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Full text of "Handwörterbuch der reinen und angewandten Chemie"

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1 


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HANDWÖRTERBUCH 


DER 


REINEN    UND    ANGEWANDTEN 


CHEMIE. 


Holzschnitte 

ans  dem  xylographischea  Atelier 
von   Friedrich   Viewcg   und   Sohn 
in  Braanschweig. 


Papier 

aus  der  mechatiischen  Papier-Fabrik 
der    Gebrüder   Vioweg  zu  Wendbausen 

bei  Brauuschweig. 


•  • 


HANDWÖRTERBUCH 


DER 


REINEN  UND  ANGEWANDTEN 


CHEMIE. 


Begründet    von 

Dr.  J.  von  Liebig,  Dr.  J.  C.  Poggendorff  und  Dr.  Fr.  Wöhler, 

Prof«Mor«a  an  d«a  Unirtnltltcn  Mineben,  Berlin  und  OAttingen. 

Zweite    Auflage, 

neu    bearbeitet 

von     mehren    Gelehrten 

und    redigirt   von 

Dr.  Hermann  v.  Fehling, 

Pvofeaaor  der  Chemie  In  Stuttgart. 


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Zweiter     B  a' nrjü-;':  .-  :-- , 

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Mit  zahlrd^fMen  in  den  Text  eingedruckten  Ilolzstichen. 


Braunschweig, 

Druck    und   Verlag  von  Friedrich  Vieweg  und   Sohn. 

18  5  8. 


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^^ 


Die  Herausgabe  einer   Uebersetzung  in   englischer,  firanzösisoher  und  anderen 

modernen  Sprachen  wird  Torbehalten. 


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Animalisation  heisst  in  der  Physiologie  der  noch  sehr  dun- 
kele Process  des  thierischen  Lebens,  wodurch  die  genossenen  Nahmngs» 
mittel  in  Bestandtheile  des  thierischen  Körpers  amgewandelt  werden  (s. 
Verdau  an  g).  Man  bezeichnet  in  der  Technik  damit  auch  die  Opera- 
tionen, welche  zum  Zwecke  haben  Pflanzenfaser  mit  passenden  soge- 
Dunten  Proteinstoffen  zu  vereinigen,  z.  B.  bei  Behandlung  von  Baum- 
wolle mit  Casein- Ammoniak  oder  ähnlichen  Korpern.  P. 

Animeharz.  Von  diesem  als  Bäuchermittel  in  den  Handel 
kommenden  Harze  werden  drei  Sorten  angeführt:  das  westindische,  das 
utindidche  oder  orientalische  and  das  braune  amerikanisch^.  Das  west- 
indische Anime  stammt  von  Hymenaea  Courharil^  einem  in  West- 
iodien  and  Südamerika  einheimischen  Baume,  und  wird  daher  auch 
Conrbarilharz  genannt.  Es  wird  durch  Einschnitte  in  Stamm  und 
Zweige  des  vorgenannten,  zur  Familie  der  Caeaalpineae  gehörigen  Bau- 
tm  gewonnen.  Ueber  die  Abstammung  der  Übrigen  Sorten  ist  nichts 
&beres  bekannnt. 

Das  westindische  Anime  bildet  blassgelbe  Stücke  von  glasigem 
Bnch  und  bestäubter  Oberfläche,  erweicht  schon  im  Munde,  schmeckt 
wie  Mastix,  und  riecht  angenehm,  besonders  beim  Erhitzen,  daher  seine 
Anwendung  zum  Rauchern.  Die  frisch  glänzenden  Bruchflächen  des- 
lelben  werden  allmälig  trübe,  matt  und  undurchsichtig,  ähnlich  der 
»senigen  Säure. 

Das  specifische  Gewicht  des  Animeharzes  wurde  für  die  westin- 
discheSorte  zu  1,028  (Brisson)  und  1,032  (Paolii)  gefunden,  das  des 
bnnnen  amerikanischen  =r  1,0781 ,  und  das  des  orientalischen  = 
1,027.  Wie  viele  andere  Harze  brennt  das  Animeharz  mit  lebhafter 
Pl^me.  Das  westindische  Anime  ist  in  Wasser  unlöslich,  dagegen 
löslich  in  Terpentinöl,  und  wie  es  scheint  auch  in  anderen  ätherischen 
nd  fetten  Oelen.  Siedender  Alkohol  löst  es  vollständig  zu  einer  Lack- 
iQ9  röthenden  Losung ,  kalter  Alkohol  nur  zum  Theil.  Nach  seinem 
Verhalten  zu  kaltem  Alkohol  enthält  das  westindische  Anime  wenig- 
^eas  zwei  verschiedene  Substanzen:  eine  in  kaltem  Alkohol  lösliche, 
^d  eine  darin  unlösliche.  Erstere  beträgt  dem  Gewichte  nach  etwa 
HProc.  Wird  der  in  kaltem  Alkohol  unlösliche  Theil  in  siedendem 
Alkohol  gelöst,  so  scheidet  sich  daraus  allmälig  ein  krystallisirter 
Körper  in  farblosen  feinen  Nadeln  nb,  welche,  nach  Laurent,  aus  Koh- 
^off83,6,  Wasserstoff  11,5  und  Sauerstoff  4,9  bestehen,  woraus  er 


0  Literatur:  Paoli,  Trommsdorffs  Jonm.  Bd.  IX,  St  1,  S.  40,  61.  —  Qni- 
^««'t,  Bevne  scientif.  et  iodnstr.  T.  XVI,  p.  177.  —  Laurent,  Ajuial.  de  chim.  et 
*«pkyi.  T.  LXVI,  p.  816.  —  Gerhardt,  Trait^  de  chim.  organ.  T.  III,  p.  669. 
""  f  ühol,  ehendas. 

Bn4wdft««adi  der  Chemie.  2te  Auf.  Bd.  U.  1 


2  Animin. 

die  Formel  C4oHsi03  berechnet.  Der  in  kaltem  Alkohol  lösliche 
Theil  des  Animeharzes  scheint,  nach  Laurent,  mit  dem  ctUarz  des 
Terpentins  identisch  zu  sein.  Ansser  diesen  beiden  Bestandtheilen  ent* 
hält  das  Animeharz  etwa  2,4  Proc.  eines  bei  der  Destillation  mit  Was- 
ser übergehenden,  aber  nicht  näher  studirten  ätherischen  Oeles. 

Es  muss  übrigens  bemerkt  werden,  dass  über  Natur,  Bezeichnung 
und  Abstammung  des  Animeharzes  noch  keineswegs  vollkommen  überein- 
stimmende Angaben  vorliegen.  So  verstehen  die  Franzosen  unter  Resine 
anxme  den  Copal ,  und  nennen  unser  Anime  Copal  oder  Äfume  tendre. 

Nach  Fi  1  hol  wäre  das  aus  Indien  stammende  Harz,  aus  gröblichen, 
rundlichen  Stücken  bestehend,  von  vollkommen  weisser  Farbe,  bei  100^ 
C.  schmelzbar,  in  kaltem  Terpentinöl  vollkommen  zu  Firnis  löslich,  in 
wasserfreiem  Alkohol  dagegen  in  der  Kälte  so  gut  wie  unlöslich. 
Nach  Filhol  besteht  dieses  Harz  aus  85,8  Thln.  Kohlenstoff,  11,5 
Wasserstoff  und  8,2  Sauerstoff.  Das  braune  amerikanische  Anime  er- 
weicht nicht  im  Munde,  und  ist  in  kaltem  Alkohol  vollständig  lös- 
lich. Das  orientalische  Anime,  welches,  nach  Guibourt,  gar  nicht 
mehr  in  den  Handel  kommt,  ist  ebenfalls  in  kaltem  Alkohol  vollstän- 
dig löslich,  und  scheint  aus  zwei  durch  ihre  Schmelzpunkte  unter- 
schiedenen Harzen  zu  bestehen.  G — B. 

A n i in i n  nennt  Unverdorben  0  ^in^  organische  Base ,  welche 
er  (1829)  nebst  mehreren  ähnlichen  Körpern  in  dem  rectifioirten  Thier- 
Öl,  dem  sogenannten  D ippel' sehen  Oel,  dem  Oleum  ammaU  Dippüä  ge- 
funden zu  haben  glaubt,  eine  Base,  die  aber  noch  nicht  im  reinen  Zu* 
Stande  dargestellt  und  die  auch  noch  nicht  näher  untersucht  ist. 

Unverdorben  giebt  als  Weg,  das  Animin  von  den  sonst  noch  im 
Thieröl  enthaltenen  flüchtigen  Basen  zu  trennen,  folgenden  an.  Man 
versetzt  das  rectiücirte  Thieröl  mit  doppelt  so  viel  Schwefelsälnre  als  nö- 
thig  ist,  die  flüchtigen  stark  riechenden  Basen  zu  nautralisiren ,  dampft 
die  Masse  im  Wasserbade  ein,  und  destillirt  dann  nach  Zusatz  von 
überschüssigem  Kalk.  Das  Destillat,  welches  Odorin  (Picolin)  neben 
Animin  enthält,  wird  mit  3  Thln.  Wasser  geschüttelt,  wobei  sich  rei- 
nes (?)  Animin  abscheidet,  während  in  der  Auflösung  alles  Odorin  ne- 
ben etwas  Animin  bleibt;  wird  zu  dieser  Lpsung  kochendes  wässeriges 
Quecksilberchlorid  gesetzt,  so  scheidet  sieh  sogleich  schon  in  der  Hitze 
eine  Verbindung  desselben  mit  dem  Animin  in  ölartigen  Tropfen  ab, 
die  beim  Erkalten  fest  werden. 

Das  Animin  kann  auch  durch  fractionirte  Destillation  des  mit  Sal- 
petersäure neutralisirten  Dippel's  Oel  erhalten  werden,  wobei  zuerst 
Picolin,  später  dieses  gemengt  mit  Animin  übergeht,  welche  sich  dann 
durch  Zusatz  von  etwas  Wasser  trennen  lassen,  indem  das  Animin  et- 
was weniger  flüchtig  und  weniger  in  Wasser  löslich  ist  als  das  Odorin. 

Das  Animin  ist,  nach  Unverdorben,  ein  farbloses  Oel  von  nicht 
bekannter  Zusammensetzung ;  es  löst  sich  in  20  Thln.  kaltem,  weniger 
leicht  in  heissem  Wasser;  es  löst  sich  in  jedem  Verhältniss  in  Wein- 
geist, Aether,  in  flüchtigen  und  fetten  Oelen ;  es  löst  Harze,  selbst  Co- 
pal auf. 

Das  Animin  reagirt  schwach  basisch  und  verbindet  sich  mit  den 
Säuren;  seine  Salze  sind  in  Wasser  löslich;  durch  Sieden  verlieren  die 


0  Pogg.  Annal.  d.  Phys.  u.  Chem.  Bd.  XI,  S.  59  u.  67. 


f 


AnioiL  —  AnisalkohoL  3 

neniraleiK  Salze  einen  Theil  der  Base;  setzt  man  überschüssige  Sänre 
m,  so  TeTflüchtigt  sich  die  Base  nicht. 

Das  benzoesanre  Animin  ist  eine  ölige,  leichter  in  siedendem  als 
ia  kaltem  Wasser  lösliche  Verbindung.  Mit  Schwefelsäure  bildet  die 
Base  ein  nicht  kiystallisirbares  Salz. 

Das  chlorwasserstoffsaure  Animin  giebt  mit  Goldchlorid  eine  ölige^ 
Bit  Platinchlorid  eine  krystallisirbare  in  Wasser  wenig  lösliche  Doppel- 
ferbindung; mit  überschüssigem  Quecksilberchlorid  bildet  es  eine  in 
der  Hitze  ölardge  gelbliche  Verbindung,  welche  beim  Erkalten  hart 
und  spröde  wird,  aus  der  beim  anhaltenden  Sieden  das  Animin  sich 
aber  verflüchtigt.  Pe. 

Anion  (von  aviov^  das  Hinaufgehende)  nennt  Faraday  den 
bei  Zersetzung  eines  Elektrolyten  an  der  östlichen  Fläche  oder  der 
T,  Anode  *'^  sich  abscheidenden  Bestandtheil;  darnach  wäre  bei  Zerlegung 
iron  Wasser  der  Sauerstoff,  bei  der  Zerlegtmg  von  Chlorwasserstoff  das 
Chlor  das  Anion  oder  derjenige  Bestandtheil  des  Elektrolyten,  den  man 
gewöhnlich  als  den  elektronegativen  bezeichnet  (s.  Elektrode  und 
Elektrolyt).  Pe, 

Anisaly  sjm.  mit  Anisylwasserstoff. 

Anisalkohol.  Von  Cannizzaro  und  Bertagnini  ^)  ent- 
^     Fon»el:C..fi,oO.=«O.C.H.O.oder^«H.g,jo,. 

Der  Anisalkohol  entsteht  auf  Reiche  Weise  aus  dem  Anisylwasser- 
Koff,  wie  der  BenzoSalkohol  aus  dem  Benzoylwasserstoff  (Bitterman- 
delöl). —  Vermischt  man  die  Auflösung  des  Anisyl Wasserstoffs  in  einem 
gleichen  Volumen  Weingeist  mit  dem  dreifachen  Volumen  alkoholischer 
Kalilösang  von  etwa  7®  Baum^  (1,052  specif.  Gewicht),  so  tritt  bald 
unter  geringer  Wärmeentwickelung  eine  Spaltung  desselben  ein  in  Anis- 
alkohol und  Anisylsäure,  deren  Kalisalz  sich  in  solcher  Menge  abschei- 
det, das«  die  Flüssigkeit  nach  einiger  Zeit  zu  einem  krystallinischen 
Brei  erstarrt.  Der  chemische  Vorgang  lässt  sich  durch  folgende  Glei- 
ekong  aasdrücken: 

i.CifiHgO*    -I-    KO.HO      =     KP ^CiflgTOft     +    C16H10O4 

Anisylwasser-  Anisylsaures  Kali  Anisalko- 

stoff hol. 

Nach  zehn-  bis  zwölfständiger  Einwirkung  wird  der  Weingeist 
im  Wasserbade  abdestillirt,  der  Rückstand  in  Wasser  vertheilt  und  mit 
Aether  extrahirt.  Die  abgehobene  ätherische  Lösung  enthält  den  Anis- 
alkohol, der  beim  Verdunsten  des  Aethers  als  braunes  Oel  zurückbleibt, 
QDd  durch  Destillation  bei  2500  bis  260o  G.  als  farblose  Flüssigkeit, 
die  beim  Abkühlen  krystallinisch  erstarrt,  erhalten  wird.  —  Gewöhn- 
lieh ist  dem  so  dargestellten  Anisalkohol  noch  etwas  unveränderter 
Anisylwasserstoff  beigemengt,  der  leicht  durch  sein  Verhalten  beim 
SehnUeln  mit  einer  concentrirten  Lösung  von  zweifach -schwefligsaurem 
Natron  (s.  Anisylwasserstoff)  zu  erkennen  ist.  Zur  Beseitigung 
<iieser  Verunreinigung  muss  das  Präparat  nochmals  mit  einer  kleinen 


*)  U  naoyo   Cimento    T.  I,    p.  99;    im    Anszuge:    Annal.  d.   Chem.    n.   Pharm. 
IM.    XCVm,  S.  188. 


4  Anisamid  und  Anisanilid.  —  Anisidid. 

Menge  weiogeistiger  Kalilösung  behandelt,  und  der  Anisalkohol  in 
einem  Strome  von  Kohlensäure  destillirt,  ond  nach  dem  Erstarren  zwi- 
schen Fliesspapier  gepresst  werden. 

Der  reine  Aniaalkohol  krystallisirt  in  harten  weissen  glänzenden 
Nadeln,  schmilzt  bei  23»  C.  und  siedet  zwischen  248o  und  250oC.  Im 
feuchten  Zustande  liegt  der  Schmelzpunkt  viel  niedriger.  Er  ist  schwe- 
rer als  Wasser,  hat  einen  schwachen  Spirituosen  und  süsslichen  Ge- 
ruch und  einen  brennenden,  an  Anisöl  erinnernden  Geschmack.  Bei 
gewöhnlicher  Temperatur  verändert  er  sich  nicht  an  der  Luft,  erhitzt 
man  ihn  aber  bis  nahe  zum  Siedepunkt,  so  absorbirt  er  Sauerstoff  und 
verwandelt  sich  in  Anisylwasserstoff: 

C16H10O4  +  2  O  =  2  H  O  +  CoeÄjO* 

Anisalkohol  Anisylwasserstoff. 

Dieselbe  Oxydation  erfolgt  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
in  Berührung  mit  Platinschwarz,  sowie  beim  Erwärmen  mit  verdünnter 
Salpetersäure  und  bei  der  Einwirkung  anderer  oxydirender  Materien. 
In  allen  diesen  Fällen  schreitet  indess  die  Oxydation  rasch  weiter  fort, 
wodurch  der  Anisylwasserstoff  seinerseits  in  Anisylsäure  verwandelt 
wird:  C16H8O4  +  20  =  CieSgOe. 

Trägt  man  Kalium  in  geschmolzenen  Anisalkohol  ein,  so  er- 
folgt heitige  Wadserstoffentwickelung,  und  beim  Erkalten  der  gelb  ge- 
färbten Flüssigkeit  scheidet  sich  die  Kaliumverbindung  des  Anisalkohols 

(wahrscheinlich  KO  .  CieHgOs  =  ^K^i  ^«^  ^"    *®  voluminöser 

Form  aus,  dass  das  Ganze  butterähnlich  erstarrt.  —  Massig  concentrirte 
Schwefelsäure  und  wasserfreie  Phosphorsäure  verwandeln  den  Alkohol  in 
einen  röthlichen  harzähnlichen  Körper.  Beim  Erwärmen  mit  Chlor- 
zink verliert  er  Wasserstoff  und  Sauerstoff  in  der  Form  von  Wasser 
und  geht  dadurch  in  eine  ölartige  Flüssigkeit  über,  die  beim  Erkal- 
ten zu  einer  harten,  durchsichtigen,  glasähnlichen,  in  Wasser  und 
Weingeist  unlöslichen  Masse  erstarrt. 

Von  den  Aetherarten  des  Anisalkohols  ist  noch  keine  näher  unter- 
sucht worden;  man  weiss  nur,  dass  der  Alkohol  Chlorwasserstoffgad 
unter  Wärmeentwickelung  absorbirt,  und  damit  in  Wasser  und  ein  farb- 
loses, nuch  Früchten  riechendes  und  brennend  schmeckendes  Oel  zer- 
fällt, das  durch  weingeistige  Ammoniaklösung  zerlegt  wird,  unteY  Bil- 
dung von  Salmiak  und  einer  Flüssigkeit,  tlie  alle  Eigenschaften  des 
Anisalkohols  besitzt.  St, 

Anisamid  und  Anisanilid  syn.  mit  Anisylamid 
und  Anisylanilid. 

Anisaminsäure  syn.  mit  Amidoanisylsäure,  s. 
unter  Anisylsäure. 

Anisen,  syn.  mit  Toluol. 

Anishydramid  das  Zersetzungsproduct  des  Anisyl Wasserstoffs 
durch  Ammoniak  (s.  Anisylwasserstoff). 

Anisidid.     Eine  dem  Amid  analoge  Bezeichnung,  für  diejeni* 


Anisidin.  5 

gen  Derivate  anwendbar,  welche  sich  zum  Anisidin  ähnlich  verhalten, 
wie  das  Amid  zum  Ammoniak,  d.  h.  in  denen  1  Aeq.  Wasserstoff  durch 
Kohlenwasserstoffe  vertreten  ist,  wie  in  Nitranisidin  oder  Nitranisidid 
(i.  anter  Anisidin).  Fe, 

AniSldin^  Methylphenidin  von  Gerhardt  Organische, 
floehtige  Salzbase,  von  Cahoars^)  entdeckt.     Formel:  Ci^HeNO^s 

Diese  Basis  entsteht  dnrch  Einwirkung  einer  alkoholischen  Lösung 
von  Schwefelammonium  auf  Nitranisol  (s.  d.  unter  Anisol)  unter  Ab- 
scheidung  von  Schwefel.  Die  alkoholische  Flüssigkeit  wird  nach  voll- 
endeter Zersetzung  bei  gelinder  Wärme  bis  zum  Viertel  ihres  Yolu« 
meoa  eingedampft,  die  rückständige  braune  Masse  mit  einem  kleinen 
Ceberschnss  an  Siüzsäure  versetzt  und  darauf  nach  Zusatz  von  Wasser 
—  zur  Abscheidung  des  Schwefels  —  flltrirt.  Die  durchlaufende  gelb- 
brsune  Losnng  setzt  bei  fortgesetztem  Verdampfen  die  chlorwasserstoff- 
laore  Verbindung  der  Base  in  nadelförraigen  Krjstallen  ab.  Wird 
das  durch  Pressen  zwischen  Löschpapier  gereinigte  Salz  mit  concen- 
trirter  Kalilauge  vermischt  und  aus  einer  Betorte  destillirt,  so  geht  das 
Aniädin  mit  den  Wasserdämpfen  als  ein  öliger  Körper  Über,  welcher 
beim  Erkalten  erstarrt. 

Die  Eigenschaften  und  Verbindungen  des  Anisidins  sind  nicht 
genuer  beschrieben,  da  die  Schwierigkeit,  das  Nitranisol  in  grösseren 
QB&ititäten  zu  ge?rinnen,  die  Darstellung  einer  grösseren  Menge  die- 
«rSobstanz  verhinderte. 

Das  Chlorwasserstoff  saure  Anisidin  ist  in  Wasser  und  Al- 
kohol löslich,  und  krystalUsirt  beim  langsamen  Verdampfen  in  feinen 
dubiosen  Nadeln.  ,  Wird  eine  concentrirte  heisse  (alkoholische?)  Lö- 
simg des  Salzes  mit  einer  concentrirten  Platinchloridlösung  versetzt, 
90  scheidet  sich  .das  Platindo'ppelsalz  beim  Erkalten  in  gelben  Na- 
deln ans. 

Mit  Oxalsäure,  Salpetersäure  und  Schwefelsäure  bildet  die  Base 
eben&lls  krystallisirende  Salze. 

Das  Anisidin  unterscheidet  sich  in  seiner  Zusammensetzung  vom 
Toluidin  (G14B9N)  nur  durch  2  Aeq.  Sauerstoff,  welche  es  mehr  ent- 
halt. Betrachtet  man  das  Nitranisol,  woraus  es  entstanden  ist,  nach 
der  Formel  C14H7O8  .  NO4  zusammengesetzt,  so  kann  man  sich  von 
semer  Bildung  durch  folgende' einfache  Gleichung  Rechenschaft  geben: 

CiAO,  .  NO4  +  6NH4S  —  QnEjO^.B^N+  6NHä  +  6S  +  4HO. 
Nitranisol  Anisidin 

Als  Substitutionsproducte  jener  Basis,  nämlich  als  Anisidin,  worin  1 
oder  2  Aeq.  Wasaerstoff  durch  eben  so  viele  Aequivalente  üntersalpeter- 
more  vertreten  sind,  lassen  sich,  das  Nitranisidin  und  Binitrani- 
stdin  betrachten.  Sie  entstehen  auf  ganz  ähnliche  Weise,  wie  das  Ani- 
aidia,  durch  Behandlung  von  Binitranisol  und  Trinitranisol  mit  Schwe- 
felammonium, und  haben  ebenfalls  basische  Eigenschaften.  Ob  sie  di- 
leet  durch  Einwirkung  von  Salpetersäure  auf  Anisidin  dargestellt  wer- 
den kÖmieiL,  ist  nicht  angegeben. 


')  Asnal.  de  chim.  ei  de  phj^.  [3.]  T.  XXVII,  p.  448. 


6         '  AniskIm. 

Nitranisidin:  Q.Hg^OjNO,  =  <^<*'«(^<^«)^j  N. 

Beim  Vermischen  alkoholischer  Lösungen  von  Binitranisol  und 
Schwefelammonium  tritt  eine  lebhafte  Beaction  ein,  unter  Absate  einer 
reichlichen  Menge  Schwefel.  Die  davon  abfiltrirte  Flüssigkeit,  welche 
das  Nitranisidin  aufgelöst  enthält,  wird  bei  gelinder  Wärme  bis  zum 
Drittel  ihres  Volumens  eingedampft,  mit  einem  geringen  Ueberschuss 
von  Salzsäure  versetzt,  gekocht  und  filtrirt.  Beim  Vermischen  des 
Filtrats  mit  kaustischem  Ammoniak  scheidet  sich  die  Base  als  röthli- 
eher  krystallinischer  Niederschlag  ab,  den  man  wiederholt  mit  kaltem 
Wasser  wäscht,  trocknet  und  aus  siedendem  Weingeist  umkrystallisirt. 
Beim  langsamen  Erkalten  der  Lösung  scheidet  sich  das  Nitranisidin 
in  langen  granatrothen,  stark  glänzenden  Nadeln  ab.  Die  Bildung  des 
Nitranisidins  aus  dem  Binitranisol  [Ci4ft«(N  04)02  .NO4]  ergiebt  sich 
aus  derselben  Gleichung,  welche  für  die  Bildung  des  Anisidins  aus 
Nitranisol  mitgetheilt  worden  ist. 

In  kaltem  Wasser  ist  das  Nitranisidin  unlöslich,  in  heissem  Was- 
ser ziemlich  leicht  löslich,  so  dass  die  Lösung  beim  Erkalten  zu  einer 
dichten  Krystallmasse  gesteht.  Kochender  Weingeist  nimmt  es  in  an- 
sehnlicher Menge  auf,  und  setzt  einen  grossen  Theil  beim  Erkalten  wie- 
der ab.  Auch  von  Aether  wird  es  gelöst,  besonders  in  der  Wärme. 
Wird  die  ätherische  Lösung  der  freiwilligen  Verdunstung  überlassen 
80  schiesst  es  in  langen  orangerothen,  nadeiförmigen  Erjstallen  an. 

Das  Nitranisidin  schmilzt  in  gelinder  Wärme  und  erstarrt  beim 
Erkalten  wieder  zu  einer  strahligen  Masse,  welche  aus  langen  feinen 
Nadeln  besteht.  Wenn  man  aber  allmälig  stärker  erhitzt,  so  entwickeln 
sich  gelbe  Dämpfe,  die  sich  zu  feinen  gelben  Nadeln  condensiren.  — 
Brom  wirkt  lebhaft  ein  und  erzeugt  damit  eine  harzige  Masse,  welche 
keine  basischen  Eigenschaften  mehr  besitzt.  —  Rauchende  Salpeter- 
säure zersetzt  es  ebenfalls,  besonders  beim  Erwärjnen,  unter  lebhafter 
Gasentwickelung,  und  verwandelt  es  in  eine  zähe  Masse,  die  sich  nicht 
mehr  in  Säuren  auflöst.  —  Benzoylchlorid  verwandelt  es  in  Ben«- 
nitranisidid ;  Cinnamylchlorid  in  Cinnnitranisidid.  Beide  Verbin- 
dungen wurden  von  Cahours^)  dargestellt. 

BenznitTAniBidid  (^Benzanindide  nitrique)^  C^s^u^i^s^  ist  ein 
indifferenter  Körper,  welcher  unter  gleichzeitiger  Salzsäureentwicke- 
lung entsteht,  wenn  man  trockenes  Nitranisidin  mit  Benzoylchlorid  ge- 
linde erwärmt  Die  Bildung  dieser  Verbindung  und  vielleicht  auch 
ihre  rationelle  Formel  lässt  sich  durch  folgende  Gleichung  darstellen: 

Ci4H6(N04)02J  jj_^^^g^^^    gj  ^  ^^j^Ci4HfiÖ*04)g^ 

Nitranisidin  Benzoylchlorid  „  ,       - 

Benznitranisidid. 

Um  das  Benznitranisidid  rein  zu  erhalten,  wird  die  erkaltete  Masse 
nach  einander  mit  Wasser,  Salzsäure  und  verdünnter  £[alilauge  ausge- 
zogen, noch  einige  Mal  mit  Wasser  gewaschen,  und  in  der  möglichst 
geringen  Menge  kochendem  Weingeist  gelöst,  woraus  es  sich  beim 
Erkalten  in  hellgelben  feinen  Nadeln  fast  vollständig  wieder  abschei- 
det    In  Wasser  ist  es  ganz  unlöslich;  kochender  Aether  nimmt  es  in 


^)  AnnaL  de  ohim.  et  de  phys.  [8.]  T.  XXVU,  p.  460. 


Anisidin.  7 

gwiDger  Menge  aaf,  und  läast  es  beim  Erkalten  als  krystallinisches 
PiÜTer  wieder  faUen.  Es  schmilzt  in  gelinder  Wärme  und  verflOchtigt 
mk  bei  st&rkerem  Erhitzen. 

Cinnnitranisidid  (Cinnanisidide  nitriqtie)^  Cgj  Hu  ^2  0%  = 
Ci4H,(NO4)0,. 

Cig  87  OA  N,  entsteht  durch  Einwirkung  von  Nitranisidin  auf 
ff  ( 
Cnmamylchlorid  unter  denselben  Verhältnissen  wie  die  vorhergehende 
Verbindung,  und  enthält,  wenn  die  rationelle  Formel  für  die  vorher- 
gehende Verbindung  richtig  ist,  an  der  Stelle  des  Benzoyls  Cinnamyl 
(Ciefft^s)*  Auf  gleiche  Weise  wie  jenes  gereinigt  und  aus  kochendem 
Weingei«t  krystallisirt,  bildet  es  kleine  gelbliche  Nadeln,  die  in  Was- 
ser nnlÖBÜch  und  auch  in  kaltem  Weingeist  nur  wenig  löslich  sind. 
Von  kochendem  Weingeist  wird  es  in  ziemlicher  Menge  gelöst. 

Aehnliche  Verbindungen  hat  Cahours  durch  Behandlung  von 
Cumylchlorid  und  Anisylchlorid  mit  Nitranisidin  erhalten,  aber 
sieht  näher  untersucht 

Verbindungen  des  Nitranisidins  mit  Säuren.  Von  den 
Salzen  des  Nitranisidins  sind  folgende  untersucht  worden. 

Chlorwasserstoffsaures  Nitranisidin:  Ci4ff8(N04)N03  . 
H€L  Es  scheidet  sich  aus  der  Auflösung  der  Base  in  kochender  Salz- 
siare  beim  langsamen  Erkalten  in  bräunlich  gefärbten  Nadeln  ab,  die 
teeh  Pressen  zwischen  Fliesspapier  und  Umkrystallisiren  fast  farblos  er* 
Wltcn  werden.  Es  ist  in  kaltem  Wasser  wenig,  in  kochendem  sehr  leicht 
foEch.  Wird  die  heiss  gesättigte  Lösung  mit  Platinchlorid  vermischt, 
so  scheidet  sich  beim  Erkalten  die  Platinverbindung:  Ci4ffg(N04)NOs  . 
fl€l  -f-  PtGl},  in  hellbraunen  Nadeln  ab. 

Bromwasserstoffsaures  Nitranisidin,  Ci4ffg  (N04)N02  . 
HBr,  wird  wie  das  vorige  Salz  in  fast  farblosen  Nadeln  gewonnen. 

Schwefelsaures  Nitranisidin,  Ci4H8(N04)N03,  HO  .  SOs, 
«iid  erhalten  durch  Auflösen  der  Base  in  gelinde  erwärmter,  mit 
dem  dreifachen  Volumen  Wasser  verdünnter  Schwefelsäure  und  Ver- 
dampfen ZOT  dicken  STrupsconsistenz.  Die  beim  Erkalten  krystalli- 
oisch  erstarrende  Masse  wird  zwischen  Fliesspapier  gepresst  und  durch 
üaikrTStallisiren  im  luftleeren  Baume  über  Schwefelsäure  gereinigt. 
Es  krystallisirt  in  zarten  seidenglänzenden,  concentrisch  gruppirten  Na- 
ddn,  die  sich  in  Wasser,  das  etwas  Schwefelsäure  enthält,  leicht  lösen. 

Salpetersaures  Nitranisidin,  C^Hs  (N04)NOa.IlO.N06, 
erhalt  man  durch  Auflösen  der  Base  in  erwärmter  Salpetersäure  von 
1,36  specif.  €rewioht,  die  zuvor  mit  ihrem  gleichen  Volumen  Was- 
ler  verdOnnt  ist  Beim  Erkalten  der  Lösung  scheidet  sich  das  Salz 
fiut  vollständig  in  bräunlichen  Nadeln  ab,  die  man  zwischen  Fliess- 
pepier  presst  und  durch  ümkrystallisiren  aus  heissem  Wasser,  dem  man 
einige  Tropfen  Salpetersäure  zusetzt,  reinigt. 

Bmitraniflidin:    C,»,N^O^o=  ^i*'**^'^'^*)«gjJN. 

Es  entsteht  auf  gleiche  Weise  aus  demTrinitranisol  (Ci4}(5(N04)30s  • 
NO4),  wie  das  Anisidin  und  Nitranisidin  aus  Nitranisol  und  Bini- 
tramsol. 

Digerirt  man  bei  gelinder  Wärme  Trinitranisol  mit  einer  alkoholi- 
lehen  Lösung  von  Schwefelammonium,  so  nimmt  die  Flüssigkeit  eine 


8  Anisin.  —  AnisöL 

blutrothe  Farbe  an,  welche  bald  in  tief  dunkelbraun  übergeht,  und  nach 
einiger  Zeit  gesteht  dieselbe  zu  einer  dichten  Masse.  Sobald  die  Erwir- 
kung nachlässt,  erhitzt  man  die  Mischung  zum  Sieden,  dampft  unge- 
fähr bis  zum  Drittel  ihres  Volumens  ab,  und  versetzt  den  Bückstand 
mit  einem  Ueberschuss  von  Salzsäure,  welche  mit  ihrem  gleichen  Vo- 
lumen Wasser  verdünnt  ist.  Nachdem  alsdann  die  schwach  saure  Flüs- 
sigkeit abermals  bis  zum  Kochen  erhitzt  und  kochend  filtrirt  ist,  erhält 
man  eine  klare,  braun  gefärbte  Flüssigkeit,  welche,  mit  einem  ueber- 
schuss von  Ammoniak  versetzt,  sich  trübt  und  die  Basis  in  dunkel- 
rothen  Flocken  absetzt.  Der  Niederschlag,  wiederholt  mit  destillirtem 
Wasser  gewaschen  und  darauf  im  Vacuum  oder  im  Wasserbade  ge- 
rocknet,  besitzt  folgende  Eigenschaften:  Er  bildet  ein  bald  lebhaft  ro- 
thes,  bald  mehr  violettrothes  Pulver,  je  nachdem  man  zur  Fällung  eine 
mehr  oder  weniger  concentrirte  Lösung  genommen  hat,  ohne  Spur  von 
krystallinischer  Beschaffenheit.  Wasser  löst  von  dieser  Basis  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  nur  Spuren,  selbst  kochendes  Wasser  nimmt  we- 
nig davon  auf  und  färbt  sich  damit  orangegelb.  Sie  ist  gleichfalls  io 
kaltem  Alkohol  nur  wenig  löslich,  aber  ziemlich  leicht  löslich  in  ko- 
chendem, und  setzt  sich  daraus  beim  langsamen  Erkalten  in  schwärz- 
lich violetten  Nadeln  ab,  ähnlich  den  Krystallen  des  Zinnobers.  Aether 
löst  selbst  beim  Kochen  nur  wenig  davon  auf,  beim  Verdunsten  kry- 
stallisirt  sie  in  sehr  dunkel  violetten  Nadeln.  —  Sie  schmilzt  schon  bei 
massig  erhöhter  Temperatur,  und  erstarrt  beim  Erkalten  zu  einer  strah- 
lig krystallinischen  Masse  von  schwärzlich  violetter  Farbe. 

Das  Binitranisidin  besitzt  im  Vergleich  zum  Nitranisidin  und  Ani- 
sidin  nur  schwach  basische  Eigenschaften.  Es  verbindet  sich  zwar  mit 
Salzsäure,  Salpetersäure  und  Schwefelsäure,  wenn  man  die  Säuren  im 
Ueberschuss  zusetzt,  zu  krystallisirbaren  im  Wasser  löslichen  Salzen, 
aber  diese  Salze  werden  schon  durch  Wasser  zerlegt.  Rauchende  Sal- 
petersäure wirkt  beim  Kochen  lebhaft  auf  Binitranisidin  ein,  und  er- 
zeugt damit  eine  bräunlich  gelbe,  harzige  Substanz,  welche  sich  in 
Kali  mit  sehr  intensiv  brauner  Farbe  löst. 

(Ä  K.)    SU 

Anisin,  von  Bertagnini  entdeckte  organische  Base,  durch  Um- 
wandlung von  Anishydramid  entstanden;  s.  bei  Anishydramid  unter 
Anisyl  Wasserstoff. 

Anisinsäure,  syn.  mit  Anisylsäure. 

Anisinsalpetersäure  s.  Nitranisylsäure  unter 
Anisylsäure. 

Anis  öl,  das  ätherische  Oel  der  Samen  von  Pimpineüa  tmisium^ 
aus  denen  es  durch  Destillation  mit  Wasser  gewonnen  wird.  Nach 
van  He  es  geben  20  Pfund  Anissamen  6^/2  Unzen  Oel.  Es  ist  ein 
neutrales  gelblichep,  etwas  dickflüssiges  Liquidum  von  eigenthümlich 
aromatischem  Geruch  und  Geschmack;  sein  specif.  Gewicht  schwankt 
zwischen  0,977  bis  0,991,  Chardin  fand  sogar  ein  Oel,  welches  schwe- 
rer als  Wasser  war.  Es  mischt  sich  mit  kaltem  Weingeist  von  0,806 
in  jedem  Verhältniss  und  löst  sich  bei  250  C.  in  2,4  Thln.  Weingeist 
von  0,84  specif.  Gewicht 

Es  besteht  aus  zwei  Oelen,  einem  Elaeopten  und  einem  Stear- 


AnisöL  9 

opten,  welche  nach  den  Analysen  von  Blatichet  nnd  SelP)  gleiche 
Zosaminensetzmig  haben,  entsprechend  der  Formel  CjoHitO).  —  üeber 
die  Eigenschaften  des  reinen  Elaeoptens  ist  nichts  Näheres  bekannt.  Das 
Slearopten  beträgt,  nach  Cahonrs,  ungefähr  Vs  ^^^  Gewicht  des 
käuflichen  Oels,  seine  Menge  wechselt  nach  verschiedenen  Umständen; 
es  scheidet  sich  bei-|-  lO^G.  nnd  darunter  in  weissen  Erystallblättchen 
abw  £U  giebt  indess  Anisöl,  welches  unter  allen  Verhältnissen  flüssig 
bleibt»  und  demnach  nur  sehr  wenig  Stearopten  enthalten  kann.  Das 
Aniaöl  abaorbirt  Sauerstoff  aus  der  Luft ,  wird  dann  dickflüssiger^  und 
mlieit  dadurch  wie  auch  durch  wiederholtes  Umschmelzen  di^  Eigen- 
schaft, beim  Abkühlen  zu  erstarren  oder  Stearopten  abzusetzen.  Es  ab- 
eorbirt  ebenfalls  Ammoniakgas  und  Chlorwasserstoffgas,  erhitzt  und 
verdickt  sich  auf  Zusatz  von  concentrirter  Schwefelsäure,  und  wird  von 
Salpetersäure  unter  theilweiser  Verharzung  in  Anisylwasserstoff  und 
Ani^lsäore  verwandelt. 

Wird  Anisöl  oder  auch  Fenchelöl  (welches  dasselbe  Stearopten  wie 
dasAnisöl  enthält)  unter  umschütte] n  in  eine  kalt  gesättigte  wässerige 
Aoflösiing  von  Jodkalium  getropft,  welche' so  vielJod  aufgelöst  enthält, 
als  sie  aufzunehmen  vermag,  so  entsteht  nach  Will  ^)^ein  dickes  gal» 
krtardg^es  Magma,  das  auf  Zusatz  von  dem  6*  bis  8fachen  Vo- 
hraen  Weingeist  eine  pulverförmige  Substanz  absetzt,  die  etwa  die 
Hüfte  des  angewandten  Oels  beträgt  Nach  dem  Trocknen  stellt  die- 
ttibe  ein  lockeres  blendendweisses  amorphes  Pulver  dar,  das  weit  über 
100^  C.  achmilzt  und  beim  Erkalten  amorph  erstarrt.  In  höherer  Tempe- 
BtBr  verflüchtigt  es  sich  unter  Verbreitung  des  Geruchs  nach  AnisöL 
Vau  Wasser,  Weingeist,  Kalilauge,  Ammoniak,  verdünnter  Schwefelsäure 
oad  Salzsäure  wird  es  selbst  bei  Siedhitze  nicht  gelöst,  in  Aether  ist 
es  dagegen  ziemlich  leicht  löslich,  und  kann  durch  Zusatz  von  Wein- 
geist fast  vollständig  wieder  gefällt  werden.  Goncentrirte  Salpeter- 
aaore  vrirkt  selbst  beim  Kochen  nur  wenig  darauf  ein,  concentrirte 
Schwefelsäure  färbt  es  dunkel  braunroth  und  löst  es  in  der  Wärme 
mit  zwiebelrother  Farbe.  —  Will  berechnete  für  diesen  Körper  die 
Formel  CaoHigOi  und  nimmt  somit  an,  dass  er  durch  Oxydation  aus 
IVfl  Aeq.  des  Oels  (ob  aus  demElaeopten  oder  Stearopten,  wurde  nicht 
ermittelt)  entstanden  sei.  Da  wir  indess  wissen,  dass  das  Anisstearop- 
(en  sehr  leicht  in  poljrmere  Körper  übergeht,  so  ist  es  nicht  unwahr- 
eeheinlicb,  dass  das  jodhaltige  Jodkalium  in  ähnlicher  Weise  auf  Anisöl 
imd  Fenchelöl  einwirkt,  wie  das  Gyankalium  auf  Bittermandelöl,  und 
dass  die  Zusammensetzung  des  weissen  Körpers  durch  die  Formel 
04083404  -f-  2HO  oder  C4oH36  0e  ausgedrückt  werden  muss.  —  Lässt 
Dan  trockenes  Chlorgas  bei  gewöhnlicher  Temperatur  darauf  einwir- 
ken, so  färbt  sich  der  Körper  unter  Entwidielung  von  Salzsäure  vio- 
lett und  erwärmt  sich  ohne  zu  schmelzen.  Hat  man  vorher  auf  100®  C. 
eihitzt,  so  erfolgt  die  violette  Färbung  nicht.  Die  Analyse  des  chlor- 
iialtigen  Products  stimmt  sehr  gut  mit  der  Formel  C4oH3o€l4  04  -f- 
2BO  oder  C4oH93€l4  06  ül^erein. 

Anisstearopten,  Aniscamphor,  Fenchelstearopten,  Fen- 
ehel  camp  hör.  Formel:  GsoI^isOs.  —  Es  ist  ein  Bestandtheil  des 
Anisols,  StemanisÖls,  Fenchelöls  und  Esdragonöls,  aus  denen  man  es 


»)  Amuil.  d.  Ph«mi.  Bd.  VI,  S.  287.  —  •)  Annal.  d.  Chem.  «.  Pbann.  Bd.  LXV, 
8.280. 


10  Anisöl. 

durch  AbkühluDg  auf  0^ ,  Pressen  der  Kiystalle  zwischen  Fliese- 
papier  und  Umkrystallisiren  ans  erwärmtem  90proceatigen  Weingeist 
gewinnt.  Am  besten  verwendet  man  zu  seiner  Darstellung  das  käuf- 
liche Anisöl,  das  bis  ^/lo  und  darüber  Stearopten  enthalten  kann.  Je 
höher  das  specif.  Gewicht  desselben,  um  so  reichlicher  pflegt  die  Ausbeute 
zu  sein.  —  Es  krystallisirt  in  weissen  spröden  perlmutterglänsenden 
Blättchen  von  1,014  specif.  Grewicht,  die  bei  18<>C.  schmelzen  und  bei 
222<)G.  sieden.  Der  Geruch  des  Stearoptens  ist  schwächer  aber  ange- 
nehmer wie  der  des  Anisöls.  Durch  Einwirkung  von  concentrirter 
SchwefeTbäure,  wasserfreier  Phosphorsänre  und  den  wasserfreien  Chlori- 
den von  Zinn  und  Antimon  entstehen,  nach  Cahours^)  und  Ger- 
hardt'), von  letzterem  als  Anethole  bezeichnete,  pol]rmere  Modifica- 
tionen,  die  theils  amorph,  theils  krystallinisch  sind,  und  wohin  auch  die 
durch  Einwirkung  von  jodhaltiger  Jodkaliumlösung  auf  Anisöl  und 
Fenchelöl  entstehende  amorphe  Substanz  (s.  o.)  zu  gehören  scheint. 

Eine  krystallinische  Moditication,  die  Cahours  Anisoin  genannt 
hat,  erhält  man  durch  tropfenweises  Vermischen  des  Stearoptens  mit 
1^/2  Thle.  concentrirter  Schwefelsäure,  Auskochen  der  entstandenen  ro- 
then  Harzmasse  mit  Wasser  und  vorsichtige  Destillation,  wobei  eio 
schweres  aromatisches  Oel  und  Anisoinkrjstalle  übergehen,  die  man 
durch  Pressen  zwischen  Papier  und  Krystallisation  aus  ätherischer  Lö- 
sung reinigt.  Es  bildet  kleine  weisse  geruchlose  Nadeln,  die  etwas 
Über  lOO^C.  schmelzen  und  bei  stärkerer  Hitze  mit  leuchtender  Flamme 
verbrennen.  Sie  sind  schwerer  als  Wasser  und  darin  unlöslich,  kaum 
löslich  in  heissem  Weingeist,  löslich  in  Aether  und  flüchtigen  Gelen. 
Sie  lösen  sich  in  concentrirter  Schwefelsäure  mit  schön  rother  Farbe, 
und  scheiden  sich  auf  Zusatz  von  Wasser  wieder  ab. 

Vermischt  man  das  Anisstearopten  mit  dem  3-  bis  ifachen  Grewicht 
concentrirter  Schwefelsäure,  so  wird  es  vollkommen  gelöst,  und  auf  Zu*' 
satz  von  Wasser,  nach  dem  Entfernen  des  ausgeschiedenen  Gels  and  Sätti- 
gen der  wässerigen  Flüssigkeit  mit  Baryt,  erhält  man  ein  Barytsalz,  das 
beim  Abdampfen  als  gummiähnliche  Masse  zurückbleibt  und  der  For* 
mel  BaG .  G^o  K13  G)  .  2  SGs  entsprechend  zusammengesetzt  ist.  Ger- 
hardt nennt  die  darin  vorhandene  Säure  Sulfaneth Ölsäure.  Die 
löslichen  Salze  derselben  werden  durch  Easenoxydlösungen  dnnkelvio- 
lett,  fast  dintenähnlich  gefärbt. 

Das  Anisstearopten  absorbirt  bei  gewöhnlicher  Temperatur  Chlor- 
wasserstoff in  reichlicher  Menge  und  bildet  damit  eine  flüssige  Ver- 
bindung von  der  Zusammensetzung  C30K13GS  .HGl. 

Lässt  man  auf  das  Stearopten  wasserfreies  Brom  einwirken,  so 
wird  es  unter  beträchtlicher  Temperaturerhöhung  und  Bildung  von 
Bromwasserstoff  flüssig  und  verwandelt  sich  zuletzt  in  eine  feste  Masse, 
welche  durch  Waschen  mit  Aether  und  Krystallisation  ans  siedendem 
Aether  grosse  glänzende  farblose  Krystalle  liefert,  die  sich  bei  100<^  C. 
zersetzen.  Nach  der  Analyse  von  Cahours  besteht  diese  Verbindung 
aus  C2oH9Bi'8G2;  sie  erhielt  den  Namen  Bromanisal.  —  Durch  Ein- 
wirkung von  Chlor  auf  Anisstearopten  erhält  man  ein  entsprechend  zu- 
sammengesetztes syrupförmiges   Substitutionsproduct :   Csoffs^lgGs,  in 


*)  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [3.]  T.  II,  p.  274 ;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm. 
Bd.  XLI,  S.  68.  —  *)  Gompt.  rend.  T.  XX,  p.  1441;  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd. 
XXXYI,  8.  269. 


Anisoin.  ^-  Anisoinsäure.  11 

welchem  jedoch  eine  noch  gröasere  Menge  Wasserstoff  gegen  Chlor 
ausgewechselt  werden  kann. 

Ozydirende  Säuren  zersetzen  das  Anisstearopten  unter  Bildung 
▼on  Anisjlwasserstoff  nnd  Anisylsänre.  Bauchende  Salpetersäure  ver- 
wandelt es  in  eine  gelhe  harzähnHche  Masse,  eine  Nitroverhindung 
des  Anisstearoptens:  CsoHio(N04)s02y  die  yon  Cahours  Nitrani- 
sid  genannt  worden  ist,  von  der  aber  nichts  weiter  bekannt,  als  dass 
sie  in  den  gewöhnlichen  Lösungsmitteln  unlöslich  ist,  bei  ungefähr 
100^  C.  schmilzt,  sich  bei  der  Destillation  vollständig  zersetot  und  beim 
Kochen  mit  concentrirten  Alkalilösnngen  viel  Ammoniak  und  einen 
schwarzen  huminähnlichen  Körper  liefert,  für  welchen  Cahours  den 
Namen  Melanisin säure  vorschlägt  Durch' Erhitzen  des  Stearoptens 
miW massig  verdünnter  Salpetersäure  kann  sich  der  harzähnliche  Kör- 
per ebenfalls  bilden,  das  Hauptproduct  der  Zersetzung  ist  aber  Anisyl- 
wasserstoff,  der  durch  weitere  Oxydation  in  Anisylsäure  oder  Nitra- 
nisylsäore  übergeht  Unter  Umständen  scheint  bei  der  Einwirkung 
▼on  verdünnter  Salpetersäure  auch  noch  eine  andere  Säure  mit  20  Aeq. 
Kohlenstoff  (s.  Anisoinsäure)  aufzutreten.  St 

Anisoin,  s.  Anisstearopten  unter  AnisöL 

Anisoinsäure.  Oxydationsproduct  des  Stemanisöls;  vo« 
Li mp rieht  und  Bitter^)  entdeckt  Formel:  CjoIiisOis  =  HO. 
CwSitOi]. 

Diese  Säure  wurde  in  Verbindung  mit  Natron  erhalten,  indem 
SiemanisÖl  mit  Salpetersäure  von  1,2  specif.  Gewicht  nur  so  lange 
erhitzt  ^vard,  bis  es  als  schwere  ölförmige  Schicht  zu  Boden  sank, 
welche  mit  einer  erwärmten  Lösung  von  zweifach- seh wefligsanrem 
Natron  gechüttelt  ward.  Das  beim  Erkalten  sich  abscheidende  anitoin- 
saore  Salz  wurde  durch  Urakrystallisiren  aus  wenig  hebsem  Wasser 
gereinigt,  mit  einer  zur  Sättigung  des  Natrons  genau  hinreichenden 
Menge  Schwefelsäure  versetzt,  zur  Trockne  verdunstet,  und  aus  dem 
Rückstand  die  Säure  mit  absolutem  Weingeist  ausgezogen.  Sie  ist  in 
Wasser,  Weingeist  und  Aether  leicht  löslich  und  lässt  sich  daher  nur 
schwer  in  guten  Erystallen  erhalten.  Aus  wässeriger  Lösung  krystalli- 
nrt  sie  in  kleinen  Blättchen  oder  Tafeln,  die  stark  sauer  reagiren,  bei 
etwa  120^  G.  schmelzen  und  nicht  ohne  Zersetzung  sublimirt  werden 
können.  —  Die  freie  Säure  wurde  nicht  analysirt,  da  sie  in  zu  kleiner 
Menge  erhalten  wurde;  die  obige  Formel  wurde  aus  der  Analyse  des 
Barytsalzes  abgeleitet.  Unter  der  Voraussetzung,  dass  sie  aus  dem  im 
Stemaniflöl  vorkommenden  Anisstearopten  entstanden  sei,  erklärt  sich 
ihre  Bildnng  durch  folgende  Gleichung: 

CjoftiaO,    +    6HO-f-40  =  CwHi8  0H 
Anisstearopten  Anisoinsäure, 

ond  es  würde  anzunehmen  sein,  dass  Anisylwasserstoff  und  Anisylsäure 
nicht  direct  durch  Oxydation  des  Stearoptens,  sondern  durch  Zer- 
setzung der  Anisoinsäure  gebildet  werden. 

Die  Salze  der  Anisoinsäure  scheinen  grösstentheils  leicht  löslich 
zu  sein;  das  Silbersalz  zersetzt  nnd  schwärzt  sich  leicht,  so  lange  es 


*)  AnnaU  d.  Ghem.  tu  Pharm.  Bd.  XCYH,  8.  864. 


12  AnisoL 

fencht  ist.  Die  nachfolgenden  Formeln  beziehen  sich  auf  die  bei  100^ 
C.  getrockneten  Salze. 

Anisoinsaurer  Baryt,  BaO.CsoftiT^n  durch  Neatralisation 
der  Säure  mit  kohlenBaarem  Baryt  und  Verdunsten  des  Filtrats  erhal- 
ten, schiesst  in  undeutlichen  zu  Warzen  vereinigten  Erystallen  an. 

Anisoinsaures  Natron,  NaO  .C^oHnOn,  dessen  Darstellung 
bereits  angegeben  wurde,  bildet  ähnliche  Erystallwarzen  wie  das 
Barytsalz, 

Anisoinsaures  Silberoxyd,  AgO  .0)0^17 On,  erhält  man  so- 
wohl durch  Zerlegung  des  Barytsalzes  mit  schwefelsaurem  Silberozyd, 
als  auch  durch  Digestion  der  Säure  mit  kohlensaurem  Silberoxyd.  Es 
schiesst  ebenfalls  in  leicht  löslichen  Warzen  an.  St 

Anisol^  Dracol,  Phenylsaures  Methyloxyd.  Prodnct  der 
trockenen  Destillation  der  Anisylsäure  wie  des  salicylsauren  Methyl- 
oxyds mit  Aetzbaryt;  entsteht  ferner  aus  dem  Phenol  durch  Substitution 
eines  Wasserstoff  äquivalentes  durch  Methyl.  Von  Cahonrs^)  entdeckt. 

Formel:  C14H8O2  =  ^i^H^^^^^^Jg^j. 

Erhitzt  man  ein  Gemenge  von  trockener  Anisylsäure  mit  Aetz- 
baryt oder  Aetzkalk  in  einer  Betorte,  so  wird  dieselbe  in  2  Aeq. 
Kohlensäure  und  1  Aeq.  Anisol  zerlegt,  welches  sich  in  der  gut  abge- 
kühlten Vorlage  in  der  Form  eines  flüchtigen  Oeles  ansammelt: 

C,(Ci2»4[CjH3]02)OaJQ^^2ß^^^2.BaO.CO, 
Anisylsäure 

_  j^ 

Anisol. 

Die  nämliche  Zersetzung  erleidet  das  mit  der  Anisylsäure  isomere 
salicylsam*e  Methyloxyd: 

Ca(Cia«5^)0J  ^^      _^   ^ß^Q  ^  i.BaO.CO, 

Salicylsaures  Methyloxyd 

\    C12  04(02113)  Oj 

Anisol. 

Lässt  man  diesen  Aether  tropfenweise  auf  fein  gepulverten  Aetzbaryt 
fallen,  so  tritt  eine  sehr  merkliche  Temperaturerhöhung  ein,  indem  sich 
eine  Verbindung  desselben  mit  Baryt  (gaultheriasaurer  Baryt)  bildet 
Bei  der  trockenen  Destillation  dieser  Mischung  mit  einem  grossen 
Ueberschuss  von  Baryt  geht  alsdann  das  Anisol  in  die  Vorlage  über. 
Der  dritte  Weg  zur  Bereitung  des  Anisols  ist  der,  dass  man  Phe- 
nolkalium mit  methylätherschwefelsauren  Salzen  der  Destillation  unter- 
wirft, oder  mit  Jodmethyi  in  einem  zugeschmolzenen  Glasrohr  auf  100^ 


*)  Annal.  de  chim  et  de  phys.  [3.]  T.-II,  p.  274;  T.  X,  p.  858;  T.  XXV, 
p.  21;  T.  XXVn,  p.  439.  Compt.  rend.  T.  XXXII,  p.  60.  —  Anch  in  den  Annal. 
d.  Cham.  u.  Pharm.  Bd.  XLI,  S.  69;  Bd.  LXIX,  S.  286;  Bd.  LXXVIII,  S.  225. 


Anisol.  13 

bis  120<^C.  erhitzt.  Im  lotsten  Falle  erhält  man  Aniaol  neben  Jod- 
kalium  nach  folgender  Gleichung: 

K  i     +         J  j  —  ^*  +        CjHjj  ""^^^    ^^ H 

Pheoolkalimn     Jodmethyl  Anisol. 

Das  auf  die  eine  oder  andere  Weise  bereitete  Product  wird  zur 
weiteren.  Beinignng  wiederholt  mit  Kalilauge,  dann  mit  Wasser  gewa- 
Mshen,  über  Chlorcalcium  getrocknet  und  rectificirt. 

Das  Anisol  ist  eine  farblose  sehr  bewegliche  Flüssigkeit  von  ziem- 
lich angenehm  aromatischem  Geruch,  besitzt  ein  specif.  Gewicht^  von 
0,991  bei  Ib^C.^  siedet  bei  152^0.  und  lässt  sich  unverändert  destilli- 
ren.  Ss  ist  unlöslich  in  Wasser,  leicht  löslich  in  Weingeist  und  Aether. 
Salzbilder,  Schwefelsäure  und  Salpetersäure  wirken  energisch  darauf 
ein;  über  wasserfreie  Phosphorsäure  kann  es  unverändert  destillirt 
werden. 

Unter  allen  bekannten  Verbindungen,  mit  denen  man  das  Anisol 
vergleichen  kann,  besitzt  es  ohne  Frage  die  grösste  Aehnlichkeit  mit 
dem  Benzol,  nicht  bloss  dadurch,  dass  beide  unter  denselben  Verhält- 
niBsen  entstehen,  sondern  auch  durch  die  auffallende  Analogie,  die  sich 
in  ihren  Verwandlungen  kund  giebt.  Der  Benzidunterschwefelsäure 
entspricht  die  Sulfanisolsäure ,  dem  Nitrobenzol  das  Nitranisol,  dem 
Binitrobenzol  das  Binitranisol,  dem  aus  dem  Nitrobenzol  direct  erhal- 
kaen  Anilin  das  auf  dieselbe  Weise  aus  dem  Nitranisol  abgeleitete 
Aasidin,  dem  Nitranilin  das  Nitranisidin  (die  rationelle  Znsammen- 
febamg  s.  S.  17). 

Das  Anisol  hat  dieselbe  procentische  Zusammensetzung  wie  das 
Kresol  (Taurylsäure)  und  der  BenzoSalkohol,  von  denen  es  jedoch  in 
allen  Beactionen  wesentlich  abweicht  Die  Verschiedenartigkeit  dieser 
Körper  ergiebt  sich  hinlänglich  aus  den  nebenstehenden  Formeln: 

CisÄ4(CjH8)Oj  j  G14H7O3)  C14H7J  ^ 

HJ  _^i  JLL^* 

Anisol  Kresol  Benzogalkohol. 

Nur  tun  die  Uebersichtlichkeit  zu  erleichtem,  werden  wir  in  dem  Fol- 
genden die  einfachere  Formel  (Ci4B7  03).H  für  das  Aniaol  einführen. 

Verwandlungen  des  Anisols.  1)  Durch  Schwofelsäure. 
Ani5ol  löst  sich  in  dem  gleichen  Gewicht  concentrirter  Schwefelsäure, 
imd  scheidet  sich  auf  Zui«atz  von  Wasser  nicht  wieder  ab.  Die  saure 
Flüssigkeit  enthält  eine  der  Benzidunterschwefelsäure  und  Naphtalin- 
onterschwefelsäure  correspondirende  Säure,  die  sich  bei  der  Neutralisa- 
tion und  Fällung  der  öberschüssigen  freien  Schwefelsäure  durch  kohlen- 
sauren Baryt,  ^mit  Baryt  zu  einem  löslichen  Salz  vereinigt,  welches  aus 
der  abfiltrirten  neutralen  Flüssigkeit  beim  Abdampfen  krystallisirt.  Es 
besteht,  nach  Cahours,  aus  BaO.GuHgOs,  2S08.  Seiner  rationel- 
len Zusammensetzung    entspricht  die   wahrscheinliche  Formel:    BaO. 

0,48703,  SsOs  +  ^^9  ^^  ^^  ^'^^®  ^fui*^  ^^  ^^  Formel:  HO. 
C14B7  O2  .  SsOft.  Die  Entstehung  dieser  von  Cahours  Sulfanisol- 
tiore  genannten  Verbindung  lässt  sich  durch  folgende  Gleichung  ver- 
uuchanlichen : 

C4»70,.B  +  2S0>  =  aO^uH^Og  .^gOft 

Anisol  Snlfanisolsäare« 


14  AniBoL 

Lä08t  man  auf  gut  abgekühltes  Anisol  waaserfreie  Schwefelsäare 
einwirken,  so  verdickt  es  sich  in  dem  Maasse,  als  es  die  schwefelsauren 
Dämpfe  absorbirt.  Vermischt  man  darauf  mit  Wasser,  so  erhält  man 
eine  Lösung  von  Sulfanisolsäure ,  auf  der  Obex^che  der  Flüssigkeit 
sammelt  sich  unzersetztes  Anisol  an,  und  gleichzeitig  scheidet  sich  ein 
aus  zarten  weissen  Nadeln  bestehender  Niederschlag  ab.  Dieser  kry- 
stallinische  Körper  hat  die  Znsammensetzung  C14H7O2  .  80^  und  ist 
von  Cahours  Sulfanisolid  genannt  worden.  Das  Sulfanisolid  ist  an- 
löslich in  Wasser,  löslich  in  Weingeist  und  in  Aether,  und  schiesst 
beim  Verdunsten  dieser  Lösungen  in  zarten  silberglänzenden  Prismen 
wieder  an.  Es  schmilzt  in  gelinder  Wärme  und  lässt  sich  unverändert 
sublimiren.  Concentrirte  Schwefelsäure  löst  es  auf  und  erzengt  damit 
Sulfanisolsäure.  —  Rauchende  Schwefelsäure  zersetzt  das  Anisol  an- 
ter gleichzeitiger  Bildung  von  Sulfanisolsäure  und  Sulfanisolid. 

2)  Durch  Salpetersäure«  Salpetersäure  wirkt  energisch  auf 
Anisol  ein,  und  verwandelt  es,  je  nach  der  Concentration ,  in  Nitra- 
nisol,  Binitranisol  oder  Trinitranisol.  Diese  Verbindungen  worden  von 
Cahours  entdeckt  und  analysirt 

a)  Nitranisol:  C14H7OS.NO4.  Wird  Anisol  mit  rauchender 
Salpetersäure  in  kleinen  Portionen  versetzt,  und  dabei  das  die  Flüssig- 
keit enthaltende  Gefäss  sorgfältig  durch  Eiswasser  abgekühlt,  so  ver- 
wandelt es  sich  in  eine  blauschwarze  Flüssigkeit  von  der  Consistenz 
eines  fetten  Oeles.  Diese  wird  durch  wiederholtes  Waschen  mit  ver- 
dünnter Kalilauge,  zuletzt  mit  reinem  Wasser  von  aller  Säure  befreit, 
alsdann  über  Stückchen  von  geschmolzenem  Chlorcalcium  getrocknet 
und  destillirt.  Was  zuerst  übergeht,  ist  unverändertes  Anisol;  wenn 
darauf  der  Siedepunkt  bis  260^0.  gestiegen  ist,  wird  die  Vorlage  ge- 
wechselt, und  das  bei  dieser  Temperatur  erhaltene  Destillat,  fast  reines 
Nitranisol,  hoch  einmal  rectificirt 

Es  bildet  eine  klare,  bernsteingelbe,  in  Wasser  untersinkende  und  darin 
unlösliche  Flüssigkeit  von  aromatischem,  an  Bittermandelöl  erinnern- 
den Geruch,  siedet  zwischen  162<^  und  164^0.  Wässerige  Kalilauge, 
selbst  kochende,  ist  ohne  Einwirkung  darauf.  Von  einer  alkoholischen 
Lösung  von  Schwefelammonium  wird  es  unter  Abscheidung  von  Schwe- 
fel rasch  zersetzt  und  in  eine  Base,  Anisidin  (s.  d.),  umgewandelt, 
welche  in  der  alkoholischen  Flüssigkeit  gelöst  bleibt.  —  Mit  concen- 
trirter  Schwefelsäure  gelinde  erwärmt,  wird  es  aufgelöst,  und  durch 
Zusatz  von  Wasser  unverändert  wieder  gefällt.  Kochende  rauchende 
Salpetersäure  verwandelt  es  allmälig  in  Binitranisol  und  Trinitranisol. 

b)  Binitranisol,  CuHe (^04)03  .  NO4,  entsteht,  wenn  man 
Anisol  oder  Nitranisol  einige  Minuten  lang  mit  überschüssiger  rau- 
chender Salpetersäure  kocht.  Auf  Zusatz  von  Wasser  scheidet  sich  ein 
gelbes  Liquidum  aus,  welches  bald  darauf  zu  einer  bernsteingelben  fe- 
sten Masse  gesteht  Kochender  Alkohol  löst  dieselbe  auf  und  setzt 
beim  Erkalten  reines  Binitranisol  in  langen  gelblichen  Nadeln  ab.  Man 
erhält  dieselbe  Verbindung,  gemengt  mit  Chrysanisinsäure  auch  aus  der 
Anisylsäure  (s.  d.),  unter  gleichzeitiger  Kohlensäureentwickelung,  wenn 
man  diese  etwa  Y2  Stunde  lang  mit  ihrem  doppelten  oder  dreifachen 
Gewicht  rauchender  Salpetersäure  auf  90^  bis  lOO^G.  erhitzt,  und  das 
auf  Znsatz  von  Wasser  sich  ausscheidende  Gemenge  der  beiden  ge- 
nannten Substanzen  mit  Kalilauge  behandelt,  welche  die  Chrysanisin- 
säure auflöst,  darauf  den  festen  Rückstand  mit  Wasser  wäscht  und  ans 


AuisoL  15 

kc»cheadem  Weingeist  nmkrystalUsirt  Der  letztere  Bildangsprocesa  ist 
leicht  einzudehea,  die  AnisyUäure  zerfällt  unter  diesen  Umständen,  ähn- 
Beh  wie  bei  der  Destillation  mit  Baryt,  in  Kohlensäure  und  Anisol, 
and  iB  letzterem  werden  2  Aeq.  Wasserstoff  durch  Salpetersäure  oxy- 
diit  und  durch  die  entstandene  Untersalpetersäure  ersetzt.  —  Das  auf 
die  eine  oder  andere  Weise  bereitete  Binitranisol  bildet  lange  glänzende, 
gelbliche  Nadeln,  ist  selbst  in  kochendem  Wasser  unlöslich,  in  ko- 
ebendem  Alkohol  und  Aether  leicht  löslich,  schmilzt  bei  ungefähr 
86®  C.  und  lässt  sich  in  höherer  Temperatur  unverändert  sublimiren. 
WSaaerige  verdünnte,  kochende  Kalilauge  ist  ohne  Einwirkung  darauf, 
coocentrirte  Lauge  greift  es  nach  anhaltendem  Kochen  an.  Dagegen 
wird  es  von  einer  weingeistigen  Kalilösung  beim  Kochen  sogleich  zer- 
gehst, and  liefert  damit  das  in  orangegelben  langen  Nadeln  krystallisi- 
rende  Kalisalz  der  Binitrophenylsänre  Cisil4  (2NO4)  O3,  ohne  Zwei- 
fel unter  gleichzeitiger  Bildung  von  Holzgeist  (CSH4O3),  wozu  das 
Helhjl-Aequivalent  im  Anisol  und  seinen  nitrirten  Verbindungen  Ver- 
aalassong  geben  würde:  Ci4He(N04)03  .  NO4 -f  2llO  =  G19H4 
(iN04)  Oj  -(-  CaH4  03.  —  Eine  weingeistige  Lösung  von  Schwefel- 
anunoniani  mit  Binitranisol  vermischt,  bewirkt  die  analoge  Zersetzung, 
welehe  unter  denselben  Verhältnissen  das  Nitranisol  erleidet,  nämlich 
die  Umwandlung  in  Nitranisidin  (9.  d.  unter  Anisidin)  unter  gleich- 
Mitiger  Abscheidnng  von  Schwefel. 

c)  Trinitranisol:  CuH5(N04)a02  .  NO4.  Man  erhält  diese 
Ytfbindnng  durch  Behandeln  von  Anisol,  Nitranisol  oder  Binitranisol 
ak  edner  Mischmig  von  gleichen  Theilen  rauchender  Salpetersäure  und 
juehender  Schwefelsäure;  noch  leichter,  unter  gleichzeitiger  Kohlen- 
sioreentwickelung,  wenn  man  1  Tbl.  Anisylsäure  mit  15  Thln.  dersel- 
ben Miachang  gelinde  erwärmt,  bis  die  Flüssigkeit  anfängt  sich  su  trü- 
ben. In  der  Ruhe  bilden  sich  alsdann  zwei  Schichten,  deren  obere 
ölartige  beim  Erkalten  fest  wird.  Giesst  man  darauf  das  erkaltete  Ge- 
menge in  viel  Wasser,  so  sammelt  sich  am  Boden  das  Trinitranisol  als 
schweres  Oel  an,  welches  schnell  zu  einer  harten  hellgelben  Masse  er- 
starrt. Durch  Waschen  mit  Wasser  und  Umkrystallisiren  aus  Wein- 
gmt oder  aus  einer  Mischung  von  Weingeist  und  Aether  wird  es  rein 
erhalten.  Eis  krystallisirt  in  schwach  gelben,  sehr  glänzenden  Tafeln, 
fc  sich  nieht  in  Wasser,  leicht  in  Weingeist  und  in  Aether  lösen.  Die 
kiss  gesättigte  weingeistige  Lösung  setzt  beim  Erkalten  einen  grossen 
Ilieil  davon  wieder  ab.  Es  schmilzt  zwischen  58®  bis  60®  C.  und  lässt 
äch  bei  vorsichtigem  Erhitzen  unverändert  sublimiren.  Concentrirte 
Schwefelsaure  und  concdntrirte  Salpetersäure  lösen  es  in  der  Wärme 
ohne  Zersetzung;  aas  der  letzteren  Lösung  scheidet  es  sich  beim  Er- 
kalten krystailinisch  wieder  ab. 

VerdÜxmte  Kalilauge  und  gesättigte  Ammoniaklösang  verändern  es 
selbst  beim  Kochen  nicht,  aber  eine  massig  concentrirte  kochende  Kali- 
böge  färbt  es  augenblicklich  dunkel  rothbraun  und  zersetzt  es  nach 
kurzer  Zeit  vollständig.  Es  erleidet  hierbei  eine  ähnliche  Metamor* 
phiose  wie  das  Binitranisol  durch  siedende  weingeistige  Kalilösung,  in* 
dem  sich  das  Kalisalz  einer  Säure  bildet,  welehe  mit  der  Trinitrophe* 
Dylsänre  gleiche  Zusammensetzung  hat,  und  nur  in  wenigen  Punkten, 
hlnsicfatlich  der  Krystallform,  der  Schmelzbarkeit,  der  Löslichkeit  und 
der  äusseren  Eigenschaften  einiger  Salze  von  jener  abweicht.  Cahours 
hält  .«ie  für  eine  besondere  Säure  und  hat  sie  Pikranissäure  genannt. 


16  Anisolschwefelsäure.  —  AnisyL 

Spätere  Versuche  müssen  entscheiden,  ob  sie  wirklich  eine  von  der 
Trinitrophenylsäure  verschiedene  Säure  ist;  da  das  Anisol  Phenyl  ent- 
hältf  ist  es  wahrscheinlicher,  dass  beide  Säuren  identisch  sind. 

Das  Trinitranisol  zeigt  auch  in  seinem  Verhalten  gegen  eine  alko- 
holische Lösung  von  Schwefelammonium  vollkommene  Analogie  mit 
dem  Nitranisol  und  Binitranisol ,  indem  es  dadurch  in  eine  Salzbasis, 
Binitranisidin  (s.d.  unter  Anisidin)  verwandelt  wird,  welche,  un- 
geachtet sie  2  Aeq.  Untersalpetersänre  enthält,  dennoch  deutliche  basi- 
sche Eigenschaften  besitzt. 

3)  Durch  Salzbilder.  Durch  Einwirkung  von  Brom  auf  Anisol 
erhält  man,  nach  Cahours,  zwei  verschiedene  Producte,  Bromanisol, 
C14H7O2  •  Br,  und  Bibromanisol,  Ci4l^Br03  .  Br.  Die  Eigen- 
schaften des  ersteren,  welches  schwierig  rein  zu  erhalten  ist,  sind  nicht 
näher  beschrieben.  Letzteres,  durch  Waschen  mit  Wasser  von  dem 
noch  beigemengten  überschüssigen  Brom  befreiet,  scheidet  sich  ans 
einer  kochenden  gesättigten  Alkohollösung  beim  Erkalten  in  kristallini- 
schen, stark  glänzenden  Schuppen  ab.  Es  schmilzt  bei  54^  C,  lässt 
sich  in  höherer  Temperatur  ohne  Bückstand  verflüchtigen  und  setzt  sich 
dabei  an  den  kalten  Wänden  der  Retorte  in  kleinen,  sehr  glänzenden 
Tafeln  an. 

Die  entsprechenden  Chlorverbindungen  sind  nicht  begannt,  doch 
giebt  Cahours  an,  dass  sich  Anisol  mit  Chlor  in  eine  krystallinische 
Masse  verwandele.  (H.  K,)  SL 

Anisold^chwefelsäure,  83m.  mit  Sulfanisolsäure; 
8.  d.  unter  Ani8oL 

Anissäure,  syn.  mit  Anisylsäure. 

Anissalpetersäure,  s.  Nitranisylsäure  unter 
Anisyjsäure. 

Anisstearopten,  s.  unter  Anisol. 

Anisulmin  nennen  Brandes  und  Beimann  ^)  ein  braunes, 
dem  sogenannten  Ulmin  ähnliches  Zersetzungsproduct  aus  dem  zuerst 
beim  Behandeln  mit  Alkohol,  Wasser  und  Salzsäure  ausgezogenen  Anis- 
samen,  durch  Behandeln  desselben  mit  Kalilauge  und  Fällen  der  alka- 
lischen Flüssigkeit  mit  Essigsäure.  Fe. 

Anisyl,  hypothetisches  Radical  der  Anisylsäure,  des  Anisyl- 
wasserstoffs  u.  a.,  von  der  empirischen  Formel:  Cie  1(704. 

Die  Anisylsäure  steht  der  Salicylsäure  sehr  nahe,  sie  enthält  da« 
Badical  der  letzteren,  nur  ist  darin  1  Aeq.  Wasserstoff  durch  Methyl 
vertreten.  Betrachtet  man  die  Salicylsäure  ähnlich  constituirt  wie  die 
Säuren  mit  4  Aeq.  Sauerstoff,  Essigsäure,  BenzoSsäure  u.  a.,  die  wii 
als  Ameisensäuren  anzusehen  haben,  in  welchen  der  Wasserstoff  des  For« 
myls  (C3 1102)  durch  sauerstoflfreie  Alkoholradicale :  Cj  Hs ,  C4  H^ ,  Cg  H 
C1SH5  ersetzt  ist,  so  müssen  auch  die  Salicylsäure  und  die  Anisylsäure 
von  der  Ameisensäure  abgeleitet  werden,  und  wir  haben  darin  eben^  li 
secundäre  Radicale    anzunehmen,    Formyl,  in  welches  die  sauer8tor< 


»)  Buchn.  Rep.  f,  Phann.  Bd.  XXIV,  S.  362. 


Anisyl.  17 

baltigen  (Alkohol-?)  Radicale  C1SH5O2  und  C13  p  u^IOq    eingetreten 

sind.  Die  Formeln  für  die  Ameisensäure  und  die  übrigen  vi^r  genannten 
Säuren  gestalten  sich  dann  in  folgender  Weise: 


C^HO^JO. 


C2  (C2  Hg)  O3  J^  Cf  (Ci  2  H5)  O2 1  fx 


Ameisensäure  Essigsäure  Benzoesäure 

C,(Q2H5  02)02  JQ^  C2(Ci2«4  [C2H,]  02)02  j  q^ 

Salicylsäure  Anisylsäure, 

und  dem    hypothetischen    Badical  Anisyl    würde    somit  die  Formel 

C(C,.^^j   0,)0.  oder  C,[C..fi.(C».)0.]0.  zukommen,  wofür 

wir  indess  in  dem  Folgenden,  so  weit  es  angeht,  den  einfacheren  Aus- 
druck Ci4H4(C2H3)04  oder  0138704  setzen  werden.  Mit  der  Annahme 
eines  derartigen  secnndären  Radicals  stimmen  die  Beactionen  der  Ani- 
syl Verbindungen  überein.  Vergleicht  man  z.  B.  das  Verhrilten  der 
Anisylsaure  und  der  übrigen  vier  Säuren  beim  Erhitzen  mit  Barythydrat, 
so  findet  man,  dass  in  allen  Fällen  dieselbe  Zersetzung  eintritt;  die 
Kohlenstoff-  und  Sauerstoff-Aequivalente  des  Formyls  treten  mit  dem 
Sauerstoflr  ausserhalb  des  Badicals  zu  Kohlensäure  zusammen,  und  der 
Wasserstoff  des  Formyls  oder  die  denselben  vertretenden  Radicale  ver- 
einigen sich  mit  dem  basischen  Wasserstoff  der  Säuren,  wie  aus  den  fol- 
genden Gleichungen  hervorgeht: 


C2HO2I  PI 


=      02  04  H"       gl 


Ameisensäure  Kohlensäure     Wasserstoff 

02(62  H3)02JQ^      =      C2O4         +  ^'^\ 

'     ^;    7~^.  "    Kohlensäure  -^  .  1  V^^  ^    *  o- 

Essigsaure  Methylwasserstoff 

Benzoesäure  Benzol 

C2(Ci2flf5  02)02Ji-|     P    n     -L    ^18^5  02 

jj  JU2  —  ^J^'T  H 

"" — e  1-    'r^ '  Kohlensäure     ^  "^ 

Sahcylsamre  Fhenol 

02[Ci2  84(02 113)02]  02^0    __.  Q  Q      I    01284(02  Ha)  O2 

"  AnisyW^  "  Kohlensäure     ^ '"T;;!;;^ 

Phenol  und  Anisol  wären  somit  Wasserstoffverbindungen  von  sauer- 
stoffhaltigen Badicalen,  was  allerdings  mit  der  jetzt  ziemlich  allgemein 
h«^nr^chenden  Ansicht  nicht  übereinstimmt,  nach  welcher  das  Fhenol  ein 

\lkohol  (Phenylalkohol,  ^"g  (02),  nnd  das  Anisol  dessen  Methyläther 
(Q^'n^|02]  sein  soll.     Die  zahlreichen  Verwandlungen    des    Anisols 

HADdwArterbDch  der  Cbemie.  2te  Aufl.  Bd.  IL  2 


18  Anisylamid.  —  Anisylchlorid. 

lassen  sich  aber  mit  dieser  Formel  nicht  erklären,  und  dem  Phenol 
fehlen  gerade  die  Eigenschaften,  welche  für  die  Alkohole  ganz  beson- 
ders charakteristisch  sind,  namentlich  die  Eigenschaft,  unter  Einwirkung 
von  oxydirenden  Materien  oder  Halogenen  2  Aeq.  Wasserstoff  ohne 
Substitution  zu  verlieren  und  dadurch  in  ein  Aldehyd  oder  eine  Säure 
überzugehen.  Es  mochte  gegenwärtig  nur  noch  die  Frage  zu  erörtern 
sein,  ob  das  Phenol  als  die  Wasserstoffverbindung  eines  sauerstoffhal- 
tigen Alkoholradicals  oder  eines  Säureradicals  betrachtet  werden  muss, 
wozu  ein  näheres  Studium  des  Anisalkohols  von  besonderer  Wichtigkeit 
sein  dürfte.  St. 

Anisylamid  und  Anisylanilid  s.  unter  Anisyl- 
chlorid. 

Anisylbromid,  Bromanisyl.  —  Von  Cahours^)  entdeckt 
Formel:  CiöStO*  .  Br  =  ^iHiC^**»)^*!. 

Es  entsteht,  wenn  man  in  Anisyl Wasserstoff  tropfenweise  trockenes 
Brom  einträgt,  wobei  sich  die  Flüssigkeit  stark  erhitzt  und  zu  einer 
festen  Masse  gesteht,  während  Brom  Wasserstoff  entweicht  Ein  Ueber- 
schuss  ist  zu  vermeiden,  weil  dadurch  ein  weiterer  Austausch  des  Was- 
serstoffs aus  dem  Radical  gegen  Brom  bewirkt  wird.  Zur  Reinigung 
wird  die  erstarrte  Masse  rasch  mit  kaltem  Aether  gewaschen,  welcher 
eine  ölförmige  Substanz,  wahrscheinlich  unveränderten  Anisylwasser- 
Stoff,  auszieht,  darauf  zwischen  Fliesspapier  gepresst  und  zuletzt  aus 
Aether  krystallisirt  Es  schiesst  in  weissen  seidenglänzenden  Nadeln  ao, 
welche  sich  unverändert  sublirairen  lassen.  Kochende  concentrirte 
Kalilauge  zerlegt  es  in  Bromkalium  und  anisylsaures  Kali: 

Ci4H4(C2H3)04J  ^  2K0  =   ^l*»*(C8H8)04JQ^  ^  gg^ 

.  Anisylbromid  Anisylsaures  K!ali 

Ueber  sein  Verhalten  gegen  Wasser  fehlen  die  Angaben,  doch 
scheint  daraus,  dass  es  zur  Umwandlung  in  Anisylsäure  der  kochen- 
den concentrirten  Kalilauge  bedarf,  hervorzugehen,  dass  es  beständiger 
ist  als  die  entsprechende  Chlorverbindung.  {H.  K.)  St 

Anisylchlorid,  Chloranisyl.  —  Von  Cahours«)  entdeckt 
Formel:  C^efiiOA  •  €l  =  ^"'*4(C,H8)04J 

Trockene  Anisylsäure  und  Phosphorsuperchlorid  in  einer  Betorte 
zusammengebracht,  wirken  energisch  unter  lebhafter  Salzsäureentwicke- 
lung auf  einander  ein,  und  in  die  Vorlage  geht  ein  Gemenge  von  Anisyl- 
chlorid, Phosphoroxychlorid  und  etwas  unzersetztem  Perchlorid  über. 
Durch  fractionirte  Destillation  können  diese  Körper,  wegen  ihres  ver- 
schiedenen Siedepunktes  grösstentheils  getrennt  werden,  wobei  man  das 
zwischen  250^  und  270^0.  Uebergehende  gesondert  auffängt.  Um  dies 
Product  von  den  letzten  Antheilen  noch  beigemengter  Chlorphosphorver- 


»)  Annal.  de  Chim.  et  de  Phys.  [8.]  T.  XIV,  p.  486;  Annal.  d.  Chem.  a. 
PhÄrm.,  Bd.  LVl,  S.  808 ;  Jonm.  f.  prakt.  Chem.,  Bd.  XXXVI,  S.  428. 

*)  Annal.  de  Chim.  et  de  Phys.  [8.]  T.  XXUI,  p.  861;  Annal.  d.  Chem.  o. 
Pharm.,  Bd.  LXX,  S.  47. 


Anisylige  Säure.  —  Anisylsäure.  19 

bmdimg«n  vollenda  za  befreien,  wird  es  mit  einer  kleinen  Menge  kal- 
ten Wassers  versetst,  welches  dieselben  in  'Salzsäure  und  Phodphorsäure 
zerlegt,  die  Anisylverbindung  aber  weniger  leicht  angreift  Das  unver- 
änderte Oel  wird  rasch  abgehoben,  über  Chlorcalciam  getrocknet  und 
rectificirt.  Auch  durch  Einwirkung  von  Chlor  auf  Anisylwasserstoff 
sdieint  Anisylchlorid  zu  entstehen. 

Das  gereinigte  Anisylchlorid  bildet  eine  farblose  Flüssigkeit  von 
sehr  starkem  Greruch.  Es  hat  ein  specif.  Gewicht  von  1,261  bei  16^  C, 
siedet  bei  262^  C.  und  lässt  sich  unverändert  destilliren.  An  feuchter 
Luft  wird  es  rasch  in  Salzsäure  und  Anisylsäure  zersetzt.  Mit  Alkohol 
and  Holzgeist  erhitzt  es  sich  stark,  und  liefert  damit  ausser  Salzsäure 
anisylaaures  Aethylozyd  und  Methyloxyd. 

Wird  Anisylchlorid  mit  trockenem  Ammoniakgas  behandelt,  so 
erhitzt  es  sich  stark  und  verwandelt  sich  in  Anisylamid  (Anisamid) 

^4M^V^        B*{^'  ®"^®  feste,  in  Weingeist  I5sliche  Masse,  welche 

sich  beim  freiwilligen  Verdunsten  der  Lösung  in  schönen  Prismen  ab- 
setzt. Man  erhält  die  Verbindung  ebenfalls,  wenn  mali  anisylsaures 
Aeihyloxyd  mit  Ammoniak  übergiesst,  und  beide  längere  Zeit  in  einem 
verschlossenen  Gefass  in  Berührung  lässt  Im  üebrigen  ist  sie  nicht 
näher  untersucht. 

Bei  Einwirkung  von  wasserfreiem  Anilin  auf  Anisylchlorid  bil- 
det sich  in  zarten  Nadeln  krystallisirtes  Anisylanilid  (Anisanilid)  = 
C,«H7  04  .CijHßN  (s.  unter  Anilide).  (Ä  K.)  St 

Anisylige  Säure,  syn.  mit  Anisylwasserstoff. 

Anisylsäure^),  —  Anisinsäure,  Anissäure,  Dracon- 
sänre,  Dragonsaure,  Esdragonsäure,  Umbellinsäure,  Ba- 
dianaäure.  —  Von  Cahours  entdeckt    Formel:  fiO.CieH7  0$  oder 

Die  Anisylsäure  ist  eines  derjenigen  Ozydationsproducte,  welche 
sich  durch  Einwirkung  von  Salpetersäure  auf  das  Stearopten  des  Anis- 
öls, StemanisÖls  und  Fenchelöls  bilden,  sowie  auf  den  bei  206^0.  sie- 
denden Theil  des  Esdragonöls  (von  Artemisia  Dracuncuku)^  der,  nach 
Gerhardt,  dieselbe  Zusammensetzung  hat  wie  das  Anisstearopten.  Die 
ans  dem  Esdragonöl  erhaltene  Säure  nannte  Laurent  anfangs  Dragon- 
saure, bis  Gerhardt  die  Identität  derselben  mit.  der  Anisylsäure  nach- 
wies. Die  von  Persoz  Umbellinsäure  und  Badiansäure  genannten  Ver- 
bindungeo,  welche  derselbe  durch  Oxydation  des  Anis-  und' Fenchelöls 
mittelst  einer  Mischung  von  Schwefelsäure  und  chromsauren  Kali  erhal- 
ten hat,  sind  später  von  Hempel  ebenfalls  als  Anisylsäure  erkannt. 
Dieselbe  bildet  sich  femer  durch  Oxydation  von  Anisalkohol  und  Anisyl- 


*)  Literatur:  Gshoiirs,  Annal.  de  Ghim.  et  de  Phys.  [8.]  T.  H,  p.  289; 
T.  XIV,  p.  488;  T.  XXTn,  p.  861;  T.  XXY,  p.  21  ff.;  T.  XXVn,  p.  489.  Aach 
in  Amutlen  der  Chemie  Bd.  XU,  S.  66;  Bd.  LYI,  S.  807  ff.;  Bd.  UOX,  S.  286; 
Bd.  LXX,  S.  47.  —  Laurent,  Revue  scientifique  et  industrielle,  Kr.  81,  JuUlet 
1842,  p.  6.  Auch  im  Joum.  f.  prakt.  Chem.,  Bd.  XXVU,  S.  282.  —  Gerhardt, 
Aoaal.  d«  Ghim.  et  de  Phys.  [8.]  T.YII,  p.  292;  Gompt.  rend.  T.  XIX,  p.  489.— 
Per  loa,  Comptes  rendns,  T.  XITT,  p.  488;  auch  im  Jonm.  f.  prakt.  Chem.,  Bd. 
XXV,  S.  66.  •—  H«mpel,  Annal.  d.  Ghem.,  Bd.  LIX,  S.  104. 

2* 


20  Anisykäure. 

Wasserstoff,  sowie  durch  Spaltung  des  letzteren  mittelst  weingeistiger 
Kalilösung,  wobei  neben  Anisjlsäare  gleichzeitig  Anisalkohol  entsteht 

Zur  Darstellung  der  Anisjlsänre  wendet  man  am  zweckmässigsten 
Anisstearopten ,  oder  auch  direct  das  feste  Anisöl  an.  Dasselbe  wird 
mit  Salpetersäure  von  23^  Banm^  (=  1,2  specif.  Gewicht)  anhaltend 
gekocht,  wobei  sich  eine  gelbe  harzartige  Materie  (Nitranisid;  s.  Anis- 
stearopten  unter  A  n i  s ö  1)  und  eine  saure  Flüssigkeit  bildet, aus  der  die 
Anisylsäure  beim  Erkalten  in  Nadeln  krystallisirt.  ttetztere  werden 
zur  weiteren  Reinigung  mit  kaltem  Wasser,  worin  sie  beinahe  unlöslich 
sind ,  gewaschen  und  darauf  in  Ammoniak  gelöst.  Nachdem  man  das 
Ammoniaksalz  mehrere  Male  um  krystallisirt  hat,  bis  es  nicht  mehr  ge- 
färbt ist,  wird  seine  Lösung  durch  essigsaures  Bleioxyd  gefallt,  der 
Niederschlag  einige  Male  mit  kaltem  Wasser  gewaschen,  mit  Schwefel- 
wasserstoff zersetzt,  und  die  abgeschiedene,  mit  Schwefelblei  gemengte 
Anisylsäure  durch  kochendes  Wasser  ausgezogen.  Die  beiita  Erkalten 
anschiessende  Säure  wird  zuletzt  durch  Sublimation  vollständig  ge- 
reinigt. 

Die  Bildung  der  Anisylsäure  aus  dem  Anisstearopten  geht  in  zwei 
auf  einander  folgenden  Processen  vor  sich;  zunächst  nimmt  das  Stearop- 
ten  12  Aeq.  Sauerstoff  auf  und  zerfallt  damit  in  Wasser,  Oxalsäure  und 
Anisyl Wasserstoff,  der  durch  weitere  Oxydation  in  Anisylsäure  fibergeht: 

CtoHijO,  +  120  =  2H0  +  C4H8O8  +  C,(Ci,  ^  5*|o,)OJ 

Anisstearopten  Oxalsäure  * 

Anisylwasserstoff 

c,(c„  c,i;|ö«>o4  +  20  =  c(c„  c,H;l^»^^»fo» 

Anisylwasserstoff  Anisylsäure. 

Die  Oxydation  des  Anisyl  Wasserstoffs  geht  mit  grosser  Leichtigkeit 
vor  sich;  sie  erfolgt  schon,  wenn  man  denselben,  mit  Platinschwarz  ge- 
mengt, der  Luft  aussetzt,  oder  mit  Kalilauge  bei  Zutritt  der  Luft  anhal- 
tend kocht.  Lässt  man  den  Anisylwasserstoff  tropfenweise  auf  schmel- 
zendes Kalihydrat  fallen,  so  erfolgt  die  Oxydation  unter  lebhafter  Was- 
serstoffentwicke lung,  und  man  erhält  eine  zähe  harzartige  Masse,  ans 
deren  Lösung  in  Wasser  man  die  Anisylsäure  durch  Uebersättigen  mit 
Salzsäure  abscheiden  und  durch  Waschen  mit  Wasser  und  Umkrystalli- 
siren  aus  heissem  Weingeist  rein  erhalten  kann.  Hat  man  Anisylwas- 
serstoff zur  VerHigung,  so  ist  dieser  Weg  zur  Darstellung  sehr  zu 
empfehlen,  da  bei  der  Oxydation  mittelst  Salpetersäure  leicht  ein  Theil 
der  Säure  in  die  Nitroverbindung  (s.  Nitranisylsäure,  S.  24)  ver- 
wandelt wird. 

Um  die  Anisylsäure  ans  Esdragonöl  darzustellen,  erwärmt  man, 
nach  Laurent,  1  Thl.  des  Oels  mit  etwas  Wasser  in  einer  geräumigen 
Retorte,  und  setzt  nach  und  nach  die  dreifache  Menge  gewöhnlicher 
Salpetersäure  hinzu.  Nach  beendigter  Einwirkung  der  Säure  erstarrt 
die  Mischung  zu  einer  braunen,  harzähnlichen,  etwas  krystallinischen 
Masse,  die  man  durch  Waschen  mit  Wasser  von  anhängender  Salpeter- 
säure befreit,  und  mit  heissem  verdünntem  Ammoniak  auszieht.  Die 
ammoniakalische  Lösung  enthält  neben  Anisylsäure  einen  braunen  harz- 
ähnlichen Körper  und  zwei  andere  krystallisirbare  Säuren,  Nitranisyl- 


Anisy  Isäure.  2 1 

fläore  and  eine  eigenthümlicbe  Doppelsäare,  die  Laurent  Nitrodragon- 
tfiiuäare  (s.  unter  Nitranisjlsäure)  genannt  hat.  Zur  Entfernung 
des  barsähnlichen  Körpers  wird  die  Lösung  zur  Syrupsconsistenz  ver- 
dampft, wobei  sie  das  Ammoniak  verliert,  das  ihn  in  Lösung  hielt,  und 
er  sich  grösstentheils  abscheidet,  während  die  Ammoniaksalze  der  drei 
Sauren,  wenn  die  Abdampfung  in  gelinder  Wärme  vorgenommen  wurde, 
ach  nicht  zersetzen.  Die  syrupiörmige  Masse  wird  darauf  mit  heissem 
Wasser  ausgezogen,  die  Lösung  noch  einige  Male  verdampft  und  zuletzt 
mit  Thierkohle  gekocht,  um  die  harzige  Materie  vollständig  zu  entfer- 
aen.  Die  entfärbte  Lösung  wird  nun,  wenn  sie  sauer  reagirt,  mit  Am- 
moniak gesättigt  und  concentrirt,  worauf  anisylsaures  Ammoniak  in 
rhombischen  Tafeln  sich  ausscheidet,  während  die  Salze  der  beiden 
anderen  Säuren  im  Lösung  bleiben.  Um  aus  dem  Ammoniaksalz  die 
Anisjlsiuire  auszuscheiden,  verfahrt  man  wie  oben  angegeben  wurde, 
oder  man  reinigt  es  dxurch  wiederholte  Erystallisation,  löst  es  darauf  in 
emer  siedenden  Mischung  von  Wasser  und  Weingeist  und  vermischt  mit 
fiberflossiger  Salpetersäure,  worauf  die  Säure  beim  Erkalten  in  Krystal- 
len  sich  ausscheidet.  Durch  Umkrystallisiren  aus  Weingeist,  am  besten 
nach  vorhergegangener  Sublimation,  wird  sie  vollkommen  rein  erhalten. 

Die  Anisylsäure  bildet  farblose,  glänzende  Krystalle,  die  oft  eine 
beträchtliche  Grösse  erreichen  und  mit  der  Benzoesäure  grosse  Aehn- 
lichkeit  besitzen.  Die  Grundform  ist  ein  schiefes  rhombisches  Prisma 
mit  Winkeln  von  114^  und  66^.  Sie  ist  geruch-  und  geschmack- 
los, in  kaltem  Wasser  fast  unlöslich,  und  auch  in  siedendem  Wasser 
nur  wenig  löslich  (Laurent,  nach  Cahours  dagegen  ziemlich  leicht 
löslich).  Aether  und  Alkohol,  besonders  siedend,  nehmen  sie  in  reich- 
licher Menge  auf.  Beim  Erkalten  der  heiss  gesättigten  Lösungen  scheidet 
sie  sich  in  langen,  nadeliörmigen  Krystallen  wieder  ab.  Diese  Lösun- 
gen reagiren  schwach  sauer.  Sie  schmilzt  bei  175^  C.  und  erstarrt 
beim  Erkalten  wieder  zu  einer  krystallinischen  Masse ;  ^  stärker  erhitzt, 
sablimirt  sie  ohne  Zersetzung  in  schneeweissen  Nadeln. 

Die  Anisylsäure  ist  isomer  mit  dem  salicylsauren  Methyloxyd 
(Granltheriasäure)  und  der  Mandelsäure. 

Verwandlungen  der  Anisylsäure.  Chlor  und  Brom  mit 
trockener  Anisylsäure  zusammengebracht,  wirken  lebhaft  darauf  ein, 
and  erzeugen  unter  Entwickelung  von  Chlor-  und  Bromwasserstoff  zwei 
neae  Säuren,  Chloranisylsäure  und  Bromanisylsäure,  welche  1  Aeq. 
Chlor  oder  Brom  an  der  Stelle  von  Wasserstoff  enthalten.  —  Durch 
Behandlung  der  Anisylsäure  mit  concentrirter  Salpetersäure  ent- 
steht unter  Entwickelung  salpetriger  Dämpfe  ein  den  vorigen  ähn- 
üches  Snbstitutionsproduct ,  die  Nitranisylsäure.  Dieselbe  entsteht 
anch,  wenn  man  Anisylsäure  in  rauchender  Salpetersäure  auflöst  und 
dann  Wasser  zusetzt,  worauf  sie  sich  in  gelben  Flocken  abscheidet 
Behandelt  man  femer  die  Nitranisylsäure  mit  weingeistiger  Schwe- 
felamrooninmlösung,  so  entsteht  ein  amidhaltiges  Substitutionspro- 
dnct  der  Anisylsäure,  die  Amidoanisylsäure.  —  Wird  die  Lösung  der 
Anisylsäure  in  rauchender  Salpetersäure  zum  Kochen  erhitzt,  so  ent- 
weicht Kohlensäure  und  im  Bückstande  bleibt  ein  Gemenge  von  Bini- 
tranisol  (mit  Trinitranisol ;  s.  d.  unter  Anisol)  und  Chrysanisin- 
länre^),  welches  sich  auf  Zusatz  von  viel  Wasser  in  ölfbrmigen  Tropfen 

')  Cahonrt.'AmiaL  de  Ghim.  et  de  Pbya.  [8.]  T.  JXVUf.  p.  45i. 


22  Anisylsäure. 

ausscheidet,  die  bald  darauf  erstarren.  Ein  Gremenge  von  Schwefel- 
säure und  Salpetersäure  löst  die  Anisylsäure  bei  gelindem  Erwärmen 
ebenfalls  auf,  und  verwandelt  sie  beim  Kochen  unter  lebhafter  Gasent- 
wickelung (Kohlensäure  und  salpetrige  Säure)  in  Trinitranisol.  — 
Phosphorsuperchlorid  verwandelt  die  Anisylsäure  unter  starker 
Salzsänrebildung  in  Anisylchlorid  (s.  d.).  —  Mit  einem  Ueberschoss 
von  kaustischem  Baryt  gemengt  und  der  trockenen  Destillation 
unterworfen,  zerfallt  sie  in  Kohlensäure  und  Anisol  (s.  o.)* 

Es  ist  bemerkenswerth,  dass  in  der  Anisylsäure  bis  jetzt  nur  1  Aeq. 
Wasserstoff  durch  Chlor,  Brom,  Untersalpetersäure  oder  Amid  hat  sub- 
stituirt  werden  können;  ob  dieses  Wasserstoff- Aequivalent  dem  Methyl 
angehört,  welches  wir  in  der  Anisylsäure  anzunehmen  haben,  oder  ob 
es  eines  von  den  4  Wasserstoff-Aequivalenten  im  iftiisyl-Radical  ist, 
muss  noch  ermittelt  werden.  Wir  können  daher  für  diese  Substitutions- 
producte  gegenwärtig  nur  empirische  Formeln  aufstellen. 

Chloranisylsäure :  H  O .  Ci«  H^  €l  O5. 

Chloranisinsäure,  Chlordragonsäure;  Chlorodrago- ' 
nesinsäure  (Laurent).  Diese  Säure  entsteht  unter  Salzsäurebil- 
dung, wenn  man  trockenes  Chlor  gas  auf  geschmolzene  Anisylsäure 
einwirken  lässt,  oder  wenn  man  die  fein  gepulverte  Säure  in  eine  mit 
trockenem 'Chlorgas  gefüllte  Flasche  bringt.  Sobald  das  Chlor  nicht 
ferner  absorbirt  wird,  entfernt  man  den  Ueberscfauss  desselben  und  die 
entstandene  Salzsäure  durch  einen  Strom  von  trockener  Luft,  wäscht 
die  gechlorte  Anisylsäure  mit  kaltem  Wasser  und  krystallisirt  sie  wie- 
derholt aus  schwachem  (40-grädigem)  Weingeist. 

Die  so  erhaltene  Chloranisylsäure  bildet  feine,  sehr  glänzende  Na- 
deln mit  rhombischer  Basis,  ist  in  Wasser  unlöslich,  in  Aether  und  Al- 
kohol, besonders  kochendem,  sehr  leicht  löslich,  schmilzt  bei  etwa 
1760C.  und  destillirt  in  höherer  Temperatur  unverändert  über.  Chlor, 
auch  wenn  es  mehrere  Tage  im  directen  Sonnenlichte  damit  in  Berüh- 
rung ist,  scheint  sie  nicht  weiter  zu  verändern.^ — Concentrirte  Schwe- 
felsäure, damit  gelinde  erwärmt,  löst  sie  in  reichlicher  Menge  auf 
und  setzt  sie  beim  Erkalten  in  feinen  Nadeln  wieder  ab.  Nach  Zusatz 
von  Wasser  scheidet  sie  sich  vollständig  und  unverändert  aus.  —  Mit 
einem  Ueberschuss  von  kaustischem  Baryt  der  trockenen  Destillation 
unterworfen,  wird  sie  ähnlich  wie  die  Anisylsäure  in  Kohlensäure  und 
Chloranisol  zerlegt 

Die  Chloranisylsäure  ist  mit  chlorsalicylsaurem  Methyloxyd  isomer. 
Sie  bildet  mit  den  Alkalien  in  Wasser  lösliche,  krystallisirende,  mit  den 
Erden  und  schweren  Metalloxyden  meist  schwerlösliche  Salze. 

Chloranisylsaures  Aethyloxyd,C4H5  0.  Cie  Hg  Gl  O5,  entsteht 
durch  Destillation  einer  mit  Salzsäuregas  gesättigten  alkoholischen  Lö- 
sung von  Chloranisylsäure,  oder  zweckmässiger  durch  Einwirkung  von 
trockenem  Chlor  auf  anisylsaures  Aethyloxyd,  wobei  sich  diese  Flüssig- 
keit unter  Austausch  von  1  Aeq.  Wasserstoff  gegen  1  Aeq.  Chlor  ganz 
in  eine  feste  krystallinische  Masse  verwandelt.  Dieselbe  wird  mit  Was- 
ser gewaschen,  zwischen  Fliesspapier  ausgepresst  und  einige  Mal  aus 
Alkohol  imfikrystHllisirt.  Die  Verbindung  schiesst  daraus  in  langen 
farblosen  glänzenden  Nadeln  an,  welche  leicht  schmelzbar  sind  und  un- 
verändert sablimirt  werden  können.   Sie  ist  in  Wasser  unlöslich^  leicht 


Anisylsäure.  23 

iö»Iich  in  Aether  und  Alkohol,  besonders  in  kochendem.  Kalilauge 
Mrlegt  sie  beim  Kochen  in  Chloranisylsäure  und  Alkohol. 

Chloranisylsaures  Methyloxyd,  GsHgO  .  Ciefie^^Os,  wird 
auf  ähnliche  Weise  wie  die  yorige  Verbindung  gewonnen,  mit  der  sie 
fiberhaapt  in  ihrem  Verhalten  nahe  übereinstimmt.  Kochende  Kali- 
lauge zerlegt  sie  in  Chloranisylsäure  und  Holzgeist. 

Die  Chloranisylsäure  bildet  ferner  mit  Silberoxyd  und  Blei- 
oxyd  weisse  unlösliche,  mit  Baryt,  Strontian  und  Kalk  schwer 
losHehe  krystallinische  Verbindungen,  welche  durch  doppelte  Zersetzuug 
aas  dem  Ammoniaksalz  erhalten  werden. 

Bromanisylfläure:  HCCieHsBrO». 

Bromanisinsäure,  Bromdragonsäure;  Bromodra- 
gonesinsäure  (Laurent).  Fein  gepulverte  Anisylsäure,  mit 
Brom  Übergossen,  erhitzt  sich  unter  Entwickelung  einer  reichlichen« 
Menge  Brom  wasserstoffgas,  und  man  erhält  ein  röthlichgelbes  Product, 
das  durch  Waschen  mit  Wasser  von  beigemengtem  überschüssigen 
Brom  befreit,  und  in  siedendem  Weingeist  gelöst,  beim  Erkalten  Brom- 
anisylaäure  in  Krystallen  absetzt.  Diurch  Pressen  zwischen  Fliesspapier 
und  Umkrystallisiren  werden  sie  vollkommen  weiss  und  rein  erhalten. 
So  dargestellt  bildet  die  Broraanisylsäure  feine  weisse,  sehr  glänzende 
Nadeln;  sie  schmilzt  bei  ungefähr  204^  C.  und  sublimirt  in  höherer 
Temperator  in  irisirenden  Blättchen.  In  kaltem  Wasser  ist  sie  unlös« 
lieh  und  wird  auch  von  kochendem  nur  in  geringer  Menge  aufgenom- 
men; in  siedendem  Weingeist  und  in  Aether  ist  sie  dagegen  leicht  lös- 
lich. Wird  ein  Gemenge  der  Säure  mit  Aetzkalk  der  trockenen  De- 
stillation unterworfen,  so  zerfallt  sie  (in  gleicher  Weise  wie  die  Anisyl- 
säure) in  Kohlensäure  und  Bromanisol  (s.  d.  unter  Anisol). 

Die  Bromanisylsänre  löst  sich  mit  Leichtigkeit  in  den  Alkalien, 
und  bildet  damit  sehr  lösliche  krystallisirende  Salze.  In  diesen  Lösun- 
gen erzeugen  Blei-  und  Silbersalze  weisse  unlösliche,  Baryt-,  Strontian- 
nnd  Kalksalze  schwer  lösliche  aus  den  verdünnten  Lösungen  sich  all- 
mälig  in  Nadeln  absetzende  Niederschläge. 

Broroanisylsaures  Aethyloxyd,  C4H5O.  CieHsBrO^,  ent- 
steht unter  starker  Erhitzung  und  Entwickelung  von  Brom  wasserstoff- 
gas ,  wenn  man  Brom  tropfenweise  zu  wasserfreiem  anisylsauren 
Aethyloxyd  hinzufügt,  welches  sich  dabei  in  eine  feste  Masse  verwan- 
delt. Diese  wird  mit  Wasser  gewaschen,  um  das  überschüssige  Brom 
zu  entfernen,  darauf  zwischen  Fliesspapier  gepresst  und  einige  Male 
aus  heissem  Weingeist  umkrystallisirt.  Der  so  gereinigte  Aether  bildet 
weisse  glänzende,  in  Weingeist  und  Aether  lösliche,  in  Wasser  unlös* 
Mcke  Nadeln,  schmilzt  schon  bei  massiger  Temperatur  und  lässt  sich 
unzeraetzt  sublimiren.  Ein  Ueberschuss  von  Brom  scheint  ihn  nicht 
weiter  zo  verändern.  Durch  kochende  Kalilauge  wird  er  in  Weingeist 
und  Bromanisylsänre  zerlegt,  die  sich  auf  nachherigen  Zusatz  von 
Säuren  abscheidet.  —  Dieselbe  Verbindung  erhält  man  direct  aus  der 
Bromanisylsänre,  wenn  man  eine  Auflösung  derselben  in  absolutem 
Weingeist  mit  Salzsäuregas  sättigt,  erhitzt  und  darauf  mit  Wasser  ver- 
mischt. Der  sich  ausscheidende  Aether  muss  zur  Reinigung  zuerst  mit 
kohlensaurem  Natron,  dann  mit  reinem  Wasser  gewaschen  und  aus  sie- 
dendem Weingeist  umkrystallisirt  werden. 


24  Anisylsäure.    ' 

Broraanifljlsaurea  Methyloxyd,  CsHsO.  CieH^BrOs,  wird 
wie  die  vorhergehende  VerbinduDg  erhalten  durch  Behandeln  von  anisyl- 
snorem  Methyloxyd  mit  Brom,  oder  durch  Kochen  einer  mit  etwas 
Schwefelsäure  versetzten  Lösung  von  Broraanisylsäure  in  Holzgeivt. 
Die  Reinigung  geschieht  auf  die  bei  der  Aethylverbindung  angegebene 
Weise.  —  Das  bromanisylsaure  Methyloxyd  schiesst  in  farblosen,  durch- 
sichtigen Prismen  an,  schmilzt  in  gelinder  Wärme,  löst  sich  leicht  in 
Weingeist  und  Holzgeist,  weniger  in  Aether,  nicht  in  Wasser.  Ko- 
chende Kalilauge  zerlegt  es  in  Bromanisylsaure  und  Holzgeist. 

Nitranisylsäure :   HO.  Cie  He  (N  O4)  O5. 

Nitranissäure,  Nitranisinsäure,  Nitroanisylsäure,  Ni- 
trodragonsäure,  Anissalpetersäure,  Anisinsalpetersäure, 
Esdragonsalpetersäure,  Dragon8alpeter8äure;Nitrodragon- 
esinsäure(Laurent).  —  Man  erhält  sie  direct  aus  der  Anisylsäure  durch 
gelindes  Erwärmen  mit  rauchender  Salpetersäure  und  Fällen  der  Lösung 
mit  Wasser.  Am  zweckmäpsigsten  stellt  man  sie  unmittelbar  aus  dem 
Anisstearopten  dar,  indem  man  dasselbe  mit  Salpetersäure  von  36® 
Baum^  (1,33  specif.  Gewicht)  so  lange  kocht,  bis  die  anfangs  entstandene 
schwere  ölförmige  Substanz  (Anisylwasserstoflf)  vollständig  verschwun- 
den ist.  Wird  darauf  die  saure  Flüssigkeit  mit  Wasser  vermischt,  so 
scheidet  sich  die  gebildete  noch  unreine  Nitranisylsäure  in  gelben  Flo- 
cken ab.  Letztere  wird  mit  Wasser  so  lange  gewaschen,  bis  das  Durch- 
laufende nicht  mehr  merklich  sauer  schmeckt,  darauf  in  Ammoniak  ge- 
löst, und  das  Ammoniaksalz  aus  Wasser  umkrystallisirt,  bis  es  farblos 
ist.  Durch  Zusatz  einer  Säure  zu  der  Lösung  des  reinen  Ammoniak- 
salzes fallt  alsdann  die  Nitranisylsäure  in  gelblich  weissen  Flocken 
nieder,  welche  man  durch  Waschen  mit  destillirtem  Wasser  vollends 
reinigt. 

Die  auf  obige  Weise  erhaltene  Nitranisylsäure  ist  eine  gelblich 
weisse,  geruch-  und  geschmacklose  lockere  Substanz,  fast  unlöslich  in 
kaltem  und  nur  wenig  löslich  in  kochendem  Wasser,  woraus  sie 
sich  beim  Erkalten  in  Gestalt  kleiner  glänzender  Nadeln  abscheidet 
Alkohol  und  Aether  nehmen  in  der  Wärme  ziemlich  viel  davon  auf, 
die  gesättigten  Lösungen  gerinnen  beim  Erkalten;  aus  verdünnten  Lö- 
sungen setzt  sie  sich  beim  freiwilligen  Verdunsten  in  Krystallen  ab. 
Auch  in  siedender  Salpetersäure  -ist  sie  ziemlich  leicht  löslich ,  und 
schiesst  daraus  beim  Erkalten  in  kleinen  abgestumpften,  vierseitigen 
Prismen  an.  Sie  schmilzt  zwischen  175<^  und  180<>  C. ,  lässt  sich 
aber  nur  in  kleinen  Quantitäten  unverändert  sublimiren;  bei  Anwen- 
dung grösserer  Mengen  wird  sie  zum  Theil  zersetzt  und  unter  Verbrei- 
tung eines  erstickenden  Geruchs  geschwärzt.  Dieselbe  Zersetzung  er- 
leidet sie  beim  Erhitzen  mit  Aetzbaryt.  —  Von  kochender  rauchen- 
der Salpetersäure  wird  sie  in  Kohlensäure  und  Binitranisol  (s.  d.  un- 
ter Anisol)  verwandelt.  Phosphorsuperchiorid  verwandelt  sie  unter 
Salzsäureentwickelung  und  Bildung  von  Phosphoroxychlorid,  gleich  wie 
die  Anisylsäure,  in  eine  dunkelgelbe,  bei  sehr  hoher  Temperatur  sie- 
dende Flüssigkeit,  ohne  Zweifel  Nitranisylchlorid,  Ci6H6(N04)04.€l, 
welche  sich  an  feuchter  Luft  in  Salzsäure  und  Nitranisylsäure  zersetzt, 
und  mit  Alkohol  Nitranisinsäureäther  liefert  (Cahours).  —  Wein- 
geistige Schwefelammonium lösung  verwandelt  die  Nitranisylsäure  in 
Amidoanisylsäure,  HO.Ci6H«(NHa)06  (s.  unten). 


Anisylsäure.  25 

Die  Nitranisylsäure  bildet  mit  den  Alkalien  lösliche  krystallisirende, 
mit  den  übrigen  Metalloxyden  meist  unlösliche  Verbindungen.  Daa 
Anmioniaksalz  krystallisirt  in  schönen,  kugelförmig  vereinigten  Nadeln. 

Nitranisylsaurea  Aethyloxyd,  C4 H5 O -Cig Hg (N 04)05, 
icheidet  sich  aus  einer  gelinde  erwärmten  Auflösung  von  Anisylsäure- 
äther  in  rauchender  Salpetersäure  (zu  gleichen  Theilen)  durch  Zusatz 
fon  Walser  in  gelblichen  Flocken  aus.  Dieselbe  Verbindung  wird  er- 
halten^ wenn  man  eine  Auflösung  von  Nitranisylsäure  in  absolutem  Al- 
kohol mit  Salzsäuregas  sättigt,  so  lange  die  sich  von  selbst  erhitzende 
und  auf  einer  Temperatur  von  60^  bis  70^  C.  erhaltene  Flüssigkeit 
noch  davon  absorbirt.  Sie  nimmt  dabei  eine  gelbliche  Farbe  an  und 
lä^t  nachher  auf  Zusatz  von  Wasser  den  Aether  in  gelblichen,  dicken 
rolnminösen  Flocken  fallen.  Er  wird  darauf  durch  Watschen  mit  was- 
^rigem  Ammoniak  von  etwa  noch  unveränderter  Nitranisylsäure  befreit, 
nachher  mit  Wasser  gewaschen,  getrocknet  und  aus  Alkohol  wiederholt 
omkrystallbirt,  v^oraus  er  in  grossen,  stark  glänzenden  Tafeln  von  aus- 
nehmender Schönheit  anschiesst  Er  ist  im  Wasser  unlöslich,  in  heissem 
Alkohol  in  reichlicher  Menge,  in  kaltem  wenig  löslich,  schmilzt  zwischen 
98^  und  100<>  C,  und  wird  von  weingeistiger  Kalilösung  in  Weingeist 
und  Nitranisylsäure  zerlegt.  Concentrirte  Schwefelsäure  löst  ihn  schon 
in  der. Kälte,  noch  leichter  in  der  Wärme  auf,  und  aus  der  heissen  Lö- 
sung scheidet  sich  ein  Theil  beim  Erkalten  krystallinisch  wieder  ab; 
durch  Zusatz  von  Wasser  wird  er  vollständig  gefällt  —  Brom  verän- 
dert den  Aether  nicht. 

Nitranisylsaures  Methyloxyd,  C3H3O  .Ci6H6(N04)05,  ent- 
steht genau  auf  dieselbe  Weise  wie  die  vorhergehende  Verbindung, 
nämlich  durch  Auflösen  von  anisylsaurem  Methyloxyd  in  rauchender, 
gelinde  erwärmter  Salpetersäure,  oder  durch  Aetherificiren  einer  Lö- 
sung von  Nitranisylsäure  in  Holzgeist  mit  Salzsäure.  Auch  kann  man 
e»  durch  Kochen  einer  Mischung  von  Holzgeist,  Schwefelsäure  und 
Nitranisylsäure  erh'üten.  Auf  die  bei  der  Aethyl Verbindung  angege- 
bene Weise  gereinigt  und  aus  heissem  Weingeist  umkrystallisirt,  erhält 
man  es  in  breiten  glänzenden,  dem  Aethylät^er  völlig  gleichenden  Blätt- 
chen. Es  ist  in  Wasser  unlöslich,  leicht  löslich  in  heissem  Weingeist 
und  Holzgeist,  und  scheidet  sich  beim  Erkalten  fast  vollständig  wieder 
ab.  Es  schmilzt  bei  ungefähr  100^  C.  und  lässt  sich  in  höherer  Tem- 
peratur unzersetzt  verflüchtigen.  Kalilauge  zerlegt  es  in  Holzgeist  und 
Xitr  1  nl^y  Isaure. 

Aas  Lauren  t's  Untersuchung  i)  über  die  Anisylsäure  (Dragon- 
i^ore)  scheint  hervorzugehen,  dass  die  Nitranisylsäure  mit  der  Anisyl- 
änre,  Chloranisylsäure  und  Bromanisylsäure  eigenthümliche  Doppel- 
iiaren  liefert,  welche  zwei  Atome  Basis  sättigen.  Ob  sich  dieselben 
auch  durch  blosses  Vermischen  der  dieselben  zusammensetzenden  bei- 
den Säuren  oder  ihrer  Salze  darstellen  Inssen,  ist  nicht  durch  Versuche 
ermittelt. 

Anisylsäure  mit  Nitranisylsäure  (Nitrodragonasin- 
säure,  Laurent):  HO.C10H7O8  +  HO  .CißHßCN 04)05. 

Sie  ward  erhalten  bei  der  Darstellung  der  Anisylsäure  durch  Er- 
hitzen von  EsdragonÖl   mit  Salpetersäure  (s.  S.  21)  als  Nebenproduct 


')  Bevne   scientifique  et  industrielle   1842,     Kr.    31.     Joum.    f.   prakt.     Chem. 
Bd.  XXVII,  S.  239. 


26  Anisylsäure. 

zugleich  mit  etwas  Nitranisylsänre,  und  ist  in  der  ammoniakaliBchen 
Mutterlauge  enthalten,  woraus  sich  das  anisylsaure  (esdragonsaore) 
Arnmoniak  abgesetzt  hat.  Um  sie  daraus  zu  gewinnen,  und  von  der  noch 
beigemengten  freien  Anisylsaure  und  Nitranisylsäure  zu  trennen,  wird 
jene  Mutterlauge  der  Ammoniaksalze  zur  Syrupsconsistenz  abgedampft  und 
der  Rückstand  in  siedendem  Alkohol  gelöst,  worauf  sioh  beim  Erkalten 
ein  krystallinischer  Niederschlag  abscheidet,  welcher  grösstentheils  aus 
dem  Ammoniaksalze  der  Doppelsäure  besteht;  durch  theilweises  Ver- 
dunsten der  davon  abgezogenen  alkoholischen  Lösung  und  Abkühlung 
wird  davon  noch  mehr  erhalten,  welche  Operation  mit  der  jedesmaligen 
Mutterlauge  noch  einige  Male  wiederholt  werden  kann.  Die  so  ge- 
sammelten Krystallisationen.  werden  nach  einander  von  Neuem  in  sie- 
dendem Alkohol  aufgelöst  und  diese  Lösung  in  befassen  mit  engem 
Halse  langsam  erkalten  gelassen. 

Das  Ammoniaksalz  der  Doppelsäure  schiesst  dabei  in  strahligen 
Halbkngeln  an,  welche  sich  zuerst  an  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit 
bilden,  hernach  zu  Boden  fallen  und  sich  allmälig  vergrössem.  Sobald 
sich  andere  Krystalle  als  einzelne  Nadeln  auszuscheiden  beginnen,  giesst 
man  die  überstehende  Mutterlauge  ab,  reinigt  die  gewonnene  Exystall- 
masse  durch  noch  einige  Male  wiederholtes  Umkrystallbiren  aus  Alko- 
hol, und  löst  sie  zuletzt  in  heissem  ammoniakalischen  Wasser  auf. 

Durch  Zusatz  von  Salpetersäure  fallt  dann  die  Doppelsäure  in 
Gestalt  eines  voluminösen  weissen  Niederschlages  zu  Boden.  Sie  wird 
auf  ein  Filter  gebracht,  mit  Wasser  sorfaltig  gewaschen,  getrocknet  und 
aus  heissem  Alkohol  krystallisirt;  sie  schiesst  alsdann  beim  Erkalten 
in  farblosen,  geruch-  und  geschmacklosen  platten  rhombischen  Nadehi 
an  mit  Winkeln  von  lOO»  bis  1020.  Sie  ist  im  Wasser  unlöslich, 
in  Aether  und  Alkohol,  besonders  kochendem,  ziemlich  leicht  löslich, 
schmilzt  bei  185<>  C.  und  erstarrt  beim  Erkalten  zu  einer  strahligen 
Masse.     Sie  lässt  sich  unverändert  nur  in  kleinen  Mengen  sublimiren. 

Sie  giebt,  wie  die  übrigen  Anisylsäuren,  mit  den  Alkalien  leicht 
lösliche  Salze.  Das  Ammoniaksalz  erhält  man  durch  Verdunsten 
der  Lösung,  wenn  man  von  Zeit  zu  Zeit  wieder  Ammoniak  hinzuftigt, 
in  Gestalt  eines  Syrups.  Wenn  man  verdunstet^  ohne  Ammoniak  hin- 
zuzufiigen,  so  geht  mit  den  Wasserdämpfen  die  Hälfte  desselben  weg 
und  man  erhält  ein  saures  Salz,  welches  in  halbkugeligen,  aus  feinen 
Nadeln  zusammengesetzten  Warzen  krystallisirt  Ihre  Verbindungen 
mit  den  Erden  und  den  übrigen  Metalloxyden  sind  meist  unlöslich;  die 
mit  den  Erden  setzen  sich  aus  verdünnten  Lösungen  allmälig  in  Ery- 
stallen  ab. 

Nitranisylsäure   mit  Ghloranisylsäure   (Nitrochlorodra- 

gonesinsäure;  Laurent):  HO  .  CieHg  (N04)06  +  HO.Cle^^6^1öß• 
Sie  entsteht,  wenn  man  in  die  vorhergehende  geschmolzene  Dop- 
pelsäure so  lange  Chlorgas  leitet,  als  noch  Salzsäure  entbunden  wird. 
Das  gebildete  noch  unreine  Product  wird  mit  Wasser  gewaschen,  und 
in  heissem  Weingeist  gelöst,  worauf  die  reine  Säure  in  farblosen  kleinen 
Nadeln  krystallisirt.  Sie  zeigt  dieselben  Löslichkeitsverhältnisse  wie 
die  vorhergehende  Doppelsäure,  schmilzt  bei  170^  C.  und  sublimirt  in 
stärkerer  Hitze  in  nadeiförmigen  schiefen  Prismen. 

Nitranisylsäure   mit  Bromanisylsäure    (Nitrobromodra- 

gonesinsäure;  Laurent):  HO.Ci6Hfe(N04)05  -j- HO  .  CieHeBrOj. 

Sie  bildet  sich  unter  Entwickelung  von  Bromwasserstoff,  wenn  man 


Anisylsäure.  27 

db  Doppebäure  von  Anisylfl&nre  und  Nitranisyl säure  mit  Brom  gelinde 
erwanot;  das  erhaltene  Substitationsproduct  wird  aaf  dieselbe  Weise  wie 
dierorigeVerbindong  gereinigt,  mit  der  sie  in  fast  allen  Punkten  gennti 
abereinstimmt     Ihr  Schmelzpunkt  liegt  zwischen  170<>  und  180<>  C. 

Chrysanisylsäure  O- 

Chrysanisinsäure,  Chrysanissäure.  Diese  (1849)  von  Ca- 
hoor«  entdeckte  ßaure  bildet  sich  neben  Binitranisol  und  Trinitranisol 
bei  Einwirkung  von  kochender  Salpetersäure  auf  Anisylsäure  oder  auf 
Mtranisylsäure.  Ihre  Formel  ist  HO  .  Ci4H4N8  0i3<)  sie  ist  also  iso- 
mer mit  Trinitranisol  (Ci4fi5N3  0i4)  und  unterscheidet  sich  von  der 
Pikrinsäure  (HO  .  CisH^NsOis)  nur  durch  CsH2;  ist  die  letztere 
Trinitrophenylsäure  (HO  .  Cij  H2 (^  ^4)8  O ,  so  kann  die  Chrysani- 
sylsiare    als     Trinitromethylphenylsäure     angesehen    werden :    HO. 

Zar  Darstellung  der  Chrysanisylsäure  wird  die  ganz  trockene  Ni- 
tnniiylsäure  mit  dem  2^/2-  bis  3£ftchem  Gewicht  rauchender  Salpeter- 
iiore  Y)  bis  höchstens  ^4  Stunden  ganz  gelinde  gekocht,  und  darauf 
^Flossigkeit  mit  dem  15-  bis  20fachen  Volumen  Wasser  Übergossen, 
wobei  sich  ein,  beim  Erkalten  bald  erstarrendes  Oel  abscheidet,  ein 
Gonenge  von  Binitranisol  und  Tinitranisol  mit  vorwaltender  Chrysa- 
nsjlsäure.  Die  krystallinische  Masse  wird  zerrieben  auf  einem  Filter 
Bit  yerdanntem  Ammoniak  ausgezogen,  die  Lösung  durch  Eindampfen 
fimeentrirt,  das  hiebei  krystallisirende  Ammoniaksalz  in  Wasser  gelöst, 
«id  mit  verdünnter  Salpetersäure  zersetzt,  wobei  die  Säure  sich  in  gel- 
^  Flocken  abscheidet,  welche  zwischen  Papier  getrocknet  und  ans 
Aikobol  umkrystallisirt  werden;  sie  bilden  dann  kleine  rhombische, 
prächtig  glänzende,  rein  goldgelbe  Nadeln. 

Die  Säure  ist  nicht  merkbar  löslich  in  kaltem,  etwas  mehr  in  ko- 
ebendem  Wasser;  Alkohol  löst  sie  kaum  in  der  Kälte,  aber  in  grosser 
Menge  in  der  Wärme,  und  eine  siedend  gesättigte  Lösung  gesteht  beim 
^kalten  daher  fast  vollständig.  Aether  löst  die  Säure  ziemlich  reich- 
Heh  beim  Erhitzen.  In  gelinder  Wärme  schmilzt  sie  und  gesteht 
^  Erkalten  krystallinisch ;  etwas  stärker  erhitzt,  verflüchtigt  sie  sich 
in  gelben  Dämpfen,  welche  sich,  beim  Erkalten  zu  gelben  Blättchen 
otndensiren. 

Kochende  Salpetersäure  verwandelt  die  Chrysanisinsäure  in  Fi- 
^riosäure;  mit  Chlorkalk  destillirt,  bildet  sie  reichlich  Chlorpikrin. 
^b  äberschÜBsiges  Kali  wird  die  Säure  zersetzt  und  braun  gefärbt. 

Chrysanisylsäure  Salze.  Diese  Salze  sind  meist  gelb,  die 
Salze  der  Alkalien  lösen  sich  im  Wasser;  auch  das  Kalisalz  ist  sehr 
'ciclit  löslich,  und  dadurch  unterscheidet  sich  diese  Säure  von  'der  ver- 
'»ftdten  Pikrinsäure. 

Chrysanisylsaures  Aethyloxyd:  C4H5O  .Ci4H4N8  0i3.  Die 
I'^song  der  Säure  in  starkem  Alkohol  wird  mit  trockenem  Salzsäure- 
^  gesättigt ,  die  Flüssigkeit  dann  einige  Zeit  gekocht  und  mit  Was- 


m 


^  AnnaL  de  chim.  et  phys.  [8.]  XXYII,  p.  468.  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd. 
^tt,  8.  274.  Pharm.  Ccntralbl.  1849,  8.  808.  Jahrcsbcr.  v.  Liebig  u.  Kopp 
1^9,  8.  406. 


28  Anisylsäure. 

ser  versetzt,  wobei  sich  der  unreine  Aether  als  ein  flocldger  Nieder- 
schlag abscheidet;  er  wird  abfiltrirt,  mit  etwas  Ammoniak  und  dann 
mit  Wasser  gewaschen,  getrocknet,  und  aus  siedendem  Alkohol  krystal- 
lisirt.  Der  Aether  krystallisirt  in  durchscheinenden,  glänzenden,  schon 
goldgelben  Blättchen,  er  lost  sich  nicht  im  Wasser,  aber  in  Alkohol 
oder  Aether,  besonders  in  der  Wärme,  er  schmilzt  bei  ungefähr  100<>C. 

Chrysanisylsaures  Aramoniumoxyd:  NH4O  .  C14H4N3O1S. 
Die  Säure  wird  in  überschüssigem  verdünnten  Ammoniak  gelöst  und 
durch  Abdampfen  in  der  Wärme  oder  durch  freiwilliges  Verdampfen 
concentrirt.  Das  Salz  krystallisirt  in  kleinen  braunen  Nadeln,  schöner 
beim  freiwilligen  Verdampfen. 

Chrysanisylsaures  Silberoxyd:  AgO  .  C14H4NJO1J.  Das 
Ammoniaksalz  wird  durch  salpetersaures  Silberoxyd  gefällt,  der  schön 
gelbe  flockige  Niederschlag  mit  Wasser  gewaschen  und  unter  der  Luft- 
pumpe getrocknet. 

Die  Lösung  von  chrysanisylsaurem  Ammoniumoxyd  giebt  mit  sal- 
petersaurem Bleioxyd  einen  chromgelben,  flockigen  Niederschlag,  mit 
Eisenoxydsalzen  einen  gelben,  mit  salpetersaurem  Kobaltoxydul  einen 
schwach  grünlichgelben  gelatinöaen,  mit  Kupferoxydsalzen  einen  grün- 
gelben gallertartigen,  mit  concentrirter  Quecksilberchloridlösung  einen 
rothgelben,  mit  Zinksalzen  einen  hellgelben  Niederschlag. 

Amidoanisylsäure :    H  O .  Cig  H«  (N  Hj)  O5. 

Anisaminsäure.  Man  erhält  sie  nach  Zinin  ^)  auf  folgende 
Weise:  Nitranisylsäure  wird  mit  8  Thln.  90procentigem,  vorher  mit 
Ammoniak  gesättigtem  Weingeist  Übergossen  und  Schwefelwasserstoff 
bis  zur  Sättigung  eingeleitet.  Sobald  sich  die  Säure  nach  etwa  12- 
stündigem  Stehen  gelöst  hat,  kocht  man  die  gelbe  Flüssigkeit  zur  Ver- 
jagung des  Schwefelammoniums,  und  verdampft  darauf  unter  bisweiligem 
Zusatz  von  etwas  Wasser,  bis  der  Weingeist  entfernt  ist.  Die  wässerige 
Lösung  enthält  amidoanisylsaures  Ammoniak,  das  man  vom  ausgeschie- 
denen Schwefel  abfiltrirt  imd  mit  Essigsäure  zersetzt.  Die  Amido- 
anisylsäure scheidet  sich  in  langen  braunen  Nadeln  aus,  die  durch  Be- 
handeln der  wässerigen  Lösung  mit  Thierkohle  farblos  erhalten  werden. 
Die  Bildung  der  Säure  ergiebt  sich  aus  folgender  Gleichung: 

Ci6K7(N04)06  -f  6HS  =  4H0  +  6S  -f  CisHTfflHQOg 

Nitranisylsäure  Amidoanisylsäure. 

Die  Amidoanisylsäure  löst  sich  in  800  Thln.  siedendem  und  in 
viel  mehr  kaltem  Wasser;  die  gesättigte  Lösung  reagirt  indess  deut- 
lich sauer  und  hat  einen  süsslichsauren ,  unangenehmen  Geschmack. 
In  Aether  ist  sie  schwer  löslich,  in  Weingeist  leicht  löslich.  Aus  der 
siedend  geeättigten  wäBserigen  Lösung  erhält  man  die  Säure  in  zoll- 
langen dünnen  vierseitigen,  stark  glänzenden  Prismen;  aus  der  heiss 
gesättigten  weingeistigen  Lösung  scheidet  sie  sich  während  des  Erkal- 
tens  in  kürzeren  aber  dickeren  vierseitigen  Prismen  mit  zuspitzenden 
octaedrischen  Flächen  ab.  Aus  kochender  Essigsäure  und  ziemlich 
starker  Salzsäure  krystallisirt  sie  unverändert;  in  heisser  verdiinnter 
Salpetersäure  löst  sie  sich  ebenfalls  ohne  merkliche  Veränderung,  aber 


0  Petereb.  Ac»d,  Bullet.   T.  XII,  p.   286.     AnnaL    d.  Chem.   u.     Pharm.    Bd. 
XCII,  S    827. 


Anisylsäureanhydrit.  —  Anisylsaure  Salze.          29 

nach  längerem  Kochen  röthet  sich  die  Lösung  und  scheidet  dann  beim 
Erkalten  ein  Gemenge  von  braunen  Flocken  und  einem  fast  weissen 
polverförmigen  Körper  ab.  —  Bei  140<>C.  bleibt  die  Säure  unverändert, 
idunilzt  bei  ISO^'  C.  und  erstarrt  beim  Abkühlen  krystallinisch.  Auf 
Plfttinblech  erhitzt,  yerflüchtigt  sie  sich  unter  Entwickelung  weisser, 
schwach  riechender  Dämpfe;  bei  Torsichtiger  Destillation  giebt  sie  ein 
bptallisirendes  Zersetzungsprodnct  und  hinterlässt  einen  geringen  koh- 
figCD  Backstand. 

Die  Salze  der  Amidoanisylsäure  sind  mit  Ausnahme  des  Silber- 
alze«  nicht  näher  untersucht  worden.  Die  Lösung  der  freien  Säure 
wird  durch  Kalkwasser,  Barytwasser  und  Silberlosung  nicht  gefällt. 
Du  Ammoniaksalz  ist  leicht  löslich  und  krystallisirt  schwierig  in  qua- 
dratischen Tafeln ;  beim  Kochen  der  concentrirten  Lösung  tritt  partielle 
Zersetzung  ein,  es  entweicht  etwas  Ammoniak  und  beim  Erkalten  schei- 
det sich  freie  Saure  aus.  Blei-,  Cadmium-  und  Silbersalze  fällen  aus 
der  Ämmoniakverbindung  weisse  Niederschläge.  Das  amidoanisylsäure 
Sflberoxyd:  AgO.  CieHe (Ni}2)05,  scheidet  sich  in  dicken  weissen 
Flocken  ab,  die  in  Wasser  unlöslich,  in  Ammoniak  und  Säuren  leicht 
löslich  sind.  Im  trockenen  Zustande  wird  es  bei  120^  C.  nicht  zersetzt, 
tawnt  sich  aber,  wenn  es  mit  Wasser  erhitzt  wird.  St 

Anisylsäureanhydrid,    Anissäureanhydrid,  Anisyl- 

siiire,  wasserfreie.      Das  Anhydrid,    C^qHu^io  =  r  *h'o*I^'' 

bildet  sich  bei  Einwirkung  von  Phosphoroxychlorid  auf  trockenes  anis- 
aores  Natron;  die  Masse  wird  mit  Wasser  ausgewaschen,  und  der  un- 
löf liehe  Rückstand  aus  Aether  umkrystallisirt.  Die  wasserfreie  Anis- 
äare  krystallisirt  in  seidenartigen  concentrisch  gruppirten  Nadeln,  ist 
leicht  löslich  in  Aether  oder  Alkohol,  unlöslich  in  Wasser  oder  wässe- 
rigen Alkalien,  sie  schmilzt  bei  99^0.  und  destillirt  bei  höherer  Tem- 
perator. Durch  längeres  Kochen  mit  Wasser  oder  wässerigen  Alkalien 
^  sie  in  Anissäure  umgewandelt  (Pisani  i).  Fe. 

Anisylsaure    Salze.     Die  Anisylsaure  sättigt  a  Atom  Ba- 

I  ^  nnd  giebt  damit  ziemlich  beständige,  zum  Theil  schön  krystallisi- 
refide  Salze.      Sie  löst  sich  in   den  wässerigen  Lösungen  der  kausti- 

I  Kken  Alkalien  mit  Leichtigkeit  auf,  und  wird  daraus  durch  Zusatz  von 
SiareD  vollständig  wieder  abgeschieden.  Die  unlöslichen,  oder  schwer- 
^slichen  Verbindungen  der  Säure  werden  am  besteiü  durch  doppelte 
Zcnetzong  aus  dem  Ammoniaksalze  dargestellt.      Um   die  Uebersicht 

I  ^  erleichtem ,  werden  wir  in  dem  Folgenden    zur  Bezeichnung    der 

!  Sake  die   empirische  Formel  der  Anisylsaure :  H  O .  Cie  H7  Os  in  An- 

1  'Bndimg  bringen. 

I  Anisylsaures  Aethyloxyd,  Anisinäther,  C4 ttsO . Cie il? O5 
^Idet  sich  durch  Sättigen  einer  Auflösung  der  Säure  in  etwa  6  Theilen 

'  *^luten  Alkohols  mit  Salzsäuregas  bei  einer  Temperatur  von  60®  C. 

;  ^  nachheriger  Destillation  der  Flüssigkeit  bis  zur  Trockne  geht  ein 
'^^ireg  Destillat  iiber,  aus  welchem  Wasser  den  unreinen  Anisinäther 
^  eine  schwere,  darin  untersinkende  Flüssigkeit  fallt  Er  wird  durch 
Waschen  mit  einer  Lösung  von  verdünnten  kohlensaurem  Natron,  darauf 


_  ^)  Compt  rend.  de  Tacad.   T.  XLIV,  p.  887;    Annal.  d.  Ghem.   n.   Pharm.  Bd. 

cn,a  J84. 


30  Anisylsaure  Salze. 

mit  heiBaem  Wasser  gereinigt,  über  Chlorcalcium  getrocknet,  und  znletz 
über  Bleioxyd  destillirt  £r  bildet  aUdann  ein  farbloses,  schweres,  ölarti 
ges  Liquidnm  von  angenehmem  aromatischen  Geschmack  und  einem  den 
Anisöl  ähnlichen  Geruch,  ist  unlöslich  in  Wasser,  in  Alkohol  and  Aethe 
leicht  löslich,  siedet  zwischen  '250^  und  25 5^  C.  In  verschlossenen  Ge 
fassen  erhält  er  sich  unverändert;  an  der  Luft  wird  er  allmäli] 
sauer.  Durch  Kochen  mit  Kalilauge  wird  er  in  Anisylsaure  um 
Alkohol  zerlegt.  —  Mit  Ammoniak  Übergossen,  verwandelt  er  siel 
nach  einiger  Zeit  in  Alkohol  und  Anisylamid,  welches  sich  als  feste 
krystallinischer  Körper  abscheidet.  —  Chlor  und  Brom  wirken  scho] 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  darauf  ein,  und  erzeugen  damit  ante 
Entbindung  von  Chlor-  und  Bromwasserstoffsäure  chloranisylsaures  uni 
bromanisylsaures  Aethyloxyd  (s.  d.  bei  Anisylsaure,  Verwandlun 
gen).  —  Rauchende  Salpetersäure  löst  ihn  unter  Wärmeentwicke 
lung  auf,  und  verwandelt  ihn  in  nitranisylsaures  Aethyloxyd,  welche 
sich  auf  Zusatz  von  Wasser  in  krystallinischen  Flocken  ausscheidet 

Anisylsaures  Ammoniumoxyd,  Nil4  0.CieH7  05,  krystalli 
sirt  beim  Abdampfen  der  wässerigen  Lösung  in  Würfeln  (CahoarB 
oder  in  prismatischen  Tafeln  mit  rhombischer  Basis  (Laurent).  £ 
enthält  kein  Krystallwasser;  verliert  sein  Ammoniak  beim  Erwärmei 
bis  99^  C.  im  lufUeeren  Räume  und  lässt  reine  Anisylsaure  zurück. 

Anisylsaurer  Baryt  schlägt  sich  beim  Vermischen  der  was 
serigen  Lösung  des  Ammoniaksalzes  mit  Chlorbarium  nicht  sogleich 
sondern  erst  nach  einigen  Minuten  in  schwer  löslichen,  rhombischei 
Blättchen  nieder. 

Anisylsaures  Bleioxyd,  PbO  .  CieH7  05  ~|- HO,  setzt  sich  bein 
Vermischen  des  Ammoniaksalzes  mit  essigsaurem  Bleioxyd  als  weissei 
in  kaltem  Wasser  unlöslicher,  in  heissem  wenig  löslicher  Niederschlsj 
ab,  krystallisirt  aus  der  heissen  wässerigen  Lösung  in  glänzend  weisse 
Schuppen,  welche  bei  120^  C.  getrocknet  noch  1  Aeq.  Krystallwasse 
zurückhalten. 

Anisylsaures  Kali  krystallisirt  in'  rhombischen  oder  secltf 
eckigen  Tafeln ;  das  Natronsalz  in  Nadeln. 

Anisylsaures  Methyloxyd,  C^ Hg O . Cie H?  O^^,  entsteht  dore 
Destillation  von  2  Thln.  wasserfreiem  Holzgeist,  1  Thl.  krystallisirtt 
Anisylsaure  und  1  Thl.  concentrirter  Schwefelsäure,  welche  beim  Zv 
sammenmischen  in  der  Kälte  eine  sehr  intensive  carminrothe  Farbe  ai 
nehmen.  Durch  gelindes  Erwärmen  geht  zuerst  Holzgeist,  später  anisy 
saures  Methyloxyd  als  schweres,  bald  fest  werdendes  Oel  in  die  Vorlag 
über.  Um  es  zu  reinigen,  wird  es  zuerst  mit  einer  heissen  Lösung  vo 
kohlensaurem  Natron,  nachher  mit  reinem  Wasser  gewaschen  und  si 
letzt  wiederholt  aus  Alkohol  oder  Aether  umkrystallisirL  Es  bildi 
alsdann  grosse  weisse,  glänzende  Schuppen  von  angenehmem  schwachei 
an  Anisöl  erinnernden  Geruch  und  brennendem  Geschmack,  ist  ii 
Wasser,  selbst  kochendem,  unlöslich,  in  Alkohol  und  Aether,  besonder 
in  heissem,  sehr  leicht  löslich.  Die  Krystalle  schmelzen  nahe  bei  27^0 
und  erstarren  beim  Erkalten  wieder  zu  einer  festen,  weissen,  ki] 
stalUnischen  Masse.  In  höherer  Temperatur  destillirt  der  Aether  xa 
verändert  Über.  Mit  Alkalien  bildet  er  nicht  wie  das  fialicylsaoi 
Methyloxyd  salzartige  Verbindungen;  mit  concentrirter  Kalilauge  erhiti 
zerfallt  er  in  Holzgeist  und  Anisylsaure;  in  Berührung  mit  Ammonia 
verwandelt  er  sich  in  Holzgeist  und  Anisylamid. 


Anisylwasserstoff.  31 

Chlor  nnd  Brom  wirken  lebhaft  auf  den  Aether  ein  and  erzeugen 
duiit  SobstitationsprodaGte,  chloranisylsaure«  und  bromanisylsaures 
MetkyloxTd  (b.  d.  unten),  worin  1  Aeq.  Chlor  oder  Brom  die  Stelle  von 
1  Aaq.  Wasserstoff  einnehmen.  —  Bauchende  Salpetersäure,  in  kleinen' 
AitfaeileD  hinmgefClgt,  bringt  eine  so  lebhafte  Beaction  hervor,  dass  man 
d»  6«&8S  abkühlen  mnss ;  das  Product  ist  nitranisylsaures  Methjloxjd. 

Die  übrigen  Salze  der  Anisylsäure  sind  nicht  näher  untersucht. 
Die  wMserige  Losung  des  Ammoniaksalzes  giebt  auf  Zusatz  von  Chlor- 
ürootioiD  erst  nach  einiger  Zeit  eine  ans  kleinen  sechsseitigen,  sehr 
gJÄnzenden  Blättchen  bestehende  Fällung.  Chlorcalcinm  bewirkt  in 
ooneeDtrirter  Lösung  sogleich,  in  verdünnter  erst  nach  einiger  Zeit, 
eben  krystallinischen  Niederschlag.  Schwefelsaure  Magnesia  bringt 
kerne  Fallung  hervor.  Das  Silbersalz  bildet  einen  in  Nadeln  krystalli- 
arenden,  in  kochendem  Wasser  etwas  lösUchen,  das  Zink-  und  Queck- 
alberoxydulsalz  einen  weissen,,  das  Kupfersalz  einen  blänlichweissen, 
hi  Eisenoxydsalz  einen  gelben  aus  mikroskopischen  Nadeln  bestehen- 
den Niederachlag.  (Ä  K.)  St 

Anisylwasserstof fy  Hydryre  dAnisyUy  anisylige 
Siare,  Anisaldehyd,  Anisal.  Oxydationsproduet  des  Anisalko- 
itols  und  des  Anisstearoptens;  von  Gahours^)  entdeckt. 

Formel:  C,6»804  =  ^«^'g*j  =  C(Ci,  c^fi^jo,)02J 

Diese  dem  Salicylwasserstoff,  Benzoylwasserstoff  und  dem  Aldehyd 
der  Aoetylreihe  correspondirende  Verbindung  entsteht  neben  Anisylsäure, 
wenn  Anisstearopten  mit  verdünnter  Salpetersäure  erhitzt  wird,  und 
nacht  den  Hauptbestandtheil  des  schweren  rothen  Oels  aus,  das  sich 
Heti  za  Anfang  der  Operation  bildet  und  zu  Boden  sinkt.  Nach  Can- 
nizzaro  und  Bertagnini^  verfährt  man  zur  Darstellung  des  Anisyl* 
«ssaerstoffs  am  besten  auf  folgende  Weise :  Anisöl  wird  mit  dem  drei- 
&cben  Volumen  verdünnter  Salpetersäure  von  1,106  specif.  Gewicht 
(=14^Baam^)  ungefähr  eine  Stunde  lang  in  gelindem  Sieden  erhalten, 
<hs  entstandene  schwere  ölf  örmige  Product  zuerst  mit  Wasser ,  dann 
Biit  Terdünnter  Kalilösung  gewaschen  und  destillirt  Das  Destillat  wird 
^vanf  mit  einer  warmen  Lösung  von  zweifach-schwefligsaurem  Natron 
f^  etwa  1,25  specif.  Gewicht  geschüttelt,  wodurch  eine  krystallinische 
Verbindung  des  Salzes  mit  Anisylwasserstoff  entsteht  (s.  unten),  die  man 
of  einem  Trichter  sammelt  und  nach  dem  Abtropfen  der  Flüssigkeit 
Klange  mit  Weingeist  wäscht,  bis  sie  vollkommen  weiss  ist,  und  der 
^essende  Weingeist  sich  auf  Zusatz  von  Wasser  nicht  mehr  trübt. 
^  Verbindung  wird  darauf  in  der  möglichst  kleinen  Menge  heissen 
^tfsers  aufgelost  nnd  mit  einem  Ueberschnss  einer  concentrirten  Lö- 
inigvon  kohlensaurem  Kali  erhitzt,  worauf  sich  der  Anisylwasserstoff 
^  anfschwimmende  Schicht  abscheidet,  die  abgenommen  und  von  einem 
^igen  Gehalt  an  eingeschlossener  salzhaltiger  Flüssigkeit  durch  De- 
^>U>tion  gereinigt  wird. 

Aas  dem  Anisalkohol  (C16H10O4)  entsteht  der  Anisylwasserstoff 
'^  dnrch  die  schwächsten  Oxydationsmittel.  Setzt  man  ihn  mit  Pla- 

0  AnnaL  de  Chim.  et  de  Phys.  [8.]  T.  XIY,  p.  484;  Annal.  d.Chem.  u.  Pharm., 
■*•  LVI,  8. 307.  JoüTn.  f.  prakt.  Chem.,  Bd.  XXXTI,  S.  422.  — -  »)  11  nuovo  Ci- 
*^  li  p.  99.    Im  AuBi. :    Ajinal.   d.  Chem.  u.    Pharm.,    Bd.  XCTIII,  S.  189. 


32  Anbvlwasserstoffl 


tui^wars  gemenzt  der  EiBwiratns  der  Luft  aas.  to  xei^  nch  aehon 
n^ca  kmcr  Zeit  der  Gemcb  de«  Aiii«jiwa5«er»totfei ;  die  Oxydation 
§eiiraust  /ed^>rk  *«ar  Tkich  weiter  ioru  in  dem  «ich  Anisrlsaure  bildet' 

Im  räbtn  Za^tande  bild<:t  d«rr  Aci«Ylwa««er?ioff'  eine  schwach  gelb- 
li^iic  F.>*izkeit  von  l.f»';>  *peciL  GewieLt  bei  20'  C«  deren  Farbe  mit 
der  Zeit  uatz,€X  dunkler  wird.  £r  besitzt  ein^rn  aroiD^Btijchen  Gemch  and 
br«r!L»es>let;.  Geäe:.jnack.  siedet  zwischen  2^*3' bi«  :f55''C^  ift  mit  Wein- 
^i.41  8bd  Aetcer  in  jedem  VerhÄloii^s  mi«c!.b.«r,  in  W&saer  nnr  wenig 
l'**.lt2i.  d.'^  ertbelit  er  demselben  »einen  eigenthümlichen  heaartigen 
O^m**^^.  Ai^üi  er^Dcentrirte  Schwefci?äure  lö5t  ihn  aof  und  färbt  sich 
ds^atl-t  d\iZi£<'.ThiL^  Wa4^9«r  »clieidet  imle»»  onTeränderten  AnisjlwaaBer- 
¥Uj€  wieder  ab.  —  DerLoit  aasgeäetzt,  nimmt  er  allmälig  Saaerstoff 
*rj£,  \z^i  Tcrwandelt  «ich  in  AnisyLänre;  weil  rascher  erfolgt  diese 
Oxri^vi  in  B^rjhrang  mit  Platinschwarz  und  beim  Kochen  mit  ver- 
•l-i'.UT  hilp-rter^aare.  Concentrirte  Säore  Tcrwandtrlt  ihn  in  Nitraniayl- 
*auir*-  —  Brom  entzieht  ihm  Wai»er*t«»ff  und  finrt  ihn  unter  Ent- 
wirrte. *r»e  Ton  Brom wa^^erstofiTsras  in  Ani-svlbromii  I5.  d-)  ober.  Chlor 
wLr4.t  i».  ähn.ict^r  Wei«e  daniuf  ein  ^ä.  Ani^ylchloridX  —  Schmel- 
zende« tk^libydrat  verwandelt  ihn  unter  Wasserstoffentwickelong  in 
Ar-1*  7 !*»:!»*  r*.  d-;:  weingeistige  K:>lilösnng  sp-ltet  ihn  in  Anisylaäore 
••  1  Ax-U^IkoLol  (*.  d.)-  —  Pho  5  phorsnp  er  Chlorid  wirkt  heftig  dar- 
a*«-/  e:r^  e«  entwickelt  «ich  viel  Gas,  und  m  :n  erhält  in  der  Vorlage  eine 
f*fr,r.'j*:  >i/>rjge  einer  Flüssigkeit,  welche  aus  Phosphoroxychlorid  und 
eio^o  betcralen  Oel  von  starkem  terpentinartigen  Geruch  besteht;  in 
der  Rec//rte  bleibt  eine  feste  schwarze  Masse  zurück. 

Der  Ani^ylwai'serdtoflr  scheint  sich  nicht  wie  der  Acetyl Wasserstoff 
(A^0^ia\'itr.t\A)  mit  Basen  zu  vereinigen;  von  Kalilauge  wird  er  selbst 
\rH\  fi^'ß%keTf:T  Concentration  in  der  Kälte  nicht  aufgenommen,  und  ob- 
worii  bei  2irth:>«tendem  Kochen  allmälig  Auflösung  erfolgt,  so  scheint 
di*r*<ibe  d'ch  nur  von  der  Oxydation  zu  Anisylsäure  herzurühren.  Da- 
gegen verwandelt  der  Anisvl Wasserstoff  sich  durch  Einwirkung  von 
Ammoniak  in  ein  Uydramid,  ähnlich  wie  Benzoyl Wasserstoff,  welches 
dann  Wim  Erhitzen  in  eine  Base  das  Anisin  (s.S. 33)  übergeht.  Mit 
allen  übrigen  Aldehyden  hat  der  Anisvl  Wasserstoff  auch  die  Eigenschaft 
gemdn,  sich  mit  zweifach -schwefligsauren  Alkalien  zu  krystallinischen 
Verbindungen  zu  vereinigen;  bis  jetzt  ist  nur  die  Verbindung  von 
Anisylwa?serstoff  mit  zweifach-schwefligsaurem  Natron  von 
Bertagnini^)  analysirt  worden;  die  Zusammensetzung  derselben  ist: 
NafJ  .  2 SO«  +  CieHßO*  +  HO.  Schüttelt  man  Anisylwasserstoff 
mit  einer  Lösung  von  zweifach  -  seh wefligsaurem  Natron  von  ungefähr 
1,25  j»pccif.  Gewicht,  so  erhält  man  eine  butterähnliche  Masse,  die  als- 
bald deutlich  kryst^iliinisch  wird.  Durch  Filtration,  Pressen  zwischen 
Fliesspapier  und  Umkrystallisiren  aus  siedendem  Weingeist  oder  warmem 
Wa^per,  dem  man  etwas  zweifach-schwefligsaures  Natron  zusetzt,  wird 
die  Verbindung  in  zarten  weissen ,  sehr  glänzenden  Blättchen  erhalten. 
Die  reine  Verbindung  löst  sich  schon  in  kaltem  Wasser,  scheidet  sich 
aber  auf  Zusatz  von  zweifach  -  schwefligsaurem  Natron  fast  vollständig 
wieder  ab.  Wird  die  wässerige  Lösung  ohne  Zusatz  des  letzteren 
Salzes  erwärmt,  so  zersetzt  sie  sich  unter  Trübung  und  Abscheidung 
von  Anisylwasserstoff,  während  schweflige  Säure  entweicht.  Durch  Zu- 

')  Annali  dcU'  üniversiU  Toskana,     Tomo    III.     Annal.   d.    Chem.    u.   Pharm., 
Bd.  LXXXV,  S.  268. 


Anisylwasserstoff.  33 

ttti  TOD  Sänren  oder  Alkalien  wird  der  Anlaylwasseratoff  vollständig 
aos  der  LoBong  abgeschieden,  indem  in  beiden  Fällen  das  zweifuch- 
sehwefligsaure  Salz,  mit  welchem  der  Anisylwasserstoff  verbunden  war, 
zerstört  wird. 

Die  entsprechenden  Kali-  und  Ammoniakverbindungen  werden  in 
gleicher  Weise  wie  das  Natronsalz  erhalten,  und  sind  diesem  in  jeder 
Beziehang  ähnlich. 

Anishydramid, 

da«  Prodoct  der  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  Anisyl Wasserstoff 
L«t  von  Cahours  1)  entdeckt  und  untersucht,  seine  empirische  Formel 
ist:  C4gHt4N3  06.  Seine  Bildung  aus  den  Elementen  des  Anisylwasser- 
Stoffs  und  des  Ammoniaks  l&sst  sich  durch  folgende  Gleichung  aus- 
drücken: 

SXuHjOj      +      2NH,    =    C48Hj4NjO«    +    6H0. 

ÄDisylwasserstoff  Anishydramid 

Das  hinsichtlich  seiner  BUdungsweise  und  Zusammensetzung  dem 
Hjdrobenzamid  und  dem  sogenannten  Salicylimid  correspondirende  Anis- 
hydrunid  wird  dargestellt,  indem  man  Anisylwasserstoff  mit  dem  f ün{- 
(aehen  Volumen  einer  gesättigten,  wässerigen  Ammoniaklösung  über- 
gieut  und  damit  in  einem  verschlossenen  Gefässe  sich  Überlässt  Nach 
einiger  Zeit  sieht  man  stark  glänzende  Krystalle  sich  darin  absetzen, 
welche  sich  allmftlig  vermehren,  bis  nach  einigen  Wochen  das  Oel 
ginzlich  in  eine  feste  krystallinische  Masse  verwandelt  ist.  Dieselbe 
wird,  am  noch  etwa«  beigemengten ,  unzersetzten  Anisylwasserstoff  zu 
eotf^en,  zwischen  Fliesspapier  gepresst  und  getrocknet  Das  Anis« 
bjdramid  bleibt  abdann  in  schneeweissen  Krystallen  rein  zurück,  wel- 
che aas  harten,  leicht  zu  pulvernden  Prismen  bestehen.  Es  besitzt 
meist  einen  schwachen  Geruch,  den  man  nur  sehr  schwer  entfernen 
kuin,  ist  in  Wasser  unlöslich,  löslich  in  kochendem  Alkohol,  Aether 
ond  gelinde  erwärmter  concentrirter  Salzsäure,  und  setzt  sich  daraus 
b»m  Erkalten  krystallinisch  wieder  ab.  Es  schmUztbei  ungefähr  120<>C. 
und  verwandelt  sich  beim  Erhitzen  auf  Ißb^  bis  170®  C.  in  eine  orga- 
niiche  Base,  Anis  in  (s.  d.)- 

Wie  die  Elemente  jener  Verbindung  geordnet  sind,  lässt  sich  ge- 
geowirtig  eben  60  wenig  mit  einiger  Sicherheit  angeben,  als  wir  eine 
Mich  nur  einigermaaseen  wahrscheinliche  Hypothese  über  die  che- 
nUche  Constitution  des  Hydrobenzamids  und  Salicylimids  aufzustellen 
im  Stande  sind.  Auch  über  ihre  chemische  Natur  befinden  wir  uns 
gänzlich  im  Unklaren.  Wir  begegnen  hier,  wie  so  häufig  in  der  orga- 
nischen Chemie  einer  Verdreifachung  eines  Atom  com  plexes,  ohne  uns 
von  dein  inneren  Vorgange  Rechenschaft  geben  zu  können. 

Erhitzt  man  Anishydramid  etwa  2  Stunden  lang  auf  1650  bis  ITO^C, 
90  Terwandelt  es  sich  unter  Beibehaltung  des  Ansehens  und  ohne  Aen- 
^Dg  der  Zusammensetzung  in  eine  organische  Base,  das 

Anisin^ 

^'onBertagnini  ^)  entdeckt,  dessen  empirische  Formel C48H24N9O6  ist; 
die  rationelle  Zusammensetzung  ist  noch  nicht  ermittelt.  Um  es  zu  rei- 

0  Amud.  de  chim.  et  phys.  [8.]  T.  XIV,  p.  488.  AnnaL  d.  Chem.  u.  Pharm. 
^  lYl  S.  809.  —  *)  AnnaL  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd   LXXXVni,  S.  127. 

R«MwMirbaeh  der  Chmnte.  9te  Aufl.  Bd.  II.  3 


34  Anitrohurain.   —  Anlassen. 

nigen,  löst  man  es  in  siedendem  Weingeist,  versetzt  mit  Salzsäare  und 
trennt  das  während  des  Erkaltens  sich  abscheidende  Salz  von  der  Mut- 
terlauge. Durch  Zersetzung  desselben  mit  Kali  oder  Ammoniak  und 
Kry stall isation  des  abgeschiedenen  Anisins  aus  weingeistiger  Lösung 
erhält  man  es  in  durchsichtigen  Prismen.  Es  ist  in  kaltem  und  heis- 
sem  Wasser  fast  unlöslich,  wenig  löslich  in  Aether,  leicht  loslich  in 
Weingeist.  Die  Lösungen  schmecken  bitter  und  reagiren  stat'k  alkalisch. 
Das  chlorwasserstoffsaure  Anisin,  C48H24N20e  •  HGl^ 
krystallisirt  in  weissen  stark  glänzenden  Nadeln,  die  sich  in  Wasser 
wenig,  in  Weingeist  leicht  lösen.  Bei  100®  C.  getrocknet,  hat  es  die 
obige  Zusammensetzung,  im  lufttrockenen  Zustande  soll  es  2V2  Aeq. 
Wasser  enthalten.  —  Mit  Platinchlorid  bildet  das  chlorwasserstoffsaure 
Anisin  ein  in  blass  orangerothen  Blättern  krystallisirendes  Doppelsalz 
von  der  Zusammensetzung  C48  Hj4  Nj  O«  .  H  €l  -|-  PtClj.  Es  ist  in 
Weingeist  schwer  löslich.  St 

Anitrohumin  1    ,     „  .....,,,. 

l    hat  Hermann  *)    stickstofffreie 

Anitrohuminsäure)    Humnssubstanzen    genannt,     welche, 

nach  ihm,  besonders  darch  Einwirkung  von  Schwefelsäure  auf  Zucker 

bei  Abschluss  der  Luft  entstehen,  und  für  welche  er  die  von   Ma- 

laguti  gegebene  Zusammensetzung  CgoHisOis  annimmt  (s.  Humus). 

Anitrokrensäure,         (Ci5H„Oi4)j  nennt  Hermann  ver- 

Anitrooxykrensäure,(CioaiO/0>  «chiedene   Btickstoff- 

•^  V  A-    a     »  ^  1  ly^j^  Beatandtheüe  des 

Anitrosatzsäure,  (CaoHiaOia)'  Humus,  für  welche  er 

die  beigefügten  Formeln  giebt  (s.  Humus). 

Anker  lt.  Ein  zum  Dolomit  gehörendes  Mineral,  bestehend 
aus  gleichen  Atomen  kohlensauren  Kalks  und  kohlensaurer  Magnesia, 
welche  letztere  zum  Theil  ersetzt  ist  durch  kohlensaures  Eisenoxydul 
und  kohlensaures  Manganoxydul  (s.  Dolomit).  Lässt  sich,  nach  Ber- 
thier^),  mit  kohlensaurem  Natron  zu  einer  krystallinischen  Verbin- 
dung zusammenschmelzen.  p. 

Anlassen  (recoquere;  recuire;  reeuit;  tempering^  letiing  down). 
Viele  Metalle  oder  Metalllegirungen,  welche  durch  Hämmern,  Walzen 
u.  dergl.  oder  durch  rasches  Abkühlen  hart  und  spröde  geworden  sind, 
verlieren  durch  Erhitzen  bis  zu  einer  passenden  Temperatur  und  langsa- 
mes Abkühlen,  das  „Anlassen",  einen  Theil  der  Härte  und  Sprödigkeit. 
Das  Anlassen  kommt  besonders  beim  gehärteten  Stahl  (s.  d.  Art)  in  An- 
wendung, wo  es  den  Zweck  hat,  ihm  so  viel  Sprödigkeit  zu  nehmen,  dass 
er  zu  Schneidwerkzeugen,  Sägen  u.  dergl.  dienen  könne.  Auch  Kupfer, 
Silber,  Gold  und  andere  Metalle  müssen  beim  Aushämmern  und  Auswal- 
zen, wenn  sie  nicht  Risse  bekommen  sollen,  wiederholt  erhitzt  werden; 
diese  Metalle  werden  hierbei  stärker  als  der  Stahl  bis  zur  dunklen 
Rothglühhitze  erhitzt,  man  nennt  diese  Operation  hierbei  deshalb  ge- 
wöhnlich das  Ausglühen.  Auch  das  langsame  Abkühlen  des  Glases 
in  den  stark  erhitzten  Kühlöfen  (s.  Glas)  ist  eine  Art  Anlassen,  in* 
dem  dadurch  dem  Glase  auch  eine  gewisse  Elasticität  ertheilt,  und  die 


0    Journ.    f.   prakt.   Chem.    Bd.  XXII,    S.  66;    Bd.  XillT,    S.  375;  Bd.  XXV 
S.  189.  —    «)  Pogg.  Annal.  Bd.  XIV,  S.   103. 


Anlaufen.  —  Anoxoluin.  35 

alljogroffie  Neigung  zu  zerspringen ,  wie  sie   z.  B.  schlecht  gekHhlteff 
Glas  oder  die  Bologneser  Flaschen  haben,  genommen  wird.  Fe. 

Anlauf  e  n  nennt  man  die  Erscheinung,  wenn  ein  Metall  seine  ur- 
iprünglieh  blanke  Oberfläche  verliert  und  »ich  mit  einem  dünnen 
Ueherzug  bedeckt,  und  dadurch  der  Metallglanz  mehr  oder  weniger 
atmimmt;  so  laufen  die  meisten  Metalle  besonders  an  feuchter  Luft  durch 
alJmälige  Oxydation  an,  das  Silber  läuft  an  in  einer  Atmosphäre, 
velche  Schwefelwasserstoff  enthält,  durch  Bildung  einer  Schicht  von 
Schwefelsilber.  Das  Anlaufen  zeigt  sich  besonders  beim  Anlassen 
(9.  d.)  des  Stahls  an  der  Luft,  und  zwar  zeigt  sich  hier  in  Folge  der 
oberflächlichen  Oxydation  eine  gelbliche,  röthliche  oder  bläulich  ge- 
färbte Oxydschicht,  es  treten  die  sogenannten  Anlauffarben  auf  (s. 
Stahl),  die  aber  nur  in  Folge  von  Oxydation  sich  bilden,  und  daher 
Dcht  erscheinen  beim  Erhitzen  des  Metalls  in  einem  sauerstoflfTreien 
Gaue.  Die  Farben  entstehen  hier  durch  die  verschiedene  Dicke  der 
Oxydschicht  in  Folge  einer  Interferenz  des  Lichtes,  in  gleicher  Weise 
wie  solche  Farben  bei  reinem  Arsen,  das  kurze  Zeit  der  Luft  ausge- 
bt war,  bei  abgestandenen  Fenstergläsern  in  Ställen  u.  dergl.,  dann 
bei  SdfenblaBen  u.  s.  w.  sich  zeigen.  Fe, 

Anode  (aus  ai/a,  aufwärts  und  080g ^  der  Weg  vom  Sonnen- 
aofgang).  Eine  von  Faraday  eingeführte  jetzt  sehr  gebräuchliche 
Bezeichnung  für  diejenige  Elektrode,  welchß  sich  an  der  östlichen  Seite 
der  elektrolytischen  Flüssigkeit  befindet,  wenn  man  sich  den  elektri- 
sehen  Strom,  nach  der  gewöhnlichen  Terminologie,  von  Osten  nach 
Westen  durch  den  Elektrolyten  gehend  denkt.  An  der  Anode  treten 
^er  bei  der  elektrolytischen  Zerlegung  der  Oxyde  Sauerstoff,  bei 
Zersetzung  der  Chloride  Chlor,  der  Sulfide  Schwefel,  der  Salze  Säuren 
«.  8.  w.,  überhaupt  die  elektronegativen  Bestandtheile  der  zerlegten  Ver- 
bindiingen  auf;  wir  können  daher  den  Ausdruck  in  gewisser  Beziehung 
^gleichbedeutend  mit  positivem  Pol  nehmen  (s.  Elektrolyse  und 
Elektrolyt).  Fe, 

Anorthit,  ein  zuerst  von  6.  Rose  als  eigenthümliche  Species 
okanntes  Mineral  der  Feldspathfamilie.  Seine  chemische  Stellung  in 
Bieter  Familie  findet  man  in  dem  Artikel  Oligoklas  (erste  Aufl.  des 
Haadwörterbuchs)  näher  angegeben.  Th.  S. 

An  Otto.  Wenig  gebräuchliches  Synonym  für  Orlean  (s.  erste 
KjOl  Bd.  V,  S.  739). 

Anoxoluin  ^).  Nach  Leconte  und  Goumoens  sind  im  Fi- 
brin, im  Mnskelfaserstoff,  dem  Albumin,  Yitellin,  Globulin  und  Caaeiii 
zwei  verschiedenartige  Stoffe  enthalten,  von  denen  der  eine  sich  in 
Heigdäurehydrat  (Eisessig)  löst,  während  der  andere  darin  unlöslich 
itt;  den  ersteren  nennen  sie  Oxoluin,  den  in  Essigsäure  unlöslichen 
Bestaadtheil  Anoxoluin;  im  Fibrin  und  in  der  Muskelfaser  soll  da» 
Anoxoluin  sich  auch  durch  seine  faserige  Beschaffenheit  von  dem  kör- 
ugen  Oxoluin  mittelst  des  Mikroskops  unterscheiden  lassen.  Weiter 
i^  das  Anoxoluin  charakterisirt  dadurch ,   dass  es  sich  in  verdünnter 


^  Compt.    rend.   de    Vacad.    T.   XXXVI,  p.  834.     Vierteljaliresschrift  f.   prakt. 
Pktnn.  Bd.  ül,  S.  40. 


3 


« 


36  Anoxydische  Körper.  —  Anthokirrin. 

Schwefels&nre  mit  röthlicher  Farbe  löst,  während  das  Oxoluin  sich  nur 
wenig  und  mit  gelblicher  Farbe  löst;  durch  salpetersaures  Quecksilber- 
oxyd-Oxydul wird  das  erste  carminroth  gef&rbt;  das  zweite  nur  hell 
rosenroth;  Chromsäure  löst  das  erste  bei  lOO^'C.  mit  rothbrauner  Fär- 
bung, wirkt  aber  auf  Oxolnin  nicht  ein;  Salzsäure  löst  jenes  in  der 
Wärme  leicht  und  mit  violetter  Farbe,  das  letztere  aber  nur  wenig  und 
mit  gelblicher  Farbe;  eine  siedend  gesättigte  Weinsänrelösnng  löst  das 
Anoxoluin  leicht  auf,  das  Oxoluin  nicht  Fe. 

Anoxydische  Körper  nennt  H.  Rose  solche  anorgani- 
sche Körper,  wie  Phosphor  u.  a.,  welche  er  in  den  Pflanzen  als  ganz 
desoxydirt  enthalten  annimmt. 

Anquicken  s.  Amalgam  u.  Amalgamation. 

Anschiessen,  d.  i.  das  langsame  Abscheiden  von  Krystallen 
aus  Flüssigkeiten,  s.  Krystallisiren. 

Antalogen«  Ein  von  Schweigger  vorgeschlagener,  aber 
nicht  angenommener  Name  für  das  Jod,  weil  es  gegen  Chlor  (Halo- 
gen) sich  positiv  verhält.  P. 

Anthemis  arvensis^  Ackerkamille.  Die  blühende  Pflanze 
enthält  im  trockenen  Zustande  9,7  Proc.  Asche,  welche  in  100  Thln.  be- 
steht aus:  80,6  Kali;  7,1  Chlorkalium;  16,0  Kalk;  8,7  Magnesia;  4,8 
phosphorsaurem  Eisenoxyd;  9,9  Phosphorsäure;  4,6  Schwefelsäure; 
14,8  Kohlensäure;  6,8  Kieselsäure  i). 

Anthokirrin.  Riegel*)  hat  die  gelben  Blumen  von  Antir- 
rhmum  Unaria  L*  oder  Linaria  wdgarit  B.  untersacht,  indem  er  die 
Menge  Zucker,  Schleim,  Chlorophyll  u.  s.  w.  bestimmte.  Dabei  hat  ei 
dann  den  gelben  Farbestoff  der  Blüthen  wahrscheinlich  noch  unrein 
abgeschieden,  jedenfalls  sehr  unvollständig  untersucht;  diesen  Farbe- 
stoff non  nennt  er  Anthokirrin,  richtiger  wäre  der  Name  Antirrhin, 
wenn  nicht  der  Korper,  wie  es  scheint,  mehr  saure  als  basische  Eigen- 
schaften besitzt;  doch  ist  es  am  besten,  eine  passendere  Benennung  bi< 
zu  seiner  näheren  Kenntniss  auszusetzen.  Um  ihn  darzustellen,  werdet 
die  Blumen  in  der  Wärme  mit  Alkohol  ausgezogen,  das  beim  Ab- 
dampfen bleibende  Extract  mit  kaltem  Wasser  behandelt,  und  der  darit 
unlösliche  Theil  in  Alkohol  gelöst;  das  durch  Abdampfen  erhaltene 
Extract  mit  Aether  digerirt,  bei  dessen  Verdampfen  dann  endlich  dei 
Farbestoff  in  krystallinischen  Wärzchen  sich  absetzt 

Nach  einer  anderen  Darstellungsmethode  wird  das  Alkoholextraci 
in  heissem  Wasser  gelöst  und  dann  Kalkwasser  zugesetzt,  so  lange  siel 
ein  rother  Niederschlag  bildet,  der  mit  Essigsäure  versetzt  und  nacl 
dem  Abdampfen  mit  Alkohol  behandelt  wird ;  die  Lösung  wird  mit  Blei 
zucker  gefällt,  der  Niederschlag  durch  Schwefelwasserstoff  zersetzt,  dai 
Filtrat  abgedampft  und  mit  Aether  ausgezogen.  Durch  Umkrystallisi- 
ren  aus  Alkohol  wird  das  sogenannte  Anthokirrin  in  blassgelben  ge 
mch  -  und  geschmacklosen  warzenförmigen  Krystallen  erhalten ;  dies< 
lösen  sich  schwierig  in  Wasser,  leichter  in  Alkohol,  Aether  oder  äthe 


>)  Raiing,  Annal.  d.  Ghem.  a.  Pharm.  Bd.  LVI,  S.  122.—  *)  Jahrb.  f.  praki 
Ghem.  1868,  Bd.  XXVn,  S.  16,  74  u.  129.  —  «)  Jahrb.  f.  prakt.  Pharm.  Bd.  ^ 
(1842;,  S.  148.    Pharm.   GctttrAlbl.   1848,  S.  454. 


Anthokyan.  —  Anthracit  37 

risdien  LöBangeB.  Beim  Erhitzen  schmilzt  der  Farbeatoff  leicht,  und 
nbliniirt,  wie  es  scheint,  unzersetzt.  Die  reinen  fixen  Alkalien  lösen 
«8  mit  rother,  Ammoniak  nnd  kohlensaure  Alkalien  mit  dunkelgelber 
Fube,  diese  Lösungen  werden  durch  Säuren  gelb  gefällt.  Es  löst  sich 
in  den  Blineralsäaren  mit  rother  Farbe,  die  Flüssigkeiten  färben  sich 
beira  Stehen  gelb.  Die  concentrirte  wässerige  Lösung  wird  durch  esaig- 
nores  Blei  gelbroth ,  durch  Kupfersalze  grüngelb,  durch  ZinnchlorÜr 
pomeranzengelb  gefällt.  MitThonerdehydrat  bildet  es  einen  blassgelben 
Lack. 

Die  Blflthen  der  Linaria  werden  wohl  zuweilen  zum  Gelbfärben 
angewendet,  die  damit  gefärbten  Zeuge  sind  hellgelb,  werden  an  der 
Luft  aber  schmutzig  gelb.  Fe. 

Anthokyan  s.  Blau  der  Blumenblätter. 
Antholeucin  s.  Weiss  der  Blumenblätter. 

Anthophyllit,  ein  zur  Amphibol  -  Farn  ilie  gehöriges  Mineral 
(i.  Hornblende). 

Anthosiderit.  Feinfaseriges,  in  blumigstrahl  igen  Aggrega- 
tes vorkommendes  Mineral ,  nach  Schnedermnnn's  A nalyse  von  der 
Zuammensetzung  Fe2  O3  . 3  SiOg  -f-  H  O.  Ockergelb  bis  gelblichbraun. 
Fjodet  sich  zu  Antonio  Pereira  in  Minas  Geraes,  Brasilien.        Th,  JS\ 

Anthoxanthin  s.  Gelb  der  Blumenblätter,  erste 
Aul  Bd.  ni,  S.  427. 

Anthoxanthum  odoratum.  Way  0  hat  die  Zusammen- 
^^^z^S  ^^  gcg^n  Ende  Mai  (1849)  gesammelten  aromatischen  Futter- 
grases  ermittelt;  100  Theile  frisches  Kraut  enthalten: 

2,0  Froc.  Proteinsubstanzen, 
0,7     „      Fette, 

8,5     „      Zucker,  Stärkmehl  u.  s.  w., 
7,2     „      Holzfaser,  ^ 

1,2     „      Asche, 
80,4     „      Wasser.  F«. 

Anthracen,  Anthracin,  syn.  mit  Paranaphtalin 

(!.  eiste  Aud.  Bd.  VI,  S.  87). 

Anthracit;  Kohlenblende.  (Anthracite;  Blind-Coal). 
Während  wir  die  fossilen  Pflanzenreste  der  Flötzformation  als  Stein- 
bhle  finden,  treten  die  Pflanzenresl^  der  Uebergangsformation  als 
Anthracit  auf.  Derselbe  ist  daher  gewissermaassen  als  älteste  Stein- 
Mle  zu  betrachten.  Scharfe  Grenzen  oder  Unterscheidungsmerkmale 
zwiscben  Anthracit  und  Steinkohle  exbtiren  nicht,  obwohl  beide  Ge- 
bilde in  ihren  Extremen  erheblich  von  einander  verschieden  sind. 

In  chemischer  Hinsicht  pflegt  man  anzunehmen,  dass  die  Anthracite 
^  bis  98  Proc,  die  Steinkohlen  dagegen  unter  90  Proc.  Kohlenstoff 
halten.  Aber  auch  in  geognostischer  Beziehung  lassen  sich  die  An- 
tkncite  —  wenn  zugleich  ihre  chemische   Znsammensetzung  berück- 


*)  Jonni.  BoT»l.  Agric.  Soc.  of  Engl.  T.  XIV,  p.  171;  Pharm.  Centralbl.  1858. 


38  Aiithracokali.  —  Anthracometer. 

sichtigt  wird  —  nicht  scharf  von  den  Steinkohlen  sondern;  denn  selbst 
innerhalb  der  Flötzforination  kommen  —  in  chemischer  Beziehung  — 
Anthracite  vor.  Diese  wurden  wahrscheinlich  durch  Einwirkung  von 
Eruptivgesteinen  auf  Steinkohlen  gebildet. 

Der  am  meisten  charakteristische ,  d.  h.  kohlenstofTreichste  und 
daher  von  gewöhnlicher  Steinkohle  am  meisten  verschiedene  Anthracit 
bildet  amorphe,  eisenschwarze  bis  graulichschwarze,  spröde  Massen  von 
btarkem  metallartigen  Glanz,  muschligem  Bruch,  einem  specif.  Gewicht 
bis  gegen  1,7  und  einem  Härtegrade  zwischen  Gyps  und  Kalkspath, 
Strich  graulichschwarz.  Er  verbrennt  weit  schwieriger  als  Steinkohle 
und  bedarf,  wenn  er  zu  hüttenmännischen  Processen  angewendet  wird, 
wie  z.  B.  in  Schottland,  England  und  Nordamerika,  einer  stark  ge- 
pressten  Gebläseluft,  giebt  alsdann  aber,  wegen  seines  hohen  Kohlen- 
stoffgehaltee ,  einen  höheren  pyrometrischen  Wärme -Effect  als  Stein- 
kohle. 7%.  6\ 

Aiithracokali,  von  av^ga^y  (Steinkohle)  und  Kali,  ein  von 
Polga  gegen  Flechten  empfohlenes  Heilmittel.  Es  wird  dargestellt,  in- 
dem man  7  Unzen  geschmolzenes  Aetzkali  über  dem  Feuer  mit  5  Un- 
zen höchst  fein  gepulverter  Steinkohle  zusammenreibt,  dann  vom  Feuer 
nimmt  und  das  Reiben  noch  so  lange  fortsetzt,  bis  man  ein  gleichför- 
miges, schwarzes  Pulver  erhalten  hat,  welches  in  trockenen,  wohl  ver- 
dtoplten  Gläsern  aufzubewahren  ist.  Dies  ist  das  Änthracoludi  simplex. 
Geschwefeltes  Anthracokali  {A,  sulphuratuni)  erhält  man,  wenn  dem 
Steinkohlenpulver  zuvor  Vs  Unze  Schwefelblumen  zugesetzt  ist. 

Nach  Wittstein  soll  man  nicht  Steinkohle,  sondern  Braunkohle 
nehmen  und  die  geschmolzene  Masse  in  einem  eisernen  Löffel  so  lange 
heiss  erhalten,  bis  kein  Aufblähen  mehr  stattfindet.  Ein  solches  Prä- 
parat stellt  ein  sammtschwarzes,  abfärbendes,  bituminös  riechendes  Pul- 
ver dar,  das  an  der  Luft  Feuchtigkeit  anzieht,  stark  alkalisch  reagirt 
und  zugleich  laugenhalt  und  russartig  schmeckt.  Es  löst  sich  in  Was- 
ser grösstentheils  mit  tiefbrauner  Farbe  auf.  Die  Lösung  enthält  hu- 
mussaures Kali,  gebildet  aus  dem  Bitumen  der  Braunkohle,  ausserdem 
Schwefelsäure,  Phosphorsäure,  Kieselsäure  und  Thonerde,  die  durch  das 
schmelzende  Kali  aus  der  Braunkohle  aufgenommen  wurden.  Zusatz 
von  Säuren  bewirkt  einen  Niederschlag  von  Humussäure  und  die  £nt- 
wickelung  eines  bituminösen  Geruchs.  Das  ÄntkracokcUi  stUphuratwn 
enthält  überdies  eine  gewisse  Menge  Einfach -Schwefelkalium.        Wp. 

Anthracolith,  Anthracönit,  ein  durch  Kohle  und  Bitu- 
men schwarz  oder  seh wärzliclib raun  gefärbter  Kalkspath  oder  Kalk- 
stein, besonders  in  einigen  Alaunschiefern  und  ähnlichen,  mit  fossilen 
Pflanzen-  und  Thier festen  imprägnirten  Gesteinen  auftretend.  So  zu 
Andreasberg  am  Harze,  Christiania  in  Norwegen,  Andrarum  in  Scho- 
nen u.  s.  w.  Wenn  das  Bitumen  im  Anthracönit  überhand  nimmt,  ent- 
steht daraus  der  sogenannte  Stinksteiii,  welcher  beim  Heiben  und 
Ritzen  einen  eignen,  an  faule  Thierreste  erinnernden  Geruch  von  sich 
giebt.  Th.  iS. 

Anthracometer,    Kohlensäuremesser,   nannte  A. 

V.  Humboldt  ein  von  ihm  *)  beschriebenes  Instrument,  welches  zur 


0  Gilbert'8  Annal.  Bd.  UI,  S.  77 


Anthrttconit-  —  Anthropin.  39 

fiMtimmung  der  Kohlensaure  in  der  atmosphärischen  Luft  dienen  sollte, 
aar!  aus  einer  getheilten  und  unten  gekrümmten  Glasröhre  besteht  mit 
cioer  daran  sitzenden  Kugel,  in  welcher  die  Kohlensäure  durch  Kalk- 
wauer  oder  Kalilauge  absorbirt  wird.  Dieser  Apparat  ist  jetzt  nicht 
nehr  gebrauchlich  da  wir  andere  haben  (s.  Analyse,  volumetrische 
för  Gase).  (/>.)  Pe. 

Anthraconit  s.  Anthracolith. 

Anthracoxen  hat  Benss  i)  ein  fossiles  Harz  genannt,  welches 
dch  in  2^3  Zoll  mächtigen,  oft  ziemlich  ausgedehnten  Schichten  zwi- 
»hen  den  einzelnen  Lagen  der  Steinkohle  bei  Braudeisl  bei  Schlau 
in  Böhmen  findet.  Das  Harz  ist  von  Laurent  untersucht;  es  ist 
briunlich- schwarz,  in  dünnen  Schichten  mit  hyacinthrother  Farbe 
durchscheinend;  an  der  Oberfläche  glänzend,  mit  kleinmuschligem 
Bruch,  es  ist  spröde,  und  giebt  ein  gelblichbraunes  Pulver ;  es  schmilzt 
beim  Erhitzen  unter  starkem  Aufblähen;  angezündet  verbrennt  es  mit 
nicht  anangenehmem  Geruch,  und  hintcrlässt  eine  schwer  verbrennliche 
Kohle,  welche  Eisenoxyd,  Kalk,  Schwefelsäure  und  Kieselsäure  enthält. 

Das  Harz  scheint  ein  Gemenge  von  mehreren  Substanzen  zu  sein ; 
mit  Aether  digerirt  löst  es  sich  zum  Theil  auf,  während  ein  schwar- 
zer anlöslicher  Rückstand  bleibt ;  dieser  enthält  neben  Aschenbestand- 
theilen  Kohlenstoff,  Wasserstoff  und  Sauerstoff  in  solchem  Verhältniss, 
dus  sich  die  Zusammensetzung  durch  die  Formel  CgoHagOij  aus- 
drücken lässt. 

Die  braune  ätherische  Lösung  des  Harzes  scheidet,  nachdem  der 
Aether  grösstentheils  abdestillirt  ist,  ein  braunes  Pulver  ab ,  welches 
mch  dem  Abfiltriren  und  Trocknen  über  Schwefelsäure  ein  braunes 
Pulver,  Csoüsi  Oy,  giebt. 

An  der  Lufl  liegend  nimmt  dieses  letztere  Plarz  nach  und  nach 
Sauerstoff  auf,  und  wird  dann  in  Folge  der  Oxydation  zum  Theil  in 
Alkohol  löslich ;  die  weingeistige  Lösung  mit  essigsaurem  Kupferoxyd 
und  Ammoniak  gefällt,  gab  einen  flockigen  Niederschlag,  der  (neben 
3)6  Proc.  Knpferoxyd)  ein  Harz  enthält,  dessen  Zusammensetzung 
uheza  der  Formel  CgoH^^Oia  entspricht. 

Der  hier  bei  der  Lösung  in  Alkohol  bleibende  Rückstand  hat  die 
Zusammensetzung  C80H50O8;  dieser  Theil  müsste  aber  am  meisten 
Sioerstoff  aufgenommen  haben.  Fe. 

«    Anthranilsäure    s.    Carbanilsäure    unter  Anilin 

(Bd.1). 

Anthrazothionsäure,  veraltetes  Synonym  für  Rhodan- 
vsMerstoflsäure  oder  Schwefel cyan wasserstoffsäure. 

Anthropin,   Anthropinsäure^).     Helntz   erhielt  bei 

Untersuchung  des  Menschenfettes  neben  der  Stearinsäure  eine  in  gros- 
s<2n  Blattern  krystallisirende  Fettsäure,  welche  er  Anthropinsäure 
oa&ote,  und  die  im  Menachenfett  dann  als  das  Glycerid,  als  An- 
thropin, enthalten  sein  musste.    Er  gab  an,  dass  diese  eigenthiimliche 


')  Joura.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXIX,  S.  428.    —    *)  Pogg.  Annal.  d.  Phys.    u. 
B.  Bd.  LXXXIY,    S.   288;  Bd.   LXXXYII,    S.   668.     Jahresber.  v.   Liebig   u. 
^»PP  1861,  8.  447;  1862,  S.  617. 


40  Anthropinsäore.   —  Antiarharz. 

Säure  die  Formel  MO.C84H81O8  habe,  und  ihr  Schmelzpunkt  bei 
56,2<^C.  liege.  Aus  späteren  Versuchen,  diese  Säure  aus  Hammelfeit 
darzustellen,  schloss  Heintz,  dass  seine  Anthropinsäure  ein  Gemenge 
sei  von  Stearinsäure  mit  Margarinsäure,  oder  vielmehr  aas  Stearinsäure 
und  Palmitinsäure,  da  nach  dem  weiteren  Verfolg  der  Untersuchung 
Heintz  auch  die  Margarinsäure  als  ein  Gemenge  von  Stearinsäure 
imd  Palmitinsäure  ansieht.  Die  sogenannte  Anthropinsäure  konnte 
durch  Umkrystallisiren  aus  Alkohol  wie  durch  fractionirte  Fällung  mit 
essigsaurem  Baryt  in  Stearinsäure  und  Palmitinsäure  getrennt  werden; 
und  durch  Zusammenschmelzen  von  8  Proc.  Stearinsäure  mit  5  bis  6 
Proc.  Margarinsäure  oder  mit  4,5  Proc.  Palmitinsäure  ward  eine  wie 
die  Anthropinsäure  in  breiten  Blättern  krystallisirende  und  bei  56,2<^G. 
schmelzende  Säure  erhalten.  Fe. 

Anthropinsäure  s.  Anthropin. 

Antiarharz.  Von  Pelletier  und  Caventou  ^)  im  £^  on- 
tiar^  dem  Safte  des  Upas-Baumes  {Äntiaria  toxieariä)  entdeckt,  dessen 
sich  die  Eingebornen  des  indischen  Archipelagus  zum  Vergiften  ihrer 
Pfeile  bedienen.    Von  Mulder  ^)  näher  untersucht.    Formel:  CieHijO. 

Aus  dem  trockenen  Safte  des  Upas-Baumes  wird  es  mit  Aether, 
auch  mit  kochendem  Alkohol  ausgezogen,  aus  welchem  letzteren  es  sich 
beim  Erkalten,  gemengt  mit  Wachs,  in  weissen  Flocken  niederschlägt. 
Durch  Auskochen  mit  Wasser,  auf  dem  das  geschmolzene  Wachs  als 
eine  Oelschicht  sich  abscheidet,  und  nochmaliges  Auflösen  in  heissem 
Alkohol  gereinigt,  setzt  es  sich  während  der  Abkühlung  in  sohnee- 
weissen  Flocken  ab,  man  erhält,  nach  Mulder,  von  100  Upas  etwa 
20  Thle.  Harz.  —  Das  Antiarharz  hat  keinen  Geruch,  bei  20® C.  ein 
specif.  Gewicht  von  1,032 ;  es  kann  zu  feinem  Pulver  gerieben  werden 
und  ist  bröckelig  und  glasartig  von  Bruch;  zwischen  den  Fingern  ge- 
halten, klebt  es.  Es  schmilzt  bei  60®  C,  lässt  sich  in  lange  Fäden  zie- 
hen und  giebt  beim  Erkalten  eine  helle,  durchscheinende,  farblose 
Masse;  bei  225<>C.  ändert  es  noch  nicht  seine  Farbe.  In  Wasser  ist  es 
unlöslich,  schmilzt  in  demselben  bei  80<)C.  zu  einer  zähen  farblosen 
Flüssigkeit.  Alkohol  löst  bei  20»  C.  ^/zn  Thl.,  bei  Siedehitze  V44  Thl., 
Aether  bei  20®  C.  Vs  Thl. ;  in  flüchtigen  Oelen  ist  es  ebenfalls  löslich ; 
diese  Lösungen  röthen  Lackmus  nicht.  Bei  gewöhnlicher  Temperatur 
löst  concentrirte  Schwefelsäure  es  mit  gelber,  beim  Erwärmen  unter 
Zersetzung  mit  schwarzer  Farbe  auf.  Durch  Salpetersäure  wird  es  gelb, 
durch  Salzsäure  nicht  verändert,  nur  eine  geringe  Menge  wird  dabei  auf- 
gelöst. Es  absorbirt  weder  trockenes  Salzsäure-,  noch  trockenes  Am- 
nioniakgas  merkbar.  In  schwacher  Kalilauge  vertheilt  es  sich  beim 
gelinden  Erwärmen  in  lange  Fäden,  und  bildet  damit  beim  Kochen  eine 
Emulsion;  starke  Kalilauge  löst  nur  wenig  davon. —  Eine  alkoholische 
Lösung  von  Bleizucker  fällt  die  alkoholische  Lösung  des  Antiarharzes 
nicht,  aber  auf  Zusatz  von  Wasser  bildet  sich  ein  flockiger  Niederschlag. 
Sanpitie^  man  diesen  auf  einem  Filter,  wäscht  ihn  aus  und  trocknet 
nt|^f  Schwefelsäure,  so  erhält  man  eine  pflasterartige  Ma^so,  die  beim 
Kr^^kiWÜi^^ weich    wird  und    in   100  Thln.  aus   23,44   Bleioxyd   und 


"  '*)"  kiibal'.^'^  ohta.'i  tt  de  phys.  T.  XXVI,  p.  67.  —  •)  Natnur  an  Schei- 
künaig  Ärfchkf.  .iD(*#|i$,^St*2.  1887.  Pogg.  AnnaL  d.  Phys.  u.  Chem.  Bd.XUV. 
p.  419.    JoarD.  f.  prakt  Chem.  Bd.  XV,  S.  422. 


Antiarm.  41 

76^6  Hftrs  besteht  Mnlder  glaubt,  das»  in  demselben  8  At.  Harz 
mh  1  At.  Bleioxyd  verbunden  sind;  das  ans  dieser  Verbindung  gefun* 
deae  Atomgewicht  360  muss  also  durch  3  dividirt  werden,  um  das 
richtige  SU  erhalten,  welches  dann  120  ist  und  gut  mit  dem  aus  der 
Formel  Ci^MisOg  berechneten,  116,  übereinstimmt 

Dieses  Harz  besitzt  nicht  die  giftigen  Wirkungen  des  Upas;  4  Milli« 
gnmm  des  Harzes  in  die  Wunde  eines  Kaninchens  gebracht,  zeigten 
nachtheilige  Wirkung.  (Xp.)  Fe. 


Antiarin ^).  Der  wirksame,  höchst  giftige  Bestandtheil  des 
UpoB  antiar\  er  ist,  nach  Mulder,  stickstofffrei,  und  seine  Formel  ist, 
nach  ihm,  Ci4fiioOft  -f-  2M0.  Der  Körper  war  schon  von  Pelletier 
mdCayentou  neben  dem  Antiarharz  als  der  Bestandtheil  des  Üpa$ 
(aäar  nachgewiesen;  er  wurde  aber  von  Mulder  zuerst  näher  unter- 
nckt  Dem  Antiarin  sind  die  giftigen  Eigenschaften  des  üpaa  anUar 
lozitfchreiben,  welches  3,5  Proc.  davon  enthält.  Zur  Darstellung  die- 
se« Körpers  wird  das  üpas  mit  kochendem  Alkohol  zu  wiederholten 
Iblen  ausgezogen,  der  Alkohol,  nachdem  sich  beim  Erkalten  das  An- 
tisrharK  ausgeschieden  hat,  verdampft  und  der  Rückstand  mit  Wasser 
uugekocht,  welches  nach  dem  Verdunsten  kleine,  schon  ziemlich  weisse 
Krystalle  von  Antiarin  absetzt,  die  jedoch  bei  nochmaligem  Auflösen 
m  kochendem  Wasser  und  Filtriren  zu  schönen  silberweissen,  glänzen« 
den  Kiystallblättchen  erstarren,  ähnlich  denen  des  äpfelsauren  Blei* 
oijds.  —  Es  ist  ohne  Geruch,  specifisch  schwerer  als  Wasser,  verliert 
an  der  Luft  weder  seinen  Glanz,  noch  zieht  es  Feuchtigkeit  an.  Bei 
n\h  bedarf  es  254  Thle.  Wasser,  70  Thle.  Alkohol,  2792  Thle.  Aetlier, 
bei  Siedhitze  27,4  Thle.  Wasser  zur  Lösung,  welche  weder  sauer  noch 
Alkalisch  reagirt  Von  verdünnten  Säuren  wird  es  aufgelöst;  von  coucen- 
triiter  Schwefelsäure  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  braun  gefärbt 
Bsd  zersetzt,  dagegen  lösen  es  concentrirte  Salzsäure  oder  Salpetersäure 
ohne  Veränderung ;  auch  durch  verdünnte  Kalilauge  oder  Ammoniak 
vird  es  aufgelöst  Bis  220® C.  erhitzt,  schmilzt  es  zu  einer  hellen, 
durchscheinenden  Flüssigkeit  und  giebt  nach  der  Abkühlung  eine  glas- 
irtige,  feste  Substanz;  bei  240<^C.  wird  es  braun,  sublimirt  nicht,  son- 
dern giebt  sauer  reagirende  Dämpfe. 

Das  krystallisirte  Antiarin  enthält  2  At  Wasser,  die  bei  112^'C.  ent- 
wfiehen,  ohne  dass  dadurch  der  Glanz  oder  das  Ansehen  der  Krystalle 
▼trindert  wird.  Es  enthält  keinen  Stickstoff,  wie  die  eigentlichen  AI- 
bloide;  auch  wird  es,  nach  Mulde r's  Angabe,  durch  Galläpfeltinctur 
oieht  gefällt,  während  Pelletier  und  Caventou  anführen,  dass  es  damit 
ölen  in  kochendem  Alkohol  löslichen  Niederschlag  gebe,  was  vielleicht 
v<m  Unreinigkeiten  bedingt  war,  da  sie  die  Substanz  nicht  so  rein  gc- 
i^t  zu  haben  scheinen,  wie  Mulder.  Mit  Säuren  konnte  das  Antia- 
rm nicht  verbunden  werden,  auch  in  trockenem  Chlorwasserstoffgns 
D^m  es  in  der  Wärme  wenigstens  nicht  an  Gewicht  zu.  Man  kann 
daher  dem  Antiarin  keine  basischen  Eigenschaften  zuschreiben.  Es  vor- 
^ct  sich  aber  auch  nicht  mit  Alkalien,  und  nimmt  auch  in  trocke- 
oon  Ammoniakgas  nicht  an  Gewicht  zu. 

Das  Antiarin  scheint  absolut  giftig  tmd  tödtlich  zu  sein.  Die  ge- 
ringste Menge  in  eine  Wunde  gebracht,  hat  fast  jedes  Mal  nach  länge- 

*)  LKmtv  s.  bei  Antiarharz. 


42  Antichlor. 

rer  oder  kürzerer  Zeit  den  Tod  zur  Folge.  2  Miliigrin.  bei  einem  Ka- 
ninchen in  eine  Wunde  am  Schenkel  gebracht,  hatten  den  Tod  zur 
Folge.  Dennoch  ist  es  nicht  giftiger,  als  das  Upas  selbst,  welches  da- 
her röhrt,  dass  das  an  und  für  sich  schwer  lösliche  Antiarin  sich  in 
Zucker  und  Extract,  mit  welchen  es  im  Upas  verbunden  vorkommt, 
leicht  löst  Seine  giftige  Wirkung  scheint  durch  Zusatz  von  etwas  Zucker, 
was  seine  Löslichkeit  erhöht,  und  dadurch,  dass  man  einen  Tropfen 
Wasser  in  die  Wunde  bringt,  beschleunigt  zu  werden.  (Lp.)  Fe. 

Antichlor.  Mit  diesem  Namen  hat  man  in  neuerer  Zeit  sehr 
verschiedene  Stoffe  belegt,  welche  vorgeschlagen  sind,  um  das  nach 
dem  Bleichen  von  Papier,  Baumwolle  und  dergl.  von  diesen  Materia- 
lien hartnäckig  zurückgehaltene  freie  Chlor  zu  entfernen  oder  wenigstens 
in  eine  unschädliche,  leicht  auszuwaschende  Verbindung  überzuführen. 

Zuerst  wurde  neutrales  schwefligsaures  Natron  dazu  vorgeschla- 
gen ^)  und  im  krystallisirten  Zustande  in  den  Handel  gebracht,  später 
unter  dem  Namen  wasserfreies  Antichlor,  nls  trockenes  Pulver,  wie  man 
es  erhält,  wenn  trockenes  kohlensaures  Natrou  in  dünnen  Lagen  der 
Einwirkung  von  schwefligsaurem  Gase  ausgesetzt  wird.  Es  scheint, 
dass  statt  dieses  Präparate  bisweilen  die  zur  Trockne  verdampfte,  oft 
nur  3  bis  4  Procent  schweiligsaures  Natron  enthaltende  Mutterlauge, 
von  der  Sodabereitung  aus  Kochsalz  herrührend,    verkauft  ist. 

Später  wurde  unterschwefligsaures  Natron  empfohlen,  und 
da  es  zu  diesem  Zweck  nicht  ganz  rein  zu  sein  braucht,  empfiehlt  An- 
thon  ^),  es  durch  längeres  aber  schwaches  Glühen  eines  Gemenges  von 
4  Thln.  trockenem  schwefelsaurem  Natron  mit  1  bis  1^/4  Thle.  Holzkohlen- 
pulver darzustellen.  Die  Masse  darf  nicht  geschmolzen,  sondern  muss 
nur  zusammengesintert  sein;  sie  wird  mit  ^4  ihres  Gewichtes  Wasser  be- 
sprengt, und  dann  der  Einwirkung  von  gasförmiger  schwefliger  Säure 
ausgesetzt,  welches  Gas  rasch  absorbirt  wird.  Die  Einwirkung  wird 
unterbrochen,  ehe  alles  Schwefelnatrium  zersetzt  ist,  und  ehe  Schwefel- 
wasserstoff sich  entwickelt.  Ein  kleiner  Bückhalt  an  Schwefelnntrium 
schadet  für  die  Anwendung  als  Antichlor  nicht.  Das  so  dargestellte 
Präparat  ist  ein  graues  Pulver;  von  3  Thln.  Schwefel natrium  werden 
nahe  5  Thle.  desselben  erhalten.  Durch  ümkrystallisiren  aus  Wasser 
kann  das  unterschwefligsaure  Salz  leicht  rein  erhalten  werden. 

Für  geringere  Papiersorten  hat  man  Schwefelcalcium  mit  Erfolg 
angewendet,  welches  man  durch  Kochen  von  Schwefel  mit  Kalkmilch 
darstellt  (74  Thle.  Schwefelblumen  mit  26  Thln.  frisch  gebranntem 
Kalk,  den  man  zu  einer  nicht  zu  verdünnten  Kalkmilch  mit  Wasser  an- 
gerührt hat).  Dasselbe  wird  noch  leichter  erhalten,  wenn  man  40  Thle. 
Schwefelcalcium  (durch  Glühen  von  52  Thln.  gebranntem  Gyps  mit 
Kohle  dargestellt)  mit  60  Thln.  Schwefel  und  hinreichendem  Wasser 
kocht,  bis  beinahe  vollständige  Lösung  erfolgt  ist.  Der  bei  der  späteren 
Anwendung  des  Salzes  in  der  Papierraasse  sich  ausscheidende  Schwefel  ist 
wenig  gefärbt,  sehr  zart  und  nimmt  die  Druckfarbe  gut  auf.  Das  Papier 
behält  aber  leicht  einen  übelu  Geruch.  Bei  Anwendung  der  genannten 
Substanzen  entsteht  schwefelsaures  Salz  und  Chlormetall,  die  leicht  aus- 
waschbar und  ohne  merklichen  Einfluss  auf  die  Pflanzenfaser  sind.    Ob 


•)   Dingler'i  polyt.  Journ.  Bd.  XCIV,  S.  818.  —   •)  Dingler's  polyt.  Jonrn. 
\  S.  76. 


Anticholerasäure.  —  Antimon.  43 

wirklich  alles  Cklor  gebunden  und  entfernt  sei,  ist  leicht  zu  entdecken, 
veno  ein  verdünnter  Stärkekleidter  mit  etwas  Jodkalium  versetzt  und 
nach  dem  Erkalten  mit  einer  Probe  der  auf  freies  Chlor  zu  unter- 
nicheoden  Flüssigkeit  oder  Fapiermasse  geschüttelt  wird.  Ist  noch 
eioe  Sjmr  davon  vorhanden,  so  wird  sogleich  Jod  in  Freiheit  gesetzt, 
welches  alsdann  mit  der  Stärke  die  bekannte  blaue  Verbindung  erzeugt. 
Will  man  sich  überzeugen,  ob  man  einen  Ueberschuss  des  Antichlors 
angewendet  hat,  so  darf  man  nur  eine  Portion  des  Stärkekleisters  durch 
einen  einzigen  Tropfen  verdünnter  Chlorkalklösung  blau  färben  und 
dann  etwas  von  der  zu  prüfenden  Flüssigkeit  zusetzen.  Diese  muss  entfär- 
bend auf  die  Jodstärke  wirken,  falls  sie  überschüssiges  Antichlor  enthält. 

Da  dad  schwefligsaure  und  unterschwefligsaure  Natron  sich  bei  Zu- 
tritt der  Luft  nicht  lange  unverändert  erhalten  und  zuletzt  ganz  in 
Glaubersalz  übergehen,  also  unwirksam  werden,  so  haben  Bobierre 
und  Moride  vorgeschlagen,  eine  Lösung  von  Zinnchlorür  in  Salzsäure 
sU  Antichlor  zu  benutzen.  26  Grm.  Zinnchlorür  nehmen  9  Grm.,  also 
beinahe  3  Liter  Chlorgas  auf.  Es  würde  zweckmässig  sein,  nach  vollen- 
deter Einwirkung  soviel  kohlensaures  Natron  zuzugiessen,  als  erforder- 
lich ist,  um  die  Salzsäure  zu  sättigen,  welche  zur  Lösung  des  Chlorürs 
gedient  hat,  da  dieselbe  im  freien  Zustande,  wenn  sie  durch  Aus  wa- 
schen nicht  vollständig  entfernt  ist,  ebenso  nachtheilig  wie  das  Chlor 
lelbst  wirkt.  Denn  gerade  auf  der  Verminderung  dos  Auswaschen^  be- 
niht  die  Wichtigkeit  der  Anwendung  des  Antichlors  in  der  Papier- 
labrication,  indem  durch  das  Auswaschen  viel  feingemahlenes  Zeug  und 
Zeit  verloren  geht.  Der  aus  dem  Zinnsalz  entstehende  Niederschlag 
ht  vollkommen  weiss  und  zart,  also  unschädlich  für  die  weitere  Ver- 
wendung des  Papiers. 

Auch  Leuchtgas  soll,  und  zwar  schon  1818,  zur  Zerstörung  des 
CUors  in  Papiermasse  von  Uffenheimer  benutzt  sein;  nach  W ag- 
ier's  im  Kleinen  angestellten  Versuchen  eignet  es  sich  wohl  für  die- 
sen Zweck ;  doch  dürfte  die  Anwendung  von  Zinnsalz  und  ähnlichen 
Körpern  bequemer  und  unter  Umständen  auch  zweckmässiger  sein. 

(K)  Fe. 

m 

Anticholerasäure,  ein  gegen  die  Cholera  angepriesenes 
Arcanom,  ein  Gemenge  von  verdünnter  Schwefelsäure  mit  Wein  i). 

Antigority  ein  nach  seinem  Fundorte,  dem  Antigorienthale  in 
der  Schweiz,  benanntes  wasserhaltiges  Magnesia -Silicat,  welches  zur 
Serpentingruppe  (s.  Serpentin)  gehört.  Th.  S, 

Antimiasmatische  Mittel,  Miasmen  zerstö- 
rende Körper,  s.  Desinficiren. 

Antimon.  Spiessglanzmetall  ,  Spiesäglasmetall , 
^piessglanzkönig,  Antimonium  p.  Stibium  metalHcum^  Regulus 
^ntimonitj  Antimoine^  Antimony.  Das  Aequivalentgewicht  ist  bisher, 
neb  Berzelius,  zu  1 29  angenommen ;  nach  den  neueren  Versuchen  von 
Sekoeider')  ist  08  120^3;  H.  liose'jhat  es  zu  120,7  gefunden.  Dex- 
ter^ bestimmt  es,  wie  es  scheint,  weniger  genau  zu  122,3.  Das  metallische 


*)  Bnebner'g  Repertor.  Bd.  CIV,  8.  84.  —  *)  Pogg.  Annal.  Bd.  XCVm, 
^•391;  Aniwl.  d.  Ghem.  n.  Pharm.  Bd.  C,  S.  120.  —  ^  Journ.  f.  prakt.  Chem. 
BiLXVni,  S.  U5  n.  Q.  876.  -^   *)  Pogg.AmiM.  Bd.  C,  S.  668. 


44  AntimoiL 

Antimon  scheint  im  Alterthnm  nicht  bekannt  gewesen  zn  sein»  wohl 
aber  einige  Verbindungen  desselben.  BaRÜius  Valentinus  be- 
schrieb gegen  Ende  des  15.  Jahrhunderts  die  Darstellung  des  metal- 
lischen Antimons  und  mehrerer  Verbindungen. 

Dies  Metall  findet  sich  gediegen  oder  in  Legimngen,  sowie  im  oxy- 
dirten  und  geschwefelten  Zustande,  im  letzteren  häuftg  verbunden  mit 
anderen  Schwefelmetallen  (s.  Antimon  gediegen  und  Antimon- 
erze).  Sehr  bemerkenswerth  ist  sein,  in  neuerer  Zeit  erst  nachge- 
wiesenes Vorkommen  in  eisenhaltigen  Mineralwässern  neben  Arsen, 
Zinn,  Blei,  Kupfer.  So  fand  es  WilP)  in  dem  Ockerschlamm  des  Rip- 
poldsauer  -  Wassers. 

Bei  weitem  das  häufigste  vorkommende  Erz  ist  das  Antimonaulfid 
oder  Grauspiessglanzerz,  aus  welchem  auch  fast  ausschliesslich  die  Dar* 
Stellung  des  regulinischen  Metalles  erfolgt  Daa  im  Handel  befindliche 
graue  Schwefelantimon  oder  Antimomum  cnuium  ist  das  von  der 
Gangart  und  anderen  Beimengungen  durch  Saigerung  gewonnene 
Schwefelmetall  (s.  Antimonsulfid).  Während  die  Darstellung  die- 
ses AnUmonittm  crudum  in  den  Kreis  hüttenmännischer  Arbeiten 
fällt,  wird  das  gediegene  Antimon  daraus  seltener  auf  Hüttenwer- 
ken, meistens  in  chemischen  Laboratorien  dargestellt.  Es  wird  ge- 
wöhnlich zuerst  ein  nicht  chemisch  reines  metallisches  Antimon  erhal- 
ten ,  da  das  Schwefelantimon  einige  Beimengungen  enthält,  welche 
nur  durch  ein  etwas  umständlicheres  Verfahren  entfembar  sind.  Die 
gebräuchlichen  Mittel,  um  dem  Schwefelantimon  den  Schwefel  zu  ent- 
ziehen, sind:  1)  Rösten,  d.  h.  Oxydiren  durch  Erhitzen  unter  Luftzutritt, 
wodurch  der  Schwefel  als  schweflige  Säure  grösstentheils  entweicht, 
und  Beduciren  der  entstandenen  Antimon  sauerstoffverbindon  gen. 
2)  Schmelzen  bei  Gegenwart  von  Kohlenstoff  und  alkalischen  Flussmit- 
teln  zur  Bildung  alkalischer  Sulfurete  oder  Doppelsulfurete.  3)  Schmelzen 
mit  Eisen  zur  Bildung  von  Schwefeleisen  und  metaUischem  Antimon. 

Das  gepulverte  Grauspiessglanzerz  wird  auf  einem  Böstscherben 
oder  in  einem  Röstofen,  je  nach  dem  Maassstab,  in  welchem  man  arbeitet, 
unter  beständigem  Umrühren  bei  Luftzutritt  erhitzt.  Damit  die  Mas^e 
nicht  durch  das  Schmelzen  des  unzersetzten  Schwefelantimons  zusam- 
menbacke, ist  eine  zu  hoch  gehende  Erhitzung  zu  vermeiden ,  und  es 
wird  zu  gleichem  Zwecke  oft  etwas  Kohlenpulver  der  Masse  beige- 
mischt. Schweflige  Säure  entweicht,  und  es  bleibt  ein  Gemenge  von 
Antimonoxyd  mit  Antimonsäure  zurück,  eine  graue,  gewöhnlich  noch 
etwas  unzersetztes  Schwefelantimon  enthaltende  Masse,  die  sogenannte 
Antimonasche.  Diese  wird  mit  gleichen  Theilen  Kohle  und  ihrem 
halben  Gewicht  Potasche,  oder  mit  Kohlenpulver,  das  in  concentrirte 
Sodalösung  getaucht  war,  in  bedeckten  Tiegeln  geschmolzen.  Den 
ganzen  Tiegelinhalt  giesst  man  in  eine  eiserne,  mit  Talg  oder  Lelim- 
wasser  ausgestrichene,  mehr  tiefe  als  flache  Form,  einen  sogenannten 
Giesspukel,  worin  sich  das  Antimonmetall  zu  unterst  und  darüber 
Schlacke  absetzt.  Diese  besteht  aus  Antimonsulfid- Schwefelnatriiun 
(oder  Kalium)  mit  noch  unzersetztem  kohlensauren  Alkali. 

Oder  es  wird  Schwefelantimon  mit  schwarzem  Fluss  in  einen  hessi- 
schen Tiegel  eingeschmolzen.  Ein  gebräuchliches  Verhältniss  der  Be- 
schickung ist  8  Thle.  Schwefelantimon  auf  6  Thle.  Weinstein  und  3  Thle. 


0  Annal.  d.  Chem.  a.  Pharm.  Bd.  LXI,  S.  192. 


Antimon.  45 

Salpeter.  Oder  es  wird  das  Schwefelantimon  mit  1/9  seines  Gewichts 
wass^reier  Soda  und  %  Koblenpulver  anter  Umrühren  mit  einem  Holz- 
itab  in  einem  irdenen  Tiegel  geschmolzen.  Die  Schlacke  ist  Schwefel- 
antimon-Schwefelalkalimetall mit  Kohle  gemengt.  Der  dabei  entste- 
hende Verlast  an  Schwefelantimon  ist  so  gross»  dass  nach  der  Erfahrung 
Bor  27  Proc.  metallisches  Antimon  von  dem  angewandten  Schwefel- 
antimon ausgebracht  werden.  Durch  Hinweglassen  des  Salpeters  soll 
die  Ausbeute  au  Metall,  nach  Liebig,  auf  45  Proc.  gesteigert  werden. 
Bei  Anwendung  von  Kohle  und  Soda  in  obigen  Verhältnissen  wird 
säinmtlicher  Schwefel  dem  Erz '  entzogen ,  die  Ausbeute  beträgt  66 
(Liebig)  bis  71  Proc  (Duflos)  an  rohem  Metall.  Es  ist  hierbei 
ein  ziemlich  langes  Schmelzen  nöthig,  das  die  doppelte  Gefahr  mit  sich 
bringt,  dass  die  Masse  leicht  übersteigt,  und  dass  Antimon  verbrennt. 

Die  üblichste  Methode  der  Darstellung  dieses  Metalls  ist  die  Be- 
docdon  des  Schwefelantimons  durch  metallisches  Eisen.  Diese  Operation 
wird  gewöhnlich  in  Tiegeln  vorgenommen;  entweder  werden  beide 
Materien  vorher  zusammengemischt,  oder  das  Eisen  wird  zuerst  bis  zum 
Rothglühen  gebracht  und  das  Schwefelantimon  dann  hineingeschüttet. 
Die  wohlgeflossene  Masse  wird  ausgegossen,  die  Schlacke  vonSchwefel- 
eiien  von  dem  Metall  getrennt  und  dieses  umgeschn^olzen,  wobei  sich 
noch  etwas  Schwefeleisen  auf  der  Oberfläche  abscheidet. 

Da«  Eisen  entzieht  dem  Schwefelantimon  den  Schwefel  schon  bei  ge- 
w5hnlicher  BothglÜhhitze.  Zur  Abscheidung  des  Schwefeleisens  von  dem 
Metall  ist,  weil  das  erstere  dickflüssig  und  das  specifiscbe  Gewicht  beider 
snr  wenig  verschieden  ist,  nöthig,  dass  man  zu  Ende  der  Operation 
Weissglflhhitze  giebt;  es  ist  ferner  unerlässlich,  dass  man  nicht  mehr  Ei- 
len anwendet,  als  zur  Bildung  des  Schwefeleisens  FeS  erforderlich  ist. 
Dies  betragt  auf  100  Thle.  Schwefelantimon  50  Thle.  Eisen;  nimmt 
min  mehr,  so  entsteht  eine  Legirung  von  beiden  Metallen,  welche  sich 
theils  mit  der  Schlacke,  theils  mit  dem  Begulus  mengt.  Je  feiner  das 
ELmu  vertheilt  ist,  desto  schneller  geht  die  Beduction  von  statten  und 
desto  weniger  Schwefelantimon  verflüchtigt  sich  vor  der  Reduction 
(Berthier).  Eine  Verflüchtigung  von  etwas  Antimon  ist  bei  diesem 
YeHahren  jedoch  unvermeidlich;  meistens  erhält  man  nur  50  bis  55  Proc. 
Metall,  und  man  verliert  mithin  22  oder  wenigstens  17  Proc.  Man 
hat  zu  beachten,  dass  nur  gefrischtes  Eisen  zu  dieser  Operation  tauglich 
iit;  Roheisen  verbindet  sich  nur  sehr  schwierig  mit  Schwefel ,  und  bei 
seiner  Anwendung  bleiben  Schlacke  und  Regulus  gemengt  mit  ein- 
ander. 

Wenn  man  bei  der  Beduction  Materien  zusetzt,  die  sich  mit  dem 
Sehwefeleisen  zu  verbinden  vermögen  und  es  specifisch  leichter  und 
aehmelzbarer  machen,  so  erhöht  sich  die  Ausbeute  an  Metall,  und  es 
wird  die  Zeit  der  Reduction,  und  mithin  der  Aufwand  an  Brennmaterial, 
Termindert.  Ganz  vorzüglich  eignen  sich  hierzu  die  Snlfurete  der  Alkali- 
metalle; Schwefelnatrium  z.  B.  bildet  mit  Sehwefeleisen  eine  in  der 
Bothglfihhitze  leicht  schmelzbare  Verbindung;  wenn  man  eine  Mischung 
von  schwefelsaurem  Natron,  Kohle,  Schwefelantimon  und  metallischem 
Eisen  zusammenschmilzt,  so  geht  daher  die  Reduction  in  einem  gut 
siehenden  Windofen  rasch  und  bei  Rothglühhitze  von  statten.  Der  Re- 
gahis  scheidet  sich  von  der  flüssigen  Schlacke  mit  Leichtigkeit  ab,  aber 
man  verliert  an  Metall,  wenn  die  Quantität  des  Schwefelnatriums  eine 
fewisfe  Grenze  übersteigt  und   die  des  Eisens  nicht  vermehrt  wird. 


L 


46  Antimon. 

Du  bnte  VeriiältniM  ist  100  Thie.  Schtrerelantimon ,  42  Thle.  m«tiiU 

liüchea    Eiaen,     10    Thle.    wasscrTreiej    scliwefelsanrej    Xatroit     und 

ii  ,  (nitfh  Wittsteiti  Si/a)  Thle.  Kohle.     Man  erhSlt  60  bU  64  Proc. 

Metall. 

Di«se  Op«r)ttion  Usst  lich,  statt  in  Tiegeln,  im  Grossen  in  Rever- 
berirr>ren  bewerkstelligen.  Je  feiner  Schwerelantimon  und  Eisen  ver- 
theilt  sind,  desto  schneller  geht  das  Schmehen  von  statten;  ist  die  Et- 
«cnfeile  rostig,  »o  muas  das  Verhältnisa  der  Kohle  etwas  vergrös^ert 
w«rdw). 

Anstntt  des  Schwereinatriums  hat  man  zur  Erreichung  dej  näm- 
lichen Zweckes  ein  Gemenge  von  kohlensaurem  Natron  mit  Kohle  vor- 
geschlagen; in  der  That  giebt  dieses  Salz  in  dem  Verhältniss  von  100 
Thln.  Schwefelantimon,  10  Thln.  kohlensaurem  Natron,  1  Thl.  Kohle 
und  42  Thln.  Ei^en  ein  günstigen  Resultat;  man  erhält  n&mlich  62  Proc. 
Metnil,  allein  die  Schlacke  ist  nicht  so  leichtflüssig,  und  das  Aufblähen 
der  Masse,  hervorgebracht  durch  das  Entweichen  der  Kohlensäure, 
macht  diese  Operation  unangenehm.  Eisenoxyde,  namentlich  Hammer- 
schlag,  Spathei.oen stein  und  Frischschlacke ,  lassen  eich  bei  Znsate  pas- 
sender Quantitäten  Kohle  und  kohlensauren  Natrons  auch  mit  Vortheil 
■UT  Reduction  des  Schwefelaatimons  benutzen. 

Berthier>)  %.  B.  empflehU  auf  100  Thle.  Schwefelantimon  S.'ibb 
60  Thio.  Hammerschlag,  45  Thle.  kohlensaures  Natron  nnd  10  Thte. 
Kohle,  wodurch  69  Thle.  Antimon  erhalten  werden  sollen.  Das  Auf- 
schäumen  der  Schlacke  tritt  aber  auch  hierbei  ein,  nnd  der  obige  von 
Liebig  gemachte  Vorschlag  der  Anwendung  von  schwefelsaurem  Na- 
tron gilt  jetzt  allgemein  als  das  mindest  kostspielige  und  leichtert  aus- 
fnhrbare  Verfahren. 

Karsten  0  brachte  die  unmittelbare  Reduction  der  aufbereiteten, 
aber  noch  nicht  nbgesaigerten  Grauspiessglanzerze  in  Vorschlag.  Sein 
Verfahren  besteht  im  Zuschlagen  von  'Ah  bis  36  Proc.  Schmiedeeisen 
mit  Glaubersalz,  Potasche,  Kochsalz  und  Kohle  und  Schmelzen  in  einem 
Flammofen  mit  ausgetieftem  Schmelzherd.  Die  Schmelzung  dauert'  8 
bis  10  Stunden,  das  nach  dieser  Zeit  abgestochene  Metall  wird  mit 
Potasche,  Kochsalz  und  Kohlenstaub  in  Tiegeln  von  20  bis  30  Pfund 
Gehalt  um  geschmolzen. 

Das  im  Handel  vorkommende  Antimonmetati  ist  nicht  rein;  es 
entbtllt  Eisen,  Schwefel,  meistens  Arsen,  häufig  Blei  und  Kupfer; 
0»  besitzt  einen  glänzenden,  grossblättrigen  Bnich,  ist  grauweins, 
lohmil'^t  vor  dem  LSthrohr  auf  Kohle  schwieriger  als  das  reine  Me- 
tall, verbreitet,  namentlich  in  dem  ersten  Augenblick  der  Schmelzung, 
olnen  bemerkbaren  Knoblnuchgemch,  und  bedeckt  sich  hierbei  mit  einer 
Schlacke  von  Schwefel  metallen.  Man  hat  verschiedene  Methoden,  um 
Ol  reinigen. 

Pia  für  pharmaceutische  Verwendungen  bedenklichste  Veninreini- 
j;iiti^!  i'i  <li''  "»'t  Arsen,  es  wandte  sich  deshalb  das  Augenmerk  der 
Clii'iuikw  liiuptsächlich  auf  Entfernung  dieser  Beimengung.  Wöhler") 
hat  ein  Vorführen  angegeben,  um  aus  käuflichem  Antimon  arsenfreicj 
durxu »teilen.     Seiner  ursprünglichen   Vorschrift    nach    wird  ein  Theil 

ralan'i  Archiv.  1.  AdD.  Bd.  IV,  S.  361;  Bd.  Vltl,  S.  SSG;  Bd.  XI, 
»11,  3.  8B(I.--  ')  Kflr.ten-s  MeUllurgie,  B.t.  IV,  S.  b\A.  —  ")  Pol«. 
VII.  S.  6Sfi;    Ann»l  d.  Pharm,   Mi.  V.  S.  20. 


Antimon.  47 

feingepnlvertes  regniinisches  Antimon  mit  1^4  Thl.  Salpeter  sehr  in- 
nig nuammengerieben ,  und  Y^  Thl.  gepulvertes  trockenes  kohlensau- 
res Kali  oder  Natron  zugemischt.  Die  Masse  wird  in  einem  hessi- 
schen Tiegel  zum  GlQhen  erhitzt;  sobald  dieser  schwach  glfiht,  fängt  sie 
an  rohig  zu  yerbrennen.  Wenn  die  Verbrennung  vollständig  gesche- 
hen ist,  druckt  man  die  ^fasse  mit  einem  ebernen  Spatel  zusammen, 
bedeckt  den  Tiegel  und  giebt  noch  etwa  ^/j  Stunde  lang  stärkere  Hitze, 
90  dasd  die  Masse  zwar  nicht  in  Fluss  kommt,  aber  breiartig  weich 
wird.  Von  Zeit  zu  Zeit  drückt  man.  sie  wieder  zusammen ,  wenn  sie 
sich  in  Folge  der  entwickelten  Gase  aufgebläht  hat.  Alsdann  nimmt 
man  sie,  noch  glShend,  also  noch  weich,  vermittelst  eines  Spateb  aus 
dem  Tiegel,  zerstösst  sie  zu  Pulver,  und  wirft  sie  in  schon  im  Voraus 
xnm  Kochen  gebrachtes  Wasser.  Sie  besteht  nun,  das  ÜberschOssige 
Alkali  abgerechnet,  aus  antimonsaurem  und  arsensaurem  Alkali.  Letz- 
teres kann  durch  Wasser  ausgezogen  werden,  das  antimonsaure  Alkali 
aber  ist  im  Wasser  unauflöslich.  Nach  einige  Zeit  lang  fortgesetztem 
Kochen  und  starkem  Aufrühren  giesst  man  die  Flüssigkeit  mit  dem 
feiasten  anfgeschlämmten  Bodensatz  von  den  noch  nicht  völlig  aufge- 
wachten grösseren  Körnchen  ab,  zerdrückt  letztere  in  dem  Oef ässe  selbst 
adt  einem  Pistill  und  kocht  sie  von  Neuem  mit  Wasser  aus.  Alsdann 
giesst  man  die  ganze  Flüssigkeitsmasse  zu  der  zuerst  erhaltenen,  lässt  das 
aofgeschlammte  pulverförmige  antimonsaure  Alkali  sich  absetzen  und 
giesst  die  sich  rasch  klärende  alkalische  Lauge  davon  ab.  Durch  wieder- 
holtes Aofgieesen  grosser  Mengen  reinen  Wassers  auf  einmal,  umrühren, 
Küren  und  Deoantiren  erhält  man  es  bald  vollständig  ausgewaschen ; 
man  bringt  es  nun  auf  ein  Filter  und  trocknet  es.  Die  alkalische 
Lange  hält  nicht  soviel  Antimon  aufgelöst,,  dass  sich  dessen  Abschei- 
dimg durch  Zusatz  einer  Säure  lohnte.  Es  ist  übrigens  zu  bemerken, 
dass  sich  die  später  aufgegossenen  Waschwasser  nicht  mehr  so  voll- 
mundig klären  wie  die  erste  stark  alkalische  Lauge.  Das  so  erhaltene 
antiraonsanre  Kali  ist  vollkommen  arsenfrei,  und  bildet  ein  weisses  Pulver. 
Gelbliche  Farbe  zeigt  antiroonsaures  Bleioxjd  an.  üni  es  zu  Metall 
n  redaciren,  schmilzt  man  das  antimonsaure  Kali  bei  massiger  OlÜh- 
bstse  mit  seinem  halben  Gewicht  Weinstein  zusammen.  Man  erhält  da- 
durch einen  wohlgeflossenen,  wenig  glänzenden,  etwas  geschmeidigen 
Regulas  von  Kalium-Antimon.  Man  zerschlägt  ihn  in  kleinere  Stücke 
Bad  wirft  sie,  um  das  Kalium  zu  ozydiren  und  zu  entfernen,  in  Wasser. 
Bei  dieser  Reinigungsmethode  ist  ein  Zusatz  von  kohlensaurem  Alkali 
dorehaas  nothwendig;  die  Verbrennung  bloss  mit  Salpeter  würde  kein 
anenfireies  antimonsaures  Kall  liefern,  weil  demselben  basisch  arsen- 
oores  Antimonozyd  beigemengt  bleiben  würde,  das  nur  durch  die  Ge- 
genwart überschüssigen  Alkalis  im  Augenblick  seiner  Entstehung  zer- 
setzt wird. 

Duflos  ^)  bestätigt  die  Möglichkeit  der  Darstellung  arsenfreien 
Antiroons  auf  dem  von  Wöhler  angegebenen  Wege,  hält  aber  dafür, 
dass  auf  1  Thl.  Antimon  und  1%  Thl.  Salpeter,  ^2  '^^^'  trockenes 
kohlensaures  Alkali  zu  wenig  sei,  und  dass  1  ^2  Thle.  desselben  genom- 
men werden  sollen,  wodurch  vermieden  werde,  dass  einerseits  zuviel 
uitimonsaures  Kali  gelöst  und  andererseits  noch  etwas  Arsen  vom  anti- 
OHHisauren  Alkali  zurückgehalten  werde. 

*)  Schweigger,  Seidert  Jonrn.  Bd.  LSVII,  S.  271;   Annal.  d.  Pharm.  Bd.  VIII, 
8.  177. 


48  Antimon. 

C.  Meyer  >),  der  die  Wöhler'sche  Methode  der  Trennung  des 
AnfciinonB  von  Ar»en  selbst  für  analytische  Zwecke  brauchbar  erklärt,  legt 
grosses  Gewicht  darauf,  dass  statt  des  kohlensauren  Kalis  und  KaliKal- 
peters  kohlensaures  Natron  und  Natronsalpeter  angewendet  werde,  da 
das  vollständige  Gelingen  der  Scheidung  hauptsächlich  auf  der  sehr 
geringen  Löslichkoit  des  antimonsauren  Natrons  beruhe.  Auf  1  Thl. 
Antimon  nahm  er  1  ^4  Thl.  Chilisalpeter  und  Vs  ^^^*  trockenes  kohlen- 
saures Natron,  erhitzte  und  verfuhr  sonst  nach  Wo  hier 's  Vorschrift; 
er  erhielt,  nach  dem  Einschmelzen  des  gut  ausgewaschenen  und  getrock- 
neten antimonsauren  Natrons  mit  seinem  halben  Gewicht  Weinstein 
einen  arsenfreien,  weder  Kalium  noch  Natrium  haltenden  Begulus. 

Was  dieser,  die  Entfernung  des  Arsens  ganz  sichernden  Methode 
vorgeworfen  werden  kann,  ist,  dass  andere  Verunreinigungen,  wie  Ei- 
sen, Blei  und  Kupfer,  durch  dieselbe  ijucht  beseitigt  werden  können^ 
und  dass  sie  das  Product  ziemlich  vertheuert  Liebig  ^)  wendet  ein  ande- 
res, beiden  Erfordernissen  entsprechendes  Verfahren  an.  Er  empfiehlt 
16  Thle.  käuflichen  grob  zerstossenen  Antimons  mit  1  Thl.  Schwefelanti- 
mon und  2  Thln*  kohlensaurem  Natron  zu  mengen  und  ia  einem  hessischen 
Tiegel  zu  schmelzen.  Die  geschmolzene  Masse  wird  eine  Stunde  lang  im 
Flusse  erhalten.  Man  lässt  den  Tiegel  alsdann  kalt  werden,  zerschlägt  ihn 
und  sondert  die  Schlacke  von  dem  Metall  ab.  Der  einmal  geschmolzene 
Regulus  wird  wieder  in  grobe  Stücke  zerschlagen,  mit  l^/j  Thl.  trocke- 
nem kohlensaurem  Natron  gemengt  und  aufs  Neue  eine  Stunde  lang  in 
Fluss  erhalten.  Auf  die  nämliche  Weise  behandelt  man  das  Metall 
zum  dritten  Mal  mit  Zusatz  von  1  Thl.  kohlensaurem  Natron.  Die 
Schlacke  von  der  ersten  Schmelzung  ist  dunkelbraun,  nach  der  zweiten 
hellbraun,  nach  der  dritten  hellgelb,  beinahe  citronengelb  oder  gelblich- 
weiss.  Nach  der  dritten  Schmelzung  ist  der  Begulus  absolut  rein  und 
frei  von  Kupfer,  Arsen  und  Eisen.  Diese  Methode  gründet  sich  aul 
das  Verhalten  des  Schwefelarsens  zu  den  alkalischen  Oxyden,  mit  wel- 
chen zusammengeschmolzen  es  sich  zerlegt  in  arsenigsaures  oder  arsen< 
saures  Natron  und  in  Schwefelnatriam;  sie  gründet  sich  femer  auf  di€ 
Eigenschaft  des  Einfach-Schwefeleisens  und  Schwefel kupfers,  mit  Schwe« 
felnatrium  äusserst  leicht  schmelzbare  und  sehr  flüssige  Verbindunger 
zu  bilden.  Der  Zusatz  von  Schwefelantimon  hat  den  Zweck,  das  Arsen 
ganz,  das  Eisen  und  das  Kupfer  theilweise  in  Schwefelmetalle  zu  ver- 
wandeln. Beim  Schmelzen  dieser  Schwefelmetalle  mit  kohlensaurem 
Natron  gehen  sie,  ohne  dass  ein  metallischer  Bückstand  bleibt,  eine 
Verbindung  mit  dem  Natron  ein ,  und  es  wird  kein  Schwefelantimoc 
darin  aufgelöst  oder  in  Hepar  verwandelt,  so  lange  noch  Arsen  unozy- 
dirt  in  dem  Antimon  vorhanden  ist.  Für  die  Entfernung  des  Bleie: 
hält  Liebig  dies  Verfahren  nicht  geeignet;  Otto  aber  fand  im  Ge< 
gensatz  zu  dieser  Annahme,  dass  sich  aus  bleihaltigem  Antimon  durol 
Umschmelzen  mit  Schwefelantimon  ganz  bleifreies  Metall  erhalten  lasse 
Er  legirte  Antimon  sogar  mit  10  Proc.  Blei,  schmolz  es  mit  gleichet 
Gewichtstheilen  Schwefelantimon  und  bekam  ein  ganz  bleifreies  Product 

Der  bei  diesem  Verfahren  sich  ergebende  Verlust  wird  von  Liebif 
auf  i/i«  =z  6  bis  7  Proc.  vom  Gewicht  des  rohen  Metalls  angegeben 
Einige  Einwendungen  von  Buchner  gegen  diese  Methode,  dassereinei 


*)  Annal.  d.  Chem.  a.  Pharm.  Bd.  LXVI,  S.  288.  —  *)  Annal.  d.  Pharm.  Bd.  XIX 
24. 


Antimon.  49 

TerliMt  Yon  etwa  14  Froc.  erlitten  and  erst  nach  der  vierten  Schmel- 
nmg  arseDfreies,  aber  immer  noch  Blei,  und  Spuren  von  Eisen  und 
Kupfer  enthaltendes  Antimon  habe  erhalten  können,  begegnet  Liebig 
mit  der  Bemerkung,  dass  ein  wesentlicher  Punkt,  der  bei  seinem  Ver- 
fahren  beachtet  werden  müsse,  der  sei ,  dass  man  das  Hineinfallen  von 
Eohlenstäckehen  in  den  Tiegel  während  der  Schmelzung  sorgfältig 
TOtneide,  weil  dadurch  Arsen  reducirt  und  in  den  Begiüus  zurück« 
geführt  werde,  auch  wenn  es  schon  in  den  Schlacken  oxjdirt  vorhan- 
den war.  A.  B^ensch^)  bemühte  sich,  die  von  einigen  Seiten  gegen 
Liebig*s  Reinigungsmethode  des  käuflichen  Antimons  erhobenen  Wi- 
dersprüche zu  losen,  und  überzeugte  sich,  dass  ein  mit  2  Proc.  Arsen 
fersetzter  und  mit  reinem  Schwefelantimon  und  kohlensaurem  Natron 
behandelter  Antimomregulus  auch  nach  dem  zehnten  Schmelzen  nicht 
gsoz  arsenfrei  zu  erhalten  war,  er  fand  aber,  dass  unter  sonst  gleich- 
gebliebenen Yerhältnissen  die  Entfernung  des  Arsens  vollständig  gelang, 
lobald  er  noch  etwas  Eisenfeile  dem  Schwefelantimon  zusetzte,  indem 
dznn  nach  dreimaligem  Schmelzen  mit  kohlensaurem  Natron,  Arsen  und 
Eisoi  vdllig  beseitigt  waren.  Eisen  ohne  Schwefelantimon  wirkte  nicht, 
Sehwefeleiaen  dagegen,  dem  rohen  Antimonmetall  zugesetzt,  lieferte  auch 
nach  dreimaligem  Schmelzen  mit  Soda  ein  arsenfreies  Product.  Dar- 
ms schlieast  Bensch,  dass  di»  Gegenwart  von  Schwefeleisen  eine  zum 
Gelingen  dea  Processes  unerlässliche  Bedingung  sei,  und  vermuthet, 
dass  die  Verwandtschaft  des  Arseneisens  zum  Schwefeleisen  die  Ursache 
sei,  dasa  Schwefeleisen  so  gute  Dienste  leiste.  Er  empfiehlt,  um  ganz 
aeber  za  gehen,  das  zu  reinigende  Antimon  vorher  auf  Eisen  zu  unter- 
mchen;  es  soll  beim  Anblasen  vor  demLöthrohr  eine  schwarze  Schlacke 
mgen,  die  sein  Fortbrennen  im  kalten  Luftstrom  hindert.  Wenn  sich 
nicht  Eisengehalt  zeigt,  so  werden  demselben  etwa  2  Proc.  Schwefeleisen 
agesetzt,  und  die  Schmelzung  im  Uebrigen  ganz  nach  Liebig's  Vor- 
Khrift  vorgenommen.  Das  erste  Mal  werden  16  Thle.  eisenhaltiger 
Begnlos  mit  1  Thl.  Schwefelantimon  und  2  Thln.  wasserfreier  Soda  eine 
Stande  lang  geschmolzen,  der  Regulus  von  der  Schlacke  getrennt,  ein 
iweitea  Bial  mit  ly^  Thl.,  und  dann  so  oft  mit  1  Thl.  Soda  umge- 
lehmolzen,  bis  die  Schlacke  hellgelb  erscheint  Die  Hitze  soll  beim 
Schmelzen  so  gehalten  werden,  dass  die  Masse  ruhig  und  ohne  Schäu« 
men  flieset;  das  Schäumen  beweist,  dass  Kieselerde  vom  Tiegel  aufge- 
nommen wird,  was  nicht  geschieht,  wenn  man  die  Hitze  etwas  mässigt. 
Der  Gefahr,  etwas  Antimon  durch  Hindurchfliessen  durch  die  porösen 
hessischen  Tiegel  zu  verlieren,  entgeht  man  leicht  dadurch,  dass  man 
den  noch  leeren  Tiegel  mit  etwas  feuchter  Soda  einreibt,  dann  so  stark 
«hitzt,  dass  diese  Soäa  zuerst  schmilzt  und  in  die  Wände  sich  einzieht, 
und  non  erst  das  Metall  und  die  Beschickung  einträgt. 

Als  ein  geeignetes  Material  zur  Darstellung  arsenfreien  Antimons 
ist  auch  das  Algarothpulver  vorgeschlagen  worden.  W.  Artus  >) 
digerirt  1  Thl.  Schwefelantimon  in  fein  gepulvertem  Zustande  mit  2  Thln« 
Kochaalz,  3  Thln.  engl.  Schwefelsäure  und  2  Thln.  Wasser  8  Stunden 
bag,  kocht  alsdann  1  Stunde  lang,  setzt  soviel  Wasser  zu  als  möglich 
bt,  ohne  dass  Fällung  eintritt,  filtrirt,  schlägt  das  Algarothpulver  durch 
veiteren  Wasserzusatz  nieder,  wäscht  es  gut  aus,  und  schmilzt  100  Thle. 


>)  Amuü.  d.  Chem.  o.  Pharm.  Bd.  LXIII,  S.  278.  •—    ■)  Jonrn.  f.  prakt.  Chem. 
H  Vin,  S.  127. 

Hudwttftcrbach  d«r  Chemie.  2te  AnlL  Bd.  II.  4 


50  Antimon. 

der  getrockneten  Verbindung  mit  80Thln.  trockenem  kohlensauren  Na- 
tron und  20  Thln.  Kohlenpulver  15  bis  20  Minuten  lang.  Die  Aas- 
beute soll  61  Proc.  betragen. 

Wittstein  i)  mengt  das  Algarothpulver  mit  ^g  seines  Gewichtes 
Kohlenpulver ,  drückt  das  Gemenge  in  einem  Tiegel  fest  ein^  bedeckt 
es  mit  verknistertem  Kochsalz  und  erhitzt  langsam  zum  schwachen  Glü- 
hen, wobei  die  zusammensinternde  Masse  immer  wieder  fest  eingedrückt 
werden  muss.  Die  von  der  Schlacke  eingeschlossenen  Metallkörner 
lassen  sich  wegen  der  Leichtlöslichkeit  ersterer  leicht  t|;ennen. 

Nach  Capitaine  ^)  soll  man  durch  Verkohlen  von  Brech Wein- 
stein, der  durch  mehrmaliges  Umkrystallisiren  gereinigt  worden,  und 
Verbrennen  der  überschüssigen  Kohle  mittelst  auf  die  schmelzende 
Masse  aufgestreuten  Salpeters  reines  arsenfreies  Antimon  erhalten 
können. 

Die  letzteren  Methoden,  namentlich  aber  die  letzte,  stehen  der 
Lie  big 'sehen  weit  nach  und  sind  imgleich  kostspieliger,  und  beide 
setzen  arsenfreie  Präparate  voraus,  während  in  den  meisten  Fällen  der 
Zweck  der  Darstellung  reinen  Antimons  nur  der  ist,  arsenfreie  Prä- 
parate zu  medicinischen  Zwecken  daraus  zu  gewinnen. 

Das  reine  Antimon  ist  zinnweiss  bis  silberweiss,  sehr  glänzend,  je 
nach  langsamerem  oder  rascherem  ErkaRen  ist  sein  Brach  grossblätterig 
bis  körnig  kristallinisch,  es  krystallisirt  meist  in  spitzen  RhomboSdern, 
doch  sind  anch  stumpfe  Rhomboeder  beobachtet  worden.  Der  Winkel  über 
die  Scheitelkanten  der  ersteren  ist  zu  87 ^  28'  bis  87^89',  also  nahe  dem 
Würfel  gefunden  worden,  den  Scheitelkantenwinkel  an  den  stumpfen 
Rhomboeder  fand  Mohs  =  117^  15',  das  spitzere  Rhomboeder  zeigt 
zweierlei  Blätterdurchgänge,  die  einen  den  Flächen  parallel,  die  anderen 
als  Abstumpfungen  der  Scheitelkanten  auftretend,  also  dem  beobachteten 
nächst  stumpferen  Rhomboeder  entsprechend.  Das  Antimon  ist  nicht  sehr 
hart,  aber  spröde  imd  lässt  sich  leicht  pulvern.  Sein  specif.  Gewicht 
ist  6,70  bis  6,86  bei  16^0.  gefunden  worden.  Die  cubische  Ausdehnung 
des  Antimons  für  1»  C.  beträgt  nach  H.  Kopp  »)  0,000033.  Es 
schmilzt  bei  schwacher  Rothglühhitze,  nach  Dalton  "bei  432^0.,  nach 
Guyton- Morveau  bei  513^0.  Es  dehnt  sich  beim  Erstarren  nach 
Marx^)  nicht  aus.  Sein  Schmelzpunkt  liegt  um  so  niedriger  je  reiner  es  ist 
(Capitaine).  Bei  abgehaltenem  Luftzutritt  lässt  es  sich  nur  in  sehr 
hoher  Temperatur  verdampfen,  bei  Luftwechsel  leichter.  In  einem  Strome 
von  Wasserstoffgas  oder  einem  anderen  sauerstofTTreien  Gase  lässt  sich 
das  Antimon  bei  Weissglühhitze  vollständig  überdestilliren.  Mit  einem 
Flussmittel  bedeckt,  verliert  es  auch  in  der  heftigsten  Weissglühhitze 
nicht  Vi  000  »eines  Gewichts. 

Reines  Antimon  erleidet  bei  gewöhnlicher  Temperatur  an  der  Luft 
keine  Veränderung.  Es  schmilzt  vor  dem  Löthrohr  zu  einer  Kugel  mit 
reiner  glänzender  Oberfläche,  bis  zu  starkem  Rothglühen  erhitzt,  ver- 
brennt es  zu  Oxyd,  das  sich  als  weisser  dicker,  geruchloser  Raach 
verflüchtigt.  Eine  auf  Kohle  befindliche  glühende  Kugel  von  reinem 
Antimon  fährt  auch  in   einem  kalten  Luftstrome  zu  brennen  fort,  die 


*)  Buchner'B  Repertorium,  Bd.  XLIV,  S.  45,  u.  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm. 
Bd.  LX,  S.  216.  —  «)  Journ.  de  pharm.  T.  XXV,  p.  6l6;  auch  Journ.  f.  prakt. 
Chem.  Bd.  XVni,  S.  449.  —  »)  Kopp  u.  Liebig,  Jahreabcr.  nir  1861  S.  55.  — 
*)  Schwcigg.  Journ.  Bd.  LVm,  S.  464. 


1 

Antimon.  51 

aufsteigenden  Dämpfe  verdichten  sich  theilweise  um  die  Metallkugel  zu 
KrjBtallen.  Flüssiges  glQhendes  Antimon,  von  einer  gewissen  Höhe  auf 
einen  TiBch  fallen  gelassen,  zertheift  sich  in  viele  kleine  Kugeln,  wel* 
che  mit  lebhaftem  Fnnkensprühen  verbrennen.  Kalium*  oder  Natrinm- 
baitiges  Antimon  wird  in  gewöhnlicher  Temperatur  an  der  Luft  schnell 
matt;  es  entwickelt  in  Wasser  geworfen  WasserstoflTgas. 

Wasserdampf  über  stark  glühendes  Antimon  geleitet,  zersetzt  sich, 
es  entsteht  Wasgerstoffgas  und  Antiroonoxyd. 

Da«  Antimon  wird  von  Salpetersäure,  je  nach  der  Concentra- 
tion  derselben,  nach  der  Menge  und  Temperatur,  mehr  oder  minder 
heftig  angegriffen,  und  entweder  in  Antimonoxyd,  oder  in  ein  Gemenge 
von  Oxyd  und  Antimonsäure  verwandelt  Die  entstandenen  Oxydations- 
pnxiacte  sind  in  Salpetersäure  unlöslich.  Verdünnte  Schwefelsäure 
greift  das  Metall  nicht  an,  concentrirte  wird  aber  erst  beim  Erhitzen  da- 
nit  unter  Entwickelung  von  schwefliger  Säure  und  Bildung  von  schwefel- 
Aorem  Antimonoxyd  zerlegt:  Schweflige  Säure  wird  von  dem  Me- 
lall  za  unterschwefliger  Säure  reducirt,  welche  mit  dem  gebildeten  Oxyd 
eine  Verbindung  eingeht 

Chlorwasserstoffsäure  wird  von  Antimon  in  der  Kälte  nicht 
zersetzt,  in  der  Hitze  bildet  sich  eine  kleine  Menge  Chlorid,  welches 
gdöst  bleibt.  Das  eigentliche  Auflösungsmittel  des  Antimons  ist  das 
Königswasser.  £in  Gemenge  von  Salpeter  und  Antimon  verpuflft 
in  euiem  glühenden  Tiegel  unter  Bildung  von  antimonsaurero  Kali, 
4em,  wenn  nicht  genug  Salpeter  vorhanden  war,  Antimonoxyd  bei- 
gemengt ist.  Chlorsaures  Kali  verpufft  mit  feingepulvertem  Anti- 
mon durch  Erhitzen  wie  durch  den  Schlag.  Schwefelsaures  Al- 
kali wird  in  der  Glühhitze  von  metallischem  Antimon  zersetzt,  unter 
Bildung  von  Schwefelalkalimetall,  Schwefelantimon  und  antimonsaurem 
Alkali  nebst  Antimonoxyd.  •  Bleioxyd,  Manganhyperoxyd  und 
Qnecksilberoxyd  werden  beim  Erhitzen  mit  Antimonmetall  redn- 
drt,  letzteres  verwandelt  sich  nach  der  Temperatur  und  der  Sauer- 
itoffmenge  in  Antimonoxyd  oder  Antimonsäure. 

Das  Antimon  verbindet  sich  mit  den  Salzbildern  schon  in  ge- 
wohnlicher Temperatur;  pulveriges  Antimon  entzündet  sich  in  Chlor- 
gas  nnd  bildet  unter  starker  Lichterscheinung  Antimonsuperchlorid. 
AehnHch  verhält  es  sich  gegen  Brom.  Schwefel,  Phosphor 
and  Arsen  lassen  sich  in  höherer  Temperatur  leicht  mit  Antimon 
verbinden.  Auch  Wasserstoff  geht  im  statua  nascens  mit  Antimon 
eine  Verbindung  ein.  Aus  seinen  sanren  Auflösungen  wird  das  Anti- 
mon durch  Zink,  Kadmium,  Eisen,  Kobalt,  Zinn  und  Blei  als  metalli- 
sehes  Pulver  gefällt. 

Das  Aintimon  besitzt  mehrere  Oxydationsstufen;  die  erste  ist  das 
Antimonsoboxyd,  Sb804,  die  zweite  das  Antimonoxyd,  SbOg  (vonBer- 
zelins  nach  der  analog  zusammengesetzten  Arsenverbindung  antimo- 
Bige  Saure  genannt),  die  dritte  die  Antimonsäure,  SbOs«  Eine  zwi- 
tchen  den  beiden  letzteren  liegende  Sauerstoffverbindung,  auf  1  Aeq. 
Antimon  4  Aeq.  Sauerstoff  haltend,  die  früher  als  antiroonige  Säure 
Sb04  bezeichnet  wurde,  wird  jetzt  häufig  als  antimonsaures  Antimon- 
oxyd betrachtet  (s.  Antimonige  Sänre). 

Die  Prüfung  des  Antimons  auf  seine  Reinheit  geschieht : 

1)  Auf  Arsen  wird  zunächst  schon  durch  Erhitzeir  vor  dem  Löth- 
rohr  geprüft,  wobei  es  leicht  zu  einem  glänzenden  Metallkom  sohmel- 

4* 


52  Antimon. 

• 

£en  Tiiuss  und  nicht  den  für  das  Arsen  charakteristischen  Knoblauch- 
geruch  zeigen  darf.  Abreiben  einer  kleinen  Probe  des  fraglichen  Anti- 
mons mit  etwas  Kohlenpulver  und  Erhitzen  des  Gemenges  über  einer 
Weingeistflamme  in  einem  eisernen  Lößel  gewährt,  weil  dieVerbren*« 
nung  ruhig  und  langsam  ton  Statten  geht,  die  Möglichkeit  ruhigerer 
Beobachtung,  ob  der  Arsengeruch  auftritt.  Um  grössere  Mengen 
Antimon  auf  Arsen  zu  untersuchen,  verpufft  man  das  gepulverte  Me- 
tall mit  Natronsalpeter  und  kohlensaurem  Natron  (wie  oben  S.  48 
angegeben),  und  prüft  die  durch  Auskochen  mit  Wasser  erhaltene  Lö- 
sung auf  Arsen  (andere  Nachweise  dieses  Metalls  siehe  bei  Arsen). 

2)  Zur  Prüfung  auf  Eisen,  Kupfer  und  Blei  wird  das  Antimonpulver 
mit  Salpetersäure  gekocht;  nach  Verdünnen  mit  Wasser,  Filtriren  und 
Durchleiten  von  Schwefelwasserstoff*  durch  das  Filtrat  darf  kein  schwar- 
zer Niederschlag  (Kupfer  oder  Blei)  entstehen ;  beim  Versetzen  eines 
anderen'  Theils  der  salpetersauren  Lösung  mit  Schwefelsäure  entsteht 
beim  Vorhandensein  von  Blei  ein  weisser  Niederschlag ;  der  dritte  Theil, 
mit  Ammoniak  versetzt,  wird  bei  Gegenwart  von  Kupfer  blau  gefärbt 
Man  entdeckt  die  fremden  Metalle  auch  durch  Sammeln  des  durch 
Schwefelwasserstoff  entstandenen  Niederschlags,  Auswaschen  und  Auf- 
lösen desselben  in  Salpetersäure,  wobei  im  Fall  des  Vorhandenseins 
von  Blei  ein  weisser  unlöslicher  Bückstand  von  schwefelsaurem  Blei- 
oxyd bleibt,  während  in  der  nicht  zu  sauren  Lösung  das  Kupfer  durch 
ein  Stückchen  hineingestellten  blanken  Eisendrahts,  worauf  es  sich  me- 
tallisch niederschlägt,  oder  durch  eine  Lösung  von  Cyaneisenkalium,  das 
die  schwach  saure  Lösung  rothbraun  fällt,  nachgewiesen  werden  kann. 
Das  Eisen  findet  sich  in  der  salpetersauren  Lösung,  aus  det  mittelst 
Schwefelwasserstoff  Kupfer  und  Blei  entfernt  worden,  und  giebt 
auf  Zusatz  von  Ferrocyankalium  einen  bläulichweissen ,  durch  Luft- 
berührung blau  werdenden  Niederschlag.  Die  Nachweisung  des  Bleies 
auf  eben  angegebene  Art  kann  erschwert  oder  unmöglich  gemacht 
werden,  wenn  das  Antimon  Schwefel  enthält,  weil  dieser  zu  Schwefel- 
säure oxydirt  mit  dem  Bleioxyd  sich  verbindet  und  als  unlösliches 
Bleisulfat  mit  dem  oxydirten  Antimon  vereinigt  bleibt.  In  diesem 
Fall  kann  das  bei  der  Behandlung  mit  Salpetersäure  unlöslich  ge- 
bliebene weisse  Pulver  nach  dem  Filtriren  und  Auswaschen  mit 
Schwefelammonium  digerirt  werden,  wodurch  das  Antimon  sich  löst, 
das  schwefelsaure  Bleioxyd  aber  in  Schwefelblei  umgewandelt  als 
schwarzes  Pulver,  zuweilen  noch  etwas  Schwefeleisen  enthaltend,  zu- 
rückbleibt. Oder  man  kann  das  fragliche  Antimon  in  Königswasser  lö- 
sen, wobei  es  keinen  Bückstand  lassen  soll,  die  Lösung  mit  Weingeist 
versetzen,  wodurch  sich  Blei,  sei  es  als  Bleichlorid  oder  als  schwefel- 
saures Bleioxyd,  niederschlägt  Das  Blei  bleibt  auch  beim  wiederhol- 
ten Glühen  des  Antimons  mit  Salmiak  zurück. 

Die  Lösung  des  Antimonmetalls  in  Königswasser  etwas  verdünnt 
und  mit  Chlorbariumlösung  versetzt,  giebt  einen  weissen  Niederschlag 
von  schwefelsaurem  Bar3rt,  wenn  das  Antimon  Schwefel  oder  ein  Schwe- 
felmetall beigemengt  enthielt 

Das  Antimon  hält  sich  ausserordentlich  lange  im  thierischen  Kor- 
per und  kann  selbst  nach  Monaten  noch,  wie  Milien^)  bemerkte,  in 


0   Annal.  de  chim.  et  de  pbys.  [8.]  T.  XDC,  p.  188;     Pharm.  Centralbl.  1B47 
S.  897. 


Antimon,  Bestimmung  und  Trennung.  53 

allen  Organen,  in  den  Knochen,  dem  Fett,  namentlich  der  Leber,  nach- 
gewiesen  werden;  letzteres  Organ  scheint  durch  fortgesetzte  Antimon- 
aofnahme  an  Grösse  sehr  zuzunehmen,  wie  an  Thieren,  deren  Futter 
Antimonpraparate  beigemengt  worden,  beobachtet  worden  ist. 

(J.  X.  —  F.) .  By. 

Antimon,  Bestimmung  und  Trennung.  Die  bis  jetzt  als 
Tortheilhaftest  erkannte  Methode  der  Bestimmung  des  Antimons  ist  die 
Termittelst  Durchleitens  eines  Stromes  von  Schwefelwasserstoffgas  durch 
die  saaren  Lösungen,  sei  es  des  Oxyds  oder  der  Antimonsäure  oder  der 
betreffenden  Chloride.  Es  ist  bekannt,  dass  die  meisten  Auflösungen 
des  Antimonoxyds  wie  diejenigen  der  Antimonsäure  durch  Zusatz  etwas 
grösserer  Mengen  Wassers  unter  Abscheidung  von  unlöslichen  basi- 
schen Verbindungen  zersetzt  werden;  dies  erfolgt  nicht,  wenn  den- 
selben vor  der  Verdünnung  etwas  reine  Weinsäure  zugesetzt  worden, 
imd  darin  hat  man  ein  sehr  gebräuchliches  Mittel,  die  Trübung  durch 
Wasserznsatz  zu  verhindern.  Die  Zerlegung  der  Antimonverbindungen 
md  ihre  vollständige  Umwandlung  in  Schwefelantimon  erfolgt  begreiflich 
Dor  dann  sicher,  wenn  die  Lösung  nicht  feste  Theile  ausgeschieden  ent- 
hält. In  Fällen,  wenn  der  Zusatz  von  Weinsäure  unthunlich  ist,  ver- 
dünnt man  die  stark  saure  Lösung  der  Verbindung  in  Chlorwasserstoff- 
säore  so  lange  mit  Wasser,  bis  eben  ein  Niederschlag  erfolgt,  leitet 
durch  dieselbe  einen  Strom  Schwefelwasserstoff,  verdünnt  nun  erst, 
wenn  das  meiste  Antimon  gefällt  ist,  mit  Wasser,  und  fährt  dann  mit 
dem  Dnrchleiten  des  Schwefelwasserstoffs  bis  zur  vollständigen  Ab- 
scheidnng  des  Metalls  fort.  In  concentrirten  Lösungen  des  Antimons 
erfolgt  die  Fällung  desselben  schwerer  als  in  verdünnten,  die  Lö- 
rangen  in  Königswasser  bieten  im  concentrirten  Zustande  überdies  den 
Nachtheil,  dass  sie  viel  Schwefelwasserstoff  unter  Abscheidung  des 
Schwefels  zersetzen. 

Die  möglichst  vollständig  mit  Schwefelwasserstoff  gesättigte  Lö- 
Bong  wird  vor  dem  Filtriren  solange  ruhig  an  einem  sehr  massig 
warmen  Orte  stehen  gelassen,  bis  sie  nicht  mehr  nach  dem  Gase 
riecht,  weil  die  gebildeten  Schwefelverbindungen  des  Antimons,  na- 
mentlich das  Antimonpersulfid,  in  einem  Ueberschuss  von  Schwefel- 
wasserstoff etwas  löslich  sind.  Nachdem  das  Verdunsten  des  Schwefel- 
wasserstoffs erfolgt  ist,  filtrirt  man  auf  ein  trockenes  gewogenes  Filter, 
trägt  Sorge,  dass  der  Niederschlag  möglichst  vollständig,  namentlich 
von  Cblorwasserstoflsänre  (die  so  innig  anhängen  kann,  dass  man  sie 
früher  irrthflmlicherweise  sogar  für  unauswaschbar  hielt),  ausge- 
waschen werde,  trocknet  bei  möglichst  gelinder  Wärme  so  lange,  bis 
och  kein  Gewichtsverlust  mehr  zeigt,  und  bestimmt  das  Gewicht. 
Ehe  die  Berechnung  der  Menge  des  metallischen  Antimons  aus  dem 
Gewicht  dieses  Niederschlags  vorgenommen  wird,  hat  man  zu  be- 
itimmen,  welcher  Schwefelungsstnfe  derselbe  entspricht.  Ist  man  ganz 
ticher,  dass  man  es  mit  der  dem  Oxyd  entsprechenden  Schwefel- 
▼srbindung  zu  thun  hatte,  d.  h.  nur  Oxyd  und  nicht  theilweise  Anti- 
monsanre  in  Lösung  war,  so  mag  die  sofortige  Folgerung  einer  der 
Formel  entsprechenden  Antimonmenge  aus  dem  Gewicht  des  Nieder- 
schlags gestattet  sein ,  es  ist  indessen  auch '  da  die  Möglichkeit  Über- 
•ehfissigen  Schwefels  zu  beachten,  da  in  lufthaltigem  Wasser  schon, 
durch  Stehen  an  der  Luft,  etwas  Schwefelwasserstoff  unter  Schwefel- 
sbseheidnng  zersetzt  worden  sein  kann.    Deshalb  ist  unter  allen  Um- 


54  Antimon,  Bestinunung  und  Treimung. 

ständen  zu  empfehlen,  zu  untersuchen,  ob  dem  Niederschlag  nicht  freier 
Schwefel  beigemengt  sei.  Dies  geschieht  durch  Auflösen  einer  kleinen 
Probe  des  Niederschlags  in  Chlorwasserstofföäure,  die  den  Schwefel 
ungelöst  lässt.  Eine  quantitative  Bestimmung  des  einen  der  beiden  Be- 
standtheile  wird  sich  meistens,  da  man  selten  reines  Antimonsulfid 
unter  den  Händen  haben  wird,  als  nothwendig  ergeben.  Man  kann 
den  Schwefel  bestimmen  oder  das  Antimon;  erateren  auf  nachfol- 
gende Art. 

Aus  dem  saromt  dem  Niederschlag  bei  120^0.  getrockneten  und 
genau  gewogenen  Filter  wird  soviel  des  Niederschlags,  als  vom  Pa- 
pier leicht  getrennt  werden  kann,  in  einen  Kolben  geschüttet  und  das 
Papier  sammt  dem  daran  hängen  gebliebenen  Schwefelantimon  zurück« 
gewogen,  damit  man  das  Gewicht  des  in  den  Kolben  gebrachten  An- 
theils  erfahre.  In  den  etwas  langhalsigen  Kolben  giesst  man  sehr  be- 
hutsam starke  Salpetersäure  und  wartet  die  Einwirkung  der  erst  aufge- 
gossenen geringen  Menge  ab,  ehe  man  mehr  zusetzt,  weil  sonst  leicht 
Verlust  durch  Umherspritzen  erfolgen  könnte.  Nachdem  noch  eine  et- 
was grössere  Portion  Salpetersäure  zugegeben  worden,  wird  starke 
Chlorwasserstoffsäure  nachgegossen  und  der  Niederschlag  der  Einwir- 
kung des  Königswassers  überlassen,  bis  die  Lösung  des  Antimons  voll- 
ständig erfolgt  ist.  Vorher  die  Salzsäure  oder  schwache  Salpetersäure 
aufzugiessen,  ist  nicht  statthaft,  weil  dadurch  etwas  Schwefelwasser- 
stoffgas frei  werden  kann,  man  also  eines  Theils  des  Schwefels  verlustig 
ginge.  Entwickelter  Schwefelwasserstoff  muss  sogleich  in  der  Säure 
oxydirt  werden,  und  aller  Schwefel  des  Schwefelantimons  sich  entweder 
als  Schwefelsäure  in  der  Lösung  oder  als  unveränderter  Schwefel  un- 
gelöst finden.  Man  erkennt  die  Beendigung  des  gewünschten  Vorgangs 
daran,  dass  in  der  Flüssigkeit  entweder  nur  noch  gelber  Schwefel 
schwimmend  sich  befindet,  oder  dass  das  Ganze  eine  klare  Lösung  dar* 
stellt.  Weil  die  Lösung  leicht  etwas  krystallinische  Antimonsäure  ab- 
setzt, welche  nachher  schwer  wieder  in  Lösung  zu  bringen  ist,  ist  zu 
empfehlen,  vor  allem  derselben  etwas  Weinsäure  zuzusetzen,  welche 
die  Ausscheidung  der  Antimonsäure  vollständig  verhindert.  Ist  ein 
Theil  des  Schwefels  unoxydirt  in  der  Lösung,  so  muss  die  stark  ver- 
dünnte Flüssigkeit  filtrirt  und  der  Schwefel  auf  einem  kleinen  vor- 
her gewogenen  Filter  gesammelt  werden,  um  sein  Gewicht  zu  be- 
stimmen. Der  oxydirte  Theil  des  Schwefels  wird  durch  Zusatz  von 
Chlorbariumlösung  als  schwefelsaurer  Baryt  gefällt;  es  kann  gesche- 
hen, dass  demselben  etwas  weinsaurer  Baryt  beigemengt  blieb,  der  nach 
dem  Glühen  in  kohlensauren  Baryt  umgewandelt,  dann  in  verdünnter 
Chlorwasserstoffsäure  gelöst,  und  so  vom  schwefelsauren  Baryt  getrennt 
wird.  Aus  dem  gefundenen  Gewicht  des  reinen  schwefelsauren  Baryts 
wird  der  Schwefel  berechnet  und  das  Gewicht  desselben  dem  des  un- 
oxydirt gebliebenen  Schwefels  (wenn  solcher  vorhanden  war)  zuge- 
zählt. 

Zur  Oxydation  des  Schwefelantimons  lässt  sich  auch  chlorsaurea 
Kali  und  Chlorwasserstoffsäure  anwenden.  Man  bringt  zu  dem  Nieder- 
schlag in  einem  Kolben  zuerst  das  trockene  chlorsaure  Kali,  dann  et- 
was nicht  zu  schwache  Salzsäure,  und  lässt,  damit  nicht  Explosion  ent- 
stehe, in  gewöhnlicher  Temperatur  stehen,  bis  die  Lösung  erfolgt  oder 
nur  noch  Schwefel,  an  seiner  Farbe  erkennbar,  ungelöst  geblieben  iat. 
Das  weitere  Verfahren  schliesst  sich  im  Uebrigen  genau  an  das  an,  wa» 


Antimon,  Bestimmuiig  und  Trennung.  55 

for  die  erst  erwähnte  Methode  der  Oxydation  mittelst  Königswasser 
gesagt  worden.  Von  dem  Gewichte  des  trockenen  Schwefelantimons 
wird  dasjenige  des  Schwefels  abgezogen,  und  so  das  des  Antimons 
erhalten. 

Will  man  das  Antimon  in  dem  Niederschlage  bestimmen,  so  sind 
dasa  zwei  Wege  offen.  Der  erstere  besteht  in  der  Einwirkung  von 
Waaserstofigas  auf  erhitztes  Schwefelantimon,  wodurch  aller  Schwefel 
ala  Schwefelwasserstoff  unter  Zurücklassung  metallischen  Antimons  weg- 
geführt wird,  wenn  das  Schwefelantimon  nichts  anderes  als  das  dem 
Antcmonoxyd  proportionale  Sulfid  ist,  während  im  Fall ,  dass  man  mit 
einer  höheren  Schwefelungsstüfe  oder  mit  einem,  freien  Schwefel  ent- 
haltenden Niederschlage  zu  thun  hat,  ein  anderer  Theil  des  Schwefels  in 
dem  Wasserstoffstrom  unverbunden  sich  sublimirt  und  unter  geeigneten 
Vorsichlsmaassregeln  entfernt  werden  kann.  Der  zu  dieser  Operation 
gebrauchte  Apparat  besteht  in  einer  Kugelröhre,  oder  in  einem  Por- 
eellantiegel  mit  durchbrochenem  Deckel,  an  dem  ein  Porcellanröhrchen 
nach  oben  angesetzt  ist.  Der  getrocknete  Niederschlag  wird  in  den  vor- 
her gewogenen  Kugelapparat  oder  Tiegel  gebracht,  und  nach  dem 
Einfüllen  wieder  gewogen.  Bei  Anwendung  der  letzteren  Vorrichtung, 
welcher  U.  Böse  den  Vorzug  giebt,  ist  nicht  nur  der  Tiegel,  sondern 
auch  der  Deckel  zu  wägen.  Man  leitet  reines  und  trockenes  Was- 
Berstoffgas  über  das  Schwefelantimon,  und  erst  nachdem  dies  einige  Zeit 
lang  geschehen,  beginnt  man  mit  Erhitzung  der  Kugel  oder  des  Tiegels, 
tmd  zwar  von  Anfang  an  möglichst  schwach.  Wird  Schwefel  sublimirt, 
io  ist  dieser  durch  Erhitzung  aus  der  Kugel  bis  an  die  Spitze  des  Rohrs 
allmälig'  zu  treiben ;  der  Tiegel,  welcher  zur  Reduction  dient,  wird  heiss 
genug,  daas  der  Schwefel  durch  die  Fugen  zwischen  seinem  Band  und 
dem  Deckel  entweichen  kann.  Wenn  weder  Schwefelwasserstoff  noch 
schweflige  Säure  beim  Austritt  des  Gasstromes  in  die  Luft  (durch  Ammo- 
niak) sich  erkennen  lässt,  ist  die  Arbeit  als  beendigt  zu  betrachten.  Bei 
diesem  Verfahren  ist  nicht  leicht  zu  vermeiden,  dass  sich  ein  kleiner 
Theil  des  Antimons  mit  verflüchtige,  dies  beträgt  auch  bei  grosser  Vor- 
acht Y4  Proc,  und  kann  bis  auf  1  Proc.  steigen.  In  dem  Tiegel  ge- 
fchiebt  es  leicht,  dass  etwas  regulinisches  Antimon  sich  an  die  untere 
Deckelwand  ansetzt,  bei  der  Abwägung  des  erkalteten  Apparates  ist 
darum  nöthig,  auch  den  Deckel  wieder  zu  wägen  und  seine  Gewichts- 
zonahme  dem  im  Tiegel  gebliebenen  Metall  zuzurechnen. 

Eine  andere  Methode  der  Bestimmung  des  Antimons,  der  wohl 
der  Vorzug  zu  geben  ist,  ist  folgende  ebenfalls  von  H.  Böse  zuerst 
Torgeschlagene.  Die  höheren  Schwefelungsstufen  des  Antimons  zerfal- 
len unter  Einwirkung  heisser  Salzsäure  in  freiwerdenden  Schwefelwasser- 
ftoff,  freien,  in  der  Flüssigkeit  bleibenden  Schwefel  und  in  Lösung  blei- 
bendes Antimonchlorid.  Es  kann  bei  Anwendung  dieses  Verfahrens 
der  ausgeschiedene  Schwefel  auf  die  oben  angeführte  Weise  auf  einem 
kleinen  gewogenen  Filter  gesammelt,  ausgewaschen,  getrocknet  und 
durch  Wägung  bestimmt  werden.  Der  so  ausgeschiedene  Schwefel  ist 
derjenige,  der  mehr  in  der  Verbindung  war  als  zur  Bildung  des  Sulfids 
(SbSj)  nöthig  ist.  Aus  seiner  Menge  lässt  sich,  unter  der  Voraus- 
setzung, dafls  in  dem  Niederschlage  nicht  mechanisch  vertheilter  Schwefel 
forkam,  die  Menge  des  Persulfids,  d.  i.  der  der  Antimonsäure  ent- 
sprechenden Schwefelungsstufe  durch  Bechnung  ermitteln.  In  dem 
▼on  dem  Schwefel  abfiltrirten  Antimonchlorid   lässt  sich  das  Antimon 


56  Antimon,  Bestimmung  und  Trennung. 

bestimmen  nach  einer  Methode,  die  auf  der  redacirenden  Wirkung 
des  Chlorids  gegen  Goldchlorid,  unter  Umwandlung  in  Perchlorid  be- 
ruht Wird  der  Lösung  Natrium -Goldchlorid  oder  Ammonium -Gold- 
chlorid (besser  diese  als  Goldchlorid  für  sich,  weil  dasselbe  möglicherweise 
ChlorÜr  enthalten  könnte)  im  Ueberschuss  zugesetzt  und  einige  Tage 
lang  in  massiger  Wärme  stehen  gelassen,  so  scheidet  sich  metalliacbeB 
Gold  aus  unter  Bildung  von  Antimonsäure,  die  aber  nur  durch  einen 
grossen  Ueberschuss  freier  Chlorwasserstoffsäure  in  Lösung  erhalten 
werden  kann.  Ein  bei  mangelnder  Salzsäure  leicht  erfolgendes  Aus- 
scheiden körniger  Antimonsäure  nimmt  der  Methode  yieles  von  ihrer 
Einfachheit.  Die  Vorsicht  gebietet,  nach  dem  Abfiltriren  des  Goldes 
die  Flüssigkeit  nochmals  ruhig  zur  Seite  zu  stellen  und  zu  erwarten, 
ob  nicht  eine  zweite  Goldausscheidung  erfolge,  um  diese  wie  die  erste 
auf  dem  Filter  zu  sammeln.  Man  wäscht  mit  Chlorwasserstoffsäure 
haltigem  Wasser  aus.  Das  Gold  wird  sammt  dem  Filter  geglüht  und 
gewogen,  und  wenn  Besorgniss  obwaltet,  dass  ihm  etwas  Antimonsäure 
beigemengt  gewesen,  in  einem  Tiegel  unter  Zusatz  von  Salpeter  und 
trockenem  kohlensauren  Kali  unter  starker  Erhitzung  eingeschmolzen 
und  der  von  Salzkrusten  gereinigte  Regulns  nochmals  gewogen.  Ean 
Aequivalent  Antimonchlorid  oder  Antimonoxyd  bedarf  zwei  Aeqniva« 
lente  Chlor  oder  Sauerstoff,  um  in  Antimonperchlorid  oder  Antimon- 
säure überzugehen;  2  Aeq.  Gold  (892,6  Gewichtstheile)  entspre- 
chen daher  3  Aeq.  Antimonoxjd  (432,9)  oder  auch  3  Aeq.  metallischen 
Antimons  (860,9).  Die  Lösung  darf  dann  ausser  Salzsäure  nur  etwas 
Schwefelsäure,  sie  darf  aber  weder  Salpetersäure,  noch  Weinsäure  oder 
eine  andere  organische,  das  Gold  reducirende  Substanz  enthalten;  im 
ersteren  Fall  würde  zu  wenig,  im  letzteren  zu  viel  Gold  erhalten 
werden.  Zu  bemerken  ist,  dass  verdünnte  Lösungen  von  Antimonchlo- 
rid (oder  Antimonoxjd  in  Salzsäure)  wegen  des  '  Verflüchtigens  des* 
selben  mit  den  Wasserdämpfen  nicht  durch  Eindampfen  concentrirt 
werden  können. 

Wenn  Aatimonsäure  und  Antimonoxyd  zusammen  vorkom- 
men, und  jedes  davon  getrennt  zu  bestimmen  ist,  so  wird  zuerst  in  einer 
besonderen  Partie  der  Lösung  der  ganze  Gehalt  an  Antimon  bestimmt, 
sodann  in  einer  anderen  Lösung  die  Menge  des  Antimonoxyds  aus 
stark  salzsaurer  Lösung  mittelst  Goldchlorid  auf  die  so  eben  be- 
schriebene Weise;  die  Lösung  darf  aber  auch  hier  keine  Salpeter- 
säure, keine  Weinsäure  oder  andere,  das  Gold  reducirende  Substanzen 
enthalten. 

Das  empfindlichste  Reagens  für  Antimonoxjd  ist  unstreitig  eal- 
petersaures  Silberoxyd.  Durch  blossen  Zusatz  von  Ammoniak  zu  einer 
Lösung  von  Antimonoxyd  in  kaustischem  Kali  entsteht' keine  Fällung; 
ftigt  man  dann  salpetersaures  Silber  hinzu,  so  bildet  sich  zuerst  nur 
ein  schwacher  schwarzer  Niederschlag,  der  sich  aber  bald  vermehrt 
und  sich  nicht  in  Ammoniak  löst.  Hat  man  kein  Ammoniak  zuge- 
setzt, so  entsteht  ebenfalls  der  schwarze  Niederschlag,  aber  es  wird 
durch  das  Kali  zugleich  Silberoxyd  gefällt,  welches  sich  jedoch  durch 
Ammoniak  ausziehen  lässt. 

Antimonsäure  bildet  mit  salpetersaurem  Silberoxyd  einen  gelblich- 
weissen  Niederschlag,  der,  wenn  die  Antimonsäure  in  überschüssigem 
Kali  gelöst  war,  durch  mit  niedergefallenes  Silberoxyd  braun  ist.  Beide 
Substanzen  sind  aber  in  Ammoniak  leicht  löslich  (H.  Rose). 


Antimon^  Bestimmung  und  Trennung.  57 

Zur  Tolometrischen  Bestimmang  von  Antimon,  löst  Strengt)  die 
Sobeliinx  in  Salzsäure,  erforderlichenfalls  nnter  Zaffigung  von  Wein- 
Anre,  and,  wenn  Metall  oder  Oxyd  vorhanden  war,  von  chlorsanrem  Kali, 
nm  es  in  Antimonsänre  oder  das  entsprechende  Chlorid  zn  verwandeln ; 
nach  dem  Erw&rmen  zum  vollständigen  Verschwinden  des  freien  Chlors 
wird  die  Flüssigkeit  bei  40<^  C.  mit  Überschüssiger  titrirter  ZinnchlorÜr- 
lötnng  versetzt;  nach  5  Minaten  langem  Stehen  werden  3  Tropfen 
JodkaliomlÖsnng  und  etwas  Stärkekleister  zugefügt,  und  dann  durch 
titrirte  Lösung  von  saurem  chrorosauren  Kali  der  Ueberschuss  an  Zinn- 
eUornr  bestimmt  (s.  Analyse  volumetrische  für  feste  und  flüs- 
sige Körper  im  Isten  Bd.  S.  895).  Diese  Bestimmung  gründet  sich 
taf  Beduetion  der  Antimonsäure  durch  Zinnchlorür  zu  Antimonoxyd : 
SbO,  +  2Sn€l  +  2H€l  =  SbOg  -f  2Sn€l2  +  2H0. 

Die  Gegenwart  von  Arsen  schadet  hier  nicht,  da  Arsensänre  von 
Zinnchlorür  bei  40^  bis  ÖO^C.  nicht  reducirt  wird;  dagegen  darf  das 
Antimon  kein  Eisen  enthalten. 

Die  volumetrische  Bestimmung  lässt  sich  auch  mittelst  überschüssi- 
ger saurer  titrirter  Lösung  von  Chromsäure  ausführen,  welche  das 
Antimonoxyd  in  Antimonsäure  verwandelt;  nach  Verdünnen  der  Flüs- 
Rgkeit  mit  Wasser,  und  nach  Abfiltriren  der  abgeschiedenen  Antimon- 
aaore  wird  der  Ueberschuss  an  Chromsäure  durch  schwefelsaure  Eisen- 
oxydnlldsong  ermittelt,  wodurch  sich  dann  die  zur  Oxydation  des  Anti- 
monoxydR  verwendete  Chromsäure  ergiebt.  Die  Lösung  des  Antimon- 
ozyds  moss  überschüssige  Salzsäure  enthalten,  sie  muss  aber  begreif* 
hdi  frei  von  Weinsäure  und  anderen  organischen  Säuren  sein,  sowie 
sie  auch  kein  Arsen  oder  Eisen  enthalten  darf  (Kessler  >).  Es  braucht 
nieht  ausgeführt  zu  werden,  wie  diese  voluroetrischen  Bestimmungen 
lamentlich  auch  anwendbar  sind,  in  einem  Gemenge  von  Antimonoxyd 
mid  Antimonsäure  diese  Körper  einzeln  zu  bestimmen. 

Zar  Trennung  des  Antimons  von  den  übrigen  Metallen,  lassen  sich 
benutzen:  1)  Das  Verhalten  desselben  gegen  Salpetersäure,  durch  wel- 
che es  oxydirt  wird,  ohne  merklich  darin  auüöslich  zu  sein.  2)  Das 
Verhalten  seiner  in  saurer  Lösung  befindlichen  Oxyde  gegen  Schwefel- 
wssserstoff,  durch  welchen  unlösliche  Schwe&l Verbindungen  erzeugt 
Verden.  3)  Die  Löslichkeit  dieser  Schwefelniederschläge  in  Schwefel- 
unmoninin.  4)  Die  Flüchtigkeit  seines  Chlorids.  5)  Die  Unlöslichkeit 
des  antimonsauren  Natrons  in  kaltem  Wasser.  6)  Die  unter  Umstän- 
den sehr  geringe  Löslichkeit  des  Antimonmetalls  in  Chlorwasserstoff- 
s&ore,  und  7)  die  Fällbarkeit  des  Antimons  im  metallischen  Zustande 
WOB  sauren  Lösungen  durch  andere  Metalle. 

1)  Salpetersäure,  auf  antimonhaltige  MotalUegirungen  einwirkend, 
bfldet  entweder  Antimonoxyd  oder  Antimonsäure.  Beide  Oxyde  sind  in 
Wasser  aod  in  überschüssiger  verdünnter  Salpetersäure  fast  unlöslich. 
Dies  Verhalten  theilt  das  Antimon  mit  dem  Zinn;  bei  Antimonlegirun- 
gen,  die  zugleich  Zinn  enthalten,  findet  also  das  Verfahren  keine 
Anwendung;  ebenso  wenig  bei  Arsen  haltenden  Metallen,  weil  sich  hier 
taeh  eine  unlösliche  Verbindung  der  Arsensäuren  mit  Antimonoxyd 
erzeugt.  Es  ist  überdies  mit  der  Schattenseite  behaftet,  dass  die  An- 
ttmonoxyde  nicht  in  dem  Grade  unlöslich  sind  wie  die  Zinnsäure ,  dass 


^  Pogg.  AnnaL  Bd.Xdy,  S.  498;  Chem.  Gaz.  1856,  p.  214;  Pbarm.  Gentralbl. 
Mi,  S.  407.  —  *)  Pogg.  Annal.  Bd.  XCV,  S.  204;  Pharm.  Centralbl.  1866,  S.  499, 


58  Antiihon^  Bestimmung  und  Trennung. 

daher  eine  absolut  genaue  Bestimmung  nicht  möglich  ist.  Zu  beachten 
ist  ferner  das  Verhalten  der  Antimons&ure  in  der  Hitze,  dass  sie  unter 
Sauerstoffabgeben  theilweise  zu  Antimonoxyd  (oder  zu  antiraoniger 
Säure)  reducirt  wird.  Beim  Glühen  des  -Niederschlags ,  das  nach  vor- 
herigem Yerbrennen  des  Filters  im  Platintiegel  vorgenommen  werden 
kann,  ist  zu  beachten,  dass  es  so  lange  fortgesetzt  werde,  bis  antimo« 
nige  Säure  gebildet  ist,  welche  dann  in  Rechnung  gebracht  wird. 

2)  Durch  einen  Strom  von  Schwefelwasserstoffgas ,  in  die  saure 
Lösung  des  Salzgemisches  geleitet,  lässt  sich  das  Antimon  von  den  Ban- 
sen, die  der  Gruppe  der  Alkalien,  der  alkalischen  Erden  und 
eigentlichen  Erden  angehören,  sowie  von  denOxjden  des  Urans, 
Nickels,  Kobalts,  Zinks,  Eisens  und  Mangans  trennen.  Bei 
Anwendung  dieses  allgemeinen  Scheidungsmittels  ist  zu  beachten, 
welches  Verhalten  die  Weinsäure,  die  man  zum  Zweck  des  Ge- 
löstbleibens des  Antimons  in  verdünnter  Lösung  etwa  zusetzte,  ge- 
gen die  übrigen  in  Lösung  befindlichen  Oxyde  zeigt.  Die  Oxyde 
der  alkalischen  und  eigentlichen  Erden  lassen  sich  aus  der  wein- 
sauren Lösung  durch  die  gewöhnlichen  Scheidungsmittel  zum  Theil 
nicht  fällen,  deshalb  ist  gerathen,  den  Weinsäurezusatz  im  Falle 
der  Anwesenheit  solcher  Basen  zu  unterlassen.  Auch  die  schwermetalli- 
schen Basen  können  nicht  leicht  mit  den  gewöhnlichen  alkalischen  Fäl- 
lungsmitteln aus  den  Weinsäure  enthaltenden  Lösungen  abgeschieden 
werden,  man  hat  aber  für  sie  das  Hülfsmittel,  sie  mit  Schwefelammonium 
zu  fällen,  und  nur  bei  den  Nickeloxyden  tritt  der  Fall  ein,  dass 
die  Fällung  mit  Schwefelammonium  ebenfalls  nicht  angeht,  weshalb 
dann  die  Weinsäure  wegzulassen  ist,  wenn  die  Oxyde  dieses  Metalls 
zugegen  sind.  Wie  man  am  zweckmässigsten  vejrfährt,  um  auch  aus 
chlorwasserstoffsaurer  Lösung  ohne  Zusatz  von  Weinsäure  das  Antimon 
vollständig  als  Sulfid  zu  fällen,  ist  oben  bei  den  Vorschriften  zur  Be- 
stimmung desselben  angegeben. 

3)  Die  Aufiöslichkeit  der  Schwefelantimon  Verbindungen  in  Scliwe- 
felammonium  kann  benutzt  werden,  nicht  nur  zur  Trennung  desselben 
von  anderen  aus  saurer  Lösang  durch  Schwefelwasserstoff  fällbaren  Me- 
tallen, deren  Sulfide  in  Schwefelammonium  nicht  löslich  sind,  wie 
Quecksilber,  Silber,  Wismuth,  Blei,  Kadmium,  Kupfer, 
sondern  auch  ziu*  Trennung  von  den  schwermetallischen  Oxyden  der 
Gruppe  der  mit  Schwefelwasserstoff'  aus  saurer  Lösung  nicht  fällbaren 
Metalloxyde,  namentlich  der  des  Kobalts,  Zinks,  Eisens  und  Man- 
gans, weniger  der  Oxyde  des  Nickels. 

Das  Verfahren  ist:  Auflösen  der  Verbindung  in  Chlorwasserstoff- 
säure oder,  falls  sie  darin  nicht  gut  löslich  sein  sollte,  in  Königswasser, 
und  Versetzen  mit  Ammoniak,  wodurch  die  Metalle  als  hydratische 
Oxyde  gefällt  werden.  Auch  Verbindungen,  w^rin  die  Metalle  im  oxy- 
dirten  Zustande  vorkommen,  sind  in  Säure  zu  lösen  und  mit  Amrooniak 
zu  fällen,  weil  nur  auf  die  frischgefällten  Oxyde  das  Schwefelammo* 
nium  gut  einwirkt«  Der  Niederschlag  wird  sammt  der  Flüssigkeit, 
worin  er  erzeugt  worden,  mit  Schwefelammonium,  in  welchem  man 
vorher  etwas  Schwefel  gelöst  hat,  versetzt,  und  der  Kolben,  worin  sich 
die  Mischung  befindet,  in  gelinde  Wärme  gestellt.  Das  Antimonoxyd 
oder  die  Antimonsäure  werden  hierdm*ch  zuerst  in  die  entsprechen- 
den Schwefelungsstufen  umgewandelt,  und  diese  gehen  nach  kurzer 
'^'Cit  ganz  in  die  Lösung  ein.    Man  lässt,  namentlich  wenn  sich  Queck- 


Antimoiv  Bestimmung  und  Trennung.  59 

olber  nnter  den  Metallen  findet,  erkalten,  oder  filtrirt  bei  Gegenwart 
Ton  Zink,  Mangan  oder  Kadmium  die  noch  heisse,  mit  Wasser  ver- 
dfinnte  Flüssigkeit  von  dem  Ungelösten  ab  und  süsst  mit  Schwefel- 
ammonium  haltendem  Wasser  ans.  Im  Filtrat  befindet  sich  alles  Anti- 
mon als  Schwefelantimon,  und  wird  daraus  durch  Salzsäure  oder  Essig- 
mm  niedergeschlagen,  die  Flüssigkeit  über  dem  Niederschlage  bis  zum 
Verschwinden  des  Schwefelwasserstoffgeruchs  in  gelinder  Wärme  ste- 
hen gel&asen,  dann  filtrirt,  und  der  Niederschlag  weiter  auf  Schwefel 
nnd  Antimongehalt  untersucht,  wie  oben  unter  ,yBestimmung  des  Anti- 
mons^ angegeben  worden. 

4)  TSs  kommen  Fälle  vor,  dass  selbst  zur  Trennung  von  Metallen, 
die  hinsichtlich  ihres  Verhaltens  zu  Schwefelwasserstoff  und  Schwefel- 
ammoninm  anderen  Gruppen  angehören,  diese  allgemeinen  Scheidungs- 
mittel  nicht   ganz   genaue  Resultate  geben,    wie   z.  B.  die   Methode 
3)  bei  Nickel  nnd  auch   bei  Kupfer.     In  solchen  Fällen  kann  man  sich 
des  Chlors    als    eines    die  Zerlegung   bewirkenden  Mittels  bedienen. 
MeUlllegirongen    oder    Schwefelmetalle    oder   andere    antimonhaltige 
Verbindungen,    die  man   in   metallischen  Zustand    zuerst   übergeführt 
(wie  z.  JB.  das  Hüttenproduct  Kupferglimmer,  das  neben  Antimonoxyd 
Kopieroxyd  und  Nickeloxydul  enthält,  und  durch  Wasserstoff  in  eine  Legi- 
nmg  der  drei  Metalle  verwandelbar  ist)  oder  in  Schwefelmetalle  umge- 
wandelt hat,  werden  in  mögliehst  verkleinertem  Zustande  in  eine  vorher 
genau  gewogene  Kugelröhre  gefüllt  und  darin  die  Wägung  derselben 
vorgenommen;  sodann  wird  der  eine  Böhrenansatz  der  Kugel  recht- 
winklig gebogen  und  senkrecht  in  ein  Kölbchen  gesteckt,  worin  sich 
«in  Gemisch  von  Weinsäure  und   Chlorwasserstoffsäure  befindet,  der 
bsrizontale  Theil  der  Röhre  wird  mit  einem  mit  Chlorcalcium  gefüll- 
ten Bohr   verbunden,  durch  das  aus  einem  Chlorentwickelunga-  und 
Vfwchapparat  Chlor  geleitet  werden  kann.     Man   beginnt  zuerst  mit 
dem  Durchleiten  des  Chlors,  zieht  zur  Vorsicht  den  gebogenen  Schen- 
kt der  Kugelrohre  aus  der  Säure  soweit  heraus,  dass  er  höchstens  die 
Oberfläche  der  Flüssigkeit  berührt,  und  setzt  nun  eine  kleine  brennende 
Weingeistlampe  unter  die  Kugel  und  erwärmt  möglichst  gelinde,  damit 
die  Chlorabsorption  nicht  zu  heilig  und  unter  Erglimmen  erfolge.    Ist 
die  erste  Einwirkung  des  Chlors  erfolgt,  so  ist  diese  Gefahr  vorüber, 
das  Schenkelrohr  wird  einige  Linien  tief  in  die  Säure  getaucht  und  mit 
der  Durchleitung  des  Chlors  und  Erhitzung  der  Kugel  fortgefahren,  bis 
aeh  aus  letzterer  nichts  Flüchtiges  mehr  entwickelt.    Nach  dem  Erkal- 
ten der  Kugel  wird  der  gebogene  Schenkel  grösstentheils  abgeschnit- 
ten und  mit  Wasser  mit  Zusatz  von   etwas  Salzsäure  abgespült,   die 
Flüssigkeit  aber  mit  derjenigen  in  der  Vorlage  vereinigt.    Den  Inhalt 
<ier  Kugel ,   die  nichtflüchtigen  Cidormetalle  enthaltend,  wägt  man  ab, 
indem  man  die  beiden  ohne  Splitter  getrennten  Stücke  der  Kugelröhre 
sammt  Inhalt  auf  die  Wage  bringt  und  die  Zunahme  des  Gewichts  der 
leeren   Röhre  notirt,  oder  durch  Wägen  des  die  Kugel  enthaltenden 
Theihs  Auflösen  des  Inhalts,  Trocknen  und  Wiederwägen.  Die  Vorlage, 
teorin   das  Gemisch  von  Weinsäure  und  Chlorwasserstoffsäure  sich  be- 
ladet^  enthalt  Qilorantimon ,  durch    eine    zweite  kleine  Absorptions- 
ittche  kann,  wenn  Durchstreichen  unabsorbirten  Chlorantimons  durch 
^  erste  Flasche  zu  fürchten   ist,  dem    Verlust  vorgebeugt  werden. 
Die  BestimmoDg  des  Antimons  lässt  sich  nach  oben  angegebener  Me- 
tkode durch  Umwandlung  in  Schwefelantimon  u.  s.  w.  vornehmen. 


60  Antimon,  Bestimmung  und  Trennung. 

Diese  Methode  leistet  gute  Dienste,  namentlich  wo  es  sich  nm 
Trennung  des  Antimons  von  solchen  Metallen  handelt,  die  sich  gegen 
die  allgemeinen  Scheidungsmittel,  Schwefelwasserstoff  und  Schwefel» 
ammonium,  ebenso  verhalten  wie  das  Antimon  selbst,  z.  B.  das  Gold 
und  Platin;  die  Trennungsmetbode  durch  Chlor  ist  aber  wie  an- 
gegeben für  Nickel  und  Kupfer,  femer  auf  Silber  und  Kobalt  anzu- 
wenden. 

Rose  benutzt  die  Flüchtigkeit  der  Antimonchloride  zur  Unter- 
suchung von  Antimon  verbin  düngen  mit  Alkalien  oder  erdigen  Alka* 
lien,  in  Fällen,  wo  das  Antimon  nicht  direct  zu  bestimmen  ist,  so  bei 
den  betreffenden  antimonsauren  Salzen;  werden  dieselben  mit  Salmiak 
gemengt  geglüht,  so  verflüchtigt  sich  Antimonchlorid,  und  nach  wie- 
derholter Operation  bleibt  reines  Kalium chlorid  u.  s.  w.  zurück. 

5)  Zinn  und  Arsen  sind  zwei  Metalle,  deren  Losungen  das 
gleiche  Verhalten  gegen  Schwefelwasserstoff  und  Schwefelamraonium 
zeigen,  wie  Antimon,  und  deren  Trennung  von  diesem  Metall  manche 
Schwierigkeit  bietet;  doch  hat  man  in  neuerer  Zeit  passende  Methoden 
gefunden,  sie  auch  quantitativ  genau  zu  trennen. 

Ohne  die  früheren  unzulänglichen  Methoden  näher  zu  beschreiben, 
soll  nur  erwähnt  werden,  dass  die  Trennung  des  Antimons  von  Arsen 
mit  keiner  nur  irgend  befriedigenden  Genauigkeit  zu  erzielen  ist, 
wenn  man  die  Legirung  oder  die  Schwefelmetalle  mit  concentrirter 
Salpetersäure  behandelt.  Zwar  bleibt  der  grösste  Theil  des  Antimon- 
oxyds  und  der  Antimonsänre  ungelöst,  aber  beide  sind  in  der  Salpeter- 
säure nicht  ganz  unlöslich,  ausserdem  wird  ein  Theil  des  oxjdirten 
Arsens  von  den  entsprechenden  Antimonverbindungen  zurückgehalten. 

Will  man  nur  die  Menge  des  Antimons  direct,  die  des  Arsens 
durch  den  Verlust  bestimmen,  so  gelingt  dies  am  leichtesten  dadurch, 
dass  man  die  trockenen  Oxyde  mit  gleichen  Theilen  von  trockenem 
kohlensauren  Natron  und  Cjankalium  mengt  und  durch  Glühen  des 
Gemenges  in  einem  bedeckten  Porcellantiegel  das  reducirte  Arsen  ver- 
flüchtigt. Man  behandelt  hernach  die  geschmolzene  Masse  mit  etwas 
Wasser,  übersättigt  sie  mit  Salzsäure  und  bestimmt  das  Antimon  wie 
oben  angegeben  als  Schwefelantimon.  Die  beste  Trennungsmethode 
beider  Metalle  ist  jedoch  folgende :  Die  vollständig  bxydirten  Metalle 
werden  in  überschüssiger  Salzsäure  gelöst,  mit  Weinsäure,  Chloram- 
monium und  zuletzt  mit  einer  klaren  ammoniakalischen  Lösung  von 
schwefelsaurer  Magnesia  und  Chlorammonium  versetzt.  Die  dadurch 
niederfallende  arsensaure  Ammoniak -Magnesia  wird  abfiltrirt,  mit  am- 
moniakhaltigem  Wasser  ausgewaschen,  getrocknet  und  gewogen.  Aus 
der  Flüssigkeit  wird  dann  nach  Uebersättigung  mit  Salzsäure  durch 
Schwefelwasserstoffgas  das  Schwefelantimon  gefällt. 

Zur  genauen  Trennung  des  Antimons  von  Zinn,  auch  von  Zinn  and 
Arsen,  hat  sich  folgende  Methode  als  zweckmässig  erwiesen. 

Sind  die  Metalle  im  regulinischen  Zustande,  so  müssen  sie  vor- 
erst in  den  oxjdirten  übergeführt  werden ,  Gremenge  von  Oxyden 
genannter  Metalle  sind  an  und  für  sich  zu  dieser  Trennungsme- 
tbode geeignet.  Die  Legirung  wird  möglichst  zerkleinert  und  eine 
abgewogene  Menge  davon  in  einem  geräumigen  Beeherglase  mit  reiner 
starker  Salpetersäure  vom  specifischen  Gewicht  =1,4  übergössen, 
nach  der  ersten  heftigen  Einwirkung  der  Säure  und  erfolgter  vollstän- 
diger  Oxydation  durch  massige  Wärme  die  freie  Säure  verjagt,   die 


Antimon,  Bestimmung  mid  Trennung.  61 

Masse  bis  zur  Trockne  yerdampft,  die  Säure  durch  Erhitzen  bid  zum 
ichwaehen  Glähen,  wenn  kein  Araen  zugegen  ist,  entfernt,  oder,  wenn 
dies  der  Fall  ist,  nur  auf  dem  Wasserbade  möglichst  ausgetrocknet. 
Die  Masse  wird  dann  in  einen  Silbertiegel  gebracht,  das  Gefäss  mit 
Aetznatron  nachgespült  und  diese  Flüssigkeit  ebenfalls  in  den  Silber- 
tiegel  gegeben,  worin  sie  auf  dem  Wasserbade  zur  Trockne  zu  bringen 
ist  Ist  dies  geschehen,  so  wird  etwa  die  achtfache  Menge  Natron- 
kydnt  in  den  Tiegel  gebracht  und  das  Ganze  auf  einer  gut  ziehenden 
Lampe  einige  Zeit  lang  im  glühenden  Fluss  erhalten.  Die  wieder  er* 
kältete  Blasse  wird  in  Wasser  aufgeweicht,  bis  das  unlösliche  antimon- 
ssore  Natron  ein  loses  zartes  PuWer  darstellt.  Man  spült  den  Tiegel» 
Inhalt  mit  Wasser  in  ein  Becherglas,  setzt  zur  wässerigen  Flüssigkeit 
dn  Drittel  ihres  Volumen  Alkohol  von  0,833  specif.  Gewicht,  mengt 
gut  und  lässt  absetzen.  Das  zinnsaure  und  arsensaure  Natron,  sowie 
kanstuches  und  etwa  gebildetes  kohlensaures  Natron  lösen  sich  in  dem 
verdfinnten  Weingeist  auf,  und  werden  von  dem  ungelösten  antimonsau- 
ren  Natron  durch  Filtration  getrennt.  Das  Auswaschen  des  antimon- 
lanren  Natrons  geschieht  mit  etwas  stärkerem  Weingeist*,  zuerst  mit  sol- 
chem von  0,83  specif.  Gewicht  mit  gleichem  Volumen,  später  mit  Vs 
Yolmnen  Wasser  gemischt.  In  dem  zum  Waschen  bestimmten  Wein- 
geist wird  zweckmässig  etwas  kohlensaures  Natron  aufgelöst.  Das  Wa- 
sehen  ist  fortzusetzen,  bis  die  ablaufende,  mit  Säure  versetzte  Flüssig- 
keit durch  Schwefelwasserstoff  nach  längerem  Stehen  keine  Trübung 
oiehr  erzengt.  Bei  diesem  Verfahren  ist  sehr  darauf  zu  achten,  dass 
der  zum  Auswaschen  gebrauchte  Weingeist  die  angegebene  Stärke  habe. 
Das  antimonsaure  Natron  kann  dann  in  einem  Gemisch  von  Weinsäure 
und  Chlorwasserstoffsäure  gelöst,  die  Lösung  einem  Strom  von  Schwefel- 
visserstoff  ausgesetzt,  und  mit  dem  dadurch  erzeugten  Schwefelantimon 
TVffahren  werden,  wie  oben  (S.  54)  angegeben  ist. 

Die  alkoholische  Flüssigkeit,  welche  alled  Zinn  und  Arsen  enthält, 
wvd  mit  Chlorwasserstoffsänre  übersättigt,  das  dadurch  gefällte  arsen- 
saure Zinnoxyd  glfiich  in  der  Flüssigkeit  durch  Schwefelwasserstoff  in 
Sehwefelmetall  verwandelt,  und  nach  längerem  Stehen,  wenn  aller 
Schwefelwasserstoff  entwichen  ist,  abfiltrirt.  Durch  Einleiten  von 
sdiw^iger  Säure  und  Schwefelwasserstoff  in  die  Flüssigkeit  wird  meist 
noch  eine  kleine  Menge  Schwefelarsen  abgeschieden.  Die  gemengten 
Sdiwefehnetalle  erhitzt  man  in  einer  Kugelröhre  in  einem  Strome  von 
Sehwefelwasserstoffgas,  und  fängt  das  sublimirende  und  entweichende 
8ehwefelarsen  in  Ammoniaklösung  auf,  woraus  man  es  nachher  durch 
üebersattigen  mit  Salzsäure  wieder  ausfällt.  Der  Niederschlag  wird 
not  Salpetersäure  oxydirt  und  das  Arsen  als  arsen8<fture  Ammoniak* 
Magnesia  bestimmt.  Auch  das  in  der  Röhre  zurückgebliebene  Schwefel- 
liiin  wird  mit  Salpetersäure  oxydirt,  geglüht  und  als  Zinnoxyd  ge- 
wogen (H.  Böse). 

Wenn  Zinn  allein  mit  Antimon  gemengt  zu  untersuchen  ist,  so 
Bsaa  man,  um  genaue  Resultate  zu  erhalten,  auf  dieselbe  Weise  ver- 
ehren, d.  h.  das  oxydirte  Metallgemisch  mit  Natronhydrat  schmelzen, 
üe  geschmolzene  Masse  mit  Wasser  aufweichen,  mit  Alkohol  auflwa- 
•dien,  letzteren  durch  Verdampfung  aus  der  Zinnlösung  entfernen  und 
•BS  der  Terdünnten,  mit  Schwefelsäure  übersättigten  Lösung  durch 
Schwefelwasserstoff  Schwefelzinn  fällen. 

Ffir    technische   Zwecke    liefern   die    nachstehenden   einfacheren 


62  Antimonarsen. 

Scheidungsmethoden  genügende  Resultate.  Das  Antimon  wird  von 
Salzsäure  nicht  oder  nur  sehr  wenig  angegriffen,  wenn  sich  in  der 
Lösung  ein  grosser  Ueberschuss  von  Zinnchlorür  befindet.  Wenn 
man  in  einer  nur  die  beiden  Metalle  Zinn  und  Antimon  enthalten- 
den Legirung,  oder  einer  solchen,  die  ausser  ihnen  nur  noch  Blei 
enthält,  das  Antimon  bestimmen  will,  so  kann  man  eine  abgewo- 
gene Menge  der  Legirung  mit  der  20fachen  Menge  reinen'  Zinns  za- 
sammenschmelzen ,  die  geschmolzene  Legirung  auswalzen,  mit  con- 
centrirter  Chlorwasserstoffsäure  übergiessen,  von  dem  ungelösten  Anti- 
mon abfiltriren,  das  Gewicht  des  letzteren  bestimmen  und  nun  den  so 
annähernd  gefundenen  Gehalt  dieser  Legirung  an  Antimon  zur  Grundlage 
des  Mischungsverhältnisses  bei  der  eigentlichen  Analyse  nehmen.  Man 
setzt  zur  Legirung  soviel  Zinn,  dass  es  das  20fache  des  gefundenen  Anti- 
mons ausmacht,  schmilzt  unter  einer  Decke  von  Kohlenpulver,  lässt  er- 
kalten, reinigt  den  Regulus,  walzt  ihn  aus,  zerschneidet  ihn  und  schmilzt 
ihn  aufs  neue  unter  der  Kohlendecke  ein,  damit  die  Mischung  möglichst 
gleichmässig  erfolge,  walzt  wieder  aus,  zerschneidet  zu  kleinen  Blech* 
schnitzeln  und  wägt  davon  eine  zur  Analyse  passende  Menge  ab,  kocht 
mit  starker  Chlorwasserstoffsäure  eine  bis  anderthalb  Stunden  lang, 
verdünnt  die  Lösung  mit  Wasser,  filtrirt,  trocknet  und  wägt,  und  be- 
rechnet aus  dem  gefundenen  Antimon  den  Gehalt  der  Legirung  daran. 
Man  kann  auch  eine  abgewogene  Menge  einer  Legirung  von  Zinn 
und  Antimon  in  Chlorwasserstoffsäure  unter  allmäligem,  nicht  zu  reich* 
lichem  Zusatz  von  Salpetersäure  oder  von  chlorsaurem  Kali  auflösen 
und  die  Lös'ung  mit  einem  Stück  reinen  Zinnblechs  einige  Zeit  lang 
kochen,  wodurch  das  Antimon  bei  Ueberschuss  von  Säure  als  schwarzes 
Pulver  vollständig  gefällt  wird.  Hat  man  eine  Lösung  beider  Metalle, 
so  wird  in  einer  Portion  derselben  die  Fällung  beider  zusammen  durch 
ein  Stück  Zink  bewirkt,  in  einer  anderen  die  des  Antimons  allein 
durch  Zinn  auf  angedeutetem  Wege,  und  daraus  der  Gehalt  der  Lösung 
an  beiden  Bestandtheilen  berechnet.  (J.  L.  V.)        By^ 

0 

Antimonarsen,  Allemontit.  Ein  nach  seinem  Vorkom- 
men zu  Allemont  im  Chalancher- Gebirge,  Dep.  de  Tls^re  benanntes 
Mineral;  es  ist  ein  arsenhaltendes  Antimon,  welches  bei  einer  Unter- 
suchung Ram  melsberg's  37,9  Antimon  auf  62,1  Arsen  gab ;  nach  dem 
alten  Atomgewicht  des  Antimons  (Sb  =  129)  entspricht  dies  gerade 
der  Formel  SbAss;  Bammelsberg  schliesst  daraus,  dass  die  beiden 
isomorphen  Substanzen  nicht  bloss  mit  einander  gemengt,  sondern 
chemiscd  verbunden  seien,  dass  der  Allemontit  ein  Antimonarsenid  sei, 
dem  Antimonoxyd  entsprechend.  Nach  dem  neueren  Atomgewicht  des 
Antimons  (Sb  =  120,3)  berechnet  sich  aus  der.  Analyse  das  Aequi- 
valenten-Yerhaltniss  des  Antimons  zum  Arsen  =  1 : 2,6 ;  es  kann  da- 
her die  alte  Formel  nicht  mehr  gelten,  und  wenn  die  Analyse  richtig 
ist,  woran  zu  zweifeln  kein  Grund  vorliegt,  so  sind  im  Antimonarsen 
beide  Elemente  als  isomorph  mit  einander  gemengt. 

Das  Antimonarsen  ist  zu  Allemont,  Andreasberg,  Przibram  u.  a.  a.  O. 
auf  Gängen  im  Gneuss  in  Begleitung  von  Antimonmetall  und  von  Anti- 
monerzen und  Speisskobalt  gefunden;  es  ist  äusserlich  dem  gediegenen 
Arsen  mehr  oder  weniger  ähnlich.  Es  kommt  vor  in  derben  feinkörnigen 
kugeligen  und  nierenf  örmigen  Massen  mit  kmmmschaliger  Absonderung 
und  unebenem  Bnich,  seine  Härte  ist  3,5  und  sein  specif.  Gewicht  0,2 ; 


Antimonasche.  —  Antimonbromid.  63 

m  ist  hat  ziimweiss,  nndnrchaichtig  und  schwach  glänisend.     Sein. che- 
misches Verhalten  geht  ans   seinen   Bestandtheilen  hervor.  Fe. 

Antimonasche  Spiessglanzasche,  Cinis antimonuy  Caljuanti» 
momi  grUea^  ist  das  palverige  gewöhnlich  aschgraue  Product  der  meist 
nDFolistandigen  Röstung  entweder  von  gepulvertem  Antimonium  crudum 
cder  aufbereitetem  Grauspiessglanzerz.  Es  enthält  Antimonsäure  und 
Antimonoxyd  oder  antimonige  Säure,  meistens  noch  etwas  noch  unzer- 
a^ztes  Schwefelantimon  und  alle  dem  letzteren  beigemengt  gewesenen 
Metall  Verbindungen  im  unveränderten  oder  ebenfalls  oxydirten  Zustande. 
Die  Bereitung  geschieht  im  Grossen  auf  Flammherden ,  im  Kleinen  auf 
Roätscherben  oder  unter  der  Muffel.  Die  Erhitzung  soll  anfangs,  wegen 
der  Schmelzbarkeit  des  Schwefelantimons  eine  sehr  massige  sein,  muss 
aber  gegen  das  'Ende  der  Operation  gesteigert  werden,  um  möglichst 
alles  Schwefelmetall  in  Oxyd  umzuwandeln.  Während  der  ganzen 
Arbeit  ist  sorgfältiges  Umrühren  nöthig.  Es  bildet  sich  aus  dem 
Schwefelantimon  zuerst  Antimonoxyd,  dies  wird  aber  durch  weitere 
Saaerstoffaufnahme  in  antimonige  Säure  umgewandelt.  Ist  die  Röstung 
möglichst  vollständig  geschehen,  so  findet  sich  nur  sehr  wenig  Schwe- 
felantimon und  freies  Antimonoxyd  in  dem  Präparat,  immer  aber  erhält 
man  auf  dem  beschriebenen  Wege  nur  ein  grauliches  Pulver.  Ruolz  ^) 
wendet  bei  dieser  Rostarbeit  Wasserdämpfe  an,  die  er  über  das  auf 
der  Sohle  eines  Flammofens,  der  mit  Condensationskammern  und  einem 
gutziehenden  Schornstein  verbunden  ist,  ausgebreitete  Erzpulver  hin* 
Itttet,  and  gewinnt  auf  diese  Weise  unter  Entweichen  von  Schwefel- 
wasserstoff ein  vollkommen  weisses,  ganz  entschwefeltes  Präparat,  das 
öch  nach  seiner  Angabe  als  Ersatzmittel  des  Bleiweissos  zum  An- 
itrich  eignen  soll.  Dass  das  Schwefelantimon  in  diesem  Fall  nicht 
soviel  Eisen,  Kupfer  und  Blei  enthalten  dürfe,  Metalle,  die  gefärbte 
Oxyde  liefern,  versteht  sich  von  selbst.  Die  nicht  vollkommen  ge* 
rostete  Spiessglanzasche  schmilzt  beim  raschen  Erhitzen  in  einem  hessi- 
dehen  Tiegel  zu  einem  Glase  (s.  Antimonglas).  Die  weisse  vollstän- 
dig gerostete  Antimoniasche  ist  fast  reine  antimonige  Säure,  und  dann 
onsehmelzbar.  ßy. 

Antimonbaryt,  prismatischer.    Veralteter  Name  für 

Antim  onblüthe. 

Antimonbleierzy  8301.   mit  Bournonit  (s.  d.). 
Antimonblende  s.  Rothspiessglanzerz. 
Antimonblüthe  s.  Weissspiessglanzerz. 

Antimonblumen,  /lores  AntimonU  s.  Antimonoxyd 
S.  81. 

Antimonbromid,  Antimonbromür,  SbBrg.  Wenn  man 
in  eine  kleine  Retorte  Brom  und  nach  und  nach  in  kleinen  Portionen 
feingepulvertes  Antimon  schüttet,  so  entzündet  sich  das  Metall  mit 
lebhafter  Wärmeentwickelung,  indem  es  sich  mit  dem  Brom  verbindet; 
0  verflüchtigt  sich  hierbei  eine  grosse  Quantität  Brom,  welche  man 
verliert,  wenn  man  versäumt,  die  Retorte  mit  einem  Verdichtungsapparat 

()  Pharm.  Gentralbl.  1844  H,  81. 


64  Antimonchloride. 

ZU  yerbinden.  Durch  weitere  Destillation  des  Rflckstandes  erh&lt  man 
die  Yerbindung  in  dem  Halse  der  Betorte  in  Gestalt  einer  farbloBeOi 
krystallinischen,  nadeiförmigen  Masse,  welche  bei  94^0.  schmilzt  und 
bei  270^0.  siedet;  sie  zerfliesst  an  der  Luft  und  wird  durch  viel 
Wasser  zerlegt  in  eine  dem  Algarothpulver  ähnliche  Verbindung  und 
in  Brom  wasserstoffsäure.  Es  geht  eine  Verbindung  ein  mit  Antimon- 
sulfid. J,  L. 

Antimon  Chloride«  Das  Chlor  geht  mit  dem  Antimon  meh- 
rere VerbiAdungen  ein,  unter  welchen  die  dem  Antimonoxyd  und  der 
Antimonsäure  proportional  zusammengesetzten,  das  Antimonchlorid 
und  das  Antimonperchlorid,  die  wichtigsten  sind;  ein  der  antimoni« 
gen  Säure  entsprechendes  Antimonsuperchlorür  ist  für  sich  nicht 
bekannt. 

Antimonchlorid,  SbGlg. 

Antimonchlorür,  Dreifach-  oder  Anderthalb-Chloranti- 
mon,  Chloretum  täbii  s.  ÄrUimonn^  Stibium  sesquiehloratum. 

Man  stellt  das  Antiroonchlorid  1)  aus  Antimonmetall,  dem  Oxyd 
oder  Sulfid  dar.  Ai^  dem  gepulverten  Antimonmetall  erhält  man  es 
durch  Erhitzen  mit  5  Thln.  Salzsäure,  und  allmäligen  Zusatz  von 
Salpetersäure,  indem  bei  zu  schnellem  Zusatz  der  letzteren  Säure  An- 
timonsäure niederfällt,  die  erst  bei  Digestion  mit  frischem  Metall  und 
Salzsäure  unter  Reduction  sich  langsam  wieder  löst. 

Gewöhnlich  stellt  man  das  Chlorid  aus  dem  Sulfid  dar,  indem  1  Tbl. 
desselben  mit  5  Thln.  concentrirter  Salzsäure  in  der  Wärme  ohne  Zusatz 
von  Salpetersäure  gelöst  wird,  wobei  man  natürlich  für  Abführung  des 
Schwefelwasserstoffs  sorgen  muss.  Die  so  erhaltene  Flüssigkeit  ist  eine 
Lösung  von  Antimonchlorid  in  überschüssiger  Salzsäure;  man  ver- 
dampft sie  nach  dem  Absetzen  am  besten  zuerst  in  einer  Porcellan- 
schale  zur  Entfernung  der  Säure  und  des  Wassers ;  man  lässt  dann  die 
Flüssigkeit  einige  Tage  stehen  zur  Abscheidnng  des  meistens  vorhan- 
denen Chlorbleies,  und  destillirt  nun  den  klaren  Rückstand  ans  einer 
Betorte  mit  angelegter  Vorlage,  weiche  man  wechselt,  sobald  ein  Tro- 
pfen des  Destillats  beim  raschen  Erkalten  erstarrt;  das  dann  Ueberge- 
hende  ist  reines  Antimonchlorid;  nur  das  erste  Destillat  kann  noch 
Arsenchlorid  enthalten.  Die  rohe  Lösung  des  Antimonchlorids  von 
Anfang  an  in  einer  Retorte  abzudampfen,  ist  weniger  zweckmässig,  da 
der  Verlust  an  Antimoncblorid  beim  Abdampfen  in  der  Schale  nur  ge- 
ring ist;  enthält  die  Flüssigkeit  aber  wie  meistens  Chlorblei,  so  ist  das 
Abdampfen  in  einer  Schale  unerlässlich,  wegen  des  sonst  in  der  Betorte 
stattfindenden  Stossens  and  unvermeidlichen  Ueberspritzens« 

2)  Durch  Destilliren  des  trockenen  schwefelsauren  Antimonozyds 
mit  seinem  doppelten  Gewicht  Kochsalz.  Oder  durch  Mischen  von 
Antimonglas  oder  Antimonsafran  mit  Kochsalz  und  Schwefelsäure,  und 
Destilliren  (z.  B.  1  Thl.  Antimonglas ,  3  Thle.  verknistertes  Kochsalz 
und  l^jThle.  rauchende  Schwefelsäure  —  oder  2  Thle.  Antimonsafran, 
2  Thle.  Kochsalz  und  1  Thl.  concentrirte  Schwefelsäure)  und  Wechseln 
der  Vorlage  hierbei,  sobald  reines  Antimonchlorid  überzugehen  beginnt« 

3)  Durch  Einwirkung  eines  Stromes  von  Chlorgas  auf  erhitztes 
Antimonsulfid,  wobei  sich  Chlorschwefel  neben  dem  Antimonchlorid 
bildet,  von  dem  es  durch  gelinde  Erwärmung  entfernt  werden  kann. 


Antimonchloride.  65 

4)  Durch  Erhitzen  von  1  Thl.  ABtimon  mit  3  Thln.  Quecksilber- 
Sublimat,  oder  von  3  Thbi.  Antimousnlfid  mit  7  Thln.  Quecksilbersu- 
blimat,  oder  durch  Erhitzen  von  1  Thl.  Antimon  mit  3  Thln.  Silber- 
ehlorid  in  einer  Betorte  mit  Vorlage,  in  welcher  das  flüchtige  Antimon- 
chlorid aufgesammelt  wird. 

Wandte  man  arsenhaltiges  Antimon  und  Qaecksilberchlorid  an,  so 
wird  das  Destillat  durch  Bildung  von  Arsenquecksilberchlorid  (Hg^  AsGl) 
bräunlich,  kann  aber  durch  gelindes  Erwärmen  von  diesem  Körper,  der 
sehr  flüchtig  ist,  befreit  werden. 

Bei  sämmtlichen  Darstellnngsmethoden  ist  darauf  zu  achten,  dass 
der  Hais  der  Betorte  weit  genug  sei,  weil  er  sich  leicht  durch  erstarr- 
tes I>!^tiliat  verstopft. 

Das  Wasser-  und  säurefreie  Antimonchlorid  ist  farblos,  krystalli* 
oisdi  fest,  schmilzt  bei  72^  C.  zu  einer  ölartigen  farblosen  oder 
schwach  gelb  gefärbten  Flüssigkeit,  die  bei  197,80C.  (H.  Davy), 
bei  230^0.  (Capitaine)  siedet.  Die  Dichte  seines  Dampfes  be- 
trägt 8,106.  Bei  der  Aimahme,  dass  1  YoL  Antimondampf  mit 
3  YoL  Chlorgas  sich  von  4  Vol.  auf  2  verdichten,  berechnet  sich 
die  Dampfdichte  zu  8,117.  Das  Antimonchlorid  ist  ein  sehr  ätzen- 
der Korper;  an  feuchter  Luft  erzeugt  es  schwache  weissliche  Ne- 
bel, und  zerfliesst,  unter  Aufnahme  von  Feuchtigkeit,  zuerst  zu  einer 
klaren  Flüssigkeit,  die  aber  bald  einen  weissen  Niederschlag  absetzt. 
Durch  Zusatz  von  Wasser  zerfällt  es  sogleich  in  unlösliches  basisches 
Antimonchlorid  (s.  folg.  Seite)  und  in  eine  Lösung  von  Antimonchlorid  in 
freier  Chlorwasserstoffsäure.  Gegenwart  von  Weinsäure  verhindert  die 
Bildim^  des  Niederschlags.  In  Weingeist  ist  es  ohne  Zersetzung  löslich. 
Heisse  Salpetersäure  bildet  damit  unter  Chlorgasentwickelung  Antimon- 
tiare, heisse  concentrirte  Schwefelsäure  bildet  Chlorwa8serstoff*gas  und 
aehwefelsaures  Antimonoxyd. 

Als  Antimonbutter,  SpiesBglanzbutter  oder  Spiessglanzöl, 
Bul^rum  iintimonä  s.  sUMi  liquidum,  Cauaticum  antimonicUe^  Liquor  stibH 
mmatiei^  Murias  oaydi  stihn^  bezeichnet  man  eine  mehr  oder  weniger 
eoncentrirte  Lösung  von  Antimonchlorid  in  wässeriger  Salzsäure,  wel- 
che, wenn  hinreichend  concentrirt  und  sauer,  an  der  Luft  raucht.  Die- 
ses Präparat  wird  für  den  Areneigebrauch  meistens  dargestellt  durch 
Auflösen  von  Schwefelantimon,  seltener  von  Antimonoxyd  oder  Antimon- 
glas in  kochender  Salzsäure,  und  Abdampfen  der  Lösung  zur  Entfer- 
mmg  des  Schwefelwasserstoffs  meistens  bis  zum  specif.  Gewichte  von 
1,34  bis  1,35.  Durch  Destillation,  bei  welcher  hier  die  Vorlage  nicht 
gewechselt  zu  werden  braucht,  bleiben  die  nicht  flüchtigen  fremden 
Bestandtheile,  Bleichlorid  u.  s.  w.  zurück. 

Unreine  Antimonbutter  dient  zu  manchMi  technischen  Zwecken, 
nun  Bräniren  von  Eisenwaaren,  z.  B.  Flintenläufen,  und  als  Beize 
auf  Glanzleder ,  dem  es  eine  tiefgelbe  Farbe  ertheilt;  in  der  Pharma- 
eie  dient  die  Antimonbutter  als  Aetzmittel  und  besonders  zur  Darstel- 
bBg  pharmaceutischer  Antimonpräparate.  Das  Antimonchlorid  enthält 
kidit  die  Chloride  von  Arsen,  Blei,  Kupfer  und  Eisen,  auf  die  e^  wie 
bei  Antimon  angegeben  untersucht  wird;  auch  auf  Schwefelsäure  ist 
CS  zu  prüfen;  das  destillirte  Chlorid  kann  nur  die  flüchtigen  Chloride 
von  Eisen  und  Arsen  beigemengt  enthalten. 

Von  den  Verbindungen  des  Antimonchlorids  sind  hervorzuheben: 

Antimonchlorid-Ammoniak.    Lässt  man  geschmolzenes  Anti- 

Uaadwftrtcrbach  der  Chemie.    2te  Aufl.  IUI.  II;  5 


66  Antimonchloride. 

monchlorid  in  trockenem  Ammoniakgas  erkalten,  so  wird  letzteres  da- 
von absorbirt  und  ein  spröder  weisser  Körper,  Nüg  •  SbGia,  gebildet, 
der  aus  der  Luft  weniger  leicht  Feuchtigkeit  anzieht  als  das  Antimon- 
chlorid und  beim  Erwärmen  unter  Abgeben  allen  Ammoniaks  nur  Anti- 
monchlorid zuriicklässt. 

Das  Antimonchlorid  verbindet  sich  mit  einigen  Chloriden  der  Al- 
kallmetalle zu  Doppelchloriden  oder  eigentlichen  Ghlorosalzen,  in  wel- 
chen das  Antimonchlorid  als  Säure  auftritt. 

Aii^monium  -  Antimonchlorid  wird,  nach  Jacquelin,  in 
doppelt  sechsseitigen  Pyramiden  erhalten,  wenn  eine  Lösung  von 
1  Aeq.  Antimonchlorid  mit  2  Aeq.  Salmiak  langsam  abgedampft  wird, 
es  bt  nach  der  Formel  2NH4G1  .  Sbf^ls  zusammengesetzt  Pog- 
giale  ^)  erhielt  durch  Eingiessen  von  Antimonchlorid  in  Salmiaklösung 
und  gelindes  Verdampfen  rechtwinklige  Prismen  von  der  Formel 
8NH4€l.Sb6l3  -f-  SHO,  und  bei  weiterem  Verdampfen  der  Mutter- 
lauge Würfel  oder  Pyramidenwürfel,  2NH4  6l.Sb€ls  -|-  HO.  Beide 
Salze  sind  farblos  und  durchsichtig,  werden  an  feuchter  Luft  gelb  und 
trübe,  und  durch  viel  Wasser  zersetzt. 

Barium- Antimonchlorid  entsteht  durch  Znsatz  einer  concen- 
trirten  Ghlorbariumlösung  zu  Antimonchlorid  und  bildet  sternförmig 
gruppirte  Nadeln,  von  der  Zusammensetzung  2  Ba  Gl .  Sb Gl^ -f-  5  HO. 

Calcium- Antimonchlorid,  sowie  die  Verbindungen  des  Anti- 
monchlorids mit  Chlorstrontium  und  Chlormagnium  sind  ähnlich 
zusammengesetzt. 

Kalium- Antimonchlorid.  Es  sind  zwei  verschiedene  Verbin- 
dungen beschrieben,  die  eine  von  Jacquelin,  2K€l.Sb€l8^  soll  aus 
schiefen  rhomboidischen  Säulen  bestehen.  Eine  andere,  SKGl.Sb^ls, 
stellte  Poggiale  dar,  die  in  Blättern  krjstallisirt,  zerfliesslich  ist,  tmd 
durch  Wasser  in  höherer  Temperatur  zerlegt  wird. 

Natrium-Antimonchlorid.  Das  Antimonchlorid  löst  sich  in 
Kochsalzlösung  ohne  Trübung  auf,  und  aus  dieser  Lösung  lassen  sich 
regelmässige  Krystalle  darstellen.  Ein  von  Poggiale  dargestelltes 
Doppelsalz,  SNaGl.SbGis,  krystallisirt  in  Blättern. 

Mit  Wasser  versetzt  zerfällt  das  Antimonohlorid  unter  Bildung  von 

An  tiroonoxy  Chlorid, 

basischem  Anti  monchlorid,  Algarothpnlver,  ein  Präparat,  welches 
früher  als  Pulvia  Älgarothi  s.  angelictis^  Merourius  vitM  und  unter  vielen  an- 
deren Namen  eine  wichtige  Bolle  spielte  (s.Bd.  I,  S.  431).  Es  wird  erhal- 
ten durch  Versetzen  des  Antimonchlorids  mit  Wasser  und  schlägt  sich  ala 
ein  weisses  Pulver  nieder,  das,  mit  wenig.  Wasser  ausgewaschen,  sogleich 
gesammeili.und  getrocknet  weiss  und  zartpulverig  bleibt,  aber  durch 
mehrtägiges  Stehen  unter  der  Flüssigkeit  zu  einer  grauwcissen,  aus  klei- 
nen Säulchen  bestehenden  Masse  wird.  Dieses  Algarothpulver  dient  zur 
Darstellung  von  reinem  Antimonozyd  und  Brechweinstein.  Eine  sehr 
zweckmässige  Darstellung  dieses  Körpers  besteht  in  Folgendem.  Sehr  fein 
gepulvertes  käufliches  Schwefelantimon  {Äntimomum  erudum)  wird  mit 
Chlorwasserstoffsäure  gekocht  bis  sie  kaum  noch  etwas  zu  lösen  vermag; 
es  entweicht  hierbei  Schwefelwasserstoff.   Die  gesättigte  Auflösung 


0   Compt.   rcnd.  T.  XX,   p.    1180;    n.   Annal.   d.   Chem.   u.   Pharm.    Bd.  LVT, 
8.  243.  ,  ' 


AntimoDchloride.  67 

man  erkalten,  versetzt  sie  unter  Umrühren  mit  kleinen  Portionen  Wasser, 
bis  sie  anfängt  sich  weisslich  sni  trüben,  und  filtrirt;  das  Filtrat  yer* 
nüfl^t  man  mit  dem  fünf •  bis  eehnfachen  Volumen  Wasser.  Der  ent- 
stehende schon  weisse  Brei  wird  durch  Decantiren  und  öfteres  Uebe]> 
giessen  mit  Wasser  oder  auf  dem  Filter  ausgewaschen ,  bis  die  ablau- 
fende FlQssigkeit  nicht  mehr  sauer  reagirt.  Der  getrocknete  Nieder- 
»ehlag  ist  ein  weisses  schweres,  nicht  krystallinisches  Pulver.  Der  Zu- 
satz von  wenig  Wasser  und  Filtriren,  ehe  man  die  vollständige  Fällung 
vornimmt,  ist  deswegen  nöthig,  weil  nur  auf  diese  Weise  etwas  Schwe- 
felwaaserstoff,  der  immer  in  der  sauren  Lösung  bleibt,  mit  der  zuerst 
erfolgenden  Fällung  niedergerissen  und  entfernt  werden  kann.  Ohne 
diese  Vorsicht  wird  das  Präparat  leicht  gelblich,  und  soll  die  Neigung 
erluüteii  krystallinisch  zu  werden. 

I>er  Umstand,  dass  das  amorphe  Pulver  durch  Stehenlassen  mit 
der  Flossigkeit,'  woraus  es  gefällt  wurde,  oder  durch  Kochen  mit  der- 
selben seine  flockige  Beschaffenheit  verliert  und  in  kleine  glänzende 
Kryztalle  umgewandelt  wird,  deutet  das  Vorhandensein  einer  constanten 
Verbindung  zwischen  Antimonchlorid  und  Antimonoxyd  an.  Die  kleinen 
Kiystallnadeln  sind  schiefe  rectanguläre  Säulen,  an  den  stumpfen  End- 
tckea  mit  Abstnmpfungsfläohen  versehen.  Die  Zusammensetzung  des 
Qxjehlorids  ist  verschieden  nach  der  Menge  und  der  Temperatur  des  zum 
FäUen  und  Auswaschen  verwendeten  Wassers;  es  ist  nach  Analysen 
von  DufloB  und  Buchholz  =  Sb€l8.5Sb03,  nach  Johnston,  der 
etwas  mehr  Chlor  fand,  =  2Sb€l9  .  QSbOa.  Nach  Peligot  ist  der 
durch  Fällen  in  der  Kälte  erhaltene  Niederschlag,  Sb€la  -{-  2Sb08, 
welche  Formel  er  (SbOs)€l  schreibt,  indem  er  die  Verbindung  als 
Antimonylchlorür  bezeichnet  (s.  Antimonyl);  das  durch  !E^rwär- 
nen  krjstallinisch  gewordene  Salz  =  SbGls  -f-  ÖSbO^. 

Gewiss  ist,  dass  schon  durch  fortgesetztes  Waschen  mit  Wasser 
dem  Algarothpulver  das  Chlorid  mehr  und  mehr  entzogen  wird  und 
£ut  reines  Antimonozyd  zurückbleibt;  bei  Zusatz  von  etwas  Alkali 
zum  Wasser  bleibt  ganz  reines  Oxyd  frei  von  Chlorid  zurück. 

Beim  Erhitzen  zerfällt  es  in  flüchtiges  Antimonchlorid  und  zurück- 
bleibendes Antimonozyd.  Beine  und  kohlensaure  Alkalien  entziehen 
dem  Körper  ebenfalls  alles  Chlor. 

Antimonperchlorür, 

iM  Antimonchlorid,  welches  der  antimonigen  Säure  entspricht,  und 
also  SbGl4  sein  müsste,  ist  für  sich  nicht  bekannt;  ob  die  Lösung  der 
ntimonigeD  Säure  in  Salzsäure  ein  solches  Chlorid  enthält,  ist  un- 
gewiss. 

Antimonperchlorid,  SbGl». 

Antimonsuperchlorid,  Antimonchlorid,  fünffach-  (oder 
iweieinhalbfach)  Chlorantiraon,  Chloridum  itibicum.  Diese  Ver- 
KnduDg  ist  von  H.  Böse  entdeckt,  sie  bildet  sich  beim  Zusammenbringen 
gepulverten  Antimons  mit  Chlorgas  in  gewöhnlicher  Temperatur  unter 
tekem  Fnnkensprühen  und  Entwickelung  eines  röthlich  weissen  Lichtes ; 
Iblssiges  Chlor  wirkt  bei  —  90^  C.  aber  nicht  auf  Antimonmetall.  Es 
liistsich  darstellen  aus  fein  gepulvertem  Antimon,  oder  wasserfreiem  Anti- 
Boachlorid  dorch  Einwirkung  von  Chlor.  Leitet  man  einen  raschen  Strom 
getrocknetes  Chlorgas  in  eine  gepulvertes  Antimon  enthaltende  Betorte, 

5« 


68  Antimonchloride. 

welche  mit  einem  Kühlapparat  yerbunden  ist,  so  destillirt  das  Antimon- 
perchlorid  als  gelbliche,  rauchende  Flüssigkeit  in  die  Vorlage  Über.  Das 
Metall  entzündet  sich  in  dem  Chlor  unter  lebhafter  Wärmeentwickelong, 
und  braucht,  von  aussen  nur  noch  gelinde  erwärmt  zu  werden,  damit  das 
gebildete  Chlorid  abdestillirt.  In  der  Regel  geht  dabei  mehr  oder 
weniger  Antimonchlorid  mit  dem  Perchlorid  in  die  Vorlage  Über,  wo- 
von das  in  dem  Destillat  aufgelöste  Chlorgas  Yollständig  absorbirt  wird. 
Zur  weiteren  Reinigung  von  beigemengter  Salzsaure,  angezogenem 
Wasser  und  Antimonchlorid,  lässt  man  es  eine  Zeitlang  mit  Stücken  von 
Aetzkalk  in  Berührung,  und  destillirt  nachher  die  abgegossene  Flüssig* 
keit,  wobei,  wenn  man  die  Destillation  rechtzeitig  unterbricht,  fast  alles 
Antimonchlorid  zurückbleibt.  Durch  abermalige  Rectification  des  De- 
stillats erhält  man  das  Antimonperchlorid   fast  völlig  farblos  und  rein. 

Eine  Lösung  von  Antimonperchlorid  in  Salzsäure,  welche  zur 
Darstellung  von  Antimonsäurehydrat  geeignet  ist,  wird  erhalten,  wenn 
man  in  eine  Lösung  von  Antimonchlorid  in  Salzsäure  Chlorgas  bis  cur 
Sättigung  leitet. 

Das  Perchlorid  ist  eine  dünne,  entweder  farblose  oder  blassgelbe  Flüs- 
sigkeit, specifisch  schwerer  als  Wasser,  hat  stark  sauren  Geruch,  ist  leicht 
verdampf  bar  und  raucht  an  feuchter  Luft.  Beim  Erwärmen  giebt  es 
Chlor  ab  und  lässt  Antimonchlorid  zurück.  Es  hat  grosse  Neigung,  Chlor 
an  organische  Körper  abzugeben,  indem  sich  Antimonchlorid  bildet;  es 
absorbirt  Ölbildendes  Gas  in  grosser  Menge,  beim  Erhitzen  der  Flüs- 
sigkeit entweicht  dann  das  Oel  der  holländischen  Chemiker  (s.  Iste  Aufl. 
Bd.  IV,  S.  533)  und  Antimonchlorid  bleibt  zurück.  An  der  Luft  zieht  es 
Wasser  an  und  bildet  damit  farblose  durchsichtige  rhombische  Sänleii, 
durch  mehr  Wasseraufnahme  zerfliesst  es  und  ein  grosser  Wasserüber- 
schuss  bringt  die  Fällung  von  Antimonsänrehydrat  hervor.  Die  Lösung 
des  Antimonperchlorids  in  starker  und  heisser  Chlorwasserstofi^äure  zeigt 
die  Eigenthümlichkeit,  dass  sie  durch  wenig  Wasser  nach  einiger  2^it 
getrübt,  durch  starken  Wasserzusatz,  der  aber  auf  einmal  zugegeben 
worden,  nicht  getrübt  wird. 

Das  Antimonperchlorid  erleidet  eine  von  Cloez  ^)  beobachtete  eigen- 
thümliche  Zersetzung,  wenn  in  dasselbe  langsam  trockenes  Schwefel* 
Wasserstoff  gas  eingeleitet  wird,  indem  sich  unter  Erwärmung  und 
Entwickelung  von  Chlorwasserstoff  eine  weisse  krystallinische  Verbin- 
dung, das  Antimonchlorosulfid  oder  Antimonsulfoperchlorid 
&bS2€l8  bildet  Dieser  dem  Phosphorsulfochlorid  analog  zusammen- 
gesetzte Körper  schmilzt  bei  geringer  Temperaturerhöhung,  bei  stär- 
kerer Erhitzung  zerfällt  er  in  Schwefel  und  Antimonchlorid,  bleibt  an 
trockener  Luft  unverändert,  zieht  leicht  Feuchtigkeit  an  unter  Bildung 
einer  gelben  ölartigen  feinvertheilten  Schwefel  enthaltenden  Flüssig- 
keit, zerfällt  durch  Wasserzusatz  in  Antimonchlorid  und  Schwefel  und 
durch  flüssige  Weinsäure  in  einen  Niederschlag  von  Schwefelantimon 
mit  beigemengtem  Antimonozyd. 

Das  Antimonperchlorid  geht  mehrere  Verbindungen  ein,  von 
welchen  die  folgenden  die  bekanntesten  sind. 

Mit  Phosphor  Wasserstoff  gas  verbindet  es  sich  tu  einem  fe- 
sten rothen  Körper  (s.  bei  Phosphorwasserstoff). 


')  Ann»L  de  chim.  et  phys.  T.  XXX,  p.  874.     Joarn.  f.  prakt.  Chem.    Bd.  LT, 
S.  469. 


Antimonchlorosulfid.  —  Antimonerze.  69 

Antimonperchlorid -Ammoniak,  SbGls.GNHs,  stellt  einen 
bmmen,  beim  gelinden  Erwännen  weiss  werdenden,  bei  stärkerem  Er- 
liitien  ohne  Zersetzung  snblimirbaren  Körper  dar,  der  sich  bildet,  wenn 
dnrch  das  flOssige  Antimonperchlorid  trockenes  Ammoniakgas  gelei- 
tet wird 

Antimonperchlorid-Cyanwasserstoff.  Nach  Klein  0  ▼oi^' 
einigen  sich  Antimonperchlorid  und  liquide  Cjanwasserstoffs&ure  unter 
Wänneentwickelung  zu  einer  weissen,  fein  krystallinischen  Masse  von 
äer  Zusammensetzung  SbGls  .  8  H€j.  Man  erhalt  diese  Verbindung 
in  klaren  Prismen  deutlicher  krystallisirt,  wenn  man  den  Dampf  von 
wasserfreier  Cjanwasserstoffs&ure  zu  Antimonperchlorid  von  30®  C.  lei- 
tet Zwischen  70^  bis  100®  C.  verflüchtigt  sich  dieselbe  unter  partiel- 
ler Zersetzung,  indem  Blausäure  frei  wird,  und  eine  anfangs  weisse, 
nachher  gelb  und  braun  werdende  Masse  zurückbleibt.  Auch  in  einem 
Strom  von  Kohlensäuregas  ist  sie  nicht  ganz  unzersetzt  zu  verflüchti- 
gen. —  An  feuchter  Luft  zerflieast  sie ,  Wasser  scheidet  Antimonsäure 
daraus  ab.  Sie  absorbirt  Ammoniakgas ,  und  verwandelt  sich  damit  in 
öne  tief  braunrothe,  pulverige  Masse. 

Das  Antimonperchlorid  absorbirt  gasförmiges  Cyanchlorid  unter 
gelinder  Erwärmung;  es  trübt  sich  dabei  und  erfüllt  sich  allmälig  mit 
f^en  Krystallen.  Nach  der  Sättigung  bildet  die  Verbindung,  wahr- 
scheinlich Sb€l5.€l€7,  eine  fein  krystallinische,  weisse  Masse.  Sie 
lässt  sich  nur  partiell  unzersetzt  sublimiren,  der  grösste  Theil  lässt  da- 
bei das  Cyanchlorid  fahren.  Von  Wasser  wird  sie  sogleich  zersetzt 
Sie  vereinigt  sich  mit  Ammoniakgas  unter  Erwärmung  zu  einem  gel- 
ben pulverigen  Körper.  (F.)  By,  i 

Antimonchlorosulfid  s.  bei  Antimonperchlorid, 

Zersetzung  durch  Schwefelwasserstoff  (S.  68). 

Antimonerze,  solche  sind: 

Gediegenes  Antimon Sb 

Antimonblüthe  oder  Weissspiessglanzerz SbOs 

Antimon-  oder  Spiessglanzocker  (nach  L.  6  m  e  1  i  n) .     •    Sb  O5 

Antimonblende Sb  Og  .  2  Sb  Sg 

Antimonglanz  oder  Grauspiessglanzerz Sb  Sg 

Hierher  sind  femer  noch  zu  zählen  die  Verbindungen  von  Schwefelan- 
timon  als  Säure,  mit  anderen  Schwefelmetallen  als  Basen,  Sulfanti- 
moniite,  Sulfosalze,  worin  jenes  zuweilen  dufch  Schwefelarsen  ersetzt 
istO-    ^i®  8^^  folgende: 

Zinckenit PbS.    SbSg 

Miargjrit AgS .    SbSg 

Kupferantimonglanz CugS.    SbSg 

Plagionit 4PbS.8SbSg 

Jamesonit •  .     .       3 PbS.  2 SbSg 

Federerz       2 PbS.    SbS» 


*)  Annal.  d.  Chem.  Bd.  LXXIV,  S.  86.  —  *)  S.  H.  Kose  in  Pogg.  Annal., 
Bd.  ZXVm,  S.  486;  Bd.  XXXV,  S.  861.  Berthier  ebenduelbBt  Bd.  XXIX, 
a  468  «nd  Boalanger  Bd.  XXXYI,  S.  484. 


70  Antimonfahlerz.  —  Antimonfluoride. 

Boulangerit  ,     .     •     • 3PbS.    ShSz 

Bothgulden 3AgS.    jLgfS» 

Bournonit     ;     .     .     .       (3Cu,S .  SbSj)  +  (3PbS.  2SbS8) 

F."-=  •  •  ■  ■ ',(?:i)+<Lt) 

Sprödglaserz      .     .  ^ 6AgS.    SbSg 

^«^y»»-* KcfJ)+  (tk) 

Berthierit 3FeS.2SbS3 

Varietät  des  Berthierit  von  Anglar^)     .     .  FeS.    SbSa 

Varietät  des  Berthierit  von  Marturet      :     .       3FeS.4SbS8. 
Endlich  könnte  noch  das  Antimonsilber  r=  AgjSb  hierher  gerech- 
net werden,  doch  gehört  dies  mehr  den  Silbererzen  an.  (P.)  Fe. 

Antimonfahlerz  s.  Fahlerz. 

Antimonfluoride.  Das  Fluor  verbindet  sich  mit  Antimon 
in  verschiedenen  Verhältnissen;  nach  Berzelius  existiren  drei  Ver- 
bindungen (SbFg;  SbF4;  8b F5),  welche  dem  Antimonoxyd,  der  anti- 
monigen Säure  und  der  Antimonsäure  entsprechen.  Näher  ist  nur  das 
Antimonfluorid  (Sb  F3)  untersucht.  Von  den  beiden  anderen  Verbindun- 
gen, dem  Antimonsuperfluorür  und  dem  Antimonsnperfluorid,  giebt  Ber- 
zelius nur  an,  dass  sie  im  Wasser  löslich  sind,  und  mit  anderen  Fluor- 
metallen Doppelverbindungen  oder  Flnorsalze  geben.  Wenn  man  anti- 
monige Säure,  Sb04,  nicht  als  eine  besondere  Oxydationsstnfe  ansehen 
will,  so  ist  das  entsprechende  Antimonsuperfluorür  auch  nur  eine  Ver- 
bindung von  Fluorid  mit  Superfluorid.  Die  letztere  Verbindung  konnte 
Flückinger  nicht  erhalten;  sie  bildet  sich  nicht  beim  Erhitzen  von 
Antimonsäure  mit  Quecksilberfluorid,  oder  mit  Flussspath  und  Schwefel- 
säure; auch  beim  Behandeln  von  Antimonsäurehydrat  für  sich,  oder 
nach  Zusatz  von  kohlensaurem  Kali,  mit  überschüssiger  Flusssäure 
bleibt  die  Antimonsäure  als  eine  durchsichtige  Gkillerte  zurück. 

Antimonfluorid. 

Antimonfluorür,  Fluorantimon.  Diese  VerlHudung  hat  die 
Formel  SbFg;  ^^^  ^^t  früher  von  Berzelius  >)  und  von  Dumas  *)  dar- 
gestellt, später  von  Flückinger^)  näher  untersucht. 

Das  Fluorantimon  lässt  sich  (auf  trockenem  Wege)  durch  Destilla- 
tion von  Quecksilberfluorid  mit  Antimon  darstellen  (Dumas).  Zweck- 
mässiger ist  die  Darstellung  auf  nassem  Wege  aus  MetaUozyd  und 
Flusssäure.  Metallisches  Antimon  wird  weder  von  reiner  Flusssäure, 
noch  merkbar  beim  Erhitzen  mit  einem  Gemenge  von  Flussspath  und 
Schwefelsäure  angegriffen.  Dagegen  löst  Antimonoxyd  sich  leicht  und 
unter  heftiger  Wärmeentwickelung  in  wässeriger  Flusssäure ;  beim  lang- 
samen Verdunsten  der  sauren  Lösung  bei  etwa  70<^  bis  90^  C.  bilden 
sich  meist  grosse  und  regelmässige  Krystalle  von  Antimonfluorid ;  beim 


^)  Nach  Rammeleberg  auch  der  von  Bräunsdorf  (Pogg.  Annal.  Bd.  XL,  S.  158). 

■)  Pogg.  Ajanal.  Bd.  I,  S.  34.  —  »)  AnnaL  de  chlm.  el  pbys.  [2.]  T.  XXXI, 
p.  485.  —  *)  Pogg.  Annal.  Bd.  LXXXVH,  S.  245 ;  AnnaL  d.  Cham.  u.  Pharm.  Bd. 
LXXXIY,  S.  248. 


( 


Antimonfluoride.  7 1 

rasehea  Verdampfen  der  Lösung  erhält  man  es  in  Prismen  oder 
Schuppen. 

Das  Antimonfluorid  bildet  durchsichtige  farblose  rhombische  Octaä- 
der;  durch  Destillation  erhalten,  ist  es  eine  schneeweisse  feste  Masse. 
Es  raucht  nicht  an  der  Luft,  aber  zieht  begierig  Wasser  an  und  zerfliesst; 
auch  die  wässerige  Losung  raucht  nicht  an  der  Luft,  sie  schmeckt  sauer, 
hinten  nach  stjrptisch,  sie  wird  durch  Überschüssiges  Wasser  nicht  ver* 
ändert.  Nach  Dumas  verdampft  das  Antimonfluorid  leichter  als  Sohwe« 
feisäure,  -aber  weniger  leicht  als  Wasser.  Wenn' das  feuchte  Fluorid 
an  der  Luft  bei  gewöhnlicher  oder  bei  erhöhter  Temperatur  verdampft, 
so  geht  Flusssäure  fort,  und  es  bildet  sich  ein  in  Wasser  unlöslicher 
weisser  Korper,  wahrscheinlich  ein  Oxyfluorid,  der  sich  aber  leicht  in 
Salzsäure  oder  Flusssäure  wieder  löst  Nach  Flückinger  blieb  beim 
Destiliiren  von  krystallisirtem  (etwas  feuchtem)  Antimonfluorid  in  einer 
Platinretorte  viel  Antimonoxyd  zurück,  während  im  Halse  der  Betorte 
lieh  krystallinische  Krusten  von  Antimonfluorid  fanden. 

Ein  Antimonoxyfluorid,  SbFs  "-f"  ^^Oa,  ward  erhalten  beim 
Anspreaaen  des  kr jstallisirten feuchten  Fluorids  zwischen  Fliesspapier; 
es  ist  weiss  und  nicht  weiter  zerfliesslich. 

Das  Antimonfluorid  verhält  sich  gegen  andere  Fluoride  elektro« 
negativ,  ähnlich  dem  Chlorid,  und  bUdet  mit  ihnen  zum  Theil  Doppel« 
verbindongen,  welche  sich  als  Fluorsalze  oder  Fluorantimoniite  betrach- 
ten  lassen;  mehrere  solcher  Verbindungen  mit  Fluoralkalimetallen  sind 
von  FlQckinger  dargestellt,  hierbei  verbinden  sich  1,  2  oder  S  At 
Flooralkalimetall  mit  1  At.  Antimonfluorid.  Beim  Erhitzen  an  der  Luft 
werden  sie  zersetzt,  indem  Antimonozyd  sich  bildet.  Mit  einem  Na- 
triamblattchen  umwickelt,  zersetzen  die  trockenen  von  Flückinger 
onlerBachten  Salze  sich  durch  einen  heftigen  Schlag  unter  Detonation 
UBd  Fenererscheinung. 

Ammonium- Antimonfluorid,  Ammoniumfluorantimoniit: 
SNH4F.&bF3.  Dieses  Salz  wird  erhalten  durch  Auflösen  von  Anti- 
raonoxyd  und  kohlensaurem  Ammoniak  in  überschüssiger  Flusssäure 
und  Abdampfen  der  Lösung.  Auch  wenn  die  Lösung  eine  grössere 
Menge  von  Fluorammonium  enthielt,  wird  das  Salz  von  der  angegebe- 
nen Zusammensetzung  erhalten.  Es  krystallisirt  in  wasserfreien  rhombi- 
idien  Tafeln  oder  Prismen ;  es  zieht  aus  feuchter  Luft  Wasser  an,  und 
löst  »cb  «chon  in  0,9  Wasser  von  gewöhnlicher  Temperatur  unter  Er- 
kaltimg; die  Lösung  ist  sauer,  sie  greift  Glas  stark  an,  und  wird  von 
Alkohol  and  Aether  gefällt.  Das  trockene  Salz  verändert  sich  nicht 
btk  IS^  C,  durch  rasches  Erhitzen  in  oflisnen  Platintiegeln  lässt  es  sich 
vollständig  verflüchtigen;  beim  langsamen  Erhitzen  wird  es  grössten- 
theils  zersetzt,  indem  etwas  Ammoniumfluorid  sublimirt,  und  etwas  An- 
ÖHicmoxyd  zurückbleibt. 

Kalinm-Antimonfluorid,  Kaliumfluorantimoniii:  2KF. 
SbFs.  Zur  Darstellung  des  Salzes  wird  Antimonoxjd  und  kohlensaures 
Ksli  in  der  nöthigen  Menge  mit  überschüssiger  Flusssäure  versetzt; 
beim  Abdampfen  scheidet  sich  das  Salz  aus  der  concentrirten  Lösung 
in  kleinen  Blättchen  ab,  oder  beim  langsamen  Erkalten,  sowie  beson- 
ders, wenn  die  gesättigte  Lösung  bei  60^  bis  70^  G.  verdunstet,  bilden 
neh  häufig  dünne,  aber  grosse  und  durchsichtige  rectanguläre  Blätt- 
eben  oder  Tafeln.  Zuweilen  bilden  sich  auch  spitze  Octaeder  oder 
rbombische  Blättchen,  die  in  der  Flüsmgkeit  nach  einigen  Tagen  un- 


72  Antimon,  gediegen.  —  Antimonglas. 

durchsichtig  werden,  beim  Auflösen  and  Verdampfen  aber  die  gewöhn- 
lichen Krystalle  geben.  Das  Kaliumantimonflaorid  ist  saner,  es  hat 
einen  sauren,  hintennach  zusammenziehenden  Geschmack;  es  löst  sich 
bei  1S<^G.  in  9  Thln.,  bei  Siedhitze  in  weniger  als- 2  Thln.  Wasser;  in 
Alkohol  und  Aether  ist  es  unlöslich.  Das  trockene  Salz  verliert  bei 
120^0.  nichts  an  Grewicht;  bei  Rothglühhitze  schmilzt  es,  und  erstarrt 
beim  Erkalten  zu  einer  strahlig-krystallinischen  Masse.  Das  getrocknete 
Salz  greift  das  Glas  nicht  an;  das  feuchte  Salz  ätzt  es  jedoch. 

Ein  zweites  Kaliumantimonfluorid,  KF.SbFs,  bildet  sicli 
beim  Auflösen  von  Antimonoxyd  und  kohlensaurem  Kali  in  Flnsssänre ; 
es  krystallisirt  aus  der  heiss  gesättigten  Lösung  in  feinen  seidenglän- 
zenden Prismen,  oder  in  grossen  harten  rhombischen  OctaSdem,  die  an 
der  Luft  trübe  werden;  es  löst  sich  schon  in  2,8  Thln.  Wasser. 

Lithium-Antimonfluorid,  Lithiumfluorantimoniit:  2LiF. 
SbF3.  Das  Salz  krystallisirt  schwierig,  und  nur  in  undeutlichen  grossen 
Prismen,  es  braucht  mehr  als  20  Thle.  Wasser  zur  Lösung. 

Natrium  -  Antimonfluorid,  Natriumfluorantimoniit: 
SNaF.SbFs*  Dieses  Salz,  einem  basischen  Antimonoxjd-Natron  ent- 
sprechend, wird  aus  Antimonozyd,  Natron  und  Flusssäure  dargestellt; 
es  krystallisirt  ans  der  heiss  gesättigten  Lösung  in  kleinen  glänzenden 
durchsichtigen  Prismen.  Das  Salz  löst  sich  bei  gewöhnlicher  Tempera- 
tur in  14,  bei  Siedhitze  in  4  Thln.  Wasser,  die  Lösung  reagirt  saaer. 
Bei  höherer  Temperatur  schmilzt  das  Salz.  Fe, 

Antimon,  gediegen  (natürliches).  Metallisches  Anti- 
mon, mit  allen  charakteristischen  Kennzeichen  dieses  Metalles  —  mitunter 
auch  zu  rhomboSdrischen  Krystallen  ausgebildet  —  findet  sich  zu  Andreas- 
berg im  Harz,  zu  Przibram  in  Böhmen,  zu  Sala  in  Schweden  und  zu  Alle- 
mont  in  Frankreich.  An  allen  diesen  Orten  kommt  es  aber  nur  in  ge- 
ringer, zu  seiner  bergmännischen  Gewinnung  und  technischen  Benutzung 
nicht  hinreichenden  Menge  vor.  Specif.  Gewicht  6,6  bis  6,8.  Pflegt 
kleine  Beimischungen  von  Eisen,  Silber,  Arsen  u.  s.  w.  zu  enthalten. 

Th.  S. 

Antimonglanz  s.  Grauspiessglanzerz. 

Antimonglas  Spiessglanzglas,  nfrtctnantimofitt,  ein  Schwe- 
felantimon enthaltendes  Antimonoxyd,  ist  ein,  früher  besonders  tat  Dar- 
stellung von  Brechweinstein  gebrauchtes,  jetzt  aber  ziemlich  obsolet 
gewordenes  Präparat;  es  enthält  wechselnde  Mengen  von  Schwefelanti- 
mon und  wird  erhalten  entweder  durch  Schmelzen  unvollkommen  ge- 
rösteter Antimonasche  (S.  68)  oder  durch  Schmelzen  reiner  Anti- 
monasche mit  Schwefelantimon  und  Ausgiessen  der  Masse  auf  eine 
eiserne  Platte.  Da  der  Tiegel  beim  Schmelzen  stark  angegriffen  wird, 
so  ist  es  zweckmässig,  durch  vorläufige  Versuche  im  Kleinen  sich  zuerst 
zu  Überzeugen,  dass  das  Gemenge  passend  ist  zur  Darstellung  eines 
schönen  Antimonglases.  Die  antimonige  Säure  der  Antimonasche  wird 
beim  Schmelzen  durch  den  Schwefel  des  Sulfids  hierbei  zu  Antimonoxyd 
redncirt,  während  sich  schweflige  Säure  entwickelt  Wäre  die  anti- 
monige Säure  rein,  Sb04,  so  wären  auf  100  Thle.  derselben  12,5  Thle. 
Schwefelantimon  erforderlich ,  um  sie  in  Antimonoxyd  zu  verwandeln  ; 
die  Asche  enthält  meistens  schon  etwas  mehr  Sulfid,  so  dass  noch  et- 
was von  letzterem  in  dem  geschmolzenen  Glase  enthalten  ist.    Von  der 


Antimonige  Säure.  «73 

Menge  des  Sulfids  hängt  die  Farbe  und  Schmelzbarkeit  des  Prodnctes  ab. 
Debenchoss  des  enteren  yerringert,  des  letzteren  vermehrt  die  Schmelz- 
barkeit.  Das  Antimonglas  soll  mbinroth  und  darchsichtig  sein ;  es  ist  roth* 
bnum  bis  gelblich  wenn  es  zu  wenig,  und  bleifarben  und  undurchsich- 
tig wenn  es  zu  viel  Schwefelantimon  enthält.  Im  ersteren  Falle  wird 
durch  Schmelzen  mit  Zusatz  von  Schwefelantimon,  im  letzteren  mit  Zusatz 
von  Antimonoxyd  die  richtige  Eigenschaft  erreicht.  Antimonsänre  ent» 
halt  das  Spiessglanzglas  nicht,  weU  diese  durch  die  Einwirkung  des 
Sehwefelantimons,  unter  Bildung  von  schwefliger  Säure  zu  Antimon- 
oxyd redacirt  wird.  Dass  übrigens  nicht  lediglich  von  der  Zusammen* 
setsong,  sondern  von  gewissen  Molekulareigenschaften  die  Farbe  und 
Dorchsichtigkeit  des  Antimonglases  abhänge,  hat  H.  Bose^)  gezeigt. 
Eine  Verbindung  von  Antimonoxyd  mit  Schwefelantimon,  die  bei  äusserst 
langsamem  Erkalten  krystallinisch  und  von  grauschwarzer  Farbe,  und 
als  ein  Halbleiter  der  Elektricität  erhalten  wurde,  war  durch  schnelles 
Erkalten  glasartig  und  röthlich  und  ein  Nichtleiter  der  Elektricität 
geworden.  Durch  Schmelzen  und  Ausgiessen  in  kaltes  Wasser  wird 
leicht  eine  vollkommen  glasartige  (amorphe)  Masse  erhalten.         By. 

Antimonige  Säure,  antimonsaures  Antimonoxyd 
{Aeidum  stibiosum)^  ShO^  oder  SbOs-SbO^.  Dieser  Körper  bildet 
äch  beim  Erhitzen  sowohl  des  metallischen  Antimons  als  des  Schwe- 
felantimons und  Antimonoxyds  an  der  Luft,  wie  durch  Glühen  der 
Antimonsäure,  die  Sauerstoff  entwickelt  unter  Zurücklassung  dieser  Ver- 
bindnng.  Man  stellt  dieselbe  rein  dar  durch  starkes  Glühen  des  sal- 
petersauren Antimonoxyds  oder  der  Antimonsäure;  ein  meistens  unrei- 
nes Präparat  ist  die  durch  Rosten  von  Schwefelantimon  erhaltene  An- 
timonasche (s.  d.).  Die  reine  Verbindung  stellt  ein  weisses,  beim  Er- 
hitzen vorübergehend  gelb  werdendes  Pulver  dar,  das  in  der  Flamme 
des  Lothrohrs  lebhaft  leuchtet,  nicht  schmelzbar  ist  und  nicht  verflüchtigt 
werden  kann.  Sie  ist  nicht  löslich  in  Wasser,  soll  befeuchtet  Lack* 
mus  röthen,  ihr  specif.  Gewicht  bt  6,69  nach  Karsten.  Mit  reduci- 
raiden  Substanzen  erhitzt,  wird  sie  viel  schwieriger  in  metallisches 
Antimon  verwandelt  als  das  Antimonoxyd.  Mit  Schwefelwasserstoff- 
Sehwefelkalium  in  gewöhnlicher  Temperatur  zusammengebracht,  bleibt 
sie  unverändert,  gekocht  damit  löst  sie  sich,  und  aus  der  Lösung  wird 
dareh  Säuren  die  Verbindung  SbS4,  oder  richtiger  vielleicht  SbSg  . 
SbS^,  niedergeschlagen. 

Dieser  früher  als  antimonige  Säure  angesehene  Körper  soll ,  nach 
Berzelius,  durch  Zersetzen  seiner  Verbindungen  mit  Alkali  durch 
eine  Säure,  ein  weisses,  Lackmus  röthendes  Hydrat  bilden,  Sb04  «HO 
(8bOs.SbO5.2HO?),  welches  in  Wasser  etwas  mehr  löslich  sein  soll 
als  Antimonoxyd. 

Die  antimonige  Säure  geht  mit  Kali  und  Natron  Verbindungen 
ein.  Mit  ersterem  erhält  man  eine  solche  durch  Schmelzen  derselben 
srit  Kalihydrat  oder  kohlensaurem  Kali,  Ausziehen  mit  kaltem  Wasser, 
Behandeln  mit  kochendem.  Verdampfen  der  Lösung  zur  Trockne,  wo- 
dorch  eine  gelbliche  unkrystaliinische  Salzmasse  erhalten  wird,  die  auf 
1  At.  Sb04  1  At.  KO  enthalten  und  aus  deren  Lösung  durch  Versetzen 


>)  Pogg.  AudaI.  Bd.  LXXXDC,  S.  316;  Annal.  d.  Cbem.  a.  Pharm.  Bd.  LXXXVIII, 
8.  259;   Phann.  Centralbl.  lS68j  S.  SS9. 


74  Antimonjodsulfid.  —  Antimonjodid. 

mit  wenig  S&ore  eine  andere  Verbindung,  2Sb04.KO,  niedergesohla- 
gen  werden  soll.  Diese  Verhältnisse  sind  mit  der  Ansicht,  dass  ein 
ShO^  als  selbständige  Verbindung  nicht  existire,  sondern  als  anti* 
monsaores  Antimonoxyd,  SbOg  .  SbOs,  anzusehen  sei,  nicht  in 
Einklang,  und  bedürfen,  sowie  die  Verbindung  mit  Wasser,  einer  näheren 
Untersuchung.  Für  die  Ansicht,  dass  die  antimonige  Säure  antimonsaa- 
res  Antimonoxyd  sei,  führt  Berzelius  an,  dass  die  Lösung  derselben  in 
Salzsäure,  in  viel  Wasser  getröpfelt,  anfangs  nur  Antimonoxyd  ab- 
scheide, während  Antimonsäure  gelöst  bleibt;  und  dass  femer  beim  Ko- 
chen von  antimoniger  Säure  mit  Weinstein  und  Abdampfen  der  Lösnng 
zuerst  Brech Weinstein  krystallisire,  und  in  der  Mutterlauge  ein  gummi» 
artig  eintrocknendes  Salz  von  Weinsäure,  Antimonsäure  und  EjiU  zu* 
rückbleibt.  (7.)  F«. 

Antimonjodsulfid  s.  Antimonsulfid  S.  124. 

Antimonjodid^  Antimonjodür,  Sbls.  Schon  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  vereinigen  sich  die  beiden  Körper  beim  Zusammenreiben 
unter  Erwärmung,  die  ersten  Mengen  des  in  das  Jod  eingetragenen  Antimon* 
pulvers  machen  dasselbe  flüssig;  man  fügt  das  Antimon  allmälig  bis  zur 
Sättigung  hinzu  und  erwärmt  die,  einen  kleinen  Üeberschuss  von  Antimon 
enthaltende  Masse  in  einer  Retorte  mit  Vorlage  und  destillirt  davon  die 
Verbindung  ab.  Diese  ist  krystallinisch  braunroth,  in  Pulverform  zinno* 
berroth,  wird  erwärmt  zuerst  weich,  dann  flüssig,  hat  in  diesem  Znstande 
dnnkelgranatrothe  Farbe,  entwickelt  violettrothe  Dämpfe,  die  bei  stärke- 
rem Erhitzen  mehr  scharlachroth  werden,  und  sublimirt  zuletzt  als 
scharlachrother  Anflug  oder  destillirt  in  flüssigem  Zustande  Aber. 
Der  Siedepunkt  liegt  nicht  weit  über  dem  Schmelzpunkt  der  Verbin- 
dung. Cöncentrirte  Schwefelsäure  scheidet  schon  bei  gewöhnlicher 
Temperatur,  Salpetersäure  beim  Erhitzen  Jod  ab.  Das  Antimonjodid 
wird  durch  Wasser  zersetzt  in  eine  rothgelbe  Lösung  von  Antimonjodid 
in  wässerigem  Jodwasserstoff  und  in  niederfallendes 

Antimonoxyjodid. 

ein  blassgelbes  Pulver.  Es  ist  wahrscheinlich  analog  dem  Antimon- 
oxychlorid  zusammengesetzt;  Brandes  und  Böttger  halten  es  aber 
für  ein  Antimonjodür, .  Sbl^,  dem  nur  etwas  Antimonozyd  beige- 
mischt ist.  Es  hält  aber  auch  noch  Wasser  bei  einer  Temperatur  sn- 
rück,  bei  welcher  es  schon  beginnt  sich  zu  zersetzen,  bei  höherer  Tem- 
peratur verflüchtigt  sich  Antimonjodid  und  Antimonoxyd  bleibt  zurück. 
Es  verliert  durch  Waschen  mit  Wasser  Jod,  reine  und  kohlensaure  Al- 
kalien bilden  Jodalkalimetall  und  lassen  Antimonoxyd  zurück. 

Ein  anderes  basisches  Antimonjodid  i)  soll  sich  aus  Brechwein- 
steinlöBung  auf  Zusatz  von  Jod  in  goldgelben  Flittern  abscheiden ;  ea 
entsteht  zuerst  eine  weisse  Färbung  von  Antimonoxyd,  welches  erst 
mit  der  Zeit  sich  in  das  gelbe  basische  Antimonjodid  verwandelt. 
Krystallinisch  erhält  man  die  Verbindung,  wenn  man  eine  cöncentrirte 
Brechweinsteinlösung  mit  Weinsäure  ansäuert,  und  dann  so  lange  mit 
alkoholischer  Jodlösung  versetzt,  als  sie  sich  noch  entfärbt.  Man  darf 
aber  nicht  zu  viel  Weinsäure  nehmen,  weil  die  Verbindung  darin  auf* 
löslich  ist    2  Thle.  Brechweinstein  mit   1  Tbl.  Jod  versetzt  und  mit 


*)  Prenss,  Phann.  Gontralbl.  X889,  S.  811. 


Antimonit.  —  Antimonium  diaphoreticum.  75 

UteiD  Wasser  ea  einem  Brei  angerfihrt,  liefert  dieselbe  Verbindung. 
Bttm  Erwärmen  löst  sich  alles  Jod  aaf. 

Wird  Chlorantimon  mit  Jodkaliumlösnng  gemengt,  abgedampft, 
wieder  mit  Wasser  übergössen  und  dies  mehrmals  wiederholt,  so  er- 
halt man  dieselbe  Verbindung  aus  Sbls  -|-  öSbOg  bestehend.  Sie 
äeht  dem  Jodblei  sehr  ähnlich.  Salzsäure  löst  sie  leicht  unter  brauner 
Färbung  der  Flüssigkeit  durch  in  Freiheit  gesetztes  Jod.  Auch  in 
Weinstein  und  Weinsäure  ist  sie  etwas  löslich.  Salpetersäure  fällt  An- 
timonoxyd. Schwefelsäure  wirkt  nur  langsam  darauf  ein.  Von  Elali« 
lauge  nnd  Schwefelammonium  wird  sie  leicht  gelöst.  Die  Hitze  zer- 
setzt die  Verbindung. 

Gleichzeitig  mit  der  gelben  bildet  sich  häufig  eine  nicht  näher 
ontersuchte  braunrothe,  21,4  Proc.  Antimon  enthaltende  krystallinische 
Vobindung  0-  (F.)    By. 

Antimonity  syn.  mit  Grauspiessglanzerz. 

Antimonium  crudum,  syn.  Antimonsulfid,  kry- 
stallinisches. 

Antimonium  diaphoreticum,  schweisstreibendes 
8pie88glanzozyd,  Äntimofäum  $eu  Kali  etibiotim^  Cerusia  antmonü^ 
dix  antimonü  cUba^  Stibium  oaydatum  aümm. 

Ein  pharmaceutisches  Präparat,  das,  obwohl  wenig  mehr  in  Ge- 
brauch ^  noch  in  den  neuesten  Pharmakopoen  aufgenommen  und  der 
Hauptsache  nach  antimonsanres  Kali  ist.  Man  stellt  es  durch  Verpuf- 
fen von  Antimon  oder  Antimonsulfid  mit  Salpeter  als  eine  weisse  Masse 
dar,  das  Antimonium  diaphoreUcwn  non  abhstwm^  ein  Gemenge  von  sal- 
petersanrem,  salpetrigsaurem  und  antimonsaurem  Kali  (und  bei  Anwen- 
dung des  Sulfids  auch  von  schwefelsaurem  Kali)  neben  Antimonozyd-Kali, 
wenn  zu  wenig  Salpeter  angewendet  war;  von  diesen  Salzen  werden 
£e  loslichen  durch  Waschen  entfernt,  wobei  dann  das  Äniim<mium  diu" 
pkoretieian  (Mutum^  antimonsaures  Kali  und  allenfalls  Antimonozyd-Kali 
sornckbleibt.  Die  sechste  Aufiage  der  preussischen  Pharmakopoe  giebt 
sar  Darstellung  dieses  Körpers  folgende  Vorschrift«  Feingepulvertes 
Astimonnietall  wird  mit  der  doppelten  Menge  reinen  gestossenen  Salpe- 
ter gemengt,  nnd  portionenweise  in  einen  weissglühenden  Tiegel  ge- 
worfen und  nach  jedem  Eintragen  einer  Portion  gewartet,  bis  die 
Oxydation  erfolgt,  und  so  fortgefahren  bis  der  Tiegel  gefüllt  ist.  Nun 
wnti  derselbe  etwa  eine  halbe  Stunde  im  Weissglühen  erhalten ,  und 
d«r  teigige  noch  warme  Inhalt  in  ein  porcellanenes  Gef äss,  das  ge- 
wohnliches Wasser  enthält,  eingetragen,  damit  die  Masse  darin  cer- 
feUe.  Der  sich  ergebende  Bodensatz  wird  mit  Wasser  so  lange  abge- 
S|Hllty  als  in  dem  Aussüsswasser  noch  salpetersaures  und  salpetrigsaures 
Kali  XU  entdecken  ist,  dann  auf  einem  Filter  gesammelt  nnd  in  einer 
40^  C.  nicht  übersteigenden  Temperatur  getrocknet,  zu  Pulver  zerrie- 
ben nnd  in  wohl  verschlossenen  Gefässen  aufbewahrt.  Das  Präparat, 
das  Antimonium  diaphoreticum  adlutum^  soll  weiss  von  Farbe,  geruch- 
«id  geschmacklos  und  frei  von  salpetersaurem  und  salpetrigsaurem 
Kali  sein.  Berzelins  und  O.  Figuier  thaten  dar,  dass  in  dem  Prä- 
pwat  immer    neben   antimonsaurem  Kali   niedrigere   Ozydationsstufen 


*)  SteiD,  Joarn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXX,  8.  48. 


76  Antimonkemies.  —  Antimonlegirungen. 

des  Antimons  enthalten  seien,  empfehlen  daher,  eine  etwas  grössere  al« 
die  vorgeschriebene  Salpetermenge  anzawenden,  um  reines  antimonsau- 
res  Kali  zu  gewinnen.  Weil  auch  dann  noch  das  Resultat  unsicher, 
schlägt  Mohr  in  seinem  Commentar  zur  preuss.  Pharmacopöe  vor,  das 
getrocknete  Pulver  nochmals  mit  Salpeter  zu  glühen  und  auszuwaschen« 
Ein  Gehalt  von  Antimonoxyd -Kali  ertheilt  dem  Antimotttum  diaphoreti 
cum  brechenerregende  Wirkungen,  und  es  liefert  alsdann  durch  Di* 
gestion  mit  Weinstein  und  Wasser,  Filtriren  und  Eindampfen  Brech* 
Weinstein  (vergl.  antimonsaures  Kali  bei  Antimonsaure  Salze). 

Antimonkermes.  Ein  früher  für  die  Arzneikunde  sehr 
wichtiges,  jetzt  verhältnissmässig  nur  wenig  gebräuchliches  Präparat, 
welches  nach  seiner  Darstellung  entweder  reines  amorphes  Antimonsalfid 
ist,  oder  Antimonsulfid  mit  nach  den  Umständen  wechselnden  Mengen 
Antimonoxyd,  was  auf  seine  arzneiliche  Wirksamkeit  von  dem  entschie- 
densten Einfluss  ist.  Die  älteren  Vorschrifiben  liefern  einen  oxydhal- 
tenden Kermes;  die  späteren  Vorschriflen  beabsichtigten  häufig  die 
Darstellung  eines  oxydfreien  Kermes;  da  aber  mit  dem  Sulfid  leicht 
Oxyd  sich  abscheidet,  und  da  auch  das  amorphe  Sulfid  im  feuchten 
Zustande  sich  schon  an  der  Luft  oxydirt,  besonders  in  der  Wärme,  so 
ist  der  trockene  Kermes  meist  immer  oxydhaltig,  wenn  er  nicht  mit 
Weinsäure  behandelt  ward.  Ein  oxydfreier  Kermes  wird  daher  nur 
durch  Behandeln  des  gewöhnlichen  Präparats  mit  wässeriger  Wein- 
säure in  gelinder  Wärme  und  rasches  Trocknen  am  Besten  bei  Ab- 
schluss  der  Luft  erhalten;  ein  Kermes  mit  bestimmtem  Gehalt  an 
Oxyd  wird  am  sichersten  durch  Mischen  von  reinem  Sulfid  mit  Oxjd 
dargestellt  (s.  Antimon sulfid,  amorphes). 

Antimonkupferglanz  s.  Kupferantimonglanz 
Bd.  IV. 

Antimonleber,  Hepar  antimonii,  Sulfantimo* 
niite  der  Alkalimetallsulfurete  s.  unter  Antimon- 
sulfid s.  124  u.  125. 

Antimonlegirungen.  Das  Antimon  verbindet  sieh  mit 
den  meisten  Schwermetallen,  und  zwar  gewöhnlich  ganz  leicht  auf  di- 
rectem  Wege  durch  Zusammenschmelzen,  und  macht  sie  spröder  and 
härter.  Die  Legirungen  mit  vorwaltendem  Antimongehalt  sind  meist 
webs.  Auch  Leichtmetalle  gehen  mit  dem  Antimon  Verbindungen  ein, 
so  namentlich  die  Metalle  der  Alkalien.  Mehrere  der  Verbindungen  des 
Antimons  mit  anderen  Schwermetallen  kommen  natürlich  vor. 

Antimon- Arsen  findet  sich  natürlich  (s.  bei  Arsen).  Durch 
Zusammenschmelzen  von  7  Thln.  Antimon  mit  1  Thl.  Arsen  wird  eine 
graue  harte,  sehr  spröde  und  leichtflüssige  Masse,  durch  Zusammen- 
schmelzen von  15  Thln.  Antimonpulver  mit  2  Thln.  Arsen  eine  ebenfalls 
spröde,  leicht  schmelzbare,  von  Farbe  weisse  Verbindung  erhalten,  die 
in  der  Weissglühhitze  alles  Arsen  verliert. 

Antimon-Blei.  Beide  Metalle  lassen  sich  in  allen  möglichen 
Verhältnissen  zusammenschmelzen,  das  Antimon  ertheilt  dem  Blei  H&rte 
(Hartblei) ;  die  Legirung  aus  gleichen  Theilen  beider  Metalle  ist  spröde, 
klingend;  12  Thle.  Blei  auf  1  Thl.  Antimon  stellt  eine  streckbare  Legi* 
rung,  die  etwas  härter  als  Blei  ist,  dar.     Die  wichtigste  Verwendung 


Antimonlegirungen.  77 

d€r  AiitiiiioBbleileginiDgen  ist  die  zu  Buchdruckerlettem ,  die  Yerhält- 
nisM,  in  welchen  beide  Metalle  genommen  werden,  wechseln  zwischen 
16  Thln.  Blei  auf  1  bis  4  Thle.  Antimon,  das  häufigst  vorkommende 
YerhiJtniss  entspricht  17  bis  20  Proc.  Antimon.  Es  werden  den  Le- 
ginmgen  zum  genannten  Zweck  zuweilen  noch  andere  Metalle  zuge- 
setzt, X.  B.  Wismuth  im  Verhältniss  von  10  Thln.  Blei,  2  Thln.  Anti- 
iDon,  1  Tbl«  Wismuth,  oder  ffir  Stereotypplatten  Vso  ^^  Vao  Zinn. 
Aach  wird  zu  Lettemmetall  der  Antimonbleilegirung  zuweilen  1  bis 
2  Proc.  Kupfer  zugegeben,  welches  aber  bewirken  soll,  dass  die  heisse, 
mit  FeachtigkeiC,  z.  B.  feuchten  Formen,  in  Berührung  kommende  Masse 
sehr  leicht  spritzt.  Eihe  etwas  antimonreichere  Legirung  als  das  Lettem- 
metall soll  zu  Zapfenlagern  leicht  verwendbar  sein.  Das  specif.  Gewicht 
der  Antimonbleilegirungen  liegt  fiber  dem  berechneten  mittleren  specif. 
Gewicht,  es  findet  also  Zusammenziehnng  statt. 

Antimon-Eisen.  Die  beiden  Metalle  lassen  sich  beim  Erhitzen 
ohne  Feuererscheinung  mit  einander  verbinden.  Bei  der  Darstellung 
des  metallischen  Antimons  aus  natürlichem  Schwefelantimon  mit  Eisen 
erzeugt  sich,  wenn  auf  1  Aeq.  Antimonsulfid  mehr  als  3  Aeq.  Eisen 
vorhanden  sind,  neben  dem  Schwefeleisen  etwas  eisenhaltendes  Anti- 
mon (Regtilus  anünumn  marUaUä).  Die  Verbindung  beider  Metalle  ist 
wenig  magnetisch,  spröde,  hart,  weiss,  leichtflüssiger  als  Roheisen.  Das 
Gemisch  von  1  ThL  Eisen  auf  2  Thle.  Antimon  soll  beim  Feilen  Fun- 
ken sprühen.  Ein  ganz  geringer  Grehalt  von  Antimon  (0,23  Proc.)  er- 
tbeilt  dem  gefirischten  Eisen  die  Eigenschaften  des  Kalt-  und  Roth- 
braches. 

Antimon-Oold.  Das  Antimon  verbindet  sich  sehr  leicht  mit 
Gold,  letzteres  nimmt  im  geschmolzenen  Zustande  sogar  Antimon- 
dämpfe auf.  Eün  Gemisch  von  9  Thln.  Gold  auf  1  Thl.  Antimon  ist 
•ehr  spröde,  weiss  und  hat  porcellanartigen  Bruch.  Das  Gold  kann 
sdion  dnrch  einen  Antimongehalt  von  etwa  ^/sooo  seine  Dehnbarkeit  ver- 
lieren. Das  Antimon  wird  durch  Erhitzen  unter  Luftzutritt  leicht  aus 
der  Legirung  ausgetrieben. 

Antimon-Kalium«  Das  Kalium  verbindet  sich  mit  Antimon 
noch  unter  der  Schmelzhitze  des  letzteren  unter  Feuererscheinung. 
Man  kann  eine  Verbindung  der  beiden  Metalle  auf  verschiedenen  We- 
gen darstellen.  Durch  Erhitzen  von  metallischem  Antimon  oder  ge- 
rostetem Antimonsulfid  mit  gleich  viel  Weinstein  während  zwei  Stun- 
den in  verschlossenem  Tiegel  soll  eine  5  Proc.  Kalium  haltende  Le- 
girang  gewonnen  werden.  Auch  durch  Glühen  von  Brechweinstein 
(den  man  an  der  Luft  vorher  so  lange  erhitzt  hatte,  bis  er  verglimmt) 
in  einem  Tiegel  für  sich  oder  mit  10  Proc«  Salpeter  versetzt,  wird  eine 
Legirung  beider  Metalle  erhalten,  während  der  nicht  vorher  geröstete 
Breehweinstein  nur  eine  schwarze  pyrophorische  Masse  liefert. 

Low  ig  und  Schweitzer  bereiteten  sich,  behufs  der  Darstel- 
bng  organischer  Antimonverbindangen,  grössere  Quantitäten  von  An- 
timonkalium durch  Mengen  von  5  Thln.  rohem  Weinstein  mit  4  Thln« 
Antimonpulver,  langsames  Erhitzen  in  einem  bedeckten  Tiegel  bis 
m  Yerkohlnng  des  Weinsteins,  einstündiges  Weissglühen  und  lang- 
•tmes  Erkaltenlassen  in  einem  luftdicht  verschlossenen  Ofen.  Es  wird 
wd  diese  Art  ein  krystallinischer  Begulns  gewonnen,  der  12  Proc. 
Kslinm  enthält,  der  Wasser  heftig  zersetzt,  an  der  Luft  sich  nur  lang- 
sam oxydirt,  beim  Zerreiben  zu  Pulver  aber  sich  erwärmt  und  entzün- 


78  AntimonlegiruDgen. 

det,  was  jedoch  verhindert  werden  kann,  wenn  man  beim  Beiben  2  bis 
8  Thle.  feinen  Quarzsand  zusetzt. 

Es  kann  auch  zur  Darstellung  der  Legirung  Antimon  mit  kohlen- 
saurem Kali  und  Kohlenpulver  geglüht  werden.  Mit  grösserem  Kohle- 
zusatz erlangt  man  die  Bildung  lockerer,  kohlereicher,  sehr  pjrophori- 
scher  Substanzen,  ein  ziemlich  dichtes  metallisches  Gemenge  aber  soll 
gewonnen  werden,  wenn  auf  6  Thle.  Antimon  5  Thle.  kohlensaures 
Kali  und  1  Thl.  Kohlenpulver  angewendet  wurde. 

Das  Antimon- Kalium  ist  weich,  ziemlich  leicht  schmelzbar,  spröde, 
von  feinköcnigem  Gefüge,  lässt  sich  bei  grösserem  Kaliiungehalt  etwas 
ausplatten,  entzündet  sich  namentlich  im  gepulverten  Zustande  sehr 
leicht  und  entwickelt  unter  Wasser  Wasserstoffgas. 

Antimon-Kobalt  Die  beiden  Metalle  im  Verhältniss  von  1  Thl. 
Kobalt  zu  2  Thln.  Antimon  im  pulverförmigen  Zustande  und  erwärmt 
zusammengebracht,  verbinden  sich  unter  Feuererscheinung  zu  einer 
eisengrauen  Masse. 

Antimon-Kupfer«  Die  Verbindung  beider  Metalle  erfolgt  beim 
Znsammenschmelzen  ohne  Feuererscheinung.  Die  Legirung  aus  glei- 
chen Theilen  ist  blassviolet,  sehr  spröde,  und  hat  blätteriges  Gefflge. 
Ein  Gehalt  von  0,15  Proc.  Antimon  soll  das  Kupfer,  nach  Karsten, 
etwas  kaltbrüchig  und  sehr  rothbrüchig  machen. 

Antimon-Kupfer-Blei.  Die  drei  Metalle  im  Verhältniss  von 
82  Thhi.  Kupfer,  9  Thln.  Blei  und  9  Thbi.  Antimon  vereinigt,  liefern 
Spiegelmetall.  ^ 

Antimon -Natrium.  Die  Bildung  der  hierher  gehörenden  Ver- 
bindungen und  ihre  Eigenschaften  kommen  sehr  nahe  mit  jenen  des 
Antimon -Kaliums  Überein. 

Antimon-Nickel,  NiSb,  findet  sich  als  ein  durch  Soblimation 
entstandenes  Hüttenproduct,  in  langen  hexagonalen  Prismen  krystalli- 
sirt.  Die  Verbindung,  der  Formel  Ni^Sb  entsprechend,  kommt  als 
Mineral  vor  (vergL  Nickelantimon).  Werden  2  Aeq.  Nickel  mit 
1  Aeq.  Antimon  zusammengeschmolzen ,  so  erhält  man  unter  Feuerer- 
scheinung  eine  unmagnetische,  der  natürlichen  Verbindung  in  den 
Haupteigenschaften  entsprechende  Masse. 

Antimon-Platin.  Platinschwamm  lässt  sich  mit  seinem  doppel- 
ten Gewicht  Antimonpulver  unter  lebhaftem  Erglühen  vereinigen  und 
bildet  damit  durch  stärkere  Erhitzung  eine  hellstahlgraue  spröde  fein- 
kömige  Masse,  die,  an  der  Luft  längere  Zeit  erhitzt,  unter  Zurücklas- 
sung des  Platins  alles  Antimon  verliert. 

Antimon-Quecksilber  (s.  Amalgam). 

Antimon- Silber.  Es  findet  sich  natürlich  eine  der  Formel 
Ag4Sb  entsprechende  Verbindung  (vergl.  Antimonsilber).  Die  bei- 
den Metalle  liefern  durch  Zusammenschmelzen  ein  silberweisaes  sprö- 
des Gemisch,  das  eine  geringere  Dichtigkeit  hat  als  die  durch  Rech- 
nung sich  ergebende  mittlere.  Es  verliert  beim  Erhitzen  an  der  Luft 
das  Antimon  und  lässt  das  Silber  zurück. 

Antimon-Zink.  Die  Verbindung  beider  Metalle  erfolgt  ohne 
Lichtentwickelung  beim  Zosammenschraelzen  sehr  leicht,  das  Gemisch 
ist  spröde  und  stahlfarben.  Die  Legirung,  welche  57  Proc.  Antimon 
enthält,  zersetzt,  nach  Cooke  ^),  siedendes  Wasser  viel  heftiger  als 

^)  SilUm.  Americ.  Jonrn.  [2.]  T.  XYIU,   p.  289;   Jonrn.   f.  prakt.   Chem.  Bd. 
LXrV,  S.  90. 


Antimonleuchtstein.  79 

alle  anderen  Legirnngen  der  beiden  Metalle.  Es  soll  eine  50  Proc. 
Antimon  haltende  Antimonzinklegirung,  mit  Schwefehäare  oder  Chlor- 
ira»erstoffsaare  behandelt,  bald  wegen  niedergeschlagenen  Antimons 
aufhören  in  der  Säure  sich  aufzulösen,  nach  dem  Abwaschen  des 
Antimonpalvers  aber  in  kochendem  Wasser  so  reichlich  Wasserstoff- 
gas  entwickeln,  dass  Cooke  dieselbe  zur  Darstellung  reinen  Wasser- 
6toffga«ea  (reines  Antimon  vorausgesetzt)  empfiehlt  Die  Verbindung 
mit  57  Thln.  Antimongehalt  betrachtet  Cooke  als  ZuaSb  („Stibiotri- 
mcyl"'}^  sie  soll  durch  Schmelzen,  theilweises  Erstarrenlassen  und  Ent- 
fomen  des  noch  flüssigen  Antheils  in  silberweissen  rhombischen,  an 
den  Kanten  abgestumpften  Säulen,  die  Über  die  Kanten  Winkel  von 
117^  und  63^  haben,  erhalten  werden.  Auf  ähnliche  Weise  kann  man, 
sach  Cooke,  aus  einer  33  Proc.  Zink  enthaltenden  Legimng  Kry- 
itaUe  der  Formel  Zn^Sb  entsprechend  erhalten. 

Antimon-Zinn.  Man  erhält  die  Legirnngen  beider  Metalle  durch 
uniBittel bares  Zusammenschmelzen  ohne  Feuererscheinuug.  Früher  hat 
man  durch  Schmelzen  von  Antimonsulfid  mit  Zinn  den  sogenannten 
BBguba  {mümonü  joviaUs  erhalten.  Eine  Verbindung,  die  aus  90  Zinn 
auf  10  Antimon  besteht,  ist  unter  dem  Namen  des  zu  Geschirren  und 
anderen  Gregenständen  vielfach  gebrauchten  Britanniametalls  bekannt« 
In  den  so  benannten  Metallcompositionen  des  Handels  sind  zwar  auch 
hinfig  noch  andere  Metalle  in  geringer  Menge  durch  Analyse  nach- 
gewiesen worden  (s.  unten),  es  scheinen  dieses  jedoch  mehr  zufällige 
Beimengongen  zu  sein. 

Antimon -Zinn -Kupfer,  16,25  Antimon  auf  81,90  Zinn  und 
1,84  Kapf<CT,  oder  9,20  Antimon  auf  90,71  Zinn  und  0,9  Kupfer  kom- 
men beide  als  Britanniametall  vor. 

Das  Lagermetall  von  Dawrence  enthält 4  Thle.  Kupfer,  6Thle. 
Zinn  nnd  8  Thle.  Antimon,  ein  von  Karmarsch  untersuchtes  Lager- 
fefttennetall  1  Thl.  Antimon,  3  Thle.  Kupfer  und  10  Thle.  Zinn.  . 

