^^^'■> ^ ] Melsens.
Methylconiin J p n m _ Ca Ha Imi „ . ^ u u
(Methylconylamin)l ^***"^ ~ (C1A4)'' j / Ho^™*«". ^ekuW
, / u. ▼. Planta- Bei'
Aethylconiin < r H N ^ *^4 "» ( N
(Aethylconylamin)) ^^"»*' — (€„»14)" ) ^^
Aethylamylsolanin G5eIl49NOi 4= CioHn | N (?) Moitessier.
C4SH83O14
Bei der Behandlung von Anilin mit Bibromäthylen ist neuerlichjt
eine krystallisirte Base erhalten worden, welche Ci«H9N enthält mul
mit dem Phtalidin und Acetylanilin isomer ist. Diese Verbindung iit
gleichfalls eine tertiäre Aminbase:
Aethylenphenylan.in C.H.N = ^^^"\ N „.»H^of^lnn.
Es ist aber höchst wahrscheinlich, dass dieser Ausdruck verdop-
pelt werden muss und das Aethylenphenylamin zu den Diaminbaseo
zu zählen ist (siehe weiter unten).
Endlich können hierher eine ganze Reihe vorzugsweise in den
Pflanzen vorkommende Basen nebst ihren Derivaten gerechnet werden,
die ihrem Verhalten nach den tertiären Aminbasen nahe stehen, bei
denen das Verständniss der Constitution aber noch weiter durch den
Umstand erschwert wird, dass bei der Mehrzahl in dem meist schon an
und för sich complicirten Atomaggregate, welohea die 8 Wasserttol^
chenan.
Basen^ organisdie. 703
äquivalente de9 Azninoniaks subdtitairt, noch überdies Stickstoff vor-
kommt. Ueber die Form, in welcher dieser Stickstoff vorhanden , ist
nichts Sicheres bekannt. Es verdient bemerkt zu werden, dass sich
diese Körjper gleichfalls als Diaminbasen betrachten lassen, wie weiter
iinten ausführlicher entwickelt werden soll. So lange keine entschei-
denden Versuche vorliegen, mögen diese Verbindungen hier eine
Stelle finden.
Morphin . • C84Äi9N08 = (C84Hi90e)'"N. S€.,J.L^L.
Codein . . . CseHaiNOß = (C86H8i06)'"N.
Chlorcodein CaßHjoClNOß = (CseCHjoGl] Ofl)"'N.
Bromcodein CaeÄaoßrNO« = (CaeCHjoBr] OgyN.
Nitrocodein CgeHaoNjOio = (C,6[H20iNO4]O6)'"N. \ a.
Tribromcodein CseHisBi-sNO« = (CseLHisßralOe)"'^
Jodocodein Cj^HjiNO«!, = I3 (CgeHaiOeyN.
Bicyancodein C40H21N8O8 = Cy2(C86H2i06)'"N.
Fnrfniin . . . C,oHi2Na06 = (C^o^u^OeT'N. Fo^ Da,
Chinin • . C4oÄ24r<r204 = (C4oH24N04)"'rl. \ j r o!
Cincbonin . . C4oH24N«02 = (C4oH24N02)'"N. j
BichlorcinchoninC4oÄ,2€l2N202 = (C4o[H226l2]N02)'"N. | Z,.
Bromcinchonin C4oHj8ÄrN202 = (C4o[H«8»r]N02)'"N. )
• • ^401X26^204 ^-^ (y^ioi^Qe^^if"^* £f€»^D,
• • >-'8S"22^202 ^-- C^^6 "82*^^2/ ^' ^^^•
Bmcin .... C4gfts8N208 = (C40H26NO8)'"N. J /?' r '
Brombrudn . C4eH26BrN208 = (C4«[»25Br]N08)'"N. L.
Strychnin . . . C42H22N2O4 = (C«'*2a^^4)'''^|i!^.^*iV:
Chlorstrychnin . C4,H,i€lN,04 = (C42[H,i€l]N04)'"N. L.
Trichlor8trychninC42Hi9€l8Na04 = (C42[Hi9€l8]N04r'N. Pe.
Dem Ammoniumoxydhjdrat (Wassertypus) entsprechende
Basen.
T%teiB.ethyl»n.n.o. Cs«„NO,= ^'^^ g» >« j O,. Ä
niamoxydhydrat » 1» * tt ) *
Tetramylammonium- ^ u mr^ N.(CioHn)4 I ^ „
oxydhydrat C4oH46iVO,= g j O,. Ä
AbkUrsnngieii der Namen der Beobachter: Ab. Abel; r. B* y. Babo; CSs. Ca*
▼enton; Da. Davidson; />. Delondre; Fo, Fownes; dfö, Gössmann; Gh. Ounning;
flb. How; Se, Henry; K, Keknl^; L. Laurent; Le. Leers; J. L. Liebig; 3fo. Morley;
P*. Pettetier; P>'R. v. Planta-Reicbenan ; R. Regnaalt; 8e, Sertürner; 8(. Strecker;
ata, StaUachmidt; Wi, Williams.
Chinidin
704 Basen, ot^amsche.
Methyltri&thylammo- n n jfQ = ^ ' ^*'* ^^* *** ^ { O,. Ä
ninmoxjdhydrat ^4"i» » H ) '
Triäthylamylammo- C. ff NO = ^ ' ^^*^*^* ^0^11 J q. , flr
niumoxydhydrat ^' «7 « H J '
Aethyltricaproylain. C4oH45NO,= ^ . CA (C, As). | q ^d.
momamoxydhydrat «» *» » « ) '
Tri&thylphenylam- ^^ ^ j^q ___ N . (0485)3 O^Hs } o . Ä
rao niumoxydhydrat ^* »12 H J *' '
Aethyltriphenylam- c«H,,NO,= ^ ' *^«'*» ^^'g» ^ I O,. G4
moniiunoxydhydrat .«"*■» 11 )
Methylbi&thylphenyl- Bi n U rr« U ^ P IL. 1
ainmoniunioxyd- C^Hi^NO« = « • ^»s (C.4»5)2^f «» o,. Ä
hydrat '
Methyläthylainyl- ur U r U n u rU)
phenylamnionium- 0,g»„NO, =^-^**»'^**^'^«**"^^^«5* O,. Ä
oxydhydrut
Triäthyltolylammo- n u \Lr\ ^ - (CS^^CiJtj J ^ ii6.n.
niumoxydhydrat ^«**»»^« — ff } ^" Ä
Trimethylbrom- 1^ rP Ä V rP H TlrV )
äthylenammoni- 0,oHuBrNO,= 1* . (O,«,), (C4»4^r) ^ ^^j
nmoxydhydrat
Trimethylvinylammo- Q u j^q __ N.(GtHs)8^4Ks J q ^,
niamoxydhydrat 10 is « ff ( •* '
Tetra vinylammonium-^ n ^r\ ^'i^^fiiU i r\ «n
oxydhydrat Ci6His^2= ^ \ «f. «-^
Tetrallylaminonium- ^ o ^j/-. N • {C^flO* l rk ^'^
oxydhydrat i^4«siWO,_ jj J U,. ^
Dieser Reihe ffchiiesst sich ebenfalls eine betr&chtUche Apy^l yoa
Verbindungen an, über deren Stellung man keinen Zweifel hegt, dif
aber hinsichtlich ihrer Oonstitntion noch nicht hinreichend erfoncbt
sind. Bildungsweise und Eigenschaften dieser Körper seigen, dan
sie zusammengesetzte Ammoniumoxydhydrate sind, in denen die vier
Wasserstoffäquivalenle des Ammoniums durch Badicale vertreten sind,
obwohl die Natur der vertretenden Badicale bis jetzt nnr theilweife
bekannt ist. Alle diese Verbindungen kann man sich entstanden
denken durch HinzufQgung der Elemente von Alkoholen zu tertiären
Aminbasen.
Aethylpyridylammonium- p, u xirfc N.O4 RjCCioHs V'J rk i
oxydhydrat ^u«iiiVU, = jj ^Of. A.
Amylpyridylammonium- ^ „ j^^ N.OioRii(OioHs yj^i a
oxydhydrat Cs»o«i7«Ojr — R \^ ^
Aethylpioolylammonium- q o jjq _. N . O4 H5 (CiA X"/ O A
oxydhydrat *• ^^ ^^ ff i
*) Unveröffentlichte Untenncbungen.
Basen, organische. 705
oxydhydrat CjoHn^VU, _ «1^2- A.
ilethylleucolylammo- C If NO = ^'^a ^8 (^iß'*^ )'"| q jy-
niamoxydhydrat 20 ii- 2 jj j 2*
Lethylleucolylamnio- p n T^n N-Q ^6 (CisHt )'"> ^ „r.
niumoxydhydrat ^^ iö j n ) ^
LmyllencoJylammonium- ,^ ^ ^.^ N.CioHuCCigH? )'"j ^ ^y.
oxydhydrat 28 i» 2 H ) ^' '*
LethyllepidylammoniQin- q jf pjQ __ ^ • Q 1^5 (CjoHs )"' | q ^r^
oxydhydrat 24 15 2 H j ^' '
Lroyllepidylammonium- ^ ^ ^^ __ N. CioHnCCgoHe )'"| ^ ^^.
oxydhydrat 30 21 2 , ti \ '^' '
Jimethylpiperylammo- C H NO = ^•(^^^3)2(^0^10)" | q q
niunioxydhydrat 14 n- 2 H ) '^* '
Jiäthylpiperylainmo- C H NO == ^•(^^'^ö^^^^io**'«)" | O . C.
niuEDOxydhydrat is 21 2 H j ^* '
Üethylthialdylammo- CHS NO r= ^'^'^' ^^^*^^^^*^'"| O. . H.
niunioxydhydrat 14 17 4 2 ü ) '^' '
tfethylnicotylammonium- ^ y ^q N.C2 H3 (C10H7 y'*lQ ^ ß^^
oxydhydrat 12 11 2 }j j «•
kethylnicotylammoniuin- n h mq N.C4 II^ (C10H7 )'"|q H,^ P-B.
oxydhydrat 14 13 2 H J ^' 11. Ä'.
Ä^mylnicotylammoninni- CnHi^NO, = N. C^öHiiCCioHt )'"j q^. Sia.
oxydhydrat zu *» » ii )
Biäthylconylammonium- q jj j^jq _. N. (04115)2 (Ci6Hi4)" | q P'R.n.
oxydhydrat 24 25 2 H J * -ST.
lieber die Mehrzahl der nunmehr folgenden Körper sind die An-
sichten insofern getheilt, als man die Basen, aus welchen sie durch
Hinzufügung der Elemente von Alkoholen entstehen, wenn sie mehr
als ein Aequivalent Stickstoff enthalten, entweder als tertiäre Amin-
basen oder als Diaminbasen betrachten kann (s. folgd. Seite). Da wir
die Mutterverbindungen im ersteren Sinne abgehandelt haben, so fin-
den diese Basen mit den übrigen naturgemäsa an dieser Stelle ihren
Platz.
Methylmorphylammo- ^ jj ^^ __ N.Cj H3 (CaiHigOe)'"! q j^^
niumoxydhydrat *^ 28 s H )
Acthylmorphylammo- n ««.NO« = N.C4 H5 (C34Hi906)'"| q^ ^^
niumoxydhydrat « )
Aethylcodeylammo- c.nH^NO« — ^-^^ '^s (C36»2i06)'"J q^ jj^
niumoxydhydrat «u »i 0 H )
Aothylfurfurylammo- C H NO = ^'^^ '^^ (^»o^^i^^^ß)'"! O. . Da.
niumoxydhydrat 34 is 2 8 H J "^
Amylfurfurylammo. c^nHoiNoO« = ^-^lo^JuC^aoHiaNOe)"'! q ^^
niumoxydhydrat 40 ^4 i » » )
HandwOrtarbach der Chemie. 2te Aufl. Bd. IL 45
706 Basen, organische.
Methylchinylammo- q n ^ q N.C^ Ha (C4oHj4N04)'''j q ^
Diumoxydhydrat « 28 2 e H j *'
Aethylchinylammo- C H NO ^-^4 'Js (C4oÄ24N04)'"| q ^
niumoxydhydrat 44 so 2 6 H j *' '
Methylcinchonylanitno- ^ u m r^ N-Cj Hg (C4oH34N03)'"J ^ r^.
niumoxydhydrat C42«28^2 04 = jj j ü,. ^
Methylchinidylammo- ^ jj j^ q ___ N.C2 Ha (C8eH22^C)2)'"j q j.,. ^
Diamoxydhydrat 88 26 a 4 H j *^*^
Aethylbrucylammo- c H NO — ^-^4 »& (046^26^0« "0| q Gh,
niumoxydhydrat 60 82 2 lo H j '"
Aethylstrychnylammo- ^ jj ^ ^ __ N.C4 H5 (C42H,2N04)'"| q ^^
niumoxydhydrat 46 28 2 e H j *'
Amylstrychnylammo- c j{ jf o = ^•^*^^"^^"**22N04y"| ^ ^^
niumoxydhydrat 52 34 2 6 H ) *' *
Diaminbasen.
Wenn man die neutralen Verbindungen betrachtet, welche durch
die Vertretung des Wasserstoffs im Ammqniak durch elektronegative
Kadicale entstehen, und welche, je nach der Anzahl der zusammen-
gekuppelten Ammoniakäquivalente, sich als Amide, Diamide und Tria-
mide unterscheiden lassen, so liegt der Gedanke nahe unter den Basen,
d.h. den elektropositiv substituirten Ammoniaken, ähnliche Verbindun-
gen aufzusuchen, welche man, wenn sie sich von 2 Aeq. Ammoniak ab-
leiten, Diaminbasen oder Diamine, wenn sie von 3 Aeq. Ammoniak
abstammen, Triaminbasen oder Triamine, endlich wenn sie 4 Aeq.
Ammoniak entsprechen, Tetraminbasen oder Tetramine nennen könnte.
Da sich Diamide und Triamide durch die Einwirkung der zwei-, be-
ziehungsweise der dreibasischen Säuren auf das Ammoniak erzeugen, so
lässt sich die Bildung von Di- und Triaminen bei der Einwirkung
geeigneter zwei- und dreiatomiger Alkohol Verbindungen mit Zuver-
sicht erwarten und die schärfere Charakterisirung der mehratomigen
Alkohole, welche die letzten Jahre gebracht haben, kann nicht fehlen,
die Forschungen der Chemiker diesem Felde zuzulenken. Im Augen-
blick ist in dieser Richtung nur wenig geschehen, und frühere Arbeiten
sind bis jetzt von diesem Gesichtspunkte aus kaum betrachtet worden.
Die interessantesten Arbeiten , welche auf diesem Felde vorliegen,
sind die schon vor längerer Zeit von Cloez und später von Natan-
son unternommenen Untersuchungen der Körper, welche sich durch
die Einwirkung des Bibromäthylens und Bichloräthylens auf das Am-
moniak erzeugen. Nach dem was über diese Reaction bekannt geworden
ist, scheinen sich in diesen beiden Processen ungleiche Producte zu
bilden. Betrachtet man namentlich die von Cloez beschriebenen Ba-
sen, das Formylamin, Acetylamin und Propenylamin (Methylenamin,
Aethylenamin und Propylenamin), welche bereits (S. 700) unter den
primären und secundären Aminbasen aufgeführt worden sind, so kann
man sich kaum der Verrauthung erwehren, dnss diese Körper wahre
Diamine sind. Statt der Ausdrücke
CjHaN.HGl
C4H6N.H€lund
CeH^N.HQ
Basen, organische. 707
durch welche Cloez die Salze dieser Basen darstellte, erhielten wir
alsdann die Formeln
04 XT3 Tff • X 11 vSl,
C8HioN2.2H€l und
von denen nur die erste und letzte in der procentischen Zusammen-
seiznng von den Cloez' sehen Formeln etwas abweicht. Das Me-
thylenamin, das Aethylenamin und das Propylenamin würden auf diese
Weise zu Gliedern einer Gruppe zweisäuriger , zweiatomige Radi-
cale enthaltender Basen, deren Salze sieh folgendermaassen formuliren
Hessen :
Aethjlendiammonium-Bichlorid ^^ *ii* lil ^^«
H2 a
2
Biathylendiammonium*Biclilorid * ^r*H*V' H^ I ^^*
Triäthylendiammonium-Bichlorid ^cc^Uvi *U^ { ^^2
an welche sich endlich die den einatomigen Ammoniumbasen entspre-
chende Verbindung
Teträthylendiammonium-Bichlorid *}/i*m \ //l ^'»
anschliessen würde.
Weitere Versuche sind nöthig, um diese Hypothese zu bestä-
tigen.
Wenn man den Diaminen einen zweiatomigen Charakter zuschreibt,
in anderen Worten, wenn man ihnen die Fähigkeit zuerkennt, sich mit
2 Aeq. Säure zu vereinigen , so wären im Augenblick, ausser den ge-
nannten noch hypothetischen, nur noch wenige wahre Diamine be-
kannt. Die Formeln des von C h a n c e 1 entdeckten Flavins (Bi-
phenylhamstoffs, s. S. 710) und der neuerdings von Voit entdeck-
ten, mit dem Namen Diamidobenzoesäure bezeichneten basischen Ver-
bindung,
Flavin Cge H^ Ng Oj
Diamidobenzoesäure C14 Hg N2 O4,
lassen sich nicht mehr halbiren, und da die Quantitäten, welche sie
repräsentiren , 2 Aeq. Säure sättigen, so müssen diese Verbindungen,
auf deren wahrscheinliche Constitution wir zurückkommen, als wahre
zweisäarige Basen betrachtet werden.
Wahrscheinlich gehört hierher auch das Nicotin, welches im Vorher-
gebenden als eine tertiäre Aminbase betrachtet worden ist. Die Formel
C10H7N entspricht 2 Vol. Dampf, während das Ammoniak, sowie alle
in dieser Richtung untersuchten Basen 4 Vol. Dampf repräsentiren.
Viele Chemiker sind geneigt, die Nicotinformel zu verdoppeln und
diese Base durch die Formel
darzustellen, welche das Nicotin als Binicotyldiamin und die davon
abgeleiteten Methyl- und Aethylbasen als Diammonium Verbindungen, als
Bimethyl- und Biäthyldinicotyldiammoniumoxydhydrate :
45*
708 Basen, organische,
Methylverbindung ^« ^^^^'^' ^^" H,^*'"} ^**
Aethylverbindung ^' ^^'^'^ ^^'Sf '"j ^*'
erdcheinen lassen.
Möglich, dass auch die von Anderson neuerdings beschriebene,
durch PolymerisLrung aus dem Picolin erhaltene, mit letzterem isomere
Base Parapicolin ein Diamin ist:
Picolin (C12H7) ''' N
ParopicolinCCiaHr)»"' NjC?);
allein diese Annahme hat bis jetzt kaum experimentelle Anhaltsponkta.
Femer scheint das schon Seite 702 erwähnte Aethjlenphenylamin
seinem Verhalten zu Jodmethjl und Jodäthyl nach eine Diaminbase
zu sein. Bei der Behandlung mit diesen Agentien verbinden sich 2 Aeq.
Aethylenphenylamin CieHgN mit 1 Aeq. Jodmethyl und Jodäthyl, in-
dem JodQre von der Formel:
2Ci6H9N.C2H8l und 2Ci«HyN.C4H5l
entstehen. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass die wahre Mole-
culargrösse dieser Base durch die Formel C82KigN3 = \^ u*^ j ^t
dargestellt ist, und dass die Salze als Diammonium Verbindungen gelten
müssen.
Chlorwasserstoffsaures Salz ^ ,^* „ V* ^ [ €lj.
Endlich scheint auch das Azonaphtylamin, dessen wahrscheinliche
Constitution weiter unten (S. 710) besprochen ist, eine zweisäurige
Diaminbase zu sein.
Aus dem Gesagten erhellt, dass die Anzahl wahrer zweisäuriger
Diamine, oder solcher Verbindungen, welchen der Fortschritt der Wissen-
schaft wahrscheinlich diatomigen Charakter vindiciren wird, äusserst
gering ist. Dagegen sind wir mit zahlreichen Diaminen bekannt, wel-
che einsäurig sind. Hierher gehört vor Allem die reichhaltig vertre-
tene Gruppe der Harnstoffe. Die Ansichten über die Natur des Harn-
stoffs sind getheilt. Am einfachsten lässt sich der Harnstoff als Diam-
moniak betrachten, in dem 2 Aeq. Wasserstoff durch das zweiatomige
Badical Carbonyl (CgOs)'' vertreten sind:
(CO,)")
Harnstoff CjfiiNjO, = H, J Nj,
eine Anschauungsweise, welche durch das allgemeine Verhalten and
namentlich auch durch die neuerdings von Natanson beobachtete
Bildung desselben, durch die Einwirkung des Carbonylchlorids (Phos-
(c,o,r,
gengases) auf Ammoniak: 2H8N + (CaOay'Cl, = H, } N^
-j- 2 H €1 unterstützt wird.
Harnstoff C, H4 N.O^ = ^^'Sf In,. ^'^^^if-/^^^^
H
u. Wöhler.
3
(C,0,)'
Methylharnstoff C4 H« NjO, = C,H,.Ii JN,. Wurtz.
H
i
Basen^ organische.
709
AethjlharnBtoff C« Hg Ng O3
Amylharnstoff C12H14N2O2 =
AUjlharnstoff Cg Hs N3O3
Salfallylhamstoff r« u ^ c
(Thiosinamin) " ** *^*
Piperylharnstoff CisH^NsOg =
Phenylharnstoff CuHg N2O3 =
Sulfophenyl. n .H« N,& =
(C2O2)
04X15 . TX
(CO,)
CioHn . H
hamstoff
Toljlhanifltoff CigHioNgO) =
Naphtylharnstoff C22H10N2O2 =
(C2O2)"
C01Z5 . «
(C,S,)"
«,
(0,0,)';^
(CO,)"
(C,S,)"
(C,0,)"
Ol4TT7 • IT
(Co,y'
(CO,)"
Acetvlhftnutoff C ^e NjO« = CH30,.fi
H,
(CO,)"
Botyrylharnstoff CoHioN,04 = CHtOj.H
H,
(CO,)"
YaleTylbaniBtoff CiHi,N,0i = CoHgO,.!!
H,
(0,0,)"
Benzoylharnstoff Ci«fig N,04 = Ci^sOj.K
H,
(CO,)"
(C4H8),
(CO,)"
(CoH5)2
H,
BiäthylhArnstoff CioHi,N,0, =
BiaUylharnstoff r< n iu rk
(Sinapolin) Cu»i,W,Oi
^2*j
T%2»
Tt%»
Wurtz.
^2»
Hofmann u.
Cahours.
Dumas u. Pe-
louze, Will.
N2. Cahours.
Nq. Ghancel.
No. Hofmann.
No. Noad.
No. Schiff.
^«•i
Zinin, Mol-
denhauer.
^«•i
N2. Moldenhauer.
O'o«
Zinin, Mol-
denhauer.
N2. Wurtz.
W9.
Will, Cahours
u. Hofmann.
710 Basen^ organische.
^^Pj5;y?;;""'*"^ C,eHx,N,0, = (cÄ!n,. Ch.nceL
' (C o v
Methyläthyl- r U ^ n PH CU ? N I
harnstoff ^8 «lof^aO, — Ojös.^igs }^ij
} Wurtr.
Aethykmyl- nHNO— PHP *H I N
harnstoff ^i6»i8f*aO» — O4«j.t.,o»ii JfV,.]
harnstoff
Canours.
Aethylpiperyl- n u M o — PH »(n
harnstoff
(CioHio)"-
Aethylallyl- r U ^n r u ru Im Cahours u.
harnsto^ 14 « x » « a d a « 2 Hol mann.
(C S V'l
Sulfäthylallyl- r u M Q r H W (m Hinterberger,
Phenylallyl- n u Un ru n M Im Cahours o.
harnstoff ^aottia^aO^ —L,»,.Ci,^, HV,. Hofmann.
Sulfophcnylallyl- puij« — r U r U I äI
harnstoff ^2o«ia«2i>a — C6»5.Ci2»5 Nj.
> Zinin.
Siüfonaphtylallyl- cUN<^— CUC tt I M
harnstoff ^28«i4iV2bj| — ^eniMo^i [^2-1
«2 )
Weniger durchsichtig ist die Constitution der theila einsäorigen,
theils zweisäurigen Diaminbasen Azophenylamin (Semibenzidam), Ki-
trazophenylamin und Azonaphtylamin (Seminaphtalidam). Wahrschein-
lich enthalten diese Basen zweiatomige, noch nicht näher untersnchte
Radicale, welche in der Keihe der Alkohole dem zweiatomigen
Aethylen des gewöhnlichen Alkohols entsprechen.
Azophenylamin CijHg N, = H» } Nf Zinin.
ChCHs.NOO")
Nitrazophenylamin CisH? N^Ot = H» } Nj. Gottlieb.
Azonaphtylamin CjoHioNj = H, > N,. Zinin.
H, )
Ein Gleiches gilt von dem Amarin (Benzolin), in dem mMi em
ähnliches zweiatomiges Radical (Stilbyl?) annehmen kann:
Basen, organische. 711
N2. Bertagnini.
[Ca4(H5.N04)T
Trinitramarin C42H15N5O12 = [C14 (Hj . N04)"
[Ci4(H5.N04)j
Bei Abwesenheit aller directen Versuche sind diese Formeln na-
türlich rein speculativ.
Fast noch weniger Anhaltspunkte haben wir für die Beurtheilong
des von Städeler entdeckten Acetonins und des von Strecker ganz
Tor Kurzem beschriebenen Acediamins. Beide Körper sind unzweideu-
tige Diaminbasen, über die Anordnung der Elemente sind wir aber
noch im Zweifel.
Das Acetonin könnte Trimethyltrivinyldiamin sein:
Ci8Hi8N2= (CaÜ ^<^-^- Städeler.
Das Acediamin könnte ein dreibasisches, dem Glycerinradical ho-
mologes Molekül enthalten:
C4H6N3 = (^^J)'"! NjC?). Strecker.
Noch verdient bemerkt zu werden, dass sich die ganze Reihe or-
ganischer Basen, mit 2 Aeq. Stickstoff, welche wir oben als tertiäre
Aminbasen aufgeführt haben, gleichfalls als Diaminbasen betrachten las-
sen, wodurch zugleich der Yortheil erreicht ist, dass sich die Anzahl
der anzunehmenden stickstoffhaltigen, dem Wasserstoff analogen Radi-
cale verringert. Wir haben z. B. oben das Furfurin durch die Formel
(CaoHnNOey-N
dargestellt, welche in dem wasserstoQVertretenden Atomencomplexe die
Existenz eines stickstoffhaltigen Radicales voraussetzt Mit gleichem
nnd vielleicht mit noch mehr Recht lässt sich diese Base, deren Bil-
dung der des Amarin so analog ist, als eine Diaminbase betrachten,
wonach ihre Constitution durch die Formel
(C3oHi206)"""Na
ausgedrückt werden mnss.
Dasselbe gilt natürlich von den mit dem Furfurin aufgeführten
Basen Chinin, Cinchonin, Chinidin, Brucin und Strychnin.
Als eine einsäurlge Diaminbase lässt sich, nach Gerhardt, ferner
das Ammeiin betrachten, insofern es seiner Formel nach eine Verbin-
dung von 2 Aeq. Cyanamid mit 1 Aeq. Cyansäure sein kann.
Ammelin CeHsNjO, = H, f N, + C,NHO,.
Durch die Einwirkung des Chlorcyans auf Aminbasen entsteht
gleichfalls eine ganze Reihe einsäuriger Diaminverbindungen, als deren
Typns das Melanilin (Biphenylcyandiamin) bezeichnet werden darf:
C2N,H )
Melanilin Cj« Hjs N3 = (CijHft)« J N»,
**3 ' 1 TT 1»
\ Hofmann.
melanilin C265IiiGl2N8 = [Ci2(H4Gl)]2|N2.
H2 )
712 Basen, organische.
^ j^ „ \ Hofmann.
an €j'j.CjN,H I
'mclaniUn ^»o ^'^ ^» = (^'»Jf * P*" j
Metoluidin C,oH„N8 = (CuH7)s1N,. Wilson.
Menaphtyl- r' U N ro U \ i'M
: •* ^42 "17 ^8 ^^20"7;2/^2«
amm u \
"2 )
Aethylbicyan- Cg H« N, = C,H», H N,. Cahours a.
diamin e ö * ii l Cloez.
"2 )
An die besprochenen Verbindungen reiht sich naturgemass eine
ein^äurige Diaminbaae, welche sich bei der Einwirkung des Chlor-
kohlenstoffs C2€l4 auf Anilin bildet; sie lässt sich als Melanilin be-
trachten , worin 1 Aeq. Wasserstoff durch Phenyl vertreten ist. Wenn
man das Melanilin als Biphenylcyandiamin anspricht, so ist die neue
Base Triphenylcyandiamin.
Triphenyl- CasHnNs = (C^Hs),?!,. Hofmann.
cyandiamm j» i* j» QU W i
Eine einsaurige Diaminbase ist neuerlichst auch durch die Ein-
wirkung des Chloroforms auf Anilin erhalten worden. Man könnte »e
Formyldiphenyldiamin nennen.
^"i^fimfn" C,«H,,N,= (äKJN,. Hofmann.
Triarainbasen.
Ebenso wie sich unter dem Einflüsse dreibasischer SäuremolekOle
8 Aeq. Ammoniak zu einem Ganzen vereinigen können, indem sich
die bis jetzt nur schwach vertretene Clasbe von Verbindungen bildet,
welche man Triamide genannt hat, lässt sich auch eine analoge Classe
von Basen denken, welche, 3 Aeq. Stickstoff enthaltend, wahrscheinlich
durch die Einwirkung von Ammoniak auf dreiatomige Alkohol moleküle
entstehen werden.
Im Augenblick ist diese Frage experimentell noch beinahe unbeant-
Basen, organische. ' 713
wortet. Es sind in der That nur zwei Basen von einigermaassen verstan-
dener Constitution bekannt, deren Molekül 3 Aeq. Stickstoff enthält, indem
wir natürlich den Stickstoff, welcher in der Form von Untersalpetersäore
oder Cjan substituirt, oder als additionelles Cyan sich der Base zulegt,
* ausser Betracht lassen. Diese beiden Basen sind Liebig's Melamin
und das von Kolbe und Frankland entdeckte Cyanäthin. Ersteres
lässt sich als verdreifachtes Cyanamid betrachten:
Melamin .... CgHeNß = H3 } N3.
H3 )
Letzteres enthält vieleicht das dreiatomige Allylradical, welches
wir in dem Glycerin annehmen.
Cyanäthin . . . CigHuNg = (CgHs)'"} N3,
(CeH»)'
k///'
Die Accumulation der Ammoniakmoleküle scheint in der Bildung
von Triaminbasen keineswegs ihr Ende erreicht zu haben. Unter gün-
stigen Bedingungen können sich i, 5 und vielleicht noch mehr Aequi-
valente Ammoniak zu Atomencomplexen höherer Ordnung aggregiren.
Man gelangt auf diese Weise zur Conception von Tetraminbasen
und Pentaminbasen.
Es verdient bemerkt zu werden, dass unter den natürlichen Ba-
sen, deren Constitution bis jetzt noch ganz dunkel ist, verschiedene
vorkommen, welche 4 Aeq. Stickstoff enthalten; da keine erhebliche
Gründe vorliegen, stickstoffhaltige Radicale, wie Cyan und Untersal-
petersäure, in diesen Verbindungen anzunehmen, so mögen dieselben
einstweilen als Tetraminbasen gelten.
Die einzige wohl charakteri£iirte Tetraminbase ist neuerdings von
Debus ^) entdeckt worden. Sie bildet sich bei der Einwirkung des
Ammoniaks auf Glyoxal. Debus nennt diese Base, welche zweisäurig
TO sein scheint, Glycosin 2).
C12H6N4 — (C4H^)""> N*.
(C4H2)"")
Pentaminbasen scheinen sich bei der Einwirkung gewisser Metall-
oxyde auf das Ammoniak zu bilden. Unter den am Schluss dieses Ar-
tikels kurz aufgeführten Kobaltbasen finden sich mehrere Verbindungen,
bei welchen die pentamine Natur unverkennbar ist. Leider sind diese
merkwürdigen Verbindungen bis jetzt zu wenig verstanden.
Noch sind eine beträchtliche Anzahl von theils in der Natur vor-
kommenden, theils künstlich dargestellten Basen bekannt, über deren
Constitution bis jetzt nur so wenige Anhaltspunkte gegeben sind, dass
sie sich dem auf vorstehenden Blättern befolgten Systeme nur ganz
willkürlich würden einreihen lassen. Zur Vervollständigung des Ma-
terials sind diese Basen in den folgenden beiden Tabellen einfach al-
phabetisch aufgeführt.
*) PrivatmittheUung. — •) Nicht zu verwechseln mit Glycocin (GlycocoU).
714
Basen^ organische.
Natürliche Basen unbekannter Constitution.
Aconitin C60H47NO14J
Aricin (Cinchovatin) .... C46H26N2O8 (?)
Atropin (Daturin) .• CsiHjs^öe^
Bebeerin C88H21NO6
Berberin C42H19NO10I
Caffein (Thein, Guaranin) ... Ci6HioN404.
Clielerythrin (Sanguinarin) .... CggHieNOg
Chelidonin C40H20N3O6
c-''-^- i'SÄo^
Colchicin C82HnN022(?)
Conydrin CieHnNOj
[Ce8H4iN8022(?)
Corydalin C45H27NO18C)
' C50H30N O20 (?)
Delphinin C27H19NO7CO
Guanin (Xanthin) C10H6N5O2
Harmalin C36Hi4N202^
Nitroharmalin .... C26(Hi8,N04)N202
Hydrocyanharmalin . . C26Hi4N20a.HCaN
Hydrocyannitrohar-
malin .... C26(Hi8,N04)N302.HC2^
Harmin C26H12N2O2
Nitroharmin . . . . . C26(Hn,N04)Na02|
Jodnitroharmin . . . C2e(Hii,N04)N202.2l.
Chlornitroharmin . . C26(Hio,€l,N04)N202.^
Jodchlornitroharmin C26(Hio,€l,N04)N3 02-h2 1 .
Bromnitroharmin . . C26(Hio3i*iN04)N202i
Jervin C60H46N2O6
Kreatin C8H9N3O41
Kreatinin CgHiNsOa
Menispermin (Paramenispermin) . Ci8Hi2N08(?)'
Narcein C46H20NO18
Opianin CeeKsgNjOai
Papaverin C40H21NO8
Brompapaverin C4o(H2oBr)N08,
Nitropapaverin C4o(H2o»N04)N08
Pelosin (Cisampelin) C86H2i^Oe
Piperin CegHss^aOia
V. Planta-
Reichenao*
Pelletier, M»n-
sinL
Liebigf v. Plan-
ta-Reichenau.
y. Planta -Bei-
chenau.
Fleitmann U.B5-
decker.
Liebig, Pfaff,
Wöhler, Mal-
der^StenhouBe.
SchieL
Will.
Wittstein.
Leers.
Oberlin.
Wertheim.
Döbereiner, Jan.
Buickholdt.
Wackenroder.
Coußrbe.
Unger.
Fritzsche.
Will.
Liebig.
Pelletier d. Ca-
ventou.
Anderson.
Hinterberger.
G. Merck.
Bodecker.
Oersted, Lau-
rent u. Ger-
hardt
Ba^^en^ organische. 715
Sabadillin CjoHigNOftC?) Couerbe.
Sarkin C10H4N4O2 Strecker.
Spartein CieHigN Stenhouse.
Staphysain C32H33NO4 (?) CouSrbe.
Thebain (Paramorphin) CagH^iNOe Anderson.
Theobromin Ci4HigN404 Glasson.
Veratrin C64H62N2O16 G. Merck.
Künstliche Basen unbekannter Constitution.
Amidosulfobeneid C24K11NS2O4 Ger icke.
Anisidin . ^ Ci4HgN02)
Nitranisidin Ci4(H8,N04) NOaf Cahours.
Binitranisidin Ci4[H7(N04)2]N02)
Anüin C45H24N2O6 Bertagnini.
Benzidin Oi2Ke N Zinin.
Cacothelin C4oH22(N04)2NaOio Laurent
-^ X • in, u T^n ( Wöhler, Biyth,
Cotanun C26Hi3NOe j Gerhardt.
Cyanolin C^ »5 NO2 Cloez.
Diamidobenzoesäure C14H8 N2O4 Voit.
Diamidocuminsäure C20K14N2O4 Voitu. Bouilet.
Diamidosulfobenzid C24H12N2S2O4 Ger icke.
■«p-«- isarrAr "•'■"■
Fabin CioHe N (?) Stenhouse.
Facasin C30H12N2O6 Stenhouse.
! Laurent, Atkin-
son u. Göss-
mann.
Methyluramin C4 H7 N3 Dessaignes.
Narcogenin CseHigNOio Blyth.;
Nitrophenamylidin .... C22(Hi6,N04)N02 1 p .
Nitrophenetidin Cie(Hio,N04)N02i ^**^^^"-
Paranicin C20H13N Saint Evxe.
Pellutein C42H21NO7 (?)Bödecker.
Sarkosin Cg H7 NO4 Liebig.
V. Babo u. Hirsch-
brunn.
De la Rue, Hin-
terberger.
Nitrotyrosin Ci8Hio(N04)NOe Strecker.
Endlich sind zum Schlüsse noch nachstehende Pflanzenbasen
namhaft aufzuführen, von denen in der That kaum mehr als der
Name bekannt ist, und deren Existenz durch weitere Versuche consta-
tirt werden muss.
Agrofltemmin Schulze.
Apirin Bizio.
Arnicin Bastick.
Bmxia Faur^.
Gapsicin Witting.
Carapin Boullay.
Sinkalin C10H15NO3
Tyrosin CigHiiNOe
71^ Basen, organische.
Castin Landerer.
Ciirarin Boussingault und Boolin.
Chaerophyllin Polstorf.
Chiocin Brandes.
Cicutin Po lex.
•Convolvulin Marquart.
Cynapin Ficinus.
T^. ., ,. (Le Royer, Homolle.
Digitalin . . . . • TT "^
° - / Henry.
Emetin Pelletier.
Eschscholtzin Walz.
Esenbeckin Buchner.
Eupatorin Kighini.
Euphorbin Buchner und Uerberger.
Fumarin Peschier, Merck.
Glauöin Probst.
Glaucopicrin desgl.
Gratiolin Walz.
Hyoscyamin Geiger und Hesse.
Jamaicin Hütten Schmidt.
Igasurin Desnoix.
Lobellin Bastick.
Oxyacanthin Polex.
Pereirin Gros, PerettL
Pitoyin Peretti.
Porphyroxin (im Opium) E. Merck.
Pseudochinin Mengarduque.
Sipeerin Maclagan.
Stramonin H. Trommsdorff.
Surinamin Hüttenschmidt.
Taxin Lucas.
Thymin (Leucin?) Gorup-Besanes.
Violin Bouliay.
üebersicht der Bildungsweisen organischer Basen.
Ueber die Bildungs weise der in der Natur vorkommenden Baseo
ist bis jetzt nichts Sicheres bekannt. Es ist klar, dass alle diese Kör-
per aus dem Ammoniak entstehen, der Stickstoffquelle sämmtlicher stick-
stoffhaltiger Pflanz enprincipien. Allein man weiss bis jetzt nicht, wel-
che Verbindungen sich bei der Erzeugung der natürlichen Alkaloide
mit dem Ammoniak vereinigen oder umsetzen.
Die im Folgenden zusammengestellten Bemerkungen beziehen sich
daher ausschliesslich auf künstliche Basen.
A. Entstehung organischer Basen aus dem Ammoniak.
a. Durch directe Substitution organischer Badicale in den
Wasserstoff des Ammoniaks.
Diese Bildungsweise hat sehr mannigfache Anwendung gefimdeOi
und die Wissenschaft mit einer sehr grossen Anzahl künstlicher Basen
bereichert.
Basen, organische. 717
Die bisher beobachteten hierher gehörigen Basen sind vorzugsweise
durch die Einwirkung der Brom- und Jod- Verbindungen der Alkohol-
radicaie auf Ammoniak erhalten worden. Je nachdem hierbei 1, 2, 3
oder 4 Aeq. des Alkoholjodürs mit dem Ammoniak in Beziehung tre-
ten, bildet sich in diesem Falle das jodwasserstoffsaure Salz einer dem
Ammoniak homologen, primären, secundären oder tertiären Amin-
baae, oder endlich das Jodür einer dem Ammoniumoxydhydrat corre-
spondirenden substituirten Ammoniumbase (Hofmann).
Folgende Gleichungen, in denen xi eine gerade Zahl bedeutet, ver-
anschaulichen diese Reactionen:
HsN-l- CnH(u-|.i)I = CnH(n + l)i Hj ?f • H Ii
2H3N — 2C,H(„ + i)I =(C„H(„ + i)),H N.Hi+ H4NI,
SHaN — 3C„H(„ + i)i = (C„H(n + ,))3 N.Hi+2H4NI,
4H8N4-4C„H(„4.i>I =(C„H(„4_i)), NI + 3H4NI.
Fast immer bilden sich alle diese Verbindungen gleichzeitig, aber kei-
nes^wegs in gleichen Quantitäten. Bei der Einwirkung des Jodmethyls
auf Ammoniak erhält man gleichzeitig Jodammonium, Jod methyl-, Jod-
bimethyl-, Jodtrimethyl- und Jodtetramethylammonium, allein die letztere
Verbindung bildet sich in weit überwiegender Menge. Bei der Ein-
wirkung des Jodäthyls dagegen vollendet sich die Substitution des
Wasserstoffs stufenweise, so dass man weniger Schwierigkeiten findet,
die einzelnen Glieder zu isoliren. Das Hauptproduct der Einwirkung
des Jodäthyls auf Ammoniak ist stets das jodwasserstoffsaure Salz des
Aethylamins. Das mit Kali abgeschiedene Aethylamin, von neuem mit
Jodäthyl behandeft, liefert vorzugsweise jodwasserstoffsaures Biäthyl-
amin; die hieraus abgeschiedene Base giebt mit Jodäthyl jodwasser-
stoffsaures Triäthylamin ; das Triäthylamin endlich vereinigt sich direct
mit dem Jodäthyl zu Teträthylammoniumjodür ^):
') Die gegenwärtig Abliebe NomencUtnr und Formulirnng der Salze der organi-
ftchen Basen ist offenbar nichts weniger ald consequent. Die Jodwasserstoff^äure-
Terbindungen des Aethylamins, des Biäthylamins und Triäthylamins, welche mei-
stens als
JodwaisentoffMorea ÄethTlsmin US K-.HI.
JodwMsentofiiMnres BiKthyUmin C^HjS K-.HI and
CM,} ,
Jodwasserstoffsanres Triäthylamin CfHj) ^.Hi
beseichnet werden, mflsste man eigentlich, nm die Analogie mit dem Ammoniom-
jodÜT und dem Teträthylammoniumjodür festzuhalten, als
Aethylammoniumjodür . . . . N-({3.C4H^.}>
Biäthylammoniumjodtlr .... ^H^.(C4 lls)^!.
Triäthylammoniumjodttr . . . ^H.(C4H5)jI.
darstellen, ebenso wie man
Ammoniumjodür IVH4I, oder
Teträthylammoniumjodür . . . ^.(C« 11^)4!
sagt.
Um consequent zu sein, müsste man alsdann aber auch fUr das Jodwasserstoff- ^
saiire Morphin den Ausdruck
Morphylammoniumjodttr •. . . $i-H(C„iii9$5-Oe)'"I
ansprechen n. s. w.
718 Basen, organische.
H3N 4- C4H5 i = C4H5, »/n . m
C4 H5, U^N + C4 »5 l = (C4 Hj),» N . Hl.
(C4 »5)2« N + C4 H5 1 = (C4 «5)8 N . Hf.
(C4 H5)8 N 4- C4 H5 1 = (C4 «5)4 N . L
In der Regel hat mao keine Schwierigkeit, die letzten Jodrerbin*
düngen der Reihe vollkommen rein zu erhalten, wenn man nur Zeit
und Alkoholjodür nicht spart; hat man die Tetraverbindung, so \ässt
sich auch die Tribase mit Leichtigkeit rein erhalten. Man braucht
nämlich nur das Jodür der Tetraverbindung durch Silberoxyd in das
entsprechende Oxydhydrat zu verwandeln. Die Destillation desselben
liefert die Tribase, während Alkohol oder die Elemente des Alkohols
entweichen. Tetramethylammoniumoxydhydrat liefert auf diese Weise
Trimethylamin und Methyl-Alkohol,, während sich Teträthylammonium-
oxydhydrat in Triäthylamin, Wasser und Ölbildendes Gas spaltet:
(C3H3)4NO.HO = (C2H3)8N + C2H3O.HO,
(C4 H5)4 NO . HO = (C4H5)3 N + C4 H4 + 2 H O.
Wenn man die Anzahl der bereits bekannten Alkohole bedenkt,
welche sich beim weiteren Ausbau der organischen Chemie noch aoMer-
ordentlich steigern muss, wenn man femer erwägt, dass die verschie-
denen Wasserstoff äquivalente im Ammoniak oder im Ammonium keines-
wegs stets durch dieselben Radicale vertreten werden , so begreift man
bei den zahllosen möglichen Permutationen, welche ausserordentliche
Menge und Mannigfaltigkeit von Basen sich nach diesem Verfahren er-
halten lassen. Die im Vorstehenden gegebenen Tabellen enthalten be-
reits eine erkleckliche Liste solcher Basen.
Auf ähnliche Weise bildet sich bei der Einwirkung des Ammo-
niaks auf Bromessigsäure (Dnppa und Perkin) Glycocin:
C4H3Br04 + 2 H3 N = H4 NBr + C4H5N^
Bromessigsäure. Glycocin.
Die Bromüre (Cloez), und die Chloröre (Natanson) der zwei-
atomigen Alkohole liefern bei der Einwirkung auf Ammoniak ebenfalls
Basen, deren Stellung im Systeme der organischen Verbindungen aber,
wie bereits im Vorhergehenden bemerkt wurde, noch nicht hinreichend
fixirt ist. Nach den vorliegenden Angaben sollte man fast schliessen,
dass die Bromüre und Chlorüre dieser Classe verschiedene Resultate
liefern, ein Schluss, der auch durch das Verhalten dieser Verbindungen
nach anderen Richtungen hin gerechtfertigt scheint. Einer Hypothese,
welche die bisher als Aniinbasen betrachteten Glieder dieser Reibe
zu Diaminbasei> stempelt, ist ebenfalls bereits im Vorhergehenden ge-
dacht worden.
Die Einwirkung des Chlorcyans auf Ammoniak oder Aminbasen
veranlasst gleichfalls die Bildung einer grossen Reihe basischer Verbin-
dungen. Die erste mit Chlorcyan erzeugte Base war das Melanilin:
C N H )
2^£i«H5:2l^) + CjNGl = (Ci2H5)2JNa.HGl. Hofmann.
Phenylamin ^ ^
Chlorwasserstoffs. Melanilin.
Um nicht gar zu sehr mit dem Spracbgebrauche in Conflict an g^rathen, hat
der Verfasser dieses Artikels die Salze der oigantschen Basen, welche als Amioe
existiren, sowohl der Bezeichnungsweise als der Formel nach, als Yerbindnngen von
Ammoniaken mit Wasserstoffsttnre hingestellt.
Basen, organische. 719
Auf gleiche Weise eDtstehen die homolcrgen VerbinduDgen, Meto-
lylamin (Wilson) und Menaphtylamin (Perkin).
Das Ammoniak liefert bei der Einwirkung des Chlorcyans Chlor-
ammonium und Cyanamid, welches bei höherer Temperatur in Mela-
min übergeht:
2H3N + CJNGI = ^^J[JN+»4NG1
Cyanamid
tlM ='"1^1^
Cloez.
3
Cyanamid Melamin.
Aethylaroin verwandelt sich unter dem Einflüsse des Chlorcyans
in Cyanäthy lamin :
C H ) C N 1
*H } N-f CjNei = cIHö N.HGl. Cloez u. Cahours.
Aethylaroin Chlorwasserstoffs. Cyanäthylamim
In ähnlicher Weise gehen Methylamin, Biäthylamin, Aethylphe-
nylamin in Cyanmethylamin, Cyanbiäthylaroin , Cyanäthylphenylamin
über.
Das von Will entdeckte Sinamin ist offenbar Cyanallylamin :
C^Nj
Cg TTg Tt2 = Cß fT6 / N.
H )
Dieser Körper wird sich ohne Zweifel durch die Einwirkung von
Chlorcyan auf Allylamin bilden lassen. Bis jetzt ist er nur auf einem
anderen nicht minder interessanten Wege erhalten worden, nämlich
dnrch die Entschwefelung des Thiosinamins (Sulfallyl - Harnstoffs) mit
Bleioxyd :
C8«^?^+ 2PbO = CsHeNa + 2PbS + 2H0. Will.
Thiosinamin Sinamin ^
Die Chlorüre und Bromüre der dreiatomigen Alkohole und sogar .
die Chlorkohlenstoffe liefern mit Ammoniak substituirte Basen von mehr
oder weniger complicirter Constitution.
Die Einwirkung des Chloroforms auf Anilin veranlasst die Bil*
düng von Formyldiphenyldiamin.
(C^H)-)
CiajgrN + C,g€l8 = (Ci2H5)2 Na.HGl+^CCosHTN^H^
Anilin Chloroform ' Chlorwasserstoff-
Chlorwasserstoffsaures saures Anilin.
Formyldiphenyldiamin
Bei der Einwirkung des Chlor kohlenstoffs, C2OI4, auf Anilin ent-
steht Triphenylcyandiamin.
eCigJBTN + CgGU = (Ci2Hb)2 >N2,HGl + 3(C,2H7N.B€l)
Anilin Chlor- £i!i?^l5i~.^_. Chlorwasserstoff-
kohlenstoff Chlorwasserstoffs. saures Anilin.
Triphenylcyandiamin
720 Basen, organische.
Der Wasserstoff des Ammoniaks kann ferner durch die £inwi^
kung von Aldehyden (Fownes) eliminirt werden. Auf diesem Wege
ist das Furfurin (Fownes), das Amarin (Fownes, Laurent), das Fa-
cusin (Stenhonse), das Anisin (Bertagnini), und endlich das
Glycosin (Debus) erhalten worden. Gewöhnlich entstehen in diesen
Fällen zuerst isomere neutrale Verbindungen, die sogenannten Hydra-
mide, in denen basische Eigenschaften erst durch die Einwirkung ko-
chender Alkalien (Fownes). oder durch Erhitzen der trockenen Sub-
stanzen auf 140^ bis 160^ C. (Bertagnini) entwickelt werden. Dtf
bekannteste Fall dieser Reaction ist die Bildung des Amarins aus dem
Bittermandelöl durch die Einwirkung des Ammoniaks:
SCuHeOj + 2H3N = C^gH^gNa^ -f 6HO.
Bittermandelöl Hydrobenzamid
Durch Kochen mit Kali oder Erhitzen verwandelt sich alsdann dij
Hydrobenzamid in Folge einer einfachen molecularen Umsetzung in
Amarin.
Hierher gehört auch die Bildung der zweisäurigen Tetraminbase
Glycosin aus Glyoxal und Ammoniak.
4H3N + 3 C4H2O4 = C12H6N4 + 12H0. Debus.
Glyoxal Glycosin
Eine ganz ähnliche Veränderung erleiden die Acetone durch Am-
moniak (Städeler). Bisher ist diese Reaction nur auf das Aceton
der Essigsäure angewendet worden, welches sich hierbei in Acetonis
verwandelt:
3 CexTgOa ~|~ 2 Hg N = ^i8"i8^2 ~p 6Ö0.
Aceton Acetonin
In den bisher betrachteten Substitutions - Processen scheidet sich
der Wasserstoff des Ammoniaks als Brom- oder Jodwasserstoffsäure etc.
oder als Wasser neben dem gebildeten basischen Producte aus. Es sind
aber auch viele Fälle bekannt , in welchen die Bildung von Basen ohne
Ausscheidung eines zweiten Körpers durch die directe Vereinigung des
Ammoniaks mit den Elementen organischer Verbindungen vor sich gebt
Diesen Vorgang beobachtet man vorzugsweise bei der Bildung einer
sehr zahlreichen Classe von Verbindungen der Harnstoffe, welche sieh
durch die Einwirkung des Ammoniaks auf die Cyansäure und ihre Ab-
kömmlinge erzeugen:
+ H3N = C^JH^^^^2^2
Harnstoff.
= C2H4N2O2 Wöhler.
Harnstoff.
= Ca ("3 . C2 H3) Na O2
Methylharn Stoff.
=r Cj («8*^4 »5) ^2 ^3
Aethylhamstoff.
Allylharnstoff.
+ H,N
Cn Hn — 1^ G2
Cyanat
C2HNO2
Cyansäure
Methylcyanat
Ca^HßVNOa + H3N
Aethylcyanat
CsffeHsj^NOg
Allylcyanat
Wurtz.
desgl.
Cahours a.
Hofraann.
Basen, organische. 721
ps (Ce Hsj^NSa + H^N = C,(H8.C6H5)Nj|S2. Dumasu-PelouEC,
AUylaulfo- AUylsulfohamstoff ^^^^'
cjanat (Senföl) (Thiosinamin).
C,(Ci2H5)NSa + HsN = C3(H8.CijH5)N2Ss Hofmann.
Phenybulfo* Phenylsalibharnstoff
cyanat
Auf den ersten Blick scheint hier von einer Substitution nicht mehr
die Rede zu sein, da der Harnstoff das einzige Product der Reaction
ist. Allein wenn die Formeln, welche wir im Vorhergehenden für die
Harnstoffe aufgestellt haben, die wahre Constitution dieser Körper aus-
drücken, so muss nichtsdestoweniger eine Art Substitution bei der Um-
la^erung der Moleküle stattfinden:
(C, 0,)" I
Tjb2 /
Ganz Gleiches gilt für die Bildung der höher substituirten Harn-
stoffe, welche sich, den vorigen ähnlich, durch die Einwirkung von Amin-
basen auf die Cyanäther bilden :
Aethjlcyanat Aethylamin Diäthylhamstoff
(C, 0,)" )
= iCi^th l N„ Wurtz,
H, )
C^^tE^ym, + SSlÄI = C,(H,.C4H,.C,Hj)N,0,
Alljlcyanat Aethylamin Aethyl-AUyl-Harnstoff
(CO,)")
= C4H»,C(}{5 i N], Cahonrs a.HofiDanD,
CCCHQNS, + S}&^ ^ C,(H„C«H,jC!i,H,)N,S;
AllyUnlfocyanat . Phenylainin Allylphenylsulfohaniatoff
(0282^1
= C6H8,Ci,Hft J Nj, Zinin.
H2 J
Diese Verbindungen entstehen auch durch die Einwirkung des
Wassers auf dieselben Cyansäureäther unter Entwickelang von Kohlen-
säure:
2^0^^0283]^ + 2H0 = C2 O4 +^C^(H2j^jt]2)^^
Methylcyanat Dimethylharnstoff
(C, 0,)" )
oder (C, Hj)j } Nj. Wnrtz.
H, )
2^^[CjjWNO») + 2HO== C,04 +^C^(Hj_[Ce»j]2)J^0^
Allylcyanat Biallylhanutoff (Sinapolin)
(C,0,)" )
oderCCgHs), / N,. Cahonrs o. Hofmann.
H, )
HndwOrtarbneh der Chei&ic. 2t« Anfl. Bd. n. . 46
722 Basen^ orgaziische.
Das Sinapolin ist nrsprünglich von Will bei der Einwirkung da
Bleioxyds auf Senföl (AHjlsnlfocyanat) erhalten worden; es liist m
annehmen, dass in diesem Falle die Bildung von AUjlcyaoal mxut
Entstehung vorausgeht.
Die Bildungsweise des Diphenylhamstoffs (des Flavins}, weldw
gleichfalls hierher gehört, ist unten (& 724) angel&hrt
B. Entstehung organischer Basen durch Reduction Ton
Nitroverbindungen.
Aus einer grossen Anzahl von organischen Körpern läest lidi be-
kanntlich durch die Einwirkung starker Salpetersäure ein Theil des
Wasserstoffs eliminiren, welcher alsdann durch eine äquivalente Meogs
von Untersalpeters&ure vertreten wird. Die auf diesem Wege entstan-
denen sogenannten Nitroverbindungen erleiden unter dem Einfloss von
Reductionsmitteln, besonders von Schwefelwasserstoff, eine merkwürdige,
zuerst von Zinin beobachtete^) Umbilduzig, welche darin besteht, dais
NH3 an die Stelle von NO4, oder kürzer, tf^ an die Stelle von O4 tritt
Diese successiven Veränderungen lassen sich durch folgende Gleichun-
gen ausdrücken:
CmH„0p + (H0.N05)q = C„H„»q (NO4), 0p + 2q80-
C„H„-q(N04)<,Op+6qHS = C„»„+qNqOp + 4q + 6S + 4qeO.
In der Mehrzahl von Fällen ist q=l, d. h. die Substitution er-
streckt sich nur auf 1 Aeq. Wasserstoff, wodurch die letzte Gleichung
folgende Form annimmt:
C„H^„-.i)N040p+6HS = C„Hn+iNOp+6S-f 4HO.
Die Natur der Verbindungen CmHn.fi NOp hängt wesentlich von
dem chemischen Charakter der Korper CmHnOp <^h. Nach den bis
Jetzt vorliegenden Thatsachen sind dieselben Basen, wenn die Mutto^
Verbindungen neutrale Körper sind, dagegen Säuren oder Verbindungen,
die gleichzeitig als Säuren und Basen fnngiren können, wenn die Mvt-
terverbindungen Säuren sind.
^) Di« nnprtLOgUch« Methode von Zioin bestand in der Behandlang der
niakAÜBchcn AlkohoUösung der Nitroverbindung mit Schwefelwasserstoff, Stehen-
lassen der Lösung und Zersetzung des gebildeten Schwefelammoninms durch Auf-
kochen.
Wasserstoff im statu ntucmU (Zink, und Schwefelsaure) bewirkt die Rednetiet
der Kitroverbindungen gleichfalls (Hof mann), obwohl langsamer. Sehr gweck-
mSssig wendet man eine Mischung von £isenfeile und Essigs&ure an (Buchara p).
Dieses Verfahren liefert in manchen F&llen, s. B. bei der Darstellung des Phenjl-
aminsundNaphtylamins, weit bessere Resultate als die Anwendung von Schwefelammo-
ninm. Auch durch arsenigsaures Kali (WOhler) oder durch Phosphor bei Gegenwart
kaustischer Alkalien (Hugo Mttller) kann die Beduction bewerkstelligt werden.
Endlich sind verschiedene organische Körper fllhig, Nitroverbindungen ra rs-
duciren. Bei der Einwirkung einer alkoholischen LOsung von Kali auf NitrobcBMl
bildet sich neben mehreren anderen Körpern besonders Phenylamin und Asobensol.
Dieser Process ist noch nicht hinlänglich studirt, allein eine Phase desselben, die
Bildung des Phenylamins und des Azobenzols. scheint in der Desoxydation des Nitro*
benzols durch den Alkohol zu bestehen, welcher sich in Oxalsäure verwandelt:
SJC^^OVi^O^)] + C^He£, + 2K0 = Ci^IVJä^ + C^ft»
Nitrobenzol Alkohol Pbenylamin Asobensol
-f 2KO.C4O« 4- 4110. (Muspratt u. Hofmann.)
Basen, organische. 723
Ist p=0, die MutterverbinduDg aUo ein Kohlenwasserstoff, so
mtsteht eine primäre Aminbsse:
CiaOSfft^NOj) CijHj.HjN Zinin.
Nitrobenzol Phenylamin (Anilin).
Ci4 (H7 .NO4) Cu Ht . H, N MusRratt u.
Nitrotoluol Tolylamin (Toloidin). Hof mann.
Cje^e^NOj) C^eHj^HaN Cahours.
Nitroxjlol Xyljlamin (Xylidin).
Ci8(HnN04) Ci8H„.H,N Nicholson.
Nitrocumol Comylamin (Cumidin).
CjoÄ^NOj) C,o H7 . H, N Zini n.
N'itronaphtalin Naphtylamin.
In ähnlicher Weise sind Basen erhalten worden aus den neutralen
S^itrokorpem
a. Sauerstoffhaltiger Verbindungen:
C14H8O, Ci4(H7.N04)0, C14H9NO,. Cahours.
Anisol Nitranisol Anisidin
Ci4 »6 O4 Ci4 (»5 N O4) O4 Cx4 H7 N O4.
BezuEoesäore Nitrobenzoesäure Amidobenzoesäure.
b. Stickstoffhaltiger Verbindungen:
CisH$N Gi3(H4.N04)N CiaHeN, . Gerhardt und
Axobenzol Nitrazobenzol Diphenin. i^auren
c. Von Verbindungen , welche zugleich Sauerstoff und Stick-
stoff enthalten.
C14H7NO8 C,4(He.N04)N08 Ci4HsN,0s ChanceL
Bencamid Nitrobenzamid Phenylhamstoff.
d. Von Verbindungen, welche zugleich Sauerstoff und Schwe-
fel enthalten:
0,4 Bio 8,04 C,4(89.NQ4)S«Q4 C24gnNS2Q4 Gericke.
Sulfobenzid Nitrosulfobenzid Amidosulfobenzid^
Wenn in einer Verbindung mehr als 1 Aeq. Wasserstoff tlurch
Untersalpetersäure vertreten ist, so erleidet sie nichtsdestoweniger häufig
genau dieselbe Veränderung, welche bei den einfachen Nitroverbindun-
gen beobachtet wird, d. h. es entstehen Basen, in welchen ein oder
mehrere Aequivalente Wasserstoff durch Untersalpetereäure vertreten
lind:
C12 (H4 pf O4],) Ci2(H4.N04)HaN Muspratt u.
Binitrobenzol Nitrophenylamin, Hofmann.
(Nitranilin).
46*
Mesitjlol
Basen, organische.
Ci4 (Hß [NOJO Cu(H6.N04)^
Nitrotolylaroin,
(Nitrotoluidin).
^1 8 ("10 • NO4) "2 ^
Cahours.
Binitrotoluol
BinitromeBitylol
Maule.
Ci4 Hg Oj
Anifiol
Binitranisol
^«(»»[NOOjOO,
TrinitraDidol
Cahoars.
desgL
NitromesylamiD,
(Nitromesidin).
Ch(H^N04)N0j
Nitranisidin.
Ci« (B, [N04],)N0,
Binitranisidin.
Das zweite und dritte Aequivalent Untersalpetersäure verhält sich
demnach in diesen Fällen wie Wasserstoff.
Nur selten erstreckt sich die Beduction auch auf das zweite Aequi-
valent Untersalpetersäure. Es bilden sich alsdann ebenfalb Basen, wel-
che sich aber offenbar von 2 Aeq. Ammoniak ableiten, deren eigentliche
Constitution indessen noch keineswegs vollkommen ermittelt ist. Ueber
die auf diesem Wege gebildeten Körper , welche je nach den Umstan-
den einsäurige oder zweisäurige Diaminbasen sind, ist bereits im Vor-
hergehenden das Nöthige bemerkt worden (s. Diaminbasen) und es
sollen hier nur noch einige Beispiele fiir diese Bildungsweise angeführt
werden :
C2a»6jN04]j) C^oJBioN, Zinin.
Binitronaphtalin Azonaphtylamin.
Cag (Hg [N Pilo Oa CseHuNsO, ChanceL
Binitrobenzophenon Flavin, (Diphenylhamstoff).
Cjo Hg
Naphtalin
Benzophenon
C14H6O4
Benzoesäure
CjiiiioSjOj
Sulfobenzid
Cu (H4 [NQ4]2)Q4
Binitrobenzoesäure
C,4(H8Pf04]2)Sa04
Ci4 Hg Nj O4. Voit
Biamidobenzoesäare.
CS4II13N9SSO4 Gericke.
Biamidosulfobenzid.
Binitrosulfobenzid
Gelegentlich der durch Beduction entstehenden Basen mag auch
noch das Benzidin hier angeführt werden, obgleich sich dasselbe nicht
aus einem eigentlichen Nitrokörper bildet Das Benzidin entsteht näm-
lich aus dem Azobenzol einfach durch Assimilation von Wasserstoff:
CuHe 'Cia(H5.N04) CnH^N C,jHeN Zinin.
Benzol Nitrobenzol Azobenzol Benzidin.
Ueber die Constitution des Benzidins sind wir völlig im Unklaren.
Entstehung organischer Basen aus stickstoffhaltigen
organischen Verbindungen dui'ch verschiedene Zersetzung-
processe.
Die Zahl der auf diese Weise gebildeten Basen ist sehr grt>09)
sie gehören den verschiedensten Gruppen der organischen Chemie an
und entstehen durch die mannigfaltigsten Agentien.
Basen, organische. 725
Ein Zersetzangsprocesfl, der besonders reiche Ausbeute an Basen
geliefert hat, ist die trockene Destillation stickstoffhaltiger Substanzen.
Hierbei müssen sich natürlich, je nach der Zusammensetzung der der
Wärme unterworfenen Substanz, und dem Temperaturgrad die mannig-
faltigsten Umbildungen vollenden. In der Regel tritt ein Theil des
Kohlenstoffs als Kohlensäure aus, während der Stickstoff in Ammoniak
oder in Substitutionspro ducte desselben verwandelt wird. Nicht selten
treten beide neben einander auf und häufig wird auch noch überdies
Wasser eliminirt
DieAnthranilsäure, der trockenen Destillation unterworfen, zerfallt
in Kohlensäure und.Phenylamin:
C14H7NO4 = CaO^ + CiaHyN Fritzsche.
Anthranilsäare Phenylamin.
Die trockene Destillation des Indigos liefert gleichfalls Anilin
(Unverdorben). Dieselbe Base, neben einer grossen Anzahl von an-
deren, entsteht bei der trockenen Destillation der Steinkohle (Runge,
Hof mann), der thierischen Stoffe (Anderson).
Neben Anilin enthält das SteinkohlentheerÖl eine homologe Reihe
tertiärer Aminbasen, welche mit den prii^ären Aminbasen der Phenyl-
aminreihe isomer sind, nämlich:
Pyridin C,o H5 N. )
Picolin C13H7 N. ( . ,
Lutidin ChHI N. M^^^^"^"-
Collidin CieHuN. )
Das SteinkohlentheerÖl enthält femer drei homologe tertiäre Amin-
basen einer anderen Reihe:
Leucolin CigH? N. Runge, Hof mann.
Lepidin Cjo Hg N. ) winiama
Cryptidin C„HnN. j ^UliamB.
Die bereits erwähnte Reihe der Pyridinbasen ist auch in dem
Dippel'schen Oele enthalten, in dem sich ausserdem eine Anzahl der
gewöhnlichen Alkoholbasen findet:
Methylamin . . . Cj H5 N.
Aethylamin . . . C4 H7 N.
Propylamin (?) • . C« H9 N. } Anderson.
Butylamin (Petinin) Cg Hn N.
Amylamin . . . . Cio Hig N.
Die Reihe der Pyridinbasen ist ferner in dem Destillationsproducte
des Schiefers von Dorsetshire gefunden worden, der überdies noch eine
höhere Base dieser Reihe, das Parvolin, Cjs K13 N, enthält (Williams).
Die Bildungsproeesse der bei der trockenen Destillation vegetabi-
lischer und animalischer Körper auftretenden Basen sind begreiflich
äusserst complicirt und lassen sich kaum in Formeln verfolgen. Die
Destillationsproducte der Steinkohle enthalten eine verhältnissmässig
geringe Quantität organischer Basen, offenbar weil die stickstoffhaltigen
Bestandtheile , aus denen sie entstanden, verhältnissmässig nur in ge-
ringer Menge voiiianden waren, und überdies ein Theil des Stickstoffs
bei der Destillation als Ammoniak austritt. Es ist anzunehmen, dass
m diesem Destillationsprocesse die Basen ans den vegetabilischen, so-
genannten Proteinsubstanzen entstehen. Von dieser Ansicht geleitet,
hat Stenhouse vor einigen Jahren eine Anzahl stickstofireicher Pflan-
726 Basen, organische.
zentheile der Destillation unterworfen und das Destillat auf seinen Ge-
halt an organischen Basen untersucht. Auf diese Weise erhielt er dnrek
Destillation der Bohnen eine sauerstofiTreie Base, fQr welche er den Na-
men Fabln vorgeschlagen hat, und welche nach der Formel Cio Hi N
(vielleicht richtiger Cio H? N, isomer mit Nicotin) zusammengesetzt ist
Auch die Destillation von Weizen, Torf und der ganzen Pflanze von
Pterü aquilina hat Stenhouse Basen geliefert, von denen jedoch bis
jetzt noch keine näher untersucht worden ist.
Zu den durch trockene Destillation entstehenden Basen gehört ferner
die von v. Babo neuerlichst beobachtete, durch Erhitzen von Aldehyd-
ammoniak gebildete Base Cj^ Hig N Of , welche wir oben unter dem
Namen Tetravinylammoniumozydhydrat aufgeführt haben. DerVorgaog
ist nicht scharf ermittelt, kann aber vielleicht durch die Gleichung
iCJft^NOa = 6H0 + 3HaN + Ci«Ä„NO,
Aldehyd-Ammoniak Tetravinylammoniam-
oxydhydrat
ausgedrückt werden.
Die von Laurent beobachtete Verwandlung des Hydrobenzamid,
C49 H|g N2, durch trockene Destillation, in Lophin, C42 Hie Ns, lässt sieh
nicht in einer Gleichung darstellen, da die complementären Zersetzungi-
producte noch nicht untersucht sind.
Aehnliche Erscheinungen wie bei der trockenen Destillation stick*
stoffhaltiger Materie werden bei der Einwirkung der schmelzendes
Alkalihydrate, oft schon beim einfachen Kochen mit concentrirter Kali-
lauge beobachtet. Die Einwirkung so kräftiger Agentien bedingt indes-
sen gewöhnlich bestimmter ausgesprochene Umbildungen.
Als schönste Beispiele dieser Beaction verdienen vor Allem die
Umwandlungen der Cyansäure - Aether und der zusammengesetdea
Harnstoffe erwähnt zu werden, welche zuerst mit so grossem Krfolge voa
Wurtz studirt worden sind. Mit Wasser oder Alkalien zusammenge-
bracht, assimilirt die Cyansäure 2 Aeq. Wasser und zerfällt in Kohlen-
säure und Ammoniak. In ähnlicher Weise verwandeln sich cyansanm
Methyl, Aethyl, Amyl, Allyl und Phenyl in Kohlensäure und bezüg-
lich in Methylamin, Aethylamin, Amylamin, Allylamin und Phenjl-
amin:
C2HNO2 +2(KO.HO)=2KO.C2044- H3N Wöhlar.
Cyansäure Ammoniak.
Cj^C^J^|)?^2 + 2(KO.HO)= Wurtz.
Cyansaures Methylamin.
Methyl
Lässt man auf die Cyansäure-Aether, statt Kalihydrat, Kaliäthylst,
KO.C4lIftO, einwirken, so entstehen bei geeigneter Temperatur höher
substituirte Basen. Das cyansäure Aethyl bildet unter diesen ümstln-
den Triäthylamin :
Cj(C4H5)N02;f 2(KO.C4H50)= (C4H4)3 N HofmzÄZ.
Cyansaures Triäthylamin.
Aethyl
Da sich die Harnstoffe aus den Cyansäureverbindungen einfaeh
durch Assimilation von Ammoniak erzeugen , so versteht es sich tod
Basen; organische. 727
selbst, daM die Einwirkung der Alkalien auf zusammengesetzte Harn-
Stoffe, neben den Zersetzungsproducten der Cyansäureverbindung, noch
überdiess Ammoniak liefern muss: ;
C52H4N2O2 + 2(KO.HO)=2KO.C,04+2»8N Wöhler.
Harnstoff Ammoniak.
C^(«^.C8H>)N2 0» + 2(KO.HO)=2KO.C204
Methylharnstoff
+ CSH3.H2N + HgN. Wurtz.
Methylamin
Cj^I^iCjHs^NaOa -h 2(KO.HO)=2KO.C204
Aethylharnstoff
+ C4H5JI2N + HgN. desgl.
Aethylamin
Der Biäthylhamstoff liefert unter diesen Umständen neben koh«
lensaarem Kali 2 Aeq. Aethylamin, der Aethyl-Amylharnstoff, 1 Aeq.
Aethylamin und 1 Aeq. Amylamin:
Cj^H2[C4§jj)NiQ, + 2(K0.H0) = 2KO,C,b4
Biäthylhamstoff
+ 2(C4»8-ß2N) Wurtz.
Aethylamin«
C (»25C4g5iCioHii)N> Oa + 2(K0.H0) = 2KO.C2O4
Aethyl-Amyl-Hamstoff
+ CjHjJiaN -f Ciojtii.ggN desgl. '
Aethylamin Amylamin.
In ähnlicher Weise verwandelt sich das Alanin und das Leucin,
mit den Alkalihydraten destillirt, in Aethylamin und in Amylamin,
wahrend Kohlensäure fixirt wird:
C« »T NO4 + 2KO = 2KO.C2O4 + C4»,N Schwa-
"■"AlMiT^ Aethylamin. '*®'*-
C12H18NO4 + 2K0 = 2KO.C2O4 + CioHijN desgl.
Leucin Amylamin.
Hier mag auch die Bildung von Aethylamin aus sulfiithamin-
aauren Salzen Erwähnung finden, welche von Strecker beobachtet
worden ist Die Umbildung findet beim Kochen mit Kalilauge statt:
CieH22NS4 0i5,MO + 2(K0.H0) = C4H6J2O7MO
Sulfathaminsaures Salz Isäthionsäuresalz
+ 2KO.S2O6 +^^£l^^+ C4*M^
Alkohol Aethylamin.
Indigo und Isatin mit Kalihydrat geschmolzen, liefern Phenylamin
imler Bildung von kohlensaurem Kali und Wasserstoffentwickelung:
CieHsNOj +4(K0.H0)+ 2H0 = 2(2KO.C204)
Indigo
-f- C12H5.H3N -f H4. Fritzsche.
Phenylamin
728 Basen, organische.
CjeHjNO* 4-(4KO.HO)= 2(2KO.C,04)
Isatill
+ Ci2H6-HaN + J*2- Hofmann.
Phenjlamin
Das Chinüi) das Ctnchonin und Strychnin liefern bei der Deitillft-
tion Leucolin (Gerhardt). Die Umsetzung lässt sich nicht durch mt
einfache Gleichung darstellen, zumal da Williams neuerdings ge-
funden hat, dass bei der Destillation des Cinchonins neben dem Leoco-
lin auch noch Lepidin und ferner die Pyridinbasen bis zum Collidm
hinauf gebildet werden.
Dasselbe gilt für die Umbildung des Piperins in Piperidin, CioHii^
(Wertheim,CahourS) Anderson), des Caffei'ns in Methylamin (Bock-
leder, Wurtz) und des Morphins, Codeins, Narcotins und verschiede-
ner anderer Alkaloide in kaum hinreichend untersuchte Basen (M^jl-
amin, Propylamin?)
Nicht minder verwickelt sind die durch schmelzendes Kalihydret
vermittelten Umbildungen des Horns und der sogenannten Prot^insob-
stanzen im Allgemeinen, in denen sich neben den mannigfalügsteii
sauerstoffreichen Producten, Glycocin (Glycocoll) C4H5NO4 (Mulder),
Leucin 012^18^04 (Liebig) und Tyrosin CigHnNO« (Liebig) e^
zeugen.
Auch die Verbindungen der Aldehyde mit doppelt* seh wefiigsaarem
Ammoniak liefern bei der Einwirkung von Alkalihydraten (Natron^Kalk)
organische Basen, Die Verbindung des gewöhnlichen Aldehyds (C4H40t)
liefert unter diesen Umständen Bimethylamin C4II7N (Petersen); die
Verbindung des Oenanthyl-Aldehyds(Ci4Hi402) Tricaproylamin Cset^j^
(Gössmann und Petersen); die Verbindung des Cinnamyl-Aldehydi,
(C16H8O2) Triphenylamin CgeHisN (Gössmann). Ein allgemeines
Schema lässt sich für diese Umsetzungen nicht aufstellen, da, wie ob
Blick auf die Formeln lehrt, zwischen den gebildeten Producten ein
ganz anderes Verhältntss obwaltet, als zwischen den sie liefernden Mnt*
terverbindungen.
Dagegen lässt sich die Bildungsweise der von Lieb ig entdecktes,
ans den Destillationsprodncten des Schwefelcyanammoniuma entAteheo-
den Basen ohne Schwierigkeit verfolgen. Durch trockene Destillation
des Schwefelcyanammoniums erhielt Lieb ig einen amorphen Körper,
das Melam, dessen Analyse zu der Formel Ci2H9Nii föhrte. Diese
Substanz liefert unter dem Einflüsse der Alkalien drei höchst merk-
würdige Basen, das Melamin, das Ammeiin und das Ammelid. Es sind
dies die drei ersten künstlichen Alkaloide, welche aus der Hand das
Chemikers hervorgegangen sind.
Die Bildung dieser Verbindungen lässt sich durch folgende Glei-
chungen veranschaulichen :
Ci^H^i + 2H0 = ^sgeNß + CeHjNjO,^ Liebig.
Melam Melamin Ammeiin.
Ciafl^i + 4H0 == 2C6H5N5O2 + HsN Liebig.
Melam Ammeiin.
CnHgNii + 8H0 = 2CeH4N404 + 3HaN • Gerhardt
Melam Ammelid.
Baseiiy organische. 729
Zu den durch die Einwirkung von Alkalien auf stickstoffhaltige
Materien gebildeten Basen gehört endlich noch das Sarkosin, welches
man aus dem Kreatin durch einfaches Kochen mit Barytwasser erh<:
Cf^rt^NsO^ + 2H0 4- 2(BaO.HO) = 2BaO.C204 -f2H8N
Kreatin
-4-Ce»7N04 Liebig.
Sarcosin.
Verglichen mit^er Zahl der mittelst destmctiver Destillation und
Einwirkung von Alkalien erhaltener Basen, ist die Zahl der durch an-
dere Oxydationsprocesse gebildeten basischen Producte verhältnissmässig
klein.
Das Cotarnin und das Narcogenin sind Oxydationsproducte des
^arcotins. Beide Basen bilden sich gleichzeitig mit einer stickstoff-
freien Säure, der Opiansaure. Das Cotarnin ist fast gleichzeitig von
Wo hier und von Blyth, das Narcogenin von Letzterem entdeckt
worden. Wohl er bediente sich als Oxydationsmittel einer Mischung
von Manganhyperoxyd und Schwefelsäure. Blyth wandte Platipchlo-
rid an, dessen häufigerer Gebrauch interessante Resultate zu liefern ver-
spricht:
C46H«NO,4 -I- 40 = Cj«Hi8?[0e +^C2o«io^ + 2HO.
Narcotin Cotarnin Opiansaure
2^C46H25N34+ 40 === 2C3e%NOio + C2oHi<^+2HO.
Narcotin Narcogenin Opiansaure
Das Harmin existirt, nach Fritzsche, fertiggebildet neben dem
Harmalin in dem Samen von Peganwn Harmala^ kann aber auch künst-
lich aus dem Harmalin dargestellt werden. Es wird durch Erhitzen
des chromsauren Harmalins, sowie durch Erwärmen des salpetersauren
Salzes mit einer Mischung von Alkohol und Chlorwasserstoffsäure er-
halten. In beiden Fällen verdankt es seine Entstehung einem einfachen
Oxydationsprocesse, in Folge dessen Wasser austritt:
CjeHuNjOa + 20 = Cj^HuNaOa + 2 HO. Fritzsche.
Harmalin Harmin
Das Kakotelin entsteht, nach Laurent, durch Einwirkung von
starker Salpetersäure auf Brucin. Strecker stellt diese Reaction, in
der sich ausserdem salpetrigsaures Methyl und Oxalsäure bilden, durch
folgende Gleichung dar:
C4«^jN23 + 5(HO.NOö) = C^ 2jftO,C406
Bmcin Kakotelin Oxalsäure
+ CaBgO.NOa + 2NO3 + ^HO- Strecker.
Salpetrigsaures Methyl
Die Bildung der Basen der Reihe (CnH» + 3) N und verschie-
dener anderer Beihen ans den natürlichen Alkaloiden durch trockene
Destillation oder dnrch die Einwirkung der schmelzenden Alkalihy-
drate ist bereits in dem Vorhergehenden erwähnt worden. Nicht sel-
ten scheint diese Umbildung leichter von Statten zu gehen, wenn man
4ie natürlichen A^kaloide zuerst mit Salpeters&nre oxydirt und auf den
730 Basen, organische.
Rilckatand Kali einwirken läsat. Es entwickeln sich aUdaun fluchtige
Basen öfters schon dnrch Kochen mit Kalilange. Anderson.
Das von Dessaignes neuerdings entdeckte Methyl ofamtn ent-
steht neben Oxalsäure und Kohlensäure aus dem Kreatin durch £2b-
wirknng von Quecksilberoxyd :
a^CCjHjNaOJ + lOO = 2(C4H7N8).C4Ha08 + 2C,04 + 2H0.
Kreatin Oxalsaures Methyluramin. (DeBsaignei).
Das Pellutein C49H21NO3 (??) ist eine von Bödecker aus dem
Pelosin erhaltene, bis jetzt nicht sehr scharf charakterisirte Base, sie
scheint ebenfalls durch Oxydation zu entstehen, ijfdessen lässt sich ihre
Beziehung zu dem Pelosin Cae H21 N O^ noch nicht in einer Gleichung
darstellen.
Endlich muss hier die Bildung organischer Basen in mehrfachen
Fäulniss- und Gährungsprocessen Erwähnung finden. Bei der Faulniu
von Weizenmehlteig wurde die Bildung von Trimethylamin, Aethyl-
amin und Amylamin beobachtet (Süll i van). Erstere Base ist auch in
gefaultem Harn (Dessaignes) und in der Häringslake (Wertheim,
Hofmann, Winkle s) gefunden worden. Gelegentlich seiner Ar-
beit über die Destillationsprodncte der Bohnen erwähnt Stenhouse,
dass auch bei der Fäulniss des Fleisches ein Theil — obwohl nur ein
geringer — des Stickstoffs in der Form von organischen Basen austritt
In allen diesen Fällen verwandelt sich ein Theil der faulenden Materie
in Säuren.
Noch hat man die Bildung organischer Basen unter mehrfachen
Bedingungen beobachtet, welche sich kaum unter einem gemeinschaft-
lichen Gesichtspunkt zusammenfassen lassen.
Das Glycocin, dessen Entstehung aus der Bromessigsäure durch
Ammoniak und aus dem Leim durch Alkalien bereits oben erwähnt
worden ist, kann auch durch Behandlung von Leim mit Schwefel*
säure erhalten werden (Braconnot). Es bildet sich femer durch die
Spaltung der Hippursäure und der Cholsäure unt«r dem Einfioas von
S&nren:
CigH.NO« + 2H0 = C14H6O4 + C4H5NO4 Dessaignes.
Hippursäure Benzoesäure Glycocin
C5,H48NOi, + HO = C48HB8O8.ÄO -f- C4H6NO4 Strecker.
Cholsäure Gholoidinsäure Glycocin.
C52H43NO10 + 2H0 = C48H40O8 +C4H6NO4 Strecker u.
Hyoglycochol- Hyocholsäure Glycocin. ö«ndlach.
säure
Das Alanin verdankt seine Entstehung einem höchst merkwürdi-
gen von Strecker entdeckten Processe, der für die Bildung organi-
scher Basen von grosser Wichtigkeit zu werden verspricht. Es entsteht
nämlich beim Zusammenbringen von Aldehyd mit Blausäure:
C4H40a +HCaN + 2H0 = C6H7NO4 Strecker.
Aldehyd Blausäure Alanin.
Ebenso kann das dem Alanin homologe Leucin ^) erhalten werden,
*) Die »Dgebliohe Erseugung von Leucin durch EntachweMong des ThMldiat«
Basen, organische, 731
'wenn man dem Aldehyd der Essigsäure den Aldehyd der Valerian-
's&ore snbBtitttirt.
^ojSioOa 4- HC,N-f 2H0=== C12H18NO4 Limpricht.
Valeraldehjd Blausäure Leucin
Die Aldehyde haben noch auf einem anderen von Liebig und
l/Vöhler entdeckten Wege Basen geliefert Ihre Verbindungen mit
Ammoniak verwandeln sich unter dem EinjfluBs des Schwefelwasserstoffs
und des Selenwasserstoffs in eine Reihe äusserst interessanter schwefel-
und selenhaltiger Basen, von denen das aus dem Aldehyd der Essig-
säure entstehende Thialdin und Selenaldin die bekanntesten sind:
SCjHtNO, + 6HS =Ci^Hi8?[S4-f 6H04-2H4NS]
Aldehyd- Thialdin / Lieb ig
Ammoniak \ n.
3 C4H7NO8 + 6HSe===^Ci2Hi8NSe^
Aldehyd- Selenaldin ]
Ammoniak
aCioHijNOa + 6HS =C8o^^NS4^+6HO + 2H4NS. Beisen-
Valeraldehyd- Valerothialdin ^ ^}^.^ "•
Ammoniak Farkmson.
Als Beispiele von Bildungen organischer Basen, welche bis jetzt
ganz vereinzelt dastehen, muss noch der Entstehung des von Kolbe
und Frank 1 and entdeckten Cyanäthins, des von Strecker be-
schriebenen Acediaroins und einer merkwürdigen Base, des Cyanolins,
Erwähnung geschehen, welche letztere von CloSz beobachtet worden ist.
Das Cyanäthin wurde in geringer Menge bei der Einwirkung des
Kaliums auf das Cyanäthyl erhalten. £^ entsteht offenbar durch ein-
fache Polymerisation dieses Körpers:
aCC^Hj.CsiN) = CieHijNg. Kolbe u. Frankland.
Die wahrscheinliche Constitution dieser Base ist schon oben unter
dem Abschnitt Triaminbasen angedeutet worden.
Das Acediamin bildet sich neben anderen Froducten durch die
Einwirkung der Chlorwasserstoffsänre bei höherer Temperatur auf das
Acetamid. 2 Aeq. Acetamid enthalten die Elemente von 1 Aeq. Ace-
diamin and 1 Aeq. Essigsäurehydrat:
2^4K5NOa = C4H6N, -j- C4H4O4 Strecker.
Acetamid Acediamin Essigsäure.
Es vollenden sich gleichzeitig noch andere Beactionen.
Das mit dem gewöhnlichen Cyansäure-Aethyl isomere Cyanolin ist
bei der Einwirkung des Chlorcyans auf Kaliäthylat erhalten worden:
C4«jK0j^+ CjN€l = KGl + CfiHsNOa CloSz.
Kaliäthylat Chlorcyan Cyanolin.
Die beiden letztgenannten Beactionen sind erst in allerletzter Zeit
aufgefunden worden und versprechen eine reiche Ausbeute interessan-
ter Producte.
Noeh mag zum Scbluss der Bildung der zahlreichen Basen gedacht
CffSjg^S«, ist durch neuere Versuche widerlegt worden (Hof mann). Das ThiaU
djji rerwandelt sich hierbei in Ammoniak, Aldehyd und Essigsllnre.
732 Basen, organische.
werden, welche man durch die Substitution von Chlor, Brom, Jod und
Untersalpetersäure an die Stelle von Wasserstoff theils aus natürlichen,
theils aus künstlichen Basen hervorgebracht hat. Diese Verbindungen,
welche im Vorhergehenden bereits bei den Basen, aus denen sie entste-
hen , aufgeführt worden sind , werden theils direct, theils indirect er-
halten.
Die ersten hierher gehörigen Basen, mit denen die Chemiker be-
kannt wurden, sind die salzreichen Substitntionsbasen , welche aus
dem Anilin entstehen. Bei der directen Einwirkung des Chlors und
Broms auf Anilin substituiren sich in heftiger Reaction alsbald 3 Aeq.
Chlor oder Brom für Wasserstoff, indem sich Trichloranilin und Tri-
bromanilin, in denen der basische Charakter des Anilins verschwunden
ist, bilden. Chlor- und Bichloranilin, Brom- und Bibromanilin lassen
sich aber erzeugen, indem man Chlorisatin und Bichlorisatin , Brom«
isatin und Bibromisatin mit Ealihjdrat destillirt:
Ci 6 (B4 ej)^N04 + 4(K0, HO) = 2(2KO, CjOO
Chlorisatin
+ C,2(H4Gl).HjN 4- H, Hof mann.
Chlorphenjlamin
Auf diese Weise ist die folgende Reihe erhalten worden :
Phenylamin C1JH7N
Chlorphenylamin . . Ci j (Hg Gl) N
Bichlorphenylamin . C]2(H5Gl2)N( tr f
Trichlorphenylamin . Cx2(H4Gl3)N
Bromphenylamin . . Ci2(H6Br)N
Bibromphenylamin . C12 (H5 firj) N
Tribromphenylaniin . Ci2(H4Br8) N. Fritzsche*
Später sind eine ganze Reihe ähnlicher chlorirter und bromirter
Basen aus dem Cinchonin (Laurent), aus dem Codein, Brncin, Strych-
nin (Anderson), und aus dem Melanilin (Hof mann) erhalten worden.
Wahre basische Jod-Substitute kennt man gegenwärtig nur zwei,
nämlich das Jodphenylamin und das Bijodomelanilin :
Jodphenylamin Ci2(He!)N| H^fn,ann.
Bijodomelanilin C26 (H^ I^) N3 1
Beide entstehen durch directe Einwirkung des Jods auf Phenyl-
amin und auf Melanilin. Ausser den genannten sind noch einige an-
dere Jodderivate organischer Basen bekannt; es sind dies aber keine
Substitutionsproducte, indem sie ganz einfach durch Nebeneinanderlage-
rung der Basen und verschiedener Jodäquivalente entstehen.
Codein CaeH^NO« ) Anderson
Trijodcodein CseHaiNOe-^aJ ^°^®"^°-
Auch Nitrobasen sind bereits vielfach bekannt. Die erste Nitro-
base das Nitrophenylamin wurde, wie bereits oben bemerkt, durch die
Einwirkung des Schwefelwasserstoffs auf Binitrobenzol erhalten:
Ci2H4(Np4)2 + 6HS = Ci2(H4J^04),H2N + ^BO + ^S.
Binitrobenzol Nitrophenylamin Muspratt o.
Hofmann.
E^in Körper von gleicher Zusammensetzung, aber etwas abwei-
Basen^ organische. 733
chenden Eigenschaften, bildet sich bei der Zersetzung des Pjrotartro-
nitranils (Nitrophenyl-Pyrotartrimids) :
C^s»io^^ + 2(KO.gO) — 2KO.CioHgOe + Cia(H4.N04)HaN.
Pyrotartro- Pjroweinsaures Kali Arppe.
nitranil
Die Verschiedenheit der Eigenschaften dieser beiden Verbindun-
gen ist bis jetzt nicht befriedigend erklärt
Fast alle bis jetzt bekannte Nitrobasen sind auf indiroctem Wege
erhalten worden: das Nitrotoljlaroin, das Nitrocumylamin , das Ni-
tranisidin und Binitranisidin durch die Einwirkung des Schwefelwasser-
stoffs auf Binitrotoluol, Binitrocumol, Binitro- und Trinitro-Anisol (Ga-
hoars); das Nitroroesylamin aus Binitromesitylen (Maule); das Tri-
nitramarin aus Trinitrohydrobenzamid (Bertagnini).
Indessen lassen sich die Nitroverbindungen einiger natürlichen
Alkaloide direct durch vorsichtige Einwirkung von Salpetersäure dar-
stellen. Auf diese Weise sind das Nitrocodein (Anderso4)i das Nitro-
8tTycbnin(Abel und Nicholson), und das Nitropapaverin (6. Merck)
gewonnen worden.
Schliesslich sind hier noch die durch die directe Einwirkung des
Cjangases auf organische Basen entstehenden basischen Derivate zu er-
wähnen. Diese von Hofmann entdeckten Verbindungen entstehen
dbrch directe Vereinigung der Basen mit den Elementen des Cyans:
- Phenylamin Cyanphenylamin
C14H9N -}- CjN = CigfTgNa
Tolylamin Cyantolylamin I _,
) Hof mann«
Cumylamin Cyancumylamin
^M**18 "3 M 2 Cj N = Cso "18 ^6
Melanilin Bicyanmelanilin
CgeHjiNO« + 2C,N = C40HJ1N8O6 Anderson.
Codein Bicyancodein
Die Constitution dieser Verbindungen ist zweifelhaft. Zu bemer-
ken ist, dass das Cyan in diesen Körpern dem Einflüsse der Alkalien
widersteht, während es unter der Einwirkung der Säuren in der Form
von Ammoniak und Oxalsäure austritt, welche letztere sich in der Ke-
gel mit der reproducirten Base zu amidartigen Verbindungen ver-
einigt.
Im Vorhergehenden ist bereits erwähnt worden, dass die Alde-
hyde im Stande sind, Cyanwasserstoflsäure zu assimiliren und in basi-
sche Verbindungen überzugehen. In ähnlicher Weise hat man gefun-
den, dass einige Basen unter Aufnahme von Cyanwasserstoffsänre sich
in neue Basen verwandeln, welche den oben erwähnten, durch Auf-
nahme der Elemente des Cyans gebildeten, nahe zu stehen scheinen.
Hierher gehören das Hydrocyanharmalin und das Hydrocyannitrohar-
malin
734 Basen, organische*
Harmaün HydrocjanharmaliD > Fritzsche.
C»(His>N04)N,0, -f HC,N = QisCHu.NOjNsoJ
Nitroharmalin HydrocjaanitrohArinaliii.
UnterBuchungsweiäe der organischen Basen.
Die Elementar - Analyse dieser Körper bietet keine Schwierigkd-
ten. Die Kohlenstoffbestimmong erheischt wegen des betrftchtUdieB
Stickstoffgehaltes stets eine ansehnliche Lage frisch redncirter Knpfer-
drehspähne« Was die Stickstoff bestimm ang anlangt, so verdient be-
merkt zu werden, dass sie nicht immer nach dem Verfahren von Yar*
rentrapp and Will ausgeführt werden kann, selbst wenn man es
nicht mit Nitrobasen zu thun hat. Viele Basen besonders die flöchti-
gen sauerstofifreien entstehen, wie in dem vorhergehenden Abschnitt
gezeigt worden ist, doroh die Einwirkung der Alkalihydrate bei hoher
l^emperatur auf die coroplicirteren, namentlich auf die natärlich vorkom-
menden Alkaloide. Bei dem Glühen solcher Verbindungen mit Natron-
Kalk entwickelt sich daher oh nur ein Theil des Stickstoffs als Ammo*
niak , während andere flüchtige Basen nebenbei gebildet werden. Dss
Fhenylamin z. B. zerlegt sich nur unvollkommen, selbst wenn man es
über eine mehrere Fuss lange Schicht glühenden Natron-Kalks treibt
In vielen Fällen lässt sich aber, trotz dieses Uebelstandes, der Stickstoff
dennoch nach Varren trapp und Will's Methode bestimmen, wenn
man die chlorwasserstoffsaure Lösung des beim Glühen mit Natron-Kalk
gebildeten Ammoniaks und der es begleitenden Basen auf dem Wasser-
bade zur Trockne verdampft, und den mit Platinchlorid digerirten Buck-
stand mit Aether, dem etwas absoluter Alkohol beigemischt ist, aus-
wäscht. Man erhält auf diese Weise ein Gemenge von Platin-Salmiak
mit den Platinsalzen der vorhandenen übrigen Basen, und da letz-
tere fast immer, wie der Platin-Salmiak, Platin und Stickstoff im Ver-
hältniss gleicher Aequivalente enthalten, so braucht man das Gemenge
nur zu glühen, und aus dem rückständigen Platin den Stickstoff auf dis
gewöhnliche Weise zu berechnen. Die Zuverlässigkeit dieser Blethods
ist natürlich von dem Grade der Unlöslichkeit des Platinsalzes in Aether
Weingeist abhängig. Bei der Analyse der Phenylaminverbindnngen
erhält man genaue Resultate, wenn man, statt des gewöhnlichen Aether-
Weingeistes, absoluten Aether anwendet, dem ein Paar Tropfen absolu-
ten Alkohols zugesetzt worden sind (Hof mann). Im Allgemeinen ist
aber doch in solchen Fällen die Stickstofil>estimmung nach der Do-
rn as'schen Methode vorzuziehen.
Zur Aequivalentbestimmung der organischen Basen kann jedei
scharf charakterisirte Salz dienen, dessen Säure mit Sicherheit and
Leichtigkeit bestimmt werden kann. Die Salze der Chlorwasserstoff-
säure, der Brom-, Jod- und selbst der Bhodan wasserstoffsäure, so-
wie der Schwefelsäure und Oxalsäure sind hierzu in Anwendung ge-
kommen. Diese Methoden sind aber nicht selten unsicher, weil man oft
schwer über den Neutralitätsznstand eines Salzes zu klarer Entschei-
dung gelangt, indem viele ja die Mehrzahl der Salze der organischen
Basen, welche ihrer Constitution nach als neutrale Verbindongen be-
trachtet werden müssen, sauer reagiren.
Basen, organische. 735
Unter diesen Umständen geben die im Eingang dieses Artikels
erwähnten Doppelverbindungen, welche die chlorwasserstofisanren 8alze
der organischen Basen mit Platinchlorid bilden, ein Tortreffliches Mit-
tel zur Bestimmung des Aequivalentes ab. Diese Verbindungen hinter-
lassen nach dem Glühen metallisches Platin, aus dessen Menge sich
leicht das Aequivalent des Doppelaalzes berechnen lässt Wird hier-
von das Aequivalent der ChlorwasserstofTsäure und des Platinchlorids
abgezogen, so erhält man das Aequivalent der organischen Base, d. h.
die Summe der Aeqnivalente ihrer Bestandtheile. Es hinterliessen z. B.
0,748 Grro. Strychnin -Platinchlorid 0,1365 Grm. Platin. Wenn man
hierana berechnet , in wieviel Doppelsalz 1 Aeq. = ^8,7 Platin ent-
halten ist, 80 gelangt man zu der Zahl 540,78, welche das Gewicht
▼on 1 Aeq. Chlorwasserstoffsäure -Strychnin -Platinchlorid ausdrückt.
Zieht man von dieser Zahl ab die Summe der Aeqnivalente der Chlor-
wasserstofisäure und des Platinchlorids 36,5 -|- 169,7 = 206,2, so er-
hält man die Zahl 334,58 und damit das Gewicht von 1 Aeq. Strych-
nin (Liebig).
Die Verbindungen der chlorwasserstoffsauren Salze der organi-
schen Basen mit Goldchlorid eignen sich ebenfalls vortrefflich zur
Aequivalentbestimmung. Manche dieser Verbindungen lassen sich aus
Aether amkrystaUisiren und können somit in hohem Grade rein erhalten
werden. Die Analyse der Goldverbindangen ist besonders zu empfeh-
len, wenn die zu untersuchende Base mit kleinen Mengen Ammoniak
▼emnreinigt ist, ein Fall, der nicht selten vorkommt. Das losliche
Chlorammonium - Goldchlorid lässt sich mit Leichtigkeit von dem in
der Regel schwerlöslichen Goldsalze der organischen Base entweder
darch Waschen oder durch ümkrystallisiren des Salzes entfernen (Hof-
mann). Seltener sind Palladium Verbindungen, Kadmium- und Queck-
ailbersalze zur Aequivalentbestimmung benutzt worden.
Unter den Mitteln, welche dem Chemiker zu Gebote stehen, um
fiber die Constitution einer Base Aufschluss zu erhalten, verdient be-
sonders die Behandlmig der in Frage stehenden Verbindung mit Jod-
methyl, oder mit Jodäthyl, oder mit den entsprechenden Bromverbin-
düngen hervorgehoben zu werden. Indem man durch geeignete Be-
handlung der Base mit diesen Agentien feststellt, wie viele Aequiva-
lente Methyl oder Aethyl sie zu fixiren vermag, erhält man sogleich einen
sicheren Anhaltspunkt für die Beurtheilung des Sabstitutionsgrades der
Baae; man entscheidet, ob die Base eine primäre, eine secundäre oder
tertiäre AroinbaSe ist. Eine primäre Aminbase wird unter diesen Um-
ständen 3 Aeq. Aethyl, eine secundäre 2 Aeq., eine tertiäre 1 Aeq.
fixiren, eine dem Ammoniumoxydhydrat entsprechende Base verändert
sich unter dem Einfluss dieser Agentien nicht mehr (Hof mann).
Diese Methode hat bereits wichtige Aufschlüsse über die Stellung
verschiedener Basen geliefert; die auf den vorstehenden Blättern ver-
suchte Gruppirung der organischen Basen ist in der That vorzugs-
weise durch das Verhalten der Basen gegen die JodQre und Bromüre
der Alkoholradicale begründet.
Unter den basischen Verbindungen, welche in der Häringslake vor-
kommen, findet sich eine, deren Analyse Wert he im zu der Formel
CeffgN leitete. Wertheim, ganz naturgemäss, betrachtete diese Ver-
bindung als die dem damals nd^h unbekannten Propyl-Alkohol zuge-
hörige primäre Aminbase, als Propylamin :
736 Basen, organische.
Q**?! ai p 11 M
H
Bei der Behandlung mit Jodmethyl zeigte es sich aber, dass die
gedachte Verbindung nur 1 Aeq. Methyl zu fixiren im Stande ist, dau
sie hierdurch alsbald in eine dem Ammoniumoxydhydrat entsprechende
Base übergeführt wird. Aus diesem Verhalten ergab sich ganz un-
zweideutig, dass die Wert heim 'sehe Base nichts anderes als Tri-
methylamin,
Ca Hg / IT ^= Cß Ä9 Tf^
C2XX3)
ist, in jeder Beziehung identisch mit der durch directe Einwirkung
des Jodmethyls auf Ammoniak erhaltenen Base (Winkles).
Ebenso hat man durch ähnliches Verfahren ermittelt, dass die von
Gössmann durch Einwirkung des Natron-Kalks auf die Verbindong
des schwefligsauren Ammoniaks mit Aldehyd dargestellte, von ihm an-
fangs für Aethylamin gehaltene Base nichts anderes als Bimethylamin
ist (Petersen):
H H
Das Verhalten zum Jodäthyl charakterisirt das Anilin und die
ihm homologen Basen als primäre Aminbasen, das Leucolin als ter-
tiäre Aminbase (Hofmann). Die Basen der Pyridinreihe wurden
auf dieselbe Weise als tertiäre Aminbasen erkannt (Anderson), zu
derselben Gruppe gehören nach neuesten Versuchen die Thialdine
(Hofmann) und das Furfurin (Davidson).
Auch auf die natürlichen Basen ausgedehnt, hat diese Cntersn-
chungsmethode bereits Früchte getragen. Das Coniin hat sich als se-
cundäre, das Nicotin als tertiäre Aminbase erwiesen (Planta-Bei-
chenau u. Keknlä).
Codein und Morphin sind tertiäre Aminbasen (How), Chinin
(Strecker), Cinchonin, Chinidin (Stahlschmidt), Brucin (Gnn-
ning) und Strychnin (How) sind entweder tertiäre Aminbaaen oder
tertiäre Diaminbasen. Alle diese Alkaloide verbinden sich direct mit
1 Aeq. Jodmethyl oder Jodäthyl zu Salzen, welche bei der Behand-
lung mit Silberoxyd dem Ammoniumozydhydrat entsprechende Basen
liefern. '
Die Einwirkung der Jodüre und Bromüre der Alkoholradicale aof
die Basen giebt, wie man sieht, die sicherste Auskunft über den Gnd
der Substitution einer gegebenen Verbindung, allein sie lässt uns in
Zweifel über die Natur der substituirenden Moleküle. Die Analyse
und Aequivalentbestimmung des Coniins hatten die Formel Ci^HuN
festgestellt Durch Behandlung mit Jodäthyl wurde nachgewiesen, dass
die Base noch 2 Aeq. Aethyl fixirt, um in eine dem Ammoniurooxyd-
hydrat entsprechende Verbindung überzugehen. Dieser Versuch zeigt,
dass die Constitution des Coniins durch die Formel ^ ^^^ ^^'
gedrückt ist. Allein er giebt uns keinen Aufschluss über die Natur
der substituirenden Moleküle. Die beiden vertretenen Wasserstoff-
äquivalente können durch ein zweiatomiges Molekül CxeHxi oder durck
Hof-
mann.
Basen, organische. 737
zwei einatomige Badicale CsH? oder allgemein durch zwei einatomige
Badicale CmHo and Ci0_ni H^^n, ersetzt sein.
Man hat viele Versuche gemacht, die Badicale aus den organi-
schen Basen in irgend wie erkennbarer Form zu eliminiren. Dies ge-
lingt theilweise wenigstens bei den Basen, welche dem Ammoniumoxyd-
hjdrat entsprechen, ohne Schwierigkeit. Das Tetramethylammonium-
oxjdhydrat spaltet sich bei der Destillation in Trimethjlamin und Me-
thylalkohol, das Teträthyl- und das Tetramylammoniumoxjdhydrat lie-
fern anter denselben Umständen neben Triäthjlarain und Triamjlamin,
Aethylen und Amylen:
(Ca »8)4 NO BQ = CjH^ + ^C^^tshjf
Tetramethylammonium- Methyl- Trimethyl-
oxydhydrat alkohol amin
(C4 «5)4 NO. HO = C4H4 + 2HO + (C4H5)8N
Teträthylammonium- Aethylen Triäthyli
oxydhydrat amin
(Cio*fn)4NO.HO = C,oHio + 2H0 + (CioHiOsN
Tetramylammonium- Amyien Triamyl-
oxydhydrat amin.
Dagegen haben die Versuche zar Beproducirung der Badicale
ans den Aminbasen bis jetzt nur wenig Erfolg gehabt. Die einzige
Beaction, welche hier erwähnt zu werden verdient, aber bis jetzt nur
geringe Besultate geliefert hat, ist die von Piria für die zur Bepro-
dnction der Säoren aus den neutralen Amiden vorgeschlagene Be-
handlung mit salpetriger Säure. Damit behandelt, liefert das Phenyl-
amin Phenylalkohol und Stickstoff:
01,85. H,N + NO, = CijHcO, + Nj + HO.
Phenylamin . Phenylalkohol
In diesem Process erhält man aber keinesweges die von der
Theorie angedeutete Menge Phenylalkohol ; eine grosse Menge verwan-
delt sich unter fortschreitender Einwirkung der «alpetrigen Säure in
Nitrophenyl-Alkohol und harzige Producte. Ebenso liefert das Tolyl-
amin £ast nor Nitrocressyl- Alkohol; Aethylamin und Amylamin ver-
wandeln sich in salpeterigsaures Aethylund Amyl. In allen diesen
Beactionen entstehen gleichzeitig noch andere Producte (Hofkann).
Neuerdings hat es sich gezeigt, dass diese Processe eines weite-
ren Stodioms bedürfen. Es müssen offenbar verschiedene Phasen un-
terschieden werden. In der ersten scheint sich die Base anter dem
Einflasse der Säure und unter Mitwirkung der Elemente des Wassers
einfach in Alkohol and Ammoniak umzusetzen, welches letztere erst in
der zweiten Phase durch die salpetrige Säure zerstört wird. So lie-
fert das Phenylamin in dem ersteren Stadium des Processes eine nach-
weisbare Menge Ammoniak. Das Aethylanilin aof dieselbe Weise be-
handelt, liefert im Anfang der Beaction Aethylamin (Matthiesen).
Dieser Gegenstand bedarf weiterer Untersuchungen.
Eine gute Methode aufzufinden, um die sabstituirenden Moleküle
aus den Basen zu eliminiren, ist die Aufgabe unserer Zeit Mit ei-
nem solchen Mittel zu seiner Verfügung, wird es dem Chemiker nicht
Haodwtetarbiidi der Gbemie. 2ta Aafl. Bd. IL 47
1
73B Basen, organische*
schwer fallen», selbftt die eomplicirtesten Pflanxenalkaloide in ihre Com-
posanten zu zerlegen. Die Constmction ' dieser Verbindongen , welche
noch imnier in Dunkel gehüllt ist, wird alsdann klar und durchsichtig
werden, wie die Constitution der Methyl- und Aethylbasen, und ihre
künstliche Darstellung kann dann nicht lange mehr auf sich wartm
lassen.
Anhang.
Phosphor-, Arsen- und Antimon-ßasen-
An die oben abgehandelten stickstoffhaltigen basischen Verbin-
dungen schliessen sich naturgemäss eine Reihe von Körpern an, die
Phosphor, Arsen und Antimon an der Stelle des Stickstoffs enthalten
und ia ihrer Constitution sowohl, als in ihrem chemischen Verhaheo
überhaupt die grösste Aehnlichkeit mit ■ den analogen Stickstotfverbio-
dungen zeigen.
So wie man sämmtliche genauer gekannte Verbindungen der vor-
hergehenden Classe ihrer Zusammensetzung nach von dem Ammoniak
oder dem Ammoniumoxydhydrat ableiten kanut so lassen sich auch die
hier zu erwähnenden Verbindungen auf die dem Ammoniak entspre*
chenden Hydrüre des Phosphors, Arsens und Antimons und die hypo-
thetischen Analoga des Ammoniums zurückführen. Man kann dem-
nach für diese Classe von Verbindungen folgende allgemeioe Formeb
aufstellen:
B> P entsprechend dem Phosphorwasserstoff = H^ P
C' H'
A> Hj
B/ As entsprechend dem Arsenwasserstoff = H> As
C' W
A. H) -
B? Sb entsprechend dem Antiroonwasserstoff = H) Sb.
C> H'
Dem Typus Ammonium oxydhydrat entsprechend:
P.A,B,C,Djo^ As.A,B,C,Djo^ ^^^ Sb.A.B.CDj^^
Vergleicht man die den Phosphor-, Arsen- und AntimonverbiB-
dangen zu Grunde gelegten Primärverbindongen mit der entsprechen-
den StickstoflfVerbindung, mit dem Ammoniak, so lässt sich nur beim
Phosphorwasserstoff, welcher Verbindungen mit JodwasserstoAanre,
Bromwasserstoffs&ure und einigen Chloriden eingeht, Aehnücbkeit de«
chemischen Verhaltens wahrnehmen, während Ammoniak mit Arsea-
oder Antimonwasserstoff, ausser der correspondirenden ZosanunensetzuBg*
fast nichts gemein hat.
Dieser Mangel an Aehnlichkeit verschwindet aber m den Denvs-
ten, welche als aus diesen Hydrüren dureh Sabstitation von Aikohol-
radicalen für den Wasserstoff hervorgegangen betrachtet werden k^-
nen, und die merkwürdige Thatsache, dass durch Einführang von Al-
koholradicalen in den Typus Ammoniak die Baeictt&t gesteigert wirdf
and dass sogar die Constniction von bestindigen Verbindongea asch
d^r Fonn Ammoniumoxydhydrat gelingt, weiches letztere für sich noofa
Baseti, organische« 789
nicht isolirtMir ist, findet aoch in der Phosphor»^ Arsen- und Antimon-
reiihe ihre Bethfttignng.
EHe kaum entwickelten boflischen Eigenschaften des Phosphor-^
trasserstoffs werden durch die Siibsdiiition des Kfethyls oder Aethyls f Or
den Wasserstoff in der Weise potenzirt, dass wir Verbindungen »-
halten, die mit Ausnahme der Reaction auf Liackmuspapier, alle cha-
rakteristischen Eigenschaften einer starken Base besitzen, wriche sich
besonders in der Bildung wohl charakterisirter Salze und Platindoppel-
salze kund geben.
Die von dem Arsen- und Antimon Wasserstoff abgeleiteten trimethy-
lirten und triäthylirten Derivate, welche der Constitution und Bildung
nach den entsprechenden Phosphorverbindungen durchaus ähnlich sind,
weichen in ihrem chemischen Verhalten von letzteren mehrfach ab, in-
sofern es bis jetzt noch nicht gelungen ist, die den Ammoniaksalzen
entsprechenden Verbindungen derselben darzustellen.
Bei einem weiteren Vergleich der Stickstoff-, Phosphor-, Arsen-
nnd Antimonbasen finden wir, dass von den Stickstoffverbindungen auf-
wärts steigend, sich eine Zunahme des elektropositiven Charakters gel-
tend macht, der in dem Triäthylstibin seine grösste Intensit&t erreicht.
Während z.B. das Trimethylamin und Triathylamin unfähig sind, sich
mit Sauerstoff, Chlor oder Jod direct zu vereinigen, finden wir bei den
entsprechenden Phosphor-, Arsen- und Antimon Verbindungen eine so.
grosse Affinität für diese Elemente entwickelt, dass die Vereinigung
schon bei gewöhnlicher Temperatur zum Theil sogar unter explosion-
artiger Licht- und Wärmeentwickelung vor sich geht. Diese letztere.
Kigenschaft mag als eine der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale für
die Stickstoffbasen einerseits und die Phosphor-, Arsen- und Antimon-
hasen andererseits angesehen werden, und dürfte wohl der Hauptgrund
sein, dass die beiden letzteren directe Verbindungen mit Säuren nicht
eingehen, sondern dieselben unter Assimilation des elektronegativen
Elements zersetzen.
Die Phosphorbasen haben, wie bereits erwähnt, die Fähigkeit, sich
mit den Säuren direct zu Salzen zu verbinden, und es bilden diesel-
ben daher ihrem chemischen Verhalten nach den Uebergang von den
Stickstoffbasen zo den Arsen- und Antimonbasen. .
Noch mehr verschwinden die Verschiedenheiten in den Verbin-
dungen, welche dem Typus Ammoniumoxydhydrat entsprechen; hier
lässt sich in der That die Analogie der Basen selbst sowohl, als auch
' ihrer Salze nach fast allen Richtungen verfolgen, und es muss überra-
schen, so unähnliehe Körper wie Stickstoff, Phosphor, Arsen und Anti-
mon in Verbindungen fungiren zu sehen, welche sich ihren chemischen
Eigenschaften nach kaum von einander unterscheiden lassen ^).
*) Unter dem Einflnss der WKrme beobachtet man indessen eine auffallende Verschie-
denheit zwischen den Ammonium- nnd Phosphoninmverbindungen. TetrKthjlammo-
ninmoxydhjdrat rerwandelt sich bei der Destillation in TriSthjlamin nnd Aethj-
len, während TetrKthylphosphoninmoxydhydrat , TriKthylphosphinoxjd und Aethjl-
wasaerstoff liefert:
Tetritbylammoninmozjdhydrat TriKthylamin Aethylen
Tetmthylphosphoninmoxyd- TriKthylphosphin- AethylwasserstofT.
hydrat oxyd
47*
740 ^ Basen, org£^ische.
Von den Phosphor*, Arsen- und Antimonbasen kennt man bis j«lit
dem Typui Ammoniak angehörend nur solche, die der Classe der Ut-
tiären Aminbasen entsprechen; die den prim&ren und second&ren AratD-
basen correspondirenden Körper hat man bis jetet noch nieht dar-
gestellt.
Ausführlicher untersucht sind bis jetzt folgende:
Phosphorreihe
f den tertiären Aminbasen entsprechend:
C, Hs ) P.Th^nsrd,
Trimethylphopphin . . Q H9 P — C, Hj ( P- Hofmaono.
C3 Hg ) Cahours.
C4 H5 ] HofmaoD
Tri&thylphosphin . . . CiAsP =€485)?. o.
C4 H5 j Cahoars.
Dem Ammoniumoxydhydrat entsprechend ^):
Tetramethylphospho- P rp U ^ 1
niumoxydhydrat . . Cg «igPO, -= »'HWg»;4 o,. ÄB.C
Trimethyläthylphospho- U rr U \^ r U 1
niumoxydhydrat . . CioHisPO« =r *'.l.'-«n8;8.i-4n5 o,. ÄÜ.C
Trimethylamylphospho- V rr* U ^ r n. i
niumoxydhydrat . . CieHaiPO, = *'-^^2»8)3.^io»ii jo,. Äu.C
Tetr&thylphosphoninm- P rP tt ^ )
oxydhydrat . . . . CieHjiPOa = *^-^^*g»^M O,. Ä aC
Methyltriäthylphospho- n n U rr« II ^ 1
niumoxydhydrat . . CuHisPO« = *^-'"2"»-^^*g'^^»|0jr. Än.r.
Triäthylamylphospho- n m u \ n u 1
niumoxydhydrat . . C^H^tPO, = *'l'-4«6;8.^io«u / q^^ jy,„.ß
Triäthylbromäthylenphos- p rP tt ^ rr U U^^')
phoniumoxydhydrat CeHjoBrPOj = *^'^^^*^^^'^^^*^^^^> io,. E
Triäthylvinylphospho- n /p ii ^ p u i
niumoxydhydrat . .CißHi^PO, = *^V^4"ft>3-^4«3 | o,. Ä
Arsenreihe
den tertiären Aminbasen entsprechend:
C4 {{5 I Landolt,
, Triäthylarsin .... CisHisAs r=: C4 H5 I As. Cahoars 0.
(Ars«ntri»thyl.) C4 H5 ) Richc
Dem Ammoniumoxydhydrat entsprechend:
Tetramethylarsonium- . /p il ^ }
oxydhydrat . v . . C» HigAsO, = *^-^^g»^M O,. C u.a.
(Anenmetbyliamoxydhydrat.) '
*) Abktlniiiigen der Namen der Beobachter: B. Berle; C, Cahoars; B, HotatfOi
L. Landolt; fi. Riche.
Basen, organische. ^ 741
rtr*thyla«omnmoxyd- A*.(C,H,)J ^ L^ C.
hjdrat ^len^i A» Uj = Hl ^' a. Ä.
'(Anenäthjliamozj'dhydrat.)
inethylbiäthylaMo- A8.(CH,),.(C,H,),| o, C « Ä
(Arsenmetb/Ulth/liiunozydhjdrst.)
niamoxydhydrat . . 0241139^803 =r u i ^2- ^' "• ■**•
(ArsenmethylamyUumoxjdhjdrat.)
Antimonreihe
den tertiären Aminbasen entsprechend:
Cg Hg j
rimethylstibin . . . C« H9 Sb = C9 Hg | S^. Landolt.
(Stibtrimethyl.) Cj H3 )
C4 H5 J Low ig
riiUhylstibin .... Ci2Hi5Sb = C4 Hß | 8b. u.
(Stibtriäthyl.) C4 H5 ) Schweitzer.
Dem Ammonium entsprechend:
etramethylstibonium- fi.K rP U ^ ]
oxydhydrat . . . . C« H^aSbO, = ^^^ • ^^« ^ * r^«- ^•
(Stibmetbylmmoxydbydrmt.) * .
'etrithylstibonium- «l'k rP tl ^ 1
oxydhydrat .... CieHaiSbO^ = »O-CW «5 ^4 q^. L.
(StibEtbyHnmoxydhydrat.) " '
'etramylstiboniiim- 9a. tr H ^ )
oxydhydrat . . . . C^H^SbO, = '^•'^^'•J"^« O». Ä
(Stibamyliumoxydbydrat.) '
Bildlingsweisen der Phosphor-, Arsen- und Antimon-
basen.
Es ist bis jetzt noch nicht gelungen, diese Basen durch directe
Substitution aus den Hydrüren des Phosphors, Arsens oder Antimons
darzustellen. Die bis jetzt angewendeten Methoden gehen darauf hin-
aus, entweder eine Metallverbindung des Phosphors, Arsens oder Anti-
mons mit der Jod-, Chlor- oder Bromverbindung eines Alkoholradicals,
oder aber die Metall Verbindung eines Alkoholradicals mit den Jodüren,
Bromören oder Chlorüren des Phosphors, Arsens oder Antimons zusam-
men zu bringen.
Im ersten Fall wendet man gewöhnlich die Verbindungen des Ka-
Homs oder Natriums mit Phosphor, Arsen oder Antimon an, imd nach
dieser Weise haben zuerst P. Th^nard das Trimethylphospbin,
CaaPO + SCaHjGl = 3 Ca€l + ^^^^
Chlorraethyl Trimethylphospbin,
Landolt das Trimethylstibin (Stibtrimethyl)
NaaSb + aC^HsI = 3Nal + CeHoSb
Jodmethyl Trimethylphosphin, ,
742 ^ • Basen, organische.
L5wig und Sohweitzer das Triäthyhtibin (Stibttialhyl)
Na^Sb + 8C4H5J = 8NaI + fia BisSb
Jod&thyl Triäthjlatibin,
Landolt, Cahours u. Riebe das Triäthylarsin (Arsentriäthyl)
-Na^As +£C4H6J = 3Nal + ClaHijAs
Jodätbyl Triätbylarsio,
dargestellt
Im zweiten Fall wendet man die Verbindung von Alkoholr^ca-
len mit Zink an ; auf diesem Wege sind namentlich die Phosphine er-
halten worden (Hof mann und Cahours):
SCjHsZn -f-PGlg = SZnGl-f-CeHaP
Zinkmethyl Trimethylphospbin,
3C4H6Zn ^-f- PGls = 3Zn6l + CijHisP
Zinkäthyl Triäthylphosphin.
Auch die Arsine und Stibine lassen sich auf diese Weise dar*
stellen (Hof mann):
3C4H5Zn -f A8€l8= 3ZnGl + Ci,HuAs
Zinkäthyl Triäthylarsin.
3C4H5Zn -f SbGla = 3Zn€l -f- Ci.HijSb
Zinkäthyl Triäthylstibin.
Diese letztere Methode bietet trotz der umständlichen Bereitung
der Zink-Alkoholradicale viele Vorzüge vor der vorhergehenden und
dürfte dieser daher in den meisten Fällen vorzuziehen sein.
Um aus den nach obigen Methoden dargestellten, sämmtlich dem
Typus der tertiären Aminbasen angehörenden Verbindungen, die Körper
des Typus Ammoniumoxydhydrat zu erhalten, verfährt man in gani
ähnlicher Weise wie bei den entsprechenden Stickstoffverbinduagen und
bringt demnach am zweckmässigsten die freien Basen mit der Jod- oder
Bromverbindung des hinzuzufügenden Radicals in Berührung, worauf
schon bei gewöhnlicher Temperatur eine äusserst heftige, sich zuwei-
len bis zur Explosion steigernde Reaction eintritt; auf diese Weise er-
hält man die Jod- oder Bromverbindungen des Tetraphosphoniums
(Cahours und Hofmann), des Tetrarsoniums (Landolt, Cahours
und Riebe) und des Tetrastibon iums (Landolt).
Die Arsoniumverbindungen lassen sich ferner auch durch^ die Ein-
wirkung von Jodmethyl, Jodäthyl und Jodamyl auf Kakodyl erhalten,
indem gleichzeitig Jod kakodyl gebildet wird :
2^(C5^Hj)aA^ +^^^ + (Cj^^^jAsIl
Kakodyl Jodmethyl Jodtetramethyl- JodkakodylJ.
arsonium ( ^
Kakodyl Jodäthyl Jodbimethylbiäthyl- Jodkakodyl.l che.
arsonium /
Aus den Jod- und Brom Verbindungen des Phosphoniums, Afi^o-
niums und Stiboninms lassen sich die Oxydhydrate, wie aus den ent-
Basen, organische. ; 748
aprechenden AmmonittinverbhiduDgeii, mit Leichtigkeit durch Behand-
Imig mit Silberoxyd darstellen.
Metallhaltige Basen.
An die in den vorstehenden Paragraphen abgehandelten organi-
schen Basen reiht sich natiirgemäss eine Grappe von Verbindungen,
welche mit den letzteren in naher Beziehung stehen, indem sie sich
von ihnen nur dadurch unterscheiden, dass sie an der Stelle der ver-
tretenden organischen Radicale metallische Elemente enthalten. In
dem Vorhergehenden ist das Aethylamin und das Phenylamin als Am-
moniak charakterisirt worden, in dem 1 Aeq. Wasserstoff durch Aethyl
und Phenyl vertreten ist. Denkt man sich im Ammoniak an der Stelle
des Aethyls, des Phenyls (R') ein metallisches Element (M) so erhält
man den allgemeinen Ausdruck für die einfachste Gruppe der metall-
haltigen Basen:
U ) BM MM
H N, H N, H [N.
H) H ) H )
Metallaminba sen in der Form wie sie die letztere Formel cbarak- -
terisirt, sind bis jetzt nicht bekannt, das Kaliumamid KH^N, das Natrinm-
amid Natf^N, das Zinkamid ZnH^N sind vollkommen neutrale Körper,
welche sieh mit den Säuren, wie es scheint, nicht verbinden können.
D&gegen giebt es eine^Beihe von Verbindungen, welche dem Ammo*
nlumtypus angehören, in denen sich Metallaminbasen von der Form
M' H3 N annehmen lassen, obwohl es bis jetzt noch nicht gelungen ist,
dieselben daraus abzusondern. Die Metalle, welche besonders befähigt
erscheinen, sich mit den Elementen des Ammoniaks zu solchen Basen
zu vereinigen^ sind fast ausschliesslich Glieder der Gruppe der Platin-
metalle. Die bis jetzt bekannten hierhergehörigen Körper sind die Ver-
bindungen des Platammoniums, des Palladammoniums und des Irid-
aramoniums. Diese zusammengesetzten Ammonium metalle sind bis jetzt
nur in ihren Salzen genauer erforscht, selbst die Oxydhydrate sind nur
anvollkommen bekannt:
Platammoniumchlorür N (Pt Hg) Gl J |> .
Platammoniumoxydhydrat N (Pt Hg) O . H O j ^® ^ * ® '^^
Palladammoniumchlorür N (Pd Ha) Gl ) „ \f 't 1 1
Palladammoniumoxydhydrat N(PdH3)0. HO j '^"^^ ^"**®^'
Iridammoniumchlorür N (Ir Ha) Gl I Sk b 1' k
Iridammoniumoxydhydrat NCIrHajO.HO)
Die zu dieser Gruppe gehörigen Verbindungen bilden sich durch
die Einwirkung des Ammoniaks auf das Chlorür (überhaupt auf Oxy-
dnlsalze) des Platins, des Palladiums und Iridiums. Vermischt man
eine Auflösung dieser Chlortire mit kaustischem oder kohlensaurem
Ammoniak, so erhält man einen krystallinischen unter dem Mikroskop
kleine Prismen zeigenden Niederschlag, der beim Platin grün, beim
Palladium rosenroth ist und die Zusammensetzung von Metallchlorür-
Ammoniak MGI.H3N besitzt Die hierhergehörende Platinverbindung
PtGi.HaN ist das bekannte Magnus 'sehe Salz. Diese Verbindun-
gen liaben die merkwürdige Eigenschaft, entweder Hir sich oder in
Berührung mit Ammoniak oder üxen Alkalien der Wärme ausgesetzt,
744 Basen, organisohe.
in Uomere Körper, ttbersagehen, dm farbio« oder gelb ge&rbt geiwohn-
lich in Aggregaten kleiner Octaeder krystallisiren und ohne Zereetzmig
in verdünnten Alkalien, Säuren und in Wasser loslich sind. Diese Salze
sind die Chlorverbindungen der Metallammoniumbasen.
Aus den Chlorverbindungen lassen sich dorch Behandlang mit den
entsprechenden Silbersalzen, die schwefelsauren, salpetersauren etc.
Salze darstellen; endlich können die Oxjdhydrate durch BehandloDg
der Chlorverbindungen mit Silberoxyd oder durch Behandlung der
schwefelsauren Salze durch Baryt erhalten werden.
Behandelt man die ChlorÜre der gedachten Metalle, statt mit Am-
moniak, mit Aminbasen, so erhält man substituirte, den angeführten ana-
loge, Verbindungen, welche indessen bis jetzt noch nicht näher unter*
sucht sind. Die dargestellten Verbindungen sind:
Palladäthylamraoniumchlorür N[Pd(C4 H5)H3]Gn „ „..,
Palladophenylammoniumchlorür N[Pd(Ci3H5)Ha]Glj "^^^ »lall«r.
Aehnliche Verbindungen entstehen auch durch Kochen der Platin*
doppelsalze gewisser organischer Basen, so liefert z. B. die tertiüre
Aminbase Pyridin das Platopyridylammoninmchlorür N [Pt (Cio H^y] €1,
welches unter Austreten von Chlor in ein weiteres Zersetzungsprodnct
fibergeht (Anderson).
Die Phosphor-, Arsen* und Antimonbasen bilden eine Reihe ganz
ähnlicher Platinbasen, deren Verbindungen mit grosser Leichtigkeit
krystallisiren ; bis jetzt sind nur die Chlorüre bekannt. Erhitst man
die alkoholische Lösung des Triäthylphosphins , des Triäthylarsini
und des Triäthylstibins mit Platinchlorid, so entfärbt sich letztere§
und die neuen Chlorüre scheiden sich in Krystallen ans. Untersackt
sind bis jetzt r
Platotriäthylphosphoniumchlorür P . [Pt(C4 {15)3] €1
Platotriäthylaraoniumchloriir As .
PlatotriäthylstiboniumchlorÖr Sb.
Das Goldchlorid bildet mit den Phosphor-, Arsen- und AntimonbS'
sen eine ähnliche Reihe krystallisirter farbloser Verbindungen :
Tt(C4H5)a]Gl> Hof mann.
Tt(C4H5)8]€l^
Aurotriäthylphosphoniumchlorör P . [Au(C4 Hi)i
[AU(C4H5)8]
Gl
Gl/ Hofmann.
Aurotriäthylarsoniumchlorfir As.
Aurotriäthylstiboniumchlorttr Sb . [Au (C4 H^y^] Gl !
Die Platinverbindungen sowohl wie die Goldverbindungen entsle-
hen in diesem Falle unter gleichzeitiger Bildung der BichlorOre der
Basen:
3.P(C4H5)8 + -iPtGl, = 2.P[Pt(C4H5)8€l] + P.(C4H5)8€I,
2 . P (C4 H5)3 + Au Gl» = P . Au (C4 Hj)» Gl 4- P . (C4H5)3Gl,.
Goldammoniumverbindungen sind bis jetzt nicht bekannt geworden;
nach neueren noch nicht veröffentlichten Versuchen von Hugo Mül-
ler exiBtiren indessen diese Verbindungen gleichfalls.
Durch die Einwirkung von Agentien entstehen aus den beschrie-
benen Metallamrooniumverbindungen eine Reihe complicirterer EnseBf
deren Constitution weniger durchsichtig ist. Behandelt man das in
siedendem Wasser vertheilte Platammoniumchlorür (N .PtHgGl) mit
Chlor, so verwandelt sich das blassgelbe Salz in ein glänzendes, schwe-
res citronengelbes Pulver, gleichfalls aus OctaSdem bestehend. Dieser
Basen, organische. 745
neue Körper (NPiHgGls) noterseheUet sich von dem ^»rhergehendeii
nur durch einen Mehrgehalt von 1 Aeq. Chlor (Gerhardt):
NFtHaGl.
NPtMsGlj.
Durch anhaltendes Kochen dieser Verbindung mit salpetersaurem
Silber lässt sich der ganze Chlorgehalt entfernen, es entsteht ein salpo-
tersaures Salz, aus welchem Ammoniak kleine gelbe, glänzende, schwer-
lösliche Krjstalle von der Znsammensetzung NPtH5 04 (Gerhardt)
abscheidet.
Ueber die Constitution dieser Abkömmlinge des Platammonium-
chlorürs sind die Ansichten der Chemiker getheilt; während Gerhardt
dieselben als höhere Chlor- und 8ln.ueratoffverbindungen des Platammo-
niunrifl betrachtet:
PlatammoniumbichlorÜr (Pt Hg N) Gl^^
Platammoniumbioxyd (Pt H» N) O.^ + 2 HO,
ziehen Andere (Kolbe) vor, das zweite Aequivulent Chlor und Sauer-
stoff in. inniger Verbindung mit dem Platin anzunehmen und diesen V er-
bindangen, dem Platinchlorür Pt Gl und dem Platinoxydul Pt O, die
Fähigkeit zuzuschreiben, ähnlich wie das Platin selbst 1 Aeq. Wasser-
stoff zu vertreten. Nach dieser Ansicht kommen also diesen Abkömm-
lingen folgende Formeln zu:
Chlorplatammoninmchlorur [N (Pt €l)' Hg] Gl,
Oxyplatammoniumoxyd [N (Pt Oy H«]0 -|- 2 HO.
Die letztere An («chauungs weise, welche entfernt die Existenz des
Chlor- und Bromanilins als Analogie anspricht, sucht, der ersteren ge-
genüber, eine Stütze in der Thatsanhe, dass ein Bichlorür des Ammo-
niams, NH4GI21 bis jetzt nicht bekannt ist, und dass Silbersalze direct
nur einen Theil des Chlorgehalts der Chlorverbindung (Grimm) eli-
miniren, während die letzten Antheile Chlor erst durch fortgesetztes
Kochen entfernt werden. Im Sinne dieser Betrachtungsweise denkbare
Verbindungen :
Chlorplatammoniumoxydhydrat [N(Pt G^'Hg] O . HO und
.Oxyplatammoninmchlorür [N (Pt O)' Hg] Gl,
sind bis jetzt nicht dargestellt worden.
Den betrachteten Verbindungen analog zusammengesetzt sind viel-
leicht die durch Kochen der Platindoppelsalze des Pyridins und Pico-
lins von Anderson erhaltenen Metallaminkörper. Je nachdem man
die eine oder die andere Ansicht gelten lässt, gestalten sich diese Ver-
bindungen entweder als
Platopyridylammoniumbichlorür
Platopicolylammoniumbichlorür
oder sie müssen als
[N Pf (Cio H5)'"] GI2 und
>Pf(Ci,H7)'-]€l2,
Chlorplatopyridylammoniumchlorür [N(PtGl)'(CioH5y"]6l und
Chlorplatopicolylammoniumchlorür [N (PtGl)'(Ci2 H?)'"] Gl
betrachtet werden.
Noch verwickelter ist die Constitution einer Reihe von Abkömm-
lingen des Platammoniumchlorürs, welche durch die fortgesetzte Ein-
wirkung des Ammoniaks entstehen.
Lässt man dasFlataramonrunichlon'ir(Peyrone), oder einfacher das
746 Basen^ oigaubehe.
isomere Magnus'sche Sal2 (Reiftet) oder geradem Ftatin^lorar la-
gere Zeit bei höherer Temperatur mit Ammoniak in Baraknuig, so e^
hält man eine farblose Lösung, aus welcher sich bei genügender Gob-
centration prismatische Krystalle von der Zusammensetzung PtH^N^Gl ^
absetzen.
Aus diesen von Reiset entdeckten Chlorverbindungen lässt ucb
durch Silbersalze eine grosse Reihe von Verbindungen von der allge-
meinen Formel Vi Hg Nj X und endlich diu*ch Behandlung der Chlor-
verbindung mit Silberoxyd, oder der Schwef elsäurcverbindung mit Baryt-
hydrat, die freie, äusserst kaustische, krystallinische Basis PtH^N-jO «HO
gewinnen.
Diese Verbindungen entsprechen offenbar den organischen Basen,
welche 2 Aeq. Stickstoff' enthalten, und im Vorhergehenden Diamio-
basen genannt worden sind. Die . einfarhste Interpretation der Ver-
bindung PtH6N2 0.HO ist wohl die, dass man in ihr eine von i Aeq.
Ammoniak abgeleitete primäre Diaminbase, ein Platodiamin PtH^^N«
annimmt, welches durch Aufnahme von Wasser gerade wie das ein-
fache iünmoniak in den Ammoniumtypus übergegangen ist. Die For-
mel lässt sich demnach schreiben: ^* ' ^ ^^ttl^s*
Die ZurüokfQhrung dieser Verbindung auf bekannte Formen itt
noch auf anderem Wege versucht worden. Der Ammoninmtypus lasst
sich auch durch die Annahme herausklanben, dass das Ammonium be-
fähigt sei, seinen eigenen Wasserstoff zu vertreten; man gelangt auf
diese Weise zu Ammon-ammoniumen oder Aromoniumen zw^eiter In-
stanz. Die in Frage stehende Base wäre demnach Platammonammo-
niumoxydhydrat *^ * H^[ ^a*
Diese ursprünglich von Hof mann angeregte Theorie der Ammo-
niuraeinschachtelung ist von den. Chemikern fast mit zu grosser Nach-
sicht aufgenommen worden.
Gerhardt betf achtet die in Frage stehende Verbindung als eii
Diammoniumoxydhydrat und gelangt zu dem Dianimonilim , indem er
daii Platinäquivalent Pt (Platinosum) in zwei Platinäquivalente pt zrz
Pt* . . . ' . .
—— (Platin icum) spaltet, von dem jedes die Fähigkeit behalt, 1 Aeq.
Wasserstoff zu vertreten. Die Base ist demnach Biplatosodiammoninm*
oxydhydrat N« . ptj H^ . H« H J ^^
Man steht, dass man denselben Zweck auch einfach durch die An-
nahme erreicht, dass 1 Aeq. Platin bisweilen die Fähigkeit besitzt,
1 Aeq. Wasserstoff, unter besonderen Umständen aber auch 2 Aeq.
Wasserstoff zu vertreten, oder mit anderen Worten, dass das Platin
als einatomiges Molekül (Pt)' und als zweiatomiges Molekül (Pt)"
fungiren kann (H. Müller). Die in Frage stehende Base würde
demnach Platodiammoniumoxydhydrat '^' ^ ^u[^^'
Behandelt man das Platinchlorür mit einem Üeberschuss von Me-
thylamin oder Aethylamin, so bilden sich zuerst unlösliche Verbindun-
gen, welche dem Magnus'schen Salze entsprechen, sich aber bei
weiterer Digestion wieder auflösen. Beim Abdampfen liefern die Lo-
sungen Krystalle, welche die Chlorüre zweier Diammoninrobasen siinif
Bas^ organische. 747
deren Constitation alle die Belraehtangen^ snlässt, welche soeben Hhr
das Aramoniak erwähnt worden sind; die einfachste Anschauungsweise
ist Tielleicht, sie als die Verbindungen zweier Diaminbasen, des Plato-
Imnethyldiainins und des Platobiäthyldianiins mit Chlorwa^serstoffsäure
zu betrachten:
Platobiroethylaminamiiioniumchlofür N^ .PtH (Cj Hs)2 Hj . II Gl. W u r t z.
Platobiäthylaminaromoniumchlorür Nj .PtH (C4 ^2)2 ^-i • H Gl. desgl.
Auch das Palladium bildet ähnliche Verbindungen. Die Einwir-
kung des Aethylamins auf Palladammoniurachlorür sowie auf Pallad-
äihylammoniunichlorör liefert die Verbindungen:
Palladäthylaminamnioniunichlorür N2 . Pd H (C4 H5) Hg . H Gl. j^^ fj^
PaUadobiäthylaminammoniunTchlorür -Ns .Pd H (€41(5)9 H.^ . H Gl. desgl.
Durch die Einwirkung von Agentien auf die Ammoniuniverbin-
dungen der Platodiamine entstehen Körper, welche zu den letzteren
genau in derselben Beziehung stehen, wie die auf ähnlichem Wege er-
haltenen Abkömmlinge der Platamine zu ihren Mutterverbindungen.-
Leitet man in eine Lösung des PlataminammoniumchlorÜrs (PtH^NaGl)
einen Strom von Chlorgas, so wird dasselbe absorbirt und es bildet sich
ein gelber schwerer o<ita€drischer Niederschlag, dessen Zusammenset-
zung sich von der ursprünglichen Verbindung nur durch einen Mehr-
gehalt von I Aeq. Chlor unterscheidet, mithin durch die Formel:
Pt H« N2 GI2 ausgedrückt wird.
Man kann sie in völliger Uebereinstimmung mit den für die analo-
gen Abkömmlinge des Platammoniumchlorürs gegebenen Anschauungs-
weisen entweder als: Plataminammoniumbichlorur N2.Pt. Kg GI2 oder
als Chlqrplatnminammoniumchlorür N2.(PtGl)H5.HGl betrachten.
Die Ansicht, welehe die letztere Formel repräsentirt , stützt sich
vorzugsweise auf die Beobachtung, dass der Chlorgehalt dieser Verbin-
dung durch salpetersaures Silber nicht vollständig ausgefallt wird.
Nach neueren Untersuchungen von Grimm, scheidet sich beim kurzen
Kochen der Chlorverbindung, mit einem Ueberschuss von salpetersau-
rem Silber, fast genau die Hälfte des Chlors als Chlorsilber aus, wäh-
rend die andere Hälfte nur durch fortgesetztes Sieden gefällt wird, was
jedenfalls andeutet, dass die beiden Chloräquivalente in verschiedener
Form in diesem Salze enthalten sind.
Lässt man die Einwirkung des Salpeter sauren Silbers oder der
Silbersalze im Allgemeinen auf diese Verbindung sich nur auf 1 Aeq.
Chlor erstrecken, so erhält man eine Reihe von Verbindungen, welche
als die Gros 'sehen Salze bekannt sind und durch die allgemeine Formel
Pt H« N2 Gl X dargestellt sind. Die hierher gehörende salpetersaure
Verbindung lässt sich auch durch die Einwirkung der Salpetersäure
auf das grüne Magnus' sehe Salz, sowie auf das isomere Platammo-
ninmchlorür (unter Ausscheidung der Hälfte des Platins) erhalten. Das
so erhaltene Nitrat war in der That der Ausgangspunkt sämmtlicher
Untersuchungen über die Platinbasen.
Lässt man die- obige- Chlorverbindung als ein Bichlorür des Plat-
amminammoniums gelten, so müssen begreiflich die Übrigen Salze als
748 Basen, organische.
VerbinduDgen deMelben mit zwei versohiedexien SSnran angeiAwi wer-
den. Das Nitrat ist in diesem Sinne
PlataminammoniumchlorOrnitrat N . (Pt M) . H» Gl . N O«. «
Gerade so wie man durch völlige Abscheidnng des Chlors aus
dem mit Chlor behandelten Platammoninmchlorür (Pt II3 N GU) and
Kochen mit Ammoniak die Bade NPtHs 0.j . 2H0 (Platinamin nach
Gerhardt) oder N(PtO)H8 0 -|-'^H0 (Oxyplatammoniumoxydhy-
drat nach Kolbe) erhält, sollte man durch ähnliche Behandlang des
Gros'schen Salzes die Bildung einer entsprechenden Verbindang
Pt H« N2 O2 . 2 HO Diplatinamin (Gerhardt) oder S^ (Pt O) H« O -f- 2H O,
Oxyplataminammoniumoxydhydrat, erwarten.
Es ist bis jetzt nicht gelungen, diese Verbindung zu erhalten. Da>
gegen sind verschiedene Salze bekannt, welche man als Verbindungen
dieser Base betrachten kann ; hierzu gehört vorzugsweise ein Nitrat von
der Formel PtHsNaO^.NOft + HO oder (Pt O) Hg Nj O . NOj + HO,
welches man durcli fortgesetzte Behandlung des salpetersauren Plat-
aminammoniums mit Salpetersäure erhält; weder Kali noch Ammoniak
schlagen aus der Lösung dieses Salzes die Base nieder.
Im Sinne der Ansicht, welche in diesen Verbindungen chlor- und
Sauerstoff- gepaartes Platin als Wasserstoff substituirend. annimmt, denk-
bare Verbindungen: (PtGl)' H^ N, O -f- H O und (PtOyHgNjGl, sind
bis jetzt nicht dargestellt worden.
Zur leichteren Uebersicht sollen hier nochmab die Formeln der
verschiedenen Gruppen der im Vorstehenden aufgeführten Platinbaseo
zusammengestellt werden.
Am in verbin dun gen:
^ Platammoniumoxydhydrat ' 2*| O3, .
Platammoniumchlorür [NPtHs]Gl.
Abkömmlinge:
Chlorplatammoniumoxydhydrat u[ ^3' unbekannt,
Chlorplatammoniumchlorür [N (Pt Gl)' Hg] Gl.
Oxyplatammoniumoxydhydrat '^ u^j Oj -f" ^^^-
Oxyplatammoniumchloriir [N (Pt O)' H3] Gl, unbekannt.
Diam in Verbindungen:
Plataminammoniumoxydhydrat ** ' ^ *'ll( ^^^
Plataminammoniumchlornr[N2(PtHHsHjH]Gl.
Abkömmlinge:
ChlorplatHminammonium- N*> .(Pt6l)H,H«,HiH) ,^ l i_ .
oxydhydrt . Hj ^*' "»"»«kannt.
'r»
Basen, oi^anische. 749
OxTplstaminamnioniain- N2.(PtO)HH,Ä,H) ^ . , .
Oxyplatannnamnio- |-,j^^ ^jj^,jj-^g
niumciuoriir ^i *\ ^ v:c|j » unbekannt.
Nach Gerhardt's Ansicht und in seinen Formeln gestalten sich
die Yerbindangen folgendermaassen :
Aminverbindungen: •
Platosaniin PtHaN + 2H0,
Platosaminchlorhydrür FtHaN -f H Gl. ^
Abkömmlinge:
Platinamin pt, H N + 2 H 0,
Platinaminbichlorhydrtir ptgHN -|- 2H€l.
Diamin Verbindungen:
Biplatosamin PtHsN^ + 2HO,
Biplatoeaminchlorhydrür PtHftNj -f HGl.
Abkömmlinge:
Biplatinamin ptg H4 Nj -|- 2 H O, unbekannt,
Biplatinamin-Bichlorhydrür pt2}t4N, +.2 HGl,
Biplatinamin-Chlorhydrür-Nitrat pt, H4 N, -f H Gl + K O . N Oft.
Die Diaminverbindungen gestal^n sich zu Diammoniumverbindun-
gen, wenn man in ihnen ein zweiatomiges Platinaequivalent TV aur
nimmt (H. Maller).
Platindiammoninmo^yd- Na.Pt",}tsI{sfl2| ^
hydrat H j ^*'
PlatindiammoniumchlorÖr [N2 Pf'HaMjHjjGl.
Abkömmlinge:
Chlorplatodiammoniumoxyd-N2.(PtGiy'}tsIIs82| q k k l
hydrat H j *' ^
^^'^''SloSJ^"'^"'""'" [N2 (PtGiy'HjHaH,] Gl.
^^^'^^at''"'"'''"''''"''''^'^" ^*-^^*^^"*«*^2^j O2, unbekannt,
^'^cWwür*""™''"'"'"" [NaCPtOrHaH^H,]©, unbekannt,
Ozyplatodiammoninmnitrat [N2(PtOy'H2ftsM2]O.NOs -f- HO.
Im Sinne der Ammoninmeinschachtelungstheorie endlich erhalten
die Diamin Verbindungen folgende Formeln:
Platammonamrooniumoxyd- N.Pt(H4N)H2i r\
hydrat U j "*^
Platammonammoniumchlorör [^Pt(ii4N)H9]Gl.
750 Basen, orgaDiache.
Abkömmlinge:
Chlorplatemmonammo- N . (Pt€l)'(M«N) M, j ^ „„be^^,,
niumoxydhydrat « }
Oxyplatammon-aniinoniuin- N . (Pt O)' (H4 N) H2 J q «nbekÄnnf
oxydhydrat H2) *' '
^""^iJmThr^^^^^ [N(PtOy(»4N)H,]Gl, unbekannt,
OxypIatanimon-ammoniulTmitrat [N(PtOy (H4 N) H2]0,N06 + HO.
ifi Vorstehenden sind die Hauptzüge der bis jetzt über die Pladn-
basen angestellten Untersuchungen gegeben, deren weitere Aaafiihning
unter Platin etc. nachzusehen ist. Wir haben die verschiedenen An-
sichten neben einander gestellt, ohne uns fiir eine derselben za ent-
scheiden, weil in der That, trotz der grossen Materialanhäufung, der
Zeitpunkt für Qine allgemeine Theorie dieser Verbindungen noch ni^t
gekommen ist.
Mercuramine.
Das Verhalten der Qnecksilbersalze gegen Ammoniak bietet^ ei-
nige Erscheinungen, welche die in diesen Beactionen gebildeten Pro-
ducte mit den Platinbasen in Beziehung setzt.
Aus einer siedenden aramoniakalischen Lösung von Chloraouno-
nium, welche man so lange mit SublimatlÖsong versetit hat, ata sich
der anfangs gebildete Niederschlag wieder auflöst, scheiden sich beini
Erkalten Granatdodecaeder aus, welche Hg€l'. H^N enthalten (Mit-
scherlich). Sie lassen ^ich betrachten als Mercnrammoninmchlorür
NHgHa . Gl Beim gelinden Erwärmen entlassen diese Krystalle die HäUk
Ammoniak, indem sich die Verbindung 2Hg6l.HsN oder das I>oppel-
salz Mercnrammoniumchlorür - Quecksilberchlorid NHgH^.Gl -f- HgGl
bildet. Nach H. Rose existiren analoge Jodverbindangen ; die ent-
sprechenden Verbindungen mit Schwefelsäure und Salpetersäure sind
bis jetzt nicht dargestellt worden, eben so wenig das entsprechende
Oxyd.
Man verdankt Kane die Kenntniss der wahren Zusammensetzung
des weissen Niederschlags (weissen Präcipitats), welcher beim Versetzen
einer Sublimatlösnng mit einem Ueberschuss von Ammoniaklösnng ge-
fällt wird. Dieser Korper enthält Hg€l.HgH2N und ist, nach Kane,
als eine Verbindung von Quecksilberchlorid mit Queckailberamid an-
zusprechen; er lässt sich jedoch auch als Bimercnrammoniumchlorör
N Hga H) . €1 betrachten.
Bleibt bei der Einwirkung des Ammoniaks auf Quecksilberchlorid
letzteres in beträchtlichem Ueberschuss, so bildet sich, nach Mi Hon,
eine Verbindung 3 Hg €l. Hg H^N, welche als ein Doppelsalz Bimer-
curammoniumchlorid-Quecksilberchlorid NHgsHji €l -\~ 2 Hg Gl angese-
hen werden kann. In ähnlicher Weise gestaltet sich der durch Ws*
sehen des weissen Präcipitats mit Wasser oder mit verdünntem Alkali
entstehende gelbe Körper 2 Hg O . Hg 61 . Hg H2 N als Bimercuramnio-
niumchlorid-Quecksilberoxyd NHg^Hs^l-l- 2HgO«
Diese Verbindung ist jedoch noch anderer Deutong fähig.
Basetiy organische. 751
QaeokaÜberbromid bildet bei der Einwirkung des Ammoniaks eine
I^Qz analoge Verbindung. Das sogenannte ammoniakalische basisch-
»Alpetersanre Queeksilberoxyd 3ngO.N05-}~^3^ (Mitscherlioh)
verwandelt sich durch Kochen mit Ammoniak und salpetersaurem Am-
moniak in ein gelbes krystallinisches Salz von der Formel 2HgO.N05
-{— H3N. Es lässt sich als wasserhaltiges salpetersaures Biroercarammo-
oiiiinoxyd N.HggM^O.NOft -|- HO betarachten.
Weitere hierher gehörige Verbindungen und namentlich das dem
nreissen Präcipitat entsprechende Oxyd sind unbekannt.
Das braune 5 von Plantamour untersuchte Stickstoffquecksilber
Ef^sN, welches sich bei der Einwirkung des Ammoniakgases auf gelbes
Queckstlbecoxjd bildet, lässt sich im Sinne der Mercuramintheorie als
Trimercuramin betrachten. Es ist bis jetzt nicht gelungen, diesen Kör-
per mit Säuren zu Trimercurammonium -Verbindungen zu vereinigen,
noan könnte aber die bereits oben erwähnte, durch Einwirkung des
Ammoniaks auf salpetersaures Quecksilberoxyd entstehende, Mitscher-
lich'sche Verbindung, als wasserhaltiges* salpetersaures Trimercuram-
monium NHgaHO.NOft -|- 2HO betrachten.
Endlich giebt es eine zahlreiche Gruppe von Körpern, welche im
Sinne der Mercuramintheorie als Tetramercurammonium- Verbindungen
erscheinen.
Nach Millon's Versuchen verwandelt sich das gelbe Quecksilber-
oxyd bei der Behandlung mit Ammoniak in eine gleich£Ekrbige Ver-
bindung, welche bei gewöhnlicher Temperatur in der Luft getrocknet,
4HgO.H8N -f 2H0., über Schwefelsäure getrocknet iHgO.HsN,
und endlich bis auf 130o C. erhitzt 3 Hg O. Hg H3N enthält.
Dieser Körper ist eine starke Base; er treibt das Ammoniak aus
dessen Verbindungen aus und vereinigt sich mit den Säuren zu Salzen,
welche der doppelten Zersetzung fähig sind. Die freie Base kann mit
Alkali gekocht werden, ohne sich zu zersetzen. Die Mil Ion' sehe Base
lässt sich als wasserhaltiges Tetramercnrammoniumoxyd N . Hg4 O -f~
2 HO ansehen. Die nach der allgemeinen Formel N Hg4 O . X -|- 2 HO
zusammengesetzten Salze dieses Körpers würden aber dann das Eigen-
thumliche zeigen, dass sie selbst bei 135<^ C. getrocknet, die 2 Aeq.
Wasser, welche ursprünglich in dem Oxyd vorhanden sind, ^zurück hiel-
ten. Es ist daher zweifelhaft, ob diese Salze als Tetramercurammo-
nium-Verbindungen angesprochen werden können. Sie lassen sich
ebensowohl als Verbindungen von Bimercurammoniumsalzen mit Queck-
silberoxyd, betrachten. In der That haben wir oben eine Verbindung
von Bimercurammoniumchlorür mit Quecksilberoxyd angeführt, die
sich eben so gut auch als wasserhaltiges Tetramercurammoniumchlorür
auffassen lässt:
NHgaHjGl 4- 2HgO = Hg^NGl -f 2H0.
Weniger zweifelhaft erscheint der Tetramercurammoniumcharakter
in dem von Mitscherlich erhaltenen rothen Körper, der sich beim
Erhitzen des weissen Präcipitats bildet. Diese Verbindung enthält
^HgGl.HgsN und gestaltet sich als Tetramercurammoniumchlorid-
Qaecksilberchlorid, NHg4€l.Hg€l.
Das Quecksilberoxydul ist fähig, den in vorstehenden Para^a-
phen beschriebenen ganz ähnliche Verbüidnngen zu liefern. Sie sind
indessen viel weniger bekannt.
Durch Einwirkung von Ammoniak auf Calomel entstehen die Verbin-
752 Basen, organischa
düngen (Hg, Gl . H, N) nnd (2 Hg^Gl . H,N), welche rieh aU KCHgiy B, .3
und NCHgsVftsGl .(HgsVGl betrachten lassen^ es wird hier, wie warn
sieht, 1 Aeq. Wasserstoff durch 2 Aeq. Quecksilber vertreten.
Endlich mag hier noch der sogenannte Mercurms sobMu Höhnt-
manni angeföhrt werden. Die Zusammensetzung dieser Verbindung ist
nngewiss. Mitscherlich fand 3 Hg^O.NO^ .HaN, Kane 2Hg20.
NOs.Hg^* Diese Verbindungen lassen sich im Sinne der Mercaramiii-
theorie darstellen als:
N(Hg2)'3 HO. NOft 4- 2H0 oder NrHg^yHsO.NOs -f 2Hg,0
und
N(Hg,)'2H,0 . NO5 + HO odÄr N(Hg,)' H, O . NO5 + 2 Hg,0.
Wendet man die in vorstehenden Paragraphen bei den Platin- und
Qnecksilberbasen angefiihrten Betrachtungsweisen auf die Verbindnngen
des Ammoniaks mit anderen Metallsalzen an, so gelangt man zu eiüer
sehr grossen Reihe von Metallammonium Verbindungen; hier kommen
vorzugsweise die Ammoniakverbindungen der Salze des Kupfers, Zinks^
Kadmiums, Nickels und Silbers in Betracht. Als Beispiele mögen
folgende angefQhrt werden:
P . , Cujßl.HgN =^ |/M N €1, CuprammonioinehlorSr.
^ . , " CuGl.I^N = u I NQ, Cuprammoninmchlorid.
. .', ZnGl.HgN = n I N€l, Zinkammoniumchlorid.
Kadmiumchlorid-
Ammoniak
Üranchlorür-
Ammoniak
Cd )
CdGl.HaN = n |N€l, Kadmiammoniamckloridr
U€l.H8N^= n (N€l, üranammoniumchlorfir.
Weniger leicht schmiegen sich der Ammoniomtheorie die Verbin-
dungen der Metallsalze mit mehreren Aequivalenten Ammoniak an.
Indessen hat man sich auch hier mit dem Ammon- Ammonium geholfen.
Cu I
CuGl . 2H8N = H4NI NGl, Cuprammon-ammoniiUDcUorid.
. , H J
Zn I
Zn€l . 2HsN = H4N?NGl, Zinkammon-ammoniiunchlorid.
H, )
Ni )
Nil . 2H8N =r H4NINI, Nickelammon-ammoniumjodid.
H, )
Ag )
AgO . NO5 . 2 HsN = H4NINO.NO5, Salpetersaures Argent-
H2 ) ammon-anunoninm.
Und in ähnlicher Weise:
Cu I
CuGl . SHsN = (NH4)s|NGl, Cuprobiammon-ammonium'
H ) Chlorid. ^
Basen, organische. 753
Ni )
i NiGi . d il^N = (NH«),! N€l, Nickelbiamroon-aiDinoiiium-
H ) Chlorid.
Co I
Co€l . SHgN = (NH4)j| N€l, Eobaltobiammon-aminomiini-
H ) * chlorid.
Ag )
AgO . NO5 . dfi,N = (NH4)s|N0.N05, Salpetersaores ArgenU>-
fi ) biammon-ammoninni.
Es ist nicht zu Terkennen, dass diese Betrachtongsweise etwas ge-
zwangen erscheint. Ueberdies giebt es Verbindnngen von Metallsal-
sen mit Ammoniak in Verhältnissen, welche sich selbst so gewaltsamem
Formelzwang entziehen. Erwägt man femer, dass sich fast in keinem
der eben erwähnten Falle das Oxyd abscheiden lässt und dass selbst
viele der Salzverbindungen in hohem Grade unbeständig sind — das
Ammoniak entweicht oft schon bei gewöhnlicher Temperatur — so sieht
man, dass die Annahme eigentlicher Metallamine in vielen dieser Ver-
bindungen kaum gerechtfertigt scheint
Kobalt-, Iridium- und Bhodiumbasen.
Noch muss zum Schlüsse einer Reihe hierher gehöriger Verbindun-
gen gedacht werden, welche in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit
der Chemiker lebhaft gefesselt haben, deren Geschichte aber trotz viel-
facher eifriger Bearbeitung noch nicht zum theoretischen Abschlüsse
gekommen ist.
Durch die Einwirkung von Ammoniak auf Kobaltsalze bei Gegen-
wart von Sauerstoff bildet sich, ausser der Classe, welche durch das
oben angeführte Kobaltchlorid- Ammoniak repräsentirt ist, eine eigen-
thümliche Gruppe theilweise schön krystallisirter Salze, welche von
Genth^), Claudet^), Fremy^), Bogojski^), besonders aber in den
letzten Jahren von Gentb und Gibbs^) bearbeitet worden sind.
Da die Theorie dieser Verbindungen bis jetzt "noch sehr unvoll-
kommen und zweifelhaft ist, so müssen wir uns begnügen, die Formeln
der Hauptglieder, wie sie von ihren Entdeckern gegeben worden sind,
zu reproduciren. Wir führen hier nur noch an, dass ein interessanter
Versuch diese Verbindungen unter den Gesichtspunkt des Aramoniüms
zu bringen, von Weltzien^) gemacht worden ist.
Roseokobaltsalze^ bilden sich bei niederer Temperatur durch
die Einwirkung von Luft auf die aromoniakalische Lösung eines Kobalt-
salzes : 6 Co Gl -f IOH3 N + 30 = 2 (5 H3 N . C02 GI3) + 2 C02 O3.
. Durch Behandlung des salpetersauren Kobalts erhält man eine
analoge Verbindung von der Formel 5H3N .C02O3 .SNOj- Dars'
schwefelsaure Salz verhält sich ebenso.
^) Nordamerik. Monatsber. f. Natar n. Heilk. 1. Jan. I86I. *- *) Annal. de
cMnu et de phys. [8.] T. JWJl, p. 488. — ^) Annal. de chim. et de phys. [8.]
T. XXXV, p. 267. — *) Journ. f. prakt. Chem. Bd. LV, S. 867 j Bd. LVI, S. 491.
^) Researches ou the Ammonla-Cobalt Bases. New -York 1856; im Auszuge
Annal d. Chem.. n. Phann. Bd. CIV, S. 150 n. 296; Jonm. f. prakt. Chem. Bd.
IXXH 8. 148. — •) AnnaL d, Chem. Bd.' XCVII, S. 19.
^ Nicht zu yerwechseln mit Clandet und Fremy's Roseokobaltverbindun-
gen, welche wir'mit Oenth und Gibbs ala Fnrpnreokobaltsalze bezeichnen.
HaadwOrterbach der Gheiü«. tU Anfl. Bd. IL 48
754 BaBe&y organiflche.
Die bemerkenswertheste Eigenschaft der BoseokobaltrVerbindangco
ist die Leichtigkeit, mit welcher dieselben in Purporeokobalt - Yer-
bindungen Übergehen. Schon beim längeren Aufbewahren findet eine
Umwandlung in gedachter Richtung statt«
Furpureokobaltsalze bilden sich ausserdem durch die Einwir-
kung der Luit auf ammoniakalische Kobaltlösungen bei höherer Tenn
peratur. Man erhält sie endlich leicht durch Kochen von Boseokobalt-
salzen. Das Yerhältniss des Stickstoffs mm Kobalt ist dasselbe in die-
sen Yerbindung^Bn wie in den Roseokobaltsalzen, sie unterscheiden akk
aber wesentlich Ton den Boseokobaltsalzen , durch Form und Eigm-
schaden, und häufig auch in ihren V erbindungsrerhältnissen mit Säuren.
Durch Behandlung der Schwefelsäure-Verbindung mit Baryt laail
sich eine alkalische Lösung erhalten, welche die freie Base der Beibe
darstellt. Sie wird leicht zersetzt, besonders in der Wärme. Dae Pia-
tindoppelsalz der Reihe enthält 5 Hs^. Coj^ls -{- 2 PtGl, (Gentk
und Gibbs).
Lciteokobaltsalze. Die Bildung dieser Verbindungen erfolgt
scheinbar unter denselben Bedingungen wie die der Roseokobaltsalze
und Purpnreokobaltsalze , ihre Darstellung ist daher äusserst onsicber;
sie gelingt noch am besten, wenn man eine Lösung von Chlorkobalt
und schwefelsaurem Kobalt mit Ammoniak übersättigt, einen Ueber-
schuss von Salmiak zusetzt und die Mischung dann der Wirkung der
Luflb aussetzt.
Genth und Gibbs geben fiir^die Luteokobaltsalze die Formeln:
Chlorverbindung 6 Hs ^ * (^<h ^Ig,
Platindoppelsalz 6 H3 N . Co, €l8 4- 3 Pt Gl, -f- 6 S O,
Salpetersäure-Salz 6 H3 N . Co, O3 -j- 3 N O5.
Auch diese Base lässt sich in Lösung isoliren, jedoch nicht in fester
Form erhalten.
Xantheokobaltsalze entstehen durch die Einwirkung salpetriger
Dämpfe, wie sie bei der Behandlung von Stärke mit Salpetersaare
erhalten werden, auf Roseo- und Purpureokobaltsalze , öder anch auf
ammoniakalische Lösungen von Kobaltsalzen.
Diese Salze enthalten nach Genth und Gibbs die Elemente des
Stickstoffoxydes und lassen sich durch folgende Formeln darstellen:
Chlorverbindungen N 0, . 5 Hg N . Co, 0 Gl, -f H O,
Platindoppelsalz N O, . 5 H3 N . Co, O Gl, -f 2 Pt Gl, + 2 » O etc.
Aus den kurzen Andeutungen über die Kobaltamine ergiebt sieh
zur Genüge, dass unsere Kenntniss dieser Verbindungen, trotz der
vorliegenden sorgfältigen Untersuchungen, unter denen die von Genth
und Gibbs oben anstehen, noch sehr unvollkommen ist
Iridiumsesquichlorid und Rhodiumsesquichlorid verbinden sich mit
Ammoniak zu Salzen, welche nach den Formeln
öHgN.IrjGla und ^
öHjN.RaGlg
zasammengesetzt sind. Clausa» ^^^ Entdecker dieser Verbindangeiit
hat ferner wohl krystallisirte schwefelsaure, salpetersaure etc. Sabe,
welche den Chlorverbindungen entsprechen, dargestellt. Ans den
') Beitr. 1. Chem. der PUtimnetaUe Dori>at 1864; im Aui. Pharau CeatralH
1864, S. 78».
Baaenbflder. — Bassiaöl. 755
Chlorverbindungen lassen sich dnrch Behandlung mit SUberoxyd, ob-
wohl nur schwierig, alkalische Flüssigkeiten gewinnen, welche die
freien Basen darstellen. Sie sind nur wenig best&ndig und zersetzen
sich schon beim Abdampfen. Claus nimmt an, dass diese Verbindun-
gen sich nicht als Metallamine betrachten lassen, sondern dass das
Ammoniak sich mit den Metalloxjden direct verbinde, dass es nämlich
in Verbindungen eine in Beziehung seiner Basicität passive Rolle Über^
nehmen, und gleich dem Wasser als basisches und nichtbasisches Was-
ser fungiren könne. Diese Annahme giebt eigentlich die Thatsache
selbst, ohne den Versuch sie zu erklären. Welches die rationelle Zu*
sammensetzung dieser Basen ist, darüber lässt sich nach dem jetzigen
Standpunkte etwas Bestimmtes keinenfalls sagen (vergl. d. Art Rho»
diumbasen 1. Aufl. Bd. VI, S. 848). H.
Basenbilder, syn. Amphigenstoffe (s. d. Art).
Basenvermögen, so bezeichnet L. Gmelin die ein- oder
mehrbasische Natur der Säuren. Gerhardt nennt es Basicität, was
richtiger die basische Natur eines Körpers selbst bezeichnet, und da-
her nicht passend zur Bezeichnung von Säuren gebraucht wird. F«.
Basic^rine s. Hydrocerit.
Basilicumöl, Basilie n ö 1. Das durch Destilliren mit Wal-
ser erhaltene ätherische Oel des Basilicumkrautes, der Blätter von Oc^'
mtffvt BasiUcumy einer der Familie der Labiaten angehörenden Pflanze.
Das ätherische, aromatisch riechende Oel ist nicht näher untersucht;
es setzt beim Aufbewahren prismatische Krystalle eines sogenannten
Stearoptens ab, welche, nach Dum as und P^ligot, die Zusammensetzung
Cto ftis O« haben, wonach sie isomer mit dem Terpin oder sogenanntem
Terpentinölhydrat sind, = Cjofiie -f- 6 MO. Dieses Basilienöl-Stea-
ropten ist, nach Bonastre, wenig löslich in kaltem, leicht löslich in
kochendem Wasser, aus welcher letzteren Lösung es in regelmässigen
durchsichtigen, weissen Tetraedern krjstallisirt Die Krystalle lösen
sich leicht in Weingeist, Aether, Salpetersäure oder in Essigsäure; mit
Schwefelsäure färben sie sich roth; die Lösung in Ammoniak wird auf
Zusatz von Wasser getrübt. Der flüssige Theil des Basilicumöls ist
nicht antersucht, es ist daher ungewiss, ob die Krystalle sich aus einem
Camphen, C20Ü169 vielleicht durch Aufnahme der Elemente des Was*
sers gebildet haben, sowie auch die Entscheidung noch ausgesetzt blei-
ben mass, ob die Krystalle mit dem Terpin nur isomer oder Oberhaupt
identisch sind. Ft.
Basler Taufstein, Trivialname des Staurolith.
Basitomglanz s. Schilfglaserz.
BassiaöP). Dieses Oel, aus dem .Samen von Bobm laür
foUa^ eines am Himalaya wachsenden Baumes, durch Auspressen ge-
wonnen, ist gelblioh, wird am Lichte allmälig entfärbt, es zeigt einen
schwachen Geruch, hat ein specif. Gewicht von 0|958, ist bei gewöhn-,
lieher Temperatur von Butterconsistenz, schmilzt bei 27<^ bis 30<^C.; es
0 Qnftterly Jonrn. of the ehem. Bodety. London. YoL II, p. 281; Ann«L d.
Cbma. n. Phgurm. Bd. LZXU, S. 268.
48*
756 Bassiasäure. — Bastit.
löstj sich wenig in waseerfreiem^ kaum in gewöhnlichem Alkohol,
leicht in Aether. Bei der Verseifang bilden sich neben Glycerin and
Oelsäure zwei feste fette Säuren , yon denen die eine nicht rein dar-
gestellt ist, die andere, die Bassiasäure früher fßr eigenthumlich gehal-
ten, ist identisch mit Stearinsäure. Ft,
Bassiasäure oder Bassinsäure nannte Hardwick die tod
ihm bei der Verseifung des Bassiaöls erhaltene feste und schwerer
schmelzbare Säure, welche der Formel HO^OgeHs^Os entspricht Die
gleiche Zusammensetzung- hat die Stearinsäure, und da die Baesiasäure
frei wie in ihren Salzen auch sonst alle Eigenschaften der letzteres
hat, so muss sie als mit Stearinsäure identisch angesehen werden (s.
Stearinsäure).
BaSSOragUmmiy Gumm boBSora^ G. ToriUmenaej 6. EtOera,
ein von verschiedenen Acacia- Arten {Ä. leucophlatat) abstammendes
Gummi, von welchem sich nur ein kleiner Theil, das Arabin, in Was*
ser löst (5,6 Froc), während der grössere Theil , das Bassorin, in
Wasser nur aufquillt (s. Gummi und Pflanzen schleim). Fe,
Bassorin s. BassoragummL
r.
Bastardklee, Trifolium hybridwn. 100 Thle. der frischen blä-
henden Pflanze geben 2,44, 100 Thle. der getrockneten Pflanze 8,1 Thle.
Asche. Diese enthält in 100 Thln.: 19,9 Kali; 5,7 Natron; 18,4 Kalk;
3,1 Magnesia; 5,6 Thonerde(r); 3,9 Eisenoxyd; 1,8 ManganoxydulC?);
35,1 Kieselsäure; 1,4 Schwefelsäure; 4,5 Phosphorsäure; 0,6 Chlor
(SprengeP)- Fe.
Bastit, Schillerspath, Schillerstein zum Theil. Von W.
Haidinger nach dem Vorkommen an der Baste am Harz benanntes
Mineral, welches in Serpentin eingewachsen vorkommmt und undeutlich
begrenzte Individuen bildet. Es ist bisher nicht mit Sicherheit auagemachti
ob dieses Mineral eine selbständige Species bildet oder ein Umwandlnngs-
product einer zu den Augiten gehörigen Species ist, weil die krystallini*
sehen Partien mit Serpentin innig durchwachsen sind und die Spal-
tungsflächen den Augiten entsprechen. Der Bastit ist nach einer Bich-
tung sehr vollkommen, nach einer zweiten kaum weniger volikommeo
spaltbar, welche beiden Blätterdurcbgänge sich nahe unter 87 o schnei-
den und an das Prisma des Augit erinnern, unvollkommene Spaltnngs-
flächen zeigen sich auch in der Richtung der Quer.- imd Längsflächeo.
Der Bruch ist uneben und splitterig. Lauch-, oliven- bis pistaziengrfiD,
in das Gelbe und Braune fallend, metallisch schimmernder Perlmutter-
glänz auf den . vollkommenen Spaltung?flächen, an den Kanten durch«
scheinend, Härte = 3,5 bis 4,0, specif. Gewicht = 2,6 bis 2,8. Im
Kolben giebt er Wasser, vor dem Löthrohre wird er tombackbraao
und magnetisch, schmilzt aber nur in dünnen Splittern an den Kanten
zu braunem Glase, giebt mit Borax und Phosphorsalz Eisen- und Chrom-
reaction und mit letzterem ein Kieselskelet, von Salzsäure wird er un-
vollkommen, von Schwefelsäure vollkommen zersetzt Köhler 3) fan^l
in dem deutlich krystallinischen die unter 1. and 2y in dem dichten die
unter 3. angegebenen Bestandtheile:
^) JouriL f. techn. Chem. Bd. X, S. 66. — *) Pogg. AnntL Bd. XI, 3. I9t
Bastkohle. — Batracholeinsäure. 757
SiOy, MigO, CaO, FeO, MnO, Cr^Os, AlgOs, HO.
1- 43,900 25,846 2,642 13,021*) 0,535 „ 1,280 12,426
2. 43,075 26,157 2,750 10,915 0,571 2,374 1,732 12,426
3. 42,364 28,903 0,627 13,268*) 0,853 „ 2,176 12,071 .
-woraus als wesentliche Bestandtfaeile MgO, FeO, HO und SiOs l) her-
rgehen und nahezu der Formel 2 (MgO. 2 HO) + ^(pfol ^^ 0« )
entsprechen. Hermann glaubt das Mineral für krystalli^irten Serpen-
tin halten zu können, dessen Zusammensetzung durch Beimengung et-
v^&a abgeändert wird, die Gestaltsverhältnisse aber deuten eher auf ein
umgewandeltes augitisches Minerah K.
Bastkohle, eine Varietät der Braunkohle, von bastartigem
Aussehen und Gefiige.
Basyl nennt Graham das mit den Halogenen oder entsprechen-
den Säureradicalen (wie SO4, NO^ u. s. w.) verbundene, positive Ele-
ment den Wasserstoff oder das Metall (s. Salze, Constitution).
Batate nennt man die knollenartige Wurzel von Convolvulus
batata L., (Convolvulaceae). Die Pflanze soll in Indien einheimisch sein,
sie wird häufig in* Amerika, wie zuweilen auch in einigen südlichen
Ländern Europas cultivirt, versuchsweise auch wohl in Deutschland.
Die den Kartoffeln ähnlichen Knollen unterscheiden sich von diesen
durch einen mehr süsslichen Geschmack; sie enthalten in 100 Thln.:
13,3 Stärkemehl, 0,9 Eiweiss, 3,3 Zucker, 1,1 in Aether unlösliches
Fett, 6,8 Faser, 1,4 Aepfelsäure, saure phosphorsaure Salze, Chlorka-
Uum U/s. w., 73,1 Wasser; sie soll 0,05 einer flüchtigen giftigen Sub-
stanz enthalten (Henry ^). Fe,
BathmetalL Eine Legirung von Kupfer und Zink, welche
mehr Zink enthält als das gewöhnliche Messing, und gewöhnlich durch
Zosammenschmelzen von Messing mit Zink dargestellt wird (s. unter
Messing).
Batrachit nannte Breithaupt ein am Rizoniberg in Tirol
vorkommendes Mineral, welches meist derb bis körnig, selten krystalli*
sirt ist und, nach C. Rammeisberg ^), 37,69 Proc. Kieselsäure, 35,45
Kalk, 21,79 Magnesia, 2,99 E^enoxydul, 1,27 Wasser enthält. Es ist
lichtgrünlichgrau (daher der Name, von ßccTQaxog^ Frosch, wegen der
dem Froschlaich ähnlichen Farbe) bis weiss, hat glasartigen Wachsglanz,
ist durchscheinend; Härte = 5,0, specif. Gewicht = 3,0 bis 3,1. Vor
dem LÖthrohre ist er schmelzbar, mit Kobaltsolution wird er blassroth,
von Säuren wird er wenig angegriffen. Der Wassergehalt ist jeden-
falls unwesentlich und in der Zusammensetzung steht er den Monticel-
lit nahe. K.
Batracholeinsäure ^) (von ßatQaxog, Frosch) F rose höl-
säure. Rossignon erhielt durch Auspressen des Epiploon der Was-
sersalamander (TViton) ein gelbes, ziemlich flüssiges, wie ranziges Nussöl
') nnd etwas Chromozyd. — *) Jonm. de pharm. T. XI, p. 228.
^ Pogg. Annal. Bd. LI, S. 446.
'*) Compt rend., T. 'XIII, p. 929. n. AnnaL d. Chem. n. Pharm. Bd. XL, S. 816.
758 Bauchspeichel. — Baumwachs.
riechendes Oel, welches, nach ihm, neben etwas Tal^s&nre und Glyee-
rin etwa 20 Procent eines gelben Fettes (GhUein) nnd 70 Proeenl
der sogenannten Batracholeinsäure giebt. Darob Verseifen und Zer-
-setzen mit Säure erhielt er das, was er als Batracholeinsäure beseieh-
net. Die ganze Art der Untersuchung ist zu oberflächlich nnd die
Ausföhrnng zu unvollständig, um einen wirklichen wissenschaMicheo
Werth zu haben. Fe.
Bauchspeichel s. Pankreatischer Saft (s. d. Ait
Iste Aufl. Bd. VI, S. 40).
»
Baudisserite. Der kieselhaltige dichte Magnesit von Ban-
dissero in Piemont, nach dem Fundorte von Guy ton benannt. Wegen
des wechselnden Wassergehaltes könnte auch die Ansicht richtig sein,
dass das Mineral ein mit Kiesel innig durchmengter dichter Hydromag-
nesit sei, wie F. v. Kobell und Naumann meinen. K,
Baulit, Erablit. Ein bei Baulaberg am Ejrabla auf Island
vorkommendes klinorhombisch krjstallisirendes oder dichtes Mineral,
welches kleine kurzprismatische Krjstalle und krystaUinisch-kömige
Aggregate bildet und nach zwei auf einander rechtwinkeligen Richtun-
gen spaltbar ist. Der Bruch ist uneben und muschelig. Farblos btf
weiss,, glasartig glänzend, durchsichtig bis durchscheinend, Härte =
5,5 bis 6,0, specif. Gewicht = 2,5 bis 2,7. Forchhammer^) fand in
dem dem Perlstein ähnlichen Baulit von Baulaberg die unter 1., in dem
kiystallinisch-körnigen mit Quarzkrystallen und einem schwarzen na-
deiförmigen Minerale gemengten vom Vulkan Vit! auf Island aasgewor-
fenem 3) die unter 2., und Genth^) in dem krystallisirten Baulit vom
Erabla die unter 3. angegebenen Bestandtheile :
SiO„ Al2 0s,Fe208,FeO,Mn308,CaO,MgO, KO, NaO, €1, HO
1. 74,38 18,78 1,94 „ 1,19 0,85 0,58 2,68 8,57 0,12 2,08
2. 76,65 11,57 „ 0,63 „ 0,05 0,20^ 8,26 3,78 „ „
8. 80,28 11,84 „ „ Spur 1,46 Spur 4,92 2,26 ^ „
Hieraus last sich zwar die annähernde Formel B0.2SiOs -f
AI) Ob • 6 SiOs ableiten, doch ist es wohl möglich, wie Bunson annimmt,
dass hier ein inniges Gemenge von Orthoklas vorliege. Vor dem Löth*
röhre ist der Baulit in sehr dünnen Splittern schmelzbar, giebt mit
Phosphorsalz und* Borax klare Gläser, im ersteren schwimmt ein
Kieselskelet; in Salzsäure ist er unlöslich. Bei den abweichenden An-
gaben über dieses Mineral ist es jedenfalls wünschenswerth, dasselbe
weiteren Untersuchungen zu unterwerfen.' JT.
•
Baumöl, syn. nut Olivenöl s. unter Fette (isteAdL
Bd. in,'S. 102) und Oele, fette (Bd. V, S. 637).
Baumwachs nennt man gewöhnlich ein durch Zusammen-
schmelzen mit Harz und Terpentin u. s. w. gemischtes Wachs, weil es
ursprünglich zum Verbinden der frisch gesetzten Pfropfreiser dient; von
den vielen Vorschriften mag hier folgende angeführt werden: 3 Tble.
gelbes Wachs, 6 Thle. Fichtenharz, 1 Thl. Terpentin und 1 ThL
Schweinefett. In der Bretagne soll ein Gemenge von gleichen Theilen
^) Annal. de min. Bd.\rm, S. 644. — *) BerzeliuB* Jonni. Bd.XXIII, S.261.
^ Erdmann's Joum. Bd. LXVI, S. 98.
Baumwolle. — Bdellium. 759
Thraa and Peoh statt des eigenUichen Banrnwaohses gabranoht werden.
Das Baninwaehs dient aach, um bei Glfisem mit eingeriebenen 6la»-
■tdpseln das Hinansdringen von Säuren u. dergl. zu Terhindern. Fe.
Baumwolle. Das Flughaar der Früchte verschiedener Gos-
sypium- Arten ist fast reine Cellulose, die Baumwolle hat daher die eher
mischen Eigenschaften des reinen PAanzenzellenstofiTs (s. d. Art Iste
Aufl. Bd. VI, S. 176). Auf ihrer Fähigkeit, unter Vermittelung der
Beixen mit vielen Farbstoffen sich mehr oder weniger fest zu vereini-
gen, beruht die Baumwollenfärberei und die Kattundruckerei (s. Fär-
berei und Druckerei). F^
Bavalit, s. Baralit
Baysalzy syn. mit Meer- oder Seesalz, siehe unter
Kochealz Iste Ayfl. Bd. IV, S. 426.
Bdellium^). Unter diesem Namen kommen im Handel zwei
Sorten eines Gummiharzes vor, afrikanisches und indisches. Das afri-
kanische Bdellium stammt, nach P errötet, von einem in Senegarobien
einheimischen Strauche, Hendelotia africana Guillem und Perr.
BaUamodendron afrieanum Arnott; Amyres Nicattout Adans, Farn,
der Amyrddeae, Es bildet unregelmässige, spröde, durchscheinende,
gelbliche, röthliche oder braunrothe Stücke, die auf dem Bruche wachs*
glänzend sind, zwischen den Fingern erweichen, der Myrrhe ähnlich
schwach balsamisch riechen und einen bittern Geschmack haben«
Specifisches Gewicht = 1,371. Beim Erhitzen erweicht es und ver-
brennt angezündet mit balsamischem Gerüche. Mit Alkohol giebt es
eine goldgelbe Tinctur, aus welcher Wasser ein gelbweisses» Salpeter-
säure ein schwefelgelbes Harz niederschlägt, und hinterlässt eine un-
durchaichtige bräunliche Masse. Von Kalilauge wird es vollständig
aufgelost. Bei der trockenen Destillation giebt es unter anderen auch
Ammoniak Nach der Analyse von Pelletier besteht das afrikanische
Bdellium in 100 Thln. aus Harz 59,0, Gummi 9,2, Pflanzenschleim
30,6, flüchtige Oele und Verlust 1,2.
Das Harz ist durchsichtig, wird aber durch Kochen mit Wasser
weiss und undurchsichtig. Es schmilzt zwischen 08^^ bis 60^G. und
hat, nach Johnston, die Formel C40 H31 O5. Das Gummi ist gelbgrau
und giebt mit Salpetersäure Oxalsäure, aber keine Schleimsäure. Glei-
che Farbe besitzt der Pflanzen schleim , welcher mit Wasser aufquillt,
von Alkohol coagulirt und durch Salpetersäure in eine dünne Flüssig-
keit verwandelt wird. Das flüchtige Oel ist schwerer als Wasser.
Das indische Bdellium soll von BaUamodendron Mükal HooJi^ einem
gleichfalls zu den Amyrideen gehörigen, in Scinde einheimischen
Baume abstammen. Es kommt in unregelmässigen, grünlich braunen
oder schwärzlichen, äusserlich mit Erde beschmutzten Stücken vor,
ist auf dem Bruche bald matt, bald glänzend, riecht stark und schmeckt
terpentinartig scharf und bitter, der Myrrhe ähnlich. Zwischen den
Fingern wird es klebrig. Nähere Untersuchungen desselben sind nicht,
angestellt.
*) PelUtier, Anniil. de Ghim. T. LXXX, p. 88.; Repert f. d. Pharm, Bd. VI,
8. U(. — Johnston, Joarn. f. prakt. Ghem. Bd. XXVI, S. 146. -• Bley and
Diesel, Arch. d. Pb«nn. [2.] Bd. XLHI, 8. 304 ff.).
760 Beaümontit. — BebiriiL
Znr Untencheidong des Bdelliums von der leicht daibit zu ver-
wechselnden Myrrhe haben Bley and Diesel folgende Kennzeichen
angegeben. Echte Myrrhe und sogenannte Psendo-Myrrhe werden tod
Salpetersänre zn einer schmntzig gelben, durchsichtigen Flüssigkeit ge-
löst, indisches Bdellinro wird Mass, weich und weisslich undorchaichtig.
Bei der Einwirkung der Salpetersäure auf Myrrhe bemerkt man eine
vorQbergehende violette Färbung, bei beiden Arten von Bdellinm ist
dies nicht der Fall. Ein mit Myrrhentinctur und dann mit Salpeter»
säure befeuchtetes Fliespapier wird blutroth; Bdellium zeigt hierbei
eine bräunliche Färbung. Ein durch Schütteln von Myrrhe mit Wal-
ser bereiteter Auszog wird durch Bleisalze stark gefallt, bei indiflchem
Bdellium teigt sich dabei kaum eine Trübnng.
Das Bdellinm wurde früher als Arzneimittel häufiger angewendet,
jetzt ist es fast obsolet geworden. Wp.
Beaumontlt nannte Levy zu Ehren des französischen Geolo-
gen Elie d^ Beaumont ein im Gneiss bei Jone^s Falls in der Ge-
gend von Baltimore in Nordamerika vorkommendes quadratisch kry-
stallisirendes Mineral, welches eine quadratische Pyramide mit dem
Endkanten Winkel von 147^28' bildet, deren Seitenkantenl durch das
quadratische Prisma oo P abgestumpft sind. Es ist spaltbar nach od P,
gelblichweiss bis honiggelb, perlmutterartig glänzend, durchscheinend:
Härte = 4,5 bis 5,0, specif. Gewicht = 2,24. Im Kolben erhitzt, ver-
liert es seine Farbe, schwillt sehr an und wird mehlig, vor dem Löth-
rohr ist es für sich zu weissem Email schmelzbar, das Pulver wird
durch concentrirte Salzsäure vollständig zersetzt, wobei sich Kiesel-
säure abscheidet. Nach Delesse^ enthält es 64,2 SiO,, 14,1 ALOj.
4,8 CaO, 1,7 MgO, 1,2 FeO, 0,6 NaO und Verlust, 13,4 HO. Alger
und Dana sind der Ansicht, dass dieser Beaümontit ein Stilbit sei.
dessen Formen falsch beurtheilt wurden, und dass die Analyse mit nicht
ganz reinem Material ausgeführt worden sei.
Jackson bezeichnete als Beaümontit eine Varietät des Kieeel-
malachits oder eine damit verwandte Substanz, welche KnpferoxydL
Wasser und Kieselsäure enthält j^t
Bebeerin, sjni. mit Bebirin.
Bebeerinsäure, syn. mit Bebirusäare<
Bebeerugerbstoff s. Bebirugerbstoff.
Bebirin — Bebeerin^) — Eine nicht krystaUisirbare orga-
nische Base, im Jahre 1834 von Dr. Rodie in Demarara in der Rinde
eines dort wachsenden Baumes entdeckt, welcher von den englischen
Colonisten Sipeeri^ von den holländischen Bebeeru genannt wird, der
später von Schomburgh als Nectandra Rodid benannt ist. Macla-
gan untersuchte Rodie's Bebirin genauer und fand 1843, dass dasselbe
*) Annal. de chim. et de phys. [8.] T. IX, p. 8S6.
*) Douglas Maclagan, Annal. d. Chem. u. Phann. Bd. XLVm. S. 106.
— Douglas Maclagan u. Thomas Tilley, Plüloaoph. Magasin, Journ. ofScienee.
Vol. XXVn, p. 186 ; Royal Society of Edinburgh Transactions, VoL XV, pari. IH;
Annal d. Chem. u. Pharm. Bd. LV, S. 105 ; Joura. f. prakt Chem. Bd. XXXVn,
8.247. — V. Planta, Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXXVII, 8. 888; PhUosopb.
Biagazin, T. IV [1] p. 14 ; Joarn. f. prakL Chem. Bd. LII, 8.^ 287.
Bebirin. 761
ein Gemenge von zwei baaüohen Kapern sei, die er Bebirin und Sipi-
rin nannte; 1845 nnterauohten Maclagan und Tillej das Bebirin ge-
nauer nnd gaben daför die Formel CssHsoNOg, wenach das Bebirin
mit dem Morphin nach dessen früherer Formel gleiche Zusammensetzung
and gleiches Atomgewicht haben sollte, ohne sonst mit ihm ähnliche
Eigenschhflen zu haben. Zuletzt ist es Planta gelungen, das Bebirin
▼ollständig zu reinigen, und es ist dann genauer von ihm untersucht.
Formel des reinen Bebirins: GsgH^iNOe (Planta).
Der Bebirubanm ist in Demarara einheimisch, das Holz desselben
ist sehr hart und schwer, es kommt zuweilen als Schiffsbauholz unter dem
Namen greenheciri nach England. Die zimmtbraune Rinde des Baumes
hat einen bitteren und zusammenziehenden Geschmack, sie enthält neben
2,5 Procent der genannten Basen und neben Gerbstoff noch eine eigen-
thümliche Saure; der Samen enthält alle genannten Bestandtheile, aus-
serdem noch etwa 50 Procent Stärkmehl, was die Ausziehung der Ba«
sen nnd Säuren daraus erschwert.
Um die Alkaloide darzustellen, wird die Rinde mit Schwefelsäure
haltendem Wasser ausgezogen, die Flüssigkeit abgedampft, dann filtrirt
nnd mit Ammoniak gefallt, wodurch sich Bebirin mit Sipirin und Gerb-
stoff niederschlägt Der getrocknete Niederschlag wird dann in Was-
ser mit wenig Säure gelöst und mit Thierkoble entfärbt; die jetzt hell«
gelbe Lösung giebt mit Ammoniak einen weisslichen Niederschlag, der
fast reines Bebirin und Sipirin enthält. — Da durch Behandlung mit
Thierkohle immer ein Theil der Basen verloren geht,, so ist es besser,
den zuerst erhaltenen grauen Niederschlag noch feucht mit Bleioxyd
oder Kalkhydrat znsammenzureiben , das Gemenge im Wasserbade zu
trocknen und mit Alkohol auszuziehen, aus welcher Lösung durch Ver-
dampfen die beiden Basen gemengt erhalten werden. Um sie zu tren-
nen, werden sie zerrieben nnd wiederholt mit Aether behandelt, bis die-
ser nichts mehr löst; der Aether nimmt Bebirin auf nnd lässt das Si-
pirin ungelöst zurück; beim Verdampfen der Lösung bleibt dann das
Bebirin zurück, worauf es nöthigenfalls in Alkohol gelöst und mit
Thierkohle entfärbt wird. Es kommt zuweilen auoli unreines schwefel-
sanres Bebirin nnd Sipirin gemengt als Bebirinsulphat im Handel vor,
die Salze können daraus durch die Behandlung mit Ammoniak und Blei-
oxyd, Eintrocknen, Behandeln mit Alkohol nnd Extrahiren der ein-
gedampften Lösung mit Aether, wie oben angegeben, gereinigt und ge-
trennt werden (Maclagan und Tilley).
Das so dargestellte Bebirin ward früher (von Maclagan und
Tilley) als rein untersucht nnd beschrieben, es enthält aber noch
fremdartige Substanzen, besonders Gerbsäure, nnd unterscheidet sich von
reinem Bebirin dadurch, dass es gelblich ist, sich nicht vollständig in
Essigsäure löst, und längere Zeit im Wasserbade erhitzt, sich färbt und
zuletzt selbst schwarzbraun wird und dann in dem Maasse an Gewicht
zunimmt, wie die Farbe dunkeler wird (v. Planta).
Um das Bebirin vollständig zu reinigen, wird es in Essigsäure ge-
löst, das Filtrat mit essigsaurem Blei vermischt und nun das Gemenge
mit kaustischem Kali gefällt; der mit kaltem Wasser wohl ausgewaschene
Niederschlag wird dann mit Aether vollständig ausgezogen ; beim Ver-
dampfen der ätherischen Lösung bleibt dns Bebirin als ein hellgelber
Syrap znrftck, der in wenig starkem Alkohol gelöst wird, worauf man
die alkoholische Lösung tropfenweise in eine "grössere Menge Wasser
76a Bebirin.
glesat; dabei scheidet sich dann, wenn das Wasser fortwährend gerGkt
wird,, das reine Bebirin als ein flockiger Niederschlag ab; wird & A>
koholische Lösung nicht sehr vorsichtig mit Wasser gemischt, oder
wurde das Wasser zu der alkoholischen Lösung gesetzt , so wird das
Bebirin als eine zusammengebackene Masse erhalten, die dann meht
vollständig ausgewaschen werden kann.
Das reine Bebirin ist ein vollkommen färb- und geruchloses anK»^
phes Pulver, es ist luftbeständig und wird beim Beiben sehr stark elek*
trisch ; es löst sich leicht in Alkohol oder Aether, besonders in der
Wärme, ist dagegen in Wasser so gut wie unlöslich, so das« beim Mi-
schen einer weingeistigen Lösung mit Wasser kaum eine Spur in Lö-
sung bleibt Die Lösung von Bebirin schmeckt anhaltend bitter, nod
reagirt alkalisch. Das bei 120<^G. getrocknete Bebirin schmilzt bei
198^0. ohne an Gewicht abzunehmen zu einer glasigen Masse, in hd»
herer Temperatur wird es zersetzt.
Das Bebirin löst sich in Essigsäure und Salzsäure vollständig nSy
und bildet damit lösliche neutrale Salze, die nicht krystallisirbar sind,
und deren Lösungen bitter schmecken. Es wird aus seinen Lösnogeo
durch verdünnte Salpetersäure gefällt; durch Kochen mit Salpetersäure
wird es in eine gelbe pulverige, der Pikrinsalpetersäure ähnliche Sub-
stanz verwandelt. Durch Erhitzen mit Chromsäure wird es in ein
schwarzes Harz verwandelt; mit Kalihjdrat erhitzt, giebt es kein Chi«
nolin.
Das Bebirin hat grosse Aehnlichkeit mit dem Pelosin (s. d. Art))
kann jedoch nicht als identisch damit angesehen werden.
Das chlorwasserstoffsaure Bebirin ist leicht in Wasser 18s-
lich, die reinen und kohlensauren Alkalien fällen daraus die Base ii
weissen oder gelblich weissen schleimig suspendirten Flocken, ein üebe^
schuss des Fällungsmittels, besonders der kohlensauren Salze, löst des
Niederschlag wenig. Auch doppelt-kohlensaures und phosphorsaurea
Natron fällen das Bebirinsalz weiss; eine nicht zu verdünnte Lösung
des salzsauren Bebirins wird ferner durch Jodkalium und Schwefel-
cyankalium weiss, ^urch Jodtinctur kermesbraun, und darch Pikrin-
salpetersäure gelb gefällt; Jodsäure iarbt die Lösung hellroth, die
Farbe wird aber rasch dunkeler. Quecksilberchlorid fallt das salssaun
Bebirin weiss, Zusatz von wenig Salzsäure oder Salmiak vennehrt
den Niederschlag, grössere Mengen von beiden lösen ihn; durch Ko-
chen mit Wasser wird er in eine harzartige Masse verwandelt (Hin-
terberge r). Kalium - Quecksilberjodid giebt einen blassgelben in Sali-
säure unlöslichen Niederschlag; Natrium - Lridiumchlorid giebt eineo
ockerfarbenen, in Salzsäure leicht löslichen, Goldchlorid einen roth-
braunen , Platinchlorid einen blassgelben Niederschlag , beide sind in
Salzsäure kaum löslich; Gallustinctur giebt auf Zusatz von Salzsäure
einen dichten, in überschüssiger Säure nicht merkbar löslichen Nieder-
schlag.
I Wird chlorwasserstoflsaures Bebirin zu einer verdünnten Lösung
von Platinchlorid gesetzt, so entsteht ein blassorangegelber durchsoi
unkrystallinischer Niederschlag, der in Salzsäure unlöslich ist, und bei
1200C, getrocknet, die Zusammensetzung CssHaiNO« .HGl -f- Pti?]|
hat Auch Galläpfeltinctur f&llt das salzsaure Bebirin weiss.
Das Bebirin ist als schwefelsaures Salz in unreinem Zustande von
Dr. Bodie mit Erfolg als Heilmittel bei Weohselfiebero angewendet;
Bebirugerbstoff» — Beerensäure. 763
rodie glaobt sogar, dus es noch wirksamer sei als das Chininsalz;
'ean diese Annahme nan anch sich nicht ganz bestätigt hat, so hat es
ich doch jedenfalls als wirksam gezeigt. jpe.
Bebirugerbstoff ist der in der Rinde und im Samen von
lebiru gefundene nicht näher untersuchte Gerbstoff genannt
Bebirusäure, Bebirinsäure, Bebeerinsäure i). Eine
rganische Säure, welche in der Binde und im Samen von Bebiru
Neetandra Rodiei) sich neben organischen Basen und einem Gerbstoff
ndet, der dem in den Chinarinden enthaltenen ähnlich sein soll. Die
(ebirusäure ist von Maclagan 1845 entdeckt, aber noch nicht der
ülementaranaljse unterworfen. -
Man gewinnt diese Säure aus dem wässerigen, mit Hülfe von Es-
igsäure bereiteten Auszug der Rinde oder dem wässerigenAuszug des
Samens; nachdem mit Ammoniak die Basen abgeschieden sind, wird
lie Flüssigkeit mit Barjtsalz gefüllt, der Niederschlag einige Mal mit
Blasser abgewaschen, dann in siedendem Wasser gelöst und daraus um-
crjstallisirt; das beinahe farblose Salz wird wieder in Wasser gelost
ind die Flüssigkeit mit essigsaurem Bleioxyd gefallt, dieser Nieder-
ichlag wird durch Schwefelwasserstoff zersetzt und die Lösung im Ya-
cnum abgedampft; man erhält dann eine braune Masse, aus welcher
Ä.ether die reine Säure aufnimmt und einen braunen färbenden Stoff
rarücklässt. — • Beim Verdunsten der Aetherlösung bleibt endlich die
Säure als eine weisse krystallinische Masse von Wachsglanz zurück;
^e Säure zerÜiesst bald an der Luft, sie schmilzt bei 150^0.; bei
200^0. sublimirt sie in Büscheln von weissen Nadeln.
Die Bebirüsäure giebt mit Kali und Natron zerfliessliche, in Al-
kohol lösliche Salze, dieselben fällen die Salze der alkalischen Erden
ond das essigsaure Bleiozjd; das bebirusaure Blei ist etwas löslich in
Alkohol. Fe.
Beck lt. Das so genannte Mineral von Paynton in Devonshire
in England ist, nachKenngott '), nichts weiter als eine in eine chalce-
don- oder homsteinartige Quarzvarietät versteinerte Coralle, einge«
wachsen in dichtem grauen Kalkstein. KL
Beenöl s. Behenöl.
Beeren^ persische, heissen im Handel zuweilen die Gelb-
beeren überhaupt, zuweilen eine besondere aus dem Orient kommende
Sorte derselben (s. Gelbbeeren Iste Aufl. Bd. III, S. 428).
Beerenroth. Der in verschiedenen rothen Beeren, den Jo-
Wnisbeeren u. a. m. enthaltene rothe Farbstoff; er ist nicht näher un-
tersacht; nach Berzelius soll er identisch sein mit Blattroth (s. d«
Art).
Beerensäure oder Fruchtsäure nannte Scheele an-
f^glich die in den beerenartigen Früchten, wie Johannisbeeren, Vogel-
) Der von Maclagan gewählte Name Bebirinsäure scheint weniger passend als
^ff von Berzelius in seinem Lehrbuch (Bd. IV, S. 611) angenommene BebirusSure,
«* Mt keine Ursache haben, anaunehmen, dass die Sfture aus dem Bebirin gebii-
dei ist -. f) Uebeisicht mineraL Forschung. 1863, 8. 102.
764 Beguin's flüchtiger Greist — Behenöl.
beeren a. s. w., enthaltene S&are; wir wissen jetzt ^ das« in ditM
Früchten Aepfelsäore, Weinsäure^ Citronsänre u. s. w. vorkomniei^ md
zwar wohl immer mehrere derselben gleichzeitig. Fe
Beguin's flüchtiger Geist, Spiritus gtäphwU Begmi,
im Wesentlichen eine Lösung von Mehrfach-Schwefelammonian) (p. m*
ter Ammoniumsalfiirete Bd. I, S. 753).
Behenmargarinsäure s. Behensäure.
Behenöl ^) Die Behennüßse, Nuees Beken^ auch wohl Bdf
iani hyrepsicae oder Qlandes unguentaricte genannt, die Samen von Uo-
ringa nux Behen Dess, (Guilandina Moringa Lin. oder Moringa Mfera
LamS) sind von der Grösse einer Haselnuss, grau, dreikantig, nicht ge-
flügelt; sie haben einen bitteren Geschmack und wirken pnrgireni
Diese Nüsse geben durch Auspressen etwa 25 Procent eines dem OU«
venöl ähnlichen fetten Gels, das Oleum balatinum^ balaninum oder h(ds§'
nmtim, weshalb die Bäume vor einigen Jahren in Westindien in grosi^
ter Ausdehnung angepflanzt sind.
Das durch Auspressen gewonnene fette Behenöl ist geruchlos, hat
einen süssen Geschmack ähnlich wie reines Olivenöl; es ist weiss
oder schwach gelblich, bei -f~ l^^C. noch dickflüssig, erst bei 25® C.
wird es ganz flüssig, bei Wintertemperatur ist es fest; es bat ein spe-
cif. Gewicht von 0,912; das Gel reagirt neutral, es wird selbst in der
Wärme an der Luft nur langsam ranzig und eignet sich deshalb for
vielfache Zwecke, besonders zum Hausgebrauch; in Frankreich und
Italien dient es zur Ausziehung von wohlriechenden PflanzenstoffeHi
wie überhaupt für Parfüm erien, in Indien wird es bei RheumatiFineD
als Einreibnngsmittel gebraucht.
Das Gel ist ein Gemenge verschiedener Glyceride, es wird dorefa
längeyres Kochen mit starker Kalilauge vollständig verseift. Aus den
durch Zersetzung der Seife mittelst Salzsäure erhaltenen Gemenge vos
fetten Säuren lassen sich vier verschiedene unterscheiden: 1) eine
in starkem Weingeist lösliche, in gewöhnli(*.hem Weingeist milo»'
liehe fette Säure, welche bei 83<^C. schmilzt, nnd nach einer Asor
lyse 81,6 Kohlenstofl* und 13,8 Wasserstoff enthält (was etwa dfif
Formel C90H90G4 entsprechen würde), wegen Mangel an BCateris)
aber nicht weiter untersucht ist; 2) eine eigenthümliche, der Stearin-
säure ähnliche Säure, die Behensäure (s. d. Art.); 8) Margarinsanre,
Schmelzpunkt (59<^ bis 60<>C.), nach der Zusammensetzang des Hy-
drats und des Bleisalzes identisch mit der gewohnlichen Bfargsno*
säure; 4) Gelsäure, welche, nach der von Gott lieb angegebenen Me-
thode gereinigt, un verbunden, wie in dem damit dargestellten Barjts»!?
die gleiche Zusammensetzung mit der aus Glivenöl und anderen Fetten
dargestellten Gelsäure zeigt (Voelcker). Ein anderes Behenöl, w«l"
ches von Moringa aptera stammen soll, gab bei der Yerseifung n^
nicht flüchtige und keine flüchtige fette Säuren, nämlich: gewöhnliche
Stearinsäure und gewöhnliche Margarinsäure, und zwei ^eigenthümliche
Säuren , die Behensäure (Behenmargarinsäure) , welche aber von der
von Voelcker so genannten Säure verschieden ist (s. d« folgenden
*) Scheidkund. Onderzoek. Bd. HI, S. 546; Journ. f. pr»kt. Chem., Bd. XXM-
8. 851; Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXIV, S. 842 und 846.
fiehensaure« 765
kruy, und eine bei gewöhnlicher Temperatnr flüssige fette Säure, die
üoringasänre (s. d. Art) (Wolter). Fe.
Behensäure. Mit dem gleichen Namen bezeichnen Voel-
:ker und Walter zwei verschiedene fette Säuren, weiche sie aus Be-
lenöl (s. d. Art.) darstellten, der Erster e aus einem Oel von Moringa
)lei/era^ Walter aus einem Oel von Moringa aptera. Es muss durch
Hreitere Untersuchungen erst aufgeklärt werden, ob beide Gele wirklich
roD den angegebenen Pflanzen stammten, und ob die Säuren eigen-
httmlich sind. Einstweilen kann man ihren Eigenschaften nach die
lovL Walter untersuchte Behensäure als B ehenmargarinsäu re
ron der schwerer schmelzbaren Säure Voelcker's, der Behen-
itearinsäure, unterscheiden.
Behenmargarinsäure 1) ward in dem Behenöl von Moringa
TfiUra neben Moringasäure und gewöhnlicher Stearin- und Margarin-
iaure yon Walter aufgefunden, er hielt sie für eigenthümlich , und
[and dafür die Formel HO . C^o H29 Os- H e i n t z 3) erklärte zuerst diese
Behensäure für identisch mit der von ihm aus dem Wallrath dargestell-
ten Cetinsäure, später glaubte er, von der Ansicht ausgehend, dass allen
Fettsäurehydraten die Formel C4„ 84^ O4 zukommt, annehmen zu müs-
sen, dass die Cetinsäure nur ein Gemenge anderer Fettsäuren sei, und
er hält daher auch die Behenmargarinsäure für ein Gemenge von Pal-
mitinsäure und Myristinsäure. Weitere Untersuchungen haben hier zu
entscheiden.
Durch Verseifung des Behenöls, Zersetzung der Seife mit Säure
and Umkr jstallisiren der Fettsäuren aus Alkohol erhält mau zuletzt die
Behensäure in voluminösen warzenförmigen Massen. Die Säure ist nur
in geringer Menge in dem Oel enthalten, sie ist weiss, schmilzt con-
Btant bei 52^ bis 55^0., löst sich leicht in Alkohol, leichter alsMarga-
riosäure, welcher sie sonst in ihren Eigenschaften sehr ähnlich ist.
Behenmargarinsaures Aethyloxyd: C4 05 O . Cao H29 O3.
Durch Einwirkung von Salzsäuregas auf die Lösung der Behensäure in
absolatem Weingeist dargestellt, ist krystallinisch, schmilzt schon durch
die Handwärme«
Beben Stearinsäure. Von Voelcker 1846 im Behenöl ent-
deckt, eine der Stearinsäure nahe stehende fette Säure.
Formel: HO • C4)H4i08 nach Voelcker,
„ HO • €441(4303 nach Strecker.
Die von Voelcker angestellten Analysen stimmen im Ganzen
besser zu der Strecker'schen Formel, weshalb wir dieser den Vorzug
geben.
Um aus den fetten Säuren des Behenöls die Behenstearinsäure
sbnischeiden, wird daii durch Zersetzung der Seife mit Salzsäure erhal-
te Gemenge zuerst zwischen Fliesspapier ausgepresst, wobei man auf
100 Thle. Oel 17 Thle. fester fetter Säure erhält, welche aus gewöhn-
lichem Alhohoi krystallisirt wird. Die aus der heissen Lösung zuerirt
sich abscheidende Säure wird für sich gesammelt, dann sammelt man
diejenigen Säuren gesondert, welche vor, und diejenige, welche nach
dem vollständigen Erkalten der Flüssigkeit sich abscheiden; durch
') Compt. rend. T.XXII, p. 148.; Annal. d. Ghem. a. Pharm. Bd. LX, S. 271.
*) Po gg. Annal. Bd. LXXXVn, S. 658 und Bd. XCH, S. 601.
766 Behenstearinsaure. — Beilstein.
6- bis Smaliges Wiederholen dieses Verfahrens erhalt man reine Bthcn-
Stearinsäure neben gewöhnlicher Margarinsäure. Die BehenateanniiBK
ist weiss krjstallinisch, sie schmilzt bei 76® C. und erstarrt bei 70^ bis
72<)C. zu einer glänzend weissen, nadelförmig kristallinischen Masee,
welche sich zu Pulver reiben lässt, in Alkohol loslich ist und mit de
Stearinsäure grosse Aehnlichkeit hat, sich aber durch Schmelzpankt
und ZusammensetzuDg von ihr unterscheidet.
Behenstearinsaures Aethjloxjd: C^K^ O . C44H4SO1.
Man löst die fette Säure in absolutem Weingeist und sättigt die Lösimg
in der Wärme mit Salzsäuregas. Durch Erwärmen und Schütteln mit
Wasser wird die Salzsäure entfernt, wobei die Aetherverbindung sick
abscheidet. Der behenstearinsaure Aether ist krystalliniscli, fast durcb-
sichtig, er schmilzt bei iS^ bis 49 ^ C, durch Kochen mit alkoholisehei
Kalilösung wird er in Behensäure und Alkohol zerlegt.
Behenstearinsaurer Baryt: BaO.C44H48 0s. Das durch Fd'
len des Natronsalzes mit Chlorbarium erhaltene Salz ist dem ttearifr
sauren Baryt sehr ähnlich.
Behenstearinsaures Bleioxyd: PbO . C44II48OS9 entstak
durch Fällen der Natronseife mit essigsaurem Blei in alkoholisclia
Lösung.
Behenstearinsaures Natron: NaO . C44S43 0s. Man Tcr
seift die Säure mit überschüssigem kohlensauren Natron, verdampft dk
Lösung zur Trockne und trennt die Natronseife vom kohlensauren N»
tron durch absoluten Alkohol, worauf die alkoholische Losnng im Wtf-
serbade eingetrocknet wird. Das Natronsalz ist in Wasser vd
Weingeist löslich; die alkoholische Lösung erstarrt nach einiger Zd
zu einer Gallerte, aus welcher (nicht bei längerem Stehen wie bei ^
gewöhnlichen Stearinsäure, sondern erst) bei Zusatz von mehr We»
geist sich das Salz in krystallinischen Kömern abscheidet. Fi-
Behenstearinsaure, s. Behensäure.
Behyl U. Behynyl bezeichnen den als Badieal der
Behylsäure oder
Behynylsäure oder Behenstearinsaure angenonuneDCB
Kohlenwasserstoff, C44H4t (Löwig).
Beifussöl, ein flüchtiges Oel, aus dem Beifusskraut (vonJi^
miiia vulgaria^ L.), durch Destillation mit Wasser gewonnen. Es ist tob
Bntterconsistenz , grünlichgelb , schmeckt brennend , hinterher kählend,
siedet bei -f- lOO^G., löst sich in Alkohol und Aether, aber nicht is
wässerigen Alkalien. Von Salpetersäure wird es in ein braunes Bim
verwandelt. Eine nähere Untersuchung über seine Bestandtheile faUt
Beilstein (Werner), Poenammu der Neuseelinder, ?«•
nammustein Blumenbach's, wird gewöhnlich für Nephrit geksHsB«
Nach Lichtenberg aber hat er ein höheres specif. Grewicht := «i^O
(Nephrit nach ihm = 2,655) , auch ist er härter als jener. Vor den
Löthrohr ist er leichter schmelzbar als Nephrit, mit Blasenwerfen 0
Beinbrech. — Beinschwarz. 767
•nMT br&onlichen Masse. In ErmangeluDg einer Analyse ist die Znsam-
nenstellang mit Nephrit. Kt
Beinbrech, Beinwell, Osteocolla, ein wegen seiner
Form so benannter Tuffkalk, mit Ueberresten von Thieren und Pflan-
sen sich findend, nach G. Rose Aragonit enthaltend (s. Bd. II, S. 203).
Beindorff's Apparat. Ein von dem Zinngiesser Bein-
dorff in Frankfurt a. M. zuerst dargestellter, später vielfach veränder-
ter Dampfapparat (s. Dampfapparate).
Beinglas, Milchglas. £in durch Zusatz von etwalOProc.
Knochen- oder Beinasche müchweisses, durchscheinendes Glas (s.un«
ter Glas Iste Anfl. Bd. III, S. 575).
Beinschwarz, Knochenkohle, Spodium, ist das Froduct,
welches man erhält, wenn Knochen bei Luftabschlass bis zum Glühen
erhitzt werden. £^ entwickelt sich dabei eine grosse Menge sehr übel-
riechendör Gase, empjreumatischer Oeie und viel kohlensaures Ammo-
"Biak. Der Verbrauch der Knoehenkohle in der Zuckerfabrication zum
Entfärben und Entkalken des Saftes ist ein so massenhafter, dass die
Verkohlung der Elnochen jetzt meist in eigenen Fabrikeh stattfindet,
und nur die Reinigung oder Wiederbelebung der schon gebrauchten
Kohle in den Zucker siedereien selbst vorgenommen zu werden pflegt.
Im Wesentlichen ist die Knochenkohle ein inniges Gemenge fein ver-
iheilter stickstoffhaltiger Kohle mit phosphorsaurem und etwas kohlen-
lanrem Kalk. Es kommt besonders darauf an, dass möglichst viel
Kohle in der Knochenerde vertheilt sei, dass aber dabei alle Poren
ge&finet bleiben, somit weder die Hitze so weit getrieben werde, dass
ein Sintern der Knochenmasse eintritt, noch dass organische Substan-
sen, welche vor der vollständigen Verkohlung schmelzen, Kohlentheile
in dichter Ifasse zurücklassen, welche, wie z. B. Kohle von Zucker,
&8t wirkungslos ist. Man muss deshalb den Luftzutritt während der
Verkohlung vollständig verhindern, damit keine Kohle verbrennen
könne, und darf nur frische Knochen benutzen, welche nicht durch
Fänbiss bei langem Liegen an der Luft oder in der Erde einen grossen
Theil ihrer organischen Substanz verloren haben. Die Knochen wer-
den gröblich zerschlagen und durch Auskochen mit Wasser von ihrem
Fettgehalt befreiet, weil dieses eine geschmolzene Kohle liefern würde.
Auch darf die Erhitzung nicht zu schnell stattfinden, weil sonst der
sich bÜdende Theer nicht allmälig abdestillirt, sondern durch Bildung
▼on geschmolzener glänzender Kohle die Poren verstopft und ein we*
niger werthvolles Product liefert
Frische Knochen enthalten in, 100 Theilen ungefähr 50 Theile
organischer Materie, bestehend aus 32 Thln.^ organischen Gewebes^
9 Thln. Fett, 1 Thl. Eiweiss, Gefässen u. s. w. und 8 Thln. Wasser;
ferner etwa 50 Thle. unorganischer Materie, wovon 38 Thle. basisch-
phosphoi'saurer Kalk, 2 Thle. phosphorsaure Magnesia, 8 Thle. kohlen*
sanrer Kalk, 2 Thle. verschiedene andere Salze ausmachen. Die Aus«
bente an Kjiochenkohle schwankt zwischen 30 und 60 Procent, je nach
Beschaffenheit der Knochen. Man sortirt daher in guten Fabriken die
Knochen, verwendet Bippen, Wirbel, Köpfe zur Leimbereitung, da
aie nur wenig und schlechte, leicht zerbrechliche Kohle liefern, und
768
Beinachwarz.
benutzt (Qr die' Kaochenkohle nur die festOQ dichten BöhrenbiodieB,
welche circa 60 Frocent ihres Gewichtee Kohle, die auf 9 TUe.
phosphorsauren Kalk 1 bin 1'/* ThJ. Kohlengtofi' enthält, hinterUuen,
Man Tdbrt die Verkohlung in zwei wesentlich verschiedeaen Appa-
raten aus, die beide gewisse Vorzüge haben. Früher benutzte nu
vieKaltig gusseiaerne Röhren, von denen man mehrere, ähnlich den
Lenchtgafretorten, in ein Feuer legte, nüt Knochen beschickte, dit
sich entwickelnden Dämpfe durch Röhren ableitete, möglichst condui-
airte, um AmmonlBk und thieriaches brensliches Oel lu gewinnen, dje
uneendenairbaren Gase aber in das Feuer leitete und zu verbrenoeo
suchte.. Sobald die Gasentwickelung vollständig beendet. Öffnete mu
. die Retorten, zog die glühenden Kohlen in Büchsen von Eiaenbledk
die dicht rerachlossen werden konnten, nm sie darin vor dem Lufua-
tritt geschützt erkalten zu lasaen. Man hat faat überall diesen Appar&t
aufgegeben, weil sehr leicht Verstopfungen in den RShren dnrcb du
kohlensaure Ammoniak eintritt, der gewonnene Theer nebst dMU Am-
moniak den complicirteren Apparat nicht bezahlt macht and die Va-
brennung dea ganzen Theers den Aufwand «n Brennmaterial kehr ver-
mindert, namentlich bei groaaer Fabncsition. Die Ersparung von Brens-
material bei diesen Einrichtungen ist gross, da die Heizung eine coo-
Fig. 70.
tinuirliche ist, imd man hnt diesen Vortheil beizubehalten gesucht, indem
man den obigen Ofen, Fig. 70, in der technischeD WerkatAlt in HoheD-
heim constniirte ')■
■) Otto, Lefarb. d. Uodwlrtlucluftl. Otw., 4. AuB., S. b»S.
Beinschwarz. 769
Vier aul'rechiatehende CyÜDder von Gusseisen sind in der ans Fig. 7 1
eniohtlichen Weise eingemauert und werden von' dem auf dem ßost a
brennenden Feuer möglichst gleichförmig umspült. Die untere Oeff-
nung der Cylinder wird durch. die Schieber//, Fig. 70, geschlossen,
die Knochen oben eingeschüttet, die Deckel g g dicht aufgesetzt. Die
beim Erhitzen sich entwickelnden Gase und Dämpfe gelangen durch
das gemeinsohaftliche Bohr o bei ^ in den Feuerungsraum und verbren-
nen dort vollständig. Wenn die Gasentwickelung aufhört and durch
die Oefinungen p das vollständige Glühen der Cylinder bemerkt wird,
zieht man die Schieber // auf, die Knochenkohle fallt in die bei h un-
tergesetzten Dampf büchsen, worin sie bis zur Vollendung der Verkoh-
lang der nächsten Beschickung bei Luftabschluss hinreichend abkühlt,
am alsdann entleert zu werden'. Die abgehende Hitze kann man be-
nutzen, um auf den Platten k k feuchte Kohle zu trocknen. Dieser
Apparat hat mit dem zuerst beschriebenen und mit f^len mit continuir-
licher Feuerung arbeitenden den Fehler gemein, dass die Erhitzung der
firisch eingefüllten Knochen zu rasch geschieht und durch Verkohlung
des sich bildenden Theers viel Glanzkohle gebildet wird.
Deshalb findet man auch in vielen grossen Fabriken Oefen mit unter-
brochener Heizung im Gebrauch. • Es sind Flammöfen, auf deren Sohle
man eine grosse Menge gusseisemer oder aus Chamottmasse geformter
Topfe stellt, von etwa 1 Fuss Durchmesser und 1,6 Zoll Höhe, welche
mit Knochen gefüllt und mit Deckeln, die mit Thon verstrichen werden,
versehen sind. Manche stellen sechs solcher Töpfe aufeinander, wo
dann immer der obere als Deckel für den unteren dient. Die gleich-
massige Erhitzung wird dann aber schwierig, die Anwendung der
Thontöpfe unmöglich, und doch liefern letztere die schönste Kohle und
die reichste Ausbeute. Wenn der Ofen so eingerichtet ist, dass während
der stärksten Entwickelung brennbarer Dämpfe durch kleine Schieber
f Luft in den Ofen eingelassen werden kann^ so findet bei guter Beguli-
rong eine ziemlich vollständige Verbrennung der Gase statt. Da aber
' die etwa unverbrannt entweichenden Dämpfe sehr lästig bis auf weite
Eotfenmng hin durch ihren ekelhaften Geruch werden, sollte man ver-
I langen, dass bei allen Knochenbrennereien die entwickelten Gase und
Dämpfe sämmtlich, ehe sie zur Esse gelangen, noch durch ein mit
' Flamme brennendes Feuer unter Zutritt frischer Luft geleitet würden.
Je grösser die Verkohlungsöfen, desto geringer ist der Brennmaterialver-
braach. Dass alle organische Materie vollständig verkohlt sein muss, ehe
man die Oefen öflnet und die Töpfe herauszieht, versteht sich von selbst,
denn nicht vollständig gebrannte Knochen geben an Flüssigkeiten eine
braune übelriechende Substanz ab. Sobald keine Gase mehr sich aus
den Töpfen entwickeln, bricht man den Ofen auf, zieht die Töpfe mit
langen eisernen Haken heraus, schiebt andere bereits gefüllte und mit
^t verstrichenem Deckel versehene ein, verstreicht die ThÜr und
feuert wieder stärker. Während des Brennens dieser zweiten Partie
kohlen die ersten Topfe bald ab, werden dann geofluet, entleert und
frisch beschickt für die nächste Operation, die je nach der Grosse der
Töpfe circa 4 Stunden in Anspruch nimmt. Die erhaltene Knochenkohle,
von sammetschwarzer , nicht glänzender Farbe, muss nun zerkleinert,
aber nicht in feines Pulver verwandelt werden, da das letztere nur gerin-
geren Werth ab schwarze Farbe oder Düngerroaterial hat, die Zucker-
fabrikanten aber die Knochenkohle in Form von kleinen Stückchen,
HndwtettrbQch der Chemie. 2te Aufl. Bd. IL 49
770 Beinschwarz.
▼on Linsen- bU Stecknadelkopfgrösse yerlangen. Man erraielit dies, in-
dem man die Kohle durch ein System yon sechs Paar canneUrten eiser-
nen Walzen gehen lässt, von denen jedes folgende Paar immer enger
gestellt ist Die Walzen sind so gerichtet, dass die erhabenen Ringe
der einen immer etwas in die Vertiefungen der anderen Walze ein-
greifen.
Der Knochenkohle, welche zur Entfärbung und Entkalkimg des
Zuckersaftes gedient hat, kann durch eine richtige Behandlung ihre ur-
sprüngliche Wirkungsfahigkeit wiedergegeben, sie kann wiederbe-
lebt werden und findet dabei etwa nur ein Verlust von 4 bis 5 Proe.
statt. Dieser Process zerfallt in vier Operationen:
1. das Säuren oder Entfernung des Kalküberschusses;
2. das Gähren oder Faulen, die Löslichmachnng der aufgenom-
menen organischen Stoffe durch Grälirung;
8. das Waschen;
4. das Glühen.
Sobald die Knochenkohle von dem Filter kommt, bringt man sie in
grosse hölzerne Bottiche und fibergiesst sie mit ohngefahr 30^ C. war^
mem Wasser^ dem man etwa 1/70 Salzsäure vorher zugeraengt hat. So
verdünnte Säure löst sehr leicht den von der Kohle aus den Säften auf*
genommenen kaustischen Kalk, und gerade deshalb ist es wichtig,
die wiederzubelebende Kohle sofort zu entkalken und nicht an der
Luft liegen zu lassen. Nach etwa einer Viertelstunde zieht man dai
angesäuerte Wasser vollständig ab, giebt nochmals eine geringe Menge,
etwa Vio der anfangs angewandten Menge Säure hinzu und gieeet es
wieder auf. Die öftere Wiederholung des vollständigen Abziehens und
Anfgiessens der angesäuerten Flüssigkeit ist erforderlich, damit alle
Theile der Kohle davon berührt und gleichinässig gewaschen werden,
was leicht durch sich entwickelnde und in der Kohle haftende Kohlen-
säureblasen verhindert wird. Je nachdem die Kohle mehr oder minder
kalkhaltig war, muss die Menge der Salzsäure bemessen werden, and
Schatten^) hat zu dem Zwecke ein bequemes Verfahren ermittelt
beschrieben. Jedenfalls darf der Kohle aber nicht aller Kalkgehalt
zogen werden, weil sonst die Säure zuerst auch den in den Knocl
enthalten gewesenen kohlensauren Kalk, dann auch phosphoi
Kalk löst, dhdurch die Festigkeit der Kohle zerstört, wodurch nicM
allein viel Abgang verursacht wird, sondern auch der üebelstand ent-
steht, dass der Saflt nicht klar filtrirt, sondern feine Kohlentheilchen
mitreisst, die den Zucker grau und unansehnlich machen.
Je weniger Kalk die Kohle enthält, desto mehr kann sie in einen
sehr rasch steigenden Verhältniss dem durchfiltrirenden SafleKalk ent-
ziehen, so dass bei 0 Proc. Kalkgehalt 2^5 Proc,
^> 5 r M l /ö W
tn 11 1^ w nur V« 11
Kalk von der Kohle dem Saft entzogen wird. Man pflegt jedoch in
der Praxis der Kohle 2 bis 3 Proc. Kalkgehalt zu belassen, um nicht
in den oben gerügten Fehler der Zerstörung durch zu viel Säure su
verfallen.
Die entkalkte Kohle wird mit warmem Wasser abgewaschen und
^) Yerhandlg. d. Yereins f! Beftrd. d. Gewerbfl. in PreuMo 1844, S. 186 f.;
Dingler, polyt. Jonnu Bd. XGV, S. 104 n. 187.
Banaehwarz. 771
entweder in warmem Wmhf gtehen gelassen oder, feocht auf Haofen
geworfen, der bald eintFetoaden G&hrting Qberlaggen. Im enteren Falle,
bei d«r sogenannten nassen Gähmng, verlftnft der Proce88 schneller
und iat meist in acht Tagen vollendet, entwickelt aber sehr unange-
nehm riechende Gase. Bei der trockenen Gährung, wo ein vollständiger
Laftzntritt möglich, ist die Zersetzung mehr Verwesung als Fänlniss,
M entwickeln sich keine so übelriechende Froducte, aber sie dauert etwa
doppelt so labge, scheint jedoch dafür auch eine Tollst&ndigere Zer-
setzung der organischen Materie zu bewirken. Nach vollendeter Gäh-
rung muss die Kohle vollkommen ausgewaschen werden. Man hat
empfohlen, die Kohle zuerst nochmals mit saurem Wasser abzuwaschen,
auch 'wohl sie vor dem Waschen mit heissen Wasserdämpfen zu dam-
pfen. Beides scheint nicht zu loben, denn flitrirt man das auf der Kohle
stehende gegohrene Wasser ab, oder wäscht sie jnit wenig lauwarmem
Wasser aus und erhitzt diese FKissigkeit zum .Sieden, so trObt sie sich,
ebenso wird dieselbe durch Salzsäure schwach getrübt. Dieser Ver-
sach scheint >u beweisen, dass man die gegofirene Kohle nur mit lan-
. warmem Wasser auswascben, dann mit heissen Wasserdämpfeu erhitzen,
auf die später zu beschreibenden Trocken platten und von da in^die
GlOhcylinder bringen soll. Das Dämpfen vor dem Trocknen beschleu-
nigt diesen Theil der Operation ganz ausserordentlich. Bei dem Wa-
schen ist vorzüglich neben der Entfernung alter löslichen Bestandtheile
darauf zu achten, dass die Kokle dnrch mechanische Reibung nicht in
viel verliere. Am meisten wird hierzu folgende Vorrichtung benutzt
tig. 72.
Eine Archimedische Schnecke liegt in einem oSenen, etwas geneigt
anfgesteUten Troge g und wird durch die Riemenscheibe a und die
Hader be in Umdrehung versetzt. Die gegohme zu waschende Knochen-
' kohle Tällt bei d auf die Archimedisch« Schraube und wird durch diese
bergauf bewegt, während durch das Bohr bei vj das Wasser einfliesst.
Das ftiache Wasser trifft so zuerst die Sohle , welche bereits während
der ganzen Bewegung in der Schnecke von -ablaufendem Wasser ge-
,' ' ■ 49»
wMchea wurde, also bst rein ist Dia völlig gewaselMiK Kohle Klk
bei e heraus, wird nun gedämpft, getrocknet und gftglnliL.
Eine andere Wasctm aschine von Kutscher >), Fig. 73, wiid wa-
■) Otto, Undwltth. Qtwttb«, 4. Auflage, NachtTtge S. 903.
Beinachwarz.
773
. gvn ihrer geringen Zerreibnng der Kohle sehr gelobt. In dem langen,
MU «iehenen Bohlen gebildeten Kasten , der in vier Äbtbeilnngen ge-
theilt ist, sind bei d d feine Drahtaiebe feat eingelegt nnd anf diese
wird etwa 9 Zoll hoch die in waschende Kohle geschattet. Die Kol-
Imd a treiben bei ihrem Niedergange das durch das Rohro einfltessende
WaMflr mit Heftigkeit durch p nnd die Drahtsiebe d, wodurch die
Ue etwad gehoben wird. Das Wasser ISnft b^i g so lange trübe ab,
'die Kobh vollständig aasgewftschen ist, worauf man die Maschine
Kit, das Wasser ans a ablässt, die Koble durch Wegnahme einer
He der Sötenwand des Kastens leicht von den Sieben abzieht nnd
774 B^mschwarz.
dieselben alsdunn frisch beechiokt. Durch die reingewMcheoe Kokk
wird so lange Dampf geleitet, bis sich derselbe nicht mehr eondttuiiti
dann wird die Kohle auf Trockenplatten geworfen, die Ton dem abti»»
henden Feuer des Glühofens geheizt werden, oder dnrch den Bompf k
(s. V. S.Fig.74) in die Schnecke t, welche sie in die von der abgeben-
den Hitze des Glühofens umspülte, stets gedrehte eiserne Trommel D
fÜhrt^ woraus sie, völlig getrocknet, auf die Platte über den Glfih-
cjlindem fallt. Diese bestehen aus zwei oder drei 6 Zoll weiten Böh-
renstücken, diesen ihren Zusammensetzungsstellen von durchbohrten
gusseisemen Platten, welche auf dünnen Gewölben liegen, getragen
werden; in diese weiten Röhren sind centrisch 2 Zoll weite Bohren e
eingesetzt, welche oben und unten geschlossen sind und darch drei
Stiite oben und unten in ihrer centrischen Lage erhalten werden. Es
füllt daher die Kohle nur 4en 2 Zoll weiten ringförmigen Böhrenth«],
wie in o ersichtlich,, wodurch ein sehr rasches und gleich massiges
Durchglühen der Kohle erzielt wird. Unten an den Bohren sind Schie-
ber angebracht, welche das Entleeren in die Dämpfgefasse P gestatten.
Man entleert stets nur die Hälfte des Inhaltes auf einmal, weil die Boh-
ren C nur in der nnteren Hälfte glühen, in der oberen Hälfte xam Vor-
wärmen dienen. Der Cylinder P, der, dem Feuer ganz nahe liegend,
sehr stark erhitzt wird, dient zum Brennen frischer Knochen 0.
Ein langes Liegen der Knochenkohle an der Luft wird für schäd-
lich gehalten, weil sie zu viel Ammoniak aufnehme, welches nachtheüig
auf den damit behandelten Zuckersaft wirke; ein ungenügendes Ans>
waschen läsk leicht Chlorcalcinm zurück, welches dem Zucker die £iga»>
Schaft feucht zu werden und keine gutklingende Waare darzustellen
ertheilen kann; mit Becht aber flSrchten die Zuckerfabrikanten sehr
einen Schwefelsäuregehalt d^r Salzsäure, welche zum Entkalken dient,
weil dadurch Gyps entsteht, der kaum ausgewaschen werden kann, die-
ser wird beim Glühen zu Schwefelcalciura, welches auf die metallenen
Gefasse wirkt, worin der Zuckersaft mit der Kohle in Berühning
kommt, es bildet sich höchst fein vertheiltes Schwefelkupfer und Schwe-
feleisen, die den Zucker sehr leicht färben und unansehnlich machen.
Solche Kohle riecht beim Uebergiessen mit Salzsä|ire nach Schwefel-
wasserstoff. Man kann sie durch nochmaliges Behandeln nach dem
Glühen mit durch Salzsäure sauer gemachtem Wasser, noch sichenr
aber dadurch wieder herstellen, dass man sie vor dem Glühen mit
heisser kohlensaurer Natronlösung, ^s ^^^ ^ Pfund auf den Üentner
Kohle, 6 bis 8 Stunden behandelt, sorgfaltig wäscht, wo ein durch ge-
löste Farbstoffe sehr dunkelgefärbtes Wasser abläuft, dann wie gute
Kohle durch Salzsäure entkalkt, wäscht, trocknet und glüht ').
Wie schon oben bemerkt, entzieht die Knochenkohle den neutralen
oder sauren Lösungen nicht allein Färb- oder Biechstoffe (s. Art. Entfär-
ben und Entfuseln), sondern auch Elalk und Kalksalze, sie ist deshalb
zur Beinigung sehr kalkhaltigen Wassers vorgeschlagen worden '). Sie
zersetzt aber auch viele Metallsalze, indem sie die Oxyde zurückhält ^
') S. ttber die WiederbelebnngBofen Otto Undwirth. Qew., 4te Anfl., S. 608
nnd Nachtrftge S. 904 u. ff.; Au6h Walkhoff, Praktischer BübeiuniokerftbbnkaBt
1867. S. 179; Dinglers polyt. Journ. Bd. CXXXV, S. 889; Champion, DJa^lerV
polyt. Jonrn. Bd.CIX, S. 260. — *) Felo uze, DingWs polyt Joam. Bd.GZXXIV,
8.896. — *) Mvsi^res, Dinglefs polyt. Joarn. Bd. GXII, S. 488, and Bosse.
Otto*s maflUirl. Lehrb., 4te Anfl., Bd. I, S. 667. ^, «) Ghev»lUer, I>i]iglir*i
Beinwell. — Beize. 775
od«r Metollsäuren tbeils absorbirt, theiU indem sie dieselben redncart.
Anoh Jod enisieht sie nicht allein seinen Lösungen« sondehi auch seinen
Salsen. Ebenso nimmt sie die BitterstoflPe, Znoker i), die organischen
Alkaloide ') aus deren Lösungen auf. Man hat sie deshalb aach als Ge-
genmittel bei Vergiftungen empfohlen ') und zwar etwa 1 Loth für je-
den Gran Gift, den man vermuthet (s. Kohle). ^ F.
BeiAwell s. Beinbrech.
Beize nennt man in den verschiedenen Gewerben Flüssigkeiten
von sehr verschiedenen Eigenschaften, im Allgemeinen aber sind dies Lö*
rangen saurer, salsiger oder sonst scharfer Stoffe, mit welchen man verschie-
dene feste Substanzen benetzt oder durchtränkt, um ihnen dadurch gewisse
Eigenschaften des GefQges, der Farbe, des Geschmacks etc. zu erthei«
len, die ihnen ursprünglich nicht zukommen , oder um sie zu nachfol-
genden chemischen Operationen vorzubereiten. Bekannt ist, dass auch
die Arbeit des Zusammenbringens der festen Substanzen mit solchen
Flüasigkeiten das „Beisen^^ genannt wird. Man nennt z. B. Beize die
Kochsalz und oft noch andere Stoffe enthaltende Brühe zum Einpö-
keln von Fleisch; der Gerber heisst Beize die saure Lohbrühe
oder die durch Gährung von Boggenschrot, Mehl und Wasser
hervorgebrachte saure Flüssigkeit, deren er sich bedient, um die
Hfiate zu schwellen; Beize wird die saure Flüssigkeit genannt, die
man braucht, um Messingblech oder Metallgegenstände, die vergol-
det werden sollen, von dem darch das. Ausglühen auf ihrer Oberfläche
g^ildeten Oxyd zu reinigen. Hörn oder Haare f&rbt man durch B ei-
sen d. b. Einlegen in Metallsalzlösungen (Quecksilber-, Silber-, Blei-
salse), mit welchen sie durch Zersetzung der Salze (vermöge ihres
Sehwefelgehaltes) dunkele Farben annehmen. Holzbeizen nennt man
Abkochungen von Farbhölzern oder' Salzlösungen (oftmitFarb-
sto&ufgüssen gemischt), zum Zweck des oberflächlichen Färbens von
Möbel- und anderen Nutzhölzern. Einer besonderen Erläuterung aber
bedarf der Sinn, welcher von Färbern und Zengdruckern mit
dieser Bezeichnung verbündte wird.
Beizen, tnordants^ heissen in diesen Gew^rbex^ alle die Flüssig-
keiten gewöhnlich salzartiger Natur, die dazu bestimmt sind, Farbstoffe
auf den verschiedenen Arten von Spinnfasern durch das Mittel der che^
mischen Anziehung zu befestigen. Unter den so festgestellten Begriff
fallen einzig nicht die sogenannten Aetzbeizen, mittelst welcher man
die auf einem Zeugstück befindliche Beize oder selbst die schon 4^Auf
befestigten Farben entfernen will (s. Zeugdruck).
Ein kurzer und umfassender Ausdruck für <üe Wirkungsweise der
Beizen läszt sich nicht geben, im Wesentlichen läuft diese aber darauf
hinaus, dass sie die mit der Spinnfaser in Berührung kommenden Farb-
stoffe aus ihren Lösungen auf jene niederschlagen und in unlöslichen Zu-
stand bringen.
Um die in Frage kommenden Vorgänge, so weit sie Wissenschaft-
polyt. Joarn. Bd. JCV, 8. 129, ebendas. Efiprit Bd. CX^UI. S. 45;' '^es. ebendas.
Weppen Bd. XCVIII, S. 408; Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LV, S. 241 u.
Bd. ÜX, 8. 854. — *^ Ventzke, Dingler'a polyL Journ. Bd. CXXIX, 8. 144. —
*) Warrington, Dingler^B polyt. Journ. Bd. XCIZ, 8. 58. Graham a. Hof-
manD. AnnaL d. Ghem. n. Pharm. Bd. LXXXUI, 8. 89. — *) Diiiglar^s polyt.
Jovn. Bd. CXVI, 8. 166.
776 Beize.
lieh verfolgbar sind, sich klar zu machen, hat man den gansen Com*
plex der Erscheinungen, der sich beim Zusammentreffen der thierisehMi
oder vegetabilischen Faser mit der Beize einerseits und der FarbeCoff-
lösung andererseits ergiebt, in einzelne Raactionen za zerlegen:
1. das Verhalten der als Beizmittel gebränchlichen Salzlösungen
gegen die Farbstoffe;
2. das Verhalten der Beizen gegen die Faser und die Verinde-
rnngen, die sie auf derselben durch di^ Behandlungsart erleiden;
3. das Verhalten der Farbstoffe gegen die Faser.
1. Sowohl die gewöhnlichen Abkochungen vieler Farbnsaterialieo,
wie sie in der Färberei gebraucht, werden , als die Lösungen der dar-
aus abgeschiedenen reinen Farbstoffe, liefern, mit gewissen Salzlösim-
gen zusammengebracht, gefärbte Niederschläge. Mehrere solcher Nie>
derschläge werden im Grossen dargestellt- und kommen unter dem Na-
men „Lacke^^ als AnstrichCarben im Handel vor.* Sie haben hinfiichtlich
ihrer Zusammensetzung alle das Gemeinschaftliche, dass in ihnen die
Basen der Salze, deren Lösung man mit der Farbstofflösong zasamnien«
gebracht hatte, verbunden mit dem Pigment enthalten sind. Die Me-
talloxyde, deren Salze zu Hervorbringnng solcher Lacke sich eig-
nen, sind besonders Alaunerde und Zinnoxyd. Diese Oxyde sind f^
sich weiss und die damit hervorgebrachten Lacke haben im Granzen
die Farbe der Pigmente, aus welchen sie gewonnen wurden, und lie>
fem also mit rothem Farbstoff rothe, wenn auch bicht ganz gleich nnan-
cirte, mit gelben Farbstoffen gelbe Lacke u.s. w. Die Salze des Eisen»
oxyds geben ebenfalls mit vielen Farbstoff] Ösungen Niederschläge, de-
ren Farbe indessen von der des Pflanzenpigments stark abweicht; sa
eigentlichen Lacken werden deshalb Eisenoxydsalze nicht verwen-
det, weil die Niederschläge in der Regel wegen zu geringer Lebhaftig-
keit der Farbe wenig geschätzt sind. Die Bildnng dieser Niederschlage
hängt von manchen Umständen ab; z. B. von der Natur der Säure, an
welche die lackbildende Base gebunden ist, von dem Sättigongsver-
hältniss zwischen Säure und Base — von der Anwendung von Hitze
(zuweilen bleibt das Gemisch von Salzlösung und Farbstoflaafg^iss bei
gewöhnlicher Temperatur klar, ,der Niederschlag erfolgt aber darrh
Kochen) — , endlich bedarf es zuweilen eines Fällungsmittels, nm
die Basis niederzuschlagen, welche beim Niederfallen Farbstoff mit sich
reisst — (Alaunlösung, mit gewissen Farbstoff kochungen gemischt,
bleibt klar, und erst durch Znsatz von Alkali fallt der Alaunerdelaek
niedv).
Durch Einhalten einer dieser Bedingungen, namentlich der leizte-
reUi, können auch mit anderen Salzen als den erwähnten, lackartige Nieder-
schläge hervorgebracht werden, so mit Magnesia-, Zink-, Blei-, Qoeck*
silbersalzen. In die Technik sind diese indess kanm eingegangen. Wenn
nach dem Gesagten die Bildung solch unlöslicher Lacke der FTanptvoi^
gang ist, auf den wir die Wirkung der Beizen zurückführen müssen, so
ist doch die Zahl der zu Beizen gebrauchten Metallsalze geringer als
die, mit welchen man Lacke hervorzubringen im Stande wäre, da die
Tauglichkeit eines Salzes noch abhängt von dem Verhalten der Salz-
lösung zur Faser und dem Verhalten der 'mit Salz getränkten Faser
bei den weiteren Manipulationen.
2. Eine bei den mannigfaltigsten Operationen des Färbers und Zeug-
druckers erkennbare Thatsache ist die, dass sich Wolle und Seide leidi-
Beize. 777
ter flrb«n lamen, als Baumwolle nnd Leinwand. In den meisten Fäl-
len ist dieser Unterschied ' bedingt von dem grossen Vermögen der
Thierfasern, die als Beise wirksamen Salse ans ihren L5snngen aofsn*
nehmen. Ob dies anf einer Fläohenanriehnng bemhe, oder in der che-
mttohen BeschaiFenheit der Seide nnd Wolle seinen Orond habe, ist
nicht entschieden, gewiss aber ist, dass die letzte Ansicht bedeotende
Vertreter fand, nnd dass man ans dieser Anschaumig die vortheilhaften
Wirkungen des Imprftgnirens von BanmwoUe mit thierischem Eiweiss
▼er dem Färben, sowie die der Enhkothbäder in der Türkischrothfärbe-
rei mit ZnhÜlfenahme eines Namens „ Animalisation^ za erklären suchte.
Der umstand, dass Wolle und Seide das grössere Anziehnngsvermögen
zum Unterschied von Baumwolle und Leinwand gegen eine Reihe der ver-
schiedenartigsten Stoffe zeigen, dient jedenfalls der letztgenannten An-
sicht nicht zur Stütze. Neuere Erfahrungen, die man über das Entlar-
Imngsvermögen der . Kohle und allgemein über deren Tauglichkeit als
Filtrationsmittel gewonnen hat, beweisen, dass der Unterschied zwischen
thierischen nnd Pflanzenkohlen viel geringer ist ,' als man früher an-
ni^hm, dass der Grad der Wirkung vielmehr bei beiden von der Dich-
tigkeit, Vertheilnng, Porosität, also von der Beschaffenheit der OberfläF
übe abhänge. Auch diese Wamehmungen machen es wahrscheinlich, dass
die vortbeilbaftere Bolle der Thierfasem in dem Färbungsprocess auf stär-
kere Flächenanziehung derselben zurückftihrbar sei. Wolle wird schon
lange als Filtrationsmittel ffir Wasser gebraucht; dass sie in dieser Hin-
sicht nicht chemisch wirke, darf man wohl als unzweifelhaft annehmen.
Es zeigte sich bei Versuchen, die Board und Th^nard an-
stellten :
1. dass gut gereinigte Wolle sowohl als Seide aus einer Alaun-
iSsnng ziemlich beträchliche Mengen des Salzes anzog, indem die Lö-
sung, die mit diesen Fasern längere Zeit in Berührung gelassen war,
nach dem Abgiessen als salzärmer erkannt wurde;
2. dass hierbei keine Zersetzung des Alauns in ein gelöst blei-
bendes saures und ein an der Faser haftendes basisches Salz erfolgte ;
8. dass zum Wiederauswaachen des unzersetzten Alauns zehn und
mehr Aufgüsse von kochendem Wasser nöthig waren;
4. dass die nämlichen Erscheinungen bei Baumwolle und Lein-
wand nur in viel schwächerem Grade stattfanden.
Aehnlich wie der Alaun sollen sich Eisensalze und Zinnsalze ver-
halten. Behauptet wird — wir unserseits halten die ftir die Behauptung
angerufenen experimentellen Belege als unzureichend. — dass alle übri-
gen Salze nicht von der Faser aus ihren Lösungen abgeschieden weifden,
sondern nur in dem Verhältniss auf ihr haften bleiben, wie sie in dem
Theil der Lösung, der auf der Faser eintrocknet, vorkommen. Auch
sollen mehrere dieser Salze sich durch ihre Neigung zu krystallisiren sehr
ungleichmässig auf der Faser absetzen.
Wenn trotz dieser EigenthÜralichkeit, die allen Alannerdesalzen,
Zinnoxydsalzen und Eisenoxydsalzen gegenüber sämmtlichen Übrigen
Metalloxydsalzen zukommt, der Alaun selten ohne weitere Zuthaten ge-
braucht wird, so hat dies darin seinen Grund, dass andere Alaunerde-
salze noch günstiger wirken.
Wichtiger wohl als die erwähnte Eigenschaft dieser Salze, von der
Faser unverändert aus Lösungen angezogen zu werden, ist folgendes
Verhalten.
778 Beize.
Das Zinnohlorid wird darch versehiedene UraaC&nde, je nadi der
Art seiner Darstellung, schon durch Kochen seiner wässerigen Losung,
in niederfallendes Zinnozydhydrat und Salzsäure' zersetzte Eniens
hält, wenn die Zersetzung auf der Faser selbst vorging, xiemlich £aet
auf derselben. Die leicht löslichen Eisenoxydulsalze werden durch Auf-
nahme von Sauerstoff in schwerlösliche basische Eisenoxydsalxe umge-
wandelt, die ebenfalls fest an der Faser haften bleiben.
£s ist in dem Artikel Alaunbeize und Alaun, neutraler (jl
Bd. I, S. 397 u. 399), angegeben, wie gewisse Thonerdesalze sehr leicht
in basische schwerlösliche Verbindungen umgewandelt werden, sei es
durch Verdunstung der Säure (Essigsäure), sei es durch Zerfallen der
Lösungen in der Hitze.
Es ist also die Disposition zur Bildung schwer löslicher Salie, in
Verbindung mit der Eigenschaft dieser Körper die Farbstoffe aiisus»'
hen, welche die Alaunerde-, Zinnoxjd- und Eisenoxydsalze su Beismit-
mitteln besonders geeignet macht
3. Was das Verhalten der Fasern zu den Farbstofflösungen be-
trifft, so werden die Farbstoffe seit langer Zeit unterschieden in Sub-
stantive und adjective. Unter dem ersten dieser wenig charakteristi-
sch/en Namen versteht man diejenigen, welche ohne Dazwischenkunfi
einer Beize sich auf der Faser befestigen, unter letzterem* diejenigen, die
einer solchen bedürfen.
Nicht ganz ohne Ausnahme, aber in der grossen Mehrz&hl der
Fälle, besteht der Unterschied der Farbstoffe, hinsichtlieh ihres Ver-
haltens zur Faser, darin, dass die einen, auch ohne das Mittel der
Lackbildung, in unlöalichen Zustand übergeführt werden und in diesen
Zustande auf der Faser haftend gemacht werden können, die anderen
nicht. Die Mehrzahl der organischen Farbstoffe, deren Lösungen in
der Färberei dienen, werden aus den letzteren nicht durch eingelegte
Wolle, Seide, Baumwolle etc. angezogen. Werden die Flocke, 6e-
spinnsto oder Gewebe, nachdem sie sich mit der Lösung voUgeaogen,
getrocknet, so mögen sie zwar gefärbt erscheinen, verlieren aber die
Farbe wieder fast vollständig durch Auswaschen. Es giebt einige Farb-
stoffe, die, ohne zu den sogenannten Substantiven gezählt zu werden,
auch in das ungeheizte Zeug einfarben, aber so wenig intensiv, dass
sie doch nie ohne gleichzeitiges Beizen zur Anwendung kommen. Aus Al-
lem geht hervor, dass die Beize das nothwendige Mittelglied zwischen der
grossen Mehrzahl der Farbstoffe und der damit zu färbenden Faser ist.
Das Zusammenbringen der Faser mit den Beizsalzen geschieht aaf
sehr verschiedene Weise. In der Färberei wird der Stoff oder das
Garn gewöhnlich in die Auflösung des Beizmittels mehrere Stunden
lang gelegt oder mehrere Male durchgezogen; seltener ist der Fall,
dass die Farbstofflösung mit* der Beize sich in dem nämlichen Bade fin-
den, in welches dann die zu färbende Faser eingelegt, eingehängt oder
mittelst eines Haapels durchgenommen wird. Li der topischen Färbe>
rei, dem Zeugdruck, wird entweder der ganze Boden des Stückes ge-
beizt und nachher die Beize an einzelnen Stellen durch Aufdrucken so-
genannter Aetzpappen (^enlevageä)^ das sind Lösungsmittel für die befe-
stigte Beize, wieder weggenommen, um beim nachfolgenden Färben diese
Stellen ungefärbt zu erhalten, oder, was der häufigere Fall ist, die Beize
wird mit einem Verdickungsmittel, Gummilösung, Stärkekleister etc.
gemengt .auf die zu färbenden Stellen aufgedMickt, oder endlich die
Beleaohtung. 779
BeiAi, da« YadickDiiganitlel und die FarbatöfflSeiing weHen ca«üoi>
inen 'genüeht nnd zusammeii aufgedmekt. Dies sind die häufigst ge»
brauchten Methoden der Vereinigung der Faser mit dem^Beismittel; ee
gehörir mehr in die Artikel Färberei und Zeugdruck, alle Verlahrung^
arten anfsusäblen 'und zugleich die Vorrichtungen zu beapreehen, die
dabei dienen. Als Hälfsmittel für die Befestigung der Beize auf der
Faser dient:
Erhitzung bei WoUförberei), oder Trocknen (Verdunsten
eines Theiles der Säure, z. B. bei essigsaurer Thonerde), oder aber Aus^
setzen an die Luft, um Oxydation der Basis zu bewirken (bei Eisen-
beizen) ; endlich Passirdn <jbirch gewisse Bäder, wie z. B. Wasser
mit Schlämmkreide oder Kuhkoth, Wasserglaslösung, Schmach- oder
Gallu«tabkochung. Mehrere dieser Mittel haben indess, nach den frei-
lich ziemlich willkürlichen Annahmen der Techniker, noch eine andere
RoUe, nämlich die des B einigem! von überschüssiger Beize. Die
Nothwendigkeit des Beinigens der gebeizten Zeuge vor dem Ausfarben
ist leicht zu begreifen; bei den einfarbigen Stücken würde der nicht von
der Faser aufgenommene Theil der Beize, ebenso wie der aufgenom-
mene Theil, Farbstoff ans dem Färbebade niederschlagen, also Verlust
veranlassen, bei nur stellenweise gebeizten Zeugen würde aber überdies
ein Theil der nicht befestigten Beize in dem Färbebade wieder gelöst
und mit Farbstoff in den Boden, d. h. den Theil des Zeuges einschla-
gMi,' den man ungefärbt erhalten wünscht. Das Reinigen geschieht
häufig nur durch Waschen in kaltem oder heissem Wasser, namentlich
ist dies Mittel angewandt und meist ausreichend, wo auf das Beizen nicht
getrocknet werden muss. In de^ Druckerei wird nach dem Aufdrucken
der Beize immer getrocknet; es ist nicht nur der mit der Faser ver-
bundene Theil der Beize, sondern auch das Verdickungsmitmittel an
entfernen, ehe das mit Beize gedruckte Zeugstück in die Farbflotte kommt.
Würde das Entfernen der überschüssigen Beize nur mit Wasser gesche-
hen, so wäre Gefahr vorhanden, dass diese zum Theil sich in die- unge-
heizten Theile des Zeuges niederschlüge, deshalb ist gleichzeitig zu
sorgen, dass sie schnell zerlegt und in einen Zustand übergefUhrt werde,
in welchem sie die Faser nicht mehr imprägniren kann. Diesen
Zweck erreicht man durch verschiedene Mittel, z. B. ein Ereidebad, ein
Kl<$iebad, ein Kuhmistbad. Von der Wirkungsart des ersteren kann
man sich leichter Rechenschaft geben, als von der der anderen. Kreide,
z. B. mit Alaunlösung zasammengebracht, fallt' unter Gypsbildung di^
Alsunerd^. Alf wirksames Princip im Kuhkoth hat man sehr verschieden«
Bestandtheile angenommen, eine sehr hypothetische „Kuhkothsäure^^, die
phosphorsauren oder kieselsauren Salze und anderes, ohne sich auf be-
wmsende Versuche für eine dieser Annahmen stützen zu können. Ar-
sensaures Kali, oder das sogenannte 8el pour bousage^ das ist phosphor-
sanres Natron mit phosphorsaurem Kalk, oder endlich kieselsaures Al-
kali (Wasserglas), «die sämmtlich neben oder anstatt Kuhkothbädem an-
gewandt wurden oder noch angewendet werden, wirken vorzugsweise
durch Fällung der Beizbasen, also des Eisenozyds oder der Thonerde
in Verbindung mit Arsensäure, Phosphorsäure, Kieselsäure. By.
Beleuchtung.. Unter den verschiedenen Mitteln behufs künstli-
cher Lichterzeugung sind nur wenige zu Beleuchtungszwecken praktbch
geworden. Es^ist bekannt, dass bei dem Zusammentreffen der zwei ver-
780 Beleachtm^.
schiedenen Arien des elektrischen FhndomB Lieht entwick^ wM.
Man hat in neuerer Zeit, namentlich in Frankreich, mebrlach Ymmek^
das Licht, welches aus den in Kohlenspitien endigenden Elektroden
einer starken galvanischen Batterie ausströmt, als Belenchtangsnittel
zu gebrauchen, namentlich wo es sich darum handelte, grössere PlStse
SU beleuchten, so bei Festlichkeiten, oder bei nächtlichen Arbeiten an
grossen Bauten für eine grosse Anzahl Arbeiter. Bis jetzt kann man
hier nur von Experimenten sprechen, nicht von wirklicher technischer
Anwendung; der Preis und der Umstand, dass der elektrische Strom meht
leicht auf längere Zeit constant bleibt, bieten hier Schwierigkeiten; diese
Beleuchtung soll gegenaber den gewöhnlichen Methoden ökonomieeh
sein, wo es sich darum handelt, einen grossen Platz fiberikil gleich staik
zu beleuchten, z. B. bei grösseren Arbeiten in der Nacht, oder unter
Wasser, oder wo gleichzeitig für eine grosse Anzahl yon Menschen hin-
reichend Licht geschafft werden solL Auch Lacassagne und Thiers
haben solche Lampen construirt ^).
Eine bekannte Sache ist es, dass der Act der chemischen Vereini-
gung der verschiedensten Stoffe in delr Regel mit Wärme- und nickt
selten mit Lichtentwickelun^ verknüpft ist Die grösste Zahl der in
diese Gruppe gehörenden Erscheinungen sind Oxydations Vorgänge, Ver-
bindungen von Grundstoffen oder zusammengesetzten Körpern mit den
Sauerstoff der atmosphärischen Luft — Verbrennungen. Man kann in
unzähligen Fällen die Beobachtung machen, dass sich der atraosphir^
sehe Sauerstoff mit anderen Stoflen vereinigen kann, ohne dass die ge-
ringste Lichterscheinung aufträte und dass selbst die Wärmeentbindnng
bei sehr vielen derartigen chemischen 'Processen so gering ist, dase^aie
nicht gemessen werden kann. Aber selbst von solchen Verbrennung^
erscheinungen, die mit Wärme- und Lichtentwickelung verknüpft sind,
lassen sich nur die wenigsten im Beleuchtungswesen zu Nutzen aieheik
Es wird den Massetheilchen eines Körpers durch Anhäufung gros-
serer Wärmemengen das Vermögen ertheilt, Licht auszustrahlen; den
starren und tropfbaren Körpern, deren Massetheilchen näher aneinan-
der gelagert sind f^s die der gasförmigen, wird das Vermögen des
Leuchtens durch Erhitzung im höheren Grade zukommen als den luft»
förmigen Körpern. Man kann im Allgemeinen sagen, dass ein starrer
Körper hw zu 500^ C. erhitzt, rothglühend, bis zu 1000« C. erhitzt,
weissglühend erscheint. Gase auch bis auf diese Temperatur erhitzt,
werden dennoch sehr wenig leuchten. Das Wasserstoffgas liefext bein
Verbrennen beträchtliche Wärme, dagegen wenig Licht; wird in das
Gemisch brennenden Wasserstoffs mit Sauerstoff ein fescer Körper,
z. B. ein Kalkcylinder, gehalten und zum Glühen gebracht, so strahlt
dieser bald höchst intensives weisses Licht aus., das nach dem Entdecker
dieses Phänomens das Drumond'sche Licht genannt und .zur Beleuch-
tung der Objecte vor dem sogenannten Hydro-Oxygengasmikroskop zu
den disBolrnng viewa u. s. w. angewendet wird. Ein spiralförmig lauf-
gewickelter dünner Platindraht in die gewöhnliche, bekanntlich schwach
leuchtende Weingeistüamme gehalten, erscheint viel stärker leuchtsnd
als die Flamme selbst.
Das stärkere Leuchten mancher Flammen schon für sich, ohne dass
man starre Körper dareinhält, ist immer zurückfiihrbar auf das Vorhan-
0 Vergl. Cosmos. par »|oigno T. IX, p. 840 et S65; T. X, p. S4S et 417.
Beleuchtung. 781
denMm eines glühenden, feinvertheüten, in der Flamme befindlichen festen
Kdrpers, sei dies ein brennbarer noch unverbranntei^ Stoff oder ein Prodaet
der Verbrennung selbst Das starke Leuchten des brennenden Phos-
phors kommt der glühenden Phosphorsäure zu. In der Flamme unse-
rer gewöhnlichen Leuchtmaterialien ist es glühende, feinyertheilte
Kohle, der das grosse Lichtausstrahlungsvermogen suzuschreiben ist.
Alle zu unseren Beleuchtungszwecken gebrauchte Flammen der Ker-
zen, Oellampen oder Gasbrenner sind das Ergebmss der Verbrennung
flüchtiger, durch Erhitzung erzeugter Zersetzungsproduete der Lencht-
materialien. Alle unsere Lenchtmaterialien aber sind kohlen- und
Wasserstoff haltige, gewöhnlich sauerstoffarme und stickstofffreie Sub-
stanzen, und deren durch Erhitzung (trockene Destillation) sich erge-
bende Zersetzungsproduete, ^e aus Wasserstoffgas, Grubengas, ölbil-
dendem Gas, Kohlenoxydgas, Kohlensäure, Wasserdampf und mancher-
lei dampfförmigen Kohlenwasserstoffen, oder temären, Kohlenstoff,
Wasserstoff und Sauerstoff enthaltenden, Körpern bestehen.
Dass das Leuchtvermögen einer Flamme zumeist von^ der Ausschei-
dung von Kohlenstofilheilchen, die sich im glühenden Zustande in der
Flamme fortbewegen, abhängt, lässt sich aus einer Vergleichung des Ver-
haltens der beiden Kohlenwasserstoffgase, des Grubengases (CsH«) und
des ölbildenden Gases (G4H4), darthun. Das Grubengas verbrennt mit
schwachleuchtender, das ölbildende Gas mit sehr heller Flamme. Die
Menge des Kohlenstoffs in einem Volumen des ersteren ist nur halb so
gross als diejenige in einem Volumen des letzteren« Das ölbildende Gas
hat überdies die Eigenschaft, beim Durchgehen durph glühende Bohren
in Kohlenstoff, der sich an den Röhrenwänden absetzt, und in leichtes
Kohlenwasserstoffgas zerlegt zu werden. Denkt man sich einen Strom
Grubengas in atmosphärische Luft tretend und angezündet, so wird der
Sanerstoff des mit den brennbaren Gasen durch Diffusion sich mengen-
den Luftvolumens leichter hinreichen, neben dem Wasserstoff allen
Kohlenstoff rasch zu verbrennen, als dies unter übrigens ganz gleich ge-
dachten umständen mit dem ölbildenden Gas der Fall sein wird. Wenn
der Wasserstoff und Kohlensto*^ eines Theiles des Gases verbrennt, so
wird die nächste Folge sein, dass der noch nicht zur Verbrennung ge-
Laogte Antheil des Gases gerade ' ebenso zerlegt wird, als es der Fall
sein würde, wenn er durch eine glühende Röhre strömte, es wird Kohlen-
stoff abgeschieden, und dieser kommt erst ins Glühen, ehe er, durch
den Luftzug in den oberen Theil der Flamme bewegt, ebenfalls zu
Kohlensäure verbrennt Ganz ähnlich wie das EUajlgas verhält sich
las Ditetrylgas und die damit homologen Kohlenwasserstoffe, die in
Dampfgestalt dem Gasgemische beigemengt sind, so wie andere Kohlen-
»vaaaerptoffe, z. B. Benzin. Gasgemenge, wie man sie durch die trockene
[>e8tiliation organitoher Substanzen gewinnt, werden um so stärkeres
Lienchtvermögen haben, je reicher sie an Kohlenwasserstoffen von grossem
S^ohlenstoffgehalt sind.
Dass das Leuchten der kohlenstoffireioheren Kohlenwasserstoffe
sirklich darauf beruht, dass wegen anfänglich unvollkommenem Sauer-
itofizatritt Kohlenstoff zuerst im starren Zustande abgeschieden wird,
aast sich sehr deutlich zeigen dorch Beimengung von atmosphärischer
itfoft aca Leuchtgas. Die Heizbrenner in den chemischen Laboratorien
ind so eingerichtet, dass sich dem Gasstrom zuerst Luft beimengt und
las Gtemiaeh dann zur Verbrennung gelangt; die Flamme derselben
782 Beleucbtnng.
hat BOT Doofa gpnagm LenchtTermOgen, wnl d«r Saoentoff der Lofl «
Stande üt, die weiter ansaiDandergedringten KohlenMofRheilcheD ohae
▼orherigeB Absoheiden and Erglühen sofort lu verbrennen. Ans dm
«rlKntflTten ßrflnden wird ein zum Leuchten beBtininites Gas durch bei-
gemengtea Waaser^^toffgiis, Kohlenoxydgas nnd Gmbengai, obschon £«
brennbare Körper sind, in seinem LenchtreTmögen wesentlich geschw&i^
werden, mehr aber wird dies noch der Fall sein, wenn Stickgas oder
ähnliche Gase in etwa« erheblicherem VerhÜltnisBe beigemengt nni
d» diese auf die brennbaren Gase nnr verdOnnend wirken.
Ein sehr in die Aogen fallendes Beispiel liefert das Verhalten de)
Aether- nnd des Alkohotdampfes beim Verbrennen. In einem VoIutmo
Aethergat sind enthalten: 2 Vol. Kohlenstolf, 5 Vol. Wasserstoff mtd
Vj Vol. Sanerstoff (specif. Gewicht 2,58). In einem Volamen Alki^ol-
gas ist dagegen 1 Vol. Kohlenstoff, 3 Vol. Wasserstoff und Vt ^^
Saoerstoff (specif. Gewicht 1,59) enthalten. Der Aether brennt mit be-
deutend hellerem Licht« als der Alkohol, in dessem Gase die Kohlenstoff-
atome doppelt so weit entfernt von einander sind als im Aethergsi,
und werden daher durch eine gewisse, för beide Gase als gleich grois
ansunehmende Menge atmoeph&riichen Sauerstoffes eher gleichteibf
mit dem Wasserstoff verbrannt, als dies beim Aether der Fall sein ksm.
Es ergiebt sich ans dem Gesagten, dass die Zusammensetzung ilÜb
unserer starren und flüssigen Lenchtmaterialien so beachaffea sein nnti.
daes die durch Erhittung daraus hervorgehenden Gase und D^m^
mfigUchst wenig von den genannten, sei es brennbaren aber schwid
leuchtenden, sei es nicht brennbaren Gasen enthalten. Körper, die »
ben Kohlenstoff und Wasserstoff beträchtliche Mengen Sauerstoff e^
halten , werden bei ihrer Zersetzung durch Hitze Wssserdampf, K(^
lenoxyd und Kohlensäure bilden; dass Stiekstoffgehalt in Snbstanna.
die zum Beleuchten beetiniml sind, ob er nun sie freier Stickstoff oIb
in Form ammoniakalischer Verbindnngen nnter die ZersetznagsprodaA
eingehe, nur schädlich wirken kann, bt leicht einznsehen, und «s lEsH
sich ans diesen Betrachtungen der Schlüge ziehen, daes nur K5rper nü
vorwiegendem Kohlenstoff- und WasBerstaffgebalt sich als Beleachtmigi-
materiatien eignen werden.
Mit der Form und der Farbe der verschiedenen Theile der Ee^
Ben- oder Lampenflamme haben sich seit dem Aufblflben der eiptri-
mentalen Bichtung in der Chemie die höchsten Autoritäten der Wis-
senschaft, wie H. Uavy und Berzelius, beschäftigt. Letzterer nnhr-
Fig. 76. scheidet in der Flamme: 1. aa den inneren nicht ItaA-
tenden Kegel: die Stelle, welche er von den noch unver-
brannten Dämpfen und Gasen, die sich ans dem Dockt
entwickeln, eingenommen annimmt. 2. Diese umgebesd,
die leuchtende HUUe efg, in welcher die Zerlegung
der schweren Kohlenwasserstoffe, die Abscheidnng nsd
das Erglühen des Kohlenstoffs vor sich geht. 3- Di«
blaue Uiille an der Basis der Flamme (in der Figur et-
was dunkeler schattirt), in welcher wegen ungehiod«-
ten Luftzutritts Kohlenstoff und Wasserstoff ohne mr-
herige Kohlenstoff-Anssoheidnng, aber wegen der sbkfl))-
lenden Wirkung der zustrbmenden Luft mit geringeis
Leuchten verbrennt werden. 4. Endlich fi c d ein we-
nig sichtbarer die Flamme umgebender Hanlsl oder
Beleuchtung. 788
Scl|l«ier, die^ SteUe, an der die Oxydation der brennbaren €kwe am
▼oUst&ndigsten vor sich geht, die deswegen auch die heisseste ist.
Berzelins, wie frühere und spätere Beobachter und Bericht-
erstatter über die Natur der Flamme, gehen gemeinschaftlich von der
Idee aus, dasa die Verbrennung nur an der Flammenoberfläche statt-
finde, dass die Flamme gleichsam der gegen dieselbe anströmenden
Isuh Widerstand entgegensetze. Durch Versuche, die auf Veranlassung
Bnnsen's von Uiltgard i) mit der Flamme der Talg« und Wachs-
kerze und von Landolt') mit der Flamme des Steinkohlen gases ange-
stellt wurden, ist diese Anschauung als eine irrige beseitigt, und es
möchte als eines der wesentlichsten und schönsten Resultate dieser Un-
tersuchungen die Thatsache' zu betrachten sein, dass die atmospliärische
Luft die Flamme durchdringt und sich im Inneren derselben auch in
dem nichtleuchtenden Theile sowohl Stickstoff als die durch Verbren-
nung entstandenen Sauerstoffverbindungen, Kohlensäure und Kohlenoxjd,
in bedeutender Menge finden. Es muss — nachdem dieser Sachverhalt
bewiesen ist — die Erklärung der Verschiedenheiten der Farben und
Temperaturen der einzelnen Flamment heile, wie leicht begreiflich, we-
sentlich modificirt werden. Macht man den chemischen Vorgang zur
Grundlage einer Betrachtung über die Natur der Flamme, so ergiebt
sich nur ein wesentlicher Unterschied unter den erwähnten vier Thei'-
len der Flamme.
Nur in dem innersten, nichtleuchtenden Kegel findet keine Ver-
brennung statt, weil die eindringende Luft, ehe sie diese Stelle erreicht,
ihren Sauerstoff abgegeben hat Dieser Theil 'der Flamme ist der
Raum der Gaserzeugung ans den im Docht aufgestiegenen flüssigen
Leuchtstoffen. In jedem der drei anderen von Berzelius unterschie-
denen Flammentheilen findet Verbrennung statt, die Erscheinungen
aber sind verschieden, je nach dem Verhältniss, in welchem brennbare
Gase und atmosphärische Luft zusammentreffen, und nach der Tempe-
ratnr, die sich in Folge des nicht überall gleichmässig verlaufenden
Verbrennungsprocesses an den einzelnen Stellen ergiebt.
Die Kenntniss der Hauptresultate der Untersuchungen von Hilt-
gard und Landolt ist für das Verständniss des Vorganges im Inneren
der Flammen viel zu wichtig, ja man kann sagen bis jetzt so ganz
raaassgebend, dass wir eine Mittheilung derselben nicht umgehen kön-
nen. — Ersterer untersuchte die Flammengase des Talgs und Wachses.
Die beiden festen Leuchtmaterialien wurden in einem cylindrischen
BlechgefÜss zum Schmelzen gebracht In der Axe des Gefasses befand
sich ein Doppelrohr, ähnlich dem eines Argand'schen Brenners. Das
äossere Bohr stand durch kleine Schlitze in Verbindung mit dem flüs-
sigen Leuchtstoff, das innere hatte 6 Millimeter Durchmesser und war
einerseits dazu bestimmt, dem in dasselbe luftdicht eingesteckten und
zum Auf- und Abwärtsschieben eingerichteten Saugrohr als Leitung zu
dienen und andererseits den äusserlich über dasselbe geschobenen cj-
lindrischen Docht zu halten. Das Saugrohr war nach unten mit einer
Glaskugel verbunden zur Aufnahme der verdichteten Dämpfe; diese
stand durch eine Kautschukröhre seitlich mit einem Chlorcalciumrohr,
^) Annal. cL Cb«m. n. Pharm. Bd. XCII, S. 129. — ') Üeber die ohemisehen
Vorgänge in der FUmme des ' Lenchtgases. HabilitationsBchrül von Hft. Landolt.
1856.
784
Beleuchtung.
dies mit einem Sammelrohr in Vorbindmigi und vor letzterem war dar
Aspirator angebrachte Im Inneren dea Saagrohres «leckte lodLer eb
dönner Platindraht, dessen Wärroeleitangsiahigkeit dazu benutst wurde,
das enge Saugrohr bis in die Glaskugel hinab so warm eu erhalten, du«
sich die Dämpfe in demselben nicht verdichten und es verstopfen kono-
ten. Ein Zugglas war über die Flamme geAshoben-, am sie ruhiger m
erhalten. Durch Ablaufenlassen des Wassers im Aspirator wurde m
Luftzug in der Flamme von 'oben nach unten und durch deren Mtte
gehend hervorgebracht; Wasser und die übrigen verdichtbaren Dampfe
in dem Chlorcalciumrohr und dem Sammelrohr zurückgehalten, die
nicht verdichteten Gase und Dämpfe aber in dem Aspirator gesammelL
Dies mag hinreichen, um von den Hülfsmitteln, mit welchen die non
zu berichtenden Resultate gewonnen wurden, eine. Vorstellung zo ge-
ben. Für eine genauere Beschreibung derselben müssen wir auf die
Originalabhandlung verweisen. Der durch den Aspirator hervorge-
brachte Gasstrom durfte nur sehr langsam stattfinden, um das ruhige
Brennen der Flamme nicht zu sehr zu stören. Die Untersuchung der
Gase wurde nach der Methode von IL Bunsen^) vorgenommen. Za
bemerken ist, dass die Kohlenwasserstoffe C. 8., die durch rauchende
Schwefelsäure absorbirbar sind, der Einfachheit wegen als Elajigtf
(0484) berechnet vmrden.'
Nachfolgende Tabellen geben nach diesen Untersuchungen die Zt-
sanmiensetznng der Flammengase des Talglichts in fünf verschiedeoeD
Höhen zwischen 0 und O*""", die des Wachslichts in sechs verschiedenea
Höhen, von 0 bis 10"" über dem Niveau des Dochtes aufgefangea
Die in A« und B. ^beigefügten Tabellen II. sind aps den Tabelleo L
umgerechnet, weil die. Oxydationsvorgänge sich leichter übersehen las-
sen, wenn die schwankende Grösse des an diesen nicht theilnehmeadeo
Stickstoffs ausgeschieden wird. Tabelle C. giebt die Gewichte der ver-
dichteten Stoffe an.
A. Gase der Talgflamme.
Höhe.
Stickstoff.
Kohlen-
säare.
Kohlen-
ozyd.
EUyl.
Gmben'
gas.
Wmmt-
•toff.
gnin
. 75,918
c »
72,282
4 »
64,404
2 »
59,012
0 P
C3,5GC
1
9«
Ä
6 •
— —
4 »
—
2 »
—
0 »
I. Alle Gase gemeinsam.
1,515
6,041
18,104
17,125
18,768
14,468
5,649
10,896
6,248
10,243
6,676
10,135
7,222
7,182
4,603
1,154
2,682
2,698
4,775
5,204
n. Gase ohne den Stickatotf.
60,075
23,457
6,292
89,310
22,541
21,785
28,776
18,755
36,813
24,727
17,620
41,780
19,576
12,634
51,512
4,792
9,676
8,077
9,210
14,284
1,801
1,851
2,875
2,781
0,727
5,402
6,678
7,579
6,663
1,995
') QMometrische Methode von R. Bunsen. Brannschweig. 1867. Absduuttn.
r
Beleuclitung.
785
B. Oase der Wachsflamtne.
Höh«.
SüokBtoff.
Kohlen-
sfture.
Kohlen-
oxyd.
Elayl.
Gruben-
Wasser-
stoff.
I. Alle Gase gemeinsam.
10—
70,615
11,695
5,165
8,708 1 0,851
1,971
8 »
7d,9G2
11,458
5,730
6,157
0,881
2,812
C »
71,860
10,797
5,810
8,180
1,840
8,068
6 »
71,089
10,885
5,084
8,914
2,084
2,494
6 »
68,576
10,456
6,116
10,599
1,686
2,567
4 » .
64,152
9,990
5,855
14,298
2,931
2,779
2 »
64,086
10,075
5,620
14,885
2,619
2,783
0 »
65,855
9,998 1 5,421 |
14,228 2,811 1
2,687
IL
Gase ohne den^Stickstoff.
10"»"
—
50,014
22,084
15,884
8,688
8,480
8 »
» ^^^^
44,002
22,006
19,805
8,882
10,805
6 »
—
87,700
18,541
28,886
4,678
10,695
6 »
—
85,747
17,587
80,888
7,207
8,626
6 »
—
88,274
19,468
88,729
5,865
8,169
4 »
27,868
16,882
89,872
8,175
7,753
2 »
28,088
15,640
41,428
7,289
7,605
0 »
■^■^
28,858 15,647 |
41,069
6,671
7,755
C. Die ^
irerdichteten Stoffe auf 1 L
iter Gas.
•
Höhe.
Wach«.
Talg.
10""»
0,1240rm.
0,115
8 n
0,151 »
—
6 »
0,169 »
—
6 »
0,188 •
0,109
6 »
0,168 »
—
4 »
0,816 »
0,130
2 » 0,484 » 0,877
0 »
1,008 »
0,704
Die am meisten in die Augen springenden Folgerungen, welche
aoB diesen Beobachtungen sich ziehen lassen und auf welche Hiltgard
aufmerksam macht, sind:
1.. Dass, wie schon oben bemerkt wurde, der Stickstoff der Luft
auch in die tiefsten und innersten Theile .eindringt.
2. Oass in einer Höhe von 2 bis 4'"" über dem Dochtniveau das
Verbältniss des Stickstoffs zu den anderen Gasen etwas abnimmt, in
grösserer Höhe aber sich wieder vergrössert.
3. Dass die relative Menge der verdichtbaren Stoffe ebenfalls
iD der Höhe von 2 bis 4*°™ über dem Docht abnimmt. Die beiden
Erscheinungen möchten im Zusammenhange zu einander stehen. Man
sollte annehmen, dass der Stickstoff in den höheren Theilen der Flamme
entsprechend der immer zunehmenden Menge eintretender Luft grösser
werde, die Hitze aber in einer gewissen Höhe über dem abkühlend
wirkend^ Docht wird so stark, dass durch die Vergasung und daherige
Bandwörtarbiicli der Chemie. Ste Aufl. Bd. IL 50
786 Beleuchtung.
Ausdehnung eines grossen Theiles der verdiohtbaren Dampfe der Eb-
tritt der Luft in diese Flamm ent heile etwas gehemmt wird.
4. Dasd die Kohlensäure (und annähernd auch das Kohlenoxyd)
sich hinsichtlich d^ relativen Mengen, in welchen wir sie in den fer-
schiedenen Höhen der Flamme treffen, dem StickstofT ziemlich ähnlich
verhält. Dies ist um so weniger auffallend , als sie das Product de«
den Stickstoff begleitenden atmosphärischen Sauerstoffs ist.
5. Dass die relativen Mengen der Kohlensäure nnd des Elajl-
gases namentlich in den unteren Theilen der Flamme (die wenig«
Störungen ausgesetzt ist als die obere) sich annähernd umgekehrt pro-
portional verhalten, und dass diese Beziehung um so deutlicher wird,
wenn man der Kohlensäure das Kohlenoxydgas zurechnet, so dass di«
Summe der drei Gase in jeder beliebigen Höhe zwischen 0 und 8""
nur zwischen sehr geringen Grenzen schwankt.
Landolt's Versuche mit Leuchtgas (ans Steinkohlen bereitel)
drehen sich ebenfalls um die Frage der Zusammensetzung der Flam-
mengase in verschiedenen Höhen über der Anstrittsöflhung. Sie be-
stehen aus sechs Reihen und jede derselben umfasst einerseits die Ana-
lyse eines Leuchtgases (da das zu Gebot stehende Gasometer nickt
gross genug war fiir eine zu allen Versuchen ausreichende Gasmesgef
sondern vor jedem Versuche neu gefüllt werden musste) und anderer-
seits die eines Flammengases in einer bestimmten Höhe aus dem In-
neren der Flapnme aufgefangen. Als Kohlenwasserstoffe C.H. werden
Elaylgas und Ditetrylgas angenommen. Die Methoden der Elrmitte-
lung und Berechnung~die.<*er beiden und der übrigen Bestandtheile dei
unverbrannten oder theilweise verbrannten Leuchtgases sind die Ban-
sen'sehen. Es war im Voraus schon von einer solchen Untersnchtmg
des Leuchtgases ein klarerer Einblick in die im Inneren der Flamme
vorgehenden Processe zu erwarten, da hier nicht wie bei der Talg-
nnd Wachsflamme eine so grosse Menge leicht wieder verdichtbarer
Producte störend in den Weg tritt Hinsichtlich der Einzelnheiten der
üntersuchungsmethode, wie der Betrachtungen, aus welchen die Um-
gestaltungen des ursprünglichen Ausdrucks der Analysen hervorgegan-
gen sind, und die nöthig waren, um eine klare Uebersicht des Vorgsn-
ges im Inneren der Leuchtgasflamroe zu gewähren, muss auf die QrigiDsI-
abhandlung verwiesen werden (s. oben S. 783). Was zu geschehen hatte,
um die unten folgende Uebersicht zu erbalten, ist in kurzen £ugen ange-
deutet Folgendes : Aus dem unmittelbar gefundenen und in Procente um-
gerechneten Volumen der Gase wurde zunächst eine Tabelle hergestellti
in welcher die Volumprocente der Bestandtheile in Gewichtsprocente
umgewandelt waren, und aus dieser Hess sich die Elementarznsainmen-
Setzung der Leuchtgase und Flamraengase, das heisst die Grewichtspro-
cente an Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff beiechäeiL
Daraus wieder wurde das Gewicht der in 100 Theilen Flammeogy
enthaltenen Luft durch Rechnung gesucht und dies Datum gebrsncht
zur Berechnung der Zusammensetzung, welche 100 Gewichtstheüe
Flammengas vor ihrer Verbrennung gehabt haben mussten. Es w»r
dieser Ausdruck der Verhältnisse für die in sechs verschiedenen Höben
geschöpften Flammengase gesucht worden, und es bedurfte noch iweier
Umrechnungen, um den in nebenstehender Tabelle^ gegebenen Ansdrock
zu finden. Zuerst, wie viel Luft zu 100 Gewichtstheilen Lenchtgu
sich beimischt, bis das Gemisch in die fragliche Höhe über der Bren*
Belieuchtung.
787
lermüDdnng anfrörts geströmt ist. -— Im Gesammtgewicht eines Ge-
nenges von Lnft und brennbaren Gasen ändert sich nichts dnrch die
ITerbrennnng, daher kann die gleiche Rechnung auch auf die verbrann-
en Gase übertragen werden. — und zweitens waren die gefundenen
jrewicbtsprocente der einzelnen Bestandtheile wieder in Volumprooente
imzurechnen. Auf diese Weise ist die Uebersicht über die mit dem
infwärtssteigen in der Flamme sich ergebenden Veränderungen des
^%
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50*
788 Beleuchtung.
Gasgemisches ermöglicht worden. Es ist freilich niehi sa
dass die gefandenen Verschiedenheiten in der Zosamm«
Flammengase von verschiedener Höhe nicht allein von der
' hängig sind, an welcher man das Gas auffing, sondern,
gewonnenen Besnltate auch die Verschiedenheit in der
des Leuchtgases etwas influirt. Man findet in den ColamiMBi
Abzug der von aussen hinzugetretenen Luftvolume von dem.
Volumen des Gasgemisches, resp. dem Sauerstoff und Stickstoff
die procentische Zusammensetzung der angewandten Leacbtgfliifj
Volumen, und ersieht, dass die Schwankungen in der Zm
derselben unbedeutend sind, so dass die Colnmnen U. aioh
nicht viel anders ergeben haben würden, wenn em und
für alle Versuche hätte gebraucht werden können. Die
hung des Gasvolumens nach der Verbrennung kommt von dor
nung des Wasserstoffs her, da zwei Volume desselben mit «ii
lumen Sauerstoff nach der Verbrennung nur zwei Volume W
bilden.
Die Zahlenresultate werden übersichtlicher erscheinen,
die Zu- oder Abnahme der Gase in Gurven ausdrückt; in
stehendem Schema bedeuten die Ordinaten die Höhen in Mül
Abscissen die Zahlen der Tabelle; die unten angegebenen
zeichnen die im ursprünglichen Leuchtgas enthaltenen Mengen
standtheile; um Verwirrung zu vermeiden sind die unverbraniil
getrennt von den verbrannten, in zwei Tabellen gestellt.
Auffallend mag es erscheinen, dass in einer Höhe von 80
über der Mündung plötzlich ein sehr grosses Luft volumen in dto!
tritt; dies rührt indess daher, dass sich die untere Mündon^
glases in dieser Höhe Über der ringförmigen Brenneröfihung
Es nehmen in der genannten Höhe Stickstoff und Wi
wie sich aus ihren Gurven ergiebt, in schnell wachsendem 'Vi
zu, bei der Kohlensäure dagegen dürfte eine noch raschere.
erwartet werden. Weshalb dies nicht der Fall ist, wird
trachtung derGurve für das Kohlenoxjd klar, welches ewiseh<^
30 Millim. ganz gleich bleibt und von da an stärker zunimmf, '
zweifelhaft daher kommt, dass die Kohlensäure, mit glühendem
Stoff zusammentreffend, zum Theil zu Kohlenoxyd reducirt
Die Gurve des Wasserstoffes zeigt sehr rasche Abnahnle
20 Millim., von da eine plötzliche Zunahme, die von Wied<
des schon gebildeten Wasserdampfes herrühren muss. Die
Kohlenwasserstoffe nehmen langsamer ab als das Grubengas,'
Wasserstoffgas würde am schnellsten verschwinden, wenn ee
Theil regenerirt würde.
Als wesentliche Uebereinstimmung unter den unterBnobte^i
roen des Wachses und des Talgs einerseits und des Leui
dererseits erkennen wir das -Durchdringen der Luft durch dier
die Zunahme des Stickstoffs, Kohlenoxyds und der Kohlenaivtitti
höheren Theilen derselben und die Abnahme der brennbaren
Das Gesagte lässt keinen Zweifel darüber, dass das
gen einer Flamme nicht nur abhängig ist von der Zusi
der Gase, durch deren Verbrennung sie hervorgebracht Ist«
zugleich auch von dem Verhältniss der Luft (resp. des SauerstoA),'
derselben zugeführt wird.
790 Beleuchtung.
neswegs zareichend. Auf dem Wege des Experiments gelangte omb fiber-
eüiBtimmend zu der Wahrnehmung, dass in dem inneren, nichi leaehteii-
den Kegel der Flamme die geringste Temperaturentwickelun^ stattfiDda,
und dass im äusseren Theil der leuchtenden Hülle 2wischen dieser und
dem Schleier die Stelle der höchsten Temperatur liege. Die Hohe die-
ser Stelle wird nicht übereinstimmend angegeben, B'erzelius bezeich-
net sie als in ungefähr der halben Höhe der Flamme liegend, AndeFe
finden nahe der Flammenspitze die Stelle der höchsten Temperatur.
Die Mittel, dies zu bestimmen, waren freilich wenig geeignet, genane
Resultate zu geben. Becquerel hat es versucht, die Verbrennongs-
wärme in den verschiedenen Stellen der Flamme durch Hineinstecken
der Löthstelle eines therm oelektrischen Elements zu bestimmen; aber
auch seine Beobachtungen können keinen hohen Grad von Zuverlässig-
keit ansprechen, da er von aussen horizontal mit dem Kettengliede in
die Flamme einfuhr, wobei natürlich die Hitze des Mantels sich dem-
selben mittheilen und durch Leitung an das ins Innere der Flamme
gehaltene Ende gelangen musste. Das Einfiihren des thermoelektrischen
Elements in die Flamme von unten würde jedenfalls ein von Neben-
einflflssen weniger getrübtes Resultat geliefert haben. An der oberen
Grenze der leuchtenden Hülle, also innerhalb des Schleiers einer Wein-
geistflamme fand er die höchste Temperatur, und zwar 1305® C, in
der leuchtenden Hülle 1080» C. und im dunklen Kegel 780<> C, was
jedenfalls zu hoch ist. Landolt führte von unten in den dunklen
Kegel einer Steinkohlengasflamme ein Stäbchen aus Rose'schem Me-
tallgemisch, das seinen Schmelzpunkt bei 90^ bis 95^ C. hatte, und
kleine Schwefelstückchen, die sich beide darin ganz unverändert zeigten
(seitlich eingeführt, schmolz das Metall sofort); die Temperatur jener
Stelle ist also unter 100» C.
Der Berechnung der Temperaturen der Flammenguse von ver-
schiedenen Stellen der Flamme aus der iiir jeden einzelneu Bestandtfaeil
bekannten Wärmemenge, die er bei seiner Verbrennung zeigt, und der
ebenfalls bekannten Wärmecapacität der Verbrennungsproducte stellen
sich grosse Schwierigkeiten in den Weg. Berechnet man nämlich so*
nächst die Ltiftmenge, die ein Gewichtstheil des Gasgemisches lur
vollständigen Verbrennung nothig hat, und sodann die Anzahl Wärme-
einheiten, die ein jeder der brennbaren Bestandtheile des Gemisches
giebt, so findet man leicht die Menge Wärmeeinheiten, die ein Ge-
wichtstheil des Gemisches beim Verbrennen liefern muss; wird dann
ans der Wärmecapacität von Stickstoff und den beiden Verbrennungs-
producten, Wasserdampf und Kohlensäure, die Wärmecapacität des gan-
zen verbrannten Gemisches gesucht und mit dieser Summe in die der
Wärmeeinheiten dividirt, so erhält man die Verbrennungstemperataren
in Centesimalgraden. Diese fallen aber in den unteren Schichten der
Flammen, weil dort der Zähler des Bruchs begreiflich grösser, der
Nenner aber kleiner ausfallt, grösser aus als in den höheren Schichten,
während in Wirklichkeit gerade das Gegentheil stattfinden muss. Es
ist bei dieser Rechnung, nicht möglich, einen wichtigen Factor auf-
zunehmen, nämlich die Temperatur, mit der das in einer unteren Schicht
theilweise verbrannte Gasgemisch in eine höhere aufsteigt; sie ist an-
bekannt. Die Temperatur des aufsteigenden Gasstromes muss znneh-
men, in je höhere Schichten der Flamme er gelangt, die Verbrennangs-
temperatur muss aber abnehmen, weil das Verhältniss der brennbaren
Beleuchtung. 791
am den Terbrannten' Gasen angünstiger wird. Wohin das Biaximnni
der beiden summi/ten Effecte fallt, lässt sich aus angegebenen G-rün-
den nicht bestimmen.
Dass die Verbrennungstemperatur der die Flamme bildenden
Gase von dem Gehalt an den einzelnen brennbaren Gasen abhängt, ist
einleuchtend, da jedem einzelnen der Bestandtheile ein anderer Effect
beim Verbrennen zukommt; und es hat Frankland darauf aufmerksam
gemacht, dass unter den drei wenig leuchtenden Gasen, Wasserstoff,
Kohlenoxyd und Grubengas, es das letztere ist, welches, bei gleichem
Volumen verglichen mit den beiden anderen, die grösste Hitze entwickelt.
l^ach Dnlong werden folgende Mengen Wasser durch Verbrennen der
drei Gase um 1^0. erwärmt:
durch l Gr. H 34743 Gr., durch 1 Liter H 3112 Gr.,
» 1 » C O 2694 » » 1 » C O 2884 »
» 1 » C3H4 13185 » n l u CsH4 9503 »
Zn gewöhnlichen Beleuchtnngszwecken ist eine starke Wärmeent-
wickelung der Flamme eine unangenehme Beigabe, daraus entwickelt
Frankland den Nachweis der Schädlichkeit der Beimengung grösserer
Mengten von Grubengas zn Leuchtgasen. Dies Gas, hinsichtlich seiner
Eigenschaften als Lösungsmittel für dampfförmige leuchtende Kohlen-
wasserstoffe den beiden anderen Gasen gleichbedeutend, wird von die-
sen in einer wesentlichen Eigenschaft übertreffen. 1 Vol. Kohlenoxydgas
nimmt nur y^ Vol. Sauerstoff auf und bildet 1 Vol. Kohlensäure ; 1 VoL '
Wasserstoff nimmt nur 1/3 Vol. Sauerstoff auf. 1 Vol. Grubengas nimmt
aber 2 Vol. Sauerstoff auf und bildet 1 Vol. Kohlensäure. Entziehung
von Sauerstoff und Entwickelung von Kohlensäure sind aber zwei mit der
Verbrennung verknüpfte Vorgänge, die in abgeschlossenen lUumen,
wie 2. B. bei Zimmerbeleuchtung, sehr beschwerlich werden können.
Je nach der Art der unmittelbar zur Beleuchtung dienenden Ma-
terialien unterscheiden wir 1. Kerzenbeleuchtung, 2. Lampenbeleuch*
inng nnd 3. Grasbeleuchtung. Die Grundzüge der beiden ersten Be-
lenchtnngsarten werden wir sowohl was die Natur der Materialien aß
die zu deren Verbrennung nöthigen Zurüstungen betrifft, hier folgend
darlegen; betreffend Gasbeleuchtung siehe d. Art. Bd. lU, S. 337.
Kerzenbeleuchtung. Es werden Kerzen gefertigt 1. aus Ham-
mel- und Bindertalg (Unschlitt); 2. aus unreiner Stearinsäure (s. g.
Stearinlichter); 3. aus Stearinsäure, gemischt mit hauptsächlich durch
Pressen von den flüssigen Theilen befreitem Talg, Cocusnussöl, Palmöl-
u. 0. w., Compositionskerzen , in England viel gebräuchlich;. 4. aus
Wallrath; 5. aus Paraffin; 6. aus Bienen wachs und, obwohl selten, auch
ans anderen Wachsarten.
Die Güte der Kerzen hängt zunächst ab von der chemischen Zu-
sammensetzung der Substanz, woraus sie gemacht wurden, und von dem
Schmelzpunkt derselben.
Die Zusammensetzung in 100 Theilen ist:
Kohlen- Wasser- Saner- Der Sohmels-
Stoff. Stoff. Stoff. puokt ist:
för den Hammeltalg 78,10 11,70 9,30 370bis400C.
• das Bienenwachs (gebleicht) 81,80 12,67 5,54 63» »
» den Wallrath 81,60 12,80 5,60 50»»
• das Paraffin 85,71 14,29 — 43« » 65® »
» die Stearinsäure 76,69 12,78 10,53 69» » 72^»
792 Beleuchtung.
Ausser der Natur der Gase, die eine Flamme bilden, nnd den R^
Bcheinungen ihres Yerbrennens kommt noch bei Benrtheilnng des
Werthes der festen Beleuchtnngsmittel hauptsächlich in Betracht das
Yerhältniss, in welchem ihre zuerst flüssig, dann gasf5rmig gewordenen
Theile zu der Stelle gelangen, an welcher die Verbrennung stattfindet.
Der angezündete Docht wird durch die von ihm ausstrahlende Wime
einen Theil des festen Leucbtmaterials schmelzen, die Flfiasigkett Ter-
möge seiner capillaren Beschaffenheit aufsaugen, an den oberen heissereo
Stellen vergasen, worauf die Gase vermdge des zutretenden aUnosphari-
sehen Sauerstoffes verbrennen. Es wird die Menge der zain Verbren-
nen kommenden Substanz also abhängen 1. von der durch die
Flamme entwickelten Hitze; 2. von dem Schmelzpunkt des Leucbt-
materials ; 3. von der Entfernung desselben vom Docht (der Dicke der
Kerzen); 4. von dem Aufsaugungsvermogen des Dochtes; 5. von der
Zersetzbarkeit des Leuchtmaterials.
Die Versuche über die Wärmemengen, die bei Verbrennen von
gleichen Gewichtstheilen der verschiedenen feslen LeuchtmaterialicB
entwickelt werden, sind sehr unvollständig. Derjenige Theil der Ge-
sammtwärme, der durch Strahlung nach der unter der Flamme be-
findlichen Kerze gelangt, möchte bei gleichem Consum des
Leuchtstoffes ohne grossen Verstoss als gleich gross ftir alle Arten
von Kerzen anzunehmen sein. Unter dieser Voraussetzung wird bei
gleichdicken Kerzen von den schwerer schmelzbaren Leachtmittdo
weniger als von den leichtflüssigen in tropfbaren Znstand fibergeföhit
werden. Dass die vom Docht entfeftater liegenden Theile, der Band
der Kerze dem Schmelzen weniger ausgesetzt sind als die n&heren, ist
begreiflich, daher kommt es, dass diese bei den schwerer schmelzbares
Beleuchtungsmitieln, Wachs und Stearinsäure, einen stehenbleibendsD
Wall um eine mit flüssiger Substanz gefüllte Mulde bilden. Die Ge-
fahr des Ablaufens bei gewöhnlichen Unschlittkerzen wäre daher nnler
sonst gleichen Umständen viel grösser als bei jenen, wenn nicht dordi
einen verhältnissmässig dickeren, lockeren, also mehrFlüssigkttt lu-
rückhaltenden Docht derselben vorgebeugt wäre. Das Hfilfsmittd
eines Dochtes von grösserem Querschnitt lässt sich jedoch nicht ohne
Einschränkung ausbeuten. Bei gleicher Natur der Dochtsabetanz und
gleicher Entfernung der capillaren Fasern wird die Meng^ der aof-
steigenden Flüssigkeit mit dem Querschnitt des Dochtes wachsen,
die Hitze im oberen Theile des Dochtes wird meistens hinreichend
sein, um dieselbe zu zersetzen und in Gase zu verwandeln, ohne
dass der Flamme entsprechend mehr Sauerstoff zur vollständigea
Verbrennung der Gase zugeführt wird. Ein Ueberschreiten der
erfahrnngsmässig festgestellten Grenze der Dochtdicke wird also
leicht das Qualmen und Bussen der Flamme zur Folge haben. Dicke
Dochte führen aber noch andere Nachtheile gegenüber dfinnen Dock-
ten mit sich. Die Lage des l)ochtes in der Flamme ist (Ur die Ver-
brennung der Dochtsubstanz durchaus ungünstig. Derselbe steht in
dem nichtleuchtenden Theile der Flamme, in welchem, wie wir
oben sahen, keine Verbrennung der Leuchtgase vor sich geht. Mit
dem allmäligen Verzehrtwerden des oberen Kerzentheils verlängert
sich das verkohlte Dochtende und wird ein nicht unbedeutender Ablei-
2er der Wärme, so dass die Temperatur der Flamme in seiner Nähe
unter die Verbrennungswärme der gasförmigen Stoffe herabsinken nad
Beleuchtung, 798
dadurch das Trflbbrennen und Küssen der Flamme bewirken kann.
Die dönnen geflochtenen Dochte der Wachs-, Stearin- nnd Wallrath-
kerzen bleiben, wenn ein etwas längeres Stück derselben verkohlt ist,
nicht senkrecht stehen, sondern biegen sich etwas znr Seite, so dass
die Spitze in den Yerbrennangsranm der Flamme kommt und verzehrt
"«rird. Hierdurch wird das VÄ.bbrechen des Dochtes mit der Lichtscheere
bei diesen Kerzen erspart, während die ünschlittkerzen dieser Nach-
hülfe häufig bedürfen, wenn sie klar brennen sollen. Wenn es sich aus
dem Ebenerwähnten unzweifelhaft ergiebt, dass die Ünschlittkerzen
nngleichmässiger brennen als die Wachs- und Stearinkerzen u. s. w.,
8o ist 'doch noch zu erklären , warum die Lichtstärke (siehe unten) der
Wachskerzen bei gleichem Idaterialverbrauch grösser ist als die des
Talglichts, auch wenn beide nnter den günstigsten Umständen, d. h.
mit frisch und nicht zu kurz abgeschnittenen Dochten brennen. Es
lässt sich dieses Yerhältniss nicht aus der Elementarznsammensetzung
erklaren. Ist auch der Sauerstoffgehalt des Talgs (s. oben) nahezu
doppelt so gross als der des Wachses und wollte man annehmen , die
dadurch sich ergebende grossere Menge von Wasserdampf nnd Kohlen-
sSore veranlasse dies Verhalten, so stellt sich dieser Annahme das ent-
gegen, dass die Stearinsäure, deren Zusammensetzung derjenigen des
Talgs so nahe kommt, doch ein dem Wachs beinahe gleichkommendes
Lenchtvermogen zeigt. Auch in den (oben S. 785 angeführten) Be-
snltaten der Versuche Hiltgard's über die Zusammensetzung der Gase
der beiderlei Flammen finden wir nicht genügende Aufklärung über
dies Verhältniss; es mnss vielmehr auffallen, dass das Talggas, das an
der untersten Stelle der Flamme aufgefangen, einen Gehalt von 18,77
Proc. Elaylgas hat, weniger Leuchtkraft besitzen soll, als das Wachs-
gas mit nur 14,28 Proc. Elaylgas. Die Angaben über die Leuchtkraft
dieser beiderlei Flammen sind übrigens so schwankend, sie entspricht
nach Karmasch z. B. dem Verhältniss 10:12, nach Ure aber dem
Ton 7 : 12, dass wir annehmen dürfen, der unterschied sei erstens nicht
sehr gross nnd zweitens von äusseren Zufälligkeiten bedingt
Die Kerzenfabrication wird in den Artikeln Stearinsäure, Talg,
Wallrath, Wachs zur Besprechung kommen, — wir wenden uns zu
den tropfbarflüssigen Beleuchtnngsmitteln. Diese sied erstens die na-
törlich vorkommenden flüssigen Pflanzen- und Thierfette, also die
Oele nnd zwar vorzugsweise die nicht trocknenden, nnd die Thran.
arten; zweitens flüchtige Oele, entweder solche, die in Pflanzen präexi-
siiren, wie Terpentinöl (Camphin), oder die erst bei der trockenen De-
stillation von verschiedenen Substanzen gebildet sich in dem Theer
vorfinden, aus dem sie durch verschiedene Operationen in gereinigtem
Zustand abgeschieden werden.
unter den fetten Oelen sind vornehmlich als zur Beleuchtung
gebräuchlich zu nennen die Oele einiger Cmciferen:
Kohlsaatöl (co/ra), aus dem Samen der brasaica campestris^
Winterrepsöl von brcusiea napua oleifera^
Sommerrepsol von braasica praecox und
Kohlrüb5l (htäle de navette)^ von braaaica napi braaaica.
Das Gewinnen dieser Oele aus den Samen geschieht durcii Zer-
reiben, entweder zwischen zwei horizontal und in einer Ebene liegen-
den gekerbten Walzen oder mittelst des sogenannten Steinwerks eines
kreisrunden Troges, in dem zwei schwere Steinscheiben umlaufen, und
794 Beleuchtung.
durch Auspressen zwischen einem sogenannten Schlagwerk, einer Keil*
presse oder unter hydraulischen Pressen.
Das Büböl wird in der Regel, damit es möglichst geruchloi und
mit klarer Flamme verbrenne, durch Bafdniren von schleimigen Thei«
ien, die beim Verbrennen im Docht sich absetzen und verkohleo aod
denselben verstopfen, befreit , weil sonst der Docht die Fähigkeit to-
liert Oel aufzusaugen. Es wird bei 20^ bis 25^ C. mit 1 bis 1,5 Froc^
oder wenn es zuerst auf 75^ C. erwärmt war, mit nur 0,5^ Proc. eoa-
centrirter Schwefelsäure sorgfältig gemengt. Nachdem einige Zeit gut
umgerührt ist, sind die schleimigen Theile zerstört und verkohlt, anf
Zusatz von warmem Wasser scheidet sich das saure Wasser ab^ wäh-
rend das klare Oel oben aufschwimmt, was nach dem Absetzen nöthigea-
falls noch durch Filzbeutel oder dünne Schichten Baumwolle u. drgl
filtrirt wird (s. u. Oele).
Neben Rüböl ist es besonders das Olivenöl, welches in südlichen
Gegenden namentlich als Leuchtstoff, gebraucht wird.
Thran wird sowohl an und für sich als auch gemischt mit Rüböl,
wenn der zeitweilige Preisunterschied beider die Verfälschung lohnt, ab
Beleuchtungsmittel gebraucht Seiner allgemeinen Anwendung steht
entgegen der unangenehme Geruch, den er beim unvollständigen Ver^
brennen zeigt. Maü erhitzt den Thran wohl mit etwas Aetzkalk, Pott-
asche und Kochsalz, um die riechenden flüchtigen Fettsäuren zu ver-
seifen; der Thran soll dann noch durch Kohle üitrirt werden. Zuwei-
len wird er mit Chlorkalk oder Salpetersäure behandelt, und dann
über Holzkohle filtrirt. Um Schleimthoile aus dem Thran abzuschei-
den, behandelt man ihn auch wohl mit Eichenlohebrühe, Galläpfelabko-
chung n. drgl., und nimmt dann den freien Gerbstoff durch Alaonlö-
flung, Auswaschen u. s. w. fort. In gut construirten Lampen lässt sich
bei vollständiger Verbrennung auch Thran verwenden«
Die Beleuchtung mittelst Lampen unterscheidet sich von der Ke^
zenbeleuchtung wesentlich dadurch, dass bei jener das Material schon
flüssig ist, während es bei dieser erst durch die leuchtende Flamme
selbst geschmolzen und in dem Maasse, wie es schmilzt, von dem
Docht aufgesogen wird. Es sind bei der ersten Beleuchtungsmethode
eigene Vorrichtungen noth wendig, das Oel aufzunehmen und zugleich
den Docht zu halten, so dass er fortwährend hinreichend Oel aufneh-
men kann. Bei der brennenden Kerze bleibt der Docht schon von
selbst in unveränderter Entfernung von dem Leuchtmaterial, weil mit
dem letzteren auch der Docht sich verzehrt und abnimmt. Bei der
Lampe ist dies nicht der Fall, der Docht behält seine Stellung unve^
ändert bei, während das Niveau des Oels sinkt, wenn nicht besondere
Vorkehrungen getroffen sind, das consumirte Oel zu ersetzen. Eine
weitere Schwierigkeit, welche sich bei der Oelbeleuchtnng bietet, i<t
die, dass der Docht leicht zu viel aufsaugt und der Flamme überschüssig
Oel zufährt, so dass dadurch die Temperatur derselben erniedrigt wird,
und hier dann keine vollständige Verbrennung mehr stattfindet theils we-
gen zu niedriger Temperatur, theils wegen Mangel an Sauerstoff. Mao
hat diese Schwierigkeiten aber durch verschiedene Vorrichtungen gs-
hoben, und dadurch die Beleuchtung mittelst Lampen so vervollkomm-
net, dass die Kerzenbeleuchtung ihr hinsichtlich der Lichtstärke nicht
an die Seite gestellt werden kann. Es ist hier nicht der Ort, auAföh^
lieh die verschiedenen Lampeneinrichtungen zu beschreiben) es tauBi
Beleuchtung. 795
genügen, auf die leitenden Grundsätze und weaentUchsten Einrichtungen
aufmerksam zu machen.
Statt des runden vollen Dochtes, wie er in den gewöhnlichen Küchen-
lampen Anwendung findet, wandte man zuerst einen breiten Docht an,
um die Flamme auf einer grösseren Oberfläche mit der Luft in Berühr
rang zu bringen. Argand hatte dann die glückliche Idee, in den
nach ihm benannten Lampen statt des vollen Dochtes einen runden
hohlen anzuwenden, bei welchem die Luft mit der äusseren wie mit der
inneren Oberfläche der Flamme in Berührung kam ; zugleich wurde der
Luftzug durch den übergesetzten, als Kamin dienenden Glascylinder
▼erstärkty um eine grössere Menge Oel vollständig verbrennen zu kön-
nen und 'dadurch mehr Licht zu geben. Um die Luft hierbei so voll-
Btändig wie möglich mit den zu verbrennenden Stoffen in Berührung
and durch vollständige Verbrennung zugleich ein helleres Licht her-
vorzubringen, wandte Lange alsbald Statteines geraden, überall gleich
weiten Cy linders einen solchen an, der in einer gewissen Höhe über
dem Brenner sich um einige Linien zu einer sogenannten Schulter ver-
engt; später hat man theils im Innern der Flamme einen kegelförmigen
Knopf, mit der breiteren Seite nach oben stehend (bei den sogenannten
Liverpoollampen), angebracht, um dadurch die Luft mit der inneren
Seite der Flamme in vollständige Berührung zu bringen. Endlich ward
dann auch das Lampenglas dicht über dem Docht zuerst stark zusam-
mengeschnürt und darüber wieder erweitert; oder, wodurch der gleiche
Zweck erreicht wird, statt eines aus einem Stück bestehenden Glas-
cylinders ward über dem Docht ein weiter kurzer Cylinder angebracht,
auf dem ein Metalldeckel mit enger Oeffnung lag, durch welchen die
Flamme in den darauf stehenden engen Cylinder ging (Fries, Benck-
1er). Sehr wesentlich ist es, dass der Luftstrom die hinreichende, aber
keine übermässige Stärke hat, meistens, i^t der innere Luftzug zu stark,
so dass dadurch die Flamme sehr weiss, aber wegen rascher Verbren-
nung eines Theiles des Kohlenstoffes die Gesammt- Lichtentwickelung
verringert wird.
Ausser der richtigen Beschaffenheit des Luftzuges ist es zweitens
von wesentlichem Einflnss auf die Grösse und auf die Gleichmäesig-
keit der Lichtentwickelung oder der Flamme, dass das Oel im mög-
lichst gleichen Niveau bleibe, weil bei sinkender Oberfläche der Docht
in gleicher Zeit der Flamme weniger Oel zufuhren kann, daher die
Helligkeit nothwendig abnehmen muss. Es kam also darauf an, den
Oelbehälter in nahe gleicher Höhe mit der Flamme anzubringen, und
dem Oel darin zugleich eine so grosse Oberfläche zu geben, dass dar
Niveauunterschied in mehreren Stunden nur gering ist; dabei war aber
zugleich dafür zu sorgen, dass das Oelgefass nicht zu viel Schatten werfe
und durch dasselbe der Schwerpunkt der Lampe nicht zu weit nach oben
komme, was ein Umfallen derselben leicht möglich machte. Bei den
Kranz- oder Astrallampen ist der Oelbehälter ein kranzförmiges GefUss,
welches den Docht in einem Abstand von mehreren Zoll umgiebt, und aus
welchem das Oel durch zwei Röhren in den unteren Theil des Docht-
rohres fliesst, so dass es von hier bis nahe an die Oberfläche des Bren-
ners steigt, ohne aber dort überzufliessen. Um auch den Schatten zu
vermeiden, den die zum Auf- und Abbewegen des Dochtes nothwendige
Triebstange giebt, hat man bei den Sinumbralampen diese ganz fortge-
lassen, indem man durch das Drehen der den Glascylinder tragenden
796 Beleuchtung.
Gailerie selbst den den Docht tragenden King auf- oder abvrarts schraubt
and 80 den Docht höher oder niedriger stellte.
Bei allen diesen Vorrichtungen wird das Oelnivean, wenn auch lang-
sam, doch stetig abnehmen. Um das consnmirte Oel zn ersetzen nnd das
Nivea^ so immer möglichst gleich am halten, dienen am einfachsten die so-
genannten Flaschenlampen, bei denen der Oelbehälter, der dnrch ein
seitliches Rohr mit dem den Docht enthaltenden Brenner communicirt, an
der Seite angebracht ist und eine umgestürzte, mit Oel gefüllte Flasche
enthält, deren Oeffnung nach unten gekehrt und durch das Oel selbit
geschlossen ist, so lange das Oelniveau in der Lampe hinreichend hoch
ist. Sinkt hier das Oel, so wird die Mündung der Flasche frei werden
•und Luft eindringen können, «wodurch wieder Oel zum Ausfliessen ge-
bracht wird, so dass dasselbe auf sein erstes Niveau steigt. Man hat
hier also eigentlich kein constantes Niveau, denn das Eintreten der
Luft in die Flasche und das Austreten des Oels erfolgt nicht allmälig
und gleichmässig, sondern mit Unterbrechungen und darum stossweise.
Die Flaschenlampen, welche viele Vorzüge bieten, haben aber aacb
die Nachtheile, dass das seitlich angebrachte Oelgefass nach einer Seite
Schatten wirft, und dass sie wegen des hochstehenden Oelgefasses nicht
ganz sicher stehen. Man hat nun, um beiden Uebelständen abzuhelfen,
den Oelbehälter in den Fuss der Lampe gebracht, um es durch ein
Saugrohr mittelst verschiedener Vorrichtungen von hier zn der Docht-
höhe hinaufzuheben. Girard constmirte eine aerostatische Lampe
{lampe ä la mhche bUmche) nach dem Princip des Heronsbmnnens, bei
der die im Inneren enthaltene Luft das Oel bis zur Höhe des Dochte»
gleichförmig in die Höhe hebt. Thilorier constmirte eine Lampe
nach dem Princip der communicirenden Röhren, in welcher er das Oel
mittelst einer concentrirten Lösung von neutralem Zinkvitriol von etwa
1,6 specif. Gewicht in die Höhe hob. Diese und manche ähnliche, zmn
Theil höchst sinnreich constmirte, besonders in Paris erfundene und
verbesserte Lanipen haben wegen der complicirten Constmction und am
anderen Ursachen wenig Verbreitung gefunden. Carcel (1800) brachte
zuerst ein Uhrwerk an, um das Oel aus dem Fuss der Lampe durch
die Steigröhre mittelst einer durch Federkraft betriebenen sogenannten
Priesterpumpe auf die Dochthöhe zu pumpen, und zwar in einer Menge,
welche den Bedarf der Flamme während der ganzen Brennzeit ube^
steigt, wobei das überschüssige Oel aber wieder in den Fuss der Lampe
zurückfliesst. Dies gewährt den Vortheil, dass das obere Dochtende
nicht zu weit erhitzt, daher nicht zu stark verkohlt wird und so sein
Aufsaugungsvermögen behält Ein Uebelstand der Carcel 'sehen Lam-
pen, die ein sehr schönes Licht geben, ist der, namentlich früher, hohe
Preis und der Umstand, dass die Reparaturen wegen der subtUen
Constmction nicht überall leicht beschafft werden konnten.
Auf demselben Princip, wie die Carcellampe, bemht nun die soge-
nannte Moderateurlampe (Fig. 77); das Oel befindet sich hier auch in
Fuss der Lampe, em durch eine aufgezogene gewöhnliche Spiralfeder
in Bewegung gesetzter Kolben A drückt das Oel hier wie bei der
Carcellampe durch die Steigröhre C in überschüssiger Menge zum Docht;
das nicht verbrauchte Oel fliesst in den Fuss der Lampe zurück, sam-
melt sich aber zunächst oberhalb des Kolbens, dringt dann beim Wiede^
aufziehen des Kolbens mittelst der Seitenventile a a unter denselben, am
von hier wieder gehoben zu werden. Diese Feder« oder Moders*
Beleuchtung. 797
teurlampen bieten 4ie Vortheile d«r CsrcellaiDpeai haben vor deu-
Mlben den Vorzog gröuerer Einbebheit und daher aines niedrigeren
Flg, 7f Pr«UeB; sie sind daher jetzt mit
Beoht allgemein verbreitet . nnd
haben die anderen Lampen mei-
atena verdr&ogt.
Beiläufig mag hier endlich noch
erwähnt werden, daas man bei
kleberen Lampen ein conatantea
Niveau des Oels zu bewirken ver-
ancht hat, indem man den Docht
dnroh ein feines GUsrdhrchen er-
aetcte, durch welches der Flamme
gerade so viel Oel zugeführt wird
als sie verzehrt. Alan hat z. £.
kleiae, auf Oel achwiTnnieada
hoble Halbkugeln von dünnem
Hetallblech gemacht , in deren'
Mitte ein kleines, etwa 0,5 Zoll
langes, an beiden Enden offenes
Haarröhrchen steckt. Läast man
den Apparat auf Od schwimmen,
so steigt das Oel durch Capillari-
tät bis in die Spitze des Glasrßhr-
chans, lässt sich hier entzündea
und brennt fort, bis das Bobrehen
sich endltoh vielleicht durch Kohle
verstopft. Noch ähnlichem Prin-
cip kann man eine Lampe con-
atruiren, indem man in den Bo-
den einer Flasche ein dünnes,
spitzwinkelig oder in zwei rech-
ten Winkeln gebogenes, aus zwei
Theilen bestehendes Gläarohr an-
bringt. Die beiden Theile des
Glasrohrs sind durah einen klei-
nen Hahn verbunden, durch wel-
I der Oelsusfluss regulirt wird.
.^/^/,i,.M//././//^.i/./k/ ■>//./.■.■,■//>'//.':■//... j)jg Mündung des Glaarohra, i
das Oel aoflieast and angezündet
wird, steht ungeßihr in gleichem Niveau mit dem Boden der Flasche..
Wird Don der Hahn nur so weit geöffnet, dass das Glasrohr sich voll-
ständig mit Oel füllt, aber nicht Überfliesat, nnd erhitzt man das Oel
an der Mündung des Rohres bis zur Entzündung, so kann durch Stel-
lung dea Hahns der Oelzuflnss so regnlirt werden, dass die Flamme
gleichroässig fortbrennt; begreiflich erhält man hier auch kune grosse
Flamme.
Ansser den fetten Oelen haben in 'neuester Zeit auch verschiedene
flüchtige Oele, hauptsächlich EohlenwaBserstoff'e, zur Beleachtung An-
wendung gefunden. Diese Oele, die sehr kohlenstoflVeich sind, geben '
bei der vollständigen Verbrennung ein aehr weisses Licht, von grösse-
rer Leuchtkraft als daaLltiht der fetten Oele; sie rnssen aber leicht we-
798 Beleuchtang.
gen ihres grossen Kohlenstoffgehalts. Von der grossen Anzahl solcher
jetst in den Handel kommenden Oele sollen nar die wichtigsten and
bekanntesten hier aufgeführt werden.
Camp hin ist der Name einer flüchtigen Beleuchtangsfifisngkeit»
deren chemische Zusammensetzung sehr wechselnd ist. Ursprfinglieli
war es durch wiederholte Destillation gereinigtes^ vollkommen han-
freies Terpentinöl, das, um eine weiAger kohlenstoffreiche Mischung
zu erhalten, mit starkem Weingeist versetzt war (1 Vol. mit etwt
4 Vol. Alkohol von 93<> bis 95<>Tr.), weil man diesen Zusatz für n&-
thig hielt, um ein Verbrennen ohne Russen zu ermöglichen. Bei
verbesserten Lampenconstructionen zeigte sich dieser Zusatz als unn5-
thig, und es kam ein Camphin in den Handel, das nichts weiter war
als harzfreies Terpentinöl ; statt dessen kommen jetzt, wegen grosserer
Wohlfeilheit, Harzöle, gereinigtes Kienöl u. s. w. ebenfalls unter dem
Namen Camphin im Handel vor. Die Rectification des Terpenlin5U
geschieht durch Mischen von 50 Gewichtstheilen des rohen Oeb mit
ebensoviel Wasser in einer kupfernen Blase, die nur zu V) gefüllt sein
darf, Zusatz von einem Gewich tstheil frisch gelöschtem Kalk, Aufsetzen
des Helms und Abdestilliren des Oels bei gut verstrichenen Fugen.
Das überdestillirte auf dem Wasser schwimmende Oel wird mit einem
Heber abgezogen, mit etwas zerrupftem Fliesspapier , geschSttelt und
zuletzt filtrirt. Es werden auf diese Weise 90 bis 95 Proc gutes Cam-
phin aus dem rohen Terpentinöl erhalten. Aus dem übelriechenden
Kienöl gewinnt man das Camphin durch Schütteln desselben mit gleich-
viel Wasser, worin man vorher 5 bis 10 Proc. Chlorkalk vertheilt hat,
Einfüllen des Gemenges in eine Destillirblase und Abdestilliren bis
■auf Vs ^^^ Flüssigkeit Das Destillat ist anfangs trübe, scheidet sich
aber nach mehrtägigem Stehen in eine obere klare Schicht von Camphin
und eine untere, Wasser.
PinolinO ist ein dem Camphin ziemlich nahe kommendes, in Bei*
gien, Nordamerika und am Rhein häufig dargestelltes Beleochtungs-
roittel; dasselbe wird durch Destillation von Fichtenharz bereitet. Das
bei dieser Operation zuerst zwischen 130^ und 1 60<^ C. übergehende ist die
sogenannte flüchtige Essenz, vive essence^ und aus dieser ^ird das
Pinolin durch Schütteln mit Aetzuatron und Umdestilliren mit Wasser
dampf dargestellt. Das Destillat wird mit 10 Volumprocenten Salpe-
tersäure von 1,8 specif. Gewicht oder mit einer Mischung von Schwe-
felsäure und fein geriebenem Braunstein geschüttelt, die S&ure abge-
gossen und das Oel, nachdem man ihm zur vollständigen Entaänening
Kalkmilch zugesetzt hat, nochmals mit Wasserdampf umdestillirt. Als
wesentliche nähere Bestandtheile dieses Körpers sind die von Pel-
letier und Walther abgeschiedenen flüchtigen Substanzen, «Rednaphta
und Retinyl (s. diese Artikel und Pinusharz), anzusehen.
Oleon nennt Vohl^ ein leichtes Oel von 0,80 specif. Gewicht»
welches er aus Fett gewinnt, indem er abgängiges Seifenwasser mit
Chlorcalcium fHlIt, den Niederschlag nach dem Trocknen mit 0,1 ge-
brannten Kalk mengt, destillirt, das Destillat durch Behandlung soerst
mit kaustischer Lauge, dann mit Schwefelsäure reinigt, woraof bei der
folgenden Rectification das leichtere Oel für sich aufgesammelt wird.
») Dingler*8 polyt. Journ. Bd. CXLVII, S. 304. — ») Dingler'B polyt. Jount
Bd. GXLVII, 8. 806.
Beleuchtung. 799
BelligueB begann zuerst in Frankreich bitaminosen Schiefer zur
Grewinnnng von Oel durch Destillation zu benutzen; er wandte zuerst
einen Schiefer von Vonvaut in der Vend^e an, später verwandte er dazu
den Schiefer von Autun, und das Oel, welches er im ungereinigten
Zustande hauptsächlich zur Fabrikation von Leuchtgas (Schiefergas)
benutzt, ward gereinigt als SchieferÖl (hmle de schiste) zum Brennen in
Lampen in den Handel' gebracht. In neuerer Zeit koiiimen nun eine
Menge solcher flüchtigen, zu Beleuchtungszwecken verwendbaren Oele
in den Handel unter den Namen Photogen, Mineralöl, Hydro-
earbür, Kohlennaphta, Solardl u. s. w. vor, die durch Reinigung
aus dem durch Destillation verschiedener Substanzen gewonnenen ro-
hen Theer dargestellt werden. Fs dienen zur Darstellung solchen
Theers: Bogheadkohle (z. B. in Schottland und in Hamburg), Torf
(s. B. in Irland), Blätterschiefer oder Blätterkohle oder bituminöser
Schiefer (z. B. in Bonn), Braunkohle z. B. in Schöbritz bei Aussig),
auch der in den Steinkohlengasfabriken als Nebenproduct sich erge-
bende Theer wird zu solchen Oelen verwendet.
• Ueber die Destillation sproducte dieser Substanzen sind vielfache
Versuche und Erfahrungen mitgetheilt, theils fiber die Art der Destil-
lation und die angewendeten Apparate und über die Ausbeute bei Anwen-
dung verschiedener Rohpiateriale, so wie über die Trennung und Rei-
nigung der Producte. Erwähnenswerth sind besonders die Mittheilun-
gen yon Vohli), Wagenmann*), Angerstein'), Fresenius*), En-
gelbach^), Schröder*) und C. Müller'). Wir können nur die haupt-
sächlichsten Resultate hier kurz mittheilen, und müssen wegen der Ein-
zelheiten auf die Literatur verweisen.
In Deutschland, Frankreich . und England sind grossartige Etablis-
sements entstanden, solche flüchtige Beleuchtungdöle in grossen Quan-
titäten darzustellen.
Nach Yohl muss, um die Theerausbeute möglichst zu erhöhen, im
Anfangedes Destill ationsprocesses nur massige Hitze angewandt und diese
ge^en das Ende nur bis zur Rothgluth gesteigert werden, und die Abzugs-
rohren der Retorten müssen weit genug sein, um die gebildeten Dämpfe
nicht zu lange in dep heissen Retorten zurückzuhalten, da bei Vernachlässi-
gnng dieser beiden Rücksichten auf Kosten des Theers mehr Gas gebildet
wird. Ein massiger Feuchtigkeitsgehalt der Kohlen soll ebenfalls die
günstige Wirkung haben, dass nicht so leicht Ueberhitzung und in
Folge derselben Zersetzung der verdichtbaren Dämpfe in eigentliche
Gadc stattfindet. Die von ihm als zweckentsprechendst gefundenen
Destillationsapparate sind liegende Retorten, ähnlich den in Gasfabriken
gebrauchten. Er wandte solche von 8' Länge, 30" Breite und 12" Höhe,
an, deren Ausmündungsrohr 6" lichte Weite hatte. Zur Aufsammlung
von Theer, ammoniakhaltigem Theerwasser u. s. w. dienen eiserne Re-
0 Anii»L d. Chem. u. Pharm. Bd. XCVII, S. 9 und Bd. XCVIII, S. 181. —
Dinglers polyt. Journ. Bd. CXXXIX, S. 216; Bd. CX, 8, 68; ?d. CXLIV, S.
444; Bd. CXLT, S. 47 n. 61; Polytechn. Centralbl. 1856, S. 683. 688 und 1009;
1867, 8. 1888, 1496 n. 1676. — ^ Dinglefs polyt. Jouni. Bd. CXXXV, S. 188;
Bd. CXXXIX, S. 48, 298, 802; Bd. CXLV, ST 158, 309; Polytechn. Centralbl. 1866,
8. 622, 811 n. 1067; 1867, S. 1382.— ■) Dingler's polyt. Journ. Bd. CXXXVII,
8. 138. — *) Ebendae. Bd. CXXXVIII, S. 129. - ») Ebenda», Bd. CXXXVHI,
8. 380. -— •) Ebendaa. Bd. CXXXVIII, S. 437. — ?) Polytechn. Centralbl. 1867,
S. 769; DingWs polyt. Journ. Bd. CXLVI, S. 210.
800 Beleuchtung.
servoirs oder Fässer.^ Das zu diesen Behältern fahrende Sammelrofar
ist mit Tüchern umwickele die durch Feuchterhalten dessen AbkfiUiBig
bewirken. Condensirend ¥m:kende feste Substanzen im Inneren der Ap-
parate nach Art der in den Oasbereitungsanstalten gebranehlichm
„Wäscher^'' verwirft Vohl, weil sie den Druck in den Betorten vc^
.mehren. Die Gase lassen sich unter den Rost in den Ya^reDnnng»-
raum leiten ui^ als Heizmaterial gebrauchen. Während die tob Yohl
untersuchten 15 Sorten Braunkohlen eine Theerausbeute, die zwischen
1,5 und 12<,8 Proc. schwankte, drei Liasschiefer von verschiedenen Fnn^
orten 9 bis 10,6 Proc. und 5 verschiedenen Torfsorten 5,6 bis 9,2 Proc
Theer lieferten, erhielt er von dem Bonner Blätterschiefer 20 Proc
Theer.
Andere Apparate sind von Beiford und von Wagen mannas-
gegeben worden, es sind Oefen, in welchen die Brannkohlen und Schie-
fer bei etwas beschränktem Luftzug verbrennen, die mit Verdichtnngi*
kammern versehen sind, worin sich die verdichtbaren DestillatioDir
sammt den Verbrennungsproducten sammeln. In dem Betortenappenl
hat man jedoch den Gang der Operation weit sicherer in der G^ewalt»
lieber die weitere Verarbeitung und Reinigung des Torf- und Blätte^
kohlen- oder Braunkohlentheers sind in den letzten Jahrem mehHaltige
Mittheilungen gemacht worden; ziemlich ins ^Einzelne eingehend sind
diejenigen von Wagenmann, der sich sein Verfahren in Englasd
patentiren Hess. Die erste Operation, welcher der Theer anterworfen
wurde, bezweckt die Entfernung des Schwefelammoniums. Dies p'
schiebt durch inniges Mischen desselben mit 4 Proc SLoenvitriol-
lösung bei einer Temperatur von ungefähr 30^ C. in eisernen Trom-
meln von 5000 Pfd. Inhalt, worin eiserne Bfihrer angebracht äsA
Der so gereinigte Theer wird nun der Destillation unterworfen, dk
mittelst Einleiten von Dampf in mit Theer geföUte grosse De8til]i^
blasen bewirkt wird. Das Abzugsrohr ist sehr lang (1000 Qi^^ S^
gekühlt, die übergehenden Flüssigkeiten werden nicht sämmtlich in
gleichen Apparat aufgefangen, sondern in drei Portionen getrenai
Das zuerst Uebergehende von einem specif. Gewicht zwischen 0,706
und 0,856 wird gesondert gesammelt, dann die Vorlage gewech-
selt um die Flüssigkeit, die 0,856 bis 0,900 specif. Gewicht kit
darin aufzunehmen , und alles was über 0,9 specif. Grewicht hat , wird
wiederum in einer andern Vorlage aufgenommen, in der letxler«B
Flüssigkeit vornehmlich ist das Paraffin enthalten.
Jede der drei Flüssigkeiten wird auf ßO^ C. erwärmt und allmiUg
mit Schwefelsäure, Salzsäure und doppelt-chromsaurem Kali versettt
Es erhält die Iste 4Pr.,die 2te 6Pr.,die Ste 8Pr.engl. Schwefelsäore.
M » » w 1 » u u ll >» V » 2 » Salzsäure»
u M » " I *> » » ^ » » M 1 » doppelt-chroms. Kah>
Nach gutem Mischen werden die sauren Flüssigkeiten abgezapft ns^
das obenaufschwimmende Oel mit je 2, 3 und 4 Proc Aetznatronlau^
von 1,53 specif. Gewicht (50<>B.) in eisernen Trommeln gemischt nnd der
Destillation unterworfen. Auch bei dieser zweiten Destillation werden
die Destillate getrennt aufgefangen. Aus dem ersten Product^mit noch
einem Theil des zweiten erhält man so eine Flüssigkeit .von 0,82 specif.
Gewicht, welches unter dem Namen Photogen oder Mineraldl in den
Handel kommt und in eigens dazu construirten Lampen verbrannt wird-
Ein anderer Theil des Destillationsproductes von der sweiteo
Beleuchtung. 801
#
FlQaaigkeit, welcher ein specif Gewicht von 0,88 bis 0,9 hat, heisst im
M&ndel Solaröl und ist in Moderateurlanipen verbrennbar.
Der Beat von 2 mit einem Theil von 3 gemischt, giebt ein
SchmieröL Den Best von 3 endlich bringt man in einen Keller, wo
sich in einigen Wochen Paraffin daraus scheidet, das man von den
iitissrgen Theilen zuerst mit Centrifugalmaschinen und darauf vollends
durch starken Dru.ck mit hydraulischen Pressen rein macht. Es wird
umgeschmolzen und mit 50 Proc. Schwefelsäure auf 150PC.^ erhitzt, er-
starren gelassen^ die Säure abgezapft, das Feste gepresst, nochmals ge-
schmolzen mit 70 Proc. Schwefelsäure bei 150^ C, wieder durch Ab-
zapfen und Pressen von Säure getrennt, Y^ Proc* Stearin und 1 Proc.
Aetzlauge von 1,38 specif. Gew. (40^ B.) zugesetzt, geschmolzen und
von den am Boden befindlichen Unreinigkeiten abgelassen.
Es ist nicht zu leugnen, dass sich dies Verfahren vereinfachen
lassen könne; dass der gleichzeitigen Einwirkung hoher Temperatur
und grösserer Mengen concentrirter Schwefelsäure auch das reine Pa-
raffin nicht widersteht, und dass sich in den Theerölen Substanzen be-
finden (das Phenyloxydhjdrat, Phenylsäure oder Carbolsäure) , deren
Natur die vorgängige Behandlung mit Kalilauge rathsam erscheinen
lässi, da sie sich mit demselben verbinden und daraus wieder abge-
schieden werden können.
Auch der Theer, der sich bei der Leuchtgaserzeugung aus Steinkohlen
ergiebt, wird auf ähnliche Weise verarbeitet. Die ölartigen Producte
werden jedoch mehr zur Bereitpng von Fimissöl, unreinem Benzol und
Carbolsäure (sogenanntem Steinkohlenkreosot) als zu Beleuchtungsmitteln
benutzt. Die Operationen haben grosse Aehnlichkeit mit den eben be-
schriebenen. Charakteristisch ist, dass dieser Theer kein Paraffin, son-
dern Naphtalin enthält, welches beinahe sämmtliche Destillationsproducte
begleitet. Dieser Bestandtheil ist wohl auch die Ursache, dass die aus
Steinkohlentheer erzeugten Naphten mehr russen beim Brennen als die
oben beschriebenen Leuchtöle, da das Naphtalin (C20H8) ein' Kohlen-
wasserstoff von viel höherem Kohlenstoffgehalt ist als die meisten übri-
gen. Die Btickstände von der Theerdestillation, eine schwarze glän-
zende Asphalt ähnliche Masse, unter dem Namen schwarzes Pech oder
künstlicher Asphalt bekannt, dient zu ähnlichen Zwecken, wie der na-
turliche Asphalt :- zu Mastikarbeiten, oder durch Auflösen in der leich-
ten, ölartigen von dem Theer abdestillirten Flüssigkeit zur Darstellung
schwarzer Firnisse.
Die Apparate für das UmdeStilliren des Steinkohlentheers sind
sehr mannigfaltig construirt Es wird gegenwärtig meist ein liegender
cjlindrischer Dampfkessel mit weitem und niedrigem Helm, und in
freiem Feuer ruhend gebraucht. In den Kessel leitet man, nachdem
die Destillation begonnen hat, Wasserdampf, der aus einem andern
Dampfkessel entwickelt wird, damit die schweren Dämpfe schneller
und vollständiger aus dem Kesselraum abgeführt werden. Auch für
die zweite Destillation oder Bectification der Oele dienen ähnliche Ap-
parate. Wagenmann hat indess an deren Stelle einen Vacuum-
apparat, ähnlich demjenigen, der in der Zuckerindustrie gebraucht wird,
angegeben, von dessen Anwendung als Hauptvortheil eine grössere Oel-
aasbeute resnltiren soll.
Seit kurzer Zeit kommt ostindisches Erdöl, eine bituminöse,
halbflüssige Masse, in grosser Menge nach England, wo man angefan-
Handwörterboeh der Chemie. 2tc Aafl. Rd TT. 51
802 • Beleuchtung.
gen hat, daraus ein leichtflässiges zor Beleachtong in Lampen ver-
wendbares Oel darzustellen. Das rohe Erdöl, ist von Butterconsisteni,
bei 14<^C. von 0,88 specif. Gewicht; es riecht schwach dem Petroleani
ähnlich ; durch Destillation und Beinigen* des Destillats mit Aetsnatroo
und Schwefelsäure wurden von 100 Thln. rohem Erdöl 40^ Thie. rei-
nes leichte? Oel erhalten von 0,83 specif. Gewicht (ßprif) von angeneh*
roem ätherischen • Geruch, welches sich in Lampen wie Camphin imd
Terpentinöl verbrennen lässt (VohP).
lieber die Zusammensetzung der in den Handel gebrachten üücbtigeo
Leuchtöle lässt sich allgemein nur so viel sagen, dass sie Gemische von
Kohlenwasserstoffen der verschiedensten Zusammensetzung sind, welche
wohl selten ganz frei sein werden von sauerstoffhaltigen Körpern (z. E
Carbolsäure) ; dass wir es in diesen Flüssigkeiten mit Gemischen verschie-
dener Substanzen zu thun haben, beweist die Veränderlichkeit des Siede-
punktes ; alle beginnen bei einer gewissen niedrigen Temperatur zu destü-
liren, und diese steigt, je länger man das Sieden fortdauern läast. Die in
diesen Oelen vorkommenden Kohlenwasserstoffe gehören zum Theil der
Reihe Cnlin ^ i, Butyl u. s. w. an, wenigstens hat G. Williams
die der Einwirkung concentrirter Salpetersäure und Schwefelsäure
widerstehenden Kohlenwasserstoffe als in diese Beihe gehörend erkannt;
es ist femer sehr wahrscheinlich, dass sich Homologe des Elaylgases
darunter finden, wären es auch nur die verschiedenen bis jetzt ParafÜD
genannten festen Kohlenwasserstoffe, die zum Theil in den Oelen ge>
löst bleiben; Kohlenwasserstoffe aus dei; Gruppe (C5QH411) der Terebene
oder Carophene fehlen jedenfalls auch nicht in dem Camphin und den
Destillationsproducten .harzreicher Hölzer ; die Kohlenwasserstoffe auf
der Gruppe der Homologen des Benzin (C« -|- nCsHs) kommen ge-
wiss in grösserer Menge vor; das Benzin selbst, oder der isomere Kohlen-
wasserstoff lässt sich aus diesen Oelen ziemlich rein und in nicht unbe-
deutenden Quantitäten ausscheiden, und endlich beweist die Gegenwart
des Naphtalins, dass auch Kohlenwasserstoffe von noch höherem Koh-
lenstoffgehalt zu den Bestandtheilen dieser Lenchtöle gehören.
Die verschiedenen als Beleuchtungsmittel benutzten ätherischen
Oele, Carophin und Pinolin, Mineralöl, Photogen etc. sind alle sehr reich
an Kohlenstoff, in den gewöhnlichen Lampen geben sie russende FLam-
men, sie bedürfen deshalb besonderer Lampen. Besondere Sorgfalt hX
bei ihrem Gebrauch zu empfehlen, weil sie flüchtig und ziemlich leicht
entzündbar sind; sie sind unter 15^ C. nur schwierig, zwischen 15*
bis 80® C. leichter, über 30<^ C. durch einen flammend brennenden
Spahn ziemlich leicht entzündbar.
Bei den Lampen fßr Camphin, Photogen und .ähnliche leichte Oele
sind Vorrichtungen, um ein gleichbleibendes Niveau des Oels zu be-
wirken, wie Sturzflasche, Druckwerke u. s. w. unnöthig und sogar nacl^
theilig, weil das Oel wegen seiner Dünnflüssigkeit und seines geringen
specifischen Gewichtes leicht vom Docht angesaugt wird, es hier aber
unthunlich ist, der Flamme ein Uebermaass von Brennstoff zuzuführen^
weil dieses sich hier vergasen und, weil unverbrannt verdampfend, Ge-
ruch verbreiten würde, was um so mehr zu vermeiden ist, da sie mei-
stenff sich durch einen penetranten, zum Theil höchst unangenehmen
Geruch auszeichnen. Vor allem ist daher nöthig, der Flamme hin-
0 Dingler's polyt Jonrn. Bd. CXLVII, S. 674.
Beleuchtung. 803
reichend Luft zuzuführen, and sie damit, in vollständige Berührung zu
bringen. .
Zuerst verbrannte Lüdersdorff in seinen sogenannten Gas- oder
Daixipflanipen ein Gemenge von Terpentinöl mit Alkohol mit Hülfe eines
nicht hervorstehenden Dochtes, indem das Gemenge, einmal erhitzt,
durch die Flamme selbst so weit heiss gehalten wird, dass sich fortwäh-
rend hinreichend Gas entwickelt, die Flamme zu unterhalten. Jetzt be-
nutzt man ausschliessend Lampen mit Docht, wie bei fettem Oel. In dem
meistens gläsernen Oelgefass hängt ein flacher oder ein cjlindrischer
Docht, letzterer in einer eigenthümlich gestalteten Dochthülse, wodurch
die Luft ungehindert auch zur inneren Seite des Dochtes gelangen kann.
Um den Luflstrom an die Flamme heranzupressen, ist in dem Zugglase
selbst eine starke ' Einschnürung angebracht, oder der untere Theil
des Glases ist mit einem Blechdeckel versehen, der eine enge Oeffnung
hat, und auf dem das, cylindrische höhere Zugglas steht, wie diese
Vorrichtungen auch bei gewöhnlichen Oellampen gebräuchlich sind.
Die genannten flüchtigen Oele, in passenden Lampen verbrannt,
geben sehr weisse Flammen, die an Glanz- und Lichtötärke den Stein-
kohlengasflammen nicht nachstehen; .diese Beleuchtungsmethode eignet
sich daher besonders für solche Orte, wo keine Gasbeleuchtung vorhan-
den, aber eine helle Beleuchtung erforderlich ist; sie hat zwei Nachtheile,
zuerst die leichte Entzündlichkeit des Materials, was beim möglichen
Umfallen der Lampe eine Entzündung des ausfliessenden Gels * zur Folge
haben kann, und den Umstand, dass das Oel meistens einen starken
unangenehmen Gecuch hat (besonders wenn es schwefelhaltende Ver-
bindungen enthält, wie z.B.* manches Schieferöl), was in Betracht kommt,
weil leicht ein kleiner Theil des Oels, wenn auch nur zuweilen unver-
brannt, entweicht. Diese Oele eignen sich mehr zur Beleuchtung von
Strassen oder grösseren offenen oder nicht vollständig geschlossenen
R&omen, Eisenbahnwagen , Magazinen , Fabriken etc. Als wesentlicher
Vortheil ist dagegen noch zu erwähnen, dass das Licht sich meistens
wohlfeiler als Oelbeleuchtung stellt
Photometrie. Das Messen der von einer Flamme ausstrahlenden
Lic htm enge nach absolutem Maasse ist nicht möglich, man kann nur ver-
gleichungsweise bestimmen, wie viel niehr oder weniger Licht eine Flamme
ausstrahlt als eine andere. Man bedarf also zu photometrischen Unter-
suchungen einer Einheit, d. h. einer Normalflamme, mit welcher die zu
untersuchenden Flammen in Absicht auf ihre Lichtstärke verglichen
werden sollen ; es sei hier nur vorläufig gesagt, dass hierzu gewöhnlich
eine Wachs- oder Wallrathskerze von eiiiem gewissen Gewichte dient.
Der Inbegriff der zur Lichtstärkevergleichung gebräuchlichen Un-
tersuchungsmethoden ist die Photometrie. Der physikalische Lehrsatz:
dass die Intensität der Beleuchtung sich umgekehrt verhält wie das
Quadrat der Entfernung der Lichtquelle von der beleuchteten Fläche,
wird in verschiedener Weise bei den photometrischen Methoden zu
Hülfe gezogen. Eine einfache und noch zuweilen gebrauchte Vor-
richtung ist das Photometer (Fig. 78 s. f. S.) von Rumford. S ist
ein verticales dunkles und mattes Stäbchen von Bleistiftdicke, CD ein
weisser Schirm, / und L die zwei miteinander zu vergleichenden
Flammen, b .ist der Schatten des Stäbchens, den es in Folge der Stel-
lung der Kerzenflamme l auf den Schirm CD wirft, a der Schatten
von S^ in der Verlängerung der Linie LS, Der Schatten a ist aber
51*
804 Beleuchtung.
von der Flamme /, der Schatten b von der Flamme L belenchtet. und
zwar werden die beiden Schatten gleichdunkel erscheinen, wenn I
Fig. 78.
den ersteren ebenso stark zu beleuchten vermag als L den letitereo.
Durch Entfernen oder Nähern der einen oder andern Flamme in senk-
rechter Richtung von CZ) kann aber begreiflicherweise auch bewirkt wer-
den, dass die beiden Schatten gleich dunkel erscheinen. Sobald diu
erreicht ist, werden die Entfernungen der Flamme / sowie die der Flamme
L von CD gemessen und die gefundenen Zahlen ins Quadrat erhoben,
wodurch man Werthe erhält, die das Verhältniss der Lichtintensitaten
der beiden Flammen ausdrücken. Die Resultate, sind nach der Stellang
des Beobachters difTerirend, wobei besonders auch die Farbe der bei-
den Lichtquellen Unterschiede hervorbringt; wesentlich ist für die Ge-
nauigkeit des Resultates^ dass die Flammen der beleuchteten Flidw
nicht zu nahe stehen.
Bunsen hat ein neues Hülfsmittel in der Photometrie eingefakrt,
dessen man sich jetzt sehr häufig und in verschiedenen Modificationeo
bedient. Es ist eine zum Theil transparent gemachte und zum Theil
anverändert gelassene Papierscheibe. Ein Stück weisses, geleimte?
Schreibpapier wird mittelst eines Pinsels mit einer Auflösung voi
Wallrath in Steinöl bestrichen und in der Mitte eine kreisrunde Stelle
von etwa 1/2 Centimeter Durchmesser gelassen. Oder 'man lässt 2uif
ziemlich starkes Schreibpapier von einer Stearinkerze einige Tropfen
flüssiges Stearin fallen, erwärhnt dann das Papier so schwach, dass dis
Fett eben eindringt, ohne es ganz durchscheinend zu mach^. Die befettete
Scheibe wird zwischen die beiden der Yergleichung unterworfenen Flam-
men gestellt ; das reine Papier wird auf der Seite, die schwächer be-
lenchtet ist , dunkler, auf der stärker beleuchteten Seite heller erschei-
nen als der Fettfleck.
In England findet sich eine Ausfiihrung der Bunsen 'sehen Idee
im Gebrauch, die sich von der sogenannten optischen Bank der
physikalischen Cabinette nicht viel unterscheidet. Die beiden zu ver-
gleichenden Flammen stehen fest am Ende der Bank nnd zwischen
denselben ist der Schirm mit der befetteten Papierscheibe auf einer
horizontalen Schiene beweglich aufgestellt. In Fig. 79 ist auf der
horizontalen Schiene ein einfacher Maassstab angebracht
Anstatt des Maassstabes sind auf den englischen Photometem, die
von Wight construirt sich im Handel befinden, bei feststehenden Flao-
direct die Lichtstärken, die sich ans den verschiedenen Stellungendes
" ergeben, aufgezeichnet. Die Ziffer 1 z. B. steht hier genau in
mpn
- 1
Beleuchtung.
der Mitte zwischen beideo Flammen Ziffer 4 mi einer Stelle, die von dem
Lichte a doppelt ao weit entfernt lat als vom Lichte 6. Zifler ? an einer
;>tene, die deo liaum zwi-
schen den beiden FUm-
men in einerseits 1/4, an-
dererseits Y4 abtheilt ;
Zitfur 16 an der Stelle,
von dar nach dem Lichte
a die Entfernung := i,'j
der ganzen Lange der
Schiene, die nach dem
LicLte 6 */j dieser Länge-
beträgt. Die Ziffern
zwischen den Quadrat-
sahlen 1, 4, 9, IG sind
durch Aufsuchen dar
Wurzeln auf ganz die-
selbe Weise aufgetragen.
Die Ziffer 12 z.B. steht,
wenn man sich die ganze
Länge in 4,464 gleiche
Theile getheilt denkt,
an der Stelle, die von
der einen Flamme um
4,464 (s= V^) solcher
rheile von der Anderen
um 1 Theil entfernt ist.
Ei zeigen sich beim
Gebrauch dieses Photo*
tf^ IH ^ ^^^^BS meters manche Schwie-
' M H { ^^^F ^ rigkeiten. Zunächst ist
es wesentlich, ilass der
Maassstab nicht zu kurz
sei, am besten wird er
>^. IH plM |W -^ etwa 10 FuBs liing ge-
'tf ■ _H y ^ IT V nomraen. Dann darf das
Papier weder zu viel
noch zu wenig durch-
scheinend sein, im ersten
Fall verschwindet der
Fleck nie vollständig, im
letzteren Fall nicht nur
nn einem Punkt, sondern
innerhalb gewisser ent-
fernt von einander lie-
gender Gränzen ; ist der
Grad der Durchscheinen-
heit der richtige, so muss
der Fettfleck nur in einer besümmten Entfernung von beiden Flam-
men unsichtbar erscheinen, sobald er einer oder der anderen Flamme
Biber geräckt wird, sogleich wieder sichtbar werden. Man erhält aber
Dicht die genau gleichen Resultate, ob man das F^ier von einer oder
806 * Beleuchtung.
von der anderen Seite betrachtet ; nöthig ist e&, daas man beim Anfehei
der rechten und der linken Seite de» Schirmes das Ange jedesmal in niög>
liehst denselben Winkel gegen die Schirmfläche bringe und sich gegen du
gleichzeitige Eindringen des Lichtes, das von , der hinter dem Schirme
liegenden Flamme kommt, schütze. Man erhält bessere Resultate, w«in
man hinter dem Schirm zwei Planspiegel anbringt, die gegen einander
ungefähr im rechten Winkel aufgestellt sind und so, dass die Ebene
des Schirmes, der zum Theil zwischen ihn^n steht, gegen jeden dersel-
ben die gleiche Neigung hat Der Beobachter, der in der Richtung de»
Schirmes auf -die beiden Spiegel sieht, erblickt dann gleichzeitig die yod
den Spiegeln zurückgeworifenen Bilder der beiden Schirmseiten.
Endlich haben sehr grossen Einfluss die reflectirenden Wände des
Zimmers, worin / man beobachtet. Angenommen, die Gasflamme mit
einem Schnittbrenner sei ebensoweit von der einen weissen Wand de»
Zimmers entfernt, als die Flamme der Normalkerze (Wachs oder Wall-
rath) von der gegenüberliegenden, so wird, da die Gasflamme mit der
Breitseite gegen die erste Wand gekehrt ist, und dieser viel mehr
Licht zuwirft, als die Kerzenflamme der ihr nähern anderen Wand,
die erstere mehr Licht gegen die der Gasflamme zugekehrte Seite des
Schirmes reflectiren, als die andere gegen die der Kerze zugewandte
Schirmseite. Es wird sich also der Eflect der Gasflamme, oder all-
gemein immer der stärkeren Flamme bedeutend durch helle reflecti-
rende Wände verstärken, woraus hervorgeht, dass exacte Beobachton-
gen nur in einem mit matten schwarzen Wänden versehenen oder mit
schwarzem Tuch behangenen Beobachtungsraum vorgenommen werden
können.
Bunsen hat dem Instrumente dadurch eine verbesserte Ein-
richtung gegeben, dass er sowohl die Normalkerze, als die Flamme«
deren Lichtstärke zu suchen ist, mit einer dritten Lichtquelle vergleicht,
die er in ein dunkeles Gehäuse einschliesst, an dessen einer Wand sich
der transparente Papierschein befindet. Auf diese Weise hat der Beob-
achter immer nur eine und dieselbe Seite des Schirmes zu betrachteo.
Die Normalkerze steht etwa in einer Entfernung von 4 Zoll von dem
Schirme; im Inneren des Gehäuses befindet sich ein kleines Gasflämm-
eben, das man mittelst des Gashahns sowohl als durch Nähern ond
Entfernen vom Schirme so reguliren kann, dass es den Effect der Kor-
malkerze auf den Schirm genau aufhebt, d. h. dass der Schii'm weder
einen dunklen noch hellen Fleck zeigt. Ist dies erreicht (das Gas^
welches das Flämmchen im Inneren des Gehäuses speist, muss während
des ganzen Versuches unter genau dem gleichen Druck bleiben), so
wird das Gehäuse um 180^ gedreht, d. h. so gestellt, dass der Schirm
der andern zu untersuchenden Flamme gegenüber, die Normalkerre
aber auf der Hinterseite steht oder ganz entfernt ist. Das ganze Ge-
häuse mit dem durch einen Kautschukschlauch gespeisten Grasflämm-
chen und der Normalkerze lässt sich mittelst eines Wagens auf einer
Schiene vor und rückwärts schieben, und so gegen die Flamme stellea,
dass der Fleck auf dem Schirme verschwindet. Auf der Schiene i^t
ein Maassstab aufgetragen, an dem die den Stellungen des Gehawe»
entsprechenden Lichtstärken der äusseren Flamme unmittelbar abge-
lesen werden können.
Es sind noch andere Photometer, grösstentheils auf ganz andere
physikalische Principien gegründet, vorgeschlagen worden, so das von
Beleuchtung/ 807
Ritchie, von Beer^), von Babinet^), von Bernard'), Foucault
and Andern, die aber far die Zwecke des Beleaohtangswesens sehr
wenig in Gebrauch gekommen sind. •
Die Genauigkeit der photometrischen Versuche wird mehr als von
den Mängeln der photometrischen Ins.trumente, von der Unzuveriässig-
keit der als Einheit gebräuchlichen Norraalüamme beeinträchtigt. Man
wählt hierzu meist Kerzen : in England Wallrathkerzen 5 auf das engl.
Pfund, in Deutschland gewöhnlich Wachskerzen von verschiedenem
Gewicht) 4, 5 oder 6 auf das Pfand. Abgesehen von der Unsicher-
heit, welche die Verschiedenheit de« Materials, des Dochtes und des
Gewichtes der Kerzen mit sich bringt, führt deren unregelmässiges
Brennen zu vielen nothwendigen Schwankungen der Beobachtung; die
zur Vergleichung z. B. mit der Gasflamme dienende Kerzenflamme muss
eine bestimmte Höhe haben, der Docht darf während des Versuchs
nicht zu lang und nicht zu kurz sein, so dass der Consum an Brenn-
material ein möglichst constanter bleibt. Die Bedingung des ruhigen
Constanten Brenners lassen sich immer nur eine kurze Zeit lang unver-.
ändert erhalten, deshalb gewährt eine Kerze einen weniger paarenden,
weil schwankenden Maassstab; zweckmässig ist es, wie Bunden auch
that, znerst nach der Kerze ein Gaslicht von gleicher Stärke zu nor-
miren, und dieses als Maassstab oder Einheit zu gebrauchen; bleibt
der Druck an Consum desselben Gases gleich, was sich leicht errei-
chen lässt, so hat man eine constante Einheit.
Gute Lampen, die gleichmässig brennen, worden auch vor Ker-
zen den Vorzug als photometrische Einheit verdienen, wenn es möglich
wäre, überall die nämlichen Constructions- und Maass Verhältnisse der
Lampe einzuführen, um die Resultate verschiedener Beobachter unter
einander vergleichbar zu machen. Auch daraus entstehen liicht kleine
Schwierigkeiten für ein genaues Beobachten, dasß die Einheit, ein ge-
wöhnliches Kerzenlicht, oft mit Flammen von der mehr als 16- bis
20fachen Licl^tstärke verglichen werden soll, weil; um es an dem
Bansen 'sehen Photometer klar zu machen, dem Unterschied der Licht-
stärke zwischen 1 und 4 also von 3 Einheiten ein Stück der Schiene,
worauf der Schieber steht, entspricht, welches Ve ihrer ganzen Länge,
dem Unterschied der 5 Einheiten zwischen 4 und 9 ein Schienenstück
von nur Yu der Schienenlänge, dem Unterschied der 7 Einheiten zwi-
schen 9 und 16 nur ein Schienenstück von 1/20 der ganzen Entfernung
n. s. w. zwischen den beiden Kerzen entspricht. Die geringsten Ver-
schiebungen des Schirms, oder bei der zweiterwähnten Construction,
des Gehäuses, mit dem Normallicht, die nöthig sind um den Fleck auf
der transparenten Scheibe zum Verschwinden zu bringen, werden also
schon bedeutende Differenzen beim Ablesen der Lichtstärken zur Folge
hab«D , wenn die Flamme^ deren Lichtstärke gesucht wird, um vieles
heller ist als die Normalkerze. Deshalb ist es jedenfalls nothwendig,
sich ein ennpfindliches Papier darzustellen , und die beiden za verglei-
chenden Flammen etwa 10 Fuss entfernt von einander zu stellen, wie
oben angegeben. Von eXacten Messungen sind auch im besten Fall aus
den verschiedenen angegebenen Gründen alle photometrischen Beobach-
*) Pogg- Annal., T. LXXXVIU. S. 114. n. Dingl. polytech. Journ. Bd. CXXVIII,
8. 82». — *) Compt. rend. T. XXXVH, p. 774. — ^ Compt. rend. T. XXXVI,
p. 728.
808 Beleucjjtung.
tungen weit entfernt, und da sie die Grundlage för die Wertfanng der
einzelnen Beleuchtungsmittel bilden, ist auch diese mit einer Menge
von Unsicherheiten behaftet.
Die relative Leuchtkraft (L), d. h. die relative Lichtmenge,
die verBchiedene Flammen in einer gegebenen Zeit bei gleichem Con-
3 um liefern, wird gefunden einerseits aus der Ermittelung der Licht-
stärken (m) und andererseits dem Consum (q) und Division des letzte-
ren WertheB in den ersten II = — j.
Es versteht sich von selbst, dass man die Möglichkeit einer Ver-
gleichung dieser Quotienten nur. erhalten kann, wenn für den Consum
gleichartige, d. h, vergleichbare Ausdrücke gegeben sind. Die Leucht-
kraft von,Oel oder Wachs, deren Consum in Gewichtstheilen ausge-
drückt wird, lässt sich nicht vergleichen mit der von Gasen, die dem
Volumen nach gemessen werden. Zu bemerken ist ferner, dass man^ wie
bei der Lichtstärke, auch für den Begriff der Leuchtkraft gewohnlich
m
eine Einheit durch Umrechnung aufstellt, da durch Division — eioe
solche nicht immer sich von selbst ergiebt Die direct gefundenen (X)«
wie die auf eine Einheit zurückgeführten Quotienten (L')» ^^^ -^^
drücke, die für die Praxis noch unvollständig sind, und praktische Be-
deutung erst gewinnen durch Hereinziehen eines weiteren Elements: des
Preises der Beleuchtungsmittel. Das Datum des Preises aber lässt aidi
auf verschiedene Weise in der Frage der Beleuchtungskosten verwen-
den. 1. Zur Bestimmung der Kosten verschiedener Beleuchtungsmittel
zurückgeführt auf gleiche Lichtstärke, oder des eigentlichen
Leuchtwerthes (PF), und 2. zur Bestimmung der Kosten des Be-
leuchtungsmittels während einer gewissen Zeit, ganz abgesehen tod
der Helligkeit, die es giebt. Die letztere Frage hat natürlich mit der
Photometrie nichts gemein, dennoch bt sie diejenigie von beiden, wel-
cher für viele Fälle des täglichen Lebens die höhere Wibhtigkeit beige-
legt wird, denn viel öfter handelt es sich darum, was ein, wenn auch
kümmerliches Beleuchtungsmittel pro Stunde kostet, ala darum, ob für
eine gewisse Ausgabe das eine Licht heller sei als das andere. Istp
der Preis für ein Beleuchtungsmittel (die Vergleichseinheit = 100 ge-
nommen), so ist der Leuchtwerth
«7 ^ A m X 100
}y = oder w = — ^^ .
^ ^ 100
Die Resultate, ^welche bei Untersucifling über Helligkeit, Consun
und Leuchtkraft verschiedener Kerzen und Oellampen erhalten wurden,
stimmen nun nicht immer überein, nicht bei verschiedenen Beobach-
tern, selbst nicht bei verschiedenen Versuchen desselben Beobachters;
diese Erscheinung fällt weniger auf, wenn man bedenkt, dass Consua
und Lichtentwickelung wechseln muss nach Beschaffenheit desDochtoSii
nach seinem Verhalten beim Brennen, das abhängig ist von manchen'
äussern Umständen. Ueberdies ist ja das Leuchtmaterial selbst nichi
immer von gleicher Qualität, wenn auch gleichbenannt, Talg, Stearin«!
säure und selbst Wachs, wie es verarbeitet wird, sind wechselnde
Gemenge, ebenso das BübÖl, und man ist daher nie sicher in Hinsicht
auf die Qualität des Leuchtstoffes, endlich trägt noch die Unvollkom*
i
Beleuchtung. 809
menheit der photometrischen Versuche zu den schwankenden Resul-
taten bei.
Kar mar seh giebt bei Kerzen folgende Resultate:
Consam in
Lichtstftrke
.
einer Stunde. Wachs 100.
Talgkerzen
6
pro
Pfd. .
. . 8,91 Grm. . . .
81
Stearinkerzen
4
11
•1
• . t/^SItt ,^ • .
. 98
91
5
11
11 •
. . «f^OU ^) . •
92
11
6
11
11
. . \f^£\} ,) • .
. 89
•1^
8
11
11
d',62 ^)
82
Wachskerzen
4
11
11
8,77 ,,
. 100
5»
6
11
11
. . . 8,04 „ .. :
92
1?
8
11
11
. . . 7,16 „ .. .
. , 83
Wallratbkerzen
4
11
1
1« •
; . . 9,65 „ . .
. 118
11 ♦
5
11
11
8,62 „
. 100
11
6
11
11
. . . 8,04 „ . .
. 96
Wachs . . .
100
Wallrath . .
. 104
Stearinsäure
84
Talg . . .
80
Paraffin
c.
d.
e.
100
100
100
183
103
—
120
98
120-
99
80
99
222
Aus dieser Tabelle ergiebt sich die nachstehend unter a. ange-
gebene durchschnittliche .Leuchtkraft ; bei einer andern Versuchsreihe
fand Karmarsch die unter b. aufgeführten Resultate; Karstens giebt
die Zahlen c. und d., Peel et die Zahl e. an.
b.
100
108
104
128
138
Wenn bei diesen Versuchen die Leuchtkraft der Talgkerzen zum
Theil besonders hoch gefunden ist , so muss man bedenken ^ dass nur
die im günstigsten Moment erzeugte Helligkeit durch den Versuch be-
stimmt wird, die durchschnittliche Helligkeit jedenfalls viel geringer
bt, dann isti aber auch die Ungleichartigkeit des Materials in An-
schlag zu bringen.
Kohl mann giebt die Leuchtkraft der Paraflfinkerzen 1,9 mal so
hoch als die von Stearinkerzen an.
Zum Vergleich der Differenz in Consum und Helligkef^ beim Ver-
brennen von Oel in verschiedenen Lampen mögen folgende Zahlen
Platz finden:
Durch-
messer des
Licht-
stärke, die
Consum
in einer
Consum f. die
Lichtstärke
•
Dochtes.
einer Talg-
kerze 1.
Stunde.
von einer
Talgkerze.
Linien.
'
Gramme.
Gramme.
1) Kdchenlampc mit vollem Dodite
3,6
0,5
7,0
14,1
2) Flaschenl. mit flachem Dochte
8,2
1,1
11,1
9,5
3) Aetrall. mit Argand's Dochte
7,6
2,9
26,9
9,2
4) Sinumbral. mit „ „
7,7
3,7
26,2
6,8
5) Flaschenl. mit ,. „
6,75
2,9
15,8
5,5
") « M «1 U
10,0
8,0
43,4
6,4
*) IJ V »» J»
10,5
8,4
45,6
6,4
S) Nr. 5 m. Benckler'schem Zugglas
6J5
4,5
26,2
5,8
v) J*r. 7 „ ., „ „
10,5
9,9
54,8
5,5
10) Carcel'a Uhrlampe
9,0
9,8
42,4
4,6
8 1 0 Beleuchtung.
' Diese Zahlen zeigen, daas man in der Uhrlampe am wenigsten
Öel gebraucht, um einen bestimmten Etfect hervorzubringen, etwu
mehr in den Flaschen lampen, am meisten in der Küchenlampe, dagegen
verzehrt diese letztere an und für sich am wenigsten Oel, die Uhr-
lampe dagegen am meisten. Als Einheit für die Lichtstärke ist hier-
bei eine Talgkerze mit 8,91 Grm. Cotisum pro Stunde angenommen.
Dieses Quantum Talg entspricht, nach Karmarsch's Versacken,
7,9 Grm. Wachs, 8,5 Grm. Stearinsäure und 6,9 Grm. Wallrath;
diese Fette würden in der genannten Meiige dieselbe Helligkeit geben,
wie die in der letzten Coloitne obiger Tabelle angegebenen Oelmengäi
in den betreffenden Lampen. Karmarsch's und Heeren's Versuche
geben die relative I^euchtkraft einer guten Uhrlampe = 100 : Wacbi
= &2 : Stearin =: 52 : Talg = 51. Aus den nach Ort und Zeit wech-
selnden Preisverhältnissen der Materialien berechnet sich dann leicbi
der Preis für eine bestimmte Zeitdauer wie für je eine Lichtstärke.
Orth bestimmte die Lichtstärke einer Mineralölflamme, welche
2 4, Grm. Oel consumirt = 4 Wachskerzen (9 Grm. Wachs pro Stande
verzehrend); bei 12,5 Grin. Consum war sie = 2 Kerzen; Mineralöl
aus Hamburg, von Bonn, aus Frankreich (hiäle de schistes dÄtäun) nad
von Tübini^en zeigten keinen bemerkbaren Unterschied. Danach ver-
hält sich die Leuchtkraft des in einer guten Lampe verbrannten Mine-
ralöls zu der des Wachses = 1 : 0,66.
Wenn sich nun die Lichtwerthe der verschiedenen Materialien
auch nicht in bestimmten Zahlen angeben lassen, so kann man im Allge-
meinen doch als feststehend annehmen, dass die Leuchtkraft von Wachs-,
Talg- und Stearinkerzen nicht sehr verschieden ist, dass die Leuchtkraft
dieser , Materialien aber geringer ist, als die von fetten Oelen, wenn
dieses in guten Lampen, grösser aber wenn dieses in schlechten Lampea
verbrannt wird.
Hinsichtlich der Leuchtkraft von fetten Oelen in Lampen ist die
Erfahrung entschieden die, dass diese am grössten ist lin Ubrlaropea
oder Moderateurlampen, am geringsten in der Küchenlampe. Die
Leuchtkraft der Mineralöle mag der von fetten Oelen etwa gleich-
stehen, die Flamme derselben zeichnet sich besonders durch ein weisses
Licht aus.^
Hinsichtlich des Leuchtwerthes lassen siish bei den schwankenden
Preisverhältnissen keine bestimmte Daten angeben, so wenig wie über
den Preis des in einer Stunde verbrauchten Leuchtstoffes. Annähernd
mögen folgende Zahlen (in Franken ausgedrückt) gelten:
Preis des Lenchtstoffss Leuchtwertb bei
pro Stande.
gleicher Lichtstärke.
Talgkerzen . . . . 0,011 . . .
k .
0,12
Wachskerzen .... 0,057 . . .
* .
0,48
Wallrathkerzen . . . 0,058 . . .
1 .
0,48
Stearinkerzen .... 0,028 . . .
.
0,18
Küchenlampe .' . . . 0,011 . .
* .
0,16
Lampe mit flachem Docht 0,015 . .
* .
0,12
Sinumbralampe . . . 0,060 . . .
• .
0,07
Flaschenlampe . . . 0,060 . .
K .
0,06
Flaschenlampe, kleine . 0,025 . .
• .
0,06
Uhrlampe ...*.. 0,058 . . .
> a
0,06
Camphinlampe . . . 0,045 . . .
> .
0,08
BeUadonnin. — Benzaldehyd. 811
Hiernach geben gate Oellaropen das wohlfeilste Licht, d. h. man
hat hier die grösate Helle mit den verhältnissmäsaig geringsten Kosten,
ihnen nahe stehen die Camphinlainpen , während schlechte Oellampen,
Stearin- und Talgkerzen ein thenreres Licht geben, am theuersten iat das
Licht der Wallrath- und Wachskerzen. Anders stellt sich die Frage, ohne
die Lichtstärke in Betracht zu ziehen, nach dei* absolut billigsten Be-
leuchtung, hier ist die Talgkerze und die Eüchenlampe zuerst zu nennen.
Hinsichtlich des Gaslichtes, seiner Leuchtkraft und seines Leucht-
werths im Vergleich mit Kerzen- und Lampenbeleuchtung müssen wir
auF den Artikel Gasbeleuchtung verweisen (Bd. III, S. 392). By.
Bella donnin ist ein noch problematisches Alkaloid, dessen
Existenz Brandes in den Blättern der Belladonna glaubte nachgewiesen
zu haben; später will Liibekind ^) es dargestellt haben, indem er die
Blätter mit kaustischem Kali destillirte, das Destillat mit Platinchlorid ver-
setzte, wobei ein weisser, in Ammoniak löslicher Niederschlag entstanden
sein soll, der mit kohlensaurem Kali destillirt ein weisse:) Sublimat gab,
welches, nach Lübekind, ein Alkaloid, das BeUadonnin ist. Die Unter-
suchung ist so mangelhaft, dass sich aus derselben durchaus nicht auf die
Existenz von einem eigenthümlichen Alkaloid schliessen lässt. Fe,
Belmontin^) hat man die Paraffin ähnliche Masse genannt, wel-
che aus dem Erdöl von Birma in England dargestellt, und zur Verfer-
tigung von Kerzen verwendet wird.
Belonit hat V. Kobell das Nadelerz genannt.
Be lugenstein ist der Name gewisser Goncretionen, die früher
als Medicament sehr geschätzt waren und, nach Pallas, sich in den er-
weichten Uretheren und in der Cloake des Hausens {Acdpenaer Hueo^
Russisch bjdluga) finden. Sie sind knochen weiss, gewöhnlich flach eiför-
mig, im Mittelpunkte zuweilen etwas eingedi'ückt. Die Grösse va-
riirt bis zu der eines Hühnereies, sie haben ein Gewicht bis zu 3, ja
bis zu 7 Unzen. Die Oberfläche ist glatt und gelblich weiss. Auf
dem Bruche bemerkt man eine krystallinische Structur und strahlige
nach der Peripherie zugehende Nadeln, welche durch concentrische
Ringe unterbrochen sind. Unter dem Mikroskop zeigen sich feine Split-
ter farblos, durchisichtig und homogen. Vor dem Löthrohr schwärzen
sie sich und sind schmelzbar. In Salzsäure löst der Körper sich ohne
Gaaentwickelung mit Zurücklassung von weicher aufgequollener orga-
nischer Substanz von der Form des angewandten Stückes.
Klaproth fand darin phosphorsauren Kalk 71,5 Proc., Wasser
und Eiweiß 26,0 Proc, Gyps 0,5 Proc. Wöhler^) hat diese Analyse
bestätigt. Er fand in einem Stücke desselben Steins, den Klaproth
untersuchte, ausser etwas organischer Substanz phosphorsauren Kalk
7^,0 Proc, Wasser 26,26 Proc; er fand, dass der phosphorsaure Kalk
neutrales Salz ist mit 4 Aeq. Knystallwnsser : 2CaO.HOcI^05
-f- 4 aq. ; dieses Salz unterscheidet sich von dem basischen Salz der
Knochen (3CaO.P05) durch seine Schmelzbarkeit. Spätere Analysen
von Taylor stimmen hiermit überein. {Wp) Fe.
Benzaldehyd, sjni. mit Benzoylwasserstoff.
*) Archiv d. Pharm. Bd. XVm, S. 75. - «) Rcp. of P»t. Inv. 1858 Juli, p. 61;
Poljt. Centralbl. 1858, S. 1033 u. 1310. — ^ Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LI, S. 437.
812 Beiizamid.
Benzamid^). Benzoylamjd,Benzoyl- und Wasserstoff-
Azotür. Das Amid der Benzoesäure, (18^2) von Lieb ig und Woh-
le r entdeckt. Empirische Formel: C14H7O3N; rationelle Formel:
Ci4 H5 O3 . Hj, N oder ^1* **^ 2» I N. Es enthält die Elemente von benxoe-
saurem Ammoniumoxyd (NH4O. C14H5OS) minus 2 Aeq. HO, ist aber
bis jetzt nicht direct aus diesem Salz dargestellt. Es bildet sich bei
der Zersetzung von Chlor- Brom- oder Cyanbenzoyl durch Amrooniak
(Liebig u. Wohle r), oder bei Einwirkung von Ammoniak auf waaaer-
freie Benzoesäure , sowie beim Kochen von gelöster Hipporsäare mit
Bleihyperoxyd (Fehli'ng), oder beim Erhitzen derselben in trockenen
Chlorwasserstoffgas (Strecker); auch beim Stehen eines Gemenges
von Benzoeäther mit Ammoniak, das mit hinreichend Alkohol, um sich
mit dem Aether gleichförmig zu mengen, gemischt ist, setzt sich nach
mehreren Monaten das Amid in Krystallen ab (Deville). Schneller
erfolgt die Bildung, wenn man das Gemenge des Aethers mit wasseri-
gem Ammoniak in einem zu geschmolzenen Glasrohr über 100*^ C. er-
hitzt (Dumas, Malaguti und Leblanc).
Zur Darstellung vonBenzamid wird ganz trockenes Ammoniakgtf
im Ueberschuss in Benzoylchlorid geleitet, wobei dieses sich unter Ej^
hitzung in Benzamid und Salmiak zersetzt:
^i4H602^+ 2NH8 = CijHsOji^NHa + NH4GL
Benzoylchlorid Benzamid
Zur vollständigen Zersetzung des Chlorids ist es nöthig, die fest-
gewordene Masse zu wiederholten Malen aus dem Gefass herauszuneh-
men, zu zerreiben, und von Neuem mit Ammoniak zu behandeb.
Nach vollendeter Einwirkung wird die Masse zur Entfernung des Sal-
miaks mit kaltem Wasser ausgewaschen, und das zurückgebliebene
Amid in siedendem Wasser oder Alkohol gelöst, bei dessen Erkalten es
sich in Krystallen abscheidet.
Es ist wesentlich, dass das Ammoniakgas vollkommen trocken
sei, weil sich sonst durch Zersetzung von Wasser und Benzoylchlorid
benzoesaures Ammoniak und daher weniger Benzamid bildet. Es i^
aber weiter auch nöthig, dass das Benzoylchlorid vollständig dureh
Ammoniak zersetzt sei, weil sich sonst aus dem anzersetzten Benzoyl-
chlorid bei Behandlung mit Wasser Salzsäure bildet, dih das Benzaoud
in der Wärme wieder zersetzt.
Statt Ammoniak gas kann man auch das feste kohlensaure Am-
moniak des Handels anwenden; man zerreibt das Benzoylchlorid mit
einem Ueberichuss des Salzes, erwärmt zuletzt schwach, um die Reac-
') Literatur: Liebig u. Wöhler, AnnaL d. Chein. u. Pharni. B4. HI. S.
268. — Fehling, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XXVIH, S. 48. — Gerhardt,
Annal. de chira. et phys. [8.] T. XXXVII, p. 817. — Laurent, R^v. scientf. T.
XVI, p. 291. — Dumas, Malaguti et Leblaoc, Compt. rend.de I'acad. T. XX^,
p. 734. — Dessaignes, Annal. de chim. et phys. [3.] T. XXXIV, p. 146; AnaaL
d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXII, S. 284. — Cahours, Annal. de chim. et pb.r^
[8.] T. XXXVII, p. 450. — Field, Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXV, S. W
— Chance I, Compt. rend. par Laur. et Gerh. 1849, p. 180; Joum. f. prakt
Chem. Bd. XL VII, S. 148. -- Gerhardt et Chi oaza, Compt. rend. de lacad. T.
XXXVIII, p. 86; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXVII, S. 296; Jouni. C
prakt. Chem. Bd. LX, S. 144; Pharm. Centralbl. 1863, S. 763. — Limpricht a.
Uslar, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. CU, S. 268.
Benzamid. 813
tion vollständig zu machen, und wäscht den Rückstand mit Wasser ans.
Oder man schüttelt das Benzojlchlorid mit concentrirtem wässeri-
gen Ammoniak; es bildet sich Benzamid, das sich *ba1d krystallinisch
abscheidet, neben wenig benzoesaurem Ammoniak.
Die Darstellung des Benzamids aus Benzoylchlorid ist einfacher, alt»
die aus Hippursaure (CigH7N06); man kocht diese Säure mit Blei-
superoxjd und Wasser; es entwickelt sich reichlich Kohlensäure und
die Masse entfärbt sich, indem hippursaures Bleioxyd und Benzamid
entsteht. Die heisse Flüssigkeit wird zum Fällen des Bleioxyds
mit verdünnter Schwefelsäure versetzt, mit sorgfältiger Vermeidung
eines Ueberschusses; man kocht nach neuem Zusatz von Bleihyper-
oxyd, zersetzt wieder mit Schwefelsäure und wiederholt die Operatio-
nen, bis alle Hippursaure in Benzamid verwandelt ist; aus der blei-
freien* Flüssigkeit -krystallisirt das Amid beim Abdampfen.
Das Benzamid bildet farblose, durchsichtige, stark perlmutterglän-
zende Krystalle; seine Form ist eine gerade rhombische Säule, an wel-
cher die scharfen Seitenkanten durch eine Fläche abgestumpft sind,
welcher ein deutlicher Blätterdurchgang parallel geht, und auf welche
Fläche Zuschärffungen des Endes gerade aufgesetzt sind. Durch die
vorherrschende Fläche jenes Blätterdurchganges erscheinen di^ Kry-
stalle gewöhnlich als rechtwinkelige, vierseitige Tafeln mit zugeschärf-
tem Rande. Das Benzamid zeigt bei seiner langsamen Kry stall isation
eine merkwürdige Erscheinung, die ohne Zweifel auf einer in der Flüs-
sigkeit selbst vor sich gehenden Verwandlung des wasserhaltigen Kör-
pers in wasserfreies Amid oder auf Dimorphie beruht. Aus der kochend
heissen Auflösung setzt das Amid sich nämlich bei raschem Erkalten
in perlmutterglänzenden, dem chlorsauren Kali sehr ähnlichen Krystall-
blättchen ab. Langsam erkaltend und bei einer gewissen Concentration
erstarrt dagegen die ganze Flüssigkeit zu einer weissen Masse, die aus sehr
feinen, seidenartigen Kry stallnadeln besteht; nach einem oder mehreren
Tagen, ofl schon nach einigen Stunden, sieht man in dieser Masse ein-
zelne grosse Höhlungen entstehen, in deren Mittelpunkt sich ein ein-
zelner grosser, oder einige grosse, wohl ausgebildete Krystalle befinden,
in welche sich die seidenglänzende Modification verwandelt hat; nach
und nach verbreitet sich diese Umwandlung der Form durch die ganze
Masse hindurch.
Das Benzamid löst sich kaum in kaltem Wasser; in siedendem Wasser,
besonders bei Gegenwart von Ammoniak, wie auch in Alkohol und
Aether ist es leicht löslich. Es schmilzt bei llb^C zu einer klaren
Flüssigkeit; beim Erkalten erstarrt es zu einer grossblättcrig krystalli-
nischen Masse, in welcher sich häufig Höhlungen mit gut ausgebildeten
Krystallen finden. Bei 286^ bis 290*^0. lässt es sich grösstentheils
nnzersetst überdestilliren, der Dampf riecht durch Bildung von etwas
Benzonitril bittermandelölartig, lässt sich leicht entzünden, und .brennt
mit nissender Flamme.
Das Benzamid verbindet sich mit Salzsäure, sowie mit den Oxyden
von Quecksilber, Kupfer und Silber, welche Oxyde sich im wässerigen
Benzamid in der Wärme lösen.
Chlorwasaerstoffsaures Benzamid, Ci4H7NO^ .H€l, bildet
sieh beim Auflösen von Benzamid in rauchender Salzsäure in der Wärme,
beim Erkalten scheidet sich die Verbindung in langen zusammenge-
wachsenen Prismen ab. Die Verbindung ist sehr wenig beständig,
814 Benzamid.
die Krystalle stossen, aus der Flüssigkeit genommen, sogleich Salafttore-
dämpfe aus, sie werden an der Luft bald trübe, und verLiereo in
wenigen Tagen alle Säure (Dessaignes^).
Benzaroid-Quecksilberoxyd, C]4HeNO.HgO= ^Ei^^
H 5
oder Benzojl-Mercuramid. Die wässerige Lösung von Bensamid
löst in der Wärme leicht Quecksilberozjd, wobei die Flu9sigkeit nach
und nach zu einem dünnen Krystallbrei wird, der durch etwas freies Qoeck-
silberoxyd gefärbt erscheint; durch Zusatz^ von Alkohol und Erwärmen
löst sich die Verbiadung, und krystalÜBirt beim Erkalten deflPiltrats in
giänzend^sn weissen blätterigen Krystallen, welche, bei lOO^C. getrock-
net, die angegebene Zu8am;nen3etzung haben. Werden die Krjdtalle
mit Benzoylchlorid zusammengebracht, so findet eine heftige Reactioo
statt, es bildet sich Quecksilberchlorid, Benzoesäure und Benzonilril
welche Körper bei der heftigen Einwirkung sich zum Theil sogleich
weiter zersetzen (Dessaignes^).
Verwandlungen des Benzamids. Durch Kochen mit Wasser
wird das Benzamid nicht zersetzt; Kalihydrat zersetzt es nicht in der
Kältci^ aber beim Kochen wird es sowohl durch wässerige Alkalien,
wie durch wässerige Säuren zersetzt, indem sich Benzoesäure and
Ammoniak bilden.
Wird Benzamid mit einem Ueberschuss von kaustischem Barjt
destillirt, so geräth dieses in eine Art Schmelzung, wie es scheint .durch
Bildun«^ von Hydrat, es entwickelt sich Ammoniak, und es destiUiit
ein farbloser "ölartiger Körper, leichtei* als Wasser, angenehm aromatiscb
riechend und von zuckersüsdem Geschmack. Dieses Oel besteht grossten-
theils aus einem nicht näher unteräuchten Kohlenwasserstoff, die Ana-
lyse des unreinen Gels gab 88 bis 90 Proc. Kohlenstoff auf 7,0 bis
7,5 Wasserstoff (F^hling). Es wird weder durch schmelzendes Ks-
lium, noch durch kaustische Alkalien öder durch Säuren verändert
Ein ähnliches Oel bildet sich auch, wenn Benzamid in Dampffonn
durch ein enges glühendes Glasrohr geleitet wird, oder wenn man Ka-
lium mit Benzamid zusammenschmilzt; im letzteren Fall bildet sich
Cyankalium, Ammoniak wird aber nicht bemerkt. Unter Umständen
wird dem Benzamid beim Erhitzen, indem man den* Dampf für sich
durch eine glühende Röhre oder über kaustischen Baryt leitet, wie beim
Behandeln mit wasserfreier Phosphorsänre, einfach Wasser entzogen,
und es bildet sich Benzonitril:
CuH7N02^= 2«0 + C14H5N
Benzamid Benzonitril.
Dasselbe Product entsteht auch durch Einwirkung von Phosphor-
superchlorid auf Benzamid (Limpricht). Es soll auch beim Glühen des
Benzamids für sich entstehen, und beim Erhitzen mit Kalium soll sich
neben Benzonitril Cyankalium bilden. Leicht erfolgt die Umwandlung
des Benzamids in Benzonitril durch Zusammenschmelzen mit Benzol
säureanhydrid oder mit .Benzoylchlorid, sowie beim Erhitzen in trocke>
nem Chlorwasserstoffgas (s. Benzonitril). Bleihyperoxyd zersetzt
das Benzamid nicht beim Kochen in wässeriger Lösung für sich; wird
0 Annal. de cbim. et de pHys. [8.] T. XXXIV, p. 14«. — •) 4, •. 0.
Benzamid. 815
iber die Flüssigkeit nach Zusatz von etwas Schwefelsätire oder Salpeter-
länre längere Zeit gekocht und filtrirt, so bildet sich auf Zusatz von
Ammoniak an der Luft langsam ein humusartiger Körper.
Der Wadserstoff des Benzoyls im Benzamid kann nun auch theil-
weine durch Brom, Chlor u, s. w. ersetzt werden, wobei nachstehende
Substitutionsproducte entstehen.
Brombenzamid ist für sich nicht bekannt; Laurent hat aus
Benzamid und Brom eine Verbindung dargestellt, deren empirische For-
[nel Ci4H7N02Br9 ist, er nennt sie Benzamidbromür; sie lässt sich
Als eine Verbindung von Brom mit unverändertem Benzamid ansehen
= C14H5O2N. Br2, oder richtiger vielleicht als Brom wasserstoff-Brom-
benzamid = Cj 4 (H4.Br)02.H2N -|- 'tß'^- Nach Laurent löst sich
Benzamid in Brom ohne Entwickelnng von Bromwasserstoffsäure ;
aus dieser Lösung scheiden sich bei Winterkälte in einigen Tagen
Krystalle von der angegebenen Zusammensetzung ab. Sie werden
langsam durch Wasser, schneller durch Ammoniak zersetzt (Laurent 0»
Chlorbenzamid, C^HeGlOaN oder Ci^ (H4 €l) O2 . H« N, bildet
sich bei mehrtägiger Einwirkung von Ammoniak auf Chlorbenzonitril
in zugeschmolzenen Glasröhren bei lOO^C. (Limpricht) oder ausdem
bei der Destillation von Sulfobenzoylchlorür erhaltenem Chlorbenzoyl-
chlorid bei Behandlung mit wässerigem Ammoniak; unter starker
Wärmeentwickelung schieden sich gelbe blätterige Krystalle aus, die sich
in Weingeist oder heissem Wasser leicht, schwieriger in kaltem Wasser
lösen. Sie schmelzen bei 122<^C. und sublimiren dabei in geringer
Menge (Limpricht und Uslar).
Ein Fara-Ghlorbenzamid, Gi4H4€l02 .H2N, entsteht bei der
Einwirkung von kohlensaurem Ammoniak auf Chlorbenzoylchlorid,. wel-
ches aus Chlorsalicyl dargestellt ist. Es ist in Wasser unlöslich, löst
sich aber in Alkohol oder Ammoniak und krystallisirt aus diesen Lösun-
gen in schönen Nadeln. Beim Erhitzen mit l^alilauge entwickelt es
Ammoniak (Gerhardt u. Drion).
Nitrobenzamid, Nitrobenzoylamid ist Benzamid, in wel-
chem 1 Aeq. Wasserstoff durch 1 Aeq. Untersalpetersäure ersetzt ist.
Seine Formel ist CuHeNjOe, d.i. C14 (H4 . N O4) Ö9 . H2 N. Es ist
(1848) von Field^) entdeckt, später auch von ChanceP) untersucht.
Diese Verbindung entsteht aus dem nitrobenzoesaurem Ammonium-
X>xyd durch Erhitzen unter Verlust von 2 Aeq. W'a^ser, wenn man dasselbe
längere Zeit geschmolzen erhält. Es bleibt dabei als eine im Wasser
und kalten Ammoniak unlösliche Substanz zurück, welche aus heissem
Wasser in schönen gelben Nadeln von obiger Znsammensetzung kry-
stallisirt. Die Darstellung gelingt nicht immer, da, das nltrobenzoe-
Baure Ammoniak zuweilen durch nicht ermittelte Umstände beim Er-
hitzen explodirt (Field).
Chancel hat diesen Körper in grösserer Menge durch Zersetzung
von Nitrobenzoeäther mit Ammoniak erhalten. Man mischt, nach '
ihm, eine Auflösung von Nitrobenzoeäther in ziemlich viel Alkohol mit
wässerigem Anmoniak, wovon man jedoch nur so viel zusetzt, dass
kern Aether abgeschieden wird, und überlässt die Mischung sich selbst in
0 ttev. Bcienatif. T. XVI, p. 892. — *) Phil. Mag. [8.] T. XXX, p. 469; Annal.
d. Chem. n. Pharm. Bd. LXV, S. 46; Phann. Centralbl. 1848, S. 151. — *) Compt.
Knd. par Laurent et Qerhardt, 1849, p. 180.
816 Benzamid.
einem vei*schlo88enen Gefass. pie Zersetzung ist beendet, wenn eine
Probe der Flüssigkeit durch Zusatz von viel Wasser nicht roehr getrübt
wird. Sie wird durch gelindes Erwärmen bedeutend beschleunigt, be<Ur(
aber selbst dann- zur Vollendung wenigstens 8 bis 10 Tage. Wird als-
dann die.Flussigkeit im' Wasserbade abgedampft, so erstarrt der dasNi-
trobenzamid enthaltende Röskstand beim Erkalten zu einer krjstalUni-
sehen Masse, welche man durch zweimaliges Umkrystalli^iren ans Aether-
Alkohol leicht rein erhält.
Es wird auch, annlog dem Benzamid, beim Behandeln von Nitro-
/ benzoylchlorid mit Ammoniak dargestellt.
Das Nitrobenzamid bildet gelbe Nadeln, oder auch größte siein-
lieh gut ausgebildete Kry^talle von der Form des Gjpses; es in in
kaltem Wasser nur wenig, in heissem Wasser ziemlich leicht löslich.
In Alkohol, Aether und Holzgeist löst es sich leicht und krjstallisirt
daraus beim freiwilligen Verdunsten in schonen Nadeln. Es schmilzt
über'lOO^C. und erstarrt beim Erkalten krystallinisch. Concentrirt«
Kalilösung verwandelt es beim Kochen in nitrobenzoesaures Kali and
Ammoniak. «
Dnrch Schwefelammonium erleidet es eine ähnliche Metamorphose
wie die Nitrobenzoesaure (s. d. unter Benzoesäure). Jedoch bildet sick
dabei nicht das der Amidobenzoesäure zugehörende Amidobenzamid,son-
. dern, wahrscheinlich in Folge einer Umlagerung der Elemente, eine iso-
mere Verbindung mit basischen Eigenschaften, das Carbanilamid
(Anilin harnstoff), s. Bd. 1, S. 1087. Durch eine alkoholische Lösung von
Schwefelammonium scheint eine verwickeitere Zersetzung stattzuÜBdeii.
Binitrobenzamid: ChHsNjOio = NHj, . Ci4H8(N04)5 0a od«r
pjjCuHaCN 04)2 0.2 y^^ ^^.^ j^ ^jg^gj dargestellt durch Zersetrnn«
von binitrobenzoesaurem Aethyloxyd mit Ammoniak. Der Binitr^
benzoeäther löst sich in concentrirtem weingeistigen Ammoniak mit
blutrother Farbe; bei mehrtägiger Digestion scheidet sich dann d«
Binitrobenzamid ab in schwach gelblich gefärbten Säulen und Blättchen,
die Fettglanz zeigen, einen bitteren Geschmack haben, und sich wenis
in kaltem, etwas leichter in heissem Wa-iser lösen; die Lösung ist neo-
tral ; die ammoniakalische Lösung wird nicht von salpetersaurem Sill)^^
oxyd gefällt. Das Amid schmilzt bei 183^ C, und zersetzt sich bei
höherer Temperatur ohne zu sublimircn.
Das Benzamid ist ein primäres Amid, in welchem neben dem
Benzoyl noch 1 oder noch 2 Aeq. Wasserstoff durch andere organische
Radicale ersetzt werden kann, wodurch dann folgende secundäre und
tertiäre Amide entstehen:
Benzoylhamstoff (P. d. Art.) CsHjNOsJN. ^^"^ha^er). '
Phenvlbenzamid (s. Benzani- *V'*i/(m m ^u>.^Ai^
Hd'Bd. I, S. 1065) C„HJN. (Gerhardt).
Methylnitrophenylbenzamid C14 H^ O^ )
(Benzonitranisidid Bd. H, C14 (He. N 04)02! N. (Cahoars).
S. 6) H )
*) Annnl. d. Cbem. a. Pharm. Bd. XCIX, 8. 106.
CnmjlsulfopKenjlamid (s. un-
ter Benzol)
Benzamil — Benzensulf ür. 817
Nitrocnminjlbenzamid (Ben- C14 II5 O9 )
zonitrocnminaroid b. Cu- CisHioN04|N. (Gahours).
midin) H )
C.pjlW«nid (.. Cpryl- ""'^^l^. (Cahour«).
Salicylbenzamid (s. Salicyl- n"«*^'!»! (Gerhardt u.
amid) Oi4»5U4p. chioiza).
C H O 1
Solfophenylbenzamid (a. an- ^ u^c'rk'l&i (Gerhardt u.
ter Benzol) Oi j «» . h, U« «. c ^ j o z z a).
Pfaenylbibenzamid (Biben- (Ci4H5 0j)j|v f, , j^-.
zoylanilid8.Bd.I,S.1078) CijHsJ^- »'«'■''»'■ o»^-
r^'i?*n*lN (Gerhardt 11.
r 4*^n* *■ Chiozza).
Salfophenjlbibenzamid (9. nn- (G14 II5 O^)] )^ (Gerhardt n.
ter Benzol) Gi9Hft*Ss04) * Chiozza.
Snlfophenjlbenzoylaeetamid * |n*ii*r\*f m (Gerhardt n.
(a. anter Benzol) ^ ii*c'r\*( ' Chiozza).
Saccinjlsulfophenylbenzamid rr U* ^n\\U (Gerhardt u.
(9. nnter Benzol) ^^^»7? ö r^ v' ** Chiozza).
Benz^miL Von Laurent entdeckt, und dadurch erhalten,
daM er rohes Bittermandelöl, mit Kali versetzt, zum Theil abdestillirte
und den Rückstand^ in Aether- Weingeist gelöst, mit Ammoniak behan- *
delte (s. Bittermandelöl, Verwandlungen durch Ammoniak).
Benzaminsäure sjn. mit Amidobenzoesäure,
8. Anilin Bd. I. S. 1102.
Benzanilid s. unter Anilin Bd. I, S. 1065.
Benzenazotür nennt Laurent das Hydrobenzamid (s. unter
'Benzoylwasserstoff, Abkömmlinge).
Benzenoxycyanür, (Laurent) s. Benzoylwas-
serstoff, Verwandlungen durch Kalihydrat und Blausäure.
Benzensulfazotür, syn. mit Sulfazobenzoylwas-
serstf^f, (s. d. unter Benzoylwasserstoff, Verwandlungen
durch Schwefelarom'onium).
Benzensulfür, syn. mit Benzoylsulfhydrat,
(s. d. Art. unter Benzoylwasserstoff, Verwandlungen durch
Schwefelaro moninm).
BandwöTtcrbiiefa der Chemie. 2tc Anfl. Bd. U. 52
- \
818 Benzhydrocyanid. — Benzil.
Benzhydra in id. Ein üinsetziingsprodiict des Blaasänr«
haltenden BenzoylwasserfttofTa durch Einwirkung von Ammoniaks s.
Bittermandelöl, Abkömmlinge.
Benzhydrocyanid (Gerhardt) s. Bittermandelöl,
(Verwandlungen durch Kalihydrat und Blausäure).
B^nzhydrol. Rochleder und Hlasiwetz nannten früher
so ein von ihnen untersuchtes Stearopten aus Cassiaöl ; später nahmen
Rochleder und Schwarz wahr, dass dieses Stearopten ans zwei Kör-
pern bestehe, einem wusserstoffreicheren und einem sauerstoflreiche-
ren; den ersteren nennen sie Benzhydrol, den zweiten Ben zhydr Öl-
säure (s. Cassiaöl.) Fe.
Benzhydrolsäure nannten Rochleder und Hlasiweta
einen Körper, der durch Einwirkung von wässerigem Kali auf Cassiaöl
entsteht. Nach späteren Untersuchungen von Rochleder und
Schwarz ist die Benzhydrolsäure ein Bestandtheil des Stearopteos
aus dem Cassiaöl (s. d. Art.).
•
Benzid. Das von Mitscherlich Benzid genannte hypothe-
tische Radical des Sulfobenzids, Nitrobenzids, der Benzidunterschwefel-
säure u. a. von der Zuammensetzung C12H5 ist isomer und vielleicht
identisch mit dem Radical des Phenyloxydhydrats, und präexistiri
wie es scheint, als Paarling im Radical der Benzoesäure: (Cl2H^)C^
so wie in Yerbindung mit Wasserstoff im Benzol: Ci2Hr,.H, (s. nnteo
Benzol und Benzoyl). H. K.
Benzidam, syn. mit Anilin, s. d. Bd. I, S. 1009.
Benzidin. Organische Base aus Azpbenzid durch Redaction
mittelst Schwefelammonium oder schwefliger Säure dargestellt (s. unter
Benzol, Abkömmlinge S. 877).
Ben zidunter schwefelsaure s. Sulfophenyl-
säure unter Benzol, Abkömmlinge.
Benzil ^) Sous-oxyde de Sülbese. Entdeckt von Laurent For-
mel C28H10Ö4. Polymer mit dem hypothetischen Radical Benzoyl
CHH5O3. Es entsteht aus dem Benzoin (C28H1.2O4) durch Entziehen
von 2 Aeq. Wasserstoff, was durch Chlorgas oder Salpetersäure ge-
schehen kann.
Laurent erhielt das Benzil , indem er über geschmolzene«
Benzoin so lange trockenes Chlorgas leitete, als noch die Bildung von
Chlorwasserstoff bemerkbar war. Das zurückbleibende krvstallini-
sehe Benzil wird dnrch Umkrystallisiren aus kochendem Alkohol reio
erhalten.
Nach Zinin erhält man es noch leichter durch gelindes Erwai^
^) Laurent, Annal. de chim. et de phys. [2.] T. LIX, p. 402; Rerue »ci<o-
tif. T. XIX, p. 448; Annal. d. Chem. u. Pharm, Bd. XVII, S. 91; Journ. f. prtkt.
Chem. Bd. XXXV, S. 46; Zinin, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XXXIV. S. 1»0;
Journ. f. prakt. Chem. Bd. XXXIII, S. 35; Gregory, Compt. rend. par Laar.
et Gerhardt 1845, p. 308; Liebig, Annal. d. Chem.* u. Pharm. Bd. XXV, 8. 2&-
Benzil. 819
inen von Benzoi'n mit seinem doppelten Gewicht concentrirter Salpeter-
aäure; das Benzoin schmilzt hierbei^ es entweichen rothe Dämpfe^ und
die Einwirkung ist vollendet, sobald das aufschwimmende gelbe Gel
ganz klar geworden ist. Beim Erkalten erstarrt es zu reinem Benzil.
Gregory erhielt einmal Benzil statt Benzoin beim gelinden Er-
wärmen von rohem, noch mit Blausäure versetztem, Bittermandelöl
mit alkoholischer Kalilauge.
Das Benzil krjstallisirt aus Alkohol nnd besonders beim freiwilli-
gen Verdampfen ausAether in langen, gelblichen durchsichtigen hexa-
gonalen Prismen (od P, o P, P, Neigung der Flächen oo P : oo P
= 1200, ^ P:P = 1340 und 1520). Es schmilzt leicht und er-
ffUtrrt zwischen 90^ und 92^ C. zu einer faserigen Masse. In hö-
herer Temperatur ist es unzersetzt flüchtig. Es ist geruch - und ge-
schmacklos, nnlöälich in Wasser, leicht löslich in Alkohol und Aether.
Warme Schwefebäiire löst es auf, Wasser scheidet es wieder unverän-
dert ab. Von Salpetersäure wird es nicht verändert, ebensowenig von
w^ässeriger Kalilauge.
Die Chloride der organischen Säureradieale greifen das Benzil
nicht an (Zinin).
Verwandlungen des Benzils.
1. Durch Blausäure erhält man einen krjrHtallinischen Körper^
den man als cy an Wasserstoff säur es Ben'zil oder- Benz il-
cy an Wasser Stoff, C28H10O4 -f- HGy, betrachten kann. Man löst
Benzil in kochendem Alkohol und setzt etwa das gleiche Gewicht
beinahe wasserfreier Blausäure zu , worauf die * Mischung allmälig
grosse schöne blendend weisse, glasglänzende, rhombische Tafeln
abscheidet. Sie schmelzen beim Erwärmen und hinterlassen reines
Benzil. Beim Kochen mit Wasser oder concentrirter Salzsäure wer-
den sie nicht verändert; beim Erwärmen mit wässerigem Ammo-
niak oder mit Salpetersäure verwandeln sie sich in Benzil. Die weiu-
geistige Lösung derselben giebt mit einer weingeistigen Lösung von
salpetersanrem Silbero;cyd einen Niederschlag von Cyansilber, aus <iem
Filtrat krystallisirt Benzil. Erhitzt man die weingeintige Lösung des-
selben mit Quecksilberoxyd , so scheidet sich Quecksilber ab und man
riecht deutlich Benzoeäther (Zinin).
2. Durch Ammoniak. Das Benzil giebt bei der Behandlung
mit Ammoniak sehr verschiedenartige Producte, deren Zusammen-
setzung sich meist aus den Elementen des Ammoniaks und Benzils un-
ter Anstritt von Wasser ableiten lässt, nämlich:
C« Hig^O« + N H3 = C^i^NOj + 2H()
Benzil Imabenzil u. Benziliroid
Benzil. Benzilam
Dagegen hat Zinin auch eine mitAzobenzil bezeichnete Verbin-
dung erhalten, deren Zusammensetzung er durch die Formel 04.) H15 N O^
ausdrückt, welche sich nicht in gleicher Weise aus den Elementen
des Benzils und Ammoniaks herleiten lässt. Nach Zinin erhält man
dienen Körper, wenn eine nicht zu concentrirte alkoholische Benzillö-
song noch heiss mit wässerigem Ammoniak zusammengebracht wird.
52«
820 Benzil,
wobei ein feinkörniger weisser Niederschlag entsteht, der noch etwa
10 Stunden bei 70^0. stehen gelassen, dann abgewaschen und aus Al>
kohol umkrystallisirt wird. Man erhält so lange, tiünne, irisirende Na-
deln oder Blätter, die in Wasser fast ganz unlöslich sind, auch ron
wässerigem Ammoniak und Salzsäure nicht gelöst werden, und aas der
Lösung in weingeistigem Ammoniak, Kali oder Salzsäure unverändert
anskrystallisireh. Gleichzeitig mit diesem Körper entsteht^ nach Zinin,
Bönzoeäther und ein anderer in kleinen Nadeln krjstallisirender Kör>
per, der leichter in Alkohol löslich ist. Zinin erhielt bei der Analyse
der letzteren 84,3 bis 84,2 Proc. Kohlenstoff, 5,1 bis 5,2 ProcWasser*
Stoff, 4,8 bis 4,4 Proc. Stickstoff und 5,9 bjs 6,2 Sauerstoff, womit
die Formel C84M28NSO4 gut Übereinstimmt. Man hätte hiernach die
Bildungsgleichung^
3 C28Hii04 + 2 NHs - 8 HO = €«4 »«N, O4.
Weniger gut stimmt di^ Formel C84K8o^s^«i nach welcher die
Entstehung desselben der Bildung der Hydramide entsprechen würde.
Laurent erhielt bei Einwirkung von Ammoniak auf Benzil fol-
gende Producte:
Leitet man in eine warme alkoholische Benzillösung einen Strom
trockenen Ammoniakgases, so entsteht ein weisser, pulverförmiger Nie-
derschlag, der beim Stehen sich mit kleinen Krystallnadeln überzieht.
Aus diesem Gemenge wird leicht das Imabenzil erhalten, während die
übrigen Producte schwieriger sich isoliren lassen.
ImabenzilrCjs H11NO2 (Laurent). £s bleibt beim Elrwär-
men des, wie eben angeführt, erhaltenen Gemenges mit Weingeist un-
gelöst, und lässt sich durch Filtration und Waschen mit Aether rein
erhalten. Es ist ein weisses, geruchloses, in Wasser unlösliches Pul-
ver, das sich in kochendem Alkohol und Aether nur wenig löst Beim
Erkalten der kochenden Lösung scheidet es sich als krjstallinische^
Pulver ab, das unter dem Mikroskop gerade rhombische Prismen zeigt
Es schmilzt bei 140^0. und krystallisirt beim Erkalten nur langoun;
wie es scheint, hat es beim Schmelzen eine Veränderung erlitten, da
ein Theil in Aether leicht löslich geworden ist. Bei der Destillatioo
erhält man weder einen verkohlten Rückstand noch gasförmige Pro-
ducte. Alkoholische Salzsäure verändert das Imabenzil nicht; Salpe-
tersäure greift es beim schwachen Erwärmen unter Entbindung rother
Dämpfe heftig an, es entsteht ein beim Erkalten krystallisirendes ölfor-
miges Product, das nicht von Ammoniak, aber leicht von Alkohol ge-
löst wird und daraus in kleinen Nadeln krystallisirt. Concentrirte
Schwefelsäure löst das Imabenzil beim Erwärmen leicht und verwan-
delt es in Benzilam ; kochende alkoholische Kalilauge löst es leicht, auf '
Zusatz von Wasser schlägt sich aus der Lösung BenziUmid nieder.
Benzilimid,Benzilim, C^gHnNO), nach Laurent €5^ Hm ^^»04.
Es Ut mit Imabenzil isomer und findet sich unter den durch Behandlung
von Benzil mit Ammoniak erhaltenen Producten, lässt sich aber leichter
durch Kochen von Imabenzil mit alkoholischer Kalilösung rein erhalten.
Es bildet weisse, seidenglänzende, äusserst feine Nadeln, die in Alko-
hol oder Aether nicht sehr leicht löslich sind. Es schmilst bei ISO^C.
und erstarrt beim Erkalten langsam zu einer amorphen Masse; es de-
stillirt beim Erwärmen vollständig über; das Destillat löst sich leicht
in Aether und krystallisirt beim Verdampfen in Nadeln. Salssäare
und kochende Kalilauge verändern es nicht; gegen Salpetersäure v^-
Benzilam. — Benzilchloriß. 821
h< es sich wie das Imabenzil. ConceDtrirte Schwefelsäure löst es
beim Erwärmen leicht auf, und auf Zusatz von Wasser scheidet sich
Benzilam ab. ,
Benzilam: CjgHaN oder CsgHigNj (Laurent). Es findet sich
auch unter den Producten der Einwirkung des Ammoniaks auf Benzil, •
lässt sich aber sicherer durch Auflösen von Imabenzil oder Benzilimid
in concentrirter Schwefelsäure erhalten. Es bildet schöne farblose
Prismen des rhombischen Kry stall Systems (beobachtete Combinationen '
ooPoo; oopQO,Pao nebst untergeordnet oo p ; Neigung der
Flächen_oc> P oo : oo P oo = 90»; oo p oo : oo P = II50
P Qo : P = 1060). Es ist sehr leicht in Alkohol und Aether lös-
lich. Es schmilzt beim Erhitzen auf 105^0., und erstarrt nur sehr
langsam, und zwar zu einer amorphen Masse; war es nur theilweise
geschmolzen, so erstarrt Alles krystallinisch. Es lässt sich ohne Ver-
änderung destilliren. Kochende alkoholische Kalilauge verändert es
nicht; concentrirte .Schwefelsäure löst es leicht; Salpetersäure verwan-
delt es in ein beim Erkalten kiystallinisch ei^tarrendes Oel.
3. Durch Schwefelwasserstoff. Wird Benzil mit Schwefel-
wasserstoff behandelt, so bildet sich unter Absoheidung von Schwefel
ein gelbes dickflüssiges, nach Knoblauch riecliendes Oel; reichlicher
erhält man dasselbe durch Destillation der alkoholischen Lösung von
Schwefelammonium mit Benzil (Zinin).
4. Durch Schwefelammonium. Es entstehen zwei oder drei
verschiedene Producte, von welchen jedoch nur eines, das Hydrobenzil,
von Zinin rein erhalten wurde.
Hydrobenzil: C9gHi2 02. Die Darstellung desselben ist nicht
näher angegeben. Es ist unlöslich in Wasser, leicht löslich in Alko-
hol und in Aether. Aus diesen Lösungen scheidet es sich in concav-
convexen, linsenartigen Krystallen ab; es schmeckt süsslich beizend,
riecht dem Bittermandelöl ähnlich, schmilzt bei 47^ C. und erstarrt bei
42® C. krystallinisch. Concentrirte Schwefelsäure, oder alkoholische Salz-
säure lösen es ohne Veränderung ; Wasserzusatz scheidet es ab. Chlor
wirkt selbst auf geschmolzenes Hydrobenzil nur schwierig ein. Sal-
petersäure lösl es mit rother Farbe und verwandelt es beim Kochen in
ein gelbes Harz. Alkoholische Kalilösung scheint selbst beim Kochen
und Abdampfen keine Veränderung zu bewirken.
5. Durch Kalihydrat. Wässerige Kalilösung wirkt auf Benzil
nicht ein, eine alkoholische Kalilösung löst es mit violetter Farbe, die
beim Kochen verschwindet, indem sich benzilsaures Kali bildet.
Dieselbe Verwandlung erleidet das Benzil durch schmelzendes
Kalihydrat. A, S.
Benzilam. Ein von Laurent entdecktes Zersetzungsproduct,
welches bei der Behandlung von Benzil mit Ammoniak, oder durch
Einwirkung von Schwefelsäure auf Imabenzil oder Benzilim entsteht
(s. oben unter Benzil, Verwandlungen durch Ammoniak).
ßenzilchloridi) Chlorbenzil: C«Hn04€l=^"^^i^|,
') Caboars, Annal. de chim. et de phjB. [3.] T. XXIII, p. 850; Journ. f. prakt.
Cbem. Bd. XLY, S. 129; Annal. d. Chem. u. Pharm., Bd. LXX, S. 89; Pharm.
Centralbl. 1848, 8. 598.
822 Benzilcy an Wasserstoff. — Benzilsäure.
Cahours. Es entsteht durch Einwirkung von Phosphorperchlorid auf
Benzilsäure, neben Phosphoroxychlorid und Salzsäure:
^CasHi^Ofi^-f- P€l5 — C28Hn04a + HGl + PGUÜj
Benzilsäure Benzilchlorid.
Das Destillat wird rectifieirt und das über 250® C. Uebergehende
für sich aufgesammelt. Es ist eine farblose , ölartige Flüssigkeit, die
bei 270<^C. siedet; es besitzt einen heftigen Geruch, ist schwerer als
Wasser, wodiircii es allmälig in Benzilsäure und Saizsäurd zerlegt
wird; schnell geschieht dies durch Kalilauge.
Mit Ammoniak und Anilin erhält man daraus krystalliuische P^o-
ducte. A. 6*.
ßenzilcyanwasserstoff s. unter Benzil, Verwand-
lungen, 8. 819.
Benzilim oder Benzilimid, Zersetzungsprodukt des Ben-
zils durch Ammoniak, entsteht leicht aus dem isuiiieren Imabenzil durch
Einwirkung einer weingeistigen Kalilösung (s. Benzil, Verwandlun-
gen durch Amnioniak,*S. 820).
Benzilimsäure, syn. mit. Benzilsäure.
Benzilsäure^), Beuziiimsäure, btilbLlsäure^ Acide sUir
bique. Formel : CasHi^Oß = H O . CjgHnOs oder ^" **" H*i ^* " ^^
deckt (1838) von Liebig. Sie entsteht aus Benzil oder Benzoio
durch Behandlung mit alkoholischer Kalilösung, sowie mit schnielzea-
dem Kalihydrat:
C28H10O4 + KO . HO = KO . CagHuOs
Benzil Benzilsaures Kali.
Zur Darstellung der Säure setzt man' einer concentrirten und ko-
chenden Lösung von Kalihydrat in Weingeist so lange Benzil zu, ab
die Flüssigkeit noch deutlich alkalisch reagirt, kocht noch einige Zeit,
bis eine Probe auf Zusatz von Wasser sich nicht mehr trübt uud ver-
dunstet hierauf im Wasserbade zur Trockne. Der Rückstand wird ge-
pulvert in eine kohlensäur eluiltige Atmosphäre gebracht, bis alles Kali-
hydrat in kohlensaures Salz verwandelt ist, hierauf mit Weingeist aus-
gezogen; die Lösung vermischt man mit Wasser, destlllirt den Wein-
geist ab, entfärbt mit Thierkohle, filtrirt uhd zieht die Kohle mit ko-
chendem Wasser aus. Die concentrirte Lösung des benzilsauren Kali^
wird endlich zu kochender, sehr verdünnter Salzsäure gesetzt, worauf
beim Erkalten die Benzilsäure sich abscheidet.
Die Benzilsäure krystallisirt in glänzenden farblosen Prismen, i«t
in kaltem Wasser schwer löslich , leichter in heisrem , leicht löslich in
Alkohol oder Aether. Sie schmeckt säuerlich bitter, ist geruchlo«,
schmilzt bei 120^0., wird bei stärkerem Erhitzen roth und entwickelt
unter Verkohlung einen violetten Dampf, der sich zu einer cannin-
rothen öligen Flüssigkeit verdichtet. Diese unzersetzt destillirbare
Flüssigkeit ist in Wasser unlöslich, 'leicht in Alkohol löslich. Durch
Schwefelsäure oder Salzsäure wird sie nicht verändert; durch Behand-
') Lieb ig, Annal. d. Obern, u. Pharm., 3d. XXV, S. 25; Zinin, Aanal d.
Chem. u. Pharm., Bd. XXXI, S. 3*29.
Beniiilsaure Salze. — Benzimid. 823
lung mit Salpetersäure, Kali oder Ammoniak verschwindet die rothe
Farbe. .
Die Benzilsäure verbrennt beim Erhitzen an der Luft mit stark
.russender Flamme. Charakteristisch Hir die Benzilsäure ist die schöne,
tief carminrothe Färbung, die sie der concentrirten Schwefelsäure er-
theilt, die aber beim Verdiinnen mit Wasser wieder verschwindet.
Salpetersäure löst beim Erwärmen die Benzilsäure und scheidet
sie beim Erkalten wieder unverändert ab. Phosphorperchlorid ver-
wandelt «ie in Benzilchlorid. ( (fv.) A. S.
Benzilsäure Salze. Die Benzilsäure ist eine einbasische
Säure. Die Salze derselben werden durch concentrlrte Schwefelsäure
carminroth gefärbt.
Man kennt nur folgende Salze:
Benzilsaures Bleioxyd, PbO . C2gHii O5, erhält man als
weissen pulverigen Niederschlag, wenn zu einer Auflösung der Säure
in Wasser einfach - essigsaures Bleioxyd getropft wird. Es ist in heis-
sem W^ asser etwas löslich. Beim Erhitzen schmilzt es zu einer rothen
Flüssigkeit and entwickelt violettrothe Dämpfe.
Benzilsaures Kali, KO.C2HH11O5. Farblose durchsichtige
Krystalle, welche kein Krystallwasser enthalten, und in Wasser und
Alkohol leicht löslich sind. Es schmilzt bei 200^ C. ohne Zersetzung und
liefert bei stärkerem Erhitzen ein farbloses, ölartiges, nach Naphtalin
riechendes Destillat.
Benzilsaures Silberoxyd, Ag O . G^s Hn O5 , wird durch Fäl-
len von benzilsaurem Kali mit snlpetersaurem Silberoxyd als weisses,
krystallinisches, in heissem Walser etwas lösliches Pulver erhalten.
Bei 100® C. wird es blau, ohne an Gewicht zu verlieren, in höherer
Temperatur roth und schmilzt endlich unter Entwickelang violettrother
Dämpfe. {Wr,) A, S,
Benzimid* Ein Umsetzungsproduct des rohen Bittermandelöls,
von Laurent 0 entdeckt;x seine Zusammensetzung ist von ihm froher in
Folge eines Rechnangsfehlers ^) zu GagHnNOi angegeben; Laurent
und Gerhardt schlössen später aus der Aehnlichkeit in den Reactionen,
dass dieser Körper identisch sei mit dem BenzoylwasserstoflT-Gyaubenzoyl-
cyan Wasserstoff* von Zinin (s. . Bittermandelöl, Verwandlung
durch Cyankalium), dessen Zusammensetzung C46H]gN«2 04 ist. Bei
den Differenzen in der Elementaranalyse beider Körper erscheint es
nicht gerechtfertigt, jetzt schon beide Körper wirklich als identisch zu
betrachten, wir beschreiben daher hier das alte Benzimid von Laurent,
welches, nach ihm, in geringer Menge im rohen Bittermandelöl enthalten
ist, und sich zuweilen aus dem mit dem Oel überdestillirten Wasser
absetzt, besonders wenn das Wasser wiederholt über frische Mandeln
destillirt wird. Die sich abscheidende gelbe harzähnliche Masse ist ein
Gemenge von Oel mit Benzo'in und Benzimid; dieses Gemenge wird
>) AniwI. de chim. et de phys. [2.] T. LIX, p. 397.
*) Laurent hatte berechnet Kohlenetoflf 74,9, statt 76,5; ausserdem erhielt er
4,9 Wasserstoff, 7,0 Stickstoff. Die Verbindung von Zinin ^rC^^ 11, „ >fy(r, enthält
77,9 Kohlenstoff, 5,1 Wasserstoff und 8,0 Stickstoff. Ob diese Differenzen davon her-
rttbren, dass Laurents Benzimid sehr unrein war, ist, wenn auch wahrscheinliob,
<1oHi anerwiesen, und es ist daher ungewiss, welche Zusammensetzung es im reinen
Zustande hat.
824 Benziminsäure. — Benzoe.
mit Aether ausgesogen, und der, Bückstand mit. Alkohol gekocht; beim
Erkalten des Filtrats scheidet sich das Benzini id zuerst aus« Durdt
Umkrystallisiren gereinigt, soll es eine leichte flockige Masse ans feinen
Nadeln bestehend bilden; es i^t farblos, geruchlos, unlöslich in Wasser,
in siedendem Alkohol oder Aether nur wenig löslich, etwas mehr io
Holzgeist, es ist schmelzbar und erstarrt bei 167^0. su einer krystalli-
nischen Masse, lässt sich unzersetzt destilliren, brennt an der Luft er-
hitzt mit Flammö. Von heisser concentrirter Salpetersäure oder Salz-
säure wird es gelöst unter Bildung von Benzoesäure und Ammoniak-
salz. Mit etwas Salpetersäure und Alkohol gekocht, bildet sich ben-
zoSsaures Aethyloxyd. In gewöhnlichem Schwefelsäurehjdrat löst ee
in der Kälte sich mit smaragdgrüner, in rauchender Schwefelsäure mit
tief indigoblauer Farbe. Von wässerigem Kali wird es selbst beim
Sieden nicht zersetzt, mit Kalihydrat geschmolzen bildet sich Ammo-
niak, welches entweicht, und benzoSsaures Kali. Fe.
Benziminsäure ist eine nur wenig untersuchte Säure, welche
Laurent durch Einwirkung von Ammoniak auf eine weingeistige Lo-
sung von remem Bittermandelöl erhielt (s. Benzoyl Wasserstoff^
Verwandlungen durch Ammoniak).
Benzin s. BenzoL
Benzinschwefelsäure s. Sulfophenylsäure unter
Benzol, Abkömmlinge.
Benzochlorhydrin nennt Serthelot ein künstliches Fell.
CaoHiiGlOg, welches aus den Elementen von Benzoesäure, Chlorwu-
serstoffsäure und Glycerin unter Abscheidung von Wasser entsteht:
C14H6O4 + H€l 4- CeHgOß = C^oHnGlO; -f- 4 HO.
Benzoesäure Glycerin Benzochlorhydrin
Dieses Fett kann als CeHsOa .Ci4{i(03.H€l angesehen werden
oder als Ci^HsS O4 = Glycerin, in welchem 2 Aeq. Wasserstoff
GV
durch C14H5 und durch Chlor vertreten sind. Die Verbindung bildet
sich, wenn ein Gemenge von Glycerin und Benzogsäure mit Salzsaure-
gas gesättigt und längei'e Zeit auf lOO^C. erwärmt wird; nach Zusatz
von kohlensaurem Natron setzt es sich als eine ölige Flüssigkeit zu Boden.
Das reine Benzochlorhydrin ist ein neutrale? Oel, es wird erst b«i
— 40^ C. fest; durch Kalilauge wird es zersetzt unter Bildung von
Ghlorkalium und benzoSsaurem Kali; Salzsäuregas zersetzt es in alko-
holischer Lösung in Benzoeäther und Glycerin. Durch längere Dige-
stion mit Silberoxyd selbst bei 1.00® C. wird der Verbindung die Salz-
säure nicht entzogen. Fe.
Benzoe, Benzoegummi, Benzoeharz, Gummi s. Besioi
benzoes, ist ein Harz, welches auf Sumatra, Bomeo, Java und Sisn
theils durch freiwilliges Ausfliessen, theils durch Einschnitte in die Binde
eines Baumes, Styraa Benzoin Dryand. {Benzoin oßvoinak H ay ne), Farn.
der Styraceae gewonnen wird. Es kommt in verschiedener Form in den
Handel. Die siamische Benzoe in Thränen bildet grösstentheils untt-
gelmässige, bis zollgrosse, meist plattgedrückte Stücke, welche aussen
Benzoe. 825
iMhlichgelb, inwendig milchweiss und harzglänzend sind. Die Calcutta-
BenzoS, Benzoe eommunta s. in massia^ bildet grössere Klumpen von un-
regeimäsfliger Geptalt, welche mürbe, :!ichmutzig, grauröthlich oder braun
sind und häutig Uolz^tückchen, Rinde u. dergl. beigemengt enthalten.
Der Bruch ui matt, man bemerkt auf demselben viele gelbliche und
weisse Partien. Die siamische MandelbenzoS erseheint als ein Conglo-
merat der beiden vorhergehenden Sorten.
Die Benzoe hat besonders beim Erwärmen einen sehr angenehmen
Geruch und schmeckt süsslich scharf, balsamisch. In der Hitze schmilzt
ne , verbreitet einen zum Husten reizenden Dampf von Benzoesäure
und verbrennt darnach mit russender Flamme. Specif. Gewicht =
1,063 bis 1,092. Sie ist in Alkohol, bis auf Unreinigkeiten , Holzfaser
u. dergl., vollständig, in Aether, ätherischen und fetten Oelen theilweise
ioslich, kochendes Wasser löst Benzoesäure daraus auf.
Nach den Untersuchungen^) von Unverdorben, Stoltzc, van
der Vliet und E. Kopp ist die Benzoe ein Gemenge aus mehreren
Harzen, Benzoesäure und ätherischem Gel in verschiedenen Verhält-
nissen.
Nach Stolze wird das Harz der Benzoe erhalten, wenn man sie
in drei Theilen Alkohol löst, diese Lösung in einer Retorte mit einer
Auflösung von krystallisirtem, kohlensauren Natron in 8 Tbln. Wasser
und 3 Thln. Alkohol so lange vermischt, bis die saure Reaction der
ersteren verschwunden ist, das zweifache Gewicht des Harzes an Was-
ser zusetzt und den Alkohol abdestillirt. Die Flüssigkeit enthält dann
benzoSsaures Natron, das Harz schwimmt ungelöst in derselben. Es
ist nach dem Waschen und Trocknen durchscheinepd, spröde und fast
geruchlos. Salpetersäure zersetzt dasselbe unter heftiger Einwirkung.
In Essigsäure löst es sich auf, ebenso in ätzendem Kali, Natron und
Ammoniak. Beim Abdampfen der braunen Lösung bleibt eine allmälig
spröde werdende Masse zurück, die in Wasser und Alkohol wiederum
löslich ist. Terpenlinöl löst etwa Ve cles Harzes.
Nach Unverdorben ist das Harz der Benzoä ein Gemenge von
mehreren Harzen. Man trennt dieselben auf folgende Art: Die fein-
gepulverte Benzol wird mit überschüssigem kohlensauren Kali ausge-
kocht, welches Benzoesäure und eines der Harze auflöst, während der
grössere Theil der Benzol ungelöst bleibt. Dieser Rückstand zerfällt
bei Behandlung mit Aether in einen löslichen und einen unlöslichen
Theil. Jenen nennt Unverdorben Alpha- diesen Betaharz. Ersteres
bleibt nach Verdunstung des Aethers zurück. Es ist in Alkohol und
KümmelÖl sehr löslich, in SteinÖl unlöslich. Von Aetzkali wird es
aufgelöst und durch einen Ueberschuss desselben nicht wieder gefällt,
Ammoniak löst nichts davon auf. Durch Vermischung der Auflösung
in Alkali mit Erd- und Metallsalzen erhält man Niederschläge, welche
in Aether unlöslich sind.
Das Betaharz bildet nach dem Waschen mit Aether und Trocknen
eine bräunliche Masse, die in Alkohol löslich, in flüchtigen Oelen un-
löslich ist. Die Auflösung desselben in Aetzkali wird durch einen
Ueberschuss von Alkali gefällt. In Ammoniak ist es unlöslich.
') Literatur. Unverdorben: Poggend. Annal. Bd. VIII, S. 397. Soltzc:
BeiL Jahrb. d. Pharm. Bd. XXVI, S. 76. Van der Vliet: Journ. f. prakt Chem.
Bd. XVni, S. 411. E. Kopp: Llnstitut 517; Compt. rend. de l'acad. T. XIX,
P. 1269.
826 Benzoe.
Die Flüssigkeit, welche man bei dem anfAnglichen Auskochen du
Benzoe mit kohlensaurem Kali bekommt, enthält Benzoesäure, dod eb
drittes Harz, das sogenannt^ Gammaharz. Beida werden mit SalzMure
niedergeschlagen und divch Kochen des Präcipitats mit Wasser getrenat
welches die Benzoesäure auflöst und das Harz zurücklässt Es ist i
dunkelbraun, in ß8procentigem und stärkerem Alkohol döslich, wenig
löslich in Aether und flüchtigen Gelen, in Steinöl unlöslich. Von kohleo-
saurem Kali wird es langsam aufgelöst, die Lösung giebt mit Salmiik
einen Niederschlag. Essigsaures Blei wird von der alkoholischen Lo-
sung des Gammaharzes gefällt, essigsaures Kupferoxyd aber nicbL
Das durch Doppclzersetzung erhaltene Kupferresinat ist in Aether und
Terpentinöl unlöslich. Alpha- und Betaharz sollen in Gammahari
übergehen, wenn sie, aus alkalischer Lösung mit einer Säure gefällt,
im feuchten Zustande der Luft ausgesetzt bleiben.
E. Kopp hat bei Untersuchung der Benzoe wesentlich dieselben
Resultate erhalten, wie Unverdorben, nur fand er, dass sich ans der
ätherischen Lösung des Alphaharzes mit der Zeit eine kleine Menge
von einem röthlichen vierten Harze absetze. Er giebt die quantitativen
Verhältnisse von zwei Proben Benzoe folgendermaassen an:
L II.
Benzoesäure . . . 14^,0 . . 14,5
Alphaharz .... 52,0 . . 48,0
Betaharz .... 25,0 . . 28,0
Gammaharz . . . 3,0 . . 3,5
' Viertes (Delta-) harz 0,8 . . 0,5
Unreiiügkeiten . . . 5,2 ' . . 5,5
Nach van der Vliet repräsentirt Unverdorben's Alphaharz io
seiner Zusammensetzung die Summe des Beta- und Gammaharzes und
kann durch wiederholtes Kochen mit kohlensaurem Kali in diese bei-
den zersetzt werden. Daher kommt es, dass man bei häufigerem Ko-
chen der Benzoe mit kohlensaurem Kali endlich nur Betaharz als Bock*
stand behält Kohlensaures Natron wirkt schwächer ein. Um daher
die drei Harze zu erhalten, kocht man die Benzol zweimal mit kohlen-
saurem Natron aus, trocknet den Rückstand und behandelt ihn mit
Aether. Dieser nimmt das Alphaharz auf nebst den flüchtigen Bestand-
theilen der Benzoe, von denen es durch Erwärmen getrennt wird. Du
Betaharz bleibt' zurück, verunreinigt durch eine Verbindung des Alphs-
harzes mit Natron. Man löst dasselbe in Alkohol, aus der Lösuiig
setzt sich beim Erkalten die Alkaliverbindung ab. Man filtrirt, danipll
ab und kocht den Bückstand mit Wasser aus, dem einige Tropfen Sali-
säure zugesetzt sind. Ausgewaschen und getrocknet ist das Betahan
völlig rein. Das Gammaharz wird aus der alkalbchen Lösung durch
Salzsäure gefällt und durch öfteres Auskochen mit Wasser von Benzoe-
säure befreit.
Van der Vliet giebt die Zusammensetzui^ der drei Harze an:
Alphaharz = C70HS4ÖM
Betabarz = 040^^4409
Gammaharz = C30H40Ö6.
E. Kopp hat die von der Benzoesäure befreiten Harze derBcnzo*
der trockeneu Destillation unterworfen. Unter Entwickelnng von Öl-
bildendem Gase erhielt er eine feste Substanz, die er für den Riech-
stoff der Benzol hält, und ein anfangs rosenrothes, später dunkler ge-
Benzoealkohol. — Benzoeresinsäure. 827
Irbtes, mit Krystallen von Benzoäsäure gemischtes Destillat. Die
Benzoesäure wurde mit eiuer schwachen, alkalischen Lösung ausgezo-
en, die zurückbleibende Flüssigkeit verhielt sich wie Phenyloxyd-;
ydrat.
Durch fortgesetzte Behandlung der Benzoeharze mit Salpetersäure
n Destillationsapparat, wobei man zuletzt die Masse trocken werden
isatf erhält man unter Entwickelung von salpetriger Säure in der Vor-
ige Blausäure, BenzoylwasserstofT und Benzogsäure. Der Rückstand
1 der Retorte giebt an kochendes Wasser Pikrinsal petersäure ab. Beim
•rk alten der Lösung setzt* sich ein gelbes Pulver ab, welches sich wie
ine Säiu*e verhält und von Kopp Benzoeresinsäure genannt
rird (s. d. Art.).
Concentrirte Schwefelsäure Vdst die Benzoeharze zu einer car-
«
loisinrothen Flüssigkeit auf, aus der Lösung werden sie durch Wasser
rÖBstentheils mit violetter Farbe wieder gefällt. Durch Sättigen der
om Niederschlag getrennten sauren Flüssigkeit mit Kalk erhält man
in losliches Kalksalz. Wp,
Benzoealkohol s. Benzylalkohol.
Benzoe- Angelicasäure, Benzoe -Cuminsäure,
Essigsäure u. a. wasserfreie Doppelsäuren von Benzoesäure mit
i'elargonsäure , Salicylsäure u. a. ro. , s. unter Benzocsäure-An-
lydrid.
Benzoe blu 111 eil, Mores benzoes^ nannte man früher die durch
»ublimation aus dem Benzoeharz erhaltene Benzoesäure.
Benzoe-Carbolsäure s. Benzophenid.
Benzoedoppelsäuren s. unter Berizoesäure-
^.nhydrid. '
Benzoegumnii ) ,,
_^ , J 8. benzoe.
Benzoeharz )
Benzoen nannte Deville den aus dem Tolubalsam erhaltenen
Kohlen wasseriitoff, C]4H3 (s. d. als Toluol).
Benzoe-Nitrobenzoesäure s. unter Benzoesäure-
Ä.nhydrid.
Benzoenschwefelsäure s. Sulfotoluolsäure unter
Toluol.
Benzoeoxyd s. Benzophenid.
Benzoeresinsäure, Amorphe Benzoesäure, Paraben-
zoesäure hat E. Kopp ^ ein von ihm bei der Behandlung von Toluharz
ond Benzoeharz mit der Gfachen Menge Salpetersäure erhaltenes unkry-
fttallisirbares Pulver genannt, welches durch Destillation reine Benzoe-
säure nebst einen verkohlten Rückstand giebt. Die Zusammensetzung
') Compt. rend. par Laur. et Gerhardt 1849J p. 154.
828 Benzoesäure.
war wechselnd, theilweise der der Benzoisäure sehr nahe itehend. Dil
Salze förben 3ich leicht gelb oder dunkler und krystallisiren schwierif.
Offenbar waren, durch eine geringe Menge fremder BeimenguDg, d»
Eigenschaften der Benzoesäure modificirt. A. S.
Benzoesäure ^), Benzoesäurehydrat BenzoSblameB.
Benzoesalz, Äcidum beneoicuniy Äcide benzoique^ Btnzoic atii*
Sie wurde zuerst von Vigenere (1608) in reinerem Zustande du^
stellt. Empirische Formel C14H6O4; als rationelle Formeln werden ai-
genommen HO. ChHsOs; oder ^"***g«|o2;auchal8HO.C2(C,A)0,
und andere (s. d. Art. Benzoyl).
Die Benzoesäure verdankt ihren Namen dem Vorkommen ia
Benzoeharz, woraus sie zuerst, und noch jetzt gewöhnlich, dargestelM
wird; sie findet sich aber ferner noch in vielen anderen Harzen ixkr
Balsamen, wie im Drachenblut (Acaro'idharz) , dem Harz von Xwur
thoroea haatilis (Stenhouse), im Guajac (Jahn), im Tolubalsam (De-
ville) u. a. Wo hier fand sie in geringer Menge im Castoreun,
Schweizer im Spindelbaumöl (von Eoonymus &iropaeiu\ sie findet ucli
zuweilen im Harn der grasfressenden Thiere (statt der gewöhnlich dt-
rin enthaltenen Hippursäure).