Antimon-Zinn-Kupfer-Wismuth.  Es  kommt  ein  Britannia- 
metall vor,  inwelehem  89,3  Proc.  Zinn,  7,14  Proc.  Antimon,  1,78  Proc. 
Wtsmuth  and  1,78  Proc.  Kupfer  gefunden  wurde.  In  dem  sogenannten 
Pewter  wechselt  die  Zusammensetzung,  man  kennt  eine  Legimng  aus 
4  Thln«  Knpfer,  50  Thln.  Zinn,  4  Thln.  Antimon  und  1  Thl.  Wismuth^ 
and  eine  andere,  die  bei  Übrigens  gleichbleibenden  Mischungsverhält- 
Bissen  nur  die  halbe  Kupfermenge  enthält. 

Antimon-Zinn-Zink-Kupfer.  Diese  vier  Metalle  finden  sich 
auch  in  Britanniametall  genannten  Legirnngen,  jedoch  nur  1  Proc.  Ka- 
pler, y«  Proc.  Zink  auf  die  sonst  aus  Antimon  und  Zinn  bestehende 


Antimon-Zinn-Wismuth-Blei.  Das  Queensmetall  besteht 
«OS  9  Thln.  Zinn,  1  Thl.  Blei,  1  Thl.  Wismuth  und  1  Thl.  Antimon. 
ßn  MetaUgemisch,  besonders  geeignet  zum  Abklatschen  von  Perrotine- 
üormen,  enthält  48  Thle.  Zinn,  82,5  Thle.  Blei,  9  Thle.  Wismuth  und 
10,5  TUe.  Antimon.  By- 

Antimonleuchtstein.  So  ward  früher  ein  Calcium-Anti- 
mossalfid  haltendes  Prodact  genannt,  welches  durch  starkes  einstündi- 
ges  Glühen  von  feingepulvertem  Sehwefelantimon  mit  gereinigten  Au- 
itemschalea  erhalten  wird;  die  dabei  erhaltenen  weissen  Stücke  leuch- 
ten darch  Insolation.  Fe. 


80  AntimonnickeL  —  Antimonoxyd. 

Antimonnickel,  Antimonnickelkies,  s.  Nickel- 
antimon, Nickelantimonglanz. 

Antimonpcker,  s.  antimonsaures  Bleioxyd 
S.  111. 

Antimonoxychlorid,   -oxyjodid,    -oxysulfid  s. 

anter  Antimonchlorid,  -Jodid,   -sulfid. 

Antimonoxyd,  SbOs, antimonige  Säure  von  Berzelins. 
Spiesglanzoxyd,  früher  auch  als  Antiroonoxydul  oder  unter- 
antimonige  Säure  bezeichnet;  Äntimonium  s.  Stibium  oxydatum. 
Diese  Verbindung  findet  sich  natürlich  als  Weissspiessglanzerz  oder 
Antimonblüthe;  namentlich  sind  in  neuerer  Zeit  bedeutende  Lager  des 
natürlichen  Oxyds  im  nördlichen  Afrika,  in  der  Provinz  Constan- 
tine  gefunden  worden,  so  dass  es  von  dort  sogar  in  den  Handel  ge- 
braclit  ist,  im  Jahre  1850  bis  1851  sollen  3082  Centner  von  dort 
geliefert  sein. 

Das  Antimonoxyd  bildet  sich  beim  Erhitzen  des  Metalls  and  ver- 
schiedener Verbindungen  desselben  an  der  Luft;  es  wird  erhalten  durch 
Zerlegung  von  Antimonoxydsalzen  oder  von  Antimonchlorid.  Lässt 
man  glühend  vor  dem  Löthrohr  geschmolzenes  Antimon  auf  der  Kohle 
erkalten,  so  umgiebt  sich  beim  Erkalten  die  MetaUkugel  mit  einem 
Netzwerk  von  Antimonoxydkrystallen. 

Man  besitzt  die  mannigfaltigsten  Vorschriften  zur  Darstellung  von 
Antimonoxyd.  Die  Vorzüge,  welche  die  eine  ode^  andere  hat,  sind  nach 
der  Verwendung  des  Oxyds  zu  beurtheilen.  Meistens  wählt  man  zur  Be- 
reitung von  Antimonoxydpräparaten  nicht  reines  Oxyd,  sondern  die  ba- 
sischen Verbindungen  dieses  Körpers  mit  Säuren  oder  mit  anderen 
Materien. 

Das  reinste  Antimonoxyd  erhält  man  durch  Digestion  von  20  Thln. 
Algarothpulver  (s.  S.  66)  mit  einer  Auflösung  von  1  Thl.  kohlen- 
saurem Natron  in  20  Thln«  Wasser  und  sorgfältiges  Auswaschen; 
die  kleine  Quantität  Chlorid,  welche  diesem  Präparate  anhing,  wird 
durch  das  kohlensaure  Alkali  zerlegt,  und  es  bleibt  reines  Oxyd  (H. 
Rose).  Aus  der  sauren  Flüssigkeit,  welche  bei  der  Darstellung  des 
Algarothpulvers  bleibt,  kann  man  durch  vorsichtigen  Zusatz  von  Ejrdde 
bis  zur  Neutralisation  noch  eine,  verhältnissmässig  aber  unbedeutende 
Quantität  mit  etwas  kohlensaurem  Kalk  gemengtes  Antimonoxyd  er- 
halten. 

Man  kann  auch  3  Thle.  reines  höchst  feingepulvertes  Antimon  in 
einer  Porcellanschale  mit  7  Thln.  reinem  Schwefelsäurehydrat  so 
lange  erhitzen,  bis  alle  metallischen  Theile  verschwunden  sind.  Das 
Metall  oxydirt  sich  hierbei  auf  Kosten  der  Schwefelsäure,  es  entweicht 
schweflige  Säure,  und  es  bleibt  neutrales  schwefelsaures  Antimonoxyd 
in  Gestalt  einer  weissen  Salzmasse.  Sie  wird  nun  mit  Wasser  behan- 
delt, zuerst  mit  kaltem,  zuletzt  mit  kochendem;  den  websen  unauflös- 
lichen Rückstand  von  basisch  -  schwefelsaurem  Antimonoxyd  digerirt 
man  jetzt  mit  einer  verdünnten  Auflösung  von  kohlensaurem  Natron 
oder  Kali,  wodurch  alle  Schwefelsäure  entzogen  wird.  Nach  vorher- 
gegangenem vollständigen  Auswaschen  hat  man  reines  Oxyd,  welches 
mit  kleinen  Theilen  metalüschem  Antimon  gemengt  sein  kann,  wenn 
die  Oxydation  nicht  vollkommen  war.     Die  ersten  Waschwasser  ent- 


Antimonoxyd.  8 1 

kftltan  noch  Antimonoxyd,  allein  seine  Quantität  belohnt  den  Aufwand 
Ton  Alkali  nicht,  welchen  man  nöthig  hätte,  um  es  niederzuschlagen. 

Die  gewöhnlich  empfohlene  Methode,  das  Metall  durch  Oxydation  mit 
Salpetersäure  in  basisch  salpetersaures  Salz  zu  verwandeln  und  diesem 
durch  Waschen  mit  Wasser  die  Säure  zu  entziehen,  ist  unzweckmässig, 
sobald  hinreichend  Säure  vorhanden  ist,  um  alles  Antimon  zu  oxydl- 
ren,  indem  hierbei  die  Bildung  von  antimoniger  Säure  oder  Antimonsäure 
nicht  vermieden  werden  kann.  Diese  beiden  Säuren  geben,  ihrer  Schwer- 
oder Unauflöslichkeit  wegen,  in  allen  Anwendungen  des  Oxyds  einen, 
nach  ihren  Quantitäten,  mehr  oder  minder  bedeutenden  Verlust. 

1  ThL  Antimon  mit  4  Thln.  Salpetersäure  von  1,2  specif.  Gewicht 
und  8  Thln.  Wasser  dürfen  selbst  gekocht  werden,  ohne  bei  der  unzu* 
reichenden  Menge  Salpetersäure  die  Bildung  von  Antimonsäure  befürch- 
ten zu  mä^en,  da  das  überschüssige  Metall  hier  die  Bildung  derselben 
verhindert.  Das  Präparat  erscheint  hierdurch  zwar  grau  {SÜhium  oxydatum 
griaemn)^  aber  die  kleine  Menge  metallisehen  Antimons  schadet  zu  den 
meisten  Verwendungen  nichts.  Durch  Auswaschen  mit  heissem  Was« 
■er  wird  alles  Eisen-,  Blei-  und  Kupfersalz  und  selbst  die  arsenige 
Sinre  bis  auf  eine  geringe  Spur  entfernt. 

Unreines  Oxyd  erhält  man  durch  Schmelzen  von  Spiessglanzasche 
nit  oder  ohne  Zusatz  von  Schwefelantimon  (s.  Antimon  glas). 

Früher  bereitete  man  das  Oxyd  durch  anhaltendes  Schi^elzen  des 
Metalls  bei  Luftzutritt  in  schiefstehenden,  hohen  Tiegeln;  das  Metall 
veibrennt  and  es  bildet  sich  eine  krystallinische  Decke  von  Oxyd,  wel- 
ches bei  höherer  Temperatur  subHmirt  und  sich  in  dem  oberen  Theile 
des  Tiegels  in  Gestalt  blendend  weisser,  sehr  glänzender  Nadeln  {Fhres 
aaümonü)  anlegt.  Man  kann  sich  nach  dieser  Methode  das  Oxyd  ziem- 
lieh leicht  und  in  beliebiger  Menge  darstellen ,  und  keine  der  vorher 
beschriebenen  Methoden  liefert  es  von  so  aujigezeichneter  Schönheit. 

Frenss^)  empfiehlt,  in  einem  glühenden  Tiegel  ein  Geroenge  von 
74  Thln.  Antimon,  39  Thln.  Salpeter  und  34  Thln.  doppelt-schwefelsau- 
rem Kali  rasch  nach  einander  einzutragen,  den  Tiegel  bedeckt  einige 
Z«t  lang  im  Glühen  zu  erhalten  und  die  Masse,  in  der  sich  Nadeln 
von  Antimonoxyd  zeigen,  erst  mit  reinem,  dann  mit  Schwefelsäure  hal- 
tendem, dann  wieder  mit  reinem  Wasser  auszukochen,  wodurch  ein 
von  Arsen  freies,  aber  Eisen  haltendes  Oxyd  erhalten  wird. 

Uornung')  stellt  zum  Zweck  der  Brechweinsteinbereitung  das 
Antimonoxyd  dar  durch  Mischen  von  15  Thln.  fein  gestossenem  Schwe- 
felantimon  mit  36  Thln.  concentrirter  Schwefelsäure,  Erhitzen  bis  nur 
noeh  Schwefelsäure  verdampft.  Waschen  und  Zerlegen  mit  kohlensau- 
rem Natron,  wie  oben  bei  der  Bereitung  aus  schwefelsaurem  Antimon- 
oxyd angegeben  ist. 

Dss  Antimonoxyd,  sowohl  das  natürliche  wie  das  künstliche  krystal- 
lisirt  in  zweierlei  nicht  auf  einander  zurückführbaren  Formen.  Beim 
natürlichen  Weiss spiessglanzerz  und  bei  dem  durch  Verbrennung 
des  Metalls  erhaltenen  sind  Nadeln,  dem  rectorhombischen  System  an- 
gehörig,  beobachtet  worden.  Octaeder  waren  von  Bonsdorf  und 
Hitscherlich  am  sublimirten  Antimonoxyd,  von  Wöhler  und  von 
H.  Rose  an  solchem  beobachtet,  das  sich  beim  Erkalten  einer  heissen 


»)    AxiMl.    d.   Pharm.  Bd.  XXXI,    S.  197.  —    ")  Arch.   f.  Phamu  [2.]  Bd.  L, 
8.47. 

BEBdwönerbach  der  Chemie.  2te  Aafl.    Bd.  XL  Q  * 


82  Antimonoxydhydrat. 

Lösung  des  Antimonoxyds  in  Aetzkali  absetzte,  and  Senarmont 
fand,  dass  das  Antimonoxyd  von  der  Grube  Gued  Hamimim  in  der 
Provinz  Gonstantine,  nach  ihm  Senarmontit  genannt,  ebenfalls  in 
regulären  Octaedern  vorkomme.  Das  Antimonoxyd  ist  also  wie  die 
arsenige  Säure  ein  dimorpher  Körper  und  in  jeder  der  beiden  Tor- 
kommenden  Formen  isomorph  (isodimorph)  mit  derselben.  Das  spe* 
cifische  Gewicht  des  Antimonoxyds  bt  =  5,56  (natürliches),  =  5,77 
(künstlich  bereitet).  Es  ist  weiss,  undurchsichtig  bis  durchscheinend, 
perlglänzend  bis  demantglänzend,  beim  Erhitzen  wird  es  gelb,  ist  er- 
kaltet aber  wieder  weiss.  Es  schmilzt  in  schwacher  Bothglühhitze  za 
einer  gelblichen  oder  graulichen  Flüssigkeit,  die  beim  Erkalten  krystal- 
linisch,  mattweiss  seidenglänzend  wird.  Bei  höherer  Temperatur  ist 
es  flüchtig  und  sublimirt  in  Nadeln.  Unter  Luftzutritt  geglüht,  nimmt 
es  Sauerstoff  auf,  in  antiroonige  Säure  übergehend«  Es  hat  .brechener- 
regende Wirkung.  In  Wasser  ist  es  kaum  löslich,  auch  Salpetersäare 
lö.«t  es  kaum  merkbar;  dagegen  löst  es  sich  reichlich  in  Salzsäure, 
in  Weinsäure  und  vielen  organischen  Säuren;  mit  Schwefelantimon 
ist  es  in  allen  Verhältnissen  zusammenschmelzbar.  Durch  Kaliom, 
Kohle,  Eohlenoxydgas ,  Wasserstoffgas,  CyankaUum  wird  es  in  der 
Glühhitze  zu  Antimonmetall  reducirt. 

Die  Prüfung  des  Antimonoxyds  auf  fremde  Metalle  ist  vorzunehmen 
wie  die  des  metallischen  Antimons  (S.  5 1).  Es  kann,  von  der  Darstellung 
herrührend,  Chlor,  oder  Schwefelsäure,  oder  Salpetersäure  enthalten; 
diese  gehen,  wenn  das  Antimonoxyd  mit  einer  Lösung  kohlensauren 
Natrons  digerirt  wird,  in  Lösung,  welche  nach  dem  Sättigen  mit  Salpe* 
tersäure  weder  durch  salpetersaures  Silberoxyd  (Chlor),  noch  durch 
Chlorbarium  (Schwefelsäure)  einen  Niederschlag  geben  darf.  Mit 
Schwefelsäure  und  schwefelsaurer  Indigolösung  versetzt  und  erwärmt, 
darf  keine  Entfärbung  eintreten  (Salpetersäure).  Das  Autimonoxyd 
soll  in  Weinsäure  ohne  Bückstand  löslich  sein,  ein  grauer  metallischer 
Rückstand  deutet  auf  metallisches  Antimon,  ein  weisser  oder  gelblicher 
kann  Antimons&nre  oder  Schwefel  sein,  letzterer  ist  verbrennlich«  Daa 
Antimonoxyd  verbindet  sich  mit  Säuren  (s.  Antimon  oxydsalze), 
aber  auch  mit  Alkalien,  weshalb  das  Oxyd  auch  als  antimonige  oder 
unterantimonige  Säure  bezeichnet  ward.  Wird  auT  nassem  Wege  dar- 
gestelltes Antimonoxyd  mit  kaustischem  Alkali  digerirt,  so  bildet  sich 
eine  schwere,  körnig  krystallinische,  weisse  Verbindung,  welche  sich 
schwierig  in  Wasser  lost;  sie  ist  in  kochender  verdünnter  Alkalilösnng 
ziemlich  leicht,  in  concentrirten  Laugen  sehr  schwer  löslich;  an  der 
Luft  ziehen  die  Lösungen  Kohlensäure  aber  auch  Sauerstoff  an  unter 
Abscheidung  von  krystallinischem  antimonsauren  Alkali.  Auch  beim 
Schmelzen  von  Antimonoxyd  mit  Alkalihydrat  entstehen  in  Wasser  lös- 
liche Verbindungen.  Kohlensaure  Alkalien  werden  vom  Antimonoxyd 
auf  nassem  Wege  selbst  beim  Kochen  nur  schwierig  zerlegt;  beim 
Schmelzen  damit  entweicht  die  Kohlensäure,  und  es  entstehen  Verbin- 
dungen, die  bei  Ueberschuss  von  Antimonoxyd  leicht  schmelzbar  sind; 
Wassser  entzieht  ihnen  das  Alkali  vollständig  unter  Zurücklassung  des 
Metalloxyd»;  bei  starker  Hitze  werden  diese  Verbindungen  zersetzt,  be- 
sonders bei  Ueberschuss  an  Alkali,  indem  sich  antimonsaures  Salz  bil- 
det und  Antimonmetall  abscheidet.  (J.  £.)  By. 

Antiraonoxydhydrat.    Das  Antimonoxyd  bildet  mit  Was* 


Antimonoxydsalze.  83 

ier  ein  Hydrat,  das  Antimonoxjdhydrat,  nach  Schaffner  i)  bei 
100«  C.  getrocknet  =  SbOg .  2  H  O.  Man  glaubte  lange  Zeit,  das  Anti- 
monoxyd  sei  anfähig,  mit  Wasser  ein  Hydrat  zu  bilden.  Fresenius 
stellte  ein  solches  auf  die  Weise  dar,  dass  er  zu  einer  kochenden  Lö* 
sang  von  Antimonsulfhydrat  in  £[alilaage  so  lange  eine  Auflösung  von 
Kapfervitriol  zusetzte,  bis  eine  abfiltrirte  Probe  mit  Säuren  versetzt  kei- 
nen orangefarbenen,  sondern  einen  weissen  Niederschlag  erzeugte.  Die  Lö- 
sung wnrde  von  dem  Schwefelkupfer  abfiltrirt  und  mit  Essigsäure  so  lange 
Tersetzt,  als  noch  ein  Niederschlag  entstand,  filtrirt  und  ausgewaschen. 

Antimonoxydsalze.  Das  Antimonoxyd  ist  das  einzigeOxyd 
dea  Antimons,  welches  basische  Eigenschaften  hat,  es  ist  eine  schwache 
Basis  und  verbindet  sich  mit  Säuren  zu  den  Antimonoxydsalzen, 
die  entweder  farblos  oder  gelblich  sind,  einen  schwach  metallischen 
Gesckmak  nnd  brechenerregende  Wirkungen  besitzen«  Eigenthüm- 
lieh  ist  diesen  Verbindungen,  dass  sie  trotz  der  drei  Aequivalente 
SanerstoflT  ihrer  Base  doch,  nach  P^ligot^),  nur  1  Aeq.  Säure  binden 
and  damit  Salze  bilden,  die  anderen  neutralen  Salzen  ganz  analog  sich 
reriialten,  P^ligot  nimmt  daher  an,  das  Antimonoxyd  bestehe  aus 
einem  Sauerstoff  haltenden  Radical,  SbOj,  verbunden  mit  1  Aeq.  Sauer- 
stoff (s.  Antimonyl).  Es  idt  aber  durchaus  nicht  bestimmt,  dass  die 
Zosammensetzung  der  Salze  so  einfach  sei,  wie  F61igot  annimmt. 
Die  Lösungen  dieser  Salze  ertragen  meist  nicht  den  Zusatz  grösserer 
Mengen  Wassers,  sondern  werden,  ausser  wenn  sie  viel  freie  Säure  ent- 
halten, oder  vorher  mit  Weinsäure  versetzt  wurden,  dadurch  zerlegt, 
indem  die  grösste  Menge  der  Basis  mit  wenig  Säure  als  basisches  Salz 
niederfällt,  während  die  verdünnte  Säure  etwas  Antimonoxyd  in  Lö- 
sung zurückhält  Mit  organischen  Säuren  bildet  das  Antimonoxyd  we- 
niger leicht  zersetzbare  Salze,  namentlich  zeigen  sich  die  betreffenden 
Doppelsalze  viel  beständiger,  und  darin  liegt  die  Ursache,  dass  ein 
Zusatz  von  Weinsäure,  Citronsäure  u.  s.  w.  die  Zerlegung  der  Antimon- 
oxydsalze  durch  Wasser  verhindert. 

Vor  dem  Löthrohr  mit  etwas  kohlensaurem  Natron '  geschmolzen, 
liefern  die  Antiroonoxydsalze  metallisches  Antimon.  Aus  ihren  Lösun- 
goi  fällen  Zink,  Eisen,  Kobalt,  Zinn  und  Blei  vollständig,  Wismuth 
and  Kupfer  unvollständig  das  Antimon  als  schwarzes,  nach  dem  Trock- 
nen pyrophorisches  Pulver;  bei  Gegenwart  freier  Salzsäure  entwickelt 
ach  dabei  Antimonwasserstoff  (s.  d.  Art.).  Schwefelwasserstoff  fällt 
Antimonsulfid  als  einen  orangefarbenen,  in  Schwefelammonium  und  in 
Kali  löslichen  Niederschlag.  Brechweinsteinlösung  wird  durch  Schwe- 
felwasserstoffwasser roth  gefärbt,  und  erst  auf  Zusatz  von  etwas  Salz- 
säure scheidet  sich  das  Sulfid  ab.  Enthält  die  Brechweinsteinlösung 
Eiweiss  oder  ähnliche  organische  Stoffe,  so  bildet  sich  bei  Zusatz  von 
Salzsäure  mit  Schwefelwasserstoff  ein  gelber,  in  der  Flüssigkeit  schwe- 
bender Niederschlag.  In  weinsaurem  Antimonoxyd -Kali  bringen  Sal- 
petersäure, Schwefelsäure  wie  Salzsäure  einen  weissen  Nieder- 
schlag hervor,  aber  nur  bei  Anwendung  der  letzteren  Säure  ist  er  im 
Ueberschuss  des  Fällungsmittels  löslich. 

Beines  Alkali  giebt  einen  weissen  'voluminösen,  in  einem 
grossen  Ueberschuss  des  Fällungsmittels  löslichen  Niederschlag.   Koh- 

')  Annal.  d.  Chem.  a.  Phann.   Bd.  LI,    S.  182.  —     *)  AnnaU  de  chim.  et  de 
phyi.  [3.]  T.  XX,  p.  288. 

6* 


84  Antimonoxysulfid.  —  Antimonradicale. 

lensaure  Alkalien  fällen  bei  Abwesenheit  von  Weinsäure  das  Oxyd 
als  eine  weisse  voluminöse,  im  Ueberschuss  des  Fällungsmittels  beim 
Erwärmen  aber  lösliche  Masse.  Reined  und  kohlensaures  Ammoniak 
geben  einen  weissen,  in  dem  Fällungsmittel  nicht  löslichen  Nieder« 
schlag.  Bei  Gegenwart  von  Weinsäure  fällen  die  kohlensauren  Alka- 
lien, sowie  reines  und  kohlensaures  Ammoniak  das  Oxyd  erst  nach 
einiger  Zeit  und  unvollständig.  Fhosphorsaure^  Natron  fällt  das 
Oxyd  unvollständig.  Oxalsäure  fällt  das  Oxyd  ebenfalls,  und  zwar 
vollständig  nach  längerem  Stehen.  Ferrocyankaliuro  erzeugt  einen 
weissen,  das  F er ridcyankaliu m  giebt  keinen  Niederschlag.  Sehr  leicht 
erkannt  wird  das  Antimonoxyd- Alkali  durch  Zusatz  von  salpetersaurem 
Silberoxyd  mit  überschüssigem  freien  Ammoniak,  wodurch  ein  schv^ar- 
eer,  in  freiem  Ammoniak  unlöslicher  Niederschlag  entäteht  (vergl.S.  56). 
Goldchlorid  wird  reducirt  und  metallisches  Gold  abgeschieden. 

Berzelius  vermuthete,  dass  das  octaSdrische  Antimonoxyd  andere 
Salze  bilde  als  das  prismatische;  diese  Ansicht  findet  in  der  bisherigen 
Erfahrung  keine  Unterstützung.  Fe, 

Antimonoxysulfid.  Antimonoxyd  und  Antimonsulfid  kön- 
nen sich,  wie  es  scheint,  in  mehrfachen  Verhältnissen  miteinander  ver- 
binden ;  eine  solche  Verbindung  kommt  naturlich  vor  als  Antimon  blende 
oder  Kothspiessglanzerz,  Sb08,2SbS3  (s.  1. Aufl. Bd. VI, S. 911);  viel- 
leicht enthält  der  Antimonzinnober  (s.  d.)  auch  ein  Oxysulfid ;  im  ALnti- 
monglas  (s.  d.)  ist  jedenfalls  neben  dem  Antimonoxyd  eine  geringe  Menge 
Antimonsulfid  als  wesentlicher  Bestandtheil  enthalten;  und  endlich  ist 
auch  im  Antimonsafran  (s.  d.)  wesentlich  Oxyd  neben  Sulfid.  Nach 
Lieb  ig  enthält  der  nach  älteren  Methoden  dargestellte  Antimon -Ker- 
mes  auch  Antimonox^d  in  Verbindung  mit  Sulfid  (s.  S.  76).  Fe. 

Antimonphyllit  s.  Weissspiessglanzerz. 
V   Antimonradicale,  organische.    Das  Antimon  vereinigt 

sich  mit  den  Alkoholnidicalen  in  verschiedenen  Verhältnissen  und  bil- 
det damit  organische  Badicale.  Man  kennt  Verbindungen  desselben 
mit  Aethyl,  Methyl  und  Amyl.  Das  Antimon  giebt  mit  diesen  drei  Al- 
koholradicalen  Verbindungen,  welche  auf  1  Aeq.  des  ersteren  3  Aeq. 
Alkoholradicale  enthalten  und  mit  Aethyl  und  Methyl  auch  Verbindun- 
gen, welche  4  Aeq.  dieser  Radicale  enthalten,  doch  kennt  man  die  Ba- 
dicale mit  4  Aeq.  Alkoholradical  nicht  in  freiem  Zustande.  (Vergl. 
Stibmethylium.)  Verbindungen,  welche  auf  1  Aeq.  Antimon  4  Aeq. 
Amyl  enthalten,  scheinen  nicht  zu  existiren,  dagegen  kennt  man  ein 
Radical,  welches  auf  1  Aeq.  Antimon  2  Aeq.  Amyl  enthält  Die  For- 
meln der  jetzt  bekannten  antimonhaltigen  Radicale  sind : 


CioHii 

CioHii 


Sb 


Antimonradicaley  organische.  85 

Znr  Darstellung  der  Verbindungen  bedient  man  sich  des,  durch 
Glohen  TOD  Weinstein  mit  Antimon  erhaltenen  Antimonkalioms  ^),  welches 
man  auf  die  Jodverbindung  des  betreffenden  Alkoholradicals  einwirken 
lasat^  Hierbei  bildet  sich,  unter  stärkerer  oder  geringerer  Wärmeent- 
wickelong,  eine  Verbindung  von  1  Aeq.  Antimon  mit  3  Aoq.  Alkohol- 
radical,  welche  sich  gewöhnlich  mehr  oder  weniger  leicht  mit  einem 
weiteren  Aeqaivalent  der  Jodverbindung  zu  einem  neuen,  4  Aeq.  Al- 
koholradical  enthaltenden  Radical,  vereinigen  kann. 

Die  Verbindungen  des  Antimons  mit  3  Aeq.  Aethyl  oder  Methyl 
sind  luuersetzt  fluchtig,  die  mit  3  Aeq.  Amyl  nicht;  letztere  wird  beim 
Erhitzen  zersetzt,  indem  hierbei  neben  anderen  Froducten  ein  neues 
Badical  entsteht,  welches  auf  1  Aeq.  Antimon  2  Aeq.  Amyl  enthält 

Die  Badicale  haben  eine  grosse  Verwandtschaft  zu  den  Metalloiden 
und  vereinigen  sich  z.  B.  mit  dem  Sauerstoff  der  Luft  schon  bei  ge- 
wöhnlicher Temperatur  unter  beträchtlicher  Wärmeentwickelung,  wel- 
che bei  den  Aethyl  und  Methyl  enthaltenden  Badicalen  sich  bis 
zur  Entzündung  steigern  kann.  Die  auf  1  Aeq.  Antimon  3  Aeq.  Al- 
hofaolradical  enthaltenden  Badicale  vereinigen  sich  mit  2  Aeq.  Sauer- 
stoff zu  basischen  Verbindungen,  welche  mit  den  Sauerstoffsäuren  Salze 
und  mit  den  Wasserstoffsäuren  Haloidsalze  bilden.  Mit  den  Halogenen 
vereinigen  sich  die  Badicale  unmittelbar  zu  Haloidsalzen.  Man  hat  je- 
doch auch  Verbindungen  des  Antimontriäthyls  dargestellt,  welche  1  Aeq. 
Sauerstoff  neben  1  Aeq.  Chlor  u.  s.  w.  enthalten;  die  Verbindungen, 
welche  auf  1  Aeq.  Antimon  4  Aeq.  Alkoholradical  enthalten,  vereini- 
gen sich  gleichfalls  mit  1  Aeq.  Sauerstoff,  Chlor,  Brom,  Jod,  u.  s.  w. 

Frankland  vergleicht  die  antimonhaltigen  organischen  Verbin- 
dungen (sowie  die  Verbindungen  der  anderen  metallhaltigen  organi- 
icben  Badicale)  mit  den  durch  die  unorganischen  Verbindungen  des 
Antimons  gebildeten  Typen,  woraus  sich  folgende  Uebersicht  ergiebt: 

(O  (C4H5  /CioHii        fiiÜB 

Sb  O  Sb  C4H5      Sb  CioHii   SbICaHg 

^_^^!2_  ^JSi^  ^JSis^  .Js^b^ 

Antimonoxyd    Anttmontri-     Antimontri-    Antimontri- 

äthyl  amyl  methyl 

CioHii       fCjHs  [C4fi5  [Cjfts 

jCio"ii       \C2H8  \C4ix$  ICsHg 

Sb{CioHn  Sb/CgHs  Sb(C4H5  Sb  C^H, 

!0                O  C*H5  C,H, 

,0^ lo  ^O  __     lo 

Antimonsäure  Antimontri-    Antimontri-  Antimontri-  Antimonte-    Antimonte- 

äthyloxyd        amyloxyd     methyloxyd  träthyloxyd    tramethyl- 

oxyd. 
Hierzu  kommen  noch  die  Oxychloride,  Oxybromide,  und  die  übri- 
gen von  Merck  erhaltenen  Verbindungen,  z.  B.: 

Sb  C4H5  Sb  C4H5 

jei  H 

^o ._i!„ 

Anttmontriäthy  loxychlorid     A  ntimontriäthyljodwasser  Stoff. 


*)  Seine  DarsteUnng  s.  bei  AntimonkaUiim  unter  Antlmonlegimngen  S.  77. 


86  Antimonradicale^  organische. 

Antimonäthyle. 

Stibtriäthyl,  Antimontriäthyl,  Antimonäthjl,  Stibäthjl, 
Stibäthin  (Laurent  und  Gerhardt).  Organisches,  antiraonhalti- 
ges  Radical,  (1850)  von  C.  Löwig  und  E.  Schweizer  entdeckt,  von 
der  Formel  Ci^HisSb  =  (C4H5)3Sb. 

Das  Stibtriäthyl  bildet  sich  bei  der  Einwirkung  von  Chlor-,  Brom- 
oder  Jodäthyl  auf  Antimonkalium  ^). 

Man  reibt  das  Antimonkalium  mit  2  bis  3  Thln.  feinem  Qnarz- 
sand  zu  einem  feinen  Pulver,  füllt  damit  Kolben  mit  kurzem  Halse,  von 
8  bis  4  Unzen  Inhalt,  bis  zu  ^s  an  und  bringt  nun  in  den  ersten  so- 
viel Jodäthyl,  dass  die  l^schung  schwach  damit  befeuchtet  ist,  und  be- 
festigt auf  den  Kolben  eine  Gasentwickelungsröhre,  welche  in  eine 
kleine  Vorlage  taucht.  Nach  einigen  Minuten  fängt  das  Gemisch  an, 
aufeinander  einzuwirken,  und  durch  die  dabei  auftretende  Wärme  de- 
stillirt  das  überschüssige  Jodäthyl  über,  welches  man  in  der  Vorlage 
wieder  gewinnt.  Wollte  man  das  Jodäthyl  nur  mit  Antimonkalium 
mischen,  so  würde  die  Reaction  zu  heftig  sein  und  es  könnte  Entzün- 
dung eintreten,  welches  ebenfalls  geschieht,  wenn  man  mit  zu  grossen 
Mengen  arbeitet  Da  sich  das  Stibtriäthyl  an  der  Luft  entzündet,  so 
bedarf  es  einiger  Vorsichtsmaassregeln,  um  dasselbe  rein  zu  erhalten. 
Nachdem  das  Jodäthyl  sich  verflüchtigt  hat,  bringt  man  den  Kolben 
durch  eine  Gasleitungsröhre  mit  der  Vorlage  in  Verbindung,  welche 
bestimmt  ist,,  das  Stibtriäthyl  aufzunehmen.  Diese  besteht  in  einem 
kleinen,  mit  etwas  Antimonkalium  gefüllten  Kolben,  welcher  sich  in 
einem  grösseren  Glascylinder  befindet,  auf  dessen  Boden  man  schon 
einige  Zeit  (wenigstens  eine  halbe  Stunde)  vorher,  trockne  Kohlensäure 
geleitet  hat,  damit  sich  der  ganze  Apparat  mit  Kohlensäure  füllt. 
Durch  langsames  Erhitzen  destillirt  man  das  Stibtriäthyl  über,  während 
man  fortwährend  trockne  Kohlensäure  durch  den  Apparat  gehen  lässt 
Ist  alles  Stibtriäthyl  überdestillirt,  so  verschliesst  man  die  Gasentwicke- 
lungsröhre mit  etwas  Wachs,  befeuchtet  einen  zweiten,  mit  der  Mi- 
schung von  Antimonkalium  und  Quarzsand  gefüllten  Kolben  mit  Jod- 
äthyl, sammelt  erst  das  sich  bei  eintretender  Einwirkung  verflüchtigende 
Jodäthyl  in  einer  besonderen  Vorlage  auf,  verbindet  den  Kolben  als- 
dann wieder  mit  der  zweiten  Vorlage  und  destillirt  das  Stibtriäthyl 
in  dieselbe  über.  Hat  man  durch  mehrmalige  Wiederholung  dieser 
Operationen  eine  grössere  Menge  Stibtriäthyl  erhalten  (man  kann  sich, 
wenn  man  zu  Zweien  arbeitet,  in  einem  Tage  leicht  4  bis  5  Unzen 
rohes  Stibtriäthyl  verschafien),  so  verschliesst  man  die  Vorlage  undrec- 
tiflcirt  nach  einigen  Stunden  das  rohe  Product  unter  Beobachtung  der 
nämlichen  Vorsichtsmaassregeln    aus    demselben  Kolben,    welcher  als 


^)  Literatur:  C.  LOwig  u.  E.  Schweizer,  Mittheüungei\  der  Zflrieber  nft- 
turf.  Gesellsch.  Nr.  45  u.  Bl  ;  auch  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXV,  S.  816; 
Pharm.  Centralbl.  1860,  S.  230,  586,  545.  —  C.  Low  ig,  Journ.  f.  prakt.  Chcm. 
Bd.  LX,  S.  362,  auch  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXXVIII,  S.  328;  Pharm. 
Centralbl.  1854,  S.  211.  —  Frankland,  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXXV, 
S.  864;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XCV,  S.  56;  —  C.  Löwig,  Journ.  f.  prakt, 
Chem.  Bd.  LXV,  S.  356.  —  W.  Merck,  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXVI,  S.  56; 
im  Ausz.  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XCVII,  S.  829;  Pharm.  Centralbl.  1856, 
8.  839.  —  R.  Löwig,  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXIV,  S.  415;  im  Ausz.  Annal. 
d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XCVII,  S.  322;  Pharm.  Centralbl.  1856,  S.  886.  — 


Antimonradieale,  organische.  87 

Yorlage  gedient  hatte.  Die  zaerst  übergehenden  Theile  enthalten  noch 
etwas  darch  Vereinigang  von  Jodäthyl  mit  Stibtriäthjl  entstandenes 
Jodatibtetrathjl  (B.  Lowig);  später  erhält  man  ein  reines  Produci 

Das  so  erhaltene  Stibtriäthyl  ist  eine  wasserklare ,  äusserst  ddnn- 
iüssige  Flüssigkeit  von  1,3244  specif.  Gewicht  bei  IGOC.,  welche  bei 
—  29<^C.  noch  nicht  erstarrt,  das  Licht  ziemlich  stark  bricht  und  einen 
unangenehmen  zwiebelartigen,  bald  wieder  verschwindenden  Geruch 
besitzt.  Der  Siedepunkt  ist  158,50  C.  bei  730  Millim.  Barometerstand. 
Das  specif.  Gewicht  des  Dampfes  wurde  zu  7,438  gefunden  (berechnet 
7490  bei  einer  Condensation  anf  4  Volume).  —  Bringt  man  einen 
Tropfen  Stibtriäthjl  an  die  Luft,  so  entsteht  ein  dicker  weisser  Bauch, 
welcher  nach  einigen  Augenblicken  mit  blendend  weisser,  stark  ieuch- 
tmder  Flamme  verbrennt  Lässt  man  das  Stibtriäthyl  aus  einer  feinen 
Spitze  in  Sauerstoff  treten ,  so  verbrennt  es  mit  noch  stärker  leuchten- 
der Flamme.  Lässt  man  es  sich  in  einem  Ballon  langsam  mit  Luft 
mischen,  so  bildet  sich  ein  weisser  Bauch  von  antimonigsanrem  Stib- 
ftriäthjloxjd  und  eine  zähe  Masse  von  Stibtriäthyloxyd.  Auch  beim 
langsamen  Verdunsten  einer  alkoholischen  StibtriäthjllÖsung  in  einem 
lose  bedeckten  Gefässe  erhält  man  dieselben  Producte.  Ebenso  wie 
mit  Sauerstoff  vereinigt  sich  das  Stibtriäthyl  bei  gewöhnlicher  Tempe- 
ntor  auch  mit  Schwefel,  Selen,  Jod,  Brom  und  Chlor  unter  starker 
Wärmeentwickelung,  welche  bei  den  beiden  letzteren  sich  bis  zur  Ent- 
sandnng  steigert.  Diese  Verbindungen  enthalten  alle  auf  1  Aeq.  Stib- 
triäthyl 2  Aeq.  Metalloid. 

Verdünnte  Salpetersäure  wirkt  erst  beim  Erwärmen  auf  das 
Stibtriäthyl  ein,  wobei  sich  unter  langsamer  Entwicklung  von  Stick- 
ozydgas  salpetersaures  Stibtriäthylozyd  bildet.  Mit  rauchender  Salpe- 
tersäure verbrennt  das  Stibtriäthyl  unter  starker  Lichtentwickelung. 
Mit  rauchender  Chlorwasserstoffsäure  bildet  es  unter  Wasserstoffent- 
wiekelang  StibtriäthylchlorOr,  ebenso  wirkt  Bromwasserstoffsäuregas. 
IGt  Jodäthyl  bildet  es  Stibäthyliumjodür.  In  Alkohol  und  Aether  ist 
SS  leicht  löslich. 

Stibtriäthylverbindungen.  Löwig  und  Schweizer  be- 
sdirieben  zuerst  folgende  Verbindungen  des  Stibtriäthyls,  welche  sie 
tkeils  durch  anmittelbare  Vereinigung  desselben  mit  den  Elementen, 
theils  durch  doppelte  Zersetzung  darstellten: 

CHijSbGl,;  CiaHiftSbBrj;  Ci^HigSbl^;  C,2Hi5Sb08.2N05; 

^lafiiö^hOj .  2SO3;  Ci5}fi5SbS2. 

Später  stellte  W.  Merck  in  Löwig's  Laboratorium  andere  Ver- 
bmdungen  dar,  welche  nur  1  Aeq.  Brom,  Chlor  oder  Jod  enthalten. 
Er  gab  für  diese  Verbindungen  und  für  die  daraus  durch  Zersetzung 
mit  Sübersalzen  dargestellten  Sauerstoffsalze  folgende  Formeln: 

CijHisSbGl;  CijHisSbBr;  Ci^HiftSbl;  CiaHisSbO'.NOa; 

CiaHisSbO.SOg;  CiaHisSbO.COa. 
Die  Analysen  und  Bildungsweisen  stimmen  jedoch  weit  mehr  mit 
folgenden  Formeln  überein: 

C„B,»Sb^*j;  C„His8b  ®fj;  C„H,5Sb  *  j;  C„H,»SbO,.HO.N05; 

CiaÖiftSbOj,  HO.SOa. 

Merck  erhält  diese  Verbindungen  durch  Behandlung  von  Stib- 
triithyljodür  mit  Stibtriäthyl,  wobei  die  Einwirkung  nur  langsam  statt- 


88  Antimonradieale,  organische. 

findet;  man  kann  annehmen,  1)  dasft  hierbei  entweder  Sanentoff  ans 
der  Luft  aufgenommen  wurde  (trotzdem  dass  das  Eindampfen  in  einem 
unzureichenden  Strom  von  Kohlensäure  geschah),  oder  2)  mit  grdsaerer 
Wahrscheinlichkeit«  dass  eine  andere  wasserstoffreichere  Verbindung 
nebenbei  entstand  (in  der  Mutterlauge  befand  sich  eine  andere  Ver- 
bindung, wahrscheinlich  Ci^His^b  .HI.)  Im  letzteren  Falle  hatte 
man  die  Bildungsgleichung: 

'Ci2Hx5Sb.l2  +  Ci8Hi5Sb  +  HO  =  Ci3Hi5Sb^j  +  Ci,Hi5Sb.HI. 

Eine  andere  Bildungsweise  derselben  Verbindung  besteht  in  der 
Einwirkung  des  Ammoniaks  aufs  Stibtriäthyljodör,  wobei  gleichzeitig 
Jodammonium  entsteht;  man  hat  hier  die  Bildungsgleichung: 

CnHijSbla  +  NHa  +  HO  =  CiaHuSb  Jj  +  NH4l. 

Durch  Zusatz  von  Jodwasserstoffsäure  verwandelt  sich  die  Ver- 
bindung von  Merck  augenblicklich  in  StibtriäthyljodÜr. 
Man  hat  hier: 

CiaHisSb  Jj  +  Hl  =  CiaHisSbla  +  HO. 

Auch  das  salpetersaure  Salz  von  Merck  verwandelt  sich  auf  Zu- 
satz von  Salpetersäure  sogleich  in  das  von  Löwig  beschriebene  salpe- 
tersaure Salz,  beide  sind  in  der  That  nur  durch  1  Aeq.  Salpetersäure 
verschieden,  und  das  von  Merck  dargestellte  Oxyd  ist  mit  dem  von 
L  ö  w  i  g  erhaltenen  identisch. 

Die  von  Merck  erhaltenen  Verbindungen  entsprechen  also  dem 
Telluräthyl  oxychlorür  und  den  analogen  Verbindungen.  Nach  den  von 
Merck  angenommenen  Formeln  erklären  sich  Bildung  und  Verwand- 
lung nur  unter  der  Voraussetzung,  dass  das  StibtriäthyljodÜr  von  Lö- 
wig nach  der  Formel  (C4H5)8  Sbl^  .H  zusammengesetzt  sei.  Da  die- 
ses aber  durch  directe  Verbindung  von  Stibtriäthyl  und  Jod  entsteht, 
so  scheint  die  Annahme  von  Merck  unzuläBsig  zu  sein. 

Es  verdient  noch  hervorgehoben  zu  werden,  dass  Merck  bei  sei- 
nen Berechnungen  noch  das  ältere  Atomgewicht  des  Antimons  zu 
Grunde  gelegt  hat,  während  die  Berechnungen  nach  dem  richtigeren 
Atomgewicht  (120,3)  weniger  gut  mit  Merck' s  Analysen,  als  die  oben 
angegebenen  Formeln  übereinstimmen.  Wir  werden  daher  in  dem  Fol- 
genden diese  Ansicht  zu  Grunde  legen. 

Stibtriäthylbromür  (Bromstibtriäthyl):  CisHisSb.Brj  = 
(C4H5)8SbBr2.  Da  sich  das  Stibtriäthyl  beim  Zusammenkommen  mit 
Brom  entzündet,  so  bringt  man  zu  einer  alkoholischen  Stibtriäthyllösung, 
welche  mit  Eis  abgekühlt  ist,  so  lange  von  einer  frisch  bereiteten  alko- 
holischen Bromlösung,  als  deren  Farbe  verschwindet,  und  versetzt  die 
Mischung  mit  viel  Wasser,  wodurch  die  in  demselben  unlösliche  Brom- 
verbindung ausgeschieden  wird.  Man  reinigt  dieselbe  durch  mehr- 
maliges Waschen  mit  Wasser  und  Trocknen  über  Chlorcalcium.  Sie  ist 
eine  farblose,  stark  lichtbrechende  Flüssigkeit  von  1,958  specif.  Gewicht 
bei  170  c. ;  welche  bei  —  10^  C.  zu  einer  schneeweissen  kry stall inischen 
Masse  erstarrt,  unangenehm  terpentinartig  riecht  und  beim  Erwärm^i 
zu  Thränen  und  zum  Niesen  reizt.  In  Alkohol  und  Aether  ist  das  Brom- 
stibtriäthyl leicht  löslich;  Wasser,  in  welchem  es  ganz  unlöslich  ist, 
scheidet  ed  aus  der  weingeistigen  Lösung  wieder  vollständig  aus.  Es 
ist  nicht  flüchtig,  auch  nicht  mit  Wasserdämpfen.     Bei  der  Destillation 


Antiinonradicale,  organische.  89 

desselben  bildet  sich  anter  anderen  Prodnoten  eine  stark  ranohonde 
Flfissigkeit  von  nnerträglichem  Chloralgerach.  Angezündet  brennt  es 
mit  weisser  Flamme,  und  entwickelt  dabei  stark  saure  D&mpfe.  Con- 
eenCrirte  Schwefelsäare  zersetzt  es  imter  Entwickelang  von  Bromwasser- 
stoffsanre,  Chlor  scheidet  sogleich  Brom  ab*  Die  alkoholische  Brom« 
stibtriäthyllosnng  verh&lt  sich  gegen  die  Lösongen  der  Metalloxyde 
ganz  wie  Bromkaliam. 

Stibtriäth7lchlorar(Chlor8tibtriäth7l):Ci,H,BSb.€l2= 
(C4fi5)3Sb.€l9.  Es  bildet  sich  beim  Zusammenkommen  von  Salzsänre- 
gas  mit  Stibtriäthjl,  wobei  die  Hälfte  des  Gasvolumens  verschwindet  und 
Wasserstoff  ausgeschieden  wird;  ebenso  beim  Zusammenbringen  von 
Sdbirtäthyl  mit  rauchender  Salzsäure,  ebenfalls  unter  Wasserstoffent- 
wickelnng;  nnd  endlich  durch  Zersetzen  des  Brom-,  Jod-,  Schwefel-,  Selen- 
BtSytriäthyls ,  sowie  des  salpetersauren  nnd  schwefelsauren  Stibtriäthyl- 
oxjds  mit  Salzsäure.  Am  besten  fällt  man  die  concentrirte  Lösung 
des  reinen  Salpetersäuren  Stibtriäthjloxyds  mit  starker  Salzsäure  und 
reinigt  das  niederfallende  Chlorstibtriäthyl  durch  mehrmaliges  Waschen 
mit  Wasser  nnd  Trocknen  über  Chlorcalcium.  Es  ist  aladann  eine 
&rblose,  das  Licht  stark  brechende  Flüssigkeit  von  1,540  specif.  Gewicht 
bei  17^  C,  welche  bei  —  12^  C  noch  flüssig  ist,  stark  nach  Terpentin 
riecht,  bitter  schmeckt,  in  Wasser  unlöslich,  aber  leicht  löslich  in  Alko- 
hol und  Aether  ist.  Mit  den  Wasserdämpfen  scheint  es  sich  etwas  zn 
Terfluchtigen.  Bei  der  trockenen  Destillation  zersetzt  es  sich  ähnlich 
wie  das  Stibtriäthylbromür.  Concentrirte  Schwefelsäure  entwickelt  da- 
mit sogleich  unter  starker  Wärmeentwickelung  Salzsäuregas. 

Siibtriäthylcyanür  (Cyanstibtriäthyl)  bildet  sich  wahr- 
scheinlich beim  Vermischen  der  wässerigen  Lösungen  von  Schwefeistib- 
triathyl  und  Cyanquecksilber,  wobei  SchwefelquecksUber  niederfallt, 
während  die  Lösung  die  Beactionen  der  Cyanmetalle  zeigt.  Nach 
längerem  Stehen  oder  nach  dem  Erwärmen  zeigt  die  Lösung  diese 
Beactionen  nicht  mehr  und  Kali  entwickelt  nun  Ammoniak. 

Ans  einer  alkoholisehen  Lösung  von  Cyanquecksilber  scheidet 
Jodstibtriäthyl  anfangs  Jodquecksilber  ab,  welches  sich  auf  Zusatz  eines 
üeberschasses  von  Jodstibtriäthyl  wieder  auflöst,  and  bei  freiwilligem 
Terdonsten  bilden  sich  kleine  schwefelgelbe  harte,  glänzende,  in  Wasser 
und  Alkohol  lösliche  Krystalle,  welche  wahrscheinlich  eine  Verbin- 
dung von    Cyenstibtriäthyl   mit    Jodquecksilber  sind. 

Stibtriäthyljodür  (Jodstibtriäthyl):  Ci^HuSb  .  I^  = 
(C4li»)sSb}s.  Man  erhält  es  am  besten  durch  Zusatz  von  Jod  m  einer 
alkoholischen  Stibtriäthyllosnng,  so  lange  noch  die  Farbe  des  ersteren  ver« 
sehwindet,  and  freiwilliges  Verdunsten  in  vollkommen  farblosen  durch- 
sichtigen Nadeln,  welche  in  Aether  und  in  Alkohol  sehr  leicht,  sowie 
«oeh  in  Wasser,  namentlich  heissem,  löslich  sind.  Durch  mehrmaliges 
ümkrystallisiren  ans  Alkohol,  zuletzt  ans  Aether,  entfernt  man  eine 
kleine  Menge  eines  in  letzterem  unlöslichen  gelben  Pulvers.  Bei  70<^,5 
C.  schmelzen  die  Krystalle  zn  einer  vollkommen  farblosen  Flüssigkeit, 
welche  bei  derselben  Temperatur  wieder  krystallinisch  erstarrt  Beim 
&hiteenanf  lOO^'C.  verflüchtigt  sich  ein  kleiner  Theil  unzersetzt;  einige 
Grade  darüber  wird  die  Verbindung  unter  Bildung  dicker  weisser 
Dampfe  zersetzt,  ohne  dass  sich  Jod  ausscheidet.  Chlor  und  Brom 
leheiden  ans  dem  Salze  Jod  ab.  Gegen  Metallsalze  verhält  es  sich 
ähnlich  wie  Jodkalium,  ebenso  gegen  Salpetersäure  und  Schwefelsäare. 


90  Antimonradieale,  organische. 

Stibtriäthylozybromür  (Bromstibtriäthyl  von  Merck), 
wahrscheinliche  Formel:  C„HiBSbOBr  =  (C4H5)s  SbO  .Br,  erbalt 
man,  nach  Merck^  durch  genaue  Zersetzung  von  eiofach-schwefel- 
saurem  Stibtriäthyloxyd  mit  Brombarium  und  Verdampfen  der  Tom 
schwefelsauren  Baryt  abfiltrirten  Lösung  im  Wasserbade,  zuletzt  im  Va* 
cuum  über  Schwefelsäure,  als  eine  schwach  krystallinische  Masse. 

Stibtriäthyloxychlorür  (Chlorstibtriäthyl  von  Merck). 
Formel:  CijHisSbOGl  =  (C4 »5)3  Sb 0  .  Gl. 

Blendend  weisse  strahlige  Masse,  welche  man  durch  Zersetzung 
der  wässerigen  Lösung  von  Stibtriäthyloxyjodür  mit  der  äquivalenten 
Menge  Quecksilberchlorid  und  Verdampfen  der  filtrirten  Lösung  erhält. 
Die  Erystalle  ziehen  schnell  Feuchtigkeit  aus  der  Luft  an  und  löaen 
sich  sehr  leicht  in  Wasser.  Die  alkoholische  Lösung  giebt  mit  Platin* 
Chlorid  keinen  Niederschlag;  beim  Verdunsten  derselben  scheidet  sich 
eine  dunkle,  ölige,  nicht  weiter  untersuchte  Masse  aus.  Chlorwasser- 
stoffsäure scheidet  ans  der  Lösung  des  Stibtriäthyloxychlorürs  öliges 
Stibtriäthylchlorür  aus :  (C4  «5)3  Sb  O  .  Gl  +  Gl  H  =  (C4  »5)8  Sb .  Gl,  -f- 
HO,  während  nach  Merck  die  Zersetzung  folgende  wäre: 

(C4H5)8SbGl  +  HGl  =  (C4H5)3HGl,. 

Stibtriäthyloxyd.     Formel:  CisHiftSbOj  =  (C4fi5)sSb02. 

Unserer  Ansicht  nach  ist  das  Oxyd  von  Löwig  und  Schweizer 
mit  dem  von  Merck  identisch,  gleichwohl  werden  wir  die  Eigenschaf- 
ten beider  getrennt  beschreiben. 

a.  Oxyd  von  Löwig  und  Schweizer.  Dasselbe  bildet  sich  bei 
der  langsamen  Oxydation  des  Stibtriäthyls  oder  auch  der  alkoholbchen 
oder  ätherischen  Lösung  desselben  an  der  Lufl,  sowie  bei  der  Oxydation 
desselben  mit  Quecksilberoxyd ;  das  salpetersaure  Salz  der  Base  erhält 
man  bei  der  Behandlung  einer  alkoholischen  Stibtriäthyllösung  mit 
verdünnter  Salpetersäure. 

Durch  langsame  Oxydation  stellt  man  das  Oxyd  dar,  indem  man 
die,  in  einem  lose  bedeckten  Becherglase  befindliche,  verdünnte  alkoho- 
lische Stibtriäthyllösung  langsam  verdunsten  lässt.  Es  entsteht  hierbei 
eine  geringe  Menge  antimonigsaures  Stibtriäthyloxyd  (dessen  Menge  bei 
Anwendung  einer  ätherischen  Stibtriäthyllösung  viel  grösser  ist)^  welches 
man  durch  wiederholtes  Auflösen  des  Rückstandes  in  Aether,  in  welchem 
es  schwer  löslich  ist,  entfernt,  worauf  man  durch  Verdunsten  der  Lö- 
sung das  Stibtriäthyloxyd  rein  erhält.  Durch  Zersetzung  des  zweifach* 
schwefelsauren  Stibtriäthyloxyds  mit  Barytwasser,  Filtriren  und  Ein- 
dampfen im  Wasserbade  erhält  man  eine  in  Alkohol  lösliche  Verbindung 
von  Stibtriäthyloxyd  mit  Baryt,  welche  durch  Kohlensäure  zersetzt  und 
vom  ausgeschiedenen  kohlensauren  Baryt  filtrirt,  beim  Verdunsten  ganz 
reines  Stibtriäthyloxyd  giebt  Enthält  das  Stibtriäthyloxyd  noch  eine 
geringe  Menge  antimonigsaures  Stibtriäthyloxyd,  so  wird  die  wässerige 
Lösung  durch  Schwefelwasserstoff  gelb  gefärbt,  welches  mit  dem  reinen 
Oxyd  nicht  der  Fall  ist.  Auch  das  durch  Oxydation  der  alkoholischen 
Stibtriäthyllösung  mit  Überschüssigem  Quecksilberoxyd  erhaltene  Oxyd 
ist  rein,  da  es  durch  Schwefelwasserstoff  nicht  verändert  wird. 

Das  auf  die  eine  oder  die  andere  Weise  erhaltene  reine  Stibtriäthyl- 
oxyd ist  eine  sehr  bitter  schmeckende  zähe,  wasserhelle,  durchsichtige, 
ganz  nnkrystallinische  Masse,  die  bei  längerem  Stehen  Über  Schwefel- 
säure ziemlich  fest  wird,  aber  bei  dem  Erhitzen  auf  dem  Wasserbade 
wieder  erweicht.  Es  löst  sich  leicht  in  Wasser  und  in  Alkohol,  weniger 


Antimonradicale,  organische.  91 

m  Aetfaer.  An  der  Luft  reräDdert  es  sich  nicht  und  ist  nicht  flüchtig. 
Böm  Erhitzen  in  einem  Reagensrohre  entwickelt  es  dicke  weisse,  mit 
keUer  Flamme  verbrennende  Dämpfe,  während  ein  antimon-  und  kohle- 
k&ltiger  Rückstand  bleibt.  Ealinm  verwandelt  das  Stibtriäthyloxyd 
bei  gelindem  Erwärmen  in  Stibtriäthyl.  Von  rauchender  Salpetersäure 
wird  es  anter  Feuererscheinung  zersetzt,  von  verdünnter  ohne  Gasent- 
viekelnng  gelost.  Concentrirte  Schwefelsäure  löst  es  ohne  Zersetzung. 
Trockenes  Chlorwasserstoffsäuregas  wird  von  dem  Stibtriäthyloxyd 
mler  starker  Wärmeentwickelung  und  Bildung  von  Wasser  und  Stib- 
trüthylchlorör  aufgenommen.  Auch  wässerige  Chlor-,  Brom-  und  Jod- 
wasserstofiTsänre  bilden  augenblicklich  die  entsprechenden  Haloidver- 
bindungen.  Die  mit  Schwefelwasserstoff  gesättigte  Lösung  hinterlässt 
beim   Eindampfen  Krystalle  von  StibtriäthylsnlfQr. 

b.  Oxyd  von  Merck.  Merck  erhielt  sein  Oxyd  durch  Zer- 
Mtzung  einer  wässerigen  Stibtriäthyloxyjodürlösung  mit  frisch  gefälltem 
Silberoxyd  und  Filtriren  vom  abgeschiedenen  Jodsilber.  Die  Lösung 
»thält  noch  etwas  Silberoxyd  aufgelöst,  welches  sich  beim  Eindampfen 
tkeilweise  abscheidet  und  durch  vorsichtigen  Zusatz  von  verdünnter 
Jodwasserstoffsäure  ausgefallt  werden  kann.  Man  kann  hierzu  keine 
Chlorwasserstoffsäure  anwenden,  da  das  Chlorsilber  im  Stibtriäthyloxyd 
siemlich  loslich  ist.  Die  anfangs  im  Wasserbade,  später  im  Vacuum  über 
Schwefelsäure  concentrirte  Lösung  hinterlässt  das  Oxyd  als  eine  wasser- 
kelle,  dicke,  syrupartige,  stark  alkalisch  reagirende  Masse,  welche  leicht 
in  Wasser  (unter  beträchtlicher  Wärmeentwickelung)  und  in  Alkohol, 
sowie  auch  in  geringer  Menge  in  Aether  löslich  ist.  —  Das  Oxyd  ist 
geruchlos,  von  intensiv  bitterem  und  beissendem  Geschmack  und  fühlt 
sieh  wie  concentrirte  Kalilauge  schlüpfrig  zwischen  den  Fingern  an. 
£a  ist  etwas  flüchtig,  indem  ein  über  die  im  Wasserbade  erhitzte  Lö- 
song  des  Oxyds  gehaltener,  mit  Chlorwasserstoffsäure  befeuchteter  61as- 
^ab  flieh  mit  schwachen,  weissen  Nebeln  umgiebt;  das  Oxyd  verliert 
Aber  selbst  bei  längerem  Stehen  im  Vacuum  über  Schwefelsäure  nicht 
beraerklich  an  Gewicht.  Das  Stibtriäthyloxyd  fallt  Kupferoxyd,  Blei- 
oxyd, Eisenoxyd  und  Eisenoxydul,  Manganoxydul  und  Quecksilberoxyd 
aus  ihren  Salzen;  die  Oxyde  lösen  sich  nicht  im  Ueberschuss  des  Fäl- 
hmgsmittels  auf.  Die  in  Thonerde-  und  Zinkoxydsalzen  hervorgebrach- 
ten weissen  Niederschläge  lösen  sich  dagegen  in  einem  Ueberschuss 
des  Stibtriathyloxyds  wieder  auf.  Beim  freiwilligen  Verdunsten  der 
mit  Schwefelwasserstoff  gesättigten  Lösung  des  Oxyds  erhält  man  Kry- 
rtalle  mit  allen  Eigenschaften  des  Stibtriäthylsulförs. 

Die  Verbindungen  des  Stibtriathyloxyds  scheinen  fast  alle 
in  Wasser  leicht  löslich  zu  sein  (Low ig).  Die  Salze  desselben  sind 
leicht  in  Wasser,  schwer  in  Alkohol  löslich,  besitzen  einen  bitteren  Ge- 
sdunack  und  bewirken,  selbst  in  grosser  Menge  eingenommen,  kein  Er- 
brechen (Merck). 

Antimonigsanres  Stibtriäthyloxyd:  (C4 H6)8  ^b O3  .  2  Sb Og 
(bei  1 00^ C* getrocknet).  Diese  von  L ö w i g und  Schweizer  anfangs  für 
die  SanerstoffVerbindung  eines  Badicals  (C4ll6)Sb  =  Aethylstibyl  ge- 
haltene und  daher  Aethylstibylsäure  (C4l{5)Sb05  oder  noch  früher 
Stib&t  hy  Isäure  genannte  Verbindung  bildet  sich  neben  Stibtriäthyloxyd 
bei  der  langsamen  Oxydation  des  Stibtriäthyls  an  der  Luft.  Namentlich 
erhik  man  dieselbe  bei  dem  freiwilligen  Verdunsten  der  ätherischen  Stib« 
tri&thyllÖsung' in  grösserer  Menge,  wobei  sie  bei  der  Behandlung  des 


92*        ,  Antimonradicale,  organische. 

Rückstandes  mit  einer  Mischung  von  Alkohol  und  Aether,  welche  das 
Stibtri&thjloxyd  auflöst,  als  eine  weisse,  pulverförmige,  amorphe,  bitter 
schmeckende  Masse  zurückbleibt.  Auch  der  weisse  Rauch,  welcher 
sich  vor  dem  Entzünden  des  mit  Luft  in  Berührung'  befindlichen  Stib- 
triäthyls  bildet,  besteht  fast  ganz  aus  dieser  Verbindung.  In  Aether  ist 
der  Körper  schwer,  in  Wasser  und  in  Alkohol  leichter  löslich.  Die  kalte, 
dünne,  wässerige  Lösung  wird  beim  Erwärmen  dick  wie  Stärkekleister 
und  trocknet  zu  einer  porcellanartigen ,  zerreiblichen  Masse  ein ,  welche 
beim  Wiederauflösen  in  Wasser  etwas  Antimonoxyd  hinterlässt  Aus 
der  alkoholischen  Lösung  scheidet  concentrirte  Ghlorwasserstoffsäure 
sogleich  Stibtriäthylchlorür  aus,  und  Schwefelwasserstoff  fallt  aus  der 
davon  abfiltrirten  Lösung  sogleich  Kermes,  während  sie  beim  Ver- 
mischen mit  Wasser  sogleich  Algarothpulver  fallen  lässt.  Mit  verdünn* 
ter  Salpetersäure  behandelt,  giebt  sie  salpetersaures  Stibtriäthyloxyd ;  der 
unlösliche  Rückstand  entwickelt  beim  Glühen  keinen  Sauerstoff.  Schwe- 
felwasserstoff giebt  mit  der  wässerigen  Lösung  einen  gelben  Nieder- 
schlag von  Schwefelantimon- Seh wefelstibtriäthyl  (Sulfantimonigsaurem 
Stibtriäthylsulfiir).  (S.  unten.) 

Essigsaures  Stibtriäthyloxyd.  Beim  Verdampfen  der 
mit  Essigsäure  gesättigten  Stibtriäthyloxydiösung  im  Wascierbade  hin- 
terbleibt ein  dicker,  syrupartiger,  nicht  krystallisirbarer  Rückstand 
(Merck). 

Kohlensaures  Stibtriäthyloxyd  erhält  man,  nach  Merck, 
durch  Zersetzung  von  Stibtriäthyloxyjodür  mit  kohlensaurem  Silberoxyd 
und  Eindampfen  des  Filtrates  im  Wasserbade  als  eine  syrupdicke,  un- 
krystallinische  Masse.  Nach  dem  oben  bei  der  Darstellung  des  Oxyds 
Angegebenen  scheint  es  die  freie  Base  zu  sein. 

Salpetersaures  Stibtriäthyloxyd.  a.  Einfachsaures: 
(C4H6)8Sb02  .  NO5  .HO  (nach  Merck  (04*15)8 SbO  .  NO5). 

Erstere  Formel  verlangt  18,9  Proc,  Merck's  dagegen  20,0  Proc« 
Salpetersäure,  gefunden  wurden  19,0  Proc. 

Man  erhält  dieses  Salz,  nach  Merck,  durch  Zersetzung  von 
Stibtriäthyloxyjodür  mit  salpetersaurem  Silberoxyd  und  Verdampfen 
des  Filtrates  im  Wasserbade  und  zuletzt  im  Vacuum  über  Schwefel- 
säure. Das  Ganze  erstarrt  zu  einer  festen  strahligen  Masse,  die  sehr 
leicht  im  Wasser  löslich  ist,  jedoch  nicht  an  der  Luft  zerfliesst.  Beim 
Eindampfen  der  Lösung  des  Salzes  in  verdünnter  Salpetersäure  scheiden 
sich  ölige  Tropfen  aus,  welche  beim  Erkalten  krystallinisch  erstarren 
und  alle  Eigenschaften  des  folgenden  Salzes  besitzen. 

b)  Zweifachsaures,  (04i{5)3  SbO^  .2N0$,  kann  man  auch  durch 
Sättigen  von  Stibtriäthyloxyd  mit  Salpetersäure,  oder  durch  Auflösen  von 
Stibtriäthyl  in  verdünnter  Salpetersäure  darstellen.  Im  letzteren  Falle 
scheidet  sich  immer  eine  kleine  Menge  Antimonoxyd  aus,  die  man 
durch  Filtriren  trennt.  Beim  Verdampfen  der  Lösung  scheidet  sich 
das  Salz  aus  der  freie  Säure  enthaltenden  Lösung  bald  ab,  da  es  in 
derselben  schwer  löslich  ist.  Dnrch  Wiederauflösen  in  wenig  Wasser 
und  freiwilliges  Verdunsten  erhält  man  das  Salz  in  grossen  rhomboidalen 
Krystallen,  welche  sauer  reagiren,  einen  bitteren  Geschmack  besitzen 
nnd  leicht  in  Wasser,  schwieriger  in  Alkohol,  kaum  in  Aether  löslich 
sind.  Bei  62,5^  0.  schmelzen  dieselben  zu  einer  farblosen  Flüssigkeit, 
welche  Jbei  57 ^  0.  wieder  zu  einer  weissen  krystallinisohen  Masse  erstarrt. 
Beim  Erhitzen  verpuffen  sie  wie  eine  Mischung  von  Salpetersäure  und 


Antimonradicaley  organische.  93 

Kohle.  Concentrirte  Schwefelsäure  macht  sogleich  Salpetersäure  frei^ 
eonoentrirte  Chlorwasserstoffsäure  scheidet  aus  der  wässerigen  Lösung 
flogleieh  Sübtriathylchlorür  aus ,  Schwefelwasserstoff  verändert  dagegen 
die  Lösung  nicht  (Low ig  und  Schweizer). 

Schwefelsaures  Stibtriäthyloxyd.  a)  Einfachsaures 
Salz:  (C4 1*5)8  SbOj.SOa.  HO  (nach  Merck  (C4H5)8SbO  .  SO,). 

Nach  ersterer  Formel  berechnen  sich  14,7  Proc.  Schwefelsäure, 
■ach  Merck's  Formel  15,4  Proc     Gefunden  14,8  Proc. 

Durch  Zersetzung  der  Lösung  des  Stibtriäthyloxyjodttrs  mit  schwe- 
felsaurem Silberoxyd  und  Verdampfen  des  Filtrates,  zuletzt  im  Yacuum 
ftber  Schwefelsäure,  erhält  man  diese  Verbindung  als  eine  durchsichtige, 
gommiartige,  nicht  krystallisirbare  Masse,  die  zu  einem  weissen  Pulver 
■errieben  werden  kann,  sehr  leicht  an  der  Luft  zerfliesst  und  sich  in 
jeder  Menge  Wasser  löst  (Merck). 

b)  Zweifachsaures:  (C4fi5)3Sb02  .'iSOs*  Man  erhält  dasselbe 
am  reinsten  durch  Zersetzung  von  StibtriäthylsulfQr  mit  schwefelsaurem 
Knpferoxyd.  Die  durch  E^indampfen  erhaltenen  kleinen  weissen  Kry- 
stalle  sind  äusserst  leicht  in  Wasser,  ziemlich  in  Alkohol  löslich,  aber 
fest  unlöslich  in  Aether.  Sie  sind  geruchlos,  von  bitterem  Geschmack, 
reagiren  sauer  und  verlieren  bei  100®  C.  nichts  an  Gewicht,  sondern 
werden  nur  etwas  weich  und  schmelzen  bei  einer  etwas  höheren  Tem- 
peiator  zu  einer  farblosen  Flüssigkeit  (Low ig  upd  Schweizer). 

Stibtriäthyloxyjodar(Stibtriäthyljodär  von  Merck).  For- 
n>«l=  C„«i58bOI  ==  (C4H5)3  8bO.I  (nach  Merck,  (C4H5)8Sb.J). 

Dasselbe  bildet  sich  bei  der  Einwirkung  von  Ammoniak  oder  von 
Stibtriäthyl  (bei  Luftzutritt?)  auf  Stibtriäthyljodür,  sowie  bei  der  Ein* 
Wirkung  der  weingeistigen  Lösung  des  Stibtriäthyloxyds  auf  die  ätheri* 
sehe  Lösung  des  Stibtriäthyljodürs  und  endlich  auf  Zusatz  von  Jod* 
wasserstoffsäure  zu  einer  Stibtriäthyloxydlösnng ,  bis  eine  bleibende 
Trübung  entsteht.  Zur  Darstellung  desselben  kann  man  sich  fol- 
goider  Methoden  bedienen.  Man  sättigt  die  eine  Hälfte  einer  ätheri- 
flehen  Stibtriäthyllösnng  genau  mit  Jod,  setzt  die  andere  Hälfte  zu  und 
&sst  die  in  einem  Beoherglase  befindliche,  mit  einem  grossen  Trichter 
bedeckte  Lösung  in  einem  durch  die  Trichterröhre  auf  die  Oberfläche 
derselben  geleiteten  fortwährenden  Strom  von  trockener  Kohlensäure 
laagsam  verdunsten.  Die  Einwirkung  des  Stibtriäthyls  geht  hierbei 
meht  augenblicklich  vor  sich,  denn  beim  raschen  Verdunsten  der  Lösung 
so  der  Luft  findet  beständig  ein  Bauchen  statt  und  der  Blickstand  ist 
eme  ölige,  noch  viel  freies  Stibtriäthyl  enthaltende  Flüssigkeit  Lässt 
man  dieselbe  jedoch  in  einem  Kohlensäurestrome  verdampfen,  so  erhält 
man,  wenn  der  Aether  etwa  zur  Hälfte  verdunstet  ist,  Krystalle  der 
Jodverbindung.  —  Verdampft  man  die  Mischung  einer  Lösung  von  Stib- 
tiäUhyljodür  in  absolutem  Alkohol  mit  einer  gleichen  Ammoniaklösung 
im  Vacnnm  über  Schwefelsäure,  so  krystallisirt  zuerst  Stibtriäthyloxyjo« 
^,  dann  eine  Mischung  desselben  mit  Jodammonium  und  zuletzt  reines 
Jodammonium  aus.  Man  reinigt  die  ersten  Krystalle  durch  Umkrystal* 
Hsiren  ans  Wasser  oder  Alkohol.  —  Will  man  das  Stibtriäthyl oxyjodör 
SOS  dem  Oxyd  darstellen,  so  setzt  man  zu  der  Lösung  desselben  so  lange 
▼OQ  einer  verdflnnten  Lösung  von  Jodwasserstoffsäure,  bis  eine  bleibende 
Trtbang  entsteht,  welche  man  hierauf  wieder  durch  etwas  Oxydlösung 
nm  Yersehwinden  bringt,  worauf  beim  Verdunsten  die  Jod  Verbindung 
bystallisirt.     Die   schönsten   Krystalle  erhält  man  beim   freiwilligen 


94  Antimonradicale^  organische. 

Verdunsten  der  ätherischen  Lösung.  Dieselben  sind  wasserhelle,  harte, 
glasglänzende  reguläre  Octaeder  oder  Tetraeder,  die  keinen  Geruch  be* 
sitzen,  sich  an  der  Luft  nicht  verändern  und  in  Alkohol  und  Wasser  lös- 
lich sind.  Die  wässerige  Lösung  derselben  giebt  mit  Jodwasserstoffsäure 
sogleich  einen  Niederschlag  von  Stibtriäthyljodiir. 

Eine  alkoholische  Jodlösung  wird  von  einer  Lösung  von  Stib* 
triäthyloxjjodlir  in  absolutem  Alkohol  nur  langsam  bei  gewöhnlicher 
Temperatur,  beim  gelinden  Erwärmen  oder  auf  Zusatz  von  etwas  Was- 
ser sehr  rasch  entfärbt  Setzt  man  so  lange  Jodlösung  zu,  bis  deren 
Farbe  nicht  mehr  verschwindet,  so  scheidet  sich  .ein  weisses  Pulver  ab 
und  das  Filtrat  giebt  beim  Abdampfen  Krystalle  von  StibtriäthyljodQr. 
Von  Silberoxyd  wird  das  Stibtriäthyloxyjodür  zersetzt,  indem  Jodsilber 
abgeschieden  wird,  während  Stibtriäthyloxyd  gelöst  bleibt.  Eine  wäs- 
serige Stibtriäthyloxyjodürlösung  giebt  mit  einer  wässerigen  Queck- 
silberbromidlösung  einen  anfangs  gelben,  schnell  roth  werdenden  Nieder- 
schlag von  Quecksilberjodid.  Beim  Vermischen  gleicher  Aequivalente 
von  Stibtriäthyloxyjodür  und  Quocksilberbromid  in  alkoholischer  Lösung 
entsteht  kein  Niederschlag  und  beim  Verdunsten  der  Flüssigkeit  bleibt 
ein  schwach  gelbliches  Oel  zurück,  welches  beim  Schütteln  mit  Wasser 
sogleich  rothes  Quecksilberjodid  ausscheidet,  während  Stibtriäthyloxy- 
bromür  gelöst  wird. 

Bei  dem  Eindan^pfen  der  durch  Einwirkung  von  Stibtriäthyl  auf 
Stibtriäthyljodür  erhaltenen  Masse  scheiden  sich  zuletzt  von  dem  Oxy- 
jodür  verschiedene  Krystalle  aus,  welche  leichter  in  Wasser  löslich 
sind,  und  deren  Analyse  36,5  bis  36,8  Proc.  Jod  ergab,  und  welche 
Merck  für  die  Verbindung  (C4 85)3 H .  Sb  .  I  hält,  diese  Formel  ver- 
langt 3  6,1  Proc.  Jod.  In  der  Lösung  dieser  Krystalle  verschwindet  Jod 
nicht  und  Jodwasserstoffsäure  bewirkt  darin  keine  Ausscheidung  von 
Stibtriäthyljodür. 

Stibtriäthylseleniür.  Wahrscheinliche  Formel:  (0485)3 Sb.Sej. 

Beim  Erkalten  einer  mit  gefälltem  Selen  gekochten  ätherischen 
Stibtriäthyllösung  krystallisirt  diese  Verbindung,  welche  dem  Stibtri- 
äthylsulfur  ganz  gleicht.  An  der  Luft  wird  sie  jedoch  sehr  bald  unter 
Abscheidung  von  Selen  zersetzt. 

Stibtriäthylsulfür:  CiaHisShSj  =  (C4H5)3Sb.S2. 

Man  erhält  diese  Verbindung  durch  directe  Vereinigung  von  Stib- 
triäthyl mit  Schwefel,  indem  man  beide  unter  Wasser  zusammenbringt, 
wobei  sie  sich  sogleich  unter  Wärmeentwickelung  vereinigen.  Hierauf 
erhitzt  man  noch  ein  wenig,  worauf  beim  Verdunsten  der  wässerigen 
Lösung  das  Stibtriäthylsulfür  hinterbleibt.  Man  kann  auch  eine  ätherische 
Stibtriäthyllösung  mit  gewaschenen  und  wieder  getrockneten  Schwefel- 
blumen kochen,  worauf  die  vom  überschüssigen  Schwefel  abgegossene 
Lösung  bald  zu  einer  weissen  Krystallmasse  erstarrt.  Man  reinigt  die 
von  der  Mutterlauge  befreiten  Krystalle,  indem  man  sie,  nachdem  sie 
einige  Zeit  an  der  Luft  gelegen  (damit  das  noch  vorhandene  Stibtri- 
äthyl oxydirt  wird),  noch  mehrmals  aus  heissem  Aether  umkrystal- 
lisirt.  Die  so  erhaltenen  voluminösen,  silberglänzenden  Krystalle  be- 
sitzen einen  unangenehmen  mercaptanähnlicheu  Geruch  und  bitteren  Ge- 
schmack, sind  leicht  in  Wasser,  Alkohol  und  warmem  Aether,  schwer 
in  kaltem  Aether  löslich.  An  der  Luft  verändern  sich  die  trockenen 
Krystalle  nicht  Etwas  über  lOQo  C.  schmilzt  das  Stibtriäthylsuimr 
zu  einer  farblosen,  beim  Erkalten  krystallinisoh   erstarrenden   Flüssig- 


ABtimonradicale,  organische.  95 

keil;  bei  stärkerem  Erhitzen  wird  es  unter  Bildung  einer  Schwefeläthjl 
lehr  ähnlichen  Flüssigkeit  zersetzt.  Kalium  entwickelt  aus  geschmol- 
lenem  Stibtriäthylsulftlr  sogleich  an  der  Luft  sich  entzöndende  Dämpfe 
von  Stibtriäthyl.  Die  wässerige  Lösung  desselben  entwickelt  mit  ver- 
dfinnien  Säuren  sogleich  Schwefelwasserstoff  und  schlägt  aus  den  Lö- 
fongen  der  Metallsalze  Schwefelmetalie  nieder.  Rauchende  Salpeter- 
aiore  entzündet  die  Verbindung. 

Stibtriäthylsulför-AntimonsulfÜr  (Sulfantimonigsaures  Stib- 
tiiäthylsalfür),  (C4Hfi)8Sb.S3 -f-  2SbS3,  erhält  man  durch  Zusammen- 
bfingen  von  Kermes  mit  einer  Lösung  von  Stibtriäthylsulftir,  so  daas 
letztere  im  Ueberschuss  bleibt,  als  hellgelben  Niederschlag,  oder  auch 
durch  Zersetzung  des  antimonigsauren  Stibtriäthyloxyds  mit  Schwefel- 
wisserstoflT.  Dasselbe  ist  ein  schön  hellgelbes,  beim  Erhitzen  bis  100<^C. 
bfaunroth  werdendes  Pulver  von  sehr  unangenehmem  mercaptanähnli- 
ehen  Gemeh.  Von  rauchender  Salpetersäure  wird  es  unter  Feuererschei« 
Bung  zersetzt;  bei  der  Destillation  giebt  es  wahrscheinlich  Aethylsulför. 
Yerdünnte  Schwefelsäure  bildet  damit,  unter  Abscheidung  von  Kermes 
und  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoff,  schwefelsaures  Stibtriäthyl- 
ozyd. 

Stibäthylium,  Stibteträthylium,  Antimonteträthylium, 
Ci«H}oSb  =  (C4 115)4  Sb,  nennt  R.  Löwig  das  hypothetische  Badical  in 
den  von  ihm  (1855)  entdeckten  Stibäthyliumverbinduhgen.  Es  cor* 
respondirt  dem  hypothetischen  Radical  Ammonium  {I4N. 

Verbindungen  des  Stibäthylium s.  Dieselben  enthalten  auf 
1  Aeq.  Stibäthylium  1  Aeq.  Chlor,  Brom  u.  s.  w.  Die  Verbindung 
mit  Sauerstoff  ist  eine  starke  Base.  Man  erhält  die  Verbindungen  aus 
don  Stibäthyliumjodür  durch  doppelte  Zersetzung  oder  durch  Sättigen 
des  daraus  erhaltenen  Stibathyliumoxyds  mit  Säuren. 

Stibäthyliumbromür  (Bromstlbäthylium),  Ci6H2X)SbBr-(- 
X  aq.  =  (C4B5)4Sb.Br  -j-  x  aq. 

Blendend  weisse  nadelfÖrmige  Krystalle,  welche  man  beim  Ver- 
dunsten der  mit  Bromwasserstoffsäure  gesättigten  Lösung  des  Stib- 
Uhyliumoxyds  erhält.  Dieselben  enthalten  Krystallwasser,  welches  sie 
bd  100^  C.  verlieren,  sind  in  Alkohol  imd  Wasser  leicht  löslich,  aber 
sieht  zerfliesslich. 

Stibäthyliumchlorür(Chlorstibäthylium):CieH2oSb€l 
-j-x  aq.  =  (0485)4 Sb.€l  -f-  X  aq. 

Man  stellt  das  Salz  entweder  durch  Sättigen  des  Stibathyliumoxyds 
mit  Salzsäure  oder  dureh  Zersetzung  des  Stibäthyliumjodürs  mit  Queck- 
olberehlorid  dar.  Nimmt  man  auf  4  Aeq.  des  ersteren  3  Aeq.  Sublimat, 
so  findet  folgende  Zersetzung  statt : 
4C,eHjo&bI  +,  3Hgfil  =  3CieH2oSb.€l  +  3Hgl  .CißHaoSbl. 

Die  Verbindung  des  Jodquecksilbers  mit  Jodstibäthylium  scheidet 
tich  aus,  und  durch  Verdunsten  der  Lösung  erhält  man  das  Ghlorstib- 
ätkylium  in  langen  nadelfbrmigen ,  sehr  leicht  zerfliesslichen ,  auch  in 
Alkohol  leicht  löslichen,  bitter  schmeckenden  Krystallen,  welche  wahr- 
ieheinlich  3  Aeq.  Krystallwasser  enthalten,  welches  sie  bei  100^  C. 
▼trlieren,  wobei  das  Salz  als  blendend  weisses  Pulver  erhalten  wird. 

StibäthyliumchlorÜr- Platinchlorid  2[(C4Hß)4Sb.€l]  + 
3Pt€l,. 

Gelbe,  in  Wasser  und  Weingeist  ziemlich  leicht  lösliche  Krystalle, 


96  Antunonradicale,  organische. 

welche  man  beim  langsamen  Verdunsten  einer  verdönnten  weingeistigen 
Lösung  von  StibäthyliumchlorÜr  mit  einer  Platinchloridlösung  erhält. 

Stibäthyliumchlorür-Qneck  silberchlor  id.  a)(C4H5)4Sb.€l 
+  8  Hg  Gl. 

Beim  Vermischen  der  Lösungen  von  1  Aeq.  Jodstibäthylium  und 
3  Aeq.  Sublimat  und  Erwärmen  im  Wasserbade  scheidet  sich  eine 
Joddoppelverbindung  (siehe  unten)  als  gelbliches  Oel  ab,  während 
die  Lösung  die  Chlorverbindung  enthält,  die  beim  Verdampfen  und  Er- 
kalten in  weissen  blättrigen  Krystallen  sich  ausscheidet,  die  auch  in 
Weingeist,  nicht  in  Aether  löslich  sind.  Die  Zersetzung  geschieht  nach 
folgender  Gleichung: 

4(C4H5)4Sb.I  +  12Hg€l  =  3[(C4H5)4Sb.'€l.3Hg€l] 

+  (C4H5)4SbI.3Hgl. 

b)  2[(C4H5)4Sb€l]  -|- 3  Hg  Gl  erhält  man  beim  Vermischen  con- 
centrirter  Lösungen  von  Chlorstibäthylium  und  Sublimat  als  weisdee, 
in  Wasser  schwer  lösliches  Pulver. 

Stibäthylinmjodür,  (Jodstibäthylium): (€4115)4 Sb.I-j- 3 aq« 
(krystallisirt)  (C4H8)4Sb.l-(bei  100©  C.  getrocknet). 

Man  erhält  es  durch  directe  Vereinigung  von  Stibäthyl  mit  Jod- 
äthyl. Bei  gewöhnlicher  Temperatur  zeigt  eine  Mischung  von  Jod- 
äthyl und  Stibäthyl  keine  Einwirkung.  Setzt  man  der  Mischung  Wasser 
zu,  so  findet  die  Vereinigung  langsam  statt.  Beim  Erhitzen  der  Mischung 
in  zugeschmolzenen  Glasröhren  auf  100^  G.  geht  dagegen  die  Verbin- 
dung unter  so  starker  Wärmeentwickelung  und  oft  so  plötzlich  vor  sich, 
dass  die  Glasröhren  zuweilen  zersprengt  werden.  Am  besten  bringt 
man  ein  Gemisch  gleicher  Volume  Stibäthyl  und  Jodäthyl  in  eine 
mit  Kohlensäure  gefüllte  Retorte,  deren  Hals  in  eine  feine  Spitze  aus- 
gezogen ist,  füllt  dieselbe  beinahe  mit  Wasser,  so  dass  dieses  das  6-  bis 
Sfache  der  Mischung  beträgt,  schmilzt  die  Spitze  zu  und  erhitzt  2  bis 
3  Stunden,  im  Wasserbade,  wobei  sich  eine  Lösung  von  Jodstibäthylium 
bildet  Diese  giebt  beim  Eindampfen  blendend  weisse  Krystalle  von 
Jodstibäthylium,  zugleich  scheidet  sich  auch  eine  kleine  Menge  eines 
gelben  Körpers  aus,  der  durch  ein  wenig  Ammoniak  gelöst  wird,  und 
durch  Säuren  wieder  abgeschieden  werden  kann.  Beim  langsamen  Ver- 
dunsten der  Lösung  kann  man  das  Stibäthyliunijodür  in  zolllangen 
hexagonalen  Säulen  erhalten,  welche  3  Aeq.  Krystallwasser  enthalten; 
aus  der  warmen  Lösung  scheidet  sich  das  Salz  zum  Theil  in  warzen- 
förmigen Krystallbüscheln  ab,  welche  nach  der  Formel  2  (C4  85)4  Sb .  I 
-|~3aq.  zusammengesetzt  sind.  Das  Jodstibäthylium  hat  einen  sehr  bit- 
teren Geschmack.  Bei  20»  C.  lösen  100  Thle.  Wasser  19,02  Thle.  was- 
serfreies Salz,  in  wasserfreiem  Alkohol  ist  es  noch  leichter,  in  Aether 
nur  in  geringer  Menge  löslich. 

Stibäthyliumjodür-Quecksilberjodid:  a)  (C4lf5)4&b.I 
-j-  SHgl.  Man  erhält  diese  Doppelverbindung  bei  der  Darstellung 
des  Stibäthyliumchlorürs,  wenn  man  die  warmen  Lösungen  von  4  Aeq. 
Stibäthyliumjodür  und  3  Aeq.  Sublimat  mischt,  als  ein  hellgelbes  Oel, 
das  beim  Erkalten  zu  einer  weissen  Krystallmasse  erstarrt.  Dieselbe 
ist  in  Wasser  und  in  Aether  unlöslich,  wenig  löslich  in  kochendem 
Alkohol,  aus  dem  sie  sich  beim  Erkalten  in  weissen  säulenförmigen 
hexagonalen  Krystallen  ausscheidet.  Dieselben  schmelzen  unter  Wasser 
bei  700  Q, .  an  der  erkalteten  erstarrten  Masse  zeigen  sich  nach  einiger 
Zeit  rothe  Flecken,  und  zuletzt  wird  die  ganze  Masse  roth,  was  man 


Antimonradieale,  organische*  97 

durch  Bitsen  derselben  beschleunigen  kann.  Die  so  veränderten  Kjy- 
staDe  scheinen  dem  regulären  System  anzugehören,  verwandeln  sich 
jedoch  beim  Umkrystallisiren  aus  kochendem  Alkohol  wieder  in  weisse, 
hexagonale  Krystalle. 

b)  2(C4M5)4  8b.l  -4-  3Hgl.  Diese  Verbindung  erhält  man  durch 
Anträgen  von  frisch  gefälltem  Jodquecksilber  in  eine  warme  Stib- 
idiyliamjodürlösung ,  so  lange  die  rothe  Farbe  des  ersteren  verschwin- 
det, als  eine  gelbe  ölige  Flflssigkeit,  die  beim  Erkalten  zu  einer  grün- 
fichgelben  wachsartigen  Masse  erstarrt,  die  weder  in  Wasser  noch  in 
Aether  Idslich  ist  In  kochendem  Alkohol  ist  sie  schwer  löslich,  beim 
Erkalten  scheidet  sie  sich  aus  dieser  Lösung  in  weissen  säulcnföfmigen 
Krystallen  ab. 

Stibäthjliumoxydhydrat  (Antimon  teträthyloxydhydrat): 
Cie{l3iSb09  =  (C4H5)4  SbO.HO.  Durch  Zersetzung  der  Lösung  des 
Stibäthjliumjodürs  mit  frischgefälltem  äilberoxyd  entsteht  das  Oxjd, 
welches  man,  von  etwas  aufgelöstem  Silberoxyd  durch  Zusatz  von  ein 
wenig  Salzssnre  befreit,  beim  Eindampfen  im  Wasserbade  und  zuletzt 
«Bter  der  Luftpumpe  über  Schwefelsäure  als  eine  fast  farblose,  dicke 
ölige  FlGssigkeit  erhält.  Es  teigt  stark  basische  Eigenschaften,  schmeckt 
sehr  bitter,  l5st  sich  in  jedem  Verhältniss  in  Wasser  und  Alkohol,  nicht 
in  Aether  auf.  Das  Oxyd  gleicht  in  seinen  Reactionen  dem  Kali,  so 
lost  ein  Ueberschuss  desselben  den  in  Zinkoxyd-  und  Thonerdesalzen 
hoTorgebrachten  Niederschlag  wieder  auf,  Ghromoxyd  löst  es  dagegen 
sieht,  and  fällt  auch  Baryt  und  Ealksalze  nicht  Beim  Erhitzen  des  Stib- 
iäiyiinmoxydhydrats  im  Wasserbade  bilden  sich  dicke  weisse  Nebel,  bei 
ifi^erem  Erhitzen  wird  das  Oxyd  zersetzt. 

Stibäthyliumoxydverbindungen.  Das  Oxyd  vereinigt  sich 
mit  den  Säuren  zu  neutralen  und  sauren  Salzen,  welche  ebenso  wie  die 
freie  Base  einen  stark  bitteren  Geschmack  besitzen,  in  Wasser  sehr 
locht,  sowie  auch  in  Alkohol  löslich  sind.  Man  erhält  sie  entweder 
direct  durch  Vereinigung  der  freien  Base  mit  den  verschiedenen  Säu- 
tea  oder  durch  doppelte  Zersetzung  des  Jodstibäthyliums  mit  verschie- 
denen Bleioxyd-  und  Silberoxydsalzen. 

Ameisensaures  Stibäthyliumoxyd  erhält  man  durch  Zer- 
Ktznng  von  aroeisensaurem  Bleioxyd  mit  Stibäthyliumjodür.  Man 
misdit  die  wannen  Lösungen  gleicher  Aequivalente  der  beiden  Salze, 
ilirirt  warm  von  dem  ausgeschiedenen  Jodblei  ab,  worauf  beim  Erkal- 
ten das  ameisensaure  Salz  sich  in  farblosen  sechsseitigen  Nadeln  aus- 
scheidet, die  schwer  in  Wasser,  leichter  in  Alkohol  löslich  sind,  und 
aa  der  Lnft  allmälig  gelblich  worden. 

Bernsteinsaures  Stibäthyliumoxyd.  Syrupartige,  nicht  kry- 
^IHsirbare,  sehr  leicht  in  Wasser  und  Alkohol  lösliche  Masse,  die 
aian  durch  Verdunsten  der  mit  Bemsteinsäure  gesättigten  Lösung  der 
Base  erhalt. 

Essigsaures  Stibäthyliumoxyd.  Farblose,  in  Wasser  und 
ilkohol  lösliche  Krystalle,  die  man  durch  Zersetzen  von  Stibäthylium- 
jodor  mit  essigsaurem  Bleioxyd  erhält,  und  welche  bei  100^  C.  nichts 
10  Gewicht  verlieren. 

Kohlensaures  Stibäthyliumoxyd.     Aeusserst  leicht  zerfliess- 

lidie  sähe  Masse. 

Oxalsanres  Stibäthyliumoxyd:  2(Ci«H3oSbO).C4  0«.   Kry- 

itsDinische,  sehr  leicht  in  Wasser  lösliche  Masse,  welche  man  durch 

Hudwtotcrbii^  der  Chemto    2te  Anfl.  IkL  IL  7 


98  Antimonradicale,  organische. 

Verdunsten  der  gemischten  Losungen  von  2  Aeq.  der  Base  und  1  Aeq. 
Oxalsäure  erhält. 

Salpetersaures  Stibäthyliumoxyd:  CieH^o^^O  .  NO5  = 
(C4 1(5)4  SbO.NOft  (bei  lOOoC.  getrocknet).  Man  erhält  es  durch  Zer- 
setzung äquivalenter  Mengen  von  Stibäthylinmjodür  und  salpetersaurem 
Silberozyd  beim  Verdunsten  der  im  Wasserbad  concentrirten  Lösung 
im  Vacuum  über  Schwefelsäure  in  langen  farblosen,  sehr  leicht  in 
Wasser  löslichen  und  zerfliesslichen  Nadeln. 

Schwefelsaures  Stibäthyliumoxyd:  CieH^o^hO  .  SO^  = 
(041(5)4  SbO .  SOs.  Durch  wechselseitige  Zersetzung  äquivalenter  Mengen 
von  StibäthyliurajodÜr  und  schwefelsaurem  Silberoxyd,  Filtriren  und  Ein- 
dampfen, erhält  man  äusserst  leicht  zerfliessliche  Krystalle  des  Salzes« 
Verdunstet  man  die  Lösung  im  luftleeren  Baum  über  Schwefelsäure,  so 
erhält  man  kleine  harte  wasserfreie  Krystalle. 

Traubensaures  Stibäthyliumoxyd.  Sehr  leicht  zerfliessliche 
Krystalle,  die  man  durch  Verdunsten  der  mit  Traubensäure  gesättigten 
Stibäthyliumoxydlösung  erhält. 

Weinsaures  Stibäthyliumoxyd.  a)  Neutrales.  Man  erhält 
es  in  grossen,  sehr  zerfliesslichen  Krystallen,  wie  das  traubensaure  Salz. 

b)  Saures.  Büschelförmig  vereinigte,  feine  durchsichtige  zer- 
fliessliche Nadeln,  die  man  durch  Zusatz  von  1  Aeq.  Weinsäure  zu  dem 
neutralen  Salz  erhält. 

Stibäthyliumsulfür.  Gelbliches,  leicht  in  Wasser  und  Wein- 
geist lösliches  Oel,  das  man  durch  Sättigen  der  wässerigen  Lösung  des 
Oxyds  mit  Schwefelwasserstoff  und  Verdunsten  bei  abgehaltener  Luft 
erhält.  Die  Lösung  verhält  sich  gegen  Metallsalze  wie  die  des  Schwe- 
felkaliums. 

Antimonamyle  ^). 

Verbindungen  des  Antimons  mit  Amyl  wurden  von  E.  Oramer 
und  von  F.  Berl^  untersucht  und  zwei  Radicale  erhalten,  von  wel- 
chen das  eine  auf  1  Aeq.  Antimon  3  Aeq.  Amyl,  das  andere  2  Aeq. 
Amyl  enthält;  es  gelang  jedoch  nicht,  Verbindungen  eines  dem  Anti- 
monäthylium  entsprechenden  Badicals  darzustellen.  Die  Radicale  zei- 
gen ein  geringeres  Oxydationsvermögen  .als  die  entsprechenden  Aethyl 
und  Methyl  enthaltenden,  und  die  Verbindungen  zeichnen  sich  durch 
sehr  geringe  Krystallisationsfähigkeit  aus. 

Stibtriamyl,  Stibamyl,  Antimontriamyl:  C30  H,«  &b  = 
(CioHii)3Sb.  Organisches  Radical,  (1851)  von  Gramer  entdeckt.  Man 
erhält  dieses  Radical  bei  der  Einwirkung  von  Jodamyl  auf  Antimonkalium 
und  beobachtet  bei  der  Darstellung  desselben  dieselben  Vorsichtsmaass- 
regeln  wie  bei  der  Gewinnung  des  Stibtriäthyls.  Man  reibt  das  Anti- 
monkalium mit  seinem  halben  Volumen  feinem  Sande  zu  einem  äusserst 
feinen  Pulver,  füllt  kleine  Kolben  mit  kurzem  Hals  zu  Vs  damit  an, 
und  setzt  soviel  Jodamyl  zu,  dass^  das  Gemenge  von  Sand  undAntimon- 
kalium  durch  seine  ganze  Masse  hindurch  befeuchtet  ist.    Nach  einiger 

^)  Literatur:  £.  Gramer,  Verhandlungen  der  naturforschenden  GeseUschaft 
»u  Zürich  vom  12.  Mai  1861;  auch  Pharm.  Centralbl.  1865,  8.  466.  —  F.  BerK, 
Joum.  f.  prakL  Chem.  Bd.  LXV,  S.  885;  im  Auszug  Pharm.  Centralbl.  1866,  8, 
868.  —   Scheibler,  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXIV,  S.  606. 


Antimonradicale,  organische.  99 

gewöhnlich  aber  erst  beim  Erwännen,  findet  eine  heftige  Einwir- 
kung statt,  wobei  der  Ueberschoss  des  Jodamyls  bei  der  hierbei  ent- 
iteheiiden  Temperaturerhöhung  überdestillirt.  Die  Angaben  zur  weite- 
ren Gewinnung  des  Stibtriamyls  von  Gramer  und  Berl^  sind  nun 
folgende.  Berl^,  welcher  angiebt,  dass  das  Stibtriamyl  durch  Er- 
-httsen  zersetzt  werde,  weicht  die  erkaltete  zurückgebliebene  graue  pul- 
verig sosammenhangende  Masse  mit  etwas  Wasser  auf,  zieht  dieselbe 
dann  in  einem  mit  Kohlensäure  gefüllten  Cylinder  dreimal  mit  Aether 
aus  (so  lange  die  Lösung  noch  gelb  gefärbt  ist  und  beim  Verbrennen 
noch  weisse  Antimonoxyddämpfe  giebt)  und  destillirt  von  der  klar  ab- 
gegossenen Lösung  nach  Zusatz  von  etwas  Wasser  in  einem  ebenfalls 
■ii  Kohleiisänre  gefüllten  Kolben  den  Aether  ab.  Es  bleibt  alsdann 
reines  Stibtriamyl  unter  der  Wasserschicht  zurück.  Gramer  gewinnt 
dasselbe  dagegen  durch  Destillation  des  Gemisches  von  Antimonkalium 
nnd  Jodamyl,  und  befreit  es  von  Jodamyl,  indem  er  den  Theil  für  sich 
sofiangt,  der  bei  seiner  Verdichtung  wenig  Wärme  abgiebt,  während, 
io  lange  Jodamyl  übergeht,  das  Destillationsrohr  heiss  ist.  Durch  De- 
itillation  über  Antimonkalium  reinigt  er  dasselbe.  Berlä  hält  es  für 
aöglich,  dass  anfangs  bei  der  Einwirkung  des  Jodamyls  auf  das  Anti- 
Bionkaliam  eine  Verbindung  von  Stibtriamyl  mit  Antimon-  oder  Jod- 
kslinm  gebildet  werde,  welche  durch  Behandlung  mit  Aether  zersetzt 
werde,  da  das  im  Kolben  befindliche  Froduct,  selbst  wenn  ein  Theil 
desselben  beim  Uebergiessen  mit  Wasser  keinen  Wasserstoff  entwickelt, 
doch  darauf  gebrachten  Aether  zum  Kochen  erhitzt. 

Das  auf  diese  Arten  erhaltene  Stibtriamyl  ist  eine  wasserhelle,  oder 
lekwach  gelb  gefärbte,  dünnflüssige,  bei  Temperaturen  unter  20<^G. 
sehr  zähflüssige  (Berl6)  Flüssigkeit  von  1,133  specif.  Gewicht  bei 
17* G.  (Berl6),  (von  1,059  specif.  Gewicht,  Gramer)  und  eigenthüm- 
lieh  aromatLschem  (Berl^),  unangenehm  zwiebelartigem,  zum  Husten 
icizendein  Geruch  (Gramer).  Es  besitzt  einen  bitteren,  etwas  metal- 
lischen, lange  haftenden  Geschmack.  An  der  Luft  erwärmt  es  sich  be- 
deutend and  raucht  sehr  stark,  ohne  sich  aber  zu  entzünden  und  bil- 
det eine  firnissartige,  durchsichtige,  nachher  fest  werdende  Masse  von 
bitterem  Geschmack  (Gramer).  Nach  Berl^  wird  ßs  zersetzt,  indem 
lieh  ein  weisses  Pulver  bildet  (s.  antimonigsaures  Stibtriamyl- 
oxyd).  Auf  Fliesspapier  gebracht,  verkohlt  es  dasselbe  bei  seiner 
Oxydation,  entzündet  es  aber  nicht.  Ist  das  Stibtriamyl  nur  mit  2  Proc. 
Jodamyl  oder  Amylgelst  verunreinigt,  so  zeigt  es  diese  Eigenschaft 
sieht  und  zersetzt  sich  alsdann,  ohne  sich  bedeutend  zu  erwärmen  und 
ohne  zu  rauchen.  In  Wasser  ist  es  unlöslich,  schwer  in  absolutem  Al- 
kohol, ebenso  in  Aetheralkohol,  sehr  leicht  in  Aether  (Berl6),  leicht 
in  Alkohol  (Gramer). 

Stibtriamyl  Verbindungen.  Das  Stibamyl  verbindet  sich  direct 
imd  leicht  mit  den  Haloiden,  sowie  mit  SchwefeL  Nach  Berl^  zer- 
letzt sich  das  Stibtriamyl  beim  Erhitzen,  indem  sich  dabei  Stibbiamyl 
Inldet  (s.  unter  Stibbiamyl).  Ebenso  fand  Scheibler  in  Werther's 
Lsboratorium ,  dass  sich  aus  der  durch  Einwirkung  von  Jodamyl  auf 
Antimonkalium  entstehenden  Masse  nichts  ohne  tief  eingreifende  Zer- 
letznng  abdestilliren  lässt. 

Stibtriamylbromür  (Bromstibtriamyl),  (GioHii)8SI>'B'2y 
«halt  man  anf  Zusatz  von  Brom  zu  der  ätherischen  Lösung  des  Radicals, 
•0  lange  ersteres  entfärbt  wird ,  Zusatz  von  Alkohol  und  Verdunsten 

7* 


100  Antimonradicale^  organische. 

des  Aethers  ab  eine  bei  gewöhnlicher  Temperatur  stemlich  s&hflfissige, 
in  höherer  Temperatur  leichter  flüssige,  durchscheinende  Flüssigkeit. 
Auch  durch  Auflösen  des  Oxyds  in  Bromwasserstoffsäare  kann  man 
die  Verbindung  erhalten.  Durch  Waschen  mit  Alkohol  und  mit  Was» 
ser  erhält  man  dieselbe  rein-  Das  StibtriamylbromÜr  ist  schwerer  als 
Wasser,  löslich  in  Alkohol  und  Aether,  namentlich  in  absolutem  Alko*- 
hol,  aus  welcher  Lösung  es  durch  Aether  wieder  gefällt  wird,  und  von 
eigenthQmlichem  Geruch  und  Geschmack.  Es  ist,  nach  Gramer,  schwer«> 
flüchtig,  während  es,  nach  Her  16,  beim  Erhitzen  zersetzt  wird. 

Stibtriamylchlorür  (Chlorstibtriamyl):  (CioIIu)8Sb  .  Gl^. 
Man  stellt  es  am  besten  durch  Auflösen  von  Stibtriamyloxyd  in  Chlor» 
wasserstoffsäure  dar,  und  reinigt  es  durch  Waschen  mit  Wasser  und  Aether 
und  Trocknen  über  Chlorcalcium.  Es  gleicht  dem  Stibtriamylbromür 
völlig  und  wird,  nach  Berl6,  beim  Erhitzen  über  160<^C.  zersetzt 
und  lässt  sich  nicht  unverändert  destilliren.  '   ' 

Stibtriamyljodür  (Jodstibtriamyl):(CioHn)3Sb.Is.  liian er- 
hält es  wie  die  beiden  vorigen  Verbindungen,  denen  es  auch  in  den  phy- 
sikalischen Eigenschaften  gleicht  Schoibler  erhielt  durch  Auflösen 
von  Jod  in  ätherischer  Stibtriamyllösung ,  Verdunsten  der  Lösung  ond 
Behandlung  des  Bückstandes  mit  Aether  eine  farblose,  in  grossen  Pria- 
men  krystallisirende,  in  Wasser  unlösliche,  in  Alkohol  und  Aether  lös- 
liche Jodverbindung,  welche  bei  sehr  gelindem  Erwärmen  schmolz  und 
beim  Erkalten  wieder  krystallinisch  erstarrte.  Nebenbei  bildete  sich, 
bei  einem  Ueberschuss  von  Jod,  eine  gelbliche  Jodverbindong. 

Stibtriamyloxyd:  Wahrscheinliche  Formel  =  (CioHii)9&b.09.  Es 
bildet  sich  bei  der  Oxydation  des  Stibtriamyls  oder  einer  ätherischen  Lo- 
sung desselben  an  der  Luft,  in  ersterem  Falle  neben  antimonigsaurem  Stib- 
triamyloxyd. Das  durch  langsames  Verdunsten  der  ätherischen  Stibtri- 
amyllösung erhaltene  Oxyd  ist  eine  graulich  gelbe,  sehr  zähe,  harzige 
Masse,  die  in  der  Wärme  dünnflüssiger  wird  und  sich  bei  höheren  Tem- 
peraturen zersetzt.  Geschmack  und  Geruch  gleichen  dem  des  Stib- 
triamyls, nur  ist  letzterer  noch  aromatischer.  Nach  Scheibler  schei- 
det sich  bei  dem  freiwilligen  Verdunsten  der  ätherischen  Lösung  ein 
weisses,  in  Alkohol  leicht  lösliches  Pulver  in  ziemlicher  Menge  ab, 
welches  mit  Chlorwasserstofisäure  und  Salpetersäure  in  Wasser  schwer 
lösliche  krystallinische  Verbindungen  giebt;  der  Aether  enthält  noch 
Stibtriamyloxyd  gelöst  Das  Oxyd  ist  unlöslich  in  Wasser,  leicht  lös- 
lich in  absolutem  Alkohol,  schwer  in  wässerigem  Alkohol  und  in  Aether. 
Die  alkoholische  Lösung  desselben  fällt  die  schweren  Metalloxyde  aus 
ihren  Lösungen.  Die  alkoholische  Lösung  des  Oxyds  mischt  sich  leicht 
mit  den  Säuren,  und  Wasser  schlägt  aus  dieser  Lösung  die  Verbin- 
dungen des  Oxyds  mit  Säuren  nieder. 

Stibtriamyloxydverbindungen.  Antimonigsaures 
Stibtriamyloxyd,  basisches  Stibtriamylantimon  ox  y  d: 
WahrscheinUche  Formel  =  (CioHiOa  Sb  O,  -f-  2Sb08.  Es  büdet  aich 
beim  Bauchen  des  Stibtriamyls  an  der  Luft,  wobei  es  als  weisses,  in  Alko- 
hol, Aether  und  Wasser  unlösliches  Pulver  niederfällt  und  durch  langes 
Waschen  mit  Aetheralkohol  von  gleichzeitig  gebildetem  Stibtriamyl- 
oxyd befreit  wird.  Es  ist  bei  lOO^C.  getrocknet  ein  weisses  blätteri- 
ges Pulver,  löst  sich  nicht  in  Ghlorwasserstoffsäure,  in  rauchender  Sal- 
petersäure nur  theilweise,  und  in  Königswasser  erst  nach  längerer  Zeit^ 
wobei  sich  ein  schwarzer  kohliger,  bei  fortgesetzter  Digestion  sich  wie- 


Antunonradicale,  organische.  101 

der  auflösender  Kdrper  aiiBscheidet.  ^8  erträgt  hohe  Temperataren 
olnte  Zersetzung,  und  wird  erst  bei  BothglQhhitse  unter  Abscheidang 
nm  Kohle  zersetzt,  wobei  sich  zugleich  ein  Antimon  Spiegel  bildet. 
Berl6  mmmt  die  obige  Formel  für  die  (nicht  analysirte)  Verbindung, 
wegen  der  Analogie  mit  der  entsprechenden  Aethyl Verbindung  und  we- 
fcn  ihrer  Zersetzung  durch  Schwefelwasserstoff  an  (s.  unter  Stibtri- 
»mjlsolfür- Antimonsulf  ür). 

Eazigsaures  Stibtriamyloxjd  ist,  nach  Scheibler,  kry- 
itaninifffihi 

Salpetersaures  Stibtriamyloxyd:  (CiofiiOsSbOs  .  2NO5. 
Dsreh  Zersetzung  von  Stibtriamylbromür  oder  -Jodür  mit  einer  alkoholi- 
lebea  Losung  von  salpetersaurem  Silberoxjd,  so  lange  noch  ein  Nie- 
derscMftg  entsteht  und  Filtriren,  erhält  man  eine  Lösung,  aus  welcher 
äeh  nach  einigem  Stehen  in  der  Wärme  zwei  Flüssigkeiten  absondern, 
eine  obere,  hellgelbe  und  leicht  bewegliche,  und  ein  tief  ponceaurothes 
Oel,  weiches  sich  am  Boden  sammelt    Die  obere  Flüssigkeit  giesst 

ab,  worauf  sie  nach  langsamem  Verdunsten  beim  Stehen  feine 
I,  sternförmig  vereinigte,  seidenglänzende  Krjstalle  des  salpeter- 
mireD  Salzes  giebt,  die  man  durch  ümkrystallisiren  aus  verdünntem 
Alkohol  reinigt.  Dieselben  schmelzen  bei  etwa  20^  C,  sind  in  wässeri- 
gem Alkohol  leicht  löslich  (in  geschmolzenem  Zustande  weniger  leicht), 
in  Wasser  und  Aether  unlöslich,  und  besitzen. einen  eigenthümlioh  me* 
tiUiscben  Greschmack.  Auch  aus  dem*  in  einer  grossen  Menge  wässeri- 
ffaik  Alkohol  löslichen  ponceaurothen  Oel  scheiden  sich  nach  längerem 
Stehen  KrystaUe  des  salpetersauren  Salzes  ab  (Berl6). 

SehwefelsauresStibtriamyloxyd:  (GioHii)gSb02*2SOs.  Man 
«hält  es  dorch  Zersetzung  der  alkoholischen  Lösung  von  Stibtriamyl- 
eyorür  oder  -Jodür  mit  einer  alkoholischen  Lösung  von  schwefel- 
Bsrem  Silberoxyd  und  Verdunsten  des  Filtrates  als  ein  nicht  krystalli- 
aiinres  Oel,  welches  sonst  der  vorhergehenden  Verbindung  gleicht 
(Berl^). 

Stibtriamylsulfür  kennt  man  nicht  im  reinen  Zustande.  Nach 
Gramer  verbindet  sich  Stibtriamyl  mit  Schwefel,  wenn  man  beide  un- 
ter Wasser  erhitzt.  Beim  Kochen  einer  ätherischen  Stibtriamyllösung 
■it  Schwefel  nnd  freiwilligen  Verdunsten  des  Filtrates  hinterbleibt  eine 
gdbe,  krystallinische,  leicht  schmelzbare  und  leicht  flüchtige  Substanz 
foa  widerlich  zwiebelartigem  Geruch,  deren  alkoholische  Lösung  mit 
dea  Losungen  der  schweren  Metallsalze  gefärbte  Niederschläge  von 
Ttfichiedenen  Schwefelmetallen  giebt. 

Stibtriamylsulfür-Antimon8ulfür:(CioBii)3Sb.S)-4-2SbS8. 
Diese  Verbindung  erhält  man  beim  Einleiten  von  Schwefelwasserstofigas 
a  in  Weingeist  suspendirtem  antimonigsauren  Stibtriamyloxyd,  wobei 
aeh  sogleich  ein  weisses  Pulver  at^cheidet,  welches  später  orange- 
faibea  wird.  Die  nicht  filtrirbare  breiige  Masse  scheidet  erst  auf  Zu- 
ali  einer  grossen  Menge  Alkohol  und  Aether,  nnd  nach  längerem  Ste- 
hm  in  der  Wärme  einen  flockigen  Niederschlag  aus,  welcher  sich  abfil- 
triren  lässt.  B^  längerem  Einleiten  von  Schwefelwasserstoff  in  eine 
^holisehe  Stibtriamyloxydlösung  bildet  sich  diese  Verbindung  eben- 
Uli  (Berl^).  Getrocknet  ist  es  ein  braungelbes,  in  Alkohol,  Aether 
lad  Wasser  unlösliches  Pulver,  welches  sich  in  sehr  hoher  Tempera- 
tur unter  Abscheidung  von  Kohle  und  Schwefelantimon  zersetzt.  Beim 
I^tbergiessen  mit  rauchender  Salpetersäure  entzündet  es  sich  und  ver- 


102  Antimonradicale,  organische. 

brennt  mit  fahler  Flamnie,  wie  feinvertheiites  Antimon  in  SanerstofT. 
Ein  sich  dabei  ausscheidender  schwarzer  Körper  löst  sich  bei  248tttndi- 
ger  Digestion  mit  Königswasser,  und  in  der  Lösung  ist  aller  Schwefel 
der  Verbindung  als  Schwefelsäure  vorhanden. 

Stibbiamy  1 :  C30  Hss  ^^  =  (ßi  0  tf  1 1  )3  &b.  Dieses ,  von  B  e  r  1 6 
(1855)  entdeckte  Radical  erhält  man  bei  der  Destillation  des  durch 
«  Einwirkung  von  Jodamyl  auf  Antimonkalium  erhaltenen  Products,  wäh- 
rend nach  Grame r*s  Angabe  hierbei  Stibtriamyl  Übergeht,  doch  sehei- 
nen die  Angaben  von  Berl6  mehr  Vertrauen  zu  verdienen.  Das  Ge- 
menge von  Antimonkalium  und  Jodamyl  wird  destillirt  und  das  Ueberge- 
hende  in  zwei  Portionen  aufgefangen.  So  lange  die  Destillationsröhre 
heiss  ist,  verfluchtigt  sich  überschÜBsiges  Jodamyl,  wird  diese  kalt,  so 
geht  Stibbiamyl  über,  welches  man  unter  Beobachtung  der  öfters  er- 
wähnten Vorsichtsmassregeln  auffängt.  Man  erhitzt  zuletzt  bis  zur 
dunklen  Bothgluth  und  reinigt  das  Stibbiamyl  durch  mehrmalige  De- 
stillation Über  Antimonkalium  von  Jodamyl.  Es  enthält  jetzt  noch  einen 
anderen  ziemlich  flüchtigen  Stofl*,  welcher  sich  beim  Erhitzen  im  Wasser- 
bade verflüchtigt;  dies  ist  ein  in  Wasser  unlösliches,  Kohlenstoff, 
Wasserstoff  und  Antimon  enthaltendes  Gas,  welches  angezündet  mit 
stark  leuchtender  Flamme  brennt,  wobei  sich  zugleich  Antimonoxyd 
ausscheidet.  Das  Gas  hat  einen  eigenthümlichen ,  schwach  an  den  des 
Stibtriamyls  erinnernden  Geruch,  welcher  aber  bei  zweimonatlichem 
Aufbewahren  über  Wasser  verschwand,  während  sich  in  der  Röhre  ein 
weisser  antimonhaltiger  Beschlag  bildete;  beim  Verbrennen  zeigte  das 
Gas  nun  den  Antimonoxydrauch  nicht  mehr.  Berle  glaubt,  dass  das 
Gas  vielleicht  CioKn^b  sei. 

Das  so  gereinigte  Stibbiamyl  ist  eine  grünlich-gelbe,  eigenthüro- 
lich  aromatisch  riechende,  bitter  schmeckende,  ziemlich  leicht  beweg- 
liche Flüssigkeit,  die  in  Wasser,  worin  sie  unlöslich,  untersinkt,  mit 
starkem  Alkohol  und  Aether  in  jedem  Verhältniss  mischbar  ist.  Es 
'  raucht  nicht  an  der  Luft  und  verbrennt  angezündet  mit  stark  leuch- 
tender Flamme  unter  Bildung  von  Antimonoxyd,  in  Sauerstoffgas  ver- 
pufft es  beim  Anzünden  heftig,  von  rauchender  Salpetersäure  wird  es 
unter  starker  Wärmeentwickelung  zersetzt  Beim  Verdunsten  der  äthe* 
rischen  Lösung  oxydirt  es  sich  theilweise  und  zieht  Kohlensäure  an. 

Das  Stibbiamyl  scheint  sich  mit  1  Aeq.  Sauerstoff,  Chlor  a.  s.w. 
zu  verbinden,  die  Verbindungen  sind  unkrystallinisch  und  bis  jetzt  nicht 
genauer  untersucht. 

Stibbiamylchlorür  ist  eine  klebrige  Flüssigkeit. 

Stibbiamyloxyd  kennt  man  nicht  in  reinem  Zustande,  da  die 
ätherische  Lösung  des  Radicals  beim  Verdunsten  zugleich  Kohlensäure 
anzieht,  und  schon  von  der  folgenden  Verbindung  enthält. 

Kohlensaures  Stibbiamyloxyd,  (CioHn)3SbO.C02,  erhält 
man  durch  Einleiten  von  Kohlensäure  in  die  durch  Verdunsten  der  ätheri- 
schen Stibbiamyllösung  erhaltene  Masse,  und  völliges  Verdampfen  dei 
Lösung  im  Wasserbade  als  einen  sehr  zähflüssigen  Körper,  der  erst  bei 
700  C.  etwas  leichtflüssiger  wird  und  in  seinen  sonstigen  Eigenschaften 
dem  Radical  sehr  ähnlich  ist. 

Salpetersaures  Stibbiamyloxyd  und 

Schwefelsaures  Stibbiamyloxyd  gleichen  einander  sehr.  Sic 
sind  feste ,  amorphe ,  pulverf örmige  Körper ,  die  in  Wasser  und  ver- 


Antiinonradicale,  organische.  103 

dfimitem  Alkohol  nnlöalich,  sehr  sohwer  in  Aether,  leicht  in  abaolutem 
Alkohol  Idslich  sind. 

Der  Kakodjlsäure  entsprechende  Verbindungen  des  Stibbiamyls 
kennt  man  nicht. 

Antimonmethyle. 

Stibtrimethyl,  Stibmethyl,  Antimonmethyl,  Antimon- 
trimethyl.  Formel:  Cg Hg  .  Sb  =  (C3 H8)3 Sb.  Organisches  Radical, 
7on  Landolt  i)  (1851)  entdeckt. 

Man  stellt  das  Stibtrimethyl  entsprechend  dem  Stibtriäthyl  durch 
Erhitzen  von,  mit  Quarzsand  gemischtem,  Antimonkalium  mit  Jodmethyl 
dar,  nnd  fängt  das,  nach  geschehener  Einwirkung  beim  Erhitzen  sich 
rerflüchtigende  Antimonmethyl  unter  Beobachtung  der  beim  Stibtriäthyl 
angegebenen  Vorsichtsmassregeln  auf.  Es  ist  eine  farblose,  schwere, 
in  Wasser  nnlösliche,  schwer  in  Alkohol,  leicht  in  Aether  losliche  Flüs- 
ngkeit,  welche  einen  eigenthümlichen  Geruch  besitzt  An  die  Luft 
gebracht,  giebt  das  Stibtrimethyl  anfangs  dicke  weisse  Dämpfe  aus,  ent- 
londet  sich  and  verbrennt  mit  weisser  Flamme  unter  Abscheidung  von 
Antimon. 

Es  vereinigt  sich  (wahrscheinlich  mit  2  Aeq.)  Sauerstoff  zu  einer 
dem  Antimontriäthyloxyd  entsprechenden  Base,  welche  auch  2  Aeq. 
Sinre  sattigt,  ebenso  mit  2  Aeq.  Chlor,  Brom,  Jod,  Schwefel  u.  s.  w. 
Die  Eigenschaflen  dieser  Verbindungen  sind  nicht  genauer  untersucht, 
ihes  im  Wesentlichen  nicht  von  denen  der  entsprechenden  Stibtriäthyl- 
TtrbindiiDgen  abweichend.  Mit  Jodmethyl  vereinigt  es  sich  schon  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  zu  Jodstibmethylium,  der  Jod  Verbindung  des 
Badicala  Stibmethylium. 

Stibmethyliuin  (Antimonmethylium)  (Antimontetrame- 
tkjl).  Hypothetisches  Badical  der  von  Landolt  (1851)  entdeckten 
Stibmethyliamverbindungen. 

Beim  Erhitzen  einer  Mischung  von  Jodstibmethylium  mit  über- 
sdiüssigeni  Antimonkalium  geht  eine  schwere  ölige,  dem  Stibtrimethyl 
äimlich  riechende,  schwach  gelblich  gefärbte  Flüssigkeit  Über,  die 
in  Wasser  untersinkt,  welches  dadurch  schwach  alkalisch  reagirt.  An 
der  Luft  entzündet  sich  die  Flüssigkeit  sogleich  unter  Abscheidnng 
dnes  weissen  Bauches,  der  sich  zu  einem  weissen,  in  Wasser  theilweise 
loslichen  Pulver,  verdichtet.  Landolt  glaubt,  dass  diese  Flüssigkeit 
vielleicht  Stibmethylium  enthalte  (vergl.  Jodstibmethylium). 

Man  kennt  Verbindungen  des  Stibmethyliums  mit  Chlor,  Brom,  Jod, 
Sdkwefel,  Sauerstoff  etc.,  welche  auf  1  Aeq.  Stibmethylium  1  Aeq. 
Metalloid  enthalten.  Die  Sauerstoffverbindung  ist  eine  starke  Base, 
«dche  beinahe  nur  durch  Kali  und  Natron  in  ihren  alkalischen  Eigen- 
idiaften  übertroffen  wird. 

Diese  Base  bildet  mit  den  Säuren  neutrale  und  saure  Salze,  welche 
bitter  schmecken,  alle  leicht  in  Wasser,  schwieriger  in  Alkohol  und 
beinahe  unlöslich  in  Aether  sind,  und  mit  den  entsprechenden  Kali' 


*)Literatar:  H.  Landolt,  Mitüieiliingeii  der  Ztlricher  Naturforscher -Gesell- 
M^aft  Kr.  6 1 ;  aocb  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXVIII,  S.  9 1 ;  im  Aosz. 
FWm.  Centralbl.  f.  1851,  S.  233.  Mittheilungen  der  Züricher  Katurforscher- 
äeidbchaft  Nr.  72,  78  n.  74;  aach  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.LXXXIV,  S.  44; 
PhvBL  Centralbl.  f.   1852,  S.  625. 


104  Antimonradicale,  organische. 

und  Ammoniuinoxydflalzen  isomorph  zu  sein  scheinen.  Nor  das  Platin- 
doppelsalz  des  Ghlorstibmethyliums  ist  in  diesen  drei  Lösungsmitteln 
schwer  löslich.  Das  Antimon  kann  in  den  Verbindungen  nicht  durch 
die  gewöhnlichen  Beagentien  entdeckt  werden.  Schwefelwasserstoffgas 
bewirkt  erst  nach  langer  Einwirkung  einen  geringen  Niederschlag  von 
Schwefelantimon,  ebenso  enthält  aus  Zink  und  verdünnter  Schwefel- 
säure, der  man  etwas  Stibmethyliumsalz  zugesetzt  hat,  entwickelter 
Wasserstoff  nur  sehr  geringe  Mengen  Antimonwasserstoffgas.  um  das 
Antimon  nachzuweisen,  muss  man  die  Verbindung  erst  vollständig  zer- 
stören. 

Man  kann  die  Stibmethyliumverbindungen  längere  Zeit  auf  100<^ 
bis  140^0.  erhitzen,  ohne  dass  dieselben  zersetzt  werden,  bei  180^  bis 
200^0.  fangen  die  trockenen  Salze  jedoch  an  zu  rauchen.  Geschieht 
das  Erhitzen  in  einer  am  einen  Ende  zugeschmolzenen  Glasröhre,  so 
entwickelt  sich  ein  weisser  Rauch,  welcher  sich  theil weise  in  der  Röhre 
verdichtet,  zum  grösseren  Theil  aber  an  der  Mündung  derselben  von 
selbst  entzündet. 

Auf  den  thierischen  Organismus  zeigen  die  Stibmethyliumverbin- 
dungen,  selbst  in  grösseren  Gaben,  innerlich  genommen,  oder  in 
die  Adern  gespritzt,  keine  auffälligen  Erscheinungen.  So  bewirkten 
5,4  Grm.  einer  2,]procentigen  Lösung  (beinahe  2  Gran),  welche  in  die 
Drosselblutader  eines  E[aninchens  eingespritzt  wurden,  keine  auffallen- 
den Symptome,  und  Landolt  selbst  nahm  2  Gran  Chlorstibmethyliu9i 
in  2  Drachmen  Wasser  gelöst,  ohne  die  geringste  Wirkung  zu  empfin- 
den. Selbst  8  Gran  Jodstibmethylium,  welche  einem  Hunde  innerlich 
gegeben  wurden,  brachten  kein  Erbrechen  hervor. 

Stibmethyliumbromür  (Bromstibmethylium):  CgHi^ShBr 
=  (G2l{8)4Sb.Br,  erhält  man  am  leichtesten  durch  Zersetzung  von 
Stibmethyliumjodür  mit  einer  heissen  Lösung  von  ßromquecksilber, 
worauf  beim  Erkalten  der  vom  abgeschiedenen  Jodquecksilber  filtrirten 
und  eingedampften  Lösung  das  Salz  in  schönen,  nicht  genau  bestinani- 
baren  Krystallen  anschiesst.  Dieselben  besitzen  einen  salzigbitteren  Ge- 
schmack, sind  in  Wasser  und  Alkohol  leicht,  nicht  in  Aether  löslich, 
und  geben  beim  Erhitzen  weisse,  an  der  Luft  sich  entzündende  Dämpfe, 
ohne  dass  man  eine  Ausscheidung  von  Brom  bemerkt.  Beim  Ueber- 
giessen  mit  Schwefelsäurehydrat  bilden  sich  Dämpfe  von  Bromwasser- 
stoffsäure; Salpetersäure  macht  Brom  frei. 

Stibmethyliumchlorür  (Ghlorstibmethylium):  CsHifSbGl 
z=  (C3  H8)4  Sb .  Gl.  Weisse,  hexagonale  Tafeln,  die  man  am  besten  durch 
Zusatz  einer  heissen  Quecksilberchloridlösung  zu  einer  wässerigen  Stib- 
methyliumjodür lösung,  so  lange  noch  ein  Niederschlag  von  Jodqueck- 
silber entsteht,  Filtriren  und  Eindampfen  zur  Krystallisation  im  Waaser- 
bade  erhält.  Dieselben  besitzen  einen  bittersalzigen  Geschmack,  sind 
sehr  leicht  löslich  in  Wasser  und  in  Alkohol,  fast  unlöslich  in  Aether. 
Beim  Erhitzen  im  Glasrohr  blähen  sich  die  Erystalle  auf  und  verflüch- 
tigen sich  unter  Entwickelung  sich  an  der  Luft  entzündender  Dänapfe, 
Schwefelsäurehydrat  entwickelt  aus  dem  Salze  sogleich  Chlorwasser- 
stoffsänre.  Ein  Zusatz  von  Ghlorstibmethylium  zu  der  Lösung  eines 
Magnesiasalzes  verhindert  die  Fällung  des  letzteren  durch  Ammoniak 
nicht,  es  scheint  also  nicht  wie  der  Salmiak  Doppelverbindungen  mit 
denselben  zu  bilden. 

Stibmethyliumchlorür-Platinchlorid:    (CiH3)4Sb.€l  -|- 


Antimonradicale,  organische.  105 

PtGlf.  Orangegelbe«  krystalliniaches  Pulver,  welches  sich  anf  Zusatz 
ron  Platinchlorid  zu  der  Lösung  des  Chlorstibmethyliums  ausscheidet. 
In  heisaem  Wasser  ist  es  löslich,  ganz  unlöslich  in  Alkohol  und  Aether; 
in  Alkalien  ist  es  sehr  schwierig,  leichter  in  Salzsäure  löslich.  Seine 
Loslichkeit  in  Wässer  steht  mitten  zwischen  der  des  Kalium-  und  des 
Natriumplatinchlorids.  Beim  Erhitzen  färbt  sich  die  Verbindung  schwarz, 
entzündet  sich  später,  und  es  bleibt  eine  zu  Kugeln  zusammengeschmol- 
lene  Legimng  von  Platin  und  Antimon  zurück. 

Stibmethjliumcyanör  (Cyanstibroethylium).  Auf  Zusatz 
einer  Cjanquecksilberlösung  zu  einer  Lösung  von  Jodstibmethjlium 
eoteteht  anfangs  ein  gelblicher  Niederschlag,  welcher  sich  bald  wieder 
lost,  und  beim  Eindampfen  scheiden  sich  harte  glänzende  Krystalle  aus, 
welche  ohne  Zweifel  eine  Verbindung  von  Cyanstibmethylium  mit  Jod- 
<]Becksilber  sind. 

StibmethyliumjodÜr  (Jodstibmethylium):  CgMigSblss 
(C|H3)4Sb.l.  Stibtrimetbyl  vereinigt  sich  schon  bei  gewöhnlicher  Tero- 
perator  sehr  leicht  mit  Jodmethyl.  Sammelt  man  das  beim  Vermischen  von 
Aatimonkalinm  mit  Jodmethyl  sich  bildende  Stibtrimetbyl  und  das  über- 
lehnssig  zugesetzte  Jodmethyl  in  derselben  Vorlage  auf,  so  vereinigen 
sich  die  in  derselben  enthaltenen  beiden  Flüssigkeiten,  von  welchen  die 
ontere  Stibtrimethyl,  die  obere  Jodmethyl  ist,  nach  kurzer  Zeit  zu  einer 
«eissoi  krystallinischen,  oft  steinharten  Masse  von  Jodstibmethylium. 
Durch  Auflösen  in  warmem  Wasser  und  langsames  Verdampfen  im 
Wasserbade  erhält  man  das  Salz  in  ausgezeichnet  schönen  hexagonalen 
Tafeln,  welche  meist  treppenförmig  Über  einander  gelagert  sind  und 
etwas  Mutterlauge  einschliessen.  Das  Jodstibmethylium  löst  sich  in 
M  Thln.  Wasser  von  23^0.,  auch  leicht  in  Alkohol,  schwer  in  Aether. 
Es  schmeckt  salzig,  hintennach  bitter.  Beim  Erhitzen  in  einer  un- 
ten zugeschmolzenen  Glasröhre  zerfällt  es  erst  zu  Pulver  und  zer- 
setzt sich  bei  200<>  C.  nach  und  nach ,  indem  sich  dicke ,  dem  Stibtri- 
methyl  ähnlich  riechende  Dämpfe  entwickeln,  welche  sich  an  der  Luft 
entzünden. 

Salzsäure  bildet  mit  dem  Jodstibmethylium  JodwasserstofFsäure 
and  Chloratibroethylium ;  Chlor,  Brom  und  Salpetersäure  scheiden  Jod 
ih,  ebenso  concentrirte  Schwefelsäure,  welche  zugleich  Jodwasserstoff- 
äuFe  und  schweflige  Säure  entwickelt.  Die  wässerige  Lösung  des  Jod- 
lännethyliams  wird  beim  Abdampfen  allmälig  zersetzt,  indem  sich  eine 
kkine  Menge  eines  gelben,  in  Wasser  schwer  oder  unlöslichen  Kör- 
[Nfs,  wahrscheinlich  Jodstibtrimethyl,  (C«  lis)^  Sb .  I3,  ausscheidet  Auch 
4«  feste  Jodstibmethylium  wird  im  Sonnenlicht  zuweilen  unter  Bil- 
^sng  desselben  Körpers  zersetzt 

Die  wässerige  Lösung  des  Jodstibmethyliums  löst  namentlich  in 
der  Wanne  eine  nicht  unbeträchtliche  Menge  gelbes  Quecksilberjodid 
aal  Die  rothe  Modification  des  letzteren  verwandelt  sich  beim  Kochen 
Bit  der  Losung  dieses  Salzes  erst  in  die  gelbe  Modification,  ehe  es  ge- 
Ittt  wird.  Die  wässerige  Lösung  des  Jodstibmethyliums  wird  durch 
te  elektrischen  Strom  auf  die  Weise  zersetzt,  dass  sich  am  positiven 
Pol  .Jod  und  etwas  Sauerstoffgas  ausscheidet,  während  sich  am  negati- 
Tm  Pol  ein ,  etwa  das  zehnfache  vom  ausgeschiedenen  Sauerstoff  be- 
tiagendes,  antimonhaltiges  Gas  entwickelt  Es  riecht  wie  Stibtrimethyl 
vid  verbrennt  angezündet  mit  weissem  Bauch.  Eine  alkoholische  Jod- 
^ftong  wird  von  dem  Gas  unter  Volumverminderung  des  Gases  ent- 


106  Antimonradicale,  organische. 

färbt,  so  dass  Landolt  glaubt,  das  Gas  könne  vielleicht  Stibinethyliaiii 
sein  (s.  Stibmethylium  S.  103). 

Mit  Jodstibmethylium  und  Kleister  bestrichenes  Papier  scheint 
noch  empfindlicher,  als  mit  Jodkalium  bereitetes,  gegen  Ozon  zu  sein. 
Natriumamalgam  zersetzt  die  JodstibmethyliumlÖsung,  indem  unter  fort- 
währenden kleinen,  von  Feuererscheinung  begleiteten  Explosionen  me- 
tallisches Antimon  abgeschieden  wird. 

Stibmethyliumoxyd.  Wahrscheinliche  Formel :  (Cj  113)4 O . 
HO.  Weisse  krystallinische  Masse,  welche  man  durch  Zersetzen  der  Lo- 
sung von  Jodstibmethylium  mit  Silberoxyd,  Filtriren  und  Verdampfen  im 
Vacuum  über  concentrirter  Schwefelsäure  erhält.  Das  Oxyd  ist  ätzend 
und  schlüpfrig  anzufühlen  wie  Kali,  an  der  Luft  leicht  zerüiesslich,  wo- 
bei es  Kohlensäure  anzieht,  leicht  in  Wasser  und  Alkohol,  nicht  in 
Aether  löslich.  Die  Lösung  riecht  und  schmeckt  laugenhaft  und  bläut 
rothes  Lackmuspapier  sogleich.  Mit  Wasserdämpfen  scheint  das  Oxyd 
etwas  flüchtig  zu  sein,  doch  bemerkt  man  nach  mehrmaligem  Verdon" 
sten  der  Lösung  im  Vacuum  keinen  Gewichtsverlust.  Bei  vorsichtigem 
Erhitzen  in  einer  unten  zugeschmolzenen  Röhre  kann  es  theilweise  ohne 
Zersetzung  sublimirt  werden,  bei  raschem  Erhitzen  bilden  sich  an  der 
Luft  entzündliche  Dämpfe. 

Die  Lösung  des  Stibmethyliumoxyds  verhält  sich  beinahe  ganz  wie 
die  des  Kalis;  es  scheidet  schon  in  der  Kälte  das  Ammoniak  aus  sei- 
nen Salzen,  löst,  im  Ueberschuss  zugesetzt,  die  aus  Ghromoxydsalzen 
gefällte  Base  wieder  auf,  die  beim  Kochen  wieder  niedergeschlagen 
wird,  und  bringt  in  Thonerdelösungen  einen  weissen  flockigen  Nieder- 
schlag hervor,  fällt  Bleioxyd  sogleich  aus  seinen  Lösungen  und  giebt 
mit  Zinnoxydulsalzen  einen  voluminösen,  beim  Erhitzen  braun  werden- 
den Niederschlag.  In  Kobaltoxydullösungen  entsteht  ein  blauer,  sich 
später  grün  färbender,  und  beim  Kochen  nicht  verändernder  Nieder- 
schlag. .Gegen  die  Lösungen  der  anderen  Metallsalze  verhält  sich  die 
Stibmethyliumoxydlösung  wie  die  des  Kalis. 

Schwefel  löst  sich  beim  Kochen  in  einer  concentrirten  Stibmethy- 
liumoxydlösung zu  einer  gelben  Flüssigkeit  auf,  welche  auf  Zusatz  von 
Säuren  unter  Abscheidung  von  Schwefelmilch  Schwefelwasserstoff  ent- 
wickelt. 

Jod  wird  unter  Entfärbung  von  der  Lösung  des  Oxyds  aufgenom- 
men, welche  beim  Abdampfen  Krystalle  von  Jodstibmethylium  giebt, 
während  sich  zu  gleicher  Zeit  eine  kleine  Menge  eines  schweren, 
schwarzen,  undurchsichtigen,  schwer  flüssigen  Körpers  ausscheidet,  wel- 
cher, nach  Landolt,  möglicherweise  jodsaures  Stibmethyliumoxyd  ist. 
Derselbe  sieht  wie  geschmolzenes  Jod  aus,  ist  unlöslich  !n  Wasser  und 
giebt  beim  Erhitzen  anfangs  Joddämpfe,  worauf  er  sich  unter  Zurück- 
lassung von  Jodantimon  entzündet. 

Essigsaures  Stibmethyliumoxyd.  Zersetzt  man  Jodstib- 
methylium mit  essigsaurem  Silberoxyd,  so  erhält  man  die  Lösung  die- 
ses Salzes,  welche  sich  beim  Eindampfen  zu  zersetzen  anfängt  und  eine 
dunkle,  syrupartige,  nicht  vollständig  krystallisirbare ,  nach  Stibtri- 
methyl  riechende  Masse  hinterlässt. 

Kohlensaures  Stibmethyliumoxyd.  a)  Neutrales.  Un- 
deutlich krystallisirte,  gelbliche,  sehr  unbeständige  Masse,  die  man  darch 
Zersetzung  von  Jodstibmethylium  mit  kohlensaurem  Silberoxyd,  Filtri- 
ren und  Verdampfen  im  Wasserbade  erhält   Das  Salz  reagirt  alkalisch. 


Antimonradieale,  organische.  107 

■chmeekt  bitter  and  langenartig  und  ist  leicht  in  Wasser  und  Alkohol, 
sehr  schwer  in  Aether  löslich.  Es  zersetzt  sich  leicht  und  riecht  bald 
nsch  Slibtrimethyl. 

b)  Zweifach -sanres.  Kleine  sternförmig  gmppirte,  zerfliess* 
liehe,  alkalisch  reagirende  Nadeln,  welche  leicht  in  Wasser  and  Alko- 
hoL,  nicht  in  Aether  löslich  sind  und  bitter  schmecken,  und  durch  Ab- 
dampfen der  mit  Kohlensäure  gesättigten  Lösung  des  neutralen  Salzes 
oder  der  freien  Base  erhalten  werden.  Die  Lösung  entwickelt  beim 
Erhitzen  Kohlensäure  und  fällt  Magnesiasalze  nicht.  Das  Salz  zer- 
setzt flieh  beim  Aufbewahren  bald. 

Ozalsaures  Stibmethjliumoxyd.  Deutliche,  viel  KrjstalU 
Wasser  enthaltende,  an  der  Luft  allmälig  zerfliessende  Krystalle,  die 
leicht  in  Wasser,  schwieriger  in  Alkohol  löslich  sind  und  leicht  durch 
Emdampfen  der  mit  Oxalsäure  gesättigten  Lösung  des  Stibmethylium- 

ozTds  erhalten  werden. 

rf  

Salpetersaures  Stibmethyliumoxyd.  Wasserfreie,  dem  Sal- 
peter ähnliche  Krystalle,  welche  man  durch  Zersetzung  des  Jodstib- 
methylinms  mit  salpetersaurem  Silberoxyd,  Filtriren  und  Eindampfen 
erhalt.  Dieselben  sind  in  Wasser  sehr  leicht,  schwer  in  Alkohol  und 
Aether  löslich,  und  besitzen  einen  bitteren  und  herben  Geschmack. 
Beim  Erhitzen  entwickeln  sie  anfangs  sich  von  selbst  entzündende  weisse 
Dämpfe». worauf  sie  bald  mit  grosser  weisser  Flamme  verpufTen.  Selbst 
beim    Kochen    mit  concentrirter   Schwefelsäure  wird  das   Salz    nicht 


Schwefelsaures  Stibmethyliumoxyd.  a)  Neutrales: 
Cg H„ SbO  .SO,  4-  5  aq.  =  (C2H3)4SbO  .  S O3  +  5  aq.  Farblose, 
wahrscheinlich  rhombische  Krystalle,  welche  man  durch.  Zersetzung  von 
Jodfltibroethylium  mit  einer  genau  getroffenen  Menge  der  heissen  Lösung 
Ton  schwefelsaurem  Silberoxyd,  Filtriren  und  Abdampfen  im  Wasserbade 
erhalt.  Die  Krystalle  sind  sehr  leicht  in  Wasser  und  Alkohol,  nicht  in 
Aether  löslich,  und  besitzen  einen  bitter  s<alzigen  Geschmack.  Das 
Salz  verwittert  nicht  an  der  Luft ,  verliert  aber  im '  Exsiccator  einen 
Theil  seines  Wassers,  wobei  es  zu  einem  weissen  Pulver  zerfällt;  bei 
100^  C.  wird  es  wasserfrei,  scheint  aber  bei  längerem  Erhitzen  auf  diese 
Temperator  allmälig  zersetzt  zu  werden.  Etwas  schneller  geschieht 
dies  bei  1200bis  130<>C.,  dabei  tritt  Geruch  nach  Stibtrimethyl  auf,  das 
Sftiz  schmilzt  alsdann  bei  1Ö0<>C.,  und  bei  IdO^C.  wird  es  unter  Feuer- 
tfscheinimg  völlig  zersetzt.  Beim  Znsammenkommen  von  Wasser  mit 
dem  wasserfreien  Salz  wird  viel  Wärme  frei.  Der  Versuch  mit  schwe- 
felsaurer Thonerde,  ein  dem  Alaun  entsprechendes  Doppelsalz  darzu- 
stellen, gab  ein  negatives  Resultat 

b)  Zweifach-saures:  (C2H8)4  8bO.S08 -f  SOgHO.  Beim  Ver- 
dampfen  einer  Lösung  des  vorhergehenden  Salzes  in  der  äquivalenten 
Menge  Schwefelsäure  erhält  man  harte  durchsichtige  Krystalle  des  sau- 
ren Salzes,  welche  zum  Theil  vierseitige  Tafeln  mit  schief  abgestumpf- 
ten Enden  darstellen.  Sie  sind  sehr  leicht  in  Wasser,  schwerer  in  Al- 
kohol löslich  und  beinahe  unlöslich  in  Aether,  und  besitzen  einen  sau- 
ren, hintennach  bitteren  Geschmack.  Durch  mehrmaliges  Auflösen  in 
venig  Wasser,  Versetzen  mit  Alkohol  und  Fällen  mit  Aether  erhält 
man  das  neutrale  Salz.  Das  Hydratwasser  des  sauren  Salzes  lässt  sich 
bei  120^0.  nicht  austreiben,  bei  stärkerem  Erhitzen  zersetzt  sich  die 
Verbindung  auf  dieselbe  Weise  wie  das  neutrale  Salz. 


108  Antimonsäure. 

Saures  weinsauret  Stibmethylinmoxyd  iat  in  Wasser  viel 
leichter  löslich  wie  das  saure  weinsaure  Kali. 

Stibmethyliumsulfür,  Einfach  -  Schwefelstibmethylium. 
Sättigt  man  einen  Theil  wässerige  oder  alkoholische  Stibmethylium- 
oxydlösnng  vollständig  mit  Schwefelwasserstoffgas,  setzt  dann  eine 
gleiche  Menge  der  Oxydlösung  zu  und  verdampft  bei  abgehaltener  Luft, 
am  besten  in  einer  Retorte,  so  bleibt  ein  grünes  amorphes  Pulver,  Stib- 
methyliumsulfür  zurück,  welches  einen  starken,  mercaptanähnlichen 
Geruch  besitzt,  leicht  in  Wasser  und  Alkohol,  nicht  in  Aether  löslich 
ist.  Bei  dem  Eindampfen  der  Lösungen  verflüchtigt  sich  ein  nicht  an- 
beträchtlicher Theil  unzersetzt.  Die  farblosen  Lösungen  geben  mit  sal* 
petersaurem  Silberoxyd  einen  schwarzen  Niederschlag.  An  der  Luft 
oxydirt  sich  das  Schwefelstibmethylium  sehr  schnell,  indem  es  sich  in 
ein  gelbes,  allmälig  weiss  werdendes  Pulver  verwandelt,  welches  in 
Alkohol,  aber  nicht  völlig  in  Wasser  löslich  ist;  die  Lösung  giebt  mit 
salpetersaurem  Silberoxyd  einen  anfangs  braunen,  bald  schwarz  werdenden 
Niederschlag,  welcher  sich  beim  üebergiessen  mit  Aether  in  eine  weiche 
schmierige  Masse  verwandelt,  ohne  sich  zu  lösen.  Beim  Erhitzen  des 
durch  Oxydation  des  Schwefelstibmethyliums  an  der  Luft  gebildeten 
weissen  Pulvers  auf  Platinblech  färbt  es  sich  anfangs  schön  dunkel- 
grün, die  Farbe  verschwindet  aber  bei  dem  Erkalten.  Bei  stärkerem 
Erhitzen  wird  es  wieder  weiss  und  entzündet  sich  dann.  Das  Schwefel- 
stibmethylium schmilzt  beim  Erhitzen  in  einem  Röhrchen,  zersetzt  sich 
aber  alsdann  unter  Entwickelung  sich  entzündender  Dämpfe,  während 
ein  gelbrother  Beschlag  von  Schwefelantimon  zurückbleibt. 

Es  giebt  wahrscheinlich  auch  Verbindungen  des  Stibmethyliums 
mit  mehreren  Aequivalenten  Schwefel,  denn  setzt  man  zu  einer  mit 
Schwefel  gekochten  Lösung  des  Stibmethyliumoxyds  eine  Säure,  so 
scheidet  sich  Schwefelmilch  ab.  A,  S. 

Antimonsäure,  Aeidwn  aUbieum^  Acide  animonique,  SbO^. 
Beine  Antimonsäure  bildet  sich  nie  durch  Erhitzen  von  Antimon  im 
Sauerstoffgas ,  sie  entsteht  bei  der  Oxydation  des  Metalls  durch  Salpeter- 
säure oder  Salpetersäure  Salze,  und^'durch  Zerlegung  von  Antimonperchlo- 
rid mit  Wasser.  Nach  Fr  em  y  i)  existiren  zwei  verschiedene  Modificaiio- 
nen  der  Antimonsäure,  eine  einbasische  und  eine  zweibasische,  deren  er- 
stere  er  Antimonsäure,  die  andere  Metaantimonsäure  nannte.  Die 
einbasische  Antimonsäure  wird,  nach  Berzelius,  am  leichtesten  erhal- 
ten, wenn  1  Thl.  Antimon  mit  4  bis  5  Thln.  salpetersaurem  Kali,  beide 
feingepulvert,  gemischt,  nach  und  nach  in  einen  glühenden  Tiegel  ge- 
tragen, die  geglühte  weisse  Masse  mit  Wasser  gewaschen  und  zuletst, 
um  alles  E[ali  daraus  zu  entfernen,  mit  Salpetersäure  digerirt  und  nach 
dem  Trocknen  (nicht  zu  stark)  geglüht  wird.  Berzelius  giebt  noch 
folgende  Wege  zur  Darstellung  dieses  Körpers  an.  1)  Kochen  von  ge- 
pulvertem Antimon  mit  Salpetersäure  und  Erhitzen  des  Rückstandes 
bis  nicht  ganz  zum  Glühen.  2)  Mischen  von  Antimonpulver  mit  Qoeck- 
silberoxyd  und  Erhitzen,  bis  das  zuerst  unter  Entzündung  entstandene 
grüne  antimonsaure  Quecksilberoxyd  zersetzt  und  nur  gelbe  Antimon- 
säure zurückgeblieben  ist. 


0  Annal.  de  cfaim.  et  pbys.  [8.]  T.  XXm,  p.  404;  auch  Journ.  f.  prakt.  Chem. 
Bd.  VL,  S.  209. 


Antimonsaure  Salze.  109 

Die  wasserfreie  Antimonsaure  besitzt  eine  hell  citrongelbe  Farbe. 
Sie  ist  unlöslich  in  Wasser  und  Sftoren ,  ohne  Wirkung  auf  Lackmus* 
papier  (nach  H.  Rose  r5thet  sie  feuchtes  Lackmuspapier),  in  der  Glüh- 
kitie  giebt  sie  Sauerstoff  ab,  antimonsaures  Antimonoxjd  (antimonige 
Sinre)  zorficklassend.  Ihr  specif.  Gewicht  ist,  nach  Bou  11  ay,  6,5.  Durch 
Kochen  mit  concentrirter  Kalilauge  oder  beim  Zusammenschmelzen  mit 
koUensamrem  Kali  wird  sie  unter  Austreiben  der  Kohlensäure  gelöst, 
nf  ZaaaiU  von  Säuren  fällt  sie  als  Antimonsäurehydrat  nieder. 

Das  Antimonsäurehydrat,  ftO.SbOs,  lufttrocken  SbOs.öHO 
nach  Fremy,  früher  als  MaUria  perlaia  bezeichnet,  ist  ein  zartes  weis« 
les  PnlTer,  im  Wasser  ein  wenig  löslich,  röthet  Lackmus,  und  wird 
•ekon  in  der  Kälte  von  concentrirter  Salzsäure,  sowie  von  Kalilauge 
gelöst.  £in  Zusatz  von  wenig  Wasser  zu  der  Auflösung  in  Salzsäure 
bewirkt  nach  einiger  Zeit  wieder  eine  Fällung  von  Antimonsänrehydrat; 
■it  ^iei  Wasser  auf  einmal  verdünnt,  bleibt  die  Lösung  klar  (C.  Gme- 
liiiX  Kaustisches  Ammoniak  löst  davon  in  der  Kälte  nichts  auf.  -* 
Durdi  Ilrhitsen  mit  einem  grossen  Ueberschuss  von  Kalihydrat  geht 
die  Antimonsaure  in  Metaantimonsäure  ober. 

Metaantimonsäure  nennt  Fremy  die  Säure,  deren  Hydrat, 
SbO( .  4HO,  nach  ihm,  durch  Zersetzung  von  Antimonperchlorid  mit 
Wasser  erhalten  wird.  Dieselbe  entsteht,  nach  ihm,  ebenfalls  in  Verbin- 
dimg  mit  Kali,  wenn  man  Antimonsaure  oder  antimonsaures  Kali  mit 
enwm  Ueberschuss  von  Kali  erhitzt  (s.  bei  Antimonsaure  Salze: 
ABtimonsaares  und  metaantimonsaures  Kali).  Sie  unterscheid 
Ist  sieh,  nach  Fremy,  von  der  Antimonsäure  dadurch,  dass  sie  zwei 
Atome  Basis  sättigt,  von  Säuren  leichter,  und  von  Ammoniak  nach  län- 
gerer  Zeit  selbst  in  der  Kälte  vollständig  gelöst  wird.  Auch  in  vielem 
bllen  Wasser  löst  sie  sich  vollkommen  auf,  und  wird  daraus  durch 
SMmK  wieder  gefällt  Sie  ist  wenig  beständig  und  geht  leicht,  s^bst 
is  Wasser  in  Antimonsäure  über.  (F.)  By. 

Antimonsaure  Salze.   Nach Berzelius  giebt es  Salze die- 

Kr  Säore  mit  1  At.  Basis  auf  1  At.  Säure,  und  solche  mit  1  At.  Basis  auf 

2  AL  Säure.    Fremy's  ^)  Metaantimonsäure   bildet  neutrale  und 

aore  Salze.    Die  neutralen  wasserfreien  Salze  der  Antimonsäure  sind 

sadi  der  allgemeinen  Formel  MO.SbO«,  die  der  neutralen  Metaanti- 

BKMisäore  der  Formel  2  MO .  SbOs,  di^  sauren  metaantimonsauren  Salze 

MOi 

dq{  SbOs  entsprechend,  zusammengesetzt.    Heffter')  hat  eine  Reihe 

?oa  antimonsauren  Salzen  analysirt,  in  welchen  er  (Antimon  Sb  zu  129 
aBgenommen)  auf  1  Aeq.  Säure  etwas  mehr  als  1  Aeq.  Base  berechnet, 
z.fi.  auf  12  SbOft  13  Aeq.  BaO.  Diese  an  und  für  sich  unwahrschein- 
Schen  Formeln  verschwinden,  wenn  Sb  =  120,3  berechnet  wird,  die 
Salze  sind  dann  im  wasserfreien  Zustande  BO.SbOg,  wenigstens  kom- 
mea  die  gefundenen  Zahlen  dieser  Formel  so  nahe,  dass  man  keine 
ladere  annehmen  kann.  Uebrigens  ist  die  Zusammensetzung  der  anti* 
Bonsauren  Salze,  besonders  in  Bezug  auf  ihren  Wassergehalt,  noch  im- 
acr  unvollständig  bekannt. 


*)  AnnsL  de  chim.  et  phys.  [8.]  T.  Xu,  p.  316  u.  867  und  [8.]  T.  XXII, 
^404.  —  •)  Pogg.  Annal.  Bd.  LXXXVI,  S.  418.  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd. 
IXXXIV,  8.  241.  Joom.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LYII,  S.  89.  Pharmac.  Centralbl« 
läÜ.  8.  W7. 


110  Antimonsaure  Salze. 

Geglühte  Antimonsäure  verbindet  sich  mit  den  reinen  Alkaliex 
beim  Kochen  auf  nassem  Wege,  und  zerlegt  die  kohlensauren  Alkaliei 
beim  Glühen.  Die  antimonsauren  Salze  bilden  sich  am  leichtestei 
durch  Glühen  von  Antimon  mit  salpetersauren  Salzen. 

Die  antimonsauren  Salze  sind  im  Ganzen  schwerlöslich,  nur  wenig« 
Verbindungen  dieser  Säure  mit  Alkalien  sind  ziemlich  leicht  löslich 
Die  unlöslichen  Salze  lassen  sich  aus  dem  löslichen  Kali-  und  Ammo 
niaksalz  durch  doppelte  Zersetzung  darstellen.  Die  Salze  werdet 
durch  stärkere  Säuren  leicht  zersetzt  unter  Abscheidung  von  Antimon 
Säurehydrat.  Schwächere  Säuren,  Kohlensäure  z.B.,  schlagen  aus  den 
neutralen  Kalisalz  das  saure  Salz  nieder.  Starke  Salzsäure  löst  di< 
antimonsauren  Salze  unter  Zersetzung  meist  auf.  Die  schwermetalli 
sehen  Salze  der  Antimonsäure  werden  durch  Schwefelammonium  zer< 
legt,  die  Antimonsäure  wird  in  Antimonperdulfid  verwandelt,  und  al 
solches  durch  überschüssiges  Schwefelammonium  gelöst.  Mehren 
schwermetallische  Salze,  z.  B.  das  Zink-  Kobalt-Kupfersalz,  zeigen,  nad 
Berzelius,  nachdem  sich  alles  Wasser  entwickelt  hat,  in  der  Glühhit» 
ein  Erglimmen ,  wodurch  sie  blasser  und  in  Säuren  schwieriger  lösba] 
werden.  Die  antimonsauren  Salze  werden  durch  Glühen  mit  Salmial 
unter  Verflüchtigung  von  Antimonchlorid  zersetzt. 

Antimonsaures  Ammoniumoxyd:  NH40.Sb05  -f-  4H0 
Sowohl  Antimonsäurehydrat  wie  Metaantimonsäurehydrat  lösen  sich  ii 
der  Hitze  in  Ammoniak  auf,  in  beiden  Fällen  scheidet  sich  antimon 
saures  Ammoniak  von  obiger  Zusammensetzung  als  ein  weisser  pulver 
förmiger  Körper  aus.  Dass  der  flockige  Niederschlag,  welcher  ent 
steht,  wenn  man  die  wässerige  Lösung  von  antimonsaurem  Kali  wi 
Salmiak  Vermischt,  die  nämliche  Zusammensetzung  habe,  ist  unwahr 
scheinlich,  weil  die  darüber  stehende  Flüssigkeit  eine  alkalische  Beae 
tion  erhält;  nach  Berzelius  ist  dieser  Niederschlag  zweifach -anti 
monsaures  Ammoniumoxyd ;  dieselbe  Verbindung  setzt  sich  beim  Ver 
dunsten  jener  Lösung  als  weisses  Pulver  ab. 

Metaantimonsanres  Ammoniumoxy.d.  Das  Metaantimon 
Säurehydrat  löst  sich  langsam  schon  in  der  Kälte  in  Ammoniak  zi 
einem  schwierig  isolirbaren  Salz,  welches  gleich  dem  entsprechende] 
Kalisalz  wahrscheinlich  2  Aeq.  Ammoniumoxyd  auf  1  Aeq.  Metaanti 
monsäure  enthält.  Wenn  man  die  wässerige  Lösung  mit  ein  Pa« 
Tropfen  Alkohol  versetzt,  so  scheidet  sich 

saures  metaantimonsanres  Ammoniumoxyd,  NH40.SbQ 
-f-GHO  oder  NH4O.HO.SbO5  -f"  5 HO,  dem  sauren  metaantimon 
sauren  Kali  entsprechend,  und  nur  1  Aeq.  Wasser  weniger  enthaltend 
als  ein  krystallinisches  Salz  aus.  Seine  wässerige  Lösung  präcipl 
tirt  ebenfalls  die  Natronsalze.  Es  ist  sehr  wenig  beständig;  ein) 
massige  Temperaturerhöhung  genügt,  um  es  unter  Wasser verlu st  in  aQ 
lösliches  antimonsaures  Ammoniak  zu  verwandeln.  Wird  jenes  krystal 
linische  Salz  mit  Wasser  gekocht,  so  sieht  man  es  die  krystalliniscb 
Textur  verlieren  und  in  ein  weisses  Pulver  übergehen,  ohne  dass  ein 
Spur  von  Ammoniak  dabei  frei  wird.  Selbst  bei  gewöhnlicher  Tempd 
ratur  und  in  verschlossenen  Gef  ässen  findet  nach  einiger  Zeit  von  selbl 
die  Umwandlung  des  trockenen  Salzes  in  antimonsaures  Ammonial 
statt  (Fremy). 

Antimonsaures  Antimonoxyd,  SbOs)  SbOs,  wird  häuQj 
die  antimonige  Säure  (s.  d.  Art.)  bezeichnet. 


Antimonsaure  Salze.  111 

Antimonisanrer  Baryt,  BaO.SbO»,  fällt  auf  Zusatz  von  Chlor- 
iwriimilösiing  zu  antimonsaurem  Kali  als  flockiger  Niederschlag  zu  Bo- 
den; er  wird  in  der  Flüssigkeit  allmälig  körnig,  ist  in  Überschüssigem 
Chlorbarinm  nicht  unlöslich;  der  beim  Eintröpfeln  von  etwas  antimon- 
anrer  Kalüösnng  in  Chlorbarium  entstehende  Niederschlag  löst  sich 
nach  einiger  Zeit  in  dem  überschüssigen  Haloidsalz  wieder  auf.  Beim 
Yerdonsten  scheiden  sich  Körner  von  antimonsaurem  Baryt  ab.  Koh- 
l^isanre  zersetzt  die  Lösung  nicht 

Wenn  man  antimonige  Säure  mit  kohlensaurem  Kali  schmilzt,  die 
ge|mlverte  Masse  mit  kaltem  Wasser  auswäscht,  den  Rückstand  in  sie- 
dendem Wasser  löst  und  in  eine  siedende  Lösung  von  Chlorbarium  fil- 
trirt,  so  fallen,  ausser  flockigem  antimonsauren  Baryt,  silberglänzende 
Kzystallnadeln  von  Antimonoxyd- Baryt  nieder;  verdünnte.  Säuren  zie« 
hen  daraus  ^e  Baryterde  aus. 

Heffter  stellt  das  Barytsalz  durch  Mischen  einer  siedend  heissen 
wiftseri^en  Lösung  von  krystallisirtem  antimonsauren  Natron  mit  Chlor- 
baiiiunlösung  dar.  Der  gebildete  antimonsaure  Baryt  wurde  als  ein 
weisser  flockiger  Niederschlag  erhalten,  aus  dem  eine  Spur  von  anü- 
Bonsanrem  Natron  durch  Auswaschen  nicht  entfembar  war  und  bei  der 
Analyse  in  Abzug  gebracht  werden  musste.  Lufttrocken  zeigte  das  Salz 
die  Zusammensetzung  BaO,  SbO^  -f-  6  MO  oder  (5  HO)  0*  ^s  schei- 
den sich,  wenn  die  Flüssigkeit  längere  Zeit  bei  einer  Temperatur  unter 
0*  C.  mit  dem  Niederschlag  in  Berührung  blieb,  an  den  Gefäss wän- 
den dünne  Nadeln  von  antimonsaurem  Baryt  aus.  Derselbe  ist  in 
aberachüssiger  Chlorbariumlösung  löslich. 

Antimonsaures  Bleioxyd,  FbO  .  SbOs,  wird  durch  Vermi- 
sdien  der  Auflösungen  von  salpetersaurem  Bleioxyd  und  antimonsau- 
mn  Kali  als  weisser,  käseähnlicher,  wasserhaltiger,,  in  Wasser  unlös- 
licher Niederschlag  erhalten.  Es  bildet  sich  auch  durch  Behandlung  von 
Antimon -Blei  mit  heisser  Salpetersäure.  Beim  Erhitzen  wird  es  unter 
Wasserverlnst  gelb.  Durch  Glühen  auf  der  Kohle  in  der  Löthrohr- 
ftunme  reducirt  es  sich  mit  schwacher  Verpuffung  zu  Antimon-Blei.  Sal- 
peter zersetzt  es  nur  sehr  unvollständig. 

Ein  basisches  antimonsaures  Bleioxyd  findet  unter  dem  Namen 
Keapel^elb  in  der  Oelmalerei  vielfache  Anwendung.  Man  soll  es 
Ton  dem  schönsten  Farbenton  erhalten,  wenn  man  2  Thle.  chemisch 
raines  salpetersaures  Bleioxyd  mit  1  Thl.  des  reinsten  Brechweinsteins 
«od  4  Thln.  öfters  umkrystallisirtes  Kochsalz  mengt  und  zwei  Stun- 
den lang  einer  eben  zum  Schmelzen  des  letzteren  hinreichenden  Glüh- 
hitze aoaaetzt.  Das  Kochsalz  wird  alsdann  nut  Wasser  ausgezogen 
md  das  Neapelgelb  als  feines  Pulver  erhalten,  wenn  die  Temperatur 
sieht  zu  hoch  gesteigert  worden  ist.  Durch  Zusammenschmelzen  einer 
gepulverten  Legirung  aus  gleichen  Theilen  Antimon  und  Blei  mit  dem 
dreifiu^en  Gewichte  Salpeter  und  dem  sechsfachen  Kochsalz  erhält 
man  dieselbe  Farbe,  jedoch  meistens  weniger  schön. 

Herr  mann')  hat  ein  schwefelgelbes,  natürliches,  basisch -anti- 
■ooBaurefl  Bleioxjd  von  Nertsohinsk  unter  dem  Namen  Antimonocker 


*)  Heffter  berechnete  nach. dem  alten  Atomgewicht   des   Antimons  ftir   dieses 
für  die  flbrigen   Salze    die  Formel  RO  .  UO  -\-  12. (RO  .  SbO^  -\-  xHO); 
encbetnt  nnndthtg,  diese  Formeln  noch  ansaführen. 
*)  Journ.  f.  prakt  Chem.  Bd.  XXXIY,  S.  179  n.  Bd.  XXXYUI,  S.  191. 


112  Antimonsaare  Salze. 

beschrieben,  deflsen  ZoBammenBetzuDg  der  Formel  SPbO  .  ^bOs  -|- 
4  HO  entspricht 

Antimonsaures  EisenoxyduL  Ein  weisses  Palver  durch 
doppelte  Affinität  wie  die  vorhergehenden  antimonsaoren  Salze  erhal- 
ten, das  beim  Trocknen  gelbgran,  und  unter  Wasserverlast  durch  Glü- 
hen roth  wird,  es  ist  in  Wasser  wenig  löslich. 

Antimonsaures  Eisenoxyd  ist  hellgelb  von  Farbe  (Berze- 
lins). 

'Antimonsaures  Kali:  KO.&bOj.  Das  wasserfreie  antimonsaure 
Kali  entsteht  durch  Eintragen  eines  Gemenges  von  1  Thl.  gepulvertem 
Antimon  und  4  Thln.  Salpeter  in  einen  rothglühenden  hessischen  Tiegel 
und  bildet  das  weisse  Pulver,  welches  nach  dem  Auskochen  der  ver- 
pufften Masse  mit  Wasser  unlöslich  zurückbleibt;  es  ward  früher  für 
saures  antimonsaures  Kali  gehalten. 

He  ff  t  er  0  ^&i^^  ^^  diesen  Körper  auch  die  Zusammensetzung 
KO.SbOs,  aber  er  zeigte  auch,  dass  derselbe  bei  längerem  Kochen 
unter  mehrmaligem  Ersatz  des  verdampfenden  Wassers  zersetzt  werde,  dass 
das  ungelöst  zurückbleibende  Salz  2  KO  .  3  Sb  O5  sei ,  und  die  davon 
abfiltrirte  Flüssigkeit  nach  dem  Abdampfen  ein  Salz  aasscheide,  dem  er 
die  Zusammensetzung  KO.SbOs  -j-  7 HO  zuschreibt.  Nach  Fremy 
wird  das,  wie  angegeben,  durch  Glühen  erhaltene  und  mit  kaltem  Wasser 
ausgewaschene  Salz  durch  Kochen  mit  Wasser  zum  Theil  löslich,  und  es 
geht  in  die  Lösung  ein  Salz  von  der  Zusammensetzung  KO.SbO^  -|~ 
5 HO,  das  beim  Abdampfen  der  mit  dem  antimonsauren  Kali  in  Berührung 
gewesenen  Flüssigkeit  sich  zuerst  als  „ gummöse ^^  Masse,  bei  fortge- 
setzter Verdampfung  als  weisse  Salzmasse  abscheidet.  Dieses  in  Wasser 
lösliche  Salz  hat,  nach  Fremy,  nicht  die  Eigenschaft,  in  Natronsalzen 
einen  Niederschlag  zu  erzeugen,  dagegen  wird  es  von  einer  Salmiak- 
lösung gefällt.  Das  „ gummöse ^^  Salz,  mehrere  Stunden  einer  Tem- 
peratur von  160<^  C.  ausgesetzt,  soll  2  Aeq.  Wasser  verlieren  und 
KO  .  SbOs  -f-  3  HO  werden,  welches  wie  das  wasserfreie  Salz  in 
kaltem  Wasser  unlöslich  sei,  in  kochendem  aber  sich  wieder  in  die 
lösliche  Verbindung  verwandle. 

A.  Rejnoso^)  versetzt  eine  Lösung  des  Antimonozyds  in  über- 
schüssigem Aetzkali  mit  übermangansaurem  Kali  bis  die  Flüssigkeit 
gefärbt  bleibt,  nimmt  den  Ueberschuss  mit  Antimonoxyd  in  Aetzkali 
gelöst  weg  und  dampft  ein,  bis  sich  beim  Erkalten  Krystalle  ab- 
scheiden. 

Saures  antimonsaures  Kali.      Hierher  gehört  das  oben  er- 
wähnte Salz  von  Heffter,  2KO.SSb05,  das  sich,  nach  ihm,   auch 
'bilden  soll,  wenn  zu  einer  Lösung  von  antimonsaurem  Kali  schwefel- 
saures Ejüi  zugesetzt  wird. 

Ein  saures  Salz,  K0.2Sb05  -|-  6  HO,  wird  nach  Berzelins 
erhalten,  wenn  man  einen  Strom  von  Kohlensäure  in  die  Lösung  neu- 
tralen  antimonsauren  Kalis  leitet,  so  lange  noch  ein  Niederschlag  erfolgt. 
Es  ist  ein  blendend  weisses  Pulver.  Nach  Heffter  hat  das  auf  diese 
Art  gewonnene  Salz  die  Zusammensetzung  2K0.8Sb05  -|~  10  HO. 
Demnach  wäre  es  nicht  doppelt  antimonsaures  Kali. 

Metaantimonsaures  Kali,  2KO.Sb05,  zerfliessliches  an- 
timonsaures Kali,  erhält  man  durch  längeres  Schmelzen  des  gum- 


^)  A.  a.  O.  —  ■)  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [S.J  T.  XXm,  p.  324. 


Antimonsaare  Salze.  113 

noMD  andmonsatiren  Kalis  im  Silbertiegel  mit  dem  dreifachen  Gewicht 
Äetxkali.  Die  Masse  ist  dann  im  Wasser  fast  ganz  löslich.  Beim 
hngsamen  Abdampfen  dieser  stark  alkalischen  Lösong  setzt  sich  jenes 
Salz  in  warzigen,  an  der  Lnft  zerfliesslichen  Erystallen  ab.  Dnrch 
Üngeres  Kochen  seiner  wässerigen  Lösung  wird  es  in  gummöses  anti» 
oMmsaurea  Kali  verwandelt.  Ueberhaupt  kann  das  Salz  in  Lösung  nur 
bei  einem  grossen  Ueberschuss  von  freiem  Kali  bestehen.  Mit  kaltem 
Wasser  in  Berührung,  geht  es  unter  Verlust  von  Kali  in  saures  me- 
taantimonsanres  Kali,  KO  .  SbOs  +7H0  oder  KO.HO.  SbO» 
-f-6KO  (auch  körniges  antimonsaures  Kali  genannt),  über.  Dasselbe 
kst  eine  kömige  krjstallinische  Beschaffenheit,  ist  im  Wasser  ziemlich 
schwer  loslich,  und  verwandelt  sich  damit  nach  längerer  Zeit  in 
^mmoses  antimonsanres  Kali.  Bis  zu  200^0.  erhitzt,  verliert 
es  nur  6  Aeq.  Wasser ,  das  siebente  geht  erst  bei  300<^  C.  weg.  Es 
sneagt  in  Salmiaklösunffen  keinen  Niederschlag,  dagegen  bewirkt  es 
iD  Natronsalzen  eine  kömige  krystallicische  Fällung,  wodurch  es  sich 
?QQ  dem  gummösen  antimonsauren  Kali  wesentlich  unterscheidet.  Durch 
hinlängliches  Waschen  mit  Wasser  von  allem  Ueberschuss  an  Alkali 
befreiet,  giebt  es  mit  Natronlösnngen ,  die*  nur  Ysoo  Natronsalz  ent» 
lialten,  alsbald  einen  Niederschlag,  und  ist  daher  als  Reagenz  auf 
Natronaalze  wichtig. 

Nach  Fremy  bereitet  man  sich  das  Salz  zu  diesem  Zwecke  am 
besten  aaf  folgende  Weise:  Durch  Glühen  von  1  Thl.  Antiroonmetall  und 
4  Thln.  Salpeter  in  einem  hessischen  Tiegel  und  Auslaugen  der  Salzmasse 
out  kaltem  Wasser  gewonnenes  ungelöstes  antimonsaures  Kali  wird  meh* 
lere  Standen  lang  mit  Wasser  gekocht,  welches  in  dem  Maasse,  als  es  ver* 
dampft,  wieder  ersetzt  werden  muss,  und  die  dadurch  erzeugte  Lösung 
von  gummösen  antimonsaurem  Kali  wird  unter  Zusatz  von  festem  Kalihj- 
dnt  soweit  eingedampft,  bis  eine  herausgenommene  Probe  krjstallinisch 
«starrt.  Das  Abdampfen  wird  dann  sogleich  unterbrochen,  worauf 
adi  wahrend  des  £rkaltens  metaantimonsaures  Kali  in  reichlicher  Menge 
absetzt,  welches  man  durch  Decantiren  von  der  alkalischen  Mutterlauge 
befreit  und  auf  Platten  von  unglasirtem  Porcellan  trocknen  lässt.  Das 
Sek  mnas  trocken  aufbewahrt  werden,  weil  die  wässerige  Lösung  sich  mit 
to  Zeit  in  antimonsaures  Kali  verwandelt.  Man  entfernt  den  Ueber- 
•ebnss  des  Alkalis  am  besten  jedesmal  erst  unmittelbar  vor  seiner  An- 
veodung  als  Reagens  auf  Natron. 

Antimon  saurer  Kalk:  CaO  .  SbO»,  wird  wie  das  Barjtsalz 
dirch  doppelte  Zersetzung  erhalten.  Es  ist  ein  krystallinischer  Nie- 
derschlag, der  sich  wie  kohlensaurer  Kalk  fest  an  d^e  Wände  der  6e* 
fisse  ansetzt. 

Die  von  Heffter  wie  fOr  Darstellung  des  Barytsalzes  befolgte 
Methode  lieferte  ein  amorphes  Salz,  weiss  von  Farbe,  lufttrocken  CaO. 
SbO»  +  5  HO. 

Antimonsaures  Kobaltoxydul:  CoO.SbOs.  Wenn  man  mit 
ailimonsanrem  Kali  eine  siedende  Lösung  von  Kobaltoxydnlsalzen  fällt, 
m  löst  sich  anfangs  der  Niederschlag  auf,  setzt  sich  aber  bald  in  Form 
«Des  röthlichen  Krystallmehles  wieder  ab.  Beim  Erwärmen  verliert 
«  B^n  Krystallwasser,  wird  dunkelviolett,  dann  schwarz.  Bis  zum  Glü- 
ba  erhitzt,  verglimmt  es  und  wird  beinahe  weiss. 

Durch  Mischen  einer  Lösung  von  schwefelsaurem  Kobaltozydul 
Bit  einer  heissen  Lösung  antimonsauren  Natrons  scheidet  sich,  nach 

HMdvtatcrbsdi  der  Cbemi«.  2t«  Aafl.  Bd.  11.  8 


114  Antimonsaure  Salze. 

H elfter,  sogleich  ein  flockiger  rosenrotker  Niederschlag  ab,  der  der 
Formel  CoO.SbOs  -f"  7 HO  entspricht.  Nach  Abscheidung  desselben 
und  mehrtägigem  Steheulassen  bilden  sich  in  der  Flüssigkeit  Krystaile, 
CoO.SbOs  -f^  12ilO,  dem  sechsgliedrigen  Systeme  angehörig,  ans 
flachen  regelmässig  sechsseitigen  Säulen  mit  geraden  Endflächen  beste* 
heud. 

Antimonsaures  Kupferoxyd:  CuO.SbOs,  ist  ein  grünliches 
Krysiallmehl ,  welches  beim  Erwärmen  19^2  Procent  Krystallwasser 
verliert  und  schwarz  wird.  Bis  zum  Glühen  erhitzt,  verglimmt  es  wie 
das  Kobaltoxydulsalz,  wird  weiss  und  ist  nun  wie  dieses  für  Säuren  und 
Alkalien  auf  nassem  Wege  unangreifbar.  Auf  der  Kohle  vor  dem  Löth- 
rohr  reducirt  es  sich  leicht  zu  Antimon -Kupfer. 

Antimon  sau  res  Lithion:  LiO.SbOs.  Da  auch  dies  Salz  in 
Wasser  schwer  löslich  ist,  so  lässt  es  sich  durch  Versetzen  einer  con- 
centrirten  Chlorlithiumlösung  mit  antimonsaurem  Kali  in  Flocken  fällen, 
die  bald  körnig  krystallinisch  werden.  In  heissem  Wasser  ist  der 
Niederschlag  leicht  löslich  und  schiesst  beim  Erkalten  in  Körnern  an. 
In  verdünnten  Lösungen  erhält  man  keinen  Niederschlag;  das  Salz  ist 
viel  leichter  löslich  als  das  Natronsalz. 

Antimonsaure  Magnesia.  Durch  Mischep  einer  siedend  ge« 
sättigten  Lösung  von  antimousaurem  Natron  mit  einer  Lösung  von 
schwefelsaurer  Magnesia  bildet  sich,  nach  Heffter,  nicht  sogleich  ein 
Niederschlag,  nach  dem  Erkalten  aber  scheidet  sieb  antiraonsaure  Mag- 
nesia in 'farblosen  glänzenden  harten,  dem  schwefelsauren  Kobaltoxydu] 
isomorphen  Kry stallen  ab,  die  nach  Abzug  einer  unauswaschbarei 
Spur  von  Natronsalz  aus  MgO  .  Sb06-|-12HO  bestehen  und  bei  lOO^C 
8,  bei  2000  10,  bei  300^  C.  11  Aeq.  Wasser  verlieren. 

Antimon  saures  Mangan  oxydul.  Ist  in  Wasser  schwer  lös< 
lieh,  etwas  löslicher  in  überschüssigem  Manganoxydulsalz,  weiss,  ai 
der  Luft  unveränderlich.  Es  wird  durch  Glühen  unangreifbar  füi 
Säuren,  ohne  dass  dabei  eine  Feuererscheinung  stattfindet. 

Antimonsaures  Natron.  Bildet  tafelförmige  Zusammenwach' 
sungen  aus  kleinen  Krystallen,  wenn  das  Waschwasser,  das  man  bein 
Auswaschen  des  mit  Salpeter  verpufiten  Antimons  erhält,  mit  einen 
Natronsalz  versetzt  wird.  Fremy  giebt  für  dies  Salz  die  Formel  NaO 
SbOö  -(-  7  HO.  Dieselbe  Zusammensetzung  kommt,  nach  Heffter 
den  Krystallen  zu,  die  aus  Goldschwefel  und  Aetznatroniauge  durcl 
Sieden  und  Filtriren  des  wässerigen  Auszugs  in  regelmässigen  Octae 
dern  erhalten  wurden.  Das  Salz  ist  in  kaltem  W^asser  fast  unlöslich 
von  siedendem  bedarf  es  der  350fachen  Menge.  Es  verliert  bei  200<>C 
4  Aeq.,  bei  SOO^C.  noch  2  Aeq.,  aber  erst  bei  Glühhitze  alles  Waaser 

Saures  metaantimonsaures  Natron:  NaO.HO.Sb05-(-6ftO 

Wird  saures  metaantimonsaures  Kali,  welches  ganz  frei  von  über* 
schüssigem  Kali  ist,  mit  irgend  einem  Natronsalz  versetzt,  so  entsteh 
bei  überschüssigem  Kalisalz  sogleich  ein  flockiger  Niederschlag,  dei 
bald  krystallinisch  wird,  wenn  die  Lösung  nicht  gar  zu  verdünnt  war 
selbst  wenn  die  Lösung  nur  Viooo  Natronsalz  enthält,  setzt  sich  dai 
metaantimonsaure  Natron  nach  etwa  12  Stunden  in  kleinen  Krystallei 
an  den  W^änden  des  Glases  ab.  Noch  vollständiger  und  schneller  ge 
schiebt  dieses  nach  Zusatz  von  etwas  Alkohol.  Salze  von  Lithion 
Ammoniak  und  Erden  dürfen  nicht  zugegen  sein,  wenn  auf  diese  Weis« 
Nation  entdeckt  oder  bestimmt  werden  soll,  da  sie  bei  hinreichend ej 


Antimonsafran.  115 

VardünnuDg  ähnliche  Niederschläge  bilden.  Enthält  die  Flüsaigkoit 
lireies  Natronhydrat,  bo  ist  das  antimonsanre  Salz  weit  löslicher  als  in 
Wasser.  Das  Salz  verliert  schon  bei  etwas  über  lOO^C.  6  Aeq.  Wasser, 
das  7te  Aeq.  erst  bei  gegen   300®  C.  7— 

Antimonsanres  Nickeloxydul.  Schwefelsaures  Nickeloxydul 
mit  einer  siedendheissen  Lösung  antimonsauren  Kalis  versetzt,  giebt  so- 
gleich eine  hellgrüne  flockige  Verbindung,  die  aus  NiÜ  .  SbOs  -(-  ^HO 
besteht.  Nach  einigen  Tagen  bilden  sich  in  der  Flüssigkeit  dunkler 
gfüne  Krystalle  von  antimonsaurem  Nickeloxydul,  gleich  zusammen- 
gesetzt wie  das  Magnesiasalz  und  isomorph  damit. 

Antimonsanres  Quecksilberoxyd:  HgO.SbOs*  Durch  dop- 
pelte Zersetzung  bereitet,  bildet  es  einen  orangegelben  Niederschlag. 
Wird  aber  1  Thl.  Antimon  pul  ver,  mit  6  bis  8  Thln.  Quecksilberoxyd 
erhitzt,  so  destillirt  metallisches  Quecksilber  über,  und  eine  für  Säuren 
&0I  gane  anangreifbare  Verbindung  von  Antimonsäure  mit  Queck- 
iSberoxyd  bleibt  mit  dunkel  olivengrüner  Farbe  zurück.  Sie  kann 
bis  zum  schwachen  Glühen,  ohne  Zersetzung  zu  erleiden,  geglüht  wer- 
den; bei  stärkerer  Hitze  entweicht  Sauerstoff,  Quecksilber  destillirt  ab 
und  Antimonsäure  bleibt  zurück.  Chlorwasserstoffsäure  löst  im  Kochen 
etwas  von  dem  Salz  auf  und  Ammoniak  fällt  aus  dieser  Lösung  ein 
hellgrünes  Pulver. 

Antimonsaurer  Strontian,  wurde  von  Hefft er  auf  ähnliche 
Weise  urie  der  antimonsaure  Kalk  als  amorpher  Niederschlag  von  der 
Zusammensetzung  SrO.SbOj  -[-  6H0  erhalten. 

Antimonsaure  Thonerde.  Giesst  man  Thonerdelösung  in 
fiberschüssiges  antimonsaures  Kali,  so  wird  alle  Thonerde,  an  Anti- 
monsäure  gebunden,  in  weissen  Flocken  abgeschieden,  diese  sind  aber 
etwas  löslich  in  überschüssigem  Thonerdesalz. 

Antimonsanres  Zinkoxyd:  ZnO.SbOs.  Es  ist  ein  unlöslicher 
bystaUiiiischer  Niederschlag,  in  überschüssigem  Zinkoxydsalz  etwas 
aidöslich.  Erhitzt  man  denselben,  so  verliert  er  etwas  Wasser  und 
wird  gelb,  jedoch  ohne  Feuererscheinung.  Er  schmilzt  nicht  auf  der 
Kohle  vor  dem  Löthrohr  und  wird  ohne  Zusatz  von  Alkali  nicht  re- 
daeirt.  Heffter  erhielt  nur  ein  amorphes  Salz,  dessen  Zusammen- 
Mznng  er  nicht  angiebU  (F.)  By, 

Antimon  Safran,  Metallsafran,  Crocua  antimonii^  Crocua 
uelaüorum.  Der  gewöhnliche  Spiessglanzsafran  ist  ein  Gemenge  von 
Sehwefelantimon -  Antimonoxyd  mit  etwas  Antimonoxyd-Kali,  er  bildet 
^kh  bei  Einwirkung  von  Alkalien  auf  überschüssiges  Schwefelantimon 
{B.  126  u.  128),  so  wie  beim  Behandeln  von  Antimonlebern  mit  Wasser. 
Er  wird  auch  erhalten  durch  Verpuffen  von  gleichen  Theilen  grauem 
Sehwefelantimon  mit  Salpeter,  Auslaugen  der  geschmolzenen  Masse  und 
Trocknen  des  Rückstandes  (Liebig);  oder  durch  Glöhen  von  1  Thl. 
pioem  Schwefelantimon  mit  1  Thl.  Salpeter  und  V2  ^^^  ^  '^^^*  kohlen- 
ttnrem  Kali  und  Auswaschen  mit  heissem  Wasser.  Auch  kann  man  ihn 
Erstellen  durch  Kochen  von  grauem  Schwefelantimon  mit  Kalilauge; 
ier  gelbe  pulverige  Röckstand  löst  sich  nach  längerem  Erwärmen  in 
Kalilauge.  Kalifrei  wird  das  Präparat  erhalten  durch  Vertheilen  von 
fruchgefalltem  Kermes  in  einer  salzsauren  Lösung  von  Antimonchlorid 
and  Versetzen  der  Flüssigkeit  mit  viel   Wasser. 

Der  Antimonsafran  ist  ein  Präparat  von  sehr  ungleicher  Zusam- 


116  Antimonseleniuret.  —  Antimonsulfide. 

mensetzuog,  er  stellt  ein  branngelbes,  in  der  Hitze  za  einem  gelben 
Glase  schmelzendes  Pulver  dar.  An  Chlorwasserstoffsäure  giebt  es  An- 
timonoxjd -Kali  ab  und  löst  sich  in  der  Wärme  unter  Entwickelang 
von  Schwefelwasserstoff.  Das  jetzt  fast  ganz  obsolete  Präparat  wurde 
fpuher  wohl  für  sich,  hauptsächlich  wegen  seines  Grehaltes  an  Antimon- 
ozyd,  zur  Darstellung  von  Brechweinstein  benutzt  {J,  X.)  By, 

Antimonseleniuret.  Antimon  verbindet  sich  mit  Selen  beim 
Erhitzen  unter  lebhafter,  oft  bis  zum  Glühen  steigender  Erhitzung  zu 
einer  krjstallinischen  bleigrauen  Masse;  dieselbe  Verbindung  ent- 
steht auf  nassem  Wege  durch  Fällen  von  Brechweinsteinlösung  mit 
Selenwasserstoff;  die  Formel  der  Verbindung  ist  daher  wahrscheinlich 
SbSe3.  Das  Selenantimon  ist  leicht  schmelzbar ,  an  der  Luft  erhitzt, 
oxydirt  es  sich  unter  Verflüchtigung  von  seleniger  Säure;  mit  Antimon- 
oxyd bei  Abschluss  der  Luft  erhitzt,  schmilzt  es  zu  einer  dem  Spiesa- 
glanzglaso  ähnlichen  Masse  zusammen.  Eine  vollständige  Untersuchung 
des  Selenantimons  fehlt.  Fe, 

Antimonsilber,  Antimonsilberblende  s.  Sil- 
berantimon u.  Rothgültigerz. 

Antimonsuboxyd:  Sb804.  Diese  Verbindung  wird  nach 
Marchand  ^)  gebildet,  wenn  man  eine  concentrirte  Brechweinstein- 
lösung  durch  eine  kräftige  Grove'sche  oder  Bunsen'sche  Kette  zer- 
legt. Es  tritt  sehr  lebhafte  Gasentwickelung  ein,  die  zum  Theil  von- 
der  Wasserzersetzung,  zum  Theil  von  der  Weinsäure  herrührt,  und  an 
dem  positiven  Pole  scheidet  sich  das  Antimonsuboxyd  als  schwarzes 
Pulver  auf  der  Platinplatte  ab ,  welches  bald  in  Masse  auf  den  Boden 
des  Gefässes  niederfällt.  Man  giesst  die  Flüssigkeit  ab  iind  wäscht 
das  Antimonsuboxyd  mit  heissem  Wasser  aus. 

Es  stellt  nach  dem  Trocknen  über  Schwefelsäure  ein  sammtschwar- 
zes,  schweres,  unter  dem  Mikroskope  vollkommen  homogen  erscheinen- 
des Pulver  dar,  welches  unter  dem  Polirstahle  metallischen  Glanz  an- 
nimmt, uud  beim  Kochen  mit  Salzsäure  in  Metall  und  sich  auflösendes 
Chlorid  zerfällt.  Mit  Weinstein lösung  gekocht,  scheidet  es  ebenfalls 
Metall  ab,  indem  Oxyd  gelöst  wird.  Es  verliert  die  letzten  Antheile 
von  Feuchtigkeit  sehr  schwer.  An  der  Luft  erhitzt  verglimmt  es,  min- 
der erhitzt  zu  Oxyd,  stärker  erhitzt  zu  antimoniger  Säure.  Beim  Er- 
hitzen in  einem  zugeschmolzenen  Glasrohre  trennt  es  sich  in  einen  klei- 
nen, sich  unten  ansammeluden  Regulus  und  in  Antimonoxyd,  welches 
sublimirt.  v, 

Antimonsulfid e.  Das  Antimon  bildet  mit  Schwefel  zwei 
den  Oxydationsstufen  des  Metalls  entsprechende  Schwefel  Verbindungen, 
das  Antimonsulfid  SbSs  und  das  Persulfid  SbSs ;  die  Existenz  eines 
der  antimonigen  Säure  SbO«,  diese  als  eine  eigenthümliche  Oxydft- 
tionsstufe  angesehen,  entsprechenden  Sulfids  ist  unsicher. 

Antimonsulfid. 

Sulfantimonige  Säure,  Dreifach-  oder  Anderthalbfach- 
Schwefelantimon,  Antimonsulfür.     Es  muss  hier  das  krystalli- 

■)  Jonrn   f.  prakt.  Chem.  Bd.  S4,  3.  381. 


Antiinonsulfide.  117 

Biiehe  Salfid  von  dem  amorphen  als  nach  Gewinnung  und  Eigenschaf- 
ten  wesentlich  verschieden  unterschieden  werden. 

Das  krystallisirte  oder  krjstallinische  Antiroonsulfid, 
Spiessglanz,  roher  Spiessglanz,  graues  Schwefelantimon, 
Antimonium  crudum^  Sulphuretum  oder  Seaquiaulphuretum 
itihii^  Stibium  sulpkuratum  nigrum^  Lupus  metallorum^  kommt 
natürlich  als  Grauspiessglanzerz  vor,  dieses  wird  durch  Aus- 
schmelzen Ton  der  Grangart  befreit,  und  dann  in  spiessigdn  grauschwar- 
zen Ifassen  in  den  Handel  gebracht  als  roher  Spiessglanz,  AntimO' 
a«M  crudum^  Antimome  cru^  crude  Antmony, 

Der  Process  des  Ausschmelzens,  das  Aussaigern  des  Schwefelanti- 
moDS  Ton  seiner  Gangart,  wird  auf  verschiedene  Weise  und  mit  verschie- 
denen Einrichtungen  vorgenommen.  , 

Der  einfachste  Apparat,  der  dazu  dient,  sind  konische  im  Boden 
mit  einigen  Löchern  versehene  Töpfe  von  etwa  3S  Centimeter  Höhe  und 
22  Centimeter  oberer  Weite,  deren  25  bis  80  in  einer  Reihe  zwischen 
zwei  ^4  Meter  hohen  Mauern,  die  40  Centimeter  von  einander  abstehen, 
oad  wovon  ein  jeder  in  einem  Untersatz,  der  in  den  Boden  eingegraben 
ist,  ruht,  in  der  unmittelbarsten  Nähe  der  Grube  aufgestellt  sind.  Der 
Baom  zwischen  diesen  Töpfen  in  den  Mauern  wird  mit  Steinkohlen 
ingefullt  nnd  diese  mit  Beissig  angezündet.  Ein  solcher  Topf  fasst 
etwa  15  Kilogramm;  in  40  Stunden  lassen  sich  vier  Schmelzungen  aus- 
fahren, durch  welche  der  Untersatz  angefüllt  wird.  Dieser  wird  nach 
Ansgehenlassen  des  Feuers  vom  Obersatz  durch  einen  Schlag  ge- 
trennt und  entleert.  Die  Vortheile  der  Methode  bestehen  in  der  Er- 
spanxng  einer  Ofenanlage  und  der  Leichtigkeit  der  Uebersiedlung 
ia  ganzen  Einrichtung  an  Orte,  wohin  das  Erz  oder  Brennmaterial 
am  wohlfeilsten  gebracht  wird.  Aufgewogen  werden  aber  in  vielen 
Fallen  diese  Vortheile  durch  den  vergleichungsweise  viel  grösseren 
Br^instoffverbrauch.  Es  sollen  in  Malbosc  im  Ard^che  Departement, 
wo  dieser  Apparat  noch  dient,  auf  100  Kilogramm  des  Products  300 
Eüogramxn  Steinkohlen  und  40  Kilogramm  Holz  gebraucht  werden. 

Za  Wolfsberg  am  Harz  werden  die  Grauspiessglanzerze  wenig- 
iteiu  teilweise  in  ganz  ähnlichen  Apparaten  ausgesaigert. 

Cin  etwas  abweichendes  Verfahren  ist  dasjenige,  bei  welchem  man 
mit  Beibehaltung  der  Töpfe  mit  Untersatz  die  Heizung  in  Flammöfen 
bewirkt.  >  Solche  Einrichtungen  finden  sich  z.  B.  zu  La  Lincoulu  im  De- 
partement der  oberen  Loire.  Ein  Ofen,  der  bis  75  irdene  kegelförmige 
Töpfe  faast,  weicht  in  seiner  Form  nicht  wesentlich  von  einem  gewöhn- 
lidien  Flammofen  ab.  Die  Töpfe  haben  eine  Höhe  von  19"  sind  oben  1  V% 
raten  9''  weit,  haben  im  Boden  5  Löcher  von  ^j^  Zoll  Durchmesser 
and  Btehen  in  Untersätzen  von  bauchiger  Gestalt  von  9"  Höhe  und  10" 
Wate.  Die  Untersätze  stehen  tiefer  als  die  Herdsohle.  Jeder  der 
Häfen  wird  mit  etwa  40  Pfd.  Erz  zu  unterst  mit  reichem  pben  mit  ar- 
oem  gefSllt,  es  wird  eine  Stunde  lang  schwach,  dann  drei  Stunden 
gtärker  ond  zuletzt  wieder  zwei  Stunden  lang  schwächer  gefeuert, 
damit  zuerst  die  Erzstücke  nicht  springen,  bei  dem  starken  Feuer  die 
Anaschmelzung  vollständig  erfolge  und  doch  eine  Verflüchtigung  des 
Piodnctes  vermieden  werde«  Nach  einer  Abkühlungsdauer  von  20 
Us  34  Stunden  werden  die  Untersätze  entleert.  Auf  8000  Pfd.  Erz, 
not  50  Proc  AnUmcnium  crudum^  werden  15  bis  16  Cubikfhss  Birken- 
holz gebraucht    Auch  zu  Wolfsberg  bestehen  ähnliche  Einrichtungen 


118  Antimonsulfide. 

für  die  Btrengflösaigen  Erze.  Abweichend  sind  von  diesen  Oelen  die 
jenigen,  die  man  zu  Schmöllnitz  in  Ungarn  constrairt  hat,  und  bei  wel 
chen  die  Vorlagen  für  das  flüssige  Erz  ausserhalb  des  Ofens  angebracli 
sind. 

Bei  allen  Verfahningsarten,  die  auf  Anwendung  von  Topfen  g€ 
gründet  sind,  machte  man  die  Beobachtung,  dass  Verluste  an  diese 
Erdwaaren  unvermeidlich  und  beträchtlich  sind.  Man  hat  dieselbe 
deswegen  an  mehrern  Orten  durch  Röhren  ersetzt.  In  der  Auvergn 
dienen  Oefen  mit  vier  cylindrischen  Röhren,  deren  jede  500  Pfd.  Er 
fasst.  Diese  stehen  auf  einem  Teller,  der  wie  der  Boden  der  Röhre 
mit  einigen  Löchern  versehen  ist,  durch  welche  das  geschmolzen 
Schwefelmetall  ausfliessen  kann,  und  welche  über  kleinen  Gefache 
des  Ofens  ruhen,  in  welchen  bauchige  Töpfe  zur  Aufnahme  der  g€ 
schmolzenen  Masse  sich  befinden.  Nach  Beendigung  einer  Operatioi 
die  drei  Stunden  dauert,  werden  die  Rückstände  entweder  durcb  di 
Ofendecke  oben  oder  aus  einer  unten  in  den  Cy lindem  gelassenen  Oefl 
nung  herausgeschafft  und  dann  aufs  neue  die  Cylinder  gefüllt.  E 
werden  bei  dieser  Einrichtung  auf  100  Thle.  Änimoniwn  crudum  64  Thh 
Steinkohlen  gebraucht. 

Ohne  alle  Gefässe,  nur  durch  Erhitzen  mit  geneigter  Herdsohli 
hat  man  ebenfnlls  versucht,  das  Schwefelantimon  aus  seiner  Gangai 
abzuscheiden.  Sowohl  zu  Linz  in  Preussen  als  in  der  Vendee  wir 
dieses  Verfahren  angewendet.  Es  wird  dabei  viel  an  Brennmateria 
erspart,  und  die  Vermehning  der  Erzeugungskosten  durch  den  nich 
unbeträchtlichen  Verbrauch  an  Cy  lindern  oder  Topfen  bei  der  andere: 
Methode  aufgewogen,  allein  es  findet  auch  ziemlich  viel  Verflüchtigun] 
von  Schwefelantimou  statt,  so  dass  die  Methode  besonders  da  nu 
Vortheil  bieten  kann,  wo  das  Erz  wohlfeil,  das  Brennmaterial  aber  hoc 
zu  stehen  kommt. 

Das  natürliche  Schwefelantimon  kommt  in  rhombischen  Säule 
vor,  das  ausgeschniolzene  stellt  gewöhnlich  schwarzgraue  stahlglänzendc 
häufig  irisirende,  strahlig  spiessige  Massen  dar;  sein  spccif.  Gewicli 
=  4,62.  Es  ist  leicht  schmelzbar,  in  dünnen  Splittern  schon  in  de 
liitzß  einer  Kerzenflamme  (wodurch  es  sich  leicht  von  Braunstein  üb 
terscheidet) ;  es  ist  weich,  abfärbend,  leicht  zerreiblich,  giebt  ei 
schwarzes  Pulver  und  wird  bei  abgehaltener  Luft  in  der  Hitze  unzerset2 
verflüchtigt.  Im  Allgemeinen  zeigt  es  dasselbe  chemische  Verhalter 
wie  das  amorphe  Schwefelantimon;  nur  sipd  die  Einwirkungen  auf  da 
kr^'stallinische  Sulfid  begreiflicherweise  weniger  rasch,  und  oft  wenige 
vollständig  (s.  unten).  Es  ist  selten  reines  Schwefelantimon,  sonder 
enthält  gewöhnlich  Blei,  Kupfer  und  Eisen,  und  wohl  meistens  ivenig 
fltens  geringe  Spuren  Arsen.  Das  Rosenauer  Antimoninni  wird  fa 
das  reinste  gehalten.  Wittstein ^)  untersuchte  vier  verschiedene  Soi 
ten  von  Antimonium  cnidum  mit  nachfolgendem  Resultat: 


*)  Buchn.  Repcrt.  f.  Pharm.  [3.]  Bd.  V.  S.  67.  —  Nach  dorn  älteren  Atom 
gewicht  (Sb  =  129)  berechnet  sich  bei  allen  Proben  auf  1  Aeq.  Antimon  etvr« 
mehr  als  3  Aeq.  Schwefel  (das  Blei  als  PbS,  und  das  Eisen  als  FeSg  berechnet' 
und  Wittstein  nimmt  daher  an.  dass  das  Antimonitim  crud.  etwas  Persulfid  eut 
halte,  dessen  Menge  er  zu  4,9,  19,3,  19,0,  und  8,0  Proc  berechnet.  Nach  dei 
neueren  Atomgewicht  (Sb  =  120)  geben  die  obenstehenden  Analysen  bei  1  und 
etwas  zu  wenig  Schwefel  (0.9  und  0,71)  zur  Bildung  von  Antimonsulfid;  bei  2  nn 
S  ist   wohl   ein   kleiner  Ueberschuss   (1,8  und  1,0);   bei  der  Art  der   Analyse   abei 


Antimonsulfide.  119 

Es  enthielten: 

1.  bontangelaufenes  von  Kronach  Antimon.   Bl«i.  Eisen.  Arsen.  Schwefel. 

in  Oberfranken       .     .     .       62,48   10,40  0,70  Spur  26,42 

1  nichtangelaufenes  ebendaher    .       59,67   1 1,96  0,6S  Spur  27,74 

3.  ungarisches 70,26     —      0,31  —  29,43 

4.  englisches 71,98    —       —  —  28,02 

Rein  darstellen  lässt  sich  das  krystalliniache  Schwefelantimon  aus 
dem  natürlichen  unreinen  schwieriger,  als  durch  Zusammenschmelzen 
reinen  Antimonmetalls  mit  Schwefel.  13  Gewichtstheile  reines  Metall- 
polvcr  mit  5  Thln.  Schwefelblumen  werden  möglichst  innig  gemengt 
und  portionenweise  in  einen  erhitzten  hessischen  Tiegel  eingetragen  und 
Tor  jedem  Zusatz  einer  neuen  Portion  zugewartet  bis  die  Verbindung 
der  firnhcrcn  nnter  Feuererscheinung  vor  pich  gegangen  ist;  man  lässt 
nach  dem  Znsammenschmelzen  bedeckt  erkalten.  Feines  Pulvern  des 
Metalls  und  möglichst  inniges  Mengen  mit  Schwefel  ist  nothwendig, 
da  sich  sonst  eine  gewisse  Menge  Metall  unverbunden  am  Boden  des 
Tiegels  ansscheidet,  von  einem  solchen  Regulus  kann  aber  das  Schwefel- 
uitimon  leicht  mechanisch  getrennt  werden.  Es  wird  auch  empfohlen, 
da.<Product  noch  einigemale  mit  geringeren  Schwefelmengcn  zusammen- 
sosehmelzen. 

Die  Prüfung  des  grauen  Schwefelantimons  auf  andere  Schwefel- 
stetalle  lässt  sicli  in  der  Weise  ausführen,  dass  man  dasselbe  fein  ge- 
pulvert mit  concentrirter  Chlorwasserstoffsäure  behandelt,  bis  es  voll- 
«äicdig  zersetzt  ist.  Ist  das  Schwefelantimon  ziemlich  bleihaltig  ge- 
wesen, so  scheidet  sich  beim  Erkalten  der  Lösung,  besonders  auf  Zusatz 
7on  "Weingeist,  Chlorblei  «ib.  Durch  Zusatz  von  Wasser  zu  der  durch 
Abdampfen  von  einem  Theil  der  überschüssigen  Säure  befreiten  Lösung 
wird  Algarothpulver  niedergeschlagen,  während  Eisen,  Kupfer  und 
Arjen  als  Chloride  neben  etwas  Antimonchlorid  in  Lösung  bleiben. 
Ämmoniakflüssigkeit  schlägt  aus  derselben  das  Eisenoxyd  und  Antimon- 
f*Tjd  nieder.  Das  Kupfer  bleibt  bei  überschüssigem  Ammoniak  in  Lö- 
-3ng:  und  färbt  diese  blau.  Eisen  kann  in  einem  anderen  Theil  der  Lö- 
sang  aneh  durch  Ferrocjankalium  oder  Rhodankaliumlösung,  die  einen 
bkaen  Niederschlag  oder  blutrothe  Färbung  hervorbringen,  nachge- 
wiesen w^erden, 

Aaf  Arsen  lässt  sich  das  Schwefelantimon  prüfen  durch  Pulvern, 
Verpuffen  mit  Chilisalpeter  und  kohlensaurem  Natron,  Auskochen  mit 
Wasser,  und  Versetzen  des  Filtrates  mit  Salzsäure,  Reduciren  durch 
«cbwelii«»^e  Säure  und  Fällen  mit  Schwefelwasserstoff,  wodurch  das  Ar- 
fen  ah  Schwefelarsen  ausgeschieden  wird,  welches  dann  weiter  zu 
QT^rsnc^hen  ist,  da  ihm  noch  Schwefelantimon  beigemengt  sein  kann. 

Wackenroder  behandelt  20  Grm.  Schwefelantimon  in  der  an- 
jre^ebenen  Weise  mit  20  Grm.  kohlensaurem  Natron  und  40  Grm. 
Cbilisalpeter;  aus  dem  Schwefel wasscrstoffniederschlag  wird  dasSchwe- 
ftlaraen  mit  kohlensaurem  Ammoniak  ausgezogen,  wobei  das  Schwefel- 
utimon  zurückbleibt. 
I 

M  welcher  die  Controle  fQr  die  richtige  Bestiramnng  des  Schwefels  fehlt,  ond 
Wi  der  das  Antimon  gar  nicht  bestimmt  wurde,  erscheint  Wittstein's  Annahme 
«fts  der  Gegenwart  von  Antimonpersulfid  nicht  hinreichend  begründet,  um  so  weni- 
^.  dft  »einer  Annahme  bekanntlich  die  Thatsache  widerspricht,  dass  das  Antimon- 
yamü&A  beim  Schmelzen   sieb  zersetzt  in  fVeien  Schwefel  und  Antimonsulfid. 


120  Antimonsulfide. 

Nach  Weigand  lässt  sich  aber  zuerst  dem  feingepolverten  Schwc 
felantimon  der  grösste  Theil  des  Arsens  durch  488tündige  Digesdoi 
mit  der  doppelten  Menge  ätzenden  Ammoniaks  in  einer  verschlossene] 
Flasche  und  öfteres  Schütteln  entziehen.  Die  abfiltrirte  Flässigkeit  enl 
hält  neben  dem  Schwefelarsen  immer  etwas  Schwefelantimon,  die  beid 
durch  Ansäuern  mit  Chlorwasserstofisäure  daraus  niederfallen.  Ma: 
kann  deshalb  die  ammoniakalische  Lösung  zuerst  an  der  Luft  stehe 
lassen,  wobei  das  Antimon  sich  oxydirt  und  als  Oxyd  ausscheidel 
aus  dem  Filtrat  fällt  dann  Salzsäure,  am  besten  nach  Zusatz  von  etwa 
SchwefelwasserStofiF  das  Arsen.  Der  auf  eine  oder  die  andere  Weis 
erhaltene  Niederschlag  ist  dann  auf  eine  der  im  Artikel  ,,Arsen^^  an 
gegebenen  Methoden  weiter  zu  untersuchen. 

Vorzugsweise  ist  der  beim  schwachen  Erwärmen  von  etwas  übei 
schlissigem  Schwefelantimon  mit  Salzsäure  bleibende  unlösliche  Rück 
stand  auf  Arsen  zu  untersuchen. 

Amorphes  Antimonsulfid,  braunrothes  Schwefelantimon 
zum  Theil  Mineralkermes,  Karthäuserpulver,  Kermes  minerak 
Pulvis  Carthusianoruni,  Sulphur  sUinatum  rulnrum^  Stibiwn  sulphuraium  ru 
heum. 

Die  Vorschriften  zur  Darstellung  des  sogenannten  Mineral^Kerme 
sind  sehr  zahlreich,  keineswegs  aber  liefern  alle  ein  gleiches  Produd 
Die  hauptsächlichste  Verschiedenheit  in  den  gewonnenen  Productei 
beruht  in  einem  wechselnden  Gehalt  von  Antimonoxyd,  welches  den 
Antimonsulfid  meistens  beigemengt  ist,  man  muss  deswegen  oxydfreiei 
Kermes  von  dem  oxydhaltenden  unterscheiden.  Der  oxydfreie  Ker 
mes  ist  nur  amorphes  Antimonsulfid  und  unterscheidet  sich  vom  Ana 
monium  crudum,  wesentlich  nur  durch  den  Mangel  an  Krystallgestalt 
seine  feinere  Vertheilung  uiid  die  braunrothe  Farbe.  Man  kann  amor 
phes  Antimonsulfid,  naeh  Fuchs,  durch  Schmelzen  von  grauem  Schwe 
felantimon  während  längerer  Zeit  und  sehr  rasches  Erkalten  erhalten 
indem  man  das  Glas,  worin  die  Schmelzung  vorgenommen  wurde,  ii 
eine  grössere  Menge  kalten  Wassers  wirft 

Der  oxydfreie  Kermes,  reines  amorphes  Schwefelantimon  wird  aui 
nassem  Wege,  nach  Liebig's  Methode,  durch  Fällen  der  Lösung  voi 
Schwefelantimon  in  Kalilauge  mit  Säure  (s.  oben)  erhalten;  odei 
durch  Glühen  von  1  Äntimonium  crudum  mit  2  Thln.  schwarzem  Fhisi 
(aus  1  Salpeter  und  2  Weinstein);  die  geglühte  Masse  wird  mit  Was- 
ser ausgekocht,  und  das  klare  Filtrat  mit  kohlensaurem  Alkali  ve^ 
setzt;  der  Niederschlag  ist  oxydfreier  Kermes  (Liebig). 

Endlich  wird  amorphes  Schwefelantimon  immer  durch  Zersetzung 
der  reinen  Antimonlebem  (S.  124  u.  125)  erhalten;  und  aus  dem 
oxydhaltenden  Kermes,  wenn  dieser  mit  Weinsäure  bei  gelinder  Wärme 
digerirt  und  dadurch  das  Oxyd  gelöst  wird. 

Die  gewöhnlichsten  Methoden  der  Darstellung  von  Kermes  aui 
nassem  Wege  beruhen  auf  dem  Verhalten  des  Schwefelantimons  gegen 
Alkalien  (S.  129).  Die  meisten  liefern  einen  oxydhaltenden  Kermes, 
der  vielleicht  gerade  durch  den  Gehalt  an  Oxyd  wirksamer  sein  mag; 
durch  Weinsäure  kann  dieses  entzogen  werden. 

Die  älteste  vom  Pater  La  Ligerie  herstammende  Methode,  den 
Kermes  zu  bereiten,  besteht  darin,  dass  man  feingepulvertes  graues 
Schwefelantimon  mit  einer  Lösung  kohlensauren  Alkalis  kocht  und  die  heisfl 


Antiinonsalfide.  121 

filtriite  Lösung  erkalten  lasst,  wobei  sich  Kennes  abscheidet.  Dieselbe 
ist  aach  in  der  neuesten  Auflage  der  preussischen  Pharmakopoe  auf- 
genommen, wo  sich  folgende  besondere  Vorschrift  findet. 

Drei  Pfund  kohlensaures  Natron  werden  in  30  Pfund  gewöhnü- 
efaen  Wasser  gelöst  und  bis  zum  Sieden  erhitzt,  der  Lösung  unter 
Umrühren  vier  Unzen  geschlämmtes  graues  Schwefelantimon  zugesetzt, 
mit  dem  Kochen  zwei  Stunden  fortgefahren,  das  verdampfte  Wasser 
immer  wieder  ersetzt,  und  die  Lösung  siedend  heiss  in  ein  Gefiiss,  das 
heisses  Wasser  enthält,  filtrirt.  Nach  dem  Erkalten  wird  der  Nieder- 
schlag auf  ein  Filter  gebracht  und  auf  diesem  mit  destillirtem  Wasser 
aosgewaachen,  bis  die  Flüssigkeit  rothes  Lackmuspapier  nicht  mehr  bläut 
und  anfangt  etwas  gefärbt  abzufliessen.  Der  Niederschlag,  oxydhal- 
tender Kermes,  wird  zuletzt  etwas  zwischen  Fliesspapier  gepresst,  bei 
etwa  25®  C.  getrocknet,  rasch  zerrieben  imd  an  einem  dunkeln  Ort  in 
wohlTerschlossenen  &efässen  aufbewahrt. 

Wegen  der  Schwerlöslichkeit  des  krjstallisirten  Schwefelantimons  in 
kohlensaurem  Natron  schlägt  Liebig  vor,  zuerst  amorphes  Schwefelanti- 
mon darzustellen,  um  es  zur  Eemiesbereitung  zu  verwenden.  Die  Vor- 
schrift, die  er  dazu  giebtund  welche  auchKossmann^)  als  die  beste  em- 
pfiehlt, ist  folgende :  Man  koche  1  Tbl.  fein  gepulvertes  graues  Schwefel- 
antimon mit  1  Tbl.  Kalihydrat  und  30  Thln.  Wasser  (oder  1  Thl.  Schwefel- 
antimon, 4  Thle.  £[alilauge  von  2,25  specif.  Gew.  und  12  Thle.  Wasser 
oder  1  Thl.  Schwefelantimon,  1  Thl.  kohlensaures  Soili,  1  ^^  Thl.  Kalkhydrat 
und  15  Thle.  Wasser)  eine  Stunde  lang  und  setze  zu  der  filtrirten  noch 
heiseen  Flüssigkeit  verdünnte  Schwefelsäure,  um  das  amorphe  Schwefel- 
antimon  zu  fällen ;  das  dickliche  Gemenge  theile  man  in  drei  Theile  und 
fibergiesse  es  in  drei  verschiedenen  Gefassen  mit  Wasser,  lasse  es  ab- 
atzeD,  entferne  das  Wasser  nnd  erneuere  es  bis  der  Niederschlag  gut 
ausgewaschen  ist,  bringe  sodann  die  Niederschläge  auf  drei  verschiedene 
Filter.  Man  löse  1  Thl.  wasserfreies  (oder  2,7  krystalllBirtes)  kohlen- 
saures Natron  in  34  Thln.  Wasser,  und  trage  in  die  filtrirte  Lösung  den 
Niederschlag  vom  ersten  der  drei  Filter  ein,  koche  eine  Stunde  lang  und 
stelle  die  Lösung,  in  der  kein  ungelöstes  Schwefelantimon  zurückgeblie- 
ben sein  wird,  zum  Erkalten.  Es  scheidet  sich  hierbei  der  Kermes  ab; 
die  fiber  demselben  stehende  Flüssigkeit  wird  zum  Kochen  gebracht  und 
der  zweite  Niederschlag  zugefügt,  ebenso  wie  mit  dem  ersten  verfah- 
ren, dann  wird  das  Nämliche  mit  dem  dritten  Niederschlage  vorgenom- 
men. Der  ans  der  zweiten  Kochung  sich  absetzende  Kermes  ist  ge- 
wöhnlich der  schönste.  Die  Niederschläge  werden  mit  kaltem  Wasser 
ausgewaschen,  das  Gewicht  derselben  nach  dem  Trocknen  beträgt 
naheza  die  Hälfte  des  angewendeten  grauen  Schwefelantimons.  Der 
Vorgang  bei  diesem  Verfahren  ist  unten  bei  dem  Verhalten  des  Anti* 
monsnifids  gegen  reine  und  kohlensaure  Alkalien  genau  angegeben. 

Weil  die  Lösungen  der  ätzenden  Alkalien  das  Schwefelantimon 
viel  reichlicher  auflösen  als  die  der  kohlensauren,  wird  auch  Kali-  oder 
Natronlaoge  als  Lösungsmittel  angewendet  Sind  die  Lösungen  der 
Alkalien  in  grossem  Ueberschuss  vorhanden,  so  setzt  sich  aus  den  mit 
Sehwefelantimon  gekochten  Flüssigkeiten  beim  Erkalten  kein  Kermes 
ab.     Die  Mntterlangen,  nach  dem  Absetzen  des  Kermes  mit  dem  noch 


^)  JouriL  de  pbann.  et  de  chim.  [8.]  Y.  T.  I,  p.  18  u.  821, 


122  Antimonsulfide. 

ungelösten  Theil  des  grauen  Schwefelantimons  gekocht,  liefern  noch 
neue  kleinere  Mengen  von  Kermes.  Wenn  man,  nach  Duflos,  100  Thle. 
graues  Schwefelantimon  1/4  Stunde  lang  mit  einer  Lösung  von  30  Thln. 
Kalihydrat  in  300  Thln.  Wasser  kocht,  so  erhält  man  nach  dem  Erkalten 
25  Thle.  Kermes,  eine  zweite  Kochung  der  Mutterlauge  mit  dem  unzer- 
setzten  Schwefelantimon  liefert  10  Thle.,  eine  dritte  3,2  Thle.  Kermei«. 
Aus  einer  überschüssiges  ätzendes  Alkali  enthaltenden,  und  nach  dem 
Erkalten  nichts  absetzenden  Lösung  wird  Kermes  abgeschieden,  wenn 
man  einen  Strom  von  Kohlensäure  durch  dieselbe  leitet,  und  nachdem 
auch  Kohlensäure  nichts  mehr  abscheidet,  fallen  stärkere  Säuren  noch 
mehr  Kermes;  der  auf  diese  Weise  bereitete  Kermes  enthält  gewöhn- 
lich auch  etwas  Antimonoxyd,  namentlich  aber  ist  dem  Schwefelantimon 
etwas  Antimonpersulfid-Schwefelkalium  oder  -Schwefelnatrium  beige- 
mengt, welches  sich  nach  der  Ansicht  von  H.  Rose  dadurch  bildet, 
dass  ein  Theil  des  Antimons  durch  Luftzutritt  sich  oxydirt  und  seinen 
Schwefel  an  einen  anderen  Theil  Antimonsuliid  abgiebt,  Persulfid  bil- 
dend. Es  findet  sich  in  dem  frischen  Niederschlage,  der  eine  dun- 
kelbraune ,  schwierig  auswaschbare  und  schwer  zu  trocknende  Masse 
darstellt,  reichlicher,  dieser  ist  nämlich  2  SbSg  -j-  KS.  SbSj;  es 
wird  aber  dnrch  Auswachen  mit  heipsem  Wasser  ziemlich  daraus  ent- 
fernt, und  was  zurückbleibt  ist  9  SbSs  -f-  KS  .  SbSs. 

Weitere  Methoden  der  Darstellung  des  Kermes  sind:  Kochen  des 
Schwefelantimons  mit  Kalilauge  und  Schwefel,  oder  Kochen  einer  Lo- 
sung von  Antimonpersulfid -Natrium  mit  metallischem  Antimon,  Filtri- 
ren  und  Fällen  durch  eine  Säure.  Der  letzte  Weg  wurde  vorgeschla- 
gen, weil  sich  das  Antimonpersulfid- Natrium  arsenfrei  erhalten  lässt, 
und  daher  durch  Kochen  mit  arsenfreiem  Antimon  sich  arsenfreier 
Kermes  darstellen  lasse;  es  werden  also  zwei  arsenfreie  Präparate  vor- 
ausgesetzt, der  Vortheil  ist  daher  nicht  gross. 

Der  oxydfreie  Kermes,  nach  der  Methode  von  Fuch-s  dargestellt,  ist 
eine  dichte  rissige  Masse  von  muschligem  Bruch  und  härter  als  Grau- 
spiessglanz,  seine  Farbe  ist  bleigrau,  in  dünnen  Stücken  dunkelhyi^zinth- 
roth,  ^die  des  Pulvers  rothbraun,  etwas  minder  hell  als  die  des  gewöhn- 
lichen Kermes;  sein  specif.  Gewicht  ist  4,15.  Das  nach  anderen  Me- 
thoden gewonnene  amorphe  Sulfid  ist  ein  braunrothes  lose  zusammen- 
hängendes Pulver,  das  auf  Papier  beim  Reiben  einen  braunrothen  Strich 
giebt*;  es  ist  specifisch  leichter  als  Grauspiessglanzerz,  und  leitet  nicht 
die  Elektricität;  es  enthält  Wasser,  welches  noch  unter  100^  C.  ent- 
weicht. Wird  oxydfreier  Kermes  einige  Zeit  lang  mit  kalter  Chlor- 
wasserstoffsäure behandelt,  oder  geschmolzen  und  sehr  langsam  abge- 
kühlt, so  verwandelt  er  si'ch  in  krystallinisches  Schwefelantimon,  der 
oxydhaltige  aber  liefert  im  letzteren  Falle  nur  eine  schlackenartige 
Masse   ohne   krystallinisches  Gefüge. 

Der  gewöhnliche  Kermes  ist  nicht  reines  Antimonsulfid,  sondern 
enthält  wechselnde  Mengen  von  Antimonoxyd,  und  nicht  selten  Anti- 
monsulfid-Schwefelnatrium. Die  mikroskopische  Untersuchung  des  Ker- 
mes zeigt,  dass  das  Antimonoxyd  nicht  in  chemischer  Verbindung  darin 
existirt,  da  man  neben  dem  Antimonsulfid  zahlreiche  kleine  weisse  ELry- 
stallnadeln  darin  wahrnimmt.  Die  Menge  des  Antimonoxyds  ist  in 
demjenigen  Kermes  am  geringsten,  der  durch  einmaliges  Auskochen  des 
grauen  Schwefelantimons  gewonnen  wurde.  Kermesproben ,  die  durch 
ein  zweitmaliges  oder  drittes  Auskochen  erhalten  worden  waren,   erga- 


Antimonsulfide.  '  123 


zcngen. 


Wird  ein  trockenes  Gemenge  von  gleichen  Theilen  Antimonsulfid 


')  Nach  Vcwacbcn  von  Sontienberg  stieg  der  Gehnlt  des  Kertnes  an  Anti- 
•onoxytl  bei  viermaligem  Aaskochen  von  8  Proc.  auf  33,  43  und  67  Proc.  Wenn 
*"  ricbtifij  ist,  folgt  daraus,  das^s  der  Kermes  jedenfalls  ein  unsicheres  Präparat 
mi,ht  and  da^a  zu  seiner  Darstellung  eine  genaue  und  feste  Vorschrift  zu  geben 
K  wenn  man  nicht  vorzieht  Oxyd  und  Sulfid  in  bestimmten  Verhältnissen  zu  men- 
S^  was  wohl  allein  ein  gleichbleibendes  Product  giebt. 


ben  einen  immer  reichlichem*  Antimonoxydgehalt  i).     Anch  die  Tem-  ^ 

peratur,  unter  welcher  die  KermesausBcheidung  erfolgt,  bedingt  einen 
Terschiedenen  Antimonoxydgehalt.  ' 

Die  Farbe  des  gewöhnlichen  Kermes  ist  braunroth,   derselbe  ist  j 

ein  lose  zusammenhängendes  Pulver,  das  beim  Beiben  auf  Papier  einen  i 

brannrothen  Strich  giebt.    Nach  dem  Auswaschen  mit  kochendem  Was- 
?ar  wird  der  Strich  des  Kermes  schwarzgrau  (Lieb ig).   Durch  Schmel*  *  < 

zen  and  langsames  Abkühlen    liefert  der  oxydhaltende    Kermes    eine 
sehlackenartige  Masse,  die  nichts  Krystallinisches  zeigt. 

Das  Antimonsulfid  erleidet  durch  Einfluss  anderer  Körper  ver- 
tthiedene  Zersetzungen,  und  zwar  das  amorphe  leichter  als  das  kry- 
itallinische,  im  Ganzen  aber  kommen  beide  in  dieser  Hinsicht  ziemlich 
mit  einander  nberein.  Das  trockene  amorphe  Antimonsulfid  verglimmt  an 
der  Lafl,  wenn  es  mit  einem  glühenden  Körper  berührt  wird,  das  graue 
Schwefelantimon  verbrennt,  bis  über  den  Schmelzpunkt  erhitzt,  mit 
blauer  Flamme  (ohne  Flamme  bei  geringer  Hitze,  s.  Antimouasche); 
die  Oxydationsproducte  sind  schweflige  Säure ,  Antimonoxyd  und  Anti- 
moDÄäure.  Das  amorphe  Antimonsulfid  wird,  im  frisch  gefällten  Zu- 
stande mit  sehr  viel  Wasser  Übergossen  und  lange  damit  gekocht,  zer- 
legt, und  es  bleiben  Schwefelwasserstoff  und  Antimonoxyd  gelöst,  in 
lufthaltigem  Wasser  sollen  geringe  Mengen  von  Kermes  nach  und  nach 
Töllig  verschwinden.  Wasserdampf  über  glühendes  Schwefelantimon 
geleitet,  bildet  ebenfalls  Antimonoxyd  und  Schwefelwasserstoff;  ersteres 
▼erbindet  sich  mit  unzersetztem  Schwefelantimon,  und  es  sublimirt  ein 
Pomeranzen  gelber  Körper. 

Chlor  zersetzt  das  Antimonsulfid  in  der  Wärme  vollständig  unter 
Büdang  von  Antimonchlorid  und  Chlorschwefel. 

Chlor  was  3  erste  ff  gas  zerlegt  das  Antimonsulfid  in  der  Hitze, 
▼ie  starke  wässerige  Salzsäure  beim  Kochen  in  Schwefelwasserstoff  und 
Antimonchlorid,  das  im  letzteren  Falle  in  überschüssiger  Säure  gelöst 
bleibt  (s.  Antimonchlorid). 

Durch  concentrlrte  Salpetersäure  wird  das  Antimon  des  Anti- 
Bionsalfids  zu  Antimonoxyd,  der  Schwefel  theilweise  zu  Schwefelsäure 
oxfdirt,  ein  Theil  des  Schwefels  bleibt  dem  weissen,  Antimonoxyd, 
Schwefelsäure  und  Salpetersäure   haltenden  Pulver  beigemengt. 

Königswasser  mit  überschüssiger  Salzsäure  löst  das  Schwefel- 
utiinon,  es  entsteht  Antimonchlorid  und  Schwefelsäure,  der  Rück- 
wand ist  Schwefel,  dem  oft  etwas  Antimonsäure  beigemengt  ist. 

Concentrirte  Schwefelsäure  bildet  schweflige  Säure  und  schwe- 
felsanres  Antimonoxyd,  während  der  Schwefel  zusammengeballt  zurück- 
bleibt. 

Wasserstoff  gas  über  glühendes  Antimonsulfid  geleitet,  reducirt 
teras  Metall  unter  Bildung  von  Schwefelwasserstoff,  Kohle  damit 
befiig  geglüht,   soll  Schwefelkohlenstoff  und  metallisches  Antimon  er- 


124  '  Antiinonsulfide. 

und  Jod  in  einer  Betorte  im  Sandbade  langsam  erwärmt,  so  erheben  sieh 
rothe  Dämpfe  von  Antimonjodid-Solfid,  welches  sich  in  der  Vorlage 
verdichtet  Derselbe  Körper  bildet  sich,  wenn  24  Thle.  Antimon,  9  Thle. 
Schwefel  und  68  Thle.  Jod,  oder  wenn  2  Thle.  Antimon  mit  9  Thln. 
Jodschwefel  der  Sublimation  unterworfen  werden.  Das  Sublimat  stellt 
glänzende  durchsichtige  blutrothe  Blätter  und  Nadeln  dar,  die  leichter 
sich  verfluchtigen  als  das  Antimonjodid ,  und  in  gelinder  Wärme 
schmelzbar  sind.  Die  Masse  hat  einen  stechenden  Geschmack  und  wi- 
drigen Geruch.  Henry  und  Garot  geben  ihr  die  gewiss  unrichtige 
Formel  ShSs^s*  Wird  sie  an  der  Luft  stark  erhitzt,  so  zerfällt  sie 
in  schweflige  Säure,  Joddampf  und  Schwefel,  Antimon  und  Antimon* 
oxyd«  Durch  Chlor  wird  sie  in  Chlorantimon,  Chlorschwefel  und  Chlor- 
jod  umgewandelt.  In  Wasser  zerfällt  sie  in  Jodwasserstoff  und  ein 
Gemenge  von  ungelöstem  Schwefel,  Antimonpxyd  und  etwas  Jod- 
antimon. 

Mit  salpetersaurem  Kali  oder  Natron  geglüht,  wird  das 
Schwefelantimon  mit  grosser  Heiligkeit  oxydirt;  unter  Feuererscheinung 
schmilzt  die  Mischung  mit  Aufschäumen  und  wird,  wenn  die  Verbrennung 
vollendet  ist,  wieder  trocken,  und  weiss,  wenn  das  Schwefelantimon  r^ 
von  fremden  Metallen  war.  Nimmt  man  weniger  Salpeter,  als  zur  voll- 
ständigen Verbrennung  gehört,  z.  B.  auf  10  Thle.  Antimon  weniger  als 
14  Thle.  Salpeter,  so  bleibt  eine  Doppelverbindung  von  Schwefelkalinm, 
Schwefelantiroon  und  Antimonoxyd.  Je  nach  dem  Verhältniss  an  Salpe- 
ter, enthält  die  verbrannte  Masse  Antimonsäure,  antimonige  Säure 
oder  Antimonoxyd  und  Schwefelsäure,  verbunden  mit  Kali.  Bei  einem 
Verhältniss  von  10  Thln.  Schwefelantimon  auf  17  Thle.  Salpeter  ist  Sauer- 
stoff genug  vorhanden,  um  allen  Schwefel  in  Schwefelsäure  und  alles 
Antimon  in  Antimonsäure  zu  verwandeln;  setzt  man  dieser  Mischung 
vor  der  Verpuffung  noch  4  Thle.  kohlensaures  Eitli  zu,  so  bleiben  die 
gebildeten  Säuren  als  neutrale  Salze  in  der  verbrannten  Mischung. 

-  Mehrere  Metalle  entziehen  dem  Antimonsulfld  in  der  Glähhitze, 
mit  demselben  zusammengebracht,  den  Schwefel,, so  z.  B.  Eisen,  Ka- 
lium und  Natrium  (Potasche  oder  Soda  mit  Kohle  gemengt)  und  an- 
dere. Es  bildet  sich  dabei  Schwefelmetall,  das  sich  zuweilen  mit  un- 
zersetztem  Autimonsulfid  verbindet,  und  andererseits  kann  sich  über- 
schüssiges Metall  mit  dem  reducirten  Antimon  vereinigen. 

Mit  verschiedenen  Schwefelmetallen  geht  das  Antimonmüfid 
zum  Theil  natürlich  vorkommende  Verbindungen  ein,  Sulfantimo- 
niite  nach  Berzelius,  das  sind  Sulfosalze,  worin  dem  Antimonsulfid 
die  Bolle  der  Säure  zukommt.  Es  gehören  dahin  der  Haidingerit, 
Berthierit,  Nickelspiessglanzerz,  Bothgültigerz,  einige  Fahlerze,  Hete- 
romorphit,  Boulangerit,  Jamesonit,  iMeneghinit  (s.  diese  Art  und  An- 
timonerze). Die  wichtigsten  Sulfantimoniite  sind  die  der  niedrigsten 
Sulfurete  der  Alkalimetalle,  die  sogenannten  Antimonlebern, 
Spiessglanzlebern,  Hepar  antimonii.  Gemengt  mit  Oxyd  in 
wechselnden  Verhältnissen  erhält  man  sie  beim  Zusammenschmelzen 
von  kohlensauren  Alkalien  mit  Schwofelantimon,  oder  von  metallischem 
Antimon  mit  schwefelsaurem  Kitli;  frei  von  Oxyd  werden  sie  erhalten, 
wenn  schwefelsaure  Alkalien  und  Kohle  mit  Schwefelantimon,  oder 
kohlensaure  Alkalien  mit  Schwefel,  Schwefelantimon  und  Kohle,  oder 
Antimonpersulfid-Natrium  mit  metallischem  Antimon  zusammengeschmol- 
zen werden. 


Antimonsulfide.  125 

Alle  diese  Antinionlebeni  sind  sehr  leichtflüssig,  an  der  Luft  zer- 
ffiesslich  oder  unveränderlich,  je  nach  dem  Verhültniss  des  alkali- 
•eben  Schwefelmetalls  und  des  SchwefelantiiQons;  sie  sind  im  Wasser 
mehr  oder  weniger  löslich,  wenn  das  Gewichtsverhältniss  des  Schwe- 
felantimons zum  Schwefelalkali  kleiner  ist,  wie  2:1;  sie  sind  unlöslich, 
wenn  das  erstere  grösser  ist. 

Im  geschmolzenen  Zustande  sind  die  Antimonlebern  schwarz  oder 
lehwarzbraun,  kiystallinisch;  ihre  Auflösungen,  mit  gepulvertem  Schwe; 
felantimon  gekocht,  lösen  eine  neue  Quantität  davon  auf,  welche  sich 
beim  Erkalten  als  flockiger  Niederschlag,  eine  Verbindung  von 
Schwefelantimon  mit  dem  Schwefelalkali,  abscheidet.  Aus  den  Auf* 
lösungen  schlagen  Säuren  amorphes  Antimonsulfid  nieder;  auf 
eine  ähnliche  Art  verhält  sich  kohlensaures  Ammoniak.  Doppelt- 
kohlensaure Alkalien  schlagen  sogleich  unlösliches  Schwefelantimon- 
Schwefelkalium  oder  -Schwefelnatrium  nieder;  mit  gewöhnlichen  koh- 
lensauren Alkalien  vermischt,  bleibt  die  Auflösung  anfangs  klar,  erstarrt 
aber  nach  einiger  Zeit  zu  einer  zitternden  Gallerte,  welche  die  nämliche 
Verbindung  enthält.  Dasselbe  geschieht,  wenn  die  mit  Antimonsulfid 
gesättigte  Auflösung  der  Lebern  in  Wasser  mit  vielem  kalten  Wasser 
verdünnt  wird.  An  der  Luft  verändert  sich  die  Auflösung  der  Anti- 
Donlebern  ausnehmend  schnell,  es  entsteht  eine  Antiroonpersulfid-Ver- 
Mndung,  und  es  scheidet  sich  eine  Portion  Antimonsnlfid 'in  Gestalt 
brauner,  metallisch  glänzender  Häute  oder  als  Pulver  ab. 

Das  Verhalten  der  Metalloxyde,  besonders  das  der  reinen 
and  der  kohlensauren  Alkalien  gegen  Schwefelantimon,  bietet  in 
Hinsicht  auf  die  Kermesbildung  besonderes  Interesse,  und  ist  namentlich 
von  Liebig  näher  untersucht. 

Eine  geringe  Einwirkung  zeigt  wässeriges  Ammoniak  auf  kry- 
stallisirtes  und  selbst  auf  amorphes  Schwefelantimon;  in  Schwe- 
felammonimn ,  am  leichtesten  im  Polysulfuret,  ist  das  Antimonsulfid 
ToLLständig  löslich. 

Verhalten  der  fixen  kaustischen  Alkalien  gegen  Schwe- 
felantimon.  Die  Wirkung,  welche  die  reinen  fixen  Alkalien  auf  das 
Sehwefelantimon  äussern,  ist  vorzugsweise  studirt  worden ;  sie  verhalten 
aeh  auf  nassem  und  trockenem  Wege  vollkommen  gleich,  und  es  genügt,  die 
eine  oder  andere  genau  zu  kennen,  um  sich  alleErscheinungeil  dieser  Zer- 
aetsung,  so  verwickelt  sie  auch  zu  sein  scheinen,  erklären  zu  können.  Das 
Sdiwefelantimon  verhält  sich  gegen  Alkalien  dem  Schwefelarsenik  (ilu- 
piffmentum)  ähnlich,  aber  die  eigenthümliche  Fähigkeit  des  Anti- 
inlfids,  mit  den  alkalischen  Schwefelmetallen  und  mit  Antimonoxyd 
Vcrfoindangen  in  mannigfaltigen  Verhältnissen  zu  bilden,  macht,  dass 
&  Zersetzungsproducte  von  denep  des  Schwefelarseniks  abweichen. 

Die  ätzenden  fixen  Alkalien  lösen  auf  nassem  Wege  dar- 
gestelltes Schwefelantimon,  wenn  es,  mit  Wasser  zu  einem  dünnen  Brei 
angerührt  damit  zusammengebracht  wird,  schon  in  der  Kälte  ohne 
Hüek^and  auf  und  bilden  eine  vollkommene  Auflösung.  Diese 
Aoflösliciikeit  hat  aber  eine  bestimmte  Grenze.  Bringt  man  nämlich 
mehr  Schwefelantimon  mit  der  Lauge  zusammen,  als  in  der  Kälte  auf* 
gelöst  werden  kann,  so  wird  dieser  üeberschuss  zersetzt,  und  nur 
eiiis  der  Producte  dieser  Zersetzung  geht  in  die  Auflösung  ein,  es  findet 
unvollkommene  Auflösung   statt,  und  es  bleibt  ein  kömig-kry- 


126  Antimonsulfide. 

fltallinischer,  gelber  Rückstand,  welcher  übrigeiiä  vollkommen  verschwin- 
det, wenn  er  wiederholt  mit  neuer  Lauge  digerirt  wird. 

Diese  Erdcheiuung  erklärt  sich  leicht  aus  den  Zersetzungsproduo- 
ten.  Das  alkalische  Oxyd  giebt  nämlich  seinen  Sauerstoff  an  einen 
Theil  des  Schwefelantimons  ab  und  verbindet  sich  mit  dessen  Schwefel; 
auf  der  einen  Seite  entstehen  3  At.  Einfach -Schwefelkalium,  auf  der 
anderen  1  At.  Antimonoxyd.  Schwefelkalium  löst  Schwefelantiraon  in 
beträchtlicher  Menge  auf,  und  Antimonoxyd  bildet  mit  freiem  Alkali 
eine  in  Wasser,  namentlich  aber  in  schwachen  Alkalilaugen,  lösliche 
Verbindung.  Die  vollkommene  Auflösung  enthält  demnach  Schwe- 
felkalium (3  KS),  Schwefelantimon,  Antimonoxyd  (Sb  O3)  und  Kali. 
Die  Auflösung  des  Schwefelantimons  wird  nun  begrenzt  durch  die  Auf- 
löslichkeit  des  Antimonoxyds  in  der  vorhandenen  Alkalilauge.  Ist  diese 
mit  Antimonoxyd -Alkali  gesättigt,  und  wird  derselben  mehr  Schwefel- 
antimon zugesetzt,  so  geht  die  Zersetzung  desselben  durch  das  vorhan- 
dene freie  Alkali  noch  wie  vorher  von  statten,  nur  mit  dem  Unterschiede, 
dass  das  neugebildete  Antimonoxyd  sich  nicht  auflösen  kann,  es  bleibt 
im  Rückstand,  welcher  ein  Gemenge  ist  von  zwei  Verbindungen,  näm- 
lich von  Antimonoxyd-Alkali  und  Antimonoxyd-Schwefel- 
antimon. Dieses  Gemenge  bezeichnet  man  gewöhnlich  als  Crocus 
antimonii^  Antimonsafran.  Das  auf  Kosten  des  überschüssig  zuge- 
setzten Schwefelantimons  neugebildete  Schwefelkalium  geht  aber  in  die 
Auflösung  ein,  und  mit  ihm  eine  neue  Portion  Schwefelantimon.  Die 
Flüssigkeit,  welche  oben  unvollkommeneAuflösung  genannt  wurde, 
enthält  demnach,  bei  gleichem  Volum  und  gleicher  Concentration,  die 
nämliche  Quantität  Antimonoxyd- Alkali,  wie  die  vollkommene  Aufiösung; 
sie  enthält  aber  eine  grössere  Menge  Schwefelkalium  und  daher  mehr 
Schwefelantimon.  Das  Verhalten  beider  Auflösungen  gegen  andere 
Körper  erklärt  sich  aus  dem  Vorhergehenden  leicht 

Wird  die  vollkommene  Auflösung  mit  Wasser  verdünnt,  und 
vermischt  man  sie  mit  einer  Säure,  oder  leitet  Kohlensäure  hinein,  so 
entsteht  ein  feuerrother  Niederschlag  von  reinem  Schwefelantimon, 
ohne  dass  man  die  geringste  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoffgas 
bemerkt.  £s  ist  nämlich  klar,  dass  die  Schwefelmenge  des  Alkalisulfurets 
(3KS)  genau  entspricht  dem  Sauerstoffgehalt  des  Antimonoxyds  (SbOs); 
beide  befinden  sich  in  der  Flüssigkeit  neben  einander.  Durch  den  Zusatz 
einer  Säure  muss  mithin  das  Alkalisulfuret  zerlegt  werden  in  Oxyd  and 
in  eine  Quantität  Schwefelwasserstoff,  welche  genau  hinreicht,  um  mit 
dem  Antimonoxyd  Wasser  und  Antimonsulfld  zu  bilden. 

Die  unvollkommene  Auflösung  verhält  sich  anders.  Der  Zusatz 
einer  Säure  bewirkt  zwar  ebenfalls  eine  Fällung  von  Schwefelantimon, 
allein  es  entwickelt  sich  hierbei  eine  reichliche  Quantität  Schwefelwasser- 
•stoff;  dies  kann  natürlich  nicht  anders  sein,  da  das  zur  Reduction  des- 
selben erforderliche  Antimonoxyd  bei  der  Bildung  dieser  Auflösung  als 
Crocus  ungelöst  im  Rückstand  blieb. 

Gegen  kohlensaures  Ammoniak  und  doppelt- kohlensaure  Alkalien 
verhalten  sich  beide  Auflösungen  auf  eine  andere  Weise.  Werden  sie 
im  concentrirten  Zustande  damit  vermischt,  so  erhält  man  einen 
schmutzigbraunen,  gallertartigen  Niederschlag,  welcher  eine  unauflösliche 
Verbindung  ist  von  3  At.  Schwefelantimon  mit  1  At.  Schwefel -Kalium 
oder  -Natrium,  und  es  bleibt  in  der  Flüssigkeit  Schwefel-Kalium  oder  -Na- 
trium zurück.  £s  findet  ferner  eine  Zersetzung  des  Antimon oxyd-Alkalid 


AntimoDsuIfide.  127 

!tatt,  ron  welchem  der  grösi^te  Theil  niederfällt,  wenn  durch  den  Zusatz 
des  doppelt -kohlensauren  Salzes  das  ätzende  Alkali  in  einfacli-kohlen- 
saures  äbergeht.  Die  Abscheidung  des  Antimonoxyds  wird  aber  nicht 
auäschliesslich  von  dem  Zusatz  des  doppelt-kohlensauren  Salzes  bewirkt, 
sondern  da  das  Antimonoxyd  eine  ausgezeichnete  Verwandtschaft  zu 
Schwefelantimon  besitzt,  mit  dem  es  gern  Verbindungen  in  festen  Verhält- 
nissen bildet,  so  erfolgt  bei  der  Abscheidung  beider  aus  der  nämlichen 
Flüssigkeit  eine  partielle  Zersetzung  des  Schwefelantimon -Schwefel- 
alkalimetalles,  in  der  Art,  dass  ein  Theil  des  letzteren  vertreten  wird 
durch  Antimonoxyd. 

Es  ist  klar,  dass  bei  der  Zersetzung  der  vollkommenen  Auflösung 
Biit  doppelt-kohlensauren  Alkalien  der  Niederschlag  mehr  Oxyd  enthält, 
als  bei  der  unvollkommenen;  denn  die  letztere  enthält,  im  Verhältniss 
zum  aufgelösten  Schwefelantimon,  von  Anfang  an  weniger  Oxyd. 

Mit  einfach  kohlensauren  fixen  Alkalien  lassen  sich  beide  Auflösun- 
gen ohne  Tröbung  mischen,  nach  einiger  Zeit  erstarrt  aber  die  Mischung 
SU  einer  durchscheinenden  braunen  Gallerte,  welche  die  nämlichen  Be- 
itandtheüe  wie  der  erwähnte  Niederschlag  enthält. 

Die  nn vollkommene,  d.  h.  die  mit  Schwefelantimon  gesättigte 
Aaflösnng  wird  häufig  beim  Verdünnen  mit  Wasser  gallertartig,  in- 
dem mit  der  Concentration  die  Auflöslichkeit  des  Schwefelantimons  in 
dem  Schwefelkalium  abnimmt;  der  Niederschlag  ist  rothbraun  und  ent- 
käit  die  oft  erwähnte  Verbindung  von  Antimonsuliid  mit  alkalischem 
Schwefelmetall  und  eine  gewisse  Portion  Schwefelantimon-Antimonoxyd. 

Mit  einem  löslichen  Bleisalze  vermischt,  geben. beide  Auflösungen 
einen  Niederschlag,  welcher  neben  freiem  Bleioxyd  Schwefelblei, 
Schwefelantimon  und  Antimonoxyd  enthält. 

Die  vollkommene  Auflösung  absorbirt  an  der  Luft  mit  Begierde 
Saoerstoffgas ;  nach  einiger  Zeit  bemerkt  man  auf  dem  Boden  des  Ge- 
fisaes  glänzende  weisse  Krystalle  von  antimonsaurem  Alkali;  mit  doppelt 
kohlensauren  Alkalien  vermischt,  giebt  die  Lösung  jetzt  keinen  Nieder- 
schlag mehr;  aber  Säuren  schlagen  daraus  Goldschwefel  nieder  unter 
Entwickelung  von  Schwefelwasserstofigas.  Die  Aenderung,  welche  die 
Auflösung  erleidet,  ist  folgende: 

Von  den  3  At.  Schwefelkalium  (3  KS)  oxydiren  sich  2  At.  Kalium, 
und  diese  geben  ihren  Schwefel  an  das  aufgelöste  Schwefelantimon  ab; 
es  entsteht  Antimonpersulfid- Schwefelkalium  (SbSs  -f-  KS).  Bis  zu 
dem  2^itpunkte,  wo  sich  diese  Verbindung  gebildet  hat,  geht  der  Sauer- 
stoff an  das  Alkalimetall;  man  bemerkt  kein  antimonsaures  Alkali; 
nachdem  aber  alles  Antimonsulfid  in  Antimonpersulfid  verwandelt  ist, 
tritt  der  Sauerstofl*  der  Luft  an  das  aufgelöste  Antimonoxyd -Kali;  das 
Oxyd  geht  in  Antimonsäure  über. 

In  dem  Vorhergehenden  sind  die  Veränderungen  berührt  worden, 
welche  amorphes  Schwefelautimon,  also  in  dem  höchsten  Zustande  der 
Zertheilung,  in  der  Kälte  durch  kaustische  Alkalien  erleidet.  Die 
Wirkung  der  kaustischen  Alkalien  auf  überschüssiges  Schwe- 
felantimon in  der  Hitze  und  die  Producte,  die  sich  hierbei 
bilden,  sind  die  nämlichen,  mit  dem  einzigen  Unterschiede  jedoch, 
dass  sich  in  der  heissen  Flüssigkeit,  und  zwar  in  dem  entstandenen 
AlkalLsulfuret ,  mehr  Schwefelantimon  auflöst,  als  sie  in  der  Kälte  zu- 
roekbehalten  kann,  woher  es  kommt,  dass  die  Flüssigkeit  beim  Erkal- 
ten einen  Niederschlag  bUdet,  welcher  alles   überschüssige  Schwefel- 


128  Antimonsulfide. 

antimon  enthält  Dieser  Niederschlag  ist  aber  nicht  reines  Schwefel- 
antimon, denn  die  Verwandtschaft  dieses  Körpers  bedingt  eine  partielle 
Zersetzung  der  aufgelösten  Materien  in  der  Art,  dass  eine  Portion  da- 
von mit  Schwefelalkalimetall,  eine  andere  mit  dem  vorhandenen  Anti- 
monoxyd in  Verbindung  tritt.  Dieser  Niederschlag  ist  demjenigen 
ähnlich  zusammengesetzt,  welcher  beim  Zusatz  von  doppelt-kohlensaurem 
Alkali  zu  der  in  der  Kälte  bereiteten  Auflösung  des  Schwefelantimons 
in  Aetzkali  gebildet  wird. 

Wird  die  über  diesem  Niederschlage  stehende  kalte  Flüssigkeit  von 
.demselben  getrennt,  mit  doppelt-kohlensaurem  Alkali  vermischt,  so  er- 
hält man  einen  neuen  Niederschlag  von  derselben  Farbe,  aber  von 
anderer  Zusammensetzung,  denn  er  enthält  kein  Antimonoxyd  mehr;  er 
ist  eine  Verbindung  von  Schwefelantimon  mit  Alkalimetallsulfnret. 

Alle  seither  erwähnten  Niederschläge  ändern  sich  in  ihrer  Zusam- 
mensetzung, wenn  sie  sehr  lange  mit  kaltem  lufthaltigen  oder  mit  ko- 
chendem Wasser  behandelt  werden.  Den  antimonoxydhaltigen  entzieht 
das  Wasser  fortwährend  Antimonoxyd  in  Verbindung  mit  Alkali;  zuletzt 
bleibt  Antimonsulfid  von  dunkler  Farbe. 

Die  kaustischen  Alkalien  verhalten  sicti  gegen  krystallini- 
sches  Antimonsulfid  ähnlich  wie  gegen  amorphes,  nur  mit  dem 
Unterschiede,  dass  es,  seiner  Beschaffenheit  wegen,  weniger  leicht  auf- 
gelöst wird,  und  dass  in  der  Kälte  unter  allen  Umständen  Crocus  zurück- 
bleibt Nach  Berzelius  beträgt  das  Gewicht  desselben  49  Proc.  von 
dem  angewandten  Schwefelantimon;  allein  dieses  Verhältniss  wechselt 
nach  der  Menge  der  Kalilauge  und  nach  dem  Grade  der  Verdünnung 
der  Flüssigkeit,  und  bei  fortgesetzter  Behandlung  mit  frischer  Kalilauge 
verschwindet  er  vollkommen. 

Das  Verhalten  der  mit  krystallinischem  Schwefe4antimon 
und  Aetzlauge  erhaltenen  Auflösung  ist  unter  gleichen  Verhältniss^i 
vollkommen  das  nämliche  wie  das  der  unvollkommenen  Auflösung 
des  auf  nassem  Wege  dargestellten  Schwefelantimons ;  eine  nähere  Ver- 
gleichung  ist  deshalb  unnöthig,  indem,  wie  bemerkt,  nicht  die  mindeste 
Verschiedenheit  stattfindet.  Dasselbe  gilt  für  das  Verhalten  der  soge- 
nannten Antimonlebern,  wenn  sie  im  Wasser  ganz  oder  theilweiae 
löslich  sind.  Einige  besondere  Erscheinungen  sollen  aber  hier  ber(ihrt 
werden. 

Kohlensaure  Alkalien  schmelzen  mit  krystallinischem 
wie  mit  amorphem  Schwefelantimon  in  allen  Verhältnissen  zu- 
sammen, es  entwickelt  sich  die  Kohlensäure  unter  Aufschäumen, 
und  nie  entsteht  hierbei  eine  Oxydationsstufe  des  Schwefels;  stets  wird 
auf  der  einen  Seite  ein  alkalisches  Schwefelmetall  und  auf  der  anderen 
Antimonoxyd  gebildet;  die  Mischung  enthält  beide  in  Verbindung  mit 
überschüssigem  Schwefelantimon  und  Alkali.  Je  nach  der  Menge  dec 
vorhandenen  kohlensauren  Alkalis  bedarf  die  Mischung  einer  höheren 
Temperatur  zum  Schmelzen,  und  der  Unterschied  der  Temperatai 
allein  bedingt  hierbei  eine  Verschiedenheit  der  entstehenden  Producte« 

Das  Verhältniss  von  4  Thln.  Schwefelaniimon  auf  1  Thl.  kohlensau« 
res  Alkali  giebt  bei  dem  Zusammenschmelzen  eine  leichtflüssige,  nacli 
dem  Erkalten  eisengraue,  vollkommen  homogene  krystalliuische  Maase, 
welche  vom  Wasser  nicht  angegriffen  wird. 

Bei  einem  Verhältniss  von  2  Thln.  kohlensaurem  Alkali  auf  1  Thl. 
Schwefelantimon  erfordert  die  Mischung  zum  Schmelzen    eine  stark« 


Antiinonsulfide.  129 

BothglShhitze;  es  scheiden  sich  nach  dem  Erkalten  12  Pro c.  metallisches 
Antimon  ab ;  die  erhaltene  Antimonleber  ist  hellbraun,  an  der  Luft  zer- 
fliessiicb,  vollkommen  auflöslich  im  Wasser.  Die  Abscheidung  des 
Metalle«  beruht  auf  der  Zerlegung  des  in  der  Mischung  befindlichen 
Antimonoxyd-Alkalis ,  welches  hierdurch  in  antimonsaures  Salz  über- 
gebt. Bei  Verhältnissen,  welche  zwischen  beiden  angegebenen  liegen, 
«st  die  Mischung  weniger  strengflüssig;  bei  gleichen  Theilen  Schwefel- 
antimon  und  kohlensaurem  Alkali  scheiden  sich  nur  5  Froc.  Metall  ab, 
bei  2Ys  Thln.  des  ersteren  uud  1  Thl.  des  anderen  bemerkt  man  keine 
Abscheidung.  In  dem  Yerhältniss,  als  die  Menge  des  Schwefelantimons 
in  diesen  Mischungen  zunimmt,  wird  die  gebildete  Antimonleber  weniger 
anflöalich  im  Wasser.  Der  unauflösliche  Bückstand  enthält  das  über- 
schüssige Schwefelantimon,  verbunden  mit  einer  Portion  des  Alkali- 
metallsulfurets  und  mit  Oxyd;  er  ist  von  derselben  Beschaffenheit,  wie 
der  auf  nassem  Wege  dargestellte  Crocus,  enthält  aber  in  den  meisten 
FälleD  mehr  Schwefelantimon. 

£uiiltes  und  heisses  Wasser  verhält  sich  gegen  diese  Antimonleber 
genau  wie  Aetzlauge  gegen  Schwefelantimon  unter  denselben  Um- 
ständen. 

Verhalten  der  kohlensauren  Alkalien  gegen  Schwefel- 
antimon auf  nassem  W^ege.  Theorie  der  Kermesbildung. 
ErystaUinisches  wie  amorphes  Schwefelantimon  werden  in  der  Kälte  von 
wässerigen  Losungen  kohlensaurer  Alkalien  nicht  angegriffen,  in  der 
Wärme  hingegen  erfolgt  vollkommene  Auflösung,  bei  dem  auf  nassem 
Wege  dargestellten  Schwefelantimon  leicht,  bei  gewöhnlichem  schwierig. 
Die  heisse  Auflösung,  wenn  sie  bei  Abschluss  der  atmosphärischen  Luft 
gemacht  ist,  enthält  dieselben  Producte,  wie  die  vollkommene  Auf- 
^öaong  (S.  126)  des  amorphen  Schwefelantimons  in  kalter  Kalilauge; 
ne  trübt  sich  beim  Erkalten  und  setzt  einen  graubraunen  Nieder- 
ichlag  ab;  er  ist  von  der  nämlichen  Beschaffenheit  und  besitzt  die- 
selbe Zusammensetzung y  wie  der  Niederschlag,  welcher  durch  Zusatz 
TOD  doppelt-kohlensaurem  Alkali  zu  der  kalten  vollkommenen  Auflösung 
des  Schwefelantimons  in  Aetzkali  gebildet  wird. 

Wie  schon  früher  erwähnt,  enthält  der  Niederschlag  zwei  Verbin- 
dungen, nämlich:  1)  Schwefelantimon-Sciiwefelalkalimetall 
and  2}  Schwefelantimon-Antimonoxyd.  Die  Flüssigkeit  enthält 
Dach  der  Abscheidung  dieses  Niederschlages  eine  gewisse-  Portion 
Seh  wefelalka  limetall. 

Wird  die  Auflösung  des  Schwefelantimons  in  heissem  kohlensauren 
Alkali  bei  Zutritt  der  Luft  längere  Zeit  gekocht,  so  wird  diu-ch  die 
Einfrirkung  des  Sauerstoffs  die  Zusammensetzung  und  Beschaffenheit 
des  sich  bildenden  Niederschlages  geändert.  Von  dem  vorhandenen 
Schwefelnatrium  oxydirt  sich  nämlich  ein  Theilauf  Kosten  des  Sauer- 
stoffs der  Luft,  und  dieser  giebt  seinen  Schwefel  an  eine  Portion  des  auf- 
gelösten Schwefelantimons  ab,  welches  dadurch  in  Antimonpersulfid  über- 
geht, das  beim  Erkalten  in  Auflösung  bleibt.  Die  Menge  des  Antimon- 
Qxjds  ist  daher  die  nämliche  geblieben,  die  des  Schwefelantimons  hat 
lidi  aber  um  diejenige  Quantität,  welche  in  Auflösung  bleibt,  vermindert. 
Die  Menge  des  Schwefelnatriums  hat  ebenfalls  abgenommen,  denn  ein 
Theil  davon  hat  sich  oxydirt  Die  Menge  des  vorhandenen  Antimon- 
oxyds  reicht  jetzt  nicht  allein  hin,  um  alles  Schwefelalkalimetall  in  sei- 
ner Verbindung  mit  dem  niederfallenden  Schwefelantimon  zu  ersetzen, 

UaadwdrUrbndi  der  Chemie.  2te  Aad.   Hd.  IL  \j 


130  Antimonsulfide. 

sondern  ea  bleibt  noch  eine  gewisse  Portion  Antimonoxyd-Alkali  frei 
in  der  Flüssigkeit;  es  fällt  eine  Verbindung  nieder  von  Schwefel- 
antimon -Antimonoxyd  Ol  und  dieses  ist  der  eigentliche  medicini- 
sehe  Kerroes;  meistens  ist  er  gemengt  mit  kleinen  Portionen  Anti- 
monoxyd-Alkali. 

Nach  dieser  Yerfahrungaweise  dargestellt,  besitzt  der  Kerm  es  einen, 
wie  angegeben,  unter  Umständen  ziemlich  constanten  Gehalt  an  Antimon- 
oxyd  deshalb,  weil  bei  Anwendung  der  kohlensauren  Alkalten  dasjenige 
Schwefelantimon,  welches  davon  angegriffen  wird ,  unter  allen  Umstän- 
den vollkommen  und  ohne  Rückstand  in  die  Auflösung  eingeht,  in 
der  Art  also,  dass  die  ganze  Quantität  der  gebildeten  Producte  gleich- 
zeitig in  der  nämlichen  Flüssigkeit  sich  befindet. 

Man  hat  eine  Zeitlang  angenommen,  dass  das  kohlensaure  Alkali 
die  Eigenschaft  besitze,  Schwefelantimon  in  der  Wärme  ohne  Zersetzung 
aufzulösen  und  beim  Erkalten  unverändert  wieder  fallen  zu  lassen,  und 
die  Aehnlichkeit  in  der  Farbe  ist  die  Ursache  gewesen,  dass  man  den 
Kermes  häufig  mit  anderen  auf  nassem  Wege  gebildeten  Schivefel- 
antimon -Niederschlägen  identisch  hielt;  allein  man  hat  die  Zersetsang 
nicht  beachtet,  welche  der  Kermes  durch  anhaltendes  Auswaschen  erlei- 
det; er  unterscheidet  sich  von  allen  ähnlichen  Schwefelantimon-Nieder- 
schlägen darin,  dass  er  kein  alkalisches  Schwefelmetall  enthält, 
immer  vorausgesetzt,  dass  die  Vorschrift,  welche  zu  seiner  Darstellung 
angegeben  worden,  genau  befolgt  wird. 

Es  ergiebt  sich  aus  dem  Vorhergehenden,  warum  die  durch  Schmel- 
zen dargestellten  Präparate,  welche  in  der  Medicin  mit  Unrecht  dem 
wahren  Kermes  substituirt  wurden,  in  ihrer  Zusammensetzung  von  ihm 
abweichen,  und  wie  wenig  man  Ursache  hat,  sie  für  identisch  damit  zu 
halten.  Die  zu  dieser  Darstellung  angewendeten  Antimonlebem  ent- 
halten entweder  Antimonoxyd  oder  antimonige  Säure;  um  die  Bildung 
der  letzteren,  oder  vielmehr  die  Abscheidung  von  Metall,  zu  vermeiden, 
ist  bei  manchen  Vorschriften  ein  Zusatz  von  Schwefel  vorgeschrieben. 
Von  der  irrigen  Voraussetzung,  dass  der  ältere  Kermes  lediglich  amor- 
phes Schwefelantimon,  und  von  dem  gewöhnlichen  bloss  durch  die  Form 
oder  den  grösseren  Grad  von  Vertheilung  verschieden  sei,  sind  femer 
bei  der  Darstellung  der  Antimonleber  einige  Vorschriften  ausgegangen, 
nach  welchen,  um  das  durch  Schmelzen  gebildete  Oxyd  zu  zerstören, 
der  Mischung  eine  gewisse  Portion  Kohle  oder  Weinstein  zugesetzt 
wird.  Ueber  das  Verhalten  der  letzteren  verweisen  wir  auf  die  Anga- 
ben über  Antimonleber  (S.  124  u.  folgd.))  in  Beziehung  auf  die 
anderen  begnügen  wir  uns.  Folgendes  vor  Augen  zu  bringen. 

Die  zur  Darstellung  des  Kermes  benutzten  Antimoniebern  ent- 
halten: Schwefelantimon,  verbunden  mit  Schwefelalkali- 
metall; Antimonoxysulfid;  Antimonoxyd-Alkali;  femer  über- 
schüssiges Schwefelantimon;  das  Oxysulfid  und  das  Oxyd- Alkali 
sind  nach  dem  Schmelzen  ganz  unauflöslich  oder  kaum  noch  aufloslich 
in  kaltem  Wasser. 

Werden  diese  Antimonlebern  mit  kaltem  Wasser  behandelt,  so  löst 
sich  auf:   (überschüssiges)  Schwefelalkalimetall  und  Schwefel- 


)  Nach  H.  Kose  soheidet  sich  zuerst  reines  oder  fist  reines  Autimonsulfid  ab, 
^  erst  beim  vollständigen  Erkalten  fWlt  ein  an  Antimonoxyd  reicher  Niederschlag 
"den. 


Autimonfiulfide.  181 

SB ti m 0 D ;  es  bleibt  als  Bückstand :  (äberschüssiges)  Schwefelanti- 
mon-Schwefelalkalimetall;  Antimonoxyd- Schwefelantimon 
ODd  Antimonoxyd-Alkali.  Die  Auflösung  in  kochendem  Wasser 
eathät  eine  grössere  Portion  Schwefelantimon^  ab  sie  in  der  Kälte  zu- 
niekbehalten  kann;  es  wird  ferner  von  dem  heissen  Wasser  eine  ge- 
wiae,  obwohl  sehr  kleine  Portion  Antimonoxyd -Alkali  aufgelöst,  und 
iwiD  Erkalten  der  Flüssigkeit  erhält  man  mithin  einen  Niederschlag, 
vBleher  ein  Gemenge  ist  von  vorwaltendem  unlöslichen  Schwefelantimou- 
Sdiwefelalkalimetall  mit  geringen  Portionen  Kermes,  dessen  Entstehung 
^orch  das  aufgelöste  Antimonoxyd  bedingt  ist. 

Hätte  sich  die  Antimonieber  vollkommen  im  Wasser  aufge- 
iöit,  enthielte  mithin  die  Auflösung  alles  gebildete  Antimonoxyd,  so 
würde  man  beim  Kochen  an  der  Luft  einen  wahren  Kerraes  erhalten 
Uten;  aber  es  bleibt  hierbei  stets  ein  Rückstand,  welcher  ^Vioo  ^^ 
cBCilandenen  Antimonoxyds  enthält,  und  das  erhaltene  Präparat  muss 
ii  demselben  Verhältniss  von  dem  eigentlichen  Kermes  in  seinem  Oxyd- 
gshak  verschieden  sein,  als  dieser  Rückstand  mehr  oder  weniger  be^ 

Verhalten  des  amorphen  Schwefelantimons  zu  Antimon- 
oxjd  auf  nassem  Wege.  Beide  Materien  besitzen  zu  einander  eine 
nageseichnete  Verwandtschaft;  feucht  zusammengebracht  entstehen 
mkrttt  Verbindungen,  verschieden  in  ihrer  Beschafl'enheit  und  in  ihi*er 
Zosimmensetznng  von  dem  Kermes.  Bringt  man  zu  einer  in  der 
Kihs  gesättigten  Auflösung  von  Schwefelantimon  in  Schwefelkalium 
Coidi  niedergeschlagenes  Algarothpulver,  so  verwandelt  sich  dies  äugen* 
Uidlich  in  eine  braune  Verbindung  von  Oxyd  mit  Schwefelantimon; 
te^  geschieht,  wenn  man  Schwefelantimon  in  einer  verdünnten 
Müsnng  von  Antiraonchlorid  vertheilt  und  nachher  Wasser  zusetzt, 
^  dus  Oxyd  anfängt  Bic\\  niederzuschlagen.  Die  Verbindung,  welche 
fa  entsteht,  ist  gelb.  Man  hat  beide  lange  Zeit,  und  auch  jetzt  noch, 
ätdem  Orocua  Änümonn  verwechselt;  allein  letzterer  enthält  30  bis 
36Proc.Antimonoxyd«Alkali,  welches  in  den  erwähnten  Verbindungen 

Verhalten  von  Baryt,  Kalk  und  anderen  Oxyden  ge- 
gen Schwefelantimon.  Das  gewöhnliche  Antimonsulfid  mit  Kalk, 
^iryt  oder  Strontian  zusammengeglüht,  wird  auf  eine  ähnliche 
Weile  zerlegt,  wie  bei  Behandlung  mit  fixen  und  kohlensauren  Alka- 
Ikb;  es  bilden  sich  Verbindungen  von  Antimonsulfid  mit  Schwefel-Cal- 
^■ni,  -Barium,  -Strontium,  und  auf  der  anderen  Seite  von  Antimonoxyd 
vt  Sekwefelantimon.    Diese  Verbindungen  sind  im  Wasser  unlöslich. 

Schmilzt  man  Bleioxyd  im  Ueberschuss  mit  Antimonsulfid  zusam- 
■O)  so  entwickelt  sich  schweflige  Säure,  es  entsteht  Antimonoxyd  und 
■ctftllisches  Blei;  ist  das  Antimonsulfid  iih  Ueberschuss  vorhanden,  so 
icbnilzt  es  mit  dem  Bleioxyd  ohne  Abscheidung  von  Metall  zusammen. 
KtManganhyperoxyd  unter  denselben  Umständen  behandelt,  erhält 
■tti  onter  Entwickelung  von  schwefliger  Säure  Gremenge  von  Antlmon- 
^  mit  Manganoxydul. 

Sekwefelantimon  mit  schwefebaurem  Bleioxyd  zusammengeschmol- 
^  serlegt  dieses  Salz  unter  Entwickelung  von  schwefliger  Säure  und 
^Utmg  Yon  Antimonoxyd.  Hierbei  wird  meistens  eine  gewisse  Quan- 
^  Bleioxyd  zu  Metall  reducirt. 

9* 


132  Antimonsulfide. 

Antimonpersulfllr. 

Antimonsulfid,  das  der  antimonigen Säure  entsprechende  SuU 
&bS4  ist  nicht  mit  Sicherheit  bekannt.  Die  Lösung  von  antimonig) 
Säure  in  Salzsäure  giebt  mit  Schwefelwasserstoffgas  einen  rothen  Ni 
derschlag;  ein  ebensolcher  wird  durch  Auflosen  von  antimoniger  Säui 
in  Kaliumsulfhydrat  und  Fällen  der  Lösung  mit  Säure  erhalten.  Di 
ser  Niedersciilag  schmilzt  beim  Erhitzen  und  zerfällt  dabei  in  Anl 
monsulftd  und  Schwefel.  Wir  wissen  von  diesem  Körper  noch  wen 
ger  als  von  der  entsprechenden  Sauer stofiverbindung. 

Antimonpersulfid. 

Sulfantimonsäure,  Fünffach-  oder  Zweieinhaibfacli 
Schwefelantimon,  Spiessglanzschwefel ,  Goldschwefe 
Sulfur  Quratum  antimonii^  Sulfur  stibiatum  aurantiaoum^  Sui 
fidum  stibicum.  Das  Antimonpersulfid  lässt  sich  nicht  durch  Zusan 
nienschmelzen  von  Antimonsulfid  mit  Schwefel  für  sich  darstellen,  diesi 
verflüchtigt  sich,  und  es  bleibt  reines  Sulfid  zurück;  nur  unter  Einwi: 
kung  von  Alkalimetallsolfureten  geht  das  Antimonsulfid  unter  Aufnahm 
von  Schwefel  oder  unter  Abscheidung  von  Antimonmetall  (S.  127  i 
129)  in  Persnlfid  über.  Man  erhält  dasselbe  auch,  vielleicht  in  Verbii 
düng  mit  Wasser,  indem  eine  Lösung  von  Antimonperchlorid  in  wässi 
riger  Weinsäure  mit  Schwefelwasserstoffgas  gefällt  wird. 

Die  gewöhnlichen  Methoden  zur  Darstellung  des  Persulfids  bestehe 
alle  darin,  dass  man  eine  Verbindung  desselben  mit  einem  Schwefelalkal 
metall,  Antimonpersulfid -Natrium  z.  B.,  darstellt  und  diese  in  Wbsh 
gelöst  mit  einer  Säure  versetzt,  die  das  Schwefelnatrium  zersetzt,  ei 
Alkalisalz  unter  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoff  bildend,  und  di 
Antimonpersulfid  fallt.  Die  Darstellung  des  Antimonpersulfidalkal 
roetalles  kann  auf  nassem  oder  auf  trockenem  Wege  geschehen,  indei 
man  ein  ätzendes  Alkali  (auch  Kalk)  mit  Schwefelantimon  Schwef« 
und  Wasser  kocht,  oder  durch  Kochen  von  Antimonleber  mit  Schwef« 
und  Schwefelantimon,  oder  indem  man  Schwefelantimon  mit  Kohle  un 
schwefelsaurem  Alkali,  oder  endlich  indem  man  Schwefelantimou  m 
kohlensaurem  Alkali  und  Schwefel  glüht  und  das  Product  der  beide 
letzteren  Operationen  in  heissero  Wasser  löst  und  filtrirt. 

Der  Darstellung  des  Goldschwefels  geht  demnach  diejenige  vc 
einem  löslichen  Suliantimoniat  voraus,  dessen  wässerige  Lösung  m 
einer  Säure  zersetzt  wird ,  damit  sich  die  Sulfantimonsäure  daraus  al 
scheide,  welche  auf  einem  Filter  zu  sammeln  und  auszuwaschen  ii 
Manche  der  Präparate,  die  auf  diese  Weise  gewonnen  werden,  könne 
mechanisch  beigemengten  präcipitirten  Schwefel  enthalten,  wenn  d« 
beim  Kochen  oder  Glühen  hinzugeftigte  Schwefel  theilweise  dazu  dienl 
eine  höhere  Schweflungsstufe  des  Alkalimetalles  herzustellen,  die  \n 
Zersetzung  durch  Säure  Schwefel  fallen  lässt. 

In  älteren  Zeiten  ward  dieses  Präparat  aas  Antimonlebem  darg< 
stellt,  welche  zuerst  einige  Zeit  der  Luft  ausgesetzt  waren ;  auf  vorsid 
tigen  Zusatz  von  Säuren  fällt  dann  zuerst  kermesbraunes  Antinioi 
Sulfid,  und  erst  bei  weiterem  Sänrezusatz  fällt  das  orangefarbene  Sä 
phur  auratum  tertiae  praecipitationis.  Später  stellte  man  gelöst^ 
unreines  Sulfantimoniat  dar,  indem  man  Kalkhydrat  (oder  kohlensaurt 
Kali  oder  Natron  nach   Zusatz  von  Kalk),  mit  Schwefelantimon  nfl 


Antimonsulfide.  133 

Schwefel  kochte,  die  erhaltene  Lösung  wird  mit  Salzsäure  gefällt  Das  so 
erhaltene  PräfMirat  ist  meistens  unrein,  wenigstens  fehlt  alle  Garantie 
dff  Beinheit. 

Um  ein  reines  Präparat  zu  erhalten,  ist  daher  der  sicherste  Weg, 
nerst  sich  reines  krystallisirtes  Natrium •  Antimon persulfid  (Sohlip- 
pt'sehes  Salz,  s.  unten  Natrium-Sulfantimoniat)  darzustellen, 
isd  dessen  Lömng  mit  Säure  zu  zersetzen.  Nach  der  preussischen 
Pharmakopoe  wird  1  Pfund  Yon  lufttrockenem  Schlippe'schen  Salze 
ia  5Pfd.  gewöhnlichem  Wasser  gelöst,  filtrirt,  und  das  Filtrat  mit  25  Pfd. 
Wasser  verdünnt.  Dazu  wird  nun  ganz  allmälig  eine  erkaltete  Mischung 
aas  4^  s  Unzen  reiner  Schwefebäure  und  8  Pfd.  Wasser  gesetzt.  Der 
eotitaodene  Niederschlag  soll  auf  ein  Filter  gebracht  und  zuerst  mit 
gameinem,  dann  mit  destillirtem  Wasser  ausgewaschen  werden.  Nach- 
dem dies  geschehen,  wird  derselbe  zwischen  Fliesspapier  ausgedrückt, 
bei  etwa  20®  C.  getrocknet  und  zerrieben  in  gut  verschlossenen  Gläsern 
im  Dunkeln  aufbewahrt. 

Nach  Mohr  erhält  man  den  schönsten  und  reinsten  Goldschwefel, 
wenn  10  Thle.  frisch  bereitetes  Schlippe' sches  Salz  in  60  Thln.  de- 
itillirten  Walsers  gelöst  werden  und  diese  Lösung  in  ein  Gemisch  von 
Sbii  4  Thln.  Schwefelsäure  mit  100  Thln.  Wasser  unter  fortwährendem 
ÜBirnhren  eingegossen  wird.  Den  entstehenden  Niederschlag  lässt  man 
ibietzen,  giesst  die  überstehende  Flüssigkeit  ab,  rührt  ihn  mit  viel  de- 
idllirtem  Waeaer  auf  und  wiederholt  dies  so  oft ,  bis  er  volbtändig  von 
aOeo  löslichen  Theilen  befreit  ist,  und  eine  Probe  des  Wassers  durch 
Chlorbarium  nicht  mehr  stiirk  getrübt  wird.  Hierauf  lässt  man  mög- 
fiehit  gut  absetzen  und  bringt  den  Niederschlag  auf  ein  dichtes  leinenes 
loch,  in  dem  man  ihn  auspresst.  Er  wird  alsdann  auf  Löschpapier 
and  Ziegeleteine  vertheilt,  möglichst  schnell  an  der  Luft  getrocknet  und 
a  feinem  Palver  zerrieben. 

Die  anzuwendende  Schwefelsäure  braucht  nicht  destillirt  zu  sein, 
ne  muse  aber,  nachdem  sie  mit  etwa  ihrem  6-  bis  lOfachen  Gewicht 
Wasser  verdünnt  worden,  mit  Schwefelwasserstoff  behandelt  werden,  um 
lOes  Blei  und  Arsen  daraus  zu  entfernen. 

Giesst  man  die  Säure  langsam  in  die  Lösung  des  Salzes,  statt  um- 
gekehrt, so  erhält  man  in  Folge  der  länger  andauernden  Einwirkung  der 
naersetzten  Salzlösung  auf  den  Niederschlag,  indem  sie  d^m  schon  gefäll« 
teo  Goldschwefel  etwas  Schwefel  entzieht,  diesen  von  brauner  hässlicher 
Farbe.  Daher  empfiehlt  Mohr,  die  Salzlösung  in  die  Säure  zu  giessen 
ii^  umgekehrt.  Aber  auch  die  saure  Flüssigkeit  darf  man  mit  dem  Niedcr- 
vhlage  nicht  zu  lange  in  Berührung  lassen,  da  dieselbe  ebenfalls  darauf 
anwirkt.  Er  ist  daher  durch  Auswaschen  sorgfältig  von  Säure  zu 
hdreien,  waa  nur  durch  Decantiren,  nicht  aber  auf  dem  Filter  gut  gelingt. 

Der  Goldschwefel  stellt  eine  dunkel  orangefarbene  oder  gelbrothe, 
kwe  zusammenhängende  oder  pulverige  Masse  dar,  die  schwach  Brechen 
erregende  Eigenschaften,  sehr  schwachen  Schwefelgeruch  und  süsslichen 
Sdtwefelgeschmack  hat.  Das  Antimonpersulüd  zersetzt  sich,  wenn  es  bei 
abgehaltener  Luft  bis  zum  Siedepunkt  des  Schwefels  erhitzt  wird,  in 
gnnes  Schwefeiantimon  und  Schwefel  (Mitscherlich).  An  der  Luft 
oUlit,  brennt  es  mit  Flamme.  Feucht  an  der  Luft  liegend,  zersetzt  es 
lieh  nach  langer  Zeit  zu  einem  kleinen  Theil  in  Antimonoxyd.  Erhitzte 
CUorwasserstoffsänre  entwickelt  daraus  Schwefelwasserstoff,  scheidet 
^wefel  ab  und  bildet  wässeriges  Antimonchlorid,  kalte  Säure  ertheilt 


1 34  Antimonsulfide. 

ihm  eine  mehr  grauliche  Farbe ,  wahrscheinlich  in  Folge  der  Bildung 
von  Antimonsulfid  and  Freiwerden  zweier  Aeqaivalente  Schwefel.  Der 
Goldschwefel  löst  sich,  bei  Abschlnss  der  Luft  damit  zerrieben,  in  wis* 
serigem  Ammoniak  vollständig,  und  zwar  leichter  in  erwärmtem  als  in 
kaltem,  aus  der  Lösung  wird  derselbe  durch  Zusatz  einer  Säure  wiedei 
ausgeschieden;  bleibt  beim  Lösen  in  Ammoniak  ein  brauner  Bückstand 
so  lässt  dieser  .auf  beigemengtes  Sulfid  schliessen ;  ein  gelblicher  odei 
weisser  Rückstand  rührt  von  beigemengtem  Schwefel  oder  von  Anti« 
roonsäure  her.  Ward  der  Goldschwefel  aus  einer  Lösung  gefÜlt 
welche  Alkalimetallpolysulfuret  enthält,  so  fällt  Schwefel  mit  nieder, 
und  der  Niederschlag  ist  dann  heller  gelbroth  als  das  reine  Persulfid 
Arsen  enthält  er  nicht,  wenn  er  aus  krjstallisirtem  Natriumsullanti' 
rooniat  gefällt  ward.  In  Kali-  oder  Natronlauge  sowie  in  Schwefel' 
ammonium  ist  er  leicht  löslich.  Die  kohlensauren  Alkalien  und  Baryt 
Wasser  wirken  ähnlich  ein.  Lösungen  von  Kupfervitriol  oder  Salpeter 
saurem  Silberoxyd  bilden  damit  Antimonpersulfid-Kupfer  oder  Antimon 
persnlfid- Silber  und  Antimonsäure. 

Einige  Chemiker  haben  früher  das  Antimonpersulfid  nicht  als  ein« 
eigenthüroliche  Verbindung  gelten  lassen  wollen,  weil  Terpentinöl  un« 
Schwefelkohlenstoff  demselben  etwas  Schwefel  entziehen,  und  weil  bein 
Erhitzen  bis'  zum  Siedepunkt  des  Schwefels  ein  Theil  desselben  ent 
weicht.  Da  aber  diese  Entziehung  von  Schwefel  nur  sehr  langsan 
und  unvollständig  erfolgt,  und  selbst  nach  Stunden  langem  Kochen  mi 
Schwefelkohlenstoff  kaum  1  bis  2  Proc.  aufgenommen  werden,  so  u 
dies  nur  als  eine  theilweise  Zersetzung  des  Antimonpersulfids  anzusc 
hen,  namentlich  wenn  man  ins  Auge  fasst,  welche  ausgezeichnete,  zui 
Theil  sehr  schön  krystallisirende  Verbindungen  mit  anderen  Schwefel 
metallen  dieser  Körper  liefert,  und  dass  sich  beim  Zusammenschmelze 
von  Einfach-  Schwefelkalium  mit  Antimonsulfid  unter  Ausscheidung  vo 
Antiraonmetall  Antimonpersulfid -Kalium  bildet  (H.  Rose). 

Antimonpersulfidsalze,  Sulfantimoniate.  Das  Antimoi 
persulfid  geht  mit  einer  grossen  Reihe  alkalischer  und  schwermetall 
scher  Sulfurete  Verbindungen  ein,  die  wir  als  Sulfosalze  ansehen  könnet 
Dass  dieses  Sulfid  eine  grosse  Verwandtschaft  zu  den  Sulfureten  ha 
geht  aus  dem  Verhalten  des  Antimonsulfid  (SbSg)  beim  Schmelzen  m 
Kaliumsulfuret  hervor,  wobei  sich  das  Sulfid  zerlegt  in  Persulfid  undAnt 
monmetall  (S.  127  u.  129).  Die  Verbindungen  des  Antimonpersulfids  m 
den  Sulfureten  der  Metalle  der  Alkalien  und  alkalischen  Erden  sind  i 
Wasser  sehr  löslich,  und  krystallisiren  zum  grössten  Theile,  viele  Krjstal 
Wasser  enthaltend;  in  Alkohol  scheint  keine  derselben  löslich  zu  seil 
mit  den  Schwefelverbindungen  der  schweren  Metalle  bildet  es  anlösl 
che  Verbindungen.  Die  löslichen  Antimonpersulfidsalze  werden  sehe 
durch  Kohlensäure  unter  Schwefelwasserstoffentwickelung  zerlegt,  d 
unlöslichen  häufig  nur  durch  Salpetersäure  und  Königswasser. 

Die  N»>ncentrirten  Lösungen  des  Antimonpersulfid  -  Kaliums  ni 
-Natriums  vermögen  auch  im  Sieden  keine  grössere  Menge  des  Persu 
fids  zu  lösen,  wodurch  sie  sich  wesentlich  von  den  Antimonsulfidverbii 
düngen  unterscheiden.  Durch  Zusatz  von  Schwefelkalium  oder  -N 
trium  bilden  sich  keine  basische  Verbindungen. 

Die  Alkaiimetall  enthaltenden  Salze  werden  beim  Glühen  in  vc 
schlossenen  Gefässen  nicht  zersetzt,  die  Verbindungen  mit  den  achw 


Antimonsulfide.  135 

nn  Metaliea  geben  Schwefel  ab  und  es  bleiben  Antimonfiulfid- Verbin- 
dungen von  der  Zusammensetzung  3  RS  -f-  SbSa. 

Die  loslichen  Verbindungen  des  Antimonpersulßds  mit  basischen 
Scbwefelmetallen  lassen  sich  auf  sehr  verschiedene  Weise  hervorbringen, 
entweder  durch  Digestion  von  Antimonpersulfid  mit  Lösungen  von  ba- 
uschen Schwefelmetallen  oder  Sulfhydraten  —  in  letzterem  Falle  wird 
Bstorlieh  Schwefelwasserstoff  frei;  oder  indem  man  Lösungen  von 
andmonsanrem  Salc  mit  Schwefelwasserstoff  behandelt  (da  die  neutra- 
len Saoerstoffsalze  (BO .  SbOs)  den  Schwefelsalzen  (3  RS .  SbS»)  nicht 
proportional  sind,  so  wird  dabei  Antimonpersulfid  ausgeschieden);  oder 
^DTch  Auflösen  des  Persulfids  in  den  Hydraten  der  Alkalien  und  alka- 
üscheD  Erden,  es  bildet  sich  hierbei  dann  zugleich  antimonsaures  Salz, 
welches  zumeist  in  der  Kälte  als  unlösliches  weisses  Pulver  sich  abschei- 
^  Deshalb  entwickeln  diese  Lösungen  auf  Zusatz  von  Säuren  Schwe- 
felwasserstoff. Bei  Anwendung  von  kohlensauren  Alkallen  erhält  man 
bei  längerem  Kochen  unter  allmäliger  Entwickelung  von  Kohlensäure 
dieselben  Producte.  Digerirt  man  Antimonsulfid  mit  kohlensaurem  Kali, 
Sdiwefel  und  gebranntem  Kalk,  so  entsteht  ebenfalls  eine  Lösung  von 
Antimonpersulfid -Kalium.  Dieselbe  Verbindung  bildet  sich  auch  durch 
Zottminenschmelzen  dieser  Materialien  oder  von  Schwefelkalium  mit 
Antifflonpersulfid  oder  Antiroonsulfid,  im  letzten  Fall  unter  Abscheidung 
von  Aotimonmetall. 

Die  unlöslichen  Verbindungen  des  Antimonpersulfids  mit  den  Sul- 
fnreten  der  schweren  Metalle,  nach  der  Formel  SRS.SbSs  zusammen- 
geaetst,  bilden  sich,  wenn  man  in  die  Lösung  von  Antinionpersulfid-Na- 
tnom  eine  für  ihre  Zersetzung  unzulängliche  Menge  von  neutralen  Me- 
ttUoxydlösungen  tropft.  Setzt  man  dagegen  zu  überschüssiger  Metall- 
nydlösang  eine  zur  völligen  Zersetzung  nicht  hinreichende  Quantität 
Ton  Aotimonpersulfid- Natriumlösung  und  kocht  den  Niederschlag  we- 
Digftens  ^4  Stunde  lang  mit  der  Flüssigkeit,  so  enthält  jener  Sauerstoff 
Bfid  diese  zeigt  einen  Gehalt  an  freier  Säure.  Die  Zusammensetzung 
dieser  Niederschläge  lässt  sich  meistens  durch  die  Formel  8  RS  .  SbS» 
-f  5R0  oder  8BS-|-Sb05  ausdrücken.  Letztere  Formel  scheint  die 
liehtige  zu  sein.  Man  muss  nämlich  in  Folge  des  Verhaltens  von  Ar- 
iespersulfid-Natrium zu  neutralen  Metalloxydsalzen  annehmen,  dass  die 
angefahrten  Niederschläge  nur  Gemenge,  nicht  Verbindimgen  von  Schwe- 
ielmetall  mit  Antimonsäure  sind,  und  dass  letztere  sich  nur  ihrer  Ünlös- 
Kehkeit  halber  mit  ersteren  vermischt.  Tropft  man  nämlich  in  neutrale 
schwefelsaure  Kupferozydlösung  eine  Auflösung  von  Arsenpersulfid -Na- 
^Äun,  so  erhält  man  einen  Niederschlag  von  reinem  Kupfersulfid,  und 
>Be  Arsensäore  bleibt  in  der  Flüssigkeit.  Antimonpersulfid ,  mit  salpe- 
t^nsorer  Silber-  oder  schwefelsaurer  KupferoxjdlÖsung  übergössen, 
^  sogleich  braun  und  beim  Erwärmen  schwarz.  Es  entsteht  Antimon- 
P^nolfid- Silber  (oder  -Kupfer)  und  Antimonsäure.  Diese  sowie  alle 
folgeoden  Angaben  über  die  Antimonpersulfidverbindungen  sind  einer 
Arbeit  von  Bammelsberg  ^)  entnommen. 

Ammonium -Antimonper  Sulfid,  Ammoniumsulfantimo- 
siftt,  3NH4S  .  SbS^,  wird  erhalten,  wenn  man  überschüssiges  Anti- 
oonpersolfid  mit  reinem,  ammoniakfreiem  Schwefelammonium  digerirt. 
^  Salz  lässt  sich  nicht  im  festen  Zustande  darstellen ,  denn  die  gelbe 

^)  Aaiua.  d.  Fhyu.  Bd.  LH,  S.  198  f\\ 


136  Antinionsulfide. 

Lösung  wird  sowohl  beim  Concentriren,  selbst  bei  Luftabschlüsse  al 
durch  Vermischen  mit  Alkohol  theil weise  zerlegt.  Letzterer  bewirkt  di 
Fällung  eines  kermesfarbigen  Niederschlages,  aus  dem  Kalilauge  An 
moniak  entwickelt.  Es  wäre  aber  leicht  möglich,  dass  dieses  nu 
beigemengt  und  nicht  in  chemischer  Verbindung  enthalten  gewese 
wäre. 

Barium-Antimonpersulfid,  Bariumsulfantimoniat,  3BaS 
SbSs  -|-  6  HO,  bildet  sich,  wenn  in  eine  Schw^felbariumlösung  s 
lange  frisch  gefälltes  Antimonpersulfid  eingetragen  wird,  als  noch  L^ 
sung  stattfindet,  und  man  die  gelbliche  Flüssigkeit  mit  Alkohol  versetz 
wodurch  sich  das  Salz  in  sternförmig  gruppirten  Nadeln  abscheide 
die  an  der  Luft  nicht  zerfliessen,  sich  aber  mit  einem  braunen  kerme< 
farbigen  Ueberznge  bedecken.  Durch  Glühen  von  schwefelsaurem  Baiy 
Kohle,  Schwefel  und  Antimonsulfid  erhält  man  die  Verbindung  nich 
Wasser  löst  aus  der  geglühten  Verbindung  nur  sehr  wenig  auf.  Kocl 
man  Barjthjdrat  mit  Antimonpersulfid,  so  bildet  sich  Antimonsäure,  wi 
bei  der  Behandlung  mit  Kali,  nur  verhältnissmässig  in  noch  grossere 
Menge  (s.  Kalium- Antimonpe'rsulfid). 

Blei-Antimonpersulfid,  Bleisulfantimoniat,  3PbS.SbS. 
bildet  sich,  wenn  eine  Lösung  von  Bleizncker  in  aufgelöstes  Antirooi 
persulfid- Natrium  getröpfelt  wird.  Man  darf  die  Lösungen  nicht  t 
concentrirt  anwenden,  muss  langsam  und  unter  starkem  Umrühren  si 
giessen,  den  Niederschlag  mit  der  Flüssigkeit  einige  Zeit  in  der  Wärm 
digeriren  und  dabei  stark  und  oft  umrühren.  Es  wird  nämlich  jede 
Tropfen  Bleilösung  bei  seinem  Einfallen  leicht  von  einer  Hülle  de 
Niederschlages  umschlossen ;  bringt  man  den  Niederschlag  so  auf  da 
Filter,  so  läuft  die  Antimonpersulfid-Natrium  haltende  Flüssigkeit  zuen 
ab;  alsdann  wirkt  die  eingeschlossene,  unzersetzte  Bleizuckerlösung  ai 
das  Blei- Antimonpersulfid,  die  Essigsäure  wird  frei  und  diese  entwickel 
.  aus  dem  noch  nicht  ganz  abgelaufenen  Antimonpersulfid  -  Natrini 
Schwefelwasserstoff*.  Man  erhält  daher  bei  Nichtbeachtung  der  angege 
benen  Vorsichtsmaassregeln  jenes  Salz  mit  Schwefelblei  und  Antimoi 
persulfid  gemischt 

Einen,  8  Aeq.  Blei,  8  Aeq.  Schwefel,  1  Aeq.  Antimon  und  5  Ae( 
Sauerstoff*  enthaltenden  Niederschlag  giebt  eine  Antimonpersulfid -Ns 
triumlösung,  wenn  sie  in  überschüssige  Bleizuckerlösung  getropft  nn 
längere  Zeit  damit  gekocht  wird.  Die  Flüssigkeit  zeigt  stark  saure  Reactioi 
(3NaS.SbS5)-f  8(PbO.C4H303)  +  8HO  =  8PbS  +  Sb05-f  3Na( 
-j-  8  C4H4O4.  Beim  Erwärmen  des  Niederschlages  mit  Kalilauge  bleibt  rei 
nes  Schwefelblei  zurück;  die  Kalilauge  lässt  bei  Uebersättigung  mit  Sali 
säure  weisse  Antimonsänre  niederfallen.  Erhitzt  man  den  Niederschla, 
in  geschlossenen  Gefässen  möglichst  rasch  und  stark,  so  entweicht  vi« 
schweflige  Säure,  es  sublimirt  aber  kein  Schwefel;  der  halb  geschmol 
zene  Rückstand  ist  mit  krystallisirtem  Antimonoxyd  überzogen  und  ent 
hält  Schwefelblei  und  Antimonsulfid. 

Wird  das  Antimonpersulfid -Blei  bei  ISO^C.  getrocknet  und  dan 
in  einem  Destillationsapparat  erhitzt,  so  bleibt  ein  bei  schwacher  Rotb 
glühhitze  geschmolzener,  aus  SPbS.'SbSa  bestehender  Rückstand  nn» 
2  Aeq.  Schwefel  sublimiren.  Durch  Kochen  mit  Kalilauge  wird  das  Anti 
roonpersulfid-Blei  zerlegt  in  Schwefelblei ,  welches  zurückbleibt,  nm 
Antimonpersulfid,  welches  sich  unter  theilweiser  Oxydation  zu  Anti 
monsäure  in    dem  Kali  löst.     Antimonsäure  so  wie  Antimonpersulfi« 


Antimonsulfide.  137 

wtrden  durch  Uebersättigen  der  gelblichen  Flüssigkeit  mit  Salzsäure 
daraus  gefallt. 

Calcinm-Antimonpersulfid,  Calciurasulfantiraoniat 
{S^ho  stiSicu  '  eaicieus)  (Berzelius).  —  A  ntitnonpersulfid- 
Sehwefelcalcium;  Schwefelantimoncalcinro;  3  CaS  .  SbS^, 
entsteht  aaf  dieselbe  Weise  wie  das  Barytsalz.  Man  kann  es  aber  we- 
der durch  Abdampfen ,  wobei  es  zersetzt  wird,  noch  dnrch  Vermischen 
mit  Alkohol,  wodurch  eine  ölige,  das  Salz  enthaltende,  wässerige  Lö- 
Bong  sich  abscheidet,  in  krystallisirtera  Znstande  erhalten. 

£m  Gemenge  von  dieser  Verbindung  mit  überschüssigem  Kalk  und 
Antimon safra n ,  die  Kalkerdige  Spiessglanzleber,  Hoffmann's 
Spiessglanzkalk  mit  Schwefel;  Calx  antimonii  cum  sulphure 
Höffmanni;  Sulphuretum  stibii  cum  calce^  Calcaria  sulphurato 
itihiata^  wurde  im  ISten  Jahrhundert  von  Hoff  mann  entdeckt  und 
als  Geheimmittel  verkauft.  Zu  seiner  Dar.^tcllnng  werden  8  Thie. 
Schwefelantimon,  4  Thle.  Schwefel,  16  Thle.  gebrannter  Kalk,  oder 
SThle.  präparirte  Austerschalen,  1  Thl.  Antimon  und  2  Thle.  Schwefel 
ftufs  feinste  gepulvert  und  innig  gemengt,  so  lange  einer  schwachen 
Bothglühhitze  ausgesetzt,  bis  eine  Probe  der  Masse  gelb  oder  gelb- 
brSnnlich  erscheint.  Man  erhält  ein  weisslichgelbes ,  gelbliches  oder 
brinnlichgelbes  Pulver,  welches  an  feuchter  Luft  nach  Schwefelwasser* 
stoffsaure   riecht,  scharf  und  schwefelartig  schmeckt. 

Es  lost  sich  im  Wasser  schwer  und  nur  theil weise  auf;  die  Aufiö- 
iong  ist  farblos  und  enthält  Antimonpersulfid  in  Verbindung  mit  Schwe- 
fdcalcium ;  sie  verhält  sich  gegen  Säuren  und  andere  Körper,  wie  die 
übrigen  Antimonpersulfid- Verbindungen. 

Eisen- Antimonpersulfid,  Eisensulfantimoniat.  Beim 
Eingies^en  von  schwefelsaurer  Eisenozydlösung  in  Antimonpersulfid* 
Natrium  entsteht  ein  schwarzer  Niederschlag,  der  aber  so  leicht  zer- 
setzt wird,  dass  er  sich  schon  beim  Filtriren  grau  und  dann  sehr  bald 
rothgelb  färbt.  Setzt  man  zu  schwefelsaurem  Eisenoxjd-Amrooniak  An- 
timonpersnlfid- Natrium,  so  entsteht  ein  grünlich  branner  Niederschlag, 
90  lange  noch  Eisen  im  Ueberschuss  vorhanden  ist.  Er  enthält  kein  Ei- 
len, sondern  besteht  nur  aus  Schwefel  und  Schwefelantimon,  das  Ei- 
senoxyd ist,  zu  Oxydul  reducirt,  in  der  Lösung  enthalten. 

Kadmium  -  Antimonpersulfid,  Kadmiumsulfantimoniat. 
Neutrales  Kadmiumoxydsalz  liefert,  in  Antimonpersulfid -Natriumlösung 
getropft,  einen  hell  orangefarbenen  Niederschlag.  Bei  überschüssigem 
Ksdmiumsalz  ist  er  etwas  dunkler,  bei  längerem  Stehen  rothbraun. 

Kali nm-Antimonpersulfid,  Kai iumsulfantimoniat,  3KS. 
SbSj  -f-  9  So.  In  der  Hitze  wird  das  Antimonpersulfid  vollständig 
▼on  Kalilauge  gelöst.  Wird  diese  Lösung  verdünnt  und  mit  kohlensau- 
rem Ammoniak  versetzt,  so  scheidet  sich  allmälig  ein  kermesfarbener 
Niederschlag  ab,  der  aber  nur  Antimonpersulfid  mit  etwas  Antimon- 
persnlfid- Kalium  ist  und  weder  Antimonsulfid  noch  Antimonsäure  ent* 
bält.  Kohlensaures  Kali  wirkt  in  der  Kälte  nicht  auf  Antimonpersulfid, 
ent  beim  Kochen  bildet  sich  das  Antimonpersulfid -Kalium  unter  Ab- 
icheiduDg  von  antimonsaurem  Kali.  Deshalb  entwickelt  auch  die  Lö- 
snng  bei  Znsatz  von  Säuren  Schwefelwasserstoff.  Die  wasserfreie  Ka- 
üomverbindung  wird  erhalten  durch  Znsammenschmelzen  von  Schwefel- 
kalium, Schwefelnntimon  und  Schwefel,  oder  Schwefelantimon,  Kohle 
and  doppelt-schwefelsaurem  Kali,  oder  auch  durch  Erhitzen  einer  An- 


138  Antimonsulfide. 

timon-Kaliamachwefelleber,  wobei  Bich  etwas  metallisches  Antimon 
ausscheidet. 

Dorch  Auflösen  der  so  gewonnenen  Producte  und  Krystallisiren 
wird  das  gewässerte  Salz  erhalten,  das  aber  besser  auf  die  nachfol- 
gende Weise  dargestellt  wird:  11  Thle.  feingeschlämmtes  Schwefel- 
antimon mit  6  Thln.  kohlensaurem  Kali,  1  Thl.  Schwefelblumen,  8  Thln. 
gebranntem  nnd  gelöschtem  Kalk  werden  einige  Stunden  lang  mit 
20  Thln.  Wasser  unter  Ersetzen  des  Verdampften  gekocht,  oder  etwa 
24  Stunden  lang  unter  häufigem  Schütteln  in  einem  bedeckten  Gelasse 
stehen  gelassen,  filtrirt  und  das  Filtrat  abgedampft,  aus  welchem  beim 
Erkalten  sich  Krystalle  abscheiden. 

Dieselben  sind  farblos  oder  gelblich,  körnig  und  zuweilen  strahlig. 
schmelzen  beim  Erhitzen  unter  Verlust  von  Wasser  und  Znrücklassuo| 
einer  braunen  Masse. 

Kalium-Antimonpersulfid  mit  antimonsauremKali.  Wird 
Antimonpersulfid  mit  massig  concentrirter  Elalilauge  in  der  Kälte  über 
gössen,  so  verliert  es  seine  Farbe,  weisses,  saures  antimonsaures  Kai 
(KO  .  2Sb05  -|-  6H0)  bleibt  ungelöst  (was  bei  dem  überschüssii 
vorhandenen  Kali  allerdings  auffallend  erscheinen  muss),  es  bildet  siel 
freies  Schwefelkalium,  und  beim  Abdampfen  der  Flüssigkeit  erhält  mai 
ein  farbloses  Doppelsalz  von  (3  KS  .  SbS»  -f  9H0)  4-  (KO  .  SbQ 
-f-.ffO),  welches  in  langen  Nadeln  krjstallisirt,  die  an  der  Luft  nick 
zerfliessen,  sich  aber  mit  einem  kermesfarbigen  Ueberzuge  bedecken 
Mit  kaltem  Wasser  Übergossen,  werden  die  Krystalle  milchweiss,  eii 
Theil  löst  sich  nnd  es  bleibt  ein  weisser,  aus  saurem  antimonsaurei 
Elali  bestehender  Rückstand.  In  heissem  Wasser  ist  das  Salz  leich 
löslich,  Säuren  fallen  daraus  einen  hell  orangefarbenen,  aus  Antimon 
persulfid  und  Antimonsäure  bestehenden  Niederschlag. 

Das  entsprechende  Natrondoppelsalz  exisürt  nicht,  weil  bei  de 
Einwirkung  der  Natronlauge  auf  Antimonpersulfid  alle  Antimonsäur 
gleich  in  saures  antimonsaures  Natron  verwandelt  wird. 

Kobalt-Antimonpersulfid,  Kobaltsulfantimoniat,  ist  ei 
schwarzer  Niederschlag,  auf  ähnliche  Weise  wie  die  Blei  Verbindung  z 
erhalten.  An  der  Luft  oxydirt  er  sich  und  wird  durch  kochende  Sali 
säure-  zerlegt. 

Kupfer -Ant im onpersnlfid, Kupfer sulfantimoniat,  SCuS 
SbS5,  unter  denselben  Verhältnissen  wie  das  Bleisalz  zu  erhalten,  bü 
det  einen  dunkelbraunen  Niederschlag,  der  durch  Kalilösung  wie  di 
Bleiverbindung  zerlegt  wird.  Beim  Erhitzen  sublimirt  Schwefel  und  c 
bleibt  ein  bei  anfangendem  Glühen  schmelzender  Rückstand,  der  ao 
Antimonsulfid -Kupfersubsulfuret  zu  bestehen  scheint. 

Bei  Anwendung  von  überschüssigem  schwefelsauren  Kupferozy 
und  längerem  Kochen  des  Niederschlages  in  der  Flüssigkeit  erhält  ma 
auch  hier  ein  Gemenge  von  Schwefelkupfer  und  Antimonsäure,  welch« 
beim  raschen  Erhitzen  unter  Luftabschluss  schweflige  Säure  ausgiel 
und  Kupfersulfiiret  mit  Antimonoxyd  gemengt  Mnterlässt. 

Wenn  reine  Antimonsäure  mit  reinem  Schwefelkupfer,  oder  Ant 
monpersulfid-Kupfersulfuretmit  Kupferoxyd,  in  der  Weise  gemischt  wir< 
dass,  wie  in  dem  beschriebenen  Salz,  8  Aeq.  Kupfer,  8  Aeq.  Schwefe 
1  Aeq.  Antimon  und  5  Aeq.  Sauerstoff  in  der  Mischung  enthalten  aini 
so  erhält  man  durch  Glühen  beider  Gemenge  absolut  dieselben  Produci 
wie  aus  obigem  Niederschlage.    Es  lässt  sich  daher  hieraus  kein  Schlui 


Antimonsulfide.  139 

auf  gerne  Ztuammenseteang  sieben.  Aber  Anenpersaltid-Natriiiin,  in 
äbenehfiasiges  sdiwefelsaures  Kupferoxyd  getropft  und  gekocht,  liefert 
nur  Kopforeolforet,  während  alles  Arsen  als  Araensaure  in  der  Flüs- 
ngkeit  gelost  bleibt.  Die  Analogie  der  Arsenverbindangen  mit  denen 
des  Antimons  lässt  daher  vermuthen,  dass  jene  antimonhaltigen  Nieder- 
lehlago  nur  Gemenge  aus  Schwefelmetall  and  Antimonsänre  sind. 

Magnesium  -  Antimonpersnlfid,  Magnesinmsulfantimo- 
aist  Wird  in  Wasser,  worin  Magnesiahydrat  suspendirt  ist,  Schwefel- 
wssserstoffgas  geleitet  und  dann  frisch  geftilltes  Antimonpersulfid  im 
Ueberschuss  zugesetzt,  so  löst  sich  letzteres.  Ans  der  gelben  Flüssig- 
keit lassen  pich  aber  keine  Krystalle,  weder  durch  Abdampfen  noch 
doreh  Vermischen  mit  Alkohol  erhalten.  Der  an  das  Magnesium  gebun« 
dne  Schwefel  steht  aber  auch  hier  zu  dem  des  gelösten  Antimonpersul- 
fidi  in  dem  Yerhältniss  von  3:5. 

Mangan- Antimonper Sulfid,.  Mangansulfantimoniat. 
IXe  Auflösung  von  schwefelsaurem  Manganoxydul,  mit  Antimonpersulfid- 
Natriom  yersetzt,  liefert  zuerst  eine  weissliche  Trübung,  bald  bildet 
■eh  aber  ein  rothbranner  Niederschlag,  der  sich  durch  Erwärmen  in  der 
Flüasigkeit  nicht  ändert,  aber  sowohl  beim  Auswaschen  wie  noch  mehr 
bran  Trocknen  durch  Oxydation  röthlich  braun  wird. 

Natrium-Antimonpersulfid,  Natriumsulfantimoniat,  jSii/- 
fkurämn  Hibn  et  natrü  cum  aqua^  Schlippe'sches  Salz,  SNaS.SbSs 
*f  18  HO.  Zur  Darstellung  dieses  Salzes  digerirt  man  bei  gewöhnli- 
dier  Temperatur  in  einem  verschliessbaren  Gefasse  unter  häufigem  Um- 
riUmn  ein  Gemenge  von  11  Thln.  geschlämmtem  Schwefelantimon, 
13  Thln.  krystallisirtem  kohlensauren  Natron,  1  Till.  Schwefelblnmen, 
&  Thln.  gebranntem ,  vorher  gelöschtem  Kalk  und  20  Thle.  Wasser. 
Nseh  24  Stunden  wird  die  Lauge  abgeseiht,  der  Bückstand  mit  Was- 
MT  mehrmals  ausgewaschen,  und  Lauge  und  Waschwasser  in  einer  Por- 
MUsnsehale  oder  einem  blanken  eisernen  Kessel  so  weit  abgedampft, 
bis  eine  kleine  Probe  nach  dem  Erkalten  Krystalle  giebt  Man  lässt 
ahdann  das  Ganze  ruhig  erkalten,  wäscht  die  gebildeten  Krystalle  mit 
ninao  Wasser  mehrmals  ab,  und  trocknet  sie  an  der  Luft  oder  besser 
HDter  einer  Glocke  oder  einem  anderen  passenden  Gefasse,  unter  wel 
dies  man  gleichzeitig  gebrannten  Kalk  oder  concentrirte  Schwefelsäure 
nr  Aufnahme  des  Wasserdampfes  gestellt  hat 

Schneller  als  bei  gewöhnlicher  Temperatur  erhält  man  die  Yerbin- 
teg,  wenn  die  Mischung  zwei  Stunden  lang  gekocht  wird. 

Nach  der  prenssisehen  Pharmakopoe  sollen  3  Pfd.  Soda  in  15  Pfd. 
Wasser  gelöst  und  der  Lösung  unter  stetem  Umrühren  1  Pfd.  gebrann- 
ten Kalk,  der  vorher  in  S  Pfd.  Wasser  gelöscht  worden,  zugesetzt  wer- 
te; in  die  Lange  soll  man  eintragen  2  Pfd.  geschlämmtes  graues 
Scfawefelantimon  und  4  Unzen  Schwefelblumen.  Das  Ganze  wird  an- 
derthalb Stunden,  oder  so  lange  bis  die  graue  Farbe  vollständig  ver- 
lekwimden  ist,  unter  immerwährendem  Ersatz  des  verdunsteten  Was- 
lers  gekocht  und  dann  filtrirt.  Der  Bückstand  soll  nochmals  mit  un- 
ge&hr  6  Pfd.  Wasser  gekocht,  dann  filtrirt  und  mit  heissem  Wasser 
«ugewaschen  werden.  Die  Flüssigkeiten  sind  nun  abzudampfen  bis 
lieh  Krystalle  daraus  abscheiden ,  die  mit  Wasser,  dem  der  zwanzigste 
Theil  Aetmatronlösung  zugesetzt  ist,  abgewaschen  werden. 

Man  kann  auch  Natronschwefelleber,  gleichgültig,  auf  welche 
Weise  dargestellt,   mit  Schwefelantimon  und  Schwefelblumen  kochend 


140  Antimonsulfide. 

sättigen  und  ;durch  Abdampfung  und  Concentration  die  nämliche  Ver- 
bindung erhalten.  Ein  Gromenge  von  8  Thln.  Glaubersalz  (wasserfrei), 
4  Thln.  SchwefelantimoD  und  2  Thln.  Kohle  (Schlippe),  oder  8 
Glaubersalz,  6  Schwefelantimon  und  3  bis  SVs  Kohle,  nach  dem 
Schmelzen  in  Wasser  gelöst  und  mit  1  Thl.  (n/^  Thl.)  Schwefel  ge- 
kocht, oder  von  12  Thln.  trockenem  kohlensaurem  Natron,  7  Thln.  Schwe- 
fel, 12  Thln.  Schwefelantimon  und  1  ^s  Kohle,  geschmolzen  und  in  heissem 
Wasser  gelöst ,  liefert  die  Verbindung  ebenfalb.  Schmilzt  man  schwe- 
felsaures Natron,  Schwefelantimon  und  Kohle  ohne  weiteren  Zusati 
von  Schwefel  zusammen,  so  erhält  man  nach  dem  Auflösen  und  Ab- 
dampfen die  nämliche  Verbindung,  obwohl  in  geringerer  Menge,  aU 
wenn  man  noch  Schwefel  zusetzt.  Die  Ursache  ihrer  Bildung  liegt  in 
diesem  Falle  darin,  dass  nur  die  Schwefelsäure  und  ein  Theil  des  Na- 
trons durch  die  Kohle  reducirt  werden,  in  der  Art  also,  dass  die  ge- 
schmolzene Masse  freies  Natron  und  Antimon persulfid  enthält. 

Das  Natriumsulfantimoniat  stellt  fast  farblose,  oder  blassgelbe  durch- 
sichtige regelmässige  Tetraeder  mit  abgestumpften  Ecken  oder  mit  den 
Zuspitzungsflächen  des  Rautendodekaeders  versehen  dar.  Der  Geschmack 
desselben  ist  bitterlich  metallisch  und  zugleich  alkalisch.  Bei  la^  C.  er- 
fordert es  2,9  Thle.  Wasser  zu  seiner  Auflösung ;  die  Lösung  wird  durch 
Weingeist  gefallt.  Beim  Erhitzen  schmilzt  es  in  seinem  Krystallwasser, 
nach  Verflüchtigung  desselben  bildet  es  eine  grauweisse  Masse,  die 
an  der  Luft  zu  einem  voluminösen  Pulver  zerfallt.  Bei  beginnendem 
Glühen  kommt  es  in  Fluss,  ohne,  wenn  der  Luftzutritt  abgehalten 
wird,  zersetzt  zu  werden.  Die  geschmolzene  Masse  ist  leberbraun 
und  löslich  in  Wasser  mit  Hinterlassung  einer  geringen  Menge  von 
Schwefeläntimon.  Die  Zersetzung  der  Lösung  sowohl,  wie  des  Salzes 
bei  Luftzutritt  ist  durch  die  Gegenwart  von  Kohlensäure  bedingt, 
doch  findet  vollständige  Zersetzung  selbst  nach  Monaten  nicht  statt 
Der  entstandene  rothbraune  Niederschlag  scheint  beim  Auswaschen  et- 
was verändert  zu  werden.  Er  enthält  Antimonpersulfid -Natrium  und 
Antimonsulfid,  in  der  Flüssigkeit  findet  man  neben  Schwefelnatriam 
kohlensaures  und  unterschwefligsaures,  aber  kein  schwefligsaures  Natron. 

Wird  zu  einer  Brechweinsteinlösung  Antimonpersulfid  •Natrium  ge- 
setzt, so  entsteht  im  ersten  Augenblick  eine  rothe  Färbung,  bald  aber 
scheidet  sich  ein  orangefarbener  Niederschlag  ab.  Er  enthält  Antimon- 
persulfid, Antimonsulfid  und  Antimonoxyd:  3  (KO  .  SbOg  .  0984010) 
-f  3NaS  .  SbSj  =  3(KO.NaO.C8H4  0io)  +  2Sb08  +  SbS,  --(- 
SbSs*  Der  Niederschlag  schmilzt  bei  erhöhter  Temperatur  zu  einer 
schwarzen  metallglänzenden  Masse,  welche  an  den  Kanten  roth  durch- 
scheinend ist  und  von  heisser  Salzsäure  vollkommen  gelöst  wird.  Mit 
Kalilauge  Übergossen  wird  derselbe  zersetzt  und  es  bleibt  ein  gelber 
Rückstand,  der  aus  Schwefelnatrinm ,  Antimonozyd  und  Antimonoxyd- 
Kali  besteht. 

Nickel-Antimonpersulfid,  Nickelsulfantimoniat,  ist  ein 
schwarzer  Niederschlag,  der  sich  an  der  Luft  ozydirt  und  durch  heisse 
Salzsäure  zersetzt  wird. 

Quecksilber-Antimon  per  Sulfid,  Quecksilbersulfantimo- 
niat.  —  a)  Antimonpersulfid-Quecksilbersulfuret,  3HgS. 
Sb  S5 ,  bildet  sich  wie  das  entsprechende  Bleisalz  beim  Eintröpfeln  tod 
Quecksilberchlorid  in  überschüssige  Antimonpersulfidlösung  als  orange- 
farbiger Niederschlag,  den  man  in  der  Flüssigkeit  erhitzen  muss.  Wenn 


Antimonsulfidhydrat.  141 

man  den  ausgewaschenen  Niederschlag  mit  Queckailberchloridldsung 
fibergiesst,  oder  Aniimonpersalfidlösung  in  überschüssige  Quecksilber- 
ehloridlosnng  tropft  und  die  Niederschläge  mit  den  Flüssigkeiten  kocht, 
so  erhält  man  einen  weissen  unlöslichen  Körper,  dessen  Zusammen- 
aetxang  die  Formel  3  HgS  .  SbSj  +  3  HgGl  -f  3  HgO  ausdruckt.  Es 
ist  eine  Verbindung  und  nicht  ein  Gemenge,  da  er  von  den  einfachen 
Sauren  nur  wenig  angegriffen  wird;  Königswasser  löst  ihn  dagegen 
leicht  auf.  Kali  zersetzt  die  Verbindung  augenblicklich,  lässt  schwarzes 
SchwefelquecksUber  zmück  und  löst  Antimonsäure  auf;  die  kalihaltige 
Fiusaigkeit,  mit  Salpetersäure  gesättigt,  lässt  darauf  die  Antimonsäure 
niederfallen,  and  salpetersaures  Silber  zeigt  die  Gegenwart  von  Salz- 
säure an.  — 

b)  Antimonpersulfid-Quecksilbersubsulfuret.  Man  erhält 
sdiwitrze  Niederschläge,  sowohl  wenn  man  überschüssiges  salpetersaures 
Qoecksüberoxjdnl  mit  Antimonpersulfid -Natriumlösung  versetzt,  als 
wenn  letztere  vorwaltet. 

Silber-Antimonpersulfid,  Silbersulfantimoniat,  3AgS. 
SbSj,  ganz  auf  dieselbe  Weise  wie  die  entsprechenden  Blei-  und 
Knpferverbindungen  erhalten,  bildet  einen  schwarzen,  so  vollkommen 
imlöalichen  Niederschlag,  dass,  wenn  man  gerade  nur  soviel  Salpeter- 
saure  Silberlosung  zotröpfelt,  bis  alles  Antimon  dadurch  gefallt  wird, 
mir  salpetersaures  Natron  und  freie  Salpetersäure  in  der  Flüssigkeit. 
enthalten  ist.  Durch  Erhitzen  bei  Luftabschluss  sublimirt  Schwefel 
und  es  bleibt  ein  geschmolzener,  aus  3  AgS .  SbSs  bestehender  Bück- 
stand von  grauer  Farbe,  der  wie  das  Bothgültigerz  beim  Zerreiben 
ein  rothes  Pulver  giebt. 

Um  den  antimonsäurehaltigen  Niederschlag  von  Schwefelsilber  zu 
erbalten,  muss  derselbe  mehrere  Stunden  mit  der,  überschüssiges  Silber 
enthaltenden  Flüssigkeit  gekocht  werden.  Die  Antimonsäure  lässt  sich 
durch  Kali  leicht  daraus  ausziehen. 

Stroutian- Antimonpersulfid,  Strontiumsulfantimoniat, 
wird  wie  das  Caiciumsalz  erhalten,  ist  ebenfalls  nicht  krystallisirbar. 

Uran-Antimonpersulfid,  Uransulfantimoniat,  ist  ein  gelb- 
brauner, mittelst  Ammoninm-Uranchlorid  und  Antimonpersulfid-Natriam 
zn  erhaltender  Niederschlag. 

Wismuth-Antimonpersulfid,  Wismuthsulfantimoniat,  ist 
wohl  schwer  frei  von  Antimonpersulfid  und  Schwefelwismuth  zu  erhal- 
ten,  weil  die  Wismuthlösungen  viel  überschüssige  Säure  enthalten. 

Zink- Antimonpersulfid,  Zinksulfantimoniat,  entsteht 
durch  Eintröpfeln  von  schwefelsaurer  Zinkoxydlösung  in  überschüssi- 
ges gelöstes  Antimonpersulfid-Natrium  als  orangefarbener  Niederschlag; 
derselbe  löst  sich  beim  Frhitzen  in  der  Flüssigkeit  auf,  beim  Auswa- 
sehen geht  er  zrnn  Theil  durch  das  Filter.  Chlorwasserstoff  zersetzt 
diese  Verbindung  und  löst  sie  vollständig  auf. 

Der  mit  überschüssigem  Zinksalz  bereitete  Niederschlag  besitzt  die- 
selbe Farbe,  ist  aber  nicht  leicht  frei  von  dem  vorhergehenden  zu  er- 
halten, selbst  wenn  er  sehr  lange  mit  der  Flüssigkeit  gekocht  wird. 
Banehende  Salpetersäure  zerlegt  ihn  unter  Feuererscheinung. 

iJ.  L.  —  F.)  By. 
Antimonsulfidhydrat.      Wenn  man  eine  saure  Antimon- 
oiydlösong  oder  besser  eine  mit  Salzsäure  angesäuerte  Lösung   von 
weinsanrem  Antimonoxyd -Kali  (Brechweinstein)  mit  SchwefelwaAser- 


142        Antimonsulfojodid.  —  Antimonwasserstoff. 

stoffgas  fällt,  so  scheidet  sich  wasserhaltendes  amorphes  Salfid  als 
oraDgefarbener  oder  feuerrother  Niederschlag  ab.  Wird  mit  wässeri- 
ger Weinsäore  versetzte  Antimonchloridlosung  mit  SchwefelwasserstofT- 
gas  gefällt,  so  bildet  sich  zuerst  ein  hellerer,  basisches  Antimonchlorid 
haltender  Niederschlag,  der  aber  bei  fortgesetzter  Behandlung  mit 
Schwefelwasserstoff  auch  in  reines  Sulfidhydrat  tibergeht.  —  Es  ist  wahr- 
scheinlich, dass  das  aus  wässeriger  Lösung  von  Kalium-Sulfantimoniit 
durch  Schwefelsäure  gefällte  amorphe  Sulfid  auch  Wasser  enthält. 

Getrocknet  ist  das  Antimonsulfidhydrat  von  einer  schönen,  dunkeln 
Orangefarbe;  verliert  in  der  Wärme  Wasser,  sein  ganzer  Wassergehalt 
kann  ihm  aber  erst  bei  200®  C,  entzogen  werden,  wobei  es  zu  schwarzem 
Schwefelantimon  wird;  bei  höherer  Temperatur  schmilzt  es,  und  erstarrt 
beim  Erkalten  krystallinisch;  es  oxydirt  sich  leicht  an  der  Luft;  löst 
sich  leicht  und  vollkommen  in  Chlorwasserstoffsäure  (mit  dieser  Säure 
kalt  in  Digestion  gesetzt,  ändert  es  seine  Farbe);  in  ätzenden  Alkalien 
schon  in  der  Kälte,  in  kohlensauren  fixen  Alkalien  in  der  Wärme.  Mit 
einer  Quantität  Salzsäure  Übergossen,  welche  nicht  hinreicht,  um  es 
aufzulösen,  bleibt  ein  Röckstand,  welcher  eine  Verbindung  ist  von 
Oxyd  und  Sulfid;  mit  einigen  Tropfen  kaustischem  Alkali  in  Berüh- 
rung, wird  es  kermesbraun  und  verwandelt  sich  in  zwei  Verbindun- 
gen; die  eine  enthält  Antimonoxyd  und  Schwefelantimon,  die  andere 
Schwefelantimon  und  Schwefelkalium.  (J.  £.)  Fe. 

Antimonsulfojodid  s.  S.  124. 
Antimonsuifoperchiorid  s.  Antimonperchlorid. 

Antimonwasserstoff.  Bis  jetzt  ist  mit  Sicherheit  nur  ein 
gasförmiger  Antimonwasserstoff  bekannt;  doch  soll  auch  eine  starre 
Verbindung  beider  Elemente  existiren  (s.  unten). 

Auf  das  Antimonwasserstoffgas  wurde  zuerst  von  Despretz 
aufmerksam  gemacht.  1837  stellte  es  Levis  Thompson  dar  und 
lehrte  gleichzeitig  mit  Pf  äff,  F.  Simon  und  Laugier  seine  Eigm- 
schaften  näher  kennen,  nachdem  durch  die  Anwendung  der  Marsh'* 
sehen  Probe  auf  Arsen  das  Gas  eine  grössere  Bedeutung  gewonnen 
hatte.  Seine  Formel  =  HsSb.  Gleiche  Theile  von  Zink  und  Antimon 
zusammengeschmolzen  liefern,  in  Salzsäure  oder  verdünnte  Schwefel- 
säure geworfen,  zwar  fast  reinen,  äusserst  wenig  freien  Wasserstoff  ent- 
haltenden Antimonwasserstoff,  aber  die  Entwickelung  findet  sehr  lang- 
sam statt  und  hört  bald  auf.  Nach  Lassaigne  ist  es  besser  3  Thle. 
Zink  mit  2  Thln.  Antimon  zu  legiren.  Man  erhält  daraus  ein  Gas, 
welches  nicht  mehr  als  2  Proc.  freien  Wasserstoff  enthält.  Capitaine 
schreibt  vor,  2  Thle.  Zink  mit  1  Thl.  Antimon  zusammen  zu  schmel- 
zen. Ganz  frei  von  Wasserstoff  ist  das  Gas  bis  jetzt  noch  nicht  dar- 
gestellt. Eine  Legirung  von  Antimon  und  Kalium  soll  nur  reines 
Wasserstoffgas  liefern,  wenn  es  in  Wasser  geworfen  wird.  Wenn  Zink 
mit  verdünnter  Schwefelsäure  Übergossen  und  eine  Sauerstofiverbindnng 
des  Antimons  zugesetzt  wird,  so  entsteht  unter  gleichseitiger  Abschei- 
dung von  metallischem  Antimon  ebenfalls  Antimonwasserstoff,  welches 
sich  mit  dem  entweichenden  Wasserstoffgase  mengt,  und  selbst  wenn 
der  Antimongehalt  nur  ^/loo  Gran  beträgt,  noch  durch  den  Gehalt  an 
Antimon  erkannt  werden  kann.  Das  G«s  ist,  nach  Capitaine,  geruchlos. 
Der  von  Anderen  demselben  zugeschriebene  Geruch  scheint  durch  Ver- 


Antiinonwasserstoff.  148 

unreiiiigaiig  bedingt  zn  sein.  Erhitzt  man  das  Gas,  lässt  man  es  z.  B.  duroh 
ebe  an  einer  Stelle  glühend  gemachte  Glasröhre  streichen,  so  zerfallt  es 
noch  leichter  als  der  Arsenwasserstoff  in  seine  Bestandtheile,  und  das  An- 
timon  setzt  sich  als  Metallspiegel  theils  unmittelbar  hinter,  theils  schon 
vor  der  erhitzten  Stelle  ab.  Dabei  nimmt  das  Gas  nicht  an  Volumen  ab. 
Ifit  Sauerstoff  oder  Luft  geroengt,  verpufft  es  beim  EntzQnden  oder 
dnreh  den  elektrischen  Funken  lebhaft  unter  Bildung  eines  weissen,  aus 
ÄBtimonoxyd  bestehenden  Rauches.  Das  aus  einer  Röhre  ausströmende 
Gas  verbrennt  beim  Anzünden  mit  blaugrünlicher  Flamme  und  weissem 
Rauch;  lässt  man  die  Flamme  an  einen  glatten  kalten  Körper  anschla- 
gm,  so  setzt  sich  darauf  ein  Spiegel  von  metallischem  Antimon  ab. 
Ueber  Wasser  aufbewahrt,  zerfällt  es  allmälig,  das  Wasser  wird  von 
sependirtem  Antimon  braun  und  an  den  Gefässwänden  setzen  sich  rae- 
tUHache  Flitterchen  ab.  Chlor  wirkt  langsam  anf  das  Gas  ein,  aber 
mn  man  es  durch  Ghlorwasser  leitet ,  so  wird  es  vollständig  zerlegt 
nid  alles  Antimon  zurückgehalten.  Mit  Chlor  gemengt,  verpufft  es 
durch  den  elektrischen  Funken.  Jod-  und  Bromlösungen  wirken  ganz 
ähnlich.  Schwefelsaure  Kupferlösung  wird  nur  sehr  wenig  bei  langem 
Dorehleiten  des  Gases  zerlegt,  es  bilden  sich  wenige  schwarze  Flocken 
Too  Antimonknpfer.  Salpetersaure  Silberlösung  wird  leicht  durch  das 
Gas  zerlegt ,  sie  hält  alles  Antimon  zurück,  indem  sich  schwarzes ,  un- 
lösliches Antimonsilber  bildet;  war  Arsen  Wasserstoff  beigemengt,  so 
bdet  sich  das  Arsen  in  der  Flüssigkeit  als  arsenige  Säure  gelöst 
(Simon).  Nach  Lassaigne  sind  in  dem  so  dargestellten  Antimon- 
lOber  3  Aeq.  Silber  auf  1  Aeq.  Antimon  enthalten.  Rose  fand  aber, 
dau  das  Antimonwasserstoffgas  aus  Quecksilberchlorid  einen  anders  zu- 
wamengesetzten  Niederschlag  fällt  als  der  Arsenwasserstoff  (H3  As),  und 
glaabt  deshalb,  dass  die  Zusammensetzung  beider  Gase  nicht  analog  sei. 
Anch  Platin-  und  Goldchloridlösungen  werden  durch  das  Gas  reducirt, 
iadaiD  sich  Antimon  mit  den  Metallen  verbindet.  Concentrirte  Schwe- 
felsittre  sersetst  es  unter  Abscheidung  von  Antimonmetall.  Von  con- 
c«iitrirter  wässeriger  Kalilauge  oder  Salpetersäure  wird  das  Gras  nicht 
voindert,  von  alkoholischer  Kalilauge  wird  es  absorbirt  (Meissner). 
Die  Lösung  wird  bald  braun  und  setzt  metallisches  Antimon  in  Pulver- 
fonn  ab. 

Starrer  Antimon  Wasserstoff.  Buhland  hat  schon  vor  lan- 
ger Zeit  angegeben,  dass,  wenn  man  eine  Antimonplatte  als  negativen 
Uiter  der  galvanischen  Kette  in  schwach  mit  Schwefelsäure  angesäuertes 
Nasser  tauchen  lässt,  sich  braune  Flocken ,  welche  Antimon  und  Was- 
iintoS  enthalten,  absetzen.  Nach  Marc h and  0  erhält  man  diesen 
Körper  in  grösserer  Menge,  wenn  man  statt  des  sauren  Wassers  eine 
Kb  concentrirte  Salmiaklösung  anwendet.  Legt  man  in  ein  flaches 
Porcellangefäss  mit  steilen  Wänden  ein  Antimonstäbchen  und  giesst 
mr  so  viel  Salmiaklösung  hinzu,  dass  jenes  nicht  ganz  davon  bedeckt 
^,  verbindet  alsdann  das  Stäbchen  mit  dem  negativen  Pole  einer 
^^  wirkenden  Batterie,  schiebt  es  so  dicht  als  möglich  an  den  Rand, 
I  ^  es  gewissermaassen  einen  Theil  der  Flüssigkeit  absperrt,  und  legt 
P^Uel  mit  dem  Antimon  einen  starken  Platindraht  in  diesen  Theil  der 
Rüssigkeit,  so  scheiden  sich  von  dem  Antimon  dicke  schwarze  Flocken 
^y  and  wenn  die  Batterie  kräftig  genug  wirkt,  beginnen  alsbald  fort- 


*)  Joani.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXXIV,  S.  388. 


144  Antimonyl.  —  Antimonzinnober. 

währende  Detonationen,  von  glämsender  weidser  Flamme  und  weissem 
Rauche  begleitet. 

Marc h and  glaubt  diese  Erscheinung  der  Bildung  eines  selbstent- 

I  zündlichen  festen  Antimonwasserstoffs  zuschreiben  zu  müssen. 

G.  Gore  ^)  machte  ebenfalls  die  Beobachtung,  dass  Explosioneo 

I  durch   geringen  Schlag    auf  eleklroly tisch    aus  Antimonchlorid  abge- 

setztes Antimon  entstehen,  und  B.  Böttger^)  fand  das  Zerbersten 
des  auf  diese  Weise  dargestellten  Metalls  beim  Bitzen  und  unter  Was- 
ser bestätigt;  auch  er  ist  Marchand 's  Meinung,  dass  die  Erscheinung 
der  Bildung  eines  festen  Antimonwasserstoffs  zuzuschreiben  sei.  6. 
Gore  wandte  eine  saure  Lösung  von  Antimonchlorid  an  und  zerlegte 
sie  durch  einen  schwachen  elektrischen  Strom,  wobei  als  positives  Pol 
ende  metallisches  Antimon,  als  negatives  ein  Kupferblech  diente,  ac 
welchem  letzteren  sich  das  Antimon  allmälig  in  Form  einer  silberätinli- 
chen  Platte  absetzt  Wenn  die  Vermuthung  ausgesprochen  wurde,  di< 
explosiven  Eigenschaflen  des  von  Marchand  auf  angegebenem  Weg< 
gewonnenen  Antimons  könnten  von  der  Bildung  von  Chlorstickstof 
abgeleitet  werden,  so  ist  diese  Annahme  bei  dem  Präparat  von  G.  Gor< 
ausgeschlossen.  (K)  Bt/. 

Antimonyl  nennt  Peligot^  ein  von  ihm  in  den  Antimon 
oxyden  angenommenes  hypothetisches  Badical  aus  1  At.  Antimon  ud< 
2  At  Sauerstoff  (Sb  O3)  bestehend.  Veranlasst  zu  dieser  Annahme  is 
er  durch  seine  Wahrnehmung,  dass  das  3  At  Sauerstoff  enthaltende  An 
timonoxyd  doch  nur  1  Aeq.  Säure  aufnehme,  um  Salze  zu  bilden,  di< 
den  neutralen  Salzen  ganz  analog  beschaffen  sind,  wie  die  Metalloxyd 
BO  mit  1  Aeq.  Sauerstoff;  das  Antiraonoxyd  ist  nach  ihm  daher  nich 
SbOg,  sondern  Antimonyloxyd  (Sb02)0;  die  Antimonsäure  war 
dann  (Sb  O2)  O3.  By, 

Antimonzinnober  {annabaris  Antimomi).  Diesen  Name 
hatte  früher  das  krystallinische  Schwefelquecksilber,  welches  sich  nebe 
Antimohchlorid  bildet  bei  Darstellung  dieses  Präparats  aus  Queck 
Silberchlorid  und  Antimonsnlfid  (vergl.  auch  den  folgenden  Artikel). 

Antimonzinnober.  Formel,  nach  Strohl,  SbSs  .  SbOj 
nach  Mathieu-Plessy,  SbSg.  Diesen  Namen  hat  StrohM)  einer  zt 
vor  schon  von  U n g e r  beobachteten  und  von  Pettenkofer^)  untei 
suchten  Verbindung  gegeben,  welche  man  durch  Einwirkung  von  ui 
terschwefligsaurem  Natron  im  geringen  Ueberschuss  (60  Thle.)  auf  Ai 
timonchlorid  (50  Thle.)  und  Wasser  (500  Thle.)  als  schonen  carmo 
sinrothen  Niederschlag  erhält  Die  Beactiou  tritt  schon  in  der  Kalt 
jedoch  langsam  ein,  beim  Erhitzen  bis  zum  Sieden  geht  sie  rasch  vc 
Statten.  Der  mit  kaltem  Wasser  sorgfältig  gewaschene  und  bei  gelii 
der  Wärme  getrocknete  Niederschlag  stellt  ein  höchst  zartes,  carmo 
sinrothes  Pulver  von  sammetartigem  Aussehen  dar,  welches  weder  dur( 
Luft,  noch  durch  Licht  verändert  wird,  sich  in  Salzsäure  unter  Entbit 
düng  von  Schwefelwasserstoff  auflöst  und  überhaupt  wie  Kermes  ve 


»)  Philosoph.  Mag.  [4.]  T.  IX,  p.  78.     Pogg.  Annal.   Bd.  XCV,  S.  173. 

«)   Pogg.  Annal.  Bd.  XCMI,    S.  884.  —   *)  Annal.   de  chim.   et  de  phvfl.  [\ 
T.  XX,   S.  288.    Annal.   d.   Chem.   u.  Pharm.   Bd.  LXIV,   S.  280.  —    0   Journ. 
pharm,  et  de  chim.  [3.]  T.XVI,  p.  11.  —   *)  Dingl.  Polyt.  Journ.  BU  CXIII.  S.  21 


Antiphlogistische  Theorie.  145 

hftlt.  Seine  Farbe  wird  beim  Eifwarmen  immer  dankler,  und  saletst 
bleibt  eine  schwarze  Masse,  welche  Antimonsafran  (?)  ist. 

G.  Mathieu-Plessy^)  bereitet  sich  eine  Lösung  von  nnter- 
^ehwefligsanrem  Natron  von  25^  B.  (1,1^  specif.  Gew.)  und  eine  von  An- 
timondilorid  von  der  gleichen  Stärke.  Von  letzterer  giesst  er  4  Liter 
in  eise  Schüssel,  setzt  6  Liter  Wasser,  und  darauf  10  Liter  der  Lösung 
das  nnterschwefligsauren  Natrons  zu.  Durch  den  Wasserzusatz  bildet 
äeh  anfangs  ein  Niederschlag,  der  aber  schon  durch  das  kalte  uuter- 
schwefligaanre  Natron  wieder  gelöst  wird.  Die  Schüssel  wird  nun  in 
ein  Waaserbad  gestellt,  dieses  zum  Kochen  erhitzt,  und  die  Masse  da- 
durch allmalig  bis  auf  55o  C.  erwärmt.  Schon  bei  30^  C.  beginnt  ein 
aerst  orangefarbener  Niederschlagsich  zu  bilden,  dessen  Menge  bei  55^0. 
sehnell  zunimmt.  Durch  Erkaltenlassen  setzt  er  sich  rasch  ab,  man 
deeanCirt,  wäscht  mit  Wasser,  dem  Vi  5  ChlorwasserstoiFsäure  zugesetzt 
worden,  ans,  sammelt  den  Niederschlag  und  trocknet  ihn;  er  hat  feucht 
eme  glänzend  rothe  Farbe,  beim  Trocknen  verliert  er  etwas  von  sei- 
Mm  Glänze. 

Seine   Bildung   soll  nach   folgender  Gleichung   vor   sich  gehen: 

iSb€l3  +  3(NaO.S,02)  +  6HO==SbS8.Sb08+8(NaO.S08)-|- 
6HGL  Nach  Pettenkofer  enthält  der  Antimonzinnober  noch  eine 
bedeutende  Quantität  von  Chlorantimon  (SbGls),  welches  leicht  davon 
abdestiilirt  werden  kann,  worauf  ein  Gemenge  von  Schwefelantimon 
und  Antimonoxjd  in  der  Retorte  zurÖckbleibt.  Auch  soll  sich  bei 
»einer  Bildung,  selbst  wenn  ein  Ueberachuss  von  unterschwefligsaurem 
Natron  vermieden  ist,  schweflige  Säure  in  reichlicher  Menge  entwickeln, 
TOD  deren  Entstehung  obige  Gleichung  keinen  Nachweis  giebt.  Ma- 
tkieu-Plessy  fand  darin  1,1  Proc.  Wasser,  welches  er  als  unwesent- 
lich ansieht.  Pettenkofer  hat  diese  Farbe  für  Oelmalerei,  ferner 
als  Leim  -  und  Wasserfarbe  sehr  brauchbar  gefunden ;  dagegen  efgnet 
sie  sich  nicht  für  Fresco-  und  Wasserglasmalerei,  weil  sie  durch  Al- 
kali zersetzt  wird.  (fl.  K)  By. 

Antiphlogistische  Theorie^  Antiphlogistisches 
System.  Lavoisier  wies  zuerst  mit  Sicherheit  nach,  was  auch  schon 
frdher  wohl  behauptet  worden  war,  ohne  bewiesen  zu  sein,  dass  die  Me- 
talle einfache  Körper  seien,  und  dass  bei  ihrer  Verbrennung,  dem  Ver- 
kalken, eine  Verbindung  derselben  mit  Sauerstoff  stattfinde;  er  zeigte 
saroentlich ,  dass  nach  dieser  Ansicht  sich  alle  Erscheinungen  erklären 
lassen,  und  dass  dagegen  die StahTsche  Phlogistontheorie (s.Phlo- 
giston  Iste  Aufl.  Bd.  VI,  S.  227)  durchaus  unrichtig  sei,  und  nicht 
äMreinstimme  mit  den  festbegrQndeten  Thatsachen.  Damach  erhielt  La- 
foisier's  der  Phlogistontheorie  widersprechende  Theorie  den  Namen 
der  antiphlogistischen;  sie  ward  zuerst  von  den  Phlogistikem  mit 
^rosseni  Eifer  bekämpft;  bald  zeigte  sich  aber  der  strengen  Conse- 
<(aenz  derselben  gegenüber  die  phlogistische  Ansicht  so  unhaltbar,  dass 
die  erstere  nach  1785  eigentlich  allgemein  als  wesentliche  Basis  zur 
Erid&mng  der  chemischen  Erscheinungen  angenommen  ward.  Die  An- 
sichten von  Lavoisier  gelten  im  Wesentlichen  auch  heilte  noch  als 
richtig,  und  bilden  die  Basis  unserer  theoretischen  Chemie.  Fe. 


■)   Bulletin  de  Im  soc.   ioduBtr.   de  Mulhonse  1S65,   Nr.  150,   p.   297  —  8024 
Centnlbl.  1865,  S.  905. 


Uwi4w6it«rbiicli  der  Chemie.   2te  Aofl.  Bd.  II.  XQ 


146  Antirrhin.  —  Antyrrhinsäure. 

Antirrhin  s.  Anthokirrin. 

Antirrhinsäure  ^).  Von  Morin  in  der  Digitalu  purpurea 
and  anderen  zur  Familie  der  Antirrhioeen  gehörenden  Pflanzen  entdeckte 
Säure  von  unbekannter  Zusammensetzung.  Sie  wird  erhalten,  wenn 
man  die  Blätter  der  Pflanze  so  lange  mit  Wasser  destillirt,  als  dai 
Uebergehende  noch  Geruch  besitzt,  das  saure  Destillat  mit  Baryt  odei 
einer  anderen  Base  in  geringerem  Ueberschuss  versetzt,  im  Wasser 
bade  zur  Trockne  verdampft,  den  nach  Benzoe  riechenden  Rückstand 
mit  verdünnter  Schwefelsäure  oder  noch  besser  mit  Oxalsäure  übergiessl 
und  wieder  destillirt,  wobei  man  zum  Rückstande  so  lange  Wassei 
setzt,  als  das  Destillat  durch  den  Geruch  noch  Säure  erkennen  lässt 
Es  wird  zuletzt  über  Chlor  calcium  im  Wasserbade  /ectificirt  Man  er 
hält  dann  eine  gesättigte  wässerige  Lösung,  auf  der  die  Säure  in  oli« 
gen  Tropfen  schwimmt.  Sie  ist  farblos,  röthet  stark  Lackmus,  löst 
sich  in  Alkohol.  Mit  Wasser  in  Berührung,  bilden  sich  weisse  Haut« 
chen,  die  zuletzt  auch  gelöst  werden.  Der  Geschmack  ist  unangenehm, 
der  Geruch  an  die  Pflanze  erinnernd,  und  Kopfschmerzen,  selbst  Be« 
täubung  bewirkend  3).  Lp. 

Antirrhinum  cymbalaria    L.,   A.  linaria    L.  und 

A.  majus  L.  Walz^)  glebtan,  diese  Pflanzen  untersucht  zuha- 
ben, sowohl  die  Destillationsproducte  des  Krautes  mit  Wasser,  wie  dai 
Kraut  für  sich  und  seine  Asche.  Die  verschiedenen  daraus  dargestellte! 
unreinen,  aber  nicht  näher  untersuchten  Stoffe  haben  von  ihm  einst 
weilen  zum  Theil  besondere  Namen  erhalten,  Cymbalarin,  Linariio 
Antirrin,  Antirresin,  Antirrosmin,  Antirracrin,  Antyrrhinsäure  (s.d*] 
u.  a.  m.  Fe, 

Antiseptica,  Fäulnisswidrige  Mittel    (s.  d.  Art 

erste  Aufl.  Bd.  UI,  S.  22). 

Antitartersäure,  gyn.  für  die  linksdrehende  Wein 
säure,  Pasteur's  Acide  leooracemique ^  weil  sie  verbunden  mit  dei 
Tartersäure  (Weinsäure)  die  optisch -indifi^erente  Traubensaure  bU 
det  (s.  Traubensäure)..  Fe, 

Antiweinsäure,  linksdrehende  Weinsäure  odei 
Traubensäure,  Pasteur's  Acide  levoracemique  s.  unter  Trau 
bensäure. 

Antrimolith  nennt  Th.  Thomson^)  ein  zu  Bengane  an  dei 
Nordküste  der  irländischen  Grafschaft  Antrim  in  tropfsteinartigen  weissei 
Massen  vorkommendes  zeolithartiges  Gestein,  ein  Thonerdesiiicat,  wel 
ches  wahrscheinlich  zum  Mesotyp  gehört  (s.  erste  Aufl.  Bd.  V,  S.  209) 

Antyrrhinsäure  nennt  Walz  eine  durch  Destillation  voi 
Antirrhinum  linaria  L.  {Linaria  vulg.  Dec)  mit  Wasser  erhaltene  fluch 
tige  Säure,  deren  Atomgewicht   er  nach  dem  Barytsalz  zu   212  be 

*)  Journ.  do  pharm.  Avrll  1845.  p.  299. 

«)  Nach  Walz  (Jahrbuch  f.  prakt.  Pharm.  1868.  Bd.  Vn,  S.  66.)  nicht  weite 
bewicsenpr  Angabe  findet  sich  in  dem  Destillat ionsproduct  der  Digitalis  grandtflora  luto 
Poll.  neben  Ameisenstture  und  Essigsäure  eine  eigentbUmlicho  nicht  näher  untersttcht 
Fettsäure.  —  «)  Jahrb.  f.  prakt.  Chem.  1858.  Bd.  XXVII,  S.  16,  74  u.  129. 

*)  Journ.  f.  prakt.  Chcm.  Bd.  VIII,  S.  498. 


Anylamid.  —  Apatit.  147 

KclüMt;  das  Baryt3(^lz  soll  an  der  Luft  zerfliessen;  alle  weitere  Anga- 
ben fehlen. 

Anylamid  syn.  mit  Nitrosalicylamid,    s.  d.'  unter 

Salicylamid. 

Anziehung,  chemische,  s.  Verwandtschaft. 

Apateilt.  Ein  im  Thone  von  Auteuil  bei  Paris  vorkommen- 
de halb -schwefelsaures  Eisenoxyd  =  2  (2  Fe^  Oa.3  SOa)  -f-  3. HO, 
dem  Goldeisenerz  ähnlich.    In  eierf  örmigen  und  erdigen,  gelben  Massen. 

Th,  Seh. 

Apatit  (d.  h.  Trügling,  von  asraracS,  ich  betrUgo,  täusche, 
veil  sich  die  Mineralogen  lange  in  der  Bestimmung  dieses  Minerals  ge- 
ttoicht)  Spargelstein;  Moroxit,  Euklasit.  —  Chatuß  phoaphatee. — 
FhsphaU  of  Lime.  Ein  Mineral,  welches  nicht  selten  in  schönen  Kry- 
iUUen  erscheint,  die  sich  auf  eine  regelmässige  sechsseitige  Säule  beziehjen 
lasieo;  daher  ins  rhomboedrische  oder  drei-  und  eingliedrige  System  ge- 
hörend. Es  findet  sich  aber  auch  massig,  mit  blätterigem,  faserigem,  kör- 
Bigem,  selbst  dichtem  Gefüge.  Es  ist  farblos,  oder  nur  zufällig  grau, 
bUo,  grün,  gelb,  hellbraun,  rosenroth  u.  s.  w.  gefärbt;  seine  Härte  fällt 
zwischen  die  des  Flussspaths  und  des  Feldspaths;  sein  specif.  Gewicht 
iit  =:  3,17  bis  3,25.  Im  Bruch  ist  es  muschlig.  Strich  und  Pulver 
ttui  weiss.  Vor  dem  Lüthrohre  schmilzt  es  sehr  schwierig  zu  farblo- 
iem,  dorchscheinendem  Glase. 

Erystallisirter  Apatit  findet  sich  vorzugsweise  im  Urgebirge,  so  auf 
dem  Schneegebirge,  im  Salzburgischen,  zu  Ehrenfriedersdorf  in  Sachsen, 
Schlackenwalde  in  Böhmen,  Snarum  und  Arendal  in  Norwegen,  in  Eng- 
land, Spanien  u.  s.  w. 

Eine  massige  Varietät  mit  traubiger  und  nierenf  örmiger  Aussen- 
fl&ehe  und  strahlig  faserigem  Gefüge,  welche,  weil  sie  beim  Reiben 
pbosphorescirend  wird,  den  Namen  Phosphorit  fuhrt,  findet  sich 
tiieiü  auf  Zinnsteingängen,  wie  zu  Schlacken walde,  theils  auch  im  se- 
CDodaren  Gebirge,  w^ie  zu  Amberg  in  Baiern,  häufig  im  Flötzkalk. 

Die  chemische  Zusammensetzung  der  Apatite  wird,  nachG.  Rose^), 

iffl  Allgemeinen  durch  die  Formel:  3(3CaO  .  PO5)  "f-  p  pi  ausge- 
druckt Fluor  utid  Chlor  können,  ah  isomorphe  Körper,  einander  er- 
Ktzen,  und  daher  in  ganz  uubestimmten  Verhältnissen  vorkommen. 
Fehlte  das  Chlor  gänzlich,  so  würde  man  einen  Fluor-Apatit  haben, 
bestehend  aus  7,69  Fluorcalcium  und  92,31  basisch  phosphorsaurom 
Kalk;  fehlte  dagegen  das  Fluor  gänzlich,  so  hätte  man  einen  Chlor- 
Apatit,  bestehend  aus  10,62  Chlorcalcium  und  89,38  basisch  phos- 
pikor^iurem  Kalk. 

Za  der  ersten  Glosse  gehören  die  Apatito  vom  Gotthardt,  von 
Bffcnfriedersdorf  in  Sachsen,  von  Faldigl  in  Tyrol  und  vom  Greiner 
^^bst,  die  nur  eine  unbedeutende  Spur  von  Chlor  enthalten.  Fluor- 
^e  Apatite  hat  man  bis  jetzt  noch  nicht  aufgefunden.  Die  meisten 
einhalten  Fluor  und  Chlor  zugleich.  So  die  von  Arendal  und  vom  Cabo 
^Gata  in  Spanien  (0^80  und  0,88  Proc.  Chlorcalcium).  Den  grössten 
Gehalt  an  Chlorcalcium  besitzt  der  Apatit  von  Snarum  in  Norwegen 


*)  Pogg.  Annal.,  Bd.  IX,  S.  185. 

10* 


148  Apatoid.  —  Aphlogistische  Lampe. 

(4,28  Chlorcalcium ,  4,59  Fluorcalcium  und  91,13  basisch  phosphd^ 
saurer  Kalk). 

Die  Zusaramensetcung  des  Apatits  ist  nur  ein  specieller  Fall  ^4 

einer  allgemeineren  Formel:  3  ('SRO.*    q   j  "hßp  '  worin  B  ei 

Metall  bedeutet,  das,  nach  den  bisherigen  Erfahrungen,  sowohl  Gi 
cium  als  Blei  sein  kann,  und  worin  nicht  bloss  Fluor  und  Chlor,  soi 
dern  auch  Phosphorsäure  und  Arsensäure  einander  vertreten  könnei 
Diese  Formel  umfasst  auch  die  Zusammensetzung  der  Grünbleierzi 
die  mit  dem  Apatit  isomorph  sind.  (P.)  Fe, 

Apatoid,  ein  in  einigen  amerikanischen  Meteoriten  gefonden 
phosphorsäurefreies  Mineral  i). 

Apelainsäure,  syn.  mit  Azelainsäure. 

Aphanes   (natürliches   arsensaures  Kupferoxyd)  s.  Strahler 

Aphanit  s.  Diorit. 

Aphlogistische  Lampe,  Davj's  Glühlampe,  flamn 
lose  Lampe.  Die  Einrichtung  dieser  Lampe  gründet  sich  auf  dervc 
Davy  bei  Gelegenheit  seiner  Sicherheitslampe  entdeckten  Eigenscha 
des  Platins,  die  chemische  Verbindung  gasförmiger  Stofie  bei  einer  vi 
niedrigeren  Temperatur  zu  veranlassen,  als  zu  ihrer  raschen  Verbrei 
nung  mit  Flamme  erforderlich  ist,  so  dass  im  Fortgange  dieses  Ye 
bindungsprocesses  zwar  das  Platin,  wenn  es  massiv,  als  Blech  odi 
Draht,  angewandt  wird,  zum  Glühen  kommt,  das  Gasgemisch  aber  nid 
in  Flammen  ausbricht.  Man  gewahrt  diese  Eigenschaft  am  leichteste 
wenn  man  einige  Tropfen  Aether  in  ein  kaltes,  oder  einige  Tropft 
Alkohol  in  ein  erwärmtes  Fläschchen  giesst,  und  darauf  in  den  mit  a 
mosphärischer  Luft  gemengten  Aether-  oder  Alkoholdampf  einen  z 
vor  an  einer  Flamme  erwärmten  Platindraht  einführt.  Augenblickli< 
wird  derselbe  glühend,  und  bleibt  ^s,  so  lange  vom  Gasgemisch  hii 
reichend  vorhanden  ist^). 

Zur  Anfertigung  einer  aphlogistischen  Lampe  bildet  man  zunäch 
aus  etwa  0,01  Zoll  dickem  Platindraht,  durch  Aufwickelung  um  ei 
rundes  Stäbchen,  einen  hohlen  Drahtcylinder  von  etwa  12  Windunge 
und  schiebt  nun  denselben  auf  den  gerade  hineingehenden  Docht  eini 
einfachen  Weingeistlampe,  so  dass  etwa  8  Windungen  Über  diesen  hi 
ausragen.  Oder  man  wendet  eine  Kugel  von  Plntinschwamm  an,  we 
che  mit  einem  Geflecht  von  Platindraht  umgeben  ist,  an  der  ein  Pbtii 
draht  befestigt  ist,  welcher  in  ein  Glasrohrchen  eingeschmolzen  ward;  ms 
steckt  dann  dieses  Röhrchen  so  weit  in  den  Docht  hinein,  dass  die  K\ 
gel  wenige  Linien  über  demselben  her\'orragt.  Dann  zündet  man  d 
Weingeistlampe  an  und  lässt  sie  einige  Zeit  brennen,  damit  das  Plati 
bis  zum  Glühen  erhitzt  und  die  Verdampfung  des  Alkohols  eingeleit 
werde.  Bläst  man  nun  die  Flamme  vorsichtig  aus,  so  fährt  der  PI) 
tin  fort  zu  glühen,  so  lange  noch  Alkohol  in  der  Lampe  vorhanden  is 
Man  hat  diese  Lampe  als  Nachtlampe  vorgeschlagen.  Dazu  ist  si 
aber  nicht  geeignet;  denn  selbst  wenn  sie  auch  hinreichend  Licht  en 
wickeln  würde,  so  verbreitet  sie  doch  den  Geruch  der  Aldehydsäur 

*)  ITnstit.  1847,  p.  879.  —  *)  Gilb.  Annal.  Bd.  LVI,  S.  242. 


Aphrit.  —  Aphtonit.  .149 

(«,  dkae)  oder  sogenannten  Lampensäure,  der,  wenn  nicht  durch  könat- 
fiehe  Yorrichtimg  entfernt,  sehr  lästig  wird.  Wendet  man  Aether  statt 
h§  Alkohold  an,  so  erblickt  man  im  Dunkeln  über  dem  glühenden 
Plitiiidraht  ein  schwaches  bläuliches  Licht,  wie  bei  der  langsamen 
Verbrennung  des  Phosphors ;  und  auch  bei  der  langsamen  Verbrennung 
foAethers  findet,  wie  bei  der  des  Phosphors,  gleichzeitig  Bildung  von 
Oson  statt  (s.  d.  Art.  Iste  Aufl.  Bd.  V,  S.  846).  (P.)  Fe. 

Aphrit,  Schieferspath.  —  Chaux  carhonoUe  nacree.  — 
Seküferspar.  Ein  schieferigschaliger,  perlmutterglänzender  kohlensau- 
rer Kalk,  der  sich  sparsam  auf  Lagern  und  Gängen  im  älteren  Ge- 
birge, so  namentlich  zu  Kongsberg,  Comwall  u.  s.  w.  vorfindet.  Der 
Seh  an  m  kalk  (Schaumerde),  ein  kieselerde-  und  eisenoxydhaltiger 
koldensaurer  Kalk  führt  auch  den  Namen:  zerr  eiblicher  Aphrit 

P. 

Aphnzit  (Gemeiner  Schörl.  —  Turmalin  noir.  —  Common 
Sekörl),  So  hat  Andrada  den  schwarzen,  in  niedrigen  Säulen  krystal- 
liiiiten  Tumnalin  von  Krageroe  in  Norwegen  genannt,  den  er  für  eine 
besondere  Species  hielt.  p. 

Aphrodlt,  ein  in  seinen  äusseren  Eigenschaften  dem  M e er- 
leb an  m  ähnliches  wasserhaltiges  Talksilicat  von  der  chemischen  Con* 
ititation  3  (2  BD .  SiO,)  +  2  (RO .  Si  O,)  +  6  H  O.  Das  in  Talksili- 
caten  enthaltene  Wasser  ist  stets  basisches;  je  3  Atome  desselben  er- 
sstzen  1  Atom  Magnesia.  Unter  solchen  Umständen  erhält  die  obige 
chemische  Formel  die  einfachere  Gestalt  2(BO).Si08  d.h.  der  Aphro- 

//* 
dit  ist  halb  -  kieselsaure  Magnesia,   worin  ein  Fünftel  des  Talkerdege- 

hsltes  durch    basisches   Wasser   ersetzt  ist.      (Man   sehe  Magnesia- 

ffilicate,  wasserhaltige).  Findet  sich  zu  Longbanshytta  in  Schweden. 

Th.  S. 

Aphronitrum  (aq)Qog<i  Schaum,  und  vtxQOV^  Natron)  nannten 
<fie  Alten  das  auf  Mauern  auswitternde  und  dieselben  oft  reif-  oder 
ichimmelartig  überziehende  Salz,  also  unseren  sogenannten  Mauersalpe- 
ler,  welches  Salz  aber  zuweilen  schwefelsaure  Magnesia,  häufiger  wohl 
kohlensanres  oder  schwefelsaures  Natron  ist,  wohl  selten  aber  salpeter- 
sanres  Kali  oder  Natron.  (P.)  Fe. 

Aphrosiderit.  Die  chemische  Constitution  dieses  dem  Chlo- 
rit  (und  Thuringit)  verwandten  Minerals  ist  durch  eine  Analyse  des- 
felben  von  San db erger  noch  nicht  hinreichend  ermittelt  Namentlich 
«t  es  zweifelhaft,  ob  der  bedeutende  Eisengehalt  des  Minerals  ans* 
schliesslich  als  Eisenoxydul  auftritt.  Nach  Sandberger  entfialt  es 
i6,4  Kieselsäure,  21,2  Thonerde,  1,1  Magnesia,  44,2  Eisenoxydul  und 
7,7  Wasser;  er  giebt  ihm  die  Formel  3(3RO.Si08)  -f-  SRaOs.SiO, 
-f-6HO.  Th.  S. 

Aphtalose  s.  Arkanit. 

Aphtonit  hat  Svanberg  ein  dem  derben  Fahlerz  (s.d.)  ähn- 
liches Mineral  von  Wärmkog  in  Wärmeland  genannt,  welches  durch 
einen  beträchtlich  grösseren  Gehalt  an  basischen  Schwefelmetallen  cha- 
rakterisirt  ist,  als  das  gewöhnliche  Fahlerz  besitzt.    Nach  Svanberg' s 

Analyse  {ßfoeraigi  af  Kongel.  Vatensk.  Äcad.  FörhoandL  Bd.  /F,  p.  85) 


150  Apin.  —  Apiin. 

kommt  ihm  die  —  allerdings  nicht  sehr  wahrscheinliche  —  Forme 
TBS.SbSa  zu.  B  besteht  hauptiächlich  aus  Kupfer,  Zink^  Silbei 
Eisen.  Von  Arsenik  ist  nur  eine  Spur  vorhanden.  Specif.  Gewich 
=  4,87.  Ist  bisher  nicht  krystalliäirt  vorgekommen.  Vielleicht  is 
es  eine  Verbindung  GRS.SbSg,  gemengt  mit  RS.  Th.  S. 

Apin,  syn.  mit  Porphyroxin  (s.d.  Art.  iste Aufl. Bd. V] 
S.  626). 

Apiin.  Ein  dem  Pectin  verwandter  stickstoflTreier  Korper,  (1848 
von  Braconnot  in  der  Petersilie  {Apium  graveolens)  aufgefundei 
Seine  Formel  ist  nach  v.  Planta  und  Wallace  CsiHxiOis« 

Das  Apiin  war  zuerst  von  Braconnot  dargestellt,  aber  nicht  gan 
rein  erhalten;  v.  Planta  und  Wallace^)  stellten  zuerst  den  Körper  rei; 
dar,  und  ermittelten  seine  Zusammensetzung.  Nach  Braconnot  wir 
frisches  vor  der  Blütho  gesammeltes  Petersilienkraut  drei  Mal  mit  Wai 
ser  ausgekocht;  diese  Abkochungen  werden  gemengt,  sie  scheiden  beiv 
Erkalten  eine  dunkelgrüne  durchsichtige  Gallerte  ähnlich  wie  Pek 
tin  ab,  welche  mit  kaltem  Wasser  abgewaschen,  dann  ausgepreSj 
und  im  Wasserbnde  getrocknet  wird.  Das  trockene  gelbliche  ode 
schmuts^ig  grünliche  Pulver,  was  nach  der  angegebenen  Methode  vo 
Braconnot  dargestellt  ward,  mussnach  v.  Planta  und  Wallace,  m 
es  zu  reinigen,  wiederholt  mit  Weingeist  ausgekocht  werden;  das  Aus 
kochen  setzt  man  so  lange  fort,  bis  der  heiss  ßltrirte  Auszug  nicli 
mehr  dunkelgrün,  sondern  hellbraun  gefärbt  ist.  Beim  Erkalten  de 
Spirituosen  Flüssigkeiten  erhält  man  wiederum  eine  dichte,  dunkelgrün 
(Gallerte,  von  der  man,  nachdem  sie  in  warmem  Wasser  aufgelöst  wox 
den,  den  Weingeist  so  weit  abdustillirt,  bis  ein  dichter,  grüner  Bre 
untermengt  mit  einem  weissen,  wachsartigen  Pulver  zurückbleibi 
Dieser  wird  auf  Leinwand  geschüttet  und  durch  Pressen  mit  der  Han 
von  der  dunkelgrün  gefärbten  Flüssigkeit  getrennt.  Die  in  dem  Lei 
ncn  befindliche  Substanz  ist  nunmehr  grünlich  weiss.  Durch  wiedei 
hohes  Eintauchen  in  heisscn  Weingeist  und  jedesmaliges  Pressen,  dai 
auf  diu'ch  Kochen  mit  öfters  erneuerten  Portionen  Aether  wird  si 
endlich  ganz  von  Chlorophyll  und  Wachssubstanz  befreit  und  bildet  nac 
dem  Trocknen  unter  der  Luftpumpe  und  im  Wasserbade  ein  zartef 
weisses  Pulver,  welches  weder  Geruch  noch  Geschmack  hat  und  beu 
Verbrennen  nur  etwa  0,15  Procent  Asche  hinterlässt. 

In  dem  abgepressten  Weingeist  ist  neben  Wachs  und  Chlorophyl 
auch  Apiin  enthalten,  welches  dadurch  gewonnen  werden  kann,  das 
man  den  Alkohol  abdestillirt  und  den  Rückstand  so  lange  mit  Aethe 
behandelt,  als  dieser  sich  grün  färbt. 

Das  nach  der  beschriebenen  Methode  dargestellte  Apiin  ist  ei 
weisses  geruchloses  und  geschmackloses  Pulver;  im  Wasserbade  ge 
trocknet,  nimmt  es  an  der  Luft  etwa  8,86  Procent  Feuchtigkeit  aul 
Beim  Erhitzen  auf  100^  bis  180^0.  verändert  es  sein  Gewicht  nich 
schmilzt  aber  bei  letzterer  Temperatur  sehr  rasch  und  giebt  nach  der 
Erkalten  eine  glasige,  brüchige,  gelbliche  Masse.  Erst  bei  -f-  200 
bis  210<>C.  beginnt  die  Zersetzung.    Von  kaltem  Wasser  bedarf  es  850< 


^)  Annal.  d.  Chemie  u  Pharm.  Bd.  LXXIY,  S.  262;  Joum.  f.  pnOit.  Cbes 
Bd.  LH,  S.  890;  Im  Auszug:  Pharm.  Centralbl.  1860,  S.  600;  Jahresber.  ^ 
Liebig  u.  Kopp,  1860,  S.  546. 


Apiin.  151 

Thle.  znr  Aaflosnng,  dagegen  ist  ea  leicht  IdsKoh  in  kochendem  Wasser, 
das  vorsichtig  geschmolzene  in  noch  höherem  Grade. als  das  nicht  ge- 
gchmolzene.  1  Thl.  Apiin  giebt  mit  1527  Thln.  Wasser  beim  £r- 
büten  noch  eine  lockte  Gallerte ,  die  Fähigkeit  zu  gelatiniren  hört 
sber  erst  bei  einem  Yerhältniss  von  1  Thl.  Apiin  zu  8500  Wasser 
auf.  Kalter  Weingeist  ist  ein  besseres  Auflösangsmittel  für  Apiin  als 
kaltes  Wasser,  es  bedarf  von  demselben  nur  359  Thle.  Kochender 
Weingeist  nimmt  so  viel  davon  auf,  dass  der  Siedepunkt  der  gesättigten 
Losnog  über  dem  des  Wassers  liegt  Die  weiageistigen  Lösungen  gc« 
btiairen  ebenfalls  beim  Erkalten. 

Eigenthflmlich  ist  die  Beaction  des  schwefelsauren  Eisenoxyduls 
nf  das  Apiin.  Die  Lösungen  desselben  werden  nämlich  dadurch 
bhitroth  gefärbt,  und  selbst  bei  sehr  grosser  Verdünnung  tritt  noch 
rothe  Färbung  ein.  Mit  Cblorbarium,  essigsaurem  Bleioxyd  und  sal- 
peiersaarem  Silberoxyd  geben  sie  keinen  Niederschlag,  aber  eine  Auf- 
Umag  von  Bleizucker  in  Weingeist  wird  durch  eine  ebenfalls  spiri* 
tooM  Losging  von  Apiin  intensiv  gelb  gefallt.  Der  Bleigehalt  des  Nie- 
derschlages variirt  zwischen  53,60  und  61,09  Procent. 

Wenn  man  eine  Auflösung  von  Apiin  in  Wasser  längere  Zeit  kocht 
und  das  verdunstete  Wasser  immer  ersetzt,  so  verliert  die  Flüssigkeit 
£e  Fähigkeit  beim  Erkalten  zu  gelatiniren,  sie  wird  zuletzt  röthlich 
g«lb,  und  nach  dem  Erkalten  scheidet  sich  nun  ein  leichtflockiger,  bei- 
Babe  farbloser  Niederschlag  aus,  welcher  bei  lOO^C.  getrocknet  die  Zu- 
sammensetzung C24H]60i5  hat,  also  durch  Aufnahme  von  2  Aeq.  Wasser 
enstanden  ist,  ohne  dass  sich  ein  anderes  Product  daneben  gebildet 
lat  Dieser  neue  Körper  ist  spröde  und  leicht  zerreib] ich,  das  Pulver 
denelben  ist  braun.  In  kochendem  Wasser  ist  er  leicht  lödlich,  eben 
10  in  Weingeist.  Die  Reaction  mit  schwefelsaurem  Eisenoxydul  ist 
geblieben.  Chlorbarium  trübt  die  heisse  wüsserige  Auflösung- desselben 
QU  wenig,  essigsaures  Bleioxyd  erzeugt  darin  einen  reichlichen  Nieder- 
Mfalag,  salpetersaures  Silber  ist  ohne  Wirkung. 

Durch  längeres  (^/j-  bis  24 stündiges)  Kochen  des  Apiins  mit  ver- 
dönnter  Schwefelsäure  verliert  sich  gleichfalls  die  Eigenschaft  desselben 
n  gelatiniren.  Beim  Erkalten  bekommt  man  einen  weisslichen,  flocki- 
gen Niederschlag,  der  sich  leicht  auswaschen  lässt  und  nach  dem  Trock- 
&en  bellbraun  aussieht.  Er  hat  bei  100^  C.  getrocknet  die  Zusammen- 
*^^^g  0^4^10  O9,  enthält  also  die  Elemente  von  4  Aeq.  Wasser  we- 
uger  als  das  Apiin,  und  ist  in  kochendem  Wasser  ungleich  weniger 
mfiöslich  als  dieses.  Dagegen  löst  es  sich  leicht  In  kochendem  AVein- 
geist  und  scheidet  sich  beim  Erkalten  nicht  wieder  aus.  Schwefel- 
Banres  Eisenoxydul  erzeugt  in  der  Lösung  dieses  Körpers  einen  roth- 
bnanen  Niederschlag,  Chlorbarium,  essigsaures  Blei  und  salpeter- 
Bores  Silber  sind  ohne  Wirkung.  Er  lässt  sich  nicht  ohne  Zersetzung 
läimeUen. 

Braconnot  hat  angegeben,  dass  sich  bei  der  Einwirkung  von 
verdQnnter  Schwefelsäure  auf  Apiin  Zucker  bilde,  v.  Planta  und 
WsUace  haben  dies  aber  nicht  bestätigt  gefunden.  Sie  erhielten 
twar  eine  Flüssigkeit,  welche,  als  sie  nach  Hinwegnahme  der  Schwe- 
feliinre  durch  kohlensauren  Baryt  zum  Synip  concentrirt  wurde,  süss 
ichmeckte  und,  mit  weinsaurem  Knpferoxyd-Kali  gekocht,  Kupferoxydul 
AQBSchied,  aber  sie  liess  sich  nicht  in  Gährung  versetzen  und  verbrei- 


152  Apios  tuberosa  oder  Glycine  apios. 

tele  beim  Erhitzen  anf  PMkin  nicht  den  eigenthümlichen  Gremch  des  gpe 
brannten  Zuckers. 

Kochendo  verdünnte  Chlorwasserstoffsäure  wirkt  ähnlich  auf  das  iLpiii 
wie  die  verdünnte  Schwefelsäure.  Der  dadurch  entstehende  Korper  hA 
die  gleiche  Znsammensetzung  wie  der  durch  verdünnte  Schwefelsäure  ent 
standene,  aber  er  ist  viel  löslicher  in  kochendem  Wasser.  Seine  Aufl5 
sung  in  Wasser  oder  Weingeist  färbt  sich  mit  schwefelsaurem  ßiaeii 
oxydul  ziegelroth  und  giebt  einen  rothbraunen  Niederschlag.  Bssig^ 
saures  Blei  erzeugt  in  der  wässerigen  Losung  geringe  Trübung,  Salpeter 
saures  Silber  und  Chlorbarium  sind  ohne  Wirkung. 

Concentrirte  Schwefelsäure  und  Chlorwasserstoflbäure  lösen  das  Apün 
ohne  dass  man  zu  erwärmen  braucht,  mit  orangerother  Farbe  auf.  Onrcl 
Zusatz  von  Wasser  erhält  man  einen  Niederschlag,  der  nach  dem  Axl» 
waschen  und  Trocknen  gelblich  braun  ist,  und  dessen  ZusammensetKun^ 
CS4H19O1J  ist,  der  also  dadurch  entstanden  ist,  dass  die  Elemente  von  2  HC 
aus  dem  Apiin  ausgetreten  sind.  Dieser  Körper  theUt  mit  dem  durch  ver- 
dünnte  Säuren  erhaltenen  Körper  die  grössere  Schwerlöslichkeit  in  kochen- 
dem Wasser,  doch  ist  die  Eigenschaft  des  Apiins,  zu  gelatiniren,  bei  demsel- 
ben nicht  so  völlig  verloren  gegangen.  Beim  Erhitzen  schwärzt  die  eoncen- 
trirte  Schwefelsäure  das  Apiin  und  entwickelt  schweflige  Säure.  Aas  dei 
klaren  Lösung,  welche  concentrirte  kochende  Chlorwasserstoffsäure  mit  den 
Apün  anfangs  bildet,  schlägt  sich  bald  ein  dunkelbrauner  Körper  nieder. 

Bei  100^  C.  getrocknetes  Apiin  absorbirt5,l  Proc.  trockenes  Chlor- 
wasserstoffgas,  es  färbt  sich  dadurch  gelblich;  die  Färbung  verschwin- 
det aber  beim  Erhitzen  wieder. 

Chlor  erzeugt  in  der  wässerigen  heissen  Auflösung  des  Apiins  als- 
bald einen  schmutzig  gelben  chlorhaltigen  Niederschlag,  welcher  nach 
dem  Trocknen  dunkelbraun  ist  und  beim  Erhitzen  Chlor wasserstofiTsaure 
entwickelt.  Er  löst  sich  leicht  in  heissem  Wasser  und  Weingeist.  Die 
Lösungen  reagiren  neutral;  die  wässerige  scheidet  beim  Erkalten 
einen  gelblichen  Niederschlag  aus,  die  weingeistige  erst  nach  einiger 
Zeit.  Beide  färben  sich  mit  schwefelsaurem  Eisenoxydul  blutroth 
Essigsaures  Bleioxyd  erzeugt  in  der  wässerigen  Lösung  einen  starken 
gelben  Niederschlag. 

Salpetersäure  soll,  nach  Bracon not,  aus  dem  Apiin  Pikrinsalpeter- 
sänre  und  Oxalsäure  bilden,  v.  Planta  und  Wallace  schreiben  die 
Bildung  dieser  Säure  fremdartigen  Beimengungen  zu,  da  sie  mit  reinem 
Apiin  nichts  der  Art  erhielten,  wohl  aber  aus  unreinem. 

Wird  Apiin  in  einem  Destillationsapparate  der  oxydirenden  Ein- 
wirkung von  Braunstein  und  Schwefelsäure  ausgesetzt,  so  geht  unter 
heftiger  Beaction  Ameisensäure  und  Essigsäure  über.  Zugleich  ent- 
wickelt sich  Kohlensäure. 

Die  Alkalien,  auch  Ammoniak,  lösen  das  Apiin  mit  Leichtigkeit, 
sie  verändern  es  aber  selbst  beim  Kochen  nicht  und  auf  Zusatz  von 
Säuren  entsteht  wieder  eine  Gallerte.  Kalkwasser  löst  dasselbe  nur 
zum  Theil  auf.    Die  Lösung  gelatinirt  mit  Säuren. 

(W^p.)  Fe. 

Apios  tuberosa  oder  Glycine  apios  (Lin.),  eine  ans 
Nord-Amerika  stammende,  zu  den  Leguminosen  gehörende  Pflanze,  de- 
ren Wurzeln  als  ein  Ersatz  für  die  Kartoffeln  vorgeschlagen  sind,  wäh- 
rend die  jungen  Samen  statt  Erbsen  genossen  werden  sollen.  Die  Wor^ 
zeln  sollen  schon  von  Eingebomen  Amerikas  benutzt  worden  sein,  und 


Apirin.  —  ApophyUensäure.  153 

m  Virginien  auch  noch  als  Nahrungsmittel  üenen.  Nach  Payen  ent- 
halten sie  in  100  Theilen:  4,5  Proc.  stickstoffhaltende  Substanz; 
0,8  Pioc  Fett;  33,5  Proc.  Stärkezucl^er  undPectinsubstanz;  1,3  Proc. 
CeUolose;  2,6  Proc.  AschenbestandtheUe ;  57,3  Proc.  Wasser  i).        Fe, 

Apirin  s.  Apyrin. 

Apium  graveolens.  Der  Sellerie  enthält,  nach  Herapath, 
im  frischen  Zustande  1,1  Proc,  voUkoniinen  trocken  16,8  Proc.  Asche; 
lOOTheile  derselben  enthalten  8,2  Proc.  Kohlensäure;  1,0  Proc.  Schwe- 
kAAare;  6,4  Proc.  Phosphorsfture ;  29,3  Proc.  Kali;  32,3  Proc.  Chlor- 
BstrioDi;  diese  Bestandtheile  bilden  lösliche  Verbindungen,  ausserdem 
enthalt  die  Asche  an  unldslichen  Salzen  7,5  Proc.  kohlensauren  Kalk, 
1S,7  Proc.  phosphorsauren  Kalk,  1,6  Proc.  Kieselsäure.  Fe. 

Apllt.  Mit  dieser  unzweckmässigen  Benennung  hat  man  einen 
ssndsteinartigen  Granit  belegt,  der  aus  einem  klein-  oder  feinkörnigen 
Gemenge  von  Quarz  und  Feldspath  besteht  und  Glimmer  höchstens  in 
Spuren  enthält.  2X  S, 

Aplom  s.  Granat. 
Apoglucinsäure  s.  Glucinsäure. 
Apokrensäure  s.  Humussäure. 

Apoirs  Thränen,  bei  den  Dichtern  der  Alten,  der  Bern- 
stein. P. 

ApophyUensäure.  Eine  stickstoffhaltende,  durch  Zer-^ 
letzong  von  Cotarnin  erhaltene  Säure,  deren  Formel  HO.CieHsNOf 
vL  Sie  ward  (1844)  zuerst  von  Wöhler'),  aber  in  geringerer  Menge 
dargestellt,  Anderson^)  bat  sie  später  weiter  untersucht. 

Die  Bildungs weise  der  ApophyUensäure  aus  dem  Cotarnin  ist  noch 
UToUständig  bekannt,  da  man  nicht  die  Prodücte  kennt,  welche  neben 
der  Säure  zugleich  entstehen.  Ihre  Bildung  beruht  auf  einer  Oxydation, 
Dan  kann  dafür  folgendes  Schema  aufstellen : 

Cotarnin  ApophyUensäure 

Aus  dem  letzteren  Korper  müssten  sich  dann  weitere  nicht  näher 
beobachtete  Prodncte  bilden.  Der  Zusammensetzung  nach  steht  die 
Siare  in  naher  Beziehung  zur  Anthranilsäure  (C14H7NO4),  welche  die 
Elemente  von  2Aeq.  Kohlensäure  weniger  enthält  als  das  Apophyllen* 
lior^ydrat.  Ihren  Namen' hat  die  Säure  von  Wo  hl  er  erhalten  wegen 
der  Aehnlichkeit  mit  dem  Apophyllit  in  Bezug  auf  Spaltbarkeit  und  Form 
der  Krystalle.  Die  ApophyUensäure  wird  aus  dem  Cotarnin  bei  Ein* 
wirkong  von  Platinchlorid  (Wöhler),  sowie  durch  Behandlung  mit 
Silpetersäore  erhalten  (Anderson). 


^)  Compt.  rend.  de  Tscad.  T.  XXXVIll,  p.  191  u.  p.  709;  Pharm.  Centralbl. 
S.  253  a.  S.  559.  —  *)  Anoal.  d.  Chem.  a.  Pharm.  Bd.  L,  S.  24;  Berzelius' 
Jihresber.  XXIV,  S.  439.  —  »)  Transact.  of  the  Royal  Soc.  of  Edinb.  T.  XXIXI, 
^347.  Chem.  Soc.  Qn.  Journ.  T.  V,  p.  267;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXXVI, 
S*  196;  Joium.  f.  praXt.  Chem.  Bd.  LVII,  8.  364;  Jahresber.  v.  Lieb  ig  o.  Kopp 
m%  8.  544. 


1 54  Apophyllensäure. 

Wo  hl  er  erhielt  die  Säure,  indem  er  Cotamin  mit  Platinchlorid 
fällte,  den  Niederschlag  mit  SchwefelwasserstofT  behandelte  und  der 
vom  Schwefelplatin^  abfiltrirten  Flüssigkeit  Barythydrat  -zusetzte;  aus 
dem  dabei  entstehenden  Niederschlage  wird  das  Cotamin  mit  sieden- 
dem Alkohol  ausgezogen,  und  dann  der  Rückstand  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  erwärmt ;  aus  dem  Filtrat  scheiden  sich  zuweilen  nach 
einigen  Wochen  Krystallc  von  Apophyllensäure;  es  gelang  aber  nicht, 
die  Säure  auf  diese  Weise  willkürlich  darzustellen  (Wöhler). 

Besser  gelingt  die  Darstellung  der  Apophyllensäure  aus  dem  Co- 
tamin durch  Einwirkung  von  Salpetersäure,  wobei  aber  ein  Ueber- 
Bchuss  dieser  Säure  zu  vermeiden  ist,  weil  dadurch  die  Abscheidung 
der  Apophyllensäure  erschwert,  und  diese  zum  Thell  selbst  wieder  zer- 
setzt wird.  Man  verfährt  am  besten  so,  dass  man  Cotamin  in  Salpeter- 
säure, welche  mit  ihrem  doppelten  Volumen  Wasser  verdünnt  ist,  löst, 
dann  concentrirte  Säure  zusetzt  und  bis  zum  Kochen  erhitzt,  wobei  sich 
reichlich  Dämpfe  von  salpetriger  Säure  entwickeln.  Man  erhitzt  so 
lange,  bis  sich  aus  einer  Probe  der  Flüssigkeit  auf  Zusatz  von  viel  Al- 
kohol mit  Aether  nach  kurzer  Zeit  Krystalle  abscheiden;  darauf  wird 
die  ganze  Masse  so  behandelt,  und  bleibt  24  Stunden  stehen.  Die  ab- 
geschiedenen Krystallc  werden  durch  Umkrystallisiren ,  wenn  nöthig 
mit  Zusatz  von  Thierkohle  gereinigt.  Die  so  erhaltenen  farblosen  Kry- 
stalle sind  zuweilen  wasserfrei,  mitunter  enthalten  sie  Krystallwasser. 
Aus  einer  siedend  gesättigten  wässerigen  Losung  scheidet  die  Apophyllen- 
säure sich  beim  Erkalten  in  wasserfreien  prismatischen,  in  der  Wärme 
nicht  verwitternden  Krystnllen  ab,  von  der  Zusammensetzung  HO. 
Cio^e^O?*  Aus  einer  weniger  concentrirten  Lösung  setzen  sich  bei 
niedrigerer  Temperatur  wasserhaltende  Kiystalle  HO.CieHeNO?  -f" 
2H0  ab.  Diese  sind  farblose  scharfe  Bhombenoctaeder,  der  Form  nach 
dem  Quadratoctacdcr  sich  nähernd,  mit  Kantenwinkeln  von  106<^  28', 
103«  24'  und  1900,  und  mit  Winkeln  an  der  Basis  zu  92«  und  98<> 
(Hausmann).  Sie  lassen  sich  parallel  mit  der  Basis  leicht  spalten, 
und  zeigen  auf  der  Spaltungsüäche  Perlmutterglanz,  welche  Eigen- 
schaften zur  Benennung  der  Säure  Yeranliissung  gegeben  haben.  Die 
Krystalle  verlieren  das  Krystallwasser  vollständig  schon  weit  unter 
1000  C. 

Die  schwach  sauer  schmeckende  Säure  löst  sich  in  Wasser  nur 
langsam  und  schwierig,  in  Alkohol  und  Aether  ist  sie  unlöslich;  die 
wässerige  Lösung  reagirt  schwach  sauer.  Die  wasserfreien  Krystalle 
schmelzen  bei  2050C.,  und  erstarren  beim  Erkalten  wieder  zu  einer 
krystallinischen  Masse ;  bei  höherer  Temperatur  verkohlt  die  Säure  un- 
ter Bildung  flüchtiger  Froducte,  unter  denen*  zwei  ölartige  Körper 
sich  finden,  eine  indifferente  und  eine  basische  schwach  aromatisch  rie- 
chende Substanz,  welche  letztere,  nach  Wöhler,  wahrscheinlich  Ghi- 
nolin  ist;  nach  Anderson  ist  sie  weder  Chinolin  noch  Anilin,  weiter 
konnte  ihre  Natur  nicht  ermittelt  werden.  In  concentrirter  Schwefel- 
säure löst  die  Apophyllensäure  sich  ohne  Veränderung,  durch  siedende 
Salpetersäure  wird  sie  unter  Bildung  von  Oxalsäure  oxydirt,  daher  bei 
der  Darstellung  eine  zu  lange  Einwirkung  überschüssiger  Salpetersäure 
zu  vermeiden  ist. 

Die  Apophyllensäure  ist  eine  schwache  Säure;  ihre  meisten  Ver- 
bindungen mit  Basen  sind  in  Wasser  löslich;  die  Salze  der  Alkalien 
sind  krystallisirbar ,  und  ihre  Lösungen   werden  weder  durch  Baryt^ 


ApophyUit.  155 

noch  Bleisalze  gefallt,  darch  salpetcrsaures  Silberozyd  nur  nach  länge- 
rer Zeit. 

Apophyllensanres  Ammoniamoxyd  bildet  kleine  prismati* 
sebe,  in  Wasser  leicht  lösliche  Nadeln. 

Apophyllensanrer  Baryt  wird  aus  der  wässerigen  Lösung, 
dnreh  Digeriren  der  wässerigen  Säure  mit  kohlensaurem  Baryt  erhal- 
ten,  aof  Zusatz  von  Alkohol  in  warzenförmigen  Krystnllen  abgeschieden. 

Apophyllensaures  Silberoxyd,  AgO.CieHeNOy,  kann  nur 
durch  Digeriren  der  Säure  mit  kohlensaurem  Silberoxyd  und  Wasser, 
und  Fällen  der  Lösung  mit  Alkohol  und  Aether  erhalten  werden.  Es 
bt  ein  krystallinisches  Pulver,  leicht  löslich  in  Wasser,  unlöslich  in 
Alkohol  und  Aether;  beim  Erhitzen  verbrennt  es  langsam  ohne  zu  ver- 
paffen • 

Apophyllensaures  mit  salpetersaurem  Silberoxyd:  AgO. 
Cic  fi«  N O7  -f-  Ag 0  .  NO5.  Wird  die  wässerige  Lösung  von  apophyllen- 
saurem  Alkali  mit  salpetersanrem  Silberoxyd  versetzt,  so  scheidet  sich 
das  Doppelsalz  in  zeolithäbnlichen  Gruppen  von  feinen  weissen  Kry- 
itallnadeln  ab,  welche  beim  Erhitzen  heftig  explodiren.  Wöhler  hatte 
diese  Krystalle  für  apophyllensaures  Silberoxyd  gehalten,  nach  Ander- 
son sind  sie  das  Doppelsalz.  Fe. 

ApophyUit  (von  dnofpvXkil^v^  entblättern,  wegen  des  eigen- 
thGmlichen  Verhaltens  dieses  Minerals  vor  dem  Löthrohrc,  indem  es  sich 
beim  Erhitzen  zerblättert),  auch  Ichthyophthalm  (Fischaugen stein), 
Alb  in  oder  Fesselit.  Obgleich  dieser  durch  seine  äusseren  Charaktere  sehr 
aasgexeichnete,  an  mehreren  Fundorten  in  Krystallen  von  grosser  Rein- 
heit vorkommende  Zeolith  von  verschiedenen  Chemikern —  wie  Berze» 
lins,  Rammelsbergu.  A.^ —  analysirt  worden  ist,  und  obgleich  hierbei 
nahe  Übereinstimmende  Resultate  erhalten  wurden,  hat  man  bisher  ver- 
gebens versucht,  die  chemische  Zusammensetzung  des  ApophyUit  durch 
öne  chemische   Formel   von   hinreichender  Wahrscheinlichkeit  auszu- 

#  _ 

drucken.  Alle  betreffenden  Analysen,  acht  an  der  Zahl,  kommen  darin 
fiberein,  dnss  —  wie  zuerst  Berzelius  angab  —  der  ApophyUit  an« 
Bähemd  besteht  aus  10  Aeq.  Kieselerde,  8  Aeq.  Kalk,  1  Aeq.  Kali 
und  16  Aeq.  Wasser,  wobei  jedoch  ein  kleinerer  Theil  des  Calciums 
als  Flnorcalcium  oder  Fluorkieselcalciam  auftritt.  Die  von  den  ver- 
schiedenen Analytikern  gefundene  procentische  Menge  des  Fluors 
variirt  zwischen  0,61  bis  0,80  (Berzelius)  und  1,09  bis  1,28  (Ram- 
melsberg).  Unter  der  nicht  unbegründet  dastehenden  Annahme, 
dass  das  Fluor  eine  entsprechende  Menge  Sauerstoff  ersetzt,  führt  jenes 
Atomverhältniss  direct  zu  der  von  Berzelius  aufgestellton  Formel: 
KO  .  2  Si  O3  4-  8  (CaO  .  SiOg)  +  16  HO,  welche  uns  aber  eine  che- 
mische  Constitution  darstellt,  die  wenig  Wahrscheinlichkeit  für  sich  hat 
Einige  andere  Formeln  hier  anzuführen,  welche  6.  Rose,  Dana  u.  A. 
för  den  ApophyUit  aufgestellt  haben,  erscheint  überflüssig,  da  sie  den 
analytischen  Resultaten  mehr  oder  weniger  Gewalt  anthun.  So  z.  B. 
setzt  die  Bos  ersehe  Formel  i)  ein  Yerhältniss  von  SiOs  :  CaO  :  KO 
:H0  =  7:6:1:14  (=  8 :  6«/7  :  I1/7 :  16)  voraus.  Bei  genauer  Be- 
trachtung der  Sauerstoffverhältnisse,  welche  den  verschiedenen  Analy- 
sen des  ApophyUit  entsprechen,  findet  man,  dass  die  von  Berzelius 


*)  6.  Böse,  Das  kr^Btallo- chemische  Minerals^tani,  S.  87. 