Sie entsteht in sehr vielen Zersetzungen organischer Stoffe; sekr
leicht aus Bittermandelöl durch Oxydation , schon beim Stehen an dff
Luft; aus Benzoealkohol durch Behandlung mit Chromsäure; aus Bei*
^) Literatur: Blaiac de Vigenöre, Trait^ du feu e't du sei, Paris 1608-
Scheele, Opusc. T. II, p. 28. — BerzeliuB, Pogg. Annal. Bd. XXVI, p. 4M:
Annal. d. Pharm. Bd. III, S. 282. — Hisinger, Scherer's Annal. Bd. II, S.S7.
— Stange, Repert. T. XIV, p. 829. — Wöhler u. Liebig, Annal. d. Ph«*
Bd. ni, S. 249; Commentar zur preass. Pharmacop. Bd. I, S. 34. — Erdmanai^
Marchand, Journ. f. prakt. Chem. Bd. XIII, S. 422.— Mohr, AnnaL d. Phai»
Bd. XXIX, S. 177. — Plantamour, ebendas. Bd. XXX, S. 349. — Wöhler,
ebenda«. Bd. XLIX, 8. 246 u. Bd. LXVII, S. 360. — Dessaignes, Annal. de dia
et de phys. [8.] T. XVII, p. 50: — Stenhouse, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LT.
S. 1 u. Bd. LVII, S. Sil Journ. f. prakt. Chem. Bd. XXXVI, S. 248. — Devill«.
Annal. de chim. et de phys. [8.] T. III, p. 116. — Bucholz, Gehlen» Joani. f
Chem. u. Phys. Bd. IX, 'S. 840. — Barreswil u. Boudault, Journ. de phnra.
T. V, p. 266. — St. Evre, Annal. de chim. et de phya. [3.] T. XXV, p. 486. -
Herzog, Brandes' Archiv Bd. XXIII, S. 16. — Limpricht u. Üslar, Aonsl- <1^
Chem. u. Pharm. Bd. CII, S. 269. — Scharling, Annal. d. Chem. o. Pharm. U
XLI, S. 49 u. Bd. XLÜ, S. 268. — Field, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LIT.
S. 55. — Chiozza, Aftnai. de chim. et de phys. [8.] T. XXXVI, p. 102; Anii«L
d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXIII, S. 817; Journ. f. prakt Chem. Bd. LVII, S. 3^
— Mulder, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XXXIV, S. 297; Journ. f. V^^
Chem. Bd.XVni, S. 268 u. Bd. XIX, S. 862.— P^ligot, Compt. rend. T.XXXUi
p. 11; Journ. f. prakt. Chem. Bd. VII, S. 880 u. Bd. VIII, 8. 66. — Gerlsnd,
Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XCI, S. 188. — Bertagnini, ebendas. Bd.LXXIl
S. 269. — Abel, ebend. Bd. LXIII, 8. 318. — Plantamour, ebendas. Bd. XXX.
S. 849. — Blumenau, ebendas. Bd. LXXXVII, S. 127.— Mitac her lieh, Joor«-
f. prakt. Chem. Bd. XXII, S. 196. — Chaucel, Compt. rend. par Laur. et J&er-
hardt 1849, p. 179; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXII, 8.27-4. — E. Kopp,
Compt. read, de l'ac. T. XXXIV, p. 616. — Heintz, Pogg. AnnaL Bd. XCVIII,
8.468; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. C, S. 870. — Cahours, AnnaL de chinuct^
phys. [8.] T.XXV, p.80; Journ. f. prakt. Chem. Bd. XLVI, S. 341; Annal. d. Ghe»
u. Pharm. Bd. LXIX, S. 241. — Voit, AnnaL d. Chem. u. Pharm. Bd.XCIX,S. lOÖ;
Journ. f. prakt. Chem. Bd. LXX, S. 49. — Boullet, Chem. Centralbl. 1866, S. 79%
— Mitscherlich, Pogg. Annal. Bd. XXXII, S. 227; Annal. d. Chem. n. Pharo-
Bd. XII, S. 814. — Schweizer, Journ. f. prakt. Chem. Bd. LIII, S. 437.
Benzoesäure. 829
loylohlorid (oder den entsprechenden Brom- nnd Jodverbindungen),
durch Wftaaer ; nua dem CinnamylwaMerstoff, der Zimmtaäuire , dem
QnDamoI (Styrol) und dem Cnminol durch die Einwirkung der Sal-
petarsSnre; aus Cumol und Toluol durch Behandlung mit Schwefel-
liare und chromsaurem Kali (Hofmann); aus der MippurȊure durch
Behandlung mit kochenden Säuren, Alkalien oder durch Faulnias; aus
len albuminArtigen Stoffen und dem Leim durch Oxydationsmittel, na-
nentKch beim Erwärmen mit Braunstein und Schwefelsäure (Gucicel- ■
)erger) oder mit übermangansanrem Kali (Städe)e^); aus dem
i*apulin durch Einwirkang verdünnter Alkalien (Piria); ans derChina-
^re (Wöhler), der Insolinsäure (Hofmann) bei der trockenen De-
tOUtion.
Zu ihrer Gewinnung in grösserer Menge benutzt man entweder
lie BensoS oder den Harn von Grasfressern, und unterscheidet danach
•h HarzbenzoSsäure und Harnbenzoesäure.
Ans derBenzoS stellt man die Saure entweder auf trockenem oder,
lassem Wege dar. In ersterem Falle besitzt die Säure einen starken,
ler Benzoe ähnlichen, vanilleartigen Geruch, welcher von beigemeng-
ni Spuren eines flüchtigen Oels herrUhrt. Bei dem medicinischen Ge-
iranch h< man diese Beimengung für wesentlich.
Zur Darstellung der Benzoesäure aus Benzuu durch Sublimation
olgt man zweckmässig folgender Vorschrin von Mohr. Auf dem Bo-
len eines runden, flachen eisernen Gefässes (Fig. 80) von ungefähr
iZoll Dnrchmesser und i Zoll Grösse breitet man das grob gestossene
larz ans, spannt hierauf Ober die Oeffnnng ein lockeres Fliesspapier,
das an den Rand des Gefässes
fest geklebt wird, und stellt
einen kegelförmigen Hut von
dickem Papier darüber, dei
genau über den Band des G<
fässes schlieast undmltSchnui
festgebunden wird. Den fio'
den des Topfes, der auf
eisernen Platte oder im Sand-
bade steht, erhitzt man lang-
sam (bei 1 Pfund BenzoS 3
■^ l^^^^^^^^l ^'^ ^ Stunden lang) durch ge-
■k ^^^^^^^^H lindes Kühlenl'eu er. Man lässt
-^m ;■ I^^^^^^^^H vollkommen erkalten , kehrt
L*' H^^^^^^^B^. den ganzen Apparat um und
bindet die Schnur lox, wobei
man den Hut mit farblosen
Krystallen von Benzoesäure
ifßUt ündet. Die Ausbeute beträgt gewöhnlich nur 4 Proc; doch
mn dieselbe durch Pulvern des Rückstandes und abermaliges Erhitzen
irmehrt werden.
Bei dieser Darstellung geht die Benzoesäure in Dnmpflörm durch
t* Fliesspapier, und verdichtet sich in dem Mut, wobei das Zurück-
lloi der Säure durch das Fliesspapier verhindert ift.
Vollständiger lässt sich die Säure aus der BenzoS auf nassem
'ege ausziehen. Nach dem schon von Scheele angewandten Verfah-
n vermischt man die feingepulverte BenzoS mit Kalkhydrat (auf
830 Benzoesäure.
1 ThI. IJenzoe V, <>^er 1/4 T^l« gebrannter Kalk, der mit Wasser g^
loscht wird), digerirt einige Stunden mit kaltem Wasser uud erwiitf
langsam zum Kochen. Die Benzoesäure vereinigt sieb hierbei mit te
Kalk zu leicht löslichem benzoesaurem Kalk, während die harzartig«
Beatandtheile meist ungelöst bleiben. Man hat hierbei besonder» i»
auf zu achten, dass die Benzol mit dem Kalk nicht za einer Masse »
sammenbacke , weil das Wasser die Säure sonst nur nnvoUstaiidig Il-
sen würde. Es ist daher wesentlich, nicht zu wenig Kalkhydrat zu acb-
men und anfongs nicht, oder nur gelinde, zu erwärmen. Man nimni
auf 1 ThI. Benzog 10 Thle. Wasser und filtrirt die kochende FloMg-
keit Yon dem ungelösten Rückstande, den man noch mit 4 Thln. kockoi-
dera Wasser abwäscht. Das Filtrat wird auf die Hälfte etngeduB^
und nachher mit Salzsäure versetzt. Beim Erkalten krjstallittit £1
Benzoesäure aus, welche mit wenig kaltem Wasser gewaschen wird.
Man kann auch kohlensaures Natron statt des Kalkhjdrats hierbd
anwenden, doch löst sich in diesem Falle ein Theil des Harzes aot du
nur schwierig von der Benzoesäure getrennt werden kann. Da ofab*
gens auf Znsatz von Säuren zu der klaren Lösung das Harz tot 4a
BenzoSsänre gefällt wird, so kann man durch vorsichtigen Zusatz m
Schwefelsäure zu der kochenden Lösung ersteres ausfällen und, dmI-
dem man filtrirt hat, die Benzoesäure durch Überschüssige ScbweM*
säure völlig abscheiden (Bucholz).
Ein eigenthümliches Verfahren wurde von Wo hier beschneb«
Man löst gepulverte BenzoS in ihrem gleichen Volumen Alkohol fd
90 bis 95 Proc, vermischt die noch heisse Lösung nach und nach al
so viel rauchender Salzsäure, dass das Harz gefällt zu werden anfangt
und unterwirft die Mischung der Destillation^. Die Benzoesäure bilM
hierbei mit einem Theile des Alkohols Benzoeäther, der nebst AlkoM
und Salzsäure überdestillirt. Man setzt die Destillation so lange k^
als es die Consistenz der Masse gestattet. Der Rückstand wird ^
heissem Wasser übergössen und abermals destillirt, so lange noch Ben»^
äther übergeht. Das Destillat digerirt man zuletzt be^ Siedhitze df
kaustischem Kali, bis aller Benzoeäther zerstört ist, worauf man dar4
Uebersättigen mit Salzsäure die Benzoesäure abscheidet. Diese ^9»
besitzt einen der sublimirten Säure ähnlichen Geruch.
Man findet jetzt Benzoesäure im Handel, welche aus Pferde- odi
Kuhharn dargestellt wurde, und unter dem Namen Harnben zoesäori
zuweilen unpassenderweise als Hippurs äure bezeichnet, zu billigt*
Preise verkauft wird. Um diese Säure, welche immer einen deutlidia
Hamgeruch zeigt, darzustellen, lässt man den Harn faulen, fitt
hierauf durch Zusatz von Kalkmilch und engt das Filtrat ein, worw
man durch Zusatz von Salzsäure die Benzoesäure abscheidet. Im Falfe
diese Benzoesäure unrein, namentlich wenn sie gefärbt ist, reinigt mtf
sitf durch Auflösen in dünner- Kalkmilch und Znsatz von Chlorfolki
womit man sie einige Zeit kocht, worauf man mit Salzsäure fällt Dv
Niederschlag wird endlich aus kochendem Wasser umkrystallisirt
Die in den Apotheken gebrauchte sublimirte Benzoesäure soll
aus Harz dargestellt sein, und darf nicht von dem beigemengten ri*'
chenden Gel befreit werden, daher sie sich durch den Gemch von dtf
ans Harn dargestellten Säure unterscheidet. '
Die Benzoesäure bildet farblose, undurchsichtige, atlasgläom^
Blätter oder Nadeln, welche unter der Lonpe als sechsseitige Ssola
Benzoesäure. 831
^ivcheinen. Kie schmeckt schwach sauer und stechend; bei \'2\^i^C.
lehinilzt sie zu einer farblosen Fhlssigkeit von 1,0838 specif. Gewicht
Kopp, verglichen mit Wasser bei 0<> als Einheit) und bei 249,2® C.
Kopp, bei 740 Millimeter Barom.) siedet sie ohne Zersetzung. Sie
mtwickelt jedoch schon in weit niederer Temperatur reich liehe. Dämpfe,
äsBt sich z.B. bei 100<>C. leicht zwischen zwei Uhrgläsern sublimiren,
ind verflüchtigt sich in ansehnlicher Menge mit den Wasserdämpfen.
Me D&mpfe reizen zum Husten, und brennen angezündet mit leuchten-
Ler Flainme. Ihre Dichte beträgt 4,27 (Mitscherlich), wonach
l Aeq. 4 Volum Dampf bildet.
Die BenzoSa&ure löst sich in 200 Thin. kaltem Wasser, viel leich-
er aber in kochendem Wasser (nach Bergmann in 24 Thln., nach
Prommsdorff in 80 Thln.), so dass die kochend gesättigte Lösung
»eim Erkalten zu einer weichen Masse von lockeren Kryätallnadeln er-
starrt. In Alkohol ist sie weit leichter löslich (in 2 Thln. kaltt;m und
i Tbl. kochendem absoluten Alkohol nach Buc holz), und nuchAether
limmt sie reichlich auf. Fette und flüchtige Oele lösen sie in grosser
Menge. Concentrirte Schwefelsäure löst sie leicht und ohne Zersetzung ;
l¥asser scheidet sie wieder unverändert ab. Verdünnte Salpetersäure
md Chromsäure verändern die Benzoesäure beim Kochen nicht, wo<
lurch sie leicht von der ihr sonst ähnlichen Zimmtsäure zu unterscheiden
ist, da letztere unter -diesen Umständen Bittermandelöl entwickelt.
Verwandlungen der Benzoesäure. 1) Durch Wärme. Der
Dampf der Benzoesäure zerlegt sich, wenn er zum Glühen erhitzt wird,
peradeauf in Benzol und Kohlensäure:
Benzoesäure Benzol.
Um diese Zersetzung vollständig zu machen, muss man den Dampf
lorch eine mit Bimssteinstücken gefüllte, zum schwachen Glühen er-
liitzte Röhre leiten. Selbst durch blosse Destillation eines Gemenges
von 1 Thl. Benzoesäure und 5 bis ß Thln. Bimsstein erfolgt diese
Zersetzung schon bei wenig hoher Temper.atur. Ein zu starkes Er-
hitzen bewirkt, dass gleichzeitig Naphtalin und andere empyreumati-
»che Vroducte auftreten und Kohle abgeschieden wird (Barreswil
Qnd Boudault).
Ein Gemenge von Benzoesäure und Kalkhydrat liefert bei der De-
ittllatioii nur Benzol, indem die Kohlensäure von dem Kalk zurückge-
lutlten wird. In ihren neutralen Salzen liefert die Benzoesäure bei der
trockenen Destillation noch andere Producte, wie Benzon (Benzo-
pkenon), benzoesaures Phenyloxyd (Benzophenid) ; (vergl. diese Ar-
tikel).
2) Durch Chlor. Benzoesäure wird im Sonnenlicht durch Chlor
MigegriATen ; es entweicht Salzsäure, während gleichzeitig eine Substitu-
tion von Wasserstoff* durch Chlor stattfindet. Es bilden sich hierbei
mehrere schwierig zu trennende Producte (vergl. weiter unten Sub-
Btitationsproducte der Benzoesäure). Aehnliche Producte er-,
(engt -Brom mit der Säure. Beim Einleiten von Chlor in eine stark
alkalische Lösung von Benzoesäure soll, nach Saint-Evre, eine eigen-
(hümliche chlorhaltige Säure, die Chlor nie ein säure, HO. C|2H4 Gl O3
(▼ergl. Iste Aufl. Bd. V, S. 538), neben Kohlensäure sich bilden. Nach
der Angabe von Gerhardt entsteht hierbei nur Chlorben zoesäure.
832 Benzoesäure.
3) Durch Phosphorperchlorid. BenzoSsäure und Phofpbor-
perchlorid lassen sich, ohne auf einander soglisich einzuwirken, n-
sammenbringen ; bei gelindem Erwärmen findet aber eine heftige Reie-
tion statt, wobei sich eine reichliche Menge von Chlorwasseratoffgas
entwickelt. Gleichzeitig destillirt ein Gemenge von Phosphoroxjehloiid
und Benzoylchlorid über (vergl. Benzoylchlorid)^
4) Durch Schwefelsäure, ^tauchende Schwefclitaare lost Bcs-
zoesäure unter Wärmeentwickelung auf und bildet mit ihr eine ge-
paarte Säure, Benzoeschwefelsäure<i 2 HO . Ci4H4Sf Og (vw^
d. Art).
ö) Durch Salpetersäure. Von concentrirter Salpeteninic
wird die Benzoesäure beim Kochen unter Entwiokelang rother D&m{le
in Nitrobenzogsäure, HO.Ci4ll4(N04)Oa, verwandelt Ein Ge-
menge von rauchender Salpetersäure und Schwefelsäure verwandelt sie
in Binilrobenzoesäure, HO . C14II8 (N 04)203.
6) Im thierischen Organismus wird die Benzoee&nre ii
Hippursäure übergeführt, welche in einer der genossenen Beazoe-
säure entsprechenden Menge im Harn ausgeschieden wird (Ure, Wofe-
4 er, Keller).
Abkömmlinge der Benzoesäure.
In dem Radical der Benzoesäure, dem B e n z o y 1 (s. d. Art), lässt »A
ein Theil des Wasserstoffs durch Chlor, Brom, Üntersalpeteraftore, so-
wie andere sauerstoffhaltige Atomgruppen, schweflige Säare, LactfL
Glycolyl u. a. m. vertreten, wodurch neue secundäre Radicale erhalle«
werden , deren Verbindungen mit Sauerstoff der Benzoesäure in vieki
Beziehungen ähnlich sind. Wir wollen von diesen Verbindun^n fol-
gende hier gemeinschaftlich beschreiben, nämlich die Chlorbenzoi-
säuren, Brombenzoesäure, Nitrobenzoesäuren, Nitrochlor-
benzoesäurc, während wir die Benzoeschwefelsäore (Sulfo-
benzoe säure), Benzoglyc Ölsäure, Benzomilchsänreu. Benzo*
Weinsäure in eigenen Artikeln abhandeln.
Chlorbenzoesäuren.
Wird geschmolzene BenzoSsäure im Sonnenlicht mit trockeaeia
Chlorgas behandelt, so verwandelt sie sich, nach Uerzo-g, unter Eot-^
bindung von Salzsäuregas in eine feuchte, zähe und klebende Mmsm
von röthlicher Farbe. In kohlensaurem Kali löst sich diese unter Auf-
brausen mit rothbrauner Farbe unter Hinterlassung eines cUorhaltigen,
harzähnlichen, nach Benzoe riechenden Körpers. Die Lösung, welche
sich durch Thierkohle entfärben lässt, enthält eine gechlorte Benzoe-
säure, welche man durch Säuren abscheiden kann. Die angegebenen
Eigenschaften der Säure stimmen ganz mit denen der Benzoesäure
überein, ausgenommen der Schmelzpunkt, der bei 80® C. lag. Ds
das Kalisalz der Säure beim Verbrennen Chlorkalium hinterliess, so i^t
nicht zu zweifeln, dass die Säure von Herzog ein chlorhaltiges Sob-
stitutionsproduct enthielt, doch bleibt es nngewiss, ob sie eine reine
Verbindung oder ein' Geroenge verschiedener Säuren war.
Stenhouse erhielt verschiedene chlorhaltige Substitationspro-
ducte der Benzoesäure, nämlich Chlorbenzoesäure, HO . Ci4H4GlQit
Benzoesäure. 833
ßichlorbenzoS8änre,'HO. Ci4Ms€l2 08, und TricÜlorbenzoS-
8 & u r e , «K O . C14H3GI8O9, durch Behandlung von BenzoSs&nre mit Chlor-
kalk und Salzsäure, oder Qiit Chlorgas, oder mitNchlorsanrem Kali und
Salzsäure. Wegen der grossen Aehnlichkeit ihrer Eigenschaften gelang
es nicht, sie sicher von einander zu trennen. Auch aus der Zimmt-
saure erhielt Stenhouse bei der Einwirkung derselben Agentien ein
Gemenge gechlorter Benzoesäuren. Limpricht und üslar haben
die Chlorbenzoesäure aus dem Destillat von Sulfobenzoylchlorid
(B. 854) und Behandlung desselben mit Wasser erhalten. Eine auch als
ChlorbenzoSsäure bezeichnete Säure ist auf einem eigenthümlichen Wege
▼on Chiozza aus der Salicjlsänre erhalten worden. Da übrigens,
nach Limpricht 's und Uslar's Angaben, diese Säure von der aus
BenzoSsäure dargestellten verschieden ist, so werden wir sie als Para-
cblorbenzoSsäure von ersterer unterscheiden. Ohne Zweifel ist die
von Scharling durch Destillation von Harn mit Salpetersäure erhal-
tene sogenannte Chloromichmylsäure ebenfalls ChlorbenzoSsäure,
deren Bildung sich durch die Einwirkung des Königswassers (Chlor-
natriom und Salpetersäure) auf die Hippursäure des Harns erklären
lässt.
Chlorbenzoesäure.
Formel: MO.C14H46IO8. Limpricht und Uslar erhielten diese
Säure auf folgende Weise. SulfobenzoSsäure wird mit 2 Thln. Phos-
phorperchlorid vermischt, in einer Retorte gelinde erhitzt und der.
Rückstand zuerst durch Erwärmen auf 170<>C. von Phosphoroxychlorid
befreit, hierauf aber über freiem Feuer destillirt, wobei unter starkem
Aufschäumen Chlorbenzojlchlorid übergeht, während in der Retorte
ein bedeutender kohliger Rückstand bleibt. Die Bildung des Chlor-
benzoylchlorids erklärt sich durch die Gleichung:
Ci4 «4 Sa €l2 Ofl = C14H4 €1^ Oj -[- S2O4.
Sulfobenzoyl- Chlorbenzoyl-
chloHd Chlorid
Das Destillat wird mit Wasser längere Zeit gekocht, wobei das Chlor-
benzoylchlorid sich damit in Salzsäure und ChlorbenzoSsäure zerlegt.
Am besten kocht man unter Zusatz von Kalilauge und fallt die Säure
durch Uebersättigen mit Salzsäure. Zur Reinigung bindet man sie
nochmals an eine Base und scheidet sie mit Säuren ab. Sie krystalli-
sirt in kleinen concentrisch vereinigten farblosen Prismen und sublimirt
beim Erhitzen leicht in kleinen Nadeln. In kaltem Wasser ist sie
schwer, leicht in heissem Wasser, Alkohol oder Aether löslich. Sie
schmilzt bei etwaHO^C. Rauchende Salpetersäure löst sie langsam und
verwandelt sie in NitrochlorbenzoSsäure, HO. Ci4H8(N04)Gl03.
ChlorbenzoSsaure Salze. Die Chlorbenzoesäure ist eine ein-
basische Säure, welche mit den meisten Metalloxyden in Wasäer lös-
liche Salze bildet; sie sind von Limpricht und Uslar untersucht
.worden.
ChlorbenzoSsaures Aethyloxyd, ChlorbenzoSsäureäther,
C4H(O.Ci4H4€l08, wird durch Erhitzen der Säure mit Weingeist
und Schwefelsäure, oder durch Erwärmen des Chlorbenzoylchlorids mit
Weingeist und Ausfielen mit Wasser bereitet. Es ist eine dem BenzoS-
äther ähnliche, bei 245<>C. siedende Flüssigkeit In einer Mischung
RttidwfliterbBdi d«r Ob«iiiie. Sie Aofl. Bd. IL 53
834 Benzoesäure.
von Salpetersäure ond Schwefelsäure löst sie sich auf« and Wasser
scheidet ein bald zu wasserhellen Krjstallen erstarrendes Oel, wahr-
scheinlich Nitrochlorbenzoesäureäther, ab.
Chlorbenzoesadres Ammoninmozyd. Die Losung der Säure
in Ammoniak verliert beim Verdunsten viel Ammoniak und hinterUkst
fast reine Säure (Limpricht und Uslar). Die durch Kochen von
BenzoSsäure mit chlorsaurem Kali und Salzsäure bereitete Chlorbenzoe-
säure giebt ein nicht leicht schmelzbares, beim Erhitzen sich schwär-
zendes Ammoniaksalz (Field).
ChlorbenzoSsaurer Baryt: BaO.Ci4H4€l08'4~^ ^<1- Kleine
in WassOT leicht lösliche KrystaÜnadeln^, die bei lOO^'C. das Krystall-
wasser verlieren.
ChlorbenzoSsanrer Kalk: CäO.Ci4H4€l08 -^ 3 aq. Leicht
lösliche kleine Krystallschuppen, die bei 100^ C. 3 Aeq. Wasser ver-
lieren.
ChlorbenzoSsaures Silberoxyd: AgO.Ci4fl[4€lOs. Weisser,
aas mikroskopischen Nadeln bestehender Niederschlag.
Das Bleisalz ist ein webser Niederschlag, der bei llO^C. theil-
weise schmilzt und gelb wird; das Kali- und Natronsalz sind uo-
krystallisirbare gummiartige Massen; das Kupfersalz ist ein grüner
Niederschlag.
■
Parachlorbenzoesäure.
Formel: 80 .Ci4H4€l03. Durch diese Benennung unterschei-
den wir die von Chiozza durch Destillation von Salicylsäure mit Phos-
phorperchlorid erhaltene, der Chlorbenzoesäure isomere Säure. Du
bei dem Erhitzen der Mischung übergehende Oel wird rectificirt, wobei
zwischen 200^ und 250^0. ein schweres, stark lichtbrechendes Oel
von erstickendem Gerach destiUirt, welches mit kaltem Wasser alimä-
Ug, mit kochendem rasch, in Salzsäure und ParachlorbenzoSsäure zer-
fallt. Das Oel scheint hiernach das der Säure entsprechende Chlorür
zu sein.
. Die Säure bildet farblose, glänzende, der Salicylsäore ähnliche
Nadeln, die schwerer als Benzoesäure (Chiozza), bei 130^0. (Lim-
pricht und Uslar) schmelzen und unzersetzt sublimiren. In kalten
Wasser löst sie sich schwer, leicht in kochendem Walser, die gesättigte
Lösung gesteht beim Erkalten zu einer aus Krystallnadeln gebildeten
Masse.
Ausser durch den Habitus der Krystalle und den Schmelzpunkt
unterscheidet sich diese Säure durch Verschiedenheit des Krystailwas-
sergehalts der Salze von der Chlorbenzoesäure.
Parachlorbenzoe saurer Baryt, BaO . C24H4G103, ist in
Wasser sehr leicht löslich; die gesättigte Lösung gesteht beim Erkalten
zu einer krystallinisch strahligen Masse oder giebt kleine weisse Kry-
Stallwarzen. Das Salz enthält kein Kry stall wasser.
Parachlorbenzocsaurer Kalk^ CaO.Ci4H4€l03 -|- 2 aq.
(Limpricht und Uslar).
Parachlorbenzoesäure» Silberoxyd, AgO^CnH^GlOj,
scheidet sich beim Vermischen der kochenden Lösung des Amrooniak-
salzes mit salpetersaurem Silberoxyd in kleinen schweren Krystallen
ab; beim Erkalten der Flüssigkeit bilden sich grössere Krystalle.
Benzoesäure. 835
Brombenzoesäure.
Formel : HO. C14 H4 Br Og. Diese Säure wurde zuerst von
Herzog durch Behandlung der Benzoesäure mit Brom im Sonnen-
licht dargestellt. Die Einwirkung ist hierbei rascher als bei der Dar-
stellung der Chlorbenzoesäure beendigt ; man verjagt das überschüssige
Brom durch Erhitzen, lost den Rückstand in kohlensaurem Kali (wobei
ein bromhaltiges, der Benzoe ähnlich riechendes Oel zurückblieb) und
fallt mit Salpetersäure. P^ligot stellte die Säure durch Einwir-
kung von Bromdämpfen auf benzoesaures Silberoxjd dar, Indern er
20 bis 24 Gramm benzoesaures Silberoxyd nebst einer mit Brom ge-
füllten Proberöhre in ein verschliessbares Glas brachte und 24 Stunden
stehen Hess. Durch Behandeln des Gemenges von Bromsilber und
Brombenzogsäure mit Aether löste er letztlere auf und beim Verdampfen
hinterblieb ein braun gefärbtes, allmälig krystallinisch erstarrendes Oel.
Zur Reinigung wird es in Kali gelöst, mit Thierkohle entfärbt und
durch Salpetersäure gefllllt Die Brombenzoesäure bildet farblose, bei
100^ C. schmelzende Krystalle, dje bei 250^0. sublimiren, dabei aber
einen kohligen Rückstand lassen. Sie verbrennen mit leuchtender grün-
gesäamter Flamme. In Wasser ist die Säure schwer, leicht in Alko-
hol oder Aether löslich.
Die Salze der BrombenzoSsänre sind meistens sehr leicht löslich,
krystallinisch; das Kupfersalz, Bleisalz und Quecksilberoxydul-
salz sind weniger löslich. Das Silbersalz, AgO.CuftiBrOs^ ist in
warmem Wasser löslich.
Nitrobenzoesäure.
Benzoesalpetersäure. Formel: HO.CiiHiCNOO 0, =
v>i4V 4- IL 1^2' Diese Säure wurde zuerst von Mulder durch
Kochen von Benzoesäure mit concentrirter rauchender Salpetersäure
bereitet, wobei die Substitution von Wasserstoff durch Untersalpeter-
säure allmälig stattfindet Man muss daher die Mischung längere Zeit
(3 bis 4 Stunden) erwärmen, nach Muld er 's Vorschrift so lange, bis
sich keine rothen Dämpfe mehr zeigen und die Lösung farblos gewor-
den ist. Beim Erkalten gesteht dieselbe zu einer krystallinischen Masse,
die man durch Abwaschen mit kaltem Wasser von Salpetersäure befreit,
worauf man aus kochendem Wasser umkrystallisirt
Nach Gerland' 8 Vorschrift erhält man die Nitrobenzoesäure ra-
scher ; ein Gemenge von 1 Thl. Benzoesäure und 2 Thln. Salpeter wird
unter Umrühren mit concentrirter Schwefelsäure versetzt und das Ge-
misch bis zum Erweichen erhitzt. Die entstandene Nitrobenzoesäure
wird durch KrystalUsation aus kochendem Wasser von dem zweifach-
schwefelsauren Kali getrennt.
Die Nitrobenzoesäure entsteht noch bei vielen Zersetzungen orga^
nischer Stoffe: aus dem Nitrobenzoyl Wasserstoff durch .Oxydations-
mittel, namentlich Chromsäure (Bertagn in i); aus Zimmtöl undZimmt-
sänre (Plan tarn our. Mulder), Cumol (Abel) oder DrachenUnt (Blu-
men au) beim Kochen mit Salpetersäure; aus der Nitrohippursäure beim
Erhitzen mit Salzsäure (Bertagnini).
53*
836 Benzoesäure.
Die Nitrobenzoäsäure bildet farblose, meist zosammeograppirte
Krystallblättchen ; sie schmilzt bei 127^0., snblimirt aber schon in nie-
derer Temperatur ohne Zersetzung; die Dämpfe reizen zum Hosteo.
Bei der Destillation hinterlässt die Säure einen geschwärzten Bäck-
stand. In kochendem Wasser löst sich die Säure leicht (in 10 Thln.
Wasser), ein Ueberschuss von Säure schmilzt dabei und bildet eme
schwere ölartige Flüssigkeit unter der Lösung. Die Säure braucht
400 Thle. Wasser von lO^C. zur Auflösung (Mulder).
Die NitrobenzoSsäure wird von kalter Salpetersäure ohne Zer-
setzung gelöst, bei anhaltendem Kochen mit Salpetersäure aber zer-
setzt (Mitsc herlich). Schwefelsäurehydrat löst sie in der Kälte;
beim Erhitzen damit bis zum ,Kochen sublimirt etwas unveränderte
Säure, während die Lösung sich roth färbt und eine eigenthümliche
Substanz enthält (Mulder).
Phosphorperchlorid liefert mit der Nitrobenzoesäure Nitro-
benzoylchlorid (s. d. Art Benzoylchlorid), Phosphoroxychlorid
und Salzsäure.
Im thierischen Organismus erleidet die Nitrobenzoesäure eine
ähnliche Verwandlung wie die Benzoesäure, sie geht nämlich in Nitro-
hippursäure über. ^
Bei der Behandlung mit Schwefelwasserstoffgas (oder ELsen
und Essigsäure) geht die Nitrobenzoesäure über in:
AmidobenzoSsäure, Benzaminsäure, Carbanllsäure. For
mel: C,4H7N04 = Ci4H»(NHj)0i vielleicht ^jO, .C„H,.NHj ^
t)iese Verbindung, welche zuerst durch Beduction aus der Nitrobenzoe-
säure dargestellt wurde, ist bereits Bd. I, S 1102 ausführlich beschrie-
ben. Durch die Bezeichnung Araidt)benzoesäure wird die Bezie-
hung derselben zur Nitrobenzoesäure und anderen Substitution sprodoc-
ten der Amidsäure, dass hier nämlich NHj (Amid) an die Stelle voi
1 Aeq. Wasserstoff eingetreten ist, ausgedrückt; sie steht aber keines-
wegs zu der Benzoesäure in einem ähnlichen Verhältniss wie die Oxa-
minsäure zur Oxalsäure oder die Sulfobenzaminsäure zur Sulfobenzoi-
säure, wie man nach den) Namen Benzaminsäure verrauthen konnte.
Wir tragen hier die Resultate der neuesten Untersuchung die-
jser Säure von Cahours ^) nach:
Bromwasserstoffsanre - Amidobenzoesäure, Ci4]{7 NO4.
HBr, krystallisirt in feinen Nadeln, ähnlich der ChlorwasserstofiVerbin-
dung ; in reinem Wasser und Alkohol ist sie leicht löslich , wenig ia
säurehaltigem Wasser.
Ghlorwasserstoffsaure- AroidobenzoSsäure: C14 H7 NO4 .
K €1. Zur Darstellung dieser Verbindung löst man reine AmidobenzoS-
säure in kochender Salzsäure auf, die man mit etwas Alkohol versetzt
hat, und lässt langsam erkalten, wobei man feine, nach dem Troekofo
seideglänzende Nadeln erhält, die beim Erhitzen leicht schmelzen. In
Alkohol, sowie in reinem Wasser leicht löslich, löst sie sich wenig in
salzsäurehaltigem Wasser. Mit Sublimat erhält man einen krystallini-
schen Niederschlag, mit Platinohlorid ein auch in Alkohol ziemlich
leicht lösliches Doppelsalz.
*) Annml. de chim. et de phjs. [8] T. LIII, p. 324.
Benzoesäure. 837
Dm amidobensoSsanre Aethjloxyd, CigfiiiN04 =
^ ^« • ^1» «5 1^ 2 O2 = N C4 H5 besitzt in hohem Grade die Ei-
' ^** .
genschaft rieh mit Säuren zu- vereinigen, aber nicht mit Basen. In
Wasser i^t es kaum löslich, sehr leicht löslich in Alkohol oder Aether,
welche es beim Verdunsten als klare Flüssigkeit hinterlassen. Ammo-
niak verwandelt es allmälig in Phenylharnstol'f, nach der Glei-
chung :
Ci4B6(C4H5)N04 -f NH, = C4J^ + Ci^MaNHa)NOa
Amidobenzoeäther Alkohol Phenylhamstoff.
Ghlorwasserstoffsaurer Amidobenzoeäther: 018^11^04.
M Gl Der AmidobenzpSäther löst sich leicht in Salzsäure und beim Ver-
dunsten Über Aetzkalk hinterbleibt das Salz in Krystallen, die durch
Pressen zwischen Papier und Umkrjstallisiren aus kochendem Alkohol
EU reinigen sind. Man erhält beim Verdunsten schöne, kaum gefärbte
Prismen, die beim Erhitzen sich theilweise zersetzen, und in Aetber
weniger als in Alkohol löslich sind.
Chlorwasserstoffsaurer Amidobenzoeäther -Platineblo -
rid, Ci8HuN04.HGl -f- PtGlj, fällt beim Vermischen concentrirter
Lösungen des vorhergehenden Salzes 'mit Platinchlorid in Krystallen
nieder. Durch Auflösen in kochendem Alkohol und langsames Ver-
dunsten erhält man ihn in orangefarbigen grossen Krjstallen oder in
Nadeln.
Salpetersanrer Amidobenzoeäther: Ci8HnNO4.HO.NO5.
Der Aether ist sehr leicht in Salpetersäure löslich und beim Verdam-
pfen über Aetzkalk hinterbleibt das Salz in braungefärbten Kr^rstallen,
die in Wasser und Alkohol äusserst leicht und auch in Aether löslich
sind« Durch Pressen zwischen Papier, Auflösen in wenig Wasser und
Verdampfen im Vacuum erhält man kleine zusammenhängende Pris-
men, die beim Erwärmen leicht schmelzen und in höherer Temperatur
sich zersetzen.
AmidobenzoSsäure-Methyläther: Cie H9 N O4 =
COj.CijHft.NH I Q^ ^^^^ ^.^^ Aetherart büdet eine farblose t
Flüssigkeit, die sich mit Säuren zu in Wasser leicht löslichen, zum Theil
zerfliesslichen Salzen vereinigt.
Nitrobenzoesaure Salze. Die NitrobenzoSsänre ist eine starke
Saure, welche mehrere andere Säuren aus ihren Salzen abscheidet. Die
Salze derselben stellt man meist durch Sättigen der Säure mit den be-
treffenden Basen oder durch doppelte Zersetzung dar; sie sind grös-
stentheils in Wasser und Weingeist löslich, und verpuffen beim Erhitzen.
NitrobenzoSsanres Aethyloxyd,NitrobencoSäther, C4H5O.
Ci4H4(N 04)03, entsteht durch Einleiten von Salzsäuregas in eine
kochende alkoholische Lösung von NitrobenzoSsäure. Nach längerer
Einwirkung verdünnt man mit Wasser, schüttelt den hierdurch abge-
schiedenen Aether mit einer warmen Lösung von kohlensaurem Natron,
nachher mit kaltem Wasser und presst den hierbei festgewordenen
Aether zwischen Fliesspapier; man krystallisirt ihn endlich aus einer
Mischung von Alkohol und Aether um (Chancel, E. Kopp). Man
kann den Aether auch durch Auflösen von Nitrobenzojlchlorid in AI-
838 Benzoesäure.
kohol darstellen; beim Eindampfen erhält man schöne Erystalle (Ber-
tagnini). List und Limpricht stellten ihn durch allmaliges Eia-
tröpfeln von Benzoeäther in eine Mischung von 1 ThL Salpetersaore
und 2 Thln. Schwefelsäure dar;' der NitrobenzoSäther scheidet sich
beim Eingiessen der Lösung in kaltes Wasser ab.
Der NitrobenzoSäther krjstallisirt leicht in wasserhellen rhombi-
schen Säulen (ooP: oo P = 1220); er schmilzt bei 42oC. und siedet
bei 2980 C. (Chancel; bei 300^0., Mitscherlich). Er riecht nach
Erdbeeren und schmeckt frisch und etwas bitter. Er ist nicht in Was-
ser löslich, sehr leicht in Alkohol, besonders in warmem, sowie in
Aether.
Kochende Kalilauge zerlegt den Aether in NiirobenzoSsäore und
Alkohol; durch Ammoniak wird er in Nitrobenzamid verwandelt
Schwefelwasserstoff fahrt ihn in benzaminsaures Aethyloxyd über.
Nitrobenzoesaures Ammoniumoxyd. Das durch Sattigen der
Säure mit Ammoniakgas in der Kälte bereitete neutral^ Salz verlieft
beim Erwärmen leicht die Hälfte des Ammoniaks und verwandelt sich
in zweifach<-saures Salz, welches auch beim Verdunsten der Lösung voo
Nitrobenzoesäure in Ammoniak in weissen, etwas glänzenden Nadelo
erhalten wird. Durch anhaltendes Erhitzen und Schmelzen erhält man
daraus Nitrobenzamid (s. d. Art. Benzamid).
Nitrobenzoßsaurer Baryt, BaO,Ci4H4(N04)08 4- 4 aq^
wird beim Erkalten der warmgesättigten Lösung in schönen glanzendeo
Krystallen erhalten, die bei lOO^C. alles 'Wasser verlieren.
NitrobenzoSsaures Bleioxyd,'Pb O .C14H4 (N 04)03, erhsh
man durch Vermischen einer kochend gesättigten Lösung von Nitro-
benzoSsäure mit basisch essigsaurem Bleioxyd, bis der anfangs vried»
verschwindende Niederschlag bleibend zu werden anfängt; in der e^
kaltenden .Flüssigkeit bilden sich dann Rosetten, die sich rasch Termdi-
ren und sie zuletzt als weisse Masse ganz anfüllen. Beim Auswaschen
wird dieses Salz zersetzt und giebt ein Gemenge von basichen Salzen,
wie man es auch beim Vermischen von einfach -essigsaurem Bleioxyd
mit nitrobenzo^sanrem Kali erhält.
NitrobenzoSsaures Eisenoxyd, Fe2 O« . 3 C14 H4 (NO4) Ott,
wird durch Fällen von Eisenchlorid mit einer heissen Auflösung von
Nitrobenzoesäure als wasserfreies, fleischfarbenes, in Wasser unlösliche?
Pulver erhalten.
Nitrobenzoesaures Kadmiumoxyd: CdO.C|4H4(N04)0|'
-^ 4 aq. Glimmerartige, in heissem Weingeist nur sehr wenig lösliche.
Schuppen (Schiff).
Nitrobenzoesaures Kali, kleine nadeiförmige Krystalle oder
seifenartige Masse. Schmilzt beim Erhitzen unter Fuukensprfihen, in-
dem es sich in schwarze, sehr lange, wurmförmige Verzweigungen aas-
breitet.
NitrobenzoSsaurer Kalk, Ca O . C14 H4 (N O4) Oj -|- 2 aq.,
bildet kleine nadeiförmige, leicht lösliche Krystalle, die bei 130<> bis
180<>C. alles Krystallwasser verlieren.
Nitrobenzoesaures Kupferoxyd, Cu O . C14 H4 (NO4) Ca
~|- aq. Fällt beim Eintropfen von essigsaurem Kupferoxyd in eine
Lösung von Nitrobenzoesäure als blaues Pulver nieder; es verliert bei
1300C. Wasser und etwas Säure.
Benzoesäure. 839
NitrobenzoSsaures Manganozydal: MnO.Cx4H4(N 04)03
-f- 4 aq., farblose, in Wasser lösliche Krjstalle, die schon unter 100^ C.
^ Aeq., bei 130^0. abermals 2 Aeq. Wasser yerlieren.
NitrobenzoSsaures Methyioxyd, C2H8 O.C14H4 (N04)08,
^wird wie die Aethylverbindnng entweder durch Einleiten von Salzsäure
in eine heisse Lösung von Nitrobenzogsäure in Holzgeist (Chancel),
oder durch Auflösen von Nitrobenzoylchlorid in Holzgeist (Her-
ta gnini) erhalten. Beim Verdampfen der Lösung scheidet es sich in
kleinen, weissen, fast undurchsichtigen Kiystallen (Prismen des rhom-
bischen Systems ooP:a)P = 118o bis 1200) ab. Es ist in WaÄer
Dnlöslich , wenig löslich in Alkohol oder Aether, etwas mehr in Holz-
geist. Die Krystalle schmelzen bei 70<^C. und kochen bei 279^0.; sie
besitzen einen schwachen aromatischen Geruch und erfrischenden Gre-
schmack.
Nitrobenzoesaures Natron krystaUisirt nur schwierig; es ist
zerfliesslich.
Nitrobenzoesaures Silberoxyd: AgO .CuH4(N04)08. Die
neutrale Lösung der Säure in Ammoniak wird mit salpetersaurem
Silberoxyd gefallt und der Niederschlag aus kochendem Wasser um-
krystallisirt, wodurch es in perlglänzenden Blättchen erhalten wird.
Beim Erhitzen auf 250<) C in verschlossenen Gelassen explodirt es un-
ter Bildung von viel Nitrobenzol.
Nitrobenzoe8aurerStrontiÄn:SrO.CJi4H4(N04)08+2V2aq.(?).
Federförmige, büschelförmig vereinigte Nadeln; verlieren von 80* bis
1400 C. allmälig 9,52 Proc. Wasser.
Nitrobenzoesaures Zinkoxyd: ZnO.Ci4H4 (NO4) Os-f-Ö aq.
Durch Fällen des Ammoniaksalzes mit schwefelsaurem Zinkoxyd er-
hält man ein basisches Salz als gallertartigen Niederschlag. Aus der
abfiltrirten Lösung scheidet sich das neutrale Salz beim Verdampfen in
blättrigen KrystaUen ab, die bei HO^^C. 5 Aeq. Wasser' verlieren.
Binitrobenzoesäure.
D,initrobenzoe8äure,HO.Ci4H8N20u=HO.Ci4H3(N04)308,
von Cahours entdeckt. In eine warme Mischung von rauchefader
Salpetersäure und concentrirter Schwefelsäure trägt man geschmolzene
Benzoesäure in kleinen Stücken ein: sie lösen sich unter schwacher
• Gasentwickelung schnell auf. Nach* völliger Lösung erwärmt man noch
etwa 1 Stunde lang (6 Stunden nach Voit), bis die Flüssigkeit sich
zu trüben anfangt, worauf man sie abkühlt und mit Wasser vermischt
Es scheiden sich hierauf gelbliche Flocken ab, die mit Wasser gewa-
schen, zwischen Papier gepresst und zuletzt aus kochendem Weingeist
umkrystallisirt werden.
Die Binitrobenzoesäure scheidet sich beim Erkalten der weingei-
stigen Lösung in farblosen, spiegelnden Blättchen ab; beim freiwilligen
Verdunsten der kalten Lösung erhält man kurze, sehr glänzende Säu-
len. Sie schmilzt bei gelindem Erwärmen und lässt sich unzersetzt in
zarten Nadeln sublimiren. Li kaltem Wasser ist sie nur sehr wenig
löslich', mehr in kochendem, woraus beim Erkalten zarte Nskdeln sich
abscheiden. Alkohol und Aether löst sie, besonders in der Wärme
reichlich. Auch von concentrirter Salpetersäure wird sie beim Erwär-
^ men in grosser Menge gelöst; beim Erkalten scheiden sich harte glän-
840 Benzogsäure.
zende KrystaUe aas; auch conoentrirte SchwefelBäure löst ne beia
schwachen Erwärmen ohne Zersetzung-, die doch bei Bt&rkerem Er-
hitzen erfolgt. Die Säure bildet mit Kali, Natron und Ammoniak
lösliche, kiT'stallisirbare Salze, die man durch Sättigen der Saure mit
diesen Basen erhält; das Blei- und das Silbersalz sind wenig losliek
und lassen sich daher leicht durch doppelte Zersetzung darstellen.
Bioitrobenzoesaures Aethyloxyd, C4H5 0.C]4Ha(NO4)s0»,
entsteht schon beim Kochen der Säure mit Alkohol, aber nur albnalig,
und scheidet sich nach einiger Zeit als ein ölförmiger Körper ab, des-
seiv Menge auf Zusatz von Wasser noch zunimmt. Beim Erkalten er-
^ starrt dasselbe und wird hierauf mit Ammoniak, sodann mit Wast«
gewaschen und in kochendem Alkohol gelöst, woraus es beim Erkal-
ten in langen, zarten, sehr glänzenden Nadeln sich abscheidet, wel-
che einen schwachen Stich ins Gelbe Haben. Durch starke Kalilauge
wird es, besonders in der Wärme, in Alkohol und Binitrobenzoesaore
zerlegt.
Durch Digeriren mit alkoholischem Ammoniak verwandelt sieh
der Aether in Dinitrobenzamid (s. d. Art. Benzamid). Behao-
delt man den Aether in der Wärme mit Schwefelammonium. so sckei-
det sich Schwefel ab, und beim Verdunsten hinterbleibt eine krystal-
linische Masse.
BinitrobenzoSsaures Ammoniumoxyd, Nll4O.Ci4Hg(NO4)s0|,
krystallisirt in feinen Nadeln, welche trocken seidenglänzend sind. Es
ist, besonders in der Wärme, in Wasser leicht löslich.
Binitrobenzo68aurerBaryt,BaO.Ci4H3(N04)2 08(bei 100»C
'getrocknet [Voit]), bildet gelbliche Warzen.
Von den Verwandlungen der BinitrobenzoSsäure ist nur die dnrek
Reductionsmittel genauer untersuaht worden; es entsteht hierbei die
sogenannte
BiamidobenzoSsäure.
Formel: C14H8N2O4. Aehnlich wie die Nitrobenzoesänre verhik
sich die BinitrobenzoSsäure gegen WasserstoflTm statu nose^nli; indem in
ersterer 4 Aeq. SauerstoflT der Untersalpetersäure durch 2 Aeq. Wasse^
Stoff ersetzt werden, entsteht die sogenannte AmidobenzoSsanrc
(s.-Bd. 1, S. 1102); in der Binitrobenzo^säure werden zweimal 4 Aeq.
Sauerstoff durch zweimal 2 Aeq. Wasserstoff ersetzt [C14H4 . (N H})} Oilt
wodurch ein basischer Körper entsteht, der jedoch der Analogie zu-
folge BiamidobenzoSsäure genannt wurde.
Zur Verwandlung der BinitrobenzoSsäure in Biamidobenzoe-
säure bediente sich Voit des Schwefelammoniums, Boullet wandte
eine Mischung von Essigsäure und Eisen an. In die heisse ammo-
niakalische Lösung der BinitrobenzoSsäure leitet man anhaltend einen
Strom von Schwefelwasserstoffgas, filtrirt nach beendigter Einwirkung
vom ausgeschiedenen Schwefel ab und Übersättigt die im Wasserbada
eingeengte Lösung mit Salzsäure. Aus der heiss filtrirten Flüssigkeit
scheiden sich nach einiger Zeit Krystalle einer Verbindung von Salz-
säure mit Biamidobenzo§säure ab. Man verwandelt diese in Schwefel-
8,änre-BiamidobenzoSsäure und scheidet die Schwefelsäure durch koh-
lensauren Baryt ab. Die filtrirte farblose Lösung giebt beim Eindampfen
(anfangs im Wasserbade, später über Schwefelsäure) grünlich gefärbte,
kleine spiessige Krystalle von Biamidobenzo§säure ab. In Wasser ift
sie leicht löslich^und auch in Alkohol oder Aether löslich, zeigt weder
Benzoesäure. 841
Eteaction aafPflanzenfarben noch Geschmack; sie schmilzt und schwärzt
lieh bei 195^ C. und lässt sich nicht sublimiren.
In reinem Zustande ist sie sowohl wie ihre Verbindungen ohne
Sweifel farblos, doch scheint sie leicht veränderlich zu sein. Sie ver-
dnigt sich nicht mit Basen (so dass ihr der Name Säure nicht zu-
kommt), giebt aber mit Säuren bestimmte, meist krystallisirbare Salze,
p^elche 2 Aeq. Säure enthalten.
Essigsaure BiamidobenzoSsäure, durch doppelte Zersetzung
ron schwefelsaurer Biamidobenzoesäure mit essigsaurem Bar3rt in Lö-
iung erhalten, färbt sich beim Abdampfen braun und liefert zuletzt
bräunlich gefärbte, prismatische Erystalle.
Oxalsäure BiamidobenzoSsäure wird beim Verdunsten der
salzsauren Verbindung mit Oxalsäure in braunen Nadeln erhalten.
Salpetersaure Biamidob'enzoS säure durch doppelte Zer-
setzung der schwefelsauren Verbindung mit salpetersaurem Baryt er-
halten, schiesst in dunkel gefärbten Krystallen an.
Salzsäure BiamidobenzoSsäure: Ci4l{gN)04 . 2H€l. Die,
wie oben angegeben erhaltene noch unreine Verbindung wird in Was-
ser gelöst und mit concentrirter Salzsäure vermischt, wodurch die reine
Verbindung entweder sogleich krjstallinisch oder in Flocken, die bald
krystallinisch werden, gefallt wird. Es sind weisse Nadeln, die sehr
leicht in Wasser und auch in Alkohol oder Aether löslich sind. Die
Lösung scheidet an der Luft allmälig schwarze Flocken aus. Die
trockene Verbindung schmilzt beim Erhitzen und liefert ein Sublimat
von Salmiak. Platinchld'rid giebt in wässeriger Lösung keinen Nieder-
schlag, auch nicht auf Zusatz von Aetherweingeist ; beim Verdunsten
über Schwefelsäure scheiden sich braungeförbte Krusten ab, deren Pla-
tingehalt (24,8 Proc.) mit der Formel Ci4H8 NjO* . 2 HGl + PtGl,
übereinstimmt.
Schwefelsaure BiamidobenzoSsäure, Ci4fi8N204 . 2 80
. 2 SOs , wird durch Eindampfen der mit Schwefelsäure versetzten Lö-
sung der salzsauren Verbindung in bräunlichen Tafeln und Blättern er-
halten, die durch Umkrystallisiren aus Weingeist fast farblos werden.
Sie sind sehr leicht in Wasser, dtwas schwerer ip Weingeist löslich.
Die Verwandlungen der Biamidobenzoesäure sind nicht untersucht
worden ; durch Einleiten von salpetriger Säure in die Lösung derselben
erhielt Voit eine rothe, harzige Masse.
Nitrochlorbenzoesäure-
Formel: HO .Ci4H3€l (N 04)03. Diese durch gleichzeitige Sub-
stitution von 1 Aeq. Wasserstoff durch Chlor und 1 Aeq.. Wasserstoff
durch Unters'alpetersäure aus der Benzoesäure entstehende Säure wird,
nach Limpricht und Üslar, durch Behandlung von ChlorbenzoSsäure
mit rauchender Salpetersäure erhalten. Vermischt man die Lösung
nach einigen Stunden mit Wasser, so entsteht anfangs kein Niederschlag,
doch setzen sich- nach Verlauf einiger Tage wasserhelle Tafeln der Nitro-
chlorbenzoesäure ab. Sie schmelzen bei 118^0. und lösen sich leicht
in Weingeist oder Aether. In kochendem Wasser schmelzen sie, «und
lösen sich hierauf, ohne sich beim Erkalten wieder abzuscheiden.
Von den Salzen der Säure wurden untersucht:
842 Benzoesäure - Anhydrid
Nitrochlorbenzoesaurer Baajt: BaP.CuHjGlCNOJO, -|-
2 aq. Leicht lösliche, warzige Krystalle, die bei 100^ C. das KryvUll-
wasser verlieren. ^
NitrochlorbenzoSsaures Silberoxyd: AgO.Ci4H3€l(NO4)0s
-|- 2 aq. Aus der concentrirten Säurelosung fallt salpetersaores SOber
oxjd kleine glänzende, in Wasser ziemlich löslichö Bl&tftchen, die «icb
beim Kochen damit nicht schwärzen. A. S.
Benzoesäure -Anhydrid. Wasserfreie Benzoe-
säure, benzoe saure Benzoesäure i), Formel: C14H5OSY oder viel-
C -HO)
mehr CagHioOg = ^ H*0 P*' Entdeckt von Gerhardt
Es bildet sich bei der Eii)wirkung von Benzoylchlorid auf benzoe-
saure oder oxalsaure Alkalien, wobei in letzterem Falle die Oxal-
säure in Kohlensäure und Kohlenoxydgas zerfallt. Auch bei der B^
handlung von ' benzoesauren Alkalien mit Phosphoroxychlorid (Ger-
hardt) oder Phosphorperchlorid bildet sich wasserfreie Benzoesäure
(Wunder), sowie endlich bei der trockenen Destillation von Benzoe-
Essigsäure und ähnlichen Anhydriden (Gerhardt). Diese Bildong»-
weisen werden durch folgende Gleichungen erklärt:
. Ka^j4Hj^)j + ^_Ci4^^ +C28H10O6
Benzocs. Kali Benzoylchlorid
l£2.'33 4- 2 Ci4 »5 O, €1 = 2 K €1 + C28 »10 Oe + Cj 0,
Oxals. Kali + C, ^4
6(KQ.Ci4H5Q8) + P€l5 = 5K€l + 3.C,8Hio04 + KO.
BenzöSs. Kali ^ ^»
2(Ci4»5 03j-_C4H3Q3J = C,8 Hjo Og + Cg Hfi O,.
Benzoe-Essigsäure
Auch durch Einwirkung von Chlorschwefel, S CL, auf benzoSswire
Alkalien erhält man wasserfreie Benzoesäure (Heintz).
Zur Darstellung der wasserfreien Benzoesäure erhitzt man einG«-
menge gleicher Theile von trockenem benzoesaurem Natron und Ben-
zoylchlorid im Sandbade auf 130^ G., wobei sich anfangs die Ma9»e ia
eine klare Flüssigkeit verwandelt, woraus bei stärkerem Erhitzen sid
Chlornatrium abscheidet; Man lässt erkalten, behandelt mit kal-
tem Wasser dem etwas kohlensaures Natron zugesetzt ist, und löjt
den hierbei bleibenden weissen Rückstand in Aether auf, der beim frei-
willigen Verdunsten schöne Krystalle hinterlässt. Statt des BenzojK
chlorids kann man auch Phosphoroxychlorid anwenden, oder Gemengt
von beiden, welche man häufig bei der Darstellung des Benzoylchloridi
aus Benzoesäure als Nebenproduct erhält.
Phosphorperchlorid wirkt auf trockenes benzoesaures Natron heftig
ein und beide Stoffe schmelzen- zu einer syrupartigen Flüssigkeit zu-
sammen, welche man einige Zeit auf 130^ C. erwärmt. Die nach den
Erkalten erstarrte Masse wird wie oben angegeben behandelt. Nacii
Entfernung von Chlornatrium und unzersetztem benzoesauren NatroB
») Literatur: Gerhardt, Annal. de chim. et phys. [8.], T. XXXVIl, p.2^*i
Annal. d. (^h<rtn. u. Pharm Bd. LXXXIJ, S. 127; Bd. LXXXVII. 8. 168: Joohl
f. prakt. ehem. Bd. LXI, S. 280. — Wunder, Journ. f. prakt. Chem. Bd. LH
S. 498; — Heintz, Pogg. Annal. Bd. XCn,'S. 458.
Benzoesäure - Anhydrid. 843
mit kaltem Wasser kann man den Rückstand auch aus kochendem oder
lauwarmem Alkohol krystallisiren.
Grössere Mengen reinigt man am besten durch Destillation.
Die wasserfreie Benzoesäure bildet farblose, schief rhombische
Säulen, die bei 42<'G. schmelzen und bei 310^0. unzerset^ sieden.
Sie riecht eigenthümlich, oft an Bittermandelöl oder Benzoeäther er-
innernd. In kaltem Wasser ist sie unlöslich, in kochendem Wasser
schmilzt sie und wird sehr langsam in Benzoesäurehydrat verwandelt,
welches ^sich löst. Die unter Wasser geschmolzene Säure bleibt beim
Erkalten sehr lange flüssig, selbst beim Schütteln. In Alkohol und in
Aether Ut sie besonders in der Wärme leicht löslich. Die Lösungen
reagiren nicht sauer.
Kaustische Alkalien lösen die wasserfreie Benzoesäure leicht un-
ter Bildung von benzoesaurem Kali. Wässeriges Ammoniak wirkt in
der Kälte wenig ein, beim Kochen löst sich das Anhydrid leicht und
bildet Henzamid und benzoSsaures Ammoniumoxyd. Dieselbe Zer-
setzung tritt beim Einleiten von trockenem Ammoniakgas in geschmol-
zene wasserfreie Benzoesäure ein:
CmHjoOs + 2NH8 = Ci4H7NOa + NH^O.CuHjOa
Benzoesäure- ' Benzamid BenzoSsaures
Anhydrid Ammoniumoxyd.
Anilin wirkt in der Kälte ebenfalls nicht ein; beim gelinden Er-
wärmen erhält man eine homogene Flüssigkeit unter Abscheidung von
Wasser und beim Erkalten krystallisirt Phenylbenzamid (Benzanilid)
[Gerhardt). Man hat hier die Gleichung:
C28»joOe^+ 2C13H7N = 2C26HnN02 + 2H0
Benzoesäure- Anilin Phenylbenzamid.
Anhydrid
Beim Erhitzen von wasserfreier Benzoesäure mit trock^em amei-
sensaurem Natron sublimirt Benzoesäurehydrat , während Kohlenoxyd
entweicht. Man bemerkt hierbei jedoch einen deutlichen Geruch nach
Ameisensäure (Gerhardt).
Die Substitutionsproducte der Benzoesäure geben gleichfalls An-
bydiide, von welchen bis jetzt folgende untersucht sind :
NitrobenzoSsäure-Anhydrid, Wasserfreie NitrobenzoS-
läure. Entdeckt von Gerhardt Formel: Ci4H4(N04)08 oder viel-
nehr §*^(Nol)ol! ^' = C2«H«(N0«),0..
Die Darstellung der Säure gelingt leicht bei der Behandlung von
[8 Thln.) nitrobenzoesanrefn Natron mit (1 Thl.) Fkosphoroxychlorid.
Die Mischung derselben wird im Luftbade auf 150<^C. erhitz^ bis der
Seruch nach Nitrobenzoylchlorid verschwunden ist Beim Behandeln
les erkalteten Bückstandes mit kaltem Wasser hinterbleibt eine weisse
tfasse, die in kochendem Alkohol und Aether fast unlöslich ist, und
schwieriger als die NitrobenzoSsäure schmilzt Das Anhydrid ver-
Krandelt sich beim Waschen mit Wasser leicht in Nitrobenzoesäure.
Nitr ob en zb es äure-Benzoesäure- Anhydrid, Wasserfreie
Benzoesäure Nitrobenzoesäure. Entdeckt von Gerhardt Formel:
C H O )
3a8H9(N04)06 = ^ ^ .jj^) \n{ ^2* ^° erhält es durch gelin-
844 Benzoesäure - Anhydrid.
des Erw&rmen einer Mischung von 7 Thln. trockenem nifcrobenso£iiO>
rem Natron und 5 Thln. Benzoylchlorid. Die geschmolzene IfasM er
starrt beim Erknlten; man erwärmt sie mit etwas Wasser, um dal
Chlornatrium zu entfernen, wäscht mit kohlensaurem Natron ab obI
löst den Rückstand in kochendem Alkohol auf. Beim Erkalten scbeidA
sich das Anhydrid in Krystallen aus. Es ist beständiger als die tct
hergehende Verbindung.
Während in dem BenzoÖsäure-Anhydrid zwei gleichartige Atome n
Verbindung mit 2 Aeq. Sauerstoff enthalten sind, treten in dem I^tro-
benzoesäure-BenzuSsäure- Anhydrid zwei verschiedenartige Radieale aal
Da die Bildung letzterer Verbindung, sowie ihre Eigenschaften deoa
der beiden vorhergehenden Anhydride ganz entsprechen, so mösseo ivir
diesen drei Verbindungen analoge Formeln geben ^ bo dass man &-
stere beide nicht etwa durch Ci 4^503 und C]4H4(N04)03, letztere d»
gegen durch Ci4}{4(N04)08 -l- C14H5 Os darstellen darf, im Falle mai
durch chemische Formeln ausser der Zusammensetzung noch andere B»
Ziehungen ausdrücken will.
Aehnliche Anhydride mit - Benzoesäure , welche neben Bennyl
Radieale von anderen Säuren enthalten, kennt man in ziemlich grosa
Anzahl, und wir werden dieselben hier beschreiben. Diese Anhydrid
erhält man entweder durch Einwirkung von Benzoylchlorid auf dk
Alkalisalze anderer einbasischer Säuren, oder umgekehrt durch 6^
handlung benzoesaurer Alkalien mit Chloriden einbasischer Saa»
radieale. Sie sind meistens nicht flüchtig , sondern zerfallen beim &
hitzen in zwei einfache Anhydride; durch Wasser, oder schneller dnr^
Basen, werden sie in zwei von einander verschiedene Säuren zerlegt
Gerhardt^), sowie Chiozza^) und Malerba') haben folgeoll
zusammengesetzte Anhydride der BenzoSsäure dargestellt
Benzo^-Angelikasäure-Anhydrid s. Angelikasaure.
BenzoS-Valeriansäure-Anhydrid: C14H5O8 -f- CioB»^^
n*^r){^i (Chiozza). Die Einwirkung des Benzoylchlorids «■
valeriansaures Kali ist sehr heftig, so dass man kaum zu erhitid
braucht. Das Product wird mit einer verdünnten Lösung von kohkt'
saurem Natron gewaschen, und hierauf in alkoholfreiem Aether geloq
beim Verdunsten der Lösung im Wasserbade hinterbleibt ein durchsick
tiges, stark lichtbrechendes, neutral reagirendes Oel; es ist schweif
als Wasser, und gleicht im Geruch dem Valeriansäure- Anhydrid ; btfd
Erwärmen entwickelt es scharfe, angreifende Dämpfe. Bei 360*G
etwa zerlegt es sich in Benzoesäure-Anhydrid und Baldrian6äure-A»i
hydrid, doch muss man zur völligen Spaltung wiederholt destilliren. j
Benzoe- Cuminsäure -Anhydrid, CuSkOs -f- Cjo^iOi^
C14H5 aJQ^ (Chiozza und Malerba). Eine Mischung von 20TklJ
trockenem cuminsaurem Natron und 15 Thln. Benzoylchlorid erhiM
sich so, dass die ganze Masse flüssig wird ; man erwärmt so lange, m
der Geruch des Chlorids verschwunden ist, und erhält beim KikalM
eine fast farblose, syrupartige Masse. Man zieht mit Wasser, iod«
0 Aiinll. de Ghim. et de Phys., T. XXXVII, p. 286 ; knnal. d. Cbm> >•
Pharm., Bd. LXXXVII, S. 67. - •) Ann»l. de Chim. et de Phys. [81], T. XXXÄ
p. 210. — *) Azinal. d. Chem. u. Pharm., Bd. XCI, S. 102.
^4
Benzoesäure - Anhydrid. 845
Dan gelinde erwärmt, das Chlqrnatrium ans, wäscht noch mit verdünn-
en] kohlensanrem Natron und zieht den dickflüssigen Rückstand mit
alkoholfreiem Aether aus, der bein^ Verdunsten das Anhydrid zurück-
ässt.
Es ist ein dickflüssiges, fast farbloses und geruchloses Oel, welches
ich nicht ohne Zersetzung destilliren lässt. Speciflsches Gewicht 1,115
mi 23® C. Mit der Zeit nimmt es in Berübrung mit Feuchtigkeit eine
aare Reaction an. Durch wässeriges Ammoniak erhält man daraus
7nniinamid, nebst Benzamid uqd benzoSsaurem Ammoniumoxyd.
BenzoS-Essigsäure-Anhydrid: C14 H5 Og -|- C4 Hg Oa =
H O 1^^ (Gerhardt). Es bildet sich leicht beim Vermischen
'on Benzoylchlorid mit trockenem essigsaurem Natron, ohne dass man
;o erwärmen braucht. Das syrupartige Product wird mit einer ver-
lünnteu' Lösung von kohlensaurem Natron gewaschen und durch Auf-
&seD in alkoholfreiem Aether gereinigt. Es ist ein schweres neutrales
>el, von angenehmem Gerüche nach spanischem Wein. Kochendes
IVasser zerlegt es langsam in Essigsäure und Benzogsäure, kaustische
»der selbst kohlensaure Alkalien bewirken die Zersetzung schnell.
Es fängt bei 1500G. an zu kochen, und indem das Thermometer
■asch steigt, destillirt Essigsäure-Anhydrid über; unterbricht man die
[>estillation bei 280<>C., so erstarrt der gebräunte Bückstand beim Er-
halten zu Krystallen von BenzoSsäure-Anhydrid.
BenzoS-Myristinsäure-Anhydrid: C14 H5 Os --j- C28 Hj7 Og =
^^5* o^jo, (Chiozza und M*lerba). Man erhält es durch
^S **27 ^i)
Srhitzen gleicher Aequivalente von myristinsaurem Kali und Benzoylchlo-
id im Oelbade, bis der Geruch verschwunden ist Dnrpb Ausziehen
nit kochendem Aether erhält man es in Lösung, woraus es beim Ab-
kühlen und Verdunsten in glänzenden, vor dem Trocknen durchsichti-
gen Blftttchen erhalten wird. Es schmilzt bei 38<^G. und erstarrt wie-
1er bei 36« C.
BenzoS-Oenanthylsäure-Anhydrid: Ci4H508-f-Ci4Hi808 =
?*5* ^^1^2 (Chiozza und Malerba). Es wird leicht durch
Sinwirkung von Benzoylchlorid auf önanthylsaures Kali erhalten; es
ist ein farbloses Oel von 1,043 specif. Grewicht, das dem Oenanthyl-
Iftnre- Anhydrid im Geruch gleicht An der Luft scheidet es bald Kry-
italle von BenzoSsäurehydrat aus.
Benzoe-Pelargon8äure-Anhydrid:Ci4HB08 + Ci8Hi708 =
^S* 9,^1^2 (Chiozza). Es wird wie die vorhergehenden Ver-
t>indQngen dargestellt, und als ein schweres dem Pelargonsäure-Anhy-
irid ähnliches Oel erhalten. Etwas unter 0^ gesteht es zu einer bnt-
terartigen Masse. Beim Erhitzen entwickelt es scharfe Dämpfe und zer-
fallt in höherer Temperatur in Benzoesäure-Anhydrid und Pelargon-
säure-Anhydrid, die zum Theil weitere Zersetzungen erleiden.
g BenzoS-Salicylsäure: CuHjO» + CuHsOj =^* Jj qJJ O,
^ (Ci4H402y'i O4 (Gerhardt). Es wird durch Einwirkung von Ben-
H
846 Benzoesäure-Carbolsäure. — Benzoesäure Salzel
zoylcUorid auf salicylsaures Kali als eine zähe Masse erhalten, d»
sich nqr schwierig reinigen läsat und von kochendem Wasser schnell
in Salicylsäare und BenzoSsäore zerlegt wird« In Aether ist es los-
lich. Im Falle die Salicylsäure eine zweibasische Säure ist, die mck
wie die übrigen mehrbasichen Säuren verhält, so müsste das Prodnet
kein Anhydrid, sondern eine Doppelsäure, entsprechend der Benzo-
glycoUäure oder Benzomilchsäure sein. Bei der trockenes Destillatioo
liefert es Benzophenid (benzoesaures Phenyioxyd) sowie in Kalilauge
lösliche Producte.
Benzoe-Stearinsäure-Anhydri'd, CuHö^a -f- CaßHs^Ojrr
r\^^ Tj r\i02 (Chiozza und Malerba), wird wie das Benzoc-
Myristinsäure* Anhydrid dargestellt und bildet glänzende, bei 70^ C
schmelzende Blättchen.
Benzoe-Zimmtsäure-Anhydrid, C14H5OS ~f" Qs Ä7 Of =
n^ j^ r^l02 (Gerhardt), wird wie das BenzoS-Cuminsäure-Afr
Cjg »7 Uj ) ...
hydrid dargestellt, dem es auch ähnlich ist. Es bt ein dickes Oel toi
1,184 specif. Gewicht bei 23^ C, das an feuchter Luft allmälig saoer
wird. Bei der Destillation zersetzt es sich, indem ein nach Cinnanwl
riechendes Oel, das allmälig Krystalle von Benzoesäure- Anhydrid ab-
setzt, sowie ein saurer, in kohlensauren Alkalien löslicher Körper ube^.
gehen. A. S.
Benzoesäure-Carbolsäure s. Benzophenid.
Benzoesäure-Chloroform s. Benzoylchlorid. Za-
Setzung durch Phosphorchlorid.
Benzoesalpetersäure s. Nitrobenzoesäure nsur
Benzoesäure, Abkömmlinge.
Benzoesäure Salze*). Die Benzoesäure bildet mit
Basen meist neutrale Salze, doch kennt man auch einige saure
basische Salze. Erstere sind grösstentheils krystallisirbar, in Was
und in Alkohol löslich. Fast alle Säuren scheiden aus ihnen die
zoesäure ab; in alkoholischer Lösung wird das benzoesaure Kali sei
durch Kohlensäure zerlegt, indem kohlensaures Kali niederfällt. Jhl
stellt die Salze durch Sättigen der Säure mit den ffeien Basen od
den kohlensauren Salzen dar, wobei die Kohlensäure ausgetrieben wir!
Einige werden besser durch doppelte Zersetzung bereitet.
Bei der trockenen Destillation geben die benzoesauren Alkali«C
; AniiftL M
^) Literatur: Befzelius, Poggend. Annsl Bd. XXVI, S. 480
Chera. u. Pharm Bd. Ill, S. 282. — Plan tarn our, Annal. d. Chem.
Bd. XXX, S. 349. — Mitscherltch, Joum. f. prakt. Cbem. Bd. XXII,
— Dumas n. Bon Uay, Annal de. Chem. et de Phys. [2.] T. XXXVm, p. H.
— Dumas u. P^ligot, Annal. de Chim. et de Phys, [2.] T. LVIU, p. 60. — Ma*
l'aguti, Annal. de Chim. et de Phys. [2.] T. LXX, p. 374. — Deville, eboij
[8.J T. TU, p. 188; Joum. f. prakt. Chem. Bd. XXV, S. 358. — Gerhardt, AnnaL *
Chim. et de Phys. [3.] T. XXXVH, p. 812 — Wöhlcr u. Liebig, Annal^
Chem. n. Pharm. Bd. III» S. 274. ^ Hoberg, AnnaL d. Chem. n. PI
Bd. LXVm, S. 307. — Muspratt u. Hofmann, Annal. d. Chem. u. PI
Bd.LIV, S.U.— Schiff, ebcnd. Bd. CIV, S. 326. - Harff, Brandes' Archiv BAT,
S. 285. — Maricrhac, Anhal, des mines [5.] T. XII, p. 1; Jahreaber. ▼. Kopf
u. Will f. 1857, S. 882. '
Benzoesäure Salze. 847
jid Erdalkalien Benzol, Benzon (Benzopbenon) und dem ^aphtaliu
iomere feste Kohlenwasserstoffe ; die Salze mit leicht redacirbaren Metall-
faden geben femer Benzophenid (benzoesaures Fhenyloayd). £r-
Itzt man ein Gemenge von benzoesaurem und ameisensanrem Kalk,
D erhält man Bittermandelöl (Piria).
Mit Phosphoroxjchlorid zusammengebracht, geben die ben-
oSsauren Alkalien Benzoylchlorid und phosphorsaure Salze :
PO.i€l, + 3(KO.Ci4H508) = 3KO.PO5 + 3C,4H5 0,Q.
Das Benzoylchlorid selbst verwandelt sich mit benzoSsauren Al-
ftlien in alkalisches Chlormetall und wasserfreie Benzoesäure (Ben-
>€8äiire - Anhydrid) :
KOJDuHftOa + Q^^l^^O^QA = K€l + ^^u^^
Benzoesaures Kali Benzoylchlorid Benzoesäure-
Anhydrid.
Auch durch Behandlung von benzoesauren Alkalien mit Phos-
horperchlorid kann man entweder Benzoylchlorid oder Benzoesäure-
Luhydrid erhalten, letzteres im Falle 6 Aeq., ersteres wenn 3 Aeq.
enzoesaures Salz auf 1 Aßq. Phosphorperchlorid angewandt werden,
[an hat nämlich:
S(KO.Ci4H5 03) + P€l6 = 3C14H5O2GI + 2KG1 + KO.PO«.
Schwefelchlorid, S€l, hat eine ähnliche Wirkung; man erhält
lerst (neben Chlorkalium, schwefelsaurem Kali uiyl Schwefel) Ben-
3ylchlorid und hieraus, wenn noch mehr benzoesaures Salz vorhanden
^t, Benzogsäure -Anhydrid. Man hat die Zersetzungsgleichung:
(KO.Ci4Hß03) + 3SGl = K€l + KO.S08+2S + 2CH)i602Gl.
Benzoesaures Aethyloxyd, Benzoeäther: CigHio04 oder
4060.(3,4115 08 = ^*c*Hi^2- Von Scheele entdeckt. Die
^zoesäure verwandelt sich iü Berührung mit Alkohol nicht leicht
i Benzogäther und man kann eine Mischung beider wochenlang in
Br Wärme stehen lassen, ohne dass sich Aether bildet (Lieb ig).
Irhitzt man Benzoesäure aber mit Alkohol in verschlossenen Gelassen
tf 100^ C. so entsteht eine bedeutende Menge von Benzoeäther.
jBch beim £rhitzen von Benzoesäure mit Aethyläther auf 360^ C. bil-
Bt sich BenzoSäther. Viel leichter bildet sich der Benzoeäther beim
»linden Erwärmen von Benzoesäure - Anhydrid mit Alkohol, oder
enn man der Mischung von Benzoesäurehydrat und Alkohol eine
leine Menge einer stärkeren Säure (Salzsäure, Schwefelsäure) zu-
ttzt. Benzoylchlorid verwandelt sich mit Alkohol leicht in Benzoe-
iher und Salzsäure. Die Angaben, dass bei der trockenen Destüla-
tm von Tolubalsam (Deville) und von BenzoSharz (Cahours)
enzoeäther sich bilden soll, bedürfen noch bestimmterer Beweise.
Zur Darstellung von Benzoeäther destilHrt man von einem Ge-
ienge von 4 Thln. Weingeist, 2 Thln. Benzoesäure und 1 Thi. rau-
Ikender Salzsäure zwei Drittel über. Das Destillat giesst man wie-
V zurück in die Betorte und destill irt abermals ; es geht hierbei wenig
4pBr über, sondern die Hauptmenge bleibt im Bückstande und lässt
Ah durch Zusatz von Wasser ausfällen.
Man kann auch 3 Thle. Benzoesäure in 2 Thln. 85procentigem
Jkohol kochend lösen, die Mischung mit Salzsäuregas sättigen und
848 Benzeesaure Salze.
nach längerem Erhitzen durch Zusatz von Wasser den BenzoSäther ab-
scheiden.
Der durch Wasser abgeschiedene BenzoSäther enth< 'at^s freie
Benzoesäure beigemengt; zur Reinigung wird er mit einer Lösung toi
kohlensaurem Natron geschüttelt, mit Wasser wiederholt gewadchot
und über Bleioxyd rectificirt.
Der Benzoeäther ist eine farblose Flüssigkeit von angcfkiehroeia,
ätherischem Geruch und stechendem Geschmack. Das specif. G«wieto
beträgt 1,0556 bei 10o,5 G. (Kopp); er siedet bei 2120,9 (Kopp bd
745,5"*" Bar.); seine Dampfdichte beträgt 5,406 (Dumas und Bool-
lay). Er ist in Wasser nur sehr wenig löslich, in jedem Verbältni»
mit Alkohol und Aether mischbar.
Der BenzoSäther wird durch Kalilauge nur sehr langsam in Ben-
zoesäure und Alkohol Übergeführt; erhitztes Kalihydrat oder beisa
Kali- Kalk verwandelt ihn unter Wasserstoffentwickelung (Dumas on^
Stass) in Benzogsäure und Essigsäure, welche beide mit dem KsE
sich verbinden. Durch Ammoniak wird er bei gewöhnlicher Tempe-
ratur sehr langsam, beim Erhitzen auf lOO^C. ziemlich rasch in Beoz-
amid verwandelt
Chlorgas wirkt erst in einej* Temperatur von 60^ bis 70^ C. sä
BenzoSäther ein; es entweichen Salzsäure und Aethylchlorür, und ^
Rückstand bildet- eine dicke an der Luft rauchende Masse, welche hm
Erwärmen auf ISlO^C. ein farbloses, schwach rauchendes Destillat voi
erstickendem Geruch liefert, während der Bückstand sich acfawifli
und bei stärkerem Erhitzen Benzoylchlorid Obergehon lässt. Die b«
1880 C. übergehende Flüssigkeit besitzt eine der Formel Gig fig Gl, O^ eal*
sprechende Zusammensetzung, wonach sie als Verbindung von Bci>
zojlchlorid und zweifach -gechlortem Aethyloxjd (Acetyloxybichkmi]
C4H8 612 0, betrachtet werden kann (Malaguti).
Destillirt man BenzoSäther Über geschmolzenes Zinkchlorid, m
entweicht Aethylchlorür, und es bildet sich benzoSsaures Zinkoxyd, wel-
ches seinerseits in höherer Temperatur Benzoesäure und Benzol liefefT
CisHioOi + Zn€l = Si^S^ + Zn0J[^4H5O,
BenzoSäther Aethylchlorür benzoesaures Ziokoxyd.
Durch Salpetersäure (E. Kopp) oder durch ein Gemiach vm
Salpetersäure und Schwefelsäure (Limj) rieht und List) wird er i
Nitrobenzoeäther verwandelt.
Phosphorchlorid wirkt nicht auf Benzoäather ein (Cahoars).
Innerlich genommen wirkt der Benzoeäther berauschend und ii
Harn ündet sich später Hippursäure (Wo hl er und Frerichs).
BenzoSsaures Ammoniumoxyd, a. neutrales Balz. Es lasi
sich durch Auflösen von Benzoesäure in warmer concentrirter Ammoniak*
flüssigkeit und Erkalten der Lösung, oder durch Abdampfai ein«
verdünnteren Lösung unter zeitweisem Zusatz von Ammoniak darstel'
len, krystallisirt rhombisch, in tafelförmigen Combinatiouen OP.P.
00 P 00 . F 00 (Marignac). Es ist in Wasser und Weingeist leicht B»'
lieh, in letzterem doch schwieriger als das Kalisalz (Berzelias). Ma
der Luft oder beim Eindampfen der Lösung verliert es Ammoniak^
b. Saures Salz. Beim freiwilligen Verdunsten der Losung desef^
sten Salzes schiesst es in grossen unregelmässigen Krystallen an. Es vA
in Wasser und Alkohol weniger löslich als das saure Salz.
Benzoesäure Salze. 849
Destillirt man das trockene Salz wiederholt unter Zusatz von Am-
moniak för sicIl, 80 verwandelt es sich grosstentheila in BenzonitriL
NH4Q.CHH5O» = CuHfiN + 4HO.
BenzoSsaures Ammoniak Benzonitril
Diese Verwandlung findet vollständiger statt, wenn man wasser-
freie Phosphorsäure beimengt Leitet man die Dämpfe von benzoS-
saarem Ammoniak über dunkelrothglühenden Baryt, so erhält man, nach
Laurent und Chancel, Benzonitril und einen krjstallinischen Körper,
nach Gerhardt dagegen Benzol und «inen dem Naphtalin isomeren
festen Kohlenwasserstoff.
BenzoSsaures Amyloxyd, Amylbenzo8äther, CiqHjjiO.
Ci4H5 0a, bildet sich, nach Rieckher, bei der Destillation von benzo^-
saurem Kali oder Benzoesäure mit einer Mischung von 1 Thl. Amyl-
ozydhydrat und 2 Thln. Schwefelsäure. Es ist eine schwach gelb-
lich gefärbte Flüssigkeit von eigenthfimlichem Geruch, die bei 260^,7
(Kopp bei 745,6"'*' Bar.) siedet Specif. Gewicht 0,9925 bei 140,4
(Kopp). Durch alkoholische Kalilauge wird es leicht zersetzt.
BenzoSsaurer Baryt, BaO.Ci4H509 -|- 2aq., zarte luftbe-
st&ndige Nadeln (Trommsdorff) oder grosse Tafeln, die bei 100® C.
undurchsichtig werden (Plantamoar) und bei 110^ G, 2 Aeq. Wasser
verlieren (Limpricht).
BenzoSsaures Bleiozyd, Pb O . (3i4 ft^ 0« -f- aq., wird durch
Fällen von benzoSsaurem Kali mit essigsaurem Bleioxyd als leichtes
krystallinisches Pulver erhalten ; schmilzt wenig Ober 100® C- und ver-
liert 1 Aeq. Wasser (Berzelius). Digerirt man dasselbe mit Blei-
essig, so verwandelt es sich in ein schweres, körniges Pulver, eine Yer-
bindung von basisch - benzoSsaurem und essigsaurem Bleioxyd von der
Formel 2PbO.C,4H5 03 + 2(3PbO.C4Hs08) (Varrentrapp).
Digerirt man das neutrale Salz mit Ammoniak, oder fcLllt man
benzoSsaures Ammoniak mit Bleiessig, so erhält man ein basisches
Salz, 3PbO.Ci4H0O, <Berzelius).
BenzoSsaures Eisenoxydul, FeO.Ci4S(03, krystallisirt in
Nadeln, die an der Luft verwittern und sich gelb färben. Es ist lös-
lich in Wasser und in Weingeist (Berzelius).
BenzoSsaures Eisenoxyd, neutrales, krystallisirt aus der
Auflösung des Eisenoxyds in wässeriger Benzoesäure in gelben Nadeln,
welche von Wasser oder Weingeist in ein basisches Salz zersetet
werden.
Vermischt man eine Lösung von Eisenoxyd mit soviel Alkali, dass
sie gelb wird, so entsteht darin auf Zusatz von benzoesaurem Alkall
ein röthlich gelber Niederschlag, welcher beim Waschen mit Wasser
in ein lösliclies Salz und ein ungelöst zurückbbibendes eisenoxyd-
reicheres Salz zerlegt wird.
Yjersetzt man eine Lösung von Eisenchlorid mit soviel Ammoniak,
dass sie dunkelroth wird, und fQgt hierauf benzoSsaures Alkali zu, so
entsteht ein voluminöser fleischfarbiger Niederschlag, welcher durch
kaltes Walser nicht verändert wird. Er enthält 25 Proc. Eisenoxyd
lA&hezu entsprechend der Formel 2 Fcs Os • 3 Ci4{l5 Og -|- 15 aq.
(Berzelius).
BenzoSsaures Kadmiumoxyd: CdO.Ci4H5 08-|-2aq. Durch
Auflösen von kohlensaurem Kadmiumoxyd in wässeriger BenzoSsäure
H«ndwftrt«rbach der Chemie. 2te AniS. Bd. TT. 54
85^0 Benzoesäure Salze.
und Verdampfen erhält man kugelige Aggregate von glänzenden oadel-
förmigen Krystallen. Leicht in warmem Wasser, wenig in Weingeist
löslich (SchifO.
BenzoSsanres Kali, a. neutrales Salz, krjstalUsirt schwierig
aus Wasser, leichter aus der heissen weingeistigen Liösung in büschelför-
mig vereinigten Nadeln oder in Blättern, wahrscheinlich dem Ammoniak-
salz isomorph. Die Lösung efflorescirt leicht. Es schmeckt scharf, et-
was brennend und verliert bei 100^ C. 1 Aeq. Wasser.
b. Saures Salz, KO.ChHsO, +C14H6O4, bleibt bei der Be-
handlung von essigsaurem Kali mit Benzojlchlorid in der Warme im
Rückstande und krystallisirt nach dem Waschen mit kaltem Wassei;,
Trocknen des Ungelösten und Auflösen in viel kochendem Alkohol
beim Erkalten in farblosen, perlmutterglänzenden Blättchen. Es ut
in kaltem Wasser sehr wenig löslich (Gerhardt).
Benzoesaurer Kalk, CaO.Ci4H5 0s -|~ 2 aq., krystallisirt bald
in fadenförmig und büschelförmig vereinigten Nadeln, bald in Körnen
(Berzelius). Die Nadeln sind, nach Schabus, wahrscheinlich rhom-
bisch, (ao P : 00 P 00 = 1220 5'; P 00 : 00 P 00 = IO60 26'). Das Sali
löst sich in 29 Thln. kaltem Wasser. Beim Erhitzen schmilzt es und
liefert Benzol, Benzon (Benzophenon), Naphtalin oder ähnliche Kohlen-
wasserstoffe und kohlensauren Kalk (P^ligot, Chance 1).
Benzoesaures Kupferoxjd: CuO .C14H5 Oji. Beim Ver-
mischen von schwefelsaurem Kupferoxyd mit benzoesaurem Kali in
heisser Lösung fallt das Salz als ein lockeres Haufwerk blaagruef
Nadeln nieder (E t tl i n g). Es löst sich beim Erwärmen in verdünnter
Essigsäure und krystallisirt daraus in kleinen grünen Nadeln. Es ent-
hält kein Wasser und ist in Weingeist unlöslich. Beim Erhitzen üb&
freiem Feuer liefert es Benzol, Beiizoesänre, benzoSsaures Phenyloxjd
(Benzophenid s. d. Art) und ein bei 260^ C. siedendes Oel, welche»
beim Erhitzen mit Schwefelsäure in Phenylhydrat und einen fesleo
Kohlenwasserstoff (CX0H4) zerfällt. Der Rückstand in der Retorte
enthält saUcylsaures Kupferoxyd und metallisches Kupfer.
Benzoesäure Magnesia: Mg O . C14 H5 Os- Federformige, is
Wasser leicht lösliche Krystalle, die an der Luft verwittern.
Benzoesaures Manganoxydul, MnO.Ci4ft5 08. Wasserhelk
luftbeständige Nadeln, die sich in der Kalte in 20 Thln. Wasser löseo,
leichter in der Wärme, schwer in Weingeist.
Benzoesaures Methyloxyd: C2 Hs O . C14 H5 O^. Es sdll, nach
Scharling, bei der trockenen Destillation des Tolubalsams erhalten
werden. Man stellt es durch Destillation von 2 Thln. Benzoesäure
mit 1 Thl. Methyloxydhydrat und 2 Thln. concentrirter Schwefelsäure
dar. Den Bückstand übergiesst man zweckmässig nochmals mit etwas
Holzgeist und destillirt von Neuem. Aus dem vereinigten Destillate
verdunstet man durch Erwärmen in offenen Gefassen den Hol^ei^
trocknet den zurückbleibenden Aether über Chlorcalcium und rectifidrt
ihn über Bleioxyd, wobei man das über 198^ C. Uebergehende für
sich auffängt« Man kann ihn auch durch Destillation von schwefel-
saurem Methyloxyd mit benzoSsaurem Kali darstellen.
Es ist eine farblose, ölartige Flüssigkeit von angenehmem Gemek
in Wasser unlöslich, mit Alkohol oder Ae^er mischbar. Es siedet
bei 198«,5 C. (bei 761 -»Barometer) oder 1990,2 C. (Kopp bei 7i6,4""
BarO '^pecif. Gewicht 1,10 bei IZ^C. (Dumas und Peligot) oder
Benzoeschwefelsäure. , 851
1,0876 bei 16o,8C. (Kopp). Seine Dampfdichte wurde zu 4,717 ge-
linden.
LäSAt man die Dämpfe desselben über glühenden Kalk streichen,
o erhält man anter anderen Produoten Benxol.
Der Aether absorbirt Clüorgas; beim Erwärmen entweicht Salz-
änre, Methjlchlorör , später kommt Benzojlchlorid. Der. geflLrbte
lückstand enthält Benzoesäure und wahrscheinlich gechlortes benzoS*
aures- Methyloxjd (Malaguti).
Benzoesaures Natron: NaO.Ci4H508 -|- xaq. Spiessförmige
Crystalle, die an der Luft verwittern und in Weingeist wenig löslich
ind.
BenzoSsaures Quecksilberoxjd: HgO.Ci4H508 -f- aq.
Weisser, aus feinen Nadeln bestehender Niederschlag (aus Sublimat*
5sang mit benzoisauren AljjLalien erhalten), der nicht in kaltem, ziem-
ich reichlich in heissem Wasser löblich ist. Weingeist und Aether
erlegen das Salz zum Theil unter Zurücklassung eines basischen Salzes,
irelches auch durch Kochen von Benzoesäure mit Wasser und Queck*
•flberoxyd erhalten wird. Behandelt man das neutrale Salz mit Ammo*
liak, so verwandelt es sich in ein weisses Pulver, welches in Wasser
inloslich ist und mit Kali unter Entwickelung von Ammoniak sich
(elb färbt. Es enthält 70 Proc. Quecksilberoxyd (HarfQ; die For-
Del 3HgO.C!i4fi6 08 + ^H, verlangt 71 Proc. Queoksüberoxyd.
Benzoesaures Quecksilberoxydul, Hgs O . C14 Hs Os^ fällt
>eim Vermischen von Quecksiiberöxydulsalzen mit benzoSsauren Al-
udien oder freier Benzoesäure als ein krystallinischer, voluminöser
l^iederschlag. Es ist in kaltem Wasser unlöslich und wird beim Kochen
lamit unter Abscheidung von metallischem Quecksilber zersetzt. Am
Lichte färbt es sich gelb. Durch Ammoniak wird es in ein schwarzes
Pulver verwandelt, welches 80 Proc. Quecksilberoxydul enthält (Harff).
[)er Formel 3 HggO. €148508 -f" ^K« enUprechen 80,2 ProcQueck-
lilberoxydul.
Benzoesaures Silberoxyd: AgO.C]4H5 03. Durch Wechsel-
leitige Zersetzung von salpetersaurem Silberoxyd und benzoesauren
ykalien erhält man es in Gestalt eines dicken, weissen Niederschlags,
ier sich in viel kochendem Wasser löst und beim Erkalten in langen,
glänzenden Krystallblättchen wieder abscheidet Beim Erhitzen schmilzt
)r unter Aufblähen und hinterlässt sehr weisses metallisches Silber.
£r löst sich bei20oC. in 1,96 Thln. absolutem Alkohol (Mitseherlich).
Die Salze der Benzoesäure mit Nickeloxydul, Kobaltoxydul
md Zinkoxyd sind krystallisirbar, in Wasser und Weingeist löslich,
las mit Lithion unkrystallisirbar , sehr leicht löslich; die Salze mit
fVismnthoxyd, Zinnoxyd und Zinnoxydul, Zirkonerde, Ytter-
irde, Thonerde, Ceroxydul sind weisse in Wasser wenig lösliche
{Niederschläge. Das Thonerdesalz ist krystallinisch, in Wasser ziemlich
eicht löslich. ( Wr.) A. S.
Benzoeschwefelsäure^) Sulfobenzoesäure, Benzoe-
<) Literatar: Mitseherlich, Pogg. Anna). Bd. XXXI, S. 287. Fehling,
Inut. d. Chem. n. Pharm. Bd. XXVII, S. 822. Limprieht a. Uslar, Annal.
l. Chem. n. Pharm. Bd. CII, S. 239 u. Bd. CVI, S. 27; Jonm. f. prakt. Chem.
Id. LXXI, S. 422; Chem. Centralbl. 1867, S. 488. Keferstein, Aanal. d. Chem.
L Pharm. Bd. CVI, S. 886.
64*
852 Benzoeschwefelsäure.
uuterschwefelB&are, Äcide sul/obenzpique. Formel der freien Slnre
wahrscheinlich: 2HO.C14H4O8 .2S08; von Mitscherlich(1834)eiit.
deckt Leitet man die Dämpfe von wasserfreier Seh wefebänre zu Benzoe-
säure, 80 eixtsteht unter Wärmeent Wickelung eine zähe durchsichtige MasK;
dieselbe entsteht auch beim Vermischen von wasserfreier Schwefelsäure
mit 2 Thln. trockener Benzoesäure. Die Masse wird mit Wasser behan-
delt, worin Sulfobeozoesäure und Schwefelsäure sich lo8en, während
überschüssige Benzoesäure hinterbleibt. Man .sättigt die Losung mh
kohlensaurem Baryt, engt die vom schwefelsauren Baryt filtrirte Losong
ein, und vermischt sie noch warm mit soviel Salzsäure, dass die H&lfte
des gelösten Baryts sich damit vereinigen kann. Beim Erkalten schei-
det sich saurer sulfobenzoSsaurer Baryt in Krystallen ab, die darck
Umkrystallisiren leicht zu reinigen sind. Um die SulfobenzoSsaiire föi
sich darzustellen, fallt man aus der Lösung, des Salzes den Baryt dorel
Schwefelsäure genau aus, und dampft die filtrirte Lösung so weit ab
dass sie zuletzt, olme zu sieden, eine Temperatur von 150^0. anninnnt
Beim Erkalten erstarrt sie krystallinisch, zerfliesst jedoch in feuchte
Luft und krystallisirt wieder in trockener Luft. Aus Chlorbarimn fili
sie sauren sulfobenzoSsauren Baryt; durch Kochen mit Salpetersäo*
wird sie nicht zersetzt.
Die SulfobenzoSsäure enthält die Elemente von Benzoesäure nB<
wasserfreier Schwefelsäure, so dass ihre Entstehung sich sehr ein&d
erklärt, aber während die Benzoesäure nur 1 Aeq. basisches WasM
enthält, sind in der Sulfobenzoesäure 2 Aeq. durch Metalloxyde vertreC
bares Wasser enthalten, so dass letztere nicht mehr das Radical Benzof
enthalten kann. Man hat sehr verschiedene rationelle Formeln für di«i
Säure vorgeschlagen, um die Beziehungen der Säure zu ihren Comp»
nenten darzustellen. Fe h 1 ing 'betrachtete die Säure als aus ünterschvt'
feisäure, SsO^ und C14H4O8, in gepaarter Verbindung, bestehend; Ber
zelius nimmtCi4ll4 0.2 mit 2 SO^ gepaart darin an; naeh Limprieki
und Uslar lässt sich die Constitution der Säure durch das Schem
M4 4 \P2 4J 8 1 Q^ versinnlichen, man könnte in ihr endlich die Ba^
cale SO3 undCi4K4(S02)02 annehmen, worin letzteres als ein snbtf
tuirtes Benzöyl anzusehen wäre. Die Formel der Säure wäre hiemsd^'
2 Äoi^^aO _ S02.CuH4(SO,)OJ^
Die Verwandlungen der Sulfobenzoesäure sind hauptsad*
lieh von Limpricht und Uslar untersucht worden; durch Kochtf
mit Säuren oder Alkalien erleidet sie keine Veränderungen; beio
Schmelzen mit Kalihydrat geht der Schwefel theils in Schwefelsaiir«
theils in schweißige Säure Über.
Durch eine Mischung von 2 Thln. concentrirter Schwefelsäurs os^
1 Thl. Salpetersäure wird die Sulfobenzoesäure in Nitrosalfoben-
zoSsäure verwandelt.
Nitrobenzoeschwefelsäure , Nitrosulfobenzoesänre:
Ci4H5(N04)S,Oio=2HO.Ci4(H5N04)0,.S,0« od. Ci4H8(N04)S,gjo^
(Limpricht und Uslar), Man trägt Benzoeschwefelsäure (oder aoe^
Sulfobenzaminsäure) in die kalte Salpeterschwefelsäure, lässt einige ZaA
stehen, verdünnt mit Wasser^ neutralisirt mit kohlensaurem Baryt m^
Benzoeschwefelsäure. 853
erhält beim Eindampfen erst Krystalle von Balpetersaureni Baryt, sp&ter
len nitro8ulfobenzoS3auren Barjt in gelben Warzen* Durch Ausfallen
le3 BarjU mit Schwefelsäure und starkes Einengen der Lösung erhält
nan die Säure nach einiger Zeit in gut ausgebildeten Erystallen.
Nitrobenzoeschwefelsaurer Baryt a) netttraler,j2BaO.
3,4(»3Na4)Oa.S3 0e + 6aq., oder ^"**»^^^*^^|2^j04 + 6aq.oder
-|- 3aq., wird in warzenförmigen, meist gelblich ge&rbten ErystaU*
Krnsen erhalten, und ist leicht loslich.
b) Saurer: BaO . HO . Ci4(«3N04)0,.S,O6 + 4 aq^ oder
»ni »V *j| B*(Ö4 4" ^a<l« Kleine wasserhelle, concentrisch ver-
KÜugte, prismatische Krystalle.
Nitrobenzogschwefelsaures Silberozyd, durch Kochen der
>äare mit Silberoxyd dargestellt, krystallisirt in kleinen Warzen, ist
eicht löslich in Wasser, nicht in Weingeist.
Durch Beduction erhält man aus der vorhergehenden Säure die
Amidosulfobenzoesäure : Ci4H5(NH2)SaOio (Limpricht und.
[Jslar).- Digerirt man NitrosulfobenzoSsäure anhaltend mit was-
lerigem Schwefelammonium , dampft hierauf ein , 6bersättigt mit Salz-
ifture und filtrirt, so scheidet sich die Amidosulfobenzoesäure beim
Stehen in Krystallen ab. Es sind concentrisch' vereinigte weisse
N^adeln, leicht in heissem Wasser, weniger in Weingeist, kaum in
iether löslich, von saurer Reaction. Sie verkohlen beim Erhitzen, ohne
rorher zu schmelzen. In Ammoniak löst die Säure sich leicht; die LÖ-
(ung giebt mit salpetersaurem Silberoxyd einen weissen, beim Kochen
lieh schwärzenden Niederschlag. Die Amidosulfobenzoesäure vereinigt
lieh, wie es scheint, nicht mit Säuren, wenigstens nicht mit Salzsäure.
Darch Phosphorperchlorid erleidet die BenzoSschwefelsäure
rerschiedene Verwandlungen. Wendet man hierbei auf 1 At. Sulfo-
benzoisänre 2 At Phosphorperchlorid an, so erhält man, wie gewöhn-
lieh, Sulfobenzoylchlorid nach der Gleichung: '
C14H6S9O10 + 2Pei5 = CnH^SsOeGl« + 2PGI8O2 + 2H€l.
Sulfobenzo^säure Sulfobenzoylchlorid
Nimmt man dagegen nur halb soviel Phosphorperchlorid, so erhält
Dan eine von dem Salfobenzoylchlorid verschiedene Verbindung,
welche man ihrer Zusammensetzung zufolge Chlorwasserstoff-
3tilfobenzoSsäure nennen könnte, man hat in letzterem Falle die
Grleichung:
Cj4HjSjOio + P€l5 = ^uHb^OsGI + PGlaO, + H6I.
SulfobenzoSsäure ChlorwasserstoflT-SulfobenzoSsäure
Wir werden nun diese beiden Prodncte näher beschreiben.
Sulfobenzoylchlorid: Ci4H4S2 0eGl, =^*^*^^°'|^*|€v
srhält man, nach Limpricht und üslar, durch Vermischen von 1 Tbl.
bei 1000 c. getrockneter Sulfobenzoösäure mit 2 Thln. Phosphorper^
cUorid, wobei in der Kälte keine Einwirkung bemerkt wird, bei geling
dem Erwärmen aber eine sehr heftig werdende Reaction stattfindet.
Nachdem durch Erhitzen auf 1700 C. das meiste Phosphoroxychlorid
abdesüllirt ist, vermischt man den Rückstand mit Wasser, wodurch der
854 Benzoeschwefelsäure.
Rest des Phosphoroxjchlorids zerstört wird, nnd trocknet das snro^-
bleibende Snlfobenzojlchlorid mit Fliesspapier.
Der so dargestellte Körper ist eine gelbbraun geiarbte, dickflfissigef
ölartige Flüssigkeit von schwachem, unangenehmem Gemch, die in
Wasser untersinkt und sehr langsam davon zersetzt wird. Kochendes
Wasser löst das Ghlorür schneller unter Bildung von Salzsäure nnd Snlfo-
benzoSsänre; beim Erhitzen auf dOO<> G. zersetzt es sich unter starkem
Aufschäumen und Abscheidung einer kohleartigen Biasse, wobei Chlor-
benzoylchlorid (s. unter Benzoylchlorid) Überdestillirt.
In Alkohol löst es sich unter starker Wänpeentwickelung und
Bildung von sulfobenzoSsaurero Aethjloxjd. Wasserfreier Aethtf
scheint es ohne Zersetzung zu lösen. Die fixen Alkalien zersetzen es
in Chlormetall und sulfobenzoSsaures Salz. Gasförmiges Ammoniak
ist fast ohne Wirkung, ebenso trockenes kohlensaures Ampioniak. Ds-
gegen wird es von wässerigem Ammoniak unter Wärmeentwickeloog
in Salmiak und Sulfobenzamid zersetzt. Dieses entsteht auch nebes
anderen Producten beim Einleiten von Ammoniakgas in die ätberisdie
Lösung des Chlorids. Anilin erwärmt sich mit Snlfobensojlchlorü
unter Bildung von Sulfobenzanilid und salzsaurero Anilin. Mit
Ammoniak gesättigter Weingeist löst das Sulfobenzoylchlorid nuter
starker Wärmeentwickelung und Bildung von AethersulfobensoS-
säure und Salzsäure. Die angefahrten Producte werden sämmtliek
durch Behandlung mit Kalihjdrat wieder in SulfobensoSsäure (vaü
Alkohol oder Ammoniak, Anilin) zurückgeführt; man hat somit Gniai
in ihnen dasselbe Badical anzunehmen wie in der Sulfobenzo^aore, ob^
wir wollen sie daher im Anschluss an diese beschreiben.
Chlorwasserstoff-SulfobenzoSsäure: C14H5SSOSGI =
CuHiSsOg -|- HGl. Bringt man zu 1 At. SulfobenzoSsäure 1 Al
Phosphorperchlorid (gleiche Grcwichtstheile) und erhitzt soweit, das
der grösste Theil des Phosphoroxjchlorids abdestillirt, so erhält ms
auf Zusatz von Wasser zu dem Rückstande ein weisses krystallinisckei
Pulver. Dasselbe entsteht aus dem Sulfobenzoylchlorid, wenn mao tf
mit Wasser mehrere Wochen in Berührung lässt. Man hat hierbei
die Gleichung:
CuH4S,0«Gl, -f 2R0 = CuÄsSjOgGl + HGl.
In Aether ist es löslich und lässt sich daraus umkrystallisires;
Alkohol, sowie kochendes Wasser zersetzen es allmälig; kaltea Wasser
löst es nicht. Es schmilzt sehr leicht und zersetzt sich bei atarkerea
Erhitzen. Kochendes Wasser, sowie Alkalien verwandeln es in Snll>
benzoSsäure. Diese Verbindung entspricht der Chlorwasserstoflr*Schwc-
felsäure, S2O6 + ^^l, von Williamson.
Sulfobenzamid: Ci4H8N,S,0« = N,j^^***^^^^^^«- £1 hü-
det sich leicht beim Vermischen von Snlfobenzoylchorid mit coBCiD-
trirtem wässerigen Ammoniak: man fügt letzteres so lange cn den
Chlorid, als man noch eine stattfindende Erwärmung wahmünnit, läül
erkalten und wäscht den Niederschlag mit wenig Wasser ab. Dnrdi
Umkrystallisiren aus kochendem Weingeist unter Zusatz von Thier
kohle erhält man es rein, entweder in wasserfreien Erystallen, wenn men
den Niederschlag trocknet und in absolutem Alkohol auflöst, oder in
wasserhaltigen Krystallen (auch Gemengen beider) bei Anwendung von
wasserhaltigem Weingeist
Benzoeschwefelsäure. 855
Das wasserfreie Sulfobenzamid bildet kleine glasglanzende Kry-
stalle, das wasserhaltige kleine Nadeln, die bei 100^ C. 2 Aeq. Wasser
verlieren. Bei 170® C. schmilzt die trockene Verbindung und erstarrt
beim Erkalten glasartig; zwischen 270<) und 290® C. föngt sie an sich
zu zersetzen. In der Wärme ist das Sulfobenzamid sowohl in Was-
ser als auch in Weingeist* leicht löslich, in def Kälte aber in Weingeist
schwierig, in Wasser fast nicht löslich.
Das Sulfobenzamid verwandelt sich beim Erwärmen mit Kalilauge
in Sulfobenzaminsäure unter Entwickelung von Ammoniak:
ChHsNjSjOj -f 2H0 === CuHtNSjOs^-I- NH».
Sulfobenzamid Sulfobenzamin-
säure
Sulfobenzaminsäure : CuHtNSjOb = ^*''«^^'g«|o,(Lim-
pricht und Uslar). Ausser der oben angegebenen Bildungsweise
entsteht die Sulfobenzaminsäure auch aus dem Sulfobenzaminsäureäther
(den man aus Sulfobenzoeäther durch Behandlung mit Ammoniak dar-
stellen kann) durch Erwärmen mit Kalilauge auf 100® C.
Zur Darstellung der Säure wird Sulfobenzamid, mit concentrirter
Kalilauge zu einem Brei angerührt, mehrere Stunden im Wasserbade
erwärmt, bis man eine klare Lösung erhalten hat, die nach dem Ver-
dünnen mit Wasser durch Salzsäure übersättigt wird. Man erhält
hierbei die Säure als einen voluminösen Niederschlag, der aus kochen-
dem Wasser umkrjstallisirt wird. Die Sulfobenzaminsäure scheidet
sich beim Erkalten der kochend gesättigten Lösung in Schuppen ab,
ähnlich wie chlorsaures Kali. Sie ist kaum in kaltem Wasser löslich,
mehr in Aether, leicht in Weingeist. Sie schmilzt beim Erhitzen auf
dem Platinblech erst Über 200^0., und erstarrt beim Erkalten wieder
krjstallinisch ; stärker erhitzt, verflüchtigt sie sich in weissen Dämpfen,
die nicht zum Husten reizen, und brennt zuletzt mit hellleuchtender
Flamme.
Von den Verwandlungen der Sulfobenzaminsäure sind folgende
gensneT untersucht worden.
1) Durch Wärme. Hält man die Sulfobenzaminsäure längere Zeit
geschmolzen, so erstarrt sie beim Erkalten zu einer braunen Masse,
die in Wasser sehr leicht löslich, selbst zerfliesslich ist. ' Die
LtöHung in Wasser giebt beim Verdunsten SulfobenzoSsäure und auf
Zusatz von Basen sulfobenzoesaure Salze. Limpricht und üslar
vermuthen daher, dass die Sulfobenzaminsäure beim Erhitzen in Am-
moniak und Sulfobenzoesaure- Anhydrid zerfalle, und dass letzteres der
braune Rückstand sei. Erhitzt man den braunen Bückstand mit Phos-
phorperchlorid, so erhält man im Bückstand ein Chlorid (welches mit
Ammoniak Sulfobenzamid giebt, also wahrscheinlich Sulfabenzoylchlorid
ist) und ein Destillat, welches, mit kochendem Wasser zersetzt, Chlor-
benzoesäure und Sulfobenzoesaure liefert. Wird dieses Destillat durch
kaltes Wasser von Phosphoroxychlorid befreit und hierauf mit Ammo-
niak Übergössen, so erhält man Krystalle von der Zusammensetzung
Durch Phosphorperchlorid. Erhitzt man 1 Aeq. Sulfobenzamin-
säure mit IV9 Aeq. Phosphor per chlorid auf 150^ bis 200^0. so lange
nocb Phosphoroxychlorid übergeht, so erhält man als Bückstand eine
856 Bemsoeschwefelsäure.
bernsteingelbe 51artige Flüssigkeit, welche sich nicht tmzersetzt destüU-
ren lässt. Sie zerfällt, mit ^^asser Übergossen, sehr bald und unter 8ta^
ker Wärmeentwickelung in Salzsäure und Snlfobenzaminsäare, und lis-
fert mit wässerigem Ammoniak Sulfobenzamid. Diesen Reactionen in-
folge betrachten sie Limpricht und Uälar als das Chlorür derSolfo-
benzaminsäure, von der theoretischen Formel C] 41(6 NSjO«. Gl.
Bei der Destillation der Mischung von Sulfobenzaminsäore mit
Phosphorperchlorid entsteht neben Phosphoroxychlorid in vorwiegender
Menge Ghlorbenzonitril (gechlortes Cyanphenyl), 0141(4 GIN, in geiis-
gerej Menge Chlorbenzojlchlorid und das Chlorid einer leichtlöslichen
Säure, welche mit Sulfobenzaminsäure isomer zu sein scheint*
Dasselbe Chlorid scheint auch beim Erhitzen einer Mischung glei-
cher Aequivalente von Sulfobenzaminsäore und Phosphorperchlorid a
entstehen ; nachdem hierbei das Phosphoroxychlorid abdestülirt ist, ksnn
man aus dem gelben blasigen Betorteninhalt das Chlorid mit Aether aus-
ziehen, wobei amorphe Sulfobenzaminsäure ungelöst zurückbleibt Dk
Aetherlösung hinterlässt beim Verdunsten das Chlorid als zähe terpen-
tinartige Masse, die beim Kochen mit Wasser eine leicht lösliche^ in
kleinen Nadeln krystallisirte Säure liefert, deren Zusammensetzung for
sich und als Bleisalz der Sulfobenzaminsäure nahe gefunden wurde.
Amorphe Sulfobenzaminsäfure« Die Sulfobenzaminsäure Te^
wandelt sich. zum Theil in eine amorphe, ihr isomere Substanz, weoB
sie mit 1 Aeq. Phosphorperchlorid erhitzt wird. Durch Aasziehen mtf
Aether und heissem Weingeist entfernt man die übrigen Producte an^
erhält die amorphe Säure im Bückstand in Grestalt kleiner Kügelcben.
In Wasser, Weingeist und Aether ist sie selbst bei anhaltendem Kochea
unlöslich; sie verwandelt sich jedoch in gewöhnliche Sulfobensamio-
säure, wenn sie mit Wasser auf ITO^' bis 180^ C. erhitzt wird.
Sie löst sich in kohlensauren Alkalien unter Aufbrausen und wird
durch Zusatz von Säuren wieder amorph, als schleimiger NiederechUg
gefallt. Die Salze derselben Hessen sich nicht krystallisirt erhalten.
Sulfobenzaminsäure Salze. Von diesen sind folgenze dargestellt:
Sulfobenzaminsaures Aethylozyd: C4{{5 0 . Ci4^NSsOr
Ci IL1NS4O )
oder ^*^ r B^l ^'* ^^ erhält es entweder durch Einleiten voi
Salzsäuregas in die alkoholische Lösung der Sulfobenzaminsäure, oder
durch Behandlung des Silbersalzes mit Jodäthyl. In ersterem Falk
verdampft man die mit Salzsäm'egas gesättigte Lösung zur Trockne,
pulvert den Bückstand, wäscht ihn mit. verdünnter Sodalösung, hierauf
mit Wasser ab, und krystallisirt endlich aus kochendem Alkohol. Nsck
der zweiten Methode erhitzt man das getrocknete und gepolveite
Silbersalz mit Jodäthyl in zugeschmolzenen Bohren einige Zeit 9d
100® C, kocht hierauf mit Weingeist aus und verdunstet zur KryatsIB-
sation. Man kann den Sulfobenzaminsäure -Aether endlich auch dired
aus dem Sulfobenzoylchlorid durch gleichzeitige Einwirkung von Alko-
hol und Ammoniak darstellen. Man löst es zu diesem Zweck in rohen
Aether, sättigt mit Ammoniakgas, erwärmt im Wasserbad und Terdon-
stet die klar abgegossene ätherische Lösung. Auch durch Vermiscben
von Sulfobenzoylchlorid mit absolutem Alkohol, Verdunsten der L^
sung und Behandlen des Bückstandes mit weingeistigem AmmonUk
erhält man neben Salmiak und äthersulfobenzoSsaurem Ammoniak Kxj'
stalle von Sulfobenzaminsäure-Aether. .
Benzoeschwefelsäur e. 857
Diese kryatallisirt in schönen glänzenden Nadeln (nach Keferstein's
Meaeung monoklinometmche Krystalle mit dem Axenverhältniss 1:2:4
und den ^Formen ooP- ooPoo» oP- — P), schmilzt beim vorsichtigen
£rhitzen unzeraetzt und erstarrt wieder krystallinisch ; bei stärkerem
Erhitzen entwickelt er weisse Dämpfe and verbrennt mit hellleuohten»
der Flamme. -Er 4öst sich leicht in warmem Weingeist oder Aether,
«twas weniger in kochendem Wasser; in der Kälte löst er sich ohne
^mmoniakentwickelung in concentrirter Kalilauge, beim Erwärmen
aaf 100<> G. entsteht Alkohol und sulfobenzaminsanres Kali, bei stärke-
rem Erhitzen entweicht auch Ammoniak. Er löst kein Quecksilberoxyd
und nur wenig Silberoxyd.
' Sulfobenzaminsanres Ammoniumoxyd hinterbleibt beim Ver-
doxisten der Lösung der Säure in Ammoniak in blätterigen Krystallen.
Sulfobenzaminsaurer Baryt, BaO.Ci4H6NSt07 -f- 4aq.
oder ** "* ^ « 1 Qj •!_ 4 aq., wird als wavellitartige, weiche Kjry-
stellmasse, aus der weit eingedampften neutralen LöRung erhalten ; ver-
tiert bei 1100 C. 4 Aeq. Wasser.
Sulfobenzaminsanres Silberoxyd, AgO.Ci4H^NS907-f-2aq.
oder '* * ^. •|0j-|-2aq., wird aus der Lösung des Ammoniak-
salze« durch Zusatz von salpetersaurem Silberoxyd in feinen, seide-
^länzenden Nadeln erhalten. Lässt sich aus kochendem Wasser um-
kry stall isiren und schwärzt sich auch nicht im Licht.
Die wässerige Lösung des Ammoniaksalzed verhält sich gegen'
Metallsalze in folgender Weise:
Einfach -essigsaures Bleioxyd giebt einen weissen, aus
kochendem Wasser in kleinen Nadeln krystalliairenden Niederschlag,
fiisenoxydulsalz einen weissen Niederschlag, Eisenchlörid einen
Üeiachiarbigen, Kupferoxydlösung einen aus kleinen Nadeln beste-
henden, in Ammoniak löslichen Niederschlag, Quecksilberoxydul-
15 sang einen weissen, beim Kochen sich schwärzenden Niederschlag,
Sublimat öinen krystallinischen, aus heissem Wasser in Blättchen an-
schiessenden Niederschlag; Zinklösung wurde nicht gefallt.
2) Das Sulfobenzamid erleidet durch Phosphorperchlorid
eine ähnliche Zersetzung wie das Sulfophenylamid. Erst beim Erwär-
men der Mischung auf 100^ C. beginnt die Einwirkung, und unter hefti-
getn Aufschäumen erhält man einen gelben Syrup, der beim Erkalten
sähe wird. DasProduct das Sulfobenzamidylchlorür ist nicht un-
zeraetzt flüchtig, lässt sich also nicht leicht rein erhalten. Limpricht
und üslar vermuthen seiner Bildung und Zersetzung zufolge, dass es
die Formel C|4HeN3S2 04.HGl habe, wonach die Gleichung:
Ci4»8»3SaO«-fPGl5= Ci4H«N,S204^H€l-|-PGl3 02-|-H€l
Sulfobenzamid , Sulfobenzamidylchlorür
die Bildung der neuen Verbindung ausdrückte.
Ebensowohl könnte man jedoch auch die Formel C14H6 N^ S3 O3 . €1^
mrähledl in welchem Falle 2 Aeq. Phosphorperchlorid einwirken würden.
Bei der Destillation gehen Phosphoroxychlorid und Chlorbenzo-
nilril (gechlortes Cyanphenyl) 914H46IN über, während nur wenig
verkohlter Bückstand bleibt
858 Benzoesch wefelsäure.
Durch Bebandlang mit Wasser, wässerigem Ammoniak oder Al-
kohol wird das Sulfobenzamidylchlorilr zersetzt; in Wasser löst es sich
nach einigen Augenblicken auf, bald aber scheiden sich Krjstalle ab,
deren Menge durch Abdampfen sich vermehrt. Dieselben Eiystaüe
erhält man durch wässeriges Ammoniak. Die Lösung des Chlorürs m
absolutem Alkohol hinterlässt beim Verdunsten ein gelbes Harz, welches
durch Behandlung mit Wasser dieselben Krystalle liefert. Diese Eiy-
Btalle schmelzen bei 145® C. und erstarren wieder krystallinisch. Sie
lösen sich in kochendem Weingeist, sowie in Kali; beim Erwärraen
letzterer Lösung auf 100® C. entweicht Ammoniak und es entsteht
Sulfobenzaminsäure.
Die Zusammensetzung der Krystalle entspricht der Formel
Ci4HeN2S2 04, wonach dieselben sich durch einen Mindergehalt von
2 HO von dem Sulfobenzamid unterscheiden. Ihre Entstehnng us
dem Sulfobenzamidylchlorür geschieht, je nach der Annahme der For-
mel desselben, entweder bloss durch Austreten von M€l oder unter
gleichzeitiger Aufnahme von 2 Aeq. Wasser.
3) Durch Anilin entsteht Snlfobenzanilid (PhanyLsalfobeni-
( Ci4 »4 (802)2 0,
amid): CggHieNjSaOe = N, |(Ci2H5)2 Die beim Mischen
von Snlfobenzoylchlorid mit Anilin entstehende feste Masse wird mit
kaltem Wasser gewaschen und durch wiederholtes Umkrystallisiren ao?
Weingeist in kleinen weissen Krystallen erhalten. Die Verbindan«
schmilzt beim Erhitzen, löst sich leicht in heissem Weingeist nsd
Aether, schwer in heissem Wasser; von Kalilauge wird es in der Kiltt
nicht verändert, beim Erwärmen damit wird Anilin frei.
4) Durch Alkohol. AethersulfobenzoSsäure.'HO.CigH^S^O}
= ^* *p W^^ft'l^*' ^^ ^®"" Auflösen von Sulfobeosoylchlorid io
weingeistigem Ammoniak entstandene Ammoniaksalz wird mit Platis-
chlorid versetzt, und die von dem niederfallenden Platinsalmiak abfiltrirte
Flüssigkeit zur Entfernung des überschüssigen Platins mit Schwefel-
wasserstoff behandelt und endlich im Wasserbade verdunstet. Die Aether-
sulfobenzo^säure hinterbleibt als gelblich gefärbter Syrup, der nicht
zum Krystallisiren gebracht werden kann. Beiner erhält nrnn-die Säore
durch Zerlegung des äthersnifobenzoSsauren Baryts mit der genau aus-
reichenden Menge von verdünnter Schwefelsäure und Eindampfen in
Wasserbade, wobei die Säure, wie es scheint, krystallinisch erstarrt
Die Salze der AethersulfobenzoSsäure sind leicht löslich, so dass
das Ammoniaksalz mit Metalllösungen keinen Niederschlag giebt. Üeber-
schüssiges Kalk- oder Barythydrat zerlegt die Salze beim Erwänneo
in SuifobenzoSsäure und Alkohol.
Aether sulfobenzoSsaur es Am moniumo2L/d,NM40.Ci6H9S«(^
entsteht direct aus dem ChorÜr beim Auflösen desselben in weingeisti-
gem Ammoniak, wird aber besser aus dem sulfobenzoSsauren ^eUiyl-
oxyd durch Auflösen in Weingeist und Einleiten von Ammoniakgai
erhalten. Beim Verdunsten krystallisirt das Salz in grossen, wa£se^
hellen vierseitigen Tafeln mit deutlichem Blätterdurchgang (nach Ke-
f er Steins 'Messung triklinometrische Krystalle, mit dem AxenverhÜlt-
^ Benzoeschwefelsaure Salze. 859
nm 1,1 e^": 1,683:1 nnd den Flächen OP.ooP cjo.ooPqo.ooP.Poo).
In Wasser und Weingeist ist es sehr leicht löslich, wenig in Aether.
£s schmilzt bei etwa 185<> C. nnd esstarrt beim Erkalten unter lÖO^'C.
glasartig. Beim Erhitzen auf 250<> C. findet starkes Aufschäumen ohne
Schwärzung statt, Über 300^ C. aber entweichen Wasser, Benzonitri],
BenzoSsäure» und schweflige Säure unter (Unterlassung von stark auf-
geblähter Kohle.
AethersulfobenzoSsaurer Baryt: BaO.CjglfeSaOg-f-x'aq. Zur
Darstellung dieses Salzes versetzt man die Lösung der aus dem Ammoniak-
salz bereiteteten Säure mit kohlensaurem Baryt und dampft ein. Nach
längerer Zeit entstehen in der concentrirten Lösung kleine durchsich-
tige, deutlich ausgebildete rhombische Tafeln, die beim Stehen über
Schwefelsäure unter Verlust von Krystaliwasser zerfallen.
AethersulfobenzoSsaures Natron, NaO.CisHeSjO^-f-S aq.,
lässt sich darstellen durch Sättigen der freien Säure, odSr auch aus dem
Ammoniaksalz durch Verdu^isten der mit überschüssigem kohlensauren
Natron versetzten Lösung bei sehr gelinder Wärme (am besten über
Schwefelsäure) und Auskochen des Rückstandes mit absolutem Alkohol,
worauf beim Verdampfen das Salz in milchweissen, warzenförmig ver-
einigten Nadeln sich abscheidet Es ist in Wasser und Weingeist
leicht löslich, bei 100® C. verliert es 2 Aeq. Wasser.
AethersulfobenzoSsaures Silberoxyd, AgC.CxgHsSQOg,
-wird durch doppelte Zersetzung mit schwefelsaurem Silberoxyd aus dem
ßarytsalz beim Eindampfen des Filtrates in wasserhellen, concentrisch
vereinigten kleinen Nadeln erhalten. A* S.
Benzoeschwefelsaure Salze, Sulfobenzogsaure
Salze. Sie wurden hauptsächlich, von Mitscherlich und Fehling
untersucht. Die neutralen Salze enthalten 2 Aeq. Basis, die sauren
nur 1 Aeq., letztere sind in der Regel schwieriger löslich.
BenzoSschwefelsaures Aethyloxyd, SulfobenzoSäther:
2 C4H5O.C14H4S2O8. Per Aether der SulfobenzoSsäure wurde von
Limpricht und Uslar durch Zersetzung des Sulfipbenzoylchlorids mit
absolutem Alkohol erhalten; beim Verdampfen der Lösung hinterbleibt
ein branner schwach ätherisch riechender, syrupartiger Rückstand, der
in Wasser in jedem Verhältniss löslich ist, und beim Erwärmen damit in
SnlfobenzoSsäure und Alkohol zerfallt. Es ist nicht destillirbar, sondern
zersetzt sich beim Erhitzen unter 'Aufblähen und hinterlässt viel Kohle.
BenzoSschwefelsaurer Baryt, neutraler, 2BaO.Ci4H4S208,
-wird durch Kochen der Lösung des sauren Salzes mit kohlensaurem
Baryt und Abdampfen in undeutlichen Krystallen erhalten. Er ist sehr
leicht in Wasser löslich. Er verträgt eine sehr hohe Temperatur ohne
verändert zu werden, selbst die Siedhitze des Oels.
Das saure Barytsalz, BaO.HO.Ci4H4S2 0g-f'3 *q*i krystalli-
sirt in schiefen rhombischen Säulen des monoklinometrischen Systems
(gewöhnlich Combination von 0 P, 00 P, od P 00 ; mit den Winkeln
0 F: 00 P = 980 6' qo p . a> p = 82» 21', Fehling). Die Krystalle
verlieren bei 200^0. 9,13 Proc. Krystaliwasser (3 Aeq.). Sie lösen sich
in 20 Thln. Wasser von 20^0. und reagiren sauer (Mitscherlich).
Benzogschwefelsanres Bleioxyd, 2PbO.Ci4Ä4Sg08 + 4aq.,
durch Kochen der Säure mit kohlensaurem Bleioxyd wird es in Lösang
erhalten 9 und scheidet sich beim Abkühlen in sternförmig gruppirten
860 Benzoglycolsäure.
feiaen Nadeln ab, wobei concentrirte Lotungen fast gans
68 verliert das KryBtallwaaaer bei 200® C. völlig (Fehling).
Benzo§9chwefel8aure6 Kali; das neutrale Sah bUdet schöne,'
zerfiiessliche Krystalle; das saure Salz, durch Zersetzen des sauren
Barytsalzes mit schwefelsaurem Kali dargestellt, bildet schöne, ver-
witternde Krystalle.
Benzo^schwefelsauresSiiberoxyd, 2AgO.Ci4lt4SsOg-|-2aq.
krystallisirt im Vacnum in kleinen gelblichen Prismen, welche in Wad-
ser leicht löslich sind und beim Trocknen 2 Aeq. Wasser verlieren
(Fehling).
Nach Mitscherlich lassen sich die sauren Salze von Magnesia,
Zinkozyd, Eisenozydul, Kobaltoxydul und Kupferozyd in schönen Kiy-
stallen erhalten. AI S.
Benzoglycolsäure^). Zersetzungsproduct der Hipporaaure.
Endeckt von Strecker. Formel der freien Säure: HO.CieH7 07.
Die Benzoglycolsäure ist ein Verwandlungsproduct der Hippor*
säure, lässt sich aber voraussichtlich auch durch Erhitzen von Ben^o^
säure mit Glycolsäure darstellen.
Zur Darstellung der Benzoglycolsäure vertheilt man feinzerriebe&e
Hippursäure in concentrirter Salpetersäure, bringt den dünnen Brei in
ein hohes Gy linderglas und leitet einen Strom von Stickstoffbxjdgu
durch. Das Stickstoffbxydgas wird hierbei völlig absorbirt, die Hippu^
säure löst sich allmälig auf, während StickstoflTgas unter Aufschäu-
men entweicht Die völlig klare Lösung wird nach einiger Zeit dorcii
die Abscheidung von Benzoglycolsäure getrübt, doch fahrt man mit
dem Einleiten von Stickoxydgas fort bis die Flüssigkeit eine grünliche
Färbung angenommen hat, worauf man viel Wasser zuroischt and iS»
Flüssigkeit erkalten lässt. Die in reichlicher Menge abgeschiedene
Säure wird auf einem doppelten Filter gesammelt und mit kaltem Wa^
ser abgewaschen (Socoloff und Strecker). Die rohe Saure wird io
Kalksalz verwandelt, welches durch Umkrystallisiren und Preasen ge-
reinigt wird. Die Bildung giebt die Gleichutig an:
CisHgNOe + NO3 = CsHsOg + 2N + HO.
Man kann auch die Hippursäure in £[ali auflösen und in die ve^
dünnte Lösung, welche einen grossen Ueberschuss an Kali enthält, einen
Strom von Chlorgas einleiten, wobei gleichfalls StickstoflTgas entweicht
Nach Beendigung der Gasentwickelung neutralisirt man vorsichtig mit
Salzsäure, engt die Lösung ein und Übersättigt sie mit Salzsäure, wobei
sie zu einem krystallinischen Brei erstarrt. Zur Reinigung löst man
die Säure in Aether und dampft die Lösung über einer Wasserschicht
vorsichtig ab (Gössmann).
Die rohe Benzoglycolsäure ist meist gelblich gefärbt und oft mit
Benzoesäure vermengt Zu ihrer Reinigung verwandelt man sie durcb
Zufügen von dünner Kalkmilch in Kalksalz, das man durch Erwärmen '
gelöst erhält; man filtrirt und lässt erkalten, wodurch das Kalksals
krystallinisch erhalten wird. Es wird durch Abwaschen mit wenig
Wasser und Auspressen völlig farblos erhalten.- Um beigemengte
Benzogsäure abzuscheiden, sättigt man die Säure nur theilweise mit
») Literatur: Strecker, Annal. d. Chem. a. Pharm. Bd. L&VIU, S. S4.—
Socoloff n. Strecker, ebend. Bd. LXXX, S. 18. — • G088mann,.ebead. Bd.XC
S. 181 a. Bd. XGI, S. 869.
^ Benzoglycolsaure Salze. 861
Kalkmilch, wobei die stärkere Benzoglycolsaure sich zuerst mit Kalk
vereinigt, und entfernt ^die im freien Zustande gebliebene Benzoesäure
durch Schütteln mit Aether. Aus dem rein dargestellten Ealksalz wird
die Benzoglycolsaure durch Zusatz von Salzsäure abgeschieden.
^ Die Benzoglycolsaure krystaliisirt aus Alkohol in grossen, farblo-
sen Prismen (mit den Kantenwinkeln 37o 40' und 142» 20'), welche
als dünne Tafeln gewöhnlich sich darstellen. Aus wässerigen Salz-
lösungen durch Säuren abgeschieden, erscheint sie als weisses krystal-
linisches Pulver. Sie schmilzt leicht beim Erhitzen über 100<) G. und
erstarrt beim Erkalten krystallinisch. Beim ^stärkeren Erhitzen giebt
sie zum Husten reizende Dämpfe aus und hinterlässt einen geringen
kohligen Rückstand.
Die Säure ist in kaltem Wasser sehr schwer löslich, leichter in
heiMem, worin sie, bevor sie sich löst, schmilzt. Alkohol und Aether
losen sie reichlich. /
Die Benzoglycolsaure zerfallt schon beim Kochen mit Wasser
langsam in Benzoesäure und Glycolsäure:
CuHsOs + 2 HO = Cu^4 + C4H4O6
Benzoglycolsaure Benzoesäure Glycolsäure.
Leichter zersetzt sie sich auf diese Art bei Gegenwart stärkerer
B€ineralsäuren, namentlich verdünnter Schwefelsäure. Dagegen hindern
Basen die Spaltung vollkommen, so dass benzoglycolsaure Salze ohne
Zersetzung zur Trockne verdampft werden können.
Socoloff und Strecker halten es für wahrscheinlich, dass man
die Säure durch Erhitzen von Glycolsäure und Benzoesäure wird dar-
stellen können, ähnlich wie die homologe Benzomilchsäure. Ihrer Zer-
setzung zufolge lässt sie sich als gepaarte Verbindung von Benzoesäure
nnd Glycolsäure ansehen; man kann annehmen, dass in dem Radical
der Glycolsäure 1 Aeq. Wasserstoff durch Benzoyl C14H6O2, oder dass
in dem Radical der Benzoesäure 1 Aeq. Wasserstoff durch Glycolyl,
C4H8O4, vertreten sei; man hat hiernach die Schemata:
C,M,(C„H»0,)OJ p^ oder Cx4H«(C,H,0,)0J ^^
Im Falle die Glycolsäure als eine zweibasische Säure sich er-
weisen sollte, so könnte man die Formel der Säure äh;ilich wie die
saurer Aetherarten schreiben; es wäre nämlich:
Glycolsäure Benzoglycolsaure
C4H2 O3 ji^ C4H9 Oj J ^
Benzoglycolsaure Salze. Sie sind meistens kry?talli-
sirbar, von neutraler Reaction, und schwachem eigenthümlichem Ge-
schmack. Die Mehrzahl löst sich in Wasser, viele auch in Weingeist.
Benzoglycolsaures Ammoniumoxyd. Durch Sättigen der
Säare mit kohlensaurem Ammoniak oder duröh Zersetzung des Ealk-
saLees mit kohlensaurem Ammoniak bereitet, krystaliisirt es; die Lösung
verliert jedoch beim Abdampfen Ammoniak.
Benzoglyoolsaurer Baryt, Ba0.Ci8H7O7 -f- 2 aq., krystal-
iisirt in feinen seideglänzenden Nadeln; verliert bei 100^ C. 2 Aeq.
Wasser.
Benzoglycolsaures Bleioxyd, a. neutrales, PbO.Ci8H7 07,
wird erhalten, wenn man den durch essigsaures Bleioxyd in einer Lö-
862 Benzoglycoldaure Salze.
suDg des Kalksalzes erhaltenen Niederschlag (ein Gemenge Tersehie*
dener Bleisalze) mit kaltem Wasser auszieht und die Lösung freiwillig
verdunstet Kleine zarte» sternförmig gmppirte Nadeln, welche bei
100^ C. theilweise schmelzen und sich zersetsen.
b. Anderthalbfach-basisches Salz, 3Pb0.2(Cie&707)+3tq^
krystallisirt bei der Darstellung des vorigen Salzes in dichten halb-
kugelförmigen Massen. Es schmilzt vollständig bei 100 C, aoch nach-
dem es die 3 Aeq. Krystallwasser verloren hat
c. Sechsfach-basisches Salz, 6PbO.Cigfi707 -4~ ^ aq^ wird
durch Fällen des Kalksalzes mit Bleiessig nicht ganz r^in erhalten;
vertheilt man den Niederschlag in kaltem Wasser and filtrirt, »'
scheiden sich nach einigen Tagen sternförmige Krystalle von obiger
Zusammensetzung ab.. i
Benzoglycolsaures Eisenoxjd, 2 Fe^Os . 3 (CigllYOt), wirtj
durch doppelte Zersetzung als voluminöser unkrystallinischer, in Wa»«'
ser gapz unlöslicher Niederschlag von fleischrother Farbe erhalten.
Benzoglycolsaures Kali wird wie das Ammoniaksalz darg»*
stellt, aber nur schwer in undeutlichen Krystallen erhalten, da es is
Wasser und Alkohol äusserst leicht löslich ist
Benzoglycolsaurer Kalk, CaO.CigHTO? -|- aq. Feine wavel-
litartig gruppirte, seidenglänzende Nadeln, welche bei 100<^ C. keii
Wasser verlieren, bei 120o C. aber 1 Aeq. Er löst sich bei 11® C is
42,8 Thln., dagegen in 7,54 Thln. kochendem Wasser. Er besitzt in
hohem Grade die Eigenschaft, Übersättigte Lösungen zu bilden, so dsK
die erkaltete Lösung oft erst nach mehreren Tagen ganz erstarrt
Benzoglycolsaurer Kalk mit Chlorcalcium. Versetzt nuB
eine concentrirte Lösung des vorhergehenden Salzes mit Chlorcalciom
und verdampft zur Syrupsconsistenz , so scheidet sich beim Erkaltes
das Doppelsalz in (quadratischen oder rhombischen) Octaedem aa«.
Diese sind luftbeständig, werden aber durch Wasser oder Alkohol is
die beiden einfachen Salze zerlegt
Benzoglycolsaures Kupferoxyd, CUO.C18H7O7 -|- xaq.
Durch doppelte Zersetzung des Kalksalzes mit salpetersaurem Knpftf*
oxyd dargeptellt, krystallisirt es beim Erkalten in schön blauen rhoia-
bischen Tafeln. Die Krystalle werden bei 100^ G. unter Verlust vob
Wasser grün. Es ist in kaltem Wasser schwer löslich,, leichter io
warmem.
Benzoglycolsaure Magnesia krystallisirt in feinen sehr volu-
minösen Nadeln. Sie losen sich leicht in Wasser und in Alkohol.
Benzoglycolsaures Natron, NaO . Cig II7 O7 -|- 6aq., kry-
stallisirt beim Erkalten der heissgesattigten Lösung in ziemlich grosses
rhombischen Tafeln, die bei 100<> C. unter Verlust des Krystaliwassen
undurchsichtig werden.
Benzoglycolsaures Silberoxyd, AgO.CigH?!)?. Es ftlk
beim Vermischen des Kalksalzes mit Silberlösung als käsiger Niedsr-
schlag, der sich beim Kochen löst und beim Erkalten in feinen, weisieii
Krystallen wieder abscheidet Li feuchtem Zustande schwärst es sich
leicht am Licht; trocken verändert es sich nicht bei 100^ C.
Benzoglycolsaures Zinkoxyd, ZnO.CigIi707 -+- 4aq. Farb-
lose lange, dünne Nadeln, die sich sternförmig gruppiren.
Eine kalt gesättigte Lösung von benzoglycolsanrem Kalk giebt
mit Kobaltoxydul-, Kupferoxyd-, Nickeloxydul- und Zinkoxyd-Lo-
Benzohelicin. " — Benzoilinwasserstoff. 868
Bungen keinen Niederschlag ; mit Kadmiomo^ydlöanng versetzt, scheiden
sich feine sternförmig ffruppirte Nadein aus; mit Eisenoxydullösung
entsteht unter Aufnahme von Sauerstoff aus d^r Luft schnell ein rost-
farbener Niederschlag. A, S.
Benzohelicin nennt Piria^) das Product der Einwirkung
wn Salpetersäure auf Populin, ein Glukosid von Benzoesäure und Sali-
3jlwasserstoff (s. Iste Aufl. Bd. VI, S. 624). Seine Formel ist C4ofi2o ^le-
Zur Darstellung des Benzohelicins übergiesst man 1 Thl. Populin
mit 10 bis 12 Thln. Salpetersäure von 1,30 specif. Gewicht, die Flüs-
ligkeit wird sogleich gelb, das Populin löst sich, und nach wenigen
MLinuten beginnt die Abscheidung des krystallinischen Benzohelicins;
>6im Verdünnen der sauren Mutterlauge mit Wasser scheidet sich noch
nehr davon aus. Durch Auflösen in siedendem Wasser wird es um-
crystallisirt; beim Filtriren der heissen Lösung krjstallisiren die ersten
Fropfen beim Erkalten rasch, und von den entstandenen Krystallen
lus pflanzt sich die Erystallisation fort. Wird das Filtrat erwärmt, um
las krystallisirte Benzohelicin zu lösen, so gesteht die Flüssigkeit beim
langsamen Erkalten zu einer gallertartigen Masse.
Das Benzohelicin entsteht aus dem Populin (040^2201«) durch
Entziehung von Wasserstoff*. Es enthält die Elemente von BenzoS-
länre, Salicjlwasserstoff und Glukose minus Wasser:
C4oHjoOl6^-h 4H0 = C14HUO4 -f" ^14^6 04 + C12H12O12,
Benzohelicin . Benzoesäure Salioylwasserstoff
md verhält sich^ daher zum Populin (Benzosalicin) wie das Helicin
[s. d. Iste Aufl. Bd. in, S. 844) zum Salicin. Es lässt sich auch durch
Kochen mit Wasser und Magnesia unter Entziehung von Benzoesäure
n Helicin umwandeln:
C4^HioOi6 -f MgO.HO ==MgO^CuH^+ CaeHieOu
Benzohelicin BenzoSs. Magnesia Helicin.
Mit Salzsäure gekocht, wird das Benzohelicin zersetzt, es zeigt
lieh der Geruch nach Salicylwasserstoff, und beim Erkalten scheidet
lieh Benzogsäure ab. Concentrirte Schwefelsäure löst es langsam; die
^elbe Lösung ist geruchlos, riecht aber nach dem Verdünnen mit Was-
ser nach Salicylwasserstoff. Aetzende Alkalien zersetzen das Benzo-
ielicin erst beim Kochen ; die so erhaltene goldgelbe Lösung scheidet
lach dem Neutralisiren mit Säure Salicylwasserstoff und Benzoesäure
ib, während Traubenzucker in der Lösung bleibt Synaptase bewirkt
lie Zersetzung von Benzohelicin nicht. Fe,
Benzoilinwasserstoff nannte Laurent ein bei Behand-
lung von Azobenzoilinwasserstofl' mit Chlorwasserstoff erhaltenes Pro-
luct; später erkannte er nun den Azobenzoilin Wasserstoff als einen ba-
sischen Körper, den er Amarin nannte; der Benzoilinwasserstoff ergab'
uch als chlorwasserstoffsaures Amarin (s. jj. Art. unter Benzoyl-
wasserstoff, Abkömmlinge).
») Annal. de chim. et phys. [8.] T. XXXIV, p. 278; T. XLIV, p. 366; Annal.
i. Chem..ii. Pharm. Bd. LXXXI, S. 245; Bd. XCYI, S. 876; Pharm. Centralbl.
1862 S. 161; Jahrmber. ▼. Liebig u. Kopp 1862, S. 661; 1866, S. 690.
864 Benzoin.
Benzoin ^), BittermaDdelöIcamphor. Formel: CjgfligO«.
Zuerst von Stange beschrieben, seine Bildung au^ Bittermandelöl zuerst
von Robiquet und Boutron-Chalard beobachtet. Ks ist niit beii>
zoSsaurem Benzyläther isomer, niit Benzoylwasserstoff poljmer.
Das Bittermandelöl verwandelt sich leicht in Benzoin ^ wenn «
mit Cyankalinm in Berührung kommt ; es bildet sich daher stets, sobald
rohes Bittermandelöl mit Kali versetzt wird ; blausänrefireies Bittennan-
delöl wird dabei nicht verändert. Als Nebenproduct entsteht das Ben-
zo'in gewöhnlich, wenn Bittermandelöl durch Behandlung mit einer Bö-
schung von Kalk und Eisenchlorür von Blausaure befreit wird. Nadh
dem der reine Benzoylwaäserstoff durch Destillation entfernt ist, loil
man den Rückstand in der Retorte in verdünnter Salzsäure, wobei Ben-
zoin sich abscheidet.
Zur Darstellung des Benzoi'ns aus blausäurehaltigero Bittemiandelol
vermischt man dasselbe mit seinem gleichen Volumen einer gesättigten Lö-
sung von Kalihydrat in Alkohol, wobei meist nach wenigen Minuta
die Flüssigkeit durch Ausscheidung von Krystallen zo einer Masse g«*
steht. Man presst die Kry stalle ab und 'reinigt sie durch wiederholt«
Krystallisationen aus Weingeist (Zinin).
Aus reinem Benzoylwasserstoff erhält man es leicht durch Venu-
schen mit einer verdünnten Lösung von Cyankalium in WeiDgeist.
Da das rohe Bittermandelöl nicht stets gleich viel und g^leich rö-
nes Benzoin liefert (was von dem Alter und dem Blausäoregehalt dtf^
selben abhängt), so räth Zinin, erst eine Prüfung mit einer Probe
desselben anzustellen und sich zu versichern, dass es durch Zi*
satz von alkoholischer Kalilange schnell zu einer krystaliinideke
Masse gesteht. Findet die Bildung von Krystallen nicht bald statt, f^
soll man das Bittermandelöl erst ganz von Blausäure befreien and da
reinen Benzoylwasserstoff mit einer alkoholischen Lösung von Cyanb-
linm behandeln.
Die Wirkung des Cyankalinms auf den Benzoylwasserstoff ist noä
nicht erklärt ; man erhält fast die ganze Menge des Bittermandelöb is
Benzoin verwandelt wieder.
Das Benzoin bildet durchsichtige, farblose, sehr glänzende, gemek-
und geschmacklose Prismen; es schmilzt bei 120^C. und erstarrt wiedd
grossstrahlig krystallinisch. In höherer Temperatur destillirt es onver
ändert über; es ist leicht entzündlich -und verbrennt mit mssendtf
Flamme.
In kaltem Wasser ist es unlöslich; kochendes Wasser löst es inge>
ringer Menge und scheidet es beim Erkalten, selbst wenn ein unreiDes,
gelb gefärbtes Präparat angewandt wurde, in farblosen kleinen Nadeb
ab. Von heissem Alkohol wird es leichter gelöst als von kaltem.
Leitet man es dampfibrmig durch eine zum Rothglühen erhitsis
Röhre, so verwandelt es sich wieder in Bittermandelöl.
In concentrirter Schwefelsäure löst es sich unter violetter Fär-
bung ; beim Erhitzen scl^wärzt sich die Lösung. Beim Schmelaen im
Chlorgas verwandelt es sich in Benzil unter Entwickelung von Chki^
^) ZiniD, Annal. d. CUem. u. Pharm. Bd. XXXIII, S. 186. Ebenda«. Bd. CTT.
S. 116; Petertb. Akadein. Bull. Bd. XV, S. 281. — Stange, Repertor. d. Phanu
B. VIS^ S. 829. — Kobiqnei o. Boutron-Chalard AnnaL de Ghim. et de Pliyi^
[2.] T. XLIV, p. 862. — L i e b i g u. W ö h l er, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. m^ 8. Vt
Benzoin. 865
wasserstoffgas. Dieselbe Verwandlung findet l^eiin Erhitzen mit Salpe-
tersäure statt. Brom greift es anter Bildung von Bromwasserstoffsäure
lebhaft an. In kaustischer EalUauge ist es unlöslich ; schmelzendes Kali-
bydrat verwandelt es unter Entwickelung von Wasserstoffgas in ben-
BoSsaures Kali:
CmHi204^+ 2(K0M0) = 2(^O^Cu^iOs)-\' iE.
Benzoin Benzoesaures Kali
Beim Auflösen in alkoholischer Kalilauge f&rbt es sich violett und
verwandelt sich beim Kochen unter Entwickelung von Wasserstoffgas
in benziisaures Kali:
CwHjjO* + KO.HO = KO.CjgHuOft + 2H.
Benzoin Benziisaures Kali
Mit Ammoniak bildet das Benzoin mehrere Amidverbindungen,
7on welchen das Benzoi'namid und das Benzoinam (S. 866 u. 867)
genauer bekannt sind.
Phosphorperchlorid greift das Benzoin heftig an, wobei Phos-
phor oxjchlorid und andere schwierig rein zu erhaltende Producte ent-
liehen (Cahours).
Zwischen den Chloriden der organischen S&ureradicale und dem
Benzoin findet leicht die Verwandlung statt, dass ein Theil des Was-
^rstoffs des Benzoms durch ein organisches Säureradical ersetzt wird,
Indem gleichzeitig Chlorwasserstoff entsteht. Zinin hat hierdurch fol-
gende Verbindungen erhalten.
Cq B O )
Acetyl-Benzoin: 082 H14 O« = q jr^* q* j. Zinin. Uebergiesst
man 4 Thle. Benzoin mit 3 Thln. Acetoxylchlorid, so löst es sich beim
Erwärmen auf 40® bis 50® C. unter Entwickelung von Chlorwasserstoffgas
auf; erst nachdem die völlige Lösung stattgefunden hat, erwärmt man
im Wasserbade auf 100® C, solange noch Dämpfe entweichen. Beim
Erkalten erstarrt die Masse langsam zu Krystallen, die man durch
(Jmkrystallisiren aus Alkohol oder Aether reinigt
Beim langsamen Verdunsten der ätherischen Lösung erhält man
grosse rhombische Prismen und sechsseitige Tafeln, aus der heissen al-
koholischen Lösung glänzende, dünne Krystalle. In Wasser ist es un-
löslich. Es schmilzt unter lOO® C. und erstarrt beim Erkalten oft
Eunorpb. Kalilauge, verdünnnte Schwefelsäure und Salzsäure sind
ohne Einwirkung, alkoholische Kalilösung giebt beim Erwärmen ein
Gremenge von benzilsaurem und essigsaurem Kali. Starke Salpeter-
säure liefert ein Gemenge zweier Nitroproducte in Form einer fast
farblosen, terpeptinartigen, in Wasser unlöslichen Masse, die in Alkohol
und besonders in Aether leicht löslich ist und beim Erkalten der alko-
bolischen Lösung Krystalle absetzt.
C« S O )
Benzoyl-Benzofn: C42Hi6 06=X"tt^^^*{. Zinin. Uebergiesst
man Benzoin mit Benzoylchlorid, so begmnt beim Erwärmen auf
70® C. die Einwirkung, wobei das Benzoin schmilzt und Chlorwasser-
stoffgas unter Aufbrausen entweicht. Man erwärmt bis zum Siede-
punkt des Benzoylchlorids und erhält hierdurch eine schwach gelblich
gefärbte, ölartige Flüssigkeit, die allmälig in warzenförmigen Krystallen
erstarrt. Zur Reinigung des Productes gie^t man dasselbe in flüssigem
Handwörterbuch der Chemie. 9te jfnfl. Bd. U. ^5-
8G6 Benzoinam.
Zustande in 75procentigen Alkohol und schüttelt, wobei das Bensofi-
Benzoi'n als krystallinis^hes Pulver sich abscheidet, und auf dem Filter
gesammelt und mit Weingeist abgewaschen werden kann.
Es ist in Wasser unlöslich, wenig löslich in kaltem Alkohol, löst Ach
in 6 Thln. kochendem 80procehtigen Weingeist, woraus es beim Erkalten
sich fast vollständig in dünnen farblosen Nadeln abscheidet. In Aetber
löst es sich reichlich, besonders beim Erwärmen, und beim freiwilligen
Verdunsten krystallisirt es daraas in grossen glänzenden rhombischcD
Prismen. Es schmilzt bei 125^ C. und erstarrt wieder amorph, wird
aber allmälig krystallinisch. Es löst sich leicht in Benzoylchlorid
und wird beim Erhitzen damit auf 150^0. nicht verändert. Kalte Kali-
lauge greift es nicht an; weingeistige Kalilösnng löst es mit violetter
Farbe und verwandelt es beim Kochen in ein Gemenge von benjcilsaor
rem und benzoSsaurem Kali. Salzsäure und verdünnte Schwefebänre
sind ohne Einwirkung; concentrirte Schwefelsäure zerstört es; Chlor
wirkt selbst auf dasselbe in geschmolzenem Zustand nicht ein.
Concentrirte Salpetersäure (von 1,51 specif. Gewicht) lost es un-
ter Wärmeentwickelung auf; bei Anwendung von wenig Säure scheidet
das Benzoyl-Benzoi'n sich grösstentheils unverändert ab; nimmt man aber
auf 1 Thl. Benzoyl-Benzoin 1 ^2 Thle. Salpetersäure oder noch mehr, md
giesst die schwach gelbgefarbte Lösung in kaltes Wasser, so scheidet
sich eine harzartige Masse ans, die ein Gemenge zweier Nitro veibio-
dungen ist, die sich durch Aether trennen lassen. Der Aether löst eina
Theil auf und hinterlässt denselben beim Verdunsten als dickes, in Alkoki^
schwierig löbliches Oel, während ein anderer TheÜ von dem Aether bd-
gelöst als krystallinisches Pulver hinterbleibt. Dies ist das Nitroben-
zoyl-Benzoi'n. Seine Formel ist C42lIi5(N04)Oe (Zinin). Den tob
Aether ungelöst zurückgelassenen krystallinischen Rückstand lost man ia
12 Thln. kochenden Alkohols und erhält ihn beim Erkalten fast volh^tia-
dig wieder in Gestalt weisser glänzender Schuppen, die aus treppcs*
förmig zusammengewachsenen rhombischen Tafeln bestehen. Das "Fy
trobenzoyl-Benzoin schmilzt bei etwa 137<> C. und erstarrt beim fck-iul-
ten zu einer krümlig krystallinischen Masse, oft auch erst amorph, b
Wasser ist es unlöslich, in kalter Salpetersäure unveränderlich und b^
schwachen Erwärmen darin in grosser Menge löslich. Beim Kochen
aber entsteht ein neuer, in Aether leicht löslicher, in Alkohol schwer
löslicher Körper, der sich pulverförmig abscheidet.
Es ist nicht untersucht worden, ob die Benzoyl- oder dieBenzota-
Gruppe in der Verbindung die Elemente von Untersalpeters&ure auf-
genommen hat. A. S.
Benzoinam ^). Verwandlungsproduct desBenzoins mit Amino-
niak, entdeckt von Laurent.
Formel: C5eH24N3 02 (Laurent). Die Bildung desselben erkUrt
sich nach der Gleichnng:
Benzom * . Benzoinam
Man erhält es geroengt mit Benzoioamid und anderen nicht gensn
bekannten Körpern, deren Trennung sehr schwierig ist, wenn man ein
^) Laurent^ Compt. r«D4. par Laur. et G«rbardt, 1845. p. 87.
Benzoinainid. — Benzol. 867
Cremenge von Alkohol, Ammoniak und Benzoin in einer Tersöhlosdenen
Flasche einige Monate lang stehen läsat.
Es bildet weisse, mikroskopische Nadeln, ist geruchlos, in Wasser
unlöslich^, Aether und Steinöl lösen es in sehr kleiner Menge auf. Beim
£rkalten der kochenden Lösungen scheidet sich dasBenzo'inam in sehr
voluminösen Nadeln ab, die die Flüssigkeit erfüllen. Eine Mischung
von Alkohol und Salzsäure löst es beim Kochen in reichlicher Menge
auf; auf Zusatz von Wasser fallt ein Theil Benzoi'nam nieder, der Best
erst auf Zusatz von Ammoniak.
Es schmilzt beim Erhitzen und krjstallisirt beim Erkalten zum
Theil.
Kali ist ohne Wirkung auf Benzoinam, concentrirte Schwefelsäure
löst es beim gelinden Erwärmen unter röthlicher Färbung; Znsatz von
Wasser scheidet orangenfarbige Flocken ab. a. S.
Benzoinamid^)^ von Laurent entdeckt. Formel: €34^36 N4
= 2 C4sH|gN3 (Laurent). Der Formel znfolge ist es dem Hydrobenz-
amid isomer oder polymer. Es entsteht aus Benzoin durch Behandlung
mit wässerigem Ammoniak, und man kann sic^ hiemach die Bildung
desselben durch folgende Gleichung versinnlichen :
3 C,8Hi2 04 + 4 NHs =^^4J^6N4^+ 12 HO.
Benzoin Benzoinamid
Laurent erhielt es aus einem Gemenge von Benzoin mit wässe-
rigem Ammoniak, welches einige Monate stehen gelassen wurde. Nach-
dem das Ammoniak *abfiltrirt war, wurde der Bückstand erst mit Alkohol
gekocht, um unverändertes Benzoin zu entfernen und hierauf in einer
grossen Menge kochenden Aethers gelöst, woraus das Benzoinamid
beim Erkalten sich abschied. Es ist ein weisses, geruch- und geschmack-
loses Pulver, welches unter dem Mikroskop sehr feine Krystallnadeln
zeigt. In Wasser ist es unlöslich, sehr wenig in Alkohol und Aether
losHch. Es schmilzt beim Erhitzen und erstarrt zu einer strahligen
Masse; es ist ohne Zersetzung flüchtige Die Analyse Laarent's
stimmt, nach dem richtigeren Atomgewicht des Kohlenstoffs (C = 6)
berechnet, nicht gut mit der Formel fiberein, und zeigt so geringe
Verschiedenheit von der Zusammensetzung des Benzoinams, dass man
versucht ist, beide Körper, deren Eigenschaften auch sehr ähnlich sind,
für identisch zn halten. Laurent's Analyse vergleicht sich in fol-
gender Weise mit der berechneten Znsammensetzung.
Berechnet. Qeftmden.
Csi 84,56 .
* ^56 ^t^fl^ *
. 83,45
Hge 6^04 .
• n24 0,«/^ .
. 5,55
N4 9,40 .
. Nj 6,90 .
O2 4,05
. 8,94
A. Ä\
Benzol^), Benzin, Phenylwasserstoff, Bmzine, Hydrure de
phenyle^ phene^ Bicarhttret o/Hydrogen. Entdeckt von Faraday. Formel:
Ci,H6 = ^"S'^|. Das Benzol entsteht bei vielen Zersetzungen orga-
M L»üTent (1887), Annal. de chim. et de pliy«. [2.] T. LXVl, p. 189.
*) Liter» tnr: Faraday, Phil. Transact. 1826. 440; Pogg. Annal. Bd. V.
8. 806. — Mitacherlich, Pogg. Annal. Bd. XXIX, 8. 231; Annal. d. Chem. u,
55*
868 Benzol.
nif^clier Körper, besonders in der Hitze. Einfache Verwaodlimgeni n
welchen Benzol auftritt, sind folgende. Bei der Destillation von Ben*
zoSsäure mit überschüssigem Ejilkhydrat (Mitscherlich) oder beim Lei*
ten der Dämpfe von Benzoepäure über glühendes Eisen (Da rcet). Hat
hat' hier die Gleichung:
Ci4 HßO* -f 2 CaO = Ci2Jlg + 2 (CaO. CO,).
Benzoesäofe Benzol
Die Destillation von Phtalsäure über Aetzkalk giebt ebenfsOs
Benzol (Marignac):
Ci6 »6 Os + 4CaO = Ci, Hö -f 4 (CaO. CO«).
Pthalsäure Benzol
Femer erhält man es bei der Destillation der Insolinsanre über
Aetzbaryt, wobei ein verkohlter Rückstand bleibt (Hofraann). Maa
hat hier die Gleichung :
CigHaOs = C„He + 2HO + 3CO, + 3a
Insolins&ure Benzol
Aach bei der trockenen Destillation der Chinasäure entsteht Beiixol
(Wo hl er), ebenso wenn man Fette durch glühende Bohren leitet (Fa-
rad ay), oder bei der trockenen Destillation der Steinkohlen und findet
sich daher in dem flüchtigeren Theil des Steinkohlentheers (Hofmanoi,
Mansfield); ferner wenn man Bergamottöldampf durch glühende, mit
Kalk gelullte Röhren leitet (Ohme); selbst wenn Essigsaure oder Al-
kohol dampfförmig durch glühende Röhren geleitet werden, tritt etwas
Benzol auf (Berthelot). Es findet sich im Erdöl von Bamosh, des
sogenannten Rangoon- Theer (Warren de la Rae u. Müller).
Zur Darstellung von reinem Benzol wendet man entweder Bensoe*
aixae an, oder man gewinnt es aus dem leichten Steinkohlentheeröl.
Pharm. Bd. IX, S. 89; Bd. XXXI, S. 626; Bd. XXXY. S. 870; Bi
XXXU, 8. 224. — D»rcet, Annal. de chim. et t!« phys, [2.] T. I^VI, p. 9«.
— P^ligot, Annal. de chim. et de phjs. [8.] T. LVl, p. 59. — Mansfield.
Annal. d. Cbem. u. Pharm. Bd. LXIX, p. 162. — Warran de la Rne «-
Malier, Joum. f. prakt. Chem. Bd. LXX, S. 300. — Chnrch, Phil. Mi^
[4.J XIII, 416; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. CIY, S, 111. — Bacchetti,
Oimento III, p. 414. — Laurent, Annal. de chim. et de phya. [2.] T. LXHL
p. 27; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XXIII, 8. 68. Compt. rend de TAcai
T. XXXI, p. 688. — Deville, Annal. de chim. et de phys. [8.] III, Vi-
~ Muspratt n. Hofmann, AnnaL d. Chem. u. Pharm. Bd. LVII, 8. 214. -
— Gerhardt n. Chancel, Compt. rend. de TAcad. XXXV, p. 690. — Ger-
hardt o. ChioKza, Compt. rend. T. XXXVIII, p. 86; Annal. d. Chem. u. Pbar»
Bd. LXXXVII, 8. 297; Joum. f. prakt. Chem. Bd. LX, 8. 144; Pharm. CentralbL
1868. 678; Annal. de chim. et de phye. [8.] T. XLVI, p. 129. ~ Church n P«r
kin, Chem. 8oc. Qu. J. T. IX, p.1; Pharm. Centralbl. 1866, 8.604; Joanu f. prakt
Chem. Bd. LXYIII, S. 218. ~ Ger icke, Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. C, S^
207; Pharm. Centralbl. 1866. 967; Joum. f. prakt. Chem. LXX, 424. — Zinia,
Joum. f. prakt. Chem. Bd. XXXVI, 8. 98; Bd. LV1I, 8. 177^ Annal. d. Chem. n. Pharv.
Bd. LXXXV, 8. 828. — Laurent u. Gerhardt, Compt. rend. de« trav. 1849, p.
417; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXV, p. 70. — WO hier, Annal. d. Chfo-
a. Pharm. Bd. CII, 8. 126.— Noble, Anna], d. Chem. u. Pharm. Bd. XCVUI, & üM-
— Hilkcnkamp, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XCV, 8. 86; Joum. t prakt
Chem. LXVI, S. 844; Pharm. Centralbl. 1866, 8. 619. — Lassaigne, Itefie
Bcientif. Ti V, p. 860. — Kopp, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XCVIII, 'S. SW-
— Mcndins, Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. CIII, 8. 64. — Dnppa, AimaL A
Chemie a. Pharm. Bd. CIII, 8.846. — Coup er, Annal. de chim. et de pbj«. [S-]
T. LII. p. 309; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. CIV, 8.226. — Gerhardt, AbbsL
de Chim. et de Phya. [8.] T, LIÜ, p. 803.
Benzol. 869
Man mischt in einer Betorte BenzoSsänre mit der dreifachen Menge
gelöschten Kalk, destillirt bei allmälig steigender Hitze und rectificirt
las auf dem übergegangenen Wasser schwinmiende Oel nach dem
Schütteln mit etwas Kali. Man erhält hierbei aus 3 Thln. Benzoesäure
l Thl. Benzol. (Mitscherlich.)
Die Gewinnung eines reinen Präparates aus dem leichten Stein-
lohlentheeröl ist ziemlich umständlich, und die im Handel unter dem
tarnen »Benzol« oder »Benzin« vorkommende Flüssigkeit enthält häufig
lur wenig Benzol, dagegen viel Toluol und andere Kohlenwasserstoffe.
^ach Mansfield behandelt man das leichte Steinkohlentheeröl zuerst
nit verdünnter Schwefelsäure, um alle basischen Bestandtheile auszuzie-
len, und nach dem Schütteln mit Wasser entfernt man durch Schütteln
nit Kalilauge beigemengte Säuren. Das Oel wird hierauf einer fractio-
lirten Destillation unterworfen und der bei 80^ — 90^ C. übergehende An-
heil auf — 1 2<) G. erkaltet, wobei das Benzol krystallisirt und durch Aus-
)re88en von den flüssigen Beimengungen befreit wird.
Zweckmässiger verfährt man, nach Mansfield, in folgender Weise.
tfan destillirt das gereinigte SteinkohlentheerÖl aus einer Metallblase,
ind leitet die Dämpfe zuerst durch ein mit kochendem Wasser umge-
>enes Schlangenrohr, worin die weniger flüchtigen Dämpfe sich con-
lensiren und in die Blase zurückfliessen, während der flüchtigere Theil
Nreiter geführt und in einem Kühlrohr verdichtet wird. Das Destillat
wird in demselben Apparate nochmals rectificirt, wobei man Sorge
ragt, das Wasser um das erste Schlangenrohr nicht über 80^ G. zu er-
värmen und die Destillation zu unterbrechen, sobald der Inhalt der
Slase über 90^ G. erwärmt ist. Das hierbei erhaltene Destillat schüttelt
nan mit 1/4 Volumen concentrirter Schwefelsäure (wobei man zweck-
nässig vorher erst mit Yxo Volumen concentrirter Salpetersäure schüttelt) .
md rectificirt es. Endlich wird das Destillat noch durch Erkalten auf
— XO^C krystallisirt und von den flüssigen Beimengungen durch Aus-
iressen befreit.
Das Benzol ist bei gewöhnlicher Temperatur eine farblose dünn-
lüssige Flüssigkeit, deren specif. Gewicht bei 15,50G.=0,85 (Faraday,
tf itscherlich) bei 0» = 0,8991 (Kopp) beträgt In der Kälte erstarrt
18 entweder in farrenkrautähnlich vereinigten Blättern oder ähnlich wie
[]|pmpher. Bei — 18<>C. isteshart, spröde und pulverisirbar, von 0,956
ipectf. Gewicht; es schmilzt bei 5^,50., wobei sein Volumen. sich um i/g
rermehrt und gesteht wieder bei 0^. Es siedet bei 80,4® C. (nach Kop p bei
),76 M.Bar.), womit Mansfield's Angabe 80ö—81<>C. übereinstimmt,
vährend Mitscherlich früher den Siedepunkt 86®0. angegeben hatte.
[He Dichtigkeit des Dampfes wurde zu 2,752 gefanden (berechnet 2,704
>ei einer Gondensation auf 4 Vol.). Das Benzol besitzt einen ange-
lehmen Geruch; sein Dampf wirkt anästesirend, bringt aber zugleich
Sxampfe hervor. In grösseren Dosen (10 Grm. bei Kaninchen) wirkt
» tödtlich (Bacchetti). In Wasser ist es unlöslich, theilt ihm jedoch
oreruch mit, in Weingeist, Holzgeist, Aceton und Aether sehr leicht
löslich. Es löst etwas Schwefel, Phosphor und Jod, in der Wärme
tfehr als in der Kälte; es löst leicht fette und ätherische Oele, Gam-
[>her, Wachs, Gaatschuk und Gutta -Percha, wenig Gnmmilack, Gopal,
/bmne und Gnmmignt; ziemlich leicht löst es GUnin, w6nig Morphin
and Strychnin, aber kein Ginchonin (Mansfield). Es löst schon bei ge-
iröhnlicher Temperatur Pikrinsäure; aus einer siedend gesättigten Lösung
• 1
870 Benzol-
scheidet sich beim Erkalten die Verbindung CqsH« -f- C]tiit(N04)sO|
in glänzenden hellgelben Krystallen ab (Frits^sche). Das unreine, äs
Steinkohlentheer im Grossen erhaltene Benzol wird für sich^ znweika
gemengt mit Aether, als Fleck wasser angewendet.
Das Benzol lässt sich über Kalium, Kalihydrat, Phoaphorpercfalo-
rid, und zum Theil über concentrirte Schwefelsäure ohne Verandenmg
destilliren. Angezündet brennt es mit leuchtender russender Flamnie.
Ein Gemenge von 1 Vol. Benzol und 2 Vol. Spiritus (von 85 Proeeal
Alkohol) giebt beim Verbrennen in Lampen ein schönes ijicht ; bei gröl-
serero Benzolgehalt russt die Lampe. Man hat vorgeschlagen, gew5ka>
liches Leuchtgas vor dem Anzünden mit Benzolgas zu mengen, indes
man das Gas zuerst durch Benzol leitet, wozu verschiedene Appanli
vorgeschlagen sind i) ; die Leuchtkraft soll hiebei in einem starken Vcr
hältniss wachsen, während der Verbrauch an Benzol ond die Kort«
nicht bedeutend sind.
Leitet man Benzoldampf durch eine rothglühende Röhre, so em*'
steht unter Abscheidung von Kohle ein gasförmiger Kohlenwasserstoft
Durch Chlor wird das Benzol nur im Sonnenlicht angegriffen xai
in Chlorwasserstoff -Chlorbenzol (s. unten) verwandelt; ähnlich verfailk
sich Brom. Jod hat selbst im Sonnenlichte keine Einwirkung.
Concentrirte Salpetersäure verwandelt das Benzol in Nitrobenzol
verdünnte Salpetersäure bewirkt bei anhaltendem Kochen dieselbe Vo*
Wandlung.
Auf diese Verwandlung gründet sich die von Hof mann angeg»'
bene Nachweisung des Benzols in Gemengen (s. unten bei NitrobenioK
Rauchende Schwefelsäure verwandelt das Benzol in Sulfobeoai
und Sulfophenylsäure; concentrirte Schwefelsäure löst Benzol nnler
Bildung des letzten Products allein (Gerhardt). Nach Mitacher*
lieh und Maus fiel d ist concentrirte Schwefelsäure ohne Wirkung irf
BenzoL Wässerige Chrorosäure, sowie Chlorkohlenoxydgas imSonoefr
lidite, verändern das Benzol nicht.
Als nähere Bestandtheile des Benzols werden Phenyl, Ci^fij, naA
C H i
Wasserstoff angesehen, so dass seine rationelle Formel ^*ix^[ gesclln^
ben wird.
Parabeniol nennt Church einen von ihm aus leichtem Ste»
kohlentheeröl gewonnenen Kohlenwasserstoff, welcher mit dem Beniol
gleiche Znsammensetzung besitzt, aber constant bei 97,5^ C. siedet, bei
— 20<^C. noch nicht fest wird und auch 4m Geruch von Benzol verschie*
den ist. Durch Behandlung mit Salpetersäure und einem Gemenge von
Schwefelsäure und Salpetersäure giebt es mit dem Nitrobenzol od^
Dinitrobenzol identische Producte ; mit rauchender Schwefelsäure eist
der Sulfophenylsäure isomere, hinsichtlich der Eigenschaften der Sah«
aber etwas abweichende Säure; Kupfersalz und Barytsalz der Säure liesses
sich nicht in Krystallen erhalten und waren in Wasser leicht loslich.
Abkömmlinge des Benzols.
Durch die Einwirkung des Broms nnd Chlors^ der SalpeiMBinre
oder Schwefelsäure entstehen aus dem Benzol Abkömmlinge, welche
Eum Theil detn Mntterstoff näher stehen, so dasB mam noch dasselbe
^) S. L»carriere*8 Apparat: Dingler's polyt Journ. Bd. CXLV, & S06.
Benzol. 871
tadical Phenyl in ihnen annehmen kann, theils von demselben pich
lehr entfernen und neue Badicalc Enthalten, Indem der Wasserstoff
nsterhalb des PhenyU durch Br,Gl,N04 oder SOj ersetzt wird, erhält
lan eine erste Reihe voti Abkömmlingen, welche wieder weitere De-
ivate liefern können; durch Substitution von Wasserstoff in dem Phe-
yl durch Br, Gl, NO4 erhält man eine weitere Reihe von Prodncten, in
reichen man entweder secundäre, durch Substitution abgeleitete Radi-
ale annehmen kann, oder neue, wasserstoffarm er e Radicale, s. B. C13 {{4,
^9 Ha* Erstere Betrachtungsweise, welche der gewöhnlichen ent-
prechender ist, möchte wohl gegenwärtig den Vorzug verdienen. Wir
rerden die Abkömmlinge de; Benzols nebst ihren weiteren Derivaten
n Zusammenhange anführen.
BrombenzoL
Durch Einwirkung von Brom auf Benzol entstehen verschiedene
^rodacte; nämich:
Monobrombenzol . Ci2H5Br,
Bibrombenzol . . . Ci3f{4Br3,
Tribrombenzol . . . Cj^HaBra.
Die ersten beiden Producte entstehen im zerstreuten Licht, letzte-
es verbunden mit Bromwasserstoff im directen Sonnenlicht.
Monobrombenzol.
C H Br)
Monobrombenzid. Formel: CuHsBr = " *|i |. Entdeckt
ron Couper. Man leitet dampfförmiges Brom in einen grossen Kol-
ben, worin etwas Benzol zum Kochen erhitzt wird, was ht, sobald die
^rechnete Menge von Brom eingeleitet ist, den Inhalt des -Kolbens
oit Kalilauge, trocknet und destillirt. Die Hauptmasse geht hierbei
Msi 1500 c. über.
Es ist eine farblose, im Greruch dem Benzol ähnliche Flüssigkeit,
reiche bei — 20^ C. nicht fest wird; die Dampfdichte ergab sich =: 5,63 1.
Ss wird beim Erhitzen mit essigsaurem Silberozyd auf 200^ C, oder
nit einer Lösung von schwefelsaurem Silberoxyd in concentrirter Schwe-
elsäure auf 200^ C. nicht verändert Beim Erhitzen mit Kalium in
rerschlossenen Röhren explodlrt es, mit Natrium erhält man Benzol
ind einen krystallinischen Körper.
lüt rauchender Salpetersäure verwandelt es sich in Krystalle von
Sromnitrobenzol, Ci4H4BrN04, die unter 90^0. schmelzen und
ich uDzersetzt destilliren lassen.
Das Monobrombenzol löst sich auch in rauchender Schwefelsäure
mter Bildung von Bromsulfophenylsäure.
Dibrombenzol.
Bibrombenzid. Formel: C„H4Br,=^«*** J"*« joder ^»**|^j.
Es entseht aus Monobrombenzol, wenn dieses einige Zeit mit über-
schüssigem Brom in Berührung gelassen wird, wobei fortwährend Brom-
wasserstofflsäure entweicht, und allmählig grosse Krystalle ansohiessen.
Es wird durch Auflösen in Aether und freiwilliges Verdunsten in schö-
nen schiefen- Prismen erhalten. Es schmilzt bei 89<^ C. und kocht bei
2190 €. ohne Veränderung.
872 Benzol
TribrombenzoL
Tribrombenzid, Bibromphenylbromür. Formel: CisB|fif|
C HirBr i
= ** D *(• E* wurde von Lassaigne darch Kochen der vorher
gehenden Verbindong mi€ weingeistiger Ealilange, Aosfallen mit Was-
ser und 'Auflösen des niederfallenden Oels in Aetber in seidegUuiMih
den, sehr leicht schmelzbaren, unzersetst flflchtigen Krygtallnadeb
erhalten. In Weingeist und Aether ist es sehr leicht löslich.
Bromwasserstoff-Tribrombenzol. Bibromphenylbromür-
Brom Wasserstoff, entdeckt von Mitscherlich. Formel: Cisfi«Br«^=
^'h'b?! ^^^^ ^"**«|j«j 3HBr. Setzt man ein Gemenge von Bcb-
zol und Brom dem Sonnenlicht aus, so emtarrt es bald zu farbloseo
Krystallen, welche durch Waschen mit kochendem Aether gereinigt werden.
Es ist ein geruch- und geschmackloses, farbloses, krystallinisciMi
Pulver» wenig in kochendem Alkohol oder Aether löslich, woraus «
beim Verdunsten in mikroskopischen, schief rhombischen Säulen as-
schiesst. Es ist schmelzbar und erstarrt wieder krystallinisch; bei der
Destillation geht es theils unzersetzt über, theils zerfallt es in Tribro»
benzol, BromwasserstofF, Brom und Wasserstoflga& Beim Elrhitns
mit Ealkhjdrat giebt es TribrombenzoL
Chlorwasserstoff-Trichlorbenzol.
Benzoltrichlorid, Chlorbenzin -Chlorwasserstoff. Formel: Ci^H^Glf
— ^"s^q'H®' Ci,Hg€la.€l-f-3»€l. Von Mitscherlich C18S5)
entdeckte
Leitet man Chlorgas im Sonnenlicht zu Benzol, so wird es m^
Wärmeentwickelung absorbirt; das^ Benzol verwandelt sieb albnälu
beinahe völlig in farblose Erfstalle, welche man mit etwas Aether ab-
wäscht, oder aus kochendem Weingeist umkrjstallisirt.
Man kann auch Benzol in eine mit Chlorgas gefüllte Flasche gies-
sen und dieselbe hierauf dem Sonnenlicht aussetzen.
Es krystallisirt in wasserhellen glänzenden Blättchen oder rbois-
bischen Säulen mit abgestumpften Seitenkantea, Es schmilzt bei
1820 C. (Mitscherlich, bei 13öbisl400C. Laurent) und destilfiil
unter theilweiser Zersetzung bei 280^ C. (Mitscherlich) ohne Back-
stand zu hinterlassen.
Beim Kochen mit alkoholischer Kalilauge geht es unter Austreten
von 8 Aeq. Salzsäure in Trichlorbenzol über:
Cigfis^l^ = CisTTsTsls -{- 8ÄG1.
Dieser Zersetzung zufolge, welche der des Elaylchlorids und Naphto-
linchlorids entspricht, kann man in demselben S Aeq. ChlorwuNr-
C H J
Stoff in Verbindung mit Bichlorphenjlchlorid , ' ^^^/j €l annehnMs.
Die Beziehungen und Unterschiede zwischen den erwähnten Chlorver-
bindungen treten in folgenden Formeln hervor:
Bildungssoheroa:
C4g4,-i^€U CaoHg^-MGla Ci,H, + 3 Gl,
Elajlchlorid Naphtalinbichlorid Benzoltrichlorid
Benzol. 873
Zersetznngasoheni» :.
C4«,€l -)- HGL CoHs -f 2 «61. C,jH,6ls -f 3H€l.
*
Trichlorbenzol, Bichlorphenylchlorid, Chlorbenzid.
Formel: CijHaßl« =^"J*«| oder^*'*''*|H. Entdeckt von Mit sehe r-
1 i oh. Es entsteht aus dem ChlorwasserstoflT-Trichlorbenzol durch Ver-
las! von 8 Aeq. Chlorwasserstoff, welche denriselben entweder durch Er-
hitzen (ttber den Siedepunkt) oder durch Metalloxyde entzogen wer-
den können.
Zur Darstellung destillirt man ein Geraenge von Chlorbenzol mit
tiberschtissigem Kalk- oder Bar3rth7drat , schüttelt die übergehende
Flüssigkeit erst mit Wasser, und rectificirt sie nach dem Trocknen über
Chlorcalcium.
Man kann das Chlorbenzol auch durch Kochen mit alkoholischer
Kalilauge in Chlorbenzid überfuhren, welches sich durch Zusatz von
Wasser abscheidet
Es ist ein farbloses Gel von 1,457 specif. Gewicht bei 7^ C, siedet
bei 210<'G.y von 6,87 Dampfdichte (Mitscherlich, entsprechend einer
Condensation auf 4 Volume). Es wird von Chlor, Brom, Säuren und
Alkalien nicht verändert, löst sich nicht in Wasser, aber leicht in Wein-
geist, Aether und Benzol.
Nitrobenzol.
Nitrobenzid. Entdeckt von Mitscherlich. Formel: C1SH5.NO4
-^»^'^loder^i«**^^^*^!.
Es entsteht bei der Einwirkung der Salpetersäure auf Benzol:
C12H« 4- HO.NO5 =; Cia H5NO4 -f 2H0,
und bei der trockenen Destillation der nitrobenzoesauren Salze.
Zur Darstellung desselben bringt man Benzol allmälig zu warmer
rauehender Salpetersäure, die beim Erkalten Nitrobenzol als ein Oel
abscheidet, das mit Wasser gewaschen und nach dem Trocknen iiber
Chlorcalcium durch Destillation rein erhalten wird.
Es ist eine gelblich gefärbte Flüssigkeit, von inteqsiv süssem Ge-
schmack und starkem dem Bittermandelöl ähnlichen Geruch. Sein specif.
Gewicht ist 1,209 bei 150C. (Mkscherlich), 1,1866 bei 14,40C.(Kopp);
e8 8iedetbei2130C.(Mischerlich),bei2190— 2200c. (Kopp), unterste,
erstarrt en krjstallinisch in Nadeln. Seine Dampfdichte beträgt 4,40
(Mitscherlich), wonach das Aequivalent 4 Vol. Dampf bildet.
In Wasser ist es fast unlöslich, mit Weingeist oder Aether lässt
es sich in jedem Verhältnisse mischen. In concentrirter Schwefelsäure
oder Salpetersäure löst es sich, besonders in der Wärme, leicht auf.
Das Nitrobenzol wird seines bittermandelölartigen Geruches hal-
ber in der FarfSmerie (unter dem Namen Easence de Mirhane) ange-
wandt, und dient als Ersatz für das theure Bittermandelöl.
Chlor, Brom, verdünnte Schwefelsäure, massig concentrirte • Sal-
petersäure greifen es bei 100® C. nicht an ; leitet man es aber dampfför-
mig mit Chlorgas durch eine erhitzte Röhre; so wird es unter Bildung
von Salzsäure zersetzt (Mitscherlich). Concentrirte Schwefelsäure
zersetzt es beim Erwärmen unter Entwickelung von schwefliger Säure;
rauchende Salpetersäure ftthrt es beim Erhitzen in Dinitrobenzol über.
874 Benzol.
Wässerige Kalilösiing übt beim Kochen keine b<Miierkliche Einwirkang;
alkoholische Kalilci^ung verwandelt das Nitrobenzol in Azoxybeoad
(s. unteti) und in dunkelgefarbtes Kalisalz. Bei der Destillation g«-
hen Azobenzid und Anilin über (s. weiter unten.)
Leitet man zn der mit Ammoniak versetzten Lösung von Nitro-
benzol in Alkohol Schwefelwasserstoifgas, so fallt Schwefel nieder, and
die nach der Sättigung auf 0^ abgekühlte Flüssigkeit gesteht zu einer
Masse von feinen gelben Nadeln, die in Wasser oder Alkohol sebr
leicht löslich sind und beissend schmecken« Erhitzt man die Ma«e bii
ein Theil des Alkohols verdampft ist, so scheidet sich abermals Schwefel
ab und es tritt Anilin auf. Bringt man Nitrobenzol mit Zink imd
einer Mischung gleicher Volume von Alkohol und Salzsäure zusammen,
so entsteht reichlich Anilin :
C,3 H5NO4 -(- 6H = CijHtN + 4H0
Ebenso, nur noch leichter, wirkt eine Mischung von Eisenfeile und
Eüsigsäure. Auch andere reducirend wirkende Stoffe^ z. B. eine Lösang
von ar^eniger Säure in Kali verwandeln das Nitrobenzol in Anilin
(Wohl er). Auf dieses Verfahren gründet sich die von Hof mann an-
gegebene Methode zur Entdeckung von Benzol in Gemengen. Msn
übergiesst die zu prüfende Flüssigkeit mit rauchender Salpetersaart
und erwärmt, bis dieselbe eine strohgelbe Farbe angenommen hat, ver-
dünnt mit Wasser und schüttelt mit Aether. Die ätherische Lösnng
wird mit der Pipette abgehoben, mit einer Mischung von Alkohol und
Salzsäure versetzt und etwas granulirtes Zink hineingelegt. Nach Ver-
lauf einiger Minuten übersättigt man mit Kali, schüttelt abermals mit
Aether, worin das frei gemachte Anilin sich löst, und erhält es diircb
Verdunsten der Aetherlösung auf einem Uhrglase. Auf Zusatz einiger
Tropfen von Chlorkalklösung zu dem Rückstande der Aetherlösung
giebt sich das Anilin durch die intensiv purpurviolette Färbnng zu er-
kennen.
Dnrch Behandlung von Nitrobenzol mit schwefligsaurem Ammo-
niak erhielt Hilkenkamp neben schwefelsaurem Ammoniak das Aro-
moniaksalz einer als Dithiobenzolsäure bezeichneten S&nre and
andere nicht untersuchte Prodncte. Die Bildung der Sänre leitet Hil-
kenkamp jedoch nicht von Nitrobenzol, sondern von Binitrobeniol
(das er als Verunreinigung des von ihm angewandten Nitrobenzols sn-
nimmt) ab, weshalb wir auf dieses verweisen.
Azoxy benzid.
Formel: C24II10N3 O2. Entdeckt von Zinin. Es entsteht bei der
Einwirkung einer alkoholischen Kalilösung auf Nitrobenzol, wobei dem-
selben ein Theil seines Sauerstoffes entzogen wird, welcher ohne Zwei-
fel auf den Alkohol oxydirend einwirkt und diesen in nicht genau oo-
tersuchte Prodncte (vielleicht Glyozal, Glycolsäure, zuletzt Oxals&ore)
verwandelt. Man hat nämlich: '
2Ci, Hft NO4 = Cji Hio N, O, -(- 60. ,
Nitrobenzol Azoxybenzid
Zur Darstellung desselben setzt man zu der Lösung von 1 Tbl.
Nitrobenzol in lOThle. Wemgeist 1 Thl. gepulvertes Kalihydrat, wob«
die Flüssigkeit sich unter brauner Färbung bis zum Kochen* erhitft
Man schüttelt und unterhält das Kochen einige Minuten. Beim £rkal-
Benzol 875
ten scheiden sich häufig schon EiystaUe von Azozybenzid ab, von denen
man die Fitissigkeit abgiesst nnd destillirt, bis sie sich in zwei Schichten
getheilt hat; die obere Schicht giesst man ab, wäscht sie mit Wasser^
li^orauf sie nach einigen Stunden zn braunen Krjstallen erstarrt. Die
untere Schicht enthält Kalihydrat, kohlensaures Kali und eine in Al-
kohol fast unlösliche braune Kali-Verbindung. Die unreinen Krystalle
von Azoxybenzid werden zwischen Papier gepresst und durch wieder-
holte Krystallisation aus Alkohol oder Aether gereinigt. Die braune
Farbe entzieht man am leichtsten den Krystallen, wenn man Ghlorgas
in ihre Lösung in Alkohol leitet. Aus 2 Thln. Nitrobenzol erhält man
1^/2 Thle. reines Azoxybenzid.
Es bildet Tierseitige, glänzende, gelbe Nadeln, die bei freiwilligem
Verdunsten der ätherischen Lösung oft zolllang werden, ist hart wie
Zucker, leicht zerreiblich, geruch- und geschmacklos. £s schmilzt bei
36<^ C. zu einer stark lichtbrechenden gelben Flüssigkeit und erstarrt beim
Grkalten rasch zu einer strahlig krystallinischen Masse. Es ist in
Wasser, verdünnter Schwefelsäure, Ammoniak und Kali unlöslich, löst
sich aber leicht in Weingeist, noch leichter in Aether.
Chlorgas greift es weder in der alkoholischen Lösung, noch im
geschmolzenen Zustande an. Brom verwandelt es in einen gelblichen,
leicht schmelzbaren, in Alkohol sehr wenig löslichen Körper, wahr-
scheinlich ein Substitutionsproduct C34 H9 Br N^ O3 (doch wurde bei der
Analyse mehr Brom erhalten, Gerhardt und Laurent). Verdünnte
Siüpetersänre greift es wenig an, rauchende Säure löst es unter Wärme-
otitwickelung auf nnd verwandelt es in Nitrazoxybenzid. Coi^cen-
trirte Schwefelsäure löst es beim Erwärmen unter theilweiser Zer*
setznng, indem eine gepaarte Säure sich zu bilden scheint. Bei der
trockenen Destillation erhält man als Destillat ein Gemenge von Anilin
und Azobenzid, während als Rückstand aufgeblähte Kohle bleibt.
Schwefelammonium verwandelt es in Benzidin :
C,4HioN,Oa-f 4HS=CmHi2N3 + 2H0+ 4S.
Azoxybenzid Benzidin
Dieselbe Verwandlung bewirkt schwefilige Säure.
Nitrazoxybenzid: €34 H9 (NO4) Nj O2 (Zinin, Gerhardt und
Laurent). Die Lösung von Azoxybenzid in rauchender Salpetersäure
scheidet beim Erkalten die Verbindung in Nadeln ab, die man auf As-
best sammelt, auf einem Backsteine trocknet und aus kochendem Wein-
geist krystallisirt. (Die alkoholische Mutterlauge scheint noch einen
zweiten leichter löslichen Körper zu enthalten.) Man erhält es in gel-
ben, krystallinischen Flocken oder zu Büscheln vereinigten Nadeln.
Es löst sich in kochender, rauchender Salpetersäure unzersetzt, in ko-
chendem Alkohol und in Aether ist es schwer löslich.
Eäne kochende alkoholische Kalilösung löst es unter braunrother
Färbung; auf Wasserzusatz schlägt sich ein gelbrothes Pulver nieder,
welches aus kochendem Terpentinöl krystallisirt erhalten wird. In Al-
kohol und Aether ist es fast unlöslich; wahrscheinlich besitzt es die
Formel C24H9N3O2 (Gerhardt und Laurent).
Azobenzid.
Azobenzol. Formel: C19H5N, oder vielmehr (}24HioNs. Ent-
deckt von Mitscherlich. Es entsteht aus dem Nitrobenzol durch Re«
876 Benzol.
duetioD, and ans dem Benzidin durch Oxydation mit salpetriger SioKe;
in ersterem Falle scheint« es jedoch stets ein secnndires Prodnct des
zuerst gebildeten Azoxjbenzids zu sein.
Man destillirt Azoxybenzid and entfernt das beigemengte I^^äm
durch wiederholte fractionirte Destillation, presst den festen zaktzt
übergehenden Antheil zwischen Papier aus und krystallisirt ihn a»
Alkohol um (Zinin). Man kann auch unmittelbar die Losung deslii-
trobenzols^ in alkoholischer Kalilösung destilliren, ohne das Azosyben-
zid für sich rein darzustellen, und erhält dabei gegen das Ende der
Destillation eine rothe Flüssigkeit, welche beim Erkalten zu einer Krj-
stallmasse erstarrt (Mitscherlich). Nach Noble erh< man eine
reichliche Ausbeute durch Destillation eines Gemenges Ton 1 Tbl. Ni-
trobenzol, 3 Thln. Eisen und 1 Thl. Essigsäure. Es geht hierbei an-
fangs Anilin mit wenig Nitrobenzol über, später erhält man Acobenzid
(etwa ein Drittel des ganzen Destillates), welches durch Behandeln mit Sali-
säure von Anilin befreit und aus Alkohol umkrystallisirt wird. Es ist nieHt
untersucht, ob bei letzterer Methode der Bildung des Azobenzids die des
Azoxybenzids vorausging, oder ob es direct ans dem Nitrobenzol dorek
Reduction entstand.
Das Azobenzid bildet grosse rothe Erystalle oder orangerotbe
dünne, rhombische Blättchen einer monoklinometrischen GombinaäoB
OP+P — P-«>P«>+^°^' — 2P«> (Marignac). Es schmxht
bei 650C. und kocht bei 1980 C. unzersetzt
In kochendem Wasser ist es nur sehr wenig löslich, leicht löslick
in Alkohol und Aether. Auch starke Schwefelsäure und Salpetersäan
lösen es auf; Zusatz von Wasser scheidet es ab.
Es lässt sich über auf 2500C. erhitzten Natron-Kalk ohne Zersetzunf
destilliren; dampfförmig durch eine glühende Röhre geleilet, zersetn
es sich« Rauchende Salpetersäure verwandelt es in Nitrasobenad
und Binitrazobenzid. Schwefelammonium führt es in Benzidin über;
in gleicher Weise geschieht dies durch schweflige Säure.
Nitrazobenzid,Nitroazobenzid: C24H9(N04)N2 (Zinin, Ger-
hardt und Laurent). Zur Darstellung desselben löst man Azobenzid
in kalter rauchender Salpetersäure, wobei Wärme frei wird und die
Lösung sich blutroth färbt; nach kurzer Zeit scheiden sich gelbrotbe
Krystalle aus, von welchen man die Säure abgiesst. Die Krystalle
kocht man mit Alkohol, wobei gewöhnlich Binitrazobenzid ungeloit
bleibt; die Lösung scheidet beim Erkalten blass pomeranzengelbe, et-
was blättrige Nadeln ab, die man mit etwas Weingebt und Aether ab-
wäscht.
Das Nitrazobenzid schmilzt beim Erhitzen (leichter als Binitrazo-
benzid) und erstarrt krystallinisch. Es ist in Weingeist weniger leicbt
als Azobenzid, leichter als Binitrazobenzid löslich.
Binitrazobenzid, Binitroazobenzid: C)4 H« (N04)s Ns oder
C13II4 (NO4) N (Zinin, Gerhardt und Laurent). Es entsteht gewöhn-
lich neben der vorhergehenden Verbindung, um so reichlicher, je IIa-
ger man die Salpetersäure in d^r Wärme einwirken liess. Man gietft
die Flüssigkeit von den beim Erkalten ausgeschiedenen Krystallen ab*
wäscht diese mit gewöhnlicher Salpetersäure, hierauf mit Wasser, dann
mit etwas Aether und krystallisirt aus kochendem Weingeist um; daa
Binitrazobenzid krystallisirt beim Erkalten zuerst aus. Es bildet mor-
genrothe, fast metallglänzende kleine rhombische Tafeln oder Nadelo,
Benzol. 877
l£e beim Erhiteen ztt einer krystalliniflch erstarrenden, blutrothen Flfis-
a^keit schxnelxen.
In kaltem Weingeist löst e8 sich kaum, schwierig in kochendem
Wlkohol oder Aether; am besten krystallisirt es ans der Lösung in ko-
kender Salpetersäore^
Sohwefelammonium verwandelt es inDiphenin;
C34H8N4 08-f l2HS = Cj4Hi2N4 + 8»0-f- 12 S.
Binitrazobenzid Diphenin
Diphenin: Cuil^Ns oder C94H19N4 (Gerhardt und Laurent).
I>iese organische Base entsteht durch Reduction aus Binitrazobenzid;
xman setzt Alkohol und Schwefelammonium zu, kocht zur Vertreibung
»ixies Theils d^s Alkohols, verdünnt mit Wasser und übersättigt schwach
nit Salzsäure. Aus der ftltrirten Flüssigkeit fiillt man die Base in der
EVärme mit Ammoniak ; sie scheidet sich krystallinisch ab und wird
loTch ümkrystallisiren aus Aether gereinigt. Man kann es auch durch
Stssatz von Schwefelsäure in schwefelsaures Salz verwandeln, welches
XI kaltem Wasser unlöslich ist; man wäscht dasselbe mit^ Wasser und
^Jkohol ab, löst es in verdünnter Salzsäure kochend auf, und fillH es
cnit Ammoniak.
Das Diphenin ist gelb, krystallinisch. Salpetersäure und Salzsäure
lösen es unter rother Färbung auf. Auf Zusatz von Platinchlorid zur
ialzsauren Lösung fiillt dasPlatmdoppelsalz, Ci3H^Ns-f-Ii€l.Pt€l2i als
dnnkelkarminrother Niederschlag. Das schwefelsaure Diphenin ist
In Wasser unlöslich.
Benzidin.
Organische Basis, entdeckt von Zinin. Formel: C12 He ^ oder
vielmehr C24lii9N2.
Es entsteht ans dem Azobensid durch EliBwirkung von Schwefel-
wasserstoff oder schwefliger Säure:
C24iTxO^S i" 2 ÄS = C94"H^a "i * S.
Azobenzid Benzidin
Aach ausAzoxybenzid erhält man es durch Behandlung mitSchwe-
felamnionium (Laurent u. Gerhardt) oder in weingeistiger Lösung
mit Beductionsmitteln (Zinin).
Die gelbe Lösung von Azobenzid in wein geistigem Ammoniak
färbt sich beim Einleiten von Schwefelwasserstoffgas erst dunkelbraun
nnd scheidet hierauf beim Kochen Schwefel ab. Aus der von dem
Niederschlag abfiltrirten Flüssigkeit scheidet sich beim Erkalten Ben-
zidin in silberglänzenden Blättchen ab. Zur Reinigung löst man es
in Alkohol und fällt mittelst verdünnter Schwefelsäure das beinahe un-
lösliche schwefelsaure Salz aus, welches mit Weingeist gewaschen und
mit Ammoniak behandelt, das Benzidin rein liefert
Es bildet schneeweisse,* silberglänzende Schuppen, die bei 108<^ C.
schmelzen nnd wieder krystallinisch erstarren. In kaltem Wasser ist
es wenig löslich, leicht in heissem Wasser, so wie in Alkohol oder Aether.
Es ist geruchlos, schmeckt in Lösungen bitter und brennend.
Beim Erhitzen subUmirt es zum Theil unzersetzt, der grössie Theil
ieerlegt sich in braune harzartige Frodncte.
Leitet man Chlorgas durch die wässerige oder weingeistige Lösung
878 Benzol.
desselben, so färbt sie sich vorübergehend blau, dann rotkbfmm, tiibt
sich und setzt scharlachrothe, kaum in Wasser, leichter in Weiageift
lösliche Krystalle ab (Azobenzid?). Erwärmt man es schwach im
Dampf der aus dem Gemenge von Stärkmehl und SalpeterMore ab-
weichenden rothen Dämpfe, so findet unter lebhafter Einwirknng die
Verwandlung desselben in Azobenzid statt (Noble). Die Lösung des
Benzidins in concentrirter Salpetersäure entwickelt unter hellerer Fär-
bung beim Kochen salpetrige Dämpfe und scheidet auf Zusatz tob
Wasser rothbraune Flocken ab, die in Weingeist schwer löslich ml
Die Mutterlauge förbt sich mit wenig Ammoniak blutroth, nnd gi^
mit mehr Ammoniak braune Flocken.
Chlorwasserstoffsaures Benzidin: C)4!ii3N9.2liQ. Wei»
perlglänzende rhombische Blättchen, die leicht in Was^, noch meb
in Weingeist, kaum in Aether löslich sind. In Berührung mit Aethcr
und Säure färben sie sich an der {iufL
C hlor Wasser Stoff sau res Benz idin-Plat in Chlorid zCf^His^i-
21(61-1- 2Pt6l9, wird aus der wässerigen oder alkoholischen LöraBf
des vorhergehenden Salzes durch Platinchlorid ab gelber krjstaUim'
scher Niederschlag erhalten. £s wird beim Kochen mit Wasser, leich-
ter noch durch Weingeist oder besonders leicht mit Aether in ein donkel»
violettes Pulver verwandelt. Schwerlöslich in Wasser, unlöslich ii
Weingeist oder Aether.
Oxalsaures Benzidin: 0)41(12^9. 2 HO . 6406« Seidenglai-
sende, sternförmig vereinigte Nadeln, die in Wasser und in Weingeisi
ziemlich schwer löslich sind.
Salpetersaures Benzidin scheidet .sich aus der Lösung ^
Benzidins in warmer Salpetersäure beim Erkalten in dünnen, rechtwink-
ligen Blättehefa aus.
Schwefelsaures Benzidin: Cs4HisN, .2H0.2SO,, falltaif
Zusatz von Schwefelsäure zu der verdünnten wässerigen Lösung Toe
Benzidin als weisses, mattes Pulver nieder; aus sehr verdünnten LosaB-
gen wird es in perlglänzenden Blättchen erhalten. Es ist selbst in ko-
chendem Wasser und Alkohol nur spurenweise löslich.
Zinin hat ferner noch das benzo^saure, essigsaure, pho^
p hör saure und wein saure Benzidin krystallinisch erhalten. Ua
Quecksilberchlorid bildet es ein in Wasser und Weingeist löslich«)
krystallinisches Doppelsalz.
Dinitrobenzol.
Binitrobenzol, Binitrobenzid, N Itrop heny In itrar-
Formel: Ci2H4N208 = ^''**no,*! ^^®' ^»^»(^'g*)! | ^^.
deckt von Deville. Es entsteht bei anhaltendem Kochen von Ben-
zol mit rauchender Salpetersäure, doch nur langsam (DevilleX ^
gegen rasch, wenn man Benzol tropfenweise in eine Mischung gleicher
Theile rauchender Salpetersäure und concentrirter Schwefelsäure gin^
so lange Auflösung erfolgt, die Lösung einige Minuten kochen lätft,
worauf beim Erkalten das Dinitrobenzol auskrystallisirt (HofmannuiKl
Muspratt). Zur Reinigung werden die Krystolle mit Wasser gewa-
schen und aus kochendem Weingeist umkrystallisirt. Es sind lange glas-
Benzol. 879
zende (farblose oder gelbe?) Nadeln und Blätter, die unter 100<^ C. schmel-
zen und in warmem Alkohol leicht, aber in Wasser nicht löslioh sind.
Schwefelaro monium verwandelt es unter Absoheidung von Schwefel
in Nitranilin; Zink und Salzsäure führen es in Nitrosophenylin
(s. unten) über.
Von dem Dinitrobenzol leitet Hilkenkamp die von ihm aus Ni-
trobenzol durch Behandlung mit schwefligsaurem Ammoniak erhaltene
Dithiobenzolsäure ab, welche wir hier beschreiben wollen.
DithiobenzoiBäure.
Formel: CisHgN, . S4 0n = 2H0 . Oi^HfiNa . 2S,05 oder
Ci3 He Ns . u^{ ^4* Hilkenkamp erhielt diese Säure, indem
er 80 6rm. Nitrobenzol (von dem er vermuthet, dass es Binitrobenzol
enthielt) mit 340 Grm. trockenem schwefligsaurem Ammoniak und
1 Liter absolutem Alkohol nebst etwas kohlensaurem Ammoniak in
einem geräumigen Kolben während 8 bis 10 Stundei^ im Wasser-
bade wärmte. Die hierbei Überdestillirende ammoniakalische Flüs-
sigkeit wurde von Zeit zu Zeit zurückgegossen , so dass die Flüs-
sigkeit im Kolben nicht sauer reagirte. Beim Erkalten krystallisirte
schwefelsaures Ammoniak aus und die hiervon abfiltrirte und vorsich-
tig verdunstete Lösung schied beim Stehen feine weiche Blättchen,
nebst einer geringeren Menge harter Nadeln aus. Erstere Hessen sich
nicht von der syrupdicken Mutterlauge trennen, letztere aber konnten
daroh Pressen zwischen Papier und Waschen mit einer Mischung von
Aether und absolutem Alkohol fiir sich dargestellt werden, und sind das
Ammoniakszlz der Dithiobenzolsäure, deren Entstehung sich durch
folgende Gleichung erklärt:
C12H4N2O8 -(- 12(NH40. SO,) = Ci,ggN2.84 0i2
Dinitrobenzol Dithiobenzolsäure
+ 8 (NH4O . SO3) + 4NHa.
Die Säure im freien Zustande wurde nicht untersucht. Das dithio-
benzolsäure Ammoniumoxyd, 2NM4O.CJ2II6N2 . S4O10, dessen
Darstellung oben angeführt wurde, ist ein weisses, krjstallinisches Pul-
ver, sehr leicht in Wasser und Weingeist loslich, wenig in absolutem
Alkohol, nicht in Aether. Seine Losung reagirt schwach sauer und
giebt weder mit Säuren noch mit Metallsalzen Niederschläge ; durch Sal-
petersäure wird es gelb geförbt. Chlor bildet damit reichliche Men-
gen von Chloranil nebst Spuren eines braunen, harzigen Körpers.
Der dithiobenzolsäure Baryt, .2BaO. Ci^He N^ S4 Oio^ wird
durch Kochen des Aramoniaksalzes mit Baryt wasser. Einleiten von Koh-
lensäure und Verdampfen der filtrirten Lösung in krystaUinischen Kru-
sten erhalten. Er ist im Wasser löslich, nicht in wässerigem oder was-
serfreiem Alkohol.
Nitrosophenylin.
Formel: CisH^Ns02 (Church und Perkin). Entsteht durch
Reduction aus Dinitrobenzol. Bringt man zu einer kalt gesättigten
alkoholischen Lösung von Dinitrobenzol Zinkblech und starke Salz-
880 Benzol. -
säure , so färbt sich die Flüssigkeit carminroth, während die Wasser-
stoffentwickeluDg bald aufhört Nach beendigter Einwirkung nimmt mao
das Zink heraus, nentralisirt mit Kali und dampft die von dem Zinkoxjd
abfiltrirte Lösang ein. Der Rückstand wird mit Wasser gewuehca,
nochmals in Alkohol gelöst und durch Eindampfen im Wasserbade ran
erhalten. Das so dargestellte Nitrosophenylin ist glänzend schwarz,
spröde, leicht schinelzbar, in höherer Temperatur zersetzt es sich. Ei
ist in Wasser und in Benzol kaum löslich, leicht in Säuren und Alko-
hol; die Lösungen in Säuren sind prächtig carminroth gefärbt, £e
alkoholische Lösung ist schon in sehr verdünntem Zustand undurchsich-
tig, glänzend orangenroth. Alkalien fallen es aus den Lösungen io San-
ren ohne es zu verändern; beim Erhitzen mit Natronkalk liefert es Am-
moniak und Anilin. Bei längerer Einwirkung von Wasserstoff im
Entstehungszustande verwandelt es sich in eine sauerstoflfTreie, farblose
Substanz.
Abkömmlinge des Benzols durch ISchwefelsäure
Die concentrlrte Schwefelsäure vereinigt sich mit Benzol xa
einer gepaarten Säure, die Sulfophenylsäure; die wasserfreie
Schwefelsäure giebt ausser derselben Säure auch einen neutralen Körper,
das Sulfobenzol. Jedes dieser Producte giebt zahlreiche Derivate.
Sulfophenylsäure.
Sulfobenzolsänre, Benzol-Schwefelsäure, BeDcin8chir<*
feisäur e,Benzid-Unter schwefelsaure, Phenyldithionsiart
Formel: Ci2H6S20e = ^****^ •^^g^jOarrrHO.CiaH, .SjO,. Errt-
deckt von Mitscher lieh (1834). Man erhält die Säure, wenn mae
Benzol so lange zu rauchender Schwefelsäure setzt als es noch gelöst
wird, hierauf mit Wasser verdünnt, von dem ungelösten Sulfobenzol ab-
filtrirt und die freie Schwefelsäure durch Sättigen mit kohlensaurem Bft-
rjt ausfällt. Die von dem schwefelsauren Baryt abfiltrirte Flüssigkeä
enthält sulfopbenylsauren Baryt, den man durch Zusatz von K1lpfe^
vitnol in Kupfersalz verwandelt, welches, durch Schwefelwasserstof
* zerlegt, freie Sulfophenylsäure giebt. Man dampft die Lösung ein vod
erhält beim Erkalten, nachdem sie syrupsdick geworden ist, die Sisr*
als eine krystallinische Masse (Mitscherlich).
Auch durch Auflösen von Benzol in concentrirter SchwefelB&nre.
wobei man gelinde erwärmt und sonst wie oben verfährt, erhalt mtf
die Säure (Gerhardt).
Sie ist in Wasser löslich und zersetzt sich in der Hitze.
Die sulfopbenylsauren Salze sind wenig untersackt; fi'
sind in Wasser löslich, zersetzen sich erst in starker Hitze, zeifalleo
aber beim Kochen mit überschüssigen Alkalien in schwefelsaure Salie,
Benzol und andere Producte.
Die Verbindungen mit Ammoniumoyd, Bleioxyd, EisenoxT-
dul, Kali, Natron, Silberoxyd und Zinkoxyd krystallisircn girt;
das Barytsalz nur in Kry8tallrinden.
BenzoL 881
SalfophenylBanres Aethylozjd, C4HftO.C1sH5.S2O5, wnrde
von Gericke durch Erhitzen von salfophenjlsaarem Bleiozyd mit
Jod&thyl auf lOO^C. dargestellt. Es krystallisirt aus der weingeisti-
gen Lösung in feinen Nadeln, ist leicht in Wasser, weniger in Alkohol
löslich, nicht flöchtig, und zerfallt beim Erwärmen mit Kali in Sulfo-
phenjlsäure und Alkohol.
Das snlfophenylsanre Kupferoxyd, CuO.CxsH5.S2O5
-|- zaq., wird in grossen Krystallen erhalten, die bei 170^ C. alles
Wasser verlieren und bei 220<^C. sich noch nicht zersetzen.
Bromsulfophenylsäure.
Formel: Ci,1i^»rStO^ = CuH4Br.S2 04J q^ =HO.Ci2H4«r.
SfOft (Couper). Wird durch Auflosen von Monobronibenzol in rau-
ckendef Schwefelsäure gebildet; beim Stehen der Lösung an der Luft
scheidet sich die Säure in Krystallen ans, die leicht in Wasser löslich
sind. Durch Zusatz von Ammoniak scheidet sich bromsnlfophenyl-
saures Ammoniumoxyd, NH4O.C1sH4Br.S2O5, aus, das in
Wasser fast unlöslich ist. SUberlösung fällt die Lösung der Säure nicht.
Nitrosulfophenylsäure.
Nitrobenzolschwefelsäure, Nitrobenzid-Unterschwefel-
säure. Formel: CisH5(N04) 8,0« = ^'** ^^°*^ • ^2*j O, =
HO«Cisft4(N04).Ss05 (Laurent). Sie wird durch Kochen der
SolfopheDylsäure mit Salpetersäure erhalten. Durch Schwefelwasser-
stoflT wird sie in Solfanilsäure (Bd. I, S. 1113) verwandelt.
Sulfophenylchlorid.
Chlorure de eulfophenyl^ ohlorure phenyl'aulfureua. For*
mel: CisH5.Ss04€l (Gerhardt und Chancel). Es bildet sich
leicht bei der Destillation der sulfophenylsauren Salze mit Phosphor-
oxychlorid. Am einfachsten löst man Benzol in seinem gleichen Volu-
men concentrirter Schwefelsäure, erwärmt bis man eine homogene rothe
Flüssigkeit erhalten hat und sättigt diese , nach dem Verdünnen mit
Wasser, mit Kreide. Den in der Lösung* enthaltenen sulfophenylsauren
Kalk zersetzt man genau mit kohlensaurem Natron, und dampft die fil-
trirte Lösung zur Trockne. Das Salz wird längere Zeit auf löO^C.
erwärmt und in abwechselnden Portionen mit Phosphoroxychlorid in
eine tubulirte Retorte gebracht, so dass ein dicker Brei entsteht. Man
destillirt so lange noch eine ölartige Flüssigkeit Übergeht, und rectifi-
cirt diese für sich, wobei man den letzten bei 254^0. übergehenden
Antheil für sich auffängt
Das Solfophenylchlorid ist eine farblose ölartige Flüssigkeit von
1,378 specif. Gewicht bei 2S^ C, stark lichtbrechend, an der Luft
schwach rauchend. Der Geruch ist stark, an Bittermandelöl erinnernd ;
es ist unlöslich in Wasser, sehr löslich in Alkohol. Es kocht bei
2640 o.
DoTch Wasser wird es kaum angegriffen, aber die Alkalien ver-
HiuidwSrtcrbveh iltr Ghcmit. 9t« Aofl. Bd. O. 56
882 BenzoL
wandeln es sogleich in sulfophenjlnaares Salz und ChlormeCalL Ain-
moniak giebt damit Sulfophenjlamid und Salmiak.
Amidverbindungen des Sulfophenyls.
Dnrch Einwirkung von Sulfophenylchlorid auf Ammoniak, organi-
Rohc Basen und neutrale Amide erhielten Gerhardt und Chiozxa
eine Anzahl neutraler Amide, in welchen das Radical Snlfophenyl,
C19H5.S3O4, einen Theil des Wasserstoffs in dem Ammoniak Tertritt,
nämlich: Sulfophenylamid, Bisnlfophenylamid, Benzoyl-
snlfophenylaniid, Bibenzoylsulfopbenylamid, Bencoyl-
acetylsulfophenylamid, Benzoylcnmylsnlfophenylamid^
Cumylsulfophenylamid, Phenylsulfophenylamid (Bd l,
S. 1070), Succinylsulfophenylamid, Bibenzoylsncciayl-
sulfophenylamid.
Das Sulfophenylamid und das BeBzoylsulfophenylamid geben fer-
ner weitere Verwandlungsproduote, welche wir noch anffihren.
Sulfophenylamid) Sulfobenzolamid, Ci^HyNSsO« =
C,8H5S3 04| pj (Gerhardt und Chancel> Es entsteht dnrch Ein-
wirkung ded Ammoniaks auf Sulfophenylchlorid. Zur Darstellung bringt
man einen grossen Ueberschuss von käuflichem kohlensauren Ammoniak
in einen Porcellanmörser, pulvert es fein und befeuchtet es mit Sulfo-
phenylchlorid, wobei sogleich Einwirkung stattfindet, die man dnrd
Erwärmen des Mörsers unterstützt. Sobald der Geruch des Chlorid»
verschwunden ist, setzt man Wasser zu , entfernt den Salmiak und dv
überschüssige kohlensaure Ammoniak mit kaltem Wasser, imd krystalfr
sirt das ungelöst zurückbleibende Amid aus kochendem Weingeist ntt
Eis krystallisirt in schönen perlmutterglänzenden Bl&ttchen, ist nnlö»-
lieh in Wasser, leicht löälich in Alkohol, sowie auch in kochendem wSi*
serigem Ammoniak. Es schmilzt bei 150^ C. und scheint unzeraetzt n
snblimiren. Wasserfreie Phosphorsäure verkohlt es beim Erhitzen. VJi
Sulfophenylchlorid lässt es sich ohne Veränderung erhitzen.
Eine mit Ammoniak versetzte alkoholische'Lösnng von Sulfophenyl-
amid giebt mit salpetersaurem Silberoxyd einen weissen krystalliBi-
CitfiftSfO^I
sehen Niederschlag von Silbersulfophenylamid, -^j^-
C12H5SSO4I
Bisulfophenylamid, C,4HiiNS40« = CisHsSsO^lN, wird
H)
durch Behandeln der vorhergehenden Silberverbindung mit Sulfophenyl-
chlorid in gelinder Wärme und Ausziehen mit Aether beim Yerdoo-
sten der Lösung in Krystallen erhalten.
C13H5SSO41
• . Cumylsnlfophenylamid, C82H17NS2O6 == CgotfiiOt} Ni
H )
wird aus Sulfophenylamid durch Einwirkung von Cumylchlorid «-hal-
ten, wobei man im Oelbade nicht zu stark erhitzen miiss. Es bildet sehr
glänzende rectanguläre Prismen, die bei 164^0. schmelzen. Es ist ziem*
lieh leicht löslich in kaltem Alkohol ; sehr leicht in heissem. In kochen*
dem Wasser löst es sich nicht, aber wohl auf Zusatz von Ammoniak.
Benzol 883
Ci j ff 5 Sf O4 j
Das &ilberciiin7lBnlfophen7laniid, CsoHnOs/N, bildet
■Ag)
perlmnttergläBzende , in Wasser wenig lösliche Blätteben. Beim E]>
hitzen zersetzt es sich unter Freiwerden von Comonitril.
Succinylsulfophenylamid, C,oH9NS208=== ^* g*^^*j N,
entsteht durch Einwirkung von Succinjlchlorid auf iSulfophenylaniid
bei 200<) C, wobei die zuerst zähe Masse auf Zusatz von Alkohol ge-
steht Es krystallisirt ans kochendem Alkohol in sehr schönen Nadeln
oder kurzen Prismen, löst sich etwas in siedendem Wasser und in Aether.
Es schmilzt bei 160^0., zersetzt sich in höherer Temperatur unter Ent-
wickelnng von schwefliger Säure. Die Lösung des Succinylsulfophenyl-
ainids in concentrirtem wässerigen Ammoniak lässt beim Verdunsten
im leeren Raum einen allmälig erstarrenden dicken Syrup; nach Ger-
hardt und Chiozza soll dies das Ammoniaksalz der Succinyl-
salfophenylaminsänre, N H4 O C30 Hio N 83 O9 sein. Es krystal-
lisirt aus der alkoholischen Lösung in seideartigen Fasern und verliert
schon bei 120^0. etwas Ammoniak, während es bei 165^0. unter Ent-
wickelung von viel Ammoniak schmilzt.
Succinylbisulfophenylbenzaroid , Qo 824 ^i Oie 84
2 . C12 Sj Sj O4 J
=r (Cg H4O4)" JN2. (Gerhardt und Chiozza), wurde durch Be-
2 • Ci4 rfg Oj )
handeln von Silber -Sulfophenylbenzamid mit SuccinylchlorÜr in der
Wärme dargestellt; man zieht es mit Aether aus, der es beim Verdun-
sten in kleinen Nadeln absetzt. Es schmilzt bei 146<^C. und löst sich
in heisseni Aether nur wenig, ausser unter höherem Druck oder in
amorphem Zustande.
Benzoylsnlfophenylamid, Sulfophenylbenzamid:
Cif «5 Sj O4)
CseHiiNOeSs = C]4H5 02 [N. (Gerhardt und Chiozza). Man
H )
erh&It es leicht durch Behandeln von Sulfophenylamid mit Benzoyl-
chlorid, wobei man die Mischung von 140^ bis 150^ C. langsam er-
wärmt Die nach dem Erkalten fest und hart gewordene Masse zieht
man mit kochendem Alkohol aus, woraus es beim Erkalten in farblosen,
g^länzenden Nadeln krystallisirt In Wasser und in Aether ist es wenig
loslich, reagirt sauer und löst sich in Ammoniak leicht, sowie auch in
kohlensauren Alkalien auf. Die Lösung in Ammoniak wird beim Ver-
dunsten zu einem dicken Syrup, welcher zuletzt strahlig erstarrt Nach
Grerhardt und Chiozza soll der Böckstand das saure Ammoniaksalz
von Benzoylsulfophenylaminsäure, 2(C26HiaNS2 08)-}-NH3,
sein« Es schmilzt bei 82<>C.,'lÖst sich leicht in Wasser und in Alkohol,
nicht in Aether. Säuren fällen aus der wässerigen Lösung eine ölartige^
allmälig in Benzoylsulfophenylamid übergehende Substanz. Die Lösung
von Benzoylsulfophenylamid in mit wenig Ammoniak versetztem kochen-
dem Wasser giebt auf Znsatz von salpetersaurem Silberoxyd keinen Nie-
derschlag; beim Erkalten krystallisirt S i 1 b e r - S u 1 fo p h e n y 1 b e n z a ra i d,
C^tf^io^g^OeSg, in farblosen Nadeln 9 die in kaltem Wasser wenig,
in Alkohol leicht löslich sind. Löst man die Kryställe in wenig con-
centrirtem Ammoniak, so erhält man beim Verdunsten schwach rosen-
56*
884 Benzol.
roth gefärbte, tnonoklinometrische Krystalle von Silberammoninn*
Salfophenylbenzamid (Diazotür von Silber, Snlfo-
phenyl, Benzoyl und Wasserstoff), Cg^Hia AgNO«S} =
C3efiio(Nii3Ag)N06S2. Es ist in kochendem Wasser leicht lös-
lich; Säuren scheiden daraus Sulfophenylbenzaraid ab, durch Kocbea
mit Wasser erhält man Silbersnlfophenylbenzamid.
Die Lösung des Sulfophenylbenzamids in kohlensaurem Natron
findet unter EAtwickelung von Kohlensäure statt; verdampft man nr
Trockne und zieht den Rückstand mit kochendem Alkohol aos^ s:*
scheiden sich aus der Lösung beim Erkalten undurchsichtige Warzen voo
Natriumsulfophenylbenzamid CMHioNaNOeSf ab. Dieses ist in
Wasser löslich und wird durch Säuren wieder in Snlfophenylbenxainid
verwandelt (Gerhardt)
Bibenzoyl-Sulfophenylamid^ Snlfophenylbibenzamid,
C40 «15 N8, Og, = ^\f*H 0*1 ^' ®*'***^* "**° ^^'^** Behandeln der
vorhergehenden Silberverbindung mit Benzoylchlorid. Afan zieht mit
Aether aus, der die Verbindung beim Verdunsten in wenig stxuagta
Bhomben oder schönen Prismen abscheidet. Die Krystalle schmelzeD
bei 1050 C« In Ammoniak sind sie nur wenig löslich. In Aether lösen
sie sich bei lOO^C. leicht.
Cumylbenzoylsulfophenylamid: C4«H}i NSfOg
Ci,H6S,04)
= Cso^IiiOa { N. Das Silbersnlfophenylbenzamid giebt bei der Be-
C14H6O, )
handlung mit Cumyichlorid diese Verbindung, welche man mit koch«B>
dem Aether auszieht und beim Verdunsten in verfilzten Prismen kry*
stallisirt erhält.
Benzoylacetoxyls*ulfophenylanMd, C^o Kis ^ OgS|
= C14H6O2 |N, wird durch Einwirkung von Acetoxylchlorid anfSü-
C4H,0, )
bersulfophenylbenzamid erhalten. Die Einwirkung ist schon in der Kahs
lebhaft. Man srhält die neue Verbindung durch Ausziehen mit kochee-
dem Aether beim Erkalten der Losung in kleinen glänzenden KTetaDee.
Vei^andlungen dieser Amide mit Phosphorperchlorid.
Bonzoylsulfophenylamidylchlorür: Cs« H10NS2 04^!
= (Ci4 il») . (Ci3 H5 Sa O4) NGl (Gerhardt). Das Benzoylsulfophenyl-
amid wird nicht in der Kälte, aber beim Erwärmen von Phosphorper-
chlorid angegriffen; erwärmt man nicht höher als 150 bis 160^ C, so
entweichen Salzsäure und Phosphoroxychlorid und der flfissige Betor-
teninhalt erstarrt beim Erkalten in einer Kältemischung zu schönen
Krystalltafeln.^ Das so erhaltene ChlorQr lässt sich nur schwierig reu
darstellen. Es raucht an der Luft und verbrennt angezündet mit grttner
Flamme. Es riecht stechend, und wird von Wasser in Salzsaure und
Benzoylsulfophenylamid zersetzt Seine Entstehung erklärt sich nacb
der Gleichung:
(^e «u NS« Oe + ^^^^ = Cae »10,^8, 0461 + PG^O, -f HtL
Benzoylsttlfo- Benzoylsulfophenyl-
pbenylamid anidylohlerür
r
! Benzol. 885
Die ZusammenseteuDg dieses Körpers wurde nicht durch die Analyse,
I sondern aas seiner Bildungsveise und seinen Zersetzungen erschlossen.
Bei der trockenen Destillation zersetzt sich das Chlorfir entspre-
chend folgender Gleiohnng:
Cu »5 > S, 04 . ÜH Ha . X€l = C14H5N -(- CijJftSj^jJl.
Bensoylsnlfophenylajnidylchlorür Benzonitril Sulfophenylchlorid
Wird es mit kohlensaurem Ammoniak im Morser zerrieben, so
verwandelt es sich, wie die Chloride der Säureradicale, in ein neutra-
les Diamid — Bensoylsnlfophenylamidylamid — von der For-
mel C,aHijN2S,04=(Ci4H5)(CiaHs.S,04)H,N„ worin CuHftSaO*
als dreiatomiges Radioal angenommen ist.
Dieses Diamid wird durch Waschen mit Wasser von dem gleich-
seitig entstandenen Salmiak befreit und aus kochendem Alkohol um*
kiystallisirt, in perlmutterglänzenden Blättchen erhalten. In wässerigem
Ammoniak ist es sehr wenig löslich und wird durch Salzsäure wieder
gefüllt Die Bildung dieses Diamids erklärt sich durch die Gleichung:
C26»ioNBa04^1 + 2NH, = Ca« H12 NjJS, O4 4. NH4€l.
Benzoylsolfophenyl- Benzoylsulfophenyl-
amidylchlorür amidylamid
Sulfophenylamidylchlorür: C12 He ^ ^ O2 €l. Beim Erhitzen
einer Mischung von Sulfophenylamid und Phosphorperchlorid auf lÖO^C.
findet eine reichliehe Entwickelung von Salzsäure statt und nachdem
das Fhosphoroxychlorid verdampft ist, erstarrt der flüssige Retorten-
inhalt beim Erkalten zu voluminösen Prismen. Wasser zersetzt die
Verbindung heftig in Sulfophenylamid und Salzsäure, ebenso Alkohol
. und selbst wasserfreier Aether scheint sie zu verändern.
Die Entstehung des Chlorürs erklärt sich nach der Gleichung:
C12 H7 N S, O4 + 1^ Glj = Ci j He N Sa O2 Gl + P €13 O, + H €l.
Sulfophenylamid Sulfophenylamidylchlorör
Gegen Ammoniak verhält sich das Chlorür wie die Chloride der
Säureradicale. Vermischt man es mit kohlensaurem Ammoniak im
Forcelianmörser und erwärmt gelinde, so löst sich auf Znsatz von
Wisser und unter Aufbrausen Alles auf.
Durch Salzsäure wird aus der Lösung ein Diamid (welches man
Snlfophenylamidylamid nennen kann) iils krystallinisches Pulver
gefällt Es ist leicht in kochendem Wasser, wenig in kaltem Wasser
löslich und scheidet sich beim Erkalten der Lösung in perlmutterglän-
zenden Blättchen ab. Es reagirt sauer und zersetzt die kohlensauren
Salze unter Aufbrausen. Mit den Alkalien bildet es sehr lösliche, mit
Baryt und Silberoxyd kaum lösliche Verbindungen. Die Zusammen-
setzung des Sulfophenylamidylamids ist den Analysen zufolge: CijHgN)
S2 O), und seine Entstehung erklärt sich zufolge der Gleichung :
CMHeNS^O.Gl + 2NH8 = Ci^H^NgSjOj + NH4€l
Snlfophenylamidylchlortir Snlfophenylamidylamid
Fittig erhielt bei der Behandlung von Sulfophenylamid mit Phos-
phorchlorid von obigen abweichende Resultate.
886 Benzol
Bisulfophenylsäure.
Bisalfobenzolsäure. ZweibasUche Säure, Formel Ci9li^S40it
oder 2flO .Ci2 H4S2 0io. Von Hofniann und Buckton i) entdeckt.
Sie bildet sich bei Einwirkung von Schwefelsäure auf BenzonitriL, oder
auf Sulfophenylsäure. Am besten wird die Bisulfophenjlsäure ans der
Sulfopbenylsäure dargestellt, indem man diese letztere, wie sie durch
Zersetzung des Kupfersalzes und Eindampf(Mi des Filtrats bis zur an-
fangenden Bräunung erhalten ist, mit dem gleichen Volumen raaebe»-
der Schwefelsäure in einer Betorte zwei Stunden bei Siedtemperatnr
erhält, dann die 4linkelgefärbte Säure mit Bleioxyd sätdgi, und das
gereinigte Bleisalz durch Schwefelwasserstoff zersetzt Die 80 erhaltene
fkrblose Flüssigkeit giebt, mit kohlensaurem Baryt gesättigt, nach den
Abdampfen ein unter dem Mikroskop krystallinisch erscheinendes sehr
beständiges Salz, bisulfophenylsauren Baryt: 2BaO.Ci4&4S40i»
oder Ci4 H4 Ba^ S4 O12.
Weniger leicht erhält man die Säure rein durch einige Zeit an-
dauerndes Erhitzen von Benzonitril mit rauchender Schwefelsaure:
wird die so erhaltene glasige Masse mit Bleioxyd gesätdgt, so wird
beim Verdampfen der Flüssigkeit zuerst sulfobenzoesaures Salz erhal-
ten, und erst aus der Mutterlauge, aber weniger leicht rein das biaulfo-
benzolsaure Salz.
Sulfobcnzid.
Sulfobenzol, Phdnylure ph^yUsulfureux^ Phinyl de suif^pkem/k.
Formel: CnHj.SOa oder vielmehr C,4HioS3 04 = ^'^V^^S*!
oder p^^ii^ '^Q^|. Entdeckt von Mitsc herlich. Es entsteht ans
dem Benzol durch Einwirkung wasserfreier Schwefelsäure:
2C12H« + SaOe = C24H10S2O4 4- 2 HO.
Benzol Sulfobenzid
Man löst Benzol in wasserfreier Schwefelsäure oder rauchender
Schwefelsäure auf, verdünnt mit viel Wasser, wobei das Sulfobenzid
krystallinisch niederfällt, während die gleichzeitig entstandene Sulfo-
phenylsäure gelöst bleibt. Man wäscht den Niederschlag mit Wasser
ab, krystallisirt ihn aus Aether um und kann ihn endlich noch durch
Destillation reinigen.
Es bildet schön weisse, seidenglänzende, stark lichtbrechende
rhombische Tafeln, schmilzt bei 100^ C. (Mi ts eher lieh), bei 115<'C.
(Gericke), und erstarrt beim Erkalten zu einer strahlig krystallini-
schen Masse. Es kocht zwischen 360^ und 440^0. und destillirt un-
zersetzt über. Es ist geruch- und geschmacklos, in Wasser fast nicht,
wenig in kaltem, leicht in heissem Weingeist, sowie in Aethe« löslich.
Von verdünnter Schwefelsäure oder verdünnter Salpetersäure wird es in
der Wärme gelöst und beim Erkalten wieder krystallinisch abgeschie-
den; von concentrirter Salpetersäure wird es zersetzt. Concentrtrte
Schwefelsäure löst es beim Erwärmen unter Schwärzung und BUdang
>) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. C| 8. 167; Liebig u. Kopp, Jahrmber.
1856, S. 516.
Benzol. 887
▼OD Sulfophenyltfäure. Durch alkoholische Kalilösung wird es selbst
bei ldO<>C. nicht verändert Chlor verwandelt es, besonders im Licht
oder in der Hitze, in Bichlorosulf obonzid. Bauchende Salpeter-
säure verwandelt es in Nitrosulfo- und Binitrosulfobenzid.
Nitrosulfobenzid.
Nitrosulfobenzol. Formel: C24H9(N 04)8304 (Gericke).
Die Lösung von Snlfobenzid in kochender rauchender Salpetersäure
scheidet es auf Zusatz von Wasser gemengt mit Binitrosulfobenzid aus,
welch' letzteres durch seine Schwerlöslichkeit in kochendem Weingeist
leicht davon zu trennen ist Aus der heiss gesättigten alkoholischen
Lösung scheidet jich das Nitrosulfobenzid beim Erkalten als honig-
gelbe schmierige Masse ans, die in der Kälte fest wird, bei QO^bis 92^0.
schmilzt und bei 250^0. sich völlig zersetzt Kaltes Wasser löst es
nicht, kochendes Wasser sehr wenig, Aether aber leicht. Schwefelsäure
und Salzsäure lösen es nicht, wohl aber Salpetersäure; kaustische und
kohlensaure Alkalien lösen in der Wärme geringe Mengen davon. In
weingeistiger Lösung wird es von Schwefelammonium blutroth gefärbt
und verwandelt sich unter Abscheidung von Schwefel in
AmidoBulfobenzid.
Amidosulfobenzol. Formel: C34H9(NHs)S3 04 (Gericke).
Uebersättigt man nach Abscheidung des Schwefels die Lösung mit Salz-
säure, filtrirt und setzt Kali zu, so scheidet sich das Amidosulfobenzid
als gelblich weisser Niederschlag ab, welcher durch wiederholtes Auf-
lösen in Salzsäure und Fällen mit Kali zu reinigen ist.
Es bildet kleine, vierseitige mikroskopische Prismen , ist sehr we-
nig in kaltem, leicht in heissem Wasser, sowie in Alkohol löslich,
schnailzt beim Erhitzen auf Platinblech und verbrennt mit stark rossen-
der Flamme. Es färbt sich beim Trocknen zwischen Papier dunkler.
Es vereinigt sich nach Art der Basen mit Säuren.
Das salzsaure Amidosulfobenzid, C34H9(NIf 2)8204.}! Gl,
krystallisirt in röthlichen , gut ausgebildeten , vierseitigen Prismen« Es
schmilzt bei etwa 90<>C. und erstarrt unkrystallinisch. Es löst sich
leicht in Wasser und Alkohol mit rother Farbe; beim Erhitzen der
wässerigen Lösung erfolgt theil weise Zersetzung. Mit Platinchlo-
rid erhält man einen gelblich braunen amorphen Niederschlag von
der Formel C24H9(NH3)S2 04 .HGl + PtGl« (Gericke). Er ist in
Weingeist schon in der Kälte löslich , nicht in kaltem Wasser ; kochen-
des Wasser zersetzt denselben.
Binitrosulfobenzid.
^ Binitrosulfobenzol. Formel: C24 Hg (N 04)26204 (Gericke).
Eb wird entweder durch anhaltendes Kochen von Snlfobenzid mit rau-
chender Salpetersäure, oder besser mittelst eines Gemenges von rau-
chender Salpetersäure und Schwefelsäure erhalten.
Es bildet sehr kleine, webse, seidenglänzende rhombische Tafeln,
schmilzt bei 164<^C. und erstarrt strahlig krystallinisch, sublimirt un-
zersetzt über 3iO^C. Es ist unlöslich in Wasser, in Alkohol und
Aether selbst in der Wärme nur wenig löslich. Concentrirte Salpeter-
säure löst es, verdünnte Säuren lösen es nicht; von Salzsäure und
888 Benzoläther. — Benzolin. I
chlorBaarem Kali, luHUtisoben und kohlensanroD Alkalien wird es niekl
verändert, Schwefelammoninm sersetst es.
BiamidoBulfobenzid«
Formel: C94He(NH:t)sS2 04 (Gericke). £b entsteht ans Binitn»-
sulfobenzid durch Behandlung mit Schwefelammonium. Kali fillt «i
aus der salzsauren Lösung gelblich weiss, doch färbt es sich bald
dunkler. Es krjstallisirt in kleinen vierseitigen Prismen, die leidit
schmelzen, ist in Wasser und Weingeist in der Kalte schwer , in der
Wärme leicht löslich , nicht in Alkalien. Mit den Säuren vereinigt es
sich zu Salzen.
Das salzsaure Biamidosulfobenzid, 0^4 He(N 8^)9 S3 O4 -f*
2H€l, krystalHsirt in langen, vierseitigen rhombischen Prismen von
röthlicher Farbe, die in Wasser und Alkohol leicht loslich sind.
SalzsSures Biamidosulfobenzid - Platinchlorid,
C94 Hs (NH9)2 S2 O4 . 2 K €1 -f 2 Pt Gl^, f äUt als braunrother, nicht deut-
lieh krystallinischer Niederschlag auf Zusatz von Platinchlorid zu der
Lösung des vorhergehenden Salzes nieder ; Weingeist löst es <, Wasser
in der Elälte nicht.
SulfobenzidbichloriA
Formel : G24 H^ Gl^ S9 O4 -f- 2 H GL Es entsteht bei der
kung von Chlorgas auf Sulfobenzid schon in der Kälte , besonders ia
Sonnenlicht, doch ist es zur Darstellung desselben besser, das Chlorg»
Über geschmolzenes Sulfobenzid zu leiten, wobei die Verbindimg is
gelben Öligen Tropfen überdestillirt.
Es ist eine schwere Flüssigkeit, die nicht auf Lackmus reagirU
an der Luft Feuchtigkeit anzieht, dem Sulfophenylchlorid ähnlich neek
und unangenehm scharf schmeckt. Sie destillirt unzersetst bei etm
150^ C. Alkalien, Schwefelsäure und Salzsäure lösen sie im verdfimi-
ten Zustande nichf; Salpetersäure entwickelt rothe Dämpfe, mit Jod*
kalium erwärmt, entsteht eine blutrothe ölige Flüssigkeit
Bichlorsulfobenzid.
Formel: C34H4ei3S2 04 (Gericke). Das Solfobenzidbichlorid ve^
liert bei raschem Erhitzen oder durch Behandlung mit alkoholischer
KalUösung 2Aeq. Chlorwasserstoffsäure und geht in Bichlorsulfobönzid
über. In ersterem Falle scheidet es sich im Betortenhalse in gelbes
Krystallen ab ; aus der alkoholischen Kalilösung kryataUisirt es beim
Erkalten. Zur Reinigung wird es mit Wasser gewaschen, und ans ko-
chendem Weingeist und Aether umkrjstallisirt
Es bildet farblose Krystalle, die unter dem Mikroskop als lang«
Spiesse sich darstellen, schmilzt bei etwa 152<)C., erstarrt wieder kry«
stalliniseh und sublimirt schon weit unter dem Schmelzpunkte. Bs ist
unlöslich in Wasser, verdünnten Säuren und Alkalien, wird aber bei
der Destillation mit alkoholischer Kalilösung zersetzt, wobei als ftfick-
tiges Product nur Sulfobenzid auftritt. A. Ä
Benzoläther, Benzolalkohol, s. unter Bcnzoyl-
wasserstoff, Abkömmlinge.
Benzolin, aya. mit Amarin s. d. unter Bencoylwas-
serstoff, Abkömmlinge.
Benzolon. — Benzömilchsäure. 889
Benzolen, von Rochleder entdeckt, entsteht durch £bwir-
kiing von Bchmeisendem Kalihydrat anf Hydrobenzamid (s. unter Ben-
zoylwasBerstoff, Verwandli^gen).
Benzolschwefelsäure s. Sulfophenylsäure unter
Benzol, Abkömmlinge S. 880.
Benzömilchsäure. Formel: HO. GS0H9O7. Entdeckt ron
Socoloff und Strecker 1), genauer untersucht von Strecker').
Der Entstehung und Zersetzung der Benzömilchsäure zufolge kann
sie als eine mit Milchsäure gepaarte Benzoesäure angesehen werden.
Sie gleicht in ihrem Verhalten mehr letzterer Säure als ersterer, und
steht ihr so nahe wie die Nitrobenzoesäure oder ChlorbenzoSsäure.
Man kann hiemach annehmen, dass sie als Badical ein secundäres Ben-
zoyl enthält, worin 1 Aeq. Wasserstoff durch 1 Aeq. Lactyl, CeH5 04,
ersetzt ist. Doch kann man sie auch von der Milchsäure ableiten,
wenn man in dieser Säure, wie Brünings neuere Versuche es andeu-
ten, das Radical CeH4 03 annimmt. Man hätte, also hiemach zwischen
folgenden Formeln zu wählen :
Ci4H4(C«H5 04)0,|q , CeH40, i^
jjJOaOder^j^^g^Q^ jjj O4.
Jedenfalls ist die Benzömilchsäure der Benzoglycolsäure analog
: und besitzt eine entsprechende Constitution.
Zur DarsteUung dieser Säure erhitzt man ein Gemenge von 10
^ Thln. syrapdicker Milchsäure und 14 Thin. Benzoesäure in einer Re-
torte im Oelbade längere Zeit auf 150^ C, steigert hierauf die Tem-
; peratur auf 200<) C. und unterhält diesselbe einige Stunden lang. Es
; destillirt hierbei Wasser fiber,. nebst einem Theil Benzogsäure. Der ge-
;. schxnohsene, schwach braun gefärbte Inhalt der Retorte erstarrt beim
'. Erkalten langsam zu einer krystallinischen Masse. Diese enthält neben
i Benzömilchsäure stets unveränderte Benzoesäure, welche man durch par-
tielle Sättigung mit kohlensaurem Natron trennt. Die BenzomUch-
nlnre vereinigt sich hierbei zuerst mit dem Alkali, die BenzoSsäure
bleibt frei und lässt sich theils durch Abfiltriren, vollständig durch
Schütteln der Lösung mit Aether von dem gelösten benzomilchsauren
Natron trennen. Die wässerige Lösung scheidet auf Zusatz von
. Salzsäure farblose Erystalle von Benzömilchsäure ab, die durch Um-
krystallisiren aus kochendem Wasser gereinigt werden.
Die Benzömilchsäure bildet farblose, bald tafelförmige,, bald
spiesflige Ejrystalle, die sich etwas fettig anffihlen. Sie schmilzt bei
112^ C, und erstarrt beim Erkalten erst nach längerer Zeit krystal-
linisch. Beim Erhitzen auf lOO^' bis 120^ C. sublimirt sie nicht, aber
beim stärkeren Erhitzen kocht sie, und es sublimirt hierbei, wie es
scheint, unveränderte Säure. Sie löst sich in 400 Thln. kaltem, leichter
in kochendem Wasser. Ueberschtissige Säure schmilzt in kochendem
Wasser. Beim Erkalten wird die Lösung milchig und klärt sich
nur langsam unter Abscheidung von Krystallen. In Alkohol ist sie
sehr leicht löslich; Aether entzieht sie beim Schütteln der wässerigen
Lösung.
*) Annal. d. Ghem. a. t*harm. Bd. LXXX, S. 48; — *) Eb«nd. Bd. XCI,
8. 859; Jonn. f. prakt Chem. Bd. LXIV, S. 821; Pbann. Centrdbl. 1854, 8. 870.
890 Benzon.
Beim längeren Kochen mit Wasser, schneller in Gegemrart rv-
dünnter Säuren, eerfallt die Benzomilchsäure in Beasoesäare undMilck*
säure :
Benzorailchsäure Milchsäure . Benzoesäure.
Die Benzomilchsäure bildet mit den meisten Basen in Wswr
lösliche, krystallisirbare Salze, die mit den benzoesauren Salzen Aeb-
lichkeit besitzen.
Benzomilchsaurer Baryt BaO.GaoI^gO? -{- 6aq. krystaUisin
in glänzenden, dünnen, sechsseitigen Blättchen, die bei lOO^* C. das
Krystall Wasser verlieren.
Benzomilchsanres Natron schiesst aus kochendem Alkohol
in farblosen glänzenden Nadeln an.
Benzomilchsaures Silberoxyd, AgO.C2oH907, wird durdi
doppelte Zersetzung als farBloser, flockiger Niederschlag erhalten^ der
aus kochendem Wasser beim Erkalten in feinen Nadeln auskrystalluiit
A.&
Benzon^), Benzophenon, Phenylbenzoyl, das Keton d«
Benzogsäure, Formel: CjeHioO« = ^ c *H*I' ^ ^^^^®' *»®^ ^*^
trockenen Destillation von benzoSsanrem E^k:
(2 CaO.CHHftOa) = CgeHipOg + 2(CaO.CO.,);
Benzoesaurer Kalk Benzon
in unreinem Zustande erhielt es P^ligot, während Chancel spaur
die Eigenschaften desselben in reinem Zustande zuerst kennen lehrte.
Das bei der trockenen Destillation von benzoSsaurem Kalk (der
vorher gut getrocknet und mit ^/lo seines Gewichtes gebranntem Kallt
gemischt in einer eisernen Quecksilberflasche erhitzt wird) auftz«-
tende flüssige Destillat enthält neben Benzon auch Benzol, Bitlermaft*
delöl und feste Kohlenwasseratofl'e. Man bringt es in eine tobulirtt
Betorte und erhitzt, wobei anfangs Benzol übergeht; der Siedepuiül
steigt hierauf ziemlich rasch; sobald er 315^0. beträgt, wechselt mtf
die Vorlage und fängt den zwischen 315<>C. und 325^ C übergeheiMUi
Antheil für sich auf. lihs Destillat erstarrt nach kurzer Zeit und be*
steht aus ziemlich reinem Benzon; durch mehrmaliges KrystaUisiren ȧ
einer Mischung von Alkohol undAether erhält man es völlig rein. Von
1 Kilogramm benzoesaurem Kalk erhält man hierbei 250 Gramm retntf
Benzon.
Das Benzon bildet schöne farblose, vollkommen durchsichtige Krj-
stalle des rhombischen Systems (beob. Combination oo P, P. Neigtog
der Flächen : oo P : oo P = 99», oo P : P = 135o SO-). Die KryrtaUe
werden oft von beträchtlicher Grösse erhalten.
Es schmilzt bei 46^0. zu einem erst beim Schütteln erstarreodäi
Oel (Peligot erhielt es nur im flüssigen Zustande), siedet bei 315^0
und destillirt ohne Veränderung. Sein Dampf ist leicht entzüudlieh
und brennt mit leuchtender Flamme. Es besitzt einen starken, aog^
0 Literatur: Pdligut, Annal. de cbim. et de pb^s. [S] T. LV1, p. 59;
Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XU, S. S9 ; Poggend. Annal. Bd. XXXVI, S. 69. -
Chancel, Compt. rencl de TAcad. T. XVIII, p. 83; Joorn. f. prakt. Chem. Bd.LIIL
S. 252; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXX, S. 26.
Benzonitril. 891
iehmen, dem des Benzo^&thers ahnlichen Gerach. Am leichtesten löst
8 sich in Aether, weniger in Alkohol, nicht in Wasser. In concen-
rirter Schwefelsäure und in Salpetersäure löst es sich reichlich und
rird durch Wasser wieder unverändert abgeschieden. Man kann diese
lauren zur Reinigung des rohen Benzens mit Vortheil anwenden.
Beim Erhitzen mit Natron-Kalk auf etwa 260® C. zerfällt es in ben-
oSsaures ^Natron und Benzol ohne eine Spur von Wasserstoff zu ent-
wickeln :
(Ch%Q2 ■C12H5) + NaO.HO = NaQ.C|4_H6 Qa + fi.He
Benzon BenzoSsaures Kali Benzol.
Rauchende Salpetersäure verwandelt beim Erwärmen das Benzon
1 Binitrobenzon.
Binitr ob enzon, Binitrobenzophenon, Cj« Hg (N 04)2 0^
Chancel). Beim Erwäm^en mit rauchender Salpetersäure verwan-
dt das Benzon sich in ein dickes Oel, welches nur langsam fest
rird. In Aether löst es sich leicht auf, und scheidet sich fast
ugenblicklich in Gestalt eines schwach gelblichen kryptallinischen
'ulvers ab.
Durch Behandlung mit Reductionsmitteln verwandelt sich das Bi-
itrobenzon in Diphenylharnstoff (F 1 a vi n) :
fie «8(^04)20» + 12HS = C26Hia5f2^^+ 8H0 + 12S.
Binitrobenzon Diphenylharnstoff A, S.
Benzonitril. Stickstoffbenzoyl. Cyanphenyl. Phe-
ylcyanür. Das Nitril der Benzoesäure, (1844) von Fchling i)
8 Zersetzungsproduct des benzoesauren Ammoniaks erhalten und un-
rsucht. Seine empirische Formel ist C14 H5 N; es kann daher als die
iickstoffverbindung des sauerstofffreien Benzoyls C14 H5 betrachtet wer-
m; wahrscheinlicher ist es als C12H5C2N = CijHö.Gy anzusehen,
iü ist Phenylcyanür ; jedenfalls steht es zu der Benzoesäure in dersel-
m Beziehung wie das Methylcyanür (C2H3€y) zur Essigsäure, das
ethylcyanür (C4H5Cy) zur Propionsäure und so fort (s. Nitrile).
Nachdem das Benzonitril zuerst durch trockene Destillation des
mzoesaüren Ammoniaks für sich erhalten war, fand man, dass es aus
esem Salz wie aus dem Benzaroid durch Einwirkung von kaustischem
uryt oder Kalk in der Hitze, oder von wasserfreier Phosphorsäure, sowie
ich durch schwaches Glühen des Benzami ds für sich erhalten werden
inne. Die Bildung beruht hier immer auf Entziehung oder Abschei-
mg der Elemente des Wassers:
NH4 0.Cu»6 08 = CuHjN + 4H0
Benzo^saures Benzonitril
A mmoniumoxyd
ChHäOj . H2N = C14H5N -f 2 HO.
Benzamid
Weiter findet sich das Nitril unter den Producten der trockenen
Bstillation von Hippursäure (Limpricht und Uslar); es bildet sich
i Einwirkung von Zinkchlorid auf Hippursäure (Gössmann), sowie
^) Annal. d.. Chem. u. Pharm. Bd. XLIX, 8. 91.
892 Benzonitril.
beim ErhiUen von Bhodawkatinm mit Bensoylohlorid, im kCitem
neben Kohlens&ure and Schwefelkohlenstoff (Lim pri cht):
2 (Ca4H5 O, . €1) 4- 2 (KC,NS,) = 2ChH&N
Bensojlchlorid, Bhodsnkaliam. BensonitriL
-f 2K€l 4-0,04 + 0,84.
Auch bei derEinwirkHngTonBenzojlchlorid auf Oxamid (Chioiit
oder auf Benzamid-Quecksilberoxyd bildet sich Benzonitril, sowie we^
beim Erhitzen von Benzamid mit Kalium (wobei zugleich C^nkalmi
entstehen soll), beim Zusammenschmelzen desselben mit Benzoe»ar
anhydrid, und bei der Zersetzung von Sulfobenzaraid (siehe' unten) n
Quecksilberozyd :
ChHjO, . a 4- C4H4N,04 = HCl -f Cuihfi 4- GyH
Benzoylchorid Oxamid Benzonitril
4-C,04 f 2H0.
ChHjOj^I + CuH^iNO , HgO = Hg€l + CuHjOj 4. ChH*J
Benzamid - Quecksilberoxyd BenzoSsaure
CuHtÖj^N 4. ä^CuHftOj = ^34863 + C,4H»N.
Benzamid Benzoesäure- Benzoesäure-
Anhydrid Hydrat
C14H7NS2 4- 2HgO = CuHsN 4- 2Hg8 + 2H0.
Sulfobenzamid
Es bildet sich auch durch trockene Destillation der beim liogo*
Sieden von Chlorbenzoyl mit cyansaurem Kali erhaltenen braunen bm-
artigen Masse; so wie in geringer Menge beim Erhitzen von wssut
freier Benzoesäure mit Schwefelcyankalium oder cyansaurem Ü
(Schiff).
Auch bei der trockenen Destillation von Benzoylsulfophenylaon^^
chlorür bildet sich Benzonitril (s. S. 885).
Zur Darstellung des Benzonitrils aus benzoSsaurem Amraoiii^
wird das trockne Salz in einer Retorte mit Vorlage destiUirt) und
Operation mehrere Male wiederholt. Sobald das Salz beim Eri
geschmolzen ist, setzt sich bald unter reichlicher Entbindung von fi
Ammoniak im Hals der Retorte ein Sublimat ab, und zuletzt, et>vs
einer Stunde, gehen in die Vorlage nebet Wasser auch Oeltropfen
welche einen starken Bittermandelölgeruch besitzen. Man erhalt
daVon, wenn man die ganze in der Vorlage und dem Betortenhals
densirte feste jMasse in Wasser lost, die Losung, der man ein
kohlensaures Ammoniak zugesetzt hat, in die Retorte zurückgiesst
mit gut abgekühlter Vorlage destiUirt. Mit dem Wasser destillirt
gleich anfangs jenes Oel ttber. Man hebt, sobald Nichts mehr ds
übergeht, dasselbe ab, bringt darauf den in der Betorte befioi
Rückstand vollends zur Trockne , sublimirt aufs Neue, und wied
die ganze Operation viele Male. Aus 12 Unzen Benzoesäure konnte
auf diese Weise in 5 Tagen mehrere Unzen unreines Benzonitril
halten. Zur weiteren Reinigung desselben wird es mit etwas
*) Cbim. organ. par Gerhardt T. III, p. 369.
Benzonitril. 893
iftorehaltigeni Wasser geschüttelt, dann noch einige Male mit reinem
lYasser gewaschen, über Clorcalcium getrocknet nnd deetillirt.
Nadi Laurent und ChanceP) wird es leichter erhalten, wenn
nan die Dämpfe von benzoesanrem Ammoniak über erhitzten kanstischen
^ryt leitet, der dabei unter Aufnahme von Wasser rothglflhend wird.
Nach Hof mann und Bnckton wird es durch Destillation des
Mnzoßsauren Ammoniaks oder des Benzaroids über wasserfreie Phos-
»horsaure leichter als beim Destilliren für sich erhalten.
Ans Hippursäure wird es bei der Destillatton ftlr sieh, besser bei
1er Destillation der Säure mit Zinkchlorid ^ dargestellt; hierzu wird
i Gkwichtstheil trockener Hippursäure mit einem gleichen Yolnm Quarz-
end gemengt, mit 26ewichtstheilen festem, möglichst entwässertem Zink-
shlorid in einem erwärmten Mörser gemischt und dann in einer troc^-
len Betorte rasch auf 8OOOC. erhitzt, aber die Temperatur nicht über
)50<^C. gesteigert; es bildet sich hier Benzonitril neben Kohlensäure
Kohlenozyd?); ein Theil der Säure zerfällt aber in Benzo^äure und
Mjcocoll, und in Folge der Zerstörung des letzteren bildet sich etwas
lühlorammonium und ein wenig Kohle wird abgeschieden. Nach G5ss-
Bann wurden aus 100 Grm. Hippursäure, 38 bis 40 Orm. Benzonitril
Hrhalten (der Rechnung nach hätten 57 Orm. erhalten werden können);
lemnach ist diese Methode zweckmässig, wenn man Hippursäure ver-
irenden kann«,
Das reine Benzonitril ist eine klare farblose Flüssigkeit ron Star-
tern, aber angenehmen bittermandelölartigem Geruch und brennendem
Sesclmiack. Sein specif. Gewicht ist 1,0073 bei 15^ C. (Fehling)
1,083 bei 00; 1,0084 bei 16,80G. (Kopp); seine Ausdehnung (zwischen
10® o&d 169<09 berechnet sich, das Yolumeh bei 0<^ = 1 gesetzt, nach
Fä= 1 + 0,0009838 e — 0,00000080722 «« + 0,0000000067960««.
Bs dehnt sieh daher stärker aus als Wasser und- wird beim Erwärmen
leichter als dieses. Sein Lichtbrechungscoefficient ist = 1,508; Es
dedet bei 19100. (191,6« bei 788 Mm. Kopp); das specif. Gewicht des
Dances ist 3,61, entsprechend einer Verdichtung auf 4 Volumen. Es
ist entzündlich und brennt erwärmt mit leuchtender Flamme. Es löst beim
Brhitten Schwefel, der sich beim Erkalten in flachen Prismen heraus-
Das Benzonitril löst sich wenig in kaltem Wasser, theilt demselber
jedoch seinen Geruch mit; 100 Thle. kochendes Wasser nehmen 1 Thl.
ISTon auf und bilden damit eine wenig trttbe Flflssigkeit, welche beim
Erkalten datf Nitril in ölartigen Tropfen wieder absetzt Mit Alkohol
and Aether ist es in allen Verhältnissen mischbar.
Kalilauge verändert das Benzonitril in der Kälte nicht; wird es
iber damit gekocht, so findet reichliche Ammoniak-Entwickelung statt
and in der Flüssigkeit findet sich BenzoSsäure an Kali gebunden.
Dieselbe Umsetzung des Benzonitrils in Benzoesäure und Ammoniak
durch Assimilation von 3 Aeq. Wasser bewirken verdünnte Säuren.
Sie geht nach folgender Gleichung von Statten:
Ci4»6N-f 4HO-I-HO.SO3 = HO . CuH5Qa + NB4O. SO,.
Benzonitril Benzoesäure
^) Compt. rend. p. Laurent et Oerhardt 1849, p. 117; Jahresber. t. Liebig
■..Kopp 1S49, S. 327. — *) Anttal. d. Cbeni. n. Pharm. Bd. C, S. 73; Chem.
GentralbL 1S67, S. 48; Jahnsber. ▼, Liebig n. Kopp 1866, S. 600.
894 BenzonitriL
Wird Beneonitril mit rauchender Salpeters&nre nur kam Zät
lang gelinde erwärmt (wobei es sehr daranf ankommt nicht zu luge
zu erhitzen) und die Lösung darauf mit Wasser verdünnt, so schiigt
sich ein fester weisser Körper, das
Nitrobenzonitril; CUH4NJO4 = Ci4(H4.N04)N oder
C]s (Hs .N O4) . €7 nieder. Dasselbe ist in Säuren löslich und wird dnrd
Wasser wieder daraus gefallt Auch heisses Wassw löst die Verbmdini
in beträchtlicher Menge auf, setzt sie aber beim Erkalten in kkiiie
weissen seidenglänzenden Nadeln wieder ab. Beim Erhitzen giebc ft
einen stark zum Husten reizenden Dampf aus und hinterlasst KoUi
Durch Kochen mit Säuren und Alkalien wird sie, analog dem Beazc
nitril, in NitrobenzoSsäure und Ammoniak verwandelt (Gerland
Diese Verbindung lässt sich nicht durch trockene Destillation von nitre
benzoesaurem Ammoniak gewinnen, indem hierbei ala Zersetzna^
product nur Niirobenzamid auftritt (s. Benzamid S. 816).
Kalium zersetzt das Benzonitril und färbt es dabei carmoisiiirod
werden beide Körper zu gleichen Aequivalent^n in einer zugescha«!
zenen Glasröhre auf 240<^ C. erhitzt, so bildet sich ein Seblimat fi
feinen Krystallen. Die erhitzte Masse giebt an Wasser Gyankalinm d
und der Bückstand giebt bei der Destillation ein gefärbtes, etwas dm
Kreosot riechendes Oel, dem einige Elrystalle eingemengt sind, die M
weder in Alkohol noch in Aether lösen. Ob Phenjl unter diesen sieh
weiter untersuchten Producten sich findet, ist noch nicht bestimmt laA
gewiesen ( B i n g 1 ey ^).
Rauchende Schwefelsäure mischt sich mit Benz<Hiitril ohi
starke Wärmeentwickelung, beim stärkeren Erhitzen entwickelt ad
Gas, schweflige Säure entweicht, während BenzoSsäure snblimhi oi
Kohle sich abscheidet; wird hierbei noch einige Zeit erhitzt, so enddl
der Büokstand Benzo^schwefelsäure (s. d. Art) und Bisulfobensoliitf
(s. Benzol S. 884) (Ho.fmann und Buckton).
Das Benzonitril geht mit Schwefelwasserstoff direct eissTtf
bindung ein; sie entsteht, wenn eine schwach ammoniakalische AlkoM
lösung desselben mit Schwefelwasserstoffgas gesättigt wird. Die U
sung färbt sich dabei dunkelgelb; Wenn man sie bis zum Viertel ibfi
Volumens verdampft und darauf mit Wasser versetzt, so schlagen vi
reichliche Flocken einer schwefelgelben Substanz nieder, welche >
kochendem Wasser vollkommen löslich ist, und beim langsamen £ri^
ten in langen schwefelgelben Nadeln anschienst (Gahours). Dn*
Verbindung ist nach der empirischen Formel G14 H7 N S» zosamntf
gesetzt, und lässt sich demnach entweder als Benzamid betracblM
worin die beiden Sauerstoffäquivalente durch Schwefel vertreten sisd
also ein Sulfobenzamid oder Benzoylsulfidamid = Ci4H|$(
H^N, oder als eine Verbindung von Benzonitril mit Schwefelwassers^
= Ci^Hs.Cy-l-^HS. Gahours nennt sie geschwefeltes Beff^'
a m i d (^Benzamid suLfuri)*
Durch Qnecksilberoxyd wird diese Verbindung zersetzt, indem 9A
Schwefelquecksilber bildet und Benzonitril regenerirt wird. Ksli»
zerlegt sie unter Bildung von Schwefelkalium und Gyankalium.
Ein Ghlorben'zonitril, gechlortes Benzonitril, (3i4fl4@^'
«) Chem. Oaz. 1864, p. 829. . Pharm. Centrsibl. 1864, 8. 767. Joiin. '
prakt. Chem. Bd. LXIII, S. 820.
Benzophenid. 895
tH noch nicht direot dargestellt; es büdet sich aber bei Einwirkung von
?hosphorohlorid auf Sulfobenzamid oder Sulfobenzaminsäure (S. 856
I 857), nrid ist das Haaptproduct dieser Zersetzong. Man erhält es
Inrch Destillation der genannten Körper; das Destillat wird mit KaH-
aage gemischt rectificirt; hierbei destillirt das Chtorbenzonitril mit den
ATasserdämpfen über, und setzt sich in der Vorlage in Krystallen ab.
Duroh Umkrystallisiren aus Alkohol oder Aether wird es in grossen
arblosen Prismen erhalten. Diese zeigen den Geruch des Bittermandel-
öls, sie lösen sich nicht in Wasser, aber leicht in Alkohol oder Aether ;
las Chlorbenzonitril schmilzt unter 400C., und erstarrt bei 86<^C.; es
rerdaropfl schon bei gewöhnlicher Temperatur langsam, schneller bei
ichwachem Erwärmen; beim Kochen mit Wasser verflüchtigt es sich
nit dessen Dämpfen. Durch anhaltendes Kochen mit verdünnter Sal-
letersänre verwandelt es sich in ChlorbenzoSsäure; mit Ammoniak in
eugeschmolienen Glasröhren auf lOO^ C. erhitzt, gebt es in Chlor-
>enzamid über (Limpricht). Fe,
Benzophenid^), BenzoSsaures Phenyloxyd, BenzoS-
iäure.Carbols&ure,Benzo6oxyd: CaeHioO* =^"^*^*|o,. Es
vurde zuerst von Ettling durch trockene Destillation von benzoesanrem
Capferoxyd erhalten, und nach der Formel 014^50^ zusammengesetzt
»genommen; Berzelius hielt es für ein niedpigeres Oxyd des Radicals
1er Benzoesäure (C14H5) und nannte es daher Ben zo So xyd; Gerhardt
»rhielt es durch Destillation der Benzosalicylsäure und hielt es für das
Etadical Benzoyl, C]4H5 02. List und Limpricht zeigten endlich,
3ass der von den vorhergehenden Chemikern beschriebene Korper mit
3em schon früher von Laurent und Gerhardt dargestellten Benzo-
phenid identisch ist.
Man stellt dasselbe am leichtesten durch Einwirkung vonBenzoyl-
shlorid auf Phenyloxydhydrat dar, wobei sich Salzsäure entwickelt
[Laurent und Gerhardt). Statt des Phenyloxydhydrats wendete
Sbrougham hierbei Fhenyloxyd-Kali an:
CuHjOjGl + CiaHeOg = Cj«Hio04 + HGl
Benzoylchlorid Phenylhydrat Benzophenid.
Die Mischung beider Stoffe zu gleichen Aequivalenten wird so lange
BTW&rmt als sich noch Salzsäure entwickelt, und die nach dem Erkal-
ten erstarrte Masse mit Aetherweingeist behandelt, der sie lost und beim
Erkalten in farblosen Nadeln absetzt Man kann den Rückstand auch
nur Entfernung beigemengten Benzoylchlorids und von Carbolsänre mit
kalter Kalilauge behandeln und ihn hierauf erst aus Aether oder Alko-
iiol umkrystalliren.
Aus benzoSsaurem Kupferoxyd erhält man es durch Erhitzen des
getrockneten Salzes in einer Retorte über freiem Feuer, bis sich keine
Dämpfe mehr entwickeln. Das Destillat wird mit einer Lösung von
^) Etil in gl Aniud. d. Chem. n. Pharm. Bd. Lm, S. 87; Jouni. f. prakt. Ghem.
Bd. XXXVI, S. 262. — StenhouBe, Anoal. d. Chenl. n. Pharm. Bd. Uli, S. 91;
Bd. LV, S. 10. — Laurent u. Gerhardt, Gorapt. rend. par Lanr. et Gerh. 1849,
p. 429; Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXXV, S. 76. — Gerhardt, Annal. d.
Cbera. n. Pharm. Bd.XXXVII, 8. 161.— Litt n. Limpricht, Annal. d. Chem. n.
Pharm. Bd. XG, 8.190; Jonm. f. prakt Chem. Bd.LXII, 8.203; Pharm. CentraU>l.
1854 8. 609. ^ 8croagham Philos. Magaz. [4.] T. YIII, p. 370.
896 Benzophenid.
kohlensaurem Natron abermals destillirt, wobei mit den WaaeerdiinpfeD
Benzol fibergeht, während die freie BensoSs&nre in dem kohleasaora
Natron sich löst. Der unlösliche Rückstand wird nach dem AbwasdiM
mit Wasser in koehendero Alkohol gelöst, mid die beim Erkahen a-
schiessenden noch braunen, mit einem ölartigen Körper TermeiigteD
KrystaUe durch wiederholtes ümkrystallisiren aus Alkohol gerehift
(Limpricht und List).
Es bildet farblose glänzende, harte rhombische bänlen (YerhiltDis
der Axen a : b : c r= 1 : 1,20894>: 0,19612, Danber), die leicht fot
V2 Zoll Länge erhalten werden. Es schmilzt bei 66^0. (Listnad
Irimpricht, Gerhardt und Laurent) und erstarrt beim Erkaitei
strahÜg krystallinisch. Es besitzt einen den Greranien ähnlichen, n-
gleich an Gitronen erinnernden Geruch. In höherer Temperatur schdut
es sich unverändert zu verflüchtigen. Es ist in Wasser unlöslich, leiehi
in kaltem Alkohol, besonders aber in heissem Alkohol oder in Aether
löslich.
Das Benzophenid spaltet sich bei Eanwirknng concentrirter Sch1f^
felsänre, oder von Kali oder Ammoniak in alkoholischer Losung stdi
in zwei Verbindungen, nämlich eine Benzoyl- und eine Phenylverl»
düng. In concentrirter Schwefelsäure löst es sich leicht auf; die Le-
sung scheidet auf Wasserzusatz BenzoSsäure ab, während Phenjlzchm-
feisäure (Carbohchwefelsäure) gelöst bleibt. (List und Limprichti
Durch kochende Elalilauge erleidet das Benzophenid keine 2»
Setzung; erhitzt man beide jedoch auf 150® bis 170^0. in zugesdunfil-
zenen ftöhren, so erhält man, ohne dass Wasserstoff entwickelt wiii
BenzoSsäure und Phenylhydrat (beide in Kali gelöst). Schmelzend«
Kalihydrat bewirkt dieselbe Spaltung. Sehr leicht findet dieselbe Zc*
Setzung durch Einwirkung weingeistiger Kalilösung statt ; schon in 6m
Kälte erhält man eine klare Lösung, die durch Wasser nicht getrüki
wird und woraus Schwefelsäure^ nach Entfernung des Weingeiates dmcä
Kochen, ein C^menge von BenzoSsäure und Phenylhydrat abscheide
Ammoniak wirkt weniger leicht zersetzend ein, und man kann dasB»
zophenid mit alkoholischem Ammoniak ohne Zersetzung kochen; eriutrt
man das Gemenge jedoch in verschlossenen Gefässen auf 150® C, tf
erhält man Benzamid und Phenylhydrat (kein Anilin):
CiAO^CuHjOa + NRs = HO.CijiljO + Cu^NO»
Benzophenid Phenylhydrat Benzamid.
Dieselbe Zersetzung findet bei der Destillation von Benzophenid is
einem Strome trockenen Amoniakgases statt.
Snbstitutionsproducte des Benzophenid». *
In dem Benzophenid lassen sich 1, 2 oder 8 Aeq. Wasserstoff
durch eine äquivalente Menge von Chlor, Brom oder Untersalpetersäfl«
ersetzen , wobei dieser Wasseistoff theils in dem Phenyl, theils in dsn
Benzoyl substitnirt wird. Da in anderen PhenyiverbindnngeB bii
8 Aeq. Wasserstoff und in Benzoylverbindungen gewiss 2Aeq.Wasse^
Stoff substitnirt werden können, so konnte man erwarten, in dem Benzopb«'
nid 5 Aeq. durch Chlor oder ähnliche Körper vertretbare Waasentof*
äquivalent^ zu finden; nach den Versuchen von Limpricht und Lii(
ist dies jedoch nicht der Fall.
Benzophenid. 897
Man erhält diese Snbstitutionsproducte durch Behandeln yon äen-
zophenid mit Chlor, Brom oder einer Mischung von Salpetersäure und
Schwefelsäure. Man hat aber auch einige derselben durch Zusammen-
bringen von Beozoylchlorid mit Substitutionsproducten des Phenyl-
oxydhydrats dargestellt. Es sind alle krystalliäirbare Körper, welche
durch alkoholische Kalilösung in Benzoesäure und in substituirtes Phe«
nylhydrat zerlegt worden.
Brombenzophenid, BenzoSsanres Bromphenvloxyd,
C H Br)
Qefie BrO« = pj^^u^Q |0); und Bibrombenzophenid BenzoS-
C H Br )
saures Bibroraphenyloxyd, CsaHsBraO^^rQ^^u^O^*) Oj, entste-
hen gemeinschaftlich, wenn trockenes Benzophenid mit Brom in einer
Retorte Übergossen wird, so lange noch eine Entwickelung von Brom-
wasserstoffsäure zu bemerken ist. Das Überschüssige Brom wird ab-
destillirt und der Rückstand wiederholt aus heissem Weingeist um-
krystallisirt. Man erhält lange dendritisch vereinigte, farblose Na-
deln, die unter 100^ C. schmelzen und unzersetzt sich sublimlren lassen.
[n heissem Weingeist und Aether sind sie leicht löslich, unlöslich in
Wasser.
Die Analyse| ergab mit Substanzen von verschiedener ^Bereitung
56 bis 42,7 Froc. Kohlenstoff, 2,0 bis 3,9 Proc. Wasserstoff und 34,6
bis 45^4 Proc. Brom, womach man darin ein Gemenge von wenigstens
Ewei Verbindungen annehmen muss. Es ist aber selbst wahrscheinlich,
lass noch eine dritte Verbindung, Tribrombenzophenid, Cje H7 Br^ O4,
t>eigemengt war, da eine Analyse einen höheren Brom- und geringeren
Kohlenstoffgehalt ergab, als dem Bibrombenzophenid entspricht. Wein-
{eistiges Kali zerlegt die Verbindungen, und bildet Benzoesäure (frei
ron Brom) und Bromphenyloxydhydrat und Bibromphenyl-
>xjdhydrat (Limpricht und List).
Chlorbenzophenid, Benzoesaures Chlorphenyloxyd,
[]SmH9€104, und Bichlorbenzophenid, Benzoesaures Bichlor-
»henyloxyd, G2ell8€l2 04, wurden ebenfalls nur gemengt durch Be-
landlung von Benzophenid mit Chlorgas erhalten. Leitet man in ge-
ichmolzenes Benzophenid Tage lang trockenes Chlor gas, s<^ erhält man,
lach Stenhouse, ein dunkelgelbes Gemisch eines ölförmigen und eines
esten Körpers, von .unangenehmem stechendem und angreifendem Ge-
och. Der feste Körper wird durch Pressen zwischen Fliesspapier und
Jmkrystalliäiren aus Aether in grossen, platten Krystallen erhalten, die
inen schwachen, dem Anderthalbfach- Chlorkohlenstoff ähnlichen Ge-
uch zeigen. Sie schmelzen b.'i 84^ C, und sublimiren in höherer Tem-
»eratur unzersetzt in vierseitigen Prismen.
Die Analysen ergaben 65,9 bis 66,1 Proc. Kohlenstoff, 3,9 bis
,1 Proc. Wasserstoff und 16,0 bis 16,5 Proc. Chlor, so dass die Sub-
tanz hauptsächlich Chlorbenzophenid mit wenig Bichlorbenzophenid
;eniengt war. (Ersteres enthält 15,3, letzteres 26,5 Proc. Chlor),
hirch alkoholische Kalilauge erhielt Stenhouse benzoesaures Kali
nd (nach Zusatz von Salzsäure) einen dunkel gefärbten, kreosot-
rtig riechenden, harzartigen Körper; wohl unreines Chlorphenyloxyd-
ydrat.
Binitrobenzophenid, Benzoesaures Binitrophenyloxyd,
■
Handwörterbuch der Chemie. 2te Aafl. Bd. IL 57
898 Benzophenid.
Ca«N,HeOi, = ^"^'g^Q*^! O«. ^^^^ »ai, nach Gerhardt und
Laurent, durch Erhitzen von Benzoylchlorid mit Binitrophenjloxyd-
hydrat (Binitrocarbolsäure), so lange sich Salzs&ure entwickelt. Der
Rückstand wird zur Entfernung der nicht in Verbindung getretenen
Stoffe mit Ammoniak ausgezogen, hierauf mit Weingeist abgewascbeo
und aus kochendem Alkohol umkrystallisirt.
Man erhält hierdurch gelbe, rhombische Blättchen, die in WasMr
onldslich, selbst in kochendem Alkohol sehr wenig löslich sind, dage-
^n ziemlich leicht in warmem ^ether.
Trinitro benzophenid; man kennt zwei metamere Verbindun-
gen, nämlich benzoSsaures Trinitrophenyloxyd und nitro-
benzoSsaifres Binitrophenyloxyd, welche auf yerschiedeae Weise
entstehen und verschiedene Zersetzungsprodncte geben.
a) BenzoSsaures Trinitrophenyloxyd, Cy« 87 (N O«)^ 0|
_ ^8*8g^^*)«|02, erhältman,nachGerhardtundLaarent,dQrek
Vertheilen von Trinitrophenylsäure (Pikrinsäure) in Bensojlchlorid
und Erhitzen der Mischung, so lange sich Salzsäure entwickelt. Der
Bückstand wird mit Alkohol in der Kälte abgewaschen und ko<üieiid
daraus umkrystallisirL
Es bildet goldgelbe, sehr glänzende, rhombuche Blättchen, in ksl-
tem Alkohol noch schwerer löslich als das Binitrobenzophenid. And
in kaltem Aether lost es sich schwer, 'etwas leichter in warmem. £1
schmilzt in der Wärme, erstarrt beim Erkalten krystallinisch , verpi^
jedoch bei stärkerem Erhitzen. In kochendem Kali löst es sich mter
tiefrother Färbung; Säuren scheiden krystallinische Flocken ab,
b) NitrobenzoSsaures-Binitrophenylozyd:Cs«B7(N04)804
^^^ C^*Ä rNO* "^O ( ^*' List und Limpricht erhielten diese V«-
bindung durch Eintragen von Benzophenid in ein kaltes Gemisch vqb
1 ThL Salpetersäure und 2 Thln. Schwefelsäure. Es fand liOsuBi
ohne Entwickelung rother Dämpfe statt» und bald schied sich die neoc
Verbindung in gelblichen Krystallen ab, deren Menge auf Znsats w»
Wasser sich noch mehr vermehrte. Durch Abwaschen mit kaltem Wai-
ser, später mit kaltem Weingeist wurden sie gereinigt.
Es ist ein weisses krystallinisches Pulver, das beim Erwirm«
gelb wird und bei 150^0. schmilzt. Beim Erkalten erstarrt es za
einem gelben, durchsichtigen Glas, das erst nach längerer Zeit andm^
sichtig wird.
In Weingeist und Wasser ist es in der Kälte unlöslich, in kochen-
dem Weingeist und in Aether löst es sich in geringer Menge. Beim
Erhitzen auf dem Platinblech verbrennt es mit gelber, russeoder Flamme;
in einer Röhre erhitzt, verpufit es schwach.
Mit alkoholischer Kalilauge zerlegt es sich in NitrobenzoeMune
und Binitrophenylsäure. In Schwefelammonium löst es sich mit tief
rother Farbe; beim Verdampfen im Wasserbade hinterbleibt eine dun*
kelviolettc harzartige Masse , die in Säuren zum Thail löslich ist. Es
Hessen sich keine bestimmt charakterisirte Stoffe daraus erhalten.
BenzophenoiL — Bemoweinsäure. 899
Nitrobibroznbenzophenid, NitrobenzoSsaares Bibrom-
phenyloxyd, C,« 8, Bri (N04)04 = CuHi^'ojfoI j ^»' «'Welten
List und Limpricht durch Eintragen von Bibrombenzophenid in eine
Mischung von Schwefelsäure und Salpetersäure; die Verbindung scheidet
sich sogleich harzartig ab, so dass Wasser kaum eine Fällung bewirkt«
Aus kochendem Alkohol krjstallisirt es in kleinen warzenförmig
Tereinigten Nadeln; ans concentrirteren Lösungen scheidet es sich
ölfdrmig ab. Es schmilzt zwischen 90<>und lOO^C. Alkoholische £[ali-
lösung zerlegt es in Nitrobenzoesäure und Bibromphenylsäure (welche
mit Kali sich vereinigen). A^ S.
Benzophenon s. Benzon S. 890.
Benzopiperid, Benzopiperidin, d. L Piperidin, in wel-
chem 1 Aeq. Wasserstoff durch Benzoyl ersetzt ist, eine Verbindung,
welche bei Einwirkung voif Chlorbenzoyl auf Piperidin entsteht (s. Iste
Aufl. Bd. VI, S. 530).
Benzopropylenyl s. benzoeaaures AUyloxyd
Bd. I, S. 567.
Benzoresinsäure s. Benzoeresinsäure S. 827.
Benzosalicin nennt Piria das Populin, weil es sich als eine
Verbindung von Benzoesäure mit Salicin betrachten und auch in diese
beiden Prodncte zerlegen lässt (s. Populin IsteAnfl. Bd. VI, 8.624).
Benzostilbin, von Bochleder entdeckt, entsteht beim
Schmelzen von Hydrobenzamid mit Kalihjdrat (s. Benzojlwasser-
stoff, Verwandlungen).
Benzosuccinin nennt van BemmelenO ein Gljcend, wel-
ches durch Erhitzen von Gljcerin mit Bemsteinsäure und BenzoSsänre
bei 200« C. erhalten wird.
Es hat die Zusammensetzung CfeHi4 0i9 = C^fi^Os -f-Ci4B508
-f CsfiiOe, oder CepIft.CCiiHfcOO'CCgHiOiyTO«; es ist eme sähe,
schvrarzbraune Masse, welche durch längeres Kochen mit Wasser oder
mit Alkohol zersetzt wird, leichter bei Anwendung von Alkalien, un*
ter Bildung von Bemsteinsäure und BenzoSsäure. Fe.
^ Benzoweinsäure. Formel: CmHioOu = 2HO.CsaHsOis
z=z Ci4Hft03.B >0g. Entdeckt von Dessaignes^. Sie bildet sich
beim Erhitzen eines Gemenges von Benzoesäure und Weinsäure auf
150^ C. Die Mischung beider Säuren zu gleichen Atomen schmilzt
beim Erwärmen anfangs ohne sich zu vermischen ; zuletzt bilden sie
eine homogene, braun gefärbte Flüssigkeit. Löst man in kochei^^om
WaBser auf, so krystaUisirt beim Erkalten ein Theil unverbundener
Benzoesäure aus; die Mutterlauge wird partiell mit kohlensaurem Na-
tron gesättigt, filtcirt, mit Thierkohle eptfarbt und mit Salzsäure schwach
übersättigt. I^ach einiger Zeit bilden sich warzenförmige Massen, aus
mikroskopischen Krystallen zusammengesetzt, die sich beim Umkrjstal*
*) Joarn. f. pimkt. Chem. Bd. LXIX, S. 84} Chem. CentralbL 1866, S. 946.
^ Joarn. de Pharm. [8.] T. XXXII, p. 47. Jahresber. f. Kopp o. Will f.
1867, S. 807.
^ / 67*
900 Benzoycin.
lisiren nicht yer&ndem. Diese Säure zeigt die mittleren Eigenacbafta
der beiden sie zusammensetzenden Säuren. Sie ist leichter in kaltem
Wasser löslich als Benzogsäure, aber weniger löslich in Alkohol Die
Lösung ist geruchlos. Beim Erhitzen auf den Schmelzpunkt der Ben-
zoesäure verändert sie sich nicht und es sublimirt Nichts; in Btärkerer
Hitze schmilzt sie und entwickelt Benzo&säure, während der braune
Bückstand nach Überhitzter Weinsäure riecht Eine kalt gesättigte
Lösung fallt Eisenchlorid nicht ; ebensowenig Kalkwasser oder salpeter-
•aures Silberozjd; die concentrirte Lösung yon Bleizucker wird schwach
gefallt Die mit Ammoniak neutralisirte Lösung der Säure fallt nicbt
Chlorcalcium , giebt atber mit Eisenchlorid einen blassgelben Nieder-
schlag.
Sättigt man den vierten Theil der Lösung der Säure mit Ammo-
niak, so erhält man mit salpetersaurem Silberozyd einen anfangs wie-
der verschwindenden Niederschlag, dessen Silbergehalt (46.35 Froc)
der Formel 2 Ag O . C23 Hg O13 entspricht Die Säure ist daher da
Benzoglycolsäure und Benzomilchsäure analog und ihre Bildung e^
klärt sich durch die Gleichung:
^ H<^ q» + ^SitSt^ = Cm^jo_Qi4^ 4- 2 ho.
Weinsäure Benzoesäure Benzoweinsäure iL S.
Benzoycin^ die Glyceride der Benzoesäure, (1854) tob
Berthelot ^) dargestellt und untersucht Es sind bb jetzt zwei dieser
Verbindungen bekannt, das Mono- und das Tribenzojcin ; sie bild«
sich beim Erhitzen von Gljcerin mit Benzoesäure, leichter bei gleidh
zeitiger' Einwirkung von Chlorwasserstoffgas; die auf letztere Weise
erhaltenen Producte enthalten dann aber auch Chlorhydrin oder Doppel-
Verbindungen (s. Benzochlorhydrin S. 824).
Monobenzoycin.
Formel: C,o»i20g = C«H70ft.CuH508 oderCe[B7.(Ci4H5O,)]0r
Es wird erhalten durch Einwirkung von Glycerin auf Benzoesäure ifi
der Hitze unter Abscheidung von Wasser:
^HgOe + Ci45^4 = CioH^Og +2HO.
Glycerin Benzoesäure Benzoycin
Lässt man beide Körper bei gewöhnlicher Temperatur zusammeB
stehen, so bilden sich im Laufe von 3 Monaten nur Spuren der VerbiD'
düng; wird das Gemenge 114 Stunden lang auf 100<>C. erhitzt, so bil-
den sich nur einige Tropfen ; reichlicher bildet es sich, wenn uberschds-
sige Säure mit dem Glycerin während 44 Stunden auf 120« bis 150«C
oder bei Anwendung von überschussigem Glycerin 15 bis 20 Stunden »rf
2000bi8 2750 C. erhitzt ward. Beide Körper verbinden sich mit einander.
Durch Behandeln mit Kalk und Aether wird das Glycerid von den übrigäi
Bestandtheilen getrennt Das Monobenzoycin ist eine hellgelbe neutrale»
sehr zähe, ölige Flüssigkeit von bitterlichem aromatischen Geschniack,
erwärmt zeigt es auch einen balsamischen Geruch ;J|k hat bei 16^Cl
= 1,228 specif. Gewicht, bei — 40^0. bildet es eine durfchschemende,
fadenziehende, fast feste Masse ; es löst sjeh nicht in Wasser, ist sber
^^^^ , *r
») Ännml de chim. et de phy». [8.] T. XLI, p. 290; Phaiai. CentnlbL IWJ,
S. 788,
BenzoyL 901
sehr leicht in Weingeist, Aether and Beneol löslich, dagegen unlöslich
in Schwefelkohlenstoff. Auf 320<'C. erhitzt, fangt es an zu sieden, zer-
setzt, sich aber dabei, indem sich Benzoesäure und Acrolein bildet, zu-
gleich zeigt sich aber auch ein angenehmer Geruch.
An der Luft absorbirt das Benzojcin in mehr als 3 Monaten
Dicht merkbar Sauerstoff; bei langem Stehen wird es aber sauer.
Beim Erhitzen mit Alkohol auf 100^ C. zersetzt das Monobenzoj-
cin sich unter Bildung von Benzoeäther; bei Anwendung von Salz-
säure findet diese Zersetzung schon bei gewöhnlicher Temperatur statt.
CTnngekehrt wird aber auch das benzoSsaure Aethylozyd theilweise zer-
setzt unter Bildung von Monobenzojcin , wenn man den Aether mit
Grlycerin und Salzsäure ai;f lOO^C. erhitzt.
Mit Ammoniak behandelt, zersetzt das Benzoycin sich unter Bil-
long von Benzamid; durch kaustisches Kali wird es leicht zersetzt in
>enzoSsaures Salz und Gljcerin,
Tribenzoycin.
Formel: C4eH,oOi9=C6H50,.3 C14H5O8 od. Ce[B5.(CuH50t)8]Ö«.
lYird durch vierstündiges Erhitzen von Monobenzoycin mit dem 10-
^is 15fachen Gewicht Gljcerin auf 250^0. dargestellt. Die mit Kalk
behandelte Masse, mit Aether gelöst, giebt beim Abdampfen der äthe-
riachen Lösung unreines Tribenzoycin als eine harzartige fast feste
Substanz; wird die ätherische Lösung derselben mit Thierkohle behah-
lelt nnd dann im Vacuum abgedampft, so krystaliisirt das reine Tri-
t>enzoycin in kleinen, glänzenden, fettig anzufühlenden Krystallen. Bei
lehr langsamem Verdunsten der Lösung «von reinem Tribenzoycin in
Aether an der Luft, wird es in grossen weissen Krystallnadeln erhalten*
Die Verbindung ist neutral ; beim Behandeln mit Alkohol und Salz-
MUire giebt sie Glycerin und BenzoSäther. Sie entstand aus Glycerin
and Benzoesäure unter Abscheidung von Wasser :
Glycerin Benzoesäure Tribenzoycin Fe»
BenzoyL in der Benzoesäure nnd vielen damit in naher Be-
Eiehnng stehenden Verbindungen nahmen Lieb ig und Wohl er das
EtadicalBenzoyl, C14H5O9, an; die Benzoesäure betrachteten sie
Hb das Ozydhydrat dieses Badicals, H O . (C14 H5 O3) O , das Bitterman-
ielöl als die Wasserstoffverbindung desselben Badicals, H. 01411(099
Bfid das Benzoylchloridals die Chlorverbindung, C14 H5 O9 . Gi n. s.w.
Die Nomenclatur der zahlreichen von Wohl er nnd Lieb ig dar-
g^eateUten Verbindungen hat die Annahme dieses Badicals zur Grund-
Lage. Berzelius *) nahm später in Folge einer ihm eigenthümlichen
Betrachtung an, dass Saner^toff kein Bestandtheil eines Badicals sein
könne, und er betrachtete daher C14H5 als Badical der Benzoyl Verbin-
dungen; es sei jedoch darin ein anderes Radical mit einem Paarling
verbanden enthalten. Die Benzoesäure war nach dieser Theorie als
eine Verbindung d^s Badicals Ci4Hft mit 3 Aeq. Sauerstoff und 1 Aeq«
Wasser zu betrachten, dasBenzoylchlorid als ein Oxychlorid, ^^* * €1 1 *
oder vielleicht als' eine Verbindung von 2(Ci4H5)Os -f- (Ci4H5)6la,
^) Lvhrbacb, 5. AiiA Bd. IV| S. 842.
902 Benzoylamid. — BenzoylanOid.
enthielte also 42 Aeq. statt 14 Aeq. Kohlenstoff. Aehnlicli Terhält «
sich mit den als Brom-, Jod-, Cyan-, Schwefel -Benzoyl bezeichnetes
Verbindungen. I^achdem man jetzt in dem Atomvolumen nnd den Be-
ziehungen zwischen der chemischen Formel nnd anderen physikaüsdiei
Eigenschaften, wie dem Siedepunkte, bestimmtere Anhalt^unkte nr
Feststellung des Atoms der Verbindungen kennen gelernt hat, wird
man der von Berzelius angenommenen theoretischen Constitotka
dieser Verbindungen nur noch historisches Interesse zuschreiben konnesi
und es ist selbst unthnnlich sie auf die zusammengesetzten «Anode,
welche Gerhardt und Chiozza dargestellt haben, anzuwenden.
Wenn man als organisches Kadical den einer Reihe von Ver-
bindungen gemeinsamen Bestandtheil betrachtet, welcher sich aas einer
in die andere Verbindung Überführen lässt, so mnss man in der Benzol-
s&ure, dem Anhydrid und den Salzen derselben, den gemischten Anhy-
driden, dem Benzoylchlorid , -Bromid, -Jodid, -Cyanid, -SalM
dem Benzamid und den zusammengesetzten Amiden, dem Bittermain
del51, Benzon, Benzophenid und vielen anderen Verbindungen das Ba-
dical CiiflffO) annehmen. Jede dieser Verbindungen l&sst sieh ii
Benzoesäure verwandeln«
Nimmt man als Badieal (Benzoyl) 014^503 an, so kann man b
dieeer Atomgmppe, unbeschadet ihres Charakters als Badieal, wieds
nfthere Besfandtiieile unterscheiden und wie Kolbe znent gezeigt fart,
wird man darin eine G-rappe mit 12 Aeq. Kohlenstoff, von einer ani^
ren mit 2 Aeq. Kohlenstoff trennen müssen. Dem Verhalten der B<r
soSsäure entspricht es am meisten , wenn man das Badieal Benzoyl tm
€1985 (Phenyl) nnd CjO« (Carbonyl) zusammengesetzt betmehtet, in-
dem die Benzoylverbindungen sich besonders leieht in PhenyiTerlir
dnngen (Benzol, Benzon, Benzophenid, Anilin, Phenylozydhydni n. a)
m>erf Uhren lassen. Schreibt man daher die Formel des Bensojfi
[(CjOs) (C12H5)], so drückt man hierdurch noch weitere Ben^ongti
zwischen den Benzoylverbindungen und den Vwbindungen des Phenjii
sowie der anderen Saureradicale aus. Diese Formel, verglichen oft
der des Badicals der Essigsäure [(C3O2) (CgHs)], drückt übersichtlid
aus, dass bmde dnander entsprechen, insofern das eine das Radiea!
Phenyl in derselben Weise enthält, wie das andere Methyl.
In dem Badieal Benzoyl kann Substitution des Wasserstollb dnr^
andere einfache oder zusammengesetzte Badicale erfolgen, und die Vfl^
bindungen dieser substituirten Badicale zeigen im Wesentlichen seki
Übereinstimmende Eigenschaften mit denen des ursprünglichen Bento^
Werden 1, 2 oder 3 Atome Wasserstoff dnreh je 1, 2 oder 8 Atoo»
einatomiger Badicale (z. B, €l,Br,N04) vertreten, so bleibt das neue
Badieal einatomig, wie das Benzoyl; wird dagegen 1 Atom Waswr
Stoff durch ein zweiatomiges Badieal (z. B. S2 O4) vertreten, so wird
das neue Badieal selbst zweiatomig (zweibasiseh).
Die Darstellung des Badicals Benzoyl ist noch nicht versucht wer-
den; das Benzil, welches dieselbe Zusammensetzung, hat wie das Ben-
zoyl, und auch von Laurent früher daftir angen#lmen wurde, hst
nicht die Eigenschaften eines Badicals, wie wir sie an anderen Badics-
len (Cyan, Kakodyl, Aethyl u. s. w.) kennen. A. S,
Benzoylamid s. Benzamid.
Benzoylanilidy Benzoylanilin, Stilbylanüin. Prodnct
Benzoylazotid. — Benzoylchlorid. 903
der Cinwirkung von Anilin auf Benzoylwasserstoff, b. Stilbjlanilin
Bd. 1, S. 1076.
Benzoylazotid. Ein Zereetznngsproduct von rohem Bitter-
mandelöl bei Einwirkung von Ammoniak (s. Bittermandelöl, Ab-
kömmlinge).
Benzoyl-Benzoin s. unter Benzöin (S. 865).
Benzoylbioxybromid, -bioxychlorid, -bioxy-
jodid rofissen das Bromid, Chlorid und Jodid von Benzoyl genannt
i^erden, wenn man den Wasserstoff C14K11, und nicht den Körper
C14II15O) als das Badical der Verbindungen annimmt (s. unter Ben-
zoyl S, 901).
Benzoylbromid, BenzoylbromUr, Brombensoyl, von
Liiebig und Wöhler i) entdeckt. Formel = CuHjOj.Br.
Es entsteht unmittelbar durch Vermischen des BenzoylwasserstoAi
oder Bittermandelöls mit Brom. Das Gemisch erw&rmt sich von selbst
luid stösst dicke Dämpfe von Bromwasserstoffsäure ans. Durch ferneres
Crhitzen treibt man diese, sowie das überschussige Brom, gänzlich avm»
Das Benzoylbromid ist eine weiche, bei gewöhnlicher Teoiparator
fast halbflüssige, grossblätterig krystallinische Masse von bräiuUiober
Farbe, schmilzt schon bei sehr gelinder Wärme zu einem braungelben
Liquidum, hat einen dem Benzoylchlorid ähnlichen, jedoch viel schwä-
cheren, dabei etwas aromatischen Geruch, raucht schwach an der Luft,
ist brennbar und verbrennt mit leuchtender rnssender Flamme. — Mit
Wasser zersetzt es sich nur sehr langsam; unt^r Wasser erwärmt, bil-
det es darin ein bräunliches Oel, das sich erst nach langem Kochen
in Bromwasserstoffsäure und Benzoesäure zersetzt In Alkohol (?) und
Aether ist es leicht löslich, ohne sich damit zu zersetzen. (TPr.) Fs.
Benzoylchlorid, Benzoylchlorür, Chlorbenzoyl. Das
Chlorid desBenzoy^CiiHftOa -€1, ist (1832) von Liebig und Wöh-
ler^ als ein Zersetzungsprodnct des Bittermandelöls durch Chlor ent-
deckt. Es bildet sich auch bei der Behandlung von BenzoSsäore mit
Phosphorsuperchlorid (Cahours)') oder beim Erwärmen von BenzoS-
säare oder .deren Anhydrid mit Phosphorchlorid (Bechamp^), oder
bei Einwirkung von Phosphoroxychlorid auf benzoesaure Salze (Ger-
hardt) ^); es scheint auch sich etwas dieses Chlorids bei der Einwir-
kung von Chlor auf Mandelsäure, auf benzoSsaures Methyl- oder
Aethylozyd (Malaguti) und auf CinnamSin (Fremy) zu bilden.
Zur Darstellung von Benzoylchlorid wird trockenes Chlorgas in
getrockneten reinen Benzoylwasserstoff geleitet, wobei die Flüssigkeit
sich zuerst erwärmt, später erhitzt man unter fortgesetztem Einleiten
TOD Chlorgas die Flüssigkeit nach und nach zum Sieden, so lange noch
SalzBäuregas entweicht. Die Reaction hier ist folgende:
C14B5O,.» -I- 2€l = CugsOjGl + H€L
Benzoylwasserstoff Benzoylchlorid
») Annal. d. Chem. u. Pharm» Bd. IH, S. 266 *) Annal. Jj. Ghem. u. Pharm.
Bd. m, 8. 262. — ») "Annal. de chim. et de phy«. [8.] T. XXIH, p. «84; Annal.
d. Chem. u. Pharm. Bd. LX, 8. 251. — *) CSoApt. rend, de l^acftd. T. XLVII, p. 2«4;
Jonm. f. prakt. Chem. Bd. LXyill, p. 489. — ^) Annal. de ohim. et de phya. [8.]
T. ZXVn, p. 291; Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXXXVII, S. 68.
904 Benzoylchlorid.
^ ' Es ist wesentlich, dass das Chlorgas ganz trocken sei, weil sos^
sich auch benwoeaanrer Benzoylwasserstoff bildet, wodurch das Benzoyl-
chlorid beim Erkalten fest wird.
Leichter und in reichlicherer Menge erhält man das Chlorid am
Benzoesäure, indem man }22 Thle. derselben mit 209 Thln. reinen
Phosphorsuperchlorid in einer tubulirten, mit Vorlage versehenen Retorte
gelinde erwärmt; es tritt bald eine heftige Beaction ein, es entwickeln
sich reichlich Dämpfe von Chlorwasserstoff, wobei ein Gemenge von
Phosphoroxychlorid mit Benzoylchlorid übergeht; durch w^eiteres E^
hitzen wird die Salzsäure ausgetrieben, und man erhält als Destillat die
übrigen flüchtigen Producte Phosphoroxychlorid und Benzoylchlorid.
Um das Oxychlorid von dem Benzoylchlorid zu trennen, wird da« Ge-
menge einer fractionirten Destillation unterworfen; bei llO^C. geht
Phosphoroxychlorid über, was für sich aufgefangen wird; bei höherer
Temperatur, aber unter 196® C, geht ein Gemenge beider Körper über,
zwischen 196® und 200 '^ C. geht reines Benzoylchlorid über, hochsteoi
nur noch durch eine Spur Phosphoroxychlorid verunreinigt; durch Schot"
teln mit wenig Wasser, welches dann durch eine Pipette abgenomm«
wird, wird das Phosphoroxychlorid rasch zersetzt, während das Ben-
zoylchlorid nur eine geringe Veränderung erleidet ; es wird zuletzt über
Chlorcalcium getrocknet. Die Bildungsweise wird durch nachstehende
Gleichung veranschaulicht :
CiJl604 + P€l5===Cuflf50^^ -f-HQ.
Benzoesäure Benzoylchlorid
Das Benzoylchlorid lässt sich auch leicht aus S Thln. trockena
benzoesaurem Natron durch Erhitzen mit 1 Thl. Phosphoroxychlorid
darstellen nitch ähnlichen Verfahren wie das eben beschriebene. M<i
kann hierbei das Gemenge von Phosphoroxychlorid mit Benzoylchlorid
verwenden, welches bei der eben beschriebenen Darstellungsmethode
erhalten wird, und dabei unter 196^ C. überdestillirt. Man nimmt Phos-
phoroxychlorid im kleinen Ueberschuss, damit sich nicht Benzoesäar^
anhydrid beimengt. Die Zersetzung ist hie/ folgende :
a^^Naa^Ci4^^ 4- SNaO.PQ,.
Benzoesaures Natron Benzoylchlorid
Das Benzoylchlorid ist eine farblose klare Flüssigkeit; es hat eiooo
eigenthümlichen, scharfen, an Meerrettig erinnernden Geruch, der auch
die Augen stark zum Thränen reizt. Sein specif. Gewicht ist 1,196
(Liebig und Wöhler) oder 1,25 bei 15 o C. (Cahours). Es siedet
bei 196 OC. Die Dampfdichte ist zu 4,987 gefunden (4,901 berechDetX
was 4 Vol. Dampf entspricht. Es lässt sich entzünden und brennt mit
grün gesäumter russender Flamme. In Wasser fällt es' zu Boden ohn«
sich darin zu lösen; erst bei längerer Einwirkung wird es durch kaltes,
sogleich aber durch siedendes Wasser zersetzt, indem sich Benzoesäure»
hydrat und Salzsäure bilden. Die gleiche Zersetzung erleidet es lang-
sam an der feuchten Luft. Mit Alkohol erhitzt es sich sogleich unter
Bildung von Benzoeäther und Salzsäure. Auf alkoholfreien Aether
wirkt es nicht ein. Es lässt sich mit Kohlenstoffsullid in allen Ye^
hältnissen mischen, ohne dass hier eine Einwirkung bemerkbar wird.
Phosphor und Schwefel lösen sich in der Wärme in Benzoylchlorid^
und krystallisiren beim Erkalten.
Benzoylchlorid. 905
Nach Gerhardt 80II es beim Erwärmen auch das Phosphor per-
; h 1 o r i d lösen, dieses sich aber beim Erkalten unverändert abscheiden,
^ach anderen Angaben wird es aber dadurch zersetzt, es soll sich ne-
>eii Phosphorchlorür ein stark riechender ölartiger Körper abscheiden.
^ach neueren Untersuchungen findet beim stärkeren Erhitzen von
benzoylchlorid mit Phosphorperchlorid gegenseitige Zersetzung statt,
IS bildet sich neben Phosphoroxjchlorid ein Benzoylperchlorid
;Ci4H5-€l8) oder vielleicht Bichlorbenzoylchlorid (C14H56I3 . €l)
>der BenzoSsänre-Chloroform Ci4H5Gl8-
CuHsOj^l + P€l5 = Ci4Jj5€l8 + PO^eig.
Benzoylchlorid. Benzoylperchlorid
Zur Darstellung dieser dem Chloroform entsprechenden Yerbin-
inng wird ein Gemenge von gleichen Aequivalenten Benzoylchlorid
und Phosphorperchlorid in zugeschmolzenen Glasröhren einige Tage
3der so lange auf 200^0. erhitzt, bis sich beim Erkalten kein festes
Phosphorchlorid mehr abscheidet. Man öffnet dann die Röhre und
iestillirt die Flüssigkeit in einer Betorte, bis die Temperatur etwas
aber llO^C. gestiegen ist. Der Rückstand wird wiederholt mit sehr
concentrirter Kalilange geschüttelt, um den Ueberschuss von Chlor-
ben zoyl oder Phosphorchlorid zu entfernen; das Product wird mit Was-
ser abgewaschen, zuletzt in Alkohol gelöst und durch Wasser daraus
gefällt.
Das so dargestellte Chlorbenzoylchlorid ist eine schwach gelbliche
neutrale Flüssigkeit, von schwachem angenehmen Geruch, schwerer als
Wasser, löslich in Alkohol und Aether, wird durch Wasser aus der al-
koholischen Lösung gefällt. Die Flüssigkeit schwärzt sich bei 130^
bis 140<)C., und lässt sich nicht ohne Zersetzung destilliren; sie wird in
Berührung mit Wasser oder Kalilauge, und selbst von festem Kalihydrat
nicht zersetzt ; mit Wasser in zugeschmolzenen Glasröhren erhitzt, wird
sie vollständig zerlegt, und beim Erkalten krystallisirt dann eine Masse
vom Ansehen der Benzoesäure. Essigsaures Silber zersetzt die Flüs-
sigkeit schon bei gewöhnlicher Temperatur unter Bildung von Chlor-
silber; rauchende »Salpetersäure zersetzt sie unter Entwickelung von
salpetrigen Dämpfen (Schischkoff und Rosing^).
Das Benzoylchlorid wird durch wässerige Alkalien leicht
zersetzt unter Bildung von benzoesaurem Salz und Chlormetall. Ueber
wasserfreien , Baryt oder Kalk kann es, ohne eine Veränderung zu er-
leiden, destillirt werden. Kalium wirkt nicht darauf ein. Mit den
Bromiden, den Jodiden, Sulfiden und Cyaniden der Alkalimetalle zer-
legt es sich in der Weise, dass ein gegenseitiger Austausch des Chlors
gegen Brom, Jod u. s. w. stattfindet ; so entsteht aus Cyanquecksilber
und Benzoylchlorid Quecksilberchlorid und Benzoylcyanid u. s. w. Mit
Rhodankalium erwärmt das Chlorid sich stark, es bildet sich hier Koh-
lensäure, Kohlenstoffsulfid und Benzonitril, vielleicht in Folge von se-
candärer Zersetzung dbs anfangs entstajidenen Schwefelcyanbenzoyls
(Schiff und Limpricht):
SCCuHjO^.GySO = 23480^ + C,04 + 0,84.
Rhodanbenzoyl Benzonitril
') Compt. read, de lacad. T. XLVI, S. 867; Journ. f. prakt. Cbem. Bd. LZXIV,
8. 81.
906 Benzoylchlorid.
Benzoyldllorid giebt, roit Wasserstoffkupfer erhitst, EnphreUo-
rfir und Benzojlwasserstoff (s. d. A.). Beim Erhitzen mit trodceoeffl
benzoSsauren Natron giebt ea, nach der wichtigen Entdeckong tob
Gerhard, Chlornatriom und Benzoesäureanhydrid :
NaO^CuH60, -f C14H5O, .€1 = Na€l + CS,eRioO«
Benzol. Natron Benzoylchlorid Wasserfr. BenzoSriarOi
Mit den Natronsalzen anderer organischer Säuren erhitzt, bildeo
sich nach analoger Zersetzung oft Anhydride von Doppelsauren, Pel»-
gon-, BenzoSsäure u. a. (s. unter BenzoSs&ure-Anhydrid S. 844).
Mit ameisenaaurem Natron erhitzt, findet Bildung von BenzoSsior»-
hydrat und Kohlenoxyd statt:
NaO^^HOa^ +^uj^O^^ Na€l -f CJ451O4 -f 0,0,.
Ameisens. Natron Benzoylchlorid BenzoSsaurehydrat
Vielleicht haben sich hier zuerst die Anhydride von Ameisensiiin
und Benzoesäure gebildet, oder eine Verbindung beider ^^n^o'i^'
durch secundäre Zersetzung des Ameisensäureanhydrids ist dann Wi»*
ser und Kohlenozyd entstanden.
Mit einigen schwachen Sauren, wie salicylige Säure, Nelkentaaitf
der mit einigen indifferenten Körpern, wie Benzoin, Gaoltheriasion,
zci!)Ctzt sich das Benzoylchlorid in freie Salzsäure und eine nentisk
Doppelverbindung z. B. Benzoyl- Benzoin (S. 865), Benzoyl-Salicyi
welche durch Kalilauge nicht zersetzt werden.
Ammoniakgas zersetzt das Benzoylchlorid schnell unter BO*
düng von Benzamid und Ammoniumchlorid:
ChHjOj^I + 2NH3 = Cu^Oj^N^ + NH4€L
Benzoylchlorid Benzamid
Wird Aldehyd-Ammoniak vorsichtig in Benzoylchlorid eingeli*-
gen, unter Vermeidung von Erwärmung, so bildet sich Benzolsioi«
und Chlorammonium und ein aus heissem Weingeist in Nadeln krj-
stallisirender Körper, CssHieN, O4 ; er hat die gleiche ZusaDunensetzong
wie das Hipparaffin und ist vielleicht damit identisch; er enthalt die
Elemente von Benzamid C14II7O2N -|- Cinnamid CisHeOsN; et v^
unlöslich in Wasser, in Weingeist oder Aether in der Kälte schwer, ib
der Wärme leicht löslich; er ist schmelzbar, und sublimirt theilweiM
unzersetzt; durch längeres Kochen mit Kalilauge wird er in Benzol
säure und einen braunen harzartigen Körper zersetzt ; mit Wasser and
Bleihyperoxyd gekocht, wird er erst auf Zusatz von Schwefelsäure rer
" setzt unter Entwickelung von Aldehyd und Bildung von Benzamid.
Salpetrige Säure zerlegt die Verbindung und bildet Aldehyd und Ben-
zamid; Schwefelsäure bildet ein braunes Harz und Benzo^ure (Lim-
pricht)»). ^ ,
Anilin und andere organische Basen vnrken hier ähnlich ein, ^
dem sich Benzanilid (s. d. Bd. I, S. 1065) oder analoge Körper seeos-
däre oder tertiäre Amide bilden.
Oxamid zersetzt das Chlorid beim stärkeren Erhitsen, wobei uä
neben anderen Producten auch Benzonitril bildet (s. d. S. 892). l^
^) Annal. d. Chem. u. Phurm. Bd. XCIX, S. 119.
Benzoylchlorid. 907
Benzoylchlorid wirkt auf die meisten Amide 80 ein, dasB sich secun-
d&re oder tertiäre Benzoyl haltende Amide bilden. Wirkt es auf
Amide von einbasischen Säuren, so bilden sich Amide, welche 1 Aeq.
Benzoyl statt 1 Aeq. Wasserstoff enthalten :
2(^«^^Jn) + Ci4H5 0,.€1 = CeHi9N.H€l + Ci^HsV,') N
Caprylamin Benzoylohlorid Chlorwasserst. Caprylbenzaitoid.
Caprylamin
Bei der Einwirkung von Benzoylchlorid auf die Diamide zweibasi-
scber Säuren treten 2 Aeq. Benzoyl in die Verbindung an die Stelle
Ton 2 Aeq. Wasserstoff«
Auf Phenyloxyhydrat wirkt es ähnlich wie auf Alkohol ein, indem
sich benzoSsaures Phenyloxyd bildet (s. d. S. 895).
Das Benzoylchlorid verbindet sich mit Aluminiumchlorid zu
einer krystallinischen Verbindung; mit Kupfer-, Magnesium- und
Zinkehlorid konnte keine Verbindung dargestellt werden; mit Zinn-
ehlorid scheint es sich zu zersetzen. Mit Benzoylwasserstoff bildet es
eine krystallinische Verbindung, welche bei Einwirkung von Chlorgas
auf Benzoylwasserstoff (s. d. Art. Verwandlungen) entsteht
Bei der Einwirkung von Chlor auf benzoSsaures Aethylozyd (s.
d. S. 848) entsteht, nach Malaguti, eine bei 1900C. überdestiilirende
farblose Flfissigkeit CigHg^iaOsi welche sich als eine Verbindung von
Benzoylchlorid mit Aoetyloxybichlorid betrachten lässt = C14H5O3 . Gl
= C4«tO€!,.
Ein Theil des Wasserstoffs im Benzoylradical kann durch Chlor
n. s. w. ersetzt werden; von solchen Substitutionsproducten des Ben-
zoylchlorids sind bis jetzt nur die nachstehenden bekannt.
Chlorbenzoylchlorid Ci4H4 0,€la = Ci4(B4€l)Oa.€l wird
durch Destillation von Sulfobenzoylchlorid erhalten, wobei dieses in das
genannte Chlorid und schweflige Säure zerfällt:
Ci4B4€laS,0< = Ci4H4%02 +S8O4.
Sulfobenzoylchlorid Chlorbenzoylchlorid
Beiner als so wird es durch Einwirkung von Phosphorchlorid auf
ChlorbensoSsäure erhalten, in ähnlicher Weise wie das Benzoylchlo-
rid ans BenzoSsäore. Vortheilhafter, wie wohl nicht ganz rein, stellt
man das Chlorbenzoylchlorid durch Erhitzen von 1 Aeq. SulfobenzoS-
siinre mit 2 Aeq. Phosphorperchlorid dar, bis sich keine flüssigen Pro-
dacte mehr bilden; das Destillat wird wiederholt rectificirt, und das
bei 285<>C. Uebergehende für sich aufgefangen.
Das gechlorte Chlorid ist eine wasserhelle das Licht stark bre-
chende Flüssigkeit, es siedet bei etwa 2250C., wird von kochendem
WaMer langsam in ChlorbenzoSsäure und Salzsäure zersetzt Es löst
sich in conoentrirtem wässerigen Ammoniak, aus welcher Ldsung sich
gelbe glänzende Krystalle von Chlorbenzamid (Ci4H4€lOfH9N) ab-
scheiden (Limpricht und Uslar ^).
Ein anderes Chlorbenzoylchlorid oder Parachlorbenzoyl-
chlorid, welches wahrscheinlich auch Ci4H4 0|€lf, daher mit dem
') Annal. d. Cliem. u. Phttm. Bd. CII, 8. S63.
908 Benzoylcyanid.
vorstehenden isomer ist, wird durch Destillation von Salicyl^nre mil
Phosphorperchlorid erhalten, wobei die Zersetzung wahrscheinlich fol-
gende ist:
Salicylsäure Chlorbenzoylchlorid
Das Chlorid ist in dieser Weise noch nicht rein dargestellt; das
Destillat ist eine schwere, das Licht stark brechende Flüssigkeit yoD
angreifendem Geruch, es wird von kaltem Wasser langsam, von ko-
chendem Wasser sogleich zersetzt in Salzsäure und ChlorbenzoSssore
(ParachlorbenzoSsäure). Mit salicyliger Säure soll es beim Erwärmeo
neben Chlorwasserstoff Benzoyl-Salicyl geben, eine noch nicht erkürte
Umwandlung (Chiozza).
Nitrobenzoylchlorid. Das Nitrür des BenzoylchloTida
Cu (H4 . N O4) Oa . €1. Es ist von Cahoursi) (1848) entdeckt und durck
Zersetzung der KitrobenzoSsäure mittelst Phosphorperchlorids darge-
stellt. Bertagnini^) erhielt es durch Einwirkung von Chlorgas auf
Nitrobenzoyl Wasserstoff. Bei dem Erhitzen von Phosphorperchlorid nä
Nitrobenzoesäure wird ein Gemenge von Phosphoroxycblorid mit dem
Nitrochlorid erhalten; das bei der Rectification des Gemenges cnletit
Uebergehende, mit Wasser gereinigt, giebt reines Nitrobenzoylchlorid,
das zuletzt über Chlorcalcium getrocknet wird.
Kitrobenzoylwasserstoff wird erst im Sonnenlicht durch Chlorgai
zersetzt, aber dann vollständig in Chlorid umgewandelt.
Das Nitrobenzoylchlorid ist eine schwere gelbe Flüssigkeit, sie
riecht ähnlich wie Benzoylchlorid, siedet bei 265^ bis 268 ^^ C, sinkt
in Wasser zu Boden, ohne sich darin zu lösen ; sie zersetzt sich langsam
damit und ebenso in feuchter Luft unter Bildung von NitrobenzoSsäore
und Salzsäure; mit Alkohol oder Holzgeist zersetzt sie sich sogleick
unter Bildung von nitrobenzoesaurem Aethyl- oder Methyloxyd, aaf
reinen Aether wirkt sie nicht ein; wässerige Kalilauge zersetzt sie s<h
gleich in nitrobenzoSsaures Salz und Chlorkalium; mit Ammoniakgai
bildet sich Nitrobenzamid , mit Anilin eine krystallinische Substaox,
wahrscheinlich Nitrobenzanilid ; kurz das Nitrobenzoylchlorid zeigt
ganz, die ähnlichen Zersetzungen wie das Benzoylchlorid. Fe.
Benzoylcyanid. Benzoylcyanür. Cyanbenzoyl. Fo^
mel: CieH» OjN = Ci4H5 03 .€y, (1832) von Liebig und WöhlcH)
entdeckt, später auch von H. Strecker^) untersucht Es bildet sick
nicht bei Einwirkung von Cyangas auf Benzoyl Wasserstoff, entstebt
aber leicht durch doppelte Zersetzung beim Destilliren von gleiche
Aequivalenten Quecksilbercyanid und Benzoylchlorid. Es destiUiii
hier als goldgelbes Oel über, welches durch Rectification farblos er-
halten wird. Nach H. Strecker erstarrt das Oel beim Stehen nach
einiger Zeit krystallinisch, und beim Auswaschen mit warmem Wasser,
so lange dieses noch Quecksilbersalz enthält, bleibt dann Cyanid zorüii,
welches nach dem Erkalten zwischen Fliesspapier gepresst und ober
Schwefelsäure getrocknet, reines Cyanbenzoyl ist
>) Annal. de chim. et de phys. [8.] T. XXXm, p. 889. — *} AmuL d. Oben.
n. Pharm. Bd. LXXIX, S. 268. ^ ^ Annal. der Chem. a. Pliana. Bd. 10» S. 267.
*) AnnaL der Chem. u. Pharm. Bd. XC, S. 62.
Benzoylhamstoff. 909
Es ist, nach Liebig und Wöhler, ein farbloses Oel, nach H.
^ Strecker ein farbloser krystaUinischer Korper bei 31^0. schmelzend
and beim langsamen £rkalten in oft zollgrossen tafelförmigen Krystallen
erstarrend; es hat einen stechenden, stark zu Thränen reizenden Ge-
ruch, entfernt an den des Zimmtöls erinnernd, es schmeckt beissend
sfisslich, hinterher nach Blausäure,. es ist schwerer als Wasser, siedet
, bei 206^ bis 208^ C, ist leicht entzündlich und verbrennt mit einer
, weissen stark russenden Flamme. Das flüssige farblose Cyanid färbt
sich bald gelb; das krystallisirte Cyanbenzoyl hält sich in einem ver-
schlossenen Gefässe unverändert, es färbt sich nicht. Es zersetzt sich
in Berührung mit Wasser in der Kälte langsam, und selbst beim Er-
hitzen erst nach, einiger Zeit in Benzoesäure und Cyanwasserstoff; beim
Kochen mit wässerigem Kali zerfällt es in Cyankalium und benzoS-
sanres Kali; in Berührung mit Zink und Salzsäure wird es zum grössten
TheU in Benzoyl Wasserstoff umgewandelt, während ein kleiner Theü
an das diesem isomere Benzoin übergeht (Kolbe). Fe.
Benzoylhamstoff, Benzureid. Ein gepaarter Harn-
fltoff (1854) von Zinin^) dargestellt. Seine Formel ist Ci6H8Ns04,
oder C, ^^''^^'j NaQ,, d. L Harnstoff (C,H4N,04), in welchem
1 Aeq. Wasserstoff durch 1 Aeq. Benzoyl vertreten ist. Oder wenn
der Harnstoff ein primäres Amid ^ ^ u'! N, so ist das Benzureid
ein secnndäres Amid: Ci4H60s{ N. Diese Verbindung entsteht bei
H)
Einwirkung von Benzoylchlorid auf Harnstoff:
Benzoylchlorid Harnstoff Benzoylhamstoff
Um es darzustellen, werden 120 Thle. Harnstoff mit 140 Thln.
Benzoylchlorid^) Übergossen in einem Oelbad auf lÖO^ bis 155^ C.
erhitzt; nach vollständigem Schmelzen des Harnstoffs nimmt man die
Mischung aus dem Oelbad und rührt gut um, worauf die Einwirkung
unter Temperaturhöh ung vor sich geht, die Masse teigig wird, und
der Geruch des Chlorbenzoyls verschwindet. Beim Auswaschen der
Masse mit kaltem Alkohol bleibt das Benzureid krystallinisch zurück;
aus siedendem Alkohol umkrystallisirt bildet es lange dünne vierseitige
Blättchen. Der Benzoylhamstoff ist kaum in Wasser oder Aether
löslich, er löst sich in 100 Thln. kaltem und in 24 Thln. siedendem
Alkohol. Er schmilzt, in einer Röhre gegen 2000C. erhitzt, zu einer farb-
losen Flüssigkeit, beim Erkalten krystallinich erstarrend; diese Masse
unterscheidet sich vom Benzoyluce'id (s. S. 912) ausser in der Zusammen-
setzung auch durch grössere Löslichkeit und durch verschiedene Krystall«
*) Bullet, de rscad. St Peterab. T. XIT, p. 281; Annal. d. Chem. n. Pharm.
Bd. XCII, S. 408; Joiirn. f. pnkt. Chem. Bd. LXll, S. 855; Jalnreaber. v. Liebig
IL..Kopp 1854| S. 678. Dieae Yerbindang ist nicht sn verwechaeln mit dem Ben-
■oylareid von Laurent n. Gerhardt (s. d. Art.).
*) Die Zahlen entsprechen 2 Aeq. Harnstoff auf 1 Aeq. Benzoylchlorid; bei
A.nwendang von weniger Harnstoff ward keine grössere Aoabente erhalten, nnd ei
pn^ Benaoylchlorid nutzlos verloren (Zinin).
910 Benzoylhydrat — Benzoylrhodantir.
form. Etwas stärker erhitzt, zerfällt die Masse in Benzamid und OjKatt-
säure, welche Säure sich schon in der Hitze nadelförmig aussdieidel,
während ersteres nach dem Erkalten durch kalten Alkohol gelöst wird:
3(Cie»8N2 04) = 3.C14H7NO, + 8H0.CeN,O,
Benzoylharnstoff Benzamid Cyanorsänrehydrat«
Beim Erhitzen auf Platinblech verflüchtigt sich der BenzojlhMn-
stoff nach dem Schmelzen unter Zersetzung, wobei der Geruch la/A
Benzonitril bemerkt wird.
Heisse ziemlich concentrirte Salzsäure löst das Benzureid leichter
als Wasser, und ohne es zu zersetzen. Beim Erhitzen mit Salpete^
säure wird durch Oxydation Benzoesäure gebildet. Ammoniak Te^
ändert es nicht ELalilauge zersetzt es nicht in der Kälte, selbst nick
beim gelinden Erwärmen, wohl aber beim vollständigen Kochen, ei
zerfiillt in Ammoniak, Kohlensäure und Benzoesäure:
Benzoylharnstoff Benzoesäure Kohlensäure Fb.
Benzoylhydrat s. Bittermandelöl, Abkönimlingt
Benzoyljodid, Benzoyljodür, Jodbenzoyl, von Li«-
big und Wöhler i) entdeckt. Formel: CuH^O,.}.
Es entsteht nicht direct; man erhält es durch Erwärmen von Jod-
kalium mit Benzoylchlorid. Es destillirt als braime Flüssigkeit übe,
die beim Erkalten zu einer krystallinischen, noch freies Jod enthahas-
den, und daher braunen Masse erstarrt Im reinen Zustand ist es CtfiK
los, blätterig krystallinisch, leicht schmelzbar, wobei es sich aber j^
desmal unter Freiwerden von etwas Jod zersetzt Im Uebrigen verlolt
es sich ganz wie das Benzoylbromid. (HV.) Ft-
Benzoylige Säure. Wenn nach Berzelius der Kohks-
wasserstoff Ci4H;5 als Benzoyl bezeichnet wird, so kann man das sanff'
stoffhaltende Badical 0x4^5 09 als Benzoylbiozyd oder benzoj-
lige Säure bezeichnen.
Benzoylnitril ö. Benzonitril.
Benzoyloxyd s. Benzoeoxyd.
Benzoylperchlorid. .Ein Perchlorid des sauerstoffinucB
Badicals C14M5, Zersetzungsproduct des Benzoylchlorids durch Phoi-
phorperchlorid (S. S. 905).
Benzoylrhodanür, Benzoylsulfocyanid, Bhodan-oder
Schwefelcyanbenzoyl. Von Quadrat 1849 entdeckt *> Zarssl*
zungsproduct des rohen wie des blausänrefreien Bittermandeldis (vergL
Bittermandelöl, Verwandlungen durch Kohlensnlfid vaä
Ammoniak).
Formel = C16H5NS9 = C^»^ . €yS,.
Diese Verbindung enthält keinen Sauerstoff, daher aooh oiekt
eigentlich meluw Benzoyl (C14H5OS), sondern den KofalenwasseNtotf
^) Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. m, S. S66. — > *) AnnaL d. Ghem. n. Fh«m.
B. LXXI, S. 13.
Benzoylrhodanttr« 911
Pi4l^, den Berselius früher als Benzoyl beseichnete; derZoBamiAeii-
jetzung nach ki>nnte diese Verbindung als eine CjaBverbindung des
Snlfobenzojls, 0148589, bezeichnet werden; so weit dieser Körper bis
etzt untersucht ist, lässt sich eine solche Zusammensetzung nicht an-
lehmen. Wenn man Kohlensulfid mit Ammoniak und Bittermandelöl
nischt, so bilden sich zwei Schichten; in der unteren bald milchicht
v'erdenden Schicht zeigen sich nac^i 2 bis 3 Tagen Elrystalle von Ben*
(ojlsulfocyanid, die bei zu langem Stehen in der Flüssigkeit allm&lig
verschwinden. Nach dem Abgiessen der Flüssigkeit werden die Kry-
italle durch Abpressen zwischen Papier und Abwaschen mit Aether
rollständig gereinigt.
Durch Einwirkuüg von Ammoniak und Kohlensulfid wandelt der
^nzojlwasserstoff sich in Schwefelcyanbenzoyl um, während zugleich
Ichwefelammonium und Wasser entsteht:
CuHeOa + 3NH, + CS4 == Ci«}tNS^+ 2N84S + 2H0.
lencoylwasserstoff Schwefelcyanbenzoyl
Die gereinigten farblosen Krystalle sind prismatisch oder kömig;
ie schmecken bitter y lösen sich nicht in Wasser, dagegen in Alkohol
der Aether, wobei sie zersetzt werden. Eben so werden sie durch
line Auflösung von Eisenchlorid zerlegt. An der Luft f&rben sie sich
;elb und nehmen einen eigenthümlichen Geruch an, sie zersetzen sich
Q der Wärme schon bei lOQOC.
Wird wasserfreier Alkohol mit Schwefelcyanbenzoyl gekocht, so
rird Sauerstoff aus der Luft aufgenommen, es bildet sich Kohlensäure
nd Schwefelammonium, welches Schwefel gelöst hält, und beim £r-
:alten scheidet sich ein neuer Körper in Blättchen ab, dessen Zusam-
lensetzung durch die empirische Formel C5efi94N3S5 ausgedrückt
rird. Nach Laurent und Gerhardt ist dieser Körper wahrschein-
ch CS^o^NSj; seine Entstehung ergiebt sich dann aus den Elementen
on Bhodanbenzoyl und Alkohol, die unter Abscheidung von Wasser
osammentreten :
^ieH5NS8^+ C4HJO, = CsoBsNS, + 2 HO.
Bhodanbenzoyl Alkohol
renn man eine siedende Lösung von Sulfocyanbenzoyl in 40grädigem
Ikohol zuerst mit etwas Ammoniak und dann mit Wasser versetzt,
> scheidet sich ein kr3rBtallinisches Pulver ab, dessen Zusammensetzung
= C5^nf^rr2S5 ist.
£isenchlorid mit Schwefelcyanbenzoyl zusammengebracht, giebt
ne bluthrothe Lösung von Schwefelcyaneisen, welche Salzsäure und
enzoylwasserstoff enthält, das beim Erhitzen überdestülirt; 8 Aeq,
enzoylsulfocyanid , 1 Aeq. Eisenohlorid und 6 Aeq. Wasser bilden
Aeq. Eisensulfocyanid (Fe^^ytSe)) 3 Aeq. Salzsäure und 3 Aeq.
enzoylwasserstoff.
Wird das Schwefelcyanbenzoyl in einer Betorte im Oelbade er-
tzt, so entweichen bei 120^ C. Kohlensulfid, Ammoniak und Bitter-
andelöl, die in der Vorlage sogleich wieder aufeinander reagiren. —
;eigt beim weiteren Erhitzen die Temperatur des Bückstandes in der
störte auf etwa 150^ C, so wird dieser dünnflüssig, und es hört nach
ni^er Zeit alle Gasentwickelung auf. Der erkaltete Bückstand be-
aht dann ans einer gelben, harzartigen, in Alkohol löslichen Substanz,
912 Benzoybäure. — Benzoylurdd.
and einem krystallinischen Körper, welcher in Alkohol nnlöslicli )^
und sich dadurch leicht von der harzartigen Substanz trennen lisal
Die in Alkohol unlöslichen Krjstalle werden durch Salpetersäure oder
durch Erhitzen für sich auf lOO^^C. nicht verändert; dieser Körper hit
die Zusammensetzung Cj^HsN; er enthält die Elemente von Rbodac-
benzoyl minus 1 Aeq. Kohlensulfid (CieH5NS2 — CS» = CijHjS).
In seinen Eigenschaften kommt dieses Zer^etzungsproduct dem Benzoji-
azotid (C30H12N3) sehr nahe, unterscheidet sich von ihm, wenn die Zii-
sammensetzung beider richtig angegeben ist, jedoch durch den gerin-
geren Wasserstoffgehalt. Fe.
Benzoylsäure s. Benzoesäure.
Benzoylsalicylamid, Benzoylsalicylaminnäun
(Liropricht), ein secundäres Amid, d« i. Ammoniak, in welchem 2 Aeq.
H ersetzt sind durch 1 Aeq. Salicyl und 1 Aeq. Benzoyl (s. unter S»li-
cylamid).
Benzoylsalicylimid, Zersetzungsproduct äea Benzojlsali-
cylamids (s. unter Salicylamid).
Benzoylsulfhy drat. Prodnct der Einwirkung von SchiwW-
Wasserstoff und Schwefelammonium auf Benzoylwasserstoff (s. & 921)
Benzoylsulfid, Schwefelbenzoyl i), von Liebig nwi
Wo hl er entdeckt. Formel: CuHjOj.S.
Man erhält es durch Destillation von Benzoyl chlorid mit fein ^
riebenem Schwefelblei. Es destillirt als ein gelbes Oel über, welcte
zu einer weichen, krystallinischen gelben Masse erstarrt Es hat eines
unangenehmen Schwefelgeruch, wird nicht durch Kochen mit Was»»
zersetzt und bildet mit einer siedenden Lösung von kaustischem Kiii
nur langsam benzoSsaures Kali und Schwefelkalium. Es verbrenss
mit leuchtender, russender Flamme unter Entwickelung von schweflig«?
Säure. Mit Alkohol zersetzt es sich nicht. ( Wr.) Ft
Benzoylsulfidamid, die Verbindung, welche, nach Ci-
hours, bei Einwirkung von Schwefelwasserstoff auf Benzonitril eot^
steht (s. S. 894).
B.enzoylsulfophenylamid, Amid, Benzoyl und Solfb-
phenyl enthaltend (s. bei Sulfophenylamid S. 883).
Benzoylureid 2). Product der Einwirkung von Harnstoff »0'
Benzoylwasserstoff (vergl. Benzoyl Wasserstoff, Verwandlungen
durch Harnstoff). Von Laurent und Gerhardt entdeckt
Seine empirische Zusammensetzung giebtdie Formel CjoÄgÄgyr
Es lässt sich ansehen als Harnstoff (C2H4N2 Oj), in welchem in vier
Aequivalenten 3 Aeq. Wasserstoff durch 3 Aeq. des im Benzoyl enthal-
tenen Kohlenwasserstoffs, C14H5, ersetzt sind = Cg Hj 3 (€14^5)8 ?fgög
oder C2H4Na08 + 3[C2H3(Ci4H5)Na02]. Die Verbindung enihil»
also nicht das eigentliche Benzoyl, daher der Name nicht ganz richtig
(s. Benzoylharnstoff von Zinin).
*) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. IIT, S. 267. — «) Comt i«al ^ ^'
de chim. par Laurent et Gerhardt, Avril 1850| p. 119.
Benzoylvaleramid. — Benzoylwasserstoff. 9 IS
Diese Yerbindtuig bildet aioh beim Erwärmen von H»m8toff mit
Ben»>7lwas8erBtoff nnter AbBcheidnng von WasBer:
i^CjHj«^, + S^Q^^HeOj = C,oga8N8 08 + 6 HO.
Harnstoff Benzoylwasserstoff Benzoyloreid
Um Benzoylureid darzustellen, mischt man 5 Tble. gepulverten
Harnstoff mit 2 Thln. Benzoylwasserstoff und erwärmt das Oemenge, am
>6sten in einer Schale unter Umrühren mit einem Pistill, nicht ganz auf
LOO® C. — Zuerst wird der Harnstoff gelöst, und nach einigen Minuten
pvird dann die ganze Masse fest. Sie wird nach dem Erkalten gepul-
vert, zuerst mit Aether ausgewaschen, um das un verbundene Oel za
lösen, dann mit Wasser ausgekocht, um den freien Harnstoff zu
rennen»
Der Rückstand wird nun bei 120<) C. getrocknet Es wird so ein
preisses nnkrystallinisches Pulver erhalten, welches unlöslich in Wasser
xnd Aether ist, sich aber in Alkohol löst, und beim Verdampfen des-
lelben sich in weissen amorphen Rinden absetzt —
Bei 170^ C. wird das Benzoylureid gelb, steigt die Temperatur
lor um wenige Grade, so bemerkt man schon den Geruch nach Bitter-
mandelöl; in einer Retorte noch stärker erhitzt, erfolgt Zersetzung, es
;eht Bittermandelöl und ammoniakuüsches Wasser Über, und es bleibt
»ib gelber, in Alkohol und Aether unlöslicher Rückstand, der bei höherer
Temperatur sich verflüchtigt.
Verdünnte Säuren zersetzen das Benzoylureid in der Kälte nicht,
in der Wärme zerfällt es dadurch in Bittermandelöl und Harnstoff.
Ammoniak zersetzt es selbst beim Kochen nicht; wirdesmitconcentrir-
^r Kalilauge gekocht, so löst es sich langsam auf; mit den Wasser-
lämpfen verflüchtigt sich Ammoniak und Bittermandelöl und aus der
alkalischen Lösung scheiden sich beim Erkalten krystallinische Blättchen
ius, welche alle Eigen schafben des benzoSsauren Kalis haben.
Ein Nitrobenzoylurei'd bildet sich wahrscheinlich in analoger
iVeise, wie das Benzoylureid beim Erhitzen von Harnstoff mit Nitro-
>enzoylwas8erdtoff (s. d. unter Benzoylwasserstoff, Abkömmlinge
3. 926).
Verschieden von dem Benzoylureid Laurent's ist das BenzureSd
s. d.) von Zinin. Fe,
Benzoylvaleramid, Amid, Benzoyl und Valeryl enthal-
end (s. unter Valeramide).
Benzoylwasserstoff. Benzoylhydrür. Benzal-
iehyd. Benzoyloxydhydrat. Pikramyloxyd. Stilbenoxyd.
Blausäurefreies ätherisches Bittermandelöl. Ein aldehyd-
irtiges Oel, Hauptbestandtheil des flüchtigen Bittermandelöls. Em-
nrische Formel: Cu^^O^'y die rationelle ist nach Lieb ig und
iVöhler C14H6O2.H. Nach Berzelius und Laurent CiJi^.O^.
Liebig und Wo hl er fanden (1832) zuerst den Zusammenhang zwi-
)chen Bittermandelöl und Benzoesäure, sie erkannten, dass beide Ver-
i>indungen ein gleiches Badical enthalten, sie stellten die Verbindujig,
P14H5 O3, das Benzoyl, als solches auf und bezeichneten danach das
reine Oel als Benzoylwasserstoff. Berzelius, von der Ansicht aus-
lUBdwSrtorbocb der Chcuil*. 3te Aufl. Bd. IL 58
912 Benzoybäure. — BenzoyLur^i^'
m
and einem krystallinischen Körper, welcher in J
und sich dadurch leicht von der harzartigen Su
Die in Alkohol unlöslichen Krystalle werden dur<»
durch Erhitzen für sich auf lOO^C nicht verän:! ^W /^
die Zusammensetzung C15H5N; er enthält df/^^^ i
benzoyl minus 1 Aeq. Kohlensulfid (Ci^9 f^/j> f ^ 's^
In seinen Eigenschaften kommt dieses Zer/ ^ '^ ^ ß f
azotid (C80H12N2) sehr nahe, unterschef^ /(>? t ^ ^ ' i^f^ei^'
sammensetzung beider richtig angege*^',*' .r hV / "^^ ^
gercn Wasserstoffgehalt. // |(f / -^^ jUldehf^^
Benzoylsäure s. Ber/^-i' ^ ^
Benzoylsalicylam* /: f^ ^ rhindi^^
(Limpricht), ein secundärep • ^' V '- •* -adeln, wie * oisjter, B«*'
H ersetzt sind durch 1 Aec . / Ti ^ ^^1 ^»^ in dem *^^. . gj, ^4 f.
cylamid). .'- 7 * , und der Kerne von Kir^ ^^^
X. 11-/' ortiggebildetindengenan»«^"* .„«.
Benzoylsahc .oen andern Producten erst aas dem An.J
cylamids (s. unter S , Einwirkung von Emulsin bei Gege»^^
Benzoyls' .Amygdalin, Bd.I, S. 762), wie frü^«^ *°^
Wasserstoff und ,.if^ , , , ^£r«n O^J*
,-:Vcii ausserdem aber auch bei verschiedenamg«»* '
Benzo* >'^"^ so beim Kochen von Amygdalin oder -^^^^^
Wo hl er er j;.^;^^ Uenzoealkohol, Zimmtöl, Zimmtsäure, Cio»*™®!?^
Man /^^ifz mit Salpetersäure, bei der Einwirkung von tMflo-
riebener ^.^f^^^yJwasserstoff oder Styracin, durch Zersetzung ^^^ . *°^
zu ein ^v'^^aunstein und Schwefelsäure, so wie bei der Oxy^***^"
unan' ^-f '^ßbandn^ Fibrin oder Leim mittelst Chromsäure oder B'*'''
zerp ^>«»^^ Schwefelsäure i).
nu Ä^öoders interessant ist die Umwandelung der Benzoesänr« ^ ,
TT ^^^j durch rasche Destillation eines innigen Gemenges vonbenio*'
' ^^ °"^ ameisensaurem Kalk. Die Zersetzung ist hier folgefl<l^'
^OjCi^sOg + CaO.C2HQ^ = Ci4H60a -f- 2C*O.CjO^
Benzoesaurer Ameisensaurer Benzoylwasser-
Kalk Kalk stoff
Neben diesen Producten bilden sich gleichzeitig andere; das Slip
pßstillat wird daher mit doppelt-schwefligsaurem Kali behandelt, ^
^s der dabei entstehenden krystallinischen Verbindung, nachdem ^
gereinigt, durch Wasser und kohlensaures- Natron der reine Beniol^
Wasserstoff abgeschieden (S. 916) (Piria^).
Nach Kolbe») lässt sich aus Cyanbenzoyl das Hydrür erb«?^
wenn man jene Verbindung mit Zink und Salzsäure gelinde emnai^
das Cyanür färbt sich bald gelb, und das MetaU, welches in growe»
üeberschuss genommen werden musß, überzieht sich mit einer gelbe»
schmierigen Masse, welche Benzoylwasserstoff und Blausäure (bci<i«
vielleicht verbunden) undBenzoin enthält. Beim Erwärmen der M«»
Matteucei et Pirm T. IH, p. 126; Annal. de chim. et de phys. fS.] T iSS
p. 118; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. C, S. 104. - "^^Li i CW i
Benzoylwasserstoff. 915
!^ ^^e bilden sieh gelbröthliche Oeltropfeft, die bei der Destil-
- ^ ^L Benzoylwasserstoff geben. Die gleiche Zersetsong scheint
%^ ^ ^^ ' bei der Behandlung mit Quecksilber und Salzsäure
j, ^fu^ ^ ^^ ^^e damit erhaltene saure Lösung nach dem Abgies-
'Cj^^^ ^^ '^ ^^^ Bückstand mit Braunstein erhitzt, so wird
^ -^ 'iL^^. *^^ (Kolbe). Endlich lässt sich der Benzojl-
Qzoylclilorid mittelst Wasserstoff kupfer (nach
^0 erhalten, indem man das Chlorid auf
''bei sich folgende Zersetzung zeigt:
~= C14H5OS .H -(- CusGL
.eojlwasserstoff
ors zerfällt schon durch die bei der
4 seine Elemente; wird das unzersetzte
v>rasser zersetzt, so zeigt der Rückstand den
^erstoffs (Chiozza^),
.»erial, um sich grössere Mengen des Benzoylwasser-
.en, ist bis jetzt das ätherische Bittermandelöl (s. d.),
^ jiauptmasse nach die genannte Verbindung enthält, ausser-
4*is nie fehlenden Bestandtheil Blausäure, dann etwas Benzol
i^enzoin und Benzimid. Die letzteren Verbindungen können
.ch Bectification des Oels allein schon abgeschieden werden, sie
oleiben im Rückstande; die Blausäure geht hierbei aber mit demselben
fiber und zwar mit den erten Portionen des Destillats, so dass das
späterhin übergehende Oel blausäurefrei ist.
Um das rohe Bittermandelöl ganz blausäurefrei zu erhalten,
muss die Säure durch Zusatz passender Körper gebunden werden;
gewöhnlich wird das Oel hierzu mit Elalkhydrat und etwas gelöstem
Eisenchlorür durch starkes Schütteln innig vermischt und nach 1-
bis 2tägigem Stehen damit destillirt, wobei das Cyan als Berlinerblau
nirückbleibt. Oder man digerirt das rohe Oel unter häufigem Schüt-
teln mit feingeriebehero Quecksilberoxyd und Wasser, oder (nach
Grindley^ mit einem gleichen Volumen Wasser und einem Gremenge
von Quecksilberoxyd und Kalk unter Zusatz von etwas Eisenchlorür,
and nachherigem Destilliicen des abgegossenen Oels, welches dann
durch Schütteln mit gebranntem Kalk oder Chlorcalcium getrock-
net wird.
Es ist auch empfohlen, zur Reinigung das rohe Bittermandelöl
in Alkohol zu lösen, und diese Flüssigkeit mit einer neutralen Lösung
von Eisenchlorid und etwas wässerigem Kalihydrat zu versetzen ; nach-
dem die Lösung in einem Stöpselglase einige Zeit unter öfterem Schüt-
teln gestanden hat, wird sie mit verdünnter Schwefelsäure neutralisirt,
und dann filtrirt (Groves '). Diese Methode ist nur anwendbar, wenn
das Oel in Lösung gebraucht werden soll.
* Ein Vorschlag (von Whipple <), das rohe Oel bei der Destillation
in einer Lösung von salpetersaurem Silber aufzufangen, wieder zu destil-
liren und nochmals mit Silberlösung zu behandeln, scheint ungeeignet,
i;
^) Gompt. read, de l'Mad. T..XZXVIf p. 631; Amial. de ehim. et de pbyi.
8.] T. XJLXOL, p. 221; AnnaL d. Chem. o. Pharm. Bd. USJJ, S. 232. —
London Ph. Jonrn. and Transact. Vol. VII, No. 1, p. 18; Pharm. CentralbL
184«, S. 665. — ■) Pharm. Jonm. Traiuwct Vol. Xm, p. 599. — *) Pharm. Jonrn.
Transact. Vol. Xm, p. 697.
58*
^14 Benzoylwasserstoff.
gehend) dasa die JEtadieale Bauerstofiffrei seien, sowie Laurent nalunea
an, dass der von dem Letzteren entdeckte Kohlenwassez^ff, der Stilbyi-
Wasserstoff (s. unten S. 932), das Radical dieses Oels sei; Laurent
nannte es Stuben (von ötlXßcD^ ich glänze), Berzelias gab ihm deo
Namen Fikramyl (aus den ersten Silben von niXQogy bitter, ood
aiivydiiXrif Mandel, gebildet) ; das Oel ist danach das Oxyd dieses Ba-
dicals , also Stilbenoxd oder Pikramylozyd. Nachdem in der neutten
Zelt dieses Oel unzweifelhaft den Aldehyden angereiht werden nun,
wird es, nach Lieb ig und Wo hl er, allgemein als BenzoylwasBerstoC
C TT Q }
** *io*[ angesehen, oder als ein Phenyl-Formylaldehyd =r
•C,(Cx,H,)0,j
Dieses Oel ist im Oel der bitteren Mandeln, wie auch in dem der
Blätter und Kerne von Amygdalua persica^ und in dem der Blatter, Bee-
ren und Blüthen von Prunus padua^ und der Kerne von Kirschen o. a. w.
enthalten. Es findet sich nicht fertig gebildet in den genannten Pflanxen-
theUen, sondern wird hier neben andern Producten erst ans dem Amyg-
dalin der Pflanzen unter Einwirkung von Emulsin bei Gegenwart tob
Wasser gebildet (s. Amygdalin, Bd. I, S. 762), wie früher ami^hr-
lich beschrieben ist
Es bildet sich ausserdem aber auch bei verschiedenartigen Oxf-
dationsprocessen, so beim Kochen von Amygdalin oder Amjgdaliih
säure selbst, von Benzo^alkohol, Zimmtöl, Zimmtsäure, Cinnamein oder
von BenzoSharz mit Salpetersäure, bei der Einwirkung von Chrom-
säure auf Stilbylwasserstoff oder Styracin, durch Zersetzung von Mandel-
säure mit Braunstein und Schwefelsäure, so wie bei der Oxydation von
Casein, Albumin, Fibrin oder Leim mittelst Chromsäure oder Braim-
stein und Schwefelsäure i).
Besonders interessant ist die Umwandelung der Benzoesaore in des
Aldehyd durch rasche Destillation eines innigen Gemenges von benzoe-
saurem und ameisensaurem Kalk. Die Zersetzung ist hier folgende:
CaO. 0,485 Oj -f CaO.CjHOs = Ci4H60a -f 2CaO.C2 04.
Benzoesaurer Ameisensaurer Benzoylwasser-
Kalk Kalk stoff
Neben diesen Producten bilden sich gleichzeitig andere; das6lige
Destillat wird daher mit doppelt-schwefligsaurem Kali behandelt, und
aus der dabei entstehenden krystallinischen Verbindung, nachdem ne
gereinigt, durch Wasser und kohlensaures- Natron der reine Benzoyl-
Wasserstoff abgeschieden (S. 916) (Piria^).
Nach Kolbe^) lässt sich aus Cyanbenzoyl das Hydrür erhalten,
wenn man jene Verbindung mit Zink und Salzsäure gelinde erwännt;
das Cyanür färbt sich bald gelb, und das Metall, welches in grossem
Ueberschuss genommen werden muss, überzieht sich mit einer gelben
schmierigen Masse, welche Benzoylwasserstoff und Blausäure (beide
vielleicht verbunden) i^ndBenzoin enthält. Beim Erwärmen der IkCasse
^ Annal. d. Ghem. u. Pharm. Bd. LIX, S. 1; Bd. LXIV, S. B9. » *) GauBlä
de Matteucei et Piria T. III, p. 12G; Annal. de chim. et de phys. [8.] T. XLVIII,
p. 118; Annal. d. Chem. a. Pharm. Bd. G, S. 104. — *) Annal. d. Ghem. il
Pharm. Bd. ZGVUI, S. 8^4; Journ. f. prakt. Ghem. Bd. UX, S. SOS; Ghem. S9e.
Qn. J. T. IX, p. 266.
Benzojlwasseratoff. 915
aii Kalilauge bflden sich gelbröthliche Oeltropfeü, die bei der Destil-
BÜon reinen Benzojlwasserstoff geben. Die gleiche Zersetsnng scheint
las Cyanbenzojl bei der Behandlung mit Quecksilber und Salzsäure
11 erleiden;. wird die damit erhaltene saure Lösung nach dem Abgies-
en eingedampft, und der Bückstand mit Braunstein erhitzt, so wird
(enzoylwasserstoff erhalten (Kolbe). Endlich lässt sich der Benzojl-
rasserstoff auch aus dem Benzoylchlorid miCtelst Wasserstoffkupfer (nach
fVurtz' Verfahren dargestellt) erhalten, indem man das Chlorid auf
Lie Kupferverbindung giesst, wobei sich folgende Zersetzung zeigt:
ChHsO, .61 + CujH = Ci4H5 0i.H + Cu,GL
Benzojlchlorid Benzojlwasserstoff
Ein Theil des WasserstoflEkupfers zerfällt schon durch die bei der
äteaction auftretende Wärme in seine Elemente; wird das unzersetzte
3enzoylchlorid mit heissem Wasser zersetzt, so zeigt der BQckstand den
jl-eruch des* Benzoyl Wasserstoffs (Chiozza^).
Das einzige Material, um sich grossere Mengen des Benzoylwasser-
itoffs zu verschaffen, ist bis jetzt das ätherische Bittermandelöl (s. d«),
welches der Hauptmasse nach die genannte Verbindung enthält, ausser-
lem aber als nie fehlenden Bestandtheil Blausäure, dann etwas BenzoS-
läure, Benzoin und Benzimid. Die letzteren Verbindungen können
larch Rectüication des OeU allein schon abgeschieden werden, sie
bleiben im Bückstande ; die Blausäure geht hierbei aber mit demselben
aber und zwar mit den erten Portionen des Destillats, so dass das
späterhin übergehende Oel blausäurefrei ist.
Um das rohe Bittermandelöl ganz blausäurefrei zu erhalten,
muss die Säure durch Zusatz passender Körper gebunden werden;
gewöhnlich wird das Oel hierzu mit Kalkhydrat und etwas gelöstem
Eisenchlorür durch starkes Schütteln innig vermischt und nach 1-
bis 2tägigem Stehen damit destillirt, wobei das Cyan als Berlinerblau
zurückbleibt. Oder man digerirt das rohe Oel unter häufigem Schüt-
teln mit feingeriebenero Quecksilberoxyd und Wasser, oder (nach
Grindley ^ mit einem gleichen Volumen Wasser und einem Gemenge
von Quecksilberoxyd und Kalk unter Zusatz von etwas Eisenchlorür,
und nachherigem Destilliren des abgegossenen Oels, welches dann
durch Schütteln mit gebranntem Kalk oder Chlorcalcium getrock-
net wird.
Es ist auch empfohlen, zur Reinigung das rohe Bittermandelöl
in Alkohol zu lösen, und diese Flüssigkeit mit einer neutralen Lösung
von Eisenchlorid und etwas wässerigem Kalihydrat zu versetzen ; nach-
dem die Lösung in einem Stöpselglase einige Zeit unter öfterem Schüt-
teln gestanden hat, wird sie mit verdünnter Schwefelsäure neutralisirt,
und dann filtrirt (Groves '). Diese Methode ist nur anwendbar, wenn
daa Oel in Lösung gebraucht werden soll.
Ein Vorschlag (von Whipple *), das rohe Oel bei der Destillation
in einer Lösung von salpetersaurem Silber aufzufangen, wieder zu destil-
liren und nochmals mit Silberlösung zu behandeln, scheint ungeeignet,
^) Compt. rend. de l'MAd. T..XXZVI, p. 681; Aimal. da ohim. et de phyi.
SJ T. XXXIX, p. 221; Annml. d. Chem. u. Thtam. Bd. LXXl^V, S. 282. —
^ London Ph. Jonrn. and Tnnsaot. Vol. VII, No. 1, p. 18; Pharm. CentralbL
1849, S. 65». — *) Pharm. Jomrn. Traniaot Vol. Xm, p. 699. — *) Phann. Jonrn.
Transaet. Vol. Xm, p. 697.
58«
?
916 Benzoylwasserstofl:
da nach der Angabe von 32 Thln. rohem Oel^ nur 6 TU«, reinee <M
erhalten wurden.
Die Beinignng des Oels mit EUenoxyduloxydldsiuig bei 6egMi>
wart von Alkali erscheint daher am zweckmässigsten. Die DeetiOalioB
in Glaeretorten ist hierbei wegen des Stossens unangenehm ; nach £d-
wards soll man daher die Betorte inwendig mit einem Silberapie^
dberziehen, indem man zuerst salpetersaures Silberozyd mit üba>-
BchÜssigem Ammoniak versetzt hineinbringt und dann das Silber dordi
Honig reducirt (Edwards i).
Nach Maolagan kann das Gel durch Behandeln mit Eisensak
und Alkali vollkommen blausäurefrei erhalten werden, so dass e&, mit
Kalium erhitzt (nach Lassaigne's Methode) , keinen Gehalt an Stick-
stoff mehr zeigt.
um das gereinigte Gel auf Blausäure zu prüfen, w^ird es wk
Wasser unter Zusatz von etwas Alkali geschüttelt und die wässerigt
Flüssigkeit nach dem Abscheiden des nicht gelösten Oels mittelst
Eisenoxyduloxydlösung oder mit salpetersaurem Silberoxyd wie ge-
wöhnlich untersucht.
In manchen Fällen lässt sich der reine Benzoyl Wasserstoff aus des
unreinen Gel zweckmässig durch Einwirkung von doppelt-schwefligsanren
Natron darstellen, indem man das rohe Gel mit seinem 3- bis 4iachei
Volumen einer Cösung des Salzes von 27<>B. oder 1^231 specif. Gewick
schüttelt; die dabei erhaltenen Eurystalle werden abgepresst, in eiiMB
Verdrängungsapparat mit kaltem Weingeist ausgewaschen, dann dorek
Abpressen getrocknet und durch Schütteln mit wenig Wasser und eioer
concentrirten Lösung von kohlensaurem Kali zersetzt, wobei reiner
Benzoylwasserstoff sich abscheidet, der getrocknet und rectificirt wiii
Die Mutterlauge, woraus sich die Krystalle beim Schütteln des roba
Gels mit dem zweifach -schwefligsauren Salz abschieden, enthalt iitf
alle Blausäure sowie die Benzoesäure und andere Substanzen. Dtf
zum Auswaschen der E[rystalle verwendete Alkohol enthält etwas Blifi-
säure und hinterlässt beim Abdampfen einen braunen, stechend rieduA*
den Bückstand, in dem körnige Krystalle einer noch nicht näher miter
suchten organischen Verbindung bemerkbar sind, die vielleicht schoi
in dem rohen Gel enthalten war (Bertagnini^).
DiQSe letzte Reinigungsmethode erscheint besonders zweckmäsi]£>
wo es sich um Darstellung kleinerer Mengen von reinem Benzoylwas8e^
Stoff handelt.
Das reine Gel ist farblos, oder nach längerem Aufbewahres
gelblich, es ist dünnflüssig und* bricht das Licht stark; es hat eineo
eigenthümlichen angenehm aromatischen Geruch, kaum verschieden tob
dem des blausäurehaltigen Gels, und hat einen brennenden GreschmacL
sein specif. Gewicht = 1,0499 bei 14,6o C. oder 1,068 bei 0»C.; «eil«
Ausdehnung beträgt für jeden Grad zwischen 0^ bis 152<^ C. = 1 -f
0,00'09402< — 0,00000082045*2 + 0,000000008060t« (Kopp). Es lort
sich in 30 Thln. Wasser und mischt sich in jedem Verhältniss mit Alko-
hol, Aether, mit flüchtigen oder fetten Gelen. Es siedet bei 179,1^0.6«
701,3™°^, und vergast ohne alle Zersetzung, das specif. Gewicht stf-
nee Dampfe« berechnet sich bei einer Verdichtang auf 4 Vohiin sn 3,66.
^) Pharm. Journ. Transact. Vol. XIII» p. 600. — V Annal. d. Chen. o.
Bd. LXXXV, S. 186.
Benzoy Iwasserstoff. 917
▲n der Luft eotsündet brennt es mit mssender Flamme. Der reine blau-
iiSiiirefreie Benzoylwasserotoff ist nicht giftig; im Thierkörper geht er in
Hippnraänre über (Wöhler und Frerichs ^X Naoh Verduchen von
Maclagan^) brachte blaus&urefreies Bittermandelöl in Gaben von
8 Drachmen bei Hunden nur Erbrechen hervor, ohne sonstige Nach-
theile SU seigen; Kanichen starben aber nach mehreren Stunden bei
Dosen von 2 Drachmen, eben so tödtlioh wirkte aber z. B. auch
Nelkenöl.
Seinem chemischen Verhalten nach gehört der Benzoylwasserstoff
zu den Aldehyden, verbindet sich wie diese mit den doppelt*8chweflig-
sauren Alkalien und ozy4irt sich leicht schon an der Luft zu BenzoS«
s&ore, er reducirt aber nicht das salpetersaure Silberoxyd. Der Benzoyl*
Wasserstoff löst sich in wässeriger schwefliger Säure viel leichter als
in reinem Wasser; beim Erwärmen der Lösung scheidet das Oel sich
in dem Maasse ab, als die Säure verdampft. Bei Gegenwart von
Alkalien löst sich das Oel unter Einwirkung von überschüssiger schwef-
liger Säure 'sehr leicht; ebenso verhält es sich gegen saure schweflig-
saure Alkalien; es entstehen hiebei zum Theil krystallinische Ver-
bindungen.
In doppelt-schwefligsanrem Ammoniak löst sich Benzoyl-
wasserstoff in jedem Verhältniss, gerade wie in Alkohol oder in flüch-
tigen Oelen; diese Lösung enthält wahrscheinlich die Verbindung des
Oels mit dem sauren Alkalisalz neben einem etwaigen TJeberschnss des
Gels; die reine Verbindung konnte aber nicht krystallisirt erhalten
werden, sie scheint sehr löslich zu sein. Wird die trockene Verbin-
dung mit überschüssigem Kalihydrat gemengt destillirt, so bilden sich
(nach Gössmann). Amarin und Lophin (s. d. S. 938 u* 941).
Benzoylwasserstoff mit doppelt-schwefligsaurem Kali
scheidet sich unter Erwärmung als ein Krystallbrei ab, wenn man das
Oel mit einer Lösung von zweifach-schwefligsaurem Kali (von 28<> bis
SO» B. oder 1,24 bis 1,26 specif. Gewicht) schüttelt. Die Krystalle
werden nach dem Abpressen zwischen Papier in verdünntem sieden-
den Alkohl gelöst (bei zu langem Sieden findet Zersetzung statt); beim
langsamen Erkalten der Lösung scheidet die Verbindung sich in glän-
zenden rectangulärön Blättchen ab, trocken verändern sie sich an der
Luft nur langsam; sie lösen sich nur wenig in kaltem Alkohol, leicht
in reinem Wasser, schwieriger bei Gegenwart von saurem schweflig-
sauren Alkali, so dass in einer concentrirten Lösung dieses Salzes die
Verbindung beinahe fast ganz unlöslich ist. Die wässerige Lösung
zersetzt sich beim Kochen för sich unter Abscheidung des Benzoyl-
wasserstoffs; verdünnte Säuren wirken erst beim Erwärmen zersetzend
dn; eine Lösung von kohlensaurem Alkali zersetzt sie sogleich unter
vollständiger Abscheidung des reinen Benzoylwasserstoffs.
Benzoylwasserstoff mit doppelt-schwefligsaurem Na-
tron, CuHeO, -|- NaO.SsQ« -f- 2 HO, bildet sich beim Schütteln
des Oels mit 3 bis 4 Vol. einer Lösung von doppelt-schwefligsaurem
Natron von 1,23 specif. Gewicht; es bilden sich schnell Krystalle, welche,
nachdem sie abgetrocknet sind, 2- bis 3mal ans ÖOprocentigem Alkohol
umkrystallisirt werden. Die Verbindung krystallisirt in weissen glänzen-
») Annal. d. Gb«m. a PhATm. Bd. LXV, 8. 887. — ■) Phami. Jonrn. Transact.
Vol. Xni, p. 277.
918 Benzoylwasserstoft
den Prismen, die schwaoh nach BencoylwassentolTiieokan, nndnachdi»*
gern wie sogleich nach schwefliger Säure schmecken« In verschlosseoa
Gelassen lassen die Krystalle sich unverändert aufbewahren, selbsl an der
Luft verändern sie sich nur langsam. Sie lösen sich leicht in Wasser, imd
beim Erkalten der warm gesättigten Lösung scheiden sich wieder groass
Ejrystalle ab. Die Verbindung lost sich in starkem Alkohol mJchk in
der Kälte, und nur wenig beim Erwärmen; leicht löslich sind sie in ver-
dünntem Weingeist Gegen verdünnte Säuren, wie gegen Lösonga
von doppelt^schwefligsaurem oder einfach-kohlensaurem Alkali Verhaltes
sie sich wie das Eüalisalz. Brom und Jod lösen sich bei Znsats voa
Wasser mit der Verbindung zu einer farblosen, Schwefelsäure haltendea
Flüssigkeit, während Bensoyl Wasserstoff sich abscheidet; Salpetersäim
EersetKt das trockene Salz in gleicher Weise. Vorsichtig an der Luft erhilBti
zersetzt die Verbindung sieb, ohne zu verkohlen, in entweichende s^wefiige
Säure und Benzojlwasserstoff, während einfach*schwefligsaiires AlkaE
zurückbleibt; beim Erhitzen im Wasserstoffgasstrom findet die Zm-
Setzung schon unter 100<^ C. statt.
Die wässerige Lösung von schwefligsanrem Benzoylwasserstoff-
Alkali giebt mit Chlorbarium einen weissen, in Salzsäure löelicha
Niederschlag; sie fallt auch die Bleisalze und Silbersalze; es scheiiDl
dass die Niederschläge einen Theil des Oels enthalten (Bertagnini^
Verwandlungen des Benzoylwasserstoffs. Der Benzo;^
Wasserstoff geht bei Einwirkung anderer Körper sehr leicht in manai^
fache Zersetzungsproducte Über, aber auch für sich allein scheint e
sehr geneigt zu sein, vieUeicht ähnlich dem Acetylaldehyd, in iamncR
Verbindungen überzugehen; oder es sind die Oele, welche ans bitte»
Mandeln, aus Kernen von Kirschen und Pfirsichen^ aus Pfirsichblatten
u. dgl. erhalten werden, abgesehen von ihrem Gehalt an Blansäan,
Benzoesäure u. s. w«, wenn auch von gleicher Zusammensetsnng, do^
unter sich verschiedenartige Körper. Anders Jässt sich kaum &
Thatsache erklären» dass, wenn auch vielleicht nicht vollständig, f^
reinigter Benzoylwasserstoff mit demselben Agens oft so verschi^cw
Zersetzungsproducte bildet, und dass es selbst bei möglichst gleidur
Behandlung nicht immer gelingt, wüikürlich den einen oder a&deii
Abkömmling darzustellen* Die Länge der Zeit, welche die einzelna
Agentien bis zur Vollendung der Beaction oft einzuwirken haben, &
geringe Ausbeute an Producten und die Kostspieligkeit der Sabstaai
sind weitere Ursachen, dass über die Bedingungen der Bildung dv
einzelnen Producte und über ihre Eigenschaften noch viele Zweifel aai>
znklären sind. Man kann nicht unbedingt behaupten, dass alle w
Laurent und Anderen dargestellte Körper wirklich einfache chemiscbt
Verbindungen sind; hier, wo meistens mit so geringen Mengen ges^
beitet wurde, oft mit schwerlöslichen, unkrystallinischen, und schwierig
darzustellenden Körpern, sind nicht die nöthigen Garantien für die Bon-
heit der Substanz gegeben; bei Wiederholung der schwierigen und
zeitraubenden Arbeiten Laurent's werden unstreitig manche Resoltati
abweichend von den früheren erhalten werden. Vor Allem wäre es wesent-
lich, hier nur mit schwefligsaurem Alkali gereinigtes Oel zu verwenden,
um sicher zu sein, das Benzoylaldehyd in Anwendung zu bringen.
^) Annal. d. Chem. n. Fhsmi. Bd.
Kopp 1862, 3. 625.
LXXZV, a. 179; Jahresber. t. Liabig a.
Benzoylwasserstoff. 919
Die beobaohtelen ZerseUangen aind hervorgebracht:
1) Durch Wärme. Der Bencoylwasserstoff verträgt selbst
schwache Glühhitze, ohne sich zu zersetzen; leitet man den Dampf des-
selben durch eine rothglühende, mit PorzellanstÜoken gefüllte Bohre, so
serf ällt er in Benzol und Kohlenoxyd :
Benzojlwasser8to£P Benzol Kohlenoxyd«
2) Durch Sauer Stoff gas. An der Luft oxydirt das Oel sich bald;
io Infihaltenden oder nicht luftdicht verschlossenen Gelassen bilden sich
bald Krystalle, die früher wohl als BittermandelÖlcamphor bezeichnet,
von Stange, später von Liebig und Wöbler als Benzoesäure erkannt
wurden. Lässt man einige Tropfen Bittermandelöl auf einem Uhrglase an
der Luft verdampfen, so bleibt ein krystallinischor Rückstand von Benzoe-
säure« Die Berührung mit Wasser begünstigt die Oxydation des Oels
wesentlich. Sohönbein^) hat nachgewiesen, dass der Sauerstoff sich
zugleich in Ozon verwandele, daher beim Schütteln von Luft mitBenzoyl-
Wasserstoff, dem etwas Indigolösung zugesetzt ist, der Indigo sich ent-
färbt, während. Benzoesäure sich bildet; der Benzoylwasserstoff hat
also überhaupt die Fähigkeit, den Sauerstoff in Ozon zu verwandeln,
besonders leicht findet die Umwandlung im Sonnenlicht statt.
8) Durch Manganhyperoxyd oder andere Hyperoxyde
und Schwefelsäure. Das Oel oxydirt sich dabei schnell in gleicher
Weise wie durch freien Sauerstoff.
4) Durch Salpetersäure. Massig starke Säure löst das Oel,
verwandelt es aber nicht in der Kälte, und selbst in der Wärme langsam
in Benzoesäure. Concentrirte rauchende Salpetersäure oder ein Ge-
menge von Salpetersäure mit ooncentrirter Schwefelsäure löst das Oel
leicht, auf Zusatz von Wasser scheidet sich Nitrobenzoylwasser-
stoff, neben einem gelben öligen» nicht näher untersuchten Körper,
dessen Bildung nicht vermieden werden konnte, [ab (Bertagnini),
(s. Abkömmlinge S. 923).
5) Durch Schwefelsäure. Wasserfreie Säure löst das reine
Oel ohne Schwärzung; nach dem Verdünnen der Flüssigkeit mit Wasser
und Neutralisir en mit kohlensaurem Baryt hinterlässt das Filtrat beim
Verdampfen Bittermandelöl -schwefelsauren Baryt als eine zähe
Masse. Aus der Lösung des Barytsalzes können durch doppelte Zer-
setzung mittelst der Sulphate von Zink oder Magnesia krystallisirbare
Salze dieser gepaarten Schwefelsäure erhalten werden (Mitscherlich).
£ine weitere Untersuchung fehlt
Schwefelsäurehydrat löst den Benzoylwasserstoff, die Mischung ist
roth und wird besonders beim Erwärmen schnell schwarz unter Ent-
wickelnng schwefliger Säure. Ob sich bei Einwirkung von gewöhn-
licher-oder von rauchender Schwefelsäure auf reinen Benzoylwasserstoff
auch das Benzoylbydrat oder die Stilbilsäure (s. unterBittermandelöl)
bildet, oder ob hiezu die Gegenwart von Blausäure nothwendig ist, ist
noch nicht erwiesen.
6) Durch Chlor. Chlor bildet bei Einwirkung auf Benzoyl-
waflserstoff verschiedene Producte, deren Znsammensetzung und Ent-
stehungsweise noch nicht hinreichend erklärt ist. Chlorgas durch Ben-
*) Annml. d. Ghem. n. Phann. Bd. OII, 8. 19»«
920 BenzoylwaASerBtoff.
zoylwasserstoff geleitet, TenraDdelt dieaee nater Abeeheidang von Sak-
•ftnre in Beiusoylchloiid, Ci4](6 02*€l (s d.); diese ürawaDdlung iil
meistens nnvollstandig, und es entsteht dann zagleidi, besonden bei
feuchtem Chlorgas, eine Verbindung von Bensoylwasaeraioff mit
Benzoylchlorid, Ci4fi6 0s.Ci4ft5€l09 =Cs8{^iGl04, ein K&rper,
der von Laurent und Gerhardt ^ entdeckt, und isomer ist mit dem
Benzilchlorür von Cahours (s. S. 821).
Zur Darstellung des Benzoylwasserstoff-Benzoylchlorida lässt man
das Oel, nachdem es mit tjiberschössigem Chlor behandelt ist, in einen
verschlossenen Glase einige Zeit stehen ; man sieht im Laufe von einig«
Wochen dann glänzende Krystallblättchen sich abscheiden, deren Ma«e
zunimmt, so dass nach etwa vier Wochen das Oel fast vollatiuidig feil
geworden ist. Durch Abwaschen mit kaltem Alkohol und Trocknea
auf Fliesspapier Über Schwefelsäure erhält man das Benzoylwasserstof-
Benzoylchlorid als farblose glänzende Ejrystalle, welche der Benzoeeiore
ähnlich sehen, aber sich nicht wie diese Säure in kaltem Alkohol Idmn.
In der Hitze werden sie durch Alkohol leicht zerlegt, bei Znaatz vw
etwas Ammoniak bildet sich Salmiak und benzoSsaures Ammoniak oder
Benzamid. Auch Wasser zerlegt die Krystalle beim Erhitzen schnell, ei
bildet sich Benzoesäure, Benzoylwasserstoff und Salzsäure« — Conoes-
trirte Schwefelsäure färbt die Verbindung sogleich gelb unter Ent*
Wickelung von Salzsäure, und Wasser verwandelt sie dann in Benzojl-
wasserstoff und Benzoesäure,
Die im trockenen Zustande geruchlose Flüssigkeit stöast fen<^t so*
gleich Salzsäuredämpfe aus und riecht dann nach Bittermandelöl. —
Vorsichtig erhitzt, schmilzt das Benzoylwasserstoff-Benzoylchlorid olmi
Zersetzung; beim Erhitzen über den Schmelzpunkt hinaus zeigt es des
Geruch jiach Benzoylchlorid ; durch Destillation erhält man ein Gkmenge
von Benzoylwasserstoff und Benzoylchlorid.
Felo uze hat auch durch Einwirkung von feuchtem Chlorgaa aaf
Benzoylwasserstoff einen krystallinischen Körper erhalten, der na^
Laurent ') die Zusammensetzung der BenzoSsäure hatte, aber von dies«
sich dadurch wesentlich unterschied, daas er bei der Behandlung seiner
alkoholischen Lösung mit Ammoniak sich vollständig in Benzamid ver-
wandelt.
Laurent's Stilbesilsäure ist durch Einwirkung des Gfalors md
rohes Bittermandelöl dargestellt und deshalb dort beschrieben, wefl ei
sich nicht entscheiden lässt, ob es auch aus reinem Benzoylwasaerstoir
erhalten werden kann.
Vom Benzoylhydrat (s. d. unter Bittermandelöl, Abkömm*
linge) ist nicht deutlich nachgewiesen, ob es überhaupt durch £2inwir-
kung von Ghlorgas auf Benzoylwasserstoff, reinem oder blansänrehalten-
dem, entstehe. Der benzoSsaure Benzoylwasserstoff ist voa
Winckler aus rohem Bittermandelöl dargestellt, daher dort besohiie-
ben, obgleich der Zusammensetzung nach man aimehraen dürfte, daas
er sich aus reinem Benzoylwasserstoff bildet
7) Durch Chlorschwefel. Bis jetzt ist nur das Verhalten des-
selben gegen rohes Bittermandelti (s. bei diesem) untersucht
8) Durch Fhosphorperehlorid. Beim Zusammenbringen die»
^) Qompt. rend. des tray. de eh. par Laurent et Gerhardt, Arril ISSO,
p. 128. — *) Compt. rend. de leewl. T. XXII, p. 789.
BenzoylwMserstcKK 921
.M8 Chlorid» mit BensoylwMsentoff findet eise keftige Emwiricnng statt,
es bildet sich Phosphorozychlorid und Chlorobenzol, und in Folge der
dabei sich entwickelnden Wime destUlirt ein Theil der Producte über
(C a h o a r s) ; die Zersetsnng ist diese :
Bensoylwasserstoff Chlorobensol
Beim Erwärmen des Gemenges destillirt bei 100^ bis 112<^C. das
Phospfaoroxychlorid Ober; bei Behandlung des bei dieser Temperatur
nicht flüchtigen Theüs der Flüssigkeit mit Wasser und Kalilauge, Trock-
nen der Flüssigkeit über Ghlorcalcium und Bectificiren bei 206« bis 2a8<» C.
wird das Ghlorobenzol rein erhalten. Dieser Körper ist von Cahonrs
entdeckt, später von H. Buff, von Wicke und von A. Engelhardt
nntersQcht; er muss, nach Wicke, als das ChlorÜr eines Badicals,
C14H«, betrachtet werden, welches dem zweisäurigen Alkohol '^11' 1^4
angehört, den er Bensolalkohol nennt (s. unten S. 927).
9) Wird Chloracetjl mit trockenem Benzoylwasserstoff zu glei-
chen Aeqnivalenten in zugeschmolzSnen Glasröhren auf 120®bis ldO<>G.
10 bis 20 Stunden erhitzt, so bildet sich Salzsäure und Zimmtsäure,
welche sich zum Theil schon beim Erkalten der Flüssigkeit abscheidet,
theils durch Auskochen derselben niit Ammoniak haltendem Wasser
nnd Fällen mit Salzsäure darstellen lässt. Wird das Gemenge von
Chloracetyl mit BenzoylwasserstoflT auf 200^^0. erhitzt, so bildet sich
eine feste graue amorphe Masse, welche etwas Zimmtsäure enthält,
i^>er nicht weiter untersucht ist (Bertagnini^). Die Bildung der
Zimmtsäure hierbei giebt folgende Gleichung:
Chloracetyl Bencojlwasserstoff Zimmtsäure.
•
10) Brom löst sich beim Vermischen mit Benzojlwasserstoff un-
ter Erwärmen auf, es entwickeln sich sogleich dicke Dämpfe von Brom-
wasserstoff, zugleich bildet sich Benzoylbromid (s. d. S. 903).
Jod wirkt nicht auf Benzoylwasserstoff ein.
11) Durch Schwefelwasserstoff wird das Oel zerlegt unter
Bildung von Benzoylsulfhjdrat ; dasselbe Product entsteht aber leichter
noch bei gleichzeitiger Gegenwart von Ammoniak (s. S. 980).
12) Durch Schwefelammoninm. Bei Behandlung von Ben-
Boylwasserstoff mit Schwefelammonium entstehen verschiedenartige Pro-
doote, je nachdem die Rtoction in wässeriger alkoholischer oder ätheri-
icher Lösung vor sich geht, und je nachdem eine grössere oder geringere
ICenge von Alkali angewandt wird; doch kommen hiebei auch noch
ftndere, nicht hinreichend ermittelte, umstände in Betracht. Die noch
in vollständig bekannten, namentlich von Laurent dargestellten Producte
(ind theils stickstofffreie, theils stickstoffhaltende Schwefelverbindungen-;
lie Zusammensetzung mancher derselben ist noch nicht festgestellt, was zum
rheil daran liegen mag, dass der Stickstoff nicht genau, meistens etwas zu
liediig bestimmt wird, vielleicht auch, dass sie noch nicht hinreichend
•ein erhalten wurden.
*} Ajiaal. d. Chtm-u. Pharm. Bd. C, S. 125.
922 Benzoylwasserstoff.
Bei Einwirkung von Schwefelammoninin snf BenKoylwasaentoff h
alkoholischer Lösung bildet sich ßenzoylsnlfhydrat, 0148^89, dane-
ben Sulfazobenzojlwasserstoff oder Thiobensaldin, C4sHi9NS(
(s. beide S. 930); der letztere bildet sich namentlich auch in itiiftri-
scher Lösnng.
13) Durch Ammoniak. Durch die Einwirkung dieses Körpen
anf BenzojlwasserstoflT bilden sich verschiedenartige Prodacte, die zum
Theil sehr unvollständig bekannt sind, besonders hinsichtlich der Be»
dingungen ihrei; Entstehung. Es treten dabei meist mehrere Prodncsfce
nebeneinander auf, vielleicht nur weil das Oel ein Gemenge vexvchie-
dener Substanzen ist, und daher mögen manche als rein betrachtete Kö^
per doch noch gemengt gewesen sein. Der umstand, dass meistens nur
geringere Mengen der einzelnen Producta erhalten wurden, und dasi
manche derselben nicht willkürlich wieder dargestellt werden konnteOt
hat eine vollständigere Untersuchung bis jetzt verhindert £s ist mög^
lieh, dass in manchen Fällen die Stickstoffbestimmungen wegen der
Mangelhaftigkeit der älteren hier noch angewandten Methoden etwas n
niedrig ausgefallen und dadurch unrichtige Formeln berechnet sind; we-
nigstens hat Laurent, der die meisten dieser Verbindungen untersadit
hat, bei späteren Wiederholungen älterer Analysen zuweilen mehr Stick*
Stoff gefunden als früher, wodurch dann die Formel einfacher wurd^
Durch wässeriges Ammoniak ward aus dem Benzoylwasserstoff hanjit-
sächlich das Hydrobenzamid (S. 934) und unter umständen du
Azobenzoilid (CsgHnN) (S. 946) erhalten, mittelst weingeistigfli
Ammoniaks der Azobenzoilinwasserstoff (von Laurent für eigen-
thümlich gehalten und so benannt, später aber als Amarin erkaontl
und die Benziminsäure (S. 946), unter anderen umständen das Bi*
benzoilimid (Robson) (S. 947), welche Körper unter den Abkömm-
lingen des Benzoylwasserstoffs (a. a. O.) beschrieben sind.
14) Durch Cyanammoninm. Bei Einwirkung von Cyanan-
monium in weingeistiger Lösung auf Benzoylwasserstoff bildet sich eiM
in Alkohol lösliche, weisse krystallinische Verbindung, das Bens*
hydramid (s. Bittermandelöl, Verwandlungen), identisch nis
dem Product, welches bei Behandlung .des blausäurehaltenden Oeb
mit reinem Ammoniak entsteht (Laurent und Gerhardt).
15) Durch Ko-hlensulfid und Ammoniak. Wenn Salib->
kohlensaure mit Ammoniak und Benzoylwasserstoff zusammengebradit
wird, so bilden sich zwei Schichten, aus denen sich bald Krystalle
von Benzoylrhodanür abscheiden, während zugleich Schw^felammonima
und Wasser aus den Elementen der zusammengebrachten Verbindangea
gebildet ist:
Ci4H«^+3NB8 +C2S4===CieH5SjN^ +
Benzoylwasserstoff Benzoylrhodanür
16) Durch Kalium. In trockenem reinen Oel löst sich das
Metall allmälig ohne Wasserstoffentwickelung auf, während das Oel sieh
verdickt und dunkel wird.
17) Durch Kali- und Natronhydrat. Bei Berührung mit den
ätzenden Alkalien absorbirt der Benzoylwasserstoff rasch Sauerstoff und
verwandelt sich in Benzoesäure. Mit Kalihydrat für sich erhitzt, wird
das Oel auch bei Abschluss von Luft unter Entwickelung von Wasser-
stoffgas zu Benzoesäure oxydirt. Mit weingeistiger Kalilösung erhittt»
Benzoylwasserstoff. 928
serle^ der Benzoylwasserstoff (2.Ci48«09) sich miler Anfiiahine von
Wasser (2 H O) in Beneo^s&nre (CuHe O4) nnd Benzylalkohol (CuHg O^,).
18) Darch Cjankalium. Reiner Benzoylwasserstoff g;iebt mit
Cjankalinm Benzbin, diese dem Benzoylwasserstoff isomere Product, wel-
ches sich auch bei Einwirkung von Ealilösong auf blansänrehaltendes
Bittermandelöl (s. dieses) bildet.
19) Durch Anilin und wahrscheinlich analog durch andere ähn-
liche Basen wird der Benzoylwasserstoff unter Abscheidung von Wasser
in ein saneratofffreiesAnilid umgewandelt, das Stilbylanilin, Benzoyl-
anilin von Laurent und Gerhardt (s. Bd. I, S. 1076):
Ci4Tf0O9 — |- 019*17^ =r Cjgixjirf -|- 2fTO.
Benzoylwasserstoff Anilin Stilbylanilin
Harnstoff bringt mit dem Benzoylwasserstoff eine ähnliche
Umwandlung hervor; es entsteht beim Erwärmen beider Körper aus
4 Aeq. Harnstoff (4C2H4N9OS) und 8 Aeq. Benzoylwasserstoff (3.
Ci4H«09) neben 6 Aeq. Wasser 1 Aeq. des von Laurent und Ger-
hardt entdeckten Benzoylureids (CsoHss^sOg) (s. S. 912).
Abkömmlinge des Benzoylwasserstoffs.
•
Von den Yerwandlungsproductei^ des Benzoylwasserstoffs sind sehr
viele nur unvollständig bekannt in Beziehung auf die rationelle For-
mel, aber nicht weniger ist man sogar oft wegen der empirischen Zu-
sammensetzung unsicher. Einige dieser Verbindungen enthalten noch
Bensoyl (Ci4{{509) alsKadical; andere enthalten vieUeicht den Kohlen-
wasserstoff G14H5, welchen Berzelius früher alsBenzoyl bezeichnete;
in einigen Verbindungen sind auch vielleicht 2 oder 8 Moleküle die-
ses Kohlenwasserstoffs zusammengetreten, oder es sind andere Badicale,
wie Stilbyl, CggHn, oder ein anderer Kohlenwasserstoff gebildet. Bei
dieser Unsicherheit ist eine systematische Anordnung dar Zersetzungs-
psoducte des Benzoylwasserstoffs nach der Zusammensetzung ganz un-
möglich. Wir müssen daher die Producte nach ihrer Bildung folgen
lassen.
1) Nitrobenzoylwasserstofif.
Eenzoylnitrfir. Snbstitutionsproduct des Benzoylwasserstoffs,
(1851) von Bertagnini entdeckt i). Seine Formel = C14H5NO6 =
Ci4 (84 .N04)09 . ft, oder weniger wahrscheinlich, C14H5OS .NO4.
Diese Verbindung ist also nitrirter Benzoylwasserstoff oder das
Niirür des Benzoyls. Sie bildet sich bei Einwirkung von starker Sal-
petersäure auf Benzoylwasserstoff. Zu ihrer Darstellung mischt man
tu rauchender Salpetersäure Bittermandelöl allmälig in kleinen Por*
tionen zu, wobei es sich unter Wärmeentwickelung löst ; fügt man nach
20 bis 80 Minuten Wasser hinzu, so scheidet sich das nitrirte Oel ab.
Statt es in reiner Salpetersäure zu lösen kann man das Bittermandelöl
mit dem 15- bis 20fachen Vplumen eines Gremenges von Salpetersäure
0 Gaz. med. ital. T. I, S^r. II ; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXIX,
9. 259; Annal. de ehim. et de phys. [S.] T. XXXHI, p. 465; Phann. Oeatralbl,
1862, S. 660; Jahresber. v. Liebig-n. Kopp 1861, S. 619.
924 BenzoylwasserstolK
(1 Vol.) und coiMientrirler SohwefelflUure (2 Vol.) miiolien; niMi no«
biebei abkUhlen, um Erhitsang za vermeideii, und nach der Ltaiig
die Säure aUbald mit ihrem 3* bis 4faoheii Volnmen Wasser mengoL
Der NitrobenaoylwaMentoff scheidet sich aus der Saure als ose
ölige Flüssigkeit ab, welche erst nach einigen Tagen erstarrt; dia
Krystalle enthalten noch ein gelbliches , unangenehm riechendes M
beigemengt, von dem sie durch Ausproesen zwischen Papier und übh
krystallisiren aus verdünntem kochenden Alkohol gereinigt werden.
DerNitrobenzoylwasserstoff ist weiss und krystallinisch, rein fitftg^
ruchlos, er schmeckt etwas stechend, aber dem Bitlermandelöl ahnliek»
Er ist wenig in kaltem, aber leicht in siedendem Wasser löslich, sowi»
auch in warmem Alkohol, etwas weniger in Aether. Die Yerbindimg
schmilzt beim Erwärmen zu einer farblosen Flüssigkeit; etwas stärker
erhitzt, giebt sie Dämpfe ab, die verdünnt angenehm, conoentrirter
stechend riechen und reizend wirken. Die vorsichtig geschmolseae
Masse erstarrt beim. langsamen Erkalten bei 46^0.; bei Bewegung der
Masse durch Umrühren steigt das Thermometer wieder auf 49* C
Sie verflüchtigt sich beim Kochen mit Wasser in geringer Menge;
in einem Gasstrome im Oelbade lässt sie sich vollständig und ohne Ze^
Setzung Überdestilliren ; för sich lassen sich nur beim vorsiohtigen E^
hitzen kleine Mengen unverändert verflüchtigen.
Chlorwasserstoffsäure, Salpetersäure und Schwefelsäure lösen des
Nitrobenzoylwasserstoff ohne Zersetzung; aus der Lösung in ooneen-
trirter Schwefelsäure scheidet die Verbindung sich in schönen, wie
Benzo^äure aussehenden Krystallblättehen in dem Maasse ab, als die
Säure an der Lud Feuchtigkeit anzieht und dadurch das Lösungs««^
mögen verliert.
Kohlensaure Alkalien lösen den Nitrobenzoylwasserstoff nififat
leichter als Wasser. Er verbindet sich analog dem Benzoylwasseratrf
mit doppelt-schwefligsaoren Alkalien zu krystallinischen Verbindanges
(Bertagnini^).
Nitrobenzoylwasserstoff mit zweifach*schwefligaanreM
Ammoniumoxyd, Ci4({(5 .N04)09 -f N{l40 . SsQ« + 2 HO. Diei»
Verbindung bildet sich sogleich, wenn man Nitrobenzoylwasserstoff in ge-
linder Wärme in doppelt-schwefligsanrem Ammoniak löst; beim AbküUes
scheidet sich das Doppelsalz in kleinen durchsichtigen farblosen Prii-
men ab; sie krachen zwischen den Zähnen, schmecken bitter und etwai
schweflig, sie lösen sich leicht in Wasser, und auch in siedendem Wein-
geist; aus der wässerigen Lösung kafln die Verbindung nur schwie-
rig wieder krystallisirt erhalten werden, dagegen leicht ans der al-
koholischen Lösung. Das Salz nimmt an der Luft allmälig eine schwach
yiolette Färbung an, ohne selbst nach Monaten sonst ^ne merkbare
Zersetzung zu erleiden. Aus der wässerigen Lösung scheiden sieh
auf Zusatz von Baryt - Silber- oder Bleisalzen die schwefligsauren Salse
dieser Basen gemengt mit Nitrobenzoylwasserstoff ab; PlattnchlorHl
zersetzt die gelöste Verbindung unter Bildung von Platinsalmiak.
Durch Kochen mit Wasser wird die Doppelverbindung schnell zerlegt
unter Abscheidung von kryetallinischem Nitrobenzoylwasserstoff. Säorea
zersetzen sie nicht in der Kälte, schnell beim Erwärmen. Ebenso ve^
halten sich die wässerigen Alkalien.
^) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXY, S. 189.
BensoylwasserstoiF. 925
Nitrobensoylwassarstoff mit sweifach-schwefiigsanrem
NstroD, Ci4(H5 . N04)0, -f NaO. SjO* -|- »O -f 10 aq. Ans einer
Ldsnng Ton NitrobenzoylwasBerstoff in wäBserigein saaren schweflig-
Baaren Natron krystalliBirt diese Verbindang in gelben Blättchen, wel-
che durch UmkrystalliBiren aus wenig Biedendem Wasser beinahe farblos
erhalten werden. Die Erystalle jiind leicht in siedendem, weniger in
kaltem Wasser löslich, sie verwittern an der Luft ; bei 70<> bis 80<> C. ver-
lieren sie 10 Aeq. Wasser, fast ohne sich sonst su verändern ; fiber 90<^C.
werden sie zersetzt; bei weiterem vordchtigen Erhitzen entweicht Was-
ser, schweflige Saore und Nitrobenzojlwasserstoff, während nentrales
sohwefligsaures Natron zurück bleibt. Die wässerige Lösung der
Verbindung zersetzt sich auch bald beim Sieden , sogleich bei Zusatz
von Säure oder Alkali.
Die Umwandlungen, welche der NitrobenzoylwasserstoflP durch Ein-
wirkung anderer Körper erleidet, sind denen des Benzojl Wasserstoffs
sehr ähnlich.
1) Durch Sauerstoff. Der Nitrobenzoylwasserstoff überzieht
sich an (feuchter ?) Luft mit glänzenden Blättchen, ohne sich aber we-
der in der Kälte noch in der Wärme zu oxydiren. Nur in Berührung
mit Alkalien zieht er leicht Sauerstoff an der Luft an , und geht dann
in NitrobenzoSsäure über. Dieselbe Umwandlung erleidet er durdi
andere Oxydationsmittel, so durch starke Salpetersäure, besonders
durch das Gemenge von Schwefelsäure mit Salpetersäure. — Concen-
trirte wässerige Chromsäure löst die Nitroverbindung unter starker
Wärmeentwickelung, und nach wenigen Minuten erstarrt die l^asse
durch Auscheidung von Nitrobenzo$säure.
2) Durch Chlor. Chlorgas zersetzt die Nitroverbindung erst
bei Einwirkung von directem Sonnenlichte; es etwickelt sich Salzsäure,
wahrend sich eine gelbliche Flüssigkeit bildet, das Nitrobenzoyl-
Bhlorid, Ci4(84.N04)03.€l (8. 90a).
S) Brom löst sich in geschmolzenem IHtrobenzoylwasserstoff»
iber erst nach längerem Erwärmen bildet sich Brom Wasserstoff und
isne braune harzartige Masse, vielleicht das Nitrobromid. .
4) Schwefel Wasser Stoff gas zersetzt bei längerem Einleiten
n die alkoholische Lösung die Nitroverbindung; es scheidet sich ein
ressQlich graues lockeres, mehlartiges Pulver ab, dassen Zusammen-
Bkenng = Ci4(H5 .N04)Ss; es ist also ein Nitrosulfobenzoyl, entspre-
iheiid dem Sulfür des Wie keuschen Benzolalkohols, C]4He88) oder
iem isomeren Benzoylsulfhydrat (s. S. 980). Es scheint nur dieses Pro-
act zu entstehen, und seine Bildung ergiebt sich aus der Gleichung:
Ci4(H5.N04)0, + 2HS = C,4(»5N04)Sa -f 2»0.
Der Schwefel haltende Körper zeigt in Wasser keinen merkbaren
rerach; zwischen den Fingern zerrieben wird er elektrisch und zeigt
inen unangenehmen, fest haftenden Geroch. Ohne sich in den Flüs-
igkeiten zu lösen schmilzt er in siedendem Wasser zu undurchsich-
gen Tröpfchen; in siedendem Alkohol backt er zusammen und im
Lether wird er schon bei gewöhnlicher Temperatur durchscheinend
od zähe. Concentrirte Schwefelsäure löst die Verbindung ohne Zer-
»tznng, denn auf Zusatz von Wasser scheidet sie sich wieder unver-
ndert ab. Salpetersäure zersetzt dasSulfÜr dagegen leicht, ganz con-
Bntrirte Säure schon bei gewöhnlicher Temperatur mit grosser Hef-
gkeit, verdünnte erst beim Erwärmen ; hiebei entsteht durch Oxyda-
926 Benzoylwasserstoffi
tion des Sohwefels Schwefelsäure, und eugleich regeneriiier Nitrobss-
zojlwasserstoff. — Alkoholisehe Kalüösnng löst das Snli^ schon m
der Kälte; auf Znsats yon Wasser fallt eine braune Substanz nieder.—
In einem Strom von Ammoniakgas oder mit gelöstem Ammoniak er»
wärmt, bildet sich Schwefelwasserstoff, und wahrscheinlich Trimtrohj-
drobenzamid (s. unten Hydrobenzamid S. 934).
5) Durch Cjan Wasser Stoff säure, wenn sie coDcentrirt ist,
wird der Nitrobenzoylwasserstoff leicht gelöst; aus der frisch bereitetaB
Lösung scheidet Wasser das NitrQr unverändert ab; blieb die Flüssig
keit aber ers( einige Stunden stehen, so bildet sich eine zähe, an der
Luft unveränderliche Flüssigkeit, welche in heissem Wasser löslich ist;
beim Kochen der Körper mit Salzsäure entsteht neben ChloraoamoniBJB
ein anderer in Wasser löslicher Körper.
6) Durch Gyankalium wird der Nitrobensoylwasseistoff auges-
blicklich zersetzt. Das hier entstehende Product ist nicht weiter us-
tersucht.
7) Kalihydrat bewirkt in Lösung schnell die ümwmndiang der
Wasserstoffverbindung in NitrobenzoSsäure ; bei der wässerigen Lösong
ist Erwärmung nöthig ; bei der alkoholischen Lösung findet die Büdosg
von nitrobenzoesaurem Kali und in Folge desselben das E«rstarrflB
der Flüssigkeit fast augenblicklich statt.
8) Durch Ammoniak wird die Nitroverbindung analog demBsB>
zoylwasserstoff schnell in Trinitrohydrobenzamid [C4fIii5(N04)s}ii|]
verwandelt, welches bei Einwirkung von Kalilauge oder von Wärai
in das isomere Trinitro-Amarin sich umsetzt
9) Schwefelammonium reducirt in alkoholischer Lösung du
Nitrobittermandelöl, es scheidet sich eine halbzähe Masse ans, ein Gt-
menge von einer Schwefel haltenden organischen Verbindung vA
freiem Schwefel. Durch Auflösen in Aether wird die Verbindung vos
letzterem getrennt und bleibt beim Verdampfen als röthliche Flösog-
» keit zurück , welche in Wasser und wässerigen Säuren unlöslich ist;
beim Erhitzen zersetzt sie sich und entwickelt Schwefelwasserstoff; mk
Salpetersäure gekocht, giebt sie Schwefelsäure und eine gelbe hansr>
tige Substanz.
10) Schwefligsaures Ammoniumoxyd verwandelt die Nitro-
verbindung in ein saures > in Wasser und Alkohol leicht lösliches
Product •
11) Durch Harnstoff wird der Nitrobenzoylwasserstoff beim Ze>
sammenschmelzen in analoger Weise zersetzt, wie der Benzoylwasser»
Stoff, unter Abscheidung von Wasser bildet sich eine undurchsichtige,
beim Erkalten erstarrende Substanz, wahrscheinlich ein Nitrobenzoyl-
nreid, welches sich in reinem Alkohol kaum löst, beim Elrhitzen mit
Salzsäure haltendem Alkohol aber gelöst wird, indem es in Nitro»
benzoylwasserstoff und Harnstoff zerfällt
wer-
BenzojlwMserstoff. 927
2) Beiizolalkohoi
nennt Wicke ^) einen noch nicht isolirten, von ihm als zweisünrig
bezeichneten Alkohol, dessen Formel in reinem Zustande C14H8O4
(Ci H yj
wäre, also als Ci4He03.2HO, oder als ^^^„^^ | O^ bezeichnet
den müsste. Das Radical dieser Verbindung findet sich zunächst in
dem durch Einwirkung von Phosphorperchlorid auf BenzoylwasserstofF
entstehenden, von Cahours entdeckten Chlorobenzol (Ci4H^€l3 S. 921),
aus welchem sich viele andere Verbindungen desselben Badicals darstel-
len lassen. Es gelang nicht durch Kochen mit Kalium oder Natrium ans
dem Chlorür das Chlor abzuscheiden, und so das Radical zu isoliren.
Auch der Alkohol dieser Reihe C]4 Hg O4 hat noch nicht für sich dar-
gestellt werden können, indem er, wie es scheint, gleich in Wasser zer-
fällt und den Aether Ci4H<{02, welcher letztere mit dem Benzoyl Wasser-
stoff isomer ist, ' und sogleich in diesen sich umwandelt Dagegen ha-
ben sich leicht zusammengesetzte Aether, wie verschiedene Salze des
Benzolalkohols darstellen lassen.
Das Chlorobenzol Ci4fi9€l3 = pj 1 '^Jfd aus Phosphor-
perchlorid und Benzojlwasserstoff dargestellt. Zu dem ersteren, welcher
sich in einer tubulirten Retorte befindet, lässt man nach und nach das
letztere fiiessen (auf 6 Aeq. des Chlorids etwa nur 5 Aeq. Bitter-
mandelöl, um ersteres im Ueberschuss zu lassen, weil sonst beim Er-
hitzen leicht ein Theil der Mischung verkohlt und die Ausbeute an
Chlorobenzol gering ist); man erhitzt dann, wobei zuerst bei llO^C.
Phosphoroxy Chlorid , bei- etwa 206 ^ C. das Chlorobenzol Überdestillirt
Dn^ch Waschen mit Wasser, Trocknen über Chlorcalcium und Recti-
fteiren wird es gereinigt. Es ist eine farblose, stark lichtbrechende
Flüssigkeit, die in der Kälte einen schwachen, beim Erhitzen einen '
stark reizenden Geruch hat. Ihr specif. Gewicht ist 1,24; sie siedet
ohne Zersetzung bei 206® bis 208^ C ; das specif. Gewicht des Dampfes
ist 5,59. Sie ist unlöslich in Wasser, löslich in Alkohol und Aether.
Das Chlorbenzol verhält sich indifi^erent gegen freien Sauerstoff;
lagegen wird es leicht zersetzt beim Erhitzen mit weingeistiger Kali-
losung auf dem Wasserbade, etwas langsamer beim Erhitzen bis zu
LOO^C. mit wässeriger Kalilösung in zugeschmolzenen Glasröhren. Es
>ildet sich hier Chlorkalium und Benzojlwasserstoff.
CuHeGlj + 2K0 = C14H6O2 + 2KG1.
Chlorobenzol Benzojlwasserstoff
Auch weingeistige Lösung von salpetersaurem Silber scheidet
ichon in der Kälte alles Chlor ab, wobei auch wieder Benzoylwasser-
toff entsteht; nach Wicke 's Ansicht ist letzteres hierbei das um wand-
ongaprodnct des zuerst entstandenen ihm isomeren Benzoläthers.
^) Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. GII, S. 856; Cbem. Gentnlbl. 1857, 8.789;
ouni. f. prakt. Chem. Bj. LXXI, S. 426. Kopp n. Will, jahresber. 1857, S. 467.
''ergl. Engclhardt: Petersb. Acad. Ball. T. XVI, p. 49; Journ. f. prakt. Cliem.
td. LXXII, S. 280; Chem. Centralbl. 1857, S. 657. H. Bn ff, Annal. d. Chem.
. PhAim. Bd. C, 8. 288.
928 Benzoylwftsserttoff.
Trockenes Ammoniak, so wie kaltes wässeriges oder weingoid-
ges Ammoniak wirken nicht veründemd auf Chlorobensol ein; mitAin-
moniaklösong in zageschmolzenem Bohr längere Zeit aof 100* C er-
lAtztj zersetzt es sich in Salmiak and Bensojlwasserstof^
Ch^GI, + 2NH3 + 2H0 = Ci4^0, + 2NB«€L
Chlorobenzol. Benzoylwasserstoff
Das ganze Verhalten des Chlorobenzols spricht daffir, dsss ei
nicht ein dem Benzoylwasserstoff analoger Körper, oder ein Sabsdta-
tionsproduct desselben ist.
Mit sanren schwefligsaaren Alkalien verbindet das Chlorobensol
sich nicht; dorch Einwirkung von weingeistigem Schwefelwasserstoff*
SchwefelkaUum verwandelt es sich in das entsprechende Solffir d«
Sulfobenzols C14H6S3, welches schon früher von Cahours entdeckt
ist. Es ist isomer aber nicht identisch mit dem Sulfobenzojlwassentof
(S. 980), ist weiss, perlmuttergl&nzend, unlöslich in Wasser, löaUci
in Alkohol, es schmilzt bei 64<^ C, und erstarrt beim Erkalten zn ducr
krystallifiischen Masse; bei hoher Temperatur siedet es unter theilwti-
ser Zersetzung, verdünnte Salpetersäure oxjdirt es rasch anter Bildnnf
von Schwefelsäure neben einem gelben in glänzenden Blattchen bj-
stallisirenden, in Alkalien löslichen Körper (Cahours).
Auf trockenes Cyankalium wirkt das Chlorbenzol auch bei 100*C
nicht ein. Wird es mit weingeistiger Bhodankaliumlösun^ inv«^
schlossenem Gefäss längere Zeit auf 100<^ C. erhitzt, so bildet sich ll^
ben Chlorkalium ein dem Schwefel ähnlich riechendes OeL
Der Benzoläther bildet mit den entsprechenden Oxyden Doppel-
äther. .
Aethylbenzoläther: CssBieO« = 2C4H5 0.Ci4KeO, ote
fC H V' )
QQ^ti \ O4. Eine Lösung v^on (2 Aeq.) Natrium in absolutem Al-
kohol mit (1 Aeq.) Chlorbenzol versetzt, wird einige StundeA gekodit,
dann der Alkohol im Wasserbade abdestillirt, der Bückstand mit Wal-
ser vermischt, und der sich abscheidende Aether über Chlorcalcinm ge-
trocknet, und der fraetionirten Destillation unterworfen.
Der Aethylbenzoläther ist eine wasserhelle, angenehm nach Gera-
nium riechende Flüssigkeit, schwerer als Wasser, unlöslich in Wftasei«
löslich in Alkohol und Aether, und siedet bei 222<^ C. unter Z^setzoBf
eines kleinen Theils.
Amylbenzoläther: C84 H^g O4 = 2 Cio Hn O . C14 H« O, odtf
o'q^u l O4. Die Verbindung wird wie die vorige dargestellt, sbtr
statt durch Abscheiden mit Wasser, durch fraetionirte Destillation ge-
reii^gt Der Amylbenzoläther ist ölig, schwach gelblich gefärbt, rieciift
nach Fuselöl, ist leichter als Wasser, siedet annähernd bei 292^ C, «»-
bei aber ein ziemlich bedeutender Theil sich schon zersetzt.
Methylbenzoläther: Ci8Hi,04 = 2C,HsO + Ci4H«0t
rCi H vi
== Q fc *W*^ I ^*' ^*® Verbindung wird genau wie die Aethylveibia-
düng dargestellt und gereinigt Sie ist wie diesem wasserhell, und voa
angenehmem Geruch, ist schwerer als Wasser und siedet unter Zer-
setzung eines kleinen Antheils bei 208^ C.
BenzoylwasserstoflF. 929
Die Verbindungen des Benzoläthers mit S&uren, oder die zu-
saromengesetzten Benzoläther lassen sich leicht durch doppelte
Zersetzung von Chlorobenzol mit den betreffenden Silbersalzen dar-
stellen; ^m reinsten wird das essigsaure Silbersalz erhalten, weil es
krjstallisirbar ist. Die Verbindungen sind löslich in Aether und las-
sen sich dadurch von dem Silbersalz trennen.
'BenzoSsaurer Benzoläther wird durch Mengen vonChloro«
ben2ol mit benzoSsaurem Silberoxyd erhalten; das Gemenge erwärmt
sich, und wird knetbar; zur Vollendung der Beaetion wird es zuletzt
auf etwa 80^ C. erwärmt Nach dem Erkalten wird es mit Aether aus-
gezogen, wo beim Verdampfen der Benzoläther als eine braune zähe
nieht krystallisirbare allmälig erstarrende Masse zurückbleibt.
Bernsteinsaurer Benzoläther wie der vorige dargestellt,
zersetzt sieh beim Verdampfen des zum Auflösen verwendeten Aethers
an der Luft in Bernsteinsäure und Bittermandelöl.
Essigsaurer Benzoläther: C^sHisOg = 2 G4H8O8 4- CnüeOs
oder A /Q ^cy^ I ^^' ^^^ ^^^^^ ^ '^^^' Chlorbenzol mit 2 Aeq. trocke-
nem essigsauren Silberozyd (wegen zu starken Erhitzens nicht mehr
als 10 6rm.) zusammen, und erwärmt das Gemenge in einem Kölb-
chen sehr vorsichtig, wobei eine sehr heftige Erhitzung eintritt. Der
Bfickatand wird nach dem Erkalten wiederholt mit Aether ausgezogen;
die Auszüge werden abdestillirt, der gelbliche ölige Rückstand mit ver-
dünnter Sodalösung und Wasser gewaschen, nochmals in Aether ge-
<ö8t und 'an der Luft verdampfen lassen; in dem zurückbleibenden Gel
ulden sich bald Krystalle der reinen Verbindung, und allmälig erstarrt
es vollständig.
Der reine essigsaure Benzoläther bildet kleine weisse klinorhombi-
sehe Krystalle, die bei 36<>C. schmelzen, und beim Erkalten krystalli-
nisch erstarren. Der Aether löst sich nicht in Wasser, aber leicht in
Alkohol oder Aether ; beim Verdampfen ist der Bückstand jedoch zuerst
ölartig und wird erst nach längerem Stehen, oft selbst erst beim um-
rühren krystallinisch. Der Aether fängt bei 190^0. an zu sieden, zer-
setzt sich dabei aber in Essigsäureanhydrid und Benzoylwasserstoff, die
lieh verflüchtigen, wobei das Thermometer allmälig steigt
Mit wässerigem Kali oder verdünnter Schwefelsäure in verschlosse-
nem Rohr auf 100® C. erhitzt, zerfällt der essigsaure Benzoläther in
Essigsäure und Benzoylwasserstoff; mit wässerigem Ammoniak in glei-
cher Weise behandelt, bildet sich ACetaraid und Uydrobenzamid.
Schwefelsaurer Benzoläther, aus schwefelsaurem Silber
und Chlorbenzol dargestellt, ist ein rothbraunes nicht krystallisiren-
des Oel.
Valeriansaurer BenzolätRer wird wie der essigsaure dar-
gestellt; das beim Verdunsten des ätherischen Aufzuges zurückblei-
bende Oel int gelb und dickflüssig, krystallidirt nicht; der Aether wird
durch Deitillation zerlegt, wobei sich Valeriansäure und Benzoylwasser-
stoff bildet.
Die Einwirkung von Chlorbenzol auf oxalsaures Silberozyd ist so
heftig, dass die organische Substanz fast vollständig zerstört wird.
tUadwörterbnch der Chemie: Ste Aufl. Bd. 11. 59
930 Benzoyl Wasserstoff.
3) Sulfobenzoylwasserstoff,
Thiobenzoylwaeserstoff, Benzoyl salfhjrdrat, Schwefel«
pikrainyl, Benzensulfür, Stilbensulfür^ Schwefelbenzoilol.
Von Laurent entdecktes Sulfttr. Empirische Formel 0148^83; e« kam
als Thiobenzoyl Wasserstoff, CHH^S^.fi, oder als ein Benzoylsnlfbj-
drat C14H5S.HS angeisehen werden, wenn man das liadical C148}
als Benzoyl bezeichnen will.
Diese Verbindung bildet sich aus reinem wie ans rohem Bittermaa-
delöl durch Einwirkung von Schwefelammonium, indem man 1 Vol. Gel
in 8 bis 10 Vol. Alkohol löst, und bei gewöhnlicher Temperatur oder
bei Siedhitze langsam 1 Vol. Schwefelammonium zusetzt. Schon in
einigen Minuten bildei sich ein weisser Niederschlag, der, mit kochen-
dem Alkohol ausgewaschen, reines Benzoylsulfhydrat zurücklüsat (Lau-
rent). Dieselbe Verbindung wird aus altem Pfirsichblätteröl erhalten
(Rochleder). .
Das Benzoylsulfhydrat ist eine weisse pulverige Masse, bestehend
aus kleinen stärkemehlartigen Kömern ohne alle krptallinische Tex-
tur. Es ist geruchlos, ertheilt aber den Händen einen fest anhängen-
den knoblauchartigen Geruch; es ist unlöslich in Wasser und Alkohol
nur in viel Aether löst es sich; durch wenig Aether wird 09 dorcb-
sichtig und flüssig, durch einige Tropfen Alkohol jedoch sogleich wie-
der fest Bei 90^ bis 95^0. wird es weich; nach dem Erkalten ist &
fest geworden, aber durchsichtig geblieben. Bei stärkerem £rhitzen
förbt es sich zuerst rothgelb; länger erhitzt, so wie bei der trockenen
Destillation zerfällt es in Schwefelwasserstoff und SchwefelkohlenstoC
und in zwei neue feste Producte: das Pikramyl und das Schwefeleasal (».
S. 932 u. 933). Brom zersetzt Benzoylsulfh3rdrat unter Bildung von Bron-
wasserstoff und einem ölartigen nicht untersuchten Körper. Kochende
Salzsäure bewirkt eine schwache Entwickelung von Schwefelwasser-
stoff; Schwefelsäure löst das Benzoylsulfhydrat in der Wärme mit
schön carminrother Farbe , welche bei Zusatz von Wasser verschwin*
det, indem sich ein gelber flockiger Niederschlag abscheidet; Salpeter-
säure oxydirt es schon bei gelinder Wärme und bildet Schwefelsänre
und Benzoylwasserstoff oder Benzoesäure. Weingeistige Kaliiösong
zersetzt die Schwefelverbindung langsam, Wasser scheidet aus der Lö-
* Bupg ein Oel, vielleicht Ben zoyji Wasserstoff, ab, und Säuren entwickeln
aus der alkalischen Lösung Schwefelwasserstoff; nach diesem Verhal-
ten lässt sich diese Verbindung wohl als ein Benzoylsulfhydrat be-
trachten.
4) SulfazobenzoylwasserstofF.
Thiobenzaldin,Sulfazopikramyl,Benzensulfazofur,BeQ*
zenazosulfür. Von Laurent entdeckt. Laurent') gab dieser W-
bindung früher die Formel C126H54N2S12 und betrachtet sie als eine
Verbindung von 6' . C14H6S2 (Benzoylsulfhydrat) mit C4|Hi8lfs (Hy-
J
0 Compt. rend. de'l'acftd. T. XXXI, p. 849; Annal. de chtm. et de phys. S.j
T. XXXVI, p. 342; Journ. f. prakt. Chem. Bd. LI, S. 243.
Benzoylwassersto£ 931
drobenzamid) ; nach späteren Untersuchungen ist die Formel C42fli9NS4;
die vorliegende Untersuchung giebt keinen Anhaltspunkt, um danach
eine rationelle Formel flir diesen Körper aufstellen zu können. Nach
Laurent ist die Bildung desselben das Product zweier auf einander
folgenden Processe:
Ci43^ + 2HS = CiÄS, + 280
Benzoylwasserstoff Benzoylsulfhjdrat
3i(Qi4»e8j) 4- NH, = C14B19NS4 + 2HS.
Benzoylsulfhydrat Thiobenzaldin
Demnach wäre die BUdung dieses Körpers analog der des Thialdins
(s. bei Aldehyd Bd. I, S. 420), was Laurent zur Umwandlung des
früheren Namens in Thiobenzaldin veranlasste.
Die alkoholische Lösung vom Auskochen des unreinen Snlfoben*
zoylwasserstoffs giebt beim freiwilligen Verdunsten meistens diese
Schwefel-StickstofiPverbindung in krystallinischen Blättchen. Oder
man versetzt 1 Vol. Bittermandelöl, in dem 4- bis 5fachen Aether ge-
lost, mit 1 Vol. Sch^efelammoninm. Wenn die Masse dann 8 bis 4
Wochen ruhig gestanden, hat sich eine krystallinische Kruste ge-
bildet, die ans Aether umkrystallisirt wird; beim freiwilligen Verdun-
sten der ätherischen Lösung in einem flachen' halb bedeckten Gefäss
erhält man grosse und deutliche Kr3rstalle, diese sjnd durchsichtige,
zuweilen schiefe rectanguläre oder sechsseitigePrisn^en, zuweilen haben -
sie Aehnlichkeit mit dem perlmntterglänzenden blätterigen Stilbit; sie
ertheilen den Fingern einen knoblauchartigen Oemch, sind in 20 bis
80 Thln. Aether löslich, schmelzen bei 1200C., die Masse bleibt nach ^
dem Erkalten durchsichtig gumnkiartig; bei stärkerem Erhitzen wird
sie zuerst blau, dann röthlich gelb, und es entwickelt sich Ammoniak;
bei der trockenen Destillation bleibt etwas Kohle zurück, zugleich bilden
sich dieselben Producte, welche durch Zersetzung von Benzoylwasser-
stoff entstehen. Durch kochenden Alkohol wird der SulÜEUsobenzoyl-
Wasserstoff langsam zersetzt unter Entwidselung von Schwefelwasser-
stoff; mit Brom bildet sich Bromammoniom und eine in Aether lös-
liche krystallisirbare Substanz; von Salpetersäure wird er schon in ge-
linder Wärme zersetzt, unter Bildung von einem Oel, wahrscheinlich
Benzoylwasserstoff, und Benzoesäure. Weingeistige Kalilösung zer-
setzt den Körper unter Bildung von Schwefelkalium, Ammoniak und
einem in Wasser unlöslichen Oel, vielleicht Bittermandelöl. Nach
diesem Verhalten kann man die Verbindung wohl als Benzoylsulf-
hydrat und Hydrobenzai^id oder Amarin enthaltend oder leicht in diese
Verbindungen verfallend ansehen.
Die trockene Destillation der angeführten Schwefel-
verbindungen liefert verschiedene krystallinische Producte, unter * de-
nen 1) Stilbylwasserstoff, Laurent's Stilben (Pikramyl von Ber-
zelius), 2) dasSchwefelesyl, 8) das Kripin (Pikryl von Laurent)
und 4) das' Lophin (s. S. 941) näher untersucht sind. Um diese
Verbindungen darzustellen , kann man die ungereinigten öligen und
krystallinischen Producte verwenden, wie sie durch Behandlung einer
weingeistigen Lösung von reinem oder blausäurehaltigero Bitterman-
delöl mit Schwefelammonium erhalten werden. Man destillirt die ro-
hen getrockneten Schwefelverbindungen in einer Betorte mit Vor-
lage.
59*
982 Benzoylwasserstoff.
Die Destillationsprodacte werden durch Aether und Steinöl ge-
trennt; kochender Aether löst nämlich Kripin und Stilbyl Wasserstoff,
welcher letztere aus der Losong beim Erkalten krystallisirt, wahrend
das Kripin erst durch Verdampfen der Lösung erhalten wird. Der in
Aether unlösliche Rückstand enthält Schwefelesyl und Lophin ; warmes
Steinöl löst das erstere, welches dann beim Erkalten der heissen Losung
krystallisirt.
Stilbjlwasserstoff — Stilben (Laurent); Pikramjl (Ber-
zelius).
Formel: Ci4li6 nach Berzelius; Csgflfis nach Laurent.; ratio-
nelle Formel nach Kolbe GtgHn .fi.
Berzelius nimmt diesen Körper für das Badical der BenzojU
yerbindungen, Laurent für das der Stilbenreihe, doch liegen for die
eine wie für die andere Annahme keine gewichtigen Gründe vor. Am
wahrscheinlichsten dürfte dieser Körper als die WasserstoffVerbindiing
eines Badicals C^sfixi, Stilbjl, zu betrachten sein.
Der erste Theil, welcher bei der trockenen Destillatioa des reinen
Benzojlsulfhydrats übergeht, ist hauptsächlich StUbylwaaserstoff^ wel-
cher durch Ümkrystallbiren ans Alkohol gereimgt wird. — Oder man
behandelt die Gesammtmasse der DestUlationsproducte aus den unrei-
nen Schwefelverbindungen, zerrieben, mit kochendem Aether; aus der
siedaaden Lösung krystallisirt der Stilbylwasserstoff beim Erkalten
und wird durch Umkrystallisiren gereinigt. —
Der Stilbylwasserstoff krystallisirt in farblosen rhombischen^ dem
Naphtalin ähnlichen Blättchen, welche den Perlmutterglanz dea Stilbits
zeigen; er ist geruchlos, ziemlich löslith in heissem Alkohol, leicht los-
lich in Aether; er schmilzt über 100<^C., der Punkt, bei dem er nach
dem Schmelzen erstarrt, wechselt «nvischen 118<>nnd lOOoG. Er nedei
bei 290<^ G. ohne sich zu zersetzen, das spedf. Gewicht des Dampfes
ist 8,4. — Durch concentrirte Ghromsäure wird das Pikramyl zu Pi-
kramyloxyd (Benzoylwasserstoff) oxydirt.
Lässt man Salpetersäure in der Hitze auf Stilbylwaiserstoff wir-
ken, so bilden sich Nitroverbindungen; zuerst entsteht das Stilhylni-
trür (Nitrostilbfkse) = G3gHi].N04, eine gelbe harzige Substanz; bei
längerer Einwirkung der Säure entsteht wahrscheinlich Nitrostilbylni-
trür (Nitrostilbese) C^g |^o ^1*^^*' — ^^^ fortgesetztem Sieden mit
Salpetersäure bildet^ sich neben den vorigen harzartigen Verbindungen
eine saure Lösung, aus der sich beim Erkalten ein gelbes krystallini-
sches Pulver absetzt, die NitrostilbylsäurefNitrostilbbsänre), 2ffO.
GseH^NOis = 2fiO.C9s MQ^i^^* diese Säure ist in Nasser schwer,
in Aether und Weingeist leicht löslich, sie sublimirt bei höherer "teni*
peratur in Blättchen.
Wird Chlorgas üb^r geschmolzenen Stilbylwasserstoff geleitet, so bil-
den sich zwei isomereChlorwas8er8toff-Stilbylchlorüre,CssBn€l.
H€l oder = C^gHisGlg (Stilbylchlorür a und ß nach Laurent). Beide
Verbindungen sind krystallinisch, die eine ist schwer löslich in Aether,
und fast unlöslich in siedendem Weingeist; die andere ist laicht in
Weingeist, noch leichter in Aether löslich. — Durch eine weingeistige
Kalilösung werden die beiden Chlorwasserstoff-Stilbylchlorfire in iwel
Benzoylwasserstoff. ' 933
isomere Stilbylchlorüre CagHuCl., (ChloMÜlbase a nnd /J, Lau-
rent), verwandelt, unter gleichzeitiger Bildung von Chlorkalium.
Die Stilbylchlorüre a und ß verbinden sich beim Uebergiessen
unmittelbar mit 2 Aeq. Brom, und bilden zwei isomere, in Aether lös-
liche und daraus krjstallisirende Verbindungen, deren Zusammen-
setzujDg der Foi4lel CsgHuGlBr^ entsprechen, vielleicht zu betrachten als
Bt.EGI
^" Br j
Bei längerer Einwirkung von Chlor auf Stilbjlwasserstoff entweicht
Salzsäure, und es bildet sich Stilbyltrichlorür = Cisfiii*6l«
(ChlorstilbaschlorQr, Laurent).
Wird Stilbyl Wasserstoff mit Brom Übergossen, so bildet sich ein
weisses, in Aether unlösliches Pulver: Bromwasserstoff-Stilbyl-
bromür, CsgHuBr.HBr (Laurent's Stilbenbromür). '
Schwefelessal, Schwefelesyl, Thionessal. — Von Lau-
rent entdeckt. Formel: Cstft^S.
Man erhält diese Verbindung aus dem in Aether unlöslichen
Theil des Destillats mittelst Ejrystallisiren aus Stelnöl. Sie krystalli*
sirt beim Erkalten der heissen Lösung in seidenartigen Nadeln. Sie
löst sich in sehr geringer Menge in siedendem Weingeist oder Aether,
leichter in Petroleum. Das Sbhwefelessal schmilzt bei ITS^C. und er-
starrt oft erst bei gewöhülicher Temperatur, ohne wieder krystallinische
Textur anzunehmen. Bis 233^ C. erhitzt, krystallisirt es, sobald ein
Krystall in die Masse gebracht wird« Durch Kalium wird das Schwe-
felessai unter Bildung von Schwefelkalium zersetzt; durch weingeistige
Kalilösung wird es auch in der Siedhitze nicht verändert Siedende
Salpetersäure greift es schwierig an und verwandelt es langsam in
eine gelbe Kruste von Binitroschwefelessal, C^e /^mo'y.i^*
Brom greift das Schwefelessal heftig an, es bildet sich eine feste
Masse, die in Weingebt und Aether und in Steinöl unlöslich ist, deren
Zusammensetzung der Formel C^e d ^(^ entspricht.
Berzelius nimmt in der Nitro- wie in der Bromverbindung ein
eigenes Badical, C^gH? = Eryl, an; nach ihm sind diesctZersetzungs-
prodacte dann Doppelverbindungen von Dreifach-Schwefeleryl
CCaeHiSs) mit [C,«», . (ffOJs] oder (CjeBTBr,).
Kripin (Pikryl) von Laurent entdeckt. Formel: C4sHisN04«
IDas Kripin ist von den Producten der trockenen Destillation der
Schwefel verbin düngen in Aether am löslichsten, bleibt daher in der
ätherischen Lösung zurück, aus welcher das Pikramyl krystalUsirt ist.
IVird die Mutterlauge weiter abgedampft, so erhält man Krystallkör-
ner von Kripin mit öligen Substanzen gemengt. Durch Schütteln mit
k.<em Aether, Abgiessen der Lösung, und 3- bis 4malige8 Umkrystallisi-
der Krystalle aus Weingeist und Aether erhält man das reine Kripin
octaSdrischen Krystallen, färb- und geruchlos, schwierig in Wein-
geist, leicht in Aether löslich. Geschmolzen, wird es nach dem Er-
Ic<en gummiartig durchsichtig. Durch Kalium wird es in der Hitze
^ersetzt, nicht durch eine siedende alkoholische Kalilösung. Chrom-
s^Lure giebt mit Kripin beim Sieden einen braunen, zum Theil in Aether
löalichen Körper.
Chlor zersetzt dad Kripin in der Wärme leicht, es bildet »ich
934 Benzoylwasserstoff.
Salzsäure nnd in AeÜier leicht Idsliches Chlor kr ipin = Qg4 ^'^(NsOs,
d. L Einf.ach-Chlorkripin mit Zweifach • Chlorkripin =
Brom verhält sich gegen Eripin wie Chlor , M findet sogleich
Zersetzung statt und es bildet sich eine gummiartige Masse, welche
Bromkripin ist; seine Zusammensetzung ist Ci^g ^^^{^4^1«) *^*® ^
Durch siedende Salpetersäure wird das Kripin zuerst in eine gelbe
harzartige Masse yerwandelt, dann gelöst; beim Erkalten, ndch mehr
bei Zusatz von Wasser, scheidet sich eine gelbe krystallinische Sub-
stanz ab, das Nitrokripin = C49 /mq^a^ { ^ ^4-
Das Nitrokripin ist in Weingeist schwer löslich, in Aether leicht
löslich; es entzöndet sich bei der Destillation.
Das Lophin, welches endlich auch noch erhalten wird, ist dieselbe
Base, welche durch Zersetzung von Hydrobenzamid entsteht, and un-
ten (s. S. 941) beschrieben ist.
5) Hydrobenzamid.
Stickstoffpikramjl nach Berzelius; Azobenzoilinwssser-
Stoff Laurent. Thiobenzolamin. — Indifferentes Zersetsungs-
product des Benzoylwasserstoffier durch Ammoniak; (1886) von Lau*
reut 1) entdeckt Seine Formel ist C42H18N3 oder 5*^'| N», viel-
leicht (Ci4lI^)s"N3. Wir wissen wenig von der rationellen Zusammen-
setzung dieses Körpers, der mit Amarin und mit Benzhjdramid isomer
ist. Berzelius sieht ihn als eine Verbindung des Kohlenwasserstoß
Pikramyl (Ci4ff6) ™it Stickstoff* an (dCi4H6.N9); er lässt sich als ein
Diamid betrachten, in welchem die Hälfte der WasserstoflaquiTalenie
durch 8Ci4Hft oder aller Wasserstoff durch 3 Aeq. des zweiatomigen
Badicals C^llfi ersetzt ist (Wicke). Es bildet sich bei Einwirkung
von Ammoniak auf Benzoylwasserstoff:
8^4g6Q«^+ 2NHs =3l5i5^+ öÄO>
Benzoylwasserstoff Hydrobenzamid
so wie bei der Behandlung der zusammengesetzten Benzolither mit
flüssigem Ammoniak.
Wird Bittermandelöl mit wässerigem Ammoniak in einer verschlos-
senen Flasche in Berührung gelassen, so wandelt das Oel sich in eini-
gen Tagen in eine krystallinische Masse um ; wurde das Ammoniak
für sich zuerst bis nahe zum Sieden erhitzt, so wird das damit ge-
mischte Oel schon in 6 bis 8 Stunden fest. Die feste Masse wird etwas
zerdrückt, schnell mit Aether abgewaschen, um das anhängende Gel
lu entfernen, und dann aus kochendem Alkohol umkrystallisirt, wobei
0 Annal. de ohim. et de phys. [2.] T. LXII) p. 23; Rev. scient, T. XVI,
p. 892, T. XIX, p. 448.
I
Benzoylwasserstoff. 935
namentlich im Fall der Anwendung von blansänrehaltendem Oel fremde
Prodncte als schwerer löslich znritckbleiben.
*
Das reine Hydrobenzamid krjstallisirt in farblosen rhombischen
Octaedem mit Scheitelkantenwinkeln von 180^ und 122^, und Kanten^
Winkel an der "Basis von 84<^50'. Es ist gernch- und geschmacklos,
unlöslich in Wasser, löst sich leicht in heissem Alkohol oder Aether;
die alkoholische Lö.«ung zeigt den Geschmack der gebrannten Man-
deln. Es schmilzt bei lOO^^C. zu einem dickflijssigen Oel, welches
erst nach einigen Tagen wieder krjstallihisch erstarrt Das Hydro-
benzamid scheint nicht giftig zu sein, wenigstens verhält es sich in-
' different in kleinen Gaben, während das isomere Amarin schon in klei-
nen Dosen giftig wirkt.
Das Hydrobenzamid erleidet vielfache Verwandlungen.
1) Durch Wärme. Mehrere Stunden auf 120« bis ISO^C. er-
hitzt, verwandelt es sich in das isomere Amarin. Bei der trockenen
Deflation entweicht zuerst Ammoniak und es destillirt ein flüchtiges,
wohlriechendes Oel über, während der Rückstand eine geschmolzene,
beim Erkalten krystallinisch erstarrende Masse ist, ein Gemenge von
Araarin und Lophin, welches bei höherer Temperatur unverändert
sublimirt, unter Zurücklassung von wenig Eöhle. Das Hydrobenz-
amid zersetzt sich beim fortgesetzten mehrstündigen Kochen mit Alko-
hol unter Aufnahme der Elemente des Wassers in Ammoniak, welches
entweicht, und Benzoylwasserstoff.
. 2) Durch verdünnte Säuren erleidet es beim Kochen diese
Zersetzung noch leichter ; verdünnte Salzsäure zersetzt es langsam schon
in der Kalte in dieser Weise:
QgHigga + 6H0 + 2HG1 = 2N»4 6l + 3.C,4»eOg
Hydrobenzamid Benzoylwasserstoff»
3) Durch Chromsäure wird das Hydrobenzamid beim Erhitzen
leicht oxydirt, zuerst entsteht etwas Benzoylwasserstoff, dann bildet
sich aber reichlich Benzoesäure.
4) Durch Schwefelwasserstoff wird eine alkoholische Lösung
von Hydrobenzamid in der Weise zerlegt, dass sich Sulfobenzoylwasser-
stoff (C14K6S2) und Ammoniak bildet.
5) Durch Kalium wird das Hydrobenzamid beim Erhitzen zer-
setzt, es bildet sich eine rothbraune, nicht näher untersuchte Sub-
stanz.
6) Durch Allcalien. Beim längeren Kochen mit wässerigem
kaustischen Alkali verwandelt es sich ohne Veränderung seiner Zu-
sammensetzung in das isomere Amarin.
Wird Hydrobenzamid mit gepulvertem KalihydrM gemengt zu*
eamrhengeschmolzen, so färbt sich die Masse zuerst gelb, zuletzt fast
schwarz, während sich Ammoniak, Wasserstoff und Grubengas ent-
wickelt. Aus der geschmolzenen Masse löst Wasser kohlensaures Kali
und Cyankalium auf; der in Wasser unlösliche Bückstand, ein gelbes
Pulver, ist kalifrei; beim Erhitzen schmilzt er, und wird zersetzt, es
bleibt viel Kohle zurück, während ein mit einem grünlichgelben Oel
verunreinigtes Sublimat erhalten wird.
Das gelbe Pulver ist, nach Reo hie d er ^), ein Gemenge von drei
*) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XLI. S. R9.
936 Benxoylwasserstoff. >
verschiedenen Körpern, «inem gelben in Alkohol löslichen Oel, eiaein
zugleich in Alkohol sich lösenden krystallinischen Körper, dem Benzo-
stilbin, und einer anderen i|i Alkohol unlöslichen Yerbindung, dem
Benzolen.
Das gelbe Oel,- welches die Eigenschaft hat, sich aa der Luft sd
▼erdicken und z&he zu werden, bedingt die Farbe des gelben PolTsn,
welches beim Sahmelzen von Hydrobeuzamid mit Kalihydrat erhslten
wird ; es ist nur in sehr geringer Menge darin enthalten, wenn zu steil
erhitzt ward; am meisten, wenn man die Hitze nur so weit steigert,
dass die Masse die Farbe des Gummigutt annimmt. Es iBt nicht w«-
ier untersucht
Benzostilbin. Nach den Elementaranaljsen von Bo c k-
leder berechnet sich die empirische Formel C^gllioO« ^); danadi
enthält es die Elemente von 2 Aeq. Benzoyl Wasserstoff minus 2 Aeq.
Wasser (Cs8His04 — 2 flO), und würde es sich aus dem HjrdrobeDza-
mid unter Vermittelang vAi Wasser und Abscheidung von Ammonisk
bilden:
2^Hi8N,) 4- 6 HO == 3jCjaHioOj)4-4Nitr.
Hydrobenzamid Benzostilbin
Das Benzostilbin ist in der aus llem gelben Fulver erhaltenea
alkoholischen Lösung neben dem erw&hnten Oel enthalten ; wird die
Flüssigkeit mit etwas Salzsäure versetzt, wobei sie zuerst blatroth
wird, oder leitet man Chlorgas ein, so entfärbt sie sich bei längerem
Stehen, und das Benzostilbin scheidet sich in kleinen Krystallen ab,
die grösser erhalten werden, wenn man sie mit Aether fibergiesst, and
längere Zeit in einem verschlossenen Gefass stehen, oder wenn msa
die ätherische Lösung langsam verdampfen lässt. Die Krystalle sind
in reinem Znstande in Alkohol kaum löslich, bei Gegenwart des obes
erwähnten Oels lösen sie sich leichter. Sie schmelzen bei 244^5C.
utid sublimiren bei höherer Temperatur, indem sie sich grösstentheili
zersetzen. Concentrirte Schwefelsäure löst das Benzostilbin mit blot-
rother Farbe, wässerige Kalilauge von 1,27 specif. Gewicht zersetzt
es beim Sieden nicht.
Benzolen, der dritte dieser bei Einwirkung von Kalihydrat auf
Hydrobenzamid entstehende Körper, hat die Formel C4oH|»04 oder
vielleicht C42K15O4 '). Nimmt man letzteren an, so bildet dieser Kö^
^) Rochleder fand in mehreren Analyseif (wenn man die Resultate nrnrec^
net nach C = 6 oder 76,0) Übereinstimmend 86,6 bis 86,6 Kohlenstoff, 5,3 bis
6,8 Wasserstoff; er berechnete (nach C = 76|6) 87,6 bis 87,7 Kohlenstoff und 5,S
Wasserstoff nnd danach die Formel: 0^,^,0,; diese Formel giebt keinen Aaf«ehlai8
über die Bildung der Körper, und passt nach dem neuen Atomgewichte von C nicht m
gut XU den gefundenen Resultaten, wie die obige Formel. Aus CnüioOg berechnet siek
die Zusammensetzung 86,6 Kohlenstoff und 6,1 Wasserstoff; aus C,jHiiO, bsieeh»
net «ich 87,8 Kohlenstoff und 5,1 Wasserstoff.
*) Aus den von Rochleder bei der Elementaranaljse erhaltenen Zahleo be-
rechnet sich aus ttbereinstimmenden Analysen (nach C = 6 oder 75,0) io 100
Bensolon, 4m Mittel 88,6 Kohlenstoff, und 6,2 Wasserstoff. Wenn man sich stresg
an die Zahlen hält, berechnet sich die Formel C^^^Hj^O« .r88,6 Kohlenstoff, 5,3 V«
serstoff). Eher in diese Reihe passen würde die Formel C^tHisO«, wonach iber
etwa 0,6 su wenig Kohlenstoff erhalten wäre (berechnet 84,2 Kohlenstoff, 5.0
Wasserstoff). Rochledcr hatte nach den alten Atomcnsahlcn die empirische For>
mel C11&4O berechnet, welche sogar 84,6 Kohlenstoff erfordern wflrde. IH äu
neben Benzolon und Bensostübin entstehende Oel nicht weiter untersucht, nad ds
BenzoylwasserstoflF. 937
per dch ähnlich wie Benzostilbin, nnr wird mehr Suuerstoff anfge-
Dommen, und freies* Wasserstoffgas abgeschieden, wie Boc hie der
ftnch sich entwickeln sah.
C^ÄisN, + 4H0 = C48H15O4 + 2 NHa 4- ft
Hydrobenzamid ' Benzolon
Das Benzolon entsteht bei Einwirkung des Kalis auf Hydrobenz-
untd erst bei höherer Temperatur; daher hauptsächlich, wenn die Masse
10 weit erhitzt wurde, dass sie sich schwärzte; stieg die Hitze nnr so
sveit, dass die Masse sich gelb fiirbt, so findet man kein Benzolon; e^
ist daher ein Zersetzungsproduct des Benzostilbins , welches aus dem
Hydratwasser des Alkalis Sauerstoff aufnimmt und Wasserstoff abgiebt.