156  ,  Aporetin.  —  Apothema. 

aogenommene  Sauerstoff- Proportion,  10:8:1:16  oder  besser  SiOs 
:RO:HO  =  10:9:  16,  nicht  die  einzig  mögliche  ist,  sondern  dasa 
sieh  die  Proportion  9  : 8: 15  mindestens  eben  so  scharf,  zum  Theü  noch 
schärfer  an  die  analytischen  Resultate  anschliesst  Der  Ueberschnss 
von  Kieselerde  und  der  mit  ihm  auftretende  Wassergehalt  stellen  es  als 
wahrscheinlich  heraus,  dass  das  Wasser  hier  als  eine  Base  3  (HO) 
=  1  RO  auftritt.  Mithin  y erändert  sich  unsere  Proportion  zu  Si  Os 
:R0  =  9:13,  entsprechend  der  Formel:  4(3RO  .  2SiO,)-f  RO 
.  SiOs*  Im  zweiten  Glied  e  dieser  Formel  dürfte  der  Sitz  des  Fluors  (als 
Fluorcalcium  oder  Fluorkieselcalcium  auftretend)  anzunehmen  sein.  Der 
Apophyllit  wird  von  erhitzter  ChlorwasserstofTsäure,  unter  Abscheidung 
von  Eieselgallerte,  leicht  zersetzt  Das  Filtrat,  mit  Ammoniak  öberaät- 
tigt,  giebt  einen  Niederschlag  yon  Fluorkieselcalcium.  —  In  den 
reinsten  Varietäten  wasserhell  und  farblos,  mitunter  rosenroth;  auch 
durchscheinend  bis  kantendurchscheinend  und  dabei  weiss,  röthlich- 
weiss  bis  fleischroth.  Die  Krystalle  sind  tetragonale  Pyramiden  von 
ausgezeichneter  basischer  Spaltbarkeit;  derbe  Massen  von  blätterigem 
Gefüge.  An  einigen  Fundorten  (besonders  zu  Aussig  in  Böhmern) 
vorkommende  weisse,  undurchsichtige  Krystalle  von  besonderer  Eury- 
stall -Combination  hat  man  Alb  in  genannt.  Glasglanz,  auf  den  ba« 
sischen  Flächen  Perlmutterglanz.  Specifisches  Gewicht  2,3  bis  2,4. 
Härte  fast  wie  Apatit,  gewöhnlich  etwas  geringer.  Die  durchsichtigen 
Apophyllitkrystalle  zeigen,  nach  Brewster,  ein  eigenthümliches  opti- 
sches Verhalten,  indem  jedes  Erystallindividuum  aus  mehreren  symme- 
trisch geordneten  Gliedern  besteht,  was  bei  der  grossen  Einfachheit  der 
äusseren  Form  dieser  Krystalle  um  so  merkwürdiger  erscheint.  — Findet 
sich  an  mehreren  Orten  in  Schweden  (und  Norwegen)  auf  Magneteisen- 
steinlagem  im  Gneuss,  namentlich  auf  der  Insel  Utü  (Utön)  von  be- 
sonderer Schönheit;  ferner  auf  Erzgängen  im  Uebergangsthonschiefer 
zu  Andreasberg  (rosenrothe  Varietät);  in  Drusenraumen  eines,  dem 
Gnenss  untergeordneten  Kalksteins  zu  Orawicza  und  Cziklowa  in  Un- 
garn; endlich  in  den  Blasenräumen  bas9.1tischer  und  phonolytischer  Gre- 
birgsarten  in  Böhmen,  Tyrol,  Schottland,  auf  den  Faröer-Inseln,  Grön« 
land,  in  Mexico  u.  s.  w.  TK  S. 

Aporetin  nennen  Schlossberger  und  Döpping  ein  Hars, 
welches  erhalten  wird,  indem  der  im  Wasser  unlösliche  Theil  des  wein- 
geistigen Extractes  der  Rhabarberwurzel  in  Alkohol  gelöst  und  dann 
mit  Aether  gefällt  wird;  beim  Behandeln  dieses  Niederschlags  niit  AU 
kohol  bleibt  das  Aporetin  zurück  (s.  Iste  Aufl.  Bd.  VI,  S.  825).      Fe. 

Aposepidin.  Ein  gewöhnliches  Product  der  Fäulniss  der 
stickstoffhaltenden  sogenannten  Proteinstoffe,  von  Proust  entdeckt  und 
als  Käsoxyd  bezeichnet,  das  nach  späteren  Untersuchungen  von  Mnl- 
der,  von  Iljenko  und  von  Cahours  als  unreines  Leucin  sich  erwies 
(s.  Iste  Aufl.  Bd.  IV,  S.  836).  Fe. 

Aposepsie,  syn.  für  Vermoderung  (s.  d.  Art). 

Apothema  oder  Extract-Absatz  nennt  Berzelius  den 
unlöslichen  Absatz,  welcher  sich  bei  Luftzutritt  aus  der  Auflösung 
von  Pflanzenextracten  abscheidet,  und  der  sich  bei  wiederholtem  Auf- 
lösen, Abfiltriren  des  ungelösteli  Theils,  und  Wiederabdampfen  immer 


Apparat.  —  Apyrit.  157 

von  neuem  bildet.  Es  ist  ein  dunkelbrauner  amorpher,  geruch-  und  ge- 
schmackloser pulveriger  Körper,  offenbar  keine  bestinunte  Verbindung 
MHidern  ein  Gemenge  yerschiedener,  zum  Theil  in  Umsetzung  begriffe- 
nor  Körper,  vollkonunen  ähnlich  oder  identisch,  so  weit  unter  solchen 
Umstanden  dayon  die  Bede  sein  kann,  mit  dem  Moder  des  Holzes. 
Man  hat  diesen  Körper  auch  wohl  oxydirten  Eztractivstoff*  genannt, 
weil  er  durch  Einwirkung  von  Luft  entsteht;  durch  diese  Einwirkung 
wird  er  aber,  weil  sowohl  der  von  aussen  hinzutretende  Sauerstoff*  wie 
m  Theil  des  Sauerstoffs  der  Substanz  zur  Bildung  von  Kohlensäure 
md  Wasser  verwendet  wird,  sauerstoffärmer  und  kohlenstoffreioher 
(flwFänlniss  und  Vermoderung).  (P.)  Fe, 

Apparat  (Geräthschaft,  Geräth)  heisat  im  Allgemeinen 
jede  zur  Ausführung  einer  chemischen  Arbeit  erforderliche,  mehr  oder 
weniger  zusammengesetzte  Vorrichtung,  während  eine  solche  von  ein- 
^cherer  Art  Instrument  (Werkzeug)  genannt  zu  werden  pflegt.  Die 
Retorte  ist  ein  Instrument ;  verbunden  mit  einer  Vorlage  stellt  sie  einen 
Apparat  dar.  Der  Apparate  giebt  es  im  Grunde  so  viele,  als  chemi- 
icbe  Operationen,  und  häufig  sogar  mehrere  für  eine  solche.  Auch 
itellt  der  experimentirende  Chemiker  dieselben  meist  für  jeden  Fall 
anders  zusammen,  wie  es  seine  Absichten  und  Bedürfnisse  gerade  er- 
heischen. Die  Apparate  können  daher  nur  bei  den  einzelnen  Operatio- 
nen beschrieben  werden,  oder  unter  besonderen  Namen,  welche  sie  nach 
diesen  bekommen  haben.  '  P. 

Appert's  Methode  s.  Conservirung  der  Nah- 
rungsstoffe. 

Apyre.     £in  vermeintliches   Alkali,  welches  Brugnatelli  in 

dem  Harne  oder  der  Blasensteinsäure  gefunden  haben  will,  welches  nach 

Döbereiner  aber  nichts  ist,  als  phosphorsaure  Magnesia  und  phosphor- 

ttorer  E[alk  0-    Sonst  heisst  apyre  (franz.),  apyrua  (latein.),  feuerfest. 

P. 

Apyrin.  Eine  Pfianzenbase,  die  Bizio^)  in  den  Früchten  von 
Gkoc  nudfera  und  Coco9  lapidea  gefunden  haben  will.  —  Er  zieht  die 
Substanz  der  Nüsse  mit  verdünnter  Chlorwasserstoffsäure  aus  und  fällt  das 
Apyrin  aus  der  abgegossenen  Flüssigkeit  mit  Ammoniak*  Es  ist  Weiss, 
der  Starke  ähnlich,  ohne  Geruch,  schmeckt  erst  nach  einiger  Zeit  stechend 
«ad  reagirt  weder  sauer  noch  alkalisch.  Die  merkwürdigste  Eigen- 
lehaft  des  Apyrins  ist  die  leichtere  Löslichkeit  in  kaltem  Wasser,  .als 
in  warmem,  deshalb  trübt  sich  eine  kalt  bereitete  wässerige  Lösung  beim 
£rwärmen  (daher  der  Name)  und  lässt  Apyrinhydrat  fallen.  Dieselbe 
Sigoischaft  th eilen  die  Verbindungen  des  Apyrins  mit  Säuren,  von  wel- 
chen Bizio  angiebt,  dass  die  mit  Essigsäure  und  Weinsäure  auf  diese 
Weise  in  kleinen  Kry stallen  erhalten  werde.  —  Beim  Erhitzen  stösst 
du  Apyrin  weisse ,  nach  verbrennendem  Hanf  riechende  Dämpfe  aus 
und  hinterlasst  Kohle.  —  Die  Existenz  desselben,  als  eines  eigenthüm- 
Üchen  Körpers,  bedarf  noch  sehr  der  Bestätigung.  (Xp.)  Fe- 

Apyrit^    Siberit,  Rubellit  {TurmaUne  apyre^  Red  turmaiine); 
^e  rothe  Varietät  des  Turmalins  (s.  d.). 

0  GUb.  Anna].  Bd.  LXVII,  S.  386.  —  *)  Journ.  de  chim.  m^ic.  1838.  T.  tX,  p.  596 ; 
•wb  Jonrn.  f.  prskt.  Chem.  Bd.  I,  p.  421;  Berzelias'  Jahresber.  Bd.  XIV,  S.  271. 


158  Aqua  ßinelli.  —  Aqua  reginae. 

Aqua  Binelli.  Ein  aus  Italien  stammendes  Geheimmittel, 
welches  nach  seinem  Entdecker,  Dr.  Fedele  Binelli  aus  Piemont,  so 
benannt  wurde,  und  seiner  Zeit  vorzugsweise  als  blutstillendes  Mittel, 
aber  auch  sonst  für  innerliche  wie  für  äusserliche  Anwendung  bedeu- 
tenden Ruf  hatte,  nachdem  Commissionen  der  Turiner  Akademie  wie 
der  Acrzte  zu  Neapel  mit  dem  Mittel  auffallend  gQnstige  Resultate  er- 
halten haben  wollten.  Nach  Binelli's  Tode  (1827)  kam  das  Geheim- 
niss  in  Besitz  von  Gaetana  Pironti  und  Andrea  Ferrara,  deren 
amtlich  geprüfte  Präparate  dann  durch  Gräfe  1831  nach  Berlin  ka- 
men. Nachdem  das  Mittel  Anfangs  nahezu  Wunder  bewirkt  hatte,  fand 
man  später,  dass  seine  Wirkung  nicht  bedeutender  sei,  als  die  von  rei- 
nem kalten  Wasser. 

Der  grosse  Ruf  des  Mittels ,  wie  sein  hoher  Preis  (20  Thaler  das 
Pfund)  waren  hinreichende  Veranlassung  zu  wiederholten  Untersuchun- 
gen und  Versuchen,  es  darzustellen.  Berzelius  gab  an,  dass  es  Spu- 
rren Ammoniak  und  einen  flüchtigen  eigenthümlichen  unbekannten  Xor- 
per  enthalte,  welcher  dem  Oleum  anmale  Dippelü  wohl  ähnlich  sei,  sich 
aber  wesentlich  dadurch  unterscheide,  dass  er  sich  an  der  Luft  nicht 
bräune.  —  Alle  anderen  Untersuchungen  ergaben  übereinstimmend,  dass 
das  Wasser  nur  eine  sehr  geringe  Menge  eines  flüchtigen  nicht  isolir- 
baren  Körpers  enthalte,  ähnlich  wie  die  sogenannten  Aqua  empifreuma- 
Hca^  fuUginia  u.  a. 

Man  wollte  dann  mit  einer  Mischung  von  1  Unze  Tabacksöl  (oder 
Saft  aus  den  Tabakspfeifen),  32  Unzen  Wasser  und  einigen  Tropfen 
Thieröl  eine  gleiche  Wirkung  erhalten  haben;  ebenso  mit  einer  con- 
centrirten  Abkochung  von  Tabacksblättern.  Da  das  eigentliche  Aqua 
Binelli  aber  auch  Unzen  weise  innerlich  genommen  werden  sollte,  so 
konnte  es  wohl  nicht  Tabackssaft  enthalten.  Nach  anderen  Angaben  sollte 
eine  Auflösung  von  wenig  Kreosot  in  Wasser  dieselbe  Wirkung  thun. 
Blei  erhielt  beim  Destiiliren  der  Braunkohle  von  Preusslitz  mit  Was- 
ser ein  dem  Aqua  Binelli  ganz  ähnliches  Product.  Buchner  vermu- 
thete,  dass  es  ähnlich  wie  das  in  Italien  längst  bekannte  Aqua  del  car^ 
ceraü  di  Roma  oder  AqiLa  stypUca  vulneraria  Clementini  bereitet  werde,  wel- 
ches Mittel  aus  dem  ansgepressten  frischen  Saft  von  Hb.  Majoranae^  jSo- 
niculi^  Verbenae^  Sedi  maj,^  PimpineUae  alb.^  MiUefoUi^  Bryoniae  und  3/art 
dargestellt  wird,  indem  man  ^5  Unzen  des  Saftes  mit  6  Unzen  Koch- 
salz, 6  Unzen  Potasche,  4  Unzen  Weinstein,  V/2  Unzen  Aloe  und  1 
Unze  Essig  vermischt,  die  Masse  24  Stunden  stehen  lässt,  und  dann 
zur  Trockne  abdestillirt,  das  Destillat  wird  auf  den  zn  Pulver  geriebe« 
nen  Rückstand  zurückgegossen  und  wiederum  abdestillirt,  und  diesei 
Process  dreimal  wiederholt. 

Jetzt  ist  das  Aqua  Binelli  in  Deutschland  wenigstens  längst  ver- 
schollen. (P.)  Fe. 

Aqua  fortis  simplex  und  Aqua  fortis  duplex, 
syn.  für   einfaches   und    doppeltes  Scheidewassei 

(s.  Salpetersäure). 

Aquamarin,  syn.  für  Beryll  (s.  d.) ;  bei  den  Jawelierei 

haben  auch  blassbläulich-  oder  meergrüne  Topase  diesen  Namen. 

Aqua  oxymuriatica,  syn.  für  Chlorwasser. 

Aqua  reginae   (Königinnenwassser).    So  hat  früher  max 


Aqua  regia.  —  Arachin.  159 

ein  Gemisch  von  concentrirter  Schwefelsäure  und  Salpetersäure,  oder  ein 
mit  >;«  bis  Vio  seines  Gewichts  an  Salpeter  versetztes  Vitriolol  genannt, 
welches  der  Engländer  Keir  anir  Auflösung  des  Silbers  (ehemals  Kö- 
nigin der  Metalle  genannt)  und  dessen  Scheidung  ,von  Kupfer  und  an- 
deren Metallen  im  Grossen  anwandte  ^). 

Aqua  regis,  Königswasser,  syn.  Salpetersalzsänre, 
Addum  nitrico '  muriaticum  (s.  Königswasser  Iste  Aufl.  Bd. IV,  S.  428). 

Aquila    alba,     mitigata,    coelestis,    Mercurii. 

Veralteter  Name  für  Quecksilberchlorür.  P, 

Ar  ab  in  hat  man  dasjenige  Gummi  genannt,  welches  den  Haupt- 
bestandtheil  des  arabischen  Gummi  ausmacht;  es  ist  bei  100^  C.  ge- 
trocknet CisHuOii;  in  Verbindung  mit  Basen  hat  es  die  Züsammen- 
letzong  CisHioOio;  es  zeichnet  sich  durch  seine  Lödlichkeit  in  kaltem 
Wasser  aus,  mit  dem  es  einen  Schleim  bildet,  durch  Alkohol  wird  es 
ans  der  Losung  gelallt.  Nach  neueren  Untersuchungen  von  Neubauer') 
ist  das  Arabin  im  arabischen  Gummi  mit  Kalk,  Magnesia  und  Kali  verbun- 
den ;  durch  Behandeln  mit  Chlorwasserstoflsäure  und  Alkohol  werden  die 
Basen  abgeschieden,  und  das  reine  Arabin  verhält  sich  dann  ganz  wie 
eine  Saure,  welche  feucht  sich  leicht  in  kaltem  Wasser  löst,  und  durch 
Alkohol  aus  dieser  Lö&nng  kaum  gefällt  wird;  bei  100^  C.  getrocknet, 
löst  es  sich  nicht  mehr  in  kaltem  Wasser,  sondern  quillt  darin  nur  zn 
einer  gallertartigen  Masse  auf  (siehe  unter  Gummi, arabisches).    Fe, 

Arachin,  Arachinfett,  Arachinsaures  Gljceryloxyd 
oder  Lipyloxyd.  Die  neutralen  Fette  der  Arachinsäure  sind  bis 
jetzt  noch  nicht  in  reinem  Zustande  aus  dem  Oel  der  Erdnuss  ab- 
geschieden. Gössmann  und  Scheven  ^)  haben  säuerst  (1853)  ein 
solches  Arachinfett  nach  Berthelot's  Methode  dargestellt,  indem  sie 
Gljcerin  mit  Arachinsäure  auf  einander  einwirken  Hessen;  das  Pro- 
dnct  mit  Wasser  aufgekocht  nannten  sie  Triarachin,  seiner  Zusam- 
mensetzung nach  musste  es  entstanden  sein  aus  1  Acq.  Glyccrin 
(CfHgOe)  mit  3  Aeq.  Arachinsäure  (3*C4oH4o04)  unter  Abscheidung 
von  nur  4  Aeq.  HO,  statt  dass  sonst  hier  meistens  6  Aeq.  HO  austreten; 
der  gefundenen  procentischen  Zusammensetzung  nach  kann  es  aber  auch 
ein  Gemenge  von  Biarachin  mit  eigentlichem  Triarachin  sein.  Ber- 
thelot ^)  nimmt  an,  dass  es  neben  Biarachin  noch  freie  Arachinsäure 
enthielt,  und  er  stellt  die,  nach  seiner  Angabe,  reinen  neutralen  Fette 
90  dar,  dass  er  das  rohe  Product,  welches  sich  beim  Erhitzen  von 
Gljcerin  mit  Arachinsäure  bildet,  in  einem  Ballon  schmilzt,  dann  eine 
reichliche  Menge  gelöschten  Kalk  zusetzt,  und  das  Ganze  mit  Aether 
etwa  15  Minuten  im  Wasserbade  digerirt;  es  wird  dann  mit  Aether  ge- 
kocht, wobei  das  neutrale  Fett  sich  löst,  während  die  Kalkseife  unge- 
löst zurückbleibt;  die  ätherische  Lösung  hinterlässt  beim  Abdampfen 
das  Arachinfett;  ist  dieses  vollkommen  frei  von  anhängender  Fettsäure, 
Bo  darf  seine  Lösung  in  kochendem  Alkohol  die  weingeistige  Lö- 
nmg  von  Lackmus  nicht  röthon.    Berthelot  hat  nun  in  dieser  Weise 


1)  CrelVs  ehem.  Annal.  1791,  Bd.  II,  S.  215  u.  889.  —  *)  Joum.  f.  prakt. 
Chcm.  Bd.  UUI,  S.  193;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  CII,  S.  105.  —  *)  Anoal. 
d.  Ctwm.  u.  Pharm.  Bd.  XCVII,  S.  264.  —  *)  Annal.  de  chim.  et  phys.  [8.] 
T.  XLVn,  p.  856;    Chem.  Centralbl.  1866,  S.  887. 


160  Arachinamid. 

die  drei  Arachiofette ,  das  einsäorige,  das  zwei-  und  dreiaänrige,  dar« 
gestellt 

Monarachin. 

Seine  Formel  ist  C4eH4e08;  es  entsteht  aus  1  Aeq.  Glycerin  ood 
1  Aeq.  Arachinsänrehjdrat  unter  Abscheidung  von  2 HO;  C^HgOg  -f 
C40H40  O4  —  2  H  O  =  €45  H4e  Og ;  man  erhält  es  durch  achtstündiges  Er- 
hitzen der  Gemengtheile  in  einer  Glasröhre  auf  ISO^C,  welche  Tem 
peratur  aber  nicht  überschritten  werden  darf.  Das  so  erhaltene  Pro- 
duct  mit  Kalk  und  Aether,  wie  angegeben,  gereinigt,  ist  ein  weütsej 
neutrales  Fett,  welches  sich  kaum  merkbar  in  kaltem,  und  schwie- 
rig auch  nur  in  kochendem  Aether  löst,  ans  welcher  Lösung  es  siel 
beim  Erkalten  in  körnigen  Massen  absetzt ;  das  geschmolzene  Fett  m 
wachsartig. 

Biarachin. 

Seine  Formel  ist,  nach  Berthelot,  C86H8fiOi2)  das  ist  CgHgO) 
-f-  2. €4084004  —  2 HO;  danach  sind  hier  nur  2  Aeq.  Wasser  abge 
schieden,  nicht  4  Aeq.,  wie  sonst  bei  Bildung  der  zweisäurigen  Fette 
man  könnte  daher  zweifelhaft  sein,  ob  das  Fett,  dessen  Zusammen 
Setzung  eigentlich  CgeHg4  0io  sein  sollte,  vollkommen  rein  ist  Dai 
Biarachin  bildet  sich,  wenn  Glycerin  mit  Arachinsäure  6  Stunden,  odei 
Monarachin  mit  Arachinsäure  unter  Zusatz  einer  Spur  Wasser  8  Stun 
den  auf  200«  bb  230»  C.  erhitzt  wird. 

Das  gereinigte  Biarachin  ist  weiss,  selbst  in  kochendem  Aethei 
nur  sehr  wenig  löslich;  beim  Erkalten  scheidet  es  sich  in  feinen  kör 
nigen  Massen  ab;  in  Schwefelkohlenstoff  löst  es  sich  leichter  als  ii 
Aether,  das  beim  freiwilligen  Verdunsten  der  Lösung  bleibende  Fei 
lässt  keine  krystallinische  Beschaffenheit  erkennen.  Das  Biarachu 
schmilzt  bei  75®  C,  und  verdampft,  auf  dem  Platinspatel  vorsichtig  er 
hitzt,  fast  vollständig  ohne  Zersetzung. 

Triarachin. 

Seine  Formel  ist,  nach  Berthelot,  Ci^e 8133^129  ^^  ist  CgHgO 
-{-  3.C40H40O4  —  6  HO.  Es  wird,  nach  ihm,  erhalten  durch  8  bis  1< 
Stunden  langes  Erhitzen  bei  200^  bis  220^  C.  von  Diarachin  mit  dec 
10-  bis  20fachen  Gewicht  von  Arachinsäure.  Dieses  Triarachin  ist  de 
anderen  Fetten  sehr  ähnlich,  und  wie  diese  wenig  in  Aether  löslich. 

Das  Triarachin  von  Gössmann  und  Scheven,  welches  Ber 
thelot  für  ein  Gemenge  von  Arachinsäure  mit  Biarachin  hält,  bildet 
nach  ihnen,  nach  seiner  Abscheidung  aus  der  kochenden  Lösung  in  AI 
kohol  mit  Aether  eine  flockige,,  unter  dem  Mikroskop  krystalliniscb 
Masse,  welche,  nach  ilmen,  bei  70^0.  schmilzt,  nach  dem  raschen  Ei 
kalten  eine  glanzlose  amorphe  Masse  ist,  nach  dem  langsamen  Erkal 
ten  aber  deutlich  krystallinische  Structur  zeigt.  Fe. 

Arachinamid.  Das  Amid  der  Arachinsäure  ist  (1855)  vo 
Scheven  und  Gössmann  0  entdeckt.  Seine  Formel  ist  =  C40H41NO 

_  C4oH89  0a|  jj     j^.^^^  Verbindung  bildet  sich  bei  Einwirkung  vo 


>)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XOVII,  S.  262. 


Arachinsäure.  161 

Ammoniak  auf  Erdnussöl;  durch  ESrhitzen  yon  arachinsaurem  Ammo- 
Biak,  oder  durch  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  arachinsaurea  Aethyl- 
ozjd  hat  es  noch  nicht  erhalten  werden  können. 

Zur  Darstellung  des  Arachinamids  wird  Erdnussöl  (von  Arachis 
hgpogaed)  mit  überBchössigem ,  mit  Ammoniak  gesättigtem  Alkohol 
nehrere  Wochen  in  einem  verschlossenen  Gefäss  digerirt,  so  lange 
noch  die  Masse  eine  Veränderung  erleidet.  Sie  wird  dann  mit  Was- 
Mr  erwärmt,  zur  Trennung  von  Alkohol  und  Ammoniak  abgenommen 
und  ZOT  ESütfemung  des  flüssigeren  Oels  zwischen  Papier  stark  gepresst, 
dann  aaa  Alkohol  umkrjstallisirt,  bis  der  Schmelzpunkt  constant  ist. 
Leichter  wohl  würde  das  Arachinamid  aus  dem  künstlich  dargestellten 
Arachin  rein  darzustellen  sein. 

Daa  Arachinamid  ist  weiss,  unlöslich  in  Wasser,  löslich  in  Alko- 
boL|  aus  starkem  Alkohol  krystallisirt  es  in  sternförmig  gruppirten  Pris- 
men ;  es  schmilzt  bei  98^  bis  99^  C. ;  es  entwickelt  erst  beim  Schmel- 
len  mit  Alkalihydrat  Ammoniak.    .  Fe. 

Arachinsäure.  Die  festere  Fettsäure  oder  Talgsäure  aus  dem 
Oel  der  £rdnns8,  der  Frucht  von  Arachis  hypogaea  (s.  d.).  Ihre  Formel. 
islHO .  C40HS9OS.  Sie  ist  wahrscheinlich  identisch  mit  der  von  Heintz 
ans  der  Butter  abgeschiedenen  Fettsäure,  welche  er  Butinsäure  (s.  d.  Art.) 
nennt,  nnd  für  welche  er  auch  die  Formel  HO. 0401(3903  als  wahr- 
leheinlich  giebt  Die  Arachinsäure  ist  (1854)  von  Gössmann  i)  zuerst 
darg^estellt  und  untersucht.  Um  diese  Fettsäure  aus  dem  durch  V^r- 
snfuug  des  Erdnussöls  erhaltenen  Gemenge  von  fetten  Säuren  abzu- 
leheiden,  wird  die  Masse  zuerst  mit  dem  5-  bis  Gfachen  Volumen 
Tim  kaltem  Alkohol  digerirt,  worauf  die  ungelösten  Säuren  in  etwa 
20  Thln.  siedendem  Alkohol  gelöst  werden;  die  beim  Erkalten  zuerst 
abgeschiedene  kiystallinische  Masse  wird  dann  durch  Auspressen  nnd 
wiederholtes  Umkrystallisiren  gereinigt,  bis  ihr  Schmelzpunkt  bei  74,5^ 
bis  750  C.  liegt. 

Die  Arachinsäure  lässt  sich  auch  durch  partielle  Fällung  darstel- 
len; die  Lösung  der  festen  Fettsäuren  in  der  hinreichenden  Menge  sie- 
denden Alkohols  wird  dann  mit  so  viel  freier  Essigsäure  versetzt,  dass 
der  auf  Zusatz  von  überschüssigem  neutralen  essigsauren  Blei  entste- 
bcnde  Niederschlag  eich  beim  Erhitzen  vollständig  wieder  löst.  Beim 
Efkalten  krystallisirt  dann  das  fettsaure  Bloiozyd,  welches  nach  dem  Ab- 
fihnren  nnd  Auspressen  in  Alkohol  gelöst  und  mit  Salzsäure  zersetzt 
wird.  Hierbei  scheidet  sich  neben  freier  Fettsäure  auch  immer  viel  fett- 
amres  Aethyloxyd  ab,  weshalb  die  abgeschiedene  Masse  mit  Kalilauge 
gekocht  und  dann  durch  Säuren  zersetzt  wird.  Die  so  erhaltene  noch 
imreine  fette  Säure  wird  wieder  in  Alkohol  gelöst  und  mit  Vio  ^^  ^Ii2 
der  zur  Tollständigen  Fällung  nöthigen  Menge  von  essigsaurer  Magne- 
«ia  versetzt;  die  Flüssigkeit  wird  noch  warm  von  dem  Niederschlag 
abfiltrirt,  und  das  Filtrat  noch  zwei  Mal  in  ähnlicher  Weise  mit  essig- 
suaer  Magnesia  versetzt. 

Die  so  durch  fractionirte  Fällung  erhaltenen  fettsauren  Salze  wer- 
den durch  Säuren  zersetzt,  und  die  abgeschiedene  Fettsäure  aus  Alko- 
hol umkrystallisirt,  bis  sie  den  constanten  hohen  Schmelzpunkt  zeigt. 


0  AniML  d.  Cbem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXyTX,  S.  1 ;   im  Auszug  Journ.  f.  prakt. 
Bd.  LXI,  8.  586;  Pharm.  CratralbL  1864  S.  60. 


llaDdwMirlNub  der  Cbamif.  ncAnil.  Bd.  II.  ]^]^ 


162  Arachinsaure  Salze. 

•  « 

Ana  den  späteren  FSllnngen  kann  man  noch  mehr  Arachintönre 
abscheiden,  wenn  man  das  Gemenge  der  Fettsäuren  in  Alkohol  IM 
nnd  die  noch  warme  Flüssigkeit  von  den  zuerst  abgeschiedenen  K17- 
stallen  schnell  abfiltrirt,  und  diese  für  sich  umkrystaliisirt. 

Die  in  der  angegebenen  Weise  dargestellte  Arachinsäore  ist  zu- 
weilen durch  einen  beigemengten  harzartigen  Körper  schwach ^  grün- 
lich gefärbt;  durch  Lösen  in  warmem  Aether,  der  das  Harz  migeldst 
lässt,  kann  sie  dann  farblos  erhalten  werden. 

Die  reine  Arachinsaure  krjstallisirt  in  sehr  kleinen  glänzenden 
Blättchen;  zusammengepresst  haben  sie  Perlmutterglanz;  die  frisch  ge- 
schmolzene Säure  ist  strahlig  krystallinisch,  beim  Aufbewahren  erhält 
sie  ein  porcellanartiges  Ansehen.  Sie  löst  sich  in  der  Kälte  selbst  in 
absolutem  Alkohol  sehr  schwer,  leichter  in  Aether;  sie  schmilzt  bei 
750  C.  und  erstarrt  bei  78©  bis  74» C.  Fe. 

Arachinsaure  Salze.  Diese  Salze  verhalten  sich  toU- 
ständig  wie  die  Salze  der  übrigen  fetten  Säuren.  Die  Arachinsäun 
verbindet  sich  direct  mit  den  Basen  und  zersetzt  auch  die  kohiensaurei 
Salze.  Die  arachinsanren  Alkalien  sind  wie  die  gewöhnlichen  Seifei 
in  Wasser  und  Alkohol  löslich;  die  übrigen  Salze  sind  in  Wasser  on* 
löslich,  aber  löslich  in  siedendem  Alkohol,  sie  sind  leicht  durch  Fäl 
lung  aus  den  arachinsanren  Alkalien  darzustellen.  Die  Yeibindongei 
der  Arachinsaure  sind  von  Scheven  und  Gössmann  ^)  untersucht 
Caldwell  hat  die  verschiedenen  Aetherverbindungen  dargestellt  *). 

Arachinsaures  Aethyloxyd:  C4H5O . C40H39O8.  Die  ArachiO' 
säure  wird  schon  beim  Kochön  mit  absolutem  Alkohol  für  sich  in  Aethei 
verwandelt,  leichter  noch  bei  Gegenwart  von  Chlorwasserstoffs&nre  odei 
auch  Essigsäure.  Bei  wiederholtem  ümkrystallisiren  der  Talgsäore  an 
Alkohol,  namentlich  bei  Gegenwart  einer  anderen  Säure,  bildet  sich  da* 
her  leicht  arachinsaures  Aethyloxyd,  woher  es  kommt,  dass  beim  um* 
kiystallisiren  solcher  Fettsäure  möglicherweise  der  Schmelzpunkt  fällt 
statt  höher  zu  werden,  indem  sich  der  Säure  die  Aethylverbindung  bei 
mischt. 

Um  den  Arachinsäureäther  darzustellen,  wird  die  Arachinsiui 
wegen  ihrer  geringen  Löslichkeit  am  besten  in  absolutem  Alkohol  ge 
löst,  und  in  die  erwärmte  Flüssigkeit  Salzsäuregas  Ji)b  zur  Sättigung 
geleitet,  worauf  man  die  Masse  am  besten  noch  12  bis  24  Stunden  be 
gelinder  Wärme  digerirt  Es  hat  sich  nun  gewöhnlich  schon  etwa 
Aether  in  ölartigen  Tropfen  abgeschieden,  durch  Zusatz  von  wenif 
Wasser  scheidet  sich  aller  Aether  ab.  Es  ist  zweckmässig,  den  Aethei 
nochmals  in  siedendem  Alkohol  zu  lösen,  und  wieder  mit  Salss&uregai 
zu  behandeln,  um  die  letzten  Antheile  der  freien  Säure  zu  ätherificiren 
indem  auf  Zusatz  von  Wasser  sich  dann  meistens  vollkommen  reinei 
Aether  abscheidet.  Man  kann  den  Aether  freilich  auch  durch  Waschei 
mit  einer  verdünnten  heissen  Lösung  von  kohlensaurem  Natron  reim 
gen,  ihn  dann  nochmals  in  Alkohol  lösen  und  durch  Zusatz  von  Wat 
ser  wieder  abscheiden.  Bei  der  Behandlung  mit  kohlensaurem  Alkal 
wird  ein  Theil  des  Aethers  aber  auch  wieder  zersetzt,  daher  die  mehr* 
mal  ige  Behandlung  mit  Salzsäure  vorzuziehen  ist. 


»)  Anna!,  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.   XOVII,  S.  267.  —   •)  Annal.   d.   Chem.  a 
Pharm.  Bd.  Cl,  S.  98. 


Arachinsaure  Salze.  168 

Der  Arachinsanre-Aether  ist  eine  durchscheinende  krystallinische, 
durchaus  nichi  spröde  Masse,  sie  ist  auf  dem  Brach  blatterig,  und 
schmilzt  bei  50«  C. 

Arachinsaurc^s  Ammoniuniozyd:  NH4O  .  C40HB9O8.  Das 
Salz  scheidet  sich  in  reichlicher  Menge  aus,  wenn  eine  massig  concen- 
trirte  irarme  Ldsung  der  freien  Säure  in  Alkohol,  die  mit  überschüssi- 
gem Ammoniak  versetzt  ward,  langsam  erkaltet.  Das  Salz  bildet  nadel- 
förmige  KrystaUe,  die  beim  Trocknen  zu  einem  lockeren  krystallini- 
seheii  Pulver  zerfallen;  an  der  Luft  verlieren  sie  schon  bei  gewöhnli- 
cher Temperatur  schnell  Ammoniak. 

Arachinsaures  Amyloxyd,  CioHiiO.C4oHs9  03,  lässt  sich  in 
gleicher  Weise  wie  die  Aethyl  Verbindung  darstellen  durch  Behandeln  der 
in  Amylalkohol  gelösten  Arachinsäure  mit  Chlorwasserstoffgas.  Das  ara- 
dunsaure  Amyloxyd  bildet  schöne  glänzende  Ejystallschuppen ;  es  löst 
sich  leicht  in  heissem  Alkohol,  sowie  in  kaltem  Aether;  bei  45 ^  C. 
schmilzt  es,  und  erstarrt  bei  44<>  C.  zu  einer  biegsamen  durchscheinen- 
den krystallinischen  Masse;  es  lässt  sich  nicht  ohne  Zersetzung  destilli- 
ren  (^Caldwell). 

Ar ac hinsaurer. Baryt:  BaO.C4oK39  08.  Das  durch  Fällung 
des  Ammoniaksalzes  erhaltene  Salz  ist  ein  weisses  lockeres  krystallini- 
sches  Pulver,  welches  unlöslich  in  Wasser,  in  einer  grossen  Menge 
von  siedendem  Alkohol  aber  löslich  ist 

Arachinsaures  Kali,  KO.C4ofi89  08,  bildet  sich  nur  langsam 
und  nach  längerem  Kochen  von  Arachinsäure  mit  Kalilauge.  Lässt 
man  die  eingedampfte  trockene  Masse  längere  Zeit  an  der  Luft  liegen, 
damit  das  freie  Alkali  sich  mit  Kohlensäure  sättigt,  so  löst  Alkohol 
BOD  das  neutrale  Salz,  welches  durch  ümkrystallisiren  aus  Alkohol  ge- 
reinigi  wird.  Das  arachinsäure  Kali  löst  sich  in  Wasser  wie  in  Alko- 
koL  Die  eoncentrirte  alkoholische  Lösung  erstarrt  beim  Erkalten  zu 
einer  durchsichtigen  Gallerte,  welche  auf  Fliesspapier  zu  einem  locke- 
,re&  krystallinischen  Pulver  eintrocknet. 

Die  Lösung  von  1  Thl.  Salz  in  15  bis  20  Thln.  Wasser  ist  voll- 
kommen klar;  b^im  Verdünnen  mit  dem  SO-  bis  40facheh  Wasser  schei- 
det sich  saures  Kalisalz  in  glänzenden  Blättchen  ab. 

Arachinsaurer  Kalk,  CaO  .  C40H39O89  ist,  wie  das  Barytsalz 
^i^estellt,  ein  sehr  lockeres,  etwas  gl&izendes  Pulver. 

Arachinsaures  Kupferoxyd:  CuO.C4oHs908.  Beim  Fällen 
von  neatxalem  arachinsauren  Ammoniak  mit  neutralem  essigsauren 
Kopferozyd,  beide  Salze  in  alkoholischer  Lösung,  bildet  sich  ein  blau- 
gr&aer.i  anfangs  amorpher  Niederschlag,  der  bei  längerem  Stehen  in  der 
Flfisaigkeit  krystallini»ch  wird.  Das  trockene  Salz  ist  ein  lockeres  blau- 
grunes  Pulver;  es  ist  in  siedendem  Alkohol  löslich«  und  krystallisirt 
beim  langsamen  Erkalten  in  Nadeln;  bei  hoher  Temperatur  schmilzt  es. 
Arachinsäure  Magnesia:  MgO.C4oH89  08«  Das  Salz  schei- 
det sieh  ab  beim  Fällen  des  Ammoniaksalzes  mit  einer  kalt  gesättigten 
alkoholischen  Lösung  von  essigsaurer  Magnesia;  der  Niederschlag  löst 
meh  beim  Erhitzen  in  der  überstehenden  Flüssigkeit,  und  krystallisirt 
ibnn  beim  Erkalten  in  sternförmig  gruppirten  Prismen.  Das  trockene 
8als  ist  ein  weisses,  lockeres,  glänzendes,  krystallinisches  Pulver,  un- 
löslich in  Wasser,  schwerlöslich  in  Alkohol.  Durch  längeres  Auswa- 
sdien  mit  kaltem  Alkohol,  so  wie  durch  Behandeln  damit  in  der  Siede- 
hitze wird  das  Salz  zersetzt,  indem  ein  basisches  Salz  zurückbleibt 

11* 


164  Arachis  hypogaea. 

Arachiosanres  Methyloxyd:  C2f(30.C4oH8903.  Dieser  Aether 
wird  wie  gewöhnlich  dargestellt,  indem  in  Holzgeist  gelöste  Arachin- 
sänre  mit  Salzsäuregas  behandelt  wird;  das  Product  wird  zur  Beini* 
gung  wiederholt  aas  Alkohol  umkrystalHsirt.  Der  reine  arachinsaare 
Methyl&ther  bildet  weisse  perlmutterglänzende  Krystallschuppen;  sie 
lösen  sich  leicht  in  Alkohol  oder  Aether,  und  schmelzen  bei  54®  C;  die 
erkaltete  Masse  ist  durchscheinend  nadeiförmig  •  krystallinisch.  Der 
Aether  lässt  sich  nicht  ohne  Zersetzung  verflüchtigen  (Caldwell). 

Arachinsaures  Natron,  NaO.C4oHs908,  wird  wie  das  Kali- 
salz dargestellt,  und  hat  ganz  die  gleichen  Eigenschaften. 

Arachinsaures  Silberoxyd:  AgO.C4oH3g08.  Das  Salz  wird 
auch  durch  Fällen  von  arachinsaurem  Ammoniak  mit  essigsaurem  Silber- 
oxyd in  alkoholischer  Lösung  erhalten;  der  Niederschlag  ist  ein  amor- 
phes, getrocknet  dem  Chlorsilber  ähnliches  Pulver ,  welches  sich  am 
Licht  aber  nur  schwach  färbt;  es  löst  sich  ziemlich  leicht  in  siedendem 
Alkohol,  und  krystallisirt  in  glänzenden  Prismen,  welche  am  Licht  un- 
veränderlich sind. 

Arachinsaurer  Strontian,  SrO.C4oHa9  08)  ist  dem  Baiytsalz 
ganz  ähnlich;  es  löst  sich  aber  viel  leichter  als  dieses  in  Alkohol;  beim 
Erkalten  scheidet  es  sich  dann  als  krystallinisches  Pulver  ab.  Fe, 

Arachis  hypogaea  L.,  eine  zu  den  Leguminosen  gehörende 
Pflanze,  deren  Frucht  als  Erdnuss  {PiBittche  de  terre)  bezeichnet  wird. 
Die  kleine,  meist  am  Boden  liegende,  oder  an  fremden  Gegenstän- 
den wie  die  bohnenartigen  Pflanzen  sich  in  die  Höhe  rankende  Pflanze 
ist  in  Indien,  auf  den  Küsten  von  Süd«  Afrika  und  in  Süd -Amerika 
einheimisch,  und  wird  schon  seit  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  in  den 
südlichen  Staaten  von  Nord- Amerika,  dann  in  Italien,  Spanien  und  dem 
südlichen  Frankreich  angebaut.  Die  blüthentragenden  Stengel  zeigen 
von  Beginn  der  Fruchtbildung  an  die  Neigung  in  den  Boden  zu  drin- 
gen, und  diejenigen  Blüthen,  welche  nach  dem  Abblühen  nicht  unter 
den  Boden  gelangen,  setzen  gar  keine  Frucht  an,  oder  diese  wird  we- 
nigstens nicht  reif.  Beim  Anbau  der  Pflanze  ist  daher  die  Haupt- 
aufgabe, alle  abgeblühten  Stengel  mit  Erde  zu  bedecken,  damit  hier 
sich  die  Früchte  bilden;  während  im  wilden  Zustande  die  Pflanze  nur 
5  oder  6  Schoten  trägt,  bringt  die  cultivirte  Pflanze  eine  angleich 
grössere  Anzahl  hervor.  Die  1  bis  IVs  Zoll  langen  Schoten  enthalten 
1  bis  3  länglichrunde  Samen,  die  eine  sehr  dünne  feinaderige  runzelige 
braune  Oberhaut  haben,  im  Inneren  aber  ganz  weiss  sind.  Diese  Früchte 
haben  im  gerösteten  Zustande  einen  den  gerösteten  Mandeln  ähnlichen 
Geschmack;  sie  sind  wegen  der  Art  ihres  Vorkommens  Erdnüsse  ge- 
nannt, zeichnen  sich  durch  ihren  grossen  Gehalt  an  Oel  aus,  nach  De- 
buc  enthalten  sie  etwa  die  Hälfte  ihres  Gewichts  davon. 

Das  Erdnussöl  {Huüe  cParackide^  H.  de  pistache  de  terre)  wird  durch 
Auspressen  der  Frucht  gewonnen;  durch  kaltes  Pressen  gewonnen,  ist 
es  kaum  gefärbt,  ohne  allen  Geruch,  und  hat  einen  schwachen  ange- 
nehmen, an  den  unserer  grünen  Bohnen  erinnernden  Geschmack;  wami 
ausgepresst,  ist  es  gefärbt  und  hat  einen  unangenehmen  Geruch  und 
Greschmack.  Das  kalt  gepresste  Oel  kann  daher  statt  Olivenöl  selbst 
zu  Speisen  verwendet  werden,  nur  soll  es  leichter  ranzig  werden;  es 
hat  bei  öQoC.  ein  specif.  Gewicht  ==  0,916;  es  erstarrt  bei  --  d^C.} 
bei  —  7^0.  wird  es  fest.    Lässt  man  es  bei  +  8<>C.  einige  Zeit  ste- 


ArachyL  —  Aräometer.  165 

heu,  so  scheidet  sich  ein  stearinartiges  Fett  ab.  Es  löst  sich  nur  we- 
nig in  Alkohol,  leichter  in  Aether  und  in  ätherischen  Oelen.  Es  lässt 
ach  nur  langsam  verseifen,  nnd  giebt  eine  weisse  und  geruchlose  harte 
rorzfigliche  Natronseife,  die  seit  mehreren  Jahren  in  Frankreich,  zum 
Theil  auch  in  Deutschland  in  grösserer  Menge  dargestellt  wird;  das 
Oel  dazu  kommt  nach  Deutschland  hauptsächlich  über  England  aus 
Ostindien,  in  geringeren  Sorten  aus  Afrika.  Aus  dieser  Seife  sind  zwei 
eigeothümliche  Fettsäuren  abgeschieden,  die  der  Stearinsäure  ähnliche 
Arachinaäure,  HO.C4oH8g08,  und  die  an  die  Oelsäure  sich  anreihende 
Hypogäsänre,  I{O.C82Hs9  03  (s.  d.  Art.);  ausserdem  Palmitinsäure  i) 
in  grosserer  Menge;  Stearinsäure  scheint  nicht  darin  enthalten  zu  sein. 
Damach  besteht  das  Oel  aus  Arachin,  Palmitin  und  Hypogäin  (Cald- 
well).  Fe. 

Arachyl  ist  als  Badical  in  der  Arachinsäure  angenommen, 
seine  Formel  ist  C40H30O2* 

Aräometer  (von  ccgai^og^  locker,  dünne,  und  fUtgoVy  Maass), 
Hydrometer,  Grayimeter,  Senk  wage  (Hygrobaroscopium;  Baryl' 
tkm;  Areometre;  Peae-liqueur),  Ein  Instrument,  das  man  frei  auf  Flüssig- 
keiten schwimmen  lässt,  um  damit  das  specißsche  Gewicht  sowohl  die- 
ser als  auch  fester  Körper  zn  bestimmen. 

Das  specifische  Gewicht  der  Körper,  seien  sie  starr  oder  flüssig, 
Ton  gleicher  Art  und  verschiedener  Temperatur,  oder  von  verschiede- 
ner Art  und  gleicher  Temperatur,  lässt  sich  im  Allgemeinen  auf  zweier- 
lei Weise  ermitteln.  Nach  der  einen  nimmt  man  gleiche  Gewichte  von 
den  Körpern  nnd  misst  die  Volume,  nach  der  anderen  nimmt  man  glei- 
che Volame  und  bestimmt  die  Gewichte.  Die  Volume  bei  gleichen  Ge- 
wichten sind  den  specifischen  Gewichten  umgekehrt,  und  die  Gewichte 
bei  gleichen  Volumen  denselben  geradezu  proportional. 

Um  demnach  die  specifischen  Gewichte  zweier  Flüssigkeiten  zu 
inden,  braucht  man  nur  entweder  zwei  gleiche  Gewichtsmengen  von 
ihnen  folgweise  in  ein  thermometerartig  gestaltetes,  nach  Volumtheilen 
graduirtes  Gef  äss  zu  giessen  und  die  darin  von  ihnen  eingenommenen 
Volnme  an  der  Scale  abzulesen,  oder  dies  Gef  äss  successiv  mit  beiden 
ganz  zu  füllen  und  die  dazu  erforderlichen  Mengen  zu  wägen.  Das 
umgekehrte  Verhältniss  der  Volnme  im  ersten  Falle,  oder  das  directe 
Verfaältniss  der  Gewichte  im  zweiten,  ist  dann  das  specifische  Gewicht 
der  einen  Flüssigkeit  gegen  das  zur  Einheit  angenommene  der  anderen. 

Beide  Methoden  lassen  sich  indess  noch  in  einer  anderen  Form  an- 
wenden. Statt  nämlich  die  Flüssigkeiten  in  einen  thermometerartig  ge- 
«talteten  Hohlkörper  zu  bringen  und  nachher  ihr  Volumen  oder  Gewicht 
auf  oben  angedeutete  Weise  zu  bestimmen,  kann  man  umgekehrt  einen 
eben  so  gestalteten  Körper  auf  den  Flüssigkeiten  schwimmen  lassen, 
and  beobachten,  entweder  wie  tief  er  darin  einsinkt,  oder  wie  stark  er 
belastet  werden  muss,  um  stets  bis  zu  einem  und  demselben  Punkte 
dnzusinken.  Das  erste  Verfahren  entspricht  dem  Messen  der  Volume 
bei  gleichen  Gewichten,  das  zweite  dem  Wägen  der  Gewichtsmengen 
bei  gleichen  Volumen. 

DasB  diese  beiden  letzteren  Methoden  nur  in  der  Form,  nicht  im 
Wesen,  von  den  beiden  ersten  verschieden  sind,  ist  leicht  zu  ersehen. 


I  M  Annal.  d.  Ghem.  u.  Pharm.  B(L  Ol,  S.  97. 


166  Aräometer, 

Was  nämlich  die  erate  derselben  betrifft,  so  ist  klar,  dass  ein 
schwimmender  Körper  so  tief  in  die  Flüssigkeit  einsinken  mnss,  bis  der 
eingetauchte  X^eil  desselben  ein  Volamen  der  Flüssigkeit  verdrängt  hat, 
welches  eben  soviel  wiegt,  als  er  selbst,  der  Körper  im  Ganzen.  Je 
specifisch  leichter  die  Flüssigkeit  ist,  desto  tiefer  wird  der  Körper  ein- 
sinken,  weil  in  demselben  Maasse  das  Volumen  der  Flüssigkeit,  welches 
an  Gewicht  dem  schwimmenden  Körper  gleichkommt,  grösser  sein  mnae. 
Derjenige  Theil  des  festen  Körpers  also,  der  beim  Schwimmen  aof 
Flüssigkeiten  von  verschiedenem  specifischen  Gewicht  in  diese  einge- 
taucht ist,  kommt  in  Grösse  genau  den  Volumen  gleich,  welche  die- 
selben Flüssigkeiten  in  einem  Gefässe,  inwendig  von  gleicher  Grestalt 
und  Grösse  mit  der  äusseren  Begrenzung  des  schwimmenden  Korpers, 
einnehmen  würden,  wenn  man  sie  in  Quantitäten ,  die  an  Gewicht  je- 
nem Körper  gleich  sind,  successiv  in  diese  Gefässe  einfüllte.  Bei  ei- 
nem schwimmenden  Körper  ist  demnach  der  eingetauchte  Theil  dem 
specifischen  Gewichte  der  Flüssigkeit  umgekehrt  proportional. 

Analog  verhält  es  sich  mit  der  zweiten  Methode.  Belastet  man 
einen  schwimmenden  Körper  verschiedentlich,  so  dass  der  eingetauchte 
Theil  desselben  in  Flüssigkeiten  von  ungleichem  specifischen  Gewichte 
eine  gleiche  Grösse  behält,  so  ist  dieser  eingetauchte  Theil  das  unver- 
änderliche Volumen,  welches  die  verschiedenen  Flüssigkeiten  einnehmen 
müssen,  um  soviel  zu  wiegen,  als  zusammen  der  schwimmende  Körper 
und  seine  Belastung.  Das  vereinte  Gewicht  dieser  beiden  letzteren  ist 
also  das  Gewicht  der  Flüssigkeiten  bei  gleichem  Volumen,  d«  h.  das 
specifische  Gewicht  derselben. 

Das  Werkzeug  zur  Ausführung  dieser  beiden  letzteren  Methoden 
heisst  nun  Aräometer.  Es  wird  hohl  aus  Glas  oder  Blech  verfertigt 
und  hat  im  Allgemeinen  die  Gestalt  eines  Thermometers,  besteht  näm- 
lich aus  einem  kugel-  oder  cylinderförmigen  Gefässe  mit  darinsitzen- 
dem langen  Halse  von  cylindrischer  oder  parallelepipedischer  Gestalt 
Es  wird  im  Inneren  nach  unten  zu  so  beschwert,  dass  es  mit  seinem 
Gefässe  ganz,  und  mit  dem  Halse  zum  Theil  in  die  Flüssigkeit  ein- 
sinkt und  selbst  bei  den  geringsten  Grraden  von  Einsenkungen  genau 
senkrecht  schwimmt,  wozu  erforderlich  ist,  dass  der  Schwerpunkt  des 
Ganzen  immer' unter  dem  Mittelpunkte  des  eingetauchten  Theiles  liegt 
Den  beiden  Methoden  der  Diohtigkeitsbestimmung  entsprechend,  hat 
das  Aräometer  auch  zweierlei  Einrichtung.  Ist  es  für  die  erste  be- 
stimmt, so  besitzt  es  auf  dem  Halse  eine  Scale ;  soll  es  dagegen  für  die 
zweite  gebraucht  werden,  so  hat  der  Hals  nur  eine  einzige  Marke,  und 
trägt  dafür  oben  einen  Teller  zur  Auflegung  von  Gewichten. 

Das  Aräometer  der  ersten  Art  wird  Aräometer  mit  Scale  ge- 
nannt, und  könnte  auch  zweckmässig  das  Volumen- Aräometer 
heissen;  das  der  letzten  Art  führt  den  Namen  Aräometer  mit  Ge- 
wichten oder  besser  Gewiohts-Aräometer. 

L    Aräometer  mit  Scale. 

Der  wichtigste  Theil  an  einem  Aräometer  dieser  Art  ist  die  Scale. 
Die  Theile  der  Scale  geben  entweder  die  specifischen  Gewichte  der 
Flüssigkeit  unmittelbar  an,  oder  sie  geben  willkürlich  gewählte  Grade 
an.  Sollen  im  ersten  Falle  die  specifischen  Grewichte  für  die  einzelnen 
Theile  um  gleiche  Differenzen  zunehmen,  so  müssen  die  Theile  der 
^cale  ungleich  werden.  Die  genauere  und  leichtere  Theilung  der  Scale 


Aräometer.  167 

iD  glaich  ^zoMe  Theile  giebt  diesen  den  Vorzug ,  da  es  überdies  ganz 
gleiehgültig  ist,  ob  die  Angaben  de«  Aräometers  um  gleiche  Differen- 
un  in  d«n  specifischen  Gewichten  fortschreiten  oder  nicht  Wir  über- 
gehen daher  hier  die  Construction  einer  Scale  der  letzteren  Art,  mit 
Aosnahme  einer  Construction  derselben  von  G.  G.  Schmidt  i),  und 
setieii  in  dem  Folgenden  Überall  voraus,  dass  die  Scale  in  gleich  grosse 
Thflib  getheüt  werden  solL 

Was  für  eine  dieser  Scalen  man  auch  wählen  mag,  so  ist  es  zweck- 
uMsig,  dass  der  Hals  des  Instrumisnts,  sei  er  sonst  cylindrisch  oder  pa- 
nUelepipediach  gestaltet,  überall  einen  gleich  grossen  Querschnitt  habe. 
Es  ist  dies  zwar  kein  unumgängliches  Erfordemiss,  allein  die  Nicht- 
efffillong  desselben  würde  doch  die  Anfertigung  der  Scale  unnöthiger- 
weise  mit  sehr  grossen  Schwierigkeiten  verknüpfen.  Bei  jeder  Aräo- 
BMtencale  mfissen  nämlich  die  Abtheilungen  oder  Grade  gewisse  Bruch- 
werthe  vom  Volumen  des  ganzen  Instrumentes  vorstellen.  Hat  der 
Hals  des  Instruments  genau  die  Form  eines  Cylinders  oder  Parallelepi- 
pedoms,  so  sind  diese  Yolumstücke  genau  ihren  Längen  proportional, 
and  es  können  also  letztere  für  erstere  genommen  werden ;  hat  der 
Hals  aber  eine  unregelmässige  Gestalt,  so  müssten  die,  gleichen  V^- 
hmstucken  von  ihm  entsprechenden,  Längen  entweder  durch  eigends 
angestellte  Versuche  ermittelt,  oder  nach  den  an  vielen  Punkten  des 
Hüses  aosgemessenen  Querdimensionen  berechnet  werden,  wovon  das 
Eine  eben  so  schwierig  und  mit  Genauigkeit  nicht  auszuführen  wäre, 
als  das  Andere. 

Voraosgesetzt  nun,  dass  der  Hals  des  Instruments  genau  cylindrisch 
oder  parallelepipedisch  sei,  so  lässt  sich  die  Aräometerscale  auf  zweier- 
lei Weise  entwerfen. 

Nach  der  ersten  braucht  man  nur  einen  festen  Punkt,  den  Punkt 
oimlich,  bis  zu  welchem  es  in  eine  Flüssigkeit  von  bekanntem  specifi- 
lehen  Gewicht  einsinkt;  allein  es  muss  dann  auch  das  Volumverhältniss 
des  Halses  zu  dem  bei  jenem  Punkte  eingetauchten  Theile  des  Instru- 
sMnts  gegeben  sein.  Kennt  man  Beides,  so  lässt  sich  die  erforderliche 
Grösse  der  Grade  durch  Rechnung  finden. 

Nach  der  zweiten  Methode  sind  zwei  feste  Punkte  erforderlich, 
die  Punkte,  bis  zu  welchen  das  Instrument  in  zwei  Flüssigkeiten  von 
verschiedenem  und  bekanntem  specifischen  Gewichte  einsinkt.  Bei  die- 
ser Methode  braucht  man  nicht  die  Dimensionen  des  Instruments  zu 
knmen,  nnd  sie  ist  daher,  weil  letztere  immer  schwer  mit  völliger  Si- 
cherheit za  ermitteln  sind,  nicht  bloss  die  genaueste ,  sondern  auch  die 
bequemste.    Sie  allein  wird  auch  wirklich  angewandt. 

Zur  Anfertigung  der  Scale  nach  dieser  Methode  bedarf  es  weiter 
niehts,  als  die  Strecke  zwischen  den  beiden  festen  Punkten  auf  dem 
Halse  in  die  verlangte  Anzahl  gleich  grosser  Theile  zu  theilen. 

Man  kann  die  Aräometerscale  geometrisch  so  construiren, 
dass  die  einzelnen  Scalentheile  gleichen  Unterschieden  in  den  specifi- 
leben  Grewichten  entsprechen.  Die  dazu  erforderlichen  Data  sind  zwei 
durch  ErÜEÜiimng  bestimmte  Punkte,  die  specifischen  Grewichte,  welchen 
lie  entsprechen,  und  der  Unterschied  im  specifischen  Gewicht,  welchen 
«n  Grad  angeben  solL  Gesetzt,  jene  specifischen  Gewichte  seien  1,0 
und  1,6,  dieser  Unterschied  betrage  0,1.    Das  Verfahren  ist  dann  fol- 


0  Gren's  Journ.  d.  Phys.  Bd.  III,  S.  864. 


168 


Aräometer. 


gendes.  Man  liehe  eine  eenkrechta  Linie  BA>  welche  an  LSnge  gleich 
ist  dem  gegensüligen  Abatnnde  der  beiden  Normal  punkte  oder,  wenn 
diese  an  den  Enden  der  Scale  liegen  sollen,  der  Lknge  der  Scale  selbal 
Fig.  1).     Winkelrecht  gegen  diese  Linie  ziehe  man  durch  Ä  die  Linie 


C£  nnd  trage  auf  diese  eine  willkürliche  LKnge,  welche  den  Unte 
schied  0,1  vorstellt,  von  Ä  aus  nach  beiden  Seiten  hin  auf,  bis  rna 
den  Punkt  A  mit  1,0  bezeichnend,  einerseits  bis  1,6  und  anderersei 
bis  0,0  gekommen  ist,  wie  es  die  Figur  zeigt.  Von  dem  Punkte  E  fäl 
man  eine  Senkrechte  und  durch  die  Punkte  C  und  B  lege  man  eil 
andere  Gerade.  Diese  werden  sich  im  Punkte  O  schneiden.  Von  di 
sem  Punkte  0  ziehe  man  nun  auch  Gerade  nach  den  Funkten  1, 
1,4  ....  1,1,  1,0.  Die  Durchschnittspunkte  dieser  Linien  mit  d 
Linie  AB  geben  die  Theilstriche  der  Scale,  welche  den  speci&scht 
Gewichten  1,6,  1,5  ..  .  1,1,  1,0  entsprechen,  wie  man  ans  der  Tig< 
ersteht,  wo  die  Znhlen  sogleich  daneben  gesetzt  sind.  Statt  die  sehr 
gen  Linien  aus  dem  Punkte  0  zu  ziehen,  kann  man  sie  auch  von  d< 
Durchschnittspunkten  ziehen,  welche  sie  mit  einer  mit  A  E  paralleli 
Linie  BD  bilden.  Nachdem  man  diese  Linie  gezogen  hat,  trägt  mi 
auf  sie,  von  B  nach  D  hin,  Theile  auf,  welche  sich  zur  Länge  0,1  ve 
halten,  wie  1,0  ;  1,6;  und  aus  den  so  bestimmten  Punkten  zieht  nu 
nach  den  entsprechenden  Punkten  von  CE  die  schrägen  Linien. 

Die  eben  nueeinandergesetxte  Constmction  stammt  von  G.  ' 
t^chmidt.  Sie  kann,  wie  leicht  zu  erncbten,  nuch  Ober  die  durch  Vc 
suche  bestimmten  Punkte  ausgedehnt  werden;  und  wenn  man  mehre 
Ariometer  zu  graduiren  bat,  deren  Gnule  demselben  constanteu  Unfo 
schiede  in  den  specitlschen  Gewichten  entsprechen  sollen,  deren  Dime 
sionen  aber  verschieden  sind,  so  dass  die  festen  Funkte  auf  dem  Hai 
verschiedene  Abstände  von  einander  besitzen ,  so  findet  man  die  Sei 
dieser  Instrumente,  wenn  man  in  dem  Liuienficher  CA  0  porall«!  n 


Aräometer.  169 

ABmoie  Linie,  z.  B.  Ä'  B\  zieht,  in  solchem  Abstände  von  AB^  dass 
die  Länge  derselben  dem  gegenseitigen  Abstände  jener  festen  Punkte 
fldch  ist.  Wäre  dieser  Abstand  grösser  als  AB^  so  müsste  A*  B*  links 
^9ik  AB  gesogen,  und  demnach  der  Linienfächer  oberhalb  CE  erwei- 
tert werden.  Hierdurch  hat  die  Construction  einen  bedeutenden  Vor- 
dwil  vor  der  Rechnung  voraus. 

ü^wrhanpt  ist  diese  Construction  ganz  allgemein,  denn  sowie  sie 
Scato  für  gleiche  Unterschiede  im  specifischen  Gewichte  liefert,  so 
ktm  loa»  aach  Scalen  für  ungleiche  Unterschiede  der  Art  nach  ihr 
Wollte  man  z.  B.  die  Alkoholometerscale  (Bd.  I,  S.  523)  nach 
so  brauchte  man  nur  die  Linie  JSC  vorläufig  in  9991  glei- 
dielWb  SU  theilen,  0  bei  R,  7939  bei  A  und  9991  bei  C  zu  setzen. 
Toftitflseli  C  hätte  man  dann  auf  dieser  gleichförmigen  Theilung  die 
^IflMliolprocenten  entsprechenden  specifischen  Gewichte  zu  bezeich- 
Bco,  ten  in  A  die  der  Scale  an  Länge  gleiche  Linie  il^  zu  errichten, 
dai  B0|ttndikel  EO  za  ziehen,  0  zu  bestimmen,  und  den  Linienfächer 
28  aialllk»  welcher  ^jB  in  die  verlangten  Theile  theilt. 

Bi|^M>C  noch  eine  dritte,  und  zwar  rein  experimentelle  Methode 
zBrQJHhBning  des  Aräometers,  darauf . beruhend ,  dass  es,  wenn  man 
m  9illi<^t  verändert,  in  einer  und  derselben  Flüssigkeit  aller  Grade 
Toa  ÜMwnkung  fähig  ist,  welche  es  bei  unverändertem  Gewicht  in 
Fäii|||kAen  von  verschiedenem  specifischen  Gewicht  darbietet  Lässt 
MB  «^demnach  auf  einer  Flüssigkeit  von  bekanntem  specifischen  Ge? 
viditi  %,  B.  auf  Wasser,  schwimmen ,  und  bezeichnet  den  Punkt  seines 
EjDteoehenA,  so  kann  man  durch  zweckmässige  Veränderung  seines  Ge- 
vidits  alle  Übrigen  Punkte  der  Scale  auffinden.  Das  Princip  dieser 
Mflihode  ist  leicht  einzusehen.  Bei  unverändertem  Gewicht  des  Instru- 
WDts  verhalten  sich  die  Volume  seines  eingetauchten  Theils  umge- 
kehrt wie  die  specifischen  Gewichte  der  Flüssigkeiten.  Sind  diese  Ge- 
wichte z.  B.  1,  i«Vioo,  *°Viooi  "Viooi  "Vioo  n.  s.  w.,  so  sind  die  ein- 
Setanchten  Volume:  1,  wo/ioi,  >%mi  ^^Vioa,  ^®Vio4  u-  e.  w.  Wird  da- 
gtfen  das  Gewicht  des  Instruments  verändert,  ohne  df^s  sonst  eine 
iendeniog  mit  ihm  vorgenommen  wird,  und  bleibt  das  specifische  Ge- 
vieht  der  Flüssigkeit  dasselbe,  so  verhalten  sich  die  Volume  des  ein* 
Setaocbten  Theils  wie  die  Gewichte  des  Instruments.  Sollen  also  die 
eiagslauchten  Volume  1,  ^^Vion  **^Vimi  '%08i  ^®®/io4  »•  »•  w.  sein,  so 
Bnnen  offenbar  auch  dem  Gewichte  des  Instruments  diese  Werthe  ge- 
geben werden.  Lässt  man  demnach  das  Instrument  auf  der  Flüssig- 
ittt  vom  specifischen  Gewicht  1  schwimmen,  vermindert  nun  sein  ur- 
i^i^tiches   Gewicht,  das  bekannt  sein  muss,   in  den  Verhältnissen 

**/ioH  ^^li%7^  **^/i08i  *®^/io4  ^'  »•  ^'^  wöd  bezeichnet  die  Punkte  sei- 
ne« jedesmaligen  Eintauchens,  so  erhält  man  die  Punkte  der  Scale, 
■dehe  bei  ursprünglichem  Gewicht  des  Instruments  den  Flüssigkeiten 
TOD  den  specifischen  Gewichten  ^*^\/ioai  ^^Viooi  ^^Viooi  ^^*/ioo  "•  s.  w. 
Sprechen.  Wäre  das  ursprüngliche  Gewicht  des  Aräometers  40,  so 
«nute  es  folgweise  gebracht  werden  auf  39,60,  39,21,  38,83  n.  s.  w. 
Ue«e  Gewichts  Verminderung,  welche  natürlich  erfordert  wird,  wenn 
aan  von  der  leichteren  zur  schwereren  Flüssigkeit  übergeht,  ist  zweck- 
ttMger,  ab  die  Gewichts  Vermehrung,  welche  beim  umgekehrten 
^nge  erforderlich  sein  würde.  Die  Gewichtsverminderung  geschieht 
nuniich  mit  Leichtigkeit  und  Genauigkeit  dadurch,  dass  man  dasAi'äo- 
meter,  während  es  im  Wasser  schwimmt,  durch  ein  Haar  an  eine  em- 


170  Aräometer. 

pfindliche  Wage  h&igft,  in  deren  andere  Schale  man  nur  die  eiforder 
liehen  Gewichte  zu  legen  braucht. 

Auf  dieselbe  Weise  kann  man  ein  bereits  gradoirtes  Araometei 
auf  seine  Richtigkeit  prüfen ,  und  dazu  vor  Allem  möchte  sich  die« 
Methode  den  Physikerp  und  Chemikern  empfehlen. 

Eine  vierte  rein  empirische  Graduirungsmethode  endlicl 
bestände  darin,  dass  man  das  Aräometer  successiv  in  Flüssigkeitei 
schwimmen  Hesse,  deren  specifische  Grewichte  bekannt  wären  und  all« 
die  Stufen  umfassten,  welche  seine  Scale  angeben  soll.  Diese  Methode 
hat  den  Y ortheil,  dass  der  Hals  des  Instruments  nicht  genau  cylindriscl 
oder  parallelepipedisch  zu  sein  braucht,  wie  bei  den  drei  vorhergehe» 
den  Methoden;  aber  sie  von  Grad  zu  Grad  auszuführen,  würde  höchsi 
beschwerlich  sein.  In  der  Praxis,  wo  man  oft  diese  Methode  an  wen« 
det,  begnügt  man  sich  daher,  nur  einige  Punkte,  vier  oder  sechs,  au 
diese  Weise  zu  bestimmen,  und  dann  die  Zwischenräume  in  g^leicl 
gprosse  Theile  zu  theilen,  wodurch  denn  freilich  der  elgenthümliche  Vor« 
theil  dieser  Methode  mebtens  wiederum  aufgewogen  wird. 

Bei  der  wirklichen  Constmction  eines  Aräometers  nach  einer  die* 
ser  Methoden  untersucht  man  zuerst,  ob  das  Instrument  in  der  leichte- 
sten Flüssigkeit,  für  welche  es  gebraucht  werden  soll,  noch  nicht  gern 
einsinkt,  sondern  nur  bis  nahe  an  das  Ende  des  Halses;  sinkt  es  soweil 
nicht  ein,  so  beschwert  man  das  Instrument  in  dem  unteren  Theile  mil 
■Quecksilber  wenn  es  von  Glas  ist,  mit  Schrot  wenn  von  Metall,  waa 
zugleich  den  Zweck  hat,  dasselbe  beim  Schwimmen  aufrecht  zu  erhal- 
ten, was  selbst  auf  der  schwersten  Flüssigkeit,  für  welche  das  Aräo- 
meter gebraucht  werden  soll,  noch  der  Fall  sein  moss.  Dann  bringt 
man  bei  gläsernen  Instrumenten  in  den  noch  offenen  Hals  eine  provi- 
sorische Scale,  welche  in  beliebige,  nicht  zu  grosse  gleiche  Theile  ge- 
theilt  ist,  und  bemerkt  sich,  bis  zu  welchem  Punkte  dieser  Scale  das 
Aräometer  in  einer  leichten  Flüssigkeit  einsinkt,  und  bis  zu  welchem 
in  einer  möglichst  schweren.  Den  Abstand  dieser  Punkte  trägt  man 
auf  einen  mit  der  provisorischen  Scale  gleich  schweren  Papierstrelfen, 
und  theilt  ihn  in  die  gewünschte  Anzahl  gleicher  Theile  ein,  und  aetst 
die  Bezeichnung  bei.  Dann  ist  die  Scale  fertig  und  wird  nun  statt  dei 
provisorischen  Scale  in  den  Hals  des  Aräometers  gebracht,  und  dort 
so  verschoben,  dass  der  eine  der  Fundamentalpunkte  wieder  den  Ean- 
senknngspunkt  des  Aräometers  in  der  entsprechenden  Flüssigkeit  an- 
giebt 

Sollen  bei  der  Theilung  die  specifischen  Gewichte  der  Flüssigkeit 
angegeben  werden,  so  hat  man  die  specifischen  Gewichte  der  beiden 
gebrauchten  Flüssigkeiten  zu  bestimmen;  diese  seien*  Si  und  m^.  Hat 
man  dann  den  Abstand  der  EiQsenkungspunkte  in  diesen  beiden  FlQa- 
sigkeiten  in  iV  gleiche  Theile  getheilt,  und  diese  von  dem  Einsenknnga- 
punkt  in  der  Flüssigkeit  Si  an  gezählt,  so  ist  das  specifische  Grewicht 
8  einer  Flüssigkeit,  in  welche  dieses  Aräometer  bis  zum  Theilstriche  n 
einsinkt, 

~  (Pi  —  Sa)  n  +  «4  iV* 
Ist  nämlich  V  das  Volumen  des  Aräometers  bis  zum  Theilstrieh  mm 
dem  es  in  der  Flüssigkeit  Si  einsinkt;  v  das  Volumen  des  Halses  zwischen 
je  zwei  Theüstrichen,  so  hat  man  für  das  immer  gleiche  Gewicht  det 
Instrumentes,  wenn  ein  Volurotheil  1  wiegt. 


Aräometer.  171 

F«,  =  (F+  Nv)a^  =  (F  -f-  nv)8, 

voraus  man  findet 

*i  —  «,        Ns^  . 

= und  8  wie  oben. 

«I  —  s  na 

Gewöhnlich  nimmt  man  für  die  eine  der  beiden  Flüssigkeiten  Wasser, 
ftr  welches  das  specifische  Gewicht  1  ist  Damit  hat  man  für  leich- 
tere Flüssigkeiten  als  Wasser 

_  sg  N 

'  ~  (1  —  Sj)  n  +  s,  iV" 

aad  für  schwerere  als  Wasser 

'  —  SjiNT— (s,  —  l)n' 

Hat  man  z.  B.  den  Abstand,  welchen  man  in  Wasser  und  Weingeist 
▼on  dem  specifischen  Gewicht  0,800  gefunden  hat.  in  36  gleiche  Theile 
geCheüt,  so  hat  man  für  dieses  Aräometer  das  specifische  Gewicht 

_  0,800 ,  86  _       144 

*  ~  0,200  .n  +  0,800 .  36  ~"  144  +  n' 

was  dem  holl&ndischen  Aräometer  entsprechen  würde« 

Hat  man  dagegen,  den  in  Wasser  und  Schwefelsäure  vom  specifi- 
schen Gewicht  1,850  gefundenen  Abstand  in  100  gleiche  Theile  ge- 
theiit,  so  ist  das  dem  Theilstriche  n,  vom  Wassereinsenkungsponkte  an 
gesüdt,  entsprechende  specifische  Gewicht 

_  1,850 ,  100  _      117,6 

*  ~  1,850 .  100  —  0,850n  ~  117,6  —n' 

Die  nach  diesen  Formeln  berechneten  specifischen  Gewichte  setst 
onn  dann  entweder  unmittelbar  auf  die  Scale,  oder  man  zählt  die 
HieUe  nnr,  wo  dann  die  Formel  oder  eine  darnach  bei'echnete  Tafel 
die  specifischen  Gewichte  giebt. 

Bei  dem  Vorhergehenden  ist  vorausgesetzt,  dass  die  Temperatur 
imner  dieselbe  war,  und  auch  nur  für  diese  Temperatur  giebt  die  ent- 
wickelte Formel  das  specifische  Gewicht,  weshalb  gewöhnlich  die  Tem- 
^kerator,  f  fir  welche  das  Instrument  eingerichtet  ist,  auf  der  Scale  be- 
merkt wird.  Steigt  nun  die  Temperatur  um  t^  über  diese  Tempera- 
tnr,  so  wird  das  Volumen  des  Aräometers  aus  F,  jetzt  V(l-\-a  (),  wo 
a  die  cnbische  Ausdehnung  des  Stofies  des  Aräometers  für  einen  Grad 
Temperaturerhöhung  ist;  und  wenn  bei  der  Normaltemperatur  in  einer 
Flassigkeit  vom  specifischen  Gewichte  s  das  Volumen  V  eingesunken  ist, 
BD  wird  jetzt  das  Aräometer  bis  zu  demselben  Theilstrieh  in  einer  Flüs- 
■gkeit  einsinken,  welche  das  specifische  Gewicht' 

haL  FQr  ein  Glasaräometer  und  lOOtheilige  Temperatorgrade  ist  a 
imgefähr  0,000024,  so  dass  also  diese  Gorrection  für  einige  Grade 
fibor  oder  unter  der  Normaltemperatur  ohne  alle  Bedeutung  Lnt;  viel 
wichtiger  ist,  dass  durch  die  Temperaturänderung  das  specifische  Ge- 
widit  der  Flüssigkeit  selbst  sich  geändert,  dass  man  also  jetzt  bei 
.demselben  specifischen  Gewipht  eine  andere  Flüssigkeit  als  bei  derNor- 
maltemperator  hat  Soll  also  die  Untersuchung  des  specifischen  Gewichtes 


172  Aräometer. 

dazu  dienen,  eine  Flüssigkeit  von  einem  bestimmten  Gehalt  zu  erha 
ten,  so  wird  man  dazu  die  Normaltemperatur  herstellen- müssen. 

Wenn  eine  Aräometerscale  einigermaassen  Grenauigkeit  gewahre 
soll,  so  dürfen  ihre  Grade  naturlich  nicht  zu  klein  sein.  Bei  sehr  Kh 
trächtlicher  Grösse  der  Grade  würde  aber  eine  Scale,  wenn  sie  zugleic 
einen  bedeutenden  Umfang  in  ihren  Angaben  haben  soll,  sehr  lang  gi 
nommen  werden  müssen,  und  dies  würde  nicht  nur  dem  ganzen  Instn 
ment  eine  unförmliche  Grösse  und  einen  hohen  Grad  von  Yerletzbai 
keit  ertheilen,  sondern  auch  den  Nachtheil  herbeiführen,  dass  sein  Gi 
brauch  eine  unverhältnissmässige  Menge  von  der  zu  prüfenden  Flüssif 
keit  erforderte  und  sein  Hals  noch  schwieriger,  als  bei  kleineren  Läi 
gen,  genau  von  der  Form  eines  Cylinders  oder  Parallelepipedums  ei 
halten  werden  könnte.  Um  diesen  Uebelstand  zu  vermeiden,  d.  h.  ui 
mit  Instrumenten  von  massigen  Dimensionen  einen  bedeutenden  Gra 
von  Genauigkeit  zu  erlangen,  hat  man  zwei  Wege  eingeschlagen. 

Der  eine  derselben  ist  sehr  einfach.  Man  bringt  nur  wenig  Grad 
auf  die  Scale  und  vertheilt  den  Umfang  von  specifischen  Gewichtet 
welche  zu  prüfen  sind,  auf  mehrere  Instrumente. 

Der  andere  besteht,  darin,  dass  man  das  Gewicht  des  Instrument 
veränderlich  macht  und  ihm  für  jeden  besonderen  Werth  desselben  ein 
besondere  Scale  giebt. 

Bringt  man  eine  Aendemng  in  dem  Gewichte  des  Aräometers  ai 
so  sei  neben  den  obigen  Bezeichungen  Si  das  specifische  Gewicht  de 
Flüssigkeit,  in  welcher  das  Aräometer  so  tief  einsinkt,  als  vor  Aendi 
rung  des  Gewichtes  in  einer  Flüssigkeit  vom  specitischen  Gewicht  »i 
und  ^  das  specifische  Gewicht,  das  nun  dem  nten  Theilstnche  entsprich 
dem  vor  der  Aendemng  das  specifische  Gewicht  a  entsprach.  Dan 
hat  man 

Vsi*  =  (7+  nv)8' 
und 

Vsi   =  (F+  nv)«, 
woraus 

s'  =^.* 

sich  ergiebt,  oder  wenn  «i  =  1  ist 

Hätte  man  z.  B.  ein  Aräometer,  das  im  Wasser  bis  0  eintaucht,  un 
nun  so  beschwert  wird,  dass  es  in  einer  Flüssigkeit  vom  specifische 
Gewicht  1,200  wieder  bis  0  einsinkt,  so  hat  man  das  specifische  6< 
wicht,  das  es  bei  nGrad  in  dem  beschwerten  Zustande  angiebt, 

y  =  1,200 . «, 

wenn  s  das  specifische  Gewicht  ist,  das  es  in  dem  nicht  besehwerte 
Zustande  bei  nGrad  angiebt.  Die  Gewichte  des  Aräometers  in  beide 
Zuständen  verhalten  sich  wie  «i'  :  «i,  also  im  letzten  Beispiele  wi 
12  :  10  oder  wie  6:5. 

Die  Scalen -Aräometer  von  vei'änderlichem  Gewicht  machen  de 
Uebergang  zu  den  eigentlichen  Gewichts -Aräometern,  und  nähern  sie 
ihnen  desto  mehr,  je  weniger  Theilstriche  ihre  Scale  enthält  undj 
mehr  ihr  Gewicht  abgeändert  wird.  Man  hat  sie  daher  ganz  passefl 
gemischte  Aräometer  genannt. 


Aräometer.  173 

Das  Vorstehende  umfasst  die  gesaminte  Theorie  der  Aräome- 
lerscale. 

Liease  das  Volnm-Aräoineter  eine  grössere  Genauigkeit  zu,  als  es 
lirklieh  der  Fall  ist,  so  würde  es  zweckmässig  sein,  die  Scale  ganz 
vom  lastmment  zu  sondern,  und  sie  neben  diesem,  an  dem  Gefässe, 
welches  die  zu  prüfende  Flüssigkeit  enthält,  auf  einem  senkrechten 
Stabe  anzubringen.  Mittelst  eines  an  der  Scale  verschiebbaren  hori- 
»otalen  Arms,  den  man  auf  das  obere  Ende  des  Halses  herabliesse, 
wurde  dann  der  Betrag  der  Einsenkung  des  Instruments  in  verschie- 
dene Flüssigkeiten  zu  messen  sein,  wenn  man  von  diesen  immer  so  viel 
ifl  das  Gef  ä8s  gösse ,  dass  sie  einen  von  der  Scale  herabgehenden  un- 
rerruckbaren  Stift  genau  berührten.  Aehnlicher  Vorrichtungen  haben 
seh  Montigny  ^)  und  Deparcieux^)  bedient,  aber  sie  sind  wegen 
üirer  Umständlichkeit  nicht  empfehlenswerth. 

Arten  des  Volumen-  oder  Scalen -Aräometers.  —  Die 
•rosse  Zahl  der  wirklich  ausgeführten  oder  bloss  vorgeschlagenen  In- 
itnxmente  dieser  Art  zerfällt  in  zwei  Classen;  die  erste  umfasst  die 
allgemeinen,  die  andere  die  besonderen  Aräometer. 

Ä.  Allgemeine  Aräometer  heissen  solche,  die  für  Flüssigkei- 
ten jeder  Art  bestimmt  sind.  Davon  giebt  es  wieder  zweierlei,  mit 
theoretischer  und  mit  empirischer  Scale. 

a)  Aräometer  mit  theoretischer  Scale,  d.  h.  diejenigen,  de- 
ren Grade  gleich  grossen  unterschieden  im  specifischen  Gewicht 
entsprechen.  Die  Prüfung  der  Scalen  kann  nach  der  auf  S.  169  be- 
«iiriebenen  dritten  Methode  geschehen.  Diese  Methode  ist  unter  an- 
deren von  Bohnenb erger')  angewandt. 

Man  könnte  von  diesem  Aräometer  wiederum  zwei  Arten  unter- 
^faeiden,  reine  und  gemischte,  d.  h.  Instrumente  von  unveränder- 
llehem  und  veränderlichem  Gewicht;  indess  sind  die  letzteren 
nicht  gebräuchlich. 

Von  den  ersteren  ist  das  älteste  das  von  B rissen.  Er  verfertigte 
zwei  .solcher  Instrumente,  eins  für  specifische  Gewichte  von  1,000  bis 
0,820,  und  das  andere  für  die  von  1,000  bis  1,900.  Die  Graduirung 
fescbah,  bei  -|-  17,5<>C.,  nach  der  auf  Wägung  beruhenden  Methode 
(S.  169),  die  sehr  mühsam  ist.  Daher  wandte  er  sie  auch  nur  auf  je- 
^  lOten  Grad  an,  und  theilte  die  Zwischenräume  in  10  gleiche  Theile. 
^  Nullpunkt  lag  beim  specifischen  Gewicht  1000,  d.  h.  dem  des  Was- 
Krs,  und  jeder  Grad  entsprach  0,001  Unterschied. 

Aehnlich  sind  die  Instrumente  von  Gasbois,  nur  sind  die  Grade 
%  10,  20  .  .  .  durch  Eintanchung  in  Flüssigkeiten  von  den  specifischen 
Gewichten  1,000;  1,000  ±  0,1;  1,000  ±  0,2  u.  s.  w.  bestimmt. 

In  Deutschland  hat  G.  G.  Schmidt^)  in  Giessen  zuerst  richtige 
Aräometer  zn  verfertigen  gelehrt.  Neuerdings  haben  sich  Barr6  d' Or- 
gans und  Delezennes  mit  der  Theorie  dieser  Classe  von  Instrumen- 
ten beschäftigt,  indess  enthalten  ihre  Aufsätze^)  über  den  bereits  er- 
^pften  Gegenstand  jetzt  nichts  Bemerkenswerthes  mehr. 

Zu  dieser  Classe  gehört  auch  Meissuer's  allgemeines  Aräo- 


*)  M^m.  de  Tacad.,  1768,  p.  486.  —  ^)  Prony  8  Architect.  hydrauliq.  T.  I, 
§.  6U  —  627.  —  «)  Tabinger  Blätter,  Bd.  ü,  S.  267.  —  *)  Gren'B  N.  Journ.  d. 
^  179«,  Bd.  m,  S.  117.  —  *)  Journ.  de  phvB.  T.  LVII,  p.  488  et  T,  XCIV, 
p.  204. 


174  Aräometer. 

meter  fflr  FlOssigkeiten  von  1,0  bis  0,7  und  von  1,0  bis  2,0  spec: 
Oewioht«  Man 'findet  sie  beschrieben  in  dessen  Werk:  Die  Aräom< 
irie  in  ihrer  Anwendung  auf  Chemie  and  Technik.  Wie: 
1B16. 

b)  Ar&ometer  mit  empirischer  oder  gleichförmig  gi 
theilter  Scale.  Hierher  gehört  die  zum  Ueberflass  grosse  Zahl  tc 
ganE  willkfirlich  eingerichteten  Instrumenten,  deren  nähere  Kenntni 
eigentlich  nur  nothwendig  ist,  weil  sie  einmal  im  Gebrauch  sind.  Mi 
kann  von  ihnen  wiederum  zweierlei  unterscheiden,  reine  und  gi 
mischte  Yolums-Arfiometer,  je  nachdem  ihr  Gewicht  beständig  od< 
veränderlich  ist 

a)  Aräometer  von  beständigem  Gewicht  mit  gleichfoi 
miger  Scale.  Die  Instrumente  dieser  Art  sind  die  ältesten;  sie  füh 
ten  bei  den  Griechen  den  Namen  Baryllion.  Gewöhnlich  wird-Hj 
pathia  (j-  415  unserer  Zeitrechnung  zu  Alexandrien),  die  Lehrerin  di 
Synesios  von  Cyrene,  Bischofs  von  Ptolemais,  als  die  Erfinderin  derse 
ben  genannt;  es  ist  indess  erwiesen,  dass  schon  Archimedes  (f  21 
vor  unserer  Zeitrechnung)  dieselben  gebraucht  hat  ^).  Unter  den  neai 
reu  sind  die  von  Baumä  und  Cartier,  sowie  das  holländisch« 
femer  die  von  Richter,  Beck,  Twaddle  und  das  Volumeter  vc 
6ay-Lussac  am  bekanntesten. 

Baum 6  verfertigte  zwei  solcher  Aräometer,  eins  für  leichtere  no 
eins  für  schwerere  Flüssigkeiten.  Für  das  erste  gaben  die  Fundi 
mentalpunkte  reines  Wasser  und  eine  Lösung  von  1  Thl.  Kochsalz  i 
9  Thln.  Wasser.  Den  Abstand  zwbchen  beiden  theilte  er  in  10  gleicli 
Theile,  bezeichnete  den  untersten  mit  0,  den  obersten  (dem  specifischc 
Gewicht  des  Wassers  entsprechenden)  mit  10,  und  trug  nun  noch  i 
solcher  Theile  auf  das  obere  Ende  der  Scale.  Für  das  zweite  b( 
stimmte  er  die  Fundamentalpunkte  durch  reines  Wasser  und  eine  L^ 
sung  von  15  Thln.  trockenen  Kochsalzes  in  85  Thln.  Wasser,  theili 
den  Abstand  in  15  gleiche  Theile,  und  trug  noch  70  solcher  Thei! 
auf  das  untere  Ende  der  Scale.  Die  Temperatur  dabei  war  die  mittle] 
der  Luft  ohne  nähere  Bestimmung, 

Die  ausgebreitete  Anwendung  des  Baum  ersehen  Aräometers  hi 
eine  oftmalige  Untersuchung  seiner  Scale  veranlasst.  Man  branchl 
dazu  eigentlich  nur  die  specifischen  Gewichte  der  angegebenen  zw 
Kochsalzlösungen  zu  kennen,  und  könnte  dann  das  Uebrige  durch  Recl 
nung  finden.  Man  hat  indess  vorgezogen,  die  Werthe  der  Grade  a 
fertigen  Instrumenten  durch  Versuche  (mittelst  der  Methode  der  Wi 
gung  S.  169)  zu  ermitteln.  ,  Solche  Prüfungen  haben  unter  Ander« 
vorgenommen  Delezennes^,  Francoeur'),  Bohnenberger  ^)  uo 
Gilpin^).  Die  Resultate  derselben  sind  in  den  weiterhin  folgende 
Tafeln  neben  einander  gestellt.  Sie  sind  nicht  zusammengezogen,  ai 
durch  ihre  Abweichungen  zu  zeigen,  welche  Verschiedenheiten  bei  de 
einzelnen  Instrumenten  vorkommen  und  wie  gross  also  der  Grad  ihr< 
Zuverlässigkeit  ist,  wiewohl  -ein  Theil  der  Abweichungen  auch  auf  Becl 
nung  der  Prüfungen  kommen  mag. 


>)   Gilb.  Annal.   Bd.  VI,  8.  126.    —    «)  Joum.  de  phys.  T.  XCIV,  p.  204.  - 
*)  Diction.  technolog.  art.  ar^omMr«.  —  ^)  Tttb.  Blfttt.  Bd.'  II,  S.  457.  —  ^)  Anni 
Mm.  T.  XXin,  p.  186.  . 


Aräometer.-  175 

Die  Besfunmunffen  von  Gilpin  geben  sehr  nahe  die  Formel 

144 

vo  Ji  die  Zahl  der  Grade  B  und  8  das  hierzu  gehörende  specifische 
Gewicht  ist.  Für  Flüsdigkeiten  leichter  als  Wasser,  hat  man  dann  das 
fecifische  Grewicht 

Die  B an m 6 'sehen  Aräometer  werden  jetzt  gewöhnlich  so  einge- 
richtet, dass  sie  bei  der  auf  ihnen  angegebenen  Teroperator  diesen  For- 
mId  entsprechen. 

Dss  holländische  Aräometer,  d.  h.  das,  welches  die  Fharmaccpoea 
yom  eingeführt,  entspricht  ffir  schwerere  FlOssigkeiten  der  Formel  (1) 
nd  fällt  also  hier  gitnz  mit  dem  neueren  B au m^ 'sehen  Aräometer 
OBunmen.  Für  Flüssigkeiten  leichter  als  Wasser,  sind  seine  Grade 
iwBer  um  10  niedriger  als  die  des  neueren  B a um ^' sehen  mit  der 
FonDd  (2).  Die  nachfolgende  Tafel  enthält  die  Angaben  der  For- 
mk  (1)  und  (2). 

Cartier,  ein  Goldarbeiter,  den  Baum 6  zur  Anfertigung  seiner 
Aiiometer  gebraucht  hatte,  glaubte  diese  zu  verbessern,  indem  er  die 
Gnde  so  vergrösserte,  dass  15  derselben  gleich  16  der  ursprünglichen 
«Dden.  Ueberdies  legte  er,  vielleicht  mehr  zufällig  als  absichtlich, 
&  ganze  Scale  etwas  tiefer,  so  dass  auf  derselben  der  Punkt  10^4 
oto  11  dem  Funkte  10  der  Baum 6' sehen  Scale  oder  dem  specifi- 
ite  Gewichte  des  Wassers  entsprach.  Das  Cartier'sche  Aräometer 
iitalio  mit  noch  mehr  Unrecht,  als  das  Baume' sehe,  zu  seinem  grossen 
Sofe  gekommen.  Francoeur  giebt  für  das  specifiische  Gewicht  s*  das 
kn  Graden  (n)  desselben  entspricht,  die  Gleichung: 

_      .  186,8 

""  126,1  -f-  n  ' 
Nach  demselben  Mathematiker  findet  zwischen  den  Baum 6 'sehen 
finden  (B)  und  den  Cartier'schen  (C)  folgende  Beziehung  statt: 

160=  155+  22. 

Bichter's  allgemeines  Aräometer,  da  es  eine  in  gleiche 
ftde  getheilte  Scale  besitzt,  gehört  ebenfalls  hieher,  wiewohl  sein  Ur- 
Uier  irrigerweise  glaubte ,  die  Grade  desselben  entsprächen  gleichen 
Oüenchieden  im  specifischen  Gewicht  0-  ^s  hat  kein  Gef  äss,  sondern 
^"^  bloss  aus  einer  am  unteren  Ende  durch  Schrot  oder  Queck- 
Aer  beschwerten  Glasröhre.  Diese  Einrichtung,  die  neuerdings 
Meissner  (s.  dessen  Aräometrie)  wieder  hervorgesucht  hat,  ist  aber, 
vornan  mindestens  zwei  Fundamentalpunkte  durch  Erfahrung  be« 
iliniDt,  wie  es  immer  rathsam  ist  und  auch  Richter  gethan  hat,  we- 
^  eme  Yerein&chung  zur  Verfertigung  des  Instruments,  noch  sonst 
^Verbesserung,  hat  im  GegentheU  den  Nachtheil,  diesem  eine  un* 
bequeme  Länge  zu  geben.  Bichter's  Aräometer,  sowie  mehrere  ahn« 
■*^i  sbd  kaum  mehr  im  Grebrauch  (nur  noch  das  Alkoholometer  s. 
^  I,  S.  514),  und  daher  hat  eine  Angabe  über  die  Bedeutung  ihrer 
^^^  gegenwärtig  keinen  Nutzen. 

Dai  von  Beck  in  Bern,   nach  Bentely's  Vorschrift,  gearbeitete 


*)  Ueber  die  neneren  GegenstSnde  der  Chemie,  Bd.  V,  S.  61. 


176 


Aräometer. 


Aräometer  hi^t  Beinen  Nullpunkt  beim  specifischen  Grewichte  des  Wai 
sers  (bei  -|-  12,5^0.)  =  1000,  seinen  SOsten  Grad  beim  specifisohe 
Gewicht  =  850.  Zur  Zurückführung  der  Grade  auf  specifisches  6« 
wicht  ist  dem  Instrument  eine  Tafel  beigegeben,  berechnet  nach  de 
Formel 

^  _       1000.850.30       _  1000,170 

*'  ""  850 .  30  +  150.  (n)  ""  170  ±  n  * 

Die  Tafel  selbst,  nur  1,000  darin  statt  1000  gesetzt,  findet  sie 
weiterhin  in  der  Vergleichung  ^). 

Twaddle's  Hydrometer  ist  ein  in  England  übliches  AnU 
meter  für  Flüssigkeiten  schwerer  als  Wasser.  Es  besteht  ans  sechs  g< 
sonderten  Instrumenten,  deren  Scalen  an  einander  schliessen  und  so  zi 
sammen  die  specifischen  Gewichte  von  1000  bis  2000  umfassen.  Nac 
einer  Untersuchung  von  E.  Dingler  ^)  sind  diese  Instrumente  so  gn 
duirt,  dass  sie,  wenn  sie  im  Wasser  schwimmend  an  einer  Wage  an 
gehängt  und  theilwciise  balancirt  worden  sind,  durch  gleiche  Gewicht 
beschwert,  um  gleiche  Grade  einsinken.  Es  sind  also,  schliesst  Ding 
1er,  die  Abtheilungen  auf  dem  Stiel  von  gleichem  Volumen,  und  folglic 
ist  die  Graduirung  genau.  Gleich  darauf  heisst  es  indess,  dass,  wen 
man  das  specifische  Gewicht  des  Wassers  bei-|-  16,2<^  C.  =  1000  setzti 
diese  Zahl  für  jeden  Grad  Twaddle  um  Hinf  Einheiten  zunehme;  un 
nach  diesem  Satz  wird  dann  eine  ausführliche  Tafel  berechnet,  von  d( 
die  nachstehende  einen  Auszug  darstellt. 


Grade 

Specif. 

Grade 

Specif. 

1     Grade 

Specif. 

Grade 

Speci 

Twaddle. 

• 

Gew. 

Twaddle. 

Gew. 

iTwaddle. 

Gew. 

Twaddle. 

Gew. 

0 

1000 

50 

1250 

100 

1500 

160 

1750 

.       10 

1050 

60 

1300 

110 

1550 

160 

1800 

20      . 

1100 

70 

1350 

120 

1600 

170 

1850 

30 

1150 

80        ' 

1400 

130 

1650 

180 

1900 

40 

1200 

90 

1450 

140 

1700 

190 

1950 

Es  ist  jedoch  zu  bemerken,  dass,  wenn  die  Theilstriche  gleict 
Volume  vom  Stiele  abschneiden,  die  Grade  nicht  auch  gleichen  Ünte: 
schieden  im  specifischen  Gewichte  entsprechen  können.  Eins  von  be 
den  nius^  fehlerhaft  sein,  entweder  die  experimentelle  Bestimmung,  od< 
der  daraus  gezogene  Schluss.  In  ermangelnder  Gewissheit  darüber  i 
hier  das  Twaddle 'sehe  Hydrometer  unter  die  Instrumente  mit  gleicl 
förmiger  Theilung  gesetzt 

Das  Volum eter  von  Gay-Lussac  nach  der  ersten  der  S.  16 
erwähnten  Methoden  graduirt.  Der  Nullpunkt  ist  mit  100  bezeichne 
d.  h.  das  Volumen  des  eingetauchten  Theils,  wenn  das  Instrument  ai 
reinem  Wasser  schwimmt,  das  zu  100  angenommen,  und  jeder  Scalei 
theil  gleich  einem  Hundertel  dieses  Volumens  gemacht  Für  Flüssigke 
ten  schwerer  als  Wasser  ist  nämlich  das  Instrument,  nach  Bestimmung  d< 


0  Trommsdorfi't  Journ.  d.  Pharm.  Bd.  IX,  St  1,  S.  17 *)  Polytechn.  Joar 

Bd.  LXII,  S.  829. 


Aräometer.  177 

100 
yallpuDktea.  in  eine  Salzlöaung  vom  gpecif.  Gewicht  =  1,333  =  ~ät~i 

fär  leichtere  in  Weingeist  vom  specif.  Gre wicht  =  0,800  =  — --  ein- 

^etaacht^  dann  sind  die  Eintanchungspunkte  respective  mit  75  und  125 
bezeichnet  und  ihre  Abstände  vom  Nullpunkte  in  25  Theile  getheilt 
TOTden.  Die  Scale  giebt  also  unmittelbar  die  spccifischen  Volume 
T(m  Flüssigkeiten,  d.  h.  die  Volume,  welche  dieselben  bei  gleichem 
Gewicht  einnehmen;  da  nun  diese  Volume  sich  umgekehrt  wie  die 
tpecifischen  Gewichte,  d.  h.  die  .Gewichte  bei  gleichem  Vo- 
iamen,  rerhalten,  so  findet  man  dies  aus  den  Angaben  des  Instruments, 
venn  man  100  durch  die  Zahl  der  Grade  am  Eintauchungspunkt  divi- 
äiL  um  sich  die  jedesmalige  Rechnung  zu  ersparen,  dient  folgende 
Tafel  (g.  S.  178). 

^  Wenn  man,  bei  der  Frage  nach  der  Dichtigkeit  von  Flüssigkei- 
ten, gewohnt  wäre,  dieselbe  in  specifischen  Volumen,  statt  in  spe- 
cif isch  es  Gewichten,  anzugeben,  so  würde  das  Volum  et  er  ohne 
Widerrede  das  zweck  massigste  Instrument  sein ;  da  man  nun  aber  ein- 
aal  nach  den  specifischen  Gewichten  fragt,  und  diese  durch  das  Volu- 
siter  nicht  anders  als  mittelst  einer  Rechnung  oder  Construction  ge- 
fafiden  werden  können ,  so  hat  das  Instrument  in  der  That  keinen  an- 
(kfai  Vorzug  vor  irgend  einem  der  S.  174  u.  ff.  beschriebenen  Aräo- 
oeter  mit  gleichförmiger  Scale,  sobald  nur  auf  derselben  zwei  Punkte 
wDklbestimnit  worden,  als  dass  sich  das  specifische  Gewicht  schnell 
■OS  den  Graden  berechnen  lässt. 

Eine  gleichförmige  Scale  gewährt,  wie  schon  S.  167  bemerkt, 
ose  grössere  Sicherheit;  da  indess  die  aräometrischen  Messungen 
imBier  nur  eine  massige  Genauigkeit  haben,  Schnelligkeit  und  Be- 
fKOBÜchkeit  Hauptanforderungen  an  dieselben  sind,  so  werden  ohne 
Zweifel  diejenigen  Scalen,  welche  die  specifischen  Gewichte  unmittel- 
bar angeben,  in  Praxis  immer  den  Vorzug  behalten. 

Ganz  unnöthiger  Weise  ist  in  neuerer  Zeit  die  Zahl  dieser  Aräo- 
meter noch  Termehrt  worden;  wir  geben  für  diese  nur  die  Formeln, 
imlcfae  das  specifische  Gewicht  angeben.    Dahin  gehören: 

das  Aräometer  von  Stoppani: 

_       166 

'""  166  ±n' 

das  Aräometer  von  Balling: 

_       200 

'~  200  ±n' 

Hier  bedeutet  s  das  specifische  Gewicht  der  Flüssigkeit  und  n  die 
Zihl  der  Grade,  welche  das  Instrument  in  der  Flüssigkeit  zeigt;  das 
-^  Zeichen  bezieht  sich  auf  Flüssigkeiten,  die  leichter  als  Wasser,  das 
«ädere  Zeichen  auf  solche,  die  schwerer  als  Wasser.  Das  Aräometer 
voD  Balling  ist  bei  170,5C.  (14^  R.)  zu  gebrauchen. 


Bttdvflttcrimcb  der  Cbcml«.  2te  AnlL   Bd.  U.  12 


178 


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Es  mögen  nun  die  Yergleichungen  der  bekannteren  AräomeU 
Scalen  folgen: 


Aräometer.  179 

Aräometer  für  Flüssigkeiten  schwerer  als  Wasser. 


Baam^ 

Formel  1. 

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Francoenr 

cb 

Holländi- 

scbes 
Aräometer 

t 

u 

0 

Delezennes 

Bobnen- 
berger 

Gilpin 

b.  +  12«^  C. 

b.  +  12»,5C. 

b.  +  14»,4  C. 

b.  +  12»,5  C. 

b.  +  120,5  C. 

A    1 

=-  +  10«,0B. 

—  +  10»,0B. 

-  +  11^6B. 

-  +  10«,0ß. 

-  +  10*,0ß. 

.o    ■ 

0 

1,0000 

1,0000 

1,000 

1,000 

1,000 

1,0000 

1 

1,0072 

1,0066 

.     1,007 

1,007 

1,0059 

2 

1,0145 

1,0133 

1,013 

1,014 

1,0119 

s 

1,0219 

1,0201 

1,020 

1,020 

1,022 

1,0180 

4 

1,0294 

1,0270 

1,027 

1,029 

1,0241 

5 

1,0370 

1,0340 

1,033 

1,036 

1,0308 

$ 

1,0448 

1,0411 

1,040 

1,040 

1,044 

1,0366 

7 

1,0526 

1,0488 

1,047 

1,052 

l,043r 

% 

1,0606 

1,0556 

1,066 

1,060 

1,0494 

9 

1,0687 

1,0680 

1,062 

1,064 

1,067 

1,0559 

10 

1,0769 

1,0704 

1,069 

• 

1,075 

1,0625 

11 

1,0853 

1,0780 

1,077 

1,083 

1,0692 

13 

1,0987 

1,0857 

1,084 

1,089 

1,091 

1,0769 

IS 

1,1028 

1,0935 

1,092 

1,100 

1,0828 

14 

1,1111 

1,1014 

1,099 

1,106 

1,0897 

li 

1,1200 

1,1095 

1,107 

1,114 

1,116 

1,0968 

1€ 

1,1290 

1,1176 

1,115 

1,125 

1,1039 

17 

1,1882 

1,1259 

1,123 

1,134 

1,1111 

18 

1,1475 

1,1343 

1,132 

1,140 

1,143 

1,1184 

19 

1,1670 

1,1428 

1,140 

1,152 

1,1268 

20 

1,1666 

1,1516 

1,148 

1,161 

1,1838 

31 

1,1764 

1,1608 

1,157 

1,170 

1,171 

1,1409 

n 

1,1864 

1,1692 

1,166 

1,180 

1,1486 

!3 

1,1965 

1,1783 

1,174 

1,190 

1,1666 

24 

1,2068 

1,1875 

1,188 

1,200 

1,199 

1,1644 

» 

1,2178 

1,1968 

1,192 

1,210 

1,1724 

26 

1,2280 

1,2063 

1,201 

1,221 

1,1806 

27 

1,2889 

1,2160 

1,211 

1,230 

1,281 

1,1888 

28 

1,2499 

1,2268 

1,220 

1,242 

1,1972 

29 

1,2612 

1,2368 

1,230 

1,262 

1,2067 

») 

1,2727 

1,2459 

1,239 

1,261 

1,261 

1,2143 

Sl 

1,2844 

1,2562 

1,249 

1,276 

1,2230 

12 

1,2962 

1,2667 

1,260 

1,286 

1,2319 

S3 

1,3088 

1,2773 

1,270 

1,296 

1,298 

1,2409 

S4 

1,3207 

1,2881 

.     1,281 

1,309 

1,2600 

» 

1,3338 

1,2992 

1,291 

1,321 

1,2693 

8« 

1,3461 

1,3103 

1,802 

1,338 

1,384 

1,2687 

$7 

1,8692 

1,3217 

1,313 

1,346 

1,2782 

fö 

1,8725 

1,3883 

1,326 

1,369 

1,2879 

S9 

1,8861 

1,3451 

1,336 

1,873 

1,372 

1,2977 

40 

1,8999 

1,3671 

1,847 

1,384 

1,3077 

41 

1,4141 

1,3694 

1,359 

1,398 

1,3178 

42 

1,4285 

1,3818 

1,371 

1,414 

1,412 

1,3281 

43 

1,4488 

1,3945 

1,384 

1,426 

1,3386 

44 

1,4588 

1,4074 

1,396 

1,440 

1,3492 

45 

1,4735 

1,4206 

1,404 

1,466 

1,464 

1,3600 

46 

1,4893 

1,4339 

1,470 

1,3710 

47 

1,5058 

1,4476 

1,485 

1,3821 

48 

1,5217 

1,4615 

1,500 

1,501    . 

1,3934 

49 

1,6384 

1,4768 

1,516 

1,4060 

&0 

1,5555 

1,4902 

1,582 

1,4167 

51 

1,5730 

1,4961 

1,647 

1,649 

1,4286 

52 

1,5909 

1,6200 

1,666 

1,4407 

58 

1,6092 

1,5363 

» 

1,688 

1,4580 

54 

1,6279 

1,5610 

1,59 

1,601 

1,4665 

12* 


180 


Awlometer. 


Baum  € 

Formel  1. 

f^m 

■ 

nach 

Holländi- 
sches 
Aräometer 

Od 

1 

Delezennes 

Francoear 

Bohnen- 
berger 

Gtlpin 

0Q   -f-  - 

b.  +  12»,5  C. 

b.  +  12«,5  C. 

b.  +  14«,4C. 

b.  +  12»,5  C. 

b.  +  12",5C. 

• 

-  +  10°,0  R. 

=  +  lO^OR. 

-  +  11»,5R. 

=  +  10*,0  R. 

-  +  10»,0  R. 

A 

65 

1,6471 

1,5671 

1,618 

1,4789 

66 

1,6667 

1,6838 

1,687 

1,4912 

67 

1,6868 

1,6000 

t 

1,669 

•  1,666 

1,6044 

68 

1,7074 

1,6170 

# 

1,676 

1,6179 

60 

1,7286 

1,6844 

1,695 

1,6315 

60 

1,7601 

1,6622 

1,717 

1,714 

1,5464 

61 

1,7722 

1,6706 

1,786 

1,6696 

62 

1,7960 

1,6889 

1,768 

1,6741 

.68 

1,8184 

1,7079 

1,779 

1,779 

1,6888 

«4 

1,8428 

1,7278 

1,801 

1,6088 

66 

1,8669 

1,7471 

1,828 

1,6190 

66 

1,8922 

1,7674 

1,848 

1,847 

1,6846 

67 

1,9180 

1,7882 

1,872 

1,6606 

68 

1,9447 

1,8095 

1,897 

1,6667 

69 

1,9721 

1,8318 

1,920 

1,921 

1,6882 

70 

2,0008 

1,8587 

1,946 

1,7000 

71 

1 

1,8766 

1,974 

1,7172 

72 

1,9000 

2,000 

'     2,002 

1,7347 

78 

1,9241 

2,031 

1,7526 

74 

1,9487 

2,059 

1,7708 

76 

1,9740 

2,087 

1,7896 

76 

2,0000 

■ 

1,8086 

Aräomet 

er  für  FlüssigkeiteE 

\  leichter 

als  Wasser. 

Baum^ 

Carti  er 

nach 

nach 

OK 

• 

^_ ^. 

Formel  2. 

m'^?: 

,s 

Delezennes 

Francoeur 

Delezennes 

Francoear 

U    94  O 

O 

b.  +  12S5C. 

b.  +  12^,5  C. 

b.  +  12«,5  C. 

b.  +  120,5  C. 

b.  +  120,5  C. 

«       +   + 
^'     1 

-  +  100,0  R. 

=.  +  lO^aR. 

=  +  10^0  R. 

-  +  100,0  R. 

-  +  100,0  R. 

0 

1,0000 

1 

0,9941 

2 

0,9868 

8 

0,9826 

4 

0,9770 

6 

0,9714 

6 

0,9659 

7 

0,9604 

8 

0,9550 

9 

0,9497 

10 

1,0000 

1,0000 

1,000 

0,9444 

11 

0,9929 

0,9932 

0,993 

1,0000 

0,9392 

12 

0,9859 

0,9866 

0,986 

0,9922 

0,9340 

13 

0,9790 

0,9799 

0,980 

0,9846 

0,9289 

14 

0,9722 

0,9783 

0,978 

0,9771 

0,9764 

0,9239 

16 

0,9655 

0,9669 

0,966 

0,9697 

0,9695 

0,9189 

16 

0,9589 

0,9605 

0,960 

0,9624 

0,9627 

0,9189 

17 

0,8524 

0,9542 

0,958 

0,9662 

0,9660 

0,9090 

18 

0,9460 

0,9480 

0,947 

0,9481 

0,9498 

0,9042 

19 

0,9896 

0,9420 

0,941 

0,9412 

0,9427 

0,8994 

20 

0,9888 

0,9859 

0,985 

0,9848 

0,9868 

0,8947 

Aräometer. 

181 

B  aam€ 

Gar 

tier 

nach 

nach 

öoi 

• 

Fonnel  2. 

s — . . 

»B«    o    e 

w 

Delesennes 

Francoeur 

Delesennes 

Francoeui 

h.  +  12*,5  C. 

,b.  +  12»,5  C. 

b.  +  12«,5  C. 

b.  +  12*,5  C. 

b.  +12»,5C. 

•  ■ 

=  +  10«,0R. 

=  +  10«,0R. 

-  +10S0R. 

«  +  10»  0  R. 

-  +  10«,0R. 

.O    R 

21 

0,9272 

0,9300 

0,929 

0,9275 

0,9299 

0^8900 

n 

0,9211 

0,9241 

0,923 

0,9208 

0,9237 

0,8854 

n 

0,9151 

0,9183 

0,917 

0,9143 

0,9175 

0,8808 

u 

0.9091 

0,9125 

0,911 

0,9078 

0,9114 

0,8762 

25 

0,9033 

0,9068 

0,906 

0,9014 

0,9054 

0,8717 

n 

0,8975 

0,9012 

0,900 

0,8951 

0,8994 

0,8673 

•7 

0,8918 

0,8967 

0,894 

0,8889 

0,8985 . 

0,8629 

?Ä 

0,8861 

0,8902 

0,889 

0,8827 

0,8877 

0,8585 

?» 

0,8806 

0,8848 

0,883 

0,8767 

0,8820 

0,0542 

30 

0,8751 

0,8795 

0,878 

0,8707 

0,8763 

0,8500 

Sl 

0,8696 

0,8742 

0,873 

0,8649 

0,8707 

0,8457 

32 

0,8643 

0,8690 

0,867 

0,8590 

0,8652 

0,8415 

33 

0,8590 

0,8639 

0,862 

0,8533 

0,8598 

0,8374 

34 

0,8537 

0,8588 

0,857 

0,8477 

0,8545 

0,8383 

3» 

0,8486 

0,8538 

0,852 

0,8421 

0,8491 

0,8292 

34 

0,8435 

0,8488 

0,847 

0,8366 

0,8489 

0,8252 

37 

0,8384 

0,8439 

0,842 

0,8312 

0,8387 

0,8212 

39 

0,8334 

0,8391 

0,887 

0,8258 

0,8836 

0,8173 

39 

0,8285 

0,8348 

0,882 

0,8205 

0,8286 

0,8133 

40 

0,8236 

0,8295 

0,828 

0,8153 

0,8095  . 

41 

0,8188 

0,8249 

0,823 

0,8101 

0,8057 

4t 

0,8141 

0,8202 

0,818 

0,8050 

0,8018 

43 

0,8094 

0,8156 

0,818 

0,8000 

0,7981 

44 

0,8017 

0,8111 

0,809 

0,7944 

45 

0,8001 

0,8066 

0,804 

0,7907 

46 

0,7956 

0,8022 

0,800 

0,7871 

47 

0,7911 

0,7978 

0,796 

0,7834 

4^ 

0,7866 

0,7935 

0,791 

0,7799 

49 

0,7823 

0,7892 

0,787 

0,7768 

M 

0,7779 

0,7849 

0,783 

• 

0,7727 

31 

0,7807 

0,778 

0,7692 

32 

0,7766 

0,774 

0,7658 

33 

0,7725 

0,770 

0,7623 

54 

0,7684 

0,766 

0,7589 

33 

0,7643 

0,762 

0,7556 

3« 

0,7604 

0,758 

0,7522 

37 

0,7565 

0,754 

0,7489 

5S 

0,7526 

0,750 

0,7456 

39 

0,7487 

0,746 

0,7428 

^ 

0,7449 

0,742 

0,7391 

ß)  Aräometer  von  v^eränderlichem  Gewicht  mit  gleich- 
formiger  Scale.  Faat  alle  gebräuchlichen  Instrumente  dieser  Art 
gehören  in  die  Classe  der  besonderen  Aräometer,  sind  nämlich  Alke- 
bolometer.  Doch  kann  man  hierher  rechnen  ein  von  Musschenbroeck 
▼Qigeschlagenes  Aräometer  (Introduct.  T.  11,  §.  1384,  wo  indes»  die 
Angabe,  dass  der  iOste  Grad  der  Scale  einer  solchen  Flüssigkeit  ent- 
sprechen soll,  die  bei  gleichem  Volumen  40  Gran  mehr  wiege,  als 
Regenwasser,  dessen  specifisches  Gewicht  dem  Nullpunkte  entspricht, 
keinen  Sinn  hat,  da  das  Gewicht  des  Instruments  nicht  festgesetzt  wird) 
and  ein  von  DesaguliersO  ^^i'  Ermittelung  sehr  kleiner  Unterschiede  im 


^)  Coars  of  experiment.  Philosoph.  T.  II,  p.  284. 


182  Aräometer. 

specifischen  Gewicht  bestimmtes.  Die  Einrichtang  der  Instmmente  diem 
Art  bedarf  übrigens  nach  dem  bereits  Gresagten  keiner  Erl&utenmg  meh 

Noch  ein  zur  Classe  der  allgemeinen  Scalen -Aräometer  gehör 
ges,  und  nur  von  ihnen  in  der  Form  verschiedenes  Instrument  i 
Adie's  Schieber-Aräometer  (^SUding-Bydrometer),  Es  ist  hohl  ai 
Metall  gearbeitet  und  von  constantem  Gewicht.  Der  Hals  besitzt  eis 
Scale.;  aber  statt  die  Einsenkungen  des  Instruments  an  den  verschiedi 
nen  Punkten  desselben  abzulesen,  wird  er  so  weit  verschoben,  bis  in 
mer  ein  und  derselbe  Punkt  dieser  Scale  ins  Niveau  der  Flfiaaigke 
kommt,  und  der  Grad  der  Verschiebung  giebt  dann  das  specifisct 
Gewicht.  Da  man  diesen  Punkt  natürlich  erst  nach  mehrmaligem  Pr< 
biren  auffinden  kann,  so   hat  die  Einrichtung  schwerlich  einen  Vorzuj 

B.  Besondere  Aräometer  sind  solche,  die  nur  für  gewiss 
und  zwar  gemischte  Flüssigkeiten  bestimmt  sind,  und  nicht  sowohl  di 
specifische  Gewicht  angeben,  als  vielmehr  den  damit  in  Beziehung  st 
henden  Gehalt  an  einem  ihrer  Bestandtheile,  bisweilen  unmittelbar  aui 
gedrückt  in '  Gewichts  -  oder  Volumsprocenten  des  Gemisches.  Si 
heissen,  je  nach  ihrer  Bestimmung,  Alkoholometer,  Branntwein 
m e s 8 e r  (Pese^eaprit)^  Weinmesser  (Oenometer),  Mostmesser  (Glei 
kometer),  Bier  wage,  Bierprober,  Milchmesser  (Galactometc 
und  Lactometer) ,  Zuckermesser  (Saccharometer) ,  Laugenwagc 
Salpeterspindeln,  Soolwage,  Sool-  oder  Salzspindel,  Gradii 
wage  {Fese-sel)^  Säuremesser  {Phe-acide)  u.  s.  w. 

Zu  den  besonderen  Aräometern  von  unveränderliche! 
Gewicht  gehören  die  Alkoholometer  von  Tralles,  Gaj-Lussac 
Richter  und  Meissner,  welche  schon  in  dem  Artikel  Alkoholometri 
(Bd.  I,  S.  493)  beschrieben  sind. 

Ueber  die  zur  Ermittelung  des  specifischen  Gewichts  von  Sab 
lösungen  oder  Getränken  dienenden  Aräometer  noch  etwas  Ausführl 
ches  zu  sagen,  wäre  überflüssig.  Ihre  Scalen,  die  meistens  gleic 
grosse  Abtheilungen  besitzen,  sind  nach  Ort  und  Zweck  des  Gebraucl 
so  verschieden,  und  haben  dabei  so  wenig  Eigenthümliches ,  dass  eii 
Beschreibung  derselben  keinen  Nutzen  hätte. 

Die  für  einfache  Lösungen  bestimmten  Instrumente  dieser  Ai 
z.  B.  die  Laugenprober,  Pottaschenwagen,  Soolwagen,  Sal 
peterspindeln,  Säure-  und  Zuckermesser  erfüllen  ihren  Zwec 
vollkommen,  weil  man,  selbst  bei  gleichförmiger  Abtheilung  des  Halse 
doch  mit  Hülfe  einer  Tafel,  immer  den  Gehalt  der  Flüssigkeit  an  Aet: 
kali,  Pottasche,  Kochsalz,  Salpeter,  Säure  oder  Zucker  dadurch  finde 
kann.  Die  für  zusammengesetztere  Flüssiglteiten  bestimmten  aber,  z.l 
die  Wein-,  Bier-,  Most-,  Milch-  und  Lohbrühe-Messer,  en 
sprechen  ihrem  Zweck  nicht  oder  unvollkommen,  da  diese  Flüsaigkeiic 
therls  wie  Wein  und  Bier  gleichzeitig  Substanzen  enthalten,  die  d 
Lösung  leichter,  und  solche,  die  sie  schwerer  machen,  und  da  thei 
die  Güte  dieser  Flüssigkeiten  nie  bloss  aus  dem  specifischen  Gewicl 
bemessen  werden  kann,  indem  ihnen  entweder  schon  von  Natur  od( 
absichtlich  weitere  Substanzen  beigemengt  sind,  die  das  specifische  G< 
wicht  als  Kriterium  des  Gehaltes  trüglich  machen;  so  beim  Weinmo« 
dem  Traubensaft,  wo  die  Zunahme  des  specifischen  Gewichtes  nicl 
bloss  durch  Zucker,  sondern  auch  durch  Schleim,  Pectin  u.  s.  w.  b( 
dingt  wird  (s.  Wein).  Specielleres  über  einige  andere  dieser  Instn 
mente  unter  den  betreffenden  Flüssigkeiten. 


Aräometer.  183 

Was  die  Aräometer  für  einfache  Lösungen  betriflt,  so  haben  sie 
ontonter  nnr  eine  einzige  Marke,  wenn  sie  nnr  dazu  dienen  sollen,  bei 
der  Lösung  (z.  B.  einer  Salzlösung  zum  Behufe  der  Kristallisation) 
öoen  bestimmten  Grad  der  Concentration  anzuzeigen. 

n.    Gewichts-Aräoroeter. 

Das  EigenthQmliche  der  wahren  Gewichts-Aräometer  besteht  darin, 
das«  sie  an  ihrem  Halse,  statt  der  Scale,  nur  eine  einzige  Marke  be- 
nuen,  oiid  dass  sie  durch  Abänderung  ihres  Gewichts,  welche  durch 
Auflegung  von  Massen  auf  einen  oben  am  Halse  befindlichen  Teller 
geschieht,  in  Flüssigkeiten  von  verschiedenem  specifischen  Gewichte 
inuner  bis  zn  dieser  festen  Marke  eingesenkt  werden.  Das  Volumen  der 
Terdrangten  Flüssigkeit  ist  also  constant,  und  da  das  Gewicht  dessel- 
ben nothwendigerweise  dem  des  Instruments  gleich  sein  muss,  so  ist 
letzteres  das  Maass  des  specifischen  Gewichts  der  Flüssigkeit  Sind 
demnach  «,  tf',  «i  die  specifischen  Gewichte  dreier  Flüssigkeiten,  und 
p^p*^  pi  die  Gewichte  des  in  dieselben  bis  zur  festen  Marke  versenkten 
InstramentB  (von  denen  p  das  Gewicht  des  unbelasteten  Ldstruments 
sein  mag),  so  ist: 

£  =  £  =  ?!  =  «, 

wenn  v  das  constante  Volumen  von  dem  bis  zur  festen  Marke  eingetauch- 
ten Theile  des  Instruments  bezeichnet    Hieraus  folgt  zunächst: 

P'  —  Pi  =v  (8*  —  «i), 
d.  h.  die  Gewichtsänderung,  welche  für  das  Instrument  beim 
Uebergange  von  einer  Flüssigkeit  zu  einer  anderen  nöthig  wird,  ist 
dem  Unterschiede  im  specifischen  Gewichte  dieser  Flüssigkeiten  propoi^ 
twnal,  and  zwar  wird  sie  desto  beträchtlicher,  je  grösser  das  einge- 
tauchte constante  Volumen  o  des  Instrumentes  ist. 

Bei  einem  Scalen -Aräometer  hat  man  für  die  Volums- 
Aenderungen,  die  dessen  eingetauchter  Theil  unter  gleichen  Um- 
ständen erleidet,  den  Ausdruck: 

o  8\ 

vmn  p  das  constante  Gewicht  dieses  Instruments  bezeichnet 

Während  also  für  gleich  grosse  Unterschiede  in  den  specifischen 
Gewichten  die  Gewichtsänderungen  bei  einem  Gewichts  -  Aräo- 
meter constant  bleiben,  was  für  Werthe  die  specifischen  Gewichte  auch 
haben  mögen,  nehmen  bei  einem  Scalen- Aräometer  die  Volum  sä nd e- 
rungen  seines  eingetauchten  Theils  zu  oder  ab,  sowie  umgekehrt  die 
specifischen  Gewichte  ab-  oder  zunehmen. 

Wenn  daher  beide  Instrumente  von  gleicher  Grösse  und  Gestalt 
angefertigt  würden,  so  dass  sie  sich  bei  einer  gleichen  Aenderung  des 
ipedfischen  Gewichts  der  Flüssigkeit  um  ein  gleiches  Stück  ihres  Hal- 
ses höben  oder  senkten,  so  hätte  das  Gewichts- Aräometer  bei 
schweren  Flüssigkeiten,  das  Scalen- Aräometer  bei  leichten 
den  Vorzug  der  grösseren  Genauigkeit,  vorausgesetzt,  dass  man 
bei  bdden  Instrumenten  die  Goincidenz  des  betreffenden  Punktes 
mit  dem  Niveau  der  Flüssigkeit  mit  gleicher  Genauigkeit  beobachten 
könnte« 

Es  ist  also  nicht  allgemein  richtig,  wenn  man  sagt,  das  Gewichtsi> 


184  Aräometer. 

Aräometer  sei  empfindlicher  oder  gebe  kleinere  Unterschiede  im  spe- 
cifischen  Gewicht  an,  als  das  Scalen- Aräometer.  Der  Satz  gilt  nur,  weil 
man  in  der  Regel  beide  Instrumente  nicht  von  gleicher  Gestalt  and 
Grösse  macht  und  machen  kann. 

Die  Ursache  hiervon  ist  einleuchtend.  Die  Genauigkeit  beider  In- 
strlimente  wächst,  bei  gleichem  Volumen  ihres  Körpern,  mit  der  Dunn- 
heit  ihres  Halses.  Wollte  man  nun  bei  einem  Scalen- Aräometer  den 
Hals  sehr  dünn  machen,  so  würde  nicht  nur  die  Anbringung  der  Scale 
darauf  mit  Schwierigkeit  verknüpft  sein,  sondern  er  müsste  auch,  damit 
die  Scale  den  gehörigen  Umfang  bekäme,  sehr  lang  gemacht  werden, 
und  dadurch  würde  er  sehr  leicht  Beschädigungen  ausgesetzt  sein,  selbst 
wenn  man  das  ganze  Instrument  von  Metall  verfertigte.  Bei  einem 
Gewichts-Aräometer  dagegen  kann  der  Hals  sehr  kurz  sein,  und  die 
Anbringung  einer  einzigen  Marke  darauf  hat  selbst  bei  grosser  Dünn- 
heit desselben  keine  Schwierigkeit.  Daher  kann  man  auch  bei  ihm  den 
Körper  beliebig  gross  nehmen,  den  Hals  auf  wenigstens  ein.e  Viertel- 
linie im  Durchmesser  zurückführen,  und  so  dem  Instrumente  jeden  ge- 
wünschten Grad  von  Genauigkeit  und  Emp^ndlichkeit  verleihen.  Be- 
sonders ist  dies  der  Fall,  wenn  man  das  Instrument  hohl  aus  Metall 
verfertigt,  was  daher  auch  in  der  Regel  geschieht  Bei  einem  so  grossen 
Grade  von  Empfindlichkeit  des  Instruments  ist  es  aber  durchaus  nöthig, 
auf  die  Temperatur  zu  achten  und  für  dieselbe ,  wenn  sie  bei  den  auf 
ihr  specifisches  Gewicht  zu  prüfenden  Flüssigkeiten  nicht  gleich  ist,  die, 
natürlich  auch  nach  dem  Material  des  Instruments  verschiedene,  Berich- 
tigung  anzubringen. 

Besteht  die  Gewichtsänderung  des  Instruments  in  einer  Gewichta- 
vermehrung, herbeigeführt  durch  auf  seinen  Teller  gelegte  Gewichte, 
so  wird  die  feste  Marke  am  Halse  der  leichtesten  Flüssigkeit,  die  man 
damit  prüfen  kann,  entsprechen.  Natürlicherweise  lässt  es  sich  aber 
auch  so  einrichten,  dass  das  Instrument  erst  bei  einer  gewissen  Bela- 
stung bis  zur  Marke  in  die  Normalfiüssigkeit  (z.  B.  Wasser)  einsinkt, 
und  dann  durch  Vermehrung  oder  Verminderung  dieser  Belastung  zu- 
gleich für  Flüssigkeiten  schwerer  oder  leichter  als  die  normale  anwend- 
bar wird.  Immer  muss  dabei  das  Instrument  durch  Einschüttung  von 
Schrot  oder  Quecksilber  in  seinen  hohlen  Körper  so  beschwert  sein, 
dass  es  bei  allen  Lasten,  die  man  oben  auf  seinen  Teller  legt,  senk- 
recht zu  schwimmen  vermöge.  Für  den  Gebrauch  ist  auch  nothwen- 
dig,  dasä  man  wisse,  wie  viel  das  Instrument  wiege,  sei  es  für  sich  al- 
lein oder  mit  der  eben  genannten  Normalbelastung. 

Arten  des  Gewichts-Aräometers.  Die  bekanntesten  dersel- 
ben sind  die  von  Fahrenheit,  Tralles,  Nicholson  und  Charles. 
Die  letzteren  dienen  auch  zur  Bestimmnng  des  specifischen  Gewichts 
bei  starren  Körpern. 

Fahrenheit's  Aräometer  ist  das  Vorbild  agiler  späteren  Instru- 
mente dieser  Art  geworden.  Zwar  sind  schon  vor  Fahrenheit  ähn- 
liche Aräometer  vorgeschlagen,  allein  diesem  Künstler  (einem  gebore- 
nen Danziger,  1 1740)  gebührt  das  Verdienst,  zuerst  ein  solches  Werk- 
zeug mit  einer  einzigen  festen  Marke  am  Halse  und  einem  Teller  oben- 
auf verfertigt  zu  haben.  Die  feste  Marke  entspricht  Weingeist  oder 
Terpentinöl;  bei  einer  schwereren  Flüssigkeit  hat  man  Gewichte  in 
den  Teller  zu  legen,  damit  das  Instrument  bis  zur  Marke  einsinkt 
(Fig.   2).     Wiegt   nun   das  Instrument  500  Gran,  und  hat  man  bei 


Aräometer. 


185 


der  zweiten  Flüaaigkeit  20  Gran  zuzulegen,  so  verhält  sich  das  speeif. 
Gewieht  dieser  za  dem  der  ersten  Flüssigkeit ,  wie  520  zu  500.    Der 

Gebrauch  dieses  Instruments,  wie  im  Grunde  der  al- 
ler übrigen  Gewichts-Aräometer  i),  ist  also  sehr  ein- 
fach. Schmidt  in  Giessen  hat  späterhin  dem  In- 
strumente eine  vortheilhaftere  Gestalt  gegeben,  ihm 
nämlich  zwei  mit  Quecksilber  gefüllte  Gefässe  von 
ungleichem  Gewicht  beigefügt,  die  einzeln  unten  an- 
gehängt werden,  und  dadurch  das  Instrument  geschickt 
machen,  sowohl  leichte  als  schwere  Flüssigkeiten  zu 
untersuchen.  Auch  sind  die  Gewichte,  welche  oben 
in  den  Teller  gelegt  werden,  so  abgeglichen,  dass 
sie  sogleich  das  specifische  Gewicht  angeben,  wozu 
natürlich  nur  nöthig  ist,  dass  sie  Hundertel  oder 
Tausendtel  vom  Gewicht  des  Instruments,  mit  der 
einen  oder  anderen  constanten  Belastung,  angeben. 
Wöge  das  Instrument  (mit  Einschluss  des  grossen 
Anhängegewichts)  1000  Gran,  und  sänke  es  in  Was- 
ser bis  zur  Marke  ein,  so  wird  jeder  für  eine  an- 
dere Flüssigkeit  zugelegte  Gran  einem  Ueberschuss  von  0,001  im  spe- 
dfischen  Gewicht  derselben  entsprechen  ^). 

Tralles'  Senkwage  weicht  nur  in  der  Form  von  Fahren- 
heit's  Aräometer  ab.  Es  ist  nämlich  der  Teller  oben  am  Halse  durch 
eise  Schale  ersetzt,  die  von  einem  zweimal  rechtwinklig  gebogenen 
Arme  unter  dem  Gefäss  gehalten  wird,  wie  ohne  weitere  Beschreibung 
aas  der  Fig.  3  ersichtlich  ist.  Da  die  in  der  Flüssigkeit  schwim- 
mende Glaskugel  gross  und  der  Hals  verhältnissmässig  dünn  ist,  so 
hat  das  Instrument  einen  sehr  hohen  Grad  von  Empfindlichkeit.  Es 
Flg.  8.  Fig.  4.       kann  auch   als   gewöhnliche    Wage    gebraucht 

werden,  wenn  man  erstlich  den  zu  wägenden 
Körper  in  die  Schale  bringt  und  so  viel  Gramm 
zulegt,  dass  die  Marke  am  Halse  in.  das  Niveau 
der  Flüssigkeit  tritt,  dann  aber  den  Körper 
herabnimmt  und  statt  seiner  so  viel  Gramm 
hinzufügt,  bis  die  Marke  wiederum  einspielt 
Diesd  Zahl  von  Grammen  ist  dann  das  Gewicht 
des  Körpers  3). 

Nicholson's  Hydrometer  hat  gewöhn- 
lich die  Fig.  4  abgebildete  Gestalt,  und  wird 
in  der  Regel  aus  Metallblech  verfertigt  Es 
dient  zur  Bestimmung  des  specifischen  Gewichts 
sowohl  flüssiger  als  auch  fester  Körper,  und 
dieser  letzte  Umstand  macht  seine  wesentliche 
Verschiedenheit  von  dem  Fa hrenh ei t' sehen 
Instrumente  aus.  Für  Flüssigkeiten  ist  es  ähn- 
lich eingerichtet,  wie  das  Schmidt 'sehe  Aräo- 
meter. Mit  einer  Masse  von  1000  Gran,  die 
oben  in  den  Teller  gelegt  wird,  sinkt  es  in  Was- 
ser von  60^  F.  bis  zur  Marke  ein.     Bei  einer  anderen  Flüssigkeit   hat 


0  PhiL  tTUiiact  1720  T.  XXJJL,  p.  140.  —  *)  Gren's  Journ.  Bd.  VII,  S.  186. 
^  Gilb.  AnnaL  Bd.  XXX,  S.  384;  u.  Bd.  XXXYIII,  S.  401. 


186  Aräometer. 

man  znr  Einstellnng  dieser  liiarke  noch  eine  grössere  oder  geringere 
Zahl  a  von  Granen  nothig.  Ist  nun  W  das  Gewicht  des  Aräometers  und 
das  specifische  Gewicht  des  Wassers  =  1,  so  wird  8^  das  der  anderen 
Flüssigkeit,  durch  die  Proportion  gefunden: 

Tr+  1000  :  W+a!=  1  :  «. 

Znr  Bestimmung  des  specifischen  Gewichts  eines  festen  Körpers  ist 
unten  der  kleine  Eimer  angebracht,  und  es  wird  dabei  folgendermaassen 
verfahren.  Man  lässt  das  Instrument  auf  Wässer  schwimmen,  legt  den 
Körper  auf  den  oberen  Teller,  und  fügt  nun  so  viel  Gewichte  hinzu, 
bis  die  Marke  einspielt  Hat  man  400  Gran  hinzulegen  müssen,  so  wird 
der  Körper  600  Gran  wiegen.  Nun  nehme  man  diesen  Körper  vom 
Teller  und  lege  ihn  unten  in  den  Eimer.  Da  sein  Gewicht  jetzt  theil- 
weis  vom  Wasser  aufgewogen  wird,  so  spielt  die  Marke  nicht  mehr 
ein.  Man  wird  also,  um  dies  wieder  zu  bewirken,  eine  neue  Anzahl 
von  Granen  in  den  oberen  Teller  legen  müssen,  z.  B.  500.  Die  500 
Gran  sind  das  Gewicht  einer  dem  Körper  an  Volumen  gleichen  Wasser- 
masse, und  wenn  man  daher  mit  ihnen  in  die  600  Gran,  welche  der 
Körper  in  der  Luft  wiegt,  dividirt,  so  erhält  man  das  specifische  Gewicht 
desselben,  für  dieses  Beispiel,  1,200.  Das  Wasser  braucht  dabei  nicht 
nothwendig  die  Temperatur  600F.  zu  haben;  es  könnte  auch  irgend 
eine  andere,  z.  B.  die  von  70®  F.,  besitzen.  Nur  würde  man  dann,  um 
das  absolute  Gewicht  des  Körpers  richtig  zu  erhalten,  zuvor  ermitteln 
müssen,  welche  von  1000  verschiedene  Zahl  von  Granen  erforderlich 
wäre,  um  das  Instrument  in  Wasser  von  dieser  Temperatur  bis  znr 
Marke  einzusenken.  Auch  würde  man  natürlich  das  specifische  Ge- 
wicht des  Körpers  gegen  das  des  Wassers  von  70<^  F.  bekommen  i). 

Das  Nicholson'sche  Instrument,  gut  ausgeführt,  gewährt  aller- 
dings einen  bedeutenden  Grad  von  Genauigkeit,  und  es  ist  daher  von 
früheren  Mineralogen,  besonders  von  Haüy,  zur  Bestimmung  des  spe- 
cifischen Gewichts  von  Mineralien  benutzt  worden.  Indess  wird  es  doch 
gegenwärtig  nicht  oder  sehr  selten  noch  dazu  gebraucht,  weil  es  im 
Grunde  ein  überflüssiges  Instrument  ist.  Mittelst  einer  guten  Wage, 
die  ohnedies  in  den  Händen  eines  jeden  Mineralogen  und  Chemikers 
sein  mnss,  lässt  sich,  mittelst  einer  kleinen  Hülfsvorrichtung,  das  specifi- 
sche Gewicht  eben  so  schnell  und  doch  noch  mit  grösserer  Genauigkeit 
bestimmen.  Nur  in  besonderen  Fällen,  z.'  B.  auf  Reisen,  und  wenn  eine 
schnelle  Bestimmung,  ohne  die  letzte  Schärfe,  verlangt  wird,  hat  das 
Nicholson'sche  Instrument  Vorzüge. 

Gharles's  Hydrometre  fhermomitrique  und  Äreometre-Manee^  die 
man  in  Biot's  Tratte  de  physique^  T.  /,  p.  414  et  433,  ausführlich  be- 
schrieben findet,  unterscheiden  sich  wesentlich  gar  nicht  von  den  eben 
erwähnten  Instrumenten.  Das  erstere  hat  den  Zweck,  die  specifischen 
(gewichte  einer  und  derselben  Flüssigkeit  bei  verschiedenen  Temperata- 
ren zu  bestimmen,  und  da  diese  verhältnissmässig  wenig  verschieden 
sind,  so  ist  demnach  dem  Instrument  durch  einen  grossen  Körper  und 
dünnen  Hals  ein  hoher  Grad  von  Empfindlichkeit  gegeben.  Bei  seinem 
Gebrauch  muss  natürlich  die  Temperatur  sorgfältig  beobachtet  und  dar- 
nach das  Volumen  des  Instruments  berichtigt  werden.  Biot  hat  damit 
das  specifische  Gewicht  des  Wassers  bei  verschiedenen  Temperaturen  be- 


*)  Manchester  Memoirs,  VoL  II,  p.  670 ;  .n.  Kichols.  Natural.  Philosoph.  VoL  H, 
p.  16. 


Aräometer. 


187 


stimiDt,  aber  die  Resultate  weichen  von  den  sinteren  üntersncbangen 
nicht  tubedeatend  ab.  —  Das  zweite  Instrnment  ist  eigentlich  ein  Ni- 
efaolson'sches  Aräometer,  nnd  dient,  wie  dieses,  cor  Bestimmang  des 
ipecifidchen  Gewicht«  von  featen  Körpern.  Statt  des  Eimers  hat  es 
«inen  Korb  von  Silberdraht,  der,  weil  sich  weniger  Lufl  darin  festsetzen 
kann,  ohne  gesehen  zn  werden,  allerdings  den  Vorzug  verdient.  Dieser 
Korb  kann  umgekehrt  werden,  und  ab  iat  man  im  Stande,  auch  Körper 
mn  geiingerem  specifiachen  Gewicht  als  Wasser,  zu  untersuchen.  Das 
Ferfahren  dabei  ist  übrigens  dem  früheren  gleich;  nur  wird  man,  wenn 
ein  solcher  Körper  anter  den  Korb  gebracht  igt,  mehr  Grane  oder 
Gramme  anf  den  Teller  legen  mOssen,  als  der  Körper  in  der  Luft  wog. 
Gajtoa  de  Morveau's  Gravimeter  ist  ebenfalls  ein  in  der 
Haoptsache  von  Nicholson's  i)  Aräometer  nicht  verschiedenes  In- 
strument. 

An  die  eben  beschriebenen  Instrumente  schliessen  sich  noch  zwei 
an,  die  wiedemra  gemischte  Aräometer  heissen  könnten,  da  sie,  neben 
der- Einricbtnng  einea  Gewichts-Aräometers,  eine  Scale  besitzen.  Es 
dnd  die  Aräometer  oder  Gravimeter  von  Bustamente  und  Baum- 
gartner,  welche  beide  nur  den  Zweck  haben,  das  specifische  Gewicht 
loter  Körper,  besonders  Mineralien,  zu  bestimmen. 

Bnstamente's  Instrumente  nebst  Zubehör  sieht  man  in  Fig.  5, 
6  itnd  7  abgebildet.  Der  kegelförmige  Körper  abcde  ist  hohl  von 
Metallblech  und  mit  der  nöthigen  Belastung  von  Schrot  versehen ; 
seine  schllssel förmige 
Deckplatte  afb  dient  statt 
des  Eimers  am  Nichol- 
son 'sehen  Instrument. 
Der  Hals  ist  von  Glas 
und  mit  einer  in  gleich 
grosse  Theile  getheilten 
Scale  versehen ;  oben- 
auf trägt  er  den  Teller. 
Fig.  6  zeigt  das  Instru- 
ment in  der  zinberaen 
BQchse,  in  welche  es 
beim  Transport  einge- 
schlossen wird ;  diese 
BQchse  dient  ancb  tax 
im  Gebranch  des  Instruments  erfor- 
abgeglichen,  da?s  es,  nnbescbwert, 
es  bis  inm  Null- 


Anfnahme  des  Wassers,  welches 
dert  wird.  Das  Instrument  ist  ! 
r  Basis  ab  des  Kegels 


punkt  der  Scale,  dessen  Lage  übrigens  willkürlich  ist, 
mugs  man  anf  den  oberen  Teller  ein  gewisses  Gewicht  legen.  Ist  dies 
geschehen,  und  man  will  nun  ein  Mineral  auf  sein  specißsches  Gewicht 
unters  neben,  so  legt  man  auch  dieses  zuvorderst  auf  den  oberen  Teller. 
Dadurch  sinkt  das  Instrument  bis  zu  einem  gewissen  Funkt  ein,  z.  B. 
bis  zum  Strich  51  der  Scale.  Hierauf  bringt  man  das  Mineral  ans  dem 
Teller  r«  in  die  untere  Schüssel  afb.,  ohne  das  Zu  läge- Gewicht  vom 
Teller  zu  nehmen.  Jetzt  wird  das  Instrument  weniger  tief,  z.  B.  bis 
znm  Theibtrich  34,  einsinken.    Ans  diesen  beiden  Datis  ergiebt  sich 

•)  Aaiul.  da  cbiin.  X  XXI,  p.  8. 


lös  Aräometer. 

52 Q 

nun  das  specifische  Gewicht  des  Minerals;  es  ist  =  ■=-; r-j  =  3.   Wor- 

51  —  84 

auf  diese  Rechnung  beruht,  wird  ans  dem  bei  Nicholson's  Aräometer 
Gesagten  klar  werden,  wenn  man  erwägt,  dass  hier  die  gleich  grossen 
Scalentheile  die  Stelle  der  dort  auf  den  Teller  gelegten  Gewichte  ver- 
treten. Es  wird  auch  einleuchtend  sein,  dass  das  Instrument  vor  Aufle- 
gung des  Minerals  picht  nothwendig  bis  zum  Nullpunkt  der  Scale  ins 
Wasser  gesenkt  zu  sein  braucht    Tauchte  es  z.  B.  bis  zum  Theilstrich 

4  ein,  so  hätte  man,  statt  der  Zahlen  51,  34  und  0,  die:  55,  38  und  4, 

55 4 

und  dann  ^ ^  =  3,  wie  vorhin.     Da  es  immer  etwas  schwierig 

DO  —  öO 

ist,  genau  zu  beobachten,  welcher  Strich  der  Scale  ins  Niveau  der  Flüs- 
sigkeit fällt,  besonders  hier,  wo  die  Abtheilungen  klein  und  das  Instru- 
ment von  einer  Metallbüchse  umgeben  ist,  so  werden  die  Senkungen 
des  Instruments  an  zwei  seidenen  Fädchen  abgelesen,  die  dies-  und 
jenseits  seines  Halses  quer  über  die'Büchse  ausgespannt  und  ausserhalb 
am  Knöpfchen  befestigf  sind,  wie  es  Fig.  7  zeigt.  Die  Ablesung  ge- 
schieht dann  durch  den  Ausschnitt  ay^  und  ist  allerdings  einer  bedeu- 
tenden Genauigkeit  fähig;  wenn  indess  das  Resultat  einen  gleichen 
Grad  von  Genauigkeit  haben  soll,  so  muss  freilich  auch  eine  Berichti- 
gung für  die  Veränderung  angebracht  werden,  welche  der  Wasser- 
spiegel durch  das  mehr  oder  minder  beträchtliche  Einsenken  des  Aräo- 
meters und  durch  die  Einführung  des  gewogenen  Körpers  in  das  Was- 
ser erfährt. 

Baumgartner^s  Aräometer  ist  in  der  Hauptsache  dem  eben  be- 
schriebenen ähnlich;  nur  hat  es  die  Gestalt  des  Nicholson'schen  In- 
struments und  ist  am  Halse  mit  zwei  Scalen  versehen,  wodurch  die 
kleine  bei  Bustamente  noth wendige  Rechnung  umgangen  wird,  frei- 
lich nicht  ohne  eine  andere  wiederum  einzuführen.  Die  eine  dieser 
Scalen  (A)  hat  gleich  grosse  Theile  und  zählt,  von  unten  nach  oben, 
von  1  bis  100.  Die  andere  (B)  hat  eine  ungleichförmige  Theilung  und 
beruht  auf  Folgendem:  Wenn  p  das  Gewicht  eines  Körpers  in  Luft 
und  p'  dasselbe  in  Wasser  bezeichnet,  so  hat  man  für  sein  speci  fisch  es 
Gewicht  8  den  Ausdruck: 


p  —p' 


Die  Gewichte  ;)  und  p*  sind  gegeben  an  der  Scale  (Ä)  durch  die 
Punkte,  bis  zu  welchen  das  Instrument  einsinkt,  wenn  man  den  zu  wä- 
genden Körper,  z.  B.  ein  Mineral,  erstlich  auf  den  Teller  oben  und 
dann  in  den  Eimer  unten  legt,  und  das  Instrument  für  sich  bis  zum 
Nullpunkt  dieser  Scale  eintaucht.  Ist  nun  p  eine  constante  Zahl,  z.  B. 
100,  so  entspricht  jedem  p'  ein  gewisses  «,  und  wenn  die  verschiedenen 
Werthe  von  p'  durch  die  Theilstriche  von  Ä  vorgestellt  werden,  so 
wird  man  jedem  derselben  gegenüber  den  entsprechenden  Weith  von  s 
schreiben  können.  Die  zweite  Scale  (B)  giebt  nun  diese  Werthe  von 
8y  und  zwar  sind  nur  solche  Theilstriche  gezogen,  welche  gleich  grossen 
Unterschieden  dieser  Werthe  entsprechen,  wodurch  sie  dann  nothwen- 
dig, gemäss  der  obigen  Formel,  ungleiche  Abstände  von  einander  be- 
kommen. Die  Corre^ipondenz  der  Theilstriche  beider  Scalen  ergiebt 
sich  durch  folgende  Tafel: 


Aräometer. 


189 


^tsprschende  Theile 


der  Scale 


iOO. 
95,0 
94,8 
94,5 
94,1 
9S,7 
93,3 
«>«,9 
9^3 
91,7 
91,3 
91,0 
90,6 
90,0 
89,5 
88,9 
88,3 
87,5 
86,8 
85,7 
85,5 
85,0 
84,4 
83,9 


der  Scale 
dB) 


Entsprechende  Theile 


der  Scale 


88,4 

20 

82,8 

19 

82,2 

18 

81,5 

17 

80,8 

16 

80,0 

15 

79,2 

14 

78,8 

18 

77,8 

12 

76,2 

11,6 

75,0 

11 

78,7 

10,5 

72,2 

10 

70,6 

9,5 

68,8 

9,0 

66,7 

8,5 

65,5 

8,0 

64,8 

7,5 

68,0 

7,0 

61,5 

6,8 

60,0 

6,6 

58,8 

6,4 

56,5 

6,2 

54,6 

der  Scale 
dB) 


Entsprechende  Theile 


6,0 

5,8 

5,6 

5,4 

5,2 

5,0 

4,8 

4,6 

4,4 

4,2 

4,0 

3,8 

3,6 

8,4 

8,2 

8,0 

2,9 

2,8 

2,7 

2,6 

2,5 

2.4 

2,8 

2,2 


der  Scale 
(AI 


52,4 

50,0 

48,8 

47,4 

45,8 

44,5 

42,9 

41,2 

89,4 

37,5 

85,5 

83,8 

81,0 

28,6 

25,9 

23,0 

20,0 

16,7 

18,0 

9,1 
4,8 

0,0 


der  Scale 
dB) 


2,1 

2,0 

1,95 

1.90 

1,85 

1,80 

1,75 

1,70 

1,65 

1,60 

1,55 

1,50 

1,45 

1,40 

1,35 

1,80 

1,25 

1,20 

1,15 

1,10 

1,05 

1,00 


Sinkt  nun  das  Instrument  für  sich  bis  znm  Nallpunkt  der  Scale  ^A) 
in  die  Flüssigkeit  ein,  and  hat  das  Mineral  ein  solches  Gewicht,  dass 
ei,  auf  den  oberen  Teller  gelegt,  das  Instrument  bis  zum  Punkt  100 
derselben  Scale  herabdrückt ,  so  findet  man  sein  specifisches  Gewicht 
ohne  Rechnung  durch  die  Scale  (^).  Man  braucht  nämlich  das  Mineral 
nur  in  den  unteren  Eimer  zu  legen,  und  an  der  Scale  (B)  den  Punkt 
abzulegen ,  der  im  Niveau  der  Flüssigkeit  liegt  .  Die  beigefügte  Zahl 
giebt  anmittelbar  das  specifische  Gewicht.  Sänke  das  Instrument,  wäh- 
rend das  Mineral  im  unteren  Eimer  liegt,  bis  zum  Punkt  68,8  an  der 
Scale  (^A)  ein,  so  zeigt  die  obige  Tafel,  dass  an  der  Scale  (^)  der 
Punkt  3,2  im  Niveau  der  Flüssigkeit  liegen  würde.  Es  wird  also  3,2 
das  specifische  Gewicht  des  Minerals  sein. 

In  der  Regel  wird  das  Mineral,  wenn  es  sich  in  dem  oberen  Tel- 
ler befindet,  das  Instrument  nicht  gerade  bis  zum  Punkt  100  der  Scale 
(A)  herabdrücken,  sondern  nur  bis  zu  irgend  einem  anderen  Punkte,' 
c  B.  bis  80.  In  diesem  Falle  legt  man  neben  dem  Mineral  auf  den 
Teller  noch  so  viel  Gewicht,  dass  der  Punkt  100  ins  Niveau  der  Flüs- 
sigkeit tritt.  Dann  bringt  man  das  Mineral,  ohne  das  Zulagegewicht 
aus  dem  Teller  zu  nehmen,  in  den  Eimer  unten,  und  bemerkt,  welcher 
Punkt  der  Scale  (B)  einspielt.  Wäre  dies  z.  B.  der  Punkt  4,  so  hat 
man  4  mit  80  zu  multipiiciren  und  durch  100  zu  dividiren.  ^  Die  dadurch 
eriialtene  Zahl  3,2  ist  das  specifische  Gewicht  des  Minerals  gegen  das 
des  Wassers  =  1. 

Der  Grund  dieser  Rechnung  mag  aus  Folgendem  erhellen:  Wenn 
das  Gewicht  des  Körpers  in  der  Lufi,  statt  p  zu  sein,  nur  mp  ist,  so 


190 


Aräometer. 


geht  aach  sein  Gewicht  in  Wasser  ans  p"  m  mp'  Ober.  EnUprechende 
Zahlen  wird  man  an  der  Scale  (_A')  ablesen.  Fügt  man  nun  zu  mp  ein 
Gewicht  a,  ao  dass  mp  -\-  a  =^  p,  »o  sinkt  das  Instrament,  an  d« 
Scale  CA)  gemessen,  wenn  das  Mineral  im  oberen  Teller  liegt,  bb  eui 
Punkt  mp  -|-  a  :^  p  ins  Wasser,  und  wenn  es  unten  im  Eimer  lief  - 
bis  zum  Punkt  mp'  -\-  a.  Statt  des  obigen  Auadrncka  für  »  hätte  m  ■,. 
also  den  folgenden;  .) 

"■P  +  ° j   jj      mp  -\-  a  ■^^'■ 

(mp  +  o)  —  (fnp-  -j-a)    '    '  {p  —  p-)m  .S 

and  dies  würde  der  Punkt  der  Scale  {ff)  sein,  welcher,  unter  der  -■'.. ' 
nannten  Bedingungen,  im  Wasserspiegel  liegt  Klar  ist  nan,  daaa,  ' .^^  - 
man  diesen  Ansdrack  mit  mp  multiplicirt  nnd  darch  mp  -f-  a  di  '^ 
man  wieder  anf  den  früheren  Werth  von  s  zuräckkommt,  f  (ir  wel  ^<^  : 
Tafel  und  die  Scale  (ff)  entworfen  ist.  Daraus  ergiebt  sieb  d)  l.. 
obige  Regel.  Unter  m  wurde  hier  irgend  ein  &cbter  Bmch  ven  ^_"  '*■' , 
einleuchtend  ist  aber,  dass  es  aocb  ein  nnftchter  Bruch  oder  eir  .  '  ^  t 
Zahl  sein  könnte,  in  welchem  Falle  das  Uineral  mehr  als  lOft;^'  '^r  j: 
würde  nnd  das  Znlagege'wicht  negativ  sein  mQsste.  ;.^  '^^g, 

Die  Einrichtung  dieses  Instruments  ist  sinnreich,  aber  die.  /'*'■  r.^Q 
brauch  desselben  meistens  erforderliche  Multip lication  nicht  -^  j 

als  die  Division  bei  Bustameate's  Gravimeter  '}■  -'-<  r. 

Dies  w&rea  denn,  wenn  auch  nicht  alle,  doch  wenigste'  ^^'  doi 
zfiglichsten  der  gebräuchlichen  oder  bloss  vorg,esch1agenen  T;  i^  ^'p 
welche  im  eigentlichen  Sinne  den  Namen  Aräometer  vei^^^  "'■  ^i 
giebt  indess  noch  ein  Mittel,  welches  in  ihnen  gerechnet  ^  ^^  *^^'~d  r 
n&mUch  die  aräometrischen  Glasperleu.  Es  sind  dif'i»^-*^?*^^^ 
kugeln,  in  verschiedenem  Grade  beschwert,  also  von  ' '* »JT"*  *.'" 
specifischen  Gewicht,  die,  wenn  sie  in  einer  Flüssigkeit  ^.^  ^  "Zii 
noch  steigen,  sondern  unverrückt  an  ihrem  Orte_schwebf*'i,j^  fli  ,-  * 
Anzeige  liefern,  daaa  die  Flüssigkeit  ein  gleiches  gpecit"^ {■'^^  ■^tT^' 
besitzt.  Sie  sind  von  Wilson,  weiland  Professor  der-^-i^  '''*'irl.^ 
Glasgow,  erfunden,  und  später  von  Lovi  verbeaBert-C-f^  ,"^Vr;-  V- 
ganze  Sammlungen  sricher  Glasperlen  geliefert,  die  mi; 


:imr  viius[>erion  geiieieri,  uie  nu  ff,     ^-:. 

r  anderen  um  zwei  Einheiten  "'d^,.  '<: 

1  Gewicht  verschieden  sind,  '^■f'      ■'■-^t. 
iewichte  1,000,  0,998,  0,996,  ^z  ^'f-  *e_       ■'% 


malstelle  im  specifischen  * 

weise  die  specifischen  Gewichte  1 .u  -      -    ■ 

geben.     Um  eine  Flüssigkeit  auf  ihr  specifisches   G<(^^^  J"*'- 
bTaucht  man  demnach  nur  eine  Anzahl  solcher  nnm  ^      t;,_ '^-t   . 
in  dieselbe  zu  schütten.    Die,  welche  achweben  bleibt^; 
sehe  Gewicht  an.  ^ 

Wir  halben  liit-r  unter  Araonitter  .lio   Irei  sol 
stmmente  vi'Ti'tiinderj,  welch«  zur  ErmiUeluiig  des 
angewandt  «erden  ^),     Alle  übrieen  m  diesem  ~ 
richtnngeii,    ii;imeiillich  die  '  ^tisf^Ueu 

Uebergang  zu  den  Gen 
Arükel  „Gewicht,  si  tiabxii 


F    <f 


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das 

3xyd- 

efällt. 

h    das 

ßären- 

gt  man 

landein 

'n  einem 

röthlich, 

welcher 

Trauben - 

rbutin  hat 


192  Arbor  Dianae. 

von  90  bis  95  Proc.  aufgelöst  wird,  und  aus  der  siedend  ßttrirten  Lo- 
sung krystalUsirt.  Die  so  erhaltenen  Krjstalle,  durch  Unikryeitallisireu 
gereinigt,  haben  die  Zusammensetzung  und  alle  Eigenschaften  des 
Amyrins  (s.  d.  unter  Elemiharz). 

Um  die  anderen  Körper  von  einander  zu  trennen,  wird  die  durch 
Weingeist  von  85  Proc.  erhaltene  Lösung  abdestillirt  (wobei  mit  dem 
Weingeist  besonders  im  Anfang  ein  ätherisches  Oel  von  sehr  angeneh- 
men Geruch  sich  verflüchtigt)  und  der  Rückstand  (a)  mit  50procentigem 
Weingeist  und  mit  Wasser  ausgezogen;  die  dadurch  erhaltenen  Lösun- 
gen werden  eingedampft,  wobei  sich  das  Brjoidin  in  ölartigen  beim 
Erkalten  erstarrenden  Tropfen  ausscheidet,  während  beim  Verdampfen 
in  der  Mutterlauge  das  Brei  diu  krystalUsirt. 

Der  mit  Wasser  und  schwachem  Alkohol  behandelte  Rückstand  (a) 
giebt  nun  mit  85procentigem  Weingeist  eine  Lösung,  aus  der  beim  lang- 
samen Verdunsten  das  Brei'n  krystalUsirt.  Die  einzelnen  Substanzen 
werden  durch  Umkrystallisiren  gereinigt. 

Das  Bryoidin  wird  aus  wässeriger  Lösung  in  weissen  faserigen 
seidenartigen  Krystallcn  erhalten,  welche  schwach  bitter  und  beissend 
schmecken  und  neutral  reagiren;  es  löst  sich  bei  10^  C.  in  350  Thln. 
Wasser,  in  viel  weniger  heissem;  daher  die  siedend  gesättigte  wässe- 
rige Lösung  beim  Erkalten  fast  gesteht,  leicht  auch  in  Alkohol,  Aether, 
in  flüchtigen  und  fetten  Oelen.  Es  schmilzt  bei  135^  C,  und  erstarrt 
beim  Erkalten  plötzlich  zu  einer  warzenförmigen  faserigen  Masse;  es 
verflüchtigt  sich  beim  Erhitzen  schon  unterhalb  seines  Schmelzpunktes 
ohne  Rückstand,  und  bildet  ein  moosartiges  Sublimat  (daher  sein  Name 
von  ßgvov^  Moos/und  elSog^  die  Gestalt). 

Das  Bryoidin  krystalUsirt  aus  alkalihaltender  Flüssigkeit  oder  aus 
verdünnter  Essigsäure  unverändert;  seine  wässerige  Lösung  wird  durch 
neutrales,  reichlicher  durch  basisch  -  essigsaures  Bleioxyd  gefällt,  es 
wird  aber  weder  durch  die  Salze  von  Eisenoxyd,  Quecksilberoxyd, 
Kupferoxyd  oder  Silberoxyd  gefäUt,  noch  durch  Galläpfeltinctur  ge- 
trübt. Concentrirte  Schwefelsäure  löst  es  mit  rother  Farbe,  concen- 
trirte  Salpetersäure  verwandelt  es  in  eine  gelbe  ölartige  Flüssigkeit. 

Das  durch  Abdampfen  der  Mutterlauge  vom  Bryoidin  erhaltene 
Breidin  bildet  durchsichtige  rhombische  vierflächig  zugespitzte  Prismen 
von  1020  und  780.  Es  löst  sich  in  260  Thln.  .Wasser  von  20»  C; 
leichter  in  heissem  Wasser;  in  Alkohol  ist  es  leicht,  etwas  schwieriger 
in  Aether  löslich.  Die  Krystalle  des  Breidins  werden  schon  bei  schwa- 
chem Erwärmen  undurchsichtig,  etwas  über  lOO^C.  schmelzen  sie,  stär- 
ker erhitzt  sublimiren  sie  ohne  Rückstand. 

Das  Bre'in  krystalUsirt  beim  langsamen  Verdunsten  des  Alkohob 
in  durchsichtigen  rhombischen  Prismen  von  110^  und  70^^,  an  den 
Enden  zugeschärft  durch  Flächen,  welche  Winkel  von  80<>  mit  ein- 
ander bilden;  es  ist  unlöslich  in  Wasser,  bei  20^0.  löst  es  sich  in 
70 Thln.  Weingeist  von  85  Proc;  in  absolutem  Alkohol  und  in  Aether 
ist  es  Jeichter  löslich,  es  schmilzt  bei  187^0.  zu  einer  durchsichtigen 
farblosen  harzartigen  Masse.  Fe, 

Arbor  Dianae,  Arbor  Martis,  Arbor  Plumbi  s. 

Saturni  u.  s.  w.  Silberbaum,  Eisenbaum,  Bleibaum  n.  8.  w. 
Als  Metallbäume  wurden  früher  die  aus  den  wässerigen  Lösungen  ih- 
rer Salze    durch  langsame  Reduction    in  dendritischen  KrystalUsstio- 


Arbutin.  193 

&ea  abgeschiedenen  Metalle  genannt  (s.  Iste  Aufl.  Bd.  U,  S.  582 ; 
ite  Aufl.  die  betreffenden  Metalle  Blei,  Silber  und  Silberamal- 
gam  o.  8.  w.). 

Arbutin.  Ein  atickstofiTreler  indifferenter  Körper,  aus  den 
Blattern  von  Arctostaphylos  uva  ursi  schon  früher  dcargestellt,  (1852) 
Too  Kawalier  ^)  zuerst  näher  untersucht.  Die  Zusammensetzung  der 
bei  100^ C.  getrockneten  Substanz  giebt,  nach  Kawalier,  die  For- 
ael  C33  H32  Oi9 ;  Gerhardt  führt  als  wahrscheinlicher  die  Formel 
CmB«4O90  an  2);  die  von  Kawalier  gegebene  Analyse  (Kohlenstoff 
Si,5,  Wasserstoff  6,1)  stimmt  freilich  besser  zu  der  ersten  Formel  (be- 
Rcfanet  Kohlenstoff  52,5,  Wasserstoff"  6,0)  als  zu  der  zweiten  (berech- 
net Kohlenstoff  54,0,  Wasserstoff  6,0),  welche  einen  bedeutenden  Verlust 
an  Kohlenstoff  oder  eine  sehr  unreine  Substanz  voraussetzt,  so  dass  man 
^e,  wenn  auch  einfachere  Formel  von  Gerhardt  nicht  wohl  ohne  Wei- 
teres annehmen  kann.  Das  krystallisirte  Arbutin  enthält  noch  Wasser, 
und  ist  QwHajOi»  -|-  2H0,  oder  C3€Ha4  02o  -f  2H0. 

Das  Arbutin  kann  direct  aus  den  trockenen  Blättern  der  Bären- 
tiaube  mit  Aether  ausgezogen,  oder  aus  der  wässerigen  Abkochung 
dargestellt  werden.  Im  letzteren  Fall  wird  das  braungelbe  Decoct 
der  Blätter  zuerst  mit  neutralem  essigsauren  Bleioxyd  ausgefällt,  um 
die  Gallussäure  zu  entfernen,  das  Filtrat  soll  in  einer  Betorte  abdestil- 
Uit  und  der  Rückstand  dann  mit  Schwefelwasserstoffgas  behandelt  wer- 
den. Die  vom  Schwefelblei  abtiltrirte  Flüssigkeit  wird  zur  Syrupsdicke 
abgedampft,  worauf  sie  nach  mehrtägigem  Stehen  zu  einem  Krystall- 
brei  erstarrt.  Nach  dem  Abpressen  der  Mutterlauge  wird  die  Krystall- 
niaise  ans  siedendem  Wasser  mit  Zusatz  von  Thierkohle  umkrystalii« 
ort,  wodnrch  das  reine  Arbutin  in  langen  farblosen,  meistens  zu  Bü- 
fcheln  vereinigten  Krjstallnadeln  erhalten  wird.  Sie  haben  einen  bitte- 
ren Geschmack,  lösen  sich  in  Wasser,  Alkohol  oder  Aether,  welche 
Lösungen  alle  neutral  reagiren.  Bei  lOO^C.  verlieren  die  Krystalle 
i  Aeq.  Wasser;  bei  höherer  Temperatur  schmelzen  sie  zu  einer  färb-* 
kisen  klaren  Flüssigkeit  und  bilden  nach  dem  Erkalten  eine  amorphe 
msige  Masse,  die  aber  noch  die  gleiche  Zusammensetzung  hat  wie  das 
trockene  Arbutin. 

Die  wässerige  Lösung  der  Krystalle  wird  weder  durch  Eisenoxyd- 
salze noch  durch  neutrales  oder  basisch -essigsaures  Bleioxyd  gefällt. 

Eine  merkwürdige  Umsetzung  erleidet  das  Arbutin  durch  das 
Emulsin  der  süssen  Mandeln,  wie  durch  ein  in  den  Blättern  der  Bären- 
trtabe  selbst  enthaltenes,  dem  Emulsin  analoges  Ferment.  Bringt  man 
eine  wässerige  Lösung  von  Arbutin  mit  Emulsin  aus  süssen  Mandeln 
zasammen,  und  lässt  das  Ganze  in  einem  bedeckten  Gefäss  an  einem 
wsrmen  Ort  mehrere  Tage  stehen,  so  wird  die  Flüssigkeit  röthlich, 
■ad  hinterlässt  beim  Abdampfen  eine  bräunliche  Masse,  aus  welcher 
Aether  einen  neuen  Körper,  das  Arctuvin,  auflöst,  während  Trauben- 
locker  oder  ein  ähnliches  Kohlenhydrat  zurückbleibt;  das  Arbutin  hat 


')  Lit^ratnr  s.  bei  Arctostaphylos. 

*)  Trait^  de  chim.  org.  T.  IV,  p.  266;  an  diesem  Ort  steht  die  Formel 
C,,  Hf,  Oj^^,  and  darnach  ist  auch  die  procentische  Zusammensetzung  berechnet ;  es 
itt  aber  wahrscheinlicher,  dass  hier  nur  ein  Schreibfehler  stattfand,  und  dass  Ger- 
hardt die  besser  passende,  oben  angeführte  Formel  meinte,  yrie  auch  aus  der  bei 
dem  ATCtwin  angeführten  Formel  zu  folgen  scheint. 

Hsn<!w&rt«rbiie!i  der  Chemie.  2tc  Aufl.   Bd.  IT.  J[3 


194  Arcanum.  —  Archll. 

sitih  ia  diese  beiden  Körper  gespalten.  Je  nachdem  man  die  Forme 
von  Kawalier  oder  die  von  Gerhardt  für  das  Arbutin  nimmt,  ist  di 
des  Arctuvins  Cjo  Hio  O7  oder  C24  Hia  Os  ^). 

C32HJ2O19  =  CjoftloO?   -f-  Ci2tiijOi2 

oder 

C86Ä24O20     =  ^24 "ij Qs    "T"  ^isJiJ^^ia 

Arbutin  Arctuvin  Glucose. 

Das  Arctuvin  wird  durch  Abdampfen  der  ätherischen  Lösung  am 
wiederholtes  Umkrystallisiren  aus  Alkohol  mit  Zusatz  von  Thierkobl 
in  farblosen  Krystailen  erhalten,  welche  oft  4  bis  6  Linien  lange  und  l 
bis  4  Linien  dicke  vierseitige  Prismen  bilden.  Es  schmeckt  bitterlicl 
süss  und  löst  sich  leicht  in  Wasser,  Alkohol  oder  Aether.  Die  Kry 
stalle  zeigen  bei  100^  C.  keine  Gewichtsverminderung,  sie  schmelze) 
bei  höherer  Temperatur  und  sublimiren  bei  vorsichtigem  Erhitzen  ohn 
sich  zu  zersetzen. 

Die  wässerige  Lösung  von  Arctuvin  wird  auf  Zusatz  von  etwa 
Ammoniak  durch  basisch  «essigsaures  Bleioxyd  weiss  gefällt,  der  Iße 
derschlag  färbt  sich  aber  bald  braun.  Wird  Eisenchlorid  tropfenweift 
zu  der  wässerigen  Lösung  gesetzt,  so  färbt  sie  sich  zuerst  blau,  abe 
bald  grün  und  bläulich  gelb. 

Ammoniakgas  färbt  das  Arctuvin  bei  Zutritt  von  Luft  schwarz,  in 
dem  sich  unter  Aufnahme  von  Stickstoff  und  Sauerstoff  ein  neue 
Körper,  das  Arctuve'in,  bildet,  dessen  Formel,  nach  Kawalier 
^soKioNsOao  ist.  Dieser  Körper  ist  bei  100<^  C.  getrocknet  nach  den 
Zerreiben  ein  graues  Pulver;  beim  Befeuchten  mit  Wasser  wird  es  wie 
der  schwarz. 

Wird  doppelt- chromsaures  Kali  zu  in  Wasser  gelöstem  Arctuvii 
gesetzt,  so  findet  sogleich  eine  Oxydation  statt;  der  anfangs  entstehend 
braune  Niederschlag  löst  sich  beim  Kochen  mit  überschüssigem  sao 
rem  chromsauren  Kali  mit  dunkelbraunrother  Farbe;  wird  die  erkaltet 
Flüssigkeit  filtrirt,  so  schlägt  Salzsäure  schwarzbraune  Flocken  eine 
Chromoxydverbindung  von  nicht  ganz  constanter  Zusammensetzung  nie 
der,  für  welche  Kawalier  die  Formel  5Cr2  03  -|-  2C2oHi8  0t6  4 
HO  annimmt  Fe. 

Arcanum  (Geheimmittel).  Ein  Name,  der  früher,  in  dei 
Zeiten  der  Geheimnisskrämerei,  vielen  als  Heilmittel  benutzten  un( 
nicht  selten  auf  ganz  un zweckmässigem  Wege  bereiteten  chemischei 
Präparaten  beigelegt  wurde.  So  hatte  man  ein  Arcanum  coraüinm 
(Quecksilberoxyd),  Arcanum  cosmeticum  (Wismuthpräcipitat),  Arcanut 
Tartari  (essigsaures  Kali),  Arcanum  duplicatum  (schwefelsaures  Kai 
wenn  es  bei  der  Salpetersäuredestillation  gewonnen  war);  der  letzter 
Name  nur  ist  noch  gebräuchlich.  p. 

Archil,  syn.  für  Orseille. 

'")   Kawalier   gieM   als   gefunden  an:  Berechnet 

^io  11^1 0^7         Gi^HjjOg 

Kohlenstoff      .     .     .     64,4  64,5  '         66,4 

Wasf^eratoff      ...       5,6  6,4  6,4 

Sauerstoff   ....     80,0  30,0  29,2. 


Arctostaphylos  uva  ursi.  —  Argentit.  195 

Arctostaphylos  uva  ursi  Spr.  Die  Blätter  dieser 
Pflanze,  das  sogenannte  Herha  uva  ursi  geben  rait  Wasser  abgekocht 
eine  Flüssigkeit,  welche^  aas^er  etwas  Gerbsäure,  viel  Gallussäure  ent* 
kilt,  daher  auch  wohl  zur  Darstellung  von  Dinte  verwendet  ist.  Ausser 
diesen  Säuren  enthält  die  Abkochung  der  Blätter,  nach  Kawalier^), 
Arbutin  neben  etwas  Zucker,  Erioolin  und  eine  harzartige  Substanz; 
ausserdeni  noch  Wachs,  Fett,  Chlorophyll,  Pflanzenfaser  und  einen 
dem  Emnlsin  ähnlichen  Körper,  der  die  Fähigkeit  hat  eine  Umsetzung 
des  Arbntins  hervorzurufen.  Aus  der  bei  der  Darstellung  des  Arbu- 
tins  (s.  d.)  erhaltenen  Mutterlange  wird  beim  Erwärmen  mit  Salz- 
nore  das  Harz  ausgeschieden ;  es  ist  spröde ,  fast  schwarz ,  nach  dem 
Zerreiben  dankelbraun,  und  soll  die  Formel  C4oHi7  0]5,  vielleicht 
^mBis^ic  haben.  Ausser  diesen  genannten  Stoffen  fand  H.  Tromms- 
dorff  ^  in  den  Blättern  neben  Arbutin  noch  eine  andere  krystallisir- 
bare,  durch  Aether  ausziehbare  Substanz,  das  Urson  (s.  d.).  Fe. 

Arctuvein  )        *    i       . 
^  .        >  8.  Arbutin. 

Arctuvin     )  ^ 

Arekanüsse.  Die  Früchte  der  Arekapalme  (Areka  catechuL.) 
enthalten  hauptsächlich  Gerbsäure  (^CcUechü)  und  Gallussäure,  dann 
essigsaures  Ammoniak,  Fette,  Oel,  Gummi,  stickstoft haltende  Substan- 
zen und  einen  rothen  Farbestoff,  das  Arekaroth,  welches  braunroth 
ut,  ohne  Geruch  und  Geschmack,  unlöslich  in  kaltem  Wasser  und  in 
Aether,  löslich  in  kochendem  Wasser  und  in  alkalischen  Flüssigkeiten, 
darch  Säuren  daraus  fällbar;  Salpetersäure  damit  gekocht  giebt  Oxal- 
iinre  (Morin*).  Fe. 

Arendalit  s.  Epidot 

Arenilla  (als  Diminutiv  von  Arena^  Sand)  soll  als  Bezeichnung 
gebraocht  werden  für  ein  unreines  Eupferchlorid,  welches  in  Peru  ge- 
Boklen  als  Streusand  benutzt  wird. 

Arethase  nennt  Laurent  das  von  Bunsen  beschriebene,  nicht 
oiher  nntersachte  Zersetzungsproduct  von  Chlorkakodyl  mit  alkoholi- 
leher  Kalilosung  (s.  Arsenmethjl). 

Arfvedsonit   s.  Hornblende  iste  Aufl.  Bd.in,  S. 914. 
Argensulfid  s.  Ammoniumrhodanür   Bd.  I,  S.  747. 
Argentan  s.  Neusilber. 

Argentine  ist  ein  mit  Kiesel  gemengter  Schieferspath  (s. 
Kalkspath)  von  Southaropton  und  Williamsburgh  in  Massachusets 
geoannt  worden. 

Argentit,  syn.  für  Silberglanz. 


*)  Bericlite  d.  Wien.  Akad.  Bd.  IX,  S.  290;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd. 
LUX,  S.  356;  Jonrn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LVIII,  S.  193;  Pharm.  Centralbl.  1862, 
&  761;  Chem.  Gaz.   1868,  p.  61;  Jahresber.  v.  Liebig  a.  Kopp  1862,  S.  688. 

*)  Archiv  d.  Pharm.  [2.]  Bd.  LXXX,  S.  273;   Pharm.  Centralbl.  1856,  S.  116. 

^)  Joum.  de  pharm.  T.  VUI,  p.  449. 

13* 


196  Argillium.  —  Arlcm. 

Argillium  (von  argilla^  Thon),    s}Ti.   mit  Aluminiuni 

Argyritis  oder  Silberglätte  s.  Bleioxyd. 

Argyrolith  ^).  unter  diesem  Namen  sind  in  Frankreich  G< 
genstände  in  den  Handel  gebracht,  welche,  nach  Junot  und  Barse* 
Angaben,  mit  metallischem  Wolfram  überzogen  sein  sollten,  die  bei  gl 
nauer  chemischer  Untersuchung  sich  aber  nur  schwach  versilbert  zei^ 
ten,  wie  Baiard  in  eitieni  ausführlichen  Bericht  der  Pariser  Akademi 
mittheilte.  Fe. 

Aricin,  Cusconin,  Cusco  -  Cinchonin,  Ginchovatin 
Chinovatin,  Quinovin.  Eine  der  in  den  Chinarinden  vorkommer 
den  PAanzenbasen.  Die  Formel  dieses  China -Alkaloids  ist,  nach  Pel 
letier  2),  C20H12NO3,  darnach  unterschiede  es  sich  vom  Chini 
(C2oHi2^C)2)  nur  durch  den  grösseren  Sauerstoffgehalt;  Nfanzini' 
berechnete  aus  seinen  Resultaten  für  das  Chinovatin  die  Formi 
(  46 1^37 ^3 ^8 ')  ^^^^  Gerhardt  nimmt,  weil  hier  nach  seinen  Ansichte 
die  Anzahl  der  Wasserstoff  äquivalente  eine  gerade  Zahl  sein  musi 
die  Formel  C4eH26N2  08;  darnach  wäre  das  Aricin  isomer  mit  dem  i 
seinen  Eigenschaften  so  verschiedenen  Brucin.  Die  Formel  von  Pelle 
tier  und  die  von  Gerhardt  differiren  hauptsächlich  im  Stickstof 
gehalt,  durch  dessen  genauere  Bestimmung  man  die  Richtigkeit  de 
einen  oder  der  anderen  Formel  bestimmen  muss,  die  bis  jetzt  vorlii 
genden  Resultate  geben  nachstehende  Zahlen: 

Stickstoff  in  100  Theilen  Aricin 
berechnet:  gefunden: 

Pelletier         Gerhardt  Pelletier         Manzini 

8,2  7,1  8,0  7,2  bis  7,6. 

Die  Base  ward  zuerst  von  Pelletier  und  Corriol  (1828)  dai 
gestellt  aus  einer  sogenannten  falschen  Calisayarinde,  einer  Aricf 
oder  Cusco -Chinarinde,  von  unbekannter  Abstammung,  die  aus  dei 
Hafen  Arica  in  der  peruanischen  Provinz  Arequipa  nach  Europa  g( 
bracht  ward^  weshalb  die  Base  zuerst  den  Namen  Aricin  erhielt.  Lc 
verköhn^),  der  die  Base  fast  zu  gleicher  Zeit  in  der  Cusco-China  fan< 
nannte  sie  Cusconin.  1842  stellte  Manzini  aus  der  hellen  Jaei 
oder  Tenchina  das  Chinovatin  dar,  von  dem  Wink  1er*)  alsbal 
(1843)  nachwies,  dass  es  mit  dem  Aricin  identisch  sei. 

Zur  Darstellung  des  Aricins  aus  der  Cusco-  oder  Tenchina  b< 
folgt  man  genau  ein  gleiches  Verfahren,  wie  bei  der  Gewinnung  vo 
Chinin  aus  der  braunen  Chinarinde;  man  zieht  die  Rinde  mit  Alkoh( 
aus,  setzt  dann  Kalkbrei  bis  zur  Entfärbung  zu,  und  verdampft,  wob< 
unreines  Aricin  krystallisirt,  das  durch  Waschen  mit  Aether  von  ein€ 
fettartigen  Substanz  befreit  werden  muss.    Besser  kocht  man  die  gepu 


0  Compt.  rend.  de  l'acad.  T.  XLI,  p.  1069;  T.  LXII,  p.  241.  —  «)  Jouni.  c 
pharm.  T.  XV,  p.  675;  Annal.  de  chim.  et  pJiy«.  [2.]  T.  LI,  p.  185;  Berzeliui 
Jahresber.  Bd.  XIII,  S.  266.  —  ■)  Joiirn.  de  pharm.  13.]  T.  II,  p.  96;  Annal.  c 
chim.  et  phys.  [8.]  T.  VI,  p.  127.  Berzeliu«'  Jahreeber,  Bd.  XXIII,  S.  871.  - 
*)  Buchn.  Repertor.  Bd.  XXXIII,  S.  853.  —  *)  Buchn.  Repert.  [2.]  Bd.  XXX 
S.  294;  Bd.  XLII,  S.  25  u.  281;  [8.1  Bd.  I.  S.  11;  Berielins'  Jahresber.  B 
XXIV,    S.  408. 


Aricin.  197 

rdfte  Bixide  wiederholt  mit  angesäuertem  Wasser  aus,  fällt  die  Ab- 
kochung mit  Kalkbrei,  und  zieht  den  Niederschlag  mit  starkem  kochen- 
den Alkohol  aus;  aus  der  siedend  filtrirten  weingeistigen  Flüssigkeit 
«beidet  sich  beim  Stehen,  vollständig  beim  Abdampfen  stark  gefärbtes 
Aricin  ans;  es  wird  in  wenig  überschüssiger  Salzsäure  gelöst,  und  dann 
■it  Ammoniak  gefällt,  nachdem  zuerst  durch  Zusatz  einer  concentrir- 
ten  Kochsalzlösung  die  Farbstoffe  abgeschieden  sind.  Der  Nieder- 
tehlag  giebt  dann  beim  liosen  in  Alkohol  und  Behandeln  mit  Thier- 
kohle  reine«  Aricin. 

Winkle r  reinigt  das  unreine  Alkaloid  von  einem  gelben  hart- 
lÄckig  anhängenden  Harz  dadurch,  dass  er  aus  der  Lösung  desselben  in 
Cssigsänre  mit  basisch -essigsaurem  Blei  und  Zusatz  von  etwas  Thier- 
kohle  die  Farbstoffe  fällt,  und  aus  dem  farblosen  Filtrat  mit  Ammo- 
niak das  Aricin  niederschlägt,  das  dann  durch  Umkrystallisiren  gerei- 
aigt  wird. 

Das  Aricin  bildet  lange  weisse  glänzende  durchscheinende  Na- 
deln, es  ist  geruchlos,  wegen  seiner  geringen  Löslichkeit  scheint  es  im 
Aniang  geschmacklos,  allmälig  zeigt  es  aber  einen  bitteren  Geschmack, 
der  zugleich  etwas  herb  und  brennend  ist ;  es  ist  fast  unlöslich  in  Was- 
ser, löst  sich  ziemlich  leicht  in  Aether  und  sehr  leicht  in  siedendem 
Alkohol.  Die  grössere  Länge  der  Krystalle,  die  leichtere  Löslichkeit 
ia  Alkohol  und  besonders  in  Aether,  unterscheiden  das  Aricin  von  dem 
iiudichen  Cinchonin.  Fs  löst  sich  auch  etwas  in  flüssigem  Ammoniak, 
ans  welcher  Lösung  es  beim  Verdampfen  krystallisirt  Das  Aricin  ent- 
hält kein  Krjstallwasser,  bei  185^  bis  190^0.  schmilzt  es,  ohne  sein 
Gewicht  zu  vermindern,  zu  einer  bräunlichen,  nach  dem  Erkalten  amor- 
phen-Masse.  Bei  höherer  Temperatur  wird  es  vollständig  zersetzt,  un- 
ter Bildung  höchst  übelriechender  gasförmiger  Producte. 

Sehr  charakteristisch  ist  das  Verhalten  des  Aricins  gegen  concen- 
trirte  oder  nicht  zu  verdünnte  Salpetersäure,  worin  es  sich  mit  grüner, 
nach  der  Concentration  der  Säure  mehr  oder  weniger  dunkeler  Farbe 
l^t;  ganz  verdünnte  Salpetersäure  zeigt  diese  Einwirkung  nicht.  Diese 
Beaction  unterscheidet  das  Aricin  bestimmt  von  Chinin  und  Cinchonin, 
die  mit  Salpetersäure  keine  gefärbte  Lösung  geben. 

Das  Aricin  ist  eine  schwache  Base,  die  weingeistige  Lösung  soll 
TeOchensyrap  grün  färben,  and  rothe  Lackmustinctur  röthen;  es  ver- 
bindet sich  direct  mit  den  Säuren  zu  Salzen,  welche  leicht  krjstallisir- 
bsr  and  von  bitterem  Geschmack  sind,  und  sich  leicht  in  Wasser  und 
Alkohol^  aber  nicht  in  Aether  lösen.  Die  Salze  werden  durch  Jod- 
küiuin,  durch  Goldchlorid,  Platinohlorid  und  andere  Metallchloride  ge- 
fallt. Aus  den  gelösten  Salzen  fällt  Ammoniak  das  Aricin  in  Flocken, 
die  aber  nach  mehrtägigem  Stehen  in  der  Flüssigkeit  krystallinisch 
werden ;  überschüssiges  Ammoniak  löst  einen  Theil  des  Niederschlages 
wieder  auf. 

Chlorwasserstoff- Aricin,  C46li36^9  08  .  MGI,  bildet  sich 
Icieht  beim  Auflösen  von  Aricin  in  Weingeist  mit  Zusatz  von  etwas 
Salzsäure,  and  krystallisirt  beim  Erkalten  der  siedenden  Lösung.  Das 
Salz  enthalt  Krystallwasser,  das  schon  beim  Trocknen  im  Vacuum  ent- 
weicht. 

Da8Platindoppelsalz,C46ll96^3  08.H€l-|-Pt6l3,  wird  aus  der 

Lösung  des  Chlorwasserstoff- Aricins  auf  Zusatz  von  Platinchlorid  als  ein 
eitrongelber  Niederschlag  abgeschieden ;  es  ist  wenig  löslich  in  Wasser, 


198  Aridium. 

löst  sich  viel  leichter  in  Alkohol,  und  wird  durch  Verdampfen  dessel- 
ben in  krystallinischen  Blättchen  erhalten. 

Bei  der  Einwirkung  von  trockenem  Salzsäuregas  aufAricin,  erhitsi 
sich  die  Masse,  wodurch  ein  Theil  der  Base  zersetzt  wird. 

Jodwasserstoff-Aricin,  C4eIl2eN2  08  .  HI«  wird  durch  Auf- 
lösen von  Aricin  in  etwas  überschüssiger,  sehr  verdünnter  Lösung  von 
Jodwasserstoff  in  der  Wärme  erhalten ;  beim  Erkalten  krystallisirt  daj 
Salz  in  citrongelben  wasserfreien  Nadeln,  die  sich  wenig  in  Wasser, 
leichter  in  heissem  Weingeist  lösen,  und  bei  250^0.  schmelzen,  abei 
dabei  sich  zugleich  zersetzen. 

Schwefelsaures  Aricin  bildet  sich  direct  beim  Zusammen' 
bringen  von  Säure  und  Base;  bei  Anwendung  von  nicht  zu  viel  Sämn 
wird  ein  neutrales  Salz  erhalten,  welches  in  heissem  Wasser  lösUcI 
ist,  beim  Erkalten  dieser  Lösung  bilden  sich  aber  nicht  wieder  Krystalle 
sondern  die  Flüssigkeit  erstarrt  zu  einer  weisslichen  Gallerte,  die  allmä 
lig  zu  einer  durchscheinenden  hornartigen  Masse  eintrocknet,  welch« 
in  kochendem  Wasser  wieder  zu  einer  Gallerte  aufquillt  Aas  der  Lö 
sung  in  Alkohol  soll  das  Salz  krystaliiesirt  erhalten  werden  können. 

Saures  Salz,  C46H26N2O8,  HO.SO3  +H0.S08  nach  Man 
zini,  soll  beim  Auflösen  der  Base  in  etwas  überschüssiger  Säure  er 
halten  werden;  es  krystallisirt  in  platten  glänzenden  Nadeln,  welch< 
kein  Krystallwasser  enthalten.     Es  bildet   mit  Wasser  keine   Gallerte 

Weder  das  Aricin  noch  die  Aricinsalze  haben  bis  jetzt  An  wen 
dnng  als  Arzneimittel  gefunden,  noch  sind  Versuche  über  ihre  medi 
cLnische  Wirksamkeit  angestellt.  Fe. 

Aridium,  CAqT\g^  Mars,  und  eiSog^  die  Beschaffenheit)  nannt 
Ullgren  ein  wie  er  glaubte  -eigenthümliches  Metall,  welches  er  an 
dem  Chrom eisenstein  von  Röras  und  einigen  anderen  Eisenerzen  ab 
scheiden  konnte.  Er  stellte  es  dar,  indem  er  die  Lösung  der  Erze  ii 
Salzsäure,  nach  Abscheidung  der  Kieselsäure,  mit  Schwefel wasserstol 
behandelte,  das  Filtrat  mittelst  Chlor  oxydirte  und  mit  kauätischeo 
Kali  ausfällte,  den  Niederschlag  mit  chlorsaurem  Kali  schmolz  un< 
den  im  Wasser  unlöslichen  Theil  in  Salzsäure  löste,  und  nochmals  mi 
Aetzkali  fällte.  Die  Lösung  des  Niederschlags  in  Salzsäure  mit  essig 
saurem  Natron  versetzt  und  gekocht,  giebt  einen  hellrothen  pulverföi 
migen  Niederschlag,  der  nochmals  in  Salzsäure  gelöst  und  dann  mi 
Ammoniak  gefällt  wird;  der  so  erhaltene  schwarzbraune  Niederschla] 
von  Aridium  haltendem  Eisenoxyd  in  Salpetersäure  wieder  gelöst  um 
mit  der  nöthigen  Menge  Schwefelsäure  behandelt,  giebt  eine  weiss 
krystallinische  Masse,  welche  in  starkem  Alkohol  gelöst  und  dann  mi 
viel  Aether  versetzt  wird;  aus  der  von  dem  braunen  öligen  Niederschla] 
abgegossenen  ätherischen  Lösung  krystallisirt  beim  längeren  Stehe: 
schwefelsaures  Aridiumoxyd  in  kleinen  warzenförmigen  Kry stallen. 

Wird  der  schwarzbraune,  durch  Ammoniak  entstandene  Niederschla] 
von  Aridium  haltendem  Eisenoxyd  in  Wasserstoff  reducirt,  so  löst  vei 
dünnte  Salpetersäure  aus  dem  Bückstande  das  Eisen  und  es  bleibt  eii 
schwarzer  magnetischer  Rückstand,  der  sich  in  Salzsäure  ohne  Gasen! 
Wickelung  löst  und  der,  nach  Ullgren,  ein  niedriges  Oxyd  von  Aridiuc 


*)    Ofversigt  af  Vetensk.  Ak.  Förhandl.  1850,    S.  66;    Pharm.  Centralbl.  1»5( 
S.  417;  Jahrb.  v  Liebig  u.  Kopp  1860,  S.  82?. 


i 


Aristolochia  clematitis.  —  Aristolochia  serpentaria.       199 

iit.  MH  Cyankaliam  im  Eohlentiegel  bei  starker  Hitze  behandelt,  bil- 
det es  eine  eisengrane  zusanmiengesinterte,  nur  theilweise  geschmolzene 
Masse.  Von  den  Reactionen  des  neuen  Metalls  hebt  Ullgren  hervor,  dass 
die  Lösung  de»  Oxjds  in  Salzsäure  beim  Abdampfen  einen  amorphen  citron- 
gelben  Rückstand,  und  dass  dessen  Lösung  auf  Zusatz  von  essigsaurem 
Natron  beim  Erhitzen  einen  braun  violetten  Niederschlag  gebe.  Bahr^), 
derTersuchte,  das  neue  Metall  aus  dem  Chrom eisenstein  von  Rör&s  dar- 
netellen,  erhielt  nur  Eisen,  welches  etwas  Phosphor,  und  wahrscheinlich 
loch  Chrom  enthielt,  wornach  das  vermeintlich  neue  Metall  also  unrei- 
nes Eisen  ist.  Fe. 

Aristolochia  clematitis  L.  Die  Wurzel  dieser  Pflanze, 
dit  Badix  aristolochiae  long,  vulgär,  war  früher  als  ein  wirksames  Heil- 
mittel im  Gebrauch,  und  zeichnet  sich  durch  einen  scharfen  bitteren 
G«schmack  aus.  Sie  ist  wiederholt  untersucht,  aber  die  Ergebnisse 
der  früheren  wie  der  späteren  Untersuchungen  haben  jedenfalls  einen 
ieb  geringen  Werth.  Die  neuesten  auch  ganz  unvollständigen  Unter- 
aichimgen  der   Wurzel  sind  von  Winckler*),  von  Frickinger  3)  » 

ond  Ton  Walz^);  die  Resultate  sind  unbedeutend. 

Bei  der  Destillation  der  Wurzel  mit  Wasser  geht  mit  dem  Was- 
ur  ein  goldgelbes  ätherisches  Oel  von  0,903  specif.  Gewicht  über, 
etwa  0,004  der  Wurzel,  welchem  nach  wenig  übereinstimmenden  Ana- 
Ijien  Walz  die  Formel  CnftgOg  giebt. 

Neben  dem  Oel  geht  eine  in  Wasser  lösliche  flüchtige  Säure  über, 
deren  Eigenthumlichkeit  nicht  erwiesen  ist,  der  Walz  aber  einstwei- 
ieo  den  Namen  Aristolochinsäure  giebt.  Das  Barytsalz  dieser 
Sure  soll  der  Zusammensetzung  nach  sein  =  2  Ba  O .  Cg  H5  O9  (?), 
imd  das  Bleisalz  soll  nach  dem  Trocknen  ein  Gemenge  von  essigsau- 
Rm  and  ameisensaurem  Salz  sein  (?). 

Aus  dem  wässerigen  Auszug  der  Wurzel  stellte  Walz  einen  dem 
Aristolochin  (s.  d.  Art.)  von  Chevallier  sehr  ähnlichen,  jedenfalls 
mreinen  Körper  dar,  den  er  Clematidin  nennt. 

Frickinger  giebt  an,  dass  er  neben  einem  bitteren  nicht  kry- 
stallisirbaren  Körper  einen  gelben  krystallisirbaren  Körper  erhal- 
ttD  habe,  den  er  Aristolochiengelb  nennt;  ob  nun  der  Bitterstoff 
oder  der  krystallisirte  Farbstoff  mit  dem  Aristolochin  von  Cheval- 
lier, oder  Clematidin  von  Walz  identisch  ist,  lässt  sich  nach  den  vor- 
liegenden Thatsachen  nicht  erkennen. 

Femer  enthält  die  Wurzel  ein  in  Acther  und  ein  in  Alkohol 
lo^cbes  Harz. 

Die  Aschenbestandt heile  der  Wurzel  sind :  Kali  1 0,3 ;  Natron 
M;  Chlomatiium  8,6;  Kalk  9,1;  Magnesia  3,0;  Phosphorsäure  14,2; 
SebwefeUäure  1,4 ;  ELsenoxyd  3,1 ;  Kieselsäure  4,5 ;  Sand,  Kohle  und 
KohleDsänre  43,5  (Walz). 

Aristolochia  serpentaria.  Die  Wurzel,  welche  früher 
eben  grossen  Ruf  als  Heilmittel  hatte,  ist  jetzt  fast  obsolet.  Sie  ist 
^^r  von  Buchholz,  später  von  Chevallier  untersucht,  die  Unter- 

0  Ofrenigt  af  Vetensk.  Ak.  Förhandl.  1852,  S.  161;  Pharm.  Centrabl.  1858, 
J.  400;  Jahrb.  v.  Liebig  u.  Kopp;  1868,  8.  371.  —  «)  Jahrb.  f.  prakt.  Pharm. 
H  XIX;  S.  71.  —  »)  Bttchn.  Repertor  [3.]  Bd.  VU,  S.  1.  —  *)  Jahrb.  f.  prakt. 
™^  Bd.  XXIV,  S.  66,  n.  Bd.  XXVI,  8.  65. 


200  Aristolochiengelb.  —  Arki. 

suchuDg  ist  nicht  vollständiger  als  die  der  ÄriatoL  clemoL  Cheval 
lier  glaubt,  dass  der  wirksame  ßestandtheil  der  Wurzel  der  von  ihn 
als  Aristolochin  bezeichnete  Körper  sei.  Ausserdem  enthält  die  Wui 
zel  auch  ätherisches  Oel,  Harze,  Gummi  u.  s.  w.  wie  die  B€uii 
aristoloch,  long,  vulgär,  Fe. 

Aristolochiengelb  )        a    •   x    i      i_-       i  ^-x- 

,  ,  >  s.  Anstolochia  clematitis 

Anstolochinsäure  ) 

Aristolochin  nennt  Chevallieri)  eine  Substanz,  welche  e 
aus  der  Wurzel  von  Aristolochia  serpentaria^  wenn  auch  unrein,  dai 
stellte,  und  die  er  für  dep  wirksamen  Bestandtheil  dieser  früher  al 
sehr  heilkräftig  geschätzten,  jetzt  fast  obsoleten  Wurzel  hält.  Zur  AI: 
Scheidung  dieses  Körpers  wurde  die  wässerige  Abkochung  der  Wur» 
mit  Bleizuckerlöäung  ausgefällt,  und  der  gewaschene  und  getrocknet 
Niederschlag  mit  heissem  Alkohol  ausgezogen;  das  abgedampfte  alko 
holische  Extract  giebt,  mit  Wasser  behandelt,  eine  goldgelbe  wässerig 
Lösung,  die  gerade  das  Aristolochin  enthalten  soll,  während. ein  frem 
des  Harz  zurückbleibt. 

Der  so  erhaltene  unreine  Körper,  der  Aristolochin  genannt  isl 
schmeckt  sehr  bitter  und  bewirkt  ein  reizendes  Gefühl  im  Schlünde 
löst  sich  in  Wasser  und  Alkohol  mit  goldgelber  Farbe;  seine  Ldsmi; 
wird  durch  Zusatz  von  Alkalien  gebräunt;  sie  wird  von  Bleiessig  gc 
fällt,  aber  nicht  von  Bleizucker  (?),  von  Quecksilberchlorid,  Silbersab 
Kupfervitriol  und  Eisenvitriol. 

Walz^)  hat  nun  später  aus  der  Wurzel  der  Aristolochia  Clenuxt 
Üs  L.  nach  ganz  ähnlichem  Verfahren  wie  Ghevallier  eine  amorph 
jSubstanz  dargestellt,  indem  er  den  mit  Wasser  und  ganz  wenig  Amme 
niak  bereiteten  Auszug  der  Wurzeln  mit  Bleizucker  fällt,  den  aosgc 
waschenen  Niederschlag  mit  Weingeist  und  Schwefelsäure  zersetzt,  un 
dann  den  Ueberschuss  an  Säure  durch  Baryt  fortnimmt,  den  Rücft 
stand  eindampft,  mit  Aether  das  Harz  auszieht  und  den  Bückstand  i 
Wasser  löst.  Er  erhält  so  eine  bittere  aloeartig  schmeckende  goldgelb 
Substanz,  welche  sich  in  200  Thln.  kaltem,  und  50  Thln.  heissem  Wasse 
löst,  in  Alkohol  leichtlöslich,  in  Aether  unlöslich  ist.  Salze  machen  es  i 
Wasser  löslich,  Alkalien  färben  die  Lösung  bräunlich.  Bleizucker,  Blei 
essig  fällen  die  wässerige  Lösung;  andere  Salze,  Silbersalz,  Kupfei 
salz,  Eisenchlorid,  Quecksilberchlorid  geben  zuerst  nur  eine  Färbun< 
nach  einiger  Zeit  einen  mehr  oder  weniger  starken  Niederschla| 
Walz  nennt  diesen  Körper  Glematidin  und  giebt  ihm  die  Forme 
C9 H5 Oß ;' unzweifelhaft  hat  er  ebensowohl  wie  Ghevallier  eine  un 
reine  Substanz  gehabt,  und  beide  sind  wohl  im  Wesentlichen  iden 
tisch.  Fe, 

Ar  kamt,  syn.  für  das  natürlich  vorkommende  schwefelsaur 
Kali  (nach  dessen  altem  Namen  Ärcanum  dupUoahm)^  von  Haus  ra am 
Glaserit  genannt. 

Arkansit,  sjm.  Brookit 
Arki  s.  Area. 


»)  Jonrn.  de   pharm.   T.  V,   p.  666.  —    ■)  Jahrb.  f.  prakt.  Pharm.   Bd.  XXIV 
S.  66,  u.  Bd.  XXVI,  S.  66. 


Arkose.  —  Aniicin.  201 

Arko8e,.ein  Feldspathsandstein,  von  oft  porphyrartiger  Structur, 
der  bei  Poivin  in  den  Vogesen  sich  findet,  und  der,  nach  Delesse  i), 
durch  Aufnahme  der  Bestandtheile  von  Feldspath  und  Hyalith  auf  nas- 
sem Wege  metamorphosirt  ist,  und  nach  oben  allmälig  in  den  Vogesen- 
sandsteio,  nach  unten  in  Granit  Übergeht.  Fe, 

Arktizit  s.  Wernerit. 

Armenischer  Stein  {Lapis  Armenius.  — -  Pierre  ctÄrmenie. — 
Armefäte)  wurde  ehemals  ein  Gemenge  aus  erdiger  Eupferlasur  und 
Kalkstein,  zuweilen  mit  Kupfer-  oder  Eisenkies,  oder  ein  durch  Kupfer- 
lasor  blangefärbter  Quarz  genannt. 

Arnaentum  album,  veralteter  Name  fiir  Bleiweiss. 

AmiCin.  Die  Blumen  der  Ämica  montana  sind  wiederholt  un- 
tersucht, und  verschiedene  Chemiker  haben  meist  noch  unreine  und 
verschiedenartige  Substanzen,  die  sie  daraus  darstellten,  ah  Arnicin  be- 
nannt; ob  die  Blumen  einen  basischen  Körper  überhaupt  enthalten,  ob 
wirklich  ein  Arnicin  existirt,  ist  aber  durchaus  noch  problematisch. 

Aeltere  Untersuchungen  Über  die  Blumen  und  Wurzeln  der  Ar- 
nica  von  Weber  *),  von  Pfaff  *)  und  von  Weissenburger  *)  haben 
keine  hier  erwähnenswerthen  Resultate  geliefert.  Chevallier  und 
Lassaigne^)  zogen  das  wässerige  Extract  der  Blumen  mit  Alkohol 
ans,  lösten  den  beim  Abdampfen  bleibenden  Bückstand  mit  neutralem 
easigaauren  Blei,  und  dampften  das  Filtrat  ab;  der  unreine  braune 
amorphe  Rückstand  ist  von  ihnen  Arnicin  genannt;  er  schmeckt  bitter, 
scharf  und  ekelerregend,  er  ist  in  Wasser  und  Alkohol  löslich,  und  die 
Losung  wird  durch  Galläpfeltinctur  sowie  durch  basisch-essigsaures 
Bleioxyd,  aber  nicht  durch  andere  Metallsalze  gefällt.  Ob  diese  Sub- 
stanz aus  den  Amicablumen,  wie  Chevallier  und  Lassaigne  anneh- 
men, mit  dem  sogenannten  Cytisin  (aus  Cytisus  labumum)  oder  mit 
dem  Cathartifi  der  Sennesblätter  identisch  sei,  lässt  sich  bei  so  unrei- 
nen Substanzen  nicht  entscheiden. 

Spater  will  dann  Lebourdais  ^)  ein  Arnicin  dargestellt  haben, 
indem  er  einen  concentrirten  Aufguss  der  Blumen  durch  Thierkohle 
Sltnrte,  und  die  gewaschene  und  getrocknete  Kohle  mit  Alkohol  aus- 
kochte. Beim  Verdampfen  der  Flüssigkeit  bleibt  dann  eine  terpentin- 
artige Substanz,  welche  sehr  bitter  schmeckt,  in  Wasser  sehr  wenig, 
in  Alkohol  dagegen  sehr  leicht  löslich  und  vollkommen  neutral  ist. 
Die  Lo.^iug  wird  durch  neutrales  essigsaures  Bleioxyd  gefällt,  daher 
dessen  Anwendung  bei  der  Darstellung  des  Arnicins  nicht  statthaft  ist. 

Endlich  giebt  Bas  tick  ^)  an,  auch  aus  den  Blüthen  der  Ämica 
wumtana  ein  Arnicin  dargestellt  zu  haben,  von  schwach  bitterem  Ge- 
schmack und  den  Geruch  von  Biebergeil,  welches  stark  alkalisch  rea- 
giren  und  nicht  flüchtig  sein  soll;  seine  Verbindung  mit  Chlorwasser- 
stoff soll  in  sternförmig  gruppirten  Nadeln  krystallisiren. 

Man  sieht,  die  Angaben  sind  zum  Theil  sich  widersprechend  und 


')  Arch.  des  9c.  phys.  et  oat.  de  Gen^ve.  T.  VII,  p.  177.  —  ")  Tromms- 
iorff»  Joiini.  XVIII,  Uft.  2.  S.  163.  —  ^  Syst.  der  Mat.  med.  Bd.  III,  &  209. 
—  0  Geiger's  Hagaz.  Bd.  XXXIV,  S.  178.  —  *)  Journ.  de  pharm.  T.  V, 
p^  I4g.  —  «)  Annales  de  chim.  et  phys.  [8.]  T.  XXIV,  p.  68.  —  ')  Pharm.  Journ. 
tnns.  VoL  Xj  p.  886. 


202  Aroina.  —  Arragonit. 

sehr  unvollständig,  so  dass  es  noch  dahin  gestellt  bleiben  mufw,  ob  die 
Amica  montana  wirklich  eine  organische  Base  enthält;  bis  jetzt  ist  we- 
nigstens mit  Sicherheit  nichts  von  einem  Arnicin  bekannt.  Fe. 

Aroma  (Gewürz)  nennt  man  im  Allgemeinen  die  Ursache  des  an- 
genehmen Geruchs,  besonders  von  pflanzlichen  Substanzen.  In  der  Regel 
sind  es  ätherische  Oele,  zuweilen  Aetherarten  oder  verwandte  Stoffe,  die 
das  Arom  einer  zusammengesetzteren  Substanz  ausmachen.  P. 

Aroph,  ein  Name,  der  aus  den  ersten  Buchstaben  der  Worte 
Aro(ma)  und  ph(ilo8phorum)  durch  Zusammenziehung  gebildet  sein  soll, 
diente  bei  den  Alchemisten  als  Bezeichnung  für  verschiedene  Flüssigkei- 
ten; ArophHelmontii  ward  eine  mit  Eanariensect  bereitete  Safrantinc- 
tur  genannt;  ArophParacelsi  eine  auf  sehr  umständliche  Weise  darge- 
stellte Lösung  von  Eisensalmiak  (Ammonium-Eisenchlorid).       (P.)  Fe. 

Arqucrit.  £iu  nach  dem  Fundort,  Arqueros  in  der  Provinz 
Coquimbo  in  Chili,  so  benanntes  Silberamalgam,  nach  Domejko  von 
der  Formel  Ag^;  Hg,  welches  dort  in  glänzenden  regelmässigen  Octaedem 
vorkommt,  oder  in  derben  matten  Massen;  es  i^t  silberweiss,  lässt  sich 
mit  dem  Messer  schneiden,  sein  specif.  Gewicht  =  10,8  (s.Bd.  I,  S.  650). 

Arragonit,  Aragonit,  Rhombischer  kohlensaurer 
Kalk,  Prismatisches  Kalkhaloid  von  Mohs,  Arragon^  Arra^ 
gonite^  Arragon  spjar.  Dieses  Mineral,  nach  dem  Vorkommen  in 
Arragonien  benannt,  findet  sich  theils  in  Erystallen  als  Arragonit- 
spath,  theils  in  krystallinischen  Massen  faserig  oder  strahlig,  als 
faseriger  oder  strahliger  Arragonit,  oder  als  Absatz  heisser  Quellen  im 
Sprudelstein  oder  Sinter  derselben.  Er  hat  eine  Härte  von  3,5  bis  4,0; 
sein  specif.  Gewicht  ist  im  gepulverten  Zustande  2,92  bis  3,0;  grossere 
Stücke  zeigen  oft  ein  geringeres  Gewicht  bis  2,77. 

Der  Arragonitspath  (Igloit)  findet  sich  in  Krystallen,  deren 
Grundform  eine  gerade  rhombische  Säule  (ein-  und  zweiaxig)  ist,  mit 
Winkeln  von  11 6^  16'  und  63^  44';  fast  immer  finden  sich  Zwillinge 
oder  spiessige  nadeiförmige  Krystalle,  oder  krystallinische  Massen  mit 
stängliger  Absonderung.  Die  Arragonitkrystalle  sind  selten  farblos, 
meistens  mannigfach  gefärbt:  gelblich,  grünlich,  röthlich,  braun,  grau 
u.  s.  w. ;  sie  haben  Glasglanz ,  auf  glühendem  Eisenblech  zeigt  sich 
das  Pulver  phosphorescirend.  Der  Arragonit  findet  sich  an  vielen 
Orten,  besonders  auf  Klüften  und  in  Blasenräumen  neuerer  vulkanischer 
Gesteine,  besonders  des  Basalts:  in  Böhmen,  Ungarn,  Schottland,  den 
FarÖern  u.  s.  w. ;  im  Dolerit  am  Kaiserstuhl  im  Breisgau;  im  Gneiss 
und  Syenit  bei  Dresden  und  in  Nordamerika;  in  der  Lava  des  Aetna 
und  Vesuvs;  im  Thon  und  Gyps  in  Arragonien;  im  Muschelkalk  in 
Württemberg;  in  Mergel ablagerungen  in  Böhmen  u.  s.  w. 

Strahliger  Arragonit  sind  derbe  Massen  mit  strahligem  oder 
feinstängligem  Gefüge;  er  findet  sich  besonders  am  Kaiserstuhl  im 
Breisgau,  bei  Gergovia  in  der  Auvergne,  in  Schottland  u.  s.  w. 

Faseriger  Arragonit  oder  Eisenblüthe  kommt  theils  in 
kugelförmigen  oder  nierenförmigen,  oder  in  stalaktitischen  Massen  mit 
faserigem  oder  blätterigem  Gefüge  vor ;  er  zeigt  Perlmutterglanz,  findet 
sich  auf  Eisenlagerstätten  in  Kärnthen  und  Steyermark,  Ungarn,  Sieben- 
bürgen. 


Arragonit.  ^  203 

Der  Sprudelstein,  der  Absatz  heisser  Quellen,  enthält  neben 
Arragonit  öfter  auch  Kalkspath ;  er  bildet  faserige  Massen,  und  findet  sich 
als  Absatz  des  Sprudels  in  Carlsbad  (Temperatur  71®  C.)?  der  heissen 
Quelle  auf  Thermia  (56<>  C),  der  grossen  Quelle  (76®  C.)  auf  Euboea 
zu  Aedepsos  in  den  Bädern  des  Herakles,  und  des  dortigen  Sprudels 
(84*  C),  der  besonders  schöne  Sprudelsteine  liefert. 

Die  Bergmilch  (Montmilch,  Chaux  carbonate  pulver,^  Rock- milk) 
igt  nach  H.  Rose  Arragonit  geroengt  mit  Kreide ;  unter  dem  Mikroskop 
erkennt  man  neben  den  Krystallen  des  Arragonits  die  Kügelchen  der 
Kreide;  sie  findet  sich  in  dicken  schwamm  artigen,  kugel-  oder  nieren- 
formigeo  Massen  oder  als  Anfiug,  in  Höhlungen  von  Kalksteinen  in 
Württemberg,  der  Schweiz,  Böhmen  etc.  Ihr  specif.  Gewicht  ist  2,72 
bis  2,82.  Sie  enthält  Spuren  organischer  Theile  und  hinterlässt  nach 
dem  Glühen  bei  Abschluss  der  Luft  etwas  Kohle. 

Der  Schaumkalk,  bisher  zum  Kalkspath  gerechnet,  ist  nach 
6.  Rose  Arragonit  als  Pseudomorphose  nach  Gyps.  Er  findet  sich 
theils  in  Formen  des  Gypses,  theils  als  krystallinische  oder  blättrige 
weisse  oder  gelblich  -  weisse  Masse ;  die  Krystalle  zeigen  auf  den  Spal- 
tongsflächen  starken  Perlmutterglanz;  mit  Wasser  ausgekocht,  hat  er 
ein  specif.  Gewicht  von  2,98.  Bei  Hettstädt  und  Sangerhausen  im 
liannsfeldischen,  bei  Wiederstädt  in  Thüringen  u.  a.  m. 

Alm  oder  Alben  ist  ein  der  BergmilcK  ähnliches  Mineral,  welches 
sich  in  grosser  Ausdehnung  im  südlichen  Bayern  findet,  wo  es  allgemein 
die  oft  bis  zu  mehreren  Fuss  mächtige  Unterlage  der  Wiesenmoore 
bildet,  so  des  Erdinger  Moores  n.  a. 

Auch  die  Osteocolla  oder  der  Beinbruch  stein  ist  ein  mit 
Sand  und  organischen  Resten  gemengter  kohlensaurer  Kalk,  der  sich 
QBi  vermodernde  Wurzeln  ansetzt  und  so  die  eigenthümlichen  Formen 
anoimrot;  er  findet  sich  in  der  Nähe  von  Berlin;  sein  specif.  Gewicht 
ist  2^82;  unter  dem  Mikroskop  sind  die  Formen  des  Arragonits  neben 
körnigen  Massen  zu  erkennen. 

Der  Arragonit  ist  kohlensaurer  Kalk,  zum  Theil  reiner ;  häufig,  aber 
nicht  immer,  enthält  er  geringe  Mengen  des  isomorphen  kohlensauren 
Stronttans  beigemengt,  am  meisten  (bis  gegen  4  Proc.)  der  von  Mo- 
iina;  ausserdem  enthält  er  auch  wohl  geringe  Mengen  Magnesia,  Eisen- 
oxydul  u.  s.  w.  Eine  besondere  Varietät  des  Arragonits,  der  Tarno- 
witzit,  nach  dem  Fundort  Tarnowitz  in  Oberschlesien,  enthält  3,86 
Procent  kohlensaures  Bleioxyd,  welches  hier  auch  als  vicarirender  Be- 
standtheil  auftritt.  Das  Mineral  zeigt  daher  im  Wesentlichen  die  Eigen- 
schaften des  kohlensauren  Kalks  in  Hinsicht  auf  das  Verhalten  beim 
Glühen,  wobei  reiner  Kalk  erhalten  wird,  und  gegen  Säuren,  worin 
es  sich  unter  Aufbrausen  löst. 

Der  Arragonit  ist  daher  den  chemischen  Bestandtheilen  nach  iden- 
tbch  mit  dem  krystallographisch  und  mineralogisch  so  wesentlich  ver- 
schiedenen Kalkspath ;  der  kohlensaure  Kalk  ist  also  dimorph  und  bietet 
eines  der  am  frühsten  constatirten  Beispiele  von  Dimorphismus  (s.  d.  Art). 
Ehe  man  sieh  von  der  Thatsache  überzeugt  hatte,  dass  derselbe  Körper 
•  m  Formen,  die  zwei  verschiedenen  Krystallsystemen  angehören,  auf- 
treten könne,  glaubte  man,  dass  die  verschiedenen  Formen  allein  von 
verschiedenen  Bestandtheilen  bedingt  seien,  und  da  man  in  dem  Arra- 
gonit kohlensauren  Strontian  fand,  so  nahm  man  an,  dass'^dieser,  wenn 
auch  in  geringerer  Menge  vorhanden,  oft  weniger  als  1  Proc.  betragend, 


204  Arragonit. 

doch  hier  die  Krystallform  bedinge;  diese  Annahme  ist  jetst  schon  des- 
halb nicht  mehr  statthaft,  weil  man  später  Arragonite  gefanden  hat, 
welche  statt  kohlensauren  Strontian,  andere  kohlensaure  Salze  und 
auch  solche ,  die  keine  merkbaren  Mengen  fremder  Substanzen  ent- 
halten. Wir  nehmen  jetzt,  auf  mannigfache  Erfahrungen  gestutzt,  an, 
dass  der  kohlensaure  Kalk  unter  bestimmten  Umstanden  als  Kalkspath, 
unter  bestimmten  als  Arragonit  krystallisirt. 

H.  Rose^)  hat  den  Arragonit  am  genauesten  studirt;  nach  ihm  hat 
der  kohlensaure  Kalk  im  Arragonit  bestimmte  physikalische  wie  chemische 
Eigenschaften,  die  ihn  charakterisiren.  Auch  bei  scheinbar  amorphen 
Mineralien  lässt  sich  unter  dem  Mikroskop  oft  die  rhombische  Form 
erkennen,  entweder  allein  oder  neben  Kalkspath  oder  Kreide.  Der 
Arragonit  zeigt  zwei  optische  Axen,  die  im  violetten  Licht  unter 
20®  25',  im  rothen  Licht  unter  19®  44'  40"  gegen  einander  nei- 
gen (Rudberg);  seine  specißsche  Wärme  ist  0,1966  (geringer  als  die 
des  Kalkspaths).  Seine  Härte  ist  8,5  —  4,0;  er  ritzt  den  Kalkspath, 
wird  von  diesem  aber  nicht  geritzt;  sein  specif.  Gewicht  ist,  wenigstens 
im  gepulverten  luftfreien  Zustande,  im  Mittel  2,94  bis  2,95.  Grössere 
Arragonitkry stalle  verknistern  häufig  beim  Erhitzen,  blähen  sich  dann 
plötzlich  auf  uud  zerfallen  zu  Pulver.  Kleinere  Arragonitstucke  oder  fa- 
seriger Arragonit,  werden  oft  nur  trübe  und  mürbe.  Das  Yerknistem 
soll  von  einer  geringen  Menge  zwischen  den  KrystaQen  mechanisch 
eingeschlossenem  Wasser  herrühren;  vielleicht  ist  es  nur  Folge  der 
Umwandlung  des  Arragonits  in  Kalkspath.  Der  Arragonit  verwandelt 
sich  durch  das  Erhitzen  nämlich  in  ein  Aggregat  von  kleinen  Kalkspath- 
rhomboSdern,  was  die  Volumsvermehrung  (weil  diese  specifisch  leichter 
sind)  und  das  Undurchsichtigwerden  bedingt;  unter  dem  Mikroskop 
lässt  sich  die  Umänderung  häufig  an  den  Bhomboedern,  leichter,  be- 
sonders im  polarisirten  Licht,  bei  nicht  zerfallenden  Arragonitvarietäten 
dadurch  erkennen,  dass  die  Krystalle  vor  dem  Erhitzen  nur  eine  Farbe, 
oder  doch  in  einander  übergehende  Farben  zeigen,  während  sie  nach 
dem  Erhitzen  Aggregate  nicht  parallel  gestellter  Krystallindividuen  sind, 
und  daher  verschiedene  scharf  an  einander  abschneidende  Farben  zei- 
gen. Der  Arragonit  hat  nach  dem  Erhitzen  das  specif.  (rewichi  des 
Kalkspaths.  —  So  mögen  die  Pseudomorphosen  von  Kalkspath  nach 
Arragonit,  wie  sie  zuweilen  gefunden  werden,  durch  Erhitzen  des  letzte- 
ren Minerals  gebildet  sein;  Mits  eher  lieh  beobachtete  einen  Arragonit- 
krystall  vom  Vesuv,  der  durch  Einwirkung  der  glühenden  Lava  äusser- 
lich  in  Kalkspath  umgewandelt,  im  Inneren  aber  noch  Arragonit  war. 

Der  Arragonit  soll  sich  in  sehr  verdünnter  Säure  langsamer  als 
Kalkspath  lösen;  nachdem  die  Säure  einige  Zeit  eingewirkt  hat,  ist  der 
Rückstand  also  vorzugsweise  Arragonit. 

Wenn  es  auch  unzweifelhaft  ist,  dass  Arragonit  unter  anderen 
Umständen  krystallisirte  als  Kalkspath,  so  kennt  man  leider  diese  Um* 
stände  noch  nicht  mit  Sicherheit.  U.  Rose  hatte  früher,  auf  ansführ- 
liche  Versuche  gestützt,  die  Ansicht  aufgestellt,  dass  das  Kalkcarbonat 
sich  nur  aus  heissen  Flüssigkeiten  in  rhombischen  Formen,  d.  h.  als  Arra- 
gonit abscheide.  Nach  ihm  findet  sich  daher  in  dem  Absatz  heisser  Quel-« 
len  der  kohlensaure  Kalk  als  Arragonit  (s.  o.);  and  wenn  man  in  eine 


*)   Pogg.    Annal.   Bd,   XLII,    S.  863;    Bd.   XCVII,    S.   161;  Abhandl.   d.    Bert. 
Akad«m.  d.  Wissensch.  1866,  S.  1. 


Arrak.  —  Arrow-root.  205 

siedende  Losung  von  kohlensaurem  Ammoniak  eine  siedende  Chlor- 
calciumlösung  giesst,  so  besteht  der  Niederschlag  aus  mikroskopischen 
ArragonitkryatalleB,  die  aber,  längere  Zeit  unter  der  kalten  Flüssigkeit 
stehend,  zu  KalkspathrhomboSdem  werden.  Nach  Becqueren)  bilden 
sich  beim  Einwirken  von  gelöstem  doppelt  -  kohlensauren  Natron  auf 
Gjps,  auch  schon  bei  gleichbleibender  mittlerer  Temperatur,  bei  An- 
wendung concentrirter  Lösung  rhombische  Arragonitkrystalle,  während 
bei  verdünnter  Lösung  rhomboedrische  Krystalle  von  Kalkspath  ent* 
stehen.  Nach  G.  Bischof  sind  umgekehrt  nicht  alle  Arragonite  als 
aas  heisren  Quellen  abgesetzt  anzusehen.  Es  kann  demnach  nur  als 
feststehend  betrachtet  werden,  dass  manche  Arragonite  auf  nassem 
Wege  bei  höherer  Temperatur  entstanden  sind,  wie  heutigen  Tages 
Boch  immer  sich  solche  bilden;  ob  andere  Arragonite  in  anderer  und  in 
welcher  Weise  entstanden  sind,  bleibt  noch  nachzuweisen.  Fe, 

Arrak  (eigentlich  AI  Bak)  heisst  bei  uns  ein  Branntwein  von 
feinem  eigenthiimlichen  Aroma,  der  seit  alten  Zeiten  in  China  und 
Indien  meistedB  aus  Reu  bereitet  wird.  In  Ostindien  scheint  der  Name 
Oberhaupt  Branntwein  zu  bezeichnen.  Der  Arrak  wird  noch  jetzt  zu 
Goa  auf  der  Küste  Malabar,  und  zu  Batavia  auf  Java  in  grosser  Menge 
dargestellt,  entweder  aus  Reis  mit  oder  ohne  Zusatz  von  Palroensaft, 
oder  auch  aus  dem  letzteren  allein.  Der  Reis  wird  gemalzt,  die  daraus  be- 
reitete Meische  in  Gährung  versetzt,  und  nachdem  sie  vergohren  ist, 
destillirt ;  der  beste  Arrak  wird  aus  dem  Zuckersaft  (Toddy)  der  Blü* 
thenkolben  von  der  Cocospalme,  der  Dattelpalme  mit  Zusatz  von  Zucker, 
Reis  und  Palmbaumrinde  gebrannt.  Man  unterscheidet  einfachen,  dop- 
pelten und  dreifachen  Arrak,  der  doppelte  kommt  hauptsächlich  nach 
Eoropa.  £r  soll  zuweilen  mit  der  Schärfe  gewisser  Seethiere  (Holo- 
timrien)  versetzt  sein,  um  ihn  stärker  erscheinen  zu  machen.  Die  Ei- 
geathümlichkeit  des  Arraks  liegt  in  seinem  Aroma,  man  hat  vielfach 
versucht  dieses  nachzubilden;  es  ist  bis  jetzt  nicht  bekannt,  dass  auf 
kunstlichem  Wege  allein  ein  gutes  Product  erhalten  ist,  denn  obgleich 
wohl  viel  künstlicher  Arrak  verkauft  wird,  enthält  er  jedoch  meistens 
wenigstens  ächten  beigemengt.  Fe. 

Arrow-root^),  Pfeil  wurzelmehl.  Unter  diesem  Namen  kommt 
aus  Westindien,  von  den  Südseeinseln  und  aus  Ostindien  in  zinnernen  Kap- 
seln oder  in  Fässern  und  Büchsen  ein  Stärkmehl  in  den  Handel,  von  wel- 
chem die  von  Bermuda  kommende  Sorte  die  geschätzteste  ist.  Das  west- 
indische ist  das  Stärkmehl  derMaranta  arundinacea,  der  westindi- 
schen Pfeilwurzel  (daher  der  englische  Name  arrow  root^  von  arrow^  Pfeil, 
and  roott  Wurzel)  einer  in  Westindien  heimischen  Pflanze  aus  der  Ordnung 
der  Marantaceaen.  Das  sogenannte  TahitiArrow-root  ist  Amylum 
ftos  dem  Wurzelstocke  der  Tacca  pinnatifida,  welches  übrigens 
dem  gewöhnlichen  Arrow-root  sehr  häufig  und  zwar  in  grossen  Quan- 
tiUten  zugesetzt  ist  (Walpers).  Das  ostindische  Arrow-root 
soll  dagegen  von  den  Wurzelstöcken  mehrerer  Curcumaarten,  nament- 


»)  Compt.  rend.  T.  XXIV,  p.  29  et  673;  Annal.  d.  Chem.  u.  Phann.  Bd.  LXXXIV, 
&  201  n.  203. 

*)  Literatur:  Walpers,  Arch.  d.  Pharm.  Bd.  LXXI,  S.  117.  —  Groves, 
PbamL.  Joom.  Vol.  XIII,  p.  60.  —  May  et,  Journ.  d.  Pharm.  [3]  T.  XI,  p.  81.; 
Pbarm.  Centrabl.  1847,  8.  398.  —  Scharling,  Chevallier  Dictionn.  d.  falsificat. 
T.  r,  p.  98.  —  Gaibonrt,  Hist.  d.  drogaes  T.  11,  p.  866,  8  ddit. 


206  Arrow-root 

lieh  Curcuma  anguatit'olia,  leacorrhiza  und  rabescens  ge- 
wonnen werden.,  während  dag  sogenannte  Portiand  Arrow-root  von 
Arum  maculatum,  und  das  braBilianische  von  Jatropha  Ma- 
nihot stammt,  und  von  Guibourt  unter  dem  Namen  Mou<<8acha 
oder  Cipipa  beschrieben  wurde.  Auch  aus  den  Wurzelknollen  der 
Arracacha  esculenta,  den  Yamswurzeln  (Walpers)  und  ans 
den  Wurzelknollen  einer  in  Chili  vorkommenden  noch  nicht  näher 
bestimmten  Alströmeria  wird  ein  dem  Arrow-root  ähnliches  8täi^- 
mehl  in  den  Handel  gebracht.  In  Bezug  auf  die  Abstammung  des 
Arrow-root  ist  ferner  noch  zu  erwähnen,  dass  das  ostindische  Arrow- 
root  auch  den  Namen  Tikhurmehl  führt.  Walpers  schliesst  aus 
seiner  Untersuchung  einer  grossen  Menge  käuflicher  Arrow-root- Sor- 
ten, dass  das  Stärkmehl  der  Maranta  arundinacea  immer  den  Grund- 
bestandtheil  desselben  ausmache,  doch  seien  demselben  häufig  verschie- 
dene andere  Arten  Stärkemehl,  wie  Kartoffelstärke,  Maisstärke,  Stärke 
von  Tacca  pinnatißda  (welch  letzteres  für  sich  als  Tahiti  Arrow-root 
in  den  Handel  kommt)  und  Tapioca  beigemengt.  Dagegen  konnte 
Walpers  im  käuflichen  Arrow-root  nie  Stärke  von  Maranta  indica  und 
Weizenstärke  flnden. 

Das  westindische  Arrow-root  ist  weiss,  geruch-  und  geschmacklos, 
und  stellt  entweder  ein  feines  Pulver  oder  zusammengebackene  weisse 
Massen  dnr.  Unter  dem  Fingerdrucke  giebt  es  ein  eigenthümliches 
knirschendes  Geräusch  von  sich,  und  ist  in  kaltem  Wasser  löslich. 
Beim  Anbrühen  mit  kochendem  Wasser  giebt  es  einen  vollkommen  ge- 
ruch- und  geschmacklosen  Kleister.  Unter  dem  Mikroskop  erscheinen 
die  Stärkemehlkörnchen  der  Maranta  arundinacea  denen  der  Kartoffel- 
stärke sehr  ähnlich,  doch  sind  sie  kleiner,  gedrungener.  Der  excen- 
trische  Kern  liegt  mehr  gegen  die  Mitte  zu,  die  Schichtenbildung  ist 
undeutlicher  (O'Shaugnessy),  endlich  besitzen  die  Marantakörn- 
chen  einen  deutlich  sichtbaren  einfachen  oder  dreispaltigen  Querriss, 
welcher  vom  excentrischen  Kern  ausgeht  (Walpers),  ^der  sich  jedoch 
nicht  in  den  Stärkekörnchen  der  frischen  Pflanze  findet,  und  daher 
durch  das  Austrocknen  entstanden  sein  mag.  Getrocknete  Kartoffel- 
stärke zeigt  diesen  Querriss  nicht.  Die  Gewinnung  des  Arrow-root 
ist  die  des  Stärkmehls  (s.  d.)  überhaupt,  seine  Anwendung  die  eines 
erweichenden,  demulcirenden  Mittels  für  convalescente  Kinder. 

Die  nach  Chevallier  vorkommenden  Verfälschungen  des  Arrow- 
root  sind  die  mit  Reis-,  Weizen-  und  Hafermehl,  mit  Kartoffelstärke, 
mit  Cassava,  mit  Gyps  und  Kreide.  Verfälschung  mit  Mclil  giebt  sich 
durch  die  ammoniakalischen  l'roducte  bei  der  trockenen  Destillation  zu 
erkennen,  Kartoffelstärke  durch  die  mikroskopische  Gestalt  der  Stärke- 
körnchen, durch  die  nur  theilweise  Löslichkeit  eines  so  verfälschten 
Arrow-root  in  kaltem  Wasser,  und  durch  das  folgende  von  May  et  an- 
gegebene Verfahren.  Man  löst  1  Tbl.  Kali-Kalk  in  3  Thln.  Wasser, 
mischt  5  Thle.  dieser  Lösung  noch  mit  6  Thln.  Wasser,  und  rührt  1  Thl. 
Stärke  mit  22  Thln.  dieser  Mischung  an.  Kartoffelstärke  giebt  dabei 
eine  dicke  Gallerte,  welche  opalisirend  durchsichtig  ist,  und  nach  % 
Minute  fest  wird.  Arrow-root  giebt  ein  ganz  flüssiges  Gemisch,  wor- 
aus sich  leicht  Stärke  absetzt,  und  wobei  die  überstehende  Flüssigkeit 
klar  bleibt.  Weizenstärke  giebt  ein  Gemisch,  das  nicht  fest  wird,  opak 
und  milchig  bleibt,  aber  keine  Stärke  absetzt.  Auf  diese  Weise  soll 
sich,  nach  May  et,  noch  Yiq  Kartoffel-  und  Weizenstärke  im  Arrow-root 


Arsa.  —  Arsen.  207 

entdecken  lassen.  Nach  Schariing  entdeckt  man  die  Kartoffelstärke, 
aoeh  wenn  die  Menge  derselben  nur  4  bis  6*  Proc.  beträgt ,  auf  fol- 
gende Weise:  man  reibt  das  Arrow-root  mit  einer  Mischung  aus  glei- 
chen Theilen  Salzsäure  und  Wasser  an.  Bei  Gegenwart  von  Kartoffel- 
stärke bildet  sich  ein  dicker  steifer  Mucilago.  Gyps-  und  Kreidezusatz 
werden  durch  Einäschern,  so  wie  durch  das  Gewicht  der  Asche  er- 
kannt 1000  Gewichtstheile  reines  Arrow-root  geben  nicht  mehr  als 
7  Thle.  Asche,  weniger  wie  ein  Procent.  G.  —  B, 

Arsa  nennen  die  Tataren  einen  aus  gegohmer  Stutenmilch  er- 
haltenen und  rectificirten  Branntwein.  Sie  lassen  die  Milch  dazu  in 
Schläuchen  von  ungegerbten  Häuten  sauer  werden,  und  unterwerfen 
dann  die  saure  Milch  (tatarisch  Kunfis  oder  Kumys;  kalmückisch  Tschi- 
gan),  nachdem  ?ie  geschüttelt  ist,  bis  sich  ein  dicker  Rahm  an  der  Ober- 
fläche abgeschieden  hat,  der  Destillation;  hierzu  dient  ein  sehr  roher 
und  unreiner  Apparat,  der  aus  einem  eisernen  Topf  mit  hölzernem 
Deckel  und  hölzernen  gebogenen  Ableitungsröhren  besteht,  und  dessen 
Fugen  mit  Lehm  und  Mist  verstrichen  werden.  Der  so  erhaltene 
schwache  Branntwein  heisst  Araca,  nochmals  rectificirt,  giebt  es  end- 
lich den  Arsa.  Die  saure  gegohme  Milch,  der  Kumis,  soll  ein  ange- 
nehmes Getränk  sein,  dagegen  schmeckt  der  Arsa  höchst  unangenehm 
and  ranzig. 

Aus  Kuhmilch  lässt  sich  durch  Gährung  eine  ähnliche  Flüssigkeit 
wie  ans  Stutenmilch  darstellen,  welche  durch  Destillation  einen  Milch- 
Branntwein  giebt,  den  die  Kalmücken  Airak  nennen;  Pallas  nennt 
ihn  Arki. 

Die  Bildung  von  Branntwein  erfolgt  hier  durch  Gährung  des 
Milchzuckers«  an  dem  die  Stutenmilch  reicher  ist  als  die  Kuhmilch 
(wgL  Iste  Aufl.  Bd.  in,  S.  222  u.  Bd,  V,  S.  296).  (p.)  Fe, 

Arsarat  nennen  die  Perser  eine  schlechte  Sorte  Schellack 
(Göbel). 

Arsen,  Arsenik,  Scherbenkobalt,  Fliegengift,  Näpf- 
chen co  halt,  Ar^enicum^  CobaUum  derOfticinen,  Cobaltum  cryataUisaium^ 
Rtgubuaraenici^  agöevixov  desDioscorides.  (Mit  öavSagcixtl  scheint 
Aristoteles  und  mit  a^^svcxov  Theophrastus  die  Verbindung  von 
Anen  mit  Schwefel,  das  Äurum  pigmentum  bezeichnet  zu  haben.)  Sein  Zei- 
chen =  As;  das  Aequivalentgewicht  75,0  (oder  937,5) ;  das  einfache  Atom 
iit  Dach  Berzel ins  halb  so  gross,  also=  37,5  (oder  468,7)  (Pelouze^). 

Das  Arsen  gleicht  in  seinen  physikalischen  Eigenschaften  völlig 
^  Metallen ,  aber  seine  Verbindungen,  welche  eine  grosse  Analogie 
nit  den  Verbindungen  des  Phosphors  zeigen,  sind  Veranlassung  gewe- 
v^en,  dass  man  jetzt  es  allgemein  zu  den  Metalloiden  zählt.  Es 
wde  1694  von  Schröder  zuerst  aus  arseniger  Säure  dargestellt. 
Brand  (1733)  untersuchte  seine  chemische  Natur.  Weitere  Un- 
^crsachungen  über  das  Arsen  stellten  ferner  an,  Macqner  (1746), 
Mamet  (1773)  und  Bergmann.  Scheele  entdeckte  1775  die  Arsen- 
äore  und  das  Arsenwasserstoffgas ,  H.  Davy  das  Wasserstoffarsen, 
Berzelius  untersuchte  die  stöchiometrischen  Verhältnisse  des  Arsens 
ond  seine  Schwefelverbindungen. 


^  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LVI,  S.  205. 


208  Arsen. 

Früher  hielt  man  das  Vorkominen  des  Arsens  für  ciemlich  be- 
schränkt, obw^ohl  es  nicht  selten,  namentlich  aU  Arsenkies,  gefanden 
wurde;  jetzt  weiss  man  jedoch,  dass  es  su  den  verbreitetsten  Körpern  za 
zählen  ist.  Es  findet  sich  gediegen,  nnd  zwar  nierenförmig,  tranbig  mit 
krummsciialiger  oder  körniger  Absonderung,  in  undurchsichtigen  ange- 
laufenen Massen,  in  welcher  Form  es  den  Namen  Scherbenkobalt 
führt  Wie  der  Schwefel  die  Metalle  vererzt,  so  auch  das  Arsen,  da* 
mit  Arsenmetalle  bildend.  So  fmden  sich  Arsenmangan ,  Arseneisen, 
Speiskobalt,  Knpfernickel  u.  a.  Diese  Arsenmetalle  finden  sich  ferner  noch 
in  Verbindung  mit  Schwefelmetallen,  so  im  Arsenkies  (Fe As -|- Fe S^) 
dem  für  die  Gewinnung  des  Arsens  wichtigen  Mineral.  Ferner  sind  noch 
zu  erwähnen  einige  Schwefelverbindungen  des  Arsens,  das  Rauschgelb 
oder  Operment,  der  Realgar  oder  Sandarach.  Salze  der  Arsensäuren  finden 
sich  häufig  da,  wo  arsenhaltige  Erze  brechen.  Kleine  Mengen  von  Arsen 
finden  sich  sehr  allgemein  in  vielen  Metallerzen  und  den  daraus  dargestell- 
ten Producten.  Man  hat  gefunden,  dass  die  wenigsten  Schwefelsorten 
ganz  frei  davon  sind,  dass  bei  weitem  die  meisten  Schwefelkiese  gar 
nicht  unbeträchtliche  Mengen  davon  enthalten,  woher  es  kam,  dass,  so- 
bald man  anfing,  die  Schwefelsäure  an  vielen  Orten  durch  Verbrennung 
von  Schwefelkiesen  zu  bereiten,  Arsen  nicht  allein  in  dieser,  sondern 
auch  in  einer  Menge  pharmaceutischer  Präparate  gefunden  wurde. 
Descharaps  fand  es  in  sonst  reiner  Essigsäure,  Chevallier  in  ver- 
schiedenen Proben  Speiseessig,  die  zur  Verstärkung  des  Weinessigs 
mit  gereinigter  Holzessigsäure  versetzt  worden  waren.  Wöhler*)  fand 
in  Phosphor  bis  zu  ^^  Procent  Arsen,  was  ofieubar  auch  aus  der  Schwe- 
felsäure herrühren  musste.  Die  Nachtheile  dieser  Verunreinigung  der 
Schwefelsäure  haben  veranlasst,  dass  sie  jetzt  häufig  davon  befreit 
in  den  Handel  gebracht  wird.  Auch  Salzsäure  ist  sehr  häufig  stark 
arsenhaltig,  von  der  rohen  Schwefelsäure  herrührend.  Später  machte 
Walchner^)  darauf  aufmerksam,  dass  sehr  viele  Gusseisensorten  geringe 
Mengen  Kupfer  und  Arsen  enthalten ;  er  fand  diese  Metalle  in  den  meisten 
natürlichen  Eisensteinen,  dem  Spatheisenstein,  denen  der  Oolith-  wie 
der  Juraformation,  in  den  Bohnerzen,  dem  Sumpferz  oder  Baseneisen- 
stoin,  dann  in  den  ockerartigen  Absätzen  vieler  Quellen,  in  thonigem 
Ackerboden,  vielen  Thon-  und  Mergelarten,  auch  in  mehreren  Meteor- 
eisensorten u.  s.  w.  Seither  hat  man  namentlich  bei  Untersuchung  der 
Mineralquellen  grosse  Aufmerksamkeit  auf  diesen  Körper  verwendet  nnd 
ihn  in  der  Mehrzahl  der  ockerartigen  Absätze  aus  stark  eisenhaltigen 
Wässern,  aber  auch  hie  nnd  da  in  weniger  eisenhaltigen  Mineralwäs- 
sern selbst  gefunden.  WilP)  hat  die  Absätze  der  Quellen  zu  Rippoldsau 
im  Schwarzwalde,  zu  Soden,  Homburg,  Wiesbaden,  Walchner^)  die 
von  Teinach,  Rothenfels,  Cannstatt,  Wiesbaden,  Schwalbach,  Ems, 
p3nrmont,  Lamscheid,  Andernach,  Tripier^)  zweier  Quellen  in  Algier, 
Ludwig^  die  von  Driburg  und  Liebenstein,  Büchner^)  die  der  Kissin- 
ger Quellen  Pandur  und  Rakoczy,  Bley^)  von  Alexisbad  am  Harz, 
Fischer^)  die  des  Wildunger  Wassers  untersucht;  in  all  den  genannten 
Mineralwässern  ist  Arsen,  meist  neben  Kupfer,  Zinn,  bisweilen  Antimon 

0  Annal.  d.  Chem.  Bd.  LH,  S.  141.  —    «)  Annal.  d.  Chem.  Bd.  LXI,   S.  206. 
-  «)  Annal.  d.  Bd.  LXI,  S.   192.  —    *)  Ebendag.     S.  20G.   —    *)  Jouni.  de  Chim. 
m^d.  1840.  T.  VI,  p.  278.  —    ')  Polrtecbn.  Centralbl.  1847.   S.  719.  —    0  Eben- 
daselbst. —  Ö  Ebendas.  1848.  S.  80.'—  ^)  Ebendas.  S.  96. 


Arsen.  209 

^fimdeD.  Eben  so  ist  von  französischen  Chemikern  Arsen  in  dem  Wasser 
TOD  Tichy  1),  Plombidre,  Hantrive  und  vielen  anderen,  so  wie  in  noch 
mehreren  ockerartigen  Absätzen  und  damit  auch  die  allgemeine  Ver- 
breitmig  dieses  Vorkommens  nachgewiesen  worden.  Aach  in  mehreren 
SCeinkohleoaschen *)  hat  man  es  gefanden.  Otto  giebt  an,  es  in  einem 
Kesselstein  gefanden  zu  haben.  Die  Angabe  von  Orfila^),  dass  es 
sich  in  den  Ejiochen  und  Muskeln  gesunder  Menschen  und  Thiere 
lüde,  ist  von  vielen  französischen  Chemikern  widerlegt  worden. 

Das  in  dem  Handel  vorkommende  Arsen  ist  entweder  der  söge- 
BMUite  Scberbenkobalt,  oder  ein  Product  der  Sublimation  ans  Arsen- 
kies. Dieser  wird  in  irdenen  Bohren,  die  in  einem  sogenannten  Galee- 
renofen  reihenweise  nebeneinander  liegen  und  nach  und  nach  einer 
starken  Bothgluth  ausgesetzt  werden,  zersetzt:  der  Arsenikkies 
=  Fe  As.  Fe  S3  giebt  hierbei  2FeS,  die  zurückbleiben,  und  gediegen 
Arsen,  welches  sublimirt.  Die  Röhren,  welche  horizontal  liegen,  sind 
drei  Fuss  lang  und  ein  Fuss  weit;  man  schiebt  ein  acht  Zoll  langes, 
durch  Aufrollen  eines  Eisenblechs*  verfertigtes  Bohr  zur  Hälfte  in  den 
aoi  dem  Ofen  hervorragenden  Theil  einer  solchen  Bohre  und  kittet  eine 
irdene  Vorlage  darüber.  Das  Arsen  sublimirt  sich  in  die  Blechröhre  als 
cioe  zusammenhängende,  im  Inneren  krystallinische  Masse,  die  m«i 
ueh  dem  Erkalten  durch  Aufbiegen  der  Bohre  ablöst. 

Das  so  dargestellte  Arsen  stellt  eine  bröckelige,  aus  gröberen 
glänzenden  Metallüittem  bestehende  Masse  dar,  welche  unter  dem  Na^ 
men  CabalUcm  bekannt  ist.  Es  enthält  meist  nicht  unbedeutende  Bei- 
m^ignngen  Ton  Arsensuboxyd  und  Schwefelaraen,  ferner  nicht  flüch- 
tif e  Theile  von  Bergart ,  Arsenkies  u.  s.  w. ;  durch  wiederholte  Subli- 
mation, gewöhnlich  unter  Zusatz  von  etwas  Kohlenpulver,  reinigt  man 
ei  TOQ  dieser  Beimengung;  das  tiüohtigere  Schwefelarsen  verdampft  ent- 
weder ohne  sich  zu  verdichten  oder  setzt  sich  in  den  kältesten  Theilen 
des  Sublimirgefässes  an.  Am  besten  gelingt  die  Operation  im  Kleinen, 
wenn  man  in  einem  Glaskolben  kälufliches  Arsen  mit  Kohlenpulver  ge- 
mengt bringt,  und  denselben  in  einem  Tiegel,  zur  Hälfte  mit  Sand  umge- 
ben, nach  und  nach  einer  starken  Bothgluth  aussetzt.  Sobald  die  Subli- 
mation beginnt,  steckt  man  in  den  Hals  des  Kolbens  einen  schlecht 
sehliessenden  Pfropf  von  Kreide,  stülpt  einen  zweiten  Tiegel  über  den 
eilten,  setzt  die  Hitze  noch  eine  Zeitlang  fort  und  lässt  langsam  erkal- 
ten. In  dem  oberen  Theil  desGefässes  setzen  sich  dann  ausgezeichnet 
glänzende  Krjstalle  von  metallischem  Arsen  au. 

Die  Darstellung  von  reinem  Arsen  aus  arseniger  Säure,  durch 
Mengen  derselben  mit  Kohlenpulver  oder  sogenanntem  schwarzen  Fluss, 
oad  Sublimation  in  einem  Wasserstoffstrome  kann  nur  in  ganz  kleinen 
Qnantitäten  und  sehr  weiten  Bohren  vorgenommen  werden,  weil  sich 
iflinier  unzersetzte  arsenige  Säure  mit  verflüchtigt  und  das  Bohr  leicht 
verstopft.  Auch  durch  Glühen  von  arsenigsaurem  Kalk  im  Wasser- 
itoffstrom  lässt  sich  reines  Arsen  darstellen. 

Das  Arsen  krystailisirt  in  Bhombogdern,  die  dem  drei-  und 
eioaxigen  Systeme  angehören,  ist  isomorph  mit  Tellur  und  Antimon 
(Mitscherlich).     G.  Bose^)   hat  gefunden,  dass  Osmium,  Iridium, 


*)Polytechn.  Centralbl.  1847.  S.  610.  —  «)  EbendAs.  1847.  8.271  —  ^  Journ. 
^  chim.  m^  T.  XV,  p.  462  a.  632.  —  *)  Bericht  d.  AkAdem.  d.  Witsensoh.  zu 
B«rim  1849.  S.  187. 

Ktti4«telarb«eb  der  Ch«nie.   Me  Anfl.  Bd.  II.  X4 


210  Arsen. 

Arsen,  TeUar,  Antimon,  Wismuth,  BämmÜich  in  RhomboSdem 
krystallisiren ,  deren  Endkantenwinkel  zwischen  84<>  52'  und  S7^  iO' 
betragen.  Das  Arsengas  ist  farblos  und  besitzt  ein  specif.  Gewicht 
von  10,37.  Das  specif.  Gewicht  des  reinen  Metalls  im  starren  Zustande, 
wie  es  sich  aus  dem -Dampfe  absetzt,  ist  gleich  5,7.  Wenn  man  es 
rasch  in  einer  damit  angefüllten  Porcellanretorte  zum  Glühen  erhitzt, 
so  schmilzt  es  zwar  nicht,  aber  man  findet  es  dann  weit  glänzender  aaf 
dem  Bruch  und  das  specif.  Gewicht  erhöhtsich  bis  auf  5,96  (Gnibouri). 
Nach  Berzelius  erhält  man  es  in  zwei  Modificationen ;  die  eine  ent- 
steht, wenn  man  Arsen  in  dem  Strom  eines  unwirksamen  Gases  er- 
hitzt und  an  kalten  Gefässwänden  verdichtet,  wo  es  sich  dunkelgrau 
krystallisirt  abscheidet  Erhitzt  man  aber  Arsen  in  einem  Gefässe  für 
sich  rasch  und  stark  und  erhält  die  Stelle,  wo  es  sich  verdichtet,  nahe 
auf  der  Temperatur,  bei  welcher  es  sich  verflüchtigt,  so  bildet  es 
eine  weisse,  stark  metallglänzende  Masse  von  etwas  höherem  specif. 
Gewicht. 

An  der  Luft  überzieht  sich  das* Arsen  unter  noch  nicht  genau  er- 
kannten Umständen  bald  mit  einem  grauen  Anflug  von  sogenanntem  Arsen- 
subozyd  (s.  d.),  bald  hält  es  sich  unverändert.  Nach  Berzelius  oxydirt  sieh 
nur  die  erstere  dunkelgraue  krystallisirende  Modification,  besonders 
leicht  bei  40®  C,  wobei  sie  zu  schwarzem  Suboxyd  zerfallt,  während 
die  zweite,  wie  oben  angegeben,  in  weissen,  stark  metallglänzenden 
Massen  erhaltene  Modification  selbst  als  feines  Pulver,  und  bei  70<^  bis 
80<>  C,  zuweilen  selbst  noch  über  100®  C,  an  der  Luft  unverändert 
bleibt.  Nach  v.  Bonsdorf  bleibt  das  Arsen  in  ganz  trockener  Luft 
unverändert  glänzend,  während  es  in  feuchter  Luft,  besonders  bei 
30^  bis  iO^  C.  rasch  schwarz  .wird.  Mit  lufthaltigem  Wasser  ange- 
feuchtet, bildet  sich  allmälig  arsenige  Säure.  Beim  Erhitzen  an  der 
Luft  oxydirt  es  sich  zu  arseniger  Säure,  welche  verdampft;  und 
sich  in  Erystallen  (OctaSdern)  an  kalten  Gegenständen  verdichtet; 
bringt  man  es  brennend  in  Sauerstoffgas,  so  verbrennt  es  rasch  mit  glän- 
zend weissem  Licht  (Böttger)  unter  Entwickelung  eines  starken  knob- 
lauchartigen Geruches,  den  weder  das  Metall  noch  die  arsenige  Säure 
an  und  für  sich  besitzen,  sondern  der  nur  im  Entstehungsmoment  der 
letzteren  sich  entwickelt. 

Man  hat  die  Erfahrung  gemacht,  dass  sich  frisch  sublimirtes  Arsen, 
in  Massen  mit  Wasser  benetzt,  zuweilen  bis  zur  Entzündung  erhitzt ;  die 
näheren  Bedingungen  derselben  sind  nicht  ausgemittelt  Das  Arsen 
verbindet  sich  mit  Metalloiden,  mit  manchen  wie  z.  B.  dem  Chlor  anter 
Feuererscheinung.  Andrews^)  hat  die  Menge  der  Wärme  bestimmt, 
welche  sich  bei  dem  Verbrennen  von  Arsen  in  Chlorgas  entwickelt  und 
geftinden,  dass 

1  Liter  Chlor  mit  Arsen  2282  Wärmeeinheiten 
1  Grm.  Chlor  mit  Arsen    700  „' 

1      „     Arsen  mit  Chlor    994  ,, 

entwickeln;  unter  Wärmeeinheit  ist  hier  zu  verstehen  die  Wärmemenge, 
welche  1  Grm.  Wasser  bedarf,  um  um  1^  C.  erwärmt  zu  werden. 

Salzsäure  wirkt  bei  Abschluss  der  Luft  nicht  auf  das  Arsen  und 
bei  Luftzutritt  entsteht  eine  geringe  Menge  Arsenchlorid ;  Salpetersäure 
so  wie  Königswasser   oxydiren  das  Arsen  mit  grosser  Heftigkeit  zu 


0  PhArm.  Centralbl.  1848.  S.  471. 


Arsen,  Bestimmung  desselben.  211 

anemger  Saure  nnd  Arsensänre,  concentrirte  Schwefelsäure  oxydirt 
es  ebenfalls  unter  Freiwerden  von  schwefliger  Säure  zu  arseniger 
Saare.  Mit  den  Metallen  verbindet  sich  das  Arsen  leicht  zu  Arsen- 
setallen.  Mit  den  Hydraten  der  Alkalien  zusammengeschmolzen,  oxydirt 
«9  sich  auf  Kosten  des  Sauerstoffs  vom  Metalloxyde  wie  vom  Wasser, 
Wasserstoff  wird  frei,  und  es  bildet  sich  arsenigsaures  Metalloxyd  neben 
ÄnennietalL  Mit  Salpeter  oder  chlorsaurera  Kali  gemischt  und  ange- 
zündet, verpufft  es  mit  Heftigkeit,  ein  Gemenge  mit  chlorsanrem  Kali 
explodirt  schon  durch  einen  starken  Schlag. 

Aether  und  Weingeist  greifen  das  Arsen  nicht  an,  in  manchen 
tetten  Oelen  ist  es  in  der  Hitze  löslich. 

Das  Arsen  und  alle  löslichen  Verbindungen  desselben,  so  wie  die- 
jenigen, welche  durch  den  Einfluss  der  Säfte  löslich  gemacht  werden, 
üisserD  sämmtlich  heftige  giftige  Wirkungen  auf  den  Organismus  so- 
wohl der  Pflanzen  wie  der  Thiere.  (Siehe  das  Nähere  unter  dem  Art. 
Arsenige  Säure,  so  wie  Arsen,  Ausmittelung  bei  Vergif- 
»ingen.)  (J.  X.— F.)  Schi, 

Arsen,  Bestimmung   desselben.    Die  qualitative Be- 

lämmang  des  Arsens  hat  in  den  meisten  Fällen  keine  besondere  Schwie- 
rigkeiteo,  besonders  kommt  man  mit  Hülfe  des  Löthrohrs  oft  leicht 
nun  Ziele.  Der  Knoblauchgeruch,  den  metallisches  Arsen  beim  Er- 
biteea  unter  Zutritt  von  Luft  ausstösst,  verräth  dasselbe  in  den  meisten 
^eo;  oxydirte  Arsenverbindungen  müssen  zur  Hervorbringnng  dieses 
Genichs  mit  desoxydirenden  Substanzen  (Kohle  unct  Soda)  gemengt 
werdeu.  Aus  einer  Auflösung  von  Goldchlorid  wird  durch  arsenige 
Säare  und  deren  Salze,  nachdem  dieselben  mit  Salzsäure  versetzt  worden 
sind,  Gold  mit  gelber  Farbe  metallisch  abgeschieden.  Die  Ausschei- 
dimg erfolgt  schneller  in  der  Hitze. 

Charakteristisch  ist  der  gelblichgrüne  Niederschlag,  welchen  eine 
Kopferoxydsalzlösung  in  einer  Lösung  von'  arseniger  Säure  hervor- 
l^nngt,  wenn  man  vorher  die  freie  Säure  abstumpft.  Ganz  besonders  be- 
Kichnend  ist  aber  der  reingelbe  Niederschlag,  der  auf  Zusatz  von  Schwe- 
Uwasserstoff  zu  sauren  Lösungen  von  Arsen  verbin  düngen  entsteht,  und 
^  in  Ammoniak  wie  in  Schwefelammonium  leicht  löslich  ist.  Selbst  bei 
^eowart  von  organischen  Substanzen  leistet  Schwefelwasserstoff  die 
^i^teo  Dienste ,  man  darf  sich  jedoch  hierbei  nie  mit  dem  gelben  Nie- 
derschlag allein  begnügen ,  sondern  muss  denselben  weiter  untersuchen, 
^  häufig  durch  Schwefelwasserstoff  ein  ganz  ähnlicher  Niederschlag  in 
irKoireien  Lösungen  entsteht,  wenn  z.  B.  Fleisch,  welches  Fett  enthielt, 
■Sit  einer  Auflösung  von  Kali  oder  Säuren  längere  Zeit  gekocht  wurde 
(i.  S.  225). 

Durch  die  Löslichkeit  des  Schwefelarsens  in  Schwefelammonium 
^  das  Arsen  viel  Aehnlichkeit  mit  dem  Zinnoxyd,  welches  jedoch 
<^orch  das  Löthrohr  leicht  davon  unterschieden  werden  kann.  (Ueber 
^Trennung  von  Zinn  und  von  Antimon,  womit  es  ebenfalls  leicht 
v€nrechselt  werden  könnte,  siehe  S.  218  und  219.) 

Zink  fallt  bei  Gegenwart  von  verdünnten  Säuren  aus  Arsenoxyden 
'^ea  Arsen  als  schwarzes  Pulver,  wobei  sich  aber  zugleich  Arsen - 
^'Uderstoff  neben  freiem  Wasserstoff  entwickelt.  Selbst  wenn  nur  ge- 
'inge  Spuren  von  Arsenoxyden  mit  Zink  und  verdünnter  Schwefel- 
^^  zosammenkonunen ,  entwickeil  sich  Arsen  Wasserstoff,  welches 
leicht  durch  sein  Verhalten  beim  Erhitzen  und  gegen  Silber-  oder  Gold- 

14* 


f 

212  Arsen,  Bestimmung  desselben. 

lösung,  sowie  durch  die  Eigenschaften  der  Flarame  erkannt  und  nach- 
gewiesen werden  kann.  Hierauf  beruht  die  sogenannte  Mar  ah 'sehe 
Arsenprobe  (siehe  Arsen,  Ausmittelung  bei  Vergiftungen  S. 229). 
Arsensulfide  werden  durch  Wasserstoff  im  Status  nascens  nicht  zersetzt, 
sind  daher  nicht  geeignet  für  die  Märsh'sche  Probe. 

Legt  man  ein  ganz  kleines  Kömchen  von  arseniger  Säure  in  eine 
kleine  Glasröhre,  die  an  einem  Ende  zugeschmolzen  ist,  fügt  darauf 
eine  etwas  grössere  Menge  essigsaures  Natron  oder  Kali  hinzu,  so 
entwickelt  sich  jbeim  Erhitzen  ein  sehr  unangenehmer,  charakteristischer 
Geruch  von  Kakodyl.  Durch  diesen  Geruch  lassen  sich  die  kleinsten 
Mengen  Arsen  (so  wie  umgekehrt  geringe  Mengen  Essigsäure)  ent- 
decken (Bunsen). 

In  Wasser  unlösliche  Arsenverbindungen  löst  man  in  Salzsäure, 
fällt  das  Arsen  als  Schwefelarsen,  filtrirt,  setzt  zum  BCLckstand  auf  dem 
Filter  etwas  Ammoniak  und  Schwefelammonium,  wodurch  das  Schwe- 
felarsen gelöst  wird.  Aus  der  filtrirten  Lösung  fällt  man  dann  das 
Schwefelarsen  durch  verdünnte  Salzsäure. 

Hat  man  es  mit  sehr  kleinen  Mengen  Arsen  zu  thun,  wie  bei  den 
Mineralwässern  und  ihren  Absätzen,  wo  es  zugleich  mit  Eisenoxjd  sich 
findet,  so  zieht  man  diese  mit  Kali  aus ,  übersättigt  die  alkalische  Lö- 
sung mit  Salzsäure,  fällt  das  Arsen  durch  Schwefel  Wasserstoff,  zieht 
den  Niederschlag  mit  Ammoniak  aus,  trocknet  den  durch  Säuren  wie- 
der abgeschiedenen  Niederschlag,  und  behandelt  ihn  in  einem  Glas- 
rohre mit  Cyankalium  und  Soda,  hierbei  wird  das  Arsen  als  Metall- 
spiegel reducirt. 

Die  quantitative  Bestimmung  des  Arsens  hat  wesentliche  Verbes- 
serungen erfahren,  eben  so  seine  Trennung  von  den  meisten  übri- 
gen Metallen,  welche  jetzt  mit  grosser  Schärfe  vorgenommen  werden 
kann.  Besonders  H.  Rose  verdankt  man  eine  Anzahl  neuer  Methoden 
und  wesentlicher  Verbesserungen  vieler  bereits  früher  bekannter. 

Die  Oxydation  des  Schwefelarsens,  um  die  Quantität  des  darin 
enthaltenen  Schwefels  als  Schwefelsäure  zu  bestimmen,  wird  am  zweck- 
mässigsten  durch  chlorsaures  Kali  und  Salzsäure  bewirkt,  weil  bei  der 
Anwendung  von  Königswasser  die  in  grösserer  Menge  vorhandene  Sal- 
petersäure leicht  Veranlassung  zu  falschen  Gewichtsbestimmungen  des 
schwefelsauren  Baryts  giebt.  Man  muss  die  Operation  in  hinreichend 
grossen  Gefässen  vornehmen,  weil  die  Einwirkung  schon  in  der  Kalte 
mit  Heftigkeit  beginnt.  Der  sich  abscheidende  Schwefel  soll  nicht 
vollständig  oxydirt,  sondern  nur  so  lange  mit  der  Flüssigkeit  digerirt 
werden,  bis  er  sich  fest  zusammengeballt  und  jede  Spur  von  röthlicher 
Färbung,  also  von  Schwefelarsengehalt  verloren  hat.  Wollte  man  ihn 
vollständig  oxydiren,  so  würde  man  die  Operation  allzu  lange  fortsetzen 
müssen,  wobei  die  Verflüchtigung  von  Arsenchlorid  zu  fürchten  steht 
Der  Schwefel  wird  auf  einem  gewogenen  Filter  gesammelt,  vorsichtig  ge- 
trocknet und  gewogen.  Zur  Bestimmung  der  entstandenen  Schwefelsäure 
wird  die  saure  Lösung  mit  Chlorbarium  gefällt ;  es  schlägt  sich  schwefel- 
saurer Baryt  nieder,  während  arsensaurer  in  Auflösung  bleibt.  Aus 
dem  schwefelsauren  Baryt  berechnet  man  den  Schwefel,  der  zu  dem  un- 
oxydirt  gebliebenen  addirt,  den  gesammten  Gehalt  an  Schwefel  giebt, 
woraus  sich  das  Arsen  berechnen  lässt,  indem  man  ihn  von  der  be- 
kanntet Quantität  des  Arsensnlflds  abzieht. 

Man  kann  auch  das  Arsensulfld  durch  Schmelzen  mit  8   Thln. 


Arsen,  Bestimmung  desselben.  213 

Salpeter  nnd  2  Thln.  kohlensaaren  Natron  in  einem  Porcellantiegel 
FeqHiffen,  die  Auflösung  mit  Salzsäure  übersättigen,  übrigens  wie  oben 
iDgegeben  verfahren. 

Ist  der  erhaltene  Schwefelniederschlag  aus  einer  Auflösung  mit 
Schwefelwasserstoff  erhalten,  die  keine  Arsensäure  enthält,  so  kann  man 
ihn  trocknen  und  wiegen,  und  durch  Behandlung  mit  Ammoniak,  welcher 
den  unverbundenen  Schwefel zurücklässt,  letzteren  bestimmen  (H.Rose). 

Nach  Berthier's  Methode  kann  man  Arsensänre  quantitativ  be- 
stimmen, wenn  man  eine  genau  abgewogene  Menge  metallisches  Eisen 
in  Salpetersäure  auflöst,  diese  Auflösung  mit  der  Flüssigkeit  mischt, 
«18  welcher  die  Arsensänre  bestimmt  werden  soU,^  und  das  Granze  als- 
dann dnrch  überschüssiges  Ammoniak  fällt  Es  ist  unerlässlich,  hierbei 
dn  Uebermaass  des  Eisenoxydsalzes  anzuwenden.  Der  Niederschlag] 
wird  sorgfältig  ausgewaschen,  getrocknet  und  geglüht.  Die  Menge 
des  in  diesem  Niederschlage  enthaltenen  Eisenoxyds  ist  aus  der  Quan- 
tität deB  aufgelösten  Eisens  bekannt.  Es  ist  klar,  dass  das  erhaltene 
Gewicht  unn  die  darin  enthaltene  Menge  Arsensäure  grösser  sein  muss. 
Durch  Snbtraction  der  berechneten  Oewichtsmenge  des  reinen  Eisen- 
Qzyds  von  dem  erhaltenen  bekommt  man  mithin  die  Menge  der  Arsen- 


Die  zweckmässigste  Bestimmung  des  Arsens  ist  die  als  arsensaures 
Magnesia -Ammoniak.  Nach  Levol^),  welcher  diese  Methode  zuerst 
angegeben  hat,  wird  die  Arsensäure  dadurch  vollständiger  und  sicherer 
«U  durch  Schwefelwasserstoffgas  gefällt.  Man  setzt  einer  schwefel- 
aaiiren  Magnesialösung  so  viel  Salmiak  zu,  dass  Ammoniak  keine  Fäl- 
bmg  mehr  verursacht,  übersättigt  die  das  Arsen  als  Arsensäure  enthal- 
tnde  Lösung,  welche  dadurch  gefällt  werden  soll,  mit  Ammoniak,  lässt 
itteh  dem  Vermischen  12  Stunden  bei  gewöhnlicher  Temperatur  stehen 
(ttarkes  Erwärmen  ist  nachtheilig),  filtirt  und  wäscht  den  Niederschlag 
mit  Ammoniak  haltendem  Wasser  aus.  Levol  hat  denselben  geglüht  und 
als  arsensaure  Magnesia  2  MgO  •  AsOs  berechnet.  Aber  das  Ammoniak 
radueirt  beim  Glühen  einen  Theil  der  Arsensäure,  so  dass  man  dabei 
Dieiatens  einen  Verlust  von  mindestens  4  bis  6  Proc. ,  häufig  bei  raschem 
Erhitzen  sogar  von  12  Proc«  erleidet.  Man  muss  daher  den  Nieder- 
lehlag  entweder  neben  Schwefelsäure  unter  der  Luftpumpe  trocknen, 
wobei  er  kein  Kiystallwasser  verliert,  und  nach  der  Formel  (2 MgO. 
NH40).As05  -|-'  i^e^q*  berechnen,  oder  besser  einer  Temperatur  von 
lOO^C.  aussetzen,  wobei  11  Aeq.  Wasser  fortgehen  und  die  Verbin- 
dung (2MgO  .  NH4O)  .  AsOft  +  aq.  [60,5  Proc.  AsOj]  zurück- 
bleibt  (H.  Böse*).  War  ein  Theil  des  Arsens  als  arsenige  Säure  zuge- 
gen, so  ward  diese  nicht  gefällt,  wenn  eine  recht  grosse  Menge  von 
Qüoraminonium  zugesetzt  wurde,  und  kann  in  der  abfiltrirten  Flüssig- 
keit alsdann  auf  eine  der  gewöhnlichen  Weisen  bestimmt  werden. 

Sehr  genaue  Resultate  erhält  man  durch  Anwendung  von  Gold- 
cklorid- Natrium,  sobald  es  sich  nur  darum  handelt,  arsenige  Säure 
zn  bestimmen ,  gleichviel  ob  in  der  Lösung  Arsensänre  vorhanden  ist 
oder  nicht.  Die  Gegenwart  und  selbst  ein  Ueberschuss  von  Salzsäure  ist 
^ftbei  ohne  Naehtheil,  nur  von  Salpetersäure  darf  keine  Spur  vorhanden 
sein.     Man  lässt  die  zu  prüfende,  mit  der  Goldsolution  versetzte  Flüs- 


*)  AaiiaI.  de  chim.   et  de   pfays.  [8]   T.  XVII,  p.  601.  —    *)  Journ.  f.  prakt. 
Oiaa,  Bd.  XLIX,  S.  166;  Bericht  der  Berliner  AUdemie.    1S49,  S.  124. 


214  Arsen,  Bestimmung  desselben. 

sigkeit  mehrere  Tage  .lang  in  einem  neuen,  ganz  glatten  Glase  stehen.  (In 
gebrauchten  Glasgefässen  mit  raoher  Wandfläche  würde  sich  das  Gold  . 
80  fest  ansetzen,   dass  es  schwer  heraus  genommen  werden  könnte.) 
Nur  sehr  verdünnte  Lösungen  mag  man  sehr  gelinde  erwärmen,  man 
muss  sie  besonders  lange,  recht  geschützt  vor  Staub  stehen  lassen ;  denn 
je  verdünnter  die  Lösung,  desto  langsamer  findet  die  Bildung  der  Ar-  • 
sensäure    durch    die   Goldreduction    statt.     Ist  ausser    der   arsenigen  - 
Säure  Arsensäure  vorhanden,  so  leitet  man  nach  Abscheidung  des  ge- 
fällten Goldes   schweflige  Säure  in   die  filtrirte  Flüssigkeit,    wodurch 
alles  Gold  gefällt  und  die  Arsensäure  zu  arseniger  Säure  reducirt  wird, 
fällt  dann  durch  Schwefelwasserstofi^  alles  Arsen  und  zieht  von  der  er- 
haltenen Menge  die  durch  Gold  als  arsenige  Säure  bestimmte  ab. 

Da  bekanntlich  die  Fällung  der  Arsensäure  durch  Schwefelwasser-  . 
Stoff  viel  langsamer  als  die  der  arseiygen  Säure  und  nur  schwierig  g«inz 
vollkommen  stattfindet,  so  schlug  Wohl  er  vor,  dieselbe  durch  Zusatz 
von  schwefliger  Säure  (oder  von  schwefligsaurem  Alkali  und  Salzsäure  im 
Ueberschuss)  zuvor  zu  reduciren  und  hernach  durch  Erwärmen  die  über- 
schüssige schweflige  Säur^  zu  entfernen.  Aber  Wo  hier  selbst  spricht 
jetzt  gegen  dieses  Verfahren  als  wenig  förderlich,  auch  wenn  die  Flüs- 
sigkeit von  Salpetersäure  frei  ist,  da  die  schweflige  Säure  nicht  rasch 
desoxydirend  wirkt;  und  die  Schwefelwasserstoffwirkung  auf  die  Ar- 
sensäure sehr  beschleunigt  werden  kann,  wenn  man  die  Flüssigkeit  wäh- 
rend des  Durchleitens  auf  ungefähr  70<)  C.  erhält. 

Da  Chlorarsen  mit  Wasserdämpfen  etwas  flüchtig  ist,  so  darf  man 
nie  versuchen,  verdünnte  Lösungen  durch  Abdampfen  zu  concentriren 
(H.  Rose). 

Die  Berthier'sche  Bestimmungsmethode  hat  v.  Kobell  abgeän- 
dert, indem  er  vorschlägt,  statt  durch  Ammoniak  durch  kohlensauren 
Baryt  in  der  Kälte  alles  Eisenoxyd  neben  der  Arsensäure  zu  fallen. 
Der  Niederschlag  wird  in  Salzsäure  gelöst  und  der  Baryt  mit  Schwe- 
felsäure gefällt,  sein  Gewicht  bestimmt,  und  als  kohlensaures  Salz  be- 
rechnet von  dem  Gewicht  des  Niederschlages  abgezogen.  Sind  in  der 
arsenhaltigen  Flüssigkeit  nur  Metalloxyde  vorhanden,  die  durch  kohlen- 
sauren Baryt  in  der  Kälte  nicht  gefallt  werden,  so  mag  diese  Methode 
einfach  sein,  so  genau  wie  die  Bestimmung  durch  Magnesia  ist  sie 
in  keinem  Falle,  v.  Kobell^)  hat  auch  die  von  Rein  seh  vorge- 
schlagene Fuchs' sehe  Kupferprobe,  wonach  man  die  arsensäure- 
haltige Lösung  mit  einem  Stück  gewogenen  Kupfers  kocht,  dies  ab- 
spült, wieder  wägt  und  aus  dem  Kupferverlust  die  Menge  des  als 
Arsensäure  vorhandenen  Arsens  berechnet,  dahin '  abgeändert ,  dass 
er  die  Menge  Kupfer  bestimmt,  welche  aufgelöst  wird.  Er  oxydirt 
das  durch  Schwefelwasserstoff  gefällte  Schwefelarsen  mit  Salpeter- 
säure und  chlorsaurem  Kali,  verdampft  zur  Trockne,  behandelt  den 
Rückstand  mit  Schwefelsäure,  um  alle  Salpetersäure  zu  verjagen, 
sättigt  mit  Kali,  setzt  einen  starken  Ueberschuss  von  Salzsäure  hinzu 
und  kocht  ^/^  Stunden  lang  mit  überschüssig  zugesetzten  dünnen  Kupfer- 
blättchen,  trennt  dann  die  Flüssigkeit  von  dem  Metalle,  wäscht  diese 
mit  Kochsalzlösung  ab,  oxydirt  die  eingeengten  Flüssigkeiten  durch 
chlorsaures  Kali  und  kocht  sie  nochmals  mit  einer  gewogenen  Menge 
Kupferblech.     Statt  des  letzten  Kochens  mit  Kupfer  kann  man  auch 


0  Annal.  d.  Ghem.  u.  Phann.  Bd.  LXIV,  S.  410. 


Arsen,  Bestimmung  desselben.  215 

de  von  Ley  ol  empfohlene  Methode  anwenden,  die  Flössigkeit  mit  Am» 
Doniak  übersättigen  und  in  luftdicht  geschlossenen  Grefassen  in  der 
Eilte  bis  zur  völligen  Entfärbung  digeriren.  Diese  Bestimnrangswei- 
wn  können  sehr  scharfe  Resultate  nicht  geben  und  sind  nicht  einmal 
sehr  einüach. 

Znletzt  hat  v.  Eobell  i)  noch  vorgeschlagen,  die  schweflige  Säure 
nr  Bestimniiing  des  Arsens  su  benutzen.  Man  oxydirt  das  Arsen  m 
Arsens&ure,  leitet  einen  Strom  von  gewaschenem  schwefligsaaren  Gas 
1  Stande  lang  duröh  die  in  einer  Flasche  gegen  den  Luftzutritt  ge- 
echQtzte  Lösung,  kocht  diese  dann  sogleich  einige  Zeit ,  um  die  Über^ 
ichiissige  schweflige  Säure  zu  verjagen,  fallt  die  durch  Desoxydation 
der  Arsensaore  zu  arseniger  Säure  gebildete  Schwefelsäure  durch  Chlor- 
barimn  and  berechnet  ans  der  Menge  des  schwefelsauren  Baryts  die 
Mienge  der  desoxydirten  Arsensäure,  von  der  jedes  Aequivalent  2  Aeq. 
schweflige  Säure  zu  Schwefelsäure  oxydirt.  Hat  man  das  Arsen  im 
Sehwefelarsen  zu  bestimmen,  so  fallt  man  die  bei  der  Oxydation  gebil- 
dete Schwefelsäure  zuerst  durch  Chlorbarium,  filtrirt,  leitet  dann  schwe- 
%e  Sänre  ein  und  verfährt  wie  vorher  beschrieben. 

Wert  her  ^  hat  vorgeschlagen,  die  Lösung  der  Arsensäure  mit  Über- 
Mhassigem  Kalihydrat  zu  versetzen,  zu  kochen,  mit  Essigsäure  zu  Über- 
aittigen  nnd  dann  essigsaures  Uranoxyd  zuzusetzen.  Es  fallt  arsen- 
saores  Uranoxyd  (2  U3O3.  HO).  AsOs  -f~  ^  ^^*  nieder,  welches  mit 
Chlorammoniamlösung  und  zuletzt  mit  Wasser,  dem  man  etwa  Yg  Al- 
kohol zugesetzt  hat,  ausgewaschen  werden  muss,  weil  es  sonst  mit  dem 
Waschwasser  durch  das  Filter  geht.  Der  Niederschlag  wird  vom 
FUter  getrennt,  schwach  geglüht  und  als  2U3O8.ASO5  in  Rechnung 
gebucht.  Auch  diese  Methode  zeigt  keinen  Yortheil  vor -der  leichteren 
Bestimmung  durch  Ammoniak  -  Magnesia. 

Eine  andere  quantitative  Bestimmung  des  Arsens,  welche  in  eini- 
gen Fällen  sicher  und  schnell  zum  Ziele  führt  und  eine  sehr  genaue 
genannt  werden  muss,  ist  von  Ft.  Mohr')  angegeben  worden,  sie 
gräiidet  sich  darauf,  dass  Jod  von  arseniger  Säure,  bei  einem  Ueber- 
ichius  von  Alkali,  sehr  leicht  in  Jodwasserstoff  resp.  in  Jodmetall 
äbergefuhrt  (nnd  in  dieser  Form  natürlich  nicht  mehr  auf  Stärkekleister 
wirb),  während  zugleich  die  arsenige  Säure  zu  Arsensäure  oxydirt 
wird  (s.  Bd.  I,  S.  923).  Ist  die  Oxydation  vollendet,  so  wird  nun- 
aehr  bei  weiterem  Zusatz  von  Jod  der  Stärkekleister,  den  man  vorher 
^  arseni^n  Säure  zufilgte,  gebläut  werden  müssen. 

Man  bedarf  hierzu  nun  einer  Normallösung  von  arseniger  Säure, 
welche  4,950  Grm.  ASO3  im  Liter  Lösung  enthält,  und  zweitens  einer 
Losung  von  Jod  inJodkalium,  am  besten  einer  solchen,  die  1,269  Grm. 
hd  enthalt  (vergl.  Bd.  I,  S.  924).  Die  Jodlösung  verändert  leicht 
äffen  Gehalt,  da  selbst  in  den  besten  verschlossenen  Gelassen  Jod  ab- 
äimstet,  ihre  jedesmalige  Stärke  lässt  sich  aber  schnell  mittelst  der 
Normal- Arsenlösung  bestimmen.  Angenommen,  es  wären  bis  zum  Ein- 
treten  der    blauen  Färbung    auf  5  C.  C.  Arsenlösung  50,6   Jodlösung 

vQhraocht,  so  würde  1  C.C.  Jodlösung  -ttttt-  =  0,09881  C.C.  arse- 

50,6 

oigsaarem  Katron  entsprechen.   Verbraucht  man  nun  von  dieser  Jodlö- 


')  Jonrn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXXXVI,  S.  491.  —  ")  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm. 
B4.  LXVlli,  S.  314.  —  ")  Lehrb.  d.  chem. -analytischen  Titrirmethode,  S.  296. 


216  Arsen,  Bestimmung  desselben. 

« 

sung  2u  einer  Lösung  arseniger  Säure  tor  unbestimmtem  Gehali,  z.  B. 
20,8  e.G.,  so  entsprechen  diese  2,055248  CG.  (20,8  X  0,09881) 
arsenigsaurem  Natron  oder  2,055248  X  0,00495  Grro.  reiner  arseni- 
ger  Säure.  Somit  wird  das  Maass  der  unbekannten  arsenigen  Säure 
gegeben  durch  das  der  bekannten  reinen. 

Ist  die  arsenige  Säure  in  alkalischer  Lösung  und  hat  man  sich 
yon  der  Abwesenheit  der  auf  Jod  ebenfalls  reagirenden  Salze,  wie 
schwefligsaurer  und  unterschwefligsaurer,  überzeugt,  so  misst  man  die- 
selbe mit  einer  Pipette  ab,  versetzt  mit  Stärkelösung  und  etwas  doppelt- 
kohlensaurem Natron  und  titrirt  mit  Jodlösung  blau. 

Die  verbrauchten  CC,  Jodlösunf;  auf  die  normal -arsenige  Säure- 
Lösung  reducirt,  geben  den  Gehalt  an  arseniger  Saure  an.  Ist  die 
arsenige  Säure  nicht  in  Lösung,  so  wird  sie  durch  Kochen  mit  doppelt- 
kohlensaurem Natron  gelöst  und  wie  vorhin  verfahren. 

Wenngleich  diese  Bestimmung  der  arsenigen  Säure  gute  Resultate 
giebt,  so  lange  man  es  mit  reiner  Säure  zu  thun  hat,  so  wird  ihre  An- 
wendung doch  nur  sehr  beschränkt  sein  können,  weil  nämlich  Arsenik 
bei  Analysen  fast  immer  als  Schwefelarsen  ausgeschieden  wird  und  die- 
ses sich  nur  schwierig  in  arsenige  Säure  umwandeln  lässt    . 

Eine  andere  volumetrische  Bestimmung  des  Arsens  aus  einer  Lö- 
sung von  arseniger  Säure  beruht  auf  der  Oxydation  derselben  mit 
Ghromsäure;  eine  titrirte  Lösung  (1,619  Grm.  saures  chromsaures  Kali 
und  10  Grm.  Schwefelsäurehjdrat  im  Liter  enthaltend),  von  der  1  C.C. 
=  1  Mgr.  SauerstofiT  ist,  wird  im  Ueberschuss  zugesetzt,  und  dann  mit 
titrirter  EisenoxjduUösung,  von  welcher  1  G.G.  demselben  Volum  der 
Ghrom Säurelösung  entspricht,  rückwärts  titrirt.  Das  Verhalten  der 
Flüssigkeit  gegen  Ferridcyankalium  giebt  den  Punkt  der  Sättigung  za 
erkennen.  Hat  man  eine  Lösung  von  Arsensäure,  so  muss  diese  zuerst 
durch  schweflige  Säure  reducirt  werden;  ist  das  Arsen  als  ArsensoMd 
vorhanden,  so  wird  es  durch  eine  Auflösung  von  Quecksilberchlorid 
in  Salzsäure  zuerst  in  arsenige  Säure  verwandelt  (Kessler)^. 

Trennung    der    arsenigen    Säure    und    der    Arsensäure    von 

anderen  Oxyden. 

Von  den  Alkalien  kann  man  das  Arsen  sehr  leicht  trennen  und 
freilich  nur  durch  den  Verlust  bestimmen,  wenn  man  die  zerriebene 
und  erhitzte  Verbindung  in  einem  kleinen  Forcellantiegel  wiegt,  mit 
ihrem  fünffachen  Gewichte  an  reinem  gepulverten  Ghlorammoniam 
mengt,  und,  mit  einem  concaven  Platindeckel  bedeckt,  auf  den  man 
etwas  Ghlorammonium  gelegt  hat,  glüht.  Man  wägt  den  Bückstand, 
setzt  nochmals  etwas  Ghlorammonium  zu  und  glüht  zum  zweiten 
Male,  wodurch  jedoch  meistens  das  Gewicht  nicht  mehr  abnimmt 
Der  Rückstand  enthält  dann  nur  die  reinen  Ghloralkaliraetalle  (H.  Rose). 

Von  dem  Bleioxyd,  dem  Baryt,  Strontian  und  Kalk  kann 
man  die  Arsensäure  leicht  absclieiden,  wenn  man  sie  im  gepulverten 
Zustande  mit  Schwei'elsäure  digerirt  und  dann  den  Rückstand  mit  Wein- 
geist übergiesst  und  auswäscht.  Ist  bloss  Baryt  vorhanden,  so  ver- 
dünnt und  süsst  man  nur  mit  Wasser  aus.  Die  arsenigsauren  Salze 
dieser  Basen  müssen  vorher  durch  Uebergiessen  mit  starker  Salpeter- 
säure und  Abdampfen  derselben  im  Wasserbade  in  Arsensäure  verwan- 


»)  Pogg.  Ann«].  Bd.  XCV,  S.  204;  Pharm.  Ccntralbl.  1866.  S.  499. 


*  Arsen,  Bestimmung  desselben.  217 

delt  werden.  Soll  die  Arsensäare  nooh  überdies  direct  bestimmt  wer- 
den <,  so  Terdünnt  man  die  alkoholische  Lösung  mit  sehr  viel  Wasser 
and  fallt  sie  durch  Ammoniak-Magnesia. 

Von  den  genannten  alkalischen  Erden,  so  wie  von  denjenigen  Metall- 
oxjden.,  dereQ  saure.  Lösungen  nicht  durch  Schwefelwasserstoff  gefallt 
werden  <,  lässt  sich  das  Arsen  leicht  durch  fortgesetztes  Einleiten  dieses 
Gases  in  die  stark  angesäuerte  Flüssigkeit  trennen,  welche  nachher  bei 
gelinder  Wärme  so  lange  stehen  bleiben  muss,  bis  sie  nicht  mehr  nach 
Schwefelwasserstoff  riecht.  Die  Flüssigkeit  darf  jedoch  auch  nicht  zu 
atark  aaaer  sein,  weil  sonst,  nachdem  das  Überschüssige  Schwefelwasser- 
itoffgaa  entwichen  ist,  leicht  wieder  etwas  von  dem  Schwefelarsen  zer- 
setzt und  gelöst  wird. 

Wo  hier  empfiehlt,  bei  dieser  Trennung  die  Arsensäure  zuvor 
dorch  schweflige  Säure  zu  arseniger  Säure  zu  reduciren,  weil  z.  B.  Zink- 
oxjd  mit  der  Arsensäure  sehr  leicht  durch  Schwefelwasserstoff  als  gel- 
bes Pulver  gefallt  wird. 

Die  Trennung  der  Säuren  des  Arsens  von  deigenigen  Metalloxyden, 
deren  Metalle  aus  den  sauren  Lösungen  durch  Schwefelwasserstoff  ge- 
lallt werden,  deren  Seh wefelmetalle  aber  unlöslich  in  Schwefelammonium 
ibd,  z.  B.  Kupfer,  Quecksilber,  Wismuth  etc.,  kanu  durch  Schwefel- 
aiBiiioniam  bewirkt  werden.  Man  macht  die  Lösungen,  worin  sich  die 
genannten  Metalloxyde  neben  den  Säuren  des  Arsens  befinden,  am- 
moziiakalisch ,  giebt  dann  eine  hinreichende  Menge  Schwefelammoniuift 
iuDZQ  und  digerirt  längere  Zeit  bei  erhöheter  Temperatur.  Nach  völ- 
ligem Erkalten  sammelt  man  die  ungelöst  gebliebenen  Schwefelmetalle 
auf  einen»  Filter  und  wäscht  mit  Wasser  aus,  dem  etwas  Schwefelwasser- 
doffwasser  zugesetzt  worden.  Ans  dem  Filtrate,  welches  Schwefelarsen 
io  Schwefelammoninm  gelöst  enthält,  fällt  man  mit  verdünnter  Salzsäure 
oder  besser  mit  Essigsäure  das  Schwefelarsen,  welches  man  dann  weiter 
behandelt.  In  Verbindungen,  welche  wenig  Arsen  neben  viel  Kupfer 
enthalten  (z.  B.  1  Arsen  auf  99  Kupfer)  lässt  sich  dasselbe  nach  diesem 
Verfahren  nicht  nachweisen,  da  Schwefelammonium  es  nicht  mehr  aus 
dem  Niederschlage  löst  (Bloxam) ;  wenn  aber  die  salpetersaure  Lösung 
in  diesem  Falle  zuerst  mit  gelöster  Oxalsäure  gemischt  wird,  so  fallt 
das  Kupfer  aus  der  sauren  Lösung  fast  vollständig  als  oxalsaures 
Knpferoxyd  nieder,  während  im  Filtrat  neben  wenig  Kupfer  alles  Ar- 
ten bleibt,  was  jetzt  durch  Ammoniak  und  Schwefelammoninm  leicht 
abgeschieden  werden  kann  (Field)^).  Schwefelammoninm  lässt  sich 
auch  in  der  oben  angegebenen  Weise  zur  Trennung  des  Eisens,  Man- 
gans, Zinks  und  Kobalts  von  den  Säuren  des  Arsens  aus  ammoniaka- 
bchen  Liöflungen  benutzen.  Nach  H.  Rose  ist  es  dann  aber  besseri, 
die  Yerbindung  im  fein  zerriebenen  Zustande  mit  3  Thln.  kohlensaurem 
Natron  and  eben  so  viel  Schwefel  im  Porcellantiegel  zu  schmelzen, 
md  aus  der  erkalteten  Schmelze  das  Arsensulfosalz  durch  Wasser  aus- 
nziehen,    welchea  die  genannten  Metalle  ungelöst  lässt. 

Von  allen  Oxyden,  deren  Lösungen  durch  Alkalien  nicht  gefallt 
Verden,  wenn  sie  eine  grosse  Menge  von  Weinsteinsäure  enthalten, 
kann  die  Arsensäure  sehr  scharf  getrennt  werden,  wenn  man  die  Lö- 
nngen  mit  hinreichender  Weinsäure  versetzt,  mit  Ammoniak  übersät- 
tigt und  Ammoniak -Magnesialösung  hinzufügt.      Allzuviel  Weinsäure 


•)  Chem.  Gag.  Aug.   1867.  Nro.  367;  Journ.  f.  prskt.  Chem.  Bd.  LXXII,  S.  188. 


218  Arsen,  Bestimmung  desselben. 

inu88  vemiieden  werden.  Namentlich  för  die  Trennang  von  der  Them- 
erde ist  diese  Methode  zu  empfehlen.  Hierbei  fallt  jedoch  immer  eine 
geringe  Menge  Eisenoxyd  resp.  Thonerde  mit  nieder,  daher  das  arsen- 
saure Magnesia- Ammoniak  ein-  oder  zweimal  wieder  in  Salzsäore  gelöst 
nnd  dann  nach  Zasatz  von  wenig  Weinsäure  und  etwas  Salmiak  mit 
Ammoniak  wieder  gefallt  werden  muss. 

Die  grösste  Schwierigkeit  bietet  die  Trennung  des  Arsens  ▼om 
Zinn  und  Tora  Antimon.  Nach  H.  Rose  ist  die  beste  Methode  folgende: 
Weun  man  eine  Legimng  von  Zinn  nnd  Antimon  auf  Arsen  zu  prüfen 
hat,  so  zerkleinert  man  dieselbe  so  viel  als  möglich,  mengt  sie  mit 
ihrem  fünffachen  Gewichte  eines  Gemisches  aus  gleichen  Theilen  koh- 
lensaurem Kali  und  trockenem  kohlensauren  Natron  und  eben  so  viel 
Schwefel  innig  zusammen  und  schmilzt  bei  einer  nicht  zu  hohen  Tem- 
peratur ober  der  Spiritnslampe.  Die  geschmolzene  Masse  löst  sich 
vollständig  in  Wasser ;  mitunter  bleibt  ein  kleiner  Bückstand  von  Schwe- 
feleisen, der  sich  leicht  abfiltriren  und  auswaschen  lässt.  Die  Flüssig- 
keit, mit  viel  Wasser  verdünnt,  setzt  beim  Uebersättigen  mit  Salzsänrd 
Schwefelzinn  und  Schwefelarsen  als  braunes  Pulver  ab,  welches  man  so 
lange  darin  lässt,  bis  der  Geruch  nach  Schwefelwasserstoff  beinahe  ver- 
schwunden ist,  dann  auf  einem  gewogenen  Filter  sammelt,  aussösst 
und  bei  lOÖ®  C.  völlig  trocknet.  Ein  Theil  davon  wird  in  eine  recht- 
winkelig gebogene  Kugelröhre  gebracht,  darin  gewogen  nnd  Schwefel- 
wasserstoff, während  man  erwärmt,  darüber  geleitet;  der  abwärts  ge- 
bogene Schenkel  der  Röhre  taucht  in  einen  Ammoniak  haltenden  Kol- 
ben. Schwefelarsen  sublimirt  ab  und  Schwefelzinn  bleibt  in  der  Kugel 
der  Röhre.  Man  treibt  das  Sublimat  so  weit  als  möglich  vorwärts 
schneidet  die  Rohre  ab,  wirft  sie  in  erwärmte,  verdünnte  Kalilaoge, 
welche  das  Sublimat  leicht  löst,  vereinigt  diese  Flüssigkeit  mit  dem 
vorgelegten  Ammoniak,  übersättigt  mit  Salzsäure,  und  setzt  nach  nnd 
nach  unter  Erwärmen  chlorsaüres  Kali  hinzu,  wodurch  sich  alles  Arsen 
oxydirt,  der  meiste  Schwefel  aber  ungelöst  bleibt ;  die  abfiltrirte  Flüssig- 
keit wird  durch  Ammoniak-Magnesia  gefällt.  Das  Schwefelzinn  wird 
in  einem  Platintiegel  mit  Salpetersäure  befeuchtet  und  geröstet,  bis  es 
in  Zinnoxyd  verwandelt  ist.  Hat  man  beide  Metalle  im  oxydirten  Zu- 
stande, oder  oxydirt  man  dieselben  durch  vorsichtiges  Erwärmen  mit 
Salpetersäure  und  trocknet  die  Masse  ein,  so  kann  man  die  Schmelzung 
mit  Schwefelnatrinm  umgehen  und  die  Oxyde  eben  so  mit  Schwefel- 
wasserstoff in  der  Kugelröhre  behandeln,  wie  oben  für  das  Gemenge 
der  Schwefelmetalle  beschrieben  würde.  Will  man  das  Arsen  nicht 
direct,  sondern  durch  den  Verlust  bestimmen,  so  darf  man  nur  den  bei 
100<>  C.  getrockneten  Niederschlag  stark  glühen,  das  zurück  bleibende 
schwarze  Schwefelzinn,  mit  Salpetersäure  befeuchtet,  rösten,  bis  es  zu 
weissem  Oxyd  geworden,  dann,  mit  etwas  kohlensaurem  Ammoniak  be- 
feuchtet, nochmals  glühen  und  wägen. 

Die  folgende  von  L  e  v  o  H)  angegebene  Trennungsmethode  ist  ausser- 
ordentlich umständlich  und  verdient  deshalb  vor  den  beschriebenen  kei- 
nen Vorzug.  Er  hat  die  bekannte  Thatsache,  dass  Zinn,  dessen  Arsen- 
gehalt 5  bis  8  Procent  nicht  übersteigt,  wenn  man  es  mit  Salpetersäure 
oxydirt,    eine  arsenfreie  Flüssigkeit  liefert,   indem  das  stark  basisch 


^)  Annal.  de  chim.  et  d«   phys.  [8.]  T.  XVI,  p.  498.  o.  B  er  sei  ins'  Jahresbe- 
M  27,  S.  220. 


Arsen,  Entdeckung  und  Abscheidung  etc.        219 

•nensaure  Zinnoxjd  in  Salpetersäure  anlMich  ist,  dazu  benutzt,  um 
daa  Arsen  aua  Flüssigkeiten  zu  fällen.  Man  versetzt  dünne  Zinnblätt- 
chen  mit  nicht  zu  concentrirter  Salpetersäure,  fügt  die  arsenige  Säure 
haltende  Lösung  hjnzu  und  kocht  einige  Minuten.  Alles  Arsen  fällt,  an 
Zinnoxyd  gebunden,  nieder.  Der  Niederschlag  wird  geglüht  und  gewogen 
im  GlaadchifiTchen  im  Wasserstoffstrom  zum  dunkeln  Bothglühen  erhitzt, 
wobei  das  reducirte  Arsen  in  den  kälteren  Theil  des  Rohrs  sublimirt, 
während  unreines  Zinn  zurückbleibt.  Das  Ende  der  Röhre,  worin  das 
Arsen  sich  absetzte,  wird  abgeschnitten,  gewogen,  das  Arsen  daraus 
aufgelöst  nnd  das  Bohr  wieder  gewogen,  der  Verlust  giebt  den  Arsen- 
gebalt an. 

Das  reducirte  arsenhaltige  Zinn  wird  in  Salzsäure  aufgelöst,  das 
entweichende  Gas  in  kaustisches  Kali  geleitet,  um  die  Salzsäure  zurück- 
zuhalten, und  dann  in  eine  Lösung  von  salpetersaurem  Silberoxyd,  worin 
sich  das  Arsen  als  arsenige  Säure  auflöst  unter  Ausfallen  von  Silber. 
Etwas  fester  Arsenwasserstoff'  bleibt  ungelöst,  dieser  wird  gut  ausgewa- 
»hen  in  Salpetersäure  aufgelöst  und  mit  Silberlösung  vermischt.  Aus 
der  heissen  Arsen  haltenden  Lösung  wird  das  überschüssige  Silbersalz 
durch  Kochsalz  gefallt  und  darauf  das  Arsen  als  Schwefelarsen  (As  S3) 
niedergeschlagen. 

Noch  schwieriger  ist -die  scharfe  Trennung  des  Antimons  von  dßm 
Arsen.  Wenn  sie  allein  mit  einander  im  metallischen  Zustande  ver- 
banden vorhanden  sind,  so  kann  man  das  Arsen  durch  blosses  Erhitzen 
in  einem  unwirksamen  Gasstrome  abdestilliren.  Am  besten  wendet  man 
dazu  Kohlensäure  an,  welche  man  über  das  in  einer  Kugelröhre  liegende 
MetaU  leitet.  Sobald  alle  Luil  verdrängt  ist,  beginnt  man  zu  erhitzen, 
hntet  sich  jedoch,  eine  höhere  Temperatur  zu  geben,  als  für  die  Ver- 
Üaehtignng  des  Arsens  nöthig  ist,  weil  bei  Weissglühhitze  das  Antimon 
selbst  nicht  absolut  feuerbeständig  ist.  Die  Oxyde  der  beiden  Metalle  kön- 
nen durch  Glühen  mit  einem  Gemenge  von  Cjankalium  und  kohlensaurem 
Natron  getrennt  werden  (s.  S.  60).  Ist  Arsensäure  neben  einem  Anti- 
monoxjd  in  Lösung,  so  werden  die  genauesten  Resultate  durch  Fällung 
der  ersteren  als  arsensaures  Magnesia-Ammoniak  erhalten  (S.  60). 

Die  Methoden,  im  metallischen  Antimon  oder  im  Antimonsulfid 
einen  Gehalt  an  Arsen  nachzuweisen,  sind  früher  besprochen  (s.  S.  48 
and  52). 

Hat  man  Zinn  und  Antimon,  beide  zugleich,  von  Arsen  zu  trennen, 
»0  werden  die  Oxyde  mit  Natronhydrat  geschmolzen,  und  durch  Be- 
handlung der  Schmelze  mit  Alkohol  wird  das  arsensaure  und  zinnsaure 
Natron  gelöst,  während  antimonsaures  .Natron  ungelöst  zurückbleibt 
(9.  dieses  Verfahren  S.  60  u.  61). 

Quantitativ  liefert  die  Methode  des  Schmelzens  eines  oxydirten  Ge- 
webes von  Zinn,  Antimon  und  Arsen  mit  Gyankalium  und  kohlen- 
wirem  Natron  in  einem  Strome  von  Kojilensäure  (s.  den  folgenden 
An),  welche  von  Fresenius 0  angegeben  worden  ist,  keine  ganz 
icharifen  Resultate.  (K)  SchL 

Arsen.      Entdeckung    und   Abscheidung  bei  gericht- 
Hchen  Untersuchungen  ^).     Die  Ausmittelung  und  Nachweisung 

*)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XLIX,  S.  287  ff. 

*)  Bei  der  reichen  diesen  Gegenstand  behandelnden  Literatur  ist  es  nicht  thun- 
lieh,  hier  dieselbe  ToUstAndig  zu  geben;  es  mag  genttgen,  hier  die  wichtigsten  Schrif- 


220  Arsen,  Entdeckung  und  Abscheidung 

des  Arsens  in  den  yersohiedenartigsten  Substanzen  ist  besonders  flij 
die  gerichtliche  Chemie  eine  Aufgabe  von  der  höchsten  Wichtigkeit 
Die  arsenige  Säure,  der  weisse  Arsenik,  eignet  sich  unglAcklichenreiM 
mehr  wie  jede  andere  Substanz  snr  Ausfuhrung  des  feigsten  aller  Ver- 
brechen,  und  macht  auch  Vergiftungen  durch  Unvorsichtigkeit  leicht 
möglich ;  der  Arsenik  besitzt  keine  hervorstechenden  Eigenschaften 
die  dem  Opfer  die  Nähe  des  gefährlichen  Feindes  ahnen  lassen,  wäh- 
rend die  unausbleiblichen  Wirkungen  sich  in  der  Regel  erst  dann  zel 
gen ,  wenn  jede  Hülfe  unmöglich  geworden  ist.  Ueberdies  ist  dieaef 
Gift  dem  Publikum  nicht  schwer  zugänglich,  da  es  zum  Vergiften  voi 
Ungeziefer ,  Ratten ,  Mäusen  u.  s.  w.  noch  immer  nicht  selten  in  Ge- 
brauch ist,  und  da  es  auch  in  manchen  Gewerben  Anwendung  findet 

Die  Aufgabe,  welche  der  Chemiker  im  Fall  einer  solchen  Untersu- 
chung zu  lösen  hat,  ist,  den  Beweis  zu  fuhren,  dass  die  zu  untersuchen- 
den Substanzen  wirklich  Arsenverbindungen  enthalten,  wobei  dahir 
getrachtet  werden  muss,  annähernd  die  Menge  derselben  zu  bestim- 
men ,  um  zu  zeigen,  dass  dieselbe  hinreichend  sei,  die  Symptome  dei 
Krankheit  oder  den  Tod  herbeiführen  zu  können,  wobei  man  sich  zu  er- 
innern hat,  dass  geringe  Spuren  Arsen  sehr  verbreitet  in  der  Natur  vorkom- 
men, in  Mineralwässern,  Eisenerzen,  der  Dammerde,  namentlich  in  man- 
chen chemischen  und  pharmaceutischen  Präparaten  u.  s.  f.  sich  finden.  Ef 
ist  daher  vor  Allem  erforderlich,  das  Gift  in  reiner  Substanz  möglichsi 
vollständig  herzustellen,  um  nicht  bloss  seine  Eigenschaften  unzweifelhaft 
zu  erkennen,  sondern  um  es  auch  dem  Richter  vor  Augen  zu  legen,  und 
dadurch  auch  eine  Controle  durch  einen  Dritten  möglich  zu  machen. 

In  den  zahlreichsten  Fällen  von  Vergiftungen,  in  mehr  als  90  un- 
ter 100,  hat  man  es  mit  weissem  Arsenik  zu  thun,  der  oft  noch  in  den 
Speisen  oder  den  Ausleerungen  der  Kranken,  oder  in  den  verschiede- 
nen Organen  des  Gestorbenen  aufzusuchen  und  daraus  abzuscheiden 
ist.  In  solchen  Anklagen,  wo  es  sich  um  Ehre  und  Freiheit,  vielleichl 
selbst  um  Leben  und  Tod  handelt,  hängt  der  Ausspruch  des  Richten 
zunächst  von  der  Umsicht,  von  der  Geschicklichkeit  und  Grewissenhaf- 
tigkeit  des  Chemikers  ab;  ein  Mann,  der  eine  solche  schwere  Verant- 
wortlichkeit auf  sich  nimmt,  muss  natürlich  nicht  nur  die  anzuwenden- 
den Mittel  genau  kennen,  er  muss  auch  hinreichende  Gresohicklichkeil 
und  Gewandtheit  besitzen ,  diese  Mittel  anzuwenden ;  es  ist  nicht  ge« 
nug ,  die  chemischen  Kenntnisse  zu  besitzen ,  sondern  es  wird  anct 
nothwendig  eine  Gewandtheit  und  Sicherheit  in  Ausfuhrung  chemische] 
Versuche  erfordert,  wobei  sehr  in  Betracht  kommt,  dass  das  erste  nichl 
nothwendig  mit  dem  zweiten  verbunden  ist.  Darum  sollten  die  Ge- 
richte, im  Interesse  der  Rechtspflege,  solche  Untersuchungen  nicht  dem 

ten  und  Abhandlungen  zu  citiren.  Dnflos  u.  Hirsch,  Das  Arsenik,  seine  Krachei- 
nung  u.  B.w.  Breslau  1842.  —Wohl er  u.  v.  Siebold,  Das  forensisob-gerichtiich« 
Verfahren  bei  einer  Arsenikvergiftung  (Abdruck  aus  Siebold's  Lehrbuch  der  ge- 
richtlichen Medicin).  BerUn,  1847.  —  Wo  hl  er,  Praktische  Uebungen  in  der  chemi- 
sehen  Analyse.  Göttingen,  1858.  —  Otto:  Ausmittclung  der  Gifte.  Braunschweig 
1867,  S.  1.  (Abdruck  aus  Otto-Graham's  ausfUhrl.  Lehrbuch  der  Chemie,  1864, 
Bd.  11,  Abtheil.  8.  S.  604.)  —  Fresenius,  Anleitung  zur  qualitativen  chemischen 
Analyse  S.  278:  Auffindung  unorganischer  Gifte  in  Speisen  etc.  Brannschweig,  1856.  — 
Fresenius  u.  v.  Babo,  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XLIX,  S.  287.  —  Wäh- 
ler. AnnaL  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXDC,  S.  864.  Pharm.  Centralbl.  1849  S.429. 
—  Schneider,  Wien.  Akad«  Berichte.  1861.  Bd.  VI,  S.  409;  Poggend.  AnneL 
Bd  LXXXV,  S.  488.  —  Pyfe,  Philosoph.  Magas.  II,  p.  487;  Journ.  f.  prakt.  Chem. 
Bd.  LV,  S.  103. 


bei  gerichtlichen  Untersuchungen.  221 

ersten  bebten  Apotheker  oder  Lehrer  der  Chemie  übergeben,  sondern 
BOT  euem  tüchtigen,  hinreichend  gewandten  Chemiker,  denn  das  ver- 
branchte  UnterBachungsmaterial ,  das  Corpus  delicti,  ein  Mal  vergeu- 
det ^  ist  unwiederbringlich  verloren.  Im  Interesse  der  Sache  liegt  es, 
eine  solche  Untersuchung  von  einem  einzelnen  Chemiker  ausführen  zu 
Inimrn ;  es  ist  anmöglich,  wie  jeder  Sachverständige  weiss ,  dass  eine 
Commiasion  eine  chemische  Untersuchung  ausführe,  oder  dass  auch 
aar  zwei  Personen  sich  in  einer  solchen  Arbeit  theilen ;  einer  dersel- 
ben ^rird  doch  die  Arbeit  allein  ausführen,  und  eine  Controle  dabei 
ist  kaom  möglich;  die  Gegenwart  eines  Zuschauers,  sei  er  Arzt  oder 
Richter«,  ist  daher  nicht  bloss  überflüssig,  sondern  direct  störend,  und 
daher  die  Sicherheit  des  Resultates  beeinträchtigend. 

Jedem  Chemiker,  der  nicht  vollkommen  sicher  ist  in  Betreff  der 
nothi^en  Gewandtheit  in  den  einzelnen  Versuchen  im  speciellen  Fall, 
ist  zu  rathen*,  dass  er  die  nöthigen  Operationen  zuerst  versuchsweise 
aasitihre,  aber  natürlich  nicht  mit  dem  Corpus  delicti ,  mit  dem  man 
nicht  zu  sorgfältig  umgehen  kann,  sondern  mit  fremden  Materien,  wel- 
che  den  zu  untersuchenden  Objecten  ähnlich  sind,  denen  man  geringe, 
am  besten  gewogene  Quantitäten  Arsenik  beimengt,  um  danach  zu  er- 
messen, wie  weit  es  gelingt,  die  Menge  desselben  wieder  zu  erhalten. 

Kb  ist  jedenfalls  nöthig,  eine  solche  Untersuchung  allein  in  einem 
sonst  von  Niemandem  betretenen  Local  vorzunehmen,  und  es  ist  die 
Vorsieht  anerlässUch,  dass  ein  solches  Local,  namentlich  in  der  Abwe- 
ftoiheit  des  Untersuchenden,  von^  Niemanden  betreten  werden  kann ;  wer 
möchte  sonst  z.  B.  das  Vorhandensein  von  Arsenik  beschwören,  wenn 
dadurch  die  Ehre  und  das  Leben  eines  Mitmenschen  gefährdet  sind  ? 

Selbstverständlich  sind  vor  dem  Beginn  der  eigentlichen  Unter- 
suchung ganz  besonders  die  einzelnen  Beagentien,  die  Säuren  wie  die 
Basen»  auch  der  Braunstein ,  der  zur  Chlorentwickelung  dient  u.  s.  w., 
genau  su  prüfen,  um  sich  zu  vergewissern,  dass  sie  frei  von  Arsenik 
sind.  Die  anzuwendenden  Gefasse  von  Glas  und  Porzellan  müssen 
natürlich  rein  sein,  dass  sie  neu  sind,  ist  wohl  nicht  nothwendig. 

Die  Chemiker  hatten  schon  früher  der  Auffindung  von  Arsen 
bei  gerichtlichen  Untersuchungen  grosse  Aufmerksamkeit  geschenkt; 
y.  Rose  namentlich,  und  später  Berzelius,  hatten  Mittel  angegeben, 
verhaltniasmässig  geringe  Mengen  des  Giftes  mit  Sicherheit  nachzu- 
weisen; genaue  Methoden  der  Art  sind  später  besonders  von  Wohl  er, 
von  Fresenius  und  v.  Babo,  von  Duflos  und  Hirsch  u.  a.  m.  an- 
gegeben. Der  seiner  Zeit  berüchtigte  Process  der  Lafarge,  bei  dem 
Orfila  die  chemische  Untersuchung  allem  Anschein  nach  mit  durch- 
aas ungenügender  Umsicht  und  geringer  Gründlichkeit  geführt  hatte, 
hat  Veranlassung  gegeben,  die  verschiedenen  Methoden  zur  Auffindung 
von  Arsen  wiederholt  zu  prüfen  und  zu  verbessern.  Man  hat  dadurch 
sieh  überzeugt,  dass  es  fUr  den  geübten  Chemiker  bei  hinreichender 
Sorgfalt  möglich  ist,  sehr  kleine  Mengen  von  Arsenik,  selbst  wenn 
mit  grosseren  Massen  organischer  Substanz  vermengt,  aufzufinden,  und 
mit  Sicherheit  von  ähnlichen  Substanzen,  namentlich  von  Antimon,  zu 
QSterscheiden,  eine  Unterscheidung,  welche  bei  der  grossen  Aehnlich- 
keit  beider  Körper  von  um  so  grösserer  Wichtigkeit  ist,  da  Brechwein- 
stein  und  andere  Antünonpräparate  nicht  selten  als  Arzeneimittel  an- 
gewendet sind. 

Als  das  beste  Verfahren  zur  Auffindung  von  Arsen   muss  man 


222  Arsen,  Entdeckung  und  Abscheidung 

unstreitig  dasjenige  betrachten,  welches  erlaubt,  auch  die  kleinste 
Menge  des  Giftes,  in  welcher  Form  es  auch  vorhanden  ist,  unzweifel- 
haft nachzuweisen,  und  so  dass  eine  Verwechselung  mit  einem  anderen 
Körper  dabei  zugleich  ausgeschlossen  ist  Es  giebtf.nun  allerdiDgs 
keine  Methode,  welche  den  Erfolg  absolut  unabhängig  von  der  Ge- 
schicklichkeit des  Arbeiters  macht;  aber  es  giebt  jetzt  einfache  Wege, 
welche  es  dem  in  chemischen  Manipulationen  einigermaassen  Geäbteo, 
wenn  auch  nicht  sehr  Gewandten,  möglich  machen,  eine  solche  Arbeit 
auszuführen.  Bei  einer  solchen  Untersuchung  ist  es  immer  anzurathen, 
nach  reiflicher  Ueberlegung  sich  einen  bestimmten  Weg  zur  AufEndang 
des  Giftes  festzustellen  und  diesen  festzuhalten,  wobei  man  sich  zu  böten 
hat,  von  dem  angewandten  Material,  wie  es  von  Aerzten  oder  Richtern 
oft  gewünscht  werden  mag,  zuerst  zu  einzelnen  Reactionen  zu  ver- 
wenden, um  schnell  zu  erfahren,  ob  Arsenik  vorhanden  ist  oder  nicht 
Man  verwende  aber  nicht  sogleich  die  ganze  Masse  des  l^faterials  ZQ 
der  Untersuchung,  sondern  nur  die  Hälfte  oder  zwei  Drittel,  um  den 
Rest  im  Fall  des  Misslingens  noch  benutzen  zu  können,  oder  uro  die 
Resultate,  mag  nun  Arsenik  gefunden  sein  oder  nicht,  von  einem  zwei- 
ten Chemiker  nöthigenfalls  bestätigen  zu  lassen.  Der  Untersnchungs- 
gang  soll  zugleich  es  möglich  machen,  auch  andere  Mineralgifle  zu 
finden,  die  etwa  allein  oder  neben  Arsenik  vorhanden  sein  können. 
Der  Arsenik  kann  bei  einer  gerichtlichen  Untersuchung 

1.  noch  in  Substanz,  d.  h.  in  auffindbaren  Kömern  in  den  Spei- 
sen, im  Magen  oder  im  Darmcanal,  oder  in  den  ausgebrochenen  Sub- 
stanzen u.  s.  w.  enthalten  sein;  oder  er  ist    • 

2.  mechanisch  nicht  mehr,  aufzufinden,  weil  er  theils  den  im 
Magen  oder  Darm  enthaltenen  Stoffen,  den  Speisen  n.  s.  w.  innig 
beigemengt  ist,  oder  weil  er  nicht  mehr  im  Magen  oder  Darra  enthal- 
ten, sondern  schon  resorbirt  ist,  und  daher  im  Harn  oder  den  Faeces, 
im  Blut,  Leber,  Lunge,  Milz,  der  meist  pergamentartig  gewordenen 
Haut  und  anderen  Theilen  der  Leiche  aufzusuchen  ist. 

Man  kann  demnach  also  entweder  den  Arsenik  mechanisch  ab- 
scheiden ,  oder  mnss  ihn  auf  chemischen  Wege  von  der  organbchen 
Substanz  trennen. 

Da  der  weisse  Arsenik  gewöhnlich  grob  gepulvert  im  Handel  vor- 
kommt, da  er  meistens  im  Ueberschuss  gegeben  wird,  und  sich  schwie- 
rig löst,  so  wird  es  häufig  der  Fall  sein,  dass  noch  einzelne  Körnchen 
desselben  im  Magen  und  Darmcanal,  in  den  Speisen,  ode.r  den  ausge- 
brochenen Massen,  im  Inhalt  des  Magens  und  des  Darmcanals  n.  8.  w. 
aufgefunden  werden  können.  Man  durchsucht  mit  Hülfe  einer  guten 
Loupe  den  Magen  und  Darmcanal  (besonders  in  den  Falten  und  an 
den  gerötheten  Stellen) ,  so  wie  die  anderen  Massen ,  Speisen ,  Ansge- 
brochenes  und  dergl.,  ob  weisse  harte  Partikelchen  bemerkt  werden 
können,  in  welchem  Fall  sie  mit  einer  Pincette  sorgfaltig  ausgewählt 
werden.  Ist  so  nichts  gefunden,  so  ist  es  oft  möglich ,  durch  Schläm- 
men zu  bewirken,  dass  der  schwerere  Arsenik  sich  mehr  oder  weniger 
rein  zu  Boden  setzt;  man  übergiesst  dann  die  Masse  in  einem  Be« 
cherglase  oder  in  einer  Porcellanschale  mit  etwas  destillirtem  Wasser, 
wenn  sie  nicht  flüssig  genug  ist,  und  befördert  durch  Schwenken  oder 
Umrühren  mit  einem  Glasstabe  die  Absonderung  der  schwereren  Theile, 
die  sich  beim  Stehen  dann  zu  Boden  senken.  Durch  Abgiessen  der 
überstehenden  Flüssigkeit   wird  dann  vielleicht  ein  Pulver   erhalten; 


bei  gerichtlichen  Untersuchungen.  223 

ftssen  sich  darin  einselne  weisse  Körner  bemerken ,  so  werden  diese 
msgelesen,  sonst  ^rd  das  Pulver  durch  Abschlftinnien  mit  Wasser 
Doglichst  gereinigt^  nm  es  weiter  ra  untersuchen.  Die  nächste  Auf- 
gabe ist  nan^ftiis  den  Körnern  oder'  dem  Pulver  arsenige  Säure  und 
netallisches  Arsen  abzuscheiden  und  ihre  charakteristische  Eigenschaf- 
ten naohznweisen. 

Man  bringt  su  dem  Ende  ein  weisses  Kömchen  oder  etwas  von 
lern  schweren  Pnlver  in  ein  etwa  8  Millimeter  weites  böhrchen  von 
sngefahr  90  bis  100  Millimeter  Länge  von  starkem  und  schwer 
schmelzbarem  Glase  ^  welches  unten  zugeschmolzen  und  in  eine  etwa 
20  Millimeter  lange  nicht  zu  enge  Spitze  ausgezogen  ist,  wie  die 
Fig.  8  es  zeigt.    Nachdem  etwas  Substanz  in  den  untersten  Theil  des 

Fig.  8. 


Eohrchena  gebracht  ist,  wird  ziemlich  dicht  aber  nicht  unmittelbar  dar- 
Iber  ein  8  bis  12  Millimeter  langer  gut  ausgeglühter  Kohlensplitter  ge- 
idioben  (Fig.  8).  Indem  die  Röhre  zuerst  horizontal  gehalten  wird,  bringt 
nan  durch  eine  Lampe  das  Kohlenstückchen  zum  Glühen ,  und  indem 
man  es  dann,  ohne  die  Kohle  aus  der  Flamme  zu  bringen,  allmälig  mehr 
fduräg  hält,  wird  auch  die  untere  Spitze  mit  dem  Inhalt  nach  und  nach 
nun  Glühen  erhitzt.  Ist  hier  Arsenik,  so  verdampft  er,  und  der  Dampf 
wird  in  Berührung  mit  der  glühenden  Kohle  reducirt,  worauf  das  ab- 
geschiedene metallische  Arsen  sich  oberhalb  der  erhitzten  Stelle  als 
«n  braunschwarzer  oder  schwarzer  spiegelnder  Anflug,  als  ein  Arsen- 
ipiegel  (Fig.  9),  absetzt.  Statt  eines  Kohlensplitters  kann  man  gröb- 
i  Fig.  9. 


'fidles  Kohlenpnlver  nehmen,  nur  muss  die  Kohle  immer  vorher  ausge- 
j  ^fikt  sein,  weil,  wenn  beim  Erhitzen  Feuchtigkeit  oder  brenzliche  Pro- 
^Kte  sich  entwickeln  und  in  der  Röhre  ansetzen,  dadurch  die  Bildung 
[öer  fest  anhängenden  spiegelnden  Oberfläche  verhindert  wird. 

Nachdem   ein  Spiegel  erhalten  ist,  hat  man  sich  zu  überzeugen, 

der  Spiegel  Arsen  ist;  man  erhitzt  ihn  zuerst  in  dem  Rohr,   wo- 

er  sich  leicht  verflüchtigt ;  ist  seine  Menge  sehr  gering ,  so  pxydirt 

sieh  darin,  und  man  bemerkt  dann  in  dem  unteren  weiteren  Theile 

Rohre  ein  weisses  Sublimat  von  arseniger  Säure  (Fig.  10),  wel- 

Fig.  10. 


vimmitm>it 


.411  mi 


besonders  im  Sonnenlicht,   glänzende  Kryställchen  bildet;  dieses 

^Umat  löst  sich  in  kochendem  Wasser,  besonders  leicht  bei  Zusatz 

Salzsäure;  in  der  Lösung  bewirkt  Schwefelwasserstoff  einen  gel- 

Niederschlag,  der  sich  in  Ammoniakflüssigkeit  und  in  Schwefel- 

linm  leicht  löst  und  durch  Salzsäure  wieder  niederfallt 

Bei  einer  zweiten  Probe  wird  das  enge  Rohr  hinter  dem  Metall- 


224  Arsen,  Entdeckung  und  Abscheidung 

Spiegel  abgeschnitten,  um  durch  Erhitzen  in  einer  Lampe  den  charak* 
teristischen  Knoblauchgeruch  zu  erhalten,  wobei  sich  zugleich  die  bläu- 
lich weisse  Flamme  des  verbrennenden  Arsens  zeigt. 

Ein  Theil  des  ursprünglichen  Pulvers  9  in  Wasser  gelöst ,  wird 
weiter  mit  verschiedenen  Beagentien  zu  untersuchen  sein.  Die  LfÖ* 
sung  muss  mit  salpetersaurem  Silbcroxyd,  nach  vorsichtiger  Neutralisation 
mit  Ammoniak,  gelbes  arsenigsaures  Silberoxjd  geben,  welches  in 
Essigsäure  löslich  ist 

Die  Lösung  des  Pulvers  in  Salzsäure  giebt  mit  Schwefelwasser- 
stoff gelbes  Schwefelarsen;  mit  Zink  und  Schwefelsäure  entvrickeU 
es  Ar^e n wasserstoffgas ,  aus  welchem  sich  beim  Erhitzen  metallisches 
Arsen  abscheidet  (s.  unten). 

Ein  blankes  Kupferblech  überzieht  sich  in  der  Lösung  des  Pulvers 
in  verdünnter  Salzsäure  mit  einem  eisengrauen  Ueberzug  von  metalli- 
schem Arsen.  Mit  etwas  trockenem  essigsauren  Kali  oder  Natron  ge- 
mengt, giebt  das  Pulver,  in  einer  engen  Glasröhre  bis  zum  Glühen  erhitzt, 
den  penetranten  eigenthümlichen  Geruch  von  Kakodyloxyd.  Mit  starker 
Salpetersäure  erhitzt,  bildet  es  Arsensäure,  welche  durch  den  rothbrau- 
nen  Niederschlag,  den  salpetersaures  Silber  hervorbringt,  und  durch 
das  unlösliche  krystallinische  Magnesia- Ammoniaksalz  erkannt  wird. 

Kann  der  Arsenik  in  der  zu  untersuchenden  Substanz  nicht  in 
Substanz  aufgefunden  werden,  so  hat  man  die  ganze  Masse  zu  un- 
tersuchen ,  seien  es  nun  Speisen  oder  Getränke ,  sei  es  der  Inhalt  des 
Magens,  des  Darmcanals,  oder  hat  man  Harn,  Blut  oder  Leber,  Nieren, 
Herz  und  andere  Organe,  oder  selbst  ganze  Leichname  zu  untersuchen: 
das  letztere  wird  zuweilen  bei  wieder  ausgegrabenen  Leichen  der  Fall 
sein ;  hier  wird  dann  unter  Umständen  auch  die  Untersuciiung  des  Sarg^es, 
oder  nach  dessen  Vermoderung  die  Untersuchnng  der  umgebenden  EIrde 
auf  einen  Arsenikgehalt  nothwendig. 

Selbstverständlich  sind  die  Speisen  und  Getränke  für  sich  zu  un- 
tersuchen; in  den  meisten  Fällen  ist  es  auch  zu  empfehlen,  den  Inhalt 
des  Magens  und  Darmcanals  abgesondert  zu  untersuchen,  da  man  hiex 
grössere  Mengen  des  Giftes  vermuthen  darf. 

Die  Untersuchung  zerfallt  in  dem  Fall,  wo  eine  mechanische 
Trennung  von  Arsenik  nicht  mehr  möglich  ist,  sei  es  wegen  zu  feinei 
Vertheilung,  oder  weil  es  im  flüssigen  Zustande  angewendet  odei 
schon  resorbirt  ist,  in  folgende  Operationen: 

1.  Zerstörung  der  organischen  Substanz  und  Darstellung  einei 
reinen  Arsenverbindung; 

2.  Reduction  der  Arsenverbindung  und  Abscheidung  von  met&lli. 
schem  Arsen  daraus; 

3.  Reactionen  auf  Arsen  und  Unterscheidung  desselben  von  ähn- 
lichen Substanzen,  namentlich  von  Antimon. 

Die  Zerstörung  der  organischen  Substanz  kann  auf  tro< 
ckenem  wie  auf  nassem  Wege  bewirkt  werden.  Eine  zweckmässig« 
und  mit  Recht  vielfach  angewendete  Methode,  die  organische  Substa.u2 
zu  zerstören,  um  das  Arsen  abzuscheiden,  ist  von  Fresenius  und  v 
B  a  b  o  angegeben ;  sie  ist  sowohl  bei  Untersuchung  der  Contenta  dej 
Magens  u.  s.  w.  wie  bei  Untersuchung  ganzer  Organe  anwendbar. 

Feste  Substanzen  werden  zuerst  durch  Zerschneiden  oder  Zerrei- 
ben zweckmässig  verkleinert,  und  dann  in  einer  hinreichend  geräamigei 
Porcellanschale  mit  so  viel  Wasser  vermengt,  das«  man  einen  dünnec 


\ 


bei  gerichtlichen  Untersuchungen.  225 

Brei  erbäU.  Hat  man  aber  uraprtinglich  schon  einen  zu  dünnen  Brei  oder 
m  verdönnte  Flüssigkeiten,  so  dampft  man  diese  zoerst  im  Wasserbade 
mr  passenden  Concentration  ab.  Dem  Brei  wird  nun  ungefähr  so  viel 
reine  concentrirte  Salzsäure  ^)  zugesetzt,  als  etwa  trockene  Substanz  in 
der  Masse  enthalten  ist.  Man  erwärmt  dann  die  flüssige  Masse  im 
Wasserbade,  während  man  von  Zeit  zu  Zeit  das  verdunstete  Wasser 
ersetzt;  der  heissen  Masse  wird  femer  von  Zeit  zu  Zeit  (etwa  alle 
5  bis  10  Minuten)  l  bis  2  Grm.  chlorsaures  Kali  zugesetzt,  bis  sich 
eine  homogene  dünnflüssige  Masse  gebildet  hat;  darauf  werden  noch 
5  bis  8  Grm.  chlorsaures  Salz  zugesetzt,  worauf  die  Erwärmung  bis 
nun  Verschwinden  allen  Chlorgeruchs  fortgesetzt  wird.  Besonders 
wichtig  ist  es,  dass  die  Flüssigkeit  nie  zu  heiss  wird,  namentlich  nie 
inni  Sieden  kommt,  weil  sich  sonst  Arsen  in  merkbarer  Menge  als 
Chlorarsen  verflüchtigt  Nach  dem  Erkalten  wird  die  Masse  durch  ein 
leinenes  Tach  gegossen,  oder,  wenn  es  geht,  durch  Papier  filtrirt,  der 
Baekstand  wird  abgewaschen  und  das  Waschwasser  für  sich  einge- 
dampft, und  die  durch  Concentration  erhaltene  Flüssigkeit  dem  ersten 
Pihrat  zugesetzt 

Durch  die  Einwirkung  des  aus  Salzsäure  und  chlorsanrem  Kali 
^werdenden  Chlors  ist  die  organische  Substanz  zersetzt  und  zum 
TheU  gelöst  worden;  das  Arsen,  in  welcher  Form  es  auch  in  der  or- 
guischen  Substanz  enthalten  war,  ist,  wenn  nicht  zu  stark  erhitzt  wurde, 
ToUstandig  in  Arsensäure  verwandelt  und  gelöst;  bei  zu  starker  Hitze 
bst  ein  grosser  Theil  desselben  sich  als  Chlorarsen  verflüchtigt 

Um  die  Arsensäuie  aus  der  Lösung  zu  scheiden,  wird  in  die  auf 
6(H^  bis  gegen  80<)  C.  erwärmte  Flüssigkeit  gewaschenes  Seh wefelwasser- 
sloffjgas  ein  oder  einige  Stunden  im  langsamen  Strom  geleitet,  bis  sie 
stark  darnach  riecht,  worauf  man  unter  fortgesetztem  Einleiten  des 
Gaiea  die  Flüssigkeit  langsam  erkalten  lässt  Sie  bleibt  jetzt  an  einem 
Biissig  warmen  Ort  in  einem  bedeckten  Gefass  etwa  24  Stunden  stehen. 
lA  dann  der  Creruch  verschwunden,  so  muss  die  Behandlung  mit 
Schwefelwasserstoff  wiederholt  werden.  Sobald  die  Flüssigkeit  auch 
nach  längerem  Stehen  noch  deutlich  nach  Schwefelwasserstoff  riecht, 
viid  der  Niederschlag  durch  smaltefreies  Papier  filtrirt;  das  Filtrat 
aber  nochmals  in  gleicher  Weise  mit  Schwefelwasserstoff  behandelt, 
am  sicher  zu  sein,  dass  alles  Arsen  gefallt  ist 

Der  Niederschlag  muss  nun  alles  vorhandene  Arsen  enthalten;  es 
tesnen  sich  weiter  Antimon,  Zinn,  Blei,  Kupfer  und  Quecksilber  darin 
^den,  wenn  diese  Metalle  vorhanden  waren;  zugleich  enthält  er  immer 
organische  Substanz  und  zeigt  daher  eine  schmutzige,  meistens  graulich- 
braone  Farbe.  Enthält  die  organische  Substanz  viel  Fett,  so  kann  der 
^  Schwefelarsen  ähnliche  Niederschlag  möglicherweise  ganz  frei 
▼on  Arsen  sein.  Umgekehrt  kann  auch  in  einer  Arsen  haltenden,  aber 
Kbr  verdünnten  Flüssigkeit  kein  Niederschlag  entstanden  sein ;  im  Fall 
il*ker  keine  Beaction  sich  zeigt,  muss  die  Lösung  zuerst  durch  Eindampfen 
ttncentrirt  und  dann  nochmals  mit  Schwefelwasserstoff  behandelt  werden, 
^  mit  Sicherheit  auf  die  Abwesenheit  von  Arsen  zu  schliessen  ist. 

Da  die  Arsensänre  ungleich  langsamer  durch  Schwefelwasserstoff 

*)  Dft  die  SalssSare  leicht  hierbei  in  grösseren  Mengen  verbraucht  wird,  ist  es 
'^Üiig,  sie  vor  dem  Gebrauch,  mit  dem  gleichen  Volum  Wasser  verdünnt,  durch  Be- 
Ixadtin  mit  Schwefelwasserstoff  und  Stehenlassen  von  den  geringsten  Spuren  Arsen  zu 
WWea  (Otto). 

HmdwftrtcThach  der  Chemie,  »te  Aall.   Bd.  II.  i  5 


226  Arsen,  Entdeckung  und  Abscheidung 

geföllt  wird,  als  arsenige  Säure,  so  kann  man  auch  die  Lösung  snerst 
durch  Zusatz  von  wässeriger  schwefliger  Säure  oder  von  schweflig- 
saurem  Natron  und  £indampfen  bis  zum  Verschwinden  des  Grerachs 
reduciren  und  dann  erst  mit  Schwefelwasserstoff  behandeln.  Diese 
Reduction  hat  nur  dann  Vortheil,  wenn  der  Niederschlag  unmittelbar 
mittelst  Cyankalium  reducirt  werden  soll,  was  aber  jedenfalls  unz^weck- 
massig  ist.  Der  auf  dem  Filter  gesammelte,  zuerst  mit  Sch^wefel- 
wasserstoff  haltendem,  dann  mit  reinem  Wasser  ausgewaschene  Nieder- 
schlag wird  nun  mit  verdünntem  Ammoniak  vorsichtig  behandelt <,  'wo- 
durch  das  Schwefelarsen,  die  organische  Substanz  und  etwas  Sch'wefel« 
antimon  gelöst  wird,  während  der  grössere  Theil  des  letzteren  neben 
Blei,  Kupfer  und  Quecksilber  zurückbleibt,  auf  welche  Metalle  man  also  in 
diesem  Rückstande  zu  untersuchen  hat.  Die  ammoniakaUsche  Flüssigkeit 
wird  von  dem  Rückstande,  der  gut  ausgewaschen  ist,  abfiltrirt;  das  mei- 
stens dunkelbraune  Filtrat  wird  zuerst  für  sich  im  Wasserbade  zur  Trockne 
verdampft,  und  die  trockene  Masse  dann  mit  concentrirter  chlorlreier 
Salpetersäure  befeuchtet  und  nochmals  verdampft;  um  nun  die  orgm* 
nische  Substanz  noch  vollständiger  zu  zerstören ,  setzt  man  etwsA  reine 
concentrirte  Schwefelsäure  hinzu,  und  erwärmt  zuerst  einige  Standen  im 
Wasserbade,  dann  vorsichtig  bei  einer  zuletzt  bis  150^  C.  steigenden 
Temperatur,  bis  die  Masse  vollständig  verkohlt  ist,  und  mit  destillirtem 
Wasser  ausgezogen  nun  ein  klares  farbloses  Filtrat  giebt,  welches  bei 
vorsichtigem  Arbeiten  jedenfalls  nur  eine  Spur  organischer  Substanz 
beigemengt  enthält. 

Vollständiger  noch  als  auf  diesem  Wege  und  sicherer  kann  die  orga- 
nische Substanz  auf  trockenem  Wege  bei  Gregenwart  von  Alkali  zerstört 
werden;  der  unreine  Schwefelniederschlag,  oder  besser  der  eingetrock- 
nete ammoniakalische  Auszug,  wird  dann  in  einem  geräumigen  Porcellan- 
tiegel  mit  concentrirter  chlorfreier  Salpetersäure  wiederholt  befeuchtet  and 
abgedampft,  bis  der  Rückstand  nur  noch  gelblich  erscheint;  man  setzt  diuin 
etwas  Natron  (am  besten  kaustisches,  nicht  kohlensaures,  um  das  durch 
entweichende  Kohlensäure  verursachte  Spritzen  zu  vermeiden)  hinza  bis 
zur  vollständigen  Neutralisation,  worauf  man  abdampft  und  den  trocke- 
nen Rückstand  mischt  mit  einem  feingeriebenen  Gemenge  von  kohlen«^ 
saurem  und  salpetersaurem  Natron,  welches  letztere  hinreichen  mos», 
die  Substanz  vollständig  zu  oxydiren.  Das  Gemenge  wird  nun  in  ei- 
nem Porcellantiegel  allmälig  erhitzt,  zuletzt  bis  zum  ruhigen  Schmelzen 
der  Masse.  So  ist  nun  alles  Organische  ganz  vollständig  zerstört.  Beim 
Aufweichen  der  Salzmasse  in  Wasser  bleibt,  wenn  Antimon  zugegen 
war,  dieses  Metall  beim  Abfiltriren  vollständig  als  antimonsaures  Na- 
tron zurück;  das  Filtrat,  welches  alles  Arsen  als  arsensaures  Natron 
enthält,  wird  mit  reiner  Schwefelsäure  im  Ueberschuss  versetzt  und 
damit  abgedampft,  um  die  salpetrige  Säure  und  Salpetersäure  vollstän- 
dig fortzutreiben;  die  farblose  Salzmasse  enthält  nun  schwefelsaures  und 
arsensaures  Natron  frei  von  Antimon  und  organischer  Substanz.  Wesent- 
lich ist  hierbei,  dass  alle  bei  dieser  Operation  nöthigen  Materialien,  die 
Säuren  wie  das  Natronhjdrat  und  die  Salze  durchaus  frei  von  Chlor 
waren,  weil  sonst  ein  l'heil  des  Arsens  durch  Verflüchtigung  als  Chlor- 
arsen verloren  gegangen  ist  (W  ö  h  1  e  r ). 

Eine  zweite  Art,  die  organische  Substanz  der  Speisen,  Organe 
u.  s.  w.  zu  zerstören,  ist  von  Dang  er  und  Flandin  in  Anwendung 
gebracht;    sie  versetzen   die   zu  untersuchenden   Stoffe  in  einer  Por» 


> 


bei  gerichtlichen  Untersuchungen.  227 

eellanschale  mit  %  bis  ^j^  ihres  Gewichte  ^00  reiner  coacentrirter 
Schwefelsäure  und  erhitzen  allmälig,  bis  die  anfangs  breiige  schwarze 
ItasBe  nach  und  nach  das  Aussehen  einer  trockenen  kohligen  Substanz 
arbalten  hat.  Der  Bückstand  wird  mit  etwas  concentrirter  Salpeter- 
iiore  befeuchtet,  dann  wieder  eingetrocknet  und  nun  mit  kockendem 
Waoser  behandelt,  wodurch  eine  klare  wässerige  Flüssigkeit  erhalten 
wird,  w^eJche  das  Arsen  als  arsenige  Säure  enthält  und  fast  frei  von 
organiseher  Substanz  ist  i).  Diese  Methode  ist  ganz  zweckmässig,  mit 
Leichtig^keit  die  organische  Substanz  zu  zerstören ;  nur  wenn  die  zu  un- 
ttfsnchende  Substanz  Chlornatrium  enthält,  was  freilich  wohl  in  der 
Regel  der  Fall  sein  wird,  läuft  man  Gefahr,  einen  Theil  des  Arsens 
als  Arsenchlorid  durch  Verflüchtigung  zu  verlieren.  Sonst  ist  dieses 
Verfahren  sehr  passend,  wenn  gross" ere  Massen  fester  organischer  Kor- 
per zu  zerstören  sind.  Der  Umstand,  dass  Arsenik  bei  Gegenwart  von 
iialzsaiire  in  höherer  Temperatur  sich  umsetzt,  und  sich  so  Arsenchlorid 
bildet,  vrelches  sich  verflüchtigt,  macht  es  noth wendig,  wo  man  die  Ar- 
sen haltenden  Substanzen  bei  Gegenwart  von  Salzsäure  erhitzt,  eine  zu 
hohe  Temperatur  zu  vermeiden,  oder,  wenn  die  Masse  stark  erhitzt 
werden  soll,  darauf  zu  sehen,  dass  in  der  Masse  nicht  Salzsäure  ist. 

Umgekehrt  hat  man  aber  auf  diesem  Verhalten  der  arsenigen  Säure 
gegen  Salzsäure  und  des  Arsenchlorids  in  der  Wärme  ein  Verfahren 
gegründet,  das  Arsen  durch  Verflüchtigung  von  den  organischen  Mas- 
sen zu  trennen.  Das  reine  Chlorarsen  siedet  bei  IS'2^C.;  es  verflüchtigt 
sieh  aber  mit  den  Dämpfen  der  Salzsäure  schon  weit  unter  seinem 
Siedpnnkte,  natürlich  aber  um  so  stärker,  je  höher  die  Temperatur  steigt. 
Um  auf  diese  Weise  das  Arsen  abzuscheiden,  muss  es  in  Verbindung 
mit  SauerstofiT  vorhanden  sein;  bei  Gegenwart  überschüssiger  Salpe- 
tersäare  soll  aber  kein  Chlorarsen  abdestilliren ,  ein  Ueberschuss  von 
Sebvrefelsanre  jedoch  wesentlich  zum  Gelingen  beitragen.  Man  erhitzt 
^e  TU  untersuchende  Masse  nach  dem  Zerkleinern  in  einer  Retorte  mit 
Vorlage,  nachdem  man  geschmolzenes  Chlomatrium  (oder  reines  Stein- 
salz in  Stücken)  und  reine  Schwefelsäure,  von  letzterer  aber  weniger 
als  zur  gänzlichen  Zersetzung  des  Kochsalzes  nöthig  ist,  und  nöthigen- 
Mls  Wasser  hinzugesetzt  hat,  wodurch  die  Bildung  von  schwefliger 
Säure  vermieden  wird,  deren  Gegenwart  schädlich  ist, 'wenn  man  das 
Destillat  unmittelbar  in  den  Marsh 'sehen  Apparat  bringen  will.  Die 
D^tillation  wird  so  weit  wie  möglich  fortgesetzt,  weil  das  Chloraraen 
erst  bei  einer  Temperatur  über  100<>C.  fortgeht,  daher  hauptsächlich  gegen 
Ende  der  Operation  (Schneider,  Fyfe).  Das  saure  Destillat  enthält 
flfichti^  organische  Substanzen  und  namentlich  viel  Salzsäure;  es  ist 
daher  un zweckmässig,  es  unmittelbar  in  den  Wasserstoff*- Apparat  zu  brin- 
gen; auch  scheint  es  nicht  so  zweckmässig,  die  Chlorwasserstoffsäure  durch 
FiUang  mit  salpetersaurem  Silber  zu  entfernen,  weil  man  dann  viel 
freie  Salpetersäure  erhält,  die  sich  freilich  durch  Abdampfen  entfernen 
l^ett,  Am  besten  ist  es  wohl,  die  Salzsäure  haltende  Flüssigkeit  mit 
Sdtwefelvrasserstoff  mit  der  nöthigen  Vorsicht  zu  fällen,  und  in  dem 
Niederschlag  von  Schwefelarsen,  der  auch  organische  Substanz  ent- 
hält, die  letztere  durch  Behandeln  mit  Salpetersäure  oder  durch  Schmel- 


^)  Nach   Blondlot  enthält  die  mit  Schwefelsäure   verkohlte  Masse  das  Arsen 
'     haoptaaehlicli  als  Schwefelarsen ;  die  Kohle  mnss  daher  mit  ammoniakhaltendem  Was- 
I     MT  ausgezogen,   oder,    wie   oben   angegeben,    mit   Salpetersäure   behandelt    werden. 
(Gmpt.  rend.  T.  XLIV,  p.  1222;  Chem.  Centralbl.  1867,  S.  608.) 

15* 


228  Arsen,  Entdeckung  und  Abscheidung 

zen  mit  Salpeter,  wie  oben  ausführlicher  beschrieben  ist,  za  zerstören 
und  das  Arsen  zu  oxydiren. 

Von  den  vielen  sonst  noch  in  Vorschlag  und  zum  Theil  in  An- 
wendung gekommenen  Methoden  zur  Zerstörung  der  organischen  Sub- 
stanz verdient  nur  noch  ein  Verfahren  von  Wo  hier  Beschreibung 
welches  in  manchen  Fällen  besonders  vortheilhaft  sein  wird,  so  nament- 
lich wenn  sehr  alte  Leichen,  oder  wenn  grosse  Massen  der  Behandlung 
unterworfen  werden  sollen.  Nach  Wo  hier  werden  diese  Massen  zer* 
schnitten  in  einer  geräumigen  Porcellanschale  mit  reiner  Salpetersäure 
von  1,2  specif.  Gewicht  übergössen  und  erwärmt,  bis  Alles  in  einen 
gleichförmigen  Brei  verwandelt  ist;  darauf  wird  die  Masse  mit  Kali- 
oder Natronlauge  übersättigt,  das  Gemenge  so  weit  wie  möglich 
eingetrocknet  und  nach  Zusatz  von  hinreichend  saipetersaurem  Natron 
bis  zum  Glühen  erhitzt.  Die  Menge  des  salpetersauren  Natrons  musi 
hier  so  gewählt  seirf,  dass  alle  organische  Substanz  vollständig  verbrannt 
aber  dennoch  ein  Ueberschuss  von  Salpeter  soviel  wie  möglich  ver- 
mieden wird,  was  durch  einige  Proben  mit  kleinen  Quantitäten  des  Ge- 
raenges  leicht  festzustellen  ist  Ist  das  richtige  Verhältniss  gefunden, 
so  wird  die  ganze  Masse  in  einem  neuen  hessischen,  zum  Glühen  er- 
hitzten Tiegel  löffelweise  nach  und  nach  eingetragen.  Die  geftchmol 
zene  Masse  wird  in  möglichst  wenig  kochendem  Wasser  gelöst,  die 
Flüssigkeit,  ohne  sie  zu  filtriren,  mit  reiner  Schwefelsäure  übersättigt 
und  dann  abgedampft,  um  alle  Salpetersäure  und  salpetrige  Säure  zt 
verjagen;  das  aus  dem  Rückstände  nach  dem  Verdünnen  mit  Wassei 
erhaltene  Filtrat  enthält  nun  alles  Ar^en  als  Arsensäure,  welche  entwe 
der  unmittelbar  oder  nach  vorhergangener  Reduction  durch  schweflig« 
Säure  mittelst  Schwefelwasserstoff  als  Schwefelarsen  gefallt  wird 
Auch  bei  dieser  Methode  ist  es  wesentlich,  dass  die  Materialien,  na 
mentlich  der  Salpeter,  kein  Chlor  enthalten,  weil  sonst  wieder  dnrcl 
Bildung  von  Chlorarsen  ein  Verlust  stattfindet. 

Früher  wurde  die  organische  Substanz  bei  den  Untersuch ungei 
auf  Arsenik  hauptsächlich  durch  Kochen  mit  Kalilauge  gelöst,  die  ge 
kochte  Flüssigkeit  mit  Salzsäure  übersättigt  und  dann  zur  ZersetKuni 
der  organischen  Substanz  mit  Chlorgas  behandelt  Statt  der  umstand 
liehen  Behandlung  mit  Chlorgas  würde  sich  der  Zusatz  von  chlorsaareo 
Kali  empfehlen.  Abgesehen  davon,  hat  diese  Methode  den  Nachtheil 
dass  beim  Kochen  der  sogenannten  Proteinstoffe  mit  alkalischer  Lang 
sich  leicht  etwas  Schwefelkalium  bildet  und  bei  der  Zersetzung  de 
Flüssigkeit  mit  Säure  dann  Schwefelarsen  niederfallt  und  so  leicht  fü 
die  Untersuchung  verloren  geht  (Otto);  überdies  geht  auch  beim  AM 
dampfen  der  sauren  Lösung  leicht  etwas  Chlorarsen  verloren.  Dieü 
Methode  kann  daher  leicht  ein  falsches  Resultat  geben ;  sie  ist  aber  aud 
jetzt  ganz  entbehrlich,  da  sie  durchaus  keine  Vorzüge  vor  den  oben  b« 
schriebenen  hat. 

Das  Schwefelwasserstoffgas  ist  bei  nöthiger  Vorsicht  das  beste  Mittel 
das  Arsen  aus  seinen  Auflösungen  vollständig  abzuscheiden;  statt  dura' 
dieses  Gas  ward  früher  die  Arsensäure  aus  der  unreinen  Lösung,  wl 
sie  nach  der  Zersetzung  der  organischen  Substanz  erhalten  wird,  durch  Kall 
Wasser  abgeschieden,  wodurch  ein  ungenaues  Resultat  erhalten  wird,  d 
der  arsensaure  Kalk  nicht  unlöslich  ist,  besonders  in  Salmiak  haltende] 
Flüssigkeiten.  Statt  Kalkwasser  würde  ungleich  zweckmässiger  d| 
Fällung  durch  schwefelsaure  Magnesia  nach  Oebersättigung  mit  Aeti 


bei  gerichtlichen  Untersuchungen.  229 

ammoDiak  söin,  wodurch  sich  Arsensäure  als  Magnesia- Ammoniaksalz 
Toilstandig  abscheidet. 


Nachdem  nun  nach  einer  oder  der  anderen  Methode  eine  von  or- 
ganischen Substanzen  freie  Lösung  von  arseniger  Sanre  oder  Arsensäure 
(oder  ein  Niederschlag  von  reinem  Arsensulfid  oder  Arsenpersulfid) 
dargestellt  ist,  ist  nun  die  nächste  Aufgabe,  durch  Ueduction  aus 
den  Arsenverbindungen  das  metallische  Arsen  abzuscheiden 
ood  darzustellen : 

Wir  wollen  zuerst  die  Methoden  zur  Rudnction  der  Arsenoxyde 
betrachten,  sei  es,  dass  man  das  Arsen  unmittelbar  in  dieser  Form  er- 
blten  bat,  oder  dass  man  das  Schwefelarsen  durch  Oxydation  mit 
Salpetersäure  in  Arsensäure  verwandelt. 

Zur  Rednction  der  Arsensäuren  ist  das  Verfahren  von  Marsh  am 
zweckmässigsten ,  wonach  man  diese  in  Arsenwasserstoff  verwandelt, 
indem  man  sie  mit  Wasserstoff  im  Entstehungsmoment  zusammen- 
bringt, um  dann  aus  dem  Arsenwasserstoff  durch  Erhitzen  ftir  sich  oder 
durch  nu vollständige  Verbrennung  das  Arsen  metallisch  abzuscheiden, 
oder  am  durch  Oxydation  des  Gases  mittelst  salpetersaurer  Silberoxyd- 
löamg  eine  reinere  und  vielleicht  concentrirtere  Lösung  von  arseniger 
bänre  zu  erhalten. 

Man  hat  nun  den  Wasserstoffappnrat  zum  Behuf  der  Bildung 
TOQ  Arsen  Wasserstoff  verschiedenartig  eingeiichtct;  am  zweckmässigsten 
wendet  man  einen  gewöhnlichen  Wasser stoffentwickelungsapparat  an, 
wie  er  in  Yig»  11.   gezeichnet  ist:  a  ist  eine  Gasentwickelungsflasche 


Fig.   11. 


Bit  doppelt  durchbohrteni  Kork  (statt  welcher  natürlich  auch  eine  zwei- 
bakige  Woulff'sche  Flasche  dienen  kann);  b  ist  das  rechtwinklig  ge- 
bogene Gasleitungsrohr  mit  einer  Kugel  zur  Aufnahme  der  Über- 
spritzenden Flüssigkeit;  das  Glasrohr  c  enthält  zwischen  zwei  lockeren 
Pfropfen  von  Baumwolle   Stücke  von    Chlorcalcium  und  auch   einige 


230  Arsen,  Entdeckung  und  Abscheidung 

Stückchen  Kalihydrat  ^).  Concentrirte  Schwefelsäure  darf  nicht  zun 
Trocknen  des  Arsenwasserstoffgases  angewendet  werden,  weil  dae  G& 
dadurch  gerade  wie  Schwefelwasserstoff  unter  Bildung  von  schwefli 
ger  Säure  zersetzt  wird.  Die  Reductionsröhre  d,  von  bleifreiem,  schwe: 
schmelzbarem  Glase,  ist  etwa  5  bis  7  Millim.  im  Lichten  weit  and  ha 
ungefähr  1,5  Millim.  Glasdicke;  sie  ist  am  besten  0,3  bis  0,4  Mete: 
lang  und  an  vier  oder  fünf  Stellen  etwas  ausgezogen,  aber  mit  der  Vorsicltt 
dass  das  Glas  dadurch  nicht  zu  eng  und  nicht  zu  schwach  geworden  ist 
die  Röhre  ist  überdies  vom  in  eine  Spitze  ausgezogen  und  am  bestei 
rechtwinklig  gebogen. 

Die  Trockenröhre  c  ist  mit  den  Bohren  ö  und  d  nur  durch  Kaut 
schukröhren  verbunden,  wenn  sie  an  der  einen  Seite  zu  dem  Durch 
messer  der  Röhre  b  ausgezogen  ist;  sonst  stellt  man  die  Verbindunj 
durch  Korke  mit  dünnen  Glasröhren  und  Kautschuk  her. 

In  das  Entwickelungsgefäss  kommt  reines  gekörntes  Zink  mit  ai 
viel  Wasser,  um  die  Trichterröhre  abzusperren ,  worauf  man  reine,  anc 
damit  der  Inhalt  der  Flasche  sich  nicht  erwärmt,  schon  mit  dem  zwei 
bis  dreifachen  Gewicht  Wasser  verdünnte  Schwefelsäure  zusetzt,  so  das 
man  einen  nicht  zu  starken  und  möglichst  regelmässigen  Strom  voi 
Wasserstoffgas  erhält,  der  während  der  Operation  durch  zeitweilige 
Nachgiessen  der  verdünnten  Säure  gleichmässig  erhalten  wird.  Sobal< 
das  Gas  die  atmosphärische  Luft  des  Apparates  verdrängt  hat,  wird  de 
dem  Chlorcalciumrohr  zunächst  liegende  Theil  des  Rohrs  d  zam  leb 
haften  Glühen  erhitzt  und  15  bis  20  Minuten  so  erhalten,  zugleich  kani 
man  das  durch  die  glühende  Röhre  streichende  Gas,  indem  man  di 
Spitze  nach  unten  richtet,  durch  eine  verdünnte  Lösung  von  salpetei 
saurem  Silberoxyd  leiten.  Wenn  nun  nach  der  angegebenen  Zeit  siel 
hinter  der  erhitzten  Stelle  im  Rednctionsrohr  kein  dunkler  Anflug  zeigt 
und  wenn  die  Silberlösung  vollkommen  klar  geblieben  ist,  so  Bind  di< 
Materialien,  Zink  und  Säure,  frei  von  Arsen.  Zeigen  sich  dagegen  di( 
angegebenen  Reactionen,  so  muss  der  ganze  Apparat  vollständig  unc 
sorgfältig  gereinigt,  namentlich  auch  das  Chlorcalciumrohr  frisch  gef  üll 
werden,  wonach  dann  frische  Materialien  in  gleicher  Weise  untersuch 
werden,  um  die  Gewissheit  zu  erlangen,  dass  sie  frei  von  Arsen  sind 
Nachdem  dies  erwiesen  ist,  wird  die  saure  Flüssigkeit,  welche  auf  Arsen 
säure  oder  arsenige  Säure  untersucht  werden  soll,  nöthigenfalls  nacl 
und  nach,  damit  die  Entwickelung  momentan  nicht  zu  rasch  wird,  durcl 
das  Trichterrohr  in  den  Wasserstoffapparat  gebracht,  nachdem  zuen 
das  Rednctionsrohr  vor  der  ersten  Verengung  zum  lebhaften  Glühen  ge 
bracht  ist.  Man  erhitzt  nun  bald  eine  der  folgenden  Stellen  der  Rohre] 
vor  einer  Verengerung  allmälig,  damit  wenn  sich  an  der  ersten  Stell 
ein  hinreichend  starker  Arsenspiegel  gebildet  hat,  man  hier  die  Lamp« 
entfernt,  nachdem  die  zweite  Stelle  in  lebhaftes  Glühen  gebracht  ist 
worauf  dann  sich  auch  hier  ein  Metallspiegel  abscheidet  So  kann  man 
wenn  hinreichend  Arsen  vorhanden  ist,  an  jeder  der  engeren  Stellei 
des  Rohres  einen  Arsenspiegel  erhalten,  der  sich  nach  gänzlicher  Voll 
endung  des  Versuchs,  durch  Abschneiden  und  Zuschraelzen  der  Röhn 
an  der  betreffenden  Stelle,  prüfen  oder  aufbewahren  lässt  Da  aber  wäh 
rend  des  Glühens  leicht  ein  Theil  Arsenwasserstoff  unzersetzt  entweicht 

0  Otto  hält  es  iür  nöthig,  wenigstens  die  vordere  HälÄc  oder  das  gan«e  Rohr 
mit    Kalihydrat   zu  füllen,   um   alle   Säure    zurückauhalten ,    damit  sich   nicht    durcl 
überspritzende  Schwefelsäure  aus  dem  Chlorcaicium  Salznäare  entwickeln  kann. 


bei  gerichtlichen  Untersuchungen.  231 

to  kann  man  das  ans  dem  glühenden  Bohr  entweichende  Gas  an  der 
Spitse  deft  Rohre«  anzünden  und  hält  dann  in  die  bei  Gegenwart  von 
Arsen  meistens  bläulichweisse  Flamme  echtes  Porcellan ;  man  nimmt  hier- 
ca  nur  kleine  Schalchen  oder  kleine  passende  Porcellanscherben  und 
wechselt  diese  so  oft  sich  ein' hinreichend  starker  Fleck  gebildet  hat, 
am  mit  jedem  der  Flecken  eine  andere  Reaction  machen  zu  können. 

Vollatandiger  noch  als  in  der  angegebenen  Weise  hält  man  die  durch 
daa  glöhende  Bohr  entweichenden  Spuren  von  Arsen  zurück,  wenn  man 
daa  ans  dem  erhitzten  Rohr  tretende  Gas  in  verdünnte  Silberlösung  leitet, 
der  man  nothigenfalls,  sobald  alles  Silber  abgeschieden  sein  sollte,  et- 
was einer  conpentrirten  Silberlösung  zusetzt  Der  so  erhaltene  Metall- 
SfHegel  and  die  Silberlösung  enthalten  bei  pünktlicher  Arbeit  alles  Ar- 
sen; möglicherweise  kann  der  Spiegel  auch,  wenn  das  Antimon  nicht 
dnreh  passende  Behandlung  vorher  abgeschieden  war,  Antimon  neben  Ar- 
sen enthalten,  oder  gar  nur  aus  Antimon  bestehen;  doch  ist  die  (S.  236 
tu  folgende  zu  beschreibende)  Unterscheidung  beider  Körper  leicht  und 
sicher.  Wesentlich  zum  Gelingen  des  Versuchs  ist  cf,  dass  die  saure 
Arsenlösong,  wie  man  sie  in  den  Mars  h'schen  Apparat  brachte,  keine 
Salpetersäure  oder  kein  freies  Chlor  enthielt;  bei  Anwesenheit  von  Salz- 
saure  bilden  sich  leicht  dem  Arsen  ähnliche  Flecke  von  Zink;  die  Ge- 
genwart Ton  Quecksilbersalzen  und  wahrscheinlich  auch  von  anderen 
Metallsalzen  verhindert  aber  die  Bildung  von  Arsenwasserstoff  über- 
banpi.      Hierauf  ist  also  die  nöthige  Bücksicht  zu  nehmen. 

I>ie  Beduction  der  Arsensäure  lässt  sich  auch  durch  Kohle  -  be- 
werkstelligen, wie  ein  solches  Verfahren  schon  oben  (S.  223)  beschrie- 
ben ist.  Ebenso  kann  man  die  Niederschläge  von  arsenigsauren  oder 
axsensanren  Salzen  (Kalksalz  oder  Magnesia-Ammoniaksalz)  •  durch 
Glühen  mit  überschüssigem,  vorher  für  sich  gut  ausgeglühten  Kohlen- 
polver  reduciren,  wozu  sich  eine  Bohre  mit  Kugel  vollkommen  eignet 

Fig.  12. 


Das  in  die  Kugel  gebrachte»  möglichst  trockene  Gemenge  wird  durch 
langsames  Erwärmen  von  aller  Feuchtigkeit  befreit,  und  nachdem  diese 
durch  Erhitzen  oder  mittelst  Papier  aus  dem  Böhrchen  vollständig  ent- 
finnt  ist,  bis  zum  hellsten  Glühen  erhitzt.  Der  hierbei  erhaltene  Arsen- 
«piegel   ist. vollkommen  frei  von  Antimon. 

Statt  der  Kohle  könnte  man  zu  dieser  Beduction,  nach  Otto's 
Vorschlag,  wohl  zweckmässig  das  Gemenge  von  Cyankalium  und  kohlen- 
ssarem  Natron  anwenden;  jedenfalls  ist  aber  die  oben  beschriebene 
Bedaction  auf  nassem  Wege  mittelst  Wasserstoffgas  einfacher  und 
sicherer. 

Das  Arsen  kann  nun  auch  unmittelbar  aus  dem  Schwefelarsen 
abgeschieden  werden,  und  solche  Methoden  werden  zuweilen  deshalb 
vorgezogen,  weil  das  Arsen  in  der  Begel  doch  zunächst  als  Schwefel- 
arsen erhalten  wird. 

Berzelius  wandte  hiebei  folgendes  Verfahren  an:  das  Schwefel- 
arsen wird  zuerst  in  Ammoniak  gelöst,  wobei  zugleich  die  Sulfide  von 
Blei,  Kupfer,  Quecksilber  u.  s.  w.  zurückbleiben,  sowie  der  grössere 
Theil  von  etwa  vorhandenem  Schwefelantimon  (vollständiger  bei  An- 


232  Arsen,  Entdeckung  und  Abscheidung 

Wendung  von  kohlensanrem  Ammoniak,  die  Lösung  wird  in  einem 
kleinen  Schälchen  abgedampft  und  noch  etwas  feucht  mit  trockenem 
kohlensauren  Natron  gemengt;  man  formt  aus  dem  Gemenge  Kügel- 
chen  oder  besser  kleine  Cylinder,  die  man  mittelst  eines  Glasstabes 
bis  an  die  Stelle  d  in  eine  Glasröhre  c  schiebt,  welche,  wie  Fig.  13 
zeigt,  mit  einem  Wasserstoffapparat  verbunden  wird.  Der  in  der  Eni- 
wickelungsflasche  aus  arsenfreien,  vorher  sorgfaltig  geprüften  Mate- 
rialien entwickelte  reine  Wasserstoff  geht  zuerst  durch  das  mit  lockerer 
Baumwolle  geflillte  Rohr  a  und  das  Chlorcalciumrohr  b.  Man  lässt  nun 
Wasserstoffgas  in  einem  massig  starken  und  gleichmässigen  Strom  ent- 
wickeln, erwärmt,  sobald  die  atmosphärische  Luft  verdrängt  ist,  die 
Substanz  allmälig,  um  die  Feuchtigkeit  vollständig  zu  entfernen,   und 

Fig.  18. 


'i;*'t*>r»3'?is*s^VA-. 


erhitzt  danach  die  Stelle  d  möglichst  stark;  das  Arsen  wird  reducirt, 
verflüchtigt  sich  und  setzt  sich  bei  k  als  ein  schöner  Arsenspiegel  ab, 
der  danach  weiter  untersucht  werden  muss. 

Dieses  Verfahren  hat,  wie  H.  Rose  angiebt,  den  Nachtheil,  dass 
hiebei  nicht  alles  Arsen  aus  der  Schwefel  verbindung  reducirt  wird ;  nach 
ihm  ist  dieReaction  hier  nämlich  folgende:  ist  ursprünglich  Arsen  sulfid, 
As  83,  vorhanden,  so  bildet  sich  beim  Mischen  mit  kohlensaurem  Natron 
durch  theil weise  gegenseitige  Zersetzung  arsenigsaures  Natron  und  sulf- 
arsenigsaures  Natriumsulfuret ;  beim  Erhitzen  für  sich  verliert  sowohl 
die  Sauerstoff-  wie  die  Schwefelverbindung  des  Arsens  ^/^  Arsen,  indem 
sie  sich  in  Arsensäure  und  Arsenpersulfid  verwandeln : 

5  AsSs  =  3  AsSs  -|-  2  As  und  5  A3O3  =  8  AsOj  -|-  2  As. 
Das  abgeschiedene  metallische  Arsen  verflüchtigt  sich  natürlich,  zu- 
gleich wird  aus  dem  Sauerstoffsalz  durch  Einwirkung  des  Wasserstoffs  das 
Arsen  vollständig  reducirt  und  abgeschieden,  während  das  Arsen  im 
sulfarsensauren  Schwefelmetall  (NaS.AsSj)  hier  keine  Veränderung  er- 
leidet und  fiir  die  Beobachtung  verloren  geht.  Ist  der  Arsenverbindung 
so  viel  Schwefel  schon  beigemengt,  dass  alles  Arsen  in  Arsenpersulfid- 
Natrium  verwandelt  werden  kann^  so  würde  selbst  gar  kein  Arsenmetall 
verflüchtigt  werden. 

Ein  anderer  Verlust  wird  dadurch  herbeigeführt,  dass  ein  Theil 
des  reducirten  Arsengases  sich  nicht  in  der  Röhre  absetzt,  sondern  mit 
dem  Wasserstoffgas  fortgeht,  und  zwar,  nach  Fresenius,  nicht  damit 
verbunden,  sondern  nur  fein  vertheilt  in  dem  Gase,  so  dass  es  sich  voll- 


bei  gerichtlichen  Untersuchungen. 


233 

stSndig  abli.gert,  wenn  man  e8  doreb  eine  hinreichend  lange  Bohre,  die 
mit  lockerer  Baumwolle  gefüllt  ist,  leitet. 

Der  Diicb  diesem  Verfahren  erhaltene  Metallfpiegel  kann  endlich  anch 
Antimon  enthalten,  welchen  Metall  »ich  vom  Arsenepiegel  nach  dem  un- 
ten (S.  ^39)  zn  benchreibenden  VeifahreD  dnrch  Ruccessive  Einwirkung 
Ton  ScbwefelwasserstofT  und  Chlorwasserstoff  unterscheiden  und  trennen 
iiwt  Dieser  letrtere  üebelstand,  die  Beimengung  von  metallischem  Än- 
timoD,  l&sst  sich  nun  vollständig  vermeiden,  wenn  die  Reduction  statt 
in  Wasserstoffgas  mit  Gyankalium  vorgenommen  wird,  und  zwar  nach 
dem  von  Fresenius  nnd  v.  Babo  angegebenen  Verfahren  am  besten 
in  einer  Atmosphäre  von  Kohlensänregas.  Beschreiben  wir  zuerst  das 
Verfahren.  Nachdem  das  bei  der  ersten  Fällung  mit  Schwefel  w&sser- 
Boffgas  erhaltene,  noch  mit  organischer  Substanz  gemengte  Schwefel- 
>nen  mit  Salpetersäure  und  Schwefelsäure  behandelt,  und  die  rd  erhal- 
l«ae  L5sung  nochmals  mit  SchwefelwasserstofTgas  gefallt  war,  wird  der 
Niederschlag  in  wässerigem  Ammoniak  gelöst  und  die  Lösung  in  einer 
Force Ilan schale  abgedampft ;  aus  dem  Gewicht  des  trockenen  Rückstandes 
TonArsensulfidCAsSs)  lässt  sich,  wenn  es  auch  nicht  absolut  rein  ist,  das 
Gewicht  der  gefundenen  Menge  von  arseniger  Säure  doch  annähernd  be- 
rechnen. Man  mengt  nnn  in  einer  erwärmten  Reibschale  1  ThL  von  diesem 
trockenen  Schwefelarsen  mit 4  Thin.  eines  vollkommen  trockenen  Gemen- 
^  von  Li  e  big'schen  Cyankaliam  ('/4)  und  wftsserireiem  kohlensauren 
Nitren  {*/*) ;  das  Gemenge  wird  nun  rasch,  ehe  es  Feuchtigkeit  anzieht,  in 
^  Reductionsröhre  (Fig.  1 4)  gebracht,  nnd  zwar  so,  dass  alles  zi 
Hg-  W. 


uderStellet'«  liegt;  die  etwa  20  bis  :iOCeiitimeter  lange  Röhre  wird  an 
den  KohlensäDre-EIntwickclungsapparat  Fig.  lö  befestigt,  in  welchem  die 
ia  A  entwickelte  Kohlensäure  zuerst  in  B  durch  Schwefelsäure  getrocknet 


*ird  und  dann  erst  in  die  Reductionsröhre  C  tritt  Die  Kohlec 
<nrd  aus  Marmor  oder  festem  Kalkstein  mittelst  Salzsäure  entwickelt, 
iti  einen  langsamen  und  gl  c  ich  in  äs.-^  igen  Gasstrom  zu  erhalten;  man 
lüst  das  Gas  durch  ein  Glas  mit  üüttügM  Schwefelsäure  gehen,  um  die 


284  Arsen,  Entdeckung  und  Abseheidung 

Stärke  des  Stroms  deatlich  sehen  zu  können.  Zweckmässig  kann  man 
hier  einen  nach  dem  Princip  der  Wasserstoff-Feuerzeuge  construirten, 
immer  in  Bereitschaft  stehenden  Kohlensäure-Entwickelungsapparat  an- 
wenden, wie  man  solche  Apparate  von  sehr  verschiedener  äusserer 
Form  besonders  fiir  Wasserstoffgas  hat,  und  auch  fiir  Schwefelwasser- 
stoffgas in  Anwendung  findet. 

Das  Gemenge  von  Schwefelarsen  mit  Gjankalium  und  Soda  wird 
nun  in  dem  ganz  langsamen  Gasstrome  zuerst  durch  schwaches  Erwär- 
men sergfaltig  and  aufs  vollständigste  ausgetrocknet,  worauf,  sobald 
alle  Feuchtigkeit  aus  der  Bohre  entfernt  ist,  bei  starkem  Glühen  eine  Re- 
duction  und  Verflüchtigung  von  Arsen  eintritt,  welches  sich  dann  in  dem 
vorderen  Theil  bei  h  (Fig.  1 4)  metallisch  absetzt,  und,  indem  man  mit  der 
Lampe  gegen  c  fortrückt,  gegen  den  verengten  Theil  der  Bohre  getrie- 
ben und  hier  gesammelt  werden  kann.  Sobald  die  Beduction  vollen- 
det ist,  wird  das  Rohr  bei  i  zugeschmolzen  und  durch  Erhitzen  der 
Spitze  alles  Arsen  bei  h  concentrirt,  wodurch  der  Spiegel  einen  beson- 
ders reinen  Metallglanz  erhält 

Diese  Beductionsmethode  mit  Cyankalinm  in  einer  Kohlensäure- 
Atmosphäre  hat  den  grossen  Yortheil,  dass  der  Metallspiegel  hier  jeden- 
falls ganz  frei  von  Antimon  ist;  denn  wenn  der  Schwefelniederschlag 
Antimon  enthält,  so  bleibt  dieses,  sowie  auch  Zinn,  vollständig  im  Rück- 
stand und  kann  beim  Auflösen  desselben  leicht  gefunden  werden.  Auf 
der  anderen  Seite  hat  diese  Methode  auch  mehrere  Nachtheile,  es  ver- 
flüchtigt sich  namentlich  selbst  bei  der  grössten  Vorsicht  immer  etwas 
Arsen  mit  dem  fortgehenden  Kohlensäuregas,  welches  daher  den  be- 
kannten Knoblauchgeruch  zeigt;  es  entweicht  um  so  mehr  Arsen,  je 
stärker  der  Strom  ist,  daher  man  vor  allem  auf  eine  sehr  langsame  Gas- 
entwickelung zu  sehen  hat  Auch  das  Forttreiben  des  Arsenspiegels 
von  einer  Stelle  zur  andern  veranlasst  immer  einen  geringen  Verlust  von 
Arsen.  Endlich  wird  aber  auch  hier,  wie  bei  der  Beduction  in  Wasser- 
stoff, das  Arsen  nicht  vollständig  reducirt,  indem  ein  Sulfosalz  von 
Arsenpersulfid  mit  Rhodankalium  zurückbleibt,  aus  welchem  das  Arsen 
durch  Erhitzen  nicht  abgeschieden  wird.  Löst  man  diesen  Bückstand 
in  Wasser  und  versetzt  die  Lösung  mit  Salzsäure,  so  scheidet  sich  das 
Schwefelarsen  ab.  Man  muss  daher  daftir  sorgen,  dass  das  Arsen  als 
Sulfid  (As  S3)  und  nicht  alsPersulfid  (AsSs)  angewendet  wird ;  nament- 
lich aber  darf  kein  überschüssiger  Schwefel  beigemengt  sein,  weil  dieser 
beim  Erhitzen  Arsenpersulfid  bildet,  und  so  möglicherweise  keine  Spur 
Arsen  reducirt  wird,  während  es  doch  in  bemerkbarer  Quantität  in 
dem  Gemenge  ist.  Endlich  müssen  auch  reducirbarc  Metalle  wie  Blei, 
Kupfer  vorher  abgeschieden  sein,  weil  diese  allerdings  die  Beduction 
des  Arsens  nicht  verhindern,  aber  indem  sie  selbst  reducirt  werden, 
verbinden  sie  sich  mit  dem  reducirten  Arsen  und  verhindern  dadurch 
dessen  Verflüchtigui^g  vollständig  (H.  Böse  ^). 

Man  könnte  den  grossen  Vortheil  dieser  Methode,  dass  gar  kein  Anti* 
mon  verflüchtigt  werden  und  sich  dem  Arsenspiegel  beimengen  kann,  bei 
Vermeidung  der  meisten  Nachtheile  beibehalten  durch  Abänderung  dieses 
Verfahrens  in  der  Weise,  dass  man  das  Schwefelarsen  durch  Behandeln  mit 
Salpetersäure  oxydirt,  die  Masse  mit  Schwefelsäure  verdampft,  um  alle 
Salpetersäure  zu  verjagen,  und  den  Bückstand  zuerst  mit  Natron  neutra- 

')  Berl.  Akad.  Berichte  1868,  S.  441;  Pog^,^  Annal.  Bd.  XC,  S.  193;  Pharm. 
Centralbl.  1853,  S.  598;  Jahresber.  v.  Liebig  n.  Kopp  1858,  S.  667. 


bei  gerichtlichen  Untersuchungen.  235 

lüirt  and  abdampft,  und  nach  dem  vollständigen  Austrocknen  mit  Cyan- 
kaliom  und  Soda  gemengt,  wie  angegeben,  reducirt;  der  nach  dem  Glü- 
hen bleibende  Bückstand  enthält  hier  alles  Antimon,  und  wenn  nicht  Blei, 
Kupfer  und  andere  leicht  rcducirbare  Metalle  vorhanden  sind,  kein 
Arsen.  Aber  auch  hier  geht  eine  kleine  Menge  Arsen  verloren,  das 
mit  der  Kohlensäure  leichter  entweicht  als  mit  Wasserstoff.  Wenn  es 
sich  daher  um  Auffindung  und  Erkennung  sehr  kleiner  Mengen  von  Ar- 
KD  handelt,  so  ist  jedenfalls  die  Beduction  der  Arsenoxyde  im  Mar  sh'- 
schen  Apparate  der  Beduction  durch  Cyankalium  in  Kohlensäure  vor- 
znnehen.  Hat  man  aber  reichlichere  Mengen  Schwefelarsenik  erhalten, 
n  kann  man  dieses  für  sich  oder  nachdem  es  oxydirt  ist,  mit  Cyankalium 
and  Soda  mengen,  und  dann  nach  dem  beschriebenen  Verfahren,  oder  ohne 
dne  Kohlensäure- Atmosphäre  durch  £rhitzen  für  sich  in  einem  Glasröhr- 
cheomit  Kugel  von  der  Form  der  Fig.  16  und  17  reduciren ;  man  bringt 

Fig.  16. 


Fig.  17. 


das  Gemenge  in  die  Kugel  (Fig.  16),  die  aber  nur  zur  Hälfle  höchstens 
g<^llt  sein  darf,  reinigt  das  Böhrchen  durch  etwas  Papier  mit  Hülfe 
eines  Drahts  von  allem  Staub,  trocknet  durch  gelindes  Erwärmen  und 
nimmt  die  dabei  im  Böhrchen  sich  condensirende  Feuchtigkeit  sorgialtig 
mit  Papier  fort,  worauf  das  Gemenge  bis  zum  Schmelzen  und  zum  lebhaften 
GIfihen,  welches  einige  Zeit  unterhalten  werden  muss»  erhitzt  wird;  das 
dabei  durch  Beduction  gebildete  Arsen  verflüchtigt  sich  und  setzt  sich 
im  engeren  Theil  des  Bohrs  als  Metallspiegel  ab  (Fig.  17),  aber  deut- 
lich nur  wenn  hier  keine  Feuchtigkeit  war.  Sehr  geringe  Spuren  Ar- 
sen können  hier  allerdings  verloren  gehen,  da  ein  kleiner  Theil  des 
MetaUs  sich  durch  die  im  Böhrchen  enthaltene  Luft  oxydirt;  nimmt 
man  ein  nicht  zu  weites  Bohr,  so  kann  diese  Menge  nur  äusserst  gering 
sein,  da  die  geringe  Luftmenge  durch  Erhitzen  noch  stark  verdünnt  ist. 
Früher  wurde  zur  Abscheidung  des  Arsens  aus  Schwefelarsen 
dieses  mit  Kohle  haltendem  Alkali  erhitzt;  man  nahm  ein  Gemenge 
Ton  Aetzkalk  und  Kohle,  auf  mechanischem  Wege  durch  Mischen  von 
3  Thln.  Kalk  und  1  Thlr.  Kienruss  erhalten^,  oder  durch  Glühen  von  wein- 
Morem  Kalk  dargestellt;  eben  so  fand  der  sogenannte  schwarze  Fluss 
Anwendung,  das  Gemenge  von  kohlensaurem  Kali  mit  Kohle  und  andere 
ibnliche  mehr.  Man  bringt  das  Schwefelarsen  in  die  Spitze  einer 
Glaaröhrei  vrie  Fig.  8  (S.  223)  zeigt,  darüber  das  Kohle  haltende  Alkali 
Bnd  erhitzt  sodann  zuerst  das  Gemenge  von  Alkali  und  Kohle,  dann  das 
Aisensnlfid.  Ein  Theil  des  letzteren  geht  leicht  unredncirt  durch  das 
Alkali  fort  und  es  ist  daher  die  Beduction  weniger  vollständig,  als  bei 
Cyankalium  und  Soda,  weshalb  die  anderen  Gemenge  nicht  leicht  mehr 
ia  Anwendung  kommen. 

Man  hat  nun  nach  den  beschriebenen  Methoden  zuerst  alle  or- 
gsnische    Substanz    mehr    oder   weniger   vollständig   zerstört,   darauf 


236  Arsen,  Entdeckung  und  Abscheidung 

das  Arsen  als  unlösliche  Verbindung  abgeschieden,  und  es  dann  end- 
lich durch  Reduction  im  reinen  metallischen  Zustand  erhalten.  Es 
bleibt  nur  übrig,  durch  die  Eigenschaften  des  Metallspiegels 
nachzuweisen^  dass  er  wirklich  Arsen  ist  oder  enthält;  er  könnte  näm- 
lich, im  Marsh' sehen  Apparate  dargestellt,  bei  Anwendung  unreiner, 
organische  Substanz  enthaltender  Flüssigkeit  noch  Kohle  enthalten; 
bei  Anwendung  von  Zink  mit  Salzsäure  könnten  die  Flecken  in  der 
Glasröhre  auch  von  etwas  Zink  herrühren;  war  in  der  zu  prüfenden 
Flüssigkeit  auch  Antimon  enthalten,  so  hat  sich  auch  ein  Antimonspicgel 
gebildet.  Der  wesentliche  Nachtheil  der  Reduction  durch  Wasserstoff 
auf  nassem  Wege  bei  dem  sogenannten  Marsh'schen  Verfahren  be- 
steht nämlich  darin,  dass  Antimonoxyd  hierbei  ganz  analog  den  Arsen- 
oxyden in  Antimonwasserstoffgas  (Ha-Sb)  verwandelt  wird,  welches 
sich  beim  Erhitzen  wie  beim  unvollständigen  Verbrennen  genau  wie 
jenes  zersetzt  unter  Abscheidung  eines  Antimonspiegels;  glücklicher- 
weise ist  es  nicht  schwer,  diesen  durch  seine  Beactionen  mit  der  grosflten 
Sicherheit  von  dem  ähnlichen  Arsenspiegel  zu  unterscheiden,  auch  wenn 
beide  neben  einander  sich  gebildet  haben. 

Mag  der  Metallspiegel  nun  Antimon  enthalten  können,  oder  mag 
er  nach  seiner  Darstellung  schon  absolut  frei  davon  sein,  immer  muss 
man  durch  Hervorbringung  der  charakteristischen  Reactionen  des  Arsens 
ihn  als  solches  nachweisen.  Wir  wollen  nun  zuerst  die  Eigenschaften 
und  Reactionen,  welche  sich  beim  Untersuchen  des  reinen  Arsenspie- 
gels ergeben,  beschreiben. 

Der  Arsenspiegel  ist  stark  glänzend  schwarzbraun  oder  braunscbvirarKi 
an  den  nicht  zu  dicken  Stellen  gegen  ein  weisses  Papier  gehalten,  ist 
er  vollkommen  durchscheinend  braun.  Der  Arsenspiegel  hat  sich  in 
der  Röhre  nur  hinter  der  erhitzten  Stelle  (der  Richtung  des  Gaa- 
stromes  nach)  abgelagert,  und  zwar  wegen  seiner  Flüchtigkeit  nicht 
unmittelbar  an  dieser ;  wegen  der  Flüchtigkeit  entweicht  auch  ein  Theil 
des  Gases  mit  dem  Wasserstoff,  und  beim  Anzünden  des  knoblanchartig 
riechenden  Gases  werden  auf  Porcellan  Metallflecke  erhalten;  diese 
Flecke  sind  schwarzbraun,  oder  in  sehr  dünnen  Schichten  braun  bis 
hellbraun. 

Wird  das  Glasrohr  an  der  Stelle,  wo  sich  der  Arsenspiegel  befindet, 
abgeschnitten  und  hier  in  einer  kleinen  Lampe  erhitzt,  so  zeigt  sich  die 
Färbung  der  Flamme,  und  namentlich  der  starke  unverkennbare  Knob- 
lauchgeruch. 

Werden  die  Theile  des  Glasrohrs,  in  welchen  sich  der  MetalLspie- 
gel  zeigt,  abgeschnitten  und  in  einem  engen  Reagensrohr  erhitzt,  so  ver- 
flüchtigt der  Spiegel  sich  leicht  und  vollständig,  und  in  dem  Reagensrohi 
findet  man  ein  weisses,  im  Sonnenlicht  glänzendes  kry stall inisches  Subli- 
mat, welches  auch  unter  derLoupe  deutliche  Kryställchen  zeigt;  es  l5s( 
sich  in  kochendem  Wasser,  besonders  bei  Zusatz  von  etwas  Salzsäure  odei 
von  Ammoniak,  und  die  saure  Lösung  giebt  mit  Schwefelwasserstoff  ei- 
nen rein  gelben,  in  Schwefelammoninm  oder  auch  in  reinem  Ammoniak 
leicht  löslichen  Niederschlag. 

Der  Arsenspiegel  löst  sich  sehr  leicht  beim  Befeuchten  mit  wenigen 
Tropfen  einer  alkalischenLösung  von  unterchlorigsaurem  Natron,  wel- 
ches durch  Einleiten  von  Chlor  in  kohlensaures  Natron  erhalten  w^ar. 
aber  kein  freies  Chlor  enthalten  darf  (weil  dadurch  auch  Antimon  ge- 
löst würde).      Die  so  erhaltene  Lösung  kann  nach  dem  Ansäuern  mit 


bei  gerichtlichen  Untersuchungen.  237 

Schwefelwasserstoffgas  gefallt  werden,  oder  man  kann  die  darin  enthal- 
tene Arsensänre  als  Magne^iasalz  abscheiden  (8.  unten). 

Die  Arsenflecke  lösen  sich  beim  Betupfen  mit  Salpetersäure  von 
1,2  bis  1,3  leicht  auf  schon  in  der  Kälte ,  oder  bei  ganz  gelindem  Er- 
wärmen ;  auf  Znsatz  von  salpetersaurem  Silberoxyd  entsteht  bei  vor- 
sichtiger Neutralisation  mit  Ammoniak  ein  gelber,  in  Salpetersäure 
and  in  Ammoniak  oder  auch  in  Essigsäure  löslicher  Niederschlag  von 
inenigsaurem  Silberoxjd.  Wird  die  Lösung  in  Salpetersäure  stärker 
erhitzt,  so^wird  durch  salpetersaures  Silberoxyd  bei  Neutralisation  mit 
Ammoniak  ein  rothbranner,  oder  auf  Zusatz  von  Weinsäure  mit  über- 
schoBdigem  Ammoniak  und  schwefelsaurer  Magnesia  ein  weisser  kry- 
stollbischer  Niederschlag  von  arsensaurem  Salz  erhalten. 

Wird  das  Arsenwasserstoflfgas  in  gelöstes  Salpeter  sau  res  Silberoxyd 
gleitet,  so  fallt  Silber  nieder  und  in  der  Lösung  istjetztfreie'arsenige 
Säure  neben  freier  Salpetersäure  und  übersciiüssigem  salpetersauren 
Sflberoxyd;  auf  Zusatz  von  Ammoniak  scheidet  daher  das  Filtrat  gelbes 
vsenigsaures  Silberoxyd  aus.  Aus  der  sauren  Lösung  kann  nach  Ab- 
Kheidang  des  Silbersalzes  durch  Salzsäure  das  Arsen  auch  durch 
Schwefelwasserstoff*  gefallt  und  erkannt  werden. 

Wenn  der  Arsenspiegel  in  einer  Porcellanschale  mit  einem  Tropfen 
Sehwefelammonium  befeuchtet  und  dieses  darauf  in  sehr  gelinder  Wärme 
ihgedampft  wird,  so  bildet  sich  gelbes  Schwefelarsen,  welches  sich  bei 
Zotttz  von  wenig  Salzsäure,  selbst  wenn  man  diese  in  gelinder  Wärme 
daranf  verdampfen  lässt,  nicht  verändert,  sich  aber  schnell  in  wässeri- 
gem and  in  kohlensaurem  Ammoniak  vollständig  löst  Hat  man  den 
AzKiupiegel  in  einem  Glasrohr,  so  leitet  man  trockenes  Schwefelwasser- 
itoffgas  diurüber,  indem  man  zugleich  in  der  dem  Gasstrom  entgegenge- 
setzten Richtung  nach  und  nach  vorrückend  den  Spiegel  mit  einer  klei- 
nen Lampe  erwärmt ;  es  bildet  sich  hier  gelbem  Arsensulfid ,  welches 
dnrch  einen  Strom  trockenen  Salzsäuregases  sich  nicht  verändert. 

Uebergiesst  man  den  Arsenspiegel  mit  etwas  Salzsäure  und  setzt 
^uiige  Körnchen  von  chlorsanrem  Kali  zu,  so  löst  sich  der  Metallspiegel 
leieht  schon  in  der  Kälte;  fügt  man  nach  schwachem  Erwärmen  nun 
etwas  W^einsäure  und  überschüssiges  Ammoniak .  hinzu ,  so  giebt  die 
Uare  Losung  auf  Zusatz  von  schwefelsaurer  Magnesia  einen  krystalli- 
ovchen  Niederschlag  von  arsensaurem  Magnesia- Ammoniak.  Die  an- 
gefahrten Reactionen  sind  jedenfalls  schon  ausreichend,  das  Arsen  un- 
^eifelbaft  als  solches  zir  constatiren.  Ausserdem  kann  man  auch  noch 
folgende  Reactionen  machen,  namentlich  mit  den  in  einzelnen  Porcellan- 
^Ichen  oder  auf  Porcellanscherben  hergestellten  Arsenflecken. 

Legt  man  ein  Stuck  feuchtenPhosphor  auf  ein  Uhrglas  oder  Schale, 
1^  die  Bildung  von  Ozon  zu  veranlassen,  und  deckt  dann  ein  Schälchen 
BQt  einem  Arsenfleck  so  darüber,  dass  das  entstehende  Ozon  auf  das 
^nea  wirken  kann,  so  wird'  der  Metallfleck  in  wenigen  Stunden  ver- 
lehwnnden  sein  durch  Oxydation  des  Arsens;  die  Stelle,  an  welcher 
^  Arsen  befand,  wird  nun  feuchtes  Lackmuspapier  röthen.  Bringt 
"^  einen  Tropfen  Brom  in  ein  kleines  Gefass,  welches  man  mit  der 
^hale  bedeckt,  so  färbt  sich  der  in  der  letzteren  enthaltene  Arsenfleck 
"^  citrongelb ;  beim  Aussetzen  an  die  Luft  wird  er  schnell  durch  Zer- 
^ng  farblos  und  giebt  dann  mit  Schwefelwasserstoffgas  einen  gelben, 
«» Ammoniak  leicht  löslichen  Fleck. 

Lässt  man  Joddampf  in  ähnlicher  Weise  wie  den  Bromdampf  auf 


238  Arsen,  Entdeckung  und  Abscheidung 

den  Araenspiegel  einwirken,  so  wird  der  Fleck  bald  hell  gelblichbraun^ 
an  der  Lnil  wird  er  zuerst  gelbbraun  und  verschwindet  bei  längerem 
Aussetzen;  durch  Einwirkung  von  Schwefelwasserstoff  bildet  sich  dann 
sogleich  gelbes  Schwefelarsen.  Eine  concentrirte  Lösung  von  jod- 
saurem Kali  färbt  die  Arsenflecke  zuerst  zimmtbraun  und  löst  sie 
dann  schnell. 

Eine  Lösung  von  Nitroferrocyankalium  löst  dagegen  den 
Arsenspiegel  nicht 

Antimon  verhält  sich  in  vielen  Beziehungen  dem  Arsen  sehr 
ähnlich,  namentlich  aber  zeigt  der  Antimonwasserstoff  in  Bezug  auf 
Bildung  beim  Hineinbringen  von  Antimonoxyden  in  den  Wasser- 
stoffapparat, wie  in  seinem  Verhalten  beim  Erhitzen  für  sich,  und  beim 
unvollständigen  Verbrennen,  unglücklicherweise  dasselbe  Verhalten,  und 
man  kann  daher,  da  Antimonpräparate,  namentlich  das  weinsanre 
Antimonoxyd-Kali,  der  Brech Weinstein ,  als  Arzneimittel  gebraucht 
werden,  bei  einer  gerichtlichen  Untersuchung  nach  der  angegebenen 
Behandlung  im  Wasserstoffapparat  einen  Metallspiegel  erhalten,  der  nur 
Antimon  ist,  und  in  diesem  Fall  zeigt  er  folgende  Eigenschaften. 

Der  Antimonspiegel  findet  sich,  da  das  Antimon  wasserstoffgas  leichter 
zersetzbar  als  Arsenwasserstoff  und  das  Antimon  weniger  fluchtig  als 
Arsen  ist,  nicht  bloss  hinter,  sondern  auch  vor  der  erhitzten  Stelle 
und  nahe  an  derselben.  Die  Flecke  sind,  wo  sie  am  heissesten  wur- 
den, mehr  weiss,  und  zeigen  hier  unter  der  Lonpe  selbst  kleine  ge- 
schmolzene Metallkü gelchen ;  weiterhin  ist  der  Spiegel  in  dünnen  Schich- 
ten auch  wohl  bräunlich,  ohne  aber  einen  zusammenhängenden  glänzend 
braunen  Ueberzug  zu  bilden. 

Das  Antimon  lässt  sich  schwieriger  als  Arsen  im  Wasserstoffgaa- 
Strom  verflüchtigen;  bei  einem  starken  Grasstrom  verflüchtigt  es  sich 
jedoch  auch;  zuerst  aber  verändert  der  Metallspiegel  beim  Erhitsen 
sein  Ansehen,  indem  das  Antimon  zu  kleinen  weissen,  unter  der  Loupe 
glänzenden  Metallkügelchen  zusammenschmilzt;  das  entweichende  Gas 
bleibt  dabei  ganz  geruchlos.  Bei  der  unvollständigen  Verbrennang 
von  Antimon  wasserstoffgas-  werden  auf  Forcellan  mehr  sammetschwarze, 
nicht  glänzende  Flecke  erhalten,  die  nur,  wenn  sie  sehr  dünn  sind, 
Glanz  haben,  aber  dabei  eisenschwarz  oder  dnnkelgraphitfarbig^ 
und  am  äussersten  Rande  bräunlich-grau  erscheinen. 

Beim  Erhitzen  des  Metallspiegels  in  einer  Lampe  bei  Zutritt  der 
Luft  zeigt  sich  kein  Geruch;  beim  Erhitzen  in  einem  weiten  Glasrohr 
zeigt  sich  ein  glänzendes  Sublimat,  welches  weder  in  Wasser  noch  in 
Ammoniak  löslich  ist,  sich  aber  leicht  in  Salzsäure  löst  und  dann  mit 
Schwefelwasserstoff  einen  orangerothen  Niederschlag  giebt,  der  sich 
kaum  in  Ammoniak  löst. 

Unterchlorigsaures  Natron,  welches  kein  freies  Chlor  ent- 
halten darf,  löst  den  Antimonspiegel  nicht. 

Salpetersäure  von  1,2  bis  1,3  macht  auch  den  Antimonfleck 
verschwinden.  Die  Flüssigkeit  lässt  aber  das  ungelöste  Antimonoxyd 
durch  die. Trübung  erkennen,  wenn  seine  Menge  nicht  zu  gering  ist; 
die  saure  Flüssigkeit  giebt,  mit  salpetersaurem  Silber  versetzt  und  mit 
Ammoniak  neutralisirt,  keine  Reaction ;  Schwefelwasserstoff  giebt  in  der 
Flüssigkeit  einen  orangerot|;ien ,  in  wässerigem  und  auch  in  kohlensan* 
rem  Ammoniak  nicht  merkbar  löslichen  Niederschlag. 

Wird  Antimon  wasserstoffgas  in  die  Lösung  von  Salpeters  aurem 


bei  gerichtlichen  Untersuchungen.  239 

Silberoxyd  geleitet,  so  wird  es  zersetzt,  es fiillt  metallisches  Silber  und 
daneben  alles  Antimon  nieder,  so  dass  das  Filtrat  keine  Spnr  Antimon 
enthalt,  und  nach  Abscheidang  des  überschüssigen  Silbersalzes  daher 
nicht  durch  Schwefelwasserstoffgas  verändert  wird. 

Schwefelammonium  auf  einen  Antimonfleck  gebracht .  und 
damit  erwärmt,  hinterlässt  beim  Verdampfen  rothes  Schwefelantimon; 
betopft  man  dieses  mit  einem  Tropfen  starker  Salzsäure,  so  verschwin- 
det beim  Verdampfen  der  Fleck  leicht  und  vollständig,  oder  es  bleibt 
höchstens,  wenn  die  Säure  zu  wässerig  war,  etwas  weisses  Antimonoxyd 
siirnck.  Wird  der  Antimonspiegel  zuerst  mit  trockenem  Schwefel- 
wasserstoff gas  bei  schwachem  Erwärmen  behandelt,  so  bildet  sich 
rothes  Schwefelantimon,  welches,  in  ganz  trockenem  Salzsäuregas 
ichwaeh  erwärmt,  sich  vollständig  verflüchtigt  als  Antimonchlorid  und 
Schwefelwasserstoff.  War  das  Chlorwasserstoffgas  nicht  ganz  trocken, 
30  bleibt  wohl  ein  Haucl^  von  weissem  Antimonoxyd  zurück. 

In  der  Kälte  wirkt  Salzsäure  nach  Zusatz  von  wenig  chlor- 
sanrem  Kali  nicht  merkbar  auf  den  Antimonspiegel  ein;  beim  Er- 
wärmen lost  sich  das  Metall  leicht;  nach  Zusatz  von  Weinsäure  und 
Ammoniak  bringt  schwefelsaure  Magnesia  in  der  klaren  Lösung  kei- 
Doi  Niederschlag  hervor. 

Man  sieht,  dass  Arsen-  und  Antimonspiegel,  so  ähnlich  sie  sich 
sind,  doch  auch  sehr  abweichende  Eigenschaften  zeigen;  das  Verhalten 
der  Metallspiegel  beim  Erhitzen  för  sich,  der  Unterschied  der  Lösung 
in  Salpetersäure,  das  abweichende  Verhalten  gegen  unterchlorigsaures 
Natron,  sowie  bei  der  auf  einander  folgenden  Behandlung  mit  Schwefel- 
ammoniam  oder  Schwefelwasserstoff  und  Salzsäure,  sowie  die  Ver- 
schiedenheit in  Bezug  auf  das  Verhalten  der  gasförmigen  Wasserstoff- 
verbindnngen  gegen  gelöstes  salpetersaures  Silberoxyd,  das  alles  sind 
Unterschiede,  welche  so  bestimmt  sind,  dass  eine  Verwechselung  von 
Aotimon  und  Arsen  nicht  möglich  ist;  am  wenigsten  sicher  können  die 
beiden  Metalle,  als  spiegelnde  Ueberzüge  in  Glasröhren  oder  auf  Por- 
oellan  erhalten,  nach  der  Farbe  unterschieden  werden. 

Weitere  Unterschiede  fiir  die  beiden  Metalle  sind  nnr  noch  nach- 
gehende: In  einer  Atmosphäre  von  Ozon,  durch  Phosphor  bei  gewöhn- 
licher Temperatur  gebildet,  oxydirt  sich  das  Antimon  äusserst  langsam 
exBt  nach  mehreren  Tagen;  an  der  Stelle,  wo  sich  das  Oxyd  befindet, 
wird  Lackmuspapier  nicht  geröthet;  Bromdampf  färbt  das  Antimon 
schnell,  rascher  noch  als  Arsen;  der  orangerothe  Fleck  verschwindet 
bald  an  der  Luft;  auf  Zusatz  von  Schwefelwasserstoff  zeigt  sich  dann 
eine  orangerothe  Färbung,  aaf  welche  wässeriges  Ammoniak  nur  äusserst 
bagsam  einwirkt.  In  etwas  Joddampf  färbt  sich  der  Antimonfleck 
armeliterbrann;  die  Farbe  wird  an  der  Luft  orange,  aber  verschwindet 
Mich  nach  längerer  Zeit  nicht;  Schwefelwasserstoff  giebt  wieder  die 
rothe  f^bung. 

eine  Lösung  von  jodsaurem  Kali  greift  den  Antimonspiegel 
selbst  nach  mehreren  Stunden  nicht  an. 

Kitroprussidkalium  löst  dagegen  Antimonflecken  leicht  auf. 

In  manchen  Fällen  wird  man  es  mit  einem  Metallspiegel  zu  thun 
kaben,  der  gleichzeitig  Arsen  und' Antimon  enthält;  hier  ist  nach  den 
Versuchen  von  Pettenkofer  und  von  Fresenius  es  am  zweckmässig- 
sten,  den  in  der  Glasröhre  enthaltenen  Metallspiegel  zuerst  in  einem 
inaserst  langsamen  Strom  von  trockenem  Schwefelwasserstoffgas  wenig 


240         Arsen,  Entdeckung  und  Abscheidung  etc. 

zu  erwärmen ;  man  sieht  hierbei  oft  schon  im  vorderen  Theil  der  Bohre 
gegen  die  Oeffnung  zu  schwarzes  oder  orangerothes  Schwefelanttmon  und 
weiterhin  gelbes  Schwel'elarsen ;  leitet  man  nun  ganz  trockenes  Chlor- 
wasserstofigas  über  diese  Schwefelmetalle  ^  so  zersetzt  sich  auch  ohne 
Erwärmen  das  Antimonsulfid  und  verschwindet  vollständig;  das  dabei 
entweichende  Chlorantimon  kann  in  Wasser  aufgefangen  und  weiter 
geprüft  werden;  das  Schwefelarsen,  durch  die  Salzsäure  nicht  ver- 
ändert, bleibt  vollständig  in  der  Bohre  zurück. 

Man  kann  auch  bei  Gegenwart  beider  Metalle  die  Wassentoff- 
Verbindung  in  eine  verdünnte  Lösung  von  salpetersaurem  Silberoxyd 
leiten,  wobei  dann  alles  Antimon  sich  mit  dem  Silber  niederschlägt, 
während  alles  Arsen  in  Lösung  bleibt. 

Löst  man  das  Gemenge  beider  Metalle  in  Salzsäure  unter  Zusatz 
von  chlorsaurem  Kali  in  der  Wärme,  so  wird  nach  Zusatz  von  Wein- 
säure, welche  die  Fällung  von  Autimonsäure  «erhindert,  beim  Zusetzen 
von  hinreichend  Ammoniak  und  schwefelsaurer  Magnesia  alle  Arsen- 
säure in  dem  Doppelsalze  niederfallen,  während  die  Antimonsaure  voll- 
ständig in  Lösung  bleibt 

Am  zweckmässigsten  erscheint  es  bei  Untersucliung  auf  Arsen,  den 
unreinen,  beim  ersten  Fällen  der  Metalllösung  mit  Schwefelwasserstofl 
erhaltenen  Niederschlag,  zum  Beinigen  von  organischen  Substanzea 
mit  salpetersaurero  und  kohlensaurem  Natron  zusammen  zu  schmelzen 
(s.  S.  226),  indem  hier  alles  Antimon  als  antimonsaures  Natron  zu- 
rückbleibt, das  für  sich  untersucht  werden  kann,  während  die  Losung 
dann  reines  arsensaures  Natron  enthält. 

Nach  der  bei  der  Wichtigkeit  des  Gegenstandes  für  den  Chemiker 
besonders  fUr  den  Pharmaceuten,  der  so  häufig  berufen  ist,  hier  als  Ge 
hülfe  des  Bichters  zu  wirken,  nothwendigerweise  ausfuhrlich  gegebenei 
Behandlung  desselben  ist  also  die  Aufgabe  bei  einer  solchen  legalei 
Untersuchung  auf  Arsenik,  falls  dieses  sich  nicht  schon  mechai^iscl 
trennen  lässt,  zuerst  die  organische  Substanz  zu  zerstören,  an 
leichtesten  in  der  Begel  auf  nassem  Wege  durch  die  Behandlang  mi 
Salzsäure  und  chlorsaurem  Kali ,  zuweilen  auf  trockenem  Wege  dnrcl 
Schmelzen  mit  Soda  und  Salpeter;  dann  weiter  die  Abscheiduni 
des  Arsens  durch  Einwirkung  von  Schwefelwasserstoff  und  di( 
Beinigung  des  Niederschlags,  wenn  er  noch  organische Substan: 
enthält,  durch  Salpetersäure  und  Schwefelsäure  oder  Schmelzen  mi 
salpetersaurem  und  kohlensaurem  Alkali.  Die  erhaltene  rein 
Arsenverbindung  ist  endlich,  wenn  man  ein  Arsenoxyd  hat,  au 
nassem  Wege  durch  Einwirkung  von  Wasserstoffgas,  oder  auf  trockenen 
Wege  durch  Cyankalium  oder  Kohle  zu  reduciren,  oder  das  Schwefel 
arsen  durch  Cyankalium  oder  mit  Hülfe  von  Wasserstoff  zu  zersetze! 
Endlich  ist  der  Metallspiegel  genau  auf  seine  Eigen  sc  hafte: 
zu  prüfen  und  namentlich  die  Unterscheidung  von  Antimo! 
zu  berücksichtigen. 

Hat  der  Chemiker  nun  hiemach  bei  einer  gerichtlichen  Untei 
snchung  Arsen  dargestellt  und  seine  Eigenschaften  erkannt,  so  hat  e 
neben  dem  ausführlichen,  den  Gang  der  Untersuchung  hinreichend  g^ 
nau  angebenden  Bericht  einen  Metallspiegel  in  einem  zugeschmolzeno 
Glasröhrchen,  so  wie,  wenn  es  möglich  ist,  einen  Best  von  Schwefelarsen  und 
wenn  es  nicht  verbraucht,  den  Theil  der  ursprünglichen  Substanz^  de 
im  Anfang  zurückgestellt  wurde,   dem  Bichter  zu  übergeben,   erster 


Arsen,  gediegen.  —  Arsenbromid.  241 

Proben  als  Beweismittel,  das  letztere  um  eine  Controle  durch  einen 
anderen  Chemiker  möglich  zu  machen.  p^ 

Arsen,  gediegen,  findet  sich  in  grösserer  Menge  an  ver- 
schiedenen Orten  des  sächsischen  und  böhmischen  Erzgebirges,  dann  zu 
Andreasberg  am  Harz,  Kapnik  in  Siebenbürgen  und  einigen  anderen 
Orten.  Bildet  traubige ,  nierenf  örmige ,  kugelige  und  krumroschalige 
Massen  von  feinkörnige^  bis  dichter  Structur,  seltener  mehr  oder  weni- 
ger undeutliche  rhomboedrische  Krystalle.  Im  frischen  Zustande  licht- 
bleigrau,  an  der  Luft  aber  sehr  bald  graulichschwarz  anlaufend. 
Chemische  Eigenschaften  ganz  wie  die  des  künstlich  dargestellten  Ar- 
sens, nur  durch  einige  zufällige  Beimengungen  modificirt.  Th,  S, 

Arsenantimon  s.  Antimonarsen  S.  62. 

Arsen  blende.  Unter  dieser  Benennung  kann  man  die  natür- 
lich vorkommenden  Schwefelverbindungen  des  Arsens  zusammenfassen. 

Bothe  Arsenblende,  Bealgar  =  AsSa,  Arsensulfür  (s.d.). 
Kommt,  namentlich  zu  Kapnik  und  Fehöbanya,  in  schön  ausgebildeten, 
morgenrothen  Krystallen  monoklinoSdrischer  Gestalt  vor.  Strich  pome- 
nnzengelb.  Die  dem  Lichte  ausgesetzten  Krystalle  zerfallen  allmälig 
a  Pnlver. 

Gelbe  Arsenblende,  Auripigment,  Operment,  Bausch- 
gelb =  AsSg,  Arsensulfid.  Von  rhombischer  Krystallform,  citron- 
gelber  bis  pomeranzengelber  Farbe  und  gleichfarbigem  Strich.  Am 
häufigsten  in  breitstängligen  und  blätterigen  Aggregaten.  Ebenfalls  zu 
Kapnik  und  Felsöbanya,  sowie  an  einigen  anderen  Fundorten  vorkom- 
mend.—  Di  morphin,  nach  Scacchi  eine  in  zwei  verschiedenen  Kry- 
stallformen  auftretende  Schwefelarsen  -  Verbindung,  welche  hinsichtlich 
fltres  Schwefelgehaltes  zwischen  Arsensulfür  und  Arsensnlfid  steht  und 
▼ielleicht  As^Sg  ist.  In  äusserst  kleinen  Krystallen  als  Sublimations- 
product  auf  Gesteinsklüften  der  Solfatara  bei  Neapel.  Pomeranzengelb, 
^rk  glänzend,  durchscheinend  bis  durchsichtig.  Th,  S, 

Arsenblüthe.  Arsenikblütlie.  Arsenit.  Arsemc oxyde. 

—  Oxyd  of  Äraeräc;  Ärsemcbloom,  Ein  seltenes  Mineral,  meist  in  nadel- 
Bod  haarf  önnigen  Krystallen,  auch  massig,  mit  kugeliger  und  traubiger 
Amsenlläehe  und  selbst  als  erdiger  Beschlag  vorkommend,  äusserst 
aelten  in  E^rjstallen  (regulären  Octaedem).  Es  ist  mehr  oder  weniger 
f^ine  arsenige  Säure,  ist  weiss  bis  graulichweiss,  nur  zufällig  gelb, 
nth  oder  grün,  durchscheinend,  glas-  bis  seidenglänzend,  hat  ein 
specif.  Gewicht  =  ^5,69  bis  3,71  und  ist  härter  als  Gyps.  Es  zeigt 
alle  Eigenschaften  der  arsenigen  Säure.  Es  findet  sich  meist  nur  als 
Verwittemngsproduct  in  älterem  und  jüngerem  Gebirge  und  in  alten 
Gnibengebäaden,  so  zu  St  Andreasberg,  Mariakirch,  Kapnik  in  Ungarn, 
fiteber  bei  Hanau  u.  s.  w.  •  Fe. 

Arsenbromid,  ArsenbromürrAsBrg.  Von  Serullas  zuerst 
^rgestellt.  Man  kennt  von  den  Verbindungen  des  Arsens  mit  den  Haloge- 
nen bis  jetzt  nur  die  der  arsenigen  Säure  entsprechenden  Verbindungen. 

Das  Arsenbromid  wird  dargestellt  durch  Eintragen  von  pulverisir- 
t^  metallischen  Arsen  in  Brom,  so  lange  man  noch  eine  Feuererschei- 
Dnng  wahrnimmt,   der  Bückstand  wird  der  Destillation  unterworfen, 

nan<i«örterbach  der  Chemie   2tc  Aud.   DU.  II.  \Q 


242  Arsenchlorid, 

wobei  das  Araenbroroid  als  eine  farblose  Flüssigkeit,  welche  bald  er- 
starrt, übergeht. 

Es  besitzt  bei  gewöhnlicher  Temperatur  eine  butterartige  Consi- 
stenz,  Pchmilzt  bei  iO»  bis  25^0.  und  siedet  bei  2200C.;  durch  Wasser 
wird  es  in  BromwasserstoflTsäure  und  arsenige  Säure  zerlegt  (S  er  Ul- 
las) 0.  iJ'L,)  SchL 

Arsenchlorid,  Arsenchlorür,  Arsenikbutter,  ätzendes 
ArsenikÖl:     AsGla. 

Die  Einwirkung  des  Chlors  auf  Arsen  ist  sehr  heftig,  Arsen  ver- 
brennt im  Chlorgas.  Zur  Darstellung  des  Arsenchlorids  bringt  man 
das  Arsen  in  eine  tubulirte  Retorte  und  leitet  unter  Erwärmen  tro- 
ckenes Cblorgas  darüber,  es  verbrennt  nun  mit  schwacher  weisser 
Flamme  zu  Chlorid,  welches  durch  Erhitzen  in  die  angelegte  Vorlage 
übergetrieben  wird,  durch  wiederholte  Rectiücation  über  gepulvertes 
Arsen  erhält  man  es  frei  von  Chlor.  Auch  durch  Destillation  von 
Quecksilberchlorid  mit  Arsen  (6  Thle.  und  1  Thl.),  sowie  eines  Ge- 
menges von  arseniger  Säure  mit  Kochsalz  und  Schwefelsäure  kann  es 
erhalten  werden.  Letztere  Methode  liefert  jedoch  ein  mit  Chlorwasser- 
stoffsäure und  Wasser  vermengtes  Product,  durch  Destillation  mit  con- 
centrirter  Schwefelsäure  lässt  es  sich  vom  Wasser  befreien,  von  der 
Salzsäure  ist  es  nicht  zu  trennen^). 

Das  Arsenchlorid  ist  eine  farblose,  Ölige  Flüssigkeit,  welche  bei 
—  29^  C.  noch  nicht  erstarrt,  bei  0^  C.  ein  specif.  Gewicht  von  2,05 
hat,  und  bei  134^  C.  siedet  (Pierre),  das  specif.  Gewicht  des  Dampfes 
ist  =  6,3  (Damas);  1  Vol.  Chlorarsen  enthält  daher  0,5  Vol.  Arsen 
gas  und  1,5  Vol.  Chlorgas.  Es  ist  sehr  giftig,  verdunstet  allmälig  an 
der  Luft,  indem  es  weisse  Dämpfe  ausstösst.  Mit  wenig  AlkolioL 
Aether,  mit  flüchtigen  und  auch  mit  fetten  Oelen  lässt  es  sich  ver- 
mischen, Harze  löst  es,  mit  viel  Wasser  längere  Zeit  in  Berühning  oder 
damit  erwärmt,  wird  es  zerlegt  in  arsenige  Säure,  welche  sich  grossten- 
theils  ausscheidet,  und  als  weisses  Pulver  zu  Boden  sinkt,  und  Salzsäure« 
Durch  die  gleichzeitig  gebildete  Salzsäure  wird  ein  TheÜ  des  Arseniks 
in  Lösung  erhalten.  Mit  viel  wässeriger  Salzsäure  erhitzt,  destillirt  das 
Arsenchlorür  mit  den  Dämpfen  derselben  über,  daher  ist  Salzsäure  mit- 
telst arsenhaltiger  Schwefelsäure  dargestellt  immer  arsenhaltig.  Unter 
100^ C.  verflüchtigt  sich  nur  sehr  wenig  Arsenchlorid  (Disting).  Man 
hat  auf  $lie  Flüchtigkeit  des  Chlorarsens  ein  Verfahren  gründen  wollen, 
Arsen  bei  gerichtlich  chemischen  Untersuchungen  nachzuweisen  (siebe 
Arsen,  Ausmittelung  bei  Vergiftungen).  Phosphor  und  Schwe- 
fel lösen  sich  in  dem  Arsenchlorid  in  der  Wärme  auf  und  krystalli- 
siren  daraus  beim  Erkalten  unverändert. 

Arsenchlorid- Ammoniak:  2  As €13  -f-7NH3(H.  Rose')  oder 
vielleicht  2(A8G-1NH)  +  4Nif4€l  +  NH«  (Pasteur*). 

Diese  Verbindung  wird  dargestellt  durch  Einleiten  von  trockenem 
Ammoniakgas  in  Arsenchlorid,  welches  das  Gas  reichlich  absorbirt 
(Persoz,  H.  Rose*).  Es  bildet  sich  ein  weisser  starrer  Körper,  der 
in  Weingeist  und  Wasser  löslich  ist  und  unverändert  daraus  krystallisirt. 


*)  Annal.  de  chim.  et  de  pbys.  [2.]  T.  XXXVIII,  p.  319.  —  »)  Pharm  CentralbL 
1868,  S.  64.  —  »)  Pogg.  Annal.  Bd.  LH,  S.  62.  —  *)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm. 
Bd.  LXVIII,  S,  307.  —  »)  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [2.1  T.  XLIV,  p.  320: 
Pogg.  Annal.  Bd.  LII,  S.  62. 


Arseneisen.  —  Arsenerze.  243 

Abweichend  von  Rose  nimmt  Pasten r  an,  dass  der  Körper  als 
eine  Verbindung  von  Chlorarsenimid  (AsHNGl)  mit  Salmiak  und 
Ammoniak  anzusehen  sei,  wie  obige  Formel  es  angiebt;  beim  Erhitzen 
zersetzt,  soll  zuerst  Ammoniak  entweichen,  worauf  bei  weiterem  Erhitzen 
der  Backstand  vollständig  sich  verflüchtigt;  im  Sublimat  lassen  sich  die 
Würfel  von  Chlorammonium  erkennen. 

Bei  Behandlung  mit  heissem  Wasser  zersetzt  sich  das  Arsenchlorid- 
Ammoniak,  es  entweicht  Ammoniak  und  die  Lösung  enthalt  arsenige 
Sänre  und  Salmiak.  Mit  kaltem  Wasser  Übergossen,  erwärmt  sich  die 
Verbindung,  es  entweicht  Ammoniak,  und  bei  freiwilligem  Verdunsten 
der  Losung  krystallisiren  sechsseitige  Tafeln,  d^ren  Zusammensetzung 
=  AsjCINHjOt  =  AsGlNH  +  AsOa  +  4H0,  also  als  eine  Ver- 
bindung^ von  Chlorarsenimid  mit  arseniger  Säure  und  Wasser  angesehen 
werden  kann.  Durch  Behandlung  mit  concentrirtem  Ammoniak  ver- 
wandelt sich  diese  Verbindung  in  eine  harte,  aus  langen  sechsseitigen 
Tafeln  bestehende  Masse,  welche  neutrales  arsenigsaures  Ammonium- 
oxyd (NH4O.ASO3)  ist,  das  sich  in  Lösung,  noch  schneller  in  festem 
Zustande  unter  Verlust  des  meisten  Ammoniaks  rasch  zerlegt  (Pa- 
itenr).  (J.X.)  SchL 

Arseneisen,  Arsenosiderlt.  Nach  den  Analysen  von 
Hoffmann,  Meyer,  Karsten,  Scheerer,  Weidenbusch  und  II- 
ling  hat  es  sich  herausgestellt,  dass  zwei  Verbindungen  dieser  Art  in 
der  Natnr  vorkommen,  nämlich  Fe4As3  und  Fe  As. 

Das  Arseneisen  Fe4As3  (gleich  Fe^As^  oder  Fe^As  -|-  2  Fe  As) 
kommt  zu  Beichenstein  in  Schlesien  vor.  Es  pflegt  durch  etwas  Arsen- 
kiea  verunreinigt  zu  sein,  wodurch  es  einen  kleinen  Schwefelgehalt 
erhält,  der  bei  einigen  Analysen  gegen  2  Froc.  betrug. 

Das  Arseneisen,  Fe  Asg  (gleich  FeAs^),  findet  sich  auf  dem  Säter- 
berg  (Modum)  in  Norwegen  und  zu  Schladmig  in  Steiermark.  Beide 
ehemisch  verschiedene  Arten  des  Arseneisens  haben  ein  und  dieselbe 
Krystallform,  ein  rhombisches  Prisma  von  etwas  über  122<^.  Wenig- 
stens ist  dies  in  Bezug  auf  das  Beichensteiner  und  Schladmigef  Arsen- 
eiien  ausgemacht;  die  Krystallform  des  Modumer  Arseneisens  Hess  sich 
bisher  nicht  genau  bestimmen.  Ein  eigenthümlicher  Umstand  findet  in 
Betreff  der  specifischen  Gewichte  dieser  Mineralien  statt.  Specif.  Ge- 
wicht 1)  des  Beichensteiner  Arseneisens  =7,00,  Breithaupt;  2)  des 
Modamer  Arseneisens  =  7,09,  Scheerer,  7,22  Breithaupt;  3)  des 
Scbladmiger  Arseneisens  =  8,70,  Weidenbusch.  *Die  beiden  che- 
misch gleich  zusammengesetzten  Verbindungen  von  Modum  und  Schlad- 
mig haben  hiernach  sehr  verschiedene  Dichtigkeit,  während  die  beiden 
VKschieden  zusammengesetzten  von  Beichenstein  und  Modum  fast  ge- 
nau gleiche  specifische  Gewichte  besitzen.  Um  diese  Thatsachen  fest- 
nitlellen,  werden  jedenfalls  erneuerte  Untersuchungen  erfordert.  — 
Li  den  meisten  äusseren  Eigenschaften  stimmen  Arsen  eisen  und  Arsen- 
kies  fast  völlig  mit  einander  überein.  Th,  S* 

Arsenerze.  Damit  wollen  wir  hier  nur  solche  natürlich  vor- 
kommende Arsenverbindungen  bezeichnen,  aus  welchen  das  Arsen  und 
ananige  Saure  im  Grossen  —  und  zwar  nicht  als  Nebenproduct  — 
gewonnen  werden; 

16* 


244  Arsenfahlerze.   —  Arsenglas,  rothes. 

Gediegenes  Arsen  ==  As, 
Arseneisen,  erste  Art  =  2  Fe  As  -f-  Fe^As, 
Arseneisen,  zweite  Art  =  FeAs, 
Arsenkies  =  FeAs  -(-  FeSj. 

Als  Nebenproduct,  zugleich  mit  anderen  darin  vorkommenden 
nutzbaren  Metallen,  werden  Arsen  und  Arsenik  hüttenmännisch  darge- 
stellt aus  dem  Speisskobalt,  Cloanthit,  Arsenkobalt,  Kobaltglanz,  Nickel- 
glänz,  Kupfernickel,  Arsennickel,  arsenikhaltigem  Fahlerz  and  einigen 
anderen  verwandten  Erzen.  Th.  S. 

Arsenfahlerze  oder  Lichte  Fahlerze  werden  diejenigen 
Fahlerze  genannt,  in  welchen  hauptsächlich  Arsensultid  als  Sulfosänre 
auftritt  (s.  Fahlerz). 

Arsenfluorid,  Arsenfluorilr:  AsFg.  Bei  Destillation  von 
gleichen  Theilen  Flussspath  und  arseniger  Säure  mit  5  Thln.  concen- 
trirter  Schwefelsäure  erhält  man  diese  Verbindung  in  Gestalt  einer 
farblosen  bei  G3<>C.  siedenden  Flüssigkeit  Von  2,73  »pecif.  Gewicht, 
welche  an  der  Luft  sehr  stark  raucht  und  dem  Fluorsilicium  ähnlich 
riecht.  Das  Fluorarsen  ist  sehr  flüchtig.  £in  Tropfen  auf  die  Haut 
gebracht,  bewirkt  gerade  wie  Flusssäure  Entzündung  und  langwierige 
Eiterung  (Dumas  0.  Glas  zersetzt  das  Fluorarsen,  besonders  bei  Gre- 
genwart  von  Feuchtigkeit,  in  Fluorkiesel  und  arsenige  Säure.  Mit 
Wasser  mischt  sich  das  Flnorarsen,  unter  einer  Temperaturerhöhung 
von  3®  C,  zu  einer  klaren  Flüssigkeit  (unverdorben*),  die  sich 
aber  bald  zerlegt  in  arsenige  Säure  und  eine  Arsenfluorwasserstoffsäure, 
welche  mit  Basen  Salze  giebt,  die  jedoch  noch  nicht  näher  untersucht 
sind.  Mit  Alkohol,  Aether,  und  schwieriger  mit  flüchtigen  und  fetten 
Gelen,  lässt  es  sich  mischen,  indem  es  theilweise  zersetzt  wird;  m\% 
Ammoniak  geht  es  eine  Verbindung  ein,  analog  in  seinen  Eigenschaften 
dem  Arsenchlorid- Ammoniak.  {V.)SchL 

Arsenglanz  nannte  Breithaupt  ein  Mineral  von  Marienberg 
im  sächsischen  Erzgebirge,  welches  nach  Karsten's  Analyse  nichts 
als  ein  durch  einige  Procent  Wismuth  verunreinigtes  gediegenes  Arsen 
zu  sein  scheint.  7^  S. 

Arsenglas,  gelbes,  wird  oft  unreines  Arsensulfid  genannt, 
wie  es  hauptsächlich  durch  Zusammenschmelzen  von  weissem  Ajrsenik 
mit  Schwefel  erljalten  wird;  es  ist  meistens  ein  Gemenge  von  Arsen- 
sulfid mit  oft  viel  arseniger  Säure,  da  in  der  Regel  nicht  genug  Schwe- 
fel genommen  wird  (g.  Arsensulfide). 

Arsenglas,  rothes,  wird  ein  unreines  amorphes  Arsensulför 
(s.  d.)  genannt,  welches  immer  noch  arsenige  Säure  beigemengt  ent- 
hält, und  welches  aus  dem  bei  der  Destillation  von  Arsenikkies  mit 
Schwefelkies  erhaltenem  unreinen  Sulfür  dargestellt  wird  durch  Üm- 
schmelzen  mit  Zusatz  von  Arsen  oder  Schwefel,  je  nachdem  die  Farbe 
dunkler  oder  heller  gewünscht  wird  (Hausmann^.  Es  wurde  früher 
als  rothe  Malerfarbe  angewandt.     Ein  Gemisch  aus  24  Thln.  Salpeter 


')  Annal.  de  ehem.  et  de  phys.  [2.]  T.  XXXI,  p.  484.  —  *)  Pogg.  Anna].  Bd. 
VIT,  S.  816.  —  ■)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXIV,  S.  196. 


Arsenide.  —  Arsenik.  245 

and   2   Thln.  rothem   Arsenikglaa   bildet   das   sogenannte   indianische 
WeiBsfeuer,  welches  mit  blendend  weisser  Flamme  verbrennt.       F«. 

ArsenidCy  Arsenlegirungen,  Arsenmetalle,  nennt  man 
die  Verbindungen  von  Arsen  mit  Metallen,  wovon  einige  in  der  Natur 
ziemlich  rein  und  krystallisirt  vorkommen.  Sie  bilden  sich  zum  Theil 
direct  durch  Zusammenschmelzen  der  Metalle  mit  reinem  Arsen,  einige 
unter  Feuererscheinung,  so  wie  beim  Blrhitzen  von  arseniger  Säure  mit 
Kohle  and  Metall,  und  bei  Einwirkung  von  Arsenwasserstoff  auf  die 
Loaung  der  schweren  Metallsalze. 

Die  Verbindungen  der  schweren  Metalle  mit  Arsen  sind  spröde  und 
leichter  schmelzbar  als  die  reinen  Metalle;  erhitzt  man  ein  Stückchen 
Arsen  oder  eine  Arsenverbindang  unter  Umständen,  wobei  sich  Arsen 
rednciren  kann,  auf  einem  Platinblech,  so  entsteht  sogleich  ein  Loch, 
mdem  die  entstandene  Verbindung  schmilzt. 

Beim  Glühen  in  verschlossenen  Gefässen  werden  die  meisten  Ar- 
senide zerlegt,  indem  sich  der  grösste  Theil  des  Arsens  verflüchtigt; 
beim  Glühen  an  der  Luft  ist  diese  Zersetzung  noch  vollständiger,  das 
Arsen  geht  als  arsenige  Säure  hinweg,  während  das  Metall  entweder 
rein,  wie.  bei  den  edeln  Metallen,  oder  als  Oxyd,  oder  als  basisch 
anensaures  Salz  zurückbleibt.  Durch  Glühen  von  arsenig-  oder  ar- 
sensauren  Salzen  mit  Kohle  lassen  sich  keine  dem  Arsengehalt  ent- 
sprechende Verbindungen  hervorbringen;  gewöhnlich  wird  hierbei 
alles  Arsen  verflüchtigt,  und  es  bleibt  Oxyd,  oder  Metall,  oder  arsen- 
haltiges Metall.  Manche  Arsenmetalle,  wie  die  des  Kaliums,  des  Natriums, 
Alnminiiims,  Berylliums  u.a.zerlegen  das  Wasser  unter  Bildung  von  Metall- 
oxyd und  Entwickelung  von  Arsenwasserstoffgas;  zugleich  bildet  sich 
meistens  etwas  fester  Arsenwasserstoff,  der  als  schwarzes  Pulver  zu- 
rfickbleibt.  Die  Arsenide  werden  durch  Schmelzen  mit  Salpeter  in 
basisch -arsensaure  Salze  verwandelt;  geschieht  das  Glühen  bei  Zu- 
satz von  reinen  oder  kohlensauren  Alkalien,  so  bleiben  bei  den  schweren 
Metallen  nach  dem  Uebergiessen  mit  Wasser  ihre  Oxyde  arsenfrei  zu- 
rück. Die  Arsenide  der  schweren  Metalle  werden  durch  Säuren,  ausser 
Salpetersaure  oder  Königswasser,  entweder  gar  nicht  oder  nur  schwie- 
rig angegriffen.  Durch  Schmelzen  mit  kohlensauren  Alkalien  oder  mit 
fchwarzem  Fluss  erleiden  die  Arsenide  keine  Veränderung;  wird  dieser 
IGschung  aber  Schwefel  zugesetzt,-  so  entsteht  ein  im  Wasser  lösliches 
alkalisches  Arsensulfosalz ,  während  das  Metall  frei  von  Arsen  als 
Sdiwefelmetall  zurück  bleibt. 

Dadnrch,  dass  Arsen  mit  vielen  Metallen  wirkliche  Verbindungen 
Too  constanter  Zusammensetzung  bildet  und  nicht  gewöhnliche  Legirun- 
gen,  schli^sst  es  sich  enge  an  die  sogenannten  Metalloide,  die  nicht 
metallisehen  Körper,  an,  und  die  einzelnen  Verbindungen  werden  daher, 
soweit  sie  nicht  natürlich  vorkommen,  bei  den  betreffenden  Metallen 
angeführt  werden.  (J.L)  Schi. 

Arsenige  Säure  s.  Arsensäuren  S.  289. 

Arsenik  s.  Arsen  und  arsenige  Säure. 
Arsenik,  rother  s.  Arsenglas,  rothes. 

Arsenik,  weisses  Arsenikmehl  s.  Arsenige 
Säure  unter  Arsensäuren. 


246  Arsenikalkies.  —  Arsenjodid. 

Arsenikalkies  s.  Arsenkies  S.  247. 

Arsenikbutter,  syn.  Arsenchlorid. 

Arsenikeisensinter,  Arseneisensinter  s.  Eisen- 
pecherz. 

Arsenikleber,  fixe,  veraltetes  Syn.  für  arsenigsaurcB 
Kali. 

Arsenikleber,  flüchtige,   Arseniksalmiak,    ver* 

altetes  Syn.  für  arsenigsaures  Animoniunioxyd. 

Arsenikleuchtstein.  Durch  Glühen  von  ardenigsaurem 
Baryt  mit  Tragantscbleim  soll,  nach  Osann,  ein  graugelber  Leucht- 
stein erhalten  werden. 

Arsenikmehl,  s.  arsenige  Säure  S.  289. 
Arseniköl,  ätzendes,  sjoi.  Arsenchlorid. 
Arsenikrubin  s.  Arsenglas,  rothes. 

Arseniksinter,  Arsensinter,  nennt  Hermann  ein  ia 
den  Gruben  von  Nertschinsk  am  Ural  theüs  als  Ueberzug  auf  Atm- 
nik,  Bleiglanz  u.  s.  w.,  theils  in  stalaktischen  Massen  oder  dünnen 
Blättchen  vorkommendes  wasserhaltendes  neutrales  arsensaures  Eisen- 
oxyd,  FejOg.AsOs  -[-  4H0,  wahrscheinlich  Zersetzungsproduct  ver- 
schiedener Mineralien.  ^e. 

Arseniosiderit.  Dieses  bisher  nur  an  einer  Localität  (za 
Bomaneche  bei  Mdcon)  gefundene  Mineral  ist  ein  wasserhaltiges  Doppel- 
salz von  arsensaurem  Eisenoxyd  und  arsensaurem  Kalk.  Es  wurde 
von  Dufr^noy  und  von  Rammeisberg  analysirt,  jedoch  mit  so  ab- 
weichenden Resultaten,  dass  seine  wahre  Zusammensetzung  hierdurch 
noch  nicht  mit  Sicherheit  ermittelt  erscheint.  Bildet  kugelige  Aggregate 
von  faseriger  Textur  und  bräunlich  gelber  Farbe.  7^  S. 

Arsenit  syn.  mit  Arsenblüthe. 

Arsenjodid,  Arsenjodfir:As{3.  Arsen  und  Jod  verbinden  sich 
bei  gelindem  Erhitzen  unter  sehr  bedeutender  Wärmeentwickelung.  De* 
stillirt  man  ein  Gemenge  von  3  Thln.  Jod  mit  1  Thl.  Arsen  aus  einer  Re- 
torte, deren  Bauch  im  Sande  liegt,  so  dass  das  Sublimat  sich  in  dem 
Halse  der  Retorte  ablagern  muss,  so  erhält  man  Arsenjodid  in  Gestalt 
einer  orangerothen ,  goldglänzenden  krystallinischen  Masse.  Es  ist  in 
Wasser  löslich  und  scheidet  sich  beim  Verdampfen  wieder  ab,  jedoch 
entweicht  während  des  Abdampfens  immer  etwas  Jod  und  das  Präparat 
wird  mit  arseniger  Säure  verunreinigt  (Bette).  Das  Jodid  enthält  eben- 
falls arsenige  Säure  beigemengt,  wenn  bei  der  oben  angegebenen  Dar- 
stellungsmethode das  Jod  feucht  war  oder  Luft  zutreten  konnte; 
es  zerfällt  dann  ein  Theil  des  Jodids  in  freies  Jod  und  Arsen,  und  letztere! 
verwandelt  sich  in  arsenige  Säure ;  bei  raschem  Erhitzen  bis  zu  138^0. 
ist,  nach  Thomson,  die  Zersetzung  vollständiger.  Aus  Alkohol  lüssi 
sich  das  Jodarsen  leicht  umkrystallisiren.     Kocht  man  die  durch  Zu- 

^enschmelzen  von  3  Thln.  Jod  und  1  Thl.  Arsen  erhaltene  Masse 


Arsenkies.  —  Arsenmangan.  247 

mit  Weingeist,  so  lost  dieser  das  Arsenjodid  und  beim  Erkalten  schei- 
det sich  dasselbe  in  schon  ziegelrothen  glänzenden  Blättchen  ab. 

Das  Arsenjodid  ist  als  Arzneimittel  beim  Krebs  angewandt  worden, 
und  es  hat  deshalb  Wackenroder  zu  einem  Liquor  SuperjödurtU  Ar- 
seniei  von  constanter  Zusammensetzung  folgende  Vorschrift  gegeben. 
1  Thl.  fein  geriebenes  Arsen  und  6  Thle.  trockenes  Jod  werden  in 
einer  Digeriräasche  mit  ungefähr  100  Thln.  Wasser  Übergossen  und 
damit  bei  gelinder  Wärme  digerirt,  die  entstandene  Auflösung  wird  bei 
der  gelindesten  Wärme,  zuletzt  am  besten  ohne  alle  Erwärmung,  ver- 
dampft und  die  rückständige  Masse  in  2880  Thln.  Wasser  aufgelöst. 
Eine  Drachme  dieser  Auflösung  enthält  Vg  Gran  Arsenjodid  oder  ^/^g 
Gran  Arsen  und  */4g,  also  ungefähr  Vio  Gran  Jod.  (J,  L.)  Schi, 

Arsenkies,  Arsenikkies,  Misspickel.  Ein  sehr  verbrei- 
tetes nnd  an  mehreren  Orten  in  grosser  Menge  vorkommendes  Arsen- 
erz. Von  der  Zusammensetzung  Fe^S^As  =  Fe  As  -}-  FeS^.  Bei 
Abschlnss  der  Luft  erhitzt,  entweicht  daraus  metallisches  Arsen, 
unter  Zurücklassung  von  2  Fe  S.  An  der  Luft  geröstet*,  werden  ar- 
tenige Säure  und  schweflige  Säure  verflüchtigt.  Bei  vollkommenster 
Bostong  bleibt  ein  etwas  arsen  -  und  schwefelhaltiges  Eisenoxyd  zurück. 
Durch  Salpetersäure  wie  durch  Königswasser  leicht  und  vollkommen 
zersetzbar.  —  Bildet  rhombische  Kry stalle  von  111^  12'  oder  nach 
einem  solchen  Prisma  spaltbare  derbe  Massen.  Hat  eine  mehr  oder 
weniger  reine  silberweise  Farbe,  metallischen  Glanz,  eine  Härte  fast 
wie  Orthoklas  und  ein  specif.  Gewicht  =  6,0  —  6,2.  — 

Ein  Arsenkies,  in  welchem  ein  Theil  des  Eisens  durch  Kobalt  er- 
setzt ist,  findet  sich  besonders  auf  den  Modumer  und  Snarumer  Kobalt- 
gmben  in  Norwegen  (s.  Kobaltarsenkies).  —  Akontit  hat  Breit- 
haapt  einen  Arsenkies  genannt,  der  in  seinen  Winkeln  von  dem  ge- 
wöhnlichen Arsenkicä  etwas  abweichen  soll.  Th,  S. 

-j 

Arsenkobalt  nennt  G.  Rose  (zum  Unterschiede  vom 
Speisskobalt  =  (Co,  Ni,  Fe)  As  und  Cloanthit  =  (Ni,  Co,  Fe)  As 
die  zu  Schneeberg  vorkommende  Verbindung  (Co,  Fe)  As,  welche  eine 
ganz  ähnliche  rhombische  Ejrystallform  zu  besitzen  scheint  wie  das 
Arseneisen,  Fe  As,  und  das  Arsennickel,  NiAs.  Somit  muss  man  an- 
nehmen, da  Speisskobalt  und  Cloanthit  tesseral  krystallisiren ,  dass  die 
Verbindung  RAs,  (worin  R  =  Co,  Ni,  Fe),  dimorph  sei,  und  zwar  auf 
snaloge  Weise  dimorph  wie  Fe  S2  im  Schwefelkies  und  Speerkies.   Th.  S. 

Arsenkobaltkies.  Bekannter  tmter  dem  Namen  Tesseral- 
kies  (s.  d.). 

Arsenkupfer,  von  der  Zusammensetzung  Cu^As,  ist  ein 
zo  Coqnirabo  und  Copiapo  in  Chile  vorkommendes  Mineral  von  zinn- 
weisser  bis  sÜberweisser  Farbe  und  metallischem  Glänze.  In  trau- 
bigen, nierenförmigen  und  derben  Massen.  Von  Salzsäure  nicht  an* 
greifbar.  Th.  S, 

Arsenleber  s.  Arsenikleber. 
Arsenlegirungen  s.  Arsenide. 
Arsenleuchtstein  s.  Arsenikleuchtstein. 

Arsenmangan,    von  der  Zusam mensetzung  Mn^ As,  ward  vo 


248         Arsenmehl.  —  Arsenradieale,  organische. 

Kane  aof  einem  Stücke  Bleiglanz  aufsitzend  gefunden,  welche»  angeb- 
lich aus  Sachsen  stammen  sollte.  Graulich  weiss,  metallglänzend, 
leicht  schwarz  anlaufend.  In  harten  und  spröden  derben  Massen  von 
kömiger  und  schaliger  Zusammensetzung.  Dieses  problematische  Mi* 
neral  ist  bisher  nicht  nieder  angetroffen  worden.  Tk.  S. 

Arsenmehl  s.  Arsenikmehl. 
Arsenmetalle  s.  Arsenide. 

Arsennickel,  Weissnickelkies.  Rein  =Ni As,  findet  sich 
besonders  zu  Schneeberg  und  Riecheisdorf  in  Begleitung  von  Kobalt- 
und  anderen  Nickelerzen.  Bildet  rhomische  Prismen  von  123<^  bis 
124<',  ganz  ähnlich  den  Krystallen  des  Arseneisens,  Fe  As.  Hat  zinn- 
weisse  Farbe,  Metallglanz,  etwas  geringere  Härte  als  Orthoklas  und 
ein  specif.  Gewicht  =  7,09  bis  7,19.  Tk,  S. 

Arsenöl  s.  Arseniköl. 

Arsenomelan  nennt  Sartorius  ein  rhombisch  krystallisiren- 
des  graues  Schwefelmetall,  nach  ihm  ein  Bleisulfarsenit  ==  Pb  S .  As  S3 
(s.  Dufrenoysit). 

Arsenosiderit.  Unpassende,  weil  leicht  mit  Arseniosiderit 
(s.  d.)  zu  verwechselnde  Benennung  für  das  Arsen  eisen  (s.  d.). 

Arsenphosphor.  Wenn  man  ein  Gemenge  aus  gleichen 
Theilen  Arsen  und  Phosphor  in  einem  Kolben  bis  zum  dunkeln  Roth- 
glühen erhitzt,  so  erhält  man,  nach  Landgrebe,  ein  braunschwarzes 
Sublimat  von  muscheligem  Bruch.  Es  ist  metallglänzend,  beim  Er* 
hitzen  an  der  Luft  verbrennt  zuerst  der  Phosphor,  dann  bildet  sich  ar- 
senige Säure. 

Nach  Pelletier  soll  man  auch. eine  Verbindung  beider  Elemente 
als  schwarzes  Pulver  erhalten,  wenn  man  sie  unter  Wasser,  oder  wenn 
man  arsenige  Säure  mit  Phosphor  unter  Wasser  erhitzt  V. 

Arsenphyllit.  Nach  Breithaupt  findet  sich  die  arsenige 
Säure  in  der  Natur  nicht  stets  von  tesseraler  Form,  als  Arsenblüthe, 
sondern  mitunter  auch  von  rhombischer  Form,  isomorph  mit  dem  Weiss- 
spiessglanzerz.  In  dieser  Gestalt  nennt  er  sie  Arsenphyllit.  Arse- 
nige Säure  und  Antimonoxyd  sind  also  isodimorph.  7*A.  s, 

Arsenradieale,    organische;    Verbindungen   des 

Arsens  mit  den  Alkohol radicalen.  Das  Arsen  bildet,  ähnlich 
wie  das  Antimon  (siehe  Seite  284),  mit  den  Alkoholradicalen  gepaarte 
organische  Radicale,  welche  ganz  die  Rolle  einfacher  Körper  spielen. 
Auch  sie  enthalten,  wie  die  entsprechenden  Antimon  Verbindungen,  2, 
3  oder  4  Aequivalente  Alkoholradical  auf  1  Aeq.  Arsen;  doch  kennt 
man  von  den  Verbindungen  mit  4  Aeq.  Alkoholradical  die  Radicale 
noch  nicht  im  freien  Zustande. 

Eine  Verbindung  des  Arsens  mit  Methyl,  das  sogenannte  Kako- 
dyl,  war  schon  länger,  durch  B  u  n  s  e  n  genau,  untersucht  worden, 
doch  war  man  wegen  seiner  rationellen  Zusammensetzung  noch  unei- 
nig. Diese  wurde  erst  von  Kolbe  richtig  erkannt  und  durch  die  spä- 
ter entdeckte  Bildungsweise  aus  Arsennatrium  und  Jodmethyl  bestätigt. 

Man  kennt  bis  jetzt  Verbindungen  folgender,  zum  Theil  noch 
nicht  isolirter  Radicale: 


Arsenradieale,  organische.  249 


C4H5        j  ^g  Qlfs)  C4SJ 


8 


^HjJJ^  C4H5     As  C4«5 

Arsenbiäthyl  oder  _5iS^i^_^  ^^S* 


As 


Aethylkakodyl  Arsentriäthyl  .^^iSj 

Arsenteträthyl 

^a"3  l  A  Ca  Hg  l    4  CaHaf   .  C2  Ha  i   4^ 

C\j     I  Ä»  r«  U    1    ^"  r>  II  I  -'**  r»    II     '   ^^ 


Arsenbimethyl  oder 


C4H5  CioHii 


Kakodyl  Araentetra-     Arsenbimethyl-  Arsenbimethyl- 

methyl  äthylium  amylium 


Verbindungen  des  Arsens  mit  Aethyl  ^). 

Arsenbiäthyl  Arsendiäthyl,     Aethylkakodyl.       Arsenhal- 
tigei  organisches  Radical,  (1854)  von  Landolt  entdeckt. 

Formel:    CgHioAs  =  (C^ü,),  As  oder  [clSäAl' 

Dos  Arsenbiäthyl  bildet  sich  bei  der  Einwirkung  von  Jodäthyl 
auf  Arsennatrium  oder  Arsenkalium  (Landolt,  Gahours  nnd  Riche), 
sowie  durch  Zersetzung  des  Arsenbiäthyljodiirs  mit  Zinkaraalgam 
(Cahoars  und  Riche). 

Bei  der  Einwirkung  von  Jodäthyl  auf  Arsennatrium  2)  bilden 
sich  verschiedene  Verbindungen  des  Arsens  mit  Aethyl.  Zur  Gewin- 
nung des  Arsenbiäthyls  verfahrt  man,  nach  Landolt,  auf  folgende  Art. 
Eine  Anzahl  kleiner,  etwa  8  Unzen  fassender  Kolben  mit  kurzem  Hals 


')  Literatur.  Arsenäthjlet  Cahours  u.  Riche,  Compt.  rend.  T.  XXXII, 
p.  1001,  T.  XXXIX,  p.  541;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXXVIII,  S.  816, 
Bd.  XGII,  S.  861;  Pharm.  Centralbl.  f.  1858  S.  485,  n.  1854,  S.  808.  —  H.  Lan- 
delt, Untersncbongen  aber  die  Arsenäthyle,  Inaagaral  -  Dissertation ,  Breslau  1858; 
aach  AnnaL  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXXIX,  S.  801,  Bd.  XGII,  S.  865;  Pharm. 
Centralbl.  1858  S.  918  u.  929,  1855  S.  65;  Joum.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXIU, 
S.  283. 

Bntylkakodyl:  Gibbs  Sill.  Amer.  Jonm.  [2.]  Bd.  XY,  S.  118;  Annal.  d.  Chem. 
m.  Pliann.  Bd.  LXXXVI,  S.  222. 

Arsenmethyle:  Cadet.  Mi^m.  de  Math,  et  Phys.  präsent,  des  Savants  Strang. 
ToL  ni,  p.  638,  auch  Crell's  neuestes  chem.  Archiv  Bd.  I,  S.  212.  —  Thdnard, 
Annal.  de  Chim.  T.  LH,  p.  54;  Annal.  von  Gehlen  Bd.  IV,  S.  292.  —  Bunsen, 
Amial.  d.  Pbjs.  u.  Chem.  Bd.  XL,  S.  219,  Bd.  XLII,  S.  145;  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm. 
Bd.  XXIV,  S.  275;  Bd.  XXXI,  S.  171;  Bd.  XXXVÜ,  S.  1;  Bd.  XLO,  S.  14; 
Bd.  XLVI,  S.  1.  —  Damas,  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XXVII,  148;  Annal. 
de  chim.  et  phys.  [8.]  T.  VIII,  p.  862.  ^  Cahours  u.  Riche,  siehe  unter  Ar  sen- 
il hyle.  

Prop jlkakodyl:  Wöhler,  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXVffl,  S.  127, 
•ach  Pharm.  Centralbl.   1849,  S.  156. 

*)  Arsennairiam  erhftlt  man,  nach  Landolt,  auf  folgende  Weise:  Man  bringt 
gepulvertes,  vollkommen  reines  Arsen  in  einen  Porcellantiegel ,  welchen  man  mit  ei- 
■em  Deckel  verschliesst  und  in  einem  hessischen,  ebenfalls  gut  verschlossenen  Tie 
gel  schwach  erhitzt.  Entwicklen  sich  Arsendftmpfe,  so  nimmt  man  die  Kohlen  weg 
Bad  wirft  erbsengrosse  Natrinnistttcke  auf  das  Arsen,  welches  sich  sogleich  unter 
Fenerencheipnng  damit  verbindet.  Nach  beendigter  Einwirkung  bringt  man  wieder 
Natrium  hinzu,  rflhrt  mit  einem  Eisenstabe  um,  und  wiederholt  dies  so  oft,  bis  die 
Masse  ftOsaig  zn  werden  beginnt,  wozu  man  auf  1  Tbl.  Arsen  etwa  1  Thl.  Natrium 
braucht.  Den  langsam  erkalteten  Tiegel  zerschlägt  man  und  erhftlt  so  die  Legirung, 
wdehe  nlbergUnzcnde,  weisse,  krystaUinische  Bmchflftchen  aeigt,  die  aber  an  der 


250  Arsenradieale,  organische. 

fiillt  man  etwas  über  ^3  mit  Arsennatrium ,  welches  man  mit  4  bis  5 
Tbeilen  feinem  Quarzsand  fein  gepulvert  hat,  und  verkorkt  dieselben 
darauf.  Alsdann  befeuchtet  man  den  ersten  Kolben  mit  Jodäthyl  und 
setzt  eine  Gasleitungsröhre  auf.  Die  Masse  erwärmt  sich  bald  und  ein 
Theil  des  Jodäthyls  verflüchtigt  sich ,  welches  man  in  einer  mit  Koh- 
lensäure gefüllten  Vorlage  auffangt,  die  in  einem  grösseren  Glas- 
cylinder  befindlich  ist,  in  welchen  man  fortwährend  Kohlensäure  ein« 
leitet.  Hat  die  Einwirkung  aufgehört,  so  bringt  man  meder  Jodäthyl 
auf  das  Arsennatrium ,  und  wiederholt  dies,  so  lange  noch  Einwirkung 
stattfindet  Dann  treibt  man  das  überschüssige  Jodäthyl  durch  schwa- 
ches Erwärmen  in  die  Vorlage  und  leitet,  wenn  die  Arsenäthyle  zu 
destilliren  anfangen,  das  Gasleitungsrohr  in  eine  zweite,  schon  vorher 
im  Glascylinder  befindliche  Vorlage.  Man  erkennt  diesen  Punkt  daran, 
dass  die  Gasleitungsröhre  nicht  länger  heiss  ist  und  die  Tropfen  sich 
schon  am  Anfang  derselben  bilden.  Man  erhitzt  bis  zum  Glühen  und 
wenn  nichts  mehr  übergeht,  so  beginnt  man  dieselben  Operationen  mit 
einem  zweiten  Kolben  u.  s.  w.  12  bis  15  auf  diese  Weise  verarbeitete 
Kolben,  die  1  Pfund  Jodäthyl  bedürfen,  von  welchem  man  die  Hälfte 
wiedergewinnt,  geben  2  Unzen  rohes  Product,  welches  ein  Gemenge 
von  Arsenbiäthyl  und  Arsentriätbyl  ist. 

Um  daraus  das  Arsenbiäthyl  rein  zu  erhalten ,  kann  man  auf 
zwei  verschiedene  Arten  verfahren.  Man  erhitzt  entweder  das  Ge- 
menge mit  eingesenktem  Thermometer,  indem  man  fortwährend  einen 
raschen  Strom  Kohlensäure  durchgehen  lässt,  bis  der  Siedepunkt  auf 
etwa  200^  C.  gestiegen  ist,  wo  sich  das  flüchtigere  Arsentriätbyl  und 
nur  wenig  Arsenbiäthyl  verflüchtigt  hat,  während  das  letztere  grössten- 
theils  und  ziemlich  rein,  nur  mit  etwas  Arsen  gemengt,  zurückgeblie- 
ben ist.  Man  erhält  auf  diese  Weise  jedoch  immer  nur  eine  verhält- 
nissmässig  geringe  Menge  Arsenbiäthyl.  Besser  verfahrt  man  so,  dass 
man  das,  auf  dieselbe  Art  wie  nach  der  ersten  Methode  mit  über- 
schüssigem Jodäthyl  behandelte*^  Arsennatrium  nach  beendigter  Ein- 
vnrkung  mit  Aether  auszieht,  indem  man  den  Inhalt  der  Kolben  mög- 
lichst schnell  in  eine  mit  Aether  und  Kohlensäure  gefüllte  Flasche 
bringt,  verschliesst  und  stark  umschüttelt.  Hat  sich  die  Lösung  klar 
abgeschieden,  so  giesst  man  sie  schnell  in  ein  anderes  vorher  mit 
Kohlensäure  gefülltes,  gut  verschliessbares  Gefass,  wobei  sich  ein 
schwefelgelbes  Pulver  ausscheidet,  dessen  Menge  um  so  grösser  ist,  je 
länger  die  Lösung  mit  der  Luft  in  Berührung  war.  Dieses  gelbe  Pul- 
ver schmilzt  bei  etwa  70^  C.  zu  einem  rothen,  harzigen,  in  allen  Lö- 
sungsmitteln unlöslichen  Körper.  Man  behandelt  nun  den  Rückstand  in 
der  Flasche  wiederholt  mit  Aether,  so  lange  sich  die  Lösung  an  der 
'Luft  trübt,  und  destillirt  von  den  vereinigten  Lösungen,  unter  Zusatz  von 
etwas  absolutem  Alkohol,  den  Aether  im  Wasserbade  ab.  Es  bleibt  eine 
stark  rauchende,  äusserst  unangenehm  riechende  Flüssigkeit  zurück, 
welche  ein  Gemenge  von  Arsenbiäthyl,  Arsentriäthyl  und  Jod&thjl^ 
nebst  wahrscheinlich  mehreren  anderen  noch  nicht  rein  erhaltenen  Ar- 
senäthyl verbin  düngen  ist.     Auf  Zusatz  von  Wasser  scheidet  sich  mui 


Luft  sich  bald  oxydiren  und  grau  werden.  Es  ist  sprOde  und  leicht  pulyeriairbar. 
Oft  erhält  man  es  amorph  und  lebergrau,  aber  in  seinen  sonstigen  Eigenschaften  gleicli 
dem  vorigen.  An  feuchter  Luft,  lebhafter  beim  Zusammenbringen  mit  Waseer  ent- 
wickelt es  Arsenwasserstoff.  In  Stücke  zerschlagen  und  in  mit  Quarssand  TollgefÜlltc 
gutsohliesBende  Flaschen  gebracht,  Iftsst  es  sich  lange  unverändert  aufbewahren. 


Arsenradicale,  organische.  251 

das  Anenblathy]  ans,  während  ArBentriäthyl ,  verbanden  mit  Jodäthyl, 
ala  JodaTBenathyliuro  gelöst  bleibt.  Das  auf  diese  Weise  gefällte  Ar- 
senbiäthyl  ist  nicht  ganz  rein ;  vermischt  man  die  weingeistige  Lösung 
nur  mit  so  viel  Wasser,  dass  eine  starke  Trübung  entsteht,  lässt  ab- 
setzen und  fallt  die  von  dem  ausgeschiedenen  ölartigen  Körper  (dessen 
Analyse  27,30  Proc.  Kohlenstoff  und*  6,08  Proc.  Wasserstoff  ergab) 
abgegossene  Lösung  mit  einer  grösseren  Menge  Wasser,  so  erhält  man 
das  Arsenbiäthyl  rein.  Es  ist  hierbei  nothwendig,  luftfreies  Wasser  zur 
Fällung  anzuwenden,  sowie  Überhaupt  die  Luft  vollständig  abmihalten, 
da  sieb  sonst  ein  rothes  Pulver  mit  niederschlägt,  von  welchem  das 
Anenbiäthyl  schwer  zu  reinigen  ist. 

Zieht  man  den  mit  Aether  behandelten  Kolbeninhalt  mit  absolu- 
tem Alkohol  aus,  so  löst  dieser  eine  neue  Menge  arsenhaltiger  Stoffe, 
welche  beim  Verdunsten  theils  in  fester,  theils  in  öliger  Form  zurück* 
bleiben,  ans  welchen  es  aber  nicht  gelang,  reine  Verbindungen  zu  ge* 
winnen,  und  die  bei  der  trockenen  Destillation,  bei  welcher  die  Luft 
angehinderten  Zutritt  hatte,  unter  anderen  Prodncten  auch  Arsentri- 
ilhylozyd  bildeten. 

Das  auf  diese  Weise  gewonnene,  über  Chlorcalcium  getrocknete 
reine  Arsenbiäthyl  ist  eine  schwach  gelblich -geftlrbte  stark  lichtbre- 
ehende,  bei  185^  bis  190<^C.  siedende  Flüssigkeit  (nach  Cahours  und 
Riehe  siedet  das  durch  Zersetzung  von  Arsenbiäthyljodür  mit  Zink- 
amalgam  erhaltene  Arsenbiäthyl  bei  200^  C.)  von  unangenehmem  durch- 
dringendem Knoblauchgeruch,  welche  in  Wasser  untersinkt,  in  Aether 
und  Alkohol  leicht  löslich  ist  und  aus  der  letzteren  Lösung  durch  Was- 
ser vollständig  gefallt  wird.  An  der  Luft  nimmt  das  Radical  Sauer- 
stoff aaf  und  verbrennt  gewöhnlich  mit  fahler  Flamme ,  unter  Entwi- 
ekelnng  von  Dämpfen  von  arseniger  Säure.  Bringt  man  einen  Tropfen 
destfllirtes  Arsenbiäthyl  auf  Papier  oder  Holz,  so  entzündet  es  sich  so- 
gleich, das  ans  der  alkoholischen  Lösung  durch  Wasser  gefällte  ent- 
zündet sieh  unter  denselben  Umständen  erst  bei  180^  C.  Lässt  man 
Luft  oder  Sauerstoff  langsam  zu  Arsenbiäthyl  treten ,  so  bildet  sich 
wahrscheinlich  erst  Arsenbiäthyloxyd ,  welches  aber  durch  weitere 
Aufnahme  von  Sauerstoff  in  Arsenbiäthylsäure  Übergeht.  Aus  einer 
Losang  von  salpetersaurem  Silberoxyd  scheidet  eine  weingeistige  Ar- 
•enbiäthyllösung  sogleich  metallisches  Silber  ab;  ebenso  reducirt  sie 
Quecksilberoxyd  zu  Metall  (Unterschied  von  Arsentriäthyl).  Es  ver- 
einigt sich  direct  und  unter  starker  Wärroeentwickelung  mit  den  Ha- 
logenen, femer  mit  Schwefel.  Verdünnte  Schwefelsäure  verändert  es 
nicht  f  concentrirte  entwickelt  erst  beim  Erwärmen  schweflige  Säure. 
Ton  concentrirter  Salpetersäure  wird  es  unter  Feuererscheinung  oxy- 
dirt,  anch  Verdünnte  Säure  oxydirt  es,  und  es  entsteht  in  letzterem 
FaQe  als  secundäres  Product  ein  rother  Körper,  welcher  sich  auch  bei 
der  nnvollkonmienen  Verbrennung  des  Arsenbiäthyls  bildet  und  wo- 
dnreh  dies  von  anderen  Arsenäthylen  verschieden  ist. 

Dieser  rothe  Körper,  welcher  sich  ans  einer  alkoholischen  Lö- 
tBDg  des  Arsenbiäthyls  beim  Stehen  an  der  Luft  bildet,  entspricht  dem 
Erytrarsin  von  Bunsen  (s.  unter  Arsenmethyl e,  S.  274).  Er  ist 
im  Anfang  hellroth,  färbt  sich  bald  dunkler  und  ist,  getrocknet,  ein 
brannes  Pulver,  welches  an  der  Luft  fnach  längerer  Zeit  weiss  wird. 
In  Wasser,  Alkohol  bnd  Aether  ist  er"  unlöslich.  Auf  Platinblech  er- 
hitzt, verbrennt  er  mit  fahler  Flamme,  ohne  einen  Rückstand  zu  hinter- 


252  Arsenradicale,  organische. 

lassen;  im  Röhrchen  giebt  er,  mit  Hinterlassung  von  Arsen,  nnange* 
nehm  riechende,  entzündliche  Dämpfe. 

Verbindungen  des  Arsenbiäthyls. 

a.  Mit   1  Aeq.  des  Metalloides. 

Diese  Verbindungen  sind  noch  nicht  genauer  untersucht;  sie  sind 
tropfbarflüssig,  ron  äusserst  widerlichem,  stark  zu  Thränen  reizendein 
und  lange  haftendem  Geruch,  der  bei  längerer  Einwirkung  Niesen,  an- 
haltenden Schnupfen  und  Kopfschmerz  bewirkt  und  stärker  ist  als  der 
Geruch  der  übrigen  Arsenäthylverbindungen. 

Genauer  kennt  man  nur  das 

Arsenbiäthyljodür,  Aethylkakodyljodür,  CgHioAs  .  I  = 
(C4H5)9  AsI,  ein  gelbes,  leicht  in  Aether  und  Alkohol,  nicht  in  Was- 
ser lösliches  Oel,  welches  man  durch  Sättigen  einer  ätherischen  Arsen- 
biäthyllösung  mit  ätherischer  Jodlösung  (bis  diese  nicht  mehr  entfärbt 
wird)  und  Verdunsten  bei  abgehaltener  Luft  erhält.  Gahours  und 
Biche  erhielten  dasselbe  Jodür  bei  der  Destillation  von  Arsenteträthyl- 
jodür-Arsenjodür  neben  Arsentriäthyljodür ,  rielleicht  nach  folgender 
Gleichung : 

2[(C4H5)4AsI.AsJ8]  =  (C4H5)2AsI  +  2(C4H5)8A8l2  +  Asls; 
ersteres  erhält  man  durch  Aufsammeln  des  bei  der  Bectification  zwi- 
schen 2280  bis  2320  C.  übergehenden  Theils  fiir  sich.  Das  Arsenbiäthyl- 
jodür  raucht  nicht  an  der  Luft  und  verbrennt  ziemlich  schwer  unter 
Entwickelung  von  Joddämpfen.  Schwefelsäure  und  Salpetersaure  zer- 
setzen es  unter  Abscheidung  von  Jod.  Mit  einer  weingeistigen  Lösung 
von  sal petersaurem  Silberoxyd  giebt  die  alkoholische  Lösung  von  Ar- 
senbiäthyljodür  sogleich  einen  Niederschlag  von  Jodsilber;  eine  wäs- 
serig-weingeistige  Sublimatlösung  wird  dagegen  nicht  gefallt.  Bei  der 
Destillation  mit  Zinkamalgam  giebt  es  Arsenbiäthyl. 

Arsenbiäthyloxyd.  Man  kennt  es  nicht  in  freiem  Zustande,  jedoch 
erhielten  Cahours  und  Riche  durch  Zersetzung  der  alkoholischen  Lö- 
sung des  Arsenbiäthyljodürs  mit  salpetersaurem  und  schwefelsaurem 
Silberoxyd  das  salpeter saure  Arsenbiäthyloxyd,  (041(5)3  AsO. 
NO5  .Ho,  und  das  schwefelsaure  Arsenbiäthyloxyd,  (041(5)9 AsO . 
SOs .  Ho,  in  hübschen  Krystallen. 

b.  Mit  3  Aeq.  des  Metalloids. 
Arsenbiäthylchlorid  kennt  man  noch  nicht  in  freiem  Zustande, 

sondern  nur  in  Verbindungen. 

Arsenbiäthylchlorid  -  Quecksilberoxyd,  Dreifach- 
Ohlorarsenbiäthyl  -  Quecksilberoxyd:  4  Hg 0.(04 ({5)9  As GI3. 

Durch  Zusatz  einer  verdünnten  alkoholischen  SublimatlöBung  zu 
einer  alkoholischen  Arsenbiäthyllösung,  bis  der  anfangs  auftretende 
unerträgliche  Geruch  wieder  verschwunden  ist  (wobei  ein  weisser 
Niederschlag  entsteht),  Erhitzen  auf  dem  Wasserbade  und  Erkalten  der 
klar  gewordenen  Flüssigkeit  erhält  man  die  Verbindung  als  ein  weis* 
ses,  krystallinisches  Pulver.  Es  ist  vollkommen  geruchlos,  sehr  schwer 
in  kaltem,  leichter  in  kochendem  Wasser  und  auch  in  Alkohol  sehr 
schwer  löslich.  Von  verdünnter  Salpetersäure  wird  die  Verbindung 
nicht  verändert,  von  concentrirter  zerstört.  Beim  Erhitzen  bilden  sich 
Quecksilbersublimat  und  flüchtige  arsenhaltige  Körper.  Die  Analyse 
des  Körpers  stimmt  nicht  sehr  genau  mit  der  obigen,  von  Landolt 
angenommenen  Formel  überein.  ' 


Arsenradieale,  organische.  253 

Neben  dieser  Verbindung  bilden  sich  bei  der  Einwirkung  von  Qaeck- 
BÜberchlorid  noch  zwei  andere,  nicht  genauer  untersuchte  Körper  in 
gering^er  Menge.  Der. eine  scheidet  sich  aus  der  warmen  Lösung  in 
schweren  öligen  Tropfen  ab,  welche  zu  einer  harten,  amorphen ,  sprö- 
den, grünlich  grauen  Masse  erstarren;  der  zweite  bleibt  in  farblosen 
Nadeln  zurück,  wenn  man  die  vom  ausgeschiedenen  Arsenbiäthylchlo- 
rid  -  Qnecksilberoxyd  abfiltrirte  Lösung  bis  nahe  zur  Trockne  ver- 
danBtet. 

Arsenbiäthylsäure,  Aethylkakodylsäure,  GgHioAsOs.HO 
::^  (0485)9^802.110.  Diese  Säure  kann  man  entweder  durch  lang- 
same Oxydation  des  Arsenbiäthyls  an  der  Luft  oder  durch  Quecksilber- 
oxjd  erhalten.  Im  ersteren  Falle  lässt  man  die  alkoholische  Lösung 
des  Arsenbiäthyls  an  der  Luft  stehen ,  wobei  nach  und  nach  der  Ge- 
ruch desselben  verschwindet,  worauf  man  durch  Abdampfen  der  Lö- 
sung im  Wasserbade  blättrige  Krystalle  der  Säure  erhält,  die  man 
durch  schnelles  Abpressen  zwischen  Fliesspapier  von  der  kleinen 
Menge  einer  öligen  Substanz  befreit.  Schüttelt  man  die  alkoholische 
Araenbiathyllösung  mit  SauerstofiTgas ,  so  geht  die  Oxydation  noch 
fchneller  vor  sich.  Bringt  man  zu  Arsenbiäthyl,  welches  sich  unter 
Wasser  befindet,  fein  zerriebenes  Quecksilberoxyd,  so  wird  dieses  unter 
Wärmeentwickelung  zu  metallischem  Quecksilber  reducirt  und  ein  an- 
derer Theil  vereinigt  sich  mit  der  gebildeten  Säure  zu  in  Wasser  lös- 
lichem arsenbiäthylsauren  Quecksilberoxyd.  Aus  diesem  erhält  man 
die  Arsenbiäthylsäure  durch  Zusatz  von  Arsenbiäthyl-,  so  lange  noch 
nach  längerem  Stehen  Quecksilber  ausgeschieden  wird,  und  Verdunsten 
dtt  mit  Alkohol  behandelten  eingedampften  Rückstabdes.  Die  Säure 
cnthälty  auf  diese  Weise  dargestellt,  gewöhnlich  noch  eine  geringe 
Menge  Quecksilber,  da  selbst  durch  einen  Ueberschuss  von  Arsenbi- 
äthyl das  Quecksilbersalz  nicht  vollständig  zersetzt  zu  werden  scheint. 
Stellt  man  sich  jedoch  durch  Zusatz  von  Barytwasser  zu  der  Lösung 
des  Qnecksilbersalzes  erst  das  Barytsalz  dar,  entfernt  den  überschüssi- 
gen Baryt  durch  Kohlensäure,  und  fällt  nun  im  Filtrat  den  Baryt  vor- 
sichtig mit  Schwefelsäure ,  so  erhält  man  beim  Verdunsten  reine  Ar- ' 
senbiathylsänre. 

Lässt  man  Arsenbiäthyl  mehrere  Wochen  lang  in  einem  unvoUkom» 
men  schliessenden  Oefässe  stehen,  so  erhält  man  die  Säure. am  schön- 
sten in  wasserhellen  glänzenden  Blättchen  krystallisirt.  Dieselben 
schmecken  anfangs  schwach  sauer,  hintennach  bitter,  reagiren  sauer, 
sind  geruchlos,  sehr  zerfliesslich ,  sehr  leicht  in  Wasser  und  Alkohol, 
schwer  in  Aether  löslich.  Die  zerflossenen  Krystalle  verlieren  das 
Wasser  beim  Trocknen  nur  langsam.  Die  Lösung  treibt  aus  kohlen- 
sauren Alkalien  sogleich  die  Kohlensäure  ans.  Beim  Erhitzen  auf  etwa 
190<*  C.  schmilzt  die  Arsenbiäthylsäure  zu  einer  öligen  Flüssigkeit, 
velche  beim  Erkalten  wieder  krystallinisch  erstarrt;  bei  stärkerem  Er- 
liitzen  wird  sie  zersetzt,  indem  sich  arsenige  Säure  und  übelriechende 
arsenhaltige  Producte  bilden.  Beim  Erhitzen  an  der  Luft  verbrennt 
lic  mit  fahler  Flamme. 

Die  Säure  ist  sehr  beständig ;  weder  ooncentrirte  Salpetersäure  noch 
Königswasser  verändern  sie,  auch  nicht  schweflige  Säure  oder  schwe- 
felsaures Eisenoxydul;  dagegen  wird  sie  von  phosphoriger  Säure  beim 
Erwärmen  zersetzt,  wobei  sich  eine  ölartige  durchdringend  riechende 
Flüssigkeit,  wahrscheinlich  Arsenbiäthyloxyd,  abscheidet. 


254  Arsenradicale,  organische. 

Arsenbiäthylsaure  Salze.  Arsenbiäthylsaarer  Baryt^ 
2  Ba  O .  H  0 . 3  [(C4  Hs)^  As  O3]  +  4  aq.  (im  Vacuum  über  Schwefelsäure 
getrocknet).  Durchsichtige  krystallinische,  zerfliessliche  Masse,  sehx 
leicht  in  Wasser  1,  schwieriger  in  Alkohol  löslich,  welche  man  durch 
Zusatz  von  Barytwasser  zu  der  Lösung  der  Säure,  Ausfallen  des  über- 
schüssigen Baryts  mit  Kohlensäure,  Fiitriren  und  Eindampfen  erhält 
Bei  1200  c  verliert  das  Salz  das  Krystallwasser  noch  nicht  vollstän- 
dig, beim  stärkeren  Erhitzen  wird  es  zersetzt,  wobei  ar^enigsaurer  Baryl 
hinterbleibt.  Landolt  vermuthet,  das»  sich  beim  Sättigen  der  Saun 
mit  Baryt  das  neutrale  Salz,  BaO  .(C4H5)j,As08,  bilde,  welchem  dam 
durch  die  Kohlensäure  Vs  ^^*  Baryts  entzogen  werde,  wodurch  es  ii 
das  andere  Salz  übergehe. 

Arsenbiäthylsaures  Bleioxyd.  Weisser  Niederschlag,  wel 
chen  Arsenbiäthylsäure  in  einer  Lösung  von  essigsaurem  Bleioxy<i 
erzeugt. 

Arsenbiäthylsaures  Eisenoxyd.  Branner  pulverförmiger  ii 
Salzsäure  sehr  schwer  löslicher  Niederschlag,  welcher  sich  aaf  Zusati 
der  Lösung  der  Arsenbiäthylsäure  zu  Eisenchloridlösung  nach  einigei 
Zeit  ausscheidet 

Arsenbiäthylsaures  Kupferoxyd.  Blassgrünlicher  Nieder 
schlag. 

Arsenbiäthylsaures  Quecksilberoxyd.  Krystallinische  sehi 
leicht  zerfliessliche  Salzmasse. 

Arsenbiäthylsaures  Quecksilberoxydul.  Weisser,  in  ver- 
dünnter Salpetersäure  unlöslicher  Niederschlag,  welchen  Arsenbiäthyl« 
säure  in  der  Lösung  von  salpetersaurem  Quecksilberoxydul  hervorbringt 

Arsenbiäthylsaures  Silberoxyd.  Salpetersaures  Silberoxyd 
bringt  in  einer  Lösung  von  Arsenbiäthylsäure  einen'  intensiv  gelb  ge- 
färbten, flockigen,  in  einer  geringen  Menge  Ammoniak  löslichen  Nieder- 
schlag hervor,  an  welchem,  nach  Landolt,  die  Arsenbiäthylsäure  leicht 
erkannt  werden  kann.  Bringt  man  frisch  gefälltes  Silberoxyd  zu  einei 
Lösung  der  Säure,  so  erhält  man  ebenfalls  einen  gelben  unlöslichei 
Körper.  Nach  einiger  Zeit,  namentlich  beim  Erwärmen,  färben  sich 
diese  Körper  dunkel,  und  stellen  getrocknet  ein  schwarzes  amorphei 
Pulver  dar,  dessen  Analyse  zwischen  28,6  und  56,7  Proc.  Silber  ergab, 
und  welches  von  verdünnter  Salpetersäure  nicht  verändert,  von  conce» 
trirter  unter  Zersetzung  gelöst  wird.  Beim  Erhitzen  zersetzt  sich  dal 
Salz  unter  Entwickelung  übelriechender,  an  der  Luft  sich  zuweilen  voi 
selbst  entzündender  Dämpfe,  wobei  Arsensilber  hinterbleibt. 

Arsentriäthyl,  C19K15AS  =  (C4H5)8  As.  Das  bei  der  Einwi» 
kung  von  Jodäthyl  auf  Arsennatrium  durch  Destillation  erhaltene  Prei 
duct  besteht,  wie  bei  dem  Arsenbiäthyl  angegeben  (siehe  S.  250)  haupi 
sächlich  aus  Arsentriäthyl,  nebst  einer  geringeren  Menge  Arsenbi 
äthyl.  Unterwirft  man  dasselbe  einer  fractionirten  Destillation  nfll 
sammelt  das  zwischen  140^  bis  170^  oder  180^  C.  Uebergehende  fiij 
sich  auf,  so  erhält  man  das  Arsentriäthyl  rein.  Auch  bei  der 
stillation  von  Arsen triäthylj od ür  mit  Zinkamalgam  erhielten  Cahoui 
nnd  Biche  das  Arsentriäthyl  gemengt  mit  Arsentriäthyljodür  als  eü 
bei  140<'  C.  siedende  Flüssigkeit  von  unerträglichem  Geruch 
Arsenwasserstoff.  Dasselbe  ist  eine  farblose,  das  Licht  sehr  stark  bi 
chende,  leicht  bewegliche  ■  Flüssigkeit  von   1,151  specif.  Gewicht 


Arsenradicale^  organische.  255 

16,7^C.,  von  unaogenehmem^  dem  Arsenwasserstoff  ähnlichem  Geruch, 
welche  nicht  in  Wasser,  leicht  in  Alkohol  und  Aether  löslich  ist.  Das 
specif.  Gewicht  des  Dampfes  wurde  zu  5,278  gefunden,  bei  einei^  Ver- 
dicbtaog  auf  4  Vol.  berechnet  es  sich  zu  5,627. 

An  der  Luft  raucht  das  reine  Arsentriäthyl  anfangs,  entzündet  sich 
jedoch  gewöhnlich  erst  bei  schwachem  Erwärmen,  wobei  alsdann  ar- 
aenige  Sänre,  Kohlensaure  und  Wasser  gebildet  werden.  Selbst  beim 
Anfben^ahren  unter  Wasser  in  einem  gut  verschloäsenen  Gefäss  nimmt 
das  Radical  Sauerstoff  auf  und  verwandelt  sich  theil weise  in  Oxjd, 
woraaf  es  an  der  Luft  nicht  mehr  raucht.  Reines  Arsentriäthyl  be- 
deckt sich ,  in  einem  loseverschlossenen  Gef  ässe  mehrere  Wochen  lang 
aufbew^ahrt,  mit  einer  Rinde  schöner  tafelförmiger  geruchloser  Kryätalle^ 
in  welche  sich,  wenn  man  dieKrystalle  von  Zeit  zu  Zeit  herunterstösdt, 
aUmäiig  beinahe  die  ganze  Flüssigkeit  verwandelt  In  Aether  und  Alko- 
hol sind  sie  löslich,  unlöslich  in  Wasser,  wodurch  sie  in  ein  farbloses 
Oel  verwandelt  werden,  welches  sich  auch  an  feuchter  Luft  sowie  bei 
geUndem  Erwärmen  bildet.  Die  Krystalle  reagiren  sauer  und  geben 
in  weingeistiger  Lösung  mit  salpetersaurem  Silberoxyd  einen  gelben 
ibckigen,  beim  Trocknen  zu  einem  braunen  Pulver  zusamroenschwin- 
denden,  60,8  Proc.  Silber  .enthaltenden  Niederschlag.  Zwei  Elementar- 
analyseii  gaben  keine  übereinstimmenden  Resultate. 

Von  concentrirter  Salpetersäure  wird  das  Arsentriäthyl  unter  Feuer- 
entwickelnng  und  Explosion  zersetzt;  Salpetersäure  von  1,42  specif.  Ge- 
wicht löst  es  unter  schwacher  Stickoxydgasentwickelung  langsam  zu 
salpetersaurem  Arsentriäthyloxyd  auf.  Concentrirte  Schwefelsäure  wird 
beim  Erwärmen  durch  Arsentriäthyl,  welches  sich  mit  derselben  mischt, 
zu  schwefliger  Säure  reducirt  Das  Arsentriäthyl  reducirt  die  Oxyde 
der  edlen  Metalle  nicht. 

Verbindungen  des  Arsentriäthyls. 

Die  Verbindungen  des  Arsentriäthyls  enthalten  auf  1  Aeq.  Radical 
2  Aeq.  Chlor,  Brom,  Schwefel  u.  s.  w. 

Ärsentriäthylbromür,  Bromarsentriäthyl,  Ci^HisAsBr^ 
=  (C4  Hft)«  AsBr^.  Schwach  gelblich  gefärbte,  zerflieasliche,  leicht  in 
Wasser  and  Alkohol,  nicht  in  Aether  lösliche  Krystalle,  welche  man  durch 
Zusatz  von  alkoholischer  Bromlösung  zu  einer  alkoholischen  Arsen- 
triathyllosQDg ,  bis  die  Mischung  schwach  nach  Brom  riecht,  und  Ver- 
dampfen im  Wasserbade  erhält.  Die  Krystalle  besitzen  einen  bitteren 
Geschmack,  keinen  sehr  intensiven  Geruch,  welcher  jedoch  stark  zum 
Niesen  reizt.  Beim  Erhitzen  schmelzen  sie  zuerst  und  verbrennen  daqn 
ndt  weisser  Flamme.  Chlor  und  Salpetersäure  scheiden  sogleich  Brom,  con- 
centrirte Schwefelsäure  Bromwasserstoffsäure  aus  der  Verbindung  aus. 

Arsentriäthylchlorür  konnte  bis  jetzt  nicht  in  grösserer  Menge 

erhalten  werden.     Auf  Zusatz  von  Wasser  zu  einer  mit  concentrirter 

Chlorwasserstoffdäure  versetzten  alkoholischen  Arsentriäthyloxydlösung 

•eheidet  sich  das  Oxyd  wieder  unverändert  ab.     Die  Flüssigkeit  nimmt 

p    jedoch  dabei   einen  unerträglichen,  die  Augen  stark  angreii'enden   Ge- 

I     nich  an,    welcher  wahrscheinlich  dem  Arsentriäthylchlorür  angehört, 

Arsen triäthylchlortir-Quecksilberoxydul,  Arsentriäthyl- 

oxychlorür-Quecksilberchlorür,    Hg^  O  .  (C4H5)8  As  €l2    oder 

Gli 
Hgi  Gl  •  (C4  H()8  As  ^  |.    Setzt  man  zu  einer  alkoholischen  Arsentri- 


\ 


256  Arsenradieale,  organische. 

äthyllösnng  eine  verdünnte  alkoholische  Sublimatlösung ,  so  lange  nocl 
ein  Niederschlag  entsteht  (der  anfangs  entstehende  lost  sich  beim  Um 
rfihren  wieder  aof),  erhitzt  das  Gemisch  im  Wasserbade  bis  es  klar  ge 
worden,  so  krystallisirt  beim  Erkalten  das  obige  Salz  in  volaminösei 
weissen  Nadeln  aus,  während  ein  anderes,  nicht  näher  untersuchtes  ge 
löst  bleibt.  Getrocknet  ist  das  Salz  leicht,  seidenglänzend,  geruchlos 
nnd  löst  sich  ziemlich  leicht  in  heissem  Wasser  und  Alkohol,  wenige 
in  kaltem  auf.  Ammoniak  scheidet  aus  der  Lösung  Quecksilberoxydn 
ab.  Beim  Erhitzen  im  Röhrchen  schmilzt  die  Verbindung  und  sublimii 
unter  theilweiser  Zersetzung  in  weissen  Dämpfen ;  auf  Platinblech  vei 
brennt  sie  mit  fahler  Flamme. 

Wahrscheinlich  ist  das  Salz  eine  Verbindung  von  Qnecksilbei 
chlorür  mit  Arsentriäthyloxjchlorür,  entsprechend  dem  Stibtriäthyloxy 
chlorür. 

Arsentriäthyljodür,  Jodarsentriäthy  1,  Cq^HisAsIs  = 
(C4  {{5)8  As  I2.  Schwefelgelber  flockiger  Niederschlag,  welcher  auf  Zusat 
von  ätherischer  Jodlösung  zu  einer  ätherischen  Arsentriäthyllösung,  s 
lange  die  erstere  noch  entfärbt  wird.  Waschen  mit  etwas  Aether  un 
Trocknen  zwischen  Papier,  erhalten  wird.  Bei  der  Destillation  de 
durch  Einwirkung  von  Jodäthyl  auf  Arsen  erhaltenen  Verbindun 
(04115)4  As I  .  As  Ig  erhielten  Cahours  und  Biche  eine  bei  180^  bi 
190^0.  siedende  Flüssigkeit,  deren  Analyse  zu  der  Formel  (C4H5)s  As  1 
führte,  und  welche  bei  der  Destillation  mit  Zinkamalgam  eine  bei  140^( 
siedende  Flüssigkeit,  Arsentriäthyl,  (041(5)3  As,  und  schöne,  in  Aikoh( 
lösliche  Krystalle  von  Arsentriäthyljodür  gaben.  Sehr  unbeständig 
Verbindung,  welche  sich  an  der  Luft  bald  bräunt  und  dann  zu  einer  s) 
rupdicken,  dunkelen  Flüssigkeit  zerfliesst;  selbst  bei  völlig  abgehaltene 
Luft  bräunt  sich  die  Verbindung  allmälig.  In  Wasser  und  Weingeu 
ist  das  Arsentriäthyljodür  leicht,  in  Aether  sehr  schwer  löslich.  Di 
wässerige  Lösung  scheidet  aus  Silber-  und  Bleilösungen  sogleich  Jo<i 
metalle  aus ,  in  Sublimatlösung  giebt  sie  einen  weissen,  im  Ueberschus 
derselben  löslichen  Niederschlag.  Salpetersäure  und  Schwefelsäure  zei 
setzen  das  Arsentriäthyljodür  sogleich,  unter  Abscheidung  von  Jod ;  an 
der  Lösung  in  heisser  Salzsäure  scheidet  es  sich  beim  Erkalten  wiede 
unverändert  ab,  heisse  Kalilauge  bildet  damit  Arsentriäthyloxyd  unU 
Entziehung  des  Jods. 

Beim  Erhitzen  im  Röbrchen  färbt  sich  das  Jodarsentriäthyl  dunke 
schmilzt  bei  160^  0.  zu  einer  braunen,  beim  Abkühlen  wieder  erstaj 
renden  Flüssigkeit,  und  verwandelt  sich  bei  190^  0.  unter  theilweise 
Zersetzung  ohne  Ausscheidung  von  Jod  in  Dämpfe,  welche  sich  an  de 
kälteren  T heilen  der  Röhre  zu  hellgelben  Tropfen  verdichten. 

Arsentriäthyljodür-Zinkäthyljodür,  (041*5)8  Asf,  -| 
(04ll5)Zn{.  Jodäthyl  wirkt  heftig  auf  Arsenzink  und  giebt  damit  dies 
Verbindung  als  weisse  krystaliinische  Masse  (Cahours  und  Riche). 

Arsentriäthyloxyd,  O12H15AS.  0^  =  (C4H5)3As02.  Man  ei 
hält  das  Oxyd  auf  verschiedene  Weise.  Beim  Verdampfen  der  ätherische 
Lösung  des  Arsentriäthyls  bei  gewöhnlicher  Temperatur  an  der  Lui 
hinterbleibt  das  Oxyd,  vermischt  mit  anderen,  nicht  genau  untersuchte 
Producten,  als  eine  beinahe  farblose  ölige  Flüssigkeit  von  schwachen 
knoblauchartigem  Geruch. 

In  grosser  Menge  erhält  man  das  Arsentriäthyloxyd  auch,  indei 
man  die  durch  Einwirkung  des  Jodäthyls  auf  Arsennatrium   erhalten 


Arsenradicale,  organische.  257 

Muse  zoent  mit  Aether,  welcher  Arsenbiäthyl  auflöst,  und  dann  mit 
Alkohol  aaszieht,  den  alkoholischen  Auszug  verdunstet  und  dann  bei 
ungehindertem  Luftzutritt  der  Destillation  unterwirft,  wobei  man  eine 
wisserige  und  eine  ölige  Flüssigkeit  erhält.  Die  letztere  scheidet  sich 
bei  mehrtägigem  Stehen  in  zwei  Schichten,  eine  untere  dickflüssige, 
jodhaltige,  und  eine  obere  leichter  bewegliche,  welche  k^in  Jod  enthält 
und  wesentlich  Arsentriäthyloxyd  ist.  Durch  Schütteln  mit  Wasser 
I  md  Trocknen  über  Chlorcaleium  erhält  man  dasselbe  als  eine  schwach 
gelbliche  Flüssigkeit  von  unangenehmem,  stark  zu  Thränen  reizendem 
Geruch.  Das  auf  beide  Arten  dargestellte  Oxyd  sinkt  in  Wasser,  in 
weichem  es  unlöslich  ist,  unter,  löst  sich  leicht  in  Alkohol  und  Aether, 
and  wird  durch  Wasser  aus  der  ersteren  Lösung  wieder  abgeschieden. 
Die  weingeistige  Lösung  verändert  Lackmuspapier  nicht  und  giebt  mit 
sdpetersaurem  Silberoxyä  keinen  Niederschlag.  Das  Oxyd  löst  sich 
in  massig  concentrirter  Salpetersäure,  nicht  in  verdünnter  Schwefelsäure 
oder  Chlorwasserstoffsäure. 

«Der  Luft  ausgesetzt  wird  das  Arsentriäthyloxyd  trübe  und  oxydirt 
fkh  höher,  ohne  dabei  zu  rauchen. 

Von  den  Verbindungen  des  Arsentriäthyloxyds  kennt  mau  nur  das 

Salpetersaure  Arsentriäthyloxyd,  welches  man  durch  Be- 
handlung des  Badicals  oder  des  Oxyds  mit  verdünnter  Salpetersäure, 
Verdampfen  zum  Syrup  im  Wasserbade  und  später  im  Exsiccator  in 
«kr  leicht  zerfliesslichen  Krystallen  erhält 

Arsentriäthylsulfür,  Schwefelarsentriäthyl,  C19H15ASS9 
=  (04115)3  As  .  S^*  Es  bildet  sich  durch  directe  Vereinigung  von  Ar- 
KDtriäthyl  mit  Schwefel,  sowie  auch  beim  Kochen  von  Arsentriäthyl- 
oxjd  mit  Fünffach-Schwefelkalium. 

Man  kocht  am  besten  eine  ätherische  Arsentriäthyllösung  in  einem 
Kolben  mit  gewaschenen  Schwefelblumen,  giesst  die  noch  warme  Lö- 
Niog  von  dem  überschüssigen  Schwefel  ab ,  worauf  sich  beim  Erkalten 
<ias  Sulfür  in  schönen  säulenförmigen  Krystallen  abscheidet.  Zur 
Seinignng  von  etwas  Schwefel  und  Arsentriäthyloxyd  krystallisirt  man 
dieselben  aus  Alkohol  oder  Wasser  um.  Die  grössten  Krystalle  erhält 
uq  durch  freiwilliges  Verdunsten  der  warmen  ätherischen  Lösung. 
^  sind  in  Alkohol,  warmem  Wasser  und  kochendem  Aether  leicht 
löllich,  beinahe  unlöslich  in  kaltem  Aether.  Sie  besitzen  einen  bitteren 
Geschmack  und  sind  in  reinem  Zustande  geruchlos.  An  der  Lult  ver- 
iodeni  sich  die  Krystalle  nicht  Beim  Erhitzen  im  Röhrchen  schmel- 
Kn  äe  etwas  über  100^  C.  zu  einer  gelblichen  Flüssigkeit,  die  bei 
^irkerero  Erhitzen  kocht  und  eine  Menge  sich  an  der  Luft  entzün- 
Mer  Dampfe  ausstösst,  während  sich  in  der  Röhre  ein  gelbrother 
Befehbg  von  Schwefelarsen  bildet.  Von  concentrirter  Salpetersäure 
Verden  die  Krystalle  oxydirt,  verdünnte  Salzsäure  entwickelt  etwas 
^wefelwasserstoff,  zugleich  bildet  sich  eine  geringe  Menge  durch 
^cioen  Geruch  erkennbares  Arsentriäthylchlorür.  Mit  Kalilauge  kann 
9  ohne  2«ersetzung  gekocht  werden.  Mit  salpetersaurem  Silberoxyd 
giebt  die  wässerige  Arsentriäthylsulfürlösnng-  sogleich  einen  Nieder- 
'düag  von  Schwefelsilber,  dagegen  fällt  sie  essigsaures  Bleioxyd  und 
Kopferoxydsalze  nicht.  Mit  salpetersaurer  Quecksilberoxydlösung  giebt 
^  einen  schwarzen,  allmälig  weiss  werdenden,  mit  Sublimatlösung 
^en  voluminösen,  weissen  Niederschlag. 

Httdwftrtrrbacb  d«r  Chemie.  2te  Aofl.    Rd.  II.  X7 


258  Arsenradieale,  organische. 

Arsenäthylium,  Arsenteträthyl.  Man  kennt  dns  Radical  nichi 
in  freiem  Zustande,  sondern  nur  in  Verbindung  mit  Chlor,  Brom,  Sauer 
Stoff*  u.  s.  w.  Diese  Verbindungen  enthalten  1  Aeq.  des  Metalloids 
krystallisiren  leicht,  sind  sehr  beständig,  geruchlos,  leicht  in  Waasei 
löslich,  bitterschmeckend,  und  scheinen  nicht  giftig  zu  sein.  Znm  Au» 
gangspunkt  dieser  Verbindungen  dient  das  Arsenäthyliumjodiir,  welch« 
man  dui'ch  directe  Vereinigung  von  Arsentriäthyl  mit  Jodäthyl  erhält 
Durch  Behandlung  mit  Silberoxyd  stellt  man  hieraus  das  Oxyd  dar 
womit  man  alle  übrigen  Verbindungen  erhalten  kann. 

Arsenäthyliumbromür,  Bromarsenäthylium,  Cjeltso^^^ 
x)der  (04115)4  As  Br.  Weisse,  sehr  leicht  zerfliessliche,  geruchlose,  bitter 
schmeckende  Salzmasse,  welche  man  beim  Abdampfen  einer  mit  Brom 
wasserstoffsäure  gesättigten  Arsenäthylinmoxydlösung  erhält:  sie  ist'ii 
Wasser  und  Alkohol  sehr  leicht  löslich ,  und  verhält  sich  gegen  Sal 
petersäure,  Schwefelsäure  und  die  Lösungen  der  Metallsalze  wie  Brom 
kalium. 

ArsenäthyliumchiorÜr,  Chlorarsenäthylium,  Ck^HsoAtsG 
-f-  8  aq.  oder  (C4H6)4  As€l  +  8  aq.  Man  erhält  es  durch  Sättigen  eine 
ArsenäthyliumoxydlÖsung  mit  verdünnter  Chlorwnsserstoffsäure  und  Ver 
dampfen  in  leichtzerfliesslichen  bitterschmeckenden  Krystallen,  welche 
sehr  leicht  in  Wasser  und  Alkohol,  nicht  in  Aether  löslich  sind.  Bein 
Erhitzen  schmelzen  die  Krystalle  in  ihrem  Krystallwasser  und  verliere] 
es  allmälig  unter  Zersetzung.  Bei  stärkerem  Erhitzen  verschwinde 
das  Salz  vollständig. 

Concentrirte  Schwefelsäure  macht  aus  dem  Salz  sogleich  Chlorvirasser 
stoffsäure  frei,  salpetersaures  Silberoxyd  bewirkt  in  der  Lösung  sogleid 
einen  Niederschlag  von  Chlorsilber.  Sublimatlösung  erzeugt  einei 
weissen  imlöslichen  Niederschlag  einer  Doppel  Verbindung. 

Arsen  äthyliumchlorür.Platinchlorid,(C4Hß)4AsGl-f-Pt  Gl, 
In  concentrirter  Arsenäthyliumchlorürlösung  giebt  -  Platinchlorid  narl 
einiger  Zeit  einen  orangegelben  krystallinischen  Niederschlag,  der  in  kal 
tem  Wasser  sehr  schwer,  in  kochendem  mit  gelber  Farbe  löslich  ist 
und  beim  Erkalten  sich  wieder  vollständig,  ausscheidet  In  verdünnte 
Chlorwasserstoffsäure  löst  sich  die  Verbindung  nicht,  von  concentrirte 
warmer  Chlorwasserstoffsäure  wird  sie  dagegen  unter  Zersetzung  auf 
gelöst. 

Arsenäthyliumjodür,  Jodarsenäthylium,  Ci6l(20^I  ode 
(C4H5)4  AsI.  Diese  Verbindung  erhält  man  durch  directe  Vereinigung  voi 
Arsentriäthyl  mit  Jodäthyl;  so  erstarrt  der  erste  Theil  des  bei  «lerEin 
Wirkung  von  Überschüssigem  Jodäthyl  auf  Arsennntrium  erhaltenen  De 
stillates,  welcher  aus  Jodäthyl  und  Arsentriäthyl  besteht,  nach  einige 
Zeit  zu  spiessigen  Krystallen  von  Arsenäthyliumjodür.  Die  Vereinigunj 
findet  schon  nach  einigen  Stunden,  schneller  in  der  Kälte  als  in  de 
Wärme  statt.  Durch  Umkrystallisiren  aus  Wasser  oder  Alkohol  rei 
nigt  man  die  Verbindung,  welche  man  so  in  langen  farblosen  Nadeli 
erhält,  die  sich  mit  der  Zeit  oft  etwas  dunkel  färben.  Die  Krystalle  sim 
in  Wasser  und  Alkohol  leicht  löslich,  unlöslich  in  Aether  und  Aether 
alkohol.  Salpetersäure  und  Schwefelsäure  scheiden  sogleich  Jod  nt 
letztere  bildet  zugleich  noch  Jodwasserstoffsäure  und  schweflige  Sänrc 
Quecksilberchlorid  schlägt  aus  der  Lösung  ein  weisses  Doppelsale  nieder 
Silberoxyd  zersetzt   das  Arsenäthyliumjodür    unter  Ausscheidung  voii 


Arsenradicale^  organische.  259 

^odsilber  and  Bildang  von  Arsenäthyliamoxyd.  Beim  £rhitzen  zerfällt 
CS  ra  Pulver  und  entwiokelt  dann  weisse,  un  der  Luft  sich  entzündende 
Dimpfe,  während  metallisches  Arsen  und  eine  geringe  Menge  Jod  oder 
iodaraen  soblimirt. 

Das  ArsenäthjliomjodQr  bildet  mit  Arsenjodur  eine  Verbindung 
foB  der  Formel  (C4ii5)4AsI. Aslj,  welche  man  beim  Erhitzen  von 
Mithyl  mit  Arsen  in  prachtvollen  rothen  Tafeln  erhält.  Bei  der  De- 
ilillaftioD  zersetzen  sich  die  Krystalle  und  *es  geht  eine  Flüssigkeit  über, 
Ü6  bei  1600  C.  zu  sieden  anfängt,  deren  Siedepunkt  aber  bis  300^  C. 
neigt.  Der  bei  der  Bectification  bei  180»  bis  1900  C.  übergehende  Theil 
k  Arsentriäthyljodür,  (C4B5)8As  .  k  (S..  256).  Zwischen  228»  bis 
mo  C.  geht  Arsenbiäthyljodür,  (0485)9  As  I  (S.  252),  über. 

Arsenäthylinmoxydhydraty  CieH^o^sO.HO,  erhält  man  durch 
Zeisetsung  von  Arsenäthyliumjodfir  mit  Überschüssigem  frischgefäiltem 
Silberoxyd,  Filtriren  und  Verdunsten  bei  möglichst  abgehaltener  Luft 
»b  eine  weisse,  stark  alkalische  Masse,  welche  an  der  Luft  schnell 
Wasser  and  Kohlensäure  anzieht.  Das  Oxyd  treibt  schon  in  der  Kälte 
iss  Ammoniak  aus  dessen  Salzen  aus,  und  fällt  die  Lösungen  der  Erden 
nd  der  schweren  Metalloxyde. 

Zweifach-schwefelsaures  Ar senäthyliumoxyd, (04115)4 AsO. 
SQi-j-HO.SOa.  Körnige  Krystalle,  welche  man  durch  Zersetzen  von 
Arseokthyliurnjodür  mit  schwefelsaurem  Silberoxyd,  dem  freie  Schwefel- 
mre  zugesetzt  ist,  Filtriren  und  Eindampfen  erhält.  Die  Krystalle  be- 
■taen  einen  anfangs  sauren,  hintennaeh  bitteren  Geschmack  und  lösen 
suk  leicht  in  Alkohol  und  Wasser,  schwer  in  Aether.  Beim  Erhitzen 
im  Böhrchen  schmelzen  sie  unter  Knistern  und  geben  dann  saure,  an 
der  Luft  sich  nicht  entzündende  Dämpfe. 

Verbindungen  des  Arsens  mit  Methyl. 

Arsenbimethyl^  Kakodyl  (wegen  des  eigen thümlichen  furcht- 
baren Geruchs  (von  xaxog  und  odsiv)  vieler  seiner  Verbindungen  so 
Venannt),  Methylkakodyl.  Organisches  Radical  (1842)  von  Bun- 
sen  entdeckt.  ^ 

Formel:    C4H6A8  =  (C3H3)2As  oder  (c'g  iAif     ^^^^^^''''  ^^ 

(Bansen  ^). 

Das  Kakodyl  bildet  sich  in  geringer  Menge  bei  der  Einwirkung 
TOD  Jodmethyl  auf  Arsen  oder  Acsenna^rium  (Cahours  und  Biche) 
Bad  macht  einen  Gemengtheil  des  rohen  Kakodyloxyds  aus,  welches 
doBselben  wahrscheinlich  seine  Eigenschaft,  an  der  Luft  zu  rauchen 
Bud  sich  zu  entzünden,  verdankt.  Es  gelingt  jedoch  nicht,  das  Radical 
aas  diesem  Chemisch  unmittelbar  abzuscheiden.  Die  Isolirung  dessel- 
bei  geschieht,  nach  Bunsen,  am  besten  durch  Einwirkung  von  me- 
tsObchem  Zink  auf  Chlorkakodyl  bei  erhöhter  Temperatur ;  sie  wird 
teefa  den  Umstand  wesentlich  befördert,  dass  das  gebildete  Chlorzink 
fowdil  in  dem  Chlorkaltodyl  wie  in  dem  Kakodyl  selbst  auflöslich  ist, 
di§  Zink  daher  bis  zu  Ende  der  Zersetzung  immer  eine  blanke  metal* 
üsdbe  Oberfläehe  behält 


^  Zur  Abkflnnng    and  Vererafachnng  der  Formeln  behalten    wir    das   Zeichen 
U  mr  ArMnbiiiietbyl  (=  G«H«  .  As)  bei. 

17  ♦ 


260  Arsenradieale,  organische. 

Die  energische  Verwandttichaft  dep  Kakodyls  zum  Sauerstoff  i 
Luft  erfordert  bei  seiner  Darstellung  bej^ondere  Vorfichfesmaan^reg« 
wie  «ie  anch  bei  der  Gewinnung  der  anderen  arsen-  und  antimonfa 
tigen  Alkoholradicale  angewandt  werden  müssen.  Bnnsen  hat  s 
dazu  des  folgenden  Verfahrens  bedient.  Eine  massig  starke,  etf 
weite  gewöhnliche  Gasleitungsröhre  wird   an  zwei,   etwa  6  Zoll   i 

einander  entfernten  Stellen  a  und  b^    vor  < 
FiK    10-  Glasbläserlampe  kugelförmig  erweiterte,  dar 

das  eine  Ende  unterhalb  b  zu  einer  feinen  Spi 
ausgezogen,  und  letztere,  wie  die  beistehei 
Figur  18  zeigt,  zweimal  in  spitzen  Winkeln  j 
bogen.  Durch  das  weite  offene  entgegengeset 
Ende  der  Röhre  bringt  man  alsdann  aos  ein 
gereinigten  dünnen  Zinkblech  fein  geachnitti 
Zinkspäne  in  die  Kugel  o,  zieht  darauf  dasse! 
dicht  vor  dieser  Kugel  ebenfalls  zu  einer  feil 
zwei  Mal  gebogenen  Spitze  aus  und  f  iillt  <] 
ganzen  Apparat  sorgfältig  mit  reiner^  i 
ckener  Kohlensäure.  Um  die  das  Zink  ei 
haltende  Kugel  o,  worin  die  I^ductioD  sU 
finden  soll,  mit  der  zu  zerlegenden  FlQssigk 
zu  füllen,  taucht  man  den  offenen  Schenkel  c 
reines,  durch  dreimalige  Digestion  des  Kakodyloxyds  mit  Concentrin 
Chlorwasserstoffsäure  von  Oxyd  befreites,  und  darauf  durch  mehrtäj 
ges  Stehen  über  einem  Gemenge  von  Ghlorcalcium  und  Aetskalk  ei 
wässertes  und  entsäuertes  Kakodylchlorür  und  saugt  davon  mitteln  ein 
kleinen,  mit  dem  Schenkel  d  verbundenen  Handluftpumpe  so  viel 
den  Apparat  ein,  bis  die  Kugel  a  etwa  bis  zur  Hälfte  ihres  Volume 
damit  gefüllt  ist,  worauf  man  einerseits  die  offene  Spitze  d  mit  d 
Löthrohrflamme  rasch  verschliesst  und  anderseits  den  Schenkel  c  bei 
abschmilzt.  Die  Reduction  des  Chlorkakodyls  geht  ohne  Gasent? 
ckelnng  schon  bei  100<>  C.  vor  sich  und  wird  am  besten  auf  die  Wei 
ausgeführt,  dass  man  den  Apparat,  umgekehrt  mit  der  Kugel  b  nm 
oben  gerichtet,  drei  Stunden  lang  in  kochendes  Wasser  stellt.  D 
Zink  löst  sich  mit  Leichtigkeit  auf,  während  die  Flüssigkeit  eine  etw 
dunkele  Farbe  annimmt.  Es  scheint  sich  hierbei  zuerst  eine  Verbi 
düng  von  Chlorzink  mit  Chlorkakodyl  zu  bilden,  welche,  wenn  mi 
den  Apparat  aus  dem  Wasserbade  nimmt  und  auf  50®  C.  erkalten  last 
in  grossen  cubischen  Krystallen  anschiesst,  die  beim  Erwärmen  »ii 
wiederum  lösen.  Nach  mehrstündiger  Einwirkung  bei  100^  C.  find 
sich  zuletzt  der  ganze  Inhalt  der  Kugel  in  eine  weisse,  trockene  Sal 
masse  verwandelt,  die  zwischen  110^  und  120^  C.  wieder  zu  eine 
ölartigen  Liquidum  schmilzt.  Es  gelingt  nicht,  durch  stärkeres  Erhit« 
der  Kugel  o,  unter  Abkühlung  des  abwärts  gekehrten  Schenkels  d,  di 
flüchtige  Kakodyl  von  dem  Chlorzink  zu  trennen,  weil  es  von  diese 
schon  unterhalb  seiner  Siedetemperatur  in  weiter  unten  zu  beschri 
bende  Producte  zerlegt  wird.  Um  es  davon  zu  scheiden,  wird  die  Spiti 
d  unter  frbch  ausgekochtem  Wasser  geöffnet,  darauf  durch  Erhitsi 
des  ganzen  Apparates  die  eingeschlossene  Kohlensäure  ausgetrieben  an 
dann  erkalten  lassen,  bis  sich  die  Kugel  b  an  der  Stelle  des  aasgetr 
tenen  Gases  fast  ganz  mit  Wasser  gefüllt  hat.  Nachdem  die  Spiti 
d  wiederum  hermetisch  verschlossen  ist,  lässt  man  durch  Neigung  d( 


Arsenradicule,  orgamsche.  261 

Ai^mtUu  das  WiMder  kub  A  in  die  Kugel  a  einflieuen.  Durch  gelio* 
'»m  Erwinnen  erhält  man  nladsan  nach  einiger  Zeit  eine  Lösung  von 
hluniok,  und  Kakodyl  alu  ein  schweres  ülartiges  Liquidum,  welche« 
pfa  uf  dem  Üuden  ansammBU  und  nobit  dein  übrig  gebliebenen  blan- 
tn  metoMitwhen  Zink  von  der  Chlorzinklödung  bedeckt  wird. 

Zar  weiteren  Reinigung  dee  Kakodyls  und  zunächst  zum  Kntwäs- 
■n  de«s«lbeii  dient  der  Fig.  19  abgebildete  Apparat,  dessen  Kugel  ij 
vor  dem  Anaziden  dee  unteren  Schenkels  mit  Stttck- 
'^'  '^'  eben    von    geschmolzenem    Chlorcolcium    gefüllt    iiL 

Derselbe  wird  mit  Kohlensäure  gefüllt  lud  an  beiden 
Enden  durch  Abschmelzen  der  Spitzen  hermeüsch 
verschlusnen.  Vor  dem  Gebrauche  wird  die  Spitze  n 
wieder  geÖfTuet  und  mit  einer  kleinen  Handluftpumpe 
luftdicht  verbunilen.  Durch  die  dann  ebenfalU  ge- 
affnete  bpitzc  o,  welche  in  den  bei  p  abgesprengten 
Schenkel  der  Kugel  n,  P'ig.  18,  bis  in  die  Kakodyl- 
schiebt  eingerührt  wird,  f^augt  man  letzteres  mit  der 
kleinen  Pumpe  m  die  Kugel  y,  worauf  man  die  beiden 
Spitzen  R  undi>  zugleich  wieder  hennetiach  verschliefst. 
Nachdem  da«  Kakodyl  hierin  durch  [das  Chlor- 
calcium  entwtUaert  ist,  bringt  ma:i  es  in  einen  zweiten, 
dem  Fig.  18  abgebildeten  gleichen,  vor  dem  Oebrau- 
che  mit  Kohlensäure  geflillten  Destillationsapparat, 
\4mm  Kugel  j,  wiu  vorhin.  Zink  enthält.  Das  Einfüllen  der  Siib- 
Mhu  ^enchieht  aiil'  ähnliche  Weise  wie  vorhin,  dadurch  dass  man  den 
Schrnkei  c  in  die  Kugel  (j  de«  Trockenapparatee  einführt,  welcher  durch 
Absprengen  des  oberen  Schenkels  bei  »  cuvur  geöffnet  ist  und  die 
^(«•"ifckeit  durch  die  mit  dem  Schenkel  d  verbundene  kleine  Pumpe 
Mtnugt,  worniif  man  die  beiden  Schenkel  dicht  unterhalb  a  und  b  »b- 
achmilzt.  Der  Apparat  besitzt  dann 
f '8-  *"  die  ia  Fig.  20  abgebildete  Form.  Um 

.  das  Kakodyl  von  einem  geringen 
Gehalt  an  Chloritr  vollständig  zu  be- 
freien, wird  es  auf  die  durch  Fig.  20 
angedeutete  Weise  von  dem  in 
der  De«tillationskugel  beQndlichen 
Zink  wiederholt  abdestillirt,  in- 
dem man  das  in  die  durch  kaltes 
^mm^HH^^^BBBri  Wasser  abgekühlte  Elecipientenkugel 
Uebergehende  einige  Male  in  die 
tntere  übergiesst.  Das  nach  der  dritten  oder  vierten  Bectilication  er- 
Utene  wasaerhelle  Destillat  wird  dann  zur  völligen  Reinigung  in  der 
Bwipientenkugel  bis  auf  —  O'^C.  abgekühlt,  wobei  die  Flüssigkeit  er- 
«arri.  und  wenn  ',  g  derselben  in  Kristallen  angeschossen  ist,  der  übrige 
Kssige  Theil  in  die  Deatillationskugel  zurückgegossen.  Die  zurück- 
Uubenden    Kryslalle    sind   reines  Kakodyl. 

Es  besitzt  folgende  Eigenschaften.  Es  ist  ein  wasserhellei,  dünn- 
löHiges,  sehr  stark  lichtbrechendes  Liquidum,  dem  Oxyde  im  Aeusseren 
md  im  Gerüche  sehr  ähnlich,  entzündet  sich  an  der  Luft  momentan 
■4  verbrennt  mit  einer  fahlen  Arsenikflamme  zu  Kohlensäure,  Wasser 
md  arseniger  Säure,  welche  als  weisser  Rauch  aufsteigt.  Nebenbei 
■cheidet  sich,  wenn  die  Sauerstoffmenge  zur  Verbrennung  unzureichend 


^.J^ 


262  Arsenradieale,  organkehe. 

ist,  etwas  Erytrarsin  (siehe  Seite  274)  und  schwarzes  metallisches  Ai 
Ben  ab.  Bei  so  sparsarneni  Luftzutritte,  dass  keine  Entzündung  eis 
tritt,  stösst  es  weisse  Nebel  aus  und  verwandelt  sich  dabei  in  Kakodj] 
oxyd  und  Kakodylsäure^  Es  siedet  ungefähr  bei  170<>C.  und  erstarrt  bc 
—  6^C.  bis  auf  den  letzten  Tropfen  zu  einer  eisähnlichen  Masse,  welch 
gleich  den  Eisblnnien  auf  den  Fensterscheiben  die  Glaswände  überzieh 

Durch  langsame  Abkühlung  erhält  man  grössere  Krystalle,  qua 
dratische  Prismen  mit  einer  gegen  die  Seitenflächen  gerichteten  Fli 
chenzone.  Das  specifische  Gewicht  Seines  Dampfes  beträgt  dem  Vei 
suche  zu  Folge  7,101,  welche  Zahl  mit  der  berechneten  7,255  (bei  eine 
Verdichtung  auf  2  Vol.)  nahe  tibereinstimmt. 

Das  Kakodyl  verbindet  sich  direct  mit  dem  Sauerstoff  und  de 
übrigen  negativen  Elementen.  Schwefel,  in  geringer  Menge  zugesets 
löst  sich  darin  zu  einer  wasserhellen  Flüssigkeit  auf,  zu  Kakodylsul 
für,  welches,  mit  mehr  Schwefel  versetzt,  in  die  feste  höhere  Scbwc 
felungsstufe  übergeht.  Mit  Chlorwasser  Übergossen,  verwandelt  es  sie 
unter  Entfärbung  desselben  in  Chlorkakodyl.  Jodmethyl  und  Kakod} 
vereinigen  sich  unter  heftiger  Einwirkung  zu  Arsenmethyliuinjodu 
(Cahours  und  Riche).  —  Salpetersäure  löst  es  unter  Bildung  vo 
salpetersaurem  Kakodyloxyd,  welches  auf  Zusatz  von  salpetersaurei 
Silberoxyd  eine  reichliche  Fällung  von  salpetersaurem  Silberoxyd-Ks 
kodyloxyd  giebt.  Eine  Lösung  von  Quecksilberchlorid  wird  äugen 
blicklich  davon  zu  Chlorür  reducirt,  worauf  Kakodyl-Quecksilberchlori 
anschiesst.  Durch  Behandlung  mit  Salzsäure  und  Zinn  entatek 
neben  anderen  Producten  auf  eine  etwas  unerklärte  Weise  Erjtrarsu 
Rauchende  Schwefelsäure  löst  das  Kakodyl  in  der  Kälte  unter  Kntbiü 
düng  von  schwefliger  Säure  auf,  ohne  sich  zu  schwärzen.  Beim  Erwäi 
men  entweicht  eine  angenehm  ätherartig  riechende  Substanz,  welch 
mit  dem  schwefelsauren  Aetherol  Aehnlichkeit  besitzt.  —  Wird  da 
Kakodyl  einer  Temperatur  von  400^  bis  500^0.  ausgesetzt,  indem  ma; 
es  in  einer  gekrümmten  Glocke  über  Schwefelsäure  erhitzt,  so  zerlegt  e 
sich  in  metallisches  Arsen,  welches  siqh  als  schwarze  Masse  abacheidc 
und  in  ein  mit  bunter  leuchtender  Flamme  verbrennendes  Gasgemeugc 
welches  aus  2  Vol.  Grubengas  und  1  Vol.  ölbildendem  Gas  besteht: 

2(C4Ä6  As)  =  2  Ca  »4  +  C4H4  +  2  As. 

Durch  Destillation  über  Chlorzink  in  »einer  z weischenkligen ,  her 
metisch  verschlossenen  Röhre  erleidet  es  eine  eigenthümliche  Zersetzung 
in  Folge  deren  man  ein  Gemenge  mehrerer  Flüssigkeiten  mit  verschie 
denem  Arsenikgehalt  und  sehr  abweichenden  Siedepunkten  erhall 
Werden  die  zwischen  200<)  und  260^0.  übergegangenen  Producte  aber 
mals  in  einem  ähnlichen  Apparate  für  sich  destUlirt,  so  geht  zaers 
zwischen  OO^undlOO^C.  ein  wasserhelles,  dünnflüssiges  Liquidum  übe 
von  ätherartigem  Geruch,  welches  kaum  mehr  selbstentzündlich  ist 
bei  —  18^0.  noch  nicht  erstarrt  und  Kohlenstoff,  Wasserstoff  und  Arsei 
etwa  in  dem  Verhältniss  von  C4 :  H«.i  :  Aso,e  enthält  Die  zwischei 
1  OQo  und  1700  c.  und  von  da  bis  200^  c'  überdestillirenden,  getrennt  ge 
sammelten  Producte  zeigten  sich  reich  an  Kakodyl,  äusserst  selbstent 
zündlich,  und  setzten  dasselbe  bei  —  8^  C.  in  prismatischen  Krystalien  ab 
Im  letzteren  betrug  der  Arsengehalt  1,2  Aeq.  auf  4  Aeq.  Kohlenstofl 
während  in  dem  mittleren  Destillat  nur  0,8  Aeq.  Arsenik  auf  dieselbe 
Kohlenstoffmenge  geftinden  wurde;  welche  Zahlen  am  nächsten  den 
Arsentrimethyl  entsprechen.     Es  ist  indessen  noch  zweifelhaft,  ob  diese 


Arsenradieale,  organische.  268 

Phfawigkeilen  Gemenge  von  Kohlenwasserstoffen  mit  verschiedenen  Ar* 
ffenmethylen  sind,  oder  ob  sie  nur  verschiedene  Arsenmethylverbindun- 
gen enthalten. 

lieber  die  rationelle  Zusammensetzung  des  Kakodyls  war  man 
lange  im  Zweifel;  Dumas  nahm  darin  das  Glied  Hg  As,  dem  Amid 
entsprechend ,  mit  dem  Kohlenwasserstoff  C4  H4  verbunden  an ;  Lau- 
rent betrachtete  es  als  eine  innige  Verbindung  von  einem,  dem  Am- 
moniak correspondirenden  Arsenikwasserstoff  mit  Acetyl,  C4  H3 ;  während 
L^wig  es  sogar  filr  ein  binäres  Radical  hielt,  worin  ein  Theil  des 
Koblenstoffs  durch  Arsenik  vertreten  wäre.  Eolbe  betrachtete  das 
Kakodyl  zuerst  als  eine  gepaarte  Verbindung  von  1  Aeq.  Arsen  mit 
t  Aeq.  Methyl,  worin  das  Arsen  vorzugsweise  den  Angriffspunkt  fiir 
dt«  Verwandtschaftskräfte  des  Sauerstoffs,  Chlors,  Schwefels  etc.  aus- 
macht. Die  Bildung  des  Kakodyloxyds  aus  Essigsäure  (Methylamei- 
scnsänre)  erklärt  sich  daher  leicht  nach  folgender  Weise: 
:e[KQ  .  C>  (CgHs) 03]+  AsOgrisCCaSs)«  AsO  +  2X0.0^04  +  0^04. 

Essig^sanres  Kali  Kakodyloxyd 

I>ie  Vorstellung,  dass  das  Kakodyl  wirklich  Methyl  als  solches 
eothalte,  findet  noch  darin  eine  gewisse  Bestätigung,  dass  mehrere  Ka- 
kodyl Verbindungen  in  bekannte  Glieder  der  Methyl  reihe  übergeführt 
werden  können,  sowie  in  der  directen  Darstellung  desselben  aus  Arsen- 
oatrium  und  Jodmethyl. 

Verbindungen   des  Kakodyls  mitBrom,  Chlor,  Cyan, 

Fluor  und  Jod. 

Das  Kakodyl  bildet  mit  den  Halogenen  Verbindungen,  welche  auf 
1  Aeq.  Kakodyl  (C^Vt^^^AB  entweder  1  Aeq*  oder  3  Aeq.  Metalloid  ent- 
kalten; in  zusammengesetzteren  Verbindungen  kann  man  ferner  ein 
Kakodylchlorid  mit  2  Aeq.  Chlor  annehmen.  Die  Verbindungen  las- 
sen sich  theils  durch  unmittelbare  Vereinigung  von  Kakodyl  mit  den 
Halogenen,  theils  durch  Behandlung  der  Kakodylozyde  mit  den  betreffen- 
den Wasserstoffverbindungen  darstellen. 

Kakodylbromür,  Bromarsin.  Formel:  (C^  113)3  As  Br  = 
KdBr.  Eis  entsteht  durch  Deiitillation  von  Quecksilberchlorid-Kakodyl- 
oxyd  mit  hdchst  concentrirter  Brom  wasserstoffsäure,  und  geht  ale  eine 
nicht  rauchende,  gelb  gefärbte  Flüssigkeit  in  die  Vorlage  über,  welche 
in  ihren  Eigenschailen  mit  dem  Kakodylchlorür  die  grösste  Aehnlich- 
keit  besitzt.  Beim  Erhitzen  mit  Wasser  zerlegt  es  sich  in  Bromwas^er- 
«toffsaure  und  an  der  Luft  rauchendes 

Basisches  Kakodylbromür,  KdO.SKdBr.  Diese  Verbin- 
dang  bildet  sich  auch  direct  durch  wiederholte  Destillation  von  Kako- 
dyloxyd mit  ziemlich  concentrirter  Bromwasserstoffsäure.  Nachdem 
ne  durch  abermalige  Destillation  mit  Kreidepulver  und  Wasser  bei 
▼dlligen)  Abschluss  der  Luft  von  der -beigemengten  freien  Säure  gerei- 
nigt, darauf  Ober  Chloroalcium  getrocknet  und  in  einem  mit  Kohlen- 
«änre  gefüllten  hermetisch  verschlossenen  Apparat  ftir  sich  destillirt  ist, 
bildet  sie  eine  gelbliche,  in  Wasser  unlösliche,  an  der  Luft  rauchende, 
dem  Bromkakodyl  übrigens  sehr  ähnliche  Flüssigkeit,  welche  die  Eigen- 
tbamlichkeit  besitzt,  beim  Erwärmen  farblos  zu  werden,  aber  beim  Er- 
kalten seine  ursprüngliche  gelbe  Farbe  wieder  anzunehmen.  —  Wird 
das  basische  Bromkakodyl  mit  metallischem  Quecksilber  erhitzt,  so  ver- 
wandelt es  sich  ohne   Gasentwickelung  in  eine  süsse,    citronengelbe. 


264  Arseuradicale,  organische. 

leicht  schmelzbare  und   ohne  ZernetKun^r  flüchtige  Subütanz,  die  beun 
Kochen  mit  Wasser  in  Qiieckdilber   iin<i   eine  mit  den  Wasserdäropfen* 
übergehende  rauchende  Flüssigkeit  zerfällt     In    höherer   Temperatur 
scheidet  sich'  Quecksilber  und  Quecksilberbromür  ab,  unter  Entbindung 
stinkender  arsenikalischer  Producte. 

Kakodylsuperbromid,  kakodylsaures  KdBrg.KdOs 
-)--  12 Ho.  Das  Verhalten  der  Kakodylsäure  gegen  trockenes  Brom- 
wasserstoffgas weicht  von  dem  gegen  Chlorwasserstoff*  ab,  indem  sich 
beide  nicht  direct  vereinigen,  sondern  unter  Ausgabe  von  Was:ier  und 
Abscheidung  Vi3n  Brom  Kakodylbromür  liefern.  Ein  Kakodylsuperbro- 
mid  für  sich  ist  daher  nicht  bekannt.  Die  Verbindung  desselben  mit 
Kakodylsäure  kann  durch  Auflösen  von  Kakodylsäure  in  möglichst  con- 
centrirter,  schwefelsäurefreier  Bromwasserstoffsäure  und  Abdampfen 
der  Lösung  bei  0^  C.  im  Vacuum  über  Kalk  und  Schwefelsäure  er- 
halten werden.  Sie  bildet  alsdann  eine  färb-  und  geruchlose,  zähe, 
syrupdicke  Flüssigkeit,  welche  im  Wasser  und  Alkohol  in  alleu  Ver- 
hältnissen löslich  ist,  an  der  Luft  zerfliesst  und  für  sich  völlig  neutral 
reagirt.  Sie  ist  im  Wasser,  jedoch  nicht  ohne  Zersetzung  löslich,  und 
zerfällt  dadurch  in  Kakodylsäure  und  Brom wasserstofTsäure ^  daher  die 
wässerige  Lösung  stark  sauer  reagirt.  Von  metallischem  Zink  wird 
sie  leicht  zu  Kakodylbromür  reducirt.  Analog  der  entsprechenden 
Chlorverbindung  (s.  d.)  erleidet  sie  bei  höherer  Temperatur  eine  Zer- 
setzung in  arsenige  Säure^  Methylbromür,  kakodylsaures  Kakodylbromid 
und  Wasser. 

Kakodylchlorid,  kakodylsaures,  3  Kdf^l^  .  2  KdO^.  Das 
2  Aeq.  Chlor  enthaltende  Kakodylchlorid  ist  im  freien  Zustande  unbe- 
kannt. In  Verbindung  mit  Kakodylsäure  bildet  es  das  ölartige  Zer- 
setzungsproduct  des  Kakodylsuperchlorids  oder  kakodylsauren  Kako- 
dylsuperchlorids  (s.  d.)  durch  Erhitzen.  Die  Bildung  des  Kakodyl- 
chlorids  iiir  sich  neben  Methylchlorür  und  arseniger  Säure  aus  einem 
Gemenge  von  2  Aeq.  Kakodylsuperchlorid  und  1  Aeq.  Kakodylsäure 
findet  in  folgender  Gleichung  eine  ganz  einfache  Erklärung: 

2  (Ca  H3)2  As  Gla  +  (C2  H3),  As  O«  =  As  03  +  2  C,  H,  Gl 

Kakodylsuperchlorid      Kakodylsäure  Methylchlorür 

-f  2  (C2  Ha)»  As  Gl, 

Kakodylchlorid. 

Wenn  man  in  Betracht  zieht,  dass  beim  Erhitzen  des  Kakodyl- 
superchlorids der  obigen  Zersetzung  jedenfalls  eine  theil weise  Zerlegung 
desselben  mit  dem  damit  chemisch  gebundenen  Wasser  in  Kakodyl- 
säure und  Salzsäure  vorhergeht,  so  ist  nicht  nur  die  in  obiger  Gleichung 
ausgesprochene  Umsetzung  der  Elemente,  sondern  auch  das  Zustande- 
kommen einer  Verbindung  von  der  Zusammensetzung  des  kakodylsau* 
ren  Kakodylchlorids  leicht  zu  verstehen.  Es  ist  schwieriger  einzugehen, 
wie  dieselbe  Verbindung  durch  Erhitzen  der  Krystalle  des  kakodyl- 
sauren Kakodylsuperchlorids  entstehen  soll,  und  nicht  unwahrscheinlich, 
dass  zwei  oder  mehrere  Verbindungen  der  Kakodylsäure  mit  dem 
Chlorid  existiren,  ausser  der  obigen  vielleicht  noch  die  Verbindung 
2  KdGl] .  3KdOi),  welche  sich  gerade  aus  dem  kakodylsauren  Kako- 
dylsuperchlorid (s.  d.  S.  267)  am  einfachsten  herleiten  lässt. 

Die    von  Bunsen    untersuchte    und   analysirte  Substanz   ist  das 


Arsenradieale,  organische.  266 

Destülaiionsproduct  des  Kakodylsuperchlorids.  Ueber.  Aetzbaryt  von 
Saltsäore  and  Wasser  befreit  und  darauf  in  einer  zweischenkligen 
benneiisch  verschlossenen  Röhre  destillirt,  stellt  sie  eine  farblose,  in 
Wasser  unlösliche,  in  Alkohol  lösliche ,  dem  Kakodylchlorür  sehr  ähn- 
liche Flüssigkeit  dar,  welche 'durch  ihre  specifische,  heftige  Einwirkung 
Mf  die  Geruchsnerven  ausgezeichnet  ist.  Der  anfangs  unmerkliche 
Geruch,  den  man  wahrnimmt,  wenn  man  nur  wonige  Secunden  an 
einein  damit  befeuchteten  Glasstab  riecht,  steigert  sich  nach  kurzer  Zeit 
m  einer  übermässigen  Stärke ,  und  bewirkt  heftiges  Niesen ,  profuse 
Sckleimabsonderung  und  Röthung  von  Na.^e  und  Augen.  Riecht  man 
«n  einer  etwas  grösseren  Quantität,  so  geht  der  Geruch  allmälig  in  ein 
aoerträgliches  Gefiihl  über,  verbunden  mit  einem  bohrenden  Schmerze 
im  kleinen  Gehirn. 

Die  alkoholische  Lösung  des  kakodyUauren  Kakodylchlorids  giebt 
mit  einer  eben  solchen  Auflösung  von  Quecksilberchlorid  dieselbe,  in 
jeidenglanzenden  Schüppchen  krystallisirende  Quecksilberverbindung 
(KdO .  2  Hg  Gl  oder  Kd  Gl^ .  Hga  O),  welche  das  Kakodyloxyd  mit  Queck- 
^Iberchlorid  erzeugt,  mit  dem  Unterschiede,  dass  gleichzeitig  keine 
Abscheidung  von  Quecksilberchlorür  stattfindet. 

-  Kakodylchlorür,Chlorarsin.  Formel:  (C3H8)sAsGl=KdGl. 
Es  entsteht  durch  Destillation  von  Quecksilberchlorid- Kakodyloxyd  mit 
iiöehgt  concentrirter  Salzsäure.  Das  Destillat  wird,  ohne  es  mit  Was- 
!er  in  Berührung  zu  bringen,  durch  Chlorcalcium  und  Aetzkalk  von 
Wasaer  und  der  beigemengten  Salzsäure  befreit  und  in  einer  kleinen 
mit  Kohlensäure  gefüllten,  hermetisch  verschlossenen  Desttllationsröhre 
dertUlirt.  —  Das  Chlorkakodyl  bildet  sich  auch  unmittelbar  durch  De- 
^llstion  von  Kakodyloxyd  mit  concentrirter  Chlorwasserstoffsäure,  doch 
bleibt  dem  so  erhaltenen  Product,  auch  nach  oft  wiederholter  Destilla- 
tion mit  erneuerter  Säure,  immer  basisches  Chlorid  beigemengt. 

Das  Kakodylchlorür  bildet  ein  wasserhelles,  ätherartiges,  im  Wasser 
untersinken des^  und  darin,  wie  in  Aether  unlösliches,  in  Alkohol  leicht 
)<i9liche«  Liquidum  von  sehr  heftigem,  durchdringendem,  betäubendem 
Genich,  der  den  des  Oxyds  an  Stärke  weit  übertrifft.  In  grösserer 
Menge  eingeathmet,  afficirt  es  in  dem  Maasse  die  Schleimhaut  der  Nase, 
^  diese  atischwillt,  und  macht  die  Augen  thränen  und  selbst  mit  Blut 
onterlaafen. 

Eä  bleibt  bei  —  4ö.<>C.  noch  flüssig,  siedet  wenige  Grade  über  lOO^C, 
nacht  nicht  an  der  Luft.  Das  specif.  Gewicht  seines  Dampfes  beträgt 
4,56  (berechnet  4,85).  Es  enthält  demnach  ^/^  Volumen  Kakodyl  mit 
'/)  Volnnien  Chlor  zu  1  Volumen  ohne  Condensation  verbunden.  An 
lier  Luü  erhitzt,  verbrennt  es  mit  fahler  Arsenikflanime  unter  Abnatz 
^on  Arsen  und  arseniger  Säure  und  Ausgabe  von  salzsauren  Dämpfen. 
^  einer  Atmosphäre  von  Saueirstoff  erhitzt,  verbrennt  es  mit  heftiger 
Explosion.  Bei  langsamem  Luftzutritt  setzen  sich  daraus  wasserhelle 
K^IBtalle  (von  Kakodylsäure?)  ab.  —  Im  Chlorgas  entzündet  es  sich 
^QD  »elbst  unter  Abscheidnng  von  Kohle.  —  Verdünnte  Salpetersäure 
^  es  ohne  Zersetzung  auf,  concentrirte  Säure  dagegen  bewirkt  Ent- 
zindimg  und  Explosion.  Schwache  Säuren  sind  im  Allgemeinen  ohne 
Einwirkung  darauf,  Schwefelsäure  und  Phosphorsäure  dagegen  machen 
^OB  Salzsäure  freu  —  Aus  der  alkoholischen  Lösung  des  Chlorkako- 
<ljU  wird  sein  Chlor  durch  salpetersaures  Silberoxyd  vollständig  als 
Clilor«ilber  ausgefällt.  —  Eine  alkoholische  Kalilösung  scheidet  Chlor- 


266  Arsenradieale,  organiBche. 

kalium  ab  und  erzeugt  eine  im  Wa88er  and  Alkohol  lösliche,  flüchtige, 
ätherartige  Substanz,  von  unbekannter  Zusammensetzung  (C4H5AS? 
Bansen),  welche  kein  Chlor  mehr  enthält,  von  Laurent  Arethase 
genannt  —  In  DampfTorm  über  erhitzten  Kalk  geleitet,  giebt  es  sein 
Chlor  nicht  eher  an  denselben  ab,  als  bis  völlige  Zersetzung  desselben 
erfolgt  Eben  so  wenig  entziehen  ihm  Aetzbaryt  und  Aetzkalk  Salz- 
säure. —  Trockenes  Ammoniakgas  verwandelt  es  in  eine  weisse  Salz- 
masse,  welche  bei  Behandlang  mit  Alkohol  Salmiak  zurücklässt.  — 
Von  metallischem  Zink  und  Zinn  wird  es  bei  einer  Temperatur  von 
lOQo  C.  unter  Bildung  von  Metallchlorilr  zu  Kakodyl  (s.  S.  259)  reducirt 

Wasserhaltiges  KakodylchlorÜr,  wahrscheinlich  Kd€l. 
HO.  Reines  Kakodyloxyd  absorbirt,  bei  sorgfaltig  abgehaltenem  Zu- 
tritt von  Ladt,  trockenes  Chlorwasserstoffsäuregas  mit  grosser  Begierde 
and  anter  starker  Wärmeentwickelung.  Wahrend  sich  eine  kleine  Menge 
eines  ziegelrothen  Pulvers,  Erytrarsin  (s.d.  unter  Kakodyloxyd),  ab- 
scheidet, theilt  es  sich  anfangs  in  zwei  Schichten,  die  sich  bei  fortge- 
setztem Einleiten  von  Salzsäuregas  unter  beständiger  Abköhlung  nach- 
her wieder  zu  einer  homogenen  Flüssigkeit  vereinigen,  woraus  sich  bei 
Berührung  mit  eckigen  Körpern  eine  Menge  Gas  entwickelt  Wird 
dieselbe  in  einer  Atmosphäre  von  Kohlensäure  so  lange  erhitzt,  bis  kein 
Gas  (nebst  Wasser  dämpfen)  mehr  entweicht,  so  theilt  sie  sich  wieder 
in  jene  beiden  Schichten,  eine  obere  dünnflüssige  von  KakodylchlorÜr 
und  eine  untere  von  zäher  dickflüssiger  Beschaffenheit,  welche  sich  auch 
nach  der  Destillation  in  der  Vorlage  wiederfinden.  Dass  diese  untere 
Schicht  ein  wasserhaltiges  KakodylchlorÜr  ist,  erhält  noch  dadurch  eine 
Bestätigung,  dass  geschmolzenes  Chlorcalcium  darin  zerfliesst  und  fast 
reines  KakodylchlorÜr  zurücklässt  Da  es  beim  Erhitzen  Wasser  ver- 
liert und  ohnedies  mit  Salzsäure  verunreinigt  bleibt,  so  hat  es  in  reinei 
Gestalt  weder  dargestellt,  noch  analysirt  werden  können. 

Basisches  KakodylchlorÜr,  3KdGl.KdO,  entsteht  durch 
Behandlung  des  Chlorürs  mit  Wasser  oder  durch  Destillation  von  Kako- 
dyloxyd mit  wässeriger  Chlorwasserstoffsäure.  Das  auf  die  letztere  Art 
erhaltene  Product,  mit  Kreidepulver  und  Wasser  bei  völligem  Aosschlass 
der  Luft  destillirt,  dann  über  Chlorcalcium  getrocknet,  und  darauf  noch 
einmal  für  sich  in  einer  mit  Kohlensäure  gefüllten  hermetisch  verschlos* 
senen  Röhre  destillirt,  ist  eine  dem  Chlorkakodyl  sehr  ähnliche  Flüs- 
sigkeit, jedoch  von  minder  starkem  Geruch.  Sie  stösst  an  der  Lufl 
weisse  Dämpfe  aus,  siedet  bei  lOQ^C.  Ihre  Dampfdichte  beträgt  dem 
Versuche  zufolge  5,46,  was  einer  Verbindang  von  ^7  Vol.  Kakodyl- 
chlorÜr mit  ^/7VoL  Kakodyloxyd  zu  einem  Volumen  entspricht  (berech- 
net =  5,29). 

Das  KakodylchlorÜr  vereinigt  sich  mit  anderen  Chloriden  zu  eigen- 
thümlichen  Duppelsalzen,  die  jedoch  mit  Ausnahme  der  beiden  nachfol- 
genden wenig  beständig  sind. 

Kakodyl-Kupferchlorür,  KdGl.CuaGl,  entsteht  beim  Ver^ 
mischen  einer  alkoholischen  Lösung  von  Kakodyloxyd  mit  einer  Auf- 
lösung von  Kupferchlorür  in  Chlorwasserstuffsäure  als  ein  voluminöser, 
breiigen  weisser  Niederschlag.  Um  das  von  demselben  umschlossen6f 
ausgeschiedene  freie  Chlorkakodyl  mit  dem  Kiipfer^alz  vollkommen  xif 
verbinden,  wird  der  Niederschlag  in  einer  Reibschale  mit  einem  Ueber* 
schuss  von  Salzsäure  zerrieben,  darauf  bei  völHgem  AnsschUiss  der  Luft 
zuerst  mit  concentrirter ,  dann  mit  verdünnter  Säure  und  endlich  mit 


Arsenradieale,  organische.  267 

Waiser  möglichBt  schnell  aasgewaBchen ,  darauf  noch  feucht  zwischen 
Pliespapier  ausgepresst  und  im  luftleeren  Baume  getrocknet.  Durch 
m  langes  Auswaschen  wird  er  zersetzt  und  zuletzt  ganz  aufgelöst. 

Das  so  gereinigte  Doppelsalz  bildet  ein  kakodylartig  riechendes, 
weisses,  körnigem  Pulver,  welches  durch  angehende  Zersetzung  gelblich 
za  sein  pflegt ;  es  ist  in  Alkohol  und  Aether  unlöslich,  wird  von  kochen- 
dem Wasser  zersetzt,  färbt  sich  an  der  Luft  grün  von  gebildetem  Kupfer- 
ehlorid  unter  Aufgabe  stinkender  arsenikalischer  Producte.  Beim  Er- 
hitzen entweicht  mit  grüner  Flamme  Chlorkakodyl,  und  Kupferchlorür 
bleibt  zurück. 

Kakodyl-Platinchlorid,  wahrscheinlich  Kd€l.'Pt€l2,  erhält 
maa  beim  Vermischen  alkoholischer  Lösungen  von  Eakodylchlorür  und 
Platinchlorid  als  ziegelrothen  Niederschlag,  welcher  durch  Kochen  oder 
Aaswaschen  mit  Wasser  eine  höchst  merkwürdige  Metamorphose  er- 
leidet, indem  er  sich  dabei  zu  einer  kaum  gefärbten  Flüssigkeit  auflöst, 
woraus  beim  Abdampfen  eine  neue  farblose,  in  grossen  Nadeln  krystal- 
liiirende  sehr  beständige  Verbindung  anschiesst.  Dieselbe  enthält, 
analog  den  Reiset'schen  Platinverbindungen,  ein  platinhaltiges  Radi- 
cil,  worin  das  Kakodyl  die  Rolle  des  Ammoniaks  (der  Reiset'schen 
Ba^en)  zu  spielen  scheint.  Dasselbe  geht  mit  den  Halo'iden  Verbin- 
dungen ein  and  bildet  mit  Sauerstofi*  eine  Basis,  die  sich  mit  Säuren  zu 
kryttallisirbaren  Salzen  vereinigt. 

Kakodylsuperchlorid  und  kakodylsaures  Kakodyl- 
superchiorid.  Das  Kakodylsuperchlorid  hat  für  sich  nicht  rein  dar- 
gestellt werden  können.  Leitet  man  einen  Strom  trockenes  Chlor wasser- 
itoSgas  über  trockene  Elakodylsäurd^  so  verwandelt  sich  letztere  unter 
iieftiger  Wärmeentwickelung  in  eine  Flüssigkeit,  aus  der  sich  beim 
Erkalten  grosse  glänzende  Krystallblättchen  abscheiden,  welche  aus 
^kodylsaorem  Kakodylsuperchlorid  bestehen.  Die  Mutterlauge  bildet 
eine  wasserhelle ,  geruchlose,  syrupdicke  Flüssigkeit,  die  an  der  Luft 
nacht  und  mit  grosser  Begierde  daraus  Feuchtigkeit  anzieht  Dieselbe 
^>esteht,  nach  Bunsen,  ans  Kakodylsuperchlorid,  welches  jedoch  noch 
dtfin  auflösliches  saures  Kakodylsuperchlorid  beigemengt  enthält  und 
nicht  davon  getrennt  werden  kann.  In  Folge  der  bei  der  Vereinigung 
der  Kakody Isaure  und  Chlor  wasserstofTsäure  eintretenden  Wärmeentwicke- 
long  und  der  hierdurch  bewirkten,  weiter  unten  näher  zu  beschreiben- 
den Zersetzung  des  kakodylsauren  Kakodylsuperchlorids,  enthält  jenes 
Liquidum  in  der  Regel  auch  noch  etwas  freie  arsenige  Säure. 

Das  Kakodylsuperchlorid  wird  durch  Zink  und  andere  Wasser  zW" 
^c^sende  Metalle  zu  Kakodylchlorür  und  in  höherer  Temperatur  zu  Ka- 
kodyl reducirt.  Für  sich  erhitzt,  zerfällt  es  in  kakodylsaures  Kakodyl- 
(Uorid,  arsenige  Säure  und  Methylchlorür.  Es  lasst  sich  für  sich  nicht 
«ntzänden,  aber  in  der  Spiritusflamme  verbrennt  es  unter  Ausgabe  von 
^i^eniger  Säure  und  salzsauren  Dämpfen. 

Da  bei  der  Verd|iigung  des  Chlorwasserstofi'säuregases  mit  der 
Kakodylsäore  kein  Wasser  abgeschieden  wird,  und  dieses  nicht  eher 
^i  wird,  als  bis  die  Verbindung  durch  fortgesetzte  Einwirkung  der 
^orwasserstoffsäure  eine  Zersetzung  erleidet,  so  darf  man  sie  nach 
^r  Formel  KdGl,  -(-  4H0  (oder  KdGl»  +  3 HO,  Bunsen)  zusaro- 
"»engwetzt  betrachten.  Ihre  Bildung  lässt  sich  durch  folgende  Glei- 
chttng  erklären : 


268  Arsenradicale^  organische. 

4(H0  .KdOs)  +  6  H€l=KdGl8 .  2KdOs  +  6H0-f  KdGjg^+jBO. 

KakodyUäure  Kakodylsaures  Kakodyl-        Kakodylsuper- 

superchlorid  chlorid. 

Das  kakodylsaure  Kakodylsuperchlorid^  KdGl3.2Kd03 
-|-  6H0,  wird  am  leichtesteD  frei  von  fremden  Beimengungen  er- 
halten durch  Auflösen  der  Kakodylsaure  in  concentrirter  Chlorwasser- 
Btoffsäure  und  Abdampfen  der  Flüssigkeit  im  Vacuum  über  Kalk  und 
Schwefelsäure.  Sie  erstarrt  nach  und  nach  zu  einer  breiartigen  Masse 
blätteriger  Krystalle^  welche  man  wiederholt  zwischen  getrocknetem  und 
erwärmtem  Fiiesspapier  in  einer  ebenfalls  erwärmten  Presse  auspresse 
nachdem  man  sie  zwischendurch  wieder  Feuchtigkeit  aus  der  Luft  hat 
anziehen  lassen.  Zur  völligen  Reinigung  muss  man  die  nach  dem  letzten 
Auspressen  erhaltene  Krystallmasse  noch  einmal  in  den  luftleeren  Raum 
über  Kalk  und  Schwefelsäure  bringen. 

Die  so  gereinigte  Verbindung  bildet  grosse,  durchsichtige,  weisse 
Kry Stallblätter,  die  aus  der  Luft  mit  grösster  Begierde  Feuchtigkeit  an- 
ziehen, und  damit  zu  einer  zähen  sauren  Flüssigkeit  zerfliessen.  Sie  ist 
geruchlos  und  besitzt  einen  stark  sauren  Geschmack. 

Beim  Erwärmen  unter  100^  C.  schmilzt  sie  zu  einem  farblosen  Li- 
quidum und  erleidet  dabei  eine  Zersetzung  in  arsenige  Säure,  welche  nach 
fortgesetztem  Erhitzen  fast  rein  zurückbleibt,  in  eine  öl  artige,  stinkende, 
sehr  giftige  Flüssigkeit  (kakodylsaures  Kakodylchlorid),  welche  mit 
Wasser  und  Salzsäure  in  die  Vorlage  übergeht,  und  in  gasförmig  ent- 
weichendes Methylchlorür.  Die  nämliche  Zersetzung  findet  statt,  wenn 
man  über  trockene  Kakodylsaure  bei  IQO^  bis  109^  C.  Chlorwasserstoff- 
gas leitet.  Wenn,  wie  anzunehmen  ist,  die  Kakodylsaure  sich  in  meh- 
reren Verhältnissen  mit  Kakodylchlorid  vereinigt  und  das  bei  obiger 
Zersetzung  sich  bildende  ölartige  Product  die  Zusammensetzung 
2KdGl2*3Kd03  hat,  so  lässt  sich  jene  Zersetzung  des  kakodylsanren 
Kakodylsnper Chlorids  durch  Erwärmen  durch  folgende  Gleichung  aus- 
drücken : 

2  [(Cj  »8)2  As  Gig .  2  (Cg  Ha)^  As  Q3  -f  6  H  O]  =  As  Og  -f-  2  C^  H,Ö 

Kakodylsaures  Kakodylsuperchlorid  Methylchlorür 

+  2(Cgtf3>jAsGl2  .  SCCgHaJaAsOa  +  12  HO. 

Kakodylsaures  Kakodylchlorid 

Ueber  die  von  Bunsen  Quecksilberoxyd-Kakodylsuperchlorid  ge- 
nannte Verbindung  s.  kakodylsaures  Quecksilberchlocid  unter 
Kakodylsaure  (S.  278). 

Kako  dylcyanür,  Cyanarsin.  Formel:  (C2H3)2AsGy  = 
KdGy*  Das  Kakodylcyanür  entsteht  durch  Destillation  von  Kakodyl- 
oxyd  mit  concentrirter  Cyanwasserstoffsäure,  und  geht  mit  Oxyd  ge- 
mischt als  eine  ölartige  Flüssigkeit  über,  die  nach  dem  Erkalten  kry- 
stallisirt;  doch  ist  es  schwer,  sie  durch  Krystallisation  von  dem  anhän- 
genden Oxyd  ganz  zu  befreien.  Vortheilhafter  und  weniger  gefahrvoll 
(wegen  der  ungemeinen  Giftigkeit  des  Cyanürs)  ist  die  Darstellung 
desselben  durch  Vermischen  einer  concentrirten  Lösung  von  Cyanqueck- 
Silber  mit  Kakodyloxyd.  Unter  Ausscheidung  von  metallischem  Queck- 
silber entsteht  hierbei  neben  dem  Kakodylcyanür  noch  Kakodylsaure, 
und  vielleicht  kakodylsaures  Kakodyloxyd,  wovon  ein  wenig  bei  nach- 
heriger  Destillation  mit  dem  Cyanür  in  die  Vorlage  übergeht.  Letzteres 


Arsenradieale,  organische.  269 

nmmelt  sich  darin  unter  dem  Waeser  als  eine  gelbliche,  ölartige  Schicht 
an,  welche  nacl\  einiger  Zeit  zu  grossen,  schön  ausgebildeten  prisma- 
tischen Krystallen  fast  ganz  erstarrt,  die  oft  weit  bis  in  die  darüber 
stehende  Wasserschicht  hineinragen.  Zur  weiteren  Reinigung  werden 
die  Krjstalle,  nachdem  man  die  Flüssigkeit  hat  ablaufen  lassen,  zwi- 
schen Fliesspapier  geptesst,  darauf  wieder  geschmolzen  und  über  Aetz- 
biryt  in  einem  kleinen  mit  Kohlensäure  gefüllten  Destillationsapparat, 
(wie  Fig.  20,  S.  261),  bei  hermetischem  Verschluss  rectificirt. 

Uta  diese  Substanz  von  den  letzten  Spuren  fremder  Beimengungen 
vollends  zu  befreien,  bringt  man  sie,  wieder  geschmolzen,  au^  dem 
Recipientenschenkel  in  den  kürzeren  Schenkel  eines  zweiten  zuvor  mit 
Kohlensäure  geftlllten  ähnlichen  Destillationsapparats,  und  lässt  sie 
durch  langsames  Erkalten  wieder  krystallisiren.  Wenn  dann  Zwei- 
drittel derselben  fest  geworden  ist,  giesst  man  den  flüssigen  Theil  in 
den  längeren  Schenkel»  und  wiederholt  diese  Operation  mit  dem  jedes- 
maligen Rest  so  lange,  bis  die  abgegossene  Flüssigkeit  beim  Erstarren 
in  dem  längeren  Schenkel  keine  gelbliche  Farbe  jaehr  zeigt. 

Es  ist  wegen  der  Flüchtigkeit  und  ausserordentlichen  Giftigkeit 
dieser  Substanz  nothwendig,  alle  jene  Operationen  im  Freien  vorzuneb- 
oen,  und  während  dem  durch  ein  langes  Glasrohr  zu  respiriren,  dessen 
Mündung  den  Dämpfen  des'Cyankakodyls  unzugänglich  ist. 

Das  auf  die  angegebene  Weise  gereinigte  Kakodylcyanür  ist  über 
33^0.  ein  ätherartiges,  farbloses,  das  Licht  stark  brechendes  Liquidum, 
welches  bei  32,5^0.  zu  einem  Haufwerk  grosser  diamantglänzender  Kry- 
^Ue  erstarrt,  die  sich,  ähnlich  den  Eisblumen  an  den  Fensterscheiben, 
u  das  Glas  anlegen  und  im  Aeusseren  sehr  der  Osmiumsäure  gleichen. 
Am  schönsten  und  grössten  erhält  man  die  Krystalle  durch  freiwillige 
Soblimation  der  Substanz  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  einer  mit 
Wasser  benetzten  Glasröhre.  Sie  bilden  wenig  geschobene,  vierseitige 
Prismen  (oft  von  4  bis  5  Linien  Länge)  mit  kleinen  Abstumpfungsflä- 
chen an  den  kleineren  Seitenkanten,  die  an  den  Enden  durch  gegen  die 
kleineren  Seitenkanten  gerichtete  Zuschärfungen  geschlossen  sind. 

Das  Cyankakodyl  ist  im  WasseT  wenig,  in  Alkohol  und  Aether 
leicht  löslich,  siedet  bei  etwal40<'C.,  lässt  sich  entzünden  und  verbrennt 
mit  einer  röthlich  blauen  Flamme.  Seine  Dampfdichte  beträgt  4,68  (be- 
rechnet 4,526),  wonach  1  Vol.  seines  Dampfes  Va  ^o^*  Kakodylgas  und 
^sVoL  Cyangas  ohne  Condensation  verbunden  enthält. 

Das  Kakodylcyanür  bewirkt  in  einer  Lösung  von  salpetersaurem 
^heroxyd  eine  weisse  Fällung  von  Cyansilber,  in  Quecksilberchlorid- 
^^^^song  einen  Niederschlag  von  Qnecksilberchlorid-Kakodyloxyd.  Sal- 
[«tersaares  Quecksilberoxyd  wird  nicht  dadurch  geföllt,  das  Oxydulsalz 
^  redncirt.  Eine  mit  Kali  versetzte  Mischung  von  einem  Eisenoxy» 
dulsalz  mit  einer  Lösung  von  Cyankakodyl  giebt  auf  Zusatz  der  stärke- 
ren Säuren  Berlinerblau.    Essigsäure  bewirkt  diese  Veränderung  nicht. 

Wie  bereits  erwähnt,  besitzt  das  Cyankakodyl  in  weit  höherem 
^(uBse  als  alle  übrigen  Kakodyl Verbindungen  giftige  Eigenschaften. 
^Soige  Gran  davon,  in  der  Luft  eines  Zimmers  verbreitet,  verursachen 
^  Binathmen  ein  plötzliches  Einschlafen  der  Hände  und  Füsse, 
^Windel,  Betäubung  und  Bewusstlosigkeit. 

Kakodylfluorür,  (C2H,), AsF  ==  KdF,  ist  eine  farblose,  in 
Walser  onlösliche  Flüssigkeit  von  unerträglich  widrigem,  stechendem 
^emch,  welche  durch  Destillation  von  Quecksilbercblorid-Kakodyloxyd 


270  Arsenradieale,  orgaiiifiche. 

mit  sehr  concentrirter  Fluorwasscrstoffsäare  erhalten  wird.     Sie  greift 
die  Glasgefasse  an  und  wird  durch  Wasser  nach  und  nach  zersetzt. 

Kakod^Uuperfluorid,  kakodylsaures,  2KdFs.Kd08  -{- 
3  Ho,  wird  durch  Auflödung  der  Kakodylsäure  in  concentrirter  Fluor- 
wasserstoffsäure und  Abdampfen  im .  Wasserbade  erhalten,  worauf  beim 
Erkalten  der  Lösung  die  Verbindung  in  schön  ausgebildeten  prismatischen 
Krystallen  anschiesst,  welche  man  durch  Pressen  zwischen  Fliesspapier 
und  Trocknen  im  Vacaum  über  Kalk  und  Schwefelsäure  reinigt. 
Sie  ist  geruchlos,  in  Wasser  und  Alkohol  leicht  löslich  und 
zerfliesst  an  der  Luft  zu  einer  stark  sauer  reagirenden  Flüssigkeit.  Beim 
Erhitzen  schmilzt  sie,  es  entweichen  Dämpfe  von  Fluorwasserstoffsäure 
und  alkarsinartig  riechende  Prodacte;  zuletzt  verbrennt  sie  mit  fahler 
Arsenikflamme  und  hinterlässt  eine  leicht  verbrennliche Kohle.  —  Selbst 
die  getrockneten  Krjstalle  greifen  das  Glas  so  stark  au,'das8  man  sie 
in  Blei-  oder  Platingeiassen  aufbewahren  muss. 

Kakodylsuperfluorid  für  sich  ist  nicht  dargestellt. 

Kakodyljodür,  Jodarsin.  Formel:  (G9 M«), As I  =  Kd L 
Diese  Verbindung  entsteht  durch  Destillation  von  Kakodyloxyd  mit 
concentrirter  Jodwasserstoffsäure;  sie  geht  mit  den  Wasserdämpfen  als 
gelbliches  ölartiges  Liquidum  aber,  aus  dem  sich  eine  feste  gelbe  Sub- 
stanz beirp  raschen  Erkalten  in  Krusten,  bei  langsamer  Abkuhlang  in 
durchsichtigen,  rhomboidalen  Tafeln  absetzt.  Man  umgiebt  die  Vorlage 
mit  einer  Kältembchung,  giesst  darauf  das  noch  flüssige  Jodür  von  dem 
erstarrten  krystallinischen  Stoffe  ab,  und*  destillirt  dasselbe  noch  einmal 
mit  concentrirter  Jodwasserstoffsäure.  Das  Destillat  wird  alsdann  in 
einem  mit  Kohlensäure  gefüllten,  hermetisch  verschlossenen  Gefass  durch 
AetzkSlk  und  Chlorcalcium  von  der  beigemengten  JodwasserBtoffsänre 
und  Wasser  befreit,  und  zuletzt  in  einer  zweischenkligen ,  gleichfalls 
Kohlensäure  enthaltenden,  hermetisch  verschlossenen  liöhre  destillirt, 
bis  höchstens  zwei  Drittel  übergegangen  sind. 

Das  gereinigte  Kakodyljodür  ist  ein  dünnflüssiges,  gelbliches  Li- 
quidum von  Ekel  erregendem,  durchdringendem,  dem  Chlorkakodyl  ähn- 
lichem Gerüche,  in  Aether  und  Alkohol  leicht  löslich,  in  Wasser  nnlös- 
lich,  schwerer  als  dieses,  selbst  schwerer  als  Chlorcalcium  (geschmolze- 
nes?); Aetzkalk  sinkt  darin  zu  Boden.  Es  ist  bei —  10<^C.  noch  flüssig, 
siedet  weit  über  100<^C.,  lässt  sich  aber  mit  Wasserdämpfen  leicht  über- 
destilliren.  Sein  Dampf  ist  gelblich  gefärbt,  gleich  dem  der  nnterchlo- 
rigen  Säure.  An  der  Luft  raucht  es  nicht,  nimmt  jedoch  Sauerstoff 
daraus  auf  und  setzt  nach  einiger  Zeit  schöne  prismatische  Krystalle 
ab,  wahrscheinlich  von  Kakodylsäure.  Es  brennt  mit  hell  leuchtender 
russender  Flamme  unter  Ausgabe  von  Joddämpfen.  Schwefelsäure  und 
Salpetersäure  zersetzen  es,  und  machen  ebenfalls  Jod  frei.  Auch  Queck- 
silber entzieht  ihm  beim  Elrhitzen  das  Jod  unter  Bildung  von  Jodqueck* 
Silber.  Mit  einer  Sublimatlösnng  erzeugt  es  gleich  dem  Oxyd  Queck- 
silber chlorid-Kakodyloxy  d . 

Basisches  Kakodyljodür,  SKdI.KdO,  bildet  sich  gleich- 
zeitig mit  dem  JodÜr  bei  der  Destillation  von  Kakodyloxyd  mit  Jod- 
wasserstoffsäure  und  macht  den  in  der  Vorlage  aus  dem  Jodür  beim 
Erkalten  in  gelben  kiystallinischen  Krusten  sich  absetzenden  Stoff  ans» 
welchen  man  durch  Auspressen  zvn sehen  Fliesspapier  unter  Inftfreiera 
Wasser  und  Urokrystallisiren  aus  absolutem  Alkohol  reinigt,  aus  dem 
es  beim  Erkalten  in  schönen  Krystallen  anschiesst,  worauf  man  durch 


r 

Arsenradicale,  organische.  271 

aberroaligea  Aaspressen  unter  Wasser  den  anhängenden  Alkohol  ent- 
fernt Es  wird  darauf  durch  geschmolzenes  Chlorcalciom  bei  Ab^chluss 
der  Loft  getrocknet  und  in  einer  zweischenkligen  mit  Kohlensäure  ge- 
füllten, hermetisch  verschlossenen  Bohre  zur  Hälfte  abdestillirt.  Das 
Destillat  krystallisirt  in  durchsichtigen  rhombischen  Tafeln,  die  weit 
onter  1 00^  C.  schmelzen,  an  der  Luft  weisse  Nebel  ausstossen  und  mit  so 
grosser  Begierde  Sauerstoff  daraus  aufnehmen,  dass  die  dadurch  be- 
wirkte Wärmeentwickelung  sogar  eine  Entzündung  zur  Folge  haben 
kuiL  Wie  schon  erwähnt,  ist  es  im  Wasser  unlöslich,  in  Alkohol,  be- 
noders  in  heissem,  löslich,  und  lässft  sich  sowohl  mit# Wasser,  wie  für 
lieh  unverändert  destilliren.  Entzündet  verbrennt  es  mit  russender 
Flsmme  und  Entbindung  von  Joddämpfen. 

Das  basische  Jodkakodyl  entsteht  auch  durch  directe  Vereinigung 
von  Jodkakodyl  mit  Kakodyloxyd,  die  sich  im  wasserfreien  Zustande 
olue  sichtbare  Veränderung  in  allen  Verhältnissen  mischen.     Wenige* 
Tropfen  Wasser  machen  die  Mischung  zu  einer  Krystallmasse  erstarren, 
veiche  alle  Eigenschaften  der  basischen  Verbindung  besitzt. 

Verbindungen  des  Kakodyls  mit  Sauerstoff. 

Man  kennt  zwei  Verbindungen  des  Kakodyls  mit  Sauerstoff;  das 
Kftkodyloxjd  (C3Hs)3AsO  und  die  Kakodylsäure  (C2H8)sAs03. 
Ho,  welche  beide  mannigfaltige  weitere  Verbindungen  bilden. 

Kakodylozyd,  Alkarsin,  Cadet's  rauchende  Flüssigkeit.  — 
Von  Cadet  1760  entdeckt,  von  Bunsen  analysirt  und  genauer  unter- 
socht  —  Formel :  C*«^  AsO  =  (C,  H,),  As  O  =  KdO. 

Das  Kakodylozyd  ist  der  Hauptbestandtheil  der  bekannten  rauchen- 
den, stinkenden  Flüssigkeit,  welche  durch  Destillation  von  arseniger 
Sure  mit  essigsaurem  Kali  erhalten  wird.  Die  Selbsten tzündlichkeit 
diefler  Substanz  und  die  Giftigkeit  der  mit  ihr  übergehenden  gasAirmi- 
m  Prodncte  erfordert  bei  ihrer  Darstellung  einige  Vorsicht,  weshalb 
^  dabei  zn  beobachtende  Verfahren  hier  etwas  genauer  beschrieben 
Verden  soll. 

Eine  geräumige  Retorte  von  Glas  wird  mit  einer  innigen  Mischung 
^00  gleichen  Tbeilen  (je  ein  Kilogramm)  arseniger  Säure  und  trocke- 
MD  essigsauren  Kali  gefüllt,  und  in  einem  Sandbade  über  allmälig 
Tcrst&rktem  Feuer  erhitzt  Der  Hals  der  Retorte  ist  durch  eine  mög- 
lidttt  weite  knrze  Glasröhre  vermittelst  luftdicht  schliessender  Korke 
^  emem  Liebig'schen  Kühlapparat  verbunden,  dessen  unteres  ab- 
virti  gebogenes  Ende  in  den  Hals  einer  doppelt  tubulirten  Woulff- 
'cheo  Flasche  ebenfalls  luftdicht  einmündet,  auf  deren  Boden  sich  eine 
S^ht  Wasser  befindet  In  den  anderen  Tubulus  ist  mit  einem  Korke 
^ioe  weite  lange  Röhre  eingesetzt,  welche  dazu  bestimmt  ist,  die  bei 
te  Destfllation  sich  entwickelnden,  stinkenden,  gasförmigen  Producte 
^rtsaleiten.  Um  sich  derselben  zn  entledigen,  und  sich  vor  ihren  gif- 
^  Wirkungen  möglichst  zu  bewahren,  föhrt  man  das  äusserste  Ende 
^r  Gasleitungsröhre  am  zweckmässigsten  unter  den  Rost  eines  gut- 
ntkenden,  mit  glühenden  Kohlen  gefüllten  Ofens.  Die  ganze  Operation 
iBOK  nothwendig  im  Freien  vorgenommen  und  die  Vorlage  nebst  Kühl- 
*Pptrftt  durch  oft  erneutes,  kaltes  Wasser  beständig  möglichst  kalt  er- 
^Iten  werden«  Die  vom  Beginn  der  Destillation  bis  zu  Ende  sich 
'"^wickelnden  Gase,  ein  Gemenge  von  Kohlensäure,  Grubengas  und 
^^Mdcndem  Gas  ~  sie  enthalten  kein  Arsenikwasserstoffgas — ,  womit 


272  Arsenradieale,  organische. 

sich  so|j:leich  der  ganze  Apparat  fiillt,  verhindern  die  Entzündung  di 
übergehenden  Kakodyloxyds  durch  die  in  der  Retorte  nnd  dem  Kuli 
apparate  anfangs  eingeschlogstene  Luft.  Mit  dem  Kakodyloxyd  verflücl 
tigt  sich  namentlich  gegen  daF  Ende  der  Destillation  eine  nicht  nnb 
trachtliche  Menge  schwarzem  metallisches  Arsen,  welches  zum  gröbst« 
Theile  schon  in  dem  Halse  der  Retorte  und  dem  Kühlrohr  sich  abseti 
zum  Theil  aber  mit  in  die  Vorlage  fortgerissen  wird  und  den  Bod< 
derselben  als  eine  schwarze  Schicht  bedeckt  Ueber  dieser  saramc 
sich  unreines  Kakodyloxyd  als  ein  braunes  ölartiges  Liquidum  a 
welches  von  einer  sauren  wässerigen  Flüssigkeit  bedeckt  ist ,  eil 
Auflösung  von  Essigsäure^  Aceton  und  in  Essigsäure  gelöstem  Kakodj^ 
oxyd.  Gegen  Ende  der  Operation  fangt  die  Retorte  in  Folge  der  EIü 
Wirkung  des  darin  zurückbleibenden  kohlensauren  Kalis  an  zu  schme 
zen.  Erst  nachdem  der  ganze  Apparat  erkaltet  ist,  wird  die  Yorlai 
entfernt.  Man  befreit  die  untere  Kakodylschicht  von  der  darüber  al 
henden  sauren  Flüssigkeit,  indem  man  letztere  behutsam  abgiesst  - 
dieselbe  eignet  sich  durch  ihren  nicht  unbeträchtlichen  Gehalt  an  au 
gelöstem  essigsauren  Kakodyloxyd  noch  sehr  gut  zur  Darstellung  d< 
Kakodylsulfürs  (s.  d.)  — ,  und  bringt  sie  darauf,  möglichst  frei  vc 
Arsen,  in  ein  zweites  geräumiges,  Inftfreies  Wasser  enthaltendes,  ähi 
liches  Gefass.  Dies  kann  wegen  ihrer  grossen  Selbstentzflndlichke 
nicht  gut  durch  unmittelbares  Uebergiessen  wie  gewöhnlich  geschehe 
lässt  sich  aber  leicht  dadurch  bewerkstelligen,  dass  man  auf  den  einf 
Tubulus  der  Woul  ff 'sehen  Flasche  eine  am  Ende  zu  einer  Spitze  avi 
gezogene,  daselbst  zugeschmolzene  Glasröhre  setzt,  deren  Oeffhnn 
nicht  weiter  hineinreicht  als  der  sie  umschliessende  Kork,  durch  de 
anderen  Tubulus  eine  zweite,  an  beiden  Enden  offene  Glasröhre  m 
einem  Korke  luftdicht  einsetzt,  welche  so  tief  in  die  Flasche  hinabgeli 
dass  sie  beim  Umkehren  derselben  über  der  Flüssigkeit  mündet,  wob 
man  nur  Sorge  zu  tragen  hat,  dass  nichts  von  dem  Kakodyloxyd  i 
dieser  Etöhre  hinabÜiesst.  Um  nun  letzteres  auszugiessen,  ohne  dai 
es  mit  der  Luft  in  Berührung  kommt,  braucht  man  nur  die  Flascl 
behutsam  umzukehren  und  die  verschlossene  Spitse  der  ersteren  Böhi 
dicht  über  dem  Gefass,  in  welches  man  einftülen  will,  zu  öflFnen  nn 
sogleich  unter  die  darin  befindliche  Flüssigkeitsschicht  zu  bringen,  w( 
rauf  es  in  dem  Maasse  langsam  ausfliesst,  als  Luft  durch  die  zweh 
Röhre  in  die  Flasche  nachdringt.  Das  auf  diese  Weise  in  eine  ander« 
mit  gleicher  Vorrichtung  versehenen  W  o  uiff  sehen  Flasche  eingebracht 
unreine  Oel  wird  darin  wiederholt  mit  erneuten  Antheilen  frische 
Wassers,  und  zuletzt  zur  völligen  Entfernung  der  noch  beigemengte 
Essigsäure  und  arsenigen  Säure  mit  einer  Lösung  von  kohlensanrei 
Kali  geschüttelt,  mit  der  man  es  schliesslich  auf  gleiche  Weise»  -wie  zv 
vor,  in  eine  tubulirte  Retorte  bringt.  Diese  ist  mit  dem  Rohr  eine 
guten  Kühlapparates  luftdicht  verbunden,  dessen  anderes  Ende  in  ein 
ein  wenig  luftfreies  Wasser  enthaltende  Vorlage  mündet  Nachdei 
darauf  der  ganze  Apparat  mit  Kohlensäure  gefllllt  ist,  wird  das  Kakc 
dylozyd  überdestillirt,  wobei  man  den  abwärts  gebogenen  Schenkel  de 
Kühlröhre  am  besten  bis  unter  die  Oberfläche  des  in  der  Vorlage  b< 
Endlichen  Wassers  bringt. 

Man  erhält  auf  diese  Weise  ein  klares  farbloses  Destillat,  welche 
gewöhnlich  in  Folge  einer  langsamen  Oxydation  durch  Zutritt  der  Loü 
die  auch  bei  dem   beschriebenen  Verfahren  nie   ganz  abznhalten  is 


Arsenradicale,  organische.  273 

aoch  mit  ein  wenig  Kakcrdylsstire  verunreinigt  ist  Um  es  von  dieser 
mid  dem  Wasser  zu  befreien,  bedient  man  sich  am  zweckmässigsten  des 
S.  tSl^  Fig.  20,  abgebildeten,  zuvor  mit  Kohlensäure  geföllten  Destilla- 
^naapparates,  in  dessen  eine,  Stücke  von  Aetzbaryt  enthaltende  Kugel 
man  das  Kakodyloxyd  auf  die  ara  obigen  Orte  beschriebene  Weise  auf- 
fiaogt,  worauf  man  ihn  an  beiden  Enden  hermetisch  verschliesst.  Wenn 
es  von  dem  Baryt  vollständig  entwässert  ist,  wird  es  in  die  gut  abge- 
kthlte  andere  Kugel  fiberdestillirt 

Die  BUdung  des  Kakodyloxyds  aus  arseniger  Säure  und  essigsau- 
rem Kali  wird  aus  folgender  Gleichung  deutlich: 

3[KO.Ca(C2H3)Q»]+A308=(QiH,)aAsO+2KO.  €204+0^04. 
Essigsaures  Kali  Kakodyloxyd 

Das  gereinigte  Kakodyloxyd  besitzt  folgende  Eigenschaften:  Es  ist 
bei  gewöhnlicher  Temperatur  eine  in  Wasser  unlösliche ,  in  Alkohol 
nd  Aether  lösliche,  daraus  durch  Wasser  wieder  fallbare  wasserhelle 
Flüssigkeit  von  stark  lichtbrechender  Kraft,  ausgezeichnet  durch  ihren 
«igeothumlichen  furchtbaren,  .lange  haftenden  Geruch,  der  heftig  zu 
Thränen  reizt,  und  durch  ihre  grosse  Selbstentzündlichkeit  an  der  Luft. 
Jeder  Tropfen  desselben  verbrennt  beim  Ausgiessen,  noch  ehe  er  den 
fiand  des  Glases  verlässt,  mit  leuchtender  weisser  Flamme,  woraus 
iich  an  kältere  Gegenstände  ein  starker  schwarzer  Metallspiegel  von 
Arsenik  absetzt.  Eingeathmet  bewirkt  sein  Dampf  schon  in  geringer 
Menge  Uebelkeit  und  Beklemmung  der  Brust,  bei  Manchen  sogar  Er- 
Vrechen,  ohne  indess  aufdieGesundheitanhaltend  nachtheilig  zu  wirken. 
Auf  die  Haut  gebracht,  ohne  dass  es  sich  entzündet,  z.  B.  unter  einer 
Wssserachicht,  verursacht  es  heftiges  Jucken ;  darauf  entflammt,  erzeugt 
ei  gefährliche  Brandwunden.  —  Es  erstaiTt  bei  —  25^  C.  und  bildet  dann 
leidenglänzende  Krystallschuppen,  siedet  ungefähr  bei  150<>  C.  Das  specif. 
Gewicht  der  Flüssigkeit  beträgt  1,462  bei  15^C.,  seine  Dampfdichte  (bei 
einer  Condensation  auf  4  Volume  =  7,810  berechnet)  gefunden  ==  7,555. 
Bei  ZOT  Selbstentzündung  unzureichendem  Luftzutritt  raucht  es  stark. 
Eine  Flasche,  auf  deren  Boden  sich  unter  Wasser  eine  Kakodyloxydschicht 
befindet,  füllt  sich  beim  Oefinen  augenblicklich  mit  dichten  weissen 
Kebeln.  Eine  längere  Zeit  unter  einer  Wasserschicht  der  Lufl  ausge* 
letzt,  verschwindet  es  nach  und  nach  und  verwandelt  sich  durch  Auf* 
Qilime  des  SauerstoflTs  aus  der  Luft  in  Kakodylsäure  und  kakodylsaures 
Kakodyloxyd,  die  sich  nachher  im  Wasser  aufgelöst  befinden.  —  Das 
Kakodyloxyd  entzündet  sich  ebenfalls  im  Chlorgas  und  verbrennt  mit 
gdber  rossender  Flamme  unter  Bildung  von  Arsenchlorid  und  Salz- 
tare.  Auch  mit  Brom  erhitzt  es  sich  leicht  bis  zur  Entzündung  unter 
Fällung  brauner  Flocken.  Jod  löst  sich  darin  zu  einer  farblosen  Flüs- 
agkeit,  woraus  sich  ein  weisser  krystallinischer  Körper  absetzt,  eben 
S6  Phosphor  zu  einem  opalisirenden  Liquidum,  Schwefel  in  fast  allen 
Verhältiiissen  zu  einer  rothen  B'lüssigkeit,  und  krystallisirt  beim  Erkal- 
te« wieder  unverändert  aus.  —  Mit  Salpetersäure,  Schwefelsäure  und 
IWphorsäure  verbindet  es  sich  direct  zu  eigenthümlichen,  weiter  unten 
besc^ebenen  salzartigen  Verbindungen.  Rauchende  Salpetersäure  be- 
wirkt momentan  eine  Entzündung  und  heftige  Explosion.  —  Das  Kako- 
dyloxyd reducirt  leicht  das  Qnecksilberoxyd  unter  Bildung  von  Kako- 
dflMare,  gleichfalls  Quecksilbercyanid,  wobei  sich  neben  Kakodylsäure 
Doch  Cyankakodyl  erzeugt.  —  Kalium  wirkt  in  der  Kälte  wenig  darauf 

BudviMerboch  der  Chemie.     3te  Anfl.   Bd.  II.  1 8 


276  Arsenradieale,  organische. 

Es  Ut  geruchloB)  doch  bringt  ein  Stänbchen  davon,  in  die  Nase  gelangt, 
die  Empfindung  eines  Jange  anhaltenden  anerträglichen  Gemches  her- 
vor; es  besitzt  einen  ekelhaft  metallischen  Geschmack  und  erregt  m 
kleinerer  Menge  Uebelkeit,  in  grösserer  Menge  wirkt  es  aasaerordent- 
lich  giftig.  Es  ist  in  kaltem,  leichter  noch  in  heissem  Alkohol  loslich, 
von  kaltem  Wasser  von  18^0.  bedarf  es  476  Thl.,  von  heissem  nur 
29  Thl.  zar  Auflösung.  —  Beim  Erhitzen  an  der  Luft  verflüchtigt  es 
sich,  ohne  einen  Bückstand  zu  hinterlassen;  in  verschlossenen  Gefassea 
geglüht,  sublimirt  ein  Gemenge  von  Sublimat,  Calomel  und  ErytrarsiE, 
wiUirend  stinkende  Dämpfe  entweichen  und  eine  lockere  poröse  Kohl« 
zurückbleibt,  die  an  der  Luft  unter  Verbreitung  eines  Arsenikgerucha 
leicht  vollkommen  verbrennt.  —  Die  wässerige  Lösung  erleidet  beim 
Kochen  (besonders  bei  Gegenwart  von  freiem  Quecksilberchlorid)  eine 
Zersetzung,  wobei  QuecksilberchlorÜr,  welches  sich  ausscheidet,  femer 
mit  den  Wasserdämpfen  entweichendes  Kakodylchlorür  und  Kakodyl- 
säore,  wahrscheinlich  auch  freies,  nebst  dieser  in  der  Flüssigkeit  gelöst 
bleibendes  Quecksilberchlorid  entstehen,  etwa  nach  folgender  Glei* 
chung: 
3(Kd0.2HgG-l)  +  HO  =  2Kd€l+2Hga€l  +  HO.Kd03  4-2Hg€l. 

Wird  eine  verdünnte  Lösung  dieser  Verbindung  mit  wenig  Kali- 
lauge versetzt,  so  scheidet  sich  anfangs  gelbes  QuecksUberoxjd  ab, 
welches  sich  nach  wenigen  Augenblicken,  dadurch  dass  es  auf  da« 
gleichzeitig  frei  gewordene  Kakodyloxyd  oxydirend  wirkt,  mit  dem  an- 
zersetzt gebliebenen  Quecksilberchlorid  in  Chlorür  verwandelt.  Nach 
Zusatz  von  mehr  Kalilauge  scheidet  sich  dann  Quecksilberoxydul  ab» 
welches  von  dem  abermals  frei  gewordenen  Kakodyloxyd  theilweise  zu 
Metall  reducirt  wird.  Hieraus  geht  hervor,  dass  die  Verbindung  nicht,  wie 
die  Formel  Hgj  O.KdGl2  voraussetzen  würde,  Quecksilberoxydul  enth&lt, 
sondern  ans  Kd  0.2  Hg  Gl  besteht.  —  Salzsäure  verwandelt  die  Sub- 
stanz in  Quecksilberchlorid  und  Kakodylchlorür,  welches  auf  diesem 
Wege  am  reinsten  erhalten  wird.  —  Concentrirte  Jodwasserstoflsäore 
scheidet  augenblicklich  rothes  Quecksilberjodid  und  Kakodyljodür  ab, 
welches  sich  in  überschüssiger  Jodwasserstoffsäure  auflöst  und  bei  der 
Destillation  in  ölartigen  Tropfen  übergeht,  während  jodwasserstoffsanres 
Quecksilberchlorid  in  der  Retorte  zurückbleibt.  Ein  ähnliches  Verhal- 
ten zeigen  die  übrigen  Wasserstoffsäuren.  —  Goldchlorid  und  leicht 
reducirbare  Metalloxyde  wirken  auf  die  Verbindung  eben  so,  wie  anf 
freies  Kakodyloxyd,  sie  erzeugen  damit  freies  Quecksilberchlorid  und 
Kakodylsäure.'  —  Durch  Kochen  mit  phosphoriger  Säure,  Zinn,  Queck- 
silber oder  anderen  das  Sublimat  reducirenden  Substanzen  wird  sie  in 
QuecksilberchlorÜr  und  Kakodylchlorür  verwandelt 

Parakakodyloxyd:  C4H6A8O.  Mit  diesem  Namen  belegt  Ban- 
sen eine  Substanz,  welche  dieselbe  Zusammensetzung  wie  das  Kako- 
dyloxyd besitzt,  und  sich  in  ihren  Eigenschaften  nur  darin  von  jenem 
nnterscheidet ,  dass  es  an  der  Luft  nicht  raucht,  noch  selbstentzündlich 
ist,  und  dass  es,  mit  Cyanquecksilber  vermischt,  nicht,  wie  jenes,  Cyan- 
kakodyl  giebt,  sondern  einen  braunen,  pulverigen,  dem  Paracyan  ähnli- 
chen, nach  getrockneten  Morcheln  riechenden  Niederschlag  erzengt. 
Im  Uebrigen  stimmen  ihre  Eigenschaften  ganz  mit  denen  des  Kakodyl- 
oxyds  überein. 

Diese  Substanz  entsteht  durch  Destillation  einer  Auflösung  von 
kakodylsaurem  Kakodyloxyd  (S.  279)  in  Wasser,  und  geht,  sobald  die 


Arsenradieale,   organische.  277 

Temperatar  der  Flüssigkeit  auf  120®  C.  gestiegen  ist,  in  die  Vorlage 
ab  olariiges,  in  Wasser  schwer  lösliches  Liquidam  über,  welches  gans 
den  Geruch  des  Kakodyloxyds  besitzt,  aber  an  der  Loft  nicht  raucht, 
nd  sich  mit  dem  Sauerstoff  derselben  viel  schwieriger,  ohne  merkliche 
Wirmeentwlckelung,  zu  Kakodylsäure  verbindet. 

Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  dass  das  Parakakodyloxjd  das  würk- 
fiehe  Oxyd  ist,  und  dass  das  Kakodyloxyd  Bunsen's  seine  Eigenschaft, 
tn  der  Luft  zu  rauchen  und  sich  zu  entzünden,  einer  Beimengung  von 
Kikodjl  verdankt.  Als  Hauptgrund  gegen  diese  Ansicht,  welche 
Bonsen  anfangs  anzunehmen  geneigt  war,  fuhrt  er  das  verschiedene 
Terhaiten  beider  Stoffe  gegen  Cjanquecksilber  an«  Es  ist  )edocb  wohl 
■öglich,  dass  dieses  eben  in  jener  Beimengung  von  Kakodyl  begrün^ 
detist. 

Kakodylsäure,  Alkargen.  Höchste  Oxydationsstofe  des  Ea- 
Mfb.     Formel:  HO . (CsH,),  As O,  =  H O . KdO,. 

Diese  Säure  wird  am  leichtesten  durch  Oxydation  des  Kakodyl- 
oijds  vermittelst  Quecksilberoxyd  erhalten.  Man  trägt  in  rohes,  unter 
Wasser  befindliches  Kakodyloxyd  rothes  Quecksilberoxyd  in  kleinen 
Portionen  mit  der  Vorsicht  ein,  dass  die  sich  dabei  stark  erhitzende, 
Ton  Aussen  gut  abgekühlte  Flüssigkeit  nicht  ins  Sieden  geräth.  Wäh- 
iCDd  sich  metallisches  Quecksilber  auf  dem  Boden  des  Gefasses  ansam* 
■dt,  nimmt  die  sich  oxydirende  Eakodyloxydschicht  immer  mehr  ab, 
tia  zuletzt  auch  der  Geruch  desselben  verschwindet«  Die  Flüssigkeit 
Kagirt  nun  sauer  und  enthält  freie  Kakodylsäure  mit  kakodylsaurem 
Qoeeksilberoxyd.  Um  letzteres  Salz  zu  zersetzen,  trägt  man  in  die 
Tom  Quecksilber  abgegossene  Lösung  so  lange  neue  Portionen  Kako- 
dyloxyd, bis  sie  beim  Elrhitzen  kein  Quecksilber  mehr  ausscheidet  und 
lebwach  kakodylartig  riecht.  Sie  wird  alsdann  filtrirt,  abgedampft  und 
da  Rückstand  aus  heissem  Alkohol  umkrystalUsirt.  Schon  die  erste 
KrTBtallisatioa  liefert  gewöhnlich  ein  ganz  reines  Product.  Jener  Oxy* 
dationsprocess  wird  durch  folgende  Gleichung  erklärt: 

(C,H3)2AsO  -f  HO  +  2HgO  =  H O . (Ca {{3)3 As O3  +  2Hg. 
Kakodyloxyd  Kakodylsäure 

Die  Kakodylsäure  bildet  sich  gleichfalls  durch  langsame  Oxydation 
de»  Kakodyls  und  Kakodyloxyds  auf  Kosten  der  atmosphärischen  Luft, 
and  findet  sich  daher  in  nicht  unbeträchtlicher  Menge  in  der  Wasser- 
RUcht,  welche  das  rohe  Kakodyloxyd  bedeckt,  wenn  dieselbe  der  Luft 
uigesetzt  gewesen  ist.  Ladessen  eignet  sich  dieser  Oxydationsprocess* 
oieb  zur  Darstellung  der  Säure,  weil  sich  nicht  gleich  die  freie  Saure, 
nodem  eine  chemische  Verbindung  derselben  mit  Kakodyloxyd  bildet, 
Teiche  sich  nur  schwierig  und  nie  ganz  vollständig  weiter  oxydiren 
bBt  (g.  kakodylsaures  kakodyloxyd  S.  279).  Auch  Einfach- 
Sckvelelkakodyl  verwandelt  sich  an  der  Luft  in  eine  weisse,  Kakodyl- 
ifBre  und  Kakodylsulfid  enthaltende  Salzmasse,  woraus  Aether  letzteres 
BDkr  Zorücklassung  der  reinen  Säure  auszieht. 

Die  Kakodylsäure  schiesst  aus  der  alkoholischen  Auflösung  in 
gvoisen  wasserhellen,  wohl  ausgebildeten  Krystallen  (geschobene  vier- 
>^e  Säulen  mit  ungleicher,  gegen  die  Seitenflächen  schräg  einge- 
setzter Zuscharfung)  an,  die  sich  an  trockener  Luft  unverändert  erhal- 
ten, in  feuchter  Luft  schnell  zerfliessen.  Sie  ist  geruchlos,  reagirt  und 
sckneekt  schwacb  saoer,  und  wird  von  Wasser  und  wasserhaltigem  AI- 


I 


278  Arsenradicale,  organische. 

kohol  leicht  gelöst.  In  wasflerfreiem  Alkohol  ist  sie  nar  in  sehr  gerin 
ger  Menge,  in  Aether  gar  nicht  löslich.  Sie  lässt  sich  ohne  Zersetzun 
und  ohne  Wasser  auszugeben  bis  200<>  C.  erhitzen,  und  schmilzt  bei  diesf 
Temperatur  zu  einer  ölartigen  Flüssigkeit,  die  erst  bei  90^0.  wieder  z 
einer  strahlig  krystallinischen  Masse  erstarrt.  In  noch  höherer  Ten 
peratur  wird  sie  unter  Entbindung  stinkender,  flüchtiger  arsenikhaltigc 
Producte  und  Bildung  von  arseniger  Säure  zerlegt. 

Ungeachtet  ihres  grossen  Arsengehalts,  welcher  über  54  Procei 
beträgt,  ist  sie  durchaus  ohne  giftige  Wirkungen  auf  den  thierischs 
Organismus,  was  um  so  auffallender  ist,  da  sie  Arsen  und  Sauerste 
gerade  in  dem  Verhältniss  enthält  wie  die  arsenige  Säure  und  noc 
dazu  eine  viel  grössere  Löslichkeit  im  Wasser  als  diese  besitzt. 

Die  Kakodylsäure  zeichnet  sich  femer  durch  ihre  grosse  Best« 
digkeit  aus,  welche  sie  namentlich  den  stärksten  oxydirenden  Bfittd 
gegenüber  behauptet.  Baachende  Salpetersäure,  Salpetersalzsäure,  selbi 
ein  Gemenge  von  Schwefelsäure  und  chromsaurem  Kali  verändern  si 
nicht.  Chromsäure  bewirkt  erst  dann,  wenn  man  sie  im  trockenen  Zi 
Stande  mit  der  Kakodylsäure  erhitzt,  eine  mit  Feuererscheinung  un 
heftiger  Explosion  begleitete  vollständige  Zersetzung.  —  Schweflig 
Säure,  Oxalsäure,  schwefelsaures  Eisenoxydul,  wie  überhaupt  die  schwj 
cheren  Beductionsmittel  sind  ohne  Einwirkung  auf  dieselbe.  Phosphc 
rige  Säure,  mit  einer  Lösung  von  Kakodylsäure  erhitzt,  bewirkt  sogleie 
eine  Beduction  unter  Entbindung  der  Dämpfe  von  Kakodyloxyd.  Ein 
gleiche  Desoxydation  bringt  metallisches  Zink  hervor,  wenn  es  ro 
wässeriger  Kakodylsäure  gekocht  wird,  wobei  kakodylsaures  Zinkoxy 
und  Kakodyloxyd  entstehen.  Eine  salzsaure  Lösung  von  Zinnchlorfi 
bewirkt  momentan  eine  Reduction  der  Kakodylsäure  zu  Kakodylchlorft 
—  Die  trockene  Säure  zersetzt  sich  ferner  mit  wasserfreiem  Jodwasstt 
stoffgas  unter  starker  Erhitzung  in  Wasser,  Kakodyljodür  und  freie 
Jod,  welches  sich  im  letzteren  auflöst  und  dann  eine  weitere  Zei 
Setzung  desselben  bewirkt.  Auf  ähnliche  Weise  verhält  sich  Bromwassei 
Stoff.  Schwefelwasserstoffgas  verwandelt  sie  durch  Austausch  de 
Sauerstoffs  gegen  Schwefel  in  Kakodylsulfid-Kakodyl,  Kd  S  .  KdS 
(=  KdS2  Kakodylsulfid ,  Bunsen)  unter  Bildung  von  Wasser  an« 
gleichzeitiger  Fällung  von  Schwefel.  Mit  Chlorwasserstoffsäuregas  vei 
bindet  sie  sich  ebenfalls  unter  Wärmeentwickelung  zu  einer  in  gross^e; 
strahligen  Krystallen  anschiessenden  Verbindung  von  kakodylsaurei 
Kakodylsuperchlorid.  Ueber  das  Verhalten  der  Kakodylsäure  gegei 
•concentrirte  Lösungen  von  Chlor-,  Brom-  und  Fluorwasserstoffsäure  t 
Kakodylsuperchlorid,  -bromid,  -fluorid. 

Ausser  dem  unter  Kakodylchlorid  (S.  264)  beschriebenen  Kakodyl 
säure  -  Kakodylchlorid  existirt  noch  eine  Verbindung  der  Säure  mi 
Quecksilberchlorid,  das 

Kakodylsäure-Quecksilberchlorid,  2Hg€l.Kd03,  welch* 
beim  Vermischen  alkoholischer  Lösungen  von  Kakodylsäure  undQueek 
Silberchlorid  in  perlmutterglänzenden  Schüppchen  niederfallt,  die  sid 
unter  der  Flüssigkeit  nach  einiger  Zeit  oder  beim  Umkrystallisiren  an 
Alkohol  in  feine  weisse  Nadeln  verwandeln.  Es  i^^t  geruchlos,  in  Was 
ser  in  fast  allen  Verhältnissen  löslich,  in  Alkohol  schwer  löslich.  Bein 
Erhitzen  schmilzt  es  zu  einer  wasser hellen  Flüssigkeit,  welche  in  höhe- 
rer  Temperatur  in  stinkende  arsenikhaltigc  Producte,  Chlorwasserstoff 
säure  und  Qaecksilberchlorür  zerfällt.  Bei  der  Verbrennung  mit  chrom' 


Arsenradicale,  organische.  279 

MDrem  Bleioxyd  sammelt  sich  alles  Quecksilber  als  Metall  in  dem  ans 
lern  y«rbrennnng8ofeii  etwas  weiter  wie  gewöhnlich  hervorragen- 
dm  Torderen  Theil  der  Yerbrennnngsröhre  an,  und  kann  auf  diese 
Weise  nigleich  mit  dem  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  leicht  bestimmt 
werden  0. 

Kakodyl saure  Salze.  Die  Kakodylsäure  verbindet  siqh  mit 
kea  Basen,  unter  Verlust  ihres  basischen  Wasseratoms,  zu  eigenthüm« 
fieken  Salzen,  welche  sämmtlich  in  Wasser  leicht  löslich  sind,  und  die 
unn  Theil  aus  Alkohol  krjstallisirt  erhalten  werden  können.  Durch 
finwirkong  von  Schwefel frasserstoff  werden  die  meisten  kakodjlsanren 
Uze  in  die  entsprechenden  Kakodylsulfid-Metalle  verwandelt  (S.  283). 
In  höherer  Temperatur  erleiden  sie  eine  ähnliche  Zersetaung  wie  die 
itie  Saure,  die  Metallsalze  mit  Hinterlassung  von  kohlensauren  und 
nenigsanren  Salzen. 

Kakodylsaures  Kakodjloxyd  (Hydrarsin),  EdO.EdOg. 
Bis  Eakodyloxyd  verwandelt  sich  durch  langsame  Oxydation  an  der 
hh  in  eine  zähe  syrupartige  Flüssigkeit,  welche  sich  leicht  in  Wasser 
litand,  nach  Bunsen,  eine  salzartige  Yerbindang  von  Kakodylsäure 
vt  Kakodyloxyd  ist.  Diese  sind  darin  nur  lose  gebunden,  denn  schon 
htth  blosse  Verdünnung  mit  viel  Wasser  zerfallt  die  Verbindung  in 
hnkakodyloxyd  (s.  S.  276),  welches  sich  als  ölartige  Flüssigkeit 
Msondert,  und  in  aufgelöste  Kakodylsäure,  die  jedoch  noch  eine  nicht 
■betrachtliche  Menge  Oxyd  enthält.  Eine  gleiche  Zersetzung  erlei* 
4et  die  ooncentrirte  wässerige  Lösung  des  kakodylsauren  Kakodyloxyds 
iareh  Destillation.  Wenn  der  Siedepunkt  120<>C.  erreicht  hat,  so  geht 
Bnkakodyloxyd  über,  und  noch  ehe  derselbe  bis  auf  135<>G.  gestie- 
gen ist,  hat  man  fast  reine  Kakodylsäure,  in  der  Begel  mit  etwas  arse- 
^et  Saure  gemengt,  im  Rückstande.  Es  ist  schwer,  jene  zähe  Flüs- 
lifkeit  höher  zu  oxydiren ;  selbst  wenn  man  bei  einer  Temperatur  von 
fO^buTO^C.  Tage  lang  reines  Sauerstoffgas  hindurchleitet,  enthält  die 
gebildete  Kakodylsäure  immer  noch  von  dem  Oxyd  beigemengt.  — 
Ke  obige  Verbindung  lässt  sich  auch  als  eine  besondere,  zwischen  dem 
Kakodyloxyd  und  der  Kakodylsäure  liegende  Oxydationsstufe  als  Kako-  , 
iyibioxyd  (2  Kd02  =  KdO.KdOs)  betrachten,  dem  Kakodylohlorid, 
UGl,,  entsprechend.  Es  ist  unentschieden,  welche  von  beiden  An- 
Beben die  richtige  sei. 

Kakodylsaures  Kali  ist  ein  an  der  Luft  zerfliessliches ,  beim 
Abdampfen  der  wässerigen  Lösungen  in  concentrisch  strahligen ,  dem 
Wawellit  ähnlichen  Krystallgruppen  anschiessendes  Salz.  —  Das  Na- 
^ronsalz  ist  demselben  sehr  ähnlich,  jedoch  weniger  zerüiesslich. 

ETakodylsaures  Kupferoxyd  ist  nicht  für  sich  dargestellt 
Bn  saures  kakodylsaures  Kupferoxyd,  in  Verbindung  mit  Kupferchlo- 
nd,2(Cu0.2Kd03)  -j-  7Cu€l,  fällt  beim  Vermischen  alkoholischer 
^^gen  von  Kakodylsäure  und  Kupferchlorid  als  ein  schleimiger 
P^er  Niederschlag  zu  Boden;  beim  Kochen  mit  der  darüberstehenden 
^^gkeit  wird  er  körnig  und  nimmt  eine  grünlich  gelbe  Farbe  an. 
^  lifist  sich  leicht  und  vollständig  mit  Alkohol  auswaschen,  ist  im 


0  Der  von  Bunsen  geftindenen  procentieehen  ZasammenBetznng  (C  =  5,9, 
a  =  1,8,  Hg  =  48,0,  -ei  =  20,6)  kommt  die  obige  Formel,  welche  6,0  Proo.  0, 
^'^  S,  50,0  Hg  nnd  17,7  -61  verlangt,  am  nächsten.  Die  von  Bunsen  ans  der 
^^«Pen  Zoiammenfletzung  abgeleitete  Formel  2HgO.Kd^l,  -f"  ^^  (Queck- 
'^I^cnzyii-Kakodylsiiperchlorid),  ist   ans  einem  Bechnongsfehler  hervorgegangen. 


280  Arsenradieale,  organische. 

•  Wasser  leicht  löslich,  kann  aber  nicht  daraus  krystallisirt  erhalten  wei 
den«  Beim  Erhitzen  der  trockenen  Verbindungen  entweichen  kakody] 
artig  riechende  Dämpfe,  die  sich  an  der  Lufl  entzünden;  Chlorkupfei 
mit  arsenigsaurem  Kupferoxyd,  metallischem  Arsenik  und  Kohle  gc 
mengt,  bleibt  zurück. 

Kakadylsaures  Quecksilberoxyd  entsteht  durch  Auflöse 
von  frisch  gefälltem  Quecksilberoxyd  in  concentrirter  Kakodylsänrelc 
sung.  Beim  freiwilligen  Verdampfen  der  Lösung  über  Schwefelsäux 
scheiden  sich  weisse  zarte,  wollig  gruppirte  Nadeln  aus,  welche  mi 
Wasser  oder  Alkohol  übergössen,  unter  Abscheidung  von  Quecksilbei 
oxyd,  gelb  werden.  Die  leichte  Veränderlichkeit  dieses  Salzes  in  toi 
Bchiedene  basische  und  saure  Verbindungen  machen  die  BeindarsteUnn 
einer  bestimmten  Verbindung  unmöglich,  selbst  jene  nadeiförmige 
Krystalle  sind  keine  einfache  Substanz.  Beim  Erhitzen  derselben  vei 
flüchtigt  sich  metallisches  Quecksilber  mit  einem  Gemenge  stinkend« 
arsenikalischer  Producte.  —  Beim  Vermischen  alkoholischer  Lösunge 
von  Kakodylsäure  und  Quecksilberchlorid  entsteht  eine  andere  best» 
digere  Verbindung,  das  S.278  beschriebene  Kakodylsäure-Quecksilbei 
Chlorid. 

Kakodylsaures  Silberoxyd,  neutrales,  Ag  O  .  Kd  Q 
Wird  eine  wässerige  Lösung  der  Kakodylsäure  mit  einem  Ueberschol 
von  reinem  Silberoxyd  zur  Trockne  Verdampft  und  der  Bückstand  in 
heissera  Alkohol  behandelt,  so  schiesst  das  Salz  beim  Erkalten  der  heil 
filtrirten  Lösung  in  langen,  äusserst  zarten,  gewöhnlich  concentrisc 
gruppirten,  geruchlosen  Nadeln  an,  welche  am  Lichte  geschwärzt  wei 
den  und  sich  im  Wasser  in  allen  Verhältnissen  lösen.  Das  trocken 
Salz  verträgt  eine  Temperatur  von  100^ C,  ohne  sich  zu  zersetzen;  b< 
einer  wenige  Grade  höheren  Temperatur  zerlegt  es  sich  unter  Eni 
Wickelung  flüchtiger  stinkender  Producte  und  Hinterlassung  von  reinei 
arsenfreien  Silber.  —  Ein  Doppelsalz  von  kakodylsaurem  Silberoxji 
mit  salpetersaurem  Silberoxyd,  AgO.KdOs  -|-  AgO.NOs,  scheide 
sich  beim  Vermischen  alkoholischer  Lösungen  von  Kakodylsäure  an 
salpetersaurem  Silberoxyd  in  grossen  nadelformigen  Krystallen  ab,  di 
sich'  nach  wenigen  Augenblicken  unter  der  Flüssigkeit  in  perlmuttei 
glänzende  Schüppchen  von  obiger  Zusammensetzung  verwandeln.  Die» 
Verbindung  besitzt  eine  geringe  Beständigkeit  und  muss  daher  diirc) 
Decantation  möglichst  rasch  ausgewaschen  und  bei  Ausschluss  des  Lieb 
tes  über  Schwefelsäure  getrocknet  werden.  I^e  ist  im  Wasser  leichl 
im  absoluten  Alkohol  dagegen  schwer  löslich.  Am  Lichte  färbt  si« 
sich  schnell  dunkelbraun,  dieselbe  Veränderung  erleidet  sie  beim  Kochei 
mit  Wasser ,  oder  durch  Erhitzen  im  trockenen  Zustande  bis  100^  C 
Bei  210^0.  verpufll  sie  gleich  dem  Oxalsäuren  Silberoxyd. 

Saures  kakodylsaures  Silberoxyd,  AgO.KdOa -|-2(ifC 
.KdOa),  ^^i^d  erhalten,  wenn  man  kohlensaures  Silberoxyd  im  lieber 
schuss  mehrere  Tage  lang  mit  einer  wässerigen  Lösung  von  Kakodyl 
säure  in  der  Wärme  digerirt,  die  Lösung  zur  Trockne  verdampft  um 
die  zurückbleibende  Salzmasse  mit  Wasser  auszieht.  Es  gleicht  ifl 
Aeusseren  dem  neutralen  Salze,  doch  ist  es  schwieriger,  in  undeutliche! 
Nadeln,  krystallisirbar.  Das  bei  lOO^^  C.  getrocknete  Salz  besitzt  di( 
obige  Zusammensetzung. 


Arsenradieale,  organiBche.  281 

« 

Yerbindungen  des  Kakodyls  mit  Selen  and  Schwefel. 

Daa  Kakodjl  bildet  mit  Schwefel  und  Selen  Verbindungen,  welche 
den  Verbindangen  des  Kakodyls  mit  Saaerßtoff  entsprechend  zusam- 
meogesetzt  sind,  doch  kennt  man  nur  die  dem  Kakodyloxyd  analogen 
Ferbindangen  im  freien  Zustand  genauer. 

Kakodylseleniet,  Kakodylselenür  (Bunsen).  Formel: 
(C,H3),A8Se  =  EdSe. 

E»  entsteht  wie  die  Schwefelverbindung,  durch  wiederholte  Destil- 
hdoD  von  reinem  KakodylchlorQr  mit  einer  wässerigen  Lösung  von 
Selennatrium ,  und  wird  auf  dieselbe  Weise,  wie  jenes  gereinigt.  Es 
Uldet  alsdann  eine  durchsichtige,  gelbliche  Flüssigkeit,  von  höchst  wi- 
irigeiD,  penetrantem  Geruch,  der  an  den  der  Schwefelverbindung  erin- 
nert, ^  ist  wie  diese  unlöslich  in  Wasser,  leicht  löslich  in  Alkohol  und 
Äether.  Es  gehört  zu  den  schwerüüchtigsten  Kakodylverbindungen, 
Ia»t  sich  aber  sowohl  für  sich,  wie  mit  Wasserdämpfen  ohne  Zersetzung 
^tilliren.  Der  Luft  ausgesetzt,  absorbirt  es  Sauerstoff  und  sondert 
uch  einiger  Zeit  farblose  Kry stalle  aus.  Entzündet,  verbrennt  es  mit 
Kböner  blauer  Flamme  und  verbreitet  dabei  den  bekannten,  starken 
Selengeruch.  —  Von  Salpetersäure  und  von  heiaser  Schwefelsäure  wird 
IS  leicht  oxydirt ,  von  letzterer  unter  Bildung  von  schwefliger  Säure 
md  Abscheidung  von  rothem  pulverförmigen  Selen«  —  Metallsalze 
Verden  dadurch  als  Selenmetalle  gefallt,  während  andererseits  ein  auf- 
lösliches  Kakodyloxydsalz  entsteht.  Sublimatlösung  erzeugt  anfangs 
«Be  schwarze  Fällung  von  Selenquecksilber,  später  bei  einem  Ueber- 
iduus  des  Fällungsmittels  einen  weissen  Niederschlag  von  Kakodyl- 
«xyd-Quecksilberchlorid,  welches  durch  kochendes  Wasser  ausgezogen 
Verden  kann. 

Eakodylsulfür  (Bunsen),  Kakodylsulfuret.  Formel: 
(C8H,),A8S  =  KdS. 

Diese  dem  Oxyd  entsprechende  Schwefelverbindung  des  Kakodyls 
virl  am  besten  durch  Destillation  von  Kakodylchlorür  mit  einer  Auf- 
bong  von  Bariumsulfhydrat  erhalten  (nicht  Schwefelbarium,  weil  das 
Chlorkakodyl  gewöhnlich  noch  Oxyd  bei'gemengt  enthält,  welches  nicht 
^h  Schwefelbarimn,  aber  durch  das  Sulfhydrat  in  Kakodylsulfuret 
ungewandelt  wurd).  Beim  Erwärmen  entweicht  Schwefelwasserstoff 
BBter  Aufschäumen,  und  zuletzt  geht  das  Kakodylsulf  ür  mit  dön  Wasser- 
^pfen  über.  Li  der  Retorte  bleibt  Chlorbarium,  gewöhnlich  mit 
«Her  geringen  Menge  einer  stinkenden,  zähen  Masse  zurück,  welche 
^Schwefel  und  Kakodylsulfid-Kakodyl  besteht  und  von  einem  Ge- 
Ult  des  Bariumsulf hydrats  an  Zweifach*  Schwefel barium  und  unter- 
^wefligsaurem  Baryt  herrührt.  Schwefeleisen,  welches  im  Barium- 
^vlfhydTat  enthalten  ist,  ertheilt  dem  Kakodylsulf  ür  eine  blaue  Farbe, 
^  jedoch  das  Destillat  nicht  mehr  besitzt.  Um  die  Schwofelverbin- 
^inig  vom  Chlorkakodyl  völlig  frei  zu  erhalten,  ist  eine  zweite  Destil- 
^on  mit  neuem  Barium  sulfhydrat  erforderlich.  Die  leichte  Oxydir- 
^trkeit  des  Products  erfordert  besondere  Vorsichtsmaassregeln  und 
Sorgfalt  bei  der  weiteren  Reinigung  desselben,  besonders  nachdem  es 
von  beigemengtem  Wasser  und  Schwefelwasserstoff  befreit  bt.  Letz- 
^^^  geschieht  in  einem  mit  Kohlensäure  gefüllten  luftdicht  verschlösse- 
'^  Apparat  durch  CUorcalcium  and  kohlensaures  Bleioxyd.     Zuletzt 


282  Arsenradieale,  organische. 

wird  es  in  einem  ebenfalls  zuvor  mit  Kohlensäure  gefüllten,  zweischenk 
ligen  kleinen  Destillationsapparat,  gleich  dem  S.  261,  Fig.  20,  abgebilde 
ten,  aufgesogen  und  nach  dem  Abschmelzen  der  beiden  Enden  onterhal) 
der  Kugeln,  durch  Erwärmen  des  kürzeren  Schenkels  in  den  in  kalte 
Wasser  tauchenden  längeren  Schenkel  überdestillirt.  In  dem  erster« 
bleibt  gewöhnlich  etwas  Kakodylsulfid-Kakodjl  als  zähe,  stinkende 
mit  krystallinischen  Körnern  untermischte  Flüssigkeit  zurück. 

Zur  Darstellung  des  Kakodylsulfürs  lässt  sich  sehr  yortheilhal 
die  saure  Flüssigkeit  benutzen,  welche  bei  der  Darstellung  des  rohei 
Kakodyloxyds  als  obere  leichtere  Schicht  erhalten  wird.  Beim  Vermi 
sehen  dieser  Flüssigkeit,  welche  eine  nicht  unbedeutende  Menge  Kako 
dyloxyd  in  Essigsäure  aufgelöst  enthält,  mit  Bariumsulf hydrat  fallt  Ka 
kodylsulf  ür  unter  Entwickelung  Yon  Schwefelwasserstoff  als  ein  schwere 
unlösliches  Liquidum  nieder,  und  die  Lösung  enthält  nachher  essigsaurei 
Baryt  aufgelöst.  —  Eine  andere  Methode  der  Darstellung  beruht  an 
der  Eigenschaft  der  Kakodylsäure,  in  wässeriger  Lösung  durch  Schwe 
felwasserstoff  unter  Abscheidung  von  Schwefel  zu  Kakodylsnlfttr  re 
dncirt  zu  werden. 

Das  Kakodylsulfür  bildet  ein  wasserhelles  in  Wasser  nntersin« 
kendes,  darin  unlösliches,  mit  Alkohol  und  Aether  in  allen  Verhältnissei 
mischbares,  an  der  Luft  nicht  rauchendes  Liquidum  von  höchst  pene- 
trantem, widrigem,  lange  haftendem  Geruch,  der  zugleich  an  Kakodyl 
oxyd  und  Mercaptan  erinnert.  Aus  der  alkoholischen  Lösung  wird  ei 
durch  Wasser  wieder  ausgefällt.  Bei  — 40^0.  wird  es  noch  nicht  fest; 
sein  Siedepunkt  liegt  zwar  weit  über  dem  des  Wassers,  doch  lässt  es 
sich  leicht  mit  den  Wasserdämpfen  überdestilliren.  Das  specif.  Gewicht 
seines  Gases  beträgt  nach  dem  Versuch  7,72,  nach  der  Berechnan^ft 
welche  eine  Condensation  von  1  Vol.  Kakodyl  und  %  Vol.  Schwefel- 
dampf zn  1  Vol.  voraussetzt,  8,39.  Es  ist  leicht  entzündlich  und  ver- 
brennt mit  einer  fahlen,  an  den  Rändern  hellblau  gefärbten  Arsenik- 
flamme. Im  wasserfreien  Zustande  oder  in  alkoholischer  Lösung  verbindet 
es  sich  mit  Schwefel  zu  Kakodylsulfid-Kakodyl  (S.  284);  Selen  bildet 
damit  eine  analoge  Verbindung,  welche  in  grossen  farblosen  Blättchen 
krystallisirt.  Auch  Jod  erzeugt  damit  eine  krystallinische  Substanz. — 
Phosphor  wird  in  der  Wärme  davon  gelöst,  beim  Erkalten  aber  unver* 
ändert  wieder  ausgeschieden.  —  Mit  Sauerstoff  vereinigt  es  sich  direot 
und  verwandelt  sich  damit  in  eine  krystallinische  Masse,  welche  aof 
Kakodylsäure  und  Kakodylsulfid-Kakodyl  besteht  —  Salzsäure,  Scbwe* 
feisäure  und  Phosphorsäure  verwandeln  das  Kakodylsulfür  nnter  Bot» 
Wickelung  von  Schwefelwasserstoff,  erstere  in  Kakodylchlorür,  letztere 
in  die  entsprechenden  Kakodyloxydsalze. 

Das  Kakodylsulfür  scheint  auch  mit  anderen  Schwefelmetallen  Ver- 
bindungen einzugehen;  von  diesen  ist  indess  bis  jetzt  erst  eine  bekannt,  das 
Kupfer -Kakodylsulfür,  SCuS.KdS.  Dasselbe  krystalU« 
sirt  aus  den  gemischten  alkoholischen  Lösungen  von  Kakodylsulfür 
und  salpetersaurem  Kupferoxyd  in  schönen  diamantglänzenden,  la^ 
beständigen,  regulären  Octaedem. 

Kakodylsulfid^),  Kakodylsupersulfid  (Bunsen).    For- 
mel: KdSs. 


*)  Die  yon  Bnnsen  Kakodylsnlfid  genannte  Verbindung  KdS,  :=  KdS.KdS,  Ab* 
det  sich  als  Kakodylsulfid-Kakodyl  unter  den  Kakodylsulfidsalzen  S.  284  tutgoMfft 


Arsenradieale,  organische.  283 

Die  der  Kakodylsäure  entsprechende  Schwefelverbindnng  des  Ka- 
kodjis  \9t  hauptsächlich  nur  in  Verbindung  mit  anderen  basischen  Schwe- 
felmetallen  bekannt.  Ob  sie  im  freien  Zustande  überhaupt  bestehen 
kann ,  i»t  nicht  mit  Sicherheit  ermittelt  Jedenfalls  scheint  sie  im  un- 
gebundenen Znstande  eine  sehr  unbeständige  Substanz  2;u  sein.  Bun- 
den yermnthet,  dass  das  Kakodylsulfid  in  der  Flüssigkeit  enthalten  sei, 
welche  man  durch  Auflösen  von  2  Aeq.  Schwefel  in  1  Aeq.  Kakodyl- 
solfdr  erhält,  da  diese  b^m  Erkalten  zu  einer  Krystallmasse  gesteht, 
deren  Form  Yon  derjenigen  abweicht,  womit  das  durch  Auflösen  von 
1  Aeq.  S  in  1  Aeq.  Kd  S  gebildete  Kakodyl-KakodylsulAd  krystallisirt. 
Doch  gelang  es  nicht,  jene  Krystalle  zu  reinigen,  denn  beim  Auflösen 
in  Alkohol  scheidet  sich  Schwefel  ab.  Uebrigens  beträgt  die  Menge 
iß3  hierbei  abgeschiedenen  Schwefels  weniger,  als  einem  Atom  ent- 
ffpricht.  Auch  erhält  man  beim  Abkühlen  der  alkoholischen  Lösung 
neben  dem  Kakodylsulfid-Kakodyl  einzelne  Krystalle  von  abweichender 
Form,  die  zugleich  mehr  Schwefel  als  jenes  enthalten.  6  u  n  s  e  n  schliesst 
hieraus  aaf  die  Existenz  noch  einer  zweiten  niederen  Schwefelungsstufe 
emes  Kakodylsupersulfürs,  dessen  Zusammensetzung  vielleicht  die  For- 
mel Kdi  S3  ausdrückt. 

Kakodylsulfid-Salze,  Sulfokakodylate.  Sie  können  auf 
nreierlei  Weise  erhalten  werden,  entweder  durch  Behandlung  der  Lö- 
simgen  der  entsprechenden  Sauerstoffsalze  mit  Schwefelwasserstoff,  oder 
durch  Yermischen  alkoholischer  Lösungen  des  weiter  unten  beschriebe- 
nen Kakodylsulfid-Kakodyls  und  der  betreffenden  Metallsalze. 

Antimon-Kakodylsulfid,  SbSj.SKdSa,  krystallisirt  aus  einer 
Mischung  der  concentrirten  alkoholischen  Lösungen  von  Kakodylsulfid- 
Kakodyl  und  salzsanrem  Antimonchlorid  (SbGls-f-K  €l)  in  hellgelben, 
plattgedrCckten  kurzen  Nadeln  aus,  welche  sich  ohne  Zersetzung  mit 
Alkohol  auswaschen  lassen.  Aus  den  verdünnten  Lösungen  föllt  ein 
gelblichweisser  Niederschlag  zu  Boden,  welcher  sich  nach  einiger  Zeit 
^elb  und  zuletzt  durch  sich  abscheidendes  Schwefelantimon  orange  färbt 
Beim  Auswaschen  mit  Alkohol  erleidet  er  die  nämliche  Zersetzung. 
Bansen  vermuthet,  dass  jene  Krystalle  noch  eine  Chlorverbindung  bei- 
gemengt enthalten. 

Blei-Kakodylsulfid,  PbS.KdSa,  schlägt  sich  durch  Vermi- 
schen alkoholischer  Lösungen  von  Kakodylsulfid-Kakodyl  und  essigsau- 
rem Bleioxyd  in  kleinen  weissen,  seidenglänzenden  Schüppchen  nieder. 
Es  ist  geruchlos,  luftbeständig,  wird  von  Alkohol  nur  wenig,  von  Was- 
ser gar  nicht  gelöst. 

Gold-Kakodylsulfid,  AuS.KdSs.  Beim  Vermischen  alko- 
holischer Lösungen  von  Goldchlorid  und  Kakodylsulfid-Kakodyl  fallt 
nierst  braunes  Schwefelgold  bieder,  welches  sich  nach  längerem  Kochen 
mit  der  darüberstehenden  Flüssigkeit  in  ein  sandiges,  leicht  zu  Boden 
nnkendes  völlig  homogenes  weisses,  etwas  ins  gelblich  Graue  spielen- 
des Pulver  verwandelt,  worin  sich  mit  dem  Mikroskop  keine  Spur  von 
Sehwefelgold  mehr  entdecken  lässt.  Die  Flüssigkeit  enthält  eine  nicht 
onbeträchtliche  Menge  Kakodylsäure.  Diese  Zersetzung  wird  durch 
folgende  Gleichung  erklärt: 

KdS.KdS3-f-AuGl3  +  4HO  =  KdS+AuS8  +  Kdei8+4HO  = 

AuS.KdSa-fÄO.KdOaH-SHGl. 

Mit  absolutem  Alkohol  ausgewaschen  und  im  Vacuum  über  Schwe- 
felsaure getrocknet,  bildet  es  ein  gelblich  weisses,  äusserst  zartes,  ge- 


284  Arsenradieale,  organische. 

ruch-  und  geschmackloses  Pulver,  welches  im  Wasser^  Alkoholi  Aethe 
und  Salzssure  unlöslich  ist.  Mit  rauchender  Salpetersäure  in  Berül 
rung  entzündet  es  sich  unter  Ausscheidung  von  Gold  und  theilweisi 
Oxydation  des  Schwefels.  Kalihydrat  scheidet  Schwefelgold  daraus  al 
Beim  Erhitzen  färbt  es  sich  dunkel  und  giebt  fast  reines  Kakodylsulf  & 
später  Schwefel  aus,  während  reines  arsenikfreies  Gold  zurückbleibt 

Kakodyl-Kakodylsulfid,  KdS.EdSs  (=KdS,  Kakody] 
Sulfid,  Bunsen).  Diese  Verbindung  entsteht  durch  directe  Yerein 
gung  des  Kakody Isulfürs  mit  Schwefel,  wenn  man  eine,  in  einer  m 
Kohlensäure  gefiülten  Digerirflasche,  abgewogene  Menge  des  reinen  vöi 
lig  trockenen  Sulfürs  mit  ^/7,664  scharf  getrockneten  Schwefelblumc 
erwärmt.  Diese  lösen  sich  dabei  zu  einer  schwach  gelb  gefärbten  Fläf 
sigkeit  auf,  die  beim  Erkalten  zu  einem  Aggregat  weisser  Erystal 
schuppen  gesteht.  Um  die  Verbindung  von  dem  etwa  noch  beigemenj 
ten  Schwefel  oder  Kakodylsulfür  und  einem  Gebalt  an  Kakodylsäoi 
zu  befreien,  wird  sie  am  besten  in  heissem  absoluten  Alkohol  aufgelös 
und  der  klaren  Lösung  nachher  so  lange  kalter  Alkohol  und  Wassc 
hinzugefügt,  bis  sie  bei  40^  C.  anfangt  Kakodyl-Kakodylsulfid  in  Ki} 
stallen  abzusetzen.  Die  Mutterlauge  kann  noch  zur  Darstellung  vo: 
Kakodylsulfid-Metallen  benutzt  werden.  —  Die  obige  Verbindung  bildi 
sich  auch  durch  Oxydation  des  Sulfürs  an  der  Luft,  welches  sich  da 
bei  nach  und  nach  in  eine  feste  Masse,  ein  Gemenge  von  Kakodyl 
säure  und  Kakody Isulfid-Kakodyl  verwandelt,  woraus  letzteres  durd 
Aether  ausgezogen  werden  kann.  Sie  entsteht  ferner  durch  Beductio 
der  Kakodylsäure  vermittelst  Schwefelwasserstoff.  Wenn  man  in  eint 
concentrirte  alkoholische  Lösung  der  Säure  Schwefelwasserstoff  leitet 
so  fällt  ein  Geraenge  von  Schwefel  und  Kakodylsulfid- Kakodyl  niedei 
welche  sich  leicht  durch  Behandlung  mit  verdünntem  erwärmten  Alkoho 
trennen  lassen,  der  beim  Erkalten  letztere  Verbindung  in  Krystallei 
absetzt.  Diese  Zersetzung  wird  durch  folgende  Gleichung  erklärt: 
2(HO.Kd08)  +  6HS  =  KdS.KdS,  +  8H0  4-  2S. 

Bei  Anwendung  einer  mit  Wasser  verdünnten  alkoholischen  La 
sung  der  Kakodylsäure  zur  Fällung  mit  Schwefelwasserstoff  erhält  mai 
jenes  Schwefelsalz  noch  mit  Kakodylsulfür  verunreinigt.  Die  Geg60< 
wart  von  Wasser  ist  zu  dieser  Zersetzung  überhaupt  nicht  erforderlich 
Sie  geht  eben  so  gut  von  Statten,  wenn  man  trockenes  Schwefel wasser 
stoffgas  über  Kakodylsäurekrystalle  leitet,  die  sich  dabei  aber  so  starl 
erhitzen,  dass  man  sie,  um  weitere  Zersetzungen  zu  vermeiden,  sorg* 
faltig  abkühlen  muss. 

Das  Kakodyl-Kakodylsulfid  krystallisirt  beim  langsamen  Erkalten 
der  alkoholischen  Lösung  in  wasserhellen  grossen  rhombischen  Tafehv 
bei  rascher  Abkühlung  zu  einer  Masse  zusammengehäufter  kleiner  Pnfl* 
men,  die  sich  in  wässerigem  und  absolutem  Alkohol,  auch  in  Salzsaoffl 
ohne  Zersetzung  und  leicht,  in  Aether  wenig,  in  Wasser  gar  nicht  losea 
Aus  der  alkoholischen  Lösung  scheidet  es  sich  bei  einem  gewissen  6rad< 
der  Verdünnung  mit  Wasser,  anstatt  in  Krystallen,  in  ölartigen  Tropfen 
ab,  die  sich  bei  ruhigem  Stehen  bis  20^  C.  abkühlen  lassen,  ohnezaer* 
starren,  dann  aber  durch  die  leiseste  Berührung  der  Flüssigkeit  unter 
starker  Erwärmung  zu  schönen  Krystallen  gestehen.  Es  ist  weich  vd« 
fettartig  anzufühlen,  luftbeständig  und  besitzt  einen  penetranten  Genich 
nach  AaafoeUdoL  Es  schmilzt  bei  50^  C.  zu  einem  farblosen  LiquidoDH 
welches  beim  Erkalten  wieder  zu  einer  krystaHinisch  blätterigen  Ms>^ 


Arsenradieale,  organische.  286 

entonl  Wird  es  allmälig  stärker  erhitzt,  so  färbt  es  sich  gelblich,  Kako« 
djlndfOr  entweicht  mit  etwas  Kakodjlsalfid-Kakodyl  gemengt  und  der 
Ücbtand  enthält  Schwefel,  welcher  zaletzt  ebenfalls  snblimirt.  In  der 
Glähfahze  zerlegt  es  sich  in  Schwefelarsenik  und  ein  Gemenge  stinken- 
der arsenikalischer  Producte.  Beim  Erhitzen  an  der  Lnft  verbrennt  es 
But  einer  bläalich-fahlen  Flamme  anter  Entbindung  von  Wasserdämpfen, 
Kohlensäure,  schwefliger  und  arseniger  Säure.  —  Von  Quecksilber  wird 
cf  fchon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  unter  starker  Erhitzung  in  Ea- 
kodylmlffir  und  Schwefelquecksilber  verwandelt,  und  bei  200^  C.  da- 
Ton  voUig  zu  Kakodyl  reducirt.  —  Schwefelsäure  löst  es  unter  Ent- 
fickelang  von  schwefliger  Säure  und  Fällung  von  Schwefel  auf.  — 
Ton  Salpetersäure  wird  es  ebenfalls  unter  Abscheidung  von  Schwefel 
n  Schwefelsäure  und  Kakodylsäure  oxydirt  Braunes  Bleisuperoxyd 
ffzeagt  damit  Schwefelblei  und  kakodylsaures  Bleioxyd,  gemengt  mit 
fraem  Schwefel. 

Dass  jene  Substanz  wirklich  eine  Verbindung  von  Kakodylsulfid 
■it  Kakodylsulfür  ist,  und  nicht  als  Kakodylbisulför  betrachtet  wer- 
^  darf,  scheinen  die  Zersetzungen  zu  beweisen,  welche  es  durch  al- 
koholische Lösungen  der  Metalloxydsalze  erleidet.  Durch  Uebertragung 
ki  Schwefels  vom  Sulfür  auf  das  Metall  beim  Vermischen  der  Lö- 
angen  entstehen  nämlich  die  dem  Kakodyl-Kakodylsulfid  entsprechen- 
ka  Kakodylsulfld-Metalle,  die  sich  vermöge  ihrer  Schwerlöslichkeit  in 
te  Regel  krystallinisch  ausscheiden,  während  das  andererseits  gebildete 
Kakodyloxyd  wahrscheinlich  in  Verbindung  mit  der  Säure  des  Metall- 
oxydsalzes in  Lösung  bleibt.     Diese  Zersetzung  kann  durch  folgende 

t%eiDeine  Formel  ausgedrückt  werden,  worin  Ac  das  Säureatom  be- 
tticimen  mag: 

KdS.KdSa  +  MO.Ac  =  MS.KdS,  -f  KdO.Ac. 

Eopfer-Kakodylsulfid,  Cu^S.KdSs,  schlägt  sich  beim  Ver- 
BBchen  alkoholischer  Lösungen  von  salpetersaurem  Kupferoxyd  urid 
^odylsulfid  -  Kakodyl  im  grossen  üeberschuss,  nieder,  während  die 
gleichzeitig  gebildete  Kakodylsäure  und  salpetersaures  Kakodyloxyd 
{elött  bleiben : 
2(KdS.KdS8)-f-4(CuO.N05)=2(CuaS^KdS8)  +  KdO.N05 

4-KdOa  +  3NOB. 

Ist  bei  der  Fällung  salpetersaures  Kupferoxyd  im  Üeberschuss  vor* 
■öden,  80  erhält  man  häufig  noch  ein  anderes  in  büschelförmigen  Na- 
^  kiystallisirendes  Schwefelsalz,  welches  sich  nach  einiger  Zeit  unter 
Abicheidung  von  Schwefelkupfer  zersetzt. 

l^as  erstere,  mit  einem  Üeberschuss  von  Kakodylsnlfid-Kakodyl 
^kaltene  Knpfersalz,  mit  absolutem  Alkohol  ausgewaschen  und  im  Va- 
^'"nn  aber  Schwefelsäure  getrocknet,  stellt  ein  eigelbes,  zartes,  lockeres 
^er  dar,  ist  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether,  so  wie  in  Säuren  und 
^lien  unlöslich,  wird  aber  durch  Kalihydrat  unter  Abscheidung  von 
^efelkapfer  zersetzt.  Beim  Erhitzen  zerfällt  es  in  Kakodylsulfür, 
^«hrefcl  und  Schwefelkupfer. 

Wismuth-Kakodylsulfid:  BiS.KdSg.  Tropft  man  in  eine 
f'^ntrirte,  siedend  heisse  alkoholische  Lösung  von  Kakodylsulfid-Ka- 
*wyl  eine  sehr  verdünnte  kochende,  weingeistige  Lösung  von  salpeter- 
"^^  Wismuthoxyd  unter  beständigem  Bewegen  der  ersteren,  so  färbt 
^  ^c  Flüssigkeit  goldgelb  und  setzt  nach  einigen  Aiiar*>nblicken  eine 


286  Arsenradlcale,  organische. 

vülumluöse  Masse  zarter,  wolliger  Nadeln  ab,  die  sich  nach  einig« 
Zeit  in  krystallinische  Schüppchen  verwandeln.  Aus  der  nach  den 
Erkalten  abgegodsenen  Matterlauge  erhält  man  durch  Eintröpfeln  der 
selben  ~Wisniuthlö8ung,  unter  Beobachtung  der  obigen  Vorsichtsmaa» 
regeln,  eine  neue  Kry stall isation  des  Schwefelealzes,  welche  Operatioi 
so  oft  wiederholt  werden  kann,  bis  sich  schwarzes  Schwefelwismuth  ab 
zuscheiden  beginnt. 

Es  bildet  geruchlose,  luftbeständige,  goldgelbe,  zarte  Schüppchen 
die  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether  fast  unlöslich  sind,  und  sich  be 
100^  C.  unverändert  erhalten.  In  höherer  Temperatur  zerfällt  es  u 
Kakodylsulfür,  Schwefel  und  Schwefelwismuth. 

Kakodylsuperbromid  siehe  S.  264. 

Kakodylsuperchlorid  siehe  S.  '267. 

Kakodylsuperfluorid  siehe  S.  270. 

Arsenmethylium ,  Arsentetramethyl.  Man  kennt  folgend 
von  Cahours  und  Riche  untersuchte  Verbindungen  dieses  Radicals 
Arsenmethylium-Bromür,  Arsentetramethyl  -Bromüi 
Bromarsenmethylium.  Wahrscheinliche  Formel:  (C2H3)4A3Bi 
Schön  krystallinische,  selir  zerfliessliche  Masse,  welche  man  neben  Ka 
kodylbromür  bei  der  Einwirkung  von  Brommethyl  auf  Kakodyl,  welch 
sehr  heftig  ist,  erhält. 

Arsenmethyliumjodür,  Arsentetramethyljodür,  Jod 
arsenmethylium,  C8H12ASI  oder  (C3H3)4AsI.  Es  ist  das  Haupt 
product  der  Einwirkung  von  überschüssigem  Jodmethyl  auf  Arser 
natrium  und  wird  bei  der  Destillation  derselben  in  einem  Kohlei 
Säurestrom  als  eine  weisse,  glänzende  krystallinische  Masse,  nebe 
etwas  unverändertem  Jodmethyl  und  geringen  Mengen  von  Kakodj 
und  Arsentrimethyl  erhalten.  Ebenso  bildet  es  sich  bei  dem  Vermische 
von  Kakodyl  mit  Jodmethyl.  Beide  Körper  wirken  sogleich  heftig  ai 
einander  und  zugleich  bildet  sich  noch  Kakodyljodür: 

2(CaHsh^^  +  ^3^3*     =  (CaH3)4Asi     -f   (CaHs^jAsl 

Kakodyl  Methyljodür  Arsenmethyliumjodür  Kakodyljodür. 

Durch  Umkrystallisiren  aus  Jodmethyl  erhält  man  das  Salz  L 
prächtigen  glänzenden  Tafeln. 

Silberoxyd  verwandelt  es  unter  Abscheidung  von  Jodsilber  in  Arsec 
methyliumoxydhydrat. 

Mit  Jodarsen  bildet  dieses  Jodür  eine  Doppelverbindnn| 
(C2H3)4AsI. Asis,  welche  man  beim  Erhitzen  von  Jodmethyl  mi 
metallischem  Arsen  auf  etwa  200^  C.  in  orangerothen ,  breiten  Tafel 
erhält,  die  von  einer  bräunlichen  Flüssigkeit  benetzt  sind  und  darc 
Trocknen  zwischen  Fliesspapier  rein  erhalten  werden.  Bei  der  trockene 
Destillation  zersetzen  sich  die  Kry stalle  und  geben  dabei  ein  Oel  vo 
durchdringendem,  zu  Thränen  reizendem  Geruch,  dessen  bei  170^  ( 
siedender  Theil  aus  Jodkakodyl  besteht,  während  der  flüchtigste  The 
schöne  lange  weisse,  mit  dem  Jodkakodyl  isomere  Nadeln  absetzt. 

Arsenmethyliumoxydhydrat  erhält  man  durch  ZersetzuD 
von  Arsenmethyliumjodür  mit  Silberoxyd  und  Verdampfen  der  star 
alkalischen  Flüssigkeit  im  Vacuura  in  sehr  zerfliesslichen  Krystall 
tafeln. 

Salpetersaures  Arseninethyliumoxyd,  (CsHs)«  AsO  .NQ 
erhält  man  durch  Zersetzung   von  Arsenmethylinn\jodnr  mit  salpetei 


Arsenradieale,  organische.  -    287 

saurem  Silberoxyd,  Filtriren  und  Verdunsten  im  Vacuuni  in  sehr  lös- 
licheo,  serfliesslichen,  hübschen  Krystallen. 

Schwefelsaures  Arsenmethyliumoxyd,  (C9  H8)4  As O  .  S Os, 
wird  entsprechend  bei  Anwendung  von  schwefelsaurem  Silberoxyd  erhal- 
ten and  bildet  ebenfalls  sehr  lösliche  und  zerfliessliche,  schöne  Krystalle. 

Arsenbimethyläthy lium,  Arsenbimethy lainy lium.  C  a  h  o  u  r  s 

md  Riche  haben  auch  denen  des  Arsenmethyliums  entsprechende  Ver- 
limdangen  dargestellt,  welche  an  der  Stelle  von  2  Atomen  Methyl  2  At. 
iethyl  oder  Amyl  enthalten. 

Arsenmethyläthyliumbromür  bildet  sich  neben  Kakodylbromür 
bei  der  Einwirkung  von  Bromäthyl  auf  Kakodyl;  die  Einwirkung  des 
Äethylbromörs  auf  Kakodyl  geht  jedoch  langsamer  als  die  des  Aethyl- 
jodfirs  Yor  sich. 

Arsenmethyläthyliumchlorür:  (CaH3)2(C4H5)aA8€l.  Aethyl- 
ddor&r,  welches  sich  mit  Kakodyl  mischen  lässt,  wirkt  selbst  bei  mebr- 
tigigem  Stehen  bei  gewöhnlicher  Temperatur  nicht  ein,  erhitzt  man 
aber  die  Mischung  in  einer  zugeschmolzenen  Röhre  auf  180^  bis  200<>  C, 
ID  fiuigt  bald  ein  Gel  an  sich  auf  dem  Boden  abzuscheiden,  dessen  Menge 
jallmälig  zunimmt,  und  welches  lange  farblose  Nadeln  enthält  Destillirt 
jMndie  Hälfte  der  Flüssigkeit  ab,  so  scheidet  sich  beim  Erkalten  des 
Sacbtandes  noch  eine  grössere  Menge  derselben,  sehr  zerdiesslichen 
Krjstalle  von  Arsenmethyläthyliumchlorür  ab,  das  nebenbei  entstandene 
Oel  ist  Kakodylchlorür. 

Das  Chlorür  giebt  in  wässeriger  Lösung  mit  Platinchlorid  einen 
gelben  Niederschlag,  welcher  in  einem  siedenden  Gemisch  gleicher 
Tbeile  Alkohol  und  Aether  löslich  ist,  woraus  er  beim  Erkalten  in 
Khönen  orangerothen  Nadeln  krystallisirt 

Gold  Chlorid  giebt  mit  dem  Arsenmethyläthyliumchlorür  eine  in 
deinen  goldgelben  Nadeln  krystallisirende  Verbindung. 

Quecksillier  Chlorid  giebt  eine  farblose,  in  kleinen  seidenglänzen- 
^n  Nadeln  krystallisirende  Verbindung. 

!       Arsenmethyläthyliumjodür.     Jodäthyl  wirkt  erst  nach  einiger 

Zeit  auf  Kakodyl  ein ;  wenn  man  die  Mischung  beider  einige  Zeit  stehen 

^st,  so  scheiden  sich  allmälig  eine  Menge  Krystalle  der  Jodverbindung 

^;  der  zugleich  entstehende  Ölige  Körper  ist  Kakodyljodür: 

^CijM  +   2(C2_«2)jA8  =  (CaHa)^  (C4H5)2  As.I  +  CaHj^^Ad 

^yljodur  Kakodyl        Arsenmethyläthyliumjodür  Kakodyljodür. 

Arsenmethyläthyliumoxydhydrat  erhält  man  durch  Zer- 
"^^g  der  Lösung  des  JodÜrs  mit  Silberoxyd  und  Verdampfen  der 
^^  alkalischen  Lösung  in  sehr  zerfliesslichen,  krystallinischen  Schüpp- 
^^  Das  salpetersaure  Salz,  (C2M3)3(C4M5)sAsO  .^^069  und  das 
icliwefelsaure  Salz,  (C2Ä8)2(C4H5)2AsO.  SOs,  welche  beide  sehr 
'^t  zerfliessliche  schöne  Krystalle  bilden,  werden  durch  Zersetzung 
^Anenmethyläthyliumjodürs  mit  salpetersaurera  und  schwefelsaurem 
äberoxyd  erhalten. 

Araenmethyläthyliumsulfür  erhält  man  neben  Kakodylsulfür 
^  der  Einwirkung  von  Schwefeläthyl  (welche  aber  langsam  und  nur 
Wm  Erhitzen  vor  sich  geht)  auf  Kakodyl  in  Krystallen. 

Arsenmethylamyliumjodür,  (09ll3)3(CioHii)3Ast)  entsteht, 
JI^QCahours  und  Riebe,  neben  Kakodyljodür  bei  2  bis  Stägigem  Er- 
wtoen  von  Jodainyl  mit  Kakodyl  auf  etwa  I8OO  C.     Es  bildet  entwe- 


288  Arsenrubin.  —  Arsensäuren. 

der  perlmutterglänzende  Nadeln  oder  sehr  dünne  Tafeln.  Durch  Zet 
Setzung  derselben  mit  Silberoxyd,  salpetersaurem  und  schwefelsauren 
Silberoxyd  erhielten  Cahours  und  Riche  das  Arsen methylamy« 
liumoxyd,  (C2ft8)3(Ciof{ii)3A809  das  salpetersaure  Arsenine< 
thylamyliumoxyd,  (CsHs)^  (CioHnJs^sO^NOg,  und  das  Schwefel 
saure  Arsenmethylaroyliumoxyd,  (CsHa)]  (CioH]  1)3 Afl 0,80). 


Als  Anhang  zu  den  genauer  bekannten  arsenhaltigen  Radicalen  fuh- 
ren wir  einige  unvollständig  untersuchte,  entsprechende  VerbinduDgen  an 

Arsenamyl. 

Bei  der  Einwirkung  von  Jodamyl  auf  Arsenkalium  und  Arsen 
natrium  erhielten  Cahours  und  Riche  Verbindungen,  von  weichet 
sie  angeben,  dass  sie  den  bei  .Anwendung  von  Jodäthyl  oder  Jod 
methyl  erhaltenen  Verbindungen  entsprechen. 

Arsenbutyl  (?) 

Butylkakodyl.  Bei  der  Destillation  gleicher  Gewichtsmengei 
von  valeriansaurem  Kali  und  arseniger  Säure  erhielt  G  ibbs  eine  schwere 
ölige,  schwach  gelbliche,  durchdringende,  unangenehm  nach  Knoblaocl 
riechende,  an  der  Luft  stark  rauchende,  aber  sich  nicht  entzündende  Flua 
sigkeit.  Dieselbe  gab  mit  Quecksilberchlorid  einen  dicken  weissen  Niedei 
schlag,  war  in  Wasser  löslich  und  schien  Quecksilberoxyd  zu  Metall  f 
reduciren.  Bei  längerem  Aufbewahren  in  einem  unvollkommen  verscldoi 
senen  Geföss  verwandelte  sie  sich  in  grosse  glänzende,  vierseitige  Prif 
men,  die  nach  dem  Ausgiessen  geruchlos  waren,  sauer  reagirten,  in  Wai 
ser  löslich  waren  und  durch  Silberoxyd  vollständig  zersetzt  wurden. 

Arsenpropyl  (V) 

Propylkakodyl.  Wöhler  erhielt  bei  der  Destillation  gleiche 
Gewichtstheile  buttersauren  Kalis  und  arseniger  Säure  eine  Flüssigker 
welche  aus  einem  Gemenge  einer  fast  farblosen  sauren  und  einer  damnU 
liegenden,  durch  metallisches  Arsenik  fast  schwarz  gefärbten  bestand.  B( 
der  Destillation  beider  mit  Magnesia  und  Wasser  ging  neben  letzterer 
ein  in  demselben  untersinkender  ölförmiger,  farbloser  Körper  über,  dl 
in  Berührung  mit  Luft  anfangs  orangegelb,  später  dunkelblau  word< 
Derselbe  besass  einen  kakodylähnlichen,  eckelhaften  Gerach,  raucht 
nicht  an  der  Duft  und  verbrannte  beim  Anzünden  mit  weisser  Flamme  an 
Arsenikrauch.  Die  mit  überdestillirte  wässerige  Flüssigkeit  schien  vi< 
von  demselben  Körper  aufgelöst  zu  enthalten,  und  gab  mit  Quecksilbei 
Chlorid  einen  weissen  Niederschlag,  wobei  der  Kakodylgeruch  vei 
schwand.  Der  durch  Erwärmen  gelöste  Niederschlag  schied  sich  beii 
&kalten  wieder  in  kleinen  Ejrystallen  ab.  Beim  Vermischen  der  Lösnn 
und  der  Krystalle  mit  Salzsäure  und  Zink  trat  der  Kakodylgeruch  seil 
bald  wieder  auf,  das  sich  hierbei  entwickelnde  Wasserstoffgas  verbreitet 
an  der  Luft  dicke  weisse  Dämpfe  und  setzte  an  eine  daran  gehaltene  FlÜ 
che  einen  orangefarbenen  Körper  ab.  Beim  Erhitzen  des  Gemisches  de 
stillirte  ein  farbloser,  öliger,  widrig  riechender,  an  der  Luft  rauchende 
Körper  über,  der  sich  aber  nicht  von  selbst  entzündete.  A.  S. 

Arsenrubin  s.  Arsenikrubin. 

Arsensäuren.  Es  sind  zwei  Säuren  des  Arsens  bekanni 
nämlich  die  arsenige  Säure  (AsO»)  und  die  Arsensäure  (AsO*). 


Arsensäuren.  289 

Arsenige  Säure. 

Weisser  Arsenik,  Arsenikmehl,  Giftmehl,  Hüttenrauch, 
Arsenikblnmen,  Rattengift,  Arsenikbltithe,  Arsenoxyd.  Ar- 
»tnicum  album^Acidum  araenicosum^  acid  araeniceux^oxyd  d^aV' 
unic, 

Formel :  As  O3.  Die  arsenige  Säure  kommt  im  Mineralreiche  aber 
selten  als  secundäres  Erzengniss  vor  (Arsenikblüthe). 

W  i  1  n)  hat  gezeigt,  dass  das  Arsen  in  den  meisten  Mineralwässern 
ab  arsenige  Säure  enthalten  ist,  und  dass  man  bei  Untersuchung  der 
cekerartigen  Absätze  derselben  wohl  daran  thut,  nach  ihrer  Auflösung 
nierst  durch  schweflige  Säure  alles  Eisenoxyd  in  Oxydul  zu  ver- 
ir&ndeln,  ehe  man  durch  Schwefelwasserstoff  fallt,  damit  nicht  so  viel 
Schwefel  mit  dem  Schwefelarsen  zugleich  sich  ausscheidet. 

Arsen  oxydirt  sich  an  feuchter  Luft,  es  überzieht  sich  mit  einer 
Khwarzen  Rinde  (sogenanntes  Suboxyd) ,  aus  welcher  heisses  Wasser 
arsenige  Säure  auszieht;  schneller  geschieht  diese  Oxydation,  wenn 
«8  einer  höheren  Temperatur  ausgesetzt  wird;  bis  nahe  zur  Rothglüh- 
kitzc  erwärmt,  verbreitet  es,  indem  es  verbrennt,  in  der  Luft  dicke 
weisse  Dämpfe  von  arseniger  Säure,  wobei  man  einen  eigenthümlichen 
durchdringenden  Knoblauchgeruch  bemerkt.  Auch  wenn  Arsen  mit 
coBcentrirter  Schwefelsäure  erwärmt,  oder  wenn  Arsenchlorid  mit 
Wasaer  gemischt  wird ,  entsteht  arsenige  Säure ;  beim  Behandeln  von 
Arsen  mit  verdünnter  Salpetersäure  bildet  sich  neben  arseniger  Säure 
I  aach  Arpensänre. 

Diese  Säure  wird  in  den  Laboratorien  nur  selten  dargestellt,  in- 
dem sie  im  Handel  sehr  rein  vorkommt;  sie  wird  nämlich  im  Grossen 
als  Nebenproduct  bei  den  Smaltewerken,  und  direct  durch  Rösten  von 
ArFenkies  (s.  d.  S.  247)  gewonnen.  Das  zerkleinerte  Erz  wird  in  einem 
Ofen  in  einem  Theile  desselben,  welcher  die  Form  einer  £hn  beiden  Seiten 
offenen  Muffel  besitzt,  zum  Glühen  erhitzt;  die  vordere  Oeflhung  dient 
zun  Kintragen  des  frischen  und  zum  Herausnehmen  des  gerösteten 
Erzes ;  die  hintere  Seite  steht  vermittelst  einer  weiten  Röhre  in  Ver- 
Mndang  entweder  mit  einem  gemauerten  Canal  oder  mit  gewölbten 
Kammern,  die^  über  einander  angebracht  sind,  Gift  fange.  Durch 
I  die  vordere  OeflTnung  geht  während  der  Dauer  der  Röstung  ein  massi- 
ger Luftatrom  über  das  glühende  Erz  nach  den  Giftfängen  zu,  wodurch 
das  aui^getriebene  Arsen  verbrennt  und  die  arsenige  Säure  in  die  Gift- 
I  Snge  übergeführt  wird.  Sie  setzt  sich  an  den  Wänden  und  am  l^oden 
in  Gestalt  eines  weissen  oder  grauen  Pulvers  an  als  Arsenikmehl, 
Giftmehl. 

Dieses  Giftmehl  wird  sodann  in  eisernen  Kesseln,  welche  cylindri- 
%he  Aufsätze  und  Helme  mit  Abzugsröhren  in  die  Giftfänge  haben, 
erhitzt,  wobei  es  schmilzt  und  mich  dem  Erkalten  eine  glasige  Masse 
I  bildet  Dies  ist  die  gefährlichste  Operation  bei  der  Arsengewinnung. 
\  Das  dem  Giftmehl  beigemischte  reine  Ai'sen  verbindet  sich  nämlich 
mit  dem  Eisen  dieser  Gefässc;  sie  bekommen  bald  Löcher,  durch 
▼eiche  ar.senige  Säure  in  den  Feuerraum  fällt,  aus  dem  sie  sich  in 
dem  ganzen  Arbeitsraum  verbreitet. 

Die  auf  die  beschriebene  Weise  geschmolzene  arsenige  Säure  kommt 


*)  AnnaL'  d.  Chcm.  u.  Pharm,    üd.  LXI,  S.   192. 
Haodir&rterboch  d«r  Chemie.  3te  Aufl.   Bd.  II.  19 


290  Arsensäuren. 

im  Handel  in  Gestalt  von  durchscheinenden  bis  durchsichtigen,  farl 
losen  oder  schwachgelblichen  Stücken  vor,  von  muschUchem  Brad 
ohne  bemerkbar  krystallinisches Geiuge ;  es  ist  amorphe  arsenig 
Säure  (s.  den  Art.  Amorph);  sie  ist  geruchlos,  von  schwache! 
styptischen  sasslichen  Geschmack;  sie  ist  leicht  schmelzbar,  leichte 
flüchtig  wie  Arsen ,  sie  lässt  sich  sublimiren ,  ihre  Dämpfe  sind  ge 
ruchlos. 

Wasser  benetzt  die  gepulverte  arsenige  Säure  nicht  Wird  di 
amorphe  Säure  in  Wasser  oder  Salzsäure  gelost,  so  scheidet  sich  beii 
Erkalten  der  heiss  gesättigten  Lösung  krystallisirte  Säure  in  reguläre 
OctaSdern  aus.  Bei  der  Bildung  der  Krystalle  aus  der  Losung  i 
Wasser  bemerkt  man  keine  besondere  Erscheinung,  vielleicht  weil  di 
Kry Stallbildung  nur  sehr  langsam  vor  sich  geht;  in  der  Lösang  i 
Salzsäure  bemerkt  man  im  Dunkeln  eine  starke  und  so  lange  fori 
dauernde  Lichtentwickelung  in  der  Form  von  leuchtenden  Funken,  bis  di 
E[rystallisation  beendigt  ist;  die  erhaltenen  durchsichtigen  Krystalle,  au 
dieselbe  Weise  wiederholt  kry  stall  isirt,  zeigen  diese  Erscheinong  nicfa 
mehr,  sie  ist  demnach  abhängig  von  dem  Uebergange  der  amorphe; 
Säure  in  den  krystallinischen  Zustand.  Die  gewöhnliche  glasartige  durch 
sichtige  arsenige  Säure  wird  mit  der  Zeit,  ohne  ihr  Gewicht  zn  ver 
ändern,  milchweiss  porcellanartig;  auch  diese  Veränderung  beruht  an 
dem  Uebergang  aus  dem  amorphen  in  den  krystallinischen  Zustand. 

Die  undurchsichtige  krystallinische  Säure  hat  ein  speciflsches  Ge 
wicht  =  3,689;  das  der  amorphen  glasigen  Säure  ist  3,7385  (Gui* 
bourt).  Auch  die  Löslichkeitsverhältnisse  beider  sind  verschieden 
nach  6ui bourt  soll  sich  1  Thl.  krystallinische  Säure  in  80  Thln.  kal 
tem  oder  9  Thln.  siedendem  Wasser,  1  Thl.  amorphe  Säure  in  10« 
kaltem  oder  10,3  kochendem  Wasser  lösen.  Nach  Bussy^)  ist  amge 
kehrt  die  glasige  oder  amorphe  Säure*  leichter  löslich  als  die  krystaV 
Unische;  bei  13^0.  löst  1  Thl.  jener  sich  in  25  Thln.,  von  dieser  erat  ii 
80  Thln.  Wasser,  und  1  Thl.  amorphe  Säure  löst  sich  in  9  Thln.  siedenden 
Wasser.  Aus  Arsenchlorid  durch  Zusatz  von  Wasser  gefällte  arsenigc 
Säure  soll  sich  in  22  Thln.  Wasser  von  80^0.  lösen.  Man  findet  in* 
dess  nie  eine  constante  Löslichkeit  der  amorphen  und  der  krystallinischen 
Säure  wegen  der  leichten  Umwandlung  der  einen  Modification  in  die 
andere.  Bei  länger  fortgesetztem  Kochen  löst  sich  daher  durch  solche 
Umwandlung  die  krystallinische  so  stark  wie  die  amorphe  Säure.  Um- 
gekehrt geht  die  amorphe  Säure  bei  Berührung  mit  kaltem  Wasser  in 
die  krystallinische  Form  über.  Auch  durch  Befeuchten  mit  Ammoniak 
wird  die  amorphe  Säure,  ohne  damit  sich  zu  verbinden,  krystalli- 
nisch.  Guibourt  hatte  früher  angegeben,  dass  nur  die  amorphe  Säure 
Lackmus  röthe;  nach  Bussy  röthen  beide  Säuren  gleichmässig  Lack- 
mus, die  krystallinische  Säure  wegen  ihrer  trägeren  Lösung  nur  lang- 
samer. 

Die  arsenige  Säure  ist  dimorph,  die  gewöhnliche  Form  ist  das 
reguläre  Octaeder  und  Tetraeder,  man  erhält  sie  in  dieser  Form  durch 
langsame  Sublimation  in  einer  Glasröhre,  femer  durch  Umkrystallisiren 
aus  Wasser.  Bei  der  Digestion  von  arseniger  Säure  bei  70®  bis  80»  C. 
mit  Ammoniakflüssigkeit  scheiden  sich  aus  der  decantirten  Lösung  beim 


>)  Compt.  rend.  T.  XXIV,  p.    774;    Pharm.   Centralbl.    1847,    S.    988;    Ann«!, 
d.  Chem.    u.  Pharm.    Bd.  LXIV,  S.  286. 


Arsensäuren.  291 

£rkftJCen  und  Verdunsten  ebenfalls  octaedrische  Krystalle  der  Säure  ab 
(Goibonrt).  ' 

Wohle r^)  hat  eine  arsenige  Säure  beschrieben,  welche  in  gera- 
den rhombischen  Prismen  krystallisirt  war;  bei  dem  Abbrach  eines 
Ofens,  in  welchem  Kobalterze  geröstet  worden  waren,  fanden  sich 
Tiele  Zwischenräume  des  Mauerwerks  mit  durchsichtigen,  perlmutter- 
glänzenden, sechsseitigen,  biegsamen  und  nach  der  Richtung  der  gros- 
seren Flächen  spaltbaren  Tafeln,  bisweilen  mit  daraufsitzenden  OctaS- 
iem,  von  ganz  reiner  arseniger  Säure  angefüllt.  Beim  Umkrystallisiren 
lieferten  diese  die  gewöhnliche  Form. 

Kuhn')  erhielt  die  arsenige  Säure  in  derselben  Form  aus  einer 
Auflösung  von  arsenigsaurem  Silberoxyd  in  Salpetersäure.  Kocht  man 
inenige  Säure  mit  Kalilauge  bis  zur  Sättigung,  so  scheidet  sich,  nach 
Paste ur'},  fast  immer  arsenige  Säure  in  gerad-rhombischen  Krystallen 
ns,  die  dem  Weissspiessglanzerz  isomorph  sind. 

Die  arsenige  Säure  löst  sich  kaum  in  Alkohol,  sie  ist  unlöslich 
b  Aether,  in  fetten  Oelen  löst  sie  sich  in  der  Wärme  uhd  bildet  eine 
schwarze  pflasterartige  Masse.  Sie  löst  sich  in  verdünnten  heissen 
Sinren  in  grösserer  Menge  als  im  Wasser,  und  krystallisirt  daraus, 
ohoe  von  den  Säuren  zurückzubehalten.  Beim  Kochen  mit  Salpeter- 
»ore  verwandelt  sie  sich  in  Arsensäure;  ihre  Auflösung  in  Säuren 
oder  Wasser  absorbirt  Cblorgas  in  grosser  Menge;  beim  Abdampfen 
erhält  man  Arsensäure,  wobei  Chlorwasserstoffsäure  entweicht.  Mit 
Phosphoraäore  lässt  sie  sich  zu  einem  Glase  zusammenschmelzen.  Phos- 
phorige und  unterphosphorige  Säure  zerlegen  die  arsenige 
Siore  in  Arsen ,  was  sich  abscheidet,  während  sich  Phosphorsäure  bü- 
glet; dies  geschieht,  wenn  die  Auflösungen  beider  so  weit  abgedampft 
Verden,  dass  die  genannten  Phosphorsäuren  Phospborwasserstoff  ent- 
viekeln,  wodurch  es  sehr  wahrscheinlich  wird,  dass  die  Zersetzung  auf 
Kosten  der  Bestandtheile  dieses  Gases  vor  sich  geht 

Nach  Brame  ^)  absorbirt  die  glasige  arsenige  Säure  Joddampf 
QBd  fiirbt  sich  dadurch  braun,  die  kry stall isirte  nicht,  aus  der  gei^bten 
Lösung  setzen  sich  beim  Abdampfen  und  Erkalten  silberglänzende  weisse 
Krystalle  ab,  eine  Verbindung  von  Jod  mit  arseniger  Säure;  trocken 
tihitzt  geben  sie  Wasser,  Arsenjodid,  Jod  und  arsenige  Säure. 

Wasserstoff,  Kohle,  Kohlenoxyd,  Schwefel,  Phosphor,  Kalium, 
Nuriom  und  Zink  (diese  letzten  drei  unter  lebhafter  Feuerentwicke- 
IvBg,  Gay-LuBsac  und  Th6nard,  Gehlen)  entziehen  der  arse- 
lugen  Säure  sämmtlichen  Sauerstoff,  Wasser,  Kohlensäure,  schweflige 
&uire,  Phosphorsäure  oder  Metalloxyd  bildend,  neben  der  schwefligen 
ttod  Fhosphörsäure  entsteht  zugleich  ArsensulfÜr  und  Arsenphosphor. 

Wird  arsenige  Säure  mit  trockenem  Gyankalium  in  einer  Glasröhre 
^tzt,  so  erhält  man  einen  Spiegel  von  metallischem  Arsen,  desgleichen 
veno  man  ein  Kömchen  arsenige  Säure  in  ein  Glasrohr  bringt,  welches 
QiiteD  Eogeschmolzen  ist,  und  einen  gut  ausgeglühten  Kohlen  Splitter  da- 
^  legt,  diesen  zuerst  zum  Glühen  bringt  und  dann  die  arsenige  Säure 
cridtzt,  der  über  die  glühende  Kohle  gehende  Dampf  der  Säure  wird 
T^Qcirt  (e.  Art.  Arsen,  Entdeckung  u.  s.  w.  S.  223.)* 


*)  Pogg.  Annal.  Bd.  XXVI,  S.  177.  —  «)  Phami.  Centralbl.  1852,  S.  956.  — 
^  Compt  rencL  T.  XXIV,  p.  774.  —  ■•)  Pharm.  Centralbl.  1862,  S.  128;  1853, 
S.720. 

19* 


292  Arsensäuren. 

Mit  wasserfreien  alkalischen  Erden  oder  mit  kohlensauren  fixes 
Alkalien  zusammengeglüht,  zeriUllt  die  arsenige  Säure  in  arsensanres 
Salz  und  in  Arsen,  das  sich  sublimirt  (Gay-Lnssac).  Neben  der 
arseasauren  Verbindung  entsteht  um  so  mehr  arsenigsaure  Verbindung, 
je  schwächer  die  Glühhitze  war  (Simon). 

Die  höheren  Oxydationsstufen  vieler  Metalle  (Mangansäure,  Chrom- 
saure)  werden  durch  arsenige  Säure  in  die  niedrigsten  zurückgeführt; 
dasselbe  geschieht  auf  nassem  Wege,  wenn  manche  frisch  niederge- 
schlagene Metallöxyde,  z.  B.  Kupferoxyd,  mit  arseniger  Säure  und  übe^ 
schüssigem  Alkali  digerirt  werden.  Eine  wässerige  Auflösung  von  ar- 
seniger Säure  wird  durch  Schwefelwasserstoff  gelb  geförbt;  aber  erst 
auf  Zusatz  einer  Säure  entsteht  ein  gelber  flockiger  Niederschlag  von 
Arsensulfür,  der  sich  in  Ammoniak,  Kali  und  Natron,  sowie  in  Schwe- 
felammonium u.  s.  w.  leicht  löst,  auch  in  concentrirter  Lösung  von 
kohlensauren  Alkalien  löslich  ist.  —  Salpetersaures  Silberoxyd  fälll 
die  wässerige  Lösung  der  freien  Säure  weisslich,  bei  vorsichtigem  Zu- 
satz von  Ammoniak  gelb. 

Aus  sauren  Auflösungen  der  arsenigen  Säure  wird  das  Arsen  durch 
Zink  in  Gestalt  eines  schwarzen  Pulvers  niedergeschlagen,  wobei  sieb 
mit  dem  Wasserstoffgas  Arsenwasserstoflgas  entwickelt.  Ein  blankei 
Kupfer  überzieht  sich  in  der  Lösung  bei  Gegenwart  von  hinreichende! 
Salzsäure  mit  einem  eisengrauen  metallischen  Ueberzug  von  reinem  Ar 
sen,  der  beim  Kochen  der  Flüssigkeit  schwarz  wird  und  sich  in  Schop- 
pen ablöst. 

Die  arsenige  Säure  geht  eine  Verbindung  ein  mit  saurem  wein« 
sauren  Kali.  Mit  salpetersauren  äalzen  zusammengeschmolzen,  entste- 
hen arsensaure  Verbindungen. 

Der  Schmelzpunkt  der  arsenigen  Säure  liegt  so  nahe  dem  Ver 
flüchtigungspunkt(200^C.),  dass  man  sie  nicht  in  offenen  Gläsern,  wohl 
aber  in  verschlossenen  durch  Erhitzen  erweichen  und  schmelzen  kann 
Dies  gilt  besonders  von  der  undurchsichtigen  Säure,  die  glasige  lässt  sicfc 
schmelzen,  ehe  sie  bedeutend  verflüchtigt  wird  (Wöhler  ^).  Dad  specif 
Gewicht  des  Dampfes  beträgt  etwa  13,0  (Mitscherlich). 

Die  arsenige  Säure  ist  eines  der  furchtbarsten  Gifte ;  unter  Umstän- 
den wirkt  sie  schon  in  Gaben  unter  1  Gran  tödtlich ;  Gaben  über  1  Gran 
sind  immer  gefährlich;  in  Gaben  von  2  bis  4  Gran  ist  sie  fast  immei 
tödtlich.  Merkwürdigerweise  giebt  es  nun  aber  Menschen,  die  ohne 
allen  Schaden  verhältnissmässig  grosse  Gaben  von  Arsenik  nehmen. 
Dass  man  dem  Vieh,  um  es  schneller  wohlbeleibt  zu  machen,  wie 
Antimonverbindungen,  so  auch  Arsenik  giebt,  ist  längst  bekannt ;  Schafe 
sollen  sogar  Dosen  von  1  Loth  und  mehr  ohne  Nachtheil  ertragen.  In 
Tyrol  sollen  aber  auch  Menschen  nicht  selten  Arsenik  selbst  in  Doseo 
von  4  Gran  und  darüber  nehmen,  theils  um  wohlbeleibter  zu  werden  und 
ein  kräftigeres  Aussehen  zu  erhalten,  vorzüglich  aber  um  ohne  Athmen- 
beschwerden  mit  grossen  Lasten  höhere  Berge  ersteigen  zu  können,  in- 
dem es  hier  eigenthümlich  auf  die  Respiration  einwirkt.  Aach  die  Ar- 
beiter in  den  Arsenik  werken  sollen,  um  sich  gegen  die  schädliche  Ein« 
Wirkung  der  nicht  zu  vermeidenden  Arsendämpfe  zu  schützen,  regel« 
massig  Arsenik  in  Dosen  selbst  von  mehreren  Granen  nehmen.  Es  wird 
weiter  angegeben,  diss  Menschen,  die  Arsenik  zu  nehmen  gewohnt  sind, 

*)  Annal.  d,  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LI,   S.   155. 


Arsensäuren.  293 

aog^r  es  nachtheilig  empfinden,  sobald  sie  ihn  nicht  mehr  nehmen.  Im 
Ganxen  wird  diese  Gewohnheit  sehr  heimlich  betrieben,  nnd  man  weiss 
daher  mrenig  Näheres  darüber  (Bibra^). 

Ueber  die  giftige  Wirkung  und  die  ungleichmässige  Verbreitnng 
der  arsenigen  Säure  in  dem  Pflanzenorganismus  hat  Chatin  ^)  eine 
Reihe  von  Versuchen  veröffentlicht,  worin  er  unter  anderen  zu  zeigen 
nicht,  dass  die  nicht  tödtlich  vergifteten  Pflanzen  das  Gift  wieder  ab- 
scheiden, und  dass  ChlorcalciumlÖsung  für  sie  ein  Gegengift  ist. 

Nachdem  früher  ausser  einhüllenden  Substanzen  hauptsächlich 
Schwefel wasserstoffwasser  als  Antidot  bei  Vergiftungen  mit  Arsenik 
»gewendet  war,  jedoch  oft  ohne  genügenden  Erfolg,  zeigten  Bun sen  und 
Bert  hold  ^),  dass"  frisch  gefälltes  Eisenoxydhydrat,  in  genügender 
Menge  angewandt,  die  arsenige  Säure  vollständig  unlöslich  zu  machen 
im  Stande  sei.  Dieses  Mittel  ist  jetzt  in  den  meisten  Staaten  als  in  den 
Apotheken  vorräthig  zu  halten  gesetzlich  eingeführt.  Die  Versuche 
zdgten,  dass  das  Hydrat,  um  diese  Wirkung  zu  haben,  nicht  getrock- 
net sein  durfte,  sondern  unter  Wasser  aufbewahrt  werden  muss;  dieses 
in  Wasder  snspendirte  Eisenozydhydrat,  das  Ferrum  oüßydahim  kydratum 
Uqtddum^  Liquor  Ferri  oxyd.  kydr.  oder  Ferrum  kydricum  in  agtio,  wird 
daher  so  dargestellt,  dass  krystallisirtes  Eisenchlorid  in  dem  30-  bis  40- 
£u:hen  Wasser  gelost,  und  mit  reinem  Ammoniak  in  geringem  Ueber- 
sdiosse  gefällt,  nach  dem  Absetzen  durch  Decantiren,  wiederholtes 
Anfirohren  in  Wasser,  Absetzen  u.  s.  w.  ausgewaschen  und  zuletzt 
mit  so  viel  reinem  Wasser  versetzt  wird,  dass  100  Thle.  der  Flüs- 
sigkeit etwa  5  Thle.  (oder  1  Unze  etwa  24  Gran)  Eisenozydhydrat 
enthalten.  100  Grm.  des  flüssigen  Hydrats  (5  Grm.  trockenes  Hy- 
drat enthaltend)  fällen  nach  Digestion  von  fünf  Minuten  bei  etwa  30^0. 
angeiahr  0,27  Grm.,  nach  ein-  bis  zweistündiger  Digestion  gegen  0,40 
Grm.  Arsenik;  oder  100  Thle.  trockenes  Hydrat  binden  gegen  5  bis 
aber  6  Thle.  Arsenik.  Die  letztere  Verbindung  enthält  auf  12  Aeq. 
Fe^O^  etwa  1  Aeq.  AsOs. 

War  das  Ozydhydrat  vorher  getrocknet,  so  wird  es  dichter  und 
verliert  seine  Wirksamkeit  fast  vollständig;  aber  selbst  wenn  es  immer 
ODler  Wasser  aufbewahrt  war,  aber  längere  Zeit,  so  ist  es  nicht  im  Stande, 
die  arsenige  Säure  in  kurzer  Zeit  in  so  grosser  Menge  aufzunehmen 
dla  vorher;  je  nachdem  es  mehrere  Monate  oder  Jahre  gestanden  hat, 
werden,  um  eine  bestimmte  Menge  Arsenik  zu  fällen,  statt  vorher  100 
Tille.  Hydrat  jetzt  200  und  selbst  über  300  Thle.  erfordert.  Es  ist  daher 
zweckmässig,  in  kürzeren  Zeiträumen  das  Hydrat  durch  Auflösen  in 
Salzsäure  und  Fällen  mit  Ammoniak  wieder  neu  darzustellen. 

Bringt  man  zu  100  Grm.  flüssigem  Eisenoxydhydrat  1  bis  gegen 
i  Grm.  gelösten  Arsenik,  so  bleiben  0,010  bis  etwa  0,040  Grm.  des- 
selben in  Lösung,  während  der  Best  mit  dem  Eisenoxydhydrat  eine  un- 
föfliehe  Verbindung  eingeht  (im  letzten  Falle  etwa  dFe^Og  .  AsOg), 
4er  ab«*  dnreh  Einwirkung  von  überschüssigem  Wasser  etwas  Säure 
atzogen  wird,  was  bei  der  überbasischen  Verbindung  nicht  der  Fall 
'et  Bei  Anwendung  von  5  Grm.  Arsenik  auf  100  flüssiges  Hydrat 
bildet  eich  das  basische  Salz   (Fe^Os.AsOa)  als  ein  mehr  gelblicher, 

*)  Die  narkotUchen  Genossmittel  und  der  Mensch,  Nürnberg  1865.  —  *)  Polyt. 
CeotrelbL  1845,  S.  347;  1846,  8.  719;  1847,  S.  128;  1848,  8.  449.  —  »)  Das 
Bacnoxvdhydraty  ein  Gegengift  der  arsenigen  Säure.       Göttingen,   Dioterich,    1884. 


294  Arsensäuren. 

sich  schwieriger  absetsender  Niederschlag,  welcher  sich  auch  nicltt  IlUi 
filtriren  lässt 

Das  neutrale  wie  das  basische  Eisenoxydsalz  sind  also  nnlöslic 
in  Wasser,  aber  nur  dem  überbasischen  wird  durch  Wasser  keine  S&ar 
mehr  entzogen. 

Statt  des  Eisenoxydhydrats,  welches  mit  der  Zeit  an  Wirks&mkei 
abnimmt,  hat  Fuchs  in  Wien  ein  Geraenge  von  Eisenoxydhydrat  mi 
Magnesiahydrat  und  schwefelsaurer  Magnesia  als  Antidot  vorgeschlstg^ei 
welches  er  bereitet,  indem  er  schwefelsaures  Eisenoxyd  mit  über 
schüssiger  gebrannter  Magnesia  im  Augenblick  des  Gebrauches  fällt 
und  das  Gemenge,  ohne  es  auszuwaschen,  verwendet.  Der  Vorzug 
dieses  Mittels  liegt  darin,  dass  es  nicht  vorräthig  gehalten  zu  werdei 
braucht,  sondern  im  Augenblicke  des  Bedarfes  schnell  gemischt  ^rerdei 
kann,  sobald  eine  passende  Lösung  von  Eisenchlorid  oder  Schwefel 
saurem  Eisenoxyd  und  gebrannte  Magnesia  vorräthig  sind.  Die  g^e 
brannte  Magnesia  bietet  vor  dem  Ammoniak  als  Fällungsmittel  ^i 
Vortheile,  dass  auch  ein  stärkerer  Ueberschuss  derselben  nicht  hinder 
lieh  ist,  und  dass  auch  die  Gegenwart  von  Chlormagnesium  oder  schiw^e 
feisaurer  Magnesia  durch  die  Wirkung  auf  den  Darracanal  eher  vor 
theilhafb  als  unzweckmässig  ist.  Es  bedarf  also  hier  nicht  des  Answa- 
Sehens  wie  beim  Fällen  mit  Ammoniak.  Zur  Darstellung  der  Eisen- 
oxydlösung werden  100  Grm.  Eisenvitriol  mit  100  Grm.  Wasser 
19  Grm.  concentrirter  Schwefelsäure  und  etwa  25  Grm.  Salpetersäure 
von  1,20  specif.  Gewicht  erhitzt,  nach  vollständiger  Oxydation  des  Eisens 
wird  die  Flüssigkeit  abgedampft  bis  zur  Vertreibung  der  Salpetersaure, 
und  darauf  das  Ganze  mit  Wasser  zum  Gewichte  von  200  Grm.  ver- 
dünnt 100  Grm.  dieser  Flüssigkeit  werden  mit  800  Grm.  Wasser  und 
37,5  Grm.  schwach  gebrannter  Magnesia  gemischt.  —  lOOThle.  dieser 
gelblichen  trüben  Flüssigkeit  enthalten  1,52  Grm.  wasserfreies  Eisen- 
oxyd, 3,5  schwefelsaure  Magnesia  und  2,8  gebrannte  Magnesia,  oder  in 
einer  Unze  der  Flüssigkeit  sind  etwa  7,3  Gran  Eisenoxyd,  17  Gran 
schwefelsaure  Magnesia  und  13,5  Gran  gebrannte  Magnesia. 

Mohr  schlägt  vor,  1  Tbl.  krystalUsirtes  Eisenchlorid  in  16  Thln. 
Wasser  zu  losen,  und  mit  1  Thl.  Magnesia  usta  zu  versetzen.  Es  ist  we- 
sentlich, dass  die  Magnesia  nicht  zu  stark  gebrannt  sei,  weil  sie  sonst 
weniger  schnell  und  in  geringerer  Menge  die  arsenige  Säure  unlöslich 
macht,  als  wenn  sie  bei  nur  massiger  Glühhitze  gebrannt  und  daher  recht 
locker  ist.  100  Grm.  von  der  Flüssigkeit  in  der  Stärke,  wie  sie  Fuchs 
angiebt,  fällen  in  wenigen  Minuten  etwa  0,5  Arsenik,  d.  i.  dreimal  soviel, 
als  das  in  derselben  enthaltene  Eisen oxydhydrat  für  sich  gefällt  haben 
würde.  Die  Magnesia  für  sich  würde  die  anderen  ^s  ^^^  Arseniks 
auch  nicht  fällen,  so  dass  hier  das  Gemenge  viel  stärker  wirkt,  als  die 
Gemengtheile  für  sich;  möglich  dass  das  auf  dem  Magnesiahydrat  fein 
vertheilte  Eisenoxydhydrat  hier  besonders  kräftig  wirkt. 

Auch  wenn  die  arsenige  Säure  mit  Alkalien  verbunden  ist,  wird  sie 
durch  Eisenoxydhydrat,  sowie  durch  das  Gemenge  desselben  mit  Magnesia 
vollkommen  unlöslich  gemacht;  selbst  wenn  die  Säure  zuerst  mit  einem 
bedeutenden  Ueberschusse  von  kohlensaurem  Alkali  oder  von  Ammo- 
niak versetzt  war,  wurde  sie  von  derselben  Menge  Eisenoxydhydrat, 
oder  dem  Gemenge  desselben  mit  Magnesia,  gefällt,  wie  bei  Abwesen- 
heit alles  Alkalis.  Man  hat  gewöhnlich  angenommen,  dass,  um  arsenig- 
saures  Kali  zu  fällen,  ein  Gemenge   von  essigsaurem  Eisenoxyd  mit 


Arsensäuren.  295 

Ozjdhjdrat  genommen  werden  ronss,  und  das  ist  in  den  meisten  Phar- 
macopöen  vorgeschrieben;  Versuche  haben  gezeigt,  dass,  wie  angege- 
ben, die  Oxydhydrate  Jür  sich  die  arsenige  Säure,  auch  bei  Gegenwart 
fon  Alkalien,  vollständig  fällen,  und  auch  Bunsen  und  Berthold 
kfttten  schon  vorgeschrieben,  bei  dem  Eisenozydhydrat  einen  geringen 
üeberschiiss  von  Ammoniak  zu  lassen,  damit  dieses  zuerst  die  Lösung 
des  festen  Arseniks  und  dadurch  seine  Verbindung  mit  Eisenoxyd  ver- 
mittele. Besondere  Versuche  haben  aber  weiter  gezeigt,  dass,  wenn 
dem  Eisenoxydhydrat  zuerst  etwas  Essigsäure  zugesetzt  wird,  seine 
Flhigkeit,  eine  bestimmte  Menge  Arsenik  zubinden,  in  demselben  Grade 
abnimmt,  als  mehr  fissigsänre  zugesetzt  wird  (Fehling). 

Nachdem  es  constatirt  war,  dass  Eisenoxydhydrat  im  Stande 
lei,  bei  chemischen  Versuchen  in  Gläsern  den  Arsenik  in  unlös- 
Üehe  Verbindung  öberzuführen,  blieb  noch  übrig,  die  Wirksamkeit 
dieses  Antidots  zuerst  an  Thieren  zu  versuchen.  Das  ist  nun  von 
rielen  Seiten  und  mit  glücklichem  Erfolg  geschehen ;  auch  haben  viel- 
fache Erfahrungen  bei  vorgekommenen  Vergiftungen  an  Menschep  seit 
oebr  als  20  Jahren  die  Wirksamkeit  des  Eisenoxydhydrats  bewiesen. 
Bei  Versachen  an  Thieren  hat  auch  das  Fuchs' sehe  Büttel  sich  als 
Antidot  gegen  arsenige  Säure  wie  gegen  arsenigsaures  Kali  bewährt,  und 
ei  ut  daher  nicht  zu  zweifeln,  dass  es,  wenn  zur  rechten  Zeit  ange- 
wendet, auch  im  menschlichen  Körper  die  arsenige  Säure  in  unlösliche 
Verbindong  überfuhren,  und  so  unschädlich  machen  werde  (Zeller  i). 

Arsenigsaure  Salze.  Die  arsenige  Säure  verbindet  sich  mit 
Basen  zn  sauren,  neutralen  oder  basischen  Salzen,  welche  bis  jetzt  nur 
wenig  untersucht  sind.  Die  Salze  BO.AsOs  werden  als  neutrale 
betlachtet;  die  basischen  Salze  sind  2B0  .  AsOg  und  8B0  .  AsOs- 
Die  Säure  löst  sich  in  Kali-  und  Natronlauge  in  jeder  Metage  auf, 
oime  das  Alkali  zu  neutralisiren ;  die  concentrirten  Auflösungen  zerle- 
gen sich  an  der  Luft  durch  die  Einwirkung  der  Kohlensäure ,  und  man 
erhält  daraas  nach  längerer  Zeit  sehr  grosse  und  vollkommen  ausgebil- 
dete Octaeder  von  freier  Säure.  In  wässerigem  Ammoniak  löst  sich 
die  Säure  leichter  als  im  Wasser;  beim  Verdampfen  der  Auflösung 
bleibt  sie  ammoniakfrei  zurück. 

Kalk,  Baryt  und  Strontian  lösen  sich  auf,  wenn  sie  mit  Was- 
ser and  überschüssiger  arseniger  Säure  gekocht  werden;  aus  diesen  Auf- 
lösongen  schlägt  Kalk-,  Baryt-  und  Strontianwasser  basische  Salze 
in  Gestalt  von  weissen  Flocken  nieder.  Diese  Niederschläge  lösen 
ach  in  Säuren  nnd  Ammoniaksalzen  auf;  aus  diesem  Grunde  kann 
die  arsenige  Säure  aus  Flüssigkeiten,  welche  Ammoniaksake  enthalten, 
durch  diese  Basen  nicht  gefallt  werden. 

Die  fibrigen  arsenigsauren  Salze  sind  im  Wasser  unlöslich,  sie 
werden  durch  Zersetzung  eines  löslichen  arsenigsauren  Salzes  mit  den 
Auflösungen  der  entsprechenden  Metalloxydsalze  dargestellt.  Alle  ba- 
tiflchen  Salze  sind  in  Säuren  löslich,  wenn  diese  mit  der  Basis  kein 
onlösliches  Salz  bilden;  manche  lösen  sich  in  überschüssiger  arseniger 
Säure  auf.  Die  Auflösungen  der  Salze,  deren  Basen  in  Säuren  oder  in 
Wasser  lösliche  Schwefelmetalle  bilden,  verhalten  sich  zu  Schwefel- 
wasserstoff genau  wie  Auflösungen  von  arseniger  Säure  (s.  S.  292); 


0  Schwefelsanrcs  Eisenoxyd   mit   gebrannter   Magnesia  als   Gegenmitt«!  gegen 
«ncnige  Sinre.     Inaagnral-Diasertation.     Tttbingen,  1858. 


296  Arsensäuren. 

bei  den  übrigen  schlägt  sich  mit  Arsensulfür  das  in  Säuren  an* 
lösliche  .Schwefelmetall  nieder,  aus  welchem  Niederschlage  ersterea 
durch  Ammoniak  ausgezogen  werden  kann.  Die  meisten  arsenigsaa* 
ren  Salze  werden  durch  Glühen  zersetzt  in  Arsen,  das  sich  sublimirt, 
und  in  ein  arsensaures  Salz;  bei  Zusatz  von  Kohle  allein  oder  too 
Borsäure  mit  Kohle  ist  die  Zersetzung  und  Abscheidung  des  Arsens 
meistens  ToUkommen. 

Die  arsenigsauren  Alkalien  fällen  essigsaures  Eisenozyd  roatf&rben^ 
Eisenoxjdul salze  grünlichgelb,  die  Bleisalze  weiss,  Kupferoxydsalze 
zeisiggrün ,  Kobaltoxydulsalze  pfirsichblüthroth ,  Nickeloxydulsalze 
hellgrün.  Salpetersaures  Silberoxyd  giebt  damit  einen  gelben,  in  Ks- 
sigsäure  leicht  löslichen  Niederschlag;  salpetersaures  Quecksilberoxj- 
dul  giebt  auch  in  verdünnten  Salzlösungen  eine  weissliche  Fällang. 
Diese  Niederschläge  sind  alle  in  stärkeren  Säuren  löslich;  die  Salze 
des  Eisenoxyds,  des  Kobalt-  und  Nickeloxyduls,  des  Kupfer-  und  Silber- 
oxyds lösen  sich  auch  in  Ammoniak.  Das  arsenigsaure  Kupferoxyd 
giebt  mit  Ammoniak  eine  farblose  Lösung,  welche  Kupferoxydul  und 
Arsensäure  enthält.  Das  Kupferoxydsalz  löst  sich  auch  in  Kali  oder 
Natron,  beim  Erhitzen  bildet  sich  aber  schnell  Arsensäure  und  Kupfer* 
oxydul  scheidet  sich  ab. 

Vermischt  man  die  arsenigsauren  Salze  mit  Salmiak  und  glüht  sie, 
so  entweicht  Ghlorarsen,  und  wenn  die  Chlorverbindung  der  Basis  nicht 
flüchtig  ist,  bleibt  sie  als  Ghlormetall  zurück  (Rose).  Die  arsenigsauren 
Salze  mit  alkalischer  Basis  sind  in  jedem  Verhältniss  in  Wasser  löslich, 
die  der  alkalischen  Erden  lösen  sich  sehr  wenig  in  Wasser,  aber  leicht 
in  verdünnten  Säuren,  die  der  schweren  Metalloxyde  sind  in  Wasser 
unlöslich,  aber  leicht  löslich  in  Säuren. 

Viele  in  Wasser  unlösliche  Oxyde  werden  aus  ihrer  Verbindung 
mit  arseniger  Säure  durch  Kali  nicht  gefallt,  so  ist  das  arsenigsaure 
Eisenoxyd  leicht  löslich  in  Kali.  Aehnlich  verhalten  sich  die  meisten 
schweren  Metalloxydsalze,  man  mnss  daher  annehmen,  dass  sie  luicht 
Doppclsalze  mit  arsenigsaurem  Kali  bilden  (Reynoso^). 

Arsenigsaures  Ammoniumoxyd,  2  NH4O  .  AsO^  (nach 
Stein).  Es  entsteht,  nach  Pasteur,  wenn  man  arsenige  Säure  mit 
höchst  concentrirtem  Ammoniak  übergiesst.  Unter  schwacher  Tennpe- 
raturerhöhung  bildet  sie  eine  harte,  fest  am  Glase  sitzende  Masse,  die 
unter  dem  Mikroskop  aus  sechsseitigen  Tafeln,  dem  prismatischen  Sy- 
stem angehörend,  erscheint  Es  kann  nur  in  Berührung  mit  Ammoniak 
bestehen;  es  ist  unlöslich  in  Alkohol  und  Aether,  und  verliert  an  der 
Luft  rasch  das  Ammoniak.  Silbersalze  föllen  daraus  einen  gelben  Nie- 
derschlag, 2AgO.As03,  und  die  Lösung  wird  sauer.  Schwaches  Am- 
moniak löst  etwas  mehr  Säure  auf  als  Wasser,  beim  Verdampfen  kry- 
stallisirt  aber  reine  Säure. 

Arsenigsaures  Antimonoxyd  entsteht  bei  der  Digestion  von 
Antimonmetall  mit  flüssiger  Arsensäure,  wodurch  leztere  zu  arseniger 
Säure  reducirt  wird.  Wasser  schlägt  das  Salz  nieder  (Berzelius). 
Wird  Antimoniäure  mit  Arsen  erhitzt,  so  entsteht  eine  durchsichtige, 
glasartige  Masse,  die  ebenfalls  dasselbe  Salz  ist. 

Giesst  mau  in  die  Auflösung  des  arsenigsauren  Antimonoxyds  eine 
Lösung  von  arseniger  Säure  in  viel  überschüssiger  Kalilauge,  so  ent- 

M  Compt.  rend.  T.  XXXI,  p.  6K. 


Arsewsäuren.  297 

sieht  kein  Niederschlag,  das  einmal  gefällte  arsenigsaore  Antimonoxyd 
ist  aber  in  dem  arsenigsauren  Kali  nicht  löslich.  Eben  so  verhalten 
sich  das  Kobalt-  und  Nickelaalz  (Beynoso). 

Arsen  igsauren  Baryt,  Ba  O.  As  Og,  erhält  man,  nach  Fi  Ihol, 
kicht  durch  Vermischen  einer  Lösung  von  Chlorbariam  mit  dem  sauren 
Kalisalze.  Erst  nach  einigen  Stunden  bildet  sich  eine  gallertige  Masse 
oder  dendritischeVerästelungen  ohne  Spur  von  regelmässiger  Krystalli- 
»tion.  In  diesem  Zustande  ist  er  leicht  löslich  in  Wasser,  nach  dem 
Trocknen  sehr  wenig  löslich.  Eben  so  erhält  man  ihn,  wenn  man  die 
TOQ  der  Gallerte  abfiltnrte  Flüssigkeit  erhitzt,  wo  er  als  schwer  lös- 
iiclies  Pulver  niederfallt.  Die  gallertartigeVerbindung  scheint  demnach 
Wasserhaltig  zu  sein. 

Nach  Stein  erhält  man  ein  der  Formel  2BaO.As03  -f-  4H0 
entsprechendes  Salz,  wenn  man  in  die  wässerige  Lösung  von  arseniger 
Säore  Barytwasser  tröpfelt,  bis  kein  Niederschlag  mehr  entsteht.  Auf 
Zusatz  von  Alkohol  vermehrt  sich  derselbe  etwas.  Man  wäscht  ihn 
mit  verdünntem  Alkohol  aus.  2  Aeq.  Wasser  entweichen  schon  bei 
100^  C,  die  übrigen  erst  bei  einer  Tjemperatur,  bei  der  auch  Arsen 
rerflüchtigt  wird. 

Nach  G  m  e  1  i  n  fallt  eine  concentrirte  Lösung  von  arseniger  Säure 
gttiiUigtes  Barytwasser  sogleich,  bei  grösserer  Verdünnung  erst  später 
oder  gar  nicht.  Arsenigsaures  Ammoniak  fällt  erst  nach  längerer  Zeit 
CUorbariumlösung  (H.  Böse). 

Arsenigsaures  Bleioxyd,  PbO.AsOs,  erhält  man  durch 
FaQong  von  Bleizuckerlösung  mit  dem  sauren  Kalisalz,  oder  mit  ar- 
Beoiger  Sänre  (Filhol).  Auch  wenn  man  Bleizuckerlösung  mit  Am- 
moniak fallt,  welches  in  der  Wärme  mit  arseniger  Säure  gesättigt  wor- 
den ist,  entsteht  ein  weisses  Pulver  von  derselben  Zusammensetzung, 
welches  aber  Wasser  enthält,  trocken  gerieben  sehr  elektrisch  wird,  beim 
Erhitzen  unter  Verlust  von  etwas  arseniger  Säure  und  Wasser  zu  einem 
gelblichen  Glase  schmilzt  (Berzelius).  Dieses  Salz  ist  in  Wasser 
etwas  löslich.  In  Kalilauge  ist  es  unlöslich,  aber  löslich  in  Natron- 
lauge. 

Das  basische  Salz,  2PbO.AsOj,  bildet  sich,  nach  Filhol, 
(iorch  Niederschlagen  von  Bleizuckerlösung  mit  dem  basischen  Kalisalze, 
oder,  nach  Berzelius,  durch  Fällung  von  Bleiessig  mit  ammoniakali- 
Kher  Lösung  von  arseniger  Säure.  Es  ist  ein  weisses,  Wasser  ent- 
bftlteodes,  in  reinem,  wie  in  Ammoniaksalze  enthaltendem  AVasser  un- 
iöiliches,  in  der  Wärme  zu  einem  gelblichen  Glase  schmelzendes  Pulver. 
N^h  Simon  erhält  man  es  als  schwefelgelbes,  leicht^  schmelzendes, 
einea  bedeutenden  Hitzegrad  ohne  Zersetzung  ertragendes  Glas,  wenn 
man  über  glühendes  Bleioxyd  den  Dampf  von  arseniger  Säure  leitet. 

Kühn  erhielt  ein  Salz  von  der  Zusammensetzung  dPbO.AsOs, 
indem  er  basisch  essigsaures  Bleioxyd  durch  eine  siedende  Lösung  von 
aneniger  Sänre  fällte. 

ArsenigsauresEisenoxyd.  Es  sind  verschiedene  Sättigungs- 
g^e  der  arsenigen  Säure  mit  Eisenoxyd  bekannt.  Digerirt  man 
frischgefälltes  Eisenoxydhydrat  mit  einer  concentrirten  Lösung  von  ar- 
Kniger  Säure,  so  wird  dieselbe,  wenn  zehnmal  so  viel  trockenes 
Oxyd  als  arsenige  Säure  hinzugebracht  worden  ist,  vollständig  aus 
der  Flüssigkeit  entfernt  (Bunsen).  Bei  weniger  Oxydhydrat  ist  die 
F^long  nicht  ganz,  aber  beinahe  vollständig;  es  bilden  sich  hier  ba< 


298  Arsensäuren. 

sische VerbinduDgen,  SFesOs.AsOs  u.a.;  Wasser  entzieht  ihnen  etwa 
Säure.  Bei  Anwendung  von  hinreichend  arseniger  Säure  bildet  siel 
ein  gelblicher  schwierig  sich  absetzender  Niederschlag  (s.  S.  293).  We 
gen  dieser  vollständigen  Bindung  der  arsenigen  Säure  durch  öberschüa 
siges  Eisenoxjdhydrat  ist  dieses  als  das  sicherste  Gegengift  bei  Vergif 
tungen  mit  arseniger  Säure  zu  empfehlen. 

Behandelt  man  die  Lösungen  von  arseniger  Säure  oder  arsenig 
saurem  Alkali  mit  essigsaurem  Eisenoxyd,  so  erhält  man  einen  ockei 
gelben,  dem  Oxydhydrat  ähnlichen  Niederschlag,  der  zu  einer  braunei 
Masse  mit  fettglänzendem,  muscheligem  Bruch  eintrocknet  und  beii 
Zerreiben  ein  gelbes  Pulver  giebt,  dessen  Zusammensetzung  der  Foi 
mel  4  Fe2  0$  .  As  Oa  -|-  5  aq.  entspricht ;  beim  Erhitzen  verliert  e 
Wasser  und  den  grössten  Theil  der  Säure,  jedoch  nie  die  ganze  Meng 
(Bunsen).  Nach  Simon  soll  alle  Säure  verflüchtigt  werden.  Wsi 
ser  entzieht  dem  Salze  etwas  Säure ;  starke  Mineralsäuren  lösen  e 
vollständig.  Schwefelsaures  Eisenoxyd  oder  Eisenchlorid  werden  durol 
freie  arsenige  Säure  auch  nicht,  wohl  aber,  nach  Guibourt,  durcl 
arsenigsaures  Kali  gefallt  als  rostfarbiger,  zu  einer  harten  Masse  ein 
trocknender,  nach  der  Formel  2FeaOa.As08  -{-  7H0  zusammenge 
setzter  Niederschlag.  Damour  giebt  an,  dass  dieses  Salz  theilweis 
mit  Rostfarbe  von  Kalilauge  gelöst  werde;  bei  langsam  gesteigerte 
Hitze  schmelze  es,  ehe  es  die  arsenige  Säure  verliere. 

Eine  der  Formel  2Fe3  Oa.AsOa  -{r  7 HO  entsprechende  Yerbin 
düng  erhält  man  ebenfalls,  wenn  Eisenvitriollösung  durch  Königswasse 
oxydirt,  mit  Ammoniak  neutralisirt  und  durch  Natronlauge  gefallt  wird 
die  man  kochend  mit  arseniger  Säure  gesättigt  und  durch  Abköhlei 
von  dem  Ueberschuss  der  letzteren  befreit  hat.  Der  Niederschlag  des  ba 
sisch-arsenissauren  Eisenoxyds  entsteht  erst  nach  1 2  Stunden,  ist  rostgeD) 
nach  dem  Trocknen  rubinroth,  durchsichtig,  hart,  von  gelbem  Pulvei 
löslich  in  Natronlauge,  durch  Kohlensäure  daraus  nicht  fällbar.  Ver 
dampft  man  diese  Lösung  zur  Trockne,  so  erhält  man  eine  rothe  MasM 
die  in  Wasser  vollkommen  löslich  geblieben  ist. 

Arsenigsaures  Eisenoxydul:  2FeO.A803.  Arsenige  Säur« 
in  Ammoniak  gelöst,  giebt  mit  Eisenvitriol  einen  grunlichweissen,  bein 
Auswaschen  an  der  Luft  ockergelb  werdenden  Niederschlag.  In  wässe 
rigem  Ammoniak  ist  die  nicht  oxydirte  Verbindung  löslich.  Bei  trocke 
ner  Destillation  entweicht  zuerst  Wasser,  dann  schmilzt  die  Masse,  ar 
senige  Säure  sublimirt  und  es  bleibt  ein  rostfarbener  Rückstand. 

Arsenigsaures  Kali,  1)  neutrales:  KO.AsOa,  wird  nad 
Pasteur  erhalten,  wenn  man  das  saure  Salz  längere  Zeit  mit  kohlen 
saurer  Kalilösung  kocht,  wobei  Kohlensäure  entweicht  Es  bleibt  ei] 
in  Alkohol  wenig  lösliches  Salz,  welches  nach  öfterem  Schütteln  ml 
Alkohol  als  syrupartige  Masse  zurückbleibt  Fi  1  hol  konnte  dies  Sal 
nicht  rein  erhalten. 

2)  Saures  Salz,  K0.2As08  +  2  HO.  Pasteur  erhielt  die 
ses  Salz  krystallisirt,  indem  er  Kalilauge  mit  überschüssiger  arsenige: 
Säure  kochte,  wodurch  eine  alkalisch  reagirende  Flüssigkeit  entsteht 
die  mit  Silbersalzen  einen  gelben  Niederschlag  (2AgO.AsOa)  voi 
arsenigsaurem  Silberoxyd,  gemengt  mit  arseniger  Säure,  giebt,  wäh 
rend  die  Flüssigkeit  sauer  wird.  Versetzt  man  die  alkalische  Flüs 
sigkeit  mit  Alkohol,  so  wird  sie  dick  und  trübe,  nach  einigen  Ta 
gen  bilden   sich  an  den  Gefasswänden   rechtwinkelige,  gerade   Pris* 


Arsensäuren.  299 

men,  und  nacli  Doch  längerer  Zeit  gesteht  das  Ganze  za  einer  Salz- 
maaae.  Bei  100®  C.  entweicht  nnr  1  Aeq.  Wasser.  Hiernach  wäre  das  zu- 
rfickbleibende  Wasser  vielleicht  als  basisches  zn  betrachten,  KO.HO. 
^AsOs  -j-  aq. 

3)  Basisches  Salz,  2EO.A8 Og,  erhält  man  durch  Versetzen 
des  neutralen  Salzes  mit  überschüssiger  Kalilauge  und  Fällung  durch 
Alkohol.  Es  ist  in  Wasser  sehr  loslich,  liefert  mit  Silbersalzen  den  gel- 
ben Niederschlag  (2AgO.As03),  wobei  jedoch  die  Flüssigkeit  nicht 
d»ier  wird,  sondern  neutral  bleibt. 

Arsenigsaures  Jodkalium.  Die  Lösungen  von  Jodkalium 
imd  arseniger  Säure  oder  arsenigsanrem  Kali  zusammen  gemischt,  geben 
weisse,  in  Wasser  sehr  wenig  lösliche  Niederschläge  nach  der  Formel 
Et-f-dAsO^  zusammengesetzt'  Bei  Anwendung  reiner  arseniger 
Säure  wird  dieselbe  vollständig,  bei  Anwendung  von  arsenigsanrem  Kali 
IDT  theilweise  gefallt,  indem  etwas  in  dem  überschüssigen  Kali  gelöst 
Ueibt  Eine  315^0.  übersteigende  Temperatur,  sowie  Erhitzen  mit 
Schwefelsäure  oder  Salpetersäure  zerlegen  die  Verbindung.  Sie  ist 
hl  19  Thln.  siedenden  Wassers  löslich  (Emmet). 

£.  Harms  1)  hat  gefunden,  dass  es  noch  zwei  andere  Salze  der  Art 
giebt.  Löst  man  die  vorige  Verbindung  in  nur  wenig  siedendem 
Wasser,  setzt  das  3-  bis  4fache  Volumen  heissen  Weingeistes  hinzu,  und 
leitet  Kohlensäure  hinein,  bis  sich  die  Wandungen  des  Gefasses  mit  ei- 
Mr  Salzhant  zu  überziehen  anfangen,  so  scheidet  sich  eine  syrupartige 
Flüssigkeit  ab,  die  mit  Säuren  stark  aufbraust  und  ausser  dem  Kohlen- 
sioresalz  noch  erhebliche  Mengen  von  Jod  und  arseniger  Säure  ent- 
ktit  Durch  Eindampfen  dieser  syrupartigen  Lösung  erhält  man  eine 
fcin  krystallisirte  Verbindung  von  der  Zusammensetzung  Kl  -j- 
J(K0.ÄO.AsO8). 

In  Wasser,  wie  in  Weingeist,  ist  das  Salz  ziemlich  leicht  löslich^ 
die  keiss  gesättigte  Lösung  setzt  beim  Erkalten  warzenförmige  Massen 
ib,  die  selbst  unter  dem  Mikroskop  nichts  Krystallinisches  erkennen 
lassen,  zusammengesetzt  nach  der  Formel  Kl  -f-  KO  .HO  -f-  AsOs. 

Diese  Verbindung  verhält  sich  gegen  die  Salze  der  alkalischen 
Erden  und  Metalle  wie  eine  Mischung  von  Jodkalium  und  arsenigsanrem 
Kali.  Concentrirte  Schwefelsäure  fallt  daraus  einen  rothen  oder  gelblich- 
rothen  Niederschlag  von  Arsenjodid. 

Lässt  man  durch  die  heiss  gesättigte  Lösung  dieses  Salzes  einen 
S^m  von  Kohlensäure  gehen,  so  scheidet  sich  ein  weisses,  pulverför- 
■iges  Salz  ab,  K  O .  HO  -|-  3  As  Os.  Diese  Verbindung  ist  schwer  lös- 
lich, reagirt  alkalisch  und  entwickelt  beim  Erhitzen  in  einem  engen 
Ohsrohr,  ausser  Wasserdampf  und  metallischem  Arsen,  noch  eine  reich- 
ficiie  Menge  von  arseniger  Säure.  Joddämpfe  zeigen  sich  nur  dann, 
veim  Luft  hinzutreten  kann. 

Arsenigsaurer  Kalk.  Durch  Versetzen  der  verschiedenen 
Kalisalze  mit  Chlorcalcium  erhielt  Fi  1  hol  zwar  Niederschläge,  aber 
Bieht  von  constanter  Zusammensetzung. 

Das  neutrale  Salz  soll  man,  nach  Simon,  erhalten,  wenn  Chlor- 
caJeininlösnng  mit  Ammoniak,  das  mit  arseniger  Säure  gesättigt  ist, 
gefönt  wird.     Man  fügt  noch  etwas   Ammoniak  hinzu,   wodurch  der 


*)  Änmil.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  XCI,  S.  371. 


300  Arsensäuren. 

Niederschlag  vermehrt  wird  und  wäscht  aiu.  Hierbei  lo8t  sich  aber 
viel  davon  auf,  da  dies  Salz  nicht  unlöslich  in  Wasser  ist 

Wenn  man  dagegen  eine  wässerige  Lösung  von  arseniger  Säare 
mit  überschüssigem  Kalkwasser  versetzt,  so  fallt  ein  weisses,  schweres 
Pulver  (2  Ca  O  .  As  O3  mit  Wasser)  nieder ,  welches  in  Wasser  sehr 
schwer,  in  Ammoniaksalzen  aber,  namentlich  bevor  es  getrocknet 
wurde,  sehr  leicht  löslich  ist.  Von  Wasser  sind  3000  bis  4000  Thle.  znr 
Lösung  nöthig,  auch  Chlorkalium  und  Chlornatrium  vermehren  die 
Löslichkeit.  Die  Luft  zersetzt  die  Verbindung,  indem  kohlensaurer 
Kalk  und 'freie  arsenige  Säure  entstehen. 

Nach  Stein  soll  auf  diese  Weise  ein  Gemisch  von  basischen  Salzes 
erhalten  werden.  Dasselbe  ist  in  freier  arseniger  Säure  leicht  auflöslich 
Setzt  man  jedoch  nicht  so  viel  hinzu,  dass  alles  gelöst  wird,  so  ist  dei 
Rückstand  der  Formel  SCaO.^AsOs  -|-  3 HO  entsprechend  zusam- 
mengesetzt. Bei  100^  C.  entweicht  1  Aeq.  Wasser,  der  Rest  erst  bei 
einer  die  Zersetzung  des  Salzes  selbst  bewirkenden  Temperatur. 

Nach  Kühn^)  fällt  eine  siedende  Lösung  von  arseniger  Säure  aui 
überschüssigem  Kalkwaaser  das  Salz  3  CaO.AsOg. 

Arsenigsaures  Kobaltoxydul,  3  CoO  ."iAsOs  +  ^'^^i  '^'^^ 
aus  Kobaltchlorür  in  gleicher  Weise  wie  das  Nickelsalz  dargestellt. 

Arsenigsaures  Kupferoxyd,  1)  neutrales.  Wenn  man  koh 
lensaures  Kupferoxyd  mit  Wasser  und  arseniger  Säure  digerirt  und  du 
Auflösung  abdampft,  so  erhält  man  ein  gelbgrünes  Salz,  welchen  wede 
durch  Alkalien  noch  durch  Säuren  geiallt  wird.  Dies  scheint  da 
neutrale  Salz  Cu  0 .  As  O3  zu  sein. 

2)  Basisches  Salz:  'iCuO.AsOg.  Dies  Salz  wird  erhaltei 
durch  Fällung  von  Kupfervitriol  mit  arsenigsaurem  Kali,  oder  voi 
Knpferoxyd- Ammoniak  mit  wässeriger  arseniger  Säure.  Es  ist  eu 
zeisiggrüner  Niederschlag  (ScheeTsches  Grün),  der  sich  farblos  u 
überschüssigem  Ammoniak  löst  als  Arsensäure  und  Kupferoxydul 
Beim  Erhitzen  entweicht  Wasser,  arsenige  Säure,  und  ein  Genieng 
von  Arsenkupfer  und  Kupferoxyd  bleibt  zurück.  In  einer  Lösung  yo: 
arseniger  Säure  in  überschüssigem  Kali  löst  es  sich  leicht  mit  blaue 
Farbe.  Die  Lösung  zersetzt  sich  bald  in  niederfallendes  Kapfei 
oxydul  und  arsensaures  Kali.  Glühendes  Kupferoxyd  verbindet  siel 
nicht  mit  darübergeleiteten  Dämpfen  von  arseniger  Säure. 

Arsenigsaures  Kupferoxyd,  früher  als  Scheel'sches  Grün  bezeicli 
net,  bildet  in  Verbindung  mit  essigsaurem  Kupferoxyd  den  Hauptb< 
standtheil  vieler  grünen  Farben.  (Siehe  Grün,  Schweinfurter,  wo  sie 
mehreres  über  grüne  Arsenfarben  findet.)  Aehnlich  wie  mit  essigsaorei 
Kupferoxyd  giebt  es  auch  mit  buttersaurem  Kupferoxyd  eine  Doppel 
Verbindung  (Wohl er). 

Arsenigsaure  Magnesia.  Bei  Vermischung  der  Lösungen  vo 
schwefelsaurer  Magnesia  mit  saurem  arsenigsauren  Kali  bildet  sich  i 
der  Kälte  kein  Niederschlag,  auch  nicht  nach  langer  Zeit,  aber  bell 
Erhitzen  der  Flüssigkeit  entsteht  er  reichlich.  Filhol  fand  denselbe 
jedoch  wechselnd  in  der  Zusammensetzung.  Gebrannte  Magnesia  m 
arseniger  Säure  gekocht,  nimmt  etwas  davon  auf,  aber  es  kann  kein 
bestimmte  Sättigungsstufe  erreicht  werden.  Wenn  über  glühend 
Magnesia  Arsenigsäuredampf  geleitet  wird,  so  sättigt  sie  sich   dami 

»)  Liebigs  Jahresber.   1862,  S.  379. 


Arsensäuren.  301 

ohne  dasB  arsenigsaure  Magnesia  und  Arsen  gebildet  werden,  wenn  die 
Temperatar  nicht  gar  zu  hoch  war. 

Versetzt  man  schwefelsaure  Magnesialösung,  der  hinreichend  Sal- 
miak zugesetzt  worden  ist,  um  die  Fällung  durch  freies  Ammoniak  zu 
rerhindem,  mit  einer  Lösung  von  arseni^er  Säure  in  überschüssigem 
Ammoniak,  so  erhält  man  einen  Niederschlag,  der,  über  Schwefelsäure 
getrocknet,  eine  der  Formel  SMgO.AsOa  entsprechende  Zusammen- 
letzong  zeigt.  (Stein.) 

Arsenigsaures  Manganoxydnl,  3Mn  O.^  AsOa  -|-5aq.,  bil- 
det sich  bei  der  Fällung  von  Manganoxydullösung  durch  arsenigsaures 
Ammoniak  als  rosenrother  Niederschlag,  den  man-  bei  abgehaltenem  Luft- 
satritt auswaschen  mnss,  weil  er  sonst  sich  rasch  oxydirt  und  braun  förbt. 
Bei  lOO^C.  verliert  er  1  Aeq.  Wasser.  Bei  weiterem  Erhitzen  entweicht 
vsenige  Säure  und  ^rsen,  Mangan  und  arseusaurcs  Manganoxydul 
bleiben  als  Bückstand. 

Arsenigsaures  Natron.  Mit  Natron  sollen,  nach  Pasteur, 
dieselben  Verbindungen  der  arsenigen  Säure  wie  mit  Kali  existiren,  nur 
das  saure  Salz  nicht  krystaliisirbar  sein.  Filhol  konnte  das  neutrale 
Sftiz  nicht  rein  erhalten. 

Arsenigsaures  Nickeloxydul,  2NiO.As03,  entsteht  auf 
Zusatz  von  arsenigsaurem  Kali  zu  einer  Lösung  von  einem  Nickel- 
oxydalsalz. 

Ein  weniger  basisches  Salz,  3  NiO  .  2  AsOa  -|~  4  HO,  entsteht,  nach 
Girard^),  wenn  man  Chlomickel,  welches  mit  stark  überschüssigem 
CMorammoninm  zusammen  aufgelöst  wurde,  rasch  mit  arsenigsaurem 
Kali  vermischt.  Es  färbt  sich  dann  die  Flüssigkeit  zuerst  blau,  ohne 
eiDen  Niederschlag  zu  geben,  und  Ammoniak  entwickelt  sich,  nach  einigen 
Angenblicken  trübt  sie  sich  unter  Ausscheidung  eines  grünlich  weissen 
Niederschlages  von  der  oben  angegebenen  Zusammensetzung,  der  beim 
Trocknen  bei  110®  C.  10,3  Procent  oder  4  Aequivalente  Wasser  ver- 
liert An  der  Luft  erhitzt,  verliert  es  zuerst  den  Gehalt  an  Wasser, 
giebt  dann  ein  Sublimat  von  arseniger  Säure  und  lässt  gelbes  un- 
tekinelzbareB  Pulver,  arsensaures  Nickeloxydul,  zurück,  entsprechend 
der  Gleichung  3Ni0.2As03  +  20  =  SNiO.AsOs  4"  ^«Og. 

Durch  Salpetersäure  wird  das  arsenigsaure  Nickeloxydul  zu  arsen- 
ianrem  Salz,  durch  Salzsäure  zu  arseniger  Säure  und  Chlornickel;  es 
löst  sich  in  Ammoniak  zu  violetter  Flüssigkeit. 

Arsenigsaures  Quecksilberoxyd.  Salpetersaures  Quecksilber- 
oryd  wird  durch  arsenige  Säure  als  weisses  Pulver  gefällt,  welches 
i&  arsenigsaurem  Kali  mit  brauner  Farbe  löslich  ist.  Enthält  die  Lö- 
sing  überschüssiges  Kali,  so  tritt  fast  augenblicklich  Reduction  und 
Aosicheidung  des  Metalls  ein.  Auch  in  Salpetersäure  ist  das  arsenig- 
änre  Quecksilberoxyd  löslich. 

Arsenigsaures  Quecksilberoxydul.  Es  entsteht  bei  der 
Kgestion  von  Arsensäure  mit  Quecksilber,  oder  durch  doppelte  Zer- 
*«teang  als  weisser,  in  freier  Salpetersäure  löslicher  Niederschlag. 

ArsenigsauresSilberoxyd,  1)2  Ag  O .  As  O3 ,  bildet  sich  als 
P^T  Niederschlag  bei  der  Fällung  von  Silbersalzen  mit  arsenig- 
'««ren  Salzlösungen  (s.  d.  Kalisalze).     I)as  Salz  wird  an  der  Luft 


*)  Compt.  rcnd.  T.  XXXIV,  p.  918.  u.  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.,  Bd.  LXXXIT, 
8-  254. 


302  Arsensäuren. 

allmälig  dunkelgrau,  im  Licht  schwärzt  es  sich  allmällg.  BeimErhitzei 
soll  es,  nach  Simon,  Wasser  abgeben,  dann  arsenige  Säure,  während 
ein  Gemenge  von  arsensaurem  Silberoxyd  und  metallischem  Silber  2\t 
rückbleibt.  Eine  andere  Silberoxyd  Verbindung  erhält  man,  nach  Fi  1  hol 
wenn  man  mit  arseniger  Säure  gesättigtes  Ammoniak  mit  in  Ammoniai 
gelöstem  salpetersauren  Silberoxyd  versetzt,  als  zeisiggelbes,  am  Lichtf 
schnell  grün  werdendes  Pulver.  Bei  140<^  bis  150^0.  wird  es  plötzlicl 
schwarz,  ohne  viel  an  Gewicht  zu  verlieren,  bei  stärkerer  Hitze  schmilzt 
es  und  verliert  arsenige  Säure. 

Das  arsenigsaure  Silberoxyd  ist  in  ^Essigsäure  leicht  löslich  (Un 
terschied  von  phosphorsaurem  Silberoxyd);  es  löst  sich  auch  in  Kali 
die  Lösung  wird  durch  Chlorkalinm  nicht  gefallt,  im  Gegenthei 
vermag  sie  frischgefalltes  Chlorsilbcr  zu  lösen.  Sie  scheidet  langsan 
metallisches  Silber  aus,  indem  arsensaures  Kali  gebildet  wird.  Wem 
die  Lösungen  von  Palladium-  und  Platinchlorid  mit  arsenigsauren 
Kali  und  dann  mit  arsenigsaurem  Silberoxyd-Kali  versetzt  werden,  » 
scheiden  sich  die  erstgenannten  Metalle  rasch  im  regulinischen  Zustand) 
ab  (Beynoso). 

2)  3  Ag0.2AsOa.  Das  salpetersaure  Silberoxyd  giebt  beiO^geD 
wart  eines  grossen  Ueberschusses  von  salpetersaurem  Ammoniak  au 
tropfenweisem  Zusatz  von  arsenigsaurem  Kali  unter  Ammoniakentwicke 
lung  einen  weissen  Niederschlag,  3  AgO .  2  AsOs«  Dieses  Salz  schwärz 
sich  am  Licht,  es  löst  sich  in  Ammoniak  und  in  einem  Ucberschuss  toi 
arsenigsaurem  Kali ;  es  wird  beim  Erhitzen  schwarz,  giebt  ein  Sublioia 
von  arseniger  Säure  und  hinterlässt  einen  schön  rothen  schmelzbare! 
Bückstand  (E.  Harms  a.  a.  O.). 

Arsenigsaurer  Strontian:  *  SrO.  AsOg  -f-  4 H O. .  Wässerig» 
arsenige  Säure  wird  durch  Strontianwasser  nicht  gefällt;  arsenigsaure 
Kali  durch  Chlorstrontiura  erst  nach  einigen  Tagen.  Arsenigsaures  Am 
moniak  giebt  mit  Strontianwasser  aber  alsbald  einen  weissen  fiockigei 
Niederschlag,  der  in  Wasser  ziemlich  leicht  löslich  ist  Durch  Ver 
dampfung  der  wässerigen  Lösung  erhält  man  das  Salz  in  kleinen  Krj 
stallen.  Li  Weingeist  ist  es  sehr  wenig  löslich.  Bei  100^  C.  verlier 
es  1  Aeq.  Wasser. 

Arsenigsaures  Zinnoxydul  und  Zinnoxyd  sind  weiss* 
Niederschläge;  letzteres  ist  eine  schwer  schmelzbare  Verbindung. 

Arsensäure. 

Arseniksäure  Äcid  araenique^  Äcidum  araenicum.  Die  Arsen 
säure,  zuerst  von  Scheele  dargestellt,  ist  die  höchste  Oxydationsstuf 
des  Arsens.     Formel:  ASO5. 

Sie  wird  dargestellt  aus  der  arsenigen  Säure  entweder  dard 
Digestion  mit  Salpetersäure,  oder  rascher,  wenn  man  4  Thle.  arsenig 
Säure  mit  1  Thl.  Ghlorwasserstoffsäure  erwärmt,  und  nach  und  nacl 
12  Thle.  Salpetersäure  hinzufugt  (Mitsc  her  lieh).  Es  entwickelt  Bicl 
hierbei  immer  etwas  Chlorarsen,  deshalb  muss  die  Operation  in  eine 
Betorte  unter  einem  gut  ziehenden  Banchfange  vorgenommen  werdec 

Leitet  man  in  eine  Lösung  von  arseniger  Säure  Chlorgas,  so  entsteh 
neben  Salzsäure  ebenfalls  Arsensäure.  Die  erhaltene  Auflösung  der  Arsen 
säure  wird  eingedampft,  beim  Vorhandensein  von  Salzsäure  mitdernöthi 
gen  Vorsicht,  die  concentrirte  Flüssigkeit  verdampft  man  im  Platintiege 


Arsen^äuren«  303 

Trockne  und  erhitzt  endlich  zum  Schmelzen,  doch  nicht  zu  stark, 
Weil  die  Säure  sonst  in  Sauerstoff  und  arsenige  Säure  zerfällt 

In  neuester  Zeit  ist  die  Arsensäure  von  Kopp^)  im  Grossen  dar- 
jgeatiellty  und  zugleich  sind  von  ihm  die  verschiedenen  Hydrate  zuerst  nä- 
^er  untersucht.  Es  wurden  zu  400  Kilogr.  Arsenik  nach  und  nach 
SOO  Kilogr. Sälpetersäure  von  1,35  specif.  Gewicht  gesetzt;  es  findet  schon 
iorcli  die  Einwirkung  eine  starke  Erhitzung  statt;  nach  24  Stunden  wird 
eine  flüssige  Lösung  von  der  Gonsistenz  wie  Schwefelsäurehydrat  erhal- 
ten, welche  nach  Zusatz  von  nur  wenig  Salpetersäure  keine  arsenige 
Säure  mehr  enthielL  Beim  «längeren  Stehen  der  Lösung  bei  15  ^  C. 
scheidet  sich  wasserhaltendes  Arsensäuretrihydrat  SHO.AsOs 
-f-HO  ab  in  kirren  durchsichtigen  Kryst*  -len,  längliche  Prismen  oder 
duHnboidale  Blättchen  bildend ;  sie  zei^essen  schnell  an  der  Luft,  und 
losen  sich  leicht  in  Wasser  unter  starker  Temperaturerniedrigung.  Das 
Eryalallwasser,  aber  auch  das  basische  Wasser  lässt  sich  durch  Erhitzen 
abscbeideD,  theilweise  oder  ganz,  wodurch  äie  drei  Hydrate  und  das 
Anhydrid  der  Arsensäure  dargestellt  werden  können. 

Arsensäuretrihydrat,  3HO.As05,  wird  beim  Erhitzen  der  kry- 
itülisirten  Säure  auf  100^  C.  erhalten;  die  Masse  schmilzt  zuerst,  wor- 
md  sich  bald  ein  krystallinidcher  Niederschlag  bildet;  dieser  ist  das 
Trihydrat.  Dieselbe  Verbindung  wird  auch  in  grossen  durchsichtigen 
Kijstallen  erhalten,  wenn  eine  concentrirte  Lösung  von  Arsensaure 
«er  starken  Kälte  einige  Zeit  ausgesetzt  wird ;  dieses  Hydrat  löst  sich 
hiebt  und  ohne  Teniperaturverändenmg  in  Wasser. 

Arsensäurebihydrat,  2HO.ASO5,  bildet  sich,  wenn  die  kry- 
Jtalfisirte  Säure  einige  Zeit  auf  140^  bis  180^ C.  erhitzt  wird;  es  schei- 
net sich  in  harten  glänzenden  Krystallen  ab,  während  eine  Mutterlauge 
bleibt,  die  bei  16^  G.  ein  specif.  Gewicht  von  2,36  hat.  Das  Bihydrat 
lost  sich  noch  ziemlich  leicht  in  Wasser,  aber  unter  starker  Tempera- 
tarerhdhung. 

Arsensäuremonohydr  at,  HO.AsOs,  bildet  sich  beim  Er- 
ytEm  der  vorigen  Erystalle  auf  200^  C,  zuletzt  auf  206^  C,  wobei 
die  Blasse  plötzlich  unter  starker  Entwickelung  von  Waaserdampf  teigig 
«nd  m  einer  weissen  perirautterglänzenden  LIasse  wird,  welche  dann 
kauptsachlich  aus  dem  Monohydrat  besteht.  Es  löst  sich  nur  langsam 
m  kaltem,  ziemlich  leicht  in  warmem  Wasser  und  hier  dann  unter 
starker  Wärmeentwickelung. 

Wasserfreie  Arsensäure,  Arsensäureanhydrid,  AsO«, 
wird  durch  Erhitzen  der  Hydrate  bis  zum  Dunkelrothglähen  erhalten; 
ae  bleibt  hier  als  eine  weisse  Masse  zurück ,  die  nicht  auf  Lackmus  rea- 
girt,  sie  ist  kaum  löslich  in  Wasser  oder  Ammoniak;  selbst  an  feuch- 
ter Luft  zieht  sie  in  mehreren  Tagen  kaum  merkbar  Wasser  an;  sie 
serfliesst  erst  nach  längerer  Zeit.  Die  wasserfreie  Säure  wird  beim 
Bothglühen  für  sich  zersetzt  in  arsenige  Säure  und  freien  Sauerstoff. 

Die  Losungen  der  verschiedenen  Arsensäurehydrate  und  die  der 
wasserfreien  Säure  verhalten  sich  vollkommen  gleich,  sie  haben  einen 
sauren  metalUschen  Geschmack  und  enthalten  alle  Trihydrat;  die  an* 
deren  Hydrate  gehen  also  beim  Auflösen  sogleich  unter  Aufnahme  von 
Wasser  in  dieses  Über,  worin  sich  die  Arsensäurehydrate  wesentlich 
verschieden  zeigen  von  den  Hydraten  der  Phosphorsäure. 

*)  Compt.    rcnd.  de  Vac.  T.   XLII,   p.   1060;   Annal.    d.    chim.    et    ph^s.    [3.] 
T.  XLYin,  p.  106;  Chem.  Centralbl.  18&6.  S.  614. 


304  Arsensäuren. 

Ob  die  Arsenaäurebydrate  vielleicht  isomorph  sind  mit  den  eni 
sprechenden  Phosphorsäorehydraten  ist  nicht  genan  bestimmt,  abe 
wahrscheinlich. 

Das  Verhalten  der  Arsensäure  gegen  Kohle,  Metalle,  Cyankaliam  et4 
ist  ganz  das  der  arsenigen  Säure  (r.  diese).  Schweflige  Säure  desoxydirt  di 
Arsensäure  unter  Bildungvon  Schwefelsäure  (Wohl  er,  Wackenrader] 
Sie  löst  ZinkundEisen  auf  mitEntwickelung  von  reinem  Wasserstoffgas,  di 
Auflösung  des  Zinks  erstarrt  nach  und  nach,  so  wie  die  Flüssigkeit  ncntra 
wird,  zu  einer  gelatinösen  durchsichtigen  Masse ;  bei  Gegenwart  von  Schwc 
feldäure  zerlegen  die  genannten  Metalle^  die  Arsensäare,  es  scheide 
sich  Arsen  ab  und  mit  dem  freiwerdenden  Wasserstoff  entwickelt  sie 
Arsen  Wasserstoff,  wie  bei  der  arsenigen  Säure. 

Schwefelwasserstoff  zerlegt  die  wässerige  Arsensäure  In  de 
Kälte  sehr  langsam,  bei  Gegenwart  einer  fremden  Säure  und  in  da 
Wärme  (600  bis  70®  C.)  schneller,  die  Flüssigkeit  wird  anfänglich  gel 
und  bleibt  klar  und  durchsichtig,  nach  einigen  Stunden  setzt  sich  Arsen 
Sulfid  (AsSj)  ab,  welches  sich  im  Allgemeinen  wie  der  in  saurei 
Lösungen  der  arsenigen  Säure  entstehende  Niederschlag  verhält. 

Unterschwefligsaures  Natron  fällt  aus  einer  salzsauren  Lösung  voi 
ArseAsäure  auch  Arsenpersulfid  (Himly),  nach  der  6leichnn| 
5  (NaO.SjOg)  -f  AsOft  =  5  (NaO.  SOg)  +  AsSß. 

Gleich  der  arsenigen  Säure  sind  die  Arsensäure  und  ihre  Salz* 
sehr  giftig ,  doch  weniger  energisch  als  jene  (W  ö  h  1  e  r  und  Frcrichs^J 

Auf  die  Haut  gebracht,  bringt  die  Arsensäure  Wasserbläschei 
hervor,  wie  sie  bei  Verbrennungen  entstehen. 

In  neuester  Zeit  ist  die  Arsensäure  in  grosser  Menge  »tatt  Wein 
säure  in  der  Kattundruckerei  verwendet,  um  in  der  Chlorkalkküpe  nu 
gefärbtem  Grunde  weisse  Muster  hervorzubringen. 

Arsensaure  Salze.  Die  Arsensäure  ist  eine  starke  Säur 
und  treibt  in  der  Hitze  alle  flüchtigeren  Säuren  aus  ihren  Verbindungei 
ans.  Die  Salze  der  Arsensäure  sind  zum  Theil  sehr  charakteristiscl 
und  bieten  namentlich  durch  ihre  Analogie  mit  den  phosphorsaurei 
Salzen  grosses  Interesse. 

Gleiöh  der  cPhosphorsäure  bedarf  die  Arsensäure  zu  ihrer  Sättignn; 
3  Aeq.  Basis ,  wovon  2  oder  1  Aeq.  durch  basisches  Wasser  vertretei 
werden  können.  Analog  der  Phosphorsäure  nennt  man  gewöhnlich  di< 
arsensauren  Salze  welche  3  Aeq.  Basis  enthalten,  basische;  diejenigei 
mit  2  Aeq.  Basis  und  1  Aeq.  basischem  Wasser,  neutrale;  und  endlicl 
die  Salze  mit  1  Aeq.  Basis  und  2  Aeq.  basischem  Wasser,  saure  arsen 
saure  Salze.  Die  Aufiösnng  der  basischen  oder  neutralen  Salze  zeigei 
meist  eine  basische  oder  neutrale,  die  der  sauren  Salze  saure  Reaction 

Beim  Erhitzen  verlieren  die  neutralen  und  sauren  arsensaurci 
Salze  ihr  Wasser,  nehmen  es  jedoch  beim  Auflösen  in  Wasser  wiede: 
auf.  Es  sind  daher  bis  jetzt  keine  der  Pyro-  oder  Meta-Phosphorsänn 
entsprechenden  arsensauren  Salze  bekannt 

Die  arsensauren  Salze  der  Alkalien  sind  auflöslich  in  Wasser,  voi 
den  alkalischen  Erden  und  Metalloxyden  sind  nur  die  sauren  Salze  darin 
löslich;  die  neutralen  oder  basischen  Salze  lösen  sich  leicht  in  freier  Ar- 
sensäure so  wie  in  Mineralsäuren,  weniger  leicht  in  Essigsäure.  Die 
gelösten    ErdalkalLsalze,    und    schweren    Metall  oxydsalze   werden   da- 


')  Annal.  d.  Chera.  u.  Pharm.  Bd.  LXV,  S.  336. 


Arsensäuren.  305 

her  nicht  durch  freie  ArsenBäure ,  wohl  aber  durch  arsensaores  Alkali 
gefiilt 

Die  neutralen  arsensauren  Salze  von  Kalk,  Baryt  und  Stron- 
äan  sind  anloslich  in  Wasser,  aber  löslich  in  Ammoniaksalzen,  deshalb 
eotsteht  in  Lösungen,  welche  neben  Arsens&ure  viel  Ammoniaksalze 
enthalten,  kein  Niederschlag  durch  die  genannten  Fällungstnittel. 

Beim  Fällen  von  neutralen  arsensauren  Alkalien  durch  Metallsalze 
büdet  sich  oft  unlösliches  basisches  Salz  (3  R  O.As  Ob),  während  die 
Flüssigkeit  dann  natürlich  sauer  wird. 

Alle  in  Salpetersäure  löslichen  arsensauren  Salze  geben  mit  basisch 
etfigsanrero  Bleiozyd  einen  weissen  Niederschlag  (3  Pb  O .  As  O5),  welcher, 
Mif  Kohle  vor  dem  Löthrohr  geglüht,  schmilzt  und  unter  heftiger  Ent- 
wickelnng  von  Arsen  reducirt  wird.  Dieses  Verhalten  wird  als  Er- 
kennongsmittel  der  arsensauren  Salze  benutzt.  Magnesiasalze  mit  so- 
liel  Chlorammonium  versetzt,  dass  Ammoniak  keinen  Niederschlag  ver- 
maeht,  bringen  in  arsensauren  Salzen  einen  weissen  krystallinischen 
Niederschlag  von  arsensaurem  Magnesia  «Ammmoniak  hervor. 

Salpetersanres  Silberoxyd  bewirkt  in  den  Salzen  der  Arsensäure 
eioen  rothbraunen  Niederschlag  von  arsensaurem  Silberozyd,  leicht 
liilich  in  Salpetersäure  und  Ammoniakflüssigkeit.  Eupferoxydsalze 
dnen  blaugrünes  arsensaures  Eupferoxyd.  Eisenoxydsalze  erzeugen  ei- 
nen weissen  oder  bräunlichweissen  Niederschlag  von  arsensanrem  Eisen- 
oxyd, der  fast  ganz  unlöslich  in  Essigsäure  ist,  ziemlich  leicht  von  Ammo- 
Bttkflässigkeit  und  kohlensaurem  Ammoniak  gelöst  wird.  Eisenoxydhydrat 
idieidet  ans  der  Auflösung  die  Arsensäure  vollständig  oder  fast  voll- 
ständig ab. 

Alle  arsensauren  Salze  sind  bei  gleicher  atomistischer  Znsammen- 
ictzong  mit  den  entsprechenden  phosphorsauren  isomorph. 

Arsensaures  Ammoniumoxyd,  l)basisches,  3NH4O.ASO1, 
«beidet  sich  bei  der  Uebersättigung  starker  Arsensäurelösung  mit  Am- 
moniak als  schwer  lösliches  Pulver  ab,  bei  schwachem  Erwärmen  geht 
ts  lehnell  in  das  neutrale  Salz  Über. 

i)  Neutrales,  2NH4O  .  HO .  AsOg,  bildet  sich  bei  der  Sättigung 
^ncentrirter  Arsensäurelösung  mit  Ammoniak,  bis  sich  ein  Nieder- 
^clilsg  zu  zeigen  beginnt,  und  schiesst  bei  freiwilliger  Verdampfung  in 
KToswn  rhombisch-prismatischen Krystallen  an,  deren  Lösung  alkalisch 
f^irt  An  der  Luft  verwittern  die  Erystalle,  indem  die  Hälfte  des 
Ammoniaks,  aber  kein  Wasser  weggeht.  Beim  Elrhitzen  zerlegen  sie 
sieh  m  metalliBches  Arsen,  Ammoniak,  Wasser  und  Stickgas. 

3)  Saures,  NH4O  .  2  HO  .  AsOs,  entsteht  bei  unvollständiger 
S&ttiguDg  der  Säure  mit  Ammoniak.  Es  ist  zerfliesslich  und  sehr  lös- 
jich  in  Wasser,  sclüesst  aus  der  Lösung  beim  freiwilligen  Verdampfen 
in  qnadratoctaSdrischen  Erystallen  an.  Beim  Erhitzen  zerlegt  es  sich 
inarMnige  Säure,  metallisches  Arsen,  Wasser  und  Stickgas.  Die  Lö- 
^  reagirt  sehr  sauer. 

Arsensaurer  Baryt,  1)  basischer,  3BaO.  AsOs,  wird  durch 
^nng  von  Arsensäure  mit  Überschüssigem  Barytwasser  erhalten  als 
*aiBet,  in  Wasser  fast  unlösliches  Pulver  (Laugier).  Am  reinsten 
^t  man  es  dar  durch  Fällung  des  basischen  Natronsalzes  mit  Chlor- 
Wrinm. 

2)  Neutraler,  2BaO.HO.AsOß  -f-  aq.  (Mitscherlich), 
^  erhalten ,  wenn  man  eine  Lösung  von  krystallisirtem  arsensauren 

Btt4i«itci^tacii  der  Chcmte.    3t«  Anfl.  Bd.  U.  20 


306  Arsensäuren. 

Natron  in  eine  Chlorbariumlöaung  tropft,  welche  letztere  aber  im  lieber- 
schuds  bleiben  muss.  Der  anfangs  entstehende  Niederschlag  ver- 
schwindet bald  und  die  nentrale  Verbindung  setzt  sich  schuppig  kry- 
stallinisch  ab.  Giesst  man  umgekehrt  die  Ghlorbarinmlösung  in  das 
Natronsalz,  so  erhält  man  ein  Gemenge  von  basischem  und  neutralem 
Salz,  und  die  Lösung  enthält  saures  Barytsalz. 

3)  Saurer,  Ba0.2H0.  AsO^,  entsteht,  wenn  man  zu  Arsensäure 
so  lange  Barytwasser  setzt,  bis  ein  Niederschlag  sich  zu  zeigen  be- 
ginnt. Das  Salz  ist  leicht  in  Wasser  löslich  und  kann  durch  Ver* 
dampfen  in  Krystallen  erhalten  werden.  Am  besten  stellt  man  dies 
Salz  dar  durch  Auflösen  des  neutralen  Salzes  in  Arsensäure,  woraus  es 
beim  Verdunsten  anschiesst  Wendet  man  einen  sehr  grossen  Ueber- 
schuss  der  Säure  zur  Lösung  an  und  verdunstet  auf  dem  Sandbade  bis 
fast  zur  Trockne,  so  bleibt  beim  Wiederauflösen  der  Masse  ein  weisses 
Pulver  zunick,  nach  der  Formel  BaO  .  4H0  .  2  A8O5  zusammen- 
gesetzt. Die  Krystalle  des  einfach  -  sauren  Salzes  werden  schon  durch 
kaltes  Wasser,  dieses  Salzpulver  wird  aber  kaum  durch  kochendes 
Wasser  zerlegt  (Setterberg). 

Arsensaures  Baryt-Ammoniumoxyd, (2BaO.NH40).  ASO5 
-(-HO,  wird,  nach  Bau  mann,  bereitet,  indem  man  das  neutrale  Ba- 
rytsalz mit  Ammoniak  vermischt  und  so  lange  stehen  lässt,  bis  der 
Niederschlag,  der  anfangs  voluminös  flockig  ist,  krystallinisch  geworden. 

Nach  Mitscherlich  entsteht  die  Verbindung  (BaO.NHiO  .HO) 
ASO5,  wenn  man  eine  Lösung  von  .salpetersaurem  Baryt  mit  Arsensänre 
und  Ammoniak  versetzt;  wobei  sich  der  anfangs  entstehende  voluminöse 
Niederschlag  in  Krystallnadeln  verwandelt. 

Arsensaures  Bleioxyd,  1)  basisches,  ^PbO.AsO^,  fallt 
nieder,  wenn  man  Bleisalzlösungen  in  überschüssiges,  neutrales,  arsen- 
saures Natron  tröpfelt,  oder  das  neutrale  Bleisalz  mit  Ammoniak  dige- 
rirt.  Beim  Erhitzen  wird  es  jedesmal  gelb,  schmilzt  nicht,  sondern 
backt  nur  zusammen.  Es  ist  weder  in  Ammoniak  noch  in  Ammoniak- 
'  salzen  löslich. 

2)  Neutrales,  2  Pb  O  .  As  O5 ,  fällt  nieder ,  wenn  Salpetersäure 
Bleioxydlösung  mit  Arsensäure  oder  mit  einer  unzulänglichen  Menge 
von  neutralem  arsensauren  Ammoniak,  Kali  oder  Natron  versetzt  wird. 
Es  ist  ein  weisses  krystallinisches  Pulver,  unlöslich  in  Wasser  und  EIs- 
sigsäure,  löslich  in  Salz-  und  Salpetersäure.  Es  ist  zu  einer  undurch- 
sichtigen Masse  schmelzbar. 

Arsensaures  Geroxydul,  2CeO.As05,  ist  ein  unlösliches, 
weisses  Pulver,  das  sich  in  Arsensäure  als  saures  Salz  auflöst  und  zu 
einer  glasartigen  Masse  eintrocknet. 

Arsensaures  Ghromoxyd.  Die  Chromoxydsalze  werden  durch 
arsensaures  Kali  apfelgrün  gefällt. 

Schweizer  1)  erhielt  durch  Vermischen  von  Lösungen  des  einfach- 
chromsauren  Kalis  und  der  arsenigen  Säure  nach  einigen  Minuten  eine 
Art  Gallerte,  die  nach  dem  Trocknen  bei  100<>G.  eine  der  empirischen 
Formel  4  K0.3  CrjOs  .  3  AsOs --|-  10  aq.  entsprechende  Zusammen- 
setzung zeigte.  Giesst  man  aber  das  chromsaure  Kali  in  die  arsenige 
Säure,  so  entsteht  nur  eine  grüne  Färbung,  aber  keine  Gallerte. 

Arsensaurea  Eisenoxyd,   2  Fe,  O3  .3H  O.  3  AsOj  4-.9aq,i 

0  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXXIZ,  S.  267. 


Arsensäuren.  307 

* 

wird  durch  Fällen  von  Eisenohlorid  mit  nentralem  arsensauren  Natron 
erhalten  als  weisses,  beim  Erhitzen  roth  werdendes  Pulver,  wobei  es 
sein  Wasser  verliert.  Beim  Glühen  zeigt  es  eine  schwache  Feuerer- 
scheinnng  nnd  nimmt  dann  eine  mehr  gelbliche  Farbe  an. 

Uebergiesst  man  das  noch  feuchte  Salz  mit  Ammoniak,  so  lost  es 
sich  sogleich,  war  ea  getrocknet  nur  nach  längerer  Digestion.  Bei 
freiwilliger  Yerdanstong  entweicht  das  überschüssige  Ammoniak  und 
Wasser,  nnd  es  bleibt  eine  rabinrothe,  durchsichtige  Masse  zurück,  die 
von  Ammoniak  gelöst,  von  Wasser  theilweise  zersetzt  wird.  Aus  die- 
ser Lddung  wird  durch  Ferrocjankalinm  erst  beim  Zusatz  einer  Säure 
Berlinerblau  gefallt. 

Oxydirt  man  das  neutrale  Oxydulsalz  mit  Salpetersäure  und  setzt 
aberschüssiges  Ammoniak  hinzu,  so  fUllt  ein  in  Ammoniak  nicht  lös- 
licher Niederschlag,  der  auf  1  Aeq.  Arsensäure  1  Aeq.  Eisenoxyd 
enthält.  Ein  grosser  Ueberschuss  von  Kalilauge  entzieht  ihm  einen 
Theil  der  Säure,  7  Thle.  Arsensäure  bleiben  mit  79  Thln.  Ebenoxyd 
vereinig;!.  Erhitzt  man  dies  Salz  zum  Glühen,  so  entsteht  eine  sehr 
lebhafte  Feuererscheinung,  ohne  dass  Arsensäure  entweicht. 

Eisensinter  nennt  man  ein  natürlich  vorkommendes,  nach  der 
Formel  2  Fe^Os.AsOs-f- 12H0  zusammengesetztes  arsensaures  Eisen- 
oxjd.  Die  Zusammensetzung  des  Scorodits  entspricht  der  Formel  Feg  Og . 
ibOs  +  4H0,  die  des  Würfelerzes  der  Formel  SFeO.AsOs  -f- 
i  (3  Fe,  O3  .  ASO5)  +  36  HO. 

Arsensaures  Eisenoxydul  &llt  als  weisses  Pulver  nieder, 
welches  aa  der  Lufl  schmutzig  grün  wird. 

Arsensaures  Iridiumoxyd  wird  erhalten  durch  Fällung  von 
CUoriridinm  mit  arsensaurem  Natron,  beim  Erwärmen  bildet  sich  ein 
braaner  Niederschlag. 

Arsensaures  Kali,  1)  basisches:  3KO.ASO5.  Wässerige 
Arsensänre,  oder  das  neutrale  Salz,  mit  Kalilauge  versetzt  und  stark  ab- 
gedampft, liefert  dieses  Salz  in  kleinen  an  der  Luft  schnell  zerfliessen- 
den  Nadeln. 

2)  Neutrales,  2KO.HO.AsO5,  erhält  man  durch  Sättigen  voil 
Arsensäure  mit  Kali  als  eine  nicht  krystallisirende ,  zerfliessende  Salz- 
masse. Es  bildet  sich  auch,  wenn  arsenige  Säure  mit  Kalihydrat  zu- 
aammen^eschmolzen  wird;  auf  Kosten  des  Hydratwassers  oxydirt  sich 
hio^ei  die  Säure  und  Wasserstoff  entweicht;  zuletzt  scheidet  sich  bis- 
weilen metallisches  Arsen  ab,  weshalb  das  Schmelzen  nicht  in  Metall- 
gefassen  vorgenommen  werden  darf. 

3)  Sanres,  KO.2HO.AsO5  (Macquer's  arsenikalisches Mitteln 
salz),  bereitet  man  nach  der  alten  Vorschrift  durch  Erhitzen  von  glei- 
ch«! T heilen  Salpeter  und  arseniger  Säure,  Lösen  der  Masse  in  Wasser 
and  Abdampfen  zur  Krystallisation.  Beim  Abdampfen  eines  auf  Pilan- 
zenfarben  neutral  reagirenden  Gemisches  von  Kalilauge  und  Arsen- 
saure  krystallisirt  dieses  Salz,  während  das  neutrale  gelöst  bleibt, 
wie  das  entsprechende  phosphorsaure  Salz  in  Formen,  die  dem  quadra- 
tischen Systeme  angehören.  Die  Böthung,  welche  die  Lösung  dieses 
Salzes  bei  blauem  Lackmuspapier  hervorbringt,  verschwindet  beim  Trock- 
oen.  Es  schmeckt  dem  Salpeter  ähnlich.  Verliert  selbst  bei  2 8 8^0.  nur 
wenig  Wasser.  In  höherer  Temperatur  schmilzt  es  unter  Waaserverlust 
and  erstarrt  beim  Erkalten  zu  einer  glasigen,  zerspringenden  Masse.  Die 
Krystalle  lösen  sich  bei  -f~  6^0.  in  5,3  Thlm  Wasser,  in  heissem  sind 

20* 


308  Arsensäuren. 

sie  noch  viel  löslicher,  nicht  in  Weingeist     Die  Löanng  fällt  die  alka- 
lischen Erdsalze  nicht 

Arsensaurer  Kalk,  neutraler,  2  GaO.HO.  AsO» -|-5aq., 
in  der  Natur  vorkommend  als  Pharmakolith,  wird  wie  das  Barytsalz  er- 
halten. 

Das  saure  Salz  ist  löslich,  das  basische  unlöslich  in  Wasser. 
Das   letztere  erhält  man  durch  Fällung  des  neutralen  mit  Ammoniak. 

Arsensaures  Ealk-Amrooniumoxyd,  basisches,  (2CaO. 
NH4  0).As05  -\~  12  aq.,  erhält  man,  nach  Wach,  beim  Vermischen 
heisser  Lösungen  von  Arsensäure  in  überschüssigem  Ammoniak  mit 
salpetersaurem  Kalk.  Beim  Erkalten  krystallisirt  das  Salz  in  trep- 
penförmig  Übereinander  gelagerten  Tafeln.  Vermischt  man  die  Lö- 
sungen kalt,  so  schlägt  sich  die  Verbindung  sogleich  pulverförmig  nie- 
der.    Ist  zugleich  arsenige  Säure  vorhanden,  so  bleibt  diese  .gelöst 

Wenn  man  aber  neutralen  arsensauren  Kalk  in  Salpetersäure  löst 
und  durch  etwas  Überschüssiges  Ammoniak  niederschlägt,  so  erhält 
man,  nach  Bau  mann,  ein  saures  Kalk -Ammoniumoxydsalz  (CaO. 
NH4  0.HO)As05  als  flockigen  Niederschlag,  der  bald  nadeiförmig 
krystallinisch  wird.  Setzt  man  so  viel  Ammoniak  hinzu,  dass  nur  ein 
kleiner  Theil  des  Salzes  ausgefallt  wird,  so  liefert  die  in  einer  Flasche 
der  Buhe  Überlassene  Flüssigkeit  Krystalle,  welche  dem  regulären  Sy- 
steme angehören,  aber  dieselbe  Zusammensetzung  wie  das  nadelförmige 
Salz  besitzen.     Es  ist  also  dimorph. 

Arsensaures  Kobaltoxyd  bereitet  man  durch  Fällung  einer 
Lösung  von  Kobaltoxydhydrat  in  Essigsäure  mit  arsensanrem  Alkali. 
Es  ist  ein  brauner  Niederschlag. 

Arsensaures  Kobaltoxydul.  Die  neutrale  Verbindung  ist 
nicht  bekannt.  Das  saure  Salz  erhält  man  durch  Verdunsten  der  Lö- 
sung von  Kobaltoxydulhydrat  in  überschüssiger  Arsensänre,  im  luftlee- 
ren Räume;  das  basische  Salz,  dCoO.AsO»  -|-  8  HO  (Kerstan^), 
kommt  in  der  Natur  als  secundäres  Product  vor,  durch  Zersetzung  von 
Speisskobalt  entstanden,  in  rothen  Krystallen  und  führt  den  Namen 
Kobaltblüthe.  Nach  Buchholz  enthält  es  nur  6  Aeq.  Wasser.  Künst- 
lich erhält  man  es  durch  Fällung  eines  löslichen  Kobaltsalzes  mit  basisch 
arsensaurem  Natron  als  röthliches  Pulver. 

Unter  dem  Namen  Chaux  mSuüUque  ist  ein  basisch  arsensaores 
Kobaltoxydul  im  Handel,  welches  aus  der  Lösung  des  Kobaltglanzes  in 
Salpetersäure  erhalten  wird.  Man  setzt  so  lange  kohlensaures  Kali  zn, 
als  noch  weisses  arsensaures  Eisenoxyd  dadurch  gefällt  wird,  filtrirt 
und  schlägt  durch  weiteren  Zusatz  des  Fällungsmittels  das  arsensaure 
Kobaltoxydul  nieder.  Die  Verbindung  ist  in  Ammoniak  mit  blanrother, 
in  Salzsäure  mit  rother  Farbe  löslich.  Kaustisches  Kali  zieht  die 
Arsensäure  aus  und  hinterlässt  blaues  Oxydul,  welches,  mit  1  bis  2  Thln. 
reiner  Thonerde  geglüht,  eine  schöne  blaue  Farbe  giebt,  durch  Olft- 
hen  wird  sie  dunkler,  aber  nicht  zerlegt. 

Auf  trockenem  Wege  bereitet  man  dasselbe  Salz  durch  Schmelzen 
von  Glanzkobalt  mit  seinem  doppelten  Gewicht  Potasche  und  etwa» 
Quarzsand.  Es  setzt  sich  ein  Begulus  von  Arsenkobalt  ab,  den  man 
nochmals  gepulvert  mit  Potasche  schmilzt,  wobei  eine  zur  Smaltefabri- 
kation  taugliche  Schlacke  und  ein  reiner  Regulus  von  Arsenkobalt  er- 


0  AnnaL  d.  Phys.»  Bd.  LX,  S.  266. 


Arsensäuren.  309 

halten  wird,  der  durch  vorsichtiges  Rösten  die  gewünschte,  ebenfalls 
ab  Üunuf  fneUüliqw  verkaufte  Verbindung  von  Kobaltoxydul  mit  Arsen- 
saure liefert. 

Gen  tele  erhielt  durch  Schmelzen  des  auf  nassem  Wege  berei- 
teten ChcMx  metalUque  im  Porcellanofen  eine  Masse,  worin  sich  in 
Höhlungen  tief  blaue,  ein  rosenrothes  Pulver  gebende,  in  Säuren  leicht 
lösliche  Prismen  befanden,  welche  der  Formel  4C0O.ASO5  ent- 
iprachen. 

Arsensaures  Kupferoxyd,  basisches,  erhält  man  als  grü- 
nes Pulver  durch  Fällung  von  Kupfervitriollösung  mit  arsensaurem 
Alkali,  wobei  die  Lösung  alkalisch  wird.  Es  ist  nicht  in  Wasser, 
aber  in  freien  starken  Säuren  und  in  Ammoniak  löslich.  Versetzt  man 
die  Flfissigkeit  nebst  dem  Niederschlage  mit  so  viel  Salmiakgeist,  dass 
sich  letzterer  wieder  löst,  und  überlässt  die  Mischung  der  freiwilligen 
Verdunstung,  so  krjstallisirt  arsensaures  Kupferoxyd* Ammoniak,  CuO. 
ibOj  -j-  3NH4O  -[-^O?  ®ui  an  der  Luil  beständiges,  durch  Sonnen- 
licht aber  und  eine  Temperatur  von  300^  C.  leicht  zersetzbares  Salz. 
Zaent  geht  Ammoniak  und  Wasser  fort,  bei  höherer  Hitze  sublimirt 
«nenige  Säure. 

Verschiedene  basische  arsensaure  Kupferoxydhydrate  kommen  in 
der  Natur  vor:  Euchroit,  4CuO.As05  -f"  7H0,  Olivenit,  die- 
selbe Verbindung,  jedoch  mit  nur  1  Aeq.  Wassergehalt,  Linsenerz, 
femer  Kupferschaum,  öCuO.AfiOs  -4~  lOHO,  und  Erinit, 
oCnO.AsOft  -f  2  HO. 

Arsensaure  Magnesia,  (2  MgO  .  HO)  .  ASO5  -^  13  aq., 
(Graham  i),  bildet  sich  als  weisser,  in  Wasser  unlöslicher  Nieder- 
sehlag,  wenn  verdünnte  Lösungen  von  3  Thln.  schwefelsaurer  Magne- 
sia and  5  Thln.  neutralen  arsensauren  Natrons  mit  einander  gemischt 
werden.  Er  ist  in  Salpetersäure  leicht  löslich,  nachdem  er  aber 
stark  roth  geglüht  worden  ist,  löst  er  sich  nicht  mehr  in  Säuren. 

Die  saure  Verbindung  mit  1  Aeq.  Basis  ist  iu  Wasser  leicht  löslich 
Qod  trocknet  zu  einer  jgummiartigen  Masse  ein.  Das  basische  Salz 
bfldet  sich  durch  Fällung  von  Bittersalz  mit  basischem  Natronsalz,  oder 
vsnn  man  das  neutrale  Salz  längere  Zeit  in  einer  concentrirten  Lösung 
TOD  arsensanrem  Natron  kocht. 

Arsensaares  Magnesia-Ammoniumoxyd  erhält  man  nach 
der  Formel  (2  MgO.NH4  O).  AsOs  +  12  aq.  (H.  Rose),  wenn  man 
Bittersalz  in  eine  mit  Ammoniak  stark  übersättigte  Lösung  von  Ar- 
Knaore  giesst,  mit  der  Vorsicht,  dass  letztere  nicht  ganz  ausgefällt 
wird. 

Nach  L  e  V  o  P)  entsteht  durch  Vermischen  einer  salmiakhaltigen 
Hagnesialösung  mit  einer  ammoniakalischen  Lösung  von  arsensaurem 
AromonUk  die  Verbindung  (2  MgO,  NH4  O) .  AsOj  -f  12  aq.  in' 
^inen  Krystallen.  Sie  ist  in  aminoniakhaltigem  Wasser  (gleich  der 
correspondiiren  phosphorsauren  Verbindung)  so  schwer  löslich,  dass  sie 
<tth  zur  Bestimmung  der  Arseniksäure  und  Trennung  der  arsenigen 
&ure  eignet.  Sie  verliert  bei  100^^  C.  11  Aeq.  Wasser  (H.  Rose), 
^  Glühen  44,28  Proc.  Wasser,  Ammoniak  und  etwas  Arsen. 

In  der  Natur  kommt  als  Pikropharmakolith  eine  der  Formel 


^)  Annal.  d.  Cbem.  u.  Pharm.  Bd.  XXIX.   S.  24.  ~  *)  Annal.  de  Chim.  et  de 
^  [3.]  T.  XVn,  p.  501. 


310  Arsensäuren. 

s 

2CaO.AB05  +  3  CaO.  As  05  +  2Mg  O.  AbO^  +^3MgO.A8  05-f 
12  HO  entsprechende  Kalk  -  Magnesiaverbindüng  vor. 

Arsensaiires  Magnesia-Kali.  Sclimilzt  man  arsenäaure 
Magnesia  mit  überschüssigem  kohlensauren  Kali,  so  wird  sie  leicht  und 
vollständig  zerlegt,  setzt  man  aber  nur  1  Aeq.  Kali  zu,  so  bildet^'sich 
eine  der  Formel  (K  O.  2MgO).  AsOs  entsprechende  Verbindung,  die 
jedoch  durch  Wasser  wieder  zerlegt  wird. 

Die  entsprechende  Magnesia-Natron  Verbindung  wird  in  analoger 
Weise  wie  die  Kaliverbindung  dargestellt  (H.  Rose  *). 

Arsensaures  Manganoxydul,  2  MnO  .HO.  AsO^,  wird  am 
leichtesten  durch  Sättigen  von  Arsen  säure  mit  frisch  gefälltem  kohlen- 
sauren Oxydul  erhalten.     Es  ist  löslich  in  freier  Arsensäure. 

Arsensaures  Manganoxydul- Ammoniumoxyd,  (2MnO. 
NH4  0).Ab05  -f-  12  aq.,  erhält  man,  nach  Otto,  durch  Vermischen 
heisser  Lösungen  von  Arsensäure  in  überschüssigem  Ammoniak  und 
Manganchlorür,  als  anfangs  schleimigen,  bald  krystallinisch  werdenden 
Niederschlag  von  weisser,  etwas  ins  röthliche  ziehender  Farbe. 

Arsensaures  Molybdänoxydul  ist  ein  grauer  Niederschlag, 
der  beim  Vermischen  von  Molybdänchlorür  mit  arsennaurein  Natron 
entsteht.  Der  zuerst  sich  bildende  Niederschlag  verschwindet  anfangs, 
wird  aber  bei  grösserem  Zusatz  bleibend. 

Arsensaure  Molybdänsäure.  Wenn  man  beide  Säuren 
mit  einander  digerirt,  so  erhält  man  eine  saure  farblose  Losung  und 
ein  basisches,  citronengelbes,  in  Wasser  unlösliches  Salz.  Die  farblose 
Lösung  liefert,  zur  Syrupdicke  abgedampft,  farblose  Krystalle,  die  mit 
Alkohol  Übergossen  zuerst  weisse  Flocken  bilden,  sich  aber  allroälig 
lösen.  Die  weingeistige  Lösung  wird  beim  Abdampfen  blau  und  lie- 
fert keine  Krystalle  mehr. 

Arsensaures  und  molybdänsaures  Ammoniumoxyd.  Ar- 
sensäure bringt  nicht  in  der  Kälte,  aber  beim  Erhitzen  auf  100<>C.  in 
sauren  Lösungen  von  molybdänsaurem  Ammoniak  einen  gelben  Nieder- 
schlag hervor,  ähnlich  wie  Phosphorsäure  ihn  schon  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  bildet.  Dieser  Niederschlag  enthält  etwa  7  Proc.  Arsen- 
säure (Sonnenschein),  und  man  darf  wohl  annehmen,  dass  er  der 
Verbindung  der  Phosphorsäure  analog  zusammengesetst  sei. 

Arsensaures  Natron,  1)  basisches:  3NaO.As05  -|-  24  aq. 
Man  glüht  das  neutrale  Salz  mit  überschüssigem  kohlensauren  Natron, 
oder  dampft  die  Lösungen  beider  stark  ein.  Aus  der  Mutterlauge  kry- 
stallisirt  dann  das  Salz  fast  vollständig,  während  das  überschüssige 
Natron  gelöst  bleibt.  Die  Krystalle  sind  luftbeständig,  schmecken  alka- 
lisch, schmelzen  bei  86^0.,  lösen  sich  inS^/^Tliln.  Wasser,  die  Lösung 
so  wie  das  geglühte  Salz  ziehen  aus  der  Luft  Feuchtigkeit  an. 

2)  Neutrales,  (2  NaO  .  HO)  .  AsO»  +  24  aq.  (Fresenius  »)i 
schiesst  aus  einer  Lösung  von  Arsensäure,  wenn  man  dieselbe  ein 
wenig  mit  kohlensaurem  Natron  Übersättigt,  bei  freiwilliger  Verdam- 
pfung unter  18^  C.  in  gprossen  Krystallen  an,  welche  mit  dem  ge- 
wöhnlichen phosphorsauren  Natron  correspondiren.  Läset  man  es 
aus  concentrirteren  Lösungen  bei  20®  C.  und  darüber  krystallisireiit 
so  bilden  sich    Krystalle    von  anderer  Form  mit   nur   14  Aeq.   Kry- 


')  Annal.   d.    Phys.  Bd.  LXXVII,   S.  288.   —    «)  Erdmann,    Journ.    f.   prakU 
Chem.  Bd.  LVl,  S.  30. 


J 


Argensäuren.  311 

slaUwaMer.  Entere  verwittern  sehr  leicht  an  der  Luft^  letztere 
gar  nicht.  Bei  200^0.  behalten  sie  nur  1  Aeq.  basisches  Wasser  zu- 
rück. Sie  schmelzen  laicht  in  der  Hitze,  das  Wasser  entweicht  und 
man  erhält  eine  durchsichtige,  glas&hnliche  Flüssigkeit,  die  erst  nach 
längerer  Zeit  strahlig,  seidengiänzend  erstarrt.  Bei  0<>C.  soll  ein  Salz 
mit  27  Aeq.  Wassergehalt  krystallisiren  (Setterberg). 

3)  Saures,  (Na  O  .  2  H  O)  As  O5  -{-  2  aq. ,  bildet  sich,  wenn  man 
kohlensaures  Natron  so  lange  mit  Arsen  säure  versetzt,  bis  die  Lösung 
durch  Chlorbarium  nicht  mehr  gefällt  wird;  nach  einiger  Zeit  schiesst 
das  Salz  in  der  Kälte  an.  Es  ist  noch  leichter  löslich  als  das  neu- 
trale, bildet  grosse  Krystalle.  Beide  Verbindungen  sind  mit  den  ent- 
sprechenden phosphorsauren  isomorph. 

Arsensaures  Natron-Kali,  neutrales  (NaO.KO.HO). 
AsOft  --|-  16  aq.,  wird  durch  Neutralisation  des  sauren  arsensauren 
Nalronsalxes  mit  kohlensaurem  Kali  erhalten.  Die  Krystalle  scheinen 
isomorph  mit  dem  neutralen,  1 4  Aeq.  Krystallwasser  enthaltenden  Natron- 
salce  zu  sein,  es  ist  deshalb  auch  vielleicht  in  diesem  Salze  nicht  mehr 
Krystall Wasser  enthalten  (L.  Gmelin). 

Arsensaures  Natron  mit  schwefelsaurem  Natron.  Man 
kennt  mehrere  Doppelverbindungen  dieser  Salze.  Nach  Mitscher- 
lich  entsteht  bei  Zusatz  von  2  Aeq.  Schwefelsäure  zu  der  Lösung 
von  3  Aeq.  neutralem  arsensauren  Natron  eine  der  Formel  t  (Na  O . 
S  Qj)  -|-  4  Na  O^  3  As  O5  entsprechende  krystallisirende  Verbindung, 
deren  Lösung  Lackmus  schwach  röthet,  aber  Curcuma  noch  bräunt 
Nach  Setterberg  erhält  man  durch  Auflösen  äquivalenter  Verhält- 
nisse von  schwefelsaurem  Natron  und  arsensaurem  Natron,  so  wie 
durch  Erhitzen  von  wasserfreiem  arsensauren  Natron  in  einem  Strom 
von  schwefliger  Säure  (wobei  die  Hälfte  der  Arsensäure  zu  arseniger 
redncirt  und  verflüchtigt  wird)  und  nachheriges  Umkrystallisiren  eine 
der  Formel  NaO  .  S  Os  -|-  2  Na  O .  ASO5  entsprechende  Verbindung, 
die  an  der  Luft  nicht  fatiacirt  und  leichter  als  jedes  der  beiden  Salze 
schmilzt. 

Arsensaures  Natron  mit  Fluornatrium,  3NaO.As05-f' 
Na  F  -|-  24  aq.  Diese  Verbindung  wird  erhalten,  wenn  ein  Gemenge 
von  1  Theil  arseniger  Säure  mit  4  Thln.  kohlensaurem  und  3  Thln. 
salpetersanrem  Natron  und  1  Thln.  Flnssspath  nach  und  nach  in  einen 
rodiglöhenden  Tiegel  eingetragen,  und  hier  zuletzt  bis  zum  vollständi- 
(Cen  Schmelzen  erhitzt  wird ;  beim  Auskochen  der  geschmolzenen  Masse 
mit  Wasser  krystallisirt  die  Doppelverbindung  von  der  angegebenen 
Zusammensetzung  in  regulären  OctaMem,  die  vollkommen  das  Aus- 
sehen des  gewöhnlichen  Alauns  haben;  sie  haben  ein  specif.  Gewicht 
r=:  2,849  bei  2öo  C.  Das  Salz  löst  sich  bei  25^  G.  in  9,5  Thln.,  bei 
750  C.  in  2  Thln.  Wasser  (Briegleb  i). 

Arsensaures  Nickeloxydal,  basisches,  wird  durch  doppelte 
Zersetzong  als  apfelgrOnes  Krystallpulver  erhalten,  ist  unlöslich  in  Was- 
ser, löslich  in  Arsensäure.  in  anderen  starken  Säuren  und  in  Ammoniak, 
aus  letzter  Lösung  fallt  Kalilauge  arsenireies  Nickeloxydulhydrat.  In 
der  Natur  findet  sich  das  basische  Salz  unter  dem  Namen  Nickelblüt he. 

Arsensaures  Palladiumoxy  dul  soll  als  hellgelber  Nieder* 


*)  Anoftl.  d.  Chem.   u.   Pharm.    Bd.  XCVII,   S.  95;     Chem.   Centralbl.    185G. 
8.  167. 


312  ArBeDMuren. 

schlag  gef&llt  werden,  wenn  man  die  Losnngen  von  anauMirem  Na- 
tron and  nentmlem  salpetersanren  Pallndinmoxjdnl  mMunmen  er- 
wärmt. 

Arsensaures  Platinoxjd  soll  beim  Vermischen  von  salpeter- 
sanrem  Platinoxyd  mit  arsensaurem  Natron  al»  hellbraanea,  in  Salpeter- 
säure lösliches  PnWer  erhalten  werden. 

Arsensaares  Qaecksilberoxyd.  Wenn  zu  salpetersanrem 
Qaecksilberoxyd  Arsen  säare,  oder  zu  Qaecksilberchlorid  arsensaores 
Natron  gesetzt  wiid^  so  entsteht  ein  in  Arsensaare  nnd  Salpetersäure 
löslicher  gelber  Niederschlag.  Aach  wenn  man  trockene  Arsensaure 
mit  QaecksUber  erhitzt,  so  erhält  man  gelbes  arsensaores  Qaecksilber- 
oxyd nnter  fjitweichen  von  arseniger  Säore. 

Arsensaares  QoecksilberoxydnU  I)neatrales:  (2Hg]0. 
H  O)  As  0§  -^  H  O.  Tropft  man  salpetersanres  Qaecksilberoxydal  in  eine 
concentrirte  Losnng  von  Arsensäore^  so  entsteht  ein  weisser  Nieder- 
schlag, der  sich  anfangs  löst,  bei  Znsatz  von  mehr  Qnecksilberlösnng 
aber  bleibend  wird.  Beim  Aaswaschen  bleibt  er  weis&,  wird  aber  beim 
Trocknen  roth.  Setzt  man  za  der  Qnecksilberlösang  Arsenaaore  oder 
arsensaures  Natron,  so  bildet  sich  znerst  eine  Doppelverbindnng  auf 
arsensaurem  nnd  salpetersanrem  Quecksilberoxydul,  welche  aber,  be- 
sonders in  der  Wanne,  schnell  zersetzt  wird,  und  erst  in  gelb,  orange, 
roth  und  zuletzt  ins  Purporrothe  Qbergeht 

Diese  Salze,  in  Salpetersaare  gelöst,  werden  bei  vorsichtigem  Zu- 
satz von  Ammoniak  schwarz  gefällt  Beim  Erwärmen  wird  auch  die- 
ser Niederschlag  roth. 

Das  arsensaure  Qaecksilberoxydal  verliert  beim  Erhitzen  erst  Was- 
ser, dann  destillirt  Quecksilber  ab,  and  gelbes  arsensaures  Qaecksilber- 
oxyd bleibt  zurück.  Salpetersäure  löst  es  in  der  Kälte  unverändert  au( 
oxydirt  es  aber  beim  Kochen  zu  Oxydsalz.  .Salzsäure  zerlegt  es  in  freie 
Arsensäare  und  Quecksilberchlorür,  kocht  man  den  Niederschlag  län- 
gere  Zeit,  so  bildet  sich  Qaecksilberchlorid  und  Quecksilber  wird  ab- 
geschieden (Simon).  Es  löst  sich  in  wenig  salpetersaurem  Ammo- 
niak und  scheidet  sich  daraus  in  schönen  rothen,  kleinen  Krystallen  ab. 
In  Wasser,  Alkohol  und  E^igsäore  ist  es  unlöslich. 

2)  Saures:  HgaO.AsOs.  Wenn  Qnecksilberoxydul  oder  das 
neutrale  Salz  mit  Arsensäare  zur  Trockne  verdampft,  die  Masse  mit 
Wasser  ausgewaschen  und  im  Wasserbade  getrocknet  wird,  so  erhält 
man  ein  weisses  Palver,  welches  in  kalter  Salpetersäure  nicht  leicht 
löslich  ist,  Ammoniak  iUllt  daraus  beim  Erwärmen  das  neutrale  Salz. 
Gegen  Salzsäure  und  kochende  Salpetersäure  verhält  es  sich  wie  die- 
ses. Durch  vorsichtiges  Versetzen  mit  Kalilauge  wird  ihm  die  Hälfte 
der  Arsensäure  entzogen.  Beim  Erhitzen  liefert  es  unter  Quecksilber- 
verflüchtigung neutrales  gelbes  arsensaures  Oxyd. 

Ein  Doppelsalz  von  arsensaurem  nnd  salpetersaurem  Quecksilber- 
oxydul, 2Hg2  0.A8  05  -|-  Hg3  0.N05,  wird  erhalten,  wenn  man  auf 
eine  concentrirte  Lösung  von  arsensaurem  Quecksilberoxydul  in  ziem- 
lich starker  Salpetersäure  vorsichtig  ein  gleiches  Volumen  Wasser  und 
dann  eben  so  viel  Ammoniak  giesst,  ohne  sie  zu  vermischen.  Es  bil- 
den sich  allmälig  weisse  Warzen  und  Nadeln  des  Doppelsalzes.  Wenn 
man  die  salpetersaure  Lösung  des  Qaecksilberoxyd uls  mit  sehr  wenig 
Arsensäure  versetzt,  so  erhält  man  die  Verbindung  in  Pulverform. 

Arsensaures  Khodiurooxyd.      Wenn  Natrium-Rhodiumchlo- 


Arsensäuren.  313 

rid  mit  einer  Lösung  von  arsenBanrem  Natron  erwärmt  wird,  8o  bildet 
sich  ein  gelblich  weisser  Niedersohag. 

Arsensaares  Silberoxyd,  basisches:  SAgO.AsOs.  Auf 
nassem  Wege  ist  keine  andere  Verbindung  des  Silberoxyds  mit  der 
Arsensaure  zu  erhalten,  man  mag  Salpetersäure  Silberlösung  mit  Arsen- 
säore  oder  mit  einem  ihrer  alkalischen  Salze  mit  verschiedenem  Basen- 
^balt  anwenden.  Die  basischen  Salze  der  Alkalien  fallen  das  Silber 
ToUstäodig  und  die  Lösung  bleibt  neutral,  die  neutralen  fallen  es 
wie  freie  Arsensäure  nicht  vollständig,  weil  die  Flüssigkeit  durch 
freie  Salpetersäure  sauer  wird,  und  dadurch  etwas  arsensaures  Silber- 
oxyd gelöst  bleibt.  Es  ist  ein  dunkel  braunrother  Niederschlag,  der 
m  der  Hitze  zu  einem  braunrothen  Glase  schmilzt,  durch  Salzsäure 
in  Chlorsilber  zerlegt  wird,  in  Essigsäure,  wässerigem  Ammoniak  und 
beim  Erwärmen  in  schwefelsaurem,  salpetersaurem  und  bernsteinsaurem 
Ammoniak  löslich  ist. 

Schmilzt  man  1  Aeq.  Arsensäurehydrat  mit  2  Aeq.  salpeter- 
saareni  Silberoxyd  zusammen,  bis  alle  Salpetersäure  verjagt  ist,  so 
eriiält  man  ein  fast  durchsichtiges  gelbes  Glas.  Giesst  man  Wasser 
darauf,  so  zersetzt  es  sich  und  das  braune  basische  Salz  bleibt  zu- 
rfick.  Wird  dieses  in  kochender  Salpetersäure  aufgelöst  und  bis  zur 
cheilweisen  Verdunstung  der  Salpetersäure  gekocht,  so  setzen  sich  beim 
Erkalten  kleine  schwarze  Krystalle  des  basischen  Salzes  ab.  Aus  der 
sjmpdicken  Mutterlauge  schiesst  bei  gelindem  Verdunsten  ein  Doppel- 
ülx  von  Salpeter-  und  arsensaurem  Silberoxyd  an,  welches  aber  durch 
Wasser  sogleich  zersetzt  wird,  unter  Abscheidung  von  braunem  basi- 
schen Salz.  Löst  man  das  basische  Salz  in  freier  Arsensäure,  so 
schiaest  daraus  beim  Verdunsten  ein  saures ,  nach  der  Formel  (Ag  O . 
:^IiO)As05  zusammengesetztes  Salz  an.  Sowohl  das  Salz  wie  die 
Mutterlauge  geben  das  braune  basische  Salz,  so  wie  sie  mit  Wasser  in 
Berfihmng  kommen. 

Das  basische  Salz  mit  Schwefelsäure  Übergossen,  liefert  beim  Ab- 
donsten  des  Ueberschusses  ein  nach  der  Formel  2  AgO .  AsO^ -^  AgO 
SOs  zusammengesetztes  Doppelsalz,  welches  sowohl  durch  Wasser  als 
auch  durch  verdCInnte  Schwefelsäure  zersetzt  wird  (Setterberg). 

Arsen  saurer  Strontian  wird  erhalten  und  verhält  sich  wie 
das  Bar3rtsalz.  Wenn  man  das  Salz  in  Salpetersäure  löst  und  durch 
Sberschfissiges  Ammoniak  lallte  so  wird  der  flockige  Niederschlag  in 
der  Flüasigkeit  bald  krystallinisch  und  entspricht  der  Formel  (2SrO. 
NH4O),  AsOft  +  HO. 

Arsensaure  T  hon  erde:  2  AljOs  •  3  ASO5.  ^üi  durch  dop- 
pelte Zersetzung  entstehender  weisser,  in  Wasser  unlöslicher  Nieder- 
schlag, der  sich  in  der  freien  Säure  leicht  löst,  und  bei  deren  Ver- 
dampfen zu  einer  glasähnlichen  Masse  wird. 

Arsensaure  Thorerde  wird  durch  doppelte  Zersetzung  als 
weisser,  flockiger,  in  Wasser  und  wässeriger  Säure  unlöslicher  Nieder- 
ichlag  erhalten. 

Arsensaures  Titanoxyd.  Arsensäure  schlägt  aus  Titan- 
oxydlösnngen  weisse  Flocken  nieder,  die  zu  glasartigen  Massen  ein- 
trocknen und  sowohl  in  freier  Titansäure,  als  auch  in  freier  Arsensäure 
löslich  sind. 

Arsensaures  Uranoxyd,  2U2OS  .HO.  ASO5  -|-  8  aq.,  bildet 
sich,  wenn  man  essigsaufes  Uranoxyd  durch  Arsensäure,  oder  Salpeter- 


314  Arsensäuren. 

sftores  Salz  durch  arsensafures  Natron  f ftllt  Es  ist  ein  gelber  Nieder- 
schlag, der  bei  l'iO^C.  8  Aeq.  Wasser '  verliert 

Versetzt  man  die  salpetersaure  Uranoxydlösung  mit  basischem 
Natronsalz,  so  erhält  man  ein  blassgelbes  unlösliches  Doppelsalz^  der 
Formel  (Na  0 . 2  U2  Os)  .  As  Os  -|-  5  H  O  entsprechend.  Kocht  idad 
das  neutrale  gelbe  Salz  mit  basisch  essigsaurer  Kupferoxydlösung, 
wie  man  sie  erhält  durch  Digestion  von  Grünspan  mit  Wasser,  so  wird 
es  grünlich  und  besitzt  die  Zusammensetzung  (CuO .  2  U9O3) .  AsO^  -^ 
8  aq.  (Werther). 

Arsen  saures  Uranoxydul:  2U0.  HO.  AsO^-)- 3  aq.  (Rain- 
melsberg  i).  Ein  grüner  Niederschlag  aus  Uranchlorür  durch  dai 
Natronsalz  zu  erhalten.  Er  ist  löslich  in  Salzsäure,  Kalilauge  entsiehl 
ihm  die  Säure,  beim  Glühen  entweicht  ein  Theil  derselben  als  arsenig« 
Säure  und  es  bildet  sich  Oxyd.  Die  salzsaure  Lösung  liefert  durcli 
Versetzen  mit  überschüssigem  Ammoniak  einen  sehr  voluminösen  grü« 
nen  Niederschlag,  der  3  Aeq.  Uranoxydul  auf  1  Aeq.  Arsensäure  enthält 

Arsensaures  Vanadiumoxyd.  Eine  Auflösung  von  Vana- 
diumoxydhydrat  in  überschüssiger  Arsensäure  liefert  beim  Abdampfen 
eine  Binde  von  hellblauen  Krystallkörnern.  Das  Salz  kann  abgewa- 
schen werden,  es  löst  sich  so  langsam  auf,  dass  es  fast  unlöslich  er- 
scheint. Es  ist  leicht  löslich  in  Salzsäure  und  enthält  1  Aeq.  Vana* 
diumoxyd  auf  1  Aeq.  Arsensäure.  Ein  basischeres  Salz  in  Form  einei 
syrupartigen  Masse,  gemischt  mit  Krystallen  des  vorhergehenden  Salzea 
wird  durch  Abdampfen  einer  mit  Vanadiumoxyd  gesättigten  Lösung 
von  Arsensäure  erhalten.  Wird  die  Lösung  der  krystallinischen  Verbia- 
düng  in  Salpetersäure  abgedampft,  bis  sich  salpetrige  Säure  entwickelt 
so  setzt  sich  ein  gelbes  Pulver  ab,  welches  aus  arsensaurer  Vanadin- 
säure der  Formel  2  VOs  -|-  3  AsO^  entsprechend  zusammengesetzt  ist 

Arsensaares  Wismuthoxyd:  2  610«  .8ASO5.  Durch  Fäl- 
lung von  salpetersaurer  Wismuthlösung  mit  Arsensäure  bildet  sich  eiD 
weisser  pulveriger  Niederschlag,  der  in  Salpetersäure  und  Wasser  un- 
löslich, in  Salzsäure  leicht  löslich  ist. 

Arsensaare  Yttererde,  neutrale,  erhält  man  durch  dop- 
pelte Zersetzung  als  ein  weisses,  schweres  Pulver,  leicht  in  Salpeter- 
säure löslich  und  daraus  beim  Abdampfen  sich  in  Krystallrinden  ab- 
scheidend. Durch  Uebersättigen  der  Lösung  mit  Ammoniak  wird  ba- 
sisches Salz  gefällt  In  einem  Ueberschuss  von  Arsensäure  ist  die 
Yttererde  löslich,  aber  beim  Erhitzen  fällt  das  neutrale  Salz  nieder. 

Arsensaures  Zinkoxyd.  Durch  Fällung  des  essigsanrei 
Salzes  mit  Arsensäure  oder  arsensaurem  Natron  als  weisser  Niederschlaf 
zu  erhalten.  Er  löst  sich  in  überschüssiger  Arsensäure  und  krystalli 
sirt  beim  Verdampfen  in  cubischen  Krystallen  als  saures  Salz.  Zinb 
löst  sich  in  wässeriger  Arsensäure  unter  Wasserstoffentwickelung  und 
Bildung  von  festem  braunen  Arsenwasserstoff.  Schmilzt  man  Zmk 
und  Arsensäure  zusammen,  so  wird  viel  Arsen  unter  schwacher  Detona- 
tion reducirt. 

Ein  basisches  Zinksalz,  3ZnO.As05  -j~  ^^*9  kommt  auf  dei 
Kobaltgrube  Daniel  bei  Schneeberg  als  Sinter  vor,  in  welchem  dm 
Zinkoxyd  theil  weise    durch  Kobaltoxydul  vertreten  ist  (Kö  ttig  ^). 


0  Pogg.   AiiiiBl.   Bd.  LIX,   S.  96.    —    »)  Jonrn.   f.   prakt.   Ohem.  Bd.   XLVIIl 
S.   182  n.  266. 


Arsenschwärze.  —  Arsenschwefelsäure.  815 

Fügt  man  zu  einer  Auflösung  von  arBenBaorem  Natron  Amono- 
niakflüssigkeit ,  6o  entsteht  auf  Zusatz  von  schwefelsaurem  Zink- 
oxyd ein  Niederschlag  von  basisch-arsensaurc^  Zinkoxyd,  der  sich 
aber  bald  in  die  krystallinische  Verbindung  8ZnO  .  AsOs  -|-  NHs 
-(-  3  H  O  (?)  verwandelt  (Bette). 

Arsensaures  Zinnoxyd:  2Sn03  .  AsO«  -|-  lOaq.  Wird  ein 
Gemenge  von  zinnsaurem  Natron  und  überschüssigem  arsensauren  Na- 
tron mit  überschüssiger  Salpetersäure  versetzt,  so  fällt  das  arsensaure 
Zinnoxjd  als  eine  gallertartige  weisse  Masse  nieder.  Nach  dem  Trocke- 
nen ist  es  durchsichtig;  bei  120^0.  verliert  es  alles  Wasser  (Häffely^). 

Arsensaures  Zinnoxydul.  Zinnchlorür  wird  durch  Arsen- 
säore  weiss  gefallt,  eben  so  essigsaure  Oxydullösung.  Zinn  mit  wäs- 
seriger Arsensäure  erwärmt,  bildet  unter  Wasserstoffent Wickelung  eine 
gallertartige  Masse. 

Arsensaure  Zirkonerde.  Ein  weisser,  in  Walser  unlöslicher 
Niederschlag,  durch  doppelte  Zersetzung  zu  erhalten.     (J.  L.  —  V.)  ScM. 

Arsenschwärze.  Eine  auf  Hornsteingängen  bei  Joachims- 
thal in  Böhmen  als  Ueberzug  vorkommende  problematische  Substanz, 
welche  als  ein  Arsenoxyd  in  Anspruch  genommen  worden  bt.   Th.  Ü. 

Arsenschwefelsäure:  HO.AsSaOg.     Ein  saures   Oxy- 

mlfid,  welches  im  freien  Zustande  nicht  bekannt  ist.  Es  entsteht,  wenn 
durch  eine  kalt  gesättigte  Lösung  von  neutralem  arsensauren  Kali  ein 
rascher  Strom  von  Schwefelwasserstoff  geleitet  wird ;  die  Lösung  wird  zur 
erst  gelb,  dann  setzt  sich  etwas  Arsensupersnlfid  ab  und  zuletzt  ein  Salz 
in  farblosen  Krystalien.  Hat  sich  dasselbe  in  einiger  Menge  gebildet, 
lo  fugt  man  der  Flüssigkeit  etwas  Kalilauge  zu  und  fährt  mit  dem 
Einleiten  von  SchwefelwasserstoflT  fort,  wodurch  die  Menge  des  Salzes 
Doch  etwas  vermehrt  wird.  Man  spült  mit  der  Mutterlauge  das  mei- 
»le  Schwefelarsen  ab  und  wäscht  das  Salz  mit  sehr  kleinen  Mengen 
Wasser,  presst  und  trocknet  es  unter  der  Luftpumpe.  Seine  Zusammen- 
setzung entspricht  der  Formel  EO  .  AsS^Os  -f  2  HO  =  (KG  .  2  HO) 

As  li^'.     Das    trockene  Salz   verändert    sich    nicht  an   der    Luft,   bei 

170^  C.  verliert  es  seinen  ganzen  Wassergehalt,  bei  höherer  Tempera- 
tur erst  schmilzt  es  und  zersetzt  sich,  indem  zuerst  Schwefelarsen,  dann 
Metall  sich  verflüchtigt. 

Es  ist  wenig  löslich  in  Wasser,  das  aufgelöste  aber  zersetzt  sich 
beld,  namentlich  bei  der  Siedhitze,  indem  Schwefelwasserstoff  entweicht 
and  reiner  Schwefel  niederfällt,  setzt  man  dann  Salzsäure  hinzu,  so  Wlt 
Schwefelarsen  nieder;  wird  aber  das  unzersetzte  Salz  mit  Salzsäure 
behandelt,  so  scheidet  sich  aller  Schwefel  frei  von  Arsen  ab  und  das 
Filtrat  enthält  arsenige  Säure. 

Die  frische  Salzlösung  wird  durch  Bleisalze  weiss  gefüllt,  es  tritt 
aber  bald  Zersetzung  ein  und  der  Niederschlag  wird  schwarz.  Filtrirt 
man  ihn  sogleich  ab  und  versetzt  ihn  mit  verdünnter,  unzulänglicher 
Schwefelsäure,  so  erhält  man  eine  stark  saure  Flüssigkeit,  welche  Ba- 
rytsalze nicht  fällt,  sich  aber  unter  Schwefelabscheidung  bald  zersetzt 
(Bouqnet  und  Clogz«).  V, 


^)  Phil.  Mag.  |4.]  T    X,  p.  290;   Pharm.  Centralbl.  1866,  S.  88S.  —    *)  Annal. 
4e  ehtm.  et  de  pbys.  [3.]  T.  XHl,  p.  44. 


816  Arsensilber.  —  Arsensulfide. 

Arsensilber  {Argent  arUm<mial  ferro  -  argenüfhre)  ^  findet  sid 
bei  Andreasberg  und  am  Quadalcanal,  scheint  jedoch  nur  eb  sehr  in 
nigea  Gemenge  von  Grediegen -Arsenik  und  Arsenikkies  mit  Antiinoii 
Silber  (r.  d.)  zu  sein;  nach  Bammelsberg  sprechen  die  äusseren  ES 
genschaften  sowie  der  constante  Silbergehalt  daflir,  dass  das  Minen 
kein  Gemenge  sei ;  die  Analyse  giebt  die  Formel  5  (5  Fe4  Asj  -f- Ag^Sl^ 
-f  (Fe  Sa.  Fe  As).  F«. 

Arsensilberblende,  sjm.  für  lichtes  Rothgiltig 

crz  (s.  erste  Aufl.  Bd.  VI,  S.  908). 

Arsensinter  s.  Arseniksinter. 

Arsenspiegel.  Beim  Sublimiren  von  Arsen  in  Glasröhr« 
scheidet  dasselbe  sich  leicht  in  Form  eines  metallglänzenden  Sublimat 
als  ein  „Arsenspiegel^^  ab. 

Arsensuboxyd,  Formel  wahrscheinlich :  AsO,  ist  ein  schwam 
Pulver,  welches  sich  bei  Berührung  des  bei  niedriger  Temperatur  sublimii 
ten  und  condensirten  Arsens  mit  der  Luft  bildet.  Es  wird  auch  bei  der  Bi 
reitung  des  Arsens  als  zuerst  sublimirendes  Product  erhalten.  Durch  B 
hitzen  für  sich  zerfällt  es  in  reines  Arsen  und  arsenige  Säure,  welche  n 
letzt  sublimirt.  Kochende  Salzsäure  scheidet  ebenfalls  Metall  ab.  Lanf 
in  lufthaltigem  Wasser  liegend,  oxydirt  es  sich  zu  arseniger  Säur 
Es  bildet  -sich  deshalb  auch  stets  arsenige  Säure ,  wenn  Arsen  unt« 
lufthaltigem  Wasser  aufbewahrt  wird,   und  nicht  Arsensuboxyd.      F. 

Arsensulfide.  Mit  dem  Schwefel  verbindet  sich  da«  Ars« 
in  mehr  Verhältnissen  als  mit  dem  Sauerstoff,  die  bekannten  Ve 
bindungen  sind:  ArsensulfÜr  (ASS2),  Arsensulfid  (AsSs)  and  Ars« 
persulfid  (AsSs);  eine  der  ersten  Verbindung  entsprechende  Sauerstol 
Verbindung  ist  nicht  bekannt,  dagegen  entsprechen  die  beiden  folgend« 
der  arsenigen  und  der  Arsensäure. 

Sämratliche  Verbindungen  sind  Sulfosäuren. 

ArsensulfÜr. 

Rothes  Schwefelarsen,  Bealgar,  Sandarach,  Bubii 
Schwefel,  unterarsenigsaures  Sulfid,  Arsenbisulfuret,  hyp< 
sulfarsenige  Säure.     AsSg. 

Diese  niedrigste  Schweflungsstufe  des  Arsens  findet  sich  in  d 
Natur  und  krystallisirt  in  schiefen  rhombischen  Prismen  des  zwei-  ui 
eingliedrigen  Systems,  besitzt  eine  rubin-  oder  morgenrothe  Farbe  ui 
ist  mehr  oder  weniger  durchscheinend.  Das  specifische  Gewicht  ist  3 
bis  3,6.  Kommt  vor  zu  Andreasberg  am  Harz,  Kapnik  und  Nagyi 
in  Siebenbürgen,  zu  Felsöbanya,  Tajowa  in  Ungarn;  auch  findet 
sich  unter  den  Sublimationsproducten  der  Vulcane. 

Es  kann  durch  Zusammenschmelzen  von  Arsen  und  Schwefel 
dem  erforderlichen  Verhältnisse  dargestellt  werden,  oder  durch  Zusai 
menschmelzen  von  Arsensulfid  mit  Arsen,  oder  von  Schwefel  mit  hi 
reichend  arseniger  Säure.  Das  so  dargestellte  Product  ist  rubinro 
und  durchsichtig,  leicht  schmelzbar  und  nach  dem  Schmelzen  ste 
krystallinisch. 

Das  im  Handel  vorkommende  Präparat  ist  amorph,  braunroth  ui 


Arsensulfide*  317 

indnrchsichtig,  von  keiner  constanten  Zosammensetzung  (0.  Art.  Arsen- 
glas,  rothes).  Mit  Schwefel  schmiizt  es  in  jedem  Verhältnisfl  zasam- 
aeo ;  bei  Destillation  geht  ein  schwefelreicheres  Produot  zuerst  über,  zu 
Ende  derselben  erhalt  man  diese  Verbindung  immer  rein.  Gepulvert  ist 
es  gelb,  in  der  Wärme  dunkler  werdend.  Verbrennt  an  der  Luft,  indem 
fleh  schweflige  und  arsenige  Säure  bildet ;  mit  Salpetersäure  erhitzt, 
aktsteht  Arsensänre  unter  Abscheidung  des  Schwefels;  concentrirte 
Schwefelsäure  bildet  damit  schweflige  und  arsenige  Säure.  Digerirt 
tto  feingepulvertes  ArsensulHir  mit  kaustischer  Kalilauge  9  so  bleibt 
an  braunes  Pulver,  welches  auf  6  Aeq.  Arsen  1  Aeq.  Schwefel  ent- 
küt  =  Ase  S.  Ein  Gemenge  von  Arsensulf ür  mit  Salpeter  lässt  sich 
joieh  einen  brennenden  Körper  entzünden  und  brennt  mit  blendend- 
letflser  Flamme  (indianisches  Weissfeuer). 

ArsensulfÜrsalze,  Hyposulfarsenite  (Berzelius).  Das 
Anensnlför,  AsSg,  verbindet  sich  mit  Sulfobasen  zu  eigenen  Sul- 
fcialzen,  den  Hyposulfarseniten,  deren  Kenntniss  man  Berzelius  ver- 
kokt.  Die  Salze  sind  in  Wasser  meistens  schwer  löslich. 

Aromonium-Arsensulfür,  Ammoniumhyposulfarsenit. 
M  längerer  Aufbewahrung  des  neutralen  Arsensolfid  -  Ammoniums  in 
venehlossenen  Flaschen  setzen  sich  an  den  Wandungen  des  Gefllsses 
Ueine  dunkelbraune  Korner  ab,  die  bei  dem  Erwärmen  Ammoniak 
atwickeln  and  die  Verbindung  des  Arsens  mit  2  Aeq.  Schwefel  ent- 
Uteo.  Diese  Schwefel  Verbindung  vermag  Ammoniakgas  zu  absorbiren 
Bad  färbt  sich  dadurch  heller,  verliert  d^  Ammoniak  aber  wieder  beim 
Liegen  an  der  Luft 

Barium- ArsensulfÜr,  Bariumhyposulfarsenit,  wird  durch 
ftllong  von  Chlorbarium  mit  basischem  Kalium -ArsensulfElr  erhalten. 
&  ist  ein  unlösliches  rothbrannes  Pulver. 

Kalium- ArsensulfÜr,  Kaliumhyposulfarsenit.  Wenn  Ar- 
Knsolfid  mit  einer  massig  concentrirten  Lösung  von  kohlensaurem  Kali 
gekocht  wird,  so  löst  sich  ein  grosser  Theil  auf.  Die  heiss  filtrirte 
ftfbloBe  Lösung  setzt  binnen  12  Stunden  braunrothe  Flocken  von  der 
Zusammensetzung  2KS.  AsS^  ab,  die  man  erst  mit  wenig  kaltem  Was- 
ser abwäscht,  bis  sie  gallertartig  aufquellen,  dann  behandelt  man  sie 
Bit  mehr  Wasser ,  worin  sie  sich  mit  dunkelrother  Farbe  als  8KS. 
bS)  losen.  Beim  Verdampfen  gesteht  die  Lösung  vor  dem  Eintrock- 
Ben  KU  einer  rothen  Gallerte.  Auch  nach  dem  völligen  Trocknen  ist 
^e  Masse  in  Wasser  mit  dunkelrother  Farbe  noch  vollkommen  löslich. 
^  dem  Filtrum  bleibt  bei  der  Lösung  des  basischen  Salzes  ein  dun- 
kdbraanes Pulver  zurück,  welches  in  Wasser  unlöslich  ist,  die  Zusam- 
Büttetzung  KS.2A8Ss  besitzt,  in  der  Hitze  leicht  schmilzt  und  beim 
bblten  zu  einer  durchsichtigen  dnnkelrothen  Masse  erstarrt. 