Das beim Behandeln des gelben PuWers zurückbleibende unreine
Benzolon wird in concentrirter Schwefelsäure gelöst; die prachtvoll
>Iutrothe Lösung wird auf Zusatz von schwachem Weingeist grün-
ich gelb, worauf sie sich entfärbt und das Benzolon sich in kleinen
Srystallen abscheidet; bei Zusatz von Wasser allein scheidet es sich
licht krystalliniAch' ab. Das Benzolon ist unlöslich in Wasser oder
Ukohol, es schmilzt bei 248^^0. und sublimirt bei höherer Temperatur
tut ohne Veränderung. Durch starke Salpetersäure wird es beim
Srwarraen zerstört, unter Bildung eines grünlich gelben Harzes und
inter Entwickelung von salpetriger Säure.
. 6) Trinitrohydrobenzamid.
Diese Nitroverbindung des Hydrobenzamids ist (1851) von Ber-
agnini entdeckt; ihre Formel ist C4)I(i5.(N04)8N2; sie ist bis jetzt
inr durch Behandlung des Nitroben^oylwasserstoffs mit Ammoniak in
ähnlicher Weise erhalten, wie aus dem Benzoylwasserstoff das Hy-
Irobenzamid dargestellt wird; durch Behandlang des letzteren mit Sal-
petersäure ist sie noch nicht dargestellt. Sie bildet sich hier in ganz
mah>ger Weise wie jenes aus dem Benzoylwasserstoff (s. S. 934),. und
leheint sich hier kein weiteres Prodnct zu bilden, wie bei BittermandelöL
Zur Darstellang« von Trinitrohydrobenzamid schüttelt »man den
!^itrobeozoylwas.Herstoff mit dem 4- bis 5fachen Gewichte wässerigen
Iminoniaks. Die Flüssigkeit wird trübe und milchig, der Nitroben-
x>ylwas8erstoff bekommt ein flockiges Ansehen, und nach 24 Stunden
imX sich alles Hydramid als eine compacte Masse abgesetzt.
Auch die alkoholische Ammoniakflüssigkeit verwandelt die Was-
erstoffverbindung leicht in das Hydramid um, wobei sie sich zuerst
&9t, und nach der Umwandlung als harzartige Masse abscheidet.
Wird Nitrobenzoylwasserstoff in trockenem Ammoniakgas bis
Tom Schmelzen erwärmt, so entwickelt sich Wasser und das nitrirte
Ijdramid bleibt als halbgfasige durchsichtige Masse zurück.'
Ist das Trinitrohydrobenzamid gefärbt, so wird es nach dem Zer*
ttiben zuerst mit kaltem, zuletzt mit lauem Alkohol abgewaschen ; das
Eorückbleibende weisse Pulver wird endlich aus siedendehi Alkohol
oystallisiri. Es scheidet sich in weissen Flocken ab, welche aus sehr
aeh die Zerlegiing»producte der beiden pratan Körper nicht bekannt ^ipd, so Isssen
ich die Formeln derselben nicht mit Sivlicrhett feststellen.
938 Benzo vlwasserstofF.
dünnen glänzenden Nadeln bestehen, die nach dem Trodmea eiac
leichte seidenglänzende Masse bilden. Es ist onlöslich in Wasser, n
Aether und in Terpentinöl, es löst sich selbst beim Sieden in starkea
Alkohol nicht in grosser Menge.
Das Trinitrohydrobenzaroid erleidet ähnliche Zersetznugen wie
das Hydrobenzamid. Durch längeres. Sieden mit wässerigem Alkohol
zerfällt die Verbindung in Trinitrobenzoylwasserstoff und Ammoniak:
Znsatz selbst von wenig Säure zum Alkohol beschleunigt die Zfr
Setzung; mit viel Salzsäure versetzter Alkohol bewirkt diese Zersetrasj
schon in der Kälte.
Chromsänre löst das Trinitrohydrobenzamid in der Kalte ont«
Wärmeentwickelung und Bildung von TrinitrobenzoSsäure.
Durch Erhitzen für sich, wie durch Einwirkung siedender Kali
lauge, verwandelt die Verbindung sich in das isomere Trinitroamarä
7) Amarin.
Benzolin (Fownes), Pikramin(Berzelins), Azobenzoilit
Wasserstoff (L an rent), eine organische Base, Prodnd der Umwai
lang des Hydrobenzamids, i8> fast gleichzeitig von Laurent i) and fd
Fo wn es >) entdeckt Die empirische Formel ist C43}{|gN9, eine rational
Formel ist noch nicht aufgestellt; es ist vielleicht das eigentliche Di»
mid des Kohlenwasserstoffs Cx^J&t ^^ H (^^ ^^^^ ^^° tertiäres D»
mid (Ci4K6)8N2. Das Amarin ist isomer mit dem Hydrobenssiof
und entsteht aus diesem , ähnlich wie z. B. auch das Fuäurin aus da
Furfurolamid, das Anisin aus dem Anishydramid n. s. w^ ohne Veii»
derong in der Zusammensetzung nur durch Umsetzung der Molektis
Es bildet sich beim fortgesetzten Kochen des Hydrobenzamids mit fe^
dünnter Kalilauge, wie beim längeren Erhitzen desselben für sich ■
120^ bis 1300 C, ohne alle Aenderang seines (xewichtes dabei (Bef'
tagnini). Es entsteht aach neben Lophin bei der trockenen Deslitt^
tion von schwefligsaurem Benzbylwasserstoff- Ammoniak mit abtf
schüssigem Kalkhydrat (Gössmann^). Laurent hatte es auch direi
bei Einwirkung von Ammoniak auf Bittermandelöl anter nicht nM
angegebenen Umständen erhalten, und zuerst als AjEobenzoilinwae^
Stoff bezeichnet, bis er fand, dass es Amarin sei.
Wird Hydrobenzamid mit verdünnter Kalilauge einige Stnnda
gekocht, wobei Fownes einen Grerach nach Bittermandelöl waktj
nahm , so wandelt dasselbe sich in einen harzähnlichen harten Kac
um, welcher härter und weniger schmelzbar als geschmolzenes
wiedererstarrtes Hydrobenzamid ist. Dieser Kuchen ist anreines Ai
rin; durch Auflösen in Säure, Entfärben mit Thierkohie, Kiystailisi]
Auflösen des reinen Salzes in heissem Wasser und Fällen der
mit Ammoniak wird die Base rein erhalten (Fownes).
Dnrch 8- bis 48tündiges Erhitzen von Hydrobenzamid atif 1^
bis ISO^'C. wird das Amarin als eine glasartige Masse erhalten,
darch Lösen in kochendem Alkohol mit Zusatz von Salzsäure oDdU^
1) Compt. reod. parLaur. et Ger h. 1845, p. 33; Annal. 'de chim. etdepkj
[8.] T. I, p. 306. — •) Annal. d. Cham. u. Pharm. Bd. LIV, S.3SS. — *) '
d. Chem. n. Pharm. Bd. XCIII, S. 339.
Benzoylwasserstoff. 939
rystalliairen ein reines Salz giebt, ans dessen Lösung ;Ainmoniak
anz reines Amarin föllt (Bertagnini^).
Um die Verbindung direet ans dem Benzoylwasserstoff darsnstel-
sn, wird die alkoholische Lösung desselben Ynit Ammoniakgas gesät-
gt, und dann die Flüssigkeit 1 bis 2 Tage' sich selbst überlas-
en, wonach sie zu einer krystallinischen Masse erstarrt ist. Diese
lasse wird mit etwas Wasser vermischt, eine Zeitlang gekocht, um
as Ammoniak und den Alkohol zu verjagen, worauf die hräse Flüs-
igkeit mit Salpetersäure ges&ttigt wird; dadurch scheidet sich ein Oel
b und eine krystallinische eigenthümliche Säure, von Laurent Benz-
ninsäure (s. unten S. 946) genannt,' von dieser muss die Flüssigkeit
^egen der geringen Löslichkeit des Amarinsalzes noch siedend abge-
ossen werden. Der Rückstand wird wiederholt mit siedendem Was-
ar behandelt, so lange das Oel noch Amarin zurückhält; die so er-
altenen Lösungen werden dann mit Ammoniak übersättigt, worauf ent-
reder sogleich oder nach wenigen Minuten das A marin in weissen mi-
roskopischen Nadeln niederfallt, welche durch Auflösen in mit Salz-
lare angesäuertem heissen Alkohol und Fällung mit Ammoniak gerei-
igt werden. Wenn man die siedende alkoholische Lösung mit Ammoniak
ersetzt, so scheidet sich das Amarin beim Erkalten in schönen rei-
ten Nadeln ab.
Laurent erhielt das Amarin neben anderen Producten auch
US dem rohen Bittermandelöl, als er das bei der Destillation des-
elben Übersehende erste Drittel mit einem gleichen Volumen wäs-
erigen Ammoniaks vermischte, und die oach 14 Tagen erstarrte
Hasse mit salzsäurehaltigem Alkohol kochte, worauf die von den dabei
ingelöst bleibenden weissen mikroskopischen Nadeln abgegossene Flüs-
igkeit nach dem Verdunsten eine ölardge Substanz abschied, die beim
iJebergiessen mit Ammoniak erstarrte. Dieselbe liess , rasch mit Al-
tohol und Aether gewaschen. Amarin zurück.
Nach Gössmann erhitzt man trockenes schwefligsaures Benzoyl-
rasserstoff-Ammoniumoxyd mit dem 3- bis 4fachen Volumen trocke-
lern Kalkhydrat gemengt in einer Retorte irasch auf 180<> bis 200^0.;
tt destillirt neben Lophin Amarin über, welches letztere sich theils
n der Vorlage in einer von etwas Bittermandelöl milchigen ammo-
uakalischen Flüssigkeit snspendirt, theils im unteren Theüe desRetor-
enhalses sammelt Es wird, wie schon angegeben, durch Auflösen in
Ukohol mit Zusatz von Salzsäure, Umkrystallisiren und Fällen der rei-
len Lösung mit Ammoniak rein erhalten (Gössmann).
Das Amariu ist ein färb-, gemch- und beinahe geschmackloser fe-
fter Körper, fast unlöslich in Wasser, aber in Alkohol und Aether leicht
öslich. Es krystallisirt aus einer heissen Auflösung in Alkohol in
[[läozenden, durchsichtigen Prismen; aus einer Lösung des salzsauren
Hier schwefelsauren Salzes mit Ammoniak gefällt, schlägt es sich als
nne weisse, geronnene Masse nieder, welche beim Auswaschen und
IVocknen stark zusammenschrumpft. Das trockene Pulver wird beim
Beiben stark elektrisch, so dass eine, geringe Menge, auf einem Papier
mit einem Spatel gestrichen, auseinander stäubt, und sich über die
{anze Oberfläche des Papiers ausbreitet. — Die alkoholische Lösung
les Amarins reagirt stark alkalisch. Das Amarin .wirkt selbst in klei-
*) AnnÄl. d. Chem. u. Ph^rm. Bd. LXXXVIII, S 127.
940 Benzoylwasserstoff.
neren Mengen giftig; bei Händen, Kaninchen und anderen
kleinen Gaben von 1 oder 2 Gran in den Magen' gebracht ▼<
das essigsaure Salz Zittern, Conviilsionen und andere Vi
erscheinnngen; unter die Haut des Rückens, des SchenkeU u. a. w.
bracht, riefen wenige Gran schnell heftige ConTulsionen, Lähmimg
vorderen Extremitäten u. s. w. hervor, und bewirkten den Tod bei
neren. Tbieren in wenigen Minuten, bei einem Bunde aach 3 Gnaj
Vs Stunde (Bacchetti^).
Das Amarin schmilzt bei 100<^C. und erstarrt beim Erkalten
der zu einer glasähnlichen, durchsichtigen, unkrjrstallinischen
Stärker erhitzt, geräth es ins Sieden, wobei es sich unter Ammoi
entwickelnng fast vollständig verflüchtigt und in ein nach Benzol
chendes, flüchtiges' Oel verwandelt, welches sich in der Vorlage
sammelt, während in dem Betortenhalse ein anderer fester, krjstal]
scher Körper condensirt wird, welcher das Hauptzersetzongsprodactl
det. Dieses Sublimat, das Pyroamarin (oder Brenza marin; F;
benzolin von Fownes, Pikrimid von Berzelius) hat nach Fow|
die Zusammensetzung CsiHgN oder C4sHi£Ns. Der Zusamroenset
und den Eigenschaften nach ist dieser krjstallisirbare, schwach
Körper identisch mit dem Lophin von Laurent (s. S. 941).
Das Aniarin verwandelt sich mit Brom in bromwasserstoi
Amarin und eine nicht näher untersuchte harzartige Verbindung. — I
einer Mischung von wässerigem cbromsauren Kali und Schi
säure erhitzt, bewirkt es unter heftiger Einwirkung eine l^dacdoni
Chromsäure, wobei sich Benzoesäure in grosser Menge bildet. Sa)
tersäure zersetzt es ähnlich, die Einwirkung ist weniger stt
Durch schmelzendes Kalihydrats wird es erst bei höherer Tem]
zersetzt
A marinsalze. Das Amarin bildet n^it den meisten Sauren
stallisirende Salze, die im Allgemeinen durch ihre Schwerlöfdiel
charakterisirt sind. Nur die essigsaure Verbindung macht in dil
Hinsicht eine Ausnahme«
Chlorwasserstoffsäures Amarin: C49 Kig N3 • fl Gl -f-
krjstallisirt aus der heissen Lösung in kleinen glänzenden, farblosen |
dein, welche im luftleeren Räume über Schwefelsäure, oder bei 1(
verwittern, indem sie ihr Krystallwasser abgeben. Wird Amarin]
l^alzsänregas gesättigt, so verwandelt es sich in ein Oel, welches
Erkalten so zähe wird, dass es sich in Fäden ziehen lässt; sp«
starrt es. Das Salz hat einen bitteren Geschmack, löst sich leid
Alkohol und Aether und destillirt beim Erhitzen unverändert
(Laurent). Das chlorwasserstoffsaure Amarin bildet mit Platinchll
fein Doppelsalz: C42Hi8N2.H€l -f- PtGlj, welches sich nach V«
sehen der siedenden alkoholischen Lösungen beim Erkalten in
Nadeln ausscheidet, die sich nachher strahlenförmig gruppirea, und
eine körnige Masse von nnregel massigen Octaedem darstellen. L|
rent fand darin 19,6 Proc. Platin, wie es die obige Form verlai
Salpetersaures Amarin: .C^sHigNj, HÖ.NOj, schwerlc
in Wasser, schiesst aus der heissen, gesättigten Lösung in kleinen,
nig glänzenden Krystallen an, die sich an trockener Lufl nicht
ändern.
^) n navo. Cim. da BCatteucci c Piria, T. U, p, 76.
BenzoylwasserstoflP. 941
Das schwefolsanre Salz kry&taUinrt in sohönen, der Oxalsänre
DÜchen, farblosen Prismen, die in Alkohol anfldslich sind. — Das
sigsaare Salz ist die einzige in Wasser leicht lösliche Yerbindnng
I Amarins, nnd bleibt beim Abdampfen als eine gummiartige, kie-
dde Masse znrück.
8) Trinitroamarin.
Nitrirte organische Base (1855) von Bertagnini^) entdeckt Ihre
rniei ist C49H1S . (N04)8Ns. Sie bildet sich in ähnlicher Weise aus dem
i&itrohjdrobenzamid (S. 937) wie das Amarin aus dem Hydröbenzamid
le alle Aenderung in der empirischen Znsammensetzung; sicf hat jeden-
B dieselbe rationelle Zusammensetzung wie das Amarin. Man stellt
le Base am einfachsten dar durch Erhitzen des Nitrohydrobenzamids
125^ bis 1300C.; oder man kocht dasselbe mit verdünnter Kali-
Ife (1 VoL Lauge von 46^ B. oder 1,47 specif. Gewicht mit 50 Vol.
isaer). Im letzten Fall wird eine in der Wärme halb weiche, beim
Alten spröde, harzartige Masse erhalten, welche durch Behandeln mit
;ohol und etwas Salzsäure und Umkrystallisiren mit Zusatz von we-
Aether gereinigt wird; das reine chlorwasserstoffsaure Salz wird
n in alkoholischer L'Ösung mit Ammoniak gefallt, mit Wasser aus-
raachen und in Alkohol umkrystallisirt
Dafl Trinitroamarin bildet nach dem langsamen Verdunsten des
ohols kleine, weisse und harte krystallinische Warzen; diese lösen
wenig in siedendem Wasser, wobei' sie anfangen zu schmelzen,
Lösung reagirt alkalisch ; sie lösen sich leicht in siedendem Alkohol
auch in Aether, die Lösung schmeckt stark bitler. Am besten löst
Base sich in einem Gemenge von Aether und Alkohol. Beim Erkalten
B gesättigter Lösungen scheidet sie sich als leichtes Pulver ab; nur
s langsamen Verdampfen der Lösung wird sie krystallinisch erhalten.
Chlorwasserstoffsaures Trinitroamarin, C4SH15 (N04)8'N^ .
[, bildet sich beim Versetzen der in Alkohdl gelösten Base mit
0&ure, wobei es sich in schönen glänzenden Nadeln , abscheidet.
[st unlöslich in Wasser, und selbst in starkem siedenden Alkohol
'Wenig löslich; die Lösung hat einen noch bitterern Geschmack,
Lie Base fttr sich; auf Zusatz von Platinchlorid bildet sich ein gel-
krystallinischer, in Alkohol unlöslicher Niederschlag; auch Queck-
rchlorid giebt eine krystallinische Verbindung.
Salpetersaures Trinitroamarin ist etwas leichter löslich als
ciilorwasserstoffsaure Salz ; es krystallisirt aus der heissen alkoholi-
a Lösung in feinen Nadeln.
9) Lophin.
I^yrobenzolin, Pyroaraarin, Brenzamarin, Pikrimid. Or-
iche Salzbase, ein Zersetzungsproduct verschiedener Benzoylwasser-^
Lerivate. Empirische Formel wahrscheinlich C49HieN2. — Von Lau -
9') (1844) entdeckt unter den Zersetz ungsproducten des Hydrobenz-
«
> Auoal. d. Chetn. n. Pharm., Bd. LXXIX, S. 276. — •) Rev. scient. T. XVT,
5- T. XVUI, p. 272; Annal. d. Cbeni. u. Pharm. Bd. LII, 8.867 n. Bd. LXII,
2 ; Annal. de cfaim. et de phys. [8.], T. XIX, p. 868.
942 Benzoylwasseratoff.
amids, and gleichzeitig von F o w.ü e 8 1) alfl Zersetsongsprodiict des Anani
oder Bensolins aofgefonden, und als Fjrobenzolin bezeichnet *Laareit
hatte zuerst die Formel C4eHi7N3 aufgestellt, diese aber sogleldi in &
C43fii6Ns umgeändert. Fownes hatte für das PjrobenzolinaisdeDai
fachsten Ausdruck der Analyse die Formel CsiHgN angenommeD^vuf«
doppelt = C4»HieN2 ist. Gerhardt sprach zuerst die Ansicht dahin a«
dass Lophin und Pyroamarin oder Pyrobenzolin identisch sden. Dia
Ansicht ist durch die Untersuchung des Lophins von Gossmann n
Atkinson^) bestätigt; nachdem Gossmann') in einer frahereni^
beit die* äjtere Formel yon Laurent G4efi[i7N9 angenommen hatte, mm
er jetzt die Zusammensetzung = €4281 xNj an, was mit der vonLanrei
und Fownes gegebenen Formel C4sHieNa nahezu übereinstimmt I
nach den bisherigen Erfahrungen die von Laurent und Gerhardt ai
gestellte Ansicht sich bestätigt hat, dass die Summe der Wasserstoff- 1
Stickstoffaquiyalente immer eine gerade Zahl geben, so darf wohl i
Formel C42H1CN3 als die wahrscheinlichere angenommen werden, sis
mehr, als diese mit den Analysen Gössmann's und Atkinson^si
dem reinen Lophin besser stimmt als die Formel C4S Hx? Nf , för vdl
der gefundene Wasserstdffgehalt im Durchschnitt zu niedrig erschdnlt
funden wurde im Mittel 5,63 Wasserstoff, berechnet nach der Fort
C42H17N2 = 5,72, nach C42Hi»N2 = 5,42 Wasserstoff- Dem Verhaltnl
gen Jodäthyl nach, welcher kein Wasserstoff in der Base zu sobstM
scheint, ist das Lophin eine tertiäre Ammoniakbase, vielleicht ein Dui
Jp^* jj*^,^ I N2. Ob das Lophin sich Mrie andere Amrooniakbasen miti
äthyl zu einem Aethyl-Lophinjodtir vereinigt, ist nicht aaBgeBW
Gössmann und Atkinson geben an, dass bei längerer Einviifa
von Jodäthyl auf Lophin in zugeschmolzenen Glasröhren sich nebcii
verändertem Lophin und jodwasserstoffsaurem Lophin auch Alkohol (
Jodwasserstoffsäure gebildet habe ; das ist aber nur möglich htsm 1
zukommen von Wasser; es wäre daher doch möglich, dass zoenf
ein Aethyl-Lophinjodür gebildet habe, welches durch Wasser in
angegebenen Weise zersetzt wurde. Ein Ammonium nj
wie Gössmann und Atkinson das Lophin bezeichnen, kann es 1
nem Verhalten nach nicht sein; auch ist es wenig wahrscheinHch, ^
die Verbindung NIt2 ^s Element auftritt.
Das Lophin bildet sich bei der trockenen Destillation vonii
rin und von Hydrobenzamid oder Benzoylazotid, sowie, wenn man*
Gemenge von Zersetzungsproducten, welches bei Einwirkung von J
moniak oder von Schwefelammonium auf Bittermandelöl erhalten «
geradezu der Destillation unterwirft (s. S. 932). Es bildet »ehi
ner bei der trockenen Destillation von schweüigsaurem Benzoylv*''
Stoff- Ammoniak mit überschüssigem Kalkhydrat.
Wird Hydrobenzamid für sich der Destillation unterwoTfa«
geht zuerst Ammoniak, dann ein wohlriechendes Oel über, ^n^ is
Betorte bleibt eine Masse zurück , welche erst bei sehr hoher Tel
») Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LIV, S 865. — *) Annal. d. Chem. b- ^
Bd. XCVn, S. 288; Cbeiii. Soc. Qu. J. T. IX, p, 220; Jahreobw. von Lic^i
Kopp, 1866, S. 580. — *) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XCUI, S.Bi9; f*
Centralbl. 1855. S. 266; Jahresber. von Lieb ig u. Kopp 1855, S. 558.
BenzoylwasserstofF. 948
ntor fiberdestillirt werden kann. Sie besteht grdsstentheilB aosLophin^
i^elches indesaen noch mit einer anderen, in Aether löaliohen Subrtans
gemiacht ist Um daraus reines Lophin zu erhalten, giesst man den
ßückstand der Retorte aus und behandelt ihn, nachdem er erkaltet und
Eur faserigen Masse erstarrt ist, mit Aether , welcher das Lophin un-
gelöst zurücklässt (Laurent). — ^
Benzoylazotid liefert bei der trockenen Destillation zuerst ein
Frenig eines ziemlich flüchtigen, wohlriechenden Oels, alsdann folgt
nn Product, welches erst bei hoher Temperatur übergeht und Vorzugs-
preise aus Amaron und Lophin besteht. Man trennt beide, indem man
las zuletzt übergegangene Gemenge ihit einer Mischung von Alkohol «
ind Chlorwässerstoff zum Sieden erhitzt, wodurch das Lophin aufge-
löst wird (Laurent).
Uro das Lophin zu reinigen, wird es in siedender alkoholischer Kali-
,Ösung gelöst, woraus es beim Erkalten in seideglänzenden, büschelför-
nigen Nadeln anschiesst, welche man mit Alkohol auswäscht. Oder
»an löst das rohe Product in heissem Alkohol und Chlorwasserstoff«
i&ure und fällt die Base mit siedender alkoholischer Ammoniaklösung
ind krystallisirt den Niederschlag aus Alkohol um.
Man stellt die Base auch aus Bittermandelöl selbst dar, indem
nan die aus dem Oel mit saurem schwefligsauren Ammoniak darge-
stellte krystallinische Verbindung mit Kalk destillirt; die gross te Menge
[iOphin wird erhalten, wenn jedes Mai 10 bis 15 6rm. schwefligsanres .
Benzoylwasserstoff-Ammoniak mit 30 bis 45 Grm. Ael^kalk und ebenso
del Kalkhydi'at gemengt in einer Betorte rasch erhitzt wird, wobei sich
mfangs etwas Amarin, dann aber neben Ammoniak und geringen Mengen
^lartiger und färbender Stoffe hauptsächlich Lophin büdet. Um es rein
:u erhalten, wird daß rohe Destillationsproduct wiederholt mit massig
itarkem Alkohol digerirt, dann, in siedendem Alkohol gelöst, mit etwas
rhierkohle versetzt und umkrystallisirt. Die dabei erhaltenen grossen
mschelförmig vereinigten Nadeln werden, wie angegeben, in Alkohol
nit etwas Salzsäure aufgelöst, die Lösung mit Ammoniak gefallt und
ler Niederschlag aus Alkohol umkrystallisirt (Gösspiann und At-
linson).
Die Bildung des Lophins aus den Elementen des Benzoylwasser-
itoffs und des Ammoniaks lässt sich nicht aus seiner Zusammensetzung
|[enügend ableiten, indem hier noch wasserstoffreichere Verbindungen
l^leichzeitig entstehen müssen; denn
3 (CiAOg) + 2 NHs = C^aHiflNa + 6H0 -f 2 H.
Das Lophin krystallisirt beim langsamen Erkalten aus alkoholi-
scher Lösung in büschelförmig gruppirten, oft zolllangen Nadeln mit
iinem eigenthümlichen dem Caffei'n ähnlichen Glanz, sie sind anfangs
lurchscheinend, werden später opalisirend; beim raschen Erkalten schei-
let die Base sich oft pulverformig ab. — Das Lophin ist farblos, ge-
lichlos, ohne Geschmack, unlöslich selbst in siedendem Wasser, kaum
'Öslich in kaltem Alkohol und Aether; kochender Alkohol oder Aether,
iowie Steinöl und Terpentinöl lösen es reichlich. Das beste Lösungs-
mittel ist siedende alkoholische Kalilösung, mit welcher das Lophin
Stunden lang gekocht werden kann, ohne die geringste Veränderung
EU erleiden. In wässerigen Säuren und Alkalien löst es sich nicht
merkbar. Es schmilzt bei 200o (Laurent) bei 2650C. (Gössmann
and Atkinson) zu einer klaren Flüssigkeit, und erstarrt beim Er-
944 BenzoylwasserstoiF.
kalten (bei 260^ C.) su einer nadelfbnnigen KrystallmaMe.
erhitzt, destillirt es , ohne sich zn zerlegen. Es sablimirt aber idHm
unterhalb des Schmelzpunktes bei250<^C. in derBenzoSsäure ähnlichei
Nadeln.
Was. die Zersetzungen des Lophins anbelangt, so ist bis jetzt nur
sein Verhalten hauptsächlich gegen Brom und Salpetersäure etwas p-
nauer studirt worden. — Mit Brom liefert das Lophin unter Entwide-
lung von Brom wasserstoffsäure ein Produet, welches, in Aether nid
Alkohol gelöst, in schönen gelben Krystallen anschiesst. Beim Er-
hitzen lassen diese Erystalle Brom entweichen ; mit Wasser gewaschen,
zerfallen sie zn einem weissen Pulver. —
Salpetersäurle zerlegt das Lophin beim Sieden; es entsteht eis«
Ölartige Materie, welche beim Erkalten erstarrt und welche, nach Lau«
rent, Trinitrolophin ist, vollkommen trocken = 042813(^04)} N|.
Mittelst siedenden Alkohols gereinigt, ist es ein kiystallinisches Pidfa
von orangegelber Farbe , welches bei massiger Wärme achrnüzt roA
sich ohne Zersetzung zu verflüchtigen scheint, dann aber plötzlich nota
Ausscheidung von Kohle verbrennt. Wenig löslich in siedendem AI*
kohol, löst es sich in alkoholischer Kalilösung, aus welcher es dmtl
Wasser wieder gefällt wird.
Platihchloridlöaung zersetzt das Lophin; wenn dieses in Al-
kohol gelöst mit überschüssiger Platinlösung einige Zeit gekocht wird,
so scheidet sich metallisches Platin als feines, schwarzes Pnl?er a^
und das Filtrat giebt beim Abdampfen eine weiche klebrige, harzaiti^
Masse, welche weniger Platin enthält als das chlor wassersto Aase
Platinchlorid.
Lophinsalze. — Das Lophin ist eine schwache Base, seine al-
koholische Lösung zeigt eine schwache, oder, nach Fowaes, keine merk-
bare Einwirkung auf Pflanzedfarben. Es bildet aber mit den stärkerei
Säuren wohl eharakterisirte krystallisirliare Salze, welche sämmdkl
in Weingeist löslich, in Wasser unlöslich sind, beim ümkrjstaUiFirs
derselben bildet sich oft basisches Salz. Die Lösungen der reinen Bae&
wie die des chlorwasserstoffsanren und sohwefligsauren Lophins, pI^
gen die Erscheinungen der inneren Dispersion des Lichtes, aber nieb
so stark, wie Chinin und Chininsalze, sie polarisir'en aber das Li^
nicht.
Chlorwasserstoffsaures Lophin, CuHi^N} . HGl -f- BOi
bildet sich leicht beim Versetzen der alkoholischen Lösung des Lophis)
mit Salzsäure; nach Laurent wird das Salz in schönen Blattches
krystailisirt dadurch erhalten, dass man der siedenden alkoholischen Lo-
sung von chlorwasserstoffsaurem Lophin siedendes Wasser znietit
Wird eine heiss gesättigte Lösung von Lophin in Alkohol mit Sak-
säure bis zur entschieden sauren Reaotion versetzt, so scheidet sich du
Salz nach dem Erkalten in durchsichtigen Nadeln ab, welche trockei
sich nicht verändern, in der sauren Flüssigkeit, aus welcher sie sieb
abschieden, nach einiger Zeit in weisse, undurchiiichtige Priemen &A
umwandeln, welche Veränderung vielleicht durch Entziehung von Was-
ser bewirkt wird. Mit concentrirter Salzsäure übergössen, wird da«
Lophin in eine harzartige Masse umgewandelt, die nach Entfernosf
der freien Säure aus Alkohol umkrj.stallisirt reines Salz giebt
Das chlorwasserstoffsaure Lophin löst siph leichter in Wasser an<l
in Alkohol als die reine Base ; die Lösung reagirt schwach sauer Qi^i
Benzoylwasserstoff. 945
zeigl die Lichtbrechung stärker als Lophinlösung ; sie polarisirt das
Licht aber auch nicht.
Ghlorwasserstoffsaures Lophin-Platinchlorid C42fiieN9 .
H€l -f- Pt^lg. Wird eine warme, massig concentrirte Lösung von
chlorwasserstoffsaurem Lophin mit Platinchlorid, in Alkohol gelöst,
versetzt, so scheidet sich beim Stehen nach einiger Zeit c[ie Doppel-
verbindung in nadeiförmigen KrystäUen ab, welche beim längeren
Stehen unter der Flüssigkeit zu einem orangegelben krjstallinischen
Pulver zerfallen. Das Salz bt leichter in Alkohol löslich als ein an-
deres Platindoppelsalz.
Jodwasserstoffsaures Lophin, C4j|}{|gNs»fiI. Beim Ver-
setzen einer heissen alkoholischen Lösung von Lophin mit Jodwasser-
stoff krystallisirt das Salz leicht beim Erkalten in grossen deutlichen
Nadeln; aus einer stark sauren Lösung scheidet es sich kömig krystalr
linisch ab. Es bildet sich auch bei der Einwirkung von Jodäthyl auf
trockenes (?) oder in Alkohol gelöstes Lophin. Ea löst sich in Alkohol
oder Aether leichter als das chlorwasserstoffsaure Salz, dem es sonst
sich ähnlich verhält; es ist in grosser Menge in Jodäthyl löslich.
Salpetersaures Lophin, C49HX6N2, HO.NOs + 2^0. Feine
Blättchen, löslich in Weingeist, unlöslich in Wasser. Das Erjstall-
' Wasser geht beim Trocknen weg. Mit concentrirter, von salpetriger
Säure freier Salpetersäure Übergossen, wird das Salz ölartig. Beim
Erhitzen bläht es sich unter Entwickelung rother Dämpfe auf, worauf ein
Rückstand bleibt, dessen Zusammensetzung, nach Laurent, G4efii7N304
ist (das Lophin = C4eIIieN3 angenommen).
Schwefelsaures Lophin, C43fl[ieN3, HO.SOa, scheidet sich
aus der mit Schwefelsäure versetzten Lösung von Lophin in Alkohol
auf Znsatz von Wasser in rectangulären Blättchen ab, beim Verdunsten
der freie Säure enthaltenden alkoholischen Lösung wird es in klaren farb-
losen, ziemlich grossen rhombischen Tafeln erhalten, welche beim län-
geren Liegen in disr sauren Mutterlauge in kleine weisse undurchsich-
tige Nadeln zerfallen. Das Salz ist in Wasser, wie in Alkohol, löslich,
verliert aber durch öfteres Umkrystallisiren Säure, weniger bei An-
wendung von Alkohol; durch wiederholtes Auflösen in Wasser lässt
sich dagegen die Schwefelsäure fast vollständig entfernen.
Lophin-Platinchlorid, iC^^Hi^'H^ . SPtGl«. Diese Verbin-
dung scheidet sich, beim Vermischen von reinem Lophin in Alkohol
gelöst, mit einer alkoholischen Lösung von neutralem Platinchlorid in
hellorangegelben mikroskopischen Krystallen ab.
Salpetersaures Silberoxjd-Lophin. Lophin krystallisirt in
Verbindung mit salpetersaurem Silberoxyd in mehrfachen Verhältnissen.
1) AgO.NOg .C43SieN9. Wenn eine heiss gesättigte Lösung von
Lophin in Alkohol mit einer massig concentrirten Lösung von salpeter-
saurem Silberoxyd in Alkohol gemischt wird, so scheidet sich diese
Verbindung sogleich in reichlicher Menge aus, und die Flüssigkeit er-
starrt daher zu einem Krystallbrei. Die Krystalle lösen sich in kaltem
Alkohol, und beim langsamen Verdunsten scheidet die Verbindung sich
in grossen weissen Nadeln unverändert ab. Werden die Krystalle mit
Alkohol gekocht, so scheidet sich bald
2) S(AgO,NOft) -|- 2G43HieNs, als eine pulverige krystallinische
schwerlösliche Verbmdung ab. Aus der hiebei bleibenden Mutterlauge
scheidet sich
iUudwOrtffbach der Chemie. 2te AaS. Bd. II. gO
946 Benzoylwasserstoff.
3) AgO.NOft -K 2 C4s{IieN), als ein leicht Iddicher Kmper, ii
blendend weissen Nadeln ab.
10) Benziminsäure.
Von Lanrent entdeckt. Diese Sänre bildet sich sogleich bd
der Bereitung von Amarin (s. d. S. 939); man erhalt sie, waa
man (wie am a. O. angegeben) die weingeistige FlöBsigkeit mit Wai-
ser kocht nnd dann mit Salzsäure sättigt, wobei sieh eine ölartige Sob-
stanz , häufig gemengt mit Nadein von Benziminsäure , abscheidcL —
Zweckmässiger stellt man diese Säure so dar, dass man die wemgd-
Btige, mit Ammoniak gesättigte Lösung von Benzoylwasserstoff vaA
48stGndigem Stehen mit Ammoniak flbergiesst ; die Lösung enthält jeW
benziminsaures Ammoniak; Salzsäure fällt daraus die Benziminsiiiit
um sie zu reinigen, löst man sie in Weingeist bei Zusatz von etwtf
Ammoniak, erhitzt bis zum Sieden und neutralisirt mit Salzsäure. Mn
erhält so die Säure in rein weissen seidenartigen Krystallen. Sie iM
unlöslich in Wasser, schwer löslich in Weingeist , bei höherer Ten-
peratur schmelzbar, wird aber durch stärkeres Erhitzen zersetzt
1 1) Azobenzoilid.
Azostilbase-Azotür. Von Laurent entdeckt. Aehei«
Formel C84H38N5; später gab Laurent i) an, dass die richtige Por
mel CssfiiiN sei; ob es ein Amin ist, ^^^^>^| N, ist aus den u*
gegebenen Eigenschaften nicht zu erkennen. Bei der DestiliaüoD rm
blansäurefreiem Bittermandelöl ward das erste Achtel des DestilJsli
mit seinem gleichen Volumen Ammoniak gemischt; in einigen IV
gen fing die Krystallbildung an, nach drei Wochen war die Halfti
des Oels fest geworden. Nachdem der ölige Theil mit Aether wap-
zogen war, blieb das Azobenzoilid als matt weisse Substanz, ans aar
kroskopischen Krystallen bestehend, zurück; es ist geruchlos, onlösU
in Weingeist, wenig löslich in Aether; die ätherische Lösung hiBfe^
lässt beim freiwilligen Verdampfen den ursprunglichen Krystallen äksfi-
che rhomboidale oder sechsseitige Blättchen. Die Krystalte sind schmili-
bar, bei längerem Schmelzen werden sie zersetzt , so wie auch bei dtf
trockenen Destillation. — Salpetersäure macht das Azobenzoilid sdu»
in der Kalte weich, in der Wärme entsteht ein in Aether leicht los^
liches OeL — Schwefelsäure löst die Krystalle, Wasser trfibt die I^
snng kaum, Ammoniak bringt sogleich einen weissen Niederschlag btf*
vor; ob der Körper basische Eigenschaften hat, und mit der Sisf*
etwa ein Salz bildet, ist nicht weiter untersucht. Wenn die neoer»
Formel Laurent's richtig ist, so erklärt sich die Bildung des Aiobeo-
soilids, wenn man annimmt, dass 2 Aeq. Benzoylwasserstoff nnd 1 Aeq.
Ammoniak (NHs) 1 Aeq. Azobenzoilid und 4 Aeq. Wasser bilden:
2(CiA0j) + N»a = C^JH^ -h 4H0.
Benzoylwasserstoff Azobenzoilid
>) Anml. de chim. et de pbys. [8.] T. XVIII, p. 272; Joqn f. prakt Gke»
Bd. XXXV. S. 487, u. Bd. XL, 8. 70.
Beiizoylwasserstoff. 947
12) ßibenzoylimid.
• Ein weiteres von Robson^) (1852) entdecktes Zerseteangdprodu et
lee Benzoylwasseratoffs durch Ammoniak. Seine empirische Formel ist
ISs^HiaNOs; vielleicht C^HeOa -(- C14H5 . H2N oder, nach Robson,
S (Ci4H60).NH; dtiher der Name. Diese Verbindung ist von Rob-
en ans dem blausäurehaltenden Bittermandelöl dargestellt; es ist aber
Lein Zweifel, dass ihre Bildung unabhängig von der Gegenwart von
ilaasäiire, und dass sie ein Zersetzungsproduct des reinen Benzoylwasser-
toffs ist, dafür sprechen die Zusammensetzung des Imids selbst wie
lie der Zersetznngsprodncte. Es enthält die Elemente des Azobenzoi-
ids ~(- ^ Aeq. Wasser. Das Bibenzojlimid ist eines von den Producten
ler Einwirkung von Ammoniak aui' Benzoylwasserstoff , deren nähere
^ildnngsnm stände nicht bekannt sind. Seine Bildung veranschanlicht
blgendes Schema:
2 (CuHeO,) + NH3 = CjsHisNOa + 2HO.
Benzoylwasserstoff Bibenzoylimid
Zu seiner Darstellung wird Ammoniakgas in reichlicher Menge in
une alkoholische Lösung von Bittermandelöl geleitet; nach mehrstün-
ligem Stehen scheidet sich eine weisse kömige, in Alkohol unlösliche,
klasse (Laurent's Benzoylazotid ?) neben einer harzartigen Substanz
bb. Letztere wird durch Alkohol von der körnigen, in dieser Flüssig-
Leit unlöslichen Masse getrennt, und nach dem Abscheiden aus der
liösung einige Stunden mit Kalilauge gekocht, wobei sie sich hellroth
arbt, harzartig und bröckelig wird. Nachdem der Masse durch wie-
liolte Behandlung mit ganz verdünnter Salzsäure alles Amarin entzo-
gen ist, wird sie mit Alkohol ausgekocht und der darin anlösliche
Köckstand, aus weissen federartigen Krystallen bestehend, aus sieden-
dem Holzgeist umkrystallisirt.
Das Bibenzoylimid löst sich nicht in Alkohol, kaum in Aether,
Am leichtesten in kochendem Holzgeist. Mit Salzsäure lässt es sich,
ohne Zersetzung zu erleiden, kochen; concentrirte Schwefelsäure löst
es mit rother Farbe, auf Zusatz von Wasser föUt es unverändert nie-
der. E» löst sich in concentrirter Salpetersäure und wird erst beim
längeren Kochen damit zersetzt; aui' Zusatz von Wasser scheidet
sich das Product der Einwirkung als ein glänzend gelber Körper, viel-
leicht eine Nitroverbindung ab, welche sich in siedendem Alkohol
löst, sich aber beim Erkalten als amorphes Pulver wieder abscheidet; in
concentrirter Schwefelsäure ist diese Nitroverbindung ohne Zersetzung
löslich; von alkoholischer Kalilauge oder Ammoniak wird es mit hcll-
rother Farbe gelöst
Selbst beim fortgesetzten Kochen mit wässerigem Kuli wird das
Bibenzoylimid nicht zersetzt; in weingeistiger Kalilösung dagegen zer-
fallt es, aber erst nach mehrtägigem Kochen, in Ammoniak und Ben-
zoylwasserstoff. Mit Natron -Kalk trocken** erhitzt, giebt das Imid
neben Ammoniak eine geringe Menge eines gelben krystallinischen
') Ghem. Soc. Qn. J* T. IV, p. 225; Annat. d. Chem. o. Pharm. Bd. LXXXI,
S. 128; Jonrn. für prakt. .Ghem. Bd. LV, S. 245*, Jahresber. v. Lieb ig u. Kopp
1852, 8. 209.
60*
948 Benzoylwasserstoff-Amebensäure. — BenzjL
stickstofffreien Sublimats, welches sieh in conoentnrter SchwefeUSni«
mit schön violetter Farbe löst. Fl
Benzoylwasserstoff-AmeisensHure, syn. Man-
delsäure, s. Bittermandelöl, Verwandlungen durch Chlor-
wasserstoff.
Benzoylwasserstoff, benzoesaurer, s. Bitter-
mandelöl, Verwandlung durch Chlor.
Benzoylwasserstoff - Benzoylchlorid s. Ben-
zoylwasserstoff, Verwandlung durch Chlor S. 920.
Benzoylwasserstoff-Cyanwasserstoff 8. Bitter-
mandelöly Verwandlung durch Cyanwasserstoff.
Benz oylwasserstoff-Cyanbenzoylcy an Wasser-
stoff 8. Bittermandelöl, Verwandlung durch Cjas-
kalium.
Benzyl, Toljl, Toluenyl hat man das hypothetische
des BenzoS- Alkohols, C14H7, genannt, welches dem Cressyl, OiA'
isomer ist, von dem es sich aber dadurch unterscheidet, dass es dnid
Oxydation in Benzoyl, C14 ftj O9, (in seinen Verbindungen) übergefihrt
wird. Dasselbe Badical nimmt man in dem Toluol und den daraus s^
zuleitenden Verbindungen an. E^ sind jetzt folgende bekannt.
Benzyl -Alkohol n.iin Uc\ ^ — ^i^W
(Tolyl-Alkohol) Cil «7 ü - » O _ g jO,.
Benzyl- Aether n ir n ^1487)^
(Tolyl&ther) ^4»tU _ p^^^jU^.
ssa c„«,o.o.«.o= §.*j<v
Essigsaurer Benzyläther ^ „ ^ ^ „ ^. C4 H|Osi^
(Essigsaurer Tolyl&ther) ^" «7 U . U4 «» ^z — C^^V^]^
BenzoSsaur^r Benzyläther n 11 r\ nun 014^502/^
(Benzoesaurer Tolyl&ther) ^4 »t O . Ch «s U, = 01487)^
Zimmtsaurer Benzyl&ther nun nun Cig Hy O»)^
(CinnameXn) ^^ **^ O . Ci« »7 U, — (\fi,\^'
Benzylwasserstoff nun C1487/
(Toluol) Oi4 »7 . » = g I
Benzylchlorör n u ßi 014^7^
(Tolylchlorüy) ^uM^tal = ^j {
Benzylcyanür r« n c„ 01487^
(Tolylcyanfir) ^u »7 tiy _ ^ jj j
Benzylamin r H ÄiU ^ fl L
(Toluidin) ^"**' • ^*» = g P
Benzyläther. 949
C14H7)
TribeMylamin (Ci4Hi)aN = C14HJN.
Ci4H7)
(Nitrololuol) ^4 «7 (^04) = jjQ^ j
Es gehören hierher femer noch die gepaarten Säaren wie Sulfo-
[>enzyl9äure (Sulfotoluolsäure) und t^hiotolnolsäure. Die ersten Ver-
[nndungen sind in dem Artikel Benzyl- Alkohol beschrieben; die an-
ieren zunächst von dem Tolnol sich ableitenden Verbindungen, s. Art.
roluol. A. S,
Benzyläther, Benzvlaxyd, C14H7O oder vielmehr
C H J
DS8H14O9 = p^^ii^l ^s (Gannizaro). Er ensteht ans dem Benzyl-
ilkohol durch Behandlung mit wasserfreier Bors&nre bei massiger Wärme.
Sor Darstellung desselben mischt manBenzylalkohol und feingepulverte
irasserfreie Borsäure zu einem Teige, erhitzt die Mischung in verschlos*
lenen Gefässen einige Stunden lang auf 120^ bis 125^0^ zieht aus der
iraunen und erhärteten Masse mit kochendem Wasser und hierauf mit
uner Lösung von kohlensaurem Kali die Borsäure ans und destillirt
ias aufschwimmende grünlich braune Oel. Das unter 800^ C. üeber-
gehende enthält unveränderten Benzyl - Alkohol , zwischen 300<^ und
SI50 C. geht der Benzyläther Über und im Bückstande bleibt ein Koh-
l«i Wasserstoff.
Der Benzyläther siedet zwischen SlO^'undSlÖ^^C.; er ist eine farb-
lose, etwas fluorescirende ölartige Flüssigkeit, die beim Erhitzen über
hren Siedepunkt sich gelb färbt und in einen harzartigen Körper, Bit-
lermyidelöl und ein leichtes Oel, wahrscheinlich Toluol, übergeht.
Benzyläthyläther, Aethylbenzyläther, Benzyläthyloxyd,
ILethyloxyd-Tolyloxyd: CisHiaO» = C1487O + C4 H» 0
= p^^^(02(Cannizaro). Er entsteht beim Kochen von Benzylchlorür
nit alkoholischer Kalilösung, welches man zweckmässig in der Weise
vornimmt, dass die sich anfangs verflüchtigenden Theile condensirt wie-
ier in die Kalilösung zurückfliessen. Nach beendigterZersetzung giesst
nan die Flüssigkeit von dem ausgeschiedenen Ghlorkalium ab, verdampft
len Weingeist zum Theil und vermischt den Rückstand mit Wasser, wo-
iurch er sich in zwei Schichten trennt, deren obere der Benzyläthyl-
ither ist, den man durch Trocknen über Chlorcalcium und Rect^cation
'einigt.
Es ist eine farblose, leicht bewegliche, angenehm riechende Flüs-
ngkeity die bei 185^0. siedet. Auf Wasser schwimmt sie ohne sich
EU lösen«
BenzoSsaurer -Benzyläther, benzoesaures Benzyloxyd,
t>enzoSsaures Tolyloxyd : Csg H12 O4 = C14 lij 0 . Cn 85 Og
Gl fl O )
= ^Yi ^U\ ^^' ^^ erhält ihn durch Dest^lation einer Mischung
äquivalenter Mengen von Benzoylchlorid und Benzylalkohol wobei an-
^ngs Salzsäure entweicht, etwas BenzoSsänre und Benzylchlorür über-
seht, während spätet der benzo§saure Benzyläther als gelbliches Oel
lestiUirt, welches beim Abkühlen krystallisirt. Man reinigt ihn durch
950 Benzyl-Alkohol
Pressen zwischen Papier, Bectification 6ber Benzoäanhydrid, Wascks
des D.e8ti11ate8 mit kohlensaurem Natron und abermalige RectiftcfttioD.
Man erhält hicrdiurch farblose Krystallblätter, die über 20* C
schnielaen und bei etwa 345<^C. sicKien. Der geBchinolsen gpmmot
Aether erstarrt schwierig, oft erst in einer Kältemiscbang. Er ist Ho-
mer mit Bonzoin, polymer mit Bittermandelöl.
Essigsaurer Benzyläther, essigsaures Benzyloxjd,
essigsaures Tolyloxyd: Ci8Hio04^= C14B7 O . C4H1O}
C H O )
= V^rI!^^ (Cannizaro). Eine Lösong von Bensylalkohol ■
2 Vol. Essigsäure wird mit einer lilischung von 1 Vol. ooncentrirtor
Schwefelsäure und 4 bis 5 Vol. Essigsäure zusammengebracht, vobd
eine anfange homogene Flüssigkeit entsteht, die sich bald trabt, ind»
sich der essigsaure Benzyläther als leichtere Schicht oben abscboidei
Man nimmt sie ab, wäscht sie erst mit einem warmen Gemenge v«
Schwefelsäure und Essigsäure, hierauf mit einer Ldsung von koUa-
saurem Natron, trocknet Über Ghlorcalcinm und rectificirt.
Man erhält so eine farblose, Ölartige Flüssigkeit, die in Wtfw
untersinkt und einen angenehmen Geruch nach Birnen hat. ^Sie sidd
bei 2100c.
Beim Kochen mit starker Kalilauge (becM)nder6 alkoholiflcher) w-
fällt sie in Beneylalkohol und essigsaures Kali.
Zimmtsäure-Benzyläther ist, nach Scharling's Untemckm
das Cinnameln des schwarzen Perubalsams. A. S.
Benzyl-Alkohol^)', Benzalkohol, BenaoS-AlkohoK
Benzyloxydhydrat,Tolyloxydhydrat, Tolylaikohol, Tolueajt-
Alkohol. Formel: Ci4HgOj = ^*^'| O^ = H O . €„8^0^
Entdeckt von Cannizaro (1853).
Der Benzyl-Alkohol wurde zuerst aus dem Bittermandelöl dank
Behandlung mit alkoholischer Kalilosung erhalten, wobei zwei Atoot
desselben sich in 1 Atom Benzyl-Alkohol und 1 Atom BenzoSttiit
zerlegen :
2C,4HflO, + HO.KO = CuHsO, -f K0^Ci4fli»0|
Benzoylwasserstoff Benzylalkohol BenzoSs. KalL
Später erhielt ihn Cannizaro auch aus dem Tolylchlorür (dnrel
Behandlung von Toluol mit Cblorgas dargestellt), wobei dieses dun^
längeres Kochen mit einer alkoholischen Losung von essigsaurem Kai
erst in essigpauren Benzyläther übergeführt wurde, welcher endfidr
mit alkoholischer Kalilauge in Benzylalkohol und' essigsaures Kali lO'
fallt Nach dem Abdestilliren des Weingeistes trennte sich der Beasyl-
Alkohol von der wässerigen Lösung des essigsauren Kalis and fisff
sich durch Bectification für sich erhalten«
*) Literatur: Cannisaro, Annal.d. Obern, o. Pharm. Bd. LXXXVIII, & lUi
Bd. XC, 8. 262; Bd. XCU, S. 118; Bd. XCVl, S. 24G; Cimcnto T. UI, p. Mi
Journ. f. prakt. Ohem. Bd. LXUI, 8. 86; Bd. LXIV, 8. 161; Bd. LXVU, S. tn,
Pbarm. Contralbl. 1854, 8. 577. Gmelin*« Handbuch, fortgeseUt v. List, Bd.n
S. 270. — 8charling, Annal.d. Chem. u. Pharm. Bd. XCyil, S. 168; Joam. f. piakt
Chem. Bd. LXVU, 8.420. Deville, Annal. de Chim. et de Phy». [3.]. ni,p. 1?»^
Journ f. prakt. Chem. Bd. XXV, 8. 886.
Benzyl-AIkokoL 951
Benayl -Alkohol ist ohne Zweifol auoh das auB dem Cinnamelh
durch Behandlung mit Kalihydrat entfttehendei als Peruvin beseich-
neteProduot, welches, nach Scharling's neuer üntersuchuDg, die Zu-
sammenBetzung C14 Hs O^ hat und durch Sauerstoff bei Gegenwart von
Flatinschwarz in Bittermandelöl verwandelt wird.
Zur Darstellung des Benayl- Alkohols wendet man am besten das
Bittermandelöl an; nachdem es sorgfaltig vonBlausänre befreit worden,
vermisoht man es mit seinem gleichen Volumen Alkohol und setst
3 bis 4 Volume einer alkoholischen Kalilösung von 1,02 specif« Gre-
wicht zu. Die Mischung erwärmt sich und gesteht bald zu einem wei-
ehen Krystallbrei; durch Zusatz von Wasser löst man das benzoSsaure
Kali auf, destillirt den grössten Theil des Weingeistes ab, setzt zu dem
Bfickstande Wasser bis zur eintretenden Trübung und schüttelt mit
Aelher, welcher den Benzyliükohor löst und ihn beim Verdunsten meist
Ifefarbt hinterlasst. Man entwässert den Rückstand mit Kalihydrat und
reinigt ihn durch wiederholte Destillation.
Der Benzyl- Alkohol ist eine farblose, stark lichtbrechende, ölartige
Flüssigkeit von schwachem, angenehmem Greruch, von 1,059 specif.
Gewicht, bei 204<>G. siedend. Sein Siedepunkt stimmt mit dem des iso-
meren Gresyloiiydhydrats überein; die Dampidichte wurde zu 3,845
bestimmt (berechnet 3,74 bei einer Condensation anf 4 Vol.). In
Wasser ist er unlöslich; mit Schwefelkohlenstoff, Weingeist, Aether
und Essigsäure mischt er sich in jedem "VJ^rhältniss»
Von zusammengesetzten Aetherarten dieses Alkohols sind nur
wenige bis jetzt dargestellt worden, nämlich der Aethylbenzyläther,
1er benzoSsaure Benzyläther und der essigsaure Benzyläther (s. oben);
K)wie ferner die Haloidverbindung Benzylchlorür und BenzylcyanÜr.
Saure Aetherarten des Benzylalkohols kennt man bis jetzt noch nicht.
T>er Benzylalkohol wird ziemlich leicht durch Einwirkung ver-
schiedener Agentien verwandelt. •
Leitet man denselben dampfförmig durch eine glühende mit Pla-
fcinschwamm gefüllte Röhre, so zersetzt er sich unter Bildung verschie-
lener, 'theils flüssiger, theils fester Stoffe, worunter Benzol besonders
)emerkt wurde.
Durch Sauerstoff bei Gegenwart von Platinschwarz verwandelt er
lieh in Bittermandelöl. Dasselbe geschieht bei der Behandlung mit
Salpetersäure; mit concentrirter Salpetersäure ist die Einwirkung ziem-
ich heftig. Chromsänre verwandelt in wässeriger Lösung den Alkohol
in Benzogsäure. Concentrirte Schwefelsäure, wasserfreie Phosphor-
läure oder Chlorzink verwandeln ihn in eine in Wasser, Weingeist und
&.ether unlösliche harzartige Blasse.
Wasserfreie Borsäure verwandelt bei 100» bis 1200C. denBenzyl-
dkobol in Benzyläther, C28H14O3, in höherer Temperatur aber in
ünen Kohlenwasserstoff von der Formel C^gBia«
Erhitzt man Benzylalkohol mit einer gesättigten alkoholischen
Lösung von Kalihydrat und destillirt, so geht znerst Weingeist üt>er,
lierauf aber, sobald der Betorteninhalt fest geworden ist, Toluol, wäh-
rend der Blickstand benzoSsanres Kali enthält. Man hat hier die
leichung:
3^CHH8p2 + HO.KO = KO^j0i4H^^ ?Si^+ ^^^
Benzylalkohol Benzoäsaores Kali Toluol
•^
952 Benzylchlorör.
Mischt man eine Lösung von Bensjlftlkohol in SehweMkohki-
stoff mit einer Lösung von Phosphor in Schwefelkohlenstoff mA sett
allmälig Jod zn , so bleibt beim AbdestUliren ausser Jodphosphor äc
die Angen stark angreifende Flässigkeit, wahrächeinlich BensjljodSrf
zurück.
Durch Einwirkung von Fiuorbor auf Benzylalkohol entsteht unter
Wärmeentwickelung Borsäure und eine harzartige Substanz^ Cffiif
Man erh< letztere rein durch Waschen mit Wasser , Alkohol md
Aether (worin sie fast unlöslich ist), Auflösen in Schwefelkohleoitof
oder Chloroform, woraus 'sie durch Verdunsten als amorphe, dsitk»
scheinende, bernsteingelbe Masse erhalten wird , welche b^Ln ErhitHs
erst schmilzt und sich hierauf zersetzt. Sie scheint mit der ansBeosyl-
Alkohol durch Schwefelsäure, wasserfreie Phosphorsaare , Chlonhik
oder Borsfture erhaltenen Substanz identisch zu sein, und entsteht stf
Benzylalkohol durch Austreten von Wasser.
Benzylchlorür, TolylchlorOr, ToluenjlchlorSr:
Ci4H7€l (Cannizaro). Es entsteht aus Benzjl- Alkohol durch ß»
Wirkung von Chlorwasserstoffsäure, sowie aus Toluol durch Behandln!
mit Chlorgas. In letzterem Falle destillirt man Toluol mehmialft ■
einem Strome trockenen Chlorgases und wascht mit Kalüauge. JSM
Deville sättigt man Toluol im Dunkeln mit Chlorgas, und treibt du
überschüssige Chlorgas dur<^ Einleiten von Kohlensäure aus, won^
man rectificirt Beim Einleiten von Chlorwasserstoffgaa in Beniylslb'
hol wird es unter Wärmeentwickelung absorbirt und es bilden sidi m
Schichten, deren untere wässerige Salzsäure, die obere aber Bessji*
chlorftr ist .
Es ist eine farblose Flüssigkeit von 1,117 specif. Gewicht beiO«C.
die bei 17öo bis 176oC. (Cannizaro, bei 170<» Doville) siedet B
}ßst sich nicht in Wasser, mischt sich aber mit Alkohol oder Aetitf
Alkoholische Kalilauge zersetzt es beim Kochen in Chlorkaliunl db^
Benzyläthyläther; wässeriges Kali ist ohne Einwirkung. Durch Eod«
mit einer alkoholischen Lösung von essigsaurem Kali verwandelt tf
sich in essigsauren Benzjläther. Durch eine concentrirte Lösung ▼<»
Cjankalium in Alkohol geht es beim Erhitzen in Benzylcyanür fibcr,
welches jedoch Cannizaro nicht rein •darstellte. Er giebt nur an« dm .
es mit Kalihydrat gekocht unter Ammoniakentwickelung in das Eslitfl>
einer mit Toluylsäure in der Zusammensetzung identischen SinR
übergehe, welche jedoch schon unter lOO^C. schmelze, was vielldcbi
durch eine Beimengung verursacht werde. Erhitzt man es mit alko-
holischem Ammoniak in zugeschmolzenem {U>hr, leitet in die erkaltet«
Flüssigkeit trockenes Ammoniakgas und löst den entstandenen Med«-
schlag in Aether, so erhält man beim Verdunsten der Lösung Tribei*
zy lamin, C49H9]N = (Ci4Ht)8N, in glänzenden Blättchen.
Das Tribenzy lamin ist in Wasser und in kaltem Alkohol wenig
löslich, m«hr in kochendem Alkohol, besonders aber in Aeiher. &
reagirt alkalisch, schmilzt bei 91,3^6. zu einer farblosen Flüssifkeit
und zersetzt sich über 8600C. unter theil weiser Verflüchtigung.
Das chlorwasserstoffsaure Tribenzylamin krystaUisirt am
kochendem Wasser in Nadeln ; in kaltem Wasser ist es nur wenig 1^
lieh. Mit Platinchlorid bildet es ein in orangefarbigen Nadeln
'"H ausscheidendes Doppelsalz: C43H21N . HGl . PtGl^. A. S.
Beraunit. — Berberin. 958
Beraunit nannte Breit hanpt ein bei StBenigna imBerauner
Kreise in Böhmen mit Eakoxen nnd Dofrenit vorkommendes Mineral,
welches durcheinanderlanfende oder^bQschelfbrmig strahlige Partien und
blättrige Aggregate bildet, in einer Bichtang vollkommen, in e}ner
zweiten darauf senkrechten unvollkommen spaltbar, dunkel hjacinthroth
bis rothlichbraun, glasartig glänzend, auf den vollkommenen Spaltungs-
flächen perlmutterartig, in dönnen Blättchen halbdurchsichtig ist, ocher-
gelben bis r5thlichbraunen Strich, die Härte = 2,0 bis 2,5 und das
specif. Gewicht = 2,878 hat nnd wenig spröde ist Im Kolben giebt
er viel Wasser, vor dem Löthrohre ist er Hir sich schmelzbar, die Flamme
blaulichgrtin fi&rbend, in Salzsäure auflöslich. Nach Plattner i) ent-
hält er Wasser, Eisenoxjd und Phosphorsäure. K,
Berber in. Stickstoffhaltende organische Base, (1837) von
Buchner Vater und Sohn^ zuerst rein dargestellt, später von Fielt-
mann *) vollständiger untersucht. Buchner hatte aus der Elementar-
analjse des Berberins die Formel CaaHigNOis berechnet; nach dem
neueren Atomgewicht des Kohlenstoffs entsprechen seine Zahlen aber
jedoch besser der Formel C8eHi9NOi3. Nach Fleitmann, der das
Berberin reinigte, und neben der Base selbst auch eine Reihe Ver-
bindungen derselben analjsirte, ist das bei 100^ C. getrocknete Ber-
berin C4sH2o^Oii; in d6n wasserfreien Verbindungen mit Säurpn hat
es, nach ihm, die Formel C43lti8N09; es hat also hier 2 Aeq. Wasser
verloren; im krystallisirten Zustande enthält die Base ausserdem 10 Aeq.
KrystsllTrasser, und darnach ist das krystallisirte lufttrockene Berbe-
rin = C4aHi8N09.2HO + 10 aq. (Fleitmann). Es ist nach den
vorliegenden Analysen die Richtigkeit der Formel doch nicht als un-
zweifelhaft zu betrachten, und selbst nicht. wahrscheinlich und daher
eine weitere Untersuchung wünschenswerth.
Das Berberin ist von Buchner zuerst aus der Wurzel des Sauer-
dorns (Berheris vulgaris) dargestellt; es ist später in dem Holze einer
mexikanischen Berberisart in den Spalten als ein goldgelbes krystal-
linisches Pulver beobachtet (Witt stein).
Auch in den indischen JBerberisarten soll es enthalten sein, vor-
züglich in der Wurzel (etwa 1,7 Proc), in "geringer Menge in dem
Holz in der Nähe der Rinde (Solly). Später ist es von Bödecker^)
in der Columbowurzel (von Cocculus palmatua Z>. C.) gefunden ; von Per-
riös*) in dem Columboholz von Ceylon (von Menispermum fenestratum) ;
von Stenhouse^ in einer gelben Rinde, welche von den Eingebor-
nen von Abeoconta in Westafrika zum Gelbfärben benutzt wird ')•
Das Berberin findet sich in der Wurzel von Berberis vulgaris in
*) Journ. f. prakt. Chem. Bd. XX, S. 66. — *) Annal. d. Chom. u. I*harin. Bd.
, 8. 228. — 8) Annal. d Chem. u. Pharm. Bd. LIX, 8. 160. — *) Annal.
a. Gbem. n. Pharm. Bd. LXVI, 8. 884 ; Bd. LXIX, S. 40. — *) Phil. Mag. [4.]
T- rV, p. »9; Annal. d. Chem. n. Pharm. Bd. LXXXIII, 8. 276. — *) Pharm.
Joarn. Trane. Vol. XIY, p. 456; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XCY, 8. 108.
7} Das Vorkommen des Berberins in der Berberis rulgaris und in der Co^
Ininboinirzel (von Cocculus palmatns) hält BOdecker ftlr einen Beweis von der
ESielitigkeH der Ansicht Bartlings, der ans botanischen Grttnden die Berberideen
iiimI H«iii8pennMn in der Claase der Cocciüineen vereinigt hat, indem bis jetzt kein
P*ll bekannt sei, dass eine wirkliche Pflanzenbase (zu denen das Cafeln nicht
Mrecbnet werden kann) in yerschiedenen Pflanzen sich finde, welche nicht in naher
^erwandtscfasit stehen.
954 Berberin.
einzelnen Zellen, besonders in den GefSssen and HolszeUen, «ktiD
den goldgelben Verdickungsschichten der Zellcnmembranen sbgdagai
Es lässt sich unter dem Mikroskop leicht erkennen, wenn mao di
btückchen der Wurzel auf einer Glasplatte mit Weingeist befeodilet
und dann ein wenig Säure zusetzt; besonders bei Anwendung von Sil*
petersäure sieht man deutlich die Krystallbildung von Berberaah.
Auch in der Columbowurzel bemerkt man diese gelben VerdicbrogB*
schichten, besonders bei den Membranen der Gefässe und der Mark-
strahlonzellen, hauptsächlich jedoch nur in den Zellen, welche zioiäcy
unter der äussersten Zellenschicht liegen; im Centraltheile der Wund
fehlen diese verdickten Zellen ganz. Die Einwirkung des Alkohols aif
das Berber in ist hier durch die Gegenwart einer fetten Substaoi er-
schwert. Das Berberin ist neben Stärke hauptsächlich in der vielifteh
als Arzneimittel angewandten wässerigen Abkochung der Columboww-
zel enthalten; es verdient daher auch im reinen Zustande seine Wi^
kung untersucht zu werden.
Zur Darstellung von Berberin aus Berberis vulgaris ubergieast nns
die zerschnittene Wurzelrinde, welche etwa 1,3 Proc der Base enAA
mit kochendem Wasser, lässt es damit unter öfterem Umrühren Wge
Stunden digeriren , giesst ab und wiederholt diese Infusion noch eis-
bis zweimal* Der Bückstand wird ausgepresst, die etwas erwännteB
Auszüge durchgeseiht und zur Consistenz eines dünnen Eztmctess^
gedampft Letzteres wird alsdann wiederholt mit Alkohol von Si?nt
warm behandelt, die braungefärbten Tincturen von dem ungeldjUa
Bxtracte abgegossen, der grösste Theil des Weingeistes wieder abdesdl-
lirt und die rückständige Flüssigkeit in einer flachen Schale sich aelbA
überlassen. Die nach 24 Stunden daraus angeschossenen, feineo, f^
ben, federartigen Krystalle werden durch Pressen und Abwaschen vk
kaltem Wasser soviel als möglich von der sie umgebenden Extnd^
masse befreit und in kochendem Wasser aufgelöst, wo beim Erkahao
das Berberin in Gestalt einer sehr voluminösen, krystallinischen tfstf*
niederfällt, während der Extractivstoff luifgelöst bleibt. Durch ün-
krystallisiren des krystallinischen Niederschlages aus kochendem Alko-
hol und Auswaschen der Krystalle mit etwas kaltem Weingeist erUb
man das Berberin rein. . Die Mutterlaugen liefern durch Conceotrim
ebenfalls noch Berberin.
Zur vollständigen Reinigung des so erhaltenen Berberins verwandelt
man die Base oder ihre Chlorwasserstoffverbindung durch Znsatz von v«-
dünnter Schwefelsäure in schwefelsaures Salz, welches dann aus Watfer
umkrystallisirt, .und wenn es noch Salzsäure enthält, zur voUstandifOB
Verjagung derselben bei 100<^ C. getrocknet wird. Die wässerige Lo-
sung des reinen Salzes lässt sich weder durch Kali ,noch durch Am-
moniak vollständig zerlegen, sie wird daher mit Barytwa«ser g^^
der überschüssige Baryt durch Einleiten von Kohlensäure abgeschieöes,
and die Flüssigkeit nach dem Aufkochen von dem kohlensauren ob^
schwefelsauren Baryt abAltrirt. Die Lösung von Berberin enthält je
doch noch geringe Mengen Barytsalz; um diese vollständig zu ent^
nen, wird die Flüssigkeit im Wasserbade fast zur Trockne ahgedani|A
der Bückstand in wenig gewöhnlichen Alkohol gelöst, und djuin «»
überschüssigem Aether gefällt; jetzt noch ans Wasser onüaTStailuii^
idt das Berberin vollkommen rein (Fleitmann).
Aus der Colombowurzel vrird die Base dargestellt, ittde» die Wll^
Berberin. 965
sei mit WeingeMt extrahirt, und das so erhalten« Eztract nach dem
Abdampfen und Trocknen mit Kalkwasser in der Wärme behandelt
wird ; man ftltrirt und nentralisirt das PUtrat mit Chlorwasserstoffsäure,
wobei sich ein grösstentheils amorpher Bodensatz bildet, das Filtrat
davon wird nun mit überschüssiger Salzsäure behandelt, worauf sich
nach einigen Tagen ein krystallinischer Absatz von Chlorwasserstoff-
Berberin bildet, das in wenig Alkohol gelöst und durch Aether dar-
aus gefällt wird. Nachdem es dann, wie angegeben, zuerst in schwefel-
saures Salz übergeführt ist, erhält man durch Zersetzung desselben mit
Barytwasser in der oben angegebenen Weise reines Berberin.
Das Berberin bildet ein sehr lockeres, aus feinen, seidenartig glän-
zenden Nadeln bestehendes Pulver von lebhaft hellgelber Farbe. Beim
Erkalten einer ^^Isserigen oder alkoholischen, kochendheiss gesättigten
Auflösung schiesst es in strahlenförmig zusammengesetzten, seidenför*
mig glänzenden Prismen an. Es schmeckt stark und anhaltend rein
bitter und ist geruchlos. In kaltem Wasser ist das Berberin nur we-
nig löslich; 500 Thle. Wasser nehmen bei -^ 120C. nur 1 Thl. davon
auff die verdünnte Auflösung ist rein gelb, die concentrirte gelbbraun.
Alkohol von 82 Proc. löst V250 seines Gewichts davon auf. In kochen-
dem Wasser und Alkohol ist es in jedem Verhältniss löslich. Die Lö-
sungen sind sehr intensiv gefärbt, sie zeigen keine Reaction auf Pflanzen-
Aurben. Laven delöl, Terpentinöl und fette Oele lösen, besonders beim
£rwärmen, etwas Berberin auf. In Aether, Schwefelkohlenstoff, Steinöl
und Steinkohlentheeröl ist es jedoch ganz unlöslich.
Beim Erhitzen auf 100« bU llO^C. verliert das krystalUsirte Ber-
berin 10 Aeq. Krystallwasser ; die übrigen 2 Aeq. Wasser lassen sich
durch Erhitzen, wie es scheint, nicht ohne Zersetzung austl*eiben; bei
1 20® C. schmilzt es ohne eine Gewichtsveränderung zu erleiden, zu einer
harsartigen Masse. Bei der trockenen Destillation iirird das Berberin zer-
setzt; auf 160<> bis 200ÖC. erhitzt, entweicht eine geringe Menge gel-
ber Dämpfe eines eigenthümlich riechenden, nach dem Erkalten festen
Körpers, der ein gelbes krystallinisches Sublimat giebt, oder sich mit,
den übrigen Zersetzungsproducten zusammen in ölartigen Tropfen con-
densirt; dieser Körper, immer nur in seht geringer Menge erhalten,
imt nicht in Wasser, wohl aber in Alkohol löslich; seine Lösung bt
l>ei durchfallendem Licht roth, bei reflectirtem grünnlich, sie fällt Blei-
sncker und reducirt salpetersaures Silberozyd; wegen der geringen
MLenge des Products ist es nicht weiter nntersudit. Derselbe Körper
0oheiDt auch beim Erhitzen von Berberinsalzen , besonders von chrom-
sanrerm Berberin zu entstehen.
Beim stärkeren Erhitzen des Berberins bleibt eine schwer ver-
|>x*ennliche Kohle zurück. — Mit Kalkmilch oder Bleioxydhydrat der
ir«>ckenen Destillation unterworfen, giebt das Berberin unter den Zar»
s^teungsproducten Chinolin«
Das Berberin verbindet sich mit Säuren zu Salzen (s. unten) ; bei
ZoBftto von Alkalien und alkalischen EIrden färbt es sich dunkel, ohne
ilob mit den Oxyden zu verbinden (F leitmann); in wässerigem Am-
Bn<9iiiak löst es sich mit rothbrauner Farbe in gleicher Menge wie in
bV^Asaer auf; nach Buchner hinterlässt die Lösung beim Verdampfen
p^g^xuae Krystalle, welche Ammoniak enthalten (?); aus den alkalischen
>&0ungen fällt es, auf Zusatz vpn Säuren, unverändert nieder. Nach
^ wat ebner soll das Berberiii mit den Auflösungen der meisten sehwepren
956 Berberinsalze.
Metallozyde nnldsliehe oder aohwerldsliehe'NiedeneUi^ geboi« AmA
mit Silb^ozyd (oder salpetersanrem Silberozyd) soll es sich ▼erbiadm.
Die Lösung ▼oo Berberin in aUudischen Fl&ssigkeiten absorVin
an der Luft Sauerstoff, unter Bildung einer braunen hnminaitigeD Sob-
staiiz.
Bei Behandlung mit trockenem Chlor gas wird das Berberin blo^
roth und in Wasser aufloslich; in einer Berberinldsung entst^t beia
Einleiten von Chlor ein brauner, in Wasser unlöslicher . zum Thdl in
kochendem Alkohol und gans in Aetckali löslicher Niederschlag, aoi
welcher Auflösung er durch S&nren wieder abgeschieden wird.
Concentrirte Schwefelsäure löst das Berberin mit olivengrtiMr
Farbe, Wasser fällt aus der Lösung einen braunen Körper; beim Erbitm
mit Salpetersäure bildet sich Oxalsäure und eine gelbe Masse, wsldit
sich wie Wachs kneten lässt, sich wenig in Wasser, leichter in Alkohol
löst Mit verdünnter Kalilauge gekocht, ballt das BOTberin xu Kloo»
pen zusammen, welche beim stärkeren Erhitzen schmelzen, um) obut
sieh zu lösen und ohne Ammoniak zu entwickln sidi in eine hsn-
ähnliche in Alkohol lösliche Masse von bitterem Geschmack verwaih
dein. Beim Erhitzen mit ganz concentrirter Kalilauge wird dasBerbe-
rin zersetzt.
Das krjstallisirte Berberin wie das Chlorfrasserstoff-Berberin wird
bei Zusatz von mit Schwefel gesättigtem Schwefelammonium zersctit)
es bildet sich ein braunrother Niederschlag, der etwa 1 6,5 Proc Scbm-
fei enthält; doch lässt der Schwefel darin sich nicht durch Bleilönsg
nachweisen; diese vielleicht basische Verbindung riecht unangenehm, d^
was dem Mercaptan ähnlich; sie schmilzt Über lOO^^C», wie es scbdit»
ohne sich zu zersetzen ; sie ist löslich in Wasser, die Lösang giebC oiit
neutralem essigsauren Bleioxyd einen schön rothen Niederschlag; m
. löst sich auch in Salzsäure, ohne selbst mit concentrirter Saure Schw«M*
Wasserstoff zu entwickeln ; ans der Lösung setzen sich bald gelbroChi
Nadeln ab. Die Lösung in Salzsäure giebt mit neutraler Bleüösug
auch eine rothe Fällung.
Auf nassem Wege wird das Berberin von den Alkalien, v»
Baryt- und Kalkwasser meistens mit brauner oder rother Farbe f»*
löst, ohne dass hier eigentliche Verbindungen entstehen ; nur mit nl*
petersanrem Silber scheint es sich zu verbinden.
Das Berberin kann zum Gelbfärben von Leinen, Baumwolle, Wolle
und Seide benutzt werden; die Farbe wird durch Zinnbeize schdotf
und dauerhafter. Auch in der SafBanfärberei gebraucht man denFaib-
Btoff der Berberiswurzel. Fi
Berberinsalze. Das Berberin verbindet sich mit den Sta-
ren zu neutralen gelben, meist krystallisirberen Salzen; diese siodis
* reinem Wasser löslicher als in siJzhaltigem Wasser oder in verdfins-
ten Säuren, die gelösten Berberinsalze werden daher durch Zusats vos
Säuren oder Salzen leicht gefällt ; wird zu einer nicht gar zo sta^ vtf*
dfinnten Lösung von Berberin istwas Salzsäure, Phosphorsäure, Sckw«-
felsäure oder Salpetersäure gesetzt, so erstarrt die ganze FlSssigkcit
meistens nach einiger Zeit zu einem Gewebe von feinen Krystallnedela
Selbst mit Chromsäure und Chlorsäure verbindet das Beiberin sieb
ohne Zersetzung. Um die Salze der verschiedenen Säuren darzustellcB,
hat man nur das Chlorwasserstoff-Berberin mit dem passenden Kalisalz
Berberinsalze. 957
so Yerseteen, Chlorkalinm bleibt gelöst and das neue BerbeiiniabE
schlägt sich nieder. — Die Pflanzensftnren bilden , wie di^ Mineral«
aftoren, mit Berberin krystallisirbare Salae; diese Verbindungen sind
jedoch noch nicht näher untersncht; nach Bachner lösen Essigsäure,
Weinsäure, Citronsäure u. s. w. das Berberin, ohne sich damit su ver^
binden, indem beim Verdampfen der Auflösung reines Berberin sich
iftbscheiden soll (?). Mit Gerbsäure bildet es, nach Buchner, eine braun-
gelbe, in Wasser tucht lösliche Verbindung.
Chlorsaures Berberin: C49Hi8N09.GlOft .HO. Wird eine
Liösung von Ghlorwasserstoff-Berberin mit ohlorsaurem Kali gefällt, so
entsteht ein gelber voluminöser Niederschlag, der in verdOnnten Lö-
sungen von Chlorkalium und chlorsaurem Kali unlöslich ist, in reinem
Wasser sich sieinlich leicht löst. Man wäscht daher nur so lange aus,
als das Filtrat noch farblos ist, und krystallisirt den Rflckstand ans
Weingeist um. Die Krystalle sind gelb, mit einem Stich ins Ordne.
Ueber Schwefelsäure getrocknet, erleiden sie bei lOO^^C. keine Oe-
Wichtsveränderung. Beim Erhitsen so wie durch starkes Beiben oder
durch den Schlag verpufft das Salx und hinterlässt eine schwer ver-
brennende Kohle«
Chlorwasserstoff-Berberin: C4,Hi8N09 .HGl-|-5ftO. BCan
erhält es durch Fällen von Berberinlösung mit Salzsäure und ümkry-
stallisiren des Niederschlages. Das Salz bildet feine gelbe Nadebi,
mit einem Stich ins Rothe. Bei 100<^ C. verliert das lufttrockene Salz
5 Aeq. Wasser, und wird gelblichroth. In Salpetersäure löst es sich
mit dunkelrother Farbe, beim Kochen mit überschüssiger Säure wird
die Flüssigkeit hellgelb, und es entwickelt sich salpetrige Säure; naioh
dem Abdampfen scheidet Wasser eine gelbe, wie Wachs knetbare, in
Wasser schwerlösliche Substanz ab, deren weingeistige Lösung mit
Silbersalz oder Bleisalz gelbe Niederschläge giebt — Das Chlorwasser*
Stoff-Berberin bildet mit den löslichen Chloriden der schweren Metalle
meist schwer lösliche Doppelverbindungen, zum Theil von schöner gel-
ber Farbe.
Chlorwasserstoff-Berberin mit Olycocoll: C4H4NO8 -f-
C43H18NO9 .It€l. Man erhält diese Verbindung, wenn eine warme
weingeistige Lösung von Chlorwasserstoff- Berberin mit einer concen-
trirten weingeistigen Lösung von Olycocoll versetzt wird; beim Erkal-
ten scheiden sich feine orangefarbene Nadeln in Menge ab, so dass die
Masse fest wird ; durch Waschen mit Wasser wird die Verbindung rein
erhalten.
Chlorwasserstoff-Berberin mit Platinchlorid: C49H18NO9.
H€l + PtGl«. Wird Chlorwasserstoff- Berberin mit ChlorpUtin ge-
fällt, so bildet sich ein schön gelber, durch Auswaseben leicht zu rei-
nigender Niederschlag. Diese Verbindung ist dem chrorasauren Ber-
beiin sehr ähnlich. Nach zu langem Auswaschen, oder bei längerem
Aufbewahren in feuchtem Zustande zeigt die Verbindung, wahrschein-
lich durch Zersetzung, eine schmutzige Farbe. Bei seinem Verbren-
nen zeigt sich ein Bittermandelölgeruch. Das lufttrockene Salz ist
wasserfrei.
Chlorwasserstoff- Berberin-Quecksilberchlorid:
1) C4,{Ii8N09.80l 4- Hg€L Wird eine Lösung von Berberin in
starkem Alkohol mit überschüssiger Salzsäure versetzt, und heiss mit
einer kochenden weingeistigen Lösung von Quecksilberchlorid gemischt,
958 Berberisbeeren. ~ Berberitzengelb.
so ^heidet sich beim Abkühlen das Doppelsak in lebhaft gtXbma^
denglänzenden Nadeln Ms die durch Abwaschen mit etwas Wtmgaat,
dann mit wenig Wasser und zuletzt wieder mit Alkohol rein erhahoi
werden. Das Balz ist luftbeständig, and erleidet bei 100* C. keine Ver^
änderung; löst sich aber nur unter Zersetzung in Waseer aui, inden
sich da» an Quecksilber reichere Salz 2) bildet.
2) C4,H,8N09.Hei + 2Hg€l. Wird nämlich die ▼orige Ver-
bindung in heissem destillirten Wasser gelöst, so scheiden aicb beim
Brkalten grössere Kry^talle ans, welche die nebenstehende ZnaaniroeD-
Setzung haben (Uinterberger 0«
Chlorwassersto ff -Berberin - Quecksilber Cyanid:
^«ailiBNO» .H€l -f- HgGj, Die Verbindung bildet sich, w^ean sak-
saures Berberin und Quecksilber Cyanid in heissen wässerigen LoanngeD
mit einander gemischt werden ; beim Erkalten scheidet sie sich in g^
ben Krystallnadeln ab, die zuerst mit kaltem Wasser, dann mit Webh
geitft abgewaschen werden. Das Salz ist luftbestftndig , es verändert
sich auch nicht bei 100® C. ; in Wasser oder wässerigem Wein^eioft ist «•
nur beim Erhitzen löslich (ohne Zersetzung?) (Kohl und Swoboda')L
Chromsaures Berberin, saures: C^^HigNO» . 2CrQ9. Maa
fällt Chlorwasserstoff- Berberin mit doppelt -chromsaurem Kali; es ba-
det »ich ein voluminöser hellgelber Niederschlag, der mit Wasser voll-
ständig ausgewaschen wird. Dae lufttrockene Salz ist wasserfreL Ei
ist in Wasser kaum löslich, löst sich aber leicht in verdünnten Su-
ren. Bei der trockenen Destillation wird es zersetzt» beim laogsanMi
Erhitzen bildet sich zuerst der gleiche gelbe Körper, wie er bei der
Zersetzimg von reinem Berberin (s. d.) sich bildet, und zwar wird «r
hier in relativ grösserer Menge als aus einem anderen Berberinsab
erhalten. Die absolute Quantität des gelben Sublimats ist aber aock
hier nur gering. Bei steigender Temperatur wird dann plötzlich die
ganze Masse durch die Chromsäure oxydirt.
Salpetersaures Berberin: C4f{li8N09 «NOft.HO. Man fillk
das Chlorwasserstoff-Berberin mit salpetersaurem Silber, erwärmt dii
Flüssigkeit, in der Chlorsilber und das Berberinsalz suspeodirt sind,
und filtrirt. Beim Erkalten des mit einigen Tropfen Salpetenülni« ver
setzten Filtrats kry stall isirt das salpetersaure Berberin in rein hellgel-
ben Krystallen. Das lufttrockene Salz verliert bei lOO^^C. nicht sb
Gewicht, enthält aber nach der Analyse noch 1 Aeq. Wasser.
Schwefelsaures Berberin, saures: C4SH18NO9 . SOg • HO
-|> HO.SO3. Wird eine concentrirte, röthlich gelbe Lösung von salz-
saurem Berberin mit verdünnter Schwefelsäure versetzt, so wird m
hellgelb, und nach einiger Zeit scheidet sich das schwerer lö^Uehe
schwefelsaure Salz in feinen gelben Krystallen ab, die im Vacuos
getrocknet bei 100® G. kein Wasser mehr verlieren. F«.
Berberisbeeren. Die Frucht von Berberis vulgaris^ die Ber-
beritzen sind sehr »auer; die Säure ist, nach Scheele, fast reine
Aepfelsäure.
, Berberitzengelb nannte Brandes') den durch Aoftsiehea
*) Berichte d. Wien. Akad. Bd. VIT, S. 482; Annal. d. Che«, a. Pbam. Bd.
LXXXII, S. 814. ~ ■) Berichte d. Wien. Akad. Bd. IX, S. 25); Annal. d. Ükes.
o. Tharm. Bd. LXXXIU, S. 840. — 0 Brandea' Arch. BÜ. XI, S. S9.
Berengelabarz. — Bei^amottöl. 959
des weiogmtigen Eztraets der Berberiswnnel mit Wasser, Fällen 4er
Flüssigkeit mit Bleiesaig, Entfernen des Bleis aas dem Piltrat durch
Sehwefelwasserstoff und Verdampfen erhaltenen gelben Farbestoff, der,
seinem Verhalten nach, nichts Anderes als nnreines Berberin ist
Berengelaharz oder Berengelit^ ein fossiles Erdharz
von Berengela (s. lata Aufl. Bd. lEE, S. 821); die Elemenfaranalyse
desselben von Johns ton ^ giebt nach dem neueren Atomgewicht des
Kohlenstoffs (C = 6) die Formel C40II80O8.
Berengelit heisn ein in der Provinz St Juan de Berengela in
Pera, etwa 100 englische Meilen von Arica, vorkommendes Mineral,
welches sich in amorphen Massen von grossem Umfange findet und
eine Art von Erdpechsee bilden soll, wie der von Trinidad ist. Es ist
im Bruche muschelig, dunkelbraun mit einem Stich ins Grüne, wachs-
gl&nzend, giebt ein gelbes Pulver, hat einen harzigen, unangenehmen
Geruch und etwas bitterlichea Geschmak. Es schmilzt schon nntei
lOO^C. und bleibt dann beim Erkalten in der ge wohnlichen Temperatur
weich und schmierig. In kaltem Alkohol ist es leicht löslich, die Anf-
tösnng schmeckt bitter, in Aether leicht loslich. Nach Johnston soll
BS der Formel C40 H31 Og entsprechen^). Wegen seines massenhaften
Vorkommens wird es in Arica zum Kalfatern der Schiffe gebraucht
. K.
Beresi^t heisst ein feinkörniger, Pyrit enthaltender Granit bei
Beresowsk am Ural, in welchem die dortigen Goldg&nge aufsetzen.
Bergamottöl ^), ein flüchtiges Gel, welches ans den Früch-
ten einer im südlichen Europa cultivirten Varietät der Orange, Cärus
Bergcmäa^ Familie der Aurantiaceae, gewonnen wird. £^ ist in der
inssern Schale der Früchte in kleinen Bläschen abgesondert und wird
Inrch Auspressen derselben dargestellt. Das im Handel vorkommende
3el ist hellgßlb, zuweilen grünlich- oder bräunlichgelb, dünnflüssig,
iecht sehr angenehm und schmeckt aromatisch bitterlich. Specif. Ge-
= 0,869 bis 0,888. Etwas unter 0^ wird es fest Es reagirt öfters
laaer ^von Essigsäure, die sich durch Schütteln mit Wasser oder einem
(klkali entfernen läf^st, auch soll es mitunter Benzoesäure enthalten.
lÜt der Hälfte seines Gewichts höchst rectificirtem Weingeist giebt es
sine klare, mit grösseren Mengen eine opalisirende Lösung. Mit Jod
rerpnfft es. Von Salpetersäure wird es beim Erwärmen in ein weiches,
>raungelbes Harz verwandelt, von concentrirter Schwefelsäure verdickt
ind gelbbraun gefärbt Mit der Zeit setzt es ein Stearopten ab.
Das Bergamottöl ist ein Gemenge von mehreren Gelen, die sich
kber nicht vollständig trennen lassen. Durch fractionirte Destillation
nit Wasser erhielt Ghme zuerst ein Product, welches nur 2,5 bis 5
i^roc. Sauerstoff enthielt, die folgende Portion, 'welche bei 188^ C. sie-
[ete und ein specif. Gewicht = 0,856 zeigte, fand er entlialtend 81,4
kohlenstoff, 11,5 Wasserstoff und 7,1 Sauerstoff, entsprechend der For-
nel Cift H18 O, oder verdoppelt 3 Cio H9 -f- 2 H O. Diese letztere For-
nel würde sich als ein Hydrat des Citronöls darstellen. Dass eine
olche Beziehung zwischen Bergamott- nnd Citronöl stattfinde, ist
*) Jonm. f. prakt Chem. Bd. III, S. 110. — *) Lond. and Edinb. phil. Mag.
r. XIV, p. 87. — ') Ohme, Annal. d. Chem. o. Pharm. Bd. XXXI, S. 816. Soa-
»eiran a. Capitaine, Joium. de Pharm. 1840. Aoiit 509.
960 Bergamottölcamphor.
wegen der botanischen Verwandtschaft der dieselben lietendsD PI»
zen nicht unwahrscheinlich.
Sonbeiran undCapitaine fanden in einem mit WassenuMkitil-
lirten Bergamottdl 6,07 Proc. Sauerstoff. Wurde dasselbe Oel «iier
fractionirten Destillation unterworfen, so zeigte sich von AnÜEUig btt n
Ende eine Zunahme des Sauerstoffgehalts , die erste Portion eatMA
8,37, die letzte 16,14 Proc. Ausserdem fanden sie, dass die entea
Bruchtheile die Polarisationsebene nach rechts ablenkten, dsM aber
diese Wirkung immer schwächer wurde und bei der letzten Portioi
ganz aufhörte. Sie sind der Ansicht, dass wenn das Bergamottdl wok-
lieh nach Ohme ein Hydrat ist, die verschiedenen DestillatioDsprodaflle
verschiedene Wassermengen, die letzten ausserdem eine nicht iuiIm>
trächtliche Quantität überschüssigen, aus der Luft absorbirten SsBe^
Stoff enthalten.
Das dem Citronölhydrat entsprechende Ohme 'sehe BergaiDOttiil
wird durch Aetzkali nicht verändert; es liefert, in Dampfform olxr
Aetzkalk geleitet, viel Benzol und absorbirt unter starker Erhitfliif
und Bräimung viel Salzsänregas. Die durch Schütteln nnd Destülii«
mit Wasser von überschüssiger Säure befreite Chlorverbindung ist k^
los und riecht wie die flüssige salzsaure Verbindung des TerpeDtJnSk
Specif. Gewicht = 0,896. Siedpunkt = ISö» C. Sie ist neutral oai
verbrennt mit russender, grün gesäumter Flamme. Der CUorgebk
lässt sich durch Destillation Über Alkalien nicht völlig entfernen, äi
übergehende Oel riecht wie CajeputÖl. Löst man die Verbindimf b
Alkohol und erwärmt mit salpetersaurem SUber, so wird sie va»
Fällung von Chlorsilber- vollständig zersetzt In Dampilbrm übergl^
henden Aetzkalk geleitet, liefert sie unter Ausscheidung von Kolk
Naphtalin und BenzoL Die Zusammensetzung dieses Körpen ^
Ohme am nächsten entsprechend der Formel C^o H^ €9 0 oder
6C10H8 + H€l-f HO.
Soubeiran und Capitaine haben gleichfalls durch Eioleittf
von Salzsäuregas in Bergamottöl eine flüssige Verbindung erhabA
die sie aber nicht über Wasser rectificirten, wie Ohme, sondern 1*
mit Kohle entf^bten. Dieser Körper enthielt 68,0 KohlenstoiT, M
Wasserstoff und 27,8- Chlor , während der künstliche Citronölcamp^»
33,5 Chlor enthält. Die Differenz im Chlorgehalt erklären sie dadnrA
dass die Bergamottölverbindung leicht einen Theil ihrer Saure ttf*
liere. Letzteres werde auch bei Rectification derselben über Ws«v
stattfinden und die Abweichung von Ohme's Resultat bedingen.
Mit wasserfreier Phosphorsäure erhitzt fiLrbt sich das ßergi*
mottöl stark. Nimmt man es ab und destillirt, so ist das Desdll^
sauerstofffrei , dem Terpentinöl isomer, riecht auch nicht nach Bo"
gamottöl, sondern nach Terpentinöl und giebt mit Sabifaare v»
flüssige Verbindung. Diese Reaction scheint zu bestätigen« dass il>'
Bergamottöl ein Hydrat seL Uebrigens verbindet sich ein Theil 01^
nische Substanz mit der Phosphorsäure zu einer Doppelsäure, wek^
mit Kalk und Bleioxjd lösliche Salze giebt. W^
Bergamottölcamphor. Bergapten, Bergamottal-
stearopten i), ein krjstallinischer Körper, welcher in dem BodeD-
^) Ohme, Annal. d. Chem. a. Phtrm. Bd. XXXI, S. 816. — MoUer, Ntttfr •
Bergapten. — Bergbutter. 061
satze enthalten ist, der sich bei längerer Aufbewahrung des Bergamott-
Öls bildet. Aus der procentischen Zusammensetzung (im Mittel 67,1
Kohlenstoff und 3,8 Wasserstoff) berechnet sich als oiufachste Formel
Ca U^ O ; wahrscheinlich ist dieser Körper = C^o &4o ^20 odw
6(010^608)4^2 HO und bildet sich durch Oxydation des Bergamottöls
an der Luft.
Rein wird das Bergapten^aus dem erwähnten Bodensatze erhalten,
indem man denselben durch mehrmaliges Pressen zwischen Fliesspapier
und Maceration mit Aether möglichst von anhängendem Oel befreit,
darauf mit Alkohol auskocht und die siedendheiss filtrirte Flüssigkeit
erkalten lässt. Das Bergapten schiesst in feinen, farblosen, seidenglän-
zenden Krystal^n an. Der Alkohol lässt hierbei oft unreines, basisch
essigsaures Blei zurück, welches von der Löthung der zur Aufbewah-
rung des Bergamottöls dienenden Blechflaschen herrührt. Das Bergap-
ten ist geruch- und geschmacklos, schmilzt bei 206^,5 C. und erstarrt
beim Erkalten wieder zu einer krystallinischen Masse. Es lässt sich
unzersetzt sublimiren und verbrennt mit leuchtender Flamme, löst sich
in 2000 Thln. Wasser und in 200 Thln. kaltem Alkohol. Heisser Al-
kohol löst viel mehr davon auf, so dass sich beim Erkalten desselben
ein krjstallinisches Magma abscheidet. Die Lösungen sind neutral und
werden durch die meisten Reagentien nicht verändert Concentrirte
Schwefelsäure löst das Bergapten mit rother Farbe, die Lösung wird
durch Wasser weiss gefällt, von Alkohol nicht verändert. Concentrirte
Salpetersäure giebt eine gelbe Lösung,, welche durch Wasser gefällt
wird und keine Oxalsäure enthält Aetzammoniak löst das Bergapten
selbst in der Hitze nur theil weise , kohlensaures und ätzendes Kali ge-
ben Flüssigkeiten, aus welchen Säuren gelbliche Flocken ausscheiden.
Bergapten, s. Bergamottölcamphor.
Bergbalsam, Trivialname der Naphta. Obder von Blumen-
bach dem Asphalt zugezählte kostbare wohlriechende sogenannte Berg-
balsam oder die mineralische Mumie (Muminahi der Perser) aus den
Bergklüften in Khorassan am Fusse des Kaukasus zum Asphalt gehört,
dürfte noch zweifelhaft sein. K,
B ergblau, bleu de montaigne^^ mounimn-bhie^ wird eine erdige Farbe,
hauptsächlich die fein gemahlene Ku pferlasur genannt, welche in diesem
Zustande als Malerfarbe Anwendung findet und wegen ihrer schönen
Farbe geschätzt wird; man gebraucht hiezu namentlich auch den soge-
nannten armenischen Stein , Lapis armenicua (s. Bd. IL S. 201). Eine
üesem natürlichen Bergblau ähnliche Verbindung ist das Mineral-
»der Breroerblau (s. d. A). Die Farbe ist wasserhaltendes basisch-koh-
lensaures'Knpferoxyd (s. Kupferlasur).
Bergbutter werden Substanzen genannt, welche auf der ur-
iprünglichen Lagerstätte meistens schmierig sind, erst an der Luft erhär-
ten and mehr oder weniger unreinen Eisenalaun, Eisenvitriol, Keramohalit
and Zinkvitriol enthalten. Sie pflegen zum Theil traubig und nieren-
[5rmig, graulich, gelblich und grünlich weiss zu sein und zusammen-
Scfaeikand. Archief. 1837, S. 434 ff. — Kalbr anner, Baumg. Zeitschrift, Bd. III,
9. 367 ff.
Handwörterbuch der Chemie. 2te Aafl. Bd. II. 61
962 Bergeier. — Bergflachs.
siebend vitriolisch alatmigen Geschmack zu haben. In der Berg;lnriter
von Wezelstein bei Saalfeld in Thüringen fanden Rand W.Brandes ^
» 84,8 SO3, 7,0 AI2 O3 10,0 FeO, 0.8 MgO, 0,7 NaO, 1,7 Ammonbk,
48,5 MO, 1,0 Bergart Die von Klaproth^ nntersnchte Berghotter
▼om Irtisch am Altai, welche graiilich-weiss, nndentlich feinkörnig, toi
trockener Salzconsistenz ist, säuerlich ^typtisch schmeckt und theilsii
kleinen losen Klümpchen , theils als üeberzng von Thonschiefer t«^
kommt, ist ein Gemenge verschiedener Salze, sie enthält 31,0 S(V
2,5 AI2 Oa 6,2 Mg O, 4,5 Ca O, 6,0-Fe O, 0,2 Mn, 0„ 0,2 NaO. Sp«
Ammoniak, 49,3 HO. Zum Eisenvitriol scheint auch einBergbntterf»-
nanntes von Phillips*) analjsirtes strahliges Salz zu gehören, weld»
sich durch Verwitterung von Pjrit im Schieferthon elber Steinkohke*
grübe gebildet hatte. Die Untersuchung ergab: 30,9 SO3 20,7 FeO,
5,2 AlsOs, 43,2KO. Berzelias^) hält es för ein zn&lliges Gene&gi
Bergeier heissen trivial kugelförmige Quarze, welche «bc
keine Geschiebe sind.
Bergemannit, ein von Kenngott nach dem Chemiker C
Bergemann benanntes, bei Brevig in Norwegen in grösseren lüa»
des sogenannten Brcvicit vorkommendes dunkelgrünes Mineral, ^
ches theils krjstallinisch ist, theils vollkommen krystallisirt in kl»
nen, vierseitigen dem Natrolith ähnlichen Prismen und mit diesem ei^
sprechenden Spaltungsflächen. Dunkelgrün, in dünnen Splittern br*
durchsichtig, Härte = 5,0 specif. Gewicht = 2,353. Vor dem LoÄ-
röhre auf Kohle fast unschmelzbar, sich allmälig braunschwarz fari>esi
Mit Flüssen zeigt sich besonders Eisenreaction. Soda zeigt die &*
sebäure an. Beim Erhitzen entwickelt es Wasserdämpfe, ohneza deot*
pitiren. In Säuren leicht und mit Gallertbildung löslich, selbst ia^
dem Glühen. Bergemann 0 fand 46,5 Si Og, 18,9 AI9 O», 7,5 Fe}0)i
2,4 FeO, 14,0 NaO mit wenig KO, 0,5 MnO, 9,4 HO, Sporen wi
Phosphorsäure und Beryllerde. Die Berechnung giebt die Forinel ^
Natrolith, wesshalb es Eisennatrolith genannt wurde, das Yerhftltfli
aber vor defai Löthrohre, fast unschmelzbar zu sein, unterscheidet <
auffallend, was nicht durch den geringen Eisengehalt bedingt sein k»i»
Bergfett nannte Buchner ^ das bei der Destillation dssSr^
Öls zuletzt fibergehende paraffinartige Fett. Durch UmkiystalUsD^
ansAether, dann aus Alkohol gereinigt, ist es, nach v. KobellO)^
schuppig-krystaliinische, fettig anzufühlende Substanz, von 0,914 speeä
Gewicht, es schmilzt bei 50<> bis 53<^C.; es hat die gleiche ZiaamnfSr
Setzung (nach Buchner jun., in 100 Thln.: 85,2 Kohlenstoff und iM
Wasserstoff) und zeigt dasselbe chemische Verhalten wie Beiebei-
bach's Paraffin, ist daher nach v. Kobell's Annahme damit identiic^
Bergflachs, zartfaserige , biegsame und weiche Partien dtf
Asbest oder Amianth genannten Abänderungen, welche zum Theil des
>) Schweigger'B Jonrn. Bd. XXXIX, 417.— ") Klaprotb's BeitrtgeBATL
J3. 344 oder Mogaz. d. GcBcllsch. naturf. Freunde Bd. V, S. 4, 404. — ') ^^
of'Phil. N. S. 1823, S. 446. — ") Berzelius* Jabretber. IV, S. 146. ^ '} ^^t^
Annal. Bd.LXXXIV, S. 491. — «) Repertor. d. Pharm. Bd. IX, S.290.— 0 J"*
f. prakt. Chem. Bd. VIII, S. 805.
Bergfleisch. — Bergkork. 963
!7hrysolil angehören oder auch zu Mineralien des Amphibol- oder Augit-
jieschlechts zu rechnen sind, wenn sie wasserfrei befunden werden.
üt:
Bergfleisch, syn. Bergleder.
B^rggrün. Die unter diesem Namen vorkommende schön grüne
lalerfarbe ist erdiger gewöhnlicher gemahlener Malachit, ist also wasser-
laltendes basisch-kohlensaures Kupferoxjd (s. Malachit), und kommt in
hren Eigenschaften mehr oder weniger mit anderen grünen Kupfer-
»rben, wie Bremergrün, Braunschweigergrün u. s. w., überein.
Bergguhr, s. Bergmilch.
Bergholz, Holzasbest, holzförmiger Asbest, Xjlotil,
Cylolith, Mountain Wood^ heisst eine besonders ausgezeichnete, bei
fterzing in Tyrol vorkommende Mineralsubstanz, wegen ihrer täuschenden
Lehnlichkeit mit vermodertem Holze, welche versteckt-, gleich- oder ver-
rorren faserige derbe Massen, zum Theil mit plattenförmiger, gerad-
der krummschief eriger Absonderung bildet, wie Holzsplitter theilbar ist
nd an den Enden sich zerfasern lässt. Holzbraun, rost- bis gelblich-
raun, babellgelb, ins Grünliche, schimmernd bis wenig glänzend, von
ftidenartigem Glänze, zum Theil ins Wachsartige geneigt, undurchsich-
tg bis an den Kanten durchscheinend, Härte = 2,5, specif. Gewicht
= 2,051 nach Wiedemann, 2,40 bis 2,56 nach Kenngott, die grün-
jche Varietät ani schwersten; in dünnen Splittern etwas elastisch bieg-
un,- sanft anzufühlen, etwas rauschend, an der feuchten Lippe hängend.
^or dem Löthrohre sich schwärzend, an den Spitzen sehr dünner
Visern zur schwarzen Kugel schmelzbar, mit Borax zum klaren, durch
üseiPgeförbten Glase, durch Salzsäure ziemlich leicht zersetzbar. Das von
ierzing enthält nach den Analysen Thaulow's^) und C.v. Hauer 's')
orherrschend Kieselsäure, Eisenoxjd, Magnesia und Wasser, wozu
ooh geringe Mengen von Eisenoxydnl, Thonerde und Kalk kommen,
ach denen verschiedene Formeln in Vorschlag gebracht worden sind.
Is scheint annehmbar, dass der Holzabest ein Umwandlungsproduot
es Chrysotils sei, woher auch die anscheinende geringe Schwere rührt,
ie die Massen im Ganzen zeigen. Ausser bei Sterzing haben sich
hnliche Massen am Büchenberge bei Elbingerode am Harz gefunden
. a. a. O. Auch die mit dem Namen Bergkork bezeichnete, von A.
Irdmann^ analysirte Substanz von Stör Rymningen in Schweden, ge-
M hierher. K,
Bergjockei, wenig gebräuchliches Syn. für Schwefelkies.
Bergkalk, syn. Eohlenkalkrstein.
B e rgk e rk heissen vei^teckt oder verworren faserige Massen, wel*
tie auf dem Wasser schwimmen und daher mit Kork verglichen werden.
ie finden sich derb, Platten, Ueberzüge u. dergl. bildend, sind wenig
l&nzend bis matt, in Stücken undurehsichtig, weich, graulich, gelblich,
rünlich weiss bis bräunlich. Nach der chemischen Beschaffenheit kann
\aax erst in den besonderen Fällen entscheiden, ob sie zu Abändernn-
*) Pogg. Annal. Bd. XLI, S. 689. — ■) KcnngoU's Uebers. 1868, S. 66. —
AnnaU de min. T. III, S. 780.
61*
964 Bergkrystall. — Bergseife.
gen der Hornblenden, vielleicht auch Augite, oder ob aie zum ChxyBoä]
gehören, zu letzterem, wenn sie reichlich Wasser enthalten und Bchver
schmelzbar sind. Man findet den Bergkork öfter in den Alpen. K.
Bergkrystall heissen.die durchsichtigen bis halbdarchudh
tigen krystallinischen und krystallisirten Quarze (s. d. Art).
Bergleder, Berg fleisch, werden verworren faserige,
lockere, lappenartige Massen genannt, welche weich sind nnd ab
Ueberzüge oder aufgewachsen auf KluMächen u. s. w. sich finden. Sk
gleichen im Aeusseren dem Bergkork und gehören meist dem Chrysotil
an, zum Theil zu Abänderungen der Hornblenden, was ohne besonden
Untersuchung nicht bestimmt werden kann. K.
Bergmannity Spreustein, nannte Hauy zu Ehren d»
schwedischen Chemiker Torbern Bergmann einen fieischrothen N&-
trolith aus dem Zirkonsyenit der Gegend von Laurvig und Fredrib-
värn und von Brevig in Norwegen, welcher nachTh. Scheerer^)48,0
Si Oa 26,7 AI, Og 14,1 Na O, Spuren K O, 0,7 Ca O; 0,7 Fe, Oj und 9^
HO enthält. K.
Bergmehl, Mountain Meal, heisst ein feinerdiges, mattei,«-
durchsichtiges , schnee- oder gelblich weisses Mineral, welches osek
Ehrenberg Beste von Infusorien enthält und bei Castel del Piano»
weit Santa Fiora in Toskana ein Lager unter der Bodendecke bfldd
Nach Elaproths) enthält es 79 Si O«, 5 AI, O,, 3 Fe, 0,, 12 H 0, oad
pflegt den Opalen zugezählt zu werden, weil es die wesentlichsten Bestttd-
theile dieser enthält. Die Massen sind leicht zerreiblich, mager aber sirf
anzufühlen und hängen etwas an der Zunge. Das von Fabbroniasf«'
gebene specif. Gewicht =1,372 scheint etwas zu gering zu sein. '£
Bergmilch^ Bergguhr,Montmilch, Mehlkreide, ein erdigir
kohlensaurer Kalk, nach 6. Rose ein Gemenge von E[reide mit Am*
gonit (s. Bd. U. S. 203).
BergmooSy Name ffir Lecanora iartarea^ und wahrscheinliek
verwandte Flechten (s. Lecanorsäure und Orcin).
Bergnaphtai . .
T^ .1 / syn, fiir SteinoL
Bergöl I ^
Bergpapier heissen entweder dünne Lagen des Bergkork«
des Bergleders oder des sogenannten Djsodil.
Bergpech s. Asphalt
Bergsalz, syn. für Steinsalz (s. d. Art).
Bergseife, Bockseife, Sctoon de Ifoniaign€f MotßUaahSotp-
Eine im Bruch erdige oder unvollkommen mnschlige pech- bis bräanliek-
schwarze, rauchgraue, ins ochergelbe, röthlichbraune MineralsabstiA
matt, durch den Strich schwach fettglänzend, sehr weich, milde, H&rto^
1,0 bis 2,0, lässt sich mit dem Messer späneln, fiirbt nicht ab, sckreiU
*) Pogg. Annal. Bd. LXV S. 278. — «) KUproth's BeitriLge Bd. VI, S. S5I.
Bergtalg. — Bergwolle. 965
aber^ fählt sich fettig an, hängt stark an der Zunge, zergeht im Wasser,
zum Theil mit Knistern, und wird zähe. Man rechnet diese Substanz zu den
Thon genannten unreinen Varietäten des Kaolin, und die wesentlichen Be-
Btandtheüe sind AI2 O3, Si O« und H O, nebenbei wurden auch Fe^ O3,
Mn^ Os9 Ca O und Mg O, zuweilen orffanisohe Modersubstanzen, soge-
nannte humussaure Salze gefunden, ooch sind die Mengenverhältnisse
solcher Massen, die viele Beimengungen enthalten, abweichend, wie
die Analysen von Bucholz i) der Bergseife von Artem in Thüringen,
von Ficinus ^ der Bergseife von Amstedt^ von Berthier >) der
Bergseife von Flombiöres gezeigt haben. Sie findet sich an verschie-
denen Orten, ausser den genannten auch zu Olkucz in Polen, Bilin und
Sürbitz bei Aussig in Böhmen, auf der Insel Scy n. s. w., lagerartig
oder nesterweise und wird zum Waschen grober Zeuge benutzt.
Schwarze, durch Bitumen oder Kohle gefärbte fette Letten oder
Thone werden auch durch Verwechselung Bergseife genannt.- K.
Bergtalg helssen trivial unreine Massen des Zinkvitriola, die
auf der Lagerstätte schmierig zu sein und an der Luft zu erhärten
pflegen.
Bergtalg oder Braunkohlencaxnphor heissen wohl
verschiedene fossile Erdharze, namentlich der Scheererit (s. d. Art),
dann auch der BergunschHtt (s. d. Art.).
Bergtheer wird eine eigenthOmliche, bei gewöhnlicher Tem-
peratur zähe oder dickflässige, gelblich- bis schwärzlichbraune Mineral-
masse genannt, welche man als ein Umwandlungsproduct der Naphta
anzuBehen pflegt, da bekanntlich die Naphta durch den Einfluss der
Luft allmälig ähnliche Consistenz annimmt und es wahrscheinlich ist,
dass auch im Innern der Erde die Naphta dergleichen Veränderungen
erfährt Die wesentlichen Bestandtheile sind Kohlenstofi* und Wasser-
stoff in verschiedenen Verhältnissen; zu denen sich auch zum Theil
Sauerstoff und Stickstoff gesellt (s. unter Asphalt Bd. U, S. 889). A".
Bergunschlitt heisst trivial der unreine, mit anderen Salzen
zum Theil gemengte Zinkvitriol, der auf der ursprünglichen Lager-
stätte schmierig zu sein und an der Luft zu erhärten pflegt Das vom
Bammelsberge bei Goslar am Harz ist im erhärteten Zustande grob-
erdig, matt, undurchsichtig, kreideweiss, sehr weich, lässt sich späneln,
hängt schwach an der Lippe, ist mager anzufühlen, zum Theil in Was- •
ser löslich, ertheüt demselben einen herben Geschmack und besteht
grosstentheils aus Zink- und etwas Eisenvitriol ^). K,
Bergwachs, 83m. Ozokerit (s. Harze, fossile, Iste
Aufl. Bd. m, S. 827).
Bergwolle, lockere, faserige, wollenartige Massen, die zum
Chrysotil oder zu Varietäten der Hornblende gehören.
>) Gehlen's'N. J. Bd. HI, S. 697. — «) Schweigg. Journ. Bd. XXVI, S.
279. — •) Annal. de min. [8.] Bd. XI, S. 479. — *) HoUmann'» Hcrcyn. Archiv
Bd. m, 8. 587.
966 Bergziger. — Berlinerblau.
Bergziger, feuchte weiche käseartige Masaen de» «rdiga
Kalkes , die aasgetrocknet die sogenannte Bergmilch oder Meklknide
bilden.
Bergzinn heisst in ComwalUs das auf Gängen in Lsg«m
u. 8. w. sich findende Zinner2;., gegenüber dem aus den Seifenw^M
gewonnenen Seifenzinn (s. d. unter Zinn).
BergzinnobBr nennt man die reinsten Stücke des natdiiicki
Zinnobers, welche gemahlen nnd als Farbe benutzt werden (Ge^euMi
ist der künstliche Zinnober (s. Queck'silbersiilfarete Iste AoL
Bd. VI, S. 792).
Berlinerblau, Freussisches oder Pariser Blaa, ^inii
Berlin^ Blfiu de PrusH^ Bleu de Parie^ Pruenan Ihne. Die bekannte blaiai
Farbe ist mehr oder weniger reines Eisenferrocyanid .(£i8encJanfi^
Cyanid, blaosanres Eisenozyduloxyd, s. Ferrocyanmetalle, Bd. ID.
S. 75). Mit grösseren Mengen anderer Substanzen gemengt, kommt m
als Mineralblau, Erlanger-, Zwickauer-, Luisen- ete
Horte nsienhlau vor. Doch wird auch oft als Berlinerblau ebe
Thonerde haltende Farbe bezeichnet, während dann die reinste Faite
Pariserblan genannt wird. Uneigentlich werden ab Berlinsriiliii
überhaupt alle blauen Verbindungen von Ferrocyan oder Ferridcgf»
mit Eisen (Doppelverbindungen von Eisencyanür mit EÜncyaaid) ^
zeichnet
Das Berlinerblau ward (1704) von einem Fabrikanten Diesbiek
in Berlin (daher der Name) zufällig erhalten, indem er zur DarsteHinf
von Florentinerlack einen mit Alaun und Eisenvitriol versetzten Abmd
von Cochenille mit kohlensaurem Kalt versetzte, und sich dazu dnfl
Alkalis bediente, über welches Dippel das aus Blut dargestellte Breni6l
zur Darstellung des nach ihm benannten Oleum anmale rectificirt hatte.
Darnach wurde alsbald erkannt, dass zur Darstellung dieser Farbe Blitf
mit Potasche calcinlrt, und die daraus erhaltene Lauge mit EiseoritiHA
gefallt werden müsse. Wood ward in London gab (1724) zuerst eis«
genauere Vorschrift zur Darstellung dieses Niederschlags ; er veipoAi
gleiche Theile Weinstein und Salpeter, calcinirte den Bückstand flä
getrocknetem Rindsblut und fällte die erhaltene Lauge mit einem G«*
menge von Eisenvitriol und Alaun; der so erhaltene grünliche Niedtf*
schlag wird dann bei Zusatz von Salzsäure blau (Kopp 's Geschichte).
Das reine Berlinerblau ist nun der Hauptmasse nach wasserhalten-
des Eisenferrocyanid; es enthält ausserdem immer FerrocyanksHiuDi
welches sich ihm durch Waschen mit Wasser nicht wohl vpllstiuidi;
entziehen lässt; je nach seiner Darstellung enthält die Farbe dann oft
noch weiter Thonerde oder gemahlenen Thon, Kreide, Zinkoxyd, Gjp^
Stärkmehl u. s. w. beigemengt , welche Gemenge seltener ab Berline^
blau, meistens als Mineralblau u. s. w. bezeichnet werden.
Das reine Berlinerblau wird so dargestellt, dass man so eioff
Lösung von Ebenchlorid oder Eisenoxydsalz gelöstes FerroeyankaüoB
(gelbes BluÜaugensalz) setzt, so aber, dass das erstere Salz im U^>tf'
schnss bleibt; der Niederschlag wird nach dem Absetzen dnreh Ao^
waschen gereinigt und zuletzt getrocknet. Bei Anwendung von v^
petersaurem Eisenozyd, nach anderen Angaben von Eisenozydsals du
Berlinerblau. 967
noch etwas EiBenoxydukalz beigemengt enthält, soll eine besonders
»chöne Farbe erhalten werden.
Bei Darstellung der Farbe im Grossen wird statt krystallisirtes
Blutlaagensalz oft die Mutterlauge verwendet, welche beim ümkrystal-
lisiren des rohen Salzes erhalten wird, in welchem Falle der Niederschlag
mit verdünnter Säure von beigemengtem Eisenoxyd befreit werden muss.
ätatt Eisenozjdsalz wird fast ausschliesslich schwefelsaures Eis.enoxydul
genommen, welches durch Stehen an der Luft theilweise in Oxyd über-
B^egangen ist; der hierbei erhaltene bläulich weisse Niederschlag muss
laiin durch Anwendung von Salpetersäure, Chlor oder Königswasser
>xydirt werden. Wesentlich ist es, dass der Eisenvitriol frei von Kupfer
ist, weil sonst der Niederschlag durch beigemengtes braunes Ferrocyan-
Lupfer eine schmutzige Farbe bekommt; man digerirt deshalb die Eisen-
lalzlösung zuerst mit metallischem Eisen, um alles Kupfer zu fallen.
Dann muss das Eisensalz in hinreichender Quantität angewendet werden;
»uf 10 Thle. Blutlaugensalz 10 bis 11 Thle. Eisenvitriol.
Man hat nun sehr viele zum Theil nur wenig abweichende Me-
dioden zur Darstellung der Farbe; es genügt, einige solche näher an*
raführen.
Eine Lösung von 6 Thln. Blutlaugensalz in 15 Thln. Wasser und
ron 6 Thln. Eisenvitriol in 15 Thln. Wasser werden gemengt; zu dem
breiartigen bläulich weissen Niederschlag wird unter beständigem Um-
rühren ein Gemenge von 24 Thln. rauchender Salzsäure und 1 Thl.
ßoneentrirter Schwefelsäure gesetzt; nachdem das Ganze einige Zeit
rahig gestanden, giesst man von einer durch Absetzen geklärten
Chlorkalklösung (in 80 Thln. Wasser) so langer hinzu, bis sich etwas
reies Chlor bemerkbar macht; der Niederschlag wird ausgewaschen
and getrocknet (Hochs tetter). Statt Chlorkalk kann natürlich auch
mterchlorigsaures Natron oder auch Chlorgas verwendet werden. Oder
nan oxydirt durch Salpetersäure ; in diesem Falle erhitzt man den Nieder-
schlag ^ bis er eine reine Farbe zeigt. Bei Anwendung von Chlor-
19S oder Salpetersäure ist die zuzusetzende Salzsäuremenge zu ver-
ringern.
Nach Gentele wird eine Lösung von 109 Thln. Blutlaugensalz
Uli 80 Thln. gelöstem Eisenvitriol gefällt; die Flüssigkeit wird nach
unigen Tagen abgezogen, der breiartige Niederschlag nach Zusatz von
)1 Thln. Salpetersäure von 1,231 specif. Gewicht (27» B.) einige Mi-
nuten gekocht, dann 16 ,Thle. Schwefelsäurehydrat zugesetzt; manlässt
lie Farbe einige Tage mit der Säure in Berührung und wäscht dann
iiis. Es scheint, dass hier die Menge des Eisenvitriols im Verhältnias
Eom Blutlaugensalz zu gering ist.
Der durch Eisenvitriol erhaltene, anfänglich bläulich weisse Nieder-
icblag färbt sich auch an der Luft ohne Zusatz von Chlor oder Salpeter-
^nre dunkelblau (s. Berlinerblau, basisches), und wenn ihm dann
ias Eisenoxyd durch Salzsäure entzogen wird, so bleibt reines Berliner-
blau zurück; die so erhaltene Farbe soll aber nach einigen Angaben nicht
K) reich und intensiv sein» als wenn der Niederschlag vor Zutritt von
Luft geschützt, alsbald durch Einwirkung von Chlor oder Salpeter-
Bftore in eigenüiches Berlinerblau umgewandelt wurde.
Man hat auch vorgeschlagen, aus dem ammoniakalischen Wasser der
Steinkqhlengasfabriken, welches Cyanammonium enthält, durch Behau«
dein mit Eisenoxyduloxydsalz und Salzsäure Berlinerblau darzustellen)
968 Berlinerblau.
aus dem Destillat von 1000 Pfd. Steinkohlen soll 2 bis 3 Pfd. Berlins-
blau erhalten werden. Anwendung dieser Vorschläge ist niclii be-
kannt.
Das auf eine oder andere Weise gefällte Berlinerblau wird 4vcii
wiederholtes Aufgiessen von Wasser und Decantiren ausgewasehen, der
Niederschlag dann auf Seihetücher gebracht, abgepresst, in lingHcbe
viereckige Stücke geschnitten, und dann zuerst an der Luft, später in
einem geheizten Räume bei 75<> bis gegen SO^' C. getrocknet
Das reine Berlinerblau, an der Luft getrocknet, ist mehr od«
weniger dunkelblau, massig hart, zwischen den Fingern ziemlich leicbt
zerreiblich, und lässt sich im Wasser zu einem unfuhlbaren Pulver nt-
theilen. Die in höherer Temperatur getrocknete Farbe ist tief dunkel*
blau, fast schwarz, von muschUgem Bruch, beim Beiben mit dem Nsgd
zeigt sie den kupferrothen Lüster und Glanz wie Indi^ , sie ist bail
giebt beim Zerreiben ein dunkelblaues Pulver, das sich in Wasser nicb
mehr gut vertheilt. Das Berlinerblau enthält, bei 30® bis 40* C
an der Lufk getrocknet, etwa 25 bis 80 Proc. (etwa 20 Aeq.) Wmw;
selbst bei 130® C. getrocknet, enthält es noch 20 Proc. (12 Aeq.) ub^
bei 160^ C. getrocknet etwa 16 Proc. (9 Aeq.) Wasser, welches erstba
« stärkerer Hitze und unter Zerstörung der Verbindung entweicht
Das Berlinerblau ist unlöslich in Wasser, in Alkohol, Aether, da
fetten und ätherischen Oelen und in verdünnten Säuren ; nur in verdüiuits
Oxalsäure und' in neutralem weinsauren Ammoniak lost es sich vä
schön blauer Farbe. Das frisch bereitete, noch feuchte Berlioeriiks
löst sich leichter als gewöhnliches; dieses letztere wird loslicher, veü
es zuerst zerrieben einige Tage mit verdünnter Salzsäure oder SchWtl-
säure digerirt, dann abgewaschen und nun mit verdünnter Oxalsisre
(auf 1 Thl. Berlinerblau Vs bis Ve Thl. Oxalsäure und 40 bis 50 Tkit
Wasser) zusammengerieben wird ; die so dargestellte schön blaue U*
sung kann als blaue Dinte benutzt werden. Das Digeriren mit Sal^
säure entzieht natürlich dem Berlinerblau etwa beigemengtes Zinkoxji
Thonerde u. s. w., aber auch das reinste Berlinerblau wird durch diese
Behandlung leichter löslich.
Das Berlinerblau und damit gefärbte Stoffe werden im Sonoenlie^
unter Verlust von Cyan heller, etwas graulich, im Dunkeln wird^«
Farbe unter Aufnahme von Sauerstoff wieder dunkelblau (ChevresI)-
Beim Erhitzen über 250^ C. wird es zersetzt; an der Luft erhitzt, ttf-
glimmt es leicht; stark getrocknet, lässt es sieht mit einem gläkeodei
Körper entzünden und verglimmt unter Entwickelung von kohlensaure
Ammoniak zu Eisenox jd (s. Be r l i n e r b r a u n). Bei der trockenen De9t3-
lation giebt es Cjanammonium und hinterlässt einen schwarzen Back«
stand, der Eisen, Kohle und Stickstoff enthält.
Concentrirte Schwefelsäure verwandelt das Berlinerblau in utf
weisse kleisterartige Masse, welche mit Wasser behandelt wiedff
Berlinerblau giebt Concentrirte Salzsäure entzieht Eisen als Eins*
Chlorid und bildet Ferrocyanwasserstoffsäure. Concentrirte Salpeter-
säure oxydirt die Bestandtheile der Verbindung; Chlorgas macht die is
Wasser vertheilte Farbe grün.
Wird Berlinerblau in Wasser vertheilt mit Schwefelwasserstoff \^
handelt, so bildet sich durch Bednction unter SchwefelabscbeidoBg
weisses Eisenferrocyanör; die gleiche Reduction erfolgt beim Digerires
mit metallischem Eisen oder Zink.
Berlinerblau. 969
Wässerige Alkalien zersetzen das Berlin erblau leicht, besonders in
der Wärme; es bildet sich unter Al:scheidung von Eisenoxydhydrat
Ferrocyankalium; beim Kochen mit Wasser und Quecksilberoxyd
bildet sich Cyanquecksilber, während Eisenoxyd und Eisencyannr zu-
rückbleibt, welcher Rückstand beim Behandeln mit Salzsäure wieder
eine blaue Farbe zeigt. Ammoniakfliissigkeit färbt es, ohne es zu zer-
setzen, mehr veilchenblau, unter Bildung von aramoniakalischem Eisen-
ferrocyanid (s. d. Artikel Iste Aufl. Bd. III, S. 79).
Unreines Berlinerblau, Mineralblau. Das gewöhnliche
ßerlinerblau enthält häufig Thonerdehydrat oder gebrannten und ge-
mahlenen Thon, Zinkoxyd, Schwerspath, Kreide, Gyps, Stärkmehl und
andere ungefärbte Stoffe beigemengt, Stoffe, welche theils zur Vermeh-
rung der Masse zugesetzt sind, wesentlich aber um verschiedene lichtere
¥*srbennuancen hervorzubringen. Das Gemenge von Thonerdehydrat mit
Berlinerblau wird gewöhnlich durch gleichzeitige Fällung erhalten, in-
dem man das Blutlaugensalz statt mit reinem Eisenvitriol mit einem
Gemenge desselben mit Alaun fallt; die relative Menge des Alauns be-
dingt natürlich die Quantität der Thonerde im Niederschlage. Bei der
Darstellung von Berlinerblau aus roher Blutlauge nach der älteren
Methode hatte der Zusatz von Alaun aber auch den Zweck, durch Ab-
stumpfung des in der Lauge enthaltenen kohlensauren Kali die Fällung
von Eisenoxydoxydulhydrat zu verhindern ; beWAnwendnng von gewöhn-
lichem Blutlaugensalz bezweckt der Zusatz von Alaun nur einen Thon-
erde haltenden Niederschlag darzustellen. Das Thonerdehydrat kann
aber auch zuerst für sich dargestellt und dann erst dem fertigen Berliner-
bläu zugemengt werden. In dieser Weise verfahrt man immer bei Zu-
satz der unlöslichen Körper, wie Thon, Schwerspath, Zink weiss. Kreide,
Oyps, Stärkmehl u. a. Diese Körper werden entweder im gemahlenen
Zustande dem frischgefällten Berlinerblau zngemengt, oder sie wer-
den auf der Farbemühle möglichst gleichmässig damit gemischt. Die
Quantität dieser Zusätze richtet sich nach der herzustellenden Nuance
und nach Umständen; für manche Fälle ist es wünsch enswerth, ein
dichteres Blau zu haben, man setzt dann Schwerspath zu, für leichtere
Sorten wird Stärkmehl u. s. w. verwendet.
Diese Beimengungen des Berlinerblau lassen sich nun leicht ent-
decken; reines Berlinerblau hinterlässt beim Verbrennen nur Eisenoxyd,
gemengt mit einer Spur von Kalisalz; von unreinem Blau bleiben die
genannten Mineralkörper dem rückständigen Eiseno.xyd beigemengt
und lassen sich dann hier leicht nachweisen. Um Thonerde nachzu-
weisen, kann man das Blau auch mit Natronlauge behandeln, das Filtrat
mit Salzsäure sättigen und dann durch Ammoniak die Thonerde fallen;
Schwefelammonium wird aus der von dem Thonerdehydrat abfiltrirten
Flüssigkeit Schwefelzink fallen; Gyps und Schwerspath bleiben beim
Glühen der mit Zucker gemengten Farbe im Rückstand als Metall-
sulfnrete, bei Behandlung des letztern mit verdünnter Säure entwickelt
eich Schwefelwasserstoff, während dann Kalk oder Baryt in Lösung
gehen. Stärkmehl giebt beim Kochen mit Wasser eine mehr oder
weniger kleisterartige Masse, und das Filtrat reagirt auf Jod; das mit
Starkmehl gemengte Blau bläht sich bei der Zersetzung durch Erhitzen
zuerst auf, was das reine Blau nicht thut.
Diese Zusätze sind nicht als eigentliche Verfälschungen anzusehen,
indem sie den wesentlichen Zweck haben, hellere Farbennuancen zu
970 Berlinerblau.
liefern. Dagegen soll zuweilen Jodstärkmehl zugesetzt werden, wu
eher als eine T&uschung anzusehen ist; beim Kochen des Blau mit
Wasser in einem Kolben entweicht dann Jod, was durch die Reacdofl
aof mit Kleister bestrichenes Papier zu erkennnen ist Das Starkmehl
l&sst sich gleichzeitig im Bückstande finden.
•
Die GQte des Berlinerblau soll nicht immer mit dem Gebalte u
Eisenferrocyanid (2 Fe^.SCfj) im Verhältniss stehen; man bestbnat
daher ^e relative Güte mehrerer Farbenmuster am besten, indem mu
sie mit einem weissen Pulver, schwefelsauren Kalk oder g^efaUten
trockenen schwefelsauren Baryt u. s. w. im Ueberschuss mengt, um xa
sehen, welches Blau dadurch am meisten abnimmt. Die Menge too
Eisenferrocyanid in einer blauen Farbe l&sst sich bestimmen, indem
man dieselbe mit verdünnter Natronlauge erhitzt, das Filtrat mit Eiseo-
oxydsalz fallt, den Niederschlag mit Salzsäure auszieht, aaswäscht ood
bei 100<» C. trocknet
Das Berlinerblau wird als Oelfarbe, namentlich als WasserlkrtMi
vielfach verwendet; als Oelfarbe wird es unmittelbar vor dem Gebranck
mit Gel abgerieben, weil es beim längeren Stehen damit schmierig wird.
Das Berlinerblau wird als Wasserfarbe oft in der Zimmermalerei, wi«
sum Färben von Papiermasse, zum Bedrucken von Tapeten als Wasch-
blau u. s. w. angewendet; hierbei ist zu beachten, dass es nicht mit
freien Alkalien, mit Kalk oder mit alkalischen Substanzen, Seife n. dgL
in Berührung kommen darf, weil es sich sonst unter Abscheidung voa
Eisenoxydhydrat zersetzt Das in neuester Zeit so wohlfeile ültramarm
hat hier das Berlinerblau zum Theil verdrängt Da es nicht schädlick
fCuf den thierischen Organismus einwirkt, so wird das Berlinerblaa aock
zum Färben von Conditorwaaren, Spielsachen u. dgl. verwendet Mit G«Ib
wie Chromgelb u. a. versetzt, giebtes eine grüne Farbe. Das Berlinerblaa
findet weiter noch in der Kattundruckerei wie beim Färben von Lein,
Baumwolle, Seide und Wolle Anwendung. Nach der älteren Methods
wird ein Gemenge von Berlinerblau mit Salzsäure oder saurem Zinnchlo-
rid mit Gummi verdickt aufgedruckt. Hauss mann kam, wie P e r s o z
angiebt, gegen Ende des vorigen Jahrhunderts zuerst darauf, das Berliner-
blau in den Geweben selbst zu bilden, indem er diese erst mit einer
passenden Eisenbeize behandelt und darauf in eine lauwarme, mit
etwas Schwefelsäure angesäuerte Lösung von Blutlaugensalz bringt;
dieEntdeckung dieses V erfahrens wird meistens Ray m o n d zugeschrieben,
und diese Farbe daher als Bleu de Raymond bezeichnet Zur Herstel-
lung des sogenannten Dampf blau wird eine verdickte, mit Weinsäure
versetzte Lösung von gelbem Blutlaugensalz auf die Zeuge aufgedruckt^
worauf sie der Einwirkung von erhitztem Dampf ausgesetzt werden;
es bildet sich weinsaures Kali und anfangs Ferrocyanwasserstoff, dar
letztere zersetzt sich in der Hitze in entweichende Blausäure und zn-
rückbleibendes weisses Cyaneisen, welches dann durch Oxydation so
der Luft oder mit Chlorkalk, oder chromsaurem Kali und Schwef elsaore
sieh dunkelblau fUrbt Statt Weinsäure wird hierbei ein Gemenge von
Weinsäure und Oxalsäure mit Alaun angewendet, oder auch Schwefel-
säure, wobei Vorsicht erfordert wird, damit diese Säure bei der hohea
Temperatur nicht die Gewebe angreift Häufig wird das Ferrocyao-
kalium hierbei mit Ferrocyanzinn gemengt, welches durch Fällen von
Blutlaugensalz mit Zinnchlorür dargestellt wird. Statt des gelben Blot-
Berlinerblau, basisches. — Berlinergrün. 971
aagenaalzes wird beim Färben von Geweben oder Garnen auch viel-
ach das rothe Blatlaugensalz in ähnlicher Weise verwendet. ' JFV.
Berlinerblau, basisches, ist eine Verbindung von Eisen-
erroeyanid (Berlinerblau) mit Eisenoxydhydrat genannt, welche, abge-
ehen vom Wassergehalt, die Zusammensetzung 2 Fej . Cfya -{- Fe^ O»
lat. Diese Verbindung bildet sich durch Oxydation von Eisenferro-
yanür an der Luft; wird nämlich eine reine Eisenoxydulsalzlösung mit
relöstem Blutlaugensalz gefallt, sö enthält der bläulich weisse Nieder«
chlag Ferrocyankalium und Eisenferrocyanür (2 Fe.Cfy); beim Ans-
etzen an die Luft oxydirt sich das letztere:
3 (2 Fe.Cfy) -f 3 O = 2 CFej .3 Cfy + Fe, O,.
Durch Auswaschen des blauen Niederschlages mit Wasser lässt
ich nun das Ferrocyankalium entfernen; sobald dieses fortgenoramen
it, löst sich das basische Berlinerblau in Wasser zu einer dunkelblauen
lÜAsigkeit, welche nach dem Eintrocknen unverändertes basisches
ierlinerblau zurücklässt Dieses ist in reinem Wasser löslioh, aber
icht in Salz haltendem, und durch Zusatz von Salzen wie Blutlaogen-
ilz, zu seiner Lösung trübt sich diese, und beim Stehen scheidet es sich
Ks Niederschlag ab, der in reinem Wasser aber wieder löslich ist;
Feingeist fällt die wässerige Lösung nicht, und dadurch unterscheidet
I sich vom sogenannten löslichen Berlinerblau. S&nren entziehen der
uisehen Verbindung Eisenoxyd und verwandeln es dadurch in ge-
öhnliches Berlinerblau. Alkalien zersetzen es unter Abscheidnng von
lisenozydhydrat und Bildung von Blutlaugensalz. Fe.
Berlinerblau, lösliches. Wird gelöstes Eisenoxyd zu
lutlaugensalzlösung gesetzt, so dass letzteres im Ueberschuss bleibt,
» enthält der Niederschlag neben mehreren Verbindungen auch eine
oppelverbindung von Eisenferrocyanid mit Kaliumferrocyanid :
Fe.Cfys -^ E^Cfy, welche in reinem Wasser löslich ist, aber nicht
i Salz haltendem; durch Weingeist wird es aus der wässerigen Lö-
tDg abgeschieden (s. Ferrocyanmetall, Iste Aufl., Bd. III, S. 78).
8 wird durch Alkalien unter Abscheidung von Eisenoxydhydrat zersetzt
kd kann daher nicht als Waschblau verwendet werden, Überhaupt
cht, wo es mit freien Alkalien in Berührung kommt Fe.
Berlinerblau, natürliches, wird wohl unpaisender-
aise das erdige phosphorsaure Eisenoxyduloxydhydrat genannt (siehe
laueisenerde).
Berlinerblausäure s. Cyanwasserstoff.
Berlinerbraun, 3rtin de Pntese^ pruenam Irown. . Unter die- '
m Namen soll eine braune Farbe in den Handel kommen, welche
irch Glühen von Berlinerblau bei Luftzutritt erhalten wird, also aus
isenoxyd besteht ; man erhält sie im Kleinen, wenn man einen eisernen
MM rothglühend macht und dann einige Stücke Berlinerblan in den-
Iben bringt, es bildet sich schnell ein schuppiges Eisenoxyd.
Berlinergrün. Manches käufliche Berlinerblau bildet bei
iser Anwendung zur Darstellung von Ferrocyankalium eine grünliche,
Dhi krystallisirbare Mutterlauge, die nach dem Eintrocknen und Wia-
rauflöaen in Wasser ein grünes Pulver absetzt. Noch leichter bildet
972 Berlinerroth. — Bernstein.
sich diese grilne Verbindang bei Behandlang von BerlinerbUn mü
Barythydrat oder mit AmmoDiak, femer beim wiederholten Verdampfen
einer Auflösung von Ferrocyanammonium, wo man bisweilen donkel-
grüne octaedrische Krystalle erhält. Die Auflösung bildet mit Eisen-
oxydsalzen Berlinerblau. Das abgeschiedene grüne Pulver wird durch
Schwefelsäure oder Salzsäure wieder blau und verhält sich beim Er-
hitzen wie reines Berlinerblau, indem es einen Geruch nach brenzlichem
Oel und kohlensaures Ammoniak ausgiebU Die grüne kaliuinbaltigt
lösliche Verbindung gab bei der Analyse dieselbe Quantität von Etfi
und Eisenoxyd Y wie das gewöhnliche Blutlaugensalz, in welches»
auch durch starkes Erhitzen und Auflösen in Wasser wieder überge
führt werden kann (Berzelius).
Den Namen Berlinergrün hat auch das Kobaltferrocyanfir erhalten,
eine Verbindung, welche durch Fällen von Kobaltoxydolsalzen nit
Ferrocyankalium dargestellt wird; der blassgrüne Niederschlag iarbl
sich aber* bald röthlich grau, wird aber beim Erhitzen unter Verloit
seines Wassers dunkelgrün. Eine ausgedehntere Anwendung hat diese
Farbe nicht gefunden. (J. L) Fe.
Berlinerroth wird auch zuweilen das Eisenoxyd (Pariser-
roth) genannt. Auch die Florentiner Lacke werden zuweilen ab Ber-
linerroth bezeichnet.
Berlinerweiss als Syn..für Bleiweiss selten gebräacUid
Bern erde nannte Werner den erdigen Retinit, weil beim ye^
brennen ein aromatisch bituminöser, an Bernstein erinnernder GenK^
entwickelt wird, doch ist die Uebereinstimmung solcher sogenannter
Bernerde mit erdigem Retinit nicht ausgemacht, da die chemische 6^
schaffenheit der Retinit genannten Massen überhaupt nicht dieselbe!^
Bernstein, Agtstein, gelbe Ambra, Succinit, B5ro*
stein, gelbes Erdharz, Succinum, Ambra flava, ElectraB.
Suecin^ Am her. Dieses fossile Harz findet sich in rundlichen oder
stumpfeckigen Stücken meistens mit rauher Oberfläche in verschiedenes
Gegenden, besonders an den Küsten derOst«ee, in Preussen, FominenL
Mecklenburg, Holstein, Dänemark, Kurland, Liefland u. s. w., seltener
an der englischen Küste, an der seeländischen Küste, dann weiter in des
Braunkohlenlagem Schlesiens; man hat Bernstein weiter beiLobeanni»
Elsas« gefunden, zu Auteuil bei Paris, in Kieslagern in der N&he fflfi
London, in Grönland, Galizien, Nordamerika, Norwegen, Spanien,Siciü«D<
am Ural, in Kamschatka n. s. w. Die Hauptfundorte sind die prenssiscbe
Ostseeküste von Memel bis Danzig, besonders zwischen Pabniken rxa^
Dirschkeim, sowie die Braunkohlenlager Schlesiens; meistens ßüd^^
sich in kleinen bis nussgrossen Stücken, man hat aber zuweflen Stocb
bis zu 6 Pfund gefunden. Es wird angegeben, dass der Bernstein sieb
theils in aufgeschwemmtem Lande, theils in tertiären BrannkoUeB-
lagern finde. Nach Göppert findet er sich immer im DOuviom, oaci
ihm vielleicht überall an secundärer Lagerstätte , nicht mehr am Ort^
wo er sich bildete.
Der Bernstein wird theils beim Bergbau gewonnen, haaptsaeUicfc
aus dem Meere mit Netzen gefischt Beim bergmännischen Betrieb
findet man gewöhnlich unter einer Sandschicht ein Lehmlager, Ae
Bernstein. 973
^eide keinen Bernstein führen ; unter dem Lehm 8t583t man auf Schich-
en fossilen Holzes, in deren Nähe der Bernstein vorkommt, oft in Be-
rleitung von Schwefelkies and Alaunerzen, zuweilen auch mit Pflanzen-
Bücken zusammenhängend. Am Meeresstrand, wird er besonders nach
Len HerbststÖrmen gesammelt, er findet sich dann oft in den Seetangen
»ingewickelt.
Es ist nicht zu bezweifeln, dass der Bernstein ein fossiles Harz
Bt, Yon verweltlichen Coniferen abstammend, welches im ursprünglichen
Sustande vielleicht weich war, wofür oft die Form und die äusse-
ren Eindrücke sprechen; man nimmt häufig an, dass er von Pinites
rucemifer^ einem zu den Coniferen gehörenden Baume abstamme. Nach
Groppert^) stammt er von verschiedenen Pflanzen, nach ihm lieferten
irielleicht alle Abietineen und Cupressineen, die in dem Bernstein walde
Lebten , dieses Harz, was ursprünglich vietieieht dem jetzigen Fichten-
barz ähnlich, erst im Laufe der Zeit und mit den Holztheilen in Be-
rührung seine Eigenschaften wesentlich veränderte, und dadurch z«
Bernstein wurde. Göppert schliesst dies aus Versuchen, indem dicker
Terpentin bei Gegenwart von Zweigea des Lerchenbaums ein Jahr
lang in warmem Wasser bei ßO^ bis 80^0. digerirt an seiner Löslich-
keit in Alkohol verloren hatte, und darin dem Bernstein ähnlich gewor-
den war.
Bischof hält es für möglich,, dass der Bernstein vielleicht durch
Zersetzung der Ho^zsubstanz selbst sich gebildet habe. Lieb ig spricht
die Yermuthung aus, dass er vielleicht durch einen langen Yerwe-
sungsprocess aus Wachs oder einem anderen ähnlichen Körper 'ent-
standen sei, da die Bemsteinsäure auch bei Oxydation von Wachs und
Pett sich bildet.
Dass der Bernstein ursprünglich weich war, geht auch aus den
vielen der Form nach wohl erhaltenen Einschlüssen, die darin gefunden
wurden, hervor. Von Thieren hat man mehrere Gattungen von Spin-
nen (Ärchaea paradoxd) gefunden, von denen aber keine Species mehr
lebend angetrofi^n wird. Nur ein einziges den jetzt lebenden ähnli-
ches Insekt ist bis jetzt im Bernstein entdeckt worden, Lepisma sachor
rmuf», welches aus Amerika stammt Dagegen finden sich sehr zahl-
reiche Einschlüsse von Pflanzenresten, darunter namentlich von Kryp-
iogam^n: Schwämme, Algen, Lichenen, Laub- und Lebermoose und
Farne. Von Monocotyledonen finden sich Gräser, von Dicofyledonen
Cnpressineen, Abietineen, Cupuliferen, Ericineen u. a. Im. Ganzen
zählt Göppert als zur Bemsteinflora gehörig aus dem Pflanzenreiche
24 Familien- mit 64 Gattungen und 162 Arten auf. Viele dieser
Pflanzen, namentlich Zellenpflanzen sind solche, die auch unserer
jetzigen Erdperiode angehören und noch lebend angetroflen werden.
Neben diesen Einschlüssen fremder fester Körper hat man in
neuester Zeit noch kleine Hohlräume im Bernstein bemerkt, die theil-
weise mit einer Flüssigkeit angefüllt sind, wobei sich das Harz am
Bande der Bläschen wohl durch den Druck des eingeschlossenen Gases
verdichtet zeigt. Die Flüssigkeit mag nicht immer dieselbe sein; der
Inhalt eines solchen Bläschens war eine Flüssigkeit von Eiweissconsi-
stenz, welche auf einer Glasplatte zu einer durchsichtigen gelben,. in
der Wärme orangeroth werdenden Substanz eintrocknete; stärker erhitzt
*) Bericht der Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1853. S. 449.
974 Bernstein.
sich schwärzte und dann verschwand. Aus einigen anderen Blaseben
entwickelte die Flüssigkeit schon beim gelinden Erwärmen Gasblasehen
(Brewster ^). Die geringe Menge hindert hier nattlrlich sehr di« ge-
naue üntersuchnng.
Der Bernstein findet sich in stompfeckigen Stücken oder in Konieni
▼on sehr verschiedener Form and Grösse, er ist hart nnd spröde, tob
vollkommen muschligem Bruch, von Wachsglanz mehr oder weniger
glänzend, er ist halb durchsichtig, zuweilen kaum durchscheinend bb
undurchsichtig, milchweiss, meistens gelb, honiggelb bis gelbbraun od«
röthlichbraun ; der griechische Name i^kBXtQOV wurde ihm nach seinir
Farbe gegeben; zuweilen ist er buntgefleckt oder geflammt; er gieta
einen gelblichweissen Strich, hat ein specif. Gewicht von 1,0 bis 1,1.
Er wird beim Reiben mit Wollenzeug stark negativ elektrisch, eine &
genschafib, die schon den Griechen bekannt war, und die machte, daa
die Ursache der Erscheinung nach dem Namen des Bernsteins sp&ter
als Elektricität bezeichnet ward.
Der Bernstein löst sich nicht in Wasser, kochender Alkohol fW
sich gelb, indem er neben Bernsteinsäure etwas weiches gelbes Em
löst. J^nch flüchtige und fette Oele lösen ntjr wenig von BemsteUi unL
In kochendem Leinöl wird er weicher, biegsam, und wenn er vorher
wolkig und trübe war, oft durchscheinend und halbdurchsichtig.
Das Verhalten gegen Lösungsmittel zeigt, dass der Bernstein keö
einfacher Körper, sondern ein Geroenge verschiedener Substanzen ist
Nach Berzelius enthält der Bernstein flüchtiges Oel, Bemsteinsiore,
zwei in Alkohol und Aether lösliche Harze, und (etwa 85 bis 90 Proe.)
eines in den gewöhnlichen Lösungsmittel unlöslichen eigenthtimB-
chen Körpers, als B er nsteinbi turnen oder Succinin bezeichuA
Der rohe Bernstein, in reinen Stücken, giebt bei der Eleroentaraaaljsc
Resultate, nach welchen sich das Verhältniss der Elemente CioHfO
berechnet; dieselbe Zusammensetzung hat merkwürdigerweise du k
Aether lösliche Harz des Bernsteins, wenn alles flüchtige Oel entfent
ist, und auch das unlösliche Bemsteinbitumen für sich allein (Schrdt-
ter und Forchhammer'). Danach haben diese Stofie dieselbe pio-
centische Zusammensetzung wie der gewöhnliche Laurineen -Gamphof
und wie die Harzsäuren: Pininsäure, Sjlvinsänre und Copaivasiore.
Bei der Gleichheit in der Zusammensetzung ist es doppelt beacbtongt'
werth, dass bei verschiedenen Zersetzungen des Bernsteins sich Can-
pher bildet.. Die Bestandtheile des Bernsteins die löslichen Harze und
das Bitumen sind im getrennten reinen Znstande wenig bekannt
Das beim Behandeln des Bernsteins mit den gewöhnlichen Lo-
sungsmitteln zurückbleibende Bernsteinbitumen schmilzt beim Erhitsen
an der Luft unter Verbreitung eines Geruchs nach verbranntem Fett;
beim Erhitzen in einer Retorte destillirt zuerst ein nach Wachsöl, spättf
ein nach Bemsteinöl riechendes gelbes flüchtiges Oel Über, während der
Rückstand zu einer dunkelbraunen durchsichtigen Masse zusamoies-
schmilzt, welche spröde wie Colophonium und im hohen Grade elek-
trisch ist; ein kleiner Theil dieses Rückstandes löst sich in Alkobol,
eine grössere Menge in Aether, flüchtigen oder fetten Gelen. WesB
die Masse nicht vollständig geschmolzen war,- so lassen die fetten Od«
eine weiche elastische Masse ungelöst zurück. Das Bemsteinbitanen
*) PhUos. Mag. [4] T. V, p. 263. — «) Po gg. Annal. Bd. LXIX, S. W.
Bernstein. 975
giebt bei der trockenen Destillation keine Bernsteinsiiare ; das in Aether >
lösliche Harz giebt aber reichlich Säure, etwa eben so viel als es mit
dem Bitumen gemengt, also als eine entsprechende Menge Bernstein
gegeben haben würde.
Mit Kalihydrat geschmolzen, wird das Bemsteinbitamen zersetzt,
BS bildet sich ein flüchtiges brenzliches Oel, und eine feste in Wasser
tnit branner Farbe lösliche Masse. Wenn das Bemsteinbitamen frei von
löslichen Substanzen war, enthielt die geschmolzene Masse keine Bern*
9teinsäare, die wässerige alkalische Lösung giebt auf Zusatz von Säu-
ren einen schleimigen Niederschlag, der bei höherer Temperatur go»
ichmolzen ein dunkelgelbes, hartes, durchscheinendes Harz giebt, wel-
ches sich wenig in Alkohol, etwas mehr in Aether, aber vollständig in
Iflchtigen Oelen löst. Eine nähere Untersuchung des Bitumens und
lam entlich der löslichen Harze fehlt.
Der gepulverte Bernstein soll sich in concentrirter Schwefelsäure
n der Kälte mit brauner Farbe lösen ; auf Zusatz von Wasser entsteht
»in Niederschlag, der chemisch gebundene Schwefelsäure enthält (ün-
rerdorben).
Salzsäure soll aus dem Bernstein neben Bernsteinsäure eine der
Sonigsteinsäure ähnliche Säure ausziehen (Hünefeldt i).
Salpetersäure zersetzt den Bernstein. WSnn man Bernstein in
deinen Stücken in einer Retorte mit Salpetersäure erhitzt, so schmilzt
»r zuerst zu einem gelben, zähen, in der Kälte spröden Harz; bei län-
gerem Kochen löst sich dieses Harz vollkommen auf, und wird die
LiÖsnng dann noch einige Mal mit Salpetersäure eingekocht, so erhält
nan beim Eindanipfen K^stalle, von welchen aus der- Mutterlauge
larch wiederholtes Kochen mit Salpetersäure noch mehr gewonnen wer-
len kann; diese Krjstalle sind Bemsteinsäure. Man erhält auf diese
^eise aus 12 Loth Bernstein 1 Loth vollkommen reiner Säure, was
veit n)^hr ist, als nach irgend einer anderen Methode erhalten wird
I>öpping>). Doch i^t dieses Verfahren wegen des Verbrauchs an
»alpetersäure zur vortheilhaften Darstellung von Bemsteinsäure zu
;ostspielig.
Wird das Kochen des Bernsteins mit Salpetersäure in einer Be-
orte vorgenommen, so wird aus dem sauren DestUlat durch Nentrali-
iren mit Alkali, Schütteln der Flüssigkeit mit Aether, und Verdampfeü
.er ätherischen Lösung eine weisse Substanz erhalten, welche alle
•hjsikalischen Eigenschaften des Camphers hat.
Beim Erhitzen schmilzt der Bernstein bei 280<> bis 290<^C. voll-
t&ndig, aber unter Zersetzung; an der Luft erhitzt verbrennt er mit
igenthümlichem angenehmen Geruch. Bei der trockenen Destilla-
ion bilden sich flüchtige Prodbcte, Wasser, Bemsteinsäure, Bemsteinöl
nd ein wachsähnlicher Körper der Bernsteincampher, während je nach
er Temperatur der Rückstand ein mehr oder weniger geschmolzenes, in
sinen Eigenschaften vom Bernstein durchaus verschiedenes Harz, oder
ach bei zu starkem Erhitzen eine kohlige Masse enthält Es lassen
leb hier beim allmäligen Erhitzen des Harzes drei Perioden nnter-
sheiden. Zuerst bläht der Bernstein sich auf, es bildet sich Bemstein-
lure, Wasser und ein flüchtiges Oel, dessen Farbe und Dickflüssigkeit
^) Schweiggers Jahrb. f. Chemie u. Phys. Bd. IX. — *) Annal. d. Chem. u.
härm. Bd. LXTX, S. 850.
976 Bemsteinbitumen. — Bernsteincampher.
zunimmt in dem Masse wie die Hitze steigt, bis der Bernstein geachmolzeo
ist; der geschmolzene Bückstand ist das sogenannte B ernste in colo-
phonium. Dnrch weiteres Erhitzen des geschmolzenen Harzes kommt
dieses ins Sieden und zersetzt sich unter Bildung von Brandöl and Zu-
riicklassung einer aufgeschwollenen Masse. Wird diese endlich bis
zum Glühend werden des Gefasses erhitzt, so verdampft eine flüchtige,
gelbe wachsartige Substanz, der Bernsteincampher (s. d. Axt.), und
es bleibt Kohle zurück.
Die trockene Destillation des Bernsteins wird theiU in Apotheken
zpr Gewinnung der Bemsteinsäure, theils in Fabriken zur Gewinnung
des Bernsteincolophons (s. d.) als Hauptproduct vorgenommen. Ib
den Apotheken, wo die Gewinnung der Säure Hauptzweck is^ wird
die Destillation meistens in grossen gläsernen Retorten vorgenommen;
diese werden bis zu ^4 ™^^ Bernstein gefüllt und dann im Sandbatk
nach angelegter Vorlage (die aber nicht luftdicht, schliessen darf, warn
man nicht sonst eine Oeffnung angebracht hat, da sich fortwähreod
Gas entwickelt), bei allmälig verstärktem Feuer erhitzt, bis zam Schmel-
zen des Inhalts; man unterhält eine massige gleichförmig starke Hitze,
bis der Bernstein nicht mehr schäumt, sondern ruhig mit einer spiegeb-
den Fläche fliesst In der Vorlage findet sich Wasser, Essigsanre, Oel
und Bemsteinsäure; «von 1000 Thln. Bernstein werden auf diese Weise
im günstigsten Falle etwa 46 Thle. Bemsteinsäure erhalten. r>och giebi
der Bernstein nicht immer gleiche Mengen Säure. Man hat non be-
merkt, dass der Bernstein, zuerst mit Schwefelsäure gemen^, bei der
trockenen Destillation mehr Bernsteinsäure giebt als ohne diesen Zu-
satz. £s wird 1 Pfund Bernstein mit 1 bis 2 Lotlr Schwefelsäure, di«
mit ihrem gleichen oder doppelten Gewicht Wasser gemen^ ist, be-
sprengt, dann auf einem eisernen Blech gerostet, bis die Masse kaffee-
braun ist, und darauf in einer Retorte destillirt Man soll von lOOO
Theilen Bernstein 25 bis 50, zuweilen selbst GO Thle. Bemsteinsäure
erhalten; ausserdem werden etwa 200 bis 280 .Thle. Bemsteinol an^
550 bis 650 Thle. Bemsteincolophonium (s. d.) erhalten.
Wie die Schwefelsäure hier wirkt, wodurch sie die ProdactioD
vermehrt, ob sie die Bemsteinsäure aus einer Verbindung abacheidit,
oder ob sie oxydirend ähnlich wie Salpetersäure wirkt, oder überhaspl
durch Zersetzung eines anderen Körpers erst Bemsteinsäure bildet, Ist
nicht nachgewiesen.
Wird Bemsteinpulver mit Kalilauge gekocht und die Flüssigkeit
in einem Kolben nach dem Eintrocknen erhitzt, so erhält man ein weis-
ses, dem Campher ähnliches Sublimat.
Der Bernstein war schon im höchsten Alterthum bekannt and geschätzt :
die grösseren und besonders die klaren Stücken werden zu Luxusgegen-
ständen verarbeitet, indem sie abgedreht werden; kleinere Stacke und
Ablalle dienen zur Darstellung von Bernsteinsäure und Bemsteinoolo-
phon (Fimiss), theib auch zu Käucherpulvern. />.
Bernsteinbitumen. Der in Alkohol, Aether, den fetten und
jQQchtigen Oelen nicht lösliche Bestandtheil des Bernsteins (s. d. 8.974).
Bernsteincampher, Krystallisirtes Brandharz, flüch-
tiges Bernsteinharz. Wenn der Bernstein bei Zuletzt bis zur vollstäü-
digen Verkohlung steigender Hitze destillirt wird, so geht, wenn keine
Bernsteincolophonram. 977
Säure mehr kommt, ganz am Ende der Operation ein gelber wachs-
älmlicher Körper Über^ ein Zersetznngsprodact des Bemsteincolopho-
Qinms, der von Vogel zuerst bemerkt, spater von Walter und Pe'l-
letier 1) untersucht ist. Von dem abhängenden Oel durch Auspressen und
Abwaschen befreit, bildet dieser Bemsteincampher glimmer&hnliche,
wachsartige Blättchen, welche geruch- und geschmacklos sind, bei 85<>
bis 86<^ C. schmelzen , und gegen SOO^* C. sieden ; er löst sich in fluchti-
gen Oelen, Salpetersäure verwandelt ihn in eine harzartige Substanz,
and beim Erkalten der Säure scheidet sich eine körnige Substanz ab.
Dieser Körper, 'jedenfalls ein Gemenge verschiedenartiger Sub-
itanzen, ist mit abweichenden Resultaten von Robiquet und Colin,
7on Drapiez, am genauesten von Walter und Pelletier untersucht.
Durch lange fortgesetztes Auskochen mit Wasser wird eine ölige Sub-
stanz abgeschieden; Aether löst ein braunes weiches Harz auf, und
[ässt hierbei einen gelben glimmerartigen Körper zurück, von dem etwa
'/lo sich in absolutem Alkohol lösen. Walter und Pelletier haben
lurch wiederholte Behandlung des Bernsteincamphers mit Alkohol und
A^ether daraus zwei verschiedene Körper dargestellt. Eine gelbe, wenig
cry^tallinische Substanz, welche in 100 Thln. 93,1 Kohlenstoff und 5,8
Wasserstoff gab, ist selbst in kochendem Alkohol und Aether ganz un-
löslich, sie schmilzt bei 240<>C. und verflüchtigt sich bei höherer Tem^
peratuT unter theilweiser Zersetzung. Concentrirte Schwefelsäure löst
lie Masse in der Wärme mit blauer etwas grünlicher Farbe, heisse Sal-
)etersänre verwandelt sie in ein rothgelbes Harz. Nach Znsaramen-
letzung und Eigenschaften scheint diese Substanz mit Laurent's aus
Steinkohlentheer dargestelltem Chrysen (s. d.) identisch zu sein.
Der grössere Theil des Bemsteincamphers ist eine weisse krystal-
inlsche, &rb- und geruchlose Masse, in 100 Thln. 94,3 Kohlenstoff
md 5,6 Wasserstoff enthaltend; sie ist in Aether etwas löslicher als
lie vorige Substanz, löst sich in Alkohol in fetten und flüchtigen Oelen,
Kshmilzt bei 160» C, und destillirt in eine Retorte über bei 300« C,
inter Zurücklassang von wenig Kohle. Schwefelsänre löst diesen Kör-
>er mit blauer Farbe, zerstört ihn aber bald unter Verkohlung; heisse
Salpetersäure verwandelt ihn in eine gelbe harzartige Masse. Nach
Zusammensetzung und Eigenschailen halten Walter und Pelletier
liese weisse Substanz ftlr Idrialin (s. d.). Fe.
Bernsteincolophonium, Colophonium succini, istdas
Product der trockenen Destillation des Bernsteins bei nicht zu starker
j^rhitzung, welches als ein glänzendes gleichmässig geschmolzenes Harz
zurückbleibt. Zur Darstellung des Bernsteincolophons in etwas grösse-
em Massstabe nimmt man die Destillation auch in Retorten vor, um
lie Bemsteinsäure als werthvolles Nebenproduct zugleich zu gewinnen,
lur wendet man hier statt gläserner Retorten, Gefässe von Kupfer oder
eisen an, welche mit einem gläsernen oder metallenen Helm versehen
ind und mit passendem Kühlrohr in Verbindung stehen. Die mit
iernstein bis zu */4 genillten Apparate werden bis zum ruhigen Flies-
en des Bernsteins erhitzt. Man hat auch kupferne Cylinder mit durch-
öchertem Boden angewandt, unter welchem ein in eine weite Röhre
ausgehender Trichter angebracht ist; der mit dem Harz beschickte Cy-
*) Aimml. de cliim. et de phys. (3) T. IX, p. 89.
HandwOrterbflcb der Chemie. 2te AotL Dd. n. 62
978 Bemsteineupion. — Bemsteinöl.
linder wird in einen Windofen, dessen Bost und Boden eine Oei&iBiig
haben die Bohre durchzulassen, die in ein Gefass mit Wasser taacht,
gebracht, mit einem Helm versehen, eine unlutirte Vorlage angelegt
und dann erhitzt. Der Bernstein fliesst in dem Maasse als er schmilzt
aus der Bohre in das Wasser, während Oel und Bemateinsanre sobli-
miren.
Das durch Destillation des Bernsteins erhaltene Colopkonium m^
eint ist eine schwarze, glänzende, harzartige Masse, es dient zur Dar-
stellung des sogenannten Bernsteinfimisses oder Bemsteinlacks, &n&
Losung des Harzes in Terpentinöl mit Zusatz vom 1 Tbl. Leinölfinuss
auf 3 Thln. Colophon. Der bei der Destillation von Bernstein mii
Schwefelsäure bleibende Böckstand muss zuerst mit Soda haltendem
Wasser vollständig- ausgewaschen werden, wonach er so gut anwoid-
bar ist, wie ohne Säurezusatz dargestelltes Bernsteincolophon. Ge-
wöhnlich wird der Bemsteinfimiss in der Weise dargestellt, dass maa
nach dem Schmelzen . des Bernsteins das flüssige Colophon etwas ab-
kühlen lässt, und dann das zum Sieden erhitzte Leinöl zusetzt, und
zuletzt der flössigen Masse in kleinen Portionen Terpentinöl zugiesst
Das Colophon löst sich hier, wenn es vollkommen geschmolzen, aber
nicht zu stark erhitzt war, ohne allen Bückstand. Wenn der ßemsteii
in einem kupfernen Cylinder mit unten abgehendem Bohr geschmobeeii
wird, so kann man das abfliessende Colophon statt in Wasser, sogleich
in die nöthige Menge Leinöl fliessen lassen, und dann nach dem Ab-
kühlen das Terpentinöl zusetzen. Der Bernsteinflmiss dient zum
Lackiren von Leder, Holz, Blech u. s. w.; soll er als Anstrich dienen,
und nicht abgeschliflen werden, so löst man das Bernsteincolophoa
allein in Terpentinöl* ohne Zusatz von Leinöl. Ä.
Bemsteineupion nennt Eisner ein durch Einwirkung v(»
Schwefelsäure rectificirtes Bernsteinöl erhaltenes, ziemlich gemchloseä
und sehr leichtes Oel (s. Bernsteinöl).
Bernsteinfirniss s. Bernsteincolophonium.
Bernsteinöl, Oleum auccitu oeAereum. Froduct der trockenen
Destillation von Bernstein. Das rohe Oel wird durch Erhitzen des
Bernsteins bis zum Schmelzen erhalten, es destillirt hier mit den an-
deren flöchtigen Producten über und sammelt sich als ölige Schicht
auf dem wässerigen Destillat, hat eine dunkelbraune, ins Grünlicbe
ziehende Farbe, einen sehr penetranten unangenehmen, lange haftenden
Geruch, und ist leichter als Wasser. Nach der Bectification über Holz-
kohle ist es blassgelb, fast wasserhell, dönnflussig, riecht noch durch-
dringend, aber etwas weniger unangenehm als das rohe Oel^ es hat einen
scharfen, brenzlich ätherischen Geschmack; nach van He es hat es ein
specif. Gewicht von 0,91 bis 0,93 bei 20^0., nach Marsson von 0,8ä
bei 15^0. Das Oel reagirt sauer, an der Luft färbt es sich brannnnd
wird wieder dickflüssig. Vom Terpentinöl, das ihm etwa beigemidcbi
sein könnte, unterscheidet das rectiflcirte Bernsteinöl sich dadurch, dass
es weder mit Wasser noch mit Salzsäure eine krystallinische Verbin-
dung giebt. Das rohe Oel, aus Bernstein ohne Zusatz von Schwefel-
säure dargestellt, enthält flüchtige Fettsäuren, Buttersaure, Elssigsänre,
Propionsäure, vielleicht auch Valerian- und Capronsänre (Marsson).
Das Bernsteinöl ist keine einfache Substanz, sondern ein Gemenge
BemstemöL 979
verschiedener hauptsächlich sauerstofffreier Oele. Nach Pelletier und
/V' altera enthält es zwei verschiedene Brenzole; beide Oele bilden sich
»ei Zersetzung des Bernsteins bei höchstens bis zu dunkeler Rothglüh-
itze steigender Temperatur, sie sind sauerstofTfrei und enthalten (wie das
rerpentinöl) 5 Aeq. Kohlenstoff auf 4 Aeq. Wasserstoff. Das flüchtige.
>el, welches sich bei weniger hoher Temperatur bildet, fKngt bei 1 lO^^t).
.n zu sieden, der Siedepunkt steigt bei der Rectification aber, während
[er Rückstand sich immer mehr -verdickt, fortwährend, bis über
160® C, und auch bei wiederholter Rectification erhält man keinen con-
tanten Siedepunkt; concentrirte Schwefelsäure zersetzt das Oel unter
ebhafter ^ Wärmeentwickelung schon bei gewohnlicher Temperatur,
ndem &ic||f ein leichtes, schön blau gefärbtes, nach der Rectification
sirbloses Oel abscheidet, während die Säure sich harzartig verdickt,
(ei einer zweiten Behandlung mit Schwefelsäure verhält das Oel sich
hnlich wie das erste Mal, die Einwirkung ist aber schwächer; bei wie-
erholter Behandlung damit wird endlich ein farbloses dünnflüssiges
)el erhalten, welches durch Schwefelsäure nicht mehr blau gefärbt wird,
lit Salzsäuregas behandelt, färbt das Oel sich blau, und nimmt den Ge-
ach des Cajeputöls an, es bildet sich aber kein kiystallinischeslProduct;
ach dem Waschen mit Wasser ist es nicht mehr blau, sondern
:elblich. Mit Chlorgas behandelt, färbt das Oel sich zuerst blau, die
*arbe verschwindet aber schnell bei weiterer Einwirkung von Chlor,
nd es bildet sich ein gelbliches dickflüssiges Oel.
Das zweite weniger flüchtige BrenzÖl bildet sich bei anfangender dunk-
tr BothglÜhhitze, es fUngt bei 100® C. an zu sieden, der Siedepunkt steigt
ber bald über 300® C, wobei eine salbenartige Masse zurückbleibt. Auch
ei Öfterer wiederholter fractionirter Rectification wird kein Froduct
on constantem Siedepunkt erhalten. Es f^rbt sich durch Schwefelsäure
[>th, bei wiederholter Behandlung damit bildet sich ein ähnliches Fro-
net wie aus dem flüchtigeren Oel. Durch Salzsäuregas wird es bei
Lngerer Einwirkung gelblich und nimmt einen bitnmösen Geruch an.
lei Einwirkung von Chlor wii^d es, ohne zuerst blau zu werden, in ein
ickflüssiges Oel verwandelt, wie das flüchtigere Oel.
Marsson^ erhielt beim Rectificiren von mit Aetzkalk geschüt-
dtem rectificirten Bemsteinöl einen farblosen neutralen Kohlenwasser-
loff von 0,80 specif. Gewicht
Döpping') behandelt das rectificirte Bemsteinöl, um es zu reim-
en, nach einander mit Kalilauge (welches einen Körper vom Geruch
es Kreosots aufnimmt) und mit verdünnter Schwefelsäure ; dann mittelst
'alihydrat und Chlorcalcium oder gebranntem Kalk getrocknet, fangt
) beim Erhitzen bei 140® C. an zu sieden, der Siedpunkt steigt aber
thnell auf 170® bis 190® C, wobei der Rückstand sich dunkel färbt
ad dickflüssig wird. Wird das Destillat nochmals rectificirt, so treten die-
ilben Erscheinungen von Neuem ein, es bleibt wieder ein dicker, dunkel
»farbter Rückstand. Das DestDlat ist ein farbloses neutrales Oel, von
sr Zusammensetzung des Terpentinöls (5 C auf 4 H), von 0,99 specif. Ge-
ichtbeilO®C.; es löst sich in Aether, weniger leicht in Weingeist, an
Bf Luft hält es sich lange Zeit unverändert; Kalium verändert sich nicht
0 Annal. d. ckim. et de phys. [3.] T. IX, p. 99; Annal. d. Chem. u. Pharm.
L LXVin, S. 846. — *) Archiv d. Pharm. [2.] Bd. LXII, S. 1. — ■) Annal. d.
aem. a. Pharm. LIV, S. 239.
62*
980 Bemsteinöl.
darin, es lost Kantschuk, aber nicht Bernstein; Schwefel, in der Wanne
in dem Oel sich reichlich lösend, krystallisirt beim Erkalten, mit Salz-
säure giebt es keine Verbindung, durch Salpetersäure wird es in den so-
genannten kunstlichen Moschus verwandelt
Das Bernsteinöl wird durch Salpetersäure anter, selbst bis zur Eot-
zündung steigender Erhitzung zersetzt. . Wird 1 Tbl. rectificirtes Oe)
vorsichtig mit 3 Thln. massig rauchender Salpetersäure gemischt, so
verwandelt das Oel sich, wie Marggraf zuerst beobachtete, anter Er-
hitzung und Aufblähen in ein orangegelbes oder rothbraunes weiches und
zähes stickstoflfhaltendes Harz, welches einen eigenthümlichen moschos-
artigen Geruch hat, und daher den Namen des künstlichen Moschas
oder Bisams erhielt, mit Wasser ausgewaschen, schmeckt es brennexkd
und bitter aromatisch, es löst sich leicht in Alkohol, Aether and fluchii-
gen Oelen; eine Lösung in 8 Thln. Weingeist war früher oiRcineU als
künstliche Moschustinctur, Tinctura Mosehi artifidaiis. Die alkoholische
Lösung des Harzes wird durch essigsaures Bleioxyd gefallt, der gelblidh
braune Niederschlag hat die Zusammensetzung PbO.C] 5 Hg NO7 (Eb-
ner *)•
Beim Vermischen von gewöhnlichem rectificirten Oel mit 16
bis 20 Volumen Schwefelsänre wird es roth und zähe; beim rahigeB
Stehen bildet sich eine dickflüssige braune Masse, auf der ein schwadi
gelblich gefärbtes Oel schwimmt Dieses letztere zeigt nicht mehr den
penetranten Gerach des gewöhnlichen Bernsteinols , es riecht eigen-
thümlich, nicht gerade unangenehm. Mit Wasser geschüttelt, scheidet
sich von der milchigen Flüssigkeit ein klares Oel ab, welchem über
Chlorcalcium oder über Kali und Kalk getrocknet, anfangt bei 1 90^ C
zu sieden, der Siedepunkt steigt aber schnell, während der Etuekstasd
sich färbt Das vorsichtig destiUirte Oel hat ein speeif. Gewicht voa
0,645 es riecht nicht mehr unangenehm, daher Eisner es Bernsteia-
eupion nennt. Uebrigens sind die bei verschiedener Temperatar,
zwischen 200^ bis 220^ C, aufgefangenen Destillate unter einander ia
Geruch und Consistenz, Lichtbrechung, specifischem Gewicht nnd andern
physikalischen Eigenschaften sehr abweichend, die Zusammensetining
der verschiedenen Destillate ist aber immer wieder dieselbe wie die
des Terpentinöls.
Die Annahme von Eisner, dass das OL succini reetificatunL, wie b^
sonders das durch Einwirkung von Schwefelsäure daraus abgeschieden«
Oel, einige Procent Sauerstoff enthalte, scheint auf einem Verlust bei der
Elementaranalyse zu beruhen.
Die durch Einwirkung von Schwefelsäure auf Bemsteinöl «itstas-
dene schwarzbraune Masse, mit Wasser gewaschen und destillirt, giebt
.etwas Wasser und ein darauf schwimmendes Oel, welches (nach Dop-
ping's Angabe) Schwefel enthält, aber nicht näher untersucht ist
Der Bemsteinöl wird wohl innerlich als Oelzucker oder in Wein-
geist oder Aether gelöst gegeben;* es ist in der ungereinigten Bemstaiii*
säure und daher in dem damit dargestellten Liq. ammonä sueein. enthalten
und macht einen Bestandtheil der Äqtta LuctM {Eau de Lact)^ einem
milchigen Gemenge von 1 Thl. rectilicirten Bernsteinöl mit 24 Tbla.
Alkohol und 96 Thln. Salmiakgeist Fe.
') Journ. f. prakt. Chcm. XXVI, S. 97.
Bernsteinsäure. ,981
Bernsteinsäure. Bernsteinsalz, flüchtiges. Succinyl-
säure. Snccinsäure. Äcidum succinicum^ ScU succini. Eine starke
organische Säure; ihre empirische Zasammensetzung drückt am einfach-,
sten die Formel C4H8O4 aus; sie wurde frQher als ein einbasisches
Säurehydrat HO . C4 Hg O3 angesehen, jetzt betrachtet man sie allgemein
als eine zweibasischeSäure2HO.C8H4 06 (s.Bernsteinsaure Salze);
sie gehört dann in die homologe Reihe der. Säurehydrate CQHn-2 089
eineBeihe, deren unterstes Glied die Oxalsäiure C4H2O8 ist, in welcher
Reihe die Brenzweinsäure, Korksäure und Brenzölsäure, vielleicht auch
die Lipinsänre, Adipinsäure und Pimelinsäure gehören. Das flüchtige
Bernsteinsalz, welches bei der trockenen Destillation des Bernstein-
harzes entsteht, erwähnt schon Agricola(1550); es ward später schon
von Lern er y (1675) als eine Säure erkannt. (Kopp, Geschichte der
Chemie). Berzelius^) gab zuerst die Zusammensetzung der Säure,
deren Verhalten später von d'Arcet 2)näher untersucht wurde. Früher
«rar diese Säure mir durch Destillation des Bernsteinharzes dargestellt,
und zwar wird sie nur aus dem löslichen Theil des Harzes erhalten
^s. Bernstein); man nimmt gewöhnlich an, dass sie hier fertig gebildet
sei, also Educt und nicht Product sei; nach Gehlen und Funcke's^)
Versuchen soll schon beim Auskochen von feingepnlvertem Bernstein
mit Wasser oder Alkohol die Säure erhalten werden; nach D öpping wird
iedenfalls aber eine grössere Ausbeute an Säure bei Behandlung des Har-
ses mit Salpetersäure erhalten, ob hiebei als Educt oder zum Theil auch
Product, ist nicht wohl zu ermitteln. Man hat später dann gefunden, dass
[iemsteinsäure auch sonst sich bilden könne; so wurde in altem Römisch-
lümmelöl {Oleum cumini) eine leicht lösliche sublimirbare Säure von
HhevaJlier gefunden, er hielt sie fiir Bernsteinsäure; nach Unver-
lorben soll sie auch in dem Harz einiger Coniferen enthalten sein, und
^ecanu nndSerbat^) wollen sie 'durch Destillation von Terpentinharz,
Fuch durch trockene Destillation von Ambra erhalten haben. Reich will
ie in allen fossilen Hölzern, Coniferenzapfen u. dgl. des Samlandes nach-
gewiesen haben. Später ist die Säure dann auch in lebenden Pflanzen
gefunden, so neben Aepfel- und Citronsäure in den Latticharten LaC'
uca scUiva und Lactuca virosa (Koehncke''); die im Wermuth an Kali
gebundene Säure (Braconnot's Wermuthsäure) ist, nach Zwenger 0,
(emsteinsäure ; während Luck ^ sie davon verschieden fand. Heintz^)
lat sie im menschlichen Körper gefunden, in der Hyatidenflüssigkeit, und
n der Flüssigkeit der Echinococcenbälge ; Gorup-Besanez ^) hat -sie
Q der Thymusdrüse des Kalbes, in der Milzdrüse und Schilddrüse der
)Ghsen nachgewiesen, während sie in Leber, Nieren und Lunge nicht
efunden werden konnte. Boedecker fand in der durch Function aus
iner Lebercyste entleerten Flüssigkeit 1,08 bernsteinsaures Natron- und
[alksalz. Sehr merkwürdig ist jedenfalls das Vorkommen von Spuren *
(emsteinsäure nebst anderen organischen Säuren im Marienbader Mine-
almoor e (C. G. L e h ra a n n ^^),
») AnnBl. de chim. T. XCIV, p. 187. — ■) Annal. de chim. et de phyB. [2.]
. LVm, p. 282. — 8) Archiv d. Pharm, 'von Brandes. Bd. VII, S. 181. —
\ Annal. de chim. et de phys [2.] T. XXI, p. 828. — *) Archiv d. Pharm. Bd.
3XIX, S. 153. — «) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XLVIII, S. 122. — 0 Annal.
. Chem. u. Pharm. Bd. LXV, S. 112. — ■) Pogg. Annal. Bd. LXXX, S. 114. —
> Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XCVIII, S. 1. — >•) Journ. f. prakt. Chem.
d. LXV, S. 467.
982 Bernsteinsäure.
In neuerer Zeit hat man nun auch sehr vielfache Bildangaweiwn
det Bernsteinsäure beobachtet. Sie entsteht sehr häufig als Oxydatiimft-
product neben der homologen Eorksäure bei Einwirkung kochender
SalpeterBäure , so aus Stearin- und Margarinsaure (Bromeis^), an»
Wallrath*) (Radclifrj^ ^gewöhnlichem Wachs (Ronalds *) und japa-
nischem Wachs (St ahm er ^), aus Buttersäure ^) (Dessaignes), ans
Caprylalkohol (Bouis *), aus Fettsäure oder Brenzols&are (Carl et,
Arppe 0* ^^^ Toa Laurent durch Oxydation vonOelaanre, Stearia-
und Margarinsäure mit Salpetersäure erhaltene Lipinsäare (s, Isie
Aufl. Bd. IV, S. 926) hält Arppe auch für unreine Bernsteinaaure, wo-
für viele Eigenschaften sprechen. Bei der vollständigen Qxydation des
Santonius durch Salpetersäure bildet sich wahrscheinlich auch Bemstein-
s&ure (Heldt^). Es ist früher schon angegeben worden, dass wenn Ho-
nig mit gewöhnlichem Brod und Johannisbrod, Essig, Branntwein und
Wasser in die saure Gährung versetzt, die erhaltene Flüssigkeit mit Kalk
neutralisirt und das Kalksalz dann mit 1/34 Manganhyperoxyd, ^/^ Schwe-
felsäure und ^/a Wasser destillirt werde, am Ende der Operation Bern-
steinsäure sublimire (Beissenhiri ^). Neuere Bestätigungen dieser
Angabe liegen nicht vor, doch ist hier die Bildung der Bemsteinsäore
nicht unmöglich, entweder als Oxydationsproduct der Essigsäure, oder
wahrscheinlicher der aus der SiUqua dulcis erhaltenen Buttersäure. Auch
die schwarze kohlige Masse, welche bei der Destillation von Aeiher au
Alkohol und Schwefelsäure zurückbleibt, soll bei dem Erhitzen ein Sub-
limat von Bernstein säure geben (Vorwerk).
Endlich hat man in neuester Zeit vielfache Beobachtungen über die
Bildung der Bernsteinsäure bei der Gährung der verschiedenartigsten
organischen Stoffe gemacht Firia^^) fand zuerst, dass unreineB Aspa-
ragin in Lösung schnell gähre, und dabei unter Anfnahme von \Vassa
in bernsteinsaures Ammoniak übergehe. Dessaignes 1^) hat durcfc
eine Reihe ausgezeichneter Versuche dargethan, dass viele andere Sub-
stanzen bei der Gährung unter gewissen Umständen ia BemateinsaiiR
Übergehen, Fumarsäure, Maleinsäure, Aconitsäure (sowohl die aus Equise
tunf abgeschiedene,! wie die aus Citronensäure dargestellte), Aepfelsänre,
Asparaginsäure für sich oder an eine Base gebunden, geben nach Zusati
von kohlensaurem Kalk, durch faulen Käse bei 2b^ bis 40^0. in Gährung
versetzt, bernsteinsaures Salz; selbst Erbsenmehl, die fettfreie Emal>
sion von süssen Mandeln, dann Nüsse und Buchweizen, Haselnüsse und
Eicheln (letztere nach Abscheidnng des Gerbstoffes durch Kalk) geben
Bernsteinsäure; die Samen müssen zu dem Ende mit Wasser zu einen
feinen Teig gestampflt, und die abgegossene Flüssigkeit mit kohlensan-
rem Kalk und Käse gähren. Aus Hafer, Mnis, Kürbissamen, Hant
Senfsamen wurde diese Säure nicht erhalten. Pasteur ^^) giebt an,
dass bei der alkoholischen Gährung stets ein Theil des Zuckers in
*) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. XXXV, S. 90. — •) a. a. O. B<i. XLUl
S. 849. — •) a. a. O. Bd. XLIII, 3. 856. — <) a. a. O. Bd. XLIU. 8. 316. —
*) Compt. rend. de l'acad. T. XXX, p. 350. — •) Compt. rend. de lacad. T. XXXIIL
p. 141; Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXX, S. 303. — ') Compt. r^nd, de
l'acad. T.XXXVn, p. 128; Annal. d.'Chem. u. Pliarm. Bd. XCV, S. 242. — ") AnoaL
d. Chem. u. Pharm. Bd. LXHI, 8.41.— ») B.erlin. Jahrb. 1818, S. 158. — »•) Compt,
rend. de l'acad. T. XIX, p. 576. — ") Compt. rend. de l'acad. T. XXXI, p. 4W;
Annal. de chim. et de phys. [3.] — T.XV, p. 253; Jouni. de pharm. [3.] T. XX^.
p. 27; T. XXXII, p. 60. — >«) Compt. rend. de Tacad. T. XLVI, p. 179; AnnaL d.
Chem. u. Pharm. Bd. CV, 8. 264.
Bemsteinsäure. 983
Bernsteinsäure übergeht, deren Gewicht mindestens V2 Proc. vom Ge-
richt des yergohrnen Zuckers betragen soll. Diese Säure findet sich
laher, nach ihm, auch im^Weixi, und lässt sich aus der eingedampften
Flüssigkeit mit Aether ausziehen; oder man nentralisirt, fällt mit Süber-
\b1z und zersetzt dieses durch Schwefelwasserstoff oder Salzs&ure;
>eim Eindampfen krjstallisirt die Bemsteinsäure. Ist sie mit Milchsäure
remengt, so wird die Flüssigkeit mit Kalk gesättigt, und das trockene
jremenge mit schwachem Alkohol behandelt, der .das bemsteinsäure
>alz ungelöst zurücklässt.
Die Bemsteinsäure kann man also durch Destillation des Bernsteins,
lurch Gährung verschiedener PflanzenBäuren,namentlich von Aepfelsäure,
ind endlich durch Oxydation von Fettsäuren, Wachs n. s. w. mit Sal-
petersäure erhalten. Wir wenden nur die beiden ersteren Methoden an;
lie letztere, bei der man das Fett mit der 40- bis 50 fachenMenge star-
:er Salpetersäure in einer Betorte Tagelang, bis zur vollständigen Oxy-
lation, . kochen mnss , unter häufigem Znrückgiessen des Destillats und
inter Ersatz der zersetzten und verdampften Salpetersäure, ist wegen
les grossen Aufwandes an Zeit und an Salpetersäure kostspielig, sie
iefert Überdies ein mit anderen Säuren, Korksäure, Pimelinsäure u. s. w.,
'emnreini^es Producta
Zur Darstellung der krystallisirten Bemsteinsäure aus Bernstein wird
las bei der trockenen Destillation des Harzes erhaltene Sublimat (s. B e r n-
tein S. 975) durch Erwärmen in dem wässerigen Destillat gelöst,
larch ein mit Wasser befeuchtetes Filter filtrirt, um das brenzliche Oel
nrückzuhalten, worauf das Filtrat durch Abdampfen zum Krystallisiren
gebracht wird. Die so erhaltene Bemsteinsäure ist noch stark mit
»renzlichen Oelen imprägnirt, daher gelb gefärbt und stark und unan-
genehm riechend; sie wird zum Theil so als Äcidum auccinicum crudum
»der pyrooUotum zum pharmaceutischen Gebrauch verwendet, meistens
her noch durch ein zweites Krystallisiren aus Wasser etwas weiter
lereinigt. Auch das so erhaltene Product enthält noch viel Bem-
teinöl beigemengt, wie Farbe und Geruch zeigen; diese Beimengung
rird fUr den pharmaceutischen Gebrauch gefordert.
um die Säure für chemische Zwecke vollständig von dem brenz-
tchen Oel zu befreien, genügt selbst wiederholtes ümkrystallisiren
loht; wird die Säure aus einer zu % damit angefüllten Retorte destil-
irt, so geht zuerst Wasser und ein bräunlich gefärbtes Oel über, später
iestiUirt noch schwach gelblich gefärbte Säure, die durch TJmkrj-
tdllisiren dann weiter gereinigt wird. Die letzten Spuren Oel lassen
ich nur dadurch fortbringen, dass man die Lösung der Bernsteinsäure
lit Kohle oder mit Chlorgas behandelt Am sichersten und einfach-
ton, um chemisch reine durchaus ölfireie Säure zu erhalten, ist das
behandeln c)erselben mit Salpetersäure; man Übergiesst die unreine
ISnre in einer mit Vorlage versehenen Retorte mit dem vierfachen
l^ewicht gewöhnlicher Salpetersäure (von 1,82 spedf. Gewicht), erhitzt
nd liUtst etwa eine halbe Stunde sieden, worauf man die warme Flüs-
igkeit in eine Schale giesst und hier unter Umrühren rasch krystalli-
iren lässt. Die Krjstalle werden auf einem Trichter gesammelt, mit
V'asser abgewaschen und dann aus Wasser umkrystaUisirt; die Säure
rt jetzt farblos und geruchlos und frei von Salpetersäure.
Eine sehr zweckmässige Methode zur Darstellung von chemisch rei-
erBemsteintöiire gründet sich auf die Beobachtung von Dessaignes,
984 BernsteiDsäurc.
dasB äpfclsaurer Kalk mit Wasser Übergossen in Gäbrung übergehe, vai
sich dabei in bernsteinsaures Salz umwandle. Lieb ig 0 fand, das» die«
Gäbrung, durch Bierhefe , Jaulenden Käse ^der Fibrin eingeleitet, in
kürzerer Zeit erfolgt als ohne Zusatz dieser Fermente, er giebt daher
folgende Vorschriften zur Darstellung von Bernstein^ure.
l)Man übergiesst 1 Kilogramm äpfelsanren Kalk mit 6 Liter Wur
ser, setzt V4 ^^^^ Bierhefe hinzu, und lässt das Gemenge an einem
massig warmen Orte einige Tage stehen. Es beginnt alsbald eine Icb^
hafte Entwickelung von Kohlensäuregas, und nach Verlaof von toi
Tagen fängt der aufgesclüämmte äpfelsaure Kalk an eine kömig kij-
stallinische Beschaffenheit anzunehmen; diese Körner, eine Doppelver-
bindung von bernsteiusaurem und kohlensaurem Kalk, werden im Ytt-
lauf der Gährung immer grösser und schwerer, und wenn die Gadeot-
wickelung aufgehört hat, zeigt die Masse beim Umrühren nicht mekr
die schlammige Beschaffenheit wie im Anfange.
2) Roher äpfelsaurer Kalk, wie man ihn aus den Vogelbeeren n«^
zwei- bis dreimaligem Auswaschen mit Wasser erhält (s. Aepfelsäare,
Bd-I, S- 176), wird in einem irdenen oder stein zeugenen Topfe mit ds
dreifachen Menge Wasser von 40<) C. eingeteigt, und diese Mischung mit
^12 vom Gewicht des Kalksalzes an faulem Käse versetzt , der zoTor
mit Wasser zu einer Emulsion angerieben ist An einem 30^bis40*C.
warmen Orte stellt sich sehr bald eine Gasentwickelung ein; bei An-
wendung von 15 Pfund äpfelsaurem Kalk ist diese nach 5 bis 6 Tages
vollendet.
Sehr wesentlich ist, dass die Gährung nicht zu stürmisch wird, et
darf deshalb der Wärmegrad bei der Gährung nicht zu boch Steiges,
und die zugesetzte Menge der Hefe oder von Käse nicht sa gross seia
Bei einer richtig verlaufenen Gährung entwickelt sich nur Kohlensaure;
sobald Wasserstoffgas auftritt, findet ein anderer Gährungaprocess sUtt,
bei dem keine Bernsteinsäure gebildet, oder die gebildete zerlegt wiri
KohP) hat nach der letzten Vorschrift wiederholt Bemsteinsiure
dargestellt; er glaubt aus seinen Beobachtungen schliessen zu dürfen, da«
das Gelingen des Gährungsprocesses wesentlich von der Reinheit d«
äpfrfsauren Kalks und von der Beschaffenheit des Caseina abhänge.
Der äpfelsaure Kalk muss erst durch Auswaschen vollständig von allen
Zucker befreit sein , weil sich bei der Gährung sonst Milchsäure oii^
etwas Bttttersäure bildet. Das Ferment bereitet er so, dasa er den Esse
fest in einem Topf eindrückt, und mit Tüchern und Papier bedeckt bei
einer Temperatur von 15^ bis 18<) C. unter häufigem Umkneten aufbe-
wahrt, bis er sich in eine bräunliche, ganz homogene stark x»
chende Masse umgewandelt hat; er land, dass 1^/f bis 2 Jahre alter
Käse, besonders günstig wirkte. Er nimmt auf 1 Pfd* äpfelsaorea
Kalk 2 Loth Käse, nnd lässt die Masse an einem Ort, dessen Tempe-
ratur zwischen 15^ und 30^ C. wechselt, gähren; die Kohlensaurebil-
düng tritt bald ein, zugleich zeigt sich während der Bemsteinsaorebil-
düng ein ausnehmend widerlicher Geruch nach faulem Käse; dieser
Geruch ist, nach Kohl, ein Beweis, dass sich Bemsteinsäare bildet, so-
bald er nicht eintritt, oder wenn er bald verschwindet, soll darin einfit-
weis liegen, dass andere Producte, Buttersäure, Valeriansäure o. s. w. eot-
') Annml. d. Chem u. Pharm. Bd. LXX, S. lOi u. 868. -* *) Archiv d. Fbw«.
Bd. CZXXIV, S. 257, Bd. CXIJIT, S. 12 ; Chem. CentralbL 1856, S. 64.
BeruäteiD&äure. 986
stehen. Nach^S bis 14 Tageu Ut die Gährung beendigt. Ko|;il erhielt
nach wiederholten Versuchen aus 4 Pfund äpf'elsaoren Kalk durch Gäh-
rung bei genauem Arbeiten S^ie Pfund bernsteinsauren Kalk. .
Das auf eine oder die andere Weise gewonnene Doppelsalz von
bemsteinsaurem und kohlensaurem Kalk wird, nach Aufhören aller Gäh-
rungserscheinungen, auf einem Seihtuch gesammelt, mehrmals mit kal-
tem Wasser abgewaschen und dann so lange mit verdünnter Schwefel-
säure versetzt als noch Aufbrausen erfolgt, bis also diejenige Hälfte
des i^alks, welche an Kohlensäure gebunden war, mit Schwefelsäure
gesättigt ist. Hierauf setzt man eine der schon verbrauchten gleiche
Menge Schwefelsäure zu, und erhitzt die Masse zum Sieden, bis das
Salz seine körnige Beschaffenheit vollständig verloren hat und breiig ge-
-worden ist. Nach dem Absetzen wird die über dem Gjps stehende saure
Piussigkeit abgegossen, der Bückstand auf einem leinenen Spitzbeutel
ausgewaschen, und endlich die gemengten Flüssigkeiten, welche sauren
bernsteinsauren Kalk und freie Bernsteinsäure gelöst enthalten, einge-
dampft Zeigt sich hierbei auf der Oberfläche der Lösung eine
Krystallhaut , so setzt man concentrirte Schwefelsäure in kleinen
Portionen hinzu, so lange noch ein Niederschlag von Gyps ent-
steht. Da die Flüssigkeit gewöhnlich nochmals zu einem Brei gesteht,
so muss sie vor dem Filtriren wieder mit Wasser verdünnt werden.
X>urch Eindampfen der filtrirten, jetzt nur noch wenig Gyps enthalten-
den Bernsteinsäurelösung und Abkühlen erhält man eine Krystallisation
von bräunlich gefärbter Säure; diese wird zum zweiten Mal in wenig
siedendem Wasser gelöst, die erhaltenen Krystalle dann auf einem
Xrichter mit wenig reinem Wasser ausgewaschen, darauf in Wasser ge*
löst, mit etwas Blutkohle versetzt und. zum Sieden erhitzt. — Aus der
^wasserhellen Lösung schiesst nun die Säure in blendend weissen Kry-
stallen an, welche durch Auflösen in Weingeist oder durch Sublima-
tion von einer Spur beigemengtem Gyps leicht zu reinigen sind*
8 Pfund trockener äpfelsaurer Kalk liefern hierbei 1 Pfund reine
Hernsteinsäure (Lieb ig); Kohl berechnet ähnliche Resultate, nämlich
ans 7 Pfd. äpfelsaurem Kalk (oder 6 Pfd. rohen bernateinsauren Kalk)
2^^A» P^<1« fohe Bernsteinsäure, welche mit Schwefelsäurehydrat be-
feuchtet, und dann sublimirt l^Vifi ^^^* reine Säure gab; während aus
dem Waschwasser des bernsteinsauren Kalks noch mehr als 2 Loth
reiner Säure erhalten wurde ; 3 Pfd. äpfelsaurer Kalk gab also etwa
2d Loth reine sublimirte Bernsteinsäure i)
Bei der Gährung zerlegt sich die Aepfelsäure in Bemsteinsänre)
Koklensäure, Essigsäure und Wasser:
S.CgÄßOio == 2^C8H5^ + 4G02-f C4H4O4 + 2HO.
Aepfelsäure Bernsteinsäure
Sobald bei zu stürmischer Gährung neben Kohlensäure Wasserstoff-
g^as sieh bildet, so wird weniger Bernsteinsäure erhalten ; es verschwin-
det dann auch die Essigsäure 9 und an deren Stelle findet sich Butter-
saare neben einem Fermentol von starkem, den Borsdorffer Aepfeln ahn-
^) Kohl berechnet nach einer Discussion des Gegenstandes mit Dr. Mar-
qnardt, dass 1 Pfd. Bernsteinstture aus Vogelbeeren dargestellt, höchstens auf
2 y^ Thlr. zu stehen kommei selbst wenn der Üpfelsanre Kalk sehr hoch zu % Thir.
das Pfund b«r«chnet wird (s. Archiv d. Pharm. Bd. CXLIII, S. 17),
986 Bernsteinsäure.
lichem Gerach. — Es ist wahrscheinlich, dass hierbei die Battersm
theils foect ans Aepfelsänre, theils anch durch Ümwandlnng der znent
entstandenen Bernsteinsäure sich bUdet. — 2 Aeq. Aepfelsiurehydnt
enthalten n&mlich die Bestandtheile von 1 Aeq. Batters&nre, % k«^
Kohlensäure und 4 Aeq. Wasserstoff:
2.C8H6 0,o = C8H8O4 4-8CO3 -I-4H.
Aepfelsäure Buttersäure
Aber auch 3 Aeq. Bemsteinsäurehydrat enthalten die Elemente tob
2 Aeq. Buttersäure, 8 Aeq. Kohlensäure und 2 Aeq. Wasserstoff:
S.CsHeOg = 2.C8H8O4 + 8C0, 4- 2H.
Bernsteinsäure Buttersäure
Die durch Gährung aus Aepfelsäure dargestellte Bemsteinsänre isi
nach den bisherigen Untersuchtingen durchaus identisch mit der a»
Bernstein durch Destillation erhaltenen ; sie ist aber viel leichter a
reinigen als diese, welche freilich für roedicinische Zwecke gerade da
hartnäckig anhängenden Oels wegen vorgezogen wird; es ist daher uek
nie erlaubt die ganz reine ölfreie Säure, wie sie auch erhalten sein idi|,
der unreinen, ölhaltigen zu substituiren, wenn nicht yielleicht das Od h
bestimmter Menge zugemischt werden darf. Die Säure soll jedoch fir
medicinische Zwecke auch nicht zu reich an Oel sein, sie muss gdb-
lich, aber nicht branngeiärbt sein, und soll den unangenehmen Gemdi
des Oels nicht in zu starkem Grade zeigen.
Das reine Bemsteinsäurehydrat krystallisirt im monoklinomedv
sehen System, es bildet gewöhnlich rhombische oder sechsseitige BUä^
chen , an denen die Fläche 00 P od die scharfe Kante der verticaki
Säule 00 P ersetzt; die Krystalle sind farblos und geruchlos, sie hsba
einen sauren 'etwas erwärmenden Geschmack; ihr specif. Gewicht :=
1,55. Die Säure löst sich in 5 Thln. Wassers von I60 C. und in 2,2 TUi.
kochenden Wassers; sie löst sich weniger leicht in Alkohol und Dor
schwierig in Aether. Sie sublimirt, einige Zeit auf 140^C. erhitzt, wo-
bei ein Theil schon unter Wasserverlnst in Anhydrid überg^t; ai
schmilzt, rasch erhitzt, bei 180* und siedet bei 285<^C, wobei sie süttf
Wasserverlust in Bemsteinsäureanhydrid, Cs H4 O«, übergeht.
Obgleich die Bernsteinsäure keine ausgedehnte Anwendung M^
so kommen doch bei ihrem hohen Preise häufig Verfälschungen ▼«<
besonders solche mit Weinstein, Alaun, schwefelsaurem Kali vls."*.
sind f>eobachtet. Diese Zusätze lassen sich durch Erhitzen der Sub-
stanz auf dem Platinblech oder durch Behandlung mit Alkohol est^
decken, die reine Säure verflüchtigt sich und löst sich in Weingeist (^
Rückstand. — War sie mit Weinsäure verfälscht, so bleibt beim Erhitm
an der Luft ein starker kohliger Rückstand. Die nicht selten voikoo'
mende Beimengung von Salmiak lässt sich beim Zusammenreiben fli^
einem üeberschuss von Kalkhydrat durch den Gremch nach Ammoniik
leicht nachweisen. Die officinelle reine Bernsteinsäure hinterlässt beiv
Erhitzen meist eine Spnr eines feuerbeständigen Rückstandes, wahr-
scheinlich von der zur Reinigung verwendeten Knochenkohle oder roo
Brunnenwasser herrührend.
Verwandlungen der Bernsteinsäure. Durch Wärme. Ben«
Destilliren zerfällt die krystallisirte Säure leicht in Wasser aad Bera-
Steinsäureanhydrid, C8H4O6. Dieses bildet sich besonders leicht
Bernsteinsäure. 987
renn man die BemstoinBäure rasch sieden läset und das zuerst über-
sehende Wasser sogleich fortnimmt. Ganz rein erhält man das Anhy-
bid, wenn dieSäure einige Male über wasserfreier Phosphorsäure
»der wenn sie über Phosphorchlorid destilUrt wird (s. unten). Das
Lnbydrid ist weiss, schmilzt bei 145® C. nach d 'Are et, bei llb^
Is 120<'C. nach Arppe; es siedet bei 2500C. Es ist in Alkohol und
Lether leichter löslich als das Hydrat, beim Auflösen im Wasser nimmt
18 sogleich das Hydratwasser wieder auf; das Anhydrid Verwandelt
ich bei Einwirkung von trockenem Ammoniakgas unter Erwärmung
chnell in Bisuccinamid.
Durch Salpetersäure oder wässerige Chromsäure wird dieBem-
teinsäure selbst beim Erhitzen nicht verändert.
Mit Manganhyperoxyd und Schwefelsäure zur Trockne er-
ittzt, soll sich Essigsäure bilden. (Troromsdorf).
Chlorgas oder ein Gemenge von cblorsaurem Kali mitChlor-
vasserstoffdäure wirkt nicht ein.
Fhosphorperchlorid wirkt zersetzend auf Bernsteinsäurehydrat
(in; werden beide zusammen erhitzt, so bildet sich zuerst Bernstein-
Sureanhydrid und Salzsäure neben Phosphoroxychlorid; wird bei einem
Jeberschuss von Phosphorperchlorid weiter erhitzt, so bildet sich dann
ron neuem Phosphoroxychlorid, und 2 Aeq. Chlor desselben sind an
lie Stelle von 2 Aeq. Sauerstoff in der wasserfreien Bernsteinsäure ge-
reten, es hat sich Chlorsuccinyl, C8H404.€ls, gebildet (Gerhardt
ind Chiozza). Die beiden auf einander folgenden Zersetzungen lassen
ich durch nachstehende Schemata versinnlichen:
aHO^CjH^^ + P€l5 = CgHjOe + POaGla + 2Ä€l;
Bemsteinsäure Wasserfr. Bernsteins.
C«H4 0a + PGlft = Cs^i2i^^ + PO, Gig.
Chlorsuccinyl
Das Chlorsuccinyl ist eine farblose Flüssigkeit, durchdringend rie-
chend, dabei an den Greruch von feuchtem Stroh erinnernd; sie hat
sin specif. Gewicht von 1,39 ; sie raucht stark an feuchter Luft, wob^
lie nach und nach unter Bildung von Bemsteinsäure und Salzsäure
lerfällt; sie wird durch längeres Kochen zum Theil zersetzt, wobei
stwas kohliger Rückstand bleibt; mit Alkohol zersetzt sie sich unter
Erwärmung in Bemsteinäther und Salzsäure, mit Anilin bildet sich
sogleich Suocinanilid.
Wasserfreie Schwefelsäure verbindet sich unter Erwärmung
mit Bemsteinsäurehydrat, indem sich die gepaarte Bernsteinschwefel-
Bäore (s. d. Art.) bildet.
Schwefelsäurehydrat wirkt selbst in der Wärme nicht verän-
dernd auf Bernsteinsäure ein.
Mit Ealihydrät geschmolzen, zersetzt sie sich unter Entwicke-
lung von gasförmigem Kohlenwasserstoff und Bildung von oxalsau-
rem Salz.
Wird Bemsteinsäure mit einem Ueberschuss von Korksäure
(Cie IIi4 Og) und concentriter Salpetersäure erhitzt, so bildet sich Pime-
linsäure (Ci4 Hia Os). Fe.
988 Bernsteinsäurcamidc.
Bernsteinsäureamidc, Succinamide. Die BermtäB-
B&ure bildet drei Amide, das Succinimid, das Succinainid tiod du Tri-
Sttccinamid und wahrscheinlich eine Aininsaare, die Saccinaminsiure.
Succinimid.
Bisnccinamid, Succinyl- und Wasseratoffazotnr. Dum-
cundäre Amid der zweibasischen Bemsteinsäure (1835) von d'Arcetl
entdeckt, später auch von Fehling ^) untersucht, hat getrocknet die Zfl>
C H O )
sammensetzung C8H0O4N; seine Formel ist * *w,*| N; es ist Am-
moniak, Ha N, in welchem 2 M durch das zweiatomige Radical SoeenjL
C8H4O4, ersetzt sind; es enthält die Elemente von saurem bemsttonsu-
ren Ammoniumoxyd (NH4O .H0.CsH4 0t;), welches 4 HO abgegelM
hat. Wenn man die Beiiisteinsäure als einbasbch (0411^04) betncbiit
so entsteht dieses Amid aus 2 At. Säure und 1 Aeq. Ammoniak, dakr
der ältere Name Bisuccinamid.
Das Succinimid entsteht bei der trockenen Destillation von heor
steinsaurem Am mon in k oder von Succinaroid; es bildet sich leicht, wen
man Ammoniak gas über Bemsteinsäure leitet; hierbei entwickelt ad
Wärme, es entweichen WasAerdämpfe , selbst bei Anwendung von tro-
ckenem Ammoniakgas und Bernsteinsäureanhydrid , während das Sac-
cinimid schmilzt und bei höherer Temperatur sich verflüchtigt:
CsHjOe + NH3 = C^H404jiN + 2 HO.
Bemsteinsäureanhydrid Succinimid
Am leichtesten stellt man dieses Amid dar, indem man Benstcift*
säure mit wässerigem Ammoniak übersättigt, die Masse zur Trockv
abdampft und dann den Bückstand der trockenen Destillation unfiff'
wirft, zuerst entweicht Ammoniak und Wasser, später destillirt das S«*
cinimid gemengt mit etwas Bernsteinsäureanhydrid über, von weldKS
es durch Krystallisiren aus Wasser oder Alkohol leicht gereinigt w«-
den kann.
Das Succinimid bildet meistens zusammengewachsene rhomki«^
Tafeln ; die gewöhnliche hier auftretende Combination zeigt OP . P iiut<^
Fläche 0 P vorherrschend ; der Winkel 0P:P = 1250; odP:odP wagißk
118^. Die Krystalle enthalten 2 Aeq. Kry stall wasser, ihre Zusanun»
Setzung ist dann Cg H5 O4 N -j- 2 H O ; sie sind farblos, klar und dorch«^
tig, an der Luft werden sie durch Wasserverlust trübe; Jbei 100*0. ^
trocknet sind sie wasserfrei. Das Succinimid ist ziemlich leicht \^
lieh in Wasser, weniger in Alkohol oder Aether. Es schmibt b«
2100 C. und destillirt bei höherer Temperatur unzersetst über. Dsrck
Alkalien wird es erst beim Kochen zersetzt unter Entwickelung ^
Ammoniak und Bildung von bernsteinsaurem Salz.
Laurent und Gerhardt^ halten Malaguti's Chlorasosuccift*
sänre, welche durch Einwirkung von Ammoniak auf gechlorten Beni*
Steinäther entsteht (s. Bernsteinsaures Aethyloxyd S. 996), f&
ein Chlorosuccinimid, d. i. Succinimid, in welchem der Wasserstoff 10
") Annal. do chim. et de phys. [2.] T. LVIII, p. 294. — •) Annal. <J- C^*
.Pharm. Bd. XLDC, 8.198. — ■) Compt. rend. p«r Laurent u. GerhardI IM^
. 001
p. 291.
Bernsteinsäureamide. 9 89
Saccinyl dnrch Chlor ersetzt, dessen Formel daher Ca6l4 04 . HN
sein milsste.
Der im Suceininiid neben dem Snccinyl enthaltene Wasserstoff
kann auch durch andere Radicale ersetzt werden , so entstehen dann
C H O }
tertiäre Amide: das Phenylsuccinimid oder Succinanil = V^H*l^
[Bd. I, S. 108 1% rnd das Succinilsulfophenylamid, welches neben Suc-
sinyl das Radical der Benzidschwefelsäure C]9f}5S904 enthält =
Das Succinimid verhält sich wie eine sehr schwache Säure, seine
Losung röthet Lackmus kaum; es verbindet sich aber nicht mit den
Alkalien und krystallisirt aus concentrirter Kalilösung unverändert
ind ohne Alkali, auch bildet es mit Barytwasser eine lösliche Verbia-
lang, aus welcher nur ein Theil dieser Base durch Kohlensäure ge*
'ällt wird; beim Kochen zersetzt es den kohlensauren Baryt doch nur
ichwach; es verbindet sich aber mit Bleioxyd, Qnecksilberoxyd und
^ilberoxyd.
Succinimid-Bleioxyd: 4PbO . 3(C8H5 04N . HO) oder
JCPbO.CgHjOiN.HO) 4-PbO (Fehling). Eine wässerige Auf-
ösuDg von Succinimid löst reines Bleioxyd schon beim Digeriren,
eichter beim Aufkochen; beim Abdampfen der Lösung untei' der Luüt-
mmpe bleibt die Verbindung als eine nach dem vollständigen Aus-
rocknen farblose oder schwach gelbliche amorphe Masse zurück; sie
serfliesst an der Luft schnell, ist sehr hygroskopisch und löst sich .
eicht in Wasser; aus einer nicht zu verdünnten wässerigen Lösung
icheidet sieh auf Zusatz von Alkohol eine concentrirte wässerige Lö-
mng der Verbindung als syrupartige Masse ab; erst beim Abdampfen
ler wässerigen Lösung in der Wärme findet eine Zersetzung statt nn-
er Entwicklung von Ammoniak und Bildung von bemsteinsaurem
Ueioxyd. Die trockene Verbindung schmilzt unter lOO^^G^ ohne sich
m zersetzen oder an Gewicht zu verlieren, zu einer klaren Masse.
Wird die wässerige , Lösung der Bleiverbindung mit hinreichend
Siohlensäuregas behandelt, und nach dem Entweichen der überschüssigen
Sohlensäure filtrirt, so bleibt beim Abdampfen des Filtrats ein Blei-Snccin-
mid zurück, welches die empirische Zusammensetzung hat ='2FbO .
KC4H5O4N . HO) also halb so viel Metalk>xyd enthält wie die
vorige Verbindung.
Die rationelle Zusammensetzung dieser Verbindungen verdient nä-
ler untersucht zu werden, das Verhältniss zwischen' dem organischen
Körper und dem Metalloxyd =3:4 oder 3 : 2 ist ein nicht gewöhn-
iches; doeh ist diese Zusammensetzung bei wiederholter Darstellung
konstant; Gerhardt ist geneigt, die erstere Verbindung für ein ba-
iisch-succinaminsaures Salz zu halten, da das Succinimid in diesen
iTerbindungen Wasser aufgenommen hat, während es bei den anderen
Ferbindungen mit Metalloxyden Wasser abgiebt (s. nachstehende Ver-
bindung) ; diese letzteren lassen sich daher als tertiäre Amide ansehen,
n welchem das dritte Aequivalent Wasserstoff des Ammoniaks durch
las betreffende Metall ersetzt ist
Succinimid-Quecksilberoxyd, HgO . CgliiOsN oder
^ *Ff* ( ^' bildet sich leicht beim Auflösen von amorphem Quecksil-
990 Bemsteinsäureamide.
beroxyd in wässerigem Succinimid; beim Erkalten krystallisirt das Sali
in feinen seidenartigen Prismen, welche im Vacnum getrocknet die
angegebene Zosammensetzang haben (I>«s8aignes 0*
Succinimid-Silberoxyd, AgO . C8H4O8N oder ^**^JX,
nach Laurent und Gerhardt^. Zur Darstellung dieser YeriMS-
dang wird eine concentrirte siedende Lösung ron Saccinimid in Al-
kohol nach Zusatz von wenig Ammoniak mit gelöstem salpetersamcB
Silberoxyd versetzt; beim Erkalten scheidet sich die Verbindimg ii
Nadeln krystallisirt ab. Es lässt sich auch aus wässerigen Losuiii«
darstellen, wenn diese concentrirt genug sind; enthält das Succininid
Bemsteinsänre, so scheidet sich das bernsteinsaure Silber schon sa
der heissen Flüssigkeit ab, während das Succinimid- Silber erat beb
Erkalten krystallisirt. Die Verbindung scheidet sich beim langsamei
Erkalten ihrer wässerigen Lösung in vierseitigen, mit einer Pyramide
zugespitzten Prismen' ab, rasch erhitzt, zersetzen sie sich nnter schw»^
eher Explosion. Das Salz löst sich in der Kälte nicht leicht in WaswTf
weniger leicht noch in Alkohol, beim Sieden ist es in beiden FlSsRg-
keiten leicht löslich; in wässerigem Ammoniak löst es sieb in jedes
Verhältniss ; beim freiwilligen Verdunsten der Lösung bleibt eine 8j-
rupartige Flüssigkeit zurück, welche nach längerer Zeit gesteht zu k^
stallisirtem
Succinimid-Silberoxyd-Amrooniak. Die Kryitilk
sind rechtwinklige Prismen mit quadratischer oder rectangolarer Bs>
sb ; ihre Zusammensetzung = (Ag 0 • NHa) C% H4 Og N oder V^3f 31 [^
Die Krystalle sind hart und spröde, sie lösen sich in Wasser; niitSalf-
säure zusammengebracht, werden sie zersetzt unter Bildung von Sal-
miak; mit Kalilauge Übergossen, entwickeln sie schon in der Kalte
Ammoniak.
Das Succinimid-Silberoxyd nimmt längere Zeit mit Wasser in Be-
rührung die Elemente von 2 Aeq. Wasser auf; die Verbindung enthab.
nach Laurent und Gerhardt, datin nicht mehr Succinimid, soodecs
Succinaminsäure, CgHjOeN oder '' ® *#*{^«» welche i»
freien Zustande nicht bekannt ist; das Silbersalz in der angegebenes
Weise dargestellt, bleibt beim Abdampfen der Lösung in kleinen Pris-
men mit rhombischer Basis krystallisirt zurück, deren Zusammensetzm^
ist = AgO . CsHßNOß oder ^^^ ' ^^^^J* jOj. Das Salz untar-
scheidet sich von dem Succinimid -Silber ausser durch die Zusamvoi-
Setzung auch durch seine grössere Löslichkeit in Wasser, und dadurch»
dass es, rasch erhitzt, sich ruhig zersetzt. Nach dem Zersetzen d«r
Lösung mit Salzsäure giebt die Lösung beim Abdampfen wieder Suc-
cinimid. Die Sucoinaminsänre ist daher noch nicht isolirt; ob dasSo^
cinimid- Bleioxyd (s. oben) vielleicht ein succinaminsaures Salz esi-
hält, dürfte weiter untersucht werden.
Als eine Succinaminsäure ^ ' ^ ^Hs ^'^ ^^ »welcher
eu
») Annal, de chim. et phys. [3.] T. XXXIV, p. 143 ; ^nnal. d. Chem. o. Pharm.
Bd.LXXXn, S. 231. ~ <) Compt rend. par Laurent u, Gerhardt, 1849, p.lOtl.
Bernsteinsäureamide. 991
Aeqoivalent H durch Phenyl ersetzt ist^ lässt sich die SaccinaaUsäure
SuccinamicL
Sucoinjlbiamid, Succinyl- und Wasserstoffdiazotür.
Dieses Amid der Bemsteinsäure, dem neatralen bernsteinsauren Ammo-
liamoxydsalz entsprechend, ist (1844) von Fehling^) entdeckt; seine
P H O )
Formel = CsHgO^Na oder ® jg*( N,; es ist also ein primäres Dia-
nid (s. Bd. I, S. 698).
Es enthält die Elemente des neutralen bernsteinsauren Ammo-
domoxyds (2NH4O . C8H4O6) ininus 4 HO, lässt sich aber nicht
kos diesem Salz darstellen, sondern wird nur durch Zersetzung von
iernsteinäther erhalten, wenn man diesen mit seinem doppelten Yo-
amen starkem wässerigen oder besser alkoholischem Ammoniak mischt,
tnd unter öfterem Schütteln einige Tage damit in Berührung lässt
>a8 Succinamid setzt sich als weisses Erystallmehl ab , das, naqh dem
Lbwaschen mit etwas Alkohol aus heissem Wasser umkrystallisirt
rird.
Das Succinamid krjstallisirt in farblosen Nadeln, welche sich bei
50 c. iif 120 Thln., bei 100» C. aber schon in 8,9 Thln. Wasser lö-
en; sie lösen sich kaum in reinem, etwas leichter in wasserhaltendem
dkohol; in Aether sind sie unlöslich.
Wird das Succinamid rasch auf 300^0. erhitzt, so färbt es sich
shwacR braun und schmOzt grösstentheils unverändert; wird es lang-
sam bis gegen 200<> C. erhitzt, und längere Zeit bei dieser Temperatur
rhalten, so zerlegt es sich vollständig, unter Entwickelung von Am-
loniak entsteht Succinimid, welches beim stärkeren Erhitzen sublimirt:
C3114O4 . ^4^2 "-^ i^s^i^A • "^ "f^ rl^ttg.
Succinamid Succinimid
Ans einer kochenden wässerigen Lösung von Succinamid schei*
et sich^Auf Zusatz von Platinchlorid beim Eindampfen in gelinder
Türme die Hälfte des Stickstoffs als Ammonium -Platinchlorid ab,
'ährend die Lösung dann Succinimid enthält. Man kann hier an-
shmen, dass das Succinamid in der heissen Lösung vielleicht unt«r
inwirkung des Platinchlorids sich durch Aufnahme der Elemente des
rassers zuerst in succinaminsaures Ammoniumoxyd umwandelt:
CgHsOiNa -f- 2H0 = NH4O . CgHeNOs
Succinamid Succinaminsaures
Ammoniumozyd.
Durch kochende Alkalien und starke Säuren wird das Succinamid
zuständig zerlegt in Ammoniak und Bernsteinsäure; mit Salpetersäure
ad Stickoxydgas behandelt, giebt es Stickstoff und Bemsteinsäure. .
Der neben dem Succinyl vorhandene Wasserstoff des Succinamid^
8Bt sich auch durch andere Badicale ersetzen; so ist das Succinanilid
^) AnnaL d. Cbem. u. Phann. Bd. XLIX, S. 196.
992 Bemsteinsalz. — Bernsteinsaure Salze.
2.C13H5? N2 (Bd. I, S. 1092) ein hierher gehörendes secnndires, nod
C8H4O4)
das Snccinylbisnlfophenylbenzafnid = 2.C14H5O3? N^ (s. S. 883)
2.C]2fT5 S9O4
ein tertiärem Biämid.
Hierher gehört endlich anch das
Trisuccinamid.
Sacclnyldiazotür. Ein tertiäres Biamid, (1854) von Gerhardt
und Chiozza >) entdeckt, seine Zusammensetzung = C24HisOi2N{;
die 6 Aeq. Wasserstoff von 2 Aeq. Ammoniak sind durch 3 Aeq. Sx-
cinyl ersetzt; seine Formel daher = (CgH4 04)8N2. Es wird d«^•^
stellt, indem man Snccinimid- Silber mit in dem doppelten Volaisa
Aether gelöstem Chlorsnccinyl zusammenbringt. £& bildet sich CUo^
Silber und Trisuccinamid:
2(AgO . C8H4NO3) + C8H4O4 . CI2 = C24HiOi2N2 + 2AgÖ
Succinimid- Silber Chlorauccinyl Trisuccinamid
Beim Verdampfen der ätherischen Lösung krystallisirt dw Tn-
snccinamid in kleinen glänzenden Prismen ; es schmilzt bei 83*C. obe
sich zti zersetzen; es ist schwer in Aether, aber leicht in Alkohol föt-
lich, von wässerigem Weingeist wird es zersetzt in BemsteimtoR
und Succinimid:
C^4Hi80i3?^+ 4H0 = 2C8JH5O4N -f (^BfiOg
Trisuccinamid Succinimid Bernsteinsänre. ^
Fl
Bernsteinsalz a. Bernsteinsäure.
Bernsteinsaure Salze. Die Bemsteinsaore ward frnktf.
nach Berzelius, allgemein als eine einbasische Sanre betrachtet, vs^
ihre Salze daher mit der Formel RO . C4 H^ O3 bezeichnet. F«hlifl|
Bchloss aus dem Verhalten des Bersteinäthers gegen Bleioxyd und ^
Zersetzungsproduct des Aethers durch Kalium, aus der ZasammenMtz0f
von bernsteinschwefelsaurem Beioxyd, sowie aus der des basiseb-bere*
steinsauren Bleisalzes, dass die wasserfreie Säure in den Verbindung«»
Cg Hs O5, daher die Bernsteinsänre eine dreibasische Säure 3 HO . Cgfis^
sei ; freilich sind bis jetzt nur zwei- und einbasische Salze der Saare n^
Sicherheit bekannt. Auch Cahonrs hält die Säure nach der Ein wirb»?
von Chlor auf bemsteinsaures Aethyloxyd (s. S. 995) für dreihssiäd
Gerhardt betrachtet die Sänre als zweibasisch und diese Ansicht )5<
jetzt allgemein angenommen. Wir bezeichnen deshalb die Saure aaeb hier
= 2 H O . Cg H4 O«. Darnach sind die bemsteinsauren Salze theils d«»-
trale 2 RO . Cg »4 Og ; theils saure RO . HO . Cg H4 Og. Ausserdem bil-
det die Säure auch noch basische Salze. Die bemsteinsauren Salze sitfi
») Compt. rend. de Vacad. T. XXXTIII, p. 460; Anna!, d. Chem. a, Ph»^
Bd. XC, S. 108; Pharm. Centralbl. 1854, S. 305; Aiinal. de chim. et php. pJ
T. XI-VI, p. 129.
Bemsteinsaure Salze. 993
vonDoepping >) und Fehling >) untereacht Sie enthalten häaflg Kry*
Stallwasser, welches sie meistens bei 100<^C. abgeben; doch halten anch
manche neutrale Salze zuweilen einen Theil des Krystallwassers selbst
bei 200<^ C. noch zurück. In den Formeln soll das letztere mit HO,
daa bei lOO^C. entweichende Krystallwasser mit Aq. angegeben wer-
den. Durch Aufnahme von verschiedenen Quantitäten Wasser entste-
hen Salze, oft unter wenigstens anscheinend gleichen umständen, die in
ihren Eigenschaften sich sehr verschieden zeigen.
Die Bernsteinsäure ist eine der stärkeren organischen Säuren; sie
verbindet sich direct mit den Basen, zersetzt aber auch mit Leichtig-
keit die kohlensauren and essigsauren Salze. Die unlöslichen bernstein-
sauren Salze können leicht durch Doppelzersetzung dargestellt werden.
IDie bernsteinsauren Alkalien sind leicht in Wasser loslich , sie fäUen
in nicht zu verdünnten Lf^sungen die Salze der erdigen Alkalien, wie
auch die Salze von Ceroxydul, Beryllerde, Thonerde, Thorerde und
Zirkonerde, die Blei- und Silberoxydsalze, die Zinnoxydul- und Zinn-
oxydsalze, wie das Chromchlorür, das salpetersaure Quecksilberoxydul
and das essigsaure Quecksilberoxyd, aber nicht das salpetersaure Oxyd-
salz und das Quecksilberchlorid. Aus neutralen Eisenoxydsalzen wird
das Oxyd durch die bernsteinsauren Alkalien vollständig als rothbrau-
nes basisches Salz gefällt. Die freie Bemsteinsaure fällt auch die essig-
sauren aber nicht die salpetersauren Salze.
Weder die freie Säure noch die bernsteinsauren Alkalien fällen*
die Kupferoxyd-, Kadmium- und Wismuthoxydsalze, oder die Oxydul-
salze von Eisen, Kobalt, Nickel und Mangan.
Es ist zweifelhaft, ob bestimmte Verbindungen der Bernsteinsäure
mit Antimonoxyd, mit Chromoxyd, mit Quecksilberoxydul und Oxyd
eadsUren. Frisch gefälltes Antimonoxyd löst sich kaum merklich in
Bemsteinsaure und bemsteinsauren Alkalien; dasselbe gilt vom Chrom-
oxydhydrat; nach Moser und Berlin existirt freilich eine Verbin-
dung des Chromoxyds mit der Säure.
Die bernsteinsauren Salze ertragen oft eine hohe Temperatur ohne
Zersetzung; bei hinreichend starkem Erhitzen werden sie alle zersetzt,
die der Metalloxyde unter Entwickelung von stechenden, stark zum
Husten reitzenden Dämpfen. Mit saurem schwefelsauren oder saurem
phosphorsauren Salz erhitzt, werden sie zersetzt, wobei sich Bernstein-
fläureanhydrid sublimirt.
Bernsteinsaures Aethyloxyd: 2 C4II5 0 .C8H4 Oq. Es bildet
sich, wenn man auf geschmolzene Bernsteinsäure tropfenweise absoluten
Alkohol .fliessen lässt (Caultier de Claubry), sowie beim längeren
Erhitzen von lOThln. Bernsteinsäure mit 20Thln. Alkohol und 5Thln.
concentrirter Salzsäure oder Schwefelsäure, wenn man hierbei den
Apparat so einrichtet, dass die fortgehenden Dämpfe condensirt werden
und zurückfliessen; auf Zusatz von Wasser scheidet'sich dann der un-
reine Aether als ein gelbes Oel ab, welches mit BleioXyd geschüttelt
und damit destillirt werden soll (d'Arcet). Leichter wird der Berh-
steinäther so dargestellt, dass mau die lieisse Lösung von .Bernstein-
saure in 95 procentigem Alkohol mit trockenem Chlorwasserstoffgas
sättigt, dann etwas digerirt und die Flüssigkeit in einer Schale eine
») Annal. d. Chcm. u. Pharm. Bd. XLVTI, S. 258. — •) a. a. 0. Bd. XLIX,
S. 154.
Hand^teterbiicb der Chemie, ite Aufl. Bd. IF. 63
994 Bemsteinsaure Salze.
kurze Zeit schwach erwärmt znvn Entweichen der überschüwigeo Sak-
Päure; auf Zasatz von Wasser scheidet sich jetzt der anreine Aether ib,
er wird mit einer verdünnten Lösung von kohlensaurem Natron bis zur
neutralen Reaction versetzt, nach dem Absetzen einige Male mit Was-
ser gewaschen , über Chlorcalcium getrocknet und für sich desdllin
wobei das bei nahe 214^ bis 218^C. Uebergehende für sich aofgelaa-
gen wird; es ist reines bernsteinsaures Aethyloxyd (Fehling).
Der Bemsteinäther ist eine farblose, ölartige, leichtbewegliehe Fla»-
sigkeit von aromatischem Geruch und scharfem brennenden Geschmack:
er hat ein specif. Gewicht von 1,036 (d'Arcet), 1,0718 bei 0»; 1,047
bei 25<>C. (Kopp); sein Volumen F, das bei 0®= 1 gesetzt, bereclnei
sich zwischen l?^' und 174^ nach der Interpolationsforroel :
F = 1 + 0,0010088t -f- 0,00000033282«» + 0,0000000051 701 (';
Der Aether siedet bei 217« bei 748"» (Kopp); das specif. Gewicht d»
Dampfes ist = 6,22 (Condensation auf 4 Volume). Der Aether lört
sich wenig in Wasser, leicht in Alkohol und Aether. Der Bemsteiii-
äther wird durch verschiedene Körper leicht zersetzt. '
Ammoniak zersetzt den Aether für sich sowie \n weingeistiger
Lösung beim längeren Stehen unter Bildung von Alkohol und Saccifi-
amid (s. d. A.)*
Von reineni trockenen Bleioxyd lösen sich 8 bis 10 Thle-fe
100 Thin. bernsteinsaurem Aethyloxyd auf; beim Erhitzen bis zum as-
fangenden Sieden trübt sich aber die zuerst klare Flüssigkeit and »
scheidet sich ein weisses Salz ab, wahrscheinlich 2PbO.Csfi3(^
(s. unten). Der mit Bleioxyd behandelte Aether fangt dann schon bei
ungefähr 100^ C. an zu sieden, es geht zuerst, neben etwas Bernsteinätkff'
Alkohol und Wasser über; der Siedepunkt steigt fortwährend, bis b«
214^ C. wieder reiner Bernsteinäther übergeht. Danach scheidet sich
aus dem trockenen bernstein sauren Aethyloxyd, 2 C4{{5O.CgH40f.
noch Wasser ab, und bildet sich unzweifelhskft auch Alkohol; nimnii
man das Wasser als in dem Aether schon fertig gebildet enthalten as^
so ist derselbe also (2C4H50.HO).C8H8 05 (Fehling).
Wenn Kalium mit getrocknetem Bemsteinäther zusamnengt-
bracht wird, so erfolgt schon bei gewöhnlicher Temperatur eine leb-
hafte Einwirkung, die Masse erwärmt sich, es entwickelt sich ein breos*
bares Gas, wahrscheinlich Wasserstoff, die Masse färbt sich und wird
dicker (indem sich, wie es scheint, auch Aethyloxyd-Kali bildet). »
dass man durch Umrühren und zuletzt durch gelindes ErwinoeB
die Reaction unterstützen muss. Nach Beendigung der Reaction er-
wärmt man die Masse gelinde und nur kurze Zeit mit Wasser, nn^
trennt nach dem Erkalten durch Filtriren das gelöste bemsteinssnre
Kali mit überschüssigem Kali von einer krystallinischen Masse, «Ü«
durch mehrmaliges Umkrystallisiren aus kockendem Alkohol gerei-
nigt wird. — Diese Substanz ist gelblich krystallinisch von Atlasglan«,
sie ist unlöslich in Wasser, löst sich wenig in kaltem, leicht in kochen-
dem Alkokol, in Aether in jeder Menge, sie schmilzt bei 133^ C^ sabli-
mirt bei 2060 C. ohne Zersetzung. Ihrer Zusammensetzung und ihre«
Verhalten nach kann dieser noch nicht hinlänglich bekannte Korper »l^
einbasisch-bernsteinsaures Aethyloxyd angesehen werden = C4 fls 0 ■
^8 H3 Oö ; er wird durch Alkalien zersetzt, wobei sich Alkohol und eine
stark gelb gefärbte Lösung von bemsteinsanrem Kali bilden.
Bemsteinsaure Salze. , 995
Natrium wirkt anf Bemsteinäther wie Ealiam, doch ist die Re-
c^ctioD nicht so lebhaft.
Wird durch Bemsteisäther Chlorgas geleitet und das Product
zuletzt in einer mit Chlor - gefüllten Flasche der Einwirkung des
Sonn'enlichtes ausgesetzt, so bildet sich eine weisse krjstallinische
Masse, gechlorter Bernsteinäther, dessen empirische Formel =
CkjHGIisOs ist; was = 5^ C4€l5 O .HO .CgÖ, Oj, d. h. 2 Aeq. ge-
c^hlorter Aether, yerbunden mit gechlorter Bemsteinsaure, in weicher
nur 1 Aeq. Wasserstoff nicht durch Chlor ersetzt, also noch als Wasser «
darin enthalten ist, wonach die Bemsteins&ure BHCCgHsOs, d. h.
dreibasisch sein würde (Cahours ^).
Laurent ^) und nach ihm Gerhardt ^) nehmen an, dass der
reine Chlorbemsteinäther keinen Wasserstoff enthalte , und daher
Ci6 ^li4 Og = 2 C4 €l6 O . Ca €14 0« sei, d. i. Perchloräther mit Tetra-
chlorobemsteinsäure, eine Annahme, der freilich der experimentelle Be-
«v^eia fehlt. Der gechlorte Bemsteinäther bildet kleine weisse Nadeln;
«welche zwischen 11 5 <> und 120<>C. schmelzen; er löst sich in Aether, in
Wasser ist er unlöslich, durch Weingeist wie durch Destillation für sich
wird er zersetzt; seine Zersetzungsproducte sind von Malagnti ^)
ontersucht.
1) Beim Erhitzen von Chlorbemsteinäther auf 290o C. zerfällt
&r^ es destiUirt ein schweres rauchendes Oel über, welches Chloraldehyd
(Trichloracetoxylchlorid, s. Bd. I, S. 99) und vielleicht Chlorsuccid ent-
halt, während zugleich Kohlensäuregas entweicht. Das Oel zerfallt,
längere Zeit in Berührung mit Wasser, unter Abscheidung von festem
Chlorkohlenstoff in Salzsäure, Chloressigsäure und Chlorbemsteinsäure«
2) Mit Alkohol in der Wärme zusammengebracht, wird der ge-
chlorte Bemsteinäther gelöst und zersetzt; auf Zusatz von Wasser
scheidet sich ein Oel ab, während Salzsäure in Lösung bleibt, welches
kohlensaures und trichloressigsaures Aethyloxyd, höchst wahrscheinlich
aocb chlorsuccinsauren Aether (s. unten) enthält.
Wird der gechlorte Bernsteinäther, oder das durch Weingeist dar-
aus erhaltene ölige Gremenge, mit gelöstem überschüssigen Kai ihydrat
gekocht, so findet eine heftige Einwirkung statt, neben Chlorkalium,
kohlensaurem und .ameLsensaurein Kali bildet sich das Salz einer ge-
chlorten Säure, welche von Malaguti Chlorsuccinsäure genannt ist;
ihre Znsammensetzung ist, nach ihm, HO . Ceft^lsO^; Gerhardt
nimmt die Formel = HCCeGlsOg an, und hält sie daher für eine
Trichloracrylsäure ; er hatte sie früher für eine Trichlorpropion-
8änre,HO.C6H8€l808 gehalten. Der Name „Chlorberasteinsäure^^ oder
«„Chlorsuccinsäure^^ ist für diese Säure unpassend, weil sie nicht mehr das
Radical der Bernsteinsäure enthält; bei der unvollständigen Kenntniss
der Säure erscheint es dennoch geeignet, einstweilen den letzteren Namen
beizubehalten. Die Chlorsuccinsäure wird am besten so dargestellt, dass
man das aus dem gechlorten Bemsteinäther durch Behandlung mit
Weingeist und Wasser entstandene Oel (s. oben) in Weingeist löst,
etwas ^lihydrat zusetzt, worauf bald eine starke Erhitzung ein-
^) Compt. rend. de iWad.« T. XVIT, p. 206; Annal. d. Gbeni. u.' Pharm.,
Bd. XI.VTI, R. 29; Annal. de ohim. et de phyt. [8.] T. IX, p. 208. — *) Compt.
rend. de l'acad. T. XXXV, p. 881. — Journ. f. prak. Chem. Bd. LVm, S. 19.
— •) Trait^ de chim. org. T. JII, p» 466. — *) Annal. de chim. et de phjrg. [8.]
T. XVI, p. 66; Annal. d. GlMm. u« Pharm. Bd. LVI, 8. 291.
63*
996 Bernsteinsaure Salze.
tritt, die nöthigenfaUB durch ZoBati von wenig Wasser gomäangt wiri
Nach beendigter Reactisn löst sich das ganze Product in Wasser; td
Zu8at2 von tiberschüssiger Salxsäore scheidet sich ein Oel ab, welch»
wiederholt in Wasser gelöst und durch Abdampfen wieder abge8du^
den wird, so lange das Wasser noch auf Zusatz von Sübersals sich triüit
Das reine Oel krystallisirt dann im Yacunm über Schwefelsäure; dvck
Auspressen der Krystalle zwischen Papier und UmkiystallinreD sst
Alkohol wird die Chlorsuccinsänre rein erhalten. Die KrystaUe mak
weiss, sehr sauer, und machen auf der Zunge einen weissen Fleck; dk
Säure löst sich in Alkohol und Aether, sie schmust bei 60® C^ und
bildet nach dem Erkalten eine farblose sferahlig-krystallinische HasBe;
bei 75® C. stösst sie Dämpfe ans, die sich an kalten Körpern zu seides-
artigen lockeren Prismen verdichten. Das chlorsnccinsaiireAmmoaiHr
.ozyd ist ein asbestartiges, krystallinisches, nicht serfliesslichesSalz; «
wird selbst in concentrirter Lösung nicht yon den MetalllÖsuBgen ge-
eilt Das chlorsuccinsänre Süberozyd, Ag O . C« H Gig O« --f~ ^ ^ *^^
det sich als krystallinisches Magma ab, wenn eine concentrirte Ldsnnf
der Säure mit salpetersaurem Silberaxjd versetzt wird.
3) Trockenes Ammoniakgas zersetzt den gechlorten Bemstdn-
äther unter starker Erhitzung ; die etwas bräunlich geförbte Masse lian
beim Behandeln mit reinem Aether Chlorammonium und etwas Psnr
cyan zurück, während sich Chlorocarbeth«nid (Cio Gl? fi« fi$ Qs) ns^
chlorazosuccinsaures Ammoniumoxyd lösen; aus dem beim Ab-
dampfen der ätherischen Lösung bleibenden Bückstand löst kaltes WasMr
das letztere Ammoniaksalz auf, während das Chlorocarbetkamid krystoffi-
nisch zurückbleibt und durch Umkrystallisiren aus kochendem WsaMr
^gereinigt werden kann. Durch Auflösen des chlorazosuccinssnreD
Ammoniaks und Fällen mit Salzsäure wird die Chlor azosoecinsäiirf
gereinigt; nach nochmaligem Lösen \n Ammoniak und Fallen mitSab'
säure , wird sie aus Alkohol krystallisirt. ' Ihre Formel ist nach Ms-
laguti, CeKGlsNOg; Laurent hält diesen Körper för Chlorossoeia-
imid, das ist Succinimid, Cg H« O« . HN, in welchem 4B des Radieal^
durch 4€l ersetzt sind, er giebt ihm daher die Formel Cg 61404.8^
(s. unten).
Die Chlorazosuccinsäure krystallisirt in vierseitigen S&nkn tob
sehr bitterem Geschmack, sie ist fast unlöslich in Wasser, löst sich sb«
leicht in Alkohol oder Aether, sie schmilzt im Wasser bei 83^ bis 85*0;
trocken jedoch erst bei 200® C.9 für sich sublimirt sie aber schon bei
1250 C. und fängt bei löO^ C. an durch Zersetzung gdib zu werden.
Die Chlorazosuccinsäure zersetzt die kohlensauren Salze; die cone«*
trirte Lösung des Ampooniaksalzes fiUlt die Kalbuilze, die Silberssl»
und Quecksilberoxydsalze weiss, die Kupfero^dsalze lillafarbig, s^
föllt aber nicht die Baryt-, Magnesia-, Zinkoxyd- und Manganoxydol-
salze. Das Silbersalz ist anfiangs amorph, wird aber bald kxystalMniscii*
Das im Vacuam getrocknete chlorazosuccinsäure Ammoniumoxydiit
eine halb krystallinische, halb weiche Masse ; beim Erwärmen auf 100* C*
zerlegt das Salz sich unter lebhaftem Anfbraosea, durch entweichend«
Kohlensäure veranlasst; der Rückstand hinterlässt beim Behandeb
mit Aether Chlorammonium, und aus der ätherisöhen Lösung erhilt
man das Amid einer neuen Säure, das Chlorosnccilamid =
C4€lsONS3, von Gerhardt ftir das Amid der Chlorsuccinsäure (Tii-
^hloracrylsäure) gehalten, wonach seine Formel Cs^tsOffisN wire
BernsteiDsaure Salze. 997
Ca« unten), es kiystollidirt in weiflsen, seideglänsendiBn Nadeln, sohmilzt
b«i 86<^ bi« 87<) C», defllilMrt bei höherer Temperatur, wie e9 scheint,
unzersetzt fiber, löst sich schwer in Wasser, leicht in Weingeist und
Aether. Durch längeres Erhitzen des Amids mit Kali wird Ammoniak
entwickelt und man erhalt das Kalisalz der Chlorosuccilsäure,
^welche 04619 HOg sein muss. — Das neutrale Kalisalz dieser Säure
lallt in concentnrter Lösung die Kupfer-, Silber* und Bleisalze und
daa Quecksilberchlorid; die Niederschläge sind in viel Wasser löslich.
4) Bei der Einwirkung von flüssigem Ammoniak auf frisch
bereiteten Ghlorbernsteinäther findet eine sehr lebhafte Beaction statt,
es bilden sich die gleichen Producta, wie bei der Einwirkung von
trockenem Ammoniakgas.
Zur Erklärung der verschiedenen Umsetzungen des gechlorten Bern-
steinäthers betrachtet Malaguti ihn als eine Verbindung von Chlor-
kohlensäureäther (2 C4 GI5 O . C9 O4) mit einem hypothetischen Kör-
per Ce^lgHO), welchen er Chlorosuccid nennt:
CqeGlijHOg = Cio €lio O« -f- Cß Gls HO2
Gechlorter Bernsteinäther Chlorkohlensäureäther Chlorosuccid.
Er nimmt nun an, dass durch Aufnahme der Elemente des Wassers
sich der kohlensaure Aether in Ameisensäure, Kohlensäure und Salz-
aliure zersetze, während andererseits das Chlorsnccid dadurch in Chlor-
aaocinsäure (HO .Ce Gig HO^) übergeht,
Bei Einwirkung von Ammoniak bildet sich aus dem Chlorkohlen-
aanreäther, unter Abgabe von Sauerstoff, Chlorcarbethamid und Chlor-
ammonium, während dadurch das Chlorosuccid unter gleichzeitiger
Aufnahme des Sauerstoffs in Ohlorazosuccinsäure und Wasser umgeän-
dert werde. ^
Beim Erhitzten bildet sich dann aus dem Chlorkohlensäureäther
Kohlensäure, Chloraldehyd und Chlorkohlenstoff, während Chlorosuc-
cid frei wird, es ist daher ursprünglich wohl in dem öligen Destillat
(8. S. 995) enthalten, wird aber durch die Einwirkung des Wassers so-
gleich in Chlorsnccinsänre übergeführt (Malaguti).
Laurent und Gerhardt betrachten den gechlorten Bemstein-
äiber als 2 C4Gl$ O . Cg GI4 O«. Nach ihnen bildet sich dann bei Zer-
setzung mit Kalihydrat Trichloracetylsäure, Kohlensäure und Trichlor-
acrylsäure (Chlorsuccinsäure) neben Salzsäure:
C,6Gli408 + 8HO=2(}lO.C4Gl808)4-C304+«O.C6Gl308-f5HGl.
Chlorbem- Trichloressig- Chlorsuccin-
steinäther säure säure
Alkohol wirkt dann ähnlich, nur bilden sich nicht freie Säuren,
sondern die Aethylverbindungen von Trichloracetylsäure, Kohlensäure
and Chlorsuccinsäure. Ammoniak bildet nach Laurent mit dem ge-
chlorten Bernsteinäther neben Chlorammonium Trichloracetoxylamid
and Chlorbisuccinamid :
CieGluOs + 7NHg===2.(C4Gl802.H2N)+C^Gl404jl^
Cblorbern- Trichloracetamid Chlorbisuccin-
steinäther amid.
Gerhardt betrachtet das Chlorosuccid = CeGlgO^Gl, als das
Chlorid des in der Chlorsuccinsäure enthaltene Badicals C« Gig O3, der
998 Bernsteinsaure Salze.
empirischen ZnsamroensetziiDg nach ein Trichloracryl; ob ^e CUo^
snccinsäure von Malagnti eine Trichloraorylsäare ist, ww Ger*
hardt vennuthet, verdient weiter nntersncht va werden.
Die Zersetzungsproduote des gechlorten Bemsteinathers sind mdtt
genügend untersucht, uro auch nur die empirische Formel festzustelkB;
es müssen also weitere Versuche voraufigehen , um die wahre Zunm-
mensetzung auch nur mit einiger Sicherheit angeben sn können. Die
Säure des gechlorten Bemsteinäthem scheint nicht mehr daft Rtdial
der Bemsteinsäure, Succinyl C8H4O4, zu enthalten.
Bernsteinsaures Ammoniumoxyd, 1) neutrales: 2Nfi40.
Cg H4 Oe* Durch Abdampfen einer L5snng von Bemsteinsänre in
starkem, überschüssigem Ammoniak und Verdunsten unter einer Glocke
über gebranntem Kalk erhält man das neutrale Salz in durchsichtigen,
sechsseitigen Prismen. Es krystallisirt auch beim Abdampfen des FQ-
trats von basisch-bern8teinsauren\ Bleioxyd, wenn dieses aus Bleieeeig
und bernsteinsaurem Ammoniak dargestellt ist (s. bernsteinsaoref
Bleioxyd basisches S. 999). Das neutrale bemsteinsanre Ammo-
niak ist leicht in Wasser und Weingeist löslich, verliert an der Loft
fortwährend Ammoniak, wodurch die Lösung dann sauer reagirt Bob
Erhitzen des trockenen Salzes entweicht zuerst Ammoniak, bei starkem
Hitze bildet sich neben Wasser Bisuccinamid oder Sncciniroid (a. i
Art). Das neutrale Ammoniaksalz dient in Lösung ^wohnlich 0
Scheidung der Eisenoxydsalze von Eisenoxydul- oder Manganoxydil-
salz (s. S. 988). Ein unreines bernsteinsanres Ammoniumoxj^
ist im gelösten Zustande als Liquor ammonii suceinatus oder Uq«^
comu eervi aucdnatua in der Medicin gebräuchlich. Ks wird dnrdi
Neutralisiren der unreinen, Brensöl enthaltenden Bernsteinsinre, mit
brenzlichem kohlensauren Ammoniak dargestellt, oder aus reiner Ben-
steinsäure und Ammoniaksalz mit Zusatz von Bemsteinöl, und moi^
nach der von . der betreffenden Pharmacopoe gegebenen Vorschrift be-
reitet werden.
Bernsteinsaures Ammoniumoxyd, 2) saures: NH4O.80'
Ca K4 Oe. Man sättigt 1 Thl. Säure vollständig mit Ammoniak. s<tit
der Flüssigkeit noch 1 Thl. Säure hinzu und dampft bei gelinde
Wärme ab; das Salz krystallisirt leicht in gut ausgebildeten^ sechi^o*
tigen Prismen des ein- und eingliedrigen Systems, es löst sich lei^
in Wasser und Weingeist, ist an der Lufi selbst bei lOO^' C. unTefis-
derlich« über lOO^^C. vrird es zersetzt, indem sich hauptsächlich wiedff
Succinimid bildet.
Bernsteinsaurer Baryt, neutraler: 2BaO.C9H4 0e. Bere-
steinsaures Natron in concentrirter Lösung fallt Chlorbarium sogleiet
bei Anwendung verdünnter Lösungen entsteht der Niederschlag erft
nach einiger Zeit, etwas schneller wenn man erhitzt; das Sab iit kiy-
stallinisch, in Wasser und in Bemsteinsanre sehr wenig löslichi leichte
löslich in Essigsäure, besonders leicht in verdünnter Salz- oder Salp^
tersäure. — Das lufttrockene Salz enthält kein Erystallwasser, bei 300*C.
erleidet es keine Veränderung. — Auch saure bernsteinsanre Albüics
fällen aus Barytlösungen neutrales l^alz.
Bernsteinsaure Beryll erde wird durch Fällen eines BeryÜ-
erdesalzes mit bernsteinsaurem Natron erhalten; der Niederschlag i^
weiss, in Wasser wenig löslich.
Bernsteinsaures Bleioxyd, neutrales: ^PbO-OgHiOc
Bemsteinsaure Salze. 999
Bemsteinsaure Alkalien fallen die Bleiflalze überhaupt, freie Berhstein-
säure fäUt nur das essigsaure Bleioxyd, das neutrale wie das basische ;
n der Wärme entsteht der Niederschlag langsamer, wird aber deutlicher
krystallinisch. Das Salz ist wenig in Wasser in Essigsäure und in
Bemsteinsaure, leicht in Salpetersäure und in Kali löslich. Das luft-
i-ockene Salz verliert selbst bei 250<> C. kein Wasser.
Basisch bernBteinsauF.es Bleioxyd. Wir kennen mehrere
lolcher in Zusammensetzung und Verhalten verschiedener Salze; sie
sind in Wasser und Weingeist unlöslich, in Kali und Salpetersäure
öslich, Ammoniak entzieht ihnen Säure,^ Essigsäure bildet daraus durch
Sntziehung von Bleioxyd neutrales Salz.
1) 3 Pb 0 . Cs H4 Oe* — Fällt man Bleiessig mit neutralem oder
laurem bernsteinsauren Alkali in der Kälte, so entstehen etwas krystal-
inische Niederschläge von verschiedener Zusammensetzung. Fällt man
&ber Bleiessig mit einem bemsteinsauren Salz oder mit freier Bernstein-'
»äure in der Wärme, oder erhitzt man den in der Kälte entstandenen
Niederschlag mit der darüber stehenden Flüssigkeit, so backt der Nie-
lerschlag zusammen und wird zähe und pflasterartig; nach dem Erkal-
;en und Liegen an der Luft erhält man eine zerreibliche Masse, welche
lieh bei lOO^C, ohne zusammen zu backen, trocknen lässt; sie verliert
iann bei höherer Temperatur kein Wasser mehr.
2) 3 PbO . Cg Hg O5. (?) — Dieses basische Bleisalz, welches die
Bestandtheile des vorigen Salzes minus 1 Aeq. HO enthält, bildet sich
jedesmal und ist von constanter Zusammensetzung, wenn man zu einer
liedenden Lösung von Bleiessig eine kochende Lösung von vollkommen
leatralem bemsteinsauren Ammoniak setzt, so lange, als der aüiangs
»ntstehende Niederschlag sich beim Umschlitteln noch vollständig wie-
1er löst; rührt man diese Flüssigkeit nun n^it eiüem Glasstabe um, ent-
weder sogleich oder nachdem sie bei Abschluss der Luft erkaltet ist« so
rübt sie sich fast augenblicklich und es entsteht ein reichlicher krystallini-
(cher Niederschlag von basischem Bleisalz, welches Salz, wenn es einmal
abgeschieden ist, sich auch beim Kochen nicht mehr in der überstehen-
len Flüssigkeit löst; es ist so unlöslich, dass bei Anwendung von hin-
'eichend Ammoniaksalz die Mutterlauge kaum noch Spuren von Blei-
lalz enthält und beim Abdampfen des Filtrats für sich daraus neutrales
»emsteinsaures Ammonium oxyd krystallisirt, welches, einmal krystalli-
.irt, bei 40^ C. sich trocknen lässt, ohne Ammoniak zu verlieren. —
[>as basische Bleisalz hat ixp lufttrockenen Zustande die angegebene
Zusammensetzung, es verändert sich noch nicht bei 220^0.; mit abso*
otem Alkohol und Schwefelwasserstoff erhält man reines Bemsteinsaure- ^
lydrat daraus.
3) 3PbO.C8H3Cy5 + Aq.und3PbO.C8H305 + 2Aq. Wirdeine
^lidchung von bernste in saurem Kali und Bleiessig erhitzt, so löst sich
Ler anfangs entstandene pflasterartige Niederschlag (s. oben) bald
prösstentheils auf, lässt man die abgegossene Flüssigkeit bei vollständi-
gem Abschluss der Luft erkalten, so bilden sich zuweilen erst nach
lochen oder Monaten kleine oder grössere KrystaUe von Wasser ent-
laltendem. basisch-bernsteinsaurem Bleioxyd. Aehnliche KrystaUe bil-
[en sich auch zuweilen aus der Mischung von bernsteinsaurem Ammo-
liak und Bleiessig (s. oben) beim langsamen Erkalten. Diese Kry-
ttalle, deren Darstellimg nicht immer gelang, verlieren, nachdem sie
Euerst über Schwefelsäure getrocknet sind, bei 100<^C. 1 oder 2 Aeq.
1000 Bernsteinsaure Salze. ^
Wasser, worauf ihr Gewicht sich daan auch nicht weiter bei 250* C
ändert
Ueberbasi^ch-bernsteinsaures Bleioxyd: GPbO.CgBiOi
nnd 5 Pb O . Cs H4 O« oder 5 PbO-C« H, O5. — Wird berDStemBsm
Bleioxyd mit überschüssigem Ammoziiak behandelt, oder Bleieang mit
bemsteinsaurem Ammoniak bei Zusatz von überschüssigem Ammoottk
gefällt, so bilden sich sehr basische Bleisalze von verschiedenem Bl«-
gehalte.
Bernsteinsaures CeriumoxydnL Die Geroxydolsalze werden
durch bernsteinsaure Alkalien gefäUt (nur essigsaures Ceroxydnl wird
vom bernsteinsauren Ammoniak nicht gefällt); der weisse käsige Nie-
derschlag ist in Wasser, und selbst in wässeriger Bemsteinsäore kam
löslich, leicht aber in überschüssigen Mineralsäuren.
Bernsteinsteinsaures Chromoxyd. Grünes Ghromchlorid viri
durch essigsaures Natron nicht gefällt, auch beim Abdampfes tob
essigsaurem Cbromoxyd mit Bemsteinsänre bildet sich kein Sak. Di-
gegen soll das blaue Chromoxydhydrat mit wässeriger BemsteiBdori
eine blaue Lösung geben, welche beim Abdampfen eine amorphe, be
auffallendem Licht blaue, bei durchfallendem Licht rothe Masse giebl^
aus welcher Wasser nur die überschüssige Bemstfeinsäurp löst
Bernsteinsaures Chromoxydul: 2CrO.Cgfi4 0t 4~ ^^^^
Chromchlorür wird von bemsteinsaurem Natron gefeit ; der schftrU(^
rothe Niederschlag wird beim Trocknen im luftverdünnten Baum bal-
ler; stellenweise durch Oxydation blaugrün.
«Bernsteinsaures Eisenoxyd: Fe^ O« . Cg Ii4 O«. Wirda»
trales Eisenchlorid mit neutralem bemsteinsanren Alkali gefallt, lo e^
Hält man einen gelatinösen und aufgequollenen roth- oder zimmtiffHh
nen Niederschlag, der sich nur schwierig absetzt, und auf dem Filla
dasselbe bald verstopft, so dase er sich nicht vollständig auswsscbes
lässt. Dieser Niederschlag ist basisch bemsteinsaures Eisenoxyd; &
überstehende Flüssigkeit enthält freie Säure, wie erklärlich. — N^k
dem Trocknen ist der Niederschlag dunkel rothbraun, leicht zerreiblid
und giebt zerrieben ein dunkel ziegeirothes Pulver, erst bei 180<^C.Ttr
liert er alles Wasser. Dieses Salz ist in kaltem Wasser und in Weit
geist unlöslich ; siedendes Wasser löst besonders bei Gegenwart toa
Essigsäure oder Bernsteinsäure einen Theil desselben auf, ohne ei u
zersetzen, denn das aufgelöste Salz hat wieder dieselbe ZusammeoM^
zung wie der Bückstand. — Wird dem neutralen Eisenchlorid vor den
Fällen mit bemsteinsaurem Alkali essigsaures Natron zagesetst so &&
bernsteinsaures Eisenoxyd als ein blassziegelrother, nicht geUtiiiÖiff
Niederschlag, der sich gut absetzt und leicht filtriren lässt, und daoB
beim Auswaschen mit 60- bis 70grädigem Weingeist pulverig bleibt.
beim Auswaschen mit Wasser jedoch sogleich gelatinös wird.
Dieses basische Eisensalz entsteht jedes Mal bei der Scheidang vj»
Mangan- oder Eisenoxydulalzen von Eisenoxydsalzen mittelst bemsteo-
sauren Alkalis ; da hierbei, wie gezeigt, freie Säure entsteht, so ist di«N
die Ursache, dass beim Auswaschen mit siedendem Wasser ein Tbeil
des Niederschlags wieder gelöst wird, aber unverändert, ohne Zer-
setzung desselben in löslirheff saures und unlösliches Aberbasisches Sib
(Döpping).
Die Trennung des Eisenoxyds von Manganoxydul mittelst ben»-
steinsauren Alkalis ist hauptsächlich nur anwendbar, wenn dem Sseor
Bernsteinsaure Salze. 1001
Dxydsals (Eiaenohlorid oder salpetersaores Eisenoxyd, nicht schw^el-
lanreB Salz) nur eine geringe Menge Manganozydulsalz beigemengt ist
Wird friflchgefalltes bernsteinsanres Eisenoxyd mit heissem oder
kaltem Ammoniak Übergossen, so wird der Niederschlag dunkler und we-
niger gelatinös, und nach dem Auswaschen bleibt ein Überbasisches Eisen*
»alz zurück, welches auf 1 Aeq. Säure über 15 Aeq. Eisenoxyd enthält.
Bernsteinsaures Eisenoxydul durch Fällen dargestellt ist ein
^augrüner Niederschlag, der sich in Ammoniak und in Ammoniaksalzen
theilweise löst; an der Luft oxydirt er sich rasph. •
Bernsteinsaures Kadmiumoxyd: 2CdO.C8ft4 06* Trägt
aoan kohletisaures Eadmiumoxyd in eine heisse Lösung von Bemstein-
s&ure ein, so löst es sich zuerst auf, bei weiterem Zusatz fällt aber
ivasserfreies Salz als krystallinisch -kömiger Niederschlag zu Boden;
)8 ist in Wasser und Weingeist unlöslich, und selbst bei Zusatz von
reier Bernsteinsäure wenig löslich.
Ein saures Salz ist nicht dargestellt.
Bernsteinsaures Kali, neutrales: 1)2 KO .Cgli4 On-f- 4 Aq.
I>xirch Neutralisation von kohlensaurem Kali mit Bemsteinsäure und
B&ystallisation der Lauge bildet sich dieses Salz in undeutlichen Kry-
itallen, es ist zerfliesslieh, leicht löslich in Wasser und Weingeist, ver-
liert sein Krystallwasser bei'100<> C, ohne sich bei 200<^ G. weiter zu
Eersetzen.
2) 2KO.C8H4 0e -|- Aq. Dieses Salz wird auf gleiche Weise
vrie das vorige dargestellt, es krystallisirt in rhombischen Tafeln, ähn-
lich dem chlorsauren Kali. Es ist luftbeständig, löst sich leicht in
IVasser und Alkohol, verliert sein Krystallwasser bei lOO^C. DieUm-
itönde, unter welchen das erste oder das zweite Salz entsteht, sind
ücht näher ermittelt.
Bernsteinsanres Kali, saures: 1) KO.HO.C8H4 Oe-^4Aq.
Versetzt man eine Lösung von neutralem Salz mit .eben so viel Bem-
steinsäure, als sie schon enthält, so bekommt man beim Abdampfen das
M^ore Salz in undurchsichtigen sechsseitigen Prismen des 1- und Iglie-
drigen Systems. Dieses Salz verwittert, es giebt bei 100^ G. alles
Crystallwasser ab, ist in Wasser und Weingeist löslich, ftirbt Lackmus-
papier roth. lieber 230<> C. erhitzt, verflüchtigt sich ein Theil der
Bemsteinsäure.
2) KO.HO.Cg H4O6. Zuweilen krystallisirt das saure Salz aus
der Lösung bei gewöhnlicher Temperatur unmittelbar wasserfrei, und
Laffetrocken verändert es sein Gewicht dann auch nicht bei oder über
1000 C.
3) (KO . 2 HO) 2 . Cg H4 Oe -f- 3 Aq. Dieses vierfach saure Salz
krystallisirt aus der Lösung des vorigen mit Bernsteinsäure versetzten
Salzes; es verliert bei 100^ C. 3 Aeq. Wasser und enthält dann nur
noch 2 Aeq. basisches Wasser.
4) (KO . 2 HO) . 2 Cg H4 Of Dieses Salz , von der Zusammen-
setzung des vorigen, we^n dieses bei 100^ C. getrocknet ist, krystallisirt
znweilen bei gewöhnlicher Temperatur wasserfrei aus der Lösung; und
verliert bei 100^ C. nicht an Gewicht
Beide Salze sind abnorm, indem sie auf 2 Aeq. Säure 1 Aeq.
Kali und nur 2 Aeq. basisches Wasser enthalten.
Bernsteinsaurer Kalk, neutraler: l)2CaO.CgH4 0e-f-6Aq.
Wenn man zu einer Lösung von Chlorcalcium bei gewöhnlicher oder
1002 Bemsteinsaure Salze.
wenig höherer Temperatar eine Lösung von bemsteinsaarem Natnn
setzt, so bilden sich je nach «der Concentration der Lösong scbodkr
oder langsamer nadelfbrmige Krystalle, bleiben diese 24 Standen io
der Flüssigkeit, so verringern sie ihr Volumen, werden hart tmd die]&
aber haben noch dieselbe Zusammensetzung wie vorher. Dieses Kilk-
salz löst sich schwierig in Wasser und in Essigsäure, leichter in Ben-
steinsäure oder in Salz- und Salpetersäure. Bei 100<* C. ▼erlieit «
etwa '^/fi seines Wassers, das letzte ^e geht ernt über 1500 C. ?oD*
ständig fort. Bei der trockenen Destillation von neutralem Kalbab
Mldet sich ein dunkelbraunes Oel von unangenehmem Geruch, welche
bei wiederholter fractionirter Rectification ein bei 120^ C. Gbergehet-
ded dünnflüssiges farbloses Oel giebt, welches den unangenehmen Gf
ruch des rohen Destillats grösstentheils verloren hat. D 'Are et nsosie
es Succinon 0« ^^^ ^Ält es für möglich, dass es aus Bemstemsänre
unter Verlust von Kohlensäure entstanden sei. Bei der Unreinheit der
Substanz, die wahrscheinlich ein Gemenge ist, lässt sich nichts tiber
ihre Natur sagen.
2) 2 GaO . Cg H4 Oe + 2 H 0. Werden die Lösungen von berr
steinsaurem Natron und V4)n Chlorcalcium kochend gemengt, so afr
steht sogleich ein krystall inischer Niederschlag von der angeiahitei
Zusammensetzung. Schnell ausgewaschen und zwischen Papier ge-
trocknet, bleibt er auch bei 100® C. unverändert, erst gegen 200* C
verliert er 2 Aeq. Wasser. Im feuchten Zustande nimmt er baldWa^
ser auf, und geht in das vorige Salz über.
Bernsteinsaurer Kalk, saurer: CaO.HO .Cg)J4 O^-f ^^^
Wenn man eine Lösung von Bemsteinsaure auf feingepulverten Ibt
jnbr bei höchstens 50® bis 60® C. einwirken lässt, oder wenn das nes-
trale Kalksalz in verdünnter Salpetersäure in gelinder Wärme g^
wird, -so erhält man, besonders nach der ersten Weise, oft grosse, n«ti-.
förmige Krystalle von constanter Zusammensetzung. Das Salz ist bi
Wasser löslich, durch Erhitzen mit Wasser oder mit Weingeist wird ft
leicht zersetzt in neutrales Salz und in freie Säure.
Bernsteinsanres Kobaltoxydul ist ein pfirsichblothrotber
in Wasser etwas löslicher Niederschlag.
Bernsteinsaures Kupferoxyd: 2CuO.C8H4 0e. Man tn^
nach und nach frischgefalltes kohlensaures Kupferoxyd in eine siedeodt
wässerige Lösung von Bemsteinsaure, so dass diese in Ueberscbas^
bleibt. Das blaugrüne krystallinische Salz ist kaum in Wasser, selbs
nicht mit Hülfe von Bernsteinsäure, löslich; doch fällen die benstd»'
sauren Alkalien nicht die Kupferoxydsalze.
Bernsteinsanres Lithion: 2LiO.C8M40g. Das Salz bildtf
sich beim vollständigen Sättigen von wässeriger Bemsteinsanre vi
kohlensaurem Lithion und Verdampfen der Lösung Über Seh wefebssre.
Es bildet grosse durchsichtige glasglänzende Krystalle , die oft bii R
einem halben Zoll im Durchmesser haben. Es löst sich leicht in W&$-
ser, ist aber unlöslich in Alkohol und Aether.
Bemsteinsaure Magnesia, neutrale. Wird kohlenssoR
*) Bei der Elementaranalyse wurden 78,7 und 79,2 Kohlenstoff und 8,1 ac^
9,5 Wasserstoff erhalten, Zahlen, welche zu sehr differiren, um danadi eine rnpin-
sehe Formel berechnen zu können. (Annal. de chim. et de pbys. [2.] T. LVIQ-
p. 282.)
Bemsteinsaure Salze. 1003
Magnesia in wässeriger Bemsteinsäare bifl zur Sättigung gelöst, so er-
hält man eine neutrale Flüssigkeit, aus der beim Eindampfen oder bei •
längerem Stehen neutrales Magnesiasalz krystallisirt ; es ist leicht lös-
lich in Wasser; in der Znsammensetzung ist es sehr wechselnd, was
theils von der Concentration der Flüssigkeit, theils von unbekannten
Ursachen abhängt; zugleich zeigen die verschiedenen Salze auch sehr
abweichende Eigenschaften.
1) 2 Mg OvC8H40e + HO + 11 Aq. Es krystallisirt aus den ziemlich
concentrirten Flüssigkeiten in langen prismatischen, aber undeutlichen
Krjstallen, deren Grundform das Rhomboeder zu sein seheint; dieKry-
stalle sind ziemlich hart, werden an der Luft trübe, ohne an Crewicht
zu verlieren. Bei 100^ C. verlieren sie nur 11 Aeq. ihres Krystall-
wassers, das letzte Wasser geht erst bei 200<^C. fort.
2) 2 Mg O . Cg H4 Oß -|- 11 Aq. Aus einer sehr concentrirten Lö-
sung von bernsteinsaurer Magnesia bilden sich zuweilen erst nach eini-
gen TageQ diese Krystalle ; sie lösen sich langsamer in Wasser als das
vorige Salz und unterscheiden sich besonders auch durch ihre viel
^össere HUrte. Das Salz verwittert sehr langsam, und .wird dann zer-
reiblich. Nachdem es bei 100^ C. getrocknet ist, verliert es bei 200^0.
kein Wasser mehr.
3) 2 MgO . Cg H4 Oß 4- 2 H O -f 8 Aq. Aus einer ziemlich con-
centrirten Lösung hatte sich dieses Salz nach einigen Tagen als eine'
leicht zerbrechliche Kruste' abgeschieden, das Salz ist vollkommen luft-
beständig. Bei lOO^C. verliert es V^ seines Wassergehaltes, das letzte
1/5 geht erst bei 200« C. fort.
Basisch bernsteinsaure Magnesia: (i'M.gO ,Cg1i^Oß-^S¥lO,
Man versetzt eine Lösung von bemsteinnaurer Magnesia mit Ammoniak,
es bildet sich ein weisser pulveriger Niederschlag, der unlöslich in
Wasser und Weingeist ist , sich aber leicht in Säuren löst. Das Salz
verliert das Wasser erst bei 200® C.
Bernsteinsaures Magnesia-Kali: MgO . KO.CgH406 -f" ^ Aq.
Dieses Salz krystallisirt zuweilen aus einer Lösung von gleichen Mi-
schungflge Wichten von Magnesia- und Kalisalz; es krystallisirt in hexa-
s;onalen Doppel pyramiden, ist leicht in Wasser löslich, verändert sich
%n der Luft nicht, verliert sein Wasser aber bei lOO^C, und das trockene
Salz zieht begierig Feuchtigkeit aus der Luft an. — Es gelingt nicht
immer dieses Salz darzustellen.
Bernsteinsaures Manganoxydul: 2 MnO. CgK4 Oe 4- 8 Aq.
Man löst kohlensaures Manganoxydul in der Wärme in wässeriger
Bern Steinsäurelösung. Es bilden sich beim Verdampfen der Lösung
imethystrothe Krystalle des 1- und Igliedrigen Systems; sie sind leicht
öslich in Wasser, nicht in Weingeist, sie werden durch Erwärmen bei«
100® C. wasserfrei. ,
Bern stein saures Methyloxyd: Ci2HioO«=(2C2H3 0).C8H40ß.
Zur Darstellung dieser Verbindung löst man Bernsteinsänre in Holz-
^eist, und leitet durch die erwärmte Flüssigkeit Salzsäure; verjagt den
iTÖsfleren Theil der Salzsäure imWasierbade, trennt dann den Methyl-
ither durch Zusatz von Wasser, und reinigt ihn ähnlich wie beim bem-
(teinsauren Aethyloxyd angegeben ist. Bei gewöhnlicher Temperatur
st die Verbindung fest, krystallinisch , sie schmilzt bei -f- 20« C. ;
liese Flüssigkeit hat ein specif. Gewicht von 1,118, sie erstarrt etwas
inter 16« C, und siedet bei 198^0.; das specif. Gewicht des Dampfes
I^VM Benisteinsaure Salze.
tft fiJi'». «ii» TaAiifciiing tod Cis Hio Oi« auf 4 Volmnan entipnehcBi
fMr M<»tnvlittNir ist kaum in Wasser, leicht in Alkohol und Aetbs
If>.ltr4«. -Jit^ LAcktbreehongsvermögen des flössigen MethyloxydnlM
p.M «t^t^iBsaare. Moljbdänsäure. Beim - DigerireD von Mo-
)^H,MMMiir« nit Bemsteinsänre bildet sich eine klare Losang, uider
H««H '* ;niaaipfen sich gelbe Krystalle abscheiden«
ÜDrnsteinsauresNatron, neutrales: 2NaO.C8li4 0<-)-^^M
/i». .Sala wird wie das Kalisalz dargestellt, es bildet hanfig gröte«
\; ysoiille des 2« und 1 gliederigen Systems, rhombische Prismen oui
verschiedenen Combinationen. Sie sind meistens nur unvollständig toi*
^bildet) die fluchen zmn Theil gekrümmt, das Salz krystallisirt mm
lea in nadelförraigen Krystallen. Es verwittert an der Luft, ▼ertkrt
Heia Krystallwasser vollständig bei lOOoC, und löst sich leich in Was-
ser und wässerigem Weingeiste.
Bernsteinsaures Natron, saures: 1) NaO.HO . CgHiO^
^- 6 Aq. Das Salz wird wie das saure Kalisalz dargestellt. Die Kiv-
stalle sind monoklinometrisch, mit abgestumpften scharfen und 8tem|Ai
Seitenkanten, nach der Richtung der Hanptaxe meistens verkünt Da
Salz verwittert an der Luft, bei lOO^C. geht ftUes Krystallwasser fort;
es löst sich leicht in Wasser und Weingeist
2) NaO .80 . Cg H4 O^ + 4 Aq. Dieses Salz krystallisirt aw»
len aus der wie bei 1) dargestellten Lösung in verworrenen KrysUfr
massen, es verwittert nicht an der Luft.
3) NaO . KO.Cg H4 O«. Dieses Salz krystallisirt aus einer Lösaai
von dem sauren Sialz 1) in rhomboidischen Prismen, immer in ZwiSii-
gen. (Rammeisberg.) Die nähere Bedingung über die Bildung dir
ses wasserfrei krystallisirenden Salzes ist nicht angegeben.
Bernsteinsaures Nickelozydul: 2 NiO . C8ii4 O« -{- 8A4
Man löst frischgefölltes Nickeloxydulhydrat in wässeriger BernM'
säure in der Wärme; das Salz schiesst beim Verdampfen der Lonif
in undeutlichen grünen Krystallen an ; es ist löslich in Wuaer, a
Essigsäure und in Ammoniak, nicht in Weingeist Bei 130<^Cvi^
es wasserfrei.
Bernsteinsanres Qnecksilberoxyd. Bemsteinsaures Natov
fällt nicht das Quecksilberchlorid, aber das neutrale essigsaure OxjA
der Niederschlag ist weiss pulverig. Auch beim Abdampfen von essif
saurem Quecksilberoxyd mit freier Bemsteinsänre, oder beim Uigen-
reu von frisch gefälltem Oxyd mit dieser Säure, soll sich ein weiss«
unlösliches Salz bilden ; doch wird ein Theil des Oxyds dabei zn Oxf
dul reducirt
Aus einem Gemenge von Quecksilberchlorid mit bemsteinssnn«
Natron scheiden sich beim Verdampfen seidenglänzende Naddfl »^
wahrscheinlich eine Verbindung des Metallchlorids mit dem NatronMk*
Bernsteinsaures Quecksilberoxydul. 'Das salpetemnt
Quecksilberoxydul wird durch bemsteinsaure Alkalien weiss geOüb-
der Niederschlag enthält aber noch salpetersaures Salz beigemengt, ^
unlöslich in Wasser, aber löslich in freier Salpetersäure. Beim Fiiict
von salpetersaurem Quecksilberoxydul mit überschüssigem Natroofsl'
bildet sich beim Auswaschen des weissen Niederschlags ein mücliig«^
Filtrat) sobald alles bemsteinsaure Natron gelöst ist, und es bleibt <]sob
^Ibes basisches Salz zurück.
Bemsteinsaure Salze. 1005
Bernsteinsaares Silberoxyd: 2AgO.C8fi40e. Eine Lösung
fon Bemsteinsäare oder von bemsteinsauren Salzen fällt ans Silber-
lalzen weisses bemsteinsanres Silberoxyd; es ist wenig in Wasser, in
2!s8igsäare oder Bemsteinsaure, leichter in Salpetersäure oder in Am-
Doniak löslich. Es fUrbt sich bei löO^C. sehr stark. Das Infttrockene
$alz enthält kein Wasser.
Bernsteinsaurer Strontian: 2SrO . €8840«. Das wie das
iarytsak dargestellte Salz ist weiss, polyerig, schwer in Wasser, leich-
er in Säuren, selbst in Essigsäure und Bernsteinsäui;e löslich.
Bernsteinsaure Thonerde. Bemsteinsanres Natron fällt die
rhonerdesalze; der Niederschlag in überschüssiger Bemsteinsaure ge-
9st, soll eine krystallisirbare Verbindung geben.
Bemsteinsaure Thorerde. Ein weisses unlösliches Salz durch
)igeriren von Thorerdehydrat mit wässeriger Bemsteinsaure, 'oder
iurch Fällen der Thorerde^lze mit bernsteinsanrem Natron erhalten.
Bemsteinsanres Uranoxyd: 2ür}08 •C8H4 0e-|-MO-f~'^<l*
ian erhält dieses hellgelbe Salz, wenn man eine Lösung von 4 Thln. kiy-
tallisirtem sal|>etersauren Uranoxyd mit 1 Thl. gelöster Bemsteinsaure
ersetzt, zur Trockne verdampft, und mit wenig Wasser auswäscht.
)der man versetzt eine Lösung von salpetersaurem Uranoxyd mit einer
lÖsung von saurem bernsteinsauren Natron, ^eim Abdampfen scheidet
ich das Salz in schönen gelben Krystallen ab. Das bernstein saure Uran-
xyd ist gelb, in Wasser sehr wenig löslich, durch heisses Wasser wird
im Säure entzogen, in Alkohol ist es unlöslich. Es verliert 1 Aeq.
rasser erst bei 230» bis 240« C.
Bernsteinsaures Uranoxyd-Kali: 2(2Ur,Os.C8H4 0«)+2KO.
I8li4 0c-f-2fi0. Man stellt dieses Doppelsalz dar durch Abdampfen
on einer Lösung von salpetersaurem Uranoxyd, welche mit überschüs-
[gern neutralen bemsteinsauren Kali versetzt ist, es scheidet sich dann
[s ein hellgelbes schweres Salz aus, welches durch Auswaschen mit
Nasser oder besser mit Alkohol gereinigt wird.. Oder besser, man
illt salpetersaures Uranoxyd mit kaustischem Kali, wäscht den Nieder-
shlag «iemlich voUlständig aus, und vertheilt ihn noch feucht in einer
deong von überschüssiger Bemsteinsaure, beim Digeriren damit wird
ur Niederschlag zuerst gelatinös schleimig, dann dicht und hellgelb;
tan dampft dann sur Trockne ab , und wäscht mit warmem Alkohol
OS. Das Doppelsalz ist hellgelb, nicht krystallinisch, es ist nicht in
rasser löslich, wird aber durch längeres Auswaschen besonders mit
armem Wasser zersetzt, indem sich Kalisalz löst und ein basisches
ransalz zurückbleibt. Das Salz verliert erst bei 220<^ C. 2 Proc.
= 1 Aeq. Wasser.
Bernsteinsaures Uranoxyd-Natron: 2 (2 Ur^ Oj . Cg i}4 O«)
- 2 NaO.C8H4 0e + 2 HO. Es wird wie das Kalisalz am besten
IS Uranoxyd-Natron und Bemsteinsaure und Auswaschen mit Alkohol
irgestellt Es hat analoge Zusammensetzung und Eigenschaften wie
iB Kalisalz (Fehling.)
Wahrscheinlich bilden bernsteinsaurer Kalk und Baryt mit bera-
einsaurem Uranoxyd ähnliche Doppelsalze wie das ^li- und Na*
Bernsteinsaares Wismuthoxyd. Beim Digeriren von Bern-
einsänre mit Wismuthoxydhydrat soll sich ein unlösliches Salz bü-
m, ungleich aber etwas Metalloxyd in Lösung gehen.
•t^ k-rfisteiiu schwarzer. — Bernsteinschwefelsäure.
lientr^teinsaure Yttererde: 2YO.C8H40e -|- 8H0-f 4Aq.
iv*-tcs«eiikiaiires Natron fällt die nicht zu verdünnten Yttererdesalic;
mt Ni«Mtenchlag ist weiss und kryslallinisch, er löst sich wenig ia
wiuittui« Itticht in kochendem Wass«r. Das Salz verliert bei 100* C
^ Jueti« Wasser.
Bernsteinsanres Zinkoxjd: 2ZnO.G8fi40e. Man tragt ii
«ine sied«nde Losung von Bemsteinaanre Irisch gelalltes kohlenso-
ras Zinkoxjd langsam ein, doch wie beim Kupfersalz mit der Vorsieht,
dass Saure öberschQssig bleibt. £s bildet sich dann ein wasserfnitf
Salz, schwer löslich in Wasser und in Bemsteinsänre, doch leicht löi-
lieh in Essigsaure und verdünnten fiineralsäuren.
Bernsteinsaures Zinnoxyd. Ein weisser unlöslicher Niede^
schlag.
Bernsteinsaures ZinnoxjduL Ein unlösliches Salz, welcke
beim Fällen des neutralen Zinnoxydulsalz^ mit bemsteinsanrem Al-
kali, wie beim Digeriren von Zinnoxydulhydrat mit Bernstein Bümre sA
bilden soll.
Bernsteinsaure Zirkonerde. Weisses unlöslicli0s Salz dorck
Fällen von Zirkonerdesalz mit bemsteinsanrem AlkalL ik
Bernstein, schwarzer. So wird zuweilen nnpassendtf
Weise eine schwarze muschelige Braunkohle bezeichnet, die sich vv
Bernstein- verarbeiten lasst, aber sonst in keiner Beziehung zu deinM^
ben steht.
Bernsteinschwefelsäure, Bemsteinunterschwefel-
Bänre^Sulfobernsteinsäure. Doppelsänre aus Schwefelsäure nndBen-
Bteinsäure sich bildend, vonFehlingO entdeckt und (1841) beschriebei-
Die empirische Formel des Hydrats ist wahrscheinlich im trockenen la-
Stande Cstfe ^ ^14 ^ ^® krystallisirte Säure enthält, wie es scheint, 4 At^.
Wasser. Man kann die Säure als eine gepaarte Schwefelsäure, oder tk
Unterschwefelsäure enthaltend betrachten. Nach Fehl in g ist die Siort
.wahrscheinlich eine vierbasische, und ihre Formel 4i}0 . Cg H^ O4 . SsO;;
wenn die Bemsteinsäure zweibasisch ist, so ist diese Doppelsänre dro"
basisch und ihre Formel dann dtfO.CgtfsOs.SsOe, und im kryita&
sirten Zustande 3 HO . CaH, Oft.SsOe + 4 aq. Nach der Gtr-
hardt'schen Bezeichnung ist die trockene Säure ^ ' ' ll*t^* "^
Cg(H,. 8,04)04*0
Die Bernsteinschwefelsäure bildet sich durch Zusamroentret^i ^
Elemente von Bernsteinsäurehydrat mit wasserfreier Schw^elsiBR
unter Abscheidnng der Elemente von 1 Aeq. Wasser, welches als Uydni-
Wasser mit der neu entstandenen Säure verbunden bleibt:
• 2»O^Cgg4Q6 + 2S08 = SHO.CeHaO&^O^
Bernsteinsäure Bernsteinschwefelsäure.
Zur Darstellung von Bernsteinschwefelsäure leitet man Dämpfe
von wasserfreier Schwefelsäure in einen Kolben, in welchem trockeae
oder wasserfreie Bemsteinsäure enthalten ist Es ist nothwendig, do
Kolben gehörig abzukühlen, da die Absorption unter bedeutender Wärme-
KniuA, d. Obern, a. Pharm. BcL XXX VIU, S. 285; Bd. XUX» S. SOS.
Bemsteinschwefelsaure Salze. 1007
»ntwickeloBg vor sich geht. Die Bemsteinftanre löst sich und verwan-
lelt sich in eine braune, zähe, durchsichtige Masse, ohne dass, bei An-
wendung von reiner Bernsteinsäure, schweflige Säure frei wird. Enthält
lie Bemsteinsänre eropjreumatisches Gel, so wird allerdings schweflige
>äure gebildet und die Masse wird fast^ganz * schwarz und undurch-
ichtig. Beim Verdfinnen der Masse mit Wasser scheidet sich häufig
ler grösste Theil der Bemsteinsänre wieder unverändert ab; man ver-
lindert dies entweder durch 24sttindiges Stehenlassen bei gewöhnlicher
remperatur oder durch Erwärmen der Masse auf 40^ bis 50^ C.
Der Auflöung setzt man, zur Entfernung der freien Schwefelsäure,
lohlensauren Bar3rt oder kohlensaures Bleioxyd zu, bis die Flüssigkeit
/hlorbarium oder salpetersauren Baryt nicht mehr fällt, schlägt das
^iltrat mit essigsaurem Baryt oder Bleioxyd nieder und zerlegt das reine
iarytsalz durch verdünnte Schwefelsäure (wobei man jeden Ueberschnss
ler letzteren sorgfältig vermeidet) oder das wohlausgewaschene Blei-
alz mittelst Schwefelwasserstoff. Man kann auch die Flüssigkeit nach
Lbscheidung der freien Schwefelsäure vor dem Fällen des bernst^in-
cbwefelsauren Salzes zuerst nahezu mit Ammoniak neutralisiren ; bei
er Darstellung des Bleisalzes muss die Flüssigkeil jedoch immer
twas sauer bleiben, um etwa noch unzersetzte Bemsteinsänre aufgelöst
u halten.,
Durch Verdampfen des farblosen, die freie 'Säure enthaltenden Fil-
rats im luftleeren Baume (nicht im Wasserbade) erhält man einen Sy-
sp, aus dem sich die Bemsteinunterschwefelsäure nach und nach in
warzenförmigen, nicht völlig trocken zu erhaltenden, aus der Luft schnell
euchtigkeit anziehenden Erystallen abscheidet, welche nach einer Be-
immung annähernd 4 Aeq. Erystallwasser enthalten.
Die Bemsteinschwefelsaure löst sich sehr leicht in Wassser und
ilkohol, schmeckt stark sauer, verbreitet beim Erhitzen nicht die er-
ickenden Dämpfe der Bemsteinsänre und zersetzt sich unter Rück-
kssung einer schwer verbrennlichen Kohle. Beim Erhitzen inwässeri*
er concentrirter« Lösung wird sie zerlegt. Fe*
Bemsteinschwefelsaure Salze, Bemsteinunter-
shwefelsaure oder sulfobernsteinsaure Salze^). DieBemstein-
(hwefelsäure ist eine starke Säure, sie neutralisirt die Basen vollständig
üd zersetzt die kohlensauren wie die essigsauren Salze. Die Säure ver-
endet sich mit 1, 2, 3 oder 4 Aeq. Metalloxyd RO; wird die Säure wie
B'wohnlich als eine dreibasische angesehen, so sind diese Salze: drei-
kchsaure = (R0.2HO)C8H8 06.S2 0e; anderthalbfach-saure
t(2RO.HO)C8H8 05.S,06; neutrale rrrSRO.ÖgHsOß.SjOG, und
Mische 8RO.CgK3O5.S9Oe -f- RO; diese Bezeichnungsweiae ist als
e gewöhnliche hier gebraucht Wird die Säure, nach Fehlin g, als
erbasisch betrachtet, so sind die Salze: nRO 4-^1(0 C8H2O4.S2O62).
ur von den Bleisnizen ist bis jetzt ein mit 4 Aeq. FbO. bekannt, alle
ideren Salze enthalten 1, 2 oder 3 Aeq. Oxyde.
Die Bernsteinsäure bildet mit den Alkalien saure und neutrale
ilze, beide löslich; die freie Säure fallt die essigsauren Salze von Ba-
t, Bleioxyd und Silberoxyd, aber nicht deren Salpetersäure Salze ; die
*) Literatur, s. bei Bemsteinschwefelsaure — *) n-)-x = 4; x = 0
er = 1 oder 2 oder 8.
1006 Bernstein, schwarzer. — Bemsteinsch^^'
BernsteinBaure Yttererde: 2YO.C8H4r/ J«\«ta*ftTenV«f
Bernsteinsaures Natron fällt die nicht zu verf . . icht die Salze t«
der Niederschlag ist weiss und krystallinise*// " obaltoxydnl. D»&
kaltem, leicht in kochendem Wasser. I> <* ' eie BernsteinBchwty^
4 Aeq. Wasser. ' ; ' ^llt werden, so kaniuli^
Bernsteinsaures Zinkoxyd: ^^ / .nigt werden. Die ba&
eine siedende Lösung von Bemstei*^ ^eiin Glühen ein Gemeof
res Zinkoxyd langsam ein, doch wi«* < AlkalL
dass Säure überschüssig bleibt. Ammoninmoxyd, S^^B^O
Salz, schwer löslich in Wasser ^elinder Wärme getrocknet). Di
lieh in Essigsäure und verdün' .updlcke Auflösung der S&ore nt
Bernsteinsaures Zi' ^ebracht nnd dann noch l&ngere Ze
schlag. ausgesetzt wird, als eine feste, kijitii
Bernsteinsaures .de, die im Vacuum ganz trocken wird id
beim Fällen des neutrr .uon annimmt
kali, wie beim Diger* .^felsaurer Baryt, SBaO. CsMsO5.S)0((hi
bilden soll. . Pas Salz wird dargestellt durch FäilnngTonesBr
Bernsteins .ittitr Bemsteinschwefelsänre, oder von Chloibui*
Fällen von Zirk . If^m Baryt mittelst eines neutralen bemsteinsehTeSi^
o . '^fo^ noch feuchte Salz ist nur in einem grossen üeb»
^^ . . /;C,>saure, dagegen leicht in Salzsäure oder Salpete»0
Weise eine ^ . > **
Bernstein r\ ^^^j^\g^ i5gt «ich in freier Bemsteinschwefelsäure; bebA^
ben steh .-^»^ w(xtwi Lösung im Vacuum bilden sich KrystaUe, flk^
r ^y^ f OD dreifach-saurem Salz.
San* ^^«^fflsteinschwefelsaures Bleiozyd 1) 3PbO.CgH3Os.StOi
ste' .^(\r ^^ i^^^ ^^^ nieder, wenn die freie Bemsteinschwefehioi^
D' f ^ ^1 ^®^ Darstellung der Säure nach dem Abscheiden der&öa
p «^^e/elsäure mit kohlensaurem Blei erhalten ist, mit neutralem eflf
j^n Blei versetzt wird. Das Salz ist weiss oder etwas gelblidi*
^ch in Wasser, leicht löslich in Salpetersäure und Über8chii8a|i
d^rosteinschwefelsäure , sowie in Salzsäure bei Zusatz von Wusei.«
05t sich nicht in Essigsäure, besonders wenn es vorher getrocknet wai,ü
[^id dann aber Ammoniak zugesetzt wird, erhält man eine klare LoflEj
^ 2) 4PbO.C8H2O4.SaOe + 4Aq. oder 4PbO.C8H,0|.S,(l
-l- 4 Aq. (?). Das Salz bildet sich beim Fällen mit neutralem essigwflifl
Blei, wenn die freiei Säure zuerst nahezu oder ganz mit AmiDooii
oder einem anderen Alkali neutralisirt war. Wird das Kalisalz mit 3 A<
Kali zuerst mit Ammoniak bis zur neutralen Beaction versetzt» dann dort
essigsaures Blei ge&llt, so ist die über dem Niederschlage des Sib
mit 4 Pb O stehende Flüssigkeit deutlich sauer.
Dieses Salz verhält sich im Wesentlichen wie das vorige, e^^«
liert schon anter 100^ C. alles Wasser. Essigsäure entzieht den troc^
nen Salz beim Kochen 1 Aeq. Bleioxyd und hinterlasst du vonj
Salz. Nach Fehling ist das Salz ein neutrales, da es aus fiD
neutralen oder selbst noch sauren Flüssigkeit auf Zusatz von neatnl«
essigsauren Blei niederfallt; getrocknet hat es die Formel iPbO
C8M3O4.S2O6; danach wäre die Bernsteinschwefelsäure überhaupt eil
vierbasische Säure, und die wasserfreie Säure =CgH<|04.SfOc. Be'
zelins »und Gerhardt halten das Salz für ein basisches undodUBd
seine Zusammensetzung in trockenem Zu0lande =r 3 PbO . CjtHjOjS}^'
'-PbO; diese Formel passt jedenfalls weniger zu den gefundenen Zs^
> ' Bemsteinschwefekaure Salze. 1009
%L andere, besonders ist danach der bei zahlreichen Versuchen
^1^ ^'oxydgehalt immer um mehr als 1 Proc. zu hoch^), wäh-
^^ schwach sauren Flüssigkeit doch keine Einmengung
f£ '^isch-essigstturem Bleioxyd annehmen kann. Wei-
^ ^ "ären hier von Interesse.
("^Hi^^^ 1 saures Kali. Wird die freie Säure noit
"^4^%!/%^^. //^ . ^ersetzt, dass die Flüssigkeit neutral oder
^^^<^ •^- ^^^ ' jißht die im Vacuum zur Syrupsconsistenz
^ *S> ^^ ^v ^^ *' Stehen über Schwefelsäure nach einigen
^%y %/ ^A^iu ^^^ zerfliessende Exystalle von einem Salze,
^ ^^ ^ T> * -Ä.eq. Kali enthält
^J*^V*^V^4 ü.lz : 3 KO . Cg Hs Oß . SjOe + 5 Aq. Wird der con-
' . %^ j^en neutralen Lauge noch etwas freie Säure hinzu-
- '' ^ * t sie zu einem krystallinischen Brei, aus welchem beim
jn sich reines Salz mit 3 Aeq. Kali abscheidet. Das Salz zieht
icigkeit aus der Luft an, ohne aber zu zerfliessen; in abso-
^ohol ist es so gut wie unlöslich, in 80procentigem Weingeist
jig, in Wasser leichtlöslich; die wässerige Lösang reagirt schwach
i*. Es enthält 5 Aeq. Wasser, von denen 2 Aeq. im Vacuum über
ohwefelsäure, 3 weitere aber bei 100^ C. ausgetrieben werden können.
Anderthalbfach-saures Sal2: (2K0.H0) .CsHsOs.SjO«
'\' 4 Aq. Dieses Salz bildet sich, wenn der Lösung des vorigen
Salzes noch Säure zugesetzt wird. Das Salz krystallisirt leichter, als
das neutrale Salz, zieht nicht Feuchtigkeit an der Luft an, es löst sich
leicht schon in kaltem Wasser, in jeder Menge beim Sieden. Im Va-
cnam verliert es 1 Aeq. Wasser, in gelinder Wärme ein zweites Aequi-
valent,bei lOO^C. getrocknet, ist es wasserfrei. Beim Glühen des trocke-
nffli Salzes im Tiegel hinterlässt es ein Gemenge von schwefelsaurem
und schwefligsanrem Kali.
Bernsteinschwefelsaurer Kalk: (2CaO.HO).Q8fi[8*05.S3 0«
(bei 100<^ C. getrocknet). Gepulverter Marmor löst sich leicht in der
wässerigen Bemsteinschwefelsäure, doch bleibt die Flüssigkeit auch bei
Ueberschüss von Kalkcarbonat sauer. Beim Abdampfen bleibt das Salz
snrück; es lässt sich nicht krystallisiren, löst sich leicht in Wasser, ist
aber unlöslich in gewöhnlichem Alkohol.
Bernstein schwefelsaure Magnesia lässt sich wie das Kalk-
salz darstellen, das Salz ist leicht löslich, aber nicht krystallisirbar.
Bernsteinschwefelsaures Natron lässt sich aus dem Baryt-
salz durch Zersetzen mit schwefelsaurem Natron und Behandeln
der trockenen Salzmasse mit Weingeist darstellen. Es kiystallisirt
schwieriger als das Kalisalz,* ist leicht löslich in Wasser und in ge-
wöhnlichem Weingeist.
Bernsteinschwefelsaures Silberoxyd. Eine Lösung von
lalpetersaurero Silberoxyd wird von Bemsteinschwefelsäure erst bei Zu-
satz von Ammoniak gefallt, der Niederschlag ist weiss; beim Auswa-
^) Der nach jeder der Fonneln rieh bereehnende Gkhalt an Kohlenfttoff und
Wasserstoff (7,9 und 7,8 Kohlenstoff, 0,83 und 0,48 Wasserstoff) differirt nicht so be-
deutend, dass die Klementaranalyse hier bestimmte Entscheidung giebt; dagegen ist der
Oehalt an Bleioxyd um mehr aU 1 Proc. verschieden (72,8 und 78,4 Proc.), die
Bestimmungsmethode aU schwefelsaures Bleiozyd macht aber eine grössere Genauig-
keit möglieh; die untersuchten Salze enthielten immer zwiacheu 78,0 und 78,1 Biet-
oxyd; B. Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd XLDC, S. 208.
Bandwftrterbach der Chemie. 2te Aufl. Bd. II. 64
1008 Bernsteinschwefelsaure Salze.
neutralen bemsteinschwefelBanren Alkalien fallen anch die letitereo Ye^
bindnngen von Blei- und Silbersalz, aber sie fällen nicht die Sab« tob
Kanganoxydol, Kupferozyd, Eisen-, Nickel- und Kobaltoxydnl Dsdie
essigsauren Sake von Baryt oder Bleioxjd durch freie BemsteinsdiweCä*
s&nre, aber nicht durch freie Bemsteinsaure gefallt werden, so kann du
erstere dadurch von der letzteren leicht gereinigt werden. Die ben-
Bteinschwefelsanren Alkalien hinterlassen beim Glühen ein Gremenft
von schwefelsaurem und schwefligsaurem Alkali
Bernsteinschwefelsaures Ammoniumoxyd, 3NH(0.
C^HgOs.SsOe 4~ ^ ^^' (wenn in gelinder Wärme getrocknet). Du
Salz erhält man, wenn eine syrupdicke Auflösung der Säore unter
eine Glocke mit Ammoniak, gebracht nnd dann noch längere Zdt
der Einwirkung des Gases ausgesetzt wird, als eine feste, irjttiHr
linische, fast trockene Masse, die im Vacuum ganz trocken wirdasd
eine schwach saure Beaction annimmt
Bernsteinschwefelsaurer Baryt, SBaO. CBH^Os.SiOe (bei
100<^C. getrocknet). Das Salz wird dargestellt durch Fällung von eaiif
saurem Baryt mit freier Bernsteinschwefelsaure, oder von ChlorhariBS
oder salpetersaurem Baryt mittelst eines neutralen bemsteinschweM-
sauren Alkalis. Das noch feuchte Salz ist nur in einem grossen Uebtf-
schuss von Essigsaure, dagegen leicht in Salzsäure oder Salpeternon
löslich.
Das Barytsalz löst sich in freier Bernsteinschwefelsaure; beim Ab-
dampfen der sauren Lösung im Vacuum bilden sich Krystalle, wib
scheinlich von dreifach-saurem Salz.
Bernsteinschwefelsaures Bleioxyd 1) SPbO.CsHsOs.SiQt
-^ 3 Aq. Das Salz fallt nieder, wenn die freie Bemsteinschwefebian
wie sie bei der Darstellung der Säure nach dem Abscheiden der freiei
Schwefelsäure mit kohlensaurem Blei erhalten ist, mit neutralem eaf-
sauren Blei versetzt wird. Das Salz ist weiss oder etwas gelblich, n^
löslich in Wasser, leicht löslich in Salpetersäure nnd übersch&si^
Bernsteinschwefelsaure, sowie in Salzsäure bei Zusatz von Watf^te*
löst sich nicht in Essigsäure, besonders wenn es vorher getrocknet wv^i^
bald dann aber Ammohiak zugesetzt wird, erhält man eine klare L5si&{'
2) 4PbO.C8H8O4.SjOe -f 4Aq. oder 4PbO.C8H«0,.S,ft
-|- 4 Aq. (?). Das Salz bildet sich beim Fällen mit neutralem essigsaures
Blei, wenn die freie. Säure zuerst nahezu oder ganz mit Anunooii^
oder einem anderen Alkali neutralisirt war. Wird das Kalisalz mit 3 Ae>Y
Kali zuerst mit Ammoniak bis zur neutralen Beaction versetzt, dannduK^
essigsaures Blei gefallt, so ist die über dem Niederschlage des Sftl^
mit 4 PbO stehende Flüssigkeit deutlich sauer.
Dieses Salz verhält sich im Wesentlichen wie das vorige, e^ "^
liert schon anter 100^ C. alles Wasser. Essigsäure entzieht dem tTock^
nen Salz beim Kochen 1 Aeq. Bleioxyd und hinterlässt daä vorige
Salz. Nach Fehling ist das Salz ein neutrales, da es aus einer
neutralen oder selbst noch sauren Flüssigkeit auf Zusatz von neatrale«
essigsauren Blei niederfallt; getrocknet hat es die Formel 4 PbO<
C8H3 04.S2 0e; danach wäre die Bernsteinschwefelsaure überhaupt eis«
vierbasische Säure, und die wasserfreie Säure =CgH9O4.S|0f Ber*
zelius «und Gerhardt halten das Salz fär ein basisches und nehoid
seine Zusammensetzung in trockenem Zustande = 3 Pb O . Cg H3 Oj .Sj 0,
--j-PbO; diese Formel passt jedenfalls weniger zu den gefundenen Zsi^
" Bernstemschwefebaure Salze. 1009
len als die andere, besonders ist danach der bei zahbreichen Versuchen
gefundene Bieioxydgehalt immer um mehr als 1 Proc. zu hoch^), wäh-
rend man in der schwach sauren Flüssigkeit doch keine Einmengung
von Bleioxyd oder basisch-essigsaurem Bleiozyd annehmen kann« Wei-
tere Untersuchungen wären hier von Interesse.
BernBteinschwefelsaures KalL Wird die freie Säure mit
so viel kohlensaurem Kali versetzt, dass die Flüssigkeit neutral oder
schwach alkalisch reagirt, so giebt die im V acuum zur Syrupsconsistenz
abgedampfte Flüssigkeit beim Stehen über Schwefelsäure nach einigen
Tagen wenige und sehr leicht zerfliessende Krystalle von einem Salze,
welches wahrscheinlich 4 Aeq. Kali enthält
3) Neutrales Salz: SKO.CgHsOj.SjOe + ö Aq. Wird der con-
centrirten syrupartigeu neutralen Lauge noch etwas freie Säure hinzu-
gefügt, so erstarrt sie zu einem krystallinischen Brei, aus welchem beim
Umkrystallisiren sich reines Salz mit 3 Aeq. Kali abscheidet Das Salz zieht
leicht Feuchtigkeit aus der Lufl an, ohne aber zu zerfliessen; in abso-
lutem Alkohol ist es so gut wie unlöslich, in 80procentigem Weingeist
nur wenig, in Wasser leicht löslich ; die wässerige Lösang reagirt schwach
sauer. Es enthält 5 Aeq. Wasser, von denen 2 Aeq. im Yacuum über
Schwefelsäure, 3 weitere aber bei 100^ C. ausgetrieben werden können.
Anderthalbfach -saures 8al2: (2E0.H0) .CsHsOs.SjO«
-f- 4 Aq. Dieses Salz bildet sich, wenn der Lösung des vorigen
Salzes noch Säure zugesetzt wird. Das Salz krystallisirt leichter, als
das neutrale Salz, zieht nicht Feuchtigkeit an der Luft an, es löst sich
leicht schon in kaltem Wasser, in jeder Menge beim Sieden. Im Ya-
cuum verliert es 1 Aeq. Wasser, in gelinder Wärme ein zweites Aequi-
valent,bei 100^ C. getrocknet, ist es wasserfrei. Beim Glühen des trocke-
nen Salzes im Tiegel hinterlässt es ein Gemenge von schwefelsaurem
und schwefligsaurem Kali.
Bernsteinschwefelsaurer Kalk: (2GaO.HO).CsH,'05.S3 0c
(bei 100<^ C. getrocknet). Gepulverter Marmor löst sich leicht in der
wässerigen Bemsteinschwefelsäure, doch bleibt die Flüssigkeit auch bei
Ueberschüss von Kalkcarbonat sauer. Beim Abdampfen bleibt das Salz
zurück; es lässt sich nicht krystallisiren, löst sich leicht in Wasser, ist
aber unlöslich in gewöhnlichem Alkohol.
Bemsteinschwefelsäure Magnesia lässt sich wie das Kalk-
salz darstellen, das Salz ist leicht löslich, aber nicht krystallisirbar.
Bernsteinschwefelsaures Natron lässt sich aus dem Baryt-
salz durch Zersetzen mit schwefelsaurem Natron und Behandeln
der trockenen Salzmasse mit Weingeist darstellen. Es kiystallisirt
schwieriger als das Kalisalz,- ist leicht löslich in Wasser und in ge-
wdlmUchem Weingeist.
Bernsteinschwefelsaures Silberoxyd. Eine Lösung von
salpetersaurem Silberoxyd wird von Bemsteinschwefelsäure erst bei Zu-
aatz* von Ammoniak gefallt, der Niederschlag ist weiss; beim Auswa-
^) Der nach jeder der Formeln sich berechnende (behalt an Kohlenstoff nnd
Waaserstoff (7,9 and 7,8 Kohlenstoff, 0,38 nnd 0,48 Wasserstoff) differirt nicht so be-
deutend, dass die Klementaranalyse hier bestimmte Entscheidung giebt; dagegen ist der
Qehalt an Bleioxyd am mehr als 1 Proo. verschieden (72,8 nnd 78,4 Proc), die
Bestimmnngsmethode als schwefelsaares Bleiozyd macht aber eine grössere Genauig-
keit möglich; die untersacUten Salze enthielten immer zwischen 78,0 Und 78,1 Blei-
01^; 8. Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd XLDC, S. 208.
Hand Wörtarbach der Chemie. 2te Aufl. Bd. II. 64
1010 ^ Bemsteinspiritus. — Berthierit.
sehen wird er zersetzt, indem er sich dunkelgrün färbt; der Gebilt la
SUberoxyd in diesem zersetzten Salz wechselt Fi
Bemsteinspiritus hat man die bei der trockenen Destü-
lation von Bernstein neben dem Oel Übergehende Essigsäure, Bernstem-
säure, brenzliches Oel u. s. w. enthidtende Flüssigkeit genannt.
Bert hier in. lieber diese von Beudant als Species aoige
stellte Substanz, welche, nach seiner Angabe, kleine Kom^ bildet, dk
sich im Aeusseren oft nicht von solchen des Brauneisenerzes oder des
Eisenspathes unterscheiden , lässt sich nicht mit Bestimmtheit entackö-
den, ob es eine eigene Species oder ein Gemenge ist Berthier namlici
fand 48,5 Proc. Berthierin im Gemenge mit 11,0 Proc. kohlenssoren
Kalk und 40,3 Proc. kohlensaurem Eisenoxydul, und für denBerthiem
selbst 12,4 Kieselsäure, 74,7 Eisenoxydul, 7,8 Thonerde, 5,1 Wasser.
Ein eben so benanntes Mineral von Hayanges bei Metz von graaliek
grüner oder leberbrauner Farbe mit gelbem Striche zeigte sich, nnttf
der Loupe betrachtet, als ein ooUthisches Gestein, wo eine gränHebe
amorphe Grundmasse zahllose, kleine, plattgedrückte Nierchen tu
Brauneisenerz enthält, die zerdrückt den Strich der ganzen Masse gdb
erscheinen lassen. Das Cement ist in Schwefelsaure löslich. Die UeioeB
Nierchen enthalten im Inneren gelben Eisenocher. Das beigemengte Gv*
bonat, an sich nicht sichtbar, war nicht von Bedeutung, da das ai^glifib
bemerkbare Brausen mit Salzsäure bald fast ganz auf horte und mehr aif
Kosten des lockeren Zustandes und der hinausgetriebenen Luft kommtf die
Stückchen auch in dieser Säure nicht zerfallen. Auch das Verhslteo
beim Glühen zeigte, dass die Kömer Brauneisenerz sind i). K.
Berthierit, Haidingerit, ein von W. Haidinger nachte
französischen Chemiker Berthier benanntes, bei ChaceUee in der ii-
vergne in Frankreich auf einem Grange im Gneiss vorkommendee IGnenL
welches krystallinisch stengelig abgesonderte derbe Partien bildet naä
, nach mehreren Richtungen undentHche Blätterdurchg&oge zeigt Ei i^
eisenschwarz oder dunkel stahlgrau, metallisoh glänzend, ondorchsicfatigi
Härte = 2,0 bis 8,0, specif. Gewicht = 4,284. Yor dem Löthrokf
auf Kohle leicht schmelzbar, Antimonrauch und Beschlag gebend v^
eine schwarze, magnetische Schlacke hinterlassend. In Salzsäure to^*
lösHch, leichter in Salpetersalzsäure. Aus der Analyse von Berthier*]
ergiebt sich die Formel 8FeS.2SbS8. Aehnliehe VeibindungeB
haben sich auch an anderen Orten gefunden und da ihre EigenschsiU>
wenig abweichend sind, so hat man sie bis jetzt gleichfalls Berthifiit
genannt, was jedoch eigentlich falsch ist, weil die Zusammensetsmi
abweicht. So entspricht das von der Grube Martouret, unweit Chsscl-
les, nach Berthier's Analyse der Formel SFeS.iSbSs, ^ ^^
Anglar, im Departement de la Creuse, nach desselben Analyse der Ftf-
mel Fe S .Sb Ss • Dem letzteren nlUiert sich ein ähnliches Mineral ▼«>
der Grube Neue Hofihung Gottes zu Bräunsdorf in Sachsen*) welchtf«
nach Bammelsberg^)y wenig abweicht und mangenhaltig ist. Nscb
einer Analyse C. v. Haue r's ^) kommt es der zweiten Formel am nachataB-
») Kenngott's üebersicht 1868, S. 186. — *) Ann»l. de chim. et de pbjfc [t]
T. XXXV, p. 861. — *) Erdmaan's u. Schweigger-Seid. Joura. Bd. IV, 8. «79.-
*y Pogg. Aanftl. Bd. XL, S. 168. - *) KenngoU'a üebersicht 1S68, S. lU.
BerthoUetia excelsa. — Bertramwurzel. 1011
»
Laoh J. ▼. Petiko^) analysirie einen Berthierit von Aranjidka inOber-
rngarn und stellte die Formel Fe S . Sb Sg auf. Ein anderem v<5h La-
lye im Departement des Niederrheines nähert sich, nach A«Danbr^e>),
ADD von Anglar. R.
BerthoUetia excelsa, ein hoher in Brasilien einheimi-
cherBaam, zu der Lecythideae gehörig, dessen grosse runde vierfache-
igen -Früchte eine. 3 bis 5 Zoll dicke Samenkapsel bilden, die 16 bis
10 Kerne, die brasilianischen Kastanien oder Paranüsse, enthal-
en. Diese sind 1 Zoll lang, zeigen eine unregelmässige dreiseitige
Gestalt, und enthalten in einer wenig dicken holzigen Schale einen
reissen mit einer bräunlichen Substanz bedeckten Kern. In dem Kern
Lüdet sich neben wenig Zucker und Gummi 50 Proc. fettes Oel, blass-
;elb, geruchlos, bei 0<^ erstarrend, es enthält Stearin, Palmitin und
Slain (Caldwelis). Fe.
BerthoUimeter ward Berthollet zu Ehren der Apparat ge-
launt, welcher diente, die Stärke einer Chlorlosung mittelst titrirter
iidigolösung in einem graduirten Glasrohr zu bestimmen.
Bertram Wurzel, Badix pyretkri^ von Änthemia Fyrethrum L.
Familie der Compositae. Diese Wurzel enthält nach John:
Flüchtiges, fast geruchloses Oel u. Camphor Spur
Scharfes, weiches Harz 1,1
Bitteres Extract 11,1
Gummi 20,0
Inulin 40,0
Holz mit etwas in Kali löslicher Substanz . . 25,0
Wasser, einige Salze und Verlust 2,8*
Gautier fand darin neben einer Spur flüchtiges Oel:
Weiche, fett- oder harzartige Substanz ... 6
Extractartigen Farbstoff 14
Gummi -11
Inulin 38
Holzfaser 36
Chlorcalcium, Verlust 2.
Nach Koene's Analyse enthält die Bertram wurzel:
Braune, harzartige, in Aetzkali unlösl. Substanz 0,9
Dunkelbraunes, scharfes, in Kali lösliches Oel . 1,6
Gelbes, in Kali lösliches Oel 0,3
Gummi ^i4
Inulin 57,6
Salze 7,6
Pflanzenfaser 19)8
Spuren von Gerbsäure jnd Verlust .... 2,6. •
Die Bertramwurzel ist bekannt wegen ihrer Schärfe, in Folge
deren sie stark speichelerregend wirkt. Diese Wirkung wird, nach
Koene, von der braunen, harzähnlichen Substanz hervorgebracht, di«
in Wasser unlöslich, in Aether and starkem Alkohol aber löslich ist.
^)Ebeiid. 1844 bis 1849, S. SS6 — *) Ebeodaselbst 1852, S. 106.
') Axmftl. d. Cbem. a. Pharm. Bd. XCYUI, S. 120.
64*
1012 Beryll. — Beryllium.
Parisers Pyrethrin oder Bertramwarzelharz ist ein Geraäifi
dieses Körpers mit den beiden Oelen. Wp.
Beryll (Smaragd, Aquamarin, dirhomboedriseherSofr
ragd, Emerande, Emerald) heisst als Mineralspecies das heiagosa]
krystallisirende Beryll-Thonerde-Siiicat, welches vorherrschend prijna&
sehe Gestalten durch oo P, zum Theil mit ooP2 bildet, deren Esdei
meist die Basisflächen zeigen. Oft ist daran auch die hexagonalePyniofiii
mit den Endkanten = 1 51 o 5'und mit den Seitenkanten = 59« 53' und Bod
andere untergeordnete Gestalten. Die Prismenflächen sind oft verticalg«
streift. Die Krystalle sind aufgewachsen, eingewachsen oder zu stenglifä
Aggregaten verwachsen, sie sind ziemlich deutlich spaltbar, parallel ol
der Bruch ist muschelig bis uneben. Die gewöhnlichste Farbe ist &
grüne, die bei einer Yarität smaragdgrün durch etwas Chromoxyd, »tt
durch Eisenoxyd bedingt wird und dann gelb- bis blangrfin ist, tä
finden sich Berylle gelb , blau , rosenroth oder farblos. Der GUm '^
glasartig, die Durchsichtigkeit in höheren Graden vorherrschend, fl
Theil durch zahlreiche Bisse und Sprünge verkümmert, bis herab sa
Durchscheinen an den Kanten; Strich weiss, spröde, Härte = 7,5 biaR^
specif. Gewicht = 2,67 bis 2,7 6 . Die Zudammensetzong entspricht der Fot
mel Be) O3 . 2 Si Og -f" ^^ Og • 2 Si Og. L e wy ^) fand ausserdem 0,1 ?t»
organische Substanz, wahrscheinlich im Kohlen wasserstofi^. Vor dentis
röhre für sich schwer schmelzbar, an den Kanten zu trübem blasigen Glüt
mit Borax zu klarem Glase, mit Phosphorsalz kein Kieselskelett g^
in Säuren unlöslich. Als Varietät unterscheidet man den Smaragd««
gen seiner smaragdgrünen Farbe von anderen, die nicht durch Chr^
oxyd gefärbt sind, unter denen die blaugrünen Aquamarine httsa
Undurchsichtige oder vielmehr an den Kanten durchscheinende Ber;^
von unreinen Farben sind oft ziemlich gross, so die von Langenbieis
in Schlesien, Limoges in Frankreich, Bodenmais in Baiem. Die grov
ten haben sich bis jetzt zwischen dem Connecticat und Marimsc ^
Crafton in Nordamerika gefunden, 4' bis 6' lang, 2 bis 3000 IM
schwer. Die Smaragde 'kommen aus Peru und von KatharinaiM
in Sibirien, minder schöne liefert auch das Heubachthal im Salfbtnf
sehen. Schöne Berylle finden sich am Ural, im Umengebirge ^
Nertschinsk in Sibirien, in Irland, Brasilien u. s. w:
Schörlartiger Beryll wurde früher der zum Topas gehörig
Pyknit genannt. Ä-
Beryllerde s. Berylliumoxyd.
Beryllerdehydrat s. Berylliumoxydhydrat
Beryllium. Badical der Beryllerde. Von Wo hier (lö^
zuerst dargestellt Atomgewicht = 7,0 (87,5 wenn O = 100). ^*
Beryllerde ==BeO genommen, so ist Be = 4,66 (oder 58,3), Zeich»
Be (oder G).
Die Beduction des metallischen Berylliums geschieht, nach W5i
1er ^), aus Berylliumchlorid durch Kalium, genau auf dieselbe Art^^
die des Aluminiums (s. dieses). Sie geht in einem Augenblick and la^^
Kochst starker Feuerentwickelung vor sich. Nach dem völligen &
•■«■■■«■^■— "i"-^— ^"'^""'^""■^■^-^^
») Annal. de chim. et phys. (8) T. LIII, p. 6. — *) Pogg. AnnaJ. Bd. XIII, S. »I"
Beryllium. 1013
Riten bringt man die geschmolzene graue Masse in eine grosse Menge
Hassers, wobei sich das gebildete Chlorkaliam auflöst und das Beryl-
nm als ein schwarzgranes Pulver sich abscheidet^ welches man abfil-
irt, auswäscht und trocknet.
In diesem Znstande bildet das Beryllium ein dunkelgraues Pulver,
elches ganz das Ansehen eines im feinzertheilteu Zustande gefällten
[etalls hat. Unter dem Polirstahl nimmt es dunklen Metallglanz an.
lei der heftigen Hitze, die im Moment seiner Reduction entsteht, nimmt
I keine Art von Zusammenhang an.
Neuerdings hat Debray das Beryllium in compacter Form dar-
estellt^). Er verfahrt ganz ähnlich wie bei der Dardtellnng des
luminiums (s. dieses), bringt in ein Glasrohr ein Porcellanschift-
iien, oder besser ein aus einem stark geglühten Gemenge von Thon-
rde und Kalk verfertigtes, mit Berylliumchlorid, und hinter das-
dbe ein Schiffchen mit Natrium; während durch das Rohr ein Strom
'ohlgetrockneten Wasserstoffgases geht, erhitzt man, sobald sicher alle
tmosphärisehe Luft aus der Röhre entfernt ist, das Natrium bis zum
chmelzen und dann das Beryllinmchlorid bis zum Verdampfen. Der
rasserstoffgasstrom fuhrt die Dämpfe des letzteren über das geschmol-
me Natrium, wo die Reduction des Berylliums unter starker Wärme-
[itwickelung vor sich geht. Das an der Stelle des Natriums sich bil-
ende schwärzliche Gemenge von Chlomatrium und reducirtem Be-
^llium schmilzt man nach Zusatz von mehr gut getrocknetem Chlor-
fttrium als Flussroittel in einem kleinen Tiegel und erhält so Eügelchen
es Metalls, die sich von dem Chlomatrium durch Behandeln der Masse
lit Wasser trennen lassen.
Das compacte Beryllium hat ein specif. Gewicht von 2,1 , lässt
ich schmieden und walzen, ohne vorher geglüht zu sein, es schmilzt
ei niederer Temperatur als das Silber.
Das pulverfbrmige und das compacte Beryllium zeigen sich nun
i ihrem chemischen Verhalten etwas verschieden, analog wie das
hnliche Aluminium (s. d.); das weniger dichte pulverformige Metall
erbindet sich leichter mit Metalloiden als das dichtere geschmol-
ene Beryllium, welches weniger leicht sich mit manchen Metalloiden
ereinigt. Das metallische Beryllium oxydirt sich bei gewöhnlicher
!*emperatur nicht an der Luft; das pulverige entzündet sich bis zum
rlühen erhitzt, und verbrennt mit lebhaftem Glanz zu Beryllerde; in
einem Sauerstoffgas ist die Verbrennung besonders glänzend, ohne
ass dabei die Beryllerde schmilzt. Enthalt das pulverige Metall Be-
yllerdehydrat beigemengt, falls die Reduction etwa unvollständig war,
0 zeigt sich beim Verbrennen in Sauerstoff eine Flamme, von Wasser-
boffgas aus dem Hydratwasser herrührend. Das di^te Metall ver-
rennt vor dem Löthrohre oder in Sauerstoffgas erhitzt nicht, sondern
herzieht sich nur mit einer dünnen Schicht Oxyd, welche die weitere
)xydation verhindert
Wasser wird durch Beryllium auch in der Siedhitze nicht zersetzt,
las compacte Metall wirkt selbst in Weissglühhitze nicht ein.
Das pulverige Metall entzündet sich beimE.hitzen in Chlor-, Brom-
»der Jodgas; das dichte Beryllium verbindet sich mit trockenem Chlor-
^) Annftl. de chim. et de phys. [3.] X. XLIV, p. 5.
1014 Beryllium. Bestimmung u. Trennung desselben.
gas anter Erglühen, mit Jod verbindet es eich erst bei dookkr Rotb-
glühhitze und anscheinend ohne Wärmeekitwickeinng.
In yerdünnter Sfinre lOst sich das pulverige Berjlliam imter Eni*
wickelnng von Wasserstoff, in eoncentrirter Salpetersäure unter Bil-
dang von Stickoxyd , in eoncentrirter Schwefelsäore nnter Entwiek^
lang von schwefliger S&are. Das geschmoleene Beryllhnn unttii
Ohlorwasserstoflgas in der Hitze anter Wärmeentwickelang, es entwdät
Wasserstoff, and neben Berylliamohlorid entsteht aach Süiciamdikrid
wenn das Metall Siliciam enthält. Aach wässerige Salssäore löst d«
dichte Metall, wenn es Siliciam enthält, dieses aber dann als soldies n-
rücklassend. Concentrirte and aach verdünnte Schwefelsäore 15sa
erst in der Wärme geschmolzenes Berylliam and schwierig, Salpetc^
säare, selbst concentrirte, oxydirt es' in der Elälte gar nicht, beim &
hitzen nur schwierig.
Wässerige Kalilaage löst das pulverige wie das dichte Metall vt
ter Wasserstoffentwickelung; »wässeriges Ammoniak wirkt dagegen ii(
keines ein«
Das geschmolzene Beryllium bleibt in Schwefelgas erhitit udtt
ändert, fein vertheiltes Beryllium in den Gasen von Schwefel, Seka
Tellur, Phosphor und Arsen erhitzt, verbindet sich damit unter lebbi-
ter Feoererscheinung. Diese Verbindungen werden durch Wasser t»
setzt unter Bildung von Beryllerde und der Wasserstoffverbindnng ^
Metalloids.
Silicium verbindet sich mit dem dichten Beryllium zu einer tpr»*
den, harten, politurfähigen Legirung, welche dem Berylliummetali bfr
gemengt ist, wenn bei der Darstellung das Natrium in einem Porcdltt^
Schiffchen sich befindet
Von Legirungen von Beryllium mit anderen Metallen ist bis jtf
nur die mit Eisen dargestellt. G.
Beryllium, Glycium. Bestimmung und Treih
nung d essfei ben. Die Beryllerdo hat zunächst mit der Thonn*
die meiste Aehnlichkeit, unterscheidet sich von dieser aber leicht donl
wesentliche Reactionen (s. unten S. 1022).
Das Beryllium wird aus seinen Losungen immer in der Fom ^
Hydrat oder basisch-kohlensaurem Salz abgeschieden ; durch GIlibes s
Oxyd oder Beryllerde übergeführt, und als solche gewogen. R^
Beryllerdelösungen werden mit Ammoniak in geringem üebersektf
versetzt unter Zugabe einiger Tropfen Schwefelammonium, und der t^
einem Filter gesammelte Niederschlag, nachdem er gut ausgewaicbs
worden, wird getrocknet, gegldht und dann gewogen.
Hat man Beryllerde, wie es am häufigsten der Fall ist, neben ThoD«F^
und Eisenoxyd in Lösung, so schreitet man vorerst zur Trennung derTb<«'
und Beryllerde vom Eisenoxyd, welches leicht auf zweierlei Weise geK^
hen kann. Einmal fallt man die Lösang^dieser drei Oxyde mit öberscbl*^
ger Kalilauge in der Kälte und digerirt längere Zeit zur Auilösong ^^
Thon- und Beryllerde. Das Eisenoxyd allein bleibt ungelöst zurfSck, wel-
ches durch Abfiltriren entfernt werden kann. Ein anderes Mal 0
man zur Trennung der Beryllerde vom Eisen die beiden Oxjrde dorc^
Ammoniak, sammelt sie auf dem Filt«r, wäscht sie aus, trocknet«^
glüht sie. Sodann bringt man dieselben sammt der Filterascbe lo ^
gewogenes PorcellanschifTohen , bestimmt ihr Gesammtgewioht nndlae^
Beryllium. Bestimmung u. Tremiung desselben. 1015
in dner B5hre, worein man das Schiffchen gebracht hat, in der Glüh-
hitze trockenes Wasserstoffgas so lange darüber streichen, als noch
Wasser sich bildet, lässt dann im Gasstrom erkalten und wägt das
Schiffchen von Neaem. Der Gewichtsverlust giebt die. Menge Sauer-
stoff an, welche mit Eisen zu Eisenoxyd verbunden war; man bringt
den Inhalt des Schiffchens sodann in sehr verdünnte Salpetersäure,
welche alles redncirte Eisen leicht auflöst, während Beiyllerde, welche
nicht reducirt war, darin unlöslich ist (Bivot). — Zur Trennung der
BeryUerde von der Thonerde kann man sogleich die Lösung beider in
Kali benutzen. Man verdünnt dieselbe und kocht längere Zeit; die
Beryllerde wird dadurch kalifrei gefallt, während die Thonerde in
Lösung bleibt. Man filtrirt sie ab^ wäscht sie mit heissem Wasser
auB, worauf man sie glüht und wägt (C. Gmelin). Diese Methode
ist indessen nicht genau, wie Weeren ^) gefunden hat, indem die Be-
ryllerde auch bei längerem Kochen der Flüssigkeit nicht vollständig
niedergeschlagen wird. — Beryllerde lässt sich von der Thonerde
auch durch kohlensaures Ammoniak trennen. Man fällt beide Oxjde
aus ihrer sauren Lösung entweder durch Ammoniak und digeiirt den
ausgewaschehen noch feuchten Niederschlag in einer verschlossenen
Flasche anhaltend mit einer concentrirten Lösung von kohlensaurem
Ammoniak oder setzt unmittelbar kohlensaures Ammoniak in ooncen-
trirter Lösung und im üeberschuss zur Auflösung beider Erden. Nur
die Beryllerde ist löslich, man filtrirt von der Thonerde ab, dampft ent-
weder das Filtrat in einer Fprcellan- oder Platinschale zur Trockne ein
und glüht und wägt die rückbleibende Beryllerde, oder übersättigt die
Lösung mit Chlorwasserstoffsäure und fällt die Beryllerde mit reinem
Ammoniak. Auch diese Methode ist, nach Weeren, nicht genau, da sich
bei Gegenwart der Beryllerde eine nicht unbedeutende Menge der für sich
in kohlensaurem Ammoniak, völlig unlöslichen Thonerde mit auflöst -^
Berthier's Verfahren beide Erden zu trennen, indem er das Gemenge
von Thonerdehydrat und Beryllerdehydrat durch Fällen der Salze mit
Ammoniak erhalten, in wässeriger schwefliger Säure löst, und dann
kocht, so lange sich schweflige S^Hre entwickelt und basisch -schwefel-
saure Thonerde als schweres Pulver niederfallt, während Beryllerde
in Lösunff bleibt, ist, nach Böttinger und Weeren, ebenfalls nieht
genau, da mit der Thonerde stets erhebliche Mengen Beryllerde ge-
fkllt werden. — Die genauste Trennungsweise der beiden Erden ist
die, welche Berzelius angegeben hat. Man kocht nämlich die durch
Ammoniak gefällten Oxyde mit einer concentrirten Lösung von Chlor-
ammonium so lange, bis die entweichenden Wasserdämpfe vermittelst
eines in Salpetersäure getauchten Glasstabes keine Spur von Ammoniak
mehr zu erkennen geben. Die Beryllerde geht hierbei in Lösung, die
Thonerde bleibt zurück. Es ist, nach Weeren, aber wesentlich, die
beiden Erden erst nach Zusatz der sehr concentrirten Chlorammo-
niumlösung zu fallen, lange genug zu kochen und nicht zu weit einzu-
dampfen, und die von der Thonerde abfiltrirte Beryllerdelösung nicht
mit Ammoniak, sonderoimit Schwefelammonium niederzuschlagen. —
Auch durch kohlensauren Baryt wird, nach Weeren, aus saurer Lö-
sung nicht Thonerde allein niedergeschlagen, sondern ebenfalls etwas
Beryllerde.
0 Fogg. Annftl. Bd. XCII, S. 91.
1016 Berylliumbromid. — Berylliumfluorid.
Dorch die F&llbarkeit der Beryllerde mit Ammoniak ist ein IGt-
tel gegeben, sie von den alkalischen Erden zu trennen. Btt Gegen-
wart von Magnesia raoss man vorher etwas Chlorammonium zuetzen.
Oder man föllt vorerst Barjt and Strontian dorch SehwefelsSnre nsd
den Kalk mit ozalsaurero Ammoniak etc. G.
Berylliumbromid, Bromberjllium,Bromglyciam;F(x^
mel des wasserfreien: Be^Bri. BerylHnm entzündet sich beim Erlut»8
in Bromgas. Das CDtstehende Bromid snblimirt sich in langen fsibkv
sen Prismen, ist schmelzbar, flüchtig und löst sich unter starker &^
hitznng in Wasser auf. Auch Beryllerdehydrat löst sich in w&sseriger
Bromwaaserstoflfsäure ; beim Abdampfen sollen sich zerfliessliche &7-
stalle von Wasser haltendem Bromid bilden, welche beim Glahen
Beryllerde zurücklassen (Berthemot). G.
Berylliumchlorid, Chlorberyllium, Chlorglyciam;
Formel des wasserfreien : Be^ GI3. I>ie wasserfreie Verbindung wird, wie
das Aluminiumchlorid, durch Glühen eines Gemenges von Beryllerde mit
Kohlenpulver in einem Strom von trockenem Chlorgaa erhalten (ä
Böse). Oder man glüht ein inniges Gemenge von fein gepulvertem Be-
ryll und Kohle in einem Strom trockenen Chlorgases. Das sich bildende
Süiciumchlorid wird durch das überschüssige Gas mit weggefahrt und di»
Aluminiumchlorid als leichter flüchtig durch Erhitzen vom Beryllioo-
Chlorid absnblimirt (D e bray ). Letzteres snblimirt sich theils in farbloses,
dicht verwebten Prismen, theils bildet es da, wo es der Hitze ausgesetzt
war, eine feste, bräunliche Masse. Es ist leicht schmelzbar und sii1>li-
mirbar, zerfliesst an der Luft und löst sich unter starker Erhitzung ib
Wasser auf. Beim vorsichtigen Abdampfen der wässerigen Losaag
von Chlorberyllium in Wasser» oder von Beryllerdehydrat in über
schüssiger Salzsäure, bilden sich undeutliche Krystalle, Be^Gls-j-l^H
(Awdejew); sie sollen nicht zerfliesslich , aber in Wasser nnd io
Alkohol leicht löslich sein. Wird Chlorwasserstoffsäure mit BervU-
erdehydrat gesättigt, so bleibt beim Abdampfen eine basische Verbio*
düng als gewöhnliche Substanz zurück. Wird die neutrale Lösung der
Beryllerde in Salzsäure mit Beryllerdehydrat gekocht oder unvollstiB-
dig durch Ammoniak gefallt, so entsteht ein in Wasser unlöslichem
basisches Chlorid. Das wässerige neutrale Chlorid wie die basiBchei
Verbindungen hinterlassen beim Glühen reines Oxyd. Das BerylltiUD-
chlorid bildet mit Chloralkalien keine Doppelverbindungen wie dai
Aluminiumchlorid. G.
Berylliumeisen, Glyciumeisen ist durch WeissgluheD
eines Gemenges von EiBen mit Beryllerde und Kohle (Stromeyer)«
oder von Eisen, Beryllerde und Kalium (H. Davy) dargestellt, so wie
bei Zersetzung von in Wasserstoffgas eingeschlossener Beryllerde, mit-
telst einer starken Volta'schen Säule, deren negativer Pol Eisendrabt
ist, der durch den elektrischen Strom geschmolzen wurde (H. Datv)»
Das vonStromeyer erhaltene Metall ist weiss und weniger geschmei-
dig als Eisen, es löst sich in Säuren unter Bildung von BeryllerdesaU
und Eisenoxydulsalz. Fe,
Berylliumfluoricl, Fluorberyllium, Fluorglycium; For-
mel: Bo.jFla. Die wasserfreie Verbindung ist unbekannt. Die Auf-
Berylliumjodid. — Berylliumoxyd. 1017
58iing von Beryllerdehjdrat in wässeriger Flaorwasserstoflsänre treck-
et zu einer farblosen^ durchsichtigen, guromiähnlichen Masse etn, wei-
he unter 60^ C. klar bleibt, bei lOQO C. Wasser verliert, milchweiss wird ,
ich dann aufbläht und beim Glühen, wenn nicht zuvor alles Wasser
nsgetrieben ist, einen Theil der Säure verliert. Lost sich auch nach
.em Erhitzen leicht in Wasser (Berzelius). Wird die Auflösung von
laorberyllfum mit einer Auflösung von Fluorkalium versetzt, so fällt
ine Doppelverbindung:
Kalium-Berylliumfluorid, Kalium -Glyciumfluorid,
Mnorberylliumkalium = 3KFl-|-Be2Fl3, fällt in kleinen schnppi-
;en Krystallen nieder. Wird gelöstes Chlorberyllinm mit überschüssi-
gem Kaliumflnorid gefällt, so scheidet sich die Verbindung als Gal-
srte ab; die Lösung derselben in heissem Wasser giebt beim Erkalten
.neh wieder Krystallschuppen (Berzelius). G,
Berylliumjodid, Jodberyllium, Jodglycium; Formel:
icj Ig- Beryllium in Jodgas erhitzt,, entzündet sich, und es sublimirt
las Jodid in farblosen, in Wasser leicht löslichen Prismen (Wo hl er).
)as8elbe ist noch weniger flüchtig als die Chlorverbindung, und wird
lurch Sauerstofi^ schon bei der Hitze einer Weingeistlampe zu Jod und
Jeryllerde zersetzt (Debray), * ö.
Berylliumoxyd,- Beryllerde, Glycin- oder Süsserde,
jrlyciumoxyd, Glucine (von yAvxvjj, süss)- Von Vauquelin
iutdeckt. Formel: Be2 Og (oder Gj Oa)^), findet sich in der Natur mit
Sieseisäure und Thonerde verbunden im Beryll (Smaragd) und Enklas,
nit Kieselsäure, Thonerde un^ den Ceroxyden in einigen Gadoliniten,
nit Thonerde allein im Chrysoberyll, mit Kieselsäure allein im Phena-
dt und in geringerer Menge in noch einigen anderen seltenen Minera-
ien. Am geeignetsten zur Darstellung der Beryllerde ist der gemeine
3eryll, ein Doppelsilicat von Beryllerde und Thonerde, welcher
LS^/a Proc. Beryllerde enthält. Er wird höchst fein gepulvert, wel-
ches mit ziemlicher Schwierigkeit verbunden ist, und, da er von Säuren
licht zej;setzt wird, mit dem dreifachen Gewicht kohlensauren Kalis
Hier Natrons im Platin- oder hessischen Tiegel bei starker Glühhitze
:u8am mengeschmolzen. Die geschmolzene Masse wird in Salzsäure
gelöst, mit einem üeberschuss dieser Säure vollständig,, aber vorsichtig
:nr Trockne verdunstet und wieder in etwas salzsäurehaltigem Wasser
relöst, wobei die Kieselsäure unlöslich zurückbleibt. Die davon abfil-
rirte Lösung, welche Chlorberyllium und Chlor aluminium nebst etwas
Sisen enthält, wird durch Ammoniak gefallt. Der Niederschlag kann
lun mit Hülfe verschiedener Operations weisen zur Abscheidung der
■einen Beryllerde benutzt werden. Die eine Methode besteht darin,
lass man den erhaltenen Niederschlag gut auswäscht und noch nass
nit einer nicht zu concentrirten Auflösung von kohlensaurem Ammo-
liak digerirt, welche, in hinreichender Menge angewandt, alle Beryll-
') Von manchen Chemikern wird die Beryllerde auch betrachtet, als nach der
Formel BeO zusammengesetzt, ihrer Eigenschaft halber, das Ammoniak* aus dem
Salmiak zu entbinden, welches fttr die Monoxydc des Calciums, Bariums, Strontiums
and Magnesiums charakteristisch ist. Gegen diese Formel spricht indessen, dass,
irenn man die Formel Be^ 0^ zu Grunde legt, ihr specif. Volumen sich nahe gleich dem
1er Thonerde berechnet, mit welcher sie in vielen Eigenschaften Obereinstimmt.
U. Böse (Pogg. Annal. Bd. LXXIV, S. 433).
1018 Berylliumoxyd.
erde aussieht Die. FlÜBsigkeit wird von der Thonerde and dem Einm-
oxyd abfiltrirt, in einem Kolben so lange gekocht, bie »Uea Aimnoniak-
salz verflüchtigt ist, wobei sich die Beryllerde als weiaaea piÜTengci,
kohlensanres Salz abscheidet, ans welchem durch GlQhen die EohleD-
s&ure ausgetrieben wird. — Eine andere sch&rfere TreBnnngsmethode
besteht nach C. Gmelin darin, dass man das durch Ammoniak gefaihe
Gemenge mit kaustischer Kalilauge digerirt, worin aich Beryll- und
Thonerde auflösen mit Zurücklassung des Eisenoxyds, welches abfiltiiit
wird. Die gehörig mit Wasser verdünnte alkalische Lösung' wird daaii
ungefähr eine halbe Stunde lang im Sieden erhalten, wodurch sich die
Beryllerde allein niederschlägt — Die dritte Methode rührt Fon Ber-
zelius her und ist die beste zur Darstellung reiner Beryllerde 0. Mu
versetzt den mit Ammoniak erhaltenen Niederschlag mit viel Chlonoi-
monium und kocht unter öfterem Zusatz von Wasser so lange, als
Ammoniak entweicht, wodurch die Beryllerde allein als ChlorberylüniB
aufgelöst wird, man flltrirt vom Niederschlage ab und fallt aus dem stark
verdünnten Flltrat die Beryllerde mit Ammoniak als Beryllerdehydnt
Dieses wird ausgewaschen, getrocknet und geglüht.
Eine vierte Methode hat Debray^) angegeben. Gepalvert«*
Beryll wird mit der Hälfte seines Gewichts an Aetzkalk gemis^^t, in
einem irdenen Tiegel im Gebläseofen geschmolzen; die entstehende
glasartige Masse wird gepulvert und mit verdünnter Salpetersänre zs
einem dicken Brei angefeuchtet, welcher unter Umrühren mit concen-
trirter Salpetersäure versetzt wird; es entsteht, namentlich bei dem Er-
wärmen, eine homogene Gallerte, welche zur Austreibung der frei»
Salpetersäure und dann so weit erhitzt wird, bis die salpetersaorai
Salze von Thonerde, Beryllerde imd Eisenoxyd vollständig, and der
Salpetersäure Kalk theilweise zersetzt ist Aus dem Bückstande, welcher
ausser Kieselsäure unlösliche Thonerde, Beryllerde und Eiaenoxyd, so-
dann salpetersauren und etwas freien Kalk enthält, wird der Kalk voll-
ständig durch Kochen mit Chlorammonium haltendem Wasser ausgezc'-
gen, wobei die Ammoniakentwickelung lediglich von der Einwirkang
des Kalkes auf das Chlorammonium herrührt und nicht von der Beryll-
erde, welche ungelöst bleibt. Den ausgewaschenen Knckstand kotiA
man während einiger Stunden mit Salpetersäure und versetzt die ^t-
stehende Lösung von Thonerde, Beryllerde und Eisenoxyd nach den
Abfiltriren von der Kieselsäure mit einer Lösung von kohlensaorcff
Ammoniak, der etwas Ammoniak beigegeben worden ist. Alle Oxyde
werden zuerst gefallt, die Beryllerde aber bei längerem (achttägigeie)
Digeriren mit der Flüssigkeit wieder vollständig aufgelöst Aas den
durch Zusatz einiger Tropfen Schwefelammonium von etwas Eisen be-
freitem Flltrat kann dann das kohlensaure Ammoniak verdampft wer-
den, wobei sich die kohlensaure Beryllerde abscheidet, während eine
Lösung von salpetersaurem Ammoniak zurückbleibt.
Zur Aufschliessung des Berylls kann man sich auch der concentrirteo
Flusssäure bedienen. Das sehr fein gepulverte Mineral wird damit 'm
bedeckten Platintiegel längere Zeit digerirt, wodurch es in Fluorkiesel-
Beryllium und -Aluminium vorwandelt wird; die Masse, die noch
überschüssige Säure enthalten muss, wird zur Trockne verdunstet, mil
») Weeren. Pogg. AnnnU Bd. XCII, S. Ul. — ^) AnDal. d« chim. «t de phrs.
[8.] T. XUV, p. 6.
BerylUumoxydhydrat. 1019
concentrirter Schwefelsäure yenDischt nnd damit so lange digerirt, bis
alle Kiesels&nre als Flnorkiöselga« weggegangen ist Die sohwefelsanren
Salze werden dann in Wasser gelöst nnd wie oben behandelt. — Oder
endlich, man glöht, wie bei der Darstellung des Aluminiumchlorids,
ein inniges Gemenge von Beryllpulver und Kohle in einem Strome von
Chlorgas. Das flüchtigere Chlorsilicinm wird durch das überschüssige
Gas weggeHShrt und man erhält ein Sublimat von Aluminium- und Be-
ryllium-Chlorid, welches in Wassser aufgelöst und wie oben behandelt
wird.
Die aus dem Beryll abgeschiedene Beryllerde ist ein weisses, ge-
schmackloses, amorphes Pulver, welches beim Glühen nicht erhärtet und
nur in der Flamme des Sauerstoffgasgebläses schmelzbar ist. Ueber der
Spirituslampe geglüht, besitzt sie ein specif. Gewicht von 3,08 bis 3,09,
und erscheint unter dem Mikroskope als amorphe durchscheinende
Masse. Nachdem sie der Hitze des Porcellanofens ausgesetzt war, hat
die Erde ein specif. Gewicht = 3,02 bis 3,03 und erscheint jetzt in
mikroskopischen Krystallen (H. Rose). Krystalle von Beryllerde erhält
man, nach Ebelmann^), auch, wenn man kieselsaure Beryllerde mit
Überschüssigem kohlensauren Natron stark und anhaltend glüht bis zur
theilweisen Verflüchtigung des Lösungsmittels. Sie stellen hezagonale
Prismen mit Pyramiden dar, und sind der Thonerde isomorph, was eben-
falls zu beweisen scheint, dass die Formel der Beryllerde der der Thon-
erde analog ist. Die Krystalle besitzen eine Härte, welche grösser ist
als die des Quarzes und Smaragds, unä ein specif. Gewicht von 3,02
bis 3,06 ; sie werden nur von heisser concentrirter Schwefelsäure ange-
griffen. — Nach Debray^ erhält man ebenfalls mikroskopische Kry-
stalle, wenn man die mit schwefelsaurem Kali gemischte schwefelsaure^
Beryllerde durch starke Hitze zersetzt.
Die reine Beryllerde ist ganz unlöslich in Wasser, geschmacklos,
und ohne Reaction auf Pflanzenfarben, sie löst sich in Säuren weniger
leicht als das Hydrat und um so langsamer, je stärker das Oxyd vorher
geglüht war. Das geglühte Oxyd löst sich nicht in wässerigem kausti-
schen Alkali; wird es mit reinem Alkali geschmolzen, so löst Wasser
nur Kali auf und lässt Beryllerde zurück, die sich auch nur langsam
in Salzsäure löst. Auch aus der mit kohlensaurem Alkali erhaltenen
Schmelze geht nur eine geringe Menge Beryllerde in Lösung, und
scheidet sich aus der Luft nach Anziehung von Kohlensäure bald
wieder ab. Durch Schmelzen mit saurem schwefelsauren Kali wird
die Beryllerde vollständig löslich. Vor dem Löthrohr förbt sie sich mit
salpetersaurem Kobaltoxydul befeuchtet nach dem Glühen nicht blau.
Berylliumoxydhydrat, Beryllerdehydrat. Formel:
BcjO, . 3 HO (bei 100» C. getrocknet, Weeren»); BcgOg -f 4H0
( Schaff gotsch). Dasselbe wird erhalten durch Fällung von aufge-
löstem Beryllerdesalz durch Alkali, es wird am besten dargestellt aus
Chlorberyllium durch Fällen mit überschüssigem Ammoniak. Es stellt
eine weisse voluminöse, dem Thonerdehydrat ähnliche Masse dar, welche
beim Trocknen zusammenschrumpft und ein sehr hygroskopisches weis-
ses amorphes Pulver giebt, das ans der Luft Kohlensäure anzieht
*) Coinpt. rend. de Tacad. T. XXXII, p. 710. — *) Annal. de chim. et de phys.
[3.] T. XT.IV, p. 6. — •) Pogg. Annal. Bd. XCIl, S. 91.
1020 Beryll iumoxydsalze. -^ Berylliumsalze.
Das Hydrat löst sich leicht in Säure und beim Kochen aelbat in SaX-
miak unter Abscheidnng von Ammoniak. Eigenthümlich ist sein Ver-
halten gegen reine und kohlensaure Alkalien.
Es löst sich etwas in reinem Ammoniak; weniger nach ZoMts
von etwas Chlorammonium (ein Ueberschuss lost es beina EIrwänn«n
auf), gar nicht bei Zusatz von Schwefelammonium. Das Beryllerde-
hydrat ist, besonders frisch gefallt, und noch feucht leicht loälicb
in Kali- und Natronlauge, auch in kohlensaurem Ammoniak, we-
niger leicht in fixen kohlensauren Alkalien. Die Lösung des Hy-
drats in concentrirter Kalilauge verändert sich beim Kochen
nicht, nach dem Verdünnen mit hinreichend Wasser schlagt es sidi
beim Sieden vollständig nieder; der Niederschlag ist kaUhaltend (nach
früheren Angaben kalifrei) und unlöslich in reinen und in kohlen-
sauren Alkalien, aber leicht löslich in Säuren. Nach dem Auswaschen
mit Wasser soll er kalifrei sein, und sich in Kalilauge wieder losen,
ebenso wird der Niederschlag durch Auflösen in Säure and Fällen mit
Ammoniak wieder löslich in Kalilauge. Beim Kochen der in verdünntem,
kohlensaurem fixen Alkali gelösten Beryllerde scheidet sich reines
Beryllerdehydrat ab, der Niederschlag ist in der Kälte löslich in reinen
Alkalien. Beim Kochen der Lösung des Hydrats in kohlensaurem
Ammoniak scheidet sich basich-kohlensaures Salz ab.
Man nahm früher an, dass das in Kall unlösliche Hydrat, welches
aus der alkalischen Lösung beim Kochen niederfallt, eine besondere
Modification des Oxyds enthalte; es ist möglich, dass es ein eigen-
thümliches Hydrat ist, wahrscheinlicher aber, dass es noch Alkali
enthält.
Dass das Hydrat sich aus der Lösung in Kalilauge beim BIocheD
abscheidet, und dass es in kohlensaurem Ammoniak wie in kohlensau-
rem Kali oder Natron löslich ist, unterscheidet das Beryllerdehydrat
wesentlich von dem ähnlichen Thonerdehydrat. p^
Berylliumoxydsalze s. Berylliumsalze.
Berylliumphosphoret, Glyciumphosphoret. Beryl-
liummetall verbrennt in Phosphordampf unter Feuererscheinung m
einem grauen Pulver, welches, in Wasser gebracht, zerfallt unter Ent-
wickelnng von selbstentzündlichera Phosphorwasserstofigas.
ßerylliumsalze, Glyciumsalze, Sfisserdesalze. Die
Beryllerde hat zu den Säuren eine schwächere Verwandtschaft als
die erdigen Alkalien, und auch als die Yttererde, aber eine stärkere
als die Thonerde, denn ihr Hydrat zersetzt beim Kochen die Ammo-
niaksalze. Die Beryllerde löst sich als Hydrat leicht in Säuren, schwie-
riger nach dem Glühen; sie wird durch Schmelzen mit schwefelsaurem
Kali ' löslich ; mit reinem Alkali zusammengeschmolzen giebt sie keine
in Wasser lösliche Verbindung. Die Base ist nicht stark, die löslichen
neutralen Salze röthen daher Lackmus. Die Beryllsalze sind farblos,
wenn die Säure nicht gefärbt ist, zum Theil krystallisirbar, die mei-
sten neutralen Salze sind löslich in Wasser , diese haben einen zusam-
menziehenden, süsslichen Geschmack, daher der Name der Base, Süss-
oder Glycinerde. Viele der in Waf^ser unlöslichen Salze, z. B- die
phosphorsanren, kohlensauren u. a., lösen sich leicht in Säuren; die
kieselsauren Verbindungen dagegen werden erst durch Aufschlieasen
Berylliumsalze. 1021
mit BchwefelBaurein Kali löalicb; beim Schmelzen mit reinen oder koh-
lensauren Alkalien wird die Beryllerde abgeschieden und ist dann in
Säure löslich (s. unten). Die Beryllerdesalze, welche- flüchtige Säuren
enthalten, selbst das schwefelsaure Salz, werden durch Glühen zer-
setzt, das wasserfreie Chlorberyllium ist ohne Zersetzung flüchtig.
Die aus den Beryllsalzen erhaltenen Niederschläge sind oft basi-
sche Verbindungen, welche in ihrem ganzen Verhalten dem reinen
Hydrat ähnlich sind, so dass der Gehalt an Säure leicht übersehen
wird. Freie Säuren, auch Kieselflusssäure, fällen die Beryllerdesalze
nicht; auch Schwefelwasserstoff bringt darin keinen Niederschlag her-
vor; Schwefelammonium giebt in neutralen Lösungen einen Nieder-
schlag von Beryllerdehydrat. Besonders charakteristisch ist das Ver-
halten der reinen Alkalien gegen Beryllerdesalze; Kali- oder Natron-
lauge fallen aus den Lösungen gallertartiges Beryllerdehydrat, welches
sich in einem Ueberschuss des Alkalis löst; beim Kochen der verdünn-
ten Lösung fallt das Beryllerdehydrat vollständig nieder und löst sich
beim Erkalten nur -in sehr geringer Menge wieder; war die Kalilange
zu concentrirt, so scheidet sich das Hydrat aus der kochenden Lö-
sung erst auf Zusatz von Wasser ab, aber dann sogleich. Wird Be-
ryllerdesalz mit Alkalihydrat geschmolzen^ so' löst Wasser aus der
Schmelze nur das Alkali auf und lässt die Beryllerde zurück, die sich
jetzt auch in Salzsäure schwer löst. Beines Ammoniak fällt die Beryli-
salze auch bei Gegenwart von Ammoniaksalz in gleicher Weise wie
die fixen Alkalien, aber ein Ueberschuss von Ammoniak löst den Nieder-
schlag nicht.
Einfach- und doppelt-kohlensaure fixe Alkalien fallen aus den Lö-
sungen das kohlensaure Salz als voluminösen Niederschlag, der sich in
einem grossen Ueberschuss des Fällungsmittels löst; sind diese Lösun-
gen verdünnt, so wird durch Kochen ein Niederschlag erhalten, der in
reiner Kalilauge leicht löslich ist.
Beim Glühen von Beryllerdesalzen mit kohlensauren Alkalien ent-
weicht nur wenig Kohlensäure; aus der geschmolzenen Masse zieht
Wasser das Alkali, aber wenig Beryllerde aus.
Kohlensaures Ammoniak fallt die Beryll erdesalze, der Niederschlag
löst sich in dem Fällungsmittel leichter als bei den fixen kohlensau-
ren Alkalien ; beim Kochen der Lösung scheidet das Oxyd sich wie-
der ab.
Phosphorsaures Natron fällt phosphorsaure Beryllerde; Oxalsäure
und oxalsaures Salz giebt keinen Niederschlag. Werden heisse concen-
trirte Lösungen von Fluorkalium und Beryllerdesalz miteinander ge-
mischt, so scheidet sich beim Erkalten Kalium-Fluorberyllium in schup-
pigen Krystallen ab. — Ferrocyankalium macht, dass die Lösung der
Salze nach einiger Zeit gallertartig gerinnt.
Barytwasser fällt die Beryllsalze, der Niederschlag löst sich im
Ueberschuss und fällt nicht beim Kochen der Lösung für sich, leicht
aber auf Zusatz von Ammoniaksalz. Kohlensaurer Baryt fallt die Salze
in der Kälte auch bei längerer Berühmng nicht, aber sogleich beim
Kochen.
Bei Gegenwart von nicht flüchtigen organischen Substanzen wird
die Beryllerde nicht durch die gewöhnlichen Beagentien gefallt, jene
müssen daher zuerst durch Glühen zerstört werden.
Mit salpetersaurem Kobaltoxydul befeuchtet, wird die Beryll-
1022 Berylliumseleaiuret. — Berzeliit.
erde beim Glühen vor dem Lölhrohre nicht blau, soi^ern gnuiblu
(B. Bo8e).
Die Beactionen der Beryllerdesalxe anterscheiden sie sehr leiek
von den Salzen der reinen und der erdigen Alkalien, and von deecs
der schweren Metalloxyde; sie sind in vieler Hinsicht denen der Thos-
erdesalxe ähnlich, doch wieder durch eine grössere Anzahl BeactioDeB
hinreichend verschieden, um leicht erkannt zn werden« CharakteiistiBcb
für die Beryllerde ist namentlich die Fällung der hinreichend verdniu-
ten Lösung in Kali für sich durch Kochen, während die alkaliMki
Thonerdelösung dadurch nicht verändert wird; dann die Loslichkeit d«
in den Beryllerdesalzen durch kohlensaure Alkalien bewirkten Niedo^
Schlags in überschüssigem kohlensauren Alkali, besonders in kohko-
saurem Ammoniak; weiter ist eigenthümlich die Auflösung des Be-
ryllerdehydrats beim Kochen mit Salmiak unter Zersetzung des letzteren,
und die Fällung der Salze in concentrirter Lösung durch Fluorkalioia
Wird Beryllerde mit reinem Alkali geglüht, so zieht Wasser las
der Schmelze nur das Alkali aus, und lässt die Beryllerde zurück, die
sich auch in Salzsäure schwierig löst; Thonerde mit Kalihydrat ge-
schmolzen, löst sich vollständig in Wasser. Nach dem Schmelzen mit
kohlensaurem Alkali löst Wasser neben dem letzteren sehr wenig Bc^
ryllerde auf. Eine Lösung von Beryllerdehydrat in schwefliger Sftorc
wird beim Kochen nicht zersetzt, während aus der Lösung von Tboo-
erde durch Kochen basisches Salz niederAillt. Eine Lösung von schvc
feisaurer Beryllerde bildet auf Zusatz von schwefelsaurem Kali nickt
Alaun. Ft
Berylliumseleniuret; Glyciumseleniuret bildet sick
beim Zusammenschmelzen von metallischem Beryllium mit Selen onter
starker Lichtentwickelung, es ist eine geschmolzene, auf dem Bruch grai»
und krystallinische spröde Masse, die sich langsam aber ohne Zff-
Setzung in Wasser löst; die Lösung oxydirt sich jedoch schneU ab
der Luft unter Abscheidung von Selen.
Der durch Selenammonium in gelösten Beryllerdesalzen entstehende
fleischrothe Niederschlag ist wohl unreines, Selen haltendes Beryllerde-
hydrat. fß.
Berylliumsulfuret, Olyciumsulfuret bÜdet sich unter
starker Feuererscheinung beim Glühen von metallischem Berylliom b
Schwefeldampf; durch Glühen von Beryllerde in SchwefelkohlenstolF
dampf konnte es nicht dargestellt werden. Es ist eine graue nnge-
schmolzene Masse, die sich langsam aber ohne^ Entwickelung voo
Schwefelwasserstoffgas im Wasser löst und durch Säuren leicht senetit
wird, wobei sich dann Schwefelwasserstoffgas entwickelt. Fe.
Beryllium-Tellur, Glycium-Tellur. Die Verbindung ent-
steht ohne Lichtentwickelung beim Erhitzen von Berylliummetali mit
Tellur; es ißt ein graues Pulver, welches sich allmälig an feuchter
Luft, sogleich beim Zusammenbringen mit Wasser zersetzt unter Eot-
Wickelung von Tellurwasserstoff*.
Berzelianit, syn. Selenkupfer.
Berzeliit, Berzelit, Kühnit, Talkpharmakolith, CStor
aradniaU anhydrt^ Magneiian FharmakolUey nannte Kühn ein bei Lang-
Berzelin. — Beschicken. 1023
»anshytta in Wvmland in Schweden vorkommendes derbes Mineral, wel-
shes Spuren von Spalibarkeit in einer Richtung zeigt und unebenen
Bruch hat. Es ist gelblichweiss bis honiggelb, wachsartig glänzend,
lurchscheinend bis an den Kanten, spröde, Il&rte ==5,5 bis6,09 specif»
Gewicht = 2,52. Die Zusammensetzung entspricht, nach Kühn^), der
Formel 3 Ca O . As O» + 3 Mg O . ^ 0^ mit wenig Mn O. Vor dem
[jothrohre unschmelzbar, grau werdend, Beactionen auf Arsen und
Mangan mit Soda, in Salpetersäure volkommen löslich. A'.
Berzelin, ist auch das natürliche Selenkupfer genannt, ferner
kber ein von L. Gmelin annähernd untersuchtes Mineral, ein Gemengtheil
ilterer vulkanischer Auswürflinge, begleitet von Hauyn, Augit und Glim-
ner, das sich am Albaner See in Italien, wie bei Marino und Gallaro findet.
£s krjstallisirt tesseral, O oder O . <30 O, bisweilen Zwillinge nach dem
Spinellgesetz bildend, ziemlich vollkommen spaltbar parallel oo O ex. Die
iürystalle oft uneben und abgerundet. In kugeligen und getropften Ge-
italten, derb und eingesprengt; Bruch muschelig bis uneben. Wasser-
lell, weiss oder grau, glasglänzend bis matt, durchsichtig bis undurch-
uchtig, Strich weiss, spröde, Härte = 5,0 specif. Gewicht = 2,428 bis
2,727. Die unvollständige Anal jse L. Gmelin^s zeigte eine dem Leu-
üt verwandte Zusammensetzung. Es giebt gepulvert und geglüht wenig
Nasser, schmilzt schwierig vor dem Löthrohre zu blasigem, mit Borax
.eicht zu klarem Glase. In Salpetersäure langsam löslich, erhitzt Gal-
.erte bildend. Im Nephelindolerit von Meiches in Oberhessen wurden
ihnliche Erystalle beobachtet^). K.
Berz eilt ist der Mendipit, derPetaUth, derXhorit und derBer-
celiit genannt.
Beschicken, Beschickung, Möllerung, Zuschlag, nennt
man die Zusätze, welche den Erzen beim Ausschmelzen der Metalle
gemacht werden müssen, um passende Schlacke zu bilden und die Yer-
ichlackung des Metalls selbst zu verhindern, soweit dies nicht durch
üe Gattirung (s. d. Artlste Aufl. Bd. m, S. 304) bewirkt werden
kann. Es ist ein seltener Zufall, dass ein zu verschmelzendes Erz ne-
ben dem zu gewinnenden Metall die übrigen Gemengtheile gerade in
äinem solchen Verhältniss enthält, dass die Bildung einer geeigneten
Schlacke von selbst im Ofen stattfinden könnte. Bald werden die Erze
EU reich an Kieselerde und Thon sein, und deshalb ein Versatz mit
basischen Erden, namentlich Kalk, oder bei Gelegenheit mit leicht
schmelzbaren Schlacken erforderlich werden, oder das Vorhandensein
fOTL Erden wirkt der Beducirbarkeit des Metalls durch die Kohle und
ler Bildung einer genügend flüssigen Schlacke, unter der sich das
schmelzende Metall vereinigen könnte, entgegen, wo eine kieselerde-
haltige Beschickung aus quarzhalügem Gestein, Granit, Sandstein
Q. s« w. am Ort sein wird. Wo es sich um Schlackenbildung im Klei-
nen wie beim Probiren der Erze handelt (s.d. Art. Iste Aufl. Bd. VI,
S. 667), wird Borax, Glas, Potasche als Zuschlag nicht selten ver-
wendet Biswttlen wird auch das Blei, welches man beim Abtreiben
sdle Metalle enthaltender Legirungen benutzt, auch als Beschickung
bezeichnet F.
0 Annal. d. Chem. a. Pharm. Bd. XXXIV, S. 271.
^ Kenngotts Uebersicht 1860 bis 1851, S. 80; 1855, S, 78.
1024 Beschlag.
Beschlag nennt man den Uebersug, den rnttn-GefäMen giebL
welche einer höheren Temperatnr ausgesetzt werden Bollen. Bei 61a«-
gefässen dient der Beschlag eines Theiles, um sie gegen zu rasciiai
Temperatarwechsel und ungleiche Elrhitzung einzelner Stellen zo
schützen, andererseits um zu verhüten, dass das erweichende Gias tick
senke und auf dem tragenden Triangel anhafte; bei Thongefäaaen, um
dieselben undurchdringlich für Gase zu machen, und endlich bei eiser-
nen Röhren, um sie gegen Schmelzen im heftigen Feuer, gegen Auf-
nahme von Kohlenstoff aus dem Feuermateriale und gegen rasche Gkj-
dation durch die etwa zuströmende Luft zu schützen. Auch die inoere
Wand von Oefen beschlägt man, um dieselbe dem Feuer besser wider-
stehend zu machen. Zu letzterem Zweck und für eiserne Gefässe &be^
haupt, kann ein Gemenge aus 10 Thln. feuerfestem Thon mit 15 Thln
gebranntem Chamottethon, denen man ^/^ bis ^/^ Thl. Kälberhaare zo-
mengt und zu einer steifen Masse mit Wasser zusammenarbeitet, eoi-
pfohlen werden.
Für den Beschlag der Retorten empfiehlt man ein ähnliches Ge-
menge aus 10 Thln. Chamottethon, 1 Thl. Töpferthon, 2 Thln. kömigoi
Sand und ^/le Thl. Kälberhaare oder Spreu, man knetet die Masse nus
Wasser zusammen, trägt sie dünn auf, lässt trocknen und drückt dk
dabei entstehenden Risse mit der Hand zu, nach völligem Trockoca
feuchtet man wieder an und streicht eine zweite Lage dönn auf, mi
man so oft wiederholt bis die geeignete Dicke erreicht ist. IDieser iBid
alle ähnlichen Beschläge hallen schlecht an dem Glase. Cinen ganz
wohlfeilen ziemlich haftenden Beschlag kann man erhalten durch Auf-
tragen mittelst Pinsels eines Gemisches aus gelöschtem Kalk und ot-
gefähr gleichem Volumen Bolus mit Wasser angerührt. £>er Kali
zieht Kohlensäure an und bindet dadurch. Man kann den Anstnei
zwei- bis dreimal wiederholen.
Der beste Beschlag aber für Glasgefässe ist von Mohr i) ange-
geben worden, wenn es sich um Anwendung in nicht zu hoher Täs-
peratur handelt Fein gestossenes Ziegelmehl wird mit seinena gleidia
Volumen feingestossener Bleiglätte gemengt und mit gekochtena Leisoi
zu einem dicken Brei angerührt. Man streicht diese Masse auf dit
Retorte und siebt noch feucht körnigen Sand darauf. Im hetasa
Trockenofen erhärtet sie in wenigen Tagen vollkoipmen.
Das von Mohr ebenfalls vorgeschlagene Ueberziehen der Gltf-
gefässe mit Kupfer auf galvanischem Wege (s. Art. Galvanoplaslil
Iste Aufl. Bd. UI, S. 326) bewährt sich vortrefflich beim Gebrauch
ist aber zu umständlich und kostbar.
Seit man Eisenfeile und D^ehspähne statt des Sandes in den &
pellen zu verwenden gelernt hat, kann man sehr häufig diese ElisenfeO-
bäder anwenden, wo Sandbäder ungeeignet erscheinen und man be-
schlagene Retorten benutzte.
Glasröhren, -die einer sehr hohen Temperatur ausgesetzt und gleicli-
zeitig einem Druck von Innen widerstehen sollen, schliesst man is
Eisenröhren ein und giesst den Zwischenraum mit Gjps aus, den mao
sorgfältig trocknen lässt.
Thonretorten, welche nicht glasirt sind, lassen viel Gas durch die
Wandungen entweichen. In vielen Fällen erhält man sie am leichte-
0 Archiv d. Pharm. Bd. CXIII, S. 266.
Beschlag. — Bestuscheff's Nerventinctur. 1025
sten dicht, wenn man ^ sie einige Male mit concentrirter Boraxlös ong
bestreicht, trocknet und dann der Hitze aussetzt Am besten ist es,
wenn die Befeuchtung mit der Boraxlösung auf der I&nenwand statt-
findet. Auch wird angerathen, solche Betörten mit Einern aus concen-
trirter Boraxlösung und feuchtem KalkhydrSt angefertigten Brei zu be-
streichen und nach dem Trocknen diesen ersten Beschlag mit einem aus
Leinöl und gelöschten Kalk gemischten Lutum zu übergiessen. V.
Beschlag, Auswitterung, Ausblühung, Efflorescenz
nennt man Ueberzüge von Kry stall Vegetationen, welche bei Destillatio-
nen und Sublimationen, vorzüglich aber dann entstehen, wenn an der
Oberfläche eines Körpers Lösungen, mit Hinterlassung krystalliniscber
Bildungen, freiwillig verdampfen, so bei manchen Extracten, bei ier
Vanille, an Mauren (Mauersalpeter oder Aphronitrum) in Höhlen,
Alaunschieferfelson u. a. 0. in. (s. Auswittern d. Bd. S. 593).-
B-e S t and th eile sind im chemischen Sinne die ungleichartigen
Theile, nus welchen eine chemische Verbindung besteht, und in welche
sie sich zerlegen lässt. Bei aus nur zwei Elementen bestehenden Verbin-
dungen sind diese Bestandtheile EHemente; zusammengesetztere Verbin-
dungen, die aus mehr als zwei Elementen bestehen, zerfallen bei zweck-
mässiger Behandlung zunächst in zwei Bestandtheile, die jeder auch wie-
der zusammengesetztisind, und erst bei wiederholter oder mehreremal wie-
derholter Zerlegung in Elemente zerfallen. So kann man z.B. das schwefel-
saure Kali zerlegen in die beiden zusammengesetzten Körper Schwefelsäure
und Kali, den Alkohol in Aether und Wasser. Nach der dualistischen An-
sicht waren diese Producte Bestandtheile der Verbindung, man bezeichnet
sie dann als nähere Bestandtheile. Diese Bestandtheile können ihrer-
.seits wieder weiter zersetzt werden, wobei endlich aus dem schwefelsauren
Kali Schwefel, Sauerstoff, Kalium, oder aus dem Alkohol Kohlenstoff, Was-
serstoff, Sauerstoff erhalten werden, das sind in Bezug auf die ursprüng-
liche Verbindung die entfernteren Bestandtheile. Bei den Salzen be- ,
trachtet man die einzelnen Oxyde als die näheren, die Elemente als 'die
entfernteren Bestandtheile; bei den organischen Verbinclungesi sind die Ra-
dicale zunächst die näheren Bestandtheile. Diese Unterscheidung zwi-
schen näheren und entfernteren Bestandtheilen geht also von der An-
nahme ans, dass bei Verbindungen ans drei oder mehr Elementen
zuerst je zwei Elemente sich zu ^iner einfacheren Verbindung vereinigt
haben , welche letztere sich dann ihrerseits erst zu den zusammenge-
setzteren vereinigte. Fe.
' Bestuscheffs Nerventinctur. Eisenchloridhalten-
der Aetherweingeist, oder eisenhaltender schmerzstillender
Liquor; Eisenäther; de Lamott6s Goldtropfen, tinctura tonico^
nervina BeatuacheffU^ Spiritus aulphurico-aethereus martiatU8 oder Liquor
anodynus martialis. Ein früher sehr geschätztes Arzneimittel, eine Auf- .
lösnng von Chloreisen in Aetherweingeist enthaltend, ursprünglich
1725 von Bestuscheff in Russland erfunden und lange dort als Ge-
heimmittel um so theurer verkauft, weil man die Flüssigkeit fUr gold- .
haltig hielt; später kam die Vorschrift durch einen Laboranten an La-
me tte, der die Composition in Frankreich verbreitete. Die Kaiserin
Catharina erkaufte das Geheimniss, und liess die äusserst umständliche
und langwierige Bereitungs weise Bestuscheff 's bekannt machen.
Bftadwl^rtarbacli der Chemie. 2te Aufl. Bd. II. 65
*
1026 Beta-Harz. — Beta .vulgaris L. u. B. cicla.
Klaproth, Baohholz, Trommadorff u. A. gaben vereinfadite Vor«^
ächriften zur Darstellang des Aethera.
Zur Darstellung der Tinctur wird 1 Thl. zerflossenes Eisencklond
(ßUum mortis) mit 1 Thl. Aether, oder 1 ThL krystallisirtes Chlorid
mit 4 Thln. Aether einige Zeit in Berührung gelassen und wiederholt
geschiittelt. Nachdem durch ruhiges Stehen sich alles nicht gelöste abge-
setzt hat, wird die klare ätherische Flüssigkeit mit dem doppelten Ge-
wicht starken Alkohols vermischt. — Zweckmässiger ist es^ um ein glei-
ches Präparat zu erhalten, eine bestimmte Quantität Eisenchlorid sogieicb
in dem Gemenge von Aether und Weingeist vollständigzu lösen. Nach
der prenssischen Pharmacopoe soll 1 Thl. wässeriges Eisenchlorid von
1,535 bis 1,540 specif. Gewicht (Liquor fem seaguichloratij 16,66 Proc.
Eisen enthaltend) in 16 Thln. Aetherweingeist (1 Thl. Aether anf S Thle.
Weingeist) gelöst werden. Nach Mohr wird 1 Thl. krystallisirtes Eisen-
chlorid'in 12 Thln. Aetherweingeist (Liqttor anodynus Hoßmanni)- gtHh^
Die nach der einen oder andern Weise erhaltene goldgelbe Lö-
sung von Eisenchlorid wird in engen, hohen, gut verschlossenen Glä-
sern von farblosem Glase dem Sonnenlichte ausgesetzt, bis sie farblos
geworden ist. Das Bleichen geschieht hier dadurch, dass sich das
Eisenchlorid in Eisenchlorür umwandelt, während das dabei ansgetre-
tene Chlor zersetzend auf den Aether wirkt , wobei • sich einen Theils
Aethylchlorür bildet, oder Salzsäure, ein anderer Theil des Aethers aber
auch durch Entziehung von Wasserstoff zersetzt wird.
Die im Sonnenlichte farblos gewordene Flüssigkeit färbt sich im
Schatten bei Zutritt von Luft unvermeidlich alsbald wieder gelb, indem
sich wieder Eisenchlorid bildet. Die preussische Pharmacopoe schreS^t
daher zweckmässig vor, zu der gebleichten Lösung, an einem schatügeo
Orte stehend, durch Oeflnen des Korks zuweilen Luft zutreten zu las-
sen, bis sie schwach gelblich geworden ist, welche Farbe das Präparat,
an einem schattigen aber nicht dunklem Orte aufbewahrt, dann lange
Zeit behält.
* Die Lösung darf nicht zu gelb sein , weder freie Salzsäure enthal-
ten , noch e^pen obkerigen Absatz zeigen , und soll mit Alkalien eineo
grünlichen Niederschlag vOn Eis^noxydulozydhydcat geben, nicht eineo
braunen von reinem Oxydhydrat. Sie muss die nach der Vorschrift
erforderte Stärke' an Eisen und das verlangte specifische Gewicht haben.
Beta-Harz ^
( s. unter Harz, Or-
Beta-Orsellsäure u. s. w.)
seilsäure u. s. w.
Beta vulgaris L. U. B. cicla. Eine zu der Familie der
Chenopodiaceae gehörende Pflanze, ursprünglich im südlichen Earops
einheimisch, jetzt in verschiedenen Varietäten in Deutschland, Frank-
reich , England u. s. w. in grosser Menge cultivirt, da die Wurzeln,
die Runkelrübe oder Mangold Wurzel, in bedeutenden Quantitäten theils
zur Zuckerfabrikation, theils zur Viehfultterung verwendet werden.
Die Wurzel enthält krystallisirbaren Zucker, der durchaus dem
Rohrzucker identisch ist. ßraconhot glaubte, dass daneben auch
unkrystallisirbarer Zucker darin vorkomme, alle späteren Untersnchungen
von Felo uze, Tayen, Peligot, Hochstett^r u. A. haben jedoch
Beta vulgaris L. u. B. cicla. 1027
geben, äeas die gesunde Wurzel nur krystallisirbaren Zucker enthält.
F ay e n ^) hat namentlich auch Untersuchungen über die Structur der Wur-
2sel und die Vertheilung des Zuckers darin gemacht; zerschneidet man
<lie Bube perpendikulär auf die Axe, so findet man zunächst unter der
Spidermis ein Gewebe, das sich am Lichte schnell grün färbt, und ne-
1>en Farbstoffen ein flüchtiges Oel enthält; hierunter bis zum Mittel-
punkt liegen abwechselnd Zellengefasse und Gefassbündel. In dem
£tuB kleinen cylindrischen Zellen bestehenden Gewebe, welches die
Gefasse umgiebt, findet nun hauptsächlich die Abscheidung von Zucker
statt. Ausc^er Zucker finden sicK in der Wurzel Holzfaser, Eiweiss,
Salze u. s. w. Die Quantität der einzelnen Bestandtheile wechselt nach
\^arietät der Rübe, Klima, Boden und Düngungsverhältnissen. Fayen
^iebt alö mittlere Zusammensetzung einer Zuckerrübe an in 100 Thln.:
Wasser 83,5 Thle.
Zucker 10,5 „
Zellensubstanz und Fektose . . 0,8 „
Stickstoffsubstanzen ..... r,5 „
Salze, Pektin etc ^ 3,7 „
Unter den Salzen finden sich namentlich Salpetersäure Salze und
^mmoniaksalze, überdies die Basen Kali, Natron, Kalk, Magnesia ver-
bunden mit unorganischen Säuren, wie Schwefelsäure , Phosphorsäure,
Salzsäure, theils mit organischen Säuren, Oxalsäure, Aepfelsäure, dann
Kieselsäure, Eisenoxyd u. s. w. Michaelis^) giebt an, dass die
Rübe nicht Aepfelsäure, sondern Citronsäure enthält, ausserdem eine
iveiier nicht chärakterisirte Bübensäure und Pektinsäure. Büchner^)
behauptet jedoch auch das Vorhandensein von Aepfelsäure. Die
trockene Wurzel gab, nach Sprengel, 5,98, die frische Wurzel, nach
Etti, 1,03 Proc Asche. Meiert) .führt ausserdem Milchsäure, But*
tersäure an, und zwei durch neutrales essigsaures Blei fallbare aber
nicht näher untersuchte Säuren, von ihm Erythrobetinsäure und
Xanthobetinsäure genannt. Die Asche besteht in 100 Thln.:
Sprengel. Etti.
Kali . . . . . 23,9 19^5 " 2 6^6
Natron 53,1 22,4 30,5
Kalk 4,8 3,2 4,5
Magnesia .... 2,3 ' .7,0 9,8
Thonerde u. Eisenoxyd) „ « r\ ■» r^ ^
r%M j\ } 2,0 0,1 0,1
(Manganoxyd) J ' ' '
Kieselsäure . . . 1,8 u. Sand 14,1 19,8
Schwefelsäure . . 2,1 2,5 3,5
Phosphorsäure . • . 2,8 2,4 3,4
Chlor 6,3 1,4 1,9
Die Blätter, welche an manchen Orten als Gemüse benutzt wer-
den, geben, nach Sprengel, getrocknet 15,44 Proc. Asche.
Der Samen des Mangolds enthält 11,6 Proc. Wasser; in 100 Thln.
trockener Substanz sind 0,09 Thle. Schwefel und 6,58 Thle. Asche
(Way und Ogston).
») Compt. read. T. XXIV, p. 909 et 986. ~ '<) Dinglcr's polvt. Journ. Bd.
CXXV, 8. 67; Bd. CXXX, S. 867. — *) Repertor. d. Pharm. [2.] Bd.'XLV, S. 176.
— *) Bepertor. d. Pharm. [2.J Bd. XLV, S. 1.
65*
1028 Betulin. — Betuloretinsävire.
Asche der .Asche des
Bl&tter. Samens.
Kali 36,3 16,1
Natron .21,3 6,8
Kalk 14,9 13,4
Magnesia 5,4 15,2
Thonerde und Eisenoxyd . 1,1 0,4
(Manganoxyd) 0,4 —
Kieselsäure 2,7 1,8
Schwefelsäure ....'. 6,3 3,6
Phosphorsäure .... 4,5 13,3
Chlor 6,9 • —
Kohlensäure . • . . . — 13,8
Chlomatrium — 15,3 F«.
Betulin, Birkencamphor. Ein harzartiger Körper, (1788)
von Lowitz i) entdeckt, Formel nach Hess ') C40H33O3*). DasBetalis
ist bis jetzt nur in der äusseren Epidermis der Birkenrinde und in dein
daraus dargestellten Birkentheer aufgefunden. Seiner Zusammensetzniig
nach gehört es in die Reihe der Harze wie Sylvinsäure n. b. w^
welche als aus einem Kohlenwasserstoff Csq {(40? durch Oxydatioii ent-
standen angesehen werden können.
Wird Birkenrinde vorsichtig über Kohlenfeuer erhitzt» so bedeckt
sie sich mit einer wolligen Vegetation von Betulin, von dem man asf
diese .Weise aber nur einen kleinen Theil erhält, indem der grössere
Theil zerstört wird. Vortheilhafter stellt man es so dar, dass man ans
der trockenen und in kleine Stöcke zerschnittenen äusseren Rinde mit
^ siedendem Wasser zuerst alle darin löblichen Bestandtheile ausiziehL
die Rinde dann wieder trocknet, und darauf mit kochendem Alkohol
behandelt; aus dem Filtrat scheidet sich beim Erkalten das Betulin ab:
durch Abpressen zwischen Papier und Umkrystallisiren ans Aeth^r wird
es rein erhalten. Die trockene Rinde soll 10 bis l2Proc. Betulin gebea.
Das reine Betulin bildet keine regelmässigen Krystalle, donders
weisse warzenförmige Massen. Es ist geruch- und geschmacklos; an'
löslich in Wasser, löslich in 120 Thln. «kaltem und 80 Thln. siedes-
dem Alkohol; auch in Aether, in ätherischen und fetten Oelen löst ei
sich. Von concentrirter Schwefelsäure wird es gelöst, auf Zoaats von
Wasser scheidet es sich, wie es scheint, unverändert ab. Reine und
kohlensaure Alkalien lösen es nicht auf. Bei 200^0. schmilzt das Be-
tulin zu einer farblosen klaren Flüssigkeit, unter Verbreitung des aro-
matischen Geruches der erhitzten Birkenrinde. Nur in einem Loft-
Strome lässt es sich ohne Zersetzung destilliren, und bildet dann eio
sehr voluminöses wolliges Sublimat. j^e.
Betuloret insäur e. Nach Kossmann«) besteht das Birken-
harz aus einer Harzsäure, H O . C73 H^t ^9 ; ^^^ verbindet sich mit Ba*
sen unter Abscheidung von Wasser, wi^d durch Salpetersäure in Pi-
krinsäure verwandelt, erleidet aber durch Einwirkung von Schwefel-
säure keine Spaltung.
0 CrelVs CheiD. Annal. 1788, Bd. I, S. 812. ~ *) Journ. f. prakt. Cbem. Bd.
XYI, S. 161. — ^ Nach dem Atomgewicht G = 6 berechnet. Hess beredwcte
nach dem älteren Atomgewicht die Formel C^oHa^Oj,. — *) Joorn. de Pharm. [S.]
T. XXVI, p. 197.
Beudantin. — ßezetta. 1029
Beudantin, syn. Nephelin.
Beudantlt nannte Lewy ein rhomboedrisch krystallisirendes
Mineral von HorhauBen in Nassau, welches auf Brauneisenerz vorkommt
und Öfter für Pharmakosiderit gehalten wird, jedoch eine eigene Speeies
ist. Es bildet RhomboSder mit der Basisfläche combinirt, nach welcher
ea spaltbar , ist, die RhomboSderfläclien sind horizontal gestreift. Es ist
schwarz bis olivgrün, der Strich ist lichtgrün,* frische Kry stalle haben
diaroantartigen Glasglanz, dunkle Wachsglanz, Härte über 4,0. Vor dem
Löthrohre leicht schmelzbar zu einer schlackigen grauen Kugel, auf
Kohle Bleibeschlag gebend. J. Percy ^) fand als wesentliche Bestand-
theile Bleioxyd, Eisenozyd, Schwefelsäure, Arsensäure und Wasser ; nach
Rammeisberg ist es: ^(PbO.SOa) -f- FeaOg.SOs -|- SFe^Os.POj
4- 9 HO; nach Sandberger: PbO . SOg + 8PbO(As06, PO5)
4- 3 [3Fe,0, (AsOfi, POft) + 24 HO.
Neuere Untersuchungen ') von H. Danber, A. Krantz, C.
Rammelsberg^, F. Sandberger und B. Müller haben ergeben,
dass der Beudantit bei Montabaur in Nassau und bei Cork in Glan-
dore County in Irland vorkommt, in den Bestandtheilen wechselt und von
beiden Fundorten auch Phosphorsäure als Stellvertreter der Arsen-
8&are enthält. Das specif. Gewicht des irländischen fand C. Bammels-
berg = 4,295, und nach ihm ist derselbe vor dem Löthrohre un-
schmelzbar. Der nassauische hat, nach F. Sandberger, das specif.
Gewicht = 4,00 18 und ist vor dem Löthrohre leicht schmelzbar. K.
Bezetta, Schminkläppchen, Toumesol en drapeaux^ Bezetta
rubra ei coertdea. Der Name scheint aus dem Spanischen abgeleitet,
Diminutiv von bezo^ Lippe, Lippenroth. Die rothe Bezetta wird er-
halten durch Eintauchen von leinenen Läppchen in eine Abkochung
von Cochenille, und dient zum Schminken. Die blaue Bezetta scheint
fast nur Anwendung zum Färben der Rinde einer holländischen Käse-
art zu finden, indem man die fertigen Käse kurze Zeit in Wasser taucht,
welches durch Einlegen blauer TournesoUappen gefärbt ist. Beim
Trocknen gebt die Farbe wahrscheinlich durch Einfluss von Essig-
silore in ein eigenthümliches Roth über (Delille).
Die Gewinnung der blauen Lappen findet ausschliesslich in der Ge-
gBnd von Nimes statt, in einem Dorfe Gallargues, wonach dieselben
aaoh bisweilen genannt werden Sie verdanken ihre Farbe dem Safte
einer Pflanze, Chrozopkera Ünctotia^ zur Familie der Euphorbiaceen ge-
IfÖrig. Einen Tag nach dem Einsammeln wird diese Pflanze in einen
kreisrunden Trog gebracht, in dem ein circa 60 Centner schwerer Mühl-
stein* aufrecht umläuft. Man presst die in einer Viertel Stunde genügend
gequetschte Pflanze in Pressen aus. Der ablaufende Saft ist von dun-
kelblaagrüner Farbe, er wird sofort zum Eintauchen rein gewaschner,
fettfreier leinener Lappen benutzt und müssen dieselben so lange darin
geknetet werden, bis alle Theile ganz gleichmässig durchdrungen sind.
Hierauf hängt man sie mittelst Dornhaken an Schnüre, welche der Sonne
und dem Winde möglichst ausgesetzt sind, auf, damit das Trocknen
möglichst schnell stattfinde. Sobald dieselben trocken geworden, setzt
>) Philosoph. lUgazin, Bd. XXXVII, p. 161; Kenngott's üebersicht 1850 —
1861, S. 68; 1866, S. 21. — •) Kenngott's üebersicht 1866 — 1887, S. 34.
1030 Bezoar.
man sie dem Alaminadou aus. Es besteht dies ans einer Schickt
frischen, im Anfange der Gährung befindlichen Maulesel- oder Pferdemi-
stes von 1 bis 1 Y2 Fuss Dicke , auf welche man etwas zerschnitteiiei
Stroh ausgebreitet hat um die aufzulegenden Lappen vor der unmittel-
baren Berührung mit dem Miste zu schützen. Man bedeckt dieselben
nun noch mit Stroh oder grobem Zeug. Von Zeit zu Zeit müssen sk
gewendet werden, damit beide Seiten eine gleichmassige Färbung er-
halten und der Zeitpunkt wahrgenommen wird, wo sie zu entfernen «ind,
denn bei zu* langer Einwirkung des Mis£dampfes vergeht die Farbe.
wird gelblich und kann nicht wieder hergestellt werden. Ungefibr
eine Stunde Zeit pflegt zu genügen. Die Lappen werden dann nochm&l«
in eine ncfue Lösung des Farbstoffs getaucht, welche msii erhalten hat
indem man die Pressrückstände der Pflanze mit etwa halbsoviel Urin
anfeuchtet, als man noch Saft darin vorhanden glaubt und zum zwei-
tenmale presst. Die Lappen werden wieder so rasch als möglich ge-
trocknet und fühlen sich nun steif, wie gestärkt an, wl^irend sie^ aus den
Aluminadou kommend, weich sind ^), Nach Nissole wurde früher ein
sicheres aber längeres Verfahren befolgt Man färbte die Lumpen eben-
falls im frischen Safte der Pflanze, -vermischte ein Pfand Kalk mit oO
Pfand gefaultem Urin, goss etwas Alaunlösung hinzu, woher wahrscheis-
lich der Name Aluminadon, legte einen Fuss hoch über dies.Geroiicb
Latten und Schilf, worauf man die Lappen ausbreitete, und bedeckte
sie mit alten Tüchern; mehr als 24 Stunden waren bis zur genügendes
Einwirkung erforderlich, und man hatte ein Verderben wenig zu be-
ftlrchten.
Es sollen circa 1000 Centner solcher Lappen jährlich angefertigt
werden, und der An'bau der Pflanze ebenso lohnend wie Getreidebau sein.
Von der Lackmus oder Tournesol in Stücken genanntem
blauen Farbe unterscheidet sich die Farbe der Bezetta aus CM'oxophBH
oder Oroton tmctoria gewonnen dadurch, dass sie zwar durch Sänrei
ebenfalls aber langsamer geröthet wird, Ammoniak und Alkalien aber
die blaue Farbe nicht wieder herzustellen vermögen. Nach Jolj findet
sich der bei raschem Trocknen an der Luft blau werdende Stoff in am
Safte aller Theile der Pflanze in ungefärbtem Zustande. Auch menl
er, dass Chrozophora oblongifoUa und pUecUa^ Croton trictispidatam ne^
MercwriaUa perennis und toinentf>8a denselben Farbstoff liefern könnten.
r.
B e Z O ar ^) (der Wortbedeutung nach Gegengift). So werden ver-
schiedenartige, mehr oder weniger runde Concretionen ans den Pansen
verschiedener Wiederkäuer bezeichnet Sie sind vielfach nntersocks
von Fonrcroy, von Vauquelin, John, Taylor, Guibonrt^ spi-
ter von Göbel, Lipowitz, von WÖhler und Merklein und tw
Göbel jun. Nach diesen Untersuchungen kann man die^e Bevrart
meist als Darmsteine ansehen.
') Joly, Annal. de chim. et de phys. [3.]T. VI, p. 111; Dingler'e polyt. Joan»-
Bd. LXXXVII, S. 29 u. ff.
•) Fonrcroy, Gehl. N. Jonro, 1804, Bd. III, S. 565. — Vanqnelin, Atib*J-
de cbim. [1.] T.LXXXIII, p. 188. — John, Schwelgg. Jonm. Bd. XII, S. «*. "
Guibon rt, Compt. rcnd.de lacadem. T. XVI, p. 130; Jonrn. de pharm. [S.] T. Hl
p. 168.; Pharm. Centralbl. 1848, S. 7Q0. ^ Taylor, Lond., Edingbh., and DsH
Philos. Magaz. and Jonrn. of sc, No. 184, p. 36. u..Ko. 186, p. 192. Phami. C«8-
tralbL 1846, S. 497. — Lipowitz, Archiv d. Pharm. Bd. XUII, S. 41. V«^
anch EUag^üure und Lithof^lliiifittnre.
§ezoar. , 1031
Der chemischen Zasammensetzung nach Icann man nach den vor-
handenen Untersnohungen nenn verschiedene Arten solcher Concremente
unterscheiden (Taylor); sie bestehen nämlich der Hauptmasse nach
1) aus phosphorsanrem Kalk, oder 2) ans phosphorsanrer Magnesia,
8) aas phosphorsanrer Ammoniak-Magnesia, 4) aus oxalsaurem Kalk,
5> aas vegetabilischen Fasern, 6) ans thierischen Haaren, 7) aus Am-
bra, 8) aus Lithofellinsäure oder endlich 9) aus Ellagsäure (Bezoar-
säure von Lipowitz).
Bei den eigentlichen Bezoaren unterscheidet man dem Vorkom-
men nach dreierlei Arten derselben: orientalische,, occidentali-
sche und deutsche Bezoare.
Orientalischer oder echter Bezoar findet sich bei dem Be-
soarbock {Capra aegagrua) und der Gazelle (Antilope Doreas) in kugeli-
gen oder ovalen* erbsen- bis faustgrossen Stücken, welche aus einzelnen
dünnen, um einen fremdartigen Kern concentrisch gelagerten Lamellen
bestehen. Die echten orientalischen oder harzigen Bezoare kommen
meistens aus Persien, zum Theil aus Golconda. Die persischen Bezoare
sollen zum Theil Darmsteine einer wilden persischen Gebirgsziege (Pa-
sen) sein, sie heissen deshalb eigentlich Pasalor, woraus Bezoar ent-
standen ist Eine andere Art der orientalischen Bezoare, welche man
Pedro Bugia nennt, stammt von Babianum eyrocephalum und ist ganz
besonders geschätzt (Kämpfer). Wie sehr überhaupt im Orient die
Bezoare geschätzt sind, dafür spricht die Thatsache, dass der Schah
von Persien 1808 an Napoleon einen solchen Bezoar übersandte.
Die echten orientalischen Bezoare sind durch den glänzenden harzi-
gen Bruch charakterisirt, weshalb Fourcroy und Vauquelinsie auch
als harzige Bezoare bezeichnen; sie sind geruch- und geschmacklos,
so 'gut wie unlöslich in Wasser und in wässerfger Salzsäure; in wässe-
riger Kalilauge lösen sie sich grÖsstentheils ; beim Erhitzen zersetzen
sie sich unter Verbreitung eines angenehmen Geruchs, und verbrennen
an der Luft meistens unter RücklasSung* von wenig Asche. Dieses
Verhalten unterscheidet die echten harzigen Bezoare von den nachge-
machten ; die 'echten dürfen , in heissem Wasser aufgeweicht, dasselbe
nicht färben und keinen Gewichtsverlust erleiden, und, mit einem
glühenden Eisendraht berührt, dürfen sie denselben nicht oder kaum
eindringen lassen (Tavernier).
John nannte den organischen, in alkalischen Flüssigkeiten lösli-
chen Bestandtheil der echten Bezoare Bezoarstoff, man muss aber der
Zusammensetzung nach besonders zwei verschiedene Arten der harzi-
gen Bezoare unterscheiden, die, welche aus Bezoarsäure oder Ellagsäure
(s. d. A.), und die, welche aus Lithofellinsäure (s. d. AO bestehen.
Die aus Ellagsäure bestehenden Steine, von "der Grösse einer
Bohne bis zu der eines kleinen Hühnereies, sind von bräunlicher oder
fahler Farbe, zuweilen olivengrün, zuweilen marmorirt, von eiförmiger
oder nieren förmiger Gestalt; si^» liaben oft eine glänzende Übertiäche
nnd zeigen muscheligen Bruch; ihr specif. Gewicht ipt etwa 1,6. Sie
zeigen einen schwachen, aber angenehmen, ambra- oder moschusartigen
Geruch, der sich besonders beim Auflösen derselben in Lauge be-
merkbar macht f sie schmelzen beim Erhitzen nicht, sondern verkohlen,
und die Masse belegt sich mit gelben glänzenden KrjstaHen; sie lösen
sich schwierig und nur zum Theil in Alkohol, und sind fast unlöslich
in Ammoniak.
1032 Bezoardicum animale. — Bibergeil.
Die aus Lithofellinsäure bestehenden Bezosre sind dea vorigen im
Ganzen ähnlich, sie zeigen mehr Wachsglanz, and sind in der Regel mehr
grün, sie unterscheiden sich wesentlich durch das specif. Grewicht too
1,1, sowie auch dadurch, dass sie schmelzbar und in Alkohol leicht lödli^
sind. Sie enthülten ausser LithofellinFäure dem Gallenfarbatoff ähnliche
Körper, und sind daher vielleicht als Gallensteine za betrarchten.
In den echten Bezoaren befindet sich meist ein als Kern dienender
fremder Körper, Baumrinde oder dergl. Nach K&m pf er 'fl Ansicht *
verdanken die Bezoare ihre Bildung und ihre Zusammensetzung unmit-
telbar den harzigen Bestandtheilen der Pflanzen, von welchen dieXhiere
sich nähren; Guibourt findet, dass überhaupt zwischen den in einer Ge-
gend herrschenden Pflanzen und zwischen den Secreten der von diesen
Pflanzen sich nährenden Thiere eine merkwürdige Uebereinstiinmimg
herrsche, wie dies namentlich beim sibirischen und c^madischen Casto-
reum sich zeige, deren Geruch unter sich verschieden ist, denn während
das eine mehr den Harzgeruch der in Canada wachsenden Kiefern hat
besitzt das sibirische einen Qeruch, welcher an das in der Wärme am
Birkenrinde sich bildende Oel erinnert.
Der occidentalischeBe&oar stammt häuptsächlich von der Ka-
mee Iz Lege (^Äiichema Lama) und dem Schaafkameel (^Ä, Ficuitita); su
kommen hauptsächlich aus Süd- Amerika, wo diese Thiere leben, sind
der äusseren Beschaffenheit nach dem orientalischen ziemlich ähnlich,
verhalten sich aber ganz verschieden, da sie der Hauptmasse nach auf
baaisch-phosphorsaurem Kalk gemengt mit wenig organischer Snbstaai
bestehen, lösen sich daher in wässeriger Salzsäure, aber nicht in was*
serigen Alkalien, und hinterlassen beim Verbrennen viel Asche.
Die deutschen Bezoare stammen von der gemeinen Gremse
(Antilope rupicapra) und* haben daher auch den Namen Gemskngeln
oder Aegapropilae^ sie bestehen meist aus verfilzten Pflanzenfasern nnd
Thierhaaren, welche mit einem lederartigen Ueberzug von getrockn^em
Schleim versehen sind. A.
Bezoardicum animale, ein veraltetes aus dem getrockneteD
Herzen und der Leber der Viper (Coluber biertis) bereitetes Medicament,
welches dem Bezoar ähnlich (daher sein Name) als Gegengift dienen sollte.
Bezoardicum minerale hiess bei den alten Chemikern die
Antimonsäure, besonders die aus Antimonbutter mit Salpetersäure dar-
gestellte ^).
Bezoarsäure, syn. mitEllagsäure und zuweilen auch
mit Lithofellinsäure (s. d. Art.).
Bezoarstoff s. Bezoar
Biamide s. Diamide unter Amide (Bd. I, S. 689).
Bibenzoilimid. Produet der Verwandlung von Benzoyl waaser-
stofl* durch Ammoniak (s. B enzoyl Wasserstoff , Abkömmlinge
S. 947).
Bibergeil, Castoreum. Sondert sich bei dem gemeinen nnd
dem amerikanischen Biber (Caator fiber L. und Ccutor americanus Fr.
CVv«)^ und zwar bei beiden Geschlechtem in zwei zasammenhängendeD
*) Kopp, Qeschichte der Chemie, Bd. IV, S. 108.
Bibergeil. 1033
^eateln ab, die sich beim Männchen hinter der Vorhaut, beim Weib-
üien etwas oberhalb der Mündung der Scheide vorfinden. Die Beutel
liehen mit zwei anderen sackartigen Behältern in Verbindung, die eine
[tarkriechende, gelbbraune, ölige Flüssigkeit, das sogenannte Biber-
^eilfett einschliessen. Man unterscheidet 1) russisches, moskowi-
isches oder sibirisches, 2) bajeriaches (beide von C.Fiber) und
)) amerikanisches, canadischbs oddr englisches Bibergeil
von C. americantui). Am geschätztesten ist das russische 3ibergey. .
2ls kommt in festen, vollen, schwärzlichen oder schwärzlichbraunen,
licht mit Haaren besetzten, rundlichen, 3 bis 5 Unzen schweren Beu-
eln vor, die eine mehr oder weniger gleichmässige , dichte, öfters im
Innern kleine Höhlungen zeigende - Masse enthalten. Diese Masse ist
ron dem papierdicken Zellgewebe durchzogen, bisweilen soll es jedoch
Looh fehlen, ohne dass daraus auf eine Verfälschung zu schliessen sei.
3ei vorsichtigem Einschneiden lassen sich von den russischen Beuteln^
nehrere Häute abziehen. In ganz frischem Zustande ist das Bibergeil
veich, von Salbenconsistenz , nach dem Trocknen fest, gelblichbraun
^der röthlichbraun, etwas wachsglänzend. Es riecht eigenthümlich stark,
chmeckt bitterlich, gewürzhaflb, im Schlünde etwas beissend, anhaltend.
iiit Wasser bildet es einen blassbraunen, beim Erkalten hell bleiben-
len Auszug ; beim Erhitzen schmilzt es theilweise unter Aufblähen* —
Die Beutel des bayerischen Bibergeils, welches an Güte mit dem russi-
ichen wetteifert, sind länglich oder rundlich, auch ^imförmig, von oft
bedeutender Grösse. — Das amerikanische Bibergeil bildet kleinere,
Hngere und schmälere Beutel als das russische, von 1 bis 3 Unzen
jrewicht; die Haut ist meist uneben, runzlich, dünner und lässt sich
licht in Schichten abziehen ; der Geruch etwas schwächer. Oefters ist
US noch mit den Fettbeuteln zusammenhängend. Die innere mit dem
Zellgewebe durchzogene Masse ist der Farbe nach öfters verschieden,
lald gelb ins graue und braune, bräuülichschwarz oder rothbraun, häufig
larzglänzend. Es verhält sich beim Erhitzen dem russischen Bibergeil
koalog ; der wässerige Auszug ist fast ungefärbt, trübt sich beim Erkalten.
Nach den Analysen von Brandes hat das russische und oanadi-
che Bibergeil folgende Zusammensetzung:
Conad. B. Bnisifoh. B.
Flüchtiges Oel 1,00 . . 2,00
Bibergeilharz 13,85 . . 58,60
Cholesterin • — . . 1,20
Castorin 0,83 . . 2,50 *
Albumin 0,05 . . 1,60
Leimartige Substanz .... 2,30 . • 2,00
In Alkohol u. Wasser lösl ExtrACt 0,20 . . 2,40
Kohlensaures Ammoniak . . . 0,82 . . 0,80
Phosphorsaurer Kalk .... 1,40 . . 1,40
Kohlensaurer Kalk. .... 33,60 . . 2,60
Schwefels. Kali, Kalk u. Magnesia 0,20 . . ' —
Mit Kali ausgezogene leimähn-
liche Substanz 2,30 . . 8,40
Mit Kali ausgezogene, leim ahn 1.
in Alkohol lösl. Substanz . — . . 1,60
Membranen, Haut u. s. w. . . 20,00 '. . 3,30
Wasser und Verlust .... 22,83 . . 1 1,70
1034 Bibergeil.
•
Bei der Destillation von Castoreum - eanadense mit Wasser find
Wöliler^), wie er bereits froher 2) Termathete, Carbolsaiiie, zu^äd
auch Benzoesäure, Salicin, und vermuthet das Vorhandensein Ton EUaf-
säure und Salicylsäure. Eis gelang jedoch nicht dieselben mit Bestimm-
heit nachzuweisen.
Nach £. Weber ist das Ca^toreum die durch die gefäurckhc
Lederhaut des Pnieputium penis udd elitaridis abgesonderte Haotulbe.
C. G. Lehmann^) bestätigte diese Ansicht durch eine vergleiebeode
Untersuchung der gleichen Absonderungen beim Pferde und bei dea
Menschen und fand in allen Sorten Castoreum durch das Mikroikof
beträchtliche Mengen von schwefelsaurem, oxalsaurem und nameotlidi
kohlensaurem Kalk.
Er behandelte femer nacheinander mit Aether, Alkohol, Wmm
und verdünnter Essigsäure A. frisches deutsches, B. geräuchertes ro»
sches, endlich C. canadisches Castoreum und D. Smegma praepvta t«s
Pferde, E. vom Menschen.
A. B. C. D. E.
Aetherextract 7,4 2,6 8,2 49,9 52,8
Alkoholextract 67,7 64,8 41,3 9,6 7,4
Wasserextract 2,6 1,9 4,8 5,4 6,1
Essigsäure-j kohlens. Kalk . . 14,2 18,5 21,4 5,4 V
extract } eiweLssartige Subst. 2,4 3,4 5,8 2,8 5,6
Häutige Theile 6,7 9,4 18,4 26,8 18^
Die ätherischen Auszüge enthielten verseif bare Fette, Chole^
und Castorin, ein in Wasser so fein vertheilbares Fett, dass es losäd
erscheint, durch Pettenkofer's Gallenprobe mit Schwefelsaure bbI
Zucker konnte besonders leicht im frischen Castoreum Galle naeb^
wiesen werden. Alle untersuchten Absonderungen enthielten fett»iB*
und harzsaure Alkalien, einen Proteinkörper, von. dem jedoch nicht a|'
schieden werden konnte , ob er dem Albumin oder Casein ähnlieh a
und der von den durch Essigsäure aufgelösten Hüllen desr Fettkügel'
chen herzurühren schien.
Saugier, Brandes, Batka, BiegeT fanden schon Betaöeasn
in dem Castoreum. Lehmann^) hält es wahrscheinlich, dass dieseAe
ursprünglich als Ilippursäure vorhanden gewesen, während Wöhh'
sich durch Versuche überzeugt hat, dass dieselbe nicht ans Hipp**
säure entstanden sein könne und dass keine Zimmtsäure ragegen wtf-
Hamsäure fanden weder Lehmann noch Wo hl er.
An Mineralbestandtheilen hat Lehmann nur wenig lösliche i^aiz^
etwas Chlornatrium und Salmiak darin aufgefunden, femer pi^
phorsaures Natron-Ammoniak und reichlich phosphorsauren Kalk v»
phosphorsaure Magnesia.
Bizio ^) stellte aus dem Castoreum zuerst das Castorin oder^
Bibergeilcam phor dar, durch Auskochen desselben mit starkem AI*
kohol, Abscheidung des Cholesterins durch Abkühlen, Abdampfen der
filtrirten Flüssigkeit auf ^4, woraus es als gelblich krystallinischc Ma*<
0 Annal. d. Chcm, u. Pharm, v. Liebig n. Wöhler, Bd. LXTII, S. SM- -
«) Ebendas. Bd. XLIX, S. 360 u. Bd. LXV, S. 844. — ») Berichte d. Geselhd"»
d. WlBsens. zu Leipzig 1848; daraas Jahfesber. v. Liebig n. Kopp l^^l« ^' ^^
— ") Lehmann, Lehrb. d. phys. Chem. 2. Aufl. Bd. II, S. 830. — *) Tro»»-
dorff N. Joum. d. Pharm. Bd. XJ, HO. 1, S. 800; Brande«* Arch. Bd. XI, S. Ilö ^
119; Wtnkler: Geigers Mag. Bd. XIH, S. 171.
Bibergeilcamphor. — Bichurimstearylsäüre. 1035
»ich abscheidet. £8 ist nicht verseif bar, fast nnl^slich in Wasser^leicht
löslich in heissem Alkohol und Aether, viel weniger bei niedriger Tem-
peratnr; auch ätherische und fettö Oele lösen es nur in der Wärme ^
man reinigt es durch Umkrystallisiren aus Aether oder Alkohol und er-
halt es dann in kleinen .vierseitigen Nndeln, die leicht zerreiblich sind
erst über 100^ C. schmelzen; bei höherer Temperatur verkohlt es und
verbrennt ohne Rückstand. Salpetersäure bildet daraus Castorin-
säure oder Bibergeilcamphorsäure, wenn sie damit in concentrir-
tem Zustande erhitzt wird (Brandes), unter Entwickelung von sal-
petriger Säure. Man kann die grösste Menge der Salpetersäure- davon
abdestilHren. Die Castorinsäure, welche sich in gelblichen kry-
stallinischen Körnern abscheidet, ist leicht löslich in wässerigen Alka-
lien und wird bei Uebersättigung derselben mit starken Säuren aus den
Lösungen gefällt.
Wenn man die Lösung, aus der sich das Castorin abgeschieden
hat, zur Trockne bringt, den Rückstand mit Wasser auszieht, dann den-
selben in heissem Alkohol löst und das Filtrat abdampft, so erhält man
eine schwarzbraune, glänzende, spröde, in Aether fast unlösliche Masse,
welche von wässerigen Alkalien leicht gelöst und von Säuren aus die-
sen Lösungen vollständig gefällt wird, die Brandes Castoreum-
ResiUQid oder Bibergeilharz nennt.
'Durch wiederholte Destillation von Wasser über frische Portionen
von Bibergeil erhalt man das ätherische Bibergeil- oderCastoreum-
Oel, aus frischem russischen Bibergeil etwa 2 Proc, aus canadischem
nur 1 Proc. Es ist blassgelb, dickflüssig, wenig löslich in Wasser, leicht
löslich in Alkohol, von scharfem, bitterem Geschmack. V.
Bibergeilcamphor
Bibergeilcamphorsäure.
D-u -lu ) ^' Bibergeil,
ßibergeilharz
Bibergeilöl
Biber harn. Der Ham des Bibers enthält, nach Vauquelin^),
kohlensauren Kalk und kohlensaure Magnesia in' Lösung, Harnstoff,
hippursaures Natron und andere im Ham pflanzenfressender Thiere
gewöhnlich vorkommende Salze; vegetabilische Stofie aus der Weiden-
rinde, der gewöhnlichen Nahrung des Bibers, dadurch nachgewiesen,
dass in Alaunlösung gebeitztes Zeug sich im Biberharn gerade so färbt,
wie in einem Aafgu&s von Weidenrinde. Phosphorsaure. Salze und
Harnsäure finden sich nicht im Harn.
Bicarbamid ist der Harnstoff genannt, weil er sich als ein
Biamid der Kohlensäure ansehen lässt,^ ^u^^ |N2 (s. l.Aufl. Bd. III,
S. 806).
Bichurinstearyl, das Radical der
Bichurimstearylsäüre, syn. mit Pichurimtalg-
säure.
») Annal. de chini. T. LXXXIl, p. 197.
1036 • Bicolorin. — Bier.
Bicolorin, 33)71. Aesculin.
ßieberit, syn. mit Kobaltvitriol (». d. Art 1. Ani
Bd. IV. S. 421.
Bielurilsäüre nennt Bochleder die imCaffein angenommeoe
Atomgruppe 088304,0484 (s. Oaffein).
Bienenharz, Stopf wachs, Ut eine braungelbe» zähe, klebrigt
Substanz, mit welcher die Bienen die Risse der Körbe ttberziehen, m
Licht und Luft abzuhalten. Diese Masse, ein Gemenge von haragea
und wachsartigen Substanzen , ward früher zur Bereitung von Pfluter
und Salben verwendet. Fe.
Bienenwachs s. Wachs.
«
Bier, ßiere^ Beer. Das Bier ist ein gegohrener und noch lug-
sam g&hrender Auszug aus gemeischtem Malze. Seine wesentlichen 6e-
standtheile sind daher: Malzeztract (Meischextract), Alkohol, Kohlo-
säure und das als Lösungsmittel dienende Wasser; es ist eine kohlen-
säurehaltige Lösung von Malzextract und Alkohol.
' Das Malzextract des Bieres besteht hauptsächlich ans Starb-
gummi und Stärkezucker; nur verhaltnissmässig kleine Mengen vob
stickstoffhaltigen Substanzen, von sogenannten Proteinstoffen, und toi
• verschiedenen Salzen, namentlich Phosphorsäure-Salzen von Kalk ond
Magnesia, kommen noch darin vor. Die saure Reaction des Mi-
auszugs bringt die letzteren in Lösung.
Ist das Bier aus Darrmalz gebraut, so finden sich in seinem MaU-
extracte das Gummi und der Zucker zum Theil in caramelisirtem, dorek
Röstung verändertem Znstande, und wurde Hopfen beim Brauen ange-
wandt, so sind Bitterstoff und Aroma des Hopfens vorhanden.
Es leuchtet ein, wie sehr verschieden das Bier sein kann nach der
Menge des Malzextracts, des Alkohols und der Kohlensäure, nach den
Verhältnisse in welchem diese vorhanden sind und danach, ob es «&
Luftmalz, schwach oder stark gedarrtem Malze, ohne Hopfen, mit wenig
oder viel Hopfen gebraut wurde. Nicht minder haben aber auchAbfifi-
derungen im Brauverfahren, und deren können sehr viele stattfinden, av
die Beschaffenheit des Bieres entschiedenen Einfluss. Die Zahl der
. Gattungen und Arten von Bier ist deshalb sehr gross.
Nach der Farbe, welche alle Abstufungen zwischen Blasagd^
und Dunkelbraun umfasst, unterscheidet man Weissbier e und Bivid-
biere. Die ersteren werden aus Luftmalz, die letzteren aus verschiedeo
stark gedarrtem Malze gebraut.
Durch Obergährung - erzielte Biere heissen obergährige Biere;
durch Untergährung gewonnene, untergälirige Biere.
Biere, welche sich lange aufbewahren lassen, wie starke und stari
gehopfte Biere, werden Lagerbiere genannt; Biere, welche sich nkif<
lange halten , nennt man Schenkbier (Schanckbier), die leichteren aa
manchen Orten auch Flaschenbiere.
Nach dem Betrage des Gehalts an Malzextract, der im Allgemei-
nen zwischen 4 bis 15 Procent liegt, nmr bei der Brannschweiger
Mumme weit grösser ist, unterscheidet man substanziöse, (fette, reiche*
Bier. 1037
ztractreiche) Blere und magere, (arme, trockene) Biere. Je reicher an
lalzeztraoi das Bier ist, desto runder,' voller erscheint es auf der
lange, desto mehr Körper hat es.
Nach dem Gehalte an Alkohol nennt man die Biere stark oder'
ßhwach, schwer oder leicht. Der Alkoholgehalt liegt im Allgemeinen
wischen 2 bis 8 Proc. ; je grösser er ist, desto berauschender wirkt
atürlich das Bier.
Je mehr Kohlensäure das Bier enthält, desto stärker perlt, mous-
ürt es. pie Menge der Kohlensäure beträgt 0,1 bis 0,5 Procent.
Häufig hat man von einer Art Bier eine an Extract und Alkohol
eichere Sorte und eine daran ärmere Sorte. Jene heisst dann wohl
AB Doppelbier, diese das einfache Bier, Schmalbier oder Dünnbier.
Manche Biere fjölhren besondere Namen. Porter und Ale sind all-
gemein als englische Biere bekannt. In früherer Zeit hatten viele Städte
jgenthümliche Biere mit oft sehr sonderbaren Namen. Die meisten
Heser Localbiere haben dem besseren Greschmacke des Publicums wei-
ihen müssen, nur wenige stehen noch im Rufe. Brüssel hat Lambik, Mars
ind Faro, Braunschweig ^le Mumme. Jetzt benennt man ausgezeich-
letere Biere nach der Stadt oder der Localität wo sie gebraut werden.
in Frankreich sind die Biere von Strassburg und Lyon sehr beliebt;
n Belgien das Weissbier von Löwen (Louvain) ; in Deutschland schätzt
nan das Mnnchener, Nürnberger, Erlanger, Kulmbacher Bier. Mit
lern Namen bayrisches Bier umfasst man alle Biere, welche nach den
n Bayern üblichen Braumethoden gebraut sind.
Der Gehalt der ^Verschiedenen Arten und der wichtigeren Sorten
ron Bier, an Malzextract, Alkohol und Kohlensäure, namentlich an den-
beiden ersteren, ist sehr häufig durch Untersuchungen ermittelt worden.
Nur aber. Wenn dem Resultate der Analyse eines Bieres Angaben Über
Farbe ^ Geschmack und Stärke des Moussirens beigefügt sind, erhält
man ein verständliches Bild von der Beschaffenheit des Bieres (s. Bier,
(Jntersuchung desselben). Man wird den Werth der Bier-Ana-
lysen nicht überschätzen, wenn man berücksichtigt, dass die Zusammen-
setzung für ein und dieselbe Art von Bier keine constante ist und sein
kann. Das relative Verhältniss zwischen Malzextract und Alkohol muss
sich mit der Zeit, mit dem Alter der Biere ändern, weil eben das Bier
ein noch gährendes Getränk ist. Junge Biere sind extractreicher und
alkoholarmer, ältere Biere sind alkoholreicher und extractärmer. Auch
wird, wie schon oben gesagt, ein und dieselbe Art von Bier häufig
mehr oder weniger gehaltreich gebraut, gehaltreicher namentlich wenn
es zum Versenden bestimmt ist. Nur aus einer grossen Anzahl von
Analysen ein und derselben Art von Bier lässt sich die Beschafi^enheit
annähernd richtig erkennen.
In der folgenden Tabelle ist deshalb der durchschnittliche Gehalt
an Malzextract und Alkohol einiger wichtigen Arten von Bier, nach
zahlreichen Analysen, mitgetheilt.
1Ü38
Bier.
Namen der Biere.
Procentgehab an
Malzextract.
Alkohol.
r^ndon Ale, zum Export . .
London Ale, gewöhnliches .
London Forter, zum Export
London Porter, gewöhnlicher
Brü^^ler Lambik ....
Brüsseler Faro
Biere forte de Strassbonrg
Bi^re blanche de Paris .
Bayerisches Bier ....
Berliner Weissbier ....
7
5
7
5
5,5
5
4
8
6,5
6,2
bis
5
4
6
4
3,5
3
3,5
5
4
5,7
G
bis 8
4
— 5
5
— 6
3
— 4
4,5
- C
2,5
— 4
4
-M
3,5
— 4
3
-4,5
1,8 -
Die nachstehende Tabelle enthält die speciellen Resultate det
Untersuchang einiger Biere:
Namen der Biere.
Procentgehalt an
Malz-
extract
Alko-
hol.
Koh-
len-
säure.
Was-
ser.
NaoMB
der
Aualttikcr.
London Porter, von Barkley und
Perkins
London Porter
London Porter (Berlin)
Burton Ale
Scotsh Ale, Edinburg
Ale (Berün)
Brüsseler Lambik
Brüsseler Faro
Salvatorbier, München
Bockbier, München
Bayerisches Schenkbier, München
Bayerisches Lagerbier, München, IC
Monate alt
Bayerisches Lagerbier, München . .
Bayerisches Schenkbier, Braunschweig
Bayerisches Bier (Waldschlösschen) .
Prager Schenkbier ......
Prager Stadtbier
Süssbier, Braunschweig
Josty'sches Bier, Berlin
Werder^sches Braunbier, Berlin . .
Berliner Weissbier
Biere blanche de Louvain . . . .
Petermann, Louvain
Mumme, Braunschweig ....
0,0
6,8
5,9
14,5
10,9
6,3
3,4
2,9
9,4
5,8
5,0
3,9
5,4
.4,8
6,9
10,9
14,0
2,6
3,1
5,7
3,0
4,0
45,0
5,4
6,9
4,7
5,9
8,5
7,6
5,ö
4,9
4,6
4,2
a»8
5,1
4,3
3,5
3,6
2,4
3,9
1,36
2,6
2,3
1,9
4,0
6,5
1,9
0,16
-0
(»,37
0,16
0,17
0,2
0,2
0,18
0,17
0,14
0,15
0,16
0,5
0,8
0,6
88,44
86,3
89,0
79,6
80,45
85,93
90,9
92,0
85,85
86,49
90,26
89,75
91,64
91,1
91,5
90,7
85,2
84,7
94,3
94,2
91,8
93,0
89,5
58,1
I
Zur Vervoll:$tändigiing der Charakteristik der Biere
Folgende :
Ale i8t ein helles, mehr oder weniger bitteres (jnild or
Kaiser.
B^lling-
Ziorek.
HoffmaoB
Kaiser.
Ziarek.
Kaiser.
KaistT.
Kaiser.
Kaiser.
Kaiser.
Kaiser.
Kaiser.
Otto.
Fischer.
BalUng.
Halliiig.
Otto. *
Ziorek.
ZiarcL '
Ziurek.
La Cambr
La Cambff-
FreytagBtfi
Bosse.
diene das
hiiter JU)
' j Der Strich deutet an, dass die Kohlensäure nicht quantitativ bestimmt ward«
Bier, Brauen desselben. 1039
abatanziöses, starkes Bier. Porter ist ein dunkles, mehr oder weniger
itteres, substanziöses, starkes Bier. Die bayerischen Biere sind massig
abstanziöse, massig starke, hellere oder dunklere, mehr oder weniger
ittere Biere. Die österreichischen und böhmischen Biere gleichen
en bayerischen, nur sind sie oft etwas snbstanziöser. Die belgischen
liere, hinsichtlich des Gehalts an Extract und Alkohol den bayerischen
benfalls nahe stehend, haben alle einen säuerlichen Geschmack. Das
lerliner Weissbier ist ein etwas substanziöses, schwaches^ stark mous-
irendes Bier. Die Braunschweiger Mumme ist kaum ein Bier zu
ennen; sie schmeckt wie Malzextract oder Quecken wurzel extract.
Da jedes Procent Alkohol des Bieres nahezu aus 2 Proc. Zucker
es Malzanszuges, der sogenannten Würze, entsteht, so lässt sich aus
er mitgetheilten Tabelle annähernd sogleich die Concentration be-
lehnen, welche die Würzen für die verschiedenen Biere hatten. Das
titersuchte Wal dschlösschen -Bier enthielt 3,6 Proc. Alkohol; diese
ütsprechen nahe 7,2 Proc. Zucker, dazu der Gehalt des Bieres an Malz-
ctract im Betrage von 4,8 Proc, ergiebt die Concentration der Würze
A 7,2 + 4,8 =12 Proc. Für das Scotsh Ale müsste die Würze
ine Concentration -von 10,9 -}- 2 . 8,5 == 10,9 -(- 17 = 27,9 Proc.
ssitzen.
Man erkennt, dass sehr substanziöse und zugleich sehr starke Biere
Le concentrirteste Würze erfordern, den grössten Aufwand an Malz
Einsprüchen. Massig substanziöse und zugleich massig starke Biere
srlangen nicht mehr Malz, als substanziöse aber schwache Biere.
Brauen des Bieres^). im Allgemeinen, und Wesentli-
len besteht die Kunst Bier zu brauen darin: Malz zu bereiten (das
sisst Getreide auf z\^eckmässige Weise keimen zu lassen), aus dein
[alze durch die Operation des Meischens einen zuckerigen Auszug,
ne Würze darzustellen, diese, in der Regel wenigstens, mit Hopfen
I kochen und dann, nach hinreichender Abkühlung, in Gährung zu
ingen.
Der ganze Brauprocess zerfällt hiemach in drei, von einander
hr verschiedene Operationen, nämlich :
die Bereitung des Malzes,
die Darstellung der Würze,
die Gährung der Würze.
Bei weitem die grössere Menge von Bier wird aus Gerstenmalz
reitet, Weizenmalz kommt seltener, und dann meist nur als Zu-
tz zu Gerstenmalz in Anwendung, Roggenmalz benutzt man nie, Hafer-
%lz nur ganz ausnahmsweise.
Das Malzeh des Getreides ist für den Brauprocess durchaus noth-
sndig, nm Diastas zu erzeugen (siehe dies). In dem ungemalzten Ge* .
»de ist nur der zuckergebende Stoff, das Stärkmehl, vorhanden, es
lit der zuckerbildende Stoff, das Diastas. In dem gemalzten Getreide
den sich beide. Da das Diastas des Malzes hinreicht, eine grössere
Bng6 von Stärkmehl in Zucker umzuwandeln, als. in dem Malze selbst
thalten ist, so kann allerdings ein Theil des Malzes durch ungemalz-
') Ball in K, Die Gährnngschemie. G. La Cambre, Trait^ complet de la fa-
kation des bi^res et de la Destillation. Heiss, Der bayeriBcbe Bierbrauer.
to. Lebrbucb der rationellen Praxis der landwirtbscbaftUchen Gewerbe. P. Mttl-
■ Handbuch fUr Bierbrauer. •
1040
Bier, Brauen desselben.
tes Getreide oder durch andere stÄrkmehlhaltige SubsUneen enetet wil-
den, wodurch eigenthümliche Arten von Bier entstehen, von denen I[mU)
die EEede sein wird (belgische Biere, Karte Seibier).
Die Bereitung des Malzea ist in dem Artiicel Male siufShtliek ib-
gehandelt ; ee kann daher ganz auf diesen Artikel verwiesen werd(&
Daa Mals mius für den Branproceee leckleinert, es nniu ;(-
schroten, gebrochen werden.
Die Zerkleinerung kann entweder durch die Steine einer gevöb-
liehen Mahlmjihle, oder aber durch eiserne Walzen (QaetecbmaMkinai
bewerkstelligt werden. Der gehörige Grad der Zerkleinerung iM hitf-
bei von grosser Wichtigkut. Zu stark zerkleinertes Malz lüst sei
schlecht mit Wasser verarbeiten, setzt sich bei dem Ueiechen sehr ht
und enttasst die Würze nur Bchwierig. Es ist am besten, wenn ie
Mehlkörper in ein feines Pulver verwandelt,' die Spelze nur geip^
wird. Dies erreicht man durch Quetschwalzen, selbst bei trockucs
Make sehr leicht; für du Schroten zwischen Mühlsteinen mosi «te
die Spelze vorher dadurch zäher gemacht werden, dass man du Mi^
12 bis 24 Stunden vor dem Schroten, mit etwas Wasser besprengt, a
netzt, einsprengt, und dann öfters umiitichl. ,
Fig. 81 7eigt die unter dem Namen „Rheinische SchrotmöUi*
sehr verbreitete und zweckmässige Walten-Quetschmoacbine von BW
menthal in Darmstadt,
Fig. fti.
Aus dem Rumpfe aa gelangt das Malz auf den, ans doppd"«"
Sieben bestehenden '.Schuh ÄS, von denen das obere zum Zurilekhsll«
der gröberen Einmenguugen, der Steine, das untere, feinere, tai E*
Bier, Brauen desselben. 1041
femung des Staubes n. 8. w. dient. Von dem nnteren Sieb f &Ilt das
Malz dann in. den kleinen Rompf, welcher Über den germften Qneiseh-
-walzen c c befestigt ist Das Schrot f &llt ans «L Die von e bewegte
Hebelvorrichtnng // rüttelt den Siebschah« W^e das Schwungrad an-
deutet, ist die Maschine znm Betriebe mit. der Hand eingerichtet, es
versteht sich von selbst, dass sie auch mit einer mechanischen bewe-
genden Kraft in Verbindung gesetzt werden kann.
Darstellung der Würze, Meischprocess. Um aus dem
Malzschrote einen möglichst extractreichen Auszug (Würze) zu erhal-
ten, muss dasselbe dem Meischprocesse unterworfen werden. Das Mei-
schen ist die Behandlung des Malzschrotes mit Wasser bei der Tem-
peratur, bei welcher das Stärkmehl von dem Diastas in Gummi und
Zucker verwandelt wird, nämlich bei 60o bis 75» C, 48« bis 60^ B.
(s. Diastas und Stärkmehl). .
Zum Meischen dient der Meischbottich, welcher häufig zugleich
Seihbottich ist. Er hat dann, ein paar Zoll über dem Boden, einen
zweiten durchlöcherten Boden (Seihboden, Loseboden), welcher aus ein-
zelnen Theilen besieht, ^die leicht eingelegt tind heraosgenommen werden
können, oder es sind in demBet[>en, über Vertiefungen des wirklichen
Bodens, durchlöcherte Platten (Seihplatten) von starkem Kupferblech,
Messingblech oder von Gusseisen vorhandeUf welche so in einem Falze
liegen, dass sie mit dem Bodeti eine Ebene bilden, nicht hervorragen.
Für grössere Betriebe ist- der Meischbottich mit einem Rührwerke
zam Vermischen des Schrotes mit dem Wasser und zum Durcharbeiten
der Meische ausgestattet. Die Construction solcher Rührwerke ist
sehr verschieden, sehr einfach bis höchst coteplicirt.
Flg. 82 (s. f. S.) zeigt einen mit Rührwerk versehenen Meisch-
bottich für massig grossen Betrieb. Die Figur dient zugleich zur Er«
läaierung der schon besprochenen und noch' zu besprechenden Theile
des Bottichs.
aa sind die Seihplatten über den ausgestemmten Vertiefungen des
Bodens. Von den Vertiefungen gehen Röhren a b^ welche in das Hanpt-
abfiu^srohv b b treten.
Unter dem. Hahne dieses Rohres befindet sich eine, in die Erde
gegrabene, mit Kupferblech ausgeschlagene Cisterne, der Grand, (Unter-
stock» Sarg, Würzebrunnen,) zur Aufnahme der abfliessenden Würze.
Das Rohr c, welches ausserhalb des Bottichs auf dem Abflussrohre
steht, dient' dazu, das Wasser von unt6n, durch die Seihplatten, zu dem
Schrote treten zu lassen. Es wird der Pfaff genannt. Fehlt das Rühr-
werk, so geht der Pfaff in dem Bottiche an der Wand hinab unter eine
Seihplatte oder unter den Seihboden. Bei hölzernen Seihboden ist es
gewöhnlich ein vierseitiger hölzerner Schlauch.
de sind die conischen Räder, durch welche die stehende viersei-
tige Achse / des Rührwerkes die drehende Bewegung erhält. Das
Flügelsystem gg ist verschiebbar auf der Achse; es hängt an den Ket-
ten h h, welche über die Rollen % % laufen, und kann mittelst der Kurbel
k in den Bottich gelassen oder aus demselben gehoben werden. / ist
ein Sperrkegel, durch welchen sich das Flügelsystem an beliebiger
Stelle festhalten lässt. Die Vorrichtung macht es möglich die Flügel
allmälig in die Schrdlmasse einzusenken und so nach ui^d nach den Wi«
derstand zu überwinden, welchen sie bietet, und sie erlaubt die Flügel
nach beendetem Meischen herauszuheben. Sind die Flügel in dem Bot-
Handwörterbnch der Cbemlc. 2tc Aufl. Bd. II @6
1042 Bier, Brauen desselben.
tiche Ml dar Achse befestigt, so werden sW aatürlich von dem Sdintc
umlagert und m ist Gefahr des Zerbrechens des Rührwerkes lorba-
d«a, wcDD dasselbe in Thätigkeit gesettt werden soll.
Fig. 83 und 84 machen die Lage der Seibplatten in dem Hvst^
bottich deutlich, die erstere Figur in einem Bottiche mit K (ihr werk, ili'
andere in einem Bottiche ohne Rührwerk. Fig. 85 zeigt einen. *">
einzelnen, gusseisemcn Seihplatten bestehenden Seihboden eines MeiMb-
bottichs. Ist der Meischbottich nicht zugleich Seibb.otüch, so bUen.
selbstverständlich , der Seihboden oder die Seihplatten weg und <i
ist dann ein besonderer Seihbottich vorhanden.
Der Meischproceas wird am zweck massigsten ao ausgeführt, i»^
man das Schrot erst mit Wasser von niederer Temperatur »nrflift
einteigt, um es gleichJbrmig zu durchfeuchten und zu erweichen, noi
daas man dann die einget«igte Mnsse sehr allmMig auf die Zucker
bildungstemperatur, ^teischtemperatur, bringt. Dies geschieht nun u'
zweifach verschiedene Weise, nämlich entweder durch Zugeben tod
Bier, Brauen desselben. 1043
aiedeadoiD Wuser «us der Braupfanne, oder dadurch, dära uMi eioen
Tbeil der eiogeteigten Hasae selbst in die Braupfaone bringt, daria
Fig. 88. ftg. 86.
tilliiiiilig und l>ü :
cheu urliitzt, daiin iu deo
Mci^chltultich zurückgiebt
lind dies wiederholt. Uw-
nach unturscheidet m
Haiiptarten des Meischver-
fahrena: das Aufgiisever-
fahren odur InJusloDS'
verfahren und das Koch-
e'S 84 verfahren oder Decoc-
Das Aufgiissverfahreu ist
das in England für despen
lüsge/eichnete Biere be-
folgte Mcisch verfahren, es
' oi<sl deshalb auch das eng-
seht \ erfuhren. Es ist fer-
er d^s gebräucliliube Ver-
Itjhren in Frankreich und
J Bel;;ien, und war früher im
llii.hen Deutschland iiU-
/ (gemein üblich. Seitder Ver-
breitung des Rogenaniiteu
bayriichen Bieres ist es hier
aber von dem Kochverfah-
lenin den Hintergrund ge-
drangt worden, nach wel-
chem mau das bayrische
Bier brauL Das Kochver-
fahren wird deshalb auch
das bayrische Meisch ver-
fahren genannt.
In dem Folgenden sollen nun die beiden Afeisch verfahren oder,
wie man wohl sagt, Braumethoden nüher betrachtet werden, und zwar
zuerst das Aufguss verfahren.
66*
1044 Bier, Brauen desselben.
Bd dem AnfgQss verfahren konomt zuvörderst soviel Wasser, Ein-
teigwasser, in den MeischboCtich, als erforderlich ist, um mit dem, nach
nnd nach einsnschöttenden Schrote eine mehr oder weniger dicke,
breiige Masse zu bilden. Ob maQ dicker oder weniger dick einteigt,
hängt davon ab, ob man eine concentrirtere oder weniger conoentrirte
Wfirze zu ziehen beabsichtigt, und darnach mnss auch die Temperatur
des Einteigwassers, unter I^erÜcksichtigung der Temperatur d& Loü,
des Schrotes, des Bottichs, gewählt werden. Je dicker näinlioh die
eingeteigte Masse ist und je höher ihre Temperatur, desto weniger
Meischwasser hat man nöthig zur Erhebung auf die Zuckerbildungs-
temperatur. Im Winter nimmt man das Einteigwasser ungefähr nnt
609 C. (480 R.) in, Sommer mit 45« C. (36o R.).
Nach dem Einschütten des Schrotes in das Einteigwasaer, und
sorgfältiger Vermischung des Schrotes mit dem Wasser, 'durch Meisch-
hölzer oder durch das Rührwerk , bleibt die eingeteigte Masse etws
eine halbe Stunde lang stehen, während der man sie noch einige Mal
durcharbeiten kann, um den Mehlkörper des Schrotes möglichst von
den Spelzen zu trennen und die Stärkmehlkögelchen von dem Kleber
abzuspöhlen. Dann wird zu dem eigentlichen Meischen geschritteD.
Man lässt von dem, in der Braupfann^ zum Sieden erhitzten Was-
ser durch den Pfaff sehr allmälig so viel zu der eingeteigten Masse
fliessen, dass diese auf die Zuckerbildungstemperatun Meischtemperatur,
hier am zweckmässigsten etwa 69<^ C. (55 <^ R), erhoben wird. Wahrend
das Meischwasser zufliesst, muss die Masse fortwährend durchgerührt,
durchgearbeitet oder, Wie man sagt, gemeischt werden, um locale zo
starke Erhitzung zu vermeiden, welche Kleisterbildung zur Folge ha-
ben, würde. Auch nach der Erhebung auf die Zuckerbildungstempers-
tur wird das Durcharbeiten fortgesetzt, doch so, dass dabei bedeu-
tendes Sinken der Temperatur nicht stattfindet.
Das geübte Auge erkennt das Eintreten der Meischtemperatur an
äusseren Erscheinungen; die weisslich trübe Beschaffenheit der Ma»e,
welche von den Stärkmehlkömchen herrührt, verliert sich, sobald da*
Minimum der Meischtemperatur, 60<^ C. (48^ R.) erreicht ist, die flüssiff
Masse wird durchscheinender, dunkler.
Die Umwandlung des Stärkmehls in das, in heissem Wasser lös-
liche Dextrin (Amidulin) erfolgt bei dem Meischprocess sehr schnell
aber der Uebergang des Dextrins in Dextringummi (Stärkegummi)
und Stärkezucker findet nur allmälig statt Die Meische muss deshalb
einige Zeit bei der Meischtemperatur stehen. In Massen, welch«
Oummi und Zucker neben sticksto6rhaltigen Substanzen, Protetnsub-
stanzen, enthalten, und die Meische ist eine solche Masse; bildet sich
aber, bei emer Temperatur von ungefähr 40« bis 75<)C.(320bis600K)
allmälig Milchsäure; die Meische wird trebersauer, seihsauer, wie man
sagt, wenn sie zu lange in dem Meischbottiche stehen bleibt*
Die Folge der Bildung von Milchsäure in det Meische ist, dass
eine beträchtliche Menge von Kleber in Lösung geht, eine Menge, wel-
che durch die Gährung nicht vollständig zur Hefenbildung verwanch
werden kann. Es resultirt ein Bier, das den Keim zum Verderben,
zum Sauerwerden in sich trägt, denn in Milchsäure gelöster Kleber ist
ein kräftiges Ferment zur Bildung von Essigsäure.