Das  Calcium- ArsensulfÜr  ist  ein  rothbraunes,  die  Mag« 
i^esiümverbindnng  ein  braunes,  die  Manganverbindung  ein 
^Qohebrothes  Pulver.  Die  Natriumverbindung  verhält  sich  voll- 
^<"&men  wie  dacT  Kalium- ArsensulfÜr.     ' 

Arsensulfid. 

GelbesSchwefelarsen,  Rauschgelb,  Auripigment,  Oper- 
inent,  Arseniges  Sulfid  (Berzelius),  Sulfarsenige  Säure, 
Araeniupersulfttr.  AsSs. 


318  Arsensulfide. 

Das  Arsensttlfid  findet  sich  ebenfalls  in  der  Natur.,  sowohl  krystal- 
lisirt  in  schiefen  rhombischen  Prismen  des  zwei-  und  eingliedrigen  Sy- 
stems, als  auch  in  Massen,  welche  aas  goldgelben  biegsamen  Blättchen 
bestehen  (s.  Arsenblende).  Auf  nassem  Wege  erhält  man  diese  Verbin- 
dung am  reinsten ;  sie  bildet  sich  stets  durch  Zerlegung  von  Arsenchlorid 
oder  von  arseniger  Sänre  mit  Schwefelwasserstoff,  in  letzterem  Falle  bei 
Gegenwart  einer  Mineralsäure.  Beim  Zusammenbringen  einer  wäs- 
serigen Auflösung  von  arseniger  Säure  mit  Schwefelwasserstoff  wird 
die  Flüssigkeit  gelb,  ohne  dass  sich  ein  Niederschlag  bildet,  so  da« 
die  nicht  zersetzte  arsenige  Säure  die  Abscheidung  von  der  Flüssig 
keit  cu  verhindern  scheint ;  bei  Zusatz  einer  Mineralsäute ,  namentlick 
Salzsäure,  scheidet  sich  aber  das  Arsensulfid  sogleich  oder  beim  ge- 
linden  Erwärmen  ab.  Der  Niederschlag  von  Arsensulfid  besitz^ 
eine  schöne  citrongelbe  Farbe,  wird  beim  Erhitzen  dunkler  bii 
braunroth,  schmilzt  leicht  und  ist  in  höherer  Temperatur  leicht  ver 
dampfbar. 

Das  in  dem  Handel  unter  dem  Namen  Operment,  Auripigmentun 
oder  gelbes  Arsenikglas  vorkommende  Präparat  wird  durch  Sublima 
tion  von  7  Thln.  Arsenikmehl  mit  1  Theil  Schwefel  auf  den  Arsenik 
hütten  erhalten,  und  enthält  nicht  unbedeutende  Mengen  arsenige; 
Säure,  da  zur  Verwandelung  von  10  Thln.  arseniger  Säure  in  Arsen 
Sulfid  7,8  Thle.  Schwefel  erforderlich  sind.  Aus  diesem  käufiichei 
Operment  lässt  sich  durch  Wasser,  verdünnte  Säuren  oder  Weinsteii 
die  arsenige  Säure  ausziehen.  Hausmann^)  fand,  dass  man  arsenig« 
Säure  mit  Schwefelarsen  in  wechselnden  Mengen  zusammenschmelze] 
kann  und  dadurch  gelb  bis  roth  gefärbte  Massen  erhält.  Das  Oper 
ment  kam  früher  unter  dem  Namen :  Königsgelb,  als  Malerfarbe  in  dej 
Handel,  welche  Farbe  aber  jetzt  durch  das  Chromgelb  vollständi{ 
verdrängt  worden  ist.  Auch  zum  Zeugdruck  hat  man  das  Schwefel 
arsen  benutzt,  indem  man  mit  einer  Masse  bedruckte,  welche  arse 
nige  Säure  enthielt,  und  dann  das  Zeug  durch  ein  Bad  von  Schwefel 
wasserstoffwasser  nahm.  Eine  Auflösung  von  Operment  in  Kalilaug* 
wird  in  der  Färberei  als  desoxydirendes  Mittel  und  besonders  zud 
Redttciren  von  Indigo  gebraucht.  Ein  Brei  von  gelöschtem  KaU 
Operment  und  Wasser  (Rhusma)  wird  von  einigen  Völkern  zur  Ent 
fernung  des  Barthaars  benutzt,  kann  aber,  nach  Böttger,  durch  Ca! 
ciumsulfhydrat  ^ersetzt  werden. 

Das  Arsensulfid  wird,  wie  alle  übrigen  Schwefelverbindungen  de 
Arsens,  durch  oxydirende  Mittel  in  höhere  oder  niedere  Oxydations 
stufen  seiner  Elemente  verwandelt.  Saures  schwefelsaures  Kali  dami 
zusammengeschmolzen,  löst  es  unter  Aufbrausen  auf,  es  entwickelt  siel 
schweflige  Säure,  und  arsenigsaures  Kali  gemengt  mit  schwefelsauren 
Kali  bleibt  zurück. 

Wenn  Stücke  von  Schwefelarsen  der  Einwirkung  von  Chlof 
gas  ausgesetzt  werden,  so  zerfliessen  sie  zu  einer  braunen  Flüssigkei 
unter  starker  Wärmeentwickelung,  und  die  Flüssigkeit  ist  eine  Yerbio 
düng  von  Arsenchlorid  mit  Chlorschwefel  (As  Gl  ~|-  3S6l),  die  voi 
Salpetersäure  unter  Entwickelung  salpetrigsanrer  Dämpfe  in  Schwefel 
säure,  Salzsäure  und  arsenige  Säure  zerlegt  wird.  Wasser  zerlegt  si 
auf  ähnliche  Weise,  nur  bildet  sich  gleichzeitig  unterschweflige  Säure 


*)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXIV,  S.  190. 


Arsensulfide.  319 

düMeibe  findet  durch  wässeriges  Ammoniak  statt    Arsensnlfür  (AsS«) 
erleidet  dnrch  Chlor  eine  ähnliche  Zersetzung  (H.  Rose^). 

Leitet  man  seine  Dämpfe  über  glühendes  Eisen,  Silber  und  andere 
Metalle,  so  entziehen  ihm  diese  den  Schwefel,  und  Arsen  wird  abge- 
schieden; sind  die  reducirenden  Metalle  im  Ueberschuss  zugegen,  so 
verbindet  sich  das  frei  werdende  Arsen  auch  damit.  Erhitzt  man  Ar- 
sensolfid  mit  kohlensaurem  Kali  in  einer  Glasröhre  zum  Schmelzen,  so 
erhält  man  einen  Arsenspiegel,  indem  sich  zugleich  Arsensupers uliid 
(^Sj)  bildet  neben  einem  Arsensäure-Salz. 

Beim  Erhitzen  von  Arsensnlfiid  mit  kohlensaurem  Alkali,  unter  Was- 
serstoffigas,  oder  nach  Zusatz  von  Kohle  erhält  man  einen  stärkeren 
Arsenspiegel,  weil  zu  dem  Arsen,  welches  aus  dem  Arsensulfid  frei 
wird,  noch  Arsen  hinzukommt,  was  durch  Wasserstoffgas  oder  Kohle 
«OS  dem  arsensauren  Salz  reducirt  wird.  Bei  hinreichend  langem  Er- 
kitzen  lässt  sich  viel  Arsen  aus  dem  Arsensäure  -  Salze  austreiben;  es 
kuin  selbst  das  Alkali  des  Salzes  frei  zurückbleiben.  Das  Sulfarseniat 
bleibt  nnzersetzt  (H.  Rose  ^). 

Schmilzt  man  Arsensulfid  mit  einem  Gemenge  von  kohlensau- 
rem Alkali  und  Gyankalium  in  einer  Glasröhre,  die  unten  zugeschmol- 
zeo  ist,  so  erhält  man  alles  Arsen  als  Metall  reducirt  (Fresenius). 
Nach  H.  Rose  wird  jedoch  hierbei  nur  ein  Theil  des  Arsens  reducirt, 
mter  Bildung  von  Schwefelcyankalium,  während  das  sich  gleichzeitig 
bildende  Sulfosalz  des  Arsens  der  Einwirkung  des  Cyankaliums  wider- 
steht. Deshalb  giebt  mit  überschüssigem  Schwefel  und  Gyankalium 
gemengtes  Schwefelarsen  keinen  Arsenspiegel  ^).  Die  Gegenwart  von 
Leicht  reducir baren  Metallen  kann  die  Bildung  eines  Arsenspiegels 
beim  Erhitzen  des  Schwefelarsens  mit  Gyankalium  ganz  oder  zum  Theil 
verhindern.  Das  Metall  bildet  dann  mit  dem  Arsen  ein  Arsenid,  welches 
das  Arsen  nicht  oder  nur  zum  TheU  entlässt. 

Leitet  man  die  Dämpfe  von  Arsensnlfid  über  glühenden  Kalk,  so 
wird  arsensaurer  Kalk  unter  Abscheidung  von  Arsen  gebildet.  Der 
Rückstand  enthält  Arsensulfid,  gemengt  mit  Schwefelcalcium. 

Kocht  man  Arsensulfid  mit  einem  gelösten  kohlensauren  Alkali, 
M  erhalt  man  nach  dem  Filtriren  der  concentrirten  Lösung  eine  was- 
«erkläre  Flüssigkeit,  die  nach  einiger  Zeit  eine  Menge  eines  kermes- 
braonen  Pulvers  absetzt.  Dieses  Pulver  ist  eine  Verbindung  von  Ar- 
äensulfnr  mit  Schwefelkalium,  und  in  der  Aufiösung  bleibt  Arsenpersul- 
idkalinnri.  Das  Arsensulfid  wird  also  unter  diesen  Umständen  gerade 
so  zersetzt,  wie  bei  Behandlung  seiner  neutralen  löslichen  Verbindun- 
gen mit  Wasser  (s.  Arsensulfidsal  ze). 
{  Erhitzt  man  eine  Auflösung  von  Arsensulfid  in  Kalilauge  mit  Sil- 

I  ber-,  Blei-  und  anderen  Metalloxyden,  so  werden  diese  Metalle  in 
r  Schwefelmetalle  verwandelt,  während  alles  Arsen  des  Arsensulfids  als 
Arsensinre  oder  arsenige  Säure  in  der  Auflösung  bleibt.  Dasselbe  findet 
^tt^  wenn  der  kochenden  alkalischen  Auflösung  des  Arsensulfids 
Bkimlze^  Silber-  und  andere  Metallsalze  zugesetzt  werden  mit  der 
Vorsieht,  dass  die  Flüssigkeit  stets  alkalisch  bleibt. 

Arsensnlfid  löst  sich  mit  Leichtigkeit  in  Kalilauge,  Natronlauge 
nad  Ammoniak,   und  zwar  unter  Zersetzung,   auf;  die  Veränderung, 


0  ADiud.  d.  Ph^s.   Bd.  XLII,   S.   586.   —    *)  Pogg.  Annal.    Bd.  XC,    S.  665 
Pbarm.  CcstralbUtt  iS6S   S.  46.  —  *)  Phannac.  CentralbUtt.  1868,  S.  898. 


320  Arsensulfide. 

welche  es  hierbei  erleidet,  ist  ganz  dieselbe,  welche  das  Antimoosalfär 
Unter  gleichen  Umständen  erfahrt;  das  Arsen  des  Sulfids  oxjdirt  sich 
auf  Kosten  des  Sauerstoffs  des  Alkalis  zu  arseniger  Säure,  während 
sein  Schwefel  mit  dem  Alkalimetall  in  Verbindung  tritt  Letzteres 
vereinigt  sich  mit  Überschüssigem  Arsensulfid  zu  einem  Schwefelsali; 
nie  entsteht  hierbei  eine  Oxydationsstufe  des  Schwefels. 

5  At.  Kali  (5K0)  z.  B.  zerlegen  sich  mit  1  At.  Arsensulfid  (As  8s) 
zu  1  At  arsenigsaurem  Kali  (2K0  .  AsOs)  und  3  At  Schwefelkaliuio 
(3KS);  letzteres  löst  in  der  Kälte  doppelt  so  viel  Arsensulfid  auf,  ak 
das  neutrale  Schwefelsalz  enthält  (s.  unten). 

Wenn  diese  Auflösung  mit  einer  Säure  versetzt  wird ,  so  wird 
das  Schwefelkalium  zerlegt  in  Kali,  was  sich  mit  der  Säure  verbindet, 
und  in  Schwefelwasserstoff,  welcher  genau  hinreicht,  um  die  in  der 
Flüssigkeit  befindliche  arsenige  Säure  in  Sulfid  und  Wasser  nmzusetzeot 
so  dass  also  Arsensulfid ,  sowohl  das  mit  dem  Schwefelkalium  verbau- 
dene,  als  das  neu  gebildete,  niederfallt,  ohne  dass  sich  Schwefel- 
wasserstoff entwickelt 

Arsensulfidsalze,  Sulfarsenite,  Berzelius.  Die  Verbin- 
dungen von  Arsensulfid  mit  Sulfobasen.  Die  Kenntniss  dieser  Salze 
verdanken  wir  fast  nur  den  Untersuchungen  von  Berzelius  ^). 

Das  Arsensulfid  vereinigt  sich  mit  Schwefelbasen  in  mannigfal- 
tigen Verhältnissen;  in  den  gewöhnlichsten  Verbindungsstufen  ver- 
hält sich  der  Schwefel  der  Schwefelbasis  zu  dem  des  Arsensolfida, 
wie  1,  2,  8  :  8.  Die  Verbindungen,  worin  sich  der  Schwefel  der  Ba- 
sis zu  dem' der  Säure  wie  2  :  8  verhält,  »lud  die  gewöhnlichen  und 
werden  als  neutrale  Salze  angesehen. 

Die  neutralen  Verbindungen  des  Arsensulfids  mit  Schwefelkalinna 
und  Schweielnatrium  erhält  man  durch  Glühen  der  entsprechenden  Ar- 
senpersulfidsalze. Wird  z.  B.  neutrales  Kalium  -  Arsenpersulfid  (2KS. 
AsSfi)  geschmolzen,  so  verliert  es  2  Atome  Schwefel  und  es  bleibt 
neutrales  Kalium-Arsensulfid.  Löst  man  Arsensulfid  auf  in  Elaliam- 
sulfhydrat  (MS.KS),  so  wird  Schwefelwasserstoff  ausgetrieben,  und 
es  entsteht  saures  Kalium -Arsensulfid  (KS.AsSa).  Dieselbe  Verbin- 
dung entsteht  y  wenn  Arsensulfid  in  Alkalihydraten  aufgelöst  oder  mit 
kohlensauren  Alkalien  geschmolzen  wird;  hier  bt  die  Verbindung  ge- 
mengt mit  arsenigsauren  Salzen. 

Die  neutralen  Arsensulfid-Alkalimetalle  werden  durch  Wasser  zer- 
setzt ;  vollständiger  geschieht  dies  beim  Abdampfen.  8  At  Arsensulfid 
(AssSs  =  8As^)  zerlegen  sich  in  2  At  Arsensulfür  (2A8S9)  ^^^ 
1  At  Arsenpersuliid  (As  S5).  Das  ArsensulfUr  schlägt  sich  nieder  in 
Verbindung  mit  1  At  Schwefelbasis  als  kermesbraunes  Pulver ,  wäh- 
rend ein  basbches  Arsenpersulfidsalz  gelöst  bleibt 

Die  löslichen  Verbindungen  der  arsenigen  Säure  geben  mit  Am- 
moniak neutralisirt ,  wenn  sie  Ueberschuss  von  Säure  enthalten  und 
mit  den  Sohwefelverbindungen  der  Alkalimetalle  in  Ueberschuss  ver- 
setzt und  digerirt  werden,  eine  Flüssigkeit,  welche  freies  Alkali  und  eii 
Arsensulfidsalz  enthält  Auf  dieselbe  Weise  verhalten  sich  alle  unlösli- 
chen Salze  der  arsenigen  Säure.  Aus  1  At  arseniger  Säure  und  4  At 
Einfach -Schwefelkalium  entsteht  1  At  saures  Kalium -Arsensulfid  und 
3  At  Kali  (AsOs  •+■  4KS  =  KS.  AsSa  -f-  3  KO).    Wird  eine  höhere 


')  Detien  Lehrbuch  d.  Chemie.  6.  Aufl.  Bd.  UL  u.  Aniuileii  d.  Phytik.  Bd.  VE 


Arsensulfide.  321 

Schweflungsstufe  des  Alkalimetalla  genoinmen,  so  bleibt  in  der  AuflÖ- 
sang  die  höhere  Schweflungsstufe  des  Arsens.  Bei  Anwendung  von 
Alkalimetallsulfhydraten  bleibt  in  der  Auflösung  kein  freies  AlkalL 
lAt-  AsOa  +  3  (KS.HS)  giebt  SKS.AS,  +  3H0. 

Ammonium-Arsensulfid,  Ammoniuinsulfarsenit,  2NH4S. 
AsSg,  erhält  man  durch  Auflösung  von  Arsensulfid  in  Schwefelammo- 
niniD  oder  kaustischem  Ammoniak.  Beim  Abdampfen  zersetzen  sich 
die  Lösungen,  mit  Weingeist  versetzt  geben  sie  einen  weissen  kristal- 
linischen Niederschlag,  der  jedoch  sehr  schnell  braun  wird.  Versetzt 
man  sie  vorher  mit  Schwefel wasserstofi*-  Schwefelammonium ,  so  schei- 
den sich  federartige ,  weisse  Krystalle  ab  von  basischem  Salz : 
9^1x4  il>»  As  Og* 

Arsensulfid  absorbirt  im  fein  geriebenen  Zustande  6^2  Proc.  Am- 
moniakgas,  verliert  es  jedoch  wieder  schnell  an  der  Luft. 

Barium-Arsensulfid,  Bariumsulfarsenit,  ^BaS.AsSs, 
entsteht  durch  Lösung  von  Arsensulfid  in  Schwefelwasserstoff- Schwe- 
felbarinm  bei  gewöhnlicher  Temperatur,  bis  aller  Schwefelwasserstoff 
aasgetrieben  ist.  Die  Flüssigkeit  trocknet  zu  einer  gummiähnlichen, 
rothbraunen,  in  Wasser  völlig  löslichen  Masse  ein.  Versetzt  man  die 
Losung  mit  Weingeist ,  so  fallt  ein  basisches  Salz  (3  Ba  S  .  As  S3)  in 
krystallinischen  Flocken  nieder,  dasselbe  erhält  man  durch  Behandlung 
einer  Lösung  von  Arsensulfid  mit  überschüssigem  Schwefelbarium. 

Beryllium-Arsensulfid,  Berylliumsulfarsenit,  2  Be2  S3  . 
SAsSs-  Neutrale  Berjllerdesalze  fallen  aus  der  mit  Arsensulfid  ge- 
sättigten Lösung  von  Schwefelnatrinm  dies  Salz  als  gelben  Niederschlag, 
ohne  dass  Schwefelwasserstoff  entweicht;  Säuren  entwickeln  daraus 
nur  wenig  Schwefelwasserstoff  und  Ammoniak  lässt  reine  Beryllerde 
zarfick. 

Blei-Arsensulfid,  Bleisulfarsenit,  2PbS.AsS8,  ist  ein 
rothbrauner ,  beim  Trocknen  schwarz  werdender  Niederschlag ,  der 
leicht  zu  einer  spröden,  metallisch  erscheinenden  Masse  schmilzt,  von 
glänzend  grauem  krystallinischen  Bruch  und  grauem  Pulver. 

Calcium-Arsensulfid,  Calciumsulfarsenit,  2CaS.AsS8, 
erhält  man  am  besten  durch  Digestion  von  Arsensulfid  mit  Kalkmilch. 
Der  sich  bildende  arsenigsaure  Kalk  bleibt  ungelöst,  die  farblose  Lösung 
liefert  bei  freiwilligem  Verdunsten  federförmige  Krystalle  eines  basischen 
Salzes  3  CaS.  AsSa,  umgeben  von  einem  braunen  Syrup,  der  das  neutrale 
Salz  enthält.  Wird  dies  mit  mehr  Arsensulfid  digerirt,  so  wird  es  gelb  und 
setzt  ein  braunes  Pulver  von  Arsensulfür-Calcium  (Ca  S  .  As  S2)  ab.  Die 
Losung  des  einen  Ueberschuss  an  Schwefelcalcium  enthaltenden  Sal- 
zes, mit  Alkohol  versetzt,  giebt  einen  weissen  Niederschlag  von  der 
Zusammensetzung  3  CaS.  As Ss  -|-  15  aq.,  die  des  Salzes  mit  Ueber- 
schuss an  Arsensulfid  zwar  auch  eine  weisse  Fällung,  aber  der  Nie- 
derschlag wird  schnell  braun. 

Cersulfuret-Arsensulfid,  Cersulfuretsulfarsenit,  2CeS. 
AsS).  Die  Ceroxydulsalze  werden  durch  Arsensulfid-Natrium  gelb  ge- 
fallt Die  Farbe  des  Niederschlages  nimmt  beim  Trocknen  noch  an 
Litensität  zu.  Er  ist  wenig  löslich  in  Wasser,  schmilzt  beim  anfangen- 
den Glühen,  wobei  ein  Theil  des  Arsen sulfids  verflüchtigt  wird,  zu 
einer  im  Fluss  durchsichtigen  Masse.  Durch  Rösten  entweicht  leicht 
alles  Arsen  und  schwefelsaures  Salz  bleibt  zurück. 

Chromsesquisulfuret- Arsensulfid,  Chromsesquisulfuret- 

IIa]idw»ilerbadi  der  Cliemic.  3te  Aufl.  Bd.  U.  21 


322  Arsensulfide. 

salfarsenit,  2  Cr2  Sa  .  3  As Sg.  Durch  doppelte  Zersetzung  zu  erhal- 
tender graugelber,  beim  Trocknen  grüngelb  werdender  Niederschlag. 
Er  schmilzt  in  der  Hitze,  wobei  sich  Arsensulfid  verflüchtigt,  zu  einer 
glänzenden  grauen  Masse,  aus  der  eine  höhere  Temperatur  noch  einen 
Theil  des  rückständigen  Arsensulfids  austreibt.  An  der  Luft  erhitzt, 
verbrennt  der  Rückstand  unter  Entwickelung  von  schwefliger  und  arse- 
niger Säure  zu  Chromoxyd. 

Eisensesquisul  für  et -Arsensulfid,  Eisensesquisulfuret- 
sulfarsenit,  2¥e^  83  .  3  As  83,  ist  ein  olivengrüner,  ebenfalls  im 
Ueberschuss  des  Fällungsmittels  löslicher,  trocken  grün»  nach  dem 
Zerreiben  schön  gelbgrün  erscheinender  Niederschlag,  der  in  der  Hitze 
leicht  schmilzt,  ,bei  Rothglühhitze  sich  zersetzt  und  reines  arsenfreies 
Schwefeleisen  hinterlässt. 

Eisensulfur  et- Arsensulfid,  Eisensulfuretsulfarsenit, 
2  Fe  S  .  As  S3 ,  ist  ein  braunschwarzer  Niederschlag ,  der  sich  im 
Ueberschuss  des  Arsenpersulfid -Natriums  mit  braungelber  Farbe  auf- 
löst; getrocknet  erscheint  er  graubraun,  verrieben  dunkel  grünlicL 
Beim  Erhitzen  entwickelt  sich  schweflige  Säure  und  Schwefelarsen, 
und  reines  arsenfreies  Schwefeleisen  bleibt  zurück.  Der  getrock- 
nete Niederschlag  enthält  stets  Eisenoxyd,  gemengt  mit  dem  folgenden 
Salze. 

Goldsesquisulfuret  -Arsensulfid,  Goldsesquisulfuret- 
sulfarsenit,  2  Au  Ss  .  3  As  S3,  ist  ein  gelber,  beim  Absetzen  dunk- 
ler, beim  Trocknen  fast  schwarz  werdender  Niederschlag,  der  zer- 
rieben ein  gelbbraunes  Pulver  darstellt  Er  giebt  bei  dunkler  Roth- 
glühhitze ,  wo  er:  schmilzt,  einen  Theil  des  Sulfids  ab,  erstarrt  zu  einer 
durchsichtigen,  gelbrothen,  bei  trockenem  Zerreiben  ein  gelbbraunes 
Pulver  gebenden  Masse.  Wird  aber  das  Zerreiben  unter  Wasser  fort- 
gesetzt, so  nimmt  das  Pulver  Metallglanz  an,  wie  von  reducirtem 
Gold.  Das  Wasser  löst  dabei  nichts  auf.  Erst  bei  vollkommener  Weiss* 
glühhitze  verflüchtigt  sich  alles  Schwefelarsen. 

Kadmium-Arsensulfid,  Kadmiumsulfarsenit,  2CdS.AsSs, 
bildet  sich  als  gelber  Niederschlag,  wenn  die  Lösung  von  Kadmium- 
salzen durch  eine  gesättigte  Lösung  von  Arsensulfid  in  Schwefelamroo- 
nium  gefällt  wird.  Der  Niederschlag  wird  beim  Trocknen  pomeranzen- 
gelb, in  der  Hitze  wird  er  halbflüssig,  ein  Theil  des  Arsensulfids  ver- 
dampft und  es  bleibt  eine  geschmolzene  basischere  Verbindung  von 
grauer  Farbe  zurück. 

Kalium-Arsensulfid,  Kaliumsulfarsenit,  2  K  S  .  As  S3. 
Wenn  Kalium- Arsenpersulfid  (2  K  S .  AsSs)  in  einer  Retorte  bis  zur  Ver- 
flüchtigung des  überschüssigen  Schwefels  geschmolzen  wird,  so  erhält 
man  eine  dunkel  gefärbte,  nach  dem  P>kalten  gelbe  Masse  von  ange- 
gebener Zusammensetzung.  Bei  Behandlung  mit  Wasser  löst  sich  Ka- 
lium-Arsenpersulfid (3KS  .  AsSö)  auf,  während  Kalium  -  Arsensulfur 
zurückbleibt. 

Wenn  Arsensulfid  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  Schwefelwas- 
serstofl'-Schwefelkalium  bis  zur  Entweichung  alles  SchwefelwasserstoflT- 
gases  gelöst  wird,  so  enthält  die  Lösung  Arsen sulfid-Kalium  (KS .  2  AsSs)- 
Man  kann  sie  ohne  Zersetzung  nicht  verdampfen,  indem  sie  dabei  ein 
braunes  Pulver  fallen  lässt,  welches  Arsensulfür-Kalium  (KS.AsSi) 
ist  Vermischt  man  die  Lösung  mit  Alkohol ,  so  bildet  sich  zuerst  ein 
weisser  Niederschlag  von  einem  mehr  Schwefelkalium  (3  KS .  As  Sj) 


Arsensulfide*  328 

enthaltenden  Salze,  es  wird  aber  bald  dunkelbraun,  syrupartig  und 
setzt  Arsensulf  ür  ab. 

Schmilzt  man  kohlensaures  Kali  in  einer  Retorte  so  lange  mit  Ar- 
lensnlfid,  bis  der  üeberschuss  abdestillirt  ist,  so  bleibt  eine  Masse  von 
der  Zusammensetzung  K  S.As  Sa  zurück.  Wasser  zerlegt  sie,  wobei 
ach  KS.2A8S8  auflöst  und  eine  rothe,  noch  mehr  Arsensulfid  enthal- 
tende Verbindung  ungelöst  bleibt 

Kobalt-Arsensulfid,  Kobaltsulfarsenit,  2CoS.AsS8,  Ist 
ein  dunkelbrauner  Niederschlag,  die  Flüssigkeit  hat  anfangs  dieselbe 
Farbe  ,  klärt  sich  aber  allmälig.  Er  wird  beim  Trocknen  schwarz ,  ist 
töaUch  im  Üeberschuss  des  Fällungsmittels  und  giebt  beim  Glühen  in 
Terschlossenen  Gelassen  einen  dem  Kobaltglanz  gleich  zusammenge- 
letzten  Bückstand. 

Lithium-Arsensulfid,  Lithiumsulfarsenit»  gleicht  in  jeder 
Beziehimg   den  entsprechenden  Natrium-  und  Kaliumsalzen. 

Magnesium-Arsensulfid,  M  agnesiumsulfarsenit«  Die 
wässerige  Lösung  wird  beim  Abdampfen  hellbraun,  eben  so  beim  Ab- 
kühlen bis  — 5<^C.,  und  setzt  etwas  Magnesium- Arsensulfür  als  braunes 
Pulver  ah,  trocknet  zu  einer  zähen,  zuletzt  fest  werdenden  Masse  ein, 
die  bis  auf  den  geringen  braunen  Rückstand  in  Wasser  löslich  ist. 

Mangan -Arsensulfid,  Mangansulfarseuit.  Die  mit  Arsen- 
snlfid  gesättigte  Lösung  von  Schwefelwasserstoff-Schwefelnatrium  schlägt 
ans  den  löslichen  Manganoxjdullösungen  ein  hellrothes,  beim  Trocknen 
pomeranzengelb  werdendes  Pulver  nieder.  Beim  Erhitzen  in  verschlos- 
senen Gefassen  bleibt  nach  Verflüchtigung  eines  grossen  Theiles  von 
Arsensnlfid  eine  gelbgrüne  Verbindung  zurück,  aus  welcher  Salzsäure 
onter  Schwefelwasserstoffentwickelung  das  Mangan  auszieht  und  Ar- 
sensnlfid   zorücklässt. 

Molybdän-Arsensulfid,  Molybdänsulfarsenit.  Die  salz- 
nare  Lösung  von  Moljbdänsäure  giebt  mit  Natrium  -  Arsensulfid  ein 
dunkelbraunes,  beim  Trocknen  schwarz  werdendes  Pulver,  welches 
beim  Glühen  unter  Verlust  von  Arsensulfid  und  Schwefel  fichwefel- 
moljbdän  (MbSg)  hinterlässt. 

Natrium-Arsensulfid,  Natriumsulfarsenit  ist  dem  Ka- 
liunsalz  in  jeder  Beziehung  ähnlich. 

Nickel -Arsensulfid,  Nickelsulfarsenit,  2NiS  .  As  Ss* 
Schwarzer  Niederschlag,  der  bei  der  Destillation  leicht  alles  Sulfid  ver- 
liert und  gelbes,  zusammengesintertes  Schwefelnickel  hinterlässt 

Platinbisulfuret  -Arsensulfid,  Platinbisulfuretsulfar- 
senit,  PtSj.  AsSs.  Der  sich  bildende  Niederschlag  ist  zuerst  dun- 
kelgelb, wird  aber  bald  dunkelbraun,  getrocknet  ist  er  schwarz.  Beim 
Erhitzen  entweicht  ein  Theil  des  Arsensulfids,  es  bildet  sich  eine  graue, 
metallisches  Pulver  gebende,  leicht  schmelzbare  Masse,  die  noch  Schwe- 
fel und  Arsen  enthält, 

Quecksilbersulfuret-Arsensulfid ,  Quecksilbersulfuret- 
salfarsenit,  2HgS.AsS8.  Es  bildet  einen  pomeranzenrothen  flocki- 
gen Niederschlag,  der  bei  Üeberschuss  an  Quecksilberchlorid  weiss 
wird,  bei  Üeberschuss  des  Fällungsmitteb  aber  seine  Farbe  behält.  Er 
wird  beim  Trocknen  dunkelbraun  und  giebt  zerrieben  ein  gelbes  Pulver; 
sobliffiirt  ist  es  HgS.  AsSj,  grau,  metallglänzend,  in  dünnen  Schichten 
durchscheinend,  bei  feinem   Zerreiben   ein  gelbes  Pulver  liefernd. 

Quecksilber sabsulfuret- Arsensulfid,  Quecksilbersubsul- 

21* 


324  Arsensulfide. 

furetsulfarsenit,  2Hg3S.AsS8.  Schwarzer  Niederschlag,  der  ni 
dann  grangrün  erscheint,  wenn  die  Losung  Oxyd  enthielt  Bei  d( 
Destillation  decrepitirt  er  explosionsartig,  es  destillirt  Qaecksilber  a 
lind  das  neutrale  Quecksilbersulfuretsalz  sublim irt  in  schwarzen,  metal 
glänzenden,  undurchsichtigen  Rinden,  die  beim  Zerreiben  ein  rothf 
Pulver  geben. 

Silber-Arsensulfid,  Silbersulfarsenit,  2AgS.AsSa.  Ei 
hellbrauner,  zuerst  durchsichtiger,  beim  Ansammeln  schwarz  werdend« 
Niederschlag,  der  trocken  erhitzt  schmilzt  und  einen  Theil  des  Sulfic 
sublimiren  lässt.  Die  schwarze  geschmolzene  Masse  giebt  ein  braun« 
Pulver.  Wird  saures  Arsensulfid-Natrium  durch  eine  gesättigte  Lösun 
von  Chlorsilber  in  Ammoniak  gefällt,  so  bildet  sich  ein  dunkelgelbc 
Niederschlag,  eine  sehr  basische  Verbindung:  GAgS.AsSa. 

Uran6e8quisulfuret-Arsen8ulfid,Uran8esquisulfuretsnli 
ars  enit,  2  UsSa .  As  S3.  Ein  schmutzig  gelber  Niederschlag,  der  beim  £1 
hitzen  schmilzt,  einen  Theil  Sulfid  verliert,  und  nach  dem  Weissglühe 
eine  graue  poröse  Masse  hinterlässt,  die  nicht  frei  von  Arsensulfid  is 

Wismuth-Arsensulfid,  Wismuthsulfarsenit,  2BiS8.A8S3 
Ein  rothbrauner,  beim  Trocknen  schwarz  werdender  Niederschlag 
Durch  Schmelzen  erhält  man  eine  graue  metallglänzende  krystallini 
sehe  Masse',  welche  die  basische  Verbindung  ist. 

Zink-Arsensulfid,  Zinksulfarsenit,  2ZnS.AsS3.  Scheide 
sich  als  citronengelber  Niederschlag  ab;  die  darüber  stehende  Flüssig 
keit  bleibt  farblos,  beim  Trocknen  wird  er  blass  pomeranzengelb 
Bei  der  De8tillation  entweicht  Sulfid,  während  eine  znsamroengesin 
terte  basischere  Verbindung  zurückbleibt.  Bei  stärkerer  Hitze  bleib 
nur  reines  Zinksulfuret. 

Zinnsulfuret-Arsensulfid,  Zinnsulfarsenit,  2  SnS  .  AsSt 
Dunkel  rothbrauner  Niederschlag,  der  unschmelzbar  ist,  aber  einen 
Theil  seines  Sulfids  in  der  Hitze  verliert. 

Zinnbisulfid  -Arsensulfid,  Zinnbisulfuretsulfarsenit, 
SnSj.AsSg.  Ein  schleimig  gelber  Niederschlag,  der  beim  Trocknen 
pomeranzengelb  wird. 

Zirconium-Arsensulfid,  Zirconiumsulfarsenit,  2Zr]S|. 
As  Sa,  pomeranzengelber  Niederschlag,  der  nicht  ganz  unlöslich  indem 
Fällungsmittel  ist. 

Arsenpersülfid. 

Arsensupersulfid,  Sulfarsensäure.   ASS5. 

Dies  ist  die  der  Arsensäure  correspondirende  Schwefelongsstofe 
des  Arsens.  Am  leichtesten  wird  sie  erhalten,  wenn  arsensaures  Kali 
(2KO.As06),  in  Wasser  aufgelöst  und  vollständig  durch  Hineinleiten 
von  Schwefelwasserstoff  zerlegt  wird;  man  erhält  eine  schwach 
gelbliche  Flüssigkeit,  die  bei  Zusatz  einer  Säure  Arsenpersulfid 
fallen  lässt,  indem  die  Schwefelbasis  unter  Entwickelung  von  Schwefel- 
wasserstoff zerlegt  wird.  Durch  Zersetzung  von  Arsensäure  mit  Schwe- 
felwasserstoff erhält  man  diese  Verbindung  ebenfalls,  obwohl  ungleich 
langsamer ,  wenn  man  nicht  die  Lösung  auf  TO«'  bis  80«  C.  erwärmt 
Der  Niederschlag  ist  dem  Arsensulfid  in  der  Farbe  und  Beschaffen- 
heit so  ähnlich,  dass  beide  durch  das  Auge  kaum  von  einander  un- 
terschieden werden  können;  er  besitzt  übrigens  gewöhnlich  eine 
etwas  hellere  Farbe.     Im  trockenen  Zustande  stellt  es  ein  hochgelbes 


Arsenßulfide.  325 

PulTer  dar,    welches  schwieriger  als  Schwefel  schmilzt^   und    dabei 
iunkler  und  röthüch  wird;    für  sich  erhitzt,  sublimirt  es  ohne  Yer* 
änderong  zu  einer  zähen,   rothbraunen,  nicht  krystallinischen  Masse; 
ciimltet  ist  sie  durchsichtig  und  gelbroth.     Mit  Alkohol  gekocht,  ent- 
l&eht   ihm    dieser   etwas   Schwefel;   frisch  niedergeschlagen  röthet  es 
I  Lackmus,  lost  sich  mit  grosser  Leichtigkeit  in  Alkalien  und  kaustischem 
coQcentrirten  Ammoniak ;  durch  verdünntes  Ammoniak  wird  es  in  Schwe- 
kL  und  in  Arsensulfid  zersetzt.     Es  zerlegt  die  Sulfhjdrate  unter  Aus- 
treibung von  Schwefelwasserstoff;  eben  so  leicht  zerlegt  es  die  kochenden 
j  kohlensauren  Alkalien.    Es  verbindet  sich  mit  Schwefelbasen  zu  Sulfo- 
salzen. 

Wenn  eine  Auflösung  von  neutralem  Arsenpersulfid -Natrium  oder 
Kaünm  mit  Alkohol  vermischt  und  die  filtrirte  kochende  Flüssigkeit  bis 
aaf  zwei  Drittel  abgedampft  wird,  so  scheiden  sich  aus  derselben  glän- 
leode  Ejystallgruppen  ab,  welche  gegen  1  At.  Arsen  9  At  Schwefel 
enthalten,  ohne  Zweifel  Verbindungen  von  Schwefel  mit  Arsenpersul- 
Sdnüzen. 

Arsenpersulfidsalze,  Sulfarseniate,  (Berzelius).  Allear- 
msaaren  Salze,  mit  den  Schweflungsstafen  der  Alkalimetalle  in  Berüh- 
lang,  werden  davon  zersetzt  in  Arsenpersulfidsalze.  Diese  Zerlegung 
«folgt  auf  eine  ähnliche  Art,  wie  die  der  arsenigsauren  Salze  unter  den- 
i8n>enUmständen(s.ArsensulfidsalzeS. 320).  Die  Verbindungendes 
ixtenpersulfids  mit  alkalischen  Schwefelmetallen  sind  im  wasserfreien 
Zustande  gelb;  mit  chemisch  gebundenem  Wasser  sind  sie  farblos  oder 
gelblich ;  sie  besitzen  einen  Schwefel  artigen,  ekelhaft  bitteren  Geschmack. 
Dnreh  Säuren  werden  sie  zersetzt  unter  Fällung  von  Arsenpersulfid;  alle 
Salze  der  Radicale  der  Alkalien,  alkalischen  Erden,  Beryllerde  und  Ytter- 
erde  sind,  so  wie  einige  der  schweren  Metalle,  löslich.  Die  neutralen 
knen  sich  nicht  krystallisiren ,  die  basischen  nehmen  leichter  regel- 
nä^ge  Form  an.  Die  neutralen  zerlegen  sich  beim  Glühen  in  Schwe- 
fel und  ein  Arsensulfidsalz ,  die  basischen  werden  nicht  verändert.  Die 
AnflosoDgen  verändern  sich  an  der  Luft;  durch  Absorption  von  Sauer- 
itoff  entsteht  unterschwefligsaures  und  arsenigsaures  Salz,  was  in  Auf- 
lösung bleibt;  es  schlägt  sich  Arsenpersulfid  und  Schwefel  nieder. 

Diese  Salze  existiren  in  den  verschiedenen  Sättigungsgraden; 
diejenigen,  worin  der  Schwefel  der  Basis  sich  zu  dem  des  Arsen- 
pennfids  verhält,  wie  2  zu  5,  werden  als  die  neutralen  betrachtet  (Ber- 
zelius). 

Alle  Oxydationsstufen  des  Arsens  verwandeln  sich  bei  Digestion 
Bot  den  löslichen  Polysulfureten  der  Alkalimetalle  in  Arsenpersulfid- 
saJze  (s.  Arsensulfidsalze),  die  sich  leicht  und  vollständig  lösen. 

Ammonium  -  Arsensupersulfid,  Ammoninmsulfarseniat, 
^NH4S.AsS5,  erhält  man  durch  Auflösen  vqn  Arsenpersulfid  in  Schwefel- 
uaiDoninro.  Die  Lösung  giebt  beim  Verdunsten  eine  zähe,^  rothgelbe 
Masse,  die  nicht  vollständig  ohne  Zersetzung  getrocknet  werden  kann; 
beim  Erhitzen  schmilzt  sie  zuerst,  dann  geht  eine  gelbe,  Zweifach* 
Schwefelammonium  enthaltende  Flüssigkeit  über  und  zuletzt  sublimirt 
Anensulfid,  2NH4S  .  iksSg  =  2NH4S2  +  AsS,. 

Kocht  man  die  Lösung,  so  wird  sie  braungelb,  beim  Erkalten  setzt  sie 
ein  gelbes  Pulver  ab,  welches  die  Zusammensetzung  Nil4S.12AsSft 
hat 

Die  wässerige  Lösung  des  neutralen   Salzes  wird  durch  Alkohol 


326  Arsensulfide. 

gefällt  und  ein  saures  SrIz  NH4S.A8S5  bleibt  gelöst.  Yermisdit 
ihan  dagegen  vorher  die  Lösung  mit  Schwefelammoniuoi ,  erwärmt 
und  setzt  dann  Alkohol  zu,  so  wird  beim  Erkalten  basisches  Salz, 
dNH4S.AsS5,  in  prismatischen  Krystallen  abgeschieden. 

Leitet  man  über  trockenes  Arsensapersulfid  Ammoniakgas,  so  er- 
hält man  eine  weisse  Salzmasse.  Die  Lösung  in  Wasser  setzt  bald 
einen  gelben  Niederschlag  ab,  wie  überhaupt  die  Verbindung  an  dei 
Luft  alles  Ammoniak  verliert  Concentrirtes  wässeriges  Ammoniak 
löst  das  Snpersulfid,  verdünntes  aber  zersetzt  dasselbe  und  hinterlässl 
Schwefel. 

Barium  -  Arsenpersulüd,  Bariumsulfarseniat,  2  BaS 
AsSj,  bildet  sich,  wenn  neutrale  arsensaure  Barytlösung  bis  zur  Sättiganj 
mit  Schwefelwasserstoff  behandelt  wird.  Sie  trocknet  zu  einer  rissigez 
citronengelben  Masse  ein,  welche  Wasser  anzieht,  zu  Pulver  zerfällt  un< 
vollständig  löslich  in  Wasser  ist  Wird  es  in  einer  Retorte  zum  Glühei 
erhitzt,  so  sublimirt  Schwefel  und  Arsensulfid,  es  bleibt  eine  branni 
Masse,  die  sich  mit  Hinterlassung  einer  braunen  Materie  leicht  in  Was 
ser  löst,  zu  einer  gelben,  nicht  krystallinischen  Substanz  eintrockne 
und  die  Zusammensetzung  8  BaS. As S5  besitzt.  Auch  durch  Behand 
lung  der  neutralen  Lösung  mit  Schwefelbarium  und  Verdunsten  der 
selben  unter  der  Luftpumpe  neben  Schwefelsäure  bei  einer  Temperatm 
wo  erstere  gefriert,  erhält  man  die  Verbindung  nach  der  Verdunstoni 
alles  Eises  in  Form  von  Schuppen.  Fällt  man  die  Lösung  durch  AI 
kohol,  so  entsteht  eine  käsige  Masse,  welche  dieselbe  Verbindung,  je 
doch  chemisch  gebundenes  Wasser  enthaltend,  zu  sein  scheint  Di< 
Lösung  enthält  saures  Salz  (BaS.AsSs).  Dampft  man  sie  ab,  so  schd 
det  sich  ein  gelbes  Pulver  BaS. 3 As S5  ab  und  die  Lösung  enthSl 
dann  neutrales  Salz. 

BerjUium-Arsenpersulfid,  Berylliumsulfarseniat.  Arsen 
persulfid,  mit  BerjUerdehydrat  und  Wasser  digerirt,  wird  in  kleiner  Meng 
mit  gelber  Farbe  gelöst,  durch  Säuren  daraus  wieder  gefällt.  Beryll 
erdesalze,  mit  Natrium- Arsensupersulfid  versetzt,  geben  keinen  Niedei 
schlag. 

Blei-Arsenpersulfid,  Bleisulfarseniat,  2PbS.AsS5  an 
SPbS.AsSs,  sind  durch  doppelte  Zersetzung  darstellbare  Niedei 
schlage,  ersterer  ist  schwarzbraun,  letzterer  schön  roth.  Beim  Trocl 
nen  werden  jedoch  beide  ganz  schwarz. 

Calcium -Arsenpersnlfid,  Calciumsulfarseniat,  2CaS 
As  S5,  ist  dem  Bariumsalze  in  jeder  Beziehung  ähnlich.  Beim  Eindampfe 
gesteht  es  zu  einem  Syrup,  der  bei  weiterer  freiwilliger  Verdnnstun 
zu  einer  gelben  undurchsichtigen,  bei  60<^C.  ihr  Wasser  verlierende 
Masse  wird.  An  der  Luft  zieht  sie  Feuchtigkeit  an,  schwillt  auf  an 
löst  sich  von  den  Gefäss wänden.  Das  der  Formel  SCaS.AsSs  en 
sprechende  Salz  bildet  sich,  wenn  das  vorhergehende  mit  überschassigei 
Schwefelwasserstoff- Schwefelkalium  digerirt,  oder  wenn  die  Lösun 
des  neutralen  Salzes  mit  Alkohol  versetzt  wird,  wo  es  sich  je  nac 
dem  Wassergehalt  als  Pulver  oder  ölige  Flüssigkeit  abscheidet  Ei 
saures  Salz  ist  nicht  bekannt. 

Cersesquisulfuret- Arsenpersulfid ,  Gersesquisulfurel 
sulfarseniat,  2Ce3S8  .  8  AsSs,  ist  ein  gelbweisser  Niederschlag,  d( 
nicht  ganz  unlöslich  in  Wasser  ist,  daher  bei  grosser  Verdünnung  d< 
Lösungen  nicht  erscheint 


r 

Arsensulfide  327 

Cersulfuret- Ars  enp  er  Sulfid,  Cersulfuretsnlfarseniat, 
2  GeS .  As  S5  and  3  Ce  S .  As S5.  Durch  doppelte  Zersetzung  zu  erhaltende, 
ichdn  gelbe,  beim  Trocknen  etwas  dunkler  werdende  Niederschläge. 

Eisen  sesquisulfur  et- Arsen  persulfid,  Eisens  es  quisulfure  t- 
9slfarseniat,  2Fe2S8  »SAsSs,  bildet  einen  graugrünen,  thonfarbigen, 
im  Ueberschuss  des  F^Uungsroittels  mit  sehr  dunkler  Farbe  loslichen 
Siederschlag,  der  sich  beim  Trocknen  unverändert  erhält,  in  der  Hitze 
leicht  schmilzt,  dabei  Schwefel  verliert  und  in  das  ebenfalls  leicht 
ichmelzbare  Arsensulfidsalz  übergeht. 

Eisensulfuret-Arsenper  Sulfid,  Eis  ensulfuretsulfarseniat, 
2FeS  .  AsSs ,  ein  dunkelbrauner,  im  Ueberschuss  des  Fällungsmittels 
löblicher  Niederschlag,  der  sich  beim  Trocknen  zersetzt,  Hostfarbe  an- 
nimmt und  ein  Gemisch  des  vorhergehenden  Salzes  mit  Eisenoxjd  ist. 

Goldsesquisulfur et- Arsenpersulfid,  Goldses quisulfure t- 
lolfarseniat,  2  Au  Sa  .  3  AsSs,  ist  in  Wasser  mit  rothbrauner  Farbe  15s- 
licL  Fällt  man  die  Goldlösung  mit  basisch  Arsenpersulfid -Natrium,  so 
erhält  man  einen  braunen  Niederschlag,  der  sich  nicht  auswaschen  lässt, 
ireü  er  auch  in  reinem  Wasser  löslich  ist  Eisenvitriollösung  giebt  da- 
mit einen  nicht  näher  untersuchten  gelbbraunen  Niederschlag. 

Kalinm -Arsenpersulfid,  Kaliumsulfarseniat,  2KS.ASS5, 
erhält  man  am  besten  durch  Behandlung  des  entsprechenden  Sauerstoff- 
akes  mit  Schwefelwasserstoff  und  Abdampfung  der  Lösung  unter  der 
Laftpompe.  Es  bleibt  eine  gelbe,  zähe  Masse.  An  der  Luft  wird  sie 
erst  flüssig,  dann  bilden  sich  darin  farblose  rhombische  Tafeln.  Ver- 
mischt man  die  concentrirte  Lösung  mit  Alkohol,  so  wird  sie  milchig 
and  setzt  eine  ölige  Flüssigkeit  ab,  die  in  gelinder  Wärme  krystallinisch 
wird  and  die  Zusammensetzung  3ES  .  AsSs.  zeigt,  ^n  ^^^  Flüssigkeit 
bleibt  eine  weniger  Schwefelkalium  enthaltende  Verbindung  (KS.AsSs) 
gelöst,  beim  Verdampfen  setzt  sie  AsSig  ab. 

Löst  man  Arsenpersulfid  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  Ealium- 
RÜfhjdrat  und  verdampft  die  Lösung  an  der  Luft,  so  scheidet  sich  erst 
Sehwefel,  dann  Arsenpersnlfid  ab,  und  die  syrupartige,  nachher  zu  einer 
gelben  krystallinischen  Masse  gestehende  Flüssigkeit  ist  ebenfalls  das 
nentrale  Kalium -Arsenpersulfid  (2ES  .  AsSs).  Wird  in  die  Lösung 
^eses  Salzes  Kohlensäure  geleitet ,  oder  saures  arsensaures  Kali  durch 
Schwefelwasserstoff  zerlegt ,  so  bildet  sich  ein  gelbes  Pulver ,  dessen 
Zusammensetzung  durch  die  Formel  KS  .  I2A8S5  ausgedrückt  werden 
bon. 

Kobalt- Arsenpersulfid,  Kobaltsulfarsenia't,  2CoS.A3S5, 
ist  ein  branner  Niedeirschlag,  der  beim  Ansammeln  und  Trocknen  schwarz 
wird  und  in  überschüssigem  Natrium-Arsenpersulfid  mit  dunkler  Farbe 
lödich  ist. 

Lithium  -  Arsenpersulfid  ,  Lithiumsulfarseniat,  2  LiS  . 
^8},  ist  eine  nicht  krystallinische  citrongelbe  Masse,  welche  an  der  Luft 
Feuchtigkeit  anzieht  und  in  Wasser  vollkommen  löslich  ist  Alkohol 
filH  aiu  dieser  Lösung  glänzende  farblose  Krystallschuppon  dea  basi- 
*d^en  Salzes  3 LiS  .  AsSs,  welche  in  heissera  Wasser  löslich  sind  und 
^nxu  beim  Erkalten  in  sechsseitigen  Prismen ,  beim  freiwilligen  Ver- 
dunsten m  vierseitigen  Tafeln  mit  rhombischer  Basis  krystnllisiren. 
^  sanre  Salz  ist  nur  in  der  alkoholischen  Lösung  bekannt,  es  kann 
oicbt  darch  Abdampfen  erhalten  werden,  das  Salz  mit  12  Aeq.  Arsen- 
P^iüfid  wird  wie  das  Kalisalz  dargestellt. 


328  Arsensulfide. 

Magneaium-Arsenpersnlfid,  Magnesium  sulfarseniat, 
2  MgS .  As  Sg^  ist  in  Wasser  in  allen  Verhältnissen  löslich,  trocknet  zu  einer 
etwas  krystallinischen ,  gelblichen  Masse  ein,  die  an  der  Laft  zerfliesst 
Die  Lösung  wird  durch  Alkohol  nicht  gefällt,  setzt  man  aber  Schwefel- 
wasserstoff-Schwefelmagnesium so  lange  zu,  als  noch  Entwickelnng 
von  Schwefelwasserstoff  stattfindet,  verdampft  die  Lösung  unter  der 
Luftpumpe  und  kühlt  ab,  so  erhält  man  strahlige,  farblose,  an  der  Lnft 
feucht  werdende  Krystalle  des  basischen  Salzes  3 MgS  .  AsS^.  Ueber- 
giesst  man  dieselbe  mit  Alkohol,  so  wird  neutrales  Salz  gelost  und 
ein  basischeres,  sehr  wenig  in  Wasser  lösliches  Salz  bleibt  zurück, 
dieselbe  Verbindung  bildet  sich  beim  Glühen  des  neutralen  Salzes, 
indem  ein  Theil  des  Persulfids  entweicht  Ein  saures  Salz  scheint 
nicht  zu  existiren. 

Mangan-Arsenpersulfid,  Mangansulfarseniat,  2MnS. 
As  S5,  erhält  man  am  besten  durch  Digestion  von  frisch  gefälltem  Mangan- 
sulfuret  mit  Arsenpersulfid.  Es  löst  sich,  wenn  viel  Wasser  zugesetzt 
wird ,  ganz  auf,  im  entgegengesetzten  Falle  bleibt  ein  Theil  als '  gelbes 
Pulver  ungelöst  Die  Lösung  zersetzt  sich  beim  Abdampfen  an  der 
Luft,  lässt  beim  Zersetzen  durch  Säuren  viel  Schwefelarsen  fallen  und 
entwickelt  viel  Schwefelwasserstoff.  Digerirt  man  kohlensaures  Mangan- 
oxydul mit  Arsenpersulfid,  so  erhält  man,  obwohl  schwieriger,  Arsen- 
persulfid-Mangan, aber  beim  Versetzen  der  Lösung  mit  Sänre  ent- 
weicht kein  Schwefelwasserstoff.  Die  Lösungen  der  Manganoxjdulsalze 
werden  durch  neutrales  Natrium  -  Arsenpersulfid  nicht  gefällt.  Digerirt 
man  das  mit  Schwefelmangan  erhaltene  gelbe  Pulver  mit  Ammoniak, 
so  zieht  dies  einen  Theil  des  Persulfids  aus  und  hinterlässt  ein  ziegel- 
rothes,  nach  dem  Trocknen  blasser  erscheinendes,  unzersetzt  an  der 
Luft  trockenbares  Pulver,  welches  der  Formel  3MnS  .  AsSs  entspre- 
chend zusammengesetzt  ist;  wird  es  an  der  Lufl  stark  erhitzt,  oder  an 
einer  Stelle  angezündet,  so  verbrennt  es. 

Natrium- Arsenpersulfid,  Natriumsulfarseniat ,  2  NaS  . 
As  S5.  Wenn  die  wässerige  Lösung  von  neutralem  arsensauren  Natron  mit 
Schwefelwasserstoff  behandelt,  abgedampft  und  zuletzt  bei  gelinder 
Wärme  eingetrocknet  wird,  so  erhält  man  eine  citronengelbe  Masse,  die 
an  der  Luft  Feuchtigkeit  anzieht.  Es  schmilzt  bei  gelinder  Wärme 
unter  Verlust  von  Wasser  zu  einer  wenig  gefärbten  Masse  und  er- 
starrt dann  beim  Erkalten  wieder  mit  gelber  Farbe.  Wenn  man  die 
Lösung  mit  Alkohol  versetzt,  so  fallt  dieser  weisse  Krjstallschnppen 
eines  basischen  Salzes,  3 NaS. As S5  -|-  15  aq.,  welches,  wenn  es  gut 
ausgewaschen  wurde,  sich  unverändert  an  der  Luft  erhält,  und  aus 
seiner  wässerigen  Losung  in  regelmässigen  Krystallen  anschiesst.  Aus 
der  siedenden  Lösung  setzen  sich  bei  rascher  Abkühlung  lange,  sechs- 
seitige, platte  Prismen  ab,  bei  freiwilligem  Verdampfen  oder  sehr  lang- 
samer Abkühlung  vierseitige  Prismen  mit  rhombischer  Basis,  bei  einer 
unter  dem  Gefrierpunkte  liegenden  Temperatur  bilden  sich  roilchweisse, 
undurchsichtige  Octaeder  mit  rhombischer  Basis.  Die  durchsichtigen 
Krystalle  sind  gelblich  und  haben  Diamantglanz.  Ueber  Schwefelsäure 
verlieren  die  Krystalle  ihr  Wasser  nicht,  wohl  aber  beim  gelinden  Er- 
wärmen, wodurch  sie  ihre  Form  nicht  ändern,  aber  milchweiss  werden; 
stärker  erhitzt,  werden  sie  gelb,  unter  Entwickelung  von  etwas  Schwe- 
felwasserstoff. Beim  Erhitzen  in  einer  Retorte  schmilzt  das  Salz  in 
seinem  Krystallwasser  zu  einer  farblosen  Flüssigkeit,  aus  der  das  Was- 


Arsensulfide.  329 

ser  allmälig  entweicht;  das  zurückbleibende  Sak  decrepitirt  schwach 
imler  Schwefelwasserstoffentwickelung,  wird  gelb  und  schmilzt  bei  hö- 
herer Temperator  zq  einer  rothen  Flüssigkeit,  die  beim  Erkalten  gelb 
wird  und  sich  ganz  in  Wasser  löst. 

lo  dem  Alkohol,  durch  den  man  das  basische  Salz  ans  dem  neu- 
tralen gefällt  hat,  ist  das  saure  Salz  (Na S.As 85)  aufgelöst  enthalten. 
Es  kann  aber  daraus  nicht  in  fester  Form  dargestellt  werden.  Beim  Ab- 
d»tilliren  des  Alkohols  setzt  sich  haußg  ein  Arsensupersulfnret  (AsSig) 
in  schönen  Krystallschnppen  ab. 

Das  basische  Salz  3NaS.AsS5  -f~  l^aq.  erhält  man  auch  di- 
Kct  durch  Digestion  einer  Auflösung  von  Schwefelnatrium  mit  Arsen- 
persalfid,  oder  mit  Arsensulfid  und  soviel  Schwefel,  dass  sich  Arsen- 
pertalfid  bilden  kann,  beim  Erkalten  der  abgedampften  Lösung  scheidet 
fich  die  Verbindung  in  grossen  farblosen  oder  gelblichen  Prismen  des 
nrei-  and  eingliedrigen  Systems  ab,  welche  sich  an  der  Luft  nicht  ver- 
modern. 

Das  mit  Persulfid  übersättigte  Salz  wird  wie  das  entsprechende 
Kalisalz  dargestellt  i). 

Natrium- Ammonium  -Arsenpersulfid,  Natrium- Ammo- 
fiinmsulfarseniat,  (dNfi4S. AsS5)4-(3NaS.AsS5),  kann  erhalten 
werden  durch  Vermischen  der  Lösungen  'beider  basischen  Salze  mit 
wmem  Alkohol  und  langsames  Abkühlen,  wobei  es  sich  in  kleinen  viersei- 
tigen Tafeln  an  den  Gefässwänden  absetzt.  Noch  leichter  gelingt  die 
Barstellang,  wenn  man  in  der  Lösung  des  basischen  Natronsalzes  in 
iehr  wenig  kaltem  Wasser  die  richtige  Menge  Salmiak  auflöst  und 
biwülig  verdunsten  lässt,  worauf  das  Salz  in  sechsseitigen  gelblichen 
Prismen  anschiesst,  welche  an  der  Luft  unveränderlich  und  in  Wasser 
nel  löslicher  sind  als  das  Natronsalz.  Bei  der  Destillation  entweicht 
Schwefelammonium  und  etwas  Wasser ,  Natrium  -  Arsensulfid  bleibt 
nräck. 

Die  neutralen  Salze,  mit  einander  vermischt,  trocknen  zu  einer 
gelben  Masse  ein. 

Natrium -Kalium -Arsenpersulfid,  Natrium -Kaliumsulf- 
»raeniat  Wenn  die  Lösungen  der  Arsenpersulfidsalze  beider  Alkali- 
metalle mit  einander  gemengt  werden,  so  erhält  man  ein  Doppelsalz, 
welches  in  sehr  regelmässigen ,  schwach  gelblichen,  vierseitigen  Ta- 
feln fcrystallisirt. 

Nickel  -  Arsenpersulfid,  Nickelsulfarseniat.  In  Nickel- 
oxjdlösnngen  entsteht,  wenn  sie  nicht  sehr  verdünnt  sind,  sogleich  ein 
^elbranner,  beim  Trocknen  schwarz  werdender  Niederschlag,  wenn 
nemit  neutralem  oder  basischem  Arsenpersulfid -Natrium  versetzt  wer- 
^  Bei  sehr  verdünnten  Lösungen  zeigt  sich  zuerst  nur  eine  gelb- 
bnnne  Färbung,  später  erst  der  Niederschlag. 

Platinbisulfnret  •  Arsenpersulfid,  Platinbisulfuretsulf- 
^rieniat,  PtS^.AsSs.  Arsenpersulfid-Natrium,  sowohl  basisches  wie 
^Mitrales,  fällt  die  Platinlösungen  nicht,  sondern  färbt  sie  nur  dunkel- 
^i'nxaL  Eisenvitriol  fallt  daraus  eine  schwarzbraune  Materie  und  die 
I^«mg  wird  farblos. 

Qaecksilbersulfuret-Arsenpersulfid ,  Quecksilbersul- 
faretsnlfarseniat,  2HgS .  AsSs*    Sowohl  durch  basisches  wie  durch 


0  Pogg.  Äxinal.  B(L  Ln,  S.  289  nnd  Bd.  XC,  S.  40. 


330  Arsenwasserstoff. 

neutrales  Arsensulfid-Natriuin  wird  in  Qnecksilberchlorid  ein  dunkelge 
ber  Niederschlag  erhalten,  der  beim  Trocknen  seine  Farbe  behält.  I 
snblimirt  unzersetzt  und  giebt  ein  zinnoberähnliches  rothes  Pulver. 

Qaecksilbersnbsulfuret-Arsenpersalfid,  Qnecksilbersul 
Sttlfaretsulfarseniat,  2HgaS.  AsSg,  wird  aus  oxydfreien  Losunge 
mit  schwarzer  Farbe  gefällt;  war  Oxyd  vorhanden,  so  ist  der  Niederschla 
braungelb  und  wird  beim  Trocknen  dunkler.  Bei  der  Destillation  decr< 
pitirt  er  heftig,  Quecksilber  entweicht,  und  bei  höherer  Temperati 
snblimirt  die  vorher  beschriebene  Verbindung  des  Quecksilbersulforet 

Silber-Arsenpersulfid,  Silbersulfarseniat,  2AgS.A8S! 
Sowohl  das  neutrale  wie  das  basische  Salz  wird  aus  Silberlösungen  m 
brauner,  beim  Trocknen  schwarz  werdender  Farbe  gefällt,  der  Niedei 
schlag  setzt  sich  sehr  langsam  ab.  Beim  Erhitzen  schmilzt  er  zu  eine 
glänzenden  Metallkugel,  ohne  dass  etwas  sublimirt;  sie  ist  geschmeidi 
und  lässt  sich  daher  nicht  pulvern.  An  offener  Luft  erhitzt  bleibt  nu 
Schwefelailber  zurück. 

Ur ans esquisul füret- Arsenpersulfid,  Uransesquisulfuret 
sulfarseniat,  2U2S8.A8S5,  ist  ein  schmutzig  gelber  Niederschlag,  de 
des  basischen  Salzes  ist  etwas  dunkler.  In  einem  Ueberschnss  des  Fäl 
lungsmittels  sind  beide  Niederschläge  mit  dunkelbrauner  Farbe  löslicli 

Zink-Arsenpersulfid,  Zinksulfarseniat.  Das  neutrale  Sal 
ist  ein  hellgelber,  das  basische  ein  noch  blasser  gelber  Niederschlag 
nach  dem  Trocknen  erscheinen  beide  gleich  pomeranzengelb. 

Zirconium -Arsenpersulfid,  Zirkonsulfarseniat.  Zirkon 
erdelösungen  werden  sowohl  durch  das  basische  wie  durch  das  neutral« 
Kalisalz  niedergeschlagen,  aber  der  Niederschlag  bildet  sich  nicht  so 
gleich,  er  ist  nass  citronengelb,  wird  beim  Trocknen  pomeranzen- 
färben.  Säuren  ziehen  keine  Zirkonerde  aus,  so  wenig  wie  dieselbei 
Schwefelzirconium  verändern. 

Ausser  diesen  Salzen  sind  noch  untersucht:  die  Antimonverbin* 
düng,  welche  einen  brandgelben,  leicht  schmelzbaren  Niederschlag 
bildet;  Chrom  oxydsalze  werden  grün  gefällt;  die  Kadmiumve^ 
bindung  ist  ein  hellgelbes  Pulver;  das  Strontiumsalz  verhält  sich 
wie  das  Bariumsalz,  die  Yttrium  Verbindung  wie  die  des  Beryllin  m. 
Sowohl  die  basische  wie  die  neutrale  Wismuth  Verbindung  bilden  daii- 
kelbraune,  im  Ueberschuss  des  Fällungsmittels  lösliche  Niederschläge. 
Molybdänsäure  wird  durch  Arsenpersulfid  -  Natrium  nicht  gefällt,  auch 
Vanadoxyd  nicht-,  aber  die  blaue  Lösung  wird  entfärbt.     {J.L. —  V.)SchL 

Arsenwasserstoff.  Arsen  bildet  mit  Wasserstoff  zwei  Ve^ 
bindangen,  HsAs  und  H^As,  von  denen  die  eine  gasförmig,  die  ändert 
fest  und  pnlverförmig  ist. 

Ar8enwasserstoffgä.s,  HsAs,  ist  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
ein  Gas,  das  bei  —  400C.  tropfbarflüssig,  aber  selbst  bei  —  llO^C.  nock 
nicht  fest  wird.     Das  specifische  Gewicht  ist,  nach  Dumas,  2,695. 

Man  erhält  diese  Verbindung  rein,  wenn  Zinkarsenür  (Arsenziok) 
in  Schwefelsäure,  die  mit  ihrem  dreifachen  Gewicht  Wasser  verdüniil; 
ist,  aufgelöst  wird;  es  kann  über  ausgekochtem  Wasser  aufgefangen 
werden. 

Das  zur  Bereitung  des  Arsenwasserstoffs  dienende  Arsenzink  he*] 
reitet  man,  nach  Soubeiran^s  Vorschrift,  am  besten  auf  die  Weis^j 
dass  man  gleiche  Theile  fein  granulirtes  Zink  und  zerstossenes  Arsen 


j 


Arsen  Wasserstoff.  331 

in  einer  thönemen  Retorte  (oder  einem  bedeckten  Tiegel)  erhitzt  Bei 
der  Vereinigung  beider  Metalle  wird  so  viel  Wärme  frei,  dass  die 
Hasse  schmilzt.  —  Bei  der  Darstellung  des  Gases  ans  dieser  Verbin- 
dung dorch  üebergiessen  mit  der  verdünnten  Schwefelsäure  in  einem 
Gasentwickelungsapparat  kann  man  bei  der  furchtbaren  Giftigkeit  des- 
selben nicht  genug  Vorsicht  anwenden,  dass  keine  Gasblase  frei  in  die 
Atmosphäre  austritt.  Durch  Versäumen  der  nöthigen  Vorsicht  und 
Einathmen  dieses  Gases  haben  bereits  mehrere  Chemiker  ihr  Leben 
yerloren,   unter  ihnen  namentlich  Gehlen  (1815). 

Das  Gas  besitzt  einen  höchst  unangenehmen  eigenthümlichen  Ge- 
raeh.  Eb  ist  leicht  entzündlich  und  brennt  mit  bläulicher  Flamme. 
Die  gelbliche  Flamme  des  gewöhnlichen  Wasserstoffgases  wird  bei  einer 
geringen  Einmischung  von  Arsenwasserstoff  bläulich. 

Leitet  man  das  Gas  durch  eine  nicht  zu  weite  Glasröhre,  welche 
an  irgend  einer  Stelle  zum  schwachen  Glühen  erhitzt  wird ,  wozu  die 
Flamme  einer  Weingeistlampe  hinreicht,  so  zerlegt  sich  das  Gas  voll- 
ständig in  Wasserstoffgas  und  in  Arsen,  welches  sich  in  der  Richtung 
des  Gasstroms  jenseits  des  glühenden  Theils  als  schwarzer ,  metallisch 
glänzender  Bing  absetzt.  2  Vol.  Arsen  wasserstoffgas  geben  hierbei 
3  YoL  Wasserstoffgas. 

Leitet  man  die  Flamme  von  brennendem  Arsenwasserstoff  auf 
dnen  glatten  kalten  Körper,  eine  Porcellan-,  Glasfläche  etc.,  so  ver- 
Ivennt  der  Wasserstoff,  und  das  ausgeschiedene  Arsen  setzt  sich  auf 
den  Gegenstand  ab  und  überzieht  die  Oberfläche  desselben  mit  einem 
schwarz  metallisch  glänzenden  Anflug,  welcher  in  Salpetersäure  und 
mterchlorigsaurem  Natron  leicht  löslich  ist. 
A  Die  gleiche  Erscheinung  zeigt  Wasserstoffgas  nur  wenn  ihm  Ar- 
senwasserstoff beigemischt  ist. 

Alles  Wasserstoffgas  ist  gemischt  mit  mehr  oder  weniger  Arsen- 
wasserstoffgas,  wenn  es  sich  aus  einer  Flüssigkeit  entwickelt,  welche 
die  kleinsten  Mengen  arseniger  Säure  enthält  Wenn  also  arsenhaltiges 
Zinn  oder  Zink  in  reiner  Salzsäure  gelöst  und  das  sich  entwickelnde 
Gas  durch  eine  an  einer  Stelle  glühende  Glasröhre,  oder  die  Flamme 
des  brennenden  Gases  auf  eine  kalte  Porcellanfläche  geleitet  wird,  so 
wird  jetzt  ein  schwarzer  metallischer  Anflug  entstehen.  Dasselbe  findet 
statt,  wenn  arsenhaltige  Salzsäure  mit  reinem  Zink  zusammengebracht 
wird.  Bei  Prüfungen  dieser  Art,  wo  Eisen  oder  Zinn  oder  andere  Me- 
talle zur  Entwickelung  des  Wasserstoffgases  angewandt  werden,  muss 
das  Gas  vorher  durch  eine  mehrere  Zoll  lange,  mit  lockerer  Baum- 
wolle angefüllte  Glasröhre  geleitet  werden,  um  die  durch  die  Heftigkeit 
der  Gasentwickelung  mit  fortgerissenen  Tröpfchen  der  Flüssigkeit  zu- 
rfickzuhalten ;  im  entgegengesetzten  Falle  erhält  man  leicht  schwarze 
Anflüge  von  metallischem  Eisen,  Zinn  etc.,  die  an  ihrem  Verhalten  zu  Sal- 
petersäure und  Schwefelammonium  übrigens  leicht  erkannt  werden  können. 

Wird  das  Arsenwasserstoffgas  über  ein  glühendes  Metalloxyd  ge- 
lotet, so  wird  dieses  durch  den  Wasserstoff  reduoirt  und  das  Arsen 
▼erbindet  sich  vollständig  mit  dem  Metall.  Es  ist  dies  die  leichteste 
Methode,  das  Arsen  in  einem  Gase  zu  bestimmen,  in  dem  es  als  Arsen- 
wasserstoff  enthalten  ist,  besonders  ist  hierzu  glühendes  Knpferoxyd 
geeignet 

Zinn,  Kalium,  Natrium,  in  dem  Gase  erhitzt,  verbinden  sich  mit 
dem  Arsen  und  lassen  reines  Wasserstoffgas  zurück. 


332  Arsenwasserstoff. 

AuB  den  Salzen  der  sogenannten  edlen  Metalle  fallt  der  Arsen- 
Wasserstoff  das  Metall  regulinisch,  unter  Bildung  von  Wasser  und  arse- 
niger Säure. 

Manganoxydul,  Zinnoxydul  und  Eisenoxydulsalze  werden  davon 
kaum  verändert,  aus  den  meisten  übrigen  Metallsalzen  schlägt  der  Ar- 
senwasserstoff Arsenide  dieser  Metalle  nieder,  indem  sein  Wasserstoff 
das  Oxyd  zu  Metall  reducirt,  welches  mit  dem  Arsen  in  Verbindung 
tritt.  Die  Salze  derjenigen  Metalle,  welche  von  Säuren  unter  Wasser- 
stoffentwickelung  aufgelöst  werden,  erleiden,  nach  Soubeiran,  keine 
Veränderung  ihrer  wässerigen  Losung,  wenn  Arsenwasserstoffgas  hin- 
durchgeleitet wird.  Nach  H.  Rose  ist  der  Niederschlag,  welcher  sich 
bildet,  wenn  das  Gas  durch  überschüssige  Quecksilberchloridlosung  ge- 
leitet wird,  eine  unlösliche  Verbindung  von  Arsenquecksilber  und 
Quecksilberchlorid ,  Hgs  As  -f-  3  Hg  Gl.  Wird  dieser  Niederschlag,  in 
Wasser  vertheilt,  mit  Arsenwasserstoffgas  geschüttelt,  so  wird  al- 
les Quecksilberchlorid  zersetzt  und  es  bleibt  reines  Arsenquecksilber, 
HggAs. 

Kupferoxydlösungen  absorbiren  das  Gas  unter  Zersetzung  vollkom- 
men; dieses  Metall  dient,  um  seine  Reinheit,  d.  h.  Einmischungen 
fremder  Gase,  die  nicht  davon  absorbirt  werden,  zu  entdecken. 

Körper,  die  zum  Wasserstoff  grössere  Verwandtschaft  haben,  zer- 
legen den  Arsenwasserstoff  augenblicklich,  indem  sie  sich  mit  dem 
Wasserstoff  verbinden,  wobei  Arsen  abgeschieden  wird.  Bei  Ueber- 
schuss  des  zersetzenden  Körpers  verbindet  sich  dieser  mit  dem  frei- 
gewordenen Arsen.  Auf  diese  Weise  verhalten  sich  Chlor,  Jod  und 
Brom,  femer  Phosphor  und  Schwefel;  die  letzteren,  wenn  sie 
zum  Schmelzen  erhitzt  werden.  Salpetersäure,  Schwefelsäure, 
luft haltendes  Wasser  etc.  zerlegen  das  Gas  durch  Oxydation  des 
Wasserstoffs.  Viele  Chloride  in  wässeriger  Auflösung  verhalten  sich 
gegen  Arsenwasserstoff,  wie  Chlor  für  sich  allein. 

Das  beste  Mittel,  um  Arsen  aus  dem  Arsenwasserstoff  in  fassbare 
Form  zu  bringen,  ist,  ausser  der  Abscheidung  des  Arsens  durch  Er- 
hitzen, eine  Lösung  von  Goldchlorid  oder  salpetersaurem  Silberoxyd. 
Die  erstere  zerlegt,  nach  Jacquelain,  das  Gas  vollständig  und  leicht 
in  sich  abscheidendes  Metall  und  arsenige  Säure,  erhitzt  man  die  Flüs- 
sigkeit mit  schwefliger  Säure,  so  wird  der  Ueberschuss  des  Goldes  ge- 
fällt, so  dass  nur  arsenige  Säure  und  Schwefelsäure  in  derselben  vor- 
handen sind.  Wendet  man  statt  des  Goldchlorids,  salpetersaures  Sil- 
beroxyd an,  so  ist  das  überschüssige  Silber  durch  Salzsäure  oder  Chlor- 
natrium zu  entfernen.  Das  Antimon  wasserstoffgas,  welches  etwa  dem 
Arsenwasserstoff  beigemengt  ist,  geht  nicht  in  Lösung,  sondern  fällt  das 
Silber  als  Antimonsilber  (vergl.  Antimonwasserstoff  S.  143). 

Arsenwasserstoff,  fester  Wasserstoffarsenik.  H^As.  Bei 
der  Auflösung  von  Kalium-  und  Natrium -Arsenür  in  Wasser  erhiel- 
ten Gay-Lussac  und  Th^nard  weniger  Wasserstoffgas,  als  das  Ka- 
lium für  sich  entwickelt  haben  würde;  es  schied  sich  dabei  ein  brau- 
nes Pulver  ab,  das  diese  Verbindung  von  Arsen  mit  Wasserstoff  sein 
soll.  Dies  ist  bis  jetzt  der  einzige  Weg,  diese  Verbindung  darzu- 
stellen.   Durch  Glühen  wird  sie  zersetzt  in  Wasserstoff  und  Arsen. 

Davy  giebt  an,  eine  ähnliche  Verbindung  erhalten  zu  haben  bei 
elektrolytischer  Zerlegung  von  Wasser  unter  Anwendung  von  Arsen 
als  negative  Elektrode.     Magnus  erhielt  so  nur  eine  Spur  eines  festen 


Arsid.  —  Arterienhaut.  333 

Wasserstoffarsens,  und  Soubeiran,  der  wie  Magnus  eine  schwache 
Siole  anwandte,  erhielt  kein  solches  Prodnct.  (J.  L.  —  F.)  Schi, 

Arsid.  So  bezeichnet  L.  Gmelin^)  nach  Laurent  den  dem 
hypothetischen  Amid  entsprechenden  Arsenwasserstoff,  112^3,  welchen 
man  frQher  wohl  in  den  organischen  Arsen  Verbindungen  anzunehmen 
geneigt  war  (s.' Arsenradieale,  organische). 

Artanitin  ist  ein  sehr  unvollständig  bekannter  Körper  aus 
deo  froher  als  Radicea  Ärtamtae  ofiieinellen  Wurzeln  von  Cyclamen  euro^ 
foeim.  Der  Korper  ist  von  Saladin^)  zuerst  dargestellt  und  soll  sich 
nach  ihm  in  geringer  Menge  in  den  Wurzeln  von  Primula  veria^  von 
AmagaUia  caroeruis^  und  von  Lmoaeüa  aquaäca  finden*  Es  ist  nach  Sa- 
Udin,  auch  von  Buchner  und  von  Herberger')  untersucht  In 
Denester  Zeit  hat  de  Luca^)  aus  den  Wurzeln  von  Cyclamen  einen 
eigenthümiichen  Körper  dargestellt,  den  er  als  Cyclamin  beschreibt, 
und  der  von  Saladin's  Artanitin  in  wesentlichen  Eigenschaften  sich 
verschieden  zeigt,  der  daher  als  Cyclamin  (s.  d.  Art.)  besonders  be- 
schrieben werden  soll. 

Herberger  stellt  das  Artanitin  dar,  indem  er  die  frischen  Wur- 
zeb  von  Cyclamen  mit  kaltem  Weingeist  auszieht,  den  Auszug  in  ge- 
linder Wärme  abdampft,  den  Rückstand  erst  mit  Aether  (zur  Fortschaf- 
fong  von  Wachs)  und  dann  mit  kaltem  Wasser  (zur  Befreiung  von 
einem  bitteren  Extractivstoff)  wäscht,  hierauf  in  warmem  Alkohol  löst, 
die  Losung  mit  gereinigter  Thierkohle  schüttelt  und  bei  sehr  gelinder 
Wärme  abdunsten  lässt,  wobei  Artanitin  sich  in  Krystallen  abscheidet 

So  dargestellt,  bildet  es  zarte  weisse  Nadeln,  die  geruchlos  sind, 
üuaerst  scharf  und  brennend,  nicht  bitter  schmecken,  äusserlich  auf  die 
Haut  nicht  wirken,  innerlich  in  der  Dosis  von  einigen  Granen  aber 
Brechen  und  Stuhlausleerungen  bewirken.  Es  reagirt  weder  sauer  noch 
^lisch,  ist  nicht  sublimirbar,  sondern  zersetzt  sich  in  der  Hitze;  es 
ist  unlöslich  in  Aether  und  in  fetten  und  ätherischen  Gelen ;  leicht  lös- 
üch  dagegen  in  Alkohol.  Vom  kalten  Wasser  erfordert  es  500  Thle. 
ZV  Losung;  Säuren  begünstigen  diese  Lösung,  ohne  es  zu  sättigen. 
Salpetersäure  verwandelt  es  in  Oxalsäure.  Concentrirte  Schwefelsäure 
lersetEt  und  färbt  es,  kalt  oder  wenigstens  in  gelinder  Wärme,  sehr 
lebhaft  violettroth,  in  grösserer  Hitze  es  verkohlend.  Durch  Sieden 
Miner  Lösungen  in  Wasser  oder  Alkohol  verliert  es  seine  Schärfe  und 
>^e  Leichtlöslichkeit  in  Alkohol.  Diese  Zersetzbarkeit  ist  Ursache 
^  geringen  Wirksamkeit  und  des  milden  Geschmacks  der  trockenen 
Wnrxehi  von  Cyclamen.  (p.)  Fe. 

Arterienhaut.  —  Von  chemischen  Bestandtheilen  der  Ar- 
^^rienhaot  kann,  da  die  letztere  aus  thierischen  Geweben  sehr  verschie- 
^er  chemischer,  wie  physiologischer  Dignität  gebildet  wird,  da  femer 
ui  chemischer  Hinsicht  über  die  constituirenden  Gewebe  wenig  mehr 
^nnt  ist  als  ein  Theil  der  Producte  ihrer  Zersetzung  unter  ziemlich 
^genau  ermessenen  Einflüssen,  nur  in  sehr  unbestimmter  Form  die 
^^  sein. 


^  HftDdbach  der  organiHchen  Chemie.  Bd.  II,  S.  50.  —  *)  Journ.  de  chim. 
«ei  T.  VI,  p.  417.  —  »)  Büchners  Repert.  Bd.  XXX VII,  S.  86.  —  *)  Compt. 
'«l  de  r«CÄd.  T,  XLIV,  p.  723;  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXXI,  S.  330. 


334  Arterienhaut. 

Die  drei  wesentlichsten  histologischen  Elemente  der  Arterienhaat 
sind  das  elastische  Gewebe,  die  contractile  Faserzelle  und  das  Binde- 
gewebe oder  leimgebende  Gewebe,  die  ersteren  beiden  unter  einander  und 
mit  geringeren  Mengen  der  Bindegewebmasse  gemischt  als  vorzugsweise 
Constitaentien  der  inneren  Schichten  des  Gefässrohres,  das  letztere  als 
fast  ausschliesslicher  Bestandtheil  der  äusseren  Gefässschicht,  das  &e- 
fässrohr  verbindend  mit  den  verschiedenen  von  ihm  darchlaufenen 
Parenchjmen. 

Chemisch  unterscheiden  sich  die  genannten  drei  Gewebsformen 
hauptsächlich  dadurch,  dass,  während  das  elastische  Gewebe  der  Ein- 
wirkung von  Säuren  und  Alkalien  lange  Zeit  widersteht,  und  nach  an- 
haltender concentrirter  Anwendung  jener  Reagentien,  namentlich  der 
Schwefelsäure,  direct  in  eines  der  allgemeineren  Zersetzungsprodacte 
thierischer  Gewebe,  das  Leucin,  und  zwar  mit  besonders  massenhafter 
Bildung  dieses  Korpers,  übergeht^),  aus  der  contractilen  Faserzelle 
schon  durch  Einwirkung  jener  Reagentien  im  verdünnten  Zustande  ein 
fibrinähnlicher,  auch  aus  der  sogenannten  animalen  oder  quergestreiften 
Muskelfaser  darstellbarer  Stoff,  das  Syntonin,  und  aus  dem  Bindege- 
webe endlich,  durch  Kochen,  vorzugsweise  Glutin  gemacht  werden  kann. 

Die  chemische  Stellung  dieser  drei  vorwiegenden  Umsetzungspro- 
ducte  der  drei  anatomischen  Bestandtheile  der  Arterienhaut  ist  jedoch 
keine  parallele.  Das  Syntonin,  ein  eiweissartiger  und  dem  Albumin 
und  Blutfibrin  in  seiner  Zusammensetzung  und  wahrscheinlich  (worüber 
noch  keine  Untersuchungen  vorliegen)  auch  in  seinen  Zersetzungspro- 
ducten  nahe  stehender  Körper,  scheint,  nach  dem  jetzigen  Stande  der 
Untersuchungen ,  zu  dem  gereinigten  elastischen  Stoff  ungefähr  in  dem 
Yerhältniss  zu  stehen,  wie  lösliches  Eiweiss  zu  coagulirtem.  Der  Leim, 
das  Product  der  Zersetzung  des  Bindegewebes  durch  siedendes  Wasser, 
wird  von  der  Zoochemie,  wenn  auch  als  verwandt  mit  den  Prot^nstof- 
fen  erkannt,  ausser  ihrer  Reihe  verlegt  Auch  seine  Zersetzung  darch 
dieselben  stark  wirkenden  Agentien,  die,  aus  elastischer  Faser  fast  aus- 
schliesslich,  aus  Syntonin  höchst  wahrscheinlich  wenigstens  theilweise, 
Leucin  entstehen  lassen,  führt  zur  reichlichen  Bildung  dieses  Körpers, 
neben  flüchtigen  Fettsäuren  und  flüchtigen  organischen  Basen,  Ani- 
lin, Picolin  etc. 

Auf  die  chemischen  Eigenschaften  der  die  Arterienhaut  zusammen- 
setzenden Gewebe  gründet  sich  der  genauere  mikroskopische  Nachweis 
der  einzelnen.  Die  Fasern  der  elastischen  Haut  bleiben  unversehrt 
und  geben  ein  deutliches  mikroskopisches  Bild,  wenn  man  durch  con- 
centrirte  Lösungen  von  Kali  oder  Natron,  oder  durch  massig  concen- 
trirte  Schwefelsäure  auf  dem  Objectträger  die  organische  Muskelfaser 
und  das  Bindegewebe  aufquellen  macht  und  schliesslich  löst.  Die  ab- 
präparirte  und  am  frischen  Object  von  Bindegewebe  nicht  deutlich 
unterscheidbare  Muskelhaut  (contractiles  Gewebe)  wird  durch  Einwir- 
kung von  Salpetersäure,  mit  intensiver  Gelbfärbung  (die  dem  Binde- 
gewebe unter  gleicher  Einwirkung  abgeht),  in  ihre  einzelnen  länglich 
lanzettförmigen,  zelligen  Elemente  zerspalten.  Das  Binde-  oder  leim- 
gebende Gewebe  quillt  durch  verdünnte  Essigsäure  schon  zu  einem 
homogenen  gallertigen  Klumpen  auf. 

Von  der  Venenhaut  unterscheidet  sich  die  Arterienhaut  naraent- 


^)  Zollikofer,  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXXXUf  S.  168. 


Artischocke.  —  Artocarpus  incisa.  335 

lieh  durch  die  grössere  Dicke  ihrer,  vorzugsweise  durch  elastisches 
Gewebe  und  organische  Muskelfasern  gebildeten,  inneren  Hautschichten. 
Die  häufig  beobachteten  Entartungen  der  Arterienhaut,  bekannt 
unter  dem  Namen  der  atheromatösen  Degeneration,  bestehen  in  Abla- 
gerungen an  Kalksalzen  reicher  Detritusmassen  thierischer  Gewebe, 
anter  deren  organischen  Bestandtheilen  Fette  und  Cholestearin  vor- 
wiegen. V^r, 

Artis  chocke.  Verdell  ij  hat  den  grünen  Farbstoff  der  Arti- 
aehoeken  und  anderer  Pflanzen  aus  der  Familie  der  Synanthereen  unter- 
ncht,  und  giebt  an,  dass  er  vom  Chlorophyll  verschieden  sei.  Er  bilde 
lieh  bei  Einwirkung  von  Luft,  Wasser  und  Ammoniak  auf  die  zerklei- 
oerteo  Pflanzentheile ;  die  schön  grün  gewordene  Flüssigkeit  giebt  mit 
Eidgaaure  gefällt  einen  voluminösen  grünen  Niederschlag,  der  nach 
^m  Trocknen  dem  Indigo  gleicht,  mit  reinen  wässerigen  Alkalien 
aber  schön  grüne  Lösungen  giebt. 

Die  Asche  der  Artischocken  ist  von  Th.  Richards on  3),  die  der 
«iosehien  Theile  der  Pflanze  sind  von  Way  und  Ogston')  bestimmt. 

Nach  Richardson  giebt  die  Artischocke  im  frischen  Zustande 
lil7  Proc,  getrocknet  6,2  Proc.  Asche;  Way  und  Ogston  fanden  in 
^  Wurzeln,  Stengeln  und  Blättern  der  Jerusalem-Artischocke  im  fri- 
schen Zustande  1,79,  1,94  und  15,00  Proc;  in  der  trockenen  Sub- 
stanz 12,2,  4,4  und  28,3  Proc.  Asche.  Die  Bestandtheiie  der  Asche 
and: 

Jerasalem- Artischocke  *) 


Artischocke*} 

Wurzeln^ 

Stengel 

Blätter 

Kali 

24,0 

55,9 

38,4 

6,8 

Natron  .    .    . 

.      5,5 

— 

0,7 

3,7 

Kalk      .... 

9,6 

3,3 

20,3 

40,1 

Magnesia  .    .    < 

.      4,1 

1,3 

1,9 

2,0 

Schwefelsäure 

5,2 

3,8 

3,2 

2,2 

Kohlensäure  .    . 

11,8 

25,4 

24,3 

Phosphorsäure  . 

.    36,2 

16,7 

3,0 

0,6 

Elieselsäure    .    . 

.      7,0 

1,5 

1,5 

17,5 

Eisenoxyd .    . 

0,5 

0,9 

1,1 

Chlorkalium  .    . 

5,0 

— 

Chlornatrium 

.      3,6 

— 

4,7 

1,8 

Phosphorsaures 

Eisenoxyd . 

.      4,8 

— 

f  1   »T  1    r\         ^ ^4.      T 

••  .„!           .tT^ 

__1_»_L 

-_        A •_ 

_1    _— A 

n, 


—         Fe. 


BU)ff  und  Wasserstoff  in  geraden  Zahlen  bestehenden  Radicale  CqH; 
^  R  eine  gerade  Zahl  ist. 

Artocarpus  incisa,  der  auf  den  ostindischen  Inseln  ein- 
heimische  Brotfruchtbaum,  dessen  Früchte  14  Proc.  Stärkmehl,  3  Proc. 
Zweigs,  19  Proc.  Kleber  und  Holzfaser,  und  63  Proc.  Wasser  enthal- 
^  sollen. 


^)  Compt.  rend.  de  l'acad.  T.  XLI,  p.  588;  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXVII, 
S.  264.  —  «)  Ännal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXVII,  Tabelle.  —  ■)  Joum.  of  the 
^  ^c.  Soc.  of  England.  T.  YII  [2.]  p.  698;  Jahresber.  t.  Liebig  n.  Kopp 
l^S,  8.  675. 


336  Arum  esculentum.  —  Asa  foetida. 

Arum  esculentum.  Die  frischen  Knollen  dieser  Pflanxc 
geben,  nach  Herapath^)  1,65  Proc.  Asche,  welche  in  100  enthält 

61,7  in  Wasser  lösliche  Bestandtheile : 
Kali  45,1;  Chlomatriam  8,1;    Schwefelsäure  3,8;  Phosphorsäure  4,7 

38,2  in  Wasser  unlösliche  Bestandtheile: 
Kalk   18,3;  Eisenoxjd   1,1;  Schwefelsäure   1,3;  Phosphorsäure    11,4 
Kieselsäure  6,1.  Fe, 

Arummaculatum.  Die  frische  Wurzel  enthält  einen  schar 
schmeckenden  Milchsaft,  der  auf  der  Haut  Entzündung  erregt;  er  \m 
aber  so  flüchtig  oder  leicht  zersetzbar,  dass  er  in  der  trockenen  War 
zel  nicht  mehr  vorhanden  ist;  diese  soll  71  Proc.  Stärkmehl  neb«i 
23  Proc.  Gummi  und  Pflanzenschleim  enthalten.  *    Fe, 

Arundo  phragmites.  Die  trockene  Pflanze  giebt  4,7  Pro« 
Asche,  welche  nach  Schulz-Fleeth  ^)  in  100  enthält:  Kali  8,6 
Kalk  5,9 ;  Magnesia  1,2  ;  Eisenoxyd  0,2 ;  Schwefelsäure  2,8 ;  Kiesel 
säure  71,5;  Kohlensäure  6,6;  Phosphorsäure  2,0;  Ghlomatrinni  0,4. 

Fe. 

Asa  duleis  s.  Benzoe. 

Asa  foetida^)  Gummi  Asae  foetidae^  Stinkasant,  Tcu 
felsdreck.  Die  Äaa  foetida  ist  ein  sogenanntes  Schleim-  oder  Gummi 
harz,  welches  durch  Einschnitt  in  die  Wurzel  der  Ferula  Asa  foetida 
einer  in  Persien  in  den  Gebirgen  von  Chorassan  und  Laar,  sowie  ü 
Syrien  und  Lybien  vorkommenden  Umbellifere,  und  Eintrocknen  de 
ausfliessenden  Milchsaftes  gewonnen  wird.  Doch  hat  man  Grund,  an 
zunehmen ,  dass  die  Aaa  foetida  auch  aus  anderen  Ferulaceen ,  so  au 
Ferula  persica  (Pope),  welche  den  Geruch  des  Stinkasants  in  hoben 
Grade  besitzt,  stammt.  Royle  glaubt  fetner,  dass  Prangos  pcUndarit 
eine  von  den  Silphionarten  der  Alten,  und  eine  in  Ostindien  namentlicl 
in  Thibet  vorkommende  Umbellifere  ebenfalls  Asa  foetida  liefere. 

Pereira  unterscheidet  drei  in  den  Handel  kommende  Varietätei 
di&c  Asa  foetida»  1.  Asa  foetida  in  granis  oder  lacrymis^  wahracbein 
lieh  von  Fenda  persica  abstammend,  und  ziemlich  selten;  2.  Asa  foe 
tida  in  massis^  von  Ferula  Asa  foetida^  die  gewöhnliche  Sorte,  un< 
*6,  Asa  foetida  petraea.  Die  Asa  foetida  in  granis  bildet  rundliche  breit 
gedrückte  kleinere  Stücke  oder  Thränen,  die  Asa  foetida  in  massis  grösser 
unregelmässige  Stücke.  AeusserUch  sind  dieselben  gelblich-  bis  röthlich 
braun,  auf  dem  Bruche  muschelig,  weisslich  oder  weiss  und  von  Wachs 
glänz.  Durch  die  Einwirkung  des  Lichtes  und  der  Luft  werden  die  frische] 
Bruchflächen  nach  wenig  Stunden  violettroth  bis  pfirsjchblutroth  gef  ärbl 
Der  Stinkasant  besitzt  Wachsconsistenz,  ist  schmelzbar,  erweicht  schoi 
in  der  warmen  Hand  und  ist  brennbar.  Er  besitzt  einen  ekelhafte; 
knoblauchartigen  Geruch  (daher  der  Name  Teufelsdreck),  und  einei 
bitterscharfen  widerlichen  Geschmack.    Gleichwohl  benutzen  ihn  einig 


*)  Qaart.  Joarn.  of  ehem.  Soc.  T.  III,  p.  198;  Annal.  d.  Cbciii.  u.  Pharm.  B< 
LXXVI,  S.  883.  —  «)  Pogg.  Annal.  Bd.  LXXXIV,  S.  80. 

*)  Literatur:  Pope,  Phil.  Transact.  Bd.  LXXV.  —  Koyle,  Illuetr.  S.  2SS 
—  Pelletier,  Ballet,  de  pharm.  Vol.  III,  p.  556.  —  Brandes,  Rcpert.  Bd.  VIJ 
S.  1.  —  Trommsdorff,  TrommsdorflTs  neues  Journ.  Bd.  II,  S.  137.  — Angelioi 
Brandes'  Arcb.  Bd.  XXII,  S.  142.  —  Zeise,  Schweigg.  Jonrn.  Bd.  XLYI,  S.  324 
«Johnston,     Phil.    Mag.   Dec.    1838;  Journ.  f.  prakt    Chem.   Bd.    XVI,   S.  611. 


Asa  foetida  -  Oele.  337 

asiitische  Stämme  als  Gewürz  zu  ihren  Speisen.  Der  Stinkasant  ist 
löslicher  in  Weingeist  als  in  Wasser,  und  giebt  mit  Wasser  der  De- 
stillation unterworfen  ein  schwefelhaltiges  ätherisches  Oel.  Nach  den 
Analysen  von  Pelletier,  Trommsdorff,  Brandes  und  Hlasiwetz 
sind  die  wesentlichen  Bestandtheile  der  Aaa  foetida;  Äaa  foetida'H&rz^ 
Pflanzengumroi,  Bassoriui,  ätherisches  Oel  und  saurer  äpfel- 
laorer  Kalk  nebst  Cellulose  und  anorganischen  Salzen.  Pelle- 
tier fand  in  100  Th\n.  Asa  foetida:  Harz  05,00,  Gummi  19,44,  Bassorin 
11,16,  flüchtiges  Oel  3,60,  äpfelsauren  Kalk  und  Verlust  0,30.  Das 
Harz  des  Sdnkasants  ist  schwefelirei,  es  löst  sich  in  Weingeist  auf  und 
wird  aus  der  weingeistigen  Lösung  durch  Wasser  ausgeschieden.  £s 
ut,  nach  Johns  ton  nach  der  Formel  C4ofis6  0io  zusammengesetzt  und 
fiürbt  sich  unter  der  Einwirkung  der  Sonnenstrahlen  violett.  Nach 
Brandes  enthält  der  Stinkasant  zwei  Harze,  ein  in  Aether  lösliches, 
und  ein  darin  unlösliches.  Zur  Gewinnung  des  Harzes  zieht  man  die 
Ata  foetida  mit  Weingeist  aus  und  destillirt  den  grössten  Theil  dessel- 
ben ab.  Die  zurückbleibende  concentrirte  Lösung  des  Harzes  wird 
mit  Wasser  vermischt,  wodurch  sich  das  Harz  als  ein  gelblichweisser 
fut  geruchloser  Niederschlag  abscheidet.  Von  conoentrirter  Schwefel- 
liore  wird  es  mit  grüner  Farbe  gelöst  und  durch  Wasser  aus  die- 
ser Losung  in  rothen  Flocken  wieder  ausgeschieden.  Wird  das  Harz 
ms  einer  Retorte  destillirt,  so  verliert  es  zuerst  das  ihm  anhängende 
Wagser  und  etwas  ätherisches  Oel,  schäumt  dabei  stark  und  entwickelt 
Schwefelwasserstoff.  Hierauf  siedet  es  ruhig,  wird  tief  braun,  und  es 
gehen  hierauf  Oele  über,  welche  nacheinander  grün,  blau,  violett  und 
roth  gefärbt  sind  und  mehr  oder  minder  aromatisch  riechen.  Aus  dem 
violetten  Theile  nimmt  Kalilauge  einen  Antheil  auf,  der  sich  an  der 
Loft  intensiv  roth  färbt.  Wird  die  Kalilauge ,  welche  zum  Waschen 
der  Destillations producte  gedient  hat,  mit  verdünnter  Schwefelsäure 
(lestillirt,  so  geht  unter  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoff  eine 
rauchige  Flüssigkeit  über,  die  etwas  ätherisches  Oel  enthält,  welches 
schwerer  als  Wasser  ist  und  von  einem  Gehalte  an  Ameisensäure  und 
£nig8äure  sauer  reagirt.  (Hlasiwetz).  Die  Asa  foetida  findet  als 
Arzneimittel  Anwendung.  G B. 

Asa  foetida-Oel.  Die  Asa  foetida  verdankt  ihren  eigenthüm- 
lieheo  Geruch  einem  schwefelhaltigen  ätherischen  Oele,  welches  durch 
Deitillation  der  Asa  foetida  mit  Wasser  aus  Glasgefässen  gewonnen 
Verden  kann.  100  Thle.  Asa  foetida  geben  ungefähr  3  Thle.  Oel. 
Danelbe  ist  von  Hlasiwetz  i)  näher  untersucht  worden.  Die  beste 
Methode  zur  Gewinnung  des  Oeles  besteht  darin ,  dass  man  deu  Stink- 
a^nt,  in  kleinere  Stücke  zerschlagen,  mit  Wasser  aus  grossen  Glas- 
^Iben,  die  in  einem  Kochsalzbade  erhitzt  werden,  unter  passender  Ab- 
i^öhlung  der  Destillation  unterwirft.  Wird  das  Oel  aus  Metallgefässen 
^^^tiUirt,  so  laufen  letztere  von  gebildetem  Schwefelmetall  schwarz  an, 
^  Oel  iat  dann  dunkel  von  Farbe  und  der  Bückstand  in  der  Blase 
brennt  leicht  an.  Das  aus  Glasgefässen  destillirte  Oel  dagegen  ist 
gläch  vom  Anfang  an  lichtgelb,  dünnflüssig,  hell,  von  penetrantem 
sehr  widrigen  und  äusserst  fest  haftenden  Asagernch,  und  kann  nach 


^)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXI,  8.  28. 
Baad«Mert>aeh  d«r  Chemie.   3tc  Aufl.  Bd.  U.  22 


338  Asa  foetida  -  Oele. 

dem  Trocknen  über  Chlorcalcium  zu  allen  weiteren  Veraachen  sofort 
ohne  weitere  Reinigung  verwendet  werden. 

Dus  Asa  foetida-Oel  i6t  in  starkem  Weingeist  und  Aether  sehr  leicht 
löslich^  in  nicht  unbedeutender  Menge  auch  in  Wasser,  besitzt  eineo 
anfangs  milden ,  hintennach  kratzenden  Geschmack,  wirkt  nicht  wie 
andere  schwefelhaltige  Oele  hautröthend,  und  reagirt  neatral.  Beim 
Stehen  entwickelt  es  beträchtlich  Schwefelwasserstoff,  eine  Eigenschaft, 
welche  auch  die  Äaa  foeüda  selbst  besitzt.  Es  erstarrt  in  einer  Kälte- 
mischung weder  ganz  noch  theilweise,  und  zersetzt  sich  beim  Kochen, 
welches  zwischen  -f-  135^  bis  140^  C.  beginnt,  unter  fortwährender 
Seh  wefeiwasserstofientwickelung . 

In  frischem  Zustande  ist  das  Oel  sauerstoffirei,  and  besteht  aus 
Kohlenstoff,  Wasserstoff  und  Schwefel.  Bei  längerem  Stehen  an  der 
Luit  und  in  schlecht  verschlossenen  Gefässen  wird  es  sauer  und  ver- 
ändert ein  wenig  seinen  Geruch.  Es  ist  Hiasiwetz  nicht  gelangen» 
bei  der  Analyse  des  Oeles  übereinstimmende  Zahlen  zu  erhalfen  (Oel 
von  verschiedenen  Bereitungen  gab  64,2  bis  69,3  Kohlenstoff,  9,1  bis 
10,5  Wasserstoff  und  20,2  bis  25,4  Schwefel),  unzweifelhaft,  weil  es 
ein  Gemenge  ist  von  CigHuSg  und  Ci^HnS  in  wechselnden  Verhält- 
nissen, d.  i.  ein  Gemisch  verschiedener  Sulfurete  eines  dem  Allyl  ho- 
mologen Badicals  CigHn. 

Bei  Destillation  des  Oeles  in  einem  Strome  von  A.mmoniakgas 
setzen  sich  bei  IbQ^  C.  im  Halse  der  Retorte  Krystalle  von  Schwefel- 
ammonium ab.  Dasselbe  bildet  sich  auch  durch  blosses  Einleiten  vod 
Ammoniak  in  rohes  Oel. 

Beim  Erhitzen  des  Oeles  mit  Einfach-Schwefelkalium  fin- 
det bei  1500C.,  mit  Fünffach-Schwefelkaliam  bei  1 8 5^  C,  lebhafte 
Schwefelwasserstoffentwickelung  statt,  während  das  Oel  von  aufgelöstem 
Schwefel  immer  dunkeler  wird. 

Salzsaures  Gas  färbt  das  Oelroth,  violett,  endlich  schwarz,  and 
macht  es  dickflüssig.  Aehnlich  wirkt  Chlor  unter  Entwickelung  von  Ssli- 
däure,  Chlorschwefel  und  Bildung  einer  theerartigen  Masse. 

Salpetersäure,  Chromsäure,  Natron-Kalk  und  Aetznatron 
bewirken  Oxydation  des  Oeles. 

Kalium  veranlasst  Gasentwickelung  und  Bildung  von  Schwefel- 
kalium. Der  Schwefelgehalt  des  rückständigen  Oeles  ist  zuweilen  bis 
auf  9,4  Proc.  vermindert,  und  das  Oel  zeigt  einen  anderen  aromatischen 
Geruch.  Löst  man  das  gebildete  Schwefelkalium  in  wenig  Wasser  auf 
und  sättigt  mit  Essigsäure,  so  nimmt  man,  wenn  die  Schwefelwasser- 
stoffentwickelung nachgelassen  hat,  einen  anffallenden  Zimmtgerach 
wahr. 

Mit  einem  Ueberschuss  von  Silberoxyd  bildet  das  Oel  ein 
schwarzes  schon  bei  100<^  C.  ins  Kochen  kommendes  Gemisch.  Dabei 
wird  Wasser  und  Schwefelsilber  gebildet.  Das  davon  abdestillirte  Oel 
besitzt  eine  mit  dem  rohen  Oele  übereinstimmende  Zusammensetzung 
und  enthält  namentlich  nicht  weniger  Schwefel.  Hiasiwetz  fand  dann 
65,64  und  65,57  Kohlenstoff,  10,00  und  10,29  Wasserstoff,  und  24,81 
Schwefel  Er  glaubt,  dass  durch  das  Silberoxyd  ein  Theil  des  Oeles 
oxydirt  wird,  während  der  andere  unverändert  bleibt.  Die  Oberfläche 
des  Glaskolbens,  worin  der  Versuch  angestellt  wurde,  war  mit  einem 
Silberspiegel  überzogen,  wahrscheinlich  durch  Einwirkung  der  gebilde- 
ten Ameisensäure. 


Asa  foetida-Oele.  339 

Die  weingeistige  AnflösuDg  des  rohen  Oeles  giebt  mit  Platin- 
jehlorid  je  nach  der  Concentration  und  Temperatur  der  Flüssigkeiten 
jmid  der  Zeit  der  Einwirkung  verschieden  zusammengesetzte  gelbe  oder 
;inane  Niederschläge*,  welche,  nach  Hlasiwetz,  Gemenge  sind  von 
PbtiDsnlffir  nnd  Platinsulfid  mit  Ci^HnSs  .  PtS^  und  CiaHnGl^. 
PtO,. 

Concentrirte  alkoholische  Lösungen  von  rohem  Oel  und  Queck- 
silberchlorid geben  einen  weissen  (später  durch  Schwefelquecksilber 
|nn  werdenden)  Niederschlag.  Die  Flüssigkeit  riecht  knoblanchähn- 
Beh  and  reagirt  sauer,  zugleich  bildet  sich  durch  Einwirkung  von  Salz- 
fiart  auf  das  Oel  eine  etwas  schmierige  Masse.  Kocht  man  den  weissen 
Miederschlag  mit  starkem  Weingeist  aus,  so  scheiden  sich  beimErkal- 
va  der  filtrirten  Lösung  leichte  schön  weisse,  seidengl&nzende  Krjstalle 
aas,  welche  in  Wasser  unlöslich  sind,  Quecksilber  und  Chlor  enthalten, 
Wim  Erhitzen  unter  Bräunung  einen  stechenden  Knoblauchgeruch  ent- 
vickeln  und  endlich  mit  blauer  Schwefelflamme  ohne  Bückstand  ver- 
krennen.     Die  Analyse  dieser  Verbindung  i)  führte  zu  der  Formel: 

(C„H,iS,  +  5HgS)  +  (C,gHi,€l,  -f  Hg€l). 

I  Die  Analyse  des  in  Weingeist  unlöslichen  Theiles  des  Qnecksilber- 
I liedenchlages ,  der  mit  Kalilauge  Übergossen  schwarz  wird,  zum  Be- 
veiie,  das«  er  Quecksilberchlorür  enthält,  führte  zur  Formel: 

C„ Hu  Sb  +  2  HgS)  +  4  (Hg,  €l)  +  4  (Hg,  S,  €l). 

I  Beim  Behandeln  einer  der  Quecksilberverbindungen  mit  Rbodan- 
Uimn,  und  Destilliren,  wird  etn  Oel  erhalten,  welches  ähnlich  dem 
Senf 51  riecht,  und  wie  dieses,  mit  Ammoniak  eine  krystallinische  Ver- 
Undang  giebt,  die  aber  nach  den  Versuchen  nicht  Allyl  (CeHs),  son- 
dern wahrscheinlich  das  homologe  Badical  C12  Hu  enthält. 

Durch  wiederholte  Einwirkung  eines  concentrirten  Gemisches  von 
Bleioxyd  und  Kali,  welches  man  durch  Eintragen  von  Bleiglätte  in 
kochendes  Kali  erhält,  auf  das  rohe  Äsa  foeUda-Oel  und  Destillation, 
»wie  durch  längeres  Digeriren  des  rohen  Oeles  mit  feuchtem  Blei- 
oxjdhydrat,  ferner  durch  längeres  Einleiten  von  schwefliger 
Slore  stellte  Hlasiwetz  Zersetzungsproducte' des  Äsa  /o«(tVia-Oele8 
^1  leichte  aromatisch  riechende  schwefelhaltige  Oele ,  von  gleicher 
pneentischer    Zusammensetzung,    welchen    er  die    Formel   C49M44S9 

fKOt. 

Lässt  man  rohes  Asa  foeÜda-Oel  tropfenweise  auf  Natron-Kalk 
&U«n,  welcher  in  einer  Retorte  auf  '200^  C.  erhitzt  ist,  so  destiUirt 
Cialis  ein  aromatuches  Oel  von  der  Formel  C48II44S9  über,  es  ent- 
^ckelt  sich  etwas  Schwefelwasserstoff  und  im  Rückstände  finden  sich 
>n  Natron  und  Kalk  gebunden  Valeriansäure  und  Propionsäure,  wel- 
cW  dorch  Destillation  des  wässerigen  Auszuges  des  Rückstandes  mit 
▼eTdanoter  Schwefelsäure  übergehen.  Diese  beiden  Säuren  finden 
sich  auch  in  dem  bei  der  Darstellung  des  rohen  Äsa  foeÜda-Oeles  mit 
überdestillirenden  Wasser,  so  wie  im  Retortenrückstande.     Sie  müssen 


0  HlftBiwetz  n«hm  frtther  fllr  das  in  der  Quecksilberverbindnng  enthaltene 
^  &  Formel  C|,H-io  ^t  =  2C|,  H^ .  S  an,  also  eine  Allyiverbindung  sei  entstanden 
*"  ^itKii  dorch  Spalten  des  Radicals  nnd  Austreten  von  Wasserstoff.  Noch  spä- 
^n  Versuchen  (nach  Privatmittheilnng)  nimmt  er  wohl  mit  grösserem  Rechte  an, 
^  Aas  Oel  das  unverllnderte  Badical  C^,  Su  enthalte.  D.  Red. 

22* 


340  Asant,  stinkender.  —  Asarin. 

von  einer  partiellen  Zersetzung  des  Oeles  herrühren,  da  weder  Hai 
noch  Gummi  des  Stinkasants  bei  der  trockenen  Destillation  dieselbe 
lieferten,  wohl  aber  Ameisensäure  und  Essigsäure. 

Setzt  man  in  einer  Retorte  das  Oel  der  Einwirkung  von  Aet] 
natron  bei  einer  Temperatur  von  120^0.  aus,  00  werden  von  denSii 
ren  der  Fettsäurereihe  ebenfalls  nur  Ameisensäure  und  Essigsäure  g 
bildet,  es  entwickelt  sicli  viel  Schwefelwasserstoff <,  es  destillirt  etwi 
unzersetztes  und  ein  lavendelartiges  leichtes  Oel,  welches  letzter 
nach  Hlasiwetz,  die  Zusammensetzung  CgeHssSj  hat. 

Concentrirte  Salpetersäure  wirkt  auf  das  rohe  Äsa/oeÜda-O 
sehr  heftig  ein,  und  es  findet  dabei  beträchtliche  Erwärmung  statt,  d 
sich  bis  zur  Entzündung  steigern  kann.  Bei  gut  geleitetem  Verfahre 
durch  nur  allmäliges  Eintragen  der  Säure  und  nur  zuletst  angewei 
dete  Siedhitze  erhält  man  eine  orangegelbe  Flüssigkeit,  die,  mit  Was« 
verdünnt,  ein  Harz  absetzt.  Im  Destillat  findet  sich  Propionsäure  111 
Essigsäure,  aus  dem  Rückstand  krjstallisirt  Oxalsäure.  Diurch  Eil 
Wirkung  von  mit  etwas  Wasser  angerührter  Chromsänre  auf  di 
Oel  werden  ähnliche  Zersetzungsproduete  erhalten.  Das  Destillat  cd 
hält  Ameisensäure,  Essigsäure  und  Propionsäure^  während  etwas  schwe 
lige  Säure  und  Schwefelwasserstoff  entweicht 

Es  entstehen  sonach  durch  Einwirkung  von  Oxydationsmitteln  ai 
AsafoeUda-Oel  eine  ganze  Reihe  von  Säuren,  nämlich  Oxalsäure,  Arne 
sensäure,  Essigsäure,  Propionsäure,  Valeriansäure.  Hlasiwetz  mad 
darauf  aufmerksam,  dass  die  letztere  Säure,  welche  sich  so  leicht  ai 
dem  Asa  foetida-Oel  bildet,  in  mehreren  Species  der  Umbelliferen ,  2 
welcher  Familie  auch  Ferula  gehört,  vorkommt,  die  Wurzel  der  An 
gelica  elithält  neben  Angelicasäure  auch  Valeriansäure,  das  in  Ätht 
manta  Oreoselinum  enthaltene  Athamnntin  ist  eine  Verbindung  vo 
Oreoselon  mit  Valeriansäure. 

Aus  dem  ganzen  Verhalten,  so  wie  namentlich  aus  dem  Umstand 
dass  bei  Zersetzung  des  Oels  sich  Valeriansäure  bildet,  schliesst  Hlasi 
wetz,  dass  das  Radical  desselben  kein  niedrigeres  als  C12H11  sein  kani 

d.  i.  vielleicht  Caproyl,  dessen  Wasseratoffverbindung     *'ii*M    bis  jetJ 

nur  bekannt  ist,  und  das  mit  Sauerstoff  verbunden  in  der  Capronsaiu 
enthalten  ist.  Die  Eigenschaften  des  Oels,  sein  unerträglicher  Gentol 
die  Schwierigkeit  der  Darstellung  grosser  Mengen,  machen  die  Arb6 
damit  sehr  schwierig,  so  ist  es  nicht  gelungen,  aus  diesem  Gemenge  dl 
einzelnen  Verbindungen  rein  abzuscheiden.  Es  fragt  sich,  ob  es  nifll 
gelingt,  ähnlich  wie  beim  Allyl,  die  Verbindungen  des  Radicals  Cjf  II 
mit  Sauerstoff,  Schwefel  u.  s.  w.  künstlich  darzustellen,  und  auf  diesd 
Wege  die  Gemengtheile  des  natürlichen  Äsa  foetida- Oels  jedes  isott 
und  dadurch  über  die  Natur  des  Oels  Aufschluss  zu  erhalten. 

Eine  Wiederaufnahme  der  Untersuchungen  über  das  Äaa  foetida'Oi 
auch  in  Bezug  auf  künstliche  Darstellung  wäre  höchst  wünschenswefl{ 
Anhaltspunkte  für  eine  solche  würde  die  verdienstliche  Arbeit  fd 
Hlasiwetz  genug  darbieten.  G.  —  B, 

Asant,  stinkender  s.  Asa  foetida. 

Asarin,     Asaron,     Asar,     Asarit?,    Haselwurzcaraph 


Ein  zu  den  sogenannten  Pflanzencamphern  gehörender  flüchtige 


carapboj 
iger  Sta^ 


Asarin.  341 

ier  in  der  Haselwurz  (yon  Asarttm europaeum)  zuerst  von  Görzi)aufge- 
ümden  ward,,  später  von  Lasi^aigne  und  Feneulle^),  danach  von 
ßräger')^  von  Blanchet  und  Sell^)  und  zuletzt  von  Schmidt^) 
uiteisacht  ist.  l^lanchet  und  Seil  gaben  dem  Asarin  die  Fornial 
CifiHi]04;  werden  ihre  Resultate  nach  dem  neueren  Atomgewichte  des 
Kohlenstoffes  (=  6)  umgerechnet,  so  ergiebt  sich  aus  den  von  ihnen  ge- 
fimdenen  Zahlen  die  Formel  C]6Hio04,  oder  die  damit  nahe  überein- 
itiiDrnendeCjoHisOs;  letztere  Formel  wird  von  Schmidt  als  die  rich- 
tigere angenommen,  wobei  er  sich  auf  die  Zersetzung  des  Körpers 
^eh  Chlor  stützt. 

i       Das  Asarin  scheint  wenigstens  zum  Theil  fertig  gebildet  in   der' 
Haselwurz   enthalten,    zum   Theil  bildet  es   sich  vielleicht  erst  durch 
Oxydation  eines  darin  enthaltenen  Oeles  (s.  Asarumöl).  Es  wird  Erhal- 
tes, indem  man  die  trockene  Wurzel  mit  dem  achtfachen  Gewicht  Wasser 
!  übergössen  kocht,  und  etwa  3  Thle.  Wasser  abdestülirt.    Der  Campher 
feheidet  sich  zum  Theil  schon   im  Halse  der  Retorte  krystallinisch  ab<, 
titeils  verwandelt  sich  das  auf  dem  Destillat  sch>vimmMide  Oel  beim 
Stehennach  einigen  Tagen  in  krystallinisches  Asaron;  die   durch  Fil- 
^  tßtion  vom  Wasser  getrennten  Krystalle  werden  aus  Weingeist  umkry- 
!<iallisirt;  sind  die  gebildeten  Krystalle  dann  noch  mit  Oel  gemengt,  so 
tennen  sie  durch  Abpressen  zwischen  Papier  und  nachheriges  vorsich- 
tiges Schmelzen  in  einer  offenen  Schale ,  oder  durch  Umkrystallisiren 
Vi  Weingeist  davon  gereinigt  werden. 

Nach  Gräger  enthält  die  Wurzel  1,1  Proc.  Asarin.  Es  ist 
kristallinisch ,  weiss  und  durchsichtig ;  die  Krystalle  sind ,  nach 
Sckmidt's  Angabe,  klinorhombisch ;  zuweilen  tritt  die  Giiindform 
OP .  00  P  auf,  häufig  zeigen  sich  verschiedenartige  Combinationen ;  die 
beobachteten  Winkel  sind  ooP:xP  =  1210  5P;  xPoo  :0P  =  73® 
n';ooPao  :aoP  =  1190  ^ij^^.  P:OP  =  1280  51/3';  P:aoP=  134© 
6'V.  Das  Verhältniss  der  Hauptaxe:  Klinodiagonale :  Orthodiagonale 
,  der  Grundform  =  0,63267:1:0,53391. 

I  Das  Asaron  riecht  und  schmeckt  schwach  aromatisch,  campher- 
vtig.  Wasser  nimmt  den  Geruch  und  Geschmack  des  Körpers  an,  ohne 
ib  in  merkbarer  Menge  zu  lösen;  Alkohol  löst  ihn  leicht;  beim  lang- 
UMD  Verdampfen  der  Lösung  bilden  sich  Krystalle,  die  immer  abge- 
leitete Formen  zeigen.  Wird  die  alkoholische  Lösung  mit  Wasser  ver- 
iBi^ht,  so  wird  eine  milchige  Flüssigkeit  erhalten,  die,  sogleich  filtrirt, 
HDTerändert  durch  ein  Filter  geht;  unter  dem  Mikroskop  lassen  sich 
d^  zahlreiche,  das  Licht  stark  brechende  sphärische  Oeltröpfchen  er- 
^en,  die  in  wenigen  Minuten  sich  aneinanderlagern  und  Krystalle 
tötlen;  diese  zeigen  im  Anfang  die  Grundform;  durch  Anlagerung  neuer 
^leknle  entstehen  schnell  Combinationen  daraus  (Schmidt).  Das 
^ron  wird  schon  in  der  Hand  weich,  dass  es  sich  wie  Wachs  kneten 
i**8t,  M  schmilzt  bei  40o  C.  und  erstarrt  erst  bei  270  C;  wird  es  län- 
gere Zeit  über  den  Schmelzpunkt  hinaus  erhitzt,  so  krystallisirt  es 
Qtch  dem  Erkalten  um  so  langsamer,  je  hoher  oder  je  länger  es  erhitzt 
^v;  wird  es  10  bis  20  Minuten  auf  140o  C.  erhitzt,  so  erstarrt  es  erst 


')  Pftff,  Syst.  d.  Mater.  Med.  Bd.  III,  p.  22y.  —  *)  N  Trommsd.  Journ.  Bd.  V, 
t  S.  72.  —  »)  Dissert.  inmug.  de  asaro  europ.  Gott.  1880.  —  *)  Annal.  d.  Pharm. 
^  ^  S.  197.  —  »)  AimaL  4.  Chem.  u.  Johann.  Bd.  LUX,  S.  166. 


342  Asarin. 

nach  8  oder  nach  12  Standen;  30  Minuten  auf  210^0.  erhitzt,  kr^rstal 
lisirt  ea.erst  nach  3  Tagen. 

An  der  Luft  erhitzt,  verbreitet  das  Ajsarin  zum  Husten  reizend 
Dämpfe;  wird  es  zwischen  zwei  ührgläsern  vorsichtig  erwännt,  » 
sublimirt  ein  Theil  unzersetzt;  in  einer  Betorte  erhitzt,  fängt  das.  Abatoi 
bei  280^  G.  an  zu  sieden,  wobei  etwas  Campher  unzersetzt  verdampft 
der  Siedepunkt  steigt  aber  schnell  auf  290^  und  300^  C,  indem  es  siel 
zersetzt,  und  sich  dann  nicht  mehr  verflüchtigt.  Wird  es  dann  länger 
Zeit  bei  dieser  Temperatur  erhalten,  so  verwandelt  es  sich  in  ein 
amorphe  rothe  Masse,  die  nach  dem  Erkalten  dickflüssig,  harzartig  Im 
in  welcher  Masse  sich  nach  längerem  Stehen  einzelne  wenige  Krystall 
von  unverändertem  Asaron  zeigen.  Diese  rothe  Masse  ist  nun  der  Zusan 
mensetzung  nach  nur  eine  isomere  amorphe  Modification  des  krystalliBirte 
Asarins,  dem  höchstens  eine  sehr  geringe  Menge  eines  Oxydationsprc 
ductes  beigemengt  ist.  Derselbe  amorphe  Körper  entsteht  beim  Koche 
der  alkoholischen  Lösung  von  Asarin;  die  Flüssigkeit  färbt  sich  hiebe 
und  ist  nach  viertelstündigem  Kochen  blutroth;  beim  Erkalten  scheid« 
sich  etwas  Asarin  krystallinisch  ab,  während  das  Filtrat  nach  dem  Vei 
dampfen  rothes  harzartiges  amorphes  Asarin  zurticklässt;  dieses  ist  nicli 
flüchtig,  und  löst  sich  weniger  leicht  als  das  luystallisirte  in  Salpetei 
säure;  durch  längeres  Erhitzen  mit  Wasser  in  zugeschmolzenen  61a« 
röhren  auf  200<^  C.  wird  es  nicht  verändert. 

Trockenes  Chlorgas  wirkt  auf  krjstallisirtes  Asarin  bei  eine 
Temperatur  unter-}- 10®  C.  nicht  verändernd  ein ;  über-j- 10<>  C.  findet  abe 
sogleich  eine  lebhafte  Einwirkung  statt,  wobei  zuerst  das  Asaroi 
schmilzt,  und  sich  dann  schnell  in  die  blulrothe  amorphe  Masse  vei 
wandelt,  die  dann  bei  weiterem  Behandeln  mit  Chlor  unter  £n( 
Wickelung  von  Salzsäure  grün  wird;  das  so  erhaltene  Produet  enthäl 
vielleicht  verschiedene  chlorhaltende  Substitutionsproducte  des  Asarini 
es  löst  sich  leicht  in  Alkohol,  und  bleibt  beim  Verdunsten  desselbe 
als  eine  grüne  amorphe  harzartige,  nicht  flüchtige  Masse  zurück,  welch 
sich  bei  der  trockenen  Destillation  zersetzt,  wobei  neben  Salzsäure  un 
anderen  gasförmigen  Körpern  ein  durchsichtiges  grünes  dickflüssige 
Oel  überdestillirt,  während  viel  Kohle  zurückbleibt.  Das  Oel  entspricl 
der  Formel  C2ollii€l3  05;  es  ist  schwerer  als  Wasser,  es  löst  sich  nicl 
darin,  aber  leicht  in  Alkohol  und  Aether;  bei  220«  bis  224®  G.  destillii 
es  grösstentheils  unverändert  über. 

Salpetersäure  löst  das  krystallisirte  Asarin  leicht,  tind  vei 
wandelt  dieses  wie  das  amorphe  in  Oxalsäure. 

Chromsaures  Kali  und  Schwefelsäure  mit  Asarin  erhitz 
giebt  unter  Beduction  der  Chromsäure  ein  rothes  amorphes,  leicht  in  A 
kohol  lösliches,  durch  Wasser  fällbares  Harz,  dessen  Znsammensetzmig  d< 
Formel  C90K13  Og  entspricht,  wonach  seine  Bildung  ans  Asarin  C^o^is^ 
sich  leicht  erklärt. 

Manganhyperoxyd  und  Schwefelsäure  geben  ein  ähnliche 
Harz  wie  Chromsänre.  Dagegen  soll  ein  Gemenge  von  Bleihypei 
oxyd  und  Schwefelsäure  keine  Einwirkung  zeigen.  Auch  8chwefli| 
Säure  und  Salzsäuregas  wirken  nicht  zersetzend  auf  Asarin  ein. 

Concentrirte  Schwefelsäure  löst  das  Asarin  in  der  Kall 
schwer  und  mit  gelber  Farbe;  wird  die  Lösung  rasch  mit  Wasser  vei 
setzt,  so  scheidet  es  sich,  wie  es  scheint,  unverändert  ab ;  beim  längere 
Stehen  oder  beim  Erwärmen  mit  der  concentrirten  Säure  wird  di 


Asarit.  —  Asarumöl.  843 

Flflssigkeit  braunroth,  und  auf  Znsatz  von  Wasser  scheidet  sich  eine 
brannrothe  hanartige  Masse  aus,  während  aber  auch  die  Flüssigkeit 
bniuroth  bleibt. 

Werden  die  Dämpfe  von  wasserfreier  Schwefelsäure  auf 
bystallinisches  Asarin  geleitet,  so  zeigt  sich  im  Anfang  keine  Heaction, 
bald  aber  färben  die  Ejrystalle  sich  roth,  dann  braun  und  endlich 
lehwarz;  einige  weniger  angegriffene  Erystalle  zeigen  sich  auch  wohl 
blau,  gelb  oder  grön,  und  lösen  sich  nicht  in  Wasser,  aber  leicht  in 
AlkohoL  Die  braune  Flüssigkeit  lässt  sich  dagegen  leicht  mit  Wasser 
meogen;  aus  der  schwarzbraunen  Lösung  scheiden  sich  auf  Zusatz 
TOD  Kali  schwarzbraune  Flocken  ab,  während  auch  die  Flüssigkeit 
dunkel  gefärbt  bleibt  Hiebei  scheint  auch  eine  gepaarte  Schwefelsäure 
IQ  entstehen,  denn  beim  Versetzen  der  sauren  Flüssigkeit  mit  über- 
lebfissigem  kohlensauren  Baryt  bleibt  ein  Barytsalz  in  Lösung.      Fe, 

Asarit.  Gräger^)  glaubt  bei  der  Untersuchung  der  Haselwurz 
aeben  dem  Asarin  noch  einen  zweiten  ihm  ähnlichen  camphorartigen 
Körper  aufgefunden  zu  haben,  den  er  zuerst  für  eigenthümlich  hielt, 
ipater  aber  doch  als  wahrscheinlich  mit  dem  Asarin  identisch  erklärte; 
(fie  Richtigkeit  der  einen  oder  anderen  Angabe  erwartet  jedoch  noch 
immer  ihre  Bestätigung.  Er  erhält  das  Asarit,  indem  er  die  unreinen 
Kiyitalle,  wie  sie  aus  dem  wässerigen  Destillat  der  Haselwurz  sich  ab- 
acbeiden,  in  Weingeist  löst,  und  daraus  durch  Wasser  fällt,  und  dann 
die  in  der  Flüssigkeit  herumschwimmenden  Krystalle  für  sich  sammelt; 
(Bese  sind  das  Asarit.  Sie  bilden  kleine  seidenglänzende  Krystalle, 
die  einem  mehlartigen  Pulver  gleichen ,  sie  sind  geruch  -  und  ge- 
lehmacklos;  sie  schmelzen  bei  70<)  C;  beim  stärkeren  Erhitzen  subli- 
nirt  das  Asarit,  und  nur  der  letzte  Theil  zersetzt  sich  hiebei.  In  Sal- 
petersäure, welche  das  Asarit  auch  in  Oxalsäure  verwandelt,  und  in 
Schwefelsäure  soll  es  sich  unter  Aufbrausen  lösen.  Darin  so  wie  in 
dem  Ansehen  der  Krystalle ,  und  darin ,  dass  es  sich  beim  Sublimiren 
nicht  so  leicht  zersetet,  unterscheidet  das  Asarit  sich  vom  Asarin,  we- 
sentlich aber  in  dem  Schmelzpunkt  (ersteres  bei  70<^,  letzteres  bei  40^  C), 
dessen  grosse  Differenz  nicht  wohl  einem  Beobachtungsfehler  zuge- 
Khrieben  werden  kann.  In  allen  Übrigen  Verhältnissen,  so  weit  sie 
bis  jetzt  untersucht  sind,  verhält  das  Asarit  sich  wie  das  Asarin.  Ob 
heide  identisch  oder  verschieden  sind,  ob  das  Asarit,  wie  Blanchet 
Qod  Seil  vermutheten,  der  feste  Theil  des  Asarumöls  sei,  während 
du  Asarin  ein  ümwandlungsproduct  dieses  Oels  sein  soll,  muss  durch 
vettere  Untersuchungen  entschieden  werden.  Fe, 

Asarumöl  ^)y  Haselwurzöl.  Das  flüssige  ätherische  Oel, 
velehes  in  der  Wurzel  von  Asamm  europaeum  in  geringer  Menge  (etwa 
Vin)  enthalten  ist,  und  bei  der  Destillation  mit  Wasser  abgeschieden 
vird  (s.  Asaron).  Es  lässt  sich  von  dem  Asaron  durch  Behandeln 
nit  wenig  Alkohol  scheiden ,  indem  sich  hiebei  zwei  Schichten  bilden, 
öne  obere  weingeistige,  in  der  das  Asaron  und  etwas  Oel  gelöst  ist, 
vihrend  die  untere  Schicht  eine  Lösung  von  etwas  Asaron  und  Wein- 
st in  ätherischem  Oel  ist  Wird  letzteres  für  sich  über  Kalkhydrat 
dcetillirt,  so  krystallisirt  aus  dem  Destillat  beim  ruhigen  Stehen  Asarin 
'^cnus;  die  übrigbleibende  Flüssigkeit  ist  dann  das  Oel,  welches  durch 

*)  AnuL  d.  Pharm.  Bd.  VI,  S.  298.  —  ")  Annal.  d.  Ph«rm.  Bd.  VI,  S.  29G. 


344  Asbest.  —  Asbolin. 

Behandeln  mit  Chlorcalcium  entwässert  wird.  Das  Oel  ist  dickflüs- 
sig gelblich,  hat  einen  scharfen  brennenden  Geschmack,  riecht  ähnlich 
wie  Baldrianöl,  es  ist  leichter  als  Wasser,  löst  sich  nur  wenig  darin, 
aber  leicht  in  Alkohol,  Aether,  in  flüchtigen  und  fetten  Oeleti. 

Blanchet  und  Seil  hatten  in  dem  Oel,  nach  dem  neueren  Atom- 
gewicht des  Kohlenstoffs  berechnet,  74,4  Kohlenstoff^  und  9,7  Wasser- 
stoff gc^fnnden ;  danach  berechnen  sie  eine  Formel  CigHsOs  (79,3  Koh- 
lenstoff^; 7,4  Wasserstoff),  die  nicht  zu  diesen  Zahlen  passt;  eher  könnte 
man  die  Formel  C2oKi6  04  (75,4  C;  9,2  H)  annehmen;  da  aber  das 
Oel  unzweifelhaft  noch  Asaron  enthält,  so  lässt  sich  aus  der  Analyse 
nichts  weiter  schliessen,  als  dass  dieses  Oel  mehr  Kohlenstoff  und  mehr 
Wasserstoff  enthält  als  das  Asaron ;  ob  dieses  sich  einfach  aus  jenem 
durch  Oxydation  bilden  konnte,  lässt  sich  danach  nicht  beurtheilen. 

Fe. 

Asbest    (aus  dem  Griechischen  abgeleiteter  Name,  sich  auf  das 
„Unvertilgbare^^  im  Feuer  beziehend,  welches  diesem   Minerale  troU 
seiner   feinfaserigen  Beschaffenheit  eigen  ist),  Amianth,  Bjssolith, 
Bergholz,  Bergkork,  Bergleder.     Alle  hierher  gehörigen  Minera- 
lien sind  Silicate,  und  zwar  grösstentheils  wasserhaltige  Silicate,  welche 
durch  eine  ausgezeichnet  faserige  krystallinische  Beschaffenheit  charak- 
terisirt  sind,  nicht  selten  verbunden  mit  einer  gewissen  Biegsamkeit 
und  Elasticität  sowohl   der  einzelnen,  sehr  dünnen  faserförmigen  Indi- 
viduen, als  auch  ihrer  Gesammtmasse.     Indem  man  sich  früher  von 
einem  solchen  Habitus  leiten  oder  vielmehr  verleiten  Wqas^  hat  man 
eine  Menge  verschiedenartig  zusammengesetzter  Silicate  für  identisch 
gehalten.  Nunmehr  wissen  wir,  dass  die  Asbestform  kein  bestimm- 
tes Mineral  bedingt,  sondern  ein  eigenthümlicher  Zustand  ist,  in 
welchem  die  verschiedensten  Mineralien  auftreten  können.     Der  Name 
„Asbest^^  ist,  am  richtigsten,  nur  auf  diejenigen  asbestförmigen  Mineralieo 
zu  beziehen,  welche  die  chemische  Zusammensetzung  eines  Augits  oder 
Amphibols besitzen.    Augitische  Asbeste  sind  z.B.  der  gewöhnliche 
bekannte  Asbest  von  verschiedenen  Tyroler  Fundstätten;  der  Bergkork 
vom  Zillerthal ;  Asbest  von  Reichenstein  (nicht  zu  verwechseln  mit  dem 
„schillernden^^  Asbest  von  ebendaher);  asbestartiger  Traversellit.    Zu 
den  amphibolitischen  Asbesten  gehört  z.  B.  ein  asbestartiger  Talk 
vom  St.  Gotthardt;    asbestartiger  Krokydolith.     In  allen  diesen  Mine- 
ralien ist  ein  Theil  der  Magnesia  durch  basisches  Wasser  ersetzt,  und 
in  dem  Vorhandensein  oben  dieses  basischen  Wassers  scheint  ein  Grund 
zur  Ausbildung  der  Asbestform  zu  liegen,  sowie  zum  Auftreten  der 
Asbeste  und  asbestartigen  Mineralien  in   Gestalt  homoazer  Paramor- 
phosen  ^).   —   Als  andere  Mineralien,  die  mitunter  in  Asbestform  vor- 
kommen, mögen  hier  beispielsweise  angeführt  werden :  Serpentin  (aoch 
das   sogenannte  Bergleder  aus  dem  Zillerthal  hat  die  chemische  Zu- 
sammensetzung des  Serpentins)  und  Turmalin.  Th.  S 

Asbolan,  ein  kobaltoxydhaltiger  Wad  (s.  d.),  dessen  Kobalt- 
gehalt mitunter  bis  zu  mehr  als  80  Proc.  steigt  Th.  S, 

Asbolin  (von  aößoXriy  Russ)  nannte  Braconnot  eine  extract- 


')  Der  Paramorphismus  und  seine  Bedeutung  in  der  Chemie,  Mineralogie  und 
Geologie,  S.  34  bis  87,  S.  57  bis  60.  —  In  Betreff  der  Zusammensetxung  der  oben 
angefahrten  Asbest«  s.  Pogg.  Annal.  Bd.  LXXZIV,  S.  821  bis  410. 


Aschblei.  —  Asche  organischer  Körper.         346 

aitige  stiokstoffhaltende  Substanz,  welche  sich,  nach  ihm,  im  Flatter- 
nl!^5  findet;  er  stellt  sie  so  dar,  dass  er  den  Bnss  mit  Wasser  auskocht, 
die  Losung  abdampft,  den  Röckstand  wieder  in  Wasser  löst,  und  die 
FIü:»sigkeit  mit  etwas  Salzsäure  versetzt;  der  hierbei  entstehende  pech- 
ahnliche  Niederschlag  wird  zuerst  mit  kaltem  Wasser  abgewaschen, 
dann  mit  Wasser  ausgekocht  und  abfiltrirt;  die  erkaltete  Flüssigkeit 
wird,  nachdem  der  dabei  entstandene  Niederschlag  abfiltrirt  ist,  abge- 
dampft^ der  Röckstand  wieder  mit  Wasser  ausgekocht  und  filtrirt,  bis 
^ich  beim  Erkalten  nichts  mehr  abscheidet.  Die  so  erhaltene  Flüssig- 
keit hinterlässt  beim  Verdampfen  einen  firnissartigen  Rückstand,  der 
mit  Alkohol  ausgezogen  wird;  die  alkoholische  Lösung  wird  abge- 
dampft und  mit  Aether  extrahirt;  der  ätherische  Auszug  hinterlässt 
beim  Verdampfen  das  Asbolin  als  ein  gelbliches  Oel,  von  scharfem  und 
bitterem  Geschmack,  auf  Wasser  schwimmend,  wenig  darin  sich  lösend, 
leichter  löslich  in  Aether  und  in  Weingeist,  aus  welcher  Lösung  es 
durch  Wasser  nicht  abgeschieden  wird;  es  ist  unlöslich  in  Terpentinöl 
and  in  fetten  Oelen.  Das  Asbolin  ist  nicht  ünchtig,  und  wird  bei  der 
Destillation  unter  Bildung  ammoniakalischer  Producte  zersetzt.  Ko- 
chende Salpetersäure  löst  es  mit  röthlichgelber  Farbe;  die  Lösung 
giebt  beim  Erhitzen  Pikrinsäure  und  wenig  Oxalsäure.  Die  wässerige 
Auflösung  von  Asbolin  wird  durch  die  Alkalien  dunkelroth  gefärbt, 
etsigsaures  Blei  fällt  sie  pomeranzenroth ;  auch  Galläpfeltinctur  bringt 
darin  einen  Niederschlag  hervor;  salpetersaures  Silberoxyd  wird  da- 
durch langsam  reducirt  Fe. 

Aschblei.      Durchaus  veralteter  Name  für  Wismuth. 

Asche  organischer  Körper.  —  Alle organisirten Wesen, 
Thiere    wie  Pflanzen,    enthalten    als  integrirende   Bestandtheile  ihrer 
Organe,    in  bestimmten  Formen   in    denselben   abgelagert  oder  noch 
in  dem  Blute,   dem  Safte  in  gelöstem  Zustande  circulirend,   eine  An- 
zahl von  chemischen  Verbindungen,  welche,   dem    anorganischen  Be- 
stand der  Erdoberfläche   entstammend,  als  die   anorganischen   oder 
Mineral-Bestandtheile  des  Thier-  und  Pflanzenkörpers  bezeichnet 
werden.     Es  sind  im  Wesentlichen  Verbindungen   der  Halo'ide,  insbe- 
sondere des  Chlors,  mit  den  Alkalimetallen,  so  wie  die  Oxyde  dieser 
letzteren  und  der  Metalle  der  alkalischen  Erden,  des  Eisens  und  Man- 
gans, verbunden  mit  anorganischen  od^  organischen  Säuren  oder  mit 
organischen  Verbindungen,  welche  —  wie  die  Eiweisskörper   —  Ver- 
bmdungsfahigkeit  mit  Basen  oder  auch  mit  Salzen  zeigen.     Verbrennt 
manthierische  oder  pflanzliche  Materien,  so  entweichen  die  sogenannten 
organischen  Elemente  —  Kohlenstoff,  Wasserstoff,  Stickstoff,  Sauerstoff, 
Schwefel  —  wenigstens  zum   grossen  Theil   in   der  Form   gas-   oder 
dampfförmiger  Verbindungen;  die  nicht  flüchtigen,  unorganischen  Be- 
standtheile bleiben,  theils  in  der  Form,  in  welcher  sie  in  dem  Thier- 
oder  Pflanzenkörper  vorhanden  waren,  theils  in  neuen,  durch  den  Ver- 
brennongsprocess   bedingten  und  selbst  mit  diesem  wechselnden  Ver- 
bindungsformen    als   „feuerbeständige^*    oder    „Aschenbestand- 
theile^  zurück.     Die  Asche  einer  organischen  Substanz  enthält  also 
die  Summe   derjenigen  Materien,   welche  —    seien  sie  fertig  gebildet 
vorhanden  gewesen  oder  erst  neu  erzeugt  worden  —  bei  der  Tempera- 
tur und  unter,  den  Umständen,  bei  welchen  die  Einäscherung  stattfand, 
eich  nicht  verflüchtigten. 


346  Asche  organischer  Körper. 

Als  Bestandtheile  von  Aschen  sind  bis  jetzt  die  nachsteheoden 
Körper  aufgefunden  wordeit. 

Säuren  oder  sie  vertretende 
Basen.  Körper. 

Kali  Phosphorsänre 

Natron  Schwefelsäure  (Schwefel) 

Kalk  (Baryt)  Kohlensäure 

Magnesia  Kieselsäure 

Eisenoxyd  Chlor  (Brom,  Jod) 

Manganoxydoxydul  Fluor 

Thonerde  Cyan  und  Cyansäure. 

Kupferoxyd 

Zinkoxyd 

(Bleioxyd ,  Nickel-,  Kobalt- 
oxydul, Zinnoxyd,  Titan- 
säure ?). 

Nicht  alle  diese  Körper  sind  für  den  Organismus  der  Pflanze  ode 
des  Thieres  von  gleicher  Wichtigkeit  und  Bedeutung;  sie  sind  nicht  ii 
einer  jeden  Asche  gleichzeitig  alle  ohne  Ausnahme  vorhanden.  Nur  di 
Alkalien,  die  alkalischen  Erden,  Eisenoxyd,  Phosphorsäure,  Eüleselsäur 
(Schwefelsäure),  Chlor  (Fluor?)  sind  selten  oder  nie  fehlende  Bestsnd 
theile  einer  Asche,  sei  dieselbe  pflanzlichen  u)der  thierischen  Ursprongs 
Sie  haben  in  dem  Organismus  in  den  verschiedenen  Yerbindungsfor 
men,  welche  sie  unter  sich  wie  mit  organischen  Verbindungen  bilde 
können,  eine  bestimmte  chemische  oder  physikalische  Function  ausn 
üben;  sie  sind  nothwendige  Bestandtheile  des  Thier-  oder  Pflanzenkörpen 
jedoch  sind  sie  in  verschiedenen  Theilen  oder  Organen  desselben  niol 
stets  in  gleicher  absoluter  oder  relativer  Menge  vorhanden;  es  ii 
wahrscheinlich,  dass  die  einzelnen  Alkalien  und  alkalischen  Erden  i 
ihrer  chemischen  Function  ^einander  vertreten  können.  Der  Kohlen 
Säuregehalt  einer  Asche  ist  in  bei  weitem  den  meisten  Fällen  lediglic 
das  Resultat  des  Yerbrennungsprocesses ;  ihre  Menge  hängt  ab  eben 
sowohl  von  der  Quantität  und  Qualität  der  vorhandenen  Basen  t  wi 
der  nicht  flüchtigen  vorhandenen  oder  erst  entstandenen  mächtigere] 
Säuren.  Das  Knochengerüst  der  höheren  Thierclassen  enthält  jedocl 
fertig  gebildeten  kohlensauren  Kalk,  neben  viel  phosphorsauren  alka 
lischen  Erden,  bei  niedrigeren  Thierclassen  ist  das  Verhältniss  umge 
kehrt 

Alle  stickstoffhaltigen  Materien  des  Thier-  und  Pflanzenreich 
enthalten  eine  gewisse  (im  Durchschnitt  1  Proc.  betragende)  Meng 
von  Schwefel  und  zwar  nicht  in  der  Form  von  Schwefelsäure.  Di 
Asche  einer  organischen  Substanz  enthält,  wie  W.  Mayer  ^)  gezeig 
hat,  nie  die  ganze  diesem  Schwefelgehalt  entsprechende  Menge  voi 
Schwefelsäure.  Ist  die  organische  Substanz  reich  an  schmelzbareJ 
Salzen  der  Alkalien,  so  wirkt  die  davon  umhüllte  Kohle  reduciren< 
auf  die  schwefelsauren  Salze  ein;  die  Asche  entwickelt  dann  rai 
Säuren  Schwefelwasserstoff*,  sie  enthält  ein  Schwefel metall.  Aschen  thie 
rischer  (stickstoflreicher)  Substanzen  enthalten  häufig  ein  Cyanmetal 
oder  auch  ein  cyansaures  Salz,  welche  ebenfalls  als  Producte  des  Ein 
äscherungsprocesses  zu  betrachten  sind.  —  Ein  Fluorgehalt  —  der  bi 


0  Ann«!,  d.  Chem.  u.  Ph«nn.  Bd.  CI,  S.  129. 


Asche  organischer  Körper.  347 

jetzt  in  der  Asche  der  Knochen  und  Zähne,  der  Milch,  des  Blutes, 
des  Harns  and  mehrerer  Pflanzen  beobachtet  wurde,  ist  meist  nur  bei 
Anwendung  grösserer  Mengen  nachweisbar.  Die  vorsichtig  bereitete 
Aflche  von  MeerespfUinzen  enthält  in  der  Regel  Jod,  seltener  Brom; 
das  in  Süsswasserpilanzen  enthaltene  Jod  ist  meist  nicht  unmittelbar  in 
der  Asche,  sondern  nur  in  den  löslichen  Salzen  der  Pflanze  aufzufinden, 
in  welchen  sich  —  wie  bei  der  Potaschegewinnung  aus  Runkelrüben- 
Melasse  —  der  Jodgehalt  grösserer  Massen  concent^irt  hat.  —  Wa8 
^en  Thonerdegehalt  betrifft,  so  ist  hervorzuheben,  dass  man  denselben 
mit  Bestimmtheit  und  in  grösserer  Menge  in  der  Asche  solcher  Pflan- 
zen aufgefunden  hat,  deren  Wurzelsaft  eine  saure  Reaction  zeigt,  wie 
r.  B.  in  Lycopodhtm  chamaecypariasus^  L,  'Claoatum  und  L.  'dentieiUatum^% 
während  in  den  Aschen  der  meisten  übrigen  Pflanzen  die  Thon- 
erde  entweder  ganz  fehlt  oder  doch  nur  in  so  unbedeutender  Menge 
zogegen  ist,  dass  man  ihre  Anwesenheit  als  eine  zufallige,  von 
einer  nicht  vollkommenen  Reinheit  der  eingeäscherten  Substanz 
oder  auch  der  angewendeten  Reagentien  (Kali-  oder  Natronlauge)  ab- 
bingige  betrachtet  hat.  Auch  die  als  Aschenbestandt heile  angeführten 
Oxyde  schwerer,  ähnlich  dem  Elisen  sehr  verbreiteter  Metalle  sind 
Kets  nur  in  geringer  Menge  vorhanden  und  ihre  Anwesenheit  in  dem 
O^anidmns  einer  Pflanze  oder  eines  Thieres  ist  wohl  in  den  meisten 
Fülen  einem  zufalligen  Gehalt  des  Bodens  oder  der  Nahrung  zuzu- 
icbeiben  ^).  Nach  A.  Braun  ^  ist  jedoch  das  Vorkommen  einer 
gelbblühenden  Veilchenart,  der  Viola  caktminaris  an  einen  (und  dann 
wohl  die  Varietät  bedingenden)  Galmeigehalt  des  Bodens  geknüpft, 
ond  in  der  Asche  dieser  Pflanze  hat  man  in  der  Tha^  einen  Zink- 
gehalt dargethan.  In  der  Asche  des  blauen  Blutes  von  LimtUua 
e^dops  fand  Genth^)  einen  0,08  bis  0,33  Proc.  betragenden  Kupfer- 
oxydgehalt.  Eines  Titansäuregehalts  von  Pflanzenaschen  erwähnt 
Sudeler^),  eines  Barytgehaltes  ausser  Scheele  (1788)  auch  neuer- 
dings Eckard  ^  und  Forchhammer  7). 

Wie  znm  Theil  schon  aus  den  vorstehend  mitgetheilten  That- 
9Khen  erhellt,  giebt  die  Zusammensetzung  einer,  nach  den  bis  jezt 
gebräuchlichen  (unten  gent^uer  besprochenen)  Methoden  dargestellten 
Asche,  sowohl  bezüglich  des  absoluten  Gehalts  mehrerer  ihrer  Bestand- 
tkeile  wie  such  der  Gruppirung  derselben  zu  bestimmten  Verbin- 
dmigsformen  nur  ein  sehr  unvollkommenes  Bild  über  die  Menge  und 
^e  chemische  Form  der  Mineralbestandtheile  im  Organismus  selbst 
Abgesehen  davon,  dass  bei  der  Einäscherung  mehrere  der  überhaupt 
vorhandenen  unorganischen  Verbindungen  in  der  Asche  nicht  in  der 
Menge  oder  in  der  Form  wieder  auftreten,  wie  sie  in  der  unzerstörten 


^)  Salm-Horstmar,  Joarn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XL,  S.  802.  —  Aderholdt, 
AttuL  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXXII,  8.  111.  —  Solms-Lanbach,  Annal.  d. 
Cbem.  u.  Pharm.  Bd.  C,  S  297.  —  «)  Po  gg.  Annal.  Bd.  CXII,  S.  146.  Jahresber. 
wn  Liebig  u.  Kopp,  1864,  S.  868.  —  ■)  Pogg.  Annal.  Bd.  XCII,  S.  175.  — 
')AimaL  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXXI,  8.  68.  —  *)  Wöhler's  prakt.  Chem. 
C«l>migen  1868,  8.  178.  —  «)  Annal.  d.  Chem.  Pharm.  Bd.  C,  S.  294. 

0  Pogg.  Annal.  Bd.  XCY,  S.  60;  Jahresber.  von  Lieb  ig  n.  Kopp  1866, 
S.  9S7.  Der  hier  von  Forchhammer  angegebene  Gehalt  von  Blei,  Nickel  und 
Kobalt  wird  von  W.  Knop  bezweifelt  (s.  Pharm.  Centralbl.  1865,  S.  425). 

Weitere  Literatur  fiber  den  Grehalt  an  Kupfer-  und  anderen  Metalloxyden  in 
AK*»n:  Jahresber.  von  Liebig  u.  Kopp  1847  u.  1848,  8.  874;  1849,  S.  480; 
1W2,  8.  702;  1868,  8.  604. 


348  Asche  organischer  Körper. 

Pflanzen-  oder  Thiersabstanz  enthalten  sind,  addiren  sich  bei  der  Ein- 
äscherung die  noch  in  löslicher  Gestalt  vorhandenen  (und  zum  Theil 
als  solche  nicht  assimilirbaren)  unorganischen  Stoffe  zu  den,  schon  zu 
einem  wesentlichen  Bestandtheil  eines  Organs  oder  eines  bestimmten 
Individuums  (eines  Eiweisskörpers  z.  B.)  gewordenen  nicht  flQchügen 
Körper.  Salpetersaure  Salze,  welche  in  manchen  Pflanzen  in  nicht  unbe- 
trächtlicher Menge  enthalten  sind,  liefern,  wie  auch  pflanzensaure  Salze, 
beim  Einäschern  die  Basen  an  Kohlensäure  gebunden;  ein  beträcht- 
licher Kieselsäuregehalt  bedingt  sicher  eine  theil  weise  Zersetzung  von 
vorhandenen  Chlormetallen  und  somit  eine  Erhöhung  der  Menge  der 
Oxyde.  Ist  in  einer  Pflanzen-  oder  Tbiersubstanz  die  mehrbasische  Phos- 
phorsäure zum  Theil  an  Ammoniak,  oder  andere  flüchtige  Basen  gebun- 
den, so  ist  die  Form,  in  welcher  diese  Säure  in  der  Asche  gefunden  'wird, 
nicht  nur  abhängig  von  der  beim  Einäschern  herrschenden  Tempera- 
tur, sondern  auch  von  der  Menge  der  noch  an  organische  Säuren,  an 
Salpetersäure  oder  an  Eiweisskörper  gebunden  gewesenen  Basen.  Nicht 
für  alle  Fragen,  welche  man  bis  jetzt  durch  die  Untersuchung  von 
Aschen  zu  lösen  versucht  hat,  ist  die  Andeutung  dieser  Schwierigkei- 
ten von  gleicher  Wichtigkeit;  sie  bietet  z.  B.  in  theoretischer  Bezie- 
hung, für  Thier-  und  Pflanzen-Physiologie  ein  grösseres  Interesse, 
als  in  landwirthschaftlicher,  obwohl  auch  für  letztere  Zwecke  genauere 
analytische  Zahlen  wünschenswerth  sind,  sofern  di^  in  der  Analyse 
begangeneu  Fehler  bei  Berechnungen  auf  grössere  Mengen  wesentlich 
von  der  Wahrheit  abweichende  Ergebnisse  bedingen  können. 

Nach  einer  Angabe  von  Caillat^)  lässt  sich  manchen  Pflanzen, 
wie  Futtergewächsen,  fast  die  ganze  Menge  ihrer  Aschenbestandtheile 
durch  Behandlung  mit  verdünnter  Salpetersänre  entziehen;  er  erhielt 
stets  eine  grössere  Menge  von  unorganischen  Stoffen,  namentlich  von 
Schwefelsäure,  als  auf  dem  Wege  der  Einäscherung.  Gleichwohl 
bietet  dieses,  keineswegs  methodisch  anwendbare  Verfahren  nicht  min- 
der grosse  Schwierigkeiten  als  die  Einäscherung.  Wenn  es  sich 
darum  handelt,  gewisse  Elemente  oder  deren  Verbindungen  in  Pflan- 
zen- oder  Thiersnbstanzen  genauer  zu  bestimmen,  zur  Ermittelnng 
quantitativer  Beziehungen  z.  B.  zwischen  einzelnen  anorganischen  und 
organischen  Verbindungen,  so  ist  dies  bis  jetzt  nur  möglich  durch 
Anwendung  von  Methoden,  welche  auf  die  Eigenschaften  des  zu  be- 
stimmenden Körpers  vorzugsweise  oder  allein  berechnet  sind,  in  der 
Art  also,  dass  man  in  der  organischen  Substanz  die  Phosphorsäure, 
den  Schwefel,  den  Stickstoff  u.  s.  w.  nach  Methoden  bestimmt,  welche 
die  schärfsten  Resultate  geben.  W.  Mayer  hat  auf  diesem  We^e 
wichtige  Beiträge  zur  Kenntniss  der  quantitativen  Beziehungen  der 
Phosphorsäure  zum  Schwefel-  und  Stickstoff,  also  zu  den  eiweisarti- 
gen  Körpern  in  Getreidesamen  geliefert.  Die  von  ihm  befolgte  Me- 
thode ist  zu  Ende  dieses  Artikels  mitge theil t 

In  dem  Folgenden  geben  wir  eine  Zusammenstellung  der  wich- 
tigsten von  verschiedenen  Chemikern  angewendeten  Methoden  zur 
Einäscherung  und  zur  Analyse  von  Aschen.  Wenn  es  auch  erwiesen 
ist,  dass  ein  und  dieselbe  Pflanze  z.  B.  je  nach  ihrem  Standpunkt  eine 
Verschiedenheit  in  der  Zusammensetzung  der  Asche  bietet,  so  ist  e8 
anderseits  nicht  weniger  gewiss,   dass  abweichende  Resultate   aus   der 


')  Compt.  rend.  Bd.  XXIX,  S.  187. 


*  Asche  organischer  Kcirper.  349 

Anwendung  verschiedener  Methoden  hervorgingen;  die  Kenqtniss  der 
letzteren  znr  Beartheilung  der  ersteren  ist  somit  ein  Bedürfnis?. 

Methoden  der  Einäscherung. 

Der  Bereitung  der  Asche  muss  in  allen  solchen  Fällen,  wo  einß 
Beimengung  fremder,  feuerbeständiger  Materien  möglich  oder  zu  be- 
fürehten  ist,  eine  sorgfältige,  der  Natur  der  einzuäschernden  Substanz 
iogemessene  Reinigung  vorhergehen.  Ki'autartige  Gewächse,  Wur- 
zeln und  Riuden,  bei  welchen  eine  Verunreinigung  der  Asche  durch 
aohangende  Dsramerde,  Thon  oder  Sand  am  leichtesten  stattfindet, 
müssen  zuerst  auf  mechanischem  Wege  so  vollständig  als  möglich  da- 
von befreit  werden;  mittelst  eines  schwach  befeuchteten  Schwammes 
nimmt  man  zuletzt  den  festanhängenden  Staub  hinweg;  dies  darf  nicht 
darch  Waschen  mit  vielem  Wasser  geschehen,  sofern  hierdurch  lösliche 
Bestandtheile  ausgezogen  werden  können.  Das  Reinigen  von  Samen- 
kömern,  welchen  ebenfalls  stets  Sand  oder  Thon  in  nicht  unbeträcht- 
licher Menge  anhängt,  geschieht  nach  H.  Rose  am  besten,  wenn  man 
dieselben  in  einem  Becherglase  mit  etwas  destillirtem  W^asser  iiber- 
pesst,  einige  Augenblicke  mit  einem  Glasstabe  umrührt  und  sodann 
auf  ein  etwas  weitlöcheriges  Sieb  bringt,  das  den  feineu  Staub  durch- 
Iftufen  lässt,  die  Samenkörner  aber  zurückhält.  Nach  mehrmaliger 
Wiederholung  dieser  Operation  reibt  man  die  Samen  noch  zwischen 
emem  leinenen  Tuch,  wodurch  noch  feiner  an  den  Kömern  haftender 
Sand  weggenommen  wird.  Der  so  gereinigte  Samen  ist  fast  frei  von 
fremden  Bemengnngen.  Bei  thierischen  Substanzen  (Fleisch,  Blut, 
Gehirn,  Eiern  u.  s.  w.)  ist  eine  solche  Verunreinigung  weniger  zu  be- 
förchten;  ihre  Einäscherung  gelingt  in  der  Regel  leichter,  wenn  sie 
Torher  mit  Wasser  ausgezogen  und  der  Rückstand,  so  wie  der  ver- 
dampfte wässerige  Auszug  für  sich  eingeäschert  werden.  Sehr  häufig 
fällt  diese  Behandlung  mit  dem  Zweck  der  Aschen-Analyse  zusammen. 
Mao  nimmt  von  der  einzuäschernden  Substanz  eine  solche  Quantität, 
dass  das  Gewicht  der  gewonnenen  Asche  wenigstens  4  bis  6  Grm.  beträgt, 
worüber  eine  vorläufige  Bestimmung  der  Aschenmenge,  welche  der 
Korper  liefert,  hinreichend  Aufscbluss  giebt.  Von  aschereichen  vege- 
tabilischen Substanzen,  wie  Samen,  Rinden,  Wurzeln  und  Kräutern 
reichen  hierzu  in  4er  Regel  100  bis  200  Grm.  der  trockenen  Substanz 
^u;  von  Hölzern,  welche  arm  an  unorganischen  Bestandtheilen  sind, 
bedarf  man  das  Doppelte  oder  Dreifache;  von  wasserreichen  anima- 
liichen  Substanzen  hat  man  «oft  eine  weit  grössere  Menge  nöthig. 
Die  orj^anische  Substanz  wird  vor  der  Einäscherung  sorgfaltig  getrock- 
net mid,  je  nach  ihrer  Beschafienheit,  auch  etwas  zerkleinert;  die  ge- 
reuugten  Samen  werden  am  besten  geradezu,  ohne  weitere  Zerklei- 
nernng  angewendet. 

Die  Einäscherung  selbst  ist  in  vielen  Fällen  der  schwierigste  Theil 
der  Untersuchung  einer  organischen  Substanz  auf  ihre  Aschenbestand- 
tbeile.  Die  Art  und  Weise  der  Einäscherung  und  die  dabei  herrschen- 
den Bedingungen  sind  von  so  bedeutendem  Einfluss  auf  die  Zusam- 
loensetzong  einer  Asche,  dass  die  letztere,  aus  einer  und  derselben 
Substanz,  aber  auf  verschiedenem  Wege  dargestellt,  in  ihrer  Zusam- 
inensetznng  so  grosse  Verschiedenheiten  zeigen  kann,  wie  die  Asche 
verschiedener  Substanzen.  Verkohlt  man  z.  B.  ein  Gemenge  von  ba- 
>ttch-«phosphorsaurero  Natron  (SNaO.qPOs)  mit  viel  Zucker  und  laugt 


350  Asche  organischer  Körper. 

die  Kohle  mit  Wasser  aus,  so  enthält  der  wässerige  Auszog  kohlen- 
saures Natron;  die  ausgelaugte  Kohle  liefert  nach  dem  völligen  Ein- 
äschern einen  leicht  schmelzbaren  Rückstand  von  pyrophosphorsaurem 
Natron.  In  diesem  Falle  hat  also  die  aus  dem  Zucker  gebildete  Kohlen- 
säure dem  basisch  -  cphosphorsauren  Natron  1  Aeq.  Base  unter  Bil* 
düng  von  kohlensaurem  Salz  entzogen.  Aeschert  man  die  ganze 
Masse  ein,  ohne  die  Kohle  mit  Wasser  auszulaugen,  so  erhalt  man  ab 
Aschenröckstand  nur  basisch  -  cP^osphorsanres  Natron.  Hieraus  gebt 
hervor,  dass  die  Qualität  der  Aschen bestandtheile  mit  der  Behand- 
lungsweise  wechselt,  dass  insbesondere  die  Gegenwart  kohlensaurer 
Salze  in  dem  wässerigen  Auszug  verkohlter  Substanzen  für  Anwesen- 
heit kohlensaurer  oder  organischsaurer  Salze  in  einem  Thier-  oder 
Pflanzenstoff  nicht  beweisend  ist  Bei  in  so  hoher  Temperatur  vor- 
genommener Einäscherung  werden  leicht  Körper  —  wie  Chlomatrinm, 
Chlor  kalium  oder  entsprechende  Jod  Verbindungen  —  verflüchtigt, 
welche  in  niedrigerer  Temperatur  noch  als  feuerbeständige  gelten, 
oder  es  können,  unter  Mitwirkung  von  Kieselsäure  und  Kohle,  durch 
Reduction  von  Phosphorsäure  und  Verflüchtigen  von  Phosphor,  oder 
durch  Keduction  von  schwefelsauren  Salzen  zu  Schwefelmetallen  oder 
durch  Bildung  von  Cyanmetallen,  tief  greifende  Veränderungen  in  der 
Zusammensetzung  der  Asche,  und  folglich  unrichtige  Schlüsse  ober 
Quantität  und  Qualität  der  ursprünglich  vorhandenen  unorganischen 
Stoffe  hervorgerufen  werden.  Organische  Substanzen,  welche  verhält- 
nissmässig  reicher  an  unschmelzbaren  Salzen  der  alkalischen  Erden 
sind  und  deren  Structur  —  wie  die  der  krautartigen  Gewächse,  Höl- 
zer, Binden  u.  s.  w.  —  eine  leichtere  Verbrennung  gestatten,  sind  in  der 
Regel  leichter  einzuäschern.  Die  Schwierigkeiten  der  Gewinnung 
einer  reinen  und  die  ursprünglich  vorhandenen  feuerbeständigen  Ma- 
terien in  möglichst  unveränderter  Form  enthaltenden  Asche  wachsen 
aber,  oder  sind  fast  unüberwindlich  bei  solchen  organischen  Körpern, 
welche  (wie  Samen  von  Pflanzen,  getrocknetes  Blut  und  andere  ahn« 
liehe  Stoffe  thierischen  Ursprungs)  beim  Erhitzen  schmelzen  und  eine 
in  Folge  ihres  Reichthums  an  alkalischen  Salzen  schmelzbare  Asche 
hinterlassen.  Aus  den  Bemühungen,  die  hieraus  für  die  constante  Zu- 
sammensetzung der  Asche  erwachsenden  Nachtheile  zu  heben  oder 
zu  umgehen,  ist  eine  Reihe  von  Vorschlägen  zur  Gewinnung  der 
Aschen  hervorgegangen,  von  welchen  die  wichtigsten  hier  hervorge- 
hoben werden  sollen. 

Die  zuerst  und  besonders  bei  vegetabilischen  Substanzen  ange- 
wendete Methode  war  die  der  Einäscherung  in  'hessischen  Tiegeln« 
welche  schief  zwischen  glühenden  Kohlen  stehen.  In  massiger,  oft 
längere  Zeit  zu  unterhaltender  Glühhitze  verbrennt  hierbei  die  Kohle 
um  so  vollständiger,  je  weniger  die  Lage  und  Form  der  verkohlten 
Substanz  durch  Bewegen  und  Umrühren  verändert  wird,  je  leichter 
also  der  Sauerstoff  in  die  lockere  Masse  Zutritt  hat  Gegen  diese» 
Verfahren  ist,  namentlich  von  Erdmann  und  H.  Rose,  der  gegrün- 
dete Einwurf  gemacht  worden,  dass  man  durch  dasselbe  bei  den 
meisten  Substanzen  in  Betreff  des  Phosphorsäure-,  Kohlensäure-  und 
Chlorgehalts  unrichtige  Resultate  erhalten  kann,  sofern  durch  Einwir- 
kung saurer  phosphorsaurer  Salze  auf  alkalische  Chlormetalle  bei 
Gegenwart  von  Wasser  Salzsäure,  und  durch  Einwirkung  von  Kohle 
auf  saure  phosphorsaure  Salze  in  sehr   hoher  Temperatur  Phosphor 


Asche  organischer  Körper.  351 

verflfiehtigt  werden  könne.  Porcellantiegel  werden  von  schmelzenden 
phosphonauren  Salzen  stark  angegriffen,  weniger  Tiegel  von  Stein- 
et, obwohl  auch  bei  der  von  H.  Rose  ^)  empfohlenen  gleichzeitigen 
Anwendung  von  Saaerstoffgas  die  oben  berührten  Nachtheile  nicht 
umgangen  sind. 

£rdmann  empfiehlt  die  Bereitung  der  Asche  in  einer  in  einem 
CMen  eingemauerten  Muffel;  eine  Eioäscherungsroethode ,  welche  vor 
allen  den  Vorzug  verdient.  Die  Einäscherung  geht  am  besten  3  bis  4 
Zoll  von  der  vorderen  Oeffnung  entfernt  vor  sich  und  zwar  bei  einer 
bei  Ta^e  nicht  sichtbaren  Rothgluth,  einer  Temperatur,  bei  welcher 
weder  Kochsalz  noch  pyrophosphorsaures  Natron  schmilzt.  Hält  man 
die  Muffel  (ohne  dass  durch  eine  aufgesetzte  Röhre  ein  Luftstrom  ver- 
anlasst wird)  vorn  durch  einen  thönernen  Deckel  lose  verschlossen,  so 
genfi^  die  Luftcirculation  zu  dem  Verbrennen  der  Kohle  vollständig, 
KD  der  Art,  dass  man  in  1 2  Stunden  eine  zur  Analyse  genügende  Menge 
von  kohlenireier  Asche  erhalten  kann.  Man  sieht  hierbei  die  in  einer 
Pladn-  oder  Porcellanschale  verkohlte  organische  Substanz  unter 
sehw^acher  Glöherscheinung  verbrennen. 

Strecker 0  hat  nachgewiesen,  dass  bei  dieser  Methode  der  Ein- 
iflchernng  kein  Kochsalz  verflüchtigt  wird,  sofern  Kohle  von  Ochsenblut 
nahezu  dieselbe  Menge  von  Chlor  lieferte,  mochte  sie  unmittelbar  ein- 
geäschert oder  erst  durch  Wasser  von  einem  Theile  ihres  Kochsalzge- 
haltes befreit  sein;  auch  erlitt  Kochsalz  beim  Einäschern  mit  Zucker 
keinen  Gewichtsverlust. 

Da  gleichwohl  auch  bei  diesem  Verfahren  ein  Verlust  an  Phos- 
phorsänre,  Schwefelsäure,  Chlor,  Jod  u.  s.  w.  in  manchen  Fällen  mög- 
lieh ist,  80  hat  man  gesucht,  durch  Zusatz  einer  stärkeren  Base  zu  der 
verkohlten  und  einzuäschernden  Substanz  diesem  Uebelstande  zu  begeg- 
nen. Wackenroder  empfiehlt  hierzu  essigsauren,  kohlensauren  oder 
atmenden  Kalk;  Strecker  schlägt  vor,  die  getrocknete  und  in  einer 
Porcellan-  oder  Platin-Schale  verkohlte  Substanz  mit  so  viel  concen- 
txirtera  Barytwasser  zu  befeuchten,  dass  die  nach  dem  Verbrennen 
blmbende  Asche  etwa  die  Hälfte  ihres  Gewichts  an  Baryt  enthält  Die 
angefeuchtete  Kohle  wird  wieder  getrocknet  und  bei  möglichst  niederer 
Temperatur  in  der  Muffel  verbrannt.  Way  und  Ogstone  haben  zu 
demselben  Zweck  bei  kohle-  und  kieselsänrereichen  Aschen  Salpeter- 
sauren  Baryt,  Slater  Barinmsuperoxyd,  Verdeil  salpetersanres  Am- 
moniak und  Will  Qnecksilberozyd  in  Anwendung  gebracht,  aber  alle 
diese  Mittel  führen  wieder  Nachtbeile  anderer  Art  mit  sich,  welche 
ihrer  allgemeinen  methodischen  Einführung  einen  Damm  entgegensetzen. 

Nach  Versuchen  von  W.  Mayer  findet  sich  — sofern  die  eiweiss- 
artigen  Körper  bei  der  trockenen  Destillation  schwefelhaltige  Producte 
Befem  —  in  der  Asche  eine  grössere  Menge  von  Schwefelsäure,  wenn 
£e  Substanz,  bevor  man  sie  mit  Barytwasser  befeuchtet,  nicht  vollkom- 
men verkohlt  war,  als  im  entgegengesetzten  Falle.  Die  gefundene 
Schwefelsäure  giebt  —  und  dies  gilt  in  noch  höherem  Grade  für  die 
gewöhnlichen  Einäscherungsmethoden  —  weder  eine  richtige  Vorstel- 
lung von  der  Menge  von  Schwefel,  welche  als  Schwefelsäure  in  der 
Substanz  enthalten  war,    noch   von  ihrem  Gesammtgehalt  an  diesem 


*)  Aiuftlhrl.  Handbuch  d.  analyt.  Chem.  Bd.  11,  S.  769.  —  *)  Annal.  d.  Chem. 
o.  PharoL  Bd.  LXXIU,  S.  869. 


352  Asclie  organischer  Körper. 

Element.  Die  8ch wefelsäure- Menge  ^  welche  in  der  mit  Aetsbaryt  \n 
reiteten  Asche  von  Getreidesamen  enthalten  ist,  entspricht  kaum  dai 
fünften  Theil  der  durch  directe  Bestimmung  aus  den  Samen  erhalteiu 
oder  aus  den  Eiweisskörpern  (mit  1  Proc.  Schwefel)  berechneten  ^^  wi 
sich  aus  nachstehenden  Zahlen  ergiebt: 

Schwefelsäure,  in  100  Thln.  getrockneter  Samen. 


In  der  mit  Baryt 

Darch  Schmelzen  mit 

AoB   den  AlbniB 

erhaltenen  Asche. 

Kali  und  Salpeter. 

naten  berechnet 

Winter- Weizen 

.     0,042  bis  0,058 

0,464  bi80,472 

0,S53bisd6! 

Winter-Roggen 

.     0,088 

0,517 

0,378 

Gerste    .     .     . 

.     0,060 

0,345 

0,3105 

Hafer      .     .     . 

.     0,105 

0,479 

0,2465 

H.  Ro  s  e  hält  selbst  den  Zusatz  einer  gewogenen  Menge  von  kol 
lensaurem  Natron  für  geeigneter  und  mit  weniger  Unannehmlichkeite 
verknüpft,  als  die  Einäscherung  mit  Baryt  oder  Kalk.  Er  verkohlt  di 
organische  Substanz  zuerst  in  einem  Thontiegel  oder  (wenn  es  auf  ein 
genaue  Ermittelung  eines  Gehalts  an  Kieselsäure  ankommt)  in  einei 
Platintiegel  bei  gelinder  Hitze.  Flüssige  animalische  Substanzen  (Milcl: 
Galle,  Blut,  Harn  u.  s.  w.)  werden  zuerst  in  einer  Porcellanschale  m 
Trockne  verdampft  und  dabei  ihr  Wassergehalt  bestimmt.  Die  vet 
kohlte  organische  Substanz  wird  sodann,  wie  unten  angegeben ,  nnte 
Zusatz  von  Platinschwamm  vollkommen  eingeäschert. 

Mitscherlich  erhitzt  die  auf  einem  Silberblech  (das  von  einen 
Platinblech  umgeben  ist)  liegende  organische  Substanz  in  einem  Gl»» 
röhr  zuerst  in  einem  Strom  von  Kohlensäure  zum  schwachen  Roth 
glühen  und  dann,  nach  vollendeter  Destillation,  in  einem  niögliehs 
langsamen  Strom  von  Sauerstoff,  bis  zur  vollständigen  Veraschung 
Das  Silberblech  wird  mit  dem  Rückstände  gewogen  und  sammt  diesen 
in  verdünnter  Salpetersäure  gelöst;  das  Silber  wird  aus  der  Anflösonj 
durch  Salzsäure  entfernt  und  mit  der  sauren  Flüssigkeit,  wie  untei 
angegeben,  verfahren.  Platinblech  allein  wird  hierbei  von  den  phos 
phorsauren  Salzen  stark  angegriffen  und  das  Silberblech  schmilzt,  nacli 
Rose 's  Beobachtung,  in  der  hohen  Temperatur  und  verbindet  aich  mii 
dem  Platin.  Auch  ist  zur  Gewinnung  grösserer  Mengen  von  Aschen 
ein  öfteres  Füllen  der  Röhre  erforderlich. 

Hlasiwetz^)  wendet  zur  Darstellung  von  Pflanzenaschen  einen 
Apparat  an,  der  die  Einäscherung  der  verkohlten  Pflanzensubstanz  in 
derselben  Weise  verrichtet,  wie  der  Taback  beim  Rauchen  aaa  Pfeifen 
im  Pfeifenkopfe  verascht  wird.  Ein  mit  Wasser  gefülltes  und  uh 
Sauggefäss  dienendes  Fass  steht  oben  mittelst  Kautschnkschläuchen 
zuerst  mit  zwei  halb  mit  W^asser  gefüllten  und  dann  mit  einer  dritten 
leeren  Woul ff  sehen  Flasche  in  Verbindung,  welche  letztere  in  ihrer 
zweiten  Tubulatur  das  Verbrennungsgefäss  trägt.  Dasselbe  ist  von 
Eisenblech  oder  besser  von  Porcellan,  bei  schwer  verbrennlicher  Kohle 
cylindrisch,  bei  Blättern,  Wurzeln  u.  s.  w.  konisch  ( 1  Zoll  lang,  1 V2  ^^'^ 
weit),  trichter-  oder  kugelförmig  und  verengt  sich  nach  unten  in  eine 
Spitze  vom  Durchmesser  der  (4  Linien  weUen)  Verbindungsröhren;  es 
wird,  ohne  Kork,  in  den  Hals  der  Flasche  eingeschliffen  oder  verkittet 
Ein  Siebboden  von  Platin  mit  6  bis  8  Löchern,  verhindert,  dass  Kohle 


^)  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  XCVII.  S.  244. 


Asche  organischer  Körper.  353 

oder  Aiche  in  die  Flasche  fällt  Die  einzuäschernde  Substanz  wird 
passend  zerkleinert,  das  Pulver  abgesiebt  und  dann  in  einem  Porcel- 
laniieg«]  mit  aufgesetztem  Deckel  verkohlt.  Wenn  keine  brennbaren 
Gase  mehr  entweichen,  wirft  man  die  schwach  glühende  Kohle  durch 
einen  Trichteraufsatz  in  das  Verbrennungsgefäss  und  lässt  sofort  das 
Wasser  anfangs  in  schwachem  Strahl  auslaufen.  Das  YerglQhen  erfolgt 
b«  je  nach  der  Natur  der  Substanz  geregeltem  Wasserabfluss,  etwa  in 
V»  der  Zeit,  die  man  zum  Einäschern  in  der  Muffel  braucht.  Für 
leicht  verbrennliche  Substanzen  genügt  bei  einem  Durchmesser  des 
Hahns  von  Vs  Zoll  meistens  nur  Yiertelstellung  desselben,  für  Samen 
mid  ähnliche  dichte  Kohlen  ist  etwa  Dreiviertelstellnng  desselben  anzu- 
wenden, die  noch  bleibenden  Beste  von  Kohle  werden  in  der  Platin- 
lehale  verbrannt. 

Methoden  der  Analyse. 

Die  Methoden  zur  Analyse  von  Aschen,  welche  bis  jetzt  am  hänüg- 
iten  zur  Anwendung  gekommen  sind,  wurden  von  Fresenius  und 
WilP),  von  O.  L.  Erdmann'),  von  H.  Böse'),  von  Mitscherlich^) 
Bod  Wackenroder^)  angegeben.  Auch  Städeler^),  Wittstein 7) 
•owie  W.  Knop  und  Arendt^)  haben  besondere  Vorschriften  zur 
Asehen- Analyse  gegeben,  welche  in  einigen  Punkten  von  denen  der 
oben  genannten  Chemiker  abweichen. 

Der  eigentlichen  Analyse  der  Asche  geht  stets  die  quantitative 
Bestimmung  der  letzteren  in  der  sorgfältig  getrockneten  und  somit  auf 
dn  bestimmtes  Gewicht  gebrachten  organischen  Substanz  voraus;  in 
ebigen  Fällen,  wie  bei  dem  oben  erwähnten  Einäscherungsverfahren 
▼on  Mitscherlich  oder  von  Hlasiwetz  kann  diese  Bestimmung  des 
Aschengehaltes  mit  der  Einäscherung  selbst  zusammenfallen. 

Methode  von  Will  und  Fresenius.  —  Durch  einen  qualitativen 
Versuch  ermittelt  man  vorerst,  ob  die  Asche  durch  concentrirte  Salz- 
ȟre  vollkommen  zersetzbar  ist  und  ob  sie,  ausser  phosphorsaurem 
fäsenoxyd,  noch  andere  phosphorsaure  Salze  enthält  Die  Aschen  von 
Hölzern  und  krantartigen  Gewächsen  enthalten  vorwaltend  kohlen- 
isure  Alkalien  und  kohlensaure  alkalische  Erden,  die  von 
Samen  enthalten  in  der  Begel  nur  phosphorsaure  Salze,  die  Aschen  von 
Grisem  sind  reich  an  Kieselsäure.  Vermischt  man  die  salzsaure 
Uwong  irgend  einer  Asche,  nach  Abscheidung  der  Kieselsäure,  mit 
«sigsanrem  Alkali  oder  übersättigt  man  sie  mit  Ammoniak  und  dann 
nit  Essigsäure,  so  scheidet  sich  ein  gelblichweisser  Niederschlag  von 
phosphorsanrem  Eisenoxyd  ab;  giebt  die  davon  abfiltrirte  Flüssigkeit 
auf  Zusatz  von  Ammoniak  einen  neuen  Niederschlag,  der  nicht  Eisen- 
oxyd ist,  so  enthält  die  Asche,  ausser  phosphorsaurem  Eisenoxyd  noch 
modere  phosphorsaure  Salze,  namentlich  phosphorsanren  Kalk  und  Mag- 
nesia. Durch  weitere  Versuche  wird  die  Gegenwart  von  Mangan, 
Brom,  Jod,  Fluor  u.  s.  w.  festgestellt. 

Man  erwärmt  nun,  zur  quantitativen  Analyse,  4  bis  5  Grm.  der 


*)  Annal.  d.  Cbem.  n.  Pharm.  Bd.  L,  S.  868.  —  *)  Jonm.  f.  prakt.  Chem. 
Bl  XXXVm,  S.  20.  —  ")  Pogg.  Annal.  Bd.  LXXX,  S.  94  u.  H.  Rose's  Ausf. 
Haodb.  d.  anal.  Chem.  Bd.  II,  S.  766.  —  *)  Jonrn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXXVI, 
8. 131.  —  »)  Archiv,  d.  Pharm.  [2.]  Bd.  LIH,  S.  1.  —  «)  Prakt.  Uebungen  in  der 
«*»«.  Anal,  von  Wöhler  1868,  8.  172.  —  0  Vierteljahraachr.  f.  Pharm.  Bd.  11, 
8.  t44;   Pharm.  Centralbl.  18d8,  S.  761.  —   ^  (^«m*  Centnübl.  1857,  S.  199. 

BiBdwSrterbach  der  Chemie.  3te  Aafl.    Bd.  II.  23 


354  Asche  organiBcher  Körper. 

Asche  mit  ooncentrirter  Salzsaare  bis  zur  yölligen  Zersetzniig ,  vc 
dampft  zur  Trockne,  befeuchtet  den  Rückstand  mit  Salzsäure  and  I 
trirt  nach  gehörigem  Verdünnen  die  erwärmte  Flüssigkeit  aaf  eine 
bei  100^  C.  getrockneten  und  gewogenen  Filter  ab.  Der  Rückutai 
ist  Kieselsäure  (nebst  Sand  und  Kohle) ;  er  wird  ausgewaschen,  vollkoi 
men  getrocknet,  vom  Filter  abgelöst  und  in  einer  Platinschale  mit  ve 
dünnter  Kalilauge  ausgekocht,  wobei  sich  alle  abgeschiedene  Kieael^au 
auflöst,  während  etwa  vorhandener  Sand  und  Kohle  zurückbleiben.  D 
kaiische  Auflösung  wird  nun  durch  dasselbe  Filter  abfiltxirt,  das  Ui 
gelöste  gut  ausgewaschen,  bei  100^  C.  getrocknet,  gewogen  and  jua 
Abzug  der  Kohle  und  des  Sandes  in  Rechnung  gebracht.  A.na  de 
mit  Salzsäure  übersättigten  Filtrat  wird  die  Kieselsäure  wie  gewöhnli« 
abgeschieden.  —  Die  von  der  Kieselsäure  (Kohle  und  Sand)  abfiltrir 
salzsaure  Lösung  der  Asche  wird  mit  dem  Waschwasser  gemischt  ai 
das  Gemisch  dem  Volumen  nach  in  3  bis  4  Theile  getheilt.  In  de) 
einen  Theil  bestimmt  man  das  Eisenoxyd  und  die  alkalische 
Erden,  indem  man  die  Flüssigkeit  mit  Ammoniak  versetzt,  bis  dt 
Niederschlag  nicht  mehr  vollständig  verschwindet,  alsdann  fü^  ma 
essigsaures  Ammoniak  und  hinreichend  freie  Essigsäure  zu,  in  der  Ar 
dass  nur  phosphorsaures  Eisenoxyd  (2 Fe^O«. 3 ePO»)  ungelöst  bleib 
welches  abfiltrirt,  geglüht  und  gewogen  wird.  Aus  dem  Filtrat  f&ii 
man  durch  oxalsaures  Ammoniak  den  S^alk  und  dann  durch  UeberaÜ 
tigen  mit  Ammoniak  (wenn  nöthig  unter  Zusatz  von  phosphoraaorez 
Natron)  die  Magnesia  als  phosphorsaure  Ammoniak -Magnesia.  L 
Eisen  oder  Mangan  in  grösserer  Menge  zugegen  (und  nicht  an  Phoi 
phorsäure  gebunden),  so  fällt  man  sie  vor  der  Abscheidung  des  Kalkes 
nach  Uebersättigung  der  Flüssigkeit  mit  Ammoniak,  durch  Schwefel 
ammonium.  —  In  dem  zweiten  Theil  bestinunt  man  die  Alkalien,  iS' 
dem  man  die  Flüssigkeit  mit  einem  Ueberschuss  von  Barytwasaer  er 
wärmt  Aus  dem  Filtrat  entfernt  man  den  Barytüberschuss  durch  koh- 
lensaures Ammoniak  unter  Zusatz  von  freiem  Ammoniak,  verdampl 
die  vom  Niederschlag  abfiltrirte  Flüssigkeit  zur  Trockne,  glüht  on^ 
wägt  die  als  Chlormetalle  zurückbleibenden  Alkalien.  Sie  werden  mit- 
telst Platinchlorid  getrennt.  Bei  diesem  Verfahren  zor  Bestimmonj 
der  Alkalien  kann  die  Löslichkeit  des  kohlensauren  Baryts  bei  Gregen- 
wart  von  viel  Ammoniaksalz  einen  von  Erdmann  0  un<l  ▼on  6.  B  i  a  ch  o  f  ^ 
hervorgehobenen  Fehler  veranlassen,  wodurch  leicht  die  Menge  dea 
Natrons  grösser  gefunden  wird  als  sie  wirklich  ist.  Die  alkalischeD 
Chlorüre  sind  deshalb  stets  auf  einen  Barytgehalt  zu  prüfen,  eben  so 
die  vom  Kaliumplatinchlorid  abfiltrirte  Lösung  auf  einen  wirklichen 
Natrongehalt.  —  Im  dritten  Theil  der  salzsauren  Lösung  der  Asche 
bestimmt  man  die  Schwefelsäure  und  Phosphorsäure,  Man  fällt 
erstere  durch  Chlorbarium  ans,  neutralisirt  sodann  die  vom  schwefel- 
sauren Baryt  abfiltrirte  Flüssigkeit  nahezu  mit  Ammoniak,  versetzt  üt 
mit  essigsaurem  Ammoniak  und  dann  mit  (scKwefelsäurefreiem)  Eisen- 
chlorid.  Durch  Erhitzen  zum  Sieden  wird  alles  JSisenoxyd  nebst  aller 
Phosphorsäure  niedergeschlagen.  Der  ausgewaschene  und  geglühte 
Niederschlag  wird  gewogen,  wieder  in  Salzsäure  gelöst,  das  Elisen  aiu 
der  mit  Weinsäure  und  Ammoniak  vermischten  Lösung  als  Schwefel- 


■)  Annal.  d.  Chem.  o;  PhMrm;  Bd.  LIV,  S.  86Ss  —    *)  Joam.  f.  prakt.  Qicai. 
Bd.  XLVn,  S.  198. 


Aache  organischer  Körper.  355 

«iaeo  abgeschieden  und  das  Gewicht  des  daraus  erhaltenen  Eisenoxyds 
von  dem  saerst  gewogenen  abgesogen,  wodurch  man  das  der  Phosphor- 
sinre  erf&hrt.  Oder  man  lost  den  noch  feuchten  Niederschlag  des  ba- 
sisch phosphorsanren  Eisenoxyds  in  Salss&ure  und  fällt  die  Phosphor- 
sinre  ans  der  mit  Weinsäure  und  Ammoniak  vennischten  Lösung  durch 
ein  Magnesiasalz.  —  Den  Chlor-  und  Kohlensäure-Gehalt  bestimmt 
man  in  besonderen  Portionen  der  Asche.  —  Aschen,  welche  in  Folge 
cuies  bedeutenden  Gehaltes  an  Kieselsäure  durch  Salzsäure  nicht  voll- 
itandig  zersetzbar  sind,  werden  durch  Eindampfen  mit  Kalilauge  oder 
Erhitzen  mit  Barythydrat  aufgeschlossen. 

Methode  von  Erdmann.  —  Die  Asche  wird  in  Salzsäure  auf- 
fslöst,  die  Kieselsäure  wie  gewöhnlich  abgeschieden,  aus  der  von  der 
Kieseleänre  (und  Sand)  abfiltrirten  Flüssigkeit  die  phosphorsauren 
Salze  der  alkalischen  Ehlen  und  des  Eisenoxyds  durch  Ammoniak  ge- 
fiUt  und  das  Filtrat,  welches  die  Alkalien  als  phosphorsaure  Salze  oder 
Chlormetalle  enthält,  zur  Trockne  verdampft  und  der  Bückstand  geglüht. 
Nach  seiner  Wiederanflösung  in  Wasser  fallt  man  die  Phosphorsäure 
mit  essigsaurem  Bleioxyd  aus,  entfernt  das  überschüssige  Bleisalz  mit 
kohlensaurem  Ammoniak,  verdampft  das  Filtrat,  unter  Zusatz  von  Salz- 
siore,  und  wägt  den  geglühten  Bückstand,  in  welchem  man  das  Ghlor- 
kaliom  mittelst  Platinchlorid  bestimmt.  Das  phosphorsaure  Bleioxyd  wird 
Bit  Schwefelsäure  zerlegt  und  in  der  abfiltrirten  Flüssigkeit  die  Phos(Au>r- 
liiire  bestimmt  —  Die  phosphorsauren  alkalischen  Erden,  welche  nach 
dem  Aaswaschen  geglüht  und  gewogen  sind,  werden  mit  kohlensaurem 
Natron  und  Kieselsäure  zusammengeschmolzen,  mit  Wasser  aufgeweicht, 
die  zorftckbleibenden  kieselsauren  alkalischen  Erden  mit  Salzsäure  zer- 
Mtzt  und  nach  bekannten  Methoden  getrennt  Die  an  das  Natron  ge- 
bondene  Phosphorsänre  wird,  nach  der  Entfernung  der  Kieselsäure, 
ebenfiülls  bestimmt.  —  Dieses  Verfahren-  ist  hauptsächlich  auf  solche 
Aiehen  berechnet,  welche  so  reich  an  Phosphorsäure  sind,  dass  alle 
Bisen,  insbesondere  die  alkalischen  Erden,  an  diese  Säure  gebunden 
lind. 

Methode  von  H.  Böse.  —  Die,  wie  oben  angegeben,  verkohlte 
and  fein  zerriebene  organische  Substanz  wird  mit  20  bis  30  Grm. 
(oder  noch  weniger)  Platinschwamm  innig  gemengt  und  portionenweise 
in  einer  dünnen  Platinschale  über  der  Spirituslampe  unter  Umrühren 
erhitzt,  bis  in  der  Masse  kein  Verglimmen  mehr  bemerkbar  ist.  Die 
trhaltane  graue  platinhaltige  Masse  wird  im  Luftbade  so  lange  bei 
lliO*  C.  getrocknet,  bis  sich  ihr  Gewicht  nicht  mehr  ändert.  Man  zieht 
de  lodann  vollständig  mit  heissem  Wasser  aus,  welches,  neben  geringen 
Mengen  von  phoaphorsauren  Erden,  die  in  Wasser  löslichen  Bestand- 
Me  der  Asche  aufnimmt ;  der  Bfickstand  kann,  neben  phosphorsauren 
Eiden,  auch  noch  Alkalien  enthalten,  welche  als  unlösliche  phosphor- 
laore  Doppelsalze  zugegen  sind.  In  manchen  Fällen,  wie  bei  der 
Ajche  der  Halme  von  Gramineen,  kann  der  wässerige  Auszug  ausser 
Kalk  and  MagnoMa  auch  Eaeselsäure  enthalten. 

Der  wässerige  Auszug  wird  zur  Trockne  verdampft,  der  Bückstand 
Kbwach  geglüht  und  sein  Grewicht  bestimmt.  Soll  der  Kohlensäure- 
S^ittlt  desselben  ermittelt  werden,  so  sättigt  man  die  Flüssigkeit  vor 
^  Abdampfen  mit  Kohlensäure,  um  die  beim  Glühen  der  kohlensauren 
Alkiliflo  (mit  Kohle)  als  Kohlenoxyd  etwa  entwichene  Kohlensäure  zu 
^VMticiL    Betfftgt  das  Gewicht  des  Bückstandes  mehrere  Gramm,  so 

28* 


356  Asche  organischer  Körper. 

kann  man  zur  Bestimmung  einzelner  Bestandtheile  verschiedene  Men* 
gen  desselben  benutzen;  bei  geringerem  Gewicht  bestimmt  Rose  alle 
Bestandtheile  in  einer  und  derselben  Quantität  auf  folgendem  Wege : 

Die  in  Wasser  gelöste  Masse  wird  mit  verdünnter  Salpetersäure 
übersättigt  (was,  wenn  die  Kohlensäure  bestimmt  werden  soll,  in  einem 
dazu  geeigneten  Apparate  geschehen  kann).  Scheidet  sich  hierbei 
Kieselsäure  aus,  so  wird  diese  abfiltrirt.  In  der  Losung  bestimmt  man 
zuerst  das  Chlor,  entfernt  durch  Salzsäure  das  Überschüssige  Silber 
und  verdampft  sodann  die  Flüssigkeit  in  einer  Porcellanschale  im  Was* 
serbade  zur  Trockne.  Der  mit  Salzsäure  befeuchtete  Rückstand  hlnter- 
lässt,  beim  Behandeln  mit  Wasser,  die  Kieselsäure,  welche  abfiltrirt  und 
gemeinschaftlich  mit  derjenigen  bestimmt  wird,  welche  durch  Salpeter- 
säure etwa  ausgeschieden  wurde.  Man  übersättigt  nun  das  Filtrat  mit 
Ammoniak  und  filtrirt  den  nicht  unbedeutenden  Niederschlag  ab;  er 
wird  kurze  Zeit  gewaschen,  geglüht  und  sein  Grewicht  von  dem  Olfth- 
rückstand  des  wässerigen  Auszugs  abgezogen.  Seine  weitere  Unter- 
suchung geschieht  gemeinschaftlich  mit  dem  in  Salpetersäure  Idslichen 
Antheil  der  Asche.  —  Die  Flüssigkeit,  welche  von  dem  durch  Am- 
moniak entstandenen  Niederschlag  abfiltrirt  wurde,  wird  mit  etwas 
Oxalsäure  versetzt  und  der  etwa  niederfallende  oxalsaure  Kalk  bestimmt 
(der  wässerige  Auszug  der  Asche  von  Samen  oder  von  thierischen 
Snl)stanzen  ist  frei  von  Kalk).  Die  Flüssigkeit  wird  jetzt  mit  Chlor- 
barium versetzt,  der  aus  schwefelsaurem  und  phosphorsaurem  (oder 
auch  oxalsaurem)  Baryt  bestehende  Niederschlag,  nach  dem  Auswaschen, 
mit  verdünnter  Salzsäure  behandelt  und  der  zurückbleibende  schwefel- 
saure Baryt  bestimmt.  Ans  der  Salzsäuren  Lösung  entfernt  mao  den 
Baryt  durch  verdünnte  Schwefelsäure ,  übersättigt  dann  mit  Ammoniak 
und  fällt  die  Phosphorsäure  als  phosphorsaure  Ammoniak-Magnesia.  — 
Die  Flüssigkeit,  ans  der  die  Schwefelsäure  und  die  Phosphorsänre  dnreh 
Chlorbarium  entfernt  wurden,  wird  mittelst  kohlensaurem  und  etwas 
freiem  Ammoniak  vom  BarjrtÜberschuss  befreit,  das  Filtrat  zur  Trockne 
verdampft  und  der  Rückstand  geglüht.  Er  enthält  die  Alkalien  als 
Chlormetalle,  welche  mittelst  Platinchlorid  getrennt  werden. 

Der  in  Wasser  unlösliche  (platinhaltige)  Theil  der  Asche  wird 
nun  mit  verdünnter  Salpetersäure  erwärmt,  abfiltrirt  nndmitheisaemmit 
etwas  Salpetersäure  angesäuertem  Wasser  gewaschen.  Die  Lösung  enthält 
phosphorsauren  Kalk,  phosphorsaure  Magnesia  und  phosphorsaures  Eäsen- 
oxyd  (häufig  auch  Mangan)  sowie  die  salpetersauren  Salze  von  Kali,  Na- 
tron, Kalk  und  Magnesia ;  sie  ist  frei  von  Schwefelsäure  und  Chlor.  Sie  wird 
durch  Verdampfen  concentrirt,  jedoch  so,  dass  noch  ein  Ueberschnss  von 
Salpetersäure  zugegen  ist  und  dann  mit  einem  Ueberschuss  von  metal- 
lischem Quecksilber  auf  dem  Wasserbade  zur  völligen  Trockne  ge* 
bracht,  in  der  Art,  dass  keine  freie  Salpetersäure  mehr  zugegen  ist;  die 
eingetrocknete  Salzmasse  darf  in  der  Wärme  nicht  mehr  darnach  riechen. 
Man  behandelt  die  trockene  Masse  nun  mit  Wasser,  filtrirt  das  Unge- 
löste auf  einem  möglichst  kleinen  Filter  ab  und  wäscht  den  Rück- 
stand so  lange  mit  Wasser,  bis  das  Filtrat  auf  Platinblech,  nach 
dem  Glühen,  keinen  Bückstand  hinterlässt.  Die  Flüssigkeit  enthält 
jetzt  alle  Basen  (das  Eisenozyd  theilweise)  als  salpetersaure  Salze  nehst 
viel  salpetersaurem  Quecksilberoxydnl.  Maq  entfernt  letzteres  entweder 
durch  Zusatz  von  Salzsäure  und  zuletzt,  ohne  das  Quecksilberchlorür 
abzufiltriren,  von  Ammoniak;  oder  man  verdampft  die  Lösung  in  einer 


Asche  orgaDischer  Körper.  357 

FbliiMehale  zur  Trockne,  veijagt  das  QaeoksüberaabB  durch  Glühen, 
lö«C  den  Röckfltand  in  Salssäure  und  trennt  dann  Eiaenoxyd,  Kalk, 
Magnesia,  Kali  und  Natron  nach  bekannten  Metboden.  —  Der  in  Was- 
MT  unlösliche  Antheil  der  eingetrockneten  Salzmasse  enthält  alle  Phos- 
phorsanre  an  Quecksilberoxydul  gebunden,  nebst  salpetersaurem  Queck- 
ttlberoxydul  und  metallischem  Quecksilber.  Er  wird  zur  Bestimmung 
der  Phosphorsäore  gut  getrocknet  und  im  Platintiegel  mit  überschüs- 
sigem kohlensauren  Natron-Kali  gemengt.  Das  Filter  bringt  man, 
so  einer  Kugel  zusammengerollt,  in  eine  Vertiefung  des  Gemenges  und 
überdeckt  es  noch  mit  letzterem.  Der  Tiegel  wird  nun,  etwa  eine  halbe 
Sdmde  lang,  unter  einem  Rauchfange  massig  erhitzt,  so  dass  er  nicht 
tum  Glühen  kommt  und  der  Inhalt  nicht  schmilzt.  Es  verflüchtigen 
lieh  hierbei  das  metallische  Quecksilber  und  die  QuecksUbersalze,  mit 
Ausnahme  des  phosphorsauren  Quecksilberoxyduls.  Dann  giebt  man 
eine  starke  Hitze  und  bringt  den  Inhalt  dea  Tiegels  zum  Schmelzen, 
die  geschmolzene  Masse  wird  mit  heissem  Wasser  behandelt,  worin  sie 
bis  auf  den  Gehalt  an  Eisenoxyd  völlig  auflöslich  ist;  in  der  mit 
Sftizsaure  und  dann  mit  Ammoniak  Übersättigten  Auflösung  fällt  man 
die  Phosphor  säure  durch  ein  Magnesiasalz.  Das  (phosphorsäurefreie) 
fdMDoxyd  wird  in  Salzsäure  gelöst  und  mit  Ammoniak  gefällt.  — 
Bei  solchen  Aschen,  welche,  wie  die  von  Stroh,  nur  geringe  Mengen 
▼OD  phosphorsauren  Salzen  enthalten,  ist  es  nach  U.  Böse  bequemer, 
die  salpetersaure  Lösung  der  A«che  zuerst  mit  Ammoniak  zu  fällen 
and  erat  den  in  Salpetersäure  wieder  aufgelösten  Niederschlag  in  obiger 
Weise  mit  metallischem  Quecksilber  zu  behandeln. 

Das  mit  Wasser  und  Salpetersäure  erschöpfte  Platin  enthält  nur 
noch  Kieselsäure;  es  wird  in  einer  Platinschale  mit  Kalilauge  erhitzt, 
filtrirt,  mit  heissem  Wasser  ausgewaschen  und  die  Kieselerde  aus  der 
alkalischen  Auflösung  wie  gewöhnlich  abgeschieden.  Das  rückstän- 
dige Platin  wird  bei  120^  G.  getrocknet;  was  es  jetzt  weniger  wiegt, 
aU  Dach  der  Verbrennung  der  Kohle,  ist  das  Gewicht  der  Asche, 
weniger  ihres  Gehalts  an  Kohlensäure.  Das  Platin  ist  rein,  wenn  die 
eingeäscherte  organische  Substanz  zuvor  sorgfältig  gereinigt  war,  andern- 
Uls  enthält  es  Thon  und  Sand  und  muss  dann  —  wenn  es  von  Neuem 
dienen  soll  —  aufgelöst  werden. 

Nach  einer  früheren,  von  H.  Rose  angegebenen  Methode  O9  wurde 
die  verkohlte  Masse  zuerst  fein  gepulvert,  darauf  mit  Wasser,  dann  mit 
Salzs&ure  ausgezogen  und  endlich  die  durch  Auflösungsmittel  erschöpfte 
Koble  unter  Zusatz  von  Platinchlorid  verbrannt     Die  bei  diesen  drei 
Operationen  erhaltenen  Aschenantheile  wurden  jeder   für  sich  unter- 
sucht and  endlich  die    erhaltenen   Bestandtheile   zusammengerechnet. 
IHeaes  langwierige  und  umständliche  Verfahren  —  welches  aus  eigen- 
thfimlicben  Ansichten  hervorging,  welche  sich  H.  Böse  Über  die  Form 
gebfldet  hatte,  in  welchen  die  unorganischen  Elemente  in  den  verschie- 
den Theilen  eines  Thieres  oder  einer  Pflanze  enthalten  seien  und  nach 
^rVerkohlung  zurückgehalten  würden  —  wurde  verlassen,  als   sich 
«»Versuchen  von  Strecker^)  und  von  H.  Rose»)  selbst  ergab,  dass 
M  emem  gewissen  Verhältniss  der  Menge  der  Kohle  zu  der  Menge 
^r  Asche  ein  Theil  der  Aschenbestandtheile    und    zwar   ein  um  so 


.     0  Pogg.  Aonal.  Bd.  LXX,  S.  449  a.  B<L    LXXVI,  8.  S«4.   —    *)  Annal.   d. 
<^*B-  «.  Pharm.  Bd.  LXZni,  S.  8S9.  —  0  Pogg.  Annal.  Bd.  LXZIX,  S.   398. 


358  Asche  organischer  Körper. 

grösserer,  je  beträchtlicher  das  Verhältniss  der  Kohle  zur  Menge  der 
unverbrennlichen  Körper  ist,  vor  der  Berührung  mit  dem  Lösangamittel 
und  somit  ror  der  Auflösung  geschützt  wird,  in  ähnlicher  Weise,  wie 
aus  einer  Legirung  von  Gold  und  Silber  das  letztere  Metall  je  nadi 
der  relativen  Menge  beider  bald  durch  Salpetersäure  gelöst  wird,  bald 
darin  unlöslich  ist  Aus  der  12  bis  15  Proc.  Asche  enthaltenden  Kohle 
des  ganzen  Blutes  lässt  sich  nur  ^/a  der  ersteren  mit  Wasser  nnd  Salz- 
säure ausziehen,  während  nach  der  Abscheidung  des  Albuniins  durch 
Coagulation  bei  100<^  C.  durch  Verdampfen  der  Lösung  eine  über 
80  Proc.  Asche  enthaltende  Kohle  gewonnen  wird,  welche  durch  Was- 
ser und  Salzsäure  vollkommen  erschöpfbar  ist.  Ans  directen  Versuchen 
mit  Zucker  und  Casem,  welche  mit  Salzen  —  essigsaurem  Kali,  phos- 
phorsaurem  Natron,  schwefelsaurer  Magnesia,  Chlorkalium  oder  Ohlor- 
natrium  —  verkohlt  wurden,  ergab  sich,  dass  diese  Salze  oder  ihre 
Basen  um  so  vollständiger  und  hartnäckiger  zurückgehalten  werden, 
je  weniger  die  Kohle  von  ^  denselben  enthält  Dieses  Verhalten  zieht 
eine  Unrichtigkeit  in  der  nach  diesem  Verfahren  von  Rose  ermittelten 
Zusaipmensetzung  einer  Asche,  namentlich  in  Beziehung  auf  den  Chlor- 
gehalt, in  allen  den  Fällen  nach  sich,  in  welchen  die  Kohle  mit  Wasser 
und  mit  Salzsäure  sich  nur  unvollständig  auslaugen  liess;  sofern  das 
übersehene  Chlor  bei  der  Berechnung  durch  Sauerstoff  ersetst  wurde, 
musste  die  Monge  der  Oxjde  zu  hoch  und  die  der  Chlormetalle  zu 
niedrig  ausfallen.  Bei  einer  grösseren  Aschenmenge  lässt  sich  die 
Kohle  vollständig  oder  bis  auf  eine  verschwindend  kleine  Menge  von 
Aschenbestandtheilen  befreien. 

Methode  von  Mitscherlich.  —  Die  in  einem  Sauerstoffstrome, 
wie  oben  angegeben,  dargestellte  Asche  wird  in  Salpetersäure  gelöst 
und  durch  Eindampfen  und  Wiederaoflösen  in  schwach  angesäaertem 
Wasser  ein  Kieselerdegehalt  abgeschieden.    Aus  der  Lösung  fällt  man 
durch  Ammoniak  die  phosphorsauren  Salze  von  Kalk,  Magnesia,  Eisen- 
oxjd  (und  Thonerde),  durch  Behandlung  mit  Essigsäure  entsieht  man 
dem  Niederschlage  phosphorsauren  Kalk  und  phosphorsaure  Magnesia; 
den  Kalk  fällt  man  aus  der  essigsauren  Lösung  mit  Oxalsäure,  die  Mag- 
nesia als  phosphorsaures  Salz  durch  Ammoniak.  —  Die  mit  Ammoniak 
übersättigte  salpetersaure  Auflösung  der  Asche  wird  sodann  wieder  mit 
etwas  Salzsäure  angesäuert,  mit  einer  Auflösung  von  Eisenozyd  von  bekann- 
tem Ozjdgehalt  und  dann  mit  Ammoniak  versetzt  und  aus  dem  Gewichts- 
Überschuss  des  Eisenozyds  die  Phosphorsäure  berechnet    Das  Filtrat 
wird  in  einer  t^orcellanschale  verdampft,  nach  dem  Verjagen  der.Ani- 
moniaksalze  geglüht  und  die  zurückbleibenden  Chloralkalimetalle  mit- 
telst Platinchlorid  getrennt  —  Mitscherlich  untersuchte  in  dieser 
Weise  .die  Asche  der  Hefe;  er  machte  dabei  die  Beobachtung,  dass  der 
phosphorsaure  Kalk  durch  Ammoniak  um  so  unvollständiger  ausgefällt 
wird,  je  mehr  Ammoniaksalz  zugegegen  ist,  und  dass  phosphorsaures 
Eisenozyd   zwar  in  Essigsäure  unauflöslich,   aber  auflöslioh  in  einer 
Flüssigkeit  ist,  welche  essigsaures  Eisenozjd  enthält;  durch  Schwefel- 
säure oder  eine  andere  Säure,  welche  die  essigsaure  Ve^indung  anf- 
hebt,  lässt  sich  das  phosphorsaure  Eisenoxyd  ausfällen. 

Methode  von  Wackenroder.  —  Dies  Verfahren  ist  nur  bei 
solchen  Aschen  anwendbar,  welche  an  und  für  sich  reich  sind  an  Kalk, 
kohlensaurem  Kali  und  Ghlorkalium  oder  durch  den  von  Wackenro- 
der empfohlenen  Zuaats  von  essigsaurem  (kohlensaurem  oder  ätiendem) 


Asche  organischer  Körper.  359 

Xftlk  bei  der  Veraschnng  schmelzbarer  und  an  KieseUäore  oder  Phon- 
pboraiare  reicher  Sabataiuien  in  Kalkaschen  verwandelt  werden.  —  Die 
Unteraaehting  der  Asche  zeri'ällt  in  die  Analyse  des  in  Wasser  lös* 
lidMn  und  d^  darin  unlöslichen  Theiles. 

a.  In  Wasser  löslicher  Theil.  —  Der  wässerige  Auszug  (von 
10  bis  20  Grm.  Asche  mit  dem  vier-  bis  sechsfachen  Gewicht  Wasser) 
enthalt,  wenn  in  der  Asche  kohlensaures  Kali  rorhanden  ist,  alle  Schwe- 
fcJtSnre  und  einen  Theil  der  Phosphorsäure,  dagegen  nur  Spuren  von 
Kieselsäure,  Kalk  und  Magnesia.  Der  erdige  Bückstand  besteht  ans 
don  Beet  der  Phosphorsäure,  aus  Kieselsaure  und  Kohlensäure,  in  Ver- 
bindmig  mit  Kalk,  Magnesia,  Eisenozyd  (Thonerde)  und  Manganoxyd- 
ozydal.  Ist  die  Asche  frei  von  kohlensaurem  Kali,  so  enthält  der 
wmsBerige  Auszug  meist  nur  Chlorverbindungen  und  schwefelsaure 
S^se,  aber  keine  phosphorsauren.  Trübt  sich  der  wässerige  Auszug 
eaeh  einiger  Zeit,  so  filtrirt  man  den  aus  kohlensaurem,  phosphorsaurem 
and  kieselsaurem  Kalk  bestehenden  Niederschlag  ab  und  fügt  ihn  dem 
erdigen  Rückstände  zu.  Glüht  man  den  Rückstand  gelinde  im  verschlos- 
senen Platintiegel  und  zieht  sein  Gewicht  von  dem  der  Asche  ab ,  so 
eilialt  iD&n  eine  Controle  für  die  Gesammtmenge  der  löslichen  Aschen- 
»Ize.  Der  wässerige  Auszug  wird  in  vier  nach  Erfordemiss  ungleich 
grosse  Theile  getheilt.  In  dem  einen  bestimmt  man  die  Kieselsäure 
durch  Ansäuern  mit  Salzsäure ,  Erwärmen ,  Versetzen  mit  Ammoniak 
ud  i4ftiündig^s  Stehenlassen;  die  stets  geringe  Fällung  von  Kiesel- 
erde kann  auch  Spuren  von  phosphorsauren  Erden  enthalten.  In  dem 
zweilen  ermittelt  man  Kalk  und  Magnesia,  in  dem  dritten 'das  Chlor 
(Cyan)  nach  bekannten  Methoden.  Der  vierte  etwas  grössere  Theil 
dioit  zur  Bestimmung  der  Schwefelsaure,  Phosphorsäure  und  Kohlen- 
Biiire.  Er  wird  erhitzt,  nach  dem  Erkalten  durch  Chlorbarium  völlig 
niedargeachlagen,  und  der  ausgewaschene  schwefelsaure,  phosphorsaure 
und  kohlensaure  Baryt  nach  gelindem  Glühen  gewogen.  Nach  seiner 
Behandlung  mit  Salzsäure  bleibt  schwefelsaurer  Baryt;  aus  dem  Filtrat 
fälH  anf  Zusatz  von  Ammoniak  phosphorsaurer  Baryt  (SBaO .  ePOs  oder 
l5BaO .  BcPOft  -f-  BaGl)  nieder.  Genauer  fällt  die  Bestimmung  der 
Fhoephorsäure  aus,  wenn  man  aus  der  salzsauren  Lösung  den  Baryt 
durch  Schwefelsäure  entfernt  und  das  mit  Ammoniak  übersättigte  Fil- 
trat mit  einem  Magnesiasalz  vermischt.  Die  Menge  des  kohlensauren 
Baryts  (nnd  somit  der  Kohlensäure)  ergiebt  sich  aus  der  Differenz. 
Den  KaHgehalt  ermittelt  man  durch  Fällung  der  hinreichend  verdampf- 
ten Lösung  mit  Weinsäure  nnd  Trocknen  des  niedergefallenen,  mit 
wenig  kaltem  Wasser  gewaschenen  (25  Proo.  Kali  enthaltenden)  Wein- 
rteines  bei  100<^  C,  oder  wie  gewöhnlich  als  Kalium platinchlorid. 
Einen  Gehalt  der  Asche  an.  Natron  beobachtete  Waokenroder  nur 
in  wenigen  Fällen. 

b.  In  Wasser  unlöslicher  Theil.  —  Er  wird  mit  Salzsäure 
behandelt,  die  Kieselerde  (nebst  Kohle  und  Sand)  abgeschieden,  in  dem 
Fütrat,  wenn  Schwefelsäure  vorhanden  ist,  diese  zuerst  bestimmt,  als- 
dann dasselbe  (nach  vorgängiger  Abscheidung  des  überschüssigen  Baryts 
mittelst  Schwefelsäure)  mit  kohlensaurem  Natron  beinahe  gesättigt  nnd, 
nach  Zusatz  von  essigsaurem  Natron,  gekocht,  wo  alles  Eisenoxyd  (und 
alle  Thonerde)  in  der  Form  von  piiosphorsauren  Salzen  gefällt  werden. 
Sie  werden  nach  dem  Glühen  und  Wägen,  als  FesOg  .  c^Os  und  Al^Os  • 
«PO^,  berechnet,  in  Salzsäure  gelöst,  mit  überschüssiger  concentrirter 


360  Asche  organischer  Körper. 

Natronlauge  erwärmt  und  das  abgeschiedene  BUenoxyd  besüninii;  die 
alkalische  Flüssigkeit  liefert  mit  Essigsäure  angesäuert  und  gekocht 
die  phosphorsaure  Thonerde,  die  mit  wässerigem  Weingeist  gewaschen 
und  als  Al2  03.cl^05  gewogen  wird.  —  Zur  Bestimmung  des  Bestes  dei 
Phosphorsänre  vorsetzt  man  die  vom  phosphorsauren  Eisenoxyd  (und  phos- 
phorsaurer Thonerde)  abfiltrirte  Flüssigkeit  mit  Eisenchlorid  von  bekann« 
tem  (etwa  V^o  bis  ^/lo  denAsche  betragenden)  Eisengehalt,  dann  mit  einei 
hinreichenden  Menge  von  essigsaurem  Natron  und  kocht,  wo  alle  Phos- 
phorsäure  sammt  dem  Eisenoxyd  niederfällt.  Zieht  man  von  dem  Ge- 
wicht dieses  Niederschlages  das  Eisenoxyd  ab,  dessen  Menge  bekanm 
ist,  so  erhält  man  das  der  Phosphorsäure.  Der  Kalk  und  die  Magnesia 
die  neben  Mangan  in  der  Flüssigkeit  bleiben,  werden  nach  bekanntet 
Methoden  bestimmt.  Zur  Bestimmung  des  Mangans  wird  die  heisw 
Flüssigkeit  mit  kohlensaurem  Natron  gefällt,  und  der  gelinde  geglüht« 
Niederschlag  mit  wenig  überschüssiger  verdünnter  Salpetersäare  behau 
delt,  wo  alles  Mangan  als  Oxydoxydul  ungelöst  bleibt;  das  Filtrat  eot 
hält  den  Kalk  und  die  Magnesia. 

Methode  von  Städeler.  —  a.  Samen-Aschen.  Etwa  50  Grm 
der  lufttrockenen  oder  bei  IPO^  C.  getrockneten  Samen  werden  be 
schwacher  Glühhitze  in  einem  Platintiegel  vollständig  verkohlt,  di< 
Kohle  zu  Pulver  zerrieben  und  mit  Wasser  befeuchtet,  einige  Zeit  d« 
Einwirkung  der  Luft  ausgesetzt,  wodurch  etwa  vorhandene  Schwefel 
metalle  in  schwefelsaure  Salze  übergehen.  Man  digerirt  darauf  dai 
Kohlenpulver  mit  concentrirter  Essigsäure,  setzt  Wasser  hinzu,  fiitrir 
und  wäscht  den  Rückstand  mit  heissem  Wasser,  bis  die  ablaufend« 
Flüssigkeit  nur  noch  schwach  auf  Lackmus  reagirt  Die  hierdurch  fas 
vollständig  von  Chlormetallen  befreite  Kohle  wird  in  einem  Platintaege 
durch  anhaltendes  gelindes  Glühen  zuletzt  unter  Zufügen  einiger  Tiopfei 
concentrirter  Salpetersäure  vollständig  eingeäschert  Mit  dieser  AscIm 
vermischt  man  dÜe  durch  Abdampfen  des  essigsauren  Auszuges  erhal' 
tene  Salzmasse,  glüht  zur  Zerstörung  der  vorhandenen  essigsauren  Sal» 
gelinde  und  wägt.  Die  Asche  wird  im  Kohlensäure-Apparat  mit  Sal- 
petersäure aufgeschlossen  und  ihr  Kohlensäuregehalt  durch  den  Verlast 
bestimmt.  Die  von  der  verdünnten  Salpetersäuren  Lösung  abfiltrirU 
Eaeselsäure  (Kohle  und  Sand)  wird  wie  gewöhnlich  bestimmt;  aus  den 
Filtrat  fällt  man  das  Chlor  durch  salpetersaures  Silberoxyd  und  —  nad 
Entfernung  des  Silbers  durch  Salzsäure  —  die  Schwefelsäure  dard 
Chlorbarium.  Nach  Entfernung  des  BarytÜberschnsses  mit  Schwefel' 
säure  verdampft  man  das  Filtrat  zur  Trockne  und  digerirt  die  Sals< 
masse  mit  concentrirter  Salzsäure  zur  Entfernung  von  Salpetersäon 
und  Ueberführung  der  Phosphorsäure  in  die  gewöhnliche  Modification 
Die  beim  Wiederauflösen  in  Wasser  zurückbleibende  Kieselsäure  wirc 
abfiltrirt,  Eisen,  Mangan,  Thonerde,  Kalk  und  Magnesia  durch  Am- 
moniak als  phosphorsaure  Salze  gefällt,  nach  sechs  bis  acht  Stunden  abftl' 
trirt,  geglüht  und  gewogdn.  Den  Niederschlag  digerirt  und  löst  man  mit 
concentrirter  Salzsäure,  stumpft  die  freie  Säure  mit  Natron  ab  und  ver- 
mischt mit  essigsaurem  Natron,  wodurch  phosphorsaures  Etsenoxyd  un<i 
phosphorsaure  Thonerde  abgeschieden  werden.  Sie  werden  geglüht, gewo' 
gen  und,  wennnöthig,  nach  bekannten  Methoden  getrennt.  —  Ans  dem  Fil- 
trat wird  der  Kalk  durch  oxalsanres  Ammoniak,  die  Magnesia  durch  Ueber« 
sättigen  mit  Ammoniak  als  phosphorsänre  Ammoniak-Magnesia  gefällt  and 
die  mit  dem  Kalk  verbunden  gewesene  Phosphorsäure  aus  dem  Verlust  be- 


Asche  organischer  Körper.  361 

rechnel.  Ein  etwaiger  ICangangehalt  ist  mit  der  Magnesia  niedergefallen. 
Die  Lösung,  ans  der  die  phosphorsauren  Erden  und  Metalloxyde  durch  Am- 
moniak gefallt  sind,  enthält  nur  noch  Alkalien  und  einen  Theil  der 
Phosphorsaare.  Man  fällt  die  letztere  (nebst  Schwefelsäure)  miC  Chlor- 
bariiun,  entfernt  den  Barytüberschuss  durch  Schwefelsäure  oder  neu- 
trales kohlensaures  Ammoniak,  verdampft,  glüht  und  wägt  die  Alkalien 
al«  Chlormetalle  oder  schwefelsaure  Salze.  Der  durch  Chlorbarium 
entstandene  Niederschlag  wird  mit  Salpetersäure  ausgezogen,  mit 
Schwefelsäure  bis  zur  vollständigen  Au^fällung  des  Baryts  vermischt 
und  aas  dem  mit  Ammoniak  übersättigten  Filtrat  die  Phosphorsäure 
durch  ein  Magnesiasalz  gefällt.  —  b.  Aschen  von  Holz,  Kräutern 
o.  s.  w.  Der  Gang  der  Analyse  weicht  von  dem  eben  angegebenen 
ab,  als  diese  Aschen  mehr  alkalische  Erden  enthalten,  als  zur  Sät- 
tigung der  Phosphorsänre  erforderlieh  ist;  bei  der  Fällung  mit  Am- 
moniak wird  also  sämmtliche  Phosphorsäure  ausgeschieden.  Man  ül- 
trirt  drai  entstehenden  Niederschlag  sogleich  ab,  fällt  aus  dem  Filtrat 
zuerst  Mangan  durch  Schwefelammoniuro,  dann  Kalk  durch  Oxalsäure 
Qitd  endlich  die  Magnesia  durch  phosphorsaures  Ammoniak.  Ueber- 
achfissig  zugesetzte  Phosphorsäure  trennt  man,  wie  oben  angegeben, 
von  den  Alkalien.  Von  kieselsäurereichen  Aschen  wird  der  durch 
Saoren  nicht  zersetzbare  Antheil  mit  Flusssäure  aufgeschlossen;  das 
Giewicht  der  Kieselsäure  ergiebt  sich  aus  dem  Verlust  und  auf  die  Be- 
stimmuiig  von  Kohle  und  Sand  ist  zu  verzichten. 

Methode  von  Wittstein.  —  Sie  ist,  wie  die  vorhergehende, 
darauf  berechnet,  möglichst  viele  Bestandtheile  mit  einer  und  derselben 
Aschenmenge  (mindestens  0,5,  höchstens  1,3  Gramm)  zu  bestimmen;  we- 
sentlich unterscheidet  sie  sich  von  Städeler's  Verfahren  nur  in  folgen- 
den Punkten:  Wittstein  wägt  die  verkohlte  Substanz  vor  und  nach 
dem  Aaslaugen  mit  Wasser  und  äschert  dann  die  Kohle  unter  Zusatz 
von  etwas  Salpetersäure  oder  salpetersaurem  Ammoniak  vollständig 
ein.  Addirt  man  das  Gewicht  der  so  erhaltenen  Asche  zu  dem  Ge- 
wichtsverlust der  Kohle  beim  Auslaugen,  so  ergiebt  sich  das  Gesammt- 
gewicht  der  Asche.  Die  von  Chlor,  Schwefelsäure,  Kieselsäure  befreite 
Losung  der  Asche  wird  mit  Ammoniak  übersättigt,  die  gefällten  phosphor- 
saoren  Salie  in  Salzsäure  gelöst  und  nach  der  Abscheidung  von  phos- 
phorssnrem  Elisenozyd  und  Thonerde  (Fe^Oa  •  ifiO^  und  Al^Og  .  c^Os), 
welche  mit  KaM  getrennt  werden,  die  Phosphorsäure  mit  essigsaurem 
Bleioxyd  gef&Ut,  die  salpetersaure  Lösung  des  Niederschlages  mittelst 
Scbw^lsäure  und  Alkohol  vom  Bleioxyd  befreit,  im  Filtrat  die  Phos- 
phontänre  als  phosphorsaure  Ammoniak-Magnesia  bestimmt  und  die  an 
Thonerde  und  Eisenoxyd  gebundene  hinzuaddirt.  Nach  dem  Entfernen 
^s  Bleiflberschusses  mittelst  Schwefelwasserstoff  aus  der  vom  phosphor- 
sanren  Bleioxyd  abfiltrirten  Flüssigkeit  fällt  man  das  Mangan  mit 
Sehwefelammonium ,  dann  Kalk  und  Magnesia  in  gewöhnlicher  Weise. 
—  Ans  der  die  Alkalien  enthaltenden  Lösung  fällt  man  die  Phosphor- 
iinre  —  wenn  noch  davon  vorhanden  ist  —  mit  Chlorbarium  als 
5Ba0.2P05,  und  bestimmt  in  dem  barytfreien  Filtrat  die  Alkalien 
als  Chlormetalle.  Enthält  die  Lösung  keine  Phosphorsäure,  so  werden 
darin  Kalk,  Magnesia  und  Alkalien  wie  gewöhnlich  bestimmt 

Die  einfachste  Methode  der  Analyse  von  Aschen  ist  folgende:  Die 
in  der  Muffel  bei  möglichst  gelinder  Hitze  bereitete  Asche  wird  gleich- 
massig  zerrieben  und  in  ein  verschliessbi^res  Glas  gebracht«    In  einem 


862  Asche  organischer  Körper. 

besonderen  Theile  derselben  bestimnit  man  die  Kohlens&ure,  in  einem 
anderen,  mit  verdünnter  Salpetersäure  ausgezogenen,  das  Chlor.  Eiae 
dritte  etwas  grössere  Menge  (etwa  4  bis  5  Grm.)  wird  zur  Bestimmimg 
der  Kieselsäure  und  der  übrigen  Bestandtheile  verwendet.  Man  ver- 
setzt hierzu  die  Asche  mit  Salzsäure,  scheidet  die  Kieselsaure  wie  ge- 
.  wohnlich  ab  und  ermittelt  das  Gewicht  oder  Volumen  des  (gemischten) 
Filtrats.  In  einem,  dem  Gewicht  oder  Volumen  nach  bekannten  Theil 
desselben  bestimmt  man  die  Schwefelsäure,  in  einem  änderen  den  Kalk, 
die  Magnesia,  das  Eisenoxyd  (Thonerde)  und  die  Pho«»phorsäure ,  in 
einem  dritten  die  Alkalien.  —  Sind,  wie  dies  bei  Aschen  von  Samen 
und  vielen  animalischen  Substanzen  der  Fall  ist,  alle  Basen  oder  doch 
bei  weitem  der  grössere  Theil  derselben  als  phosphorsaure  Salze  vorhan- 
den, so  übersättigt  man  zuerst  mit  Ammoniak  und  dann  mit  Elssigsänre, 
und  bestimmt  das  hierbei  ungelöst  bleibende  phosphorsaure  Eisenoxyd« 
Fe^  Os .  cP  O5,  (und  die  durch  Kali  zu  trennende  phosphorsaure  Thonerde) ; 
man  fällt  alsdann  den  Kalk  mit  Oxalsäure,  dann  einen  Theil  der  Phos- 
phorsäure und  alle  Magnesia  durch  Ammoniak  und  den  Rest  der  Photphor- 
säure  durch  ein  Magnesiasalz.  —  Bei  Aschen,  welche  ärmer  an  Phos- 
phorsäure sind,  bleibt  nach  diesem  Verfahren  entweder  ein  Theil  oder 
auch  alle  Magnesia  in  Auflösung.  Man  bestimmt  diesen  gelost  geblie- 
benen Theil  durch  Fällung  mit  phosphorsanrem  Natron  oder  (wenn 
man  das  Filtrat  noch  zur  Bestimmung  der  Alkalien  verwenden  will) 
mit  phosphorsaurem  Ammoniak.  Enthält  die  Asche  auch  ManganoxyduU 
so  bestimmt  man  zuerst  dafi  vorhandene  Eisenoxyd,  wie  oben  angege- 
ben, sodann  setzt  man  der  davon  abfiltrirten  Flüssigkeit  ein  bestimm- 
tes Volumen  einer  möglichst  neutralen  Auflösung  von  Eisenchlorid 
(von  bekanntem  Oxydgehalt)  zu  und  erhitzt  zum  Sieden.  Ans  dem 
Gewicht  des  mit  heissem  Wasser  ausgewaschenen  und  gelösten  Nieder- 
schlages erfährt  man  das  der  Phosphorsänre ,  indem  man  das  zuge- 
setzte Eisenoxyd  abzieht  und  diejenige  Phosphorsäure  hinzurechnet, 
welche  schon  als  phosphorsaures  Eisenoxyd  (und  phosphorsaure  Thonerde) 
vorhanden  und  bestimmt  war.  —  In  dem  Filtrat,  welches  alles  Mangan- 
oxydul,  den  Kalk  und  die  Magnesia  enthält,  bestimmt  man  aladann 
diese  Basen  wie  gewöhnlich,  indem  man  das  Mangan  zuerst  durch  unter- 
chlorigsaures  Natron  ausfällt  (welches  nach  24  Stunden  abflltrirt,  ge- 
glüht und  alsMn8  04  gewogen  wird).  —  Zur  Bestimmung  der  Alkalien 
versetzt  man  die  nicht  zu  viel  freie  Salzsäure  enthaltende  Lösung  der 
Asche  mit  Oxalsäure,  dann  mit  überschüssigem  Ammoniak  und  —  wenn 
noch  Magnesia  in  Auflösung  ist  —  auch  mit  phosphorsaurem  Ammoniak  ^). 
Der  Niederschlag  wird  mit  ammoniakhaltigem  Wasser  ausgewaschen, 
das  Filtrat  zur  Verjagung  des  Ammoniaks  etwas  verdampft  und  noch 
heiss  mit  essigsaurem  Bleioxyd  gefällt.  Den  Ueberschuss  des  ange- 
setzten Bleioxyds  entfernt  man  mit  Ammoniak  und  kohlensaurem  Am- 
moniak. Das  Filtrat  wird,  sammt  dem  Wasch wasser,  unter  Zusatz 
von  Salmiak  verdampft,  die  Ammoniaksalze  durch  gelindes  Glühen 
verjagt  und  die  als  Chlormetalle  gewogenen  Alkalien  mit  Platinohlorid 
getrennt,  oder  ihr  Chlorgehalt  mit  Silberlösung  durch  Titrirung  bestimmt 
W.  Knop  und  Arendt  verfahren  im  Wesentlichen  in  derselben 
Weise,  nur  bestimmen  sie  die  Phosphorsäure  in  der  mit  E^igsäure 


*)  Die  hierzu   verwendete  PhosphorsHnre   darf,   wegen  eines  möglichen  Alkali- 
gebaltes  nicht  aus  Knochen  dargestellt  sein. 


Asche,  vulcanische.  363 

ugMiaerten  Löeong  durch  Znsats  von  essigsaarem  Uranozyd  und  Er- 
kHno  nun  Sieden  (bei  Gegenwart  von  Eisenozyd  nach  vorheriger  Re- 
iuetion  durch  Uranchlorür).  Ans  dem  zuerst  durch  Decantiren,  dann 
ivf  dem  Filter  oder  nach  Zusatz  einiger  Tropfen  von  Chloroform  ans- 
pewasehenen  Niederschlage  von  phosphorsaurem  Uranozyd-Ammoniak 
berechnet  man  die  Phosphorsfture,  nach  dem  Glühen  unter  Zusatz  von 
etwu  Salpetersäure,  nach  der  Formel  2Ur3  08  .PO5. 

Zur  genaueren  Bestimmung  von  Phosphorsäure  in  Aschen,  bezie- 
bnngsweise  in  Thier-  oder  Pflanzensubstanzen,  hat  W.  Mayer^  dasnach- 
ilefaäide  Verfahren  angegeben:  Die  Substanz  wird  verkohlt,  in  der 
Mnffel,  nach  Strecker's  Vorschrift  unter  Zusatz  von  Baryt  völlig  ein- 
leiachert,  und  die  Asche  —  welche  in  den  meisten  Fällen  mit  Salzsäure 
Bdiwefelwasserstoff  entwickelt  —  in  Bechergläsem  mit  rauchender  Sal- 
^etenftnre  oder  mit  Königswasser  zur  Trockne  verdampft.  Die  einge- 
Iroeknete  Masse  wird  mit  verdünnter  Säure  längere  Zeit  erwärmt  und  das 
fOtnt  mit  Ammoniak  versetzt,  bis  eine  schwache  Fällung  erfolgt;  diese 
Wird  dnrch  einige  Tropfen  Salzsäure  wieder  gelöst,  eine  Mischung  von 
Websäure,  schwefelsaurer  Magnesia  und  Salmiak  (in  lOOOC.C.  Flüssig- 
köt  15  Grm.  Weinsäure,  6Grm.  wasserfreie  schwefelsaure  Magnesia  und 
1S,5  Grm.  Salmiak  enthaltend)  zugefügt,  darauf  oxalsaures  Ammoniak 
JMd  essigsaures  Natron ;  einen  etwaigen  Barytgehalt  entfernt  man  durch 
^thwefelsaures  Ammoniak.  Aus  der  baryt-  und  kalkfreien  Flüssigkeit 
ÜUt  man  die  Phosphorsäure  durch  Ammoniak-Magnesia;  dasEisenozyd 
^ird  durch  die  Weinsäure  in  Lösung  erhalten.  —  Zur  Bestimmung  des 
^«ammtschwefelgelialtes  (den  man,  wie  schon  oben  angegeben,  in  der 
Aieke  mir  zum  kleinsten  Theil  als  Schwefelsäure  findet)  hält  es  Mayer 
m  geeignetsten,  die  organische  Substanz  (Samen  z.  B.)  in  Aetzkali 
■Dzotragen,  welches  bei  möglichst  niederer  Temperatur  geschmolzen 
«kd  mit  Vso  Salpeter  versetzt  ist,  und  dann  die  Temperatur  allmälig 
tt  steigern.  Aus  der  angesäuerten  Lösung  fällt  man  die  Schwefel- 
ftee doreh  Barytsalz.  WL 

Asche,   vulcanische.      Ein  Product  der  Vulcane,  welches 

ftnien  Namen  nur  sehr  uneigentlich  f flhrt.     Es  ist  der  pulverförmige 

«itr  itaabartige  Theil  der  bei  vulcanischen  Ausbrüchen  emporgeschleu- 

^Md  Massen,    und  von  sehr   verschiedenartiger  Beschaffenheit    und 

Zttunmensetzung,  sowohl  bei  einem  und  demselben  Vulcane  als  bei 

l^tlnvreo  derselben.     Zuweilen   ist  die  sogenannte  Asche  dunkel  oder 

|*^wt  von  Farbe  und  aus  erdigen  oder  weichen  Theilchen  zusam- 

^gesetzt,  zuweilen  aber  grau  oder  weiss  und  ziemlich  leicht  und  fein. 

I«id«m  Ausbruche  des  Vesuvs  im  Jahre  79,  welcher  die  Städte  Uer- 

^^ntm  und  Pompeji  begrub,  war  die  Asche  so  fein  und  trocken,  dass 

*Kmdie  zerborstenen  Bisse  drang  und  von  verschütteten  Personen  die 

PiviMten  Abdrücke  machte.     Besonders  diese  staubartigen  Massen 

p  «,  welche  den  Namen  vulcanische  Asche  führen  (während  man 

p  grelleren  vulcanischen  Sand  zu  nennen  pflegt),  welche  zu  sehr  be- 

■i>MeD  Höhen  aufsteigen   und  dann   vom  Winde   weit  fortgeführt 

*^dcn,  10  z.  B.  beim  Ausbruche  des  Aetna  im  Jahre  1778  bis  Malta, 

*^(lein  desMomeOaron  auf  St.  Vincent  im  Jahre  1814  bis  Barbados, 

ki  dem  des  Coseguina  an  der  Bai  von  Conchagua  in  Guatimala  im 

')  AaiuL  d.  Chmn.  a.  Pharm.  B<L  Gl,  S.  129. 


364  Asche,  vulcanische. 

Jahre  1835  bU  Kingston  auf  Jamaika,  700  engl.  Meilen  davon  entfen 
Die  Zusammengesetztheit  der  vulcanischen  Asche  ergiebt  sich  am  dei 
lichsten  durch  eine  mücroskopische  Untersuchung;  sie  erweist  sicli  dali 
als  bestehend  aus  Trümmern  von  Lava,  Schlacken,  Glimmer,  Feldspat 
Magneteisenstein,  Augit,  Bimsstein,  Olivin  u.  dergl.  Sie  ist  daher  ein  a 
chanisches  Gemenge  von  aneinander  abgeriebenen  Mineralien  und  G 
steinarten,  und  eine  chemische  Analyse  derselben  hat  nur  allein  aus  geo] 
gidchem  Gesichtspunkte  Interesse,  um  die  Producte  verschiedener  Vi 
cane,  oder  verschiedener  Ausbrüche  eines  und  desselben  Vulcans,  od 
endlich  verschiedener  Stellen  eines  und  desselben  Ausbruchs  (am  Veai 
hat  man  die  Erfahrung  gemacht,  dass  die  Asche  im  Verlaufe  ein 
Ausbruchs  immer  weisser  wird,  und  die  weissliche  Farbe  ein  Zeich« 
der  baldigen  Beendigung  des  Ausbruchs  ist)  mit  einander  zu  vergleiche 
und  daraus  Schlüsse  zu  ziehen  über  die  Ursachen  der  valcaaiflchi 
Erscheinungen.  —  Beispielshalber  mögen  hier  die  Resultate  ein^ 
Analysen  erwähnt  werden.  In  der  am  22.  October  1822  vom  Ve« 
ausgeworfenen  Asche  fand  Vauquelin^):  Kieselerde  2 8, 1 ,  Thonen 
8,0,  Gyps  18,  Schwefeleisen  20,88,  Kalk  2,6,  Kohle  1,  nebst  schweft 
saurem  Kupfer,  schwefelsaurem  Ammoniak,  salzsauren  Salzen,  Schwefi 
zusammen  41,42.  Die  vom  Krater  des  Soufri^re  auf  Guadeloupe  i 
Jahre  1797  ausgeworfene  Asche  enthält  nach  Dufr^noy^),  aus» 
2  Proc.  Alaun,  Kali,  Gyps  und  8,84  Proc  Wasser,  32,61  durch  Säon 
angreifbare  Theile  (welche  er  für  Labrador  hält)  und  56,23  dun 
Säuren  nicht  angreifbare  -Theile  (für  glasigen  Feldspath  gehaHes 
Die  aus  demselben  Krater  vom  Ausbruche  im  Jahre  1836  gab  ihn 
00,88  in  Säuren  Unlösliches,  33,72  dai-in  Lösliches,  6,93  Wasser,  ui 
0,62  Schwefel,  ausser   1,85  Verlust. 

Wir  wollen  ausserdem  hier  eine   übersichtliche  Darstellung  ve 
schiedener  neuer  Aschenanalysen  mittheilen. 

Die  Asche  von  dem  oben  erwähnten  Ausbruch  des  Coseguina  enthid 
nach  Dufr^noy  und  Elie  de  Beaumont'),  18  durch  Salzsäure  ai 
schliessbare  (I)  und  82  unlösliche  Theile  (II).  Mayer  ^)  hat  dieAsd 
von  Gunnung-Gurtur  of  Java,  Eruption  vom  4«  Januar  1843  (HI),  n 
tersucht;  Wasser  entzieht  ihr  etwas  Schwefelsäure,  Kalk  und  Span 
Salzsäure.  Schweitzer^)  die  desselben  Vulcans,  Ausbruch  vom  2 
November  1843  (IV)  analysirt,  aus  letzterer  lösten  kochendes  Was» 
etwas  Kalk-  und  Magnesiasalze,  im  Ganzen  0,3  Proc.  Sartori ns  vc 
Waltershausen  ^)  hat  5  sogenannte  Eidenoxyd-  und  2  Bogenann 
Eisenoxydulaschen  vom  Aetna  analysirt,  die  Zusammensetzung  4 
einzelnen  giebt  keine  grosse  Differenzen,  daher  es  genug  bt  zweiBi 
spiele  anzuführen  (V  u.  VI).  Endlich  hat  Genth  eine  Asche  von  4 
Eruption  des  Hekla  von  1846  untersucht  (VII).  i^ 


>)  Annal.  de  min.  tt  de  phys.  T.  XXXII,  p.  120.  —  *)  Annal.  de  cbii 
phys,  [2.]  T.  LXVII,  p.  261.—  ^  Annal.  de  chim.  et  phys.  [2.]  T.  LXVIII,  p.' 
—  *)  V.  Leonh.  u.  Bronn  Jahrb.  1868,  8.  468.  —  *)  Jonrn.  f.  prakt.  Chem. 
LXV,  S.  194.  —  «)  W.  SartoriuB  v.  WaltershanBen,  Volc.  Gestein«.  '^''^' 
1868,  S.  172.J—   ')  daselbst  S.  176. 


Aschen,  metallische.  —  Asclepion.  365 

I.      n.     m.     IV.    V.     VI.    VII. 

Kieselsäure 51,7  64,3  34,2  51,0  48,7  51,3  56,9 

Thonerde 15,2  21,1  87,5  21,9  17,9  18,4  14,2 

fisenoxyd 18,0  —  18,2  —  12,7  —        — 

fSaenoxjdul —  —  6,7  10,8  —  11,7  18,9 

Kalk 11,1  1,4  0,7  9,3  5,5  7,5       6,2 

Magnesia —  0,7  —  3,8  2,5  4,3       4,0 

Natron 6,2  9,6  —  2,9  4,5  4,6       2,8 

KaU —  —  —  0,5  2,0  1,6       2,6 

Wasser  und  Verlust  .    .  2,8  8,4  1,0  0,6  6,6  0,5       — 

in  Waaser  lösliche  Theile     —        —         1,7       0,3       —         2,7       ~ 

(P.)  Fe. 

Aschen,  metallische,  Metallkalkc,  wurden  früher 
die  durch  Verbrennen  der  Metalle  an  der  Luft  erhaltenen,  meist  noch 
■it  metallischen  Theilen  verunreinigten  Oxyde  genannt :  Eupferanche, 
Ikiasche,  Zinnasche  u.  s.  w.  Nach  der  phlogistidchen  Theorie  nahm 
HU  nämlich  an,  dass  die  Metalle  aus  Metallasche  oder  Metallkalk  und 
Mogiston  bestehen,  so  dass  beim  Erhitzen  der  Metalle,  indem  das 
Alogiston  fortgehe,  4^s  Unverb rennliche,  die  Asche,  zurückbleibe. 

Fe. 

Aschenbad  (Balneum  cinerefim;  Bains  des  cendrea).  Ein  Bad, 
«dehes  als  Unterlage  bei  Destillationen  u.  s.  w.  Asche  enthält  (s.  Bad). 

Aschenzieher   (Aschentrecker),  ein  veralteter  Name  des 

Tnrmalins,    hergenommen   von  der  von  den  Holländern   zuerst  be- 

L^erkten  Eigenschaft,  bei   Erwärmung  auf  einer  glühenden  Torfkohle, 

vermöge  erlangter  Elektricität  die  Asche  anzuziehen  und  bald  darauf 

ttonstossen. 

Asclepiadin,  Asclepin.     Der«  brechenerregende   Stoff  de;^ 

fCiftwnrzes,  Äaeiepias  vinceioaicum ^  von   FeneuUeO  entdeckt.  —  Ep 

I  "iird  nach  ihm  erhalten,  wenn  man  die  zerstossenen  Wurzeln  mit  Was- 

«r  auskocht ,  den  Auszag  mit  essigsanrem  Bleiozyd  fällt  und  das  Fil- 

-M,  nachdem  es  vom  überschüssig  zugesetzten  Blei  befreit  ist,  in  ge- 

Httler  Wärme  eindampft.     Dieses   Eztract  behandelt  man  dann   mit 

Weingeist,  verdampft  die  geistige  Lösung  und   zieht  aus  dem  Rück* 

üttide  mit  verdünnter  Schwefelsäure  das  Asclepiadin  auä;   die  saure 

Losung  wird  mit  Magnesia  im  Ueberschuss  und  mit  Thierkohle  digerirt, 

ftriit,  das  Filtrat  verdampft  und  die  trockene  Masse  mit  starkem  Al- 

kobol  behandelt,  der  nach  dem  freiwilligen  Verdunsten  das  Asclepiadin 

■  Form  einer  gelblichen  nicht  krystallinischen  Substanz  hinterlässt.  — 

&  iat  leicht  löslich  in  Wasser,  Alkohol  und  alkoholhaltigem  Aether. 

nebt  aus  der  Luft  Feuchtigkeit  an,  schmeckt  bitter  und  erregt  Erbre- 

^.    Es  scheint  keinen  Stickstoff  zu  enthalten  und  besitzt  auch  keine 

baiüchen  Eigenschaften.     Die  wässerige  Lösung  wird  nicht  von  neu- 

Meio  essigsauren  Bleioxyd,  wohl  durch  basisch  esnigsaures  Bleioxyd, 

^h  Quecksilberchlorid  und  Galläpfel hifusion  gefällt.     Von  Salpeter- 

i>Bre  wird  das  Asclepiadin  fast  ganz  in  Oxalsäure  verwandelt;  von 

^bwefelsanre  wird  es  verkohlt.  (Lp.)  Fe. 

Asclepion.     Eine  in  dem  Milchsaft  von  Äaclepias  ayriaca  von 


^  Jourii.  de  Pharm.  '1646.  T.  XI,  p.  804. 


366  Asparagin. 

List^)  (1849)  aufgefundene  harzähnliche  Substanz.  Formel:  GioH^O« 
Die  Äaclepias  syriaca  enthält,  besonders  zur  Zeit  der  Blöthe  in  daE 
Markparenchym  wie  in  dem  Rindenparenchym  eine  Menge  Miloii 
gefässe,  aus  denen,  wenn  die  Pflanze  quer  durchschnitten  wird,  ei 
concentrirter,  weisser  dickflüssiger  Saft  ausfliesst,  welcher  schwach  saue 
reagirt,  einen  scharfen  Geschmack  und  aprikosenähnlichen  Gemcl 
hat.  Um  das  Asclepion  daraus  darzustellen,  erwärmt  man  den  Sau 
Das  darin  enthaltene  Albumin  gerinnt  alsdann  und  hüllt  zugleich  da 
Asclepion  ein.  Man  filtrirt  das  Gerinnsel  ab  und  digerirt  es  mit  Aethei 
welcher  das  Asclepion  daraus  aufnimmt  und  dasselbe  nach  dem  AI 
destilliren  in  krjstallinischer  Form  zurücklässt.  Von  einer  die  Eryatall 
noch  verunreinigenden  Substanz  werden  sie  durch  wiederholte  Behang 
lung  mit  wasserfreiem  Aether  geschieden ,  welcher  die  unreine  Snl 
stanz  ungelöst  zurücklässt. 

Das  reine  Asclepion  bildet  weisse,  blumenkohlartige,  krystaUiniseh 
Massen;  bei  sehr  langsamer  Verdunstung  der  ätherischen  Lösung  eihSi 
man  es  als  eine  feinstrahlige,  concentrische  Kristallisation.  Es  ist  gl 
schmack-  und  geruchlos,  in  Wasser  und  Alkohol  ganz  unlöslich.  Vo 
Aether  wird  es  leicht  gelöst,  weniger  leicht  von  Terpentinöl,  Steint 
und  concentrirter  Essigsäure.  Concentrirte  Kalilauge  hat  selbst  in  de 
Wärme  keine  Einwirkung  darauf.  Es  schmilzt  leicht  bei  -|-  104<>  C 
und  bleibt  dann,  wie  das  verwandte  Lactucon,  amorph.  Beim  weitere 
Erhitzen  färbt  es  sich  gelb  und  zersetzt  sich  mit  dem  Gemche  nae 
verbranntem  Kautschuk.  Es  nähert  sich  offenbar  in  seinen  Eigensehai 
ten  dem  Lactucon,  auch  findet  zwischen  ihnen  eine  gewisse  Beziehung 
hinsichtlich  der  Zusammensetzung  statt,  da  das  Lactucon  die  Fori» 
CioHagOs  hat  (^Wp,)  Fe. 

Asparagin,  Spargelstoff,  Asparamid,  Althäin  (AI 
th6ine)  von  Bacon,  Agedoile  von  Gaventou.  Ein  stickstoffhaltei 
der  organischer  Körper,  seinem  Verhalten  nach  zu  den  Amiden  geh5ri| 
Das  Asparagin  hat  im  krystallisirten  Znstande  die  Zusammensetson 
Ca  Hg  Ns  Oe  +  2  H  O ;  bei  100»  0.  gehen  2  Aeq.  Krystallwasser  fort 
die  trockene  Substanz  giebt,  indem  sie  sich  mit  Metallozjden  vereinigi 
noch  1  Aeq.  Wasser  ab,  und  ist  in  diesen  Verbindungen  Cg  Bt  N^  C 
(die  rationelle  Zusammensetzung  des  Asparagins  s.  nnten  am  Ende  dl 
Artr  Asparagin  säure).  Das  bei  100<^  G.  getrocknete  Asparagi 
(Gg  Hg  N2  Og)  ist  isomer  mit  dem  allophansauren  Aethylozyd  =  04850 
G4  »8  Nj  Oö  ==  Cg  »g  Nj  Gg. 

Dieser  Körper  ward  1805  von  Vauquelin  und  Bobique^  in  de 
Sprossen  von  Äapcaraffiu  offvomaäB  entdeckt,  später  fand  Bacon  di 
Althäin  in  der  Eibisch wurzel,  und  Gaventou  das  Agedoil  in  de 
Süssholzwurzel;  Henry  und  Plisson  zeigten,  dass  beide  Körper  idei 
tisch  seien  mit  Asparagin.  Dieses  Amid  ist  nach  den  genannten  Ghi 
mikem  noch  besonders  von  Boutron-Gharlard  und  Pelouze^  ontei 
sucht,  Lieb  ig')  gab  zuerst  die  richtige  Zusammensetzung  des  Körpei 
an,  dessen  Verbindungen   und  Zersetzungsproducte   später  namenüie 


')  Annal.  d.  Chem.  Bd.  LXIX,  S.  126;  Pharm.  Centralbl.  1849.  S.  9SS. 
*)  Annal.  de   chim.  et  phys.  [2.]     T.  LH,  p.  90  ;    Anoal.  d.  Chem.  a.  Pharn 
Bd.  VI.  S.  75.  —  *)  Annal.  d.  Chem.  a.  Phann.  Bd.  VII,  S.  146. 


Asparagin.  367 

▼OD  Piria  i)  and  von  Dessaignea'),  von  Letzterem  theils  allein  theiU 
gememdchaiUioh  mit  Chantard*),  oäber  erforscht  wurden.  Pasteur^) 
liaC  endlich  auch  hier  die  Beziehungen  zwischen  der  chemischen  Zu- 
aammensetsung  und  den  optischen  und  krystallographischen  Eigen- 
aefaaften  ermittelt. 

Ausser  in  den  oben  angegebenen  Pflanzen  findet  sich  das  Aspara- 
gin in  den  Sprossen  von  Aßparagua  acuUfoUuB^  und  zwar  in  etwas 
reichlicherer  Menge  als  im  Äip,  offieinaUs;  es  findet  sich  in  den  Wur- 
ido  von  Symphytum  officinale^  von  Canoaüaria  majcdis  und  von  Paria 
quadrifoUa^  in  den  Früchten  von  CoMtanea  veaca^  in  den  Blättern  von 
Mnpa  Belladonna^  in  den  Sprossen  des  Hopfens,  im  Milchsaft  von  Lo' 
(taea  aatioa;  in  den  Knollen  der  Kartoffeln  (Vauquelin),  dagegen  fand 
och  in  den  Keimen,  welche  die  letzteren  im  Keller  trieben,  kein  Aspa- 
ngin  (Desaaignes,  Chautard).  Es  findet  sich  besonders  reichlich 
in  den  Schösslingen  der  Leguminosen  (Piria,  Dessaignes),  hanpt- 
ilehlich  wenn  sie  sich  bei  Lichtabschluss  gebildet  haben;  es  findet  sich 
in  den  farblosen  Keimen  von  Piaum  aathmm^  Ervum  lena^  Pkaaeolua  vtdga- 
fti,  Vida  faba  und  F.  aaüoa^  Lathyrtia  odoratus  und  L.  latifoUua^  Oytiaua 
ynvnwm ,  Geru'ata  juncea ,  Cohäea  arboreacena ,  Trifolium  pratenae^  Hedy- 
«nm  Onobrychia ;  auch  die  im  Keller  entstandenen  Keime  von  Dahlien- 
bollen und  von  Eibischwnrzeln ,  wie  diese  Knollen  und  Wurzeln 
Mlbst  enthalten  Asparagin.  Während  dieser  Körper  sich  in  reich- 
Üeher  Menge  in  den  Keimen  der  Leguminosen  findet,  enthalten  die  Sa- 
men derselben  kein  Asparagin;  es  bildet  sich  erst  bei  und  mit  Ent- 
vid[elang  der  Keime  aus  anderen  Bestandtheilen  des  Samens,  seine 
Möge  nimmt  ab  und  verschwindet  mit  der  Entwickelung  der  Blfithe, 
and  sobald  die  Frucht  sich  gebildet  hat  lässt  sich  in  keinem  Theil  der 
Pflanze  noch  Asparagin  auffinden.  Ob  dasselbe  sich  in  den  Keimen 
uu  dem  Legomin  derselben  bildet,  wie  Piria  vermuthet,  ob  es  unter 
Mitwirkung  der  organischen  Säuren  entsteht,  muss  bb  jetzt  dahin  ge- 
itelU  bleiben.  Jedenfalls  ist  das  Asparagin  eine  in  der  Classe  der  Le- 
guninosen  häufig  vorkommende  Substanz. 

In  den  Wurzeln   der  Robinia  paeudacacia    will  Beinsch  ^)    eine 
lehwache  Säure  gefunden  haben,  welche  er  ohne  genauere  Untersuchung 
i  &U  eigenthümlich  annimmt,  und  Robiniasäure  nennt;  Hlasiwetz^  er- 
I  lüelt  aos  der  Abkochung  der  Wurzel  nach  dem    von  Beinsch  ange- 
gebenen Verfahren  keine  solche  Säure,  sondern  nur  Asparagin. 

Aas    den  Wurzeln    von   Oynodon  DactyUm     hat    Semmola    das 


0  Aniua.  de  cbim.  et  phys.  [8.]  T.'XXU,  p.  160;  Joarn.  f.  prakt.  Chem.  Bd. 
mr,  S.  71;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXYIII.  S.  848;  Pharm.  Centralbl. 
IH8.  8.  61;  Jahresber.  ▼.  Lieb  ig  u.  Kopp.  1848.  S.  816.  —  ■)  Annal.  de  chim. 
^ih^  [3.]  T.  XXXIY,  p.  149;  Oompt.  rend.  de  l'aoad.  T.  ZXXin.  p.  712; 
Wd.  de  Pharm.  [8.]  T.  XXV,  S.  28;  Annal  d.  Chem.  u.  Phann.  Bd.  LXXXII,  S.  287 ; 
J««n.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LT.,  S.  482;  Jahresber.  ▼.  Lieb  ig  u.  Kopp  1862, 
i.5JS;  Pharm  Centralbl.  1862,  S.  141.  —  «)  Joum.  de  pharm.  [8.]  T.  XIII,  p.  245; 
J«viL  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XLV,  S.  60;  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXYIII, 
8-  S49;  Pharm.  Centralbl.  1848.  S.  688;  Jahresber.  ▼.  Liebig  o.  Kopp.  1848.  S. 
S18.  —  «)  Annal.  de  chhn.  et  phys.  [8.]  T.  XXXI,  p.  70 ;  Joarn.  f.  prakt.  Chem. 
T.  m,  S.  414;  Jahresber.  v.  Liebig  u.  Kopp.  1860.  S.  166  n.  S.  418;  1861. 
8.  175  tr.  —  »)  Nene«  Repertor.  d.  Pharm,  v.  Bu ebner.  Bd.  XXXIX,  S.  198.  — 
*)  aitraagsbcr.  d.  Wiener  Acad.  Bd.  Xm,  S.  626;  Jonm.  f.  prakt  Chem.  Bd.  LXIV, 
^  M;  Jahresber.  v.  Liebig  a.  Kopp.  1854.  S.  640. 


368  Asparagin. 

Cynodin   dargestellt  als  einen  Körper,  der  mit  dem  As{iaragiti   w^ahr- 
scheinlich  identisch  ist  (L.  Gmelin). 

Das  bei  100<>  C.  getrocknete  Asparagin  ist  den  Bestandtheilcn 
nach  das  Amid  der  Aepfelsanre,  d.  h.  neutrales  äpfelsanres  Antimon iak 
(2  N  H4  O .  Cg  H4  Og)  minus  4  Aeq.  HO ;  ob  es  aber  mit  dem  aus  dem 
äpfelsauren  Aethyloxyd  durch  Ammoniak  erhaltenen  Malamid  identisch 
ist,  darüber  fehlen  bestimmte  Untersuchungen ;  Demondesir^)  hatte 
angegeben,  dass  beide  nach  allen  Eigenschaften  wahrscheinlich  über- 
einstimmen, also  identisch  sind;  Pasteur  behauptet,  dass  Asparagin 
nur  isomer,  nicht  identisch  sei  mit  Malamid. 

Das  Asparagin  kann  aus  den  Spargeln,  leicht  aus  den  Scboaslingen 
von  Äsparagua  acutifolius  dargestellt  werden,  indem  man  sie  zuerst  emige 
Tage  in  feuchter  Leinwand  liegen  lässt,  um  durch  anfangende  Gäh- 
rung  eine  schleimige,  die  Ejystallisation  erschwerende  Substanz  zu  zer* 
stören ;  sobald  die  Spargel  einen  unangenehmen  Geruch  zeigen,  werden 
sie  nach  dem  Zerstossen  mit  Wasser  ausgepresst;  der  anfgekochte 
Saft  wird  filtrirt,  und  bleibt  nach  dem  Eindampfen  zur  Sympsdicke 
zum  Krystallisiren  stehen. 

Leicht  erhält  man  das  Asparagin  aus  der  Eibischwurzel  (2  ProcentX 
indem  man  die  ganze  oder  zerschnittene  Wurzel  durQh  wiederholtes 
(2-  bis  4malige8)  je  48 stündiges  Maceriren  mit  Wasser  auszieht,  ent- 
weder bei  ganz  niedriger  Temperatur  von  etwa  5^0.  (Boutron,  Char- 
lard  und  Pelouze)  oder  bei  gelinder  Wärme  (Henry  und  Plisson); 
der  Auszug  wird  nach  dem  Durchseihen  in  gelinder  Wärme  za  einem 
dünnen  Syrup  abgedampft,  ans  welchem  sich  dann  bei  längerem  Stehen 
mehr  oder  weniger  gefärbtes  Asparagin  absetzt.  Statt  mit  Wasser 
kann  man  die  Eibisch wurzel  auch  mit  Kalkwasser  oder  mit  dunner 
Kalkmilch  bei  gewöhnlicher  Temperatur  ausziehen ;  aus  der  klar  abge- 
seihten Flüssigkeit  wird  der  Elalk  durch  kohlensaures  Ammoniak  ge- 
fallt und  das  Filtrat  zum  Krystallisiren  abgedampft. 

Am  vortheilhaftesten  ist  wohl  die  Darstellung  aus  den  Keimen 
der  Leguminosen;  1  Liter  Saft  aus  den  Keimen  der  Wicke  gab  von  9 
bis  40  Gramm  reines  Asparagin,  dieselbe  Menge  Saft  von  Erbsenkeimen 
8  bis  9  Gramm,  von  Bohnenschösslingen  14  Gramm  Asparagin  (Des- 
saignes  und  Chautard).  Piria  erhielt  ziemlich  ähnliche  Resultate,  aus 
100  Thln.  Wicken  keimen  1,5  Gramm  Asparagin,  ans  100  Thln.  Keimen 
von  Saubohnen  1,4  Gramm,  und  zwar  gleichgültig,  ob  die  Keime  sich  im 
Dunkeln  oder  unter  Einüuss  von  Licht  gebildet  hatten;  Pasteur  hekam 
aus  1  Liter  Saft  von  im  Dunkeln  gewachsenen  Wickenkeimen  nur  5  bis 
6  Gramm,  aus  200  Liter  Saft  von  im  Licht  gewachsenen  vor  dem 
Blühen  gesammelten  Wickenpflanzen  bekam  er  kein  Asparagin  mehr. 

Man  lässt  die  Wicken  am  besten  im  Keller  auf  feuchtem  Sand 
oder  in  feuchter  Gartenerde  keimen,  bis  die  Pflanzen  eine  Höhe  von 
0,6  bis  0,7  Meter  Höhe  erreicht  haben ;  sie  werden  dann  abgeschnitten 
und  ausgepresst,  wobei  man  gegen  %  ihres  Gewichts  an  Saft  erhält: 
dieser  wird  aufgekocht,  von  dem  coagulirten  Eiweiss  abgeseiht,  und 
darauf  im  Wasserbade  zum  dünnen  Syrup  eingedampft,  woraus  sich 
beim  längern  Stehen  das  Asparagin  ausscheidet. 

Die  nach    der  einen    oder  anderen  Weise   erhaltenen    gelb    oder 


')  Compt.  rend.  de  Tacad.  T.  XXXIII,  p.  8*^7;     Jahresber.  v.  Lieb  ig  d.  Kopp. 
1861.  8.  516. 


Aspafagin.  369 

brann  gefturbten  Krystalle  werden  zuerst  mit  kaltem  Wasser  abge- 
warben,  und  dann  aus  siedendem  Wasser  nothigenfalls  mit  HiÜlie  von 
Tbierkohie  umkrystaliisirt  und  entfärbt. 

Das  so  gereinigte  Asparagin  bildet  wasserhelle  durchsichtige  Kry- 
^lle,  Bectanguläroctaeder  (Vanquelin,  Plisson);  oder  gerade 
rhombische  Säulen  (Bernhardi);  nach  Pasteur  sind  die  Krystalle 
gerade  Prismen  mit  rhombischer  Basis,  deren  scharfe  Ecken  durch  vier 
Flicben  abgestampft  sind;  ausserdem  sind  auf  zwei  Seitenkanten  der 
oberen  und  der  unteren  £nd6äche  4  Abstumpfungsfiiichen,  welche  genug- 
am  verlängert  ein  irreguläres  Tetraeder  bilden.  Wird  der  Krystall 
Bit  den  Endflächen  horizontal  gestellt,  und  werden  die  langen  Diagonalen 
ifem  Beobachter  zugerichtet,  so  sind  die  Abstampfungsflächen  oben  nur  auf 
^  linken,  unten  auf  der  rechten  Seite ;  auf  der  hintern  Seite  ist  e^  umge- 
kehrt; es  findet  hier  also  nicht  congruente  Hemiedrie  statt  (Pasteur). 
Das  Asparagin  ist  hart  und  knirscht  zwischen  den  Zähnen,  es  (ichmeckt 
kühlend  fade,  schwach  ekelerregend;  die  Krystalle  f^ind  luftbestaiidig, 
oe  lösen  sich  in  58  kaltem  (bei  13^0.)  und  in  4,5  kochendem  Wasser; 
ia  absolutem  Weingeist  sind  sie  unlöslich,  in  wässerigem  lösen  sie  sich 
am  so  leichter,  je  verdünnter  er  ist.  Asparagin  löst  siclj  bei  der  Sied- 
bitze  in  700  Jhln.  98grädigem,  in  290  Thln.  SOgrädigem  oder  in 
40Thln.  eOgrädigem  Weingeist,  in  der  Kälte  in  1000  Thln.  SOgrädi- 
gem oder  in  500  Thln.  GOgrädigem  Alkohol,  eh  löst  sich  nicht  in 
Aether,  in  fetten  oder  flüchtigen  Oelen. 

Die  wässerige  Lösung  des  Asparagins  röthet  schwach  Lackmus,  sie 
lenkt  den  polarisirten  Lichtstrahl  nach  links  ab ;  die  Drehung  ist  aber 
vagen  der  geringen  Löslichkeit  nur  in  heiss  gesättigten  Lösungen  deut- 
lich wahrzunehmen;  die  Lösung  des  Asparagins  in  Natron  oder  Am> 
BKmiak  zeigt  auch  die  Rotation  nach  links ;  ^  die  Lösung  in  Salzsäure 
oder  Salpetersäure  dreht  nach  rechts.  Eine  Lösung  von  0,0889  Aspa- 
ngio  in  0,9111  wässerigem  Natron  (specif.  Gewicht  der  Lösung  1,0788), 
oder  von  0,1272  Asparagin  in  0,8728  wässerigem  Ammoniak  gelöst, 
(Dichtigkeit  1,0154)  zeigte  —  7^,5  und  —  llo,-i  Drehung. 

0)1108  Asparagin  in  0,8892  Salpetersäure  von  1,110  specif.  Ge- 
richt, oder  0,1113  Asparagin  in  0,8887  Salpetersäure  von  1,070  specif. 
Gewicht  gelöst,  zeigte  eine  Ablenkung  von  -|-  35®  oder  -{-  34®. 

Die  Asparaginkrystalie  werden  in  der  Wärme  undurchsichtig  und 
verlieren  bei  100®  C.  2  Aeq.  Krystallwasser ;  und  das  trockene  Aspa- 
rifin  ist  dann  Cg  Hg  Nj  Oe ,  welches  nun  ohne  Zersetzung  kein  Wasser 
inehr  abgiebt.  Wird  es  stärker  erhitzt,  so  bräunt  es  sich  und  es  ent- 
wickelt sich  etwas  Ammoniak;  wird  es  bei  200® C.  erhitzt,  so  lange  der 
Geruch  von  Ammoniak  bemerkbar  ist,  so  bleibt  eine  braune  Substanz, 
welche,  mit  Salzsäure  gekocht,  Asparaginsäure  giebt,  die  sich  von  der 
gewöhnlichen  imterscheidet,  indem  sie  in  kurzen,  harten  Prismen  krystal- 
ÜttrC  Bei  der  trockenen  Destillation  wird  das  Asparagin  unter  Bildung 
^moniakalischer  Producte,  darunter  Cyanammonium  zersetzt,  und  es 
bleibt  Kohle  zurück.  Schon  durch  fortgesetztes  Kochen  mit  reinem  Wasser 
^d  es  langsam  zersetzt,  es  bildet  sich  unter  Aufnahme  der  Elemente 
de«  Wassers  asparaginsanres  Ammoniak;  diese  Zersetzung  findet  bei 
1000  C.  sehr  langsam  statt,  bei  140^  bis  150^  C.  geht  sie  rasch  vor 
sich,  und  zwar  dann  unter  BlLlung  eines  permanenten  Gases  (Boutron- 
Charlard  und  Pelouze),  dessen  Eigenschaften  nicht  angegeben  sind^ 
^^•HD  Bildung  aber  unzweifelhaft  einer  secundären  Zersetzung;   zuzu- 

^^«arterbwh  &tw  Chmte.     2te  Aafl.   Bd.  IL  24 


370  Aßparagin. 

schreiben  ist,  daher  namentlich  auch  noch  nachgewiesen  werden  miiM^ 
ob  sich  dann  nicht  neben  Asparaginsäure  nnd  Ammoniak  anch  andere 
Producte  bilden. 

Das  kryätallisirte  Asparagin  enthält  die  Elemente  von  Asparagin- 
säure und  Ammoniumoxyd: 

2HO.C8H8N8  06  H4NO.C8fi6N07 

Krystall.  Asparn gin  Asparaginsaures  Ammoniumoigr<L 

Dieselbe  Umsetzung  wie  Wasser  bewirken  Säuren  oder  Basen. 
Wird  Asparagin  längere  Zeit  mit  reiner  Salzsäure  oder  mit  reiner  Sal- 
petersäure (frei  von  salpetriger  Säure)  gekocht,  so  geht  die  Bildung  ron 
As)>aragiusäure langsam  vor  sich;  schneller  beim  Kochen  mit  wässerigen 
Basen  und  hier  unter  Entwickeln ng  von  Ammoniak.  In  Wasser  gelöstem 
Kali-  oder  Natronhydrat,  Baryt,  auch  Magnesia  und  Bleioxyd,  selbsl 
wässeriges  Ammoniak  bewirkt  diese  Zersetzung,  obgleich  ziemlich  lang- 
sam; beim  Schmelzen  mit  Kalihydrat  findet  sie  schnell  statt. 

Das  Asparagin  wird  durch  reine  Salpetersäure  nicht  oxydirt;  ent- 
hält diese  Untersalpetersäure,  so  zerfallt  es  schon  in  der  Kalte,  nnd 
bildet  unter  Ei^twickelung  von  Stickgas  Aepfelsäure: 

^(CgHsf^Oc)  +  3  NO4  =  2 (2H0 .  CßH^Og)  +  7N -f  4H0. 

Asparagin  Aepfelsäarehydrat. 

Um  aus  dem  Asparagin  Aepfelsäure  abzuscheiden,  wird  eB  am 
besten  in  der'  vierfachen  Menge  reiner  Salpetersäure  von  1,20  specif.  Ge- 
wicht gelöst,  in  welche  Losung  dann  Stickoxyd  geleitet  wird;  die  Ze^ 
Setzung  findet  schnell  unter  lebhafter  Gasentwickelung  statt.  Nach  Be- 
endigung des  Processes  wird  die  Flüssigkeit  mit  kohlensauren)  Kall 
gesättigt,  und  dann  mit  essigsaurem  Bleioxyd  gefallt;  wird  der  Niede^ 
schlag  nach  dem  Absetzen  mit  wenig  kochendem  Wasser  behandelt,  so 
bleibt  das  äpfelsaure  Bleioxyd  im  geschmolzenen  Zustande  meistern 
etwas  gelblich  gefärbt  zurück. 

Mit  Schwefel  schmilzt  das  Asparagin  zu  einer  rothen  Masse  zu- 
sammen ,  welche  bei  stärkerem  Erhitzen  SchwefelwasserstofiT  entwickeln 
soll  (Plisson  und  Henry). 

Eine  wässerige  Lösung  von  reinem  Asparagin  verändert  sich  auch 
bei  längerem  Aufbewahren  nicht;  die  Auflösung  von  unreinem  Aspar 
ragin  geht  dagegen  bald  in  Gährung  über,  die  Flüssigkeit  wird  schneU 
alkalisch,  nimmt  den  Geruch  nach  faulenden  Thierstoffen  an  aod  be- 
deckt sich  mit  einer  weissen  schleimigen  an  Lifusorien  reichen  Hant; 
das  Asparagin  ist  dann  vollständig  verschwunden;  als  Endproduct  der 
Zersetzung  findet  man  bemsteinsaures  Ammoniak;  das  Asparagin  geht 
hierbei  zuerst  in  Asparaginsäure  über,  die  sich  dann  aber  weiter  in 
Bernsteinsäure  umsetzt.  Das  Asparagin,  zu  dem  Wasser  hinzutritt,  ent* 
hält  die  Elemente  von  bemsteinsaurem  Ammoniumoxyd  -|~  Sauerstoff: 

CgHsNaOe  +  4H0  =  2NH4O.C8H4O6  +  20 
Asparagin  Bemsteinsaures  Ammoniumoxyd. 

Bei  dieser  Umsetzung  entsteht  wahrscheinlich  neben  dem  bemstein- 
sauren  Salz,  wie  bei  der  Gährung  von  äpfelsaurem  Salz,  Kohlensäure 
nnd  Essigsäure,  und  der  angegebene  Sauerstoff  mag  zur  Bildung  sol- 
cher Säuren  verwendet  sein. 

Das  reine  wie  das  unreine  Asparagin  ^ehen  bei  Zusatz  von  frischem 


Asparagin.  371 

.  Wickeiuaf^  oder  nach  Zusatz  eines  Ferments  wie  Bierhefe  oder  Casei'n, 

|-aehoeIl  in  Gähmng  über,  und  bilden^,  wie  angegeben,  zuerst  asparagin- 

saures,  dann  bemsteinsanres  Ammoniumoxyd. 

I         Das  Asparagin,  obgleich  selbst  schwach  sauer  reagirend,  lödt  sich 

m  Sauren  leichter  als  in  Wasser,  indem  es  sich  mit  ihnen  zum  Theil  zu 

irystallisirbaren  Verbindungen  vereinigt,  welche  zuletzt  von  Dessaignes 

'  imtersncht  sind. 

Chlorwasserstoff-Asparagin:  CgHsN^Oe  .  HGl.  Diese  Ver- 
Undnng  scheidet  sich  krystailinisch  ab,  wenn  1  Aeq.  Asparagin  in 
i  Aeq.  verdünnter  Salzsäure  gelöst  und  der  Flüssigkeit  nach  dem  Con- 
cratriren  in  gelinder  Wärme  Alkohol  zugesetzt  wird. 

Wird  wasserhaltendes  Asparagin  mit  trockenem  Salzsäuregas  durch 
längeres  Ueberleiten  vollständig  gesättigt,  so  bildet  sich  eine  Ver- 
bindung von  1  Aeq.  Asparagin  mit  1  Aeq.  Chlorwasserstoff,  welche 
eben  kleinen  Ueberschuss  der  Mineralsäure  beigemengt  enthält,  daher 
an  der  Luft  saure  Dämpfe  ausstösst.  Wird  die  Masse  in  wenig  heissem 
Wasser  gelöst,  so  bilden  sich  beim  Erkalten  grosse  Kry stalle  der  reinen 
Verbindung,  welche  rasch  abgewaschen  und  über  Schwefelsäure  ge- 
trocknet nicht  zerüiesslich  sind;  die  wässerige  Lösung  giebt  beim  Zer- 
setzen mit  Ammoniak  wieder  reines,  unverändertes  Asparagin  (Des- 
saignes). 

Wasserfreies  Asparagin  absorbirt  auch  nach  lange  fortgesetzter 
Einwirkung  von  trockenem  Chlorwasserstoff  davon  nur  halb  so  viel  wie 
die  krystallisirte  Substanz;  ob  das  Product  eine  besondere  Verbindung 
l(C8SgN2  0e)-|-H€l  ist,  oder  ein  Gemenge  der  vorigen  Verbindung 
arit  Asparagin,  ist  nicht  ermittelt  (Dessaignes). 

Oxal saures  Asparagin:  Cs  Hs  N^ Oe .  C4 Oe  ~|-  *^  &q*  Durch 
fforsichtiges  Abdampfen  einer  Lösung  von  150  Thln.  (1  Aeq.)  kry- 
stallisirtein  Asparagin  mit  126  Thln.  (1  Aeq.)  krystallisirter  Oxalsäure 
wird  diese  Verbindung  in  kleinen  Krystallen  erhalten,  welche  bei  100 ^^C. 
Wasser  abgeben. 

Wird  weniger  Oxalsäure  genommen,  so  krystallisirt  dennoch  dieselbe 
Yerbindiing,  aber  gemengt  mit  reinem  Asparagin. 

Salpetersaures  Asparagin.  Wenn  1  Aeq.  Asparagin  in  1  Aeq. 
mrdünnter  Salpetersäure  gelöst,  und  die  Flüssigkeit  in  luftleerem  Baum 
ftbgedampft  wird,  so  bleibt  ein  Syrup  zurück,  der  sich  nach  längerem 
Stehen  in  einem  schwach  erwärmten  Trockenranm  fast  vollständig  um- 
vandelt  in  grosse  nicht  zerÜiessliche  Kry  stalle,  welche  nicht  näher  un- 
tersucht sind,  sie  enthalten  Salpetersäure  und  Asparagin,  wahrschein- 
tieh  zu  gleichen  Aequivalenten. 

Schwefelsaures  Asparagin.  Aus  einer  Flüssigkeit,  welche 
aof  1  Aeq.  gelöstes  Asparagin  weniger  als  2  Aeq.  Schwefelsäure  ent- 
teüt,  scheiden  sich  bei  der  Concentration  Krystalle  von  reinem  Aspara- 
gin ans.  Wird  1  Aeq.  Asparagin  in  2  Aeq.  verdünnter  Schwefelsäure 
gelöst,  so  erhält  man  beim  Abdampfen  nur  eine  farblose  amorphe  Masse, 
«nd  aoch  bei  Znsatz  von  Alkohol  bilden  sich  keine  Krystalle. 


Das  Asparagin  hat  schwach  saure  Eigenschaften,  es  verbindet  sich 
mit  Basen  wie  auch  andere  Amide ;  manche  in  Wasser  unlösliche  Me- 
tallozyde  sind  in  der  wässerigen  Lösung  von  Asparagin  löslich,  doch 
zersetzt  es  in  der  Wärme  selbst  auch  essigsaures  Bleioxyd  und  Knpfer- 

24* 


372  Asparagin. 

ozyd,  indem  die  Essigsäure  verdampft.  Bei  der  Verbindung  des  Aspi 
ragins  mit  Metalloxyden  verliert  das  trockene  Asparagin  (CgHsN^O«)  noc 
1  Aeq.  Wasaer,  and  in  diesen  Verbindungen  ist  seine  Zusammen^etznn 
daher:  C^Sf  N2O5;  dieses  Verhalten  ist  eigenthümlich,  indem  sonst  di 
Amide  sich  wohl  mit  Metalloxyden  vereinigen,  aber  meistens  ohn 
Abscheidung  von  Wasser.  Die  Verbindungen  des  Asparagins  mit  M( 
talloxyden  sind  von  Dessaignes,  zum  Theilin  Vereinigung  mit  Chac 
tard,  untersucht    (S.  die  rationelle  Zusammensetzung  S.  382.) 

Asparagin -Bleioxyd.  Beim  Kochen  von  gelöstem  essigsaarei 
Bleioxyd  mit  Asparagin  entweicht  Essigsäure,  und  beim  Abdampfen  di 
Lösung  bleibt  eine  gummiartige  Masse  zurück,  welche  selbst  bei  100*( 
schwer  austrocknet.  Auch  beim  Verdampfen  einer  Lösung  von  1  Ae 
Asparagin  mit  2  Aeq.  salpetersanrem  Bleioxyd  bleibt  eine  amorpl 
Masse  zuröck. 

Asparagin-Kadmiumoxyd:  CdO  .  C8H7N3O5.  Eadmion 
oxyd  löst  sich  leicht  in  der  Wärme  in  wässerigem  Asparagin;  beii 
Erkalten  des  concentrirteA  Filtrats  scheidet  sich  die  Verbindong  i 
feinen,  glänzenden,  prismatischen  Krystallen  ab,  welche,  im  Vacuum  g 
trocknet,  die  angegebene  Znsammensetzung  haben. 

Asparagin-Kali:  KO.CgHjNaOs  -f-  aq.  Aus  einer  weinge 
stigen  Lösung  von  Kalihydrat  scheidet  sich  auf  Zusatz  von  gepulverte 
Asparagin  eine  schwere  syrupartige  Flüssigkeit  ab,  welche  nach  wi« 
derholtem  Abwaschen  mit  Weingeist,  und  in  der  Wärme  getrockn« 
nach  dem  Erkalten  ein  wasserhelles  Glas  giebt,  welches  1  Aeq.  El 
auf  1  Aeq.  Asparagin  enthält. 

Wird*  das  gepulverte  Asparagin  mit  der  alkoholischen  Kalilösnii 
in  einem  verschlossenen  Glase  erwärmt,  so  klärt  sich  die  trübe  FlüBaif 
keit  beim  ruhigen  Stehen,  indem  sich  kleine  Krystalle  abscheiden,  di 
aber  nicht  näher  untersucht  sind. 

Asparagin-Kalk:  CaO.CgHTNjOs-f-HO.  Das  Asparagin  1& 
Kalk  auf,  es  entsteht  eine  Verbindung,  welche  einen  Ueberschass  v« 
Kalk  enthält  und  nicht  krystallisirt  erhalten  werden  kann.  Beim  Koch« 
der  Verbindung  mit  Wasser  entweicht  ein  wenig  Ammoniak,  and  < 
bildet  sich  etwas  Asparaginsäure. 

Asparagin-Kupferoxyd:  Cu O  .  Cg  H7  N9 O5.  Beim  Kochi 
von  Kupferoxyd  mit  Asparagin  und  Wasser  wird  eine  blaue  Lösung  « 
halten,  aus  welcher  sich  beim  Erkalten  die  Verbindung  als  schön  hisat 
krystallinisches  Pulver  abscheidet.  Leichter  wird  die  Verbindung  ei 
halten,  indem  man  eine  concentrirte  Lösung  von  Asparagin  mit  eio< 
heiss  ge.sättigten  Lösung  von  essigsaurem  Kupferoxyd  mischt ;  es  tri 
dann  entweder  sogleich,  oder  nach  dem  Kochen  des  Gemenges  eine  Tri 
bung  ein,  und  es  scheidet  sich  das  Asparagin-Kupferoxyd  als  scbfi 
ultramarinblauer  Niederschlag  ab. 

Die  Verbindung  ist  in  Wasser  in  der  Kälte  fast  unlöslich,  und  selb 
in  der  Siedhitze  nur  wenig  löslich,  sie  löst  sich  dagegen  leicht  in  Afl 
moniak  oder  in  Säuren.  Bei  lOt)^  C.  nimmt  sie  nicht  an  Gewicht  sl 
und  erleidet  auch  keine  Veränderung;  beim  stärkeren  Erhitzen  wir 
sie  zersetzt. 

Durch  Behandeln  mit  SchwefelwasserstoflP  wird  nach  Abscheidifll 
des  Schwefelkupfers  unverändertes  Asparagin  erhalten  (Piria). 

Asparagin- Quecksilberchlorid:  4Hg€l .  CgHtN,0, +*' 


Asparaginsäure.  378 

Aw  einer  iieisBen  Lösung  von  1  Aeq.  Asparagin  auf  4  Aeq.  Qaeck- 
aiberehlorid  scheidet  sich  beim  Erkalten  die  angegebene  Verbindung 
m  feinen  Prismen  ab. 

Wird  die  Menge  des  Asparagins  vermehrt^  so  erhält  man  beim 
Erkalten  neben  den  angeführten  prismatischen  Krystallon  grosse  Kry- 
iCalle  Ton  reinem  Asparagin. 

Asparagin-Quecksilberoxyd:  1)  aHgO.CgHjNaOsC-f-HO?). 
Eine  solche  basische  Verbindung  bildet  sich ,  wenn  im  Wasser  suspen- 
ürtes  Quecksilberoxyd  mit  überschüssigem  Asparagin  erhitzt  wird, 
vobei  das  Oxyd  sich  in  ein  weisses  unlösliches  Pulver  verwandelt, 
tdches,  bei  lOOo  c  getrocknet,  die  angegebene  relative  Menge  von 
Ibtalloxyd  und  Asparagin  enthält;  ob  es  noch  Wasser  enthält,  ist  nicht 
nt  Bestimmtheit  festgestellt. 

2)  Hg  O .  Cg  H7  N2  O5.  Quecksilberoxyd  löst  sich  beim  Kochen  mit 
ii  Wasser  gelöstem  Asparagin ;  das  Filtrat  hinterlä^st  beim  Abdampfen 
«De  gummiartige  amorphe  Masse,  welche  neben  der  Verbindung  Hg  O . 
(^HjN^O:^  noch  etwas  freies  Asparagin  enthält;  die  concentrirte  Lö- 
«Dg  dieser  Verbindung  wird  beim  Verdünnen  mit  Wasser  zersetzt, 
iDdem  sich  ein  weisser  Körper,  wahrscheinlich  die  basische  Verbindung, 
abscheidet.  Bei  100^  C.  getrocknet,  färbt  sieh  die  gummiartige  Masse 
incb  Redaction  des  Metalloxyds  schön  grau. 

Asparagin-Silberoxyd:  AgO.CgH?  Nj  O5.  Silberoxyd  löst 
«eb  io  wässerigem  Asparagin,  und  beim  Verdampfen  des  farblosen  Fil* 
tniu  im  Dunkeln  über  Schwefelsäure  in  luftverdünntem  Räume  bilden 
sirh  piizartig  zusammengehäufte  Krystalle  von  fast  schwarzer  Farbe, 
nd  von  der  angegebenen  Zusammensetzung. 

Asparagin  mit  salpetersaurem  Silberoxyd:  Cg  Hg  N2  O« 
4"  iAgO.NOft.  Beim  Verdampfen  einer  Lösung  von  1  Aeq.  Aspa- 
n^  und  '/  Aeq.  salpetersaurem  Silberoxyd  bilden  siel)  krystallini- 
ttlus  Scheiben  aus  feinen  Nadeln  bestehend  von  der  angegebenen 
Zasammeuäetzuiig ;  die  Krystalle  nehmen  bei  100^  C.  nicht  an  Ge- 
wicht ;ib. 

Wird  auf  1  Aeq.  Asparagin  1  Aeq.  salpetersaures  Silber  gelöst, 
^  krj9tallisirt  zuerst  reines  Asparagin,  und  dann  bilden  sich  feine  Na- 
^In  der  vorhergehenden  Verbindung. 

Asparagin -Zinkoxyd:  ZnO  .CgHjNjOs.  Zinkoxyd  löst  sich 
Mm  Kochen  in  der  wässerigen  Lösung  von  Asparagin^  und  beim  Er- 
Ut«Q  .tcbeidet  sich  die  Verbindung  in  Krystall blättchen  aus,  welche 
infttrocken  die  angegebene  Zusammensetzung  haben  und  bei  100^  C. 
ktoiD  etwas  an  Gewicht  abnehmen.  Fe, 

Asparaginsäure,  Asparagsäure,  Asparaminsäure, 
Aiparamsänre,  Aspartsäure,  Actde  aspartique^  Ac,  asparamique. 
Bne  Stickstoff  haltende  organische  Säure,  (1827)  als  Zersetzungsproduct 
^Asparagins  von  Plisson  zuerst  dargestellt.  Die  Zusammensetzung 
^trockenen  Säure  ist  CgH7N0g;  in  Verbindung  mit  Basen  verliert 
Be zwei  Aequivalente  Wasser,  und  sie  muss  daher  als  2  HO  .  Cg}f5N0e 
bezeichnet  werden.  Ihrer  Entstehung  und  ihren  wesentliclicn  Eigen* 
Thalien  nach  lässt  sie  sich  als  eine  Aminsanre  betrachten,  und  danach 
wwe  sie  HO  .  CgHfiNO,  (s.  S.  :^82). 

Die  Asparaginsäure  ist  nach  Plisson  noch  von  Boutron-Char- 


374  Asparaginsäure. 

lard  und  Pelouze^)  antenncht;  Liebig-)  hat  zuerst  die  richtig 
Zusammensetzung  der  Säure  angegeben;  in  neuester  Zeit  hat  Pasteur^ 
das  optische  und  krjstallographische  Verhalten  derselben  und  das  ihn 
Salze  untersucht;  Piria^)  und  Dessaignes^)  haben  unsere  Kennt 
nisse  über  die  Bildung,  und  die  Eigenschaften  der  Säure  und  ihrer  Vei 
bindungen  erweitert. 

Die  Asparaginsäure  muss  isomer  sein  mit  der  aus  äpfelsaorei 
Aethyioxyd dargestellten  Malaminsäure  (s.  äpfelsaures  Aethyloxyd) 
ob  beide  aber  identisch  sind,  lässt  sich  nicht  bestimmt  entscheiden,  d 
eine  Untersuchung  der  Malaminsäure  fehlt;  Paste ur  nimmt  aber  ai 
daiis  beide  verschieden  seien. 

Die  Säure  entsteht  neben  Ammoniak  aus  dem  Asparagin  unter  Eii 
Wirkung  von  Wasser  oder  wässerigen  Säuren  oder  Alkalien  bei  höhere 
Temperatur,  so  wie  durch  Gährung  desselben  (s.  Asparagin  S.  370' 
Sie  bildet  sicli  auch,  wie  Piria  zuerst  vermuthete  und  was  dann  dnrc 
Versuche  von  Dessaignes  und  von  J.  Wolff  bestätigt  wsird,  aus  dei 
sauren  äpfelsauren  Ammoniak  in  ähnlicher  Weise  wie  Ozaminsäure  aa 
saurem  Oxalsäuren  Ammoniak.  Die  Asparaginsäure  bildet  sich  wie  an 
dem  saureu  äpfelsauren  Ammoniak,  so  durch  Zersetzung  des  sauren  famaj 
sauren  (NH4O.C4HO3  -(-  HO.C4HO8)  und  des  sauren  maleiniaure 

(      4n(*^^^'^^  )  '^'"i^oi^^.^^s?  welche  beiden  letzteren  isomeren  Salz 

sich  von  dem  Bimalat  des  Ammoniaks  (  liol'^*^^^^)  ^^^  ^^^ 
ihren  geringeren  Wassergehalt  unterscheiden  (Dessaignes). 

Zur  Darstellung  von  Asparaginsäure  wird  das  Asparagin  mi 
Wasser  unter  Zusatz  von  Kalilauge  gekocht,  so  lange  sich  Amraonia 
entwickelt,  während  das  verdampfte  Wasser  von  Zeit  zu  Zeit  erseti 
wird;  sobald  sich  kein  Ammoniak  mehr  entwickelt,  wird  die  alkalisch 
Flüssigkeit  mit  Salzsäure  übersättigt,  im  Wasserbade  zur  Trockne  at 
gedampft  und  der  Rückstand  mit  wenig  Wasser  ausgewaschen,  wob< 
reine  weisse  kalifreie  Asparaginsäure  zurückbleibt  (Lieb ig). 

Statt  Kalihydrat  kann  man  kaustischen  Baryt  anwenden;  in  die 
sem  Falle  wird  nach  vollendeter  Zersetzung  der  Baryt  aus  der  heissei 
Flüssigkeit  durch  vorsichtig  zugesetzte  Schwefelsäure  gefällt  und  di 


^)  D^mondesir  (s.  b.  Asparagin  S.  868). 

^  Laurent,  Compt.  rend.  par  Laur.  et  Gerh.  1861,  p.  177;  Rev.  scient  [i 
I,  p.  26.  ^  Annal.  de  chim.  et  pbys.  [8.]  T.  XXIII,  p.  118;  Journ.  f.  pnk 
Ghem.  Bd.  XLV,  S.  170  u.  Bd.  LV,  S.  61;  Jahresber.  v.  Liebig  u.  Kopp  1841 
S.  817;  1851,  S.  388;  1862,  S.  469. 

^  P ästen r,  Annal.  de  chim.  et  phys.  [8.]  T.  XXXIY,  p.  30;  Compt.  reoi 
T.  XXXm,  p.  217;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXX,  S.  151  u.  Bd.  LXXH 
S.  824;  Journ.  f.  prakt.  Ghem.  Bd.  LIV,  S.  50;  Pharm.  Centralbl.  1S5] 
S.  769;    Jahresber.  ▼.  Liebig  n.  Kopp  1851,  S.  176,  176n.  177  u.  S.  888  ff. 

*)  Piria,  Annal.  de  chim.  et  phys.  [8.]  T.  XXII,  p  169;  AnnaU  d.  Cbm 
w.  Pharm.  Bd.  LXVITI,  S.  416  u.  843;  Journ.  f.  prakt.  Chcm.  Bd.  XLIV,  S.  7l 
Pharm.  Centralbl.  1848,  S.  162;  Jahresber.  v.  Lieb  ig  u.  Kopp  1848,  S.  n 
u.  818. 

**)  Dessaignes,  Compt.  rend    de  Tacad.   T.  XXX,  p.  824,    T.  XXXI,  p.  4M 
Journ.  de  pharm.  [8.]    T.  XVII,    p.  849,    T.   XVIII,   p.  254.   —    Quesneville, 
scient     [4.]    T.    I,    p.   22;     Annal.    d.    Chem.    u.    Pharm.     Bd.  LXXXIII,    S. 
Journ.   f.    prakt.    Chcm.    Bd.  L,    S.  289,     LI,    S.  247;      Pharm.    Centralbl.    I8l 
S.  848  u.  729;     Jahresber.    v.    Liebig  u.  Kopp    1850,    S.  875,  376,  414;    V 
S.  466  ff. 


Asparaginsaiire.  376 

Losung  sogleich  filtrirt;  beim  Erkalten  scheidet  sich  dann  die  Aapara* 
ginsanre  in  Krystallen  ab  (Boutron-Charlard  und  Pelotize). 

Das  Asparagin  kann  auch  durch  Kochen  mit  Bleioxyd  und  Wasser 
sersetzt  werden;  es  bildet  sich  dann  unlösliches  asparaginsaures 
Bleioxyd,  welches  in  Wasser  vertheilt  und  durch  Schwefelwasser- 
stoff zersetzt  wird;  darauf  wird  die  Flüssigkeit  zur  Trockne  ab- 
gedampft, mit  siedendem  Alkohol  ausgezogen  und  filtrirt;  die  Aspara- 
ginsäure  scheidet  sich  beim  Erkalten  des  Filtrats  in  krystallinischen 
Blattchen  aus. 

Auch  durch  dreistündiges  Kochen  des  Asparagins  mit  überschüs- 
siger concentrirter  Salzsäure  bildet  sich  A^paraginsänre ;  wird  die  ge- 
kochte Flüssigkeit  zur  Trockne  abgedampft,  so  bleibt  eine  Verbindung 
Ton  gleichen  Aequivalenten  Asparaginsäure  und  Salzsäure,  welche  in 
wenig  heissera  Wasser  gelost  und  dann  zur  Hälfte  mit  Ammoniak  neu- 
tralisirt  wird;  beim  Erkalten  der  heissen  Flüssigkeit  krystallisirt  reine 
Asparaginsäure  (Dessaignes). 

Zar  Darstellung  der  Säure  aus  saurem  äpfeläauren  Ammoniak 
wird  dieses  Salz  in  einem  Oelbade  auf  160^  bis  200^0.  erhitzt,  so  lange 
sich  Wasser  verflüchtigt,  wobei  zugleich  aber  auch  etwas  Ammoniak 
frei  wird;  es  bleibt  hiebei  eine  röthliche  harzartige  Masse  zurück;  dieser 
Körper  enthält  keine  Asparaginsäure,  sondern  eine  Substanz,  welche  in 
W^asser  wenig  loslich  ist,  und  welche  noch  weniger  Wasserstoff  und 
Sauerstoff,  im  Verhältniss  wie  beide  Wa^ss^er  bilden,  als  die  Asparagin- 
säure enthält  Diese  Substanz  bleibt  reiner  zurück,  wenn  das  äpfclsaure 
Ammoniumoxyd  zuerst  mit  wässerigem  Ammoniak  befeuchtet  und  dann 
erst  erhitzt  wird  (nach  Pasteur,  s.  saures  äpfelsaures  Ammoniak 
unter  äp  fei  saure  Salze).  Nach  dem  Auswaschen  des  gepulverten  Rück- 
standes mit  warmem  Wasser  bleibt  ein  amorphes  röthliches  Pulver,  wel- 
ches sich  nur  wenig  in  siedendem  Wasser,  leichter  in  heif^ser  concentrirter 
Säure  lost,  aus  welcher  Lösung  durch  Zusatz  von  Wasser  die  Substanz 
imverändert  niedergeschlagen  wird.  Wird  sie  aber  5  bis  6  Stunden 
mit  einer  bedeutenden  Menge  Salzsäure  oder  Salpetersäure  gekocht,  so 
scheidet  sich  jetzt  auf  Zusatz  von  Wasser  nichts  mehr  ab,  indem  der 
unlösliche  Körper  unter  Aufnahme  der  Elemente  des  Wassers  in  Aspa- 
raginsänre  übergegangen  ist,  welche  sich  mit  der  Mineralsäure  ver- 
banden hat  Diese  Lösung  wird  nun  im  Wasserbade  abgedampft. 
War  Salzsänre  angewendet,  so  scheidet  sich  die  Asparaginsäure  in 
Verbindung  mit  derselben  in  meist  braun  gefärbten  Krystallen  ab, 
welche  durch  Umkrystallisiren  mit  Hülfe  von  Kohle  vollständig  ent- 
färbt werden.  Bei  Anwendung  von  Salpetersäure  muss  die  Masse 
lange  im  Wasserbade  getrocknet  werden,  um  die  freie,  nicht  chemisch 
gebundene  Mineralsäure,  welche  äusserst  hartnäckig  anhängt,  vollstän- 
dig auszutreiben,  weil  sonst  die  Verbindung  nicht  kryst^llisirt,  sondern 
als  gummiartige  Masse  erhalten  wird. 

Die  durch  Abdampfen,  in  Krystallen  erhaltene  Verbindung  von 
Aspamginsäure  mit  Salzsäure  oder  Salpetersäure  wird  in  Wasser  gelöst, 
die  Hälfte  der  Lösung  mit  Ammoniak  neutralisirt  und  dann  mit  der 
zweiten  Hälfte  gemengt,  worauf  besonders  bei  Zusatz  von  etwas  Alkohol 
die  Asparaginsäure  krystallisirt,  während  dns  Ammoniaksalz  gelöst 
bleibt  Man  k*ann  auch  zur  Trennung  der  Asparagin  -  und  der  Mineral- 
saure die  gelöste  Verbindung  beider  mit  Kalk  neutralisiren,  durch  Zu- 
satz von  Alkohol  den   asparaginsauren  Kalk  fällen,  und  dieses  Salz 


876  Asparagmsäure. 

nach    dem    Auswaschen    mit    Oxalpänre    zerlegen     (Dessaignes). 

(Wolff)*)- 

Die  Bildung  Ton  A^paraginsäure  ans  saurem  äpfelsauren  Ammo- 
niumozyd  erlblgt  in  gleicher  Weise  wie  die  Bildung  von  Oxaminsanre 
aus  saurem  oxalsniiren  Ammoniumoxyd  unter  Abscbeidung  von  2  Aeq. 
Wasser,  nach  folgender  Gleichung: 

***Jj2j.C8H4  08     -     2H0    =       2HO.C8»5NO| 

Saures  äpfelsaures  Ammoninmoxyd  Asparaginsaure. 

Das  zweifach -fumarsaure  wie  das  doppelt- maleinsaure  Ammoniak 
geben  beim  Erhitzen  ein  Zersetzungsproduct,  welches  nicht  identisch 
ist  mit  dem  aus  dem  sauren  äpfelsauren  Salz  dargestellten  Körper,  aber 
es  geht  durch  längeres  Kochen  mit  Salzsäure  und  Salpetersäure  wie 
jener  in  Asparaginsaure  über  (Dessaignes). 

Die  Asparaginsaure,  nach  den  bescliriebenen  Methoden  dargestellt, 
wird  in  kleinen  weissen  Kry stallen  von  Perlmutter-  oder  Seidenglanz 
erhalten,  oder  als  Krystallmehl,  welches  unter  dem  ^likroskop  durch- 
sichtige zugeschärfto  vierseitige  Säulen  zeigt;  die  Säure  ist  geruchlos, 
sie  schmeckt  schwach  säuerlich,  hinterher  schwach  nach  Fleischbrühe; 
sie  hat  ein  specif.  Gewicht  =  1,87  bei  8^  C.  und  löst  sich  in  l28Thlo. 
kaltem  Wasser  (Plisson).  Die  aus  Asparagin  oder  aus  optisch  wirk- 
samer Aepfelsäure  dargestellte  Asparaginsaure  ist  optisch  wirksam,  hat 
ein  specif.  Gewicht  von  1,661,  krystallisirt  in  kleinen  undeutlichen 
glimmerartigen  Krystallen,  die  dem  rhombischen  System  angehöreoi 
und  welche  364  Thle.  Wasser  von  11^  C.  zur  Lösung  erfordern. 

Bei  der  geringen  Löslichkeit  der  Säure  in  Wasser  ist  das  Drehung«- 
vermögen  der  wässerigen  Lösungen  weniger  deutlich  als  das  der  in 
Mineralsäuren  oder  Basen  gelösten  Säure;  0,0402  Asparaginsaure  in 
0,9598  Ammoniak  gelöst  (1,0230  specif.  Gewicht  der  Lösung),  oder 
0,0999  Säure  in  0,9001  Natron  gelöst  (specif.  Gewicht  der  Lösung 
1,0794)  geben  —  11  »,6  oder  —  2^,2  Ablenkung;  Lösungen  von 
0,0509  Asparaginsaure  in  9,491  Salzsäure  oder  0,1718  Säure  in 
0,8282  Salpetersäure  (specif.  Gewicht  der  Lösungen  1,0892  reip. 
1,3303)  geben  Drehungen  von  -j-  27^,6  oder  +  380,8. 

Aus  dem  sauren  Ammoniaksalz  der  unwirksamen  Aepfelsäure,  w 
wie  der  Fumarsäure  und  Maleinsäure,  krystallisirt  eine  optisch  unwirk- 
same Asparaginsaure  in  äusserst  kleinen  dicken,  oft  länglich -linsenför- 
mig erscheinenden  Krystallen,  die  dem  monoklinometrischen  System 
angehören  (  oo  P  :  ooP  =  128®  28'  im  klinodiagonalen  Durchschnitt, 
OP  :  00  P  =  910  30',  (P  (»):0P  =  131«  25').  Die  Krystalle  zei- 
gen keine  hemiedrischen  Flächen ;  sie  haben  ein  specif.  Gewicht  von 
1,663  und  lösen  sich  bei  13,5oC.  in  208  Thln.  Wasser;  diese  Säiu-e  ist 
also  etwas  löslicher  ah  die  active  Säure,  sie  bildet  leicht  übersättigte 
Lösungen;  die  freie  Säure  wie  ihre  Verbindungen  zeigen  kein  opti- 
sches Drehungsverroögen  (Pasteur). 

Die  beiden  optisch  verschiedenen  Asparaginsäuren  haben  gleiche 
Zusammensetzung  und  fast  gleiche  oder  ähnliche  chemische  Eigen- 
schaften und  geben  auch  Verbindungen  von  gleicher  Zusammensetzung. 

Die  Asparaginsaure  löst  sich  leichter  in  heissem  Wasser  als  io 

*)  Annal    d.  Chem    u    Pharm.     B«i.   LXXY,    S.  298;     Pharm.  Centralbl.   lS6t, 
S.  241;    Jahreaber    v.  Liebig  a.  Kopp,  S   416. 


Asparaf^Dfiäure.  877 

kaltMi,  nnd  krystallisirt  beim  Erkalten  der  heiss  ged&ttigten  Lösung,  die 
WBsaerige  Lösung  röthet  Lackmns ;  in  wasserhaltendem  Weingebt  ist  die 
Sior«  weniger  löslich  als  in  Wasser^  in  absolutem  Alkohol  idt  sie  unlöslich. 
Die  lufttrockene  Asparn  ginsäure  verliert  selbst  bei  1200  C.  kein 
Wasser;  bei  höherer  Temperatur  wird  sie  zersetzt,  es  bilden  sich  Oüeh* 
tige,  namentlich  ammoniakalische  Producte,  darunter  Cyanammonium, 
und  Kohle  bleibt  zurück.  —  Die  Asparaginsäurc  löst  sich  in  Salzsäure 
leichter  als  in  Wasser,  und  auch  durch  längeres  Kochen  mit  dieser  Säure 
wird  nie  nicht  verändert;  mit  dem  zwölffachen  Gewicht  starker  reiner  Sal- 
petersäure erwärmt  und  damit  selbst  erhitzt  nnd  zur  Trockne  abgedampft, 
wird  nur  ein  sehr  kleiner  Theil  der  organischen  Säure  zersetzt.  Auch 
durch  kalte  oder  kochende  verdünnte  Schwefelsäure  erleidet  sie  keine 
Veränderung,  und  in  der  Kälte  löst  sie  sich  selbst  in  Schwefelsäure- 
hjdrat  ohne  Zersetzung;  beim  Erhitzen  damit  wird  sie  unter  Entwicke- 
long  von  schwefliger  Säure  zerlegt.  Beim  Lösen  in  Salpetersäure, 
welche  salpetrige  Säure  enthält,  oder  beim  Behandeln  der  Salpeter- 
säuren Lösung  mit  Stickoxydgas  zerlegt  sie  sich  unter  Entwickelung 
von  Stickgas  und  Bildung  von  Aepfelsäure  in  ähnlicher  Weise  wie  d&ti 
Aspar&gin  (s.  S  370) ;  hiebei  giebt  optisch  active  Asparaginsänre  eine 
optisch  wirksame  Aepfelsäure,  die  optisch  anwirksame  Asparaginsänre 
dagegen  auch  eine  inactive  Aepfelsäure. 

Beim  Schmelzen  mit  überschüS'iigem  Katihjdrat  wird  die  Aspara- 
ginsänre erst  bei  starkem  Erhitzen  zersetzt;  es  bildet  sich  hier  unter 
Entwickelung  von  Amraoniakgas  und  Wasserstoff  essigsaures  und  oxal- 
sanres  Salz. 

Dorch  Gährung  geht  die  Asparaginsänre  in  ihren  Verbindungen 
leicht  in  Bernsteinsäure  über  (Dessaignes). 

Die  Asparaginsänre  bildet  mit  verschiedenen  Mineralsänren  be- 
itimmte  kry^talüsirbare,  aber  nicht  sehr  feste  Verbindungen. 

Chlorwasserstoff  -  Asparaginsänre:  C6H7NO8.H6I.  Die 
beiden  opti.sch  verschiedenen  As paragin säuren  lösen  sich  in  Salzsäure, 
und  beim  langsamen  Verdampfen  bis  zur  Syrupsconsistenz  krystallisirt 
eine  Verbindung  von  der  angegebenen  Zusammensetzung,  deren 
Eigenschaften  etwa;«  abweichend  sind  nach  den  optischen  Eigenschaften 
der  angewendeten  Säure. 

Die  Verbindung  der  activen  Säure  bildet  rhombische  Prismen 
von  etwa  90^  an  welchen  zwei  gegeuQberstehende  Kanten  abgestumpft 
sind;  an  den  Enden  sind  sie  durch  Flächen  eines  .rhombischen  Sphe- 
noids  (Tetraeder)  begrenzt.  Diese  Krystalle  ziehen  an  der  Luft  Feuch- 
tigkeit an  und  zerfliessen;  sie  lösen  sich  leicht  in  Wasser,  bei  Anwen- 
dung von  reinem  Wasser  unter  Abscheidung  von  etwas  Asparaginsäurc, 
welche  sich  bei  Zusatz  von  etwas  Salzsäure  wieder  löst;  diese  Lösung 
seigt  eine  Ablenkung  des  polarisirten  Lichtstrahls  nach  rechts;  0,0555 
der  Verbindung  in  0,9445  Salzsäure  haltendem  Wasser  gelöst  (specif. 
Gewicht  der  Lösung  1,0274)  polarisirt  -f-  24^ 

Die  Verbindung  der  inactiven  Säure  hat  auch  die  Zusammen- 
Mtzung  CgHyNOs.HGl,  die  KrystaUe  gehören  dem  monokltnometri- 
ichen  System  an;  sie  sind  luftbeständig,  bei  Sommerwärme  werden  9ie 
milchig,  sie  losen  sich  in  Wasser  unter  Zersetzung,  aber  ohne  das.4 
die  freie  unwirksame  Asparaginsänre  wegen  ihrer  grösseren  Löslichkeit 
neh  abscheidet. 

Bei  höherer  Temperatur   zersetzt    sich  die  salzsaure  Verbindung 


378  Asparaginsäure. 

unter  AbMcheidung  von  Salzsänre  und  Wasser,  wobei  der  luiloslicfae 
Körper  C()H4N07  zurückbleibt,  der  bei  längerem  Kochen  mit  Säure 
wieder  Asparaginsäure  giebt  (Pasteur,  Dessaignes). 

•Salpetersäure  Asparaginsäure  bildet  sich  beim  Eindampfen 
einer  Lösung  von  Asparaginsäure  in  überschüssiger  Salpetersäure;  die 
zurückbleibende  gummiartige  Masse  verliert  erst  nach  längerem  Erhitsen 
im  Wasserbnde  alle  freie  Säure,  und  beim  Umkry^tallisiren  aiu 
Wasser  wird  die  reine  Verbindung  in  schönen  Kry stallen  erhalten 
(Dessaignes). 

Schwefelsaure  Asparaginsäure:  CgHyNOs  -f~  ^(BO.SOs). 
Wird  zu  dem  in  einer  weiten  Röhre  auf  50^  bis  60®  C.  erwärmten 
Schwefelsäurehjdrat  allmälig  gepulvertes  Asparag^n  gesetzt,  so  lange 
es  sich  löst,  so  bilden  sich,  wenn  das  Bohr  einige  Tage  verstopfit  stehen 
bleibt,  grosse  zusammengewachsene  Prismen,  welche  auf  dei*  Säure 
schwimmen ;  nach  dem  Abtropfen  auf  einer  porösen  Platte  werden  sie 
mit  Alkohol  abgewaschen  und  dann  über  Schwefelsäure  getrocknet 


Asparaginsäure  Salze.  Die  Asparaginsäure  ist  eine  schwache 
Säure;  sie  verbindet  sich  direct  mit  den  reinen  Basen  und  zersetzt  auch 
die  doppelt -kohlensauren,  sowie  die  fettsauren  Alkalien.  Die  Saare 
bildet  zwei  Beihen  Salze ;  die  gewöhnlichen  asparaginsauren  ab  neu- 
trale bezeichneten  Salze  haben  vollkommen  getrocknet  die  Zusammen- 
setzung BO.CgHeNO,  oder  (ßO  .  HO)C8H5N06;  sie  bildet  dann 
noch  basischere  Salze,  deren  Zusammensetzung  im  wasserfreien  Zu- 
stande 2B0  ,  CgHsNOß  ist. 

Die  neutralen  Salze  sind  fast  alle  in  Wasser  löslich ;  die  basischen 
sind  zum  Theil  darin  unlöslich,  sie  sind  aber  löslich  in  Säuren.  Die 
eigentlichen  Alkalien  bilden  nur  neutrale  Salze;  die  erdigen  Alkalien 
bilden  neutrale  und  basische  Salze,  beide  sind  in  Wasser  löslich. 

Die  löslichen  basischen  Salze  reagiren  stark  alkalisch;  Kohlen- 
Häure  entzieht  ihnen  das  zweite  Aequivalent  Base,  verwandelt  sie  in 
neutrale  Salze.  Doppelsalze  der  ähnlichen  Bnsen  unter  sich  sind  noch 
nicht  dargestellt. 

Die  löslichen  Salze  der  Asparaginsäure,  aber  nicht  die  freie 
Säure,  werden  durch  die  Salze  von  Bleioxyd,  Kupferoxyd,  Quecksilber- 
oxyd  und  Quecksilberoxydul  und  von  Silberoxyd  gefällt;  die  löblichen 
basischen  Salze  werden  von  Eisenchlorid  niedergeschlagen;  die  Nieder- 
schläge lösen  sich  leicht  in  einem  Ueberschuss  des  asparaginsauren 
Salzes,  so  wie  des  anderen  Salzes;  Nickeloxydul  und  Zinkoxyd  geben 
lösliche  Verbindungen  mit  Asparaginsäure. 

Beim  starken  Erhitzen  werden  die  Salze  zersetzt  unter  Bildung 
flüchtiger  ammoniakalischerProducte,  darunter  Cyanammonium ;  bei  den 
Salzen  der  Alkalien  enthält  der  kohlige  Bückstand  Cyanalkalimetsll 
beigemengt. 

Asparaginsaures  Ammoniumoxyd  ist  schwierig  krystalli^ir- 
bar;  es  ist  sehr  leicht  in  Wasser  löslich;  beim  Abdampfen  der  L5sung 
wird  es  durch  Verlust  von  Ammoniak  sauer. 

Asparaginsaurer  Baryt:  BaO.HO.CgüjNOe  -f-  4aq.  Ota 
durch  Sättigen  der  Säure  mit  kohlensaurem  Baryt  erhaltene  Salz  kiy- 
stallisirt  beim  Abdampfen  in  feinen  seidenartigen  Nadeln,  welche  bei 
160^  C.  getrocknet  das  Krystallwasser  verloren  haben  und  dann 
BaO.HO  .CgHjNOe  sind;  das  Salz  ist  in  Wasser  löslich. 


Asparaginsäure.  379 

Das  ba^iflche  Salz,  ;SBaO  .  CgHsNOe  -|-  ^  ^<]*i  wird  erhalten 
durch  Versetzen  des  vorigen  Salzes  mit  Barjthydr<at;  wendet  man  eine 
concentrirte  Losung  des  einbasischen  Salzes  an,  so  erstarrt  die  Flüs- 
sigkeit auf  Zusatz  von  Barythydrat  zu  einer  krystallinischen  Masse, 
welche  nach  Zusatz  von  Wasser  zum  Sieden  erhitzt,  und  vor  Zutritt 
von  Kohlensäure  geschützt,  beim  Erkalten  durchsichtige  glänzende 
prismatische  Krystalle  absetzt.  Die  Krystalle  verlieren  über  Schwefel- 
sänre  im  luftleeren  Baum  getrocknet  3  Aeq.  Wasser;  bei  160^  C.  ge- 
trocknet sind  sie  wasserfrei. 

Asparaginsaures  Bleioxyd,  PbO.HO.CgHsNOß,  wird  durch 
Fallen  von  neutralem  asparaginsauren  Alkali  mit  Bleizuckerlösung 
dargestellt ;  das  niederfallende  Salz  löst  sich  in  einem  Ueberschuss  jedes 
der  angewendeten  Salze;    auch  in  freier  Säure  ist  es  leicht  löslich. 

2  PbO .  CgHsNO«  -(-  HO  wird  durch  Fällen  des  Natronsalzes  der 
optisch  activen  wie  der  inactiven  Säure  mit  einer  ammoniakalischen 
Losong  von  essigsaurem  Bleioxyd  als  käsiger  amorpher  Niederschlag  er- 
halten. Bei  Anwendung  des  unwirksamen  Natronsalzes  wurden  aus 
der  von  dem  Niederschlage  abfiltrirten  Flüssigkeit  nach  dem  Zusetzen 
von  viel  Wasser  in  einigen  Tagen  harte  warzenförmige  Krystalle  erhal- 
ten, welche  nach  dem  Trocknen  bei  lOOo  C.  =  2PbO  .  CgHjNOe 
-f  HO  sind,  also  1  HO  mehr  enthalten,  als  sonst  die  basischen  Salze 
der  Asparaginsäure. 

Asparaginsaures  und  salpetersauresBleioxyd:  PbO.HO. 
CgHjNOe  -f"  ^bO  -  NO5.  Dieses  Doppelsalz  ward  einmal  erhalten, 
aU  die  durch  Kochen  des  Asparagins  mit  Salpetersäure  erhaltene  saure 
Flossigkeit  unmittelbar  mit  Ammoniak  neutralisirt  und  dann  mit  essig- 
saurem Bleioxyd  gefällt  ward.  Der  Anfangs  entstandene  Niederschlag 
löste  sich  beim  gelinden  Erwärmen  wieder  a#f,  und  beim  Stehen  der 
Losong  schieden  sich  die  Krystalle  des  Doppelsalzes  in  glänzenden 
weissen  Nadeln  vom  Ansehen  des  ameisensauren  Bleioxyds  ab.  Das 
Doppelsalz  ist  in  kaltem  Wasser  wenig  löslich,  durch  Kochen  damit 
▼ird  es  zersetzt;  in  einem  trockenen  Luftstrom  auf  150^  C.  erwärmt, 
verändert  es  sich  nicht;  stärker  erhitzt  zersetzt  es  sich  unter  schwacher 
Verpaflfung.  Das  Doppelsalz  ward  nur  einmal  von  Piria  erhalten; 
bei  wiederholten  Versuchen  konnte  er  es  nicht  wieder  darstellen; 
wahrscheinlich  hängt  seine  Bildung  von  den  Mengungsverhältnissen 
der  beiden  Salze  wie  von  der  Concentration  der  Lösung  ab. 

Asparaginsaures  Eisenoxyd.  Neutrales  asparaginsaures  Al- 
kali wird  bei  Znsatz  von  Eisenchlorid  roth,  ohne  dass  die  Flüssigkeit 
lieh  trübt;  bei  Anwendung  von  basischem  Salz  entsteht  durch  Eisen- 
chlorid ein  brauner  Niederschlag,  der  sich  aber  leicht  in  einem  Ueber- 
^choss  des  Eisenchlorids  wie  des  asparaginsauren  Salzes  löst 

Asparaginsaures  Kali:  KO.HO.C8H5NOe.  Das  Salz  wird  er- 
^Iten,  indem  man  die  concentrirte  Lösung  der  Asparaginsäure  in  Kali 
D^t  Alkohol  fällt;  es  scheidet  sich  dann  als  eine  zähe  Masse  aus, 
welche,  mit  Alkohol  abgewaschen,  nach  dem  Trocknen  die  angegebene 
Ziuaniinensetzung  hat,  auch  selbst  wenn  die  Lösung  auf  1  Aeq.  Aspa- 
'Aginsäure  mehr  als  1  Aeq.  Kali  enthielt.  Das  Salz  zerfliesst  an  der 
Wt;  es  ist  sehr  leicht  löslich  und  giebt  eine  süssliche,  schwach  nach 
neiachbrühe  schmeckende  Lösung,  welche  beim  Abdampfen  wohl 
Krystalle  giebt,  die  sich  aber  von  der  dickflüssigen  Mutterlauge  nicht 
tonen  lassen. 


SSO  Asparaginsäure. 

AsparaginsaurerKalk,  neutrales  Salz:  GaO.HO.GsHsNOi 
-j-  aq.,  bildet  sich  beim  Lösen  yon  kohlensaurem  Kalk  in  w&sseriger 
Asparaginsäure,  und  bleibt  beim  Abdampfen  als  gnmmiartige  Masse  zu- 
rück, die  (iber  lOO^^C.  getrocknet  hart  und  spröde  wird. 

Basisches  Kalksalz:  2CaO.CBM5N06  +  ^^^-i  ^^«^^t  sich 
durch  AuHösen  von  Kalk  in  dem  neutralen  Salz;  beim  Verdunsten  des 
Filtrats  über  gebrannten  Kalk  scheidet  es  sich  in  prismatischen  Kry- 
stallen  ab.  Das  Salz  ist  löslich  in  Wasser;  seine  Lösung  reagirt  stark 
alkalisch.  Die  lufttrockenen  Krystalle  haben  die  angegebene  Zusam- 
mensetzung, sie  verlieren  schon  im  luftleeren  Raum  einen  Theii  des 
Krystallwassers ;  bei  100®  C.  getrocknet  sind  sie  wasserfrei. 

Ein  Doppelsalz  von  Asparaginsäure  mit  Baryt  und  Kalk  konnte 
nicht  dargestellt  werden. 

Asparaginsaures  Kupferozyd.  Ein  neutrales  Salz  ist  im 
trockenen  Zustande  nicht  bekannt;  wird  das  basische  Salz  in  freier 
Asparaginsäure  gelöst,  oder  wird  das  neutrale  Barytsalz  mit  schwefel- 
saurem Kupferoxyd  gefällt,  so  bildet  sich  eine  dunkel  violette  Flüssig- 
keit, welche  wahrscheinlich  das  neutrale  Salz  in  Lösung  enthält,  da^ 
aber  bis  jetzt  nicht  abgeschieden  ist 

Basisch-asparaginsaures  Kupferoxyd,  2CuO  .  CgH^NO« 
-|-  10 aq.,  entsteht,  wenn  ein  lösliches  asparaginsaures  Alkali- mit 
schwefelsaurem  Kupferoxyd  versetzt  wird;  es  scheidet  sich  beim  Erkal- 
ten in  blass  himmelblauen  seidenglänzenden  Nadeln  ab;  ward  neutraler 
asparaginsaurer  Baryt  mit  schwefelsaurem  Kupferoxyd  gefällt,  so  idt 
die  überstehende  Flüssigkeit  nach  dem  Abscheiden  des  basischen  Salzes 
durch  fre^'e  Schwefelsäure  stark  sauer.  Das  Salz  ist  nach  dem  Trocknen 
bei  160^  C.  wasserfrei;  es  löst  sich  wenig  in  kaltem,  ziemlich  leicht  in 
heissem  Wasser;  die  Losung  schmeckt  zusammenziehend  metallisch. 
Das  asparaginsäure  Kupferoxyd  löst  sich  sehr  leicht  in  asparaginsaurem 
Natron;  beim  Mischen  von  gleichen  Aeqnivalenten  asparaginsaurem 
Natron  mit  schwefelsaurem  Kupferoxyd  scheidet  sich  daher  dn9  Knpfer- 
,8alz  nicht  vollständig  aus;  und  bei  Anwendung  von  überschüssigem 
asparaginsauren  Natron  bildet  sich  eine  dunkelblaue  Lösung^  aus  wel- 
cher sich  auch  beim  Erkalten  kein  Kupfersalz  abscheidet. 

Asparaginsäure  Magnesia,  neutrales  Salz:  MgO.HO. 
OgHsNO«  -(-HO.  Mit  Magnesia  erhitzte  wässerige  Asparaginsäure 
hinterlässt  beim  Abdampfen  eine  gummiartige  Masse,  welche  leicht  in 
Wasser  löslich  ist  und  sich  auch  in  schwachem,  aber  nicht  in  starkem 
Weingeist  löst 

Basisches  Magnesiasalz,  *2  MgO  .  CgHsNOß  -f-  2  aq.,  bil- 
det sich  beim  Kochen  des  vorhergehenden  Salzes  mit  überschüssiger 
Magnesia,  und  bleibt  beim  Abdampfen  des  Filtrats  als  eine  gummiartige, 
scharf  schmeckende  Substanz  zurück. 

Wittstock  giebt  an,  dass  bei  der  Darstellung  von  Asparagin  aus 
der  Eibischwurzel  aus  der  weingeistigen  Mutterlauge  nach  Abscheidung 
des  Asparagins  eine  Verbindung  von  Asparaginsäure  mit  Magnesia 
sich  als  ein  gelblichweisses  Pulver  abgeschieden  habe^  welches  beim 
ümkrystallisiren  aus  Wasser  in  Krystallrinden  erhalten  ward;  das  Sah 
soll  in  16  Theilen  kochenden  Wassers  sich  lösen,  und  die  Lösung  neu- 
tral sein.     Die  Zusammensetzung  des  Salzes  ist  nicht  ermittelt. 

Asparagin  saures  Natron,  neutrales  Salz:  NaO.fiO.CgHsNOf 

-|-  2  aq.     Die  beiden  optisch  verschiedenen  Säuren  geben  etwas  ver- 


Asparaginsäore.  881 

iduedenc  Salze.  Das  Salz  der  activen  Säure  kiystallisirt  in  Nadeln  des 

P 

rhombischen  Systems   oo  P  .  -r-;  die  Flächen   oo  P  sind  stark  gestreift; 

die  heroiedrischen  Flächen  stossen  unter  Winkeln  von  106®  zusammen. 
100  Thle.  Wasser  von  12®  C.  lösen  89,2  Salz. 

Das  Natronsalz  der  unwirksamen  Säure  bildet  monoklinometrische 
Krystalle,  die  häutig  zu  Zwillingstkr^'^staUen  zusammengewachsen  sind; 
100  Thle.  Wasser  lösen  bei  12,5o.  C.  von  diesem  Salz  83,8  Thle. 
(Pasteur). 

Das  Salz  verliert  bei  150«  C.  2  Aeq.  Wasser;  bis  ITO^C.  erhitzt, 
fängt  es  an,  sich  unter  Entwickelnng  von  Ammoniak  zu  zersetzen. 

Wird  die  Asparaginsäure  mit  2  Aeq.  Natron  versetzt,  so  bildet  sich 
eine  nicht  kryätallisirbare  Ma^se. 

Ein  Doppelsalz  von  Kali  und  Natron  scheint  nicht  zu  existiren; 
ans  einem  Gemenge  beider  Salze  krystallisirt  reines  Natronsalz,  frei 
von  Kali. 

Asparaginsaures  Nickeloxydul  bleibt  beim  Abdampfen  als 
ein  grünes  amorphes  Salz  zurück;  es  ist  leicht  in  Wasser  löslich. 

Asparaginsaures  Quecksilberoxyd,  basisches:  2HgO. 
CgH^NOfi  -{-  aq.  Quecksilberchlorid  wird  durch  gelöstes  asparagin- 
»ores  Kali  oder  Natron  weiss  gefällt  und  ist  im  Ueberschuss  eines  der 
Salze  leicht  löslich.  Das  Salz  wird  rein  dargestellt  durch  Sieden  von 
gelöster  Asparaginsäure  mit  Quecksilberoxyd;  es  ist  ein  weisses  Pulver, 
welches  bei  100<>  C.  kein  Wasser  verliert. 

Asparaginsaures  Quecksilberoxydul  wird  durch  Fällen  von 
salpetersaurem  Quecksilberoxydul  mit  asparaginsaurera  Kali  oder  Kalk 
dargestellt;  es  ist  ein  weisser  im  Ueberschuss  des  Fällungsmittels  lös- 
licher Niederschlag. 

Asparaginsaures  Silberoxyd,  neutrales  Salz:  AgO.HO. 
CgffjNOe*  Es  bildet  sich  beim  Lösen  von  Silberoxyd  in  wässeriger  As- 
paraginsäure, Filtriren  der  Flüssigkeit  durch  Asbest  und  Eindampfen 
des  Filtrats  im  Wasserbade.  Dasselbe  Salz  wird  auch  zuweilen  aus 
der  Kotterlauge  des  nachstehenden  Salzes  in  gelblichen  Krystallen  er- 
halten. 

Das  basische  Silbersalz,  2  AgO .  CgHsNOe«  wird  als  weisser 
Niederschlag  erhalten  beim  Fällen  von  gelöstem  asparaginsauren  Al- 
kali mit  salpetersaurem  Silberoxyd,  wobei  ein  Ueberschuss  jedes  der 
Salze  vermieden  werden  muss,  weil  der  Niederschlag  dadurch  wieder 
gelöst  wird. 

Die  wirksamen  wie  die  unwirksamen  Säuren  geben  dieselben 
Niederschläge ;  aus  der  von  diesen  abfiltrirten  Flüssigkeit  scheidet  sich 
beim  längeren  Stehen  noch  basisches  Silbersalz  in  kugelförmigen  Kry- 
stallen aus.  Der  Niederschlag  wie  die  Krystalle  sind  im  lufttrockenen 
Zostande  2  AgO  .  CgHsNOe  +  aq.;  bei  100»  C.  geht  1  Aeq.  Was- 
«wfort. 

Wird  eine  Lösung  von  Asparaginsäure  mit  Ammoniak  bis  zur 
Khwach  alkalischen  Beaction  versetzt,  so  giebt  die  Lösung  auf  Zusats 
▼on  salpetersanrem  Silberoxyd  einen  Niederschlag,  der  beim  Umrühren 
Weht  wieder  verschwindet;  beim  Stehen  der  Lösung  scheiden  sich  nach 
24  Standen  weisse  undurchsichtige  schwere  Krystalle  des  basischen 
Salzes  aas,  welche  sich  am  Licht  leicht  schwärzen  (Dessaignes). 
Asparaginsaures  Zinkoxyd    ist  eine   weisse  undurchsichtige 


382  Asparaginsäure. 

Masse,  weiche  im  Wasser  löslich  ist,  aber  an  der  Lufl  nicht  zerfliesst;  die 
Löanng  schmeckt  nach  Fleischbrühe,  dabei  aber  anch  zusammenziehend. 


Die  Zusammensetzung  des  Asparagins  und  der  Asparagin- 

säure. 

Piria  gelang  es,  das  Asparagin  und  die  Asparaginsäure  durch 
Einwirkung  von  Untersalpetersäure  zu  zersetzen,  wobei  eine  Säure 
'  erhalten  wird,  welche  die  Zusammena,etzung  der  Aepfelsäure  hat,  und 
deren  Bleisalz  auch  unzweifelhaft  alle  Eigenschaften  des  äpfelsauren 
Bleioxydsi  besitzt.  Danach  glaubte  er,  die  genannten  Körper  als  dh» 
Amid  und  die  Aminsäure  der  Aepfelsäure  (2llO  .  CgH4  08)  bezeichnen 
zu  dürfen,  da  Asparagin  und  Asparaginsäure  ihrer  Zusammensetzung 
nach  zu  dieser  Säure  in  derselben  Beziehung  stehen,  wie  Oxaroid  und 
Oxaminsäure  zu  Oxalsäure,  oder  wie  Carbamid  und  Carbamin^äure  zn 
Kohlensäure,  die  beiden  letzten  Säuren  auch  als  zweibasisch  angenom- 
men. Wird  das  Hydratwasser  zii  der  Verbindung  selbst  gerechnet,  m 
ist  die  empirische  Zusammensetzung: 

Neutrales    äpfelsaures  Anmioniumoxyd  C8i(]2^*iOio 

Asparagin Cgtfg  NjOe 

Saures  äpfelsaures  Ammoniumoxyd  .     .  C8II9  N  Oio 
Asparaginsäure Csfi?  N  O» 

Neutrales    oxalsaures    Aromoniumoxyd  C4Hg  N^Og 

Oxamid €4^4  N2O4 

Saure?  oxalsaures  Aipmoniumoxyd  .     .  C4H5  N  Og 
^  Oxaminsäure C4H8  N  Og 

Neutrales  kohlensaures  Ammoniumoxyd  C2l(8  N^Oe 

Carbamid C,H4  NaO, 

Saures  kohlensaures  Ammoniumozyd    •  CgHs  N  O« 

Carbaminsäure CsHs  N  O4 

Enthalten  Asparagin  und  Asparaginsäure  wirklich  Aepfelsäure, 
wie  Oxamid  und  Oxaminsäure  Oxalsäure,  u.  s.  w.,  so  mössen  naturlich 
bei  passender  Behandlung  von  Aepfelsäure  auch  die  entsprechenden 
Producte  entstehen.  Pasteur,  Dessaignes  und  Wolff  haben  nun 
durch  Zersetzung  von  saurem  äpfelsauren  Ammoniak  (s.  Bd.  I,  S.  ISi) 
ein  Product  erhalten,  welches  nicht  Asparaginsäure  enthält,  beim  an- 
haltenden Kochen  mit  Säure  jedoch  Asparaginsäure  giebt;  auf  dem  glei- 
chen Wege  kann  diese  Säure  aber  auch  durch  Zersetzung  von  Maleinsäure 
oder  Fumarsäure  erhalten  werden,  und  der  bei  der  trockenen  Destüls- 
tion  sich  bildende  Körper  lässt  sich  daher  sowohl  von  der  Maleinsäore 
oder  Fumarsäure  als  von  der  Aepfelsäure  ableiten  (s.  S.  375).  Anderer^ 
seits  ist  das  aus  äpfelsaurem  Aethylozyd  erhaltene  Malamid  so  wie  die 
Malaminsäure  verschieden  von  Asparagin  und  Asparaginsäure  (Pasteur). 
Danach  können  wir  diese  Körper  bis  jetzt  nicht  als  das  Amid  und  die 
Aminsäure  der  Aepfelsäure  bezeichnen;  ob  sie  in  einer  solchen  Be- 
ziehung zu  der  verwandten  Maleinsäure  oder  Fumarsäure  oder  zu  einer 
anderen  ähnlichen  Säure  stehen,  welche  sich  unter  gewissen  Umständen 
in  Aepfelsäure  umwandeln  kann,  müssen  nähere  Untersuchungen  ent- 
scheiden. Auch  die  Beziehungen  zwischen  Asparagin  und  Asparagin- 
säure sind  zum  Theil  abweichend,  so  weit  sie  bekannt  sind,  von  dem 
Verhalten,  wie  sie  Oxamid  und  Oxaminsftnre  zeigen.     Beide  letztere 


Asparaginsäure.  383 

Körper  geben  beim  Kochen  mit  Alkalten  und  Säaren  Oxalsäure,  und 
nrar,  soviel  angegeben,  ohne  dass  das  Oxamid  \)  hierbei  zuer^^t  Oxamin- 
suire  bildet  Das  Asparagin  giebt  beim  Kochen  mit  Säuren  oder  Alka- 
lien Ammoniak  und  Asparaginsäure;  ob  die  letztere  bei  selir  lange  fort- 
gesetzter gleicher  Behandlung,  vielleicht  beim  Erhitzen  unter  verstärk- 
tem Druck,  sich  noch  weiter  zerlegt,  ist  nicht  angegeben;  Aepfelsäure 
oder  öberhaopt  eine  stickstofffreie  Säure  ist  weder  aus  Asparagin  noch 
ans  Asparaginsäure  auf  diese  Weise  dargestellt.  Das  Appar.igin  zer- 
fallt in  Asparaginsäure  und  Ammoniak,  wie  das  Oxamid  in  Oxalsäure 
and  Ammoniak.  Aus  dieser  Zerlegung  kann  man  schliessen,  dass  das 
erete  Aeqnivalent  des  Stickstoffs  des  Asparagins  inniger  gebunden  ist, 
ala  das  zweite  Aequivalent.  Der  Zusammensetzung  und  dem  Verhal- 
ten bei  der  Umwandlung  in  Asparaginsäure  nach  kann  man  das  Aspa- 
ragin  als   das   Amid   der   Asparaginsäure  ansehen      ^    ^^  M^!  ^>    ®^ 

«nthält  die  Elemente  des  einbasisch-asparaginsauren  Ammoninmoxyds 
(das  freilich  für  sich  noch  nicht  rein  dargestellt  ist),  minus  2  H O : 
(NH4O  .  CsHe^0T  =  CsEs^2  0e  -(-  2H0).  Das  bei  lOOoC.  getrock- 
iKte  Asparagin  ist  Cg  H^  N2  Oq.     Das  Asparagin  kann  aber  seiner  Zu- 

C  H  O  i 

äammensetzung  nach  auch  als  ein  primäres  Diamid      ^    ^ii^l  ^s   ^^^i* 

C4H6  0a» 
ab  ein  secondares  Diamid  angesehen  werden :       C4  04>  N3.     Die  Aspa- 

ngin{>aQre  wäre  als  einbasische  Säure  vielleicht  '  *  *  *  '  *  H*  I  ^» » 
danach  wurden  die  zweibasischen  Salze  nicht  in  diese  Formel  passen; 
als  zweibasische  Säure  kann  sie  sein  =         •    •*    *•    4    4|  q^^     Durch 

!  £e  bbherigen   Untersuchungen  ist  nun  weder  die  wahre  Constitution 
(ies  Asparagins  noch  der  Asparaginsäure  ermittelt. 

Der  Zosammenhang  zwischen  Asparagin,  Asparaginsäure,  Bern- 
steinsänre  und  Aepfelsäure  zeigt  sich  auch  in  der  empirischen  Zusam- 
neoaetzung : 

Bernsteinsäure  «•  .  2ff0  •  C8H40e 
Aepfelsäure  .  .  .  2H0  .  CgH4  08 
Trockenes  Asparagin  C8H4  0e  .  M4N3 

Asparaginsäure    .     .     2H0  .  CgHsO«  .  HgN. 
Alle  diese  Körper  geben  bei  der  Oxydation  durch  Kalihydrat  als 
Kadjirodacte  Essigsäure  und  Oxalsäure,  und  man  kann  daher,   nach 
Kolbe,  die  rationelle  Formel  folgendermaassen  annehmen: 

Bemsteinsäure      2  HO  j^jjj "  ^«^« 

Aepfelsäure  2  HO  jcjSj.^*  '  ^'^' 

Asparagin  (C4  H4  O,  •  ^'  2j  |  ^) '  ^'Sj  j  ^• 

Asparaginsäure        Ro/c4H4  02.^*g'|  nV   C2O3. 

0  Wird  Oxamid  (C^IljN^gO^)  mit  höchstens  1  Aeq.  kaustischem  Natron  erwärmt 
»  bildet  «ich  neben  Ammoniak  (Ä Hg)  oxaminsanres  Natron  (NaO.C^U^JvOJ  (Feh. 


384  Asparaginsäure« 

Diesen  Formeln  liegt  der  Gedanke  zu  Grande,  dau  die  Bei»- 
«teinBäore  wie  die  AepfeUäure  zweibasische  Säuren  seien  and  ani 
2  Aeq.  Oxalsäure  bestehen,  deren  eines  an  den  Paarling  C4H4  (in  der 
Bernsteinsäure)  oder  C4H4O9  (in  der  Aepfelsäure)  gebunden  iat    Dil 

'  Asparaginsäure  ist  demnach  eine  Oxarninsäure,  ^^^-i      ii*{N);  CjO|, 

in  welche  der  Atomcomplex  C4H40y  als  Paarling  von  Oxamid  mil 
übergegangen  ist,   während  das  Asparagin  als  eine  Doppel verbindnDg 

von   demselben  gepaarten  Oxämid  mit  reinem  Oxamid  (      ii'lN)  ^' 

trachtet  werden  Icann. 

Dieser  Betrachtungsweise  gemäss  sollte  die  Asparaginsäure  eine 
einbasische  Säure  ^ein,  und  diese  Säure  wie  auch  das  Asparagin  sollteB 
im  hypothetisch- wasserfreien  Zustande  1  Aeq.  Wasser  mehr  enthalten^ 
als  die  erste  im  Silbersalz,  das  letzte  im  Asparagin-Kupferoxjd  enthält 
Man  könnte  nun  annehmen,  dass  bei  der  Bildung  der  genannten  Ver* 
bindungcu  1  Aeq.  Wasserstoff  vom  Amid  des  bei  den  letzteren  Verbin* 

düngen  gemeinschaftlichen  Gliedes  {C4H4  0a.      u^JN}  durch  1  Aeq 

jener  Metalle  vertreten  würde,  und  dass  demnach  das  Asparagin-Kupfer 

oxyd   die   rationelle   Formel   hätte:    (C4H4O,  .       CurNj;   ^SjÄ 

Das  basisch  -  asparaginsäure  Silberoxyd  wäre  dann: 

/  co,j    \ 

AgO  .  I  C4H4OS .     Agl  N  );  CjOs.    Diese  Annahme  mag  gewagt  er* 

\  H)     / 

scheinen,  es  ist  aber  in  neuester  Zeit  hinreichend  dargethan,  difl 
Wasserstoffäquivalente  des  Amids  durch  andere  Radicale  vertretet 
werden  können  (Kolbe). 

Da  allerdings  in  der  Regel  zweibasische  Säuren  einbaaisehe  Amin 
säuren  bilden,  so  hat  die  Ansicht,  dass  die  Asparaginsäure  (als  AmiH' 
säure  der  zweibasischen  Aepfelsäure)  einbasisch  sei,  Manches  für  sick 
Laurent  nimmt  dies  an,  und  bezeichnet  die  mit  dieser  Ansicht  nichi 
in  Einstimmung  zu  bringenden  zweibasischen  Salze  als  basische;  diesi 
zweibasischen  Salze  sind  nun  aber  nicht  in  dem  Sinne  basbch,  wi< 
z.  B.  die  basisch  •  essigsauren  Salze,  da  hier  das  zweite  Aequivalen) 
Metalloxyd  so  gut  wie  das  erste  je  1  Aeq.  Wasser  eliminirt  hat,  wak 
rend  ja  bei  den  gewöhnlichen  basbchen  Salzen  das  Metalloxyd  siel 
direct  mit  dem  neutralen  Salz  vereinigt,  ohne  dass  Wasser  abgeschie 
den  wird.  Laurent 's  Annahme  giebt  daher  nur  das  Factum  an,  abei 
durchaus  keine  Erklärung  des  von  den  sonnigen  einbasischen  Säorei 
abweichenden  Verhaltens  der  Asparaginsäure. 

Will  man  die  Asparaginsäure  als  einbasisch  (HO.  CgH^NOT)  be 
zeichnen,  so  roussman  Kolbe 's  Ansicht  folgen,  und  annehmen,  dass  no! 
das  erste  AequivalenttMetalloxyd  sich  mit  der  Säure  unter  Abscheidun§ 
von  Wasser  verbinde,  und  das  zweite  Aeqnivalent  Metall  in  die  Ver 
bindung  an  die  Stelle  von  Wasserstoff  trete.  Oder  man  muss  annehmen 
dass  die  getrockneten  Verbindungen  des  Asparagins  mit  Metalloxjt 
(RO.C8H7N3O5),  so  wie  die  getrockneten  zweibasischen  aspara ginsaurer 
Salze  (2B0  .  C8H5NO({)  nicht  mehr  unverändertes  Asparagin  odei 
Asparaginsäure  enthalten,  sondern  veränderte  organische  Substanzen,  auf 


Asparaginsaure  Salze.  —  Asparagus  officinalis.    386 

welchen  bei  der  Zerlegung  der  Verbindungen  unter  Aufnahme  der  Ele- 
meDte  des  WasaerB  wieder  Asparagin  oder  Asparaginaäure  regenerirt 
wird^  ähnlich  wie  man  in  dem  bei  200^0.  getrockneten  weinsauren  An- 
tiiDonoxyd- Kali  oder  Antimonoxyd -Silberoxyd  eine  veränderte  Wein- 
a&are  annehmen  kann,  und  wie  Berzelius  auch  im. trockenen  citron- 
fioreu  Silberoxyd  (3  AgO  .  C19H5O1O  ein  Gemenge  von  Citronaäure 
Dod  Aconitsäure  annimmt,  welche  letztere  Säure  bei  der  Zerlegung 
des  Salzes  unter  Aufnahme  der  Elemente  des  Wassers  erst  wieder  in 
CitroDsäare  umgewandelt  wird,  und  so  wie  auch  die  Tartralsäure  n.  s.  w. 
unter  Aufnahme  von  Wasser  leicht  wieder  in  Weinsäure  übergehen. 

Wenn  wir  daher  einfach  bei  den  Thatsachen  stehen  bleiben  wollen, 
10  mQssen  wir  einstweilen  das  bei  100^  C.  getrocknete  Asparagin  al 
Ho  .  GgIi7N2  05  und  die  Asparaginsäure  als  2H0  .  CgHsNOe  be- 
Kichnen,  in  welchen  Formeln  dann  an  die  Stelle  von  je  1  ff  O  je  1  Aeq. 
MetaUoxyd  treten  kann.  Weiteren  Forschungen  muss  es  vorbehalten 
bleiben,  uns  über  die  rationellen  Formeln  der  Verbindungen  bestimm- 
ter als  bis  jetzt  geschehen  aufzuklären.  Fe, 

Asparaginsäure  Salze  s.  Asparaginsäure  s.  378. 
Asparamid,  syn.  Asparagin. 
Asparamidsäure,  syn.  Asparaginsäure. 

Asparagolith,  Spargelstein,  nannte  man  frdher  den 
ipargelgrünen  Apatit.  Tk,  S, 

Asparagus  officinalis.  HerapathO  hat  die  Asche  der 
vilden  wie  der  cultivirten  Spargelpflanze,  und  die  Asche  der  essbaren 
Sprosaen  der  letzteren  untersucht;  100  Thle.  der  frischen  wilden  Spargel- 
pflanze gaben  2,42  Proc,  100  der  getrockneten  Pflanze  6,07  Proc.  Asche. 
Die  caUivirte  Pflanze  gab  frisch  1,53  und  getrocknet  6,07  Proc.  Asche; 
<Üe  essbaren  Sprossen  gaben  0,81  und  11,24  Proc.  Asche. 

Bestandtheile  der  Asche. 

Wilde  PfUnzen.  Gnltivirte  Pflanz.  Cnltivirte  Sprossen . 

Kohlensäure 4,86 

I  Schwefelsäure 7,77 

I  ^hosphorsäure Spuren 

!  Kaü 15,81 

Natron 2,72 

I   Chlornatrium 20,51 

^ -Chlprkalium — 

knsanrer  Kalk      .     .     .  21,43 
'        lensaure  Magnesia     .     .       2,62 

I       ^h  «phosphorsaurer  Kalk  21,67 
j   *»«.  ephosphors.   Eisenoxyd       1,70  . 

KieAlftäore 0,85 

^hwefelsaurer  Elalk  .     .     .  Spuren 

^^fflsch-phosphors.  Magnesia  Spuren 


14,27 

4,01 

3,56 1 
2,10i 

•      31,08 

32,74| 

32,63 

Spur.  1 
13,06J 

10,06 

14,61 

6,96 

16,21 

14,05 

0,46 

0,21 

2,97 

1,00 

Spuren 

Spuren 

Spuren 

Spuren. 

Fe. 

^  Cbem.  Soc.  Qa.  Joarn.  Bd.  II,  S.  4;  Pharm.  Centralbl.   1849,  S.  666;  Joarn. 
<•  pnkt  Cben.  Bd.  XLVII,  S.  881. 

BiadwOrtcrhodi  der  Chemie.   2toAun.   Bd.  U.  25 


386  Aspartsäure.  —  Aspertannsäure. 

Aspartsäure  s.  Asparaginsäure. 

Aspasiolith  (von  äöna^iog^  willkommen,  und  Xld'og^  Stei 
nennt  8  che  er  er  ein  Mineral,  welches  in  Bezag  aaf  den  Gehalt 
Kieselsäare  und  Thonerde  eine  ähnliche  Zusammensetzung  wie  der  C< 
dierit  hat;  dagegen  enthält  es  weniger  Magnesia  und  mehr  WasM 
Scheerer  nimmt  daher  an,  das  Wasser  sei  hier  als  isomorpher  Korf 
an  die  Stelle  von  Magnesia  getretep,  nnd  zwar  seien  an  die  Ste 
voii  1  Aeq.  R  O  3  Aeq.  H  O  als  polymer  isomorph  getreten  (s.  d.  A 
Isomorphismus,  polymerer,  Iste  Aufl.  Bd.  III,  S.  172).  Andc 
Mineralogen  betrachten  den  Aspasiolith  als  eine  Umwandlnngs-Paiend 
morphose  des  Cordierits  (s.  d.  Art). 

Aspertannsäure^)  (aus  Asperula  und  Tannin  gebildet)  ner 
Schwarz  eine  zu  den  Gerbsäuren  von  ihm  gezählte  Säure,  welche  er 
dem  Kraut  von  Asperula  odoraia  gefunden  hat.  Die  Formel  der  San 
ist  nach  ihm  IfO.Ci4H8  08;  nach  Rochleder's')  Ansicht,  die  ab 

noch  der  Bestätigung  bedarf,  wäre  die  rationelle  Formel  H  O.  p^^u^K 

Laurent 3)  nimmt  an,  dass  die  Säure  die  Elemente  von  Kohlenhydr 
und  Rubichlorsäure  minus  Wasser  enthalte,  und  ihre  Formel  C40  H^s  Q 
=  (CijHi2  0i2 -f- 2.C141R10O10  minus  6H0)  sei;  (nach Laurent  istdi 
Rubichlorsäure  =  C14H10O10,  nach  Roc bieder  =  Ci4Hg09);  hieff 
fehlt  nun  freilich  alle  experimentelle  Begründung,  denn  es  ist  der  Ziick< 
noch  nicht  nachgewiesen  unter  den  Zersetzungsproducten.  der  Aspei 
tannsäure,  die  überhaupt  unvollständig  untersucht  und  vielleicht  auc 
noch  nicht  ganz  rein  dargestellt  ist. 

Zur  Abscheidung  der  Aspertannsäure  soll,  nach  Schwarz,  da 
wässerige  Decoct  des  Krautes  von  Asperula  odorata  mit  neutralem  es 
sigsauren  Blei  gefällt,  der  grüne  Niederschlag  nach  dem  Auswasche 
in  Essigsäure  gelöst,  und  dann  zuerst  mit  wenig  basisch-essigsaure« 
Bleioxyd  versetzt  werden ;  die  von  dem  hiebei  erhaltenen  Niederschlag; 
abfiltrirte  Flüssigkeit  scheidet  nun  beim  vollständigen  Ausfällen  ml 
Bleiessig  gelbes  Bleisalz  ab,  das,  nach  Schwarz,  reines  aApertannsan 
res  Bleioxyd  ist. 

Eine  ähnliche  Verbindung  kann  aus  dem  in  Wasser  löslichfll 
Theil  des  weingeistigen  Extracts  von  Asperula  erhalten  werden,  wed 
die  wässerige  Flüssigkeit  mit  Bleizucker  ausgefällt  nnd  der  ansgei 
scheue  Niederschlag  mit  verdünnter  Essigsäure  behandelt  wird.  Die  sai 
Losung  wird  von  dem  ungelösten  Theil  abfiltrirt,  und  dann  fractioi 
mit  absolutem  Alkohol  ausgefällt;  der  zuerst  entstehende  grüne  Niedf 
schlag  wird  als  unrein  beseitigt;  der  später  entstehende  gelbe  Nied< 
schlag  ist  reines  aspertannsaures  Bleioxyd,  er  wird  mit  Alkohol  ausget 
sehen  und  getrocknet. 

Um  aus  den  Bleiniederschlägen  die  Säure  abzuscheiden,  verthc 
man  dieselben  in  Wasser  und  zersetzt  mit  Schwefelwasserstoff;  das  P 
trat  wird  in  einer  Retorte  in  einem  Strom  von  Kohlensäure  abgedlmp 

»)  Bericht  tL  Wien.  Akad.  d.  Wissenschaften,  April  1861.  Bd.  VI,  S.  44« 
Pharm.  Centralbl.  1861,  S.  929;  Journ.  f.  prakt  Chem.  Bd.  LV.  S.  898;  Annift 
d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXX,  S.  888.  —  »)  Bericht  d.  Wien.  Akadrm.  Bd.  VIIJ 
S.  64;  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LVIII,  S.  108;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  1« 
LXXXITI,  S.  64.  —  3)  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [3.J  T.  XXXVI,  p.  380. 


Asperula  odorata.  —  Asphalt.  387 

«nd  der  dabei  bleibende  schwach  bräanlichgelbe  Röckstand  bei  100<^  C. 
fetrockneL  Die  amorphe  Mafi^e  schmeckt  säuerlich  zusammenziehend ;  sie 
ist  geruchlos,  sehr  hygroskopisch,  io  Wasser  and  Alkohol  leicht,  in  Aether 
lehwer  loslich.  Die  Aspertannsänre  färbt  Eisenozydsalze  grün,  sie 
fällt  aber  weder  Leim  oder  Eiweiss,  noch  Brechweinsteinlösung,  sie 
lal  also  nicht  die  Eigenschaften  einer  eigentlichen  Gerbsäure.  Die 
visserige  Losung  wird  durch  Kupferoxjdsalz  gefällt;  neutrales  wie 
basisch-essigsaures  Bleioxyd  giebt  gelbe  Niederschläge  von  sehr  wech- 
selnder Zusammensetzung;  Schwarz  hat  solche  erhalten,  welche  auf 
H  Aeq.  Kohlenstoff  6  oder  9  Aeq.  Bleioxyd  enthielten,  verbunden  mit 
verschiedenen  Mengen  Wasser;  aus  solchen  Verbindungen  lässt  sich  das 
■Atomgewicht  einer  Säure  natürlich  auch  nicht  mit  annähernder  Sicher- 
kdt  ableiten. 

Die  Aspertannsänre  zieht  begierig  Feuchtigkeit  und  Sauerstoff  aus 
4er  Luft  an,  besonders  schnell  bei  Gegenwart  von  Alkalien,  wobei  sie 
liich  dunkelbraun  färbt;  das  Filtrat  nach  der  Neutralisation  durch  Säure 
mit  Bleizuckerlösung  versetzt  und  von  dem  Niederschlag  getrennt,  gab 
nit  Bleiesstg  einen  nach  dem  Trocknen  röthlichgrauen  Niederschlag, 
^  im  Wasser  ziemlich  leicht  löslich  ist;  seine  Zusammensetzung  be- 
rechnet Schwarz  zu  18PbO  -f-  C^ß^Q^O^sy  ^us  seinen  Zahlen  lässt 
sieb  aber  eben  so  gut  die  Formel  21PbO  -4-  C43  H^]  O29  und  wohl  noch 
wuiche  andere  berechnen;  ein  Beweis,  dass,  wie  er  meint,  C^tf 2-^^10* 
felreten  und  daher  die  erstere  Formel  die  richtigere  sei,  ist  deshalb 
durch  die  Zusammensetzung  nicht  geg^eben. 

Mit  kohlensaurem  Kupferoxyd  gelinde,  erwärmt,  bildet  die  Asper- 
tannsänre eine  grüne  Lösung,  aus  welcher  absoluter  Alkohol  ein  grünes 
Kopfersalz  fällt,  welches,  nach  Schwarz,  Kupferoxydul  enthält,  ob  da  n  n 
illes  Kopfer  als  Oxydul  vorhanden  sei,  ist  nicht  angegeben,  eben  so 
fehlt  der  Nachweis,  dass  überhaupt  Oxydnl  vorhanden  ist,  danach  muss 
ät  Uichtigkeit  der  Formel  für  die  mit  dem  Kupfer  verbundene  organi- 
sche Sabstanz  .=  ChHhOis,  einstweilen  dahin  gestellt  bleiben. 

AHB  salpetersaurem  Silberoxyd  scheidet  sich  bei  Zusatz  von  Asper- 
tumsaure  das  Silber  metallisch  ab. 

Bei  fortgesetztem  Kochen  von  Aspertannsäure  mit  verdünnter 
Sehwefelsäure  9  bis  die  Lösung  Eisenchlorid  nicht  mehr  grün  färbt,^ 
bildet  sich  eine  Säure,  welche  sich  abscheiden  lässt  durch  fractionirte 
Fallang  mit  basisch-essigsaurem  Bleioxyd,  wodurch  zuerst  die  Schwefel- 
^nre  gefällt  wird.  Der  lichtgelbe  mit  Alkohol  ausgewaschene  und 
getrocknete  Niederschlag  hat  eine  der  Formel  9PbO-f-Cei)H2i  O^i  ent- 
^rechende  Zusammensetzung.  Wenn  darin  das  Metalloxyd  dnrch  gleiche 
Aeqnivalente  Wasser  ersetzbar  angenommen  wird,  so  wäre  der  organische 
Korper  Gl 3  He  Ofi,  dessen  Bildung  aus  der  Aspertannsäure,  C] 4  Hg  Og,  sich 
^iireh  das  Austreten  von  C^HsO^i  erklären  würde;  die  Bildung  von 
Zocker  neben  der  neuen  Säure  konnte  nicht  nachgewiesen  werden,  auch 
Mgsäore  ist  nicht  bemerkt.  Fe. 

Asperula  odorata.  L.^)  Waldmeister.  Das  Kraut  dieser 
Pflanze  enthält  Cumarin.  Aspertannsäure,  Rubichlorsäure,  Citronsäure 
ond  wahrscheinlich  Catechin. 

Asphalt,    Erdpeeh,  Bergpech,   Bergtheer,  Judenpech, 


*)  Literfttar:  g.  bei  AtpertannBäore. 

25 


388  Asphalt. 

schwarzes  Erdharz,  Bitume  solide^  Goudron  mineral^  compw 

Bitumen,  asphalt^  mineral  pitck^  ist  ein  branner  bis  sammetschw&rz« 

»usserlich  gewissen  Anthraoiten  ähnlicher,  bei  gewöhnlicher  Temperatt 

fester  harzartiger  Körper  von  muschlichem  Bruch  und  einem  Strich,  de 

gewöhnlich  etwas  heller  ist  als  die  Brtichfläche,  worauf  man  ihn  hervor 

bringt.  Derselbe  ist  undurchsichtig,  hat  einen  bituminösen,  nach  dem  Bd 

ben  stärker  hervortretenden  Geruch  und  ein  specißsches  Gewicht  von  I 

bis  1,68;  löst  sich  theilweise  in  Weingeist,  leichter  in  fetten  undätheri 

sehen  Gelen ;  auch  reine  und  kohlensaure  Alkalien  lösen  ihn.    Bei  nn 

gefähr  100^  C.  schmilzt  er,  entzündet  sich  leicht  und  verbrennt  mit  let 

hafter,  aber  stark  russender  Flamme.    Der  trockenen  Destillation  anter 

werfen,  giebt  er  wenig  ammoniakhaltiges  Wasser,  ein  eigenthümlich« 

brenzliches  Gel  und  einen  kohligen  Rückstand,  dem  je  nach  dem  Grade  de 

Reinheit  mehr  oder  weniger  unverbrennliche  Bestandtheile  beigemeng 

sind.    Man  bezeichnet  nämlich  sehr  oft  mit  dem  Namen  „Asphalt^^  bitumi 

nöse  Massen,  die  nichts  anderes  sind  als  Gestein,  das  mit  dem  Erdharz  bUlt 

imprägnirt  ist,  Substanzen,  welche  die  Techniker  Rohasphalt,  die  Minen 

logen  erdigenAsphalt  nennen.  Der  eigentliche  Asphalt  findet  sich  zien 

lieh  häufig.  Bekannte  Fundorte  sind:  das  todte  Meer,  in  dessen  Bett  eri 

flüssigem  Zustande  aus  der  Erde  quellen  uud  auf  dessen  Gberfläche  er  sie 

zu  Klumpen  zusammenballen  soll,  die,  ans  Ufer  geworfen,  von  den  B( 

wohnem  gesammelt  und  in  Handel  gebracht  werden.    Auf  Trinidad  fii 

det  sich  ein  See,  der  sogenannte  Asphaltsee,  in  welchem  das  Erdhai 

eine  zum  Theil  starre,  theils  aber  noch  weiche  Bank  bilden  soll.  Weit! 

findet  er  sich  in  Südamerika,  auf  Cuba  in  Westindien  u.  a.  a.  O.  Naffl 

hafte  Fundorte  in  Europa,  von  welchen  aus  Asphalt  in  den  Handel  gl 

bracht  wird,  sind :  Pyrimont  bei  Seyssel  am  Ufer  der  Rhone  im  Depaiti 

ment  de  l'Ain,  wo  der  Asphalt  ein  Lager  voji  i2500'  Länge  und  8(H 

Breite  bilden  soll,  aus  dem  jährlich  etwa  30000  Centner  gefördert  an 

dem  Handel  übergeben  werden.    Im  Val  de  Travers  im  Canton  Neuei 

bürg  in  der  Schweiz,  findet  sich  der   zur  Kreideformation  gehörend 

Neocomienkalk  sehr  stark  mit  Asphalt  durchdrungen,  er  wird  durc 

Sprengen  mit  Pulver  gebrochen  und  dient  unter  dem  Namen  Rohnspha 

ohne  weiteres  zu  gewissen  baulichen  Verwendungen.  Bei  Bastennes  un 

^Dax  im  Departement  des  -  Landes  findet  sich  ein  mit  Bitumen  innig  in 

prägnirter  Kieselsand;  in Bechelbrunn  und  Lobsann,  im  Departement  d( 

Niederrheins,   kommt  neben  einem  mit  Bitumen  durchtränkten  t\m 

Bchüasigen    tertiären  Sandstein    eine   klebrige  Masse  vor,  mehr  ber| 

theerartig  als  ein  eigentlicher  Asphalt,  die  im  Handel  „graisse  de  Stros 

bourg^  heisst.  Bei  Limmer  im  Königreich  Hannover  finden  sich  Asphal 

gruben ,  die  ausgebeutet  werden.    Endlich  werden  einige  andere  Fun« 

orte  in  Frankreich  (Pont  du  Chateau),  in  Italien,  Dalniatien,  Grieche! 

land,  den  ionischen  Inseln  und  Schweden  genannt,  die  aber  8ämmtli< 

nicht  so  viel  in  den  Verkehr  bringen,  dass  die  Producte  eine  techniscl 

Bedeutung  hätten.    Boussingault  berichtet  noch  von  bedeutenden  A 

phaltlagem  bei  Mendez  am  Ufer  des  Rio  grande  de  la  Magdalena,  vc 

Coxitambo  bei  Cuenco  in  Peru  und  von  bedeutenden  ErdtheerergSss< 

zu  Pagta  an  der  peruanischen  Küste.     Viel  reiner  Asphalt  soll  vc 

Cuba  in  den  Handel  kommen. 

Die  chemische  Untersuchung  der  Erdharze  ist  in  drei  verschiedi 
nen  Richtungen  vorgenommen  worden :  Man  bestimmte  die  Menge  d( 
bituminösen  Substanz  und  die  des  Gesteins  im  Rohasphalt,  man  ze 


Asphalt.  389 

^[te  die  organische  Materie,  den  eigentlichen  Asphalt  in  seine  näheren 
lertandtheiie,  und  man  machte  endlich  die  Eleraentaranalyse ,  sei  es 
i»  Asphalts  im  Ganzen  oder  jedes  einzelnen  der  aufffefundenen  nähe- 
yeo  Bestaodtheile. 

Von  vorwiegend  technischem  Interesse  sind  die  Bestimmungen 
jier  organischen  Materie  in  dem  Rohasphalt  In  dem  Asphalt  von  SeyB- 
lel  fanden  Ulex  und  Beit  9  Thle.  Bitumen  auf  91  Thle.  kohlen- 
luren  Kalk:  Karmarsch  0  fj^ind  darin  88  Proc.  kohlensauren  Kalk 
«ssaDdige  Masse.  Der  Asphaltstein  von  Lobsann  enthält  nach  Ulex 
ndBeit«  12  Thle.  Bitumen  und  88  Thle.  eisenschüssigen  kohlensau- 
IttD  Kalk,  in  dem  vom  Yal  Travers  ist  das  Verhältniss  von  Gesteins- 
Bftsse  zu  der  imprägnirenden  organischen  Substanz  nach  denselben 
Beobachtern  ganz  dasselbe  wie  im  vorigen  Fall.  VölkeTO  fand  darin 
lie  organische  Materie  zwischen  10  und  20  Proc.  wechselnd.  Der 
Kohasphalt  von  Bastennes  enthält,  nach  Ulex  und  Beit,  6  bis  12  Proc. 
Erdharz,  und  der  von  Limmer  nach  den  gleichen  Beobachtern  13 1/2 
ilbeile  bituminöse  Materie. 

Die  Trennung  der  letzteren  von  dem  damit  'durchtränkten  Gestein 
jÜist  sich  entweder  durch  Kochen  mit  Wasser  bewirken,  wodurch  der 
lAiphalt  ausschmilzt,  oder  durch  Salzsäure,  die  den  kohlensauren  Kalk 
JMiflöst,  oder  durch  Terpentinöl,  das  das  Erdharz  auszieht. 

Boussingau-lt  ^)  hat  zuerst  versucht,  Erdharz  in  seine  näheren 
{estandtheile  zu  zerlegen,  und  zwar  dasjenige  vom  Bechelbrunn  im 
Bttss,  welches  folgendes  Verhalten  zeigte:  Alkohol  von  40<'C.  wirkt 
waentlich  erwärmt  auf  den  Bergtheer  ziemlich  stark  ein,  indem  ein 
Btttandtheil  desselben  zum  Theil  ausgezogen  wird,  während  der  an- 
te in  etwas  consistenterem  Zustande  zurückbleibt.  Es  ist  jedoch  nicht 
■öglich,  die  Zerlegung  in  die  beiden  Bestandtheile  auf  diesem  Wege 
voUitaadig  zu  bewirken,  da  der  feste  Rückstand  durch  die  Behandlung 
Bit  Alkohol  immer  härter  wird  und  der  Alkohol  in  demselben  Maasse 
TQO  seiner  auflösenden  Kraft  verliert.  Der  Alkohol  beladet  sich  bei 
fiesem  Verfahren  mit  einer  Substanz,  die  nach  der  Verdampfung  des 
Alkohols  flüssig  ist  und  von  Boussingault  Petrolen  genannt  wird, 
während  er  den  festen  Rückstand  Asphalten  nennt. 

Die  Trennung  des  festen  Bestandtheils  von  dem  flüssigen  bewirkte 
Boussingault  durch  Destillation  des  Bergtheers  mit  Wasser  undCon- 
deiuiren  der  übergehenden  Dämpfe,  die  aus  Wasser  und  einer-  obenauf- 
schwimmenden,  nicht  ganz  farblosen  Flüssigkeit  bestehen,  welche,  abge- 
^ben  und  über  Chlorcalcium  umdestillirt,  wassei^hell  wird. 

Völkel'*)  machte  eine  ähnliche  Untersuchung  über  den  Asphalt 
voQ)  Val  Travers.  An  diesem  Ort  wird  der  Rohasphalt  in  eisernen 
Retorten  einer  Destillation  unterworfen,  und  als  flüchtiges  Product  ein 
^KViDgelbes  Oel  „Asphaltöl**^  gewonnen.  Dies  Oel  schüttelte  Völkel 
1^  concentrirter  Kalilösung,  destillirte  mit  Wasser  und  rectificirte  es 
aber  Chlorcalcium.  Auf  diese  Weise  erhielt  er  ein  Product,  das  bei  90^  C. 
ufbg  za  kochen,  dessen  Siedepunkt  aber  bis  250^  C.  stieg,  bei  welch 
letzterer  Temperatur  ein  dickliches  stärker  gefärbtes  Oel  zurückblieb. 


I        ')  tfittheilungen  des  Gewerbevereins  für  das  Königreich  Hannover,  Lfrg.  XXXV, 
!  J«hrg.  1S44.  —  «)  Ännal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXXVII,  S.  189.  —  •)  Annal. 

*e  dum.  et   de   phya.    T.   LXIV ;    auch    Annal.    d.   Chem.   u.  Pharm.     Bd.   XXIII, 

S.  161.  -  *)  A.  8.  O. 


390  Asphalt. 

Das  zwischen  90^  und  200^  C.  Uebergegangene  hatte  ein  sped 
Gewicht  von  0,817,  das  zwischen  200^  und  2öO<^C.  Uebergegnngene  d 
specif.  Gewicht  von  0,ß68.  Die  Zusammensetzang  beider  Dedtillatioo 
producte  ist  die  nämliche,  es  sind  Kohlenwasserstoffe  mit  noch  eiu 
sauerstoffhaltigen  Körper  verunreinigt,  der  Sauerstoffgehalt  betrug  nid 
ganz  1  Proc.  Völkel  macht  darauf  aufmerksam,  daM  die  Destilhitio 
des  Bernsteins,  nach  Döpping,  ein  flüchtiges  ölartiges  Product  liefer 
das  mit  Schwefelsäure  und  Aetzkali  behandelt  und  ober  Chlorcalcia 
rectifioirt,  eine  ganz  ähnliche  Zusammensetzung  zeigt,  and  dessen  Siedi 
punkt  ebenfalls  nicht  constant  ist  Um  den  sauerstoffhaltigen  Körp« 
zu  entfernen,  schüttelte  Völkel  das  Oel  wiederholt  mit  concentriitf 
Schwefelsäure,  die  etwas  davon  aufnahm.  Den  nicht  aufgenommene 
Theil,  der  obenauf  schwamm,  hob  er  ab,  mischte  ihn  mit  Aetzkalilosan 
und  unterwarf  ihn  der  Destillation  mit  Wasser.  Das  Destillat  war  fark 
los,  roch  schwach  aber  angenehm.  Sein  Siedepunkt  war  wieder  nid 
constant,  die  ersten  Portionen  gingen  schon  bei  90^0.  über  und  de 
Kochpunkt  steigerte  sich  bis  auf  250^^  C.  Das  Destillat  wurde  in  6  Pai 
tien  gesondert  aufgefangen,  die  specifischen  Gewichte  der  einzelne 
stiegen  mit  dem  Siedepunkt,  das  bei  90^  bis  120<^C.  Uebergegangen 
hatte  ein  specif.  Gewicht  von  0,784,  während  das  zwischen  200^  ud 
250^0.  Ueberdestillirte  ein  solches  von  0,867  zeigte.  Die  Zusaromea 
Setzung  der  sechs  Destillationsproducte  war  ganz  gleich,  sie  enthieltet 
87,4  Kohlenstoff  auf  12,4  Wasserstoff  wie  Boussingault's  Petrole 
und,  nach  Döpping,  das  sauerstofffreie  Bernsteinöl.  Der  flüssigem» 
fluchtige  Bestandtheil  des  Asphalts  und  Bergtheers  ist  somit  ein  Kohlea 
Wasserstoff.  Der  gefundene  Gehalt  an  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  fall 
zwischen  die  Verhältnisse  von  5  ;  4  und  5  :  5  Atom. 

Völkel  ist  geneigt,  dem  Körper  die  Formel  nCCeft^)  zu  geben 
es  ist  aber  nach  den  beobachteten  Thatsachen  eher  anzunehmen,  das 
man  mit  Gemengen  von  »(^5^4)  mit  n(d})  zu  thun  habe.  Bous 
singault  stellt  das  Petrolen  in  die  Tereben-  oder  Caniphenreihe.  E 
fand  das  specif.  Gewicht  =  0,891,  den  Siedepunkt  constant  bei  280^  C. 
das  specif.  Gewicht  des  Petrolendampfes  =  9,415  gerade  das  Dop 
pelte  des  Terpentinöldampfes  (nach  Dumas  =  4,765). 

Im'  Uebrigen  stimmen  die  Angaben  der  Eigenschaften  über  di< 
flüchtigen  Asphaltöle  von  Boussingault  und  Völkel  fiberein.  Si 
sind  in  Alkohol  und  Aether  löslich,  unlöslich  in  Wasser,  und  verbreo 
nen  mit  russender  Flamme,  aber  starkem  Leuchten. 

Das  Asphalten,  der  feste  nicht  flüchtige  Bestandtheil  des  As 
phalts  oder  Bergtheers,  ist  nur  von  Boussingault  näher  untersucht  woi 
den.  Er  erhitzte  in  einem  Oelbade  den  Bechelbrunner  Bergtheer  lafl 
gere  Zeit  bei  250^  C,  bis  sich  sein  Gewicht  nicht  mehr  veränderte 
dies  zu  erreichen  sei  auch  für  nur  2  Gramm  Substanz  ein  constante 
Erhitzen  von  45  bis  50  Stunden  nöthig.  Der  Körper  ist  in  diesem  Zu 
Stande  schwarz,  sehr  glänzend,  von  muschlichem  Bruch  und  schwere 
als  Wasser.  Bei  300^  C.  wird  er  weich  und  elastisch.  Er  zersetzt  siel 
vor  dem  Schmelzen  und  brennt  wie  die  Harze,  indem  er  viel  Kohl 
zuriickläsdt.  Er  ist  unlöslich  in  Alkohol,  dagegen  löst  er  sich  i 
Aether,  fetten  Oelen  und  Terpentinöl  wie  das  Petrolen  auf;  er  eot 
hält,  nach  Boussingault,  Kohlenstoff  74,24  und  Wasserstoff  9,9( 
und  derselbe  giebt  ihm  die  Formel  GsoKieOa,  wonach  er  als  ein  Otj 
dationsproduct  des  Petrolens  angesehen  werden  kann. 


n. 

in. 

IV. 

V. 

VI. 

78,50 

76,13 

77,64 

67,43 

81,46 

8,80 

9,41 

7,86 

7,22 

9,57 

(2,60 

10,34 

8,35 

23,98) 

8,97 

|l,65 

2,32 

1,02 

l,37j 

8,45 

1,80 

5,13 

— 

Asphalt,  künstlicher.  391 

Vdlkel  fand  in  dem  Asphalt  von  Dax  im  Departement  des -Lan- 
des, aosser  den  in  Aether  löslichen  und  den  mineralischen  Bestandtheilen, 
eine  braone  ulminähnliche  harzige  M^sse,  die  erst  bei  ziemlich  hoher 
Temperatur  schmilzt,  die  er  aber,  da  es  ihm  nicht  gelang  dieselbe  hin- 
länglich zu*  reinigen,  nicht  der  Analyse  unterwarf. 

Es  liegen  noch  einige  Untersuchungen  von  Boussingault  0  und 
lodere  von  Ebelmen  ^)  vor,  aus  welchen  die  Elementarzusammen- 
Itttzang  verschiedener  Asphalte  erkannt  werden  kann.  Regnault  ^) 
1  untersuchte  im  gleichen  Sinn  ein  Erdharz  von  Cuba.  Die  untersuch- 
>  ten  Erdharze  sind 

L  das  von  Coxitambo  in  Peru    ....    Boussingault 
.  II.    „      „    Bastennes Ebelmen 

ni.    ri      n    Font  du  Chateau  Auvergne  .  „ 

IV.  Erdharz  aus  den  Abruzzen  bei  Neapel  y, 

V.        „        von  Pontnavey „ 

VI.        y,  „    Cuba Regnault. 

Die  Ergebnisse  sind: 

I. 
Kohlenstoff   88,63  —  88,70 
Wasaerstoff     9,69—   9,68 

«r/i  '.«»-'•«'' 

Asche  — 

100,00   100,00     100,00     100,00     100,00     100,00     100,00 

Der  natürliche  Asphalt  findet,  nöthigenfalls  gemengt  mit  der  er- 
forderlichen Quantität  von  erdigen  Theilen  Sand,  Kreide,  gemahlenem 
Kalbtein  u.  s.  w.,  vielfache  Anwendung  zu  den  bekannten  Asphalt- 
trottoirs,  zur  Darstellung  wasserdichter  Gruben  oder  Bedeckungen;  als 
Deberzug  von  Eisenblech-  oder  Glasröhren,  um  sie  zu  Wasser-  oder 
Gasleitungen  zu  verwenden,  als  Ueberzug  auf  Metallblech ,  um  es  vor 
Veränderung  durch  Luft  und  Feuchtigkeit  zu  schützen,  wie  zu  ähn- 
lichen Zwecken.  By- 

Asphalt,  künstlicher,  Gastheerasphalt.  Wird  Stein- 
^hlentheer,  wie  er  in  den  Gasfabriken  als  Nebenproduct  erhalten 
wird,  zur  Entfernung  des  Wassers,  der  Oele  und  überhaupt  der  flncli- 
tigeo  Bestandtheile,  in  offenen  Pfannen,  oder  um  zugleich  die  flüchti- 
gen Oele  zu  gewinnen,  in  Destillätionsapparaten  eingedampft,  so  bleibt, 
veno  nicht  zu  weit  eingekocht  ward,  eine  zähe,  pechartige,  beim  Er- 
kalten festwerdende  Masse  zurück,  ungefähr  3/4  des  Theers.  Dieser 
Ruckstand  nun  dient  zur  Darstellung  von  sogenanntem  künstlichen 
^halt,  indem  man  der  geschmolzenen  Masse  die  nöthige  Menge  Mi- 
Qeralsubstanzen ,  gemahlene  Kreide,  Kalkstein  oder  Sand  (besonders 
bitoiDlnose)  u.  dergl.  sorgfältig  einmengt.  Wesentlich  ist  es,  die  Mi- 
Qeralsnbstanzen  zuerst  für  sich  stark  genug  zu  erhitzen,  um  die  einge- 
schlossene Feuchtigkeit  und  anhängende  Luft  auszutreiben,  weil  beide 
«ö  Emdringen  des  Asphalts  in  das  Pulver  und  eine  innige  Verbin- 
dung damit  verhindern,  und  auch  das  genaue  Mengen  der  Substanzen 


*)  Anü»l.  de  chim.  et  de  phys.  [2.]  T.  LXXIII,  p.  442;  auch  Annal.  d.  Chem. 
«•  Phinn.  Bd.  XXXV,  8.  354.  —  «)  Anwl.  des  mlne».  T.  XV,  p.  528.  —  *)  Dingl. 
Poiyt.  Jcmra.  Bd.  LXVUI,  S.  2fl. 


392  Asphalten.  —  Äspirator. 

erschweren  würden.  Der  kUnstUcbe  Asphalt  findet  dieselba  Verwen- 
dong  wie  der  DatUrllche  su  TroUoirs,  zn  wasserdichten  Ueberzüg«a 
u.  s.  w.  Wesentlich  ist  es,  dass  das  Pech  stark  genug  erhitzt  wurde, 
ohne  aber  2u  verkohlen,  und  dass  dos  richtige  Verh&ltniss  der  Mineral' 
Substanzen  gewählt  ward.  Fe. 

Asphalten,  Asphalt»  erdiger,  Asphalterde, 
Asphaltöl  'S.  Asphalt 

Asphodelus.  Die  Knollen  verschiedener  Asphodelns- Arten  sind 
bis  jetzt  nur  unvollständig  untersucht;  nach  Rogain  enthalten  die 
Wurzeln  von  AtphodeU  (U  Sardaigne  einen  gährangsfähigen  Körper, 
den  er  nicht  weiter  untersucht  hat,  aber  einstweilen  Asphodelin  nennL 
Clerget  macht  darauf  aufmerksnin,  dass  die  Knollen  von  A^hodebu 
racemoaas  zur  Fabrikation  von  Weingeist  benntzt  werden  können.  Nach 
Landerer  werden  die  Knollen,  von  A.  raeemoaiu  und  A.  ßsbdonu, 
welche  sich  in  allen  Theilen  Griechenlands,  in  Klein-Asien  bei  Con- 
stantinopel  a.  s.  w.  finden,  nach  dem  Abwaschen  mit  Wasser  in  einem 
Oren  stark  getrocknet,  und  dann  zu  einem  gröblichen  Pulver  zermah- 
len,  welches  mit  Wasser  einen  ausgezeichnet  klebenden  Leim  für  Buch- 
binder und  Sattler,  selbst  für  Zimmerleute  u.  s.  w.  giebt.  Die  KnoUea 
geben,  mit  Salzsäure  behandelt,  beim  Gähren  Weingeist  von  einem  sehr 
unangenehmen  Fuselgeruch.  Pc 

Äspirator,  ist  der  von  Brunner  vorgeschlagene  nnd  jetd 
altgemein  angenommene  Name  für  einen  Apparat,  den  Branoer 
zuerst  zur  Hervorbringung  eines  Luftstroms  empfahl.  Die  ursprÜDg- 
lichc  nnd  einfachste  Gestalt  des  Aspirators  ist  die  Fig.  21,  welche  jeM 
noch  in  vielen  Laboratorien,  z.  B.  zum  Trocknen  in  einem  wanneD 
LnHitrom  dient  (s.  d.  Art.  Analyse,  organische  n.  Austrocknen). 
.<1  ist  ein  Cylinder  von  Zinkblech.  Derselbe 
hat  nahe  am  Boden  eine  Oeffnnog  niit 
Hahn  a,  um  Wasser,  welches  sich  in  den 
Cylinder  befindet,  mit  beliebiger  Ge- 
schwindigkeit ausfliessen  zu  lassen,  ^  e 
und  d  sind  OefTpungen,  die  mit  Kork- 
pfropfen verschliessbar  sind,  d  dient  lum 
Wiedereinfüllen  neuen  Wassers,  wenn  der 
Cylinder  leer  ist,  c  ist  dazu  bestimiol, 
ein  Thermometer  IufUii;ht  in  den  Bsum 
A  mittelst  eines  Korkes  zu  stecken,  und 
mit  b  ist  ein  gebogenes  Glasrohr  in  Ver- 
bindung, das  an  seinem  anderen  Ende  mit 
den  Gelassen,  Rohren  u.  s.  w.  commum- 
cirt,  durch  welches  der  Gas-  oder  LdA' 
Strom  hindurch  geleitet  werden  soll  (s.  Bd.  I,  S,  846).  Es  ist  ieicbl 
einzusehen ,  dnss  bei  vollständigem  Verschluss  von  c  und  d  ein  Lult- 
strom  durch  b  gegen  das  Gefäss  A  hin  stattfinden  muss,  sobald  der 
Hahn  a  geöffnet  wird. 

Eine  Flasche,  wie  Fig.  22,  kann  begreiflich  auch  an  der  Stelle  det 
Blechcylinders  dienen. 

Regnault  hat  die  Gestalt  des  Aspirators  etwas  geändert,  indem  er 
an  die  Stelle  des  flachen  Bodens  und  DeckeU  einen  conischen  Boden  nnd 


Fig.  21. 


Aspirator.  393 

Dackel  anbringt.    ¥^g  23  it«11t  diesen  Aipirator  dftr,  wi«  er  von  Re- 

gnsnlt  eur  Analyse  der  otinosph&riBChen  Laft angewandt  ist.  Beiaist  mit- 

Fig.  28. 


Idat  ünea  Korks  eine  gebogene  an 

beiden  Enden  offene  Metallröhre  ad 

bleibend  luftdicht  eingesetzt,  die  mit 

ooem  System  Ton  0-farmig  gebogenen  Etöhren    ABCDEF  in  Ver- 

Undang  steht,  dnrcb  die  man  die  Luft  hindurchteiten  will ,  um  an  die  in 

ABCDEF  befindlichen  Substanzen   ihren  Feuchtigkeit«-  und  Kohlen* 

mregebalt  abzugeben,   b  ist  ein  Tnbulns  für  das  TherniOTiieter  und  zum 

<  liiiifnllen  nanen    Wassers  bestimmt,     r  ein  Hahn,  an  dessen  unteres 

i  M«  ein  umgebogeoM  Glasrohr  angekittet  ist,  das  die  Bestiramnag  hat, 

den  Lnlteintritt  von  unten  in  den  von  Wasser  entleerten  Cjlinder  V  zu 

I  lerbindem.     Die  conische  Form  von  Boden  und  Deckel,  gewährt  den 

Vonheil,  das  Gefäss  V  viel  genauer  ganz  TOtlffiUen  und  somit  seinen    . 

hibslt  sicherer  bestimmen  zu  können,  als  es  bei  flachem  Boden  und 

1^<^1  möglich  isL   Oer  Äspirator  voo  Begnault  fasst  50  bis  lUO  Liter 

Das  WiederffiUen  des  Aspiraton  bt  ein  mühsames  und  unange- 
I  stkuues  Gesch&ft,  und  aus  dieser  Wahrnehmting  siud  eine  grosse  Reihe 
'OD  Vorschlägen  hervorgegangen,  deren  gemeinschaftliches  Ziel  ist, 
w  DDtrai  abgelaufene  Wasser  sogleich  in  einen  zweiten  Cylinder  auf- 
""^Dgen,  und  sobald  der  obere  leer  und  der  untere  gefallt  ist,  dieStel- 
Ing  der  beiden  zu  wechseln,  dass  der  untere  su  oberst  kommt,  um^  die 
'^tigkeit  des  Apparates  von  neuem  beginnen  zu  lassen.  Man  kann 
^iocArt  Asplratoren  Drehaspiratoren  nennen.  In  einfachster  Weise 
'»*  diese  Idee  zuerst  von  Brunuer  selbst  ausgeführt  worden,  A  und 
ß  (Pig.  24  s.  f.  S.)  sind  zwei  cjündrische  Trommeln  von  Blech,  jede 
'OD  etwa  einem  Cublkfuss  Inhalt;  sie  sitzen  an  der  6  Zoll  langen  Eisen- 
"Mge  ab,  in  deren  Mitte  die  Querstange  ac,  welche  als  Axe  in  den 
liBlienien  Trägem  cf,  dt  drehbar  ht.    Zwei  in  der  Mitte  mit  Hähnen 


394  Aspirator. 

versehene  Röhren  j^^iiA^  fuhren  von  einer  Trommel  cur  anderen.  Der  eine 
dieser  Hahne  hat  die  gewöhnliche,  der  andere  eine  Bohrung  wie  Fig.  25 
>eigt;  durch  den  ersten  können  beide  Trommeln  mit 
einander  in  Verbindung  gesetzt  werden,  durch  den 
letzteren  jede  derselben  einieln  mit  der  äusseren  Luft. 
Beide  Trommeln  haben  an  einem  ihrer  Bödeu ,  nicht 
weit  vom  Rande,  eine  kurze  Bohre  K,  die  mittelst 
Kork  verschlossen,  oder  mit  anderen  Röhren  verbun- 
den worden  kann.  Die  Röhren  K  haben  eine  entspre- 
chende Stellung  an  beiden  Trommeln,  bo  dass  b«Ini 
Umdrehen  de»  Instmmentea  die  eine  an  die  titeile  im 
anderen  kommt.  An  der  Trommel  Ä  ist,  seiner  gan- 
zen Länge  nach,  ein  oben  und  unten  in  sie  ansge* 
hendes  Glasrohr  angebrochL  Endlich  hat  jede  Trom- 
mel seitwärts  eine  Hülse  n,  um  an  den  Träger  ge- 
'  hakt  werden  zu  können.  —  Der  Gebrauch  des  luilru- 
mentes  ist  nun  folgender:  Man  schliesst  beide  Hahne 
„.     „.  ab,    füllt  die  Trommel  ^-mit  Waeser  und  verbindet 

sie  durch  eine  in  K  eingesetzte  Röhre   mit  dem  Ge- 
^B  fäss,  aus  welchem  oder  durch  welches  Luft  gesaugt 

^^V  werden  soll.    Hierauf  dreht  man  die  Hähne  so,  äsu 

D  einerseits  mit  A  und  andererseits  mit  der  äunseren 
Luft  in  Verbindung  kommt.  Dann  wird,  wie  die  Röhre  m  l  sehen  l&Nt, 
dns  Wasser  aus  Ä  in  B  abfliesseu  und  dafür  Lufl  aus  dem  Gefüse 
durch  K  einströmen.  Ist  Ä  leer  geworden,  so  braucht  man  nur  Kta 
verstöpseln,  die  Hähne  abzuschliessen,  die  Trommel  B  oacb  oben  za 
kehren,  sie  mit  dem  Gefässe  zu  verbindea  und  die  Hahne  in  tavor 
angegebener  Weise  wieder  zn  Öffnen. 

Was  an  dem  Bruuner'schen  Drehaspirator  einer  VerbesseruDg 
werth  erschien,  ist  die  Art  der  Verbbdung  zwischen  Aspirntor  und 
dem  Af^arste,  durch  welchen  der  Gasdtrom  soll  hindurchgeführt  wer- 
den. Vor  jeder  Drehung  des  Brunner'schen  Aspirators  muss  du 
VerbinduDgsrohr  aus  der  Oeffnung  K  abgelöst,  diese  mit  einem  Kork 
veratopfl  werden ,  um  nach  der  Umdrehung  das  Verbindungsrohr  mit 
dem  anderen  Blechcylinder  in  Verbindung  zu  setzen.  Als  ein  Vortheil 
ist  jedenfalls  die  Einrichtung  anzusehen,  wenn  die  Saugröhre  io  un- 
unterbrochener Verbindung  mit  dem  Aspirator  bleiben  kann  und  der 
Ausweg  der 'Luft  aus  dem  unteren,  sowie  der  Abfluss  des  Wassers 
aus  dem  oberen  ins  untere  Gefäss  durch  Hähne  bewerkstelligt  wird. 

Einrichtungen  der  Art  sind  beschrieben  von  Abendroth  >),  Bol- 
ley'),  Baumhauer')  und  Anderen.  Diese  Einrichtungen  erfüllen  ih- 
ren Zweck  in  ganz  genügender  Weise;  was  vielleicht  gegen  dieselben 
eingewandt  werden  kann,  ist,  dass  sie  wegen  etwas  comjilicirterer  Con- 
Btruction  theurer  zu  stehen  kommen. 

Verschieden  im  Frincip  von  den  ebenbesprochenen  Aspiratoreo 
ist  derjenige  von  Mohr.  Man  hat  ganz  ahnliche  Einrichtungen  in  dea 
englischen  Essigstuben  und  an  den  Maschinen  zur  Darstellung  end- 
losen Papiers  zum  Behufe  de^t  Lnftansaugens ;  es  sind  engere  Cylinder. 
di«,  mit  der  Oeffnung  nach  nuten  gekehrt,  in  einem  weiteren  mit  Wasser 

1.  Bd.  XU, 


Afipirator.  395 

fällten  Gefäss  stehen,  und  aobald  sie  aus  dem  weiteren  Gefäss  in  die 
Höhe  gezogen  werden,  einen  luftverdünnten  Raum  herstellen,  der  mit 
der  äusseren  Luft  in  Verbindung  das  Einströmen  derselben  bewirkt. 
£5  ist  zu  dieser  freilich  einfachen  Construction  zu  bemerken ,  dass  sie 
ohne  einen  immer  gleichmässig  wirkenden  Mechanismus ,  wenn  nur ' 
mittelst  eines  Gewichtes  der  Ansaugecylinder  gehoben  wird,  nicht  leicht 
eine  sehr  .regelmässige  Aufwärtsbewegung  zulässt,  und  dass  sie  da 
ucht  dienen  kann,  wo  das  aufgesogene  Luftvolumen  genau  gemessen 
werden  soll,  wie  es  z.  B.  bei  Luftanalysen  mittelst  des  Regnault'- 
schen  Aspirators  der  Fall  ist. 

Die  Einrichtung    des    Mohr' sehen    Aspirators   ergiebt  sich    aus 
Fig.  26.    A  ist  das  weitere  mit  Wasser  gefüllte  Gefäss,  B  die  darin  ' 
Fig.  26.  umgestülpte  Glocke  oben  mit  einem 

niedrigen  Rand  umgeben,  damit  ei- 
nige Linien  hoch  Wasser  eingefüllt 
werden  kann,  das  ein  Wasserventil 
mit  der  doppelt  gebogenen  Röhre 
ee  bildet,  deren  einer  senkrechter 
Arm  mit  dem  Inneren  der  Glocke 
B  corarounicirt,  während  der  andere 


anter  das  Wasser,  das  auf  dem  Deckel  der  Glocke  sich  befindet,  ein- 
taucht, b  ist  ein  Gewicht  an  einer  über  zwei  Rollen  geschlagenen 
Scfannr,  das  die  Glocke  in  die  Höhe  zieht.  Beim  Niedergehen  des  Ge- 
wichtes und  Aufwärtsgehen  der  Glocke  findet  ein  Luftstrom  nach  dcog 
statt,  jedoch  nur  in  dem  Fall,  als  das  in  die  Sperrflüssigkeit  d  eintau- 
cheode  Rohr  nicht  tiefer  eintaucht,  als  der  Schenkel  von  e  in  die  Sperr- 
fliissigkeit  auf  dem  Deckel  der  Glocke  B  eintaucht;  im  anderen  Falle 
wärde  natürlich  durch  das  Rohr  e  e  Luft  in  die  Glocke  treten.  Ist  das 
Gewicht  bis  zum  Boden  gekommen,  so  hängt  man  es  aus,  drückt  die 
Glocke  B  nach  Ä  hinab,  so  'dass  die  in  B  befindliche  Luft  bei  c  aus- 
ströme, und  kann  dann  durch  Wiederanhängen  des  Gewichtes  das  Stei- 
ge der  Glocke  und  das  Ansaugen  von  d  nach  c  u.  s.  w.  aufs  Neue 
bewirken. 

Ganz  abweichend  von  den  bisher  beschriebenen  Aspiratoren  ist 
^erjenige  von  Johnson  i).  Das  Princip,  das  Johnson  zu  Nutzen  zog, 
ist  das  nämliche,  das  dem  sogenannten  Wassertrommelgebläse  zu 
Onmde  liegt. 

Fig.  27  (s.  f.  S.)  stellt  den  einfachen  Apparat  vor,  der  in  jedem  Labora- 
torioii],  wo  man  laufendes  Wasser  hat,  und  in  den  Fällen,  wo  es  sich  nicht 


^)  London  chemtcal  society    quaterly  Journal.   T.  IV,  p.  I8G;    Annal.  d.  Chem. 
0-  Phann.  Bd.  LXXXI,  S.  880. 


396  Aspirator. 

um  Messung  des  angesogenen  Loftroliimeiis  bandelt,  gate  Dienste  leisten 
kann.     Der   Apparat  besteht  ans  einem  kleinen,  an  beiden  Enden  of- 
g-     27.  fenen  CyUnder  von  Glas  oder  Mesnng  A,  in 

diesen  mQndet  seitlich  ein  engerer  Cjlind«  C, 
der  mit  dem  Gefässe  in  Verbindung  steht,  durch 
das  Luft  eingesaugt  werden  soll,  an  den  Cy- 
linder  A  ist  unten  eine  Glasröhre  bei  B  ange- 
setzt und  oben  i^t  er  durch  ein  Kaulsc  hak  röhr 
an  die  Mündung  einer  Brunnenröhre  befestigt 
Für  einen  Hahn  von  */g"  Durchmesser  haben 
sich  folgende  Dimensionen  als  zweckmäuig  er- 
wiesen: Ä  2"  lang  und  °/g"  weit,  B  1"  Isog 
'/g"  weit,  und  Cl"  lang  und  '/g"  weit.  Je  län- 
ger die  Glasröhre  i^t,  die  man  an  das  AdkU- 
stück  B  ansetzt,  um  so  stitrker  ist  der  Luflatrom. 
Beim  Gebrauch  wird  der  Hahn  nicht  ganz  ge- 
öffnet, da  sonst  Wasser  auch  nach  C  auslaufen 
konnte.  Es  lässt  sich  ein  hinlänglich  starker 
Luftstrom  mit  dieser  Vorrichtung  hervorbringen, 
wenn  die  Ansatzröhre  bei  B  vierfach  länger  iit 
als  die  Wassersäule,  durch  welche  man  die  Loa 
hindurchführen  will.  Bei  längeren  AnsatzrÖbren 
gestaltet  sich  dies  Verhältnis  etwas  weniger 
gUnstig.  Es  ergiebt  sich  zngleich  hieraus,  due 
nicht,  wie  bei  den  anderen  Aspiratoren,  das  Volumen  des  abUsfen* 
den  Wassers  gleich  ist  dem  Volumen  der  angesogenen  Luft.  .  Johnson 
beobachtete,  das«  bei  einer  Länge  der  ^V  weiten  An?atzröhre  von  etwa 
8"  für  je  1  Cubikzoll  Lufl    nur  0,69  Cubikzoll  Wasser    erforderlich 

Bei  Gas-  oder  Luftanalysen  dienen  die  eigentlichen  Aspiralerea 
(Fig.  21,  22  n.  23)  nicht  nur  zur  Hervorbringung  eines  Gasstronies,  son- 
dern es  ist  ihr  wesentlichster  Dienst  zugleich  die  Bestimmung  des  Volum« 
der  angesogenen  Gase.  Dient  hierzu  eine  Flasche  wie  Fig.  ü,  so  vird 
dieselbe  mit  Wasser  von  bekannter  Temperatur  bis  zu  einer  Marke  am 
Hals  derselben  gefUlh  und  dann  tarirt,  und  nach  dem  AbAiessen  du 
Wassers  die  mehr  oder  weniger  vollständig  entleerte  Flasche  wieder 
gewogen.  Um  die  Umrechnung  des  Wassergewichts  in  Volumen  zd  ei^ 
leichtem,  bedient  man  sich  am  besten  des  französischen  Gram n)ge wicht». 
Angenommen,  wir  hätten  in  der  Flasche  Wasser  von  i",!  C,  d.h.  lol- 
ches,  wovon  1  Cubikceutimer  1  Gramm  wiegt,  so  sind  in  die  vollkom- 
men leergelaufene  Flasche  eben  so  viele  Cubikcentimeter  Gas  einge- 
treten, als  Gramme  Wasser  darin  enthalten  waren.  Soll  das  in  die 
Flasche  eingesogene  Gas  zu  weiteren  Versuchen  verwendet,  und,  we- 
gen der  Gefahr  des  unvollkommenen  Verschlusses,  sogleich  wieder  aus 
der  AspiratorQasche  entfernt  werden,  so  lässt  sich  auch  der  Weg  ein- 
schlagen, dasa  man  die  abgelaufene  Flüssigkeit  unter  Vermeidung  von 
Verlust  in  eine  zweite  tarirte  Flasche  laufen  lässt  und  nach  der  Ent- 
leerung des  Aspirators  abwägt.  Man  kann  auch,  bei  Anwendung  eines 
grossen  Aspirators  wie  Fig.  23,  sein  Volumen  durch  wiederholtes  Fül- 
len einer  Flasche  von  bekanntem  Inhalt  (5  bis  10  Liter)  bestimmen. 

In  allen  diesen  Fällen  hat  man  bei  Beduction  auf  das  Volumen 
unerlässtiche  Correctionen  der  unmittelbar  beobachteten  Wertbe  vor- 


Assacou  oder  Ussacu.  397 

zunehmen.  Hätte  das  in  dem  Aspirator  befindliche  Wasser  während 
des  Versuchs  z.  B.  10^  C.  gehabt,  so  entspräche  1  6rnn  desselben 
Dicht  1  C.C.,  sondern  1,00025  C.C,  da  1  Vol.  Wasser  beim  Erwär- 
men von  4<^,1  bis  zu  10<^  C.  sich  auf  1,00025  Vol.  ausdehnt  (s.  d.  Art 
Ausdehnung).  Die  Anzahl  der,  ans  dem  Aspirator  abgelaufenen 
Gramine  Wasser  wäre  also  hier  mit  1,00025  zu  multipliciren ,  um  sein 
Volumen  in  Cubikcentimeter  zu  finden.  Es  versteht  sich  ganz  von  selbst, 
dass  das  auf  diese  Weise  gefundene  Gasvolumen  auf  0^  C.  und  760<"°' 
Barometerstand,  wie  es  bei  jeder  Gasvolnmbestimmung  zu  geschehen 
hat,  zurückgeführt  werden  muss.  Der  Ansdehnungscoefficieht  der  mei- 
sten Gase  kann  hierbei  gleich  dem  der  Luft  =  0,003665  oder  Vsts  für 
1*C.  genommen  werden,  da  er  doch  nahezu  gleich,  wenn  auch  be- 
kannüich  nicht  ganz  derselbe  ist. 

Es  int  weiter  noch  der  Feuchtigkeitsgehalt  des  Gases  zu  beachten, 
wenn  das  Gas  ober  Wasser  aufgesammelt  wird.  Da  das  Gas  hier  der  Tem- 
peratur entsprechend  mit  Feuchtigkeit  gesättigt,  daher  sein  Volumen  ver- 
grössert  ist,  während  das  Volumen  der  trockenen  Luft  bestimmt  wer- 
den soll,  so  hat  man  nach  den  Tabellen  über  Tension  des  Wasser- 
dampfs die  Spannkraft  desselben  für  die  gegebene  Temperatur  zu  su- 
chen. Diese  in  Millimetern -Quecksilbersäule  ausgedrückt  = /,  wird 
dann  in  die  Formel  eingeführt,  wo  h  den  Barometerstand,'  t  die  Tem- 
peratur  des  Gases  in  Centesimal-Graden  angiebt.     Das  corrigirte  Vo- 

Ä—  /  1 

lumen  r'  =  »  ^g^  .  ^  _|_  o,o03665.t-  ^  '^  '"''•^**"''  ""''*»«*' 
Volumen  an  trockenem  Gas  bei  0^  und  760™°>  ist,  um  sein  Gewicht 
^  zu  finden,  mit  0,0012932  Grm.  (dem  Gewicht  von  1  C.C.  Luft)  zu 
mnltipliciren.  Bei  dem  grossen  Volumen  des  zu  wägenden  Wassers  er- 
scheint noch  die  Reduction  auf  den  leeren  Raum  nöthig,  eine  bei  anderen 
Wägungen  gewöhnlich  nicht  erforderliche  Correction.  Das  im  Luft- 
raum bestimmte  Gewicht  des  Wassers  ist  um  das  Gewicht  eines  gleich 
grossen  Volums  Luft  zu  gering  gefunden.  1000  Gramm  Wasser  von 
4M  C.  nehmen  den  Raum  von  1  Liter  ein,  1  Liter  Luft  aber  bei  O^C. 
and  TGO^*™  Barometerstand  wiegt  1,2932  Gramm,  es  sind  also  (wenn  man 
weitere  Correctionen  wegen  Temperatur  und  Feuchtigkeitsgehalt  und 
Luftdruck  während  des  Versuchs  u.  s.  w.  ausser  Acht  lässt)  auf  jede 
1000  Grm.  aus  dem  Aspirator  abgelaufenen  Wassers  1,2932  Grm.  zu- 
nizählen  und  aus  der  gefundenen  Grammzahl  das  Volumen  in  oben 
angegebener  Weise  zu  berechnen. 

Bei  Anwendung  eines  Saugaspirators  (wie  Fig.  23)  ist  noch  zu 
beachten,  dass  der  Wasserausfius^  bei  unveränderter  Stellung  des  Hahns 
gleich  bleibt,'  so  lange  sein  Niveau  nicht  unter  die  untere  Mündujig  des 
Rohrs  ad  fällt;  der  eintretende  Gasstrom  ist  aber  nicht  so  gleichmässig, 
aondem  seine  Schnelligkeit  nimmt  von  Anfang  an  fortwährend  zu,  weil 
das  Gas  im  Gefäss  V  zuerst  unter  schwachem  Druck  steht,  seine  Span- 
nung aber  nach  und  nach  zunimmt,  bis  sie  zuletzt  dem  äusseren 
Atmoephärendruck  gleich  wird.  By. 

Assacou  oder  UssacU,  ist  der  brasilianische  THame  eines  in 
die  Familie  der  Euphorbiaceen  gehörigen,  Hura  IfrasiUenma  Martiua  ge- 
nannten Baumes.  Sowohl  in  der  Kinde,  als  auch,  obwohl  in  geringerer 
Menge  in  dem  Safte,  ist  ein  .scharfes  Princip,  welches  sehr  giftig  wirkt, 
enthalten.  Der  eingedickte  Saft,  sowie  die  Abkochung  der  Binde,  welche 


398  Assamar. 

brechenerregend  wirkt,  und  auf  die  Haut  gebracht,  seihet  eiternde  Pu- 
steln verursacht,  werden  als  Mittel  gegen  Elephantiasis  angewendet 
Auch  bereiten  die  Eingeborenen  daraus  Giftgetränke,  gegen  die  man 
keine  Gegengifte  kennU     (M^rat  et  Gilbert 0.  (T.)  Fe. 

Assamar  (von  ossäre^  braten,  rösten,  und  omeirti«,  bitter,  also 
Röstbitter)  nennt  Beichenbach^)  einen  StoflT^  der  entsteht,  wenn  man 
verschiedene  Substanzen,  wie  Pflanzeneiweiss,  Gummi,  Kleber,  Zocker, 
Stärke,  Leim,  Blutkuchen,  Fleisch,  Brot  u.  s.  w.  am  Feuer  oder  auf  einem 
Bleche  an  offener  Luft  bis  zum  Braunwerden  röstet.  Zu  stark  er- 
hitzte ,  sogenannte  angebrannte  Speisen  enthalten  dienten  Stoff,  der  na- 
mentlich auch  im  gerösteten  KaflTee  und  in  der  braunen  Brotrinde  ent- 
halten ist,  und  den  leicht  bitteren  Geschmack  derselben  verursacht 
Nach  Völkel  findet  sich  Assamar  oder  ein  ihm  ähnlicher  Stoff  gepaart 
mit  Essigsäure  unter  den  Prodncten  der  trockenen  Destillation  des 
Zuckers.  Uebrigens  .fehlt  eine  nähere  Untersuchung  dieses  Körpers,  und 
es  ist  noch  nachzuweisen,  dass  es  sich  um  eine  einfache  Verbindung  han- 
delt, dass  man  es  nicht  etwa  mit  einem  Gemenge  verschiedenartiger 
Substanzen  zu  thun  hat;  es  ist  weiter  ungewiss,  ob  sich  aus  verschieden- 
artigen Substanzen,  wie  Fleisch,  Brot,  Stärke  u.  s.  w.  die  gleichen 
Stoffe  oder  etwa  nur  ähnliche  bilden. 

Reichenbach  giebt  zur  Darstellung  seines  Assamars folgende  Vor- 
schrifl.  Dünne  Scheiben  von  Weizenbrot  werden  auf  einer  Metallflächc 
vorsichtig  bis  zur  schwarzbraunen  P^arbe  geröstet,  dann  rasch  zerrieben, 
damit  sie  nicht  Feuchtigkeit  anziehen,  und  mit  eiskaltem  absoluten  Al- 
kohol zu  wiederholten  Malen  ausgezogen.  Von  den  geklärten,  wein- 
gelben Auszügen  wird  der  grösste  Theil  des  Weingeistes  im  Wasserbade 
abdestillirt.  Ist  der  Bückstand  in  der  Retorte  S3rrupartig  geworden,  so 
setzt  man  ein  wenig  Wasser  zu,  wodurch  eine  geringe  Trübung  entsteht, 
und  dcstillirt  dann  die  letzte  Portion  des  Alkohols  vollständig  ab. 
Unter  Umständen  sammelt  sich  nun  beim  langsamen  Erkalten  anf  der 
Oberfläche  ein  wenig  erstarrendes  Fett,  das  man  «abnimmt  oder  dnrch 
Aether  löst  und  entfernt.  Eine  schwach  saure  Reaction  der  Masse  wird 
durch  Zusatz  von  etwas  Kalkmilch  gehoben,  dann  bringt  man  die  Mi- 
schung bis  nahe  zur  Siedhitze,  wobei  ein  brauner,  flockiger  Niederschlag 
entsteht,  und  fügt  von  Neuem  absoluten  Alkohol  in  kleinen  Portionen 
hinzu,  bis  der  dadurch  entstehende  Niederschlag  sich  beim  Erwärmen 
nicht  wieder  auflöst,  sondern  sich  an  die  Gefäss wände  absetzt.  Nach 
dem  Erkalten  giesst  man  den  Alkohol  von  dem  Niederschlage  ab  und 
«destillirt.  Der  syrupartige  Rückstand  wird  dann  in  der  Wärme  wieder 
mit  absolutem  Alkohol  behandelt,  der  Alkohol  nach  dem  Erkalten  von 
einem  etwa  entstandenen  Niederschlage  abgegossen  und  durch  Destil- 
lation entfernt.  Dies  Verfahren  wird  so  oft  wiederholt,  bis  sich  der 
Syrup,  ohne  Niederschlag  zu  bilden,  gänzlich  in  Alkohol  aufgelöst.  Zu 
der  alkoholischen  Auflösung  wird  nun  etwas  gewöhnlicher  Aether  hin- 
zugesetzt. Es  entsteht  dadurch  abermals  ein  Niederschlag,  der  sich 
an  die  Gefäss  wände  absetzt.  Die  davon  abgegossene,  geklärte  Flüs- 
sigkeit wird  hierauf  im  Wasserbade  destillirt,  bis  der  Rückstand  eine 
dickliche  Consistenz  angenommen  hat.  Durch  vorsichtiges  Erhitzen 
kleiner  Portionen  desselben  kann  man  ihn  trocken  und  fest  erhalten. 


*)  Pharm  Centralbl.  1849.  S.  30.  —   •)  Annal.  d.  Cbom.  n.-Pharm.  Bd.XLK,  S.  3. 


Aster  tripolium.  —   Astrakamit.  399 

80  dargestellt  enthält  das  Assamar  noch  immer  eine  Spur  von 
Kalk.  Es  ist  ein  fester^  durchsichtiger,  bernsteingelber,  amorpher  Kör- 
per, welcher  leicht  zerspringt.  In  der  Wärme  ist  sein  Geruch  schwach 
gewärzhaft,  der  Geschmack  ist  angenehm  bitter.  Es  ist  nicht  flöchtig, 
sondern  schmilzt  in  gesteigerter  Hitze  erst  nnd  Terkohlt  sodann  unter 
Au^tos8nng  von  Dämpfen,  welche  beim  Verbrennen  einen  angenehmen 
Geruch  verbreiten.  Das  Assamar  ist  so  hygroskopisch,  dass  es  selbst 
dem  Weingeist  Wasser  entzieht.  Es  löst  sich  in  allen  Verhältnissen 
in  Wasser  und  ist  ohne  Zersetzung  nur  sehr  schwer  ganz  davon  zu  be- 
freien, selbst  beim  Erwärmen  unter  der  Luftpumpe.  Von  Alkohol  wird 
es  am  so  leichter  aufgelöst,  je  mehr  derselbe  Was^ier  enthält.  Aether 
bat  keine  Wirkung  darauf  und  schlägt  das  Assamar  aus  seiner  Auflö- 
sung in  Alkohol  theilweise  nieder.  Durch  Kochen  mit  Alkalien  oder 
alkalischen  Erden  verliert  das  Assamar,  ohne  dieselben  zu  neutral idiren, 
iteine  Bitterkeit;  es  wird  dabei  zersetzt,  denn  Znsatz  von  Säuren  bringt 
den  bitteren  Geschmack  nicht  wieder  hervor.  Im  Ganzen  zeigt  es  sehr 
wenige  charakteristische  Beactionen.  Essigsaures  Blei,  schwefelsaures 
Eisenoxyd,  schwefelsaures  Kupfer,  Platinchlorid,  Zinnsalz  geben  keine 
Niederschläge  damit  Goldchlorid  giebt  (unter  Reduction?)  einen  blau- 
schwarzen  Niederschlag;  salpetersaures  Silber  wird  reducirt;  mit  essig- 
ianrem  Kupfer  entsteht  im  Sieden  Kupferoxydul.  Doppelt  chromsaures 
Kali  ist  ohne  Wirkung.  Von  Salpetersäure  wird  eine  Assamarlösung 
im  Sieden  entfärbt,  ohne  dass  sich  Stickstoflbxyd  entwickelt,  es  entsteht 
dabei  weder  Schleimsänre  noch  Oxalsäure.  Concentrirte  Schwefelsäure 
verkohlt  es;  Salzsäure  ist  ohne  Wirkung.  Chlorgas  entfärbt  eine  Assa- 
marlösung erst  beim  Erwärmen.  GaUustinctur  und  Hausenblase  sind 
ohne  Wirkung;  Ferment  bringt  keine  Gährnng  hervor.         (Wp.)  Fe. 

• 

Aster  tripolium.  Die  gegen  Ende  September  gesammelte 
Pflanze  gab  hinsichtlich  des  Gehalts  an  Asche  und  ihrer  Zusammen- 
setzung 0  folgende  Resultate : 

Wurzelblätter      Stengel    Stengelblätter    Blüthen 
Aschenprocente    .     •     .     .14,9  8,7  1G,2  9,4 

Die  Asche  enthält  nach  Ab- 
zug von  Kohle  u.  Sand: 

Kohlensäure 3,4      '      3,3  4,2  3,7 

Chlornatrium 65,5  68,5  60,2  30,3 

Chlorkalium 3,7  14,1  —  — 

Natron —        •      —  14,0  1,4 

Kali 13,6  2,5  6,1  25,4 

Kalk 5,0  4,5  4,8  7,2 

Magnesia 2,2  2,2  1,7  5,7 

Phosphorsanres  Eisenoxyd       1,1  2,1  2,3  4,0 

Manganoxydoxydul  .     .     .    Spur  Spur  Spur  Spur 

Schwefelsäure.     .     .     .     .     2,7  1,8  4,1  10,5 

Phosphorsäure      ....     2,0  0,6  1,7  10,8 

Kieselsäure 0,6  0,5  0,8  1,0 

Fe. 
Astrakamit.     Ein    naturlich    vorkommendes  Doppelsalz   von 
der  Zusammensetzung  A^O  .  SO3  -f-  NaO  .  SOs  -|-  4  HO,  welches, 

')  Harms,  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XCIV,  S    247. 


400  Astraüt.  —  Atakamit 

nach  G.  Rose,  in  weiaaen,  nndarchsichtigen ,  prismatischen  Krydtallea 
an  den  Bittersalzseen  der  Ostseite  der  Wolga roündung,  gemengt  tnit 
gewöhnlichem  Bittersalze,  gefanden  wird.  Tk.  S. 

Astralit.  So  nannte  Pettenkofer^)  einen  dem  Ayentnrin  älm- 
lichen  Glasfluss,  welcher  Krystalle  einer  KapferoxjduWerbindnng  enthält, 
die  bei  auffallendem  Lichte  dichroitischen  Schimmer  von  dunkelrotli 
and  grönlich-bläalich  zeigen.  Er  giebt  Vorschriften  für  zwei  verschie- 
dene  Mischungen: 


L 

IL 

Kieselerde  .... 

80  Grm. 

80  Grm. 

Bleioxyd      .... 

120      ^ 

110      „ 

Soda  .    •     .     .  '  . 

72      „ 

72      „ 

Kalk 

jy 

5      „ 

Wasserfreier  Borax  . 

18            y. 

18     „ 

Kupferham  merschlag 

24      „ 

26      „ 

Eisenharamerschlag  . 

1      « 

2      „ 

Diese  Glassätze  werden  in  hessischen  Tiegeln  geschmolzen,  wozu 
die  Hitze  eines  gewöhnlichen  Windofens  genügt  Nach  dem  Schmeken 
und  Läutern  yerschliesst  man  alle  Luftzüge  des  Windofens,  nachdem 
man  ihn  nochmals  mit  Kohlen  angefüllt  hat,  und  lässt  auf  diese  Weise 
die  geschmolzene  Masse  sehr  langsam  erkalten,  wobei  sie  krystallisirt 
Die  Krystalle  werden  bei  sonst  gleichen  Urflstanden  in  der  leichtüüffii- 
geren  Masse  I  viel  grösser,  als  in  der  schwerflüssigeren  II.  Der  di- 
chroitische  Schimmer  derselben  ist  namentlich  im  geschliffenen  nnd  po- 
lirten  Zustande  der  Masse  von  vorzüglicher  Schönheit  7^ 

Astrapyalith  (von  aöXQanra  blitzen,  nvg  feurig  und  At^os 
Stein)  syn.  für  Blitzröhren. 

Astrophyllit  nannte  Scheerer^)  eine  zu  Brevig  in  No^ 
wegen  vorkommende  eigenthümliche  Glimmerart,  welche  sich  sowohl 
durch  ihre  Kiystallform  als  gewisse  andere  Eigenschaften  von  anderes 
Glimmerarten  unterscheidet.  In  Bezug  auf  die  chemische  Zasaminen- 
Setzung  des  Astrophyllit  wurde  vorläufig  nur  ermittelt,  dass  derselbe 
aus  Kieselerde,  Eisenoxyd,  Thonerde,  Eisenoxydül,  Magnesia,  Kali^ 
Natron  (Spur),  Manganoxydul,  Kalk  und  (etwa  3  Proc)  Wasser  be- 
steht. Der  Eisengehalt  ist  ausserordentlich  bedeutend.  Fluor  fehlt 
Vor  dem  Löthrohre  leicht  und  unter  Aufwallen  schmelzend.  Von 
tombackbrauner  bis  —  in  dünneren  Partieen  —  fast  goldgelber  Farbe 
Die  strahligblättrigen  Individuen  oft  zu  schönen  stern-  nnd  blumenför 
migen  Gruppen  vereint.     Daher  der  Name  Astrophyllit  Th.  S. 

Atakamit,  Salzkupfererz.  Nach  übereinstimmenden  Ana- 
lysen von  Klaproth,  J.  Davy,  Ulex  und  Mallet  ist  dieses  Mineral 
als  eine  Verbindung  CuGl  -|-  3  (CuO  .HO)  zu  betrachten.  Ber- 
thier  fand  früher,  wohl  irrthümlich,  eine  fast  doppelt  so  grosse  Wasser- 
menge. Bildet  kleine,  lauch-  bis  smaragdgrüne,  rhombische  Krystalle 
welche   gewöhnlich   zu   krystallinischen   Aggregaten    zusammengehäuti 


')  Abhandlungen  der  natnrwisBenschaftUch  technischen  Commission  bei  der  Aka- 
demie der  Wissenschaften  in  München,  S.  134.  —  *)  Berg-  und  httttenmannischc 
Zeitung,  Jahrgang  1864,   S.  240. 


.Athamanta  Oreoselinum.  —  Athamantin.         401 

sind.  Sowohl  in  Säaren  als  üt  Ammoniak  leicht  und  vollständig  löslich. 
Findet  sich  im  Districte  Atakama  in  Chile  and  an  einigen  anderen 
Localitäten.     Wird  zur  Knpfergewinnung  nnd  als  Streusand  benutzt. 

TÄ.  S. 

Athamanta  Oreoselinum.  Die  Wurzel  und  Samen  der 
Pflanze  enthalten  neben  einer  eigenthümliohen  nicht  näher  untersuchten 
bitter  schmeckenden  Substanz  einen  besonderen  Stoff,  das  Athamantin 
(3.  d.  Art.).  Die  Blätter  enthalten  kein  Athamantin ,  aber  einen  Bitter- 
stoff nnd  ein  ätherisches  Gel ,  welches  durch  Destillation  mit  Wasser 
aas  dem  Kraut  erhalten  wird.  Das  Oel  hat  die  Zusammensetzung  des 
Terpentinöles  =  C^oH^e;  ^  riecht  wachholderähnlich ,  hat  ein  specif. 
Gewicht  =  0,841  und  siedet  bei  163^0.  Es  verbindet  sich  mitChlor- 
wtoserstoffgas  zu  einer  nach  der  Destillation  farblosen  nicht  krystallisir- 
baren  Flüssigkeit,  welche  leichter  Ut  als  Wasser  und  bei  190^  C.  sie- 
det. Nach  den  angestellten  Versuchen  zeigt  sich  in  Hinsicht  auf  Bil- 
dung oder  Zusammensetzung  keine  Beziehung  zwischen  diesem  Oel 
irad  denn  Athamantin,  oder  dem  durch  dessen  Zersetzung  entstehenden 
Valerianöl  (Schnedermann  und  Winckler^). 

Athamantin.  Das  Athamantin  ist  eine  in  mancher  Beziehung 
den  Fetten  ähnelnder  Körper,  welcher  von  Winckler^)  unrein  darge- 
stellt war,  dann  aber  von  ihm  und  Schnedermand^)  zuerst  rein  erhal- 

I  ten  und  näher  untersucht  ward.     Es  hat  die  Formel  0^4  Mi 507. 

Das  Athamantin  findet  sich  in   der  Wurzel  und  in  den  halbreifen 

;  Samen  von  Athamanta  Oreoselinum^  der  sogenannten  Bergpetersilie,  es 
konnte  aber  weder  aus  den  «Blättern  dieser  Pflanze  dargestellt ,  noch 
m  den  verwandten  Arten  Athamanta  Libanotia  und  Athamanta  Cervaria 
sofgefonden  werden. 

Zur  Darstellung  desselben  wird  die  getrocknete  Wurzel  der  Berg- 
petersiUe  mit  80procentigem  Weingeist  warm  ausgezogen,  von  dem  fil- 
trirten  Auszüge  Weingeist  und  Wasser  abdestillirt  und  der  Bückstand 
mit  Aether  behandelt,  welcher  unreines  Athamantin  daraus   aufnimmt. 
Die  Aetherlösung  wird  mit  Thierkohle  entfärbt,  dann  der  Aether  durch 
Destillation  entfernt.     Was  zurückbleibt,  löst  man  in  wari/em  Wein- 
geist von   60  bis  65  Proc.     Aus  dieser  Auflösung  setzen  sich  in  der 
Kälte  allmäUg  haarfeine,  weijsse,  sternförmig  gruppirte  Krjstalle  ab. 
Je  ooncentrirter  die  Lösung  in  Weingeist  war,  desto  mehr  sind  die  sich 
daraus  abscheidenden  Krystalle  mit  einem  Öligen  Liquidum  gemengt, 
welches   als  ein  weniger  reines  Athamantin  möglichst  zu   entfernen  ist. 
Durch  wiederholte  Krystallisation  und  jedesmaliges  Absondern  der  ein- 
gemengten Oeltropfen  erhält  man  das  Athamantin  endlich  als  blendend 
weisse,  atlasglänzende  Masse  von  zusammengewebten,  biegsamen  Ejry- 
stallen,  ganz  ähnlich  dem  langfaserigen  Asbest.     Obgleich  diese  Kry- 
stalle das  Athamantin  in  völliger  Reinheit  darzustellen  scheinen,  so  ist 
dies  doch  nicht  der  Fall.     Unter  Umständen,  die  noch  nicht  genau 
ermittelt  sind,  bekommt  man  dasselbe  in  grossen,  soliden,  vollkommen 
fiirblosen,  zuweilen  fast  zolllangen  Krystallen,    deren  Grundform   ein 
QnadratoctaSder  zu  sein  scheint.     Sie  haben  nicht  nur  eine  etwas  an- 
dere Zusammensetzung  wie  die  haarfein  krystallisirte   Masse,  solidem 


|)  AonaL  d.   Chem.  tl   Pharm.  Bd.  LI,  S.  886.    —    *)  Büchners  Kepertor.  Bd. 

XIVU,  8.  169.  —  *)  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LI,  S.  816. 

HMidw6Tt«rbaeh  der  Chemie.  2te  Aufl.    Bd.  IL  26 


402  Athamantin. 

achmelzen  auch  bei  einer  bedeutend  höheren  Temperatar  als  diese. 
Wincklei;  und  Schnedermann  erhielten  sie  einmal,  als  ein  aus 
Weingeist  in  öliger  Form  abgeschiedenes  Athamantin  mit  dem  darüber 
befindlichen  Weingeist  längere  Zeit  bei  -\-  20<*  C.  stehen  blieb,  wo  die 
ölartige  Masse  sich  zum  Theil  in  solche  Erystalle  umgewandelt  hatte, 
welche  unter  anscheinend  gleichen  Verhältnilssen  nicht  wieder  erhalten 
erhalten  werden  konnten.  Zuweilen  scheiden  sich  freilich  aus  der  alko- 
holischen Lösung  neben  den  gewöhnlichen  Erjstallen  auch  solche 
grössere  aus,  doch  nur  in  ganz  geringer  Menge. 

Die  grösseren  und  reineren  Krystalle  dienten  nur  zur  Analjae;  die 
weitere  Untersuchung  ward  mit  den  gewöhnlichen  Athamantinkrystallen 
vorgenommen. 

Das  Athamantin  hat  einen  eigenthümlichen ,  ranzig  seifenartigen 
Geruch,  der  besonders  in  der  Wärme  hervortritt,  und  einen  ranxig 
bitterlichen,  hintennach  scharf  kratzenden  Geschmack.  In  Wasser  ist 
es  unlöslich.  In  kochendem  Wasser  bildet  es  niedersinkende  Tropfen, 
die  nach  längerer  Zeit  krystallinisch  erstarren.  In  Weingeist,  selbst 
sehr  schwachem ,  und  in  Aether  ist  es  sehr  leicht  löslich  und  scheidet 
sich  aus  den  in  der  Wärme  gesättigten  Lösungen  beim  Erkalten  in 
öligen  Tropfen  ab.  Eine  weingeistige  Lösung  von  Athamantin  wird  dnrch 
Zusatz  von  Wasser  zu  einer  milchähnlichen  Flüssigkeit,  aus  der  es  sich 
nach  Wochen  theils  in  Erystallen,  theils  in  compacten  Massen  abschei- 
det, welches  letztere  aber  auch  die  gleiche  Zusammensetzung  hat  wie  das 
krystallisirte  Athamantin.  Auch  in  Terpentinöl  und  fetten  Gelen  ist  das 
Athamantin  leicht  löslich.  Die  Lösungen  werden  durch  Metallsalze  nicht 
gefällt.  Die  grossen  soliden  Krystalle  des  Athamantins  schmelzen 
etwa  bei  -j-  79*  C,  die  haarfeinen  werden  schon  bei  -f-  59^  bis  ßO'^C. 
flüssig.  War  es  geschmolzen,  so  wird  es  nach  dem  Erkalten  terpen* 
tinartig;  erst  nach  längerer  Zeit  verwandelt  es  sich  wieder  in  wawel- 
lithähnliche  Krystalle.  Das  Athamantin  ist  nicht  flüchtig ;  bei  der  tro- 
ckenen Destillation  giebt  es  neben  anderen  Stoffen  eine  beträchtliche 
Menge  Valeriansäure. 

Leitet  man  bei  gewöhnlicher  Temperatur  Salzsäuregas  über  Atha- 
mantin, so  schmilzt  es,  indem  das  Gas  absorbirt  wird,  allmälig  zu  einem 
klaren,  gelbbraunen  Liquidum,  welches  alsbald  wieder  zu  einer  mit 
feinen  weissen  Nadeln  durchwebten  amorphen  Masse  erstarrt.  Dieses 
Erstarren  beginnt  oft  schon,  ehe  alles  Athamantin  mit  Salzsäure  ver- 
bunden ist;  man  muss  daher  das  Gas  rasch  zuströmen  lassen  und  darch 
häufiges  Umdrehen  des  Gef  äases  dem  schmelzenden  Athamantin  anf  den 
Wänden  desselben  eine  grössere  Oberfläche  zu  geben  suchen.  Wird 
die  flüssig  gewordene  Masse  erwärmt,  so  entwickeln  sich  Blasen  von 
Salzsäuregas,  die  bei  100<^  C.  ein  förmliches  Kochen  verursachen,  nnd 
es  destillirt  zugleich  wasserhaltige  Valeriansäure.  In  dem  Maasse,  wie 
diese  Gasentwickelung  wieder  aufhört,  erstarrt  das  Liquidum  zu  einem 
festen  Körper,  welcher  den  Namen  Oreoselon  erhalten  hat  und  im  Atha- 
mantin die  Stelle  des  Glycerins  zu  vertreten  scheint  Das  Oreoselon 
(s.  d.  Art.)  hat  die  Zusammensetzung  C14H5O8,  wenigstens  lässt  sich 
diese  Formel  am  besten  aus  den  Analysen  desselben  entwickeln: 

Athamantin       Oreoselon       Valeriansäure. 
Dieselbe  Zersetzung  in  die   beiden  Produote  geht  auch  vor  sicbi 


Athamantin.  403 

wenn  man  das  Athamantin  zuerst  auf  100^  0.  erhitzt  und  dann  erst  mit 
Saluäaregas  behandelt,  oder  wenn  es  mit  ganz  concentrirter  wslsseriger 
Salzsäure  gekocht  wird;  immer  zerfällt  es  hier  unter  Einfluss  der  ge- 
kannten Säure  in  die  beiden  Körper  Oreoselon  und  Yaleriansäure.  Dem 
;  Zerfallen  des  Athamantins  geht  aber  unzweifelhaft  eine  Verbindung  des- 
selben mit  der  Säure  voraus,  und  diese  Verbindung  zerfällt  dann  so- 
gleich, bei  gewöhnlicher  wie  bei  erhöheter  Temperatur,  in  Salzsäure, 
Oreoselon  und  Valeriansäure ,  weshalb  sie  sich  äusserst  schwierig  dar- 
stellen lässt. 

Nor  einmal  glückte  es  Win  ekler  und  Schnedermann  durch 
'Behandlung  des  nach  dem  Ueberleiten  von  Salzsäure  erstarrten  Atha- 
iBHintins  mit  Aether  ein  krystallinisches  Pulver  abzuscheiden,  welches 
|«H  1  Aeq.  Salzsäure  und  1  Aeq.  Athamantin  =  C24H15O7.HGI  zu- 
lunmengesetzt  war.  Gewöhnlich  löste  sich  Alles  ohne  Rückstand, 
in  Aether  sowohl  als  in  Alkohol,  und  diese  Auflösung  verbreitete 
tald  den  Geruch  nach  Valerianäther,  während  ein  Körper  sich  ab- 
«chied,  der  Oreoselon  zu  sein  schien.  —  Jene  kryätallinische  Chlor- 
wasserstoff-Verbindung löste  sich  in  Alkohol  und  Aether  mit  Leich- 
tigkeit, die  Auflösung  hinterliess  nach  dem  Verdunsten  zum  Theil 
nadelförmige  Krystalle,  zum  Theil  eine  amorphe  Masse  vom  Ansehen 
i»  Oreoselons,  letzteres  ausschliesslich  wenn  die  Verdunstung  in  der 
Wirme  geschah.  Für  sich  erhitzt,  schmolz  die  Verbindung  schon  unter 
100^ C,  das  klare  Liquidum  entwickelte  aber  bald  Gasblasen  und  trübte 
rieh  zugleich  unter  Abscheidung  von  Oreoselon.  Mit  Wasser  zum  Ko- 
chen erhitzt^  schmolz  sie  ebenfalls  zu  öligen  Tropfen,  die  aber  allmälig 
rieh  wieder  auflösten.  Beim  Erkalten  schied  sich  aus  der  Auflösung 
ein  Korper  in  mikroskopischen,  prismatischen  Krystallen  ab,  der  ge- 
trocknet eine  blendendweisse ,  seideglänzende  Masse  darstellte.  Er  ist 
in  Alkohol  und  Aether  leicht  löslich  und  bleibt  beim  Verdunsten  des 
Gitteren  in  kleinen  schuppigen  Krjstallen,  des  letzteren  in  feinen  Na- 
deln mrfick.  In  verdünnter  Kalilauge  und  in  Aetzammoniak  ist  er  mit 
!  gelber  Farbe  löslich  und  wird  aus  der  Auflösung  durch  Säuren  wieder 
':  in  feinen  Nadeln  niedergeschlagen.  Er  enthält  kein  Chlor.  Seine  Ana- 
lyse scheint  auszuweisen ,  dass  er  aus  dem  Oreoselon  durch  Hinzutre- 
ten von  1  At.  Wasser  entsteht,  so  dass  er  eigentlich  der  Körper  wäre, 
^  in  dem  Athamantin  mit  wassei*freier  Valeriansäure  verbunden  ist. 
Von  der  wasserhaltigen  Benzoesäure,  mit  welcher  er  gleiche  Zusammen- 
hang hat,  unterscheidet  er  sich  wesentlich  durch  die  gelbe  Farbe 
^er  Auflösung  in  Alkalien  und  dadurch ,  dass  er  sich  nicht  ohne  Zer- 
^^tnmg  verfluchtigen  lässt.  Die  Bildung  dieses  Körpers  gelingt  übrigens 
1  nicht  immer. 

Schweflige  Säure  wirkt  ganz  ähnlich  auf  das  Athamantin,  wie  Salz- 
äore.  Unter  dem  Zuströmen  des  Gases  wird  es  zuerst  fl  üssigund  er- 
*^  dann  wieder  krystallinisch ,  bald  früher ,  bald  später.  Die  kry- 
•talEnische  Verbindung  schmilzt  unter  100^  C.  und  erstarrt  bald  wieder, 
ttdem  sich  Oreoselon  abscheidet,  während  Valeriansäure  und  schweflige 
«wre  frei  werden.  In  Alkohol  ist  sie  auflöslich  und  scheint  beim  frei- 
^Tligen  Verdunsten  desselben  sich  unzersetzt  wieder  auszuscheiden; 
;  heim  Verdunsten  in  der  Wärme  bildet  sich  Valerianäther  und  Oreose- 
i  lon  wird  ausgeschieden.  Die  Vorbindung  besteht  aus  1  Aeq.  schwefliger 
S&ore  und  1  Aeq.  Athamantin. 

lo  eoncentrirter  Schwefelsäure    löst  sich  das  Athamantin    unter 

26* 


I 

404  Athanor.         Atheriastit. 

Erwärmung  zu  einer  klaren,  bräunlichen  Flüssigkeit,  welche  einen  star- 
ken Baldriangeruch  verbreitet.  Zusatz  von  Wasser  bewirkt  in  der  Auf- 
lösung einen  starken,  gelblichweissen  Niederschlag,  der  keinen  Schwe- 
fel enthält,  und  nur  ein  durch  Einwirkung  der  Schwefelsäure  mehr  oder 
weniger  verändertes  Oreoselon  zu  sein  scheint;  aber  dieser  Körper 
scheidet  sich  beim  Verdunsten  der  alkoholischen  Lösung  nicht  mehr 
krjstallisirt,  sondern  als  gelbe  amorphe  Masse  ab,  welche  ein  durch  die 
Säure  mehr  oder  weniger  verändertes  Oreoselon  zu  sein  scheint.  Die 
davon  abfiltrirte  Flüssigkeit  giebt  bei  der  Destillation  Valeriansäure, 
getrübt  durch  eine  flockige  Substanz,  die  etwa  ein  Procent  des  Atha- 
mantins  beträgt,  nach  dem  Trocknen  krystallinisch  ist,  über  100^  C. 
schmilzt,  in  Alkohol  und  Aether  sich  leicht  löst  und  beim  Verdunsten 
in  feinen  Nadeln  wieder  anschiesst. 

Die  Zersetzung  des  Athamantins  durch  Alkalien  ist  der  Verseifong 
der  Fette  ähnlich.  Es  wird  nämlich  von  Kalilauge  in  der  Wärme,  von  sein 
concentrirter  schon  in  der  Kälte  aufgelöst.  Vermischt  man  die  klare  roth- 
braune Lösung  mit  Schwefelsäure  bis  zur  sauren  Beaction,  so  entwickelt 
sich  der  Geruch  nach  Valeriansäure  und  ein  gelblichweisser,  häufig  nach 
dem  Trocknen  bräunlicher  Niederschlag  wird  ausgeschieden,  dessen  An* 
sehen  und  Zusammensetzung  nicht  immer  gleich  ist.  Es  scheint  eine  Ve^ 
bindung  von  Oreoselon  und  Wasser  zu  sein,  mehr  oder  weniger  verän- 
dert durch  den  Einfluss  des  Alkalis  und  der  Wärme.  Im  frisch  gefällten 
Zustande  löst  er  sich  mit  gelber  Farbe  in  Ammoniak;  diese  Auflösung 
giebt  mit  essigsaurem  Blei  einen  Niederschlag  =  PbO.Ci4H5  0^. 

Die  von  dem  Niederschlage  abfiltrirte  angesäuerte  Flüssigkeit  giebt 
beim  Destilliren  Valeriansäure,  getrübt  durch  dieselbe  flockige  Substani, 
die  bei  Zersetzung  des  Athamantins  durch  concentrirte  Schwefelsäun 
entsteht.  Wird  der  Rückstand  von  der  Destillation  mit  Alkali  neutrali* 
sirt,  zur  Trockne  verdunstet  und  mit  Alkohol  behandelt,  so  zieht  dieser 
noch  etwas  von  dem  durch  den  Einfluss  des  Alkalis  aus  dem  Athamao* 
tin  gebildeten  Körper  aus,  das  in  Alkohol  Unlösliche  ist  reines  schwe« 
feisaures  Kali. 

Kalk-  und  Barytwasser  wirken  beim  Kochen  eben  so  aaf  das  Atha^ 
mantin,  nur  langsamer.  Ammoniak,  gasförmiges  wie  flüssiges,  scheinen 
ohne  Wirkung  zu  sein.  {Wp.)  Fe, 

Athanor  s.  Acanor. 

Athar,    indische  Bezeichnung  des  ätherischen  Rosenöls. 

Atheriastit  hat  Weib  je  ein,  seiner  äusseren  Krystallgestall 
nach,  skapolithartiges  Mineral  von  Arendal  genannt.  Berlin^)  hat  el 
analysirt;  doch  lässt  sich  aus  dem  Resultate  seiner  Analyse  keim 
wahrscheinliche  Formel  ableiten,  um  so  weniger  als  es  unausgemaclH 
blieb,  ob  das  im  Minerale  enthaltene  Eisen  darin  als  FeO  oder  FeiQj 
auftritt.  Ist  letzteres  der  Fall,  was  wohl  am  wahrscheinlichsten  ist,  « 
ergiebt  sich  eine  gewisse  Aehnlichkeit  der  Zusammensetzung  des  Athi^ 
riastit  mit  der  des  Epidot,  wie  folgende  Vergleichnng  zeigt: 


0  Pogg-  Annäl.  Bd.  LXXIX,  S.  302. 


Athmen  der  Pflanzen.  405 


(1) 

(2) 

Kieselerde 

.     .     .     38,00 

37,59 

Thonerde 

.     .     .     24,10 

20,73 

Eisenoxyd 

.     .       6,22 

16,57 

Kalk      .     . 

.     .     .     22,64 

22,64 

Magnesia  .     . 

.     .     .       2,80 

0,41 

Wasser      .     . 

.     .       6,95 

2,11 

100,71  100,05 

(1)  Atheriastit  nach  Berlin;  (2)  Epidot  von  Arendal  i).  Dadurch 
wird  es  wahrscheinlich,  dass  die  Thonerde  und  das  Eisenoxyd  im 
Atberiaatit  —  wie  im  Epidot  —  eine  elektronegative  Rolle  spielen,  so 
dass  3  Atome  Alg  Og  für  2  Atome  Si  Oj  auftreten,  und  3  Atome  Fe^  O3 
desgleichen.  Wird  nun  zugleich  das  Wasser  als  basisches  angenommen, 
äo  ergiebt  sich  ein  Sauerstoffverhältniss  von  [SiOg] :  (R  O)  =  28,47  : 9,64 
=:3 :  1,  entsprechend  einem  Atomverhältniss  von  3  : 3,  also  der  Formel 
S  (RO) .  3  [Si  O3],  während  die  Formel  des  Epidot  =  3  (R  O) .  4  [Si  O3] 
ist  Hiemach  wurde  der  Atheriastit  zwischen  Epidot  und  Augit 
3(RO).2[Si08],  oder  zwischen  Epidot  und  Vesuvian  (s.  d.)  in  der 
Mitte  stehen,  mit  Skapolith  aber,  ausser  der  Aehnlichkeit  der  äusseren 
Form,  die  ebenso  an  Vesuvian  erinnert,  nichts  gemein  haben.     Th.S. 

Athmen  der  Pflanzen.  Die  Blattgrün  enthaltenden 
Thdle  der  lebenden  Pflanze  haben  das  Vermögen,  am  Tage,  oder  über- 
haupt  unter  Einfluss  des  Lichtes,  die  Kohlensäure  der  Luft  zu  zer- 
setzen, deren  Kohlenstoff  oder  eine  niedrigere  Oxydationsstufe  dessel- 
ben sich  anzueignen,  während  Sauerstoff  gasförmig  abgeschieden  wird. ' 
Bei  Nacht,  oder  im  Dunkeln,  findet  der  umgekehrte  Process  statt;  die 
grauen  Pflanzentheile  verhalten  sich  dann  wie  die  nichtgrünen,  oder 
wenigstens  wie  die  kein  Chlorophyll  (Blattgrün)-  enthaltenden  Pflanzen- 
theile im  Licht  sowohl,  wie  bei  Abschluss  desselben,  es  findet  eine 
Sauerstoffaufnahme  und  Kohlensäureausscheidung  statt.  Diese  That- 
eachen  haben  nicht  nur  ihre  Geltung  für  die  von  der  atmosphärischen 
Luft  direct  umgebenen  Grewächse,  sondern  auch  für  die  im  Wasser  ve- 
gitir«nden,  in  Bezug  auf  die  vom  Wasser  gelösten  Gase  der  At- 
mo^häre. 

Der  erstgenannte  Theil  dieses  Gasaustausches  der  Pflanzen,  der 
g^ewöhnlich  nach  Analogie  mit  ähnlichen  Vorgängen  im  Thierleben 
Respiration  der  Pflanzen  genannt  wird,  hat  also  eine  der  durch 
die  thierische  Athmung  bewirkten  entgegengesetzte  Luftveränderung 
zur  Folge ;  der  letztere  Theil  wirkt  dagegen  auf  die  Zusammensetzung 
der  Atmosphäre  in  ähnlicher  Richtung,  wie  das  Hauptresultat  des  thieri- 
Khen  Athmens. 

Nach  vielen  darüber  angestellten  Untersuchungen  ist  mit  Bestimmt- 
httt  ansunehmen,  dass  die  Kohlensaureaufnahme  und  Sauerstoffabschei- 
dong  grüner  Theile  der  gesammten  Pflanzenwelt  aih  Tage,  die  Sauer- 
stoffiftufiiahme  und  Kohlensäurebiidung  der  nicht  chlorophyllhaltigen 
Pflanzentheile  am  Tage  und  bei  Nacht  sammt  der  der  chlorophyllhalti- 
gen im  Dunkeln,  quantitativ  überwiegt ;  dass  also  der  durch  das  thieri- 
8che  Athmen,  durch  Verbrennungs-  und  Verwesungsprocesse  etc.  be- 


^)  Scheerer,  iu  Pogg.  Annal.  Bd.  XCV,  S.  513. 


406  Athmen  der  Thiere. 

dingten  UeberhäuAing  der  Atmosphäre  mit  Kohlensäure,  durch  du 
pflanzliche  Athmen  entgegengearbeitet  wird ;  dass  die  Pflanzenwelt  ein 
Regulator  der  LoftzuBammensetzang ,  vom  thierischen  Standpunkt  be- 
trachtet, ein  Laftverbesserer  ist. 

Die  Pflanze  ist  an  ihrer  ganzen  Oberfläche  mit  atmosphärischen 
Gasen  in  Bertihrang;  durch  ihre  Wnrzelfasem  saugt  sie  dieselben,  ge- 
löst in  dem  Wasser  des  Bodens,  in  sich  auf;  ihre  zarteren,  saftreichen 
terminalen  Ausbreitungen  gestatten  durch  dünne  Epidermislagen  oder 
deren  Spaltöfi'nungen  ohne  Zweifel  directe  physikalische  Diffusion  der 
Gase  des  Zellsaftes  mit  denen  der  umgebenden  Medien.  Die  Vorgänge 
eines  solchen  physikalischen  und  des  erwähnten  chemischen,  das  Leben 
der  Pflanzen  näher  angehenden  Gaswechsels  compliciren  sich  daher 
zu  bis  jetzt  quantitativ  nicht  zu  analysirenden  Processen. 

Die  von  chlorophyllhaltigen  Pflanzentheilen  vollführte  Kohlen- 
säurereduction  wird  von  allen  neueren  Forschern  in  innige  Beziehimg 
zu  jenem  Pigmentstoff  und  seinen  fast  constanten  Begleitern  im  Zell- 
inhalt der  Pflanze,  dem  Amylum  und  Wach^,  gebracht,  ohne  dads  über 
das  Detail  des  Processes  Sicheres  eruirt  wäre.  Neben  der  ausnahms- 
los feststehenden  Thatsache,  dass  nur  den  Blattgrün  enthaltenden  Thei- 
len  jenes  Vermögen  zukommt,  und  die  einzelne  an  sich  unversehrte^ 
aber  aus  ihrem  Parenchym verband  gesonderte  Zelle  dasselbe  noch  ei- 
nige Zeit  bewahrt,  ist  es  interessant  und  für  obige  Annahme  wichtig, 
dass  der  chlorophyllfreien  Epidermiszellenlage  grüner  PflanzentheiU 
jenes  Vermögen  entschieden  abgeht. 

Die  Saiterstoffaufnahme  und  Kohlensäureabscheidung  nicht  grünei 
Pflanzentheile  zu  jeder  Zeit,  und  auch  chlorophyllhaltiger  bei  Abschlos! 
des  Lichtes,  wird  nach  bisher  gemachten  Erfahrungen,  der  einfachen 
Oxydation  auch  nicht  lebender  organischer  Substanzen,  durch  den 
Sauerstoff  der  Luft,  gleich  geachtet. 

lieber  eine  Theilnahme  des  Stickstoffs  der  Luft  am  Gaawechsel 
der  Pflanzen  liegen  keine  zweifellosen  Beobachtungen  vor.  F— r. 

-  Athmen  der  Thiere  (respirath).  Unter  diese  Bezeich- 
nung gehören  hauptsächlich  diejenigen  Vorgänge,  mittelst  ^welchei 
einerseits  der  für  die  Lebensthätigkeiten  erforderliche  Sauerstoff  aus 
dem  umgebenden  Medium  in  den  thierischen  Organbmns  aberge- 
führt wird,  und  andererseits  die  im  Organismus  als  Endproduct  vital- 
chemischer Umsetzungen  gebildete  Kohlensäure  in  jenes  Medium  aus> 
tritt. 

Dieses  umgebende  Medium  ist  entweder  ein  gasförmiges  Fluid  am. 
die  atmosphärische  Luft,  oder  ein  tropfbarflüssiges  mit  den  Gasen  je< 
ner  imprägnirtes,  das  Wasser.  Im  Princip  der  Respiration  wird  dnrd) 
die  Differenz  jener  Medien  nichts  Wesentliches  geändert.  Der  atmo- 
sphärische Sauerstoff  ist  in  dem  Thieren  zur  Respiration  dienenden 
Wasser  in  etwas  grösserem  Verhältniss  zum  Stickstoff  vorhanden,  ah 
in  der  Atmosphäre  selbst  (s.  Atmosphäre). 

Der,  namentlich  seiner  chemischen  Dignität  nach,  durch  alle 
Thierclassen  ziemlich  einheitliche  Act  der  Respiration  wird,  anato- 
misch-physiologisch betrachtet,  in' mannigfach  modificirter  Weise  aus- 
geführt. Bei  den  möglichst  einfach  construirten  animalischen  Organis- 
men, den  Infusorien  und  den  sogenannten  Protozoen,  von  denen  erstere 


Athmen  der  Thiere*  407 

oft  als  mit  individueller  Selbständigkeit  begabte  einfache  Zellen  er- 
scheinen, findet  ein  en-  nnd  exosmotischer  Gasaustausch  des  Zellinhal- 
tes mit  dem  umgebenden  Wasser  statt.  Sauerstoff  dringt  durch  die 
Zellmembran  ein,  Kohlensäure  auf  demselben  Wege  aus  dem  Zellinhalt 
nach  aussen;  die  ganze  Körperoberfläche  verlieht  hier  die  Respira- 
tion. —  Mit  der  stufenweise  anwachsenden  Complicirtheit  des  Thier- 
leibes  werden  specielle  dem  Graswechsel  dienende  Apparate  nothwen- 
di^.  Während  noch  bei  den  meisten  Formen  der  sogenannten  regulär 
gebildeten  Thiere  die  ganze  Körperoberfläche  der  Athmung  vorsteht, 
begegnen  wir  in  den  Kiemen  der  Schalthiere,  den  Trachenen  der  In- 
secten  schon  besonderen  Athmungswerkzeugen ,  die  stellenweise  fast 
ausschliesslich,  meist  aber  wohl  unterstützt  durch  eine  ausgedehnte  re- 
spiratorische Function  der  Oberfläche,  dem  Athmungsgeschäfte  dienen. 
Die  Bedeutung  der  Oberhaut  als  Bespirationsorgan  sinkt  bei  den  höhe- 
ren Thieren  auf  ein  Minimum,  das  für  einige  begleitende  Momente  der 
Athioong  von  Wichtigkeit,  für  den  eigentlich  respiratorischen  Sauer- 
stoff- und  Kohlensäureaustausch  aber  verschwindend  ist. 

Dem  oben  kurz  angedeuteten  Athmen  der  selbständigen  Thier- 
zelle  begegnen  wir  wieder  in  den  der  Respiration  angehörigen  Vor- 
gängen des  complicirtesten  Thierleibes  des  Wirbelthierkörpers.  Für 
die  einzelnen  Zellen  und  die  ihnen  entsprechenden  Gewebselemente  ist 
gewissennaassen  das  Blut  der  Capillaren,  welches  sie  bespült,  oder  der 
in  ähnlicher  Abhängigkeit  vom  Blute,  wie  jene  Gewebselemente  selbst, 
stehende  Parenchymsafl  das  Medium,  aus  welchem  sie  nach  endosmoti- 
schen  Gesetzen  ihren  Sauerstoff  schöpfen,  an  welches  sie  ihre  Kohlen- 
säure abgeben.  Dieses  Blut  wird  vom  Herzen  durch  eine  meistens 
vollkommen  doppelte  Bahn ,  der  grosse  und  der  kleine  Kreislauf  ge- 
nannt, getrieben.  Nachdem  es  in  dem  grossen  Kreislauf  dem  Stoff- 
wechsel der  Organe,  der  Respiration  der  Zellen,  gedient  hat,  gelangt 
es  ärmer  an  freiem  Sauerstoff,  reicher  an  Kohlensäure  in  die  rechte 
Herzhälfte,  strömt  von  dieser  aus  durch  ein  Capillargefässsjstem  (das 
des  kleinen  Kreislaufs),  welches  den  feinsten  membranösen  Ausbreitun- 
gen der  Respirationsorgane  anliegt,  und  tritt  hier  in  endosmotischen 
Verkehr  mit  einer,  durch  rasche  Erneuerung  stets  sauerstoflfreichen, 
kohlensäorearmen,  gasförmigen  oder  in  Wasser  diflfundirten  Atmosphäre. 
Abgabe  von  Kohlensäure,  Aufnahme  von  Sauerstoff  sind  die  wesent- 
lichsten Resultate  des  durch  die  membranösen  Zwischenwände  hier- 
durch erfolgten  Diffusionsvorganges;  das  geathmet  habende  Blut  tritt 
in  das  linke  Herz  ein,  um  bald  abermals  im  grossen  Kreislauf  der  Re- 
spiration der  Zellen  mit  seinem  Sauerstoffreichthum  und  seiner  Afßni- 
tät  zur  Kohlensäure  zu  dienen. 

Die  hier  in  allgemeinen  Umrissen  gezeichneten  Vorgänge  sind  bei 
dem  Menschen  und  den  höher  organisirten  Thieren  vielfach  mühe- 
vollen Untersuchungen  unterworfen,  deren  chemische  Resultate  zwar 
manchen  für  die  Lehre  vom  Stoffwechsel  erspriesslichen  Aufschluss 
gegeben  haben,  dennoch  aber  mit  den  übrigen  Gebieten  der  physio- 
logischen Chemie  im  Stadium  erster  Kindheit  stehen.  Die  Kenntniss 
der  Chemie  des  thierischen  Athmens  ist  in  der  neueren  Zeit  beson- 
ders  gefördert  durch  die  Arbeiten  von  Scharling^),    Andral  und 


»>   Scharling,  Liebig  u.  Wöhler's  Annal.    Bd.  XI^V,  S.  214  u.  Bd.  LVII, 
&  1. 


408  Athmen  der  Thiere. 

Gavarret  1),  Vierordt  ^,  Begnanlt  und  Reiset*).  Barral  ^X 
Becher  *). 

Bei  dem  Menschen  and  den  Repräsentanten  der  ausschliesslich 
oder  doch  vorzugsweise  in  der  freien  Atmosphäre  athraenden  Wirbel- 
thiere,  den  Säugern,  Vögeln  und  Amphibien  finden  sich  sackförmige, 
▼ielfächerige  luftführende  Organe  mit  contractilen  Wandungen  einge- 
schlossen in  Skeletttheile,  deren  Wände  der  Einwirkung  willkürlicher 
Muskeln  unterworfen,  das  umschlossene  Athmungsorgan ,  die  Lunge, 
einer  bis  zu  einem  gewissen  Grade  willkürlichen  Erweiterung  and  Ver- 
engerung fähig  machen.  Diese  Erweiterung  und  Verengerung,  meist 
rhythmisch  und  unwillürlich  (instinctiv)  erfolgend,  bedingt  einen  be- 
ständigen Wechsel  der  in  den  Lungen  enthaltenen  mit  der  äusseren 
Luft  durch  den  Zugang  des  sackförmigen  Organs,  den  Kehlkopf  nnd 
die  Luftröhre  (In-  und  Exspiration). 

Um  zu  einer  genauen  Kenntniss  der  qualitativen  und  quantitativen 
Veränderungen,  welche  die  Luft  durch  das  Athmen  erleidet,  zu  gelan- 
gen, sind,  mit  oft  sehr  complicirten  Apparaten,  von  den  meisten  der  oben 
citirten  Forscher  über  Respiration  Untersuchungen  angestellt,  deren 
Methode  und  Detail  in  den  betreffenden  Werken  selbst,  sowie  in  den 
Handbüchern  der  physiologischen  Chemie  und  der  Physiologie  einzn- 
sehen  ist.  Es  hat  sich  mit  Bestimmtheit  ergeben,  dass  durch  den 
Wechselverkehr  der  eingeathmeten  Luft  mit  dem  Blute  der  ersteren  ein 
etwas  grösseres  Quantum  Sauerstoff  entzogen ,  als  Kohlensäuf^  an  die- 
.  selbe  abgegeben  wird  (in  einem  Volumen  Kohlensäuregas  ist  bekannt- 
lich das  gleiche  Volumen  Sauerstoff  enthalten;  das  Verhältniss  von 
dem  durch  das  Athmen  absorbirten  Sauerstoff  zur  ausgeschiedenen 
Kohlensäure  ist  ungefähr  wie  1,0:0,850).  Dieser  im  Ueberschuss  über 
die  exspirirte  Kohlensäure  aufgenommene  Sauerstoff  ist,  nach  ziemlich 
sicheren  Annahmen,  theilweise  in  einer  geringen  Menge  durch  die  Haut 
ausgeschiedener  Kohlensäure  enthalten,  theilweise  wird  er  in  dem  zwei- 
ten Endproduct  der  Oxydation  im  ThierkÖrper  in  der  Bildung  von 
Wasser  aufgehen. 

Diese  eben  berührten  Veränderungen  des  Sauerstoff-  und  Kohlen- 
säuregehaltes der  geathmeten  Luft  sind  jedoch,  wenn  auch  die  wichtig- 
sten, nicht  die  ausschliesslichen  chemischen  Veränderungen  derselben. 
Innerhalb  der  Luftwege  mit  stets  feuchten  blutbespülten  Membranen  in 
Berührung,  muss  die  von  Wassergas  selten  gesättigte  inspirirte  Luft, 
unter  dem  begünstigenden  Einfluss  der  meist  hohen  Körpertemperatur 
der  luftathmenden  Thiere,  eine  mehr  oder  minder  bedeutende  Menge 
desselben  aufnehmen  und  fortführen.  Genaue  Bestimmungen  femer 
haben  festgestellt,  dass  sehr  gewöhnlich,  namentlich  aber  bei  stickstoff- 
reicher animalischer  Nahrung  eine  kleine  Quantität  von  freiem  Stick- 
stoff aus  dem  Blute  in  die  Lungenluft  übertritt  (Boussingaült  ^), 
Regnault  und  Reiset),  während  nach  früheren  Untersuchungen  die 
Meinungen ,  ob  Stickstoff  bei  dem  Respirationsprocess  absorbirt  oder 


^)  Andral  n.  Gsvsrret,  Ueber  die  durch  die  Lungen  ausgeAthmete  Kohlen 
säuremenge.  —  •)  Vierordt,  Physiologie  des  Athmeas.  KarUrahe  18i6.  —  *)  Re- 
gnault u.  Reiset,  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  1849.  ~  ^)  Barral,  Stattque 
chimique  des  animaux.  Paris  1850.  —  ^)  Becher,  Studien  über  die  Respiration. 
Züricher  Mittheilungen  1856.  —  *)  Boussingaült,  Annal.  de  chim.  et  de  phym. 
[2.]  T.  LXXI,  p.  118  et  128,  et  [8.]  T.  XI,  p.  488,  et  T.  XII,  p.  16S. 


Athmen  der  Thiere-  409 

seeemirt  werde,  getheilt  waren.  March&nd  hat  aosserdem  nachge- 
wiesen, dass  die  Exspirationsluft  stets  Spuren  von  Stickstoff  in  der 
Form  von  Ammoniak  enthält.  Endlich  möchte  hier  noch  der  Ort  sein, 
zn  erwähnen,  dass  manche  leichtflüchtige  Ingesta,  deren  Zersetzung  im 
OrgaaismoB  nnr  unvollständig  erfolgt  ist  (Aether,  Alkohol,  flüchtige 
Oele,  Camphor  etc.),  welche  auf  dem  Wege  der  Digestion,  der  In- 
jectioii  oder  der  endermatischen  Anwendung  dem  Blute  zugeführt  wur- 
den, ausser  ihnen  aber  bisweilen  abnorme  gasförmige  Zersetzungs- 
prodncte  des  kranken  Körpers  (kohlensaures  Ammoniak  in  der  Urä- 
mie) zum  grossen  Theil  durch  die  Lnngenansscheidung  den  Orga- 
DifiDxi«  verlassen  (Ausdünstung) ;  dass  andererseits  jene  flüchtigen  Ver- 
bindangen,  der  Inspirationsluft  beigemischt,  durch  die  Athmung  dem 
Blate  zag^eführt  werden  (Ohloroformathmung,  giftige  Gase  etc.). 

Die  quantitativen  Verhältnisse  der  normalen  Respiration  gestalten 
lieh,  nach  Scharling,  für  einen  erwachsenen  Mann  ungefähr  folgen- 
dermaassen: 

Gewicht  der  in  24  Stunden  excemirten  Kohlensäure 

=  867  Grm.  oder  Volumen  443409  CC. 
Gewicht  des  in  24  Stunden  absorbirten  Sauerstoffs 

=  746  Grm.  oder  Volumen  520601  CC. 
Gewicht  des  in  24  Stunden  ausgeschiedenen  Wassers 

=  320  —  400  Grm. 
Ueber  den  Umfang  der  Veränderungen,  die  die  Luft  durch  die 
respiratorischen  Vorgänge  erleidet,  sind  ebenfalls  vielfache  Untersuchun- 
gen angestellt    Bei  weitem  nicht  aller  Sauerstoff,  welcher   überhaupt 
m  das  Lnngencavum  gelangt,  wird  auch  vom  Blute  absorbirt,  im  Ge- 
gentheü  ist  die  Menge  des  absorbirten,  gegen  die  des  unverändert  mit 
der  Exspiration  wieder  ausgestossenen  ziemlich  unbedeutend.    Aeltere 
üniersachnngen  von  H.  Davy,  Allen  und  Pepys,  Menzi^s,  Prout 
eonstatirien  in  der    ausgeathmeten    Luft  4  bis  8  Proc.  Kohlensäure, 
nach  neueren  Untersuchungen  von  Vierordt  schwankt  jener  Kohlen- 
ftiuregehalt  zwischen  3  und  5  Proc. ;  das  aus  der  atmosphärischen  Luft 
durch    die  Athmung  fortgenommene  Sauerstoffvolumen  ist,   nach  oben 
angefahrten  Angaben,  ein  etwas  grösseres.    Das  Schwankende  der  An- 
gaben erklärt  sich  aus  der  Schwierigkeit,  genaue  Resultate  der  Unter- 
fochung    exspirirter  Luft  für  längere  Dauer  einer  möglichst    normal 
▼on  Statten  gehenden  Respiration  zu  gewinnen.    An  Thieren  sind  von 
Begnanlt  und  Reis  et  bewundernswerthe  Untersuchungen   in   dieser 
Richtung  angestellt,  Untersuchungen,  denen  freilich  nur  der  Gesammt- 
guwechael  des  Thierkörpers ,   nicht  die  seinen    Hauptfactor  bildende 
Lungenfunction  ausschliesslich,  unterworfen  werden  konnte.    Die  De- 
tails dieser  Untersuchungen    finden  sich  in  dem  oben  citirten  Werke 
imd  vorzugsweise  in  dem  Lehrbuch    der   Physiologie   von   Ludwig, 

Band  n. 

Für  den  physiologisch -chemischen  Theil  der  Lehre  von  der  Re- 
spiration von  grösster  Wichtigkeit  sind  die  Veränderungen,  welche  das 
Blut  durch  seinen  Wechselverkehr  mit  der  Athmungsluft  erleidet,  und 
in  den  Vordergrund  dieses,  mit  der  ganzen  chemischen  Lehre  vom 
Blute  erst  sehr  oberflächlich  bekannten  Gebietes  der  Lehre  vom  Stoff- 
wechsel, drängt  sich  die  Frage  nach  der  Form,  in  welcher  sich  die  bei 
der  Athmung  betheiligten  Gase  im  Blute  vorfinden.  Dass  das  Blut  wie 
das  Wasser   und  wässerige   Lösungen  organischer  und  unorganischer 


410  Athmen  der  Thiere. 

Verbindungen    ein    gewisses  Lösimgs vermögen   für   Gaae  besitxt,  irt 
durch  das  Experiment  bewiesen.     Nach   früheren  Untersuchangen   mit 
einander  oft  widersprechenden  Resultaten,  hat  Magnus  i)   entschieden 
dargethan ,  dass  ausser  Sauerstoff  und  Kohlensäure  auch  Stickstoff  im 
Blute  gelöst  enthalten  sei.    Untersuchungen  von  Blut  in  Venen,  also 
kurz  vor  der  Einwirkung  der  Respiration,  und  von  Blut  aus  Arterien, 
also  bald  nach  jener,  ergaben,  nach  Magnus,  einen  fast  gleichen  €re- 
halt  an  Stickstoff.    Nach  demselben  Forscher  kommen  auf  16  Volume 
Kohlensäure  im  arteriellen  Blut  6,  auf  die  gleiche  Menge  Kohlensaure 
im   venösen  Blut  etwa  4  Volume  freien  Sauerstoffs.     Nach    Magen- 
die    femer  enthält    venöses  Blut  78  Froc.  seines  Volumens   ao  gas- 
förmiger Kohlensäure,  arterielles  dagegen  66  Proc.    Die   in  den  Lun- 
gen vor  sich  gehende   Kohlensäureabscheidung  aus  dem  Blat  betriA 
also  nur  ungefähr  V?  seines  Gehaltes  an  difiundirtem  Kohlensäaregase. 
Die  ältere  Auffassung,  nach  welcher  die  Lungen  nicht  sowohl  das 
Organ  für  Vermittelung  des  Gaswechsels  im  Körper,  sondern  aach  dei 
Hauptheerd  der  mit  einer  Verbrennung  so  häufig  verglichenen  Oxyda- 
tion des  Blutes  sein   sollten,   hat,  wie  das  aus  der  oben  gegebenen 
Skizze  des  Athmungsvorganges  erhellt,   der  geläuterteren  Ansicht  von 
einer,  nicht  bloss  durch  das  ganze   circulirende  Blut,  sondern  durcb 
alle   vital  functionirenden  Parenchyme   verbreiteten,  mit  der    Lebens- 
thätigkeit  Hand  in  Hand  gehenden,  stufenweisen  Zersetzung   weichen 
müssen.    Die  Ansicht,   dass  der  in  einem  Moment  durch  die  Respira- 
tion in  das  Blut  übergeführte  Sauerstoff,  nach  rascher  Vollendung  sei- 
ner Mission  zu  oxydiren,  in  einem  der  nächsten  Momente  in  der  Koh- 
lensäure der  Exspirationsluft  wieder  entweiche,  ist  längst  als  beseitigi 
anzusehen;  von  tieferer  Bedeutung  aber  ist  die  Frage:  ob  ein   TheiJ 
des   dem  Blute  zugeführten  Sauerstoffs   schon  innerhalb  der   Langen« 
circulation     in  chemische   Verbindung  mit  Bestandtheilen    des   Blatei 
tritt.     Magnus,    Mftrchand,    Liebig  und    Lehmann  haben    dies 
wahrscheinlich  gemacht  und  zugleich  die  rothen  Blutkörperchen  als  di< 
vorzugsweisen  Träger  dieses  chemisch  gebundenen  Sauerstoffs  beseich- 
net.    Die  dunklere  Färbung  des  venösen  Blutes,  gegenüber  der  des  ar 
teriellen,  früher  gröblich  auf  überwiegenden  Kohlenstoffgehalt  bezogen 
rührt  nach  den  Untersuchungen  der  genannten  Forscher  von  der  diffe 
reuten  Einwirkung  der  bei  dem  Athmungsvorgange  besonders   bethei- 
ligten Gase  auf  die  Form  der  die  Blutfärbnng  tragenden  Blutkörper- 
chen her.  Durch  Hineinleiten  von  Kohlensäure  in  aus  dem  Thierkorpei 
entleertes  hellrothes,  arterielles  Blut  kann  man  demselben  die  dunklen 
Färbung  des  venösen  ertheilen,  und  umgekehrt  durch  Hineinleiten  voi 
Sauerstoff  dem  venösen  die  des  arteriellen.    Anderweitige  auf  analyti« 
schem  Wege  gefundene  Differenzen  der  arteriellen  und  venösen  Blut 
bestandtheile  haben    vielfache  Muthmaassungen ,  aber  keinen   exaetei 
Aufschluss  über  respiratorische  Einflüsse  ergeben.    Den  verschiedentliol 
interpretirten  Untersuchungsresnltaten  von  Magnus^)  sind  in  neueste] 
Zeit  von  Harley^)  inBunsen's  Laboratorium  angestellte  Beobachtun- 
gen gefolgt,  welche  der  chemischen  Absorption  des  Sauerstoffs  durch  da4 


»)  Pogg.  Annal.  Bd.  XXXVI,  S.  685.—  *)  Pogg.    Annal.   Bd.  XXXVI,    S.  685 
Bd.   LVI,   S.   177.     Lehmanns   phys.    Chcm.    Bd.  11,    S.   159  u.  ff.  —    *)    Harley 
üeber    die    chemische   Yerändernng    des    BIntes    bei    der    Respiration;    Virchoir'i 
Archiv  Bd.  XI,  S.  107. 


Athmen  der  Thiere.  411 

Blut  bedeutend  weitere  Grenzen  stecken  als  Magnus'  Verduche.  Har- 
lej  liess  mit  Sauerstoff  gesättigtes  Blut  mit  atmosphärischer  Luft  un- 
ter Verschluss  in  Berührung,  und  fand,  dass  von  diesem  Blut  noch 
etne  bedeutend  grössere  Sauerstoffinenge  aus  jener  Luft  aufgenommen 
wurde,  als  in  der  während  des  Contactes  gebildeten  und  abgeschiede- 
nen Kohlensäure  enthalten  war;  ausserdem  sucht  Harley  eine  ent- 
schiedene Affinität  einzelner  Blutbestandtheile,  namentlich  des  Fibrins, 
Albumins  und  Hämatins  zu  Sauerstoff,  noch  bevor  an  eine  faulige  Zer- 
setzung jener  Körper  zu  denken  ist,  nachzuweisen.  In  wie  weit  die 
Harley 'sehen  Resultate  auf  die  Bespirations  Vorgänge  Anwendung  fin- 
den dürfen,  ist  noch  abzuwarten. 

Bei  den  mittelst  Lungen  oder  Kiemen  athmenden  Thieren  ist  der 
Gasaustansch  des  Organismus  an  jene  Bespirationsorgane  fast  aus- 
schliesslich gebunden.  Der  Sauerstoffaufnahme  durch  die  allgemeine 
Korperdecke  setzt  der  Ueberzug  dieser  die  hornartige  Epidermisschicht 
wohl  absoluten  Widerstand  entgegen,  und  eine  Kohlensäureaushau- 
chung  erfolgt  ohne  Zweifel  nur  in  dem  wenig  umfänglichen  Grade, 
welcher  durch  Diffusionssättigung  der  von  den  Hautdrüsen  secemirten, 
wässerigen  Abscheidungen  mit  jenem  Gase  möglich  ist.  In  ähnlicher 
Weise  wird  ein  Theil  Kohlensäure  durch  andere  Secretionen,  z.  B.  den 
Urin,  aus  dem  Blute  fortgeführt.  Einem  Capitel  der  Physiologie  der 
Zukunft,  der  Lehre  vom  Gesammtgaswechsel  des  Organismus,  liegt  .es 
ob,  die  Verhältnisse  dieser  Gasabsonderuogen  zu  den  durch  die  Re- 
spirationaorgane  erfolgenden  genauer  festzustellen.  Einer  Erwähnung 
dieser  Theilnahme  der  allgemeinen  Oberflächen  und  der  Schleimhaut- 
sjsteme  an  den  Athmungsvorgängen  bedurfte  es  hier  deshalb,  weil  nach 
weiter  oben  gegebenen  Andeutungen  der  Gaswechsel  durch  die  ganze 
Körperoberfläche  für  manche  Repräsentanten  niederer  Thierclassen  der 
einzig  existirende  ist  Die  Bezeichnung  Hautathmen  begreift  diesen 
Gaswechsel  niederer  Thiere  sammt  den  erwähnten  exspiratorischen 
Fonctionen  der  Haut  höherer  Thierorganismen  unter  sich,  mit  Zuhülfe- 
nahme  einer  nur  sehr  schwachen  Analogie. 

Die  Kiemenform  der  Respirationsorgane  ist  eine  für  die  chemische 
Bedeutung  des  Processes  der  Lungenform  ziemlich  gleiche.  Die  Ge- 
fisia nsb reitungen ,  anstatt,  wie  bei  den  Lungen  der  Oberfläche  viel- 
fieheriger  Luftsäcke  anzuliegen,  bedecken  gefranzte  membranöse  Aus- 
lyreitungen,  die  der  beständig  oder  rhythmisch  sich  erneuernden  Be- 
spülung  des  gashaltigen  Wassers  ausgesetzt  sind.  Üeber  die  quanti- 
tativen Verhältnisse  der  durch  Kiemen  und  der  mit  der  einfachen,  oder 
mehr  oder  weniger  complicirt  gebauten  KörperoberÜäche  athmenden 
niederen  Thiere  sind  noch  keine  Untersuchungen  gemacht.  —  Die  dem 
Pflanzenathmen  analoge  Sauerstoffentwickeluag  eines  niederen  Organis- 
RiQs  der  Salzsoole,  von  Wohl  er  entdeckt,  möchte  diesen  Organismus 
trotz  mancher  Thierähnlichkeit  unter  die  Pflanzen  verweisen  lassen. 

Eine  Atmosphäre,  der  ein  gewisses  Quantum  Sauerstoff,  als  dessen 
Normalmenge  ohne  Zweifel  die  in  der  gewöhnlichen  atmosphärischen 
Lad  enthaltene  Quantität  angesehen  werden  muss,  abgeht,  ist  entweder 
einfach  irrespirabel  oder  wirkt  geradezu  giftig  je  nach  ihren  Bestand- 
theilen;  das  erstere  ist  z.  B.  bei  *  Wasserstoff  •  oder  Stickstoffatmosphä- 
ren der  Fall;  als  Beispiele  giftiger  Atmosphären  können  unter  den 
häufigeren  Vorkommnissen  die  an  Kohlenoxydgas  und  Kohlensäure 
reichen  dienen.  V—r. 


412  Atlaserz.  —  Atmosphäre. 

Atlaserz  syn.  mit  faserigem  Malachit. 

Atlasstein,  Atlasspath  Saän-apar^  ein  feinfaseriger  koh- 
lenBaurer  Kalk  von  Gumberland,  bis  jetzt  gewöhnlich  als  zam  Aragonit 
gehörend  betrachtet,  ist,  nach  H.  Rose,  seiner  Härte  und  dem  specif. 
Gewicht  nach  bestimmt  Kalkspath.  Fe. 

Atmerythrin  hat  Eane  ^)  ein  in  rothen  Dämpfen  sich  ver- 
flüchtigendes, zu  röthlich  grünen  Blättchen  condensirbares  Prodact  ge- 
nannt, welches  sich  bei  der  trockenen  Destillation  von  Litmjlinsäure 
(Erythrolitmin),  und  von  Litmussäure  (Gemenge  von  Azolitmin  und 
Spaniolitmin)  mit  Kalk  bilden  soll.  Fe. 

Atmidoskop,  ein  Apparat  von  Babinet  *)  die  St&rke  der 
Verdampfung  nachzuweisen. 

Atmosphäre,  Atmosphärische  Luft  (von ar/i6g,  Dunst, 

Dampf  und  ötpatga^  Kugel).  Atmosphäre  nennt  man  zunächst  "die  den 
Erdkörper  umgebende  Gashülle,  vorzugsweise  bestehend  aus  Stickstoff- 
gas, Sauerstoffgas,  Wasserdampf  und  Kohlensäure.  Ferner  gebraucht 
man  den  Ausdruck  Atmosphäre  für  die  gasförmige  Hülle  eines  Welt- 
körpers überhaupt.  Endlich  bezeichnet  man  mit  demselben  Worte 
auch  die  gasförmige  Umgebung,  in  welche  starre  oder  tropfbarflüasige 
Körper  versetzt  sind.  Vermöge  einer  eigenthümlichen  anziehenden 
Kraft  (vergl.  den  Art.  Absorption)  üben  solche  Körper  einen  verdich- 
tenden Einfluss  auf  ihre  gasförmige  Umgebung  aus,  so  dass  starre 
Substanzen  ihre  Oberfläche  mit  einer  verdichteten  Hülle  derselben  über- 
kleiden, tropfbarflüssige  Körper  sich  durch  ihre  ganze  Masse  damit 
beladen. 

Die  Lufthülle  der  Erde  ist  von  dem  umfassendsten  Einfluss  auf 
den  Zustand  der  ^doberfläche.  Einzelne  ihrer  Bestandtheile  wirken 
mit  bei  der  Verwitterung  der  Gesteinsmassen,  unterhalten  die  Verwe- 
sungs-  und  Verbrennungsprocesse  und  bilden  femer  die  wesentlichste 
Bedingung  für  die  Functionen  des  Pflanzen-  und  Thierlebens.  Die 
Atmosphäre  ist  die  hauptsächlichste  Trägerin  der  Schallwellen;  sie 
mässigt  die  Wirkung  des  Sonnenlichtes  und  mildert  die  Uebergänge 
der  Finsterniss  der  Nacht  in  die  Helligkeit  des  Tages  durch  die  Dära» 
merung;  sie  erhöht  den  erwärmenden  Einfluss  der  Sonne  auf  die  £rd- 
oberfläche  und  ist  der  Sitz  der  für  die  organische  Schöpfung  so  bedeu- 
tungsvollen Witterungser<tcheinungen ,  unter  welchen  der  Wechsel  der 
Temperatur  im  Laufe  des  Tages  und  Jahres,  die  Winde,  die  Aende* 
rungen  im  Feuchtigkeitszustande  und  die  wässerigen  Niederschläge  die 
wichtigsten  sind. 

L   Physikalische  Eigenschaften  der  Atmosphäre. 

1.  Die  Schwere  und  die  Gestalt  der  Atmosphäre.  Die 
Luft  wird,  wie  jeder  andere  Körper,  von  dem  Erdkörper  angezogen; 
sie  übt  demzufolge  einen  Druck  auf  die  Unterlage  aus,  d.  i.  sie  besitzt 
Schwere.  Den  directesten  Beweis  für  die  Schwere  der  Lufl  erhalt 
man  durch  zweimalige  Wägung  eines  Glasballons,  das  einemal,  wSh- 


*)  Compt.  rend.  de  l'acad.  T.  IX,  p.  656;  Annal.  d.  Chem.  ii.  Pharm.  Bd.  XXX VI, 
S.  324.  —  «)  Compt.  rend.  de  l'acad.  T.  XXVII,  p.  629. 


Atmosphäre.  413 

read  er  mit  Luft  gefüllt  ist ,  das  anderemal ,  nachdem  er   mittelst  der 
Lofitpiinipe  möglichst  luftleer  gemacht  wurde. 

Vermöge  ihrer  Eigenschaft  der  Schwere  lagert  sich  die  Luft  in 
einer  concentrischen  Schicht  um  den  Erdkörper,  auf  dessen  Ober- 
fläche sie  einen  Druck  ausübt.  Was  den  statischen  Gleichgewichts- 
zustand dieser  Lufthülle  von  demjenigen  einer  tropfbarflüssigen  Masse 
unterscheidet,  rührt  von  der  allen  gasförmigen  Substanzen  eigenthüm- 
lichen  Expansivkraft  her,  vermöge  welcher  ihre  Theile  sich  möglichst 
weit  von  einander  zu  entfernen  streben,  wahrend  sie  zugleich  unter  An» 
Wendung  einer  hinreichenden  Gegenkraft  sich  weit  stärker  verdichten 
lassen  als  tropfbarflüssige  Körper.  Die  tieferen  der  Erdoberfläche 
zunächst  gelegenen  Schichten  der  Atmosphäre  sind  unter  dem  Drucke 
der  auf  ihnen  lastenden  höheren  Schichten  am  stärksten  verdichtet;  je 
höher  hinauf,  desto  freieres  Spiel  hat  die  Expansivkraft,  desto  mehr 
verdünnt  sich  die  Luft.  Nur  durch  die  Abnahme  der  Temperatur  mit 
zunehmender  Höhe  wird  diesem  Expansionsbestreben  eine  Grenze  ge- 


Das  nach  Archimedes  benannte  Gesetz,  wonach  ein  Körper,  wel- 
cher in  eine  Flüssigkeit  getaucht  is^  soviel  weniger  wiegt,  als  das  Gewicht 
der  verdrängten  Flüssigkeit  beträgt,  findet  auch  auf  die  von  der  atmo- 
sphärischen Luft  umgebenen  Körper  Anwendung.  Zwei  Körper  von 
ungleichem  Volumen,  wie  z.  B.  ein  mit  Luft  gefüUtef,  aber  gegen  die 
umgebende  Luft  abgeschlossener  Glasballon  und  ein  Messinggewicht, 
welche  an  einem  empfindlichen  Wagebalken  ins  Gleichgewicht  gebracht 
Bmd,  behaupten  dieses  Gleichgewicht  nicht  mehr,  wenn  der  Apparat 
onter  die  Glocke  der  Luftpumpe  gebracht  und  die  Luft  ausgepumpt 
wird.  Der  Glasballon  kommt  ins  Uebergewicht  und  sinkt,  weil  sein 
vorher  in  der  Luft  erlittener  Gewichtsverlust,  der  nunmehr  in  Wegfall 
kommt,  beträchtlicher  war,  als  derjenige  des  Messinggewichtes.  Es 
kann  dieser  Versuch  als  ein  weiterer  Beweis  für  die  Schwere  der  Luft 
ielbst  angesehen  werden  und  er  zeigt  zugleich,  dass  bei  genauen  Wä- 
gongen,  welche  in  der  Luft  ausgeführt  werden,  auf  diesen  Umstand 
Backsicht  genommen  werden  muss  (vergl.  den  Art.  Wägen).  Ver- 
möge des  angeführten  Gewichtsverlustes  wirkt  auf  Körper,  deren  To- 
talgewicht geringer  ist  als  dasjenige  eines  gleichen  Volumens  atmo- 
sphärischer Luft,  eine  Kraft  des  Auftriebs,  vermöge  deren  sie  in  der 
Atmosphäre  aufsteigen,  bb  sie  in  eine  Schicht  gelangt  sind,  in  welcher 
dfts  verdrängte  Luftvolumen  so  schwer  ist  als  der  Körper  selbst.  In 
dieser  Schicht  schweben  oder  schwimmen  sie.  So  verhalten  sich  z.  B. 
Ballons  aus  dünnem,  aber  luftdichtem  Zeuge,  welche  mit  erhitzt  gehal- 
tener atmosphärischer  Luft,  mit  Wasserstoffgas  oder  Kohlenwasser- 
stoffgas gefüllt  sind.  Die  Luftreisen  in  solchen  Ballons,  welche  bereits 
bis  za  gleicher  Höhe  mit  den  höchsten  und  völlig  unzugänglichen  Ge- 
birgsgipfeln  der  Erde  geführt  haben,  sind  zur  Erforschung  der  Ab- 
nahme der  Temperatur  und  des  Feuchtigkeitsgehaltes  der  Luft  mit 
nmehmender  Höhe  benutzt  worden. 

Die  anziehende  Kraft  der  Erde  wirkt  auf  die  auf  der  Meeresfläche 
ruhende  Luft  in  stärkerem  Grade  an  den  Polen  als  am  Aequator;  ein- 
mal dämm,  weil  die  Erde  keine  Kugel,  sondern  ein  an  den  Polen  ab- 
geplattetes Sphäroid,  mithin  die  Luft  an  der  Meeresfläche  in  höheren 
Breiten  dem  Mittelpunkt  der  Anziehung  näher  ist  als  in  der  Nähe  des 
Aequators,  femer  und  zumeist  aber  darum,  weil  die  aus  der  Axendre- 


414  Atmosphäre. 

hung  der  Erde  entspriugende  Centrifngalkraft ,  welche  der  Schwere 
direct  entgegenwirkt,  an  den  Polen  gänzlich  fehlt,  nach  den  niederen 
Breiten  hin  znnimmt  und  am  Aequator  selbst  ihren  grössten  Werth  er- 
reicht. Ungeachtet  dieser  ungleichen  Wirksamkeit  der  Schwerkraft 
würde,  wenn  die  Atmosphäre  nicht  durch  anderweite  Ursachen  verhin- 
dert  würde  im  Zustande  statischen  Gleichgewichtes  zu  beharren,  der 
Druck  der  Atmosphäre  an  der  Meeresfläche  in  allen  Breiten  gleich  sein, 
weil  der  Druck  einer  Flüssigkeit  nicht  allein  senkrecht  abwärts,  son* 
dem,  vermöge  der  vollkommenen  Beweglichkeit  der  Theilchen,  nach 
allen  Seiten  hin  in  vollkommen  gleicher  Stärke  wirkt  und  somit  in  dem 
nämlichen  Niveau  alle  Verschiedenheiten  sofort  sich  ausgleichen  muss- 
ten.  Zugleich  leuchtet  aber  ein,  dass  an  den  Orten  intensiverer  Schwer- 
kraft, also  in  höheren  Breiten,  zur  Herstellung  des  nämlichen  Druckes 
eine  Luftsäule  von  verhältnissmässig  geringerer  Hohe  geniigen  muss, 
so  dass  die  Atmosphäre  auch  dann,  wenn  sie  aller  Orten  gleiche  Tem- 
peratur besässe,  die  Gestalt  einer  sphäroidalen  Hülle  haben  würde, 
deren  Dicke  unter  dem  Aequator  am  grössten  wäre.  Die  Ungleichheit 
in  der  Höhe  der  Atmosphäre  am  Aequator  und  an  den  Polen  wird  aber 
durch  die  grosse  Verschiedenheit  der  Temperatur  noch  vermehrt. 

Welche  Dimensionen  die  sphäroidale  Lufthülle  besitze,  d.  h.  wie 
hoch  die  Atmosphäre  über  einem  jeden  Punkte  der  Erdoberfläche  sei, 
ist  ungeachtet  vielfältiger  Bemühungen  noch  nicht  ausgemittelt.  La- 
place  hat  bemerkt,  dass  die  Luft  sich  jedenfalls  nicht  weiter  als  bis 
zu  der  Grenze  erstrecken  könne,  wo  die  Centrifugalkraft  der  Luftpar- 
tikelchen ihrer  Schwere  gleich  sei.  Allein  eine  Höhe  von  mehr  als 
drei  Erdhalb messem,  wie  sie  sich  aus  jenem  Satze  ergeben  würde,  hat 
die  Atmosphäre  sicher  nicht.  Auch  sieht  man  ein,  dass  die  Gleichheit 
vielmehr  zwischen  der  Schwere  der  Lufttheilchen  einerseits  und  der 
Summe  aus  der  Centrifugalkraft  und  der  Abstossung  der  Theilchen  an- 
dererseits bestehen  müsse.  Nun  hat  man  aber  über  die  Grösse  der 
Expansivkraft  der  Luft  in  grossen  Höhen  darum  kein  Urtheil,  weil 
diese  von  der  Temperatur  abhängig,  das  Gesetz  der  Temperaturab- 
nahme in  der  Höhe  aber  noch  unbekannt  ist.  Je  nachdem  man  in 
dieser  Beziehung  die  eine  oder  die  andere  Hypothese  zu  Grande  legte, 
hat  man  die  Höhe  der  Atmosphäre  Über  dem  Aequator  zu  7  oder  za 
27  geographischen  Meilen  gefunden.  Endlich  ist  aus  der  Beobachtung 
der  Zeit,  zu  welcher  an  einem  heiteren  Abend  die  Grenze  der  Dämme- 
rung das  Zenith  erreicht,  und  aus  dem  Sonnenstande  zu  dieser  Zeit, 
unter  Zugrundelegung  des  Reflexionsgesetzes,  die  Höhe  der  Atmosphäre 
zu  9,5  bis  10  geogr.  Meilen  bestimmt  worden.  Freilich  ist  diese  Be- 
rechnung auf  die  unbewiesene  Annahme  gegründet,  dass  das  Licht  von 
der  ohnehin  nicht  scharf  bestimmbaren  Dämmerungsgrenze  nach  nur 
einmaliger  Reflexion  zu  dem  Beobachter  gelange. 

Die  mannigfachen  Erscheinungen,  in  welchen  die  Wirkung  des 
atmosphärischen  Druckes  sich  ausspricht,  sollen  hier  nicht  aofge- 
zählt  werden.  In  dem  Saugrohr  einet  Pumpe,  in  welchem  ein  luft- 
dicht schliessender  Kolben  aufwärts  gezogen  wird,  folgt  das  Wasser,  durch 
den  auf  den  äusseren  Wasserspiegel  wirkenden  Luftdruck  gehoben,  dem 
Kolben  bis  zu  einer  Höhe  von  etwa  82  Pariser  Fnss  oder  10  Metern, 
und  es  kann  mithin  eine  Wassersäule  von  dieser  Höhe  als  ein  Bfaass 
des  atmosphärischen  Druckes  angesehen  werden.  Bequemer  zu  diesem 
Zwecke  ist  das  13,6mal  schwerere  Quecksilber,   da  nach  hjdrostati- 


Atmosphäre.  415 

sehen  Gesetzen  eine  13,6nial  kürzere  Säule  dieser  Flüssigkeit  dem 
Laftdracke  das  Gleichgewicht  hält.  Das  Barometer,  welches  von  To- 
ricelii  ersonnen  und  von  dessen  Schüler  Viviani  im  Jahr  1643  zu- 
erst amg^ef  übrt  wurde ,  ist  jetzt  das  allgemein  angewendete  Instrument 
zur  Messung  des  Luftdruckes.  Der  mittlere  Barometerstand  am  Spie- 
gel d^s  Meeres  ist  zwar  wegen  mannigfacher  NebeneinflÜdse  nicht  in 
allen  Breiten  gleich ;  man  hat  aber  den  mittleren  Stand  unter  dem  45^ 
nördi.  Breite,  nämlich  eine  Säule  von  760""*  Höhe,  im  Allgemeinen  als 
das  Normalmaass  des  Luftdruckes  an  der  Meeresfläche  angenommen. 
Hiemach  lastet,  vermöge  des  atmosphärischen  Druckes,  auf  der  Grund- 
taehe  eines  Quadratcentimeters  ein  Gewicht  von  1033,8  Grammen,  auf 
der  Omncifläche  eines  Quadratdecimeters  also  ein  Gewicht  von  103,33 
Kilograni  men . 

E^  kann  hiernach  auf  den  ersten  Blick  allerdings  auffallen ,  dass 
der  menschliche  Körper  bei  einer  Oberfläche  von  ungefähr  150  Qna- 
dratdecimetern  einen  atmosphärischen  Druck  von  15500  Kilogrammen 
m  tragen  hat  und  es  hat  dieser  Umstand  in  der  That  Veranlassung  ge- 
gegeben, den  Luftdruck  ganz  zu  läugnen.  Es  ist  indessen  unzweifelhaft, 
dass  unsere  ganze  Organisation  so  beschaffen  ist,  dass  sie  diesen  Luft- 
dmek  nicht  nur  erträgt,  sondern  dass  sie  bei  einem  merklich  geringe- 
ren Drack  gar  nicht  bestehen  kann.  Nach  W.  und  £.  Weber^s  Er* 
fiihningen  werden  die  Köpfe  der  oberen  Bein-  und  Armgelenke  nur 
dnrch  den  Luftdruck  in  ihren  Pfannen  erhalten;  der  Muskeldmck, 
welcher  das  Blut  im  Gef  ässsystem  umtreibt,  würde  es  an  Stellen,  welche 
nicht  mit  dicker  Haut  bedeckt  sind,  nach  Aussen  pressen  ohne  den  ent- 
gegenwirkenden atmosphärischen  Druck.  Beim  Ansteigen  zu  grossen 
H&hen,  im  Luf^baUon  oder  in  hohen  Gebirgen,  stellt  sich  Missbehagen 
ein  und  das  Blut  tritt  aus  den  Lippen,  dem  Zahnfleisch  und  an  den  Au- 
gon  ana. 

Eb  war  eine  schöne  Bestätigung  der  Toricelli' sehen  Lehre  von 
den  Luftdruck,  als  Perrier  im  Jahre  1648  auf  Anrathen  Pascal's 
durch  eine  Besteigung  des  Puy-de-Ddme  bewies,  dass  die  Höhe  der 
Queeksübersänle  im  Barometer,  welche  dem  Luftdrücke  das  Gleichge- 
vieht  hält,  mit  zunehmender  Erhebung  über  das  Niveau  des  Meeres  ab- 
nimmt. Ana  dem  Mariotte'schen  Gesetze  (vergl.  Iste  Aufl.  Bd.V,  S.  137), 
nach  welchem  die  Dichte  der  Luft  sich  direct  verhält  wie  der  auf  ihr 
lastende  Druck,  folgt,  dass  bei  Zunahme  der  Höhe  in  arithmetischer  Pro- 
gression die  Dichte  der  Luft  in  geometrischer  Progression  abnehmen 
nnas.  Die  Höhenunterschiede  zweier  Funkte  in  denselben  Verticalen 
worden  sich  hiemach  verhalten  wie  die  Unterschiede  der  Logarithmen 
der  an  beiden  Punkten  beobachteten  Barometerstände.  Wäre  die  Tem- 
pcrator  der  Luftsäule  zwischen  beiden  Punkten  durchgängig  gleich 
O^C,  so  hatte  man  den  Unterschied  der  Briggs 'sehen  Logarithmen 
der  anf  O^C.  reducirten  Barometerstände  (vergl.  den  Art.  Barome- 
ter) an  beiden  Stationen  mit  der  Zahl  18382  zu  vervielfachen,  um  den 
gesDchten  Höhenunterschied  in  Metern  ausgedrückt  zu  erhalten.  Durch 
die  niedrigere  Temperatur  der  höher  gelegenen  Luftschichten  wird  de- 
ren Dichte  vermehrt;  man  kann  sich  indessen  doch  des  angegebenen 
Reefanangsverfahrens  bedienen  und  muss  nur  den  gefundenen  Höhen- 
antersehied  um  so  viel  vermehren  oder  vermindern,  als  eine  Luftsäule 
von  dieser  Lfinge  sich  dnrch  Erwärmen  oder  Abkühlen  von  der  Tem- 
peratur O^C«  anf  die  zur  Zeit  der  Beobaehtung  wirklich  herrschende 


416  Atmosphäre.      , 

mittlere  Temperatur  der  Luft  zwischen  beiden  Beobachton^satationei  i 
verlängern  oder  verkürzen  würde.  Da  man  diese  mittlere  Temperata: 
nicht  wohl  ausmitteln  kann,  so  bedient  man  sich  als  Naherongswerthi ! 
des  Mittels  zwischen  den  Lufttemperataren  an  den  beiden  Beobach 
tungsstationen. 

2.  Die  Temperatur  der  Atmosphäre.  Der  statische  G-leicb 
gewichtszustand,  wie  er  bis  jetzt  vorausgesetzt  wurde,  existirt  in  den 
Lufthülle  unseres  Erdkörpers  zu  keiner  Zeit.  Die  mannigfaltigen  Sto 
rungen  des  Gleichgewichtes,  welche  durch  die  Einwirkung  der  Son 
nenstrahlen  in  erster  Linie,  und  durch  ihren  ungleichen  Effect,  je  nach 
dem  sie  auf  die  surren  oder  die  flüssigen  Theile  der  Erdoberfläch« 
treffen,  in  zweiter  Linie  hervorgerufen  werden,  sind  zum  Theil  constaH' 
ter,  zum  anderen  Theil  periodisch  ab-  und  zunehmender  und  zum  letztei 
Theile  so  unregelmässiger  Natur,  dass  eine  Gesetzmässigkeit  darii 
noch  nicht  hat  nachgewiesen  werden  können. 

Die  Sonnenstrahlen  üben  ihren  erwärmenden  Einfluss  auf  die  At- 
mosphäre in  dreifach  verschiedener  Weise  aus.  Ehe  sie  zur  Erdober- 
fläche selbst  gelangen  können,  müssen  sie  die  Atmosphäre  durchdringen 
sie  gehen  durch  die  höheren,  so  äusserst  dünnen  und  durchsichtigen 
Schichten  ohne  merklich  absorbirt  zu  werden,  also  auch  ohne  merkli* 
eben  er  wärmenden  Einfluss;  dieser  tritt  aber  in  den  dichteren  und  wasaer- 
dampfreicheren  Schichten  in  der  Nähe  des  Erdbodens  stärker  hervor, 
so  dass  auch  bei  heiterem  Himmel  nur  etwa  sieben  Zehntel  der  ganzen 
auf  die  Grenze  der  Atmosphäre  treffenden  Menge  von  Wärmestrahlen 
zur  Erde  selbst  gelangen,  bei  nebliger  und  bewölkter  Atmosphäre  aber 
ein  weit  geringerer  Antheil.  Die  unter  dem  Einfluss  der  auftreflTendan 
Strahlen  erwärmte  Erdoberfläche  giebt  zunächst  Wärme  durch  Leitung 
an  die  unmittelbar  sie  bespülende  unterste  Luftschicht  ab,  nnd  wenn 
auch  die  hier  erwärmte  Luft  sich  erhebt,  so  kann  sich  dieser  £inflnss 
doch  immer  nur  in  verhältnissmässig  sehr  geringen  Höhen  geltend  ma- 
chen. Diejenige  Wärme,  welche  in  strahlender  Form  von  der  erwärm- 
ten obersten  Erdrinde  in  die  Luft  zurückgesendet  wird,  dringt  zwar 
theilweise  in  die  höchsten  Höhen  der  Atmosphäre  und  in  den  leeren 
Himmelsraum  —  es  ist  dies  die  Ursache  der  Abkühlung  während  der 
Nacht  und  der  niedrigen  Temperatur  der  Wintermonate  — ,  allein  die 
untersten  und  dichtesten  atmosphärischen  Schichten  halten  von  diesen 
dunkelen  Wärmestrahlen  einen  verhältnissmässig  noch  grösseren  Antheil 
zurück,  als  von  den  leuchtenden  Wärmestrahlen  der  Sonne.  Hierin 
allein  ist  die  Ursache  zu  suchen,  dass  die  Atmosphäre  inmitten  der 
entgegengesetzten  Processe  der  Bestrahlung  der  Erde  durch  die  Sonne 
und  der  Wiederausstrahlung  der  Wärme  in  den  Himmelsraum  der  Erd- 
oberfläche eine  höhere  Temperatur  sichert,  als  diese,  der  Lufthülle  völ- 
lig entkleidet,  besitzen  würde. 

Da  die  Atmosphäre  Erwärmung  und  Abkühlung  nur  zum  kleinen 
Theil  durch  directe  Einwirkung  der  Sonne  und  directe  Ausstrahlung 
in  den  Himmelsraum,  zumeist  dagegen  durch  Vermittelung  der  ober- 
sten Schicht  der  Erde  erfährt,  so  ist  der  Betrag  der  regelmässigen 
Temperaturschwankungen  im  Laufe  des  Tages  und  des  Jahres  sowohl, 
als  die  mittlere  Temperatur  an  einem  gegebenen  Orte,  vorzugsweise 
von  den  für  die  Erdoberfläche  gültigen  Bestrahlungsgeaetzen  und  von 
der  physischen  Beschaffenheit  der  Erdoberfläche  an  der  betreffenden 


Atmosphäre.  417 

Stelle  abhängig.  Ohne  irgend  in  speciellere  Erörterungen  und  Be- 
eehreibnngen  klimatologischer  Verhältnisae  einzugehen,  sollen  nur  die 
Ursachen,  welche  die  Temperaturyerhältniase  bestimmen,  im  Allgemei- 
nen angeführt  werden. 

Die  Intensität  der  Bestrahlung  ist  dem  Sinns  des  Winkels,  unter 
welchem  die  Sonnenstrahlen  auf  die  Erdoberfläche  fallen  oder,  was  das 
Nämliche  sagt,  dem  Sinus  der  Sonnenhöhe  proportional.  Dies  ist  die 
hauptsächlichste  Ursache  des  Temperaturunterschiedes  der  heissen,  der 
gemässigten  und  kalten  Zonen.  Die  Sonnenhöhe  selbst  und  ihr  Sinus 
schwanken  im  Laufe  des  Jahres  für  Orte  unter  dem  Aequator,  femer 
in  45^  Breite  und  endlich  am  Polarkreise,  also  unter  66,5<^  Breite,  zwi- 
aeheu  den  folgenden  Werthen: 


Aequator, 
'0«Br. 


Gemässigte 
Zone,  45»  Br. 


Polarkreis, 
66,5«  Br. 


Aendening  in  der  Son- 
nenhöhe am  Mittag  .    . 

Aendening  im  Sinus  der 
Sonnenhöhe 


90»  bis  66,5»  ' 
1  bis  0,917 


68,5»  bis  21,5» 
0,930  bis  0,367 


47»  bis  0» 
0,731  bis  0 


^Entsprechend  den  Schwankungen  im  Sinus  der  Sonnenhöhe  sind 
diejenigen  der  Lufttemperatur  im  Laufe  des  Jahres  in  der  heissen  Zone 
un  kleinsten,  in  der  gemässigten  Zone  grösser  und  in  der  kalten  Zone 
am  bedeutendsten.  Freilich  tragen  zu  diesem  Resultate  noch  mehrere 
andere  Ursachen  bei,  insbesondere  die  ungleiche  Länge  des  Tages  und 
die  verschiedene  Dicke,  welche  die  Sonnenstrahlen  in  der  Atmosphäre 
zu  durchlaufen  haben.  Die  Schwankungen  in  der  Tageslänge  und  in 
der  Tiefe  der  zur  Zeit  des  Mittagsstand'es  der  Sonne  durchstrahlten  At- 
mosphärenschicht  sind  z.  B.  in  den  oben  erwähnten  geographischen 
Breiten  die  folgenden: 


Aenderungen  der  Tages- 
l&nge 

Dicke  der  durchstrahlten 
Schicht 


Aequator, 
0»Br. 


12»»  bis  12»» 
10  bis  10,8  Meil. 


Gemässigte 
Zone,  45»  Br. 


17,5»»  bis  8,5»> 
10,75  bis  26,4  M. 


Polarkreis, 
66»,5  Br. 


24  bis 
13,6  bis  130  M. 


Die  Begelmässigkeit,  sowohl  der  Temperaturabnahme  im  Allger 
meinen  vom  Aequator  nach  höheren  Breiten  hin,  als  der  Grösse  de- 
Temperaturschwankungen  in  der  jährlichen  und  in  der  täglichen  Pe- 
riode, erleidet  die  beträchtlichsten  Modificationen  durch  die  ungleiche 
Erhebung  der  Länder  über  die  Meeresfläche,  sowie  durch  die  ganz  un- 
gleiche Wirkung,  welche  die  aufiallenden  Sonnenstrahlen  hervorbrin- 
gen, je  nachdem  sie  auf  entblösstes  Erdreich  und  nackten  Fels,  oder 
auf  mit  üppiger  Vegetation  bedecktes  Land ,  oder  endlich  auf  die  Flä- 
chen der  Seen  und  Meere  auftreffen. 


RMdvOrterboch  der  Chemie.  3te  Aofl.  Bd.  11. 


27 


418  Atmosphäre. 

Isolirte  Gebirgsgipfel ,  -  welche  hoch  in  die  dünnere  und  kältere 
Luftregion  ragen,  vermögen  nur  wenig  zu  deren  intensiverer  £^rä^ 
mnng  beizutragen,  während  massenhafte  Hochländer  die  mittlere  Tem- 
peratur der  sie  bespülenden  Luftschicht  beträchtlich  erhöhen.  Die 
Unterschiede  der  Tag-  und  Nachttemperatur  müssen  in  den  Hochpla- 
teaus (welche  zudem  aus  leicht  ersichtlichen  Gründen  meist  wasserarm 
sind)  wegen  der  intensiveren  Ein-  und  Ausstrahlung,  welche  die  doB- 
nere  reinere  Luft  gestattet,  beträchtlicher  sein  als  in  den  Tiefländern. 

lieber  weiten  inselfreien  Meeren,  wo  nicht  regelmässige  nach  hö- 
herer oder  niederer  Breite  gerichtete  Meeresströmungen  störend  ein- 
greifen, spricht  sich  die  oben  erwähnte  Abhängigkeit  der  Temperatur 
von  der  geographischen  Breite,  also  von  der  Höhe  des  Sonnenstandes 
am  regelmässigsten  aus ,  und  die  Schwankungen  im  Laufe  des  Jahres 
und  des  Tages  sind  weit  geringer,  als  im  Inneren  wasserarmer  Con- 
tinente.  Jener  Einfluss  des  Meeres  überträgt  sich  auf  die  angrenzen- 
den Küstenländer,  so  dass  ein  allmäliger  Uebergang  von  dem  See- 
klima durch  das  Küstenklima  nach  dem  Binnen-  oder  Conti- 
nentalklima  stattfindet,  wie  sich  dies  z.  B.  in  den  folgenden  Zahlen 
ausspricht,  welche  den  Unterschied  zwischen  der  Mitteltemperatur  des 
wärmsten  und  kältesten  Monates  in  Celsius'schen  Graden  an  den  nach- 
benannten, zwischen  dem  See-  und  Binnenklima  eine  stetige  Kette  bil- 
denden Orten  angeben: 

Temperaturunterschied  des  wämuten 
und  kältesten  Monats. 

Plymouth 9,7® 

Paris 16,8 

Frankfurt 19,2 

Berlin 21,2 

Warschau 23,5 

Moskau. 29,3 

Kasan   .     ,    ' 84,1 

Tomsk 35,9 

Jakutzk      .     .     - 63,5 

Von  dem  Wasser  wird  die  einstrahlende  Sonnenwärmc  bis  zo 
grösseren  Tiefen  durchgelassen,  während  Erde  und  nacktes  Gestein 
dieselbe  in  ihren  oberflächigen  Schichten  sofort  in  fühlbare  Wärme  nm- 
setzen.  Das  Wasser  erfordert  etwa  5mal  mehr  Wärme  als  die  Ge- 
steine, um  sich  um  eine  gleiche  Zahl  von  Teraperaturgraden  zu  erwäp 
men,  und  im  gleichen  Yerhältniss  muss  das  Wasser  bei  der  Abkühlung 
mehr  Wärme  abgeben.  Ein  beträchtlicher  Theil  der  Wärme,  welch« 
auf  Wasser  oder  feuchtes,  sumpfiges  Erdreich  einstrahlt,  geht,  indem 
er  zur  Bildung  von  Wasserdampf  verwendet  wird,  welcher  sich  in  die 
Luft  erhebt,  in  den  gebundenen  unfühlbaren  Zustand  über  und  wird, 
wenn  bei  Wiederabkühlung  der  Luft  der  Sättigungszustand  erreicht  isl 
(vergl.  den  Art  Dampf),  indem  die  Wasserdünste  sich  als  Nebel,  Re- 
gen oder  Schnee  niederschlagen,  wieder  frei,  d.  h.  zu  solcher  Warme, 
welche  mit  dem  Thermometer  nachweisbar  ist  und  auf  das  Gefiihl 
wirkt.  Dies  sind  die  Ursachen,  welche  die  Extreme  der  Lufttempera- 
tur, die  im  Inneren  wasserarmer  Länderstriche  so  fühlbar  hervor- 
treten, über  dem  Meere  abschwächen.  Der  häufige  Austausch  zwischen 
den  über  dem  Meere  und  über  den  von  ihm  bespülten  Ländern  ruhen- 
den Luftmassen  und  der  Umstand,  dass  die  von  den  Wasserflächen  auf- 


Atmosphäre.  419 

gestiegenen  Dämpfe  er^t  über  den  Ländern  sich  tropfbar  niederschlagen 
und  ihre  gebundene  Wärme  dort  abgeben,  bewirkt,  dass  die  Küstenlän- 
der in  abnehmendem  Grade  nach  dem  Inneren  des  Binnenlandes  hin 
an  der  Gleichmässigkeit  des  Seeklimas  participiren. 

Die  statische  Ruhe,  in  welcher  nach  den  Gesetzen  der  Schwere 
das  Meer  und  die  Atmosphäre  beharren  müssten,  würde  ohne  Einwir- 
kung der  Sonnenwärme  nnr  durch  die  zweimal  täglich  umlaufende 
Flathwelle  (erzeugt  durch  die  Gravitation  der  Wasser-  ond  Lufttheil- 
ehen  gegen  Sonne  und  Mond)  gestört  werden,  eine  Bewegung,  welche 
in  der  Atmosphäre  wegen  der  geringen  Dichte  der  Lufl  unmerklich 
rerlanfen  würde.  Ungleich  bemerkbarer  und  mächtig  in  ihren  Wirkun- 
gen auf  das  Klima  sind  die  Strömungen  im  Meere  und  in  der  Atmo- 
sphäre, welche  dem  localen  Uebergewicht  der  Erwärmung  durch  die 
Sonne  ihre  Entstehung  verdanken.  Die  in  der  tropischen  Zone  er- 
wärmten Gewässer  verbreiten  sich  vermöge  ihres  geringeren  specifi- 
»ehen  Gewichtes  nach  Norden  und  Süden,  um  in  der  Tiefe  von  kälte  * 
rem  ans  höheren  Breiten  zuströmenden  Wasser  ersetzt  zu  werden. 
Aber  diese  Ströme,  durch  die  Gestalt  des  Meeresbodens  nqd  der  Kü-^ 
sten  mannigfach  behindert  und  abgelenkt,  verlaufen  nicht  nur  überein- 
ander, sondern  haben  ihr  Bett,  namentlich  ausserhalb  der  Wendekreise, 
nebeneinander  gefunden.  Es  ist  bekannt,  wie  der  aus  dem  Golf  von 
Mexico  hervordringende  und  danach  benannte  Aequatorialstrom  der 
aber  den  Küsten  von  Europa  ruhenden  Atmosphäre  bis  nach  der  Nord- 
spitze  von  Norwegen  hin  eine  höhere  Temperatur  ertheilt,  als  sie 
ausserdem  der  geographischen  Breite  nach  besitzen  würde,  während 
eine  aus  dem  nördlichen  Eismeer  kommende  Polarströmung  die  Ost- 
kasten von  Nordamerika,  eine  aus  dem  südlichen  Eismeer  hervorkom- 
mende mächtige  Strömung  die  Küste  von  Chili  und  Peru  abkühlt. 

Directer  wirken  natürlich  die  durch  die  Sonne  in  der  Atmosphäre 
selbst  eingeleiteten  Strömungen,  welche  keineswegs  aller  Orten  den 
ansteten,  wechselvollen  Charakter  an  sich  tragen,  wie  in  der  nörd- 
lichen gemässigten  Zone  und  namentlich  über  dem  europäischen  Fest- 
laode. 

3.  Bewegungen  in  der  Atmosphäre.  Winde.  Mit  der 
Erwärmung  nach  Sonnenaufgang  beginnt  an  jedem  Orte  eine  vertical 
anfwärts'gerichtete  Bewegung  der  am  Boden  erwärmten  und  dadurch  aus- 
gedehnten Luft,  und  dieser  aufsteigende  Luftstrom  nimmt  an  Lebhaftig- 
keit bis  zur  Zeit  der  grössten  Tageshitze  zu.  Die  von  ihm  in  die 
Höhe  getragene  Luft  muss  durch  andere  am  Boden  von  allen  Seiten 
der  erwärmten  Stelle  zuströmende  kältere  und  dichtere  Luft  ersetzt 
werden.  Dies  ist  die  allgemeine  Entstehungsursache  der  Winde;  aus 
ihr  erklärt  sich,  warum  in  Gebirgsthälern  der  Luftstrom  Morgens  nach 
der  Höhe,  Abends  nach  der  Tiefe  gerichtet  ist;  warum  an  den  Kü- 
sten Morgens  Seewind  herrscht,  während  Abends  und  Nachts  der  Wind 
vom  Lande  nach  der  See  hin  weht 

In  umfassenderer  Weise  macht  sich  die  aus  der  ungleichen  Tem- 
peratur der  verschiedenen  Breitegürtel  entspringende  Bewegung  der 
Atmosphäre  bemerkbar.  Unter  dem  Aequator,  in  der  sogenannten  Re- 
gion der  Windstillen  (Calmen),  erhebt  sich  die  Luft  in  einem  stetigen 
Strome  za  grossen  Höhen.  Die  Mitte  dieses  Gürtels,  welche  durch  die 
grosse    Regelmäsaigkeit  ihrer   Witterongsersoheinungen  ausgezeichnet 

27» 


420  Atmosphäre. 

ist,  fällt  nicht  genau  unter  die  Linie  des  Aequators,  sondern  ist  (wegen 
der  etwas  höheren  Temperatur,  welche  die  grossere  Ländermasse  der 
nördlichen  Erdhälfite  ertheUt)  etwas  nach  Norden  verschoben.  Die  b 
der  Region  der  Windstillen  aufsteigende  Luft  wird  durch  andere  ersetzt, 
welche  an  der  Erdoberfläche  von  Norden  und  Süden  her  zuströmt. 
Wegen  der  geringeren  Umdrehungsgeschwindigkeit,  welche  die  aoB 
höheren  Breiten  nach  dem  Aequator  strömenden  Luftma^sen  mitbrin- 
gen, bieten  dieselben  einen  der  Umdrehungsbewegung  der  Erde  entge- 
gen, also  von  Ost  nach  West,  gerichteten  Widerstand ,  so  dass  jene  re- 
gelmässigen Strömungen,  welche  den  Namen  Passate  führen,  auf  der 
nördlichen  Erdhälfte  einen  Nordostwind  (der  Nordostpassat  im  Mittel 
zwischen  9»  und  28«  nördl.  Br.),  auf  der  südlichen  Erdhälfle  einen 
Südostwind  (der  Südostpassat  im  Mittel  zwischen  S^  nÖrdl.  Br.  and 
25^  südl.  Br.)  darstellen.  In  höheren  Breiten  sinkt  die  in  der  Region 
der  Calmen  aufgestiegene  Luft  auf  der  nördlichen  Erdhälfte  als  süd- 
westliche, auf  der  südlichen  Erdhälfle  als  nordwestliche  Strömung  he^ 
ab,  und  in  den  gemässigten  Zonen  suchen  sich  die  oberen  und  unteren 
Passate  ihr  Bett  nebeneinander,  in  dem  sie  sich  häufig  verschieben  and 
einander  verdrängen.  Die  ganze  beschriebene  Erscheinung  tritt  an 
regelmässigsten  im  Atlantischen  und  Stillen  Ocean  auf,  weil  deren  Wu- 
sermassen sich,  von  Land  nicht  unterbrochen,  von  Pol  zu  Pol  erstreckea 
Im  Indischen  Meere  wird  die  Begelmässigkeit  der  Erscheinung  getrübl 
durch  den  Gegensatz  der  Erwärmung,  welche  die  nördlich  vom  Indi- 
schen Meere  über  den  asiatischen  Ländermassen  liegende  Atmosphäre 
erfährt.  Die  intensive  Erhitzung  des  Landes  während  des  Sommen 
veranlasst  eine  Durchbrechung  der  Passate  durch  die  von  April  bif 
September  wehenden  südwestlichen  Monsune,  die  übrigens  in  dei 
anderen  Hälfte  des  Jahres,  durch  die  stärkere  Abkühlung  der  Ländei 
im  Verhältniss  zUm  Meere  umgekehrt,  als  Nordoste  in  die  Ordnung  dei 
Passate  wieder  eintreten. 

Durch  diese  nur  in  den  allgemeinsten  Zügen  angedeuteten  Bewfr 
gungen  des  Luftmeeres  wird  die  aus  den  Gewässern  sich  erhebend! 
Feuchtigkeit  weithin  über  die  wasserärmeren  Ländergebiete  verbreitet 
durch  den  aufsteigenden  Luftstrom  wird  sie  in  grösseren  Höhen  em* 
porgetragen  und  somit  im  Ganzen  eine  gleichmässigere  und  raschen 
Durchdringung  der  Luft  mit  Wasserdunst  bewirkt,  als  durch  DifTusioi 
allein  eintreten  würde.  Indem  der  Wasserdunst  über  den  Ländermas 
sen  theilweise  in  tropfbarer  oder  starrer  Form  niedergeschlagen  wird 
führt  er  diesen  die  wieder  freiwerdende  Yerdunstungswärme  und  dami 
im  Ganzen  einen  Gewinn  an  Wärme  zu,  welcher  wesentlich  dazu  bei 
trägt,  die  Mitteltemperatur  der  länderreicheren  Nordhälfle  der  Erdi 
etwa  2^0.  über  diejenige  der  Südhälfte  zu  erheben.  Beide  Erdhälftei 
verhalten  sich  in  dieser  Beziehung  wie  Dampfkessel  und  Condensatoi 
Die  Mitteltemperatur  der  untersten  atmosphärischen  Schicht  auf  de; 
ganzen  Nordhälfte  der  Erde  beträgt  etwa  15,5^0.,  diejenige  auf  de: 
Südhälfte  13,60  0.  und  im  Mittel  auf  der  ganzen  Erde  14,60  0. 

4.  Die  Aenderungen  des  atmosphärischen  Druckea 
Die  regelmässigen  Strömungen  im  Luflmeere,  verbunden  mit  den  durcl 
die  Oberflächenbeschaffenheit  der  Erde  bedingten  Verhältnissen  de 
Dampfdruckes,  sind  die  Ursache,  dass  der  mittlere  atmosphärische  Drocl 
na  der  Meeresfläche  in  verschiedenen  Breiten  nicht  gleich  ist,  und  das 


Atmosphäre.  421 

an  jedem  einzelnen  Orte  gewisse  im  Laufe  des  Tages  and  des  Jahres 
regelmässig  wiederkehrende  Schwankungen  im  Luftdrücke  stattfinden. 

Auf  der  nördlichen  Erdhälfte  hat  man  die  folgenden  mittleren 
Barometerstände   an  der  Meeresfläche  beobachtet: 

Nördliche  Breite.  Barometerstaiid. 

00 757,4"»» 

10 758,6 

20 761,0 

30 762,9 

40 761,3 

50 759,5 

60 757,0 

65 751,6 

70 754,1 

75 757,7 

Vom  Aequator,  wo  die  Luft  am  meisten  aufgelockert  ist,  wachsen 
die  Barometerstände  bis  zum  80.  Breitegrad,  wo  sie  ein  Maximum  er- 
reichen, weil  hier  die  sich  entgegenwehenden  oberen  und  unteren  Passate 
grössere  Luftmengen  anhäufen.  Unter  dem  45 ^  der  Breite  ist  der 
mittlere  Druck  an  der  Meeresfläche  sehr  nahe  gleich  760"'"'  und  diese 
Grosse  wird  daher  fast  allgemein  in  physikalischen  Betrachtungen  als 
der  Normalluftdruck  im  Niveau  des  Meeres  angenommen. 

Die  regelmässigen  Schwankungen,  welche  der  Barometerstand  im 
Laufe  des  Tages  und  im  Laufe  des  Jahres  erleidet,  sind  als  die  Be- 
niitante  der  Aenderungen  anzusehen,  welche  die  Spannung  der  trocke- 
nen Luft  einerseits  und  die  Spannung  der  atmosphärischen  Feuchtigkeit 
andererseits  unter  dem  veränderlichen  Einflüsse  der  Wärme  erfahren. 
Der  Drack  der  trockenen  Luft  ist  seiner  Summe  nach  eine  für  die 
ganze  Erde  unveränderliche  Grösse,  nur  die  Art  seiner  localen  Ver- 
theilnng  wechselt.  Der  Wasserdampf  kann  aber  auch  seiner  Quantität 
nach  im  Laufe  des  Jahres  oder  des  Tages  wechseln.  Während  er  zu 
einer  Zeit  über  der  Quecksilbersäule  schwimmt  und  ihren  Stand  er- 
höht, fliesst  er  zu  anderer  Zeit  unter  dem  Gefässe  des  Barometers  als 
tropfbares  Wasser  hin. 

Fast  an  allen  Orten  der  Erde  steigt  das  Barometer  nach  Sonnen- 
aufgang unter  dem  Einfluss  der  durch  die  Temperaturzunahme  hervor- 
gerufenen Verdampfung  und  erreicht  um  10  Uhr  etwa .  einen  höch- 
sten Stand;  dann  sinkt  es  wieder,  weil  die  Auflockerung  der  Luft,  na- 
mentlich im  Lineren  der  Festländer,  den  Effect  der  Dampf  bildung  über- 
wiegt; einige  Zeit  nach  der  höchsten  Tageswärme,  im  Mittel  um  4  Uhr 
Nachmittags,  nimmt  es  seinen  tiefsten  Stand  ein;  indem  es  unter  dem 
Einfluss  der  sich  verdichtenden  Luft  aufs  neue  steigt,  erreicht  das  Ba- 
rometer zwischen  10  und  11  Uhr  Abends  ein  zweites  Maximum,  aus 
welcbeni  es  wegen  der  mit  zunehmender  Kühle  stark  sich  vermindern- 
den Dampfspannung  einem  zweiten  Minimum  entgegengeht,  welches  es 
einige  2^it  vor  Sonnenaufgang  erreicht. 

Wo  inmitten  der  tropischen  Zone  der  nördliche  und  südliche  Passat  sich 
begegnen  und  stauen,  in  der  schmalen  Region  der  Windstillen,  verlau- 
fen alle  Witterungserscheinungen  und  so  auch  die  täglichen  Schwan- 
kungen des  Barometers  so  regelmässig,  dass  sie  aus  den  Beobachtun- 
gen eines  Tages  sich  mit  Sicherheit  erkennen  lassen,  ja  dass  das  Bä- 


•»_  •• 


V I  f :  i  , !  I  ]  f  i^ 


422 

rometer  als  Uhr  dienen  konnie^  In  höheren  fireileB ,  aiUMgrhnlb  der 
Wendekreise,  werden  die  regelmässigen  Oadllatioaen  im  Luife  des  Tar 
ges  (nnd  des  Jahres)  durch  die  weit  bedeoienderen  nnregelmässigen 
Schwankungen  verdeckt,  welche  dem  Barometer  vorzugsweise  durch 
den  Wechsel  kalter  nnd  warmer  (in  Europa  z.  B.  nordS^tlicher  nnd 
südwestlicher)  Winde  eingeprägt  werden.  Diese  unregelmässigen 
Schwankungen  sind  die  Ursache,  dass  man  bei  allen  physikalischen  und 
chemischen  Versuchen,  bei  welchen  der  Luftdruck  nicht  ohne  Eanflnss 
ist,  diesen  nicht  nach  der  Lage  des  Ortes,  nach  Tages-  nnd  Jahreszeit 
voraus  bestimmen ,  sondern  jedesmal  nur  aus  einer  directen  Beobach- 
tung finden  kann.  Die  regelmässigen  taglichen  und  jährlichen  Schwan- 
kungen stellen  sich  in  den  anssertropischen  Klimaten  nur  als  Mittel- 
werthe  lange  fortgesetzter  Beobachtnngsreihen  heraus. 

Man  findet  dann«  dass  auch  im  Laufe  des  Jahres  an  den  na^sten, 
nämlich  an  allen  denjenigen  Orten,  welche  weder  reines  Seeklima  noch 
reines  Continentalklima ,  sondern  sogenanntes  gemischtes  oder  Ueber- 
gangsklima  haben,  der  Barometerstand  zwei  grösste  und  zwei  kleinste 
Werthe  annimmt  Die  Alaxima  fallen  aber  auf  die  Zeiten  der  Tempe- 
raturextreme, die  ^liniraa  in  die  Zwischenzeiten,  während  in  der  täg- 
lichen Periode  das  Umgekehrte  stattfand.  Die  Ursache  dieses  Unter- 
schiedes ist  wohl  darin  gelegen,  dass  bei  dem  allmäligen  Anwachsen 
und  Abnehmen  der  Wärme  im  Laufe  des  Jahres  die  Entwickelang  det 
Wasserdämpfe  volle  Zeit  hat  zu  folgen,  während  zur  Zeit  der  grössten 
Tages  wärme,  auf  dem  festen  Lande  wenigstens,  der  aufsteigende  Luft- 
strom mehr  Dampf  in  die  Höhe  reisst,  als  am  Boden  sich  gleichzeitig 
entwickeln  kann.  Li  der  heissen  Jahreszeit  wird  daher  die  Aafiocke- 
mng  der  Luft  durch  die  wachsende  Dampfspannung  mehr  als  compen- 
sirt  und  dadurch  ein  zweites,  wenn  auch  geringeres  Maximum  des  At- 
mosphärendruckes  herbeigeführt.  Dies  Maximum  wird  um  so  geringer« 
je  reiner  an  dem  betreffenden  Orte  das  Continentalklima  sich  aussprichf. 
Es  giebt  Orte  (im  östlichen  Asien),  wo  es  ganz  wegfällt  und  die  jähr- 
liche Schwankung  des  Barometers  derjenigen  des  Thermometers  gerade 
entgegengesetzt  verläuft,  während  an  manchen  Orten  reinen  Seeklimas 
(Island  z.  B.)  die  Erscheinung  die  umgekehrte  ist,  d.  h.  Barometer  und 
Thermometer  parallel  gehen,  weil  hier  nicht  die  grössere  oder  gerin- 
gere Dichte  der  trockenen  Luft,  sondern  die  mit  der  Temperatar  wach- 
sende nnd  abnehmende  Dampfspannung  die  Schwankung  des  Baro- 
meterstandes vorzugsweise  bedingt. 

Wie  schon  angeführt,  ist,  wenn  man  einen  Barometerstand  von 
760""  Höhe  voraussetzt,  der  Druck  der  Atmosphäre. 

auf  1  Quadratcentimeter  ....  1033,3  Gramm 
„    1  Qnadratdecimeter    ....  103,33  Kilogramm 
,,    1  Quadratmeter 10383  Kilogramm. 

Nimmt  man  den  mittleren  Erdhalbmesser  zu  3266608,23  Toisen  und 
die  Erde  als  Kugel  an,  so  berechnet  sich  ihre  Oberfläche  zu  9249804,4 
geographischen  Quadratmeilen,  und  hieraus  findet  man  (die  geographische 
Meile  =  7420,43  Meter  angenommen)  das  ganze  auf  der  Erdober- 
fläche lastende  Gewicht  der  Atmosphäre  gleich 

5  262  396  000  000  000  000  Kilogramm. 

Hierbei  ist  freilich  vorausgesetzt,  dass  die  ganze  Barometerhöhe 
^on  760"*™  durch  den    Gegendruck   trockener    Luft   getragen    werde. 


Atmosphäre.  423 

l^mt  man  aber  an,  da»  im  Mittel  auf  der  Erdoberfläche  lO"""  Dampf- 
ftpumong  herrsche,  so  beträgt  das  Gewicht  der  trockenen  Luft  alleis, 
welche  einem  Barometerstande  von  750"""*  das  Gleichgewicht  hält, 

5  193  154000000  000  000  Eüogramm. 

Die  atmosphärische  Luft  ist  ein  Gemenge,  welches  in  100  6e- 
wichtstheilen 

76,84  Gewichtstheile  Stickstoffgas 

23,10  „  Sauerstoffgas 

0,06  „  Kohlensäure 

enthalt,  und  demnach  berechnet  sich  das  Gesammtgewicht  jedes  dieser 

Bestandtheile  der  Atmosphäre,  wie  folgt: 

3990419  Billionen  Kilogramm  Stickstoffgas 
1199619         „  „  Sauerstoffgas 

3116         „  „  Kohlensäure 

Summa  5193164  Billionen  Kilogramm  Luft. 

Würde  die  ganze  Masse  der  atmosphärischen  Luft,  welche  sich 
nach  dem  früher  Angeführten,  wohl  bis  zu  10  Meilen  Höhe  erstreckt, 
onmitielbar  an  der  Erdoberfläche  gewogen,  so  würde  ein  grösseres  Ge- 
wicht als  das  hier  berechnete  gefunden  werden,  weil  die  Luft  der  höhe- 
ren Regionen,  wegen  Abnahme  der  Schwere  in  Folge  der  grösseren 
Entfernung  vom  Anziehungsmittel  punkte  und  der  grösseren  der  Schwere 
entgegenwirkenden  Centrifugalkraft ,  einen  geringeren  Druck  auf  die 
Unterlage  ausübt,  als  sie  an  der  Erdoberfläche  selbst  ausüben  würde. 

1  Liter  trockener  atmosphärischer  Luft  wiegt  bei  Oo  G.  und  760"^'" 
Drock 

1,293187  Gramm, 

ein  Volumen  von   V  Litern   also  1,293187   V  Gramm.      Bei  Erwäf- 

raong  von  0^  auf  i^C  vergrössert  sich  das  Volumen  der  trockenen  Luft 

im  Verhältniss  von  273  :  273  -f-  (,  und  im  umgekehrten  Verhältniss 

der  Baame  stehen  die  Gewichte ,  so  dass    V  Liter  Luft  von  t^  C.  = 

273 
1,293187    V  •  ,,,,    ,    ^    Grm.    wiegen.      Sind   die    V  Volume    bei 

Z7o  -\-  i 

einem  Barometerstand  B,  anstatt  bei  760'"''  Druck  abgemessen,  so  ist 

ihr  Gewicht: 

273  JB 

0=1,293187  F.  ^-^^-p.-. 

Gesetzt,  die  F Volume,  welche  bei  t^C.  und  B  Barometerstand  ab- 
gemessen wurden,  seien  nicht  trockene  Luft,  sondern  ein  Gemenge  aus 
trockener  Luft  und  Wasserdampf,  so  muss,  um  das  Gewicht  dieses 
Gemenges  ausmitteln  zu  können,  durch  eine  hygrometrische  Bestim- 
mung (vergl.  den  Art  Hygrometer)  die  Spannung  des  in  dem  Ge- 
menge enthaltenen  Wasserdampfes  ermittelt  werden.  Gesetzt,  diese 
entpreche  e  Millimeter  Quecksilberhöhe,  so  ist  das  Gewicht  der  in 
F  Volumen  enthaltenen  trockenen  Luft 

G'  =  1,293187  V .  ^^^ .  ^  Gramm, 

und  das  Gewicht  des  in  den  FVolumen  enthaltenen  Wasserdampfes  (1  Li- 
ter Wasserdampf  bei  OOC.  und  760~"*  Druck  wiegt  0,804478  Gramm): 

ö"  =  0,804478  F.  j^^-p  .-  Gm. 


424  Atmosphäre. 

Das  Gesammtgewicht  O  ist  aber  gleich  €h  -(-  G'\ 
Die  folgende  Tabelle  giebt  das  Gewicht  von   1   Liter  trockener 
Luft  bei  den  in  der  ersten  Verticalreihe  verzeichneten  Temperataren 
und  den  in  der  ersten  Horizontalreihe  verzeichneten  Barometerständen 
in  Grammen  an : 


700»» 

720«» 

740»» 

760»» 

780»» 

800»» 

0» 

1,190 

1,224 

1,258 

1,293 

1,337 

1,861 

5 

1,169 

1,203 

1,286 

1,270 

1,803 

1,887 

10 

1,150 

1,183 

1,216 

1,248 

1,280 

1,814 

15 

1,129 

1,161 

1,198 

1,226 

1,258 

1,290 

20 

1,110 

1,142 

1,174 

1,205 

1,237 

1,269 

25 

1,091 

1,122 

1,153 

1,185 

1,217 

1,249 

80 

1,078 

1,104 

1,136 

1,165 

1,196 

1,227 

Wenn  bei  Bestimmung  des  Wasserdarapfgehaltes  der  Luft  der 
Thaupunkt  (vergl.  Art  Hygrometrie)  gleich  einer  der  nach  verzeich- 
neten Temperaturen  gefunden  wurde,  so  geben  die  Zahlen  der  zweiten 
Horizontalreihe  die  Spannung  des  gesättigten  Dampfes  bei  diesen 
Temperaturen  (vergl.  Art.  Dampf)  in  Millimetern  Quecksilber,  die 
Zahlen  der  dritten  Horizontalreihe  das  Gewicht  von  1  Liter  Dampf  in 
Milligrammen  ausgedrückt. 


Temperatur. 

0« 

6» 

10» 

15« 

20« 

25» 

30» 

Spannung     

Gewicht  von  1  Liter.     . 

mm 

4,600 
4,876 

mm 

6,584 
6,801 

mm 

9,165 
9,876 

mm 

12,699 
12,761 

mm 

17,891 
17,179 

mm 

28,550 
22,874 

nm 

31,548 
30,116 

5.  »Verhältniss  der  Atmosphäre  zum  Lichte.  Die  Strah- 
len der  Sonne  und  der  übrigen  Gestirne  werden,  wenn  sie  an  die 
Grenze  der  Atmosphäre  gelangen  und  nicht  gerade  senkrecht  auf  die 
Grenzfläche  treffen,  von  ihrem  geraden  Weg  abgelenkt  oder  gebrochen, 
und  diese  Brechung  wiederholt  sich  fort  imd  fort,  während  die  Strahlen 
in  die  nach  der  Erdoberfläche  hin  immer  dichter  werdenden  atmosphä- 
rischen Schichten  herabgehen.  Das  Licht  beschreibt  somit  eine  ge- 
krümmte Bahn,  welche  der  Erde  ihre  hohle  Seite  zukehrt,  und  ein 
Beobachter  glaubt  das  Object,  von  welchem  das  Licht  ausginge  in  Rich- 
tung der  Tangente  an  die  an  seinem  Auge  endigende  Bahncurve  zu  er- 
blicken. Alle  cölestischen  Objecte  erscheinen  ihm  darum  hoher  als  sie 
sich  wirklich  befinden,  dem  Zenithe  genähert.  Auch  bei  terrestrischen 
Gegenständen  wiederholt  sich  diese  Erscheinung,  wenn  auch  in  gerin- 
gerem und  im  Yerhältniss  der  Horizontalentfernqng  sich  verminderndem 
Maasse,  da  ja  auch  das  von  diesen  Gegenständen  ausgehende  Licht 
Luftschichten  von  ungleicher  Dichte  durchdringen  muss,  wenn  sich  nicht 
Gegenstand  und  Beobachter  zufällig  in  gleichem  Niveau  befinden. 

Bei  00 C.  und  760""  Druck  ist  der  Brechungscogfficient  der  Luft 
n  =  1,000294;  die  brechende  Kraft  (vergl.  Art.  Licht)  ««  —  1 
=  0,000589,  und  diese  Grösse  nimmt  proportional  der  Dichte  der  Luft 


Atmosphäre.  425 

zu  und  9bj  80  dass  man  hiernach  die  brechende  Kraft  und  den  Bre- 
chnngffCoSfficient  n  für  jede  andere  Temperatur  und  jeden  anderen 
Druck  der  Luft  leicht  berechnen  kann. 

Bei  der  änsBerst  geringen  Brechung  des  Lichtes  in  der  Atmo- 
sphäre kann  man  eine  merkliche  Farbenzerstreuung  nicht  erwarten. 
Nur  bei  der  Beobachtung  von  Gestirnen  in  der  Nähe  des  Horizontes, 
deren  Strahlen  sehr  schief  auftreffen ,  erkennt  man  ein  kurzes  Farben- 
spectnim,  woraus  man  folgende  BrechungscoSfficienten  der  Luft  für 
die  verschiedenen  Farbenstrahlen  abgeleitet  hat: 

Mittleres  Roth 1,0002924 

Gelb 1,0002944 

Blaugrün 1,0002953 

Aeusserstes  Blau 1,0002965 

Von  dem  Sonnenlichte,  welches  an  der  Grenze  der  Atmosphäre 
ankommt,  gelangt  nur  ein  Theil  zur  Erdoberfläche  herab,  ein  anderer 
Theil  wird  an  den  nach  unten  immer  dichter  werdenden  Luftschichten 
lorückgeworfen  oder  absorbirt.  Zurückwerfung  und  Absorption  stei- 
gern sich  namentlich  in  den  der  Erdoberfläche  zunächst  gelegenen 
Schichten  wegen  der  Dishomogenität,  welche  der  Wasserdampf  die- 
sen Schichten  ertheilt. 

Von  den  zurückgeworfenen  Strahlen  gelangen  übrigens  viele 
nach  abermaliger  oder  mehrmals  wiederholter  Reflexion  doch  noch  zur 
Erde,  ja  selbst  ein  Theil  des  auf  die  Erdoberfläche  gefallenen  und  von 
dieser  zarückgestrahlten  Lichtes  wird  von  der  Atmosphäre  abermals 
zur  Erde  gesendet.  Diese  Reflexionen  bewirken  in  ihrer  Gesammtheit 
die  sogenannte  Tageshelle,  welche  Ursache  ist,  dass  der  Glanz  des  rei- 
nen anbewölkten  Himmels  das  Licht  der  Sterne  überstrahlt.  Wenn 
man,  im  Luftballon  aufsteigend,  die  dichtesten  und  dampfreichsten  at- 
mosphäriBchen  Schichten  unter  sich  gelassen  hat,  oder  wenn  man  aus 
tiefem  Schachte  heraufblickend  vom  Schimmer  der  Lufthülle  nicht  ge* 
blendet  ist,  so  kann  man  am  Tage  die  Gestirne  am  Himmel  glänzen  sehen. 

Nach  Clausius^)  sind  Folgendes  die  zur  Erde  gelangenden  Licht- 
mengen: 


Zenith- 

abstand  der 

Sonne- 


0« 
60 
80 


Ungeschwäch- 

tes  Sonnen- 

Ucht. 


1,000 
0,500 
0,174 


Durch  die 
Atmosphäre 
geschwächtes 
Sonnenlicht. 


"n — 
0,750 
0,281 
0,033 


Ganze  Licht- 
menge, welche 
die  Erde  von 
der  Luft  em- 
pfangt. 


0,186 
0,138 
0,067 


Ganze  zur 
Erde  gelan- 
gende Licht- 
menge. 


0,986 
0,420 
0,100 


Danach  würden,  wenn  die  Sonne  im  Zenith  steht,  von  1000  von 
ihr  ausgehenden  Strahlen  750  ohne  Reflexion  direct  zur  £rde  gelangen, 
femer  noch  186  als  Tageslicht  von  der  Atmosphäre  zur  Erde  gesendet 
werden,  so  dass  nur  64  Strahlen  verloren  gingen.     Bei  10°  Höhe  der 


0  Pogg.  Annal.  Bd.  LXXII,  S.  294. 


426  Atmosphäre. 

Sonne  Aber  dem  Horizont  oder  80^  Zenithabstand  wäre  dieser  Ve^ 
luBt  auf  900  Strahlen  von  1000  angewachsen.  Uebtigens  weichen  die 
Angaben  und  Berechnungen  anderer  Physiker,  wie  z.B.  von  Boaguei 
und  von  Lambert,  ziemlich  stark  von  obigen  Resultaten  ab. 

In  welchem  Verhältnisse  die  chemisch  wirkenden  Strahlen  od« 
OsciUationen  von  der  Atmosphäre  absorbirt  werden,  and  wie  ücli 
diese  Absorption  je  nach  der  Reinheit  der  Atmosphäre  verhält,  ist  noch 
nicht  ausgemittelt.  Daraus,  dass  die  leuchtenden  (brechbareren)  Wär- 
mestrahlen von  der  Atmosphäre  weit  vollständiger  durchgelassen  we^ 
den  als  die  dunkelen,  kann  man  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  schlies- 
sen,  dass  die  chemisch  wirkenden  Strahlen,  ihrer  hohen  Brechbar 
keit  wegen,  noch  vollständiger  die  Atmosphäre  durchdringen.  Wie  sehi 
aber  Bewölkung  auch  dem  Fortgange  der  chemisch  wirkenden  Strah' 
len  hinderlich  ist,  verräth  sich  durch  das  Zurückbleiben  der  Vegetatioi 
gemässigter  Klimate  in  bewölkten  Sommern ,  im  Gegensatz  zu  der  üp 
pigen  Entwickelung  derselben  bei  häufigem  Sonnenschein.  Die  che 
mische  Intensität  des  Lichtes  in  gewöhnlichen  Zimmern  findet  mai 
meist  schon  für  Darstellung  photographischer  Bilder  zu  gering,  weldM 
besser  im  Freien  oder  in  Glaspavillons  gerathen.  Zr. 

n.    Chemische  Beschaffenheit  der  Atmosphäre. 

Bestan  dt  heile.  Die  äusserst  wichtige  Rolle,  welche  die  atino 
sphärische  Luft  bei  sehr  vielen,  ja  bei  den  meisten  Vorgängen  in  de 
unorganischen  wie  in  der  organischen  Natur  spielt,  war  früher  freilicl 
nicht  deutlich  erkannt,  aber  doch  geahnt,  und  darin  liegt  wohl  de 
Grund,  dass,  seit  Aristoteles,  die  Luft,  sowie  Feuer,  Wasser  und  Erde 
den  meisten  Chemikern  und  Philosophen  bis  zur  letzten  Hälfte  des  vo 
rigen  Jahrhunderts  als  ein  Element  galt;  Viele  nahmen  überdies  si 
dass  ein  Element  sich  in  das  andere  umwandeln '  lasse ,  dass  z.  fi 
Wasser  in  Luft  und  Luft  in  Wasser  umgewandelt  werden  könne. 

Von  Zeit  zu  Zeit  waren  auch  richtigere  Ansichten  ausgesprochei 
ohne  ab\3r  weiteren  Anklang  zu  finden.  So  hatte  van  Helmont  schoi 
im  Anfang  des  17.  Jahrhunderts  bemerkt,  dass  ein  Licht  in  einem  Loi 
haltenden,  mit  Wasser  abgesperrten  Gefäss  nach  einiger  Zeit  erlischt,  das 
hierbei  das  Volumen  der  Luft  sich  um  etwas  vermindert  habe,  die  zu 
rückgebliebene  Luft  aber  nicht  mehr  zur  Unterhaltung  des  VerbreE 
nens  brauchbar  sei.  —  Majow,  ein  Engländer  (gest.  1679)  hatte  av 
seinen  Untersuchungen  den  Schluss  gezogen,  dass  nicht  die  ganze  Luf 
sondern  nur  ein  Thoil  derselben  zum  Athmen  und  Verbrennen  taa| 
lieh  sei;  er  nimmt  weiter  nach  seinen  Versuchen  an,  dass  der  The 
der  Luft,  welcher  zum  Athmen  tauge,  auch  bei  den  Verbrennai 
gen  wirksam  sei ;  er  schliesst  sogar  weiter ,  dass  dieser  Lufttheil,  ol 
gleich  selbst  nicht  sauer,  doch  an 'der  Bildung  von  Säuren  einen  ad 
ven  Antheil  habe,  und  dass  er  namentlich  in  die  Zusammensetzuiig  d« 
Säure  des  Salpeters  eingehe.  Man  sieht,  dass  Mayow  sehr  scha 
beobachtet  hatte,  trotzdem  ward  auch  nach  ihm  die  Luft  meistens  f( 
einen  einfachen,  oder  wenigstens  gleichartigen 'Körper  gehalten,  bis  er 
in  der  letzten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts  durch  die  Arbeiten  vc 
Priest  lej,  von  Scheele  und  von  Lavoisier  eine  richtige  Erkenntnt 
über  die  chemische  Beschaffenheit  der  Luft  begrilndet  wurde.  Nad 
dem  Priestley  den  Sauerstoff  entdeckt  und  erkannt  hatte,  dass  d 


Atmosphäre.  427 

atmosphariBche  Luft  ans  dieser  dephlogistisirten  und  ans  verdorbener 
Luft  bestehe,  sprach  Lavoisier  (im  November  1774)  bestimmt  die 
Ansicht  aas,  dass  die  Luft  aus  zwei  yerschiedenen  Gasen  bestehe,  und 
dasfl  eines  derselben  nur  allein  zum  Athmen  tauglich  sei,  wie  es  auch 
allein  das  Verkalken  der  Metalle  bewirke,  während  das  zweite  Gas,  schon 
1742  von  Rutherford  dargestellt,  weder  zum  Brennen  noch  zum  Ath- 
men tauge»  Scheele,  unabhängig  von  Priestley  und  Lavoisier, 
sprach  in  seiner  erst  1777  veröffentlichten,  aber  auf  Versuche  von  1774 
und  1775  gestützten  Abhandlung  auch  entschieden  aus,  dass  die  Luft 
ans  elastischen  Flüssigkeiten  von  zweierlei  Art  bestehe  (Kopp,  Ge- 
lehichte  der  Chemie). 

Nachdem  durch  diese  Arbeiten  endlich  eine  richtige  Ansicht  von 
der  Beschaffenheit  der  atmosphärischen  Luft  gegeben  war,  beschäftig- 
ten sich  nach  Scheele  und  Priestley  viele  Chemiker  des  vorigen  und 
des  jetzigen  Jahchunderts  mit  der  Erforschung  ihrer  chemischen  Ver- 
haltnisse; aus  früherer  Zeit  sind  hier  namentlich  zu  nennen  Cavendish, 
H.  B.  Saussure,  Volta,  de  Marty,  BerthoUet,  Configlia- 
ehi,  Dalton,  H.  und  E.  Davy,  Biot,  Gay-Lussac,  A.  v.  Hum- 
boldt, in  späterer  und  neuester  Zeit  Th.  Saussure,  Brunner,  Du- 
mas und  Boussingault,  Bunsen,  Begnault,  Lewy  u.  A. 

Die  beiden  Luftarten,  welche  von  Lavoisier  und  Scheele  als 
Bestandtheile  der  Atmosphäre  unterschieden  waren,  hatten  die  erste, 
die  dephlogistisirte  Lebensluft  oder  Feuer luft,  den  Namen  Sauerstoff, 
die  zweite,  die  verdorbene  Luft,  den  Namen  Stickstoff  erhalten.  Die 
Gregenwart  dieser  beiden  Gase  in  der  Luft  wird  nun,  nachdem  ihre 
Eigenschaften  bekannt  sind,  leicht  nachgewiesen;  jeder  verbrennende 
Körper  zeigt  das  Vorhandensein  des  Sauerstoffgases;  nehmen  wir  das- 
selbe durch  brennende  Körper  fort,  so  lange  diese  noch  Sauerstoff  auf- 
nehmen, und  schaffen  wir  dann  die  dadurch  entstandenen  Verbrennungs- 
producte  fort,  so  bleibt  der  Stickstoff,  dieser  so  indifferente  [Körper, 
zurück. 

Ein  kleiner  Theil  des  Sauerstoffs  ist  nun,  worauf  Schönbein 
hauptsächlich  aufmerksam  machte,  in  der  activen  Form  als  Ozon  in 
der  Atmosphäre  vorhanden,  seine  Gegenwart  wird  leicht  nachgewiesen 
durch  die  Wirkung  der  atmosphärischen  Luft,  die,  wenn  sie  Ozon  ent- 
kalt, auf  Jodkalium -Kleister  bläuend  wirkt;  seine  Entstehung  durch 
Umwandlung  des  gewöhnlichen  Sauerstoffs  kann  wie  durch  elektrische 
Einflüsse,  so,  nach  Schönbein,  durch  Einwirkung  der  verwesenden 
Körper  veranlasst  sein. 

Die  Eigenschaft  der  Gase,  sich  leicht  in  einander  zu  verbreiten, 
bringt  es  mit  sich,  dass  alle  gasförmigen  Producte,  welche  sich  auf 
unserer  Erde  bilden,  sich  dem  grossen  Gasreservoir  unserer  Atmo- 
sphäre beimengen,  so  wie  auch  fluchtige  Körper  in  Berührung  mit 
der  Luft  in  dieser  nothwendig  verdampfen;  wir  müssen  daher  eine 
groise  Menge  gasförmiger  Stoffe  in  der  Atmosphäre  finden ,  wenn  sie 
nicht  durch  chemische  Einflüsse  alsbald  wieder  abgeschieden  wurden. 

Ein  nie  und  nirgends  fehlender  Bestandtheü  der  Atmosphäre  ist 
Wasserdampf,  dessen  Gegenwart  begreiflich  ist,  wenn  wir  bedenken, 
welche  grosse  Oberfläche  unsere  Meere  und  Flüsse  der  Luft  darbieten, 
und  dass  von  deren  Oberfläche  wie  aus  dem  feuchten  Boden  sich  fort- 
während Wasserdämpfe  der  Luft  beimengen;  so  viel  auch  in  flüssiger 
oder  fester  Form  als  Thau,  Regen,  Hagel  oder  Schnee  auf  die  Erde 


j|:^:<c  Atmosphäre. 

«^^^tAlH«  imner  bilden  sich  neae  Quantitäten  Wasserdampf;  nie  auch 
v»^Ai  b^  d«r  tiefsten  Wintertemperatnr  und  an  keinem  Orte  ist  die  Luft 
»MV\  uur  vorübergehend  frei  von  Feachtigkeit,  deren  Gegenwart  wir 
KjMi:\^  Wicht  schon  erkennen,  wenn  wir  kalte  Körper  in  einen  wärme- 
v^ii  R;ftttin  bringen,  sicherer,  wenn  wir  hygroskopische  Körper,  gut  aus- 
iS^in>oknetes  Holz,  Chlorcalcium,  trockenes  kohlensaures  Kali,  gebrann- 
K'tt  Kalk,  Schwefelsäurehydrat  u.  a.  m.  in  solche  Luft  bringen;  die  Yo- 
lumenänderung  und  Gewichtszunahme  zeigt  die  Gegenwart  von  Was* 
serdampf  an. 

Ein  vierter  nie  in  der  Luft  fehlender  BestandtheÜ  ist  die  Kohlen- 
säure, ein  Körper,  der  als  allgemeines  Product  der  Zersetzung  orga- 
nischer Körper  auftritt,  der  sich  beim  Athmen  der  Menschen  und  Thiere, 
beim  Verwesen  wie  beim  Verbrennen  organischer  Körper,  bei  der  Gah- 
rung  von  Zucker  u.  s.  w.  bildet,  der  überdies  auch  noch  in  grosser 
Menge  im  Inneren  der  Erde  entstehend,  und  für  sich  oder  im  Wasser 
gelöst  ausströmend,  der  Atmosphäre  sich  beimengt. 

Die  Gegenwart  der  Kohlensäure  in  der  Luft  wird  leicht  durch  die 
wässerigen  Auflösungen  von  Baryt,  Kalk,  Strontian  und  basisch -essig- 
saurem Blei  erkannt,  welche  beim  Schütteln  mit  gewöhnlicher  Luft 
durch  Abscheidung  von  unlöslichem  kohlensauren  Salz  sich  trüben;  Black 
hatte  dieses  Gas  schon  als  ein  beim  Athmen  sich  bildendes  Product  er- 
kannt; der  ältere  Saussure  zeigte,  dass  es  sich  überall  in  der  Atmo- 
sphäre finde,  in  der  Ebene  wie  über  dem  ewigen  Schnee  des  Mont- 
blanc. 

Ausser  den  genannten  nie  fehlenden  Bestandtheilen  müssen  sich 
in  der  Luft  begreiflicherweise  sonst  noch  alle  die  gasförmigen  Pro- 
ducte  finden,  welche  bei  den  verschiedenen  chemischen  Processen  auf 
der  Erde  entstehen,  sie  müssen  hier  wenigstens  vorübergehend  vorhan- 
den sein,  so  lange  sie  nicht  durch  andere  Processe  wieder  abgeschie- 
den sind,  selbst  wenn  es  auch  nur  schwierig  gelingt,  diese  Körper  wegen 
zu  kleiner  Menge  direct  nachzuweisen,  oder  nur  bei  Untersuchung  sehr 
grosser  Luftmassen,  oder  dort,  wo  sie  sich  vielleicht  in  grösseren  Mas- 
sen gesammelt  hatten. 

So  finden  wir  in  der  Luft  Ammoniak,  oder  vielmehr  Ammonium- 
verbindungen, kohlensaures  und  salpetersaures  Ammoniak,  Schwefel- 
ammonium, Producte,  die  beim  Faulen  thierischer  Stoffe  sich  in  reichli- 
cher Menge  bilden,  die  aber  wegen  ihrer  Löslichkeit  in  Wasser  sich  nie  in 
grösserer  Menge  in  der  Luft  sammeln  können ;  setzen  wir  Schwefelsäure, 
Salzsäure  u.  dergl.  enthaltende  Gefässe,  die  nicht  fest  verschlossen  sind, 
der  Luft  aus,  oder  bringen  wir  die  Säuren  in  offenen  Schalen  an  die 
Luft,  so  zeigen  sich  häufig  bald  Krystalle  von  Ammoniaksalz,  and  die 
Untersuchung  der  Säure  zeigt  einen  Gehalt  an  Ammoniak  an.  Salpe- 
tersäure finden  wir  hauptsächlich  auch  wohl  als  Product  elektrischer 
Einflüsse,  namentlich  nach  Gewittern. 

Unsere  Feuerungen  erzeugen  neben  Kohlensäure  nicht  selten  in 
vorwaltender  Menge  Kohlenoxyd,  neben  geringen  Mengen  Koh- 
lenwasserstoff, welcher  letztere  auch  weiter  aus  anderen  Quellen, 
aus  Sümpfen,  aus  Bergwerken  u.  s.  w.  herstammt;  doch  finden  wir 
diese  Körper  nur  in  äusserst  geringer  Menge  in  der  Atmosphäre;  wird 
Luft,  welche  frei  ist  von  Kohlensäure  und  Wasser,  über  glühendes 
Kupferoxyd  geleitet,  so  wird  durch  Verbrennung  von  oxydirbaren  Koh- 
'  nstoffVerbindungen  Kohlensäure  und  Wasser  gebildet. 


Atmosphäre.  429 

Nach  Chatin's^)  Angaben,  der  die  Luft  in  yerschiedenen  Ge- 
genden Frankreichs,  der  Schweiz,  Norditaliens,  Deutschlands,  Hollands 
a.  8.  w.  untersucht  haben  will,  enthält  die  Luft  wirklich  immer,  aber 
jedenfalls  nur  äusserst  geringe  Mengen  Jod;  nach  ihm  wechselt  die 
Menge  desselben ,  so  dass  sie  in  einigen  Gegenden  nicht  mehr  wohl 
nachweisbar,  oder  jedenfalls  ungleich  geringer  als  in  anderen  Gegen- 
den ist;  der  Mangel  von  Jod  in  Luft  und  Wasser  soll,  nach  Chat  in 's 
freilich  noch  unerwiesener  Angabe,  das  endemische  Vorkommen  der 
Kröpfe  und  des  Cretinismus  in  solchen  Gegenden  bedingen,  während 
b  jodreicherer  Atmosphäre  sich  diese  Krankheiten  nicht  zeigen.  Van 
Ankam')  hat  die  Angabe  über  das  Vorhandensein  von  Jod  in  der 
Luft  bestätigt,  während  Luca'),  der  11000  Liter  Luft  durch  EaHIÖ- 
diDg  leitete,  und  Lohmejer^),  der  4000  Liter  ebenso  behandelte, 
kern  Jod  nachweisen  konnten;  Chat  in  behauptet,  dass  die  Schuld  an 
der  mangelhaften  Untersuchung  liege,  er  giebt  aber  nicht  die  von  ihm 
befolgte  Untersuchungsmethode  an;  Luca  und  Lohmeyer  glauben  ih- 
rerseits, dass  die  Anwendung  jodhaltender  Reagentien  die  Behauptung, 
da«g  Jod  in  der  Luft  vorhanden  sei,  veranlasst  habe.  Danach  ist  die 
Gegenwart  von  Jod,  wenn  auch  nicht  unwahrscheinlich,  doch  noch 
nicht  unzweifelhaft  nachgewiesen. 

Salzsäure,  zum  Theil  wohl  als  Kochsalz  ist  in  der  Nähe  des 
Meeres  wie  von  Salinen  leicht  nachzuweisen;  Lamjpadius  konnte 
m  Freiberg  bei  starkem  Westwind  im  Begenwasser  Chlorcalcium 
nachweisen;  in  Giessen  zeigte  bei  jeder  Untersuchung  das  Begen- 
wasser (in  77  Begenf allen)  einen  Gehalt  an  Kochsalz. 

Ausserdem  gehen  überhaupt  alle  gasförmigen  Producte  wenigstens 
Torübergehend  in  die  Atmosphäre  über,  wie  z.  B.  die  riechenden  Sub- 
stanzen der  Blumen,  der  faulenden  organischen  Stoffe  u.  a.;  entwickeln 
sich  eigenthümliche  Stoffe  in  einzelnen  Localitäten  in  grösserer  Menge, 
so  können  sie  wohl  selbst  nachgewiesen  werden ;  sind  solche  Körper  in 
Wasser  löslich,  so  gelingt  es  meistens  am  leichtesten  ihre  Gegenwart 
ün  Begenwasser  nachzuweisen,  besonders  in  dem  nach  längerem  trocke- 
Den  Wetter  zuerst  fallenden  Begen;  so  finden  wir  im  Begenwasser 
Ämmoniaksalze;  Chat  in  fand  in  41  Liter  Thau  deutliche  Spuren  von 
Jod;  Boussingault  so  wie  Bineau  fanden  Ammoniak,  so  wie  Sal- 
pHersäure;  Barral  fand  Stickstoff  haltende  organische  Substanz, 
schwefelsauren  Kalk ,  Chlomatrium  und  Eisenoxyd  im  Begenwasser. 

In  Gegenden,  wo  grössere  Mengen  Kiese  geröstet,  oder  wo  grosse 
Quantitäten  Steinkohlen  verbrannt  werden,  wie  dies  besonders  in  den 
grossen  Fabrikstädten  Englands  der  Fall  ist,  finden  sich  merkbare 
Mengen  schwefliger  Säure  in  der  Atmosphäre,  die  hier  bald  in 
Schwefelsäure  übergeht;  Smith^)  fand  in  1  Liter  Begenwasser  in 
Manchester  gegen  100  Milligrm.  freier  Schwefelsäure. 


')  Compt.  rcnd.  de  l  acad.  T.  XXXII,  p.  669,  T.  XXXVIIl,  p.  83 ,  T.  XXXIX, 
P  1088;  Annal.  d.  Chem.  n  Pharm.  Bd.  LXXX,  S.  229;  Journ.  f.  prakt.  Chem. 
Bd.  LXI,  S  861;  Pharm.  Centralbl.  1864,  S.  136;  Jahreabcr.  v.  Liebig  n.  Kopp 
^W4,  8.  309.  —  ■)  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXIÜ,  S..267;  Pharm.  Centralbl. 
1SS5,  S.  81;  Jahresber.  v.  Liebig  u.  Kopp  1854,  S.  809.  —  ^  Journ.  de  pharm. 
WT.  XXVI,  p.  260;  Jahresber.  v.  Lieb  ig  u.  Kopp  1864,  S.  809.  —  *)  Nach- 
richt, d.  GeaelUch.  d.  Wiaa.  Göttingen  1863,  S.  131;  Pharm.  Centralbl.  1868,  8.441. 
--  ^  Civil-eDsineer  and  architect's  Journ.  Aug.  1861;  Pharm.  Centralbl.  1852, 
8.  591. 


430  Atmosphäre. 

Ausser  diesen  gasförmigen  Körpern  finden  wir  auch  starre  Kör- 
per in  feinster  Vertheilnng  in  der  Luft,  organische  ond  unorganischt 
Substanzen,  die  an  und  für  sich  schwerer  als  Luft  in  Folge  der  äussert 
feinen  Vertheilnng  darin  schwimmen  (wie  Gold  auch  auf  Wasser 
schwimmen  kann),  und  deren  Gegenwart  im  Sonnenstrahl  wie  ännk 
den  sich  absetzenden  Staub  sich  hinreichend  bemerkbar  inacHt.  Neben 
anderen  festen  Körpern  müssen  auch  die  äusserst  feinen  ^Saroen  toi 
vielen  Pflanzen  und  Thieren  sich  durch  die  Luft  verbreiten;  finden 
solche  Samen  auf  Pflanzen-  oder  Thierstoffen  einen  geeigneten  Boden«,  so 
erfolgt  ihre  Ausbildung  und  Verbreitung  oft  mit  wunderbarer  Schnellig- 
keit, während  sie  andererseits  lange  Zeit,  ohne  ihre  Keimfähigkeit  za 
verlieren,  unentwickelt  bleiben  können,  wenn  die  dazu  nöthigen  Bedin- 
gungen fehlen.  Nur  so  können  wir  uns  manche  Erscheinungen  erkla- 
ren, wenn  wir  z.  B.  oft  in  wenigen  Stunden  eine  grosse  Menge  Schimmel- 
pilze sich  entwickeln  sehen.  Ob  bei  der  parasitischen  Schimmelbildung, 
die  oft  auf  grossen  Strecken  lebende  wie  abgestorbene  Pflanzen  schnell 
überzieht  (Brand  auf  Getreide,  Krankheit  der  Trauben,  der  Kartoffeln; 
Schimmelbildung  auf  Brot  u.  s.  w.),  auch  die  Sporen  auf  weitere  Ent- 
fernung durch  die  Luft  verbreitet  werden,  ist  noch  nicht  erwiesen. 

Dass  die  Luft  organische  Substanzen  enthält,  zeigt  sich  unzweifel- 
haft beim  Schütteln  derselben  mit  Silberlösung  unter  Einwirkung  von 
Licht,  wobei  sich  die  Flüssigkeit  zuerst  röthet,  dann  Silber  abscheidet 
Eben  so  verhält  sich  reines  festes  oder  gelöstes  salpetersaures  Silber- 
oxyd, wenn  man  es  in  Berührung  mit  Luft  dem  Lichte  aassetzt,  es 
wird  Silber  reducirt.  Auch  Goldlösung  zeigt  in  ähnlicher  Weise  die 
Gegenwart  organischer  Substanzen  in  der  Luft  an. 

Es  ist  wahrscheinlich,  dass  bei  manchen  epidemischen  Krankheiten 
die  Ansteckungsstoffe  (Miasmen  und  Contagien)  sich  durch  die  Luft 
verbreiten;  ob  die  Körper  nun  wirklich  im  gasförmigen  Zustande  in 
der  Luft  enthalten  sind,  oder  ob  sie  sich  nur  in  höchst  fein  vertheiltem  Zu- 
stande darin  finden,  lässt  sich  nicht  entscheiden,  da  diese  Körper  seibat 
noch  nicht  aufgefunden  worden  sind,  wie  freilich  zuweilen  z.  B.  bei 
Choleraepidemien  behauptet  worden  ist. 

Die  tägliche  Erfahrung  lehrt,  dass  viele  organische  Substanzen, 
Fleisch  u.  dergl. ,  wie  auch  Zucker  und  andere  einfachere  chemische 
Verbindungen  in  Berührung  mit  Luft  schnell  in  Selbstzersetzung  über- 
gehen oder  unter  Schimmelbildung  sich  verändern,  während  bei  Ab- 
schluss  der  Luft  diese  Zersetzung  nicht,  oder  nicht  so  leicht  eintritt, 
wogegen  aber  die  einmal  angefangene  Zersetzung  auch  bei  Abschlnss 
der  Luft  ihren  Verlauf  nimmt.  Der  Anstoss  zur  Zersetzung  dieser  or- 
ganischen Stoffe  geht  hier  unbestreitbar  von  der  Luft  aus,  aber  wie  Ver- 
suche gezeigt  haben,  häufig  weder  von  dem  Sauerstoff  noch  von  dem 
Stickstoff,  sondern  nur  von  den  in  der  Luft  feinvertheilten  organischen 
oder  organisirten  Stoffen  oder  Keimen,  nicht  von  eigentlich  gasförmigen 
Substanzen ;  denn  wenn  man  zersetzbare  Substanzen  wie  Fleisch,  Zucker 
u.  s.  w.  in  Gefässe  bringt,  welche  mit  Luft  gefüllt  sind,  die  zuerst 
durch  glühende  Röhren  oder  durch  concentrirte  Schwefelsäure  geleitet 
wurde,  so  tritt  hier  nun  in  solcher  Luft,  bei  Abhaltung  der  gewöhnlichen 
Luft,  die  Zersetzung  nicht  ein  (Schwann  i),  Uelmholz^).    Selbst  in 


»)  Pogg.   Annal.   Bd.  XLI,   S.  184.  —    •)  Journ.   f.  prakt.    Cham.  Bd.  XXXI. 
S.  489. 


Atmosphäre.  431 

Lnfl,  die  nur  durch  ein  längeres  Rohr  mit  Baumwolle  filtrirt  wird,  hält 
frisch  abgekochtes  Fleisch,  wie  Fleischbrühe  und  süsse  MalzwÜrze  sich 
Wochen  lang  unverändert,  während  Milch  auch  in  solcher  Luft  gerinnt 
(Schröder  und  Dusch  ^).  Die  Hitze  wie  die  Schwefelsäure  bewirken 
in  der  Luft  keine  andere  Veränderung,  als  dass  sie  die  organischen 
Substanzen  zerstören ,  und  die  Baumwolle  hält  nur  die  fein  vertheilten 
Stoffe  znrück;  von  diesen  zerstörbaren  oder  durch  Baumwolle  zurück- 
gehaltenen Stoffen  muss  also  die  Zersetzung  der  Körper  ausgehen. 

Quantitative  Zusammensetzung.  Nachdem  durch  Priest- 
ley's,  Scheele's  und  Lavoisier's  Arbeiten  aufs  klarste  bewiesen 
war,  dass  die  Atmosphäre  aus  verschiedenen  Gasarten  bestehe,  und  dass 
eine  derselben  eine  thätige  Bolle  beim  Athmen  wie  bei  allen  Verbrennungs- 
processen  spiele,  dass  dieses  Gas  fortwährend  durch  solche  Processe  der 
atmosphärischen  Luft  entzogen,  und  ihr  dafür  oft  andere  Bestandtheüe 
zugeführt  würden,  so  musste  sich  die  Ansicht  bilden,  dass  sehr  wahr- 
scheinlich die  Lullt  zu  verschiedenen  Zeiten  und  an  verschiedenen  Or- 
ten in  ihrer  Zusammensetzung  differire,  un^  man  konnte  daher  wohl  die 
Vermathung  hegen,  dass  mit  der  Zu-  oder  Abnahme  der  Lebensluft  die 
Luft  der  Gesundheit  mehr  oder  weniger  zuträglich  sei.  Man  stellte 
daher  Versuche  an,  um  zunächst  die  Quantität  des  Sauerstoffs  in  der 
Luft  za  ermitteln,  und  nannte  diese  Untersuchungsmethode  Eudiome- 
trie  (ans  €vdu>g^  schön,  gut,  svdla^  heitere  Luft,  und  ^btqbIv^  messen), 
ein  Name,  der  nachher  überhaupt  auf  die  volumetrischen  Untersuchungs- 
methoden  für  Gase  ausgedehnt  wurde;  die  zum  Abmessen  der  Gase 
dienenden  eingetheilten  Glasröhren  wurden  als  Eudiometer,  Luft- 
gütemessef,  bezeichnet;  die  Substanzen,  welche  hierbei  zunächst  dien- 
ten, dnrch  Absorbtion  die  Menge  des  Sauerstoffs  zu  bestimmen,  hiessen 
eadiometrische  Mittel.  Nachdem  man  sich  darauf  beschränkt  hatte, 
zuerst  hauptsächlich  die  Sauerstoffmenge  und  daneben  den  Stickstoff^- 
gehalt  der  Luft  zu  bestimmen,  hat  man  dann  weiter  sich  bemüht,  auch 
die  Quantität  von  Kohlensäure  und  Wasserdampf  zu  ermitteln,  und 
in  neuester  Zeit  hat  man  auch  versucht,  die  in  der  Atmosphäre  enthal- 
tenen Quantitäten  von  O^on,  Ammoniak,  Jod  und  Kohlenwasserstoff  zu 
bestimmen. 

Sauerstoff.  Die  Quantität  des  Sauerstoffs  in  der  Atmosphäre 
kann  nun  wesentlich  nach  zwei  verschiedenen  Verfahrungsarten  be- 
stimmt werden,  entweder  nach  dem  Volumen  oder  nach  dem  Ge- 
wicht. 

Das  ältere  eudiometrische  Verfahren  (s.  Bd.  I,  S.  980  u.  folgd.)  besteht 
darin,  dass  man  ein  abgemessenes  Volumen  Luft  in  einer  eingetheilten  mit 
Quecksilber  oder  Wasser  abgesperrten  Glasrohre  mit  einer  den  Sauerstoff 
absorbirenden  Substanz  zusammenbringt,  durch  welche  eine  dem  Sauer- 
stoffgehalte entsprechende  Volumenveränderung  eintritt  Als  solche  eudio- 
metrische Substanz  brauchten  Priestley  und  Fontana  Stickoxjd- 
gas,  das  aber  bald  als  ungeeignet  erkannt  wurde ;  Scheele  nahm  eine 
eoncentrirte  kalt  bereitete  Lösung  von  Schwefelleber;  BerthoUet 
absorbirte  den  Sauerstoff  durch  Phosphor  bei  gewöhnlicher  Temperatur ; 
Achard  dagegen  erhitzte  den  Phosphor  sogleich  bis  zum  lebhaften 
Verbrennen;  H.  Davy  nahm  eine  Lösung  von  Stickoxjdgas  in  Eisen- 


^  Jianal    d.  Gh«m.  u.  Pharm.  Bd.  T.XXXTX,  S.  282. 


432  Atmosphäre. 

vitriollöBung ;  Gaj-Lassac  wandte  Knpferblech  an,  das  mit  Salzsäare 
oder Schwefelsäare  befeuchtet  war;  Lassaigne  befeuchtet Knpferdrelh 
spähne  mit  Ammoniak;  nach  Th.  Saussure  ^)  wird  die  Luft  mit  Blei- 
schrot (80  bis  100  Stück  auf  1  Grro.  gehend)  oder  mit  Bleidrehspähneo 
und  etwas  Wasser  geschüttelt;  Dupasquier  bringt  zuerst  Eisenvitriol 
und  dann  eine  concentrirte  Kalilauge  in  die  Luft;  Liebig ^)  wendet 
pyrogallussaures  Kali  an;  Schönbein  ^)  hat  in  letzter  Zeit  gezeigt,  dass 
das  durch  Beduction  aus  dem  Oxyd  mittelst  Wasserstoff  erhaltene  pulve- 
rige Kupfer,  mit  Ammoniak  befeuchtet,  den  Sauerstoff  rasch  aufnimmt 
Alle  die  genannten  Substanzen  absorbiren  den  Sauerstoff  schon  direct 
und  bei  gewöhnlicher  Temperatur;  sie  sind,  mit  Ausnahme  des  Stick- 
oxyds, nicht  merkbar  flüchtig,  und  die  bei  ihrer  Oxydation  sich  bildeih 
den  Oxyde  sind  fest,  meistens  in  Wasser  löslich;  das  Volumen  de« 
Sauerstoffs  ergiebt  sich  daher  direct  durch  die  Volumenveränderung  ii 
Folge  der  Absorption. 

Anders  ist  es  bei  dem  Wasserstoff,  welches  Volta  zuerst  im  Eudio 
roeter  anwandte,  und  dessen  Verbindung  mit  dem  Sauerstoff  er  durcl 
den  elektrischen  Funken  veraiklasste ;  Döbereiner  bewirkte  statt  dessei 
die  Vereinigung  desselben  mit  dem  Sauerstoff  durch  Platinschwamm 
am  besten  wendet  man  ein  Gemenge  von  Platinschwamm  mit  Thoi 
an,  welches,  ohne  glühend  zu  werden,  und  daher  ohne  VerpnffVtng,  di< 
Vereinigung  von  Wasserstoff  und  Sauerstoff  bewirkt  Man  erhält  eil 
solches  Gemenge,  indem  man  aus  1  Thl.  Platinsalmiak  mit  etwa  2,5  Thlo 
Thon  und  etwas  Wasser  oder  Schleim  kleine  Kügelchen  formt,  un< 
diese  ausglüht  bis  zur  vollständigen  Zersetzung  und  Verflüchtigung  de 
Salmiaks.  In  einem  wie  in  dem  anderen  Fall  verbinden  sich  zwei  Maas 
Wasserstoff  mit  ein  Maass  Sauerstoff,  so  dass  also  der  letztere  nur  '/ 
des  verschwundenen  Gasvolumens  ist. 

Von  allen  den  angegebenen  eudiometrischen  Mitteln  kommen  nn 
noch  das  Wasserstoffgas,  der  Phosphor  und  die  Pyrogallussäure  in  An 
Wendung ;  diese  Mittel  verdienen  vor  den  anderen  den  Vorzug  sowoh 
in  Bezug  auf  Anwendbarkeit  wie  auf  Genauigkeit  der  Resultate. 

Die  zuerst  mit  den  verschiedenen  eudiometrischen  Mitteln  erhaltene; 
Bestimmungen  von  Sauerstoff  geben  sehr  differirende  Resultate ;  Font  an 
u.  A.  hatten  miteist  Stickoxyd  an  18  bis  25  Vol.  Sauerstoff  in  100  Vol 
Luft  gefunden ;  Scheele  fand  mittelst  Schwefelkalium,  später  mit  eines 
Gemenge  von  Eisen,  Schwefel  und  etwas  Wasser,  25  bis  33  Vol.  Sauei 
Stoff;  Lavoisier  giebt  den  Gehalt  zu  20  bis  25  Proc.  an.  Man  könnt 
danach  wohl  annehmen,  dass  der  Sauerstoffgehalt  der  Luft  an  verschic 
denen  Orten  und  zu  verschiedenen  Zeiten  bedeutend  schwanken  könne 
Bei  weiteren  Untersuchungen  zeigte  sich  jedoch  bald  nicht  bloss  ei 
geringeres  Schwanken  an  denselben  Orten,  sondern  auch  grössere  Uebei 
einstimmung  in  den  Resultaten  verschiedener  Chemiker,  so  fand  D 
Marty  in  Catalonien  21  bis  22  Vol.;  Dal  ton  fand  in  einzelnen  Theile 
Englands  20,7  bis  20,8,  als  Maximum  21,1  VoL,  in  einigen  Berge 
Englands  und  der  Schweiz  von  20,8  bis  19,8  Vol.  Sauerstoff.  Gaj-Lua 
sac  und  A.  ▼.  Humboldt^)  hatten  schon  1804  in  der  Luft,  welche  i 


0  Pogg.  Annal.  Bd.  XXXVIII,  S.  17.  —  •)  Annal.  d.  Chem.  u.  Phatm.  B< 
LXXXVII,  8.  107;  Pharm.  Centralbl.  1851,  S.  860;  Chem.  Ga».  1861,  p.  52 
Compt.  rend.  T.  XXXII,  p.  64.  —  ")  Dingler'p  Polyt.  Journ.  Bd.  CXXJU.  S.  7i 
—  *)  Gilberts  Annal.  Bd.  XX,  S.  88. 


Atmosphäre.  433 

Pari«  mitten  auf  der  Seine  gesammelt  war,  von  21,1  bis  20,9,  im  Mit- 
tel 21,0  Vol.  Sauerstoff  gefunden;  übereinstimmend  fand  H.  Davy  i) 
in  England  20,8  bis  21,1;  Thomson  in  Glasgow  21,0;  Eupffer  zu 
Kasan  21,1  Vol.  Sauerstoff.  Diese  Untersuchungen  betrafen  zunächst 
Luft  aus  geringerer  Höbe;  aber  auch  die  Untersuchung  yon  Lull  aus 
höheren  Luftschichten  gab  fast  genau  gleiche  Resultate.  Configli- 
achi^)  fand  auf  yerschiedenen  Schweizer  Bergen  von  6000  bis  8000 
Pariser  Fuss  Höhe  21  Volum;  Gay-Lussac')  fand  in  der  21430 Fnss 
Sber  der  Erdoberfläche  bei  seiner  Luftfahrt  gesammelten  Luft  21,5  Vol. 
Sauerstoff,  wie  in  der  Luft  in  Paris;  ähnliche  Resultate  hatten  Biotund 
Berg  er  mit  der  Luft  von  yerschiedenen  Bergen  der  Schweiz  erhalten, 
Humboldt  mit  der  Luft  yom  Antisana  (16640  Fuss  hoch).  Bous- 
singaalt^)  fand  in  den  Anden  in  yerschiedenen  Höhen  20,7  bis  20,8 
Vol.  Sauerstoff. 

Die  bis  dahin  angewandten  Methoden  und  Apparate  zeigten  aber 
noch  immer  Schwankungen  yon  etwa  0,5  Proc.  dem  Volumen  nach. 
Zum  Theil  lag  dies  darin,  dass  Druck  und  Temperatur  der  Gase,  und 
namentlich  der  Gehalt  an  Feuchtigkeit  nicht  gehörig  berücksichtigt 
ward.  Indem  man  diese  Umstände  genauer  berücksichtigte,  und  indem 
man  kohlensäurefreie  und  besonders  entweder  ganz  trockene  oder  mit 
Waaserdampf  bei  der  Versnchstemperatur  y ollständig  gesättigte  Luft, 
deren  Volumen  im  trockenen  Znstande  dann  durch  Rechnung  leicht 
gefunden  werden  kann,  angewandt  hat,  haben  sich  yiel  genauere  Resul- 
tate ergeben.  Bunsen,  Regnault  und  Frankland  haben  eudio- 
xnetrische  Apparate  construirt,  welche  unter  Beachtung  der  nöthigen 
Yorsichtsmanssregeln  es  möglich  machen,  den  Sauerstoffgehalt  der  Luft 
bis  auf  0,0003  bis  0,0004  genau  zu  bestimmen  (s.  Analyse,  yoluroe- 
trische  für  Gase  Bd.  I,  S.  930  u.  folgd.). 

Mittelst  solchen  genaueren   Verfahrens  sind  dann  in  den  letzten 
Jahrzehnten  ungleich  weniger  differirende  Resultate  erhalten. 

Th.  deSaussnre^)  erhielt  bei  Untersuchung  der  Luft  auf  dem 
Genfer  See,  wie  auf  einer  Wiese  zu  Chambeisy  etwa  eine  Lieue  yon 
Genf  in  vierzehn  Versuchen,  'indem  er  den  Sauerstoff  durch  metalli- 
sches Blei  absorbirte,  zwischen  20,98  und  21,15,  im  Mittel  aller  Ver- 
suche 21, Od  Sauerstoff.  Als  besonders  genau  dürfen  die  neueren  yolu- 
metrischen  Bestimmungen  des  Sauerstoffs  der  Luft  yon  Bunsen,  yon 
Eegnaalt,  letztere  zum  Theil  gemeinschaftlich  mit  Reiset,  und  yon 
Lewy  bezeichnet  werden. 

Bansen  fand  an  zehn  yerschiedenen  Tagen  im  Mittel  aus  je  zwei, 
um  höchstens  ^/loo  Proc.  differirenden  Versuchen  20,85  bis  20,96,  im 
IGttel  aod  allen  Versuchen  20,93  Vol.  Sauerstoff. 

Bei  Untersuchungen,  welche  zum  Theil  in  Gemeinschaft  mit  Rei- 
set ausgeführt  waren,  hatte  Regnault^)  in  der  Luft  zu  Paris  im 
Deeember  1847:   20,96  bis  21,0  Vol.,  im  Januar   1848  bei  38  Versu- 


^)  Gilberts  Annal.  Bd.  XIX,  S.  894.  —  *)  Schweigger,  Bd.  I,  S.  144 
-  •)  Gilbert'»  Annal.  Bd.  XIX,  S.  412,  Bd.  XX,  S.  38,  Bd.  XXVI,  S.  101; 
J«mi.  de  phy«.  T,  XVI,  p.  878;  Voyage  A.  v.  Humboldt,  T.  I.  p.  811.  — 
•}  AanaL  de  chim.  et  phys.  [8.]  T.  I,  p.  860.  —  *)  Pogg.  Annal.  Bd.  XXXVIII, 
S.171.  —  «)  Gompt.  rend.  T.  XXVI,  p.  11,  16G,  288,  T.  XXXIV,  p.  868;  Annal. 
^chim.  et  phy».  [3.]  T.  XXXVI,  p.  386;  Annal.  d.  Cham.  u.  Pharm.  Bd.  LXVIII, 
1  Ml,  Bd.  LXXXrV,  S.  207;  Pharm.  Centralbl.  1848,  S.  2BB,  1858,  S.  49  u. 
'1;  Jahrcsbcr.  v.  Liebig  n.  Kopp  1847,  S.  890,  1862,  S.  854. 

HudwörUrtmch  der  Chemie.  2te  Aofl.  Bd.  II.  28 


434  Atmosphäre. 

eben  nur  zwisclieii  20,90  und  20,97  Vol.  Sauerstoff  erhalten ,  in  Ver- 
sailles wurde  auch  zwischen  20,90  bis  20,97  Sauerstoff  gefunden. 

Um  noch  weiteren  Aufschluss  über  den  Sauerstoffgehalt  der  Luft 
in  verschiedenen  Gegenden  der  Erde  zu  erhalten,  hat  Regnault  Luft 
aus  verschiedenen  Gegenden  analysirt,  die  in  zugescbmolzenen  Bohren 
aufbewahrt  war,  indem  so  eine  Veränderung  in  der  Zusammensetzung 
auch  nach  dem  längeren  Transport  nicht  möglich  war,  während  Kitte, 
namentlich  solche,  die  Wachs,  Harz,  Kautschuk  u.  s.  w.  enthalten,  enU 
weder  nicht  absolut  dicht  sind,  oder  Sauerstoff  aufnehmen,  und  dadurch 
die  Zusammensetzung  der  Luft  verändern.  In  Paris  wurden  wieder  bei 
einer  grösseren  Reihe  von  über  100  Versuchen  als  Maximum  20,99, 
uls  Minimum  20,91  erhalten:  der  Unterschied  ist  gering,  aber  doch  be* 
deutender,  als  dass  er  durch  Beobachtungsfehler  allein  entstanden  sein 
könnte,  daher  man  mit  Sicherheit  annehmen  kann,  dass  hier  locale  Ur- 
sachen, wie  sie  in  einer  grossen  Stadt  nicht  fehlen,  den  Saaerstoff- 
gehalt  momentan  um  einige  Hundertstel  Procent  verändern.  AU  Mit- 
tel aus  den  Versuchen  ergab  sich  20,96  Vol.  Sauerstoff.  Die  ausser- 
halb Paris  gesammelte  Luft  gab  folgende  Resultate: 

9  Luftproben  von  Lyon,  Montpellier  gaben  •    .    20,92  bis  20,96 

30  Proben  von  Berlin       20,91    „    21,0 

10  Proben  von  Madrid 20,92    „    20,98 

23  Proben  von  Genf,  Mont  Sal^ve,  Mont  Buet      .    20,91     „   20,99 
15  Proben  von  der  Rhede  von  Toulon,  vom  Mit- 
telländischen Meere  und  vom  Hafen  von  Algier    20,9 1    „    20,98 
ö  Proben  auf  der  Fahrt  nach  Veracruz     ....    20,92    „    20,96 

1  Probe  von  Guallalaniba  (Ecuador  in  Südamerika)    20,92    „    20,96 

2  Proben  vom  Gipfel  des  Pichincha  (höher  als  der 

Montblanc) 20,95    „    20,99 

8  Proben  1848,  1849  und  1850  an  verschiedenen 

Punkten  der  Südsee  gesammelt,  gaben    .    .    .    20,90    ,,    20,97 
17  Proben   1848  und    1849  vom   Capitain  James 

Ross  in  den  Polarmeeren  aufgefangen,  gaben    20,85    „    20,94 

Neben  diesen  unter  sich  so  wenig  differirenden  Proben  gaben 
einige  andere  etwas  stärkere  Differenzen.  Eine  Probe  Luft  von  der 
Rhede  von  Toulon  gab  nur  20,86,-  eine  andere  aus  dem  Hafen  von  Al- 
gier gab  20,41  Sauerstoff,  ohne  dass  in  einem  oder  dem  anderen  Fall 
eine  besondere  Ursache  nachgewiesen  worden  wäre.  Eine  Probe  aus 
dem  Meerbusen  von  Bengalen  gab  20,46,  eine  andere  von  dem  Ganges 
bei  Calcutta  nur  20,39  Sauerstoff,  hier  fanden  sich  aber  grosse  Quan- 
titäten faulender  Stoffe  im  Wasser. 

Danach  nimmt  Regnault  an,  dass  der  Sauerstoffgehalt  der  Atmo- 
sphäre in  den  gemässigten  Zonen  durch  locale  Einflüsse  zwischen  20,9 
und  21,0  schwanke,  dass  er  in  heissen  Ländern  etwas  niedriger  sei, 
und  selbst  auf  20,3  und  20,4  Volumenprocente  falle. 

Lewy  ^)  fand  auf  einer  grösseren  Reise  in  Paris  21,00,  in  Ha  vre 
20,89,  auf  dem  Atlantischen  Ocean  20,96  bis  21,05  und  in  Neu -Gra- 
nada an  verschiedenen  Orten  bei  normalem  Eohlensäuregehalt  (s.  u.) 
zwischen    20,98  und  21,04  Vol.  Sauerstoff  in  100  Vol.  Luft-      Aehn- 

0  Compt.  rend.  T.  XXXI,  p.  725,  T.  XXXIIL  p.  845;  Annal.  de  chim.  et 
phys.  [8.]  T.  XXXIV,  p.  5;  Jouni.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LIV,  S.  249;  Annal.  d. 
Chem.  u.  Pharm.  Bd.LXXVllI,  S.  123,  Bd.  LXXX,  S  227;  Pharm. Centralbl.  1861, 
S.  808;  Jahresber.  v.  Liebig  a.  Kopp  1851,  S.  328. 


Atmosphäre.  485 

liehe  Resultate  hat  Luft  aus  verschiedenen  Höhen  gegeben;  die  Luft 
so  Bogota,  2645  Meter  hoch,  enthielt  20,99  bis  21,03;  Luft,  welche 
Green  in  Everge  auf  einer  Luftfahrt  11000  Fuss  hoch  aufgefangen 
haUe,  enthielt  21,0  Vol.  Sauerstoff. 

Nach  allen  diesen  Versuchen,  welche  auch  noch  von  anderen  Chemi- 
kern bestätigt  sind,  enthalten  also  100  Vol.  trockene  Luft  im  normalen 
Zustande  20,9  bis  21,0  VoL  (in  den  tropischen  Gegenden  vielleicht  et- 
was weniger)  Sauerstoff;  zwischen  diesen  Grenzen  finden  Schwankungen 
statt,  da  der  Sauerstoff  fortwährend  der  Atmosphäre  entzogen  und  ebenso 
ihr  wieder  zugeführt  wird;  grössere  locale  Schwankungen  gleichen 
sich   bei  der  Beweglichkeit  der  Luft  schnell  mit  der  Umgebung  aus. 

Dass  aber  solche  locale  Schwankungen  vorübergehend  stattfin- 
den können,  zeigen  (nach  Lewy)  Analysen  von  Luft,  welche  dicht 
über  dem  Atlantischen  Ocean  aufgefangen  ward,  sie  enthielt  bei  Tag 
constant  etwas  mehr  Sauerstoff,  21,05  Vol.,  als  bei  Nacht  20,96,  was 
sich  durch  die  Einwirkung  der  Sonne  auf  das  sauerstoffreichere  Luft 
enthaltende  Meerwasser  erklärt  (s.  S.  452  und  458). 

Endlich  ist  noch  zu  erwähnen,  dass  Doyere  i),  abweichend  von 
Begnault,  bei  gleichzeitig  in  Paris  angestellten  und  längere  Zeit  fort- 
gesetzten Untersuchungen  zwischen  20,5  und  21,5  Vol.  Sauerstoff,  nach 
spateren  Versuchen  zwischen  20,5  und  21,2  Vol.  Sauerstoff  erhielt,  also 
viel  ^össere  Schwankungen  als  sie  von  einem  anderen  Chemiker  beob- 
achtet sind,  und  es  ist  daher  wohl  erlaubt,  den  Grund  hier  in  Beobach- 
tnngsfehlem  zu  suchen. 

Der  Sauerstoffgehalt  der  Luft  lässt  sich  nun  statt  nach  dem  Volu- 
men auch  nach  dem  Gewicht  bestimmen;  Brunner,  Dumas  und 
Bonssingault  haben  solche  Methoden  in  Anwendung  gebracht,  die 
den  Vortheil  haben,  dass  man  grössere  Luilquantitäten  anwenden  kann. ' 
Brunner  lässt  vollkommen  trockene  und  kohlensäurefreie  Luft  über 
einen  Körper  streichen,  der  den  Sauerstoff  absorbirt,  und  dessen  Ge- 
wichtszunahme die  Menge  des  Sauerstoffs  angiebt.  Als  oxyphorische 
Körper  wendet  Brunner  ^)  gewöhnlich  Phosphor  an,  in  neuester  Zeit  hat 
er  durch  Thonerde  feinvertheiltes  Eisen  ^)  genommen,  welches  so  er- 
halten wird,  dass  man  ein  passendes  Geroenge  von  Alaun  und  Eisen- 
oxydsalz fällt,  um  ein  Gemenge  von  96  Eisenozyd  mit  4  Thonerde  zu 
erbalten,  welches  nach  dem  Glühen  für  sich  in  Wasserstoffgas  reducirt 
wird. 

Zur  Absorption  des  Sauerstoffs  mit  Phosphor  nimmt  Brnnner^) 
ein  Glasrohr,  Fig.  28;  es  ist  bei  /  etwa  10  Millimeter  weit,  von  d  bis  g 

Fig.  28. 


etwas  enger  und  bei  b  in  eine  Spitze  ausgezogen.  Von  d  bis  g  ist 
das  Rohr  mit  gezupfter  lockerer  schwach  erwärmter  trockener  Baum- 
wolle   gefüllt,    und   bei  d  ein   Pfropf  von  Asbest  angebracht;    nach- 


»)  Compt.  rend.  de  lacad.  T.  XXV,  p.  928,  T.  XXVI,  p.  198;  vergl.  Rc- 
gnault,  T.  XXVI,  p.  288.  —  *)  Pogg.  AnnaL  Bd.  XXXI,  S.  1.  —  ")  Pogg.  Er- 
gftDzangsheft,  Bd.  n,  S.  609.  —  *)  Pogg.  Annal.  Bd.  XXVII,  8.  1,  Bd.  XXXI. 
&  1;  Annal.  de  chim.  et  pbya.  [8.]  T.  III,  p.  305. 

28« 


436  Atmosphäre. 

dem  dann  0,8  bis  1  Gnu.  trockener  Phosphor  eingefüllt  ist.,  wird 
auch  bei  c  ein  Pfropf  von  Asbest  angebracht  und  bei  a  die  Spitze  aus- 
gezogen. Durch  Erwärmen  wird  der  Phosphor  geschmolzen,  und  dann 
durch  Drehen  der  Röhre  auf  der  Glasfläche*  ausgebreitet.  Werden  nun 
durch  eine  dreihalsige  mit  einem  Thermometer  versehene  und  mit  Oel 
gefüllte  Flasche,  Fig.  29,  welche  als  Aspirator  dient,  etwa  100  C.C. 
trockene  Luft  durch  die  Röhre  gesaugt,    während  man  den  Phosphor 


Fig.  29. 


^ 


schwach  erwärmt, 
so  wird  der  Appa- 
rat dadurch  mit 
Stickstoff  gefüllt, 
wie  es  nach  der 
Beendigung  jedes 
eudiometrischen 
Versuches  auch 
der  Fall  ist,  und 
zugleich  ist  die 
Baumwolle  mit 
phosphoriger  Säu- 
re überzogen^  wodurch  bei  späteren  Versuchen  die  kleinere  Menge  Sauer- 
stoff, die  der  Einwirkung  des  Phosphors  selbst  etwa  entgangen  sein  kann, 
von  der  hier  auf  einer  grossen  Oberfläche  verbreiteten  begierig  Sauer- 
stoff absorbirenden  phosphorigen  Säure  vollständig  zurückgehalten  wird. 
Nach  dieser  Vorbereitung  wird  das  Bohr  a^  an  beiden  Enden  zuge- 
schmolzen und  zum  Gebrauch  aufbewahrt.  Bei  dem  Versuch  selbst 
wird  es  zuerst  gewogen  und  dann,  nachdem  die  beiden  zugeschmolze- 
nen Spitzen  abgeschnitten  wurden  (die  aber  wegen  der  späteren  Wä- 
'  gung  aufzubewahren  sind),  bei  b  mit  dem  Aspirator  A  (der  etwa  0,5  Li- 
ter halten  mag)  und  bei  a  mit  einem  Chlorcalciumrohr  verbanden; 
sollte  die  Luft  mehr  als  gewöhnlich  Kohlensäure  enthalten,  so  muss 
noch  ein  Rohr  mit  Kalihjdrat  angefügt  werden. 

Nachdem  der  Apparat  so  vorbereitet  ist,  wird  der  Phosphor 
schwach  erwärmt,  und  dann  der  Hahn  des  Aspirators  ein  wenig  geöff- 
net, um  das  Oel,  besonders  im  Anfange,  nur  sehr  langsam  abfliessen  zu 
lassen,  während  der  Theil  gddes  Rohres  (Fig.  28)  durch  feuchtes  Fliess- 
papier kühl  erhalten  wird.  Bei  Beendigung  des  Versuches  wird  der 
Hahn  geschlossen,  und  nach  dem  Erkalten  das  Pfiosphorrohr  an  beiden 
Seiten  zugeschmolzen,  und  mit  den  'zuerst  abgeschnittenen  Spitzen  ge- 
wogen. Man  hat  nun  auf  der  einen  Seite  die  Gewichtszunahme  des 
Phosphorrohres,  entsprechend  dem  der  Luft  entzogenen  Sauerstoff;  auf 
der  anderen  Seite  giebt  das  Volumen  des  aus  dem  Aspirator  abgeflos- 
senen Oeles,  welches  in  einem  Gefäss  von  bekannter  Capacität  aufge- 
gefangen  ist,  das  Volumen  des  mit  dem  Sauerstoff  gemengten  Stick- 
stoffs. . 

Man  kann  das  Volumen  des  Stickstoffs ,  nachdem  es  auf  nor- 
malen Druck  und  Temperatur  reducirt  ist,  in  Gewicht  umrechnen, 
wodurch  sich  das  Gewicht  der  untersuchten  Luft  und  das  Gewicht  des 
erhaltenen  Sauerstoff  ergiebt.  Man  habe  z.  B.  0,1779  Grm.  Sauer- 
stoff neben  500  C.C.  Stickstoff  von  lö^C.  und  0'",750  gefunden;  das 
Volumen  bei  O^C.  und  0,76"  des  letzteren  ist  dann  467,71  C.C.  und  sein^ 
Gewicht  also  =  0,58791  Grm.  (1  Liter  Stickgas  =  1,2561  Grm.). 
Man  hat  daher  0,1779  Grm.  Sauerstoff  auf  0,5879  Grm.  Stickstoff;  das 


Atmosphäre.  437 

iat  in  100  =  23,2  GewichtotheUe  Sauerstoff  nnf  76,8  GewichtWheilea 
Stickstoff. 

Die  Genauigkeit,  welche  aach  dienern  Verfahren  zn  erreichen  tat, 
beträgt  0,1  bis  0,2  Proc,  lun  welches  die  Terschie denen  Verguehe  von 
einander  differiren  (Bronner),  ist  also  geringer  ah  bei  dem  ondiome- 
triachen  Verfahren.  Brunner  fand  in  Bern  22,95  Grra.  Saueratoff  in 
100  Grm.  Luft;  Verver')  fand  in  Groningen  nach  der  gleichen  Me- 
thode 23,0  Grm.  Saueratoff. 

Dnmas  und  Bonaainganlt*)  brauchen  als  eudiometriachen  Mittel 
glühendes  Kupfer,  und  zwar  pulveriges  durch  Wasaeratoffgas  reducirtea. 
Ein  Verbrennungsrohr  von  achwer  schmeltbarem  Glase  (Fig.  SO)  mit 
»Ichem  Kupfer  gefüllt,  wird  mit  den  beiden  Hähnen  r  und  r'  verbun. 


Flg.  30. 


den;  es  wird  in  einem  BShrenofen,  wie  er  bei  den  Elementnrnnnlysen 
gebrSachlich  ist,  gebracht,  und  anf  der  einen  Seite  mit  dem  Bnllon  F, 
anf  der  anderen  Seite  mit  dem  Ufiirmigen  Rühren  C  nnd  B  imd  dem 
Kngelappamt  A  verbunden;  der  letztere  enthält  Kalilauge;  B  enthält 
mit  Kalilnuge,  C  mit  ooncentrirter  Schwefelsäure  getränkten  Bimsstein. 
Ehe  der  Apparat  zusammengesetzt  ward,  ist  der  Ballon  V  und  daa 
Bohr  ah  Inftteer  gepumpt,  und  jedes  für  sich  gewogen.  Nachdem  die 
einzelnen  Theile  des  Apparates  luftdicht  mit  einander  verbanden  sind, 
wird  dns  Rohr  ai  tirnn  GlUhen  erhitzt,  worauf  zuerst  der  [{ahn  r, 
später  r"  and  der  Mahn  u  des  Ballons  geöffnet  wird,  letztere  über  im 
Anfange  natürlich  nur  sehr  wenig,  später  allmälig  weiter,  damit  die  Luft 
nur  ganz  langsam,  und  in  einem  möglichst  gleichförmigen  Strom ,  der 
sich  an  der  Schnelligkeit  der  durch  den  Kaliapparat  A  aufsteigenden 
Blasen  beurtheilen  lässt,  Uber  das  glühende  Kupfer  streicht  Der  Ver- 
FDch  ist  beendigt,  sobald  der  Ballon  V  bei  ganz  geöfineten  ilähnen 
keine  Lnft  mehr  einsaugt.  Nachdem  dann  die  dr^i  Hähne  geschlossen 
sind,  werden  nach  dem  Erkalten  das  Rohr  mit  Kupfer,  wie  der  Ballon 
F gewogen.    Beide  haben  an  Gewicht  zugenommen;  die  Zunahme  des 


I)  Bull«,  d»  ■«.  ph.  et  iimt.  cn  Neerl.ndo  IR40.  r-  101;  Berieliu,-'  J«hre8- 
h*r.  Bd.  XXTI,  S.  44. 

')  Campt,  rend.  T.  XII,  p,  1005;  Ann.l.  de  chim.  et  phyi.  [8.)  T.  Ill,  p.  257; 
PluTiii.  OntralbL    1842,  S.  487;  Jonrn    f.  pmkt.  Cbam.  Bd.  XXTV.  S.  65. 


438  Atmosphäre. 

Bohres  a  b  gegen  die  erste  Wägnng  ist  das  Grewicht  des  Tom  Kupfer 
aufgenommenen  Sauerstoffs  -|-  dem  Gewichte  von  Stickstoff,  welches 
natürlich  das  Bohr  nach  dem  Versuch  füllt  Nach  der  ersten  Wäguog 
wird  das  Bohr  luftleer  gepumpt  und  nochmals  gewogen;  es  ergiebt 
sich  hier  eine  Abnahme,  die  der  im  Bohre  enthaltenen  Stickstoffmenge 
entspricht. 

Bbenso  ist  der  Ballon  V  gewogen ;  diese  Wägung  erfordert  aber 
einige  Sorgfalt;  denn  bei  seiner  Grösse  (Dumas  und  Boussingault 
wandten  Ballons  von  10  bis  15  Liter  Inhalt  an)  ist  das  Ergebniss  der 
Wägung  merkbar  unrichtig,  wenn  der  Ballon  nicht  vor  und  nach  dem 
Versuch  bei  genau  gleichem  Druck  und  Temperatur  gewogen  wird. 
Um  die  durch  verschiedene  Temperatur  und  Dichtigkeit  der  Luft  bei 
den  beiden  Wägungen  entstehende  Unrichtigkeit  zu  vermeiden,  benutzt 
man,  nach  Begnault,  als  Thara  für  den  ersten  Ballon  einen  zweiten 
gleich  grossen;  beide  Ballons  werden  mittelst  Haken  unter  die  Schalen 
der  Wage  -aufgehängt;  eine  Aenderung  des  Thermometers  oder  Baro- 
meters hat  hier,  da  sie  beide  Ballons  gleichmässig  afficirt  und  dadurch 
ausgeglichen  wird,  keinen  Einflnss  mehr  auf  die  Bichtigkeit  der  Wägnng. 

Der  Gewichtsüberschuss  des  Ballons,  so  wie  das  Mehrgewicht  des 
Bohres  ab  bei  der  zweiten  Wägung  gdgenfiber  der  dritten,  geben  zu- 
sammen das  Gewicht  des  Stickstoffs. 

Dumas  und  Boussingault  fanden  nun  in  Paris  bei  mehreren 
sehr  wenig  differirenden  Versuchen,  bei  welchen  sie  gegen  4  bis  nahe 
6  Grm.  Sauerstoff  erhielten,  in  100  Grm.  Luft  22,92  bis  23,09  Grm., 
im  Mittel  23,01  Grm.  Sauerstoff  bei  schönem  Wetter  wie  bei  Regen- 
wetter ;  bei  sehr  bedecktem  Himmel  erhielten  sie  22,89  Sauerstoff. 

Nach  demselben  Verfahren  wurde  in  der  Luft  vom  Faulhorn  22,97 
(Bravais  und  Martin^);  von  Genf  22,87  bis  23,01  (Marignac>);  zu 
Brüssel  bei  12  Analysen  23,01  bis  23,08 ;  bei  zwei  anderen  Versuchen  23,1 1 
und  23,14  (Stas  s);  zu  Kopenhagen  und  Helsingör  22,96  bis  23,02  Proc 
Sauerstoff  gefunden  und  ähnliche  Besultate  auf  Guadeloupe  (Lewy^) 
erhalten.  Danach  berechnet  sich  aus  dem  Mittel  nahe  23,0  Gewichts- 
procent Sauerstoff  auf  77  Proc.  Stickstoff.  Um  diese  Gewichtsprocente 
in  Volumenprocente  zu  verwandeln,  hat  man  die  Zahlen  mit  den  be- 

23 
treffenden  specifischen  Gewichten  zu  dividiren:  =   20,8    Vol. 

77 
Sauerstoff  und  -    =  79,2  Vol.  Stickstoff.     Umgekehrt  kann  man 

die  direct  gefundenen  Volumenprocente  (S.  434)  in  Gewichtsprocente 
verwandeln;  20,95  X  1,1057  =  23,16  Gewichtstheile  Sauerstoff  auf 
79,05  X  0,972  =  76,83  Gewichtstheile  Stickstoff.  Man  sieht,  dass 
diese  Besultate  mit  den  eudiometrischen  Versuchen  von  Begnault  und 
von  Bunsen  hinreichend  genau  übereinstimmen,  zumal  wenn  man  er- 
wägt, wie  leicht  bei  den  grossen  Apparaten  Wägungsfehler  möglich 
sind,  und  dass  das  Gewicht  des  Glasrohres  durch  das  Glühen  'sich  sehr 
leicht  verändern  kann. 

Natürlich  lässt  sich  diese  Methode  auch  in  der  Weise  abändern, 
dass  man  das  Kupfer  haltende  Bohr  mit  einem  Aspirator  verbindet, 


*)  Annal.  de  chim.  et  phys.  [8.]  T.  III,  p.  291.  —  *)  Coxnpt.  rend.  de  l'acad 
T.  XIV,  p.  879.  —  ■)  Compt.  rend.  de  r»c«d.  T.  XIV,  p.  670.  —  *•)  Gompt.  rend. 
T.  XVn,  p.  286;  Joum.  f.  prakt.  Chcm.  Bd,  XXX,  S.  207. 


Atmosphäre.  439 

oder  auch  den  laftleer  gepumpten  Ballon,  dessen  Capacität  bekannt 
sein  moss,  als  Aspirator  benutzt  und  so  den  Stickstoff  durch  Messung  an- 
statt durch  Wägung  bestimmt.  Der  hier  dadurch  entstehende  Fehler, 
dass  man  das  Rohr  a  b  nicht  auspumpt,  liegt  bei  Anwendung  eines  grös- 
seren Luftvolumens  wohl  innerhalb  der  Grenzen  der  -Beobachtungs- 
feh^r. 

Offenbar  hat  die  volumetrische  Bestimmungsmethode  des  Sauer- 
stoffs nach  Bunsen  und  Begnault  yiele  YorzOge  vor  dem  Verfahren 
▼on  Brunner  und  vor  dem  von  Dumas  und  Boussingault,  bei  wei- 
chem man  mit  grossen  Massen  arbeitet,  was  grosse  Apparate  erfordert, 
die  nicht  überall  zu  Gebote  stehen.  Namentlich  wenn  man  die  Analyse 
nicht  an  Ort  und  Stelle  ausführen  kann,  so  hat  die  eudiometrische  Me* 
thode  den  Vorzug,  weil  man  leicht  einige  Cubikoentimeter  Luft  in  einer 
Glasrohre  auffangen  und  diese  zuschmelzen  kann,  während  es  schwie- 
rig idt  Ballons  von  10  bis  20  Liter  Inhalt  luftdicht  zu  verschliessen, 
und  umständlich  ist  sie  zu  transportiren. 

Bei  manchen  Untersuchungen  kommt  es  oft  nur  darauf  an,  den  Sauer- 
stoff der  Luft  rasch  zu  ermitteln ;  in  dem  Fall  bestimmt  man  am  einfachsten 
denselben  nach  dem  Volumen  mit  Hülfe  von  pyrogallussaurem  Alkali  i). 
Man  misst  die  Luft  in  einer  Glasröhre  über  Quecksilber,  bringt  dann  etwa 
'.100  ^^^  Volumens  starke  Kalilauge  (1  Hydrat  auf  2  Wasser)  hinzu; 
eine  Volnmenverminderung  giebt  hier  den  Gehalt  von  Kohlensäure  an 
(8.  unten);  man  setzt  Pyrogallussäure  hinzu,  entweder  für  sich  in.  5  bis 
6  Thln.  Wasser  gelöst,  oder  mit  wenig  Zucker  und  etwas  Wasser  zu 
Kugelchen  geformt;  beim  Schütteln,  wobei  die  Wände  von  der  Lösung 
befeuchtet  werden,  wird  der  Sauerstoff  leicht  absorbirt,  wobei  die  Flüs- 
sigkeit sich  allmälig  dunkelbraun  färbt.  Sobald  keine  Baumverminde- 
rung erfolgt,  ist  aller  Sauerstoff  verschwunden;  hat  man  nicht  mehr 
Wasser  genommen,  als  angegeben,  so  ist  der  Fehler  durch  die  Tension 
des  Wasserdampfes  äusserst  klein,  so  dass  er  vernachlässigt  werden 
kann. 

Wie  früher  angegeben ,  ist  eine  kleine  Menge  von  Sauerstoff  als 
Ozon  in  der  Atmosphäre  enthalten;  seine  Menge  ist  nach  Witterung, 
Jahreszeiten  und  localen  Verhältnissen  wechselnd,  aber  immer  absolut 
zu  gering,  um  bestimmt  werden  zu  können.  Seine  relative  Menge  lässt 
Mch,  nach  Schönbein^),  messen,  indem  man  eine  Farbenskale  aufstellt 
aus  Papierstreifen  mit  gebläutem  Jodkaliumkleister  von  verschiedener 
Intensität,  so  dass  Nr.  0  weiss  ist,  und  Nr.  10  dunkel  violett- blau. 
Verschiedene  Beobachtungen  stimmen  darin  überein,  dass  der  Ozonge- 
halt bei  höherer  Temperatur  wie  auch  bei  heiterem  Himmel  abnimmt; 
er  fand  sich  stärker  im  Winter  al»  im  Sommer,  mehr  bei  Schneewetter 
als  bei  Regenwetter;  Nachts  mehr  als  bei  Tage;  bei  Gewittern  nimmt 
der  Ozongehalt  oft  plötzlich  zu.  In  der  Stadt  ist  der  Ozongehalt  ge- 
ringer als  ausserhalb  derselben,  und  oft  dort  nicht  nachweisbar,  wah- 
rend er  hier  nicht  leicht  fehlt.  Neumann 3)  hat  die  von  verschiede- 
nen Beobachtern  erhaltenen  Ergebnisse  Über  den  Ozongehalt  der  At- 
mosphäre zusammengestellt,  und  aus  diesen  und  den  früher  bekannt 
gewordenen    folgendes  Resultat   gezogen:    Der  *  Ozongehalt   entspricht 


')  AnnaL  d.  Chcra.  u.  Pharm.  Bd.  LXXVII,  S.  107.  —  *)  Pogg.  AnnÄl.  Bd. 
XCni,  S.  ß27,  Bd.  XCIV,  8.  336;  Wien.  Akad.  Ber.  Bd.  XVII,  S.  191.  —  ")  Pogg. 
AnoAL  Bd.  CU,  S.  614. 


} 


440  Atmosphäre. 

der  Loftelektricität  und  dem  Feachtigkeitogehalt  der  Luft;  die  Inten- 
sität des  Windes  vermehrt  den  Gehalt  an  Ozon ;  seine  Menge  steht  im 
umgekehrten  Yerhältniss  zur  Temperatur.  Bei  niedrigerem  Barometer- 
stand ist  die  Luft  ozonreicher.  Der  höchste  Gehalt  findet  sich  im  Ja- 
nuar oder  Februar;  das  Minimum  im  Juli  oder  September.  Die  bis 
jetzt  über  Ermittelung  von  Ozon  angestellten  Versuche  erlauben  noch 
nicht  ganz  bestimmte  Resultate  anzugeben. 

Stickstoff.  Die  qualitative  Untersuchung  der  Luft  ergiebt,  dass 
sie  im  normalen  Zustande  getrocknet  neben  einem  hier  nicht  weiter  zu 
beachtenden  Kohlensäuregehalt  nur  Sauerstoff  und  Stickstoff  enthält 
Bei  der  Bestimmung  des  Sauerstoffs  in  trockener  und  kohlensäurefreier 
Luft  wird  daher  durch  Differenz  zugleich  der  Stickstoff  gefunden. 
Wenn  also  bei  der  eudiometrischen  Analyse  20,9  bis  21,0  YoL  Sauer- 
stoff gefunden  wurden,  so  ergiebt  sich  der  Stickstoffgehalt  zu  79,1  bis 
79,0  Vol.  in  100  Luft. 

Nach  Brunner's  und  nach  Dumas'  und  Boussingault's  Ver- 
suchen beträgt  das  Gewicht  des  Stickstoffs  in  100  Grm.  Luft  76,9  bis 
77,08,  im  Mittel  76,97,  woraus  sich  79,1  Volumenprocente  berechnen. 
Natürlich  lässt  sich  bei  der  Bestimmungsmethode  des  Sauerstoffs  nach 
Dumas  und  Boussingault  (s.  S.  488)  der  Stickstoff  auch  messen,  statt 
wägen,  wenn  man  das  Rohr  ab  mit  einem  Aspirator  verbindet,  oder 
wenn  man  einen  Ballon  von  bekanntem  Volumen  anwendet. 

Die  Zusammensetzung  der  trockenen  kohlensäurefreien  Luft  ist 
daher  in  100:  20,95  Vol.  Sauerstoff  und  79,05  Vol.  Stickstoff,  oder 
in  100  Grm.  23,16  Grm.  Sauerstoff  auf  76,83  Grm.  Stickstoff. 

Wasser.  Bei  der  chemischen  Untersuchung  der  Luft  handelt  es 
sich  gewohnlich  weniger  um  Bestimmung  der  Menge  des  Waaserdam- 
pfes,  als  dass  dieser  berücksichtigt  werden  muss,  weil  er  das  Volumen 
der  Luft  ändert.  Handelt  es  sich  so  nur  um  Bestimmung  des  Volu- 
mens der  trockenen  Luft,  so  trocknet  man  das  Luftvolumen  durch  Ein- 
führung einer  Kugel  von  geschmolzenem  Chlorcalcium  oder  von  Kali- 
hjdrat  (s.  Analyse,  volumetrische,  für  Gase  Bd.  I,  S.  942  u. 
943)  vollständig  aus,  oder  wenn  man  eine  bei  der  gegebenen  Tem- 
peratur mit  Wasserdampf  gesättigte  Luft  hat,  so  berechnet  man  das 
Volumen  des  Wasserdampfes  aus  der  Tension  nach  den  hierfür  be- 
kannten Tabellen,  woraus  sich  dann  das  Volumen  des  Wasserdampfes 
und  das  der  trockenen  Luft  ergiebt  (s.  oben  S.  396). 

Handelt  es  sich  um  Ermittelung  des  Wassergehaltes  der  freien 
atmosphärischen  Luft,  so  kann  dies  nach  dem  älteren  Verfahren  mit- 
telst des  Hygrometers  (s.  d.  Art.)  geschehen,  die  entweder  nur  an- 
geben, ob  die  Atmosphäre  feuchter  oder  weniger  feucht  ist,  von  denen 
einige  aber  auch  zur  Bestimmung  der  Menge  des  Wasserdampfes  die- 
nen können.  Die  absolute  Menge  desselben  in  einem  gegebenen  Raum 
wird  am  besten  durch  die  Spannkraft  des  vorhandenen  Wasserdampfes 
ausgedrückt,  die  relative  Menge  ist  dagegen  der  Quotient  aus  der  er- 
sten Zahl,  dividirt  durch  diejenige,  welche  vermöge  der  Temperatur 
vorhanden  sein  könnte.  Die  letztere  drückt  den  Grad  der  Sättigung 
des  Raumes  mit  Wasserdampf  aus ,  und  von  ihr  hängen  die  hygrosko- 
pischen Erscheinungen  der  Atmosphäre  ab.  Ist  nun,  nach  den  unter 
Hygrometrie  näher  zu  beschreibenden  Methoden,  z.  B.  ermittelt, 
dass  der  in  der  Luft  vorhandene  Wasserdampf  eine  Spannkraft  von  vier 


Atmosphäre.  441 

Linien  hat,  and  ist  der  Barometerstand  336  Linien,  so  macht  die  ab- 
solnte  Menge  des  Wasserdampfes  in  einem  gegebenen  Baum  %86  =^  V84 
desselben ,  oder  die  zur  Menge  der  trockenen  Luft  im  V erhältniss  wie 
1:83.  Wäre  die  Temperatur  der  Luft  hierbei  20^0.,  so  würde  die 
Tension  des  Wasserdampfes  nahezu  acht  Linien  betragen  können,  folg« 
Uch  würde  die  relative  Dampfmenge  oder  Feuchtigkeit  der  Luft  ^/g 
oder  ^/s  sein. 

Kämtz  giebt  nach  seinen  zu  Halle  stündlich  angestellten  Beob- 
achtungen für  die  Mittelwerthe  der  absoluten  und  der  relativen  Dampf- 
menge  für  unsere  Gegenden  nachstehende  Zahlen: 


Dampfimenge 

Jan. 

Feb. 

Mrz. 

Apr. 

Mai 

Juni 

Juli 

Aug. 

Spt. 

Oct. 

Not. 

Dec. 

tbsohite  .  .  . 
rdatiTe    .  .  . 

1,85 
85,8 

2,02 
81,0 

2,29 
77,8 

2,70 
71,3 

8,52 
G9,2 

4,58 
71,0 

5,11 
68,5 

4,74 
6G,  1 

4,24 
72,8 

8,49 
78,9 

2,52 
85,6 

2,44 
86,8 

Die  absolute  Feuchtigkeit,  in  der  ersten  Zahlenreihe  in  Pariser 
Linien  angegeben,  ist  also  grösser  in  den  wärmeren  als  in  den  käl- 
teren Monaten,  die  relative  Feuchtigkeit  kleiner. 

In  den  heissen  Klimaten  ist  die  absolute  Menge  des  Wasserdam- 
pfes bedeutend  grösser,  er  kann  hier  selbst  im  monatlichen  Mittel  auf 
12  Linien  und  darüber  steigen.  Li  Benares  in  Lidien  z.  B.  betrug  im 
Juli  1825  die  mittlere  Tension  des  Wasserdampfes  11,79  Linien;^ der 
Barometerstand  war  dabei  3 2  8''',  6  9 ,  folglich  der  Druck  der  trockenen 
Luft  316'",89;  das  Volumen  ' des  Wasserdampfes  zur  trockenen  Luft 
verbält  sich  hier  also  =  1  :  26,88  (Poggendorff). 

Da  nun  durch  den  vorhandenen  Wasserdampf  das  Volumen  der  Luft 
verhaltaissmässig  vermehrt  wird,  so  ist  es  natürlich,  dass  eine  feuchtere 
Luft  bei  gleichem  Volumen  sauerstoffarmer  ist  als  eine  trockene.  Es 
ist  daraus  ersichtlich,  wie  nur  gleich  trockene  Luft  in  Beziehung  auf 
ihre  Zusammensetzung  nach  Stickstoff  und  Sauerstoff  vergleichbar  ist; 
denn  enthielt  z.  B.  1  Vol.  der  feuchten  Luft,  wie  sie  zu  Benares  ge- 
fanden wird,  20,25  Vol.  Sauerstoff,  so  würde  sie  im  trockenen  Zu- 
stande 21,0  Vol.  des  Gases  enthalten,  eine  bemerkbare  Differenz,  wie 
man  sieht. 

Der  Wassergehalt  lässt  sich  nun  auch  direct  dem  Gewichte  nach 
bestimmen^),  man  wendet  dazu  einen  passenden  nicht  zu  kleinen  Aspi- 
rator  an,  von  bekanntem  Inhalt,  den  man  mit  mehreren  Rohren,  die 
Chlorcaicinm  oder  mit  Schwefelsäure  befeuchteten  Bimsstein  enthalten, 
verbindet,  nachdem  diese  Röhren  genau  gewogen  sind.  Sobald  alle 
Theile  des  Apparates  luftdicht  schliessen,  setzt  man  den  Aspirator  in 
Thatigkeit,  wobei  die  Luft  durch  die  Röhren  hindurchgeht,  und  hier 
den  Waaserdaropf  vollständig  abgiebt,  ohne  sonst  eine  Veränderung  zu 
erleiden.  Die  Gewichtszunahme  der  Röhren  giebt  die  Menge  des  Was- 
sers an,  welches  in  dem  durch  den  Aspirator  angezeigten  Luftvolumen 


*)  Pogg.  Annal.   Bd.  XX,    S.   274;   Annal.   de   cbim.  et  de   phys.    [8.]   T.  m, 
p.  809. 


442  Atmosphäre. 

enthalten  war.  Da  hier  die  Luft  über  Wasser  aufgefangen  wird,  so  hat 
man  jetzt  in  dem  Aspirator  eine  mit  Feuchtigkeit  gesättigte  Luft,  deren 
Volumen  im  trockenen  Znstande  sich  nach  der  Tabelle  über  Tension  dei 
Wasserdampfes  leicht  berechnet;  aus  dem  Volumen  der  trockenen  Luft  be- 
rechnet sich  dann  leicht,  unter  Berücksichtigung  des  Thermometers  und 
des  Barometers,  das  Gewicht  der  Luft  (vergl.  S.  397).  Ein  Beispiel  mag 
dies  verdeutlichen.  Bei  einem  Versuch  von  Brunnerwaren  in  dem  Aspi- 
rator  12,976  Liter  von  10<>C.  und  722"°  gesammelt;  da  die  Tension  deB 
Wasserdampfes  bei  10® C.  9""  ist  (s.d.  Art.  Dampfspannung),  so  be- 
trägt der  Druck  für  die  trockene  Luft  nur  713"""  und  sein  Volumen  bei 
normaler  Temperatur  und  Dichtigkeit  ist  daher  1 1,743  Liter.  —  Aus  die- 
ser Luftmenge  wurden  0,094  Grm.  Wasser  erhalten,  welche  116,8  C.C. 
Wnsserdampf  bei  O^C  und  760°"'  geben;  danach  enthalten  1000  VoL 
trockener  Luft  9,9  Vol  Wasserdampf.  Dem  Gewichte  nach  ist,  da 
11,743  Liter  Luft  =  15,1860  Grm.,  in  1000  Grm.  Luft  daher  6,2  Grm. 
Wasser  enthalten.  Der  Gehalt  an  Wasserdampf  in  der  Luft  ist  so  ver- 
änderlich, dass  sich  hier  ein  Mittel  nicht  wohl  angeben  lässt;  im 
Ganzen  ist  nach  dem  Obigen  die  Luft  in  wärmeren  Klimaten  und  in 
der  wärmeren  Jahreszeit  reicher  an  Wasserdanipf;  doch  wechselt  seine 
Menge  selbst  an  der  gleichen  Localität  nach  Witterung,  Windrichtung, 
Temperatur  u.  s.  w.  Man  kann  annehmen,  dass  1000  Grm.  Luft  etwa 
6  bis  8  Grm.  Wasser  enthalten.  Verver  hat  bei  50  Versuchen  in  Gro- 
ningen im  Maximum  10,18,  als  Minimum  .6,1  Thle.  Wasser  in  1000 
Luft  gefunden.  Der  Wassergehalt  kommt  also  bei  der  Untersuchung 
hauptsächlich  in  so  weit  in  Betracht,  als  dadurch  die  absolute  Menge 
der  -anderen  Bestandtheile  in  100  Thln.  Luft  verringert  wird. 

Kohlensäure.  Dieses  Gas  ist  auch  ein  nie  in  der  Luft  fehlen- 
der Bestandtheil,  dessen  Menge  zu  bestimmen  ist. 

Th.  V.  Saussure  1)  hat  zuerst,  um  die  Quantität  derselben  zu  er- 
forschen, genauere  Versuche  in  grösserer  Zahl,  und  zwar  nicht  we- 
niger als  225,  in  den  Jahren  1827  und  1829  angestellt.  Er  Hess  die 
zu  untersuchende  Luft  in  einem  luftleer  gepumpten  Ballon  von  etwa 
40  Liter  Inhalt  durch  die  Oeffnung  des  Hahnes  strömen,  schüttelte  die 
Lufl  wiederholt  mehrere  Tage  mit  etwa  100  Grm.  gesättigtem  Baryt- 
wasser, brachte  dann  die  trübe  Flüssigkeit  in  eine  Flasche,  und  von 
hier  nach  dem  Absetzen  auf  ein  Filter ;  weil  er  nicht  unlöslich  in  Was- 
ser ist,  wird  der  Niederschlag  mit  einer  gesättigten  Lgsung  von  kohlen- 
saurem Baryt  ausgewaschen,  zuletzt  aber  mit  etwas  ausgekochtem  Was- 
ser nachgewaschen,  und  dann  in  schwefelsauren  Baryt  verwandelt,  aus 
welchem  sich  nun  die  Menge  der  Kohlensäure  berechnet. 

Weniger  umständlich  als  nach  dieser  Weise  lässt  sich  die  Koh- 
lensäure dem  Gewichte  ^)  nach  (gleichzeitig  mit  dem  Wasserdampf) 
bestimmen,  indem  man  ein  bestimmtes  Volumen  von  getrockneter  Loft 
über  Kali  oder  Kalkhydrat  leitet,  und  dessen  Gewichtszunahme  be* 
stimmt. 

Man  bringt  hier  einen  geeigneten  Apparat  mit  Rohren,  die  Alkali 
enthalten,  in  Verbindung,  wobei  nur  Sorge  zu  tragen  ist,  dass  das  Alkali 
nicht  gleichzeitig  mit  der  Kohlensäure  Wasser  aufnehmen  kann,  natürlich 


•)  Gilberts  Anoftl.  Bd.  UV,  S.  72;  Pogg.  Annal.  Bd.  XIX,  S.  891 
^  Pogg.  Annal.  Bd.  XXIV,  S.  669. 


Atmosphäre.  443 

4arf  es  aber  auch  nicht  Wasser  verlieren.    Man  wendet  (Fig.  3 1)  sechs 
U-förmige  Röhren  Ä^  5,  C,  Z>,  -B,  F  an,  welche  durch  mit  Siegellack 

Fig.  81. 


überzogene  Korke  luftdicht 
verschlossen  und  durch  die 
gebogenen  Glasröhren  und 
Kautschuk   luftdicht  unter- 
einander   verbunden    sind. 
In  A  und  B  ist  mit  Schwe- 
felsäure benetzter  Bimsstein 
oder  Asbest;  in  C  und  D  ist 
mit  Kalilauge  befeuchteter 
Bimsstein;  E  enthält  festes 
Kalihydrat  oder  Bimsstein 
mit  Schwefelsäure,  und  in 
Fist  wieder  mit  Schwefel- 
sitnre    getränkter    Bimsstein.      Selbstverständlich    können   die  Röhren 
A^  B^  K,  F  auch  Chlorcalcium   enthalten;  Brunn  er  nahm  in  C  und 
D  feuchtes  Kalkhjdrat,    und   in  E  Schwefelsäure,    um  das   aus  dem 
Hydrat  entweichende  Wasser  aufzunehmen.      Nachdem  die  Röhren  Ä 
ond  B  zusammen,  und  die  drei  Röhren  C^D^E  auch  gemeipschaftlich  ge- 
wogen sind,  werden  alle  sechs  Röhren  verl)unden,  und  dann  durch  die 
Röhre  F  bei  e  mit  einem  passenden  Aspirator  vereinigt,  durch  wel- 
chen man  50  bis  100  Liter  Luft  von  bekannter  Temperatur  und  Druck 
durch  die   combinirten    Röhren   durchsaugt.      In  den  Röhren   A  und 
B  wird    das  atmosphärische   Wasser    absorbirt ,  in  C  und  D  wird  die 
Kohlenaaare  zurückgehalten;  sollte  hier  etwas  Wasser  verdampfen,  so 
wird  es  in  £J  verdichtet ;  F  dient  nur  als   Schutz  gegen  den  Wasser- 
dampf ans  dem  Aspirator  und  ist  daher  nicht  gewogen.    Man  erhält  hier 
ann  (so  wie  aus   der  Gewichtszunahme  von  A  und  B  den  Wasse.rge- 
halt)  ans  der  Gevrichtsznnahme  von  C,  D  und  E  den  Gehalt  derjenigen 
Loftmenge  an  Kohlensäure,  welche  in  den  Aspirator  getreten  ist,  deren 
Volumen  sich  aus  dem  Volumen  des  abgeflossenen  Wassers  berechnet; 
man  erhalt  hier  zuerst  das  uncorrigirte  Volumen ;  durch  Correction  für 
Barometer  und  Thermometer  und  für  die  der  Temperatur  entsprechende 
Tension  des  Wasserdampfes  (s.d.  Art.  Aspirator  S.  397)  wird  das  rich- 
tige Volomen  der  trockenen  Luft  erhalten,  aus  dem  sich  dann  das  Ver- 
H&ltniaa  der  Kohlensäure  berechnet,  entweder  dem  Volumen  nach,  wozu 
man  die  dem  Gewichte  nach  gefundene  Kohlensäure  in  Volume  um- 
rechnet (1  Liter  wiegt  bei  O^C  und  760""  1,967. Grm.)  unter  Berück- 
sichtigung der  Temperatur  und  Dichtigkeit  der  Luft,  oder  dem  Ge- 
wichte nach,  wozu  man  das  Volumen  der  trockenen  Luft  auf  O^C.  und 
;  760""  reducirt,  und  daraus  ihr  Gewicht  (1  Liter  Luft  von  0*^  C.  und 
760—  =  1,2932  Grm.)  berechnet. 


444  Atmosphäre. 

Mene  0  giebt  an,  ohne  Beweise  dafür  zu  liefern,  dass  daa  WasNi 
der  Luft  von  der  Schwefelsäure  in  den  ersten  Bohren  nicht  vollständil 
absorbirt,  sondern  auch  noch  von  dem  Kali  aufgenommen  werde,  we» 
halb  der  Kohlensäuregehalt  zu  hoch  ausfalle.  Er  will  daher  die  Koh< 
lensäure  durch  Aetzlauge  absorbiren,  und  diese  dann  mit  titrirter  Sun 
neutralisiren,  so  weit,  dass  wohl  das  vorhandene  Aetzkali,  aber  nicht  du 
kohlensaure  Kali  von  der  titrirten  Säure  gesättigt  wird.  Dieses  Ver« 
fahren  scheint  wenig  geeignet,  genaue  Resultate  zu  geben. 

Hlasiwetz  ^)  hat  jedoch  in  neuerer  Zeit  nachgewiesen,  dass  and 
das  Brunner 'sehe  Verfahren,  wie  es  beschrieben  ist,  ungenaue  mk 
unter  einander  bedeutend  diffcrirende  Resultate  giebt,  nach  seinen  An 
gaben,  weil  die  Schwefelsäure  nicht  bloss  Wasser,  sondern  auch  Kohlen 
/  säure  absorbirt,  und  weil  die  Kalilauge  auch  Sauerstoff  aus  der  Lnf 
aufnimmt,  was  H.  Rose  schon  früher  angegeben  hat.  Der  wesentlichab 
Nachtheil  der  Brunn  er 'sehen  Methode  liegt  aber  in  dem  Urostandi 
dass  die  Gewichtszunahme  des  Kalis  immer  nur  gering  sein  kann  ge 
genüber  der  grossen  Oberfläche  der  Glasröhren,  was  die  Wägan( 
selbst  bei  den  besten  Wagen  höchst  unsicher  madht;  Veränderungeo  ii 
der  Temperatur  und  dem  hygroskopischen  Zustande  der  Luft,  Reiben  nii 
Tüchern  u.  s.  w.  bringt  schon  für  sich  leicht  GewichtsverändeniDgei 
von  5,  10  und  selbst  mehreren  Milligrammen  hervor,  wodurch  die  Re 
sultate  höchst  unzuverlässig  werden.  Wenn  als  Absorptionsmittel  ift 
Wasser  statt  Schwefelsäure  Chlorcalcium ,  und  für  Kohlensäure  stat 
Kali  Kalk  angewandt  wird,  so  werden  die  Resultate  wegen  der  blei 
benden  grossen  Glasflächen  doch  nicht  viel  genauer;  Hlasiwetz  erhisl 
nach  der  Brunner 'sehen  Methode  von  0,23  bis  7,8  Kohlensäure  ii 
10000  Vol.  Luft;  einige  Mal  hatte  das  Gewicht  der  Kaliapparate  sogst 
ab-  statt  zugenommen.  Hlasiwetz  suchte  die  Kohlensäure  nach  ^ineo 
manometrischen  Verfahren  zu  bestimmen  in  der  Art,  dass  er  zweiGlS 
ser  von  gleicher  Capacität,  deren  eines  Kalilauge  in  einem  dünnwas 
digen  Glasröhrchen  enthält,  luftdicht  mit  einem  horizontalen  Rohr  vei 
band,  in  welchem  sich  ein  Weingeisttropfen  als  Index  befand;  nachdei 
Zerbrechen  des  Kaliröhrchens  durch  starkes  Schütteln  musste  die  Kob 
lensäure  absorbirt,  und  dadurch  der  Index  verschoben  werden,  woraa 
das  Volum  der  Kohlensäure  berechnet  werden  kann.  Es  ist  wohl  bc 
greiflich,  dass  diese  Methode  bei  dem  geringen  Volum  der  Kohlensäur 
kein  sehr  genaues  Resultat  giebt« 

Gilm  ^)  hat  nach  einer  von  Mohr  angedeuteten  Methode  di 
Kohlensäure  bestimmt,  indem  er  die  Luft  mittelst  eines  Aspirators  duro 
eine  Glasröhre  von  der  Weite  gewöhnlicher  Verbrennungsröhren  un 
von  1  Meter  Länge,  zog;  die  Röhre  ist  am  unteren  Ende  schenke! 
förmig  gebogen,  oben  in  eine  Spitze  ausgezogen;  sie  ist  bis  über  di 
Hälfte  mit  groben  Glasstücken  und  mit  klarem  Barytwasser  hinreichen 
gefüllt.  Zwischen  dieser  Absorptionsröhre  und  dem  Aspirator  ist  ei 
Glas  mit  Barytwasser  angebracht,  um  sich  zu  überzeugen,  dass  di 
Kohlensäure  vollkommen  in  der  Röhre  absorbirt  ward.  Nachdem  etw 
60  Liter  Luft  durchgesogen  sind,  wird  der  in  der  Absorptionsröhre  al 
geschiedene  kohlensaure  Baryt  bei  Abschluss  der  Luft  abfiltrirt,  zuen 


0  Compt.  rend.  de  Tacad.  T.  XXXIII,  p.  222.  —  «)  Sitzungsbcr.  d.  Wien,  kern 
Bd.  XX,  S.  189;  Chem.  Centralbl.  1866,  S.  675.  —  »)  Sitzungsbcr.  d  Wien.  Aca« 
Bd.  XXIV,  8.  279;  Chem.  Centralbl.   1867,  8.  760. 


r 

Atmosphäre.  445 

WasMr,  welches  mit  kohlensaurem  Baryt  gesättigt  ist,  zuletzt  einige 

1  mit  laftfreiem  destillirtem  Wasser  abgewaschen;  der  kohlensaure 

ryt  aas  der  Rohre  wie  aud  dem  Filter  wird  dann  in  überschüssiger  Salz- 

gelost,  die  Lösnng  zur  Trockne  abgedampft  und  zuletzt  geglüht,  um 

zunächst  die  Menge  des  Chlors  zu  bestimmen,  am  einfachsten  durch 
ilStriren  nach  Mohr  (s.  bei  Chlor,  Bestimmung  n.  s.  w.)*  Natürlich 
luin  man  auch  die  Menge  des  Baryts  auf  irgend  eine  Weise  bestim- 
■eo.    Aus  dem  Chlorbarium  berechnet  sich  dann  die  Kohlensäure. 

Pettenkofer  absorbirt  die  Kohlensäure  der  Luft  durch  Schüt- 
lldn  mit  überschüssigem  Kalkwasser  von  bekannter  Stärke  (es  enthält 
m  1  Liter  gewöhnlich  1,1  bis  1,3  Grm.  Calciumoxyd:  CaO),  und  be- 
nimmt die  Menge  des  nicht  gefällten  Kalks  durch  Titriren  mit  einer 
Probesaore.  Als  solche  wendet  er  eine  Lösung  an,  welche  bei  17P,d  C. 
i,250  Gnn.  krystallisirte  Oxalsäure  in  1  Liter  enthält;  1  C  C.  der 
Sioreloenng  sättigt  0,001  Grm.  Calciumoxyd :  CaO;  der  Punkt  der  Neu- 
tralisation lässt  sich  am  genauesten  erkennen,  wenn  man  einen  Tropfen 
|4er  Flüssigkeit  auf  ein  Curcnmapapier  bringt,  an  der  Peripherie  des 
I Tropfens  zeigt  sich  leicht  die  braune  Färbung,  wenn  auch  nur  eine 
Spur  Kalk  noch  gelöst  ist;  denn  wenn  auch  nur  1  Tropfen  Kalkwasser 
»it  12  bis  15  C.C.Wasser  gemischt  war,  so  zeigt  die  Flüssigkeit  auf 
Cnrcaroapapier ,  in  der  angegebenen  Weise  behandelt,  noch  sichtbar 
kssische  Reaction,  während  durch  blosses  Eintauchen  diese  nicht  mehr 
isotlich  erkannt  wird. 

Zur  Bestimmung  des  Kohlensäuregehalts  der  Luft  füllt  man  nun 
tne  trockene  Flasohe  mit  gut  eingeschliffenem  Glasstöpsel  von  etwa 
6  Liter  Inhalt,  deren  Capacität  genau  bestimmt  ist,  mit  der  zu  unter- 
suchenden Luft,  am  besten  in  der  Regel  mittelst  eines  Blasebalgs; 
setst  dann  45  C.  C.  klares  Kalkwasser  hinzu ,  und  schwenkt  die  Fla- 
sche, ohne  heftiges  Schütteln,  zuweilen  so,  dass  das  Kalkwasser  sich 
wieder  auf  den  Wandungen  ausbreitet.  Nach  mehrmaligem  Schwen- 
ken ist  in  etwa  V2  Stunde  die  Kohlensäure  vollständig  absorbirt;  man 
gicsst  dann  das  trübe  Kalkwasser  in  ein  enges  Becherglas,  lässt  es  hier 
absetzen,  nimmt  dann  30  C.  C.  der  klaren  Flüssigkeit  mit  einer  Pipette 
ah,  und  titrirt  diese  genau  mit  der  Oxalsäure  von  der  angegebenen 
Stiirke.  Ans  der  Menge  der  verbrauchten  Oxalsäure  mit  1,5  multipli- 
eirt  (da  hier  von  den  ursprünglich  angewandten  45  C.  C.  nur  30  C.  C. 
genommen  wurden),  berechnet  sich  der  freie  Kalk,  welcher  nicht  mit 
Kohlensäure  gesättigt  ward,  und  durch  Differenz  erhält  man  also  den 
doreh  Kohlensäure  gesättigten  Kalk,  daher  die  Menge  der  Kohlen- 
aaure  im  Gewicht,  aus  welchem  sich  leicht  das  Volum  derselben  be- 
rechnet, da  1000  C.C.  derselben  bei  O^C.  und  760«"  =  1,9676  Grm. 
wiegen. 

Ist  die  Luft  mehr  als  lOmal  so  reich  an  Kohlensäure  als  gewöhn- 
liehe atmosphärische  Luft,  so  nimmt  man  auf  je  1  Liter  Luft  12  bis  15 
oder  mehr  C.  C.  Kalkwasser. 

Diese  Methode  hat  vor  den  anderen  beschriebenen,  denen  sie  an 
Genauigkeit  wenigstens  gleich  kommt,  den  Vorzug,  dass  ein  Versuch  sehr 
idinell  beendigt  ist,  man  erhält  daher  nicht  bloss,  wie  bei  Durchsaugung 
grosserer  Luftmassen  mittelst  des  Aspirators,  den  durchchnittlichen  Ge- 
halt, sondern  man  kann  den  augenblicklichen  Gehalt  der  Atmosphäre 
an  Kohlensäure  bestimmen.  Dieses  Verfahren  eignet  sich  daher  be- 
tonders  auch  zur  Bestimmung  der  Kohlensäure  in  der  Zimmerluft,  und 


446  Atmosphäre. 

namentlich  um  die  Zunahme  derselben  in  kurzen  Zeiträumen^  aelb 
von  5  zu  5  Minuten  zu  ermitteln  (Pettenkofer^). 

Saussure  hatte  bei  seinen  zahlreichen  Versuchen  als  hoch« 
Zahl  5,74  Vol.,  als  niedrigste  Zahl  3,15,  im  Mittel  aller  Verbuche  i 
Vol.  Kohlensäure  in  10000  Vol.  Luft  gefunden. 

Verver  ^)  hatte  mittelst  des  Aspirators  im.  Maximum  5,05,  i 
Minimum  3,57,  im  Mittel  von  90  Versuchen  4,18  Vol.  Kohlensaai 
gefunden.  Lewy^}  fand  (1847  und  1848)  in  Neu -Granada  im  no 
malen  Zustande  als  Maximum  5,0 ,  als  Minimum  3,6 ,  im  Mittel  sein* 
Versuche  nahe  4,01  Vol.  Kohlensäure.  Gilm  fand  in  Innspruck  : 
20  Versuchen  von  November  1856  bis  März  1857  von  3,8  bis  4,6  V< 
Kohlensäure. 

Nach  diesen  unter  so  verschiedenen  Umständen  angestellten  ui 
nahe  übereinstimmenden  Versuchen  enthalten  also  10000  Thle.  Luft  i 
Mittel  dem  Volum  nach  etwa  4,1,  und  dem  Gewicht  nach  6,2  Thle.  Ko 
lensäure.  Danach  kann  die  Angabe  von  Mene,  dass  er  nach  seine 
Verfahren  nur  1  Vol.  Kohlensäure  fand,  während  er  mit  dem  Aspirat 
mehr  als  5  Vol.  gefunden  hatte,  unberücksichtigt  bleiben. 

Schon  die  Untersuchungen  von  Saussure  zeigten,  dass  in  de 
Gehalt  an  Kohlensäure  ein  gewisser  Wechsel  nach  Tages-  und  Jahn 
Zeiten  stattfinde;  er  fand  des  Tages  als  Maximum  5,4,  als  Minima 
3,15,  im  Mittel  aller  Versuche  3,38  Kohlensäure;  Nachts  dagegen  a 
Maximum  5,74,  Minimum  3,21,  Mittel  4,3  Vol.  Kohlensäure.  Die  Li 
ist  also  in  der  Nähe  der  Erdoberfläche  Nachts  etwas  reicher  an  Kohle 
säure,  das  Maximum  findet  sich  hier  gegen  £nde  der  Nacht,  wie  d 
Minimum  gegen  Ende  des  Tages.  Weiter  ist  der  Kohlensänregeha 
im  Sommer  etwas  grösser  als   im  Winter. 

Ausserdem  haben  verschiedene  Witterungs-  und  Localverhältoisi 
einen  Einfluss  ani  den  Gehalt  der  Luft  an  Kohlensäure.  Bei  starke 
Winde  soll  sich  der  Kohlensäuregehalt  um  etwas  steigern,  im  Verbal 
niss  wie  1,000  :  1,058.  Bei  anhaltendem  Regenwetter  verringert  sie 
der  Kohlensäuregehalt,  und  ebenso  ist  er  etwas  geringer  über  Was» 
und  über  feuchtem  Boden. 

In  Neu-Granada  enthielt  die  Luft  in  der  trockenen  Zeit  im  Mitt 
4,6,  in  der  Regenzeit  als  Maximum  3,8,  als  Minimum  3,G  Vol.  Koi 
lensäure  (Lewy). 

Auf  dem  Genfer  See  enthielt  die  Luft  4,39,  auf  dem  Lande  gleicl 
zeitig  4,60  Vol.  Kohlensäure,  und  während  in  trockenen  Monaten  d< 
Gehalt  an  Kohlensäure  zwischen  4,8  und  5,2  Vol.  schwankte,  betn 
er  in  feuchten  Monaten  3,6  bis  4,5  Vol.  (Saussure). 

Boussingault  und  Lewy  fanden  bei  gleichzeitigen  Versuch« 
in  Paris  3,19  Vol.,  und  auf  dem  Lande  zu  Andilly  2,99  Vol.  Kohl« 
säure,  welche  Differenz  sich  constant  zeigte,  und  grösser  ist  als  d< 
wahrscheinliche  Beobachtungsfehler  *). 

Die  zunächst  über  dem  Meere  lagernde  Luftschicht  enthielt  AC 
tags  3  Uhr  5,4  Vol.;  Morgens  3  Uhr  nur  3,3  Vol.  Kohlensäure;  d 
Zunahme  rührt  hier  wohl  daher,  dass  Mittags  in  Folge  der  Erwärmoo 
durch  die  Sonnenstrahlen  so  wie  Sauerstoff  auch  Kohlensäure  ans  dei 
Wasser  sich  der  Luflt  beimischt. 


^)  Nach  Privatmittheiinng  einer  demnächst  erscheinenden  Abbandlang.  —  *)  BoU« 

de  90.  ph.  et  nat.  en  Neerlande  1840,  p.  191;  Berzelius'  Jahresber.  Bd. XXII,  S. * 

^  Literatur  s.  oben  S.  484.  —  *)  Annal.  de  chim.  et  phys.  [d.j  T.  X,  p.  470. 


Atmosphäre.  447 

San 8 an re  hatte  weiter  beobachtet,  dass  der  Gehalt  an  Kohlen- 
aaore  in  den  oberen  Luftregionen ,  wohl  wegen  der  hier  weniger  ent- 
wickelten Vegetation,  reicher  an  Kohlensäure  sei;  Versuche  in  dieser 
Richtung  von  Schlagint  weit  i)  haben  Saussnre's  Angaben  bestä- 
tigt. Saassure  hatte  auf  den  Bergen  bis  zu  5^5  Kohlensäure  gefun- 
den. Schlagintweit  fand  in  Berlin  3,9  bis  4,5  Vol.  Kohlensäure; 
in  der  Umgebung  vom  Monte  Rosa  erhielt  er,  in  Meereshöhen  von  3 100 
hu  ta  4224  Meter,  im  Maximum  9,03  Vol.  Kohlensäure;  der  Gehalt 
sank  auf  das  beobachtete  Minimum  von  5,9  Vol.,  wenn  der  Beobach- 
tongsort  mit  dichten  aus  der  Tiefe  aufsteigenden  Wolken  umgeben  war. 
Als  Mittel  in  diesen  Höhen  nimmt  er  in  10000  Thln.  Luft  7,9  Vol.  oder 
nahe  12  Gewichtstheile  Kohlensäure,  also  etwa  doppelt  so  viel  als  in 
der  Ebene.  Schlagintweit  ist  der  Ansicht,  dass  die  Kohlensaure, 
▼on  der  Oberfläche  allmälig  zunehmend,  bei  etwa  3300  Meter  Meeres- 
höhe ihr  Maximum  erreicht,  bei  grösseren  Höhen  aber  gleich  bleibe. 

Der  Kohlensäuregehalt  kan^^nnn  selbst  in  der  freien  Atmosphäre 
vorabergehend  locale  Zunahmen  erfahren,  was  sehr  naturlich  erscheint, 
wenn  man  bedenkt,  welche  grosse  Massen  Kohlensäure  an  einzelnen 
Orten  in  Folge  vulkanischer  Thätigkeit  oder  aus  anderen  Ursachen 
tfaeils  gasförmig,  theils  lose  in  Wasser  gelöst  aus  dem  Erdinnem  dringt 
und  sich  hier  den  nächsten  Luftschichten  beimengt^  wobei  die  fortwäh- 
rend in  der  Luft  stattfindende  Bewegung  freilich  eine  baldige  Mengung 
mit  den  übrigen  Luf^chichten  bewirkt.  Auffallende  Erscheinungen  sind 
hier  namentlich  von  Lewy  auf  dem  Plateau  von  Bogota  beobachtet;  in 
den  Monaten  von  März  bis  Juli  hatte  er  3  bis  4  Vol.  Kohlensäure  in 
10000  Vol.  Luft  gefunden;  in  den  Monaten  August  und  September 
stieg  der  Gehalt  auf  49  Vol.,  eine  Zunahme,  die  theils  durch  die  Thä- 
tigkeit der  Vulkane ,  hauptsächlich  aber  dadurch  veranlasst  sein  soll, 
dass  in  dieser  Zeit  grosse  Brände  in  der  Ebene  zur  Urbarmachung  des 
Bodens  stattfanden. 

Der  normale  Gehalt  an  Kohlensäure  in  der  Luft,  etwa  0,04  Proc. 
dem  Volumen  nach,  ist  nicht  so  bedeutend,  dass  durch  Gegenwart  dieser 
Siare  die  Genauigkeit  der  Resultate  bei  Bestimmung  des  Sauerstoffs  in 
der  Luft  beeinträchtigt  wird.  Sobald  der  Gehalt  aber  steigt,  ist  es 
nöthig,  die  Luft  kohlensäurefrei  anzuwenden. 

Ammoniak.  Der  Gehalt  der  Luft  an  Ammoniakverbindungen  ist 
so  gering,  dass  es  nur  bei  Untersuchung  grosser  Mengen  Luft  möglich 
ist,  sogar  das  Vorhandensein  derselben  nachzuweisen ;  um  die  Quantität 
ni  bestimmen,  muss  man  grössere  Luftvolume  untersuchen.  Die  zu 
nntersachende  Luft  wird  hier  mittelst  eines  Aspirators  durch  Säure  ge- 
lötet, aus  welcher  dann  das  Ammoniak  durch  Platinchlorid  als  Platin- 
^hniak  gefällt  wird.  Bei  den  geringen  Quantitäten,  welche  davon  er- 
balten werden,  ist  es  nöthig,  dass  man  sich  durch  einen  Versuch  über- 
leogt,  ob  die  Säure  und  das  Platinchlorid  ganz  frei  von  Ammoniak 
sind,  oder  dass  man  bestimmt,  wie  viel  sie  davon  enthalten,  um  diese 
Qpiantitat  nachher  in  Abzug  bringen  zu  können. 

Da  man,  um  nur  einigermaassen  hinreichende  Mengen  Ammoniak 
ni  erhalten,  mehrere  Cubikmeter  Luft  in  Untersuchung  nehmen  muss,  so 
stellte  Eine  au,  um  das  Abmessen  solcher  Luflquantitäten  zn  vermeiden. 


0  Pogg.  Ann»l.  Bd.  LXXVI,  8.  442,  Bd.  LXXXVII,  S.  298;  Pharm.  Centralbl. 
1S53,  S.  4;  Jahresber.  ▼.  Liebig  u.  Kopp  1849,  S.  257,  1862,  S.  866. 


448  Atmosphäre. 

eine  Schale  mit  verdünnter  Schwefelsäure,  und  eine  zweite  mit  verduim« 
ter  Natronlösung  neben  einander  auf,  nach  Ablauf  von  je  einem  Moml 
wird  dann  die  Menge  Ammoniak  in  der  Säure  und  die  Menge  Kohlen- 
säure im  Alkali  bestimmt;  unter  der  Annahme,  dass  die  Luft  durch' 
schnittlich  0,0006  ihres  Gewichtes  an  Kohlensäure  enthalte,  wurde 
dann  das  Gewicht  der  Luft,  welche  Ammoniak  abgegeben  hatte,  be- 
rechnet. 

Die  Quantitäten  Ammoniak  sind  nun  ausserordentlich  verschieden 
gefunden;  in  1  Million  Gewichtstheilen  Luft  sind  geinnden^): 

kohlensanres 
Ammoniak     Ammoniamoxj^ 

von  Gräger  in  Mühlhausen  im  Mai  in  vier 

Regentagen 0,33     oder       0,94 

von  Kemp,   300  Fuss  über  dem  Irländischen 

Meer,  im  Juni  und  Juli  bei  heiterem  Wetter     3,6         „        10,37 

von  Fresenius   in  Wiesbaden  in  4P  Tagen 

im  August  und  September 0,098     „  0,28 

in  40  Nächten  in  den  gleichen  Monaten.     .     0,169     „  0,47 

von  Horsford  in  Boston   im  Juli  ....  47,6  „      134,8 

ebendaselbst  im  December 1,2  „  4,2 

von  Ville  in  Paris  im  Mittel  von  16  Versu- 
chen, 1849  und  1850 23,7  „        66,9 

von  Pierre  zuCaen  im  Winter  1852,  3  Meter 

über  dem  Boden 3,5  „  9,9 

von  Pierre  zu  Caen  von  Mai  1852  bis  April 

1853,  8  Meter  über  dem  Boden    ....     0,5  „  1,4 

von  Bineau  zu  Lyon  71/2  Meter  über  dem  Bo- 
den, im  Mittel 0,33        „  0,9 

von  Bineau  auf  dem  Observatorium,  32  Meter 

über  dem  Boden,  im  Mittel 0,21        „  0,6 

von  Bineau  zu  Caluire  bei  Lyon,  im  Sommer     0,08        „  0,2 

im  Winter       0,04        „  0,1 

Zu  den  Bestimmungen  ward  hier  meistens  etwa  Y2  his  1  Cubik- 
meter  Luft  genommen;  Ville  hält  diese  Mengen  für  zu  gering,  mid 
nahm ,  um  genauere  Resultate  zu  erhalten ,  20  und  zuletzt  55  Cubik- 
meter  Luft. 

Die  erhaltenen  Resultate  sind  so  abweichend  (von  0,1  bis  zu  134,8 
kohlensaures  Ammoniak),  dass  sich  kein  Mittel  angeben  lässt;  die 
Schwankungen  mögen  zum  Theil  durch  locale  Ursachen,  zum  Theil 
durch  Witterungsverhältnisse  bedingt  sein;  doch  mag  auch  die  Menge 
nach  Tages-  und  Jahreszeit  wechseln. 

Bineau  fand  in  Lyon  die  Luft  reicher  an  Ammoniak,  als  gleich- 
zeitig zu  Caluire  in  der  Nähe  von  Lyon;  Horsford  fand  dagegen 
gleichzeitig  denselben  Ammoniakgehalt  in  Boston  an  der  SeeküBte,  und 


0  Gräge;-,  Arch.  d.  Pharm.  Bd.  XLIV,  S.  85.  —  Kemp,  Chem.  Gas.  1848, 
p.  99;  Pharm.  Centralbl.  1868,  S.  816.  —  Fresenius,  Journ.  f.  prakt.  Chem. 
Bd.  XLVI,  8.  100;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXIl,  S.  218.  —  Horsford, 
Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXIV,  S.  243.  —  Ville,  Compt.  rend.  de  l'acad. 
T.XXXV,  p.  464.—  Pierre,  Compt.  rcnd.  T.  XXXIV,  p.  878,  T.  XXXVI,  p.694. 
—  Bineau,  Compt  rend.  T.  XXXIV,  p.  877;  Annal.  de  chim.  et  phys.  [8.]  T. 
XLII,  p.  462;  Jahresber.  v.  Liebig  u.  Kopp  1864,  S.  816.  —  Barral,  Compt 
rend.  T.  XXXIV,  p.  288,  T.  XXXV,  p.  427. 


Atmosphäre.  449 

in  der  Stadt  seibat  an  einem  sehr  unreinen  und  dicht  bevölkerten 
Platte;  er  fand  aber  einen  auffallenden  Unterschied  im  Sommer  und 
Winter;  bei  den  von  Juli  bis  December  fortgesetzton  Versuchen  fand 
regelmässige  Abnahme  statt,  so  dass  die  Atmosphäre  im  December 
BOT  etwa  ^/4o  so  viel  Ammoniak  enthielt  als  im  Juli.  Aber  es  zeigen 
neh  in  verschiedenen  Jahren  grosse  Abweichungen.  Ville  fand  im 
Jahre  1849  als  Maximum  31,7  und  als  Minimum  17,7;  im  Jahre  1850 
Maximum  27,3,  Minimum  16,5.  Pierre  hatte  im  Winter  1852  3,5 
Thie.,  bei  Veriuchen  vom  Mai  1852  bis  April  1853  nur  0,5  Ammo- 
niak gefunden.  Natürlich  lässt  sich  nicht  ermessen,  wie  weit  die  6e- 
osoigkeit  der  Beobachtung  selbst  geht.  Nur  das  lässt  sich  mit  6e- 
wütheit  sagen,  dass  nach  Regenwetter  die  Luft,  wegen  seiner  grossen 
Löalichkeit,  ärmer  an  Ammoniak  sein  muss;  in  Folge  dieser  Löslich- 
köt  finden  wir  auch  Ammoniak  immer  in  den  atmosphärischen  Nieder- 
schlägen. Barral  fand  in  1  Million  Gewich tsth eilen  Regen wasser  bei 
Beobachtungen  vom  Sommer  1851  bis  Sommer  1852,  1  bis  9  G.-Thle« 
Ammoniak;  Binean  fand  im  Februar  sogar  18 bis 30  Thle.  Ammoniak, 
Mch  späteren  Büttheilungen,  nach  den  im  Laufe  von  1853  angestellten 
Beobachtungen,  ist  der  Gehalt  an  Ammoniak  im  Winter  16,3,  im  Früh- 
img 12,1,  im  Sommer  3,1,  im  Herbst  4,0,  im  Mittel  des  ganzen  Jahres 
^8  Thle.  Ammoniak.  BoussingaultO  ^^Q^  i°  ^  Liter 'Thau  (Mitte 
Aogust  bis  Ende  September  1853)  auf  dem  Lande  3  bb  6  MilUgrm. 
Ammoniak ;  in  1  Liter  Wasser ,  welches  er  auf  einem  Hofe  in  Paris 
durch  Abkühlung  der  Luft  an  einem  mit  Eis  gefüllten  Gefässe  conden- 
sirt  hatte,  10  Milligrm.  Ammoniak.  Auch  im  Schnee  findet  sich  Am- 
moniak; Boussingault  fand  im  Liter  Wasser  von  frisch  gefallenem 
Schnee  1,78  Milligrm.  Ammoniak;  im  Gletschereis  fand  Horsford 
Vmooooo  Ammoniak;  Men6  fand  es  in  Hagelkörnern;  er  fand,  dass 
bei  langsam  fallendem  Regen  das  Wasser  reicher  an  Ammoniak  sei. 

Allen  diesen  Beobachtungen  nach,  ist  das  Ammoniak  ein  wohl 
iteU  in  höchst  wechselnden  Mengen  vorhandener  Bestandtheil  der  AU 
Dosphäre;  seine  Menge  ist  jedenfalls  so  gering,  dass  bei  Angabe  der 
qoantitativen  Zusammensetzung  der  Luft  das  Ammoniak  übersehen  wer- 
dtn  kann. 

Jod.  In  noch  geringerer  Menge  als  das  Ammoniak  ist  jedenfalls 
<)s8  Jod  in  der  Atmosphäre  enthalten,  dessen  Bestimmung  daher  durch- 
ftos  ungenau  ausfallen  mus>s,  oder  dessen  Menge  vielmehr  nur  geschätzt 
werden  kann.  Chat  in  fand  in  4000  Liter  Luft  Jod,  dessen  Monge  er 
«n  0,002  Milligrm.  angiebt,  das  wäre  in  1  Million  G.-Thl.  Luft  etwa 
0,4  Thl.  Jod.  Ankum  schätzt  die  Menge  Jod,  nach  Untersuchung 
von  5  bis  7  Cubikmeter  Luft  auf  1  Milligrm.  in  2  bis  3  Millionen  Liter 
Lüfi,  was  in  1  Million  G.-Thl.  Luft  etwa  0,3  bis  0,4  Thle.  Jod  geben 
würde.  Auch  im  Regen  wasser  wie  im  Thau  fand  Chatin  Jod,  10000 
6nn.  vom  ersteren  enthielten  nur  0,0005  Grm.  Jod.  Wie  oben  erwähnt 
(s.  8.  429),  haben  andere  Chemiker  überhaupt  kein  Jod  in  der  Luft 
osckweisen  können. 

Kohlenwasserstoffe?).  Endlich  hat  man  auch  versucht  den 
6«halt  an  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  zu  bestimmen,  der  nicht  als  Koh- 
^MMiare  und  als  Wasser  in  der  Luft  enthalten  ist.     Dazu  wird  die  ga- 

*)  Compt.  rrad.  d«  fao.  T.  XUY,  p.  1084. 

dir  Cteoiit.  tu  Aafl.  Bd.  11.  2t) 


450  Atmosphäre. 

trocknete  nnd  kohlensäiirefreie  Luft  über  gliihendea  Kupferoxyd  gelei- 
tet, und  dann  wie  bei  der  organischen  Elementaranalyse  Wasser  and 
Kohlensäure  bestimmt.  Boussingault  fand  in  100000  Vol.  Luft  5 
bis  13  Vol.  Wasserstoff;  Verver  erhielt  Kohlensäure  und  Waaaer  in 
der  Menge,  dass  sich  auf  100000  Vol.  Luft  14,8  bis  22,4  Vol.  W^asser- 
atoffgas  und  10,4  bis  17,3  Vol.  Kohlenstoff  berechnen  wurde;  Vogel 
berechnet  auf  100000  G.-Thle.  Luft  41,1  Kohlenstoff  und  2,2  bis  0,8 
Wasserstoff. 

Zusammensetzung  der  Luft.  Wenn  wir  nun  da?  Ammoniak, 
das  Jod  und  die  Kohlenwasserstoffverbindung  als  in  äusserst  geringer 
Menge  vorhanden  unberücksichtigt  lassen,  so  enthält  die  trockene  Luft 
in  100  im  Mittel: 

Stickstoff       .     .     79,02  Vol. 

Sauerstoff     .     .     20,94     „ 


Kohlensäure  0,04 


11 


Luft     ....  100,00  Vol. 

Oder: 

Stickstoff      .     .  76,84  Grm. 

Sauerstoff     .     .  23,10     „ 

Kohlensäure.     .  0,06     „ 


Luft  ....  100,00  Grm. 
Da  nun  das  Gesammtge wicht  der  Atmosphäre  sich  zu  mindestens  5  Tril- 
lionen Kilogramm  annehmen  lässt,  so  ist  die  ganze  Kohlensäuremenge 
der  atmosphärischen  Luft  über  3000  Billionen  Kilogramm,  die  Sauer- 
stoffmenge über  1,19  Trillionen  Kilogramm  und  die  Stickstoff  menge 
=  3,99  Trillionen  Elilogramm. 

Bei  der  grossen  Masse  der  ganzen  Atmosphäre  gewinnen  selbst 
relativ  kleine  Grössen  ungeheure  Dimensionen;  nimmt  man  dea  Gehalt 
von  kohlensaurem  Ammoniak  nur  zu  0,000001  an,  und  diese  Grosse 
erreicht  er  unzweifelhaft  häufig,  so  ist  doch  das  Gesammtgewicbt  des 
kohlensauren  Ammoniaks  in  der  Atmosphäre  über  5  Billionen  Kilo- 
gramm. ' 

Die  atmosphärische  Luft  ist  keine  chemische  Verbin- 
dung von  Stickstoff  und  Sauerstoff.  Lassen  wir  die  Kohlen- 
säure ausser  Acht,  so  finden  wir,  dass  die  Luft  zu  verschiedenen  Zeiten 
wie  an  allen  Theilen  der  Erde,  wo  sie  bis  jetzt  untersucht  ward,  in 
der  Ebene  wie  auf  den  Bergen,  bis  auf  kleine  Schwankungen  immer 
die  gleiche  Zusammensetzung  zeigt.  Diese  Thatsache  ward  schon  frü- 
her nach  den  weniger  vollkommenen  und  weniger  übereinstimmen- 
den Analysen  als  wahrscheinlich  angenommen,  und  bei  der  offenbaren 
geringeren  Genauigkeit  der  älteren  Methoden  schliessen  Thomson, 
Proüt  u.  A.,  dass  Sauerstoff  und  Stickstoff  der  Atmosphäre  miteinan- 
der chemisch  verbunden  seien,  und  zwar  im  Verhältniss  wie  4  Vol. 
Stickstoff  auf  1  Vol.  Sauerstoff,  so  dass  die  Verbindung  als  N3O  zu  be- 
zeichnen sei,  also  ein  unter  dem  Stickoxydul  stehendes  Oxyd  des  Stick- 
stoffs. Die  Annahme,  dass  beide  Gase  mit  einander  chemisch  verbau« 
den,  und  nicht  bloss  gemengt  seien,  ist  jetzt  nicht  mehr  znlä83ig,  nach- 
dem viele  Analysen,  die  unzweifelhaft  hinreichend  genau  sind,  nach- 
gewiesen haben,  dass  das  Verhältniss  nicht  20 :  80,  sondern  weniger  ein- 


Atmosphäre.  45 1 

fach  21:79  sei,  ein  Yerhältniss,  das  sich  vorübergehend  und  innerhalb 
gewisser  Gränzen  ändern  kann.  Ueberdies  sprechen  auch  alle  anderen 
Umst&nde  gegen  die  Annahme,  dass  beide  Gase  chemisch  verbunden 
seien.  Die  Luft  hat  alle  physikalischen  und  chemischen  Eigenschaften, 
das  LichtbrechuDgs vermögen,  die  Dichtigkeit  u.  s.  w.  eines  Gemenges; 
es  zeigen  sich  weder  beim  Zusammenbringen  der  Gase  noch  beim  Hin- 
wegnehmen des  Sauerstoffs  z.  B.  durch  eudiometrische  Mittel ,  irgend 
Erscheinungen,  die  auf  das  Stattfinden  oder  Zerlegen  einer  chemischen 
Verbindung  hin  schliessen  liessen,  indem  die  Luft  durchaus  ein  ganz 
anderes  Verhalten  zeigt  als  die  eigentlichen  Verbindungen  von  Stick- 
stoff mit  Sauerstoff,  Stickoxydul  u.  s.  w.  Endlich  zeigt  das  Verhalten 
der  Lull  gegen  Wasser,  indem  relativ  mehr  Sauerstoff  als  Stickstoff 
absorbirt  wird,  unzweifelhaft,  dass  die  Gase  gemen^  sind.  Wäre  Lufl 
eine  chenusche  Verbindung  von  4  Vol.  Stickstoff  mit  1  Vol.  Sauerstoff, 
so  müsBte  das  Wasser  auch  4  Maass  Stickstoff  auf  1  Maass  Sauerstoff, 
oder  wenn  es  die  Verbindung  zersetzte,  dieselben  jedenfalls  in  einem 
anderen  einfachen  Verhältnisse  lösen.  Dies  ist  nun  nicht  der  Fall,  das 
Waaser  löst  die  einzelnen  Gase  wie  immer  bei  Gemengen  im  Verhält- 
niss  der  Löslichkeit  jedes  einzelnen  Gases  für  sich,  und  seiner  relativen 
Menge;  es  lösen  nun  1000  Wasser  von  reinem  Sauerstoff  46,  und 
von  reinem  Stickstoff  25  Vol.;  aus  der  Luft  aber:  20,95  .  0,046  = 
0,0096  Vol.  Sauerstoff  und  79,05  .  0,025  =  0,01976  Stickstoff;  dem- 
nach müssen  100  Thle.  in  Wasser  gelöste  Luft  32,5  Vol.  Sauerstoff  auf 
67,5  VoL  Stickstoff  enthalten,  was  vollkommen  mit  der  Erfahrung  über- 
einstininit  (s.  S.  452). 

Dal  ton  hatte  früher  die  Ansicht  aufgestellt,  dass  wenn  Stickstoff, 
Sauerstoff  und  Kohlensäure  mit  einander  nur  mechanisch  gemengt  seien, 
und  nach  seiner  Annahme  nur  unter  sich,  nicht  aufeinander,  einen 
Druck  ausüben,  mithin  jedes  der  Gase  gleichsam  für  sich  eine  Atmo- 
sphäre bilde  und  diese  einen  entsprechenden  Druck  ausübe,  so  dass  die 
Summe  daraus  dem  von  dem  Barometer  angezeigten  Druck  entspreche, 
so  könne  das  Verhältniss  der  Gase  sich  nicht  in  allen  Höhen  gleich 
bleiben,  sondern  müsse  sich  so  ändern,  dass  die  Luft  in  grösseren  Höhen 
reicher  an  Stickstoff,  also  ärmer  an  dem  schwereren  Sauerstoff  und  an 
Kohlensäure  wäre.  Enthält  z.  B.  die  trockene  Luft  an  der  Erdoberfläche 
78,95  Vol.  Stickstoff  auf  21,00  Vol.  Sauerstoff  und  0,05  Vol.  Kohlen- 
saure, und  ist  der  Barometerstand,  d.  i.  der  Gesammtdruck  der  Gase 
335  Pariser  Linien,  so  berechnen  sich  danach  folgende  Verhältnisse: 


so 

P4 


0 
10000 
20000 


D  r  a  c  k. 


Stickstoff 


257,66'" 

173,00 

116,15 


Sauerstoff. 


77,09'" 

49,04 

31,20 


Kohlen- 
säure. 


0,25"' 

0,13 

0,07 


Zusam- 
men. 


335,00"' 

222,17 

147,42 


Volnmenverhältnisse. 


Stickstoff. 


78,950 
79,885 
80,820 


Sauerstoff. 


21,000 
20,070 
19,140 


Kohlen- 
säure. 


0,050 
0,046 
0,042 


Hiemach  inüsste  also  die  Luft  in  10000  Fuss  Höhe  20^,7,  und  über 
20000  Fns8  Höhe  19,1  Vol.  Sauerstoff  enthalten;  auch  der  Kohlen- 
Onregehalt  sollte  sich  7on  0,05  auf  0,042  verringern.  Die  Bestimmungen 

29  • 


4^2  Atmosphäre. 

der  Ga^e  sind  nnn  hinreichend  genau,  um  das  sicher  m  stellen,  dau 
die  Lnft  in  höheren  Schichten  nicht  weniger  Sauerstoff  (Gay- Las sac, 
Dumas  und  Boussinganlt,  Martin  und  Bravais,  Lewy),  and 
dass  sie  dort  vielleicht  mehr,  aber  nicht  weniger  Kohlensäure  enth&lt 
als  in  den  unteren  (Schlagintweit);  so  dass  die  Thatsachen  ent- 
schieden gegen  die  Dal  ton 'sehe  Ansicht  sprechen. 

'Die  Luft  wird  daher  jetzt  allgemein  als  ein  Gemenge  angesehen. 
Dass  hier  die  Gase  von  verschiedenem  specifischen  Gewichte  so  gleich- 
massig  gemengt  sind,  ist  theils  bedingt  durch  das  Diflfusionsvermögen 
der  Gase  und  theils  durch  die  grosse  Beweglichkeit  derselben,  und  da- 
durch dass  fortwährend  Strömungen  nach  verschiedenen  Richtangen  in 
der  Luft  stattfinden. 

In  Wasser  gelöste  Luft.  In  Folge  der  Löslichkeit  der  die 
Atmosphäre  bildenden  Gase  in  Wasser  wird  jedesmal,  wenn  Luft  mit 
Wasser  in  Berührung  kommt,  sich  davon  lösen;  alles  Flusswasser,  das 
Regenwasser,  destillirtes  Wasser,  welches  an  der  Luft  gestanden  hat, 
enthält  die  Bestandtheile  der  Luft  gelöst,  wie  oben  angegeben,  in 
einem  der  Löslichkeit  der  Gase  und  ihrer  relativen  Menge  entsprechen- 
den Verhältniss.  Nach  Dalton  enthält  1  Liter  süsses  Wasser  46,  nach 
Lewy's  und  Morren^s  nahe  übereinstimmenden  Versuchen  40  C.  C. 
Luft;  nach  Schlagintweit  waren  in  Alpbächen  nur  13  bis  26  C.C. 
Luft  enthalten ;  Salzwasser  löst  weniger  Luft ,  das  Meerwasser  enth&lt 
nur  20  Vol.  Luft  in  1000  Vol.  Wasser.  Die  Menge  wechselt  nach 
der  Witterung,  das  Wasser  enthält  viel  mehr  Luft  bei  klarem  HimmeL 
Im  Schneewasser  fand  Lampadins  38  C.C.  Luft;  H.  Schlagintweit 
fand  in  1000 C.C.  weissem  Gletschereis  47  C.C.  Luft;  in  blauem  Glet- 
schereis 29  C.C. ;  im  Firn  23,6  C.C. ;  in  frischgefaUenem  Schnee  34,2  C.C. 
Luft. 

Genauer  ist  die  Löslichkeit  der  Luft  in  Wasser  von  Bunsen  be- 
stimmt (s.  unter  Absorption  Bd.  I,  S.  36). 

Die  Luft  wird  aus  dem  Wasser  durch  längeres  Kochen  vollständig 
ausgetrieben,  sie  enthält  im  normalen  Zustande,  wenn  nicht  durch  Ein- 
wirkung von  im  Wasser  vorhandenen  Substanzen  Zersetzungen  stattge- 
funden haben,  mehr  Sauerstoff  als  die  freie  atmosphärische  LufL  A.  v. 
Humboldt  und  Gay-Lussac  fanden  in  der  vom  destillirten  Wasser 
absorbirten  Luft  32,8  Vol.  Sauerstoff;  andere  Analysen  haben  dagegen 
zwischen  3 1  und  33  Sauerstoff  ergeben.  Der  Kohlen  Säuregehalt  wech- 
selt zwischen  2  bis  4  Procent,  das  übrige  ist  Stickgas. 

Morren  fand  im  süssen  Wasser  32  Vol.  Sauerstoff  auf  2  bis  4  Vol. 
Kohlensäure;  im  Meerwasser  33  Vol.  Sauerstoff  auf  9  bis  10  Vol. Koh- 
lensäure. Lampadius  fand  in  der  Luft  des  Schneewassers  auf  30  VoL 
Sauerstoff  1  Vol.  Kohlensäure  und  69  Vol.  Stickstoff.  Saussure, 
Boussingault  u.  A.  beobachteten,  dass  der  Schnee  schon  beim  Schmel- 
zen Luft  abgiebt,  die  aber  nur  16  bis  18  Vol.  Sauerstoff  in  100  ent- 
hält; die  in  dem  Schneewasser  gelöst  gebliebene,  erst  durch  Kochen 
ausgetriebene  Luft  enthält  aber  32  Voluroenprocette  Sauerstoff.  Bi- 
schof  hatte  gefunden,  dass  die  aus  den  Eislöchern  der  Gletscher 
sich  entwickelnde  Lnft  nur  10,2  Vol.  Sauerstoff  enthält,  und  ebenso  I 
fand  H.  Schlagintweit  in  solcher  Luft,  welche  sich  beim  Abfliessen 
des  Wassers  aus  den  Gletschern  sogleich  entwickelt,  16«4  Sauerstoff  auf 


Atmosphäre. 


453 


83,6  Stickstoff;  die  durch  Kochen  aus  dem  Gletscherwasser  ausgetrie- 
bene Luft  enthielt  aber  29  Vol.  Sauerstoff  auf  71  Stickstoff^). 

Von  dem  Erdboden  absorbirte  Luft.  So  wie  das  Wasser 
absorbirt  der  Erdboden,  wie  fast  alle  starren  Körper  Luft,  um  so 
mehr  je  poröser  sie  sind;  die  Menge  der  absorbirten  Lnfl  muss  sich 
hier  ganz  nach  der  Beschaffenheit  der  Körper  ändern,  und  unter  Um- 
standen erleiden  die  Luftbestandtheile  durch  Reaction  der  festen  Kör- 
per leicht  eine  chemische  Veränderung.  Boussingault  und  Lewj') 
haben  die  Luft,  welche  im  Ackerboden  enthalten  ist,  untersucht;  sie 
fanden ,  dass  die  Zusammensetzung  der  Luft  sich  in  solchem  Boden, 
der  reich  an  organischen  Bestandtheilen  ist,  bald  verändert,  und  da- 
mit auch  die  Menge  der  absorbirten  Luft,  so  dass  sich  hier  die  gröbs- 
ten Verschiedenheiten  in  Bezug  auf  Quantität  der  absorbirten  Luft  und 
ihre  Zusammensetzung  zeigen.    Sie  fanden  folgende  Resultate: 


Culturart. 


1000  Liter  Bo- 
den enthalten 
Liter  einge- 
schlossene 
Luft. 


100  Vol.  Luft  enthalten 


ia 

ia 

o 

o 

«j 

*• 

00 

a 

Sl 

M 

SJ 

c 

s 

•ö 

rf 

09 

Leichter  Sandboden ,  frisch 
gedüngt 

I>enelbe,  frisch  gedüngt,  kurz 
nach  Regen 

Derselbe,  lange  vorher  gedüngt 

Sehr  sandig 

Sandig  mit  viel  Steinen  .    . 

Lehmiger  Untergrund  des 
vorigen 

Sudiger  Untergrund  des  vo- 
rigen    

Stndboden,  lange  vorher  ge- 
düngt   

Saadboden,  frisch  gedüngt . 

„  vor  acht  Tagen 

gedüngt 

Gmbe  mit  Holzerdc  .... 

Thoniger  Muschelkalk,  lange 
vorher  gedüngt 

Thoniger  Muschelkalk,  lange 
vorher  gedüngt 

Schwerer  Thonboden    .    .    . 

Pmchtbar,  feucht 

Palmentreibhauserde     .    .    . 

Dieselbe,  zwei  Tage  vorher 
begossen 


Gelbe  Rüben 

Weinberg 

Wald 


Spargeln 


9> 


Runkelrüben 

Luzerne. 

Topinambour 

Wiese 


235,3 

232,4 
282,4 
117,6 

70,6 

88,2 

223,5 

420,6 

235,3 

220,6 
205,9 
161,8 
361>8 


2,2 

9,7 
0,9 

1,1 
0,9 

0,5 

0,2 

0,7 
0,8 

1,5 
3,6 

0,9 

0,8 
0,6 
1,8 
1,0 

1,1 


10,3 
19,5 
19,7 
19,6 


19,0 
19,4 

18,8 
16,4 

19,7 

20,0 
20,0 
19,4 
19,7 

19,0 


79,9 
79,6 
79,2 
79,5 


80,3 
79,8 

79,7 
80,0 

79,4 

79,2 
79,4 
78,8 
79,8 

79,9 


Die  Atmosphäre  des  Bodens  ist  also  besonders  reich 
selbst  aas  dem  lange  Zeit  nicht  gedüngten  Boden  enthalt 


an  Kohlensäure, 
sie  20mal  mehr 


*)  A.  V.  Humboldt  et  Gay-Lussac,  Jonrn.  de  phys.  T.  LX,  p.  129.  — 
Bischof,  Schveigg.  Journ.  Bd.  XXXVII,  S.  266.  —  Lampadius,  Joum.  f.  prakt. 
Ch«m.  Bd.  X,  8.  78.  —  Boussingault,  Annal.  de  rhim.  et  phys.  [2.]  T.  LXXVI, 
p.  854.»  H.  Schlagintweit,  Pogg.  Annal.  Bd.  LXXX,  S.  177;  Pharm.  Centralbl. 
1860,  8.757.—  •)  Annal.  de  chim.  et  phys.  [8.]  T.  XXXVII,  p.  5;  Journ.  f.  prakt, 
Chcm.  Bd.  LVIU,  S.  841;  Pharm.  Centralbl.  1858,  S.  22. 


454  Atmosphäre. 

als  die  Luft;  dagegen  Dimmt  der  Saner^toflTgehalt  ab  in  dem  Maasse  aia  die 
Kohlensäure  zunimmt,  denn  letztere  hat  sich  hier  offenbar  durch  Ver- 
wesung des  Kohlenstoffs  im  Humus  gebildet;  1  Vol.  Sauerstoff  bildet 
bekanntlich  fast  genau  1  Vol.  Kohlensäure;  das  Volumen  der  Kohlensäure 
und  des  Sauerstoffs  zusammen  ist  immer  um  etwas  geringer  als  20,9 ; 
ein  kleiner  Theil  des  Sauerstoffs  ist  also  wohl  auch  zur  Verbrennung 
des  Wasserstoffs  im  Humus  verwendet. 

Die  atmosphärische  Luft  nimmt  nun  Oberhaupt  den  wesentlichsten 
Antheil  an  den  meisten  chemischen , Processen ,  die  auf  der  Erde  vor 
sich  gehen,  sowohl  an  denen  der  anorganischen  wie  der  organischen  Kör- 
per, der  Thiere  wie  der  Pflanzen,  der  lebenden  Wesen  wie  der  abge- 
storbenen. Den  wichtigsten  Antheil  an  den  chemischen  Processen  von 
den  Elementen  der  Luft  nimmt  zunächst  der  Sauerstoff.  Schon  Mayow^ 
und  Willis  hatten  die  Ansicht  ausgesprochen,  dass  Verbrennung  und 
Respiration  einander  ähnliche  Processe  seien,  und  dass  hierbei  nur  ein 
Bestandtheil  der  Atmosphäre  wirke;  Black  hatte  erkannt,  daas  beim 
Athmen  sich  Kohlensäure  bilde,  Lavoisier  hatte  zuerst  bestimmt  ge- 
zeigt, dass  der  Sauerstoff  der  Luft  beim  Athmen  fortgenommen  werde. 
Dasselbe  findet  nun  auch  statt  beim  Verwesen  wie  beim  Verbrennen 
organischer  Körper,  so  wie  bei  der  Oxydation  anorganischer  Stoffe  bei 
gewöhnlicher  wie  bei  höherer  Temperatur.  Die  Verwesung  und  die 
Verbrennung  organischer  Substanzen,  der  Athmungsprocess ,  der  Ver- 
witterungsprocess  und  viele  Röstoperationen  alles  sind  Oxydations- 
processe ,  welche  den  Sauerstoff  der  Atmosphäre  verzehren. 

Die  Menge  des  Sauerstoffe,  welche  der  Mensch  conaumirt,  ist 
nach  Alter  und  Geschlecht  verschieden  (s.  Athmen);  bei  Erwachse- 
nen enthält  die  ausgeathmete  Luft  in  100  Vol.  8  bis  5,5  Kohlensäure, 
zwischen  17,5  und  15  Sauerstoff  und  etwa  79  Stickstoff;  nach  Lavoi- 
sier  und  Davy  braucht  ein  Erwachsener  pr.  Stunde  etwa  40  Grm., 
nach  Dumas  27  Grm.  Sauerstoff,  das  ist  nahe  27,  resp.  18  Liter  Sauer- 
stoff, oder  etwa  130,  resp.  90  Liter  Luft,  vorausgesetzt,  dass  der  Sauerstoff 
derselben  vollständig  con.«umirt  wird;  nach  Scharling  beträgt  der  ein- 
geathmete  Sauerstoff  22  Liter  oder  Luft  105  Liter.  Ob  ausser  Sauer- 
stoff auch  Jod  aufgenommen  wird,  wie  Chatin  angiebt,  oder  ob  das 
Volumen  des  Stickstoffs  hier  eine  Veränderung  erfährt  (Boussin* 
ganlt;  Regnault  und  Reiset  s.  S.  408),  kommt  hier  nicht  wesent- 
lich in  Betracht.  Durch  das  Athmen  wird  der  aufgenommene  Sauerstoff 
grösstentheils  in  Kohlensäure  umgewandelt  und  ansgeathmet,  deren 
Volumen  also  dem  des  verschwundenen  Sauerstoffs  gleich  sein  moss. 
Nach  Versuchen  von  Andral  und  Gavarret*)  wie  nach  denen  von 
Brunner  und  Valentin  athmet  ein  Erwachsener  in  der  Stunde  nahe 
21  Liter  Kohlensäure  aus;  nach  Scharling  beträgt  die  Menge  18,5  Liter. 

So  wie  nun  die  Respiration  der  Menschen  und  Thiere,  consumirt 
auch  das  Verbrennen  unserer  Heiz-  und  Leuchtmaterialien  Sauerstoff,  und 
es  erzeugt  sich  dafür  hauptsächlich  Kohlensäure;  1000  Grm.  lufttrocke- 
nes  Holz  verzehren  1000  Grm.  Sauerstoff  von  etwa  3000  Liter  Luft, 
und  geben  etwa  720  Liter  Kohlensäure. 

1000  Grm.  Fett  (Unschlitt,  Oel,  Wachs  u.  dergl.)  brauchen  an 
3000  Grm.  Sauerstoff  entsprechend  gegen  10000  Liter  Luft,  und  pro- 
duciren  etwa  2000  Liter  Kohlensäure. 


»)  Annal.  de  chim.  et  de  phya.  [8.]  T.  VIII,  p.   129. 


Atmosphäre. 


455 


Man  sieht,  üass  der  Verbrauch  an  Sauerstoff  bei  den  gewöhnlichsten 
Processen  nicht  gering  ist;  gehen  dieselben  in  einer  beschränkten  At- 
mosphäre vor  sich,  wie  z.  B.  in  einem  Zimmer,  wo  mehrere  Men- 
sehen  sich  aufhalten,  Kerzen  brennen  u.  s.  w. ,  so  müssen  8olche  Ver- 
ändeningen  leicht  nachweisbar  sein  durch  die  Veränderung  in  der 
Zusammensetzung  der  Lui't,  besonders  da  ein  erwachsener  Mensch  in 
der  Stunde,  nach  Seguin,  an  40  Grra.  Wasserdampf  ausscheidet,  und 
ausserdem  flüchtige  organische  Substanzen,  die  bei  Anhäufung  in  ge- 
schlossenen Bäumen,  Schulzimniern  u.  dergl.  dem  Geruch  leicht  be- 
merkb^  werden.  Aeltere  Versuche  in  Hörsälen,  in  Theatern  u.  s.  w. 
die  Abnahme  des  Sauerstoffs  durch  den  Versuch  nachzuweisen,  konnten 
wegen  der  mangelhaften  Methode  nur  durchaus  ungenügende  Resultate 
geben.  Später  hat  Leblanc^)  solche  Verbuche  wiederholt,  und  dabei, 
indem  er  den  Sauerc'toff  nach  der  Methode  von  Dumas  und  Boussin- 
gault  bestimmte,  folgende  Resultate  erhalten: 


Hürsaul  in  der  Sorbonne  (vor  der  Vorlesung) 
^  „     ,,  ,,  (nach  der  Vorlesung) 

Schlafsimmer  mit  einem  Kamin  (Morgens)  .    . 

Fmientaal  in  Notre-Dam«  du  Kofluaire  (Mor- 
gens ö  thr,  Winter) 

Schlafj^cmach  in  der  Salpetribrc  (Sectinn  der 
epileptischen  Irren) 

Schlafffemach  in  der  Salpetribre  (Dachzimmer 
für  unheilbare) 

Kiiulerbewahran«$tah 

Saal  einer  rriinärschule  (mit  Ventilation  auf 
1080  Cubikmcter  Luft  in  der  Stunde  bei  721 
Cubikmeter  Kauminhalt  des  Zimmers)    .    .    . 

Derselbe  Schulsaal  (mit  etwa  Vs  so  starker 
Ventilation) 

Derselbe   Saal  (ohne  Ventilation) 

Die  Luft  ward  immer  untersucht,  nach- 
dem 180  Knaben  und  Mädchen  vier 
Stunden  dort  zugebracht  hatten. 

Deputirtenkammer  (vollständige  Ventilation)  .    . 

Komische  Oper,   Parterre    1    Meter   über   dem 

BcKlen 

I)a»elbst,    in   den    höchsten    Logen    unter    der 

Decke 

Pferdestfall  in  der  ^cole   militaire  (mit  schlecht 

sehlicssenden  Tbüren  und  Fenstern)  .  .  .  . 
In  Schlafzimmern  und  Casernen 

Hörsaal,  Luft  vom  Boden      

„     von  der  Docke 

Pferdestall,  Luft  vom  Boden 

,,  „     von  der  Decke 


In  100  Vol.  trockener  Luft 

Sauerstoff. 

Stickstoff. 

Kohlen- 
säure. 

^ 

20,3 
19,9 
20,7 

79,3 
79,4 
79,04 

0,4 
0,7 
0,26 

2U,C 

;  9,ß 

0,2 

20,4 

79,2 

0,4 

20,4 
20,G 

79,07 
79,22 

Ö,08 

0,18 

20,0 

— 

— 

— 

0,3 
0,57 

- — 

0,1Ö 

— 

-- 

0,15 

— 

— 

0,20 

20,1 

79,2 

0,7 
0,3  bis  0,8 

20,1 
19,8 
19,4 
20,0 

79,35 

79,58 
80,05 
79,48 

0,55 
0,G2 
0,55 
0,52 

»)  Annal.  de  dum.  et  phys.   [3.]  T.  V,   p.  223,  T.  XXVU,  p    878;  Annal.   d. 
Cbem.  a.  Pharm.  Bd.  XLIV,  S.  218;  Pharm.  Centralbl.  1850,  S.  93. 


456  Atmosphäre. 

Die  letzten  beiden  ünterBuchungen  sind  von  Lassaigne^)  ange- 
stellt ;  die  erstere  der  beiden  mit  Luft  aus  einem  kleinen  gut  geschlosse- 
nen Hörsaal,  in  dem  55  Menschen  1 V^  Stunden  geathmet  hatten ;  die  lelsfcs 
Untersuchung  mit  Luft  aus  einem  kleinen  gut  geschlossenen  Pferdestall. 

Danach  ist  in  Wohnräumen  die  Abnahme  von  Sauerstoff  allerdings 
bemerkbar,  noch  auffälliger  ist  die  Zunahme  der  Kohlensäure,  die  hier 
also  von  0,04  Vol.  auf  0,70  und  0,80  Vol.  steigt.  Nach  Pettenkofer 
beträgt  der  Kohlensäuregehalt  in  Wohnräumen,  wo  man  noch  kein  BedÖrf* 
niss  des  Luftwechsels  fühlt,  zwischen  0,055  und  0,087  Vol.,  im  Mittel 
0,07  Vol.  in  100.  —  Sobald  der  Gehalt  an  Kohlensäure  in  einem  hewohn- 
ten  Raum  0,1  Froc.  beträgt,  wirkt  die  Luft  auch  schon  auf  den  Geruch. 
In  überfüllten  Räumen,  wo  längere  Zeit  viel  Menschen  dicht  zasammenge- 
drängt  sind,  so  in  einem  überfüllten  Hörsaal  Liebig^s,  in  dem  800  Men- 
schen mehrere  Stunden  waren,  in  überi'üllten  Wirthschaftslocalen  u.  dgl., 
steigt  der  Gehalt  an  Kohlensäure  selbst  auf  0,25  bis  gegen  0,4  Vol.  Kohlen- 
säure in  100.  In  überfüllten,  dichtgeschlossenen  Schlafsälen  soU  die 
Kohlensäuremenge  selbst  noch  höher  steigen.  In  Räumen,  in  welchen  die 
Luft  einen  solchen  Gehalt  an  Kohlensäure  zeigt,  fühlen  wir  das  Athmen 
beschwert,  der  Aufenthalt  dort  ist  selbst  für  kurze  Zeit  lästig,  und  ei 
ist  nicht  zu  bezweifeln,  dass  bei  längerem  Aufenthalt  sich  hier  nach- 
theüige  Folgen  für  die  Gesundheit  zeigen.  Diese  Erscheinungen  sind 
wohl  nur  zum  Theil  durch  den  grösseren  Gehalt  an  Kohlensäure,  aber 
wesentlich  auch  durch  die  grössere  Masse  Feuchtigkeit  und  die  flüchti- 
gen organischen  Substanzen  in  der  ausgeathmeten  Luft  veranlasst,  und 
in  so  fern  als  deren  Menge  annähernd  proportional  ist  der  Kohlensfture- 
qnantität,  giebt  die  letztere  ein  Maass  ab  für  die  Brauchbarkeit  einer 
eingeschlossenen  Atmosphäre  für  den  Aufenthalt  von  Menschen. 

Leblanc  fand  in  den  Schlafzimmern  der  Casernen  iin  Mittel  in 
einem  Cubikmeter  Luft  8,1  Grm.  Wasserdampf;  mit  Feuchtigkeit  ge- 
sättigt würde  die  Luft  10,5  Grm.  Wasser  enthalten  haben,  während 
die  äussere  Luft  nur  3,3  Grm.  Wasser  enthielt.  Das  Vorhandensein 
von  organischer  Substanz  in  dieser  Luft  zeigt  sich  in  ihrem  Verhalten 
gegen  Silber-  und  Goldlösung;  wird  das  in  solchen  Räumen  an  den 
Fenstern  oder  an  kalten  Gegenständen  condensirte  Wasser  gesammelt, 
so  geht  es  in  Folge  des  Gehalts  an  organischer  Substanz  bald  in  Pänl- 
niss  über. 

Die  Abnahme  an  Sauerstoff  und  Zunahme  an  Kohlensäure  in  der 
Luft  bewohnter  Räume  ist  ungleich  geringer,  als  sie  sein  würde,  wenn  un- 
sere Zimmer  luftdicht  verschlossen  wären;  aber  nicht  nur  durch  die  Spalten 
der  Thüren  und  Fenster,  sondern  in  grösserem  Maassstabe  noch  durch  die 
Wände  selbst,  welche  nach  Pettenkofer 's  Versuche,  (mögen  sie  von 
Backstein  oder  von  natürlichem  Stein  sein,  mit  Mörtel  beworfen  oder 
nicht),  im  trockenen  Zustande  in  hohem  Grade  porös  sind,  findet 
ein  fortwährender  Austausch  zwischen  den  Bestandtheilen  der  einge- 
schlossenen  und  der  äusseren  Atmosphäre  statt;  wir  haben  durch  diese 
Porosität  also  eine  natürliche  Ventilation  unserer  Wohnräume,  die  für 
gewöhnliche  Wohnräume  ausreicht,  aber  nicht  hinreichend  ist  för 
Schulen  und  überhaupt  für  solche  Räume,  wo  eine  grosse  Menge  Men* 
sehen  längere  Zeit  zusammen  sich  aufhalten. 


*)  Joura.   de   chim.  m^.  [8.]  T.    ü,    p.  477  et  761;  PharoL   Geotimlbl.   1S47, 
S.  88. 


Atmosphäre.  457 

Nach  Yermichen  mass  die  Menge  der  durch  Ventilation  zugefuhr- 
ien  Luft  in  Krankheiten,  wo  sie  gut  and  geruchlos  bleiben  soll,  60 
Gobikmeter  für  den  Kranken  und  die  Stande  betragen,  d.  i.,  da  ein 
Meniieh  in ^  der  Minate  im  Durchschnitt  5  Liter  Luft  ausathinet,  genau 
das  200fac1ie  der  ausgeathmeten  Luft  (Pettenkofer). 

Bei  den  Verbrennungsprocessen  wird  nan  wie  beim  Athmen  Sauer* 
Stoff  verwendet^  es  bildet  sich  hier  Kohlensaure ,  oft  viel  Kohlenoxyd, 
and  auch  wohl  etwas  Kohlenwaäserstoffl  Ebenso  wird  auch  durch  die  Ver- 
wesang^  der  organischen  Substanzen,  wie  sich  an  der  Luft  im  Erdboden 
aeigt,  Kohlensäure  erzeugt,  und  endlich  wird  beim  Verwittern  vieler 
Mineralsubstanzen ,  Kiese  u.  s.  w.  Sauerstoff  absorbirt ;  in  dem  Stollen 
einer  Brannkohlengrube  zu  Zserchen  bei  Halle  enthält  die  Luft  am 
EiDgange  20,9  Vol.  Sauerstoff,  während  seine  Menge  beim  Hineinge- 
kea  in  den  Stollen  abnahm,  und  vor  Ort,  d.  i.  an  den  Arbeitsstellen, 
nur  16,2  Vol.  betrug;  umgekehrt  nahm  der  Kohlensäuregehalt  auf  0,2 
Volon)  zu. 

Der  Btickstofi*  der  Luft  verhält  sich  viel  indifferenter,  man  hat 
oll  ang^enommen ,  dass  er  kaum  eine  Verändening  erleiden  könne; 
Beg^naalt  and  Beiset  geben  als  Bejultat  von  Versuchen  an,  dass 
die  vrarmblötigen  Thiere  zuweilen  Stickstoff  entwickeln,  zuweilen  ihn 
aber  aneh  absorbiren ;  der  entwickelte  Stickstoff  beträgt  meistens  weni- 
ger alu  1  Proc.  vom  Gewichte  des  verzehrten  Sauerstoffs  (s.  S.  408). 

Sehdnbein  giebt  an,  dass  wenigstens  das  Ozon  der  Luft  sich  un- 
ter Einflnss  von  Basen  mit  dem  Stickstoff  zu  Salpetersäure  vereinige. 
Aach  ninunt  man  an,  dass  die  Salpetersäure,  welche  wir  im  Gewitter- 
ragen finden,  aus  den  Elementen  der  Luft  unter  Einfluss  der  Elektrici- 
tü  entstehe.  CloSz^)  giebt  an,  dass  aus  atmosphärischer  Luft,  die 
dnrch  eine  Lösung  von  Kali,  dann  Aber  Schwefelsäure  geleitet 
Tj  bei  längerer  Berührung  mit  verschiedenen  porösen  Körpern,  wie 
BtoMStein,  Thon  und  Kreide  n.  s.  w. ,  bei  Gegenwart  von  Alkali  sich 
salpeleraaures  Salz  bildet.  Nach  Ville's  *)  Untersuchungen  stellt  er 
entschieden  die  Behauptung  auf,  dass  die  Pflanzen  auch  den  freien 
SdekstofT  der  Atmosphäre  aufnehmen  und  ihn  in  Salpetersäure  ver- 
wandeln, welche  dann  zur  Ernährung  der  Pflanzen  verwendet  wird. 
Boussinganlt ')  hatte  aus  seinen  Versuchen  den  Schlnss  gezogen, 
dass  die  von  ihm  antersuchten  Pflanzen  keinen  freien  Stick iitoff  assimi- 
Kren.  Chevreul  *)  behauptet  in  einem  Bericht  über  Ville's  Ver- 
soehe  an  die  Akademie  die  Bichtigkeit  der  Assimilation  des  freien 
6tißks(ofrs,und  Ville^)  hat  dnrch  spätere  Versuche  seine  früheren  An- 
gaben bestätigt  und  vervollständigt. 

Bndlich  erleidet  auch  noch  die  Kohlensäure  der  Atmosphäre  eine  Ver- 
iodemn^  durch  Einwirkung  der  lebenden  Pflanzen  (s.  S.  405),  welche  sie 
aufnehmen  und  unter  Einfluss  des  Sonnenlichtes  zerlegen,  indem  sie  sich 
den  Kohlenstoff  aneignen,  und  den  freien  Sauerstoff  ausscheiden.  Greine 
Blätter,  besonders  fleischiger  Pflanzen  (von  Agave  ofTimcona,  von  Sem- 
-Arten)  in  Kohlensäure  haltendes  Wasser  gebracht,  entwickeln 


>)  CoBtpt.  Tend.  de  Vaoad.  T.  XLI,  p.  985;  Pharm.  Centralbl.  1855,  S.  818. 

^  Compt.  rend.  de  Vacad.  T.  XXXI,  p.  578;  T.  XXXIV,  p.  464  et  p.  650; 
T.  XXXYIH,  p.  705  et  p.  728.  —  ■)  Annal.  de  chim.  et  phye.  [8.]  T.  XLI,  p.  5; 
C<impt.  rend.  de  I'acad.  T.  XXXYIII,  p.  680  et  p.  717.  —  *)  Compt.  rend.  de 
Faead.  T.  XLI,  p.  757.  —  *)  Amial.  de  chim.  et  pby».  [8.]  T.  XLIX,  p.  168;  Chem. 
CcntnlbL  1866,  8.  632. 


458  Atmosphäre. 

im  Sonnenlicht  kleine  Bläschen  von  reinem  Sauerstoff.  Ob  der  Was- 
serdampf durch  die  Pflanzen  in  ähnlicher  Weise  unter  Abscheidonig 
von  Sauerstoff  zersetzt  wird,  ist  nicht  nachgewiesen,  aber  nicht  un- 
wahrscheinlich. 

Dieselbe  Veränderung  wie  die  freie  Atmosphäre  erleidet  nun  diejenige 
Luft,  welche  im  Wasser  gelöst  enthalten  ist;  der  Sauerstoff  derselben 
dient  den  im  Wasser  lebenden  Thieren  zum  Athmen,  im  luftfreien 
Wasser  ersticken  sie  schnell.  Der  Sauerstoff  wird  weiter  auch  von  den 
todten  Thier-  und  Pflanzenkörpern  aufgenommen,  welche  damit  Koh- 
lensäure bilden,  die  ihrerseits  wieder  von  den  im  Wasser  lebenden 
Pflanzen  bei  Einfluss  von  Sonnenlicht  zersetzt  wird  unter  Abscheidong 
von  Sauerstoff;  bei  lebhafter  Vegetation  im  Wasser  bemerkt  man  daher 
oft  starke  Entwickelung  von  Sauerstoff  und  zwar  in  süssem  Wasser 
wie  im  Meerwasser. 

Im  ruhigen  Meerwasser  stehende  Algen  bedeckten  sich  unter  Ein- 
fluss von  directem  Sonnenlicht  mit  kleinen  Luftbläschen,  welche  55 
Proc.  Sauerstoff  enthielten;  die  in  den  Knoten  der  Algen  selbst  enthal- 
tene Luft  enthielt  Morgens   17  Proc,  bei  Sonnenlicht  36  Proc.  Sauw* 

Stoff  (Aim^O. 

Ausgedehnte  Untersuchungen  über  den  Einfluss  des  Lichtes  und  dar 

organischen  Substanzen  auf  die  Zusammensetzung  der  im  Wasser  en^ 
haltenen  Luft  sind  von  Morren^)  angestellt.  Er  fand,  dass  der  Sauer- 
stoffgehalt in  süssem  Wasser  bei  Gegenwart  einer  grünen  organischen 
Materie  (nach  ihm  nicht  Conferven,  sondern  ein  Thier,  EmcheUs  monadma 
virescens  subsphäricd)  je  nach  Einfluss  des  Lichtes  und  der  Temperatur 
wechsele^  und  ebenso  in  umgekehrtem  Verhältniss  zum  Sauerstoff  sich 
die  M'enge  der  Kohlensäure  ändere;  das  Wasser  enthielt  im  normalen 
Zustande  in  100  Luft  etwa  4  bis  6  Vol.  Kohlensäure  und  30  bis  32 
Vul.  Sauerstoff.  Bei  hellem  Sonnenlichte  stieg  der  Sauerstoff  hier  über 
50  bis  56  Proc,  selbst  bis  zu  61  Proc,  während  die  Kohlensäure 
2  bis  8  Vol.  betrug;  der  Sauerstoffgehalt  ist  des  Morgens  am  geringsten, 
Nachmittags  am  grössten,  er  betrug  so  z.  B.  9.  August,  7  Uhr  Morgen« 
24  Proc,  Abends  5  Uhr  60  Proc;  Kohlensäure  Morgens  6,  Abends 
1  Proc  Nach  kaltem  Wetter  verschwindet  oft  schnell  die  grüne  Sub- 
stanz und  dann  steigt  der  Kohlensäuregehalt  der  Luft  im  Wasaer  ad 
mehr  als  20  Proc,  während  der  Sauerstoffgehalt  unter  20  Proc.  fällt; 
solche  Atmosphäre  wirkt  dann  für  das  thierische  Leben  tödtlich.  — 
Die  Luft  im  Meerwasser  erleidet  ganz  analoge  Veränderungen,  wie  die 
im  süssen  Wasser,  doch  sind  diese  deutlicher  bemerkbar  bei  ruhigeoi 
Wetter  als  bei  Wind.  Der  Sauerstoffgehalt  in  100  Vol.  Luft  im  Me^- 
Wasser  wechselt  nach  der  Stärke  des  Lichtes  zwischen  31  und  89  Proc: 
da  aber  das  Meer  bei  klarem  Wetter  viel  mehr  Luft  gelöst  enthält  als 
bei  trübem,  so  enthält  1  Liter  Meerwasser  von  5,4  bis  9,7  C.C.  Sauer- 
stoff je  nach  der  Stärke  des  Lichtes;  in  einem  eingeschlossenen  mit  See- 
Wasser  gefüllten  Graben  enthielt  1  Liter  Wasser  sogar  je  nach  der  Stärk« 
des  Sonnenlichtes  4  bis  14  C.  C.  Sauerstoff.  Ans  dem  sehr  saaerstoff- 
reichen  Wasser  geht  ein  Theil  dieses  Gases  natürlich  durch  Diffusion  in 
die  Atmosphäre,  und  bei  ruhigem  Wetter  enthält  daher  die  Luftschicht 
unmittelbar  über  dem  Wasser  23  bis  24  Vol.  Sauerstoff. 


')  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [3.]  T.  TT,  p.  56.  —  *)  Annal.  de  chim.  «t  de 
phv8.  [8.]T.  I,  p.  466,  T.  XII,  p.  6;  Berzelius'  Jahrcaber.  Bd.  XXIl,  S.  226,  Bd. 
XXV,  S.  61. 


Atmosphäre.  469 

Der  Sauersteffgehalt  der  Luft  im  Wasser  nimmt  ab  mit  den  le* 
benden  Pflanzen,  und  verschwindet  endlich,  indem  er  durch  die  Thiere 
wie  darch  die  todten  Pflanzen  zur  Kohlensäurebiidung  verbraucht  wird; 
mit  dem  Verschwinden  der  lebenden  Pflanzen  hört  daher  aach  alsbald 
das  ihierische  Leben  im  Wasser  auf.' 

Wir  sehen  also  in  der  eigentlichen  Atmosphäre,  wie  in  der  im 
Wsksaer  gelösten  Luft ,  die  gleiche  Beziehung  zwischen  Thier,  Pflanze 
und  atmosphärische  Bestandtheile.  Die  Pflanze  entzieht  der  Atmosphäre 
die  Kohlensäure  und  führt  ihr  Sauerstoff  zu. 

Leblanc  fand  in  einem  Treibhause: 

Sauerstoff         Kohlensäure  Stickstoff 

Abends     20,80  0,0  79,2 

Morgens  20,74  0,06  79,2 

Das  Thier  consumirt  die  Pflanze,  und  verwandelt  den  Kohlenstoff 
derselben  durch   atmosphärischen  Sauerstoff  in  Kohlensäure;  ohne  die 
Pflanze  vrörde  der  Sauerstoff  der  Atmosphäre  nach  und  nach  in  Kohlen- 
siare  verwandelt  und  dadurch  das  thierische  Leben  unmöglich  gemacht 
sein,  ^e  dies  schnell  in  der  eingeschlossenen  Atmosphäre  des  Wassers  der 
Fall  ist.      Das  Bestehen  der  Pflanzenwelt  kann  daher  ohne  thierisches 
hehen  gedacht  werden,  umgekehrt  ist  aber  das  thierische  Leben  an  die 
Pflanze  gebunden.    Die  Cnltur  macht  daher  Gegenden  bewohnbar,  und 
mit   AnfhÖren  der  Cultur  werden  bisher   bewohnte  Gegenden  bis  zu 
dnem  gewissen  Grad  unbewohnbar.    Der  Kohlenstoff  macht  also  einen 
Kreislanf ;  aus  der  Atmosphäre  geht  er  in  die  Pflanze,  von  dort  in  den 
Tliierkörper,  und  von  hier  gelangt  er  in  die  Atmosphäre  zurjick.  Wir  haben 
nun  in  der  Atmosphäre  eine  gewisse  Menge  Kohlenstoff  als  Vorrath,  der 
die  Zunahme  der  lebenden  Wesen,  Pflanzen  und  Thiere,  möglich  macht, 
aber  nur  bis  zu  einem  gewissen  Grade.     Es  treten  hier  aber  noch  andere 
Quellen  auf,  welche  das  Quantum  an  Kohlenstoff  auf  unserer  Erdober- 
£ftche  beständig  vermehren.    Verschiedene  Thatsachen. lassen  uns  nicht 
zweifeln,  dass  in  einer  früheren  Periode  der  Erdbildung,  zu  einer  Zeit 
als  noch  kein  Thier  die  Erde  bewohnte,  eine  durch  eine  höhere  Tem- 
peratur begünstigte  üppige  Inselvegetation  die  freie  Erdoberfläche  be- 
deckte;   Pflanzen    von   für  die    Jetztzeit  colossalen   Dimensionen  fan- 
den den  ihnen  nöthigen  Kohlenstoff  in  der  sehr  kohlensäurereichen  At- 
mosphärey  nach  dem  Absterben  gelangte  nur  ein  Theil  des  Kohlenstoffs 
derselben  als  Kohlensäure  wieder  in  die  Atmosphäre  zurück ;  ein  grosser 
Tbeil  ward  im  Inneren  der  Erde  in  der  Form  von  Anthracit,  Steinkohle 
und  Brannkohle  aufgespeichert,  in  ähnlicher  Weise  wie  wir  noch  heuti- 
gen Tages  Torf  sich  bilden  sehen ;  für  jeden  Cubikfuss  Kohle  (von  der 
Beschaffenheit  der  Splintkohle  von  Newcastle),  welche  sich  ablagerte, 
wurden  der  Luft  1800  Cnbikfuss  Kohlensäure  entzogen,  und  dafür  eben 
9o  viel  Sanerstoffgas  zugeführt  (Liebig).     Dadurch   ward   die  Atmo- 
sphäre also  nach  und  nach  ärmer  an  Kohlensäure,  aber  reicher  an  Sauer- 
stoff, und  so  konnte  die  Erde  für  Thiere  und  zuletzt  für  den  Menschen 
bewohnbar  werden.     Wenn  wir  jetzt  diese  Kohlenlager  verbrennen,  so 
stellen  wir  die  Kohlensäure  her,  die  in  früheren  Zeiten  der  Erdbildung  als 
solche  in  unserer  Atmosphäre  war,  und  wir  machen  es  dadurch  mög- 
«lieh,  dass  die  Pflanzenmasse  auf  der  Oberfläche  sich  entsprechend  ver- 
mehrt,   wodurch  dann  auch   die  Zunahme  der  Thierwelt  ermöglicht 
wird.     Wenn  wir  endlich  noch  bedenken,  dass  auch  Kohlensäure  in 
grosser  Menge,  theils  in  Folge  vulkanischer  Thätigkeit,  theils  aus  un* 


460  Atmosphäre. 

bekannten  Quellen  aus  dem  Inneren  unserer  Erde  dringt,  so  könna 
wir  annehmen,  dass  die  Zahl  der  Erdbewohner,  der  Pflansen  um 
Thiere,  noch  fortwährend  wachsen  kann  und  wird. 

Die  Frage,  ob  die  Menge  des  atmosphärischen  Sauerstoffs  in  Folg« 
der  bedeutenden  Consumtion  nach  und  nach  sich  verändere ,  lässt  sie] 
für  jetzt  experimentell  nicht  entscheiden ,  was  sich  aufs  überseugendsti 
aus  den  Zahlen verhältniseen  erkennen  lässt,  die  Poggendorffin  fol 
gender  Weise  zusammenstellt  Das  ganze  Volumen  der  trockenen  At 
mosphäre  lässt  dich  =  9307500  Cubikmeilen  annehmen;  der  Saaer 
BtoflT  für  sich  wäre  =  1954570  Cubikmeilen,  das  ist  ein  Cubus  ▼<» 
etwa  125  Meilen  Seite,  wonach  das  Gewicht  des  letzteren  etwa  l  Tril 
Hon  Kilogrm.  betrüge  (nach  Marchand  berechnet  sich  sein  Gewich 
höher,  nämlich  zu  1,2  Trillion  Kilogrm.  s.  S.  423). 

Ein  erwachsener  Mensch  verzehrt,  nach  den  Angaben  von  La 
voisier  und  Davy,  in  24  Stunden  etwa  45000  Pariser  Gubikzol 
=:  26,04  Cubikfuss  Sauerstoff,  im  Jahre  also  9505,2  Gubikfoss.  I>v 
gesammte  Menschheit  zu  1000  Millionen  angeschlagen,  verbraucht  hier 
nach  in  einem  Jahr  9,505200,000000  Cubikfuss,  oder,  da  eine  Cabik< 
meile  11,919500,000000  Cubikfuss  ist,  nicht  mehr  als  0,7975,  das  is 
nicht  ganz  0,8  Cubikmeile.  Lebten  immer  1000  Millionen  erwachsenei 
Menschen  auf  der  Erde,  und  konnten  sie  den  jetzt  vorhandenen  Sauerstof 
bis  auf  das  letzte  Atom  verzehren,  so  würde  dieser  für  2451000  Jahn 
ausreichen.  Wäre  seit  Adam's  Zeiten  immerfort  die  gleiche  Anzak! 
Menschen  dagewesen,  so  würden  sie  bis  jetzt  nicht  einmal  V400  ^^ 
Sauerstoffs  verbraucht  haben,  das  ist  eine  Grösse,  die  sich  unseren  An»' 
lysen  entzieht.  Ein  einziges  Zehntelprocent  des  atmosphärischen  Santf" 
Stoffs  reicht  hin,  das  gesammte  Menschengeschlecht  vielleicht  auf.  lOOOO 
Jahre  mit  Sauerstoff  zu  versorgen.  Wenn  nun  auch  der  zum  Athmea 
der  Thiere,  zu  Verbrennungen  u.  s.  w.  verwendete  Sau^^toff  das  Neun* 
fache  beträgt,  so  würde  die  Abnahme  in  1000  Jahren  erst  ein  Zehntel- 
procent, oder  in  10000  Jahren  ein  Procent  betragen. 

unsere  ältesten  brauchbaren  Analysen  sind  kaum  50  Jahre  alt; 
dass  sie  nicht  im  Stande  wären,  eine  verhältnissmässige  Abnahme  dea 
Sauerstoffs  in  der  Atmosphäre  nachzuweisen,  selbst  wenn  die  Pflansen 
nicht  zu  gleicher  Zeit  auch  wieder  Sauerstoff  regenerirt  hätten,  fod 
wenn  selbst  der  Verbrauch  an  Sauerstoff  auf  1  Proc.  in  1000  Jahres 
stiege,  ist  nach  dem  Vorigen  klar,  da  man  trotz  der  vervoUkommnetei 
Uülfsmittel  der  neuesten  Zeit  den  Sauerstoff  doch  nicht  auf  0,0001  g» 
nau  bestimmen  kann. 

Da  der  der  Atmosphäre  entzogene  Sauerstoff  grösstentheils  in  Kok 
lensäore  verwandelt  wird  und  1  Vol.  Sauerstoff  fast  genau  in  1  Vol.  Kokt 
lensäure  übergeht,  so  fragt  sich,  ob  vielleicht  der  Kohlensäuregehalt  dtf 
Luft  eine  Veränderung  erfährt.  Die  Gesammtmenge  der  Kohlensäure  il 
der  Atmosphäre,  nach  Saussure  dieselbe  im  Mittel  zu  0,0004  Voll 
angenommen,  berechnet  sich  zu  3862  Cubikmeilen  (Poggendorff)! 
durch  das  Athmen  der  Menschen,  ihre  Anzahl  zu  1000  Millionen  s^ 
geschlagen,  würden  jährlich  nicht  ganz  0,8  Cubikmeilen  Kohlensäore  «^ 
zeugt ;  nimmt  man  nun  die  durch  Verbrennung  und  Verwesungspi 
durch  das  Athmen  der  Thiere  erzeugte,  und  aus  anderen  Quellen  s 
mende  Kohlensäure,  freilich  ganz  willkürlich,  nahe  I2mal  so  hoch, 
beträgt  die  jährliche  Erzeugung  an  Kohlensäure  in  runder  Zahl  10  Cubi 
meilen,  und  in  386  Jahren  müsste  dann  der  Kohlensäuregehalt  der 


r 

I  Atome.  461 

aaospb&re  sich  verdoppelt  haben.    Wir  haben  nan,  wie  gesagt,  Ursache 
waznnehmen ,  dass  dies  nicht  geschieht,  dass  sogar  der  Kohlensäure- 
,  ^iialt  der  Atmosphäre  einst  ein  grösserer  war;  ob  er  sich  jetzt  noch 
I  Tenmindert,  wir  wbäen  es  nicht ;  jedenfalls  ist  aber  der  Vorrath  an 
I  Kohlenstoff  in  der  Atmosphäre  in  der  Form  von  Kohlensäure  nicht  so 
1  gering ,   wie  es  erscheint  wenn  man  seine  relative  Menge  mit  der  des 
i  Stickstoffs  und  Bauerstoffs  vergleicht;    denn  die  Atmosphäre    enthält 
mehr  ala  1400  Billionen  Kilogramm  Kohlenstoff,  das  ist  mehr  als  das 
Gewicht   aller  Pflanzen,  aller  bekannten  Stein-  und  Brannkohlenlager 
nsammengenommen  (Liebig).    Danach  können  wir  uns  bei  dem  Ge- 
danken beruhigen ,  dass  die  verschiedenen  Processe  in  entgegengesetz- 
I  ter  Kichtung  auf  die  Bestandtheile  der  Atmosphäre  einwirken,  und  dass 
die   Sch^vrankung  nach  einer  oder  der  anderen  Seite,  so  bedeutend  sie 
iimner  an  und  ffir  sich  sein  mag,  gegenüber  dem  grossen  Quantum  der 
Atmosphäre  doch  in  Jahrtausenden  sich  kaum  bemerklich  machen  kann. 

Fe. 

Atome.  Ueber  die  innere  Beschaffenheit  der  Körper  haben 
•ich  zweierlei  Ansichten  gebildet.  Nach  der  einen  ist  die  Materie  bis 
ins  Unendliche  tbeilbar  und  erföUt  den  Raum  mit  Stätigkeit;  nach  der 
I  anderen  ist  die  Theilbarkeit  begrenzt  und  die  RanmerfüUung  eine  un- 
i  tcrbrochene.  Die  letzten  nicht  weiter  theilbaren  Theilchen,  aus  wel- 
ken, nach  der  zweiten  Ansicht,  die  Materie  zusammengesetzt  ange- 
nommen wird,  nennt  man  Atome  (von  aTOfto^,  ein  Un,zerschneid- 
bares)  und  die  Ansicht  selbst  die  Atomistik  oder  Corpuscnlar- 
philosophie  (^AtomUtica^  PhüoBophia  corptucularis).  Die  Atomistik 
ist  sehr  alt.  Schon  Moschus  aus  Sidon,  mehr  ah  1100  Jahre  vor 
nnserer  Zeitrechnung,  soll  sie  aufgestellt  haben;  dann  findet  man  sie 
bei  Anaxagoras,  Leucipip,  Demokrit,  Epikur,  durch  das  ganze 
Mittelalter  hin,  bis  herab  zu  Descartes,  Gassen di,  Newton,  Le 
Sage  nnd  unseren  Zeiten.  Noch  heut  zu  Tage  ist  die  Mehrzahl  der 
NatorfoTScher  dieser  Vorstellung  zugethan ,  wenn  gleich  man  es  längst 
för  eine  müssige  Beschäftigung  erkannt  hat,  ihr  so  weit  nachzugehen, 
wie  die  Alten,  welche  durch  die  den  Atomen  beigelegten  Formen  alle 
iiiÖ|i?lichen  Eigenschaften  der  Körper,  selbst  die  Einwirkung  derselben 
auf  nnsere  Sinne,  wie  z.  B.  Geruch  und  Geschmack,  zu  erklären  suchten. 
Im  Allgemeinen  denkt  man  sich  nach  dieser  Ansicht,  die  Kör- 
per als  bestehend  aus  starren,  schweren,  trägen,  beweglichen,  absolut 
harten  nnd  undurchdringlichen  Theilchen  von  zwar  äusserst  kleiner, 
aber  verschiedener  Grösse,  die  einander  nicht  berühren.  In  älteren 
Zeiten  nahm  man  die  Masse  aller  Atome  als  gleich  an  und  erklärte 
die  Verschiedenartigkeit  der  Materie  bloss  aus  der  verschiedenen  Zu- 
tammenldgung  der  Atome.  Seitdem,  durch  die  Fortschritte  der  Chemie, 
die  qualitative  Verschiedenheit  der  Körper  in  ein  helleres  Licht  gestellt 
worden»  hat  man  diese  Verschiedenheit  auf  die  Atome  selbst  übertra- 
gen j  und  letztere  nur  zur  Erklärung  gewisser  Eigenschaften  ange- 
wandt,  namentlich  der  Farbe,  Dichtigkeit,  Elaaticität,  Zusammendrück- 
barkeit,  der  Aggregatzustände,  der  Krystallform  u.  s.  w.,  wobei  indeps 
die  Vorstellung  beibehalten  blieb,  sie  hätten,  durch  Wirkung  von  Ab- 
stossnngskräften,  verschiedene,  aber  in  Bezug  auf  ihre  eigene  Grösse 
immer  noch  bedeutende  Abstände  von  einander,  und  wären  bei  starren, 
namentlich  krjstallisirten  Körpern  auf  verschiedene  Weisen  symme- 
trisch angeordnet.     Die  grosse  Entdeckung,  dass  sich  die  Stoffe  so- 


462  Atome. 

wohl  dem  Gewicht  als  dem  Räume  nach  in  festen  und  mehriachi 
Verhältnissen  mit  einander  verbinden,  hat  endlich  eine  wesentlicl 
Umgestaltung  der  Atomistik  herbeigeführt,  nämlich  auch  die  Ai 
nähme  von  einfachen  und  zusammengesetzten,  von  ganzen  und  gi 
theilten  Atomen  veranlasst,  durch  welche  denn  die  ursprüngliche  B* 
deutung  des  Wortes  Atom  gänzlich  aufgehoben  ist.  Diese  neu« 
Atomistik  belegt  man,  zur  Unterscheidung  von  der  älteren,  mit  dai 
Namen  Atomtheorie.     (S.  d.  Art.) 

Die  beiden  entgegengesetzten  Ansichten  von  der  inneren  Beschaffet 
heit  der  Materie  haben  noch  in  neueren  Zeiten  zu  lebhaften  Streitigke 
ten  Anlass  gegeben,  und  während  die  Anhänger  der  einen  mit  einer  S 
cherheit  von  Atomen  reden,  wie  wenn  sie  solche  gesehen  und  betaal« 
hätten,  glauben  die  Vertheidiger  der  anderen  schon  ihrer  Vernunft  e 
was  zu  vergeben,  wenn  sie  nur  das  Wort  Atom  in  den  Mund  nehm« 
Das  Richtige  mag  auch  hier,  wie  bei  vielen  anderen  Dingen,  in  di 
Mitte  liegen.  Gewiss  ist  die  Annahme  einer  begrenzten  Theilbarke 
der  Materie,  aus  welcher  die  der  Atome  entsprang,  eine  rein  hypoth< 
tische,  die,  bis  aufs  äusserste  verfolgt,  zu  mancherlei  Widersprüche 
führt  und  häufig  auch  nicht  mehr  erklärt,  als  was  man  schon  hineii 
gelegt  hat.  Aber  andererseits  ist  auch  gewiss,  dass  noch  Keiner  m 
eine  bestimmte  und  einigermaassen  genügende  Weise  von  den  EigM 
Schäften  und  Erscheinungen  der  Körper  im  Speciellen  Rechenschal 
gegeben  hat,*  ohne  nicht  von  Theilchen  zu  sprechen  imd  diese,  so  wi 
deren  ßeschaffenheit  als  gegeben  vorauszusetzen.  Lässt  man  es  dalü 
gestellt,  ob  die  Theilchen,  die  man  annimmt,  die  letzten  unendliel 
kleinen  untheilbaren  Theilchen,  die  Grund-  oder  Urtheilchen,  kor 
die  wahren  Atome  seien,  erinnert  man  sich  stetd,  dass  die  Annahw 
solcher  Theilchen,  wie  gefällig  sie  sich  auch  manchmal  darbieten  rn«g 
immer  nur  Hypothese  ist,  —  wie  vor  der  Hand  Alles,  was  die  inner 
Constitution  der  Körper  betrifft,  —  so  kann  man  auch  von  Atomei 
reden,  und  in  der  Regel  wird  man  sich  bei  den  damit  verknOpftei 
Vorstellungen,  wenn  sie  auch  blosse  Bilder  sind,  mehr  befriedigt  fühlen 
als  bei  den  sogenannten  dynamischen  Erklärungen,  welche  die  Schwie 
rigkeiten  nur  umgehen,  nicht  heben,  und,  da  sie  gewöhnlich  im  Vn 
bestimmten  schweben  bleiben ,  fast  nie  einer  Anwendung  auf  speciell< 
Fälle  fähig  sind.  In  allen  Fällen  übrigens,  wo  die  nähere  Betrach* 
tung  der  inneren  Constitution  der  Körper  ausser  Spiel  bleibt,  ist  ei 
ganz  überflüssig,  von  Atomen  zu  reden.  Das,  was  z.  B.  der  Chemikei 
für  gewöhnlich  ein  (chemisches)  Atom,  ein  Atomgewicht  nennt,  I8< 
nicht  ein  einzelnes  (physikalisches)  Atom  oder  das  Gewicht  eines  sol- 
chen, sondern  eine  Masse  sehr  vieler  Atome,  eine  bestimmte  Grewichts- 
masse.  Wem  also  das  Wort  Atom  zu  anstössig  ist,  kann  dafür  in 
allen  diesen  Fällen  Massentheil  oder  Mischungsgewicht  sagen: 
so  bleibt  er  rein  bei  der  Erfahrung  stehen.  Wo  es  sich  aber  um  den 
Grund  der  Erscheinungen  handelt,  wird  man  doch  nicht  umhin  können, 
von  Theilchen  zu  reden,  und  da  ist  es  ziemlich  gleichgültig,  wie  man 
dieselben  nennt.  In  neuerer  Zeit  hat  man  auch  das  Wort  Molekäi, 
Molecule  (von  Moles^  Masse)  eingeführt,  welches  Theilchen  (Mas- 
sentheilchen)  bedeutet,  ohne  den  Begriff  der  Untheilbarkeit  damit 
zu  verbinden.  Einige  Physiker  und  Chemiker  gebrauchen  dies  Wort 
schlechthin  als  synonym  für  Atom,  welches  letztere,  nach  Gay-Lussac  t 
Ansicht,  für  die  Physik  und  Chemie  dasselbe,  was  das  Ünendlich-Hewe 


Atomgewichte.  463 

fftr  die  Mathematik  wt.  Andere  dagegen  nehmen  an,  das  Molekül  sei 
ein  Aggregat  von  mehreren  Atomen,  and  wenn  sich  viele  Moleküle 
vereinigen,  entstehe  daraas  ein  Partikel  oder  sichtbares  Theilchen 
der  Materie.  (P.)  A,  S. 

Atomgewichte,  Mischnngsgewichte  der  einfachen  Stoffe 
nennt  man  die  relativen  Gewichte  der  chemischen  Atome  der  Elemente, 
wie  aolch^  der  Atomtheorie  entsprechend  angenommen  werden.  Als 
gleichbedeutend  damit  betrachtet  man  häafig  die  Aequivalent- 
geirichte  oder  die  relativen  Gewichtsmengen  der  Elemente ^  welche 
gleichen  chemischen  Wirkungswerth  haben  und  einander  in  entspre- 
chenden Verbindangen  ersetzen. 

Atomgewicht  und  Aequivalentgewicht  eines  Körpers  sind  indessen 
keineswegs  in  jeder  Beziehung  einander  gleich,  und  obgleich  die  Atom- 
gewichte der  Elemente,  weil  ihre  Annahme  zum  Theil  von  der  Willkür 
abhängt,  den  Aeqnivalentgewichten  in  der  Regel  gleichgesetzt  werden 
können,  so  ist  eine  solche  Gleichstellung  beider  für  die  Verbindangen  in  v 
vielen  Fällen  nicht  möglich. 

Wir  führen   später  die  Gründe  an,  weshalb  viele  Chemiker  das 
Wasser   als  eine  Verbindung  von  2  At.  Wasserstoff  mit   1  At.  Sauer* 
•toff,  und  die  Chlorwasserstoffsäure  als  eine  Verbindung  gleicher  Atome 
Waaaertoff  und  Chlor  betrachten.    Da  das  Wasser  auf  8  Gewichtstheile 
Sauerstoff  1  Gewichtstheil  Wasserstoff  enthält,  so  sind  die  relativen 
Gewichte  der  Atome  hiernach  16: 1  oder  8:0,5.    In  der  Chlorwasser- 
attottaänre  sind  auf  1  Gewichtstheil  Wasserstoff  35,5  Gewichtstheile  Chlor 
enthalten;  hiemach  ist  das  Atomgewicht  des  Chlors  35^5  (wenn  das 
Atomgewicht  des  Wasserstoffs  =  1)  oder  17,75  (wenn  das  Atomgewicht 
des  Wasserstoffs  =  0,5  gesetzt  wird).     Bei  der  Zersetzung  des  Was- 
sers dnrch  Chlor  in  der  Glühhitze  werden  darin  8  Gewichtstheile  Sauer- 
stoff dorch  35,5  Gewichtstheile  Chlor  vertreten;   diese  Mengen  beider 
Stoffe  sind  daher  äquivalent.     In  den  organischen  Verbindungen  wird 
häufig    1    Gewichtstheil  Wasserstoff  durch    35,5  GewicliUtheile  Chlor 
vertreten^  und  wir  müssen  daher  diese  Gewichtsmengen  der  beiden  Stoffe 
einander  äquivalent  annehmen.     Wir  haben  daher 
die  Aeqnivalenz      ...     8  Sauerstoff,    35,5    Chlor,    1     Wasserstoff, 
die  relativen  Atomgewichte  8         „  17,75      „        0,5         „ 

Nimmt  man  dagegen  in  dem  Wasser  eine  gleiche  Anzahl  Atome 
Wasserstoff  und  Sauerstoff  an,  gegen  welche  Annahme  freilich  ver- 
schiedene Gründe  angeführt  werden  können ,  so  wird  das  Atomgewicht 
des  Wasserstoffs  und  somit  auch  das  des  Chlors  den  oben  abgeleiteten 
Aequivalenten  gleich. 

Für  viele  Verbindungen  lässt  sich  dagegen  Atomgewicht  und 
Aequivalent  nicht  gleich  annehmen,  wenn  nämlich  1  Atom  derselben 
mehreren  Aequivalenten  entspricht.  Wenn  wir  uns  zur  Bezeichnung 
der  atomistischen  Zusammensetzung  der  Kürze  halber  der  chemischen 
Formeln  bedienen,  so  wird  das  Eisenoxydul  durch  FeO,  das  Eisen- 
oxyd dnrch  Fe^Og  ausgedrückt.  Die  durch  die  Formel  Fe^Os  dar- 
gestellte Menge  von  Eisenoxyd  ist  aber  nicht  mit  FeO  oder  KO  äqui- 
valent, sondern  mit  3 FeO  oder  3  KO;  sie  bedarf  nämlich  dieser  Men- 
gen, um  aus  ihren  Salzen  (z.  B.  Fe^Os.SSOa)  verdrängt  zu  werden. 
Obgleich  also  Fe^Os  ^^  Atom  des  Eisenoxyds  darstellen  kann,  so 
druckt  diese  Formel  3   Aeq.  Eisenoxyd  aus,   so  dass    1  Aeq.  durch 


464  Atomgewichte. 

Fe%0  bezeichnet  werden  musa.  Letztere  Formel  hat  als  atomiatiflche 
Formel  keine  Bedeutung,  während  sie  als  äquivalente  Formel  wohl  an- 
genommen werden  kann.  Um  diese  Formel  als  atomistische  Fonuel 
betrachten  zu  können,  muss  man  annehmen,  dass  das  chemische  Atoiu 
des  Eisena  (welches  eine  Anzahl  physikalischer  Atome  einschlie^sen 
kann)  verschieden  ist,  je  nachdem  das  Eisen  als  Bestandtheil  der  Rlsen- 
oxydulsalze  oder  der  Eisenoxyddalze  auftritt.  Beiderlei  Salze  verhal- 
ten sich  in  der  That  so  verschieden  von  einander,  wie  die  ^alze  tob 
zweierlei  Metallen,  und  wir  würden  ohne  Zweifel  in  den  Eisenozyd- 
salzen  ein  anderes  Metall  als  in  den  Eisenoxydulsalzen  annehmen,  wenn 
es  nicht  gelänge,  beiderlei  Salze  aus  demselben  Stoffe  darzustellen 
oder  die  Verbindungen  in  einander  überzuführen.  Laurent  nnd 
Gerhardt  bezeichnen  auch  in  der  That  das  Atom  des  Eben«  durch 
verschiedene  Zeichen  und  zwar  das  in  den  Eisenoxydsalzen  enthaltene 
Atom  des  Eisens  durch  fe  =  ^/^  .  28  =  18,7  Gewichtstheile,  wahrend 
das  Atom  Eisen  in  den  Eisenoxydulsalzen  wie  gewöhnlich  Fe  =  28 
Gewichtstheile  geschrieben  wird. 

Ebenso  drückt  die  Formel  PO5  1  At.  Fhosphoraäure,  aber  3  Aeq. 
Phosphorsäure  aus,  so  dass  1  Aeq.  Phosphorsäure  Py,  Oy,  geschrie- 
ben werden  müsste;  1  At.  Phosphorsäure  ist  daher  3  Aeq.  Phosphor- 
säure gleich,  nnd  1  Aeq.  Phosphorsäure  lässt  sich  nicht  durch  atomi- 
stische Formeln  darstellen,  weil  es  wegen  der  dreibasischen  Natur  der 
Phosphorsäure  nicht  existirt. 

Um  die  atomistischen  Formeln  in  ihrem  Ausdrucke  so  viel  alz 
möglich  mit  den  äquivalenten  Formeln  in  U  ebereinstimmung  zu  bringen, 
wendet  man  häufig  bei  denjenigen  Elementen,  bei  welchen  in  dem 
Aequivalent  2  Atome  angenommen  werden,  zur  Bezeichnung  der  2  Atome 
oder  eines  sogenannten  Doppel atoms  durchstrichene  Buchstaben  an, 
so  dass  z.  B.  1  Aeq.  =  2  At.  Wasserstoff'  durch  ft,  1  Aeq.  =  2  At 
Chlor  durch  Gl  bezeichnet  wird. 

Zur  Bestimmung  des  Atomgewichtes  eines  einfachen  Körpers  most 
man  im  Allgemeinen  kennen : 

1)  die  Zusammensetzung    einer  Verbindung    desselben    mit    einem 
oder  mehreren  Körpern  von  bekanntem  Atomgewicht; 

2)  die  atomistische  Zusanunensetzung  dieser  Verbindung. 

Der  ersten  Bedingung  lässt  sich  durch  das  Experiment  genügen, 
die  zweite  ist  von  der  Theorie  abhängig  und  wechselt  mit  den  Grand- 
sätzen der  Atomtheorie. 

Die  Zahlen,  durch  welche  wir  die  Atomgewichte  ausdrücken,  sind 
daher  abhängig: 

1)  von  der  Annahme  der  Einheit,  welche  den  Verhältnisszahlen 
zu  Grunde  gelegt  wird; 

2)  von   der  Annahme   der  atomistischen  Zusammensetzung  der  sur 
Analyse  gewählten  Verbindung; 

3)  von  der  Genauigkeit  in  dem  Resultate  der  Analysen,  aus  welchen 
die  Atomgewichte  abgeleitet  wurden. 

Obgleich  man  jede  Analyse  einer  Verbindung  rar  Berechnung  des 
Atomgewichts  eines  Bestandtheib  anwenden  kann,  so  werden  doch  snr 
Feststellung  der  Atomgewichte  der  Grundstoffe  bestimmte  Versuche 
gewählt,  die  zu  diesem  Zweck  angestellt  wurden.  Während  bei  ande- 
ren Analysen,  z.  B.  solchen,  die  zur  Ermittelung  der  chemischen  Formel 


Atomgewichte.  465 

neuer  Verbindungen  ausgefOhrt  werden,  man  sich  oft  mit  einer  gerin- 
geren Genauigkeit  und  Sorgfalt  begnügen  kann,  wenn  die  Resultate  nur 
Über  das  Verhältnlss  der  Atomanzahl  keinen  Zweifel  übrig  lassen, 
mnas  man  bei  den  Atorogewichtsbestimmungen  der  Grundstoffe  die 
höchste  Genauigkeit  zu  erreichen  suchen,  und  .darf  keine  Vorsichtsmaass- 
regel,  wodurch  Fehler  ausgeschlossen  werden,  versäumen.  Da  man 
hierbei  unter  allen  beliebigen  Verbindungen  eines  Elementes  wählen 
kann,  so  hat  man  bei  der  Entscheidung  auf  mehrere  Punkte  Rücksicht 
xn  nehmen.  Vor  Allem  mnss  die  Verbindung,  aus  deren  Analyse  das 
Atomgewicht  abgeleitet  werden  soll,  sich  im  Zustande  absoluter  oder 
höchster  Reinheit  darstellen  lassen.  Hygroskopische,  flüchtige,  an  der 
Loft  Teränderliche  und  unkrystallisirbare  Stoffe  wird  man  also  so  viel  wie 
möglich  vermeiden.  Die  Analyse  soll  einfach,  ohne  vielfache  Operationen, 
aassnföhren  sein,  und  es  muss  hierzu  eine  grössere  Quantität  angewen- 
det werden,  damit  die  unvermeidlichen  Wägungsfehler  und  die  Diffe- 
renzen in  dem  Gewicht  der  Apparate  möglichst  wenig  Einfluss  erhalten. 
Man  sollte  endlich  solche  Verbindungen  des  zu  untersuchenden  Grund- 
stoffes ^w^ählen,  in  welchen  sich  ausserdem  nur  Grundstoffe  von  genau 
bekanntem  Atomgewicht  befinden.  In  dieser  Beziehung  verdienen  die 
Sauerstoffver  bin  düngen  vor  Allen  den  Vorzug,  insofern  das  Atomge- 
wicht des  Sauerstoffs  entweder  als  Einheit  gewählt  wird,  oder  wenig- 
stens, wenn  man  das  Atomgewicht  des  Wasserstoffs  zur  Einheit  wählt,  mit 
grosser  Genauigkeit  bekannt  ist.  Die  Mehrzahl  der  Atomgewichte  wurde 
daher  anch  aus  der  Analyse  von  Oxyden  oder' aus  der  Gewichtsverän- 
derang,  welche  bei  der  Verwandlung  eines  Oxyds  in  ein  anderes  statt- 
findet, abgeleitet. 

£ine  eigenthümliche  Methode  zur  Berechnung  des  Atomgewichts 
der  Grandstoffe  wurde  von  Strecker^)  in  Vorschlag  gebracht,  und  in 
einem  Beispiel  angewendet;  er  zeigte  nämlich,  wie  man  durch  Bestim- 
nning  eines  einzelnen  Elementes,  welches  in  verschieden  zusammenge- 
.  fetzten  Verbindungen  enthalten  ist,  die  Atomgewichte  einer  Anzahl  ver- 
'  sehiedener  Elemente  ableiten  kann.  Aus  der  von  einer  Reihe  organischer 
SUbersalze  durch  Verbrennen  erhaltenen  Silbermenge  bestimmte  er  die 
Atomgewichte  des  Kohlenstoffs,  des  Wasserstoffs  und  des  Silbers,  ohne 
för  ein  einziges  Element  aus  anderen  Versuchen  abgeleitete  Atomge- 
wichte zu  Grunde  zu  legen. 

Ansden  von  Liebig  und  Redtenbacher  ausgeführten  Silberbestim- 
nmigen  des  essigsauren,  weinsauren  (traubensauren)  und  äpfelsauren  Sil- 
beroxyds lassen  sich  diese  drei  Atomgewichte  in  folgender  Weise  berech- 
nen. Bezeichnet  man  durch  m,  m',  m'^  die  Gewichte  der  angewendeten 
SUbersalze ,  durch  »,  ^,  s^'  das  Gewicht  des  daraus  durch  Verbrennen 
erhaltenen  Silbers,  so  kann  man  folgende  drei  Gleichungen  ansetzen: 

(för  essigsaures  Silberoxyd)  4  C  -)-  3  H  -|-  400  =    Ag, 

o 

(flir  weinsanres  Süberoxyd)  4  C  +  2  H  -f  600  =   .    ^      Ag, 

(för  äpfelsaures  Silberoxyd)  4  C  4-  2  H  4-  500  =  — -^p-  Ag. 
Aus  diesen  drei  Gleichungen  lassen  sich  die  drei  Grössen  C,  H,  Ag 


')  AnnaL  d.  Ghem.  a.  Pharm.  Bd.  LIX,  S.  266. 
Hiiidv5rtflrbiic3i  der  Chemie.    Ste  Aafl.  Bd.  II.  80 


466  Atomgewichte. 

berechnen.     Die  nach  der  Methode  der  kleinsten  Quadrate  aosgefuhrie 
Berechnung  ergab: 

C  =      75,415  ±  0,061 
Ag  =  1348,70    ±10,37. 

Obgleich  die  Methode  der  Analyse  von  allen  die  einfachste  ist, 
so  darf  man  doch  in  dem  gegebenen  Beispiel  keine  sehr  grosse  Ge- 
nauigkeit erwarten,  weil  die  Anzahl  der  Kohlenstoff-  und  Wasserstoff- 
ntome  in  den  drei  analjsirten  Salzen  zu  nahe  übereinstimmt  Für  eine 
genauere  Bestimmung  der  Zahlenwerthe  mtisste  man  eine  grössere  An- 
zahl von  Salzen,  deren  Säuren  sehr  verschieden  im  Kohlenstoffgehalt 
sind ,  wählen ,  und  man  könnte  zugleich  andere  Salze ,  wie  Kalk-  und 
Barytsalze ,  deren  Gehalt  an  Basis  sich  durch  Verbrennung  genau  er- 
mitteln lässt,  mit  in  die  Rechnung  ziehen,  wodurch  man  constante,  der 
Methode  angehörige  Fehler  ermitteln  könnte.  Durch  die  Verbrennung 
stickstoffhaltiger  Silbersalze  könnte  man  zugleich  das  Atomgewicht  des 
Stickstoffs  mit  in  Rechnung  ziehen.  Ein  Hauptvortheil,  welchen  man 
durch  diese  Methode  erreicht,  ist  femer,  dass  die  Genauigkeit  der  Atom- 
gewichte sich  gegenseitig  controlirt.  Bei  der  Berechnung  wird  man 
am  besten,  wie  es  auch  Strecker  ge^han,  die  Methode  der  kleinsten 
Quadrate  anwenden. 

Da  die  Atomgewichte  (oder  Mischnngsgewichte)  wie  angeführt, 
von  der  Annahme  der  atomistischen  Zusammensetzung  (oder  Formel) 
der  zur  Analyse  gewählten  Verbindung  abhängig  sind,  und  in  dieser 
Beziehung  oft  keine  Uebereinstimmung  zwischen  verschiedenen  Chemi- 
kern stattfindet,  so  findet  man  schon  aus  diesem  Grunde  die  Atomzahlen 
in  den  Lehrbüchern  häufig  sehr  verschieden  angegeben.  Gewohnlich 
differiren  solche  Atomgewichte  in  dem  Verhältniss  von  1 :  2  (z.  B.  Chlor, 
Brom,  Jod,  Fluor,  Wasserstoff^  Antimon,  Wismuth,  Arsen,  Gold  u.  a.), 
öfters  in  dem  von  2:3  (z.  B.  Kiesel,  Beryllium,  Yttrium,  Thoriam, 
Tantal  u.  a),  sehr  selten  in  anderen  Verhältnissen.  Die  ersten  lassen 
sich  leicht  durch  MultipUcation  oder  Division  mit  2,  die  anderen  mit 
1,5  in  einander  verwandeln. 

Andere,  stets  weit  geringere  Unterschiede  werden  durch  die  Ver- 
suchsfehler in  den  zur  Berechnung  benutzten  Analysen  hervorgebracht. 
Es  ist  bekannt,  dass  wir  Nichts  mit  absoluter  Genauigkeit  wägen  oder 
messen  können,  und  es  ist  somit  unmöglich,  die  Atomgewichte  mit  ab- 
soluter Genauigkeit  aus  den  Resultaten  der  Analysen  abzuleiten.  Die 
von  der  Wage  und  den  Gewichten  herrührenden  Fehler  sind  übrigens 
bei  den  chemischen  Analysen  bei  der  jetzigen  Vollkommenheit  der  In- 
strumente sehr  gering  im  Vergleich  mit  anderen  Fehlem,  z.  B.  den- 
jenigen, welche  von  wechselnder  Gondensation  von  Wasser  anf  der 
Oberfläche  der  zu  wägenden  Körper,  Verlust  oder  Ueberschuss  bei  der 
Ausitihrung  der  Analyse  herrühren.  Diese  zufalligen  und  wechselnden 
Fehler,  welche  bei  der  einen  Ausföhrung  einen  ueberschuss,  bei  einer 
anderen  einen  Verlust  bewirken,  lassen  sich  durch  Rechnung  gross ten - 
theils  eliminiren,  indem  das  arithmetische  Mittel  der  Messungen  mit 
um  so  grösserer  Wahrscheinlichkeit  der  Wahrheit  sich  nähert,  je  grösser 
die  Anzahl  der  (gleich  guten)  Versuche  ist  Es  ist  daher  von  Wichtig- 
keit, zur  Bestimmung  des  Atomgewichtes  eines  Grundstoffes,  stets  eine 
grosse  Anzahl  von  Versuchen  anzustellen,  wodurch  man  zugleich  an 
der  Abweichung  der  einzelnen  Versuche  unter  einander  .einen  Maass- 
stab für  die  Benrtheilung  des  Fehlers  hat.     Man  kann  z.  B.  den  wahr- 


Atomgewichte.  467 

Mheinlichen  Fehler  des  Resultats  nach  der  Methode  der  kleinsten 
Quadrate  berechnen. 

Hänfig  macht  sich  aber  in  den  chemischen  Analysen  ein  anderer 
Fehler  b^merklich ,  welcher  nicht  l^ald  positiv  bald  negativ  ist,  sondern 
stets  in  derselben  Richtung  seinen  Einflnss  ansübt,  und  in  dieser  Bezie- 
bang  constant  genannt  werden  kann.  Es  ist  klar^  dass  dieser  Fehler 
durch  Yermehning  der  Anzahl  der  Versuche  und  durch  Berechnung  des 
Mittels  nicht  eliminirt  oder  vermindert  werden  kann.  Solche  constante 
Fehler  scheinen  bei  den  chemischen  Analysen  häufig  vorsukoramen  und 
viel  mehr  zu  betragen  als  die  eliminirbären  Fehler.  Das  Stattfinden 
lolcher  Fehler  ist  nicht  immer  leicht  zu  bemerken,  am  besten  noch  durch 
VerandemDgen  in  der  Methode  der  Bestimmung. 

Als  Beispiel  solchen  constanten  Fehlers  Aihren  wir  die  Bestimmung 
der  Zusammensetzung  des  Eisenoxyds  an,  welche  Svaorberg  und 
Nor  1  in  zur- Feststellung  des  Atomgewichtes  des  Eisens  auf  zwei  Wegen 
Tersuchten,  nämlich  1)  durch  Wägung  des  aus  einer  gegebenen  Menge 
von  Eisen  durch  Oxydation  mit  Salpetersäure  darzustellenden  Eisen- 
oxyds  und  2)  durch  Wägung  *des  aus  einer  gegebenen  Quantität  Eisen- 
oxyd durch  Reduction  mit  Wasserstoffgas  erhaltenen  Eisens.  Auf  150 
Thle.  Sauerstoff  berechnet  betrug  die  Menge  des  Eisens  im  Eisenoxyd : 

Nach  der  ersten  Methode  Nach  der  zweiten  Methode 

849,6  350,4 

348,9  350,3 

848,8  350,2 

849,5  350,5 

349.8  351,2 
349,5  350,9 

348.9  350,6 

Mittel  349,2  Mittel   850,6 

Svanberg  und  Nor  1  in  nahmen  fQr  das  Atomgewicht  des  Eisens 
das  Mittel  ans  349,2  und  350,6,  nämlich  349,9  (oder  27,99). 

Es  ist  aber  klar,  dass  in  einer  der  zwei  Methoden,  wenn  nicht 
in  beiden,  ein  constanter  Fehler  liegt;  die  Differenzen  in  den  Resultaten 
der  einzelnen  Reihen  sind  von  zufölligen  Fehlem  bewirkt  und  weit  ge- 
ringer als  die  in  den  Mittelzahlen  aus  jeder  Reihe,  welche  von  der  Me- 
thode abhängen.  Nur  in  dem  Falle,  dass  zwei  constante  Fehler  von 
entg'egengeeetzter  Richtung  vorhanden  wären ,  könnte  man  durch  An- 
nähme  der  Mittelzahl  ans  beiden  Versuchen  der  Wahrheit  näher  kom- 
v«n.  Dies  müsste  aber  erst  durch  Auffindung  der  Ursache  des  con- 
stanten Fehlers  bewiesen  werden. 

Berzelins  glaubt  in  der  ersten  Methode  einen  constanten  Fehler 
entdeckt  zu  haben,  wodurch  die  Menge  des  Eisenoxyds  zu  gross  gefun- 
den wurde.  Er  bemerkt  nämlich :  da  die  Auflösung  des  Eisens  in  Sal- 
petersäure in  einem  Olasgefass  geschah,  worin  auch  das  Eindampfen 
ond  Ansglflhen  stattfand,  so  sei  anzunehmen,  dass  das  Glas  angegriffen ^ 
worden  und  bei  dem  Glühen  ein  Theil  der  Säure  in  Verbindung  mit 
dem  Alkali  geblieben  sei.  Indem  Berzelius  dieselbe  Operation  mit 
Eisen  in  einem  Platintiegel  vornahm,  fand  er  in  dem  Eisenoxyd  auf 
150  Thle.  Sauerstoff  350,37  und  350,27  Thle.  Eisen. 

Hiernach   ist  die  erste  Reihe  der  Versuche  von  Svanberg  und 
Norlin  mit  einem  constanten  Fehler  behaftet,  und  Berzelius  nimmt 

30* 


468  Atomgewichte. 

nnr  die  zweite  Reihe  and  seine  oben  angefiihrten  Verrache  in  Reehnmg 
lind  findet  somit  das  Atomgewicht  des  Eisens  ab  Mittel  der  neim 
Versuche  zu  850,5  (oder  28,04). 

Im  Allgemeinen  zeigt  sich  ein  ähnliches  Verhalten  bei  der  Mehr- 
zahl der  Analysen,  welche  znr  Bestimmang  des  Atomgewichts  der  Ele- 
mente ausgeführt  wurden.  Die  nach  verschiedenen  Methoden  be- 
stimmten Atomgewichte  zeigen  grössere  Unterschiede  von  einander,  als 
die  in  verschiedenen  Versuchen  nach  derselben  Methode  ermittel- 
ten Atomgewichte. 

Als  ein  weiterer  Grund,  weshalb  die  von  verschiedenen  Gheroiken 
angenommenen  Atomgewichte  von  einander  abweichen,  muss  noch  an- 
geführt werden,  dass  einige  Chemiker  die  Gewichte  der  Substanzen  bei 
der  Bestimmung  des  Atomgewichtes  auf  den  leeren  Baum  rednciren, 
andere  dagegen  die  unmittelbar  gefundenen  Gewichte  (in  der  Luft) 
in  Rechnung  ziehen.  Berücksichtigt  man  endlich  noch ,  dass  ans  einer 
Reihe  von  Versuchen  öfters  ein  von  dem  Mittel  ungewöhnlich  abwei* 
chendes  Resultat  von  der  Berechnung  des  Endresultates  (beaonders 
häufig  von  Berzelius)  ausgeschlossen  worden  ist,  so  erklärt  sieh  die 
Mannigfaltigkeit  in  den  Angaben  Über  die  Atomgewichte  der  Elemente, 
welche  demselben  Autor  zugeschrieben  werden.  Eine  solche  AusschUei- 
sung  gewisser  ihres  Resultates  wegen  für  verdächtig  gehaltener  Versuche 
möchte  im  Allgemeinen  als  unzulässig  angesehen  werden  müssen,  wenn 
sie  nicht  von  dem  Autor  geschieht ,  welcher  allein  beurtheilen  kann,  ob 
ein  solcher  Versuch  mit  gleicher  Sorgfalt  wie  die  übrigen  ausgeführt 
wurde,  und  ob  kein  beobachteter  Fehler  stattfand. 

Da  die  Atomgewichte  nur  Verhältnisszahlen  sind,  welche  die  re- 
lativen Gewichte  der  Atome  oder  der  in  den  chemischen  Verbindungen 
enthaltenen  elementaren  Bestandtheile  ausdrücken ,  so  könnte  man  bei 
der  Berechnung  von  irgend  einem  Atomgewicht  und  einer  beliebigen  Zahl 
ausgehen;  am  besten  wird  man  das  Atomgewicht  eines  Elementes  zor 
Einheit  wählen.  Dalton^),  welcher  zuerst  den  Begriff  des  Atomge- 
wichtes einführte,  setzte  bei  der  Berechnung  das  Atomgewicht  des  Was- 
serstoffs =  1,  worin  ihm  Prout  und  Andere  folgten.  Berzelius  fand 
es  dagegen  besser,  bei  der  Berechnung  der  Atomgewichte  von  dem  des 
Sauerstoffs  auszugehen  und  dasselbe  zur  Einheit  zu  wählen.  Er  setste 
dasselbe  gleich  100,  aus  denselben  Gründen,  weshalb  man  die  Zusam- 
mensetzung gewöhnlich  auf  100  Thie.,  statt  auf  1  Thl.  berechnet.  Diese 
Wahl  des  Sauerstoffs  wurde  dadurch  gerechtfertigt,  dass  damals  haupt- 
sächlich nnr  die  Sauerstoff^erbindungen  genauer  bekannt  waren",  wie 
denn  in  der  Mineralchemie  dieselben  noch  immer  als  die  wichtigsteo 
angesehen  werden.  Auch  wurden  die  meisten  Atomgewichte  aus  der 
Zusammensetzung  von  Sanerstoffverbindnngen  abgeleitet. 

Prout  ^)  hat  dagegen  für  Beibehaltung  des  Atomgewichtes  des 
Wasserstoflfs  zur  Einheit  als  entscheidenden  Grund  angefUhrt,  dass  die 
Atomgewichte  aller  Elemente  Vielfache  von  dem  Atomgewicht  des 
WasserstofiB  seien,  wonach  also  sämmtliche  Atomgewichte,  wennH=  1« 
gesetzt  wird,  sich  durch  ganze  Zahlen  genau  ausdrücken  Hessen. 

Dieser  Hypothese  fehlte  jedoch  eine  jede  theoretische  Begründung 
und  experimentell  konnte  schon  aus  dem  Grunde  ihre  Richtigkeit  nicht 


*)  Tn  der  Schrift:  A  oew  System  of  chemical  philosophj.  —  *)  AnnAls  to  Philo«. 
1816,  T.  VI,  p.  821. 


Atomgewichte.  469 

bewiesMi  werden,  weil  dieVorsache,  aus  weloben  man  damals  die  Atom- 
gewichte bereehnete,  meistens  zu  wenig  genau  waren.  Th.  Thomson^) 
versuchte  die  Richtigkeit  der  von  Prout  dieser  Hypothese  zu  Folge  ange- 
nommenen Atomgewichte  durch  Versuche  darzulegen,  indem  er  gleiche 
Atomgewichte  solcher  Verbindungen,  welche  durch  doppelte  Zersetzung 
unlösliche  oder  leicht  sublimirbare  Froducte  erzeugen,  abwog,  und 
naehwies,  dass  nach  stattgeAmdener  Zersetzung  weder  von  dem  einen 
noA  Ton  dem  anderen  Körper  ein  Ueberschuss  vorhanden  war.  Diese 
Methode  der  Controle  ist  gewiss  in  vielen  Fällen  mit  Nutzen  anwendbar, 
doch  scheinen  Thomson's  Versuche  nicht  hinlänglich  sorgfältig  ange- 
stellt worden  zu  sein,  da  er  auch  für  unrichtige  Atomgewichte  Bestätigung 
in  seinen  Versuchen  fand.  Turner  hat  später  gleichfalls  die  Atomge- 
wichte von  Prout  zu  controliren  versucht  und  ist  dabei  zu  dem  Resultat 
gelangt,  dass  dieselben  ungenau  seien,*und  zwar  auch  für  solche  Atom- 
gewichte, welche  jetzt  als  die  genauesten  angesehen  werden  (z.  B.  N 
=  175  oder  14,0;  nach  Turner  177  oder  14,16). 

In  der  Geschichte  der  Atomgewichte  ist  Berzelius'  Namen  mit 
glinsender,  unauslöschlicher  Schrift  eingeschrieben.  Sein  ganzes  Le- 
ben hindurch  hat  er  diesem  Gegenstande  mit  Vorliebe  seine  Thätigkeit 
gewidmet  9  und  seine  sinnreichen  Methoden  zur  Ermittelung  der  Atom* 
gewichte  sind  noch  jetzt  Vorbilder  oder  selbst  unveränderte  Vorschrif- 
ten. Indessen  waren  die  Zahlen,  die  wir  niemals  mit  absoluter  Ge- 
nauigkeit aus  den  Versuchen  ableiten  können,  zum  Theil  zwar  sehr 
genau,  acum  Theil  aber  auch  mit  grösseren  Fehlem  behaftet,  die  durch 
fortgesetzte  Versuche  berichtigt  werden  konnten. 

Als  Dumas  und  Stas  im  Jahr  1840  nachwiesen,  dass  das  Atom- 
gewicht des  Kohlenstoffs  so  nahe  mit  75  (also  dem  sechsfachen  Ge- 
wicht des  Doppelatoms  Wasserstoff)  übereinkomme,  dass  diese  Zahl 
unbedenklich  statt  der  direct  gefundenen  Zahl  75,005  angenommen 
werden  könnte,  und  dass  die  von  Berzelius  für  das  Atomgewicht  des 
Kohlenstoffs  gegebene  Zahl  76,4  um  etwa  2  Proc.  ungenau  ist,  erschien 
es  ndthig,  alle  anderen  Atomgewichte  genau  zu  controliren,  imd  Du- 
mas und  Stas,  sowie  Erdmann  und  Marchand,  Marignac,  Fe« 
louse,  Schneider  und  andere  Chemiker  haben  sich  der  Aufgabe  mit 
Eäier  angenommen.  Für  viele  Elemente  ergab  sich  das  Atomgewicht  als 
an  Mnltiplnm  des  Atomgewichts  des  Wasserstoffs,  oder  wenigstens, 
dass  die  in  verschiedenen  Versuchen  erhaltenen  Resultate  in  engen 
Grrenzen  um  ein  solches  Multiplum  schwankten. 

Dies  war  der  Fall  mit  den  Atomgewichten  folgender  Elemente: 


Arsen 

Kobalt 

Quecksilber 

Bor 

Kohlenstoff 

Rhodium 

Brom 

Lanthan 

Sauerstoff 

Calcium 

Magnesium 

Schwefel 

Cer 

Molybdän 

Silber 

Didym 

Natrium 

Stickstoff 

Eisen 

Nickel 

Titan 

Fluor 

Osmium 

Uran 

Gold 

Palladium 

Wismuth 

Jod 

Phosphor 

Wolfram 

Kalium 

.  Platin 

Ziun 

<)  Ad   ftttempt   of  csUblish   thc   first    principles   of  rhemistrr   bv   Experiment. 
London,  1825. 


470  Atomgewichte. 

Nicht  alle  Atomgewichte  der  obigen  33  Grundatoffe  sind  übiigeiu 
mit  gleicher  Genauigkeit  bekannt;  für  einige,  wie  Arsen,  Brom,  Cal- 
cium, Eiden,  Kobalt,  Kohlenstoff,  Magnesium,  Natrium,  Nickel,  Phosphor, 
Quecksilber,  Sauerstoff,  Silber,  Stickstoff,  Schwefel  and  Wismuth  sind 
<Üe  Atomgewichte  durch  die  genauesten  Versuche  sehr  annähernd  be- 
kannt und  die  aus  dem  Mittel  der  Versuche  abgeleiteten  Werthe  kommen 
^  einem  Multiplum  von  dem  Atomgewicht  des  Wasserstoffs  so  nahe,  dass 
man  nicht  nur  letzteres  statt  des  ersteren  ohne  merklichen  Einfluss  in 
allen  Fällen  bei  den  Berechnungen  anwenden  kann,  sondern  daas  es 
selbst  sehr  wahrscheinlich  ist,  dass  diese  Multipla  die  wahren  Atomge- 
wichte sind.  Bei  anderen  sind  die  Atomgewichte  noch  nicht  mit  gleicher 
Schärfe  bestimmt  worden,  und  die  aus  den  verschiedenen  einzelnen  Ver- 
suchen abgeleiteten  Atomgewichte  schwanken  in  weiteren  Grenzen  um 
solche  Multipla,  so  dass  man  diese  wohl  als  Annäherungen  statt  der 
direct  aus  dem  Mittel  der  Versuche  abgeleiteten  Zahlen  wählen  kann, 
ohne  dass  es  jedoch  ebenso  wahrscheinlich  wie  bei  den  ersten  ist,  dass 
dieselben  wirklich  die  wahren  Atomgewichte  sind.  Es  bleiben  hier- 
nach noch  viele  Grundstoffe  übrig,  deren  durch  Versuche  gefundenen 
Atomgewichte  Multiplen  des  Wasserstoffatoms  nicht  so  nahe  liegen,  als 
dass  man  letztere  statt  der  ersteren  ohne  bedeutende  Veränderung  wäh- 
len konnte,  doch  ist  es  möglich,  dass  eine  sorgfältigere  Bestimmung  des 
Atomgewichts  für  einige  derselben  solchen  Multiplen  von  dem  Atom- 
gewicht des  Wasserstoffs  sehr  nahe  liegende  Zahlen  ergeben  wird. 

Nur  für  wenige  Grundstoffe  kann  man  es  dagegen  für  erwiesen 
ansehen,  dass  ihr  Atomgewicht  kein  Vielfaches  von  dem  des  Was- 
serstoffs ist,  nämlich  für  Barium,  Blei,  Chlor  und  Kupfer. 

Es  möchte  dies  wohl  genügend  erweisen,  dass  die  Prout'sche 
Hypothese  in  ihrer  Allgemeinheit  unrichtig  ist,  während  sie  mit  grosser 
Wahrscheinlichkeit  für  eine  gewisse  Anzahl  von  Grundstoffen  für  wahr 
gehalten  werden  kann. 

Betrachtet  man  die  Stoffe,  deren  Atomgewichte  entweder  absolut 
genau  oder  sehr  annähernd  Vielfache  von  dem  des  Wasserstoffs  sind, 
90  findet  man  darunter  diejenigen,  welche  die  zahlreichsten  Verbindun- 
gen eingehen,  namentlich  die  sogenannten  organischen  Elemente,  Koh- 
lenstoff, Stickstoff,  Sauerstoff  und  Schwefel.  Da  nun  alle  Berechnungen 
weit  einfacher  sind,  wenn  man  für  das  Atomgewicht  dieser  Elemente 
das  Gewicht  eines  Doppelatoms  Wasserstoff  zur  Einheit  wählt,  so  ha- 
ben viele  Chemiker,  besonders  die  sich  specieller  mit  den  organischen 
Verbindungen  beschäftigen,  es  vorgezogen,  wieder  zur  ursprünglich  von 
Dalton  eingeführten  Einheit  zurückzukehren. 

Die  Atomgewichte  werden  gewöhnlich  (besonders  wenn  0  =  100 
gesetzt  wird)  auf  eine  unnöthig  grosse  Anzahl  von  Decimalstellen  be- 
rechnet. In  Berzelius'  Tabelle  findet  man  dieselben  gewöhnlich  auf 
drei  Decimalstellen  angeführt,  also  nicht  selten  auf  MillionteVdes  ganzen 
Werthes.  Es  ist  aber  klar,  dass  es  nichts  nützen,  und  weniger  genan 
mit  den  Grundversuchen  Bekannte  nur  irreleiten  kann,  die  Zahlen  der 
Versuche  selbst  nur  auf  Tausendtel  zu  berechnen,  wenn  die  Versuche 
noch  nicht  auf  Hunderttel  genau  sind.  Das  Atomgewicht  des  Sil- 
bers ist  von  Berzelius  selbst  auf  Hundertmilliontel  berechnet  worden 
(1349,66258),  während  es  als  wahrscheinlich  angesehen  werden  kann, 
dass  dasselbe  vielmehr  1350  ist,  und  Marignac  aus  denselben  Ver* 
suchen  wie  B^zelius  1349,01  berechnete.    Das  Atomgewicht  des  Au- 


Atomgewichte.  471 

tiinons  fährt  Berzeliua  an  &b  =  1612,903,  wäBrend  neuere  Versuche 
zeigten,  dass  es  nahezu  1504  ist,  wonach  das  ältere  Atomgewicht  einen 
Fehler  yon  über  7  Proc.  einschloss.  Wir  wollen  hier  nicht  darauf  ein- 
gehen ^  dass  andere  Atomgewichte  von  Berz,elius  (z.  B.  Beryllium, 
Tantal)  noch  viel  grössere  Fehler  enthalten. 

Zur  Benrtheüung  der  Frage,  bis  auf  welchen  Theil  des  ganzen 
Werthes  die  Atomgewichtszahlen  berechnet  werden  sollten,  müssen  wir 
zuerst  untersuchen,  in  wie  weit  die  Versuche  zur  Ermittelung  der 
Atom^^ewichte  genau  sind.  Berechnet  man  daher  den  wahrscheinlichen 
Fehler  der  Analysen,  so  findet  man  ihn  selbst  in  den  besten  und  zahlreich- 
sten Versuchen  über  Vioooo,)  ^^^^  ^^^  ^^^^  grossen  Mehrzahl  der  Atom- 
gewichte betragt  er  mehr  als  ^looo  ^^^i*  uoch  weit  mehr.  Dabei  ist 
aber  auf  die  constanten  Fehler  der  Methoden  keine  Rücksicht  genom- 
men ,  und  wir  können  daher  annehmen ,  dass  das  Atomgewicht  keines 
einzigen  Körpers  auf  ^/loooo  genau  aus  den  Versuchen  bis  jetzt  abzu- 
leiten ist,  während  die  jetzt  berechneten  Atomgewichte  vieler  Körper 
Fehler  von  Tausendstel  oder  selbst  Procenten  einschliessen. 

Berechnet  man  daher  die  Atomgewichte  der  Grundstoffe  auf  Zehn- 
taiuendtel  ihres  Werthes,  so  ist  wenigstens  die  letzte  Stelle  schon 
rein  zufällig  und  dürfte  als  die  äusserste  Grenze  angesehen  werden, 
bis  zu  welcher  man  vernünftiger  Weise  jetzt  gehen  kann. 

Wir  geben  in  dem  Folgenden  eine  Uebersicht  der  Versuche,  auf  wel- 
chen unsere  Kenntniss  der  Atomgewichte  der  Grundstoffe  jetzt  beruht. 

Dieselben  sind  trotz  ihrer  Wichtigkeit  im  Ganzen  wenig  bekannt, 
und  man  begnügt  sich  leider  zu  oft,  diese  Zahlen,  ohne  ihre  Glaubhaf- 
tigkeit zu  prüfen  und  die  Genauigkeit  derselben  zu  beachten,  bei  den 
Berechnungen  anzuwenden  ^). 

Atomgewichtsbestimmüngen  der  Grundstoffe 3). 

Alamimuin.  Das  Atomgewicht  desselben  wurde  von  Berzelius^) 
(1812)  durch  die  Analyse  der  schwefelsauren  Alaunerde  bestimmt. 
100  Thle.  schwefelsaurer  Alaunerde  hinterliessen  beim  Glühen  29,934 
Thle.  Alaunerde,  verloren  daher  70,066.  Nach  der  atomistiachen  For- 
mel des  Salzes  Al^  O»  .  3  S  Os  und  bei  Zugrundlegung  des  Atomge- 
wichts des  Schwefels    gleich    200,0  berechnet  sich  das  Atomgewicht 

29,934 
der  Alaunerde  zu  •' ^  ^^^   X  1500  =  640,84.       Zieht    man    hiervon 

470,066 

300  (O3)  ab  und  dividirt  den  Rest  durch   2,  so    erhält  man  — ~ — 

=  170,42  (oder  13,63)  als  Atomgewicht  des  Aluminiums.  Auf  die- 
sem einzigen  Versuch  beruht  unsere  Kenntniss  von  dem  Atomge- 
wicht des  Aluminiums.. 

Antimon.  Berzelius^)  suchte  das  Atomgevricht  dieses  Metalls 
durch  Bestimmung  der  aus  einer  gewogenen  Menge  von  Antimon  dar- 


^)  Eine  fleissige  Zusammenstellung  der  verschiedenen  in  den  Journalen  zer« 
streuten  Abhandlungen  ttber  die  Atomgewichte  wurde  von  einem  Verein  hoUftndi- 
!K!ber  Chemiker,  £.  Mulder,  L.  Mulder,  Oudemans  und  Wvan  Geuns,  in  4 
Banden  (Orerzight  van  de  Bepaling  der  Aequivalent-Gewigten,  Utrecht,  186S)  her- 
ausgegeben. —  ^)  Es  erschien  zweckm&ssig  in  diesem  Artikel  bei  den  Berechnungen 
die  in  den  betreffenden  Abhandlungen  gebrauchten  grossen  Atomzahlen  O  :=  100  stehen 
zu  lassen ;  bei  dem  Resultat  ist  aber  die  kleinere  Atomzahl  I(  =  1  In  Klammern  beige- 
fllgt.  —  -»)  Pogg.  Annal.  Bd.  VIII,  S.  187.  —  -•)  Schweigger's  Journ.  Bd.  XXII,  S.  69. 


472  Atomgewichte. 

zustellenden  antimonigen  Säure  (SbO«)  festsiuteUen.  100  Tille.  Anti- 
mon gaben  hierbei  nach  der  Oxydation  mit  Salpetersäure  und  Qlüheai 
der  Masse   124,8  Thle.  Sb04.     Hieraus  berechnet  sich  das  Gewicht 

des  Doppelatoms  Antimon  Sb  =  ^7^-400  =  1612,9  oder  129,03. 

Neuere  Versuche  (1856)  von  Schneider,^)  (sowie  schoa  ältere 
von  H.  Rose 3),  welche,  erst  kürzlich  veröffentlicht  wurden)  zeigen  je- 
doch, dass  das  Atomgewicht  des  Antimons  beinahe  um  T^j^  Proc  zu 
hoch  angenommen  wurde,  was  wohl  seinen  Grund  darin  hat,  dass  der 
geglühte  Rücksttind  der  Auflösung  des  Antimons  in  Salpetersäure  nicht 
genau  der  Formel  Sb  O4  entsprechend  zusammengesetzt  ist,  sondern  we- 
niger Sauerstoff  enthält. 

Schneider  bestimmte  das  Atomgewicht  des  Antimons  durch  die 
Analyse  von  natürlichem  Antimonglanz  (von  Arnsberg),  welcher 
ausser  Dreifach -Schwefelantimon  nur  beigemengten  Quarz  {}j^  Proc.) 
enthielt.  Durch  Reduction  im  Wasserstoffstrom  verwandelte  er  eine 
gewogene  Menge  desselben  in  Antimon,  dessen  Gewicht  bestimmt  wurde. 
Es  mussten  hierbei  mehrere  Correctionen  angebracht  werden ;  eine  kleine 
Menge  Schwefelantimon  verflüchtigte  sich  bei  der  Reduction;  das  ent- 
weichende Gas  wurde  daher  durch  verdünntes  Ammoniak  geleitet,  worin 
das  Schwefelantimon  condensirt  wurde;  nach  Beendigung  der  Reduc- 
tion wurde  durch  Ansäuern  mit  Salzsäure  das  gelöste  Schwefelantinion 
ausgefallt,  abflltrirt  und  durch  gelindes  Rösten  in  antimonige  Saure, 
Sb04,  verwandelt,  welche  gewogen  wurde.  Ihre  Menge  betrug  höch- 
stens 2  Milligramme.  £ine  weitere  Correction  musste  wegen  des  bei- 
gemengten Quarzes  und  der  nicht  ganz  vollständigen  Reduction  des 
Sehwefelantimons  angebracht  werden.  Der  gewogene  Rückstand  der 
Reductionsröhre  wurde  in  Königswasser  gelöst  (wobei  der  Quarz  hinter- 
blieb und  quantitativ  bestimmt  werden  konnte),  der  Schwefelgehalt  der 
Lösung  durch  Barytlösung,  und  durch  diese  die  Menge  des  unzersetzten 
Schwefel  an  timons  ermittelt  (sie  betrug  höchstens  0,4  Proc).  Nach  diesen 
verscliiedenen  Correctionen  ergab  sich  die  Zusammensetzung  des  Schwe- 
felantimons ^bSa: 

I.       IL       iiL      IV.       V.       VI.     vn.     vin. 

Sb  71,441;  71,443;  71,499;  71,446;  71,468;  71,515;  71,508;  71,519, 
Sa    28,559;  28,557;  28,501;  28,554;  28,532;  28,485;  28,492;  28,481. 

A      •      luf*  1  Sb  71,480 
oder  im  Mittel  g^   ^8,520. 

Hieraus  berechnet  sich  das  Gewicht  des  Doppelatoms  Antimon 
(wenn  S  =  200)  zu  1500,9  bis  1506,7  oder  im  Mittel: 

^^  =  '^^^0 '  ^^^  =  ^^^^'^  ^=  ^'^^'^^^' 

Durch  die  Analyse  des  Dreifach- Chlorantimons  fand  Rose  die 
Zahl  1508,7,  welche  er  doch  keineswegs  für  richtiger  als  die  Zahlen 
von  Schneider  hält. 

Neuerdings  hatDexter»)  das  Atomgewicht  des  Antimons,  auf 
dem  früher  von  Berzelius  eingeschlagenen  Wege,  bestimmt    In  zehn 


M   Pogg.    Annal.    Bd.    XCVUI,    S.  293;   Annal.  d.   Chem.  u.   Pharm.    Bd.   C, 
S.  120.—  «)  Pharm.  Centralbl.   1856,  S.   611..—   =*)  Pogg.  Aunal.     Bd.  C,   S.  570. 


Atomgewichte«  478 

V«nachen,  in  welchen  zwischen  1,5  und  3,3  Grm.  Antimon  angewen- 
det wurde,  ergnb  sich  die  procentische  Zusammensetzung  des  antimon- 
«auiren  Autimonoxyds  (zwischen  79,286  und  79,253  Antimon)  im  Mit- 
tel zu    79,266  Antimon  auf   20,734  Sauerstoff.      Hiernach  berechnet 

zieh  Sb  =  ll'lll  '  ^^^  =  lö*^^»2  (oder  122,33). 

Die  Einfachheit  der  Ausführung  dieser  Versuche  kann  zwar  als 
eine  gute  Empfehlung  der  daraus  abgeleiteten  Zahl  betrachtet  werden, 
doch  scheint  ein  Ueberschuss  von  Antimonoxyd  bei  dem  antimonsauren 
Antimonoxyd  kaum  zu  vermeiden,  wodurch  das  Atomgewicht  des  An- 
timons sich  zu  hoch  berechnen  würde.  Die  von  Schneider  gefundene 
Zahl   1503,8  (120,3)  möchte  daher  der  Wahrheit  näher  kommen. 

Ar86Il.  Berzelius  0  bestimmte  das  Atomgewicht  des  Arsens 
durch  die  Analyse  der  arsenigen  Säure.  Er  erhitzte  eine  abgewogene 
Men^  derselben  mit  Schwefel  und  bestimmte  das  Grewicht  der  hierbei 
entweichenden  schwefligen  Säure.  In  einem  Versuch  erhielt  er  von 
2,2203  Gramm  arseniger  Säure  1,069  Gramm  schweflige  Säure,  woraus 
•i^  das  Atomgewicht  der  arsenigen  Säure,  AsO»  (welche  mit  Schwefel 
l^/s  Atom  SOs  giebt)  in  folgender  Weise  berechnet  (unter  der  Voraus- 
setmng,  dass  S  =  200,0): 

2  203 
A.0,  =  ^  .  600  =  1236,5. 

Zieht  man  hiervon  das  Gewicht  von  3  Atomen  Sauerstoff  (300)  ab,  so 
bleibt  ftSr  As  .  .  .  936,5  (oder  74,92). 

Pelouze  *')  versuchte  (1845)  das  Atomgewicht  des  Arsens  durch 
die  Analyse  des  Dreifach-Chlorarsens  festzustellen.  Nachdem  dasselbe 
zur  Entfernung  freien  Chlors  über  Quecksilber  rectiflcirt  war,  wurde 
es  durch  Wasser  zersetzt  und  die  Menge  der  entstandenen  Chlorwasser- 
ttoffsäore  durch  Ausiallung  mit  einer  titrirten  Silberlösung  ermittelt. 

Bei  der  Berechnung  legte  Pe  1  o  u  z  e  die  Atomgewichte  Ag  =  1 3  49,0 1 
und  €1  =  443,2  zu  Grunde  und  fand  hiernach  das  Gewicht  des  Doppel- 
atomA  Arsen  in  drei  Versuchen: 

Mittel 
As  .  .  937,9     937,1     937,4         937,5. 

Setzt  man  dagegen  das  Atomgewicht  des  Silbers  gleich  1350,0 
and  Gl  =  448,75,  so  erhält  man  für 

As  . . .  938,5. 

Das  Mittel  zwischen  dieser  Zahl  und  der  von  Berzelius  erhal- 
tenen ist  937,5  (oder  75,0). 

Barium.  Berzelius')  versuchte  (1818)  das  Atomgewicht  des 
Baiiunos  auf  zwei  Wegen  zu  bestimmen,  indem  er  die  Menge  des  aus 
einer  gewogenen  Quantität  von  Chlorbarium  dargestellten  Chlorsilbers 
ermittelte,  sowie  aus  der  Menge  des  schwefelsauren  Baryts,  welche  ein 
gewisses  Gewicht  Chlorbarium  lieferte.  100  Thle.  wasserfreies  Chlor- 
barinm  gaben  138,06  Thle.,  und  in  einem  zweiten  Versuch  138,08  Thle. 


1)  Scbwe/gger's  Joiirn.  Bd.  XXIII,  S.  172.  —  *)  Compt  read.  T.  XX. 
p.  1014;  AniMbl  d.  Gfaem.  u.  Pharm.  Bd.  LYI,  6.  205.  —  ")  Schweiggers  Journ. 
Bd.  XXIIl,  S.  117. 


474  Atomgewichte. 

Chlorsilber,  im  Mittel  138,07.  Indem  Berselius  die  Atomgewidifei 
Ag  =  1349,66  und  €l  =  443,28  zu  Grande  legte,  berechnete  er  fSi 

das    Atomgewicht    des    Chlorbariuros    BaGl  = —j^-jr;^  •  1792^94  = 

13  0,07 

1298,57  oder  für  Ba  =  855,29  (oder  68,42). 

Bei  der  Annahme  Ag  =  1349,01;  Gl  =  443,2  .berechnet  siel 
dagegen  Ba  =  854,85  (oder  68,39). 

Pelouze^)  ermittelte  das  Atomgewicht  des  Bariums  durch  Be 
Stimmung  der  zur  AusfäUung  des  Chlorgehalts  erforderlichen  Meng^ 
von  Silber  (in  einer  titrirten  Silberlösung),  und  berechnete  hieraus 
unter  der  Annahme  von  Ag  =  1349,01  und  Gl  =  443,2  die  Resal 
täte  dreier  Versuche  zu  857,94;  857,95;  858,16;  oder  im  Mitte 
Ba  =  858,01  (oder  68,64). 

Marignac^  hat  nach  demselben  Verfahren  das  Atomgewicht  de 
Bariums  bestimmt;  seine  Versuche  sind,  wie  es  scheint,  mit  grosse 
Umsicht  ausgeführt  worden.  Das  aus  Wasser  krystallisirte  ChlorbariuB 
wurde  mit  Alkohol  gewaschen  und  nochmals  aus  Wasser  umkrystalli 
sirt;  zuletzt  bei  schwacher  Glühhitze  getrocknet.  Die  Mengen  voi 
Chlorbarium  und  Silber,  welche  einander  äquivalent  sind,  wurden  ge 
funden : 

I.         IL         ni.       IV.        V.        VI. 

BaGl    6,6680;    5,4158;    5,6300;    8,2650;    4,6470;    6,5980, 

Ag      6,9200;    5,6230;    5,88435;  8,5750;    4,8225;    6,8460, 

BaGl 

— — 96,358;    96,363;    96,346;    96,884;    96,861;    96,377, 

Ag 

oder  im  Mittel  entsprechen  lOOThle.  Silber  96,365  Thln.  Chlorbarium 
Nimmt  man  nun  Ag  =  1349,01  und  Gl  =  443,2,  so  findet  man 

BaGl  =  96,365  X  ^^tlf^  =  1299,97  und  also 

Ba  =  856,77  (oder  68,54). 

Von  denselben  Atomgewichten  für  Chlor  und  Silber  ausgebend 
wurden  demnach  von  drei  ausgezeichneten  Chemikern  folgende  Atom« 
gewichte  für  das  Barium  gefunden: 

Berzelius  Marignac  Pelouze 

Ba=    854,95,  856,77,  858,01. 

Legt  man  jedoch  für  die  Atomgewichte  des  Chlors  und  Silbers  suiderc 
Zahlen  zu  Grunde,  so  erhält  man  wieder  abweichende  Resultate.  So 
berechnet  sich  aus  Marignac's  Versuchen  bei  Zugrundlegung  der  von 
Berzelitfs  angenommenen  Atomgewichte  Ag  =  1349,66  und  Gl  = 
443,28  das  Atomgewicht  Ba  =  857,32.  Setzt  man  endlich  das  Atom- 
gewicht des  Silbers  =  1350,0  und  das  des  Chlors  =  443,75,  so  be- 
rechnet sich  Ba  =  857,17  aus  Marignac's  Versuchen. 

Für  die  Berechnung  der  Analysen  und  überhaupt  die  gewöhnlichen 
Anwendungen,  welche  man  von  den  Atomgewichten  macht,  ist  es  völlig 
gleichgültig,  welcher  der  vorhergehenden  Zahlen  man  den  Vorzug  giebt, 
da  die  Fehler  bei  gewöhnlichen  Analysen  jedenfalls  weit  grösser  sind 
als  die  Fehler  bei  den  zur  Bestimmung  des  Atomgewichts  des  Bariums 
von  Berzelius,  Marignac  und  Pelouze  mit  aller  möglichen  Sorg- 


*)  Compt.  rend.  T.  XX,  p.  1047;  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LVI,   S.  204. 
*)  Areluves  des  ScienceA  phyb.  et  nat.  T.  \1II,  p.  265    u.   AnnaL  d.   Chem.  u. 
rharm.  Bd.  LXVUI,  S.  216. 


Atomgewichte.  475 

&it  ausgeführten  Verauchen,  and  zu  welchen  auf  die  Reinigung  der  zu 
analysirenden  Substanz  eine  nngewöhnliche  Sorgfalt  verwendet  wurde. 

Sehr  verschieden  von  den  angeführten  Zahlen  wurde  das  Atomge- 
-«rieht  des  Bariums  durch  die  Gewichtszunahme  bei  der  Verwandlung 
von  Chlorbarium  in  schwefelsauren  Baryt  gefunden. 

Berzelius,  Turner^)  und  Struve^)  haben  diese  Methode  be* 
folgt.  Aus  100  Thln.  Chlorbarium  erhielten  sie  112,175,  112,19  und 
112,094  Thle  schwefelsauren  Baryt,  woraus  (bei  Annahme  von  S  = 
200,0 ;  €1  =  443,2)  sich  berechnet : 

Berzelius  Turner  Struve 

Ba=     844,68,  843,1,  853,33. 

£s  ist  klar,  dass  bei  einer  der  beiden  Methoden  ein  constanter 
Fehler  vorhanden  ist,  und  man  konnte  ihn  in  der  unvollständigen 
Zersetzang  des  Chlorbariums  selbst  durch  überschüssige  Schwefel- 
sanre  finden  (Piria),  wenn  nicht  durch  diesen  Fehler  das  Atomge- 
wicht des  Bariums  zu  hoch  ausfallen  müsste,  während  es  doch  viel 
niedriger  als  nach  der  ersten  Methode  gefunden  wurde. 

Wir  halten  die  erste  Methode  jedenfalls  für  zuverlässiger  als  die 
letztere  ond  sonach  die  Zahl  857  (=  68,56)  für  annähernd  richtig. 