Der Brauer hat daher zwei Itlippen zu vermeiden. Bleibt die
Meische zu kurze Zeit stehen,' so erfolgt die Zuckerbildung nnvollstan-
Bier, Brauen desselben. 1045.
dig; bleibt sie zu lange stehen, so wird sie trebersauer und dann ganz
angeeignet ein haltbares Bier zu geben.
Die Bildung der Milchsäure erfolgt nicht unter allen Umständen
gleich schnell in der Meische. Eine hohe Temperatur der Luft begün-
stigt sie, das Vorhandensein der Röststoffe des Darrmalzes verzögert
sie. Im Winter läuft man deshalb weniger Gefahr als im Sommer; bei
der Verarbeitung von Darrmalz, namentlich dunklem, weniger als bei
Luftraalz. Die brenzlichen Röststoffe des Darrmalzes verhindern die
Zersetzung der stickstoffhaltigen Bestandtheile der Meische,' durch wel-
che die Umwandlung des Stärkezuckers in Milchsäure veranlasst wird,
in ähnlicher Weise, wie die Brenzstoffe des Bauches die Fäulniss des
Fleisches hindern.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Meische ungefähr eine Stande
stehen darf, ohne nachtheilig verändert zu werden. Wälirend dieser
Zeit kann man die fortschreitende Wirkung der Diastase mittelst Jod-
losung verfolgen,. welche zuerst eine dunkelblaue, später eine violette,
dann eine bräunlichrothe Färbung, und schliesslich, nach beendeter
Verwandlung des Deztriä^ in Gummi und Zucker, keine Färbung in
der Meischflüssigkeit hervorbringt. Der anfangs fade Geschmack hat
dann dem süssen Geschmacke, Platz gemacht. Vollständige Umwand-
lang des Gummis in Zucker findet niemals statt; es soll aber am so
mehr Zucker entstehen, je näher dem Minimum der Meischtemperatur
die Meische gehalten wird. Man kann hiernach also bei dem Meischen
durch die Temperatur auf die Beschaffenheit der Würze, nämlich auf
das Verhältniss des Gummis zum Zucker in der Würze hinwirken.
Sobald die Meische in dem Meischbotdche hinreichend gestanden
hat, zieht man die Würze. Man öffnet dabei anfangs den Abflusshabn
weit, damit die unter den Seihplatten oder dem Seihboden befindlichen
schlammigen Theile, der Unterteig, weggespühlt werden, fängt die
Würze, so lange sie trübe läuft, in Eimern auf und giesst sie in den
Bottich zurück. Erst wenn die Würze völlig klar kommt, lässt man
sie in den Grand fiiessen. .
Die erhaltene Würze ist im Wesentlichen eine Lösung von Stärke-
gammi, Stärkezucker, EHweiss und sogenanntem Pflanzenleim (löslichem
Kleber). Sie reagirt stets bemerkbar sauer, von einer organischen
Säure und sauren Phosphorsäure-Salzen. Ihr Geschmack ist angenehm
süss, und zugleich eigenthümlich aromatisch, wenn sie von Darrmalz
gezogen wurde; ihre Farbe ist um so dunkler, je stärker gedarrt das
Malz war. Beim Verdampfen hinterlässt sie. die gelösten Stoffe als
ein heller oder dunkler braunes Extract (Malzextraot oder Meisch-
extract).
Die Concentration der Würze hängt, selbstverständlich, von dem
Verhältniss des Einteigwassers und Meischwassers zu dem Schrote ab.
Da nnn die Bienge des Meischwassers dadurch bestimmt ist, dass durch
sie die eingeteigte Masse aaf die Meischtemperatur erhoben werden
mufls, so haben, wie schon oben angedeutet, auf die Concentration
der Würze vorzüglich die Menge und die Temperatur des Einteig-
wassers Einfiuss. Bei Anwendung von wenigem und warmem Einteig-
wasser wird man von derselben Menge Schrot eine stärkere Würze
ziehen, als b^ der Anwendung von vielem und. kftherem Einteigwasser«
Zar Bestimmung der Concentration dient das Saccharometer , dessen
Anwendbarkeit für diesen Zweck sich darauf gründet, dass Loeongva
1046 Bier, Brauen desselben.
von Zncker und Malzextract bei gleichem Procentgehalte gleiche« spe-
cifisches Gewicht besitzen.
Die nach dem Abfiieasen der Würze in dem Mei$>chbottiche zurück-
bleibenden Trebem bestehen auB den Spelzen des Malzes, den Keimeiu
dem Kleber und den Hüllen der Stärkekörnchen. Sie enthalten eine
beträchtliche Menge von Würze aufgesogen zurück, die Trebem von
100 tfd. Schrot ungefähr 120 Pfd. Würze.
Um dijese Würze wenigstens theilweise zu gewinnen, wird ein
zweiter Guss (erster Nachguss) gemacht. Man übergiesst die Trebera
mit heissem Wasser, arbeitet die Masse tüchtig durch und zieht nacli
einiger Zeit eine zweite Würze. Auf gleiche Weise läspt sich dann
durch einen dritten Guss (zweiter Nachguss) eine dritte Würze erhal-
ten. Die letzten Antheile der aufgesogenen Würze pflegt man endlich
dadurch zu gewinnen, dass man die Trebem, nachdem die obere, zähe,
Schicht derselben, der Teig (Oberteig, Malzschlamm), entfernt worden
ist, wiederholt mit Wasser übergiesst oder mit Wasser besprengt, waä
man das Ueberschwenken oder Anschwänzen nennt. Das durch die
Trebem sickernde Wasser verdrängt dann die Würze, ohne sich damit
zu vermischen. In England findet man mechanische Vorrichtungen
Über dem Meischbottiche , welche, sich drehend, das Wasser als feinen
Regen über die Trebern ergiessen. Durch die höhere Temperatur, auf
welche die Trebern bei den Nachgüssen kommen, schrumpfen diesel-
ben mehr und mehr zusammen und halten dann weniger von den Nach-
würzen zurück.
Die Nachbierwürzen sind niemals von so guter Beschaffenheit, wie
die erste Würze, weil die Bildung einer nachtheiligen Menge von Milch-
säure bei dem längeren Stehen der Meische selten ausbleiben wird.
Sie haben ausserdem niemals die Feinheit des Geruchs und Qeschmac^
wodurch die erste Würze ausgezeichnet ist. Hieraus ergiebt sich schon
die Zweckmässigkeit, ja selbst Nothwendigkeit, der Verarbeitung der
> verschiedenen Würzen zu verschiedenen Bieren, nicht zu einem einiges
Biere; aber auch die geringe Concentration derselben, wenigstens der
letzten derselben, fordert diese. Wollte man sämmtliche Würzen ver-
mischen und aus der gemischten Würze ein starkes substanziöses Bier
darstellen, so müsste die Würze durch starkes Einkochen auf die e^fo^
derliche Concentration gebracht werden, was beträchtlichen Aufwand
an Brennmaterial und Zeit verursacht Ueberdies erleidet die WQrte
durch Einkochen Veränderungen, die nicht immer erwünscht sind.
Ob man zwei oder drei Biere braut, hängt vor Allem von der
' Concentration ab, welche die Würze zu dem ersten Bier, dem Haopt-
biere haben muss. Verlangt das Hauptbier eine sehr starke Würze, so
verwendet man dazu entweder die erste Würze allein oder die erste
und zweite Würze. I)ie zweite oder dritte Würze dient dann zu einen
schwächeren Bier; die späteren Würzen geben das Nachbier. Braucht
man zum Hauptbier eine nur massig starke Würze, so nimmt man dazo
die erste und zweite Würze; die übrige Würze zum Nachbier. Selbst-
verständlich wird die Stärke der verschiedenen Güsse nach dem £rfo^
dem abgeändert
Welche Concentration die Würze zu den verschied^ien Bieren
haben muss, ergiebt sich im Allgemeinen aus dem, was S. 1038 über
den Oehalt der Biere an Malzextract und Alkohol gesagt ist, and ws
Bier, Brauen desselben. 1047
über die Berechniing der Concentration der Würze aus dem Grehalt an
Malzextract und an Alkohol S. 1039 mitgetheilt wurde.
Um vorläufig einen Anhaltspunkt zu geben, mag bemerkt werden,
daas starke und substanzlose Biere aus Würzen von ungefähr 18 bis
25 Proc. gebraut werden, mittelstarke Biere aus Würzen von 11 bis
13 Proc; leichte Biere aus Würzen von 9 bis 11 Proc; Dünnbiere,
Nachbiere aus Würzen von 6 bis 9 Proc Es ergiebt sich hieraus die
beschränkte Verwendbarkeit der dünnen Nachwürzen. Eine Würze von
2 Proc. Gehalt müsste auf ein Viertheil ihres Volumens eingekocht wer-
den, um eine Würze von 8 Proc. Gehalt, zu einem ganz leichten, we-
nig WeHh habenden Bier zu liefern. Der dazu erforderliche Aufwand
an Heizmaterial und Zeit würde den Werth des Products weit über-
steigen. Sehr verdünnte Würzen verwerthet man deshalb, wo möglich,
in Branntweinbrennereien oder Essigfabriken. Die oben angeführte
Concentration der Würzen ist die, welche die Würzen vor der Gäh-
rang zeigen müssen, mit welcher sie also nach dem Kochen und Ab-
kühlen in den Gährbottich kommen.
Um zu veranschaulichen, welche Concentration die verschiedenen
Würzen haben, je nach der Vertheilung des Wassers zu den verschie-
denen Güssen und bis zu welchem Grade Erschöpfung des Schrotes
stattfindet, mögen einige Beispiele hier eine Stelle finden. Es soll
dabei angenommen werden , ' dass für alle Güsse zusammen , auf
100 Pfd. Darrmalz 750 Pfd. Wasser zur Verwendung kommen, dass
das Malz 7 Proc. Wasser enthält, 60 Proc. Extract und 33 Proc
trockene Trebem liefert, und dass die Trebern von 100 Pfd. .Malz
120 Pfd. der ersten Würze, 100 Pfd. der übrigen Würzen zurück-
halten.
Werden von der Gesammtmenge des Wassers % (die Hälfte) zum
Einteigen und zum ersten Guss genommen, % zum zweiten Gnss, Ve
zum dritten Guss, so stellt sich die Sache wie folgt heraus.
Erster Guss (inclusive des , Einteigwassers) mit 875 Pfd. Wasser.
Erste Würze: 322 Pfd. von 18,57 Proc; darin im Ganzen 48,7 Pfd.
Extract.
Zweiter Guss mit 250 Pld. Wasser. Zweite Würze: 270 Pfd. von
4,4 Proc; darin im Ganzen also 11,9 Pfd. Extract.
Dritter Guss mit 125 Pfd. Wasser. Dritte Würze: 125 Pfd. von
1,95 Proc; darin im Ganzen also 2,4 Pfd. Extract
Die Gesammtausbeute an Extract von 100 Pfd. Malz beträgt hier- ^
nach also 58 Pfd.; es bleiben 2 Pfd. in den Trebern.
Wie sich diesei Daten berechnen, ergiebt sich aus Folgendem :
100 Pfd. Malzextract und 375 Pfdw Wasser zum Einteigen und
erstem Guss sind zusammen 475 Pfd. Meische.
Darin sind enthalten 382 Pfd. Wasser (7 Pfd. aus dem Malz),
60 Pfd. Extract und 38 Pfd. trockene Treuem.
Wasser und Extract bilden zusammen die Wüfze, im Betrage von
382 -f- 60 = 442 Pfd.
Der Procentgehalt berechnet sich : 442 : 60 = 100 : x ; x = 13,57
Procent
Von dieser Würze bleiben 120 Pfund in den Trebern zurück; es
fliessen also nur 442 — 120 = 322 Pfd. ab, worin 43,7 Pfd. Extract
(100 : 13,57 = 322 : 43,7).
Der zweite Guss von 250 Pfd. Wasser giebt mit 120 Pfd. der zu-^
1048 Bier^ Brauen desselben.
rackgehaltenen ersten Wiirze 370 PfdL Würze, deren Gelialt
120 . 13,57 .^ .
rzT = 4,4 sein muss.
Davon fliessen 270 Pfd. mit 1 1,9 Pfd. Gesammtgehalt an Extnct
ab, weil nur 100 Pfd. von den Trebern zorückgehalten werden.
Der dritte Gnss von 125 Pfd. Wasser endlich, giebt mit den za-
rückgehaltenen 100 Pfd. Warze von 4,4 Proc. 225 Pfd. Warze ra
100 4 4
' ' = 1,9 Proc, wovon 125 Pfd. abfliessen, welche 2,4 Pä.
225
Bxtract enthalten.
Die erste Würze von 13,5 Proc. würde zur Darstellang eines schon
.sehr extractreichen and starken Bieres .geeignet sein. Durch Zvgelwo
von zweiter Würze könnte sie verdünnt werden ; mit der ganzen zweiteo
Würze vermischt, würde eine Würze von 7,7 Proc. entstehen, die mr
Bereitung eines mittelstarken Bieres durch Einkochen auf 10 bis 11 Proc.
gebracht werden müsste. Die zweite Würze allein würde nur zu eineio
ganz schwachen Nachbiere dienen können.
Bei einer Vertheilung der Gesammtmenge des Wassers ftir die drd
Güsse in dem Verhältnisse von '/19, Vi 2 und 'Y12 werden erhalten:
259,5 Pfd. erste Würze von 15,81 Proc Extractgehalt
270 * „ zweite „ „ 5,12 „ „
187,5 „ dritte „ „ 1,78 „ „
Die erste und zweite Würze zusammen würden 529,5 Pfd. ht-
tragen und der Gehalt würde annähernd 10 Proc sein, gerade slaii
genug für ein mittelstarkes Bier.
Ans beiden Fällen erkennt man, .dass eine dritte Würze, wie lie
hier resultirt, nicht mehr zu Bier zu benutzen ist. Man gewinnt des-
halb, nach dem zweiten Gusse , die aufgesogene Würze möglichst ob-
verdünnt durch Ueberschwenken und Besprengen. Bei sehr conceo-
tnrten ersten Würzen sind aber drei Güsse nothwendig, dann erst wird
der Rest der Würze durch Besprengen gewonnen. Pur die Berettosg
der starken Sorten Ale und Porter zieht man z. B. die erste WSr»
mit 25 bis 30 Proc, zu welcher dann die zweite Würze kommt D«
dritte und vierte Würze geben dann das leichtere Bier,
Wie eine unpassende Art und Weise der Steuererhebung zu eioen
unpassenden Meischverfahren nothigen kann, dafür ist Belgien ein Bei*
^ spiel. In Belgien wird die Biersteuer von der Capacität der Meiach-
bottiche erhoben; die Brauer füllen deshalb den Meischbottich bis am
Bande mit dem ' Schrote. Da nun kein anderer Baum fiir Wasser
vorhanden ist, als der, welchen die Porosität des Schrots mit sidi
bringt, so ist eine sehr grosse Anzahl von Güssen erforderlich, un das
Schrot zu erschöpfen. Es werden wohl sieben Güsse gemacht, ▼<»
denen in der Regel erst der dritte die Meische auf die Zuckerbildnng»-
temperatur erhebt, so dass die beiden ersten Güsse nur das Gumini
und den Zucker lösen , welche in dem Malze schon entstanden mi
und ausserdem die grösste Menge des Eiweisses und des Diastases »n^
laugen. Diesem unzweckmässigen Meischverfahren ist vorzüglich die
schlechte Beschaffenheit der belgischen Biere zuzuschreiben.
In England wird das Einteigwiisser . meistens so heiss genomineB,
dass die Operation des Einteigens mit der des Meischens fast zosan*
^enfallt Man bringt oft mehr als y^ der ganzen, zum ersten Gosse
Bier, Brauen desselben. 1049
t^eaünimten Menge Wasser, mit ungefähr 78<>C.(G2<^B.) in den Meisch-
^ttich, verarbeitet' das Schrot damit, und giebt dann den Best des
iVassers hinzu, so heiss, wie es' zur Erhebung auf die Meischtem-
»eratnr erforderlich ist. Nach dem Ablaufen der ersten Würze wird
lann der zweite Quss, mit Wasser von 8Ö®C. (68^ B.) gemacht; nach
lern Abfliessen der zweiten Würze der dritte Guss mit fast siedendem
iVasser; dann wird besprengt.
Nach dem zweiten Meischverfahren, zu welchem wir jetzt über-
j^ehen, dem Koch-Verfahren, bayrischen Verfahren, werden
iie Biere in Süddeutschland, namentlich in Bayern, Württemberg, Baden
md Böhmen, dargestellt und es wird überall da befolgt, wo man so-
genanntes bayerisches. Bier braut. Es giebt von diesem Verfahren viele
Abarten; in Bayern unterscheidet man drei: das Münchener oder alt-
»ayerische Verfahren, das Augsburger Verfahren oder Brauen auf Satz,
las fränkische Verfahren.
Bei dem Münchener Brauverfahren werden auf 100 Pfd. Schrot
ttwa 800 Pfd. Wasser genommen. Von dem Wasser kommt % his
/s, gewöhnlich kalt, nur bei strenger Kälte erwärmt, in den Meisch-
lottich, das übrige in die Pfanne. Das Einschütten des Schrots in den
ifeischbottich geschieht mehrere Stunden vor dem Sieden des Was-
ers, wenn das Einteigwasser kalt genommen wird. Sobald das Was-
er in der Pfanne siedet, lässt man dasselbe zu dem eingeteigten l^chrot
Hessen. Die Temperatur der Masse wird dadurch auf 30<^ bis' J8<^ C.
24^ bis 30^ B.) erhoben, je nachdenl man zum Einteigen '/s .>der Vs
es ganzen Wassers genommen hat. Ist diese Temperatur erreicht, so
ärd der dickere Antheil der Meische, etwa ^s der ganzen Meische,
US dem Meischbottich in die Pfanne gebracht — durch Schöpfen oder
litteist einer weiten Pumpe — und hier unter fleissigem Umrühren
usch zum Sieden erhitzt und etwa y^ Stunde lang gekocht (Kochen der
rsten Dfckmeische). Hieranf kommt die erste Dickmeische in den
leischbottich zurück, wo sie mit dem, was darin zurückgeblieben ist, ^/4
tonde anfgeroeischt wird. Die Temperatur der Meische wird dann 45 <^
is 56^ C. (36<^ bis 40<) R.) sein. Sogleich nach Beendigung des Mei-
sbens wird aber ^/s der Meische und wiederum der dickere Antheil in
ie Pfanne gegeben, zum Sieden erhitzt, and ^/^ Stunde lang gekocht
Kochen der zweiten Dickmeische). Durch Zurückbringen der zweiten
^ckmeische in den Meischbottich erhöht sich die Temperatur der
[eische im Bottiche auf 600bis 63 o C. (48o bis 50« R.).
Nach tüchtigem Airfmeischen wird nun der dünne flüssige Antheil
er Meische in die Pfanne gebracht, darin 1/4 Stunde gekocht (Lauter-
leischkochen) und dann zurück in den Meischbottich gegeben. Die
Lenge der Lauterm eische (Dünnm eische) soll soviel betragen, dass da-
uroh die Meische auf 75^ C. (60^ R.) gebracht wird. Nach anhaltend
»rtgesetztem letzten Aufmeischen bleibt nun die Meische etwa l^/^
tnnden in Buhe (Auf der Ruhe), dann lässt man die klare Würze in
en Grand und bringt sie aus diesem in die Pfanne.
Ist die Würze so weit abgeflossen, dass die Trebem trocken er-
sbeinen, so wird der Teig abgenommen. Bei der Bereitung von
ommerbier, der stärkeren Sorte .des bayrischen Bieres, verwendet man
im Auswaschen der Trebem zunächst auf 100 Pfd* Schrot etwa
0 Pfd. Wasser,* die man möglichst gleichmässig über die Trebem
1050 Bier, Brauen desselben.
giesst. Fflr Winterbier (Schenkbier) der schwächeren Sorte des Uj*
rischen Bieres wird eine doppelt so grosse M'enge Wasser geDommen.
Die so, dnreh Ueberschwenken oder Anschwänzen erhaltene Wune
kommt za der ersten Wörze. Die Trebem werden dann nocfamli
mit Wasser Übergossen und dadurch entweder eine Wnrze za m»
Nachbiere oder zur Verarbeitung in die Brennerei erhalten.
Bei dem Augaburger Verfahren, dem Brauen auf Satz> be-
darf man auf 100 Pfd. Malzschrot, je nachdem Sommerbier oder Wo-
terbier gebraut werden soll , nur 600 bis 700 Pfd. Wasser, weil die
Meische weniger gekocht wird.
Von dem Wasser kommt soviel in den Meischbottich, dass da>
Schrot dick eingeteigt werden kann. Das Einteigwasser wird kilt,
oder doch nur bei strenger Kälte etwas erwärmt genommen. 4 \^
5 Stunden nach dem ELnteigen lässt man die unter dem Seihboden b^
ßndlic^e Flüssigkeit in den Grand. Von dieser Flüssigkeit, der kalte
Satz genannt, welche Eiweiss, Diastas, Zucker und Gummi enUülv
giebt man einige Maass zu dem Wasser in die Pfanne und lässt diti
einige Zeit sieden. Das gerinnende Eiweiss wirkt klärend anf das
Wasser.
Nach dem Abschöpfen der Unreinigkeiten bringt man nun von dea
siedenden Wasser soviel durch den Pfaffen in den Meischbottich, 6a»
das Schrot die Temperatur von 60« bis 63oC. (48<> bisöO^R.) eireichk
und roeischt tüchtig auf. Zu dem in der Pfanne zurückbleibende!
Wasser kommt der Best des kalten Satzes aus dem Grande.
Nachdem die Meische ^4 Stande auf der Buhe gestanden hat, zieM
man ungefähr ^/s der Würze klar in den Grand und bringt sie in die
Pfanne zum Kochen. Zuvor werden indess davon, auf 100 Pfd. Sckni
etwa 15 bis 20 Maass, ungekocht auf die Kühle gebracht und hier möf-
liehst schnell abgekühlt. Diese Würze, der warme Satz, wird spita
in der Pfanne mit der übrigen Würze vereinigt . Der warme Sats mo«
hell, glänzend sein und einen reinen, süssen Geschmack besitzen; tf
ertheilt dem Biere einen milden Geschmak und erhöht die Vergahniiif>
Die in der Pfanne gekochte Würze kommt durch den Pfaffen ii
den Meischbottich zurück und wird hier mit dem Schrote gut Te^
mischt, wodurch die Temperatur auf*6do bis 650 C. (50<» bis bffl^)
erhoben werdeti soll. Nach fleissigem Aufmeischen bringt man »
gleich den dickeren Theil der Meische in die Pfanne, erhitzt die Dick-
meische zum Kochen und lässt 1 Stunde sieden, oder so lange, bissiek
nicht mehr Schaum bildet, die Würze in einer ausgeschöpften Probe
sich schnell klärt und vollkommen klar ist. Die Dickmeische komnl
dann in den Meischbottich zurück und wird tüchtig aofgemei«ek(.
Nach Verlauf von 1 1/2 Stunden lässt man die klare Würse in den Gftf^
bringt sie in die Pfanne, wo sie dann mit dem wannen Satze und des
Hopfen langsam erhitzt und gekocht wird. Das Aussüssen der Treben
geschieht im Allgemeinen wie bei dem Münchener Verfahren ange-
geben ist
Bei dem fränkischen Verfahren wird das Malzschrot trockes
in den Meischbottich geschüttet. Sobald das Wasser in der FfsnM
siedet, schreckt man es durch Zugeben von kaltem Wasser anf unge-
fähr 830 bis 880 C. (660bis700R.) ab und lässt es sehr langsam zu den
Schrote in den Meischbottich fliessen, unter tüchtigem Darcharbeitea
Bier, Brauen desselben. 1051
[amit die Temperatur recht alhnälig steige. Man bedarf auf 100 Pfd.
Ichrot 600 bis 700 Pfd. Wasser. Die Temperatur der Meische soH
lä® C. (50<^ R.) betragen. Nach kurzer Rahe der Meische wird die
Vürze gezogen, in der Pfanne zum Sieden gebracht, ungefähr %
Itunden gekocht (Lantermeischkochen), dann zurück in den Meisch-
ottich gegeben und hier mit dem Schrote tüchtig gemischt Die Tem-
«ratur der Meische soll 75^ C. (ßO^ R.) sein. EHe Meische bleibt nun
Stunde auf der Ruhe, dann wird die fertige Würze klar gezogen.
Ke Trebem werden durch U eberschwenken ausgesüsst.
Es kann nur eine Verbesserung dieses fränkischen Verfahrens ge-
ftnnt werden, wenn man dem eigentlichen Meischen das Einteigen
lit Wasser vorangehen lässt.
In Böhmen (auch Mähren, Ungarn, Galizien) wird das Koch ver-
ehren in folgender Weise in Anwendung gebracht.
Von der Gesammtmenge des zum Meischen bestimmten Wassers
ird zunächst Vao zurückbehalten. Vqn dem Reste kommen ^/s, mit
er Temperatur von 31» C. (26» R.) im Sommer, 40» C. (82o R.) im
Filter, in dea Meischbottich. Das Malzschrot wird in das Wasser
LngeschÜttet, geteigt, mit dem übrigen Y5 des Wassers, welches Wäh-
snd der Zeit in der Pfanne zum Sieden erhitzt ist, wird gemeischt,
igebrüht. Nach tüchtigem Aufmeischen bringt man den dickeren Ah-
leil der Meische in die Pfanne, erhitzt allmälig zum Sieden und kocht
Is sich der Schaum verliert und vollständige Klärung erfolgt ist, etwa
's Stande (erstes Dickmeischkochen). '
Die gekochte Dickmeische kommt dann in den Meischbottich und
rird mit der zurückgebliebenen Meische durchgearbeitet. Hierauf
ndet ein zweites Dickmeischkochen statt und schliesslich noch ein
rittee. Durch das Kochen verschiedener Theile der Dickmeische wird
ie Meische in dem Meischbottiche auf etwa 75® C. (60® R.) erhoben.
Nach dem dritten Dickmeischkochen giebt man das znrttckbehal-
me Yso d^B Meischwassers in die Pfanne, damit diese nicht leer sei
od um sie nachzuspühlen.
Während der Zeit dass dies Wasser ins Kochen komfnt, lässt man
Dn der Würze so lange in den Grand fliessen , bis sie klar kommt,
raa etwa in 5 Minuten der Fall ist. Der abgeflossene Theil der Würze
ird in die Pfanne zu dem Wasser gegeben und damit einige Zeit
ekocht, während man noch etwas klare Würze in den Grand lässt,
ie in die Pfanne kommt, sobald diese leer ist. Die Flüssigkeit in der
fanne wird in den Meischbottich geleitet, ohne dadurch die Meische
nfnirühren. Die Meische bleibt nun 1/2 bis 1 Stunde auf der Ruhe, wo-
ach znm Ziehen der Würze geschritten wird. Durch zwei Nachgüsse
ird die aufgesogene Würze gewonnen.
Die Zahl der Dickmeischkochnngen wird im Allgemeinen nur durch
le Grösse der Pfanne bedingt; man kann deshalb bei hinreichender
Maae der Pfanne und namentlich wenn das Einteigwasser wärmer
enonimen ist, mit einer Kochung den Zweck erreichen.
Betrachtet man die. beiden Hauptarten des Meischverfahrens , das
.ufgussverfahren und das Kochverfahren vom chemischea Stand-
onkte, so zeigt sich das Folgende:
Bei dem Aufguss verfahren wird die Meische nicht, oder wenig-
«nB nioht durch die ersten Güsse, auf die Temperatur erhoben, wo
1052 Hier^ Brauen desselben.
Gerinnang d^B Eiweiases stattfindet, das Diastas seine
also Zersetzbarkeit verliert und der gelöste sowie der ungelöste Eleba
seiner Neigung beraubt wird sich zu verändern und dadurch Verafid»
rungen einzuleiten. Die Meische enthält eine bedeutende Menge sdd'
stoffhaltiger Substanzen in leicht zersetzbarem Zustande und die Won
ist ebenfalls reich an löslichen Stoffen dieser Art, an £i weiss, Dbitii
löslichem und durch die vorhandene Säure gelöstem Kleber.
Bei dem Koch verfahren werden nach ynd nach, durch Kock
von Dickmeisch und Lautermebch, fast alle Theile der Meische m
Siedepunkt erhitzt. Dadurch werden die stickstoffhaltigen BesUal
theile derselben ausgeschieden oder in einen Znstand übergeführt, i
welchem sie weniger leicht veränderlich sind. Grekochte Wam
zeigen sich deshalb weit weniger zur Zersetzung geneigt, als nnji
kochte, sie stehen aber in Feinheit des Geruchs und Greschmacb dl
Würzen aus nicht gekochten Meischen nach. Wegen der höheren Tee
peratur, welcher Theile der Meische bei dem Ko ch verfahren atf
gesetzt sind, findet die Bildung von Guinmi in grösserem Mftftfwirtifc^
statt, als bei dem Aufgussverfahren, durch welches zuckerreidid
Würzen gewonnen werden. Das Kochen bewirkt ausserdem ein leick
teres und vollständigeres Ausziehen der Trebem und beschleunigt k
Ablaufen der Würze in hohem Grade, indem die Trebem beim b
chen zusammenschrumpfen, deshalb weniger Würze zurückhalteo.
Nach allen Erfahrungen lassen sich nach dem Aufgussverfsbü
nur starke Biere sehr haltbar brauen, während nach dem Ea^
verfahren auch mittelstarke Biere von ausgezeichneter Haltbartai
gebraut werden können. Den sichersten {Erfolg gewährt die aJtbafe
nsche Modification, die indess viel Zeit, Arbeitskräfte und Hwm
terial in Anspruch nimmt Das Augsburger Verfahren veniijf
die Vorzüge des Aufgussverfahrens und Koch Verfahrens, indem darf
den warmen Satz (ungekochte Würze). Feinheit und Milde dem Bitf
ertheilt werden. An Haltbarkeit steht das Bier aber jedenfalls dem aad
den» altbayerischen Verfahren gewonnenen Biere nach. Das
Verfahren nähert sich dem Aufgussverfahren am meisten. Es
danach sehr beliebte Biere, z. Bw das Culmbacher, gebraut, wd^
sich durch Feinheit und Lieblichkeit auszeichnen. Da es den geriof
sten Aufwand an Arbeit und Braumsterial .erfordert, so befolgt o«
es sehr gewöhnlich ausserhalb Bayerps da, wo sogenanntes bajerisdtf
Bier gebraut wird.
Das Malzen des Getreides fiir den Brauprocess, ist bekanntlich s^
einem Verluste von etwa 8 Proc. an nutzbarer, extractgebender Si^
stanz des* Mehlkörpers verbunden. 100 Pfd. Gerste liefern nii&fiA
ungefähr 87 Pfd. abgelagertes Darrmalz, welche bei dem Meischen 53Fft
Extract geben, während aus 100 Pfd. Gerste 60 Pfd. Eztraot erhabe«
werden können.
Da nun das Diastas des Gerstenmalzes ausreicht, eine gröflseic
Menge von Stärkmehl, als in dem Malze selbst enthalten ist, v
Gummi und Zucker umzuwandeln, so liegt es. sehr nahe, einm Tbtf
des Malzes durch ungemalztes Getreide zu ersetzen und so den 6af
liehen Verlust theil weise zu umgehen. G^ste, Weisen und Kais &g^
sich dazu am besten, nnd da 100 Pfd. der beiden letzteren durchsduntt-
lieh 70 Pld. Extract bei dem Meischen geben, so sind anniben^
Bier, Brauen desselben. 1053
S Pfd. derselben gleichzustellen 100 Pfd. Gerste and 100 Pfd. abge-
tgertem Gerstendarrmak (76 : 100 = 60 : 86) *).
') Es wird hier die passende Stelle sein, etwas Aber die Ermittelung der Aus-
mte an Meischextract aus den verschiedenen stärkmehlhaltigen Substansen und
iDftchst aus dem Gerstenmalze selbst zu sagen. «
In einen kleinen Kessel von Messing oder Kupfer, der etwa 750 Gramm Wasser
1 fassen vermag und der tarirt ist, werden 100 Grm. des gehörig geschrotenen
tlzes eingewogen und 400 bis 450 Grm. Wasser dazu gegeben. Nachdem das
ihrot einige Zeit geweicht ist, bringt man ein Thermometer in ^e Masse, erhitzt
0 Kessel, unter UmrUhrea des Inhalts mit einem kleinen LOffel, Über einer Spiritns-
mpe allmälig bis auf 69^ bis 75^ G. und erhält diese Temperatur eine gute halbe
linde lang. Es findet vollständige Umwandlung des Stärkmehls in Gummi und
leker statt, wenn das Malz gut und gehörig zerkleinert war. Man steigert dann
e Temperatiir bis zum anfangenden Sieden der Meische und steift den Kessel zum
bkfihlen hin. Nach erfolgter Abkühlung auf 31«' bis 38 <^ C, sptthlt man Thermo-
eter und Löffel über dem Kessel ab, brfngt diesen wieder auf die Wage und giesst
Ticl Wasser zu der Meische, dass deren Gewicht 533 Grm. beträgt. Man legt
M) zu der Tara des Kessels 533 Grm. In dem Malze liann man 33 "Proc. , also
unserem Falle 38 Grm. Unlösliches (Trebern) annehmen, so dass die Menge der
ttssigkeit, der Würze, 500 Gramm beträgt. Nach gehörigem Vermischen dos zu-
Igo'flsenen Wassers mit der Meische trennt man die Würze von den Trebern durch
B kleines Colatorium aus massig grobem Leinen. Sie läuft vollkommen klar ab.
er Procentgehalt der so erhaltenen Würze an Meischextract wird nun durch ein
nanes Saccharometer ermittelt. Man giesst von der klaren Würze soviel als er-
rderlieh in das SaccharometergefHss, kühlt sie, wenn'nöthig, bis zu der Tempo*
tor, welche auf dem Saccharometer bemerkt ist» und senkt vorsichtig das Saccha-
Bieter ein. Angenommen das Saccharometer zeige 12 Grad, so enthält die Würze
1 Proc. Meischextract, d. h. so enthalten 100 Grm. Würze 12 Grm. Extraot
ft nun das Gewicht der Würze 500 Grm. beträgt, so sind im Ganzen darin:
. 12 das ist 60 Grm. Extract. Diese stammen aus 100 Grm. Malz; die Eztract-
isbeute aus dem Malze beträgt 60 Proc. Wenn man anstatt 100 Grm. Malz nur
) Grm. zur Untersuchung nimmt, wobei man eine dünnere, schneller in erforder-
iber Menge von dem Seihetuche abfliesscnde Würze erhält, so bringt man die Meische
kf der Wage auf das Gewicht von 51G,5 Grm. (in 50 Grm. Malz sind 16,5 Grm.
rabem). Verdoppelt man dann die Saccharometeranzeige so bleibt die Rechnung
{geändert.
Ist nun die Ausbeute des Malzes an Extract bekannt, so kann die Hälfte des
alzes durch andere stärkmchlhaltige Substanzen, z. B. durch ungemalzte Gerste,
vch Getreide im Allgemeinen ersetzt und so die Kxtractausbeute aus diesen ge-
oden werden. Angenommen, durch Meischen von 50 GnxL Gerstenmalzachrot
id 50 Grm. Weizenschrot sei eine Würze von 13 Proc. erhalten worden, so hat
•n darin: 5 . 13 = 65 Grm. Extract. Diese Zahl verdoppelt, also 130, giebt die
Ktractausbente aus 100 Grn^. Gerstenmalz und 100 Grm. Weizen. Das Gersten-
alz gab 60 Proc. Extract, diese Zahl von 130 abgezogen, bleibt 70, als die Extract-
»beute von 100 Grm. Weizen. Hätte man 25 Grm. Gerstenmalz und 25 Grm.
^eizen genommen, so würde das Saccharomet^ in der Würze 6,5 Proc. angezeigt
iben und diese Zahl wäre dann zu verdoppelen.
Das erhaltene Resultat kann kein völlig genaues sein, weil vorausgesetzt ist,
WS die Substanzen 33 Proc. Trebern geben, was nur für das Gerstenmalz, nicht
»er für die übrigen Substanzen richtig ist. Für die Praxis genügen indess die
BBultate. Es steht aber auch nichts entgegen, eine grössere Genauigkeit zu erzielen,
^enn man die Trebern auf dem Seihetuche nach dem Ablaufen der Würze wieder-
rit mit siedendem Wasser auslaugt, um alle aufgesogene Würze zu entfernen, und
enn man sie dann auf dem Tuche trocknet, herunternimmt — was mit Hülfe
MS stumpfen Messer sehr leicht geschehen kann — sie dann bei 100" bis 120^0.
istrocknet und wägt, so erfahrt man genau das Gewicht der Trebern, und dies Ge-
lebt, von dem Gewichte der Meische abgezogen, ergiebt natUrlicl\ genau das Ge-
lebt der Würze. Für die Ermittelung d^r Extractausbeutc aus Kartoffeln, Kar-
ffelmeBl u. dergl. operirt man auf dieselbe Weise.
Anstatt durch Gerstenmalz, lässt sich auch durch kalt bereiteten Malzauszug,
10 durch Diastaslösung die Umwandlung des Stärkmehls der stärkmehlhaltigen Sub-
■nzen in Gummi und Zucker bewerkstelligen, und so die Kxtractausbeute aus diesen
^em ermitteln. Ein Beispiel wird am bequemsten das Verfahren veranschaulichen^
1054 Bier, Brauen desselben. '
Wegen der dichteren Beschaffenheit de« ungemalzten Getrau
muBs dasselbe , namentlich der harte hornartige Mais und Weizen, ack |
fein geschroten in Anwendung kommen; man verliert sonst durch os-
voUständige Umwandlung des StärkmehU bei dem Meischen, wsß mas
durch Umgeben des Mälzens gewinnt.
Ein geringer Zusatz von nngemalztem Getreide zu Malz, äader.
den Charakter des Bieres nicht auffallend, aber ein grosserer Zu^iu
thut die^. Durch iingemalztes Getreide kommt der herbe, bitterlicU
Extractivstoff der Hülse und Spelze in da^ Hier, welcher bei dem FJ&-
quellen, zu dem Malzen, entfernt wird. Man hat deshalb vorge^ehU^
d:is rohe Getreide erst in Wasser zu weichen und dann wieder zu titie'i-
nen. Dadurch geht etwas von dem Vurtheil, den die Benutzung «k-
Getreides in ungemalztem Zustande mit sich führt, verloren. Da» ifr>
gemalzte Getreide bringt weder Aroma noch Farbe in das Bien <»
muss also auf Vermehrung dieser durch dan Malz hingewirkt werd««^
Stärkeres Darren des Malzes beeinträchtigt aber stetj» die Feinheit de
Aromas. Es ist deshalb angerathen, das Getreide ebenfalls zu darres.
dadurcli geht wieder von dem Vortheile verloren, den man durch Be-
nutzung von ungemalztem Getreide erzielen will.
Am ausgedehntesten findet der theilweise Ersatz des Malzes durei
ungemalztes Getreide in Belgien »tatt. Hier werden fast st^ts ndM
" Gerstenmalz kleine Mengen von Weizen angewandt und zugleich mit 'jt
nem geschroten. Für die Darstellung einiger« in Belgien sehr renc«-
mirten Biere, so des Brüsseler Lambik, Faro und Märzbier {^iert^
mara) ist aber die Menge des Weizens beträchtlich, und bei der D»
Stellung des'Löwener Weissbiers (Biere blanche de Louvain) überschr»
tet sogar die Menge des Weizens die der Gerste.
Ist der Zusatz von Weizen sehr massig, so bleibt das üblick
Meisch verfahren unverändert; bei grossem Zusätze findet aber besoo^
res Meischen desselben in einer Pfanne statt. Man giebt das Ger^tta-
malz in den Meischbottich, macht ein paar Güsse mit kaltem Wa<s«r.
bringt die entstandenen, diastaslialtigcn, trüben Auszüge (eine Ait bi-
ter Satz) in die Meischpfanne {Chaudilre ä farine)^ schüttet das G«-
Ks wurden 50 Grm. Hafer angewandt, geschroten. Der aus frischem, ser»U3i|*
tem Malze kalt dargoBtellte, ültrirtc Auszug zeigt« in einer gekochten Probe ^' o
. Saccharomeler= 1,008 apecif Gcwirht Die 60 Grm. Ilafer^chrot wurden mit 400 Gw.
Malzauszug im Kesselcheu allmftlig auf die Zucker1iildungHtem[»eratur erhitxt, fJ*
halbe Stunde dabei erhalten, dann zum Sieden erhitzt.
Die abgekühlte Meische wurde auf 450 Grm. gebracht; die Wüne z^*«
7,2*' = 1,029 specif. Gewicht. Dio auf dem Seihetuche zurttckgebliebcnen Treb«n
betrugen, gehörig mit siedendem Wasser ausgelaugt und getrockaet, 22,5 Gna. -
45 Proc. Die Menge der Würze betrug also 427,6 Grm. (450 -- 22,5 Gna.)-
Nach diesen Daten berechnet sich die Ausbeute an Moischextract auf folnei^
Weise: •
400 Grm. Malzauszug von 1,008 specif. Gewicht sind 896,8 C. C.
427,6 Grm. Würze von 1,029 specif. Gewicht sind 415 C. C.
416 O.e. Würze von 7,2 <> würden 396,« CG. (das Volnioen des UaUiar
zugs) von 7,6* sein (896,8 : 416 = 7,2 : x).
In den 896,8 C. C Würze von 7,6® Saccharometeranxeige kommen 2* auf der
Malzauszug; es bleiben also ftlr Kxtract aus dem Hafer 5,6* Saccharometeru-
anzeige = 1,022 specif. Gew.
896,8 C.C.Würze von 1,022 epecif. Gewitht sind 388,8 Grm., worin k 5,5 Pmc
21,3 Gtm. Extxact.
Die 21,8 Grm. Extract stammen aus 60 Grm. Hafer; 100 Grm. Hafer wttnis
also 42,6 Grm. Extract geliefert haben; die Ausbeute an Extract betrug 42^6 Prac.
ßier, Brauen desselben. 1055
treuleschrot, gemengt mit etwas Malzschrot, ein, erhitzt anfangs bis
auf die Zuckerbildungstemperatur, später bis zum Sieden und kocht
einige Zeit. Jilan lässt dann die Trebern in der Pfanne sich ablagern,
schöpft das Flüssige ab und giebt es auf die, während der Zeit durch
heisse Güsse erschöpften Malztrebern in den Meischbottich, um Klärung
zu bewirken. Die von dem Meischbottiche während der Zeit gezogenen,
Starkeren Würzen werden zum Kochen mit dem H9pfen verwandt. Auf
die Trebern in der Pfanne kommt die Würze von dem letzten Gusse;
man erhitzt, kocht und giebt das Flüssige wieder in den Meischbottich
über die Trebern. Die Trebern in der Pfanne werden schliesslich noch
mit kochendem Wasser Übergossen und gekocht. Das Uebergtessen
der schon erschöpften Trebern im Meischbottiche mit der starken Würze
aus der Meischpfanne muss jedenfalls unzweckmässig genannt werden.
Wie durch ungcmalztes Getreide, lässt sich auch durch andere
stärk mehlhaltige Substanzen ein Theil des Malzes bei dem Brau-
processe ersetzen. Zu Zeiten sind Kartoffeln die billigste Quellp von
Stärkmehl und deshalb für uusereu Zweck verwendbar. Die Verwen-
dung kann /luf verschiedene Weise stattfinden.
Man kann die Kartoffeln durch eine ReibmascHine zu Brei zerrei-
[>en, diesen, durch Auslaugen mit Wasser von dem widrig schmecken-
len Pflanzensafte befreien, und ihn dann, so gereinigt, wo er aus Stärk-
niehl und Faser besteht, bei dem Meischen verwenden.
Man kann ferner die Kartoffeln durch eine Schneidemaschine in
Scheiben oder Stücken schneiden, diese, zor Entfernung des Saftes erst
mit. Wasser, dem Y^ bis 1 Proc. Schwefelsäure zugesetzt ist, dann mit
reinem Wasser auslaugen, hierauf trocknen, schliesslich durch Zer-
[nahlen in Mehl verwandeln, und das so erhaltene, weisse Kartoffelmehl,
pvelches aus dem Stärkmehle und der Faser d^r Kartoffeln besteht, bei
lern Meischprocesse zusetzen.
Nach Siemens geben 100 Pfd. Kartoffeln, zerrieben und ausge-
laugt, so viel Meischextract wie 25 Pfd. Gerstendarrmalz, sind also
100 Pfd. Malz durch 400 Pfd. Kartoffeln zu ersetzen. Nach dem Be-
Tage des Stärkmehlgehalts müssten 360 Pfd. Kartoffeln 100 Pfd.
Malz vertreten können. — 100 Pfd. Kartoffelmehl, welche, berechnet,
soviel Extract liefern wie 124 Pfd. Malz, sind, nach Balling, in der
r*r»xis so ausgiebig wie 133 Pfd. Malz, weil der Verlust an Würze
verfällt, der durch die Trebern des Malzes verursacht wird. Gewöhn-
ich ersetzt man bei der Bereitung von sogenanntem Kartoffelbier die
Jälfte des Malzes durch eine entsprechende Menge Kartoffeln. Das an-
^U'wendende Malz muss zur Hälfte schwach gedarrt, zur Hälfte stark
redarrt sein. Jenes hat vorzüglich das Diastas, dieses das Aroma und
lie Farbe zu liefern.
Die Kartoffel masse oder das Kartoffelmehl können mit dem Malze
D deni Meischbottiche verarbeitet werden, aber da das Stärkmehl der
Slarioffeln leicht zu Boden fällt und unter die Seihplatten geht, so ist
ts zweckmässiger, dieselben in der Pfanne mit einem Theile des Malzes
u meischen. Man erhitzt z. B. das Meischwasser in der Pfanne auf
^6^ C. (450R.), lässt die Hälfte davon in den Meischbottich, rührt in
[ie zurückgebliebene Hälfte das schwach gedarrte Malz und die Kar-
3fTelnia8se, resp. das Kartoffelmehl ein, steigert die Temperatur, unter
^rt'W^hrendem Umrühren, sehr allmälig bis zur Zuckerbild ungstempera-
tar^ dann rascher bis zum Sieden und unterhält das Sieden ungefähr
1056 Bier, Brauen desselben.
«
Va Stunde lang. Sobald die Meiache in der Pfanne zu sieden anfio^
wird das Schrot des starker gedarrten Malzes in dem MeischbottidM
mit dem darin befindlichen Wasser vermischt und spater die binr^
chend gekochte Dickmeische ans der Pfanne dazu gebracht Die Te»
peratur soll dabei auf 63 <^ C. (50^ R.) kommen. Nach ^s Stunde «vi
die Würze gezogen. Durch einen zweiten Guss mit siedendem Wtf>
ser, dem man den trübe ablaufenden Antheil der ersten Würze Z6g^
setzt hat, erhöht sich die Temperatur der Trebem auf 60^ R.
Kochen der Würze. Die durch den Meischprocesft, nach da
einen oder anderen Verfahren erhaltene Würze muss^ um ein haltham
Bier zu geben, einige Zeit gekocht werden. Es geschieht die^ in da
Braupfanne oder dem .Braukessel, welche, wie sich aas Frobeits
herausgestellt hat, auch zum Erhitzen des Wassers und der Bfeiscki
dienen. Durch das Kochen wird die Würze von dem Ei weiss bdiBL
indem sich dies im geronnenen Zustande ausscheidet, und die anderes
gelöst bleibenden Proteinsubstanzen verlieren dabei mehr und ra^
die Neigung sich . zu zersetzen, also als Umsetzungs8tofi*e zu wirkcs.
Gekochte Würze ist deshalb weniger vergährungsfahig als ungekocMd.
und das daraus bereitete Bier ist weniger zum Umschlagen, Saotf-
werden geneigt. Ungekochte Würze liefert ein stark vergohrenes IV
duct, und ist fast nur geeignet zu Malzessig, Bieressig. Bei dem ^
chen wird zugleich ein Theil des Gummis und Zuckers cararoelisst.
denn- die Würze färbt sich dunkler; auch dadurch wird direct und iDi-
rect die Vergährungsfähigkeit geschwächt und die Haltbarkeit erhok
Das Kochen hat femer den Zweck, die Würze durch Verdampfta
auf die erforderliche Concentration zu bringen, und es hat, in der R^
gel wenigstens, noch den Zweck, die Würze mit den Bedtandtheöa
des Hopfens zu versehen, welche dem daraus bereiteten Biere BitteM
und Aroma ertheilen. Durch das Hopfen der Würze wird ausserdem m
derum die Haltbarkeit des Products wesentlich erhöht, theils in Fo)^
der giihrungshemmenden und conservirenden Wirkung des Aromas de<
Hopfens, theils weil der Gerbestoff* des Hopfens sich in Verbindung ni
ProteinstoflTen ausscheidet. Man muss immer im Auge behalten« das
die Proteinstoffe es sind, welche als Umsetzungsstoffe, Fermente im wa-
teren Sinne, wirken.
Es ist für die Güte des Bieres höchst vortheilhaft, wenn das Ko-
chen der Würze möglichst bald, nachdem sie von den Trebem abgezo-
gen bt, ausgeführt wird. Bleibt die Würze in dem Grande oderiB
einem Bottiche längere Zeit stehen, so ist eine nachtheilige Verandr
rung derselben kaum zu vermeiden. Diese nachtheilige Verändom^
erleidet natürlich eine^ durch das Aufguss verfahren gewonnene Wone.
weil sie reich an Eiweiss und ungekocht ist, weit eher, als eine wA
dem Kochverfahren gezogene Würze; eine helle Würze, in welcher die
conservirenden Bestandtheile des Darrmalzes nicht, oder in gerin«reT
Menge vorhanden sind, eher als eine dunkele, eine verdünntere eke
als eine concentrirtere. Am schnellsten wird die Würze verkocht wtf-
den können, wenn zwei Pfannen vorhanden sind, von denen dann iof
eints sofort die erste Würze aufnimmt, während die andere zum Er-
hitzen des Wassers für die Nachgüsse dient.
Sobald die Würze in der Pfanne dem Siedpunkte nahe kommt, be-
ginnt die Ausscheidung, das Gerinnen, des Eiweisses. Diese Aasscfacs-
Bier, Brauen desselben. 1057
äung bt selbatverBtändUch weit beträchtlicher bei den nach dem Auf-
gnsa verfahren gewonnenen, als bei den nach dem Kochverfahren er-
[laltenen Würzen, weil bei den letzteren schon während des Kochens
ler Meische die Aosscheidung erfolgte. In concentrirten Würzen der
»rstereu Art kommen während dos Siedens grosse Klumpen von Eiweiss
m die Oberfläche, die mit einem Schaumlöffel abgenommen werden.
Die Concentration, auf welche man die Würze in der Pfanne kom-
[nen lässt, ist nicht die, welche die Würze zur Gährnng erhalten ipnss,
(ondern sie ist etwas geringer, weil bei dem später erfolgenden Ab-
LÜhlen auf der Kühle eine Erhöhung der Concentration, durch Verdun-
stung von Wasser um ^20 his Yio stattfindet
Eine Stunde bis 2 Stunden vor dem Zeitpunkte, wo das Kochen
tu beenden ist, wird der Hopfen in die Pfanne zu der Würze gegeben.
lAan schüttet denselben zertheilt und zerrissen auf die Oberfläche der
P^ürse, nachdem das Sieden derselben sehr gemässigt worden ist, lässt
hn einige Zeit von dem aufsteigenden Dampf durchdrungen werden und
*Qlirt ihn dann unter. Die Menge des Hopfens ist nach dessen Be-
iciiaffenheit und nach der Art des Bieres ausserordentlich verschieden,
ichwankt etwa zwischen Y2 ^^ ^Vs ^<^* ^"^ ^^^ ^^^' ^l^- Zu dem
»ayerißchen Sommerbiere werden auf 100 Pfd. Malz ly^ bis 2 Pfd.
topfen genommen, zu dem Winterbiere etwas mehr als die Hälfte die-
ler Menge. Anstatt des Hopfens in Substanz können auch äquivalente
iftengen von ölhaltigem Hopfenextract genommen werden, das man in
lenester Zeit fabrikmässig bereitet 1 Pfd. des Extractes vertritt 6 Pfd.
lopfen.
Die Würze muss durch das Kochen gahr werden, sie^ muss sich
Inrch das Kochen gehörig geschieden oder gebrochen haben, wie der
Broaer sagt. Man erkennt dies daran, dass in einer mit einem Löffel
^er Gläschen herausgeschöpften Probe die Flocken, welche darin
ichwimmen, rasch zu Boden sinken, und die Flüssigkeit vollkommen
[»lank, klar, mit dnnkelem Spiegel darüber steht Alles was durch Ko-
chen ausscheidbar ist, hat sich dann vollständig abgeschieden und der
Gi-erbstoff des Hopfens hat seine chemische Einwirkung vollständig
lOBgefibt
Die Dauer des Kochens der Würze hat auf die Beschaffenheit des
tu* erzielenden Bieres sehr bedeutenden Einfluss. Je kürzere Zeit die
V^ürze gekocht wird, desto weniger dunkel färbt sie sich, desto mehr
erblUt-sich das feine Malzaroma, desto vergährungsfähiger bleibt sie.
Wünsen, welche nicht lange gekocht werden dürfen, müssen deshalb
lehon concentrirter in die Pfanne kommen. Man hat bei dem Kochen
ca berücksichtigen, ob dadurch Concentrirung oder vorzüglich nur Fär-
lyung und Klärung bezweckt wird. Im ersteren Falle lässt man leb-
tiaft sieden, um rasch zu verdampfen, im letzteren Falle braucht man
iie Würze nur dem Siedepunkte nahe zu halten.
Die nach dem Aufgnssverfahren erhaltenen Würzen werden in der
Regel 5 bis 6 Stunden gekocht, ausnahmsweise auch länger, nämlich
dann, wenn man sie recht dunkel und glänzend haben will, wozu man
sie bis 12 Stunden lang sehr massig kocht, gleichsam in der Pfanne
sehinoTen lässt Sie werden dabei sehr süss und verlieren ausserordent-
lich an ihrer Vergährungsfähi^keit Die Würzen zu den bayerischen
Bieren kocht man durchschnittlich etwa 2 Stunden, man giebt daher
meistens sogleich den Hopfen mit der Würze in die Pfanne.
HandwOrterbach d«r Chemie. 2to Aufl. Bd. IL 67
1058 Bier, Brauen desselben.
In gleicher Weise wie die erste Würze wird natärlich atich &
Würze zu den schwächeren Bieren oder dem Nachbier gekocht Hu
benutzt für diese gewöhnlich den Hopfen, welcher mit der ersten Wüse
gekocht wurde. Wird nur ein Bier gebraut, no giebt man die Na^
würze zu der ei'sten Würze in die Pfanne.
Kühlen und Gährung der Würze. Die Würze enthiltnnrda
einen wesentlichen Bestandtheil des Bieres, das Malzextract, Heisd-
extract ; es fehlen darin die beiden anderen wesentlichen Bestandthok
der Alkohol und die Kohlensäure. Diese werden durch die Gähnmg a
der Würze erzeugt, es wird durch die Gährung dieselbe in Bier Terwu-
delt Wie in den Artikeln Ferment. und Gährung erläutert ist, bestt
das Ferment, welches man Hefe, Bärme, Gest nennt, die Eigensehad,
den Zucker in Lösungen allmälig in Alkohol und Kohlensäure za fe^
legen, von denen der erstere volLständig, die andere in grösserer oder
geringerer Menge, je nach der Temperatur, in der Flüssigkeit blefti
Dieser durch Hefe eingeleitete Zersetzungsprocess des Zuckers iM
eben Gährung, Weingährung, Alkoholgährung genannt, und die di-
durch resultirenden Flüssigkeiten heissen gegohrene Flüssigkeiten, h
der Würze ist es der Sturkezucker des Meischextracts , welcher dutl
die Gährung in Alkohol und Kohlensäure zerfällt
Wenn eine zuckerhaltige Flüssigkeit, welche neben Zacker Fe»
teinstoffe gelöst enthält, durch Hefe in Gährung gebracht wird, so fi»
det, wie ebenfalls in den oben angezogenen Artikeln besprochen at
neben der Bildung von Alkohol und Kohlensäure aus Zucker, gl«c^
zeitig auch die Bildung neuer Hefe aus *den Froteinstoffen statt D»
Würze ist nun eine solche, Proteinstoffe enthaltende Zuckerflüssigkeit;
die Gähi*ung der Würze ist deshalb stets von Hefenbildung begleitri:
sie ist die Quelle der Bierhefe. Die Ausscheidung der Protein«((»i^
ans der Bierwürze als Hefe dai'f keineswegs als ein nnweseotliekff
Vorgang bei der Gährung betrachtet werden ; sie ist vielmehr von der
grössten Wichtigkeit, weil dadurch die Würze von den Substanzen be
freit wird, welche die Haltbarkeit des Bieres im höchsten Grade beer
trächtigen. Je mehr Proteinstoffe in dem Bier zurückbleiben, desto ^
niger haltbar, desto mehr zur Säuerung geneigt zeigt sich das Bier.
Da das Bier kein vollkommen ansgegohrenes Getränk ist, du
heisst, kein Getränk, in welchem der Zucker durch die Grährungbi
auf die letzte Spur zerlegt ist, sondern da das Bier während einer Isaf-
sam fortschreitenden Gährung getrunken wird, die ihm fortwühro^
Kohlensäure zuführt, ihm Trieb ertheilt, wie man sagt, so muss daik
gewirkt werden, dass, nach erfolgter rascherer Zersetzung eines gcnre*
sen Theiles Zucker in Alkohol und Kohlensäure, die Zersetzmigdtf
übrigen Zuckers so lange andauert, als das Bier trinkbar bleiben lolL
Man unterscheidet hiernach zwei Perioden der Gährung der Wümt
die rascher verlaufende Hauptgährung, und die langsamer verlaofendi
Nachgähmng. Während der letzteren kommt das Bier snm Yerbraadv
Die Gährung der Bierwürze kann Obergähning oder üntergiii'
rung sein. Die Obergährung, eine bei höherer Temperatur, raschtf
verlaufende Gährung, bei welcher die grösseren Bläschen der aailretai-
den Kohlensäure die gebildete Hefe an die Oberfläche heben, bei ^^
eher sich also eine Hefendecke bildet, wird durch Oberhefe ebgeleitB^
durch Hefe, welche von einer Obergährung resultirte. Die üßtergll»-
rung, eine bei niederer Temperatur, langsamer verlaufende Gäbnioff
Bier, Brauen desselben. 1059
bei welcher die kleineren Bläschen der Kohlensäare die gebildete Hefe
nicht an die Oberfläche zu heben im Stande sind, bei welcher also keine
Hefendecke entsteht, wird durch Unterhefe eingeleitet, durch bei Unter-
g&hmng erhaltene Hefe. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass die Hefe
stets Neigung hat, eine Gährung hervorzurufen, welche der ähnlich ist,
durch die sie entstand.
Es wird später angegeben werden, bei welcher Temperatur man
iie Gähruog det Bierwürze verlaufen lässt; für jetzt mag nur gesagt
sein, dass diese Temperatur immer eine verhältnissmässig niedrige ist,
Iie etwa zwischen 7» bis 20^0. (6© bis 150R.) liegt. Die in der Pfanne
gekochte siedend heisse Würze rauss also zunächst auf die Temperatur
i^b^ekühlt werden, bei welcher man. sie in 'Gährung bringen, bei wel-
cher man sie, wie gesagt, anstellen oder stellen kann.
Das Abkühlen geschieht auf sogenannten Kühlschilfen oder Kühlen,
lehr flachen, nur etwa 6 bis 8 Zoll tiefen, vierseitigen Gefässen, aus
ttarken Bohlen zusammengefügt oder von Eisenblech angefertigt, und
lo ^oss, dass die Würze bei einer Hohe von 2 bis 8 Zoll darauf Platz
tiat. Man lässt die Würze, ehe sie auf die Kühle gelangt, durch eine
Seihvorrichtung fliessen, um den in ihr schwimmenden Hopfen zurück-
rahalten. Diese Seihvorrichtnng , der Hopfenseiher, ist meistens
lin hölzernes oder metallenes Gefass mit Seihboden oder Drahtbo-
len, das auf die Kühle selbst gestellt wird. Hie und da benutzt man
tnch den Grand als Hopfenseiher, indem man denselben durch eine
>erpendicnlär eingeschobene Seihplatte in zwei AbtheHungen theilt. Die
riedende, mit Hopfen gemengte Würze Üiesst dann in die eine Abthei-
vmg nnd wird aus der anderen durch eine Pumpe auf die Kühle be-
ordert.
Auf hölzernen Kühlen kann sich die Würze nicht. dadurch abküh-
len% dass den Wänden der Kühle durch die umgebende kalte Lullt
|^ä.nne entzogen wird; Holz ist dazu ein viel zu schlechter Wärme-
leiter, die Kühle ist aussen kaum warm. Die Würze verliert die Wärme
kttf solchen Kühlen fast ausschliesslich durch Wärmebindung in Folge
!cr Verdunstung von einem Theile ihres Wassers. Alles was die Ver-
lunstong befördert, befördert deshalb auch die Abkühlung. Die Ver-
Itmstttng ist um so beträchtlicher, je grösser die Fläche der Würze ist.
deshalb eben muss die Würze möglichst flach auf der Kühle stehen.
[>ie Verdunstung erfolgt in trockener Luft rascher als in weniger
rockener Lnft, sie hört in mit Feuchtigkeit gesättigter Luft ganz auf.
deshalb dürfen die Kühlen nicht in einem geschlossenen Raum aufge-
stellt werden, in welchem sich die Luft bald mit Wasserdampf sättigen
FTÜrde, sondern sie müssen so aufgestellt sein, dass lebhafter Luftzug
Iber denselben stattfindet, welcher die feuchte Luft wegführt. Am
■ascbeaten erfolgt dann die Verdunstung, also auch die Abkühlung, bei
nrosser Trockenheit der Atmosphäre, z. B. wenn die kühlen, schnel-
lenden, den Lungen so nachtheiligen Ostwinde wehen, und namentlich
ruh am Morgen bei Sonnenaufgang, wo fast immer lebhafter Luftzug
stattfindet. Unter günstigen* Verhältnissen sinkt die Temperatur der
tVürse auf der Kühle unter die Temperatur der Luft, was die Wirkung
1er Verdunstung zeigt, und nicht geschehen könnte, wenn der Würze
Iie Wärme nur durch Ableitung entzogen würde. Bei Regen und
3-eMritterschwüle findet so gut wie keine Abkühlung statt, weil die Ver-
Itmstung dabei fast Null ist«
67*
1060 Bier, Brauen desselben.
Aaf eisernen Kühlen, die so aufzustellen sind, dasa anch der Bo-
den Tom Laftzug getroffen wird, kommt zu dem Wärmeverlmte, ini>
chen die Würze durch Verdunstung erleidet, allerdings noch derWsn»
Verlust durch Abgabe von Wärme an die umgebende kalte Luft hua.
Deshalb kühlt sich die Würze auf eisernen Kuhlen rascher als auf bot-
zernen und finden mit Recht die eisernen Kühlen immer mehr Eiogug'
Während des Stehens auf der Kühle lagert sich aus der Wöne
ein gelblicher Bodensatz fest ab, das Kühlgeläger. Dasselbe beal^
zum Theil aus ■ kleinen Flocken von geronnenem Eiweiss, zum Tbd
aus Stoffen, die in der heissen Flüssigkeit löslich waren, in der kJSm
unlöslich sind.
Es ist für die Güte des Bieres von der grössten Wichtigkeit, dat
sich die Würze möglichst rasch abkühle. Sie erleidet n&mlich anf d«
Kühle, sobald ihre Temperatur unter 75<>C. (GOOR) gesunken ist, Idelit
die nachtheilige Veränderung, deren schon bei dem Meischen Erwib-
nung geschah ; sie wird sauer von entstehender Milchsäure, unter un-
günstigen Umständen kann sie sogar schleimig werden und SchimiBel-
flecken bekommen. Am meisten zum Verderben geneigt sind die Wa^
zen aus Luftmalz, namentlich die nicht gehopflen, weil in ihnen &
conservirenden Stoffe des Darrmalzes und des Hopfens, das brenziidii
Aroma des ersteren und das Aroma und Harz des letzteren feU«
auch verderben schwächere Würzen leichter als concentrirte. Eine W6m
welche auf der Kühle in angegebener Weise nachtheilig verändert iil,
kann niemals ein gutes, namentlich nie ein haltbares Bier geben, vd
es lassen sich deshalb aus nicht sehr dunklen, nicht ^ehr conceatriita
und nicht sehr gehopflen Würzen haltbare Biere, Lagerbiere, norii
der Jahreszeit darstellen, wo rasche Abkühlung möglich ist, also in der
kühlen und kalten Jahreszeit.
Zur Beförderung der Abkühlung der Würze auf der Kühle soi
häufig Flügelvorrichtungen oder Ventilatoren vorhanden, durch weiek
ein künstlicher starker Luftzug über den Kühlen erzeugt wird, und tf
zu Zttten und unter Verhältnissen, wo die Abkühlung auf den KU«
nicht, oder nicht hinreichend schnell zu ermöglichen steht, dennoä
brauen zu können, benutzt man Kühlapparate, in denen die WM
durch kaltes Wasser gekühlt wird. Diese Apparate sind im All|^
meinen nach dem Prinoip des sogenannten Liebig'schen Kühlappin^
für Destillationen construirt, das heisst, das kalte Wasser und die ab*
zukühlende Würze fliessen in entgegengesetzter Sichtung, getreni^
durch eine dünne Metallwand. Man lässt, vor dem Gebrauche deis^
ben, die Würze erst auf der Kühle so weit abkühlen, als es ohne G^
fahr für dieselbe geschehen kann. Wo Eis zu haben ist, bietet dies «i
vortreffliches Mittel, die Würze auf den Kühlen schliesslich auf &
erforderliche niedrige Temperatur zu bringen.
Die Temperatur, bis zu welcher die Würze abgekühlt werden miiA
ist nach verschiedenen Umständen verschieden. Sie muss im AU|9*
meinen niedriger sein für Untergährung als für Obergährung; sie ns0,
niedriger sein für Lagerbier, das längere Zeit trinkbar bleiben «A
als für Bier, das bald vertrunken werden soll. Je höher die Teo-
peratur des Locales ist, worin die Gkihrung stattfinden soll, ond je
beträchtlicher die Menge der in Gährung zu bringenden Masse iat, desto
stärker muss die Würze gekühlt werden. Würzen, welche Stoff) enthsltOr
die den Gährungsprocess langsamer verlaufen lassen, s. B. sehr dankk
Bier, Brauen desselben. 1061
and stark gehopfte Würzen k()nnen bei etwas höherer Temperatur an-
gestellt werden. Fftr bayerisches, nntergähriges Schenkbier, das nach
3 bis ^ Wochen trinkbar sein soll, kühlt man die Würze, je*nach der
Temperatur des Oährlocals, auf lio bis 8oC. (90 bis 60R.), für die
bayerischen Somroerbiere oder eigentlichen Lagerbiere auf S^ bis 5<> C.
(60 bis 40 R.), für obergährige Lagerbiere auf löo bis IBOG. (12« bis
S^ R.), für obergährige, schnell zxun Verschank kommende Biere nicht
ganz so weit
Das Local, in welchem man die Gährung der Bierwürze verlaufen
läset, muss ein Keller oder ein Souterrain sein, in welchem die Tem-
peratur möglichst unabhängig ist von der äusseren Temperatur. Die
Feinperatur, verschieden nach der Art des zu erzielenden Bieres, soll
tm Allgemeinen nicht über 150C.(12oR.) stei^fen und nicht unter T^bis
&^C. (60 R.) sinken. Die Würze kommt für die Gährung entweder in
gprössere oder kleinere Bottiche (Gährbottiche) oder grossere oder klei-
nere Fässer (Gährfässer). Je grösser die Gefässe, desto unabhängiger
ist die Temperatur ihres Inhalts von der Temperatur des Gährlocals.)
Untergährung. Nächst der Beschaffenheit des Malzes und nächst
lein Meischverfahren, hat die Art der Gährung und die Art und Weise
1er Leitung der Gährung den grössten Einüuss auf die Beschaffenheit, die
^Yator des Bieres. Es soll in dem Folgenden zunächst die Gährung der
Würze zu dep sogenannten bayerischen Bieren, welche untergährige Biere
lind, gleichsam als Muster der Biergährung speciell betrachtet, und dabei
Grelegenheit genommen werden, auch das anzuführen, was für die Bier-
gährung und die Behandlung des Bieres im Allgemeinen von Wichtig-
keit ist. Später soll dann noch das Nöthige über die Gährung der
Wune der obergährigen Biere mitgetheilt werden. Bei den bayeri-
lehen Bieren unterscheidet man, wie 'schon mehrmals erwähnt. Schenk-
lier oder Winterbier , und Lagerbier oder Sommerbier. Das Schenk-
ner wird im Herbst, Winter und Frühjahr gebraut und in dieser Jahres-
5eit verzapft, oft schon nach 3 bis 4 Wochen, so dass es nur während der
tOhlen und kalten Jahreszeit und nicht lange lagert. Die Concentration
1er Würze dazu beträgt 11 bis 12Proc. Das Lagerbier wird im Winter
ind zu Anfang des Frühjahrs, überhaupt nur- zur günstigsten Jahres-
seit gebraut und erst dann verzapft, wenn nach dem Ende der Brauzeit
las Schenkbier consumirt ist Es muss sich den ganzen Sommer hin-
lurch bis dahin halten, dass wieder Schenkbier gebraut ist und ver-
si^ft werden kann. Die Würze dazu erhält eine Concentration von
L2 bis 13Proc., sie erhält mehr und besseren Hopfen als die Sohenkbier-
prfirze, und sie wird bei niederer Temperatur in Gährung gebracht, als diese.
Die Gährung der Würze zu den bayerischen Bieren findet stets
n Gährbottichen statt; die auf der Kühle gehörig gekühlte Würze wird
tlso in diese gelassen. Das Kühlgeläger liegt so fest auf der Kühle,
läse die Würze klar davon abläuft. Die Temperatur, welche die Würze
laben muss, ist schon oben erwähnt, ftir Schenkbier etwa 11^ bis 8^0.
d» bis 60 R.), für Lagerbier 80 bis ö^C. (6« bis 40 R.). Die niederen
remperaturen sind bei höherer Temperatur des Gährlocals und grossen
3fthrbottiehen zu wählen.
Das Anstellen, Zugeben der Hefe (Zeug geben, Satz geben) geschieht
mf zweifach verschiedene Weise. Entweder vermischt man die Hefe mit
itwas Würze recht innig, durch wiederholtes ümgiessen des Gemisches
ins einem Gefasse in ein anderes, und giebt dann das Gemisch der
1062 Bier, Brauen desselben.
Qbrigen Würze in dem Bottich zu; oder man stellt erBt ^ne Ueioen
Menge der noch etwas wärmeren Würz« mit der Hefe in einem beNt*
deren Gefässe, dem Hefen^^tänder^ an, lässt die Gährung anfangen wi
giebt dann die gährende Masse der übrigen Würze in dem Botüdi n
Das erstere Verfahren heisst die Hefe trocken geben; das zweite: dk
Hefe nass geben, auch die Hefe herfuhren, vorstellen, vorberote.
Die Menge der Hefe, welche zum Ansteilen verwandt wird, ist mcb
immer gleich; sie muss grösser sein, wenn Würze und Gahrkefla
kälter sind, grösser, wenn die Würze concentrirter ist, grosser, iren
man die Hefe trocken giebt. Auf 1000 Volum Würze -werdea ctn
5 bis 7 Volum dickbreiige Hefe genommen.
Nachdem die Würze auf die eine oder andere Weise in dam 6ik^
bottiche mit Hefe versetzt, gestellt ist, verläuft nun die regelmäasigi
Untergährung im Allgemeinen unter folgenden Erscheinungen. lim»
halb 8 bis 12 Stunden nach dem Anstellen überzieht sich die Vfm^
in Folge beginnender Entwicklung von Kohlensaure, nach und nad
und von dem Rande des Bottichs nach der Mitte zu, mit einem isrta
weissen Schaum (Rahm) , der sich mehr und mehr erhöht und esdüd
eine dicke Schaumdecke bildet, welche am Rande des Bottichs eiotf
höheren Schauraberg zeigt. Etwa 2*4 Stunden nach dem Anitella
wird diese Schaumdecke von einem consistenteren Schaume, der ii
eigenthümlich geformten Streifen, Krausen, hervorquillt, durchbrocb«
und verdrängt, so dass die Oberfläche der Würze ein gekräuseltes, xer-
klüftetes, zackiges Ansehen erhält , uud die lebhafte Entwickelnog der
Kohlensäure macht sich durch stechenden Geruch bemerkbar. D^
Krausen vermehren und erhalten sich bei einer kräftigen Gäluvi
2 bis 4 Tage, dann vergehen sie allmählig zu einer schaumigen Msn
welche mit dem SchwächerwerdeA der Gährung verschwindet und nd
eine bräunliche dünne Decke von Hop' enharz zurücklässt. Die Hiopl'
gährung ist im Wesentlichen beendet, sie dauert bei Schenkbler 7 \k
8, bei Lagerbier 9 bis 10 Tage.
Bis die Gährung ihren Höhepunkt erreicht hat, steigt die Teffl|:c
ratur um ein paar Grade, dann sinkt ^ie wieder und gleicht sichai
der Temperatur des Gährlocals aus. Der süsse Geschmack der War«
vermindert sich im Verlaufe der Gährung mehr und mehr und dsnät
zugleich das specifische Gewicht In dem Masse als die Grührung wf^
lässt, wird die, von ausgechiedener Hefe 'getrübte Flüssigkeit imstf
klarer, sinkt die Hefe immer vollständiger zu Boden; nur ein onbe*
deutender Theil davon geht an die Oberfläche und findet sich dsiuii>
der dünnen brLunlichen Decke. Man erkennt meistens das Ende <Ur
Hauptgährung daran, dass eine kleine Probe der gährenden Wanetf
einem wärmeren Orte schnell klar wird, am sichersten aber daran, dai'
die gährende Würze bei wiederholter Prüfung mit dem Saccbaroin«tci
nicht mehr eine erhebliche Abnahme des specifischen Gewichtes z&f
Die durch die Gährung resultirende Verminderung des specifischea 6**
' wichts der Würze wird die scheinbare Attenuation genannt iB*
genommen, die Würze habe vor der Gährung am Saccharometer 12 Frofr
gezeigt, und nach beendeter Hauptgährung zeige sie 5 Proc, so betiig^
die scheiobare Attenuation 7 Saccharometergrade. Der Vergäkraogs-
grad ist hiernach '^/i^ oder 0,58, das heisst von 1 Thl. Malzextract sfo^
scheinbar 0,58 Thle. (58 Proc.) durch die Gährung zersetzt woideQ
(siehe Bier, Untersuchung desselben).
Bier, Brauen desselben;
1063
Der Grad der Vergährung durch die Hauptgährung ist bei ver-
schiedenen Würzen verschieden. Würzen von stark gedan^tem Malze,
welche viel Zucker und Gummi in caramelisirtem Zustande enthalten,
sowie längere Zeit gekochte und stark gehopfte Würzen verlieren selten
die Hälfte ihrer Saccharometerprocente, während Würzen aus schwächer
gedarrtem Malze, weniger gekochte und schwach gehopfte Würzen
unter gleichen Umständen wohl bis ^/g der Saccharometerprocente ein-
büssen. Im Mittel kann man, nach Balling, annehmen, dass Würzen
ans gelbem Malze 60bis66Proc., Würzen aus braunem Malze 50 Proc.
ihrer ursprünglichen Saccharometer-Anzeige verlieren.
Von Balling sind, aus Versuchen, Factoren berechnet worden, mit
denen man die scheinbare Attenuation, in Saccharoraeterprocenten aus-
gedrückt, zu multipliciren iKit, um den Alkoholgehalt der gegohrenen
Würze zu erhalten. Diese Factoren werden* Alkoholfactoren für die
aeheinbare Attenuation genannt, ihre Grösse steigt mit der Grösse der
ursprünglichen Extractgehalte der Würzen (a. a. O.). Die folgende Ta-
belle giebt dieselben.
Unprünj^liche
Concentration
Alkoholfactorcn
Ursprüngliche
Goncefetration
Alkohol factoren
der Würze in
für die ftcbeinbare
der Würze in
für die scheinbare
Saccharometer-
Procenten.
^tt«iHiation.
Saccharometer-
Procenten.
Attenuation.
*
6
0,40G3
18
0,4330
7
0,40&1
19
0,4851
8
0,4110
20
0,4878
9
0,4129
21
0,4895
10
0,4148
22
0,4419
11
0,4167
23
0,4439
12
0,4206
24
• 26
0,4462
IS
0,4226
0,4485
14
0,4246
26
0|4508
15
0,4267
27
0,4582
16
0,4288
28
0,4556
17
0,4309
29
0,4680
1
^
In dem oben angenommenen Falle, wo die scheinbare Attenuation
einer l2procentigen Würze 7 Saccharometergrad betrug, hat man 7 . 0,42
sss: 2,9 als den Procent-Alkoholgehalt der gegohrenen Würze.
Nach Beendigung der Hauptgährung heisst die gegohrene Würze
Jangbier oder grünes Bier und wenn dies hinreichend klar geworden
ist und sich die Hefe abgeschieden hat, so ist es Tässig, reif zum Fas-
sen, so wird es von der Hefe ab und auf Fässer gezogen ^ in denen
dann die Nachgährung verläuft. Zuvor entfernt man Mie Decke, welche,
wenn sie in das Bier käme, diesem einen widrig bitteren Geschmack
ertheilen würde. Die am Boden des Bottichs liegende Hefe besteht
•US drei Schichten, von denen die mittlere, hellere, consistentere,
die reinste ist. Die untere, dunkle, schmutzige Schicht ist zersetzte
Hefe, Kühlgeläger u. s. w., die obere dünnere, braune besteht ebenfalls
1064 Bier, Brauen desselben.
aus unreiner Hefe. M&n schiebt diese zaerst a5, and mannt dann dk
reine Schicht zum ferneren Anstellen von der nnteren Scfaicfat weg.
Je frbcher, grüner das Bier von dem GiLhrbottiche abgeK^eo,
gefasst wird, desto schneller tritt die Nachgahrong ein, desto früher
wird das Bier trinkbar. Deshalb fasst man in der Regel das Sehcib
bier grüner als das Lagerbier, das, wie man sagt lauterer in die Fie-
ser gebracht wird«
Das Schenkbier kommt auf kleinere Fässer als das Lageriav,
weil auf kleineren Fässern die Nachgährung rascher Terliiiit. Sk
-liegen in dem Schenkbierkeller. Nach dem Füllen giebt sich dasEiotr»-
ten der Nachgährung durch das Ausgestossenwerden eines brioidieka
Schaums zn erkennen; damit sich dieser entfernen lasse, mfissea die
Fässer mit ähnlichem Biere oder reinem Wasser nachgefollt werdtn.
Während des Lagerns wird nun das Bier immer« klarer nnd die AW
scheidung der Hefe immer schwächer ; ' erscheint es endlich voUkomB«
klar, so ist die erste Periode der Nachgährung beendet, die zweite Periodi
beginnt, während welcher das Bier verzapft nnd vertranken wird. D«
Vergährungsgrad beträgt nach beendeter Nachgährung etwa 0,7 oder
70 Proc. Soll das Bier zum Verbrauch kommen, so spandet man dii
Fässer in der Regel, damit sich Kohlensäure in etwas grosserer Menge u-
sammele, damit das Bier Trieb erhalte ; dann zi^ht man es aof die Fiam
von denen es verzapft, oder in denen es den Bierwirthen zugefsbra
werden soll. Füllt man das Bier auf Flaschen, so erhalt es natdrliä
stärkeren Trieb, wird moussirender , weil hier keine Kohlensäore esft'
weichen kann.
Je nachdem die Würze schwächer oder stärker gehopft wnnh
die Hauptgährung bei höherer oder niederer Temperatur verlief, d«
Jungbier grüner oder lauterer, in kleinere oder grossere Fässer g^
fasst wurde, vorzüglich aber, je nachdem der Keller weniger kfihl od«
kühler ist, zieht sich die Nachgährung kürzere oder längere Zeit kia.
und der Brauer hat hierin die Mittel, dahin zu wirken, dass stets Bkr
von höchster Güte zum Verzapfen bereit ist
Für die Güte des Bieres |ibbt es keine Periode des StiUstandtf:
es gleicht darin einem lebenden Wesen. Es bildet sich zur höcbitei
Vollkommenheit aus, und hat es diese erreicht, so geht es zurück. Sdse
Zusammensetzung ändert sich, streng genommen, jeden Tag, da in ibi
die Gährung unausgesetzt fortschreitet, wenn auch schliesslich sehr Uof-
sam. Die höchste Güte wird durch das passendste Verhältniss swiichet
Extract, Alkohol und Kohlensäure bedingt; das Bier befindet sieh ssf
der Stufe der Vollkommenheit, wenn sich, während der letzten Periodi
der^ Gährung, das passendste Verhältniss eingestellt hat. Aofssgs
wenn die Nachgährung noch nicht weit vorgeschritten ist, schmeckt <iM
Bier sehr süss, in Folge des noch beträchtlichen Gkhalts an Zacker, sein
Schaum Ist consistent, gelblich, mit einem Worte hefig. £s wird, ireon
es dann verspundet oder auf Flaschen lagert, sehr rasch stark moos*
sirend, setzt noch bemerkbar Hefe ab und trübt oder wirft sieh desbsft
beim Abzapfen oder Ausgiessen leicht, von Hefe die durch die KohJes-
sänre aufgerührt wird. Nach und nach verliert sich bei der Nsehr
gährung der Würzegeschmack mehr nnd mehr, und der geistig«) e^
frischende Geschmack tritt hervor. Bei noch weiter fortschreitend«
Gährung, bei noch längerem Lagern auf dem Fasse, kommt dann der
Zeitpunkt, wo der geistig bittere Geschmack nicht mehr hinreicbeDd
Bier, Brauen desselben. 1065
gemildert wird durch den Geschmack des Znokers, das Bier wird hart
and es dauert lange, ehe es, verspundet oder auf Flaschen, gehörigen
Trieb erhält. Ist endlich der Zucker fast ganz oder ganz durch die 6äh-
rang zerlegt, so kann sich die Kohlensäure nicht in dem Maasse ersetzen,
als sie ans den Fässern abdnnstet, das Bier wird schaal, und dann ist
die Zeit nahe, wo es auch säuerlich werden kann. Bis zu dem Tage,
wo sich das Verhältniss zwischen Zucker, Alkohol und Kohlensäure
immer passender stellt, erhöht sich die Güte des Bieres, von dem Tage
ab, wo das passendste Verhältniss eingetreten ist, vermindert sich die
Güte wieder. Um Bier von höchster Vollkommenheit verzapfen zu
können, muss namentlich die Zeit des Spundens gehörig gewählt werden,
denn das Bier darf nur so lange gespundet liegen, als erforderlich ist, ihm
hinreichend Trieb zu geben. Liegt das Bier zu lange gespundet,' so trübt
es sich beim Verzapfen sehr leicht, besonders wenn es zu früh gespun-
det wurde, wird das Bier zu spät gespundet, so bleibt es matt Durch
Beimischen von Bier, welches eben von der Hanptgährung kommt
oder von in Gährung befindlichem Biere (Kränsenbiere), lässt sich älterem,
gelagertem Biere wieder Trieb ertheilen. In München wird fast alles
Schenkbier mit Kräusenbier versetzt, ehe man es an die Schenkwirthe
abgiebt. Der Schenkwirth hilft sich in Bezug auf den Trieb durch La«
gern der gespundeten Schenkiasser, oder der Flaschen, an einem kühlen
oder weniger kühlen Orte.
Das Lagerbier kommt zur Nachgährung auf grosse und ausge-
pichte Fässer, welche in dem Lagerbierkeller liegen. Dieser besteht
ans mehreren Abtheilungen, und es erhält jede Abtheilung das Bier itir
eine gewisse Periode des Sommers.
Bei dem Füllen der Lagerflisser mit dem von dem Bottiche
abgelassenen Biere findet eine Vertheilung des Biers anf viele Fässer
statt, so dass Monate vergehen, ehe die Fässer einer Abtheilung völlig
gefüllt werden. Es geschieht dies, theils um längere Zeit hindurch
möglichst gleichartiges Bier zu haben, theils um die Nachgährung in
die Länge zu ziehen, da diese in nicht völlig gefüllten Fässern lang-
samer verläuft als anf vollständig gefüllten. Selbstverständlich werden
die Fässer derjenigen Abtheilung des Kellers, aus welcher das Bier
am frühesten zum Verkaufe kommen soll, am frühesten gefüllt. Sind
die Fässer einer Abtheilung ziemlich voU, so lässt man sie in Ruhe, bis
sich ein bräunlicher Schaum auf der Oberfläche des Biers im Fasse
zeigt, bis das Bier angreift. Dann macht man die Fässer so voll,
dass eine braune Schaumhaube über*der Spundöffnung. erscheint. Ist
diese vergangen, so füllt man auf, und dies so oft, als die Schaumhaube
lieh wieder bildet, als die Fässer stechen.
Sehr gewöhnlich spundet man das Lagerbier vor dem Verzapfen,
und lässt es so lange gespundet, als erforderlich ist, ihm gehörigen Trieb
zu geben. Es reichen dazu fQr das erste im Mai zum Verzapfen kom-
mende Lagerbier 6 bis 8 Tage hin, für älteres Bier sind aber 12 bis
14 Tage nöthig. Wenn die LagerfHsser nicht gespundet werden, so
lässt man das zum Verzapfen kommende Bier einige Tage verspundet
anf den kleinen Schenkfassern liegen , anf welche es gezogen und von
denen es verschenkt wird.
Da die längere Haltbarkeit des Lagerbiers vorzugsweise von der
niederen Temperatur des Kellers abhängig ist, so muss natürlich anf
1066 Bier, Brauen desselben.
mÖglichBte Abkühlung und Erhaltung der niederen Temperatur in da
KeHer hingewirkt werden. In einem zweckmässig angelegten Laga>
bierkeller ist deshalb die Einrichtung getroffen, daas jede Abthdloag
desselben mit einem gemauerten Eisbehälter ia-Verbindang gesetzt wer-
den kann. Während des Füllens der Fässer werden alle KelleroffD»-
gen offen gelkalten, wenn die Temperatur der Luft niedriger iit ah dk
des Kellers; sind aber die Fässer einer Abtheilung gefüllt^ so werdeoalk
nach Aussen gehenden Oeffnnngen der Abtheilung geschlossen und vaM
wieder geöffnet. Selbst die Thür, durch welche die Abtheilung mit ds
daneben liegenden AbUieiluog in Verbindung steht, wird mit Steinern*
gesetzt, bis auf eine kleine obere Oeffnung, durch welche ein Mub
schlüpfen kann. Die Verbindung der, bei möglichst niederer Teinpa-
ratur gefüllten Eisbehälter mit den Kellerabtheilungen stellt man nick
gleich anfangs her, sondern erst später, im Verlaufe des Sommers, wcbd
die Temperatur des Kellers eine gefährliche Höhe zo erreichen drokt
In einem gut angelegten Lagerbierkeller lässt sich so die Tempentir
den Sommer hindurch auf 8® bis 9^ C« erhalten. Wo solche Keller f»
banden sind, findet man selbst noch im Spätsommer nicht zu stark Ter^
renes, nicht zu starkes und nicht zu bitteres Lagerbier; im entgegenge>
setzten Falle ist in der genannten Jahreszeit das Bier sehr Tergohns»
also dünn, sehr bitter und stark (alkoholreich), weil der Brauer die Halt-
barkeit durch Anwendung einer beträchtlichen Menge Hopfen und dsFch
starke Schüttung zu erreichen suchen muss.
Obergährung. Die Obergährung, zu welcher wir nun übergeh«
wird ftir Biere sehr verschiedener Art angewandt. Die berühmten sogK'
sehen Biere, Porter und Ale, die gewöhnlichen französischen und belgir
sehen Biere, die den bayerischen Bieren nahestehenden böhmischen Bio^
die leichten Flaschenbiere sind alle obergährige Biere. Während man bei
der Untergähmng die Hauptgährung stets auf Bottichen verlaofen Istft
nur die Nachgährung auf Fässern, wird bei der Obergährung oft uck
schob die Hauptgährung auf Fässern verlanfen gelassen. Man onttf-
scheidet deshalb Obergährung mit Bottichgährung und ObergahmBg
mit Fassgährung. Die erstere, welche in der Regel für bessere, haltba-
rere Biere in Anwendung kommt, mag zuerst ins Auge gefasst werdca
Die Wfirze wird zu diesen Bieren bei 10<> bis Ib^C. (8<)bis Wü
mit Oberhefe gestellt und zwar im Wesentlichen so, wie für die Unter
gähmng , das heisst, man vermengt die dünne breiige Hefe mit etitt
Würze und giebt das Gemenge zu der übrigen, gekühlten Wfine ind«
Gährbottich, oder man stellt erst eine kleine Menge, noch wirraenr
Würze mit der Hefe an, lässt die Gährung ankommen und Termisdit
die gährende Masse mit der übrigen Würze (S. 1062). Auf 1000 Yol
Würze werden 2 bis 6 Vol. Hefe genommen, je nach der Temperstff
der Würze und des Gährlocals, nach der Concentration and Besdiaffcs*
heit der Würze.
Etwa 6 bis 10 Stunden nach dem Anstellen beginnt die Gähraiif:
die Würze überzieht sich nach und nach mit feinem weissen Schaoisfc
Allmälig würd der Schaum grossblasiger, die Schaumdecke erb6to
lieh, es entsteht ein Schaumberg; in der Würze schwimmende Theü-
chen kommen an die Oberfläche und können abgenommen werdet;
dann bricht der consistentere Kräusenschaum durch. Die Kr&09iD>
welche, beiläufig gesagt, nur in gehopftem Würzen aufbreien, ebnen ac^
nach und nach, yerlieren sich, zerfliesseo vollständig, und es bricki
Bier, Brauen desselben. 1067
«in grossblasiger Schaum darch, der von der nun gebildeten Hefe
trübe, zähe und gelblich erscheint (Hefentrieb). Der Hefenschaum steigt;
ist er am höchsten, so. hat die Gährung den höchsten Punkt erreicht
und mit ihr die Temperaturerhöhung und die Ent Wickelung der Kohlen-
säure. Er sinkt dann allmälig zusammen und hinterlässt schliesslich
eine gelbliche, klebrige, breiige Decke von Oberhefe. Die Hauptgäh-
mng ist beendet, sie dauert meistens 2 Tage, kann sich aber bei sehr
niederer Temperatur und anderen die Gährung yerzögernden Einflüssen,
-weit länger hinziehen. Da bei der Obergährung die Scl^aumdecke
eine beträchtliche Höhe erreicht, so dürfen die Gährbottiche nicht so
weit gefdllt werden, als bei der Untergährung.
Sobald die Hauptgährung ihr Ende erreicl^t hat, wird die Ober-
hefe mit einem Schau mlöflel oder einer flachen Schaufel abgenommen,
damit sie nicht durchfalle, dann wird zum Fassen des Jungbiers geschrit*
ten. Man zieht das Bier entweder von der Hefe ab , welche am Boden
des Bottichs liegt (Bodenhefe), oder man rührt diese vor dem Fassen auf.
Pie Fässer, auf denen man die Nachgähruug vor sich gehen lässt,
sind nur massig gross; sie kommen, spundvoU, oflen, in einen kühlen
Keller auf ein Lager, das entweder aus einem Troge besteht oder wel*
ches das Unterstellen von Wännchen unter die Fässer gestattet, zur
Aofnahme der noch abfliessenden Hefe, und man legt sie, um das Ab-
fiiessen der Hefe nach einer Seite zu leiten, etwas schräg. Das Aus-
^estossenwerden der Hefe beginnt bald und dauert mehrere Tage, wäh-
rend welcher Zeit man die Fässer durch Nachgiessen von Bier (Füll-
bier) immer gefüllt erhält, damit die Hefe vollständig entfernt werde.
Ist die erste Periode der Nachgähruug beendet, wird nicht mehr
gelblicher Hefenschaum ausgestossen, sondern zeigt sich an dessen Stelle
ein weisser Schaum, so reinigt man die Fässer, namentlich das Spund-
loch, von der anhängenden Hefe und füllt sie, nachdem sie gerade ge-
legt worden, nochmals vollständig. Das Bier bleibt nun entweder auf
Fässern lagern, die man dann erst lose, später wenn das Bier Trieb
erhalten soll fester spundet, oder aber man zieht das Bier auf besondere
Liagerlasser, die in einem kühlen Keller' liegen, wo sie zur gehörigen
Zeit gespundet werden. So, klar von der Hefe abgezogen, kann es
dann recht lange haltbar bleiben. Die Lagerbierfässer werden meist
nicht gepicht, sondern geschwefelt In Norddeutschland braut man auf
Obergährung in beschriebener Weise gehaltreiche, haltbare Biere in der
kühleren Jahreszeit, meistens im März, weshalb man sie Märzbiere nennt;
sie heiasen auch Erntebiere, weil sie zur Ernte zum Verzapfen kommen«
In England kommt die auf etwa 15o G. (12<> B.) gekühlte Würze
XU Porter und Ale, welche 20 Proc. zeigt, mit der vorbereiteten Hefe *
zuerst in grosse, oft colossale Bottiche und aus diesen, nach 24 bis 48 Stun-
den, oder erst nach 3 bis 4 Tagen, in kleinere Bottiche zur Beendigung
der ^Hauptgährung, Diese stehen miteiner Speisevorrichtung in Verbin-
dong, durch welche der Inhalt, der Bottiche stets auf gleicher Höhe er-
halten und so dasAbfliessen der Hefe ermöglicht wird. Von einem 6e-.
fasse, das fast in gleichem Niveau mit der gährenden Würze der Bottiche
aufgestellt ist, treten nämlich Röhren von unten in die Bottiche, und dies
Gefliss wird aus einem höher stehenden Bottich mit Würze versehen.
£in Schwimmer auf der Würze dieses Gef ässes, welcher am Hahn des
Speisebottichs befestigt ist, dient dazu, die Würze in dem Creiasse in
gleicher Höhe mit der Würze des Gährbottichs zu halten. Diese/ Vor-
1068 Bier, Brauen desselben.
richtimg versieht also das AnSulleo. Die Hefa ergiesst sich ans Badiebfi
Ausgössen der Crährbottiche in einem m&chtigen Strome in einMi (V
nal, der zwischen denselben hinläuft Antatt der anfirechtstehefidei
kleineren Gälirbottiche benutzt man auch wohl, namentlich för Ale,
kleinere liegende FSsser, anf deren 8pondloch ein metallener Aosgoi
gesteckt wird* Die Ausgüsse aus zwei Reihen solcher F&aser ergie8M
dann ebenfalls die Hefe in einen dazwischen liegenden CanaL Ym
den Gähriassem kommt das Bier anf die Lagerftsser, die oft aassow»
deutliche grosse anfrechtstehende Fässer sind.
För die Obergährnng mit Fassgähmng wird die Würze eben&fii
erst in einen Bottich, den Sammelbottich oder Stellbotüch, gelasm,
um hier anf angegebene Weise mit Hefe versetzt gestellt zn werdes.
Hieraof füllt man sie entweder sofort, oder nachdem die Gähnmg «•
gefangen, in Fässer und bringt diese in den Gährkeller auf Lager foa
oben beschriebener Einrichtung. Die Entwickelang der Kohlenainre
beginnt bald, es wird dadurch zuerst etwas Würze aas den Fänen
▼erdrängt, dann entsteht eine Schaumdecke, und endlich wird diaEnt-
wiekelung der Kohlensäure so heftig, dass nnausgesetzt Schanm ans des
Fässern abfliesst. Krausen können natürlich nicht auftreten, aber «
bilden sich in dem Troge oder den Untersetzwannen, in denen der SehMB
bald zn sogenanntem Hopfenbier oder Hopfenab8eihl>ier vergeht, dtf
von Zeit zn Zeit in besondere kleine Bütten gegeben wird, am spitar*
nachdem es sich geklärt hat, znro Nachfüllen zu dienen. An die Stdk
des lockeren, weissen Schaums tritt nach einiger Zeit ein zäherer, gelb*
lieber Schaum , der schon an den Fässern zn einer breiigen Masse lo-
sammengeht, deshalb weniger leicht abfliesst. Es zeigt dies den Ab-
fang des Hefentriebes, der Hefenbildungsperiode an. Trog and Unter-
setzwannen werden dann geleert, um nun znr Aufnahme der abfliessen-
den Hefe zu dienen; damit die Hefe vollständig abfliessen kann, wtfda
die Fässer nachgeftlllt nnd während des Hefentriebes voll erhalttfL So-
bald Hefe nicht mehr ansgestossen wird, ist die Hanptgährang sowie 9iaA
, die erste Periode der Vergährung beendet, es zeigt sich aof dem Bkn
ein zart^ weisser Schaum; die Fässer werden gereinigt, gerade gellet
nnd das Bier wird nun weiter behandelt, wie oben beschrieben.
Auf diese Weise wird im Wesentlichen in Böhmen beim Bnacs
der dortigen, den bayerischen Bieren ähnlichen Biere verfahren, «b
sich in einem durch Eis gekühlten Lagerbierkeller mehrere Woebei
lang halten, nnd man operirt fast allgemein so beim Braaen der leiob-
ten Biere, welche nicht vom Fasse verzapft, sondern nur von FlaseliSB
vertrunken werden. Leichte Biere werden nämlich nur dann geniessbar«
' wenn sie durch bedeutenden Gehalt an Kohlensäure, wie sie 3m beai
Lagern auf Flaschen erhalten, stark moussirend und dadurch eifirisdiM^
geworden sind.
Li einigen Gegenden wird die Würze zu den leichten Bieren m-
mittelbar nach dem Anstellen und Ankommen der Gährnng an die Coii*
sumenten abgegeben, die dann im eigenen Keller die Gährung verladet
lassen, das Bier, wie man sagt, aufstossen lassen. Nach beendeter
Gährung und hinreichender Klärung zieht man das Bier auf Flasoliea
Sehr unzweckmässig ist es, die angegohrene Würze sogleich anf Flascfaes
zu füllen und auf diesen aufstossen zu lassen. Auf dem Boden der Flaicbeo
setzt sich dann natürlich Hefe ab, welche die Nachgährang heftig unttf-
hält, so dass das Bier, nachdem die Flaschen verkorkt sind, in wenigeo
Bier, Brauen desselben* • 1069
»
Tagen äusserst stark moussirend wird. Oeffnet man die Flaschen,
so rührt die, in Menge entweichende Kohlensäure den Bodensatz von
Hefe auf und man hat ein trübes Getränk, von welchem der letzte Theil
der Flasche völlig ungeniessbar ist.
Der unbestrittene Vorzug, den die Obergährung vor der Unter*
^hmng hat, besteht darin, dass sie nicht s(X sehr wie diese an eine
niedere Temperatur gebunden ist, dass man sie überall und zu allen
Jahreszeiten anwenden kann, und dass man nicht nöthig hat, so grosse
Vorräthe von Bier zu halten. Das ganze Quantum des bayerischen
untergährigen Bieres, was während des Sommers zum Verbrauche
kommt, must sich anfangs April in dem Lagerbierkeller vorräthig be-
finden, da 5 bis 6 Monate lang kein Tropfen dieses Bieres gebraut wird.
Was für Keller gehören dazu! Welches Kapital steckt in dem Bierel
Wie gross ist das Bisico des Brauers I In Böhmen wird Jahr aus Jahr
ein ein Bier auf Obergähnmg gebraut, das bei gehöriger Pflege den
bayerischen Schenkbieren nicht nachsteht; sollte man sich deshalb nicht
Lieber allgemeiner solchen Bieren zuwenden? Für leichte Biere, die
rasch vertrunken werden, z. B. für die verschiedenen Arten von Weiss-
bier, ist die Obergährung die allein passende Gährnng. Dass alle,
iorch Obergährung erzielte Biere weniger haltbar sind, als untergäh-
rige Biere, wenn nicht bedeutender Gehalt an Alkohol und an Extract
ier Haltbarkeit zu Hülfe kommen, wie bei Porter und Ale, hat sicher
seinen Grund in der unvermeidlichen Bildung einer wenn auch gerin-
gen Menge an Essigsäure bei der Obergährung, bedingt durch die
höhere Temperatur während dieser Gährung. Prot^instoffe, gelöst in
Flüssigkeiten welche etwas Essigsäure enthalten, sind äusserst kräf-
ige Essigfermente, und leichte bei hoher Temperatur vergohrene
^bergährige Weissbiere können unmittelbar zur Fabrication von Bier-
M0ig benutzt werden. Es ist indess recht wohl möglich, leichtere
>bergährige Biere so zu brauen, dass sie sich wochenlang halten,
und solche kräftig moussirende Biere sind als gewöhnliches, erfrischen-
lea Getränk vielleicht der Gesundheit zusagender, als die schwereren
bayerischen Biere, von denen jene jnehr und mehr verdrängt worden
lind 0« ^^^ Würze muss dazu aus gehörig gedarrtem Malz mit aller
Sorgfalt bereitet, mit etwas Hopfen gekocht, bei niederer Temperatur
Inrch Oberhefe in Gährung gebracht werden, und das Jungbier darf
[licht früher als nach hinreichend verlaufener Naohgährung, also voll-
kommener Klärung, auf Flaschen gezogen werden.
Wenn man berücksichtigt, dass Hefenzellen oder organisirte Ge-
t>ilde, aus denen Hefenzellen entstehen können, in der Luft vorhanden
lind, so wird es nicht auffallen, dass Würze ohne Zusatz von Hefe in
Grährung kommen kann, dass Würze der Selbstgahrung fähig ist. Am
meisten Neigung zur Selbstgahrung haben blasse, wenig oder nicht ge-
kochte und nicht gehopfte Würzen. Aber auch bei diesen ist die Zeit des
Eintritts der Gährung sehr verschieden, und wird der regelmässige Ver-
lauf und der gute Erfolg derselben unsicher. Anscheinend geringfügige
dmatände sind im Stande dem Processe eine andere Bichtung zu geben,
iinatatt der Alkoholgährung eine Zersetzung anderer Art einzuleiten.
^ Wer i^n nntergährige Biere gewOhnt ist, wird bei dem obergährigen Bier
meistens einen unangenehmen Geschmack finden; es hat daher wohl seinen guten
G^mnd, wenn man mehr und mehr untergfthriges Bier vorsieht F.
1070 Bier, Brauen desselben.
Die in Belgien sehr ber(1hmtcn Brüsseler Biere, Lambik, Faro, Mars,
den durch Selbstgähning der Würze erhalten. Man bringt dio Wniz^
ohne Zasatz von Hefe, auf Fäflser in teniperirte Magazine oder Kdler,
in denen die Gährung bald schon nach einigen Tagen, b«ild erat naek
Monaten eintritt, 8 bis 10 Monate dauert, ja sich bis ^0 Monats Im»
zieht. Die Würze ftir Larobik, welche 12 bis 15 Proc. zeigt, attemit
dabei auf 5 bis 2^/2l?Toc, Der Geruch nach Hopfen Terliert sich gn&
Das Prodnct hat einen feinen, weinartigen Geruch, welchem aber der
Geschmack keineswegs entspricht; dieser ist jitter, hart, saaerlid
und macht ein Verschneiden des Bieres, Vermischen mit jungem oft
auf gewöhnliche Weise gebrautem Bierc, ferner mit Zucker, Sjmp n&ßr-
l&sslich. Das Mars ist das schwächere Bier; Faro wird gewöhnlich ae
Lambik und Mars gemischt.
Die Gährung kann Obergährung oder Untergähmng sein. Zur
Obergährung wird ein kleiner Antheil der Würze mit der Hefe yvt'
gestellt und dieser, wenn die Gährung eingetreten ist, der fibriges
Würze zugegeben. Auf 100 Pfd. Würze sind 4 bis 8 Loth brenne
Hefe erforderlich, und zweckmässig setzt man beim Anstellen etva
Malzmehl zu. Nach 18 bis 24 Stunden wird die Schanmdecke, dtf
sogenannte Hopfenbierschaum, von der Oberfläche der gährenden Wüm
abgenommen , die Flüssigkeit aufgerührt und spundvoll in Fässer gl-
füllt, in denen der Hefenansstoss erfolgt. Man fiillt mit ähnliebcB
Biere auf und rollt die Fässer wiederholt, um die am Boden liegeade
Hefe damit zu vermischen, was die Verjährung und Klärung fördol
Hört das Ausgestossenwerden von Hefe auf, so reinigt man die Spo^
Öffnung der Fässer und verspundet diese.
Die Untergährung liefert auch hier ein besseres Resultat, sie i^
indess nur ausführbar, wo die Temperatur nicht über 7^ bis lO^CL be
trägt. Die Untergährung wird im Bottiche beendet und das Juog^
von der ausgeschiedenen Hefe auf Fässer gezogen. Die Vergähmoi
ist vollständiger als bei der Obergährung und verläuft dann regelmissii'
24 Stunden nach dem Zeitpunkte des Eintritts der Gährung nimmt o»
den Schaum ab, rührt die Flüssigkeit auf und füllt sie spnndvoU in Fteefi
auf dem dann das Jungbier wie angegeben, weiter behandelt wird. Dm
Selbstgährung ist mehr eine Art Untergährung als Obergährung, indcn
sich die ausgebildete Hefe meistens am Boden ablagert. Das dmtk
Selbstgährung erzeugte Bier hat einen säuerlichen Geschmack, ähnM
den durch Selbstgährung bereiteten belgischen Bieren.
Am besten eignet sich der Getreidestein zur Bereitung von Porter
und ähnlichen nicht feinen Bieren. Sollen die daraus erzielten Biere
wohlschmeckend und haltbar sein, so muss bei der Darstellung derselbe!
die grösste Reinlichkeit beobachtet werden ; die Spundöffnungen müssen
sorgfaltig von der Hefe gereinigt, die Fässer fortwährend nachge/9Ut
werden.
In welchem Verhältnisse Gewicht und Volumen des Bieres ö
dem Gewicht und Volumen der Würze stehen, darüber liegen verschie-
dene Angaben vor. Bei einem Versuche von Steinheil verlor«
4682,4 Pfund Würze zu bayrischem Biere, gestellt mit 36 Pfund Hrfe,
durch die Hauptgährung, welche 61/2 Tag dauerte, 128,6 Pfiind. &
wurden dann von der Oberfläche 4,6 Pfund Hefe abgenommen und es
fanden sich im Bottiche am Bod6n 51 Pfd. Hefe, so dass also 4539 FfiL
Jungbier in die Lagerfässer kamen. Dies beträgt 96,7 Proc. der Wärs^
Bier, Untersuchung desselben. 1071
stellt also den Gewichts verlast bei der Haiiptgährung zu 3,4 Proc. her-
aQ9. Dazu kommt nun noch der Verlust bei der Nachgährung u. s. w.
Nach Balling liefern 106 Pfd. Würze 100 Pfd. untergähriges Bier,
das ist 94,15 Proc, beträgt nlso der Gewichtsverlust, durch entwichene
Kohlensäure, durch ausgeschiedene Flefe und das davon zurückge*
haltene Bier verursacht, 5,85 Proc. Bei obergährigem Biere ist der
Verlust um 1 bis 2 Proc. grösser^ weil die bei der Obergährung aus-
gestossene Hefe ebenfalls Bier mit wegführt.
Auf die Volumenveränderung, welche die Würze bei der Gährung
erleidet, hat die entweichende Kohlensäure wenig Einfluss; diB dadurch
verursachte Volumenveränderung beträgt nämlich Y4 Proc. Grösser
ist die Volumenveränderung durch die ausgeschiedene Hefe und das
davon zurückgehaltene Bier. Von 100 Pfd. trinkbarem Biere zu 4 Proc.
Alkoholgehalt entstehen 3,68 Pfd. dickbreiige Hefe (ohne das Hefen*
abseihbier bei der Fassgährung), was auf 100 Vol. Bier 3 Vol. Hefe
ansmacht. Mit dem durch die Kohlensäure veranlassten Verluste be-
trügt also die Volumenverminderung 3^/4 Proc. und durch das Hefen«
abseihbier steigert sich bei der Fassgährung der Verlust auf ungefähr
5 Procent.
Was die Ausbeute an Extra et aus dem Malze betrifft, das heisst,
die Menge und Concentration der Würze aus einem bestimmten Ge*
«richte Malz, so ist diese natürlich zunächst abhängig von der Beschaffen*
heit des Malzes, das heisst, von dem Gehalte an extractgebender Sub-
stanz, dann aber auch abhängig von der mehr oder weniger zweck-
m&ssigen Ausfiihrung der Operationen des Schrotens, des Meischens,
des Aussüsscns der Trebern. Nimmt man den durchschnittlichea Ge-
halt an ex tractgeben der Substanz im Darrmalze zu 60 Proc, so können,
d«r Rechnung nach, 100 Pfd. Malz 500 Pfd. Würze von 12 Proc. ge-
ben. Diese Menge wird indess nicht erhalten, theils weil stets etwas
Wörae in den Trebern zurückbleibt,- theils weil sich in den Trebern
immer noch Körnchen finden, welche durch Jod gebläuet werden, also
Stärkmehl enthalten. Balling giebt an, dass jedes Pfund Extract
in 100 Pfd. Würze 1,92 Pfd. Darrmalz erfordere, was einer Ausbeute
ron noch nicht völlig 52 Proc. aus dem Malze entspricht.
Was die Darstellung von Bier aus Bierstein betrifllk (siehe Artikel
Bierstein), so hat man dazu nur nöthig, den Bierstein in möglichst
weichem Wasser zu einer Würze von bestimmter, durch das Saccharo-
meter zu erikennenden Concentration zu lösen und diese durch Hefe in
Orährnng zu bringen, wenn der Bierstein nicht selbst schon hefehaltig
ist. 18 Pfd. Bierstein für bayerisches Bier und 87 Pfd. Wasser geben
sine Lösung, wie sie der Würze für bayerische Biere entspricht.
Wird hefehaltiger Bierstein verarbeitet, so tritt, wenn man den*
selben in Wasser von 20<^ bis 22<^C. gelöst hat, die Selbstgährung der
Würze nach etwa 24 Stunden ein. 0, '
Bier, Untersuchung desselben. Eine Untersuchung
des Bieres kann entweder die Bestimmung der Menge imd Beschaffenheit
der wesentlichen oder erlaubten Bestandthcile desselben bezwecken, oder
sie kann die Ermittelung fremdartiger, unerlaubter Stoffe, welche durch
fehlerhafte Bereitung oder absichtliche Zumischung hineingekoi9men
sind, zum Zwecke haben. Die erste fLri der Untersuchung Ist beson*
ders für "diejenigen Länder von Wichtigkeit, wo die Schüttung, d. h.
1072 Bier, Untersuchung desselben.
das Verhältnbs dea Malzes zam Biere, gesetzlich vorgeachriebea ist,
wie in Bayern, wo toid bayerischen Scheffel Mals 6 Eamtf Lsgertwr
(Sommerbier) und 7 Eimer Schenkbier (Winterbier) gebraat wenia
sollen. Bayerische Cheniiker sind es daher vorzagsweise, denen vir
Untersuchungen dieser Art und Methoden dieser Untersuchung ▼erdaa*
ken, so Fuchs, Kaiser, Schafhäutl, Steinheil, Zierl, im
aber ist auch Balling zu nennen, welcher dem Gregenstande gaiube>
sondere Aufmerksamkeit und Sorgfalt gewidmet hat.
Der chemischen Untersuchung muss die Prüfung durch die Siaie
vorangehen, da mehrere Bestandtheile des Bieres nur durch diese nach-
gewiesen und annähernd ihrer Menge nach bestimmt werden koiiui'
Das Bier muss vollkommen klar sein; trfibe Beschaffenheit deutet si,
dass es entweder nicht gehörig vergohren ist, oder dase die BiUnf
von Essigsäure beginnt. Die mehr oder weniger dunkle F arbe da
Bieres entscheidet über den Grad der Darrung, welche das Malz er
litten, oder doch über die Menge des Darrmalzfarbstofis, auch irekl
über die Art und Daner des Würzekochens. Der Schaum, wMa
sich beim Einschenken des Bieres zeigt, ist nach der Art des Bims
nach dem Alter desselben und je nachdem es auf Fässern oder taf
Flaschen gelagert hat, verschieden. Bei bayerischen LagerbiereB.
welche sich im höchsten Grade der Güte befinden, ist er rein weot
milchicht; er besteht nämlich aus sehr kleinen Bläschen, die sieh Ui^
halten. Junges Bier, das einige Zeit auf Flaschen gelegen bat, gieh
einen gelben hefigen Schaum. Bei altem stark vergohrenem Bim
ist der Schaum locker, grossbiasig, und fallt um so leichter zusamaA
je weniger Malzextract darin enthalten ist. Der Schaum des Poitfi!
ist braun. Leichte Flaschenbiere, namentlich Weissbiere, monasiitB
sehr stark. Bier, welches wenig Kohlensäure enthält, wird matt uadieU
genannt, hat, wie man sagt, wenig Trieb. Der. Ger ach des Biei«
ist ein sehr gemischter, indem er von dem Hopfenaroma, Durtwiit
aroma, dem Weingeiste und der Kohlensäure, auch wohl vom Pedi d«
Fässer herrührt Die Feinheit des Darrmalzaromas, die Gdte d«
Hopfens lassen sich daran erkennen. Ein Zusatz von Kochsalz xa do
Biere und gelindes Erwärmen machen den Geruch des Hopfens atarkff
hervortretend Der Geschmack des Bieres belehrt, ob das Bierio)^
stantiös ist;« man fühlt nämlich auf der Zunge die Consistenz, denKoipff
des Bieres, und kann dadurch annähernd die Menge des Malzeztrarts
bestimmen. Er belehrt ferner, ob das Bier viel oder wenig, besaenB
oder schlechteren Hopfen erhalten, ob es auf gepichten Fässern gelego«
ob ein gutes Verhältniss zwischen Extractgehalt und Alköhol^ehik
stattfindet, ob es jung, hart, schal oder sauer ist Junges Bier sehDeeb
noch stark nach Würze.
Die Bestandtheile des Bieres, welche gewöhnlich allein geotf
quantitativ bestimmt werden, sind: das Malzextract und der AU^*
hol, woraus sich dann auch die Menge des Wassers ergiebt ^
Kohlensäure kommt immer nur in verhaltnissmässig geringer V»?
vor (0,1 bis 0,5 Proc); bei dem Oefinen der Flaschen, ümfuM«» d«
Bieres und Abwägen für die Untersuchung, entweicht em so heü^^
lieber Theil dieser geringen Menge und es kann auf den gröisera
oder geringeren Gehalt des Bieres an Kohlensäure aus dem stirkereB
oder schwächeren Moussiren soP leicht und sicher geschlossen weri*
dass man eine quantitative Bestimmung derselben gewohnlich onterlM
l
Bier, Untersuchung desselben.. . 1073
a8s man nur anfiihrt, ob das Bier sehr stark, stark, massig stark,
chwach raoussirt
Soll indess der Gehalt an Kohlensaure genauer quantitativ
rmittelt werden, so stehen dazu die folgenden Wege offen. Man
ragt eine beliebige Menge des Bieres in einer Digerirflasche oder in
inem kleinen Kolben ab, verschliesst diese mit einem Korke, worin
ine Chlorcalciumröhre befestigtest, bringt die Flasche auf der Wage
;enaa ins Gleichgewicht und erwärmt sie dann,. unter öfterem Bewe-
;en, anfangs gelinde, zuletzt etwas stärker, bis das Scl^äumen des Bieres
öllig aufgehört hat. Das Kohlensäuregas entweicht, der Alkoholdampf
ind Wasserdampf werden von dem Chlorcalcium zurückgehalten. Der
Sewichtsverlust, welchen der Apparat nach vollständigem Erkalten
eigt, entspricht dem Gewichte der Kohlensäure. Sind z. B. 200 Grm.
Her in die Flasche gegisben worden und beträgt der Gewichtsverlust
lea Apparats 0,3 Grm., so ist der Gehalt des Bieres an Kohlensäure
f,15 Proc. oder 1,5 pro mille. — Nach Fuchs wiegt man zur Be-
Ummung der Kohlensäure 1000 Thle. Bier ab, schüttet 380 Thle.
Lochsalz ein und bestimmt den Gewichtsverlust der beim Auflösen des
»alzes stattfindet (s. unten Hallymetrische Bierprobe S. 1089).
Zur Ermittelung des Gehalts an Malzextract kann man eine
gewogene Menge des Bieres in einem tarirten Porcellanschälchen in
gelinder Wärme eindampfen, den Rückstand sorgfaltig austrocknen
ind wägen. Indess ist das vollständige Austocknen, was im Luftbade
lei 100® bis llO^C. geschehen muss, eine nicht leichte Sache. Weit
>equemer bestimmt man daher, nach Zenneck's Vorschlage, den Ex*
raetgehalt des Bieres durch das specifische Gewicht oder durch das
Saccharometer, nachdem man den Alkohol aus dem Biere entfernt hat.
tfan wägt eine nicht zu kleine Menge des Bieres, 200 bis 500 Grm«,
n einem kleinen Kessel oder Kolben ab und kocht ungefähr bis auf
lie Hälfte ein, wonach der Alkohol vollständig verflüchtigt ist Zu der
eingekochten Flüssigkeit giebt man soviel Wasser, dass das Gewicht
lerselben wieder genau auf das angewandte Gewicht des Bieres ge-
bracht wird. Man hat nun ein dem angewandten Gewichte des Bieres
gleiches Gewicht alkoholfreier Flüssigkeit, also gleichsam eine Bier-
würze, in welcher der Procentgehalt an Malzextract, nachdem dieselbe
iof die erforderliche Temperatur abgekühlt ist, leicht ermittelt werden
kann, entweder direct durch das Sncoharometer, oder indirect durch
Bestimmung des specifischen Gewichtes und einer Tabelle, welche über
lie Beziehungen zwischen specifischem Gewicht und Procentgehalt an
Sucker (also Saccharometergrade) belehrt Eine solche ausführliche
Tabelle ist unten S. 1081 mitgetheilt Angenommen, man habe
^00 Grm. Bier eingekocht — wobei natürlich Verlust durch Ver-
spritzen sorgfaltig vermieden wurde — man habe dann das einge-
kochte Bier wieder auf 500 Grm. gebracht und das Saccharometer
habe in dieser Flüssigkeit bei 17o,5 C. (14o B.) 5 Proc. gezeigt,
so enthält das Bier 5 Proc. Malzextract Oder das specifische Gewicht
dieser Flüssigkeit sei zu 1,0200 gefunden worden, so ersieht man aus
der angeführten Tabelle den Gehalt an Malzextract ebenfalls zu 5 Proc
Ein für die Bieruntersuchung dienendes Saccharometer muss mit grosser
Genauigkeit angefertigt sein, man muss mit Sicherheit noch 0,1 Proc.
ablesen können, aber seine Scala braucht nur bis zu etwa 15 bis 20 Proc.
zu reichen. Es wird sich später zeigen, dass die Bestimmung des Ge-
BABdwArterbiieli der Cbanlc 2te Anfl. Bd. IL gg
1074 Bier, Untersuchung desselben.
halte an Malseztract im Biere sich mit der Bestimmang des Alkohol-
gehalts verbinden lässt.
Eine nähere Untersuchung des Malzextracts ist nur selten erfordo^
lieh. Die Uauptbestandtheile desselben, Stärkeguoimi und Stärke-
zucker, lassen sich durch massig starken Weingeist von einander tre&>
nen. Man weicht d;izu das durch Eindampfen und Austrocknen erlol-
tene Extract einer gewogenen Menge von Bier (siehe oben) mit Wasser
zu einem dünnen Syrup auf, oder man verdampft eine gewogne
Menge des ungekochten oder gekochten Bieres zur Consistenz eines
dfinnen Syrups, und setzt nach und nach starken Weingeist so, h
lange Trübung, das ist Ausscheidung von Gummi, erfolgt. Die kUre,
braune Zuckeriösung lässt sich leicht von dem zähen Gummi abgiesses,
und letzteres kaim durch wiederholtes Aufweichen in wenig Wasser
und Abscheiden mittelst Weingeist von dem Zucker vollständig befreii
werden. Das in dem Schälchen getrocknete Gummi und der, naeh
dem Verdunsten der weingeistigen Lösung zurückbleibende Zneker
können beide gewogen werden.
Erhitzt man eine gewogene Menge Malzextract oder, was das-
selbe ist, das Extract von einer gewogenen Menge Bier bis zum Yet'
kohlen und äschert man die Kohle im Platintiegel ein, so erfahrt ims
den Gehalt an anorganischen Bestandtheilen. Diese sind namentlick:
phosphorsaure Magnesia und phösphorsanrer Kalk aus den Getreide-
samen durch die Säure des Malzauszugs in Auflösung gehalten. Aodi
phosphorsaures Alkali ist vorhanden, aber ein grosser Theil desselbai
wird beim Einweichen der Gerste für das Malzen ausgezogen. Wardi
der Würze Kochsalz zugesetzt, wie es hier und da geschieht, so findet
sich dies natürlich ebenfalls in der Asche des Malzextracts, aber fii
Theil des Chlors kann als Salzsäure durch das saure Phospltorsson-
Salz beim Einäschern ausgetrieben werden.
Die Bestimmung des Alkoholgehalts des Bieres hat in Labors*
torien und in geübten Händen keine Schwierigkeit. Man unterwiri
eine gewogene, nicht zu kleine Menge des Bieres, etwa 500 bis lOOO Gns.
der Destillation aus einer Retorte, welche mit einem Kühlapparaia in
Verbindung steht, fangt das Destillat in einer tarirten Flasche auf, wift
es und ermittelt nun bei 1 5^,60. (12<),44R.) das speci6sche Gewicht dessel-
ben durch Wägung, wobei man daS specifische Gewicht des Wassers toi
gleicher Temperatur = 1,0000 setzt, oder man ermittelt den Alko-
holgehalt mit Hülfe eines ganz genauen und empfindlichen Alkoliob-
raeters. Ans der nebenstehenden Tabelle (S. 1075) erfährt man daoadie
Gewichtsprocente Alkohol, welche dem gefundenen specifischen Gewickte
des Destillats oder den abgelesenen Volumprocenten (des Alkoholometen)
entsprechen, woraus man dann die Gesammtmenge des Alkohob im
Destillate in Grammen berechnet. Die so gefundenen Gramme Alkohol
stammen natürlich aus dem angewandten Gewichte Bier her.
Angenommen, es hätten 1000 Grm. Bier 829,65 Grm. Destille
von 0,9821 specif. Gewicht gegeben (bei 15o,6 C), so enthalt dtf
Destillat nach der Tabelle 11,33 Gewichtsprocente Alkohol, h
329,65 Grm. Destillat sind hiemach 37,35 Grm. Alkohol eDtiih\t&
(100:11,33 = 329,65 :x). Diese 37,35 Grm. Alkohol stammen»«»
1000 Grm. Bier; der Alkoholgehalt des Bieres ist 3,73 Froc. Die
Rechnung wird ganz vermieden, wenn man das Destillat bis zum G^
wichte des Bieres verdünnt. Das specif. Gewicht ergiebt dann onmittel-
Bier, Untersuchung desselben.
1075
Specifisches
Volum^n-
Gewichts-
Speciflsches
Volumen-
Gewichts-
Gewicht
Grewicht.
bei 15»,6C,
prooente.
procente.
bei 160,6 C.
procente.
prooente.
• 0,9985
1
0,80
0,9854
11
8,87
0,9977
1,5 .
1,20
0,9849
11,6
9,28
0,9970
2
1,60
0,9848
12
9,69
0,9968
2,6
2,00
0,9888
12,5
10,10
0,9956
3
2,40
0,9832
18
10,51
0,9949 •
3,5
2,80
0,9827
13,6
10,92
0.99412
4
8,20
0,9821
14
11,38
0,9985
4,6
3,60
0,9816
14,5
11,74
0,9928
5
4,00
0,9811
15
12,15
0,9921
5,5
4,40
0,9806
15,5
12,5«
0,9916 .
6
4,81
0,9800
1^
18,00
0,9909
6,6
6,21
0,9795
16,5
18,40
0,9902
7,
5,62
0,9790
17
18,80
0,9896
7,6
6,02
0,9785
17,5
14,22
0,9890
8,
6,48
0,9780
18
14,68
0,9884
8,6
6,83
0,9775
18,5
16,04
0,9878
9,
7,24
0,9770
19
15,46
0,9872
9,5
7,64
0,9765
1^5
16,87
0,9866
10,
8,06
0,9760
20
16,28
0,9860
10,6
8,46
0,9755
20,6
16,69
}ar durch die Tabelle den Alkoholgehalt des Bieres. In anserm Falle
irürde das verdünnte Destillat das specif. Gewicht 0,9982 gezeigt ha-
^en, entsprechend 3,78 'Proc. Alkohol. Eine ausführlichere Tabelle
flir solche verdünnte alkoholische Flüssigkeiten fol^t (S. 1077).
Oder, das Alkoholometer (von Tralles) habe in dem Destillate
L4 Proc. gezeigt, so ergiebt die Tabelle, dass 14 Yolumprocente
11,88 Grewichtsprocenten entsprechen. Die weitere^ Rechnung ist dann
wie angegeben. Bei der Benutzung des Alkoholometers ist die Ver-
iünnung des Destillats bis zum Gewichte des Bieres nicht zu empfehlen,
losser wenn das Instrument für so schwache alkoholische Flüssigkeiten,
wie sie dadurch resultiren, besonders angefertigt wäre.
Wenn die bei der Untersuchung gefundenen specifischen Gewichte
>der Grade des Alkoholometers nicht in der Tabelle stehen, sondern
Bwischen Zahlen der Tabelle liegen, so berechnet man natürlich in be-
cannter Weise den Alkoholgehalt aus der Differenz der gefundenen
Zahlen und den in der Tabelle stehenden Zahlen.
Wird die Destillation des Bieres mit erforderlicher Sorgfalt aus-
geführt, und wird das specifische Gewicht des Destillats, resp. dessen
Alkoholgehalt, mit Genauigkeit ermittelt, so ist das Resultat ein völlig
richtiges. Der gefährliche Zeitpunkt bei der Destillation ist, wenn
las Bier anfangen will zu kochen. Es bildet sich dann in Folge des
Bntweichens der Kohlensäure und der Ausscheidung stickstoffhaltiger
Substanzen ein starker, consistenter, kleinblasiger Schaum, der jedenfalls
in die Kühlföhre Übersteigt, wenn man nicht sofort durch Wegnehmen
der Kohlen und Oeffnen der Thür des Ofens die Hitze mässigt. Nach
dinigen Augenblicken verschwindet dann dieser kleinblasige Schaum,
die stickstoffhaltigen Substanzen legen sich in zähen Fäden an die
Glaswand der Retorte, das Bier kocht ruhig fort, der Schaum ist gross-
k>la0ig und sinkt leicht zusammen. Man nehme die Retorte geräumig,
68*
1076 Bier, Untersuchung desselben.
lege sie mit auiwärto gerichtetem Hake über die Feuemiig und
Behr langsam an.
Der Rückstand in der Betorte, das gekochte Bier, kann DatnrÜQii
nun zur Bestimmmig des Extractgehalts des Bieres benutzt werd»
Man verdünnt denselben, nach hinreichender Abkühlung, bis mm an^
wandten Gewichte des Bieres mit Wasser ond ermittelt den Extnei-
gehalt der Flüssigkeit durch das Saccharometer oder durch dms apecifiscfae
Gewicht. Man nennt das Verfahren, den Alkoholgehalt des K«res
durch Destillation und den Extractgehalt des Bieres aus dem Bid-
Stande von der Destillation in angegebener Weise zu bestimmen, 4bs
Destillations-Verfahren, die Destillations-Methode oder De-
stillations-Bierprobe, auch das saccharometrische Verfahren.
Der Alkoholgehalt des Bieres lässt sich for die meisten Fälle ge>
nau genug aus der Verschiedenheit der specifischen Giewichte des
ungekochten und des gekochten Bieres ' berechnen. Man kann Dia-
lich sagen: das specifische Gewicht des Bieres ist tot dem K<xrbei
um denselben Betrag geringer als nach dem Kochen, um -welchen ^
specifische Gewicht eines Weingeistes von gleichem Alkoholgehalte nst
dem Biere geringer ist als das des Wassers. Oder man kann noch nö-
tiger sagen: das specifische Gewicht des ungekochten Bieres ist in d«»
selben Verhältnisse geringer, in welchem das specifische Ge^wicht eins
Weingeistes von gleichem Alkoholgehalte mit dem Biere g^ennger 'A.
als das des Wassers.
Um auf diese Weise, nach dem sogenannten specifischen Ter*
fahren, der specifischen Bierprobe, den Alkoholgehalt des Bievei
zu ermitteln, entfernt man die Kohlensäure aus dem Biere durch Schfifteh
in einer geräumigen ("lasche, auch wohl durch sehr gelindes Erwännci,
und bestimmt dann das specifische Gewicht desselben mit grosster G^
nauigkeit bei 17<^,5 C. (1 i^ B.) Hierauf kocht man das Bier, wie oben ange^
geben, bis zur Verflüchtigung des Alkohols, verdünnnt den fiückstftsi
mit Wasser genau zum angewandten Gewichte des Bieres, filtrirt, weei
nothig, in einem bedeckten Trichter, und ermittelt nun das specifische
Grewicht dieser Flüssigkeit ebenfalls genau bei 17<^,5G., wodurch mu
zugleich den Gehalt an Malzextract erfahrt. Aus den specifischen Ge-
wichten berechnet man dann den Alkoholgehalt, wie es das folgmde
Beispiel zeigt.
Angenommen, das specifische Gewicht des entkohlensauerten Bien»
sei gefunden worden zu 1,0250; nach dem Einkochen und Verdunoci
mit Wasser bis zum ursprünglichen Gewichte habe sich das specifische
Gewicht 1,0320 ergeben. Das Verhaltniss der specifischen Gewidiie
ist also 1,0320 : 1,0250. In diesem Verhältnisse ist ein Weingetsi
von gleichem Alkoholgehalte mit dem Biere leichter als Wasser; er
wird also ein specif. Gewicht von 0,9932 haben (1,0320 : 1,0250 =
1,0000 : 0,9932). Empirische Regel: man dividirt das specifische Ge-
wicht des ungekochten Bieres durch das specifische Gewicht des ge-
kochten Bieres.
Einem specifischen Gewichte von 0,9932 entspricht aber ein Alko-
holgehalt von 3,8 Gewichtsprocent, nach der folgenden Tabelk
welche die für vorliegenden -Zweck erweiterte aber abgekürzte Tabelle
von S. 1075 ist i).
*) Es ist ofan« bemerkenswerthen Einfluss ftof dM BcsulUt, dtss die Tabtft
Bier, Untersuchung desselben.
1077
Volum
Gewiehts-
Specififtches
Volum-
Gewichts-
Specifisohes
procente.
procente.
Gewicht
procente.
procente.
Gewicht.
1
0,80
0,99850
4,6
8,68
0,99886
1,1
0,88
0,99885
4,7
8,76
0,99822
1,2
0,9e
0,99820
4,8
8,84
0,99308
1,8
1,04
0,99805
4,9
3,92
0,99294
1,4
1,12
0,99790
5,0
4,00
0,99280
1,5
1,20
0,99775
6,1
-4,08
0,99267
1,6
1,28
0,99760-
5,2
4,16
0,99254
1,7
1,86
0,99745
5,3
4,24
0,99241
1,8
1,44
0,99780
5,4
4,32
0,99228
1,9
1,52
0,99715
5,5
4,40
0,99215
2,0
1,60
0,99700
5,6
4,48
0,99202
2,1
1,68
0,99686
6,7
4,56
0,99189
2,2
1,76
0,99672
5,8
4,64
0,99176
2,8
1,84
0,99658
5,y
4,72
0,99168
2,4
1,92
0,99644
6,0
4,81
0,99150
2,6 •
2,00
0,99680
6,1
4,89
0,99137
2,6
2,08
0,99616
6,2
4,97
0,99124
2,7
2,16
0,99602
6,8
5,05
0,99111
2,8
2,24
0,99588
6,4
5,18
0,99098
2,9
2,82
0,99574
6,5
5,21
0,99085
8,0
2,40
0,99560
6,6
6,80
0,99072
8,1
2,48
0,99546
6,7
5,88
0,99069
8,2
2,56
0,99582
6,8
5,46
0,99046
3,3
2,64
0,99518
6,9
5,54
0,99033
8,4
2,72
0,99504
7,0
5,62
0,99020
8,5
2,80
0,99490
7,1
5,70
0,99008
8,6
2,88
0,99476
7,2
5,78
0,98996 -
8,7
2,96
0,99462
7,8
5,86
0,98984
8,8
8,04
0,99448
7,4
5,94
0,98972
8,9
3,12
0,99484
7,5
6,02
0,98960
4,0
8,30
0,99420
7,6
6,11
0,98949
4,1
8,28
0,99406
7,7
6,19
0,98936
4,2
8,86
0,99892
7,8
6,27
0,98924
4.8
8,44
0,99378
7,9
6,35
0,98912
4,4
8,62
0,99364
8,0
6,43
0,98900
4,5
8,60
0,99850
Aus äem specifischen Gewichte 1,0320 des gekochten Bieres er-
l^iebt sich der Gehalt an Malzextract zu nahe 8 Proc. (siehe die Tabelle
S. 1083).
Wenn man den Alkoholgehalt aus dem Unterschiede, der Differenz,
des ungekochten und des gekochten Bieres berechnen will, so ist die
Rechnung wie folgt: der Unterschied ist hier 0,0070, nämlich 1,0320 —
1,0250. Diese Zahl von 1,0000, dem specifischen Gewichte des Was-
sers? abgezogen, giebt 0,9930. Das specifische Gewicht 0,9930 entspricht
nach der Tabelle einem Alkoholgehalte von 3,9 Gewichtsprocenten.
Während sich also aus dem Verhältnisse der specifischen Gewichte
lltr 16^,6 C. gilt, wtthrend die specifischen Gewichte des angekochten und ge-
ko<:bten Bieres bei 17^5 C. ermittelt worden. Es handelt sich hier nnrnm das Yer-
haltniss der specifischen Gewichte, nnd dieses wird nicht wesentlich verschieden,
ma^en dieselben bei 17^,5 C. oder 15 ^6 C. bestimmt sein. Die erstere Temperatur
ist gewählt, weil das Saccharometer ftlr diese Temperatur gradoirt nnd die TabeUen
aber den Procentgehalt der ZuckerlOsnngen fttr diese Temperatur berechxiet sind.
1078 Bier, Untersuchung desselben.
der Alkoholgehalt des Bieres zu 3,8 berechnet y berechnet er sich m
dem Unterschiede za 3,9 Proc.
Die specifische Bierprobe giebt, wie leicht einzusehen, um so g^
nauere Resultate, je weniger die Zusammensetzang des Bieres ?o& der
Zusammensetzung eines gleich starken Weingeistes abweicht, das hei34,
je weniger substanziös und zugleich alkoholhaltig das Bier ist Fär
Biere von der Art der bayerischen Biere reicht sie Yollkommen aas
für extractreichere und stärkere nicht, wenn der Unterschied des ipe-
cifischen Gewichts als Grundlage der Berechnung dient. Maider
hat diese Methode zur Bestimmung des Alkoholgehalts der Weine mit
dem besten Erfolge benutzt und hierfür ist sie, aus angegebenem Gnade,
besonders geeignet
Ist auf angegebene Weise die Differenz der specifischen Gewichte
dhB ungekochten und gekochten Bieres gefunden und der Alkoholgebak
des Bieres, in Gewichtsprocenten , durch Destillation genau ennitteh.
so lässt sich, indem man den Alkolgehalt durch die Differenz difidst
die Zahl, der Factor, finden, mit welcher man die Differenz zu raohi-
pliciren hat, um den Alkoholgehalt des Bieres völlig genau zu erfahrea.
Angenommen, die Destillationsprobe habe den Alkoholgehalt de;
3,8
fraglichen Bieres zu 8,8 Proc. ergeben, so ist dieser Factor — =
0,543, wenn man die specifischen Gewichte des Wassers und des Bieie
als ganze Zahlen setzt. Das specifische Gewicht des gekochten Bierei
war nämlich 10S2, das des ungekochten Bieres 1025, die Diff&oi
ist also 1032 — 1026 = 7. Der Factor (Alkoholfactor) irt »!>»
keine für alle Biere constante Zahl, sondern er variirt nach dem Ei-
tractgehalte der Würze, aus der das Bier bereitet wurde. Ballingb*
durch Versuche die Factoren für die verschiedene ConcentratioD dff
Würze berechnet und zugleich den Weg gezeigt, auf welchem sichdieddbes
durch Rechnung finden lassen, da bei der Untersuchung eines Bieres g^
wohnlich der £xtractgehalt seiner Würze nicht gekannt ist Er neo^
die in angegebener Weise vervollkommnete specifische Methode der
Ermittelung des Alkoholgehalts des Bieres aus der Differenz des ob-
gekochten und gekochten Bieres die saccharometrische Bierprobe
Sie soll in dem F'olgenden, so kurz als es geschehen kailn, erlsot^
werden i).
Der Malzextract der Bierwürze, in Gewichtsprocenten (Ssccko-
metergraden) ausgedrückt, bei 17^,5 C. durch ein genaues SaccharomeUr
oder aus dem specifischen Gewichte und der öfter erwähnten Tsbellf
ermittelt, wird mit p bezeichnet
Die Saccharometeranzeige in dem ungekochten, durch Scfafitlelo
entkohlensäuerten Biere wird mit m bezeichnet Die scheinbare At*
tenuation, die Verminderung der Saccharometeranzeige der Wune
durch die Gährung, ist hiernach p — m.
Der Alkoholfactor für die scheinbare Attenuation wirdd
genannt. Der Alkoholgehalt A des Bieres ist daher = (p — «) *
Dieser Alkoholfactor ist von Balling für Würze von verachicdenem
Grehalte ermittelt; die Ermittelungen finden sich in der S. 1081 gege-
benen Tabelle.
*) Vergl. B a 1 li D g ' s Gährungschemiei auch 0 1 1 o * s Lehrbach der landwirtiuchAA-
liehen Gewerbe.
Bier, Untersuchung desselben. 1079
Der Extractgehalt des Bieres in Procenten oder Saccharo-
ixfetergraden ausgedrückt, und ermittelt in dem gekochten Bier durch
da8 speciüäche Gewicht oder das Saccharometer, wird n genannt.
Die wirkliche Attenuation, der Unterschied der Saccharo-
meteranzeige in der Würze und in dem gekochten Biere, ist daher:
p — n.
Der Alkoholfactor für die wirkliche Attenuation wird mit
b bezeichnet; er ist und ist von B allin g für Würze von ver-
p — m ^
schiedener Concentratioii berechnet (siehe Tabelle S. 1081). Der Al-
koholgehalt A^ des Bieres, ist daher = (p — n) L
Wenn man von der scheinbaren Attenuation des Bieres = p — m
die wirkliche Attenuation = p — n abzieht, so erhält man die Atte-
nuations-Differenz, welche mit d bezeichnet wird:
d = (j> — m) — (p — n) oder d = n — m.
Der Alkoholfactor für die Attenuations-Differenz wird
Ä
mit c bezeichnet, er ist ;: r ; daher der Alkoholgehalt:
(n — m)
Ä = (n — m) 0.
Dieser Factor wechselt für die Fälle, wie sie beim Biere vorkom-
men, nur von 2,2096 bis 2,2902 (siehe Tabelle S. 1081), und kann
im Mittel zu 2,240 angenommen werden. Mit Hülfe dieses Factors
lässt sich aus der Attenuations-Differenz eines Bieres, auch wenn der
Malzextractgehalt der Würze woraus das Bier gewonnen, noch nicht
bekannt ist, dessen Alkoholgehalt annäherungsweise bestimmen.
Der Quotient aus der Division der scheinbaren Attenuation durch
die wirkliche Attenuation, der Attenuations-Quotient, wird mit q'.
bezeichnet. Also q = ^ . Für die ursprüngliche Concentration
p — n
der Würze von 6 bi:) 38 Proc. Extractgehalt wechselt der Quotiei^t
von 1,226 bis 1,250 (siehe S. 1081).
Mit Hülfe des Attenuations-Quotienten lässt sich die ufsprüngliche
Concentration p dör Würze ünden, woraus das Bier erzeugt wurde.
Aas der Formel für diesen Quotienten:
q =
ergiebt sich nämlich:
^ , _ 1 • - (I)-
Der Werth von p lässt sich auch noch durch eine andere Formel
ausdrücken, welche in ihrer Anwendung noch bequemer ist, nämlich:
9 — 1 '
Da der Werth von q durch den Werth von p bedingt wird, p aber
eben gesucht werden soll, also unbekannt ist, so muss man zuerst an-
näherungsweise p bestimmen. Dies kann mit Hülfe der Gleichung
für die Bestimmung des Alkoholgehalts Ä im ^iere aus der ermittelten
Attenuations-Differenz geschehen:
J. == (n — m) c.
p-
~ m
p -
*
— n
nq
— m
1080 Bier, Untersachung desselben.
'Nimmt man Air den Alkoholfactor c den mittleren Werth 2,24
(siehe oben) and verdoppelt man den so snnähenmgsweise ermittelten
Alkoholgehalt, so erhält man die Menge Malzextract der Würze,
woraus jener Alkohol, mit der entwickelten Kohlensaure nnd mit de»
ausgeschiedenen Hefe, entstanden ist^), und addirt man dazu das noch
im Biere befindliche Malzextract, so erfahrt man annähernd den Mals-
extractgehalt der Würze in Frocenten (M.).
Ist diese annäherungsweise Bestimmung von p gemacht worden,
so findet man in der nebenstehenden Tabelle den, diesem Extract-
gehalte zukommenden Attenuations - Quotienten 9, wobei man dieDeci-
malen unter 0,5 yemachlässigt, über 0,5 für ein Ganzes rechnet, und
diesen wahren Werth für q bringt man dann in eine von den beiden
oben aufgestellten Gleichungen:
nq — m — . n — m , -__^
p = -Tzrr ® ^ ^ ~ T^^nr + *• (^>-
Ist auf diese Weise nun die ursprüngliche Concentradon der
Wörze jp, der ursprüngliche Extractgehalt berechnet, so findet m^n
den Procentgehalt des Bieres an Alkohol ans der Gleichung für die
wirkliche Attenuation:
Ä = ip — h) b^
wobei der Alkoholfactor b aus der Tabelle S. 1081, dem Malzexiract-
gehalte nach, ausgewählt wird.
Hat man nun den Gehalt an Extract und Alkoholgehalt gefunden,
so ergiebt sich der Gehalt an Wasser von selbst.
Man kann auch zur vorläufigen Berechnung des Werthes von p
in den fraglichen Formeln q = 1,232 setzen, entsprechend einer ur-
sprünglichen Concentration der Würze von 12 Proc. Für den so
annähernd gefundenen Werth von p nimmt man dann aus der Ta-
belle die dazu gehörige Zahl in die Formeln, u. s. w.
Es folgen nun zunächst die oft erwähnte Tabelle von Balling
für die Alkoholfactoren und Attenuations-Quotienten sowie die Tabelle,
welche die, den verschiedenen spccifischen Gewichten der Würze ent-
sprechenden Saccharometer-Anzeigen giebt
^)'Nach Balling liefern 100 Gewichtstheile Malzextract bei der G&hmng:
48,391 Gewichtstheile Alkohol
46,286 ,, Kohlensänre
5,323 ,, trockene Hefe.
Die Menge der Kohlensäure betr> hiernach 0,9565, die Menge der Hefe
0,110 von der Menge des gebildeten Alkohols.
Bier, Untersuchung desselben.
1081
Ursprüngliche
AlkohoUlactoren für die
Attenna-
Werth von
der Würze in
scheinbare
wirkliche
taons-
c
Saccharometer-
Procenten.
Attenoations-
Quotien-
Attentiation.
Differenz.
ten.
b
= ;>
= a
•
6 =
= c
= ?
»
6
0,4068
0,4998
2,2096
1,226
4,4247
7
0,4091
0,5020
2,2116
1,227
4,4052
8
0,4110
0,5047
, 2,2187
1,228
4,8859
9
0,4129
0,5074
2,2160
1,229
4,8668
10
0,4148
0,5102
2,2181
1,280
4,8478
11
0,4167
0,5180
2,2209
1,281
4,8289
12
0,4187
0,5158
2,2284
1,282
4,8108
18
0,4206
0,5189
2,2262
1,288
4,2918
14
0,4226
0,5215
2,2290
1,284
4,2784
15
0,4246
0,5245
2,2819
1,285
4,2568
16
0,4267
0,5274
2,2850
1,286
4,2872
17
0,4288
0,5804
2,2881
1,287
4,2194
18
0,4809
0,5884
2,2414
1,288
4,2016
19
0,4880
0,5865
2,2448
1,289
4,1840
20
' 0,4851
0,5896
2,2488
1,240
4,1666
21
0,4878
0,5427
2,2519
1,241
4,1498
22
0,4895
0,5458
2,2557
1,242
4,1822
28
0,4417
0,5490
2,2595
1,248
4,1152
24
0,4489
0,5528
2,2686
1,244
4,0988
25
0,4462
0,5556
2,2677
1,245
4,0816
26
0,4485
0,5589
2,2719
1,246
4,0650
27
0,4508
0,5622
2,2768
1,247
4,0485
28
0,4582
0,5656
2,2808
1,248
4,0822
29
0,4556
0,5690
2,2854
1,249
4,0160
80
0,4580
0,5725
2,2902
1,250
4,0000
Tabelle
zur Bedaction der specifischen Gewichte aaf Saccharometer-Frocente
für die saccharometrische Bierprobe.
Diesem
Diesem
Diesem
Diesem
Specifi-
entspre-
Specifi-
entspre-
Specifi-
entspre-
Specifi-
entspre-
schea
chende
Sacchar.-
sches
chende'
S'acchar.-
sches
chende
Sacchar.-
sches
chende
Sacchar.-
Gewicht
Anzeige
Gewicht
Anzeige
Gewicht
Anzeige
Gewicht
Anzeige
in Proc.
in Proc.
in Proc.
in Proc.
1,0000
0,000
1,0001
0,025
1,0011
0,275
1,0021
0,525
1,0081
0,776
2
050
12
800
22
550
82
800
8
075
18
825
28
575*
88
825
4
100
14
850
24
600
84
860
5
125
15
875
25
625
85
876
6
150
16
400
26
650
86
900
7
175
17
425
27
675
87
925
8
200
18
450
28
700
88
950
9
225
19
475
29
725
89
975
1,0010
0,250
1,0020
1
0,500
1,0030
0,750
1,0040
1,000
1082
Bier, Untersuchung desselben.
Diesem
Diesem
Diesem
Diese«
Specific
entspre-
Speciii-
entspre-
Specifi-
entpre-
Specifi-
1
. entspre-
scheg
chende
Sacchar.-
sches
chende
Sacchar.-
sches
chende
Sacchar.-
sches
' clieode
Sacc^iar.-
Gewicht
Anzeigc
Gewicht
Anzeige
Gewicht
Anzeige
Gewicht
Ansdg?
in Proc.
in Proc.
in Proc.
in Proc
1,0041
1,026
1,0101
2,626
•
1,0161
4,025
1,0221
5,52$
42
060
102
660
162
060
222
56#
48
076
103
675
163
075
223
575
44
100
104
600
164
100
224
600
46
126
105
625
165
125
225
625
46
160
106
660
166
160
226
660
47
176
107
675
167
175
227
675
48
200
108
700
168
200
228
70s>
49
226
109
726
169
226
229
725
1,0060
260
1,0110
760
1,0170
260
1,0230
760
61
276
111
775
171
275
231
775
62
300
112
800
172
300
232
80U
68
326
118
826
173
326
233
825
64
360
114
860
174
360
234
850
66
876
116.
876
175
376
235
875
66
400
116
900
176
400
236
900
67
426
117
926
177
426
287
925
68
460
118
960
178
460
238
950
69
476
119
975
179
476
239
975
1,0060
600
1,0120
3,000
1,0180
600
1,0240
6,00#
61
626
121
025
181
626
241
024
62
660
122
060
182
650
242
04^
68
676
128
070
183
674
243
073
64
600
124
100
184
600
244
097
66
626
126
125
186
626
245 .
Ut
66
660
126
150
186
660
246
U6
67
676
127
175
187
676
247
170
68
700
128
200
188
700
248
195
- £9
726
129
225
189
726
249
219
1,0070
760
1,0180
250
1,0190
760
1,0250
244
71
776
181
276
191
775
251
U$
72
800
132
300
192
800
262
292
78
826
133
825
193
825
253
316
74
860
134
350
194
850
254
S41
76
876
136
376
196
875
255
365
76
900
136
400
196
900
256
389
77
926
137
425
197
925
257
413
78
960
138
460
198
960
268
43^
79
976
189
476
199
975
259
46J
1,0080
2,000
1,0140
600
1,0200
6,000
1,026U
4Ä«i
81
026
141
525
201
025
261
512
82
060
142
550
202
050
262
5S6
83
076
143
576
203
076
263
5«0
84
100
144
600
204
100
264
584
86
126
145
625
206
125
265
609
86
160
146
650
206
150
266
633
87
175
147
. 676
207
176
267
657
88
200
148
700 .
208
200
268
681
89
226
149
725
209
225
269
706
1,0090
260
1,0160
760
1,0210
250
1,0270
731
91
276
161
776
211
275
271
756
92
300
152
800
212
300
272
780
98
325
168
826
213
825
273
804
94
860
154
850
214
360
274
828
96
876
165
876
216
375
275
853
96
400
166
900
216
400
276
877
97
426
167
926
217
425
277
901
98
460
158
960
218
460
278
925
99
476
169
976
219
476
279
,950
1,0100
2,500
1,0160
4,000
1,0220
6,600
1,0280
6.975
I
iier, Untersuchung desselben.
1088
Diesem
Diesem
Diesem
Diesem
Speeifi-
eutspre-
Specifi-
entspre-
Specifi-
entspre-
Spfecifi-
entspre-
scbes
cbende
Sacchur.-
Bches
cbende
Sacchar.-
9cbe8
cbende
Sacchar.-
Bches
chende
Sacchar.-
Gewicbt
Anzeigc
Gewicbt
Anzeige
Gewicht
Anzeige
Gewicht
Anzeige
«
in Proc.
in Proc.
in Proc.
in Proc.
1.0281
7,000
1,0841
8,468
1,0401
9,926
1,0461
11,867
282
024
342
488
402
960
462
381
2H3
048
343
612
403
976
468
404
284
078
344
636
404
10,000
464
428
286
097
346
660
406
023
466
462
286
122
346
684
406
047
466
476
287
146
347
•
609
407
071
467
600
288
170
848
633
408
096
468
623
289
196
849
667
^09
119
469
647
1,0290
219
1,0360
681
1,0410
142
1,0470
671
291
244
861
706
411
166
471
695
292
268
862
781
412
190
472
619
298
292
863
766
413
214
478
642
294
* 316
364
780
414
288
474
666
296
341
366
804
416
261
476
690-
296
366
366
828
416
286
476
714
297
389
367
863
417
809
477
738
298
413
368
877
418
838
478
761
299
438
869
901
419
367
479
786
1,0300
463
1,0360
926
1,0420
381
1,0480
809
301
488
361
960
421
404
481
888
802
612
362
976
422
428
482
857
803
636
363
9,000
428
452
483
«81
304
660
364
024
424
476
484
904
806
684
366
048
426
600
486
928
306
609
866
073
426
623
486
962
807
683
367
097
427
647
487
976
308
667
368
122
428
671
488
12,000
309
681
869
146
429
696
489
028
1,0310
706
1,0870
170
1,0430
619
1,0490
047
311
731
371
196
431
642
491
071
312
766
372
219
432
666
492
096
313
780
373
244
483
690
493
119
814
804
374
268
434
714
494
142
316
828
376
292
486
788
496
166
316
863
376
816
436
761
496
190
317
877
377
341
437
786
497
214
318
901
878
366
438
809
498
288
319
926
379
889
439
883
499
261
1,0320
960
1,0380
413
1,0440
867
1,0600
286
32 1
976
381
438
441
881
601
809
322
8,000
382
463
442
904
602
888
328
024
388
488
443
928
508
367
324
048
384
612
444
962
604
381
326
078
886
63G
446
976
606
404
826
097
386
660
446
11,000
606
428
327
122
887
684
447
023
607
462
328
146
388
609
448
047
608
476
329
170
389
633
449
081
609
600
1,0880
196
1,0390
667
1,0460
096
1,0610
623
331
219
891
681
461
119
• 611
547
332
244
a92
706
462
142
612
671
833
268
893
731
463
166
618
696
834
292
394
766
464
190
614
619
336
316
396
780
466
214
616
642
836
841
396
804
466
238
616
666
387
866
397
828
467
*261
617
690
888
889
898
863
468
286
618
714
339
413
899
877
469
309
619
788
1,0840
8,438
1,0400
9,901
1,0460
11,883
1,0620
12.761
1084
Bier, Untersuchung desselben.
Diesem
Diesem
Diesem
Dkaon
Specifi-
entspre-
Specifi-
entspre-
Specifi-
entspre-
Spccia-
entspre-
sches
chende
Sacchar.-
sches
chende
Sacchar.-
sches
chende
Sacchar.-
sehes
chekd?
Sacdiar.-
Gewicht
Anzeige
Gewicht
Anzeige
Gewicht
Anzdge
Gewicht
Anzeige
in Proc
in Proc
1
in Proc.
in Proc
1,0521
12,785
10,571
18,976
1,0621
15,162
1,0671
16,826
522
809
672
14,000
622
186
672
34Ö
528
888
578
028
628
209
678
371
524
857
674
047
624
282
674
396
525
881
676
071
626
255
675
418
526
904
576
095
626
278
676
441
527
928
677
119
627
802
677
464
528
952
578
•142
628
826
678
480
529
976
679
166
629
848
679
511
1,0580
18,000
1,0680
190
1.0680
871
1,0680
584
581
028
681
214
681
896
681
567
582
047
682
288
682
418
682
681
588
071
688
261
688
441
688
604
584
095.
684
285
684
464
684
627
585
119
686
809
685
488
685
650
586
142
686
888
686
811
686
674
587
166
687
367
637
584
687
697
588
190
888
881
688
567
688
721
589
214
689
404
689
' 681
689
744
1,0540
288
1,0690
428
1,0640
604
1,0690
767
541
261
691
452
641
627
691
790
542
285
692
476
642
650
692
814
548
809
698
500
648
674
693
837
544
888
6i94
528
644
697
694
860
545
857
696
547
645
721
696
88S
546
'881
596
671
646
744
696
967
547
404
597
595
647
767
697
980
548
428
598
619
648
790
698
958
549
452
599
642
649
814
699
976
1,0550
476
1,0600
666
1,0660
887
1,0700
17,000
551
500
601
690
661
860
701
022
552
528
602
714
652
888
702
045
558
647
608
788
668
907
70S
067
554
571
604
761
654
980
704
090
555
595.
606
785
666
958
706
113
556
619
606
809
666
976
706
136
557
642
607
888
657
16,000
707
158
558
666
608
867
668
028
708
181
559
690
609
881
659
046
709
204
1,0560
714
1,0610
904
1,0660
070
1,0710
227
561
788
611
928
661
093
711
250
562
761
612
962
662
116
712
272
568
786
618
976
668
189
718
295
564
809
614
16,000
664
162
714
318
565
888
615
023
665
186
716
340
566
857
616
046
666
209
716
863
567
881
617
070
667
282
717
386
568
904
618
093
668
^56
718
409
569
928
619
116
669
278
719
431
1,0570
18,952
1,0620
15,189
1,0670
16,802
1,0720
454
Soll nun ein Bier nach dem saccharometrischen VerfiEihran unter-
sucht werden, so ist zu ermitteln:
1) die Saccharometer-Anzeige des von der Kohlensaare befreiten
Bieres = m,
Bier, Untersuchung desselben. 1085
2) die Saccbarometer- Anzeige des gekochten Bieres = it, woraus sich
8) die Attenaations-Differenz = n — m ergiebt
Angenommen, m sei= 4,25, n = 5,55 gefunden, so ist n — m= 1,30.
Man bekommt nun annäherungsweise den Alkoholgehalt aus der
Formel
A = {n — m) 0,
indem man Hir den Alkoholfactor c seinen mittleren Werth 2,24 nimmt
(siehe oben S. 1080), und erhält für diesen Fall:
A = (5,55 — 4,25) . 2,24
= 1,30 . 2,24
= 2,912 Procent.
Der Alkoholgehalt ist also annähernd 2,912 Proc. Verdoppelt
man diese Zahl, so erhält man 5,824, als die Menge Extract der Würze,
aus welcher jene Menge Alkohol, mit der entwickelten Kohlensäure
und ausgeschiedenen Hefe entstanden, und addirt man dazu den Extract-
gehalt des Bieres: 5,550, so erhält man als Summe: 11,375, den an-
nähernden procentischen Extractgehalt der Würze, aus der das Bier
entstanden .
Für diesen Extractgehalt zeigt nun die Tabelle (8. 1081) den
Attennations-Quotienten q = 1,231, und der wahre Werth för p ist
dann naclr den Gleichungen I und U (S. 1079)
nq — m , n — m .
p = — * r- oder p = 7 + n
'^ q— l t- q— l \
5,550 . 1,231 — 4,250 5,550 ~ 4,250 , ^ ^^^
n = — ^ ' — p = -^ — ' — 4- 5,550
^ 1,231 — 1,000 ^ 1,231 — 1 ^ '
6,832 — 4,250 1,3 , ^ ^^
^ = " "Msi — P = 0;231 + ^'^^
p = =^^^ = 11,177 • p = 5,6-27 + 5,550 = 11,177.
Der wirkliche Extractgehalt der Würze, woraus das Bier darge-
stellt worden, ist 11,177 Proc.
Man berechnet nun den wirklichen Alkoholgehalt ans der Gleichung
. A = {p — n)h
indem man fiir b den Werth nach dem Extractgehalte der Würze aus
der Tabelle nimmt. Man hat. also:
A = (11,177 — 5,550) . 0,513
= 5,627 .0,513
= 2,885 Proc.
Das Bier enthält hiernach in 100 Gewichtstheilen :
Alkohol 2,885
Extract 5,550
Wasser 91,565
Wenn man in den beiden Formeln
nq — m . « — w
« = — oder p = r + »
^ q— l ?— 1
für q ohne Weiteres den mittleren Werth 1,282 setzt (Seite 1080),
so- den Werth von p erst annähernd erhält, und wenn man dann für
den so gefundenen Werth q aus der Tabelle nimmt und in die Formeln
bringt, so erfährt man den wahren Werth von p'nnd aus diesem dann
den wahren Werth für h aus der Tabelle.
1086 Bier, Untersuchung desselben.
Eb ist dann:
5,550 . 1,232 — 4,25 , 5,550 — 4,250 . , ,,^
^ = 1,232 - 1,000 ^^^^ ^= 1,232-1 + ^'^^^
6,837 - 4,25 1,3
^ - 0;232 ^ - 0;232 + ^'^^
r = -§S = ll'lS p = 5,6 4- 5,55 = 11,15.
Für p = 11,15 Proc. findet »ich dann in der Tabelle q = 1,231,
welche Zahl nun in die Formeln gebracht wird, wo dann das Resnitat
wie oben ist; p wird dann nämlich 11,177, wofiir b = 0,513.
För die saccharometrische Bierprobe hat man, wie ersichtlich, die-
selben Daten nothig, wie für die specifisc he Probe; es müssen nämlich bei
jener, wie bei dieser, die specifiachen Gewichte des ungekochten and des
gekochten Bieres bei 17^,5 C. (14®R.) ermittelt werden. Bei der saccha-
rometrischen Probe sind aber die specifischen Gewiclite mit Hülfe der
Tabelle Seite 1081 u. f. in Grade des Saccharometers zu verwandeln,
und dann ist die erläuterte, einfache Rechnung, mit Hülfe der Angaben
der Tabelle Seite 1081 auszuführen. Allerdings können die Saccharo-
meter-Anzeigen des ungekochten wie gekochten Bieres, unmittelbar
durch ein Saccharometer bestimmt werden, aber dies darf nur dann ge-
schehen, wenn ein Saccharometer zu Gebote steht, an welchem sich
Zehntelprocente, Zehntelgrade noch mit Sicherheit ablesen lassen und
dessen Genauigkeit controlirt ist oder für welches man eventuel eine
Corrections- Tabelle entworfen hat. Auf die vollkommene Richtigkeit
der von den Mechanikern gelieferten Instrumente kann man sich nor
selten verhissen. Ausser dem Fläschchen zur Bestimmung der specifi-
schen Gewichte oder dem Saccharometer hat man dann noch ein rich-
tiges Thermometer, ein Eesselchen von Messing zum Einkochen des
Bieres, nebst Spirituslampe, und eine hinreichend genaue Wage mit
genauen Gewichten nöthig. In den Laboratorien wird man sich in
der Regel einer empfindlichen Wage für die Bestimmung des specifi-
schen Gewichts und einer grösseren, also meist weniger empfindlichen
Wage zum Abwägen des Bieres bedienen.
Zur Vergleichung der saccharometrischen Probe mit der specifi-
sehen und um nochmals die bei der ersteren vorkommende Berech-
nung in der einfachsten Gestalt zu zeigen, mag die Berechnung des
Alkoholgehalts des Bieres dienen, welches bei der specifischen Probe
Seite 1076 als Beispiel benutzt wurde.
Das specifische Gewicht des ungekochten, entkohlensäuerten Bieres
war 1,0250 = 6,240 Proc. des Saccharometers; also m = 6,240.
Das specifische Gewicht des eingekochten und wieder verdünnten
Bieres war 1,0320 = 7,950 Proc. des Saccharometers; also n=7\950.
Die Attenuations -Differenz d z=z n — ot ist also 7,95 — 6,24 =
1,710.
Mnltiplicirt man nun nach der Gleichung
Ä = (n — m) c
die Attenuations-Differenz mit dem mittleren Alkoholfactor e fiir die-
selben, nämlich mit 2,24, so erhält man annähernd den Alkoholgehalt
dos Bieres:
. ^1 = 1,71 . 2,24 = 3,821,
Bier, Untersuchung desselben. 10R7
and multiplicirt man diese Zahl mit 2, so erfahrt man annähernd die
sQgesetzte Menge Malzextract, woraus der Alkohol entstanden:
3,821 . 2 = 7,642.
Addirt man dazu den gefundenen Extractgehalt des gekochten Bieres,
lo zeigt die Summe annähernd den Eztract-Procentgehalt der Würze
&n, aus welcher das Bier bereitet wurde :
7,642 -}- 7,950 = 15,592 Proc.
Aus diesen annähernden Bestimmungen wählt man nun den Atte-
[luations- Quotienten = ^ aus der Tabelle Seite 1081 ftir eine Würze von
15,5 Proc. Es ist danach: q = 1,2355.
Durch die Gleichung
nq — m •
Sndet man den wahren Werth fiir ;?, das ist der Procentgehalt der
Würze, woraus das Bier entstanden, also:
_ 7,950 . 1,2355 — 6,240
^ ~ 1,2355 — l
^ = 1^ = ''^'' ^'-
Ist so der wahre Werth für p gefunden, so ergiebt sich der Alko-
holgehalt des Bieres aus der Gleichung
Ä = ip-n)b,
für welche man den Alkholfactor B aus der Tabelle für eine 15pro-
centige Würze entnimmt. Er ist 0,5245 und man hat daher
A = (15,19 — 7,95) . 0,5245 = 7,24 . 0,5245 = 3,79 Proc,
wofiir natürlich 3,8 Proc. gesetzt werden darf. Die saccharoroetrische
Probe ergiebt aUo den Alkoholgehalt des Bieres zu 3,8 Proc, die spe«
si fische Probe hat ihn ebenfalls zu 3,8 Proc. ergeben, als er aus dem
Verhältnisse der specifischen Gewichte des gekochten und ungekochten
Bieres berechnet wurde, sie gab ihn zu 3,9 Proc. aus der Differenz
ier speciüschen Gewichte (Seite 1077).
Ein Vorzug, welchen die saccharometrische Probe vor der speci-
ischen Probe besitzt, ist, dass sie den Ex^ractgehalt der Würze, aus
n^elcher das Bier bereitet wurde, genau giebt. Berechnet man den Extract-
^ehalt der Würze des fraglichen Bieres aus dem Alkoholgehalte, indem
nan diesen verdoppelt — weil 1 Gewichtstheil Alkohol annähernd aus
l Gewichtstheilen Zucker des Extracts entsteht — und indem man die
lo erhaltene Zahl dem Extractgehalt des Bieres (ermittelt in dem ge-
kochten Biere), addirt, so hat man in unserm Falle 3,8 . 2 -|~ 7,95 =
\G -j- 7,95 = 15,55 Proc. als Concentration der Würze, während sie
lach der saccharometrischen Rechnung 15,2 Proc. ist.
Aus der berechneten ursprünglichen Cfoncentration der Würze
ästst sich aber, annähernd wenigstens, die Schüttung, das heisst das
iir Bereitung der Würze verwandte Quantum Malz, finden. Es ist dazu
.ber erforderlich für jedes Meischverfahren die Quantität Malzextract
u kennen, welche aus 100 Pfd. Malz in die Hauptwürze eingeht Bei
lern böhmischen Brauverfahren kommen, nach Balling, von den
)0 Pfd. Extract,- welche 100 Pfd Malz liefern können, 51,75 in der
Taaptwürze zur Benutzung; nach Steinheil 48,71 Pfd., nach ZierTs
^ersuchen etwa 50,5 Pfd. Angenommen die saccharometrische Prü-
ing des Bieres habe den ursprünglichen Extractgehalt der Würze zu
1088 Bier^ Untersuchung desselben.
12 Proc erkennen lassen und 100 Pfd. Malz lieferten 50 Pfd. Extract
in diese Wfirze^ so würden 100 Pfd. Malz ungefähr 416 Pfd. solcher
Würze liefern, entsprechend ungefähr 400 Pfd.* Bier.
Soll die Schüttung in Volumen (Scheffeln u. s. w.) des angewand-
ten Malzes ausgedrückt werden, so muss man das Gewicht der VoInmeB-
Einheit (des Scheffels u. s. w.) des Malzes kennen; fehlt diesei Anhalt»-
punkt, so wird das Resultat der Berechnung, nach dem durchschmttli-
chen Gewichte der Volumen-Einheit, unter Umständen natärlich sehr
unsicher. Nach Schafhäutl wiegt der bayerische Scheffel guter Gerele
durchschnittlich 260 bayerische Pfund (^56 Kilogr.), im Jahre 1844
wog er aber nur 230 Pfund. Nimmt man an, dass die Gewichte des
Scheffels des aus der Gerste dargestellten Malzes in demselben Ve^
hältnisse zu einander stehen, so werden gleiche Menge Würze, ans
einem Scheffel der beiden Malzsorten gezogen, eine im VerhaltnisM
von 13 : 11,5 verschiedene Concentration haben i). Die bayerischen Be-
hörden entbehren daher einer richtigen Basis für die Controle der ge-
setzlichen Bestimmung, dass aus einem bayerischen Scheffel Malz 6 Einer
Lagerbier und 7 Eimer Schenkbier gebraut werden soUen. Wo man
Bier von gewissem Gehalte verlangt, muss man die Concentration der
Würze vorschreiben. In Bayern wQrde man z. B. vorschreiben können,
das Schenkbier soll aus einer llprocentigen, das Lagerbier aus dmr
ISprocentigen Würze gebraut werden.
Ein ganz eigenthümliches Verfahren zur Ermittelung des Alkohol
gehalts und Extractgehalts des Bieres ist das von Fuchs ersonneneha^
metrische Verfahren, die hallymetrische (von akg Salz und l
ich löse) Bierprobe, so genannt, weil sie sich auf die Bestimmung
Menge von Kochsalz gründet, welche von dem ungekochten und
.kochten Biere aufgelöst wird.
100 G«wichtstheile Wasser lösen, nach Fuchs, genau 3G
wichtstheile Kochsalz auf; 1 ThL Kochsalz bedarf also, um geloat
werden, 2,778 Thle. Wasser.
Eine Auflösung von Malzextract, also Bierwürze, oder gekocb
alkoholfreies Bier, löst eine, ihrem Wassergehalte entsprechende Mei
Kochsalz auf, 100 Thle. 4|ner lOprocentigen Würze also soviel
90 Thle. Wasser. Wenn man also in 1000 Gran') Bierwürze
gekochtes Bier, eine gewogene Menge Kochsalz, die so gross sein m
dass sie nicht vollständig gelöst wird; einträgt, durch Bewegen und ge
des Erwärmen die Auflösung bewerkstelligt und daim die Menge
ungelöst gebliebenen Kochsalzes bestimmt, so erfährt man die Menge d(
aufgelösten Salzes und diese, mit 2,778 multiplicirt, giebt den Wi
gehalt in 1000 Gran der Würze oder des gekochten Bieres, also auch _
Gehalt an Extract in 1000 Gran. ' ^
Wenn man in gleicher Weise mit ungekochtem, also alkohaltij
Biere verfahrt und durch Multiplication der Menge des gelösten Sal
in Granen, mit 2,778 die Menge des Wassers berechnet, so entspri«
die 'Differenz zwischen der so gefundenen Menge des Wassers und
Gewichte des Bieres (1000 Gran) nicht dem Gehalte desBieres an E:
und Alkohol. Der Alkohol bindet nämlich eine gewisse Menge Wf
*) Dingler's polytechn. Journ. Bd. CIX S. 68. — *) Fuchs hat ftlr
haltymetrische Bierprobe das Medicinalgewicht benutzt. Es wird arweckmSssiger b<
anstatt 1000 Gran 1000 Decigranlm oder 500 Decigramm zu nehmen, in welcl
Falle das Dedgramm oder Halbdecigramm die Gewichtseinheit ist
Bier, Untersuchung desselben. 1089
18 heisst benimmt einer gewissen Menge Wasser das Anflösungsver-
iögen för Kochsalz; die fragliche Differenz ist gleich dem Gewichte
M Extracts, plus dem Gewichte eines Weingeistes, das heisst eines
aeserhaltigen Alkohols. Da man die Menge des Extracts, wie vorhin
igegeben, aus dem gekochten Biere ermittelt, so erfahrt man durch
bziehen der Menge des Extracts die Menge dieses Weingeistes,
ieser Weingeist hat aber nicht unter allen Umständen einen und den-
dben Alkoholgehalt, sondern es ist die Menge des Wassers, welche ^
)n dem Alkohol gebunden wird, nach der Menge des vorhandenen Al-
}hol8 verschieden und keineswegs diesem proportional, so dass dieselbe
irch besondere Versuche för verschiedene Procentgehalte an Alkohol
rmittelt werden mnsste. Dies ist von Fuchs geschehen, und Schaf-
&atl hat später die ursprüngliche von Fuchs für unsem Zweck ge-
Bbene Tabelle (s. d. S. 1091) umgerechnet i).
Das Verfahren würde natürlich praktisch unbrauchbar sein, wenn die
Bgelöst gebliebene Menge von Kochsalz gewogen werden müsste. Dies
I indess nicht der Fall, sie wird in dem Hallymeter gemessen, in wel-
kes man die Flüssigkeit mit dem ungelösten Kochsalz bringt. Fig. 86
p. zeigt das Hallymeter. Es besteht aus einer im Ganzen etwa^
200Millim. langen Glasröhre, welche oben etwa 35Millim.
weit, in der Hälfte ihrer Länge aber trichterförmig zusam-
mengezogen und unten in ein enges zngeschmolzenes Bohr
ausgeht^). Die untere Hälfte des engeren Theils ist so gra-
duirt, dass die grösseren Abtheilungen 5 Gran (eventuell 5 De-
cigr. oder Halbdecigramm) die kleineren 1 Gran (event. 1 De-
cigr. oder 0,5 Decigr.) ungelösten Kochsalzes entsprechen und
dass man von den letzteren noch V4 his ^5 abschätzen kann.
Für die Graduirung des Halljmeters giebt man z. B.
in einen kleinen Kolben oder eine Digerirflasche 600 Gran
Wasser, welche nach Obigem 216 Gran Kochsalz lösen,
schüttet 216 ~|- 5 also 221 Gran reines und trockenes Chlor-
natrium hinzu, bewirkt die Auflösung, bringt die Flüssigkeit
mit dem ungelösten Kochsalze in das Hallymeter, lässt die
5 Gran ungelöstes Salz sich absetzen, wobei man öfter das
Instrument vorsichtig aufstösst, bis sich das Volumea des
Salzes lischt mehr vermindert, und erhält so die erste grös-
sere Abtheihmg. Durch Einschütten von noch Ö Gran Koch-
salz oder durch Anwendung von 216 -|- 10 Gran Koch-
salz auf 600 Gran Wasser lässt sich die zweite grössere Ab-
keÜQDg erhalten u. s. f. Acht bis neun solcher Abtheilungen reichen
»• Die kleineren Abtheilungen macht man, wenn die Röhre gleich-
et, mit dem Zirkel oder mit der Theilmaschine. Ist einmal ein Nor-
M-Instmment graduirt, ^o kann man die anderen Instrumente mittelst
Eecksilber oder Salzlösung graduiren.
Das bei der Graduirung und später fiir die Versuche anzuwendende
chsalz muss vollkommen reines und trockenes Chlomatrium sein,
i es muss Körner von einer bestimmten Grösse darstellen, damit
*) 0mgler*8 poljteclm. Joarn. Bd. LXU, S. 802; Bd. CIX, S. 51 n. Bd. CXXXU,
299k _ *) Das obere Rohr ist bis zur Verengerung etwa 90 Mülim., bis zar
■nduDg des engen RohrH etwas Über 110 Millim. hoch; das untere enge 5 Millim.
k Lichte weite Rohr hat 85 Millim. Länge.
B^ndwOrterbach der Chemie. 3te Aufl. Bd. U. 69
1090 Bier, Untersuchung desselben.
gleiche Gewichte davon, beim Ablagern in dem Hallymeter, stete
gleichen Raum einnehmen. Man erhält es so, indem man es darch ea
kleines Metallsieb schlägt, dessen Maschen oder Oefinnngen eine be-
stimmte Grösse besitzen. Den käuflichen Instrumenten ist deshalb ein
solches Sieb beigefügt.
Für ein Haliymeter yon angegebener Grosse und Aasdehnang der
Graduirung nimmt man bei der Untersuchung von massig substantiÖseD
und mittelstarken Bieren, wie z. B. die bayerischen Biere es sind, wä
1000 Gran gekochtes Bier 360 Gran Kochsalz, auf 1000 Gran ange-
kochtes Bier 830 Gran Kochsalz; das ungelöst bleibende Kochsalz hat
dann in dem graduirten Theile des Instruments Platz. Für extract-
reichere und alkoholreichere Biere werden 10, 20, 30 Gran Kochsalz we-
niger genommen, damit die Menge des ungelösten Salzes nicht zu be-
trächtlich werde, und die Graduirung des Instruments ausreiche. Für die
Bestimmung des Eztractgehaltes des gekochten Bieres mit Hülfe der so-
gleich mitzutheilenden Tabelle muss man im letzteren Falle den ub-
gelösten Granen Kochsalz die Grane zurechnen, welche man weniger als
S60 Gran genommen hat, da diese Tabelle für 360 Gran berechnet ist
Tabelle
welche den, dem aufgelösten Salze bei der Prüfung des gekochten
Bieres entsprechenden Extractgehalt zeigt. FQr 1000 Gran Bier uimI
360 Gran Kochsalz. Die Grade sind Grane Kochsalz.
S*lzrück-
Salzrück-
stand in
Extract
stand in
Extract
Graden
Graden
• ■
8
22
21
69
9
26
22
61
10
28
28
64
•11
31
24
67
12
88
26
69
18
86
26
72
14
89
27
• 76
16
42
28
78
16
44
29
81
17
47
80
■ 88
18
60
81
86
19
63
32
89
20
66
Die Differenz zwischen den, den Granen des Salzrückstandes ent-
sprechenden Zahlen fiir das Extract, ist meistens 3, bisweilen 2. Die
Differenz dient zur Berechnung des Eztracts, wenn ausser den gansen
Graden des Salzrückstandes noch Bmchtheile von Graden erhalten
werden. Z. B. es sei ein Bückstand im Haliymeter von 12,5 Gradeo
erhalten worden, so ist die Differenz 3 mit 0,5 zu multipliciren, was 1,5
giebt, und diese Zahl ist dem zu 12 Grad gehörenden Extractgehalt,
also 33 zu addiren. Der Extractgehalt betragt also 34,5 pro mille.
Die nachstehende Tabelle ist die oben erwähnte, von Schafhantl
für den Alkoholgehalt berechnete.
Bier, Untersuchung desselben. 1091
Tabelle,
welche den Alkoholgehalt der bei der haUymetriBchen Bierprobe in
1000 Gran Bier ermittelten Menge Weingeist angiebt
(Die Zahlen sind Grane.)
Weingeist
Weingeist
der Salz-
lösung ge-
Alkoholgehalt
Differensen
der Salz-
lösung ge-
Alkoholgehalt
Differenien
genüber
genüber
26
10,01
0,64
77
42,77
0,62
27
10,72
0,71
78
48,29
0,62
29
11,66
0,88
79
48,81
0,52
29
12,88
0,88
80
44,88
0,52
SO ,
18,21
0,88
81
44,86
0,62
81
14,14
0,88
82
46,87
0,52
82
14,87
0,88
88
45,88
0,61
88
16,70
0,88
84
46,40
0,62
84
16,68
0,88
86
46,92
0,62
86
17,86
0,88
86
47,44
0,62
86
18,21
0,84
87
47,96
0,62
87
19,07
0,86
88
48,48
0,62
88
20,90
0,88
89
49,00
0,62
89
21,60
0,60
90
49,42
0,62
40
22,06
0,66
91
60,04
0,62
41
22,61
0,66
92
60,66
0,62
42
28,17
0,66
98
61,07
0,51
48
23,72
0,66
94
61,60
0,58
44
24,28
0,66
96
62,11
0,61
46
24,88
0,66
96
62,68
. 0,62
46
26,89
0,66
97
58,16
0,52
47
26,96
0,66
98
68,67
0,62
48
26,60
0,66
99
64,19
0,52
49
27,06
0,66
100
54,70
0,51
60
27,61
0,66
101
66,22
0,52
61
28,17
0,66
102
66,78
0,61
62
28,78
0,66
108
66,26
0,52
68
29,18
0,66
104
66,76
0,61
64
29,84
0,66
106
67,28
0,52
66
80,40
0,66
106
67,79
0,51
66
80,96
0,66
107
, 68,81
0,62
67
81,66
0,56
108
68,82
0,51
68
82,17
0,61
109
69,84
0,52
69
82,78
0,61
HO
69,86
0,61
60
88,89
0,61
111
60,87
0,52
61
84,00
0,61
112
60,88
0,61
62
84,61
0,61
118
61,40
0,52
68
86,21
0,61
114
61,91 •
0,61
64
86,82
0,61
115
62,48
0,52
66
36,48
0,61
116
62,94
0,61
66
37,04
0,61
117
63,46
0,52
67
87,68
0,64
118
68,97
0,61
68
88,10
0,52
119
64,49
0,62
69
38,62
0,62
120
65,00
0,61
70
89,14
0,52
121
66,62 '
0,52
71
89,66
0,62
122
66,08
0,61
72
40,17
0,61
128
66,56
0,52
78
40,69
0,52
124
67,06
0,51
74
41,21
0,52
126
67,68
0,62
76
41,78
0,52
126
68,09
0,61
76
42,26
0,62
127
68,61
0,62
69«
1092
Bier, Unteraochung desselben.
Weingeist
Weingeist
•
der SaIz-
lösong ge-
Alkoholgehalt
Differenzen
der Salz-
lönog ge-
Alkoholgehalt
Diirerei»«L
genüber
genüber
128
69,12
0,61
140
75,80
0,51
129
69,64
0,52
141
75,82 '
0,52 .
180
70,15
0,51
142
76,82
0,50
181
70.67
0,52
148
76,83
0,51
182
71,18
0,51
144
77,88
0,50
188
71,70
0,52
146
77,88
0,50
184
72,21
0,51
146
78,84
0,51
185
72,78
0,52
147
78,84
0,50
186
78,24
0,51
148
79,86
0,51
187
78,76
0,52
149
79,85
0,50
188
74,27
0,51
150
80.36
0,51
189
74,79
0,52
Die Differenzen dienen aach hier wieder zur Berechnang des Al-
koholgehalts, wenn ausser den ganzen Granen an Weingeist nock
Bnichtheile des Granes gefunden sind. Angenommen, es seien 73,5 Gna
gefunden, so moltiplicirt man die zn 73 gehörende Differenz 0,52 mit
0,5 und erhält so 0,26. Diese Zahl ist dem zu 73 gehörenden Alko-
holgehalte, 40,69 zu addiren und es ist der Alkoholgehalt also 40,69
-f 0,26 =^ 40,95.
Ein Beispiel mag nun das hallymetrische Verfahren and den
Gebrauch der Tabellen yeranschaulichen.
1000 Gran Bier wurden auf ^fg eingekocht, um den Alkohol und
die Kohlensäure zu verflüchtigen, der Rückstand wurde in einem kleines
Kolben bis 1000 Gran mit Wasser yerdunnt, dann wurden 360 Grau
Kochsalz eingeschüttet und die Auflösung bewerkstelligt. Die Ldsong
wurde mit dem ungelösten Kochsalze in das Hallymeter gebracht uod
durch Aufklopfen das Salz in der graduirten Röhre verdichtet.
Es wurden erhalten 13 Grad =13 Gran Kochsalz.
Aufgelöst waren daher 360 — 13 r=r 347 Gran; diese mnlttplicirt
mit 2,778 ergeben den Wassergehalt des Bieres =964 Gran , also
gleich 96,4 Proc und somit den Gehalt an Extract zu 36 Gran :=
3,6 Proc. Dasselbe zeigt ein Blick auf die erste Tabelle, wo neben
der Zahl 13 die Zahl 36 steht
Femer wurden zu 1000 Gran des ungekochten Bieres in dem
kleinen Kolben 330 Gran Kochsalz gegeben uud die Auflösung bewerk-
stelligt Es fand ein Gewichtsverlust im Betrage von 1,5 Grao
statt, durch das Entweichen der Kohlensäure veranlasst (0,15 Proc.
S. 1073).
Die Auflösung wurde mit dem ungelösten Salze in das Halljmeter
gebracht; es betrug die Menge des ungelösen Kochsalzes 10 Grad alio
10 Gran, es sind daher gelöst 320 Gran.
Diesen entsfM-echen 320 . 2,778 = 889 Gran Wasser, wonach
für den Gresammtgehalt an Weingeist, Extract und Kohlensaure
111 Gran bleiben.
Bier, Untersuchung desselben» 1093
Man hat also:
.Gesammtgehalt Hn Weingeist, Extract n. Kohlensäure 111 Gtan
Davon ab für Kohlensäure ... - 1)5 ,,
Bleiben für Weingeist und Extract 109,5 Gran
Davon ab für Extract 36,0 „
Bleiben fiir Weingeist 73,5 Gran.
Der Zahl 73,5 für Weingeist entspricht nach der zweiten Tabelle
die Zahl 40,95 fär Alkohol und es bleiben daher 73,5 — 40,9 = 32,6
fiir gebundenes Wasser.
Hiernach wurden in 1000 Gran des Bieres nachgewiesen:
Extract 86,0 Gran
Alkohol 40,9 „
Kohlensäure 1^5 „
Freies Wasser . . 889 Granj ^ .- ^
Gebundenes Wasser 32,6 „ | ^'^'^'^ "
Dies beträgt in Procenten:
Extract 3,60
Alkoholgehalt .... 4,09
Kohlensäure .... 0,15
Wasser ...... 92,16
Auf die Richtigkeit der käuflichen Hallymeter kann man sich nicht
immer verlassen; es muss jedenfalls das gekaufte Instrument geprüft
werden und dann muss man sich eventuell eine Correctionstabelle machen.
Geht das Instrument nicht trichterförmig in die untere engere
Rohre über, wie es meistens der Fall, wenn die untere engere Röhre
angelöthet ist, so lagert sich stets ein Theil des Kochsalzes in der oberen,
weiteren Röhre ab, und dieser Theil muss dann mittelst eines sehr dün-
nen Glasstabes oder eines Drahtes in die engere Röhre gerührt werden.
Dies gilt selbstverständlich auch bei der Graduirung des Instruments.
Das Aufstossen des Instruments zur Verdichtung des abgelagerten
Kochsalzes muss auf einem Tische geschehen, auf welchen man ein
paar Stücke Papier übereinander gelegt hat. Nur so kommt man
zu Qbereinstimmenden Resultaten; das Aufstossen- im Statife des In-
struments reicht nicht aus. Das Aufstossen muss so lange fortgesetzt
werden, als noch Verminderung des Volumens erfolgt.
Bei dem Auflösen des Kochsalzes in dem gekochten oder ungekoch-
ten Biere vermeide man starke Schaumbildung, also starkes Schütteln; der
kleine Kolben werde nur öfter bewegt. Kommt oonsistenter Schaum in das
Hallymeter, so bleiben Körnchen Salz in dem Schaum, die man durch
vorsichstiges wiederholtes Rühren zum Niederfallen bringen muss.
Um die im Kolben zurückbleibenden Körnchen Kochsalz vollstän-
dig in das Hallymeter zu bringen, giesst man wiederholt kleine Men-
gen der Flüssigkeit aus dem Hallymeter zurück oder benutzt man ge-
sättigte Kochsalzlösung zum Nachspühlen.
Das Abwägen des Bieres für die hallymetrische Prüfung kann
durch Benutzung der Aräometer-Pipette von Schaf haut l umgangen
werden, einer Pipette, welche in Bieren von verschiedenem speciflschen
Gewicht verschieden tief, nämlich stets soweit einsinkt, dass sie sich
mit 1000 Gran Bier füUt i).
') Diogler's polyt. Journ. Bd. CIX, 8. 209.
1094 Bier, Untersuchung desselben.
Znr Vergleichnng der verschiedenen im Vorhergehenden besproche-
nen Methoden der Bestimmang des Alkoholgehalts des Bieres and
Ton mir Yersache angestellt worden, von denen ich einige, in ihra
Resultaten, in dem Folgenden mittheile.
1. Bayerisches Bier, in Braunschweig gebraut:
ci •/> 1. «»# XI. j (»öS der Differenz . 4,2 Proc Alkohol
Specifische Methode j^^g^^^y^j^j^j3^ 4,1 „
Saccharometrische Methode 4,2 ,, ^
Hallymetrische Methode
Erster Versuch 4,2 „ ^
Zweiter Versuch ......... 4,4 „ ^
2. Bayerisches Bier, in Braonschweig gebraut:
Destillations-Methode 4,0 „ ^
CS «is u nj* au j I»ö8 <lor Differenz . 4,1 „ „
Specmsche Methode l , ^ u-i*«- a i\
'^ { aus dem Verhältnisse 4,0 „ „
Saccharometrische Methode 4,1 „ ^
Hallymetrische Methode ...... 4,9 „ „
8. Bier von 6,7 Proc. Gehalt an Alkohol und 7,7 Proc Extract,
gemischt aus eingekochtem Biere und Alkohol (186 Grm. eingekochtei
Bier und 14 Grm. alkoholisirter Weingeist von 0,8061 specif. Gewicht
= 96 Proc.
Berechneter Alkoholgehalt 6,7 Proc.
Destillations Methode * 6,7 <^
ci «is L &# au j i AUS der Differenz . 7,1 ,^
Specifische Methode j ^^ ^^^ Verh<niMe 6,8 „
Saccharometrische Methode 6,6 „
Hallymetrische Methode 7,6 „
Man erkennt, dass bei den bayerischen Bieren die Destillations-
Methode, die specifische Methode und die saccharometrische Methode
fibereinstimmende Resultate gegeben haben. Bei dem gemischten, al-
koholreichen und extractreichen Biere ist der Alkoholgehalt nach dtr
specifischen Methode aus der Differenz um* 0,4 Proc. zu hoch gefund«
worden. Die hallymetrische Methode hat bei dem zweiten and dritten
Biere den Alkoholgehalt um 0,9 Proc. zu hoch ergeben. Die beiden
Versuche bei dem ersten Biere wurden mit demselben Kochsalze, sii
gleicher Zeit und unter denselben Umständen angestellt. Der erste
Versuch ergab einen Salzräckstand von 16 Gran, der zweite einen Salz-
rttckstand von 17,5 Gran; das Salz war bei dem zweiten Versuche aber 12
Stunden in den verkorkten Kölbchen mit dem Biere in Berdhrnng geblie-
ben. Die Bestimmung des Eztracts nach der hallymetrischen Methode lie-
ferte im Allgemeinen befriedigende Resultate, woraus ich schlieesen dari^
dass die Ursache der abweichenden Ergebnisse der Bestimmung des Al-
koholgehalts auf Rechnung der Methode oder der Alkoholtabelle zn
setzen ist. Die Münchener Chemiker Buchner, Kaiser, Pettenko-
fer, Schaf häutl haben dagegen bei vielfachen sorgfaltigen Untersuchun-
gen bei der chemischen oder Destillations-Methode und der hallyme-
trischen übereinstimmende Resultate erhalten; nach ihren Versuchen
halten sie daher die hallymetrische Probe för richtig, und empfehlen
das Verfahren als einfach und zuverlässig.
Kann man ftir den Zweck der Bieruntersuchung ein äusserst cm*
pfindliches und genaues Saccharometer, Grade bis 8 oder' 10 um-
fassend, erhalten 9 so ist nach meiner Ansicht die specifische Methode
Bier, -Untersuchung desselben. 1096
^ «rinfachBto und am schnellflten zum Ziele Aihrende der besprochenen
Bthoden. Die Baccharometrische unterscheidet sich von dieser nur
rcH eine leichte, noch erforderliche Rechnung.
Steinheil hat ein Verfahren zur Untersuchung des Bieres ge-
, das sich im Wesentlichen auf die Ermittelung der, durch den Ge-
des Bieres an Extract und an Alkohol abgeänderten lichtbrechenden
rAft desselben gründet. Er nenut es die optisch-aräometrische
rol>e; sie liefert das Resultat in wenigen Minuten, hat sich aber, wohl
kin entlieh deshalb, weil der erforderliche Apparat etwas kostspielig
'^ nicht allgemein Eingang verschaffen können; es fehlt daher an Er-
brangen Ober die Ausführbarkeit der Untersuchungsmethode, und die
enauigkeit der dabei erhaltenen Resultate; ich begnüge mich deshalb
if die Abhandlungen Über dieselbe zu verweisen ^).
In Bezug auf die Bestimmung des Alkohols der Biere mittelst des
aporimeter8(s. Bd. 1,8. 496u.d. A. Yaporimeter) fehlt es an aus-
hrlichen Versuchen. Ein Bier, dessen Alkoholgehalt von mir nach der
estillations-Methode, specüischen Methode und saccharometrischen Me-
Lode zu 3,7 bis 3,8 Gewichtsprocent, entsprechend 4,7 bis 4,75 Volum-
rocent gefunden worden war, ergab Heeren mittelst des Vaporimeters
9n Alkoholgehalt zu nur 4,08 bis 4,1 Volumprocent. Die erste Zahl gab
%s der unmittelbar, die zweite das Destillat des Bieres , verdünnt bis
am Grewichte des Bieres; ob der Eztractgehalt des Bieres von bemerk-
arexn Einflüsse auf das Resultat ist, bleibt zu ermitteln.
Cb ist nun noch von der Untersuchung des Bieres auf fremdartige,
DStatthafte Zusätze zu reden. Solche Zusätze gehören im Allgemei-
en in die Classe der Gespenster; Viele sprechen davon. Niemand hat
le gesehen. Was soll den Brauer veranlassen, schädliche Substanzen
n das Bier zu bringen, ihm, dem daran liegen muss, dass das Bier
;iit bekommt, dass viel davon getrunken werden kann! Würde er
elbst von seinem Bier trinken, wenn er wüsste, es enthielte schädliche
»abstanzen, und würde er nicht in die Hände seiner Arbeiter gegeben
ein ! Die Anwendung solcher Substanzen aus ünkenntniss ihrer Wir-
Liing erscheint nicht glaublich. Man hat von dem Ale und Porter ge-
agt, dass das höchst bittere, giftige Alkaloid Strychnin zu ihrer Dar-
tellang benutzt werde, um Hopfen zu ersparen; es ist aber niemals
>trychnin darin gefunden worden, ungeachtet dies Alkaloid in den
kleinsten Mengen nachzuweisen ist und sich höchst ausgezeichnete eng-
lische Chemiker mit der Aufsuchung ^) desselben befasst haben. In
ilteren Vorschriften zur Bereitung von Porter sind Kokkelskömer als^
sin Ingredienz aufgeführt, welche den giftigen Stoff Picrotoxin ent-
ialten, der allerdings , chemisch nicht wohl zu erkennen sein würde.
Ob es zulässig sei, bei dem Bierbrauen den Hopfen ganz oder
theilweise durch andere^ aber unschädliche bittere Substanzen zu er-
setzen, dies hängt ohne Frage von gesetzlichen Bestimmungen ab, die
WiBsenschaft hat nichts dagegen einzuwenden. Es gab eine Zeit, wo
in England der Gebrauch des Hopfens beim Brauen verboten war, wo
man Salbei, Andorn, Kamillen anwandte. 'Würde der Hopfen nur sei-
ner Bitterkeit wegen benutzt, und wäre das Bier um so beliebter, je
*) Bayeriaches Kunst- u. GewerbcbL 1844, S. 227; Polyt. Centralbl. 1844, Bd. ü,
S. 117; GehAltsprobe f. Biere etc. von C. A. Steinheil, München 1847; Dingler's
polyt. Jonrn. Bd. XCIX, 8. 818; Bd. CV, S. 887.
*) Graham n. Hofmanü, Annäl. d. Obern, u. Pharm. Bd. LXXXTTI, S. 89.
1096 Bieressig. — Bierstein.
bitterer es schmeckte, so liesse sich denken, dass man bei tlieoci<a
Hopfeopreisen gern nach anderen billigeren bitteren Stoffen greifea
würde« Es ist aber anders: der Hopfen wird nicht aOein der Bitter-
keit wegen angewandt; sein Gehalt an Aroma und Gerbstoff wirkt
so entschieden günstig auf die Haltbarkeit des Bieres, daas ohne Ho-
pfen ein gutes mittelstarkes Lagerbier nicht wohl* gebraut werden
kann, und der Brauer bezahlt gern die besten Sorten des Hopfens ndl
den höchsten Preisen für die Bereitung der Lagerbiere, uin feine und
haltbare Biere zu erzielen. Gäbe es Substanzen , die dem Biere «bc
aromatische Bitterkeit und zugleich Haltbarkeit zu ertheüen vermödi-
ten, sie würden sicher sehr erwünscht sein. Starke Bitterkeit des Bie-
res ist nirgends beliebt, sie ist ein Nothbehelf da, wo gute Lagerkeller
fehlen, wo der Brauer die Haltbarkeit des Bieres durch grosse Mengea
von Hopfen erhöhen muss. Unter solchen Verhältnissen findet man be-
sonders gegen Ende des Sommers äusserst bittere bayerische Lagerbiere.
Durch chemische Erkennungsmittel l&sst sich mit Gewissheit ni^
bestimmen, ob die Bitterkeit des Bieres vom Hopfen allein oder aa4^
von anderen Bitterstoffen herrührt; man ist so gut wie aasachlieeslidi
auf den Geschmack angewiesen und dieser trügt bekanntlich sehr.
Pikrinsäure, welche von Du moniin unpassenderweise als Ersatzmittel
für Hopfen vorgeschlagen ist, kann indess leicht durch ein Stuck Woll-
garn erkannt werden, das innerhalb 24 Stunden in dem Biere eine
gelbe Farbe annimmt, welche nach dem Auswaschen mit Waaser reis
zum Vorschein kommt; selbst wenn das Bier nur ^/4oooo PikrinBaare
enthält, soll sie auf diese Weise zu erkennen sein i).
Aromatische Stbffe, wie sie aus Pomeranzen, Kalmus und derglei-
chen in das Bier gelangen, lassen sich ebenfalls nur durch den Ge-
^ruch und Geschmack erkennen; von einer Verfälschung des Bierss
wird man aber hier auch nicht reden können. Zusatz von Spiritoi
lässt sich bei grossem Alkoholgehalt und geringem Extractgehalt ver-
routhen, vielleicht auch im Destillat des Bieres durch einen eigenthün-
lichen Geruch erkennen.
Die Gegenwart von metallischen Substanzen, wie Kupfer, ist ia
der Asche des Bieres auf dem gewöhnlichen an^ytlschen Wege leicfal
zu ermitteln; aber Spuren von Kupfer werden niemals fehlen und deu-
ten keineswegs auf ISusatz von Kupfersalz, für welchen, wie für den
Zusatz anderer Metallsalze kein Grund vorliegt. In der Aache ist
auch das Kochsalz zu erkennen, das man hier und da der Bierwürze
zusetzt ^) ; enthält sie viel kohlensaiures Alkali, so lässt sich vermuthen,
dass das Bier zur Neutralisation von vorhandener Essigsäure mit kohlen-
saurem Natron, gewöhnlich mit Bicarbonat, versetzt war. o.
Bieressig. Der aus Bier oder Bierwürze dargestellte Essig
(s. d. Art.)
Biersteill, Getreidestein, Zeilitho'id. Unter diesen un-
passenden Namen ist die zur festen Consistenz eingedampfte Bierwurzei
also das Malzextract oder Meischextract, in den Handel gebracht wor-
den. Das patentirte Fabricat wird auf der dem Grafen Basuniowskj
gehörenden Domaine Böhmisch-Rudolitz in Mähren von dem Oecono*
') Pohl u. Otto, Annal. d. Ghem. u. Pharm. Bd. CD, S. 67.
*) Zenneck, Anleitung zur Untersuchung der Biere, Htinchen 18S4.
Bierwürze. 1097
sie-Direcior Riet seh bereitet* Es wird nämlich aus Gerstenmalz,
nter gleichzeitiger Anwendung anderer stärkmehlhaltiger Materialien,
rie Gerste, Weizen, Mais, Kartoffelstärkmehl u. s. w. eine Würze ge-
ogen, diese mit Hopfen gekocht und, nachdem sie sich durch Absetzen
;eklärt hat, möglichst rasch und bei möglichst niederer Temperatur,
lao am besten in einem Yacuumapparat eingedampft un'd schliesslich
ingetrocknet Die durch zwei heisse Nachgüsse erhalteneji schwachen
9'achwürzen werden sogleich zum Einmeischen einer neuen Qnantit&t
^alz- Getreide- Schrot verwandt, um das Eindampfen derselben zu um-
;eben. Durch Benutzung von verschieden stark gedarrtem Malze und ver-
chiedenen Mengen Hopfen gewinnt man Bierstein für die verschiedenen
Lrten von Bier, wie för bayrisches Bier, für Porter, Ale n. s. w., und
8 steht natürlich nichts entgegen, auch ungehopftes Fabricat darzustellen.
Der Bierstein ist gelb bis gelbbraun und so spröde, dass er sich
n Stücken zerschlagen lässt; er enthält in diesem Zustande noch unge-
ühr 5 Proc. Feuchtigkeit, welche bei der Bereitung im Grossen nicht
v-ohl entfernt werden können, ist aber vollkommen haltbar, wenn er
-weckmässig aufbewahrt wird. An der Luft wird er feucht, weich und
lebrig; man versendet ihn deshalb In mit Papier ausgefiitterten Fässern
^der Kästen, in welche er heiss, noch weich, gegeben wird, damit er
ich der Form der Gefässe anschliesse. Sein Geschmack ist aromatisch,
lopfenbitter. In Stücke zerschlagen lost er sich in Wasser, auf wel-
chem er schwimmt, ziemlich leicht auf. Die Lösung ist natürlich
)ine Bierwürze, welche diurch Gährung in Bier verwafidelt werden
:ann, worüber das Specielle bei Bier S. 1058 u. folgd. nachzusehen.
Der Zweck der fabrikmässigen Bereitung des Biersteins ist, den
3rauproce8S zu vereinfachen, die Anlage von Brauereien weniger
kostspielig zu machen, die Darstellung von Bier zu ermöglichen unter
STerhältnissen, wo sie sonst nicht möglich sein würde. Bei der Anlage
siner Brauerei nehmen die Einrichtungen, Apparate und Utensilien zur
jrcwinnung der Würze das meiste Capital in Anspruch, und bei dem
Sierbranen verursacht die Darstellung der Würze den grössten Kosten-
aufwand. Zur Verarbeitung des Biersteins auf Bier hat man, ausser
Einern geeigneten Gährlocale, nur Bottiche, Fässer und Hefe nöthig
ind selbst die letztere wird überflüssig bei der Verwendung von hefe-
laltigem Bierstein, der ebenfalls zu haben ist. Malzlocal, Darre, Meisch-
^orrichtung, Pfannen und Kühlen fallen gänzlich fort. Am besten
eignet sich der Bierstein zur Darstellung von Porter und ähnlichen
sieht feinen Bieren. In Bezug auf die Benutzung des Getreidesteins
in heissen Klimaten, wo die Operationen des Mälzens, Meischens und
Kählens nicht wohl ausführbar sind, muss man indess berücksichtigen,
liass sich sorgfaltig bereitete Biere in diesen Klimaten leichter aufbe-
wahren lassen, als sich in denselben eine Biergährung leiten und junges
Bier pflegen lässt, und för die SchiffTahrt wird das Fabricat auch nicht
len Nutzen haben, von welchem man geredet hat, da es offenbar bequemer
st, fertiges Bier zu Schiffe zu nehmen als den Getreidestein und das er-
forderliche Wasser. Auch kann nur der, welcher die Bewegung eines
Schiffes auf einer einigermaassen hoch gehenden See niemals gefühlt hat,
3S fiir möglich halten, dass eine Gährung auf dem Schiffe gehörig zu leiten
lei und so verlaufen werde, dass ein klares Prodact resultire. 0.
Bierwürze /S. Bier (S. 1041).
1098 Biformen. — Bimsstein.
B i f O r m e n hatte L a 1 1 e m a n d einen Kohlenwasserstoff genannt^
den er durch Zersetzung Ton au8 Thjmianöl erhaltenen Producta
bekam, weil er fflr denselben die Zusammensetzung C4lig annahm; bei
wiederholter Untersuchung zeigte es sich, dass dieser Kohlenwa9^e^
Stoff Ce Hg, d. h. Propylengas seL Fe.
Biimide nennt Gmelin die Imide oder secundaren Amide einer
zweibasischen Säure: A"HN (s. Bd. I, S. 693).
Bildstein, syn. Agalmatolith (Bd. I,1S. 875).
Bilicholinsäure s. bei Bilin unter Galle und ba
Cholinsäure.
Bilifellinsäure, syn. mit Gallensäure (s. d. Art od«
Choleinsäure von Demar9ay).
Bilifulvin nennt Berzelius den rothen Gallenfarbstoff' (s. Galle
und GallenfarbstofO*
Bilifulvinsäure s. Bilifulvin unter Galle und Gal-
le nfarbstoff.
Bilin nennt Berzelius die Substanz, welche er als den Qaopt-
bestandtheil der Galle betrachtet (s. Galle).
Biliphaein nennt Heintz den dunkelbraunen, in den Gallen-
steinen enthaltenen und darin, wie es scheint, an Kalk gebundenen Farb-
stoff (s. Gallensteine u. Gallenfarbstoff).
Biliverdin nennt Berzelius den grünen Gallenfarbstoff (s. i
Art. und Galle).
Bilsensäure nenntPeschier eine von ihm im Bilsenkraut (.^foi-
cyamuB niger) aufgefundene nach seiner Meinung neue, aber nicht weiter an-
tersuchte Säure, deren Eigenthümlichkeit in keiner Weise nachgewiesen iit
Bilsensamenöl, das ausgepresste fette Oel von Hyoscyamut
niger gehört zu den trocknenden Oelen.
Bimsstein, Pumej!^ Pumice, Ponce^ Obsidienne seoriforme. Dieses
vnlcanische Product von poröser, blasiger oder schaumiger Beschs^es-
heit, welches auch zum Theil gleichlaufend- oder verworren faserigi
aber nicht krystallinisch erscheint, klein muscheligen bis ebenen Bmdi
hat, wird als eine Abänderung des Obsidian angesehen, insoweit idsq
dies nach dem Vorkommen, den Uebergängen in Obsidian, nach deo
Bestand th eilen und nach dem ähnlichen Verhalten bei Glasflfissen be-
urtheilen kann. Er ist weiss bis grau, gelblich, bräunlich, schwän-
lich, durchscheinend bis an den Kanten, hat Glasglanz, cum Theil
wachsartigen, bei faseriger Bildung seidenartigen, die Härte = 5,0,
das specif. Gewicht = 2,19 bis 2,28, schwimmt durch die in den Po-
ren eingeschlossene Luft auf dem Wasser, ist sehr spröde und fühh
sich rauh an. Vor dem Löthrohre ist er bald schwerer, bald leichter,
zum Theil unter Aufblähen zu weissem Email schmelzbar und enthsh
als Verschmelzungsproduct verschiedener Silicate die Bestandtheile
Kieselsäure (70 bis 80 Proc), Thonerde (10 bis 20 Proc), Kaü, Ös-
tron, Kalk und Magnesia, Eisen- und Manganoxyde , zum Theil auch
etwas Wasser (letzteres wie es scheint nicht als wesentlichen Bestandtheil)
Binarkies. — Binnit 1099
sehr waeheelnden Mengen. Der Bimsstein findet sieh fttr sich oder als
imsteinporphyr mit ansgesonderten Sanididkrystallen , als Lava mit
bsidian, gewöhnlioh die obere Masse bildend, als Auswürfling in
Dnglomeraten und Tuffen, mit Trachyten u. s. w., wie a\tf den Lipari-
hen Inseln, auf den griechischen Inseln Milo und Santoriü; auf Tene-
ffa, auf den Azoren, in de^ Bheingegend bei Neuwied, im Brohlthal,
»i Marburg in Hessen, auf Island, in Mexico, Columbien, in Un-
»m, in der Anvergne u. s. w. und wird yielfach, namentlich zum Ab-
»hleifen von Metallen u. dergl. verbraucht. K.
Binarkies, syn. mit Strahlkies.
Binartheorie ist die Hypothese genannt, nach welcher die
üorenhydrate als Wasserstoffverbindungen anzusehen sind, welche
'erfoindungen in Salze Übergehen, indem Metall hier den vertretbaren
Wasserstoff ersetzt (s. unter Säuren und Salze).
Binellisches Wassers. Aqua Binelli (Bd.n,S. 158).
Binnit heisst ein orthorhombisch krystallisirendes Mineral aus
em Binnenthale in den Walliseralpen in der Schweiz, welches in dem
reissen kömigen Dolomit eingewachsen vorkommt, selten deutliche
prismatische Krystalle bildet, öfterer dagegen breite schilfartige, na-
ieli^rroige bis faserige Krystalloi'de, auch derb auftritt, sehr spröde und
erbrechlich ist. Stahlgran bis eisenschwarz oder bis licht bleigrau,
tark metallisch glänzend, undurchsichtig; Strich röthlichbraun, Härte
= 2,5 bis 3,0, specif. Gewicht = 5,0 bis 5,5. Die wesentlichen Bestand-
heile sind Blei, Arsen und Schwefel, nur sind die Mengenverhidtnisse
ron Damonr, Sartorius v. Waltershausen, Stockar-Escher, Na-
lOD und Uhrlaub abweichend gefunden worden und dadurch mancher
Sweifel über diese Species entstanden. Damour nämlich analysirte
sin graues metallisches Mineral ^), undeutlich krystallinische oder derbe
Partien des Binnit, fand nebenbei tesserale Krystalle von ähnlicher
ß*arbe und glaubte, diese seien dieselbe Substanz. Deshalb benannte er
sin tesseral krystallisirendes Mineral Dufr6noysit und vindicirte ihm
»Is* Bestandtheile die des Binnits, entsprechend zufolge seiner Ana-
lyse, der Formel 2PbS.AsS3. Später fand Sartorius v. Walters-
hausen, dass in dem Dolomit ein tesserales Mineral vorkomme, aber
anders zusammengesetzt sei^ als es Damour angegeben hatte, dass
dagegen ein ähnlich aussehendes graues bis eisenschwarzes Mineral
viel häufiger enthalten sei, welches orthorhombisch kryatallisirt und die
Bestandtheile PbS und As Sa enthalte. Ihm, wie Damour, war der
in der Schweiz gebräuchliche Name Binnit unbekannt und er nannte
nun das orthorhombische Skleroklas, den Namen Dufr^noysit filr
das tesserale belassend. Seine Analysen Hessen ihn aber finden, dass
die Bestandtheile Pb S und As Sa nicht immer den von Damour gefun-
denen Verhältnissen entsprechen und so nahm er an, dass zwei isomorphe
Mischungen, Pb S . AsSa und 2 Pb S . As Sa, das orthorhombische Mineral
in wechselnden Mengen zusammensetzen und bald mehr von dem einen,
bald mehr ton dem anderen darin enthalten sei. Diese beiden Theile unter-
scheidet er nun als Skleroklas = 2 PbS. As Sa und als Arsenome-
>). AnnaL de cfaim. et de pbys. [8J T. XIV, S. 379.
1100 Binopiammon. — Biotit
lan = PbS.AsSs. Die somit entstoadene YerwirruBg dar Ni
wurde weiter vermehrt, indem Descloizeauz und Damonr jeUkda
Namen Dufrönoynt dem orthorhorobischen Minerale gaben und ks
tesserale Binnit nannten, während es allein richtig i^t, Bi n n it das oitke-
rhombische eu nennen, welchen Namen ihm D. F. Wiser Tor Afl«
gab, Dofr^ncysit aber das tesserale su nennen, wie Damonr es txmA
benannte. Die Zusaromensetsnng des Binnit onterliegt einigen Schwankn-
gen, soviel steht jedoch fest, dass es wesentlich aas PbSand*AsSs batikt,
während der tesserale Dufrenoysit wesentlich Co, As und S enthalt ^). k
Binopiammon oder Biopiammon s. Opiammon
(Iste Aufl. Bd. V, S. 702).
Biogen nennt Desor^) die eiweissarlige Flüsägkeit, welche b
den Eierstockeiern niederer Thiere (namentlich in denen von ÄBÖät
rusticä) den Dotter umgiebt.
Biotin, Biotina, ayn* mit Anorthit (8. anter Oii-
g o k 1 a (j ).
Biotit/ Magnesiaglimmer, einachsiger Glimmer, Hezs-
gonglimmer, rhomboedischerTalk-Glimmer, Meroxen, Miott
ä un axe de double rtfracUtm^ liexagonal Mica, Magnesia Mica. Die
verschiedenen mit dem Namen Glimmer benannten Minerale lassen ntk
nach dem optischen Verhalten, auf welches der französische Physiker
B i o t zuerst aufmerksam machte, und nach den Bestandtheilen unter-
scheiden, und unter diesen hat Hausmann Biotit den optisch einachai-
gen Magnesiaglimmer genannt. Von ihm sind zunächst andere Magnesia^
glimmer zu unterscheiden, welche optisch zweiachsige bei gleicher che-
mischer Beschaffenheit sind. Der Biotit krystallisirt hexagonal und bildel
meist tafelartige Kry stalle, welche mit der Basisfläche die Flächen dei
hezagonalen Prisma odB oder die Flächen eines spitzen Rhomboeders
B = 78^ zeigen, also'sechsseitige Tafeln mit geraden oder mit ab-
wechselnd schiefen Randflächen darstellen. In der TnrnialinArige
zeigen hinreichend dünne Blättchen ein System kreisförmiger Bing<>
Die Krystalle sind auf- und eingewachsen, mehr oder weniger deutlich,
meist blätterige Krystalloide, mannigfacli gruppirt und verwachsen m
Massen mit krystallinisch blätteriger bis schuppiger Absonderung. Sehr
vollkommen spaltbar, parallel den Basisflächen, der Bruch darum nielil
wahrnehmbar. Er ist gewöhnlich dunkel gefärbt, grün, braun hi^
schwarz, selten lichter, auf Krystallflächen ist Glasglanz, zum Theil
wachsartiger, auf den Spaltungsflächen Perlmutterglanz, zum Theil hslb-
metallischer, bemerkbar; gewöhnlich erscheint er undurchsichtig, dfinM
Blätter sind durchscheinend bis durchsichtig; der Strich ist licht grün-
lichgrau bis weiss; Härte = 2,5 bis 3,0, specif. Gewicht = 2,8 bis
3,0 ; er ist milde und in dünnen Blättchen elastisch biegsam. Vor
dem Löthrohr ist der Biotit meist schwierig zu graulichem, schwirv-
lichem oder grünlichem Glase schmelzbar und zeigt mit Borax zuwa-
mengeschmolzen Reaction auf Eisen, im Kolben giebt er oft etwsi
Wasser und Spuren von Fluor. lu Salzsäure ist er wenig, dagegen
*) Kenngottß Uebers. 1844 — 49, S. 250; 1854» S. 184; 1856, S. 107 ii.
108; 1856 — 57, S. 157; Annal. d. Phys. u. Chcin. Bd. XCVII, S. 115; Bd. C,
S. 589 ; AnDal. d. min. T. VIII, p. 886. — *> SilUm. Amer. Joum. [8.] VIT, p. S95^
Birkenblätter. — Birkenholz. 1101
in Schwefelsäure voUständig zersetzbar, die Kieselsaure in Form weis-
ser, perlmutterartig glänzender Blättchen ausscheidend.
Vom Biotit und dem chemisch gleichen Phlogopit (dem optisch
zweiachsigen Magnesiaglimmer) sind zahlreiche Analysen vorhanden,
welche zum Theil namhafte Verschiedenheiten ergeben haben. Aus
ihnen hat sich aber mit grösster Wahrscheinlichkeit herausgestellt, dass
die Zusammensetzung des Biotit der Formel 3 R O . Si O3 -|- m (R2 O3 .
SiOs) entspricht, worin RO vorherrschend Magnesia mit Kali und
Bisenoxydul, R9 Oj aber vorherrschend Thonerde mit Eisenoxyd dar-
itellt. Ausser diesen enthalten sie abwechselnd geringe Mengen von
Kalk, Manganozyden , Chromoxyd und Wasser, welches aber nicht
pvesoitlich dazu zu gehören scheint, während etwas Fluor als Vertre-
t&t des Sauerstoffes bemerkt worden ist ^).