Beryllium.  Berzelius' «)  erste  Versuche  (1815)  zur  Bestim- 
mung des  Atomgevrichts,  wobei  er  schwefelsaure  Beryll  erde  analysirte, 
gaben  ein  der  .Wahrheit  weit  näher  liegendes  Resultat  ald  die  späteren* 
Er  erhielt  aus  der  Lösung  des  Salzes  0,553  Gramm  Beryllerde  und 
5,00  Gramm  schwefelsauren  Baryt ,  woraus  (für  die  Formel  Be  O  .  S  Oa 
Ba  =  857,  S  =  200)  sich  berechnet  Be  =  161,1.  Später  analysirte 
Berzelins  Chlorberyllium,  das  er  durch  Eindampfen  der  Losung  der 
Beryllerde  in  Salzsäure,  und  Wiederauflösen  in  Wasser  in  Lösung  dar- 
stellte- Auf  6,626  Gramm  Beryllerde  erhielt  er  8,892  Gramm  Chlor- 
silber, woraus  er  Be  =  375,0  berechnet  (wenn  die  Beryllerde  Be^Os). 
Offenbar  hatte  sich  ein  basisches  Salz  gebildet,  wodurch  die  Bestimmung 
ganz  unrichtig  wurde.  Ebenso  verhielt  es  sich  mit  dem  schwefelsauren 
Salz,  worin  er  34,1  Proc.  Schwefelsäure  fand,  und  daher  Be  =  381,2 
berechnet. 

Awdejew^)  stellte  Chlorberyllium  durch  Behandlung  eines  Ge- 
menges von  Beryllerde  imd  Kohle  mit  Chlor  dar,  und  fand  darin  86,7 
bis  88,3  Proc.  Chlor;  im  Mittel  der  Versuche  berechnet  sich  hieraus 
(för  die  Formel  Be€l)  Be  =  60,8,  oder  für  BejOs  wird  Be  =  91,2. 

Bei  der  Analyse  der  krystallisirten  schwefelsauren  Beryllerde  be- 
stimmte  er  das  Verhältniss  der  Säure  zur  Base,  und  berechnete  hieraus 
im  Mittel  von  vier  Versuchen  (für  S  ^=  201,16)  das  Atomgewicht  des 
Berylliums  zu  58,08  (Grenzwerthe  57,06  und  59,02).  Giebt  man  der 
Beryllerde  die  Formel  Be^  Og^  so  berechnet  sich  hieraus  Be  =  87,12. 

Wie  man  sieht,  gehört  das  Atomgewicht  des  Berylliums  noch  zu 
den  weniger  genau  bekannten  Zahlen,  und  man  kann  es  vorläufig  als 
AnniUierung  87,5  (=  7)  setzen. 

Blei.  Das  Atomgewicht  dieses  Metalls  ist  in  wiederholten  Ver- 
suehen  von  Berzelius  bestimmt  worden.      Wir  lassen  die  früheren 


*)  Philo«.  Transactions.  T.  CXIX,  p.  291.     Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  II,  S.  278. 
*)   Srsnberg's   Jahresber.   f.    1861.   S.  46.   —    ^)   Schveigger's  Journ.   Bd.  XV, 
S.  296.     Pogg.  Annal.  Bd.  VIU,  S.  187.  —  ♦)  Pogg.  Annal.  Bd.  LVI,  S.  101. 


476  Atomgewichte. 

versuche  unberücksichtigt  und  führen  nur  die  loteten  und  sorgfiLUigsten 
Beatimmungen  ^)  (von  1830  und  1845)  an,  in  welchen  reines  Bleioxyd 
durch  gereinigtes  Wasserstoffgas  reducirt  und  der  Sauerstoffgehalt  des 
Bleioxyds  somit  ermittelt  wurde.  Berzelius  fand  hierbei,  dass  100  Thle. 
Bleioxyd  7,1724  Thle.  Sauerstoff  enthalten,  wonach  das  Atomgewicht 
des  Bleis  sich  zu  1294,2  berechnet.  Wenn  man  indessen  mit  Berze- 
lius einige  Versuche  von  der  Berechnung  ausschliesst ,  weil  sie  weni- 
ger gut  mit  den  Übrigen  übereinstimmen ,  so  erhält  man  das  Atomge- 
wicht 1294,6.  Die  äussersten  Grenzen,  welche  Berzelius*  Verfluche 
ergaben,  sind  1292,0  und  1295,6.  Hiermit  .stimmen  sowohl  die  älteren 
Versuche  (1818)  von  Berzelius,  in  welchen  er  die  Zahl  1294,5  fand, 
als  auch  die  Versuche  von  Turner  3)  (1835),  welcher  1295,1  daf&r 
fand,  nahe  überein;  sowie  endlich  auch  die  von  Longchamp')  (1827) 
erhaltenen  Zahlen  (1295,5  bis  1296,7)  innerhalb  der  Grenzen  der  Ber- 
zelius'sehen  Zahlen  fallen.  Im  Mittel  ist  daher  1294,5  (oder  103,56) 
anzunehmen. 

Boron.  Die  ersten  Versuche  zur  Bestimmung  des  Atomgewichts 
des  Borons,  bei  welchen  man  die  durch  Verbrennen  von  Boron  erhal- 
tene Borsäure  wog,  gaben  sehr  wenig  übereinstimmende  Resaltale. 
Gay-Lussac  und  Th^nard,  Davy  und  Berzelius  fanden  hiemach, 
dass  100  Thle.  Borsäure  61  bis  68  Proc.  Sauerstoff  enthalten.  JBbenso 
ungenügende  Resultate  ergab  die  Bestimmung  des  WasserstofTgehalts 
der  krystallisirten  Borsäure  oder  des  borsauren  Ammoniaks. 

Uebereinstimmende  Resultate  erhielt  Berzelius^)  dagegen  durch 
Bestimmung  des  Wassergehalts  des  krystallisirten  Borax,  welchen  er  in 
drei  Versuchen  jedesmal  zu  47,1  Proc.  fand.  Bei  Annahme  der  ato- 
mistischen  Zusammensetzung  Na 0.2B08  -|-  lOHO  berechnet  sich 
(wenn  Na  =  290,9  gesetzt  wird)  B  =  136,31  oder  (wenn  Na  = 
287,5)  B  =  138,1.  Diese  Zahl  kommt  so  nahe  mit  137,5  (=  11) 
überein,  dass  man  letztere  auch  wählen  könnte. 

Wenn  dagegen  die  Formel  der  Borsäure  BO«  geschrieben  wird, 
so  muss  das  Atomgewicht  des  Bors  verdoppelt,  also  entweder  272,6 
oder  275,0  (=  22,0)  gesetzt  werden.  Will  man  endlich  die  atomisti- 
sche  Znsammensetzung  der  Borsäure  durch  BOg  ausdrücken,  so  wäre 
B  =  91  (oder  7,3)  anzunehmen. 

Brom.  Wir  erwähnen  nur  kurz ,  dass  die  ersten  Bestimmun^n 
des  Atomgewichts  desselben  weit  niedrigere  Zahlen  gegeben  haben  als 
die. späteren,  nämlich  943  (Baiard),  941  (Liebig)  und  978  (Berze- 
lius) (für  das  Gewicht  des  Doppelatoras  oder  Aequivalents).  Die  aus- 
föhrlichsten  und  sorgfaltigsten  Bestimmungen  verdankt  manMarignac*). 
Derselbe  stellte  drei  Reihen  von  Versuchen  an.  In  der  ersten  bestimmte 
er  das  Gewicht  des  Bromsilbers,  welches  man  aus  einer  bestimmten 
Menge  von  Silber  durch  Ausfallen  erhalten  kann.  Er  fand  hierbei, 
dass  100  Thle.  Silber  174,072;  174,055;  174,066,  im  Mittel  174,065 
Bromsüber  geben.     Nimmt  man  Ag  =  1349,01 ,  so  berechnet  sich  Br 


0  Pogg.  Annsl.  Bd.  XIX,  S.  800  (1880)  u.  Lehrb.,  Sie  Aufl.,  B<t  III,  8.  1187<» 

*)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XlUi  S.  14.  —   *)  Annal.  de  chim.  et  phj-s. 

[2.]  T.  XXXIV,  p.  106.  —    *)  Po  gg.  Annal.   Bd.  II,  u.  Lehrb.,  5te  Aufl.,   Bd.  Ill, 

S.   1199.  —   *)   Biblioth.  Univ.   de  Gen^ve.  T.  XLVl,  p.  357.     Boraelius*   Lehrb. 

Bd.  m,  S.  1194. 


Atomgewichte.  477 

=  999,15   oder  bei  der  Berechnang  anf  den  InfUeeren  Banm  999,3. 
Für  Ag  =  1350,0  wäre  dagegen  Br  =  999,9. 

In  einer  iweiten  Reihe  bestimmte  er  die  Menge  Bromkalium, 
welche  zum  völligen  Ausfllllen  •  einer  bestimmten  Menge  von  Silber 
(nach  dessen  Lösnng  in  Salpetersäure)  gerade  noth wendig  war. 

Er  fand  hierbei  folgende  äquivalente  Mengen : 
Ag       2,131;    2,559;    2,447;    3,025;    8,946;    11,569;    20,120, 
KBr     2,351;    2,823;    2,700;    2,336;    4,353;    12,763;    22,191; 
im  Mittel  also  auf  100  Thle.  Silber  110,306  Bromkalinm. 

Nimmt  man  wieder  Ag  =  1349,01  und  K:^  488,85,  so  berechnet 
sich  St  =  999,9,  oder  bei  der  Bednction  auf  den  luftleeren  Raum 
999,6;  oder  wenn  Ag  =  1350,0,  so  wird  Br  =  1000,3. 

£ine  dritte  Methode  bestand  darin,  die  bei  dem  Glühen  einer  be- 
sthnmten  Menge  von  bromsaurem  Kali  hinterbleibende  Menge  von  Brom- 
kalinm zn  wägen.  In  vier  Versuchen  ergab  sich  hierdurch  ein  Gehalt 
an  Sauerstoff  in  100  Thln.  Salz  zu 

28,702;    28,650;    28,605;    28,746. 

Obgleich  diese  Versuche  weit  mehr  unter  einander  differiren  als 
die  früheren,  so  fuhrt  die  Mittelzahl  28,728  zu  demselben  Atomgewicht, 
nämlich  Br  =  999,9,  oder  bei  der  Beduction  auf  den  leeren  Baum 
Br  =  999,6  (oder  79,97). 

Berzelius  berechnet  aus  den  zwei  ersten  Yersnohsreihen,  indem 
er  Ag  =  1349,6  und  K  =  488,86  setzt,   Br  =  999,6  (=  79,97). 

Da  die  Zahlen  alle  um  1000  schwanken,  je  nachdem  man  das 
Atomge-wicht  des  Silbers  und  Kaliums  innerhalb  der  wahrscheinlichen 
Grenzwerthe  der  Berechnung  zu  Grunde  legt,  so  wählt  man  am  zweck- 
niäasigsten  für  das  Gewicht  des  Doppelatoms  Brom  1000  (=  80). 

Calcium.  Ueber  das  Atomgewicht  dieses  Metalls  haben  beson- 
ders Berzelius,  sowie  Erdmann  und  Marchand  Untersuchungen 
angestellt.  Berzelius^)  versuchte  dasselbe  zuerst  durch  Bestimmung 
des  in  geschmolzenem  Chlorcalcium  vorhandenen  Chlorgehalts  (durch 
Silber  ku  fällen)  zu  ermitteln  nAd  fand  dadurch  die  Zahl  253  (durch 
einen  Schreibfehler  wurde  256  dafHr  angegeben,  welche  Zahl  SO  Jahre 
lang  allgemein  angenommen  wurde). 

Damas*)  analysirte  später  (1842)  den  kohlensauren  Kalk  (Kalk- 
spaih)  dnrch  Crlfihen  und  fand,  dass  derselbe,  wenn  man  die  im  Ganzen 
0,03  Proc.  betragenden  fremden  Bestandtheile  abrechnet,  56,07  Proc. 
Kalk  enthält.  Hieraus  berechnet  sich  das  Atomgewicht  des  Calciums 
(för  C  =  75,0)  zu  251,0,  statt  welcher  Zahl  Dumas  250  (oder  20,0) 
annahm. 

Bald  darauf  ( 1 842)  wiederholten  Er  d  m  a  n n  und  Ma  r  c  h an d  ')  diese 
AnaljTse  mit  isländischem  Doppelspath  und  fanden,  dass  derselbe  beim 
Gldhen  (nachdem  er  vorher  bei  140<)  bis  150^  C»  getrocknet  worden) 
56,09  bis  56,18  Proc.  Kalk  hinterlässt.  Die  vollständige  Analyse  des 
KaJkBpaths  zeigte,  dass  derselbe  aber  auch  über  0,01  Proc  fremde 
Stoffe  enthielt 

£rdmann  und  Marchand  bestimmten  hierauf  die  Menge  des  aps 


X)  Gilbert'»  Jonrn.  Bd.  XXXVII,  S.  461.  —  •)  Compt.  rend.  T.  XVT,  p.  587; 
AbimL  d.  Ch«m.  n.  Phttrm.  Bd.  ZLIV,  S.216.  —  -^  Jonrn.  f.  prakt  Ch«m.  Bd. 
XXVI,    S.  461;       AnnaL    d.  Ch«m.  u.  Pharm.  Bd.  XLIV,  S.  216. 


478  Atomgewichte. 

einer  gewogenen  Menge  von  Kalkspath  durch  Behandlung  mit  Sehinr«- 
feisäure  darzustellenden  schwefelsauren  Kalks,  und  erhielten  hieH>« 
im  Mittel  von  vier  nahe  übereinstimmenden  Versuchen  aus  100  Thln. 
kohlensaurem  Kalk  136,05  Thle.  schwefelsauren  £[alk.  Es  bereohn«! 
sich  hieraus  für  C  =  75  und  8  =  200,  Ca  =  249,1.  Dieselben  Che- 
miker analysirten  endlich  noch  künstlich  dargestellten  reinen  kohlen- 
sauren Kalk  und  erhielten  nach  dem  Trocknen  desselben  bei  160^  bis 
1880  G.  durch  Glühen  aus  100  Thln.  desselben  55,98  bis  56,08,  im 
Mittel  56,00  Proc.  Kalk. 

Es  berechnet  sich  hieraus  Ca  =  250,0  (=  20,0). 

Endlich  bestimmten  sie  noch  den  Gehalt  an  Kohlensäure  im  koh- 
lensauren Kalk  durch  Zersetzung  desselben  mit  verdünnter  Schinrefel- 
säure ,  wobei  die  Kohlensäure,  durch  Chlorcalcium  getrocknet,  entwich, 
und  durch  den  Gewichtsverlust  des  Apparats  ermittelt  wurde.  In  swei 
Versuchen  fanden  sie  in  100  Thln.  kohlensaurem  Kalk  44,00  und 
43,98  Thle.  Kohlensäure,  also  fast  wie  oben  56,00  und  56,02  Kalk. 

Berzelius^)  stellte  hierauf  eine  neue  Reihe  von  Versuchen  an, 
in  welchen  er  die  aus  einer  bestimmten  Menge  von  Aetzkalk  durch  Be- 
handlung mit  Schwefelsäure  gebildete  Menge  von  schwefelsaurem  Kalk 
wog.     Die  Resultate  waren: 


Kalk. 


Schwefeld'äure. 


Atomgewicht  des 
Calciums. 


1,80425 

2,56785 

251,91 

2,504 

8,5705 

251,18 

8,900 

5,5514 

251,79 

3,0425 

4,3265 

252,14 

8,459 

4,9314 

251,24 

oder  im  Mittel  251,65  (für  S  =  200,75)  oder  (für  S  =  200,0),  Ca 
=  251,1  (oder  20,09). 

£rdmann  und  Marchand')  habep  später  nachgewiesen,  dass 
der  kohlensaure  Kalk  beim  Glühen  stets  eine  kleine  Menge  von  Kohlen- 
säure zurückhält,  so  dass  also  der  von  Berzelius  angewendete  Aetz- 
kalk noch  Kohlensäure  enthalten  haben  muss ;  dass  endlich  die  Schwe- 
felsäure leicht  beim  Verdampfen  etwas  schwefelsauren  Kalk  mitreist. 
Beide  Fehler  wirken  in  derselben  Richtung  und  lassen  das  Atomgewicht 
des  Calciums  zu  hoch  finden. 

Erdmann  und  Marchand')  kamen  hierauf  wieder  zurück  zn 
ihrer  früheren  Methode;  sie  ermittelten,  dass  der  von  ihnen  angewen- 
dete Kalkspath  0,04  Proc.  fremde  Bestandtheile  enthält;  in  sechs  neaen 
Versuchen  fanden  sie  den  Kalkgehalt  desselben  durch  Glühen  zn 
55,997  bis  56,044,  im  Mittel  zu  56,028  Proc^  woraus  sich  Ca  =  250,39 
(oder  20,08)  berechnet. 

Durch  die  Entgegnungen  Berzelius^  veranlasst,  zeigten  £rd- 
mann  und  Marchand ^)  endlich,   dass  der  bei  200^  C  getrockDete 


0  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  XX. VI,  S.  241.  —  *)  Journ.  f.  prakt.  Chem. 
Bd.  XXXI,  S.  257;  Annal.  d.  Chem.  u.  Phann.  Bd.  LII,  S.  210.  —  *)  Jonrn.  f. 
prakt.  Chem.  Bd.  XXXI,  S.  267;  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  UI,  S.  210. 
—  *)  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  L,  S.  287 ;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXTI, 
S.  219. 


Atomgewichte.  479 

Kalkspaih  keine  Spur  von  Wasser  enthält,  dafls  aber  der  geglühte  Kalk- 
s|>ath  eine  Spur  Kohlensäure  zurückhält,  wodurch  das  Atomgewicht  des 
Kalks  etwas  su  hoch  gefunden  werden  muss.  Indem  sie  darauf  die 
Men^e  der  Kohlensäure  in  dem  geglühten  Kalk  ermittelten,  fanden  sie, 
dasa  dieselbe  für  jedes  Gramm  kohlensauren  Kalk  etwa  0,001  Grm. 
betragt.  Aus  13,6031  Orm.  reinem  kohlensaurem  Kalk  erhielten  sie 
unter  Berücksichtigung  dieser  Gorrection  7,6175  Grm.  Kalk,  woraus 
das  Atomgewicht  des  Calciums  sich  zu  249,93  berechnet.  Diese  Zahl, 
oder  vielmehr  250,0  (20,0),  ist  denn  jetzt  fast  allgemein  angenommen. 

Calor.  Das  Atomgewicht  des  Chlors  ist  mit  dem  des  Kaliums 
und  des  Silbers  aus  denselben  Versuchen  abgeleitet  worden,  so  dass 
wir  hier  die  Bestimmung  dieser  drei  Atomgewichte  zusammen  beschrei- 
ben müssen. 

Die  beste  Methode  hierzu  ist  von  Berzelius^)  angegeben  und 
später  noch  von  Marignac^,  Penny'),  lifaumen^^)  und  anderen 
Chemikern  mit  nahe. übereinstimmenden  Resultaten  befolgt  worden. 

1)  Als  Ausgangspunkt  dient  das  chlorsaure  Kali  (K  O .  GlO^), 
welches  beim  Glühen  Chlorkalium  hinterlässt;  der  Gewichtsverlust  ent- 
ipricht  also  6  Aeq.  Sauerstoff,  wodurch  das  Atomgewicht  des  Chlor- 
kalimn  sich  berechnen  lässt. 

2)  Da  ein  Atomgewicht  Chlorkalium  ein  Atom  Silber  aus  seiner 
hosang  niederschlägt,  so  giebt  die  Ermittelung  der  Quantität  Chlor- 
dlber,  welche  durch  ein  Atom  Chlorkalium  gebildet  wird,  das  Atom- 
gewicht des  Chlorsilbers* 

3)  Bestimmt  man  femer,  wie  viel  Chlorsilber  man  aus  1  Tbl. 
Silber  erhält,  so  hat  man  hiermit  das  Atomgewicht  des  Silbers,  woraus 
endlich  das  Atomgewicht  des  Chlors  sich  unmittelbar  ergiebt. 

Man  kann  endlich  auch  die  Menge  des  Silbers  ermitteln,  welche 
aus  der  Lösung  in  Salpetersäure  durch  ein  bestimmtes  Gewicht  Chlor- 
kAlintn  gefällt  wird. 

Man  hat  also  drei  oder  vier  Versuchsreihen  auszufahren,  und  wir 
wollen  die  von  verschiedenen  Chemikern  hierbei  erhaltenen  Resultate 
zusammenstellen : 

1)  Bestimmung  des  Sauerstoffgehalts  des  chlorsauren 
Kalis.  Da  bei  dem  Erhitzen  stets  kleine  Mengen  des  Salzes  mitge- 
rissen werden,  so  müssen  die  Apparate  so  eingerichtet  sein,  dass  die 
Menge  des  mitgerissenen  Salzes  aufgefangen  und  in  Rechnung  ge- 
zogen werden  kann.  Penny  bestimmte  den  Gehalt  an  Sauerstoff  (oder 
Chlorkalium)  durch  Behandlung  des  chlorsauren  Kalis  mit  überschüssi- 
ger Chlorwasserstoffsäure,  Eindampfen  und  Glühen  des  Rückstandes. 

In  100  Thln.  chlor  sauren  Kalis  fanden  hierbei  die  Menge  des 
Sauerstoffs: 

Berzelius  Marignac  Pennj  Maumen^ 

(4  Versuche)  (6  Versuche)  (6  Versuche)  (7  Versuche) 

19446  bis  39;i50       89,155  bis  39,167       39,185  bis  89,170       39,215  bis  39,205 
Mittel:  39,150  89,161  39,177  39,209 


0  AnnBl.  de  cliim.  et  phys.  T.  XCI,  p.  102.    —   ^  Jonrn.  f.  prakt.  Chem.  Bd. 

XXXI,   S.  272;     Ann»l.   d.   Chem.  u.  Pharm.   Bd.  XLIV,    S.   14.  —     ■)  Philosoph. 

Trmnaact.    T.  IV,    p.  129  (1839).  —    «)   Annal.   de    chim.   et  phys.   [8.]  T.  XVin, 
p.  41;    Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LX,  S.  178. 


480  Atomgewichte. 

Also  das  Atomgewicht  des  Ghlorkalinms: 
982,57  982,14  981,51  930,28 

2)  Bestimmung  des  Atomgewichts  des  Chlorsilbera. 
Aus  100  Thln.  Chlorkalium  wurden  folgende  Mengen  von  Chloi 

silber  erhalten: 

Berzelius  Marignac  Maumene 

(5  Versuche)  (8  Versuche) 

Ag€l     192,4  192,33  bis  192,37  192,75 

Mittel:  192,35. 

Zar  Aasfällung  von  100  Thln.  in  Salpetersäure  gelösten  Silbei 
wnrden  in  sechs  Versuchen  erfordert  (Marignac): 

69,067  bis  69,049,  im  Mittel  69,062  Thle.  Chlorkalinm. 

Geht  man  hiernach  von  932,14  als  Atomgewicht  des  Chlorkalinn 
ans,  so  berechnet  sich  das  Atomgewicht  des  Silbers: 

3)  Bei  der  Bestimmung  der  Menge  von  Ghlorsilber,  welche  ms 
ans  100  Thln.  Silber  erhält,  fanden 

Berzelius  Marignac  Penny        Mauinen* 

1844  1845       ^ 

(5  Versuche)   (7  Versuche)    (ö  Versncke 
Ag€l     132,75  132,73  132,84  132,84  132,73. 

Das  aus  der  Lösung  einer  bestimmten  Menge  von  Silber  dord 
Salzsäure  gefällte  Chlorsilber  wurde  in  obigen  Versuchen  getrockse 
nnd  nach  dem  Schmelzen  gewogen;  nur  Maumene  bestimmte  das  be 
der  Reduction  einer  gewogenen  Menge  von  Chlorsilber  im  Wasserstoff 
Strom  zurückbleibende  Silber. 

Aus  den  drei  Angaben  von  Marignac,  dass 
100  Thle.  chlorsaures  Kali      39,161  Thle.  Sauerstoff  enthalten, 
100  Thle.  Chlorkalium  192,35     Thle.  Chlorsilber  nnd 

100  Thle.  Silber  ^  132,73     Thle.  ChlorsUber  geben, 

berechnen  sich  die  Atomgewichte: 

K€l    =    932,1  (oder    74,57) 
AgGl  =  1798,0  (oder  143,44) 
Ag      =  1350,a  (oder  108,06) 
Gl        =    442,2  (oder    85,37) 
K        =    489,9  (oder    39,19) 
Geht  man  dagegen  von  demselben  Atomgewicht  des  Chlorkaliuou 
(932,1  oder  74,57)  aus,  und  nimmt  an,  dass  100  Thle.  Silber  132,84  Thle 
Chlorsilber  geben  (Marignac,  Penny),  und  dass  zur  Ausfällung  voi 
100  Thln.  Silber  69,062  Thle.  Chlorkalium  nöthig  sind,  so  findet  man 

Ag      =  1849,7  annähernd  1350,0     (oder  108    ) 
AgGl  =  1792,9         „  1793,75  (    „    148,5) 

Gl       =    443,2         „  443,75  (    „      35,5) 

K        =    488,9         „  487,5     (    „      39,0) 

Aus  diesen  Resultaten  ergiebt  sich,  dass  das  Gewicht  des  Doppel* 
atoms  Chlor  kein  Mnltiplum  von  12,5  (Gewicht  von  H)  mit  einer 
ganzen  Zahl  ist,  dass  dagegen  die  Atomgewichte  des  Silbers  and  Ka- 
liums solchen  Multiplen  so  nahe  kommen,  dass  man  ohne  bemerkli" 
chen  Fehler  1350  oder  108,0  und  487,5  oder  39,0  für  die  Atonge- 


Atomgewichte.  481 

wichCe  annehmen  kann,  indem  diese  Werthe  innerhalb  der  durch  die 
Yenache  gefundenen  Grenzen  fallen,  und  sich  dadurch  erhalten  lassen, 
das9  ilian  den  einen  oder  anderen  Versuch  von  der  Berechnung  aus- 
ichiiesst. 

Cer.  Die  älteren  Angaben  über  das  Atomgewicht  des  Cers  be- 
sehen sich  stets  auf  lanthan-  und  didymhaltiges  Cer.  So  fand  Hi Sin- 
ger (1814)  dafür  die  Zahl  570,6  und  Otto  584,6.  Nachdem  man 
gelernt  hatte,  dasselbe  von  Lanthan  und  Didym  zu  befreien,  bestimmte 
Beringer  1)  das  Atomgewicht  des  Cers  durch  die  Analyse  des  Cer- 
chlorürs  und  des  schwefelsauren  Ceroxyduls.  In  ersterer  ermittelte  er 
die  Menge  von  Chlorsilber  und  Ceroxyd,  welche  man  aus  dem  Chlorür 
erhält,  woraus  er  Ce  =  596,97  ableitete.  Bei  der  Analyse  des  schwe- 
felsauren Ceroxyduls  bestimmte  er  die  Menge  des  aus  einer  abgewoge- 
nen Quantität  des  Salzes  auszufällenden  schwefelsauren  Baryts  und  die 
Menge  des  Ceroxyds  (CeaOs).  Im  Mittel  der  Analysen  berechnete  er 
Ce=  077,2  (oder  46,17). 

Hermann  wurde  durch  eine  Analyse  des  schwefelsauren  Ceroxy- 
duls, in  welcher  er  den  Gehalt  an  Schwefelsäure  als  schwefelsauren 
Btryt  bestimmte,  zur  Zahl  575,0  geführt. 

Marignac^)  hat  (1848)  eine  grössere  Anzahl  von  Versuchen  zur 
Bestimmung  dieses  Atomgewichts  mitgetheüt  Er  ermittelte  den  Ge- 
halt an  Schwefelsäure  in  dem  schwefelsauren  Ceroxydul ,  indem  er  die 
Losang  desselben  so  lange  mit  einer  titrirten  Lösung  von  Chlorbarium 
▼ersetzte,  als  noch  eine  Trübung  bemerkt  wurde,  und  hierauf  das  Über- 
lehüssig  zugesetzte  Chlorbarium  durch  eine  titrirte  Lösung  von  Schwe- 
felsaure zurückmass.  Da  in  der  Lösung  von  schwefelsaurem  Ceroxy- 
dul die  Beaction  der  Schwefebäure  mit  Baryt  weniger  scharf  sich 
zeigte  als  in  reinem  Wasser,  so  fand  er  stets  zwei  ziemlich  entfernte 
Grenzen  für  den  Gehalt  an  Schwefelsäure,  ein  Minimum  und  ein  Maxi- 
mmn ;  das  Mittel  beider  muss  dem  wahren  Gehalt  sehr  nahe  liegen.  In 
lieben  Versuchen  fand  er  das  Atomgewicht  im  Mittel  zu  590,8  (Maxi- 
Bmm  594,4,   Minimum  587,4)  (oder  47,26). 

In  einer  späteren  Abhandlung')  (1858)  verwirft  indessen  Ma- 
rignac  diese  Zahl,  und  glaubt  sie,  ohne  doch  specielle  Angaben  zu 
machen,  auf  etwa  575  (=r  46,0)  setzen  zu  können;  also  auf  dieselbe  Zahl, 
welche  Hermann  früher  gefunden  hatte.  Der  Grund,  weshalb  die  Zahl 
«^90,8  zu  hoch  gefunden  worden  sei,  liege  darin,  dass  der  bei  dem  Mischen 
vonChlorbarinm  und  schwefelsaurem  Ceroxydul  niederfallende  schwefel- 
»Mire  Baryt  unzersetztes  schwefelsaures  Ceroxydul  eiuschliesse,  wodurch 
die  zum  Niederschlagen  nothwendige  Menge  von  Chlorbarium  geringer 
«ufallen  müsse,  als  wenn  säramtliche  Schwefelsäure  als  Barytsalz  er- 
kalten werde; 

Chrom.  Das  Atomgewicht  des  Chroms  gehört  zu  den  weniger 
gcoan  bekannten  Atomgewichten,  insofern  die  von  Verschiedenen  Che- 
laikem  dafür  gefundenen  Zahlen  nicht  unbedeutend  von  einander  ab- 
weichen. 


*)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LIL  S.  184.  —  *)  Bibl.  univ.  de  Genfer« 
[».]  T.  Vin,  S.  266 ;  Annal.  d.  Chem.  u.  Phinn.  Bd.  LXVm,  S.  216.  —  •)  Annal. 
*•  chha.  et  de  phya.  [8.]  T  XXXVIU,  p.l48. 

HiBdwecttrtach  dw  Chtmie.  SU  Aofl.  Bd.  n.  31 


482  Atomgewichte. 

Berselins^)  berechnete  (1818)  das  Atomgewicht  des  ChroiM 
durch  Bestiminung  der  aus  100  Thln.  Salpetersäuren  Bleiozyds  durch 
chromsaures  Kali  auszufällenden  Menge  von  chromsaurem  Bleiozyd, 
wobei  er  98,772  PbO  .  CrOs  erhielt.  Darin  sind  nach  der  Bechnong 
von  Berzelius  67,31  Thle.  Bleioxjd  enthalten.  Geht  man  von  dem 
Atomgewicht  des  Bleis  1294,6  aus,  so  berechnet  sich  das  Atomgewicht 
des  Chroms  zu  851,8  (oder  28,14). 

P^ligot')  wies  später  (1844)  nach,  dass  diese  Zahl  zu  hoch  ist; 
aus  der  Analyse  vonChromchlorür,  Cr€l,  in  welchem  er  56,7  bis  58,4  Proe. 
Chlor  fand,  berechnet  er  Cr  =  328  (oder  26,24),  welche  Zahl  doch  in 
Betracht  der  geringen  Uebereinstimmung  der  Analysen  nicht  zuverlässig 
erscheint.  Auch  die  Analyse  des  essigsauren  Chromozyduls  gab  ihm 
Zahlen,  welche  mit  Cr  =  828  übereinstimmten. 

Wir  übergehen  die  Angaben  von  Jacquelin,  dass  das  Atomge- 
wicht des  Chroms  313  sei,  und  führen  Berlin' s  sorgfaltige  Varsnche 
genauer  an.  Berlin  ')  wandte  zwei  Methoden  zur  Bestimmung  an, 
nämlich  die  Analyse  des  chromsauren  Silberoxyds  und  die  Bestimmung 
der  Menge  von  chromsaurem  Bleioxyd,  welche  man  aus  einer  abgewo- 
genen Quantität  von  salpetersaurem  Bleioxyd  ausfällen  lumn. 

Bei  der  ersten  Methode  bestimmte  er  sowohl  die  Menge  des  Sil- 
bers durch  Ausfällen  mit  Chlorwasserstoffsäure,  als  auch  die  Menge 
des  durch  Reduction  der  Chromsänre  entstandenen  Chromoxyds  aus 
dem  Filtrat. 

Nimmt  man  für  Ag  1349,7  und  für  Gl  443,2,  so  ergiebt  sich  aas 
der  Yergleichung  des  Atomgewichts  des  chromsauren  Silberoxyds  mit 
dem  des  Chlorsilbers  Cr  =z  329,3  (in  fünf  Versuchen  zwischen  328,1 
und  330,8)  (oder  26,34);  oder  durch  Yergleichung  der  Menge  des 
Chromoxyds  und  des  chromsauren  Silberoxyds  Cr  ==  328,4  (in  fünf 
Versuchen  zwischen  327,8  und  328,8)  (oder  26,27). 

Nach  der  zweiten  Methode  .erhielt  Berlin  durch  Ausfällen  von 
100  Thln.  salpetersaurem  Bleioxyd  97,559  bis  97,594  chromaaures 
Bleioxyd,  woraus  er  das  Atomgewicht  des  Chroms  zu  324,5  und  325,8 
im  MitUl  324,9  (oder  25,99)  berechnet  (wenn  Pb  =  1294,6  and  N  = 
175,06). 

Moberg  ^)  versuchte  später  (1848)  das  Atomgewicht  des  Chroms 
ans  der  Analyse  des  schwefelsauren  Chromoxyds  und  des  Anunoniak- 
Chromalauns  herzuleiten. 

Durch  Bestimmung  des  Chromoxyds  in  dem  bei  330<^  C.  getrock- 
neten schwefelsauren  Chromoxyd  erhielt  er  (wenn  S  =  200)  das 
Atomgewicht  des  Chroms  331,9  bis  332,5;  durch  die  Analyse  des  bis 
zum  beginnenden  Glühen  erhitzten  Salzes  fand  er  dagegen  ein  höheres 
Atomgewicht,  nämlich  335,4. 

Durch  die  Bestimmung  des  beim  heftigen  Glühen  von  krystallisir- 
tem,  un  verwittertem  schwefelsauren  Chromoxyd  -  Ammoniak  hinterblei* 
benden  Chromoxyds  erhielt  Moberg  im  Mittel  für  Cr  334,8  (in  zehn 
Versuchen  zwischen  334,0  und  335,7)  (oder  26,78). 


»)  Schweigger's  Journ.  Bd.  XXU,  S.  68.  —  •)  Annal.  de  ehim.  et  de  phj». 
[8.]  T.  XII,  p.  628;  Annal.  d.  Cham.  u.  Phann.  Bd.  LII,  S.  Ui;  Joarn.  f.  prakt. 
Chem.  Bd.  XXXV,  S.  27.  —  •)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LVI,  S.  207,  u. 
Bd.  LX,  S.  182;  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXXVin,  8.  146.  —  *)  Joutd.  f. 
prakt.   Chem.  Bd.  XLID,  S.  114,  nnd  Bid.  XLIV,  S.  822. 


r'- 


Atomgewichte.  483 

Lefort  ^)  bestimmte  (1850)  den  Barytgehalt  des  bei  250<^  C.  ge- 
trockneten chromsauren  Baryts  durch  Auflösen  desselben  in  Salpeter- 
saare  und  Ausfällen  mit  Schwefelsäure.  In  14  Versuchen ^fand  er  in 
100  Thln.  chromsaurem  Baryt  60,35  bis  60,01,  im  Mittel  60,19  Baryt. 
Für  Ba  =  857  berechnet  sich  hieraus  Cr  =  333,0  (oder  26,64). 

Wildenstein  2)  hat  endlich  (1853)  die  Menge  des  aus  einer  ab- 
gewogenen Quantität  wasserfreien  Chlorbariums  mit  einfach -chrom- 
saurem  Kali  ausfällbaren  chromsauren  Baryts  ermittelt.  Im  Mittel  von 
82  Yersuehen  fand  er,  dass  100  Thle.  chromsaurer  Baryt  81,70  Chlor- 
bariom  entsprechen  (die  Grenzen  waren  81,52  bis  81,86).  Nimmt 
man  nun  die  Atomgewichte  Ba  =  857,  Gl  =  443,2,  so  berechnet 
sich  Cr  =  334,5  (oder  26,76). 

Die  Versuche  von  Moberg,  Lefort  und  Wilden  stein  gaben 
daher  sehr  naheliegende  Werthe  für  Cr.  Auch  Berzelius^)  hatte 
schon  früher  auf  dem  nämlichen  Wege  wie  Lefort  (10  Grm.  chrom- 
saarer  Baryt  gaben  9,1233  Grm.  schwefelsauren  Baryt)  das  Atom« 
gewicht  335,65  gefunden. 

Da  übrigens  die  Analyse  der  Barytsalze  mit  Schwefelsäure  stets 
einen  Fehler  mit  sich  bringt  (vergl.  Barium,  Cer,  Didym,  Lanthan  u.  a.), 
indem  der  Barytniederschlag  mechanisch  einen  Theil  der  gelösten 
Salze  einschliesst,  und  das  Atomgewicht  des  Bariums  weniger  genau 
bekannt  ist,  so  dürften  die  auf  anderen  Wegen  von  Berlin  und  F^li- 
got  gefundenen  Zahlen  der  Wahrheit  näher  kommen,  und  wir  halten 
die  Zahl  328  (=  26,24)  für  sehr  annähernd  richtig. 

Dldym.  Das  Atomgewicht  des  Didyms  wurde  von  Marignac^) 
(1848)  aus  der  Analyse  des  schwefelsauren  Didymoxyds  berechnet. 
Es  wurde  hierbei  einerseits  ermittelt,  wie  viel  Chlorbarium  zur  völligen 
Ansfällung  der  Schwefelsäure  erforderlich  war,  sowie  andererseits  der 
schwefelsaure  Baryt  gewogen.  Das  Gewicht  des  Niederschlags  zeigte 
sich  hierbei  immer  grösser  als  es  aus  der  Quantität  des  angewendeten 
Chlorbariuma  (nach  Abzug  des  in  der  Lösung  noch  enthaltenen)  sich 
berechnete,  und  es  liess  sich  darin  nach  dem  Glühen  leicht  ein  Gehalt 
▼on  Didym  nachweisen. 

Aus  der  Menge  des  zersetzten  Chlorbarinms  berechnet,  fand 
Marignac  das  Atomgewicht  des  Didyms  in  vier  Versuchen  606,9  bis 
619,9,  und  er  glaubte  hiernach,  dass  man  das  Atomgewicht  des  Didyms 
zu  wenigstens  620  (oder  49,6)  annehmen  könne,  insofern  eine  Verun- 
reinigung mit  Lanthan  das  Atomgewicht  zu  niedrig  finden  lasse. 

Im  Jahr  1853  hat  Marignac^)  abermals  Versuche  zur  Feststel- 
lung des  Atomgewichts  des  Didyms  veröffentlicht.  Er  weist  darin  eine 
Fehlerquelle  in  seinen  früheren  Versuchen  nach,  welche  das  Atomge- 
wicht des  Didyms  zu  hoch  finden  liess ;  bei  der  Fällung  des  schwefelsau- 
ren Didymoxyds  mit  Chlorbarium  reisst  nämlich  der  schwefelsaure  Baryt 
stets  eine  gewisse  Menge  von  schwefelsaurem  Didymoxyd  mit  nieder, 
welches  später  durch  überschüssiges  Chlorbarium  nicht  zersetzt  wird. 


»)  Joarn.  de  Pharm.  T.  XVHI,  p.  27;  Journ.  f.  pr»kt.  Chem.  Bd.  LI,  S.  261. 

•)  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LIX,  8.  27.  —  ■)  Berzelius'  Jahresber.  XXV, 
8.  46.  —  Ö  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXVIII,  S.  212;  Biblioth.  univ. 
de  GcD^e  T.  VIII,  p.  266.  —  *)  AnnaL  de  chim.  et  de  phys.  [8.]  T.  XXXVHI, 
p.  14$. 

81« 


484  Atomgewichte. 

Es  wiirde  daher  die  Menge  des  Ohlorbariums,  welche  1  At.  Schwefel- 
saurem  Didymoxyd  entspricht^  zu  gering  gefanden. 

Marignac  wählte  daher  zwei  andere  Methoden  zur  Bestimmung 
des  Atomgewichts.  Er  bestimmte  nämlich  1)  den  Gehalt  an  Didjm- 
oxyd  im  schwefelsauren  Didymoxyd  durch  Ausfällen  mit  oxalsanrem 
Ammoniak  und  Glühen  des  Niederschlags,  bis  derselbe  weiss  war;  er 
analjsirte  2)  das  Chlordidym ,  indem  er  mit  Silberlösung  den  Chlor- 
gehalt ermittelte,  und  in  dem  Filtrat  das  Didjnmoxyd  bestimmte. 

Nach  der  ersten  Methode  fand  er  in  fünf  Versuchen,  dass  lOOThle. 
schwefelsaures  Didymoxyd  58,22  bis  58,31  Thle.  Didymoxyd  enthalten, 
woraus  das  Atomgewicht  des  Didyms  im  Mittel  598,2  sich  ergiebt 
Durch  die  Analyse  des  Chlordidyms  fand  er  in  drei  Versuchen  die 
Zahlen  603,5,  598,9,  598,8  für  das  Atomgewicht  des  Didyms. 

Marignac  setzt  Di  =  600  (oder  48,0),  als  eine  Zahl,  die  dem 
wahren  Atomgewicht  sehr  nahe  kommt.  Nimmt  man  das  Mittel  aus  den 
zwei  letzten  Versuchsreihen,  so  findet  man  Di  :=  599  (oder  47,92). 

Eisen.  Obgleich  Bucholz  schon  früher  sehr  genau  die  Zusam- 
mensetzung des  Eisenoxyds  angegeben  hatte,  wurde  doch  auf  Berie- 
lius'  Autorität  hin  lan^e  Zeit  ein  von  dem  wahren  sehr  abweichendes 
Atomgewicht  für  das  Eisen  (339  oder  27,12)  allgemein  angenommen. 
Berzelins^)  hatte  die  Zusammensetzung  des  Eisenoxyds  durch  Auflö- 
sen von  metallischem  Eisen  in  Salzsäure,  Oxydation  mit  Salpetersaare, 
Ausfällen  mit  Ammoniak,  Glühen  und  Wägen  des  Niederschlags  zu  er- 
mitteln versucht,  und  dabei  auf  den  Kohlenstoffgehalt  des  Eisens  (CU- 
vierdraht)  Rücksicht  genommen. 

Gay-Lussac^  fand  durch  Messen  des  beim  Auflösen  einer  ab- 
gewogenen Menge  von  Eisen  in  Salzsäure  freiwerdenden  Wasserstoffs 
für  das  Atomgewicht  die  Zahl  353,4,  und  durch  directe  Oxydation  des 
Eisens  mit  Salpetersäure  die  Zahl  854,5;  im  Mittel  also  nahe  354 
(oder  28,8). 

Davy  *)  bestimmte  den  Chlorgehalt  im  Eisenchlorür  und  Chlorid; 
20  Gm.  FesGls  gaben  53  Grn.  Chlorsilber,  woraus  Fe  =  849,7  (oder 
27,98)  sich  berechnet 

Auch  Stromeyer^)  fand  bald  darauf,  dass  das  Atomgewicht  des 
Eisens  weit  grösser  sein  müsse  als  Berzelius'  Zahl. 

Im  Jahr  1844  kam  Wackenroder^)  zu  demselben  Schluss,  wo- 
durch Berzelius  bewogen  wurde,  eine  Revision  des  Atomgewichts  des 
Eisens  durch  Svanberg  und  Norlin*)  zu  veranlassen. 

Wir  haben  schon  früher  (S.  467)  die  Zahlen  angegeben,  zu  welchen 
diese  Chemiker  gelangten.  Durch  Oxydation  des  Eisens  fanden  sie 
im  Mittel  Fe  =  349,2;  durch  Beduction  des  Eisenoxyds  dagegen 
Fe  =  350,6. 

Da  Berzelius^  in  der  ersten  Methode  einen  Constanten  Fehler, 
herrührend  von  der  Einwirkung  der  Säuren  auf  das  Glasgefäss,  gefun- 
den zu  haben  glaubte,  so  wiederholte  er  den  Versuch  in  Platingefässen 


')  Gilberfs  Annol.  Bd.  VII,  p.  818.  —  «)  Ann*!,  de  Chimie  T.  LXXX  P- !*•• 
—  ■)  PhfloB.  Transactioii»  T.  CH,  p.  181.  —  *)  Pogg.  Annal.  Bd.  VI,  S.  473.  - 
»)  Archiv  der  Pharm.  Bd.  XXXV,  S.  279  u.  Bd.  XXXVI,  8.  22.  —  •)  AhmL  d. 
Cbem.  u.  Pharm.  Bd.  L,  8.  482 ;  Pogg.  Annal.  Bd.  LXII,  8.  270.  —  0  Amial.  i 
Chem.  n.  Pharm.  Bd.  L,  8.  482. 


Atomgewichte.  485 

oDd  fand  hiebei  das  Atomgewicht  des  Eisens  im  Mittel  von  zwei  Ver- 
sochen  zn  350,3  (oder  28,02). 

Erdmann  und  Marchand  >)  bestimmten  etwa  gleichzeitig  hier- 
mit das  Atomgewicht  des  Eisens  durch  die  Analyse  von  Eisenozjd.  Sie 
reducirten  eine  abgewogene  Menge  davon  im  WasserstofTstrom ,  liessen 
nach  dem  Erkalten  langsam  Luft  zutreten,  und  wogen  endlich  des 
Eisen,  nachdem  sie  den  Apparat  luftleer  gepumpt  hatten.  In  acht  Ver- 
sDchen  erhielten  sie  aus  100  Thln.  Eisenoxyd  69,96^  bis  70,044  Thle. 
Eisen,  im  Mittel  70,009  Thle.  Das  Atomgewicht  des  Eisens  berechnet 
sieh  hieraus  350,15  (oder  28,01). 

Später  (1846)  hat  Maumen^^)  das  Atomgewicht  des  Eisens  noch- 
mals festzustellen  gesucht,  indem  er  reinen  Eisendraht  (vom  elektrischen 
Telegraphen  des  chemin  de  fer  da  Nord)  in  Salpetersäure  löste,  durch 
Ammoniak  fällte  und  den  Niederschlag  wog.  In  sechs  Versuchen 
&nd  er  hierbei  das  Atomgewicht  des  Eisens  zwischen  849,8  und  350,2, 
im  Mittel  350,0  (oder  28,0).  Diese  Zahl,  um  welche  alle  genaueren 
Bestimmungen  schwanken,  wird  jetzt  mit  Recht  fast  allgemein  ange- 
iXMnmen. 

Elrbium.       Man  kennt  noch  keine  Analyse  einer  Erbium-Verbin- 

dang. 

Fluor.  Berzelius')  bestimmte  das  Atomgewicht  des  Fluors 
verschiedene  Male,  wobei  er  theils  Flussspath,  theils  künstlich  darge- 
stellte Fluorverbindungen  analysirte. 

Der  Flussspath  von  Derbyshire  gab  bei  dem  Erhitzen  und  Glühen 
mit  reiner  Schwefelsäure  1,7386  bis  1,7363  schwefelsauren  Kalk. 
Berzelius  fand  darin  nachträglich  Phosphorsäure  und  Magnesia. 
Eonstlich  dargestelltes  Fluor  calcium  gab  bei  gleicher  Behandlung 
1,749,  1,750  und  1,751  schwefelsauren  Kalk.  Im  Mittel  gaben  ktz- 
tcre  Analysen  daher  auf  100  Thle.  Fluorcalciuro  175  Thle.  schwefel- 
sauren Kalk.  Für  Ca  =  250,0  und  S  =  200,0  berechnet  sich 
hieraus  F  =  235,7  (oder  18,85). 

Diese  Zahl  (oder  vielmehr  235,4)  betrachtete  Berzelius  doch  nur 
als  annähernd  genau,  und  forderte  zu  einer  Revision  auf. 

Louyct*)  erhielt  bei  der  Analyse  von  beinahe  farblosem  Fluss- 
spath von  Derbyshire  nahe  dieselben  Zahlen  wie  Berzelius;  er  bekam 
in  drei  Bestimmungen  1,735  bis  1,736,  im  Mittel  1,7358  schwefelsau- 
ren Kalk.  Künstlich  dargestelltes  Fluorcalcium  gab  ihm  dieselben 
Zahlen,  nämlich  1,734,  1,735,  1,737,  schwefelsauren  Kalk.  Das  Atom- 
gewicht des  Fluors  berechnet  sich  aus  dem  Mittel  dieser  Analysen 
2u  240,0  (oder  19,20). 

Louyet  bemerkte  jedoch,  dass  die  völlige  Zersetzung  des  Fluss- 
spaths  mit  Schwefelsäure  hierbei  sehr  schwierig  auszuführen  war;  doch 
gelang  sie  ihm  zuletzt,  indem  er  den  Flussspath  sehr  fein  pulverte,  ihn 
kalt  mit  concentrirter  Schwefelsäure  behandelte,  bis  er  völlig  gelöst  war 
und  endlich  erhitzte,  und  den  Rückstand  stark  glühte.     In  sechs  Ver- 


^)  Jonrn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXXIII,  S.  1 ;  Annal.  d.  Ghem.  n.  Pharm.  Bd.  LK, 
S.  m,  —  *)  Annal.  de  chiin.  et  phys.  [8.]  T.  XXX,  p.  880 ;  Annal.  d.  Chem.  u. 
Pharm.  Bd.  LXXVI,  8.  280;  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LI,  S.  860.  —  ")  Pogg. 
Annd.  Bd.l,  S.  1;  Berselliis'  Lchrb.  (5te  Aufl.)  Bd.  III,  S.  1196.  —  *)  Journ. 
f- prakt.  Chem.  Bd.  XLVII,  S.  104;   Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXX,  S.  284. 


486  Atomgewichte. 

suchen  erhielt  er  aus  1  Grm.  Flusflspath  zwischen  1,742  und  1,745  Grm. 
schwefelsauren  Kalk,  im  Mittel  1,7436.  Es  berechnet  sich  hieraus  (fQr 
Ca  =  250,  S  =  200)  das  Atomgewicht  des  Fluors  zu  237,5  (oder  10,0). 
Andere  Versuche  mit  künstlich  dargestelltem  Fluorcalcium,  Fluor- 
barium, Fluorblei  führten  zu  sehr  naheliegenden  Zahlen. 

Gold.  Wir  übergehen  die  älteren  Versuche  zur  Bestimmung  des 
Atomgewichts  die|^s  Metalls  von  Richter,  Vauquelin,  Bucholz  and 
Oberkampf  und  bemerken  nur,  dass  Berzelius  dasselbe  zuerst  da^ 
durch  zu  ermitteln  suchte,  dass  er  die  Menge  des  Quecksilbers  bestimmte, 
welche  zur  Ausfällung  des  Goldes  aus  Goldchlorid  erfordert  wurde. 
Er  fand  in  zwei  Versuchen  9,355  Gold  auf  14,29  Quecksilber  und 
6,557  Gold  auf  9,95  Quecksilber.  Geht  man  von  Hg  =  1250  aus, 
so  findet  man  Au ^2455,0  und  2471,3,  Berzelius  selbst  berechnete 
von  Hg  =  1265,8  ausgehend,  im' Mittel  der  Versuche  Au  =  2486,0 
(oder  198,88). 

Figuier  ^)  versuchte  durch  die  Analyse  des  DoppeUalzes  von 
Chlorgold  mit  Chlornatrium  das  Atomgewicht  des  Goldes  zu  bestiromeit 
Joval  ^)  ebenso  durch  die  Analyse  der  entsprechenden  Kaliumverbin- 
düng.  Wir  übergehen  die  Resultate  und  führen  nur  die  von  Berzelius') 
bei  der  Analyse  des  Salzes  Au€l3-{-EGl  erhaltenen  Zahlen  an.  Ber- 
zelius reducirte  das  gewogene  Doppelsalz  durch  Glühen  im  Wasser- 
stoffstrom,  wog  den  Rückstand  von  Gold  und  Chlorkalium,  sowie  das 
nach  dem  Behandeln  mit  Wasser  hinterbleibende  Gold. 

Berzelius  verglich  die  Menge  des  Goldes  mit  der  des  Chlor- 
kaliums und  berechnet  (für  KGl  =  932,14)  (im  Mittel  von  fünf  Versu- 
chen, welche  zwischen  2457,1  und  2459,1  schwankten)  Au  =  2458,3 
(oder  196,66).  Man  könnte  auch  das  Gewicht  des  ursprünglichen  Sal- 
zes mit  dem  des  Goldes  vergleichen,  doch  würde  man  hierdurch  unge- 
naue Resultate  erhalten,  weil  beim  Trocknen  des  Salzes  etwas  Chlor 
entweicht. 

Geht  man  von  KGl  =  931,25  aus,  so  berechnet  sich  im  Mittel 
der  Versuche  Au  =  2454  (oder  196,32). 

LevoH)  bestimmte  das  Atomgewicht  des  Goldes  durch  Auflösen 
einer  abgewogenen  Menge  von  reinem  Gold  in  Königswasser,  Entfernen 
der  Salpetersäure  durch  wiederholtes  Eindampfen  mit  Salzsäure,  Ein- 
leiten von  schwefligsaurem  Gas  und  Bestimmung  der  entstandenen 
Schwefelsäure  durch  Ausfallen  mit  Barytlösung.  3  Aeq.  schwefel- 
saurer Baryt  entsprechen  hiernach  einem  Doppelatom,  Gold  AuGl«  -j* 
3SO2  +  3H0  =  Au  -f  3SO3  +  3H€l.  Aus  1  Gramm  Gold  er- 
hielt er  1,782  Gramm  BaCSOg.  Setzt  man  BaO.SO,  =  1457,69, 
so  findet  man  Au  =  2454,0  (oder  196,32). 

Für  BaO.SOg  =  1456  findet  man  Au  ==2451,3,  also  sehr  nahe 
2450  (oder  196,0),  welche  letztere  Zahl  bei  der  Unsicherheit,  welche 
Über  das  Atomgewicht  des  Bariums  besteht,  ebensowohl  aus  Levol's 
Versuchen  berechnet  werden  kann. 

Jod.  Die  ersten  Versuche  zur  Bestimmung  des  Atomgewichts 
des  Jods  von  Prout,  Davy,  Gay-Lussac  und  Berzelius  geben  da- 

*)  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [2.]  T.  XIX,  p.  177.  —  •)  Annal.  de  china.  et 
de  pbyB.  [2.]  T.  XVII,  p.  837.  Schweigger'»  Joura.  Bd.  XXXIU,  S  288.  - 
»)  Berzelina'  Jahresber.  XXV,  S.  41.  —  ")  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [8.]  T 
~*       ,  p.  866;    Joarn.  f.  prakt.  Chcm.   Bd.  LI,  S.  446. 


Atomgewichte.  487 

för  eine  viel  niedrigere  Zahl  (1058- bis  1578)  als  die  culetst  yon  Ma- 
rignac  ansgef fihrten  Bestimmungeiy  Auch  Mil Ion  i)  yersuchte  dat- 
selbe  dilreh  die  Analyse  von  jodsaurem  Kali  und  von  jodsaurem  Silber- 
ozyd  festzustellen.  £r  wog  den  beim  Glühen  von  jodsaurem  Kali  hin- 
terbleibenden  Rückstand  (im  Mittel  77,527  Proc.  betragend)  woraus 
Tor  KI  2069,8  folgt.  Man  hat  hiemach  (für  K  =  4H8,9)  {  =  1580,9 
(oder  126,47). 

Aus  100  Thln.  jodsaurem  Silberoxyd  erhielt  Milien  durch  Be- 
bandlung  mit  Jodwasserstoff  im  Mittel  82,95  Thle.  Jodsilber,  woraus 
Agl=  2919,0  sich  berechnet  und  somit  (für  Ag=  1350)  1=1569,0. 

Marignao')  hat  endlich  zwei  Reihen  von  Versuchen  mitgetheilt, 
welche  übereinstimmende  Resultate  gaben.  Er  bestimmte  zuerst  die 
Menge  von  Jodkalium,  welche  zum  Ausfallen  einer  bestimmten  Menge 
7on  Süber  (aus  der  salpetersauren  Lösung)  erfordert  wird,  und  fand  in 
fänf  nahe  fibereinstimmenden  Versuchen,  dass  lOOTheile  Silber  158,74 
Thle.  Jodkalium  erfordern  (Maximum  158,79,  Minimum  153,65).  Aus- 
gehend von  Ag  =  1849,0  K  3=  488,9  berechnet  er  I  =  1585,0  (oder 
126,80). 

In  der  zweiten  Reihe  bestinjmte  er  die  Menge  von  Jodsilber,  welche 
man  aus  einer  abgewogenen  Menge  von  Silber  durch  Auflösen  in  Sal- 
petersaare und  Fällen  mit  Jodkalium  erhält.  Im  Mittel  dreier  Ver- 
SQche  fand  er,  dass  100  Thle.  Silber  217,511  Thle.  Jodsilber  geben 
(Maximum  217,54,  Minimum  217,50).  Setzt  man  Ag  =  1349,0,  so 
findet  man  I  =  1585,2  oder  für  Ag  =  1350  berechnet  sich  {  = 
1586,2,  welche  Zahl  1587,5  (oder  127)  hinlänglich  nahe  kommt,  so  dass 
man  ebensowohl  letztere  annehmen  kann. 

IridlUID.      Das    Atomgewicht    des   Iridiums   wurde    (1828)   von 
Berzelius^)  durch  die  Analyse  des  Kalium -Iridiumchlorids,  KGl -|- 
IrGlg,  bestimmt.  Nach  schwachem  Glühen  in  einem  Strom  trockenen  Chlor- 
gases wurde  der  Ruckstand  gewogen  und  in  einem  Strom  von  Wasser« 
stoffgas  geglüht.     100  Thle.  Salz  verloren  hierbei  29,00  Thle.  Chlor. 
Für  €1=442,6  u.  K  =  489,92  aUo  Ir  =  1283,5  (oder  98,68). 
Für  €1  =  443,2  u.  K  =  488,85     „     Ir=  1282,1  (oder  98,57). 
Da  dies  der  einzige  Versuch  zur  Bestimmung  des  Atomgewichts 
des  Iridiums  ist,  so  bedarf  es  zur  Controle  noch  weiterer  Versuche. 

Kadmium.  Unsere  Kenntniss  des  Atomgewichts  des  Kadmiums 
benihle  bisher  allein  auf  der  Angabe  von  Stromeyer  (1818),  dass  das 
Kadmiumoxyd  auf  100  Thle.  Metall  14,352  Thle.  Sauerstoff  enthalte, 
woraus  Cd  =  696,77  (=  55,74)  sich  berechnet. 

In  neuester  Zeit  hat  v.  Hauer  ^)  das  Atomgewicht  des  Metalls  be- 
stimmt, indem  er  das  wasserfreie  schwefelsaure  Salz  durch  Erhitzen  in 
trockenem  Schwefelwasserstoffgas  in  Schwefelkadmium  verwandelte; 
nach  den  bei  neun  Versuchen  erhaltenen  Resultaten  enthalten  100  Thle. 
wasserfreies  schwefelsaures  Salz  im  Mittel  30,769  Sauerstoff  (erhalten 
wurde  30,7426  bis  80,7907);  darnach  berechnet  sich  das  Atomgewicht 
dei  Kadmiums  im   Mittel   699,992  (oder  55,999),  so  dass  man  wohl 


*)  Annal.  de  chim.  et  phys.  [8.]  T.  IX.  —  *)  Biblioth.  univ.  de  Gen^^e. 
T.  XLVI,  p.  867;  Jahresber.  v.  Berrelius  XXIV,  8.  76.  —  ")  Pogg.  Annal. 
W.  Xm,  S  486;  Berzelins'  Jahresber.  IX,  S.  116.  -^  *)  Sitxungsber.  d.  Wien. 
Aeid.  lUtlL-natarw.  KL  Bd.  XXV,  8.  118;  Cbem.  Centralbl.  1867,  S.  897. 


488  Atomgewichte. 

700  (oder  56,0)  alB  das  wahre  Atomgewicht  des  MetalU  annehme 
kann. 

Kaünm.     S.  bei  Chlor  S.  479. 

Kobalt,    unsere  Eenntniss  von  dem  Atomgewicht  des  Kobalts 
nihte  seither  auf  einem  einzigen  Versuch  von  Roth  ho  f  ^  und  bedi 
daher  der  Gontrole.     2,692  Gramm  Kobaltoxydul  wurden  in  Ghloi 
yerwandelt  und  daraus  durch  Silberlösung  10,299  Gramm  Chloriilbei 
erhalten.     Nimmt  man  Ag  =  1350,0,  Gl  =  443,75,  so  berechnet  siel 
Co  =  368,9  (oder  29,51). 

Das  Atomgewicht  des  Kobalts  ist  kürzlich  von  Schneider*)  am 
der  Analyse  des  Oxalsäuren  Kobaltoxyduls  abgeleitet  worden.  E 
wurde  darin  das  Verhältniss  zwischen  dem  Gehalt  an  Kohlenstoff  an 
an  Kobalt  genau  ermittelt,  ersterer  durch  Verbrennen  mit  Kupferoxyd 
in  einem  langsamen  Luftstrome,  letzterer  durch  Glühen  im  Luft-,  znJ 
letzt  im  Sauerstoffstrome  bis  zur  Entfernung  allen  Kohlenstoffs,  worauf 
das  Oxyd  durch  Wasserstoffgas  redncirt  wurde.     In  vier  Versuehea 

Kohlenstoff  .     .       13,024  13,041  13,005  13,014 

Kobalt      .     .     .       32,552  32,619  32,528  32,528, 

daraus  Co  .     .     374,9  375,2  375,2  874,9, 

oder  im  Mittel  (für  C  =  75,0)  berechnet  sich  Co  =  375,05,  woför 
man  ohne  bemerkliche  Abweichung  375  (oder  30,0)  setzen  kann. 

Kohlenstoff.  Die  genaue  Kenntniss  des*  Atom  gewicht«  des  Kok* 
lenstoffs  ist  von  grosser  Wichtigkeit,  weil  in  den  organischen  Verbin« 
düngen  häufig  eine  sehr  grosse  Anzahl  von  Kohlenstoffatomen,  selbst 
100  und  mehr  Atome  enthalten  sind,  wodurch  schon  ein  geringer  Feh- 
ler in  dem  Atomgewicht,  den  man  bei  anderen  Elementen  ftir  unwesent- 
lich halten  könnte,  sehr  bedeutend  werden  kann. 

Bei  der  Bestimmung  des  Atomgewichts  des  Kohlenstoffes  hat  man 
hauptsächlich  drei  Methoden  befolgt.  Man  verglich  zuerst  die  Gewichte 
gleicher  Volnme  von  Kohlensäure  und  Sauerstoffgas,  welche  der  Theorie 
zufolge  gleiche  Quantitäten  Sauerstoff  enthalten,  so  dass  die  Differeas 
beider  Gewichte  die  Menge  des  Kohlenstoffs  in  der  gegebenen  Menge 
von  Kohlensäure  ausdrückt.  Aus  den  Bestimmungen  des  specifischen 
Gewichtes  der  Kohlensäure  1,5245  und  des  Sauerstoffgases  1,1026 
von  Dulong  und  Berzeliud  (1819)  berechneten  sie  das  Atomgewicht 
des  Kohlenstoffs  zu  76,438  (oder  6,11),  welche  Zahl  20  Jahre  lang 
unverändert  beibehalten  wurde  (obwohl  sie  selbst  fehlerhaft  berechnet 
ist,   statt  76,528). 

Später  (1841)  hat  Wrede  auf  Berzelius'  Veranlassung  das 
specifische  Gewicht  des  Kohlensäuregases  und  Sauerstoffgases  zu  ermit- 
teln gesucht  und  dabei  (unter  Berücksichtigung,  dass  die  Kohlensäure 
dem  Mari  Ott' sehen  Gesetz  bei  gewöhnlicher  Temperatur  nicht  genau 
folgt)  für  das  Atomgewicht  des  Kohlenstoffs  die  Zahl  75,13  (bei  An- 
nahme des  Rudberg'schen  AusdehnungscoSfficienten)  oder  (bei  An- 
nahme der  AusdehnungscoSfficienten  nach  Magnus  und  Begnault) 
75,12  (oder  6,01)  gefunden. 


»)  Pogg.  Aanftl.  Bd.  VIU,  S.  186.  —   «0  Pogg.  Ann»l.  Bd.  CI,  S.  887;   Anntl. 
d.  Ghem    a.  Pharm.  Bd.  CIV,  S.  220. 


_j 


I  Atomgewichte.  489 

Wieder  andere  Zahlen  erhält  man  bei  Annahme  der  specifischen 
Gewichte  dieser  Gase  nach  Regnault's,  Marchand's  und  Anderer  Be- 
itimmaDgen,  welche  wir  nicht  näher  anführen  wollen,  da  die  Methode 
fiberhaupt  nicht  genaue  Resultate  geben  kann.  Es  wird  nämlich  bei  der 
Berechnung  vorausgesetzt,  dass  das  Sauerstoffgas  bei  der  Verwandlung 
io  Kohlensäure  sein  Volumen  nicht  ändert,  was  niemals  exact  bewiesen 
wurde,  und  auch  nicht  allgemein  genau  richtig  sein  kann,  weil  Kohlensäure 
ond  Sauerstoffgas  sich  durch  Einwirkung  der  Wärme  verschieden  aus- 
dehnen (Begnault)  und  unter  dem  Druck  der  Atmosphäre  oder  grösserem 
Dniek  für  gleiche  Druckzunahme  verschiedene  Volumveränderung  er- 
I  leiden.  Man  muss  hiemach  bei  der  Berechnung  des  Atomgewichtes 
des  Kohlenstoffs  aus  der  Dichtjigkeit  dieser  Gase  für  verschiedene 
Temperaturen  und  verschiedenen  Druck  wechselnde  Zahlen  finden. 

Eine  zweite  Methode  zur  Ermittelung  des  Atomgewichts  des  Kohlen- 
I  Mofa  besteht  in  der  Bestimmung  der  Menge  von  Kohlensäure ,  welche 
leine  gewisse  Menge  von  Kohlenstoff^  bei  der  Verbrennung  liefert.  Ohne 
Inf  die  Bestimmungen  von  Lavoisier  (1775),  Gujton  Morveau 
(1785),  Clement  und  Desormes  (1802),  Allen  und  Pepys  (1807), 
Saassure  (1809)  näher  einzugehen,  welche  zum  Theil  der  Wahrheit 
lehr  nahe  kamen,  ohne  allgemeiner  angenommen  zu  werden,  führen 
vir  die  ausgezeichneten  Untersuchungen  von  Dumas  und  Stas^,  und 
Erdmann  und  Marchand  ^)  näher  an,  welche  das  jetzt  allgemein 
angenommene  Atomgewicht  75,0  (oder  6,0)  ergaben. 

DieJse  Chemiker  verbrannten  abgewogene  Mengen  von  Diamant 
oder  Graphit  mit  Kupferaxjd  und  Sauerstoffgas  und  wogen  die  von 
Kaliapparaten  aufgenommene  Kohlensäure,  nachdem  sie  vorher  von 
einer  kleinen  Menge  von  Wasserdampf  durch  Chlorcalcium  oder 
Schwefelsäure  befreit  worden  war.  Die  geringe  Menge  der  zurück- 
bleibenden Asche  wurde  von  dem  Gewicht  der  angewandten  Kohle  ab- 
gezogen und  die  Menge  des  entstandenen  Wassers  gleichfalls  in  Bech- 
inmg  gebracht. 

Dumas  nnd  Stas  fanden  hierbei  im  Mittel  von  vierzehn  Versuchen 
(welche  zwischen  74,87  und  75,12  schwankten)  das  Atomgewicht  des 
Kohlenstoffs  =  75,005.  Der  wahrscheinliche  Fehler  der  Versuchs- 
reihe berechnet  sich  zu  +  0,018. 

Erdmann  und  Marchand  fanden  ebenso  im  Mittel  von  neun 
Tersachen  (die  zwischen  74,84  und  75,19  schwankten)  die  Zahl 
75,028. 

Eine  dritte  Methode  zur  Bestimmung  des  Atomgewichtes  des  Koh- 
lenstoffs haben  Lieb  ig  und  Redtenbacher^)  angewendet.  Sie  be- 
>^mten  in  einer  Anzahl  von  Silbersalzen  organischer  Säuren  den  Ge- 
l^t  an  Silber  durch  Verbrennen  der  Salze ,  berechneten  hieraus  das 
Atomgewicht  der  Säuren,  woraus,  da  das  Atomgewicht  des  Wasser- 
^fh  bekannt  und  das  des  Sauerstoffs  zur  Einheit  gewählt  wurde,  das 
Atomgewicht  des  Kohlenstoffs  sich  ableiten  liess.  Ausgehend  von  Ag 
=  1351,6  ft  =  12,4B,  berechneten  sie  aus  den  Analysen  im  Mittel 
C  =  75,854  (oder  6,06). 

Da  indessen  das  Atomgewicht  des  Silbers  jetzt  genauer  bekannt 


*)  Annai.  de  chim.  et  de  phys.  [8.]  T.  I,  p.  1,  und  AnnaL  d.  Gh«m.  a.  Pharm. 
HXXXVm,  S.  160.  —  *)  Joum-  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXTIT,  S.  169.  —  =)  Annal. 
1  ChoB.  a^  Pharm.  Bd.  ZJLXVin,  S.  116. 


1  490  Atomgewichte- 

ist, 80  würde  sich  aas  diesen  Versuchen  eine  etwas   verschiedene  Zahl 
berechnen  lassen. 

Strecker  hat  aus  denselben  Versuchen,  ohne  das  Atomgewicht 
des  Silbers  oder  des  Wasserstoffs  als  bekannt  voraaszosetzen,  das 
Atomgewicht  des  Kohlenstoffes  zu  75,415  (oder  6,03)  berechnet,  wel» 
che  Zahl  der  ungenügenden  Anzahl  der  Versuche  halber  jedoch  nur  als 
annähernd  angesehen  werden  darf. 

Kupfer.  Zur  Bestimmung  des  Atomgewichtes  dieses  Metallei 
wurde  eine  gewogene  Menge  Kupferoxyd  mit  Wasserstoffgas  reduciit 
und  das  hinterbleibende  Kupfer  gewogen- 

Berzelius^)  fand  hierbei  (1820)  in  zwei  Versuchen  mit  auf  nas- 
sem Wege  bereitetem  Kupferoxyd  die  Zahlen  395,69  und  395,51  (oder 
31,65). 

Erdraann  und  Marchand  ^)  erhielten  in  fünf  Versuchen,  zu  wel- 
chen das  Kupferoxyd  durch  Glühen  von  salpetersaurem  Kupferoxyd  be- 
reitet war,  die  Zahlen  396,9,  396,5,  396,8,  396,2,  im  Mittel  396,6 
(oder  31,73). 

Da  die  Versuche  von  Er d mann  und  Marchand  mit  äusserster 
Sorgfalt  angestellt  wurden,  so  mag  ihre  Zahl  als  die  wahrscheinlichste 
betrachtet  werden. 

Lanthan.  MarigUac')  allein  scheint  didymfreies  Lanthan  zur 
Bestimmung  des  Atomgewichtes  verwendet  zu  haben.  Er  wandte 
schwefelsaures  Lanthanoxydul  an  und  ermittelte  die  Menge  einer  titrirten 
Chlorbariumlösung,  welche  zum  Ausfällen  der  Schwefelsäure  nöthig 
war.  In  acht  Versuchen  fand  er  sonach  das  Atomgewicht  des  Lanthans 
zwischen  582,5  und  591,0,  und  indem  er  die  am  meisten  abweichenden 
Versuche  ausschloss,  berechnete  er  als  Mittelzahl  588,3  (oder  47,06). 

Zur  Gontrole  stellte  Marignac  noch  folgenden  Versuch  an.  Eine 
abgewogene  Menge  schwefelsaures  Lanthanoxydul  wurde  mit  etwas 
mehr  Chlorbarium,  als  der  Rechnung  nach  erforderlich,  in  Lösungen 
vermischt,  und  die  im  Filtrat  befindliche  Menge  von  Barium  durch 
Schwefelsäure  gefällt  und  gewogen.  Durch  Abziehen  der  entsprechen- 
den Menge  von  Chlorbarium  ergab  sich  die  Menge  des  von  dem 
schwefelsauren  Lanthanoxydul  gefällten  Bariums  und  somit  das  Atom- 
gewicht des  schwefelsauren  Lanthanoxyduls.  In  zwei  Versuchen  fand 
Marignac  für  das  Atomgewicht  des  Lanthans  die  Zahlen  587,4  und 
588,3,  und  er  nahm  im  Mittel  La  =  588  (oder  47,04)  an. 

Später*)  (1853)  hat  Marignac  eine  Fehlerquelle-  in  diesen  Be- 
stimmungen nachgewiesen,  indem  der  schwefelsaure  Baryt  nnzersetztes 
schwefelsaures  Lanthanoxydul  mitreisst,  und  er  giebt  an,  dass  nach  an- 
deren Versuchen,  welche  er  nicht  näher  beschreibt,  da«  Atomgewicht 
des  Lanthans  dem  des  Cers  gleich,  nahezu  575  (oder  46,0)  sei. 

Lithium.  Die  Ersten  Versuche  zur  Bestimmung  des  Atomge* 
wichtes  dieses  Metalles  von  Arfvedson,  Vauquelin,  C.  G.  Gmelin 
und  Kralovansky  wurden  mit  natronhaltigen  Salzen  angestellt  und 
gaben  daher  viel  zu  hohe  Zahlen  (118  bis  128).'  Hermann^),  Ber- 


0  Pogg.  Annal.  Bd.  VOI,  S.  182.  —  *)  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXXI, 
S.  886.  —  ■)  AnMl.  de  chim.  et  de  phys.  [8.]  T.  XXVII,  p.  228  u.  Annal.  d. 
Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXT,  S.  806.  —  *)  Annal.  de  chim.  et  de  phy».  [8.) 
T.  XXXVIII,  p.  148.  —    »)  Pogg.  Annal.  Bd.  XV,  8.    180. 


Atomgewichte.  491 

Ixelias^)  and  Hagen')  stellten  durch  Fällen  mit  kohlensaarem  Am- 
Imoniak  natronfreies  kohlensaures  Lithion  dar,  welches  sie  in  schwefel- 
tanres  Salz  verwandelten  und  hierauf  durch  Fällen  mit  Barjtlösung  aoa« 
IjsirteD.  Auf  diese  Weise  fanden  Hermann  76,10,  Berselius  81,87, 
Hagen  81,57  für  das  Atomgewicht  des  Lithiums. 

Da  jeder  der  drei  Chemiker  nur  einen  einzigen  Versuch  und  oben- 
;^m  mit  geringen  Mengen  von  Substanz  angestellt  hat  (höchstens 
t  Grm.  Substanz),  so  bedarf  es  weiterer  Versuche  zur  genaueren  Be- 
itbrnnung  des  Atomgewichten.  Für  S  =  200  und  Ba  =  857,0  be- 
rechnet es  sich  aus  Berzelius'  Versuch  =  82,85,  also  nahezu  82,5 
(oder  6,5). 

Neuerdings  hat  Mallet^)  das  Atomgewicht  des  Lithiums  aus  der 
Analyse  des  Chlorlithiums  abgeleitet.  In  zwei  mit  7  bis  8  Grm.  Chlor- 
Miam  angestellten  Versuchen  wurde  aus  der  Menge  des  erhaltenen 
Chlorsilbera  die  Menge  des  Chlors  und  Lithiums  ermittelt.  Mall  et 
berechnet  aus  diesen  Versuchen  Li  =  86,98  und  86,96,  im  Mittel 
86,96  (oder  6,96). 

Da  übrigens  das  Ghlorlithium  nur  durch  Auflösen  in  Aetherwein- 
geist  von  anderen  alkalischen  Chlor  metallen  gereinigt  war,  so  bleibt  es 
iweifelhaft,  ob  etwas  Chlornatrium  oder  Chlorkalium  beigemengt  war, 
ivodurch  das  Atomgewicht  zu  hoch  ausfallen  müsste. 

Mall  et  hat  in  einem  dritten  Versuche  das  Chlorlithiuro  aus  koh- 
Wnsanrem  Lithion  dargestellt,  welches  durch  Ausfällen  mit  kohlensau- 
rem Ammoniak  dargestellt  war.  3,9942  Grm.  Chlorlithium  bedurften 
10,1702  Grm.  Silber  (in  Lösung)  zur  Ausfällung  des  Chlors.  Hieraus 
berechnet  sich  Li  (für  Ag  =  1350  und  €l  =  443,75)  =  86,45 
(oder  6,92). 

Wir  müssen  es  vorläufig  dahin  gestellt  sein  lassen,  ob  diese  Zahl 
der  Wahrheit  näher  liegt  als  die  Zahl  von  Berzelius. 

Troost^)  hat  kürzlich  angegeben,  dass  das  Chlorlithium,  beim 
Glühen  an  der  Luft  Chlor  verliert,  weshalb  Mall  et  das  Atomgewicht 
a  hoch  finden  musste.  Seine  eigenen  Versuche,  die  nicht  speciell 
nntgetheilt  sind,  sollen  das  Atomgewicht  82,5  (oder  6,6)  ergeben  haben. 

Magnesium.  Lange  Zeit  wurde  das  Atomgewicht  des  Magne- 
&Di&ä  zu  158,3  angenommen,  welche  Zahl  Berzelius^)  dadurch  be- 
>tinimt  hatte,  dass  er  eine  gewbse  Menge  geglühter  Magnesia  in  schwe- 
felsaare  Magnesia  verwandelte  und  sie  nach  dem  Glühen  wog.  100  Thle. 
^tagnesia  gaben  293,985  Thle.  schwefelsaurer  Magnesia,  wonach  Mg  = 
157,8  (oder  12,62). 

Gay-Lussac«)  fand  1819  durch  Bestimmung  des  Schwefelsäure- 
gehaltes in  der  krystallisirtcn  schwefelsauren  Magnesia  das  Atomgewicht 
ded  Magnesiums  147,6  im  Mittel  zweier  Versuche  (wenn  S  =  200  und 
Ba=  856,8).  Scheerer^  (1846)  nach  derselben  Weise  aber  bei  An- 
wendung von  geglühter  schwefelsaurer  Magnesia  152,2,  Svanberg^) 
^  Nordenfeldt  durch   die   Analyse    von    krystallisirter  oxalsaurer 


0  Pogg  Ann«l.  Bd.  XVII,  S.  379.  —  ■)  Pogg.  Annal.  Bd.  XLVni,  S.  861. 
—  ■)  Sillim,  Amer.  Joarn.  Bd.  XXII,  S.  849  und  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm. 
^  CI,  S.870.—  *)  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [8]  T.  LT,  p.  108.—  *)  Berae- 
Hb»'  LehA.,  5te  Aufl.,  Bd.  III,  S.  227.  —  •)  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [2.]  T.  XIII, 
p.  80S.  —  T)  Pogg.  Annal.  Bd.  LXIX,  S.  586;  Annal.  d.  Ch«m.  u.  Pharm.  Bd.  LXIV, 
8.  220.  ~  «)  jonm.  f.  prakt.  Chenj.  Bd.  XLV,  S.  474. 


492  Atomgewichte. 

MagDesia  (für  C  =  75  und  B  =  12,5)  die  Zahl  154,8,  Bahri)  nadi 
derselben  Weise  wie  früher  Berzelius,  wozu  jedoch  die  Aiagnesia  aus 
einem  Meteorstein  verwendet  wurde  (I)  154,8. 

Mit  ^er  grössten  Umsicht  und  Sorgfalt  wurde  das  Atomgewicht 
durch  Scheerer^)  und  Marchand  (1850)  bestimmt  Sie  analjaiiteo 
natürliche  kohlensaure  Magnesia  (Magnesit) ,  welche  nur  0,009  bis  0,05 
fremde  Bestandtheile  enthielt  (die  in  Rechnung  gebracht  wurden).  Du 
feingepulverte  Mineral  wurde  bei  200^  bis  300^  C.  getrocknet,  die  hierbei 
entweichende  Spur  von  Kohlensäure  bestimmt,  der  Rückstand  gewogen 
und  durch  Glühen  in  Magnesia  verwandelt,  deren  Gewicht  bestimmt  wurde. 
Der  geglühte  Rückstand  enthält  indessen  noch  eine  kleine  Menge  von 
Kohlensäure,  welche  gleichfalls  noch  bestimmt  wurde.  In  elf  Yersnchen 
(wobei  jedesmal  4  bis  SO  Grra.  Mineral  verwendet  wurden)  fanden  Mar« 
ehand  und  Scheerer  das  Atomgewicht  des  Magnesiums  zwischen 
149,8  und  150,6,  im  Mittel  150,3  (oder  12,02). 

Man  kann  hiernach  ohne  bemerklichen  Fehler  Mg  =150  (odei 
12,0)  setzen. 

Mangan.  Die  ersten  Atomgewichtsbestimmungen  dieses  Metallei 
von  Berzelius«)  führten  zu  der  Zahl  355,8  (oder  28,46).  Berzeliai 
hatte  hierbei  0,50^5  metallisches  Mangan  in  Salpetersäure  gelöst  und 
den  beim  Eindampfen  erhaltenen  Rückstand  schwach  geglüht  und  g^ 
wogen.  Das  Atomgewicht  wurde  unter  der  Voraussetzung  berechnet, 
dass  der  Rückstand  (0,7225  Grm.  an  Gewicht)  nach  der  Formel  MnjOj 
zusammengesetzt  sei. 

I.  Davy^)  analysirte  (1812)  das  Manganchlorür  durch  Fällen  roil 
Silberlösnng;  aus  seinem  Resultat  berechnet  sich  die  Zahl  369,9  (odei 
29,59). 

Forchhammer*)  versuchte  (1821)  durch  die  Analyse  von  schw* 
feisaurem  Manganoxydul  das  Atomgewicht  zu  bestimmen.  Ans  seinei 
Analysen  berechnet  sich  etwa  die  Zahl  321  (oder  25,7). 

Arfvedson^)  kam  wieder  auf  das  Manganchlorür  zurück,  welche« 
er  mit  Silberlösung  fällte.  Aus  seinen  Angaben  berechnet  sich  Mn  = 
350  (=  28,0),  also  gleich  dem  des  Eisens. 

Turner  7)  (1818)  wandte  zur  Bestimmung  des  Atomgewichte) 
sowohl  das  schwefelsaure  Salz,  als  auch  die  Chlorverbindung  an.  Ei 
bestimmte  die  Menge  des  schwefelsauren  Salzes,  welche  man  ans  einei 
abgewogenen  Menge  von  Manganozydul  durch  Behandlung  mit  Sohwe 
feisäure  erhält.  100  Thle.  MnO  gaben  hierbei  211,2Thle.  MnO.SO» 
Hiernach  berechnet  sich  Mn  =  349,5  (oder  27,96).  Eine  hiervon  ziem 
lieh  verschiedene  Zahl  erhielt  er  durch  die  Analyse  von  Manganchlonlr 
das  im  Chlorwasserstoffstrom  getrocknet  worden  war  und  mit  Silber 
lösung  gefällt  wurde.  Aus  dem  Resultat  des  Versuches  berechnet  siel 
Mn  =  348,4  (oder  27,47). 

Endlich  hat  Berzelius  »)  (1830)  nach  derselben  Methode  zwe 
Versuche  angestellt;  aus  dem  Mittel  derselben  berechnet  er  die  Zah 


M  Journ.  f.  prakt.  Cbem.  Bd.  LVI,  S.  SlO.  —  *)  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.L 
S  886;  Annal.  d.  Chem.  o.  Pharm.  Bd.  LXXVI,  8.  219.  —  ")  Berselius'  Jahr«8bei 
IX,  8.  186.  —  *)  Philo».  Transact.  T.  CII,  p.  181.  —  »)  Thomaon»  Annal 
of  Philo».  T.  I,  p.  64.  -  •)  Schweigger's  Journ.  Bd.  XLII,  p.  202.  —  0  Phü« 
Magna.  [2.]  T,  IV,  p.  22;  Pogg.  Annal.  Bd.  XIV,  S.  211.  —  •»)  Pogg.  Annal 
Bd.  XVm,  S.  74. 


Atomgewichte.  493 

945,9,  oder  für  Ag=  1350  und  €1  =  448,75  findet  man  Mn  =  844,5 
(oder  27,56). 

V,  Hauer  ^)  hat  das  Atomgewicht  des  Mangans  ähnlich  wie  beim 
Esdmium  bestimmt  durch  Umwandlung  des  wasserfreien  schwefelsauren 
Qxjdulsalzes  in  Mangansulf ür;  der  Gehalt  des  Sulfats  an  Sauerstoff 
ut  darnach  im  Mittel  aus  neun  Versuchen  42,390  Proc.  (gefunden  von 
42,351  bis  42,428),  und  darnach  ist  das  Atomgewicht  im  Mittel  843,632; 
man  kann  darnach  wohl  die  Zahl  348,75  (oder  27,5)  als  das  Atom- 
gewicht des  Metalls  annehmen,  so  dass  Mangan  und  Eisen  ein  nahezu 
gldches,  aber  nicht  dasselbe  Atomgewicht  haben. 

Molybdän.  Berzelius  versuchte  zuerst^)  (1818)  das  Atomge- 
wicht des  Molybdäns  dadurch  zu  bestimmen,  dass  er  das  Gewicht  des 
molybdänsauren  Bleioxyds  ermittelte,  welches  aus  einer  abgewogenen 
Menge  von  salpetersanrem  Bleioxyd  durch  Ausfällen  mit  neutralem  mo- 
lybdansaurem  Ammoniak  erhalten  wird.  10  Grm.  salpetersaures  Blei- 
oxyd gaben  11,068  Grm.  molybdänsaures  Bleioxyd,  woraus  Ber- 
zelius für  das  Atomgewicht  des  Molybdäns  die  Zahl  601,56,  bald 
darauf  aber  bei  Wiederholung  desselben  Versuches  die  Zahl  598,55  er- 
hielt '). 

Svanberg  und  Struve^)  haben  sich  (1848)  ausführlich  mit  dieser 
Bestimmung  beschäftigt.  Nachdem  sie  die  Beduction  der  Molybdän- 
»ore  im  Wasserstoffgas,  mit  Schwefelwasserstoffgas,  sowie  mehrere 
andere  Verwandlungen  zur  genauen  Ermittelung  des  Atomgewichtes 
als  anbrauchbar  gefunden  hatten,  blieben, sie  bei  der  Ueberführung  von 
Sehwefelmolybdän,  MoSs,  in  Molybdänsäure  stehen.  Sie  ermittelten  die 
beim  Rösten  stattfindende  Gewichtsabnahme,  woraus  das  Atomgewicht 
dea  Molybdäns  sich  berechnen  lässt,  wenn  das  Atomgewicht  des  Schwe- 
fels bekannt  ist.  Setzt  man  S  =  200  und  die  Gewichtsabnahme  von 
100  Thln.  Schwefelmolybdän  beim  Rösten  gleich  o,  so  ist  das  Atom- 
gewicht =  — .  (400— 300)  —  400. 
a 

In  zehn  Versuchen  mit  künstlich  dargestelltem  Schwefelmolybdän 
fimden  sie  die  Gewichtsabnahme  beim  Rösten  zwischen  9,929  und 
10,356  Proc,  und  ^ndem  sie  die  am  meisten  von  den  übrigen  abwei- 
chenden drei  Versuche  ausschliessen,  im  Mittel  10,2477  Proc,  woraus 
Mo  =  575,83  (oder  46,07)  folgt. 

%u  dieser  Bestimmung  kann  man  bemerken,  dass  der  Fehler  in 
dem  zur  Berechnung  angewandten  Atomgewicht  des  Schwefels  nahezu 
20mai  vergrössert  in  dem  Atomgewicht  des  Molybdäns  auftritt,  so  wie 
I  ^  ^e  einzelnen  Versuche  nicht  genau  genug  mit  einander  überein- 
^men  (indem  die  aus  den  einzelnen  Versuchen  berechneten  Atom- 
gewichte zwischen  505,5  und  607,2  schwanken),  so  dass  also  das  Mittel 
^  Versuche  kein  sehr  grosses  Vertrauen  verdient. 

Berlin»)  hat  später  (1850)  das  Salz  2NH4O  .5Mo08  +  3 HO, 
^Q^ysirt.    Nach  dem  Trocknen  über  Schwefelsäure  wurde  eine  abge- 


*)  Bericht,  d.  Wien.  Aead.  Math.-i]atnrw.  Kl.  Bd.  XXY,  S.  124;  Chem.  Gentralbl. 
JWi,  S.  881.  —  ■)  Schweigger's  Jahrb.  Bd.  XXH,  S.  61.—  •)  Schwcigger's 
J«kib.  Bd.  XXm,  S.  186.  —  *)  Joum.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XLIV,  S.  267;  Annal 
i  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXVm,  S.  209.  —  *)  Joum.  f.  prakt,  Chemie.  Bd.  XLIX, 
8.  444;  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXXVI,  S.  272. 


494  Atomgewichte. 

wogene  Menge  desselben  mit  Salpetersäure  befeuchtet  im  Platinti«^ 
erhitzt  und  die  zurückbleibende  Molybdänsäure  gewogen.  In  vi 
Versuchen  erhielt  Berlin  zwischen  81,555  und  81,612,  im  Mitt 
81,581  Proc.  Molybdänsäure,  woraus  er  (für  N  =  175  und  H  =  12^ 
Mo  =  574,95  (oder  45,99)  berechnet.  Diese  Versuche  geben  ei 
zeln  berechnet  Mo  zwischen  573,25  und  576,57,  zeigen  aUo  nicht  d 
grossen  Abweichungen  wie  die  obigen. 

Wir  können  sonach  575  (oder  46,0)  als  eine  dem  wahren  AtoD 
gewicht  des  Molybdäns  sehr  nahe  kommende  Zahl  annehmen. 

Ganz  kürzlich  hat  Dumas ^)  mitgetheilt,  dass  er  in  drei  Ver« 
chen,  deren  Details  noch  nicht  veröffentlicht  sind,  durch  Beduetion  d< 
Molybdänsäure  mit  Wasserstoffgas,  Zahlen  erhalten  habe,  welche  i 
dem  Atomgewicht  Mo  =  600  (oder  48)  führten. 

Natriuin.  Berzelius  hat  wiederholt  das  Atomgewicht  des  Nj 
triums  zu  bestimmen  versucht.  Zuerst  bestimmte  er  die  Men^  vc 
Chlomatrium,  welche  man  aus  einer  bestimmten  Menge  Ton  Nj 
trium  (als  Amalgam  gewogen)  durch  Behandlung  mit  Salzsaui 
erhält,  und  berechnete  dabei  das  Atomgewicht  261,9.  Elr  analysin 
ferner  das  schwefelsaure  Natron  und  Chlornatrium,  ersteres  durch  Fi 
len  mit  Barytsalzen,  letzteres  mit  Silberlösung.  Berzelius  schenkl 
namentlich  der  letzten  Bestimmung  Vertrauen  und  berechnete  nach  il 
das  Atomgewicht  288,95,  sowie  später  nach  einem  anderen  Atomgi 
wicht  des  Silbers  und  Chlors  die  Zahl  290,9. 

Eine  sehr  gediegene  Arbeit  P  e  n  n  y '  s  ^)  zur  Bestimmung  des  Atom 
gewichtes  des  Natriums  erschien  1839.  Er  bestimmte  zuerst  die  Meng 
von  Chlomatrium ,  welche  bei  der  Zersetzung  von  chlorsaureni  Natro 
mit  Salzsäure  erhalten  wird.  100  Thle.  chlorsaures  Natron  gaben  i 
vier  Versuchen  54,92  bis  54,95,  im  Mittel  54,93  Thle.  Chlornatrinm. 

In  einer  zweiten  Versuchsreihe  ermittelte  Penny  die  Menge  voi 
Chlornatrium,  welche  aus  einer  bestimmten  Quantität  salpetersaare 
Natrons  durch  Eindampfen  mit  Salzsäure  erhalten  wird. 

100  Thle.  NaO.NOfi  gaben  68,767  bis  68,780,  im  Mittel  voi 
sechs  Versuchen  68,771  NaGl. 

In  einer  dritten  Versuchsreihe  bestimmte  er  endlich  die  Meng« 
von  salpetersaurem  Natron,  die  man  aus  einer  abgewogenen  Menge  voi 
Chlornatrium  durch  Eindampfen  mit  Salpetersäure  erhält.  In  siebei 
Versuchen  gaben  100  Thle.  NaGl  145,408  bis  145,424,  im  Mittel  145,41< 
Thle.  NaO.N05.  Aus  diesen  Resultaten  berechnen  sich  die  Atom 
gewichte: 

NaGl  =    731,25 
NaO.NOft  =  1063,33,  und  hieraus  für: 

Gl  =    443,75  wird  Na  =287,5    (oder  23,0)  undN=  175,8 
Gl=     443,2       „     Na  =  288,05  (oder 23,04)  „  N=  175,28 

Einige  Jahre  später  theilte  Pelouze')  einige  Versuche  zur  Be- 
stimmung des  Atomgewichtes  mit.  Er  löste  theils  Steinsalz,  theiU  künst- 
lich dargestelltes  Chlomatrium  auf  und  bestimmte,  wie  viel  davon  zui 
Ausfällung  einer  bestimmten  Menge  von  Silber,  das  in  Salpetersäure 


*)  LTnstitut  1867,  p.  281.  —  ■)  PhiloB.  Transmet.,  T.  CXXIX,  p.  18. 

*)  Compt.  rend.  T.  XX,  p.  1047;  AnaaL  d.  Chem.  a.  Pharm.  Bd.  LVI,  S.  201 


,  Atomgewichte.  496 

gelöst  war,  erfordert  wurde.  Er  fand  in  drei  Versuchen,  dass  100  Thle. 
SOber  äquivalent  waren  54,150;  54,139;  54,125  Thln.  Chlomatrium. 
Für  Ag  =r  1349,0  und  Gl  =  443,2  berechnet  sich  hieraus  Na  := 
287,2  (oder  22,98).  Für  Ag  =  1350  und  Gl  =  443,75,  wird  Na  287,1 
(oder  22,97).  Man  kann  hiernach  die  Zahl  287,5  (oder  23,0)  für  das 
Atomgewicht  des  Natriums  annehmen. 

Nickel.  Unsere  Kenntniss  des  Atomgewichtes  des  Nickels  be- 
rahte  bis  vor  Kurzem  auf  einer  einzigen  Bestimmung  Rothoff's^),  wel- 
cher eine  abgewogene  Menge  Nickeloxydul  1,88  6rm.  in  Chlomickel 
verwandelte  und  darin  den  Chlorgehalt  durch  Silber  bestimmte  (7,182 
Grm.  Chlorsilber).  Hieraus  berechnet  sich  fär  Ag  =1350  und  Gl  == 
443,75,  Ni  =  369,2,  eine  Zahl,  für  deren  Genauigkeit  keine  Beweise 
Torliegen.  Nach  Versuchen  von  Erdmann ^)  und  Marchand,  die 
nicht  speoieller  beschrieben  sind,  wurde  aus  der  Analyse  des  Nickel- 
oxyduls das  Atomgewicht  zwischen  365,9  und  367,2  gefunden;  der  ge- 
naueste Versuch  ergab  die  kleinste  Zahl.  Schneider  hat  nach  dem- 
•elben  Verfahren  wie  das  Atomgewicht  des  Kobalts  (s.  S.  488)  auch  das 
des  Nickels  bestimmt.  In  vier  Analysen  des  oxalaauren  Nickeloxyduls 
fand  er  in  100  Theilen  des  Salzes  das  Verhältniss: 
Kohlenstoff    .     .       12,055  12,022  12,004  12,016 

Nickel       .     .     .       29,107  29,082  29,066  29,082, 

daraus  Ni      .     362,18  862,85  363,20  363,04, 

oder  im  Mittel  (für  C  =  75,0)  berechnet  sich  Ni  =362,81,  wofür 
man  ohne  bedentende  Abweichung  362,5  (oder  29,0)  annehmen  kann. 

Niobium.  Man  kennt  die  Zusammensetzung  der  Niobverbindnn- 
gen  noch  nicht 

Osnuum.  Das  Atomgewicht  dieses  Metalls  wurde  von  Berze- 
Uqs  ähnlich  wie  das  des  Platins  und  Palladiums  durch  die  Analyse 
des  Doppelsalzes  Os€l2  -|~  K€l  ermittelt.  1,8165  Grm.  desselben 
verloren  beim  Erhitzen  im  Wasserstoffstrom  0,3805  Grm.  Chlor,  und 
der  BGckstand  gab  nach  dem  Behandeln  mit  Wasser  beim  Eindampfen 
0,401  Grm.  Chlorkalium.  Berzelius')  berechnet  hiemach  für  K  == 
488,9  und  Gl  =  443,2,  Os  =  1242,624,  Bücker  hat  hierin  einen 
Drackfehler  nachgewiesen  und  berechnet  selbst  Os  =  1243,624  (oder 
99,49).  Für  KGl  =  931,25  berechnet  sich  aus  dem  Verhältniss  des 
Oimioms  zn  Chlorkalium  =  1242,5  (oder  99,4). 

Andere  Zahlen  erhält  man  aber,  wenn  man  die  Menge  des  Dop- 
pelaalzes  mit  dem  gefundenen  Chlorkalium  oder  dem  Grewichtsverlust 
in  Wasserstofistrom  vergleicht;  in  ersterem  Falle  nämlich  Os  =  1288,7, 
im  zweiten  Os  =  1252,0. (oder  100,16).  Letztere  Zahl  möchte  wohl 
der  Wahrheit  am  nächsten  kommen,  vorausgesetzt,  dass  das  Salz  OsGlj 
'l'  K€l  sich  ohne  Zersetzung  trocknen  lässt. 

Fremy^)  hat  1844  aus  Versuchen  mit  Osmiumsäure,  deren  De- 
tuls  nicht  veröffentlicht  wurden,  das  Atomgewicht  des  Osmiums  zn 
1247,8  (oder  99,82)  berechnet. 

Die  Zahl  1250  (oder  100,0)  kann  vorläufig  so  gut  wie  jede  der 
uideren  angenommen  werden. 

')  Po  gg.  Amua.  Bd.  yin,  S.  184.  —  ■)  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXXXII, 
S.  76.  —  »)  Lehrb.,  6te  Aufl.,  Bd.  HI,  S.  1213.  —  *)  Annil.  de  chim.  et  phy». 
m  T.  Xn,  p.  861;   Joura.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXX 111,  S.  407. 


496  Atomgewichte. 

Palladiuin.  Mit  Uebergehang  der  ersten  qnantitatiTen  Bestim- 
muDgen  von  Vauquelin  und  Thomson  führen  wir  nur  ao^dass  Ber- 
zelius  zuerat^)  (1813)  das  Atomgewicht  durch  Bestim mang  der  Schwe- 
felmenge, welche  das  Palladium  beim  Glühen  zurückzuhalten  vermag, 
sowie  durch  die  Menge  des  Quecksilbers,  welche  eine  bestimmte  Menge 
von  Palladium  aus  der  Chlorverbindung  abscheidet,  zu  ermitteln  ver- 
suchte.    Das  daraus  abgeleitete  Atomgewicht  war  711,4  und  703,8. 

Später')  (1828)  bestimmte  Berzelins  das  Atomgewicht  auf  ähn- 
liche Webe,  wie  bei  dem  Iridium  beschrieben,  nämlich  durch  Beductioo 
des  Salzes  Pd€l  -j-  KGl  im  Wasserstoffstrom.  Da  das  Salz  sich  nicht 
unzersetzt  trocknen  liess,  so  wurde  das  Gemenge  von  Chlorkalinm  ood 
Palladium  gewogen,  sowie  die  Menge  des  beim  Ausziehen  mit  Wasser 
hinterbleibenden  Bückstandes.  Auf  0,075  Grm.  Palladium  gab  der  Ver- 
such 0,809  Grm.  Chlorkalium,  und  auf  0,851  Grm.  Palladium  1,192 
Grm.  Chlorkalium.  Aus  dem  ersten  Versuch  berechnet  sich  Pd  = 
664,6,  aus  dem  zweiten  665,8.  Nimmt  man  KGl  931,25,  so  findet 
man  Pd  =;  663,4  und  664,8,  im  Mittel  664,1  (oder  53,18),  oder  nahe- 
zu  662,5  (=  58,0). 

Phosphor.  Die  erste  annähernd  richtige  AtomgewichtsbestiiD* 
mung  dieses  Elementes  rührt  von  Berzelius')  her.  Er  bestimmte 
(1816)  die  Menge  von  Silber,  welche  durch  eine  abgewogene  Menge 
von  Phosphor  aus  einer  Lösung  von  schwefelsaurem  Silberoxyd  beim 
Kochen  gefällt  wird;  zugleich  bestimmte  er  die  Menge  von  Gold,  welche 
Phosphor  aus  Goldchlorid  niederschlägt.  Er  fand  hierbei,  dass  0,8115 
Grm.  Phosphor  13,98  Grm.  Silber  ausfällen;  ferner  erhielt  er  dorek 
0,829  Grm.  Phosphor  8,714  Grm.  Gold  und  durch  0,754  Grm.  Pboi- 
phor  7,93  Grm.  Gold. 

Für  Au  =  2450  berechnet  sich  aus  dem  Mittel  der 

...^1  ,r         1^         T*         1,583.2450.5  „^„  , 

beiden  letzten  Versuche      4*  =  — -—     =  888,4 

16,644  •  ü 

(oder  81,04), 

X     TT         vn         0,8115.1350.5  „^,  ^ 

.  und  aus  dem  ersten  Versuch  P  =  -^ 7T^ ^^  891,8 

(oder  81,34). 

Ziemlich  abweichend  hiervon  ist  das  Resultat  von  Pelo uze's*) 
Versuchen  (1847).  Er  versuchte  die  Menge  von  Phosphorchlorfir, 
PGls)  zu  bestimmen,  welche  zur  vollständigen  Ausfällung  einer  be- 
stimmten Lösung  von  salpetersaurem  Silberozjd,  die  mit  Salpetersaare 
angesäuert  war,  erfordert  wurde.  Er  fand,  dass  100  Thle.  Silber  durch 
42,74  Thle.  Phosphorchlorür  ausgefällt  werden,  und  berechnete  hie^ 
nach  P  =  400,3  (oder  32,0). 

Mit  Uebergehung  der  Versuche  von  Jacquelain*),  welche  wenig 
Vertrauen  verdienen,  gehen  wir  zu  den  letzten  und  entscheidensten  Ver- 
suchen Schrötter's^)  (1853)  über.  Sohrötter  verbrannte  abgewo- 
gene Mengen  von  amorphem  Phosphor  in  einem  Strom  trockenen  Sauei^ 


*)  Schweiggor'ß,  Journ.  Bd.  VII,  8.48.—  «)  Pogg.  AonaL  Bd.  Xm,  S.iS>. 
^  Anntl.  de  chtm.  et  dephys.  [2.]  Vol.  II;  Schweig ger's,  Journ.  Bd.  JUUÜ. 
♦)  Compt.  rend.  T.  XX,  p.  1047.  —  »)  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LV. 
*)  AnnaL  de  chim.  et  de  phys.   [S.]  T.  XXXVni;   Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd. 
Lm,  S.  486. 


Atomgewichte.  497 

[tfoffgases,  wobei  der  Apparat  so  eingerichtet  war,  dass  keine  Phosphor- 
saure  verloren  gehen  konnte. 

Aof  100  Thle«  Phosphor  erhielt  Schrott  er  in  zehn  Versuchen 
229,30  bis  228,78  ThJe.  Phosphorsäure,  und  im  Mittel  berechnet  sich 
US  den  Versuchen:  P  =  387,8  also  sehr  nahe  387,5  (oder  31,0). 

Mit  dieser  Zahl  stimmen  Berzelius'  frühere  Versuche  mit  Gold- 
losong  gut^öberein. 

Platin.  Das  Atomgewicht  dieses  Metalles  wurde  zuerst  durch 
Berzelius  (1813),  Vauquelin  (1817),  E.  Davy  (1817)  und  Andere 
XQ  bestimmen  versucht,  doch  waren  die  Methoden  sehr  unvollkommen. 

Die  erste  genauere  Bestimmung  wurde  (1826)  durch  Berzelius 0 
ausgeführt.  6,981  Grm.  Ealiumplatinchlond  verloren  beim  Glühen  im 
Wssserstoffstrom  2,024  Grm.  Chlor  und  hinterliessen  nach  dem  Aus- 
waschen des  Ghlorkaliums  2,822  Grm.  Platin.  Aus  diesen  Angaben 
Isast  sich  das  Atomgewicht  des  Platins  auf  dreierlei  Weisen  berechnen; 
ümlich  durch  Vergleichung  des  ursprünglichen  Salzes  mit  dem  Ghlor- 

geblt  des  Chlorplatins  ^'^^^  ^Aff^  ^  ^  —  (9»  1.25    +  887,5) 

= 1242,40  (oder  99,4) ;  oder  durch  Vergleichung  des  Chlors  mit  dem  Platin 

2,822 

443,75  X  2  =  1237,4  (99,0);  oder  drittens  durch  Vergleichung 

2  822  * 

des  ChlorkaHums  mit  dem  Platin  -n^rrT  •  93 1,25  =  1230,9  (oder  98,5). 

2,loo 

Auch  Andrews')  hat  das  Kaliumplatin ohlorid  analjsirt.  Er  zer- 
letzte es  nach  dem  Trocknen  bei  150^  C.  mit  Zink  und  Wasser  und 
wog  das  hinterbleibende  Platin,  nach  dem  Auswaschen  mit  Essigsäure 
und  zuletzt  mit  Salpetersäure.  Die  speciellen  Zahlen  finden  sich  nicht 
angegeben;  als  Resultate  werden  angeführt,  dass  drei  Versuche  Pt  = 
98,93,  98,84  und  99,06,  im  Mittel  98,94  (für  H  =  1)  gaben,  woraus 
ibo  für  O  =  100  Pt'=  1236,75  sich  berechnet  Diese  Zahl  stimmt 
mit  einer  der  oben  aus  Berzelius'  Versuchen  berechneten  Zahlen  nahe 
fiberein,  und  man  kann  daher  ohne  bemerklichen  Fehler  Pt  =  1237,5 
(oder  99,0)  annehmen. 

Quecksilber.  Lange  Zeit  wurde  das  Atomgewicht  des  Queok- 
nlbers  zu  1265,8  (oder  101,26)  angenommen.  Diese  Zahl  hatte  Sef- 
ström')  (1812)  aus  der  Analyse  des  Quecksilberoxyds  abgeleitet,  worin 
er  auf  100  Thle.  MetaU  7,89,  7,90,  7,97  Thle.  Sauerstoff  gefunden 
QDd  den  mittleren  Versuch  als  den  genauesten  der  Rechnung  zu  Grunde 
gelegt  hatte. 

Zwar  hatte  Turner^)  schon  1835  aus  der  Analyse  des  Queck- 
alberoxyds  in  zwei  Versuchen  Hg  1254,8  und  1249,8  (wenn  die  Formel 
ffir  das  Quecksilberoxyd  HgO  ist)  gefunden,  doch  wurden  seine  Resultate 
nicht  weiter  beachtet.  Auch  die  Analyse  des  Quecksilberchlorids,  wo- 
^  das  Quecksilber  durch  Zinnchlorür  ausgefällt  und  nach  dem  Trock- 
nen im  Vacuum  gewogen  wurde,  gab  für  Gl  =  443,75  berechnet  Hg 
=  1249,8  und  1250,0  (=  100,0). 


O'Uhrb^  6.  Aufl.  Bd.  UI,  S.  121S.  —  *)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd. 
UXIV,  S.  266.  —  ')  Scbweiggers  Journ.  Bd.  XXU,  S.  828.  *-  *)  Annal.  d. 
Chan.  n.  Pharm.  Bd.  Zm,  S.  14. 

Bttdwttrtirboeh  d«r  Chemie.  Ste  Aufl.  Bd.  IL  32 


498  Atomgewichte. 

EDtacheidend  waren  die  Verbuche  von  Erdmann^)  and  Marchai 
(1844).    Sie  zersetzten  sorgfältig  dargestelltes  und  getrocknetes  Qn< 
siiberoxyd  durch  Glühen  in  einem  Strome  trockner  Kohlensaure^ 
men  den  freiwerdenden  Sauerstoff  (der  sonst  sich  zum  Theil  wieder 
dem    Quecksilber  vereinigt)  durch   glühende  Kohle  und  Kupfer  wi 
und  sammelten  das  überdestillirende  Quecksilber  auf,  wobei  das 
weichende  Gas  zuletzt  durch  eine  Goldblättchen  enthaltende  Rohre 
Queoksilberdampf  befreit  wurde.     In  fünf  Versuchen ,   worin  jedesi 
zwischen  44  und  118  Grm.  Quecksilberoxyd  zersetzt  wurde,  fanden 
darin  92,594  bis    92,604  Proc,  im  Mittel   92,597  Proc  Quecksül 
Das  Atomgewicht  des  Quecksilbers  berechnet  sich  hieraus  1250,9  (( 
100,07)  (in  den  einzelnen  Versuchen  zwischen   1250,8   und    1252,lj 
Gewöhnlich  setzt  man  Hg  =  1250  (oder  100,0).  ^ 

Der  Dampfdichte  des  Quecksilbers  zufolge  sollte  man  als  einfache 

Atom   des   Quecksilbers  die   Hälfte  — -^ —  =625  annehmen  ond  dfl 

Quecksilberoxyd  HgO,  das  Quecksilberoxydul  Hg^O  schreiben,  worii 
Hg  =  1250  Gewichtstheile  ausdrückt. 

Rhodium.  Wir  übergehen  die  ersten  Versuche  von  Berzelius' 
zur  Bestimmung  des  Atomgewichtes  des  Rhodiums,  sowie  die  voi 
Thomson 3),  und  führen  nur  die  letzten  (1828)  jetzt  noch  geltende] 
Resultate  von  Berzelius  an.  Er^)  wandte  dieselbe  Methode  an,  ws 
bei  der  Gewichtsbestimmung  des  Platins,  Palladiums,  Osmiums  u.  a. 

3,146  Grm.  Kaliumrhodiumchlorid  verloren  beim  Glühen  im  Was 
serstoffstrome  0,930  Chlor  und  hinterliessen  ein  Gemenge  von  0,91! 
Rhodium  und  1,304  Chlorkalium. 

Hiernach  enthält  das  Chlorrhodium  l^^mal  soviel  Chlor  ab  dai 
Chlorkalium,  und  seine  Formel  ist  mithin  RhjGls  -|-  2KGL  Unte 
dieser  Voraussetzung  berechnet  Berzelius  aus  obigem  Versuch  Bh:: 
651,96  (oder  52,16). 

Ein  zweiter  Versuch  wurde  in  derselben  Weise  angestellt:  U 
Grm.  Salz  verloren  0,335  Grm.  Chlor  und  gaben  0,358  Grm.  Rhodiun 
mithin  0,515  Grm.  Chlorkalium.   . 

Beide  Versuche  lassen,  wie  bei  Platin  angegeben,  verschieden 
Berechnungen  zu.  Vergleicht  man  die  Menge  des  Bhodioms  mit  de 
des  Chlorkaliums,,  so  ergiebt  der  zweite  Versuch  (für  K€l  =  931^22 

Rh  =  -V7T-931,25  =  647,4  und  der  erste  Versuch  651,3;  dasMitti 
0,51o 

beider  649,35,  kommt  der  Zahl  650  (oder  52,0),  so  nahe,   dassjeti 

tere  so  gut  wie  diese  gewählt  werden  kann. 

Ruthenium.  Dieses  Metall  ist  bis  jetzt  allein  von  Claus<^)  tu 
tersncht  worden.  Aus  der  Analyse  des  Kaliumruthenium  Chlorids  leiti 
er  die  Formel  2KG1  -(-  RujGlg  ab  und  berechnet  hiernach  Ru  - 
651,387  (oder  52,11).  Diese  Zahl  kommt  dem  Atomgewicht  des  Bb( 
diums  so  nahe,  dass  man  beide  einander  gleich  setzen  kann. 


*)  Journ.  f.  prakt.  Ghem.  Bd.  XXXI,  S.  885;  Annal.  d.  Ghem.  u.  Pharm.  Bd  Li 
S.216.  —  «)  Schweiggcr'8  Journ.  1818.  Bd.  XXII,  S.  817.  —  ■)  Schweigger 
Journ.  1826.  Bd.  XLVU,  S.  6.  —  *)  Pogg.  Annal.  Bd.  XUI,  S.  486.  —  «)  BnU. 
tin  de  St.  Peterb.  1845.  Nro.  68;  Journ.  f.  prakt.  Ghem.  Bd.  XXXIV,  S.  178,  42( 
Annal.  d.   Ghem.   u.    Pharm.  Bd.  LYI,  S.  257. 


Atomgewichte.  499 

ffieryon  weicht  jedoch  das  Atomgewicht  des  Batheniunifi  bedeu* 
taid  ab,  welches  man  aus  anderen  Bestimmungen  von  Clans  ableiten 
mm: 
1^04  Grai.  2Kei-fRu3Gl8  gaben  1,364  AgGl,  berechnet  Ru  =  718 

er  57,44). 
4Grm.  2Kei4-Bn,€l8      „      l,268AgGl,         „  Ru  =  711,6 

Mer  56,93). 

£s  bleibt  daher  noch  eine  grosse  Unsicherheit  über  das  wahre 
llomgewichl  Vorläufig  kann  man  das  Atomgewicht  650  (oder  52) 
inehmen. 

Saaerstoff.  Bei  den  vorliegenden  Berechnungen  haben  wir  densel- 
ioD  zur  Grundlage  gewählt  und  =100  (oder  8)  gesetzt. 

Schwefel.  Zur  Bestimmung  des  Atomgewichtes  wurde  eine  grosse 
^hl  von  Untersuchungen  angestellt.  Bei  den  ersten  ^)  Bestimmungen 
fDg  Berzelius  von  dem  Schwefelblei  oder  metallischen  Blei  aus, 
che  er  in  schwefelsaures  Bleioxyd  verwandelte  und  die  Gewichts- 
e  ermittelte.  100  Thle.  Schwefelblei  gaben  126,5  und  126,4 
e.  schwefelsaures  Bleioxjd.     Das  Atomgewicht  des  Schwefelbleies 

k  hiernach  PbS  =  -^^-400  =  1512,3,  und  wenn  Pb=  1294,1  wird 

26,45 

=  218,2.     Femer  gaben  100  Grm.  Bleioxyd  mit  Salpetersäure  und 

efehäure    behandelt    und    geglüht    135,71    Grm.    schwefelsaures 

iozyd,  woraus  für  Pb  =  1294,1  S  =  197,8  sich  berechnet. 

Berzelius  leitete  aus  seinen  Versuchen  S=204,19  (oder  16,33)  ab. 

Wir  übergehen  die  übrigen  Versuche  Berzelius'  mit  kohlensaurem 

Blei,  schwefiig^urem   B)ei,    sowie    die   Synthese   des  Schwefelbleies 

ßn  Jahre  1810)  und  führen  nur  die  Versuche 2)  von  1818  an,  in  wel- 

i^  er  die  Menge  von  schwefelsaurem  Bleioxyd  bestimmte,  welche  aus 

^r  abgewogenen  Menge  von  Blei  durch  Eintrocknen  mit  Salpeter- 

fe  and  Schwefelsäure  erhalten  wird.   100  Thle. Blei  lieferten  146,380 
U6,458,  im  Mittel   146,419  schwefelsaures  Bleioxyd,  woraus  für 
*b=:  1294,1,  S  =  201,2  (oder  16,09)  sich  berechnet. 

Bei  ihren  Versuchen  mit  isländischem  Kalkspath  (1842)  bestimm- 
te» Erdmann  und  Marchand')  auch  die  Menge  des  schwefelsauren 
Silks,  welche  man  aus  einem  bestimmten  Gewicht  Elalkspath  durch  Be- 
bndlang  mit  Schwefelsäure  erhält;  aus  100  Thln.  Kalkspath  erhielten 
"e  136,02  bis  136,07,  im  Mittel  136,05  Thle.  schwefelsauren  Kalk. 
*8r  C  =  75,0,  Ca  =  250  berechnet  sich  hieraus  S  =  200,3  (oder 
16,02). 

Später  (1844)  haben  Erdmann  und  Marchand^)  einen  anderen 
«vcg  eingeschlagen ;  sie  analysirten  nämlich  Zinnober ,  der  aus  reinem 
uoflichem  Product  durch  wiederholte  Sublimation  vollkommen  rein 
^Iten  wurde.  Das  reine  Schwefelquecksilber  wurde  in  einem  Strome 
^  Wagserstofigas  reducirt  und  dabei  derselbe  Apparat  angewendet, 
^^^^^  sie  sich  zur  Analyse  des  Quecksilberoxyds  bedient  hatten.  Si^ 
erhielten  aus  100  Thln.  Schwefelquecksilber  (auf  den  leeren  Baum  re- 


^  Gilberts  AnnaL-Bd.  XXXVII  (1811).  —  *)  Schweigger'a  Journ.  Bd. 
pni;  Berseüu»'  Lehrb.  Bd.  V,  8. 1187.—  ■)  Journ.  f.  prtkt.  Chem.  Bd.  XXVI, 
*■  47t.  -  *)  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXXI,  S.  396. 

32« 


500  Atomgewichte. 

dncirt)  in  vier  Versachen  86,205  bis  86,222,  im  Mittel  86,211  Gn 
QaeckBÜber. 

Für  Hg  =  1250  berechnet  sich  S  =  199,98,  oder  für  Hg  s 
1250,9  wird  S  =  200,08. 

Berzelius^)  bat  hierauf  (1845)  eine  andere  Methode  zur  Besta 
mang  des  Atomgewichtes  des  Schwefels  angewendet;  er  bestimmte  fll| 
lieh  die  Menge  des  Schwefelsilbers,  welche  man  aus  einer  gegeben 
Menge  von  Chlorsilber  durch  Behandlung  mit  trockenem  SchwefelwaiM 
stofTgas  erhält  In  vier  Versuchen  fand  er  für  Ag  =  1849,7  mid( 
=  443,28,8  =  200,6  bis  201,1,  im  Mittel  200,7. 

Auch  Svanberg  und  Struye')  stellten  einen  einzelnen  YerüN 
nach  letzter  Methode  an.  Aus  5,5967  6rm.  Chlorsilber  erhielten  fl 
4,8845  Grm.  Schwefelsilber,  woraus  sie  S  =  200,7  berechnen.  Dt  ii 
dessen  noch  etwas  unverändertes  Chlorsilber  vorhanden  war,  so  würi 
man  durch  völlige  Verwandlung  in  Schwefelsilber  eine  noch  klein« 
Atomzahl  gefunden  haben. 

Struve')  hat  endlich  (1852)  schwefelsaures  Silberoxjd  analjsi 
und  daraus  das  Atomgewicht  des  Schwefels  berechnet.  Er  redadil 
dasselbe  durch  Erhitzen  in  einem  Strom  von  Wasserstoffgas  und  wo 
das  hinterbleibende  Silber.  Für  Ag  =108  berechnet  er  aas  sed 
Versuchen  S  =  15,970  bis  16,048,  im  Mittel  16,001,  oder  für  0  = 
100  wird  S  =  200,01. 

Berzelius',  Erdmann's  und  Marchand's,  Svanberg^s  oo 
Struve's  Bestimmungen  zeigen  übereinstimmend,  dass  das  Atomgewiel 
des  Schwefels  so  nahe  200  (oder  16,0)  kommt,  dass  diese  Zahl  ohi 
bemerklichen  Fehler  bei  allen  Berechnungen  angewendet  werden  kam 
und  es  ist  sogar  wahrscheinlich,  dass  das  Atomgewicht  des  Schwefd 
genau  doppelt  so  gross  ist  als  das  des  Sauerstoffes. 

Selen.  Die  erste  Bestimmung  von  Berzelius^)  bestand  in  di 
Verwandlung  von  Selen  in  Ghlorselen  durch  Ueberleiten  von  Chlorgai 
1  Grm.  Selen  gab  hierbei  1,79  Grm.  Chlorselen.  Für  €l  =  442,6 
berechnet  sich  hieraus  Se  =  494,58.  Für  Gl  =  443,75  wird  Se  = 
495,8.  Nach  dem  Auflösen  in  Wasser  und  Ausfällen  mit  salpeterBsi 
rem  Silberoxyd  in  saurer  Lösung  erhielt  Berzelius  femer  7,2285  Gm 
Chlorsilber.  Femer  gaben  0,937  Grm.  der  Chlorverbindung  2,48  Gm 
geschmolzenes  Chlorsilber.  Für  4:^1  =  448,75  und  Ag  =  1350  bered 
net  sich  aus  dem  ersten  Versuche  Se  =  496,8  (oder  89,74)  und  ai 
dem  zweiten  Se  =  495,8  (oder  39,66). 

Berzelius  analysirte  endlich  noch  das  Selensilber,  welches  er  dorc 
Einleiten  von  Selenwasserstoff  in  Silberlösung  ausgefällt  hatte.  l,8o 
Grm.  über  1000  C.  getrocknetes  Selensilber  gab  1,844  Grm.  Chlorsilbel 

1  888 
man  hat  hieraus  für  €l  =  448,70  und  Ag  =  1850,  Se  =  7— 

1798,75  —  1850  =  486,5  (oder  88,92). 

Mitscherlich  und  Nitzsch^)  versuchten  (1827)  die  Bestimniap{ 
des  Atomgewichtes  durch  die  Analyse  selensaurer  Salze. 

2,6545  Grm.  geschmolzenes  selensaures  EaU  gaben  1,7655  CUd 


0  Pogg.  Annal.  Bd.  LXV;  Lehrb.  5.  Aufl.  Bd.  m,  S.  1188.   —    *)  Joorn. 
prAkt.  Chem.  Bd.  XLIY.  —  ")  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXZX,  S.  208. 
*)  Schweigger's  Journ.  1818,  Bd.  XXUl.  —  ^)  Pogg.  Annal.  Bd.  DL 


J 


I  Atomgewichte.  501 

UiaiD,  womns  für  Gl  =  443,75  und  E  =  487,5  sich  berechnet  Se 
p  512,7.  Femer  gaben  4,880  Grm.  selensaores  Natron  nach  dem 
jfchmelzen,  Kochen  mit  Salcsäare  und  Aasfällen  mit  schwefliger  Sänre 
^020  6rm.  Selen.  Hieraas  berechnet  sich  Se  =  484,9  (oder  38,79). 
i     Sacc^)  hat  (1847)  mehrere  Yersachsreihen  zur  Bestimmang  des 

fe gewichtes  des  Selens  veröffentlicht  Durch  Verwandlung  von 
in  selenige  Säure  (durch  Behandlung  mit  Salpetersäure)  und  Be- 
ibmong  der  Gewichtszunahme,  fand  er  die  Atomgewichte  489,5,  500,0 
aid  506,3.  Letzteren  Versuch  hält  er  für  den  genauesten«  Durch 
Bestimmung  der  Menge  von  Selen,  welche  man  aus  einer  abgewogenen 
Ifa&ge  seleniger  Säure  durch  Beduction  erhält,  fand  er  die  Zahlen 
188,0,  489,6  und  493,5.  Durch  Bestimmung  der  Menge  von  schwefel- 
pnrem  Baryt,  welche  man  aus  einer  abgewogenen  Menge  selenigsauren 
liryts  durch  Zersetzen  mit  Schwefelsäure  nach  dem  Glühen  erhält, 
iridelt  er  in  vier  Versuchen  nahe  übereinstimmend  Se  =  490  (wenn 
li  =  856  and  S  =  200). 

Erdmann  und  Marchand*)  haben  (1849)  durch  die  Analyse  des 
[necksübers,  welche  sie  wie  die  des  Schwefelquecksilbers  ausführ- 
den  Quecksilbergehalt  darin  gleich  71,726,  71,731  und  71,741  in 
gefunden.     Für  Hg  =  1250  wird  hieraus  im  Mittel  der 
fenoche  Se  =  492,6  (oder  39,41). 

Es  bleibt  hiemach  noch  grosse  Unsicherheit  über  das  Atomgewicht 

Selens.    Berzelius'  erste  Versuche  mit  Chlorselen  schwanken  um 

Zahl  496  (39,7).     Sacc's  Versuche  gaben  sehr  wechselnde  Zah- 

die  genaaesten  nahezu  490  (39,2),  Erdmann' s  und  Marchand's 

«,6  (39,41). 

Als  Mittel  dieser   Zahlen  kann  man  Se  =  493,75  (oder  39,5 
Mhlen. 

Süber.     Siehe  bei  Chlor  (S.  479). 

Sflicium.  üeber  das  Atomgewicht  des  Siliciums  herrscht  noch 
0QBse  Unsicherheit,  insofern  es  unentschieden  ist,  ob  die  atomistische 
NBammensetzung  der  Kieselsäure  durch  die  Formeln  SiO,  Si02  oder 
K0|  auszudrücken  ist  Wir  legen  den  folgenden  Berechnungen  die 
Formel  SiOs  zu  Grunde. 

Die  ersten  Versuche  zur  Ermittelung  des  Atomgewichtes  des  Sili- 
cnma  konnten  der  Methode  der  Bestimmung  zufolge  nur  sehr  entfernte 
Aanihemng  an  die  Wahrheit  geben. 

Berzelius*)  analysirte  silicium-  und  kohlenstoffhaltiges  Eisen 
9}^  Grm.);  durch  Auflösen  in  Salzsäure  und  Verbrennen  des  entwei- 
^Modea  Gases  verwandelte  er  den  Kohlenstoff  in  Kohlensäure,  deren 
Ke&ge  nach  dem  Fällen  mit  Kalkwasser  bestimmt  wurde  (0,7  CaO  .  C  O9) ; 
^  geloste  Eisen  wurde  als  Eisenoxyd  gef  lUt  und  gewogen  (4,7 1  Fe«  0$) 
Vid  hieraus  die  Menge  von  Eisen  berechnet.  Das  Ungelöste  wurde  an 
fa  Luft  geglüht  und  gewogen  (0,335),  es  wurde  als  Kieselsäure  be- 
^t^cbtet.  Zieht  man  nun  von  dem  Gewichte  der  ursprünglich  ange- 
wendeten Eisenverbindung  die  Menge  des  Kohlenstoffs  und  des  Eisens 
^1  Bo  erhält  man  die  Menge  des  Siliciums ,  welches   die  gefundene 


0  Annal.  de  chim.  et  dephys.  T.  XXI,  p.  119;  Jonni.  f.  prakt.  Chem.  Bd.XLII, 
&  SS9.  _  ty  Jonrn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LV;  Annal.  d.  Chem.  il  Phenn.  Bd. 
UXXH  8.  77.  —  ^  Aiual.  d.  Phyt.  von  Gilbert,    Bd.  XXXVI. 


502  Atomgewichte. 

Menge  von  Kiesels&ure  liefert  Berechnet  man  hieiMs  f  fir  ¥^b  =  SS 
C  =  75  diesen  Yersnch,  so  findet  man  Si  =  165.  Berzelias  I 
rechnete  nach  den  damals  geltenden  Atomsahlen  8i  =  296. 

Wir  übergehen  dieVersache  von  BerEeliae^),  durch BestiroiDoi 
der  Menge  von  Kieselsäure,  welche  sich  beim  Einleiten  von  Flaorki« 
in  Boraxlösung  abscheidet,  das  Atomgewicht  zu  bestimmen,  weU  4 
Wahlen  in  verschiedenen  Versuchen  sehr  wechselten. 

Auch  die  Analyse  von  Mineralien  (Silicaten)  konnte  keine  6 
nauigkeit  geben ,  so  wenig  wie  die  Bestimmung ')  der  Menge  von  Ki 
seisäure,  welphe  man  durch  Oxydation  von  Silicinm  erhält  In  ^nc 
Versuche  erhielt  er  von  100  Silicium  203,75  Kieselsäure,  woraus  Si: 
277,8  (oder  22,22). 

Berzelius  analysirte  endlich  Kieselfluorbarium;  er  fand  du 
0,85  Proc.  Wasser  und  erhielt  bei  der  Behandlung  mit  Schwefelsiil 
und  Glühen  im  Bückstande  82,933  Proc«  schwefelsauren  Baryt,  won 
Berzelius  Si  =  277,2  ableitete.  Für  Ba  =  856,  F  =  237,5  m 
S  =  200  wird  übrigens  Si  =  258,3  (oder  20,66). 

Im  Jahre  1845  hat  Pelouze^)  das  Chlorsiliciura  zur  Bestä 
mung  des  Atomgewichtes  des  Silicinms  angewendet  Zur  Ausfalloi 
von  1  Grra.  Silber  aus  seiner  Lösung  in  Salpetersäure  bedurfte  er  Infi* 
Versuchen  0,8943  und  0,8946  Grm.  SiClg.  Im  Mittel  dieser  Versvd 
berechnet  sich  für  Ag  =  1350  und  €l  =  443,75,  Si  =  266,5  (od 
21,32). 

Diese  Zahl,  deren  Genauigkeit  wahrscheinlich  nicht  sehr  gross  ii 
wegen  der  Schwierigkeit,  reines  Chlorsilicium  zu  bereiten,  wirdjel 
ziemlich  allgemein  angenommen. 

Stickstoff.  Man  kann  das  Atomgewicht  des  Stickstoffes  duK 
Vergleichung  der  Gewichte  gleicher  Baumtheile  von  Stickstoffgas  ui 
Sauerstoffgas  ermitteln,  da  beide  permanente  Gase  sind  und  gleicl 
Ausd eh nungscoef fielen ten  besitzen.  Setzt  man  das  Gewicht  eines  V( 
lumens  Sauerstoff  =  1,  so  ist  das  Gewicht  eines  gleichen  Volumeos  Stfol 
Stoff  unter  demselben  Druck  und  der  nämlichen  Temperatur  nach  d« 
Versuchen  von : , 

Lavoisier 0,8757  daher  N  =  175,1 

Biot  und  Arago    0,8781      „      „  =  175,6 

Dulong  und  Berzelius  .  .  0,8852      „       „  =  177,0 
Dumas  und  Boussingault  0,8791      „       „  =  175,8 

Regnault 0,8786      „       „  =  175,7 

Die  Zahl  177  (oder  14,16)  wurde  auf  Berzelius'  Autorität  frühe 
gewöhnlich  angenommen. 

Man  kann  aber  auch  durch  die  Analyse  salpetersaurer  Salze  ode 
von  Ammoniaksalzen  das  Atomgewicht  berechnen. 

'Svanberg*)  (1842)  hat  das  salpetersaure  Bleioxyd  analysirt,iD 
dem  er  das  Gewicht  des  beim  Glühen  hinterbleibenden  Bleioxyds  be 
stimmte.  Aus  seinen  Bestimmungen  berechnete  er  N  =  174,4  (im  ^ 
tel  von  vier  Versuchen,  deren  Grenzwerthe  174,2  und  174,6).  I^ 
Penny  durch  die  Analyse  des  salpetersauren  Natrons  die  Zahl  175^« 
fand,  haben  wir  bei  Natrium  oben  angegeben. 

>)  Schweigger's  Journ.  Bd.  XXIII,  8.277  (1818).  —  ■)  Pogg.  AiuäL  Bd.! 
(1824).  —  »)  Compt.  rend.  T.  XX,  p,  1047  u.  Annal.  d.  Chem.  u.  Phtnn.  Bd.  LVl 
ß.202.   -  *)  Berzelius'  Jibreaber,  Bd.  XXÜ,  8.  89. 


I  Atomgewichte.  503 

i       PeloQzeO  vn^l  Marignac')  haben   die  Menge  von   CUoram- 

■wniiiin  bestimmt,  welche  zur  Ansf&Unng  von  1  Gewichtstheil  Silben 

108  dessen  Ldsnng  in  Salpetersäure,  erforderlich  ist. 

I       P 6 1  on z  e  fand  in  zwei  Versuchen,  dass  1 00  Thle.  Silber  durch  49,556 

jiDd  49,517  Thle.  Salmiak  gefällt  werden,  Marignac  dagegen  im  Mit- 

pl  von  sieben  Versuchen  49,522  (Maximum  49,545,  Minimum  49,482). 

Im  Mittel  von  Marignac' s  und  Pelouze's  Versuchen  berechnet  sich 

Mernach  für  Ag  =  1350  und  Gl  =  448,75  und  H  =   12,5  N  = 

174,84  (oder  13,99). 

,       Für  €1  =  443,2  und  Ag  =  1340,7  wird   dagegen  N  =  175,2 

<oder  14,01). 

Marignac  hat  ferner  das  Gewicht  des  aus  einem  Gewichtstheil 
iBüber  durch  Behandlung  mit  Salpetersäure  darzustellenden  salpeter- 
üoren  Silberoxyds  ermittelt  Im  Mittel  von  fünf  Versuchen  gaben 
ilOO  Thle.  Silber  157,2  Thle.  salpetersaures  Silberoxjd,  woraus  für  Ag 
^  1350  N  =  175,2  (14,0)  sich  berechnet. 

Marignac  hat  endlich  noch  die   Mengen  von  Chlorkalium  und 
«IpeteTsaurem  Silberoxyd  ermittelt,  welche  sich  gegenseitig  zersetzen. 
i      Zur  Zersetzung  von   100  Thln.  Chlorkalium  wurden  erfordert,  im 
BGttel    227,99    (Maximum    228,09,    Minimum    227,81)  salpetersanres 
Klberoxyd. 

I       Hieraus  berechnet  sich  für  Ag  =  1349,7  €l  =  443,2  und  K  = 
488,9  N  =  175,4  (14,03). 

Alle  diese  Versuche  zeigen,  dass  das  Gewicht  des  Doppelatoms 
Ifitickstoff  nahezu  175  (oder  14,0)  ist,  indem  die  Versuche  um  diese  Zahl 
ichwanken.  Berzelius  berechnete  aus  Marignac's  Versuchen  die 
Zahl  175,06,  indem  er  einige  Versuche  von  der  Berechnung  aus* 
'kUoss. 

Strontium.  Stromeyer^)  bestimmte  (1816)  die  Zusaroroen- 
KtzoDg  des  kohlensauren  Strontians  durch  den  Gewichtsverlust,  der 
beim  Auflösen  desselben  in  Salpetersäure  stattfand;  er  fand  dadurch 
29,455  Proc.  Kohlensäure,  woraus  Sr  =  558,7  (oder  44,69)  sich  be- 
rechnen würde.  Durch  Messen  der  unter  einer  mit  Quecksilber  gefüll- 
ten Glocke  durch  Salzsäure  aus  0,5  Grm.  künstlich  dargestelltem  kohlen- 
laoren  Strontian  entwickelten  Kohlensäure  erhielt  er  75,256  bis 
75,978  C.C.  Kohlensäure  (bei  0<)  C.  und  760°"°"  Barometerstand). 
Im  Mittel  der  Versuche  enthalten  hiemach  100  Thle.  des  Salzes 
29,687  Kohlensäure,  woraus  Sr  =  551,4  (oder  44,11)  sich  berechnet. 

Stromeyer  führt  ferner  an,  dass,  nach  Rose's  Bestimmung, 
100  Thle.  Chlorstrontinm  181,25  Thle.  Chlorsilber  geben.  Hiemach 
kerochnct  sich  für  Ag  =  1350  und  Gl  =  443,75:  Sr  =  545,9  (oder 
43,67). 

Salv^tat^)  hat  (1843)  angegeben,  dass  nach  dem  Gewichtsverlust, 
^  kohlensaurer  Strontian  beim  Glühen  im  Forcelianofen  und  bei  der 
Zinetziing  mit  Säuren  erleidet,»  das  Atomgewicht  des  Strontiums  sich 
ai  550  (oder  44,0)  berechne.     Das  Nähere  ist  nicht  mitgetheilt. 

Pelouze^)  hat  endlich  (1845)  gefunden,  dass  zur  Ausfällung  von 

•)  Compt.  rend.  T.  XX,  p.  1047  ;  Jonrn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXVTI,  8.  883.' 
*)  Aniua.  d.  Chem.  u.  PhBim.  Bd.  LIX,  S.  289.    —    *)  Schweigger'a  Journ. 
M.  XU,  S.  J28.  —  0  Compt.  rend.  T.  XVÜ,  S.  818.  —    ^)  Compt.  rend.  T.  XX, 
^  1047;  Jonrn.   f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXXV,  8.   78;   Annal.  d.  Chem.   u.  Pharm. 
^  l-VI,  8.  204. 


504  Atomgewichte. 

3,690  Gnn«  geglOhtem  Chlontrontimn  eine  Lönmg  von  5,022  Qrm 
Silber  in  Salpetersäare  erforderlich  ist  (Mittel  zweier  nahe  öberebi 
stimmender  Bestimmongon).  Für  Ag  =  1350  and  6l  =  448,75  b* 
rechnet  sich  hieraas  Sr  =  548,2  (oder  43,85). 

Diese  Zahl  kann  vorlänfig  als  AnnÜhernng  angenommen  werden. 

Tantal.  Berzelias  0  f&nd  (1825),  dass  100  Thle.  metalliaehei 
Tantal  beim  GlQhen  an  der  Laft  115,8  bis  117,0  Tantalsänre  geben 
Da  er  aber  das  Tantal  für  unrein  hielt  (wohl  mit  Recht),  so  versndtc 
er,  aas  der  Gewichtsveränderang,  welche  das  Schwefeltantal  bei  setnei 
Verwandlung  in  Tantalsäure  erleidet,  das  Atomgewicht  des  TantaL 
abzuleiten.  Er  nahm  hierbei  an,  dass  die  atomistische  Zusammen' 
Setzung  des  Schwofeltantals  der  Formel  der  Tantalsäure  entspreche,  vai 
dass  beide  auf  2  Atome  Metall  3  Atome  Metalloid  enthalten.  Di 
100  Thle.  Schwefeltantal  in  drei  Versuchen  89,6  bis  89,743,  im  Mittel 
89,65  Thle.  Tantalsäure  gaben,  so  berechnete  Berzelias  nach  obigei 
Annahmen  Ta  =  1152,87. 

Nach  Bose's  Bestimmungen  weicht  dieses  Atomgewicht  sehi 
weit  von  der  Wahrheit  ab. 

H.  Bose^)  giebt  an,  dass  nach  seinen  Versuchen  in  100  Thk 
Tantalchlorid  50,75  Thle.  Chlor  enthalten  sind,  und  berechnet  daraoi 
das  Atomgewicht  des  Tantals  860,26  (wenn  die  Formel  der  Tantal' 
säure  TaQ,).  Für  die  Formel  TajO,  wäre  hiemach  Ta=:  645,2  (oder 
51,6). 

Hermann  *)  hat  (1847)  zur  Atomgewichtsbestimroang  des  Tan- 
tals eine  Chlorverbindung,  sowie  tantalsaures  Natron  analjsirt  In  dei 
ersten  fand  er  40  Proc.  Chlor,  und  erhielt  durch  Zersetzung  69,36  Proo. 
Tantalsänre,  woraus  er  das  Atomgewicht  1333,57  ableitete  (für  TaOt). 
Nach  H.  Rose  ist  die  von  Hermann  analjsirte  Verbindung  ein  Oxj- 
chlorid,  weshalb  das  Atomgewicht  nicht  richtig  ist. 

In  dem  tantalsauren  Natron  fand  Hermann  im  Mittel  zweier 
Analysen  80,198  Proc.  Tantalsäure  und  19,802  Natron.  Geht  man 
von  der  Formel  Ta^Og  •  NaO  aus,  so  berechnet  sich  aus  der  angege- 
benen procentischen  Zusammensetzung  Ta  =  635  (oder  50,8),  was 
sich  dem  von  H.  Rose  gefundenen  Werth  einigermaassen  nähert 

Tellur.  In  seinen  ersten  Versuchen^)  (1812)  fand  Berzelioii 
dass  100  Thle.  Tellur  bei  der  Oxydation  zu  telluriger  Säure  (TeO|) 
miUelst  Salpetersäure  127,83  Thle.  Säure  geben,  woraus  er  Te  =  718,6 
(oder  57,49)  berechnete. 

Später!^)  (1818)  erhielt  er  bei  demselben  Versuch  ans  100  TUo. 
Tellur  124,85  Thle.  tellurige  Säure,  woraus  er  Te  =  806,4  (oder 
64,5)  berechnete. 

Da  es  jedoch  zweifelhaft  war,  ob  das  angewendete  Tellur  gans 
rein,  namentlich  frei  von  Selen  gewesen,  so  stellte  Berzelias^  TtisLt^ 
Tellur  aus  Tellurwismuth  dar,  oxydirte  es  in  einem  Platintiegel  mi^ 
verdünnter  Salpetersäure,  trocknete  and  wog  den  Rückstand. 


^)  Pogg.  Annal.  Bd.  lY,  S.  6.  —  *)  Berliner. Akadem.  Berichte  1866,  S.  885; 
Anna],  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  C,  S.  246.  —  "}  Joum.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  JU 
S.  457 ;  Pharm.  Oentralbl.  1847,  S.  664.  —  *)  Kong.  Yestensk.  Aoad.  HandL  (16U)> 
S.  175.  —  ^)  Schweigger'B  Annal.  Bd.  XXU,  S.  74.  ~  •)  Jahreeber.  Bd.  HU. 
S.  96;  Pogg.  Annal.  Bd.  XXYIII,  S.  892. 


Atomgewichte.  505 

In  drei  Yenochen  erhielt  er  von 

1,2725  1,5715  2,88125  Gnn.  TeUnr, 

1,5895  1,9635  3,6000    6rm.  TeO,, 

wonus      802,8  801,8  801,7  för  Te  sich  ableitet 

Als  Mittel  könnte  man  802,1  nehmen;  doch  zieht  Berzelins  das 
Mittel  der  beiden  letzten  Yersache  801,75  (oder  64,14)  vor. 

In  nenester  Zeit  hat  auch  ▼.  Hauer  ^)  das  Atomgewicht  des  Tellurs 
bestimmt;  er  fand  in  dem  wasserfreien  Kalium -Tellurbromid  (EBr  . 
TeBr^)  durch  Fällen  mit  Silberlösung  in  fünf  Versuchen  im  Mittel 
69,9236  (von  69,8443  bis  70,0163)  Proc.  Brom  (dabei  Ag  =  1351 
und  Br  =  1000  angenommen).  Wird  K  =  490,0  genommen,  so  be- 
rechnet sich  das  Atomgewicht  des  Tellurs  zu  800,3  (oder  64,03),  wo- 
ffir  in  runder  Zahl  800  (=  64,0). 

Thorium.  Berzelins  ^)  berechnete  das  Atomgewicht  diesem 
Metalls  aus  der  Analyse  der  schwefelsauren  Thorerde.  Das  aus  kochen- 
dem Wasser  abgeschiedene  Salz  gab  durch  Niederschlagen  mit  Kali 
0,6754  Gnn.  Thorerde,  und  das  Filtrat  1,159  Grm.  schwefelsauren 
Baiyt;  und  in  einem  zweiten  Versuch  1,0515  Grm.  Thorerde  auf 
1,882  Gnn.  schwefelsauren  Baryt.  Unter  Voraussetzung  der  atomisti- 
schen  Formel  ThO  berechnete  Berzelins  aus  dem  ersten  Versuch 
Th  =  748,  und  aus  dem  zweiten  735,7. 

Berzelins  erhielt  femer  bei  der  Analyse  des  schwefelsauren 
Thorerde-Kalis  0,265  Grm.  Thorerde,  0,156  Grm.  Schwefelsäure  und 
0,3435  Grm.  schwefelsaures  Kali,  woraus  man  Th  =  740,6  (oder  59,25) 
oder  750,6  (=  60,05)  ableitet,  je  nachdem  das  Verhältniss  der  Schwe- 
fftUaore  oder  das  des  schwefelsauren  Kalis  zur  Thorerde  zur  Grund- 
lage der  Berechnung  gewählt  wird.  Das  Mittel  aller  dieser  um  15 
Einheiten  abweichenden  Zahlen,  743,9  (oder  59,1),  hat  Berzelins  in 
•eine  Tabelle  aufgenommen. 

Titan.  Die  ersten  Versuche  (1823)  zur  Bestimmung  des  Atom- 
gewichts, wobei  H.  Rose  >)  Schwefeltitan  durch  Glühen  in  Titansäure 
▼erwandelte  und  den  Gewichtsverlust  bestimmte,  konnten  schon  des- 
bslb  kein  genügendes  Resultat  (389,1)  geben,  weil  es  nicht  gelang, 
reines  Schwefeltitan  darzustellen.  Später^)  (1829)  analysirte  Rose 
ds8  Titanchlorid,  indem  er  eine  abgewogene  Menge  desselben  mit 
Wasser  zerlegte,  die  Titansäure  durch  Ammoniak  fällte  und  im  Filtrat 
den  Gehalt  an  Chlor  durch  Silberlösung  bestimmte. 

In  vier  mit  grosseren  Mengen  des  Chlorids  angestellten  Versuchen 
eikielt  er  im  Mittel  aus  100  Thln.  Chlorid  801,7  Thle.  Chlorsüber, 
woraus  für  Ag  =  1350  und  €1=  443,75  sich  berechnet  (für  die  For- 
BielTiGl,)  (Grenzwerthe  300,5  und  303,0)  Ti  =  301,6  (oder  24,13). 

Rose  wog  gleichzeitig  auch  die  abgeschiedene  Titansäure;  doch 
zeigten  sich  hierbei  grössere  Differenzen  in  den  einzelnen  Versuchen, 
als  Im  ersten  Fall. 

Wesentlich  dieselbe  Methode  zur  Bestimmung  des  Atomgewichts 


>)  Bericht  d.  Wien.  Akad.  Math.-natiirw.  Kl.  Bd.  XXV,  8.  186;  Cbem.  Cen- 
Mbktl  1867,  S.  904.  —  *)  Pogg.  Annal.  Bd.  XYI,  S.  886;  Berzelias'  Lehrb. 
&*•  AdL,  Bd.  m,  8.  1234.  -^  *)  Gilbert  b  Annal.  Bd.  XIH,  8.  67  ii.  129; 
'OQ.  Annal.  Bd.  VUI,  8.  177.  —  *)  Pogg.  Annal.  Bd.Xy,  8.  146;  Berselins* 
Uhrb.  6teAnfl.,  Bd.  V,  8.  1210. 


506  Atomgewichte. 

befolgte  Pierre  0  (1^^7);  doch  wog  er  nicht  das  CUorrilber,  solidem 
bediente  sich  einer  titrirten  Silberlösung. 

In  fünf  Versuchen,  wobei  jedesmal  700  bis  800  Milligramm  Chlo- 
rid angewendet  wurden,  fand  er,  dass  zur  Ausfällung  des  Chlors  ans 
100  Thln.  Chlorid  zwischen  224,58  und  225,53  Thle.  Silber  erforder- 
lich waren. 

Pierre  berechnete  hieraus  Ti  zwischen  309^4  und  314,9,  und  ab 
Mittelzahl  der  fünf  Versuche  erhält  man  313,1  (oder  25,05),  was  so 
nahe  mit  312,5  (=  25,0)  übereinkommt,  dass  man  diese  Zahl  ebenso 
gut  wählen  kann. 

Später  hat  Demoly^)  (1849)  das  Titanchlorid,  welches  er  über 
Quecksilber,  Kaliumamalgam  und  Kalium  rectificirt  hatte,  mit  Silber- 
lösung  gefällt  und  dabei  aus  100  Thln.  Chlorid  in  drei  Versuchen 
288  bis  290  Thle.  Chlorsilber  erhalten. 

Für  Ag  =  1350  und  €l  =  443,75  berechnet  sich  hiemach 
Ti  =  355  (oder  28,4). 

Die  grosse  Abweichung  dieser  Zahl  von  den  früheren,  welche 
Rose  und  Pierre  erhielten,  lässt  uns  bis  auf  Weiteres  die  Versuche 
von  Demolj  nur  mit  Miss  trauen  ansehen. 

Uran.  Die  ersten  Versuche  zur  Bestimmung  des  Atomgewichts 
des  Urans  mussten  ein  unrichtiges  Resultat  ergeben,  weil  man  den 
Uranoxjd  die  Formel  UO  beilegte  und  fälschlich  voraussetzte,  dA» 
demselben  beim  Glühen  in  Wasserstoffgas  der  ganze  Sauerstoffgehalt 
entzogen  werde,  während  P^ligot  (1842)  entdeckte,  dass  nur  der 
dritte  Theil  des  Sauerstoffs  hierbei  von  dem  Oxjd  abgegeben  wird. 
Man  muss  also  dem  Uranoxyd  die  Formel  U^Og  und  dem  durch 
Reduction  mit  Wasserstoff  daraus  erhaltenen,  früher  für  Uran  gehalte- 
nen Körper  die  Formel  U  O  geben.  Berechnet  man  hiemach  die  frühe- 
ren Versuche  von  Arfvedson  und  Berzelius^),  so  erhält  man  als 
Atomgewicht  etwa  800  (oder  64,0). 

P^ligot«)  entdeckte  (1842)  das  flüchtige  Uranchlorür  (ü€l), 
worin  er  nach  dem  Auflösen  in  Wasser  durch  Fällen  mit  Silberlösnng 
den  Chlorgehalt  bestimmte.  Er  fand  darin  39,1  bis  37,2  Proc.  Chlor. 
Ans  letzterer  Bestimmung,  welche  Pdligot  für  die  richtigste  hält,  be- 
rechnet sich: 

62  8 
^=  37^2-^^3,75  =  749,1, 

statt  welcher  Zahl  P^ligot  750  (oder  60,0)  wählte. 

Ebelmen^)  suchte  durch  die  Analyse  von  oxalsaurem  Uranozyd 
das  Atomgewicht  des  Urans  zu  bestimmen.  Er  glühte  das  bei  100^  G. 
getrocknete  Salz  U^Og  •  C3O3  4~  ^O  in  einem  Platingefäss,  leitete 
zuletzt  in  der  Wärme  einen  Strom  von  WasserstoflTgas  durch  und  wog 
das  hierbei  erhaltene  Uranoxydul.  Durch  Glühen  im  Sanerstofllitroin 
verwandelte  er  dieses  wieder  in  Oxydoxydul. 


^)  AduaI.  de  chim.  et  de  phys.  [8.]  T.  XX,  p.  257 ;  Joorn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XL0, 
8.  66;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXIV,  S.  220.  —  *)  Annal.  d.  Chem.  tL 
Phann.  Bd.  LXXII,  S.  218;  Compt.  rend.  T.  XXV,  p.  82.  —  *)  Schweigger'i 
Jonrn.  Bd.  XLIV,  S.  1.  ~  ^)  Annal.  de  ohim.  et  phys.  [3.]  T.  V,  p.  6;  Annal'  d. 
Chem.  n.  Pharm.  Bd.  XLII,  S.  141;   Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXIII«  S.  494. 

^)  Annal.  de  chim.  et  phys.  [8.]  T.  V,  p.  189;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm. 
Bd.  XLII,  S.  286;  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXVII,  S.  886. 


Atomgewichte.  507 

Als  Büttel  von  sieben  Yersuchen  berechnet  sieh  ü= 742,9  (59,43) 
(Mazimam  748,1,  Minimam  742,0). 

Bamroelsbergi)  hat  bei  der  Wiederholung  der  Analyse  des 
Uranchlorfirs  (U€l)  darin  einen  geringeren  Chlorgehalt  gefunden  als 
P tilget,  n&mlich  35,8  bis  36,1  Proc.  Im  Mittel  der  Versuche  be- 
rechnet sich  daraus  (wenn  das  Uranoxyd  U^Os)  ü  =  787,5  (oder 
63,0).  Da  er  übrigens  für  die  Oxyde  des  Urans  die  Formeln  UO9, 
UOs  und  U9O7  annahm,  so  berechnete  Bammelsberg  U  =  2362,5. 
Statt  dieser  Formeln  wurden  doch  bald  darauf  wieder  die  P61i- 
got'schen  von  Bammelsberg  angenommen. 

Werthheim  >)  versuchte  (1848)  die  Bestimmung  des  Atomgewichts 
durch  die  Analyse  des  essigsauren  Uranoxyd -Natrons  (NaO.C4M8  0s 
-f-  2  (U9O3  .  C4M3OS).  Das  Salz  wurde,  nach  dem  Trocknen  b6i 
200«  C,  an  der  Luft  geglüht  und  hinterliess  67,51  bis  67,55  Proc. 
Uranoxyd -Natron.  Hieraus  berechnet  sich  für  C  =  75,  Ä  =  12,5, 
Na  =  287,5:  U  =  747,2  (oder  59,78). 

Endlich  hat  P^ligot  >)  (1845)  das  essigsaure  Uranoxyd,  U^Os  . 
048308  -\'  21iO^  zum  Zweck  der  Atoragewichtsbestimmung  analysirt. 
Schon  früher^)  (1841)  hatte  er  aus  der  Analyse  desselben  für  U9O9 
(was  man  damals  für  metallisches  Uran  hielt)  das  Gewicht  1700  abge- 
leitet, woraus  U  =  750  (=  60,0)  folgt 

In  seinen-  neueren  Versuchen  verbrannte  er  das  Salz  in  einem 
Strom  von  Sauerstoff  und  wog  das  hinterbleibende  grüne  Oxyd  U8O4. 
Im  Mittel  von  sieben  nahe  übereinstimmenden  Versuchen  berechnet 
sich  ü  =  750,5  (=  60,04). 

Zu  naheliegenden  Zahlen  (750  bis  748)  gelangt  man,  wenn  man 
von  der  Menge  des  Kohlenstoffs,  welche  durch  Verbrennung  des  Salzes 
erhalten  wurde  (11,27  bis  11,30  Proc),  bei  der  Berechnung  ausgeht. 

Die  Analyse  des  Oxalsäuren  Uranoxyds,  welche  F^ligot  zu  wie- 
derholten Malen  ausführte,  gab  keine  so  wohl  übereinstimmenden 
Werthe ;  die  ersten  Eryatallisationen  führten  zu  den  Zahlen  730  bis  737 ; 
nach  dreimaligem  Umkrystallisiren  gab  das  Salz  dagegen  Besultate, 
die  zu  den  Zahlen  749  bis  751  führten. 

Wir  haben  im  Vorhergehenden  die  Versuche  Übergangen,  durch 
Bestimmung  der  Gewichtsdifferenz  von  Us04  und  UsOs  (durch  Oxy- 
dation mit  Sauerstoff  oder  Beduction  mit  Wasserstoff)  das  Atomgewicht 
des  Urans  herzuleiten,  da  sie  zu  wenig  unter  sich  Übereinstimmen. 
Die  Methode  ist  übrigens  im  Princip  nicht  empfehlenswerth,  da  ein 
kleiner  Fehler  das  Besultat  um  ein  Bedeutendes  fehlerhaft  macht 

Die  von  P^ligot  gewählte  Zahl  750  (oder  60,0),  der  die  Be- 
sultate von  Ebelmen,  742,9,  und  von  Wertheim,  747,2,  sich  nä- 
hern, kann  hiemach  als  der  wahrscheinlichste  Werth  des  Atomgewichts 
angesehen  werden. 

VanadlUin.  Das  Atomgewicht  des  Vanadiums  leitete  Berze- 
11  us^)  aus  dem  Gewichtsverlast  ab,  den  die  Vanadsäure  durch  Be- 
duction mit  Wasserstoff  erleidet  Unter  der  Annahme,  dass  die  Säure 
VOs  sei,  zeigte  es  sich,  dass  2  Atome  Sauerstoff  durch  den  Wasserstoff 

0  PoSg-  Annal.  Bd.  LV,  S.  318.  —  ')  Jonrn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXIX. 
8.  JOS;  Pogg.  Annal.  Bd.  XUI,  8.  482.—  •)  Compt.  rend.  T.  XXII,  p.  487;  Jonrn. 
l  prakt.  Ohem.  Bd.  XXXVUI,  S.  152;  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LX,  S.  183. 

*)  Compt.  rend.  T.  XII,  p.  736.  —  ^)  Pogg.  Annal  Bd.  XXII,  S.  1, 


508  Atomgewichte. 

.entBogen  werden  und  Vanadsuboxyd,  YO,  bleibt  Er  ozydiite  andi 
Vanadsuboxyd  mit  Salpetersäure  and  bestimmte  den  beim  Eindampfen 
hinterbleibenden  Rückstand.  Bei  letzterem  Versuch  fand  er,  dus 
100  Thle.  VO  20,916  Thle.  Sauerstoff  aufnehmen;  durch  die  Beduc- 
tion  fand  er,  dass  100  Thle.  Vanadsuboxyd  mit  20,901,  20,840  and 
20,952  Thln.  Sauerstoff  in  der  Vanadsäure  verbunden  sind.  Im  Mittel 
der  vier  Versuche  berechnet  sich: 

V  =  ^^^  -  100  =  856,8  (oder  68,54). 

Wasserstoff.  Die  genaue  Bestimmung  des  Atomgewichts  des 
Wasaerstofls  ist  um  so  wichtiger,  als  in  vielen  Verbindungen  100  und 
mehr  Atome  dieses  Elementes  vorhanden  sind,  wodurch  ein  kleiner 
Fehler  in  dem  Atomgewicht  von  weit  grösserer  Bedeutung  werden 
kann«  Da  femer  viele  Chemiker  das  Grewicht  eines  Doppelatomi 
Wasserstoff  zur  Einheit  annehmen,  so  ist  es  von  Wichtigkeit,  das  Ver- 
hältniss  zwischen  den  Atomgewichten  des  Wasserstoffs  und  des  Sauer* 
Stoffs  genau  zu  kennen,  um  die  Zahlen  der  Atomgewichte  f  Ür  O  =  100 
in  die  Atomgewichte  für  H  =  1  verwandeln  zu  können. 

Nachdem  Humboldt  und  Gay-Lussac  zu  dem  Resultat  gelangt 
waren,  dass  sich  genau  2  Vol.  Wasserstoff  und  1  Vol.  Sauerstoff  mit 
einander  zu  Wasser  verbinden,  leitete  man  aus  den  specif.  Gewichten 
des  Wasserstoffgases  0,0732  und  des  Sauerstoffgases  1|1036,  welche 
Biot  und  Arago  (1807)  gefunden  hatten,  für  E  die  Zahl  13,27  ab. 

Berzelius  kam  im  Jahr  1811  zu  einer  ähnlichen  Zahl  (13,32), 
indem  er  das  bei  dem  Auflösen  einer  gewissen  Menge  von  Zink  in 
Schwefelsäure  entwickelte  Wasserstoffgas  mass,  und  das  Volumen  nach 
döm  obigen  specif.  Gewicht  in  Gewichtstheile  verwandelte. 

Dulong  und  Berzelius  i)  wandten  hierauf  (1819)  zuerst  eine 
Methode  zur  Bestimmung  des  Atomgewichts  des  Wasserstoffs  an,  wel- 
che zu  genauen  Resultaten  führte,  nämlich  die  Synthese  des  Wassers. 
Sie  leiteten  gereinigtes  trockenes  Wasserstoffgas  über  Eupferoxyd,  e^ 
hitzten  dasselbe  hierauf  zum  Glühen  uäd  sammelten  das  entstandene 
Wasser  in  einer  vorher  gewogenen  Chlorcalciumröhre  auf.  Die  Gre- 
Wichtsvermehrung  entsprach  der  Menge  des  entstandenen  Wassers;  die 
Gewichtsabnahme  des  Gefässes  mit  Eupferoxyd  gab  die  Menge  des 
Sauerstoffs  an. 

Aus  drei  Versuchen,  in  welchen  sie  9  bis  12  Gramm  Wasser  bil- 
deten, berechneten  sie  für  H  die  Zahlen  12,434,  12,418  und  12,601, 
als  deren  Mittel  sie  12,488  angeben  (richtiger  12,484). 

Diese  Versuche  berichtigten  das  früher  angenommene  Atomgewicht 
des  Wasserstoffs  bedeutend,  weichen  aber  unter  einander  noch  zu  sehr 
ab  und  sind  zu  wenig  zahlreich,  als  dass  man  sich  jetzt  noch  mit  dem 
Resultat  begnügen  könnte.  Der  mittlere  Fehler  der  Versuchsreihe  be- 
rechnet sich  zu  :t  0,101,  beträgt  also  beinahe  1  Proc.  des  ganzen 
Werthes. 

Nach  demselben  Princip  stellte  Du mas^)  (1842)  eine  ausführliche 
und  sorgfältige  Untersuchung  an.  Man  kann  der  Methode  höchstens 
den  Vorwurf  machen,  dass  sie  aus  übertriebener  Aengstlichkeit,  Fehler 


>)  AnnaL  de  chim.  «t  phys.  [2.]  T.  XV,  p.  886.  ~  ')  Annal.  de  chim.  et  phys. 
rs.]  T.  Vm,  p.  189. 


Atomgewichte.  509 

m  vermeideii,  su  oomplidrte  Apparate  beanspruchte,  so  da88  dadurch 
ohne  Zweifel  neue  Fehlerquellen  eingeführt  wurden.     Zur  Reinigung 
und  Trocknung  des  Wasserstoffgases  musste  es  ein  System  von  acht 
Röhren  durchstreichen,  wodurch  das  Gras  mit  salpetersaurem  Bleioxjd, 
schwefelsaurem  Silberoxyd,  E[ali,  wasserfreier  Phosphorsäure,  Schwefel- 
saurehjdrat  in  Berührung  kam,  hierauf  das  Kupfer oxyd  redi]föirte,  worauf 
der  grösste  Theil  des  entstandenen  Wassers  in  flüssiger  Form  gesam- 
melt,  der  Rest  aber  in  drei  Röhren  von  Kalihydrat  und  wasserfreier 
Phosphorsäure  absorbirt  und    somit  gewogen  wurde.     Es  bietet  sich 
hier  zuerst  eine  Fehlerquelle  dadurch  dar,  dass  es  sehr  schwierig  ist, 
die  Luft  vollständig  aus  dem  sehr  zusammengesetzten  Apparat  zu  ver- 
drängen ;  diese  Fehlerquelle  lässt  das  Atomgewicht  des  Wasserstoffs  zu 
hoch  finden.     Femer  ist  die  Zahl  der  Apparate,  welche  das  Wasser- 
stoffgas trocknen,  bevor  es  durch  Kupferoxyd  verbrannt  wird,  grösser 
als  die  Zahl  der  Apparate,   welche  das  überschüssige  Wasserstoffgas 
nnd   die    durchgeleitete  Luft  trocknen.     Entweder   sind  also  auf  der 
eben  Seite  Überflüssig  viele  Trockenapparate,   oder  auf  der  anderen 
Seite  nicht  genug.     Das  tropfbar  flüssig  angesammelte  Wasser  mnss 
femer  Luft  absorbirt  enthalten  haben,  deren  Gewicht  nicht  in  Rech- 
nung gezogen  wurde.    Diese  Fehlerquelle  muss  das  Atomgewicht  des 
Wasserstoflb  zu  niedrig  finden  lassen,  doch  beträgt  der  Fehler  noch 
nicht  Vi 0000  ^^  ganzen  Werthes.    Dumas  wog  den  Ballon  mit  Kupfer- 
ozyd  vor  und  nach  der  Reduction,  nachdem  er  lufUeer  gepumpt  wor- 
den war,  und  hatte  somit  keine  Reduction  auf  den  leeren  Raum  anzu- 
bringen.    Nach  Meisen s  soll  noch  eine  Fehlerquelle  darin  liegen, 
dass  das  Knpferoxyd  bei  der  Reduction  mit  Wasserstoff  einen  Theil . 
des  Wasserstoffs  aiifnimmt  (300  Grm.  reducirtes  Kupfer  binden  0,007 
6rm.  WasserstofiF)-      Auch  diese  Fehlerquelle  lässt  das  Atomgewicht 
des  Wasserstoffs  zu  hoch  finden. 

In  19  Versuchen  (wobei  zwischen  15  und  86  Grm.  Wasser  ge- 
bildet wurden)  fand  Dumas  für  ü  Zahlen  zwischen  den  Grenzen  12,481 
nnd  12,583,  im  Mittel  12,533.  Durch  Anbringen  einer  Correction  Air 
die  mit  der  Schwefelsäure  in  den  Apparat  gekommene  Luft  berechnet 
Dnmas  als  Mittelzahl  der  Versuche  12,515.  Der  wahrscheinliche 
Fehler  der  Versuchsreihe  wurde  zu  0,005  berechnet. 

Erdmann  und  MarchandO  haben  bald  nach  Dumas  eine  Reihe 
ähnlicher  Versuche  veröffentlicht,  die  obwohl  minder  ausgedehnt  und 
mit  etwas  einfacherem  Apparate  doch  eine  grössere  Genauigkeit  erreich- 
ten. In  vier  Versuchen,  bei  welchen  35  bis  96  Grm.  Wasser  gebildet 
worden,  erhielten  sie  fdr  H  die  Zahlen  12,518  bis  12,585,  im  Mittel 
12,548,  und  in  einer  zweiten  Versuchsreihe  (vier  Versuche),  wobei  sie 
das  dem  Gas  beigemengte  Sauerstoffgas  durch  reducirtes  Kupfer  weg- 
nshmen,  erhielten  sie  für  H  als  Mittel werth  12,492  (zwischen  den 
Grenzen  12,502  und  12,487).  Der  wahrscheinliche  Fehler  der  ersten 
&eihe  ist  0,011  und  der  der  zweiten  0,002. 

In  Betracht,  dass  noch  einige  constante  Fehler,  auf  welche  wir 
oben  aufmerksam  machten,  der  Bestimmung  anhängen,  kann  man  nicht 
nnr  12,50  (oder  1,0)  als  eine  innerhalb  der  Fehlergrenzen  der  Versuche 
Hegende  Zahl  annehmen,  sondern  es  ist  selbst  sehr  wahrscheinlich  und 
ebenso  sicher  erwiesen,  wie  Mariott' s  Gesetz  oder  das  Gesetz,  dass 


^  Jonrn.  f.  pnkt.  Ghem.  Bd.  XLYI,  8.  461. 


510  Atomgewichte. 

die  Grasarten  sich  nach  einfachen  RarnnverhältniMen  yeretnigen,  dasa 
das  Gewicht  eines  Doppelatomes  Wasserstoff  und  das  eines  Atoms 
Sauerstoff  in  dem  Verhältnisse  von  12,5  :  100  =  1  :  8  stehen. 

Aus  dem  Yerhältniss  der  specifischen  Gewichte  des  Wasaeraloff- 
und  Sauerstoffgases  leiten  sich  folgende  Zahlen  ab: 

nach  Dumas  und  Boussineault  (1841)  —2 ^ =  12,53,  ' 

^  ^  1,1057 

0,06J26  V  200 
nach  Regnault  (1845) ^ Tiots ='12,528. 

Wismuth.  Die  atomistische  Zusammensetzung  des  Wismuth- 
oxyds  wurde  zu  verschiedenen  Zeiten  von  der  Mehrzahl  der  Chemiker 
als  BiO,  BiOj,  BiOg  oder  Bi^Og  angenommen,  woraus  natürlich  vier 
verschiedene  Atomgewichte  sich  ableiten,  die  sich  zu  einander  wie 
1  :  2  :  3  :  1  ^3  verhalten«  Da  man  von  dem  Wismuth  jetzt  drei  ver- 
schiedene Oxydationsstufen  kennt,  in  welchen  die  mit  derselben 
Menge  von  Metall  verbundenen  Sauerstoffmengen  sich  wie  2:3:5 
verhalten,  so  kann  weder  die  erste  noch  die  zweite  Formel 
angenommen  werden,  and  es  bleibt  nur  noch  die  Frage,  ob 
man  dem  Wismuthoxyd  die  Formel  Bi  O3  oder  Big  O3  geben  soll.  Da 
wir  uns  hier  nur  mit  der  numerischen  Bestimmung  beschäftigen,  so 
legen  wir  die  atomistische  Zusammensetzung  des  Wismuthoxyds  Bif  Oa 
zu  Grunde.  Für  die  Formel  BiOa  muss  das  Atomgewicht  verdoppelt 
werden. 

Ohne  auf  die  ersten  Versuche  von  Guyton-Morveau,  Proust, 
Klaproth  und  Bucholz,  Thomson,  Davy  und  Yauquelin, 
welche  theils  die  Zusammensetzimg  des  Schwefelwismuths ,  theils  die 
des  Wismuthoxyds  zu  bestimmen  versuchten,  näher  einzugehen,  fiihren 
wir  nur  an,  dass  das  Atomgewicht  aus  den  Analysen  sich  zwischen 
600  und  1350  berechnet 

Die  ersten  genaueren  Bestimmungen  wurden  von  Lager hje Im  ^) 
1815  ausgeführt.  Er  ermittelte,  dass  100  Thle.  Wismuth  beim  Erhit- 
zen mit  überschüssigem  Schwefel  22,065  bis  22,520  Thle.  Schwefel,  im 
Mittel  der  fünf  Versuche  22,351  Thle.  Schwefel  aufiiehmen.     Hieraus 

berechnet  sich  Bi  =  -r^^  .  3  .  200  ==  2684,5   oder   Bi  =    1342,2 

(oder  107,4).    Ferner  fand  er,* dass  100  Thle.  Wismuth  durch  Oxyda- 
tion mit  Salpetersäure  und  Glühen  111,275  Thle.  Wismuthoxyd  gaben,* 
woraus  sich  berechnet: 

Bi  =     ^^  '^y^^  =  2660,8  oder  Bi=  1330,4  (oder  106,4). 

Er  fand  endlich,  dass  100  Thle.  Wismuth  bei  der  Behandlung  mit 
Schwefelsäure  und  Salpetersäure  nach  Verflüchtigen  des  Ceberschusses 
67,82  Gewichtstheile  aufgenommen  hatten.     Es  berechnet  sich  hieraus: 

Bi  =  .1^^  .  1800  =  2654,1  oder  Bi  =  1327,0. 

67,82 

Gmelin2)  fand,  dass  diese  Zahlen  zu  hoch  sind  und  dass  im  Wis- 
muthoxyd wenigstens  10,33  Proc.  Sauerstoff  enthalten  sind,  woraus  Bi 
==  1302  (oder  i04,l)  sich  berechnet. 

^)  Annal.  de  clum.  T.  XCIV,  p.  161;   Schweigger's  Journ.  1816,  Bd.  XVII, 
8.  416.  —  *)  Qmelin'B  HAndbach.     4.  Aufl.  Bd.  II,  S.  S48. 


Atomgewichte.  511 

Dieae  Angabe  TonGmelin  wurde  später  (1851)  dnrch  eine  Reihe 
sorgfältiger  Versnche  von  Schneider^)  bestätigt  und  das  Atomge- 
wicht noch  genauer  fixirt  Schneider  oxydirte  reines  Wismuth  in 
einem  Kolben  (wobei  er  die  von  den  Dämpfen  übergerissenen  Sparen 
des  Metalls  aufsammelte  und  in  Rechnung  brachte)^  dampfte  die  Lösung 
in  dem  Kolben  zur  Trockne  ein  und  glühte  deii  Rückstand  schwach. 
In  acht  Versuchen,  wobei  jedesmal  3  bis  12  Grm.  Wismuth  angewendet 
wurden,  fand  er,  dass  100  Thle.  VVismuthoxyd  zwischen  10,318  und 
10,366  Thle.,  im  Mittel  10,345  Thle.  Sauerstoff  enthalten.  Hieraus 
berechnet  sich 

ß»  =  I^TTT  •  300  =  2599,95  oder  Bi  =  1299,98  (oder  104,0), 
1U,o4d 

wofür  man  mit  gleicher    Wahrscheinlichkeit  1300  (=  104,0)  anneh- 
men kann. 

W olfiram.  Aus  den  ersten  Analysen  der  Wolframsäure  von 
Klaproth,  Bncholz,  d'Eluyart,  Aikin  und  Berzelius  (1818) 
leiten  sich  ziemlich  fehlerhafte  Zahlen  (1200  bis  1855)  ftlr  das  Atom- 
gewicht des  Wolframs  ab,  weshalb  wir  sie  nicht  näher  anfuhren.  Ber- 
zelius hat  später  2)  (1825)  eine  andere  Analyse  mitgetheilt,  welche 
schon  ein  genaueres  Resultat  ergab.  0,899  Thle.  Woiframsäure  hin- 
terliessen  bei  der  Reduction  mit  Wasserdtoffgas  0,716  Thle.  Metall, 
und  0,676  diesea  Metalls  gaben  0,846  Säure  bei  der  Oxydation.  Aus 
der  Rednctionsbestimmung  berechnet  sich  W  =  1173,7  (für  WO5), 
ans  der  anderen  1192,9,  das  Mittel  beträgt  1183,2  (oder  94,66).  Diese 
Zahl  wurde  lange  unverändert  beibehalten,  obwohl  sie  als  Mittel  zweier 
so  abweichender  Zahlen  wenig  Genauigkeit  beanspruchen  kann. 

Malaguti^)  hat  durch  Bestimmung  des  Gewichtsverlustes  der 
Wolframsäure,  bei  ihrer  Reduction  durch  Wasserstoffgas,  zu  blauem 
Oxyd  das  Atomgewicht  des  Wolframs  zu  bestimmen  versucht.  Indem 
er  dem  blauen  Oxyd  die  Formel  W3O5  giebt,  berechnet  er  als  Mittel 
von  vier  Bestimmungen  W  =  1158,0  (oder  92,6).  Da  Übrigens  bei 
diesen  Reductionen  die  Gewichtsabnahme  nur  3  Proc.  beträgt  (bei  Ma- 
laguti's  Bestimmungen  höchstens  60  Milligramme),  so  ist  es  unmöglich, 
auf  diesem  Wege  eine  genügende  Genauigkeit  für  das  Atomgewicht 
zu  erhalten,  indem  die  Fehler  des  Versuchs  in  dem  Resultat  sehr  be- 
deutend vergrÖ.ssert  erscheinen. 

Genaue  Untersuchungen  über  das  Atomgewicht  des  Wolframs  sind 
von  Schneider^)   1850  ausgeführt  worden. 

Er  stellte  zwei  Reihen  von  Versuchen  an.  Durch  Reduction  abge- 
wogener Mengen  von  Wolframsäure  mittelst  Wasserstoffs  bei  starker  Hitze 
mit  Kohlenfeuer  erhielt  er  im  Mittel  von  fünf  Versuchen  79,316  Proc. 
Metall  (Grenzwerthe  79,254  und  79,350),  woraus  W  ==  1150,4  (==  92,03) 
folgt 

Bei  der  Oxydation  des  in  den  vorhergehenden  Versuchen  erhalte« 
nen  Metalls  durch  Glühen  an  der  Luft  und  Befeuchten  mit  Salpetersäure 
fand  er  in  drei  Versuchen,  dass  100  Thle.  Wolframsäure  79,324  bis 


*)  Pogg-  AnnmL  Bd.  LXXXil,  S.  808;  Annal.  d.  Gbem.  n.  Pharin.  Bd.  LXXX, 
S.  204.  —  *)  Pogg.  Annal.  Bd.  lY,  S.  147.  —  ^  AnnaL  de  chim.  et  de  ^hys,  [2.] 
T.LX,  p.378.  —  *)  Jonrn.  f.  pnkt;  Chem.  Bd.  L,  S.  152;  Annal.  d.  Ghem.  u.  Phann. 
Bd.  LXXYU,  S.  261. 


5 12  Atomgewichte. 

79,329,  im  Mittel  79,327  Thle.  Wolfram  enthalten,  woraus  W  = 
1151,2  sich  berechnet.  Im  Mittel  beider  Yersnchsreihen  bt  W  =r 
1150,8  (oder  92,06). 

Diese  Zahl  kommt  so  nahe  mit  1150  (=  92,0)  überein,  das«  niAn 
IctsEtere  ebensowohl  wählen  kann. 

Marchand  1)  theilte  ähnliche  Versuche  mit,  nach  dem  Bedac- 
tions-  und  nach  dem  Oxydations verfahren,  welche  zu  den  Zahlen  1149,4 
bis  1152,9,  im  Mittel  zu  1150,6  (oder  92,05)  fahrten. 

Auch  Yon  Borch')  hat  1851  in  gleicher  Weise  sieben  Beductions- 
und  zwei  Oxydations  versuche  mitgetheilt  Das  Mittel  der  ersten  Ver- 
suche führt  zu  der  Zahl  1147,8  (Maximum  1150,6,  Minimum  1143,1); 
die  letzteren  ergaben  die  Werthe  1153,4  und  1152,0. 

Alle  die  neueren  Versuche  gaben  also  fUr  das  Atomgewicht  dw 
Wolframs  Zahlen,  welche  in  engen  Grenzen  um  1150  (oder  92,0) 
schwanken;  die  Oxydationsversuche  stets  eine  etwas  grössere  Zahl,  die 
Beductionsversuche  meist  eine  kleinere  Zahl.  Auch  Dnmas^  theilte 
kürzlich  mit,  dass  seine  Versuche  dieselbe  Zahl  ergeben  hatten.' 

Diesen  übereinstimmenden  Resultaten  gegenüber  können  wir  die 
nach  der  nämlichen  Methode  von  Biche^)  gefundene  Zahl  1087,5 
(Mittelzahl  von  fünf  Versuchen,  deren  Grenz  werthe  1076  und  1098) 
nicht  für  wahrscheinlich  halten. 

Yttrium.  Unsere  Kenntniss  über  das  Atomgewicht  des  Yttriams 
beruht  auf  zwei  älteren  Bestimmungen  von  Berzelius.  £r  fand'), 
dass  100  Thle.  schwach  geglühte  schwefelsaure  Yttererde  154,4  bis 
148,7  Thle.  schwefelsauren  Baryt  gaben,  wonach  sich  das  Atomge- 
wicht des  Yttriums,  wenn  die  Formel  der  Yttererde  YO  ist,  zu  iOi 
(oder  32,16)  berechnet. 

In  einem  anderen  Versuche  fand  er^),  dass  2,8  Grm.  Yttererde 
beim  Behandeln  mit  überschüssiger  Schwefelsäure  und  schwaches 
Glühen  des  Bückstandes  5,392  Grm.  schwefelsaures  Salz  gaben.  Das 
Atomgewicht  des  Yttriums  berechnet  sich  hiernach  zu  437  oder  437,5 
(=  35,0). 

Da  es  übrigens  zu  vermuthen  ist,  dass  die  von  Berzelius  ange- 
wendete Yttererde,  die  später  von  Mosander  und  Berzelius  anCe^ 
schiedenen  Oxyde  (Erbium-  und  Terbiumoxyd)  beigemengt  enthielt, 
so  kann  man  den  Atomgewichtsbestimmungen  gegenwärtig  keinen  Werth 
beilegen. 

Zink.  Gay-Lussac^  fand  durch  Oxydation  von  Zink  mit  Sal- 
petersäure, sowie  durch  Messen  des  beim  Auflösen  von  Zink  in  verdflon- 
ten  Säuren  freiwerdenden  Wasserstoffgases ,  dass  100  Thle.  Zinkozjd 
19,62  Thle.  Sauerstoff  enthalten,  womach  Zu  =  409,7  (oder  32,78) 
sich  berechnet. 

Zu  einer  sehr  nahe  liegenden  Zahl  (409,8)  gelangte  Berzelius^) 
durch  Auflösen  von  10  Grm.  Zink  in  Salpetersäure,  Eindampfen  und 
Glühen,  wobei  12,44  Grm.  Oxyd  hinterblieben. 

')  Annal.  d.  Chom.  u.  Pharm.  Bd.  LXXVII,  S.  261.  —  »)  Journ.  f.  pr»kt.  Che«. 

Bd.  LIV,  S,  264;  Pharm.  Centralbl.  1862,  S.  97.—  ")  L'Institut.  1867,  Nro.  1246. 
*)  Compt.  rend.  1866.  4.  Mai;  Annal.  de  chim.  et  de  phjs.  [3.]  T.  L,  P-  1^' 
*)  Schweiggcr's  Journ.  Bd.  XVI,  8.  422.  —   ")  Schweigger's  Jo»™-^ 

XXn.  —  0  Mrfmoir.  d'Arceuü.  T.H,  p.  174-  —  •)  Gilbert»  Annal.  Bd.XXXVlI, 

S.  460. 


Atomgewichte.  513 

Etwas  hdhere  Zahlen  fanden  Jacquelain^)  und  Favre^). 

Jacqaelain  versuchte  durch  Messen  des  Volumens  des  aus  Zink 
und  yerdünnter  Schwefelsäure  entwickelten  Wasserstoffgases  das  Atom- 
gewicht SU  bestimmen;  100  Grm.  Zink  gaben  35,887  Liter  Wasserstoff- 
gas bei  0<)C.  und  760°^  Bar.,  woraus  Zn  =  389,2  sich  berechnet 
Durch  Oxydation  von  9,809  Grm.  Zink  mit  Salpetersäure,  Eindampfen 
in  Piatingefassen  und  Glühen  erhielt  er  12,180  Grm.  Zinkoxyd,  wor- 
us  Zn  =  413,7  sich  berechnet. 

Da  aber  das  durch  wiederholte  Destillation  gereinigte  Zink  in 
100  Thln.  noch  0,685  Thle.  Blei,  0,H2  Thle.  Eisen  und  0,003  Thle. 
Kohle  enthielt,  so  stellte  er  weitere  Oxydationsversuche  an,  in  welchen 
er  die  Menge  dieser  Beimengungen  durch  Rechnung  eliminirte.  Er 
tdod  hierbei  wieder  die  Zahl  413,7. 

Endlich  löste  er  100  Thle.  Zink  in  verdünnter  Schwefelsäure  auf, 
und  bestimmte  in  genau  abgewogenen  Fortionen  der  Lösung  den  Ge- 
halt an  Zinkoxyd  durch  Eindampfen  zur  Trockne  und  heftiges  Glühen 
des  BQckslandes,  bis  alle  Schwefelsäure  entfernt  war.  Durch  Anwen- 
dnng  der  Correctionen  wegen  der  fremden  Beimengungen  berechnet 
Jacquelain  für  Zn  die  Werthe  413,5  und  414,6  und  nimmt  als  Mit- 
tel Zn  =  414  (oder  33,12)  an. 

Favre  analysirte  oxalsaures  Zinkoxyd,  dargestellt  durch  Fällen  von 
schwefelsaurem  Zinkoxyd  durch  kochende  Oxalsäurelösung.  Das  Salz 
wurde  verbrannt  und  die  Kohlensäure  ohne  Verlust  gesammelt  und  ge- 
wogen, sowie  das  hinterbleibende  Zinkoxyd.  Aus  dem  Verhältniss 
der  Kohlensäure  und  des  Zinkoxyds  berechnete  Favre  in  drei  Ver- 
SQchen  (für  G  ==  75)  Zn  =  412,25,  412,45  und  412,58. 

In  einer  zweiten  Versuchsreihe  löste  Favre  durch  Destillation 
gereinigtea  Zink  in  verdünnter  Schwefelsäure  auf  und  bestimmte  die 
Menge  des  freiwerdenden  Wasserstoffs  durch  Verbrennen  desselben 
mit  Knpferoxyd  (nach  völligem  Trocknen  des  Gases)  und  Wägen  des 
hierbei  entstehenden  Wassers.  In  drei  Versuchen  mit  25  bis  31  Grm. 
Zink  erhielt  er  die  Werthe  412,28 ,  411,78  und  412,43.  Favre  schliesst 
US  seinen  Resultaten,  dass  das  Atomgewicht  des  Zinks  412,5  (oder 
33,0)  sei. 

Auf  Berzelius'  Veranlassung  stellte  hierauf  Axel  Erd- 
mann*)  (1844)  neue  Versuche  mit  reinem  Zink  an,  welches  er  durch 
Bednction  von  reinem  Zinkoxyd  selbst  bereitete,  und  im  Wasserstoff- 
strome destillirte.  Durch  Oxydation  abgewogener  Mengen  (0,8  bis 
1,2  Grm.)  davon  mit  Salpetersäure,  Eindampfen  und  Glühen  im  Por- 
cdlantiegel  (da  Platintiegel  angegriffen  werden),  kam  er  in  vier  Ver- 
neben  zu  den  Zahlen  406,9  bis  406,2,  im  Mittel  406,6  (oder  32,53). 

Da  die  nach  derselben  Methode  von  Gay-Lussac,  Berzelius, 
Jscquelain  und  Erdmann  erhaltenen  Zahlen  bedeutend  von 
einander  abweichen,  so  kann  die  Entscheidung  über  das  richtigere 
Atomgewicht  nur  von  dem  Zutrauen,  welches  man  den  verschiedenen 
Versachen  schenken  will,  abhängen.  Die  zuletzt  angeführten,  mit  Sorg- 
fah  angestellten  Versuche  von  A.  Erdmann  mochten  wohl  den  Vor- 
ng  beanspruchen  können,  welchen  auch  Berzelius   ihnen  einräumt. 

0  AnoAl.  de  chim.  et  de  pbjs.  [S.]  T.  VII,  p.  189;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm. 
Bd.  XUV.  S.  317.  —  *)  Annal.  de  chim.  et  de  phjs.  [8.]  T.  X,  p.  168;  Annal 
d.  Chem.  IL  Pham.  Bd.  XLym,  S.  198.  ~  «)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  L, 
8.  485;  Pogg.  Annal.  Bd.  LXD,  S.  611. 

Bndwttftoib«ah  der  Chemie.    9te  Aufl.  Bd.  H.  33 


514  Atomgewichte. 

Zinn.  Gay-Lnsflaci)  fand  (1811),  dass  100  Thle.  Zinn  b« 
der  Oxydation  zu  Zinnoxjd  (mittelst  Salpetersäure)  27,2  Thle.  Sauer- 
stoff anfnahmen ;  Berzelins')  fahd  (1812)  dieselbe  Zusammenset- 
zung, woraus  das  Atomgewicht  735,3  sich  ableitet,  wenn  da.s  Zinnoxyd 
die  Formel  Sn  Og  hat. 

Erst  im  Jahre  1849  wurde  eine  ausgedehntere  Reihe  von  Ve^ 
suchen  durch  6.  J.  Mulder')  veröffentlicht  Derselbe  analjairCe 
verschiedene  Sorten  von  Bankazinn,  welches  nur  Vioooo  fremde  Mettlk 
enthält.  Durch  Oxydation  von  201,877  Grm.  Bankazinn,  worin  nach 
Abzug  der  direct  bestimmten  fremden  Metalle  201,799  Grm.  reines 
Zinn  enthalten  sind,  erhielt  er  (als  Summe  von  20  Proben)  256,9896 
Grm.  Zinnoxyd.     Hieraus  berechnet  sich  Sn  =  731,23  (oder  58,50). 

Noch  niedriger  wurde  das  Atomgewicht  bei  der  Oxydation  von 
reinem  Zinn  (aus  Zinnoxyd  durch  Reduction  mit  schwarzem  Fluss  und 
Kohle  dargestellt)  gefunden;  2,752  Grm.  davon  entsprachen  3,5104 Gm. 
Zinnoxyd,  woraus  Sn  =  725,7  (oder  58,06). 

Viaanderen  erhielt  aus  100  Thln.  reinem  Zinn  127,56  und 
127,48  Thle.  Zinnoxyd,  woraus  Sn  =  725,7  und  729,2  sich  berechnet 

Obwohl  diese  Zahlen  noch  nicht  die  gehörige  Sicherheit  geben, 
so  kann  man  doch  725  (oder  58,0)  als  eine  dem  wahren  Atom* 
gewichte  nahe  liegende  Zahl  annehmen. 

Zirkonium.  Nachdem  Berzelius^)  (1823)  vergebens  ver- 
sucht hatte,  zur  Atomgewichtsbestimmung  des  Zirkoniiuns  die  auf  nas- 
sem Wege  bereitete  Chlorverbindung  des  Metalls  anzuwenden,  welche 
jedoch  keine  constante  Zusammensetzung  zeigte,  analysirte  er  schwe- 
felsaure Zirkonerde,  welche  durch  Eindampfen  von  Zirkonerde  mit 
überschüssiger  Schwefelsäure  und  Verdampfen  des  Ueberschasses  da^ 
gestellt  wurde.  In  fiinf  Analysen  benutzte  Berzelius  den  trockenen 
Weg;  er  trieb  durch  starkes  Glühen,  zuletzt  unter  Zusatz  von  kohlea- 
sanrem  Ammoniak,  die  Schwefelsäure  aus  und  wog  den  Bückstand. 
Einmal  analysirte  er  auf  nassem  Wege.  Auf  100  Thle.  Schwefelsäon 
fand  er  in  dem  Salz  75,74  bis  75,97  Thle.  Zirkonerde,  im  Mittal 
75,853.  Nimmt  man  die  atomistische  Zusammensetzung  der  Zirkon- 
erde ZrO  an,  so  berechnet  sich  aus  obigen  Versuchen  Zr  =  279,27. 
Für  die  Formol  Zr,  O»  ist  Zr  =  279,27  X  V»  =  -^1^,9  (wenn  S  = 
200).  Berzelius  berechnete  für  S  =  201,1 :  Zr  =  420,0  (oder 
33,6). 

Hermann^)  hat  das  auf  trockenem  Wege  dargestellte  Chlornr- 
koniuro,  Zr2  Glj ,  sowie  basisches  Chlorzirkonium ,  2  Zr^  Os  -f-  ^  ^^ 
(aus  Zirkonen  von  dem  Urnen gebirge)  analysirt,  nnd  ans  ersterem  das 
Atomgewicht  Zr  =  415,9,  aus  letzterem  die  Zahl  417,8  abgeleitet, 
welche  dem  von  Berzelias  gefundenen  Werthe  so  nahe  liegen,  dais 
sie  als  Bestätigung  desselben  angesehen  werden  können. 

Basisch  salzsaure  Zirkonerde  aus  Hyacinthen  von  Ceylon  bereitat, 
gab  bei  der  Chiorbestimmung  eine  zu  dem  Atomgewichte  425,7  föb- 
rende  Zahl. 


*)  Annal.  de  chim.  T.  LXXX,  p.  168.  —  ^  Gilbert's  Annalen.  BdX,  8.  SSI. 

")  Scheik.  Onderz.  D.  5.  p.  259;  AnnaL  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXQi 
8.  212;  Joum.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XLVin,  S.  81.  —  *)  Pogg.  Annal.  Bd.  IV, 
8.  124  a.  Bd.  VIII,  8.  186.  —  *)  Jonrn.  f.  pimkt  Chem.  Bd.  XZZI,  S.  77; 
Annal.    d.    Chem.   u.    Pharm.  Bd.  LH,  8.  240. 


Atomgewichte.  515 

Nach  L.  Svanbergi)  soll  die  Zirkonerde  aus  norwegischen  Zir- 
konen  ein  Gemenge  zweier  Oxyde  sein;  sollte  auch  das  von  Berze- 
lias  nnd  Hermann  dargestellte  Oxyd  nicht  homogen  gewesen  sein, 
so  bedürfte  es  wiederholter  Bestimmungen  mit  reinen  Stoffen  zur  Fest- 
atellong  des  Atomgewichtes  des  Zirkoniums. 


Die  nach  den  vorhergehenden  speciellen  Angaben  berechneten 
Atomgewichte  oder  Aequivalente  stellen  wir  in  einer  Tabelle 
(Aequivalenttafei,  Aequivalentscale)  zusammen. 

Atomgewichtstabelle. 


H-l 

0=100 

13,G 

170,4 

120,8 

1603,8 

75,0 

937,5 

G8,G 

857,0 

7,0 

87,6 

103,6 

1294,5 

11,0 

137,5 

80,0 

1000,0 

20,0 

250,0 

4G 

675 

35,5 

443,75 

26,2 

328,0 

48 

600 

28,0 

350,0 

19,0 

237,5 

196,0 

2450,0 

127,0 

1587,5 

98,6 

1232 

56,0 

700,0 

89,0 

487,5 

30,0 

375,0 

6,0 

75,0 

31,7 

396,6 

46 

575 

6,5 

82,5 

12,0 

150,0 

27,6 

344,5 

46 

575 

23,0 

287,5 

29,0 

362,5 

— 

— 

Formel  der  analys. 
VerbiDdung  ■). 


Nach  VersQchen  von: 


Aitimon 

inen 

hriBin 


AI 

Sb 

As 

Ba 

Be 

Pb 

B 

Br 

Ca 

Ce 

-ei 

Cr 

Di 

Fe 

E 

¥ 

An 

J 

Ir 

Cd 

K 

Co 


Co 

La 

Li 

Mg 

Mn 


Mo 

Na 
Ni 
Nb 
No 


Thonerde  AI«  Og 
Antimonglanz  Sb  S, 
Arsenchlorid  As  61, 
Bariumchlorid  Ba  61 
Beryllerde  Be,  O^ 
Bleioxjd  PbO 
Borsäure  BO, 
Kaliumbromid  KBr 
Kalk  CaO 
Ceroxydul  CeO 

KaUumchlorid  K  -61 

Chromsäure  CrOg 
Didymoxyd  Di  O 

Eisenoxyd  Fe,^,Os 


^Calciumfluorid  C&¥ 
Goldchlorid  Au  61» 
Kaliun^odid  K 1 
Iridiumcblorid  Ir-61, 
Kadmiumoxyd  CdO 

KaUumchlorid  Ki^l 

Kobaltoxydnl  CoO 

Kohlensäure  CO, 

Kupferoxyd  CuO 
Lanthanoxyd  La  O 
Lithiumoxyd  LiO 
Magnesia  MgO 
Manganchlorür  Bfn-Cl 

Molybdänsäure  Mo  O, 

Natriumchlorid  Na  61 
Nickeloxydul  Ni  O 


Benelins 

Schneider 

Pelouze  und  Berzelius 

Marignac,  Pelouze 

Awdejew 

Berzelius 

Berzelius 

Marignac 

Erdmann  u.  Marchand 

Marignac,  Hermann 

Marignac,  Penny, 

Maumen^,  Berzelius 

P^igot,  Berlin 

Marignac 

Svanberg  u.  Norlin,  Mau- 

men^,  Erdmann  u.  Blar- 

chand,  Berzelius 

Louyet 

Levol,  Berzelius 

Marignac 

Berzelius 

▼.  Hauer 

Marignac,  Penny, 
l  Maumen^ 
I  Schneider 

Dumas  u.  Stass, 

Erdmann  u.  Marchand 

Erdmann  n.  Marchand 

Marignac 

Berzelius 

Scheerer  u.  Marchand 

Berzelius 
( Sranberg  u.  Strure, 
( Berlin 

Penny,  Pelouze 

Schneider 


*)  Pogg.  Annal.  Bd.  LXV,  S.  817.  ' 

")  Die  sngeftthrte  Verbindong  wurde  entweder  fttr   sich,  oder   in   znsammengesetz 
^  ^erbindmigeD  mit   anderen   Körpern    analysirt;  oft   wurde    das  Atomgewicht    noch 
*^  den  Analyseu  anderer  Verbindungen  mit  anderen  Elementen  abgeleitet. 

33« 


516 

Atomgewichte. 

H  =  l 

0  =  100 

Formel  der  analys. 
Verbindung. 

Nach  Versuchen  iv 

Osrniam    .    . 

Ob 

100,0 

1250,0 

Osmiumchlorid  Os-CL 
Palladiumchlorür  Pd^l 

Benehns,  Fremy 

Palladium     . 

Pd 

d8,0 

662,5 

Berseliufl 

Phosphor  .    . 

P 

31,0 

387,5 

Phosphorsäure  PO^ 

Schrötter 

Platin    .    .    . 

Pt 

99,0 

1237,5 

Platinchlorid  Pt^l^ 

Berzelios,  Andrewt 

Qaecksilber  . 

Hg 

100,0 

1250,0 

QuecksUberozyd  HgO 

Erdmami  u.  ICarehi 

Rhodium  .    . 

Rh 

52 

650 

RhodiumchloridRhs^l, 

Benelins 

Ruthenium    . 

Ru 

52 

660 

Rutheniumchlorid 

Ru,-ei, 

Claus 

Sauerstoff .    . 

0 

8,0 

100 

— 

^ 

Schwefel   .   . 

S 

16,0 

200,0 

Zinnober  Hg  S 

Erdmaiin  a.  liucli 
Strome 

Selen     .   .    . 

Se 

39,5 

493,75 

Selenquecksilber  HgSe 

[Berselius,  Sacc, 
1  Erdmann  u.  liucki 

SUber    .    .    . 

Ag 

108,0 

1350,0 

SUberchlorid  Ag-Cl 

flfarignac,  Miininwri 
!  Penny,  BerBelins 

Silicium    .    . 

Si 

21,8 

266,5 

SiUdumchlorid  Si€l, 

Pelouse 

Stickstoff  .    . 

S^ 

14,0 

175,0 

Salmiak  ^S«€l 

Pelouie,  Bfarigiiao,B 

Strontium 

Sr 

43,9 

548,2 

Strontiumchlorid  Sr-Cl 

Pelouse 

Tantal  .    .    . 

Ta 

68,8 

860,3 

Tantalchlorid  Ta^l« 

H.  Rose 

TeUur    .    .    . 

Te 

64,0 

800,3 

Kalium  -  Tellnrbromid 
KBr.TeEr, 

▼.  Hauer 

Terbium    .    . 

Tr 

— 

— i 

.^ 

Thorium   .    . 

Th 

59,5 

743,9 

Thorerde  Th  0 

Benelins 

Titan     . 

Ti 

25 

312,5 

Titanchlorid  Ti-ei, 

Pierre 

Uran      .    .    . 

U 

60 

750 

Uranoxyd  U,Oa 

P^ot 

Vanadium 

V 

68,5 

866,7 

Vanadsäure  VO3 

Berzelius 

Wasserstoff  . 

U 

1,0 

12,5 

Wasser  HO 

Siarchand 

Wismuth  .    . 

Bi 

104,0 

1300,0 

Wismuthoxyd  Bi,  0, 

Schneider 

Wolftram  .    . 

W 

92 

1150 

Wolframsäure  WOg 

Schneider,  Horch 

Yttrium     .    . 

Y 

35 

437,5 

Yttererde  YO 

Berzelius 

Zink  .... 

Zn 

32,5 

406,6 

Zinkoxyd  ZnO 

A.  ErdmAim 

Zinti  .... 

Sn 

58,0 

725,0 

Zinnoxyd  SnO« 

Mnlder,  VTaanderen 

Zirkonium 

Zr 

33,5 

418,9 

Zirkonerde  Zr,  Og 

Zwiflchen  den  Atomgewichten  der  Elemente  hat  man  verschied« 
Beziehungen  aufzufinden  geglaubt,  welche  wir  hier  zum  Theil  a&fÖ 
ren.  Die  Ansicht,  dass  die  Atomgewichte  vieler  Grundstoffe  Viel&cl 
von  dem  Gewichte  eines  Doppelatom  Wasserstoffs  seien,  haben  n 
schon  oben  ausführlich  erörtert.  Maumen^  hat  für  das  Chlor,  welcb 
diese  Beziehung  zu  dem  Wasserstoff  nicht  zeigt,  hervorgehoben,  dl 
das  Gewicht  eines  Doppelatoms  Chlor  (35,5)  ein  Vielfaches  von  d< 
Gewichte  eines  einfachen  Atoms  (0,5)  Wasserstoff  sei  Je  klein 
die  Einheit  gewählt  wird,  um  so  mehr  müssen  sich  natürlich  alle  Atoi 
gewichte  einem  Vielfachen  der  Einheit  nähern,  so  dass  wir  durch  g 
ringe  Veränderungen  in  den  aus  den  Vei'suchen  direct  abgeleitet« 
Zahlen'  ein  Vielfaches  von  der  kleineren  Einheit  erhalten  können.  E 
Resultate  der  Atomgewichtsbestimmungen  sind  aber  in  den  meist 
Fällen  noch  nicht  auf  0,25  Einheiten  (wenn  H  =  1  gesetzt  wird)  g 
nau,  was  der  Fall  sein  müsste,  wenn  die  von  Maumen^  angenommei 
Begelmässigkeit  für  die  Atomgewichte  im  Allgemeinen  nachgewie« 
werden  sollte. 

Die  Atomgewichte  verschiedener  Grundstoffes,  welche  direct  aoa  di 
Versuchen  abgeleitet  sind,  kommen  einander  so  nahe,  dass  man  zawc 
len  eine  absolute  Gleichheit  derselben  angenommen  hat.     Zum  Tbc 


Atomtheorie.  517 

findet  dies  för  in  den  chemischen  Eigenschaften  einander  ähnliche  Ele- 
mente statt,  2.  B.  Cer  und  Lanthan,  Platin  ond  Iridium,  Rhodium  und 
iBnthenium,  Eisen  und  Mangan,  zum  Theil  fiir  solche,  welche  keine  so 
nahen  Beziehungen  zu  einander  zeigen,  Molybdän  und  Cer,  Osmium 
ond  Quecksilber,  Tantal  Vanadium  und  Barium. 

'•'Andere  Elemente,  welche  man  wegen  der  Aehnlichkeit  ihrer  Ver- 
bindungen, gewöhnlich  in  Gruppen  zusammenstellt,  zeigen  in  einer  ge- 
wissen Reihefolge  nahezu  gleiche  Differenz  der  Atomgewichte. 
'  Die  Differenzen  von  etwa  24  zeigen:  Calcium  20,  Strontium  44, 
Barium  68,  Schwefel  16,  Selen  40,  Tellur  64;  eine  Differenz  von 
16  zeigen  Lithium  7,0,  Natrium  23,0,  Kalium  39,0;  eine  Differenz  von 
ib  zeigen  Chlor  35,5,  Brom  80,5,  Jod  125,5;  eine  Differenz  von  44,5 
^seigen  Phosphor  31,  Arsen  75,5,  Antimon  120. 

Alle  diese  Beziehungen  finden  nur  statt,  wenn  man  nicht  diewirk- 
ilkii  gefundenen  Zahlen  annimmt,  sondern  mehr  oder  weniger  davon 
;  abweichende  Atomgewichte  vergleicht. 

Andere  Beziehungen,  welche  Eremers^)  und  Low')  angedeutet 
.ksben,  führen  wir  nicht  an,  weil  dieselben  noch  grossere  Veränderun- 
gen in  den  angenommenen  Atomgewichten  nöthig  machen,    wenn  sie 
Oberhaupt  stattfinden  sollen  ^.  A.  S, 

Atomtheorie  nennt  man  eine  Theorie,  welche  den  Erfahrungs« 
gesetzen  über  die  Gewichtsverhältnisse  der  chemischen  Verbindungen 
nur  Erklämng  dient.  Diese  aus  den  Versuchen  abgeleiteten  Gesetze, 
welche  man  unter  der  Bezeichnung  stochiometrische  Gesetze  oder 
Lehre  von  den  chemischen  Aequivalenten  zusammenfasst,  sind: 

1)  Die  ehemischen  Verbindungen  finden  stets  in  demselben  Ge- 
wichtsverhaltniss  statt,  im  Falle  die  Producte  dieselben  (physikalischen 
ond  chemischen)  Eigenschaften  besitzen.  Solche  Verbindungen  haben 
daher  immer  und  unter  allen  Umständen  einerlei  Zusammensetzung. 

2)  Wenn  zwei  Stoffe  sich  in  mehreren  Verhaltnissen  mit  einander 
▼«reinigen,  so  stehen  die  mit  derselben  Menge  des  einen  Stoffes  {Ä) 
Hrbondenen  Mengen  des  zweiten  Stoffes  {B)  unter  sich  in  einem  sehr 
«mischen  Verhältniss,  welches  z.  B.  durch  die  Zahlen: 

1:2:3:4:5:6    

SBSgedrfickt  werden  kann.     So  verbinden  sich: 

100  Thle.  Stickstoff  mit    52,14  Thln.  Sauerstoff  zu  Stickoxydul, 

^W     ^  „  „   104,28     „  „  „  Stickoxyd, 

100     „  ,,  „   156,42      „  „  „  salpetriger  Säure, 

100     ,,  ,,  ,,  208,56     „  „  „  Untersalpetersäure, 

100     „  „  „   260,70     „  „  „   Salpetersäure. 

Die  Zahlen  52,14,  104,28,  156,42,  208,56  und  260,70  verhalten 
nch  aber  zu  einander  wie  1:2:3:4:5. 

Dieses  Gesetz  ist  unter  dem  Namen  Gesetz  der  vielfachen 
^orhältnisse  (multiplen  Proportionen)  bekannt 

3)  Die  Mengen  verschiedener  Stoffe  {Ä^  B^  C  ,  ,  .\  welche  sich 
out  einer  bestimmten  Quantität  eines  Stoffes  {Z)  verbinden,  vereinigen 
sich  auch  unter  einander  in  denselben  Gewichts  Verhältnissen,    oder  in 


*)  Pogg.  Ännal.  Bd.  LXXXY,  8.  56.  —  *)  Sillimanf  American  Journ.  [2.] 
I*  XTIIf  p.  887.  —  *)  Ueber  den  Zusammenhang  zwischen  den  Atomgewichten  ähn- 
Hdnr £leiii0Qte  nnter  einander  vergl.  Lenssen:  Annal  d.  Ghem.  u.  Pharm.  Bd.  CITI, 

8.  m. 


518  Atomtheorie. 

Multiplen  davon.  Mit  Einem  Gewichts-Theil  Wasserstoff  vereinigen  sich: 
8  Gew.-Thle.  Sauerstoff,  16  Gew.-Thle.  Schwefel,  85,5  Gew.-Thle. 
Chlor,  6  Thle.  Kohlenstoff.  Die  Erfahrung  hat  nun  gelehrt,  da»  8 
Gew.-Thle.  Sauerstoff  sich  auch  mit  16  Gew.-Thln.  Schwefel,  35,5 
Gew.-Thln.  Chlor,  6  Thln.  Kohlenstoff  verbinden.  Nach  dem  Geseti 
der  multiplen  Proportionen  sind  ausserdem  noch  viele  andere  Verbin- 
dungen möglich,  z.B.  35,5  Gew.-Thle.  Chlor  mit  3  X  8.  ^  X  ^  '>  X  «i 
6  X  Ö>  7  X  ö  Gew.-Thln.  Sauerstoff,  in  welchen  doch  stets  Äfaf- 
tipla  der  angeführten  Zahlen  als  die  Gewichtsmengen  der  betreffenden 
Stoffe'  auftreten. 

Dies  ist  das  Gesetz  der  Aequivalente,  insofern  man  die  6«- 
wichtsmengen  verschiedener  Körper,  welche  einander  in  den  cheraisehen 
Verbindungen  vertreten,  chemische  Aequivalente  nennt. 

Die  im  Vorhergehenden  angeffihrten  Gesetzmässigkeiten  finden 
nicht  nur  bei  den  einfachen,  sondern  ebensowohl  bei  den  zusammen- 
gesetzten Stoffen  statt.  Bei  letzteren  hat  man  aber  femer  noch  dnrch 
die  Versuche  das  Gesetz  gefunden: 

4)  Das  Aequivalent  eines  zusammengesetzten  Körpers  ist  gleich 
der  Srnnme  der  Aequivalente  seiner  Bestandtheile.  In  der  Chlorsäure 
sind  35,5  Gewichtstheile  Chlor  (1  Aeq.  Chlor)  mit  40  =  5  X  ^  6e- 
wichtstheilen  Sauerstoff  (5  Aeq.  Sauerstoff)  verbunden.  In  der  Schwe- 
felsäure sind  1 6 .  Gewichtstheile  Schwefel  (l  Aeq.  Schwefel)  mit  24 
=  3  X  ^  Gewichtstheilen  Sauerstoff  (3  Aeq.  Sauerstoff)  verbunden. 
Der  Versuch  hat  nun  gelehrt,  dass  75,5  =  (35,5-4-40)  Gewichtstheile 
Chlorsäure  mit  40r=(16-4-24)  Gewichtstheilen  Schwefelsäure  äquiva- 
lent sind,  d.  h.  einander  in  den  Verbindungen  zu  ersetzen  vermögen. 
Ein  Gleiches  gilt  für  die  Basen. 

Dal  ton  1),  welcher  das  Gesetz  der  vielfachen  Verhältnisse  nient 
entdeckte,  und  mit  dem  schon  früher  von  Richter  zum  Theil  nachge- 
wiesenen Gesetz  der  Aequivalente  in  Verbindung  brachte,  suchte  dieie 
Gesetze  durch  eine  Theorie  zu  erklären  oder  wenigstens  zu  versinnlidien, 
welche  noch  jetzt  ziemlich  allgemein  angenommen  ist  Nach  dieser  Theorie 
sind  alle  Körper  nur  bis  zu  einer  gewissen  Grenze  theilbar,  Ober  welche 
hinaus  eine  Theilbarkeit  nicht  stattfinden  kann.  Die  letzten  Thefle 
(Atome)  eines  Körpers  sind  gleich  schwer  und  gleich  gross,  die  Atome 
verschiedener  Körper  können  verschieden  gross  und  von  verschie- 
denem Gewicht  sein.  Jedes  Atom  ist  von  einer  Wärmesphäre  umge- 
ben, so  dass  zwischen  den  einzelnen  Atomen  keine  unmittelbare  Be- 
rührung stattfinden  kann.  Chemische  Verbindungen  entstehen  durch 
inniges  Aneinanderlagern  der  Atome  verschiedener  Körper  zu  einem 
zusammengesetzten  Atome. 

Diese  Theorie  erklärt  völlig  die  oben  angeftihrten  Gesetze.  Alle 
Verbindungen  und  Vertretungen  können  nämlich  hiemach  nur  in  dem 
Verhältnisse  der  Gewichte  der  Atome  geschehen.  Da  ferner  die  Ve^ 
bindungen  nur  in  dem  Verhältniss  von 

1  Atom  ^  zu  1  Atom  B 
1       ^     Ä   :    2      „5 

1  „     ^   :    3      „      B 

2  „     il   :    3      „5 

u.  s.  w.  stattfinden  können,  so  werden  auch  die  in  den  Verbindungen 


*)  Ä  new  System  of  Chemical  Philosophy  1S08. 


Atomtheorie.  519 

eaümlteneii  Gewichte  votf  B  (berechnet  auf  das  Gewicht  von  2  Ate« 
men  Ä)  eich  wie  2  :  3  :  4 :  6  .  •  •  yerhalten. 

Nicht  weniger  selbstverständlich  ist  es,  dass  das  Aequivalent  (oder 
vielmehr  Atomgewicht)  einer  Verbindung  durch  die  Summe  der  Aequi- 
valente  (oder  Atomgewichte)  der  Bestandtheile  ausgedrückt  wird. 

Wenn  uns  hiernach  die  relative  Anzahl  der  in  einer  chemischen 
Verbindung  enthaltenen  Elementaratome  bekannt  wäre,  so  würde  sich 
das  relative  Gewicht  der  Atome  "aus  der  bekannten  Zusammensetzung 
berechnen  lassen ;  oder  wenn  das  relative  Gewicht  der  Atome  sich  aus- 
findig machen  liesse,  ao  würde  man  aus  der  bekannten  Zusammenset- 
long  der  Verbindungen  das  Verhältniss  der  darin  enthaltenen  Elementar- 
itome  berechnen  können. . 

Dalton  versuchte  zuerst  das  relative  Gewicht  der  Atome  zu  be- 
itimmen,  indem  er  von  der  Voraussetzung 'ausging,  dass  in  den  Verbin- 
dungen von  zwei  Bestandtheilen,  welche  sich  nur  in  einem  einzigen 
Veihältnise  vereinigen,  eine  gleiche  Anzahl  beider  Elementarbestand- 
tbeile  enthalte  u  sei.  In  dem  Wasser  nahm  er  hiernach  ein  Atom  Was- 
serstoff mit  einem  Atom  Sauerstoff  verbunden  an.  In  den  neutralen  Sal- 
ien  nahm  er  ebenso  gleichviel  Atome  Säure  und  Basis  an.  ^ 

Berzelins  nahm  (1815),  gestützt  auf  Gay  Lussac's  Entdeckung 
der  Gesetzmässigkeiten  bei  der  Verbindung  gasförmiger  Körper,  an, 
dus  gleiche  Volume  der  gasförmigen  Elemente  eine  gleiche  Anzahl 
Atome  enthalten,  und  dass  hiemach  durch  das  specifische  Gewicht 
dieser  Gase,  das  relative  Gewicht  ihrer  Atome  ausgedrückt  sei.  Fer- 
ner stellte  er  noch  den  Grundsatz  auf,  dass  in  jeder  Verbindung  zweier 
Elemente  von  dem  einen  Bestandtheil  1  Atom  enthalten  sei.  In  dem 
Eiseooxyd  nahm  er  hiemach  1  Atom  Eisen  mit  3  Atomen  Sauerstoff, 
oad  in  dem  Eisenoxydul  folglich  1  Atom  Eisen  und  2  Atome  Sauer- 
stoff an. 

Eine  andere  Beziehung  zwischen  dem  relativen  Gewichte  der  Atome 
fanden  Du  long  und  Petit  (1819)  in  der  specifischen  Wärme  der 
Elemente;  sie  ermittelten  nämlich,  dass  die  specifische  Wärme  der 
Elemente  sich  umgekehrt  verhält  wie  die  Atomgewichte,  welche  man 
denselben  beilegen  kann.  Für  viele  Elemente  zeigte  sich  diese  Rela- 
üon  nach  den  von  Berzelius  angenommenen  Atomgewichten  anwend- 
bar, för  andere  dagegen  musste  das  Atomgewicht  halbirt  oder  ver- 
doppelt werden;  man  musste  also  doppelt  so  viele  oder  halb  so  viel 
Atome,  ab  Berzelius  gethan,  in  ihren  Verbindungen  annehmen« 

Die  Entdeckung  Mitscherlich^s  (1820),  dass  die  Körper  von 
gkicher  atomistischer  Zusammensetzung,  wenn  auch  verschiedene  Ele- 
meDte  darin  enthalten  sind,  gewöhnlich  gleiche  ErystalUbrm  (Isomor- 
phismos)  zeigen,  lässt  sich  ferner  als  ein  treffliches  Mittel  gebrauchen, 
die  atomistische  Zusammensetzung  von  Verbindungen  durch  die  Analo- 
gie mit  anderen  Körpern  von  bekannter  Atom- Anzahl  herzuleiten. 

Wir  haben  In  dem  Vorhergehenden  gezeigt,  wie  man  nacheinan- 
der cur  Bestimmung  der  relativen  Anzahl  der  in  den  Verbindungen 
Mithaltenen  Atome  folgende  Leitpunkte  annahm. 

1)  Die  möglichste  Einfachheit  der  Verhältnisse; 

i)  das  specifische  Gewicht  der  Elemente  im  gasförmigen  Zustande; 

3)  die  specifische  Wärme  der  Elemente; 

4)  die  Isomorphie  der  Verbindungen. 

Für  gewisse  Verbindungen  führt  die  Berücksichtigung  aller  dieser 


520  Atomtheorie: 

VerhiUtiiisse  zu  derselben  atomiatischen  ZoBammeiiMtsong,  aber  för  di« 
meisten  leiten  sich  verschiedene  «tomistische  Zusammensetzungen  ah, 
je  nachdem  man  die  eine  oder  die  andere  Beziehung  zur  Richtschnur 
wählt  Wir  wollen  daher  in  dem  Folgenden  diese  Verhältnisse  näher 
betracl^ten,  um  den  verschiedenen  Werth  derselben  beurtheilen  ra 
können. 

Einfachheit  des  Verhältnisses  der  Atome.  Im  Falle  «in 
Element  sich  nur  in  einem  einzigen  Verhältnisse  mit  anderen  Elemen- 
ten vereinigt,  und  die  Verbindungen  keine  Beziehungen  zu  anderen 
Körpern  von  bekannter  oder  angenommener  atomistischer  Znsammen- 
Setzung  zeigen,  so  lassen  sich  keine  Gründe  für  die  Wabrscheuilick- 
keit  einer  bestimmten  atomistischen  Zusammensetzung  anführen,  and 
man  kann  mit  gleichem  Rechte  jedes  beliebige  Verhältniss  annehmen. 
In  diesem  Falle  wird  man  wohl  das  einfachste  Verhältniss  1 :  1  wib* 
ien,  bis  weitere  Entdeckungen  uns  Beziehungen  zu  anderen  Verbindun- 
gen gelehrt  haben.  So  verhält  es  sich  zum  Theil  mit  der  Beryilerde, 
Thorerde,  Yttererde  und  anderen,  welche  man  gewöhnlich  ans  gleichen 
Atomen  Metall  und  Sauerstoff  bestehend  betrachtet,  obwohl  für  ein- 
zelne, fl.  B.  die  ^eryllerde,  gewisse  Analogien  mit  der  Thonerde  un- 
verkennbar sind,  welche  für  ein  analoges  Verhältniss  der  Atome  in 
beiden  Oxyden  sprechen. 

Ueberhaupt  wird  der  Begriff  Einfachheit  des  Verhältnisses 
zu  eng  begrenzt,  wenn  man  denselben  auf  1 : 1  einschränken  wollt^ 
und  die  Erfahrung  hat  gelehrt,  dass  die  Verhältnisse  1:2,  1:3,  2:8 
ebenso  häufig  als  ersteres  vorkommen. 

Specifisches  Gewicht  der  Elemente  im  Gas-  oder  Dampf- 
zustande. Die  meisten  Chemiker  nehmen  an,  dass  gleiche  Volnme 
der  einfachen  Gase  (unter  denselben  Verhältnissen  des  Drucks  und  der 
Temperatur)  die  nämliche  Anzahl  von  Atomen  enthalten.  Dies  gilt 
nicht  nur  von  den  bei  gewöhnlicher  Temperatur  gasförmigen  Elemen- 
ten, sondern  auch  für  die  erst  in  höherer  Temperatur  den  gasP^rmigeo 
Zustand  annehmenden  Stoffe  (z.  B.  Brom,  Jod),  da  die  Dämpfe  keinen 
specifischen  Unterschied  von  den  Gasen  zeigen. 

Dieser  Annahme  zufolge  drückt  das  Verhältniss  der  in  einer 
Verbindung  enthaltenen  Gasvolume  der  Bestandtheile  zugleich  des 
Verhältniss  der  Atome  derselben  aus. 

Bei  den  unmittelbar  in  Verbindung  tretenden  Gasen,  wie  Wasser- 
stoff und  Sauerstoff,  Chlor  u.  a.  lässt  sich  das  Volumverhältniss  unmit- 
telbar beobachten,  für  andere  aber  aus  der  bekannten  Zusammensetsong 
leicht  berechnen,  indem  man  das  Gewicht  der  in  der  Verbindung  ent- 
haltenen Bestandtheile  durch  die  Dampfdichte  der  betreffenden  Körper 
dividirt 

Da  übrigens  nur  die  Dampfdiohte  weniger  Elemente  bekannt  iB^ 
so  wird  man  nur  für  eine  eingeschränkte  Anzahl  von  Elementen  das  Ge- 
wicht der  Atome  diesem  Grundsatz  gemäss  ableiten  können. 

Ausserdem  gelangt  man  bei  der  Durchführung  des  GnmdsstsM 
zu  gewissen  sehr  unwahrscheinlichen  Folgerungen.  In  der  was^r- 
freien  Schwefelsäure  sind  z.  B.  auf  40  Gew.-Thle,  Schwefel  60  Gew.- 
Thle.  Sauerstoff  enthalten.  Da  das  specif.  Gewicht  des  Schwefeldampf« 
6,636,  das  des  Sauerstoffgases  1,106  ist,  so  berechnet  sich  das  VoloD- 
verhältniss  der  Bestandtheile  der  Schwefelsäure  in  Gasform: 


Atomtheorie.  521 

Schwefel  Saaerstoff  Yolamverh&ltniga 

*0  ,  ^„  60         ^ ,  «^         54,27  9  • 

=  M3  ^  ^^^  =  54,27  ' 


6,686  '  1,106  ~     '  6,08   ~   1  ' 

das  VerhSltniss  der  Atome  wäre  also  1:9;  ebenso  müssten  in  dem 
Sehwefelwasserstoffgas  auf  1  At.  Schwefel  6  At.  Wasserstoffgas  enthal- 
ten sein.  Wir  wollen  die  weiteren  Folgemngen,  zn  welchen  man  bei 
eonseqaenter  Durchführung  dieses  Atoroverhältnisses  der  Verbindungen 
des  Schwefels  gelangt,  nicht  Tcrfolgen,  da  das  Angeführte  die  Che- 
miker zur  Verwerfung   des  Princips  für  den  Schwefel  veranlasste. 

Allerdings  lassen  sich  auch  gewichtige  Gründe  anführen*  welche 
einen  Ausnahmefall  bei  dem  Schwefel  annehmen  lassen.  Die  Dampf* 
diehte  vieler  Körper  ist  nämlich  bei  einer  Temperatur,  die  nicht  weit 
entfernt  vom  Kochpunkt  des  Körpers  liegt,  wechselnd  und  wird  erst 
bei  weit  höher  liegenden  Wärmegraden  constant,  sowie  Überhaupt  die 
Dimpfe  vieler  Körper  erst  in  weit  über  dem  Kochpunkt  derselben  lie- 
genden Temperaturen  mit  den  Grasen  in  den  Eigenschaften  völlig  Über- 
emstimmen.  Noch  wichtiger  ist  aber  die  Bemerkung,  dass  der  Schwefel 
io  der  Wärme  eine  Veränderung  erleidet  und  schon  unterhalb  seines 
Eochpanktes  völlig  in  eine  andere  Modification  verwandelt  wird.  Man 
bnn  nun  annehmen,  dass  8  At.  Schwefel  sich  hierbei  zu  einem  Atom 
▼erdichtet  oder  innig  vereinigt  haben,  so  dass  in  einem  Volumen  Schwe- 
feldampf die  dreifache  Anzahl  normaler  Schwefelatome  enthalten  ist, 
wie  in  einem  Volumen  SauerstofTgas.  Nach  dieser  Hypothese  würde 
also  in  der  Schwefelsäure  das  Verhältniss  der  Atome  wie  1 : 3  sein, 
wofür  auch  viele  andere  Gründe  sprechen. 

Aehnliche  Abweichungen  von  der  Regel  finden  bei  dem  Phosphor- 
dampf statt,  dessen  Dichte  doppelt  so  gross  ist,  als  aus  dem  anderweitig 
bestimmten  Atomgewicht  folgen  würde.  Aber  auch  der  Phosphor  er- 
leidet in  der  Wärme  eine  wesentliche  Veränderung. 

Aus  der  Zusammensetzung  der  Oxyde  des  QuecksObers  und  der 
Dichtigkeit  des  Quecksilberdampfes  (6,87)  berechnet  sich  das  Atom- 
▼erhütniss  für  das 

Quecksilber  Sauerstoff      Atomverhältniss 

A     LMu  ^  ^2,6        ,^^         7,4         ^^        13,5         2 

Quecksilberoxyd   .     .     ^,  =  l^.^        MO  = '''         67  =  " 

n«  L  -lu  ^1  96,1         , ,  ^         3,9         .  -         14,0         4 

Qnecksüberoxydul     .     ^  =  ^fi        j;^  =  3,5        -3;^=- 

Der  Dampfdichte  des  Quecksilbers  und  der  Zusammensetzung  der 
Oiyde  zufolge  müssten  also  in  dem  Quecksilberoxjd  2  At  Quecksilber  auf 
1  At  Sauerstoff,  in  dem  Oxydul  4  At  Quecksilber  auf  1  At  Sauerstoff 
^Aalten  sein.  Auch  hier  nimmt  man  gewöhnlich  einen  Ausnahme- 
fall an,  obgleich  man,,  wohl  ohne  andere  Analogien  zu  verletzen,  dieses 
AtoQTerhältniss  in  den  Verbindungen  des  Quecksilbers  zu  Grunde 
l«g«n  dürfle. 

Da  zur  Ermittelung  der  Atomgewichte  die  Volumverhältnisse 
Uentach  von  den  Chemikern  nur  für  Sauerstoff,  Wasserstoff,  Stick- 
*M,  Chlor,  Brom  und  Jod  berücksichtigt  wurden,  während  bei  dem 
P^MMphor,  Schwefel  und  Quecksilber  dieselben  unberücksichtigt  blie- 
^  imd  für  die  grosse  Mehrzahl  der  Elemente  die  Volumverhält- 
ouse  unbekannt  sind  und  meist  auch  bleiben  werden,  so  haben  viele 
Clittniker  der  Betrachtung  der  Volumverhältnisse  als  Mittel  zur  Be- 


522  Atomtheorie. 

8timinung[    der    atomistischen    Znflammenselzung  jeden   Werth   abge- 
sprochen. 

Als  einen  wesentlichen  Einwurf  gegen  die  Volamtkeorie  konnte 
man  anführen,  daas  nur  bei  den  Elementen  gleiche  GaB*Volmne  gleich 
viele  Atome  enthalten,  während  in  den  Verbindungen  die  verschieden- 
artigsten Verhältnisse  möglich  sein  sollten.  Wir  wissen  aber  nicht,  ob 
die  sogenannten  Elemente  wirklich  aus  gleichartigen  Partikeln  zoBam- 
mengesetzt  sind,  oder  ob  sie  nicht  vielmehr  ebenfalls  wie  die  Ver^ 
bindungen  ungleichartige  Bestandtheile  enthalten.  Ein  bestumnter 
Unterschied  zwischen  den  Elementen  und  den  zerlegbaren  Verbin- 
dungen möchte  jetzt  um  so  weniger  nachgewiesen  werden  können, 
als  wir  viele  zusammengesetzte  Stoffe  kennen,  welche  in  ihren  Verhalt- 
nissen durchaus  den  sogenannten  Elementen  entsprechen  (Cyan,  Kako- 
dyl,  Aethjl  u.  s.  w.)  mit  dem  Unterschiede,  dass  sie  in  nähere  Bestand- 
theile zerlegt  werden  können,  was  bei  den  Elementen  bis  jetzt  nicht 
nachzuweisen  ist  In  dieser  Beziehung  haben  jedoch  Gerhardt  und 
Laurent  einen  Schritt  weiter  gethan,  indem  sie  auch  ffir  die  Verbin* 
düngen  eine  gleiche  Anzahl  zusammengesetzter  Atome  in  gleichem 
Gas- Volumen  annahmen,  ähnlich  wie  für  die  sogenannten  Elemente 
gleiche  Anzahl  von  Atomen  in  gleichem  Gas- Volumen  angenommen 
wurde.  Wenn  wir  uns  der  chemischen  Zeichen  als  Ausdruck  (Ur  die 
Atome  bedienen,  so  enthalten  2  Volumeinheiten  H*"!!;  0'~0;  Gl'^Cl; 
Br'^Br;  J^J;  NT^;  H,0;  CIH;  BrH;  JH;  NH,;  N^O;  NO,;  NHOij 
JCl;  BrCl;  PCI«;  CO;  CO,. 

In  gleicher  Weise  kann  man  für  die  meisten  organischen  Verbin- 
dungen annehmen,  dass  das  Atom  derselben  im  gasförmigen  Zustande 
zwei  Volumeinheiten  bildet.  Die  sogenannten  Elemente  wären  hiernach 
im  freien  Zustand^  Verbindungen  gleichartiger  Atome  unter  sich,  welche 
einzeln  sich  nicht  darstellen  lassen,  wohl  aber  in  Verbindungen  ent* 
halten  sein  können.  Der  freie  Wasserstoff  z.  B.  enthielte  1  At  Wasser- 
stoff in  Verbindung  mit  1  At.  Wasserstoff;  der  Chlorwiiaserstoff  in 
gleicher  Weise  1  At.  Wasserstoff  und  1  At.  Chlor.  Diese  Betrach- 
tungsweise ist  wesentlich  darin  von  den  älteren  unterschieden,  dass  in 
1  At  Chlorwasserstoff  nur  halb  soviel  Chlor*  und  Wasserstoffatome 
angenommen  werden,  als  in  dem  freien  Chlor  oder  Wasserstoff.  In- 
zwischen müssen  hierbei  doch  ausser  den  früher  erwähnten  noch  einige 
weitere  Ausnahmen  von  der  Regel  angeführt  werden,  so  bildet  die 
Atomeinheit  Salmiak,  Phosphorsnperchlorid  u.  a.  4  Volume  im  gasför- 
migen Zustand,  ohne  dass  es  möglich  wäre  die  halbe  Anzahl  von  Ato- 
men darin  anzunehmen.  Auch  unter  den  organischen  Verbindnngen 
war  Gerhardt  genöthigt  einige  Ausnahmen  anzunehmen. 

Die  specifische  Wärme  der  einfachen  Körper  steht,  nach 
Dulong  und  Petit 's  Gesetz,  im  umgekehrten  Verhältniss  zu  den 
Atomgewichten,  mithin  ist  das  Product  des  Atomgewichts  mit  dtf 
specifischen  Wärme  (oder  die  specifische  Wärme  der  Elementaratome) 
för  alle  Elemente  eine  constante  Zahl. 

Die  Versuche,  aus  welchen  Dulong  and  Petit  das  Gesetz  ableite- 
ten, betrafen  indessen  nur  eine  kleine  Anzahl  von  Elementen,  und  mach- 
ten femer  gewisse  Veränderungen  in  den  Atomgewichten  nÖthig,  ohne 
welche  die  Gesetzmässigkeit  nicht  stattfand. 

Regnault  bestimmte  später  für  eine  weitere  Anzahl  von  Elemen- 
ten die  specifische  Wärme  und  fand,  dass  die  von  Dulong  und  Petit 


Atomtheorie. 


523 


hervorgehobene  Beziehnng  derselben  m  dem  Atomgewicht  f  fir  die  meisten 
Elemente  stattfhide,  insofern  wenigstens  dasProdnct  des  Atomgewichts 
(fflr  O  =  100)  mit  der  specifischen  W&rme  für  alle  Elemente  zwischen 
36  and  41  fiel,  wonach  also  keine  absolute  Gleichheit,  aber  doch  eine 
gewisse  Annaherong  stattfand.  Eine  solche  absolute  Gleichheit  ist 
•ehon  deshalb  nicht  möglich,  weil  für  verschiedene  Temperataren  die 
ipecifische  Wärme  der  Körper  sich  ändert  und  somit  nur  für  eine  be- 
itimmte  Temperatur  das  Gesetz  völlig  richtig  sein  könnte.  Begnault 
•rklärt  diesen  geringen  Unterschied  durch  die  Annahme,  dass  die  spe- 
zifische Wärme  nicht  nur  die  Wärmemenge  sei,  welche  zur  Tempera* 
torerhöbang  des  Atoms  verwendet  werde,  sondern  ausserdem  auch  die 
Wärmemenge  begreife,  welche  bei  der  Ausdehnung  des  Körpers  ver- 
idiwinde  oder  Molekularveränderungen  bewirke. 

Auch  in  neuerdings  veröffentlichten  Versuchen  i)  fand  Begnault 
h  ähnlicher  Weise,  dass  die  specifische  Wärme  der  Atome  der  ein* 
f^hen  Köi^r  nahezu  gleich  gross  sei,  und  brachte  durch  genauere 
Bestimmung  einige  früher  angenommene  Ausnahmen  zum  -Ver- 
ichwinden. 

Wir  führen  zur  Nachweisung  dieses  Verhältnisses  folgende  Ta- 
belle «n: 


Spec.  Wärme 

Atomgewicht 
(Aeqaivalent) 

Prodttct  beider 

Aluminium    .... 

0,2148 

170,4 

86,6 

Aatiflioii  . 

0,0507 

1508,8 

76,2    :    2  =  88,1 

AIKII   . 

0,0814 

987,5 

76,8    :    2  =  88,1 

BItt     .    . 

0,0814 

1294,5 

40,6 

Brom  (festes; 

0,0843 

1000 

84,8    :    2  =  42,1 

ÜMD    .     .     . 

0,1188 

850,0 

89,8 

Gold    .    .    . 

0,0824 

2450 

79,4    :    2  =  89,7 

Jod     .    .     . 

0,0541 

1587,5 

85,6    :    2  =  42,8 

Iridium     .     . 

0,03G3 

1282  (?) 

44,7 

Kadmium. 

0,0567 

700,0 

89,7 

Kalinm     .     . 

0,1696 

487,5 

82,6    :    2  ==  41,8 

KoMt      . 

0,1069 

875,0 

40,1 

Kohkostoff  C 

koi 

hJe; 

) 

0,2411 

75,0 

18,1  X  2  =  86,2 

Kupfer 

0,0951 

396,6 

37,8 

0,1441 

844,5 

40,7 

Nitriam    . 

0,2984 

287,5 

84,2    :    2  =  42,1 

STickd  .    . 

0,1109 

862,5 

40,2 

Umiim 

0,0806 

1250 

88,2 

Piüa^om 

0,0598 

662,5 

89,8 

Pkoiphor 

0,20 

387,5 

77,5    :    2  =  88,7 

Phtin  .    . 

0,0824 

1287,5 

40,4 

QMekiilber 

0,0888 

1250,0 

41,6 

BMiom  .    . 

0,0541 

650 

85,2 

Sehwcftl  . 

0,2026 

200 

40,5 

Selen    .    . 

0,0762 

498,75 

87,5 

Sflbw  . 

0,0570 

1850 

76,9    :    2  =  88,5 

Telhir  . 

0,0474 

800,8 

87,9 

^Vinuth 

0,0808 

1800 

40,0 

WoUhim 

0,0864 

1150 

41,9 

Zink    . 

9* 

0,0955 

406,6 

89,8 

om 

0,0562 

725 

40,7 

")  AnnaL  de  chim.  et  de  phys.  [8.]  T.XLVI,  p.  257;  Pogg.Annal.  Bd.XCVin, 
8.  8S€. 


524  Atomtheorie. 

Ausser  den  angeführten  starren  und  flüssigen  Körpern  zeigen  aoob 
die  permanent  gasförmigen  Elemente  unter  sich  yerglichen,  das«  bei  ihnen 
die  specifische  Wärme  sich  umgekehrt  wie  das  Atomgewicht  verhah, 
indem  nämlich  dieselben  für  gleiche  Volume  gleiche  specifische  WämM 
zeigen. 

In  der  angeführten  Tabelle  findet  man,  dass  das  Prodnct  der 
specifischen  Wärme  mit  dem  Atomgewicht  eine  um  etwa  40  schwan- 
kende Zahl  ist)  wenn  man  für  Antimon,  Arsen,  Brom,  Gk>ld,  Jod,  Phos- 
phor das  Atomgewicht  halb  so  gross  als  das  Aequivalent  annimmt,  wie 
dies  auch  gewöhnlich  geschieht,  und  ausserdem  die  Atomgewichte  des 
Silbers,  Kaliums  und  Natriums  halb  so  gross  wie  gewöhnlich  (das 
Aequivalent)  setzt,  die  Formel  der  Oxyde  also  K|  O,  Na^  O,  Ag^  O  schrubt, 
femer  noch  das  Atomgewicht  des  Kohlenstoffs  doppelt  so  hoch  wie  g^ 
wohnlich  annimmt  und  die  atomistische  Formel  der  Kohleosäare  CO4 
schreibt.  In  Betreff  des  Kohlenstoffs  ist  zu  erwähnen,  dass  die  verschie- 
denen Modificationen  desselben  bedeutende  Unterschiede  fiinsichtlich 
der  specifischen  Wärme  zeigen;  so  wurde  die  der  Holzkohle  zu  0,244 
bestimmt,  während  die  desDiamants  sich  zu  0,1469  ergab  ( Begn an U). 

Die  specifische  Wärme  fand  Regnault  für  glasiges  Selen  0,109; 
für  krystallinisches  Selen  0,076  bei  Temperaturen  über  OO;  Dagegen 
giebt  Regnault  an,  dass  er  für  glasiges  und  krTStallinisches  Selen 
för  Temperaturen  unter  0^  dieselbe  specifische  Wärme  (0,075)  gefun- 
den habe. 

Wollte  man  das  von  Dulong  und  Petit  aufgestellte  Gesetz  als 
entscheidenden  Grundsatz  für  die  Wahl  der  atomistischen  Zusammen- 
setzung der  Verbindungen  wählen,  so  würde  man  nur  wenige  Aende- 
rungen  in  den  jetzt  gewöhnlich  angenommenen  Atomgewichten  anbrin- 
gen müssen,  welche  dazu  keineswegs  mit  anderen  Erfahrungen  in 
Widerspruch  stehen.  Dagegen  wäre  für  eine  nicht  kleine  Anzahl  vor 
Elementen  (z.  B.  Lithium,  Barium,  Strontium,  für  dib  meisten  soge- 
nannten Erdmetalle,  und  Fluor,  Bor  und  Silicium)  eine  Entscheidung 
nach  diesem  Grundsatz  vorläufig  unmöglich,  bis  die  specifische  Wärme 
dieser  Elemente  ermittelt  wäre. 

Die  Isomorphie  der  Verbindungen.  Die  von  Mitscher- 
lieh  entdeckte  Thatsache,  dass  man  in  den  Verbindungen  gewisse  Be- 
standtheile  durch  andere  (in  welchen  beiden  man  nach  den  im  Vorbei 
gehenden  erwähnten  Grundsätzen  gleiche  Anzahl  von  Atomen  annimmt) 
ersetzen  kann,  ohne  dass  eine  Aenderung  der  Krystallform  stattfindet,  wird 
häufig  als  ein  Mittel  zur  Erkennung  der  atomistischen  Zusammensetznng 

solcher  Verbindungen  angewendet.    In  dem  Salz  ^o*so'|  +  ^''^ 

kann  man  z.  B.  das  Magnesium  durch  Mangan,  Eisen,  Nickel,  Ko- 
balt, Kupfer,  Kadmium  oder  Zink  ohne  wesentliche  Forraveränderong 
ersetzen,  und  die  dazu  erforderlichen  Quantitäten  dieser  Metalle  ste- 
hen in  dem  Verhältniss  der  anderweitig  ermittelten  Atomgewichta 
Man  kann  ebenso  das  Kalium  durch  Natrium  und  den  Schwefel  durch 
Selen  in  dem  Verhältniss  der  Atomgewichte  ganz  oder  theilweise  e^ 
setzen. 

Wenn  dieses  am  obigen  Beispiel  nachgewiesene  Gresetz  allgo* 
meine  Gültigkeit  hätte  und  femer  alle  Verbindungen  von  gleicher  Krjr- 
stallform  eine  entsprechende  atomistische  Zusammensetzung  hätten,  10 
würde  man,  ausgehend  von  gewissen  anderweitig  bekannten  oder  sitg^ 


Atomtheorie.  525 

nommenen  atomistiBchen  ZnsimmienBetznngen,  die  der  einander  isomor- 
f  ben  Stoffe  ermitteln  können. 

EiBenoxyd  und  Thonerde  sind  isomorph  und  ersetzen  einander 
aoch  in  dem  Alaun  ohne  Formver&nderung ;  wir  haben  demnach  Grund, 
in  beiden  dieselbe  atomistische  Zusammensetzung  anzunehmen.  Da 
■das  Eisen  zwei  basische  Oxyde  bildet,  in  welchen  die  Sauerstofimengen 
sich  wie  1:1V2  ^^^^  ^®  '^-^  verhalten,  so  kann  man  die  Formeln 
!  der  Oxyde  FeO«  und  FeO^  oder  FeO  und  Fe,Os  schreiben.  Für  die 
'  letzte  Annahme  spricht  die  Isomorphie  des  Eisenoxyduls  mit  Magnesia, 
Ihnganoxydul,  Zinkoxyd  und  Kupferoxyd,  welche  wieder  mit  anderen 
Verbindiingen  in  Beziehung  stehen.  Die  Formel  des  Eisenoxyds  ist 
also,  wenn  man  die  erwähnten  Verbindungen  im  Zusammenhange  be- 
trachtet, Fcs  Oj,  und  die  entsprechende  Formel  AI9  O3  wird  man  daher 
anch  f  fir  die  Thonerde  wählen. 

Das  Zinn  bildet  zwei  Oxyde,  deren  Sauerstoffgehalt  (auf  die  gleiche 
Menge  Metall  berechnet)  sich  wie  1 :  2  verh&lt.  Die  Einfachheit,  sowie 
die  specifische  Wärme  des  Zinns  haben  die  Chemiker  bewogen,  die 
Formeln  der  Oxyde  SnO  und  SnOj  anzunehmen.  Da  die  Titansäure 
(Botil)  mit  dem  Zinnoxyd  isomorph  ist,  so  nimmt  man  für  sie  die  gleiche 
atomistische  Zusammensetzung,  daher  die  Formel  TiO^  an. 

Wie  werthvoUe  Wahrscheinlichkeitsgründe  die  Isomorphie  auch 
mr  Auffindung  der  atomistischen  Znsammensetzung  der  Verbindungen 
nod  somit  des  Atomgewichts  der  Elemente  liefert,  so  darf  man  doch 
in  isomorphen  Verbindungen  keineswegs  immer  eine  gleiche  Anzahl  von 
Atomen  voraussetzen.  Abgesehen  davon,  dass  viele  Körper,  zwischen 
welchen  wir  gegenwärtig  gar  keine  Beziehungen  bemerken,  dieselbe 
Krystallform  zeigen  (z.  B.  Borax  und  Augit,  Zinkvitriol  und  Antimon- 
ghuiz),  giebt  es  viele  nahe  übereinstimmende  Stoffe,  welche  nicht  nur 
dieselbe  Krystallform  besitzen,  sondern  auch  gemeinschaftlich  krystalli- 
liren,  ohne  dass  sie  dieselbe  Anzahl  von  Atomen  enthalten.  Dies  gilt 
I.  B.  für  Ammoniak-  und  Kalisalze ,  wovon  die  ersten ,  ausser  dem  in 
beiden  gemeinsamen  Bestandtheil,  2  At.  Stickstoff  und  8  At  Wasser- 
•toff,  letztere  dagegen  1  (oder  wenn  man  will  2)  At.  E[alium  enthalten. 
Die  zur  Erklärung  dieses  Verhaltens  aufgestellte  Theorie,  dass  NIi4 
ein  zusammengesetztes  Radical  sei,  welches  das  Kalium  isomorph  ver- 
treten könne,  räumt  die  Thatsache,  dass  isomorphe  Verbindungen  eine 
ungleiche  Atomanzahl  enthalten  können,  nicht  weg.  Ebenso  verhält  es 
sich  mit  dem  salpetersauren  Natron  und  Kalkspath,  welche  beide  dieselbe 
Form  besitzen,  während  ihre  atomistische  Zusammensetzung  durch  die 
Formeln  NaOeN^  und  GaO^C  gewöhnlich  ausgedrückt  wird.  Verdop- 
pelt man  indessen  die  letzte  Formel  und  halbirt  das  Atomgewicht  des 
Natriums,  wozu  man  nach  der  specifischen  Wärme  desselben  Grund 
hat,  so  erhalten  beide  Stoffe  die  entsprechenden  Formeln: 

Na^OsN,  undCasOeC,. 
Obwohl  sich  also  für  diese  beiden  Stoffe  durch  eine  geeignete  Wahl 
der  Atomgewichte  die  gleiche  Gestalt  mit  entsprechender  Zusammen- 
ietzang  in  Verbindung  bringen  lässt,  so  ist  dies  doch  nicht  immer  mög- 
lich. Viele  sogenannte  homologe  Verbindungen,  z.  B.  essigsaures  und 
huttersaures  Knpferoxyd,  C4H3O4CU  -f-  aq.  und  C8H7O4CU  -|-  aq., 
kaben  die  gleiche  Form  und  gewisse  Bestandtheile  gemeinsam,  während 
Andere  Bestandtheile  in  ungleicher  Anzahl  von  Atomen  vorhanden  sind. 
Man  wird  hiemach  es  ebensowenig  für  bewiesen  ansehen  können, 


526  Ajfeomvolum. 

dass  das  ÜberchlorMuire  Kali  und  ftbernuiDgaiiBaiire  Kali,  weil  H 
gleiche  Form  besitasen,  auch  die  gleiche  Anzahl  von  Atomen  enihalM 
mü säten,  nnd  dass,  wenn  für  letzteres  die  Formel  KOgMuf  gültig  aei| 
ersteres  KOsCl^  sein  müsse  und  nicht  etwa  KOgQ  sein  könne* 

Die  Betrachtung  der  Verhältnisse  der  Isomorphie  zeigt  daher,  6mm 
sie  in  Bezug  auf  die  atomistische  Zusammensetzung  der  Verbindoiigai 
werthvoUe  Aufschlüsse  liefern  kann,  ohne  dass  sie  jedoch  im  Stands 
wäre,  für  sich  allein  Über  die  Anzahl  der  Atome  in  einer  Verbmdaog 
zu  entscheiden. 

In  neuerer  Zeit  hat  man  noch  viele  andere  Verhältnisse  bei  dv 
Entscheidung  über  die  atomistbche  Zusammensetzung  berficksichtigti 
so  z.  B.  die  Siedepunkte  flüchtiger  Verbindungen,  das  AtomvolnmeD  d« 
festen  und  flüssigen  Stoffe,  ohne  dass  es  jedoch  möglich  gewesen  wiit, 
so  entscheidende  Beweisgründe  aufzufinden,  dass  man  der  Willkürlich* 
keiten  enthoben  wäre.  Wir  müssen  es  im  Gegentheil  ansspreckeii, 
dass  unsere  Ansichten  von.  der  atomistischen  Zusammensetzung  der 
Verbindungen,  und  somit  auch  die  Atomgewichtszahlen  der  £lero6Dte 
grossentheils  willkürlich  sind,  oder  auf  einem  Uebereinkommen  bemheo, 
woraus  es  sich  denn  erklärt,  warum  eine  so  grosse  Verschiedenheit  in 
den  verschiedenen  chemischen  Lehrbüchern  zu  bemerken  isL 

Bevor  wir  schliessen,  wollen  wir  noch  auf  die  von  Williamson, 
Gerhardt  und  Laurent  zuerst  angewendeten  Atomgewichte  anfmerksais 
machen,  da  dieselben  eine  weitere  Verbreitung  gefunden  haben.  Ger- 
hardt drückt  die  atomistische  Zusammensetzung  des  Wassers  durch  HfO 
aus  und  führt  als  Beweis  dafiir  die  Thatsache  an,  dass  in  dem  Wasser 
nach  und  nach  1  oder  2  At  Wasserstoff  durch  Metalle  oder  andere  Badi- 
cale  vertreten  werden  könne,  wodurch  man  also  BHO  oder  fi|0  er* 
halte.  Alle  basischen  Oxyde  haben  nach  Gerhardt  und  Lanreot 
die  Formel  B^O  und  auch  für  die  gewöhnlich  als  BsO|,  betrachteten 
sogenannten  Sesquioxyde  nehmen  sie  die  gleiche  atomistische  Ziuam- 
mensetzung  an.  Für  diejenigen  Oxyde,  welchen  man  gewöhnlich  die 
Formel  BO  giebt,  halbiren  sie  also  das  Atomgewicht  des  Metalles, 
.wälurend  für  die  Sesquioxyde  das  Atomgewicht  auf  %  des  gewöhn- 
lichen angenommenen  Gewichts  gesetzt  wird.  Diejenigen  Metalle, 
welche  zwei  basische  Oxyde,  wie  das  Eisen  oder  Kupfer,  bilden,  haben 
daher  in  den  verschiedenen  Metallsalzen  ein  verschiedenes  Atomgewicht 
nnd  erhalten  daher  auch  verschiedene  Zeichen  z.  B.  Fe  =  28,  fe  ^ 
(Vs  28  =)  18,7;  Cu  =  81,7,  cu  =  (Vi  8 1*7  =)  15,8. 

Da  Gerhardt  nicht  das  Gewicht  eines  Doppelatoms,  sondern  das 
Gewicht  eines  Atoms  Wasserstoff  gleich  1  setzt,  so  erhält  er  für  fol- 
gende Atomgewichte  dieWerthe:  H  =  1,  0=  16,  8  =  32,  Gl ^95,5, 
Br  =  80,  J  =  127,  P  =  81,  C  =  12,  K  =  89,  Na=28,  Ca=M, 
Mg  =  12  Fe  =  28,  fe  =  18,7.  Im  Allgemeinen  bleibt  alMo  das 
Atomgewicht  der  Metalle,  des  Chlors,  Broms,  Jods,  Phosphors,  Stick- 
stoffs unverändert,  während  die  Atomgewichte  des  Sauerstoffs,  Schwe- 
fels, Selens  und  Kohlenstoffs  verdoppelt  sind.  A  ^• 

Atomvolum  ist  eine  oft  gebrauchte ,  aber  streng  genomineD 
weniger  passende  Bezeichnung  für  die  relativen  Volume,  welche  sol- 
chen Massen  verschiedener  Substanzen,  die  den  Aequi  valentgewich- 

ten  oder  Atomgewichten  proportionirt  sind,  entsprechen.  DiefBr 
diesen  Begriff  mindestens  ebenso  gebräuchliche  Bezeichnung  ist:  specifi* 
sc  he  8  Volum;  andere  dafür  vorgeschlagene  Benennungen  sind:  Äeqai- 


Atomvotum.  527 

Talen tvolam,  MolecalarTolum,  welche  Namen  alle  mit  Atom- 
foliim  oder  specifischem  Volam  gleichbedeutend  genommen  werden. 

Die  Aeqnivalentgewichte  oder  Atomgewichte  geben  die 
Gewichtsverhältnisse  an^  nach  welchen  sich  die  Körper  zu  cheroi- 
ichen  Verbindungen  yereinigen.  Die  Atomvolume  geben  die  Vo- 
lome  an,  welche  jene  Gewichte  erfüllen,  oder  sie  geben  an,  nach  wel- 
chen Volnraverhältnissen  die  Körper  zu  chemischen  Verbindungen  sich 
▼ereinigen. 

Wenn  die  Aequivalent-  oder  Atomgewichte  zweier  Körper  sich 
verhalten  wie  A  zu  B^  ihre  specilischen  Gewichte  wie  a  zu  b^  so  ver- 
kalken sich  die  Volume,  welche  durch  jene  Atomgewichte  A  und  B 

A        ß 
erfüllt  werden,   wie  — zu—;  letztere  Quotienten   geben   die    Atomvo- 

o        o 

lame;  das   Atomvolum  eines  Körpers   ist  also    ausgedrückt 

dnrch  den  Quotienten  aus  seinem  specifischen  Gewicht  in 

sein  Atomgewicht 

Es  ist  unmöglich,  die  Eigenschaften  eines  einzelnen  Atoms  eines 

Körpers  unmittelbar  zu  untersuchen.    Auf  das  Verhältniss  der  Gewichte 

der  einzelnen  Atome  zweier  verschiedener  Körper  kann  man  aus  dem 

Verhältniss   der  Gewichte    grösserer   Mengen   von  beiden  schliessen, 

wenn  man  Grund  hat,  in  jeder   dieser  grösseren  Mengen   gleichviel 

einzelne  Atome  anzunehmen,  oder  wenn  die  Voraussetzung  gerecht- 

finrtigt  ist,  dass  die  Anzahl  der  einzelnen  Atome  in  der  einen  grösseren 

Menge  zu  der  in  der  anderen    in  einem  einfachen  und  bekannten  Ver* 

biltnisse  stehe.      Das  specifische  Gewicht  lässt  sich  gleichfalls  nicht 

för  einzelne  Atome,  sondern  nur  für  grössere  Mengen  oder  Aggregate 

Ton  Atomen  bestimmen,  aber  während  man  bezüglich  des  Atomgewichts 

auf  das  Verhältniss  der  Grewichte  einzelner  Atome  verschiedener  Körper 

sehliessen  kann,  ist  dieses  bezüglich  des  specifischen  Gewichts  nicht 

ebenso  der  Fall.    In  jedem  Aggregat  von  Atomen  berühren  sich  diese 

nicht  anmittelbar,  sondern  sie  sind  durch  Zwischenräume  —  nach  der 

gewöhnlichen  Annahme  durch  Wärmesphären,   welche  jedes  einzelne 

Atom  umgeben  —    getrennt     Das  Vorhandensein    dieser  Zwischen- 

rinnie  hat  keinen  Einfluss  auf  das  Gewicht  des  Aggregats  von  Atomen, 

wohl  aber  einen  auf  das  Volum  und  mithin  auf  das  specifische  Gewicht 

deiselben.    Während  man  für  solche  Massen  zweier  Körper,  für  welche 

die  Voraussetzung  eines  Gehaltes  an  gleichviel  Atomen  gerechtfertigt 

erscheint,  das  Verhältniss  der  absoluten  Gewichte  der  Massen  auch  als 

dsi  der  Atomgewichte  beider  Körper  betrachten  kann,  darf  das  Ver- 

hätoiss  der  specifischen  Gewichte  der  Massen  als  das  der  specifischen 

Gewichte  der  einzelnen  Atome  nur  dann  betrachtet  werden,  wenn  die 

ZwiBchenräume  im   Vergleich  zu  dem  Volum  der  Atome  selbst  ver- 

Khwindend  klein  sind,  oder  wenn  bei  jedem  der  Körper  die  Grösse 

der  Zwischenräume  zu  dem  von   den  Atomen  selbst  erfüllten  Räume 

in  demselben  Verhältnisse  steht     Aber  es  ist  kein  Anhaltspunkt  vor- 

li^en,  zu  bestimmen,  wann  man  einen  der  beiden  letzteren  Umstände 

▼onossetzea  dürfte.    Die  Quotienten  aus  den  beobachteten  specifischen 

Gewichten  in  die  Atomgewichte  geben  somit  nicht  das  Verhältniss 

der  Volume  je  eines  Atoms  der  verschiedenen  Körper,  sondern  nur  das 

der  Vohune  solcher  Quantitäten »  welche  durch  die  Atomgewichte  aus- 

S^^ckt  werden   und  mithin  eine  gleich  grosse  Anzahl  Atome  ein- 

^^^^'l^^Men;  diese  Volume  aber  sind  ausser  dnrch  den  Baum  der  Atome 


528  AtomYolttBi. 

selbst  auch  noch  durch  die  |8ie  umhtUlenden  W&rmespharen  erfffli 
Der  als  Atomyolum  bezeichnete  Quotient  aus  dem  speciÄsch^i  Grewttl 
in  das  Atomgewicht  lässt  sich  also  nur  betrachten  als  das  relitii 
Yolum  eines  einzelnen  Atoms  sammt  der  es  umgebenden  W&i 
mesphäre,  nicht  als  das  relative  Volum  des  einzelnen  Atoms  für  nd 

Es  ist  klar,  dass  bei  jeder  veränderten  Ansicht  Über  die  Zäh 
durch  welche  das  Atomgewicht  eines  Körpers  auszudrücken  ist,  an« 
das  Atomvolum  sich  anders  ergeben  wird;  die  Atomvolume  werdt 
durch  andere  Zahlen  ausgedrückt,  wenn  man  von  Atomgewichten  mn 
geht,  die  sich  auf  O  =  100  beziehen,  als  wenn  man  solche  zu  Gmd 
legt,  die  sich  auf  0  =  8  oder  H  ==  1  beziehen.  Von  den  letztsra 
auf  H  =  1  bezogenen  Atomgewichten ,  gehen  wir  bei  der  folgendi 
Darstellung  aus. 

Ebenso  wird  das  Atomvolum  eines  Körpers  durch  verschied« 
Zahlen  ausgedrückt,  wenn  man  das  specifische  Gewicht  des  Koipi 
auf  das  verschiedener  anderer  Substanzen  als  Einheit  bezieht  W 
nehmen  hier,  wie  gewöhnlich,  die  specifischen  Gewichte  der  gas-  in 
dampfförmigen  Körper  auf  das  der  atmosphärischen  Luft  als  Einhd 
die  specifischen  Gewichte  der  flüssigen  und  festen  Körper  auf  das  di 
Wassers  als  Einheit  bezogen  an.  Es  ist  klar,  dass  alsdann  —  je  nai 
der  gemeinsamen  Einheit  für  die  Zahlen,  welche  das  specifische  Gl 
wicht  ausdrücken  —  auch  nur  die  Atomvolume  der  Gase  und  DSjo^ 
unter  sich,  und  nur  die  Atomvolume  der  flüssigen  und  festen  Körpi 
unter  sich  vergleichbar  sind,  nicht  aber  die  Zahlen  für  die  AtofflT< 
lume  der  Gase  und  der  flüssigen  oder  festen  Körper. 

Die  Zahlen  für  die  Atomvolume  sind  natürlich  nur  relative,  a 

drücken  nur  ein  Verhältniss  aus   und  jede   hat  nur  in  Beziehung  al 

eine  andere  eine  Bedeutung.     Das  Atomgewicht  des  Schwefels  ist  1^ 

sein  specifisches  Gewicht  2,07,  das  Atomgewicht  des  Bleies  ist  =10^ 

sein  specifisches  Gewicht  =  11,88,  die  Atomvolume  von  Schwefel  na 

16         108  7 
Blei  verhalten  sich  wie  ^rrrz  zu       J     oder  wie  7,7  zii  9,2.    Eine  Ik 

2,07       11, oo 

stimmtere,  aber  willkürlichere  Bedeutung  erhalten  die  Zahlen  ffir  dJ 
Atomvolnme,  wenn  man  die  Atomgewichte  sich  auf  eine  bestiiBnl 
Einheit  bezogen  denkt.  Bezieht  man  diese  z.  B.  auf  Gramme  (so  ^ 
die  Atomgewichte  16  für  Schwefel  und  108,7  für  Blei  ansdrflckei 
dass  sich  16  Gramm  Schwefel  mit  108,7  Grm.  Blei  verbinden)«  i 
bedeuten  die  Zahlen  für  die  Atomvolume  Cubikcentimeter  (da  ^ 
specifische  Gewicht  für  jede  feste  oder  flüssige  Substanz  angiebt,  ^ 
viel  Gramm  Ein  Cubikcentimeter  derselben  wiegt);  16  Grm.  Sctwt 
fei  erfüllen  (bei  gewöhnlicher  Temperatur)  einen  Baum  von  7,7  Onbik 
centimeter,  103,7  Gramm  Blei  einen  Baum  von  9,2  Cnbikcentiinetar 
mit  7,7  Cubikcentimetem  Schwefel  verbinden  sich  9,2  Cnbikoentiiae 
ter  Blei  zu  Schwefelblei. 

Der  Begriff  des  Atomvolums  geht  aus  der  gleichzeitigen  Betraca 
tung  des  Atomgewichts  und  des  specifischen  Gewichts  hervor  ose 
drückt  das  zwischen  beiden  stattfindende  Verhältniss  ans.  Eb  ^^ 
somit  in  diesem  Artikel  die  (jresetzmässigkeiten  zu  besprechen,  weicht 
hinsichtlich  der  Beziehungen  zwischen  Atomgewicht  und  specifiwb^ 
Gewicht  erkannt  worden  sind;  es  sind  die  Versuche  zu  erwiluMia 
welche  man  gemacht  hat,  um  Beziehungen  zwischen  den  AtomTO»* 
men  der  Verbindungen  und  denen  ihrer  Bestandtheile  nachsawetfco* 


Atomvolum. 


539 


tpSehst  einfiftche  Benehungen  zwischen  specififlohem  Gewicht  und  Atom- 
Mwicht  oder  Regehnässigkeiten  bezöglich  des  Atomyolnnis  sind  bei 
Mufönnigen  Körpern ,  saerst  durch  Gay-Lussac's  Untersuchungen, 
Wftgestellt,  deren  £rörterung  hier  zunächst  folgen  mag. 

Atomvolum  gasfönniger  Substanzeu. 


Die  Atomvolmne  gaeförmiger,  nnserlegter  wie  snsammengesetz- 
i»,  Substanzen  sind  entweder  gleich  gross  oder  sie  stehen  in  ein- 
hdien  Verhältnissen  zu  einander.  Beispielsweise  folgen  hier  dieAtom- 
fobme  der  unzerlegten  Körper,  deren  speciflsches  Gewicht  im  gasför- 
vigen  Zustande  man  kennt,  und  einiger  Verbindungen. 


Snbstuis 


Specif.  Gew. 

A  *m*«*wa1 

Atomvoi 

6,CS9 

2,41 

1,108 

7,22 

4,294 

7,22 

10,888 

7,22 

13,713 

7,22 

0,0698 

14,44 

0,969 

14,44 

2,458 

14,44 

5,540 

14,44 

Sfi6t 

14,44 

1,801 

14,44 

6,925 

14,44 

0,623 

14,44 

1,177 

14,44 

1,524 

14,44 

8,933 

14,44 

1,524 

14,44 

1,089 

28,88 

1,264 

28,88 

0,589 

28,88 

2,238 

28,88 

2,078 

28,88 

0,935 

28,88 

4,501 

28,88 

8diwefel      .    . 

Aoentoir    .    . 

Fhoiphor  .  . 
'  Axflcn  ... 
^Anenige  Sftare 
\  WtBsentoff .  . 
|ftidftoff  .  . 
,^t  .  .  . 
j  won      ... 

M   .    .    .    . 

Qya&  .... 

<iiecknlber.     . 

Winer   .     •     . 
;  Sdiwefelwassentoff 
'  KoUe&flänte 
i  Zbuehlorid 


Btidoiqrd 
ChlonraM«rttofr 

Ammtmiafc    . 

Qioiiihyl  .  . 
Snigiiiire  .  . 
CjunraBientoff 
ViIefuasaaTCt  Aethyl 


S 
O 
P 
As 

AfO, 

«1 
Er 
l 

Hg 

HO 

US 

CO, 

Sn€l, 

»O 

$^0, 

H«l 

^^. 

C.&O, 

Ci4  0,404 


16 
8 

81 

75 

99 
1 

14 

35,5 

80 
127,1 

26 

100 

9 

17 

22 
129 

22 

80 

86,5 

17 

64,5 

60 

27 
180 


Ein  Atomgewicht  irgend  einer  gas-  oder  dampfförmigen  Substanz 
crf&Ut  also  einen  ebenso  grossen  Baum,  wie  ein  Atomgewicht  Sauer- 
itoff  unter  denselben  Umständen  (demselben  Druck  und  derselben  Tem* 
iwntor),  oder  einen  Baum,  welcher  zu  dem  eines  Atomgewichts  Sauer- 
Bkoff  in  einem  einfachen  Verhältnisse  steht  Bei  einzelnen  Körpern, 
s*B*  Säuren  aus  der  Beihe  CnHn^i)  Camphorarten,  Phosphorchlorid 
^  S  zeigt  sich  erst  bei  Temperaturen,  welche  bedeutend  hoch  fiber 
^«n  Siedepunkt  liegen,  ein  constantes  und  einfaches  Verhältniss  zwi- 
schsD  dem  von  1  Atomgewicht  der  Substanz  und  dem  von  1  Atom- 
S^cht  Sauerstoffgas  erfüllten  Baum;  bei  anderen,  z.  B.  den  Alkohol- 
ttd  den  Aetherarten,  schon  bei  Temperaturen,  welche  dem  Siede- 
punkte nahe  liegen.  Bei  organischen  Verbindungen  ist  es  in  der  Be- 
gel  der  Fall,  dass  ein  Atomgewicht  derselben  im  Oasznstand  einen 
^«mal  so  grossen  Baum  einnimmt,  als  ein  Atomgewicht  Sauerstoff 
>ntsr  denselben  Umständen,  oder,  wie  man  sich  gewöhnlich  ausdrückt, 
^  ein  Atomgewicht  im  Gaszustand  auf  4  Volume  condensirt  vi» 

Btti4w5rtcrboch  dar  ChMile.   Sie  AalL   Bd.  n.  34 


630 


Atomvolum. 


Atomvolum  starrer  und  flüssiger  Substanzen. 

Atoinvolum  starrer  und  flüssiger  Elemente. 

Das  Atomvolum  der  starren  und  iittssigen  Elemente  (letzter«  mnd  aü 
einem  Sternchen  bezeichnet),  welche  in  Besiehung  auf  ihr  specifisch« 
Gewicht  genauer  bekannt  sind,  ist  in  nachfolgender  Tabelle  gegeben 


Subfltans 

Atom- 
gewicht 

Aluminium 

13,7 

Antimon 

120,8 

Arsen     .     . 

76 

Beryliiom   . 

4,7 

Blei  .    . 

108,7 

^ßrom    .     . 

80 

Calcium 

20 

•Chlor    . 

85,5 

Chrom    . 

2C,7 

Eisen 

28 

Gold    -.     . 

197 

Jod    .     . 

127,1 

Iridium  . 

99 

Kadmium 

56 

Kalium  . 

39,2 

Kobalt    .     . 

29,5 

Kohlenstoff 

6 

KupHsr  .     , 
Litninm 

31,7 
6,5 

Blagnesium 

12 

Mangan 

27,6 

Molybdän  . 

46 

Natrium 

23 

Nickel    . 

29,6 

Palladium 

58,8 

Phosphor   . 

81 

Platin    . 

98,7 

•Quecksilbe 

r        100 

Rhodium 

52,2 

Schwefel 

16 

Selen 

39,5 

Süber    .     . 

108,1 

Silicium 

21,3 

Strontium 

43,8 

TeDur    .     . 

64,2 

Uran      .     . 

60 

Wismuth    . 

208 

Wolfram    . 

92 

Zink      .     . 

32,6 

Zinn      .    . 

58 

2,5  —  2,67  Wöhler;  2,56  —  2,67  DenUe  . 
6,72  Marchand  und  Scheerer,  Kopp  .     .     . 

5.68  Karsten;  5,67  Herapath 

2,1    Debray 

11,89  Karsten;  11,88  Kopp 

3,19  Pierre;  2,99  Löwig 

1,58  Bunsen 

1,33  Faraday 

7,01  Bunsen  und  FrankUuid 

7,84  Broling;  7,79  Karsten 

19,34  G.  Rose;  19,26  Brisson 

4,95  Gay-Lussac 

21,80  Hare 

8.69  Stromeyer;  8,45  Kopp 

0,86  Gay-Lussac  und  Tli^nard  ..... 
8,49  Brunner;  8,51  Berselius 

j  Diamant :  3,52  Brisson 

Graphit: 2,88  Karsten;  2,27  Regnaalt  .     .     . 

8,95  Marchand  und  Scheerer;  8,98  Kopp    . 

0,59  Bunsen 

1,74  Bunsen;  1,70  Kopp 

8,08  Bachmann;  8,01  John 

8,62  —  8,64  Buchol» 

0,97  Gay-Lussac  und  Th^nard 

8,60  Brunner;  8,82  Tupputi 

11,80  Wollaston 

gelber:  1,84  Schrötter;  1,88  Kopp    .... 

rother :  1,96  Schrötter 

21,5    Wollaston,  Benelius 

18,60  Regnault,  Kopp 

11,0    Wollaston;  11,2  Cloud 

rhombisch  :  2,07  Marchand  und  Scheerer,  Kopp 
monoklinometrisch  1,98  Marchand  und  Scheerer 

amorph :  4,28  Schaffgotsch 

kömig:  4,80  Schaffgotsch 

10,4    Karsten;  10,57  G    Rose 

2,49  Wöhler 

2,54  Bunsen 

6,24  Berzelius;  6,18  Löwe 

18,4    Pfligot 

9,80  Bfarchand  und  Scheerer;  9,78  Kopp    . 
17,2    Allen  und  Aiken;  17,5  —  18,8  Wöhler 

7,13  Kopp;  7,1  -  7,2  BoUey 

7,29  Karsten;  7,30  Kopp 

Die  Atomvolume  dieser  starren  und  flüssigen  Elemente  seigea 
nicht  eine  solche  einfache  Begelmässigkeit,  wie  sie  hinsichtlich  der 
Atomvolume  der  gasförmigen  Elemente  ausser  2<weifel  gesetft  ist 
Beachtet  mnss  indess  werden,  dass  die  Atomvolume  der  starren  ond 
flüssigen  Elemente  keineswegs  f  tir  gleiche  Umst&nde  ermittelt  ond  die 
für  die  Atomvolume  gegebenen  Zahlen  deshalb  auch  keineswegs  alle 


} 


1 

I 


Atomvolum.  53 1 

genäexn  unter  sich  vergleichbar  sind.     Einige  (QueckBÜber,  Chlor, 
Brom)  wurden  auf  ihr  specifisehes  Gewicht  im  flüssigen  Zustande,  die 
anderen  auf  diese  Eigenschaft  im  festen  Zustande  untersucht.      Der- 
lelbe  Körper  kann  im  starren  Zustande,  je  nachdem   er  krystallinisch 
oder  amorph  ist,  oder  je  nachdem  er  in  wesentlich  verschiedenen  Kry- 
llallformen  (in  dimorphen  Modificationen)  erscheint/  verschiedene  spe- 
«fisehe  Gewichte  haben  und  dem   entsprechend  verschiedene    Atom- 
Tolume  ergeben.    Das  apeciflsche  Gewicht,  und  mithin  auch  dasAtom- 
TofauD,  wird  durch  die    Wärme   verändert,  und  wahrscheinlich  sind 
die  verschiedenen  Körper  hinsichtlich  ihres  specifischen  Gewichts  und 
Atomvolums  nur  bei  solchen  Temperaturen  einander  vergleichbar,  wo 
die  Wärme  in    gleichem  Grade  auf  sie  einwirkt;  die  starren  Körper 
and  es  vielleicht  bei  ihren  Schmelztemperaturen,  die  flüssigen  sind  es 
bei  solchen  Temperaturen,  bei  welchen  ihre  Dämpfe  gleiche  Spannkraft 
kaben   (vergL  S.  535).     Die   oben  für  starre  Elemente    angegebenen 
»peeifischen  Gewichte  und  daraus  abgeleiteten  Atom  volume  gelten  aber 
alle  für  Temperaturen,  welche  der  mittleren  ziemlich  nahe  liegen,  d.  h. 
som  Theii  für  Temperaturen,  welche  von  den  Schmelzpunkten  nicht 
weit  abstehen  (wie  bei  Kalium,  Natrium,  Phosphor  u.  a.),  zum  Theil 
für  Temperaturen,  welche  von  den  Schmelzpunkten  sehr  weit  abstehen 
(wie  bei  Platin  u.   a.).     E^  sind  mithin  viele   Umstände   vorhanden, 
welehe  verhindern,  dass  hinsichtlich  der  Atomvolume  nicht-gasförmiger 
Elemente  etwa  bestehende  Begelmässigkeiten  durch  die  in  der  obigen 
Tabelle  enthaltenen  Zahlen  angezeigt  werden.  Doch  weisen  schon  diese 
Zahlen  gewisse  Uebereinstimmungen  nach:  dass  nämlich,  wie  Dumas 
tuerst  wahrgenommen  hat,  chemisch  ähnliche  Elemente  häufig  annähernd 
gleiche  Atomvolume  besitzen.     Dies  ist  z.  B.  der  Fall  bei  Schwefel 
und  Selen;  bei  Chrom,  Eisen,  Kobalt,  Kupfer,  Mangan  und  Nickel;  bei 
Moljbdän  und  Wolfram;  bei  Iridium,  Palladium,  Platin  und  Rhodium; 
bei  Gold   und  Silber.      Manche    dieser    Uebereinstimmungen    dürften 
Kharfer  hervortreten  und  auch  für  andere  Elemente  Gesetzmässigkeiten 
sich  zeigen,  wenn  die  Elemente  auf  ihr  specifisches  Gewicht  und  Atom- 
▼olnm  anter  übereinstimmenderen  Umständen,  in  dem  oben  angezeigten 
Sinne,  untersacht  werden. 

Atomvolum  starrer  Verbindungen. 

Für  starre  Verbindungen  findet,  wie  Kopp  gezeigt  hat.  Gleich* 
heit  des  Atomvolums  statt,  wenn  die  Verbindungen  isomorph  sind. 
Körper,  welche  bei  ähnlicher  atomistischer  Zusammensetzung  ganz 
gleiche  Krjstallform  besitzen,  haben  auch  gleich  grosses  Atomvolum; 
äquivalente  Gewichtsmengen  von  ihnen  erfüllen  gleich  grosse  Räume, 
oder  ihre  specifischen  Gewichte  verhalten  sich  wie  die  Atomgewichte. 
Fast  genau  gleiche  Krystallform  haben  z.  B.  kohlensaurer  Strontian 
(Strontianit)  und  kohlensaures  Bleiozyd  (Weissbleierz): 

Formel  Atomgewicht  Specif.Qewicht    Atomvolum 

Srü.COa  73,8  «,60  20,5 

PbO.CO,  133,7  6,47  20,7 

oder  schwefeis.  Magnesia  (Bittersalz)  u. Schwefels. Zinkoxyd  (Zinkvitriol): 
Formel  Atomgewicht  Specif.  Gewicht         Atomvolum 

KgO.SO,  -j-  7H0  123  1,751  70,2 

ZnO.SOt  +  7fiO  148,6  2,086  70,5 

34* 


532  Atomvolum. 

Bei  iBoinorphen  Verbindung^en,  deren  Kiystallgestaltnari 
gleich  iflt,  zeigen  sich  die  Atomvoliune  um  so  ann&hemder  gleich  gram 
je  mehr  Uebereinstimmang  in  der  Grösse  der  entsprechenden  Winkel  na 
den  Axenverhältnissen  stattfindet«  Einer  kleineren  oder  grösseren  V« 
schiedenheitin  dem  Atomvolam  entspricht  in  einem  solchen  Falls  aiia 
eine  kleinere  oder  grössere  Verschiedenheit  in  der  Krystallform,  eiaa 
Veränderung  in  der  Grösse  des  Atomvolums  —  wie  sie  s.  B.  dadapoi 
hervorgebracht  werden  kann,  dass  ein  Bestandtheil  einer  VerbindBiii 
theilweise  durch  einen  anderen  ersetzt  wird  —  auch  eine  Verindefmii 
in  der  Erystailform.  Auch  ohne  Veränderung  in  der  Znsammenaetouni 
kann  eine  Aenderung  des  Atomvolums  hervorgebracht  werden,  nSmüci 
durch  Aenderung  der  Temperatur  (je  nach  welcher  das  specif.  Gewich 
und  mithin  auch  das  Atomvolum  verschieden  gross  ist);  auch  einer  • 
hervorgebrachten  Aenderung  des  Atomvolums  entspricht  eine  Aenderuni 
der  Ei^tallform  (die  durch  Mitscherlich  entdeckte  Winkeländenini 
durch  Erwärmung).  Nur  bei  Erystallen  des  regulären  Systems  win 
durch  Erwärmung  keine  Winkeländerung  hervorgebracht,  und  in  diesoa 
System  kann  also  Gleichheit  der  Form  bei  Verschiedenheit  in  dasi 
Atomvolum  stattfinden. 

Annähernde  Gleichheit  der  Atomvolume  findet  mitunter  auch  b« 
solchen  Verbindungen  statt,  welche  zwar  grosse  Uebereinstimmimg  ii 
der  Krystallform,  aber  keine  Analogie  in  der  Zusammensetzimg  haben 
wo  sich  aber  eine  gewisse  Analogie  in  der  Zusammensetzung  heransstelH 
wenn  man  zwei  Atomgewichte  der  einen  Verbindung  mit  einem  Ahn» 
gewicht  der  anderen  vergleicht;  die  durch  diese  Atomgewichte  erffilk 
ten  Räume  ergeben  sich  annähernd  gleich  gross«  Nahe  fibereinstsn^ 
mende  Krystallform  zeigen  z.  B.  salpetersaures  Natron  und  kohlensanrei 
Kalk  (Kalkspath): 

Atomgewicht     Speoif.  Gewiohl     AtonTofaus 
NaO.NOj    =NaNO«  85  2,26  87,6 

2(CaO.C02)  =  Ca,C;,0«        100  2,72  36,8 

oder  salpetersaures  Kali  und  kohlensaurer  Baryt  (Witherit): 

Atomgewicht     Specif.  Gewicht     Atomvohim 
KO.NO5    =  KNOe  101,2  2,14  47,8 

2  (Ba  O .  C  Oj)  =  Ba^i  Cj  Oß        1 97,0  4,20  45,8 

Es  scheint  hier  ein  Zusammenhang  zwischen  der  annähernd  analo- 
gen Zusammensetzung,  der  Übereinstimmenden  Krystallgestalt  und  der 
üebereinstimmung  der  Atomvolume  zu  bestehen.  Doch  kann  man  keines* 
wegs  die  Üebereinstimmung  der  Atomvolume  als  die  Ursache  der  üeber- 
einstimmung in  der  Krystallform  betrachten  und  letztere  aus  ersterer  er* 
klären ;  gleiche  Form  bedingt  zwar  bei  analog  zusammengesetzten  Kör* 
pem  Gleichheit  der  Atomvolume,  aber  Gleichheit  der  Atomvolume  be* 
dingt  bei  solchen  Körpern  keineswegs  Gleichheit  der  Krystallfonn. 
Am  wenigsten  darf  man  es  versuchen,  bei  Substanzen,  deren  Znsammeo- 
setzung  sich  in  keiner  Weise  als  eine  analoge  auffassen  lässt,  die  etwa 
stattfindende  Üebereinstimmung  in  der  Krystallform  ans  der  Gleich- 
heit oder  einem  einfachen  Verhältnisse  der  Atomvolume  erklären  tn 
wollen. 

Aequivalente  Gewichtsmengen  verschiedener  Körper,  welche  iio* 
roorph  sind,  erfüllen  gleich  grossen  Raum ;  äquivalente  Gewichtaroengen 
eines  und  desselben  Körpers  in  seinen  verschiedenen  Zuständen,  wie  siebst 
Dimorphismus  möglich  sind,  erfüllen  hingegen  verschieden  grosse  Bänias. 


Atomvolum.  538 

KRrper,  weloher  dimorph  ist ,  hat  n&mlich  in  jeder  seiner  Modifl- 
MtieDen  ein  besonderes  spedfisches  Gewicht  ond  somit  auch  ein  be- 
bmderM  Atomyohim. 

In  welchen  Beziehangen  das  AtoniTolnni  einer  starren  Verbindung 
m  den  AtomToliimen  ihrer  Bestandtheile  steht,  oder  mit  welchen  Atom- 
••liiioen  diese  Bestandtheile  in  der  Verbindung  anzunehmen  seien,  ist 
nicht  mh  Sicherheit  erforscht  Doch  sind  auch  in  dieser  Beziehung 
ise  Regehnissigkeiten  aufgefunden  worden  und  Erkl&mngen  lassen 
geben,  welche,  wenn  auch  zum  Theil  auf  Hypothesen  beruhend, 
eme  grosse  Anzahl  beobachteter  Thatsachen  einfache  Ausdrücke 


Die  wichtigste  hier  nachgewiesei\e  Begelmässigkeit  ist  die  von 
Behr5der  gefundene:  dass»  wenn  man  von  den  Atomvolumen  analoger 
Vetliindnngen  die  Atomvolume  der  entsprechenden  Bestandtheile  abzieht, 
Mr  das  Atomvolum  des  gemeinsamen  Bestandtheiies  in  vielen  Fällen 
ein  gleicher  Best  bleibt  Analoge  Verbindungen  sind  z.  B.  Kupfer- 
eocyd  und  Zinkoxyd;  die  Atomvolume  derselben  sind  6,2  und  7,2  (wenn 
die  Atomgewichte  zu  89,7  und  40,6  und  die  specif.  Ghewichte  zu  6,48 
nd  5,65  gesetzt  werden).  Zieht  man  von  diesen  die  Atomvolume  der 
«üspreehenden  Metalle  (8.  580)  ab,  so  erhält  man  ffir  das  Atomvolum 
4m  gemeinsamen  Restes  (1  Atomgewicht  SanerstoflT)  dieselbe  Zahl: 
6,2  —  3,6  =  2,6  und  7,2  —  4,6  =  2,6. 

Die  Begelmässigkeit  lässt  sich  auch  in  folgender  Weise  ausdrücken. 
Aeqnivalente  G^wichtsmengen  verschiedener  Elemente  nehmen  bei 
l^cher  chemischer  Veränderung  häufig  nicht  nur  um  gleichviel  an 
Gewicht,  sondern  auch  um  gleichviel  an  Volum  zu.  —  Denkt  mau  sich 
wieder  die  Atomgewichte  als  Gramme  bedeutend,  so  sind  äquivalent 
Pb  =  103,7  6rm.  Blei  und  Ag  =  108,1  Grm.  Silber.  108,7  Grm. 
Blei  erfüllen  einen  Raum  von  9,2  G.G.,  108,1  Grm.  Silber  einen  Raum 
von  10,2  G.G.  Bei  der  Verwandlung  beider  Metalle  in  salpetersaures 
Oxyd  zeigt  sich  eine  gleiche  Gewichtsvermehrung  (um  N  und  De,  d.  i. 
sm  62  Ghin.)  und  auch  eine  gleiche  Volumvermehrung.  Die  entstehen- 
den 165,7  Ghrm.  salpetersanres  Bleioxyd  (specif.  Gewicht  4,40)  erfüllen 
oimlieh  einen  Raum  von  37,7  G.G.,  und  die  entstehenden  170,1  Grm. 
nlpeCersanres  Silberozyd  (specif.  Gewicht  4,37)  erfüllen  einen  Raum 
fon  88,9  G.G.;  durch  den  Zutritt  von  14  Grm.  Stickstoff  und  48  Grm. 
Senerstoff  findet  bei  dem  Blei  eine  Volumzunahme  von  87,7  —  9,2  = 
%,5  G.C.,  bei  dem  Silber  eine  Volnmzunahme  von  88,9  —  10,2  = 
i^7  e.G.,  in  beiden  Fällen  also  im  Wesentlichen  eine  gleiche,  im 
Ifittel  der  Bestimmungen  28,6  G.G.  betragende  Volumzunahme  statt 

Diese  Erscheinungen  lassen  sich  sehr  einfach  in  der  Annahme 
nuanraienfassen,  das  Atomvolum  des  Bleies  oder  des  SilberB  sei  in  dem 
lüpetersauren  Salze  unverändert  so,  wie  es  diesen  Metallen  auch  im 
iioiirten  Zustande  zukommt,  das  Atomvolum  der  Elemente  NO«  zusam- 
mengenommen, durch  deren  Zutritt  ein  Metall  zu  einem  salpetersauren 
8tlze  wird,  sei  aber  in  den  salpetersauren  Salzen  z^  28,6. 

In  ähnlicher  Weise  sind  von  Kopp  für  andere  Verbindungen  An- 
nahmen versucht  worden,  welche  einen  einfachen  Ausdruck  für  die  Be- 
liahnngen  abgeben,  in  welchen  das  Atomvolum  einer  starren  Verbin- 
doiig  zQ  dem  eines  Bestandtheiies  steht.  Bei  der  Oxydation  von  108,7  Grm. 
(Pb)  Blei  (=  9,2  .G.G.)  zu  Bleioxyd  (PbO),  von  56  Grm.  (Cd)  Kad- 
minm  (s  6,5  G.G.)  zu  Kadmiumoxyd    ((MO),  von  81,7  Grm.  (Gu) 


584  Atomvolum. 

Kupfer  (=  3,6  C.C.)  zu  Kupferozyd  (CnO),  oder  von  32,6  GnD.(Zi) 
Zink  (=  4,6  C.C.)  zo  Zinkoxyd  (ZnO)  findet  neben  gleicher  Zonehm 
an  Gewicht  (um  8  Giro.,  =  O)  auch  nahezu  gleiche  Zunahme  an  Vdoi»^ 
um  etwa  2,6  C.  C,  statt.  Bei  der  Oxydation  von  56  Grm.  (Fes)  EiMi 
(=7,2  C.C.)  zuEisenoxyd  (Fe^Oa),  d.  h.  bei  der  Aufiiahme  von  3X^ 
Grrm.  Sauerstoff,  findet  eine  Volumzunahme  um  etwa  8,1  ==:  3  X  "^^^  ^^ 
statt  Der  einfachste  Ausdruck  für  diese  Begelm&ssigkeit  ist  die  An* 
nähme,  in  diesen  Oxyden  erfülle  jedes  Metall  noch  denselben  Rann 
wie  im  isolirten  Zustande,  8  Grm.  Sauerstoff  aber  erfüllen  in  ihaea 
einen  Raum  von  etwa  2,6  C.C.  oder  das  Atoravolum  des  Sauentoffi 
sei  in  die^^en  Oxyden  ungefähr  =  2,6. 

Zu  einer  bestimmten  Vorstellung  darüber,  welche  Baamerfülliui| 
man  den  einzelnen  Bestandtheilen  einer  Vorbindung  in  derselben  beil» 
gen  soll,  gelangt  man  also  durch  die  Betrachtung,  einen  wie  groeiai 
Raum  in  verschiedenen  aber  analogen  Verbindungen  der  gemeinsawi 
Bestandtheil  einnimmt,  wenn  man  voraussetzt,  die  anderen  Bestandtheik 
dieser  Verbindungen  erfüllen  in  ihnen  noch  denselben  Baum,  wie  in 
isolirten  Zustande.  Diese  Betrachtungsweise  führt  zu  befriedigendei 
Resultaten  bei  den  Verbindungen  der  sogen,  schweren  Metalle.  Nimmi 
man  an,  es  haben  diese  in  ihren  Verbindungen  dasselbe  Atomvolmi 
wie  im  isolirten  Zustande,  so  erge];>en  sich  für  die  Atomvolnme  der 
mit  ihnen  verbundenen  anderen  Elemente  oder  Atomcomplexe  ZahleDi 
welche  häufig  grosse  Regelmässigkeiten  zeigen,  sofern  sich  aus  verschis- 
denen  Verbindungen  für  das  Atomvolum  desselben  Elementes  (z.  B. 
für  O  in  den  oben  angegebenen  Beispielen)  oder  desselben  Complezei 
von  Atomen  (z.  B.  für  NO«  in  den  S.  533  angegebenen  Beispielen) 
sehr  annähernd  dieselbe  Zahl  ableitet. 

Für  die  leichten  Metalle  (die  der  Alkalien  und  Erden)  lässt  sieh 
nicht  annehmen,  sie  erfüllen  in  ihren  Verbindungen  einen  eben  m 
grossen  Raum,  wie  der  ist,  welchen  sie  nach  den  vorliegenden  Beohaeb- 
tnngen  im  isolirten  Zustande  einnehmen.  39,2  Grm.  Kalium  (1  Atom- 
gewicht) erfüllen  z.  B.  einen  Baum  von  45,6  C.C;  bei  der  UmwuMi* 
lung  in  schwefelsaures  Salz  entstehen  hieraus  87,2  Grm.  scfawefelsaurea 
E^ali,  welche  etwa  33,2  C.C.  erfüllen;  das  hierin  enthaltene  KaUom 
kann  unmöglich  den  grösseren  Raum  von  45,6  C.C.  einnehmen.  Ein* 
Bestimmung,  ein  wie  grosses  Volum  ein  derartiges  leichtes  Metall  n 
gewissen  Verbindungen,  z.  B.  in  seinen  Salzen,  einnimmt,  lässt  äch 
in  der  Art  versuchen,  dass  man  von  dem  Volum  eines  Salzes  des  leich- 
ten Metalles  das  Volum  der  anderen  damit  verbundenen  Elemente,  wie 
sich  dies  durch  Betrachtung  an  den  Salzen  schwerer  Metalle  erga)> 
(vergl.  z.B.  S. 533),  abzieht,  und  den  Best  als  das  Volum  betrsch^ 
welches  dem  leichten  Metalle  in  der  Verbindung  zukommt. 

Nach  diesen  Ansichten  wurde  zu  bestimmen  versucht,  wie  m^ 
die  Atomvolume  von  starren  Verbindungen  entstehend  sich  denken 
kann.  Es  erschien  gerechtfertigt,  durch  die  Uebereinstimmung,  welche 
die  Rechnung  nach  den  folgenden  Annahmen  mit  den  Beobachtangen 
ergab,  das  Atomvolum  von  NH4  in  seinen  Salzen  =  17,4,  von  Ba 
=  11,4,  von  Ca  =  4,8,  von  K  =  18,7,  von  Mg  =  3,2,  von  Na  =  1^»^' 
von  Sr  =  8,6  zu  setzen;  das  Atomvolum  von  COs  (dem  Complei 
von  Elementen,  durch  dessen  Zutritt  zu  einem  Atomgewicht  eioes 
Metalles  ein  kohlensaures  Salz  entsteht)  =12,1  in  den  kohlensM^ 
Salzen  von  Pb,  Cd,  Fe,  Mn,  Ag,  Zn,  Ba,  Ca,  K,  Mg,  Na,  Sr  (in  ^ 


Atom  volum.       k  535 

Salzen  den  schweren  Metallen  die  S.  580  angefahrten  Atom- 
volmne,  den  leichten  die  so  eben  angegebenen  zas^iischreiben  wären); 
das  Atomvchnn  von  NOe  =  28,6  in  den  Salpetersäuren  Salzen  von 
Pb,  Ag,N84,  Ba,  KfNa,  Sr;  das  Atomvolum  von  SO4  =  18,9  in  den 
sehwefeleanren  Salzen  von  Ca,  Ag,  Zn,  Ca,  A^,  Na,  nnd  =  14,9  in  de- 
nen von  Pb,Ba,K,Sr;  das  Atoravolnm  von  G\  =  15,7  in  den  Chlor- 
verbindimgen  von  Pb,Ag,  Ba,Na,  und  =  19,6  in  denen  von  NH4,  Ca, 
K,  Cu),  Hg,  Hg2,  Sr;  das  Atomvolum  von  0  =  2,6  in  den  Oxyden  PbO, 
CdO,  CnO,  HgO,  ZnO,  SnO,  SbO«,  Fe^Oj,  Co^Oj,  BiO»,  Pb304,  und 
=  5,2  in  den  Ozjden  Cu,  O,  AgO,  Hg,  O,  Mo  O3.  Aber  diese  Annahmen, 
welehe  1841  versucht  wurden  und  sich  auf  die  damaligen  Bestimmun« 
gen  der  Atomgewichte  und  specifischen  Gewichte  stützten,  bedürfen 
jetzt,  wo  in  beiderlei  Beziehungen  neuere  berichtigende  Untersuchungen 
hinzugekommen  sind,  theilweiser  Abänderung;  letztere  zu  versuchen 
und  mit  der  nöthigen  Ausführlichkeit  zu  begründen,  würde  mehr  ins 
Detail  führen  und  weitläufiger  ausfallen,  als  hior  zulässig  ist^). 

Atomvolum   tropfbar-flüssiger  Verbindungen. 

Bei  der  Untersuchung  des  Atomvolnms  der  flüssigen  Verbindungen 
tritt  eine  Schwierigkeit  weniger  hervor,  welche  bei  der  Untersuchung  des 
Atomvolnms  der  festen  Verbindungen  grosse  Hindemisse  in  den  Weg  legt: 
die  Beachtung,  dass  eine  Vergleichung  der  Atomvolume  verschiedener 
Körpernur  für  solche  Temperaturen  zulässig  ist,  bei  welchen  die  Wärme 
gleiche  Wirkung  auf  die  verschiedenen  Körper  ausübt.  Für  die  flüs- 
sigen Körper  sind  solche  Temperaturen  (sogen,  correspondirende) 
höchst  wahrscheinlich  die,  bei  welchen  die  Dämpfe  der  Körper  gleiche 
Spannkraft  haben,  z.  B.  die  Siedepunkte;  nur  annähernd  kann  man  als 
correspondirende  Temperaturen  solche  betrachten,  welche  von  den 
Siedepunkten  gleich  weit  abstehen. 

Dass  die  Temperaturen  von  gleicher  Spannkraft  der  Dämpfe,  die 
Kedepnnkte  z.  B.,  diejenigen  seien,  bei  welchen  die  Atomvolume  der 
Flüssigkeiten  vergleichbar  sind,  geht  darans  hervor,  dass  die  Atont- 
volome  für  diese  Temperaturen  höchst  einfache  nnd  sich  vielfach  wieder- 
holende Begelmässigkeiten  zeigen,  während  die  Vergleichung  der  Atom- 
volume für  eine  nnd  dieselbe  Temperatur  bei  Flüssigkeiten,  die  ungleiche 
Siedepunkte  besitzen,  Nichts  von  diesen  Begelmässigkeiten  erkennen 
lisst.  Für  die  folgenden  isomeren  Flüssigkeiten  ergaben  sich  z.  B.  aus  den 
verschiedenen  Beobachtungen,  welche  für  ihr  specif.  Gewicht  bei  einer 
und  derselben  Temperatur  angestellt  wurden,  ganz  ungleiche  Atom- 

voluroe: 

Atomgew.  Specif.  Gew.  bei  0'  C.  Atomvolum  bei  C  C. 

Essigsäure C4H4O4       60        1,080  bis  1,075       55,6  bis  55,8 

Ameisens.  Methyl  C4  H«  O4       60  0,9  98  60, 1 

Buttersäure    .  .  .  C8K8O4       88        0,990  bis  0,978       88,9  bis  89,9 
Essigs.  Aethyl.  .  Cg Hg O4       88        0,910    „  0,907       96,7    „  97,0 

während  sich  für  jedes  Paar  isomerer  Substanzen  dasselbe  Atomvolum 
ergiebt,  wenn  man,  nach  der  für  jede  Substanz  ermittelten  Ausdehnung 


')  Eine  Üebersicht  dar  Literatur  Über  dM  Atomrolum  im  Allgemeinen  bie  sn 
1844,  w«lebe  namentlich  die  Üntersnchnngen  über  daa  Atomvolum  starrer  KArper 
tenftlndSger  enthlUt,  findet  sich  in  dem  Joum.  f.  prakt.  Ghem.,  Bd.  JUJUY,  S.  1. 


T 

]^^  Atomvolum. 

4«Nti  ^  W)««Mt  Miftncht,  wie  grois  sieh  die  Aiomvoliime  ans  M 
•<j|i>ilLiilt»iii  Beobachtungen  für  das  specif.  Gewicht  für  die  (m  d«^ 
l\Vmiltii  »«gegebenen)  Siedepunkte  berechnen:  i 

AtonTolmn  ' 

RMige&are 041(404    63,5  bis    63,8  bei  118« a 

Aneisensanres  Methyl  .  048404  63,4  „     36« 

Butters&nre C8H8O4  106,4  bis  107,8  bei  156« 

Essigsaores  Aetbyl  .  .  .  C8H8O4  107,4    „   107,8    „      74« 

Die  Atomvolmne  der  isomeren  Verbindungen,  f fir  die  Siedepmikli 
derselben,  ergeben  sich  hier  gleich  gross,  nnd  dieselbe  Begelm&ssigksil 
ist  für  ^viele  andere  Fälle  von  Isomerie  nachgewiesen;  nach  den  Beobi 
aehtongen  sind  z..  B.  die  Atomvolarae  folgender  Substanzen  für  dk 

Siedepunkte  derselben: 

AtoniToliiBi 

Propions&nre C6ilft04  85,4  bei  137«  C. 

Ameisensaures  Aethyl  •••  0^11404  84,9  bis  85,7    „     55« 
Essigsaures  Methyl CeH4  04  88,7    „  85,8    „    '  55« 

Chlorelayl C«!}«^!,  85,8  bU  86,4  bei    85« 

Einfach  gechlort  Chloräthyl  G«!!«^!,  86,9    „89,9    ^     64« 

Andere  von  Kopp  nachgewiesene  Regelmässigkeiten  in  den  Atom* 
▼olumen  flüssiger  Verbindungen  (stets  für  die  Siedepunkte  derselbeo) 
sind  noch  folgende« 

Bei  analogen  Verbindungen  entspricht  derselben  ZusaromensetKoagt- 
differenz  dieselbe,  der  xfachen  Zusammensetiungsdifferens  die  xfadis 
Differenz  der  Atomyolume.  Der  Znsammensetzungsdifferens  zC|i^ 
entspricht  s.  B.  stets  nahezu  die  Differenz  x  X  ^^  ^^^  Atomvolam«) 
wie  die  folgenden  Reihen  zeigen,  in  welchen  wiederum  die  ans  des 
verschiedenen  Beobachtungen  des  specifischen  Grewichtes  nnd  der  Be- 
stimmung der  Ausdehnung  sich  für  die  Siedepunkte  berechnenden  AtoD- 

volume  angegeben  sind: 

Atomyolam. 

Holzgeist G,  84  O2    41,9  bis    42,2  bei    59«  C. 

Weingeist    C4  8«  O,    61,8    „     62,5    „     78(» 

Amylalkohol G10819O,  123,6    „   124,4    „    185« 

Ameisensäure G,  H,  O4  40,9    „     41,8  „  99« 

Essigsäure C4  H«  O4  68,5    „      68,8  „  118^ 

Propionsäure Ge  H«  O4           85,4  „  137« 

Buttersäure 08^8  04 106,4  bis  107,8  „  156« 

Valeriansäure G10H10O4 180,2    „   131,2  „  175« 

Ameisensaures  Methyl  .  •  C4  84  O4            63,4  „  86« 

Ameisensaures  Aethyl    ..06  8^04    84,9  bis    85,7  „  55« 

Essigsaures  Aethyl  .  .  .  .  Gg  83  O4  107,4    „   107,8  „  74« 

Buttersanres  Methyl   ...01081004125,7    „   127,8  „  93« 

Buttersaures  Aethyl 01981,04  149,1    „   149,4  „  112« 

Valeriansanres  Aethyl  .  .  G14814O4  173,5    „  173,6  „  181« 

Aethyl-Mercaptan G4  8«  S,    76,0    „     76,1    „      86« 

^yl-Meroaptan CioSuS,  140,1    ^   140,5    „    120« 


Atomvohim.  537 


Chloralayl C«  flUGl,   85^  bis    86,4  \m    850C. 

Chlorbotylen 0«  »sGl^  129,5    ,,   133,7    ,,    123o 

Verbindungen,  welche  x  Atomgewichte  Brom  an  der  Stelle  von 
X  Atomgewichten  Chlor  in  analogen  Verbindungen  enthalten,  haben 
(bei  den  Siedepunkten)  um  etwa  x  X  ^  grössere  Atomvolnme  als  die 
letsteren;  s*  B,; 

AtoniTohuii. 

I^omithjl CiHftBr  78,4  bei    41«  C. 

Chlorälhjl C«^^!     71,2  bis    74,5    „     11» 

Bromelayl C^li^Br^   97,6    „     99,9    „   ISO« 

Chlorelayl 0484 €1,    85,8    ^     B6,4    ,,     85« 

Brorophosphor PBrs  108,6    „   175« 

Chlorphosphor fGk  93,9    „     78« 

Noch  mehrere  andere  solcher  Begelmässigkeiten  sind  nachgewie- 
•en  und  lassen  sich  ans  den  weiter  unten  (S.  539)  angegebenen  An- 
nshmen,  welche  Atomvolume  den  Bestandtheilen  flüssiger  Verbindungen 
beisolegen  seien,  leicht  folgern. 

Aeqnivalente  Gewichtsmengen  Sauerstoff  und  Wasserstoff  kön- 
nen sich  ersetzen ,  ohne  dasä  das  Atomvolnm  der  Verbindung  dadurch 
trheblich  geändert  wird ;  durch  den  Eintritt  von  Sauerstoff  an  die  Stelle 
fon  Wasserstoff  scheint  nur  eine  kleine  Vergrösserung  des  Atomvolums 
bewirkt  sn  werden.     Beispiele  hierför  sind: 

Atomvolnm. 

Weingeist C«  ««  O,  61,8  bis    62,5  bei    780C. 

EssigsSnre     C4  H4  O4   63,5    „     63,8    „    118« 

Aether Cg  HioOt  105,6    „    106,4    „      34« 

Bnttersfture Cg  Hg  O4  106,4    „   107,8    „    156» 

Wasserfreie  Essigsäure.  .  Cg  Hg  Og  109,9    „  110,1    „    138o 

Cymol C,oÄi4      183,5    „   186,2    „    175» 

Cnminol CtoB»0,  189,2  „   286» 

CUoräthjl C4  Hi»€l      71,2  bis    74,5    „      ll» 

Chloracetyl C4  H,0,ei  74,4    „    75,2    „      55« 

Aeqnivalente  Oewichtsmengen  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  können 
sich  ersetsen,  ohne  dass  das  Atomvolum  dadurch  wesentlich  geändert 
nird.    Beispiele  hierffir  sind: 

Atomvoliuii. 
BensoSsaures  Methyl.  .  .  .CigHg  O4  148,5  bis  150,8  bei  1900C. 

Methyl.  .  .Ci,His04  148,7    „   149,6    „    112« 


Ci4Hg  O4           126,9  „  2530 

Buttersaores  Methyl .....  CioHioO«  125,7  bis  127,3  „  98<^ 

Phenol Ci  A  O,  103,6    „    104,4  „  194» 

Aether Cg  HiqO,  105,6    „    106,4  „  84» 


538 


CyiMl CmH|4     193^  Us  ItSct  Wi  175 

Bfltjl C,«fl|,     1^^    •    1K.€    ^   108 

Diäthrlaiulio C^flis?^  13*XS  ^   213,5 

CftpryiaaiB CuH,^  190.0  «    170 


deMTti,  wie  &  AlOBTolHBe  ftoarigcr  Tcf^MdiBgen  tw 
der  ZosaiDiBeiiscIsiiiig  der  letitcieu  abhäagva,  iü  igh^gwitMii,  da» 
da«  AtoiBVoliini  keinetwegs  ^oHcklie^Uek  warn  der  QBiGftü  imd  dem 
lleogcDverbahiiifse  der  in  emer  VcrtMndmir  CHlkalleM 
Atome  abhängt.  Mit  anderen  Worten:  da^  AtowiiilnM 
Vertnndong  hängt  nicht  lediglidi  Ton  der  cfli|iinscken  FuimU  denel« 
ben  ab,  sondern  andi  Ton  der  Conatitiition  dcr^elbca.  Ware  das  Atoia- 
▼olnro  lediglieh  dnreh  die  empirische  Formel  bedingt^  so  mnwte  (rteti  für 
die  Siedeponkte)  di.«  AtomTohin  des  Aldehyds  C«  H«  O^  (M^O  bis  5C,9  bä 
21«  C.)  gerade  die  Hälfte  Ton  dem  des  e«ig»m  AcHtIs  Q^^Oi 
(107,4  bis  107,8  bei  74«  C.)  sein,  oder  die  StaanM  der  AtomTolome 
des  Aldehyds  C4II4OS  und  des  Acetons  QflcO^  (77^  bis  77,6  bei 
56*  C.)  ronsüte  gleich  sein  dem  Atomrolnss  des  hnttaijaren  lieCh]^ 
C10H1SO4  (125,7  bis  127,:^  bei  93«  C):  beides  ist  aber  nielif  der  PsU. 
—  Dass  das  AtomTolnm  «ner  flüssigen  Verbindung  aidit  lediglich  dareb 
die  empirische  Formel  derselben  bedingt  ist»  geht  andi  darans  hervor, 
dass  die  oben  angegebenen  Begelmassigfceiten  keineswegs  gans  aUgs- 
mein  stattfinden.  För  so  versdiiedenartige  Yerbindungeii  sieh  aneb 
diese  Begelmassigkeiten  seigen,  so  gelten  sie  doch  nicht  gans  allgs* 
mein.  Nicht  alle  isomere  Verbindungen  haben  bei  ihren  Siedepankten 
dasselbe  AtomTolom ;  nicht  alle  V  erbindangen,  deren  eine  im  Vergleich  so 
einer  anderen  ebenso  viel  KohlenstoAtome  mehr  als  Wasserstoffatoae 
weniger  enthält,  haben  gleiches  Atomvolnm.  Das  Atomvolnm  dn 
Anilins  CifHtN  ist  z.B.  bei  dem  Siedeponkt  184«C.=  106,4  bis  106,8; 
das  des  Benzonitryls  oder  Cyanphenyls  Ci4iIjN,  welches  eben  so  riele 
Kohlenstoffatome  mehr  als  Wasserstoffatome  weniger  enthalt,  ist  bei 
dem  Siedepunkt  19 1 0  C.  =  121,6  bis  121,9,  also  gans  Terschieden  ge- 
funden worden. 

Die  Angabe,  wie  das  Atomvolum  einer  flüssigen  Verbindimg 
von  der  Zusammensetzung  derselben  abhängt,  wird  unsicher,  sobsld 
man,  wie  dies  hier  wirklich  der  Fall  ist,  die  der  Natur  der  Sache  naeb 
schwankenden  und  unsicheren  Ansichten  über  die  rationelle  Constitotion 
der  Verbindungen  mit  in  Betracht  ziehen  rouss.  In  dieser  Besiehimg 
hat  sich  ergeben,  dass  es  Gruppen  von  Verbindungen  giebt,  innerhalb 
welcher  die  oben  hervorgehobenen  Begelmassigkeiten  statt  haben,  wäh- 
rend sie  bei  der  Vergleichung  von  zu  verschiedenen  Gruppen  gehörigeo 
Verbindungen  sich  nicht  zeigen,  und  dass  diese  Gruppen  mit  den  von 
Gerhardt  aufgestellten  Typen  zusammenfallen.  Bekanntlich  besiebt 
Gerhardt  die  Constitution  der  verschiedenen  Verbindungen,  deren 
Formeln  einer  Condensation  auf  4  Volume  im  Gas-  oder  Dampfenstaade 
entsprechend  anzunehmen  sind,  auf  möglichst  einfache  unorganiscbs 

Verbindungen,  auf  Wasserstoff  n,  Wasser  2(0«  und  Ammoniak  fi>N, 

als  Typen,  in  der  Art,  dass  er  den  Wasserstoff  dieser  Typen  durch  anders 
Elemente  oder  Atomgmppen  ersetzt  denkt  (durch  sauerstofflreie  Atom- 


Atomvolum.  539 

grappen  wie  im  Aethjlwagserstoff     ^n^,  im  Alkohol      ^u^lOs  und  im 

^A)  C  H  O 

Aethjlaroin     8  >N;  oder  durch  sauerstoffhaltige  wie  im  Aldehyd   ^   ^«i^, 

H)  ** 

C  H  O  )  ^fiz^i) 

m  der  Essigsäure     ^    'n'fOs  and  im  Acetamid         H  >N);  die  Beur- 

theilimg,  auf  welchen  Tjpas  eine  Verbindung  zu  beziehen  sei,  fusst 
hsaptsachlich  darauf,  welche  Atomgruppen  bei  Zersetzung  der  Verbin- 
duogen  in  die  Produote  übergehen  oder  bei  der  Bildung  von  Verbin- 
dangen  zusamraenireten.  Büt  diesen  Typen  also  fallen  die  Gruppen, 
innerhalb  deren  die  oben  angeführten  Begelmässigkeiten  bezüglich  des 
AtoiDTolums  flüssiger  Verbindungen  statt  haben,  zusammen,  und  der 
Typentheorie  folgend  hat  man  mit  Erfolg  versucht,  für  die  einzelnen 
Elemente  oder  sich  wie  Elemente  verhaltenden  Atomgruppen  Annah- 
men zu  machen,  welche  Atomvolume  ihnen  in  flüssigen  Verbindungen, 
bei  den  Siedepunkten  derselben,  angehören.  Die  Annahmen,  das  Atom- 
Tolom  von  C  sei  unter  diesen  Umständen  =  5,5;  das  von  H  auch  = 
5,5;  das  von  O,  wenn  innerhalb  eines  Radicals  enthalten,  =  6,1 ;  das 
TOD  0,  wann  ausserhalb  eines  Radicals  (an  der  Stelle,   wo  im  Wasser 

n!0))  stehend,  =  3,9;  das  von  S,  wenn  an  der  Stelle  wo  im  Schwe- 
lle 
felwasserstoff  ul  ^  stehend,  =  lli3;  das  von  61  =  22,8;  das  von  Br 

=  27,8;  das  von  {  =  37,5;  das  von  N  in  den  organischen  Basen  =s 
2,3;  das  von  C^N  in  ilen  Gjan Verbindungen  =  28;  das  von  NO4  in 
den  Nitroverbindungen  =  33,  —  diese  Annahmen  gestatten,  die  Atom- 
folnme  einer  sehr  grossen  Zahl  von  flüssigen  Verbindungen  für  die 
Siedepunkte  derselben  in  naher  Uebereinstimmung  mit  den  Resultaten 
n  berechnen ,  welche  sich  aus  den  experimentalen  Bestimmungen  des 
ipecif.  Gewichtes,  der  Ausdehnung  und  des  Siedepunktes  ableiten.  — 
Hierbei  ist  noch  zu  beachten,  dass  die  für  das  Brom,  das  Cyan  und  die 
Untenalpetersäure  in  ihren  flüssigen  Verbindungen  für  die  Siedepunkte 
^letzteren  angenommenen  Atom  volume  dieselben  sind,  welche  diesen 
Körpern  auch  im  freien  Zustande,  für  ihre  Siedepunkte,  zukommen. 

Schon  früher  ist  für  einzelne  Fälle  bemerkt  worden,  dass  die  durch 
die  Atomgewichte  ausgedrückten  Mengen  verschiedener  Substanzen  im 
flfiMigen  Zustande  bei  den  Siedepudkten  nahezu  gleich  grosse  Räume 
vfülleo.  Die  neueren  Untersuchungen  haben,  ausser  den  S.  535  als 
^^^stimmt  nachgewiesene  Regelmässigkeiten  angeführten  Fällen,  ver- 
lehiedene  Gruppen  kennen  gelehrt,  wo  die  Glieder  einer  jeden  bei  den 
Siedepunkten  nahezu  gleiches  Atomvolum  besitzen.  Von  sehr  vielen 
Snbetanzen  erfüllen  die  (durch  die  Formeln  gegebenen)  Quantitäten, 
welche  im  Dampfzustande  gleich  grosse  Räume  einnehmen,  auch  im 
flflasigen  Zustande  bei  ihren  Siedepunkten  annähernd  gleich  grosse 
B^iome.  Wir  lassen  hier  einige  solcher  Gruppen  folgen,  und  geben 
für  die  Glieder  derselben  die  Atomvoliime  an ,  welche  sich  aus  den 
Beobachtungen  des  specif.  Gewichts  (immer  auf  das  des  Wassers  bei 
^*^  C.  als  Einheit  besogen),  der  Ausdehnung  und  des  Siedepunktes  ab- 
l«ite&  (das  Atomvoium  des  Wassers  H^  O3  selbst  ist  hiemach  bei  seinem 
Siedeponkt  =  18,8): 


540  Atomvolum. 

AtomTolam. 

Aldehyd C4  84  O,     56,0  bü    56,9  bei     21«C 

Cyanmethyl C«  8«  N              54,3  „  74» 

Brommethjl     G|  Hs  Br            58,2  „      13« 

Weingeist      048^0,     61,8  bis    62,5  „      78« 

Essigsäure     C4  84  O4     68,5    „     68,8  „  118« 

Aineisensaares  Methyl    .  .  .  C4  84  O4             68,4  „      36* 

Aethylamin      C4  87  N               65,3  „      19« 

Schwefelkohlenstoff 0,84           62,2  bis    62,4  „      47« 

Einf.  gechlortes  Chlormethyl  C«  8,  Gl^           64,5  „       80«,5 

Jodroethyl C,  8,  t       65,4  bis    68,3  „  48« 

Aceton C«  8«  O2    77,8    „    77,6  „      56« 

CyanÄthyl C«  8»  N             77,2  „      88« 

Schwefelcyanmethyl C4  83  NS,75,2  bis    78,2  „  138« 

Schwefelmethyl C4  8«  S2             75,7  „  41« 

Propionsäure C«  8e  O4             85,4  „  137« 

Essigsaures  Methyl C«  8^  O4     83,7  bis    85,8  „      55«^ 

Ameisensaures  Aethyl .  .  .  .  Ce  8«  O4     84,9    „     85,7  „  55* 

Chloroform C,  8  Gl,     84,8    „     85,7  „      62* 

Einf.  gechlortes  Chloräthyl  C4  84  €1,     86,9    „     89,9  „  64* 

Chlorelayl C4  84  €1,     85,8    „     86,4  „  85* 

Jodäthyl C4  85  I        85,9    „     86,4  „  71* 

Cyansaures  Aethyl C«  85  NO,  84,8    „     84,8  „  60* 

Aether C«  810O2  105,6    „  106,4  „  84* 

Phenol Ci,8e  O,  108,6    „  104,0  „  194* 

AnUin CiA  »    106,4    „  106,8  „  184* 

Buttersäure Cg  89  O4  106,4    „  107,8  „  156* 

Essigsaures  Aethyl Cg  89  O4  107,4    „  107,8  „  74* 

Wasserfreie  Essigsäure  .  .  .  Cg  8«  O«    109,9    „  110,1  „  188* 

Chloral C48GlaOj  108,4    „  108,9  „  96» 

Zweif.  gechlortes  Chloräthyl  C4  8»  eis  105,6    „  109,7  „  75<^ 

Einf.  gechlortes  Chlorelayl.  C4  83  €1,  105,4    „  107,2  „  115® 

Bromphosphor    PBrs               108,6  „  175® 

Valeraldehyd    .........  C10810O2   117,8  bis  120,3  „  101* 

Bittermandelöl Ci48e  O,            118,4  „  179* 

Beneonitryl Ci486  »    121,6  bis  121,9  „  191* 

^  Schwefeläthyl Cg  810S,    120,5    „   121,5  „  91* 


/ 


Valeriansaures  Methyl  .  .  .  Ci,8is04  148,7    „  149,6  „  112* 

Bnttersaures  Aethyl C12812O4  149,1    „   149,4  „  112* 

Essigsaures  Butyl Ci,8i,04  149,8  „  112* 

Araeisensaures  Amyl.  ....  C1281SO4  149,4  bis  150,2  „  112* 

BenzoSsaures  Methyl   ....  C1688  O4  148,5    „   150,8  „  190* 

Naphtalb C,o88  149,2  „  218« 

Schwefligsanres  Aethyl  .  .  .C^SioSsO«  148,8  bis  149,5  •„  160® 

Jodamyl Cio8i,{  152,5    „   158,8  „  147® 

Aethylanüin     Cie8i,N  150,6  „  204® 


Atomzahlen.  —  Atropin.  541 

Zahl  solcher  Grappen  lässt  sich  schon  ans  dem  jetzt  vorlie- 
genden  Beobachtnngsmaterial  leicht  aiiBehnlich  vergrössern.  Ob  allen 
in  Eine  Gnippe  gehörigen  Verbindungen  etwas  Gemeinsames^  als  Ur- 
sache der  Gleichheit  der  Atomvolume,  zn  Gmnde  liegt,  ist  noch  nicht 
nachgewiesen.  Auch  nach  den  oben  (S.  539)  gegebenen  Annahmen 
fOr  das  Atomvolam  der  in  die  Zusammensetzung  dieser  Verbindungen 
eingehenden  Elemente  und  Atomgruppen  berechnen  sich  für  die  Glieder 
jeder  Groppe  unter  sich  und  mit  den  Beobachtungen  nahezu  übereinstim- 
neade  Besaltate^).  Kp. 

Atomzahlen  s.  Atomgewichte. 

Atramentenstein  nennt  man  am  Rammeisberg  wegen  sei- 
ner An^rendnng  zur  Dinte  (airamerUmn)  ein  durch  theilweise  Ver- 
wittemng  des  Eisenkieses  bei  den  Feuersetzarbeiten  sich  bildendes  Ge- 
menge TOn  schwefelsaurem  Eisenoxjdnl  und  Eisenoxyd  mit  freiem  £i- 
senozjd  und  etwas  schwefelsaurem  Kopferoxyd  mit  nnzersetztem  Eisen- 
kies. Fe. 

Atriplex  verrucifera,  eine  in  der  Kirgisensteppe  wach- 
sende  Chenopodiacee,  hinterlässt  12,5  Proc.  Asche,  darin  sind  43,3  Proc. 
lösliche  Salze,  welche  letztere  aus  7,2  schwefelsaurem  Kali,  4,8  schwefel- 
sanrem  Natron,  0,8  kohlensaurem  Natron,  24,6  Chlomatrium  und  1,9 
kangtischem  Natron  bestehen  sollen  (Göbel).  Fe. 

Atropasäure  nennt  Richter')  eine  organische  S&ure,  welche 
in  der  Belladonna  enthalten  sein  soll,  deren  Eigenthümlichkeit  jedoch 
noch  nicht  nachgewiesen  ist  Die  genannte  Säure  ist  in  der  ammoniaka- 
lischen  Flüssigkeit  enthalten,  aus  welcher  bei  der  Darstellung  des  Atro- 
pins,  nach  Richter  (s.  S.  543),  diese  Base  abgeschieden  ist  Die 
Flüssigkeit  wird  zur  Entfernung  des  Überschüssigen  Ammoniaks  abge- 
dampft, dann  die  w&sserige  Lösung  mit  KalUauge  versetzt  und  mit 
Thierkohle  behandelt,  das  FUtrat  eingedampft  und  mit  Schwefelsäure 
sersetzt.  Die  Atropasäure  soll  sich  hier  in  langen  zugespitzten  Kry- 
Italien  abscheiden,  die  der  Benzoesäure  ähnlich  sind;  die  Säure  ist  auch 
fifiehtig  wie  diese,  sie  giebt  aber  mit  Eisenoxydsalzen  nicht  den  Nieder^ 
schlag  wie  die  Benzoesäure.  Eine  nähere  Untersuchung  konnte  wegen 
geringer  Menge  der  Säure  nicht  vorgenommen  werden.  Fe. 

Atropin*  Atropinum,  Atropium,  Daturin«  Eine  orga- 
nische Base  (1833)  von  Geiger  und  Hesse  und  fast  gleichzeitig  von 
Mein  entdeckt;  sie  findet  sich  in  allen  Theilen  der  Tollkirsche  (.^opa 
BdLadanna)  wie  des  Stechapfels  (Datura  stramonium).  Die  Zusammen- 
setsnng  der  Base  ist  wie  Liebig*)  (1833)  nachwies,  CgiKasNO«. 

Nachdem  Brandes^)  schon  früher  angeblich  ein  Atropin  ans  dem 
Kraut  von  Belladonna  abgeschieden  fiatte,  gelang  es  (1833)  Geiger 
■nd  Hesse*)  ans  dem  Kraute,  und  unabhängig  von  ihnen  Mein^) 
SOS  der  Wurzel  der  Tollkirsche  das  eigentliche  Alkaloid  dieser  Pflanze 


0  AnsfOlirUelMr«  ünterraofaiuigen  aber  du  Atomvolnm  dar  flttsaigen  Verbindungen« 
nis(leich  die  LHeratnr  Über  diesen  OegentUnd  enthaltend,  finden  sich  in  den  AnnaL 
d-Chem.  n.  Pharm.  Bd.  XCVI,  S.  158  n.  808,  n.  Bd.  C,  8.  19.  —  *)  Jonm.  f.  prakt. 
Chem.  Bd.  ZI,  8.  SS.  —  *;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  YI,  S.  66.  -^  *)  Annal. 
d.  Chem.  vu  Pharm.  Bd.  I,  8.  68;  Bd.V,  8.  S8.  —  ^)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm. 
Bd.  V,  8.  44;  Bd.  VII,  8.  269  n.  272.  —  *)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  VI,  8.  67. 


542  Atropin. 

rein  darzustellen,  and  dieses  erhielt  dann  den  Namen  Atropia.  Oeiger 
und  Hesse  stellten  dann  auch  aus  den  Samen  des  Stechapfels  (ßatma 
ttramonium)  das  Daturin  dar,^  von  welchem  Planta  i)  zeigte,  dass  es  dis 
gleiche  Zusammensetzung  und  die  gleichen  Eigenschaften  wie  das  Atro- 
pin habe,  daher  mit  ihm  identisch  sei. 

Zur  Darstellung  des  Atropins  aus  dem  wasserigen  Extraote  6m 
Beiladonnakrautes  wird  dieses  mit  Wasser  behandelt,  die  Lösung  abfil- 
trirt^mit  Aetznatron  bis  znr  alkalischen  Beaction  versetzt,  und  dann  mit 
dem  anderthalbfachen  Volumen  Aether  geschüttelt.  Der  Aether,  wekkar 
das,  durch  das  Natron  von  einer  Säure  geschiedene,  Atropin  hierbei 
aufnimmt,  trennt  sich  schnell  wieder  von  der  Flüssigkeit  und  wird  ab- 
gegossen. Die  Behandlung  mit  Aether  wird  auf  dieselbe  Weise  wiedei^ 
holt.  Nach  dem  Verdampfen  des  Aethers  bleibt  das  Atropin,  gemengt 
mit  Fett  und  Chlorophyll ,  zurück.  Aian  übergiesst  mit  etwas  Wasser, 
neutralisirt  mit  sehr  verdünnter  Schwefelsäure  (1  Thl.  Säure,  9  Thk. 
Wasser),  setzt  dann  noch  einen  geringen  Ueberschuss  derselben  hinio 
und  schüttelt  die  L'ösung  mit  nur  eben  so  viel  frisch  bereiteter  Blutkohle, 
dass  die  braungefärbte  Flüssigkeit  gelblich  erscheint.  Man  filtrirt  dano 
von  der  Kohle,  und  scheidet  durch  Natronlauge  das  Atropin,  das  nacb 
starkem  Umrühren  als  weisses  Pulver  oder  in  Gestalt  zäher  Flocken 
niederfällt  Die  vom  Atropin  filtrirte  Flüssigkeit  und  das  AussÜsswasaer 
setzen  nach  einiger  Zeit  noch  einen  Niederschlag  von  Atropin  ab 
(Geiger  und  Hesse). 

Aus  der  Belladonnawurzel  erhält,  man  das  reine  Atropin,  wenn  man 
24  Thle.  der  zwei-  bis  dreijährigen  getrockneten  und  zerstoBsenen  Wur- 
zel mit  60  Thln.  Weingeist  von  85  bis  90  Proc  mehrere  Tage  digeriit» 
den  Auszug  abpresst  und  den  Rückstand  noch  einige  Male  in  gleicher 
Weise   extrahirt.     Den  vereinigten  und  iiltrirten  geistigen  Auszügen 
giebt  man  1  Thl.  Kalkhydrat  hinzu,  das  man  mit  ein  wenig  der  Flüs- 
sigkeit vorher  atigerieben  hat,  und  lässt  sie  24  Stunden  damit  in  Be- 
rührung, während  welcher  Zeit  man  öfters  umschüttelt.  Die  Flüssigkeit 
wird  dann  von  dem  starken  Niederi^chlage  abfiltrirt,  durch  Zugeben  roa 
verdünnter  Schwefelsäure  schwach  sauer  gemacht  und  der  dadurch  ent- 
standene  Gyps  ebenfalls  durch  Filtration  getrennt.     Hierauf  destillixt 
man  bis  über  die  Hälfte  ab,  vermischt  den  Bückstand  in  der  Betorte 
mit  6  bis  8  Thln.  Wasser,  und  lässt  in  gelinder  Wärme  den  Weingei^ 
vollständig    verdampfen.      Die    zurückbleibende    wässerige  Flüssigkeit 
wird,  wenn  sie  trübe  ist,  filtrirt,  bis  auf  2  Thle.  eingeengt  und  nach 
dem  Erkalten  in  flachen  Grefässen  vorsichtig  und  allmälig  mit  so  viel 
einer  concentrirten  Lösung  von  kohlensaurem  Kali  vermischt,  dass  sie 
schmutzig  trübe  erscheint,  wonach  sich  in  der  Buhe  ein  Harz  absetrt, 
das  man  durch  Filtration  trennt.     Ein  Ueberschuss  von  kohlensauren 
Kali  ist  natürlich  zu  vermeiden ,  ^weil  dadurch  zugleich  Atropin  gefällt 
werden  würde.    Die  vom  Harze  befreite  Flüssigkeit,  welche  das  schwe- 
felsaure Atropin  enthält,  wird  nun  mit  kohlensaurem  Kali  in  geringem 
Ueberschusse  zur  Abscheidung  des  Atropins  versetzt.     Man  lässt  den 
entstandenen  gallertartigen  Niederschlag  von  Atropin  ungefähr  24  Ston* 
den  iii  der  Flüssigkeit,  wonach  er  etwas  krystallinisch  wird  und  leichter 
die  Flüssigkeit  entlässt;  dann  sammelt  man  ihn  auf  einem  Filter,  sÜMt 
ihn  nicht  oder  doch  nur  sehr  wenig  aus,  weil  er  sich  feucht  in  dem 


*)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXtV,  S.  246  u.  962. 


Atropm.  543 

ooeb  nureiDen  Zmtande  ziemliek  reichlich  in  Wasaer  15st,  befreit  ihn 
dnreh  Pressen  von  der  Mutterlauge  und  trocknet  ihn.  Nach  dem  Trock- 
il«i  wird  dies  unreine  Atropm  zerrieben,  zur  Reinigung  mit  ein  wenig 
Wasser  zu  einem  Teige  angerührt  und  von  diesem  durch  Pressen  zwi- 
seben  Papier  das  Flüssige  entfernt.  Der  Bückstand  ist  ziemligh  reines 
▲tropin,  das  durch  Auflösen  in  5  Thln.  erwärmten  höchst  rectificirten 
Weingeist,  Ansgiessen  der  Lösung  auf  das  6-  bis  8fache  Volumen 
Wasser  und  langsames  Verdunsten,  in  Krystallen  gewonnen  werden 
kann.  Durch  Pressen  und  Umkrystallisii'en  lassen  sich  dieselben  voU- 
kfHDBien  rein  erhalten;  oder  die  weingeisiige  Lösung  wird  mit  Blut- 
kohle  geschüttelt,  die  entfärbte  Flüssigkeit  filtrirt,  der  Weingeist  grössten- 
theils  abdestillirt,  worauf  man  den  Bückstand  in  gelinder  Wärme  ver- 
doDsten  lässt 

Richter^)  stellt  einen  Auszug  der  Belladonnawurzel  mit  kaltem 
Wasser  dar,  welchen  er  durch  Erwärmung  auf  125®  C.  und  Zusatz  von 
Hefe  saerst  in  Gährung  versetzt  zur  Zerstörung  des  Zuckers,  die  ge- 
gohrene  Masse  wird  dann  aufgekocht,  durch  ein  Tuch  gegossen  und  zu 
«nem  dünnen  Eztract  eingedampft,  welches  mit  ^/j  Pfd.  Ammoniak 
md  4  Pfd.  Weingeist  digerirt  wird.  Das  Filtrat,  welches  neben  Atro- 
pin  Atropasäore  (s.  S.  541)  und  Schillerstoff  enthalten  soll,  wird  nach 
dem  Eindampfen  im  Wasserbade  nochmals  mit  2  Unzen  Ammoniak  und 
1  Pfd.  starkem  Weingeist  behandelt,  und  der  durch  Schütteln  erhaltenen 
gleichförmigen  Mischung  1  Pfd.  Aether  zugesetzt  Aus  der  durch  Ab- 
erhaltenen klaren  Tinctnr  wird  der  Weingeist  und  Aether  abde- 

i,  und  der  mit  etwas  Wasser  versetzte  Bückstand  im  Wasserbade 
eingedampft  und  'dann  mit  Ammoniak  versetzt,  wobei  sich  unreines 
Atropin  abscheidet.  Zur  Entfernung  des  Ammoniaks  wird  die  Masse 
sneisi  mit  etwas  Wasser  verdünnt,  dann  in  heissem  Wasser  unter  Zusatz 
von  etwas  Schwefelsäure  gelöst  und  niit  filutkohle  digerirt.  Nach  dem 
Eindampfen  der  heiss  ültrirten  Flüssigkeit  wird  die  concentrirte  Lösung 
von  schwefelsaurem  Atropin  mit  Ammoniak  gefällt  und  der  Nieder- 
schlag von  Atropin  mit  'etwas  Ammoniak  abgewaschen  und  in  der 
Wärme  getrocknet 

Nach  Bouchardat*)  stellt  man  das  Atropin  ans  dem  Belladonna- 
Extraet  dar,  indem  man  die  wässerige  Lösung  desselben  mit  jodhal- 
teadem  Jodkalium  fällt,  den  Niederschlag  abscheidet  und  mittelst 
Zink  und  Wasser  zersetzt,  das  Zinkozyd  mit  kohlensaurem  Kali  ausfällt 
mid  das  Atropin  mittelst  Alkohol  auszieht 

Babourdin')  presst  das  frische,  zur  Zeit  der  beginnenden  Blüthe 
gesammelte  Kraut  aus,  erhitzt  den  Saft  zum  Coagnliren  des  Ei- 
weisses  auf  SO«  bis  90»  C,  und  fütrirt.  Je  1  Liter  klaren  Saftes  wird 
naeh  dem  Erkalten  mit  4  Grm.  Kalihjdrat  und  30  Grm.  Chloro- 
form geschüttelt;  dieses  löst  dabei  das  Atropin  auf  und  scheidet  es 
beim  Stehen  als  eine  grünliche  ölige  Flüssigkeit  ab,  welche  abgenom- 
men and  nach  dem  Abwaschen  in  einer  Betorte  destillirt  wird;  der 
Rückstand  wird  zuerst  mit  verdünnter  Schwefelsäure  behandelt,  wobei 
•in  grünes  Harz  zurückbleibt,  dann  mittelst  kohlensaurem  Kali  gefällt 
and  aus  Alkohol  umkrystallisirt  Li  Ermangelung  von  frischem  Kraut 
kann  man  das  of&otnelleBelladonnaextractin  ähnlicher  Weise  behandeln. 


■)  Jonrn.  f.  prtkt.  Chem.  Bd.  XI,  S.  29.  —   *)  Oaz«tte  mtfdicale  184B,  p.  991. 
*)  AaiMiL  d«  chua.  et  da  pbys.  [S.]  T.  XXX,  p.  881. 


544  Atrq[>in. 

Ana  dem  Sftmen  der  Stechäpfeln  wird  das  Atropia  eriiatten,  indM 
man  sie  zerstonsen  mit  Alkohol,  dem  ^/»o  seines  Gewichtes  an  Sehwefet 
säure  zugesetzt  ist,  in  der  Wlirme  wiederholt  exirahirt.  Dair  Aassag 
wird  mit  Überschüssigem  pnlverförmigen  Kalkhydrat  behandelt,  nsek 
einigen  Stunden  abfiltrirt  und  dann  mit  Schwefelsäure  bis  zur  schwMk 
sauren  Beaction  versetzt.  Nachdem  der  Gyps  abfiltrirt  ist,  wird  der 
grösste  Theil  des  Alkohols  aus  dem  Filtrat  abdestiliirt,  die  rfioksliih 
dige  Flüssigkeit  mit  Wasser  versetzt  uiyl  im  Wasserbade  die  latzten 
Theile  Alkohol  verflüchtigt.  Ans  der  wässerigen  Flüssigkaii,  die  von 
einem  oben  aufschwimmenden  Oele  getrennt  isti  wird  das  Atropindoreb 
kohlensaures  Kali  gefällt,  der  Niederschlag  abfiltrirt,  zwischen  Pspkr 
abgepresst  und  dann  mit  absolutem  Alkohol  ausgezogen;  das  Filtnt 
wird  mit  etwas  verdünnter  Schwefelsäure  versetzt  und  durch  ThierkoUe 
entfärbt,  dann  filtrirt,  die  Flüssigkeit  abgedampft  und  aus  der  wisserigta 
Lösung  des  Rückstandes  die  Base  mit  koMensaurem  Kali  gefällt.  Des  so 
erhaltene  unreine  Atropin  wird  in  4  bis  5  Thln.  absoluten  Alkohols  gs* 
löst  und  die  Lösung  nach  Zusatz  von  Wasser  in  flachen  Schalen  so 
der  Luft  verdunstet. 

Die  Ausbeute  an  Atropin  wird  sehr  verschieden  angegeben,  und  id 
auch  wohl  nach  Beschaffenheit  des  Materials  sehr  wechselnd,  1000  TUa 
getrockneter  Belladonnawurzeln  sollen  etwa  2  bis  8  Thle.  Atropin 
geben. 

Das  Atropin  wird  durch  Erkalten  der  heissen  wässerigen,  wie  beim 
Verdampfen  der  weingebtigen  Lösung  krystallinisch  erhalten;  es  biMsl 
dann  farblose  seidenartige  büschelförmig  vereinigte  Nadeln;  zuweilflD 
wird  es  bei  sehr  langsamem  Verdunsten  der  alkoholischen  Lösung  ab  eine 
glasartige  amorphe  durchscheinende  Masse  erhalten.  Das  reine  Atropii 
ist  geruchlos,  unrein  riecht  es  oft  unangenehm  narkotisch,  es  schmeckt 
aber  widrig  bitter  und  etwas  scharf  und  reagirt  alkalisch.  Es  löst  noh 
nur  schwierig  in  Wasser;  nach  Geiger  und  Hesse  braucht  iThL 
Atropin  500  Thle.  kaltes  und  30  Thle.  heisses  Wasser;  1  ThL  Dstmii 
280  Thle.  kaltes  und  72  Thle.  heisses  Wasser,  üaoh  v.  Planta  löst  1  TU. 
reines  Atropin  sich  in  299  Thln.  kaltem  und  in  weniger  heissam  Wasier. 
1  Thl.  kalter  Weingeist  löst  nach  Geiger  und  Hesse  Vs  Atropin 
oder  Vs  Daturin;  nach  v.  Planta  ist  es  fast  in  jeder  Menge  hsisstm 
Weingeist  löslich;  von  Aether  braucht  das  Atropin  68,  das  DstoriD 
21  Thle.  i^  der  Kälte,  weniger  in  der  W&rme  (Geiger  und  Hesse)* 
Diese  abweichenden  Angaben  über  die  Löslichkeit  dieser  Base'  haben 
ihren  Grund  wohl  in  der  Veränderung,  welche  dieselbe  beim  Üngeren 
Erwärmen  mit  Flüssigkeiten  erleidet. 

Das  wasserfreie  Atropin  schmilzt  bei  90^^  C.  zu  einer  klaren  dnreih 
sichtigen,  nach  dem  Erkalten  brüchigen  Masse,  welche  etwas  stftrksr 
erhitzt,  nach  dem  Erkalten  oft  krystallinisoh  erstarrt;  bei  140«  C.  ver- 
flüchtigt es  sich  unter  Zersetzung  des  grössten  Theiles. 

Das  Atropin  ist  eine  leicht  veränderliehe  Base;  längere  Zeit  in 
feuchtem  Zustande  mit  der  Luft  in  Berührung  zeigt  sich  ein  widrigsi^ 
Gkruch,  der  von  einer  neuen  Base  herrühren  soll,  welche  Berselins 
Tropin  nennt  Die  gleichen  Veränderungen  erleidet  auch  das  gsld^ 
Atropin;  dampft  man  Lösungen  desselben,  welche  beim  &kalteD  kry- 
stallisiren  würden,  langsam  ein,  so  bleiben  zuletzt  flmissartige  Massen 
zurück,  in  welchen  sich  beim  längeren  Stehen  wieder  einzelne  Krysts^^^ 
bilden.     Lässt  man  das  krystallisirte  Atropin  längere  Zeit  mit  seiner 


r 


Atfopindaizf^.  545 

Mbtterlaage  in  Berffhrong,  so  verach winden  die  Krystalle  wieder,  die 
Rlfiasigkeit  wird  gelb'  und  widrig  riechend;  kohlensaures  Kali  scheidet 
ans  der  Ldsang  dw  Masse  dann  theils  unverändertes  Atropin  ab,  theils 
Tiropin  als  eine  ölige  Masse;  diese  letztere  Base  ist  noch  nicht  näher 
bekannt,  sie  zeigt  aber  stark  alkalische  Reaction.* 

Eine  Lösung  von  Atropin  oder  einem  Atropinsalz  wird  durch 
Chlorgas,  welches  nnr  schwach  einwirkt,  gelb- gefärbt;  die  Lösung 
SDtbftU  dann  aber  viel  salzsaores  Atropin.  Jodlösung  färbt  das  Atro* 
pin  bnuin. 

Beim  Lösen  yon  Atropin  in  Salpetersäure  wird  die  Flüssigkeit 
merst  blassgelb,  dann  orange,  zuletzt  aber  wieder  farblos;  die  Lösung 
eothält  dann  kein  Atropin  mehr. 

Coneentrirte  Schwefelsäure  löst  die  Base  anfangs  ohne  Zer- 
aeteung;  in  der  Wärme  wird  die  Lösung  bald  rotb  und  dann  schwarz 
unter  Entwickelnng  von  schwefliger  Säure. 

Wird  Cyangas  in  eine  concentrirte  alkoholische  Lösung  von  Atro- 
pa geleitet,  so  bildet  sich  eine  blutrothe  Flüssigkeit,  und  nach  dem 
Yerdampfen  des  Alkohols  bleibt  ein  in  Wasser  unlöslicher  Syrup(Hin- 
terberger). 

Kalihydrat  verwandelt  das  Atropin  schon  bei  gewöhnlicher  Tem- 
perator  zaerst  in  Tropin,  welches  bald,  besonders  bei  gelindem  Er- 
wärmen,  sich  unter  Entwickelnng  von  Ammoniak  weiter  zersetzt 

Ammoniakflüssigkeit  und  die  kohlensauren  Alkalien  sol- 
Ifln  das  Atropin  wenigstens  bei  gewöhnlicher  Temperatur  nicht  verän- 
dern; dagegen  soll  Blutkohle  (gut  ausgewaschene?)  schon  bei  gewöhn- 
Ucher  Temperatur,  schneller  beim  Erwärmen  das  Atropin  unkrystalli- 
mber  machen. 

Diese  leichte  Zersetzbarkeit  des  Atropins  erschwert  seine  Abschei- 
dmig;  bei  seiner  Darstellung  ist  es  wesentlich,  höhere  Temperatur,  so 
vie  längere  Einwirkung  von  Alkalien  oder  von  Blutkohle  und  selbst 
dir  Lösongsmittel  möglichst  zu  vermeiden,  und  das  krj^tallisirte  Atro- 
pin daher  schnell  von  der  Mutterlauge  zu  trennen  und  zu  trocknen. 
Dis  Atropin  zeigt  die  giftige  Wirkung  der  Belladonna  und  der  Datura 
tnf  dan  thierischen  Organismus  im  hohen  Grade;  es  bringt  zuerst  ein 
Gsffihl  von  Trockenheit  im  Halse  hervor,  mit  erschwertem  Schlucken, 
bei  stärkeren  Dosen  bewirkt  es  Schwindel  und  selbst  den  Tod.  Eigen- 
thiiffllich  ist  besonders  seine  Wirkung  auf  das  Auge;  selbstjn  sehr  ge* 
rioger  Menge  bewirkt  es  eine  starke  und  lange  andauernde  Erweiterung 
der  Pupille;  ein  Tropfen  einer  Lösung,  welche  höchstens  ^/i^qq  Atropin 
enthält,  bewirkt  eine  so  starke  Erweiterung  der  Pupille,  dass  man  kaum 
noch  Zeichen  der  Iris  sehen  kann,  und  dieses  kann  mehrere  Tage  an- 
halten, i/g  Gran  Daturin  tödtete  einen  Sperling  innerhalb  weniger 
Standen;  auf  Kaninchen  scheint  es  dagegen  keine  Wirkung  hervorzu- 
bringen. Bei  Vergiftungen  von  Menschen  mit  Datura  stramonhtm  konnte 
dM  Daturin  im  Harn  aufgefunden  werden  (Bonchardat).  Das  Atro* 
pin  ist  als  Heilmittel  bei  chronischen  Nervenleiden  angewendet,  nach 
Versuchen  in  Gliben  von  0,002  bis  0,010  Grm.;  1  Thl  Atropin  soll  in 
Miner  Wirkung  200  Thln.  Extract  oder  600  Thln.  Kraut  gleichkommen. 

Atropins alze.  Das  Atropin  ist  eine  starke  Base  und  sättigt 
die  Säuren  vollständig;  die  Salze  sind  von  Geiger  und  Hesse,  aus- 
fShiHeher  von  ▼.  Planta  nntersncht;  sie  können  direct  durch  Sättigen 

nuidworftfbneb  d«  rhcmto.    iU  Aafl.   Bd.  11.  35 


546  Atropinsalze. 

der  Baae  dargestellt  werden,  aind  gröastentheile  imkxyBtallisirbar  and 
gemchlofl  nnd  schmecken  scharf  und  bitter;  sie  sind  meistens  in  Wasser 
und  Alkohol  löslich,  aber  kaum  löblich  in  Aether;  die  Lösungen  der 
Salse  yer&ndern  sich  beim  Erwärmen  weniger  leicht  als  die  des  ronen 
Atropins ;  sie  wirken*  auf  den  thierischen  Organismns  wie  dieses  ein. 
Aas  gans  concentrirten  Lösungen  der  Atropinsalse  füllen  reines  oder 
kohlensaares  Kali  oder  Natron,  so  wie  kaustisches  Ammoniak  Atropia 
im  anfangs  flockigen  oder  pulyerförmigen  Zustande;  der  NiederscUag 
löst  sich  aber  im  Ueberschnss  des  F&llungsmittels,  beim  längeren  SCeheo 
in  der  Flüssigkeit  wird  er  zähe  und  ballt  su  wachsähnlichen  Klumpen 
SttSammen»  Kohlensaures  Ammoniak,  doppelt-kohlensaures  and  phos- 
phorsaures  Natron,  so  wie  Natrinm-Lridiumchlorid  fällen  die  Salze  nicht; 
auch  reines  Jodkalium  fällt  die  Salzlösung  nicht;  jodhaltendea  Jodka- 
Hum,  so  wie  Jodtinctur  giebt  einen  kermesbraunen,  Kalium-Quecksilber- 
jodid  einen  weisslichen  käsigen  Niederschlag;  Quecksilberchlorid  fäUt 
nur  concentrirte  Lösungen,  der  weisse  Niederschlag  ist  in  Salasäare  wie 
in  Salmiak  löslich.  Platinchlorid  und  Groldchlorid  geben  gelbe  Nieder- 
schläge, welche  nur  schwierig  krystallinisch  erhalten  werden  könnea, 
anfangs  puWerig  sind,  leicht  aber  harzartig  zusammenballen;  das  Pia* 
tindoppelsals  ist  noch  nicht  rein  dargestellt  Bhodankalium  fällt  die 
Atropinsalze  nicht;  Pikrinsalpetersänre  giebt  einen  pulverförmigen  gel- 
ben  Niederschlag;  Oalläpfeltinctur  fällt  die  Salze  in  Flocken,  aber 
erst  auf  Zusatz  von  Salzsäure. 

Chlor w assers to ff- Atropin.  Wird  trockenes  Atropin  mit  tro« 
ckenem  Chlorwasserstoffgas  gesättigt,  so  schmilzt  es  zu  einer  durchsieh- 
dgen  gelblichen  Masse,  die  in  Wasser  löslfch  ist  und  beim  Abdampleii 
der  Lösung  krystallisirt  und  glänzende  sternförmig  grnppirte  Nadeb 
bildet,  wie  sie  auch  durch  Abdampfen  einer  Lösung  von  Atropin  in 
wässeriger  Salzsäure  erhalten  wurden  (Geiger  und  Hesse),  v.  Planta 
konnte  das  Salz  nicht  krystallinisch  erhalten;  ward  die  concentrirte 
alkoholische  Lösung  in  Aether  gegossen,  so  schied  sich  das  Salz  sjrvp- 
artig  aus,  ohne  beim  längeren  Stehen  selbst  in  Eis  krystallinisch  an  wer- 
den; wenn  die  Salzlösung  mehrere  Tage  bei  30^  bis  40<^C.  stand,  bildeten 
sich  eben  so  wenig  Krystalle ;  auch  bei  Anwendung  grösserer  Quanti- 
täten Salzlösung  konnte  Merk  das  Salz  nicht  kiystallisirt  eriialten; 
die  Angaben  von  Geiger  und  Hesse  über  die  Darstellung  und  Eigen- 
schaften des  krystallisirten  Salzes  sind  daher  noch  nicht  ericl&rt  Nach 
Planta  ist  das  trockene  Salz  eine  glasartige  Masse;  es  löst  sich  in 
Wasser,  nur  in  concentrirter  Lösung  wird  es  durch  Quecksilberchlorid 
und  selbst  Platinchlorid  gefällt;  das  Platinsalz  ist  sehr  leicht  löslich  in 
Salzsäure  und  lässt  sich  nicht  leicht  gana  rein  darstellen. 

Das  Chlorwasserstoff- Atropin-Goldchlorid,  Cs4iI)8NQK* 
HGl  +  Au€ls,  wird  durch  Fällen  der  Atropinlösung  mit  Goldchlorid 
erhalten;  um  aber  das  harzartige  Zusammenballen  des  Niedersohlsr 
ges  zu  vermeiden,  muss  man  die  concentrirte  Lösung  you  Atropin  in 
Salzsäure  tropfenweise  in  eine  verdünnte  Goldchloridlösung  giessan, 
unter  fortwährendem  Umschwenken  des  Glases;  der  anfangs  pnlverigs 
Niederschlag  verwandelt  sich  dann  bald  in  einen  schön  goldgelben  Krj* 
Stallbrei.  Das  Doppelsalz  ist  nur  wenig  löslich  in  Wasser  wie  in  Salz- 
säure; es  verliert  bei  lOQO  C.  kein  Wasser  und  schmilzt  bei  195^  C. 

Essigsaures  Atropin.  Das  Salz  soll  in  perlmuttergläasenden, 
sternförmig  gruppirten  Nadeln  krystallisiren,  luftbeständig  and  sehr 


r 

Attraction,  chemische.  —  Auflösen.  547 

Idilieh  in  Wasser  sein;  beim  Erwärmen  verliert  es  leicht  Essigsftnre 
(Geiger  and  Hesse). 

Krokonsaures  Atropin  soll  eine  gelbe  nicht  krystallinische  Masse 


Bhodiconsanres  Atropin  soll  hjacintroth  durchscheinend  sein. 

Salpetersaures  Atropin  ist  eine  gummiähnliche  an  der  Luft 
feucht  werdende  Masse. 

Schwefelsaures  Atropin,  Cs4fissN06  9  HO.SOs,  soll  nach 
Geiger  und  Hesse  leicht  krystallisiren;  Planta  und  Merk  konnten 
das  Salz  nicht  krystallinisch  darstellen. 

Weinsaures  Atropin  ist  eine  durchsichtige  gummiartige,  ander 
Luft  feachl  werdende  Masse.  Fe. 

Attraction,  chemische,  s.  Verwandtschaft. 

Aufbrausen  (efferveBcere)^  das  Entweichen  gasförmiger  Sub- 
stansen  aas  FlüssigkeitMi  unter  Geräusch  und  Aufschäumen,  nament- 
fieh  das  rasche  Entweichen,  ohne  Anwendung  äusserer  Wärme,  z.  B.  der 
Kohlensäure  bei  Zersetzung  kohlensaurer  Salze  durch  andere  Säuren,*des 
Wasserstoffgases  beim  Auflösen  von  Zink  und  Eisen  in  Salzsäure,  des 
Stickozydgases  bei  Auflösung  von  Kupfer  in  Salpetersäure  u.  s.  w.      P. 

Aufgiessen  oder  Infundiren  heisst,  einem  Körper  durch 
Debergiessen  mit  einer  Flüssigkeit  Theile  entziehen,  welche  in  dieser 
Flüssigkeit  löslich  sind.  Nach  der  Natur  der  letzteren  unterscheidet 
man  einen  wässerigen,  alkoholischen  etc.  Aufguss,  und  nach  der  ange- 
wandten Temperatur  einen  kalten,  warmen  und  heissen  Aufguss.  Im 
engeren  Sinne  nennt  man  in  der  Pharmacie  jedoch  nur  das  Product 
der  Einwirkung  von  kaltem  oder  siedendem  Wasser  auf  Pflanzenstoffe 
eben  Aufguss  oder  ein  Infusum.  Die  zu  dieser  Operation  dienlichen 
Gefässe  sind  die  sogenannten  InfundirbGchsen ,  von  Zinn  oder  Porcel- 
Isa,  welche  mit  .wohlschliessenden  Deckeln  versehen  sind,  und  häufig 
nach  geschehener  Infusion  noch  eine  Zeitlang  im  Wasserbade  erwärmt 
werden.  Im  Allgemeinen  ist  ein  Aufguss  einer  Abkochung  vorzu- 
xithen,  sobald  der  zu  extrahirende  Stoff'  flüchtige  Bestandtheile  ent- 
Wt.  Fe, 

Auflösen,    Lösen    {Disaolvere) ^    Auflösung,    Lösung 

(Dwoiutto,  Solutio),  Auflösungsmittel  (^Merutruum^  DÜ8olioen$). 
Wenn  ein  fester  Körper,  mit  einem  tropfbarflüssigen  zusammengebracht, 
flüssig  wird,  und  sich  darin  zu  einer  in  allen  Partikeln  gleichartigen  Masse 
▼ertheilt,  so  sagt  man,  er  habe  sich  gelöst,  sei  aufgelöst  worden 
in  dem  als  Lösungsmittel  dienenden  flüssigen  Körper,  z.  B.  Salpeter 
oder  Zucker  in  Wasser.  Wenn  die  Auflösung  stattgefunden,  so  bleibt 
der  feste  Körper  in  der  ganzen  Menge  des  Lösungsmittels  gleichmässig 
▼ertheilt,  wie  lange  man  dieselbe  auch  der  Buhe  überlassen  mag  (Gaj- 
Lassac^). 

Man  hat  früher  einen  Unterschied  zwischen  Lösung  und  Auflö- 
sung festzuhalten  gesucht;  mit  dem  ersten  Ausdruck  den  in  obigen 
Beispielen    stattfindenden  Vorgang   die  Bildung    einer  gleichmässigen 


0  AniML  de  ehim.  et  de  phys.  [2.]T.XI,  p.  296  xu  ff.;  auch  Hnnt  in  Lieb  ig 
«.  Kopp'B  Jahreiber.  1866,  S.  268.    Auch  feiner  ebendm».  1868,  S.  810  u.  886. 

35  • 


548  Auflösen. 

Flüssigkeit  ohne  Ver&nderang  der  chemischen  Constitution  d«r  Kdrper 
bezeichnet,  AuflöRung  aber  genannt,  wenn  die  chemische  Natur  der 
Körper  beim  Zusaiiimenbringen  sich  ändern  mosste,  um  eine  homogene 
Flüssigkeit  bilden  zu  können ,  wie  z.  B.  wenn  kohlensaurer  Kalk  oder 
metallisches  Kupfer  in  Salpetersäure,  oder  Zink  in  Schwefelsäure  ge- 
bracht werden.  Es  ist  aber  einleuchtend,  doss  hierbei  nicht  nur  Lö- 
sung der  genannten  Körper  stattfindet,  sie  gehen  in  neue  sosamroeih 
gesetzte  Körper  über  und  lösen  sich  als  solche  auf;  die  Kohlensäure 
des  Kalkes  entweicht,  und  der  entstehende  salpetersaure  Kalk  löst  sieb 
im  Wasser;  oder  die  Salpetersäure  wird  theilweise  zerlegt,  giebt  an  ds» 
Kupfer  Sauerstoff  ab,  das  gebildete  Kupferoxyd  vereinigt  sich  mit  einem 
anderen  Antheil  Salpetersäure  und  das  entstandene  Salpetersäure  Ku- 
pferoxyd ist  der  aufgelöste  Körper.  Die  Schwefelsäure  kann  sich 
nur  mit  dem  durch  Wasserzersetzung  entstehenden  Zinkoxyd  su  schwe- 
felsaurem Zinkoxyd  vereinigen,  was  in  dem  Rest  des  Wassers  löslieb 
ist.  Da  es  in  vielen  Fällen  unentschieden  ist,  ob  eine  chemische  Aen- 
derung  vor  dem  Uebergang  in  den  flüssigen,  aufgelösten  Zustand  statt- 
gefunden oder  nicht,  so  pflegt  man  die  bezeichnete  Unterscheidung  nicht 
mehr  festzuhalten. 

Man  bezeichnete  früher  das  Schmelzen  fester  Körper  durch  die 
Wärme  als  „einfache  Lösung^^  die  Auflösung  eines  aolohen  in 
einer  Flüssigkeit  als  „zusammengesetzte^^  Lösung,  weil  cur  Üeber- 
führung  eines  festen  Körpers  in  die  tropfbarflüssige  Form  die  Anfhahmc 
von  Wärme  stets  erforderlich  ist  und  bei  der  Lösimg  durch  eine  Flfis* 
sigkeit  stets  Wärme  gebunden  wird,  so  dass,  wenn  nicht  gleichseitig 
stattfindende  chemische  Vorgänge,  welche  Wärme  entwickeln,  die  Er- 
scheinung verdunkeln,  die  Auflösung  stets  einen  niedrigeren  Tempera- 
turgrad zeigt,  als  der  feste  und  flüssige  Körper  vor  ihrer  Mischung  be- 
sassen  (s.  Kältemischungen  IsteAufl.  Bd.  IV,  S.210).  Sind  die  m 
lösenden  Körper  der  Art,  dass  sie  mit  dem  Lösungsmittel  eine  chenüsche 
Verbindung  bilden ,  können  sie  Wasser  als  Krystallwasaer  aufnehmen, 
so  beobachtet  man  häufig  die  Temperaturemiedrigung  nicht,  oft  sogar 
eine  Erwärmung,  so  z.  B.  wenn  wasserfreies  schwefelsaures  Natron  oder 
Chlorcalcium  in  Wasser  geworfen  werden,  weil  mehr  Wärme  entwickelt 
wird  durch  Bindung  des  Krystallwassers,  als  Wärme  gebunden  wird 
bei  der  üeberf  ührung  des  festen  Salzes  in  den  flüssigen  aufgelösten  Zu- 
stand. Wendet  man  aber  statt  der  von  ihrem  Krystallwasser  durch 
Erhitzen  befreiten  Salze  die  krystalllsirten  an,  so  wird  die  Temperatur 
der  Lösung  ebenso  erniedrigt,  als  ob  man  Salze,  die  kein  Wasser  bin- 
den, wie  Chlorkalium,  Kochsalz,  Salpeter  gelöst  hätte. 

Favre  und  Silbermann i)  haben  eine  Uebersicht  der  Wärme- 
menge mitgetheilt ,  welche  bei  der  Lösung  von  je  einem  Gramm  einer 
grossen  Zahl  von  Salzen  absorbirt  wird.  Auch  Person*)  hat  wich- 
tige Untersuchungen  in  dieser  Hinsicht  angestellt  und  gezeigt  dass  di« 
latent  werdende  Wärme  bei  höheren  Temperaturen  kleiner  ist,,  als  bei 
Anflösung  der  Salze  in  gleich  viel  Wasser  bei  niedrigeren  Temperatu- 
ren, und  dass  bei  der  Lösung  mancher  Salze,  z.B.  des  Kochsalzes  und 
des  Salpeters  in  weniger  Wasser ,  weniger  Wärme  gebunden  wird,  ab 
bei  dem  Lösen  in  mehr  Wasser. 


»)  Compt.  rend.  T.  XXIV.  p   1081;  Jahresber.  r.  Liebig  u.  Kopp   1848.  S.  58. 
«>  Jahresber.  v.  Liebig  u.  Kopp    1850,  S.    66,   ebenda«.  1861,  S.  67;   AnnaL 
d.  Chem.  u.  Pharm.   Bd.  LXXX,  S.  139. 


Auflösen.  549 

Wenn  zwei  tropfbare  Flüssigkeiten  sich  in  jedem  Verb&ltniss 
mischen,  so  nennt  man  dies  keine  Lösnng,  sondern  eine  Mischung.  Sehr 
hSuAg  ist  dies  jedoch  nicht  der  Fall,  sondern  jede  der  beiden  Flüssigkei- 
ten wird  von  der  anderen  nnr  in  einer  bestimmten  Menge  aufgenommen. 
Es  unterscheiden  sich  solche  Lösungen  dann  von  denen  fester  Kör* 
per  nur  dadurch,  dass,  da  beide  Körper  schon  flüssig  waren,  eine  Tem- 
peraturemiedrigung  nicht  eintreten  kann.  Bringt  man  .die  Flüssigkeiten 
iD  solchem  Verhältniss  zusammen,  dass  die  eine  von  der  anderen  nicht 
ToUstindig  gelöst  werden  kann^  90  bilden  sich  in  der  Regel  zwei 
Schichten ,  wovon  die  eine  den  einen ,  die  andere  den  anderen  Körper 
in  fiberwiegender  Menge  enthält.  Mischt  man  z.  B.  Wasser  und 
Aether  zu  gleichen  Theilen  miteinander,  so  schwimmt  nach  einiger 
Zeit  obenauf  Aether,  der  Wasser  gelöst  enthält,  und  die  untere  Schicht 
wird  von  einer  Lösung  von  Aether  in  Wasser  gebildet,  lieber  die 
L&sang  YOD  gasförmigen  Flüssigkeiten  s.  Absorption  Bd.  I,  8.  19. 

Das  Wasser  ist  eine  Flüssigkeit,  welche  sehr  viele  Substanzen  zu 
lösen  vermag,  von  den  starren,  einfachen  Stoffen  jedoch  nur  wenige  und 
nur  in  geringer  Menge  (Brom,  Jod).  Andere  Flüssigkeiten,  wie  Alkohol, 
Aether,  ätherische  und  fette  Oele  sind  oft  geeignet  die  Substanzen 
EU  lösen,  welche  in  Wasser  sich  nicht  lösen  (Harze,  Fette  u.  dergl.). 

Die  Lösungen  haben  häufig  ein  grösseres  specifisches  Gewicht,  als 
deoharithmetischen  Mittel  aus  den  Dichtigkeiten  ihrer  Bestandtheile  ent- 
spricht Das  Lösungsmittel,  sofern  es  flüchtig  ist,  verdampft  beim  Er- 
wirmen,  die  Lösungen  sieden  aber  bei  höherer  Temperatur  als  das 
reine  Lösungsmittel,  und. zwar  steigert  sich  dieselbe  um  so  mehr,  je 
mehr  des  festen  Körpers  die  Lösung  enthält,  bis  sie  damit  gesättigt 
ist,  wo  derselbe  sich  auszuscheiden  beginnt  und  als  Bestandtheil  der 
Lösung  nicht  mehr  in  Betracht  kommt.  Bei  derjenigen  Temperatur, 
bei  der  ihre  gesättigte  Lösung  kocht-,  lassen  sich  alle  Salze  voUkom* 
men  austrocknen  (Legrand). 

Wenn  man  verdünnte  wässerige  Lösungen  einer  Temperatur  unter 
O^C.  aussetzt,  so  scheidet  sich  ans  ihnen  oft  ein  Theil  des  Wassers  als 
EU  ab;  die  Übrigbleibende  Flüssigkeit  bildet  eine  gesättigtere  Lösung 
des  festen  Körpers. 

Die  Lttchtigkeit,  mit  welcher  eine  Substanz  von  den  Lösungsmit- 
teln aufgenommen  wird,  hängt  nicht  nur  von  ihrer  Auflöslichkeit 
(s.  d.)  in  denselben  ab,  sondern  häufig  von  der  Grösse  der  Ober- 
^iiehe  (welche  man  durch  Pulverisiren  zu  vermehren  pflegt)  und  ande* 
ren  Verhältnissen.  Giesst  man  das  Lösungsmittel  auf  den  festen  Kör- 
per, so  wird  dieser  in  der  Regel  am  Boden  des  Gefässes  liegen  bleiben, 
die  entstehende  Lösung  ist  schwerer  als  das  reine  Lösungsmittel,  bleibt 
daher  ebenfalls  unten  stehen  und  verhindert  den  Zutritt  der  übrigen 
snflösenden  Flüssigkeit.  Diesem  UebeUtand  kann  man  abhelfen,  da- 
durch, dass  man  den  festen  Körper  in  einem  Beutel,  Korb,  oder  Sieb 
vas  geeignetem  Bifaterial  nur  eben  in  die  Flüssigkeit  eintaucht,  so  dass 
die  sieb  bildende  Lösung  auf  den  Boden  des  Gefässes  sinkt,  und  da- 
ber  stets  frisches  Lösungsmittel  seine  Wirkung  änssern  kann.  Abgese- 
hen von  der  leichteren  Löslichkeit  der  meisten  Körper  in  erwärmten 
Lösungsmitteln,  bewirkt  das  Erhitzen  in  von  unten  geheizten  Gefässen 
<tvas  Aehnliches,  wie  das  Umrühren  oder  das  Aufhängen  der  zu  lö- 
tenden Substanz  an  der  Oberfläche  der  Flüssigkeit,  die  mit  dem  am 
Boden  liegenden  festen  Körpern  in  Berührung  beflndlichen  Flüssigkeits- 


650  Aufiöslichkeit. 

tbeile  werden  am  st&rksten  erwärmt,  und  dadurch  in  die  H5he  zu  stei- 
gen und  frischen  Platz  zu  machen  gezwungen.  Tritt  Sieden  ein,  so 
bewirken  die  sich  am  Boden  bildenden  Dampfblasen  ein  eigentlidics 
mechanisches  Umrühren  oder  Schütteln,  was  man,  wo  die  genannten 
Verfahren  sich  nicht  eignen,  gewöhnlich  zur  Beförderung  desAuflösens 
anzuwenden  pflegt. 

Manche  Suh/stanzen  jedoch  verwandeln  sich  bei  der  üebergiessong 
mit  dem  Lösungsmittel  durch  Einsaugen  desselben  leicht  in  einen  ziU 
hen  Klumpen,  der  sich  nicht  leicht  vertheilen  lässt,  und  dann  dem  Lö- 
sungsmittel nur  eine  sehr  geringe  Oberfläche  bietet,  so  verhalten  sieh 
z.  B.  viele  Harze  u.  s.  w. ;  solchen  pflegt  man  unlösliche  Körper,  gro- 
bes Glaspulver  und  dergleichen  beizumischen,  um  das  ZusammenbaUen 
zu  verhindern  und  das  Eindringen  des  Lösungsmittels  zu  erleichtern. 
In  diesen  Fällen  ist  es  oft  zweckmässig,  wenigstens  Anfangs,  Erwär- 
mung zu  unterlassen.  Andere  Körper  sangen  sich  mit  dem  Lösungs- 
mittel in  der  Kälte  leicht  ganz  voll  und  werden  dann  beim  Erwärmen 
leichter  gelöst,  z,  B.  Leim.  V. 

Aufiöslichkeit,  Löslichkeit  Die  Lösungskraft  der Flfit- 
sigkeit  wirkt  sehr  verschieden  auf  die  verschiedenen  Körper  ein. 
Mancl\e  Körper,  z.  B.  viele  Salze,  werden  nur  von  Wasser  gelöst,  gsr 
nicht  oder  weniger  leicht  von  Alkohol,  Aether,  Oelen;  andere  lösen 
sich  nur  in  eilier  der  zuletzt  bezeichneten  oder  einer  anderen  Flüssig- 
keit. Femer  sind  die  festen  Substanzen  in  sehr  ungleicher  Menge 
in  ihren  Lösungsmitteln  löslich,  wonach  man  Sie  als  leicht-  oder 
schwerlöslich  bezeichnet.  Es  ist  unrichtig,  diese  ünterseheidong 
auch  darauf  anzuwenden,  ob  ein  Körper  rasch  oder  langsam  von  den 
Lösungsmittel  aufgenommen  wird,  denn  dies  hängt  von  Umständen  ab, 
welche  in  der  Dichtheit  ihrer  Masse,  ungenügender  Berührung  und  de^ 
gleichen  begründet  sind  und  kann  bei  demselben  Körper,  je  nachdem 
er  krystallisirt  oder  gepulvert  ist  u.  s.  w.,  sehr  verschieden  gefimden 
werden. 

Wenn  ein  Körper  überhaupt  löslich  in  einer  Flüssigkeit  ist,  •<> 
wird  er  in  der  Regel  in  grösserer  Menge  bei  erhöhter  als  bei  niede- 
rer Temperatur  aufgenommen.  Die  Erhöhung  der  Temperatur  steigert 
jedoch  die  Löslichkeit  der  verschiedenen  Substanzen  sehr  ungleich, 
und  man  hat  bis  jetzt  hierfür  den  Grund  nicht  kennen  gelernt.  För 
jede  gegebene  Temperatur  besteht  aber  eine  bestimmte  Grenze,  über 
die  hinaus  eine  Substanz  von  einem  bestimmten  Lösungsmittel  nicht  auf- 
genommen wird.  Eine  Lösung,  welche  in  dieser  Weise  so  viel  von 
der  festen  Substanz  enthält,  als  sie  bei  der  gegebenen  Temperatur  an^ 
nehmen  kann,  wird  gesättigt  oder  concentrirt  genannt. 

Man  kennt  Körper,  die  so  leichtlöslich  sind,'dass  nicht  einnal 
ihr  gleiches  Gewicht  an  Wasser  erforderlich  ist,  um  sie  aufzulösen,  nnd 
wieder  andere,  von  denen  1  Thl.  das  hunderttausendfache  Gewicht 
Wasser  selbst  bei  100<>C.  bedarf.  Die  chemische  Constitution  der  Kör- 
per scheint  hierbei  nicht  in  Betracht  zu  kommen.  Die  alkalischen  Er- 
den, BaiTt,  Kalk  und  Magnesia  bilden  mit  mehreren  Säuren  in  Wasser 
lösliche  Salze,  ebenso  sind  viele  Salze,  welche  Schwefelsäure  enthal- 
ten, in  Wasser  löslich.  Aber  der  schwefelsaure  Baryt  ist  nahezu  das 
in  Wasser  unlöslichste  Salz,  welches  wir  kennen,  der  schwefelsaure 
Kalk  ist  nur  schwer,    die  schwefelsaure  Magnesia  aber  leicht  löslich 


r 

Auflöslichkeit*  551 

m  Wasser.  Zn  Übersehen  möchte  hierbei  nicht  sein,  dass  die  grosse 
Mehrsahl  der  Barytsalze  weit  schwerlöslicher  ist  als  die  Verbindungen, 
welche  dieselben  l^uren  mit  Elalk  bilden,  und  dass  wir  nnr  wenig  schwer- 
lösliche Magnesiasalse  kennen.  Dass  keine  Verbindung  des  schwefel- 
sauren Baryts  mit  Wisisser  bekannt  ist,  während  Gyps  und  Bittersalz  Kry- 
stall  Wasser  aufnehmen,  kann  der  Grund  nicht  sein,  denn  wir  finden  bei  an- 
deren analogen  Verbindungen  ebenfalls  Löslichkeits Verschiedenheiten, 
ohne  dass  eine  derselben  Krystallwasser  enthält.  Chlorsilber  ist  un- 
löslich in  Wasser,  Chlorblei  schwerlöslich,  Chlorzink  ausserordentlich 
leichtlöslich.  Man  kennt  sonach  bis  jetzt  keine  Anhaltepunkte,  nach- 
dem sich  im  Voraus  über  die  Löslichkeit  eines  Körpers  Bestimmtes 
sagen  Hesse. 

Man  erhält  nach  6ay-Lussac^),  eine  für  eine  bestimmte  Tem- 
peratur gesättigte  Salzlösung  mit  gleichem  Salzgehalt,  man  mag  einen 
üeberschnss  desselben  mit  Wasser  erhitzen  und  bis  zu  der  bestimmten 
Temperatur  erkalten  lassen,  oder  mit  kaltem  Wasser  Übergossen  langsam 
auf  dieselbe  Temperatur  erheben.  Dies  ist  jedoch  nur  richtig  bei  Salzen, 
welche  entweder  kein  Krystallwasser  enthalten,  oder  doch  nur  in  einem 
Verhaitniss  mit  Wasser  krystallisiren.  Salze,  welche  wie  kohlensaures 
und  schwefelsaures  Natron  in  Verbindungen  mit  verschiedenem  Wasser- 
gehalte zu  krystallisiren  vermögen,  zeigen  oft  bei  langsamem,  ruhigem 
Erkalten  der  in  früherer  Temperatur  gesättigten  Lösungen  die  Erschei- 
nung, dass  sie  sich  in  weit  grösserer  Menge  in  Wasser  gelöst  erhalten, 
oder  sogenannte  übersättigte  >)  Lösungen  bilden,  welche  dann  beim 
umrühren.  Schütteln  oder  durch  die  Berührung  mit  stanbhaltiger  Luft, 
oder  wenn  sie  auf  noch  niedrigere  Temperaturgrade  abgekühlt  werden, 
plötzlich  unter  WärmeentwickeluDg  krystallisiren»).  Umrühren  mit 
ausgeglühten  Glasstäben,  Durchtreiben  von  über  Schwefelsäure 
u.  s.  w.  gereinigter  Luft  ^  veranlasst  dagegen  die  plötzliche  Krystalli- 

sation  nicht. 

Löwel  hat~  ermittolt,  dass  bei  folgenden  Temperaturen  in  einer 
gesättigten  Lösnng  A^  in  einer  übersättigten  Lösung  B^  auf  100 
Thle.   Wasser   an   wasserfreiem    schwefelsauren   Natron    enthalten 


sind: 

bei      00 

100 

130 

160 

170 

180 

190 

200 

A     5,0 
B  19,6 

9,3 
30,5 

11,2 
34,3 

14,3 

38,7 

15,6 
40,0 

16,8 
41,6 

ISJi 
43,4 

19,6 
44,7. 

Von  dem  kohlensauren  Natron  hat  Löwel^)  ferner  gezeigt,  dass 
ausser  der  gewöhnlichen  Verbindung  mit  10  Aeq.  Krystallwasser  noch 
zwei  verschiedene  krystallisirbare  Verbindungen,  beide  mit  7  Aeq.  Kry- 
stallwasser dargestellt  werden  können ,  welche  in  Wasser  leichter  als 
das  NaO.COs  -f*  lOHO  löslich  sind  und  zu  der  Entstehung  von 
zweierlei  scheinbar  übersättigten  Lösungen  Anlass  geben,  indem  sie 
sehr  leicht  in  das  gewöhnliche  Salz  Übergehen.     Das  Salz  mit  7  Aeq. 


^)  6.  d6B«en  «mfUhrliche  Abhandlung  ttber  LSBÜchkeit  r  Annal.  de  ohim.  et 
de  phys.  L^.j  T.  IX,  p.  296.  —  *)  L.  Gmelln,  Handb.  Bd.  I,  S.  10  n.  628  auch 
207.  —  3)  Löwel,  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXXVI,  S.  227;  Jahresber. 
▼.  Liebig  n.  Kopp  1850,  S.  294  u.  ff.  u.  1861,  S.  881  u.  ff.  —  *)  LSwel, 
Jahreaber.  t.  Liebig  n.  Kopp  1862,  S.  868  vu  ff.;  Lieben,  Wien.  akad.  Ber. 
Bd.  Xn,    S.   771   u.   1087   und  Jahreaber.  t.  Liebig  u.  Kopp  1864,  8.  822. 

»)  Jahreaber.  t.  Liebig  a.  Kopp  1861,  S.  881  n.  884. 


552 


Auflöslichkeit. 


«•I 


300 

380 

.<* 

37,2 

51,7 

*Hi 

43,5 

•  1 

Krystallwasser    ht    auch    schon    von     Mit«  eher  lieh  ') 
worden. 

In  einer  Lösung  von   kohlensaurem  Natron  können   in  100  TUn. 
Wasser  an  wasserfreiem  kohlensauren  Natron  enthalten  sein, 
Lösungen  das  SaU  mit    10   Aeq.  Was^rgehalt  enth&lt  und  nÜ 
zeichnet  wird,  wenn  sie  das  erste  8alz  mit  7  Aeq.  Wa8S«*gehallbi 
löst  hat,  welches  rhombische  Krystalle  bildet  und  diese  mit  B 
net  wird,  wenn  die  Lösung  des  zweiten  Salzes,  welches  7   A4 
atallwasper  enthält  und  in  quadratischen  Tafeln  krystallisirt  C 
wird,  bei  folgenden  Temperaturgraden: 

bei       00         100         150        200        25o 

A  7,0  12,1  16,2  21,7  28,5 
B  20,4  25,3  29,6  38,6  38,1 
C  31,9       37,9       41,6       45,8 

Nach  diesem  scheint  e8,dass  die  Bildung  Übersüttigter 
stet^  von  der  Existenz  von  'leichter  löslichen  Salzen  mit  verecl 
Wassergehalt  abhängt. 

Die  grössere  Löslichkeit  der  Salze  bei  erhöhter  Temperatitf 
gewöhnlichste;    auch  das    nach  Fuchs    Angabe  bei  jeder    Ti 
tur  in   Wasser  gleichlösliche   Kochsalz  ist,  wie  Gay-Luseac 
telte  und  Fehling^)  undKarsten*)  bestätigten,  löslicher  in 
als    kaltem    Wasser.      Aber   nur  bei  einigen  Salzen  ist  die 
der  Löslichkeit  der  der  Temperatur  proportional. 

für  jeden  Gm4 
100  Thle-  Wasser  bei  0«C.  lösen  ~  -  -        • 

Chlorkalium 29,23 

Chlorbarium,  wasserfrei   ....  30,62 

Chlornalrium 35,15 

Schwefelsaures  Kali 8,36 

Schwefelsaure  Magnesia,  wasserfrei  25,76 

Bei  den  meisten  steigt  die  Löslichkeit  bei  der  Erw&rmmig 
viel  rascher  als  die  Temperatur.    Eine  graphische  Darstellung  dt 
lichkeitiverhältnisse   mehrerer    Salze    verdeutlicht    solche   am    1 
massigsten. 

Es  bezeichnen  in  dem  beistehenden  Schema,  Fig.  32: 


Temperaturerhöbiiag 

.     0,2738 

.     0,2711 

.     0,04768 

.     0,1741 

.     0,4716. 


«I 


IIV 


Auf  der  horizontalen  Axe  der  Coordinaten  werden  die  Temp«ra-^ 
turen  von  lOo  zu  lOOC.,  auf  der  verticalen  die  Gewichtsmengen  bezo> 
gen  auf  100  Thle.  Wasser,  aufgetragen.  Die  einzelnen  Punkte  der 
die  Löslichkeit  darstellenden  Curve  erhält  man ,  indem  man  nach  den 
durch  Versuche  gefundenen  Zahlen  die  Temperatur  als  Abscisae,  die 
Menge  als  Ordinate  nimmt. 

In  einigen  Fällen  hat  man  eine  geringere  Löslichkeit  von  Sub- 
stanzen in  heissem  als  in  dem  kalten  Lösungsmittel  beobachtet.  Das 
bekanntes^  Beispiel  ist  das  Kalkhydrat  Erwärmt  man  klares  gesät- 
tigtes Kalkwaaser  in  einer  verschlossenen  Flasche,  so  trfibt  es  sidi, 
und  wird  beim  Erkalten  wieder  hell.     Aehnlich  verhält  sich  die  L5- 


>)  Handwörterb.  late  Aufl.  Bd.  IV.  S.  öofc.  —  *)  Fehling,  Annal.  d.  GbtBL 
u.  Pharm.  Bd.  LXXVII,  S.  882.  —  ")  Karsten»  Fortochr.  d.  Flijrs.  1846. 


AuflÖsUchkeit.  553 

Mog  des  citron-  uud  buUersauren  Kalk«  und   die  in  der  Kälte  getä- 
tigte Lösung  de»  Cerunydula. 

KLg.  32. 


Chlorsanrea  Kali, 
Sftljietarssuran  Baryt, 
Schwefelsaures  Natron, 
SchwofelsanroB  Kali, 
äalpetersanru  Kali, 
Anderthalb  kohlensaure»   Ai 
Wawer, 

Schwefelsaure  Afagnesia,  wasserfreie, 
Kaliumchlorid, 
Schwefelsaures  Knpferazyd, 
Bariumchlorid,  wasserfreies, 
I  Natron,  wasserfreies, 
Bariuinchlorid,  krystallisirtes. 


liumoxyd    mit   2   Aeq. 


554  Auflöslichkeit 

Gomplicirte  LösungB-  und  S&ttigungsyerii&ltxiiBse  treten  ein,  wem 
mehrere  Salze  gleichzeitig  im  Ueberschoss  dem  Wasser  dargeboten 
werden ,  und  so  beschaffen  sind ,  dass  sie  der  gewöhnlichen  Annahme 
nach  sich  weder  zersetzen  noch  bekannte  Doppelsalze  bilden. 

Es  kann  dann  sein,  dass  100  Thle.  Wasser  bei  einer  bestimmteo 
Temperatur  weniger  von  dem  einen  und  weniger  von  dem  anderen 
Salze  aufnehmen,  wenn,  man  sie  mit  einem  Üeberschuss  von  beiden 
schüttelt,  als  sie  von  jedem  einzelnen  gelöst  haben  -wfirden.  In  diesem 
Falle  erhält  man  auch  eine  Lösung  mit  gleichem  Gehalt  an  beiden 
Salzen  wie  die  eben  beschriebene,  wenn  man  das  Wasser  erst  mit  dem 
einen  Salze  sättigt  und  dann  einen  Üeberschuss  des  zweiten  hinzobringti 
indem  ein  Theil  des  Salzes  der  gesättigten  Lösung  auskrystallinit 
Eine  gesättigte  Lösung  von  Kochsalz,  mit  Salmiak  geschüttelt,  nimnft 
viel  Salmiak  auf  und  scheidet  etwas  Kochsalz  in  Würfeln  ab ;  aus  einer 
gesättigten  Salmiaklöitung  scheidet  Kochsalz,  indem  es  sich  löst,  etwas 
Salmiak  dendritisch  ab.  Mischt  man  eibe  bei  gewöhnlicher  Tempere^ 
tur  gesättigte  Kochsalzlösung  mit  einer  gesättigten  Salmiaklösung,  ao 
entsteht  ohne  alle  Temperaturveränderung  ein  Gemisch,  welches  sowoU 
noch  etwas  Kochsalz  wie  etwas  Salmiak  lösen  kann.  Auch  beim  Er- 
wärmen mit  Kochsalz  wird  von  dem  gesättigten  Gemisch  nur  noch  wd> 
nig  Kochsalz  aufgenommen  und  dieses  beim  Erkalten  wieder  abg^ 
schieden;  setzt  man  dagegen  Salmiak  während  des  Erwärmens  zu,  ao 
löst  es  diesen  Anfangs  klar  auf,  fügt  man  mehr  hinzu,  so  wird  dieser 
zwar  auch  gelöst,  aber  Kochsalz  reichlich  ausgeschieden^  beim  Abkfih* 
len  löst  sich  das  Kochsalz  wieder  auf  und  der  in  der  Hitze  aufgelöste 
Salmiak  krystallisirt  heraus.  Aehnliche  Verhältnisse  zeigen  Mischun* 
gen  von  Salmiak  und  Ghlorkalium,  letzteres  mit  Kochsalz  oder  Chlor- 
barium ;  auch  salpetersaures  Ammonium oxjd  und  Natron  scheinen  sieh 
ähnlich  zu  verhalten. 

Von  manchen  Salzen  lost  das  Wasser  gleichviel  auf,  sei  es  mit 
einem  Üeberschuss  derselben  allein  oder  mit  einem  zweiten  Salze  so- 
gleich geschüttelt;  von  dem  zweiten  Salze  wird  aber  dann  eine  kleinere 
Menge  aufgenommen,  z.  B.  eine  gesättigte  Lösung  von  Chlorksliuro, 
oder  Kalisalpeter  löst  nur  wenig  schwefelsaures  Kali,  und  wenn  eine  mit 
letzterem  gesättigte  wässerige  Auflösung  mit  den  vorhergehenden  Sal* 
zen  geschüttelt  wird,  so  fällt  viel  schwefelsaures  Kali  heraus. 

Endlich  kann  eine  gegebene  Menge  Wasser  mehr  von  dem  einen 
Salze  auflösen,  wenn  es  vorher  mit  dem  zweiten  gesättigt  Vurde,  und 
zugleich  auch  noch  mehr  von  dem  zweiten  aufnehmen.  In  diesem  Falle 
können  dreierlei  Sättigungs Verhältnisse  unterschieden  werden  : 

a)  100   Thle.  Wasser  von   I8V4O  C.  mit  dem  Salze  A  gesättigt, 

werden  mit  überschüssiger  Menge  des  Salzes  B  geschüttelt; 

b)  durch  B  gesättigtes  Wasser  wird  mit  A  gesättigt; 

c)  das  Wasser  wird  mit  einem  Üeberschuss  beider  Salze  gesättigt 
In  allen  diesen  Fällen  findet  keine  Salzausscheidung  statt. 

a.  b.  o. 

A  Salmiak     37,98         44,33         39,84 
B  Salpeter    37,68         30,56         38,62. 
Bei  der  Behandlung  von   Gemischen,  welche  dreierlei  Salse  ent- 
halten, werden  diese  Verhältnisse  noch  complicirter  ^). 

*)  Kopp,  AoDal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  XXXIV,  S.  260. 


Aufschliessen.  —  Augenschwarz.  555 

Es  scheint  schwierig,  alle  diese  YerhältniBse  anders  zu  erklären 
sls  durch  die  Bildung  yon  Doppelsalzen  und  Theilung  der  Säuren  in 
die  verschiedenen  Basen.  y, 

Aufschliessen.  So  bezeichnet  man  die  Operationen,  deren 
Zweck  es  ist,  in  Wasser,  Säuren  oder  anderen  Flüssigkeiten  unlös- 
liche Substanzen  durch  Einwirkung  gewisser  Körper  löslich  zu  machen ; 
SB  findet  hauptsächlich  Anwendung  bei  der  krystallinischen  Kieselsäure 
und  den  durch  die 'gewöhnlichen  Säuren  nicht  zerlegbaren  Silicaten; 
iber  auch  bei  anderen  Substanzen  kann  man  von  Aufschliessen  spre- 
sheo,  so  beim  schwefelsauren  Baryt  u.  a.  Das  Aufschliessen  kann  auf 
iMMsem  wie  auf  trockenem  Wege  geschehen ;  hauptsächlich  dies  letztere 
VeHahren  wird  speciell  unter  der  angegebenen  Bezeichnung  verstan- 
den. Das  Aufschliessen  von  Kieselsäure  oder  Silicaten  geschieht  durch 
Zosammensohmelzen  derselben  mit  den  reinen  oder  erdigen  Alkalien, 
oder  passenden  Salzen  dieser  Basen,  namentlich  den  kohlensauren  und 
ttlpetersauren  Salzen,  so  wie  durch  Einwirkung  von  Fluorwasserstoff- 
saure  (s.  das  nähere  Verhalten  bei  Kiesel,  Bestimmung,  Iste  Aufl. 
Bd.  IV,  S.  319).  . 

Bei  dem  Aufschliessen  anderer  Substanzen  müssen  die  Mittel  den 
Bestandtheilen  entsprechend  sein ;  schwefelsaurer  Baryt  wird  durch 
Schmelzen  mit  kohlensaurem  Alkali,  wie  beim  Kochen  damit  immer  un- 
vollständig zersetzt;  schwefelsaurer  Strontian  und  schwefelsaurer  Kalk 
lassen  sich  schon  durch  Kochen  mit  kohlensaurem  Natron  vollständig 
is  lösliches  kohlensaures  Salz  überführen;  geglühte  Thonerde  wird 
durch  Glühen  mit  saurem  schwefelsauren  Alkali  aufgeschlossen,  Chrom- 
ciseDStein  u.  s.  w.  durch  Glühen  mit  salpetersaurem  Alkali.  Die  Metho- 
deo  des  Aufschliessens  wechseln  daher  zunächst  nothwendig  nach  der 
Natur  des  aofschliessbaren  Körpers,  und  werden  daher  bei  diesen  zu 
beschreiben  sein  (vergl.  Bd.  I,  S.  820).  Fe. 

Augei^chwarz,  Opkthaimo - Metanm ^  ist  das  zwischen  der 
Netz-  und  der  Aderhaut  des  Auges  der  Wirbelthiere  in  einer  besonde- 
ren Zellenschicht  abgelagerte  schwarze  Pigment.  Seine  chemische  Na- 
^  ist  wie  die  der  meisten,  thierische  Farbstoffe  genannten,  Substanzen 
BQch  sehr  wenig  erforscht. 

Man  hat  versucht,  das  erwähnte  schwarze  Pigment  durch  Aus- 
waschen der  dasselbe  enthaltenden  Augenmembran  rein  zu  erhalten, 
Bad  gewann  so  ein  schweres,  schwarzes,  in  Wasser,  Alkohol  und  Aether 
völlig  unlösliches  Pulver.  Die  ebenfalls  in  verdünnten  Mineralsäuren 
wenig  oder  gar  nicht  lösliche  Substanz  wird  von  kaustischen  Alkalien, 
jedoch  nicht  ohne  Zersetzung  (durch  eine  Entwickelung  von  Ammo- 
niakgas angezeigt)  gelöst. 

Nach  einer  Untersuchung  von  Gmelin  enthält  die  Asche  des 
Melanin  der  Augen  die  allgemein  verbreiteten  mineralischen  Bestand- 
theUe  des  ThierkÖrpers :  Chlornatrium,  phosphorsauren  Kalk  und 
Eisenoxyd. 

Drei  Elementaranalysendes  Augenschwarz,  von  Sc  her  er  ^)  an- 
gestellt, ergaben  in  100  Theilen:  58,0  0,  6,0  H,  14,0  N  und  22,0  O. 

Analysen  schwarzer  Pigmente  anderer  Theile  des  ThierkÖrpers, 
▼om  Aogenschwarz  durch  Reagentien  nicht  unterscheidbar,  sind  von 

0  AaiMl  d.  Ghem.  n.  Pharm.  Bd.  XL,  S.  68. 


556  Augenstein.  —  Augit. 

C.  SobmidtO  ^^^  Ueintz')  geniaeht,  haben  aber  ▼on  einander  so 
abweichende  Resaliate  gegeben,  dass  an  Anfstellnng  einer  cbemlsciMB 
Formel  für  den  Stoff  noch  nicht  su  denken  ist 

Dass  das  Angenpigment  in  naher  chembcher  Beziehong  zum  Bitil- 
pigment  stehe,  ist  wahrscheinlich,  die  Art  dieser  Beziehung  aber  bis- 
her nicht  näher  definirt  worden.  F—  r. 

Augenstein  {Lapis  divinus)^  ein  veraltetes  Medicament«  wird 
bereitet,  indem  man  gleiche  Theile  von  Kupfervitriol  oder  Qrflnspao,  Alaun 
und  Salpeter  rasch  in  ihrem  Krystallwasser  schmilzt,  ein  Achtel  Cainpher 
hinzusetzt,  und  das  Ganze  schnell  auf  Blech  ausgiesst,  wo  es  dann  zu 
einer  hellgrünlichen  Masse  erstarrt,  welche  kühlend,  aber  herbe  metal* 
lisch  schmeckt  und  sich  ziemlich  vollständig  in  Wasser  löst. 

Augenstein  heisst  auch  zuweilen  der  Zinkvitriol,  weil  er  gegen 
Augenkrankheiten  gebraucht  wird,  so  wie  der  Chalcedon,  wenn  er 
mit  einer  dem  Auge  ähnlichen  Zeichnung  versehen  ist. 

Augit,  Pyroxen.  Diese  Namen  umfassen  eine  ganze  Claaae 
von  Mineralien,  denen  1)  eine  gewisse  monoklinoSdrische  Krystailform 
(Prisma  von  nahe  87<>  mit  7i^  geneigter  BasisJ  und  2)  eine  bestimmte 
chemische  Zusammensetzung  eigen  ist,  welche  sich  durch  das  allgetneine 
Formel-Schema  3  .(BO)  2.[Si03]  ausdrücken  lässt.  In  dem  Gliede 
(RO)  treten  besonders  MgO,  CaO,  FeO,  MnO  und  mitunter  auch  basi- 
sches Wasser  auf,  indem  3  Doppelatome  HO  an  die  Stelle  von  1  Atom 
MgO  treten  (s.  Isomorphismus,  polymerer).  Das  Glied  (SiOs)  be- 
steht entweder  bloss  aus  Kieselerde  (thonerdefreie  Augite)  oder  aus 
Kieselerde  und  Thonerde  (thonerdehaltige  Augite),  indem  3  Atome 
Ala  Os  hierbei  2  Atome  SiOg  polymer-isomorph  vertreten. 

Je  nach  der  Art  und  relativen  Menge  der  im  Augit  auftretenden 
Basen,  BO  =  CaO,  MgO,  FeO  und  (HO),  zeigt  sich  dieses  Mineral 
mit  sehr  verschiedenem  äusseren  Charakter,  der  sich  nicht  bloss  auf 
Farbe,  Olanz,  Grad  der  Pellucidität  und  specifisches  Gewicht,  sondern 
auch  auf  die,  zum  Theil  mit  Winkeldifferenzen  der  Grandform  ver- 
knüpfte krystallographische  Ausbildung  erstreckt,  welche  letztere  es 
besonders  ist,  die  zur  Aufstellung  der  verschiedenen  Angitapecies 
Veranlassung  gegeben  hat,  von  denen  wir  folgende  als  die  wichtigstell 
hier  anführen. 