Der Biotit erscheint selten als wesentlicher Gemengtheil von 6e-
i>irg8arten, so im Miascit, öfter neben und für andere Glimmer, auf
Liagem, Gängen , eingewachsen, an verschiedenen Fundorten, und wird
>ei mangelnder optischer Bestimmung oft mit dem Phlogopit verwechselt. .
Besonders schöne Krystalle sind die von Monroe in New- York in Nordame-
!ikl^ auch die vom Baikalsee, von Korosnlik in Grönland ; die in Auswürf-
ingen des Vesuvs u. a. lassen sich deutlich als Biotit erkennen. K,
Birkenblätter (v. Betula alba) enthalten ätherisches Oel (nach
Grrossmann 0,3 Proc), Gerbstoff und einen bittem gelben Farbstoff.
Birkencamphor s. Betulin.
Birkenharz s. Betuloretinsäure.
Birkenholz. lOO Thle. trockenes Holz geben, nach Kar-
iten, 0,25 bis 0,3 Asche, nach Berthier 1,0; nach Letzterem enthält
lie Asche in 100 Thln. 16 lösliche und 84 unlösliche Salze, Wit-
fing^ hat die Asche von Birkenholz analysirt, das auf verschiedenem
^oden gewachsen war ; L von Birkenholz von einer palagonitschen,
kus verwitterten vulkanischen Gebirgsmassen entstandenen Erde, von
Ikureyri auf Island; II. von Holz von einem sterilen Kalkboden, der
l^iischelkalkformation angehörend, von Morschen in Kurhessen ; III. von
lolz von einer sandreichen, der Sandsteinformation angehörenden Erde,
ron Marburg in Kurhessen.
L
n.
IIL
Kali
. 12,8
5,7
14,8
Natron . . . <
1,6
1,2
2,8
Kalk . . . .
. 26,7
46,9
—
Magnesia . . .
2,2
1,7
11,8
Thonerde . . ,
1,4
o;4
Eisenoxyd . . .
0,8
0,4
Manganoxyd .
Spuren
1,7
3,8
Schwefelsäure
0,02
"^^
2,8
^y Sammelsberg's HandwOrterb. d. ohem. Theils d. Mineralogie. — GlimmeT
ind die SupplMnente Bd. I, S. 60; Bd. 11, S. M; Bd. III, S. 48; Bd. lY, S. 76;
id. V. S. 116. — KenngoU's Uebers. d. mineral. Forschungen, 1844 — 1949, S. 96;
1850 — 1861, S. 70; 1868, S. 64; 1864, S. 74; 1866, S. 47.
*) KeUer 8 u. Tiederamnn's nordimer. Monatsschrift f. Natur- u. Heilkunde, Heft
f u. VT; Pharm. Oentralbl. 1851, S. 404. Hier sind zugleicfh die Analysen der
iodensrten angegeben.
1102
irkenöl, ätherLsc
shes, -
- Birkenrinde
I.
IL UI.
Kieselerde . . .
2,9
1,5 4,0
Kohlensäure . .
18;8
24,6 12,9
Fhosphorsänre •
8,1
4,2 16,6
Waaser ....
4,1
7,1 9,8
Kohle • . . .
0,6
0,4 0,5
Sand • . • •
19,8
2,4 4,7
Fe.
Birkenöl, ätherisches. Es scheint, dara die vorschiedeiMii
Theile der Birke ätherisches Oei enthalten«
Ein ätherisches Birkenblätteröl wird, nach GrassmaDn i),
dnrch Destillation der jungen Blätter und der Knospen der BeUda ofta
mit Wasser gewonnen. Es ist frisch bereitet farblos, färbt sich aber
an der Luft allmälig gelb, es zeigt den eigenthämlichen balaamlBehen
Geruch des eben entwickelten Birkenlaubes, und einen anfiB^ngs inildiSB
und süsslichen, hintennach balsamischen und brennenden Geschmaek.
Bei -|- 14^ C. ist es dünnflüssig, bei 0^ C. wird es dickflüssig,- und er^
starrt bei — 10^ C. zu einer festen, nicht krystallinischen Masse. Es
löst sich in Alkohol leichter als in Aether; Wasser soll dem Oel ein Stea-
ropten (?) entziehen.
Ein ätherisches Birkenrindenöl aus der Rinde der sahen
Birke (^Betula lerUa% einem in Nordamerika einheimischen Baum, doreb
Destillation mit Wasser erhalten, soll mit dem Gaultheriaöl (s. d. A.)
identisch sein; es ist nicht fertig gebildet in der Binde enthalten, son-
dern entsteht, ähnlich wie Senföl und Bittermandeldl, aus einer kxy-
stallinischen, geruchlosen Substanz, dem Gaultherin (s. d. A.) durch
Einwirkung eines Ferments unter Einfluss von Wasser (Procter*).
Birkenöly brenzliches, s. Birkentheer*
Birkenrinde. Die weisse, leicht sich ablösende Epidermis
der Birkenrinde enthält, nach Gaultier, Harz, Gerbsäure, Extracdv-
stoffe und Asche, welche letztere hauptsächlich Eisenozjd, Kieselsäure
und Kalk enthalten soll.
Die ganze Birkenribde ist früher unvollständig von John*) iin>
tersucht (sie enthält nach ihm ^/g Harz, ausserdem Gerbstoff, wes-
halb sie sowohl zum Gerben von Leder, als zum Schwarzfarben, na-
mentlich von Seide, verwendet wird), später von Stähelin und Höch-
st ett er ^), welche mittelst verschiedener Lösungsmittel einzelne amor-
phe Stoffe daraus dargesteUt haben, deren Eigen thümlichkeit aber
nicht hinreichend erwiesen ist. Die rothbraune Borke von dem unte-
ren Stamm eines alten Baumes, in welcher sich eine weisse, harsartige
Substanz durch das Gesicht erkennen lässt, giebt für sich an Wasser
kaum lösliche Bestandtheile ab, wenn sie nicht vorher mit Aether behan-
delt war. Zur Trennung der einzelnen Körper ward sie nach einander
mit Aether, mit Alkohol, und zuletzt mit wässerigem Kali behandelt
Wird die trockene Rinde mit Aether behandelt, so zieht dieser
ein beim Verdampfen als gelbe amorphe Masse zurückbleibendes Harz aiff,
dem kochendes Wasser eine geringe Menge einer gelben Substans ent-
0 Bepertor. d. Pharm. Bd. XXXIQ, S. 887. •— *} Amer. Journ. of pbmrm. Jtii.
1844; Bepert. d. Phftrm. Bd. XC, 8. 211. — *; R«pert. d. Ph»rm. Bd. XXXm«
S. 827. — «) Annal. d. Ghem. u. Pharm. Bd. LI, S. 79.
Birkensaft. — Birkenschwamm. 1103
zieht; das znrückbleibende Harz hat dieZiisammen8etzang= C40H80O4,
dieselbe wie die Sylvinsäure; es ist gelblich weiss, amorph, geruch-
and geschmacklos, es löst sich schwer und nur in heissem Alkohol,
leichter in Aether, es schmilzt bei höherer Temperatur und entwickelt
beim stärkeren Erhitzen einen schwach aromatischen Geruch. Von
verdünnten Alkalien wird es nicht gelöst.
Der Farbstoff wird erhalten, wenn man die mit Aether erschöpfte
Birkenrinde mit Alkohol behandelt, und dem beim Abdampfen blei-
benden braunen Rückstand durch Einwirkung von Aether zuerst alles
darin Lösliche entzieht; der Bückstand wird dann in wenig Alkohol
gelöst und allmälig unter Umrühren heisses Wasser zugesetzt. Der
Farbstoff scheidet sich hierbei als rothbrauner Niederschlag ab, welcher
bei der Elementaranaljse Zahlen giebt, die der Formel 020^8 08*^1^^
sprechen. Diese in Wasser und auch in Alkohol unlösliche Substanz
zeigt alle Eigenschaften des aus Fichtenrinde dargestellten Phlobaphen <)
(s. Iste Aufl. Bd. VI, 226).
Durch Ausziehen der mit Alkohol und Aether erschöpften Birken-
rinde mit verdünntem Alkali und Fällen der Flüssigkeit mit verdünn-
ter Schwefelsäure wird ein rothbrauner Niederschlag von der Zusam-
mensetzung C30 11909 erhalten; frisch gefällt, ist er in Wasser tfnd in
Essigsäure löslich ; einmal getrocknet, löst er sich auch beim Sieden nicht
mehr in diesen Flüssigkeiten, auch in Mineralsäure ist er unlöslich, in
Alkohol löst er sich schwer, leichter in verdünnten Alkalien; Ealk-
nnd Barytsalze föUen die ammoniakalische Lösung vollständig, der
Niederschlag ist rothbrann. Fe,
Birkensaft, Birkenwasser, wird in ähnlicher Weise
wie der Ahornsaft (s. Bd. I, S. 388) durch Anbohren der Stämme von
Betuda alba im Februar und März erhalten. Eine mittlere Birke soll
etwa 8 Liter Saft geben (Gdisseler). Dieser Saft enthält hauptsäch-
lich Zucker, ausserdem Stickstoff haltende Substanzen und verschiedene
Salze, darunter auch saures weinsanres Kali; er wird an der Luft sehr
schnell sauer und geht leicht in Gährung über. Man verwendet den
Saft in einzelnen Gegenden, z. B. am Harz, in Kor- und Liefland, zur
Darstellung einer weinigen Flüssigkeit, besonders eines moussiren-
den Weines ; man kocht den frischen Saft alsbald ein unter Zusatz von
Zacker oder Honig, setzt die Masse durch Zusatz von Hefe in Gäh-
mng, und füllt die Flüssigkeit, sobald die Hauptgähmng vorüber ist,
zur Nachgährung in Flaschen, wo dann diese langsam stattfindet, so
dass die Flüssigkeit in der gut verstopften Flasche mit Kohlensäure
übersättigt wird, und beim Oe£fnen der Flaschen stark moussirt i). Fe.
Birkenschwamm. Nach J. Wolff^) enthält der Birken-
schwamm Holzfaser, Phlobaphen, Fett, Bitterstoff, unkrystallisirbaren
Zucker, Gerbstoff, Aepfelsäure, Weinsäure und Citronsäure; die letzte-
ren drei Säuren sind, nach ihm, die früher als Schwammsäure und Bo-
letsäure (s. d. Art.) bezeichneten Körper. Der Schwamm enthält 15,8
Proc. Wasser und 1,2 Proc. Asche, welche letztere in 100 besteht, aus:
Kali 5,0; Natron 4,1; Kalk 48,8; Magnesia 5,5; Thonerde 8,1; Eisen-
^) DiogUr's polyt Joarn. Bd. VII, S. 484. — ^ Vierteljahrschrift f. prakt.
Phann. Bd. III, S. I.
1104 Birkentheer, — Birkenwasser.
oxyd 1,6; Schwefels&nre 4,4; Chlor 0,6; Phosphors&nre 15,6; Kief^
sänre 4,7; Kohlensäure 15,9. Fe.
Birkentheer, Dagged, schwarzer Degen, achwaner
Doggert oder Deggelt, Eirkenftheeröl. In Rnssland and andeno
nordlichen Ländern wird die Binde der weissen Birke zur Darstelliuig
des Theers bei der Verkohlung einer Art absteigenden DeatilUtioo
unterworfen; indem nian sie in 20 bis 25 Fuss tiefen Graben, die Mb
nach unten verengen und dort Abflussröhren haben, fest einstampft,
zuerst mit Stroh und dann mit einer Decke von Basen nnd Erde be-
deckt, in welch letzteren Löcher angebracht sind, die zum AnziuideB
und zum Beguliren des Zuges wie bei den Kohlenmeilern dienen. Dm
Rinde giebt hier 60 bis 70 Proc. Theer, welcher ausser brenzlicheo
ölartigen Producten auch Betulin enthält; er ist brattnsch¥rarz, zioa-
lich dikflüssig, von eigenthümlichem Geruch, dient zum Anatreichen von
Holz u. 8. w., namentlich zum Einschmieren des sogenannten Juchtea-
oder Juftenleders, und dann auch als Wagenschmiere, weil er selbst bei
starker Kälte nicht merklich an Flüssigkeit verliert.
Durch Destillation des Theers wird ein braunes, stark riechendes und
sauer reagirendes Oel erhalten. Bei der Bectification desselben geht bei
etwa 100^ C. zuerst hauptsächlich ein flüssiger Kohlenwasserstoff über vob
der Zusammensetztung des Terpentinöls gemengt mit Sauerstoff haltendea
Oel, dessen Menge iauner zunimmt, so dass der Sauerstoffgehalt des ganm
Destillats von 1 bald auf 7 und mehr I^rocent steigt, während der KoUec-
Stoffgehalt, der anfangs 87 Proc. betrug, umgekehrt abnimmt. Dor^
Waschen. des Destillats mit Kalilauge, wodurch es seine saure BeaeüoD
verliert, Destillation, mehrmaliges Behandeln mit Kalkwasser und Be^
tificiren in einem Kohlensäurestrom wird endlich ein farbloses Gel
erhalten, dessen Zusammensetzung dieselbe wie die des Terpentböh
ist = C90H16; es riecht auch dem Terpentinöl ähnlich, aber angeoek-
mer als dieses, und weniger stark, zugleich an Birkenrinde erinnernd;
es hat ein specif. Gewicht = 0,87 bei 20^ C, ist wenig löslich in Wa^
ser, leicht in Alkohol und Aether; es siedet bei 156^ C, das specif. Ge-
wicht des Dampfes ist = 5,2 gefunden (berechnet auf 4 Vol. zu 4,8).
Bei — 16^0. setzt das Oel etwas Stearopten ab. Es absorbirt an der
Luft rasch Sauerstoff, und verwandelt sich dabei unter Abscheidoog
von wenig Kohlensäure in eine harzartige Masse. Das Oel absorbirt
32 Proc Chlorwasserstoffgas, ohne aber eine krystallisirbare Verbin-
dung zu bilden. Durch Erhitzen mit dem 8- bis lOfacben Volameo
verdünnter Salpetersäure wird es unter Entwickelung von Blaussore
oxydirt, es bilden sich zwei harzartige saure Körper, beide in Alkohol
löslich, aus welcher Lösung der eine sich als körnige. Masse abschei-
det, während eine röthliche Substanz gelöst bleibt; beide Harze ver-
binden sich mit Basen.
Das Betulin (C4oH8tOs; S. 1028) kann der Zusammensetzung luch
aus diesem Camphen durch Oxydation entstehen, auf künstlichem Wege
es daraus darzustellen, gelang aber bis jetzt nicht (Sobrero ^). Fe»
Birkenwasser s. Birkensaft.
^) Journ. de pharm, et chiin. T. H, p. 207; AnnAl d. Cbem. u. PhtnP.
Bd. XLIY, S. 121. Sobrero hat hier das specifische Gewicht des Dampfes ia
Folge eines Schreibfehlers su 5,8 be]^echnet.
Birkenwein. — Bimenöl. 1105
Birkenwein s. Birkensaft.
Birnen. Die Frucht von Pyrus communis ^enih&U die gewöhn-
lichen Bestandtheile der Früchte: Zucker, Oel, Pektin und Pektinsäure,
Aepfelsäure, Aschenbestandtheile, Eiweiss u. s. w. ; manche Sorten W/e-
nigatens enthalten unstreitig auch Gerbsäure. Vor dem Reifen soljen
die Birnen auch Stärkmehl enthalten, doch zeigt sich, nach Berzelius,
nicht die blaue Färbung auf Jodzusatz. Der ausgepresste Birnsaft ent-
hielt, nach Versuchen von Falsst und Marx in den Jahren 1849 und
1 857, bei verschiedenen Sorten reifer Birnen übereinstimmend 7 bis ge-
gc!h 12 Proc.an trockenem Zucker (C12Ä12OJ2). Wolff *) erhielt (1856)
bei der Analyse von 10 Birnensorten 8 bis 11 Proc. Zucker und im Gän-
sen 16,0 bis 24,0 trockene Substanz auf 84,0 bis 76,0 Wasser. Lenssen
und Seelheim ^) erhielten 1854 und 1855 bei der l^othbirne 7,0 bis
7,9 Zucker und 83,0 bis 83,9 Wassei;, Die Durchschnittsresuhate von
Wolff (I) und von Lenssen und geelheim (II) sind folgende:
Wasser. Trockene Unlösliche
Im Saft
Zucker. Pektin freie
Subst .Subst.
gelöste
i^ubst.
Eiwciss u. Säure.
Salze etc.
L 80,0 20,0 6^5
13,4
9,3 3,0 0,6
TT. 83,5 16,5 4,6
11,9
7,5 4,1 0,04
■
Die abgenommenen Früchte reifen beim Liegen nach; bei zu lan-
gem Liegen nimmt aber der Zuckergehah
; und dann auch der Wasser-
gehalt ab. B^rard erhielt:
•
Reif n. frisch
Mürbe Weich nach zu
9 gebrochen :
langem Liegen.
Wasser . . . 86,3
83,9 62,7
Zucker ... 6,5
11,5 8,8
Gummi etc. . . 3,2
2,0 2,6
Aepfelsäure . : 0,1
0,1 0,6
Chlorophyll . . OfiS
,
0,02 0,04
£iweisB etc.. • 0,1
»
, 0,3 0,2
Kalk .... 0,08
0,04 0,05
Die frischen Birnen enthalten, nach Th. Richardson'), 0,4Proc.
Asche; 100 Thle. desselben enthalten: Kali ^4,7; Natron 8,5; Kalk 8,0;
Magnesia 5,2; Schwefelsäure 5,7; Kieselerde 1,5; Phosphorsäure 15,3;
Phosphorsaures Eisenoxyd 2,0. Fe.
Birnenessenz. Birnenol, Jargoneü-pectr oiL Mit diesen^ Na-
men hat man eine verdünnte weingeistige Lösung von essigsaurem Amyl-*
oxyd bezeichnet, welche auffallend den Geruch und Geschmack nach
Bergamottbimen zeigt, und deshalb zum Aromatisiren von Zucker und
dergleichen angewandt ist.
Man löst 15 Thle. essigsaures Amyloxyd (s. d. unter Essigsäure),
welches frei von Fuselöl sein rouss, und 1,5 ThI. essigsaures Aethyldxyd
in 100 bis 120 Thln. fnselfreien Weingeist Fe.
Birnenöl s. Birnenessenz.
^) Dingler's Jonrn. Bd. CXL, S. 819; Chem. Centralbl. 1867, S. 13.
^ AniMl d. Chem. n. Pharm. Bd. Gl, S. 281. — > ') Annal. d. Chem. u. Piarm.
Bd. LXVII, Anhang.
HandwOitarbBch d«r Chemie. 3te Aufl. Bd. II. 70
1106 Bisam, .— Bitterkalk.
Bisam, syn. Moschus.
Bisam, künstliches, s. unter Bernsteinöl S. 980.
Bisihäthyle s. unter Wismuth organ. Radicale.
Bismuth, syn. Wismuth.
«
Bismuthaurit s. Wismuth-Gold.
Bismuthin, syn. Wismuthglanz.
Bismuthit s. Wismuthspath.
Bismutit s. Wismuthspath.
Bissa-Bol, ein der Myrrhe ähnliches arabisches Gammiban
(Vauglan^).
Bissen, Boll nannte man früher in den Apotheken mehr oder
weniger grosse Kngeln von der Grosse einer Erbse bis zu der einer
kleinen Faust, welche aus sehr steifer Latwerge, aus Pulver mit Honig
oder mit einem Extract angeknetet, geformt waren.
Bister^) nennt man eine braune Farbe, die in der Wassermalerei
Anwendung findet und aus Glanzmss gewonnen wird.
Man wählt unter dem Glanzruss die dichtesten, am meisten er-
hitzten und dadurch trockensten Stöcke aus, pulvert dieselben imd ztr*
reibt das Pulver sorgfältigst mit Wasser, lässt dasselbe sich völlig kla-
ren und giesst es ab. Dadurch sind die meisten in Wasser loslichen
Salze, namentlich kohlensaures und essigsaures Amtnoniak so^e au^h
ein Theil der brenzlichen Oele entfernt. Man Übergiesst nocb einige
Male. mit siedendem Wasser, um dies Extrahiren möglichst vollständig
zu bewirken. Dann rilhrt man das feine Rosspnlver in kaltem Wasser
auf, g^ieast die trübe Flüssigkeit nach 5 Minuten in ein anderes Gefts^
wiederholt dies noch zweimal nach Verlauf derselben Zeit und lasst
dann die trübe Flüssigkeit sich ganz klären. Den Absatz versetzt man
mit etwas Gummi arabicum und trocknet die so erhaltene Farbe, wel-
che der chinesischen Tusche sich ähnlich verhält,, nur braun ststt
schwarz ist. V,
Bisuccinamid s. Succinimid unter Bernsteinsäore-
amide.
Bittererde s. Magnesia.
Bitterfenchelöl, das ätherische Oel von Bitterfenchel iFhd-
landrium aquaücum) s. unter Fenchelöl.
Bitterkalk, Bitterkalkspath, Bitterkalkstein, Bitter-
spath, Braunspath, Braunkalk, Perlspath, Rautenspath, Do-
lomit, Atiemit, Tharandit, Gurhofian, Konit, Eisenbitterkalk«
Eisenbraunkalk^ Eisenbitterspath, Rauhkalk, Stinkdoloroit,
p Pharm. Joum. And Tran»act. T. XIT, p. 227 1 Pbann. CeatralbL U62,8.94l
') Dlngler'i polrt. Joum. B<1. XT. 8. 508 a. Bd. XXVI, 8. 17«.
Bitterkeit 1107
Stinkbitterkalk, Bitterkalkmergel, Talkspath, makrotjpes
Kalk-Haloid, enmetrischer Karbonspath, dimerischer Kar-
^onspath, Chanx carbonatee fnagnestfere, Chernx carbonatS ferro-mangane-
rifirSf Dolome^ PearUSpat^ Bitter' Spar. Diese Mineratspecies kry^talli-
lirt hexagonal, rhombo^driach , isomorph oder homoomorph mit dem
fCalkfipath oder Calcit, die GrnndgeBtalt ist ein stumpfes Rhomboeder,
% r= 1060 18' (im Mittel). Die Krystalle zeigen vorzOglich RhomboSder
[t, oder spitzere und stumpfere in Combinationen , woran auch oft die
Basisfl&che 0 R und das hexagonale Prisma« oo R vorkommen. Das
Ethombogder R gewöhnlich mit mehr oder weniger sattelförmig gebogenen
ß*Iächen9 Vs^' ^^^' linsenförmig ausgebildet. Die Krystalle sind
iuf- und eingewachsen, einzeln und gruppirt, verwachsen zu kugeligen,
lalbkugeligen, traubigen, nierenförmigen, zelligen u. a. Gestalten , auch
lerb, Massen mit krystnllinisch-kömiger Absonderung bildend, die oft
.Öcherig nnd porö^ zuckerartig sind, auch dicht und erdig. Spaltbar
parallel R, die Spaltnngsflächen meist gekrümmt; Bruch muschelig, un-
eben, splitterig und erdig. Farblos, weiss, grau, gelb und anders ge-
arbt, meist licht, glasartig glänzend, oft perlmutterartig hU wachsartig,
glänzend bi» matt, durchsichtig (selten) bis undurchsichtig, Strieh weiss
>der graulich. Härte = 8,5 bis 4,6, die Dichte' durch kieselige Bei-
mengung auch bis Ö,ö, spröde, specif. Gewicht = 2,8 bis 8,0. Die
chemische Constitution wird am besten durch die Formel (Ca,Mg)0 . CO«
lasgedrückt, welcher keine bestimmte Procentzahl entspricht, oder im
Mittel durch Ca O . C O, -f- Mg O . C 0.2. Die sehr zahlreichen Analysen
haben bedeutende Schwankungen der beiden Hanptbestandtheile ergeben,
wodurch einerseits Usbergänge ii1 den Calcit, andererseits in den Mag-
nesit gebildet werden , welche gleichzeitig mit Schwankungen in den
IVinkeln verbunden sind. Ausser Kalk und Magnesia kommen noch
ifters Eisen- und Manganoxydul als stellvertretende Bestandtheile in
iDtergeordneten Verhältnissen dazu, auch sind Beimengungen verschie-
lener Art nicht selten. €ranze Stücke mit Salzsäure befeuchtet zeigen
cein oder nur sehr schwaches Brausen, wogegen der Bitterkalk als
Pulver in erwärmter Säure vollkommen mit Brausen löslich ist; die
Anflösong giebt mit Schwefelsäure einen bedeutenden Niederschlag
Ton Gyps, die Magnesia lässt sich, nach Entfernung desselben durch
ß'iltration, durch phosphorsanres Natron mit Zusatz von Ammoniak fäl-
en. Vor dem Löthrohre ist. der Bitterspath unschmeUbar und brennt
lieh kaustisch.' Das sehr feine Pulver einige Minuten auf Platinblech
Iber der Spiritusdamme geglüht, bleibt locker, sich während des Glühens
)twas aufblähend. — Der Bitterkalk kommt häufig vor und bildet als
crystallinisch-kömiges bis dichtes Aggregat (Dolomit vorzugsweise ge-
lannt) Gebirgsmassen, oder Lager, Gänge und Stöcke in anderen.
Crystallisirt findet er sich an verschiedenen Orten und wird nach dem
verschiedenen Aussehen und den vorkomm enden Nebenbestandtheilen
ider Beimengungen verschieden benannt K.
Bitterkeit. Eigenthümliche Empfindung der Geschroacksorgane,
lie vorzugsweise mit dem hintern Theile der Zunge und im Gaumen
wahrgenommen wird und länger ändanert als jeder andere Geschmack.
jn Gegensatz zur Süssigkeit erzeugt die Bitterkeit durch die Geschmacks-
»rgane eine den Meisten unangenehme Empfindung. Der bittere Ge-
«hoiack ist entweder ein sogenanntes reines Bitter, oder er ist durch
70*
1108 Bitterklee. — Bittermandelöl, ätherisches etc..
Beiinischang von Süss; Sauer u. a. tn. modificirt nnd dadureh hiiifig
noch unangenehmer, ekelerregend.
Die Bitterkeit einer Substanz weist nicht, wie der saure Geschmack,
auf einen bestimmten chemischen Charakter derselben oder eines ihrer
Bestandtheile hin, noch steht sie in einem nachweisbaren ZuaammeB-
hange mit den übrigen Eigenschaften eines Körpers. Sie findel sieii
vorzugsweise in dem Pflanzenreiche und dessen Producien, nnd eina
Reihe ähnlicher Stoffe aus demselben hat den Namen der Bitterstoff«
erhalten. Manche vegetabilische Basen zeichnen sich durch einen bit-
teren Geschmack aus. Auch viele ätherische Oele «besitzen einen Ge-
schmack, der bitter, zugleich aber brennend, scharf, aromatiadh ist
Die durch Einwirkung von Salpetersäure auf verschiedene organi-
sche Substanzen entstehenden Nitroverbindungen zeigen oft einen sehr
starken bitteren Geschmack. Das Thierreich liefert einen bitteres
Stoff in der Galle. In der anorganischen Natur sind es unter ande-
ren die Salze der Magnesia oder Bittererde, die einen bittem 6e>
schmack besitzen.
Bitterklee, Fieberklee; Bwha Trifoln ßMnL Unter die-
sem Namen ist das Kraut von Menycmthea trifoUata in der Medicin ge-
bräuchlich. Nach der Untersuchung von Trommsdorff enth< der
ausgepresste Saft desselben: einen nicht näher untersncfaten extradh
ven Bitterstoff, Menyanthin genannt; Jnulin; eine eigene Stickstoff*
haltige Materie; braunes Gummi; ^ Eiweiss; Blattgrün; Aepfelafinre;
essigsaures Kali. — Der Saft wird in der Heilkunde sowohl fiir. sieh,
als auch zu Extract .verdampft angewendet, und letzteres ist, da es kei-
nen Gerbstoff enthält, vorzugsweise geeignet, den Eisensalzen zngO'
setzt zu werden.
Bittermandelöl, ätherisches oder flüchtiges, unge-
reinigtes oder rohes. Wir bezeichnen hier als ungereinigtes äthe-
risches Qittermandelöl das flüchtige Oel, wie es unmittelbar dnrch De-
stillation von bitteren Mandeln u. s. w. erhalten wird. Es enth< als
Hauptbestandtheil Benzoylwasserstoff, daneben als nie fehlend nnd we-
sentlich Cyanwasserstoff.
Das Oel wird bei der Destillation von bitteren Mandeln mit Was-
ser erhalten, in geringerer Menge aus den Blättern von IVunua lenoih
cereuuSf den Blüthen, der Binde und den Kernen von Prunus pädus^ des
Blättern und Kernen vpn Amygdalus persica^ den Kernen der Kirschen
u. s. w; nach Wicke (s. Bd. I, S. 762). geben viele Pomaceen und
Amygdaleen bei der Destillation mit Wasser das gleiche Oel. Es ist
durch die Untersuchungen von Robiquet, besonders aber von Liebig
und Wohl er unzweifelhaft erwiesen, dass das Oel erst bei der Ein-
wirkung von Wasser und Eraulsin durch Zersetzung des in den Pflanzen-
Stoffen enthaltenen Amygdalins gebildet wird (s. bei AmygdalinBd.1,
S. 62); man hat sich' nun vielfach gestritten, ob die Pflanzen aaeh
schon etwas Bittermandelöl fertig gebildet enthalten. Da die Pflanzen-
stoffe im frischen Zustande Wasser enthalten, so kann man wohl an-
nehmen, dass sie eine diesem Wassergehalt entsprechende, also gering
Menge Oel schon fertig gebildet enthalten, während das Oel hauptsäch-
lich erst durch Zerfallen des Amygdalins beim Zusetzen von Wasser ge-
Idet wird; Guibourt giebt freilich an, dass in den unversehrten Bl&C«
Bittermandelöl, ätherisches oder flüchtiges. 1109
im der Kirschlorbeeren kein Oel enthalten sei, nnd Lepage stimmte
un später bei, während er früher, das Gegentheil behauptet hatte.
Das Bittermandelöl wird aus bitleren Mandeln oder zuweilen aus
en in grösseren Massen in den Handel kommenden Pfirsichkernen dar-
eatellt. Diese Samen werden zuerst gestossen und kalt ansgepresst,
m das fette Oel zu entfernen , sie werden dann mit kaltem • oder
kuwarmem Wasser (4 bis 6 Thle. auf 1 Thl. Mandeln) angerührt,
nd zweckmässig erst nach 24stÜndigem Stehen damit destillirt (s.
LHiygdalin). Die Destillation wird am besten mit gespannten Wasser-
ftropfen vorgenommen. Wird auf freiem Feuer destillirt, so ist es
othwendig, um das Anbrennen zu verhüten, die Masse vor dem £r-
itzen, wie während der Destillation, zuweilen umzurühren, oder man
edeckt den Boden der Blase mit nassem Sand, und bringt darauf den
^rei von Mandeln und Wasßer. Man kann, um die Gefabr des An-
rennens der Masse zri vermeiden, auch den Mandelbrei, nachdem er
4 bis 48 Stunden in gelinder Wärme digerirt ist, ^n der Flüssig-
eit abseihen, den Rückstand auspressen, mit etwas Wasser wieder an-
Qhren und nochmals abpressen, und dann nur die Flüssigkeit destil-
Iren.
Bei der Destillation geht nun das Oel mit dem Wasser über; die
irsten Portionen des Destillats sind besonders reich an Gel, aber auch
kn Bladsäure, und deshalb klar; das später ITebergehende ist milchig,
geiles wegen seines geringeren Gehaltes an Blausäure auch weniger
>el gelöst enthält. Die Destillation wird fortgesetzt, so lange sich
LOch Oeltröpfchen abscheiden, oder das Wasser stark nach dem Oel
iecht. Das aus dem Destillat sich zu Boden setzende Oel wird nun
rie gewöhnlich von dem Wasser getrennt. Das letztere enthält immer
linreichend Oel gelöst, um die Abscheidung zu lohnen; man destillirt
n dem Ende das Wasser nochmals, wo dann das Oel mit den ersten
Portionen des Wassers überdestillirt. Wenn dem Wasser vor der
; weiten Destillation hinreichend Kochsalz zugesetzt wurde, so scheidet
ich das Oel etwas vollständiger ab.
Die Ausbeute an ätherischem Oel ist nicht sehr gi^oss, und sehr
wechselnd; 1000 Thle. bittere Mandeln sollen etwa 7 bis 8 Thle. ätheri-
iches Oel geben, 1000 Thle. Pfirsichkeme 3 bis 4 Thle., frische Kirsch-
orbeerblätter 5 bis 6 Thle., frische Binde von Prunus padus etwa
J Thle., und junge frische Blätter von Prunus spinoaa 2 Thle. Oel.
Das rohe Bittermandelöl ist frisch bereitet nahezu farblos, färbt
lieh aber bald gelblich; es zeigt einen starken eigenthümlichen, ange-
nehm aromatischen Geruch neben dem kenntlichen Geruch der Blau-
)änre; es schmekt brennend und sinkt in Wasser zu Boden; es siedet
>ei ungefähr 180» C. und brennt an der Luft entzündet mit russender
Flamme.
Das ätherische Bittermandelöl enthält als Hauptbestandtheil Ben-
Eoyl Wasserstoff, zugleich immer Cyanwasserstoff, ausserdem sind darin
geringe Mengen Benzoesäure, Benzoi'n undBeniimid, und vielleicht andere
Produkte. Das käufliche Oel scheint zuweUen auch noch andere viel-
leicht isomere Oele zu enthalten, was vielleicht nur davon herrührt,
iass zu seiner Darstellung andere Substanzen, z. B. Kerne von Pfirsi-
tshen, Kirschen u. s. w., angewendet sind. Wird das rohe Oel der
Tractionirten Destillation unterworfen, so geht mit den ersten Portio-
nen des Destillats die Blausäure vollständig über, das zuletzt destilli-
1110 Bittermandelöl, ätherisches oder flüchtiges.
rende Oel ist blaoBäurefrer; BeiuoSsäure, BeDZotn und Bensimid fiodcB
sich haupisächlicli im Buckstande. Die in dem Oel vorhandene Bln-
säure ist die alleinige Ursache seiner giftigen Wirkung; ^rird ihm die
Blausäure durch Kalk und Eisenchlorür, durch Alkalien oder Qneck-
silberoxyd vollständig entzogen, so ist es nicht mehr giftig (s. Bes-
zoylwasserstoff S. 915).
Das Bittermandelöl ward, trotz seines hohen Preises ^ früher io
grosser Menge zu Parföroerieen verwendet, und namentlich in Paris n
dem Ende in grossartigem Massstabe fabricirt; jetzt ist es hier zum grosses
Theil durch Nitrobenzol CHuile de Mirbane s. unter Benzol S. 873) ver-
drängt. Es ist begreiflich, dass bei einem so tbeuren Präparat Oslers Ver-
fälschungen vorkommen; Weingeist, der, in nicht zu grosser Menge
zugesetzt, den Geruch des Oels nicht wesentlich verändert, leichte äthe>
rische Oele, Nitrobenzol u. a. sind die gewöhnlichen VerfäLschnngi-
mittel; die leichte Oxydirbarkeit des Benzoylwasserstoffs und das dabei
entstehende Pr(^uct, die Benzoesäure, lassen das Bittermandelöl leicht
von anderen Öelen scheiden, deren Geruch dann deutlicher hervortritt
Alkohol und leichte ätherische Oele geben sich durch Einwirkung auf
das specifische Gewicht des Oels im Vergleich mit reinem Bitterman-
delöl zu erkennen; Alkohol giebt sich auch bei der Behandlang mit
Salpetersäure zu erkennen: mischt man 1 Vol. des OeU mit 2 YoL
Säure von 1,42 specif. Gewicht, so zeigt sich bei reinem Oele weder
eine Farben Veränderung noch eine andere merkbare Einwirkung, enl
nach 3 bis 4 Tagen fängt die Bildung von Benzoesäure an, and nach
und nach verwandelt sich das Ganze in eine krystallinische, spater sicK
schön grün färbende Masse. — Enthält das Oel 8 bis 10 Proc. Al-
kohol, so tritt beim Schütteln mit Salpetersäure sogleich ein starkes
Aufbrausen unter Entwickelung von rothen Dämpfen ein« Selbst
2 bis S Proc Alkohol im Bittermandelöl lassen sich bei Anwendung
von starker Salpetersäure von 1,5 durch die Entwickelung von salpetri-
ger Säure erkennen, während die Salpetersäure sich mit reinem Oel ohne
solche Einwirkung zu einer klaren Flüssigkeit mischt (Bedweodi).
Zur Prüfung des Bittermandelöls auf seine Reinheit ist nament-
lich auch sein Verhalten gegen doppelt-schwefligsanre Alkalien geeig-
net; setzt man das Bittermandelöl zu einer erwärmten Losung von
zweifach-schwefligsaurem Natron von 27 bis 28^ B. (von 1,26 bis l^i
specif. Gewicht), so löst das reine Oel sich vollständig zu einer klaren
Flüssigkeit, während die beigemischten Oele^ die nicht zu den alde-
hydartigen gehören, so wie Unreinigkeiten u. s. w. ungelöst zurück-
bleiben (Bertagnini 3).
Das Bittermandelöl giebt bei Einwirkung anderer Körper begreif-
lich der Hauptsache nach dieselben Umsetzungsproducte wie reiner
Benzoylwasserstofl^; in manchen Fällen bedingt die Gegenwart der
fremden ^toffe, namentlich die der Cyanwasserstoflsäure, die Bildung
eigenthünilicher Umwandlungsproducte. Bei den Derivaten des Bitter-
mandelöls ist es oft derselbe Fall wie bei denen des reinen Benzoylwasser-
stofls, dass die Umstände ihrer Bildung nicht so vollständig bekannt sind,
um sie willkfirlich darstellet zu können. Manche dieser, nach Bil-
dung und zum Theil auch nach Zusammensetzung nicht vollständig
*) Pharm. Journ. Trans. T. XI, p. 486; Pharm. Gentralbl. 1862, 8. 495.
*) Annal. d. Chem. a. Pharm. Bd. LXXXV, S. 179 n. S. 268; Pharm. C«ntralbl
1868, S. 67.
Bitteurmandelöl, äthJ^risches oder flüchtiges. 1111
bekannten Prodncte aind hier' »nfgeführt worden^ weil sie bis jetet
nur mit rohem Oel dargestellt wurden, obgleich es wahrscheinlich ist,
dass sie anch ans reinem Oel erhalten werden können.
Verwandlungen des Bittermandelöls. Bei dem rohen Oel
zeigt sich der gleiche Umstand wie bei dem gereinigten, dass es wahr-
scheinlich leicht in isomere Oele sich umwandelt, welche sich gegen
manche Körper verschieden verhalten, daher unter scheinbar gleichen
Umständen oft verschiedene Producte entstehen.
1. Durch Wärme wird es in ähnlicher Weise .wie <las reine Oel
zersetzt.
2. Durch Sauerstoff. Das unreine Oel oxydirt sich an der Luft be-
sonders bei Gegenwart von Feuchtigkeit eben so leicht, wie das reine;
der gewöhnliche Sauerstoff geht in Berührung mit dem Oel besonders
im Sonnenlicht schnell in Ozon über ^) (s. Benzoylwasserstoff).
3. Salpetersäure, wie Manganhyperoxyd und Schwefel-
säure verhalten sich gegen Bittermandelöl wie gegen Benzoylwasserstoff.
4. Schwefelsäure bildet hier wie bei Benzoylwasserstoff Bitter-
xnandelölschwefelsäure, sogenanntes Benzoylhydrat (8. 1128), und viel-
leicht sogenannten benzoesauren Benzoylwasserstoff (s. u.). Beim Mi-
schen von Nordhäuser Schwefelsäure mit rohem Bittermandelöl wird
nach dem Verdünnen des Gemenges mit Wasser und Abdampfen der
P^lüäsigkeit eine halbfest« an der Oberfläche sich abscheidende Masse
erhalte^, welche aus Wasser umkrystallisirt alle Eigenschaften der
MandeUäure zeigt,, und durch concentrirte Schwefelsäure i^nter £nt-
i^ickelung von Kohl^uoxyd zerlegt wird.
ö. Durch Chlor gas, wenn es trocken ist, bildet sich auch hier
BenzoylchlcNrid und Benzoylwasserstoff- Benssoylchlorid; bei Anwendung
von feuchtem Ghlorgas entsteht benzoesaurer Benzoylwasserstoff
und Laorent's Stilbesilsäure (8. 1112); ob sich hier auch das
sogenannte Benzoylhydrat bildet, und wie weit dieses mit dem benzo^-
sanren Benzoylwasserstoff übereinkommt, bleibt noch zu ermitteln.
Benzoesaurer Benzoylwasserstoff; ist von Win ekler entdeckt,
%sioe Zusammensetzung ist, nach Liebig, C43UX8O6, d.i. 2.(Ci4fie^s)*
Ci4He04« Seine Eigenschaften sind noch zu wenig bekannt, um zu
entscheiden, ob er sich wirklich als eine solche Verbindung von Ben-
zoesäure mit Benzoylwasserstoff ansehen lässt. Er entsteht bei Ein-
wirkung von feuchtem Ghlorgas auf Bittermandelöl; ob er auch bei Be-
handlung des Geis mit rauchender Schwefelsäure entsteht, ist nicht
'mit Sicherheit nachgewiesen. Wird rohes Bittermandelöl oder Kirsch-
lorbeeröl mit feuchtem Ghlorgas gesättigt, so erstarrt das Oel nach
einiger Zeit zu ^iner kry stallin tschen ziemlich festen Masse. Nach dem
Auswaschen derselben mit kaltem Aether bleibt die Verbindung als
ein weisses krystallinisches Pulver, oder in vierseitigen glänzenden Fris-
loen zurück. Der benzoesaure Benzoylwasserstoff entsteht hier, indem
ein Theil des Gels zu Benzoesäure oxydirt wird, welche sich im Ent-
stehungsmoment mit einem anderen Theil des Gels vereinigt, der un-
verändert blieb. Er ist unlöslich in Wasser, löst sich wenig in kaltem
Aether, aber reichlich in Alkohol. Beim Erwärmen schmilzt er, und
verflüchtigt sich beim stärkeren Erhitzen unzersetzt. Beim Erwärmen
0 Vergl. auch Schönbein, Jouro. f. prakt. Chem. Bd. LXXV, S. 73.
1112 Bittermandelöl, ätherisches oder flüchtiges.
mit einer weingeittigen Kdlilösiing wird er zerlegt, unter Biidimg ▼<«
benzoesaurem Kali.
DieStilbeAÜsäure, Stilbesübei'ozyd oder Stilbesige Säure
{Aeide stilbesetue^ Suroxyde de ttäbese) ist ron Laurent i) dargestellt oiid
untersucht. Die Formel des Hydrats ist 2fiO.G}gH8 0K. Dies« Ver-
bindOog enthält die Elemente von 2 Aeq. Bensojl Wasserstoff — 2 H
+ 3 0. /
Diese Säure bildet sich, wenn man die Einwirkung von Chlor aaf
Bittermandelöl, zuletzt durch Wärme unterstützt; das Oel erstarrt dani
nach dem. Erkalten zu einem Brei von Benzoesäure, Benzoylchlorid,
einem nicht weiter untersuchten krystallinischen Kdrp^r und StObesü-
säure. Die ganze breiartige Masse wird nach dem Abtröpfeln auf
ein^m Trichter mit kaltem Aether-Weingeist abgewaschen uad der
Rückatand in siedendem Aether gelöst; aus dieaer Lösung kiystallisirt
die Stilbesilsäure beim freiwilligen Verdampfen in schiefen rhombischen
Prismen. — Die Säure ist nicht in Wasser, wenig in Alkohol oder
Aether löslich; die Lösungen röthen nicht Lackmus; die Krystalle
schmelzen bei 145^0.; wird hierbei mit dem Erwäfmen aufgehört, ehe
alles geschmolzen war, so wird die Masse beim Erkalten fest und
krystallinisch; war alles geschmolzen, so bleibt sie bis fast bei mittlerer
Temperatur flüssig, und erstarrt dann langsam zu einer gummiühnlichen,
durchsichtigen Masse, die beim gelinden Anwärmen eu einem matten,
strahligen, warzenförmigen Krystallconglomerat wird. Bei der trocke-
nen Destillation der Stilbesilsäure erhält man eine ulige Flüssigkeit, die
während des Erkaltens kiystallisirt. — Beim Erhitzen mit concentrii^
ter Schwefelsäure entwickelt sich aus Stilbesilsäure Kohlenoxyd, wih-
rend der saure Rückstand Benzoesäure enthält (Laurent and 6er*
hardt). — Die Stilbesilsäure löst sich in Ammoniak, Säuren fallen
siö unverändert ans der Lösung; die weingeistige ammoniakalisehs
Lösung giebt mit salpetersaurem Silberoxyd ein in glänzenden Schappei
krystallisirendes Silbersalz: 2AgO.C)gH8 05 (Laurent).
6. Durch Chlorwasserstoff erleidet das rohe Bittermandelöl
eigenthümliche Umsetzungen.
Es treten hier unter Vermittelung der Säure entwedw die El^
mente der Blausäure mit dem Benzoyl Wasserstoff zu einef Verbindnag
zusammen, dem Benzoylwasserstoff-Cyanwasserstoff; oder in-
dem die Blausäure sich unter Einfluss der wässerigen Säure zerlegt,
bildet sich die gepaarte Benzoylwasserstoff-Ameisensäure, die
sogenannte Mandel säure.
a. Der Bittermandelöl-Cyanwasserstoff, von Voelckel*)
entdeckt, hat die Formel CibMyNO, = CuHßO, . HGy.
Man versetzt zur Darstellung dieser Verbindung blausänrefaaltiges
Bittermandelöl mit Salzsäure und verdampft die Flüssigkeit unter
lOO^C; bei einer gewissen Concentration scheidet sich dann die neue
Verbindung als ein ölartiger Körper ab, der durch Waschen mit Was-
ser gereinigt und im Vacuum über Schwefelsäure getrocknet wird. Dtf
Oel hat ein specif. Gewicht von 1,24, ist geruchlos, in Wasser schwer
löslich, in Alkohol und Aether löst es sich leicht; die wässerige Lösung
schmeckt bitter, reagirt' neutral. — An der Luft ist die Verbindimg
*) Revue scicntf. T. XVI, p. 886; Jshreaber. v. Berselius, Bd. XXV, S.6J6.
*) Pogg. Annal. Bd. LXII. S. 444.
Bittermandelöl, ätherisches oder flüchtiges. 1113
nnveränderlioh; bis 100<^€. erwärmt, fängt sie an sich zii zersetzen, und
riecht dann nach Bittermandelöl; bei 170^0. siedet sie und zerfällt
dann vollständig in Benzojlwasserstoff und Blansänre; 1 Aeq. dieser
Verbindung enthält genau die Bestandtheile von 1 Aeq. Benzoylwasser-
aHoff und 1 Aeq. Cyanwasserstoff. Mit Salzsäure erwärmt, bildet sich
Mandelsäure, beim Erhitzen mit Kalilange entsteht Cjankaliuro und
JBenzojlwasserstoff.
b. Wird die Salzsäure mit dem blausäurehaltenden Oel oder mit
demBenzoylwasserstofT-Cyanwasserstoff erhitzt, so bildet sich durch Zer-
legung von Blausäure und Wasser auf der einen Seite Salmiak, auf der
anderen Ameisensäure, welche sich mit Benzoylwasserstoff zu einer ge*
paarten Säure, der Qenzoylwasserstoff-r Ameisensäure oder Man-
delsäure (saunten S. 1117), verbindet (Winckler):
Ci4»6Qa +_HCaN + 4H0 -f- HGl
Senzoyl Wasserstoff mit Cyanwasserstoff
= HO.CnHeO^ + C,H03 + NH4GI.
Mandelsäure
7) Durch Chlorschwefel. Wird dieser mit Bittermandelöl* zusam-
mengebracht, so erwärmt sich die Masse heftig und es entwickelt sich
Salzsäure. Wird nach 24 Stunden die ölige Masse mit wässerigem
Ammoniak geschüttelt, so bilden sich drei Schichten, zu nnterst schei-
det sich Schwefel ab, darßber findet sich eine wässerige Salmiaklö-
snng, und oben 'auf schwimmt eine ätherische Lösung von Benzoylhy-
drat (s. d. Art.).
8. Ammoniak giebtbei der Einwirkung auf rohes Bittermandelöl
theila dieselben Producte wie bei Anwendung von Benzoylwasserstoff;
theils entstehen hier aber auch eigenthümliche Verbindungen, deren
Bildung zum Theil durch die Gegenwart von Blausäure bedingt ist.
Bei anderen Körpern ist es zweifelhaft, ob sie nicht ebensowohl auch
aas reinem Benzoylwasserstoff erhalten werden können.
Viele der hierher gehörenden Producte sind von Laurent ent-
deckt, und zum Theil wegen Mangel an Material unvollBtändil; imter-
ai^ht; bei manchen ist selbst die Zusammensetzung noch zweifelhaft,
nnd eine neue Untersuchung schon deshalb schwierig, weil die Um-
stände ihrer Bildung nicht so vollständig bekannt sind, um sie willkür-
lich darstellen zu können. Diejenigen Derivate, welche daher bis jetzt
nur mit rohem Bittermandelöl dargestellt sind , und von denen es nicht
unzweifelhaft ist, dass sie auch aus reinem Benzoylwasserstoff entstehen
können, mussten hier aufgeführt werden.
Uebergiesst man rohes Bittermandelöl mit einem gleichen Volumen
concentrirten kaustischen Ammoniaks, so verwandelt sich das Oel nach
etwa vier Wochen langem ruhigen Stehen in eine feste Masse. Nachdem
das flüssige Ammoniak abgegossen ist, wird das unveräiiderte Oel mit
kaltem Aether ausgezogen, und der krystallinische Rückstand wieder-
holt mit kochendem Aether, dann mehrere Male mit kochendem Alkohol
behandelt. Die verschiedenen Krystallisationen werden einzeln für sich
umkrystallisirt, bis man in jeder Portion bei SOOmaliger Vergrösserung
nur gleichartige Krystalle bemerkt. Man erhält hier, neben wenig Hydro-
benzamid (S. 934), die Producte Benzhydramid (S. 1120), Azobenzoyl
(S. 1121) und Benzoylazotid (S. 1121) und geringe Menge nicht näher
untersuchter Stoffe. Weiter entstehen unter bestimmten Umständen noch
1114 Bitterinandelöl, ätherisches oder flücfatigee.
Axubenzoid (8. S. 1115), AsobeBSOidiiL, Bensamid und Stilbaiid(a»iBil«D)
(Laurent).
Indem eine alkoholidohe Lö«iing von rohesn Bitteriiiaiidelol mit
Aromoniakgas gesättigt eine Stunde stehen gelassen wurde, bildete
Aioh ein Niederschlag, der neben einer liarzartigen, in Alkohol lot-
lichen Substanz (hauptsächlich Bibenzoyliniid) eine körnige, in Al-
kohol nicht lösliclie Substanz enthält. Das Bibenzoyliniid ackeint hier
nur durch Einwirkung von Ammoniak auf reinen Benzoylwasaenloff
entstanden zu sein, während der körnige in Alkohol unlöelieho Köipo
seiner Zusammensetzung nach (CjofiisN) = C26H1SO4 -l- C^NH -f-
NH3 — 4 HO), wie seinen Zersetzongsproducten nach unter gleick-
zeitiger Mitwirkung von Blausäure entstanden ist (Bobson). Diett
körnige Substanz hat die gleiche Znsammensetzung und^ scheint iden-
tisch zusein mit dem Benzoylazotid von Laurent und Gerhardt (s.d.
S. 1121).
Für das Azobenzo'idin berechnet Laurent i) nach dem aheo
Atomgewicht des Kohlenstoffs (C = 6,12) C84HmN&, danach wäre es iso-
mer mit dem Azobenzoid; rechnet man Lauren t's Resultate nach dea
neueren Atomgewicht des Kohlenstoffs (C = 6) um, so erhält man
82,8 Kohlenstoff, 5,6 Wasserstoff, und durch Differenz 12,1 bticksloff:
dieses stimmt nahezu mit den Formeln CsoHi^N^ oder Cjitfi^^s (Bl,£
oder 82,3 Kohlenstoff auf 5,4 oder 5,3 Wasserstoff). £s ist auch hisr
eine neue Untersuchung nöthig, um die Formel fest zu stellen, y^eaa
das Azobenzo'idin nach der Formel C^oHisN^uch isomer mit Benaoyl»
azotid wäre , so kann es seinen Eigenschaften nach doch nicht damil
identisch sein.
Das Azobenzo'idin wird erhalten, wenn man das bei dar Becüfi*
cation von rohem Bittermandelöl gewonnene erste blausaurereiche
Destillat in einem Kolben mit breitem Boden mit 1 VoL Ammoniak
mischt; nach 8 Tagen ist die Masse fest. Zuerst mit kaltem Aethtf
ausgewaschen, dann mit Aether ausgekocht, erhält man beim Krkalt^
und Verdampfen der letzten Lösung glänzende Krystaile, schiefe Pris-
men mit rectangulärer Grundfläche; diese Krystalle von Azobenzoldifi
sind farblos, durchsichtig, in Alkohol schwer löslich, löslicher in Aether.
Sie schmelzen in der Wärme, die Masse bleibt aber dann beim Erkal-
ten durchsichtig. Schwefelsäure und Salpetersäure zersetzen das Azo-
benzoidin in der Wärme.
Das Benzamil, ein hierher gehörendes Product, ist auch von
Laurent entdeckt. Seine Formel ist CssHioNOs.
Laurent^) erhielt es, indem er rohes Bittermandelöl, mit Kali ver-
setzt, destillirte, und als zwei Drittel abdestillirt waren, den Rückstand,
in Aether* Weingeist gelöst, mit Ammoniakgas behandelte. £s bildeU
sich ein weisser Niederschlag, welcher mit viel Aether ausgekocht
wurde; die erkaltete Lösung war voll feiner Krystallnadeln, am Boden
aber setzte sich ein feines weisses krystallinisches Pulver ab, das Bens-
amil. Es ist in Alkohol fast unlöslich, selbst in Aether schwer löb-
lich, es schmilzt bei 170^0., beim Erkalten wird es, aber erst i>ei ge-
wöhnlicher Temperatur, fest und krystallinisch; bei der trockenon De-
stillation bildet sich ein in Aether leicht löslicher Körper. Eine wein-
') Annal. de chim. et de phys. [3.] T. I, p. 302^ Annal. <L Cbem. n. PhAra.
Bd. XXXVm, S. 829. — ■) Revue Scieatif. T. XIX, p. 446.
Bittermandelöl, ätherisches oder flüchtiges. 1115
geblige KalUöMmg zenetel das Benzamil beim Kochen, wobei eine
krystellinlsche nicht weiter, untersuchte Substanz «ich bildet.«
Das Stilbaasid^) ist ein anderer von Laurent entdeckter Körper,
der dorch Einwirkung von Ammoniak auf die letzten Portionen des De*
stUlats von Bittermandelöl entsteht, Zusammensetzung = CjgHioNO):
über seine Entstehungs weise, ob es durch Einwirkung des Ammoniaks
auf Bittermandelöl oder auf Benzoi'n entstehe, so wie über seine Eigen-
schaften, in wie weit es von dem isomeren Benzamil verschieden ist,
hat Laurent nichts mitgetheilt. ' .
Laurent giebt an, dass bei Einwirkung von gasförmigem Ammoniak
auf Bittermandelöl noch verschiedene neue Verbindungen entstehen, die
aber nicht rein darzustellen sind, da sie schon bei Einwirkung gewöhn-
licher Lösungsmittel sich fortwährend verändern.
Ein weiteres Product der Umwandlung durch Ammoniak erhielt
Laurept^ bei Anwendung von rohem Bittermandelöl, welches gleich-
sam durch eine absteigende Destillaticui, desHüatio per descenwm^ er-
halten war, indem Wasserdämpfe durch einen mit Mandelbrei gefüllten
Cylinder von oben nach unten getrieben wurden. Das so erhaltene
Oel färbte sich bald an 'der Luft dunkel; pnit Ammoniak zusammen-
gebracht, verwandelte es sich in vier Wochen in eine zähe braune Masse,
welche bei Behandlung mit Aether und Alkohol eine pnl verförmige,
wie es scheint nicht krystallinischo Ma'&se zurücklässt. Diesen Körper
nennt Laurent Azobenzoid; von seinen Eigenschaften wird sonst nur
uigegeben, dass er schmilzt und beim Erkalten krystallinisch erstarrt;
bei der trockenen Destillation wird er zersetzt. Die Zusammensetzung
ist nahezu die des Benzoylazotids; Laurent giebt diesem Körper die
wenig wahrscheinliohe Formel C84MS3N5 '); nach dem Atomgewicht
Aea C = 6 passt diese Formel nicht, sondern nahezu = CsoHriN«;
das ist die Zusammensetzung des Benzoylazotids, und die Unlöslichkeit
in Alkohol und Aether stimmt auch hiermit. Das Azobenzo'id^ ist da-
her vielleicht identisch mit Benzoylazotid.
9. Durch Schwefelammonium. Bei der Einwirkung von Schwe-
felammonium auf rohes . Bittermandelöl bildet sich Benzoylsulfhy-
drat, und Sulfazobenzoylwasserstoff (a. BenzoylwasserBtoff,
^. 930). Ausserdem bildet sich aber noch eine Verbindung, welche
Laurent, der sie entdeckte,
Azobenzoylschwefelwasserstoff, Berzelius aber Stick-
stoffpikramyl mit Schwefelpikramyl, nennt.
Formel: C49Hi8NsSs (Laurent), oder: €5« H34NSS4 (Berzelius).
Werden gleiche Volume Ammoniak, Schwefelammonium und Bitter-
mandelöl mit einander geschüttelt, so wird die Masse nach längerer
Zeit fest; sie wird darauf mit kaltem Aether gewaschen, und dann mit
kochendem Aether behandelt, aus welcher Lösung sich der Azoben-
zoylschwefelwasserstoff als ein weisses Pulver abscheidet; unter dem
Mikroskop erkennt man rhombische Tafeln. Die Krystalle sind geruch-
los, in Alkohol unlöslich, in Aether etwas löslich. Durch Schmelzen
erhält man eine auch beim Erkalten durchsichtig bleibende Masse.
Trockene Destillation zersetzt die Verbindung unter Aromoniakent-
*} Compt. rend. de l'acad^mie; T. XDC, p. 572. — ^ Annal. de chim. et de
phy». [2.] T. LXVI, p. 190. — ") Gefunden wurde 81,9 Kohlenstoff und 6,6
Wuserstoff; «U8 der Formel Cg^Hi«^« berechnet sich 81,8 Kohlenstoff und 6,4
WMierstoff.
1116 Bittermandelöl, ätherisches oder flüchtiges.
Wickelung, Salzsäure zerlegt sie nicht; durch Schwefekänre wird «
gelb, und va der Wärme mit dunkeler Boaenfarbe gelost; SalpeteitiiR
verwandelt die Verbindung in einen ölartigen, beim Erkalten ki7rgta]]h
sirendisn Körper. Es muss einer weiteren Untersuchiing ▼orbekihtt
bleiben, uns Ober die wahre Zusammensetzung und Consütation dicMr
Verbindung aufzuklären.
10. Kohlensulfid und Ammoniak geben auch bei Einwirkang
auf blausäurehaltendes Oel das Benzoylrhodanfir; dass hier gleichzeitig
andere Froducte entstehen, ist nicht angegeben.
11. Durch Kalihydrat wird das rohe Oel wieder reine Benzojl-
Wasserstoff in Benzoesäure umgewandelt; diese Säure bildet sieh ancl
leicht, wenn gelöstes Kalihydrat mit dem Oel und der Luft in Berfik-
rung kommt; hierbei entsteht aber zugleich Benzoin, schneller bei An-
wendung von weingeistiger als von wässeriger Lösung.
12. Durch Cyankalium. Eine schwache weingeistige Cjanks-
liumlösung bildet mit Bittermandelöl leicht Benz(nn. Vermischt mm
Bittermandelöl mit V4 seines Volumens wasserfreier Blausänre, und gieaet
das Gemenge zu einem gleichen Volumen einer concentrirten Lösung
von Kalihydrat in Alkohol , verdünnt dann mit 6 Thln. Alkohol und
erwärmt, so bilden sich nach einiger Zeit weisse, käseähnliche Flockea
Nachdem sie sich abgesetzt haben, wird die Flüssigkeit abgegossen,
der Niederschlag mit Wasser ausgekocht und durch Auflösen in Alkohol
gereinigt. Diese Verbindung, der Benzoylwasserstoff-Cyanbtn-
zoylcyanwasserstoff, ist vonZinin entdeckt (Benshydrocyasid
nach Gerhardt; Benzenoxydcyanür, Gyanbensoylhydrur tob
Laurent). Nach Laurent hat er die empirische Formel C4«il)8NjO|,
nach Z in i n ist seine rationelle Zusammensetzung = G1485 O^ . Gy . HGj
-f- 2 GuH^Os; er entsteht aus Benzoylwasserstoff und Blausäure imtff
Abscheidung von Wasser:
^ SCuHeOa + 2HC2N = C46H,8N,04 + 2HO.
Benzoylwasserstoff
Gregory glaubt dasselbe Product in einem Gemenge von Ksli-
lauge und rohem Bittermandelöl, welches 10 Jahre gestanden hatte, ge-
funden zu haben«
Diese Verbindung bildet eine leicht zusammenhängende flockigCi
abfärbende Masse von weisser, schwach grünlicher Farbe; sie ist un-
löslich in Wasser und Salzsäure und in wässerigen Alkalien; in Al-
kohol und Aether ist sie schwer löslich. Salpetersäure zerstört sie;
concentrirte Schwefelsäure löst sie mit schöner smaragdgrüner, bsld
ins Rothe übergehender Farbe. Der Körper schmilzt bei höherer
Temperatur unter Zersetzung und Zurücklassung von Kohle.
In den Beaction^ wie im Ansehen hat dieser Körper grosse Aehn-
lichkeit mit dem von Laurent entdeckten Benzimid: beide weidieo
in der für dieselben gefundenen Zusammensetzung wesentlich ab, qd^
man kann daher nicht wohl mit Laurent und Gerhardt >) beide
Verbindungen für identisch halten, da die Annahme, dass Laurent'^
Benzimid ein sehr unreines Product gewesen sei, sehr möglich, aber
weiter nicht begründet ist s).
*) Compt. rend. des trav. de chim. par Laurent et Gerhardt Avril tS50, p. 10t
*\ Zinin fand in der Cjanbenzojlyerbindnng 77,3 Kohlenstofl^ 5,1 Waaaentoff
Bittermandelöl, ätherisches oder -flüchtiges. 1117
13) Durch Qttecksilbercyanid entsteht aas Bittermandelöl ein
lern Benzoylwasserstoff-CyanwasserstofF ähnliches Oel, von Prenleloup
entdeckt V aber nicht näher untersucht. Man mischt 128 Grm. Sorsch-
oirbeerwasser mit 1 Grm. Quecksilbereyanid und 1 Grm. concentrirter
Salzsäure und verdampft die Lösung, wobei sich ein ölartiger* Körper
raaacheidet. Dieselbe Verbindung soll erhalten werden, wenn man
l Thle. Bittermandelöl mit 1 Thl. Cyanquecksilber und 1 Thl. con-
»eotrirter Salzsäure mengt, letztere im Kochsalzbade abdestillirt und
lann den Rückstand mit Wasser behandelt, wobei das Oel zurückblMbt.
[>a8 Qel ist gelb, von 1,10 specif. Gewicht, riecht nach Bitterman-
lelölflöst sich in 20 Thln. Wasser, leichter in Alkohol, in jedem Verhält-
lisB in Aether. Es erstarrt noch nicht bei — 12<^C., siedet bei 3120C.,
las flüssige Destillat hat ein specif. Gewicht von 1,08 und wird beim
2^1(alten fest^
Durch Schütteln mit Salmiaklösung wird das Oel vollständig zer-
retst, es bildet sich Bittermandelöl und ein Doppelsalz von Quecksilber
Ukd Ammoniak.
14) Durch Baryt- oder Kalkwasser wird gelöstes blausäure-
laltendes Bittermandelöl in der Wärme in das isomere Benzolin umge-
vandelt.
Abkömmlinge des Bittermandelöls.
Bei der Einwirkung anderer Körper auf rohes Bitterflaandelöl bU-
len sich zum Theil dieselben Derivate wie aus reinem Benzoylwasser-
toff, und diese sind in dem früheren Artikel (s. S. 918) aufgeführt,
^dere TJmwandlungsprodncte bilden sich unzweifelhaft unter Theil*
lahme von Blausäure, wie dies zum Theil aus der Zusammensetzung
rie ans den Zersetzungsproducten derselben sich ero^iebt. Manche der
Jmsetzu^gsproducte sind bis jetzt nur aus ^rohem Bittermandelöl dar-
gestellt, diese sind, soweit es nicht unzweifelhaft ist, dass sie aus rei-
lem Benzoylwasserstoff sich bilden, bei den betreffenden Artikeln be-
tchrieben. Hinsichtlich der Zusammensetzung dieser Körper herrscht
nun Theil noch grosse Unsicherheit; die Umstände ihrer Bildung und
!>ar0tellung sind bei manchen sehr wenig gekannt, so dass sie will-
tOrlich darzustellen schwierig ist; es bleibt daher für weitere Unter-
suchung hier noch viel zu thun übrig.
1) Mandelsäm*e.
Benzoylwasserstoff-Ameisensäure^ ameisensaurer Ben-
soyl Wasserstoff. Acide formobenzoilique. Eine mit Benzoylwasser-
»toff gepaarte Ameisensäure. Die Säure ist von Winckler i) ent-
leckt, von Liebig') ihre Zusammensetzung ermittelt Ihre Formel ist
3i6 Hg Oe oder HO . C3HO3 . ChH« Oj. Sie bildet sich bei Einwirkung
ron Salzsäure auf blausäurehaltendes Bittermandelöl wasser (Winckler),
md auch direct aus Amygdalin bei Zersetzung desselben mit Salzsäure
;Wöhler»).
ind 7,8 Stickstoff. Laurent hatte im Benaimid gefanden: 73,8 Kohlenstoff, 4,9
Wasserstoff nnd 7,0 Stickstoff, woraus er die Formel C.aHiiS-O^ berechnet hatte.
*) Annal. d. Chem. n. PhArm. Bd. XVII, S. 310. — «) Annaf. d. Chem. u.
»härm. Bd. XVII, S. 819. — •) Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXVl, S. 288.
1118 Bittermandelöl, äHierisches oder flücktiges.
•
Znr Darfttelinng der Mandelfanre wird 1 ThL Kvchoi ron a1L<g^
pre^ftten bitteren Mandeln mit 18 TMn. Waitser de«ti]lirt, nnd das D^
stiHat durch Recttfication concentrirt, 9o dass auf 1 ThL Mandelkiichai
1 Thl. concentrirtes Bittemnandelwaaser erhalten wirdJ Dieses ymi
mit ^/fo Voi. coneentrirter Salzsiore von 1,2 speeif. Gewicht TendiL
im Was^erbade eingedampft; der- gelbliche, »alzartige RSckrtand, dn«l
längeres Erwarmen von aller Salzsaare beireit, ist ein Gemenge vot
Salmiak und Mandelsäare, welche letstere durch SehGtteln mit Aetkr
gtflöfft wird; beim Verdunsten der ätherischen Losong wird anraie
Sänre erhalten , die in Wasser gelost , nothigenfalls fihrirt nnd dan
mit etwas Bliitkohle behandelt wird; beim Verdampfen des wiaserig«
Filtrats bleibt dann die Mandel s&nre ab -weisse feste Masse snrvdL
welche durch Auflösen in Aether und freiwilliges Verdunsten der Lo-
Piing kry^tallinisch erhalten wird, selten in ausgebildeten KryrtimB.
Bei der Einwirkung von Salzsäure auf die wässerige Losang des roba
Bittermandelöls wird die Blausäure zerlegt, nnd die dabei neben A»
mooiak entstehende Ameisensäure verbindet sich im EkitstehiingsniofBat
mit dem HenzoylwasserstofT zn der gepaarten Verbindung:
ChHo02+ HC,N 4- 4B0 -f HGl = Ci4HjO,.C,»a04
Benzoylwasser- Cjanwasser- Maodelsäare
Stoff Stoff
+ NÄ4€l.
Aus A^ygdalin wird die- Mandelsänre dargestellt dareh Aoftdeo
desselben in rauchender Salzsäure in gelinder Wärme; die Fldsai^flit
wird nach dem Verdünnen von dem braunen, in reichlicher Menge ci^
stehenden hu minartigen Körper abfiltrirt, das Filtrat im Wasserbade
abgedampft nnd der Bück8tand, ein Gemenge von Mandelsänre mit Sal-
miak und Humin, mit Aether behandelt, welcher die Säure lost, dir
beim Verdampfen des Aethers dann in grossen tafelförmigen Bhonboe-
dem krystallisirt. Da das Amygdalin (s. Bd. I, S. 762) die Beitao^
theile von Benzoyl oder Benzoyl Wasserstoff und Cyan oder Cyaaw&aM^
Stoff neben einem Kohlenhydrat enthält, so ist die Bildung der Msnkl-
säure hier analog der aus blausäurehaltendem Oel: indem sich aas ^
Cyan Verbindung Ameisensäure bildet, welche ihit dem BenzoylwaMtf-
Stoff die geparii« Mandelsäure bildet , während das Kohlenhydraf fv
Bildung des Haminkörpers Veranlassong giebt.
Die Mandelsäure ist weiss und fest, krystallinisch ; sie hat eineoxiev*
lieh sauren, etwas zusammenziehenden Geschmack und riecht »chwacb
nach süssen Mandeln; sie löst sich fast in jeder Menge von Wasser.
Weingebt oder Aether. ^ie schmilzt beim gelinden £i;wärmen cn einer
wasserhellen Flüssigkeit, welche beim Erkalten zu einer amorphe
gummiartigen Masse erstarrt. Nimmt bei der Darstellung der MasÖel*
saure die saure Flüssigkeit eine etwas höhere Temperatur als 100* C.
an, so erleidet die Säure eine Veränderung, sie wird amorph no^
giebt mit wenig Wasser jetzt eine klare Lösung , auf Zusatz von mebr
Wasser scheidet sich die Säure in Form eines schweren, gelben, geni^'
losen Oels ab (Wöhler).
Die Mandel^äure wird beim stärkeren Erhitzen zuerst gebriunt
nnd dann zersetzt, es entwickeln sich Dämpfe, deren Geruch an Hft-
cinthen und Weissdornblüthe erinnert, während wenig Kohle «nröck-
»ibt.
Bittermandelöl, ätherisches oder flüchtiges. 1119
Die Mandelsäure wird beim Kochen mit verdünnten Säuren nicht
eersetzt; sie lost sich bei gewöhnlicher Temperatur selbst in concen-
virter Sciiwefel^Uire und Salpetersäure ohne Färbung auf. Beim Er-
i^&rmen der Aufl&snng'in Salpetersäure entwickelt sich Kohlensäure
and salpetrige Säure, und beim Abkühlen der FKissigkeit scheiden sich
Kiyatalle von BeneoSsänre (oder Nitrobenzoesänre) ab. Beim Kochen ^
ier Mandelsäure mjt Braunstein und Schwefelsäure entwickelt sich
Kohlensäure, während Dämpfe von Benzoylwasserstoff entweichen:
CieHsOe + 20 = C14H6O, -f C«04 + 2H0.
MandeUänre Benzoylwasserstoff
Beim Einleiten von Ghlorgas in eine wässerige Lösung der Man«
delsaure scheidet sich anfangs ein Ölartiger Körper vom Gerüche des
Benzoylclilorids ab: wird die Lösung mit Kali versetzt und so lange
mit Chlorgas behandelt, bis das Oel wieder verschwunden ist, so bildet
sich benzoesaures und kohlensaures Kali; auf Zusatz von Salzsäure
ifrerden beide Säuren abgeschieden.
Mandelsaure Salze. Die Mandelsänre bildet mit den Basen
RO Salze von der Formel RO.C16H7O5; sie reagiren neutral; die
'Salze der Alkalien sind in Wasser schwer löslich; die Salze der schwe-
ren Metalloxyde sind in Wasser schwer oder nicht löslich. Die Salze
sind von Winckler untersucht
Mandelsanres Ammonium oxyd wird beim Verdunsten einer
^vrflflserigen, mit Ammoniak fibersättigten Lösung von Mandelsänre als
eine weiche, weisse, undeutlich kristallinische Masse erhalten; es löst
«lieh in jeder Menge Wasser oder Alkohol.
Mandelsaurer Baryt. Durch Auflöseif von kohlensaurem Ba-
ryt in wässeriger Mandelsäure und Verdunsten der Lösung in gelinder
Wttrnie erhält man das Salz in ziemlich harten, aus kurzen Säulchen
bestehend«!, ^«sssen, fast glanzlosen Salzrinden. Es ist in Wasser
weit schwieriger löslich als die mandelsauren Alkalien; Weingeist löet
es nur in geringer M^oge.
Mandelsanres Bleioxyd fällt aus einer Lösnng von mandel*
senrsm Alkali auf Znsatz von essigsaurem Bleioxyd als ein fein krystol-
ÜBiseher Niederschlag nieder, der in Wasser kaum löslich ist. Das
trockene Salz giebt beim Erhitzen viel Bittermandelöl.
Mandelsaures Kali, durch Sättigen von wässeriger Mandelsäure
mit kohlensaurem Kali dargestellt, wird beim Verdunsten seiner alko-
holischen Lösung ab undurchsichtige milchweisse, seifenähnliche Masse
erhalten. Es hat einen milden, kaum salzartigen Geschmack.
Mandelsaures Kupferoxyd, CnO.CieHtOBi wird durch dop-
pelte Zersetzung als ein feinpulveriger, lichtblauer Niederschlag erhal-
ten, ist in Wasser oder Weingeist kaum löslich.
Mandelsaures Quecksilberoxyd wird durch Fällung als ein
weisser, dem Bleisalz ähnlicher Niederschlag erhalten.
Mandelsaures Silberoxyd, AgO.CieH7 0, wird durch Fällen
von aal petersaurem Silber mit mandelsaurem Kali als schwerer, pulveri-
ger» milchweisser Niederschlag erhalten 9 der ans der Lösung in ko-
chendem Wasser sich beim Erkalten in glänzenden Krystallblättern
ausscheidet. Das Salz ist in kaltem Wasser kaum löslich; es schwärzt
sich am Licht.
1120 Bittermandelöl, ätherisches oder flifch^es.
2) Benzhydramid.
Ein indifferenter Körper, Uoiwandloiigsprodaet des Bcdio^
wasserstoiA bei Gegenwart von Blana&ore. Die Formel CssH»^0
giebt am einfachsten seine Znsamnien«etzang an ; sie ist wohl n ft^
doppeln and dann C44Bi8Nf03. Die Verbindung ist raerat toi L«t-
rent ^) dargestellt, der daför die Formel CyiA^N. gab, wonach «■(
dem gleichseitig auftretenden Hydrobenxamid und dem BensMio'
isomer wäre. Bei einer späteren Untersuchung fanden Laurent ni
Gerhardt'), dass der Körper Sauerstoff enthalte f sie berichtigteil &
früher gegebene Formel. Nach ihnen bildet es sich aus den Eies»
ten von Ammoniak, Benzoylwasserstoff und Cyanwasserstoff unter Ab-
Scheidung von Wasser:
3.Ch«6 0, + NH, + C,N« = C44»i8N,0, -f- 4 HO.
Benzoylwasserstoff Bcnzhydramid
Eis enthält auch die Elemente des sogenannten Benzoylkjdrat
(nach Laurent und Gerhardt's letzter Formel), plus diejenigeo d«
.Ammoniaks, minus Wasser:
C44H18O8 + 2NH, = €4^^
Benzoylhydrat Benzhydramid
Es entsteht sowohl, wenn rohes Bittermandelöl nnit Amnonkk
als wenn reiner Benzoylwasserstoff mit Cyanammonium behandelt «ifi
Um das Benzhydramid rein darzustellen, wird auf 100* C tf*
wärmtes Blausäure haltendes Bittermandelöl mit trockenem AnuDoni^'
gas gesättigt, die Masse dann in einem Gemenge von Alkohol und Aetka
gelöst, und nun einige Tage hingestellt. Es bilden sich alsdann Kijutilr
die .beim Lösen in siedendem Alkohol ein weisses Pulver, Benzoyiasolii
(s. S. 1121), zurücklassen, während aiu der alkoholischen Lösung hos
freiwilligen Verdampfen sich kleine nadellormige KrystaUe abscheidea
die mit Oeltröpfchen gemengt sind; sie werden daher suerst noit kshes
Weingeist haltenden Aether abgewaschen und dann ans- Alkc^ol bb-
krystallisirt. Weniger rein wird das Benzhydramid -erhalten, was
man die von der Behandlung des rohen Bittermandelöls mit wSsBoi-
gem Ammoniak resultirende harzähnliche Masse in Aether lost, o^
dann längere Zeit kocht, um das gleichzeitig gebildete Hydrobentsnu^
zu zerlegen; beim Erkalten krystallisirt unreines Benttydramid, ge«Bg<
mit Azobenzoy], durch Umkrystallisiren ans Alkohol wird es gereiniigL
Dieses Produkt soll sich schwierig rein erhalten lassen, aber dnrdiatf
identisch sein mit dem wie oben angegeben dargestellten Körper.
Das Benzhydramid krystallisirt in km-zen rechtwinkligen 4 odtf
6seitigen Prismen mit zweifiächiger Zuschärfnng; es ist unlöslieh io
Wasser, wenig löslich in kaltem, leichter in siedendem Alkohol oder
Aether. Aus einer siedend gesättigten Lösung scheidet es sich beii
Erkalten nicht in Krystallen, sondern als eine harzartige Masse ab.
Durch verdünnte Säuren wird es beim Kochen zersetzt, wob«
sich Blausäure, Benzoylwasserstoff und Ammoniaksalz bildet. Vor
0 Annia. de chim. et de phys. [2.] T. LXVI, p. 180.
*) Compt. rend. par Laurent et Gerhardt. Avrfl 1850, p. 114; AiiBiI> ^
^ Pharm. Bd. LXXVI, S. 802.
Bittermandelöl, ätherisches oder flüchtiges. 1121
nichtig erhitzt scliinilzt 68 ohne Zersetzung; bei der trockenen Destil-
ation entwickelt sich Blausäure, und es destillirt eine zähe Substans,
velche im Retortenhalse kryatallisirt; in der Retorte bleibt wenig Kohle
;^iirück.
3) Azobenzoyl.
Azobenzoi'le, Azostilbese - Unterazotür nennt Lau-
* ent ^) einProduct, welches sich, nach ihm, neben Benzhydramid u. a.
^ei Einwirkung von Ammoniak auf rohes Bittermandelöl bildet. DieFor-
Kiel soll C49H15N2 sein; die Analyse nach dem Atomgewicht des Koh-
enstoffs 0=6 umgerechnet, giebt die unwahrscheinliche Formel
I?sgfix4^2- Eine weitere Untersuchung hat daher darüber zu entschei-
l«n, ob dieses Laurent'sche Azobenzoyl eine eigenthüm liehe Yerbin-
Lung ist, oder vielleicht ein Gremenge verschiedener Substanzen, lieber
Lie Bildungsweise lässt sich daher noch nichts genaues sagen.
Zur Darstellung des Azobenzoyls übergiesst Laurent rohes Bit-
«rmandelöl mit einem gleichen Volumen concentrirten wässerigen Am-
iQoniaks und überlässt das Gemenge etwa einen Monat hindurch der
3uhe. Idan findet das Oel in eine feste, gelbe, harzartige Materie ver-
pvandelt. Kochender Aether nimmt daraus alles Hydrobenzamid, bei-
nahe alles Benzhydramid, den unbekannten Körper nebst einem gerin-
gen Antheil Azobenzoyl auf. Der Rückstand enthält bei Weitem den
l^össten Theil des letzteren und Benzoylazotid, die sich durch sieden-
ien Alkohol scheiden lassen.
Das Azobenzoyl bildet ein weisses, glänzendes, geruchloses Pal-
7eT. Es ist in Wasser unlöslich und erfordert beinahe 100 Gewichts-
;heile kochenden Alkohol zur Auflösung. Unter dem Mikroskop be-
frachtet, zeigt sich das Pulver als aus Krystallen von der Grösse der
ätärkekörnchen bestehend, deren Form abgeplattete verschobene Pris-
men oder sechsseitige unregelmässige Tafeln zu sein scheinen. In hö-
iieren Temperaturen wird es unter Entwickelung von Blausäuregeruch
omd Hinterlassung von Kohle zerlegt.
4) Benzoylazotid.
Benzazotid, Benzoilazotid, Nitrobenzoyl. Zersetzungs-
product des rohen Bittermandelöls mit Ammoniak, von Laurent^
dargestellt und untersucht. Er gab die Formel C]4H5N oder CsgHioNs
an; nach späteren Untersuchungen von Laurent und Gerhardt 3) ist
die richtige Formel CisMeN oder CsofiijNs. Auch Robson^) hat spä-
ter denselben Köi*per erhalten. Seine Bildung entspricht der Glei-
ßhnng:
MCuHeOj) + N«8 + CaSN = C30BE12N2 + 4H0.
Benzoylwasserstoff ^ Benzoylazotid
Das Benzazotid wird von Laurent dargestellt, indem er rohes
Bittermandelöl mit Ammoniak übergiesst; das Product wird nach ein-
^) AnnaL de chim. et de phys. [2.] T. LXVI p. 186. — *) Annal. de chim. et de phys.
[2.] T. LXVI, p. 187. — *) CompL rend. par Laurent et Gerhardt 1850, p. 116.
*) AnnaU d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXI, S. 127. Hier ist dieser Körper,
wie seine Zusammensetzung und das Verhalten deutlich zeigt, irrthümlich ab Benz-
hydramid statt als Benzoylazotid hezeiohnet.
Handwörterbuch der Chemie. 2te Aofl. Bd. n. 71
1122 Bittermandelöl, ätherisches oder flüchtiges.
ander mit Alkohol und Aether behandelt, welche Hydrobenzaxnid, Beis-
hydramid und Azobenzoyl lösen, während Benzoylazotid ala ein wÜ38i^
ans mikroskopischen Prismen bestehendes Pulver zurückbleibt
Dieselbe Verbindung entsteht, wenn man trockenes Ammoni&kv»
bis zur Sättigung in rohes Bittermandelöl leitet, welches auf 100* (X
erwärmt ist, die Flüssigkeit darauf in Aether -Weingeist löst, und dun
3 'bis 4 Tage sich selbst überlässt. Es bildet sich ein krystallinisckr
Bodensatz, der mit Alkohol ausgekocht Benzoylazotid zurnckläat
(Laurent und Gerhardt). Nach Bobson bildet sich hier ein Gt*
menge einer harzigen Masse mit einer körnigen Verbindung ; die o-
stere wird durch Alkohol entfernt, wobei die letztere, das Benzoylufh
tid ungelöst zurückbleibt.
Das Benzoylazotid ist ein weisses geschmack* und gemcbloMS
Pulver, scheinbar amorph, unter dem Mikroskop ans kleinen PrisiDeB
bestehend. Es ist unlöslich in Wasser, nur in 350 bb 400 TUn. tob
kochendem Alkohol löslich, krystallisirt aus der siedenden Lösung beio
Erkalten in mikroskopischen, sehr unregelmässigen Kiystallen, die ge-
rade Säulen mit rhombischer Basis sind. In Aether sind sie so schwer
löslich wie in Alkohol. Vorsichtig erhitzt, schmelzen sie, beim Erkal-
ten wird ein kleiner Theil krystallinisch, die Hauptmasse ist glasartig.
— Wird Benzoylazotid mit Alkohol und Salzsäure längere Zeit g^
kocht, so zersetzt es sich langsam, und zerfällt seiner Entstehung ai*
sprechend in Benzoylwasserstoff und Cyanwasserstoff; mit EaUlaugt
längere Zeit in Berührung bilden sich andere mikroskopische Krystalle.
welche eben so unlöslich sind.
Wird das Benzoylazotid in einer Betorte der trockenen DestiUa-
* • • TT I
tion unterworfen, so bildet sich etwas Oel neben einer bald im aux
der Betorte erstarrenden Substanz; diese enthält Lophin (s. unter Ben-
zoylwasserstoff, Abkömmlinge S. 941) und
Amaron. Dieser Körper ist von Laurent entdeckt. Seine Fo^
mel ist, nach ihm, O^sHiiN; die Entstehung dieser Verbindung vn
dem Benzoylazotid lässt sich nicht angeben, da nicht alle daneben ent-
stehenden Producte bekannt sind. Das Amaron entsteht neben Lophin
auch bei der trockenen Destillation von Azobenzoyl und von Hydro-
benzamid. Um Amaron darzustellen, wird das bei der trockenen Ik-
stillation von Benzoylazotid erhaltene Sublimat fein zerrieben, zo^
zur Entfernung der geringen Menge eines gleichzeitig damit auftreten-
den ölartigen Destillats mit Aether behandelt, dann mit salzsäurehalb-
gem heissen Wasser ausgezogen und das beim Filtriren der heii^
Flüssigkeit auf dem Filter zurückbleibende Amaron mit Alkohol gewa-
schen und getrocknet. Darauf in wenig siedendem Steinöl gelöst, kry-
stallisirt es beim Erkalten desselben in kleinen farblosen Nadeln so^
die man durch Waschen mit Aether vom Steinöl befreit
Es ist geruch- und geschmacklos, unlöslich In Wasser, und in Ü'
koholy selbst in der Siedhitze nur wenig löslich. Kochender Aether löst
etwas mehr davon und setzt beim Erkalten Krystalle ab. Es schmBit
bei 233^0. und ecstarrt nach dem Erkalten in strahligen, langen, Q**
delförmigen Kiystallen. — Von kalter Schwefelsäure wird es mit einer
prächtig rothen Farbe gelöst; behn Stehen an der Luft verliert dieAfii-
lösung ihre Farbe, und indem sie Feuchtigkeit anzieht, krystallisirt ^
Amaron unverändert aus. Von Salpetersäure wird es beim Kochen si
Bittermandelöl, ätherisches oder flüchtiges. 1123
geringer Menge gelöst, aber nicht zersetzt; es scheidet sich aus der Lo-
sung beim Erkalten derselben in Krjstallen ab. Auch Kalilauge wirkt
nicht zersetzend auf Benzoylazotid ein.
6) Benzoylhydrat.
Stilbenhyperoxyd, stilbinige oder stilbilige Säure Ben'
zoaie cthydmre de henzoüe^ euroxyde de eiilhene^ acide etübeux von Lau-
rent, hypobenzoilige Säure, Stilbilsänre von Berzelius. Ein
Zersetzungsproduct des rohen Bittermandelöls, welches von Laurent
dargestellt und untersucht, aber bis jetzt noch sehr unvollständig be-
kannt ist.
Nach Laurent's erster Analyse ist die Formel 056823(^11 od®'
wahrscheinlich C14H6O8; nach seiner späteren Untersuchung aber ist
sie CsgMisOs. Laurent und Gerhardt ^) nahmen zuletzt als richtiger
die Formel C44H]g08 an.
Nach Limpricht3)hat dieser Körper, von ihm als Bittermandelöl-
ameisensäure beschrieben, die Formel CsoHi^O^.
Das Benzoylhydrat ist von Laurent durch Einwirkung von Chlor-
schwefel odeir von Schwefelsäure auf rohes Bittermandelöl dargestellt;
ob es sich auch bei Einwirkung von Chlor bildet, ist nicht mit Sicher-
heit nachgewiesen.
Diese Verbindung wird oft mit dem von Liebig untersuchten benzoS-
sauren Benzoylwasserstoff (C42 Hig Og S. 1111) für identisch angenom-
men ; abgesehen von der Differenz in der Zusammensetzung, die zu be-
deutend für Beobachtungsfehler ist, aber durch Unreinigkeiten bedingt
sein könnte, zeigen sich auch so bedeutende Unterschiede in den Reac-
tionen und Eigenschaften, dass ein Beweis für die Identität beider Kör-
per wenigstens fehlt. Laurent hatte zuerst diesen Körper der Zusam-
mensetzung nach unpassender Weise als Benzoylhydrat (C14H5O8 =
H O -|~ ^14^5 O2) benannt; später nahm er nach der Analyse in der Ver-
bindung das Radical Stilben CsgHi) an, und benannte ihn entspre-
chend. Nach den letzten Analysen sind die früheren Formeln unrich-
tig, und daher auch die verschiedenen Benennungen nicht passend; da
aber die Verbindung so unvollständig bekannt ist, so scheint es zweck-
mässiger, eine weitere Untersuchung abzuwarten, um darnach den
Körper richtig benennen zu können.
Berzelius hielt es für wahrscheinlich, dass das mit Chlorschwefel
oder Schwefelsäure dargestellte Benzoylhydrat Schwefel enthalte. Nach
Laurent und Gerhardt entsteht es bei Einwirkung von Schwefel-
säure auf Benzoylwasserstoff* und Cyanwasserstoff*, unter Mitwirkung
von Wasser und Abscheidung von Ammoniak:
S^^CnHeOa + C2NH + 2H0 = C44Hi80^b + NH«.
Benzoylwasserstoff Benzoylhydrat
Aehnlich wäre die Bildung, wenn man die Formel C30II12O6 an-
nimmt :
2C,4H6 02 + CjNH -f- 2H0 = CaoHijOe + NH«.
Die Bildung des Benzoylhydrats ist also ganz analog der der
')' Compt. rend. par Laur. et Gerh. AvrU 1860, p. 117. — •) Gruudriss d.
organ. Chem. 1866, S. 460.
1124 Bittermandelöl, ätherisches oder flüchtiges.
Maadelsanre (s. oben S. 1117); sie enthält die Elemente von 2 Ae^
(CmAisO«) oder 3 Aeq. (C4,H,8 0() BenzoylwasBentoff und l Ao«.
Ameisensanrehydrat (C,Hs04) minus 2 Aeq. Wasser.
Das Benzojlhjdrat wird erhalten, wenn man wasserfreie Scfawclä-
s&nre in Bittermandelöl leitet, 1ms die Masse erstarrt; sie wird mm i^
Wassei* verdünnt, die oben aof schwimmende halb feste Schicht nieiiä
mit kaltem Aether - Weingeist abgewaschen, und dann ans kochesdea
Weingeist krystallisirt.
Aehnlich erhalt man die Verbindnng beim Vermischen von 1 Yd
ranchender Schwefelsaare mit 3 VoL Bittermandelöl, zuweilen aadi mi
gewöhnlicher Säare. Doch auch bei gleichem Ver&hren erhält nai
nicht immer dasselbe Prodnct, welches- daher äusserst schwierig in ha-
reichender Menge zur Untersuchung zn gewinnen ist.
Wird Chlorschwefel mit Bittermandelöl gemischt nnd die Ma»t
nach 24 Standen mit Aether und wasserigem Ammoniak geschüttelt^ »
erhält man eine ätherische Lösung von Benzoylhjdrat.
Es krystallisirt aus seinen Lösungen in zwei verschiedenen For-
men, und darnach unterscheidet Laurent: schiefwinkliges oni
rechtwinkliges BenzojlhydraL
Das schiefwinklige Benzoylhydrat ist färb- und geruchlos, leieb
löslich in Aether oder siedendem Alkohol , und krystallisirt daraus b
schiefen, rectangulären Säulen; die Lösung röthet nicht Xackmos. Dv
Benzoylhydrat löst sich nicht in Ammoniak; es schmilzt bei 160** C.
beim Erkalten bleibt es durchsichtig; stärker an der Luft erhitzt, ent-
zündet es sich und verbrennt ohne Bückstand. — Bei der trockenea
Destillation geht ein Oel über , wovon Aether nur einen Theil löst —
Chlor zerlegt es in der Wärme unter Entwickelung von Salzsäure, mai
erhalt ein Gemenge verschiedener Producte. — Durch kochende S^
petersäare wird es langsam zersetzt, ohne dass sich Benzoesäure bildet;
Nordbäuser Schwefelsäure löst es in der Wärme, Wasser fällt es da^
aus, aber nicht unverändert; mit der Schwefelsäure erhitzt wird es uf
legt, anter Entwickelang von Kohlenoxyd und mit Zurücklassung eimr
braanen in Ammoniak zum Theil löslichen Substanz vom Geruch dtf
Bittermandelöls. Kochende Kalilauge zersetzt es nicht in BenzoeÄu«
und Bittermandelöl (s. benzoesaurer Benzoylwasserstoff)i ^
wird aber durch sehr concentrirte Kalilauge flüssig , indem sich &Be
Verbindung von Kali mit der Substanz bildet: KO.C2g}{]i04 (Las-
rent), öder nach der neuesten Formel vielleicht 3 KO. 2C44{ll«Qr'
eine Verbindung, welche sich nicht in concentrirter Lauge, wohl aber
in verdünnter löst. Dieses Kalisalz ist in Aether unlöslich, in Alkohol
aber löslich.
Wird das schiefwinklige Benzoylhydrat eine Zeitlang im Schmel*
zen erhalten und dann ans Alkohol umkrystaUisirt, so erhält man recht-
winkliges Benzoylhydrat in geraden Prismen mit rechtwinkliger
Basis. Diese Krystalle lassen sich nicht mehr in die frühere "Kipt^
form zurückführen ; sonst hat das rechtwinklige Benzoylhydrat aUe Ei-
genschaften des schiefwinkligen. Eigenthümlich ist es, dass, wenn aub
das eine oder das andere Benzoylhydrat umkrystaUisirt, die KrjstaUe
immer wieder von derselben Form erhalten werden, welche ue bat'
ten ; nie finden sich Krystalle der einen Form denen der anderen bei-
gemengt. Eine neue Untersuchung muss uns weitere Auf klämng in^'
Sache verschaffen. Fe.
Bittermandelöl, fettes. — Bittennandelwasser. 1125
Bittermandelöl, fettes, wird durch kaltes Aaspressen der
estossenen bitteren Mandeln erhalten. Es ist gelb, gemchlos, enth<
eine Spur flüchtigen Bittermandelöls und scheint mit dem fetten Oel
er süssen Mandeln identisch zu sein. Indessen unterscheidet es sich
avon durch eine Reaction mit Salpetersäure, es wird dadurch griin.
Bittermandelöl, künstliches, hat man wegen des ahn-
eben Geruchs das Nitrobenzol genannt, welches in grosser Menge
tatt des ätherischen Bittermandelöls zum Parfümiren von Seife und
ergleichen benutzt wird (8. 873).
Bittermandelöl-Ameisensäure, syn. mit Man-
[elsäure s. unter Bittermandelöl, S. 1117.
ßittermandelölcamphor, syn. mit Benzoin.
B itterm an d e löl - Cyanwasserstoff s. unter
iitterraandelöl, ätherisches, 8. 1112.
Bittermandelöl-Schwefelsäure s. ßenzoyl-
vasserstoff, Verwandlungen S. 919.
Bittermandelwasser, Aqua amygdalarum amararum^ ein
.Is Arzneimittel wichtiges pharmaceutisches Präparat, im WesenUichen
dne Auflösung von blausäurehaltendem ätherischen Bittermandelöl in
Nasser. Eine solche Auflösung ist freilich auch das bei der Dar-
stellung von Bittermandelöl neben dem ausgeschiedenen Oel erhaltene
/Nasser (s. Bittermandelöl, ätherisches); als pharmaceutisches
Präparat muss das eigentliche Bittermandelwasser aber besonders und
i;enau nach der Vorschrift der betreffenden Pharmakopoe aus einer be-
itimmten Menge bitterer Mandeln und Wasser dargestellt sein. Die
rerschiedenen Pharmakopoeen schreiben verschiedene Quantitäten vor,
nanche lassen der zu destillirenden Masse noch etwas Alkohol zusetzen.
[)ieser Zusatz hat den Zweck, das ätherische Oel vollständig in Auf-
ösung zu halten, und auch wohl das Präparat haltbarer zu machen; er '
icheint jedoch in beiden Beziehungen unnöthig, sowohl weil in der
Kegel hinreichend Wasser vorgeschrieben ist, um alles Oel in Auf-
ösung zu erhalten, und weil der Alkohol wohl nicht die Verände»
rung der Blausäure und die Oxydation des Benzoyl Wasserstoffs ver-
hindern kann.
Nach der preussischen und der hannoverschen Pharmakopoe wer-
len zwei Pfund bittere Mandeln gestossen und unter Vermeidung aller
Erwärmung ansgepresst; der Oelkuchen wird mit 10 Pfd. kaltem Was-
ser vermischt, 4 Unzen Alkohol (Spiritus tnnt recüficatissimuä) zugesetzt,
und von der Masse, nachdem sie 12 bis 24 Stunden lang verscblosden
stehen blieb, zwei Pfund abdestillirt.
Nach der sächsischen Pharmakopoe werden von 1 Pfd. Mandeln
3 Pfd. Wasser abdestillirt Nach der württembergischen Pharmakopoe
«werden 3 Pfd. Mandeln nach dem Zerstossen und Auspressen mit Was-
^T 12 Stunden digerirt und dann destillirt; in der Vorlage soll % Pfd.
Wasser vorgelegt, und dann sollen noch 2^4 Pfd. Destillat übergezogen
werden. Die Pariser Pharmakopoe lässt aus 1 Thl. Mandeln auch ohne
1126 Bittermandelwasser.
Znsato von Alkohol 2 Thle. Destillat darstellen, und wie die wnrtten-
berger Pharmakopoe das DestiUat vom abgeschiedenen Oel dnreh m
nasses Filter oder Abgiessen trennen.
Es ist jedenfalls zweckmässig, die zerstossenen Mandeln zaerst dtnd
Auspressen, aber nur in der Kälte , vom fetten Oele möglichst zu be-
freien, jede Erwärmung ist sorgfältig zu vermeiden. Die zerstossenen
Mandeki müssen mit Wasser von gewöhnlicher Temperatar vermiadit
werden, und werden zweckmässig damit 12 bis 24 Stunden digerirt,
um die vollständige Umwandlung des Amjgdalins (s. Bd. I, S. 76S)
zu begünstigen. Die Destillation wird am besten mit Dampf vorge-
nommen, jedenfalls rauss man sich vor dem Anbrennen der BCasse bö-
ten. Die Abkühlung muss möglichst vollständig sein, damit sich nicht
Blausäure verflüchtigt
Das Bittermandelwasser ist eine meistens schwach milchig trübe
Flüssigkeit; ohne Alkohol bereitet, wird sie erst nach einiger Zeit klar;
mit Alkohol dargestellt, trübt sie sich dagegen oft erst beim längereo
Stehen, doch findet zuweilen wieder das Umgekehrte statt. Zuweilen
setzen sich wollige Flocken, vielleicht Benzimid, ab. Da« Wasser zogt
einen starken Geruch und Geschmack nach Blausäure und Bittennan-
dein; es verändert sich nach und nach an der Luft und mnss daher ia
kleinen, ganz damit angefüllten und gut verschlossenen Gläsern ao
einem kühlen Ort aufbewahrt werden. Es wirkt giftig.
Die Hauptbestandtheile des Wassers sind Benzojlwaaserstoff uaA
Cyanwasserstofl^änre , sie bedingen die Wirksamkeit desselben; äi
Menge dieser Bestandtheile wechselt nicht nur nach der verschiedenen
Vorschrift, sondern auch bei verschiedenen Mandeln. Die Menge des
Oels soll, nach Dnflos, 1,20 Proc. betragen; sie wechselt, denn mao
sieht, wenn man genau nach derselben Vorschrift arbeitet, zuweileo
sich Oel aus dem Destillat abscheiden, ein anderes Mal nicht. Zugleich
wechselt auch die Menge der Blausäure begreiflich; da diese Sänrej^
denfalls einen besonders wirksamen Bestandtheil des Wassers bildet, ood
seine Menge sich leicht bestimmen lässt, so fordern die meisten Pharma-
kopoeen, dass das Destillat eine bestimmte Quantität Blausäure enthal-
ten muss; 1 Unze Bittermandelwasser soll nach der prenssischen Pbar-
makopoe ^/s oder Vio Gran wasserfreier Blausäure enthalten, daher 3^'}
bis 3^/9 Gran Cyansilber oder beim Glühen 2^3 Gran metallisches Silber
liefern; nach der württembergischen Pharmakopoe soll es 1/2 Gran Blaa-
säure enthalten, und daher 2^2 Gran Cyansilber, nach dem Glühen 2GraB
Silber liefern. Da die Blausäure im flüchtigen Oel gelöst ist, so läsjt sie
sich nicht unmittelbar durch Silberlösung vollständig fällen. Zur BestiiB-
mung derselben wird daher das Wasser mit gelöstem salpetersaarei
Silberozyd und etwas Ammoniak versetzt; nachdem es einige Zeit geataa-
den hat, wird etwas Salpetersäure bis zur schwach sauren Reaction hinza»
gefügt, worauf sich alles Cyansilber absetzt; es wird auf einem gewo-
genen Filter gesammelt und nach dem Trocknen als Cyansilber gewo-
gen, oder getrocknet durch Glühen als Silber bestimmt 1 Thl. was-
serfreie Blausäure giebt 5 Thle. Cyansilber oder 4 Thle. metalli^^^
Süber.
Sehr genau wird die Blausäure im Bittermandelwasser durch Ti-
triren bestimmt, indem man dasselbe mit überschüssigem Kali und eia
wenig ChlomatriumlÖsung versetzt, und dann von einer titrirten SÜbe^
lösung zusetzt, bis eine sichtbare, beim Umschütteln nicht wieder vor-
Bittersäure. — Bitterstem. 1127
»chwindende Trübung eintritt Hierbei hat sich aas 2 Aeq. Cyanka-
linm und 1 Aeq. Silbersalz das löbliche Doppelsalz K€y -|- "^gGy
gebildet; daher entspricht 1 Aeq. Silber 2 Aeq. Cyanwasserstoff; oder
LOO Thle. salpetersaures Silberoxyd zeigen hier 31,77 Cyanwasser-
»toff, oder 100 Thle. metallisches Silber 50,0 an (s. die Beschreibung
ie9 Verfahrens bei Cyanwasserstoff). ^
Das Bittermandel Wasser ist ein höchst unsicheres Präparat; sein 6e-
tialt an Oel und Blausäure und auch wohl die relative Menge derselben
prechselt nicht nur nach der Art der Darstellung, sondern auch nach der
:>orgfalt dabei, und selbst nach der Beschaffenheit der bitteren Mandeln.
Ilan hat daher vorgeschlagen die Lösung durch Mischen von rohem
Bittermandelöl mit Wasser darzustellen, aber man erhält so wenigstens
kiich kein bestimmtes Froduct, da der Blansäuregehalt im Oel jeden-
*alls bedeutend wechselt; aus reinem Benzoylwasserstoff, Blausäure und
l^asser eine Mischung zu bereiten ,' scheint auch wenig geeignet, be-
ionder;8 da solche Mischungen sich leichter verändern als das durch
Destillation Über Mandeln bereitete Wasser. Das sicherste Präparat
üvird immer noch, nach Liebig^s und W ö hie r's Vorschlag, aus einer
^mygdalinlösung' durch Zusatz von Mandelemulsion bereitet; hier bie-
»t sich die Schwierigkeit, das« man keinen Anhaltspunkt hat, zu er-
nennen, wann alles Amygdalin zerlegt ist, und dass diese Lösung sich
nregen der leichten Zersetzbarkeit der Emulsion nicht wohl vorräthig
lalten lässt; auf der anderen Seite wird das Bittermandelwasser in so
deinen Dosen verordnet, dass es nicht wohl thunlich wäre, jedes Mal
iie Mischung frisch darzustellen.
Das Bittermandelwasser ist den Hauptbestandtheilen nach wohl
dentisch mit dem über Kirschlorbeerblätter destillirten Wasser (^Aqua
'aurO'Cerasi) <f und, da dieses auch in Hinsicht auf constante Zusammen-
letzung, Haltbarkeit u. s. w. keine Vortheile bietet, so wird ersteres
vohl zweckmässig demselben dort substituirt, wo man sich leichter die
>itteren Mandeln als frische Kirschlorbeerblätter verschaffen kann. Das
3ittermandelwasser unterscheidet sich vom Kirschlorbeerwasser da-
larch, dass es beim Vermischen mit kaustischem Ammoniak bald stark
nilchig wird, was bei jenem erst nach längerer Zeit und nicht in dem-
lelbcn Grade stattfindet. Fe,
Bittersäure, syn. mit Trinitrophenylsäure, s.
Phenylsäure. iste Aufl. Bd. VI, S. 205.
Bittersalz, syn. mit krystallisirter schwe-
felsaurer Magnesia unter Schwefelsaure Salze.
Bittersalzwasser und Bitterwasser werden die Mine-
ralwässer genannt, welche durch ihren Gehalt an Magnesiasalzen aus-
gezeichnet sind (s. Bd. V, S. 319), Hierher gehören namentlich das
Spsgmer, das PÜlnaer, Seidlitzer, Saidschützer, das Friedrichshai- '
er, Bässinger u. a.
Bitterspath s. Bitterkalk und Magnesit
Bitterstein s. Saussurit.
1128 Bitterstoff. — Bitterstoflfe, künstliche.
Bitterstoff, Bitter, Bitterer Extractivstoff,extracti-
ver Bitterstoff, Principium amarum. Viele Pflanzenstoffe gebeo od
bitteres Extract; man glaubte früher, dass hier ein gemeinscbaftli^
Bestandtheil, das Principium cananim^ vorhanden nnd deasen Haaptdgai-
schaft eben der bittere Geschmack sei. Nachdem man versehiedfl»
bitter schmeckende chemische Verbindungen, wie Chinin n. a. Bajes.
die Pikrinsäure n. s. w. kennen gelernt hatte, bezeichnete man den e-
krjatallinischen und in vielen Pflanzen sich findenden Gxtractivstoff >£
Bitterstoff; je nach dem Geschmack bezeichnete man ihn wohl noch ab
milde bitteren, scharf bitteren, oder narkotisch bitteren. Dieae Bitteritole
wurden dann aus verschiedenen bitteren PflanzenatoflTen dargestelk
durch Auskochen mit Wasser, Eindampfen des Extractes, Aunidtti
mit wässerigem Alkohol, Eindampfen der Lösung und Behandeln des Bock-
Standes mit absolutem Alkohol, der Harz u. dergl. auszieht, wahrend da
Bitterstoff zurückbleibt. Um ihn' noch weiter zu reinigen, wurde e
wohl in Wasser gelost, durch neutrales essigsaures Blei zuerst die Fui-
Stoffe und dann aus dem Filtrat durch Bleiessig der Bitterstoff g^
fällt, worauf der Niederschlag mit Schwefelwasserstoff' zersetzt ob^
das Filtrat eingedampft werden soll. Auch durch Kochen mit Hok-
kohle oder Thierkohle wird manchen, aber nicht allen bitteren Estnß'
ten der bitter schmeckende Bestandtheil entzogen. Die so erhaltev
mehr oder weniger braune Masse, ein Gemenge verschiedesff
Substanzen, ist getrocknet zerreiblicfa, geruchlos, von bitterem G^
schmack, sie löst sich in Wasser oder in wässerigem Alkohol, oi^
aber in reinem Alkohol, Aether, ätherischen oder fetten Oelen. ü^
Masse wird durch Einwirkung von Alkalien dunkelbraun gefärbt, oad
bildet mit den Erden und den meisten Metalloxyden unlösliche V^
bindungen.
Manche Vegetabilien werden wegen ihres bitteren Geschmackes Ib
der Heilkunde geschätzt, und man schreibt ihnen besondera eine inag«&-
stärkende Wirkung zu. Doch wirken einige bittere Substanzen eoer-
gischer, zum Theil giftig, wie das Bitter aus der Columbowurzels ^
Coloquinten, den Sennesblättem u. a.
Aus manchen bittern Pflanzenstoffen hat man bitter schmecieBde
Körper reiner dargestellt, so das Absinthiin (aus dem Wermuth)) ^
Aloin oder Aloebitter aus der Alo€ (s. d. Art.); das Gentianin ms de
Entianwurzel; in vielen Fällen hat man aber auch unreine extractart^
Massen mit besonderen Namen bezeichnet, wie das Menyanthin aas des
Bitterklee (Menyanthes trifoliata) u. s. w. Fe.
Bitterstoffe, künstliche; Bitter, künstliche,
früher die unreinen Zersetzungsproducte , hauptsächlich Nitroverbis-
düngen, genannt, welche aus Aloe, Indigo, Seide, Extracten u. ^"* ^-
durch Salpetersäure erhalten werden, und die man theils noch speciel*
1er nach dem ersten Entdecker Chevreul, Welter u. A. benaiute
(s. d. Trinitrophenylsäure Iste Aufl. Bd. VI, S. 205),
Alphabetisches Register.
A.
Seite
LnimaUsation 1
knimeban —
^nimin 2
Lnion 8
LniMilt syn. mit Anisjlwasserstoff .
kiiisa&onol -—
kjiisamid und Anisanilid, syn. mit
Anisjlamid und Anisylanilid. ^
LniBaminsäure syn. mit Amidoanisyl-
•tere, 8. unter Anisylsänre.
Lnisen, syn. mit Toluol.
knishydramid 4
Laiflidid — '
Lnisidin 5
Nitranisidin G
Benznitranisidid (Benzanisi-
dide nürique) ..... —
Cinnnitranisidid (Cmnanüidide
• mtrique) • 7
Verbindungen des Nitranisi-
dins mit Säuren .... —
Cblorwasserstoifsaures Nitra-
nisidin ... ... —
Bromwasserstoffsaares Nitra-
nisidin —
Scbwefelsaures Nitranisidin . —
Salpetersaares Nitranisidin . —
Binltranisidin —
ÜDdain 8
LnUinaäure, syn. mit Anisylsäare.
Lniainaalpetersäure s. Nitramsyls'aure
unter Anisylsäure.
Lniadl —
Anisstearoptea, Aniscampbor,
Fenchelstearopten, Fencbel-
campbor 9
Lniaoin s. Anisstearopten unter Anisöl.
Lniiolnsättre 11
Anisoinsaurer Baryt ... 12
Anisoinsaures Natron ... —
Anisoinsaures Silberoxyd . . —
Lnisol — :
Verwandlungen des Anisols:
1) Durcb Scbwefelsäure . 13
2) Durcb Salpetersäure . 14
Seite
a) Nitranisol ... 14
b) Binitranisol ... —
c) TrinitraÄisol . . 15
3) Durcb Salzbilder . . 10
Anisolscbwefelsliure , syn. nut Sulf-
■ anisolsäure; s. d. unter Anisol.
Anissänre, syn. mit Anisylsäure.
Anissalpetersänre, s. Nitranisylsäure
unter Anisylsänre.
Anisstearopten s. unter Anisöl.
Anisuliikin . . - —
Anisyl —
Anisylamid und Anisylanilid s. un-
ter Anisylcblorid. '
Anisylbromid ... * 18
Anisylcblorid —
Anisylige Säure, syn. mit Anisyl-
wasserstoff.
Anisylsänre . . .• 19
Verwandlungen der Anisyl-
sänre 21
Cbloranisylsänre; •
Cbloranisinsäure , Cblordra-
gonsäure; Cblordragonisin-
säure 22
Gbloranisylsaures Aetbyloxyd —
Cbloranisylsaures Metbyloxyd 28
Bromanisy Isäure :
Bromanisinsäure, Bromdragon-
säure , Bromodragonesin-
säure —
Bromanisylsaures Aetbyloxyd —
Bromanisylsaures Metbyloxyd 24
Nitranisylsäure:
Nitranissäure, I^tranisinsäure,
Nitroanisylsäure, Nitrodra-
gonsäure,Anissalpetersäure,
Anisinsalpetersänre, Esdra-
gonsalpetersäure, Dragon-
salpetersäure, Nitrodragon-
esinsäure —
Nitranisylsaures Aetbyloxyd . 25
Nitranisylsanres Metbyloxyd . —
Anisylsäure mit Nitranisyl- ^-
säure —
71*
1180
. Alphabetisches Register.
Seüe
26
Nitranisylsäare mit Chlor-
aoisyksore
Nitranisylsäare mit Brom-
anisjUaufe r-
Chrysanisylsäure :
Chrysanisinsäure, Chrysanis-
säare 27
ChryBanisjlBanre Salsc . . —
Chrysanisylsaures Aethyloxyd —
CbiysanisylBattres Ammonium-
oxyd 28
Chrysaiiisylfaares 8ill>erozyd —
AmidoaniHylsäure :
Anisaminsäure —
Anisylsäareanhydrid 29
Anisylsaure Salze —
AnisyUaares Aethjloxyd,
Anisinäther —
Anisylsaures Ammoniamoxyd 80
Anisylsaarer Baryt .... —
Anisylsaure« Bleioxyd . . —
Anisylsaures Euili .... —
Anisylsaures Methyloxyd . . —
Anisylwasserstoff 81
Anishydramid 33
Amsin —
Anitrohumin 84
Anitrohuminsäure —
Anitrokrensäure —
Anitrooxykrensäure —
Anitrosatzsäure —
Ankerit —
Anlassen —
Anlaufen 85
Anode —
Anorthit —
Anotto —
Anoxolain —
Anoxydische Körper . ' 8G
Anquicken s. Amalgam u. Amalga-
mation.
Anschiessen — ■
Antalogen —
Anthemis arrensis —
Anthokirrin —
Anthokyan s. Blau der Blumen-
blätter.
Antholeucin s. Weiss der Blumen-
blätter.
Anthophyllit 87
Anthosiderit —
Anthoxanthin s. Gelb der Blamen-
blätter, erste Aufl. Bd HI. S. 427.
Anthoxanthum odoratum .... —
Anthracen, Anthracin, syn. mit Fara-
naphtalin (s. 1. Aufl. Bd. VI,S. 87).
Anthracit —
Anthracoknli 38
Anthracolith, Anthraconit ... —
Anthracometer, Kohlensäuremesser . —
Anthnconit s. Anthracolith.
Anthracoxen 89
Anthranilsäure s. Carbanilsäure un-
ter Anilin (Bd. I).
JLathrasothionsaare • . . • . ^
Anthropin, Antfaropins&are . .
Anthropinsaure s. Anthropin.
Antiarhan , . ^. . ¥>
Antiarin * . . 41
Antichlor . . . ti
Anticholerasäare 43
Antigorit -
Antimiasmatische Bfitt«;! , Bfiasmeo
zerstörende Körper, s. DesinficireiL
Antimon -
Antimon, Bestimmung a. Tremumf '^
Antimonarsen ^
Antimonasche «3
Antimonbaryi, prismatischer . . . -
Antimonbleiers, syn. mit Boamooit
(s. d.).
Antimonblende s. Rothspiessglattzere.
Antimonblüthe s. Weissspiessglaozen.
Antimonblumen, Jhres Antimomi s.
Antimonoxyd S. 81.
Antimonbromid ......-.-
Antimonchloride ^
Antimoncblorid :
Antimonchlorür, Oreifach- oder
Anderthalb-Chlorantimon • "
Antimonbutter, Spiessglans-
butter oder Spiessglanzöl . fi
Antimonchlorid-Ammoniak . -
Ammonium- Antimonchlorid . »
Barium-Antimonchlorid . . -
Calciom-Antlmonchlorid . . -
Kalinm-Antimonchlorid
Natrium-Antimonchlorid . . -
Antimonoxychlorid . . . . ^
Antimonperchlorür ^
Antiidonperchlorid :
Antimonsuperchlorid , Anti- ^
monchlorid, Fünffach- (oöer '
Zweieinhalbfach-) Chlorsnti-
mon ■ '
Antimonperchlorid - Ammo-
niak Ö
Antimonperchlorid - Cyan-
wasserstoff "
Antimonchlorosulfld s. bei Antimon-
perchlorid, Zersetzung durch Schwe-
felwasserstoff S. 68.
Antimonerze '
Antimon&hlerz s. Fablerz.
Antimonfluoride '^
Antimonfluorid:
Antimonfluorür,FlnorantimoD "
Ammonium - Antimonfluorid,
Ammoniumfluorantimomit .
Kalium -Antimonfluorid , Ka-
liumfluorantlmonitt . .
Lithium- Antimonfluorid) Li-
thiumfluorantimoniit . .
Natrium-Antimonfluorid, Na-
trinmfluorantimonüt . . .
Antimon, gediegen
Antimonglanz s. Qranspiessglanzeri.
Antlmonglas
:i
n
Alphabetisches Register.
ntimonige Säure
jitimoi^odsultid s. Antimonsalfid
S. 124.
jitimoigodid
Antimonoxjjodid
jitimonit, syn mit Grauspiessglanz-
erz«
ntimonium cmdum, nyn. Antimon-
, Sulfid, krystallinisches.
Lntimoniam diapboreticum . . .
^ntimonkermes
.ntimonkupferglanz s. Kupferantimon
^anz Bd. IV.
Lütimonleber, Hepar antimonii, Sulf-
antimoniite der Alkalimctallsulih-
rete s. unter Antimoosulfid S. 124
and 125.
kntimonleginingen . . .
Antimon-Arsen . .
Antimon-Blei . . .
Antimon-Eisen . .
Antimon-Gold . .
Antimon-Kalium
Antimon-Kobalt . .
Antimon-Kupfer . .
Antimon-Kupfer-Blei
Antimon-Natrium
Antimon-Nickel . .
Antimon-Platin . .
Antimon-Quecksilber
Antimon-Silber . .
Antimon-Zink . .
Antimon-Zinn . .
Antimon-Zinn-Kupfer
Antimon - Zinn -Kupfer
mutb
Antimon-Zinn-Zink-Kupfer
Antimon-Zinn- Wismutb-Blei
uitimonleucbtstein
Lntimonnickel, Antimonnickelkies, t
Niekelantimon, Nickelantimonglanz
Lütimonocker s. antimonsaures Blei-
oxyd S. 111.
kitimonoxychlorid, -oxyjodid, -oxy-
sulfid 8. unter Antimoncblorid,
-Jodid, -Sulfid.
Lntimonoxyd
Lntimonoxydbydrat
Lntimonoxydsalse
UAtimonoxysulfid
Lntimonpbyllit s. Weissspiessglanz-
erz.
^ntimonradicale, organiscbe . . .
Antimonfttbyle:
Stibtriätbyl
Stibtriätbylverbindungen . .
Stibtriäthylbromür (Bromstib-
triätbyl) . . ....
Stibtriäthylcblorür (Cblorstib-
tri&tbyl)
Stibtriätbvlcyanür (Cyanstib-
triäthyl)
Stibtriätbyliodür (Jodstibtri-
ätbyl)
S«ite
73
74
75
76
Wis-
77
78
79
80
82
83
84
86
87
p
88
89
1181
Seite
90
91
92
93
94
95
Stibtriäthyloxybromür(Brom
stibtriäöiyl von Merck)
Stibtriätbyloxycblorür (Cblor
stibtriätbyl von Merck) .
Stibtriäthyloxyd ....
a) Oxyd von Löwig u
Schweizer . . •
b) Oxyd von Merck .
Antimonigsaures Stibtriätbyl
oxyd
Essigsaures Stibtriäthyloxyd
Kohlensaures Stibtriäthyloxyd
Salpetersaures Stibtriäthyloxyd:
a) Einfacbsaures . . .
b) ZweiflAchsaures . .
Schwefelsaures Stibtriäthyloxyd :
a) Einfachsaures Salz
b) Zweifacbsaures . .
Stibtriäthyloxyjodär (Stibtri-
äthy^jodür von Merck) . ..
Stibtriäthylseleniür ....
StibtriätbylsuUUr . * . . . .
Stibtriäthylsulflir-Antimonsnl- ]
für (Sulfiuitimonigsaures
Stibtriätbylsulf&r). . . .
Stibäthylium:
Stibteträthylinm , Antimon-
teträthylium —
Verbindungen des Stibäthy-
liums —
Stibäthyliumbromür (Brom-
stibäthylium) —
Stibäthyliumcblorür (Cblor-
stibätbylium) ..... -^
Stibäthyliumcblorür - Flatin-
chlorid —
Stibätbyliumchlorür - Queck-
silberchlorid 96
Stibäthyliunuodür (Jodstib-
äthyKum) —
Stibääiyliun^odür - Queck-
silbeijodid —
Stibätbyliumoxydbydrat (An-
timonteträthyloxydhydrat) .
Stibäthyliumoxydverbindungen
Ameisensanres Stibätbylinm-
oxyd
Bemsteinsaures Stibäthylium-
oxyd
Essigsaures Stibäthyliumoxyd
Kohlensaures Stibäthyliumoxyd
Oxalsaures Stibäthyliumoxyd
Salpetersaures Stibäthylium-
oxyd
Schwefelsaures Stibäthylium-
oxyd ...;....
Tranbensanres Stibäthylium-
oxyd
Weinsanres Stibäthylium-
oxyd:
a) Neutrales ....
b) Saures
Stibäthyliumsulfür ....
Antimonamyle
97
98
1132
Alphabetische« BegUter.
Seite
Stibtriamyl:
Stibamyl, Antimontriamyl 98
Stibtriamylverbindnngen . . 99
Stibtriamylbromär (Bromstib-
triamyl) —
Stibtriamylchloiür (Chlorstib-
triamyl) 100
Stibtiiamy\|odttr (Jodstibtri-
amyl) —
Stibtriamyloxyd —
StibtriamyloxydTerbindangen :
Antimonigsaures Stibtriamyl«
oxyd, basisches Stibtri-
amylantimonoxyd ... —
Essigsaures Stibtriamyloxyd- 101
Salpetersaures Stibtriamyloxyd —
Schwefelsaures Stibtriamyl-
oxyd —
Stibtriamylsulfiir —
Stibtriamylsulf ür - Antimon-
• sulf ür —
Stibbiamyl , 102
Stibbiamylchlorür .... —
Stibbiamyloxyd —
Kohlensaures Stibbiamyloxyd —
Salpetersaures Stibbiamyl-
oxyd und
Schwefelsaures Stibbiamyloxyd —
Antimonmethyle.
Stibtrimethyl :
Stibmethyl , Antimonmethyl,
Antimontrimethyl . . . 108
Stibmethylium CAntimonmethy-
Uum) (Antimonletramethyl) —
Stibmethyliumbromür (Brom-
stibmethylinm) .... 104
Stibmethyliumchlorür (Chlor-
Btibmethylit^m) .... —
Stibmethyliumchlorür- Platin-
chlorid —
Stibmethyliumcyanür (Cyan-
stibmethylium) .... 105
StibmethyUun^odür (Jodstib-
methyHum) —
Stibmethyliumoxd .... 106
Essigsaures Stibmethyliumoxyd —
Kohlensaures Stibmethylium-
oxyd:
a) Neutrales .... —
b) Zweifach-saures . . 107
Oxalsaures Stibmethylium-
oxyd —
Salpetersaures Stibmethylium-
oxyd —
Schwefelsaures Stibmethylium-
oxyd:
a) Neutttües .... —
b) Zweifiich-saures —
Saures weinsaures Stibmethy-
liumoxyd 108
Stibmethyliumsulf ür, Einfach-
Schwefelstibmethylium . . —
Antimonsäure ........ i—
Antimonsaurehydrat . . . 109
m
in
111
113
11^
iij
BCetaantimonsanrehydrat . ■
Antimonsaare Salse
Antimonsaures Ammonram-
oxyd
Metaantimonsaares Ammo-
niumoxyd
Saures metaanttmonsaaresAm-
moniumoxyd
Antimonsaures Antimonoxyd
Antimonsanrer Baiyt . . .
Antimonsaures Bleioxyd .
Antimonsauros Ejaenoxydul .
Antimonsaures Eisenoxyd
Antimonsaures Kali . . .
Saures antimonsaures Kali .
Metaantimonsaures Kafi . .
Antimonsaurer Kalk . . .
Antimonsaures KobaUoxydnl
Antimonsaures Kupferoxyd .
Antimonsaures Litoion . .
Antimonsanre Magnesia . .
Antimonsaures Manganoxr-
dal ....... ".
-Antimonsaures 'Natron . .
Saures metaantimonsaures Na-
^ tron
Antimonsaures Nickeloi^dii] .
Antimonsaures Queckmlber-
oxyd
Antimonsaurer Strontian . .
Antimonsaure Thonerde . .
Antimonsaures Zinkoxyd . .
Antimonsaftun
Antimonseleniuret
Antimonsilber, Antimonsilberbleade
8. Silberantimon u. Bothgnltigerz.
Antimonsuboxyd
Antimonsulfide .
AntimonSulfld:
Sulfantimonige Säure, Drei-
fach- oder Anderthalbfach-
Schwef^lantimon, Antimoih
sulfür
Krystallisirtes oder krystsDi-
sehes Antimonsulfid, Spiess-
glanx
Amorphes Antimonsolfid,
braunrothes Schwefelanti-
mon, zum Theil Mineral-
kermes, Karthäuser Pulver
Verhalten der fixen kanstiscbea
Alkalien gegen Schwefd-
antimon
Verhalten der kohlensauren
Alkalien gegen Schwefel-
antimon
Verhalten des amorphen
Schwefelantimons zu Anti-
monoxyd
Verhalten von Baryt, Eslk
und anderen Oxyden gegen
Schwefelantimon ... ""
Antimonpersulf ür :
Antimonsulfid i^^
lU
in
1^
185
la
ISl
AJphabetisclies Begitter.
Sehe
Anümonpersiilüd :
Snlliuitimoiisäare , Fünffach-
oder Zweieinhalbfach-Schwe-
fi^lantimoii , Spiessglanz-
schwefBl, Goldschwefel . . 132
Antimonpersulfidsalxe , Salf-
antimoniate 134
Ammonium- Antimonpenulfid,
Ammoniumsulfantimoniat . 135
Barinm-Antimonpersulfid, Ba-
riumsulfantimoniat .- . . 136
Blei - Antimonpersulfid , Blei-
sulOaintimoniat —
Calcium-Antimonpersulfid, Cal-
ciumsulfiantimoniat (Svilpho
«(ibuM-co/cun» (Benelias). -^
Antimonpersulfid-Schwefel-
calcium; Schwefelantimon-
' calcinm 137
Eisen- Antimonpersalfid, Eisen- —
sulfisntimoniat
Kadmium - Antimonpersulfid,
Kadmiumsulfantimoniat . —
Kalium- Antimonpersulfid, Ka-
liamsulfantimoniat ... —
Kalinm-Antimonpersulfid mit
antimonsaurem Kali . . 138
Kobalt-Antimonpersulfid, Ko-
baltsnlfantimoniat ... —
Kupf^Br-Antimonpersulfid, Ku-
pfersulfantimoniat ... —
Magnesium-Antimonpersulfid,
- Magnesiumsulfantimoniat . 139
Mangan - Antimonpersulfid,
Mangansulüantimoniat . . —
Natrium - Antimonpersulfid,
Natriumsulfantimoniat . . —
Nickel - Antimonpersulfid,
NickelsulflEintimoniat . . . 140
Quecksilber-Antimonpersulfid,
Quecksilbersulfantimoniat :
a) Antimonpertulfid-
QuecksilbersuUüret —
b) Antimonpersulfid-
Qnecksilbersubsulfüret 141
Silber- Antimonpersulfid, Silber-
salfantimoniat —
Strontium - Antimonpersulfid,
Strontiumsulfantimoniat —
Uran-Antimonpersnlfid, Uran-
sulfantimoniat —
Wismuth - Antimonpersulfid,
Wismuthsulüantimoniat . . —
Zink-Antimonpersulfid, Zink-
sulfantimoniat —
Antimonsulfidhydrat —
Antimonsulfojödi^ s. S. 124.
Aiitiin«nsulfoperchlorid,»s. Antimon-
perchlorid.
Antimonwasserstoff 142
Starrer Antimonwasserstoff . 143
Antimonyl 144
Antimonainnober {Cmnabarit Anti-
montt) —
1188
Seite
144
145
146
Antimonzinnober
Antiphlogistische Theorie ...
Antirrhin s. Anthokirrin.
Antirrhinsäure . *
Antirrhinum cymbalaria L., A. lina-
ria L. und A. nugus L. . . . —
Antiseptica , Fäulnisswidrige Mittel
(s. d. Art. erste Aufl. Bd. lU, S. 22).
Antitartersäure —
Antiweinsäare —
Antrimolith . . . ' . . . —
Antyrrhinsäure —
Anylamid syn. mit Nitrosalicy]amid,
s. d. unter Salicylamid.
Anaiehung, chemische, s. Verwandt-
schaft.
Apatelit 147
Apatit —
Apatoid 148
Apelainsäure, syn. mit Axelainsäure.
Aphanes' —
Aphanit s. Diorit.
Aphlogistische Lampe ..... —
Aphrit . 149
Aphrizit —
Aphrodit —
Aphronitrum —
Aphrosiderit —
A^htalose s. Arkanit.
Aphtonit —
Apin, syn. mit P.orphyrozin (s. d.
Art. erste Aufl. Bd. VT, S. 626).
Apiin Ti^O
Apios tuberosa 152
Apirin s. Apyrin.
Apium graveolens 158
Aplit —
Aplom B. Granat.
Apoglucinsäure s. Gludns&ure.
Apokrensäure s. Humussaure.
ApoU*8 Thränen —
Apophyllensäure —
Apophyllensanres Ammoniuln-
oxyd 155
Apophyllensaurer Baryt . . —
Apophyllensanres Süberoxyd —
Apophyllensanres mit salpeter-
saurem Süberoxyd ... —
Apophyllit —
Aporetin 156
Aposepidin —
Aposepsie, syn. für Vermoderung (s.
d. Art.).
Apothema —
Apparat . . ^ 157
Appert*8 MetlTode s. Conserrinmg
der Nahrangsstoffe.
Apyre —
Apyrin —
Apyrit —
Aqua Binelli 158
Aqua fortis simplex u. Aq. f. duplex,
syn. für einfisches und doppeltes
Scheidewasser (s. Salpetersaare).
1184
Aipbftbetisches Register.
Aqaamarin
Aqua ozymuriatica, syn. für Chlor-
Wasser.
Aqua reginae
Aqua regis
Aquila alba, mitigata, coelestis, Mer-
carii
Arabin
Aracbin
Monaracbin
Biaracbin
Triaracbin .
Arachinamtd
Aracbinsäure
Aracbinsaure Salze
Aracbinsaures Aetbyloxyd .
Aracbinsaures Ammoniam-
oxyd
Aracbinsaures Amyloxyd . .
Aracbinsaurer Barvt . . .
-Aracbinsaures Kali ....
Aracbinsaurer Kalk . . .
Aracbinsaures Kapftroxyd
Aracbinsaure Magnesia . .
Aracbinsaures Metbyloxyd .
Aracbinsaures Natron . . .
Aracbinsaures Silberoxyd
Aracbinsaurer Strontian . .
Aracbis bypogaea L
Aracbyl
Aräometer
^I. Aräometer mit Scale . . .
Arten des Volumen- oder
Scalen-Aräometers . . .
A. Allgemeine Aräometer
a) Aräometer mit tbeo-
retiscber Scale. .
b) Aräometer mit em-
piriscber od. gleicb-
fdrmig getbeilter
Scale
a) Aräometer voi^ be-
ständigem Gewicbt
mit gleichförmiger
Scale
/?) Aräometer von ver-
änderlicbem Oewicbt
mit gleiobförmiger
Scale .....
B. Besondere Aräometer
II. Gewichts- Aräometer . . .
Araeon
Araeoxen
Arbol-a-Brea-Harz
Arbor Dianae
Arbutin
Arcanum
Arcbil, syn. für Orseille.
Arctostapbylos uva ursi Spr. . . .
Arctuvein { a v. ^
Arekanttsse
Arendalit s.
Arenilla .
Seite
158
159
ICO
161
162
168
164
I6d
166
178
174
181
182
188
191
192
198
194
195
Epidot
m
Seüe
Aretbase s. Arsenmethyl.
ArfVedsonit s. Hornblende IsteAofL
Bd. m, S. 914.
Argensulfid s. Ammoniamriiodaoär.
Argentan s. Neusilber.
Argentine
Argentit, syn. für Silberglanz.
Argillinm (von argiüaj Thon), syn.
mit Aluminium.
Argyritls oder Silberglätte s. Bleioxyi
ArgyroUth 1«
Aridn -
Cblorwasserstofr-Aridn . . 19^
Platindoppelsalz —
JodwasserstoiT-Aricin ... 19^
Schwefelsaures Aricin . . . -
Aridium , -
Aristolochia clematitis L 1^
Aristolocbia serpentaria . . . . -
Aristolocbiongelb i s. Aristofochia
Aristolocbinsäure ) clematitis.
Aristolocbin i^
Arkanit -
Arkansit, syn. Brookit.
Arki s. Arsa.
Arkose . . . • 2«M
Arktizit s. Wemerit.
Armenischer Stein -
ArmentuQ album -
Amidn -
Aroma Äß
Aropb -
Arquerit • -
Arragonit -"
Arrak ' 2ö5
Arrow-root • —
Arsa ' ^^*
Arsarat ■"
Arsen
Arsen, Bestimmung desselben . .
Trennung der arsenigcn Siore
und der Arsensänre von an-
deren Oxyden
Arsen, Entdeckung und Abfchei-
dung bei gericbtUcben Untersv-
cbungen * . . . . JW
Arsen, gediegen 2^^
Arsenantimon s. Antimonarsen.
Arsenblende '. '
Bothe Arsenblende, Realgar -
Gelbe Arsenblende, Anriptg-
ment, Operment, Rauscb-
gelb -
ArsenblÜtfae, Arsenikblätbe , Arsenit -
Arsenbromid "
Arsencblorid . MS
Arsencblorid-Ammoniak . . '
Arseneisen . . . • ^^
Arsenerze ""
Arsenfablerze ?**
Arsenfluorid ........ ^
Arsenglanz . , "
Arsenglas, gelbes '
Arsenglas, rothes "
211
i\i
Alphabetisches
Seite I
Irsenide 245
Inenige Säure 8. Arsensäuren.
Arsenik s. Arsen and Arsenige
Säure.
Ursen, rother, s. Arsenglas,
krsenik, weisses Arsenikmehl, s. Ar<
senige Säure unter Arsensäuren.
Lrsenikalkies s. Arsenkies.
Lrsenikbutter, syn. Arsenchlorid.
Ijrsenikeisensinter, Arseneisensinter
s. Eisenpechers.
Lrsenikleber, fixe ...... 34G
Lrs.enik]eber, flüchtige, Arseniksal-
miak —
irsenikleuchtstein ..."... —
Lrsenikmehl s. Arsenige Säure.
Lrseniköl, ätzendes, syn. Arsenchlo-
rid,
krsenikrubin s. Arsenglas, rothcs.
ürseniksinter, Arsensinter .... —
Lrseniosiderit . —
Lnenit, sjn. mit Arsenhlüthe.
Lrsepjodid —
ürsenkies 247
krsenkobalt —
Lrsenkobaltkies ........ —
krsenkupfer —
Lrsenleber s. Arseniklcber.
Lrsenlegirungen s. Arsenide.
Lrsenleuchtstcin s. Arsenikleuchtstein.
Lrsenmangan —
LTsenmehl s. Arsenikmehl,
ürsenmetalle s. Arsenide.
Lisennickel 248
ürsenöl s. Arseniköl.
Lrsenomelan —
üTsenosiderit —
irsenphosphor —
LTsenphjUit —
irsenradicale, organische:
Verbindungen des Arsens mit
den Alkoholradicalen ... —
Verbindungen des Arsens mit
Aethyl:
Arsenbiäthyl (Arsendiäthyl,
Aethylkakodyl) 249
Verbindungen des Arsenbiäthyls :
a) Mit 1 Aeq. Metalloid . 252
Arsenbiäthy^odür, Aethylka-
kodyljodür —
Arsenbiäthyloxyd .... —
b) Mit 3 Aeq. Metalloid:
Arsenbiäthylchlorid .... —
Arsenbiäthylchlorid - Queck-
silberoxyd, Dreifach-Chlor-
arsenbiäthyl - Quecksilber-
oxyd —
Arsenbiäthylsäure, Aethylkako-
dylsäure 253
Arsenbiäthylsäure Salze. Ar-
. senbiäthylsaurer Baryt . . 254
Arsenbiäthylsaures Bleioxyd —
Arsenbiäthylsaures Eisonoxyd —
Arsenbiäthylsaures Eupferoxyd —
Register. 1135
Seite
Arsenbiäthylsaures Queck-
. silberoxyd 254
Arsenbiätlö^lsaures Queck-
silberoxydul —
Arsenbiäthylsaures Silberoxyd —
Arsentriäthyl . • —
Verbindungen des Arsentriäthyls 255
Arsentriäthylbromür (Brom-
arsentriäthyl) ..... —
Arsentriäthylchlorür ... —
Arsentriäthylchlorür - Queck-
silberoxydnl, Arsentriäthyl-
oxychlorür-QuecksUbercUo-
rur . —
Arsentriäthyljodür, Jodarsen-
triäthyl 256
ArsentriäthyUodür- Zinkäthyl-
jodür —
Arsentriäthyloxyd .... -
Salpetersaares Arsentriäthyl-
oxyd 257
Arsentriäthylsulf ür, Schwefel-
arsentriäthyl —
Arsenäthyliuni ...... 258
. Arsenäthyliumbromfir, Brom-
arsenäthylium —
Arsenäthyliumchlorür, Chlor-
arsenäthylium —
Arsenäthyliumchlorür - Platin-
chlorid —
Arsenäthyliungodür, Jodarsen-
äthylium * —
Arsenäthyliumoxydhydrat . ^9
Zweifach-schwefelsaures Ar-
senäthyliumoxyd .... —
Verbindungen des Arsens mit
Methyl:
Arsenbunethyl —
Verbindungen des B^akodyls mit
Brom, Chlor, Cyan, Fluor
und Jod 2GS
Kakodylbromür, Bromarsin . —
Basisches Kakodylbromür . —
Kakodylsuperbromid, kakodyl-
saures 2G4
Kakodylchlorid,kakodylsaures —
Eiikodylchlorür, Chlorarsiu . 265
Wasserhaltiges Kakodylchlo-
rür 266
Basisches Kakodylchlorür . —
Kakodyl-Kupferchlorür . . —
Kakodyl-Platinchlorid . . 267
Kakodylsuperchlorid u. kako-
dylsaures Kakodylsuper-
chlorid —
Kakodylcyanür, Cyanarsin . 268
Kakodylüuorür 269
ICakodylsuperfluorid, kakodyl-
saures 270
Kakody^odür, Jodarsin . * —
Basisches Kakodyljodür . . —
Verbindungen des Kakodyls mit
Sauerstoff 271
Kakodyloxyd, Alkarsin . . —
118C
Alphabetiaches Register.
Saite
Erytrarsin 274
Phosphonaures Kakodylozyd —
Salpetersanres Kakodyloxyd . —
Salpetereaures Silberoxyd-
Kakodyloxjd * —
Schwefelsanree Kakodyloxyd 275
Kakodyloxyd-QueckBÜberbro-
mid —
Kakodyloxyd - Quecksilber-
chlorid *-
Parakakodyloxyd .... 27 G
Kakodylsäure, Alkargen . . 277
Kakodylsänre - Quecksilber-
chlorid 278
Kakodylsäure SaUe . . . 279
Kakodylsanres Kakodyloxyd
(Hydrarsin) —
Kakodylsaures Kali .... —
Kakodylsaures Kupferoxyd . —
Kakodylsanres Quecksilber-
oxyd 280
Kakodylsanres Silberoxyd,
neutrales —
Saures kakodylsanres Silber-
oxyd —
Verbindungen desKakodyls mit
Selen und Schwefisl . . .281
Kakodyfteleniet, Kakodylsele-
nür (Bunsen) —
Kakodylsulfur (Bunsen), Ka-
kodylsulfüret —
Kupfer-Kakodylsulfür . . . 282
Kakodylsuliid, Kakodylsuper-
sulfid (Bunsen) .... —
Kakodylsnlfid-Salze, Snlfoka-
kodylate 283
Antimon-Kakodylsulfid . . —
Blei-Kakodylflulfid . .* . . —
Qold-Kakodylsulfid .... —
Kakodyl-Kakodylsulfid . . . 284
Kupfer-Kakodylsulfid . . . 285
Wismuth-Kakodylsulfid . . --
Kakodylsuperbromid 's. Kako-
dylbromid S. 264.
Kakodylsuperchlorid s. Kako-
dylchlorid S. 267.
Kakodylsoperfluorid s. S. 270.
ArsenmetbyUum (Arsentetra-
methyl) 286
ArsenmeäiyUum-Bromär, Ar-
sentetramethyl - Bromür,
Bromarsenmethylium . . —
Arsenmcthyliumjodür, Arsen-
tetramethy^odür, Jodarsen-
methylium ...... —
Arsenmethyllumoxydhydrat . —
Salpetersaures Arsenmcthy-
liumoxyd 287
Schwefelsaures Arsenmethy-
liumoxyd —
Arsenbimethylathylium, Arsen-
bimethylamylium .... —
Arsenmethylathyliumbromür . —
Arsenmethylathyliumchlorär . —
Arsenmethyläthyliuiigodsr
Arsenmethylath/linmoxydhj-
drat
Arsenmethyläthyliumsiilfar .
Arsenmethylamylian^odär
Arsenamyl . . ....
Arsenbutyl (?):
Butylkakodyl
Ar8enpropyl(r):
Propylkakodyl
Arsenntbin s. Arsenikrubin.
Amensauren
Arsenige S&ore;
Weisser Arsoiik, ArsenikmeU,
Giftmehl, Hättenranch, Ar-
senikblumen, Rattengift, Ar
senikblüthe, Arsenoxyd.
Arsenigsaure Salze . . ■
Arsenigsaures Ammonium-
oxyd * .
AEsenigsanres Antimonoxyd
Arsenigsaurer Baryt . .
Arsenigsaures Bleio^d
Arsenigsaures Eiaenoxyd .
Arsenigsaures Eiaenoxydul
Arsenigsaures Kali:
1) Neutrales . . . ."
2) Saures Salz . . .
8) Basisches Salz . .
Arsenigsaures Jodkalium .
Arsenigsaurer Kalk. . .
Arsenigsaures Kobaltoxydol
Arsenigsaures Kupferoxyd:
1) Neutrales ....
2) Basisches Sals . .
Aneni^aure BCagnesia
Arsenigsaures Hanganoxydnl
Arsenigsaures Natron . .
Arsenigsaures Nickeloxydnl
. Arsenigsaures Quecksilberoxjd
Arsenigsaures Quecksilber-
oxyduL
Arsenigsaures Silberoxyd
Arsenigsaurer Strontian . .
Arsenigsaures Zinnoxydol o.
Zinnoxyd
Arsensäure :
I Arseniksänre
Arsensäuretrihydrat . . . •
Arsensiurebihydrat . . . •
Arsensäuremonohydrat. . •
Wasserfireie Arsensäure, Arsn*
Säureanhydrid
Arsensaure Salze
Arsensaures Ammoniamoxyd:
1) Basisches
2) Neutrales . . . . •
9) Saures
Arsensaurer Baryt:
1) Basischer
2) Neutraler . . . . •
8) Saurer
Arsensaures Baryt - Ammo-
niumoxyd
»
2?:
n
m
3^
SOI
ftö
SOS
m
SOS
S06
Alphabetisches Register.
Arsensaures Bleioxvd:
1) Basisches ....
2) Neutrales ....
Arsensaures Ccroxvdul
Arsensaures Chromoxyd .
Arsensaurcs Eisenoxyd
Eisen Sinter
Arsensaures Eisenoxydul
Arsensaures Iridiumoxyd .
Arsensaures Kali:
1) Basisches ....
2) Neutrales . . .
) Saures
Arsensaurer Kalk, neutraler
Arsensaures Kalk- Ammonium
oxyd, basisches . . .
Arsensaures Kobaltoxyd .
Arsensaures Kobaltoxydul
Arsensaures Kupferoxyd, ba-
sisches ....
Arseusaure Magne$(ia
Arsensaures Magnesia- Ammo-
niumoxyd
Arsensaures Magnesia-Kali
Arsensaures Manganoxydul
Arsensaures Manganoxydul-
Ammoniumoxyd
Arsensaures Molybdänoxydul
Arsensaure Molybdänsäure
Arsensaures u. molybdänsau-
res Ammoniumoxyd . .
Arsensaures Natron:
1) Basisches ....
2) Neutrales ....
3) Saures
Arsensaures Natron-Ka^\ neu
trales
Arsensaures Natron mit schwc
feisaurem Natron . . .
Arsensaures Natron mit Fluor
natrium
Arsensaures Nickeloxydul, ba
sisches
Arsensaures Palladiumoxydul
Arsensaures Platinoxyd
Arsensaures Quecksilberoxyd
Arsensaures Quecksilberoxydul
1) Neutrales ....
2) Saures
Arsensaures Rhodiumoxyd
Arsensaures Silberoxyd, basi
Arsensaurer Strontian .
Araensaure Thonerde .
Arsensaure Thorerde .
Arsensaures Titano^yd
Arsensaures Uranoxyd .
Arsensaures l'ranoxvdul
Arsensaures Vanadiumoxyd
Arsensaures Wismuthoxyd
Arsensaure Yttererde , neu-
trale
Arsensaures Zinkoxyd .
Arsensaures Zinnoxyd .
Seite
SOG
307
.308
309
310
311
312
1187
Seite
315
313
314
315
Arsensaures Zinnoxydul . .
Arsensaure Zirkonerde. . . —
Arsenschwärze —
Arsenschwefelsäure —
ArscnsUber 316
Arsensilberblende, syn. für lichtes
Rothgiltigerz (s. erste Aufl. Bd. IV,
S. 908).
Arsensinter s. Arseniksinter.
Arsenspiegel ." — r
Arsensuboxvd —
Ar«ensulfide . . .• —
Arsensulfür:
Rothes Schwefelarsen, Real-
gar , Sandarach , Rubin-
scfaWefel, unterarsenigsaures
Sulfid, Arsenbisulfuret, hy-
posulfarscnigc Säure . . —
Arsensulfürsalze , Hyposulf-
arsenite (Berzelius) . . . 317
Ammonium-Arsensulfür, Axja-
moniumhyposulfarsenit . . —
Barium- Arsensulfür, Barium-
hyposulfarsenit .... —
Kalium-Arsensulfür , Kalium*
hyposulfarsenit .... —
Arsensulfid:
Gelbes Schwefelarsen, Rausch-
gelb, Auripigment, Oper-
ment, Arseniges Sulfid (Ber-
zelius), Sulfarsenige Säure,
Arsensupersulfür .... —
Arsensulfidsalze, Sulfarsenite
(Berzeliu^i) 320
Ammonium- Arsensulfid, Am-
moniumsulfarsenit . . . 321
Barium- Arsensulfid , Barium-
sulfarsenit —
Beryllium-Arsensulfid, Beryl-
liumsulfarsenit —
Blei-Arsensulfid, Bleisulfarse-
nit —
Calcium- Arsensulfid, Calcium-
sulfarsenit —
Cersulfüret- Arsensulfid, Cer-
sulfuretsulfarsenit .... —
ChromsesquisulfUret- Arsensul-
fid, Chromsesquisulforetsulf-
arsenit —
Eisensesquisulfüret - Arscnsul-
fid, Eisensesquisulfuretsulf- .
arsenit 322
Eisensulfuret- Arsensulfid, Ei-
sensulfuretsulfarsenit . . . —
Qoldsesquisulfuret-Arsensulfid,
Goldscsquisulfuretsulfarsenit —
Kadmium - Arsensulfid , Kad-
miumsulfarsenit .... —
Kalium - Arscnsulfid, Kalium-
sulfairsenit —
Kobalt -Arsensulfid, Kobalt-
sulfarsenit 323
Lithium-Arsensulfid, Lithium-
sulfarsenit —
HandwOrterbach der Chemie. 2te Aafl. Bd. 11.
72
1138
Alphabetisches Registpr.
Magnesium - Arsensulfid, Ma-
gnesiumsulfarsenit . . .
Mangan-Arsensultid, Mangan-
sulfarscnit ....
Molybdän-ArKensulfid, Moh b-
dänsalfarsenic
Xatrium- Araensulfid, Natrium-
sulfursenit
Niekel-Arsensuliid, Nickelsulf-
arsenit
Platinbisulfbret - ArscnsalHd,
Platinbisulftiret^lfarsenit .
Quecksilbersulfuret - Arsensul-
fid, Quecksilbersulfuretsulf-
arsenit
Quecksilbersubsulfiiret - Areen-
sulfid, Quecksilbersabsulfti-
retsuLTarsenit
Silber -Arsensulfid, Silbersolf-
arsenit ....
U ransesquisulfUret- Arsensulfid,
UransesquisulfUretsulfarsenit
Wismuth - Arsensulfid, Wis-
muthsulfarsenit . . .
Zink -Arsensulfid, Zinksulfar-
senit
Zinnsulfürer-Arsensulfid, Zinn-
snlfarsenit
Zinnbisulfid-Arsensulfid, Zinn-
bfsulfüretsulfarsenit . . .
Zirconium- Arsensulfid, Zirco-
niumsulfarsenit ....
Areenpersulfid:
ArsensupersulHd, Sulfarsen-
säure
Arsenpersulfidsalze, Sulfarse-
niate (Berzelius) ....
Ammonium- ArsensupersulHd,
Ammoniumsulfarseniat . .
Barium-ArsenpersulfidjBarium
sulfarseniat
. Beryllium-Arsenpersulfid, Be-
rylliumsulfarseniat . . .
Blei-Arsenpersulfid , Bleisulf-
arseniat
Calcium -Arsenpersulfid, Cal-
ciums ulfarseniat . . . .
Cersesquisulfüret-A rsenpersul -
fid, Cersesquisulfüretsulfar-
seniat
Cersulftiret - Arsenpersulfid.
Ccrsulfuretsulfarseniat . ^
Eisensesquisulfüre't - Arsenper-
Sulfid , fiisensesquisulfüret-
sulfarseniat
Eisensulfuret - Arsenpersulfid,
Eisensulfüretsulfarscniat
Goldsesquisulfuret - Arsenper-
sulfid , GoldsosquisulAiret-
sulfarseniat
Kalium- Arsenpersulfid, Kalium
sulfarseniat
Kobalt- Arsenpersulfid, Kobalt-
sulfarseniat
Seite
32.3
Se^tf
Li-
824
325
32G
327
.«:
.li-
2*t
Lithiura-Arsenp^nsulfid ,
thiumsulfarseniat . . .
M^tgnesium - Arsienpcrsulfid-
MagmesiumsuUarfffiiiai
Msingan-Arsetiperpnlfid, Man-
gansulfarseniat . .
Natrium -Arsenpersollid, Na-
triumsulfarseniat ....
Natrium - Ammonium - Ar«^ni-
persulfid, Natriam - Ammo-
niumsulfarseniat ....
Natrium-Kalium- Arseupersol-
fid, Natrium - Ka.HamsuKar-
seniat -
Nickel-Arsenpersnlfid, Nickd-
sulfarseniat -
Platinbisulfüret- ArsaiperBiilfi<l
Platinbisulfüretsulfiurseniat . -
QuecksilbersttUüret- Arsenper*
sulfid , Queck sUbersoUuret-
sulfitrseniat .
Quecksilbersubsulfbret-ArseD-
persulfid. Queck^bersubsnl-
fteretsulfarseniat . . . . >^
Silber -Arsenperiulfid, Silber-
sulfarseniat . . . . . -
l'ranseaqnisulftiret - Arsenpei^
sulfid , Uransesquisolforet-
sulfarseniat -
Zink-Arsenpersnlfid, Zinksalf-
arseniat ~
Zirconium Arsenpersulfid, Ztr
konsulfiarseniat . . .
Arsenwasserstoff
Arsenwasserstoffgas . . .
Arsenwasserstoff fester, Wu
serstoffarsenik
Arsid .....
Artanitin
Arterienhaut . . .
Artischocke .
Artiyle . ...
Artocarpus incisa . .
Arum esculentum
Arum maculatum . .
Arundo phragmites . ...
Asa dulcis s. Benzoe.
Asa foetida
Asa foetida-Oel
Asant, stinkender, s. Asa foetida.
Asarin, Asaron, Asar, Asarit?, Uasd'
wurzcamphor
Asarit
Asarumöl
Asbest
Asbolan ...
Asbolin
Aschblei
Asche organischer Körper. .
Methoden der Einäscherung.
Methoden der Analyse
Methode von Will und Fre-
_ I
S33
«J
sa
semus
Methode von Efdmauu
33:
S40
S44
J43
353
5JJ
Alphabetisches Register.
1139
Methode todH. Rose. .' .
Methode Ton Mitscherlich
Methode von Wackenroder .
a. In Wasser löslicher
TheU ......
b. In Wasser unlöslicher
Theil
Methode von Städeler:
a. Samen-Aschen . . .
~ b. Aschen ron Holz, Kräu-
tern a. 8. w
Methode von Wittstein . .
Lflche, rulcanische
.sehen, metallische
.•cbenbad .
Lscheniieher ... . . . .
ksdepiadin, Asdepin'
Ltclepion
isparagin, Spargelstoff, Asparamid,
Althäin
Chlorwasserstoff-Asparagin .
Ozalsanres Asparagin . . .
Salpetersaares Asparagin . .
Schwefelsaures Asparagin
Aflparagin-Bletoxjd ....
Asparagin-Kadmiumoxyd . .
Asparagin-BLaU
Asparagin-Kalk
Asparagin-Kupferoxyd . .
Asparagin-Quecksilberchlorid
Asparagin-Quecksilberoxyd .
Asparagin-Silberoxyd . '. .
Asparagin mit salpetersaurem
Silberoxyd ......
Asparagin-Zinkoxyd . . .
Isparaginsäure, Asparagsäure, As-
paraminsänre, Asparamsäure, As-
partsäure . . •
Chlorwasserstoff • Asparagin-
säure .
Salpetersaure Asparaginsäure
Schwefelsaure Aaparingin-
säure .......
Asparaginsäure Salze . .
Asparaginsaures Ammonium
oxyd
Asparaginsaurer Baryt
Asparaginsaures Bleioxyd .
Asparag^nsaures und salpeter
saures Bleioxyd . . .
Asparaginsaures Eisenoxyd
Asparaginsaures Kali . .
Asparaginsaurer Kalk :
Neutrales Salz . . .
Basisches Kalksalz . .
Asparaginsaures ^upferoxyd
Neutrales Salz . . .
Bi^isch - asparaginsaures
Kupferoxyd ....
Asparaginsäure Magnesia :
Neutrales Salz . . .
Basisches Biagnesiasalz •
Asparaginsauren Natron, neu
trales Salz
Seite
355
359
360
301
863
365
366
871
872
373
377
378
379
380
Asparag^aures Nickeloxy-
dul
Asparaginsaures QuecksUber-
oxyd, basisches ....
Asparaginsaures Quecksilber*
oxydul ...*....
Asparaginsaures Silberoxyd:
Neutrales Safz
Basisches SUbersals . . .
Asparaginsaures Zinkoxyd
Die Zusammensetzung des As-
paragins und der Asparagin-
säure .
Asparaginsäure Salze s. Asparagin-
säure S. 378.
Asparamid, syn. Asparagin.
Asparamidsäure, syn. Asparaginsäure.
Asparagolith .......
Asparagus offidnalis
Aspartsäure s. Asparaginsäure.
Aspasiolith
Aspertannsäure
Asperula odorata
Asphalt
Asphalt, künstlicher
Asphalten, Asphalt, erdiger, Asphalt-
erde, Asphaltol s. Asphalt.
Asphodelus
Aspirator
Assacou oder Ussacu
Assamar
Aster tripolium
Astrakamit
Astralit
Astrapyalith
Astrophyllit
Atakamit
Athamanta Oreoselinum ....
Athamantin
Athanor s. Acanor.
Äitnar ......•■•••
Atheriastit
Athmen der Pflanzen
Athmen der Thiere
Atlaserz, syn. mit fasetigem Malachit.
Atlasstein, Atlasspatb
Atmerythrin
Atmidoskop
Atmosphäre, Atmosphärische Luft .
I. Physikalische Eigenschaften
der Atmosphäre:
1. Die Schwere und die Ge-
stalt 'der Atmosphäre • . .
2. Die Temperatur der At-
mosphäre .....
8. Bewegungen in der Atmo-
sphäre , .
4. Die Aenderungen des at-
mosphärischen Druckes
6. Verhältniss der Atmosphäre
zum Liebte
II. Chemische Beschaffeuhuit der
Atmosphäre :
Bestandtheile
72*
Seite
381
382
385
386
387
391
392
397
398
399
400
401
404
405
406
412
416
419
420
424
426
1140
Alphabetiflcliet Register.
QuantitatiTe Ziuammeiisetsuiig
Sauerstoff
Stickstoff
Wasser
Kohlensäure . . . . «
Ammoniak
Jod
Kohlenwasserstoff (?)...
Zusammensetximg der Lull .
In Wasser gelöste Lult . .
Von dem Erdboden absorbirte
Luft
Luft in geschlossenen Räumen
Atome
Atomgewichte
Atomgewichtsbestammungen der
Grundstoffe:
Aluminium
Antimon
Ai'sen
Barium
Bervllium
Blei
Boron *
Brom
Calcium
Chlor
1) Bestimmung des Sauer-
stoffgehalts des chlorsauren
Kalis
2) Bestimmung des Atomge-
wichts des Chlorsilbers . .
S) Bestimmung des Chlor*
Silbers aus 100 Thln. Silber
Cer
Chf'om
Didym
Eisen
Erbium
Fluor ....
Gold
Jod .
Iridium . .-
Kadmium
BLalium s. bei Chlor.
Kobalt
Kohlenstoff .......
Kupfer
Lanthan
Lithium
Magnesium ...
Mangan
Seite
431
440
442
447
449
450
452
453
4.')5
461
4GS
471
473
475
47 G
477
479
480
481
483
484
485
Molybdän .
Natrium
Nickel . .
Niobium
Osmium
Palladium .
Phosphor .
Platin . .
Quecksilber
Rhodium .
Ruthenium
Sauerstoff .
48G
487
488
490
491
492
493
494
495
496
497
498
499
5»
5»
Seilt
Schwefel 44
Selen . , '»A
Silber s. bei Chlor.
Silicinm ^<I
Stickstoff M
Strontium »^
Tantal 3^
Tellur -
Thorium '».^
Titan ...•.....—
Uran J^<
Vanadium y^'
Wasserstoff **
Wismuth M«'
Wolfram äU
Yttrium JIJ
^in& .. ••,••."'
Zinn .514
Zirkonium -
Atomgewichtstabelle ....
Atomtheorie
Einfachheit des Verfaältnisiei
der Atome . . .
Specifisches Gewicht der Ele-
mente im Gas- oder Dampf-
austande
Die Isomorphie der Verbin-
dungen 5S4
Atomvolum ^-^
Atomvolum gasförmiger Sub-
stanzen
Atomvolum starrer und flüssiger
Substanien :
Atomvolum starrer o. flüssi-
ger Elemente
Atomvolum starrer Verbindungen
Atomvolum tropfbar - flussiger •
Verbindungen ...... ^
Atomzahlen s. Atomgewichte.
Atramentenstein ^^l
Atriplex verrucifera '
Atropasäure "
Atropin, Atropinum, Atropiunu Ds-
turin ^~[
Atroptnsalze ^^l
Chlorwasserstoff-Atropin . . ^'^
Chlorwasserstoff- Atrapfn-
Goldchlorid "
Essigsaures Atropin . .
Krokonsaures Atropin .
Rhodizonsaures Atropin . • "
Salpetersaures Atropin
Schwefelsaures Atropin
Weinsaures Atropin . . • "*
Attraction, chemische, s. Verwandtschaft,
Aufbrausen "
Aufgiessen . , "
Auflösen , Auflösung , Auflösungs-
mittel 7
Auflöslichkeit . . ^ '^^
Aufschliessen ^
Augenschwarz "
Augenstein • ^*
Augit . '
5«)
^1
54:
Alphabetisches Register.
1141
Gemeiner Augit
Pyroxen
Diopsid (weisser Augit, Mnssit)
Malakolith
DiaHag, Broncit
Asbestartige Augite. . . .
urade
urantin, syn. mit Hesperidin (s. Iste
Aufl. Qd. ni, S. 855).
urichalcit
arikel - Camphor, Aurikel - Ste-
aropten
urin
uripigraent s. Arsensulfide S. 316
und Arsenblenden S. 241.
urum mosaicum s. Musivum . •
.asblühen s. Auswittern,
usdehnung
1 . Ausdehnung starrer Körper .
2. Die Ausdehnung tropfbar-
flüssiger Körper ....
1. Ausdehnung kohlenstoff- ,
Wasserstoff- und sauerstofT-
haltiger Verbindungen nach
den Bestimmungen von H.
Kopp
2. Ausdehnung schwefel-Jod-,
brom- n. chlorhaltiger Ver-
bindungen nach den Bestim-
mungen von J. Pierre und
H. Kopp
8. Ausdehnung stickstoffhal-
tiger Verbindungen nach
den Bestimmungen von H.
Kopp
3. Die Ausdehnung der gasför-
migen Körper
Lusdünstung, thierisohe ....
LusfHeren
ausglühen s. Anlassen,
kiiskochen s. Abkochen.
Lnslaugen, Aussüssen, Auswaschen.
Lnssaigem s. Saigem.
inatem *
iustralerde
Vnstrocknen •
Vuswittem, Ausblühen, Efflöresciren,
Efflorescere
^.nsziehen
f^utomolith, syn. mit Gahnit.
\Tanturin, Aventurin
ALvantnrinfeldspath s. Oligoklas (Iste
Aufl. Bd. V, S. «78).
Avanturinglas, Avcnturinglas
Avanturinglasur
Avenin ....
Avignonkömer s. Grelbbeeren.
Avivage, Aviviren oder Schönen, s.
Rothfärberei, Iste Aufl. Bd. VI,
S. 905.
Axe • '
Axinit
Azadirin • •
Aselflinsäure
'Seite
556
557
558
559
560
569
571
574
578
581
582
586
587
593
594
596
597
598
SdU
AzobenKid , Azobensol , Stickstoff-
benzid 599
Azobenzil s. Benxil.
Azobenzoid —
Azobenzoidin —
Azobenzoilid . —
Azobenzoilinwasserstoff —
Azobenzol s. Azobenzid.
Azobenzoyl —
Azobenzoylschwefelwasserstoff . . —
Azocinnamylhydrür —
Azocodein . —
Azodifune —
Azoerythrin s. Orseille.
Azoleinsäure , syn. mit Oenanthyl-
säure (s. d. Art. Iste Aufl. Bd V,
S. 664).
Azolithofellinsäure s. Lithofellinsäure.
Azolitmin s. Lackmus, Iste Aufl.
Bd. IV, S. 754.
Azomarsäure s. Pimarmsäure.]
Azophenylamin von Zinin .... 600
Azophenylamin von Oottlieb ... —
Azorit —
Azosulfüre de Benzen, Benzenazosul-
für, s^n. mit Sulfazobenzoylwasser-
Stoff oderThiobenzaldin (6.Bencoyl-
• Wasserstoff, Verwandlungen durch
Schwefelammonium S. 930).
Azot —
Azotan ^ —
Azoth. . —
Azotüre —
Azoxybenzid —
Azoxydifune —
Azulminsänre, Azulmsäure, Azulmin,
Stickkohlenstoff —
Azurblau s. Smalte.
Azurit, syn. mit Lazulith.
Azurst^in, sjrn. mit Lazulith.
B.
Babingtonit 60»
Bablah oder Neb-Neb —
Babulgummi, Gond-Babul .... 604
Babylonquarz, Babelquarz .... —
Bacilli oder Baculi —
Backkohle s. Steinkohle.
Bad, Bäder —
Badesalz —
Badeschlamm, Mineralschlamm . . 605
1. Mit Meteorwasser getränkte
Moore 606
2. Mit Mineralwasser getränkte
Moore —
a. Die schwefeleisen-
reichen sogenannten
Mineralmoore ... —
b. Moore mit löslichen
Schwefelmetollen . . 608
3. Schlammabsätze aus Mine-
ralwässern —
1142
AlphabetiAches Reguter.
4. Schlamm der Salzseen des
südlichen Russlands . . .
5. Schlamm der Meereehachten
Badeschwamm s. Schwamm.
Badiansäure, syn. Anisylsäure.
Bäder
BärengaUe s. unter Galle.
Bärentraube
Bärme, syn. Hefe.
Bäuchen s. Bleichen.
Bagrationit
Bai^rine, Baierit ...
BaUuüit
Balanophoreenhara
Baldrianöl s. Valerianöl.
Baldriansänre s. Valeriansäure.
Baldrianwttrzel
Balduin*8 Phosphor . ....
Baiein, Balaine, Balenin ....
Ballas-Rubin , Rubin -balais, Rubis-
balais, Rubinballas
BaUesterosit
Ballon
Balsam , canadischer , Canadischer
Terpentin
Balsam de Mecca sen de Gil^ad,
MeccabfUsam
Balsam de Tolu, Tolubalsam . . .
Balsam, pemvianischer
1. Weisser pemvianischer Bal-
sam
2. Trockener pemvianischer
Balsam
8. Schwarzer Balsam' . . .
Balsame, künstliche
Balsame, natürbche
Balsamito oder^Menfta tmturado del
ßaUamo Virgen
Balsamum copaivae, Copaivabalsam
I. Copaivabalsam mit vorwie-
gendem Gehalt an Hars-
säuren
II. Copaivabalsam, der nur
indifferente Harze enthält .
Balsamum seu Olenm nucistae, Mus-
katbutter
Balsamum solphuris simplex . .
Baltimorit
BamUt
Bandachat
Bandanos, Bandanofabrication
Bani^aspis
Baralit, Bavalit
Barascamphor s. Boraeocamphor.
Barbatimao
Cortex Barbatimao verut . .
Bardiglione ...
Baregin, Bar^gine
Bariila, BariUe
Barium, Baryüm, Bariummetall . .
Barium, Bestimmung u. Erkennung
desselben
Bariumbromid, Brombarium . . .
Bariumchlorid, Chlorbarium . . .
Seite
608
609
610
618
(il9
620
622
628
627
G28
634
636
639
640
642
643
645
647
650
651
Sä
Bariumcjanid, Bariomeyanor, Cju-
barium (ü
Barinmflaorid, Fhiortkarinm . . . -
Bariumhjperoxyd, Bariomsuperoxjd £^
Bariun^odid, Jodbarium, BarisiB-
jodür fö
Bariumozyd, Baryt, Baryterde, Sdntr-
spath- oder Schwererde . . . . ii
Bariumoxydhydrat, Baiythydnt, Am-
baryt oder kaustischer Baryt . . 0
Bariumozydsalae, Baiytsalie . . . &
Bariumoxysulfürete ^
Bariumrhodanür, Rhodanbariam, Sotfr-
cyanbarinm, SchwefelcyanbarhuB . -
Barinmselenocyanid , Bariumiekoo-
cyanür M
Bariumseleniuret, Selenbarium. . -
Bariumsulfhydrat
Bariumsulfiirete • • ^
Bariumsulftiret: Einfach-Schwe-
felbarium
Dreifach-Schwefelbarimn . , ^
Fünffach-Schwefelbariom . •
Bariomsuperoxyd s. Bariamhypcroxjd.
Barohardtit '
Barocalcit, syn. mit Barytocaldt
Barometer, Luftschweremesser .
1. Gefäsabarometer . . .
2. Heberbarometer . .
8. Correctionen . . . •
Andere Barometerformeo .
Aneroidbarometer . . •
Barsowit
Barwood, Camwood
Barystrontianit . .
Baryt, syn. Bariumoxyd.
Baiyt, Barytin, BarytikrystaDe, Bsi^rt-
stein, Schwerspath achwefeltuiRr
Baryt , prismatischer Hal-BaiTt,
Wolnyn, Stangenspath, Bologneser-
spath, Bolognesarstein, AUomor-
phit, Shoharit, Hepatit, Aehrss-
stein, Cawk, Litheospore, Batyu
su(fat€e, Barytes, Heavy Spar .
Barytflossspath oder Flosa -Schwer-
spath
Barytgelb, Qdbin . .
Barythinspath, pyramidaler, i. Ediog*
tonit.
Barythydrait u. a. Barytverbindingni
8. Bariumoxydhydrat u. t. v
Barytin
Barytin nach Beudaot . . > •
BarytkreuEStein s. Harmotom l.Aofl
Bd. III, S. 781.
Barytmanganerz, syn. mit PsilomeUa»
Barytocalcit (Brooke), Barocslo^i
hemiprismatischer Hal-Baiyt . • '
Barytocölestin . . . . . • • • ^
B^rytpphyllit . . . . • • • *
Barytspath, Schwerspath i< B^^- ^
Barytstein
Barytwasser s. Bariumcxydhydrst. ^
Basalt • • •
i
Alphabetisches Kegister.
Seite
G8G
G88
715
71G
lasaltglas G83
l&saltit —
laaaltjaspis —
^asaltspeckstein ....... —
Sasanit —
ftasanomelan —
3&8en, Basis
S&sen, anorganische; Salzbnsen, Me-
lalloxydbasen , basische Oxvdc .
Basen, organische
Darstellung der Fflanzenbasen .
Chemischer Charakter der or-
ganischen Basen G89
Constitution der organischen
Basen 69U
Primäre Aminbasen 094
Secundäre Aminbasen . G98
Tertiäre Aminbasen ... 700
Dem Ammoniumoxydhydrnt
(Wassertypus) entsprechende
Basen .' 703
Diaminbasen 70G
Triaminbascn 71*2
Natürliche Basen unbekannter .
Constitution 714
Künstliche Basen unbekannter
Constitution
Uebersicht der Bildungsweisen or-
ganischer Basen . ...
A. Entstehung organischer Ba-
sen aus dem Ammoniak:
a. Durch directe Substitu-
tion organischer Kadi-
cale in dem Wasserstoff
des Ammoniaks
B. Entstehung organischer Basen
durch Reduction von Nitrover-
bindungen ...
Entstehung organischer Basen aus
stickstoffhaltigen organischen
Verbindungen durch verschie-
dene Zersetzungsprocesse . .
Untersuchungsweise der organi-
schen Basen .....
Anhang :
Phosphor-, Arsen- und Antimon-
Basen ........ 738
Phosphorreihe den tertiären Amin-
basen entsprechend .... 740
Dem Ammoniumoxydhydrat
entsprechend —
Arsenreihe den tertiären Amin-
basen entsprechend .... —
Dem Ammoniumoxydhydrat
entsprechend ..... —
Antimonreihe den tertiären Amin-
basen entsprechend . . . . 741
Dem Ammonium entspre-
chend —
Bildungn weisen der Phosphor-,
Arsen- und Antimonbasen —
Metallhaltige Basen 743
Platinaminc 744
^Mercuramine . . .... 750
Kobalt- , Iridium- und Rhodium-
— basen
— Roseokobaltsalze
— Purpureokobaltsalze . .
— Luteokobaltsalze .....
— Xantbeokobaltsalze ....
— . Basenbilder, syn. AmphigenstoflTe (s.
i d. Art.)
— i Basen vermögen
722
724
•734
1143
Seite
753
754
755
75G
7:)7
Basic^rine s. Hvdrocerit.
Basilicumöl, Basilienöl ....
Basler Taufktein
Basitomglanz s. Schilfglaserz.
Bassiaöl
Bassiasäure oder Bassinsäure . .
Bassoragummi .......
Bassorin s. Bassoragummi.
Bastardklec
Bastit, Schillerspath, Schillerstein
Bastkohle
Basyl
Batate —
Bathmetall .
Batrachit , . —
Batrach Oleinsäure —
Bnuchspeichel s. Pankreatischer Saft
(s. d. Art. 1. Aufl. Bd. VI,
S. 40).
Bandisserite 758
Baulit, Krablit —
Baumöl^ syn. mit Olivenöl, s. unter
Fette (1. Aufl. Bd. III, S. 102) u.
Gele, ffette (Bd. V, S. 637).
Baumwachs —
Baumwolle 7.)9
Bavalit s. Baralit.
Baysalz, syn. mit Meer- oder Sees:ilz,
siehe unter Kochsalz 1. Aufl. Bd.
IV, S. 42G.
Bdellium —
Beaumontit . . . 7(i()
Bebeerin, syn. mit Bebirin.
Bebeerinsäure, 8\'n. mit Bebirusäure.
BebeerugerbstoflT s. Bebirugerbstoff.
Bebirin — Bebeerin
Bebirugerbstoff 703
Bebirusäure, Bebirinsäure, Bebeerin-
säure —
Beckit —
Beenöl s. Behenöl.
Beeren, persische ......
Beerenroth —
Beerensäure oder Fruchtsäure. .
Beguin's flüchtiger Geist . . .
Behenmargarinsäure s. Behensäure.
Behenöl
Behensäure
Behenmargarinsäure ... —
Behenmargarinsaures Aethyl-
oxyd —
Behenstearinsäure • . . . .
Behenstearinsaures Aethyloxyd 7 GG
Behenstearinsaurer Barjt . -
Behenstearinsaures Bleioxyd .
7G4
7G5
1144
Aipbabetucbe« ISegister.
Seite
Behenstearinsaures Natron Tf»«;
B<*hen8tearinMure n. Behensänre.
Bchyl u* BehyDjl beseichnen das Ra-
dical der
BehyUäure oder
BehvDvlsäure oder Behengtcarinsäure —
Beifiusöl ... —
Beiliitein —
Beinbrecb, Beinwell, Osf^ocoUa . . 7G7
BeindorfTs Apparat . .... —
Beinglaa, Milchglas —
Beinschwarz, Knochenkohle, Spo-
dium ... .... —
Beinwell s. Beinbrech.
Beize 775
Beleuchtung. 779
Gase der Flammen. . . . 784
Belladonnin 811
Belmontin .... .... —
Belonic —
Beingenstein —
Benzaldebyd, syn. mit Beuzoylwasser-
stoff.
Benzamid. Benzovlamid, Benzoyl- u.
Wasserstoff- Azotür . ' . . 812
Chlorwasserstoffsaures Benz-
amid 813
Benzamid-Quccksilberoxyd 814
Verwandlungen desBenzamids —
Brombenzamid 815
Chlorbenzamid —
l'ara-Chlorbenzamid ... —
Nitrobeuzamid, Nitrobenzoyl- —
amid
Binitrobenzamid 81 G
Benzamil 817
Benzaminsäure, syn. mit Amidobenzoe-
säure, s. Anilin Bd. I, S. 1102.
Benzanilid s. unter Anilin Bd. I,
S. 1065.
Benzenazotür —
Benzenoxycyanür —
Benzens ulfazotür —
Benzensulfür ... —
Benzhydra mid —
Benzhydrocyanid 818
Benzhydrol —
Benzhydrolsäure —
Benzid —
Benzidam, nyn. mit Anilin, s. d.
•Bd. I, 8. 1009.
Benzidin —
Benzidunterschwefelsaure .... —
Benzil •. . . . —
Verwandlungen des Benzils:
1; Durch Blausäure . . . 819
2. Durch Ammoniak ...
Azobenzil —
Imabenzil 820
Benziliniid. Benzilim . . —
Benzilam 821
8. Durch Schwefelwasserstoff —
4. Durch Schwefelammoniuni —
Uydrobenzil —
5. Durch KalshTdrmt . .
Benzilam ....
Benzilchlorid, Chlorb<msil ....
Benzilcyanwasi^erstoff s. unter Benzfl,
Verwandlungen, S 819.
BenziUm oder Bensilimid ....
Benzilimsanre, eyn. mit Benzilsiitre.
Benzilsaure. Benailimsäare. Stilbd-
*!1
saure
Benzilsaure Salze . ...
Benzilsaares Bleioxrd . . .
Benzilsaares K«li ....
Benzilsaares Silberoicjd . .
Benzimid
Benziminsäure
Benzin s. Benzol.
Benzinschwefelsaare s. Solfophenyi-
säure unter Benaol. Abkömmlinge.
Benzochlorhrdrin
_ ■
Benzoe, Benzoegummi, Benaoehan
Benzoealkohol s. Benzylalkohol.
Benzoe - Angelicasäure. Benane-Ca-
minsäure, -Elssigsäure
Bei^zoeblumen
Benzoe-Carbolsäure s. Benzophenid.
Benzoedoppelsäaren s. unter Beoaoe-
säure-Anhydrid.
Benzoegummi ( »
Benzoeharz ( «' ^^^«*^-
Benzoen
Benzoe - Nitrobenzoeaäure s. unter
Benzoesäure- Anhydrid.
Benzoenschwefelsäure s. Sulfotolnol-
säure unter ToluoL
Benzoeoxyd s. Benzophenid.
Benzoercsinsäure, Amorphe Benzoe-
säure, Parabenzoesäure ....
Benzoesäure , Bcnzoesäurehydrat,
Benzoeblumen, Benzoesalz . .
Verwandlungen der Benzoe-
säure:
1) Durch Wärme . . .
2) Durch Chlor. . . .
3) Durch Phosphorper-
chlorid
4)* Durch Schwefelsäure .
.')) Durch Salpetersäure ,
6) Im thierischen Orga-
nismus
Abkömmlinge der Benzoesäure .
Chlorbenzoesäure
Chlorbenzoesaure Salze . . .
Chlorbonzoesanres Aethyl-
Qxyd, Chlorbenzoesäureither
Chlorbenzoesaum Ammo-
niumoxyd
Chlorbenzoesaurer Barjt . .
Chlorbeuzoesaurer Kalk . .
Chlorbenzoösaures Silberoxyd
Parachlorbenzoesäure ....
Parachtorbenzoesaurer Baryt
Parachlorbenzoesaurer Kalk
Parachlorbenzoesaures Silber-
oxyd . ^
itJ
«4
*r
^
m
^
831
8^4
Alphabetisches Register.
Seite
Brombensoesäure 885
Nitrobensoes&ure :
Benzoesalpetersäure ... —
Amidobenzoesäure, Benzamin-
s'aure, Carbanilsäure . . 886
Brom^soerstoffsaure-Amido-
benzoesäure —
Chlorwasnerstoffsaure-Amido»
benzoesäure —
Amidobenzoäsaures Aethyloxyd 837
ChlorwasserstofTsaurer Amido-
benzoeather —
Chlorwasserstoffsaures Amido-
benzoeäther-Platinchlorid . —
Salpetersaurer Amidobenzoe-
äther —
Amidobenzoesäure - Methyl-
äther —
Nitrobenzoesaure Salze ... —
"Nitrobenzoesaures Aethyloxyd,
Nitrobenzoeäther . —
Nitrobenzoesaures Ammonium-
oxyd 888
Nitrobenzoesaurer Baryt . —
Nitrobenzoesnares Bleioxyd . — ■
Nitrobenzoesaures Eisenoxyd —
Nitrobenzoesaures Kadmium-
oxyd —
Nitrobenzoesaures Kali . . —
Nitrobenzoesaurer Kalk . . —
Nitrobenzoesaures Kupferoxyd —
Nitrobenzoesaures Mangan-
oxydul 839
Nitrobenzoesaures Methyloxyd —
Nitrobenzoesaures Natron —
Nitrobenzoesaures Silberoxyd —
Nitrobenzoesaurer Strontian —
Nitrobenzoesaures Zinkoxvd . —
Binitrobenzoesäure :
Dinitrobenzöesäure ... —
Binitrobenzoesaures Aethyl-
oxyd ' . 840'
Binitrobenzoesaures Ammo- *
niumoxyd —
Binitrobenzoesaurer Barjt —
Biamidobenzoesäure^ ...'.. —
Essigsaure Biamidobenzoe-
säure 841
Oxalsäure Biamidobenzoesäure —
Salpetersaure Biamidobenzoe-
säure —
Salzsaure Biamidobenzoesäurc —
Schwefelsaure Biamidobenzoe-
säure —
Nitrochlorbenzoesäure —
Nitrocblorbenzoesaurer Baryt 842
Nitrochlorbenzoesaures Silber-
oxyd ........ —
Benzoesäure- Anhydrid. Wasserfreie
Benzoesäure, benzoesaure Benzoe-
säure . . .' —
Nilrobenzoesäure - Anhydrid,
Wasserflreie Nitrobenzoe-
saure 843
1145
Seite
Nitrobenzoesäure-Benzoesäure-
Anhydrid, Wasserfreie Ben-
zoesäure Nitrobenzoesaure 843
■ Benzoe-Angelikasäure - Anhy-
' drid s. Angelikasäure.
Benzoe - Valeriansäure - Anhy-
drid . . •. 844
Benzoe-Cuminsäure-Anhydrid —
Benzoe-Essigsäure-Anhydrid . 845
Benzoe - Myristinsäure - Anhy-
drid '. —
Benzoe-Oenanthylsäure-Anhv-
drid —
Benzoe-Pelargonsäure - Anhy-
drid ...'....' . —
Benzoe-Salicylsäure .... —
Benzoe-Stcarinsäure-Anhydrid 846
Benzoe-Zimmtsäure-Anhydrid —
Benzoesäurc-Carbolsäure s. Benzo-
phenid.
Benzoesäure-Chloroforna .... —
Benzoesalpetei-säure s. Nitrobenzoe-
saure unter Benzoesäure, Abkömm-
linge.
Benzoesaure Salze —
Bonzoesaures Aethyloxyd,
Benzoeather . . . 847
Benzoesaures Ammoniumoxyd:
a. Ncutral(fs Salz. . . . 848
b. Saures Salz .... -*-
Benzoesaures Amyloxyd, Amyl-
benzoeäthcr 840
Benzoesaurer Baryt. ... —
Benzoesaures Bleioxyd . . —
Benzoesaures Eisenoxydul - -
Benzoesaures Eisenoxyd, neu-
trales
Benzoesaures Kadmiumoxyd —
Benzoesaures Kali:
a. Neutrales Salz. . . , 850
b. Saures Salz .... —
Benzoesaurer Kalk .... —
Benzoesaures Kupferoxyd. .
Benzoesaure Magnesia ... —
Benzoesaures Manganoxydul —
Benzoesaures Methyloxyd. . —
Benzoesaures Natron . . • 851
Benzoesaures Quecksilberoxyd —
Benzoesaures Quecksilberoxydul —
Benzoesaures Silberoxyd . . —
Benzoeschwefelsäure , Sulfobenzoe-
säure, Benzoeunterschwefelsäare . —
Nitrobenzoeschwefelsäure, Nitro-
sulfobenzoesäure 8Ö2
Nitrobenzoeschwefelsaurer Ba- •
ryt:
a. Neutraler 853
b. Saurer —
Nitrobenzoeschwefelsaures Sil-
beroxyd ^ —
Amidosulfobenzoesäure ... —
Sulfobenzovlchlorid .... —
Chlorwasserstoff-Sulfobenzoe-
säure. ....... 854
I
U4(i
Alphabetischen Kegistcr.
Seit«
SuKobcnzainid ... . . 854
Siilfobenzaminsäure .... 855
Vennandlunpen der Sulfo-
bcnzaminsäun* :
1) Durch Wärme ... —
2) Durc^ Phosphorperchlo-
rid -
Sulfobenxaminsaure Salze :
SulfobenKAminsaures Aethyl-
oxyd \ 8:>0
Sulfobenzaminsaures Am*
moniumoxyd . . . . 857
Sulfobenzarainsaurer Barjt —
Sulfobenzaminsaures Silber-
oxyd —
Aethersulfobenzoesaures Am-
moniumoxyd ..... 858
Aethersulfobenzoesaurer Baryt 859
Aethersulfobenzoesaures Na-
tron ....... —
Aethersulfobenzoesaures Sil-
beroxvd —
Benzoeschwefelsaure Salze , Sulfo-
benzoesaure Salze —
Benzoeschwefelsaures Aethvl-
oxyd, Sulfobenzoeäther . . —
Benzoeschwefel saurer Barvt,
neutraler —
Saures Barytsalz .... —
Benzoeschwefelsaures Blei-
oxvd ..,..-... —
Benzoeschwefelsaures Kali 8(50
Benzoeschwefelsaures Silber-
oxyd
Benzoglycolsäure -
Benzoglycolsaure Salze 8G1
Benzoglycolsaures Ammo-
niumoxyd —
Benzoglycolsaurer Baryt . .
Beazoglycolsaures Bleioxyd:
a. Neutrales
b. Anderthalbfach-basisches
Salz 8(>2 l
c. Sechsfach -basisches Salz —
Benzoglycolsaures Eisenoxyd —
Benzoglycolsaures Kali . . —
Benzoglycolsaurer Kalk . . —
Benzoglycolsaurer Kalk mit
Chlorcalcium —
Benzoglycolsaures Kupferoxyd —
Benzoglycolsaure Magnesia . —
Benzoglycolsaures Natron . —
Benzoglycolsaures Silberoxyd —
Benzoglycolsaures Zinkoxyd. —
Benzohelicip 863
Benzoilinwasserstoff —
Benzoin, Bittermandelölcamphor . . 8G4
Acetyl-Benzoui 8C5
Behzoyl-Benzoin —
Benzoinam 8GG
Benzoinamid 8G7
Benzol, Benzin, Phenylwasserstoff . —
Abkömmlinge des Benzols . . 870 i
Brombenzol .871
Monobrombensol ;
Monobrombenzid ^ü
•Dibrombcnzol:
Bibronihenzid
Tribrombenzol:
Tribrombenzid, BibAmphm^ r
bromür ^Ti
BromwasserstofT-Tribromb»-
zol , Bibrompheovlbromär-
Bromwasserstoff . -
Ch 1 orwa sserst rt ff-Trichlorbeniol:
Henzoltrichlorid. <Jhk>rbniiiB-
ChlorH'assenitoff . . . . -
Trichlorbenzol, Bichlorpheail-
chlorid, Chlorbeozid . t
Nitrobenzol :
Nitrobenzid
Azoxybenzid S
Nitrazoxybenzid ^
Azobenzid:
Azobenzol .
Nitrazohenzid, Nitroazobeniid "!
Binitrazobenzid « Bimtroazo-
benzid
Diphenin . ?«
Benzidin ...
Chlorwasserstolfsaares Benzi-
din "'
ChlorwasserstolTsaures Benn-
din-PIatinchlorid . .
Oxalsaures Benzidin
Salpetersaures Benzidin *
Schwefelsaures Benzidin .
Dinitrobenzol :
Binitrobenzol , Binitrobeafid.
Nitrophenylnitrür ■ j
Dithiobenzolsäurc . . . . ^*
Dithiobenzolsaurer Barrt .
NitrosophenyliR .....
Abkömmlinge des Benzols dnreli
Schwefelsäure . . . . . • **
Sulfophenylsäure :
Sulfobenzolsäurc. Benzol-
Schwefelsäure, Benzinschw't'-
felsäure, Benzid-Unterscbwe-
felsäu«, rhenykütbionsiore '
Sulfophenylsaures Aethytoxyd *
Sulfophenylsaures Kupfwoxvd -
Bromsulfophenylsänre . . • • '
Nitrosulfophenylsäure:
Nitrobenzolschwefclsänre, Ni-
trobenzid - Unterschwefel-
säure • ' '
Sulfophenylchlorid:
Cklorure' de st^fopkei^ <^
rure phtnjfl'tylfitreiix > • •
Amidverbindungen des Solfop*»^ ^
nyls ^
Sulfophenylamid, Sulfobeniol-
amid • • '
Bisdlfophenylamid . • • "
Cumylsnlfophenylamid • -* ' ^
SilbercamylsulfopheDjIftinid • ^
Succinylsulfophenylamid • ■
Alphabetiflches Register.
•Seite
Suocinylbisulfopbenylbensjimid 888
Benzoylsulfophrnylamid, Sulfo-
pbenylbenzamid .... —
Bibenzoyl - Snlfophenyliimid,
SuKopbenylbibcnzamid . . 884
Cum^nkenzoylsulfopbenylamid —
Benzoylacetoxylsalfophenylmid —
' Verwandlungen dieser Amide mit
PhoBphorperchlorid :
Benzojlsulfbpbenylamidylcblo-
rür —
Sulfopbenylamidylcblorür . . 885
Bisulfopbenylsäure :
Bisnlfobeozolsäure .... 88G
Sulfobenzid :
. Sulfobenzol —
Nitroiulfobenzid :
Nitrosulfobenzol 887
Amidosulfobenzid :
AmidoBulfobenzol .... —
Salzsaurcs Amidosulfobenzid —
Binitrosulfobenzid :
Binitrosulfobenzol .... —
Biamidosulfobenzid .... 888
Salzsaures Biamidosnlfobenzid —
Salzsaures Biamidosulfobenzid-
Platinchlorid .... —
Sulfobenzidbichlorid .... —
Bicblorsulfobenzid —
Benzolätber, Benzolalkobol, s. unter
Benzoyl Wasserstoff, Abkömmlinge.
Benzolin, syn. mit A marin, s. d. unter
Benzoylwasserstoff, Abkömmlinge.
Benzolon 889
Benzolichwefelsäure s. Snlfophenyl-
•aure unter Benzol, Abkömmlinge
S. 880.
Benzomilchsäure .-• —
. Benzomilch saurer Baryt . . 890
Benzomilehsaures Natron . . —
" Benzomilcbsanres Süberozyd —
Benzon, Benzopbenon, Phenylbenzoyl —
Binitrobenzon , Binitrobenzo-
phenon 891
Benzonitril, Stickstoff benzoyl, ' Cyan-
pbenyl, Phenylcyanür .... —
Nitrobenzonitril 894
Chlorbenzorntril, gechlortes
Benzonitril —
Benzophenid, Benzoesanres Phenyl-
oxy d , B^zoesänre - Carbols&ure,
Benzoeoxyd . .* 895
- Substitutionsproducte desBenzo-
phenids 896
Brombenzophenid, Benzoesau-
res Bromphenylozyd und
Bibrombenzophenid, Benzoe-
saures Bibrompbenyloxyd . 897
Cblorbenzophenid, Bensoesau>
res Chlorphenyloxyd und
Bicblorbenzophenid, Benzol-
saures Bichlorphenyloxyd . —
Binitrobenzopbenid, Benzoe-
sanres Binitrophenyloxyd . —
Trinitrobenzophenid. . . .
a) Benzoesanres Trinitro-
phenyloxyd
b) Nitrobenzoesaures-Binitro-
pbenyloxyd
Nitrobibrombenzophenid, Ni-
trobenzoesanres Bibrom-
pbenyloxyd
Benzophenon s. Benzon S. 890.
Benzopiperid, Benzopiperidin . . .
Benzopropylenyl s. benzoesanres Al-
lyloxyd Bd. h, S. 567.
Benzoresinsäure s. Benzoeresinsäure
S. 827.
Benzosalicin
Benzostilbin ~. . . .
Benzosuccinhi
Benzoweins&ure
Benzoycin
Monobenzoycin
Tribenzoycin
Benzoyl . .
Benzoylamid s. Benzamid
Benzoylanilid, Benzoylanilin, Stilbyl-
anilin
Benzoylazotid
Benzoyl-Benzoin s. unter Benzoin
S. 865.
Benzoylbioxybromid , • bioxy cblorid,
-bioxyjodid
Benzoylbromid, Benzoylbromür, Brom-
benzoyl . .
Benzoylcblorid, Benzoylchlorür, Chlor-
benzoyl
Chlorbenzoylchlorid . . .
Nitrobenzoylchlorid ....
Benzoylcyanid, Benzoylcyanür, Cyan-
benzoyl
Benzoylhanwtoff, Benzureid . . .
Benzoylhydrat s. Bittermandelöl, Ab-
kömmtinge.
Benzoyljodid, Benzoyljodfir, Jod-
bensoyl
Benzoylige S&ure . .-
Benzoylnitril s. Benzonitril.
Benzoyloxyd s. Benzoeoxyd.
Benzoylyerchlorid
Benzoylrhodanfir, Benzoylsulfocyanid,
Rhodan- oder Schwefelcyanbenzoyl
Benzoylsäitre s. Benzoesäure.
Benzoylsalicylamid , Benzoylsalicyl-
amins&ure
Benzoylsalicylimid ...
Benzoylsnlfhydrat
Bensoylsulfid, Schwefblbenzoyl .
Benzoylsulfidamid
Benzoylsulfopbenylamid
Benzoylureld
BenzoylTaleramid .
Benzoylwasserstoff, Benzoylhydrür,
Benzaldehyd, Benzoyloxydhydrat,
Pikramyloxyd, Stilbenoxyd, Blau-
säurefV^es ätherisches Bitterman-
delöl
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898
899
900
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9<»2
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910
912
913
1148
Alphabetisches Register.
Seit«
BeDzoylwasserBtofT mit doppelt-
scfawefligsaurem Kali . . 917
BenzoylwasserstofT mit doppelt-
Bchwefligsaurem Natron . —
I Verwandlungen des Benzoyl>
wasierstofTs 9\H
1) Durch Wärme ... 919
2) Durch Sauerstoffgas . —
3) Durch Manganhyper-
oxyd oder andere Hy-
, peroxyde u. Schwefel-
säure —
4) Durch Salpeteriäure . —
5) Duci;h Schwefelsäure —
C) Durch Chlor . . . —
7) Durch Chlorschwefel 920
H) Durch Fhosphorper-
chlorid — ■
9) Durch Chloracetyl . 921
10) Durch Brom ... —
11) Durch Schw«»felwasser-
stoff —
1 2) Durch Schwefelammo-
nium —
13) Durch Ammoniak . 922
14) Durch CyaDamnionium —
15) Durch Kohlensuliid u.
Ammoniak .... -r-
1(5) Durch Kalium. . . —
1 7) Durch Kali- u. Natron-
hydrat ..... —
18) Durch Cyankaliiim . 923
18) Durch Anilin ... —
Abkömmlinge des Benzoylwasser- .
Stoffs —
1 ) Nitrobensoy Iwasserstoff :
Benzoylnitrür —
Nitrobehsoylwasserstoff mit
Eweifach-scfawefligsanrem
Ammoniumoxyd .... 924
Nitrobenzoylwasserstoff mit
zweifach - schwefligsattrem
Natron 925
Verw&adlangen des Nitro-
bensoylwasserstoffs :
1) Durch Sanerstoff. . . —
2) Durch Chlor . . . —
3) Durch Brom ... —
4) Durch Schwefelwasser-
sfoffgas —
5) Durch Cyanwasserstoff-
säure . ' . . . 926
6) Durch Cyankalium . —
7) Durch Kalihydrat. . —
8) Durch Ammoniak —
9) Durch Schwefslammo-
nium —
10) Durch schwefligsaures
Ammoniumoxyd . . —
11) Durch Harnstoff . . —
2) Benzolalkobol 927
Chlorbenzol —
Aethylbenzoläthcr " 928
Amylbenzoläther _^
I
Methylbenzoläther . . . . ?i*
Benzoesaurer Benzc»tiither . JS
Bernsteinsaurer Benzolitber . -
Essigsaurer Benzoläther . . -
Schwefelsaurer Ben^iläther . -
Valeriansaurer Benzoläther . -
3) Sulfobenzoylwasseratoff:
Thiobenzoylwasserstoff, Ben-
zoylsulfhydrat , Schwefel-
pikramyl, Benzensulf ür, Stil-
bensulf ür , Schwef?Iben-
zoilol ^'
4) SulfazobenzoylwÄSserstoff:
Thiobenzaldin, Sölfazopikra-
myl,Benzensulfazofür, Ben-
zenazosulfür . . . . -
Stilbilwasserstoff — Stilb«i
(Laurent); Pikramyl (Ba-
zeliiis) • ^
Schwefelessal , Schwefelcsyl
Thionessal • '^
Kripin (Pikryl) '
5) Hydrobenzamid :
SticksiO^pikramyl nach Ber-
zelius; Aiuheö*^»'*'*^***^'"
Stoff (Laurent). Thiobeniol-
' amm .«••.'
Verwapdlungen des HydrtK"
benzamids:
1) Durch Wärme . . *^'
2) Durch verdünnte Säuren -
3) Durch Chromsäure . . '
4) Durch Schwefelwasser-
^ Stoff / • '
5) Durch Kalium . • • "
6) Durch Alkalien - ' ' Z
BenzostUbin ^
Benzolen • '
6) Trinitrohydrobenxamid . ■ ^*
7) Amarin:
Benzolin (Fownes), Pikramin
(BerseHus), AmobenzoiKn-
Wasserstoff (Laurent) . • ^
Amarinsalze / ^^
Ghlorwasserstoffsaures Am»nn
Salpetersaures Amarin - "j
8) Triuitroamarin . . • •. .•
Chlorwasserstoffsaures Trini-
troamarin . . .
Salpetersaur«s Trinitroamarin
9) Lophin:
Pyrobenzolin , Pyroamsrin,
Brenzamarin, Pikrimid. ■ '
LophinsaUe
ChlorwasserstoffsauresLoptan
CblorwasserstofisaurcsLopti«-
Platinchlorid . . • • •
Jodwasserstoffsaures Lopn» ^
Salpetersaures Lophin.
' Schwefelsaures Lopuin ^
Lophin-Platinchlorid . • "
Salpetersau«» Süberoxyd-Lo-
phin . . • • * * * ' 941
10) Be»#H»in«&nre
Alphabetinches Heglst«r.
' Seite
11) AzobensoUid:
Azostübase-Asotür .... 94G
12) Bibenzoylimid 947
snzoylwassei^toff-Ameiseiisäure 948
Bnzoylwassersloff, benzoesaurer . — ^
enzovlwasserstoff-BcDzoylchlorid , —
ötazoylwasserstoff-CyanwasserstofiF . —
snzoylwasserstoff-Cyanbenzoylcyan-
^Wasserstoff • —
anzyl, Tolyl, Toluenyl .... —
enzylätherf Benzy)oxyd . . . . 949
Benzyläthyläther , Aethylben-
zyläther, Benzyläthyloxyd,
Aetbyloxyd-Tolyloxyd . . —
Benzoesaarer-Benzyläther, ben-
zoesaures Benzyloxyd, ben-
zoesaures Tolyloxyd . . —
Essigsaurer Benzylatherf essig-
^ saures Benzyloxyd, essig-
saures Tolyloxyd. . . . 950
enzyl- Alkohol, Benzalkohol, Benzoe-
Alkohol, Benzyloxydhydrat, Tolyl-
oxydhydrat, Tolylalkohol, Tolue-
nvl-Alkohol —
lenzylchlorür, Tolylchlorür, Toluenyl- '
chlorür 9d2
leraunit 958
ierberin —
lerberinsalze 956
Chlorsaures Berberin . . . 957
Chlorwasserstoff-Berberin . . —
Chlomv'asserstoif-Berberin mit
Glycocoll ....'.. • —
Chlorwasserstoff-Berberin mit
Platinchlorid —
Chlorwasserstoff - Berberin-
Quecksilberchlorid ... —
Chlorwasserstoff - Berberin-
Quecksilbercyanid . . . 958
Chromsaures Berberin, saures —
Salpetersaures Berberin . . —
Seh wefelsaures Berberin, saures —
krberisbeeren —
lerberitzengelb] —
ierengelaharz oder Berengelit . . 959
ierengelit —
ieresit —
^rgamottöl —
^rgamottölcamphor, Bergapten,
BergamottÖlstearopten .... 9G0
iergapten s. Bergamottölcamphor.
iergbalsam 961
Sergblau —
äergbutter —
Jergeier .962
^rgemannit .... ^ ... .
iergfett —
^ergüaehs —
äergfleisch, syn. Bergleder.
aerggrün 9G3
3ergguhr s. Bergmilch.
Sergholz, Holzasbest, holzförmiger
Asbest, Xylotil, XyloUth ... —
Bergjockei '—
Bergkalk, syn. Kohlenkalkstein. *
Bergkork .
BergkryÄtall
Bergleder, Bergfleisch
Bergmapnit, Spreustein ....
Bergmehl
Bergmilch, Bergguhr, Montmilch,
Mehlkreide . .
Bergmoos
Bergnaphta \ ^.^ g^^.^g,
Bergol ) •
Bergpapier
Bergpech s. Asphalt.
Bergsalz, syn. für Steinsalz (s. d. Art.).
Bergseife, Bockseife
Bergtalg ....
Bergtalg oder Braunkohlencamphor
Bergtheer
Bergunschlitt
Bergwachst syn. Ozokerit (s. Harze,
fossile, IsteAufl. Bd. 111, S. 827).
Bergwolle
Berg/iger ...........
Bergzinn
Bergzinnober
Berlinerblau, Preussisches oder Pa-
riser Blau
Unreines Berlinerblau, Mine-
ralblau
BerHnerblau, basisches
Berlinerblau, lösliches
Berlinerblau, natürliches . . 1 .
Berlinerblausäure s. Cyanwasserstoff.
'Berlinerbraun
Berlinergrün
Berlinerroth.
Berlinerweiss
Bemefde
Bernstein, Agtstein, gelbe Ambra,
Succinit, Bömstein, gelbes Erd-
harz, Succinum, Ambra flava,
Electrum, StM;em, Amhw . . .
Bernsteinbitumen
Bemsteincampher , Krystallisirtes
Brandharz , flüchtiges Bernstein-
harz
Bernsteincolophonium, Colophoninm
succini
Bemsteineupion
Bemsteinfimiss s. Bernsteincolopho-
nium.
Bernsteinöl
BernsteinsSure. Bemsteinsalz, flüch-
tiges. Succinylsäure. Succinsäure
Verwandlungen der Bemstein-
säure :
I>urch Wärme
* Durch Salpetersäure. . .
Durch Manganhyperoxyd n.
Schwefelsäure
Durch Chlorgas ....
Durch Phosphorperchlorid
Durch wasserfreie Schwefel-
säure . . . - . . .
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963
964
H)65
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981
986
987
ii:.o
AlpludMtifches Kegbter.
Durch Sehw«feltiUirehydnt
Durch Kalihydrat . . .
Berniteinsäureamide, Sucdnamide .
Succinimid:
BisuceiDamid, Succinjl- und
Wasserstoffazotür . . .
Kuccinimid-Bleioxyd . .
Succinimid-Quecksilberoxyd
Huccinimid-Silberozyd . .
Succinimid- Silberoxyd - Am
moniak
Succinamid:
Succinjlbiamid, Saocinyl- und
WaMerstoffdiasotür . . .
Trisuccinamid :
Succinyldiazotur
Bemsteinsals s. Bemateinsiiure.
Bemsteinaaure SaUe
Bemsteiniaure« Aethylozyd .
Bernfteinflaurea Ammonium-
oxyd:
1) Neutrales . . . .
2) Saures .* . . . .
Bemsteinsaurer Baryt , neu-
traler
Bemsteinsaure BervUerde . .
Bemsteiusaures Bleioxyd, neu-
trales ...
Basisch - bemsteiusaures Blei-
oxyd . .
Ueberbasisch - bemsteinsnures
Bleioxyd. . . . ■ . .
Bemsteinsaure« Ceriumoxydul
Berasteinsaures Chromoxyd .
Bemsteiusaures Chromoxydul
Bemsteiusaures Eisenoxyd
> Bemsteiusaures Eisenoxydu) .
BemsteittJUiures Kadmiumoxyd
Berasteinsaures Kali, neutrales
Bemsteiusaures Kali, saures
Bemiteinsaurer Kalk, neutraler
Bemsteinsaurer Kalk, saurer
Bemsteiusaures Kobaltoxydul
Berasteinsaures Kupferoxyd
Berasteinsaures Llthion
Berasteinsaure Magnesia, neu
trale
Basisch-bernsteiusaure Magne-
sia.. .
Berasteinsaures Magnesia-Kali
Berasteinsaures Manganoxy
dul ... ...
Berasteinsaures Methyloxyd
Berasteinsaure Molybdänsiure
Berasteinsaures Natron, neu
trales
Bernsteinsaurea Natron, saures
Berasteinsaures Nickeloxydul
Bernsteinsaures Quecksilber
• oxyd
Berasteinsaures Quecksilber
oxydttl
Bernstei^aures Silberoxyd
Berasteii|saurer Strontiaa.
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99^
99S
998
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1000
lUOl
1002
1008
1004
1006
Beraateinsanre Tboserde . .
Bernsteinaanre Thorefde . .
Berasteinsaures Uraao^d .
Berasteinsanrea Uranoxjd-
Kali
Bernsteinsaures Uranoxyd-!is*
tron ....•..•
Bernstetnaanres Wismutbozfd
Berasteinsaure Yttererde . .
Bernsteinaaares Zinkoxyd. .
Berasteinsaures Zinnoxyd.
Berasteinaaures Zinnoxydal .
Berasteinsaure Zirkonerde .
J^erastein, schwaraer . , ....
Berasteinschwefelaaure , Bernstegi-
unterschweftels&ure, Snlfobernsteia-
säure
BerasteinacbwefiBlsaure Salae. Bera-
steinunierschwefelsaare oder solfo-
berasteinsaure Sake
Bernsteinschwefelaaures Am*
moaiumoxyd
Bernsteinschwefelsanrer Baiyt
Beraateinschweltelaaures BÜ-
oxyd
Bernsteinschwefelaaares KsU.
Neutrales Salx
Anderthalbfiach-aanres Sab .
Bernsteinschwefelaaurrr Kalk
Berasteinsch wefelsam« Magne-
sia.
Bernsteinschwefelaaares Ns-
tron
Berasteinschwefelsaures
beroxyd
Bernsteinspiritus
Berthierin
Berthierit, Uaidingerit ....
Bertholletia excelsa
Bcrthollimeter
Bertramwunel
Beryll (Smaragd, Aqusunarin, di*
rhomboedrischer Smaragd, Eon^
raude, Emerald) . . .
Beryllerde s. Berylliumoxyd.
Beryllerdehydrat s. Berylliumcxyd
hydrat
Beryllium
BerylliunL, Glycium. Bestimnumg o-
Trennung desselben .
Berylliumbromid, BromberylliuiDT
Bromglycium ...
Berylliumchlorid, Chlorberyllium,
Chlorglycium
Berylliumeisen, Glyciumeisen . •
Beiylliumfluofid, Fluorberylliom,
Fluorglycium . ...••'
Kalium-Berylliumfluorid, Es-
lium-Glydomfluorid, Flaor-
berylliumkalium . . • • ^^'
Berylliungodid, Jodberyllinm, Jod-
glydum . . . • '
Berylliumcxyd, BeryUerde, Q^ein-
oder Süsserde, Glyciumozyd,(äaefiie
Seu
1\»'
m
1«»
Sü
H'l«
\m
\on
lOH
lüU
Alphabetischefl Reginter.
Seite
rylliumoxydhvdrat, BcrvUerdc-
h.vdrat. .'...]... loil)
rylliumoxydsalze s. Berylliumsalze,
rvlliumpliosphoret, Glyciumphos-.
plioret 1020
rylliumsnlzef Glyciumsalze, SüsS'
erdesalze —
ry lliumseleniuret, Glyciumseleuiuret 1 022
rylliumsulfuret, Glyciamsul füret —
irylliura-Tellur, Glycium-Tellur. . —
irT^elianit, syn. Selenkupfer,
rzeliit, Berzelit, Kühnit, Talkphar-
makolith —
^rzelin 1023
»rzelit . . / —
mcliicken, Beschickung, Möllerung,
Zuschlag . —
»chlag. 1024
^schlag, Auswitterung, Ausbltihung,
Efflorescenz 1025
sstandtheile . —
sstuscheffs Nerventinctur —
9tA-Harz I 8. unter H^rz, Or-
eta«xOrse]l9äure etc.) seilsäure u. s. w.
eta vulgaris L. u. B. cicla . . . 102G
etulin, Birkencamphor .... 1028
etuloretinsäure —
eudantiu, syn. Nephelin.
eudautit \ .' 1029
ezetta, Scfaminkläppchen .... —
ezoar 1080
ezoardicum anlmale 10.'i2
ezoa'rdicum minerale —
ezoarsäure, syn. mit Ellagsäure und
zuweilen auch mit Lithofellinsäure
(s. d. Art.).
iezoarstoff s. Bezoar.
liaxnide s. Diamide unter Amide
(Bd. 1, 8. r,89).
Ubenzoilimid —
kibergeil —
Bibergeil camphor \
jibergeücamphorsäurej Bibergeil,
hbergeilharz ( "^
libergellöl )
liberham lo85
iicarbamid —
lichurinstearyl das Kadical der
lichurimstearylsäure, syn mitlMchu-
rimtalgsäure.
)icolorin, syn. Aesculin.
Meberit, syn. mit Kobaltvitriol (s. d.
Art. Istc Aufl. Bd. IV, S. 421).
Sielurilsäure 1036
Bienenharz, Stopfwachs . . —
iienenwachs s. Wachs
■*®'' — Birkenwasser s. Birkensaft.
Brauen des Bieres . . . .1039 Birkenwein s. Birkensaft.
Obergährang
Bier, Untersuchung desselben . . .
Destillations-Verfahren . .
Specifi^ches Verfahren. . .
Saccharometrischc Probe . .
Hally metrische Probe . . .
Optisch -aräometrische Probfe
Bieressig
Bierstein, Getreidestein, Zeilitho'id .
Bierwürze s. Bier (S. 1041).
Biformen * . . .
Biimide
Bildstein, syn. Agalmatolith (Bd. I,
S. 375).
Bilicholinsänre s. bei Bilin unter Galle
und bei Cholinsäure.
Bilifellinsäure , svn; mit Gallensäure
(s. d. Art. oder Choleinsäure von
Demarpay).
Bilifülvin
BiliAilvinsäure s. BiüAilvin unter Galle
und Galtenfarbstoff.
Bilin
Biliphaein
Biliverdin
Bilsensäure ........
Bilsensamenöl
Bimsstein .
Binarkies, svn. mit Strahlkies.
Binartheorie
Binellisches Wasser s. Aqua Binelli
(Bd. II, S. 1.58).
Binnit
Binopiammon oder Biopiammon s.
Opiammon (Iste Aufl. Bd. V,
S. 702).
Biogen
Biotin, Biotina, syn. mit Anorthit
(s. unter Oligoklas).
Biotit, Magnesiaglimmer, cinaxiger
Glimmer, Hexagonglimmer, rhom-
boedischer Talkglimmer, Meroxen.
hexagonal Mica, Magnesia Mica .
Birkenblätter ...."....
Birkencamphor s. Betulin.
Birkenharz s. Betuloretinsäure.
Birkenholz .
Birkenöl, ätherisches
Birkcnöl, brtinzliches , s. Birken-
theer.
Birkenrinde .
Birkensaft, Birkenwasser . . . .
Birkenschwamm
Birkenthecr, Dagged, schwarzer De-
gen, schwarzer Doggert oder Deg-
gelt, Birkentheeröl
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1099
1100
1101
1102
1108
Birnen
Birnenessenz, Birnenöl
Darstellung der Würze, Meisch-
process 1041
Kochen der Würze . . . .1050 Birnenöl s. Bimenessen«.
Kühlen und Gährung der | Bisam, syn. Moschus.
Würze '. . 1058 | Bisam, künstUcher, s. unter Bern-
Untergährung 1061 ! steinöl S. 980.
1104
1105
1152
Alphabetidche« Register.
Seite
Bismäthyle s. unter Wismath orgati.
Radicale.
Bismuth, syn. Wismuth.
Bismuthaurit s. Wismuth -Gold.
Bismuthin, Rvn. Wismuth^lanz.
Bismutbit s. Wigmutbspath.
Bifimutit 8. Wismutbspath.
BiBsa-Bol IIOG
Bissen, Bob —
Bister —
Bisoccinamid '9. Succinimid unter .
Bernsteinsäureamide.
Bittererde s. Magnesia.
Bitterfenchelol —
Bitterkalk, Bitterkalks patb , Bitter-
kalkstein, Bittcrspatb u. s. w. . . —
Bitterkeit 1107
Bitterklee, Fieberklee . . . . .1108
Bittermandelöl, ätberisebes oder flüch-
tiges, ungereinigtes oder rohes —
Verwandlungen des Bitterman-
delöls 1112
1. Durch Wärme ... —
2. Durch Sauerstoff ... —
3. Durch Salpetersäure . ^ —
4. Durch Schwefelsäure . —
5. Durch Qhlorgas ... —
Benzoesaurer Benzoyl-
Wasserstoff .... —
Stilbesilsäure, Stilbesüber-
oxyd oder Stilbesige
Säure —
G. Durch Chlorwasserstoff. —
7. Durch Chlorschwefel .1118
8. Durch Ammoniak . . —
9. Durch Schwefelammo-
nium 1115
10. Durch Kohlensulfid und
Ammoniak 111C
11. Durch Kalihydrat . . —
12. Durch Cyankalium . . —
13. Durch Quecksilbercya-
nid 1117
14. Durch Baryt- oder Kalk-
wasser —
Abkömmlinge des Bittermandelöls —
Settt
1) Mandelsäore:
Benzoylwasserstoff - Ameisen-
säure, ameisensaurer Ben-
. soylwasserstoir . . . .1117
Mandelsaure Salze . . . .1119
Mandelsaures AmmoniumoxTd 1119
Mandelsaurer Barvt . . .
ftlandelsaures Bleioxrd
Mandolsatires Kali . ^
Mandelsaures Kupferoxyd .
Mandelsaures Quecksilberoxyd
Mandelsaures Silberoxyd .
2) Benzhydramid . . '. . .1120
3) Azobenzoyl:
Azobenzoile, Azostilbese-Un-
terazotür 1121
4) Benzoylazotid :
Benzazotid, BenzoÜazotid, Ni-
trobenzovl —
5) Benzoylhydrat
Stilbenby-peroxyd , stilbinige
oder stilbilige Säure . . 112.S
Bittermandelöl, fettes . . . .1125
Bittermandelöl, künstliches. ... —
Bittermandelöl - Ameisensäure , syn.
mit Mnndt'lBÄure, s. unter Bitter-
mandelöl, S. 1117.
Bittermandelölcamphor, syn. mitBeozoin.
Bittermandelöl-C van Wasserstoff s. unter
Bittermandelöl, ätherisches, S. 1112.
Bittermandelöl-Schwefelsäure s. Benzoyl-
Wasserstoff, Verwandlungen S. 919.
Bittermandelwasscr —
Bittersäure, syn. mit Trinitrophenyl-
säure, b. Phenylsäure Iste Aufl.
Bd. VI,. S. 205.
Bittersalz, syn. mit krystaQisiTter
schwefelsaurer Blagnesia s. unter
Schwefelsaure Salze.
Bittersalzwasser und Bitterwasser . 1127
Bitterspath s. Bitterkalk n. Magnesit.
Bitterstein s. Saussurit.
Bitterstoff, Bitter, Bitterer Extractiv-
stoff, extractivcr Bitterstoff. . .1124»
Bitterstoffe, künstliche ; Bitter, künst-
liehe —
Beric htigungen.
Seite 149 bei Aphrit zu bemerken: gehört zum Arragonit.
• 155 Zeile 24 von oben lies Tesselit statt Fesselit.
243
248
368
451
776
966
24 B oben lies Fe^Asg statt Fe^As^.
13 » unten lies S. 84 statt S. 284.
22 n oben lies BoutroD-Charlard statt Boutron, Charlard.
3 » unten lies 20,07 sUtt 20^7.
20 » oben lies Zinnoxyde statt Zinnoxyd-
21 » oben lies Eisencyanid statt Eincyanid.
^7
k
-