Gemeiner  Augit,  BO  =  CaO,  MgO,  FeO.  Ein  Theil  der 
Kieselerde  ist  in  mehreren  dieser  Augite  durch  Thonerde  —  2  SiO^ 
durch  8  Al^  Os  -^  vertreten.  Schwarze,  grünlich  oder  bräunlich  schwarze, 
undurchsichtige  Krjstalle  und  krjstallinische  Massen,  spaltbar  nach 
einem  monoklinoSdrischen  Prisma  mit  Winkeln  von  nahe  87^  und  93^ 
Specif.  Gewicht  =:  3,33  bis  8,36.  Die  meist  ringsum  ausgebildeten  Kry- 
stalle  kommen  gewöhnlich  in  basaltischen  oder  anderen  vulcaniscben 
Grebirgsarten  eingewachsen  vor,  woher  der  Name  basaltischer 
Augit.  Von  den  sehr  zahlreichen  Fundstätten  desselben  nennen  wir 
Aetna,  Vesuv,  Eifel,  böhmisches  Mittelgebirge,  Fassathal,  Island.  In 
einigen  dieser  Augite  ist  MgO  fast  ganz  durch  CaO  und  FeO  ver- 
drängt. Der  Hudson it  von  Nordamerika  enthält  vorherrschend  FeO 
und  fast  keine  MgO ;  zugleich  ist  in  ihm  ein  sehr  beträchUieher  Tbeii 
der  SiOa  durch  Al^Os  polymer- isomorph  vertreten« 

')  Lehmann,  phys.  Chem.  Bd.  I,  S.  296.  —  *)  Ueinti,  Zoochemle,  S.  SiS. 


Aurade.  '  567 

Pyrozen.  Mit  dieser  BeneimiiDg <,  obwohl  dieselbe  eigentlich 
der  ganzen  Augitfamilie  zukommt,  nmfasst  Dana  gewisse  grüne  bis 
dankelgrAne  Augitvariet&ten ,  wie  Fassait,  Kokkolith  (ans  einer 
Znsammenhänfang  randlioher,  krystalliniscber  Komer  bestehend),  Fun- 
kit,  Baikalit  u.  s.  w.  Ihre  chemische  Zusammensetzung  unterschei- 
det sioh  von  der  des  geroeinen  Angit  besonders  durch  eine  geringere 
Men^  voa  FeO* 

Diopsid  (weisser  Augit,  Mussit).  RO  besteht  wesentlich 
Bur  am  GaO  und  MgO,  doch  in  einigen  Varietäten  sind  auch  kleine 
Mengen  FeO,  MnO  und  selbst  (HO)  enthalten.  Von  weisser,  graulich 
bb  grünlich  weisser  und  licht  grüner  Farbe.  Mitunter  sehr  schön 
krystalllairt,  so  namentlich  von  der  Mussa-Alpe  in  Piemont. 

Malakolith.  Ein  an  MgO  reicher  Äugit,  der  zugleich  (HO) 
enthält,  und  in  welchem  CaO  und  FeO  nur  untergeordnet  aufzutreten 
ptfegeo.  Wegen  seines  Wassergehaltes  weniger  hart  als  die  wasser- 
freien Angite.  Salit  und  Pyrgom  schliessen  sich,  hinsichtlich  ihrer 
ehemischen  Zusammensetzung,  theils  dem  Malakolith,  theils  dem  Pyroxen 
und  Diopsid  an. 

Diaila g,  Broncit  sind,  wie  der  Bialakolith,  wasserhaltige,  an 
MgO  reiche  Augite.  in  welchen  zugleich  mehr  oder  weniger  SiOa 
diireh  AJ^O»  polymer-isomorph  vertreten  zu  sein  pflegt.  Im  Hyper- 
ithen  ist  FeO  sehr  vorherrschend.  Alle  diese  Mineralien,  welchen  sich 
tach  gewisse  au gi  tische  Talke  (s.  Talk)  anschliessen,  haben  wegen 
vorherrschender  Deutlichkeit  gewisser  Spaltungsflächen,  blättrige 
Stmctnr. 

Asbestartige  Augite  sind  wasserhaltige  Kalk-Magnesia- Augite 
von  fiiseriger  Structur.  Einige  derselben  treten  als  Paramorphosen 
sot  Dies  ist  z.B.  der  Fall  mit  dem  Traverse  11  it  i)  (s.  d.)i  ein 
wasserhaltiger  Eisen- Magnesia -Augit  von  Traversella  in  Piemont. 
Aach  scheint  hierher  ein  fast  reiner  Eisen-Augit  zu  gehören,  welchen 
Grüner  ')  analysirt  hat. 

Endlich  sind  hier  noch  folgende  augitische  Mineralien  zu  nennen. 
Aegyrin,  wahrscheinlich  ein  Elalk- Natron -Augit;  Akmit  (s.  d.),  in 
welchem  SiOg  durch  Al^Og  und  Fe^O^  vertreten  wird;  Spodumen 
(».Akmit),  in  welchem  AlfOg  für  3  BO  auftritt;  Jeffersonit,  ein 
smkhaltiger  Augit;  Bhodonit,  ein  Bifangan- Augit,  worin  RO  fast  nur 
=  MnO. 

Durch  seine  chemische  Constitution  steht  der  Augit  in  einer  eigen- 
^fimlichen  Beziehung  zum  Vesuvian  (s.  d.) 

Die  Augite  werden  durch  stärkere  Mineralsäuren,  mit  Ausnahme 
<ier  Flosssänre,  nicht  vollkommen  zersetzt.  Ihr  Löthrohrverhalten  ist, 
nseh  den  in  ihnen  auftretenden  Bestandtheilen ,  natörlich  ein  verschie- 
«lenes,  doch  nicht  charakteristisch  genug,  nm  durch  diese?  Verhalten 
»Hein  eine  Augitspecies  zu  erkennen.  n.  s. 

Aurade,  Pomeranzenblüthencampher  nennt  PHsson 
eioen  aus  dem  Oleum  neroU  durch  Znsatz  von  Alkohol  in  weissen  perl- 
motterglänzenden  Nadeln  abgeschiedenen  Körper,  wahrscheinlich  das 
Stearopten  dieses  Oeles.  Nach  Henry  und  Plisson  enthält  es  88,76 
Kohlenstoff,  15,09  Wasserstoff  und  1,15  Sauerstoff;  ohne  Zweifel  rührt 


^)  Pogg.  AiwaL  Bd.  XCin,  S.   109.  —  *>  Compt  rend.  T.  XXIV,  p.  794. 


668  Atirantin,  —  Ausdehnung. 

dieser  Saneratoffgehalt  nur  vou  einem  Yerlnat  an  Kohknetoff  b«i  der 
Analyse  her,  und  dann  hätte  dieser  Kohlenwasserstoff  nahe  dieselbe  Zi»> 
sammensetzung ,  wie  das  Stearopten  des  Rosenöles.  Erhitzt  schmilrt 
dieser  Korper  bei  50®  C,  erstarrt  beim  Erkalten  zu  einer  wachflsirtig- 
unkrjstallinischen  Masse  und  sublimirt  bei  Abschlnss  der  Luft  ohne 
Zersetzung.  Er  erfordert  10  Thle.  siedenden  Weingeist  von  44^  B.  sa 
seiner  Auflösung,  er  löst  sich  auch  in  Aether  so  wie  in  Terpeptinfii, 
nicht  aber  in  Wasser.     Säuren  verändern  ihn  nicht. 

Man  erhält  aus  frischem  Neroli-Oel,  welches  reichhaltiger  aU  altes 
ist,  gegen  1  Proc.  X. 

Aurantin,  syn.  mit  Hesperidin  (s.  iste  Aufl.  Bd.  m, 

S.  855). 

Aurichalcit  (von  csunm^  Gold,  und  xalnog^  En,  in 
auf  die  goldfarbige  Legimng,  welche  man  bei  der  Bednction 
kapfer-  und  zinkhaltigen  Erzes  enthält)  nannte  Böttger  ein  in  dnrcli- 
sichtigen,  spangrünen,  nadeiförmigen  KrystaUen  m  Loktewsk  mm  Altai 
vorkommendes  Mineral,  welches  die  Zusammensetzung  2(CuO  .  COf) 
-j-  3  Zn  O  .  H  O)  zu  haben  scheint ,  entsprechend  29  Kapferoxjd, 
45  Zinkoxyd  und  10  Wasser.  '  Th.  S. 

Aurikel-Camphor,  Aurikel-Stearopten^).  Dasb« 

der  Destillation  von  (im  April  oder  Mai  gesammelten)  frischen  Aurikel- 
wurzeln  (von  Primula  aurictUd)  mit  Wasser  erhaltene  trübe  DestiUal 
soll  einen  weissen  krystallinischen  Körper  von  eigenthümlichem,  stai^ 
ken,  angenehmen  Geruch  absetzen;  seine  Lösung  in  Alkohol  wird  dordi 
Zusatz  von  Eisenoxjdsalz  zuerst  roth,  später  unter  Absatz  einer  br&im* 
lichgelben  harzartigen  Substanz  wieder  farblos. 

Aurin  nennt  Chevreul  einen  goldgelben  Farbstoff,  der  sieh  in 
dem  Bois  de  Sable  neben  einem  rothen  findet,  der  aber  nicht  unter- 
sucht ist. 

Auripigment  s.  Arsensulfide  S.  316  und  Arsen- 
bienden  S.  241. 

Aurum  mosaicum  S.  Musivum,  syn.  fOr  das  bei  höhe- 
rer Temperatur  dargestellte  metallisch -glänzende  Zinnsulfid  (s.  d.). 

Ausblühen  s.  Auswittern. 

Ausdehnung.  Unter  Ausdehnung  soll  hier  die  Vergröase* 
rung  des  Baumgehaltes  der  Körper  bei  gleichbleibender  Masse  TerstaD- 
den  sein,  so  dass  die  Volumenverändemngen ,  welche  mit  Aufnahm« 
oder  Abgabe  eines  anderen  Stoffes  verbunden  sind,  wie  z.  B.  das  Auf- 
quellen oder  Zusammenschwinden  des  Holzes  oder  anderer  organischer 
Substanzen  in  Folge  der  Veränderung  des  Feuchtigkeitsgehaltes,  von 
den  folgenden  Betrachtungen  ausgeschlossen  sind. 

Die  Vergrösserung  des  Baumgehaltes  einer  Substanz  ohne  ICas* 
senveränderung  kann  durch  mechanische  Kräfte  oder  durch  die  Wärme 
hervorgerufen  werden.  In  beiden  Fällen  wirkt,  bei  starren  und  aoeh 
noch  bei  tropfbarflüssigen  Körpern,  die  Cohäsion,  oder  die  gegenseitige 


^}  Hfl&efeld  B  Joura.  f.  prakt.  Ghem.  Bd.  VH,  S.  61  n.  Bd.  xVl,  S.  111. 


Ausdehnung.  559 

iknziehnng  der  kleioBten  gleichartigen  Theilchen  eines  Körpers  (eine 
Knft,  welefae  an  sich  das  Volumen  eines  Körpers  zu  verkleinern  strebt) 

Ausdehnung  entgegen.     Bei  den  Gasen  ist  die  Cohäsion  im  AUge- 

len  nicht  mehr  merkbar  und  sie  beginnt  erst  dann  einen  wahrnehm- 
baren Einfluss  SU  äussern,  wenn  die  Gase  durch  Verdichtung  oder  Ab- 
kfiblnng  dem  Uebergange  in  die  tropfbarflüssige  Aggregatform,  also  dem 
Zustande  nahe  gebracht  sind,  in  welchem  sie  vorzugsweise  Dämpfe  ge- 
muEUit  werden.  Es  soll  im  Folgenden  nur  die  durch  die  Wärme  bewirkte 
Amdehnung  näher  betrachtet  werden. 

Alle  Substanzen,  sie  mögen  dem  starren,  tropfbarflüssigen  oder 
gasförmigen  Aggregatzustande  angehören,  dehnen  sich  aus,  wenn  ihre 
Temperatur  erhöht  wird,  und  ziehen  sich  wieder  zusammen,  wenn  sie 
ab^ekfihlt  werden.  Es  giebt  nur  äusserst  wenige  Ausnahmen  von  die- 
sem allgemeinen  Satze,  und  sie  finden  sich  nur  da,  wo  entweder  die 
Temperator  eines  starren  Körpers  sich  dessen  Schmelzpunkt  nähert 
(wie  s.  B.  bei  Bose's  Metallgemisch  zwischen  59^  und  95<^C.),  oder 
wo  die  Temperatur  einer  tropfbarflüssigen  Substanz  bei  der  Abkühlung' 
dem  Erstarrungspunkte  nahe  kommt  (wie  z.  B.  bei  dem  Wasser  zwi- 
selien  4«  und  QOC). 

Eis  mag  noch  erwähnt  werden,  dass  im  Folgenden  nicht  von  sol- 
chen Volnmenändemngen  durch  die  Wärme  die  Bede  sein  soll,  welche 
manche  Körper  in  hohen  Hitzgraden  erleiden,  wie  z.  B.  das  Schwinden 
oder  Zusammensintern  mancher, namentlich  thonerdehaltiger  Substanzen  in 
heftigem  Feuer,  und  die  Baumvergrösserung,  und  damit  Abnahme  des 
qiecifischen  Gewichts,  welche  manche  Krystalle  erfahren,  wenn  sie  beim 
Schmelzen  in  den  amorphen,  glasigen  Zustand  Übergehen,  wie  z.  B.  der 
Yesavian  von  Egg  (specif.  Gewicht  krjstallinisch  3,45;  amorph  2,95); 
Grosaular  (3,63  und  2,95);  Axinit  (3,29  und  2,81);  Granat  von 
Grönland  (8,90  und  8,05). 

I>ie  genaueren  Methoden,  die  Ausdehnung  zu  messen,  welche  Kör- 
per einer  Aggregatform  in  der  Wärme  erleiden,  setzen  die  Kenntniss 
der  Ausdehnung  von  Substanzen  anderer  Aggregatformen  voraus.  Da 
es  indessen  zu  weitläufig  wäre,  den  historischen  Weg,  auf  welchem  man 
allniälig  zur  Kenntniss  der  genaueren  Ausdehnungswerthe  gelangte, 
hier  zn  verfolgen,  so  soll  nach  einander  die  Ausdehnung  der  starren, 
der  tropfbarilüssigen  und  gasförmigen  Körper  abgehandelt  werden. 

1.    Ausdehnung  starrer  Körper. 

Die  Ausdehnung  der  starren  Substanzen  ist,  der  bei  ihnen  noch 
staiic  vorherrschenden  Cohäsion  wegen,  nur  äusserst  gering.  Durch  eine 
Erwännong  von  0^  auf  100®  C.  wird  der  Raumgehalt  derselben  um 
i/mo  bis  höchstens  ^/s«  vergrössert. 

Unter  diesen  Umständen  kann  die  Verlängerung  einer  linearen 
Dimension  oder  die  sogenannte  lineare  Ausdehnung  ohne  merkba- 
roiFehler  dem  dritten  Theile  der  räumlichen  Ausdehnung  gleich- 
gesetzt werden.  Denn  angenommen,  es  verlängere  sich  jede  Seite 
eines  Wflrfels,  welche  bei  O^C.  gleich  1000»»  war,  durch  Erwärmung 
auf  lOO^C.  um  1*"*,  also  um  Viooo  ^^^  nrsprOnglichen  Länge,  so  ist 
der  Banmgehalt  des  auf  lOO^C.  erwärmten  Würfels  in  Cubikmillime* 
tem  (1000  +  1)« 

=  1000»  -f.  8. 1000«   -f.  8 .  1000  +  1. 

=  1 000  000 000  -f  8  000000  +  8000      -f  1. 


560  Ausdehntttig. 

VeniachläaBigt  man  die  beiden  letzten  Glieder,  als  im  Vergleich  mit 
der  Hauptsumme  völlig  unerheblich,  so  hat  maft  eine  Baumvergröase« 
ruug  von  '/looo  ^^^  anfänglichen  Volumens.  Nennt  mnn  daher  den 
Betrag  ff,  uro  welchen  die  Lüirgeneinheit  einer  Substanz  durch  Erwär- 
mung von  t  auf  t  -\-  l  Grad  zunimmt,  den  linearen  Ausdehnungs- 
coSfficienten  der  betreffenden  Substanz  bei  der  Temperatur  t^  bo 
ist  3a  der  räumliche  Ausdehnungscoefficient  für  die  oiim- 
liche  Temperatur.  Bei  vielen  starren  Substanzen  bleibt  der  Betrag, 
um  welchen  die  Längeneinheit  oder  die  Baumeinheit  sich  durch  Erhö- 
hung der  Temperatur  um  Einen  Gi'ad  ausdehnt,  innerhalb  sehr  weiter 
Temperaturgrenzen  (z.  B.  zwischen  0®  und  100^  C.)  constant^.  In 
solchen  Fällen  wird  jener  Ausdehnungswerth  für  die  Erwärmung  um 
1<^C.  schlechthin  der  lineare  oder  der  cubische  AusdehnungscoSf&cient 
der  betreffenden  Substanz  genannt,  und  wenn  die  Ausdehnung  a  einer 
Länge  /,  oder  die  Ausdehnung  (t  eines  Volumens  v  des  Körpers  bei 
Erwärmung  von  1^  auf  t^  beobachtet  wurde,  9o  ist  mit  genügender  An- 
'näherung,  abgesehen  von  einer  bestimmten  Temperatur: 

a  =' jr r  der  lineare  AusdehnungscoeflUcient, 

a'  =  3  a  =  -=- r  der  cubische  AusdehnungscoSfHcient. 

Der  Raumgehalt  von  Gefässen  vergrössert  sich  beim  Erwärmen 
gerade  so,  als  wenn  er  mit  der  starren  Substfinz  erfüllt  wäre,  aus  wel- 
cher die  Gefäss wände  bestehen.  Bezeichnet  cC  die  cubische  Ansdeh* 
nung  einer  Glassorte  für  l^C,  so  wird  ein  Gefäss  aus  solchem  Glase, 
welches  bei  0<^C.  einen  Raumgehalt  Vq  hat,  bei  t9  ein  Volumen  Vt 
=  ^(1  ~F~  A'O  haben.  Die  nämliche  Betrachtungsweise  ist  anwend- 
bar, wenn  ein  Glasgefäss  durch  eingeritzte  Skale  in  gleiche  Ranm- 
theile  eingetheilt  ist  und  als  Volumeneinheit  der  Raum  betrachtet  wird, 
welcher  bei  O^C.  zwischen  zwei  nächsten  Theilstrichen  begriffen  ist 
Hat  man  bei  ifi  ein  scheinbares  Volumen  V  beobachtet ,  so  ist  das  auf 
die  angenommene  Einheit  reducirte  wahre  Volumen  F(l  -(-  oT  i). 

Die  lineare  Ausdehnung  ist  für  solche  Substanzen  gemessen  wor- 
den, uns  welchen  sich  längere  Stäbe  darstellen  liessen.  Der  eine  E^nd- 
punkt  derselben  wurde  unverrückbar  befestigt  und  die  Länge  derStibe 
mittelst  am  anderen  Ende  angebrachter  mikrometrischer  Apparate  bei 
zwei  Temperaturen  gemessen,  welche  sich  lange  genug  constant  er- 
halten liessen  (z.  B.  O^^C,  mittelst  Umgeben  der  Stäbe  mit  schmel- 
zendem Eise,  und  lOO^C. ,  mittelst  Umgeben  mit  siedendem  Wasser 
oder  mit  den  aus  siedendem  Wasser  sich  entwickelnden  Dämpfen),  uro 
sicher  sein  zu  können,  dass  die  Substanzen  durch  ihre  ganze  BCasse 
die  betreffende  Temperatur  angenommen  hatten.  Es  wiurden  auf  diese 
Weise  folgende  Au.«dehnnngen ^)  der  Längeneinheit  gefunden: 


')  Wann  dies  auch  nicht  in  tller  Strenge  der  Fall  ist,  vielmehr  höchst  wmhr- 
Bcheinlich  bei  allen  starren  und  tropfbarflttssigen  Körpern  der  AusdehuungscoSfBcient 
in  höherer  Temperatur  wächst,  so  scheint  derselbe  doch  oft  innerhalb  der  Grense,  bis 
zu  welcher  die  Genauigkeit  der  Beobachtung  reicht,  constant  zu  sein. 

<)  Die  Tabelle  enthält  fast  durchgängig  die  von  Lavoisier  und  La  place  ge- 
fundenen Werthe. 


Ausdehnung. 


561 


Substanzen. 


■«H 


Verlängerung 
für  das  In- 
tervall 
0»  bis  100«  C. 


Substanzen. 


Verlängerung 
fiir  das  In- 

teryall 
0«  bis  100»  C. 


Antimon    .   .   • 

Blei 

Bronze   .   .   .   . 

Eisen:  , 
Gusseisen    .   • 
Schmiedeeisen 
Eiaendralit  .  . 

Glas 


Gold,  gegitiht  .... 

„  nickt  geglüht  . 
Hartloth: 

1  Zink,  2  Rupfer  .   . 

Kupfer 

Marmor  von  Carrttra  . 
Messing 


0,001088 
0,002848 
0,001817 

0,001109 
0,001220 
0,001140 
0,000776 

bis 
0,000944 
0,001514 
0,001552 

0,002058 
0,001718 
0,000849 
0,001867 

bis 
0,001890 


FUtin 

Sandstein    .   .   .   . 

Silber 

Spiegelinetall  .  . 
Stahl: 

gehärtet    .... 

weich 

Weichloth: 

1  Zinn,  2  Blei  . 
Wismuth  .  .  .  . 
Zink: 

gegossen  .   .   .   . 

gehämmert    .   .    . 

gewalzt  .  .  .  . 
Zinkloth: 

1  Zinn,  2  Kupfer 
Zinn 


0,000857 
0,001174 
0,001910 
0,001988 

0,001800 
0,001079 

0,002505 
0,001892 

0,002987 
0,003108 
0,008331 

0,002058 
0,001983 

bis 
0,002178 


Wie  man  sieht,  sind  je  nach  der  physikalischen  BeschaflPenheit  der 
Metalle,  je  nachdem  dieselben  gegossen,  gehämmert  und  gewalzt,  ge- 
härtet oder  angelassen  sind,  die  Ausdehnungscoefiieienten  verächieden. 
Im  Aligemeinen  scheinen  die  Operationen,  welche  die  Dichte  vermeh- 
ren ,  auch  die  Aasdehnung  durch  die  Wärme  zu  vergrössern.  Uebri- 
geos  sind  auch  bei  scheinbar  gleichartigem  Zustande  der  Substanzen  von 
▼erschiedenen  Beobachtern  sehr  ungleiche  Ausdehn'ungswerthe  gefunden 
worden,  was  bei  zusammengesetzten  Körpern,  wie  Glas,  Messing,  Stahl, 
▼on  dem  Mangel  an  chemischer  Gleichheit,  bei  einfachen  Substanzen 
Ton  kleinen  Verschiedenheiten  der  physikalischen  Beschaffenheit  her- 
rühren möchte.  In  Fällen,  wo  es  auf  grösste  Schärfe  in  der  Bestim- 
mung der  Längenausdehnung  ankommt,  wie  z.  B.  bei  Stäben,  welche 
zu  Pendelbeöbachtungen  oder  bei  Basismessungen  dienen,  kann  man 
sich  daher  nicht  auf  vorhandene  Angaben  Ober  die  Ausdehnung  der 
betreffenden  Substanz  verlassen,  sondern  muss  die  Bestimmung  der 
Längenaosdehnung  an  jedem  Individuum  besonders  vornehmen;  dies 
war  z.  B.  von  Borda  bezüglich  der  vier  Platinlineale  (jedes  von  zwei 
Toisen  oder  12  Pariser  Fuss  Länge)  geschehen,  welche  als  Maassstäbe 
bei  den  zur  Fesstellung  des  Meters  vorgenommenen  französischen  Grad- 
messongen  gedient  haben. 

Anf  die  Platinlineale  waren  Kupferlineale  am  £inen  Ende  befestigt, 
am  anderen  Ende  trugen  diese  letzteren  eine  Theilung,  welche  unmit- 
telbar Zwanzigtausendtel  von  der  Länge  der  Lineale  angab,  während 
ein  anf  dem  Platinlineale  befestigter  Nonius  noch  Zehntel  solcher 
Thefle,  also  noch  etwa  Hundertel  Pariser  Linien,  abzulesen  gestattete. 
Auf  diese  Weise  kann  der  Unterschied  der  Ausdehnung  zweier  Stäbe 
von  gleicher  Länge,  aber  aus  verschiedenem  Material,  sehr  genau  beob- 
mckMt  and,  wenn  derAusdehnungscoSfficient  für  die  Substanz  des  einen 


BndwOrtcrbiich  dw  Üb«iiii«.   2te  Aafl.   Bd.  U. 


36 


562  Ausdehnung. 

Stabes  bekannt  Ut,  derjenige  für  die  Substanz  des  zweiten  Stabes  ge- 
funden werden. 

Gresetzt,  bei  0^  G.  haben  beide  Stäbe  die  Länge  Ly  bei  fi  der  erste 
Stab  die  Länge  Z'  =  Z(l  +  at),  der  zweite  Stab  die  Länge  L"  = 
Lil  ^  a'ty,  so  ist  L'  —  L"  =  L t(a  —  iT).  Es  ist  aber  L'  —  V 
der  beobachtete  Längenunterschied,  so  dass  mithin,  wenn  a  bekannt 
13t,  a'  berechnet  werden  kann,  und  es  ist  auf  diese  Weise  z.  B.  ^on 
DuloBg  und  Petit  (He  Ausdehnung  des  Kupfers  ans  derjenigen  des 
Platins  abgeleitet  worden. 

Darf  man  dagegen  die  Ausdehnung  der  Substanzen  zweier  nach 
der  oben  angegebenen  Art  verbundener  Lineale  als  bekannt  und  inner- 
halb eines  gewissen  Temperaturintervalles  auch  den  Temperataren  des 
Quecksilbertherroometers  proportional  annehmen,  so  kann  das  System 
der  beiden  Lineale  als  Metallthermometer  dienen,  und  es  Ist  diese  Art 
der  Temperaturbestimmung  von  besonderem  Werthe  bei  Maassstäben, 
welche  zu  genauen  Längenmessungen  dienen  sollen,  weil  diese  dann 
ihre  eigene  Temperatur  angeben.  Gesetzt,  beide  Lineale  haben  bei 
0<^C.  gleiche  Länge  und  zeigen  bei  100^  C.  einen  Längenunterschied 
Z>,  bei  (^  einen  Längenunterschied  d,  so  ist  die  Tenlperatur  durch  die 

Oleichung  (  =  —  100  gegeben. 

Wenn  gerade  dünne  Streifen  zweier  Metalle  von  ungleicher  Aus- 
dehnung ihrer  ganzen  Länge  nach  mit  einander  verbunden  werden,  so 
müssen  sich  dieselben  bei  jeder  Temperaturänderung  biegen,  indem  das 
weniger  ausgedehnte  Metall  auf  die  concave ,  das  stärker  ausgedehnte 
auf  die  convexe  Seit^  des  KrÜmmungsbogens  zu  liegen  kommt.  Diese 
Conseqnenz  der  ungleichen  Ausdehnung  ist  in  dem  MetallthermooDeter 
(vergl.  Art  Thermometer)  zur  Messung  der  Temperatur  angewandt 

Verglichen  mit  den  durch  das  Quecksilberthermometer  gemessenen 
Temperaturen  wächst  der  AusdehnungscoSfficient  vieler  starrer  Körper 
in  höherer  Temperatur,  und  dies  ist  noch  mehr  der  Fall,  wenn  man 
die  Temperaturangaben  des  Luftthermometers  (vergl.  Art  Thermo- 
meter) zu  Grunde  legt,  d.  h.  die  Ausdehnung  der  Metalle  mit  derjenigen 
der  Luft  vergleicht  So  ergaben  sich  z.  B.  für  die  folgenden  auf  die 
Angaben  des  Luftthermoraeters  bezogenen  Temperaturintervalle  die 
mittleren  linearen  Ausdehnungen: 

Zwischen  0<>  und  100<^  C.  Zwischen  0«  und  SOC"  C 

Für  Platin    ....     0,00088420     ....     0,00275482 
„     Glas      ....     0,00086183     ....     0,00303252 
„     Eisen    ....     0,00118210     ....     0,00440528 
„     Kupfer.    .     .     .     0,00171820     ....     0,00564972. 
Es  würden  hiemach  Thermometer  aus  Platin,  Kupfer,  Glas,  Eisen, 
wenn  man  den  Eis-  und  den  Siedepunkt  bei  denselben  auf  die  gewöhn- 
liche Art  festgelegt  hätte,  bei  300<^C.  des  Luftthermometers  die  folgen- 
den Temperaturen  angeben: 

Lnft  PUitin  Kupfer  Glas  Eisen 

800«  3120  8290  8530  3730 

Die  Messung  der  Ausdehnung  der  genannten  Substanzen  bei  die- 
sen hohen  Temperaturen  waren  übrigens  von  Dnlong  und  Petit 
nicht  an  Stäben  ausgeführt  worden;  vielmehr  bestimmten  diese  For- 
jeher  snnächstdie  cubische  Ausdehnung  so,  dais  sie  eine  bestinuBte 


Ausdehnung.  568 

Grewichtsmenge  der  betreffenden  Substanz  in  ein  Glasgefäss  brachten, 
welches  nachher  zn  einer  capillaren  Spitze  aasgezogen  und  übrigens 
mit  reinem  Quecksilber  gefüllt  wurde.  Der  Apparat  wurde  dann,  w&h- 
rend  seine  Spitze  unter  Quecksilber  tauchte,  verschiedenen  Tempera- 
turen ausgesetzt  und  jedesmal  durch  Wägung  bestimmt,  wie  viel  Queck- 
silber noch  zur  Ausfüllung  des  Zwischenraumes  zwischen  der  einge- 
brachten starren  Substanz  und  den  Glaswänden  erforderlich  war.  Ans 
der  bekannten  Ausdehnung  des  Quecksilbers  und  der  daraus  abgeleiteten 
dea  Glases  (vergl.  unten  Ausdehnung  tropfbarflüssiger  Körper) 
konnte  dann  auf  die  cubische  Ausdehnung  der  eingebrachten  starren 
Substanz  geschlossen  werden. 

£in  anderes  Verfahren,  die  cubische  Ausdehnung  starrer  Substan- 
zen zu  bestimmen,  besteht  darin,  dass  man  bei  verschiedenen  Tempera- 
toren  die  Dichtigkeiten  jener  Substanzen  ermittelt,  diejenige  des  Was- 
sers bei  O^C.  (oder  bei  4<^C.)  als  Einheit  angenommen.  Die  Baum- 
gehalte  derselben  Gewicbtsmenge  verhalten  sich  umgekehrt  wie  die 
Dichtigkeiten  bei  den  bezüglichen  Temperaturen. 

Es  ist  zu  diesem  Zwecke  erforderlich^  zunächst  die  G^wichtsmen- 
gen  reinen  luftfreien  Wassers  zu  bestimmen,  welche  ein  Glasfläsch- 
chen  mit  eingeriebenem  Stöpsel  bei  verschiedenen  Temperaturen  auf- 
nimmt; sodann,  nachdem  eine  bestimmte  Gewichtsmenge  der  starren 
Substanz  in  das  Fläschchen  gebracht  und  die  Zwischenräume  wieder 
mit  reinem  Wasser  gefüllt  wurden,  zu  ermitteln,  welches  das  Gesammt- 
gewicht  bei  verschiedenen  Temperaturen  ist  Es  sei  für  die  Tempera- 
tur t 

W  das  Gewicht  des  im  Fläschchen  enthaltenen  Wassers, 
P  das  Gewicht  der  eingebrachten  starren  Substanz, 
S  das  Gewicht  des  Inhaltes  des  Fläschchens,  wenn  es  die  starre 
Substanz  und  Wasser  enthält, 

P 

ao  i»t  -= — =-  =  Di  gleich  der  Dichte  der  starren  Substanz  bai 

W  —  (.o  —  Jr) 

t9  bezogen  auf  Wasser  von  gleicher  Temperatur.     Ist  femer   Vf  das 

Volamen,  welches  die  bei  0^0.  abgemessene  Baumeinheit  Wasser  bei 

fi  annimmt,  so  ist  r~  ==  Dq  die  Dichte  der  starren  Substanz  bei  f^ 

bezogen  auf  Wasser  von  0<>C.  als  Einheit  Es  ist  demnach  bei  diesar 
Methode  die  Kenntniss  der  Ausdehnung  des  Wassers  durch  die  Wärme 
vorausgesetzt  (vergl.  S.  576).  Hat  man  ebenso  für  eine  Temperator 
i^  die  Dichte  der  starren  Substanz  D'q  gefunden,  so  ist 

Dp  —  D'o 

(r-Oi>'o 

die  mittlere  cubische  Ausdehnung  derselben  für  l^C.  innerhalb  des 
Temperaturintervalles  von  t^  bis  t^.  Auf  diese  Weise  sind  folgende 
Besoltate  von  U.  Kopp  gefunden  worden: 


86 


564 


Ausdehnung. 


Sabstanc. 


Räamliche 

Ausdehnung 

für  1«C. 


Substanz. 


BäomEche 

Ansdehnrntf 

für  VC 


Kupfer     . 
Blei  .   .   . 
Zinn      .    . 
Eisen    .   . 
Zink     .   . 
ELadmium 
Wismuth 
Antimon  . 
Schwefel  . 
Bleiglanz 
Zinkblende 
l^isenkies 
Rutil     .   . 
Zinnstein 
Eisenglanz 


0,000051 
0,000089 
0,000069 
0,000087 
0,000089 
0,000094 
0,000040 
0,000083 
0,000188 
0,000068 
0,000086 
0,000084 
0,000082 
0,000016 
0,000040 


Magneteiaen  .  . 

Flussspath  .  .  . 

Airagonit    .  .  . 

Kalkspath    .  .  . 

Bittenpath  .  .  . 

Eitenspath  .  .  . 

Schwerspath  .  . 
Cölestin    .... 

Quarz 


Orthoklas    .... 

Weiches  Natronglas 
Andere  Sorte  .   . 
Hartes  Kaliglas  .   . 


0,000019 

0,000068 

0,000065 

0,000018 

0,000085 

0,000085 

0,000058 

0,000061 

(0,000042 

10,000089^ 

(0,000086 

|0,000017») 

0,000086 

0,000084 

0,000091 


Die  In  dieser  Tabelle  mit  *)  bezeichneten  Werthe  bestimmte  H.  Kopp 
nach  der  oben  angegebenen  Methode  von  Dalong  nnd  Petit. 

Die  Zunahme  der  Aoadehnong  starrer  SubstanzeQ  mit  steigender 
Temperatur  tritt  bei  vielen  ganz  besonders  merklich  in  der  Nähe  des 
Schmelzpunktes  hervor,  auch  abgesehen  von  der  jähen  Volumenver- 
grösserung  der  meisten  Körper  im  Augenblick  des  Schmelzens  selbst 
Namentlich  solche  Körper  zeigen  ein  stärkeres  Anwachsen  des  Ansdeb- 
nungscoSfficienten,  welche  vor  dem  Schmelzen  durch  verschiedene  Grade 
der  Weichheit  und  Zähflüssigkeit  hindurchgehen ,  ehe  sie  völlig  flussif 
werden,  wie  man  dies  unter  Anderen  bei  Stearinsäure  und  Wachs  beob> 
achtet.  Auch  das  Chlorcalcium  zeigt  eine  deutliche  Zunahme  der  Aus- 
dehnung fbr  gleiche  Temperatur  Intervalle  in  der  Nähe  des  Schmeb- 
pnnktes.  Die  folgende  Uebersicht  giebt  die  Volume  der  genannten  Kdr- 
per  für  gleiche  Temperaturintervalle,  das  Volumen  bei  0<^G.  gleich  1 
angenommen ;  ausserdem  noch  die  Volume  bei  dem  Schmelspunkte  f8r 
den  starren  und  flüssigen  Zustand  nach  den  Bestimmangen  von  H.  Kopp: 

Starr 


Schwefel 
Volumen 


00      280      460      690      920      1150 

1      1,004  1,009  1,015  1,024    1,096 

Ausdehnung  für  je  2 30  0,004  0,005  0,006    0,009  0,072 


115« 
1,150 


Stearinsäure 
Volumen  .  . 


Ausdehnung  für  je  350 


Wachs    . 
Volumen 


Ausdehnung  für  je  320 


Chlorcalcium 
Volumen .  .  • 


Ausdehnung  für  je  lOo 


Starr 

Flüssig 

00       350       700 

700 

1       1,025   1,079 

1,198 

0,025    0,054 

Starr  ^ 

Flüssig 

00      320       640 

640 

1       1,018    1,161 

1,166 

0,018   0,143 

• 

Starr 

Flüssig 

00       100      200 

290         290 

1      1,008  1,007 

1,020     1,118 

0,008  0,007 

Ausdehnung.  565 

Eine  besondere  Erw&hnnng  verdienen  noch  das  Stearin  und  Ro- 
se'8  leichtflfiBBige  MetaUlegining  (ans  2  Thln.  Wismuth,  1  Thl.  Zinn 
und  1  Thl.  J^lei  bestehend),  für  welche  die  folgende  Uebersicht  die 
Zunahme  des  Volumens  (das  Volumen  bei  0<^  =  1  angenommen)  beim 
Erwärmen,  insbesondere  aber  das  bezügliche  Verhalten  in  der  Nähe 
des  Schmelzpunktes  erkennen  lässt 


Temperatur. 

Stearin. 

RoBc's  Legirang. 

0« 

1,0000 

1,00000 

10 

1,0087 

1,00055 

20 

1,0086 

1,00099 

30 

1,0148 

1,00147 

40 

1,0222 

1,00199 

50 

(1,0308  erste  Modification 
n,0O76  zw.eite          „ 

1 1,00847 

60 

(1,0759  starr 
11,1298  flüMig 

1 1,00267 

70 

1,1397 

1,00220 

80 

1,1501 

1,00060 

90 

1,1604 

0,99724 

95 

— 

0,99467  starr 

98 

1,01014  flüssig 

100 

__                                   « 

1,01104 

110 

— 

1,01552 

Das  Stearin  geht  bei  50^ C.  unter  vorübergehender  Schmelzung  in 
eine  zweite  Modification  über,  indem  es  zugleich  eine  bedeutende  Volu- 
menveränderung  erleidet;  es  dehnt  sich  dann  als  starrer  Körper  sehr 
nseh  wieder  aus,  und  im  Moment  des  zweiten  Schmelzens  nochmals 
um  5  Procent. 

Rose 's  Legirung  dehnt  sich  bis  zu  59<^C.  aus,  zieht  sich  aber  ab- 
oonner  Weise  wieder  zusammen,  so  dass  es  bei  82^0.  wieder  das  näm* 
Uehe  Volumen  hat,  wie  bei  0<^C. ,  und  bei  95<^C.,  im  Moment  des  be- 
ginnenden Schmelzens,  ein  noch  kleineres  Volumen  einnimmt 

Alle  amorphen  starren  Substanzen,  so  wie  die  im  regulären  Sy- 
steme kry stall isirenden  Körper  dehnen  sich  nach  allen  EUchtungen 
gleich  stark  aus,  daher  man  auch  aus  der  cubischen  Ausdehnung  die 
lineare  oder  umgekehrt  (vergl.  oben  S.  560)  ableiten  kann.  Bei  Kör- 
pern dagegen,  welche  in  einem  anderen  Systeme,  als  dem  regulären 
kT}r8tallisiren,  ist  die  Ausdehnung  mit  der  Richtung  gegen  die  Krystall- 
sxcQ  verschieden.  Bei  organischen  Körpern,  welche  Textur  besitzen, 
iit  ebenfalls  eine  mit  der  Richtung  verschiedene  Ausdehnung  (bei  Tan- 
nenholz z.  B.  eine  andere  Ausdehnung  nach  der  Richtung  der  Fasern, 
*k  rechtwinkelig  gegen  dieselbe)  wahrgenommen  worden.  Bei  den- 
^stallen  spricht  sich  die  mit  der  Richtung  verschiedene  Ausdehnung 
*m  deutlichsten  in  der  Veränderung  der  Flächenwinkel  aus.  Die  Flä- 
chen, welche  in  den  Endkanten  des  KalkspathrhomboSders  zusammen« 
"Motten,  bilden  bei  gewöhnlicher  Temperatur  zu  je  zwei  einen  Winkel 
▼on  10505';  bei  lOOoC.  ist  dieser  Winkel  um  8,5' kleiner,  derFlächen- 
vmkel  an  den  Seitenkanten  (74<^  55'  bei  gewöhnlicher  Temperatur) 
on  ein  entsprechendes  grösser  geworden.  Das  RhomboSder  hat  sich 
^sr  Würfelform  genähert.  Nennt  man  die  lineare  Ausdehnung  för  das 
Migegebene  Temperaturintervall  in  Richtung  der  Hauptaxe  «,  diejenige 


566  Ausdehnung. 

in  Bichtang  der  Nebensxe  y,  so  folgt  aas  jener  Winkeländenmg,  dasi 

=  1,00842,  während  femer  ar+2y  =  0^018, 


1  +  y 

weil  die  r&nmliche  Ausdehnung  nach  8.  564  =  0,0018  ist  Hieniu 
folgt  aber  x  =  0,00288  und  y  =  —  0,00054,  so  dass  sich  also  eine 
Znsammenaehang,  anstatt  einer  Ausdehnung  in  Bichtang  der  Neben- 
axe  ergiebt.  Wenn  man  zwei  Blättchen  von  einem  Gypskrystall  ab- 
löst und  sie  mit  rechtwinkelig  gekreuzten  Axen  wieder  aufeinander 
leimt,  so  biegt  sich  das  System  bei  Erhöhung  der  Temperatur  ans  dem- 
selben Grunde,  wie  ein  System  zweier  Streifen  aus  verschiedenen  Me- 
tallen, welche  durch  die  Wärme  ungleich  ausgedehnt  werden.  Jene 
Formänderung  ist  ein  Beweis  för  die  ungleiche  Ausdehnung  des  67p- 
ses  in  Bichtnng  verschiedener  Krystallazen. 

Mit  der  höchsten  Wahrscheinlichkeit  kann  man  annehmen,  dass  bei 
den  Krystallen  des  quadratischen  und  des  hexagoualen  Systems  (also 
bei  den  optisch -einaxigen)  die  Ausdehnung  durch  die  Wärme  nach 
allen  auf  der  Hauptaxe  rechtwinkeligen  Bichtungen  gleich  ist,  dass  m 
dagegen  bei  den  Krystallen  des  rhombischen  Systems  und  bei  denjeni- 
gen der  schiefaxigen  Systeme  (also  bei  den  optisch -zweiaxigen)  nach 
drei  zu  einander  rechtwinkeligen  Bichtungen  verschieden  ist. 

2.    Die  Ausdehnung  tropfbarflüssiger  Körper. 

Die  Ausdehnung  tropfbarflüssiger  Körper  durch  die  Wärme  ist 
im  Allgemeinen  beträchtlicher  als  diejenige  starrer  Substanzen,  sie 
liegt  ffir  eine  Erwärmung  von  0<^  auf  lOO^^G.  zwischen  1/5«  bis  Ve  ^^ 
«nf anglichen  Banmgehaltes,  und  ist  im  Allgemeinen  um  so  grosser,  bei 
je  niedrigerer  Temperatur  eine  Flüssigkeit  siedet,  je  näher  dieselbe 
also  bei  gewönlicher  Temperatur  ihrem  Siedepunkte  liegt. 

Die  gebräuchlicheren  Methoden,  die  Ausdehnung  einer  Flüssigkeit 
m  messen,  geben  zunächst  nur  deren  scheinbare  Volumenvergrösse- 
rnng  in  Glasgefässen,  weil  der  Baumgehalt  der  letzteren  selbst  beim 
Erwärmen  grösser  wird.  Um  die  wahre  Baumvergrössemng  der 
Plfissigkeit  aus  der  geringeren  scheinbaren  abzuleiten,  müsste  man  die 
Glasausdebnung  kennen.  Da  indessen  die  Genauigkeit  der  Versuche 
erfordert,  diese  Ausdehnung  für  jede  angewendete  Glassorte  besonders 
an  bestimmen ,  und  dies  nur  dann  mit  Leichtigkeit  und  Sicherheit  ge- 
schehen kann,  wenn  man  eine  Flüssigkeit  von  bekannter  wahrer  Ana* 
dehnnng  in  jene  Gefässe  einschliesst ,  und  deren  scheinbare  Ausdeh- 
nung beobachtet,  so  war  es  erforderlich  für  Eine  Flüssigkeit  die  wahre 
oder  absolute  Ausdehnung  nach  einer  von  der  Ausdehnung  starrer 
Körper  unabhängigen  Methode  zu  ermitteln.  Das  Quecksilber,  welches 
seines  hohen  Siedepunktes  wegen  in  niederen  Temperaturen  eine  sehr 
gleichmässige,  mit  den  Angaben  des  Luftthermometers  (vergl.  d.  Art 
Thermometer)  fast  gleichen  Schritt  haltende  Ausdehnung  zeigt,  er- 
schien hierzu  am  geeignetsten;  es  wurde  dessen  wahre  Ausdehnnog 
zuerst  von  Dnlong  und  Petit,  später  von  Regnault  auf  die  Weise 
bestimmt,  dass  die  Höhen  der  auf  verschiedene  Temperaturen  gebrach* 
ten  Quecksilbersäulen  gemessen  wurden,  welche  sämmtlich  einer  con- 
stant  auf  0®  G.  erhaltenen  Quecksilbersäule  von  unveränderlicher  Hohe 
das  Gleichgewicht  hielten.  Das  Volumen  des  Quecksilbers  bei  O^C. 
gleich  1  gesetzt,  fand  Begnault  für  die  mit  dem  Luftthennometer 
gemessenen  Temperaturen  folgende  Baumgehalte: 


Ausdehnung. 

567 

Ramiiffeluüt 
bei  !• 

Mittlerer  Ausdeh- 

Wahrer  Ansdeb- 

t 

nunffscoefficieot 
swisäen  0*  and  1* 

nnngscoefficient 
bei  <•. 

0« 

1,000000 

0,00000000 

0,q0017905 

10 

1,00179«  ' 

0,00017925 

0,00017950 

30 

1,008590 

0,00017951 

0,00018001 

80 

1,005898 

0,00017976 

0,00018051 

40 

1,007201 

0,00018002 

0,00018102 

50 

1,009018 

0,00018027 

0,00018152 

60 

1,010831 

0,00018052 

0,00018208 

70 

1,012655 

0,00018078   • 

0,00018268 

80 

1,014482 

0,00018102 

0,00018804 

90 

1,016815 

0,00018128 

0,00018854 

100 

1,018153 

0,00018158 

0,00018805 

110 

'  1,019996 

0,00018178 

0,00018455 

IW 

1,021844 

0,00018208 

0,00018505 

180 

1,028697 

0,00018228 

0,00018556 

140 

1,025555 

0,00018254 

0,00018606 

150 

1,027419 

0,00018279 

0,00018657 

160 

1,029287 

0,00018304 

0,00018707 

170 

1,081160 

0,00018829 

0,00018758 

180 

1,088089 

0,00018855 

0,00018808 

190 

1,084922 

0,00018880  ' 

0,00018859 

200 

1,046811 

0,00018405 

0,00018909 

210 

1,088704 

0,00018480 

0,00019959 

220 

1,040608 

0,00018456 

0,00019010 

280 

1,048506 

0,00018481 

0,00019061 

240 

1,044415 

0,00018506 

0,00019111 

250 

1,046829 

0,00018581 

0,00019161 

260 

1,048247 

0,00018557 

0,00019212 

270 

1,050171 

0,00018582 

0,00019262 

280 

1,052100 

0,00018607 

0,00019818 

290 

1,054084 

0,00018682 

0,00019868 

300 

1,055978 

0,00018658 

0,00019418 

SlO 

1,057917 

0,00018688 

0,00019464 

320 

1,059866 

0,00018708 

0,00019515 

880 

1,061820 

0,00018788 

0,00019565 

340 

1,068778 

0,00018758 

0,00019616 

350 

1,065748 

0,00018784 

0,00019666 

Die  letzte  ColnmDe  dieser  Tabelle  giebt  an,  um  wie  viel  in  den 
▼erschiedenen  Regionen  der  Temperatnrskale  von  0^  bis  850^  C.  die 
Ranmeinheit  Quecksilber  sich  durch  Erhöhung  der  Temperatur  um 
1*C.  aosdehnV  100000  000  Cubikmillimeter  Quecksilber,  bei  0<>C.  ab- 
gemessen, nehmen  bei  l^C.  einen  Raum  von  100017  905  GubikmilH- 
meter  ein;  100000  000  Cubikmillimeter  Quecksilber,  bei  SOO^C.  abge* 
messen,  nehmen  bei  8010C.  einen  Raum  von  100019  413  Cubikmilli- 
meter ein.  Der  wahre  Ausdehnungscoßfficient  wächst  mithin 
mit  der  Temperatur.  Die  dritte  Columne  enthä^  die  Quotienten  des 
Unterschiedes  des  zwischen  dem  Volumen  des  Quecksilbers  bei  t^iVt) 
and  demjenigen  bei  O^CVq  =  1)  dividirt  durch  die  Anzahl  der  Tem- 

peraturgrade  t,  also — ,   die    sogenannten   mittleren    Ausdeh- 

nnngscogfficienten.  Zwischen  Oo  und  lOO^C.  ündem  sich  diesel- 
ben so  wenig,  dass  man  die  wahre  Ausdehnung  des  Quecksilbers,  und 
nm  so  mehr  noch  die  geringere  scheinbare  Ausdehnung  im  Glase,  als 
den  Temperaturen  des  Luftthermometers  proportional  annehmen  kann. 
Wenn  die. Punkte  0^  und  lOO^C  bei  einem  Quecksilber-  und  einem 
Loftthermometer  unter  gleichen  Umständen  bestimmt  waren,  also  noth- 


568  Ausdehnung. 

wendig  zusammenfielen,  ergab  eine  genaue  Yergleichung  die  folgenden 
Abweichungen  zwischen  dem  Luft-  und  dem  Queckailberthermomeler: 
Luft: 
—  860  00  4- 1000    129,90    148,70    197,Oo   245,0©   292,70   350o 

Quecksilber : 
_  860  00  -|.  lOOo      1300      150o      200©      250©      300©      360« 
Ans  obiger  Tabelle  ergiebt  sich ,  wenn  man  die  darin  enthaltene 
absolute  Ausdehnung  des  Quecksilbers  als   Maass    der  Temperaturen 
annimmt,  die  Yergleichung  mit  dem  Luftthermometer : 
Luft: 

00     500      looo"      1800      1500      200o      250«      300©      350« 
^Quecksilber  * 

00  49,60  1000  180,50  151©  202,80  255,2o  308,3o  362,2« 
Auf  den  Grund  obiger  Tabelle  über  die  wahre  Ausdehnung  des 
Quecksilbers  lässt  sich  nun  die  kubische  Ausdehnung  von  Glasgef&ssen 
bestimmen.  Es  kann  dies  dadurch  geschehen,  dass  man  das  zu  capilla- 
rer  Spitze  ausgezogene  Glasgefäss  mit  reinem  Quecksilber  anter  Veiv 
meidung  aller  Luftblasen  füllt  und  dann  nacheinander  den  Temperato- 
ren  Oo  und  lOOoC.  aussetzt,  während  die  Spitze  dabei  unter  Quecksil- 
ber taucht  und  dass  man  beidemal  wägt.     Gesetzt  man  habe  gefunden 

das  Gewicht  des  leeren  Glasgef ässes =  P 

das  Gewicht  des  gefüllten  Gef ässes  bei  Oo  C.  .  .  .  =  P 
das  Gewicht  des  gefüllten  Gef  ässes  bei  lOOo  .  .  .  :=  i> 
und  es  sei  D  die  wahre  Ausdehnung  des  Quecksilbers,  S  die  kubische  Aus- 
dehnung des  Glases,  beide  zwischen  OOund  lOOoC.  genommen,  so  hat  man 

Häufiger  wird  der  Fall  vorkommen,  dass  man  die  Glasaasdehnung 
thermometerähnlicher  Apparate  zu  kennen  wünscht,  welche  mit  getheil- 
ter  Skale  versehen  sind  und  bei  welchen  zuvor  nnsgemittelt  wurde, 
wie  viele  einem  Skalentheile  entsprechender  Raumeinheiten  das  Gefäss 
des  Apparates  fasst  Sind  solche  Apparate  bis  zu  einem  gewissen 
Punkte  der  Skale  mit  reinem  luftfreien  Quecksilber  gefüllt,  so  braucht 
man  sie  nur  den  Temperaturen  von  Oo  und  lOOO  C.  auszusetzen  und  die 
scheinbaren  Volume  V  und  V'  des  Quecksilbers  bei  diesen  Tempen- 
tnren  in  Skalentheilen  ausgedrückt  zu  beobachten,  um  die  Glasausdeh- 
nung (d)  bestimmen  zu  können.  Es  ist  nämlich  das  scheinbare  Volu- 
men des  Quecksilbers  P  bei  lOOOQ.,  berichtigt  f^r  die  Ausdehnung 
des  Glases,  gleich  dem  Volumen  des  Quecksilbers  bei  OoC,  vermehrt  um 
die  wahre  Ausdehnung  D  des  Quecksilbers  zwischen  OO  und  lOOOG.,  also 

F(l  +  S)  ^V{\  -f  D)  oder  i  =  -^(1  +  D)  _  1. 

Die  scheinbare  Ausdehnung  des  Quecksilbers  im  Glase  findet  man 
im  Mittel  0,0001545  für  je  loC.  Dieser  Mittelwerth  kann  z.  B.  unbe- 
denklich gebraucht  werden,  wenn  man  denjenigen  Theil  des  Queck- 
silberfadens im  Thermometer,  welcher  einer  zu  messenden  Temperatur 
nicht  ausgesetzt  ist,  auf  diese  Temperatur  corrigiren  will.  Für  das 
Intervall  von  Oo  bis  lOOo  G.  vermehrt  sich  das  scheinbare  Volumen  des 
Quecksilbers  im  Glase  im  Verhältniss  von  1  :  1,01545,  das  wahre 
Volumen  im  Verhältniss  von  1  :  1,01815,  daher  entspricht  jener 
scheinbaren  Ausdehnung  des  Quecksilbers  eine  oubische  Glasausdeh- 
nong  zwischen  OO  und  lOOOQ.: 


Ausdehnung. 


569 


d  = 


1,01815 


—  1  =  0,002663. 


1,01545 

Die  wahre  Aasdehnnng  des  Quecksilbers  koromt  bei  der  Bedne- 
tion  der  Barometerhöhen  auf  0®  C.  in  Betracht ,  weil  die  Dichten  des 
Qaecksilber3  sich  umgekehrt  wie  die  wahren  Volume  verhalten.  Ist 
5f  ein  bei  tf^  (Temperatur  des  Quecksilbers)  abgelesener  Barometerstand, 
^  die  auf  0^  C.  reducirte  Baronyeterhöhe,  so  hat  man 

*•  =  1+ 0,0001815  t  *"^*'  «'''^^'''  *•  =  *'(!-  0,000180. 

Die  wahre  Ausdehnung  einer  Flüssigkeit  kann  nnn  dadurch 
ermittelt  werden,  dass  dasselbe  Glasfläschchen,  dessen  cubische  Ausdeh- 
nung auf  die  vorher  angegebene  Weise  bestimmt  wurde,  bei  verschie- 
denen Temperaturen  mit  der  Flüssigkeit  gefüllt  und  gewogen  wird.  Am 
expeditivsten,  und  darum  in  der  grössten  Anzahl  von  Fällen  angewen- 
det, ist  aber  das  Verfahren,  die  Flüssigkeit  in  thermometer&hnliche 
Apparate  (Dilatometer)  zn  fällen,  die  scheinbaren  Volume  bei  verschie- 
denen Temperaturen  abzulesen  und  sie  mittelst  der  vorher  bestimmten 
Glasaosdehnung  des  Dilatometers  auf  wahre  Volume  zu  reduciren. 

Anf  diese  Weise  haben  insbesondere  H.  Kopp  und  J.  Pierre  die 
Ausdehnung  einer  grossen  Zahl  von  Flüssigkeiten,  namentlich  für  die 
Temperaturen  zwischen  O^C.  und  dem  Siedepunkte  ermittelt.  Es 
wurde  hierdurch  möglich  gemacht,  aus  dem  bei  gewöhnlichen  Tempe- 
raturen bestimmten  specifischen  Gewicht  jedes  dieser  Körper  dessen 
specifisches  Gewicht  bei  der  Siedetemperatur  abzuleiten  und  so  die 
Ranmerfüllung  der  Aequivalentgewichte  jener  Körper  bei  ihren  respec- 
tiven  Siedepunkten  zu  berechnen. 

Es  folgen  hier  übersichtlich  die  Resultate  dieser  Untersiichungen. 
Das  Volumen  bei  O^C.  ist  durchgehends  zu  10000  aägenommen. 


L 

Ausdehnung 

;  kohlenstoff-, 

Wasserstoff- 

und  sauerstoffhaltige 

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, 

Verbindungen  nach  den 

Bestimmungen  von  H.  Kopp. 

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12794 

12864 

270 

— 

— 

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— 

— 

1 

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18012 

2.  Ausdehnung  Schwefel-,  jod-,  brom-  und  chlorhaltiger  Verbmdiin< 
gen  nach  den  Bestirnnrnngen  von  J.  Pierre  und  H.  Kopp. 


1. 

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10419 

10356 

10327 

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40 

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572 


Ausdehnung. 


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578 


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10987 
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11806 


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10096 
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10488 
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10994 
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11647 
11787 

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11410 
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10921 
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10916 
11018 

11122 
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11142 
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11364 
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11847 
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12112 


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10322 
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10469 
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10627 
10711 

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11167 
11267 
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11473 

11580 


574 


Ausdehnung. 


3.    Attfldehnting  Stickstoff  haltiger  VerbiodnngAn  naeh  den 

miingen  vod  H.  Kopp. 


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820 

Die  Torstehenden  Resultate  bestätigen  im  Allgemeinea  den  Sats* 
dass  Flüssigkeiten  in  gewöhnlichen  Temperaturen  sich  um  so  stärker 
aasdehnen,  je  niedriger  ihr  Siedepunkt  liegt,  wenngleich  es  an  Aoi- 
nahmen  nicht  feht.  Flüssige  Kohlensäure,  welche  bei  —  78^0.  siedet, 
soll,  nach  Thilorior's  Angaben,  von  0^  bis  80<^C.  ihr  Volumen  von 
100  auf  146  ▼ergrössem,  eine  Ausdehnung,  welche  selbst  diejenige  ^ 
gasförmigen  Kohlensäure  beträchtlich  übersteigen  würde. 

Wenn  eine  Flüssigkeit  sich  der  Temperatur  (s.  B.  der  mit  dem 
^uecksilberthermometer  gemessenen)  proportional  ausdehnt,  so  kann 
das  Volumen  derselben  bei  einer  Temperatur  t  durch  die  Formel 

V=  1  +Ät 
ausgedrückt  werden ,  wenn  das  Volumen  bei  0<^G.  sur  Einheit  genom* 
men  wird.  Ä  ist  dann  der  aus  den  Versuchen  sich  ergebende  Aos- 
dehnungscoSfficient.  So  ist  z,  B.  das  wahre  Volumen  des  Quecksilber» 
zwischen  den  Orensen  OO  und  100<^C.  mit  sehr  grosser  Annäherang 
durch  die  Formel  F=  1  -|-  0,00018lbS  (  ausgerückt.  Für  einen 
weiteren  Umfang  der  Temperaturen  findet  aber  auch  für  das  Qoick- 


Auadehnung.  575 

Silber  statt,  was  bei  den  meisten  Flüssigkeiten  sich  schon  swischen  0® 
and  100®  C.  deutlich  heraasstellt,  dass  nämlich  die  Volume  in  rasche- 
rem Verh&ltniss  anwachsen,  als  die  Temperaturen.  Man  hat  dann,  um 
die  Volume  der  Flüssigkeiten  auch  für  ^weiteren  Umfang  der  Tempera- 
toren  mit  einer  einzigen  Formel  zu  umfassen,  Ausdrücke  von  der  Form 

F=  1  -f-  iit  -f  Äf«  +  Cf»  +  .  .  . 

gewählt,  wo  die  Werthe  von  li,  B,  C  .  .  .  aus  Beobachtungen  abzulei- 
ten und  so  viel  Glieder  der  Formel  beizubehalten  sind,  als  nothwendig 
erscheinen,  um  die  Volume  bis  zu  der  Grenze  der  Genauigkeit, 
welche  durch  die  Beobachtungsfehler  selbst  gezogen  wird,  durch  Rech- 
nung wieder  zu  geben.  Streng  genommen  sind  solche  Formeln  nur 
f ör  denjenigen  Umfang  der  Temperaturen  gültig,  auf  welchen  die  Beob- 
achtungen sich  erstrecken;  doch  kann  man  dieselben,  ohne  zu  grosse 
Fehler  befürchten  zu  müssen ,  auch  noch  etwas  über  jene  Grenze  hin- 
aas anwenden,  was  namentlich  insofern  von  Werth  ist 9  als  man  auf 
diese  Weise  das  Volumen  der  Flüssigkeiten  bei  ihrem  Siedepunkte  aus 
Beobachtungen,  welche  sich  nicht  bid  zu  dieser  Temperatur  erstreckten^ 
ableiten  kann.  Es  sind  z.  B.  die  in  obiger  Tabelle  der  Ausdehnung 
organischer  Verbindungen  enthaltenen  Volume  beim  Siedepunkt  auf 
diese  Weise  gefunden. 

Der  Nutzen  jener  Resultate  beschränkt  sich  nicht  nur  auf  die  un- 
tersuchten Substanzen  selbst,  sondern  man  kann  aus  denselben  nicht 
selten  auch  genäherte  Werthe  für  die  Ausdehnung  solcher  Körper  ablei- 
ten, welche  einer  der  untersuchten  Substanzen  analog  zusaitim engesetzt 
lind  und  entweder  gleichen  oder  fast  gleichen  Siedepunkt  haben.  Sol- 
che Substanzen  zeigen  nämlich  entweder  gleiche  oder  doch  sehr  wenig 
Terachiedene  Zusammenziehung  (Verkleinerung  des  Volumens),  wenn 
man  um  gleiche  Temperaturintervalle  vom  Siedepunkte  abwärts  geht. 
Die  Ausdehnung  isomerer  Aetherarten,  welche  gleichen  Siedepunkt 
haben,  ist  höchst  wahrscheinlich  in  allen  Fällen  bis  zum  Siedepunkt 
hin  gleich.  Bewiesen  ist  dies  z.  B.  für  ameisensaures  Aethyl  und  es- 
sigsaures Methyl  (beide  (C^H^O^)^  für  propionsaures  Aethyl  und  but- 
tersaures Methyl  (beide  C10H10O4),  für  buttersaures  Aethyl  und  vale- 
riaosaures  Methyl  (beide  Cis  81204). 

Es  folgen  hier  noch  die  Interpolationsformeln  für  die  Berechnung 
der  Volume  des  Quecksilbers,  sowie  einiger  Flüssigkeiten,  welche  in 
den  obigen  Tabellen  entweder  nicht  oder  nicht  in  dem  ganzen  Umfang 
der  Temperaturen  enthalten  waren,  auf  welche  die  Beobachtungen  sich 
erstreckt  haben. 

1.  Quecksilber.     Zwischen  0«  und  350oC. 
F  =  1  -(-  0,000179007  .  t  +  0,0000000252816  .  t«. 

i.  Alkohol.     Zwischen  —  SO«  und  -|-  700C.  (nach  J.  Pierre). 
F=  1  -f-  0,0010486«  +  0,0000017151  .t  4.  0,000000001846. r», 

8'  Schwefelkohlenstoff. 

Zwischen  —  80»  und  -|-  40« C.  (nach  J.  Pierre). 
F=  1  -f  0,00ll898.f-f-0,000001S707.<«  + 0,000000019128.«». 

4.  Ammoniakflüssigkeit  von  0,9465  specif.  Gewicht  bei  12,50C. 
Zwischen  —  15^  und  4-  450C.  (nach  Mnncke). 
F  =  1  4  0,000285586 .  t  -f-  0,000002600 1«  +  0,000000064 .  (» 
—  0,000000001 .  t*.  ' 


576  Ausdefanimg. 

5.  Salastture  von  1,1978  spedf.  Gewicht  bei  12,5^0. 

Zwischen  —  20<^  und  -f-  45<^C.  (nach  Manoke). 
F=  1  -h  0,000566287  .  t  —  0,0000008295 ««  -f  0,0000000«71.l» 

—  0,0000000005 .  t*. 

6.  Saipetersäare  von  1,4405  specif.  Gewicht  nnd  dem  Siedepunkte 

=  1850 C.    Zwischen  —  20^  und  +  115« C.  (nach  Muncke). 
r=  1  +  0,001066129.«  —  0,000001646««  +  0,000000045  . (» 

—  0,0000000002.«*. 

7.  Schwefelsäure  von  1,886  specif.  Gewicht  bei  12,5^ C. 

Zwischen  —  30»  und  -|-  230<>C.  (nach  Muncke). 
F=  1  +  0,000551615581.«  +  0,00000083851988.«» 

—  0,000000008171231 . ««  -|-  0,0000000000252167  .  «*. 
Von  besonderem  Interesse  ist  die  Kenntniss  der  Ausdehnung  dei 

Wassers  in  der  Wärme,  und  es  ist  dieselbe  auch  von  einer  grösseren 
Anzahl  von  Forschem  untersucht  worden.  Die  in  neuerer  Zeit  gewon- 
nenen Resultate  zeigen  eine  hinreichende  Uebereinstimmung  unterein- 
ander,  um  es  unnöthig  erscheinen  zu  lassen ,  auf  die  Ergebnisse  frühe- 
rer Untersuchungen  hier  zurückzukommen.  Insbesondere  hat  H.  Kopp 
nach  zwei  verschiedenen  Methoden  (die  erste  Methode  bestand  in  der 
Beobachtung  des  scheinbaren  Volumens  in  einem  Dilatometer  bei  ver- 
schiedenen Temperaturen  und  Ableiten  des  wahren  Volumens  mittelM 
der  bekannten  Glasausdehnung;  die  zweite  Methode  bestand  im  Abwa- 
wägen  der  Wassermenge,  welche  dasselbe  Glasfläschchen  mit  eingerie- 
benem Stöpsel  bei  verschiedenen  Temperaturen  füllt,  und  Berechnen 
des  Gewichtes  der  Volumeneinheit  Wasser  bei  jenen  Temperaturen 
unter  Zuhülfenahme  der  vorher  ermittelten  Glasausdehnung)  gut  über- 
einstimmende Werthe  erhalten,  welche  bei  Berechnung  der  nebensteh«i- 
den  Tabelle  (siehe  folgende  Seite)  zu  Grunde  gelegt  sind. 

Die  Interpolationsformeln,  welche  die  in  der  zweiten  Colnnme 
enthaltenen  Volume  des  Wassers,^  auf  dasjenige  bei  0<^C.  als  Einheit 
bezogen,  geben,  sind  die  folgenden: 

Zwischen  0«  und  25«  C. 
F  =  1  —  0,00006 1045«  +  0,0000077 188  . ««  —  0,00000003784 . «». 

Zwischen  25^  und  500C. 
F=  1  —  0,0000654 15.  «4-0,0000077585.  ««—0,000000085408.«». 

Zwischen  50«  und  75«  C. 
F  =  1  —  0,00005916  .«+  0,000003 1849 . ««  +  0,0000000072848 . «». 

Zwischen  75«  und  100«  C. 
F  =  1  —  0,00008645  . « -f-  0,0000031892 . « -|-  0,0000000024487 .  «•. 
Das  Wasser  zeigt  bezüglich  seiner  Ausdehnung  durch  die  Wärme 
eine  Eigenthümlichkeit,  welche  man  bei  keiner  der  bis  jetzt  angeführ- 
ten Flüssigkeiten  beobachtet  hat;  es  besitzt  einige  Grade  über  dem 
Gefrierpunkte  ein  Maximum  der  Dichte.  Nach  der  ersten  der  vier 
eben  angeführten  Interpolationsformeln  fällt  dieses  Dichtigkeitsmazi- 
mum  auf  die  Temperatur  -|-  4908<^C.  Die  nämliche  Temperatur  haben 
auch  Hällström,  Budberg  und  Despretz  zum  Theil  durch  sehr 
zahlreiche  Versuchsreihen  und  theilweise  nach  ganz  anderen  Methoden 
gefunden.  Der  letztgenannte  Physiker  brachte  unter  Anderem,  nach 
einem  auch  schon  von  Hällström  angewendeten  Verfahren,  vier 
Thermometer  übereinander  in  horizontaler  Lage  in  einem  mit  Wasser 
gefüllten  Gefässe  an  und  liess  letzteres  langsam  erkalten.     Die  Was- 


Ausdehnung. 


577 


Volumen 

Dichte 

Volumen 

Dichte 

Tetnpc* 

des  Wassers 

des  Wassers 

des  Wassers 

des  Wassers 

ratur. 

(bei  0"  —  1) 

(bei  0«  —  1) 

(bei  4«  =  1) 

(bei  4»  =  1) 

00 

1,00000 

1,000000 

1,00012 

0,999877 

1 

0,99995 

1,000053 

1,00007 

0,999930 

2 

•0,99991 

.  1,000092 

1,00003 

5,999969 

3 

0,99989 

1,000115 

1,00001 

0,999992 

4 

0,99988 

1,000123 

1,00000 

1,000000 

5 

0,99988 

1,000117 

1,00001  ' 

0,999994 

0 

0,99990 

1,000097 

1,00003 

0,999973 

#* 

1 

0,99994 

1,000062 

1,00006 

0,999939 

8 

0,99999 

1,000014 

1,00011 

0,999890 

9 

1,00005 

0,999952 

1,00017 

0,999829 

10 

1,00012 

0,999876 

1,00025 

0,999753. 

11 

1,00021 

0,999785 

1,00034 

0,999664 

12 

1,00031 

0,999686 

1,00044 

0,999562 

13 

1,00048 

0,999572 

1 ,00055 

0,999449 

14 

1,00056 

0,999445 

1,00068 

0,999322 

15 

1,00070 

0,999306 

1,00082 

0,999183 

IG 

1,00085 

0,999155 

1,00097 

0,999032 

17 

1,00101 

0,998992 

1,00113 

0,998869 

18 

1,00118 

0,998817 

1,00131 

0,998695 

19 

1,00137  . 

0,998631 

1,00149 

0,998509 

20 

1,00157 

0,998435 

1,00169 

0,998312 

21 

1,00178 

0,998228 

1,00190 

0,998104 

22 

1,00200 

0,998010 

1,00212 

0,997886 

23 

1,00223 

0,997780 

1,00235 

0,997657 

24 

1,00247 

0,997541 

1,00259 

0,997419 

25 

1,00271 

0,997293 

1,00284 

0,997170 

26 

1,00295 

0,997035 

1,00310 

0,996912 

27 

1,00319 

0,996767 

1,00387 

0,996644 

28 

1,00347 

0,996489 

1,00365 

0,996367 

29 

1,00876 

0,996202 

1,00393 

0,996082 

30 

1,00406 

0,996908 

1,00423 

0,995787 

35 

1,00570 

^ 

40 

1,00753 

45 

1,00954 

50 

1,01177 

. 

55 

1,01410 

CO 

1,01659 

65 

1,01930 

70 

1,02225 

75^ 

1,02541 

80 

1,02858 

85 

1,03189 

90 

1,03540 

95 

1,03909 

100 

1,04299 

sertheilchen  an  der  Aupsenfläche  der  Wassermasse  nehmen  zuerst  eine 
niedrigere  Temperatur  an  und  sinken  herab,  während  die  im  Inneren 
befindUchen  Wassertheilchen  sich  erheben.  Die  unteren  Thermometer 
zeigen  daher  zuerst  eine  niedrigere  Temperatur  an.  Von  dem  Augen- 
blick an,  wo  die  der  grössten  Dichte  entsprechende ,  Temperatur  er- 
reicht igt,  kehrt  sich  das  Spiel  um;  die  weiter  erkaltenden  Wassertheile 
Bind  weniger  dicht  und  steigen  nach  oben.  Es  müssen  demnach  zu 
einer  gewissen  Zeit  die  oberen  und  unteren  Thermometer  gleiche  Tem- 

Hndwtetcrbneb  der  CbtniU.  tte  Aufl.   Bd.  IL  37 


578  Ausdehnung. 

peratur  angeben,  und  dieaTe  entapricht  der  grössten  Dichte  des  Wasaen. 
Despretz  fand  auf  diese  Weise  -|-  3,9 85p.  Die  oben  geschilderte 
Erscheinung  erklärt  auch,  warum  die  stehenden  süssen  Wasser  im  Win- 
ter nicht  bis  auf  den  Grund  gefrieren ,  sondern  sich  nur  an  der  Ober- 
fläche mit  einer  Eisdecke  überziehen,  welche  wegen  der  geringen  Lei- 
tungafähigkeit  des  Ebes  und  namentlich  des  Wassers  für  die  Wärme 
auch  bei  strenger  Kälte  nur  langsam  an  Dicke  zunimmt.  Man  erklärt 
die  Ausdehnung  des  Wassers  bei  Abkühlung  yon  4^  auf  0®  G.  aus  einer 
beginnenden  Lagerung  der  Wassertheilchen  zur  Krjstallisation.  Beim 
Gefrieren  selbst  findet  indessen  eine  noch  weit  merklichere  plötzliche 
Ausdehnung  statt: 

Temperatur 4»     0»  flüssig     0«  starr 

Dichte  des  Wassers 1       0,99988       0,908 

Manche  Physiker  beziehen  die  specifischen  Gewichte  auf  die 
Dichte  des  Wassers  bei  4^C.  als  Einheit;  gewöhnlicher  ist  es  indessen, 
die  Dichte  bei  O^C.  als  Einheit  anzunehmen.  Das  erste  Verfahren 
bietet  in  Fällen,  wo  die  höchste  Genauigkeit  erfordert  wird,  den  Vor- 
theil,  dass  das  specifische  Gewicht  zugleich  das  absolute  Gewicht  (in 
Grammen)  der  Raumeinheit  (des  Cubikcentimeters)  der  betreffenden 
Substanz  ausdrückt,  da  bei  der  Festsetzung  des  nenfranzösischen  Ge* 
wichtssystems,  das  Gewicht  eines  Cubikcentimeters  Wasser,  dieses  bei 
der  grössten  Dichte,  also  bei  4^0.  angenommen,  1  Gramm  genannt 
worden  ist. 

Ein  Zusatz  eine^  löslichen  Salzes  zum  reinen  Wasser  macht  nach 
einer  Untersuchung  von  Despretz  den  Punkt  der  grössten  Dichte  so- 
wohl als  den  Gefrierpunkt  sinken,  den  ersteren  Punkt  rascher  als  den 
letzteren  ;  so  dass  z.  B.  bei  einer  Kochsalzlösung  von  nur  1,02  spedf. 
Gewicht  ein  Maximum  der  Dichte  gar  nicht  beobachtet  werden  kann, 
wenn  man  das  Gefrieren  nicht  durch  Abhalten  jeder  Erschüttenuig 
künstlich  auf  einen  tieferen  Temperaturpunkt  verlegt. 

8.    Die  Ausdehnung  der  gasförmigen  Körper. 

Die  Ausdehnung  der  Gase  bt  weit  beträchtlicher  als  diejenige 
der  starren  und  der  tropfbarflüssigen  Körper;  sie  beträgt  für  PC. 
schon  ^/373  bis  ^257  des  Raumgehaltes  einer  G-asmasse  bei  O^C,  wa» 
für  eine  Temperaturerhöhung  von  0®  auf  100®  C.  eine  Yolumenver- 
grösserung  von  36  bis  40  Proc.  ausmacht.  Dieselben  Grenzwerthe  der 
Ausdehnung  gelten  auch  für  die  Dämpfe,  vorausgesetzt,  dass  diese 
nicht  in  einer  Dichte  angewendet  werden,  bei  welcher  sie  dem  Punkte 
ihres  Ueberganges  in  die  tropfbarflüssige  Aggregatform  nahe  stehen. 
In  der  Nähe  des  Verdichtungspunktes  bedecken  sich  die  inneren  Wan- 
dungen der  Gefässe,  in  welchen  man  die  Dämpfe  bei  Untersuchungen 
ihrer  Ausdehnung  einschliesst,  mit  um  so  grösseren  Mengen  verdichteten 
Dampfes,  je  niedrigerer  die  Temperatur  is#,  und  man  findet  dann  noth- 
wendig  zu  grosse  Ausdehn ungscoefficienten.  Dies  ist  auch  der  Grand, 
warum  sowohl  die  Gase,  deren  Ausdehnung  man  untersuchen  will,  al« 
auch  das  Innere  der  Gefässe,  worin  man  sie  einschliesst,  zuvor  mit 
g^Össter  Sorgfalt  getrocknet  werden  müssen. 

Gay-Lnssac  bestimmte  die  Ausdehnung  der  Gase  in  thenno- 
meterartigen  Glasgefässen  (deren  Kugel  etwa  1  Centimeter  Weite,  das 
Rohr  1  bis  1,5  Millimeter  Weite  und  30  bis  40  Centimeter  Länge  haben 


j 


Ausdehnung.  579 

kann).  Das  Rohr  war  in  gleiche  Raumtheile  getheilt  and  der  Raum- 
gehalt  der  Kugel  in  Raumeinheiten  der  Skale  aiugeniittelt.  Das 
trockene  Gas  war  in  diesem  Apparat  durch  einen  Quecksilbertropfen 
gegen  die  äussere  Luft  abgesperrt  und  der  Apparat  wurde  in  horizon- 
taler Lage  in  ein  mit  Wasser  gefülltes  Gef äss  eingeschoben,  und  das  Gas 
durch  Erhitzen  des  Wassers  auf  verschiedene  Temperaturen  gebracht. 
Die  unmittelbar  abgelesenen  Gasvolume  bedurften  der  Verbesserung 
wegen  der  Glasausdehnung,  wegen  der  niedrigeren  Temperatur  des 
aas  dem  Wasser  herausragenden  Theiles  des  Gasfadens  in  dem  Skalen- 
rohre und  wegen  etwaiger  Aenderung  des  Barometerstandes  während 
des  Versuches.  Abgesehen  von  diesen  letzteren,  immer  nur  sehr  unbe- 
deutenden Veränderungen  blieb  der  Druck,  unter  welchem  das  Gas 
während  des  Versuches  sich  befand,  constant,  das  Volumen  war  ver- 
änderlich. Gay-Lussac  fand,  dass  alle  Gase  und  Dämpfe  (in  genü- 
gendem Abstände  von  ihrem  Verdichtuogspunkte)  gleiche  Ausdeh- 
nung darch  die  Wärme  besitzen,  indem  sie  sich  nämlich  bei  Erwär- 
mung von  00  aul'  100« C.  im  Verhältniss  von  1  :  1,375,  also  für  PC. 
nrn  0,00375  =  Vae?  d««  Volumen«  bei  0«C.  ausdehnen. 

Das  Zutrauen,  welches  dieses  Resultat  seines  Autors  wegen  fand, 
wurde  sowohl  durch  Bestätigung  von  Seiten  Dulong's  und  Petit's, 
als  aach  durch  theoretische  Gründe  noch  erhöht,  da  mau  es  a  priori 
fnr  höchst  wahrscheinlich  halten  durfte,  dass  bei  Körpern,  bei  welchen 
jede  Cohäsionswirkung  verschwunden  zu  sein  scheint,  die  Wirkung  der 
Wärme  auf  das  Vqjlumen  unabhängig  von  der  chemischen  Zusammen- 
setzung sei. 

Radberg  wandte  ausser  der  Gay-Lussac*schen  Methode  noch 
eine  zweite  zur  Messung  des  Ausdehnungscoefficienten  der  Gase  an, 
bei  welcher  während  des  Versuches  das  Volumen  der  Gasmasse  con- 
stant erhalten,  der  Druck,  unter  welchem  dieselbe' stand ,  aber  durch 
die'  nach  Belieben  zu  verändernde  Höhe  einer  Quecksilbersäule  so  modi- 
ficirt  wurde,  dass  er  der  durch  die  Temperaturerhöhung  gesteigerten 
^  Ezpansivkraft  des  Gases  jedesmal  das  Gleichgewicht  hielt.  Aus  der. 
Gaitigkeit  des  Mariotte'schen  Gesetzes  für  jede  Temperatur  eines 
Gases,  welche  genügend  von  dem  Verdichtungspunkte  entfernt  ist,  folgt, 
dass  wenn  ein  Gas  während  der  Erwärmung  verhindert  wird,  sich  aus- 
sodehnen,  seine  Spannung  in  eben  dem  Verhältnisse  wächst,  als  bei 
angehinderter  Ausdehnung  unter  gleichbleibendem  Drucke  sein  Volu- 
men zugenommen  haben  würde.  Gesetzt  eine  Gasmasse  stand  beim 
Beginn  des  Versuches  unter  dem  Drucke  einer  Quecksilbersäule  von  A 
MiUiroeter,  der  Barometerstand  war  B^  die  Temperatur  t<^,  nach  Erhö- 
hnng  der  Temperatur  auf  if^  mu^^ste,  um  das  Volumen  der  Gasroasse 
onverändert  zu  erhalten,  die  Quecksilbersäule  auf  h*  erhöht  werden,  der 
Barometerstand  war  •  mittlerweile  B'  geworden ,  so  hat  man  nach  dem 
oben  angeführtenJSiatze,  wenn  a  den  AusdehnungscoSfficienten  bezeich- 
net, die  Gleichung 

1-fa«  ^4-Ä       ,  (,B* +  h')  —  (ß -\-h) 

-  —         '  also  a  = 


-.••14-  a 


r~B'-f-Ä''  (J5  +  Ä)f  —  (B' +  Ä')< 

Bndberg  fand  für  die  atmosphärische  Luft  und  für  eine  Tempe- 
ralnrerhöhang  von  0®  auf  lOO^C.  eine  Volumenvergrösserung  von 
1  :  1,365,  der  Werth  von  a  für  l^C.  also  =  0,00365  =  V2741  eine 
nierkHch.  kleinere  Zahl,  als  der  Gay-Lussac'sche  AusdehnungscoSfß- 
cient,  und  die  Messungen,  welche  in  neuerer  Zeit  Magnus  und  Keg- 

87* 


580  Ausdehnung. 

nault  nach  den  beiden  angeführten  Methoden  mit  äusserster  Sorgfalt 
ausgeführt  haben,  stimmen  unter  sich  sehr  genau  und  mit  Rndberg*» 
CoSfficient  sehr  nahe  überein.     Die  Resultate  sind  folgende: 


Ausdehnungswcrth  zwischen  0*  und  100* 

bei  constantem  Volumen 

bei  constan- 
tem Druck 

« 

nach 
Rcgnault. 

nach 
Magnus. 

nach 
Regnanit. 

Atmosphärische  Lufit 

Wasserstoffgas 

Kohlenoxydgas 

Stickstoffgas 

Stickoxycnilgas 

Kohlensäure 

Cyangas  

Schweflige  Säure 

0,3665 
0,3667 
0,3667 
0,3668 
0,3676 
0,3688 
0,3829 
0,3845 

0,3665 
0,3657 

0,3691 
0,3856 

0,3670 
0,3661 
0,3669 

0,3719 
0,3710 
0,3877 
0,8903 

Offenbar  warder  von  Gay-Lussac  gefundene  AusdehnungscoelB- 
cient  der  Gase  zu  gross,  wahrscheinlich  wegen  nicht  ganz  vollkomme- 
ner Austrocknung  der  angewendeten  GlasgefUsse.  Eine  andere  Frage 
ist  die,  ob  man,  auf  den  Grund  obiger  Resultate  kin,  eine  ungleiche 
Ausdehnung  der  Gase  durch  die  Wärme  anzunehmen  genöthigt  sei. 
Es  ist  nicht  zu  verkennen,  dass  diejenigen  Gase,  deren  Ueberfnh- 
rung  in  den  tropfbarüüssigen  Zustand  noch  nicht  gelungen  ist, 
fast  absolut  gleiche  Ausdehnung  zeigten,  während  die  Ausdehnnngs- 
coefficienten  der  Übrigen  um  so  grösser  gefunden  wurden,  je  näher 
diese  Korper  unter  den  gewöhnlichen  Verhältnissen  des  Druckes  und 
der  Temperatur  ihrem  Verdichtungfipunkte  stehen.  Da  diese  Gase 
bei  allen  Versuchen,  welche  zu  den  obigen  Werthen  führten,  in  Glas- 
gefässen  eingeschlossen  waren,  deren  Wände  eine  um  so  grössere 
Menge  der  mit  ihnen  in  Berührung  stehenden  Gase  an  ihrer  Oberfläche 
verdichten,  je  niedriger  die  Temperatur  ist  und  je  näher  das  betreffende 
*Gas  dem  Uebergange  in  die  tropfbarflüssige  Aggregatform  steht,  fo 
ist  es  nicht  unmöglich,  dass  dieser  Umstand  einen  wesentlichen  Antheil 
an  der  gefundenen  Ungleichheit  der  Ausdehnungswerthe  hat.'  Es  er- 
scheint dies  noch  wahrscheinlicher,  wenn  man  bemerkt,  dass  ffir  die 
vier  letztgenannten  Gase  obiger  Tabelle  die  Ausdehnungswerthe  bei 
dem  Verfahren  mit  constantem  Druck  durchgängig  merklich  grösser 
gefunden  wurden,  als  bei  dem  Verfahren  mit  constantem  Volumen,  und 
dass  ferner  der  AusdehnungscoSflficient  der  Luft,  der  Kohlensäure 
u.  s.  f.  bei  zunehmender  Dichte  der  Gase  grösser  gefunden  wird,  wie 
folgende  Beispiele  zeigen: 


Atmosphärische  Luft 

Druck.        Ausdehnungscoelficient.  Druck. 

1 10-»                 0,3648  758,5 

3656""                 0,3709  3589,0 


mm 


Kohlensäure 
Ausdehnungscoeffident. 
0,36856 
0,38598 


Der  Unterschied  der  AusdehnungscoSfHcienten  der  atmosphärischen 
Luft  und  der  übrigen  unverdichtbaren  Gase  ist  so  gering  und  ihre  Ab- 


i 


AusdünstUDg,  thierische.  —  Ausfrieren.  581 

hÄDgigkeit  von  dem  Drucke  ist  innerhalb  der  Grenze  derjenigen  Span- 

nimgen,  welche  bei  Verfluchen  mit  Gasen  gewöhnlich  vorkommen,  von 

80  geringem  Einfln^s,  dass  man  durchgängig  als  Ausdehnungsco^flficien- 

tenfür  lOC.  den  Werth 

0,003665  =  %73 

anwenden  kann.     273  Baumtheile  eines  solchen  Gases  dehnen  sich  bei 

Erwärmung  auf  t9  und  bei  unveränderter  Spannung  zu  273  -f*  t  Raum- 

theflen  aus.    Ein  Gasvolumen  F,  abgemessen  bei  i^^  erfüllt^  mithin  bei 

O^C.  einen  Baum 

273 
rr  TT .  _____ 

^0—  '^     273 +  t' 
nnd  bei  r"  ein  Volumen 

273 +  r 
^  —  ^  273  4-  t  * 
Man  darf  ausserdem  nach  wie  vor  annehmen ,  da.<)s  die  Zunahme 
des  Volumens  der  permanenten  Gase  in  der  That  der  Wärmezufuhr 
und  der  dadurch  erzeugten  Wärmeintensität  proportional  erfolge,  dass 
die  trockene  atmosphärische  Luft  mithin  das  naturlichste  thermome- 
trische  Material  sei..  Zr. 

Ausdünstung,  thierische.  Man  begreift  hierunter  den 
excretorischen  Theil  des  Athmungsprocesses  (s.  Athmen  der  Thiere) 
ond  die  Hautabsonderung,  soweit  sie  sich  auf  Ausscheidung  bei  der 
fördernden  Einwirkung  der  Korperwärme  flüchtiger  Substanzen  er- 
streckt. 

Die  Haut  des  Menschen  und  der  höheren ,  Inftathmenden  Wirbel- 
thiere  theilt  sich  mit  den  Lungen  in  die  fär  die  Regulirung  der 
Wärme  wichtige  Function,  von  ihrer  Oberfläche  eine  nach  physiologi- 
schen Zuständen  sehr  wechselnde  Quantität  Wasser  gasförmig  abzu- 
scheiden. Wie  bei  der  Ausdunstung  auf  dem  Lnngenwege  (s.  Ath- 
men), werden  auch  mit  der  wässerigen  Hautabsonderung,  unter  Um- 
ständen, leicht  flüchtige  mit  dem  Blute  circulirende  Substanzen  ver- 
flüchtigt. Diese  Stoffe  sind  theils  von  aussen  in  den  Organismus  ein- 
geführte,- wie  Alkohol,  Aether,  ätherische  Oele  etc.  oder  im  Organis- 
laos  selbst  gebildete,  flüchtige  Fettsäuren,  kohlensaures  Ammoniak  etc. 
Die  Gegenwart  abnormer  Mengen  sonst  normaler  Schweissbestand- 
tbeile  oder  ausserge wohnlicher  Beimengungen  bedingt  den  oft  specifi- 
schen  Geruch  der  Ausdünstung.  Für  die  Physiologie  ist  die  Erfor- 
schung der  quantitativen  Verhältnisse  zwischen  Lungen-  und  Haut- 
autdünstun^  von  grosser  Wichtigkeit,  jedoch  bis  jetzt  so  schwer  über- 
windlichen  Widerständen  unterworfen,  dass  brauchbare  Zahlenangaben 
nicht  ezifltiren.  V—r. 

Aus  frieren.  Wenn  verdünnte  Lösungen  von  Salz,  Alkohol 
tt.  »',  w.  in  Wasser  einer  nicht  zu  starken  Kälte,  ausgesetzt  werden,  so 
scheidet  sich  ein  Theil  des  Wassers  im  festen  Zustande  als  Eis  ab,  wel- 
ches einen  Theil  der  Mutterlauge  mechanisch  eingeschlossen  hält,  die 
zorückbleibende  Flüssigkeit  ist  daher  nothwendig  eine  concentrirtere 
^ttog.  So  giebt  Seewnsder  beim  Gefrieren  reines  Eis,  und  darunter 
eine  concentrirtere  Salzlösung.  Man  kann  diese  Eigenschaft  zuweilen 
<QiD  Concentriren  von  Lösungen  benutzen;  in  Sibirien  soll  das  Ver- 
den zum  Gradiren  von  Salzsoole  angewendet  werden;  Essige  schwa- 


582  Ausglühen.  —  Auslaugen. 

eben  Wein  (Schneewein)  werden  darch  ,,Au8frieren^^  concentrnt  erlial- 
ten;  Flüssigkeiten,  welche  leicht  veränderliche  Stoffe  enthalten,  wie 
Harn  u.  dergL,  können  bei  niedrigerer  Temperatur  dadurch  ooncenirirt 
werden.  Fe, 

Ausglühen  s.  Anlassen. 
Auskochen  s.  Abkochen. 

Auslaugen,  Aussüssen,  Auswaschen.    Diese  nahe 

verwandten  Ausdrücke  bezeichnen  im  Allgemeinen  jene  bei  chemischen 
Arbeiten  so  häufig  vorkommende  Operation,  deren  Zweck  es  ist,  aus 
einem  Gemenge  lösliche  und  unlösliche  Antheile  von  einander  zu  son- 
dern. Beim  Auslaugen,  welches  seinen  Namen  von  der  Darstellaog 
einer  Lauge  aus  Asche  durch  Behandeln  derselben  mit  Wasser  führt» 
ist  in  der  Regel  wohl  die  Flüssigkeit  vorzugsweise  Zweck  der  Operation, 
während  der  Rückstand  häufig  unbenutzt  bleibt  (Auslaugen  der  Asche, 
der  Salpetererde,  der  rohen  Soda),  doch  pflegt  man  den  Ausdruck  nicht 
immer  so  streng  zu  nehmen,  dass  nicht  auch  solche  Operationen  damit 
bezeichnet  würden,  bei  denen  das  ungelöst  Bleibende  besonders  in  Be- 
tracht ^ommt.  Gleiches  gilt  vom  Aussüssen  und  Auswaschen,  wobei,  wie 
in  der  analytischen  Chemie,  eben  so  oft  der  Rückstand,  als  di^  Wasch- 
flüssigkeif  Gegenstand  der  Benutzung  sind.  Zum  Auslaugen  bedient 
man  sich  im  Grossen  der  Fässer  oder  Kästen,  aus  welchen  die  Lange 
durch  verschliessbare  Oeffhungen  abgelassen,  und  wenn  sie  noch  nicht 
hinlänglich  gesättigt  ist,  in  andere  darunterstehende  Laugenkästen  gelei- 
tet wird.  Oft  haben  die  Gefässe  einen  doppelten  Boden,  wovon  der 
obere  durchlöchert  und  mit  Stroh  bedeckt  ist,  um  der  auszulaugenden 
Substanz  zur  Unterlage  zu  dienen.  Bei  Operationen  im  Kleinen  laugt 
man  in  hohen  cylindriachen  Gefässen,  Gläsern  oder  irdenen  Töpfen, 
aus,  und  entfernt  die  klare  Flüssigkeit  nach  geschehener  Extraction,  durch 
_  Abgiessen,  durcn  einen  Heber  oder  durch  Oefinungen^  welche  in  ver- 
schiedener Höhe  in  den  Seitenwänden  der  Gefässe  angebracht  sind 
(s.  Abgiessen).  Aehnlich  geschieht  das  Auswaschen  von  Nieder- 
schlägen, die  sich  leicht  absetzen,  und  bei  denen  die  Waschwässer  nickt 
benutzt  werden.  Oft  aber  geschieht  es  auf  Filtrirapparaten,  in  wolle- 
nen oder  leinenen  Spitzbeuteln ,  auf  mit  Papier  belegten  Seihtüchern, 
welche  durch  Tenakel  ausgespannt  werden,  oder  auf  Filtern. 

Um  das  Auslaugen  mit  sowenig  als  möglich  Wasser  und  doch 
möglichst  vollständig  zu  erzielen,  bedient  man  sich  bei  vielen  techni- 
schen Auslauguiigen  eines  nach  ähnlichem  Princip  construirten  Ap^ 
parates  (Fig.  38),  wie  er  in  den  Sodafabriken  angewandt  zu  werden 
pflegt 

Die  einzelnen  Auslaugekasten  A^  B^  Oy  ^^  E  stehen  auf  einem 
terrassenförmigen  Gestell  nebeneinander,  in  jeden  Kasten  können  zwei 
aus  durchlochten  Blechen  gebildete  Gefässe  eingehängt  werden.  Wenn 
diese  mit  frischer  auszulaugender  Substanz  gefüllt  sind,  werden  sie  in  den 
untersten  Kasten  E  eingehängt,  nach  einiger  Zeit  werden  sie  herausgeho- 
ben und  nach  D,  von  da  nach  Cu.  s.  w.  gebracht,  E  aber  sofort  mit  frisch 
gefüllten  Gefässen  versehen.  Auf  diese  Weise  rückt  die  auszulaugende 
Substanz  allmälig  bis  nach  dem  Kasten  A^  von  wo  sie  zum  Abtropfen  auf 
das  Brett  k  gestellt  wird.  Nur  in  das  Gefäss  A  wird  fri^hes  Wasser  ge- 
geben, welches  hier  die  schon  fast  ganz  extrahirte  Masse  vollends  ans- 


Auslaugen.  583 

wäscht;  durch  die  nahe  wn  Boden  der  Kasten  eingeaetiten  Röhren, 
welche  die  FlGdsigheit  bis  fiber  den  Rand  dea  niedriger  atehenden  Kii- 
Fig.  8B. 


Mens  führen,   gelangt  es  allmtllig  nach   B,  C,  J?,  wo  es  sich  mit  lösli- 
eher  Substanz  bereichert  und  in  E  vollends  dnmil  geslittigt  wird.    Statt 
AusliLugekasten   einzuhängen  und   von  den 
I  tmnsportiren,  hebt  mnn  nuch  bisweilen  die 


durehlochte  Gefasse 
unleren  nnch  den  oberen 


Anslangekaaten   selbst,    nachdem    i 
entfernt  hat,  jeden  um     ' 
Es  ist  klar,  dais  n 


den  obersten  behiifit  Reinigung 
höher  und  setzt  unten  einen  neuen 
•  Wei^e  in  E  stets  gewttigte  Lauge 
erhält  und,  je  nachdem  man  mehr  Kasten  anwendet,  aus  A  einen  gnnz 
erschöpften  unlöslichen  Rückstand  entfernt,  dass  die  ununterbrochene 
Anelangung  jedoch  nur  bei  einer  fortlaufenden  Fabrikation  Anwendung 
finden  kann,  lieber  das  Auslaugen  durch  die  Verdrängungsmethode, 
welche  besonders  bei  Fflanzensnb stanzen  benutzt  wird,  s.  Art.  Pres- 
sen; Iste  Aufl.  Bd.  VI,  S.  651  u.  fT. 

Bei  analytischen  Auswaachnngen ,  wo  es  sich  jeder  Zeit  um  die 
tbnnlichst  vollkommene  Auswaschung  des  Rückstandes  auf  dem  Filter 
.handelt,  rouss  man  je  nach  den  Umständen  verschieden  verfahren,  mei- 
stens jedoch  ist  die  Anwendung  von  mehr  FlflssigkeiC ,  als  unumgäng- 
lich erfordert  wird,  nicht  zu  empfehlen,  d»  nur  wenige  Niederschlüge 
TftUig  unlöslich  sind.  Ist  diese  Bficksicht  die  überwiegende,  so  bemfiht 
man  sich  die  helle  Flüssigkeit  »nf  d:is  Filter  zu  bringen  (s.  Ab- 
giessen),  ohne  den  Niederschlag  ntifznrfihren ,  ilbergiesst  ihn  in  dem 
Glase  ei^igemale  mit  destillirtem  Wasser,  lässt  jedesmal  absetsen  und 
den  Trichter  leer  lanfen.  Hierdurch  bringt  man  mit  wenig  Wasser 
eine  grosse  Verdünnung  der  Lösung  hervor,  giebt  zuletzt  den  Nieder- 
schlag anf  und  spült  ihn  mit  der  Spritzflosche  in  der  Spitze  des  Pil- 
lers zusammen,  wenn  man  da.«  Papier  durch  Anfgiessen  des  Wassers  an 
seinem  oberen  Rande  von  aller  aufgesogenen  Lösung  befreit  hat.  E^ 
ist  wesentlich,  dass  mnn  das  Filter,  soweit  wie  thunlich,  mit  dem 
Ana  wasch  Wasser  fttlll,  und  den  Strnhl  desselben  immer  oben  auf  den 
Rand  richtet,  wenn  mnn  nachgiesst,  weil  sonst  leicht  oben  Salzlösung 
noch  vorhanden  bleibt,  die  sich  nur  langsam  nach  unten  zieht  und  die 
Vollendung  des  Auswaschens  sehr  verzögert. 

Hat  man  auf  die  Menge  des  verbrauchten  Aus  wasch  mittels  nicht 
zu  sehen  und  grössere  Mengen  von  Niederschlag  zu  behnndeln,  so 
kann  man  das  Fortdauern  der  Operation  von  seiner  Gegenwart  unab- 
hängig machen,  indem  man  Apparate  anwendet,  die  stets  soviel  Wasch- 
flüssigkeit  nachfliessen  lassen,  als  durch  das  Filter  ISuft,  Das  ein- 
fachste ist,  eine  Flasche  mit  nicht  zu  enger  OefTnung  Bber  dem  Trichter 


584 


Auslaufcen. 


umzukehren  und  durch  einen  Halter  so  zu  befestigen,  dass  ihre  Mfin- 
dung  etwa  ^j^  bis  3/4  Zoll  tiefer  als  der  Rand  des  Filters  zu  stehen 
kommt.  Da  aber  das  Umdrehen  der  Flasche  ohne  Stopfen  oder  das 
Hinwegnehmen  des  Stopfens  über  dem  Trichter  nicht  wohl  gelingt, 
ohne  Flüssigkeit  zu  vergiessen  oder  gar  von  dem  Inhalt  des  Trichters 
etwas  herauszuwerfen,  so  muAs  man  für  die  meisten  Fälle  auf  dieses 
rohe  Verfahren  verzichten.  Man  kann  bei  grossen  Flaschen  eine  */* 
Zoll  weite  kurze  Röhre  mit  einem  Korke  luftdicht  einsetzen,  diese  mit 
einem  weiten  Kautschukrohr  mit  einem  Mohr' sehen  Quetschhahn  ver- 
sehen, wodurch  man  die  Flasche  an  ihre  Stelle  bringen  und  den  Ausflnss 
erst  zu  geeigneter  Zeit  beginnen  lasäen  kann.  Oder  man  bedient  sich 
eigenthümlich  geformter  Röhrchen ,  die  man  mit  dem  verschliessenden 
Korke  einsetzt,  wie  Fig.  34  und  35  zeigen.    Beide  stimmen  im  Principe 

«     Fig.  34.  Fig.  85.  '  Fig.  86. 


\-.    i..».  ■>!    .11.1  iri"n  miitj 


Überein.  In  Fig.  36  ist  nur  das  aufwärts  gebogene  Rohrchen,  durch 
welches  die  das  ausfliessende  Wasser  ersetzende  Luflb  eindringen  soll, 
in  einem  Stück  mit  dem  Ausflussrohre  vereinigt  Diese  von  Berse- 
lius  angegebene  Röhrchen  sind  aber  zerbrechlich  und  nicht  leicht  an- 
zufertigen, weil  sie  bestimmte  Dimensionen  in  Höhe  und  Weite  haben 
müssen,  wenn  sie  gutes  und  gleichmässiges  Auslaufen  bewirken  sollen. 
Bei  der  in  Fig.  36  vergrössert  dargestellten  Einrichtung  der  Flasche, 
Fig.  35,  ist  nur  darauf  zu  sehen,  dass  a  höher  als  b  und  d  liege,  weil 
sonst  Wasser  herausspritzt,  so  oft  Luft  eingedrungen  ist,  femei:,  dass  h 
tiefer  liege  als  d^  weil  sonst  der  ganze  Rest  des  Wassers  ausfliesst, 
sobald  b  nicht  mehr  bedeckt  ist.  Liegt  c  zu  tief,  so  fliesst  auch  Was- 
ser aus,  wenn  c  nicht  in  die  Flüssigkeit  des  Trichters  reicht.  Ist  bei 
c  eine  sehr  kleine  Oeffhung  und  liegt  es  nicht  tief  genug,  so  kann  die 
Adhäsion  des  Wassers  am  Glase  so  stark  sein,  dass  auch,  wenn  0  unter 
die  Flüssigkeit  im  Trichter  taucht,  kein  Auslaufen  des  Wassers  eintritt 
Die  richtig  adjustirten  Flaschen  bringt  man  über  den  Trichter,  nach« 
dem  die  meiste  Flüssigkeit  vom  Niederschlage  abgelaufen  ist,  und  giebt 
dann  soviel  Wasser  auf  den  Trichter,  dass  c  eintaucht ,  wo  sofort  das 
regelmässige  Auslaufen  beginnt.  Das  kleine  Wassersäulchen  zwischen 
e/  und  gh  ist  nämlich  nicht  genügend  Luft  durch  ab  zu  saugen,  wenn 
aber  noch  die  Adhäsion  des  Wassers  im  Trichter  an  das  im  Röhrchen 
od  enthaltene  hinzukommt,  so  überwinden  sie  den  Widerstand  und  so- 
bald sich  der  Flüssigkeitsspiegel  im  Trichter  erniedrigt,  fliesst  aus  c 
Wasser  und  durch  ab  dringt  Luft  ein,  bis  der  Flüssigkeitsspiegel  wie- 
der die  Biegung  von  ab  berührt. 


k 


Auslaugen.  585 

Da  bei  grossen  Flaschen  das  Umdrehen  schwierig  wird  und  die- 
selben auf  den  üblichen  Statifen  sehr  unsicher  stehen ,  so  wendet  man 
häufig  folgende  Waftchflaschen  an  (Fig.  37).     Man  stellt  die  Flasche 

*  so  hoch  wie  den  oberen  Rand  des 

*^  Filters  im  Trichter,  bläst  durch 

m  Luft  ein  bis  der  Heber  sich  ge- 
füllt hat,  und  zieht  nun  m  so  hoch 
heraus,  dass  Luftblasen  durch  sie 
eintreten,  so  wie  die  Flüssigkeit 
im  Filter  sinkt. 

Auch  die  Fig.  38  (s.  f.  S.) 
stellt  eine  bequeme  Waschflasche 
dar.  Wenn  die  Röhre  n  weit  ge- 
nug gewählt,  so  dass  Luft  und 
Wasser  sich  darin  leicht  auswei- 
chen können,  und  unten  schief 
abgeschliffen  wird,  so  tritt  durch 
n  Luft  ein,  sobald  die  Mündung 
aus  der  Flüssigkeit  im  Trichter 
kommt,  und  durch  h  fliesst  Was- 
ser nach,  bis  n  wieder  in  die 
Flüssigkeit  taucht.  Die  Röhre  m 
dient  lediglich,  um  bei  zugehal- 
tener Oeffnung  von  n  den  Heber 
h  durch  Einpressen  von  Luft  in  die  Flasche  mit  Wasser  zu  füllen. 
Wenn  man  n  in  ihrem  langen  Schenkel  durch  eine  Kautschukröhre  unter- 
bricht, so  kann  man  den  Apparat  fertig  zusammenstellen,  den  Schenkel 
seitwärts  aus  dem  Trichter  heben,  durch  Lufteinblasen  h  zum  Laufen 
bringen'  und  n  wieder  senkrecht  herabhängend  wirken  lassen.  Auf 
diese  Weise  wird  m  überflüssig.  Dass  völlig  luftdichter  Verschluss 
durch  die  Korke  bei  allen  diesen  Apparaten  stattfinden  muss,  versteht 
lieh  von  selbst. 

Nachdem  der  Niederschlag  vollständig  ausgesüsst  bt,  wovon  man 
sich  bei  allen  quantitativen  analytischen  Bestimmungen  stets  durch  be- 
sondere Prüfung  überzeugen  muss,  sammelt  man  ihn  mit  Hülfe  der 
Spritz flasc he   so  gut  als  möglich  in  der  Spitze  des  Filters. 

Wenn  die  Niederschläge  völlig  unausflöslich  sind  und  die  lösli- 
chen Bestandtheile  nicht  mit  dem  Wasser  verdampfen  können,  so  über- 
zeugt man  sich  von  dem  vollständigen  Auswaschen,  wenn  man  einige 
Tropfen  der  ablaufenden  Flüssigkeit  auf  einem  reinen  Platinblech  lang- 
sam zur  Trockne  verdampft,  wo  kein  Rückstand  bleiben  darf,  der 
selbst,  wenn  er  sehr  unbedeutend  ist,  sich  leicht  deutlich  erkennen 
laut. 

Wenn  die  löslichen  Bestandtheile  leicht  flüchtig  sind,  so  muss 
man  die  ablaufende  Flüssigkeit  von  Zeit  zu  Zeit  auf  ihren  Gehalt  mit 
geeigneten  Reagentien  prüfen ;  ein  Gleiches  wird  nothwendig,  wenn  der 
Niederschlag  selbst  in  reinem  Wasser  nicht  ganz  unlöslich  ist,  wo  man 
eben  den  Funkt  zu  treffen  suchen  muss,  dass  das  Waschwasser  keine 
fremden  Bestandtheile  mehr  enthält,  aber  noch  weniger  von  dem  Nie- 
derschlage gelöst  hat.  Manche  Niederschläge  bleiben  ungelöst,  wenn 
man  dem  Wasser  Alkohol,  verdünnte  Säuren  oder  Salmiak  zusetzt  In 
dieden  Fällen  lässt  sich  die  Probe  auf  dem  Platinblech  anwenden,  indem 


586  Ausaaigem.  —  Austern. 

der  Salmiak  zwar  auf  dem  Platinblecb  eu  einer  Salzmasse  ointrocknet, 
bei  stärkerem  Erhitzen  aber  verflüchtigt  wird  uird  keine  Spar  mrttck- 
tässt. 


Will  man  einer  Ldsung  (Substanzen  daiiurcli  entzieiien ,  diiss  rasa 
sie  mit  einer  anderen  nicht  damit  gemischt  bleibenden  Fldatigkcil 
schüttelt,  die  die  fremden  Substanzen  aufnimmt,  so  wird  dies  mit  Becht 
aach  Auswaschen  genannt,  z.  B.  die  Entziehung  von  Alkohol  ans 
Aether  durch  Schütteln  mit  Wasser,  oder  der  Schwefelsäure  durch 
Waseer  aus  Oel,  welches  damit  von  Schleim theilen  gereinigt  wurde. 
oder  des  freien  Broms  aus  einer  wässerigen  Lösung  durch  A«th«r. 
Die  Trennung  der  beiden  sich  übereinander  ablagernden  Flüssigk«- 
ten  wird  man  entweder  durch  Pipetten  oder  passende  Scbei- 
detrichter  (s.  d.)  bewerkstelligen,  wenn  dieselbe  mechanbch  voll- 
ständig bewirkt  werden  soll.  V. 

Aussaigern  8.  Saigern. 

Austern.  Die  Hauptsubstanz  der  Austern  ist,  nach  Hulder, 
eine  sogenannte  Protein  Substanz  ;  sie  gerinnt  bei  90^'  C. ,  und  ist  dsnii 
in  concentrirter  Essigsäure  13slich.  Die  Austern  enthalten  0,5  Proc. 
Salze.  Die  trockenen  Austerschalen  enthalten,  nach  Buchholi  end 
Brandes,  98,1  kohlensauren  Kalk,  1,2  phosphorsauren  Kalk,  0,5 
eiweissartige  Substanz  und  0,2  Thonerde  (?),  Nach  einer  neueren  Un- 
tersuchung von  Schlossberger  >)  bestehen  die  Austerschalen  »a»  drei 
anatomisch-verschiedenen  Schichten;  1)  eine  innerste  glänzende,  glatte, 
halbdurchscheinende  sogenannte  Ferlmutterschicht;  i)  diebranneuhsrlen 

')  Aniul.ll.  Cham.  u.  Ph.rm.  Bd.  XCVUI,  S.  99. 


Australerde.  —  AuBtrocknen.  587 

Schuppen,  welche  an  den  DeckeUchalen  aU  Randbesetzung  der  Über 
einander  geschichteten  Schalenblätter  bemerkbar  sind;  8)  eine  kreide- 
artige Schicht,  glanzlos  undurchsichtig,  kreideweiss,  hie  und  da  zwi- 
schen den  Schalenlamellen  eingelagert.  Die  Untersuchung  ergab  in 
diesen  drei  Schichten: 

1  2  8 

Kohlensaurer  Kalk  ,  .  '94,7^  ~9 8,3'  89,1  88,6 
Organische  Substanz  .  2,2  0,8  6,3  4,7 
Andere  Salze  u.  Verlust     8,1       0,8    .  4,6       6,7 

Die  Salze  enthalten  geringe  Mengen  Phosphorsäure  und  Alkalien, 
Spuren  Kie^^elerde  und  Schwefelsäure.  Die  beim  Behandeln  der  Auster- 
schalen mit  verdünnter  Salzsäure  zurückbleibende  organische  Substanz 
besteht  zum  grossen  Theil  aus  braunen  Häuten,  welche  sich  in  heissem 
Wasser  auch  bei  erhöhtem  Druck  nicht  lösen,  in  concentrirten  Mineral- 
sauren  sich  in  der  Hitze  allmälig,  in  concentrirter  Kalilauge  von  50  Proc. 
nur  theilweise  lösen;  das  darin  ungelöste  enthält  50,7  Kohlenstoff, 
6,5  Wasserstoff,  16,7  Stickstoff,  ist  also  ähnlich  zusammengesetzt  wie 
Fremy's  Conchiolin,  unterscheidet  sich  durch  den  hohen  Gehalt  an 
Stickstoff  wesentlich  vom  Chitin  (Schlossberger).  Ft. 

Australerde  hatte  Wedgewoöd  eine  eigenthümliche  Erde 
genannt,  welche,  nach  ihm,  in  dem  Sande  von  Neuholland  sich  finden, 
und  aus  seiner  Lösung  in  Salzsäure  durch  Wasser  gefällt  werden  soll. 
K 1  ap r o t h  und  Hatchett  fanden  in  dem  Sande  nur  Kieselsäure,  Thon- 
erde  and  Eisenoayd. 

Austrocknen.  Sowohl  um  Körper,  namentlich  organischen 
Ursprungs,  unverändert  aufzubewahren,  als  auch  um  sie  besser  zerklei- 
nern, pulvern,  zerreiben  zu  können,  müssen  sie  häufig  von  dem  grössten 
Theile  des  in  ihnen  enthaltenen,  nicht  chemisch  gebundenen  Wassers  be- 
Ireit  werden. 

Femer  müssen  wir,  da  die  meisten  Körper,  an  der  stets  Waaser- 
dampf  enthaltenden  Luft  liegend,  bald  mehr  bald  weniger  Feuchtigkeit 
(je  nach  ihrer  eigenen  Anziehung  zu  dem  Wasser  und  je  nach  dem 
grosseren  oder  geringeren  Wassergehalt  der  Luft)  aufnehmen,  bevor  wir 
sie  zur  genauen  Bestimmung  ihres  Gewichtes  verwenden  können,  von 
allem  hygroskopischen  Wasser  befreien.  Zu  allen  quantitativen  Be- 
stimmungen der  Bestandtheile  eines  Körpers  können  wir  ihn  nur  im 
aasgetrockneten  Zustande  anwenden.  In  dem  Artikel  Analyse, 
organische,  s.  Bd.  I, S.  845,  sind  bereits  einige  zu  diesem  Zweck  die- 
nende Apparate  genauer  beschrieben.  Wir  werden  hier  noch  eine  Reihe 
der  Üblichen  Vorrichtungen  hinzufügen,  wenn  wir  kurz  angegeben 
haben,  unter  welchen  Umständen  man  zur  Austrocknung  nur  die  ge- 
wöhnliche Temperatur,  oder  eine  bis  zum  Siedepunkte  des  Wassers  ge- 
steigerte, oder  einen  sonst  festgesetzten  Wärmegrad  anwenden  darf. 
Zidetzt  werden  die  allgemeinsten  Trockenapparate,  welche  man  in 
der  Technik  benutzt,  ihrem  Principe  nach  beschrieben  werden. 

In  der  Regel  versteht  man  unter  Austrocknen  nur  die  Entfernung 
des  hygroskopischen,  nicht  des  Kry stall-  oder  des  chemisch  gebundenen 
Wassers.  Man  rauss  daher  bei  der  Wahl  der  Trockenmethode  die 
Eigenschaften  des  zu  trocknenden  Körpers  kennen.  Es  giebt  z.  B. 
Salze,    die  „verwittemden^S    welohe    schon  an    der    Luft«    die    nicht 


588 


Austrocknen. 


vollatändig  mit  Wasaerdampf  gesättigt  ist,  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur einen  Theil  ihres  Krystallwassers  verlieren,  wie  krystallisirte 
8oda  und  Glaubersalz.  Um  von  diesen  das  anhängende  Wasser  zu 
entfernen,  ohne  Krystallwasser  auszutreiben,  bleibt  nichts  übrig  als  sie 
zu  zerreiben,  zwischen  oft  erneuten  Lagen  Löschpapier  zu  pressen,  wie- 
der zu  reiben  und  zu  pressen,  bis  das  Papier  keine  Spur  von  Feuch- 
tigkeit mehr  anzieht  Bei  einem  so  rohen  und  mechanischen  Verfah- 
ren bleibt  man  stets  sehr  unsicher,  wie  weit  man  seinen  Zweck  erreicht 
hat.  Andere  Salze,  wie  Bittersalz,  Seiguettesalz,  verwittern  nicht  leioht 
an  der  Luft,  welche  etwas  Feuchtigkeit  enthält  Man  kann  sie  daher, 
nachdem  man  sie  im  gepulverten  Zustande  durch  Pressen  zwischen 
Löschpapier  von  der  meisten  anhängenden  Feuchtigkeit  befreit  hat,  in 
dünner  Lage  an  einer  schattigen  trockenen  Stelle  vor  Staub  geschützt, 
so  lange  stehen  lassen,  bis  die  Wage  keine  weitere  Gewichtsabnahme 
zeigt.  Würde  man  die  genannten  Salze  mit  vöUig  getrockneter  Loft 
in  Berührung  bringen,  so  würden  sie  Krystallwasser  verlieren.  Viele 
Körper  jedoch  können  der  absolut  trockenen  Luft  bei  gewöhnlicher 
Temperatur  ausgesetzt  werden ^  ohne  Wasser  zu  verlieren,  und  erst 
von  diesen  kann  man  mit  Recht  behaupten ,  dasS  man  sie  vollständig 
von  ihrem  Gehalt  an  hygroskopischem  Wasser  befreien  könne.  Man 
bringt  dieselben  -  fein  zerrieben,  auf  einer  flachen  Schale  oder  Uhr- 
glas in  einen  Raum,  dessen  Luft  durch  Wasser  anziehende  Körper 
beständig  im  Zustande  vollkommener  Trockenheit  erhalten  wird.  Be- 
queme Apparate  dazu  stellen  Fig.  39,  40  und  41   dar.     Fig.  39  ist 

Fig.  39. 


Fig.  41. 


iH.wiimminlimi.i...,....M|..»i.....f..«...K..aM...-m...p.y...-,^...-..^-....^ 


eine  flache  Glasbüchse  mit  luftdicht  aufgeschliffenem  übergreifenden 
Deckel.  Man  giesst  auf  den  Boden  concentrirte  Schwefelsäure  und 
stellt  in  diese  einen  Glasrihg,  der  das  Uhrglas  oder  Schälchen  trägt 
Der  Apparat  hat  den  Vorzug,  dass  der  Luftraum  möglichst  klein  ist 
und  daher  die  von  der  Substanz  aufsteigenden  Wasserdämpfe  der  ab- 
sorbirenden  Schwefelsäure  möglichst  nahe  sind.  In  Fig.  40  und  41 
sind  die  mit  Schwefelsäure  gefüllten  Schalen  auf  eine  abgeschliffene 
Glasplatte  gestellt,  darüber  ein  Gestell  angebracht,  was  mehrere  Uhr- 
gläser oder  Schalen  tragen  kann,  und  das  Ganze  durch  Ueberdecken 
mit  einer  Glasglocke,  deren  Rand  abgeschliffen  ist,  von  der  äusseren 
Xuft  abgeschlossen.  Man  kann  auch  die  Glastafel  durch  einen  Teller 
ersetzen,  ein  gewöhnliches  Becherglas  statt  der  Glocke  überstülpen  und 
in  den  Teller  Oel  giessen,  um  den  Luftwechsel  zu  verhindern.     Stellt 


Austrocknen.  589 

man  die  mit  Schwefelsäure  gefiillten  Schalen  nebst  den  darüber  ange- 
brachten zum  Trocknen  bestimmten  Substanzen  auf  den  Teller  der 
Luftpumpe,  überdeckt  sie  mit  der  Glocke  und  pumpt  die  Luft  aus,  so 
bilden  sich  die  Wasserdämpfe,  wie  bekannt,  schneller,  es  wird  da- 
durch die  Trocknung  sehr  beschleunigt^  und  zugleich  die  manchen  Kör- 
pern nachtheilige  oxydirende  Wirkung  des  Sauerstoffs  beseitigt.  Hat 
man  es  mit  Substanzen  zu  thun,  die  upter  den  angegebenen  Verhält- 
nissen zwar  kein  Wasser,  aber  Ammoniak  verlieren,  so  wendet  man 
statt  der  Schwefelsäure  gebrannten  Kalk  an  und  mischt  diesem  etwas 
Salmiakpulver  zu,  so  dass  die  Trocknung  in  einer  mit  Ammoniak  ge- 
sättigten Atmosphäre  vor  sich  geht. 

Hat  man  Substanzen  auszutrocknen,  die  einer  Temperatur  von 
lOO^C.  ausgesetzt  werden  dürfen,  so  bedient  man  sich  zweckmässig 
des  in  Fig.  42   abgebildeten  Wasserbades.      Der  innere  Raum  c,   in 

welchen  die  zu  trocknenden  Substanzen 
auf  Uhrgläsem  gestellt  werden,  ist  auf 
fünf  Seiten  in  etwa  einem  Zoll  Entfer- 
nung von  der  äusseren  Hülle  umgeben 
und  vorn  durch  eine  einfache  Thür  ver- 
schliessbar,  in  welcher  die  Löcher  g  und  k 
angebracht  sind,  welche,  so  lange  die  Sub- 
stanzen noch  feucht  sind ,  einen  genügen- 
den Luftwechsel  gestatten.  Dieselben  kön- 
nen durch  Korke  oder  Schieber  geschlos- 
sen werden,  damit  die  Temperatur  durch  den  Luftwechsel  nicht  zu 
sehr  herabgestimmt  werde.  Der  Zwischenraum  zwischen  beiden 
Kasten  wird  durch  Eingiessen  von  Wasser  durch  die  Tülle  b  ge- 
füllt, in  die  Tülle  a  kann  man  ein  Thermometer  einsetzen.  Soll  der 
Apparat  auf  der  Spiritus-  oder  Gaslampe  erwärmt  werden,  so  lässt 
man  ihn  am  besten  aus  dünnem  Messingblech  anfertigen  und  mit  Weich- 
loth  zusammenfügen ,  soll  er  auf  Kohlenfeuer  benutzt  werden ,  so  wird 
er  zweckmässiger  aus  Kupferblech,  welches  hart  gelöthet  wird,  gemacht, 
und  der  mit  Flüssigkeit  zu  füllende  Zwischenraum  von  grösserer  Di- 
mension gewählt.  Für  Substanzen,  die  einer  höheren  Temperatur  als 
100^ C.  ausgesetzt  werden  dürfen,  kann  man  dann  denselben  Apparat 
gebrauchen ,  indem  man  statt  Wasser  Oel  in  den  Zwischenraum  füllt 
und  das  untergelegte  Feuer  so  regelt,  dass  das  durch  a  eingesenkte 
Thenrtometer  ziemlich  constant  einige  Grade  über  der  Temperatur  er- 
halten wird,  bei  der  man  die  Anstrocknung  vornehmen  will. 

Fast  noch  leichter  ist  es  auf  einer  Spiritnslampe  eine  constante 
Temperatur  in  den  aus  Kupfer  oder  Messing  gefertigten  Luftbädern, 
Fig.  43  und  44  (s.  f.  S.),  zu  erzielen.  Die  Thermometerkugel  muss  mög- 
lichst nahe  neben  die  Uhrgläser  gebracht  werden,  jedoch  so,  dass  sie 
keine  Metalltheile  der  Träger  berührt.  Der  Deckel  auf  Fig.  43  ist  leicht 
abzonehmen,  in  die  Tülle  wird  das  Thermometer  eingesetzt,  die  zweite 
bleibt  offen  bis  die  Substanz  fast  völlig  ausgetrocknet  ist,  um  den 
Wasserdämpfen  das  Entweichen  leicht  zu  gestatten,  zuletzt  schliesst 
man  dieselbe  durch  einen  lose  aufgesetzten  Kork.  Ein  in  derselben 
Höbe  des  Gefässes  auf  einigen  Nieten  liegendes  Dreieck  von  dünnem 
Dnht  trägt  die  Schale,  welche  die  zu  trocknende  Substanz  enthält 
IHe  Einrichtang  der  Fig.  44  ist  selbstverständlich. 


590  Austrocknen. 

Schneller  ßndet  die  AuBtTocknnag  statt  in  einem  Laftabome.  Ibn 
hat  dem  Apparat   eine  etwas    andere  Form   gegeben,    wie    Flg.  4ä 
Flg.  48.  Fig.  M. 


^ 


md  unten  an  den  beiden  lan- 
gen Seiten  von  der  zwi- 
schen ihm  and  der  fiiusem  , 
Wandung  oingeachlosaeneD 
rt  Flüssigkeit,  Waaser  oder 
Oel,  umgeben ,  die  beiden 
kurzen  £mdflächeQ  giad  oQen 
und  können  durch  Schieber 
geschlosBen  werden.  An 
dem  einen  Ende  ist  «ne 
senkrechte  Röhre  bis  inden 
Trockenraum  hinabgeführt, 
dieselbe  wird  Toneiner  zwei- 
ten Röhre  umgeben,  welche 
in  dem  mit  Wasser  gefüll- 
ten Räume  mundet,  dadurch  die  innere  Röhre  heisa  erhält  und  bewirkt, 
daas  ein  aufsteigender  Luflatrom  entsteht  Die  Oe&taung  bei  t  gestat- 
tet der  äusseren  Luft  Zutritt,  man  kann  dieselbe  vorher  durch  ein  mit 
Ghlotcalcium  gefQlUes,  in  t  befestigtes  Rohr  treten  lassen,  oder  heisse 
Luft  dnrch  ein  erhitzties  Rohr  einleiten  oder  einblaaen.  Geeignete  Ap- 
parate, um  in  einem  erwärmten  Luftatrome  oder  im  luftleeren  Ranme 
bei  beliebiger  Temperatur  zu  trocknen,  sind  Art.  Analyse,  organi- 
sche, Bd.  I,  S.  645  n.  ff.,  beschriebeo. 

Das  Anwenden  von  Uhrgläaem  als  Unterlage  für  die  zn  trock- 
nenden Substanzen,  in  den  oben  beschriebenen  Fällen ,  ist  baaondera 
deshalb  zu  empfehlen,  weil  man  leicht  zwei  dicht  mit  den  Rändern  zu- 
sammenachliessende  Uhrgläser  aussuchen  kann,  um  die  in  dem  einen 
liegende  getrocknete  Subatanz  zum  Wägen  mit  dem  zweiten  zu  be- 
decken and  beide  Gläser  durch  Ceberschieben  einer  measingeneD  Klam- 
mer, wie  Fig.  46  zeigt,  zusammenzuhalten.  Auf  diese  Weise  kann  man 
den  Apparat  erkalten  laasen  und  wägen,  ohne  befOrchten  zu  mflss«n, 


Austrocknen. 


591 


Fig.  47. 


daes  die  Substanz  während  dieser  Zeit  Feuohtigkeit  aus  der  Luft  an- 
ziehen kann.    Die  Messingklainnier  bildet  man  durch  Zusammenlöthen 

p-,g  4g  zweier  dünner,  schmaler  hart- 

geschlagenerüdessingstreifchen 
an  ihren  Enden,  oder,  indem 
man  einen  breiteren  Streifen 
durch  zwei  parallele  nicht  ganz 
bis    an   die  Enden    reichende 

Schnitte   so  theilt,   dass  man 

die  Uhrgläser  unter  den  mit- 
telsten und  über  die  beiden  seitlichen  Streifen  schieben  kann,  wenn 
man  den  ersteren  in  der  Mitte  etwas  nach  oben,  die  beiden  anderen 
etwas  nach  unten  gebogen  hat,  so  dass  sie  noch  gegen  die  dazwischen 
gebrachten  Uhrgläser  federnd  wirken.  Die  Uhrgläser  werden  nicht 
leicht  so  dicht  auf  einander  passen,  dass  beim  Erkalten  ein  luftver- 
dünnter  Baum  sich  zwischen  denselben  bilden  könnte,  aber  Luftwech- 
sel, somit  die  Möglichkeit,  dass  die  Substanzen  eine  wägbare  Menge 
Feuchtigkeit   aufnehmen,  findet  nicht  statt. 

Zum  Trocknen  grösserer  Mengen  von  Substanzen,  wie  z.  B.  der 
Krauter,  Blumen  und  Wurzeln,  welche  zum  Pulvern  bestimmt  sind, 
wendet  man  in  den  Apotheken  zweckmässig  den  von  Mohr  angegebe- 
nen Trockenschrank  ^)  an,  Fig.  47.    Der  Schrank  ist  an  beiden  Seiten 

mit  parallelen  Leisten  versehen,  auf  wel- 
chen sich  Hürden  schieben  lassen,  die  die 
zu  trocknenden  Substanzen  aufnehmen. 
Sie  werden  folgendermaassen  eingerich- 
tet. Aus  zwei  Zoll  hohen  Leisten  wird 
ein  viereckter  Rahmen  von  passender 
Grösse  gebildet.  An  der  einen  Seite  wird 
eine  fünfte  ähnliche  Latte  parallel  zwei 
Zoll  abstehend  eingefügt.  Der  Best  des 
Bahmens  wird  mit  starker  Leinwand  be- 
spannt und  diese  durch  untergenagelte 
Stäbchen  im  Abstände  von  circa  ein  Zoll 
am  Sacken  verhindert.  Man  schiebt  nun 
die  Hürde  so  in  den  Schrank,  dass  einmal 
der  zwischen  obiger  Latte  und  dem  Bande 
der  Hürde  frei  gebliebene  Baum  vom  bei 
der  darüber  stehenden  Hürde  hinten  im 
Schrank  zu  stehen  kommt.  Dadurch  wird 
die  von  unten  aufsteigende  erwärmte  Luft 
genöthigt,  bald  vorn  und  bald  hinten  auf- 
zusteigen und  über  und  unter  der  ganzen 
Hürdenfläche  herzustreichen. 

Die  Erwärmung  der  Luft  bewirkt 
man  durch  die  Benutzung  des  abziehenden 
Rauches  einer  stets  thätigen  Feuerungsan- 
lage, z.  B.  des  Dampfapparates.  '  Man 
leitet  den  Bauch  durch  ein  gewöhnliches 


^)  Mohr,  Pharm.  Techn.  2.  Aad.  S.  46  u.  ff. 


blechernes  Ruiichrahr  c,  Fig.  48,  in  den  aiu>  Schwanblech  aogefortig- 
ten,  unter  den  Httrden  im  Schrank   aufgestellten   Blechkasten  nnd  an* 


diesem  durch  das  Kauchrohr  d  ia  den  bchomstein,  die  Schieberttiilr  > 
dient  zur  leichten  Reinigunff.  Wenn  der  Kasten  vor  der  Bennizung 
mit  AsphaltArniss  gut  angestrichen  wird ,  so  widersteht  er  dem  Bo^ 
sehr  lange. 

Die  in  der  Technik  erforderlichen  Trockenstuben  sind  meist  nach 
dem  schematisch,  in  Fig.  49  versinnlichten  Principe  eingerichtet 
Man  lässt  erhitzte  Luft  oben  in  die 
Kammer  eintreten  und  durch  einen 
Schornstein  unten  wegsaugen.  Oben 
stellt  mnn  die  fast  trockenen  Sabstan- 
zen  anf,  unten  die  noch  sehr  feuchten. 
Die  noch  möglichst  warme  nnd  trocken« 
Luft  entzieht  den  schon  fast  trockenen 
Stoffen  den  Best  des  Wassers  und  sät- 
tigt sich,  ehe  sie  die  Kammer  verläsEi, 
anf  den  unteren  Schichten  mit  Wasf«r- 
daropf.  Die  meijiten  Substanzen  erfordern 
geradezu  diesen  Weg  der  Trocknung) 
da,  wenn  sie  nicht  verändert  werden  »ol- 
len, anfangs ,  so  lange  pie  noch  viel 
Wasser  enthalten,  nur  eine  massige  Hitze  angewandt  werden  darf,  die 
kaam  ausreichen  würde  die  letzten  Wnsscrantheile  zu  entfemeo. 

Eine  au  SS  erordentlich  zweckgemäese  Trockeustnbe ,  die  bei  belie- 
biger Grösse  doch  kein  Hineingehen  der  Arbeiter  erheischt,  nnd  die 
Wftnne  sehr  vollständig  unter  gleichzeitiger  Berücksichtigung  der  Stei- 
gerung derselben  in  dem  Maasse  als  die  Trocknung  fortschreitet,  erhält, 
wird  z.  B.  in  allen  Fabriken  getrockneter  Gemüse  u.  s.  w.  angewendet 
Eine  ansfUhrliche  Beschreibung  derselben  hat  Flucharl  geliefert*). 


f>  polyt.  Joorn.  Bd.  CXXKIII,   S.   1 


>  QtBit 


/ 

Inhalt  der  dritten  und  vierten  Lieferung  zum  zweiten 

Bande  der  zweiten  Auflage. 


Seite 
Ameuige  Säore: 
Weisser  Arsenik,  Arsenikmehl, 
Giftmehl,  Hüttenrauch,  Ar- 
senikblumen, Rattengift,  Ar- 
senikblüthe,  Arsenoxjd.     .  289 
Arsenigsaure  Salze  ....  295 
Arsenigsaures    Ammonium- 
oxyd    296 

Arsenigsaures  Antimonoxyd  .  — 

Arsenigsaurer  Baryt     ....  297 

Arsenigsaures  Bleioxyd     .     .  — 

Arsenigsaures  Eisenoxyd  .     .  — 

Arsenigsaures  Eisenoxydul    .  298 
Arsenigsaures  Kali: 

1)  Neutrales — 

2)  Saures  Salz  ....  — 

3)  Basisches  Salz  ...  299 
Arsenigsaures  Jodkalium  .  .  — 
Arsenigsaurer  Kalk.  ...  — 
Arsenigsaures  Kobaltoxydul  .  800 
Arsenigsaures  Kupferoxyd: 

1)  Neutrales — 

2)  Basisches  Salz  ...  — 
Anenigsaure  Magnesia  .  .  — 
Arsenigsaures  Manganoxydul  801 
Arsenigsaures  Natron  ...  — 
Arsenigsaures  Nickeloxydul  .  — 
Arsenigsaures  Quecksilber- 
oxyd    — 

Arsenigsaures     Quecksilber- 
oxydul      — 

Arsenigsaures  Silberoxyd  — 

Arsenigsaurer  Strontian    .     .  802 
Arsenigsaures  Zinnoxydul  u. 

Zinnoxyd — 

Arsensäure : 

Arseniksäure — 

Arsensänretrihydrat ....  808 
Arsensaurebihydrat  ....  — 
Arsensäuremonohydrat.     .     .  — 
Wasserfreie  Arsensäure,  Arsen- 
säureanhydrid    — 

Arsensaure  Salze 304 

Arsensaures  Ammoniumoxyd: 

1)  Basisches 305 

2)  Neutrales — 

8)  Saures — 

Arsensaurer  Bar}'t: 

1)  Basischer — 

2)  Neutraler — 

8)  Saurer 306 

Arsensaures     Baryt  -  Ammo- 

niumoxyd — 


.* 

Seite 
Arsensaures  Bleioxyd: 

1)  Basisches 306 

2)  Neutrales — 

Arsensaures  Ceroxydul      .     .  — 

Arsensaures  Chromoxyd   .     .  — 

Arsensaures  Eisenoxyd     .     .  — 

Eisensinter 307 

Arsensaures  Eisenoxydul  .     .  — 

Arsensaures  Iridiumoxyd  .     .  — 
Arsensaures  Kali: 

1)  Basisches — 

2)  Neutrales — 

8)  Saures — 

Arsensaurer  Kalk,  neutraler  .  808 
Arsensaures  Kalk- Ammonium- 
oxyd, basisches  ....  — 
Arsensaures  Kobaltoxyd  .  .  — 
Arsensaures  Kobaltoxydul  .  — 
Arsensaures  Kupferoxyd,  ba- 
sisches      309 

Arsensaure  Magnesia    ...  — 
Arsensaures  Magnesia- Ammo- 

niumoxyd — 

Arsensaures  Magnesia-Kali  .  810 
Arsensaures  Manganoxydul  .  — 
Arsensaures  Manganoxydul- 
Ammoniumoxyd  ...  — 
Arsensaures  Molybdänoxydul  — 
Arsensaure  Molybdänsäure  — 
Arsensaures  u.  molybdänsau- 
res Ammoniumoxyd ...  — 
Arsensaures  Natron: 

1)  Basisches — 

2)  Neutrales — 

8)  Saures 811 

Arsensaures  Natron-Kali,  neu- 
trales        — 

Arsensaures  Natron  mit  schwe- 
felsaurem Natron.     ...  — 
Arsensaures  Natron  mitFluor- 

natrium — 

Arsensaures  Nickeloxydul,  ba-  — 

sisches    .......  — 

Arsensaures  Palladiumoxydul  — 

Arsensaures  Platinoxyd    .     .  812 

Arsensaures   Qnecksilberoxyd  — 
Arsensaures  Quecksilberoxydul : 

1)  Neutrales — 

2)  Saures — 

Arsensaures  Rhodiumoxyd    .  — 
Arsensaures  Silberoxyd,  basi- 
sches    313 

Arsensaurer  Strontian  ...  — 


Fortsetzung  dee  Inhalte  der  3.  u.  4.  Lieferung  von  Band  2  der  2.  Aufl. 


Arsensaure  Thoncrde    .     . 
Anensaure  Thorerde    . 
Arsensaares  Titanoxjd 
Arsensaures  Uranozyd, 
Axfensfuires  Uranozjdnl  • 
Arsensaures  Vanadiumoxyd 
Arsensaares  Wismuthoxyd 
Arsensaure    Yttererde ,    neu- 
trale   

Arsensaures  Zinkoxyd  . 
Arsensaures  Zinnoxyd  . 
Arsensaures  Zinuoxydu) 
Arsensaure  Zirkouerde. 

Arsenschwärze 

Arsenschwefelsäure    .... 

Arsensilber 

Arsensilberblende,    syn,  für   lichtes 
Bothgpltigerz  (s.  erste  Aufl.  Bd.  IV, 
S.  908). 
Arsensinter  s.  Arseniksinter. 

Arsenspiegel 

Arsensuboxyd 

Arsensulfide 

Arsensulfür: 

^othes  Schwefelarsen,  Beal- 

gar ,    Sandarach ,     Bubin- 

Schwefel,  unterarsenigsaures 

Sulfid,  Arseobisulfuret,  )vy- 

posulfarsenige  Säure      .    . 

ArsensulfUrsalae ,     Hyposulf- 

arsenite  (Berzelius)   .     .     . 

Ammonium-Arsensulfäri  Am- 

moniumhyposulfarsenit  .     . 

Barium- Arsensulfür,  Barium- 

hypofolfarsenit     ,    .    ,    . 

Ka^um- Arsensulfür,  Kalium- 

hyposulfarseni^     .... 

Arsensulfid: 

Qclbes  SchwQfielarsen«  Bauch- 
gelb, Auripigment,  Oper- 
ment,  Arseniges  l^ulfid  (Ber- 
zelius), Sulfarsenige  Säure, 
Arsensupersulfür  .... 
Arsensulfidsalze,  Sulfiursenite, 

Berzelius 

Anunonium-Arsensulßd,  Am- 

moniumsulfarsenit     .    ,    . 

Barium-Arsensulfid,  Bariom- 

sulfarsenit    ...... 

Beryllium- Arsensulfid,  3eryl- 

Uumsulforsenit 

Blei- Arsenfulfid,  Bleisulfiirsenit 
Calcium-Arsensulfid,  Calciuip- 

sulfarsenit 

Cersulfüret-  Arsensnlfid ,  Cor- 
sulfüretsulfarsenit .     .     .    . 

ChromsesquisulAiret-Arscnsul- 
fid,  Chromsesquisulforetsiüf- 
arsenit     . 

EisensesquisuV^iret  -  Arsensul- 
fid, Eisensesquisulfüretfiulf- 
arsenit . 

EisensuKtiret- Arsensulfid,  Ei- 
sensulfuretsulfiu'aeuit .    .    . 


Seite 
S13 


914 


815 


316 


817 


320 
821 


822 


Seit« 
Goldsesquisolfiiret-Arsensalfid, 

GoldsesquisulAiretsulfarsenit  -  32i 
Kadmium  -  Arsensnlfid ,    Kad- 

miumsulfarsenit  .  .  .  .  — 
Kalium -Arsensulfid,  Kalium- 

sulfarsenit — 

Kobalt  -Arsensnlfid ,    Kobalt- 

sulfarsenit 323 

Lithium- Arsensulfid,  Lithium- 

sulfarsenit — 

Magnesium  -  Arsensulfid,   Bia- 

gnesiumsulfarsenit  ...  — 
Mangan-Arsensulfid,  Mangan- 

sii^arscnit  .  .  ...  — 
Molybdän-Arsensulfid,  Molyb- 

dänsulfarsenit — 

Natrium- Arsensnlfid,  Natrinm- 

sulftirsenit — 

Nickel-Arsensnlfid,  Nickelsulf- 

arsenit  — 

Platinbisulfüret  -  Arsensolfid, 

Platinbisulfüretsulfiursenit  .      — 
Quecksilbersttlfüret-  Arsensnl- 
fid, Quecksilbersulfuretsulf- 

arsenit — 

Quecksübersubsulf uret  -  Arsen- 
snlfid, Quecksill^enabsalfii- 

retsul£arsenit — 

SUber-Artensulftd,  Silbertulf- 

arsenit     .......    324 

UrapsesquisaUüret-Arscnsulfid, 

UransesqussuUUretsulfarsenit  — 
Wismuth  -  Arsensulfid,    Wis- 

muthsul&rsenit  ....  — 
Zink-Arsensulfid,  Zinksnlfar- 

sani( — 

ZinnsuHüret-Araensulfid,  Zion- 

solfarsenit — 

Zinnbisulfid' Arsensnlfid,  Zinn- 

bisulfüretsulikrsenit  .  .  .  — 
ZirQoniam^'Arsensulfid,  Zirco- 

niumsnlfarsenit      .     .    .     .      — 
Arsenpersnlfid: 

ArsensupersalfidvSulfSarseoaänre    — 
Arsenpersulfidsalze,    Sulfarte- 

niate  (Berzelius)  ....  325 
Ammonium  -  Arsensapersulfid, 

Ammoniumsulfarseniat  .  .  — 
Barium-Arstnpersulfid,Bariiim- 

sulfarseniat '^^ 

Beryllium-Arsenpersulfid,  Be- 

rylliumsulüarseniat  .  .  .  — 
Blei-Arsenpersulfid,   Bleisolf- 

arseniat — 

Calcium -Arsenpersnlfid,  Cal- 

dumsulfarseniat  .  .  .  .  — 
CersesquisulfUret-Arsenpersul- 

fid,  CersesquisnUUretsiilfar- 

seniat — 

Cersulfüret  -  Arseiq>ersnlfid, 

Cersulfuretsulfarseniat  .  .  327 
Bisensesquisulfüret  -  Arsenpvr- 

■ulfid,   EisensesqnisolAurtt- 

suUkrseniat " 


r 


Fortoetsung  des  Inhalts  der  3.  u.  4.  Lieferung  von  Band  2  der  2.  Aufl. 


BUenBalftaiet  -  Artenperiulfid, 

EUensallüretsulfargeniat 
GoldBesquisulfüret  -  Arsenper- 
snlfid ,    Goldsefqaisulfiiret- 
salfareeoiat .    .         ... 
Kaliam-Anenpersulfidf  Kalium- 

sulfanoiiat 

Kobalt-Arsenpersttlfid,  Kobalt- 

snlfarseniat 

Lithiiim-Arsenperf  nlfid ,     Li- 
thiomsalfAneiiiat .... 
Magnesium  -  Anenpersulfid^ 

Magnesinmaulüarseniat  .    . 
Hangan-Araenpennlfid,  Man- 
gansnlfaneniat     .... 
Katriiun-Anenpersnlfid,  Ka- 
triumsi^rsenlat  .... 
Natrium  -  Ammonium  -  Arsen- 
peranlfid,  Natrium -Ammo- 
niumsulfiurseniat   .... 
Natrium-Kalium-Arsenpersul- 
fid, Natrium -Kaliumsulfar- 

seniat 

Nickel-Arsenpersnlfid,  Nickel- 

snlfarseniat 

Platinbisulfüret-Arsenpersnlfid, 
Platinbisulfüretsulfarseniat . 
Quecksilbersulfüret  -  Arsenper- 
sulfid,  Quecksilbersolftaret- 

snlfarseniat 

Queeksilbersubsulftiret-Arsen- 

persulfid,  Quecksilbersubsul- 

furetsulfarseniat    .... 

Silber -Arsenpersulfid,  Silber- 

snlfiirseniat 

Uransesqoisulfiiret-  Arsenper- 
sulfid,    Uransesquisnlltiret- 

sulüarseniat 

Zink-Arsenpersulfid,  Zinksulf- 

arseniat 

Zirconium- Arsenpersulfid,  Zir- 
konsuUkrseniat      .... 

Arsenwasserstoff 

Arsenwasserstoffgas .     .    .    . 
ArsenwasserstoiF,  fester  Was- 
serstoffarsenik   

Ariid 

Artsnitin «     . 

Arterienhaot 

Artischocke 

Äitiylc 

Aitocarpns  indsa 

Aram  escolentum 

Anim  macnlatum 

Anmdo  phragmites 

Aia  dukis  s.  Benxoe. 

Asa  foetida 

Asa  foetida-Oel     ....... 

Asant,  stinkender,  s.  Asa  foetida. 
Asarin,  Asaron,  aInut,  Asarit?,  Hasel- 

wuncamphor 

Aiarit 

Asarumdl 

Asbest 


Seite 
327 


828 


829 


380 


882 
888 


885 


88G 


887 


840 
848 

844 


'Asbolan 

Asbolin 

Ascbblei 

Asche  organischer  Körper.    .     .     . 
Methoden  der  Eünäscherung .     . 
Methoden  der  Analyse     .     .     . 
Methode  Ton   WiU  und  Fre- 
senius      

Methode  von  Erdmann     .    . 
Methode  ron  H.  Böse.    .    . 
Methode  ron  Mitscherlich 
Methode  ron  Wackenroder    . 

a.  In    Wasser     löslicher 
Theil    .    •    ... 

b.  In  Wasser  unlöslicher 
Theil 

Methode  ron  Städeler: 

a.  Samen-Aschen         .    . 

b.  Aschen  von  Holz,  Kräu- 
tern u.  s.  w.  .    .'  .     . 

Methode  von  Wittstein     .     . 

Asche,  Tulcanische 

Aschen,  metallische 

Aschenbad    

Aschenxieher 

Asdepiadin,  Asdepin 

Asclepion 

Asparagin,  Sparg^lstoff,  Asparamid, 

Althätn 

Chlorwasserstoff-Asparagin  . 
Oxalsaures  Asparagin  .  .  . 
Salpetersaures  Asparagin  .  . 
SchwefiBlsaures  Asparagin 
Asparagin-Bleiozyd  .... 
Asparagin-Kadmiumoxyd  .    . 

Asparagin-Kali 

Asparagin-Kalk 

Asparagin-Kupferoxyd  .     . 
Asparagin-Quecksilberchlorid 
Asparagin-Quecksilberozyd    . 
Asparagin-Silberoxyd   ,     .     . 
Asparagin  mit  salpetersaurem 

Silberoxyd 

Asparagin-Zinkoxyd     .     .     . 
Asparaginsäure,  Asparags&nre,  As- 
paraminsänre,  Asparamsäure,  As- 
partsäure   

Chlorwasserstoff-  Asparagin- 
säure   

Salpetersaure  Asparaginsäure 
Schwefelsaure     Asparingin- 

säure 

Asparaginsäure  Salse   .     . 
Asparaginsaures  Ammonium- 
oxyd   

Asparaginsaurer  Baryt 
Asparaginsaures  Bleioxyd. 
Asparaginsaures  und  salpeter- 
saures Bleioxyd    .    .     . 
Asparaginsaures  Eisenoxyd 
Asparaginsaures  Kali  .    . 
Asparaginsaurer   Kalk: 
Neutrales  Salz      .     .    . 
Basisches  Kalksais   .    . 


Seite 
844 

846 

849 
858 


855 
858 

869 


860 

8G1 

868 
865 


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371 


372 


878 


877 
878 


879 


880 


n 


Fortsetzung  des  Inhalte  der  3.  u.  4.  Lieferung  von  Band  2  der  2.  Aufl. 

Seite 


Asparagiosaures  Kupferoxyd : 
Neutrales  Salz       ....     380 
Bnsißch  -asparaginsaures 

Kupferoxyd  .....       — 
Asparaginsaure  Magnesia : 

Neutrales  Salz 

Basisches  Magnesiasalz.     .       — 
Asparaginsaures  Natron,  neu- 
trales Salz — 

Asparaginsaures     Nickeloxy- 
dul      ^81 

Asparaginsaures  Quecksilber- 
oxyd, basisches    ....       — 
Asparaginsaures  Quecksilber- 
oxydul     — 

Asparaginsaures  Silberoxyd: 

Neutrales  Salz — 

Basisches  Silbersalz  ...       - 
Asparaginsaures  Zinkoxyd  — 

Die  Zusammensetzung  des  As- 
paragins  und  der  Asparagin- 

s'aure 882 

Asparaginsaure  Salze   s.  Asparagin- 

säure  S.  878. 
Asparamid,  syn.  Asparagin. 
Asparamidsäure,  syn.  Asparaginsaure. 

Asparagolith 885 

Asparagus  officinalis — 

Aspartsäure  s.  Asparaginsaure. 
Aspasiolith  .......••     886 

Aspertannsäure  — 

Aspernla  odorata 387 

Asphalt — 

Asphalt,  künstlicher 891 

Asphalten,  Asphalt,  erdiger,  Asphalt- 
erde, Asphaltöl  s.  Asphalt. 

Asphodelus 392 

Aspirator — 

Assacou  oder  Ussncu 397 

Afisamar 398 

Aster  tripolium 399 

Astrakamit — 

Astralit 400 

Astrapyalith .     . 

Astrophyllit — 

Atakamit — 

Athamanta  Oreoselinum     .     .     .  401 

Athamantin — 

Athanor  s.  Acanor. 

Athar 404 

Atheriastit — 

Athmen  der  Pflanzen 405 

Athmen  der  Thiere 406 

Athiserz,  syn.  mit  faserigem  Malachit. 

Atlasstein,  Atlasspath 412 

Atmerythrin. — 

Atmidoskop — 

Atmosphäre,  Atmosphärische  Luft  .       — 
I.   Physikalische   Eigenschaften 
der  Atmosphäre: 

1.  Die  Schwere  und  die  Ge- 
stalt der  Atmosphäre    .     .       — 

2.  Die   Temperatur   der    At- 
mosphäre     416 


Seite 

3.  Bewegungen  in  der  Atmo- 
sphäre       419 

4.  Die  Aenderungen  des  at- 
mosphärischen   Druckes  43i) 

5.  Verhältniss  der  Atmosphäre 
zum  Lichte 424 

II.  Chemische  Beschaffenheit  der 
Atmosphäre: 

Bestandtheile 426 

Quantitative  Zusammensetzung  431 

Sauerstoff — 

Stickstoff    ......  440 

Wasser — 

Kohlensäure 442 

Ammoniak  447 

Jod 449 

KohlenwasserstofT  (?)...  — 

Zusammensetzung  der  Luft  .  450 

In  Wasser  gelöste  Luft    .     .  452 
Von  dem  Erdboden  absorbirte 

Luft 458 

Atome 461 

Atomgewichte  ....          ...  463 

Atomgewichtsbestimmungen    der 
Grundstoffe: 

Aluminium     « 471 

Antimon — 

Arsen 478 

Barium — 

Beryllium 475 

Blei - 

Boron 476 

Brom — 

Calcium 477 

Chlor 479 

1)  Bestimmung  des  Sauer- 
stoffgehalts des  chlorsauren 
Kalis - 

2)  Bestimmung  des  Atomge- 
wichts des  Chlorsilbers  .     .  480 

3)  Bestimmung  de«  Chior- 
silbers  aus  100  Thln.  Silber  - 

Cor 481 

Chrom — 

Didym 483 

Eisen     ..........  484 

Erbium 485 

Fluor — 

Gold 486 

Jod . .  — 

Iridium 487 

Kadmium — 

Kalium  s.  bei  Chlor. 

Kobalt 488 

Kohlenstoff — 

Kupfer 490 

Lanthan — 

Lithium ~ 

Magnesium 491 

Mangan 49* 

Molybdän 493 

Natrium 494 

Nickel 495 

Niobium         " 


r 

Auswittern.  598 

Es  ist  eine  lange  liegende  Kammer  von  nur  wenigen  Füssen  Höhe, 
massiger  Breite,  aber  grosser  Länge,  Die  Luft  wird  vermittelst  eines 
Ventilators  durch  eiserne  Röhren  getrieben,  welche  im  Feuer  liegen. 
Es  ist  sehr  zweckmässig,  in  die  Röhren  einzelne  Stücke  alter  zerbroche- 
ner  Rohren  einzulegen,  so  dass  die  Luft  sich  daran  bricht,  weil  sie  sonst 
nnr  unvollkommen  die  Wärme  aufnimmt,  oder  die  Röhren  beträchtlich 
länger  sein  müssen.  Ein  Heizapparat,  mit  dem  selbst  bei  heftigem 
Rothgluhen  der  Rohren  das  erforderliche  Luftquantum  nicht  genügend 
erhitzt  werden  konnte,  wurde  durch  diese  kleine  Abänderung  sofort 
brauchbar.  Das  Eintreiben  der  Luft  mit  dem  Ventilator  statt  des  frü- 
her üblichen  Saugens,  ist  ebenfalls  als  viel  zweckmässiger  befunden 
worden.  Wenn  man  die  Luft  aussaugt,  so  dringt  durch  jede  OefTnung 
oder  Undichtheit  des  Apparates  kalte  Luft  zu,  während  beim  Eintreiben 
das^  namentlich  am  Ende  der  Trockenstuben  unvermeidlich  erforder- 
lich werdende  Oeflnen  von  Einsetzthüren  u.  s.  w.,  weder  kalte  Luft  ein- 
dringen lässt,  noch  den  Zug  schwächt,  wodurch  die  Luft  in  dem  Röh- 
rensystera  eine  zu  hohe  Temperatur  annehmen  und  die  vordersten  Sub- 
stanzen verderben  könnte.  Man  macht  die  Trockenstube  so  lang,  dass 
die  hinten  mit  feuchter  Substanz  eingeschobenen  Hürden,  welche  auf 
einem  Tuche  ohne  Ende  oder  auf  blossen  Rollen  laufen,  lange  genug  in 
der  Kammer  verweilen ,  um  den  Inhalt  am  vorderen  Ende  getrocknet 
herausnehmen  zu  können,  wenn  die  Arbeiter,  sobald  sie  eine  Hürde  ge- 
füllt haben,  dieselben  hinten  einschieben,  wodurch  am  vorderen  Ende 
die  Hürde  mit  getrockneter  Substanz  aui  der  Kammer  herausgeschoben 
wird. 

Das  Trocknen  von  Zeugen,  Papier  n.  s.  w.  findet  meidt  dadurch 
statt,  dass  man  die  Stoffe  über  mit  Dampf  geheizte  Walzen  führt. 

Näher  die  einzelnen  in  den  verschiedenen  Fabrikationen  verwen- 
deten Trockenapparate  zu  beschreiben,  ist  hier  nicht  Raum.  V. 

Auswittern,  Ausblühen,  Effloresciren,  Efflorescere. 
So  bezeichnet  man  die  Erscheinung,  wenn  feste  Körper  sich  mit  einem 
lockeren  krystallinischen ,  meist  weissen  Salzanflug  bedecken.  Solche 
Auswitternng  oder  Efflorescenz  zeigt  sich  z.B.  bei  salpeterhalten- 
der Erde,  wo  salpetersaures  Kali  auswittert,  an  Mauern,  wo  oft  schwefel- 
saures oder  kohlensaures  Natron ,  oder  auf  Alaunschiefer ,  Schwefelkies 
ond  anderen  Erzen,  wo  Alaun,  Eisenvitriol  und  verschiedene  Metall- 
salze auswittern.  Diese  Salze  waren  hier  entweder  schon  fertig  gebil- 
det, oder  sie  entstanden  durch  die  gegenseitige  Einwirkung  verschie- 
dener Gemengtheile  der  Gesteine,  zum  Theil  erst  bei  gleichzeitiger 
Einwirkung  von  Luft  und  Feuchtigkeit.  Die  Auswitterung  besteht  zu- 
nächst aber  immer  darin,  dass  das  Salz  ans  seiner  durch  Capillarltät 
auf  die  Oberfläche  des  feßten  Körpers  gestiegenen  Auflösung  durch  Ver- 

I    dunsten  auskrystallisirt. 

I  Als  Auswittern  oder  gewöhnlich  Effloresciren  bezeichnet  man 

namentlieh  die  Erscheinung  beim  Verdunsten  oder  langsamen  Verdam- 
pfen mancher  Salzlösungen,  bei  welchen  das  feste  Salz  sich  am  Rande 
des  Gefäases  oberhalb  der  Flüssigkeit  in  dendritischen  Krystallen  ab- 
scheidet; indem  die  Lösung  dann  in  diesen  Dendriten  durch  Capillari- 

1  tat  in  die  Höhe  steigt  und  weiter  verdampft,  wachsen  diese  Efflorescen- 
zen,  und  bedecken  nicht  nur  die  innere  Seite  der  Gefässe  bis  zum 
oberen  Rande,  sondern  absteigend  bald  auch  die  äussere  Seite ,  dann 

Handwftrierbach  der  Chemie.  3te  Aufl.   Bd.  II.  38 


694  Ausziehen.  —  Avanturinglas. 

den  Tisch  n.  8.  w.  Dieses  Fortkriechen  der  Salse  durch  Effloresdren 
zeigt  sich  bei  Salmiak,  bei  verschiedenen  Animoniaksalzen  n.  a.  id.,  es 
l&sst  sich  einigermaassen  durch  starkes  Fetten  des  Randes  der  Gefässe 
vermeiden,  besser  durch  rasches  Sieden  der  Lösungen,  oder  rasches 
Verdampfen  durch  Erhitzen  von  oben.  Fe. 

Ausziehen.  Darunter  sind  die  verschiedenen  Methoden  ver- 
standen, die  wir  anwenden,  um  festen  Körpern,  namentlich  Pflanzen- 
Stoffen,  durch  Auflösungsmittel  ihre  löslichen  Bestandtheile  zu  entzie- 
hen, hauptsächlich  durch  Wasser,  Alkohol  oder  Aether,  seltener  mittelst 
flüchtiger  oder  fetter  Oele;  bei  der  ausgedehnteren  Fabrication  der- 
selben werden  später  wohl  auch  Chloroform,  Schwefelkohlenstoff,  und 
das  als  Benzol  im  Handel  beflndliche  leichte  Steinkohleotheeröl  häufi- 
ger  verwendet  werden.  Diese  Auflösungsmittel  können  nun  kalt  oder 
warm  angewendet  werden  (s.auch  Abkochen,  Aufgi essen  und  £x- 
trahiren),  Fe. 

Automolith  syn.  mit  Gahnit.  , 

Avanturin,  Aventurin.  Eine  Varietät  des  Quarze«.  Das 
Eigenthiimliche  desselben  ist,  dass  er  angeschlifl*en  auf  unzähligen  Punk- 
ten einen  starken  Lichtreflex  zeigt,  welcher  theils  von  eingemengten  zarten 
Glimmerschuppen,  theils  von  feinen  Rissen  und  Sprüngen  herrührt.  Er 
ist  theils  röthlichbraun,  theils  gelblich  und  nur  an  den  Kanten  durch- 
scheinend. Man  findet  ihn  gewöhnlich  in  abgerollten  Stücken  in  Spa- 
nien, Sibirien  etc.  Er  wird  als  Schmuckstein  verarbeitet,  aber  häufig 
durch  Glasfluss  nachgeahmt,  welcher  den  natürlich  vorkommenden  an 
Schönheit  der  Lichterscheinung  meist  übertrifilL 

Avanturinfeldspath  s.  Oligoklas  (iste  Aufl.  Bd.  V, 
S.  673). 

Avanturinglas,  Aventuringlas  (auch  Goldfluss  ge- 
nannt) zeigt  auf  geschliflenen  und  polirten  Flächen  eine  ähnliche  Erschei- 
nung, wieder  natürlich  vorkommende  Avanturin,. trotz  ganz  verschiede- 
ner chemischer  Zusammensetzung.  Dem  Anscheine  nach  liegen  kleine,  das 
Licht  stark  reflectireude  Flitter  in  einer  hellbräunlichen  Glasmasse.  Dieses 
Glas  wurde  früher  sehr  hoch  geschätzt  und  zu  Zier-  und  Schmuckg^gen- 
ständen  der  verschiedensten  Art  verarbeitet  —  Seine  Darsteliong  war 
lange  ein  Geheimniss  der  Glasfabriken  in  Murano  bei  Venedig,  doch 
zeigte  sich  bei  Industrie- Ausstellungen  der  neuesten  Zeit,  dass  es  jetzt 
auch  in  den  Glasfabriken  anderer  Länder  dargestellt  wird.  —  Ueber 
die  Natur  der  Flimmer  in  diesem  Glase  sind  verschiedene  Ansichten 
aufgestellt  worden.  Uebergeht  man  die  willkürlich  geäusserten  Mei- 
nungen, wonach  sie  bald  Glimmerblättchen,  bald  Goldblättchen  (Gold- 
fluss)  sein  sollten,  so  findet  man,  dass  J.  G.  Gähn  (1807)  zuerst  durch 
nähere  Untersuchungen  zeigte,  dass  dieselben  regelmässige  Krystalle 
seien,  die  sich  bei  dem  Erkalten  der  geschmolzenen  Masse  ausgeschieden 
haben  müssten  >)•  Man  sieht  nämlich  bei  Betrachtung  eines  Stückchens 
Avanturin  unter  dem  Mikroskope  bei  nur  massiger  Vergrösserung,  dass 
jedes  Flimmerchen  ein  regelmässiger  glänzender  Erystall  ist.     Sie  er- 


^)  Wöliler,  Analyse  des  Avanturinglases.  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.,  Bd.  XLV. 
S.  185. 


Avanturinglas.  695 

scheinen  als  dünne  Segmente  regulärer  Octagder  und  sind  undurch- 
sichtig. Die  mit  verschiedenen  Glasmassen  angestellten  Analysen  ergaben 
sammtlich  einen  nicht  unbeträchtlichen  Gehalt  an  Kupfer. 

Analysen  des  Avanturinglases: 

Schnedermann  und  Wöhler  P^ligot  Kersten 

5,5  5,3 

7,1  7,0 

8,9  9,0 

(FeO)  3,5  3,4 

Spuren 


Kali     .     .     . 

2,1 

Natron      .     . 

8,2 

Kalk     .     .     . 

8,0 

Magnesia  •     . 

4,5 

Eisenoxyd     • 

6,5 

Thonerde 

Kieselerde     . 

65,2 

Phosphorsäure 

1,5 

Kupfer      .     . 

3,0 

Zinn    .     •     • 

Spuren 

Blei      .     .     . 

—^ 

67,7  67,3 

3,9  4,0 

2,3  2,3 

1,1  1,0 

P  e  1  i  go  t  jmd  Kersten  hatten  offenbar  Glas  von  gleicher  Zusam- 
mensetzung; die  Zusammensetzung  des  von  Schnedermann  und 
Wöhler  untersuchten  Glases  war  hievon  wesentlich  abweichend.  Das 
eine  war  zinn«  und  bleihaltig,  das  andere  frei  von  diesen  Metallen  und 
enthielt  daiiir  eine  beträchtliche  Menge  Bittererde  und  etwas  Phosphor- 
saure.  Der  Kupfergehalt  beträgt  bei  allen  dreien  zwischen  3  und  4 
Prooent  und  der  Eisengehalt  nahezu  eben  soviel. 

Aus  dem  Ergebnisse  der  Analyse  und  der  mikroskopischen  Be- 
trachtungen hat  man  Schlüsse  auf  die  Natur  und  Darstellung  des  Avan- 
taringlases  gemacht.  Man  nahm  an ,  dass  die  undurchsichtigen  Kry- 
stalle  im  Avanturin  aus  metallischem  Kupfer  bestehen,  das  sich  aus  dem 
schmelzenden  kupferoxydhaltigen  Glase  durch  Zusatz  einer  reducirenden 
Materie  krystalliäirt  ausgeschieden  hat  —  Auf  dieser  Ansicht  beruhen 
auch  die  meisten  synthetischen  Versuche,  welche  in  Deutschland  und 
Frankreich  angestellt  wurden,  jedoch  ohne  Erfolg.  Clemandot  und 
Fremy  ^)  erhielten  eine  trübe,  jedoch  mit  octa^drischen  Krystallflim- 
mem  erfüllte  Glasmasse,  in  dem  sie  300  Thle.  zerstossenes  Glas,  40  Thle. 
Kupferfeile  und  80  Thle.  Eisenfeile  12  Stunden  lang  unter  öfterem  Um- 
rülffen  znaammenschmelzen  und  nachher  langsam  erkalten  Hessen.  Die 
Theorie,  welche  das  Kupfer  in  metallischem  Zustande  annimmt,  lässt 
zwei  wesentliche  Thatsachen  unerklärt:  1)  dass  man  beim  Schleifen 
and  Poliren  des  Avanturinglases,  wo  die  Krystalle  nach  allen  Rich- 
tangen  durchschnitten  werden  müssten,  auf  der  polirten  Fläche  nie  — 
selbst  mit  keinem  Mikroskope  —  den  eigenthümlichen  rothen  Metall  glänz 
des  regulinischen  Kupfers  wahrnimmt;  und  2)  dass  das  Glas  von  der 
bedeutenden  Menge  Eisenoxydul)  welche  es  enthält,  nicht  grün  gefUrbt 
erscheint.  Der  Bedeutung  des  nach  allen  Analysen  beträchtlichen  Eisen- 
gehaltes des  Avanturinglases  kann  bei  der  Annahme,  dass  die  Krystalle 
regnlinisches  Kupfer  in  einer  bräunlichen  Glasmasse  seien,  keine  Rech- 
nung getragen  werden;  denn  sowohl  Eisenoxydul  als  auch  Eisenoxyd 
in  einer  Glasmasse  aufgelöst,  giebt  immer  tiefgrüne  Gläser. 

Pettenkofer  hat,  auf  seine  Erfahrungen  und  Beobachtungen  bei 
Darstellung  des  Hämatinonglases  (Porporino)  gestützt,  eine  andere 


^)  Compt.  rend.  T.  XXII,  p.  889. 

88« 


596  Avanturinglasur.  —  Avenin. 

Ani«icht  aufgestellt  0«  ^^  nimmt  die  krjstaUinischen  Flimmer  im  Avan- 
turinglase  als  grossere  Krystalle  jener  kie{«el9auren  Kupferoxydolver- 
bindung,  welche  dem  Iläraatinon  die  hochrothe  Farbe  ertheilt,  an^  welche 
in  eine  von  Ei^enoxjdul  grün  gefärbte  Glasmasse  eingebettet  sind.  Roth 
und  Grün  sind  complementäre  Farben,  die  einander  aufheben.  Denkt 
man  sich  rothe  Krjstalle  in  einer  grünen  Glasmasse,  so  kann  das  Glas 
weder  grün  noch  roth  erscheinen ;  es  eutstehtbei  Mischung  dieser  Farben 
in  der  Regel  ein  unbestimmter  bräunlicher  Ton,  der  je  nach  Menge 
und  Natur  der  farbigen  Beimischungen  in  verschiedenen  Abstufungen 
auftritt  In  der  That,  nimmt  man  ein  grünes  Glas  und  bedeckt  damit 
einen  rothen  Körper  (z.  B.  rothes  Siegellack),  so  erblickt  man  eine 
braune  Farbe,  welche  ganz  die  des  Avanturingtases,  nur  intensiver 
ist  Das  Eisenoxydul  ist  zur  Darstellung  des  Avanturinglases  daher 
ebenso  unentbehrlich  und  wesentlich,  wie  das  Kupferoxydul,  denn  die 
Erscheinung  ist  so  zu  sagen  die  diagonale  Wirkung  der  optiRchen  Ei- 
gfenschaften  beider.  Man  erhält  stets  Avanturin,  wenn  man  in  1 00  Thln. 
einer  nicht  zu  strengflüssigen  Glasmas4e  8  bis  1 0  Thle.  eines  Gemenges 
von  gleichen  Theilen  Kupferoxydul  und  Eisenoxydul  auÜöst  und  nach 
vollständiger  Lösung  die  grünschwarze  Glasmasse  nnter  Umstanden 
abkühlen  lässt,  welche  der  Entstehung  von  Krystallen  günstig  sind. 
Diese  Umstände  sind  die  nämlichen,  welche  der  sogenanten  Entgla- 
sung  günstig  sind,  und  längeres  Schmelzen  und  sehr  langsames  allmä- 
liges  Uebergehen  aus  dem  erweichten  in  den  erstarrten  Zustand  nehmen 
darunter  die  erste  Stelle  ein.  Auf  diese  Weise  wird  sich  eine  krvstalli- 
nische  rothe  Kupferoxydul  Verbindung  ausscheiden  und  das  Eisenoxjdal 
mit  grüner  Farbe  gelöst  bleiben.  Pettenkofer  hat,  auf  diese  Ansich- 
ten gestützt,  aus  Hämatinon  durch  Zusatz  von  Eisen  Avantaringlas  her- 
gestellt (vergl.  Astralit  S.  400).  PL 

Avanturinglasur.  So  nannte  Wöhler«)  eine  von  ihm 
erfundene  Glasur  auf  Porzellan,  zu  welcher  er  folgende  Vorschrift  gab : 
31  Thle.  Kaolin  von  Halle,  43  Quarzsand,  14  Gyps,  12  Porzellan- 
scherben, sämmtlich  fein  gemahlen  und  geschlämmt  und  gemengt,  "wer- 
den  mit  300  Thln.  Wasser  angerührt  und  dem  so  entstehenden  Glasor- 
brei  nach  einander  die  Lösungen  von  19  Thln.  zweifach  chromsatiren 
Kali,  47  Bleizucker,  100  Eisenvitriol  und  so  viel  Ammoniakflüssi^keit 
zugesetzt,  als  nöthig  ist,  um  das  Eisen  vollständig  zu  fällen.  Nach 
dem  Auswaschen  der  Kali-  und  Ammoniaksalze  durch  mehrmaliges  De- 
cantiren  ist  die  Glasurmasse  fertig  und  wird  auf  die  gewöhnliche  Weise 
durch  Eintauchen  der  verglühten  Waare  aufgetragen  und  im  Porzellan- 
ofen eingebrannt.  Nach  dem  Erkalten  zeigt  die  bräunliche  Grand- 
masse krystallinische ,  goldglänzende  (unter  dem  Mikroskope  and  im 
durchfallenden  Lichte  grüne  durchsichtige)  Blättchen,  welche  Wäch- 
ter für  Chromoxyd  oder  Chromoxyd- Eisenoxyd  hält.  Pt, 

Avenin.  Von  Johnston  in  dem  Hafer  in  geringer  Menge  anf- 
gefundene,  von  Norton*)  näher  untersuchte,  dem  Legnmin  ähnliche 
Substanz.     Man  erhält  dieselbe,  indem  man  die  zerkleinerten  Samen 


*)  Abhandlungen  der  natarwissensclmflluh  teohnwehcn  Commission  bei  der  Aka- 
demie der  Wissenschoflen  in  München,  Bd.  I,  S.  123  —  «)  Annal.  d.  Cbem.  n.  Pharm. 
Bd.  LXX,  S.  67.  —  *)  Sillim.  Americ.  Journ.  [2.]  T.  V,  p.  22;  Pharm.  Centralbl. 
1847,  S.  4C6  u.   1848,  S,  240;  Jahresbcr.  von  Liebig  u.  Kopp  1848,  S.  844. 


AvigTionkörncr.  —  Axinit.  597 

mit  viel  Wasser  anröhrt,  12  bis  16  Stunden  an  einem  kühlen  Orte  di- 
gerirt,  dann  die  Flüssigkeit  durch  Leinen  seiht,  mehrmals  durch  Papier 
filtrirt  und  durch  einige  Tropfen  Essigsäure  fällt.  Den  abgewaachenen 
Niederschlag  lost  man  in  möglichst  verdünntem  Ammoniak  bei  50®  bis 
60*  C,  filtrirt,  fällt  wieder  durch  Essigsäure  und  befreit  den  Nieder- 
schlag von  allen  darin  löslichen  Bestandtheilen  vollständig  durch  Wa- 
schen mit  Alkohol  und  Aether,  welche  eine  weissliche,  wie  Fett  verbren- 
nende Substanz  aufnehmen.  Das  Avenm  ist  stets  gelb  gefärbt,  in  Wasser 
löslich,  durch  Kochen  nicht  coagulirbar.  Bei  längerem  Sieden  an  der  Luft 
scheidet  es  sich  erst  nach  dem  Erkalten  in  geringer  Menge  aus.  Da- 
durch, dass  es  erst  beim  Erkalten  niederfällt  und  dass  es  durch  verdünnte 
Salzsäure  und  Essigsäure  nur  aliuiälig,  nicht  sogleich  gefällt  wird, 
unterscheidet  das  Aveuin  sich  von  dem  ganz  verwandten  Legumin 
der  Erbsen  und  Mandeln.  Mit  einer  1  Proc.  Kali  enthaltenden  Lauge 
eine  Stunde  lang  erwärmt,  dann  durch  Essigsäure  gefällt,  besitzt  die 
Lösung  des  Niederschlages  in  Kali  nicht  mehr  die  Eigenschaft,  Bleisalze 
zu  schwärzen.  Norton  fand  in  dem  möglichst  gereinigten  A venin  nach 
Abzug  des  Aschengehaltes,  wovon  er  es  nicht  ganz  hatte  befreien  kön- 
nen, 53,27  bis  51,82  KohlenstofT,  6,94  bis  6,85  Wasserstoff,  16,81  bis 
16,39  Stickstoff,  '24,16  bis  22,82  Sauerstoff,  0,595  bis  1,11  Schwefel 
und  0,81  bis  1,0  Phosphor.  Die  vergleichende  Untersuchung  des  Ave- 
nin3  und  des  Legumins  aus  Erbsen  und  Mandeln  giebt  ein  wenig  deutli- 
ches Bild  von  der  Verschiedenheit  dieser  Substanzen,  da  die  einzelnen 
Resultate  jedes  der  Körper  schlecht  unter  einander  stimmen.     (  V.)  Fe. 

Avignonkörner  (grains  dAvignon^  fr  euch  berries)  s. 
Gelbbeeren. 

Avivage,  Aviviren  oder  Schönen  s.  Rothfär- 
berci,  Istc  Aufl.  Bd.  VI,  S.  905. 

A  X  e  (af cw,  axis)  bezeichnet  ursprünglich  eine  Vorrichtung  zur 
Fortbewegung  (Wagenaxe).  Dasselbe  Wort  wurde  sodann  als  Bezeich- 
nung für  die  Linie  gebraucht,  welche  bei  einer  drehenden  Bewegung 
allein  in  Ruhe  bleibt,  z.  B.  die  Erdaze.  Endlich  erhielt  das  Wort 
Axe  die  Bedeutung  einer  Linie,  auf  welche  die  Lage  geometrischer 
Objecte  (Coordinatenaxe)  oder  die  räumliche  Vertheilung  von  Masse 
(Axe  der  statischen  Momente,  der  Trägheitsmomente  etc.)  bezogen  ge- 
dacht wird,  oder  in  Beziehung  auf  welche  die  äussere  Begrenzung 
eines  Körpers  (bezüglich  Kry stalle xe,  vergl.  den  Art.  Krjstallogra- 
phie)  oder  gewisse  physikalische  Eigenschaften  desselben  eine  symme- 
trbche  Anordnung  besitzen  (Elasticitätsaxe  vergl.  Elasticität;  ther- 
mische Axe  vergl.  Wärme  und  Wärmeleitung;  optische  Axe  vergl. 
Licht;  magnetische  Axe  vergl.  Magnetismus).  Zr, 

Axinit  (von  a^tvri^  Beil,  Axt,  wegen  der  meist  beilförmigen 
Zoschärfiing  der  Seitenkanten  seiner  Krystalle),  Thumit  oder  T  hu - 
m  erst  ein  (nach  einem  seiner  Fundorte,  Thum  in  Sachsen),  After- 
sehörl,  ist  ein  borsäurehaltiges  Silicat  von  der  Formel  8  BO .  2  (SiOs) 
B03)-f  2(R,Oa.[Si03,B03]),  worin  RO  =  CaO  und  MgO;  R^Oa 
=  AljOa,  Fe^Oa  und  Mn^  Oa.  Ausgezeichnet  durch  seine  triklinoedri- 
Bchen,  schön  nelkenbraunen  bis  ranchgrauen,  mitunter  auch  pflanmen- 
bboen,  glasglänzenden,  weiss  durchsichtigen  Ejrystalle,  die  einen  sehr 


698  Azadirin.  —  Azelaansäure. 

entschiedenen  Trichroisnms  zeigen.  Härter  als  Orthoklas,  fast  QinrK- 
härte.  Specif.  Gewicht  =  3,0  bis  3,8.  Vor  dem  Löthrohre  beim  Sclunel- 
zen  mit  saurem  schwefelsauren  Kali  und  Flussspath  die  Borsanre-Reac- 
tion  gebend.  Durch  Salzsäure,  wenn  ungeglüht,  nicht  au&chliessbar, 
wohl  aber  nach  der  Schmelzung.  An  verschiedenen  Fundorten  in  Frank* 
reich  (Dauphin^e),  England,  Norwegen  (Kongsberg),  Sachsen,  im  Harz 
und  in  den  Alpen.  7%.  S. 

Azadirin.  Nach  Piddington's  ^)  unvollständiger  Angabe 
findet  sich  in  Melia  Äzadirackta^  einem  ostindischen  Baum,  ein  bitter- 
schmeckender Stoff,  seiner  Behauptung  nach  ein  Alkaloid,  welches  als 
Surrogat  für  Chinin  dienen  könne. 

Nach  Angaben  über  Azadirachta  indica  von  O'Shaugnessj  *) 
sind  sämmtliche  Theile  des  Baumes  sehr  bitter;  das  Blatt  ist  bitter  und 
ekelerregend;  die  Rinde  ist  vorzugsweise  bitter,  dabei  etwas  zusammen- 
ziehend, sie  ist  in  Bombay  mit  Erfolg  statt  China  gebraucht;  aus  der 
reifen  Fruchtschale  wird  ein  sehr  bitteres,  wurmwidriges,  fettes  Oel  er- 
halten, welches  auch  äusserlich  zu  Einreibungen  gebraucht  wird.     Ft. 

Azelainsäure,  Acide  azelaique.  Nach  Laurent')  ein  ei- 
genthümliches  Oxydationsproduct  der  Öelsäure  durch  Salpetersaure; 
die  Säure  ist,  nach  ihm,  HO.C10H8O4.  Bromeis^)  konnte  die  Aze- 
lainsäure nicht  neben  der  Korksäure  unter  den  Oxydationsprodacten  der 
Oeldäure  finden,  er  nimmt  daher  an,  dass  Azelainsäure  identisch  sei  mit 
Korksäure  (2  HO.  CigHisOg),  wenigstens  haben  beide  Säuren  fast  die 
gleiche  procentische  Zusammensetzung,  und  stimmen  auch  in  den  mei- 
sten Eigenschaften  überein;  die  Azelainsäure  ist  jedoch,  nach  Laurent, 
leichter  schmelzbar  und  leichter  löslich  in  Aether  als  die  Korksäure,  und 
hat  überdies  auch  ein  verschiedenes  Atomgewicht:  auf  1  Aeq.  Silber- 
oxyd kommen,  nach  Laurent,  96,2  Azelainsäure,  aber  nur  78  Kork- 
säure; da  er  aber  nur  sehr  geringe  Mengen  Säure  erhielt,  so  sind 
die  Resultate  nicht  so  maassgebend,  und  es  muss  eine  weitere  Unter- 
suchung erst  entscheiden,  ob  diese  Saure  eigenthüralich  ist  oder  un- 
Teine  Korksäure. 

Zur  Darstellung  der  Azelainsäure  wird  die  durch  Abdampfen  der 
Lösung  von  Öelsäure  in  Salpetersäure  erhaltene  Krystallmasse,  welche 
Azelainsäure  und  Korksäure  gemengt  mit  einem  eigenthümlichen  Oel 
enthält,  mit  Aether  behandelt;  die  beim  Verdampfen  der  ätherischen 
Lösung  zuletzt  bleibende  Mutterlauge  enthält  die  Azelainsäure  gemengt 
mit  wenig  Korksäure. 

Die  Azelainsäure  ist  weiss  und  zeigt  alle  Eigenschaften  der  Kork- 
säure (s.  d.),  nur  ist  sie  leichter  löslich  in  Aether,  und  leichter  schmelz- 
bar (ihr  Schmelzpunkt  scheint  aber  nicht  genauer  bestimmt  zu  sein); 
die  geschmolzene  Säure  ist  auf  dem  Bruch  matt,  und  lässt  kaum  kry- 
staUinische  Spuren  erkennen. 

Die  azelainsanren  Salze  sind  den  korksauren  Salzen  sehr  ähnlich; 
das  azelainsaure  Ammoniumoxyd  fällt  die  Salze  von  Blei,  Quecksilber 
und  Silber  weiss;  es  fällt  die  Lösungen  von  Chlorbaiinm,  Ghlorstronünin 
und  Chlormagnesium  auch  nicht  auf  Znsatz  von  Alkohol  (Unterschied 


1)  Geiger't  Mag.  Bd.  XIX,  S.  50.  —  *)  Pharm.  Gentralbl.  1844,  S.  865. 
*)  Annal.  de  chim.  et  phys.  [2.]  T.  LXVI,  p.  154. 
*)  AnnaL  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  XXXV,  S.  108. 


Azobenzid.  —  Azomarsäure.  599 

Ton  KorkBäure),  dagegen  fällt  es  die  concentrirte  Lösung  von  Chlor- 
calciniD.  ^t. 

Azobenzid,  Azobenzol,  Stickstoffbenzld,  ein  Zerse- 
tcnngsprodact  des  Nitrobenzols  durch  Einwirkung  von  Kalihydrat 
entstehend,  entweder  direct  aus  demselben  darstellbar,  oder  durch  De- 
stillation des  in  gleicher  Weise  aus  dem  Nitrobenzol  gebildeton  Azoxy- 
benzids  (s.  Benzol,  Abkömmlinge).  Fe* 

Azobenzil  s.  Benzil. 

Azobenzoid.  Von  Laurent  unter  den  Prodneten  der  Ein- 
wirkung von  Ammoniak  auf  rohes  Bittermandelöl  gefunden  (s.  Bitter- 
inandelöl,  Verwandlungen  durch  Ammoniak). 

Azobenzoidin.  Von  Laurent  entdeckt.  Es  entsteht  bei 
der  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  rohes  Bittermandelöl  (s.  Bitter- 
mandelöl, Verwandlungen  durch  Ammoniak). 

Azobenzoilid.  Eine  von  Laurent  entdeckte,  durch  Ein- 
wirkung von  Ammoniak  auf  Benzoylwasserstoff  entstehende  Verbindung 
(s.  Benzojlwasserstoff,  Verwandlungen    durch  Ammoniak). 

Azobenzoilinwasserstoff  nennt  Laurent  einen  durch 
Einwirkung  von  Ammoniak  auf  Benzojlwasserstoff  entstehenden  Kör- 
per, den  er  später  als  eine  Basis  erkannt  und  mit  Amarin  bezeichnet 
hat  (s.  unter  Benzojlwasserstoff,  Abkömmlinge). 

Azobenzol,  syn.  mit  Azobenzid. 

Azobenzoyl.  Von  Laurent  so  genannt.  Ein  Product  der 
Einwirkung  von  Ammoniak  auf  rohes  Bittermandelöl,  s.  Bitterman- 
delöl, Verwandlungen  durch  Ammoniak. 

Azobenzoylschwefelwasserstoff.  Ein  von  Lau- 
rent entdecktes  Prodnct  der  Einwirkung  von  Schwefelammonium  auf 
rohes  Bittermandelöl  (s.  Bittermandelöl,  Verwandlungen  durch 
Schwefelammonium). 

Azocinnamylhydrür,  ein  von  Laurent  aus  Cinnamjl- 
hydrür  durch  Einwirkung  von  Ammoniak  erhaltenes  Zersetzungs- 
prodtibt  (s.  Cinnamylwasserstoff,  Verwandlungen). 

Azocodein,  eine  von  Anderson  durch  Zersetzung  des  Ni- 
trocodeins  mittelst  Schwefelammonium  dargestellte  organische  Base 
(s.  unter  Code'in). 

Azodifune  nennt  Gm el in  das  Azobenzid« 

Azoerythrin  s.  Orseille. 

Azoleinsäure,   syn.   mit    Oenanthylsäure    (s.   d 

Axt  Iste  Aufl.  Bd.  V,  S.  664). 

Azolithofellinsäure  s.  Lithofellinsäure. 
Azolitmin  s.  Lackmus ,  iste  Aufl.  Bd.  IV,  S.  754, 
Azomarsäure  s.  Pimarinsäure. 


600  Azophcnylainin.   —  Azulininsäure. 

Azophenylamin  von  Zinin,  ein  Zersetzungsproduct  des 
Nitranilins  mittelst  Schwefelammonium  (s.  Bd.  I,  S.  1035). 

Azophenylamin  von  Gottlieb,  richtiger  Nitrazophenyl- 
ainin,  ein  Zersetzungsproduct  des  Binitranilins  durch  Schwefelaoiino- 
nium  (8.  Bd.  I,  S.  1038). 

Azorit,  ein  in  einem  trachy tischen  Gesteine  der  Azorischen 
Inseln  vorkommendes  Mineral,  kleine  grünlich  oder  gelblich  weisse 
Pyramiden  bildend;  nach  Hayes  im  Wesentlichen  tantalsaurer  (?)  Kalk. 
Hiemach  würde  der  Asorit  dem  Perowskit  (s.  d.),  titansaurer  Kalk,  an 
die  Seite  zu  stellen  sein.  n  S. 

Azosulfure  de  Benzen,  Benzenazosulfür  syn.  mit 
Sulfazobenzoylwasserstoff  oder  Thiobenzaldin  (8, 

Benzoylwasserstoff,    Verwandlungen    durch  Schwefelammo- 
nium). 

Azot  (von  tfo^^  Leben,  mit  dem  et  privativum),  der  von  Lavoi- 
sier  dem  Stickstoff  gegebene  Name. 

Azotan,  ein  wenig  gebräuchlicher  Name  für  Chlor  st  ickstofü 

Azoth,  auch  Azoc  und  Azot,  mystische,  in  den  alchemidti- 
sehen  Schriften  vorkommende  Namen  für  eine  hypothetische  Substanz, 
welche  auch  Merkur  der  Weisen  (hier  nicht  Quecksilber)  hiess,  und 
welche  als  höchste  Potenz  den  Stein  der  Weisen  gab. 

Azotüre,  eigentlich  eine  allgemeine  Bezeichnung  für  Stickstoff- 
verbindungen, nennt  Gerhardt^)  überhaupt  dieAmide,  Verbindungea, 
die  zu  dem  Typus  Ammoniak  gehören;  so  ist  das  Acetamid  als  Acetyl- 
azotür,  oder  auch  als  Acetylazotür  mit  Wasserstoffazotür  be- 
zeichnet, die  Aethylamine  sind  Aethylazotüre  u.s.  w.  Gerhardt  und 
Chiozza  >)  bezeichnen  dagegen  als  Azotüre  die  tertiären  Amide  (s. 
Bd.  I,  S.  696),  Verbindungen,  in  welchen  alle  drei  Aequivalente  des 
Wasserstoffs  im  Ammoniak  durch  Sauerstoff  halten  de  Radicale  ersetzt 
sind;  und  als  Diazotüre  bezeichnen  sie  dann  die  tertiären  Diamide 
(8.  d.  Bd.  I,  S.  700).  Fe. 

Azoxybenzid  nennt  Zinin  ein  beim  Behandeln  von  Nitro- 
benzol  mit  weingeistiger  Kalilösung  entstehendes  Product,  weil  es  der 
empirischen  Zusammensetzung  nach  als  ein  Oxyd  des  Azobenzids  an- 
gesehen werden  kann  (s.  unter  Benzol).  fe, 

Azoxydifune   nennt  L.  Gmelin  das  Azoxybenzid. 

Azulminsäure,  Azulmsäure,  Azulmin,  Stickkohlen- 
stoff. Mit  diesem  Namen  hat  man  Zersetz ungsproducte  der  Blausäiu« 
und  des  Cyans  bezeichnet,  welche  äusserlich  mit  den  Iluminsubstanzen 
Aehnlichkeiten  haben,  aber  Azot  enthalten  (daher  der  Name  „Azul- 
min^^).  Schon  Proust,  nach  ihm  Ittner  und  Andere  hatten  bemerkt, 
dass  bei  Zersetzung  der  Blausäure  und  des  Cyans  sich   ein  braoner 

*)  Trait^  de  chim.  org.  Pari»  1856,  T.  IV,  p.  786.  —  ")  Compl.  rend.  de 
raoad.  T.  XXXYIII,  p.  457;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XC,  8.  106;  Fhsnn. 
Centralbl.  1854,  S.  806;  Jahresber.  v.   Liebig  u.   Kopp  1864,  S.  472. 


Azulrninsäure.  60 1 

Körper  absetzt;  dieses  Product  i»t  später  von  Johnston  i),  von  Boal- 
lay  '),  Delbräck  ^),  von  Pelonze  und  Bichardson  ^)  und  von 
Thaulow^)  ontersncht,  dabei  sind  jedoch  abweichende  und  zum  Theil 
sieh  widersprechende  Resultate  erhalten,  wohl  deshalb,  weil  sich  hier 
unter  ähnlichen,  Umständen  mehrere  ähnliche,  aber  nicht  identldche 
Körper  neben  einander  bilden,  so  dass  mebtens  ein  Geraenge  nahe  ste- 
hender Substanzen  untersucht  ward.  Die  sogenannte  Azulrninsäure  ist 
daher  noch  immer  sehr  unvollständig  bekannt.  Das  Product  ist  früher 
auch  für  Paracyan  gehalten,  es  unterscheidet  sich  von  diesem  wohl 
schon  durch  seinen  Gehalt  an  Wasserstoff  und  wahrscheinlich  auch  an 
Sauerstoff,  doch  sind  die  Angaben  über  seine  Zusammensetzung  durch- 
aus verschieden;  Boullay  giebt  für  die  durch  Auflösen  in  Kali  und 
Fällen  mit  Säure  gereinigte  Substanz  die  Formel  C5N2H;  nach  John- 
Bton  ist  die  aus  Cyan  dargestellte  Substanz  =  CsNH4,  das  Zer- 
setzungsproduct  der  Blausäure  aber  CsN^H  -f-  2H0;  Pelouze  und 
Bichardson  geben  der  Substanz  die  Formel  C8N4H4O4,  das  sind  die 
Elemente  von  Cyan  und  Wasser.  Die  Azulrninsäure  bildet  sich  bei  Ein- 
wirkung von  Cyan  oder  Cyanwasserstoff  auf  Wasser  oder  Weingeist,  schon 
bei  Abwesenheit  schneller  aber  bei  Gegenwart  von  Alkali ;  an  ihrer  Bil- 
dung nehmen  wahrscheinlich  die  Elemente  des  Cyans  und  des  Wassers 
Theil;  über  die  Art  der  Bildung  lässt  sich  begreiflich  bei  der  Unbe« 
ilimmtheit  über  die  Zusammensetzung  nichts  sagen. 

Man  erhält  das  Azulmin  leicht,  wenn  man  reine  concentrirte  oder 
wenigstens  nicht  zu  verdünnte  Blausäure  einige  Zeit,  besonders  am 
Licht,  stehen  lässt;  am  schnellsten  geht  die  Umsetzung  vor  sich,  wenn 
man  die  Flüssigkeiten  mit  einigen  Tropfen  Kali  oder  Ammoniak  ver- 
setzt; wird  solche  Blausäure  destillirt,  so  bräunt  sie  sich  sogleich  in 
der  Vorlage.  Oder  man  leitet  Blausäuredampf  in  eine  verdünnte  Lö- 
sung von  Cyankalium.  Die  Azulmsäure  wii*d  weiter  auch  leicht  erhal- 
ten, wenn  man  wässeriges  Cyankalium  mit  einer  unzureichenden  Menge 
Schwefelsäure  zersetzt,  oder  in  eine  Lösung  von  Cyankalium  (am  be- 
sten von  1,2  specif.  Gewicht)  Chlor  leitet,  bis  sich  ein  Aufbrausen  zu 
zeigen  anfängt. 

Man  kann  zur  Darstellung  der  Azulmsäure  auch  eine  Lösung  von 
Cyangas  in  Wasser  oder  Weingeist  einige  Zeit  stehen  lassen;  hierbei 
bildet  sich  neben  dem  braunen  Niederschlag  Kohlensäure,  Oxalsäure, 
Blausäure,  Ammoniak  und  Harnstoff.  Wird  eine  weingeistige  Lösung 
von  E^ali  mit  Cyangas  gesättigt,  so  scheidet  sich  bei  schwachem  Luft- 
zutritt nach  längerem  Stehen  eine  braune  Masse  ab,  die  nach  vollstän- 
digem Auswaschen  mit  Wasser  noch  Kali  enthält,  durch  Auflösen  in 
coDcentrirter  Schwefelsäure  und  Fällen  mit  Wasser  aber  gereinigt  wer- 
den kann  (Thaulow). 

Die  Eigenschaften  der  Azulmsäure  werden  sehr  verschieden  an- 
gegeben, und  dies  weist  darauf  hin,  dass  man  hier  ähnliche  aber  nicht 
gleichartige  Körper,  zum  Theil  auch  wohl  Gemenge  hat.  Dies  Zer- 
setzungsproduct  ist  eine  humusarüge  schwarzbraune  oder  schwarze  ge- 
ruchlose Masse,  nach  Boullay  unlöslich   in  Wasser,  Weingeist  und 


^)  Schweigjper's  Joarn.  Bd.  LVI,  S.  341.  —  ')  Journ.  de  pharm.  T.  XVI,  p.  180; 
Annal.  d.  Cbem.  u.  Pharm.  Bd.  XXII,  S.  280.  —  *)  Joum.  f.  prakt.  Chem.  Bd. 
XU,  S.  161.  —  *)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XXVI,  S.  63.  —  *)  Joom.  f. 
prakt.  Chem.  Bd.  XXXI,  S.  228. 


602  Azurblau.  —  Azurstein. 

Aether;  nach  Peloaze  und  Biohardson  ein  wenig  löslich  in  Waaser 
wie  in  Weingeist;  sie  löst  sich  in  Essigsäure  wie  in  Salzsäure  und  in 
kalter  concentrirter  Schwefelsäure,  aus  letzterer  Lösung  wird  sie  durch 
ein  gleiches  Volumen  Wasser  unverändert  (?)  gefällt.  Die  kaustuchen 
und  die  kohlensauren  fix^n  Alkalien  so  wie  Ammoniak  lösen  die  Andm- 
säure  mit  rothbrauner  Farbe,  diese  Lösungen  scheiden  au£  Zusatz  tod 
Säuren  das  Azulmin  als  rothbraunes  Pulver  ab,  mit  den  Salzen  dtf 
schweren  Metalloxyde  giebt  die  alkalische  Lösung  braune  Kieder- 
schläge  unter  Entfärbung  der  Flüssigkeit. 

Die  Azulminsäure  wird  durch  Erhitzen  Im  Chlorgas  zersetzt,  und 
es  bildet  sich  hier  wahrscheinlich  fluchtiges  und  fixes  Chlorcjan;  in 
kalter  Salpetersäure  löst  sie  sich  mit  gelblichrother  Farbe^  beim  Ab- 
dampfen derselben  bleibt  em  harz-  oder  pechartiger,  in  wässerigen  Al- 
kalien löslicher  Buckstand;  auf  Zusatz  von  Wasser  scheidet  sich  ans 
der  Lösung  in  Salpetersäure  ein  gelber  Körper  ab,  den  Johnston  Pan- 
cyansäure  genannt  hat;  das  paracyansaure  Qnecksilberoxyd  und  Silber- 
oxyd sind,  nach  ihm,  2HgO.CgN40  und  AgO.CgN40;  weitere  An- 
gaben über  diese  Untersuchung  fehlen. 

Bei  der  trockenen  Destillation  der  Azulminsäure  sind  verschiedene 
Producte  erhalten,  nach  BouUay  bildet  sich  Cyanammonium  neben 
einem  nach  Cyan  riechendem  Gas  unter  Zurücklassung  von  Kohle; 
nach  Johnstoii  entweicht  kohlensaures  Ammoniak  und  Cyan,  und  Pan- 
cyan  bleibt  zurück;  nach  Thaulow  verflüchtigt  sich  zuerst  Blaosäure 
und  Cyanammonium,  bei  stärkerer  Hitze  Gyangas,  wobei  dann  stick- 
stoff'freie  Kohle  zurückbleibt.  Beim  Glühen  des  Aznlmins  mit  Alkali 
bildet  sich  wieder  Cyankalium. 

Man  hat  auch  wohl  noch  andere,  äusserlich  mehr  oder  weniger  ähn- 
liche Körper  mit  der  Azulmsäure  für  identisch  genommen,  so  die  beim 
Behandeln  von  Gusseisen  oder  von  Indigo  mit  Salpetersäure,  oder  die 
bei  Einwirkung  von  wässerigem  Kali  auf  Thierleim  entstehenden  mo- 
derartigen Substanzen  (Boullay).  Auch  beim  Auskochen  von  in  bleier- 
nen Särgen  vermoderten  Leichen  mit  Kali  wurde  ein  rothbraunes  Pul- 
ver erhalten,  welches  die  Zusammensetzung  (C5N2iI)  haben  soll,  die- 
selbe, welche  Boullay  der  Azulminsäure  giebt.  Ob  diese  Substanzen, 
die  dem  Azulmin  äusserlich  ähnlich  sind,  auch  identisch  damit  sind, 
kann  begreiflich  nicht  als  erwiesen  angenommen  werden,  so  lange  wir 
so  gar  wenig  von  allen  diesen  Körpern  wissen.  Fe, 

Azurblau  s.  Smalte. 
Azurit  syn.  mit  Lazulith. 
Azurstein  sjoi.  mit  Lazulith. 


Babingtonit.  —  Bablah.  608 


B. 

Babingtonit.  Ein  von  Levy  nach  dem  englischen  Minera- 
logen W.  JBabington  benanntes  Mineral;  findet  sich  auf  dem  Magnet- 
eisenerzlager der  Neskielgrube  unweit  Arendal  im  südlichen  Nor- 
wegen, auch  auf  den  Shetland  Inseln  und  zu  Gouverneur,  St  Law- 
rence County  in  New  York,  sowie  zu  Athol  in  Massachusetts.  Es  bil- 
det kleine  kurzprismatische  Krystalle  des  anorthischen  Systems,  welche 
ein  fast  rechtwinkeliges  anorthisches  (rhomboidisches)  Prisma  von  etwa 
90  Ys^^  mit  Abstumpfung  der  beiderlei  Kanten  durch  die  Quer-  und 
Längsflächen  darstellen,  mit  einer  stumpfen  Zuschärfung  an  den  Enden, 
deren  eine  Fläche  als  Basis  gewählt  wird  und  dem  vollkommensten  Blät- 
terdnrchgange  entspricht  ^).  Der  Bruch  ist  unvollkommen  muschelig. 
Rabenschwarz,  glasartig  glänzend,  undurchsichtig  (in  dünnen  Splittern 
durchscheinend);  Härte  =  5,5  bis  6,0,  specif.  Gewicht  =  3,4  bis  3,5, 
spröde,  Strichpniver  grünlichgrau.  Vor  dem  Lötbrohre  för  sich  leicht 
mit  Blasenwerfen  zu  einer  bräunlichschwarzen  glänzenden,  dem  Magnete 
folgsamen  Kugel  schmelzbar,  mit  Borax  auf  Eisen  reagirend,  in  kochen- 
der Chlorwasserstoffsäure  langsam  zersetzbar.  Das  Mineral  enthält,  nach 
Arppe*),  die  unter  1.,  nach  R.  D.  Thomson  ^)  die  unter  2.  angegebe- 
nen Bestandtheile: 

SiOs        CaO       FeO        MnO      MgO      Al^Oa    Giahverlust 

1.  54,4         19,6       21,8  1,8  2,2  0,3  0,9 

2.  47,4         17,7       16,8         10,1  2,2  6,5  1,2 

woraus  hervorzugehen  scheint,  dass  eine  fernere  Untersuchung  für  die 
Feststellung  der  chemischen  Formel  nothwendig  ist.  K. 

Bablah  oder  Neb-Neb  werden  im  Handel  die  Früchte 
mehrerer  Acacia  Arten  genannt.     Man  unterscheidet  besonders: 

Ostindisches  Bablah,  von  Acacia  Bainbölah  Roxhurgh  (MimoBeen) 
stammend.  Es  sind  flache,  einfach  er  ige,  zwei-  bis  viersam  ige  Hülsen,  die 
durch  Einschnürungen  zwischen  den  einzelnen  Samen  das  Ansehen  von 
Gliederhtilsen  haben  und  deren  braune  Schale  mit  einem  erdgrauen 
Filz  überzogen  ist;  die  kreisrunden,  plattgedrückten,  braunen  Samen 
sind  glatt  und  sehr  hart. 

Bablah  vom  Senegal  und  aus  Aegypten  kommt  von  Acacia  nüoUßa 
DeUU.  Die  Hülsen  sind  glatt,  perlschnurfbrmig  und  kommen  gewöhn- 
lich zerbrochen  als  einsamige  Glieder  vor.  Die  Samen  sind  elliptisch. 
^  Das  Pericarp  dieser  Früchte  ist  mit  einem  eingetrockneten  bi*aunen 
Safte  beladen ,  dem  sie  ihren  adstringirenden  Geschmack  und  ihre  An- 
wendbarkeit zum  Gerben,  Färben  und  zur  Dintebereitung  verdanken. 
—  Das  wässerige  Extract  enthält,  nach  ChevreuH),  Gallussäure, 
Gerbsäure,  einen  röthlichen  Farbstoff,  eine  stickstoffhaltige  Materie  nnd 
andere  nicht  untersuchte  Substanzen.  Ostindisches  Bablah  tritt  an  ko- 
ckendes  Wasser  49  Froc,  senegalsches  57  Proc.  ab;  nichtsdestoweni- 


0  Pogg.  Annal.  Bd.  XCIV,  S.  402.  —  *)  BerzelhiB  Jahresber.  Bd.  XXII, 
8.  205.  ~  «)  PhUos.  Magaz.  Bd.  XXVII,  S.  128.  —  *)  Le^ona  de  ohimie  «ppUqu^ 
^  1a  teintare,   T.  U,  p.  211;    Pham.    Centralbl.  1838,  S.  208. 


604  Babulgummi.   —  Badesalz. 

ger  ist,  nach  Guibonrt,  das  ostindische  reicher  an   Gerbs^toflT  und 
Gallussäure  und  geschätzter. 

In  Verbindung  mit  Thonerde-  oder  Eisen-Beizen  wird  da.s  Bablah 
in  der  Kattundruckerei  zur  Hervorbringung  verschiedener  Nuancen  von 
Rehfarbe  angewandt;  mit  den  Samen  fallen  die!«e  anders  als  mit  den 
Halden  aus;  erstere  sollen  einen  rothen  Farbstoff  enthalten  .und  in 
Aegypten  und  Ostindien  zum  Maroquin-Färben  benutzt  werden.      £L 

Babulgummi,  Gond-Babul,  eine  geringere  Sorte  von 
Gummi-arabicum  aus  Bengalon  von  Acacia  arabica  Wiüd^  dem  Babul- 
bäum  stammend  ( Marti us  ^). 

Babylonquarz,    Babelquarz.      Eigenthümliche    Qnarzkry 
stalle  aus  dünnen  parallel  auf  einander  liegenden,  nach  oben  terrassen- 
förmig abnehmenden  Krystallen  zusammengesetzt  erscheinend,  zu  Beer]- 
ston  in  Devonshire  vorkommend  ^). 

Bacilli  oder  Baculi  sind  cylindrlsche  Stäbchen  von  Blei- 
stiftdicke. Eine  jetzt  wenig  melu*  übliche  Arzneiform,  die  man  einer 
meist  aus  Zucker  und  IVaganthschlcira  bestehenden  Paste,  in  welche 
Gewürze  oder  arzneiliche  Zusätze  eingekörpert  sind,  durch  Ausrollen 
giebt.     BacilU  Liqtaräiae^  IreoSy  brandenburgensis* 

Backkohle  s.  Steinkohle. 

Bad,  Bäder.  Mit  diesem  Namen  bezeichnet  man  in  verschie- 
denen Gei^erben  sehr  verschiedenartige  Flüssigkeiten,  die  z.  R  zur  Be- 
handlung von  Geweben  dienen,  theils  um  sie  für  einen  spätem  Pro- 
cess  vorzubereiten,  theils  um  ihnen  von  früheren  Operationen  anhän- 
gende Theile  zu  entziehen ;  so  werden  in  der  Bleicherei  verdünnte  Säu- 
ren oder  Laugen,  Säurebäder  (Sauerbäder)  oder  Laugenbäder 
angewendet,  in  der  Färberei  z.  B.  dasKuhkothbad.(vergl.  Bleiche- 
rei und  Färberei)  u.  s.  w.  (s.  unten  d.  Art  Bäder).  Fe. 

Badesalz.  Die  unter  diesem  Namen  oder  als  „feste  Mutter- 
lauge^^ oder  „ Mutterlaugensalz ^^  im  Handel  vorkommenden,  zu  Bä- 
dern bestimmton  Salzgemenge  werden  entweder,  wie  das  Badesalz 
von  Orb  und  die  Kreuznacher  fe^te  Mutterlauge,  durch  Eindampfen 
der  bei  dem  Ver sieden  der  Salzsoolen  zurückbleibenden  Mutterlauge 
erhalten,  in  welchem  Falle  sie  von  diesen  hauptsächlich  nur  durch 
geringeren  Wassergehalt  verschieden  und  demnach  vorzugsweise  an 
leichtlöslichen  Salzen  reich  sind.  Oder  man  stellt  sie,  wie  das  Kran- 
kenheiler Salz,  durch  völliges  Eindampfen  der  Mineralwässer  dar, 
deren  sämmtliche  feste  Bestandtheile ,  nur  theilweise  in  anderer  als 
der  ursprünglichen  Form,  sie  dann  repräsentiren.  Das  Badesalz 
von  Wittekind  (bei  Halle)  wird  durch  Verdampfen  gleicher  Volume 
der  Salzsoole  von  Wittekind  und  der  Mutterlauge  von  Halle  gewon- 
nen. —  Da  der  Magnesiagehalt  der  Soolen  sich  in  der  Mutterlauge 
concentrirt  und  die  Halo'idverbindungen  des  Magnesiums  in  sehr  con- 
centrirter  wässeriger  Lösung  nicht  ohne  theilwebe  Zersetzung  (Bildung 
von  Magnesia  und  Entweichen  der  Wasserstoffverbindungen  der  Halogene) 
erhitzt  werden  können,  so  ist  ein  starkes  Eindampfen  brom-  und  jod- 

^)  Jahrb.  f.  prakt  Pharm.  Bd.  XXVII,  S.  276;  Pharm.  Centralbl.  18(4,  8.89«. 
*)  Pogg.  Annal.  Bd.  C,  S.  142. 


Badeschlamm. 


605 


haltiger  Muiterlaagen  nothwendig  mit  Verlast  an  diesen  beiden  wesent- 
lichen Stoffen  verknüpil,  was  bei  der  Darstellung  fester  Badesalze,  die 
▼or  den  flüssigen  Mutterlaugen  den  Vorzug  des  bequemeren  und  wolil- 
feileren  Transportes  haben,  zu  borficksichtigen  int.  —  Nachstehende  Ta- 
belle giebt  die  Zusammensetzung  in  100  Theilen  von:  I.  concentrirtcr 
Rreuxnacher  Mutterlauge  nach  Wechsler^);  II.  Badesalz  von  Witte- 
klnd  nach  W.  Baer^);  III.  Badesalz  yon  Orb,  bei  lOO^C.  getrocknet, 
nach  V.  B  i  b  r  a  ^) ;  IV.  Krankenheiler  Sal  z  nach  Fresenius^).       E. 


Kohlenwnres  Natron  .    .    . 
Andertlialb-kohlens.   Natron 
Schwefelsaures  Natron 
Schwefelsaures  Kali 
Schwefelsaare  Magnesia 
Schwefelsaurer  Kalk 
Chlorkaliam 
Chlomatrium    . 
Chlorlithium     . 
Chlormagnesium 
ChloTcalcium    . 
Bromnatrium    . 
Brommagnesium 
Bromalaminium 
Jodnatrinm  .    . 
Jodalnmhiinm  . 
Kohlensaurer  Kalk 
Kohlensaure  Magnesia 
Eisenoxyd     .... 
Phosphorsaurer  Kalk 
Phosphorsaares  Eisenoxyd 
Kieselsaures  Natron 
Kieselsaure   .... 
Hnminsanres  Natron 
Huminsaures  Kali    . 
QneUsäure  n.  Quellsatzsäure 
UanE  Ton  Bensoegeruch 
Organische  Suhstanz  . 
Wasser 


2,38 
0,39 

8,76 

25,70 

0,69 


Spuren 


67,07 


0,188 

3,696 

11,834 

31,135 
15,325 

0,799 
0,136 

0,025 
0,013 
0,008 
0,158 


0,046 
0,345 


0,107 
36,295 


13,284 

8,400 

23,679 

49,339 

3,410 


mit  Thonerde  0,030 


0,766 


Sparen 

Jod,  Brom       \ 
Borsäure  deiner 

und  Verlust  1,092 


84,327 
6,743 
9,113 
1,298 


20,259 
Spuren 


Spuren 


0,198 

0,428 
0,109 

0,054 
0,048 
4,475 

1,110 

Spuren 
Spuren 

25,800 


E, 

Badeschlamm,  Mineralschlamm.      Unter   diesem 

Namen  wendet  man  der  Sumpferde  stehender  Wässer  analoge  Bildun- 
gen wegen  ihrer  hautreizenden  Eigenscha|^  und  anderer  eigenthüroli- 
cher  Wirkungen  zu  Bädern  an.  Alle  diese  Materien,  Gemenge  von 
Mineralsubstanzen  mit  Producten  einer  unter  Wasser  und  bei  beschränk- 
tem Luftzutritt  vor  sich  gegangenen  Verwesung  pflanzlicher  und  thie- 
rischer  Organismen,  zeigen  in  Bezug  auf  ihre  organischen  Bestandtheile 

*)  Journ.  r.  prakt.  Chem.  Bd.  XLV,  S.  282.  —  *)  Archiv  d.  Pharm.  Bd.  CXXII, 
S.  129.;  Pharm.  Ccntralbl.  1862,  S.  987.  —  ^)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd. 
LXXXVII,  S.  179;  Pharm.  Centralbl.  1863,  S.  670.  —  *)  Journ.  f.  prakt.  Chem. 
Bd.  XLIX,  S.  146;  Pharm.  Centralbl.  1860,  S.  350. 


606  Badeschlamm. 

eine  grosse  Uebereinstimmung  nnd  sind  unter  einander  besonders  durch 
die  anorganischen  Substanzen  verschieden,  die  zu  ihrer  Bildung  beige- 
tragen und  dabei  zum  Theil  selbst,  wie  namentlich  schwefelsaure  Salj^ 
Metallsalze  u.  s.  w.,  Veränderungen  erlitten  haben.  Es  liegen  sahlreiehe 
Untersuchungen  von  Badeschlammarten  vor;  aber  einzelne  Analjsen 
so  ungleichartiger  und  veränderlicher  Gemenge  können  eigentlich  nur 
für  die  untersuchte  Parzelle  und  fUr  diese  nur  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  Gültigkeit  haben;  von  der  Beschaffenheit  des  Ganzen  geben  sie 
nur  ein  annäherndes  Bild.  Es  genügt  deshalb,  hier  einige  Beispiele 
anzuführen.  —  Man  benutzt  zu  Schlammbädern: 

1.  Mit  Meteor wasser  getränkte  Moore.  Sie  stimmen  in 
ihren  festen  Bestandtheilen  mit  der  Dammerde  Überein.  So  enthiJt 
der  Badeschlamm  von  Kleinschirma  bei  Freiberg,  nach  Lampadiaa  i), 
in  100  Theilen: 

Unzerstörte  Pflanzensubstanz 4,3i 

Quellsauren  Kalk 1,33 

Quellsaure,   quellsatzsaure  und  huminsaure  Salze  von 
Kalk,  Magnesia,  Thonerde,  Eisenozyd  und  Mangan* 

ozydul 6,02 

Humin ' .    .    .    .       2,01 

Kohlensauren  Kalk 1,23 

Granitsand 2,12 

Wasser 82,0C 

Der  Badeschlamm  von  Gleissen  in  der  Neumark  ist,  nach  Simon  '|, 
eine  junge  Braunkohle,  die  auf  einem  mächtigen  Braunkohlenlager  auf* 
liegt.  Er  stellt  eine  feuchte,  schwarze,  fettig  anzufühlende  Masse  dar, 
ohne  besondern  Geruch  und  Geschmack.  Beim  Erhitzen  giebt  er 
Wasserdampf  aus,  und  verbreitet  dann  einen  aromatischen  Geruch  nach 
Bernstein-  oder  Steinöl,  zuletzt  den  von  erhitztem  Fett,  und  hinterläast 
nach  dem  Verbrennen  eine  röthliche  Asche.  100  Theile  des  Schlam- 
mes enthalten  nach  Simon: 

Huminsaure,  Quell-  und  Quellsatzsäure 25,570 

Bergtalg 2,130 

Harz 1,775 

Eisenoxyd 2,854 

Schwefelkies 0,177 

Thonerde 0,606 

Phosphorsauren  Kalk 0,109 

Kieselsäure 0,704 

Salze  von  Kali,  Natron,  Kalk,  Magnesia  und  Man- 
ganoxydul           0,899 

Wasser 64,500 

2.  Mit  Mineralwasser  getränkte  Moore.  Hierher  ge- 
hören :  • 

a.  Die  schwefeleisenreichen  sogenannten  Mineralmoore 
von  Marienbad,  Franzensbad  u.  s.  w.  Sie  werden  vor  ihrer  Anwendung 
zu  Bädern  längere  Zeit  der  Luft  ausgesetzt,  wobei  sie  sich  oxydiren  nnd 
mit  Salzauswitterungen  überziehen.  Der  Mineralmoor  von  Marienbad  ist 
von  Lehmann')  besonders  in  Beziehung  auf  die  Yeränderung  unter- 


>)   Beneliiu   Lehrb.   d.   Chem.  III.   Aufl.   Bd.  VIII,   S.  427.   —    *)  Joiini.  f. 
prakt.  Chem.  Bd.  XIX,  S.  886.  —  >)  Jonrn.  f.  prskt.  Chem.  Bd.  LXV,  S.  457. 


Badeschlamm. 


607 


racht  worden,  die  er  dnrch  die  Verwittemog  erfllhrt.  Im  frischen  Zn- 
stande bildet  derselbe  eine  schwarze  erdige,  noch  Pflanzenfiberreste  ein- 
scbliessende  Masse,  worin  einzelne  Krystalle  von  Schwefelkies  nnter- 
scbieden  werden  können.  Ausser  den  gewöhnlichen  organischen  Be- 
fitandtheiien  der  Dammerde  enthält  er  kleine  Mengen  von  Stearin, 
Olefn,  Bemsteinsänre  und  einer  mit  Wasserdämpfen  flüchtigen  camphor- 
ähnlichen  organischen  Sabstanz.  —  Nach  der  Verwitterung  ist  er  licht- 
braun» zerreiblich,  mit  freiem  Schwefel,  Krystallen  von  Gyps  und  von 
schwefelsaurem  Eisenoxydul  durchsäet  und  zeigt  eine  stark  saure  Reac- 
tion,  die  zum  Theil  von  schwefelsauren  Salzen,  zum  Theil  von  flüchti- 
gen organischen  Säuren  herrührt,  welche  durch  den  V erwittorungsprocess 
gebildet  worden  sind.  Bei  der  Destillation  der  verwitterten  Moorerde  mit 
Walser  erhielt  Lehmann  ein  saures  Destillat,  worin  Essig- und  Ameisen- 
säure nebst  einer  dritten  nicht  näher  untersuchten  Säure  in  bestimm- 
barer Menge  enthalten  waren.  Die  verwitterte  Moorerde  enthält  ferner 
Ammoniaksalze,  während  sich  in  der  frischen  nur  Spuren  stickstofl'hal- 
tiger  Verbindungen  nachweisen  lassen.  Der  Erfolg  der  Verwitterung 
ist  aus  der  folgenden  Zusammenstellung  von  Lehmann's  Resultaten 
ersichtlich.     I.  bezeichnet  frische,  H.  fast  völlig  verwitterte  Moorerde. 

100  Theile  enthielten:  I.  II. 

Bei  -f-   llO^C.  getrocknete  Substanz  ....    27,921    .    .    .    73,888 

Wasser 72,079    .    .    .    26,112 

100  Theile  der  bei  -|-  llO^C.  getrockneten  Moor  erde  enthielten: 


§ 

m 

9 
«2 


o 


2 

u 

a 


Neutrales  schwefelsaures  Kali 

Saures  schwefelsaures  Kali 

1  Neutrales  schweftUaures  Natron  .... 

ISanres  schwefelsaures  Natron 

ISaorei  schwefelsaures  Ammoninmoxyd  . 

|Schwefclsanren  Kalk 

Schwefelsaure  Magnesia 

[Schwefelsaure  Thonerde 

ISchwefelsanres  Eisenozydnl 

iKieselsaure 

Quellsäure 

Andere   organische    Materien    (und  Ver- 
lust)   


0,042 
0,033 


0,044 
0,024 
0,017 
0,021 
0,011 
0,098 

0,147 


0,43 


0,513 

0,458 
1,135 
4,594 
1,076 
11,790 
15,518 
0,103 
2,144 

4,G84 


42,06 


lo  Alkohol  lösliche  Substanzen 
In  Kali 


I» 


w 


3,80 
14,98 


4,37 
4,25 


Einfach  Schwefeleisen 

[Phosphors.  Eisenoxyd  (2 Fe, Oa . 8 P Oj) 

lEisenox/d 

iThonerde 


iMagnesia  .... 
iKali  und  Natron  . 
jeselsaoie    .    .    . 
Oigamsche  Blaterie 
Verlust 


Unlösliche  organische  Substans 
„         anorganische      „ 


4,024 
1,342 
0,446 
3,514 
3,183 
1,444 
Spuren 
0,162 
0,814 
0,685 


15,61 


44,18 

20,98 


1,052 
1,591 
0,184 

Spuren^ 

0,097 
0,613 


8,55 


40,42 
5,28 


608  Badesehlamm. 

Unter  den  unlöslichen  Mineralsubfltanzen  der  frischen  Moorerde  «ind 
10,9  Proc.  Schwefel,  als  Schwefelkies  oder  Magnetkies  voriiandeo^ 
inbegriffen,  unter  denen  der  verwitterten  4,0  Proc.  freier  Schwefel. 
In  der  frischen  Moorerde  fehlen  die  flüchtigen  organischen  Sauren;  in 
der  verwitterten  betrag  der  Gehalt  an  Hydraten  derselben,  auf  die  bei 
-|-  llO^C.  getrocknete  Substanz  berechnet,  1,8  Proc,  wovon  0,4  Proc 
Ameisensäurehydrat* 

b.  Moore  mit  löslichen  Schwefelmetallen.  (Schwefelmineral* 
schlämm  von  Nenndorf,  Wippfeid  u.  s.  w.) 

Der  Badeschlamm  von  Nenndorf,  der  aus  einem  Moorfelde  ge- 
wonnen wird,  worin  die  Nenndorfer-Schwefelqnellen  entspringen,  ist 
von  Wöhler^)  untersucht  worden.  Er  hat  eine  schwarzgraue  Farbe, 
die  Consistenz  eines  gleichförmigen  Breies  und  einen  starken  Schwefel- 
wasserstoflTgemch.  Er  enthält  ein  Schwefel  Wasserstoff- Seh  wefelmetall 
und  ist  mit  Kohlensaure  impragnirt  Eingetrocknet  hinterlässt  er  eine 
graue  Masse,  die  beim  vorsichtigen  Erhitzen  ein  Sublimat  von  Schwe- 
fel und  den  Geruch  nach  schwefliger  Säure  giebt,  und  dann  an  der  Loft 
mit  Torfgenich  verbrennt.  Der  Rückstand  ist  grau,  erdig  und  enthält 
die  gewöhnlichen  unorganischen  Bestandtheile  der  Dammerde  und  die 
der  Nenndorfer  Schwefelquellen.  An  stickstoffhaltigen  Verbindungen, 
die  zum  Theil  in  der  Form  von  Ammoniaksalzen  zugegen  sind,  ist  die- 
ser Schlamm  so  reich,  dass  er  bei  der  trockenen  Destillation  ein  durch 
Schwcfelammonium  und  kohlensaures  Ammoniak  stark  alkalisches  De- 
stillat liefert.  Wegen  der  fortwährenden  Veränderung,  die  er  an 
der  Luft  erleidet,  und  in  deren  Folge  er  eine  bedeutende  Menge  von 
ausgeschiedenem  Schwefel  enthält,  hat  Wohl  er  auf  die  quantitative 
Bestimmung  der  einzelnen  Bestandtheile  verzichtet. 

3.  Schlammabsätze  aus  Mineralwässern,  die  sich  bei  Luft- 
zutritt bilden  und  zum  Theil  aus  organischer,  dem  Baregin  verwandter 
Substanz,  zum  Theil  aus  Mineralstoffen  bestehen.  Ein  solcher  Schlamm 
wird  zu  Taten  hausen,  wo  er  sich  theils  in  den  Wasserbehältern  abla- 
gert, theils  durch  besondere  Quellen  zu  Tage  tritt,  angewandt*  Nach 
Brandes  bildet  er  eine  gallertartige,  röthlich  geiUrbte Masse,  ohne  er-^ 
kennbare  Pflanzenreste,  von  schwachem  Geruch  und  Geschmack  nach 
Schwefelwasserstoff.  Die  organische  Substanz  desselben  ist  theils  in 
Alkohol  und  Aether  löslich  (Harz  und  Wachs),  theils  in  Wasser  und 
Kalilange,  letztere  ist  stickstoffhaltig.  Unter  den  anorganischen  Be- 
standtheilen  herrschen  kohlensaurer  Kalk,  Eisenoxyd,  Thonerde  nad 
Kieselsäure  vor. 

4.  Schlamm  der  Salzseen  des  südlichen  Russlands.  Der  Bade« 
schlämm  aus  dem  Salzsee  Tnsly  bei  Sak  in  der  Krimm  ist  von  Gobel 
untersucht  worden  ^).  Er  hat  eine  braunschwarze  Farbe ,  salbenartigs 
Consistenz  und  einen  staiken  Schwefelwasserstoff-  und  Sumpfgemch. 
Weingeist  nimmt  daraus  ein  klebriges  Harz  auf,  das  den  eigenthüroli- 
chen  Sumpfgeruch  in  hohem  Grade  zeigt  Bei  der  trockenen  Destilla- 
tion liefert  er  Schwefelammonium  und  kohlensaures  Ammoniak;  bei 
Luftzutritt  erhitzt,  giebt  er  nach  dem  Eintrocknen  schweflige  Säure  aus 
und  verglimmt  zuletzt  mit  Torfgeruch.     Der  Schlamm  wird  ohne  Was- 


>)  Annal.  d.  Pharm.  Bd.  XVII,  S.812.  —  *>  Ottbel,  Reise  in  die  Steppen  des 
sadlichcn  Rnsskinds,  Theil  II,  S.  80. 


J 


Badeschlamm.  609 

9&rzus9kiz    zu  Bädern    benutzt  und   enthält  in  dieaeni   Zustande,  nach 

Göbel,  in  100  Theilen: 

Quellsäare  und  Quellsatzsäure 2,70 

Schlammharz 0,32 

Aronioniaksalze  und  flüchtige  Substanzen       )  ia^c 

mit  Schwefelwasserstoff  und  Kohlensäure)  lW^7b 

Ghlornatrium 6,90 

Gypa 3,41 

Schwefelsaure  Magnesia 0,69 

Schwefelsaures  Kali T 0,25 

Schwefelsaures  Natron 3,73 

Schwefelcalcium • 0,57 

Phosphorsauren  Kalk 0,06 

Sand ' 34,24 

Wasser 28,00 

Verlust 4,50 

5.  Schlamm  der  Meeresbuchten,  an  organischen  Bestand- 
theilen  gewöhnlich  arm,  in  Bezug  auf  anorganische  so  verschieden  als 
der  Meeresboden  und  die  Beschaffenheit  der  Küsten,  wird  besonders  in 
Norwegen  und  an  dem  baltischen  Meere  benutzt.  Nach  Schmidt^) 
haben  I.  der  Badeschlamm  von  Hapsal,  II.  der  von  der  kleinen  Wick 
der  Insel  Oesel  die  folgende  Zusammensetzung. 


U. 


Einfach-Schwefeleisen 

Kohlensaurer  Kalk 

Schwefelsaurer    „  

Schwefelcalcium  .    .    .    f 

Schwefelanunonium 

Schwefelsaure  Magnesia 

Chlormagnesium 

Chlorkalium 

Ghlomatriom ^  .    .    .    . 

Phosphorsaarer  Kalk       ) 

Phosphorsaure  Magnesia) 

Jod-  und  Brom-Natrium 

(Kieselsäure 
Thonerde 
oiiicaie  <  Eisenoxyd    - 

/  Kalk,  Biagnesia  ) 

^  Kali,  Natron       (      

Organische  Substanzen 

Wasser  mit  Schwefelwasserstoff  gesättigt 


2,575 
1,465 
0,171 
0,024 
0,018 

0,240 
0,891 
0,147 

0,002 

Spuren 

47,892 

8,897 

1,045 

0,800 

2,216 
89,620 


1,961 
1,445 
0,054 
0,045 

0,086 

0,048 
0,168 

0,002 

Spuren 


62,725 


1,819 
81,709 


A.  Göbel^)  fand  das  Eisen  im  Schlamm  der  Insel  Oesel  nur  zum 
kleinen  Theil  als  Einfach- Schwefeleisen,  zum  Theil  als  Schwefelkies 
neben  freiem  Eisenoxyd,  -r- 

Künstlicher  Badeschlamm  wird  an  einigen  Orten  auf  die  Weise 


^    In    A.    A.  Schrenk,    Uebersicht    des    obem    eilurischen   Schichtensystems: 
Liy-  und  Ehstlands.  Dorpat  1861,  Bd.  I,  S.  101. 

*)  Der  heilsame  Heeresschlamm  der  Insel  Oeael.  Dorpat  1854. 


HandwOrterbDcta  der  Chemie.  2te  Anfl.  Bd.  fl. 


39 


610  Badeschwamm.  —  Bäder. 

erzeugt^  daas  Moorerde  in  gebauten  Sümpfen  mit  Mineralwässern,  die 
schwefelsaure  Salze  enthalten,  angeschwängert  wird;  so  zum  BeiBpiel 
in  Baden  bei  Wien.  E. 

Badeschwamm  s.  Schwamm. 
Badiansäure,  syn.  Anisylsäure. 

Bäder,  haina^  batha  nennt  man  in  der  Chemie  feste,  flüs- 
sige oder  gasförmige  Medien,  womit  man  eine  Substanz  nmgiebt,  am 
ihr  eine  gewisse  Temperatur  mitzutheilen.  Die  znr  Abkühlung  bestimm- 
ten kalten  Bäder  sind  in  den  Artikeln  Destillation  und  Kälteini- 
schung  beschrieben.  —  Erhitzte  Bäder  haben  vor  dem  freien  Feuer 
den  Vorzug,  die  Wärme  gleichmässiger  zu  verbreiten,  und  mehr  oder 
weniger  gut  das  Festhalten  einer  bestimmten  Temperatur  zu  gestatten; 
man  macht  deshalb  in  allen  den  Fällen  von  ihnen  Gebrauch,  wo  freies 
Feuer  den  Bruch  der  Gefasse  herbeiführen  kann,  oder  wenn  eine  nn- 
gleichförmige  und  zu  hohe  Temperatur  Zersetzungen  oder  mechanischen 
Verlust  der  zu  erhitzenden  Substanzen  befürchten  lässt  Je  nach  dem 
Zwecke,  der  durch  das  Bad  erreicht  werden  soll,  hat  man  da  am  ein 
Medium  mit  entsprechenden  Eigenschaften  zu  wählen.  Wenn  es  mehr 
auf  Schutz  der  Gefasse  als  auf  eine  bestimmte  oder  oonstante  Tempe- 
ratur ankommt,  benutzt  man  gewöhnlich  das  Sandbad.  Gleichfonni- 
ger,  nicht  zu  feiner  Sand  wird  zu  diesem  Zweck,  am  besten  durch  An- 
rühren mit  Wasser  und  Decantiren,  von  anhängendem  Staube  befreit 
und  nach  dem  Trocknen  durch  ein  Sieb  geschlagen,  um  eingemen«^ 
Steinstücke  zurückzuhalten.  —  Als  Gefass  für  das  Sandbad  dient  bei 
Destillationen  die  Capelle.  Grossere  Capellen  sind  gusseiserne  Kessel 
mit  kugelförmigem  Boden,  oben  mit  auswärts  gehendem  horizontalen 
Rande  und  an  der  Seite  mit  einem  Ausschnitte  fiir  den  Retortenhals 
versehen;  sie  werden  in  einem  Ofen  so  eingesetzt,  dass  das  Feuer 
Boden  und  Seiten  wände  trifft,  Fig.  50.  Cylindrische  Capellen  von 
Eisenblech  mit  flachem  Boden ,  erfordern  wegen  der  dickem  Sand- 
schicht ein  stärkeres  Feuer  und  brennen  bei  häufigem  Gebrauche  bald 
durch.  —  Kleinere  Capellen  werden  zum  Gebrauche  in  tragbare  Oefen 
eingesetzt;  sie  müssen  dann  mit  einem  seitlichen  Ansatz  versehen  sein, 
um  den  Retortenhals  vor  der  Berührung  der  Flamme  zu  schützen.  Mit 
einer  zweckmässigen  Capelle  dieser  Art  ist  der  Luhme'sche  Ofen 
ausgestattet.  Der  cylindrische  Ring  von  Eisenblech,  Fig.  51,  passt  ge- 
nau auf  den  Ofen  Fig.  52,*  und  nimmt  die  Capelle  Fig.  58,  auf,  die  einen 
etwas  kleinern  Durchmesser  bat,  so  dass  das  Feuer  ihre  äussere  Wan- 
dung überall  umgeben  kann.  Verschliessbare  OefTnungen  in  ihrem 
oberen  Rande  dienen  als  Register.  —  Bei  Arbeiten  im  Kleinen  ersetzt 
man  die  Capelle  durch  eine  Schale  von  Eisenblech. 

Das  zum  Abdampfen  u.  s.  w.  bestimmte  Sandbad  kann  ebenfalls 
in  einem  Kessel  hergerichtet  werden;  für  den  beständigen  Gebrauch 
bietet  jedoch  ein  feststehendes  und  abgeschlossenes  Sandbad  grosse 
Vorzüge.  Eine  zweckmässige  Einrichtung  desselben  ist  die  folgende. 
Eine  flache  Pfanne,  deren  Boden  eine  Gusseisenplatte  bildet,  an  welche 
Seiten  wände  von  Eisenblech  angenietet  sind,  und  die  mit  Handhaben 
versehen  ist,  wird  über  der  Feuerung  eines  Ofens  so  eingesetzt,  dass 
der  Boden  in  seiner  ganzen  Länge  erhitzt  wird.  Der  Ofen  wird  am 
besten  an  eine  Wand  angebaut,  die  an  ein  Kamin  stösst.    An  der  Vor- 


deneite  des  Ofens  befinden  sich  zwei  Pfeiler,  die  denselben  nm  2  bis 
3  Meter  Überragen   nnd  eine  obere  Bedeckung  unterstützen;   seitltcb 

Flg.  60.  Fig.  51.  Fig.  b3. 


9'^ 


«ind  sie  mit  R«hinen  versehen,  in  welche  steh  aufziehbnre  Glasfenster 
bewegen.  'Der  Abzngscanal  für  die  Dämpfe  ist  anter  der  Bedeckung 
in  der  Mauer  angebracht  and  mündet  in  das  Kamin,  in  welches  2weck- 
mäaeig  keine  andere  Penemng  cingehL  Der  Raum  Über  dem  Sandbnde 
i«  so  vor  dem  Staube  der  Umgebung,  und  letztere  wieder  vor  den  ge- 
bildeten Dämpfen  geschlitzt;  der  Raum  deH  Ofens  unter  der  Feuerung 
kannalsTrockenschrank  benutzt  werden.  —  Wenn  Platin-  oder  Porzellaa- 
geftsse  anhaltend  und  heftig  geglüht  werden  sollen,  so  setzt  mati  sie 
in  einem  irdenen  Tiegel,  der  mit  gebrannter  Magnesia  ausgenittert  ist, 
ins  Feuer.  In  einem  solchen  Magnesiabade  bleiben  die  Gefässe 
rein  nnd  nnangegrilTen,  wenn  die  angewandte  Magnesia  ganz  alkalifrei 
war,  was  durch  Aaswaschen   nach  einmaligem  Glühen  leicht  erreicht 

Wegen  der  Langsamkeit,  womit  die  Wärme  sich  in  pul  verförmigen 
Körpern  fortpflanzt,  sind  dieselben,  namentlich  bei  olFenen  Badern,  we- 
niger geeignet,  in  allen  ihren  Theilen  eine  gleichförmige  Temperatur 
uizDuehmen ,  als  (tropfbar  oder  elastisch)  flüssige  Snbstanzen.  Um 
mittelst  dieser  zugleich  Bäder  von  bestimmter  Temperatur  zu  erhalten, 
Hehen  zwei  Wege  offen.  Entweder  wendet  man  Substanzen  an,  die 
niiter  dem  gewöhnlichen  Luftdruck  eine  höhere  aln  die  erforderliche 
Temperatnr  überhaupt  nicht  annehmen  können,  oder  solche,  welche 
man  durch  Begulirung  des  Feuers  auf  dieser  Temperatur  erhält.  In 
die  erste  Categorie  gehören  FlQssigkeiten  von  cohstantem  Siedepunkte 
oder  ihre  nicht  überhitzten  Dämpfe. 

Taucht  man  ein  Gefäss  in  kochendes  Wasser,  so  hat  man  ein 
ffas^erbad  {Baitieum  maria«,  baxn-marie);  wird  dasselbe  nur  von  den 
Dänpfen  getroffen,  das  Dampfbad,  gewöhnlich  ebenfalls  Wasserbad 
genannt.  In  beiden  Fällen  wird  das  eingetauchte  Gefäss  auf  -|-  100"  C. 
erhitzL  —  Zu  analytischen  Arbeiten  benutzt  man  als  Wasserbad 
einen  kleinen  knpfemen  Kessel,  dessen  Oeffnung  0,12  bis  0,08  Meter 
Darchmesser  hat;  kleinereGefässe  werden  mittelst  aufgelegter  Metallringe 
mit  entsprechenden  kreisrunden  Oeffbungen  aufgesetzt.     Das  Bad  wird 

39* 


612 


Bäder. 


dnrch  eine  Weingeist-  oder  GaBlampe  im  Kochen  unterhalten.  Venäumt 
man  das  verdaropfte  Wasser  zu  ersetzen,  so  entsteht  nach  dem  völligen 
Verdunsten  desselben  bei  l'ortdauerndein  Feuer  ein  viel  heisseres  Luftbad. 
Diesem  Uebelstande  hat  Fresenius')  durch  ein  Bad  mit  constanteto 
Niveau  begegnet.  Fig.  54.  Der  kleine  Kessel  g  steht  du ri-h  daHKnpfer- 
rohr  /,  das  in  der  unteren  Hälfte  seiner  Höhe  dicht  eingesetit  ist  und 
in  seinem  Inneren  bis  auf  den  Boden  reicht,  und  durch  das  Kautschuii' 
röhr  »  mit  dem  Zinkgefasse   abcd  (von  0,13  Ueter  Durchmesser  Dod 


0,10  Meter  Höhe)  in  Verbindung,  in  welches  die  mit  Waaaer  genülu 
Zinkflasche  hikl  umgestürzt  ist  Die  3  Centimeter  weite  Oeffnnng 
dieser  letzteren  hat  denselben  Verschluss  wie  die  Stnrzflaacheu  in  dtn 
gewöhnlichen  OeUampen  und  lässt  folglich  Wasser  ansfliesseo,  sobald  der 
Spiegel  im  ZinkgefUsse  unter  hi  sinkt  Ein  beliebiges  Niveau  im  Kef 
sei  g  wird  durch  Höher-  oder  Tieferstellen  des  Trägers  o  erhalten. 

Zu  grösseren  Dampfbädern  dienen  kupferne  oder  eiserne  Ke-uel. 
die  durch  aufgelegte  flache  metallene  Deekel  mit  Ausschnitten  fSr  Ge- 
(&sse  der  verschiedensten  Dimensionen  brauchbar  werden.  Man  erhiUl 
sie  mit  beliebigem  Brennmaterial.  —  Da  Flüssigkeiten  um  so  leicfaUr 
in  Dampf  verwandelt  werden,  je  trockener  die  umgebende  atmosphäriscbc 
Luft  ist,  so  gewährt  eine  in  den  obem  Theil  des  Kessels  eingeseUte 
K5bre,  durch  welche  die  entweichenden  Dämpfe  des  Bades  weggeführt 
werden ,  neben  möglichst  dampfdichtem  Schluss  der  Gerässe  auf  den 
Bade,  bei  dem  Abdampfen  wesentlichen  Vortheil.  —  Statt  denWasser- 
dampf  in  dem  Badgefaise  selbst  lu  entwickeln ,  kann  der«elba  auch 
aus  einem  Dampfkessel  ingeleitet  werden. 


18G8,  8.  70, 


r  qiumütativcn  cbrmiscben   Analye?.     IV.  AoUagc,  Bn>iuebr*>g 


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Bäder.      /  613 

B&der  von  Temperaturen  unter  oder  über  -j-  lOO^C.  können  mit 
Flüssigkeiten  Von  entsprechendem  Siedepunkte  erhalten  werden.  Zu 
ersteren  benutzt  man  jedoch  einfacher  ein  Wasser-  oder  Luftbad  (siehe 
nnten),  das  nur  bis  zu  der  erforderlichen  Temperatur  erhitzt  wird.  — 
Zu  Bädern  von  Temperaturen  über -|-  100®  C.  lassen  sich  gesättigte 
siedende  Salzlösungen  anwenden,  in  welche  das  zu  erhitzende  GefUss 
eingetaucht  wird. 

Eine  gesättigte  Lösung  von  kohlensaurem  Natron  siedet  bei  -|-  104^,6 
-»  »  »  »  phosphorsanrem  Natron      »        "    -|-  106®,6 

»  Salmiak  „        „    _|-  1140,2 

>»  salpetersaurem  Kali  >•        »    -f-115o,9 

»  essigsaurem  Natron  »        *'    ~|~  1^4^,4 

»  einfach-kohlens.  Kali  -        »        »    -|-  135^,0 
»  salpetersaurem  Kalk 

»  essigsaurem  Kali  »        »    -f-  169^,0 

»  Chlorcalcium  »        »    -f-  17 9^,5 

•  »  »  »»  Salpeters.  Ammoninmoxyd »        »    -(-  180^,0. 

Durch  Verdünnen  dieser  Lösungen  mit  Wasser  erhält  man  leicht 
Bäder  von  intermediärem  Siedepunkte,  der  aber  natürlich  nur  dann 
constant  bleibt,  wenn  das  verdunstete  Wasser  stets  genau  wieder  er- 
setzt wird,  was  in  der  Wirklichkeit  nicht  leicht  zu  erreichen  ist.  Die 
Anwendung  der  gesättigten  Lösungen  selbst  ist  mit  der  Unannehmlich- 
keit verknüpft,  dass  sich  bei  der  Verdunstung  gewöhnlich  festes  Salz 
abscheidet  und  das  Kochen  alsdann  unter  Stossen  und  Schäumen  statt- 
findet, wobei  ein  momentanes  Ueberhitzen  gar  nicht  zu  vermeiden  ist, 
weshalb  diesen  Bädern  die  unten  angefahrten,  nach  dem  Thermometer 
regulirten,  in  vielen  Fällen  vorzuziehen  sind. 

Zu  Bädern  von  Constanten,  sehr  hohen  Temperaturen  (zurBestim- 
mnng  der  Dampfdichte  anorganischer  Substanzen)  sind  Quecksilber-, 
Schwefel-  und  Zinkdampf  von  Deville  und  Troost^)  Angewandt 
worden.  Als  Apparat  benutzen  dieselben  eine  Quecksilberflasche,  die 
nahe  am  Halse  abgesägt  ist  und  in  ihrem  Innern  zwei  Ringe  hat, 
welche  das  zu  erhitzende  Glas-  oder  Porzellangefäss ;  6  bis  8  Centi- 
meter  vom  Boden  der  Flasche  entfernt,  festhalten.  Cylindrisch  gebo- 
gene Bleche  sind  ferner,  der  Wandung  der  Flasche  parallel,  im  Innern 
am  das  zu  erhitzende  Gefass  angebracht  und  beseitigen  jeden  directen 
Emfluss  der  äussern  Wärmequelle  oder  der  umgebenden  Luft.  Oben 
ut  der  Apparat  durch  eine  gusseiseme  Platte  verschlossen,  die  mit  zwei 
Oeffnnngen  versehen  ist,  von  denen  die  eine  der  ausgezogenen  Spitze 
des  Dampfdichtegefasses  den  Durchgang  gestattet,  die  andere  ein  Luft- 
thennometer  aufnimmt.  Die  Dämpfe  des  Bades  entweichen  durch  ein 
eisernes  Bohr  von  2  Centimeter  Durchmesser,  das  im  obersten  Theil 
der  Flasche,  von  der  Stelle  wo  der  ausgezogene  Hals  des  Dampfdichte- 
gefasses beginnt  wenigstens  8  Centimeter  in  senkrechter  Linie  entfernt, 
eingeschraubt  ist.  —  Zu  einer  Bestimmung  werden  1  bis  2  Kilogrm. 
Qoecksilber  oder  1  Kilogrm.  Schwefel  in  diesem  Apparate  verdampft; 
bei  Anwendung  von  Schwefel  ist  die  eiserne  Röhre  zur  bessern  Vcr- 
dichtang  noch  durch  eine  angesetzte  weitere  zu  verlängern.  Da  in 
dem  geschlossenen  Baume  der  Schwefeldampf  die  Temperatur  des  sie- 


»)  Comt.  rend.  T.  XLV,  p.  821;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  CV,  S.  218. 


614 


Bäder. 


denden  Schwefels  (-|-  440oC>),  der  Quecksilberdampf  die  Teoipenbu- 
von  -(-  350*>C.  bat,  bo  ist  das  Loitthermotneter  bloss  bestimmt,  üb« 
die  GonsteDz  der  Temperatur  und  die  Abwesenheit  störender  EinfliuK 
Auskunft  zu  geben  und  braucht  deshalb  nicht  giUiduirt  zu  pein. 

Wo  die  angegebenen  Mittel  zur  Herstellung  einea  Bades  von  be- 
stimmter Temperatur  unzureichend  oder  unbequem  sind,  schlägt  maa 
den  zweiten  Weg  ein  und  wendet  Substanzen  an,  welche  fabig  sind, 
eine  höhere  als  die  erforderliche  Temperatur  anzunehmen  und  erhält 
sie  auf  dieser  letzlern,  indem  man  sie  nach  den  Angaben  einea  einge- 
senkten ThermomeUrs  stärker  oder  schwächer  erhitzt.  Am  leichtesteo 
gelingt  dies  mit  dem 

Luftbad.  In  seiner  einfachsten  Form,  als  Lnftstrom  dar  von 
einer  erhitzten  Flüche  aufsteigt,  benutzt  man  es  zuweilen  zum  Abdam- 
pfen ,  indem  man  eine  mit  Plil«sigkeit  gefüllte  Schale  so  ilber  eioer 
grössern  leeren,  welche  erhitzt  wird,  disponirt,  doss  sie  den  Böden 
derselben  nicht  berührt.  Soll  die  Temperatur  eine  bestimmte  sein,  »o 
wendet  man  verachliessbare  Gefässe  an.  Fig.  55  zeigt  einen  als  Luftbad 
benutzten  Apparat,  eine  kupferne  Büchse  von  ungefähr  0,1 1  Meter  Höhe 
und  0,8  Meter  Durchmesser.  Der  überfallende  Deckel  ist  mit  zweiTubn- 
laturen  versehen,  durch  deren  eine  die  Dämpfe  entweichen;  in  der  zwei- 
ten wird  mit  einem  Korke  das  Thermometer  befestigt.  Im  Innern  siad 
in  der  halben  Höhe  der  Büchse  drei  Stifte  angebracht,  auf  welchen  ein 
Kupferring  ruht,  der  die  zu  erhitzenden  Gerässe  aufnimmt  —  Zun 
gleichzeitigen  Erhitzen  mehrerer  kleineren  Gefasse  ist  das  Luftbad  Fig.  ^ii 
Fig.  Sft. 


deckel  umgeben,  um  die  Abkühlung  durch  die  äussere  Luft  möglictul  zi 
▼eiringern.  Das  Erhitzen  geschiebt  mit  einer  kleinen  SpirituS'  oder  GiU- 
lampe,  die  sich  leicht  so  reguliren  lässt,  dass  die  Temperatur  fast  ganz  oon- 
stant  bleibt.  Wendet  man  Leuchtgas  an,  so  gewährt  bei  grösseren  Loft- 
bädemeinvonKemp  >)  angegebener,  vonBunsen  wesentlich  verbesBer- 
ter  Regulator  die  Annehmlichkeit,  der  Ueberwacbung  überhoben  zu  Kia, 
indem  hier  bei  einer  beliebig  zn  bestimmenden  Temperatur  durch  dietelbe 
sich  ausdehnendes  Quecksilber  den  Gaszufloss  bis  auf  ein  Minimum  ab- 


')  Cbcm.  Gaz.  leso  Nra.  182  (  DiDgltc'i  polyt.  Jodid.  B4.  CZTIl,  S.  SU- 


Bäder.  615 

sperrt,  und  die  Flamme  also  kleiner  wird ;  bei  dem  Fallen  der  Tempera- 
tar  strömt  mehr  Gas  aus,  und  die  Flamme  wird  in  dem  Maasse  grösser. 

Das  Gay-Lussac'sche  Bad,  welches  schon  früher  (S.  589  Fig. 
42)  beschrieben  ist,  ist  ebenfalls  ein  Luftbad,  das  seine  Temperatur  von 
einem  flüssigen  Bade  empfangt.  Die  Temperatur  des  Innern  Raumes 
erreicht  jedoch  niemals  ganz  die  durch  das  Thermometer  angezeigte 
dcd  äussern  Bades;  bei  Anwendung  von  Wasser  lässt  sie  sich  auf 
-|-  lOO^C.  bringen,  wenn  derTubulus  b  durch  einen  Kork  verschlossen 
wird,  in  den  eine  gebogene  dreischenklige  Bohre  eingesetzt  ist,  deren 
äusserer  Schenkel  unter  Wasser  taucht.  In  den  Tubulus  a  muss  dann 
eine  lange,  bis  nahe  an  den  Boden  herabgebende  Trichterröhre  dampf- 
dicht befestigt  werden  (Röchle der).  —  In  Laboratorien,  die  mit 
einer,  den  Tag  über  zur  Gewinnung  von  destillirtem  Wasser  geheizten 
Destillirblase  versehen  sind ,  kann  leicht  eine  ganze  Reihe  solcher  Bä- 
der erhalten  werden,  indem  man  die  Dämpfe  durch  einen  in  der  unmit- 
telbaren Nähe  der  Blase  angebrachten  Schrank  von  Kupfer  leitet,  in 
welchen  einfache  Kästchen  mit  passenden  Zwischenräumen  eingelöthet 
sind.  —  Norton^)  hat  eine  Einrichtung  beschrieben,  in  welcher  die 
Feuerung  des  Sandbades  zugleich  einen  Wasserkessel  heizt,  des;}en 
Dämpfe  einen  solchen  Apparat  durchströmen,  ehe  sie  in  die  Kühlvor- 
richtung gelangen. 

Seine  wesentlichste  Anwendung  findet  das  -Luftbad  als  Apparat 
zum  Austrocknen  (s.  d.  Art.)* 

Zu  flüssigen  Bädern  von  höheren  Temperaturen  liefern  fette  Gele 
(Büböl,  Leinöl)  das  gewöhnlichste  Material.  Sie  ertragen  eine  Tem- 
peratur von  nahe  -{-  300^0.  bevor  Zersetzung  eintritt,  und  für  Fälle, 
wo  es  auf  Durchsichtigkeit  des  Bades  nicht  ankommt,  lässt  sich  die 
Grenze  ihrer  Anwendbarkeit  bis  weit  über  -{-  400^  C.  hinausrücken, 
wenn  man  sie  vorläufig  Tage  lang  an  freier  Luft  kocht,  bis  sie  dick- 
flüssig und  nachdem  Erkalten  beinahe  fest  geworden  sind  (Berthelot). 
In  jedem  Falle  müssen  Oele  vor  dem  Gebrauche  von  einem  Wasser- 
gehalte, der  Ueberschäumen  veranlassen  könnte,  durch  vorsichtiges  Er- 
hitzen über  -(-  1000  C.  befreit  werden. 

Reinlicher,  nur  theurer  ist  ein  Paraffinbad,  das  auch  nicht  wie 
die  Oele  einen  Übeln  Geruch  verbreitet  (Schmelzpunkt  gegen -f- 47^0., 
Siedepunkt  gegen  +  370»  €.)• 

Statt  der  Oele  können  auch  englische  Schwefelsäure  (bis 
gegen  -f-  300»  C),  wasserfreies  Chlor  zink  (bis  gegen  400<>C.)  und 
die  leichtflüssigen  Legirungen  von  Rose  (Wismuth  2  Thle.,  Blei 
1  Thl.,  ;5inn  1  Thl.,  Schmelzpunkt  zwischen  -|-  95»  und  980C.)  oder 
von  d'Arcet  (Wismuth  8  Thle.,  Blei  5  Thle.,  Zinn  3  Thle.,  Schmelz- 
punkt-|~  94^,5)  benutzt  werden.  Die  beiden  letzteren  lassen  sich  ohne 
Nachtheil  bis  fast  zum  Glühen  erhitzen,  aber  dieser  Vorzug  ist  für  Glas- 
gefasse  wenigstens  illusorisch,  da  diese  bei  so  hohen  Temperaturen 
darin  zusammengedrückt  werden;  auch  bildet  sich  auf  diesen  Bädern 
eine  Oxydsohichte,  die  den  eingetauchten  Gelassen  hartnäckig  anhängt. 
Quecksilber  ist  wegen  des  leichten  Verdampfens  und  der  schädlichen 
Eigenschaften  seiner  Dämpfe  durchaus  zu  grösseren  offenen  Bädern  von 
höheren  Temperaturen  nicht  anwendbar.  —  Die  Vorrichtungen  zu  allen 
diesen  Bädern  sind  sehr  einfach.  Man  erhitzt  sie  in  gusseisernen  Kesseln 


^)  American  Journal  of  Science  and  arte  [2.]*  ^ol.  XU,  p.  52. 


616  Bäder. 

über  Kohlenfeaer,  Schwefelsäure  in  einem  Porzellangef ässe  im  Sandbade, 
und  befestigt  ein  Thermometer  so,  dass  die  Kugel  desselben  in  die  Mitte 
des  Bades  reicht  Damit  aber  das  im  Bade  zu  erhitzende  Gefass  wirklich 
die  Temperatur  desselben  annimmt,  rauss  es  darin  so  vollständig  wie 
möglich  untergetaucht  und  der  hervorragende  Theil  vor  dem  von  aussen 
aufsteigenden  kalten  Luftstrora  geschützt  sein,  was  am  besten  durch  Be- 
decken des  Bades  mit  einem  durchlöcherten  Deckel  geschieht.  Metall- 
bäder  machen  wegen  ihres  hohen  specifischen  Grewichts  besondere  Vor- 
richtungen nöthig,  um  die  Glasgefasse  untergetaucht  zu  halten,  lieber^ 
dies  müssen  letztere,  damit  sie  beim  Eintauchen  in  das  geschmolzene 
Bad  nicht  springen,  vorläufig  erhitzt  werden. 

Eine  der  häufigeren  Anwendungen  des  Oelbades  in  den  chemi- 
schen Laboratorien  ist  die  zum  Erhitzen  von  zugeschmolzenea  Glasroh- 
ren, in  welchen  flüchtige  Substanzen  unter  höherm  Druck  einer  Reae- 
tion  unterworfen  werden.  Berthelot  ^)  hat  für  diesen  Zweck,  um  der 
Gefahr  bei  vorkommenden  Explosionen  der  Rohren  vorzubeugen,  einen 
besondern  Ofen  empfohlen,  der  aus  einem  von  Backsteinen  aufgemaner- 
ten  Viereck  mit  getrenntem  Arbeitsraum  und  Feuerraum  besteht.  Der 
Feuerraum  hat  ein  seitliches  Zugrohr  und  ist  von  dem  oben  offenen 
Arbeitsraum  durch  eine  eingemauerte  massive  eiserne  Platte  geschie- 
den, die  in  der  Mitte  eine  runde  Oeffnung  hat,  welche  ein  gusseiser- 
net  Hafen  (das  Oelbad),  zur  Hälfte  seiner  Höhe  eingesenkt,  ausfOLllt 
Der  Arbeitsraum  wird  mit  einer  dicken  eisernen  Platte  bedeckt,  welche 
eine  Oeffhung  hat,  um  eine  eiserne  unten  geschlossene  Röhre,  die  bb 
in  die  Mitte  des  Oelbades  taucht,  darin  zu  befestigen.  Diese  Rohre 
wird  theil  weise  mit  Quecksilber  gefüllt  und  nimmt  ein  Thermometer 
auf.  —  Gegen  die  mit  der  Explosion  verbundene  Gefahr  kann  man  sich 
bei  einem  oflTenen  Bade  einfacher  dadurch  schützen,  dass  man  die  Glas- 
röhren in  einer  schmiedeeisernen  cylindrischen  Büchse,  von  etwa  5  his 
6  Millimeter  Wandstärke  auf  20  Millimeter  Innern  Durchmesser,  ein- 
schliesst ,  auf  welche  ein  ebenso  massiver  Kopf  aufgeschraubt  und  mit 
einem  Schlüssel  angezogen  werden  kann.  —  Explosionen  finden  aber 
viel  weniger  leicht  statt,  wenn  die  Glasröhren  nicht  bloss  einen  innem, 
einseitig  wirkenden  Druck  auszuhalten  haben,  sondern  in 

Bädern  von  höherm  Druck  erhitzt  werden.  Man  kann  zn 
diesem  Zwecke  die  zugeschmolzene  Glasröhre  in  eine  zweite  grössere 
einführen,  die  eine  weniger  flüchtige  Substanz  enthält  und  sodann  eben- 
falls zugeschmolzen  wird.  Das  Ganze  senkt  man  in  das  Oelbad  ein. 
Alkohol  und  Aether  lassen  sich  so  bis  gegen  -|~  360^0.  erhitzen,  wenn 
die  äussere  Röhre  Terpentinöl  enthält  (Berthelot  3).  —  Grössere  Si- 
cherheit gewährt  aber  jedenfalls  die  Anwendung  eines  papianischen 
Digestors.  Wo  Gelegenheit  gegeben  ist,  können  solche  Röhren  z.  B., 
durch  eine  Umhüllung  mit  Stroh  gegen  Stösse  gesichert,  in  dem 
Dampfkessel  einer  Hochdruckmaschine  erhitzt  werden  (Wöhler*), 
wobei  man  allerdings  auf  sehr  hohe  und  auch  auf  bestimmte  Tempera- 
turgrade verzichten  muss.  Zu  einer  allgemeinern  Anwendung  eignet 
sich  ein  von  Frankland*)  beschriebener  Apparat,  in  welchem  Gla»- 
röhren  mit  eingeschlossenen  Flüssigkeiten  mit  Sicherheit  auf  alle  Tero- 
peratureoi  unter  der  Rothgluth  erhitzt  werden  können.    Fig.  57  versinn- 

>)  Jonrn.  de  pharm.  [3.]  T.  XXIII,  p.  851.  —  «)  a.  a.  O.  —  *)  Annal.  i 
Chem.  u.  Pharm.  Bd.  CHI,  S.  117.  —  *)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XCV,  S. 
28;  Joum.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXV,  S.  22. 


Bäder. 


617 


lieht  denselben.  AA  ist  ein  eiserner  Cylinder,  ann  einem  Stocke  ge- 
schmiedet, anten  geschlossen,  oben  offen,  von  460  Millimeter  Länge, 
76  Hillimeter  innerm  DnrchmesRer  und  16  Millimeter  Wandstärke. 
An  seiner  obern  Oeffnnng  ist  er  mit  einem  16  Millimeter  dicken  and 
32  Millimeter  breiten,  oben  glatt  abgedrehten  Rande  umgeben,  in  wel- 
chem rings  nm  den  Innern  Hohlraum  eine  Rinne  von  1,3  Millimeter 
ausgespart  ist.  Der  Deckel  C  hat  denselben  Dnrchmesser  and  dieselbe 
Dicke  wie  der  Band  des  Cylinders  und  trägt  unten  einen  6,5  Milli- 
meter vorragenden  Vorsprung,  der  genau  in  die  Höhlung  des  Cylin- 
derf  passL  Innerhalb  des  Vorsprungs  ist  der  Deckel  zweimal  durch- 
bohrt.   In  die  eine  Oeffnung  ist  die  gusseiseme  Röhre  d,  von  153  Hil- 


Fig.  68. 


Fig.  67. 


limeter  Ii&nge  und  13  Milli- 
meter Durchmesaer,  befestigt,  - 
die  mit  Quecksilber  gefüllt 
wird  und  das  Thermometer 
aufnimmt;  die  zweite  ist  mit 
Messing  ausgefQttert  und  dient 
als  Canal  Tiir  das  Sicherheits- 
ventil r,  einen  3  Millimeter 
dicken  Mesaingdraht ,  der  zu 
beiden  Seiten  abgeplnttet  ist 
und  oben  den  gut  eingeschlif- 
fenen Conus  des  Ventils  trägt. 
Bela«tet  ist  das  Ventil  in  ge- 
wöhnlicher Weise.  Deckel 
und  Rand  haben  femer  vier 
gebohrte  Oeffbnngen,  durch  welche  Schrauben  von  6,5  Millimeter 
Dicke  von  uuten  eingesteckt  werden,  die  in  Schraubenmuttern  eingrei- 
fen, welche  man  mittelst  eines  Schlttssels  anriehen  kann.  Der  dichte 
Vorschluss  wird  durch  eine  3  Millimeter  dicke  Bleiplatte  hergestellt, 
welche  in  die  erwähnte  Rinne  eingelegt  und  durch  den  Druck  der 
Schraaben  comprimirt  wird.  Zum  Oebrauche  wird  der  Apparat  tu  '/i 
DÜt  Wuser  gelOUt  in  einem  Gasofen  erhitzt,  den  Fig.  58  ceigt.    AAAA 


618 


Bärengalle.  —  Bagrationit 


Fig.  59. 


ist  eiD  maaaives  Gestelle  von  Schmiedeisen,  ia  dessen  EDiteno  eiaCjrlinder 
B  B  von  Eiflenblech  befestigt  ist,  der  unten  geschlossen  üt  und  obcD 
nur  eine  zur  Aufnahme  des  beschriebenen  Appnrates  hinreichende  Oeff- 
nung  hut.  Dieser  ruht  dann  mit  seinem  vorspringenden  Bande  auf  dea 
einwärts  gebogenen  Eigenstäben.  C  ist  ein  Regulator  fiir  den  Luftzu- 
tritt Den  Gasbrenner  bildet  das  6,5  Millimeter  weite,  mit  lU  bis 
20  kleinen  Löchern  versehene  Kupferrohr  E,  das  in  dem  Cj'Iinder  bt- 
festigt  ist.  —  Um  die  Wärmeausstrahlnngen  zu  verringern,  ist  der  Ap- 
parat noch  mit  einem  Cylinder,  B'B",  von  polirtem  Weissblecb  uia- 
geben,  der  von  dem  inneren  Cylinder  l'i  Millimeter  entfernt  bleibt.  Die 
Verbrennungsproducte  treten  durch  die  OeSnungen  DJ},  welche  in 
dem  eisernen  und  in  dem  Weisabi echcy linder  angebracht  sind,  ans. 

Auch  zum  Abdampfen  und  OestiUiren  geeignete  Blider  von  Tem- 
peraturen über  -|-  lüC^C.  können  mit  gespannten  Wasserdämpfen  er- 
hallen werden ,  die  ans  einem  Generator  in  einem  passenden  BebiJler 
einströmen ,  auf  welchem  die  zu  erhitzenden  Gefässe  dicht  und  hinrei- 
chend fest  angebracht  sind,  um  nicht  durch  den  Dmck  herausgehoben 
zu  werden. 

Zur  Bestimmung  der  Schmelspunkt«  fester 
und  der  Erstarrungspunkte  geschmolzener  Sub- 
stanzen ist  das  concentrische  l{ad')(Pig.39) 
wegen  der  sehr  allmäligen  und  gleichmüMi- 
gen  Verbreitung  der  Wärme ,  sehr  geeignet. 
Das  Becherglas  A  ist  mit  Korks egmenteu  in 
einem  grossem,  welches  nach  Bedurfniss  mil 
nusgeküchtem  Wasser  oder  mit  möglichst  färb- 
^m  Oel  gefüllt  ist,  befestigt  oder  mitteU 
es  Triangels  eingesenkt.  In  das  innere  Be- 
cherghis,  das  dieselbe  Flüssigkeit  wie  dtu  äussere 
mthält,  bringt  man  die  zu  untersuchende  Sub- 
stanz, die  im  geschmolzenen  Zustande  in  Ilaor- 
'öhrchen  aufgesogen  worden  ist,  und  ein  Ther- 
mometer. Der  ganze  Apparat  wird  auf  einem 
Drahtnetz  über  einer  kleinen  Weingeist-  oder 
Gasflamme  sehr  bingsain  erhitzt.  E, 

Bärcngalle  s.  unter  Galle. 

Bärentraube,  der  deutsche  Ni<me  des  slrauch.irtigen  Arba- 
tus  s.  Aretostaphyloa  uva  urai  (s.  S.  1'.I7). 

Bärme,  syn.  Hefe  (a.  d.). 

Bäuchen  s.'bei  Bleichen. 

Bagrationit  *).  Ein  von  N.  v.  Kokscharow  zu  Ehran  des 
Finders,  des  russischen  Fürsten  P.  Ungration,  benanntes  Mineral  von 
Achmatowsk  am  Ural.  Es  ist  durch  seine  krystallograp bischen  Ver- 
hältnisse bemerkcnswerth ;  J.  D.  Dana  und  C.  F.  Naumann  hallen 
es  für  eine  Abänderung  des  AUanit  oder  Ortliit,  womit  die  Krystall- 
gestalten  und  andere  Eigenschaften  übereinstimmen.     Es  ist  schwarz. 


Bai^rlne.  —  Baläu.  619 

mehr  oder  weniger  glasartig  glänzend,  auf  den  Endflächen  unvoUkom- 
mpn  metallisch,  andurchsichtig  und  giebt  ein  dunkelbraunes  Strichpul- 
ver. Härte  =  6,5,  specif.  Gewicht  =  4,115.  Blätterdurchgänge 
wurden  nicht  beobachtet,  der  Bruch  ist  uneben  bis  muschelig.  Vor  dem 
Lothrohre  bläht  sich  das  Mineral  blumenkohlartig  auf,  kocht  und 
schmilzt  zu  einer  schwarzen  glänzenden  Kugel,  die  auf  die  Magnet- 
nadel wirkt  Mit  Borax  leicht  löslich  zur  durchsichtigen  orangogelben 
Perle,  die  beim  Erkalten  bouteillengrün  wird.  Im  Phosphorsalz  ist  es 
schwieriger  löslich  und  zeigt  ein  Kieselskelet,  beim  Erkalten  wird  die 
Perle  farblos.  Analysirt  wurde  dieses  Mineral  bis  jetzt  noch  nicht, 
um  die  Identität  mit  Allanit  oder  Orthit  zu  beweisen.  K. 

Bai^rine,  Baierit.  Beudant  gab  diesen  Namen  dem  Niobit 
von  Bodenmais  in  Baiern  (daher  der  Name)  und  dem  ^on  Limoges 
in  Frankreich,  wonach  der  Name  nur  als  Bezeichnung  der  Varietät 
zu  gelten  hat,  wenn  man  denselben  überhaupt  zu  gebrauchen  ge- 
neigt ist.  K. 

Baikalit  nannte  Blumenbach  nach  dem  Fundorte,  der  Ge- 
gend am  Baikalsee,  eine  grüne  Abänderung  des  Diopsid  (s.  d.  A.). 

Balanophoreenharz.  Der  Holzkörper  der  Balanophoreen, 
einer  parasitischen  Pflanzenfamilie  aus  Java,  enthält  sehr  viel  von 
einem  wachsartigen  Harz,  das  sich  wenig  in  Alkohol,  leicht  in  Aether 
löst,  es  schmilzt  bei  etwa  100^  C,  löst  sich  in  kalter  Schwefelsäure, 
und  wird  durch  Wasser  daraus  gefällt;  Salpetersäure  greift  ihn  erst  in 
der  Wärme  an;  seine  Zusammensetzung  entspricht  der  empirischen 
Formel  CijHioO  (Poleck  0.  ,  Fe. 

Baldrianöl  s.  ValerianöL 
Baldriansäure  s.  Valeriansäurc. 

Baldrianwurzel  Die  Wurzel  von  Valeriana  ofßcinalis,  aus- 
gezeichnet durch  ihren  starken  eigenthümlichen  Geruch,  enthält,  nach 
Trommsdorf,  in  100  Thln.  etwa  1,6  Satzmehl,  16,3  Harz,  4,5  ätheri- 
sches Oel,  ausserdem  Gummi,  Harze  und  Holzfaser.  Nach  Zell  er  ge- 
ben 100  Thle.  trockener  Baldrianwurzel,  je  nach  der  Qualität,  ob 
frisch  u.  s.  w.,  2  bis  3,5  Oel.  Fe, 

Balduin's  Phosphor,  hermetischer  Phosphor,  Phos- 
phoms  me  magnes  luminaria.  Der  Alchimist  und  Amtmann  tu  Grossen- 
hain in  Sachsen  Baldewein  (latinisirt  Balduinus,  geb.  1632,  gest. 
1682)  bemerkte  zufällig,  dass  bis  zur  anfangenden  Zersetzung  der 
Säure  calcinirter  salpetersaurer  Kalk,  nachdem  er  den  Sonnenstrahlen 
ausgesetzt  war,  die  Eigenschaft  hat  im  Dunkeln  zu  leuchten;  man 
nannte  das  Präparat  deshalb  nach  ihm  Balduin' scher  Phosphor.      Fe. 

m 

Balein,  Balaine,  Balenin.  Saussure  hatte  früher  dem 
Wallrath  diesen  daför  aber  nicht  gebräuchlichen  Namen  gegeben. 
V.  Kerkhoff  0  bezeichnete  später  damit  die  durch  Behandeln  mit 
Essigsäure  und  Fällen  mit  Ammoniak  erhaltene  reine  Hornsubstanz 
des  schwarzen  Fischbeins,  ein  schwefelhaltender  Körper,  den  Mul- 

»)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXVII,  S.   179.  —   *)  Report,  f.  Pharm.  Bd. 
XCVm,  S.  162. 


620  Ballas-Rubin.  —  Balsam,  canadischer. 

der  als  ein  Protein -Salphamid  bezeichnet;  es  enthält,  nach  ihm,  in 
100  Thln.  50,8  Kohlenstoff,  6,8  Wasserstoff,  15,7  Stickstoff,  23,1  Saaer- 
stoff  und  3,6  Schwefel. 

Balias-Rubin,  Rabin-balais,  Rnbis-balais,  Rubin- 
ball as  wird  von  den  Juwelieren  der  blassrothe  bis  röthlich  weisse 
Spinell  zum  Unterschiede  von  dem  echten  Rubin,  dem  rothen  Korund 
genannt.  K. 

Ballesterosit.  Ein  zu  Ehren  des  um  Spaniens  Bergwesen 
verdienten  Lopez  Ballesteros  benanntes  Mineral  i),  von  W.  Schulz 
und  A.  Paillette  unter  diesem  Namen  als  Species  eingeführt  Es 
findet  sich  in  hexaSdrischen  Krystallen  im  Thonschiefer  der  Gegend 
um  Ribadeo  in  Asturien  und  Mondonedo  in  Galicien  in  Spanien  und 
ist  wahrscheinlich  nur  eine  Abänderung  des  Pyrit  ^der  Schwefelkies. 
Ausser  Eisen  und  Schwefel  soll  er  etwas  Zink  und  Zinn  enthalten,  die 
Farbe  ist  ähnlich  der  des  Pyrit,  das  specif.  Gewicht  ist  =  4,75  bis 
4,90.  %  K, 

Ballon  hat  man  mehr  oder  weniger  kugelförmige  Glasgefässe 
genannt,  die  zu  mannigfachem  Gebrauch  dienen  und  darnach  sehr  ver- 
schiedene Form  und  Grösse  haben.  Die  Ballons  dienen  als  Vorlagen 
bei  Destillationen  aus  Glasretorten,  sie  dienen  auch  zum  Sieden  von 
Flüssigkeiten,  z.  B.  zur  Bestimmung  des  specif.  Gewichts  u.  s.  w.  Oft 
haben  die  Ballons  ausser  dem  Halse  noch  eine  oder  mehrere  Oeffnun- 
gen  oder  Tubulaturen.  Grössere  Ballons  von  Glas  oder  von  Steingut 
dienen  namentlich  zum  Transport  und  Aufbewahren  von  Säuren,  Schwe- 
felsäure, Salzsäure  u.  s.  w. 

Balsam,  canadischer,  Canadischer  Terpentin,  Baume 
du  Canada^  stammt  von  der  in  Canada,  Virginien  und  Carolina  ein- 
heimischen Abies  balsamea^  Dec.  (Familie  der  Coniferen).  Er  sam- 
melt sich  unter  der  Rinde  der  Bäume  in  blasenförmigen  Anschwellun- 
gen, aus  denen  er  durch  Einschnitte  gewonnen  wird  und  kommt  in 
kleinen  irdenen  Flaschen  in  den  Handel.  Er  ist  farblos  oder  schwach 
gelblich,  ziemlich  flussig,  jedoch  zähe  und  fadenziehend ;  die  trübe  Be- 
schaffenheit, die  er  im  frischen  Znstande  zeigt,  verliert  er  in  der  Ruhe 
bald  und  wird  glasklar.  Sein  Geruch  ist  aromatisch,  an  Muskatnossol 
erinnernd,  sein  Geschmack  bitterlich  und  brennend.  —  Sein  Licht- 
brechungscogfficient  ist  =  1,532;  die  Polarisationsebene  des  Lichtes 
lenkt  er  nach  rechts  (Biot).  Li  Alkohol  löst  er  sich  nur  unvollstän- 
dig, mit  Hinterlassung  eines  körnigen  Harzes.  Mit  Wasser  destillirt 
liefert  er  ein  flüchtiges  Oel  von  balsamischem  Geruch,  das  in  seiner 
Zusammensetzung  mit  gewöhnlichem  Terpentinöl  übereinstimmt  (Wir- 
z^n)  und  wie  dieses  die  Polarisationsebene  des  Lichtes  nach  links  ab- 
lenkt (Biot).  In  dem  DestillirgefUsse  bleibt  ein,  nach  dem  Erkalten, 
spröder  Harzkuchen,  der  ein  Gemenge  mehrerer  Substanzen  ist.  —  In 
dünnen  Lagen  der  Luft  ausgesetzt  trocknet  er  in  48  Stunden  zu  einem 
harten  Firniss  aus;  auch  in  verschlossenen,  nur  zum  Theil  gefiillten 
Gefassen  Verdickt  er  sich  allmälig,  indem  er  zugleich  eine  goldgelbe 
Farbe  annimmt. 

Die  näheren  Bestandtheile  des  Canada-Balsams  sind,  obschon  der- 

^)  V.  Leon  ha  rd,  Jahresber.  1861,  S.  860. 


Balsam^  canadischer.  621 

selbe  nehrfach  untenucht  worden  ist,  nicht  mit  Sicherheit  bekannt. 
Nach  einer  älteren  Angabe  von  Bonastre  ^)  enthält  er  in  100  Theilen: 

ätherisches  Oel 18,6, 

in  Weingeist  leicht  lösliches  Harz 40,0, 

in  Weingeist  schwer  lösliches  Unterharz 33,0, 

Kantschok,  nnd  bittere  in  Wasser  lösliche  (Extractiv-)  Stoffe  8,4. 
JL>as  schwerlösliche  Harz  beschreibt  Bonastre  als  trocken,  zerreiblich, 
beim  Beiben  sehr  elektrisch  werdend,  von  grösserem  specif.  Gewichte 
Als  Wasser  und  schwer  schmelzbar. 

Nach  Caillot'),  der  die  Terpentine  von  ÄHes  exceUa,  Äües  pecä" 
naia  und  Ä.  baUamta  ontersocht  hat,  den  letzteren  aber  nnr  kurz  erwähnt, 
enthält  er,  wie  die  beiden  erstgenannten,  ein  neutrales,  in  Weingeist 
von  0,854  leicht  lösliches,  krystallisirbares,  indifferentes  Harz,  das 
'  Abietin  (s.  d.  Art);  das  unlösliche  Unterharz  ist,  nach  Caillot,  von 
dem  der  anderen  Abies- Arten  wenig  oder  nicht  verschieden,  weiss, 
pulverig,  ohne  deutliche  Krystallform,  ohne  Wirkung  auf  Lackmus;  in 
Steinöl  und  in  Kalilauge  ebensowenig  löslich  als  in  Alkohol  von  0,824. 
—  Ueber  die  Harzsaure,  welche  im  canadischen  Terpentin  enthalten 
ist  nnd  demselben  die  Eigenschaft  giebt  mit  Natronlauge  eine  weiche 
Seife  zu  bilden  und  durch  ^/le  seines  Gewichtes  gebrannter  Magnesia 
zu  einem  consistenten  Teige  verdickt  zu  werden,  hat  Caillot  nichts 
Näheres  angegeben. 

Zuletzt  ist  der  Canada-Balsam  von  Wirzön')  untersucht  worden, 
der  die  einzelnen  daraus  abgeschiedenen  Stoffe  der  Analyse  unterwor- 
fen, über  ihre  chemischen  Eigenschaften  jedoch  nichts  mitgetheUt  hat.  • 
Siedender  Alkohol  von  0,833  löst,  nach  Wirz^n,  aus  dem  Harzgemenge, 
welches  bei  der  Destillation  des  Balsams  mit  Wasser  zurückbleibt,  ein 
Alphaharz,  das  aus  der  alkoholischen  Lösung  durch  Wasser  geföllt 
wird  und  bei  -|-  100®  C.  getrocknet,  die  Zusammensetzung  C40  R32  O4 
hat.  Die  gefundenen  Zahlen  (in  100  Theilen  78,31  Kohlenstoff  und 
1 0,08  Wasserstoff)  stimmen  übrigens  ebenso  annähernd  mit  der  Formel 
der  Pininsäure  (C40  H30  04).  Der  mit  heissem  Weingeist  erschöpfte 
Röckstand  löst  sich  in  kaltem  Aether  theil weise  auf;  die  gelbgeiarbte 
ätherische  Lösung  hinteriässt  nach  dem  Verdunsten  das  Betaharz,  des- 
sen Zusammensetzung  der  Formel  C40  H29  O7  entspricht.  —  Den  in 
Alkohol  und  Aether  unlöslichen  Antheil  nennt  Wirz^n  Gammaharz; 
den  Resultaten  einer  Analyse  zufolge  soll  derselbe  nach  der  Formel 
C30  H33  Og  zusammengesetzt  sein.  Nach  Wirz6n  enthält  der  Balsam 
die  genannten  Bestandtheile  annähernd  in  folgendem  Verhältniss: 

Aetherisches  Oel  16, 
Alphaharz  .  .  .  .  30, 
Betaharz    .  .  .  .  33, 
Gammaharz  ...  20. 
Die  Harze  beschreibt  Wirz6n  sämmtlich  als  amorph  und  opak, 
was  aber  wohl  nur  der  Darstellungsweise  zuzuschreiben  ist.  Das  Alpha- 
harz insbesondere  muss,  nach  Caillot's  (früheren)  Angaben,  als  ein 


»)  Journ.  de  Pharm.  T.  VIII,  p.  574.  (1822).  —  «)  Journ.  de  Pharm.  T.  XVI» 
p.  436  (1830);  Trommsdorf^s  neues  Journal  Bd.  XXIII,  S.  168;  Pharmac.  Cen- 
tralblatt  1830,  S.  337.  —  "^  De  Baisamis  et  praesertim  de  balsamo  canadense  Dis- 
seriatio,  Helsingforsiae  1849;  im  Auszug  im  Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der 
Pbarmacie  von  Wiggers,  IX.  Jahrgang,  S.  88. 


622  Balsam  de  Mecca  seu  de  Gil^ad. 

Gemenge  von  krystallisirbarem  Abietin  mit  einer  gleichfalls  krjstalli- 
nischen  Harzsäure  betrachtet  werden. 

Der  Canada- Balsam  wird  in  der  Optik  angewandt  and  dient  in 
einigen  Ländern  als  Arzneimittel.  Nach  dem  innerlichen  Gebraache 
desselben,  so  wie  des  ätherischen  Oeles,  nimmt  der  Harn  einen  Mnskat- 
gernch  an  (Wirz6n). 

Einen  dem  Canadabalsam  ganz  ähnlichen,  nur  dunkler  gefärbten 
Balsam  liefert  Abtes  canadensis^  Link.  Von  anderen  Terpentinen,  die 
dem  canadischen  zuweilen  substituirt  werden,  unterscheidet  sich  dieser 
im  Allgemeinen  durch  seinen  eigenthümlichen  Geruch  und  die  voll- 
kommene  Durchsichtigkeit  bei  fadenziehender  Consistenz,  sowie  durch 
die  Leichtigkeit,  mit  welcher  er  an  derLufL  erhärtet  Der  sehr  analoge 
Strassburg'er  Terpentin  (von  Abies  pectinata^  Dec.)  wird  ausserdem  an 
seinem  Verhalten  zum  polarisirten  Licht,  das  er  nach  links  drehte  der 
venetianische  (von  Lari:e  europaea^  Dec.)  an  seiner  leichten  und  voll- 
kommenen Löslichkeit  in  gewöhnlichem  Weingeist  und  seiner  Indiffe- 
renz  gegen  gebrannte  Magnesia  erkannt  E. 

Balsam    de  Mecca   seu   de   Gil^ad,    Meccabalsam; 

OpobaUamum  verum  ^  s.  zileckdetue^  Baume  de  la  Mecque.  Stammt  von 
Bcdsamodendron  gileadense  Kunth  {Amyrideae)^  einem  strauchartigen  Ge- 
wächse des  glücklichen  Arabiens.  Es  giebt  wahrscheinlich  drei  Arten 
von  Meccabalsam.  Der  schönste  und  theuerste,  welcher  höchst  ange- 
nehm riecht,  im  Handel  in  bleiernen  Flaschen  vorkommt,  aber  fast  nur  im 
Orient  verbraucht  wird,  soll  in  klaren,  farblosen  Tropfen  aus  den  Blü- 
then  schwitzen.  Eine  geringere  Sorte  üiesst  freiwillig  oder  nach  ge- 
machten Einschnitten  aus  den  jungen  Aesten  der  Pflanze.  Sie  ist  dünn« 
flüssig,  blassgelb,  trübe"  wie  Mandelsjrup  und  riecht  sehr  angenehm 
nach  Rosmarin  und  Citronen.  Der  Geschmack  ist  bitterlich  scharf 
Ax\  der  Luft  erhärtet  dieser  Balsam  allmälig  ganz  und  wird  durchsich- 
tiger. Die  dritte  Sorte  wird  durch  Auskochen  des  Holzes  und  der 
Zweige  mit  Wasser  erhalten.  Sie  ist  etwas  dickflüssiger  als  Copaiva- 
balsam,  wird,  in  der  Hand  gerieben,  seifenartig  weiss  und  bildet,  auf 
Wasser  getropft,  eine  Haut,  welche  sich  mit  einer  Federfahne  leicht 
abnehmen  lässt  Spiritus  löst  diesen  Balsam  nur  theilweise  und  hinter- 
lässt  eine  durchsichtige,  wohlriechende  Substanz,  von  welcher  warmer 
Alkohol  von  0,815  zwei  Drittel  auflöst.  Der  Best  ist  eine  flockige, 
fadenziehende  Substanz. 

Trommsdorff^)  fand  einen  von  Petersburg  in  den  Handel  gebrach- 
ten Meccabalsam  zusammengesetzt  aus  ätherischem  Oel  30,0  Procent; 
Hartharz  64,0  Procent;  Weichharz  4,0  Procent  und  bitterem  Farbstoff 
0,4  Procent 

Das  ätherische  Oel  war  farblos,  roch  sehr  angenehm  und  schmeckte 
scharf.  Es  war  in  Alkohol,  Aether,  Steinöl  und  fetten  Oelen  loslich 
und  explodirte  nicht  mit  Jod.  Schwefelsäure  löste  es  mit  dunkelrother 
Färbung  auf  und  verharzte  es.  Ebenso  Salpetersäure.  Alkalien  wirk- 
ten nicht  darauf. 

Wurde  der  Destillation^rückstand  mit  starkem  Alkohol  in  der 
Wärme  behandelt,  so  löste  sich  das  Hartharz  auf,  das  weiche  Harz 
blieb  zurück.     Jenes  war  honiggelb,  durchsichtig,  brüchig  und  leicht 


^)  Trommsdorfs  neues  Joarnal  Bd.  XYI,  S.  62. 


Balsam  de  Tolu.  623 

za  pulvern.  Specif.  Gewicht  =1,338.  Es  erweichte  bei  -f-  44«  und 
schmolz  vollständig  bei  -|-  90<>.  Ausser  in  Alkohol  war  es  auch  in 
Aether,  fetten  and  ätherischen  Oelen  löslich.  Schwefelsäure  löste  das- 
selbe mit  dankelrother  Farbe  auf,  concentrirte  Salpetersäure  bildete 
damit  Oxalsäure  und  eine  gelbe,  salbenartige  Substanz.  Mit  Alkalien 
gab  es  wahrscheinlich  Verbindungen,  welche  in  freiem  Alkali  unlöslich 
sind. 

Das  Weichharz  war  braun  und  klebrig,  die  Klebrigkeit  verlor  sich 
aber  nach  und  nach.  Es  hatte  weder  Geruch  noch  Geschmack^  er- 
weichte nach  dem  Austrocknen  bei  -\-  100<>  C.  und  schmolz  vollständig 
bei  -f-  112®  C.  In  fetten  und  fluchtigen  Oelen  war  es  löslich,  aber 
nicht  in  Alkohol  und  Aether.  Alkalien  und  concentrirte  Schwefelsäure 
griffen  es  nicht  an,  Salpetersäure  blähte  es  auf  und  machte  es  zerreiblich. 
Bonastre^)  hat  auch  den  Meccabalsam  untersucht.   Er  fand  darin 

flüchtiges,  angenehm  riechendes  Oel 10,0 

braunes,  bitteres,  in  Wasser  und  Alkohol  lösliches  Extract    .       4,0 
saures,  in  Alkohol  lösliches,  nicht  erhärtendes  Harz  .     70,0 

weissgraues,  steifes,  in  Alkohol  schwer  lösliches  Harz  .     .     .     12,0 

eine  saure* Substanz  und  Unreinigkeiten 4,0. 

Ein  alter  aus  den  ägyptischen  Gräbern  herrührender  Balsam  war 
nur  in  der  Wärme  flüssig  und  wohlriechend.  Aetherisches  Oel  fand  sich 
nicht  mehr  darin,  aber  freie  Essigsäure;  auch  enthielt  dieser  Balsam 
kry stall inische  Körner,  die  in  ihrem  Verhalten  mit  dem  krystallinischen 
Elemiharze  Aehnlichkeit  hatten. 

Der  Meccabalsam  ist  früher  als  Arzneimittel  angewandt  worden, 
jetzt  aber  seiner  Seltenheit  und  Kostbarkeit  wegen  ausser  Gebrauch. 
Im  Orient  steht  er  als  innerlich  stärkendes  Heilmittel  in  grossem  An- 
sehen. 

Eine  mögliche  Verfälschung  des  Meccabalsams  mit  canadischem 
Terpentin  lässt  sich,  nach  Bonastre,  daran  erkennen,  dasn  letzterer 
nach  Abdestillation  des  Oels  ein  trockenes  pulverisirbares  Harz  hinter- 
läsdt,  was  mit  dem  Meccabalsam  nicht  der  Fall  ist;  auch  wird  der 
Meccabalsam  selbst  durch  %  seines  Gewichtes  gebrannter  Magnesia 
nicht  verändert,  während  canadischer  Terpentin  mit  noch  kleineren 
Mengen  /est  wird.  (  Wp.)  E. 

Balsam  de  Tolu,  Tolubaisam,  Baume  de  Tolu^  wird  durch 
Einschnitte  in  den  Stamm  von  Myroapermum  Tohtiferum  Sprengel, 
{Myroxykun  Tohüferwn  Richard)  einem  in  den  Gebirgen  von.Turbaco 
und  Tolu  und  am  Magdalenenstrome  wachsenden  Baume  gewonnen. — 
Im  frischen  Zustande  ist  er  gelblich,  vollkommen  durchsichtig  und  flüs- 
sig wie  Terpentin  (weisser  Tolubaisam),  verändert  sich  jedoch  bei  der 
Aufbewahrung  ziemlich  schnell,  indem  er  eine  röthlichbraune  Farbe 
VLody  steife  Consistenz  annimmt  (schwarzer  Tolubaisam)  und  wird  zuletzt 
sa  einer  zerreiblichen  Substanz  von  körnig  krystallinischem  Gefüge 
(trockener  Tolubaisam).  Er  hat  einen  aromatischen  Citron-  und  Jas- 
mingeruch  und  einen  süsslich  gewürzhaften,  etwas  kratzenden  Geschmack. 
In  gelinder  Wärme  schmilzt  er.  In  Alkohol  löst  er  sich  leicht  und 
vollständig ;  schwieriger  in  Aether  oder  flüchtigen  und  nur  unvollständig 


'  >)  Joam.  de  Phftrm.  T.  XYIIl,  p.  94,  338;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.III, 
8.  147. 


624  Balsam  de  Tolu. 

in  fetten  Oelen.  An  heisses  Wasser  tritt  er  Zünmi-  und  Benzoesinre 
ab,  nebst  ätherischem  Oel.  Concentrirte  Schwefelsäure  löst  ihn  in  der 
Wärme  zu  einer  rothen  Flüssigkeit,  ohne  schweflige  Säure  su  entwickelo. 
Mit  Kalilauge  von  1,1 7  specif.  Gewicht  giebt  er  eine  klare  Losung, 
die  einen  Nelkengeruch  hat  und  an  deren  Oberfläche  sich  OeltrÖpfcheo 
abscheiden.  —  Mit  Wasser  destillirt,  giebt  er  ein  flüchtiges  Oel  in  ge- 
ringer, nach  dem  Alter  des  Balsams  verschiedener  Menge.  Deville 
erhielt  davon  0,2  Procent,  Scharling  1  Proc.  und  wenn  die  Destillat 
tion  durch  Einleiten  von  Wasserdampf,  der  auf  -f"  ^70®  C.  erhitzt  war, 
vollendet  wurde,  noch  0,2  Proc  vom  Gewichte  des  Balsams. 

In  Bezug  auf  die  Zusammensetzung  des  Tolubalsaros  stimroeD  die 
Angaben  verschiedener  Chemiker  nicht  völlig  überein.  Fröroy  Oi  der 
denselben  zuerst  untersuchte,  fand  darin  dieselben  Bestandtheile  wie 
im. Perubalsam,  also  Zimmtsäure,  Ginnsmem  und  Harz,  das,  ohschon 
schwerer  schmelzbar  als  Perubalsamharz,  doch  in  seiner  Zusammen- 
setzung von  diesem  nur  durch  einen  Mehrgehalt  der  Elemente  des  Wai- 
sers abwich.  (Gefunden  in  100  Thln.:  71,2  KohienstoiT,  6,5  Wasser- 
stoff, 22,3  Sauerstoff.)  Frömy  betrachtete  hiernach  den  Tolubalsam 
als  einen  vollständiger  veränderten  Perubalsam.  Da  jedoch  die  späte- 
ren Untersuchungen  zu  ganz  anderen  Resultaten  geführt  haben,  so  vA 
zuvermuthen,  dass  der  von  Fr^my  untersuchte  Balsam  nicht  wirklicher 
Tolubalsam  gewesen  ist. 

Deville  >)  hat  aus  dem  Tolubalsam  folgende  Substanzen  darge- 
stellt :  1.  Tolen,  einen  flüssigen  Kohlenwasserstoff  von  der  Formel  CjiKis; 
2.  Benzoesäure  und  Zimmtsäure;  3.  Ginnamein;  4.  Harz;  5.  Benzol 
säure-Aethyläther  und  6.  Benzoen  (Toluol),  einen  flüssigen  Kohlen- 
wasserstoff von  der  Formel  C14  H^.  Die  beiden  letzten  sind  Prodncte 
der  trockenen  Destillation.  —  Die  verschiedenen  Balsamsorten  des  Han- 
dels gaben  dieselben  Bestandtheile,  doch  wiegt  in  dem  noch  flüssigen  Bal- 
sam die  Benzoesäure  vor,  während  der  feste  reicher  ist  an  Zimmtsäure* 

Das  durch  Destillation  des  Balsams  mit  Wasser  und  wiederholtet 
Cohobiren  des  wässerigen  Destillats  erhaltene  Oel  setzt  an  der  Loft 
Benzoesäure  ab  und  wird  allmalig  durch  Verharzung  fest.  Es  ist  eis 
Gemenge  mehrerer  Substanzen.  Beim  Erhitzen  derselben  bis  -)- 160^C. 
destillirt  zunächst  das  Tolen ,  welches  nach  der  Bectiflcation  mit  Kali 
bei  -j-  170^  C.  siedet.  Nachdem  das  Tolen  übergegangen,  erscheinen 
in  der  Vorlage  Krystalle  von  Benzoesäure  und  zuletzt  bleibt  in  der 
Betorte  ein  zäher  Rückstand ,  welcher  auf  Papier  Flecke  macht,  tod 
Alkalien  •  theilweise  aufgenommen  wird  und  bei  340^  C.  nicht  ohne 
Zersetzung  flüchtig  ist.  Was  bei  340®  bis  350«  C.  übergeht,  hii 
die  Zusammensetzung  des  Cinnameins.  Vielleicht  enthält  das  rohe  Tn- 
luol  noch  andere  Körper.  Sammelt  man  nämlich  bei  der  Bectifieation 
die  letzten  Antheile,  welche  bei  180<>  0.  übergehen,  so  zeigen  diese 
die  Zusammensetzung  eines  Tolenh3rdrates.  Die  erhaltene  BenzoSsaure 
ist  femer  vielleicht  nur  aus  einem  flüchtigen,  mit  dem  Benzoylwasser- 
stoff  isomeren  Körper  neugebildet. 

Die  freien  Säuren  können  dem  Balsam  entweder  durch  siedeodei 


')  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [2.]  T.  LXX,  p.  ISO;  Annal.  d.  Chem.  o.  Pbam- 
Bd.  XXX,  S.  388 ;  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XVin,  S.  244.  Berxeliu»'  Jahreiber. 
XX,  S.  896.  —  *)  Journ.  de  Phann.  T.  XXVII,  p.  686;  Annal.  de  chim.  et  de  phjs- 
[S.]  T.  m,  p.  151;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XLIV,  S.  304;  Journ.  f.  pnkl 
Chem.  Bd.  XXV,  S.  821;   BerzeUus*  Jahresber.  Bd.  XXTTI,  S.  849. 


Balsam  de  Tolu.  ^25 

Wasser,  das  beim  Erkalten  vorzugsweise  Zimnitsäare  ausscheidet,  oder 
durch  alkalische  Laugen  entzogen  werden.  Behandelt  man  den  Balsam, 
besonders  solchen,  der  sehr  zähe  ist,  mit  einer  Lösung  von  kohlensau- 
rem Natron,  so  färbt  er  sich  ziegelroth  und  man  erhält  eine  grüngelbe 
Flüssigkeit,  ans  welcher  Ghlorcalciuro  Harzkalk  und  kohlensauren  Kalk 
niederschlägt.  Die  entfärbte  Flüssigkeit  lässt  dann  auf  Zusatz  yoU 
Salzsäure  einen  Niederschlag  fallen,  der  in  seiner  Zusammensetzung 
mit  der  BenzoSsäure  übereinstimmt* —  Wird  der  Balsam  in  Kalilauge 
gelöst  und  die  mit  Wasser  verdünnte  Lösung,-  von  welcher  die  auf«* 
schwimmenden  Tröpfchen  von  Tolen  mit  Fliesspapier  weggenommen 
werden,  mit  Kohlensäure  übersättigt,  so  scheidet  sich  ein  Theil  des 
Harzes  ab ;  der  gelöste  Rest  desselben  wird  durch  Chlorcaleium  geil^llt. 
Der  Niederschlag,  ein  Gemenge  von  Harz,  kohlensaurem  Elalk  und  einer 
Verbindung  von  Harz  mit  Kalk,  wird  abfiltrirt  und  dient  zur  Darstel- 
lung; des  Harzes;  aus  dem  Filtrat  wird  durch  Salzsäure  ein  Gemenge 
von  Zimmtsäure  und  Benzoesäure  niedergeschlagen,  welche  aus  heissem 
Weingeist  gesondert  krystallisiren.  Das  Harz  des  Tolubalsams  enU 
spricht  der  Formel  C8eH2oO]o*  Zur  Reindarstellung  desselben  wird 
der  oben  erwähnte  Rückstand  mit  Salzsäure  behandelt,  das  abgeschie- 
dene Harz  zur  Entfernung  von  anhängendem  Oel  in  Alkohol  aufgelöst 
und  durch  Wasser  wieder  niedergeschlagen.  Nach  dem  Trocknen  stellt 
es  dann  ein  rosenrothes  Pulver  von  Vanillegeruch  dar.  Bei  100^  C. 
erweicht  es  noch  nicht.  Es  ist  sehr  hygroskopisch  und  verändert  seine 
Farbe  bei  Luftzutritt  leicht;  durch  ranchende  Salpetersäure  wird  es 
entsfindet. 

Wenn  man  den  bei  der .  Destillation  des  Tolubalsams  mit  Wasser 
bleibenden  harzigen  Rückstand  zuerst  an  der  Luft  erhitzt  bis  er  ruhig 
flie88t,nnd  dann  in  einer  geräumigen  Retorte  einer  starken  Hitze  aussetzt, 
so  geht  unter  regelmässigem  Kochen  eine  farblose  zähe,  in  der  Vorlage 
krystallisirende  Substanz  Über.  Die  Destillation  wird  nun  durch  star- 
kes Aufblähen  des  Retorteninhaltes  schwierig;  doch  geräth  derselbe 
bei  öfterem  Schütteln  der  Retorte  unter  gleichzeitiger  Erhöhung  der 
Temperatur  nochmals  in  ruhigen  Fluss.  Es  entwickelt  sich  viel  Gras, 
wenig  Wasser  und  zuletzt  geht  eine  farblose  dünnflüssige,  aber  schwere 
FIfissigkeit  über.  In  der  Retorte  bleibt  mit  unzersetztem  Harz  ge- 
mengte Kohle.  —  Die  Gase  sind  ein  Gemenge  von  Kohlenozyd  und 
Kohlensäure;  die  krystallinische  Substanz,  durch  Pressen  zwischen  Pa- 
pier von  anhängendem  Oel  befreit,  ist  nach  dem  Umkrystallisiren  ans 
Alkohol  fast  reine  Benzoesäure  mit  etwas  Zimmtsäure.  —  Der  flüssige 
Antheil  besteht  ans  Benzogn  (Toluol)  und  BenzoSsäure-Aethyläther. 

Das  BenzoSn  erhält  man  rein,  wenn  der  bei  der  Rectiflcation  des 
Bohproductes  unter  -j-  ISO^^C.  übergehende  Antheil  für  sich  aufgeian* 
gen  nnd  wiederholt  'mit  Kali  destillirt  wird,  wobei  man  nur  das  bis 
180^0.  U  ebergehende  aufsammelt  Nach  dem  Austrocknen  mit  Chlor- 
caleium zuletzt  für  sich  rectificirt,  hat  es  den  Siedepunkt  108<^  C« 
(e.  d.  Art.  Toluol). 

Der  Über  ISO^'  C.  siedende  Rückstand  des  Rohproductes  wird 
anhaltend  auf  200^0.  erhitzt,  um  einen  Rückhalt  von  Tolen  zu  ent- 
fernen, sodann  wiederholt  destillirt,  indem  man  jedesmal  nur  die  ersten 
zwei  Drittel  des  Destillats  sammelt  und  zuletzt  mit  Bleioxyd  digerirt, 
nm  aufgelöste  Benzoesäure  wegzunehmen.  Das  vom  Bleioxyd  abge- 
gossene, für  sich  rectificirte  Oel,  siedet  bei  208o  bis  2090  c.  und  zeigt 

fltadwerlvlmeh  dtr  Cbcmie.  3tt  AnfL  Bd.  II»  40 


626  Balsam  de  Tolu. 

die   Zusammensetzang    und  Eigenschaften    des   BeszoSianre  •  Aethjl- 
äthers  (C4  H5  O .  Ci4  H5  O,). 

Nach  £.  Kopp  ^)  enthält  der  Tolubalsam  weder  Cinnammn  nodi 
Benzoesäure)  soüdern  nur  die  folgenden  Substanzen :  1)  Tolen,  für  wel- 
ches er  die  Formel  CjoHg  vorzieht;  2)  Zimmtsäure;  3)  ein  in  Wein- 
geist leicht  lösliches  Alphaharz  ==  CjeHisOg;  4)  ein  in  Weingeist 
schwer  lösliches  Betaharz  CaeHjoOio. 

Das  Alphaharz  ist  braun,  durohscheinend,  glänzend,  in  der  Kalte 
zerreiblich;  das  Pulver  backt  schon  bei  -f^  15^0.  zusammen  und 
schmilzt  bei  60^0.  Es  löst  sich  leicht  in  Alkohol,  Aether  und  Kali- 
lauge. Concentrirte  Schwefelsäure  färbt  es  purpurroth.  In  Kalilauge 
gelöst  und  der  Luft  ausgesetzt,  oxydirt  es  sich  leicht  und  verwandelt 
sich  in  Betaharz.  Bei  der  trockenen  Destillation  liefert  es  Tolaol  und 
Benzoesäure. 

Das  Betaharz  ist  bräunlich,  glanzlos,  ohne  Geruch  und  Geschmack 
und  schmilzt  erst  über  100^  C.  In  Alkohol  und  Aether  ist  es  schwer* 
löslich;  in  Kalilauge  löst  es  sich  mit  brauner  Farbe,  durch  Schwefel- 
säure wird  es  violett  gefärbt.    Es  ist  beständiger  als  das  Alphaharz. 

Das  Gemenge  beider  Harze  liefert  bei  der  Behandlung  mit  Sal- 
petersäure an  flüchtigen  und  gasförmigen  Producten  Kohlensäure,  sal- 
petrige Säure,  Stickozyd,  Bittermandelöl,  Blausäure  und  etwas  Benzol 
säure.  Im  Rückstande  bleibt  eine  fi^elbe  Masse,  bestehend  aas  Benzoe- 
säure und  einem  gelben  harzigen  Farbstoff,  der  die  erstere  am  K17- 
stallisiren  hindert  und  von  dem  sie  nur  durch  Sublimation  getrennt 
werden  kann.  Das  Harz  lieferte  auf  diese  Weise  ungefähr  ein  Drittel 
seines  Gewichts  an  reiner  Benzoesäure. 

Nach  Scharling's  ')  neuerer  Untersuchung  enthält  der  Tola- 
balsara  allerdings,  wie  Deville  gefunden  hatte,  sowohl  BenzoSsaore 
als  Zimmtsäure,  die  durch  kohlensaures  Natron  ausgezogen  werden  kön- 
nen; femer  Tolen  und  ein  oder  mehrere  Harze.  Cinnametn  Hess  sich 
dagegen  nicht  nachweisen. 

Werden,  nach  Scharling,  die  Harze  des  Tolubalsams  mit  der 
Hälfte  ihres  Gewichts  gestossenen  Bimssteins  gemengt  und  in  der  Re- 
torte noch  mit  einer  Lage  von  Bimsstein  überdeckt,  so  geht  die  trockene 
Destillation  ruhig  und  ohne  alles  Aufblähen  von  Statten.  16  Theile 
Harz  gaben  so,  zuletzt  bis  zum  Rothglühen  erhitzt,  2  Thle.  einer  wässeri- 
gen Flüssigkeit  und  5  Thle.  eines  öligen  Liquidums,  das  schwerer  war 
als  Wasser  und  bei  der  fractionnirten  Destillation  in  Toluol,  Phenol  und 
einen  über  198^0.  siedenden  Antheil  zerfiel.  Letzterer  konnte  nicht 
von  constantem  Siedepunkt  erhalten  werden,  und  gab  bei  der  Analyse 
Zahlen,  welche  zwischen  denen  des  Benzoesäure- Aethyläthers  und  des 
BenzoSsäure  •  Methyläthers  in  der  Mitte  liegen';  allein  bei  der  Zer- 
setzung durch  Kalilauge  wurde  daraus  nicht  Alkohol,  sondern  Holi- 
geist  erhalten.  Demnach  liefert  die  trockene  Destillation  der  Harce 
Toluol,  Phenol  und  Benzogsäure -Methylüther  (G^  Hs  O .  Cu  Ba  Os> 

Ueber  die  Bildungsweise  des  Tolubalsams  fehlt  es  an  einer  siehe- 


^)  Anoal.  de  chim.  et  de  phys.  [8.]  T.  XX,  p.  879 ;  Annal.  d.  Chem.  u.  Phtfffl* 
Bd.LXIY,  S.  372;  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XLI,  S.  826;  Pharm.  Centralbl.  1S47, 
S.  433;  Jahresber.  von  Lieb  ig  u.  Kopp  1847  a.  1848,  S.  786. 

*)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XCVII,  S.  68;  Joürn.  f.  prakt  Chem.  Bd. 
LXVn,  S.  420;  Annal.  de  chim.  H  de  phys.  [8.]  T.  XLYII,  p.  885;  Jahresber.  ▼• 
^iebig  n.  K.opp  1866,  S.  627. 


Balsam,  peruvianischer.  627 

ren  Vorstellang.  Deville  betrachtet  als  primitive  Bestandtheile  des 
Babamd  Tolen,  Cinnamein  and  vielleicht  einen  mit  dem  Benzoylwasner- 
stoff  isomeren  Körper ;  er  hält  ferner  für  wahrscheinlich,  dasa  der  bei  der 
trockenen  Destillation  der  Harze  von  ihm  erhaltene  Benzoesäure-Aethyl- 
äther,  Cisffio04,  schon  in  der  Pflanze  gebildet  wird  nnd  durch  Sauer-* 
stoffanfnahme  in  das  Harz  CigHioOs  übergeht 

Kopp  hält  das  Alphaharz  CseMisOg  oder  die  Substanz,  woraus 
sich  dieses  bildet,  für  ursprünglich  vorhanden.  Durch  Oxydation  würde 
das  Alphaharz  Zimmtaäure,  Betaharz  und  Wasser  liefern : 

C36«i»08  H-  20  =  C18H8O4  +  CjsHioOft  +  HO. 
Aus  dem  Betaharz  könnte  sich  Benzoesäure  bilden : 

CigWioOs  ==  C14H6O4  +  2H0  +  C4H2. 

Der  abgeschiedene  Kohlenwasserstoff  würde  vielleicht  zur  Bildung  des 
Tolens  Anlass  geben  (Kopp). 

Scharling  nimmt  dagegen  an,  dass  alle  andere  Bestandtheile  des 
Balsams  sich  aus  dem  Tolen  bilden,  da  sich  dies  an  d^er  Luft  leicht 
▼erharzt  und  eine  saure  Reaction  annimmt.  Für  diese  Ansicht  fehlt  es 
insofern  noch  an  einem  vollgültigen  Beweise,  als  das  von  Scharling 
ans  dem  Tolen  erhaltene  Harz  in  Zusammensetzung  und  Eigenschaften 
von  den  Harzen  des  Tolubalsams  verschieden  und  die  Natur  der  gleich- 
zeitig gebildeten  Säure  nicht  ermittelt  ist. 

Der  Tolnbalsam  dient  als  innerliches  Arzneimittel  (früher  zu  Brust- 
täfelchen, zu  der  Tinctura  nnd  dem  Syrupua  baUami  de  Tolu  u.  s.  w.) 
und  zu  Parfümerien.  Er  soll  mit  flüssigem  Storax,  mit  Liquidambor 
and  mit  canadischem  Terpentin  verfälscht  werden,  zuweilen  auch  schon 
dnrch  Wasser  extrahirt  vorkommen.  Der  reine  Balsam  ist  durch  seine 
Durchsichtigkeit  im  frischen  Zustande,  durch  den  Geruch  und  die  Ab- 
wesenheit von  Wasser ,  durch  seine  vollkommene  Löslichkeit  in  Kali- 
lange von  1,17  und  in  Alkohol,  so  wie  durch  sein  Verhalten  zu  Schwe- 
felsäure, hinreichend  charakterisirt  (^pO  E' 

Balsam,  peruvianischer;  baUamum  peruvianum^  haU.  indi" 
cunu  Im  Handel  kommen  unter  diesem  Namen  mehrere  Balsame  vor, 
die  lange  Zeit  irrthümlich  dem  Myroxylum  penä/erum^  L.,  zugeschrie- 
ben worden  sind,  nach  Warsciewicz  und  Ure  Skinner's  Angaben  ^) 
aber  von  einigen  nur  an  der  Balsamküste  bei  der  Stadt  San  Sonate 
ira  centralamerikanischen  Freistaat  San  Salvador  und  nicht  in  Peru 
vorkommenden  Myroxylum  -  Arten,  besonders  M.  Perdrae  Moyle^  viel- 
leicht auch  3f.  punctatum  und  myrtifoUum  abstammen.  Man  unterscheidet 
1.  weissen  peruvianischen  Balsam.  Weisser  Balsam  von 
San  Sonate  oder  San  Salvador.  Er  wird,  nach  Pereira,  aus  den  Früch- 
ten der  genannten  Bäume  auf  die  Weise  gewonnen,  dass  man  dieselben 
von  den  Flügeln  und  dem  äusseren  und  mittleren  Theile  der  Frucht- 
hülle befreit  und  den  innersten  Theil,  der  zwei  mit  flüssigem  Balsam 
gefüllte  Schläuche  fuhrt,  zusammen  mit  dem  öligen  Samen  anspresst. 
Der  so  erhaltene  Balsam  ist  blassgelb,  dicklich,  trübe  und  kömig  und 
besitzt  einen  angenehmen  Melilotgeruch.  In  der  Ruhe  scheidet  sich  dar- 
aus eine  feste  kry»tailinische  Schicht  ab.  In  Alkohol  und  Aether  löst 
er  sich  in  der  Kälte  nur  unvollständig,  in  der  Wärme  zum  grössten 
Theil;  die  alkoholische  Lösung  setzt  in  der  Ruhe  Krystalle  eines  in- 

^)  Pharm.  Journ.  and  Traniactions  Vol.  X,  p.  280  and  280 ;  Phann.  Centralbl. 
1S51,  S.  2S2  n.  238. 

40* 


628  Balsam,  peruvianischer. 

di£Perenten  Körpers  ab,  der  von  Stenhouae  unterrachi  und  Myroxo- 
carpin  genannt  worden  ist  (s.d. Art).  Die  krystalliniache  Ablagerasg 
im  Balsam  scheint  aus  demselben  Körper  zu  bestehen.  Der  aihcrisdie 
Aaszag  des  Balsams  hinterlässt  beim  Verdunsten  ein  Gemenge  Ton 
Harz  und  fettem  Oel.  —  Mit  Wasser  destillirt  liefert  dieser  Balsam 
Sparen  fluchtigen  Oels  und  einer  flüchtigen  Säure  (Scharling).  ~ 
Nach  Cruibourt  kommt  noch  ein  anderer  weisser  Pembalsam  Yor,  der 
mit  Liquidambor  identisch  ist. 

2.  Trockener  peruvianischer  Balsam,  Bahamum  penariaHim 
»iccum^  Opobalsamum  sicoum^  soll  aus  dem  Vorhergehenden  durch  Erhir- 
ten  an  der  Luft  entstehen.  Nach  Weddel  fliesst  er  aus  dem  Stamme 
einer  Myroxylum-Art  freiwillig  aus.  Er  ist  röthlichgelb ,  durchschei- 
nend, hart,  besitzt  einen  aromatischen  Geruch  und  der  Vanille  ähnlichea 
Geschmack,  schmilzt  beim  Erhitzen  und  verbrennt  mit  rossender  Flamme. 
Trommsdorf^}  fand  in  demselben  in  100  Thln.: 

Benzoesäure  (wahrscheinlich  Zimmtsänre)  12,0, 

ätherisches  Oel 0,2, 

trockenes  Harz 88,0. 

3.  Schwarzer  Pernbalsam,  schwarzer  Balsam  von  San 
Salvador  oder  San  Sonate,  BaU.  penmianitm  8eu  indieum  nigrum^  Baum 
du  Pirou  noir.  Der  gewöhnliche  Perubalsam  ist  seit  1580  in  Europa 
durch  Monardes  bekannt.  Man  glaubte  früher,  dass,  während  der 
weisse  Balsam  freiwillig  ausfliesse,  der  schwarze  durch  Auskochen  er- 
halten werde.  Nach  neueren  Angaben  wird  er  aus  den  genannten 
Myroxylum- Arten  erhalten,  indem  man  die  Rinde  der  Bäume  stelle&- 
weise  so  ablöst,  dass  sie  oben  mit  dem  Stamme  verbunden  bleibt,  dann 
zwischen^  Rinde  und  Holz  wollene  Tucher  schiebt  und  den  Baum  durch 
umgelegtes  Feuer  erwärmt.  Nach  mehreren  Tagen  werden  die  mit 
Balsam  imprägnirten  Tücher  ausgepresst,  mit  Wasser  ausgekocht  und 
der  Balsam  noch  durch  mehrstündiges  Kochen  unter  Wasser  von  einem 
fest  gebundenen  Wassergehalte  befreit  Derselbe  wird  dann  vom  Wasser 
geschieden,  durch  Coliren  von  zufUlligen  Unreinigkeiten  befreit  und 
über  Peru,  woher  der  Name,  in  den  Handel  gebracht.  Sali 6  und 
Berluz  sprachen  die  Ansicht  aus,  dass  er  von  einer  Liane  stamme, 
welche  sich  nur  in  einem  beschränkten  Bezirk  von  Guatimala  finde. 
Die  den  Kern  der  Frucht  dieses  Baumes  umgebende  Hülle  enthält  zw« 
Schläuche,  in  deren  jedem  sich  etwa  40  bis  50  Centigramm  Balsam  fer- 
tig gebildet  vorfinde.  Peruanischer  Balsam  heisst  er,  nach  ihnen,  blou 
deshalb ,  weil  er  von  Peru  aus  in  den  Handel  kommt  Frisch  soll  er 
sehr  dünnflüssig  und  dunkelbraun  sein. 

Guibourt  stellt  obige  Angaben  in  Abrede.  Nach  den  ihm  zuge- 
kommenen Nachrichten  wird  der  Perubalsam  auf  der  Küste  von  San 
Sonate  durch  Einschnitte  in  den  Stamm  einer  Mjrospermum-Art  ge- 
wonnen. Die  Früchte  dieses  Baums  enthielten  zwar  auch  im  Mesocar- 
pium  ein  wenig  gelblichen  Balsam ,  doch  würde  die  Quantität  dessel- 
ben für  den  Handel  längst  nicht  ausreichen.  Der  Balsam  ist  dick- 
flüssig, nicht  klebrig,  dunkelbraun,  in  Masse  undurchsichtig,  in  dSn- 
nen  Lagen  mit  braunrother  Farbe  durchsichtig  und  vollkommen  klar. 
Sein  specif.  Gewicht  beträgt  1,15.  An  der  Luft  verdickt  er  sich  all- 
mälig,  ohne  fest  zu  werden.    Sein  Geruch  ist  angenehm,  der  Vanille 


^)  Trommsdorfi  neties  Journal  Bd.  Ü,  S.  80. 


Balsam,  peruvianischer.  629 

ibnliclL,  sein  Geschmack  bitter  und  anhaltend  kratzend;  er  zeigt  eine 
aaore  Beaction,  1000  Thle.  Balsam  sättigen  ungefähr  75  Thle.  krystal- 
fiairtes  kohlensanres  Natron.  Erhitzt  lässt  er  sich  entzünden  and  brennt 
mit  mssender  Flamme.  Mit  Wasser  destillirt,  giebt  er  kein  flüchtiges 
Oel;.  im  Destillate  findet  sich  Zimmtsänre,  die  im  Balsam  im  freien 
Zustande  enthalten  ist  und  demselben  durch  wfederholtes  Behandeln 
mit  Wasser,  das  ihn  nicht  weiter  verändert,  oder  durch  kohlensaures 
Natron  entzogen  werden  kann.  —  Mit  absolutem  Weingeist  mischt  er 
sieh  in  jedem  Verhältniss,  doch  ist  die  Lösung  nicht  vollkommen  klar 
und  scheidet  in  der  Ruhe  eine  flockige  Substanz  ab.  Schwächerer 
Weingeist  löst  ihn  schwieriger  und  hinterlässt  einen  Rückstand  von 
Harz.  Auch  in  Aether  und  in  seinem  mehrfachen  Gewichte  fetter  und 
flüchtiger  Oele  löst  er  sich  nur  unvollständig.  Mit  y«  seines  Gewichtes 
fetter  Gele,  sowie  mit  .^4  Copaivabalsam  lässt  er  sich  ohne  Trübung 
miscben;  bei  einem  etwas  stärkeren  Zusatz  derselben  bilden  sich  jedoch 
wieder  zwei  Schichten.  —  Schwefelsäure  verwandelt  ihn  unter  Ent- 
wickelang von  schwefliger  Säure  in  eine  dicke  rothe  Masse;  Salpeter- 
säure wirkt  nur  in  der  Wärme  auf  ihn  ein ,  wobei  salpetrige  Dämpfe 
und  Blausäure  auftreten;  nach  dem  Verdampfen  der  Mischung  bleibt 
eine  branngelbe,  bittere,  in  Wasser  lösliche  Substanz.  —  Werden  zwei 
Yolunie  Balsam  mit  drei  Volumen  einer  Kalilauge  von  1,3  specif.  Ge- 
wicht gelinde  erwärmt,  so  bilden  sich  zwei  flüssige  Schichten :  eine  obere 
von  bräunlich  gefärbtem  Oel  (Perubalsamöl)'  und  eine  untere  dunkele 
wftsserige,  in  welcher  Zimmtsäure,  Harze  und  färbende  Materien  an  Kali 
gebunden  gelöst  sind.  4  Thle.  Balsam  geben  mit  1  Thle.  Ealihydrat, 
in  1  Thl.  Wasser  gelöst,  eine  seifenartige  Mischung  (Lichtenberg, 
Stoltze).  Der  trockenen  Destillation  unterworfen,  beginnt  er  bei 
287<^  G.  zu  sieden  und  liefert,  unter  fortwährendem  Steigen  der  Tem- 
peratur, ein  durch  Zersetzungsproducte  gefärbtes  Oel;  in  der  Re- 
torte bleibt  zuletzt  eine  poröse  Kohle. 

Der  Perubalsam  ist  wiederholt  untersucht  worden.  Stoltze  i) 
fand  als  wesentliche  Bestandtheile  desselben  Perubalsamöl,  zwei  ver- 
schiedene Harze  und  Benzoesäure,  woför  er  die  zur  Zeit  seiner  Ünter- 
saehung  (1824)  noch  unbekannte  Zimmtsäure  hielt.  Nach  ihm  enthal- 
ten 100  Thle.  des  Balsams: 

Perubalsamöl 69,0, 

Benzoesäure  (Zimmtsäure)   .    .    .  6,4, 

in  Alkohol  leicht  lösliches  Harz  .  20,7, 

in  Alkohol  schwer  lösliches  Harz  2,4, 

ExtractivstoflP 0,6, 

Feuchtigkeit 0,9. 

Zur  Darstellung  der  Harze  behandelt  man,  nach  Stoltze,  den 
Balsam  mit  6  Thln.  75proöentigen  Weingeistes,  der  das  schwerlös- 
liche Harz  zurücklässt.  Die  weingeistige  Lösung  wird  verdunstet  und 
der  Rückstand  mit  12  Thln.  Olivenöl  gemischt,  worin  sich  das  Pem- 
baLsaiDi^l  und  ein  Theil  der  (Zimmt-)  Säure  lösen;  das  ausgeschiedene 
Harz  wird  nochmals  mit  Olivenöl  behandelt,  sodann  in  'tFOprocentigem 
Weingeist  gelöst,  in  der  Lösung  noch  enthaltene  (Zimmt-)  Säure  durch 
kohlensaures  Kali  neutralisirt  und  der  Alkohol  zuletzt  unter  Zusatz 


^)  B«rUner  Jahrb.  f.  Pharm.  Bd.  XXV,  S.  24;  Brandes*  Archiv  Bd.yni,  S,  91. 


630  BaLsatDy  penivianischer. 

von  Wasaer  verdunstet.    Das  abgeschiedene  Harz  wird  gewaschen  und 

dann  durch  gelindes  Schmelzen  wasserleer  erhalten. 

Das  leichtlösliche  Harz  ist  fest,  dunkelbraun,  geruchlos  und  erst 
über  lOQO  C.  schmelzbar;  in  Wasser,  Aether  und  fetten  Oelen  un- 
löslich, leicht  löslich  in  absolutem  und  wässerigem  Alkohol,  sowie  in 
kaustischen  Alkalien. 

Das  schwerlösliche  Harz  ist  schwarzbraun,  zerreiblich ;  es  schmilzt 
in  gelinder  Wärme  unter  Verbreitung  eines  Benzoegeruchs ;  in  Aether, 
gewöhnlichem  Alkohol  und  fetten  Oelen  ist  es  unlöslich ;  in  kochendem 
absoluten  Alkohol  löst  es  sich,  scheidet  sich  aber  beim  Erkalten  cum 
Theil  wieder  ab.  Auch  in  kaustischen  Alkalien  löst  es  sich  nur  in  der 
Wärme. 

W.  Richter  ^),  der  den  Perubalsam  ebenfalls  unter.'^uchte,  erkannte 
in  dem  durch  Kali  abgeschiedenen  Oele  einen  leicht  erstarrenden,  in 
75procentigem  Alkohol  schwer  löslichen  Antheil,  den  er  Mjrozylin,  und 
einen  flüssigen,  in  schwachen  Weingeist  leicht  löslichen,  den  er  Mjrrios- 
permin  nannte  (s.  d.  Art.).  In  der  von  dem  Oele  getrennten  alkali- 
schen Flüssigkeit  sollen,  nach  ihm,  sieben  weitere  Körper  enthalten  «ein, 
nämlich:  Benzoesäure,  Myroxyl insäur e,  MyrioFperminsäure,  «Harzsaure, 
I, Harzsäure,  ein  krystallinisches  Myroxoin  und  ein  öliges  Perubalsam- 
aromin.  —  Die  folgenden  gründlicheren  Untersuchungen  haben  diese 
Angaben  jedoch  nicht  bestätigt 

Fremy^)  fand  in  dem  Perubal^am  folgende  Substanzen  in  wech- 
selndem Verhäituiss:  Perubalsamöl,  das  er  Cinnamein  nennt,  einen 
krystallisirbaren  Stoff  (Metacinnamein) ,  Zimmt«äure  und  Harz.  Löst 
man,  nach  Fremy,  den  BaUam  in  Alkohol  und  setzt  eine  weingeijtige 
Kalilösung  zu,  so  schlägt  sich  eine  Verbindung  von  Harz  mit  Kali 
nieder  und  das  Cinnamein  oder  Perubalsamöl  bleibt  in  Auflösung.  Dnrch 
Vermischen  der  Flüssigkeit  mit  Wasser  scheidet  das  letztere  sich  ab; 
die  vorhandene  Zimmtsäure  aber  bleibt  in  der  wässerig  -  weingeistigen 
Flüssigkeit  an  Kali  gebunden.  Man  reinigt  das  Oel  von  beigemengtem 
Harz  durch  Auflösen  in  Steinöl  und  Verdampfen  des  letzteren;  durch 
starke  Abkühlung  und  Wiederauflösen  in  schwachem  Alkohol  wird  da« 
krystallinische  Metacinnamei'n,  welches  sich  aber  nicht  in  jedem  Balsam 
findet,  abgeschieden  (s.  Cinnamein). 

Die  in  dem  Balsam  enthaltenen  Harze  sind  von  Fr^mj  nicht 
näher  beschrieben  worden.  Eines  derselben  fand  er  in  seiner  Zusam- 
mensetzung übereinstimmend  mit  dem  aus  Cinnamein  dnrch  die  Elin- 
wirkung  der  Schwefelsäure  gebildeten ;  ein  anderes  war  davon  nur  durch 
einen  Mindergehalt  in  den  Elementen  des  Wassers  verschieden. 

Auf  diese  ThatsacheU  gestützt,  hat  Fr^my  die  Ansicht  ausge- 
sprochen, dass  Cinnamein  und  Metacinnamein  als  die  ursprünglichen 
Bestandtheile  des  Perubalsams  zu  betrachten  sind;  die  Zimmtsäure  ist 
das  Oxydationsproduct  des  Metacinname'imi ,  die  Harze  sind  Hydrate 
des  Cinnameins;  es  folgt  hieraus,  dass  die  Zusammensetzung  des  Bal- 
sams sich  mit  seinem  Alter  ändern  muss,  und  es  erklärt  sich  nicht  nur, 
wie  in  dem  durch  Kochen  mit  Wasser  gewonnenen  Balsam  überhaupt 
Zimmtsäure  enthalten  sein  kann,  sondern  auch,  dass  dieselbe  in  altera 


*)  Jonrn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XTIT,  S.  167. 

')  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [2.]  T.  LXX,  p.  180;  Annal.  d.  Chem.  iLPhArm. 
Bd.  XXX,  S.  824;  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XVIII,  S.  280. 


Balsam,  peruvianischer.  681 

Balsam  reichlich  genug  vorhanden  ist,  tun  sich  daraus  krystallinisch 
abzuscheiden. 

Plantamoar^)  zerlegte  den  Pembalsam  dnrch  eine  wässerige 
Elalilange  und  fand,  wie  Fr^my,  Zimmtsänre  und  Cinnamein,  welches 
letztere  er  dnrch  Schütteln  mit  Wasser  und  wiederholtes  Auflösen  in  Al- 
kohol und  Verdunsten  der  Lösung  von  beigemengtem  Harz  reinigte ;  allein 
es  gelang  nicht  durch  Abkühlung  festes  Metacinnamem  daraus  zu  erhal- 
ten. —  Mit  alkoholischer  Kalilösnng  bildet  es  eine  gelbe,  weiche,  wohl- 
riechende Seife,  bei  deren  Auflösung  in  Wasser  sich  eine  Oelschicht 
abschied.  Beim  Deütilliren  der  Mischung  ging  zuerst  ein  schweres,  kla- 
res, aromatisches  Oel  Über;  wurde  die  Destillation  unter  Zusatz  von 
Wasser  fortgesetzt,  so  kam  später  eine  leichte  Flüssigkeit  von  weniger 
aromatischem  Geruch. 

Die  schwere  Flüssigkeit  hatte  nach  der  Rectification  über  Chlor- 
calcinm  die  Zusammensetzung  des  Zimmtsäure-Aethyläthers,  C2>ifii3  04, 
und  wurde  von  Plantamour  dafür  gehalten,  obschon  der  beobach- 
tete Siedepunkt  205<>C.  nicht  mit  dem  des  wirklichen  übereinstimmt. 
Uebrigens  Hess  Plantamour  unentschieden,  ob  diese  Verbindung  im 
Balsame  präexistire  oder  aus  der  Zimmtsänre  und  dem  angewandten 
Alkohol  unter  so  ungewöhnlichen  Umständen  neugebildet  sei. 

Das  leichte  Liquidum  entsprach  dem  Peruvin,  welches  Fr6my 
durch  Zersetzung  von  Cinnamem  erhalten  hatte.  —  Der  trockene  Rück-^ 
stand  in  der  Retorte  gab,  in  Wasser  gelöst  und  mit  Salzsäure  ver- 
setzt, zuerst  einen  Niederschlag  von  Zimmtsäure;  durch  Abdampfen 
der  Mutterlauge  schieden  sich  später  blumenkohlähnliche  Krystalle  einer 
anderen  Säure  ab,  durch  grössere  Löslichkeit,  sowie  durch  Schmelz- 
nnd  Siedepunkt  von  der  Zimmt-  und  der  BenzoSsäure  verschieden.  Ihre 
Zusammensetzung  entspricht  der  Formel  Ci5fie04;  Plantamour 
nannte  sie  Kohlenbenzogsäure  (s.  d.  Art.  Iste  Aufl.  BgL.IV,  S.  449). 

Nach  Kopp  ^  sind  Cinnamein  und  Metacinnamein  nichts  Anderes 
als  die  "flüssige  und  feste  Modification  des  Stjracins,  das  Peruvin  da- 
her mit  Stjron  identisch.  KohlenbenzoSsäure  konnte  er  nicht  auf- 
finden. 

Wieder  andere  Resultate  erhielt  Scharling').  Nach  ihm  hat  das 
aas  verschiedenen  Perubalsamsorten  dargestellte  Cinnajnein  nicht  die- 
selbe Zusammensetzung.  Er  stellte  es  auf  folgende  Weise  dar.  Der 
Balsam  wurde  zuerst  mit  kohlensaurem  Natron,  dann  wiederholt  mit 
Wasser  ausgekocht,  wornach  der  zimmtsäurefreie  Rückstand  sich  in 
ein  festes  Harz  und  ein  flüchtiges  Oel  schied.  Letzteres  lieferte,  in 
einem  Strom  bis  zu  170®  C.  erhitzten  Wasserdampfes  destillirt,  ein 
CiiHiamem  von  der  Zusammensetzung  C80H15O4,  das  in  der  Kälte  nur 
wenig  Metacinnamein  ausschied  und  bei  der  Destillation  mit  E[alilauge 
in  Zimmtsäure  und  ein  Peruvin  von  der  Zusammensetzung  Cu  H9  O2 
zerfiel.  —  Aus  einer  anderen  Sorte  von  Balsam  wurde  dagegen  nach 
demselben  Verfahren  ein  Cinnamein  erhalten,  das  leichter  Ejystalle  ab- 
schied, die  auch  Styracin  enthielten.  Dies  Cinnamein  hatte  die  Zusam- 
mensetzung C32  Hi4  O4 ;  mit  Kalilauge  destillirt,  lieferte  es  neben  einem 


>)  Annal.  d.  Chem.  u.  Phann.  Bd.  XXVII,  S.  829;  Bd.  XXX,  S.  841. 

*)  Compt.  rend.  par  Gerhardt  et  Laurent,  1860,  p.  1C2;  Annal.  d.  Chem. 
n.  Pharm.  Bd.  LXXVT,  S.  868.  —  »)  Annal.  d.  CJhem.  u.  Pharm.  Bd.  XCVII,  8. 
168;  Jonm.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  IJLVll,  S.  420;  Jahresber.  ▼.  Lieb  ig  a.  Kopp 
185G,  S.  629. 


632  Balsam,  peruvianischer. 

nicht  weiter  nntersuchten  krystaliinischen  neutralen  K&rper  ein  inWae- 
ser  leicht  lösliches  Penivin,  Ci4HgOa,  das  folglich  mit  dem  BensUalko- 
hol  identisch  oder  isomer  ist 

Sch'arlingi)  hn^t  femer  Versuche  angestellt,  um  die  Frage  zu 
entscheiden,  ob  der  Balsam  den  von  Plantamour  beschriebenen  Aether 
fertig  gebildet  oder  seinen  Bestandtheilen  nach  enthalte,  oder  ob  zur 
Bildang  desselben  die  Gegenwart  von  Alkohol  erforderlich  seL  —  Die 
Destillation  des  Balsams  mit  Wasser  lieferte,  auch  wenn  der  Siedepunkt 
durch  Zusatz  von  Kochsalz  oder  Ghlorzink  erhöht  wurde,  nur  Spureo 
flflchtiger  Producte.  Wurde  dagegen  1  Thl.  Balsam  mit  2  Thln. 
Kalilauge  von  1,3  specif.  Gewicht  nach  248tündiger  Digestion  deatÜlirt, 
so  gingen  mit  den  Wasserdämpfen  zwei  ölige  Körper  über,  die  durch 
iractionnirte  Destillation  getrennt  werden  konnten.  Der  specifisch  leich- 
tere schien  Penivin  zu  sein ;  der  specifisch  schwerere  hatte,  übereinstim- 
mend mit  Plantamour's  Angaben,  den  Geruch  des  Zimmtp&nre- 
Aethyläthers  und  den  Siedepunkt  205 o  C;  mit  gepulvertem  Kali- 
hydrat  und  Schwefelkohlenstoff  bildete  er  eine  Salzmasse,  deren  Losung 
mit  Blei»  und  Kupfersalzen  die  Beactionen  der  Xanthogens&ure  zeigte. 
Da  andere  zusammengesetzte  Aether,  wie  Essigäther,  dieselbe  Beaetioa 
gaben,  so  hält  es  Scharling  für  bewiesen,  dass  diese  schwerere  Flfis- 
iigkeit  wirklich  Zimmtsäure  -  Aethylä^her  ist,  der  demnach  erst  durch 
•  die  Einwirkung  der  wässerigen  Kalilauge  aus  einem  der  Bestandtheile 
des  Balsams  gebildet  wurde.  Da  aber  der  wirkliche  Zimmtsänre&ther 
den  Siedepunkt  266^0.  hat,  so  ist  die  wahre  Natur  des  aus  dem  Peru- 
baisam  erhaltenen  Körpers  noch  ebenso  dunkel,  als  seine  Entstehongs- 
weise  in  Plantamour's  und  Scharling's  Versuchen. 

Unterwirft  man  das  Perubalsamharz,  mit  Bimsstein  gemengt^  der 
trockenen  Destillation,  so  erhält  man,  nach  Scharling,  BenzoSs&nre, 
ein  wässeriges  und  ein  öliges  Destillat.  Wird  letzteres  für  sich  de- 
ftillirt,  so  geht  bis  175^  G.  ein  specifisch  leichtes  Gel  über;  spater 
kommt  eine  schwere  Flüssigkeit,  die  im  Wasser  zu  Boden  sinkt.  Aas 
dem  leichten  Gele  erhält  man  durch  wiederholtes  Rectificiren  mit  Kali- 
lauge und  zuletzt  über  Kalihydrat  reines  Cinnamol,  Ci«  Hg.  Der  speci- 
fisch schwere  Antheil  besteht,  nach  Scharling's  Vermuthang,  ans 
BenzoSeäure- Methyläther  und  Phenol.  Mit  Kalilauge  destillirt  Uefeit 
er  Holzgeist. 

Von  den  angefiihrten  drei  Arten  peruvianischen  Balsams  findet 
nur  der  zuletzt  beschriebene  schwarze  in  der  Heilkunde  als  innerliches 
und  änsserliches  Arzneimittel,  femer  in  Chocoladefabriken  als  Surro- 
gat für  Vanille  und  in  der  Parfämerie  Anwendung.  —  Bei  dem  inner- 
lichen Gebrauche  des  Balsams  tritt  im  Harn  Hippursäure  auf  nebet 
einem  anderen  Stoff,  der  dem  Harn  die  Eigenschaft  ertheilt,  mit  Salz- 
säure erhitzt  eine  blutrothe  Färbung  anzunehmen  (Wo  hl  er  und  Fre- 
richs). 

Zuweilen  kommt  der  Perubalsam  verfälscht  vor.  Man  erkennt 
1.  bttgemengte  fette  Gele  an  der  Unlöslichkeit  derselben  in  starkem 
Alkohol;  2.  Alkohol  und  flüchtige  Gele  an  dem  erniedrigten  Siede- 
punkt; auch  gehen  alle  flüchtigen  Stoffe  bei  der  Destillation  mit  Wasser 


*)  Oyersight  af  kongl.  danski  VidenskAbernes  Forhandlingar  1849,  p.  9;  Aonal. 
d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXXIY,  S.280;  Pharm.  Centralbl.  1860,  S.  791;  Jahresber. 
▼.  Liebig  o.  Kopps  1849,  S.  449. 


Balsame,  künstliche.  —  Balsame,  natürliche.      633 

in  das  Destillat  über;  3.  Copaivababam  und  Terpentin  am  Gerach 
beim  Erhitxen ;  sie  liefern  ferner  bei  der  Destülation  mit  Wasser  eben- 
falls flüchtiges  Oel;  4.  Zackersyrap  und  alle  in  Wasser  lösliche  Sub- 
stanzen daran,  dass  das  Volumen  eines  so  verfälschten  Balsams  sich 
beim  Schütteln  mit  Wasser  vermindert,  was  bei  reinem  Balsam  nicht 
merklich  stattfindet  —  Zuckersyrap  macht  überdies  den  Balsam  trübe. 

(Wp.)  E. 
Balsame,  künstliche,  verdanken  ihre  Benennung  einer  ge- 
wissen, häufig  sehr  geringen  Analogie  mit  natürlichen  Balsamen  in 
Bezug  auf  Consistenz,  Geruch  und  ähnliche  Eigenschaften  oder  auf  ihre 
wirklichen  und  vermeinten  Heilkräfte.  Es  gehören  hierher  zahlreiche, 
meist  zum  äusserlichen  Gebrauch  bestimmte  Arzneimittel,  denen  kein 
anderer  gemeinschaftlicher  Charakter  zukommt.  So  ist  Balaamwn  Opo- 
deldoe  eine  weingeistige,  freies  Ammoniak  enthaltende  Seifenlösung, 
Balsamum  Arcaei  eine  Elemiharz  enthaltende  Salbe,  BaUamum  vüae 
Hoßnanni  eine  alkoholische  Lösung  ätherischer  Oele,  Bala.  sulphuris 
schwefelhaltiges  Oel  u.  s.  w.  E. 

Balsame,  natürliche.  Die  Benennung  Balsam,  womit  man 
ursprünglich  das  aromatif^che  ölig-harzige  Product  des  Balsamstranches 
(^BaUamodendron  gileadense),  den  Meccabalsam,  bezeichnete,  ist  später 
nach  Analogie  äusserer  Eigenschaften  oder  auch  der  Anwendung  auf 
eine  grosse  Zahl  von  festen  oder  flüssigen  Pflanzenproducten  der  ver- 
schiedensten Abstammung  und  Zusammensetzung  Übertragen  worden, 
die  nur  darin  übereinstimmen,  dass  sie  einen  aromatischen  Geruch  ha- 
ben, im  Pflanzenkörper  entstehen  und  aus  demselben  freiwillig  oder 
durch  Einschnitte  ausfliessen. 

Um  mit  dem  Namen  einen  Begriff  zu  verbinden,  haben  die  deut- 
schen Pharmacognosten  denselben  auf  die  natürlichen  dickflüssigen  Ge- 
mische von  Harzen  mit  flüchtigen  Oelen  beschränkt;  in  Frankreich 
versteht  man  darunter  sogar  nur  Harze  mit  einem  Gehalt  von  freier 
Zimmt-  oder  Benzoesänre,  ohne  Rücksicht  auf  Consistenz  oder  das  Vor- 
handensein von  flüchtigem  Oel.  —  Nach  der  ersten  umfassenderen  De- 
finition reihen  sich  die  bekannteren  Balsame  nach  Analogie  der  Be- 
Btandtheile  in  zwei  Gruppen,  von  denen  die  eine  die  zimmt-  oder  ben- 
zoSsäurehaltigen :  Tolu-  und  Perubalsam,  Liquidambor,  festen  und 
fifissigen  Storax;  die  zweite  die  ölig -harzigen:  Copaiva-  und  Mecca- 
balsam, den  Terpentin  von  Ohio  (Familie  der  Cassuvieen)  und  die  Ter- 
pentine  der  Coniferen  umfasst. 

Die  Glieder  der  ersten  Gruppe  sind,  mit  Ausnahme  des  Tolnbal- 
sams,  durch  den  Gehalt  an  neutralen,  den  Fetten  in  ihrer  Zusammen- 
aetzung  ähnlichen  Körpern  ausgezeichnet,  welche  als  die  in  der  Pflanze 
arsprünglieh  gebildete  Yerbindung  angesehen  werden  können,  woraus 
durch  Aufnahme  von  Sauerstoff  oder  der  Elemente  des  Wassers  die 
Übrigen  Bestandtheile  hervorgegangen  sind. 

Die  Glieder  der  zweiten  Gruppe,  wesentlich  nur  aus  flüchtigem 
Oel  nnd  Harz  bestehend,  zeigen  zum  Theil  hinsichtlich  der  Eigenschaf- 
ten ihrer  Bestandtheile  eine  grosse  Uebereinstimmung.  Die  Harze  der- 
selben lassen  sich  meistens  als  schon  im  Pflanzenorganismus  gebildete 
Ozjdationsproducte  oder  Hydrate  des  ätherischen  Oeles  betrachten. 

Als  Product  der  trockenen  Destillation  liefern  einige  Balsame  der 
ersten  Gruppe  benzoSsaures  oder  zimmtsaures  Aethyloxjd  oder  Methjl- 
oxyd,  und  nach  Scharling  können  diese  oder  vielleicht  andere  Aether, 


634  Balsamito.  —  Balsamum  copaivae. 

obschon  sie  nicht  in  den  Balsamen  präexistiren,  durch  Behandlung  mit 
wässerigen  alkalischen  Laugen  daraus  gebildet  werden.  Dieser  Gegen- 
stand bedarf  weiterer  Untersuchungen.  E. 

Balsamito  oder  Essentia  tinturado  del  Balsamo  Virgen^ 
eine  mit  Rum  bereitete  Tinctur  der  Früclito  des  Myroxylum  Pereirae 
Royle.  Sie  ist  hellgelb,  von  Coumaringeruch  und  bitterem  Geachmack, 
und  trübt  sich  beim  Vermischen  mit  Wasser  milchig.  In  Centralamerika 
steht  sie  als  eine  Art  von  Panacee  zam  äusserlichen  und  innerlichen 
Arzneigebrauch  in  grossem  Ansehen. 

Balsamum  copaivae,  Copaivabalsam,  Baume  (^OUore- 
sine)  de  Copahu^  Balsam  of  Copaiva^  Copaiba^  stammt  von  mehre- 
ren Copaifera- Arten  (Familie  der  Caesalpinieen),  insbesondere  von  C.  ft- 
juga  Willd.,  C.  muüijuga  Hayne,  C,  guianensis^  C,  Langadorfii  und 
C.  Jacquini  Des  f.,  die  in  Brasilien,  Peru,  Mexico  und  auf  den  Antillen 
einheimisch  sind.  Er  wird  in  diesen  Gegenden  auf  die  Weise  gewon- 
nen, dass  man  nach  der  Regenzeit  Einschnitte  oder  Bohrlöcher  in  die 
Bäume  macht,  aus  denen  er  dann  so  reichlich  ausfliesst,  dass  ein  ein- 
ziger Einschnitt  zuweilen  12  Pfunde  desselben  liefert. —  Der  so  erhal- 
tene Balsam,  eine  natürliche  Lösung  von  Harzen  in  ätherischem  Oele, 
kommt  sowohl  hinsichtlich  seiner  äusseren  Eigenschaften  als  hinsichtlich 
der  chemischen  Natur  seiner  Bestandtheile  von  sehr  verschiedener  Be- 
schaffenheit vor.  Im  Handel  unterscheidet  man  überdies,  nach  dem 
Ursprung,  mehrere  Sorten,  von  denen  der  brasilianische  Balsam, 
der  von  Para,  Maranhon  und  Rio  de  Janeiro  ausgeführt  wird,  die  be- 
kannteste und  geschätzteste  ist.  Dieser  ist  hellgelb,  gewöhnlich  voll- 
kommen klar,  von  Syrupsconsistenz  bis  dünnflüssig;  sein  speciflsches 
Gewicht  schwankt  innerhalb  ziemlich  weiter  Grenzen  (von  0,920  bis 
0,985).  Er  besitzt  einen  eigenthümlichen  aromatischen  Geroch  und 
einen  anhaltend  bittern  und  reizenden  Geschmack.  Längere  Zeit  der 
Luft  ausgesetzt  wird  er  dunkler,  terpentinartig  zähe,  schwerer  als  Was- 
ser und  zuletzt  fest,  wobei  sein  Geruch  verloren  geht.  —  An  der  Luft 
erhitzt  entzündet  er  sich  leicht  und  brennt  mit  leuchtender  und  stark 
russender  Flamme. 

Der  Balsam  von  den  Antillen  weicht  von  dem  vorhergehen- 
den durch  seine  zähe  Consistenz,  dunklere  Farbe,  unvollkommene  Durch- 
sichtigkeit und  unangenehmen  terpentinartigen  Geruch  ab;  der  Bal- 
sam von  Columbien  unterscheidet  sich,  nach  Guibourt,  durch  seine 
trübe  Beschaffenheit,  die  von  suspendirten  Harztheilchen  herrührt,  wel- 
che sich  in  der  Ruhe  als  krystallinische  Krusten  ablagern.  In  Bezug 
auf  die  chemische  Natur  der  Bestandtheile  des  Balsams  lassen  sich,  so 
weit  bis  jetzt  Untersuchungen  vorliegen,  die  besonders  mit  brasiliani- 
schem Balsam  ausgeführt  worden  sind,  zwei  Varietäten  unterscheiden. 

L  Copaivabalsam  mit  vorwiegendem  Gehalt  an  Harzsäoren, 
früher  der  allein  bekannte,  zeigt  folgendes  Verhalten.  In  Wasser  ist 
er  unlöslich,  theilt  ihm  aber  seinen  Geruch  und  Geschmack  mit.  In 
wasserfreiem  Alkohol ,  in  Aether ,  fetten  und  flüchtigen  Oelen  löst  er 
sich  in  jedem  Verhältniss ;  doch  ist  die  alkoholische  Lösung  zuweilen 
durch  ausgeschiedene  harzige  Flocken  getrübt.  90procentiger  Alkohol 
löst  ihn  in  grosser  Menge,  BOprocentiger  dagegen  nur  ^/xo  bis  Y»  sei- 
nes eigenen  Gewichtes.  Auch  mit  seinem  gleichen  Gewichte  fetter 
Oele  gemischt,  löst  er  sich  noch  in  zwei  Theilen  90procentigen  Alko- 


Balsamum  copaivae.  635 

hoU  auf,  das  fette  Oel  wird  erst  auf  Zusatz  von  grösseren  Mengen 
Alkohol  abgeschieden.  —  £r  absorbirt  Ghlorgas,  indem  er  sich  unter 
Bildung  von  Salzsäure  trübt.  Mit  concentrirter  Schwefelsäure  färbt  er 
sich  roth  und  nimmt  eine  zähe  Consistenz  an;  gleichzeitig  entwickelt 
sich  schweflige  Säure  und  ein  dem  Bernsteinöl  ähnlicher  Geruch.  Con- 
centrirte  Salpetersäure  wirkt  heftig,  verdünnte  weniger  auf  ihn  ein;  es 
bildet  sich  dabei  ein  gelbes  hartes  Harz,  das  sich  theil weise  in  der 
Säure  löst,  und  eine  gelbe,  bittere,  in  Alkohol  und  Wasser  lösliche  Sub- 
stanz. Mit  einigen  Procenten  seines  Gewichtes  concentrirter  Schwefel- 
säure oder  mit  unterchlorigsaurem  Kalk  destillirt,  soll  er,  nach  Lowe  ^), 
ein  schön  blau  geiarbtes  flüchtiges  Oel  liefern.  Dasselbe  soll  auch  mit 
zweifach-chromsaurem  Kali  erhalten  werden.  Ganz  besonders  ist  die- 
ser Balsam  durch  sein  Verhalten  zu  Basen  charakterisirt.  Drei  Theile 
desselben,  mit  einem  Theile  einer  Kalilauge,  die  Yg  Kalihydrat  enthält, 
gemischt,  geben  eine  klare  Flüssigkeit,  die  mit  Weingeist  oder  mit  we- 
nig Wasser  gemischt  werden  kann,  ohne  ihre  Durchsichtigkeit  zu  ver- 
lieren ;  mit  vielem  Wasser  trübt  sie  sich  dagegen  milchig.  Zusatz  von 
mehr  Kalilange  scheidet  aus  der  klaren  Verbindung  eine  an  die  Ober- 
fläche tretende  durchsichtige  Copaivaseife  ab,  welche  mit  vielem  Was- 
ser oder  auch  mit  wasserfreiem  Alkohol  nur  eine  trübe  Lösung  giebt, 
in  Aether  und  wasserhaltigem  Alkohol  aber  vollständig  löslich  ist.  — 
Wird  eine  alkoholische  Lösung  des  Balsams  mit  verdünnter  Kali-  oder 
Katronlauge  gemischt,  so  scheidet  sich  flüchtiges  Oel  an  der  Oberfläche 
ab,  während  die  gebildete  Verbindung  von  Harz  und  Alkali  in  dem 
wässerigen  Weingeist  gelöst  bleibt.  Dies  Verhalten  kann  zur  Darstel- 
lung des  flüchtigen  Oeles  benutzt  werden  (Ader). 

5  Thle.  Balsam  bilden  mit  2  Thln.  Ammoniakflüssigkeit  von 
0^921  specif.  Gewicht  ein  klares  Gemisch,  woraus  sich  bei  grösserem 
Ammoniakzusatz  eine  seifenartige  Verbindung  absondert.  —  Aus  einem 
wohl  durchgeschüttelten  Qemenge  von  9  Thln.  Balsam  und  2  Thln. 
Ammoniakflüssigkeit  scheidet  sich  in  der  Ruhe  bei  einer  Temperatur 
von  -{-  10^  C.  die  Harzsäure  des  Balsams  allmälig  krystallinisch  ab. 

Mit  Magnesia  verbindet  sich  der  Balsam  ebenfalls  leicht.  Vso  s®^' 
nes  Gewichtes  gebrannter  Magnesia  löst  er  vollständig  auf;  mit  Vis 
derselben  verdickt  er  sich  in  einigen  Tagen  zu  einem  consistenten 
Teige,  mit  ^/g  in  einigen  Stunden.  Aetzkalk  verhält  sich  ähnlich.  Auch 
kohlensaure  Magnesia  giebt  bei  mittleren  Temperaturen  (15^  G.) 
mit  4  Thln.  des  reinen  Balsams  eine  klare,  dickflüssige  Lösung 
(Blondeau). 

Mit  Wasser  destillirt,  giebt  der  Balsam  ein  flüchtiges  dünnflüssiges 
Oel,  das  den  eigenthümlichen  Geruch  desselben  in  hohem  Grade  be- 
sitzt; es  hat  die  Formel  CioHg  ^^^  bildet  mit  Salzsäure  eine  krystalli- 
nische  Verbindung  (s.  d.  Art.  Copaiva-Oel).  In  dem  Destillirgefässe 
bleibt  eine  brüchige  Harzmasse,  die  durch  Behandlung  mit  Petroleum 
in  einen  darin  löslichen  krystallisirbaren  Antheil  (Alphaharz  von  Ber- 
zeliafl)  und  einen  unlöslichen,  schmierigen  (Betaharz  von  Berzelius) 
serfallt.  Beide  Harze  sind  sowohl  in  Alkohol  als  in  Aether  löslich. 
Das  krystallisirbare  hat  die  Formel  C40  H30  O4  und  ist  wegen  seiner 
Eigenschaft,  Lackmus  zu  röthen  und  sich  mit  Basen  leicht  zu  verbinden, 


^)  Pharm.   Jonrn.  and  Transactions  Vol.  XTV,  p.  65;  Pharm.  Centralbl.  1854, 
S.  6&S. 


636  Balsamum  copaivae. 

mit  dem  Namen  CopalTasänre  belegt  worden«  —  Der 
Bodensatz,  der  sich  aus  trübem  Balsam  ablagert,  ist  nach  Fehling's 
Untersuchnng  ebenfalls  eine  Harzsäure  und  hat  die  Zusammensetzung 
C40  H38  Og.  Auf  dem  Gehalt  an  einem  dieser  Harze  beruht  das  Ver- 
halten, welches  der  Balsam  selbst  gegen  Basen  zeigt  —  Das  weiche 
Harz  entsteht  vielleicht  nur  durch  die  Oxydation  des  ätherischen  Oelea 
an  der  Luft  und  scheint  zu  Basen  sehr  schwache  Verwandtschaften  m 
besitzen,  da  es  sich  im  isolirten  Zustande  in  Kalilauge  nur  langsam  und 
in  Ammoniak  nur  in  der  Wärme  zu  einem  trüben  Liquidum  löst 
(Stoltze);  genauer  ist  dasselbe  übrigens  nicht  untersucht  (vergL  d. 
Art.  Gopaivaharze). 

Neben  diesen  vorwiegenden  und  wesentlichen  BestandtheUen  findet 
sich  zuweilen  ein  geringer  Wassergehalt  und,  nach  Durand,  kleine 
Mengen  eines  süsslichen  Stoffes,  Essigsäure  (vielleicht  auch  Bemateia- 
säure)  und  eines  fettigen  Körpers,  der  beim  Auflösen  in  Alkohol  von 
0,842  zurückbleibt,  femer  Spuren  von  Ghlorcalcium.  In  100  Thln. 
des  Balsams  fanden 

Stoltze 0  Guibours^)  Gerber*) 

Frischer  Balsam    Alter  Baham 
Aetherisches  Oel    .        38,0  45,0  41,0  31,07 

Alphaharz     .     .     .        52,75  53,9  51,38  53,68 

Betaharz  ....  1,66  1,1  2,18  11,15 

Wasser  und  Verlust         7,59  5,44  4,10 

IL  Gopaivabalsam,  der  nur  indifferente  Harze  enthält.  £r 
ist  erst  in  neuerer  Zeit  im  Handel  erschienen  und  hat  durch  seine  un- 
gewöhnliche Dünnflflssigkeit  den,  übrigens  nicht  begründeten,  Verdacht 
einer  Verfälschung  mit  fetten  Oelen  erregt.  In  Geruch  und  Gescbmaek 
stimmt  er  mit  dem  vorhergehenden  Überein,  gegen  Lösungsmittel  und 
Basen  zeigt  er  aber^  nach  Posselt 's  Untersuchung^),  ein  ganz  anderes 
Verhalten.  Mit  Alkohol  giebt  er  in  jedem  Verhältniss  eine  milchige 
Flüssigkeit.  Auch  Kalilauge  und  Ammoniak  geben  damit  nur  trabe, 
linimentartige  Mischungen,  aus  denen  der  Balsam  in  der  Buhe  wieder 
unverändert  abgeschieden  wird.  Mit  Magnesia  verdickt  er  sich  nicht.  — 
Das  flüchtige  Oel,  welches  er  bei  der  Destillation  mit  Wasser  liefert, 
ist  wie  das  oben  angeführte  zusammengesetzt,  von  diesem  aber  dorch 
seine  Dickflüssigkeit,  seine  Schwerlöslichkeit  in  absolutem  Alkohol  und 
besonders  dadurch  verschieden,  dass  es  mit  Salzsäure  keine  krystalli- 
nische  Verbindung  bildet.  Posselt  hat  es  Paracopaivaöl  genannt  (s. 
Copaivaöl).  Der  nach  dem  Abdestilllren  des  flüchtigen Oeles  zorQck- 
bleHiende,  in  der  Kälte  spröde  Harzkuchen  wird  durch  kalten  Alkohol  in 
einen  löslichen  Antheil,  der  sich  beim  Verdunsten  der  alkoholisch«Ei 
Lösung  in  allmälig  amorph  erstarrenden  Tropfen  ausscheidet  und  in 
ein,  nur  in  siedendem  Alkohol  und  in  Aether  lösliches  Harz  zerlegt, 
das  schwer  schmelzbar  ist  und  ebenfalls  nicht  krystallisirt  erhalten  wer- 
den kann«  Beide  Harze  zeigen  weder  in  ihren  Lösnngen  saure  Reaetion, 
noch  gehen  sie  mit  Basen  Verbindungren  ein  (B.d.  ArtCopaiTaharse). 
100  Thle.  des  von  Posselt  untersuchten  brasilianischen  Balsams  ent» 


*)  Berliner  Jahrb.  f.  Pharm.  Bd.  XXVII,  8. 179.  —  •)  Phwm.  Jonrn.  uid  Tnuu- 
actions  Vol.  X,  p.  172.  —  ')  Brandes*  Archiv  Bd.  TYTC^  S.  147;  Geiger*8  Ma- 
gazin f.  Pharm.  Bd.  XXX,  S.  809.  ~  '*)  Annal.  d.  Cham.  n.  Pharm.  Bd.  LXIX,  S.  67 ; 
Pharm.  Centralbl.  1849,  S.  281;  Jahresber.  ▼.  Liebig  u.  Kopp  1849,  S.  464. 


Balsamum  copaivae.  637 

hielten  82  Thle.  flüchtiges  Oel   und  18  Thle.  Hars,   wovon  das   in 
kaltem  Alkohol  lösliche  den  grössten  Theil  aasmachte. 


Die  beschriebenen  beiden  Varietäten  ^  von  denen  die  erste  wegen 
ihres  Verhaltens  zn  Magnesia  in  Frankreich  und  England  als  Bcoktm 
ioUdifiabU^  festwerdender  Balsam,  von  der  zweiten  unterschieden  wird, 
sind  nar  als  Typen  zu  betrachten,  die  vielleicht  nicht  die  einzigen  sind 
and  in  Bezug  auf  das  Mengenverhältniss  ihrer  Bestandtheile  nichts  con- 
sCantes  zeigen,  also  mehr  oder  weniger  reich  an  Oel  oder  Harz  und 
folglich  von  sehr  verschiedener  Consistenz  vorkommen  können.  Mit 
Siciierheit  ist  dies  von  der  ersten  Varietät  bekannt,  und  es  liegt  kein 
Grund  vor,  anzunehmen,  dass  der  neutrale,  ge wohnlich  dünnflüssige 
Balsam  nicht  ebenfalls  grösseren  Harzgehalt  und  folglich  grössere  Con» 
sistens  haben  könne.  Die  neneren  Angaben  geben  in  dieser  Beziehung 
keinen  Aufschlnss,  da  die  chemische  Natur  der  Balsame  von  den  Beob- 
achtern meistens  nicht  berücksichtigt  worden  ist. 

Oberdörffer  ^)  hat  mehrere  Proben  dünnflüssigen  Parabalsams 
antarsucht.  Eine  derselben  war  bräunlich  gefärbt  und  in  Alkohol  voll- 
kommen auflöslich;  zwei  andere  besassen  die  gewöhnliche  hellgelbe 
Farbe  und  hinterliessen  bei  der  Behandlung  mit  Alkohol  eine  unwesent- 
liche Menge  von  Flocken,  die  in  Wasser  und  Aether  unlöslich,  in  Pe- 
troleum löslich  waren,  in  der  Wärme  leicht  schmolzen  und  bei  stärke- 
rem Erhitzen  mit  einem  kautschukähnlichen  Geruch  verbrannten.  Alle 
diese  Balsame  schieden  beim  Schütteln  mit  überschüssiger  Kalilauge 
eine  klare  Seife  ab  und  sind  demnach  der  ersten  Varietät  zuzuzählen. 
In  100  Thln.  derselben  waren  enthalten: 

I.      II.      ni. 

Flüchtiges  Oel     60        58  54 

Harze     ...     40        42  46. 

Noch  grössere  Schwankungen  ergeben  sich  aus  der  folgenden  Zusam- 
nienatellnng.  In  100  Thln.  verschiedener  Balsame,  unbekannten  Ur^ 
Sprungs,  fanden 

ülex«)  Stöckhardt«)    Procter*) 

IV.      vT^vir     VII.   vni. 

Specif.  Gew.  0,928      —     —        0,916    0,956 
Flucht.  Oel  90      58    56,5  80         65 

Harze     .     .         10      42     43,5  20         35 

Als  flüchtiges  Oel  ist  der  Gewichtsverlust  der  Balsame  beim  Ko- 
chen mit  Wasser  (I.  bis  VI.)  oder  beim  anhaltenden  Erhitzen  auf 
120<*  C,  bis  zum  Constantbleiben  des  Gewichtes  (VIL  bis  XI.)  auf- 
geführt. Die  Balsame  IV.  bis  VI.  waren  dünnflüssig  und  sind  nicht 
näher  beschrieben ;  VII.  und  VIII.  sind  dünnflüssige  Balsame  der  zwei- 
ten Varietät,  IX.  bis  XI.  dickflüssige  der  ersten. 

Die  Schwankungen  im  Oelgehalte  hängen,  nach  Procter,  von  dem 
Alter  der  Copaiferabäume  ab,  da  dieselben   in  ihrer  Jagend  immer 


IX. 

X. 

XI. 

0,983 

0,985 

0,986 

50 

35 

34 

50 

65 

64. 

')  Archiv  d.  Phann.  [2.]  Bd.  XLV,  S.  172;  Pharm.  Ccntralbl.  1846,  S.  474. 
*)  Archiv  d.  Pharm.    Bd.  CXXU,  S.  14  ^     Pharm.  CentralbL    1863,   S.  176. 
^  Archiv   d.  Pharm,  Bd.  XXXVIII,  8.  12;    Pharm.  Ccntralbl.  1844,  S.  466. 
^)  Pharm.  Jonrnal  and  Transactions  Vol.  X,  p.  608;    Pharm.  CentralbL  1861, 
S.  S90. 


638  Balsamum  copaivae. 

dünnflQssigen  ölreichen  Balsam  liefern.  Nicht  bekannt  ist  dagegen, 
worin  die  angegebene  chemische  Verschiedenheit  begründet  ist.  Proc* 
ter  hat  die  Beobachtung  gemacht,  dass  Copaivaöl,  welches  durch 
Destillation  des  Balsams  mit  Wasser  erhalten  worden  und  unter  unvoU- 
ständigem  Verschluss  mehrere  Jahre  dem  Luftzutritt  auFgesetzt  war, 
dickflüssige  Balsam consistenz  angenommen  hatte  und  beim  Verdampfeo 
34  Proc.  eines  weichen,  kaum  sauren,  in  Alkohol  löslichen  Harzes  hin- 
terliess,  welches  er  für  identisch  hält  mit  dem  weichen  Harze,  das  ge- 
wöhnlich im  Copaivabalsam  enthalten  ist.  Es  erscheint  hiemach  die  An- 
sicht Procter's  begründet,  dass  die  Harzsäuren  schon  in  derPflanie 
gebildet  werden  und  der  Gehalt  eines  gegebenen  Balsams  an  denselben 
unveränderlich  ist,  während  das  indifferente  weiche  Harz  vielleicht 
überhaupt  erst  durch  die  Einwirkung  der  Luft  entsteht  und  die  Menge  des- 
selben jedenfalls  mit  der  Dauer  der  Aufbewahrung  beständig  zunimmt, 
wie  dies  auch  aus  Gerb  er 's  oben  angeführten  Analysen  deutlich  her- 
vorgeht. Es  folgt  daraus  ferner,  dass  die  Consistenz  und  das  specif. 
Gewicht  eines  Balsams  zur  Beurtheilung  seiner  Beschaffenheit  keine 
sicheren  Anhaltspunkte  liefern  können.  Procter's  weitere  Annahme, 
dass  nur  ältere  Bäume  Copaivasäure  oder  analoge  Harze  liefern  und 
aller  dünnflüssige  Balsam,  den  er  als  unausgebildet  bezeichnet,  nur  neu« 
trale  Harze  enthalte,  ist  nicht  auf  Beobachtungen  gestützt  und  steht 
überdies  mit  Oberdörffer's  Angaben  im  Widerspruch. 

Der  Copaivabalsam  dient  zur  Darstellung  von  Lackfimissen  und 
Durchzeichenpapier;  seine  hauptsächlichste  und  wichtigste  Anwendung 
findet  er  aber  als  innerliches  Arzneimittel  gegen  Krankheiten  der  Harn- 
wege;  er  ertheilt  dem  Harn  einen  Veilchengeruch.  Es  ist  nicht  ermit- 
telt, welchem  der  Bestandtheile  die  arzneiliche  Wirksamkeit  angehört, 
und  gegen  die  öfter  ausgesprochene  Ansicht,  dass  das  ätherische  Oei 
als  der  ausschliessliche  Träger  derselben  zu  betrachten  sei,  spricht  so- 
wohl der  deutlich  ausgeprägte  chemische  Charakter  der  Copaivasäure, 
der  nicht  auf  eine  physiologische  Indifferenz  schliessen  lässt,  als  auch 
der  Umstand,  dass  das  vom  ätherischen  Oele  befreite  Copaivaharz  (ßi* 
sine  de  Copahü)  an  manchen  Orten  wie  der  Balsam  selbst  angewandt 
wird.  Da  nun  die  früheren  Erfahrungen  mit  dem  consistenteren  und 
sauren  Balsam  gewonnen  worden  sind,  so  erscheint  es  am  gerathensten, 
den  neutralen  und  überhaupt  allen  ölreichen  Balsam  so  lange  vom  An- 
neigebrauche auszuschliessen ,  bis  therapeutische  Versuche  über  dessen 
Werth  entschieden  haben  (Wiggers). 

Der  Copaivabalsam  kommt  zuweilen  verfälscht  vor,  besonders  mit 
fetten  Oelen  und  mit  Terpentinen.  In  neuerer  Zeit  ist  ferner  das  von 
Dipterocarpni-Arten  stammende,  aus  Ostindien  eingeführte  Wood-oil  der 
Engländer  (auch  Balsam  Gurjun  oder  Capivi  genannt),  das  dem  Copaiva- 
balsam in  Geruch  und  Geschmack  sehr  ähnlich  ist,  als  Copaivabalsam 
in  den  Handel  gebracht  worden.  Auf  130<^  C.  erhitzt,  verdickt  es 
sich  gallertartig  und  wird  hierdurch  leicht  von  reinem  Copaivabalsam, 
der  in  der  Wärme  dünnflüssiger  wird,  unterschieden. 

Zur  Nach  Weisung  beigemengter  fetter  Oele  giebt  es  mehrere  Me- 
thoden. 1.  Die  einfachste  ist  die  von  Berzelius  angegebene,  einen 
oder  zwei  Tropfen  dos  Balsams  auf  Papier  über  ganz  gelindem  Feuer 
einzutrocknen.  Reiner  Balsam  hinterläsät  einen  scharf  begrenzten,  Bt^ 
nissartigen,  harten  Fleck,  während  dieser  bei  ölhaltigem  weich  und  mit 
einem  Fettrande  umgeben  ist. 


BalBamum  seu  Oleum  nucistae.  639 

2.  Beiner  Balsam  hiDterlässt,  mit  Wasser  in  einem  offenen  Ge- 
fässe  mehrere  Stunden  lang  gekocht,  ein  im  erkalteten  Zustande  brüchi- 
ges Harz;  fette  Oele  machen  diesen  Bäckstand  weich  oder  schmierig. 

3.  Beim  Auflösen  des  Balsams  in  8  Thln.  90procentigen  Al- 
kohols bleiben  die  fetten  Oele  ungelöst  zurück.  Ein  geringeres  Ver- 
kaltniss  von  Alkohol  giebt  aus  dem  oben  angeführten  Grunde  kein 
sicheres  Besultat  BicinusöJ,  das  in  Alkohol  ebenfalls  löslich  ist,  läsf^t 
sich  nach  dieser  Methode  natürlich  nicht  nachweisen,  und  auch  ein  ge- 
ringer, weniger  als  10  Procent  betragender  Gehalt  anderer  fetter  Oele 
wird  durch  dieselbe  nicht  aufgefunden.  Terpentin  und  Terpentinöl  ge- 
ben sich  durch  den  Geruch  beim  Erwärmen  zu  erkennen,  besonders 
wenn  der  Balsam  auf  eine  erhitzte  Metallplatte  getröpfelt  wird. 

Alle  anderen  Prüfungsmethoden  des  Copaivabalsams  gründen  sich 
anf  den  Gehalt  desselben  an  sauren  Harzen  und  beziehen  sich  folglich 
nar  auf  die  erste  Varietät.  Dieser  officinelle  Balsam  ist  als  probe- 
baltig  zu  betrachten,  wenn  er  nicht  nur  die  angegebenen  Kriterien  der 
Reinheit  bietet,  sondern  auch  sich  in  Alkohol  klar  oder  fast  klar  löst, 
bei  der  Destillation  mit  Wasser  nicht  mehr  als  höchstens  45  Procente 
ätherisches  Gel  liefert,  mit  ^/g  seines  Gewichtes  Amrooniakflüssigkeit 
von  0,921  eine  klare  Lösung  giebt  und  mit  Vie  gebrannter  Magnesia 
nach  vorherigem  Erwärmen  allmälig  (in  24  bis  48  Stunden)  einen  pla- 
stischen Teig  bildet.  (SL)  E. 

Balsamum  seu  Oleum  nucistae,  Muskatbutter,  wird 

ans  deik  Muskatnüssen,  der  Frucht  von  Myriatica  moschata  Willd.,  die 
davon  ungefähr  40  Procent  enthalten,  durch  Auspressen  gewonnen  und 
kommt  im  Handel  in  parallelepipedischen ,  aussen  braunen  j  innen  "iroth 
nnd  gelb  marmorirten  Stücken  von  sehr  aromatischem  Gerüche  vor. 
Sie  ist  ein  Gemenge  von  festem,  farblosem  Fett,  dickflüsdigem,  rothgel- 
bem, fettem  Oel  nnd  flüchtigem  Oel.  An  kalten  Alkohol  oder  Aether 
tritt  sie  die  beiden  letzten  ab  und  hinterlässt  das  feste  Fett.  In  vier 
Theilen  heissen  Alkohols  oder  Aethers  löst  sie  sich  vollständig  auf,  bei 
dem  Erkalten  scheidet  sich  das  feste  Fett  pulverförmig  wieder  ab. 
Dieses  ist  von  Plajfair  untersucht  und  mit  dem  Namen  Myristin  be- 
legt worden,  welches  durch  Behandeln  mit  verdünnter  Lauge  nicht  ver- 
ändert, durch  concentrirte  Lauge  oder  durch  Kalihydrat  aber  leicht  ver- 
seift wird  (s.d.  Art.  Myristin  und  Myristicinsäure  IsteAufl.,  Bd.  V, 
S.  418).  Das  dickflüssige  fette  Oel  ist  nicht  näher  untersucht;  das  flüch- 
tige kann  durch  Destillation  der  Muskatbutter  mit  Wasser  gewonnen 
werden  und  ist  ein  Gemenge  mehrerer  Verbindungen  (s.  d.  Art.  Mus- 
katnnssöl  Iste  Aufl.  Bd.  Y,  S.  409).  Nach  Schrader  enthält  die 
Muskatbutter  in  lOD  Theilen: 

festes  Fett  ....  43,75, 
dickflüssiges  Oel  52,10, 
ätherisches  Oel  .     4,15. 

Sie  wird  als  äusserliches  Arzneimittel  angewandt  und  zuweilen  nach- 
gemacht, indem  geschmolzener  Talg  mit  gepulverter  Muskatnuss  dige- 
rirt,  durch  Orlean  gefärbt  und  ausgepresst  wird.  Ein  solches  Kunst- 
product  wird  an  der  Unlöslichkeit  in  4,  Thln.  kochenden  Weingeistes 
erkannt. 

Ean  durch  Zusammenschmelzen  von  Muskatbutter  mit  Wachs  und 


640  Balsamum  sulphuris  simplex. 

OliTen&l  dargestelltes   pharmaceatiscbes  Präparat  trägt  ebenfolls  den 
Namen  BaUamum  nucistae,  E, 

Balsamum  sulphuris  simplex,  Carpu$  pro  halsamo  mdr 
phuriSy  Oleum  Lini  mlphuratum^  Schwefelbalsain^  ist  der  Name  eines 
jetzt  wenig  mehr  üblichen  pharmaceutischen  Präparates.  Zar  Darftel- 
lung  desselben  trägt  man  in  Leinöl,  das  in  einem  glasirten  irdenen 
Gefässe  zum  beginnenden  Sieden  erhitzt  worden  bt,  V4  seines  Gewich* 
tes  Schwefelblumen  in  kleinen  Antheilen  ein  und  erhitzt  anter  bestän- 
digem gelindem  Umrühren,  bis  der  Schwefel  sich  vollkommen  gelöst 
und  die  Masse  eine  dickliche  Consistenz  angenommen  hat. 

Zwischen  Oel  und  Schwefel  findet  bei  Temperaturen  bis  etwa 
150^  G.  nur  insofern  eine  Einwirkung  statt,  als  sich  eine  geringe 
Menge  des  letzteren  auflöst,  wovon  der  gröste  Theil  beim  Erkalten 
wieder  auskrystallisirt  Ueber  150^  C.  geht  der  Schwefel  um  so  leich* 
ter  und  reichlicher  in  Lösung,  je  feiner  vertheilt  er  mit  dem  Oele 
in  Berührung  kommt  und  je  höher  die  Temperatur  steigt.  Wenn  dies« 
200^  G.  überschritten  hat,  so  giebt  sich  durch  eine  starke  Gasent- 
wickelung  eine  tiefer  gehende  Einwirkung  kund,  und  es  geschieht  bei 
diesem  Zeitpunkte  leicht,  dass  das  entweichende  brennbare  Gas,  welches, 
nach  Harff,  Schwefelwasserstoff,  gasförmige  Kohlenwasserstoffe  and 
ein  flüchtiges  Oel  enthält,  Feuer  fängt.  Man  bedeckt  in  diesem  Falle 
das  Gefäss  mit  einem  bereit  gehaltenen  gut  schliessenden  Deckel. 
Wenn  das  Oel  nach  fortgesetztem  vorsichtigen  Erhitzen  dicklich  ge- 
worden ist,  so  hat  es  die  für  das  pharroaceutische  Präparat  erforderlicshe 
Beschafl*enheit  und  wird  vom  Feuer  entfernt.  Steigert  man  die  Hitse 
bis  za  der  Zersetzungstemperatur  des  Oel  es  an  und  für  sich,  so  geschieht 
es  gewöhnlich,  dass  eine  plötzliche  heftige  Reaction  eintritt,  dorch 
welche  ein  grosses  Gasvolumen  entwickelt  und  die  dickflüssige  MsMse 
unvermeidlich  zum  Uebersteigen  gebracht  wird,  wenn  das  Gefass  nickt 
mindestens  die  achtfache  Gapacität  der  Mischung  hat.  Wenn  diese 
Erscheinung  sich  einzustellen  droht,  so  hebt  man  sogleich  vom  Feuer 
und  bringt  das  Geiass  über  eine  bereitgehaltene  geräumige  Schussel, 
um  etwa  Ueberfliessendes  zu  sammeln.  Ein  solches  Präparat  zeigt  übri* 
gens  gewöhnlich  nicht  mehr  die  Löslichkeit  des  gut  bereiteten  und  ist 
dann  zu  Verwerfen.  Wenn  das  Aufblähen  stattgefunden  hat,  so  kann 
die  Masse  durch  erneutes  Feuer  wieder  zum  ruhigen  Fluss  gebracht 
werden  und  giebt  nun  Producte  der  trockenen  Destillation.  —  Diese 
Erscheinungen  sind,  von  Unterschieden  in  Bezug  auf  die  zur  Einwir- 
kung erforderliche  Temperatur  abgesehen,  für  alle  ol^nhaltigen  Fette 
im  Wesentlichen  dieselben.  In  dem  angegebenen  Verhältniss  mit  trock- 
nenden Oelen  dargestellt,  ist  der  Balsam  meist  dick  und  gallertartig, 
mit  nicht  trocknenden  zähflüssig  wie  Terpentin;  mit  festen  Fetten  be- 
reitet, hat  er  Salbenconsistenz.  Bei  einem  grösseren  Verhältniss  von 
Schwefel  wird  er  fester:  6  Thle.  Schwefel  und  1  Thl.  Oel  geben  ein 
zerreibliches  Product 

Der  officinelle  Leinölbalsam  insbesondere  bildet  nach  dem  Erkal- 
ten eine  gleichförmige,  dunkelbraune,  gelatinöse,  in  dünnen  Lagen  mit 
rothbrauner  Farbe  vollkommen  durchsichtige  Masse  von  widerlichem 
Geruch.  In  der  Wärme  schmilzt  er.  Wasser  lässt  ihn  unver&ndoti 
nimmt  aber  seinen  Geruch  an.  Kalter  Alkohol  ist  ohne  Wirknng,  sie- 
dender 1^"^  daraus  freien  Schwefel  und  unverändertes  Oel  aaf  and  hin* 


Balsamum  sulphuris  simplex.  641 

tarlaast  die  eigenthümliche,  daroh  die  Einwirkung  des  Schwefels  auf 
das  Oel  gebildete  Verbindung,  die  eine  dunkelere  Farbe  und  grossere 
Consistenz  hat  als  der  ursprüngliche  Balsam.  In  Aether,  fetten  und 
fluchtigen  Oelen  ist  er  leicht  löslich;  die  dunkele  ätherische  Lösung 
entfärbt  sich  bei  Luft-  und  Lichtzutritt.  Kalilauge  wirkt  auf  den  durch 
wiederholtes  Ausziehen  mit  heissem  Alkohol  von  unverändertem  Oel 
befreiten  Balsam  nicht  ein ;  dieser  löst  sich  jedoch  in  einer  alkalischen 
Seifenlösung  auf,  so  dass  der  ursprüngliche  Balsam,  wenn  die  RLenge 
des  unzersetzten  Oeles  hinreicht,  scheinbar  verseift  werden  kann.  — 
Der  Luft  ausgesetzt,  trocknet  der  Balsam  zu  einer  zähen,  lederartigen, 
in  Aether  und  Oelen  unlöslichen  Substanz  ans;  dieselbe  Veränderung 
fuhrt,  mehr  oder  weniger  vollständig,  zu  starkes  Erhitzen  bei  der  Dar- 
stellung herbei. 

Der  trockenen  Destillation  unterworfen,  liefert  der  Schwefelbali»am 
unter  fortwährender  Entwickelung  von  schwefelwasserstoffhaltigen  Ga- 
sen, die  durch  Wasser  geleitet  ein  leichtflüssiges,  flüchtiges,  dunkelge- 
farbtes  Oel  hinterlassen  und  angezündet  mit  leuchtender  Flamme  ver- 
brennen, geringe  Mengen  von  Wasser,  ein  Sublimat  von  Schwefel  und 
als  Hanptproducte  zuerst  ein  durch  einen  Gehalt  von  Margarinsäure 
erstarrendes,  sodann  ein  flüssiges  und  zuletzt,  wenn  die  Retorte  zum 
Glühen  gebracht  wird,  ein  rothgelbes,  butterartiges  Oel.  Schwefelkoh- 
lenstofT  findet  sich  nicht  im  Destillat  (Rad ig).  In  der  Retorte  bleibt 
eine  poröse,  metallglänzende  Kohle,  die  44,6  Proc.  Schwefel  ent- 
h&lt.  Aether  färbt  sich  in  Berührung  mit  diesem  Rückstande  dunkel 
und  hinterlässt  nach  dem  Verdunsten  schwarze,  glänzende  Blättchen 
einer  schwefelhaltigen  Substanz  (Rad ig).  Die  Natur  der  im  Schwe- 
felbalsara  enthaltenen  schwefelhaltigen  Verbindung  ist  nicht  bekannt; 
Ober  ihre  Bildungs weise  liegen  nur  Andeutungen  vor.  —  Nach  An- 
derson ^)  erhält  man  bei  der  Destillation  von  Schwefel  mit  Leinöl 
oder  Mandelöl  neben  einem  reichlichen  Strome  von  schwefelwasser- 
stofiThaltigen  Gasen  ein  dunkelbraunes  Oel  von  intensivem  Knoblauch- 
gemch.  Man  bemerkt  dabei  nicht  die  Entwickelung  vonAcrolei'n  und 
im  Destillate  findet  sich  keine  Brenzölsäure.  Wird  das  braune  Oel 
ftir  sich  rectificirt,  so  sind  die  ersten  Antheile  flüssig  und  farblos,  die 
letzten  gefärbt  und  theil weise  erstarrend;  durch  Pressen  wird  aus  die- 
sen  eine  Krystallmasse  erhalten,  die  in  Alkohol  umkrystallisirt ,  die 
Eigenschaften  der  Margarinsäure  zeigt.  Der  flüssige  Theil  des  Destil- 
lats ist  ein  Gemenge  verschiedener  Oele,  über  welche  der  Artikel  Od- 
mjl  nachzusehen  uL  —  Da,  nach  Anderson,  Oelsäure  bei  der  Destil- 
lation mit  Schwefel  ganz  dieselben  Producte  liefert,  wie  Leinöl  und 
Mandelöl,  während  Stearinsäure  unter  denselben  Umständen  sich  wie 
gewohnlich  zerlegt,  so  steht  in  Bezug  auf  die  Bildung  des  Balsams  so 
viel  wenigstens  fest,  dass.  das  Olein  der  fetten  trocknenden  und  nicht 
.trocknenden  Oele  bei  derselben  eine  wesentliche  Rolle  spielt;  die  Bil- 
dung der  Margarinsäure  und  das  Nichtauftreten  von  Brenzölsäure  und 
Acrolein  lassen  weiter  auf  eine  eigenthümliche  Zersetzung  der  Oel- 
sänren  sowohl  als  auch  des  Glycerins  schliessen. 

Der  Schwefelbalsam    wird    zum    innerlichen   Arzneigebrauch   in 


*)  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXlIIf  S.  870;  Joaro.  f.  pnkt.  Chem.  Bd. 
XUI,  8.1;  Fbmrm.  Ceotralbl.  1S47  S.  787;  Jahresber.  v.  Liebig  u.  Kopp  1847 
u.  1848,  S.  570. 

Haadwteterboch  der  Chemie.  Ste  Aufl.  Bd.  JD.  41 


642  Baltimorit  —  Baralit 

Anisöl  gelöst)  als  Balsamum  sulphuris  anisatum^  zum  äasserlicheB  in 
Terpentinöl)  als  Bah.  aulphuris  terebinthinatum  angewandt  £. 

Baltimorit  hat  Thomson  i)  den  hei  Baltimore  in  Nordamerika 
vorkommenden  Chrysotil  oder  faserigen  Serpentin  (s.  d.  A.)   genannt 

Bamlit.  Ein  von  A.  Erdmann  nach  dem  Vorkommen  bei 
Brevig  im  Kirchspiele  Bamle  in  Norwegen  benanntes  mikrokrystdli- 
sches,  mit  Quarz  verwachsenes,  in  Gneiss  vorkommendes  Mineral,  wel- 
ches linare  Krystalloide,  stenglige  bis  faserige  Partieen  bildet  und  in 
einer  Richtung  nach  der  Länge  der  Krystalle  vollkommen  spaltbar  ist 
A.  Erdmann  fand  in  dem  vor  dem  Löthrohre  unschmelzbaren  Mi- 
nerale. 

56,90  SiOa,  40,73  AI3O3,  1,04  Fe^Oa,  1,04  CaO,  Spuren  Fluor, 
welche  Mengen  nahezu  der  Formel  2AI2O3  -|-  8  SiOa  entsprechen. 
Das  weisse  ins  Blassgrünliche  gehende,  glas-  bis  seidenartig  glänzende, 
durchscheinende,  in  einzelnen  Individuen  fast  farblose  und  durchsichtige 
Mineral,  von  der  Härte  des  Disthens  und  mit  dem  specif.  Grewicht  = 
2,984 ,  bildet  mit  Borax  langsam  ein  farbloses  Glas  und  wird,  mit  Ko- 
baltsolution  befeuchtet  und  geglüht,  blau  ').  Es  ist  dem  Disthen,  Sil- 
limannit  und  Bucholzit  nahe  verwandt  und  bedarf  noch  weiterer  Un- 
tersuchungen. F.  v.  Kobell  erklärte  es  für  ein  Gemenge  des  Disthen 
mit  Quarz.  K. 

Bandachat.  Ein  Achat  mit  bandartigen  Zeichnungen  (siehe 
Achat  unter  Quarz). 

Bandanos,  Bandanofabrication.    Bandanos   helssen 

eigenthümliche  ursprünglich  aus  Ostindien  kommende  Taschentücher, 
in  welchen  das  Dessin  aus  dem  gefärbten  Grunde  weggeätzt  ist.  Za 
ihrer  Nachahmung  werden  echt  krapproth  gefärbte  Tücher  zwischen 
zwei  Bleiplatten  gepresst,  die  so  ausgeschnitten  sind,  dass  die  zu  blei- 
chenden Stellen  frei  bleiben;  durch  Chlorwasser  wird  nun  die  Farbe 
fortgenommen,  dann  mit  Wasser  ausgewaschen,  und  dann  erst  die 
Presse  geöffnet,  worauf  das  Zeug  gewaschen  und  appretirt  wird.     Fe. 

B  a  n  d  j  a  S  p  i  S ,  ein  Jaspis ,  dessen  Farbenzeichnung  bandartig 
ist.  Zum  Theil  können  derartige  Farbenzeichnungen  durch  wech- 
selnde Lagen  des  Jaspis  und  des  sogenannten  Eisenkiesels  oder  des 
dichten  Feldsteins  hervorgebracht  und  derartige  Vorkommnisse  als  Band- 
jaspis benannt  gefunden  werden,  ohne  dass  das  Ganze  dann  Jaspis  ist 
Auch  bei  dem  Jaspoid  oder  Porzellanjaspis  lassen  sich  zuweilen  ähn- 
liche Farben  wahrnehmen.  Etwaiger  Thonerdegehalt  neben  Kiesel« 
säure  ist  hiernach  nicht  dem  Jaspis  eigen,  sondern  hängt  von  der  Bei- 
mengung ab,  oder  wird  in  Folge  von  Verwechselung  des  wahren  Jas- 
pis mit  Jaspoid  gefunden.  K^ 

Baralit^),  Bavalit.  Ein  wen  ig  bekanntes  Mineral  von  Ba- 
ralon,  Cote  du  Nord  in  Frankreich;  wahrscheinlich  ein  Gemenge,  dessen 
Gemengtheile  für  das  Auge  nicht  deutlich  unterscheidbar  sind.    Bil- 


')  Philosoph.  Mag.  T.  XXII,  p.  19d.  —  *)  Erdmann,  Joarn.  f.  prakt.  Chem. 
Bd.  XXXI,  S.  166.  —  Kenngott,  Uebere.  min.  Forschungen  1863,  S.  79.  — 
')  Kenngott,  Uebere.  1868,  S.  136. 


Barascamphor.  —  Baregin.  643 

det  dichte  bis  poröse  Massen  mit  Hinneigung  zum  Schieferigen,  ist  grün- 
Uchschwarz,  schimmernd,  undurchsichtig,  giebt  graulichgrfines  Strichpul- 
ver und  hat  die  Härte  =  4,0.  Im  Glasrohre  geglüht,  giebt  es  Wasser  und 
wird  bräunlich,  vor  dem  Löthrohre  ist  es  fast  unschmelzbar,  mit  Borax 
giebt  es  ein  durch  Eisen  gefärbtes  Glas,  mit  Soda  schmilzt  es  zum  Theil. 
Als  Bestandtheile  Hessen  sich  Kieselsäure,  Thonerde,  Eisenoxyd,  Kalk, 
Magnesia  und  Wasser  finden.  In  den  Hohlräumen  enthält  es  erdigen 
bis  festen  Magnetit.  A'. 

Barascamphor  s.  Borneocamphor. 

Barbatimao  werden  in  Brasilien  mehrere  gerbstoff haltige  Rin- 
den genannt,  von  welchen  einige  seit  1820  in  Deutschland  bekannt  ge- 
worden sind  und  als  Arzneimittel  Anwendung  gefunden  haben.  Die  ins- 
besondere als  Cortex  Barbatimao  bezeichnete  Rinde  stammt  von  Pithecolo^ 
hium  Aoaremoiemo  Mart.  {Mimosa  cochliocaros  Gomez)  aus  der  Familie 
der  Mimoseen.  Sie  besteht  aus  flachen  Baststücken,  die  nur  einzelne  Frag- 
mente einer  dünnen  blätterigen  Borke  tragen  und  an  der  Oberfläche 
stellenweise  mit  ausgeschwitztem  Gummi  bedeckt  sind.  Die  Farbe  der 
Rinde  ist  dunkelviolett,  ihr  Geschmack  adstringirend  und  schleimig. 
In  dem  wässerigen  rothlich  gefärbten  Auszuge  bewirkt  Leimauflösung 
eine  starke  schmutzigweisse  Fällung,  kohlensaures  Kali  eine  braune 
Färbung;  durch  Bleizucker  wird  er  schmutzig -fleischfarben,  durch 
schwefelsaures  Eisenoxjd  dunkelgrün  gefällt,  der  Niederschlag  wird 
später  schwarzgrau;  Zinnchlorür  giebt  einen  rothen,  salpetersaures 
Quecksilberoxydul  einen  graugelben  Niederschlag;  Gallustinctur  ver- 
ändert den  Auszug  nicht  Nach  Trommsdorf  ^)  besteht  die  luft- 
trockene Rinde  in  100  Theilen  aus: 

Eisen -graufällendem  Gerbstoff    .     •    i 29,0 

Eisen -grünendem,  Leim  nicht  fällendem  (Extractiv-)  Stofi^    4,0 
Braun  gefärbtem  Gummi,  mit  Kali  und  Kalksalzen     .     .     5,0 

Holzfaser 57,0 

Feuchtigkeit 5,0 

Cortex  Barbatimeo  verus  hat  man  in  neuester  Zeit  die  brasi« 
lianische  adstringirende  Rinde  (jCortes  adstringeru  brasiUensis)  genannt, 
6ie  dem  Siryphnodendron Barbatimao  Mar iius  (^Acacia  adstringeru  Reise) 
zugeschrieben  wird  und  mit  der  vorhergehenden  in  ihrem  Verhalten 
volUg  übereinstimmt,  obschon  sie  sich  im  Aeussern  durch  ihre  gerollte 
Form  und  die  rissige  Borke  unterscheidet.  —  Als  rein  adstringirende 
Arzneimittel  haben  diese  Rinden  keine  Vorzüge  vor  inländischen;  in 
Brasilien  werden  sie  zum  Lohen  des  Leders  benutzt.  (J.  X.)  E, 

Bardiglione,  braucht  Bon rnon  als  S3monym  für  Karstenit, 
wahrscheinlich  weil  man  gewisse  Marmore  aus  Valencia  und  Portugal  Bar- 
diglio  nennt,  und  der  Karstenit  bisweilen  den  Marmor  genannten  Va- 
rietäten des  Kalkes  ähnlich  ist.  K, 

Baregin,  Bar^gine;  Glairin  nach  Chaptal,  Zoogen  nach 
Gimbernat,  auch  Plombier  in  genannt.  Eine  Stickstoff  haltende  or- 
ganische Substanz,  welche  in  verschiedenen  Schwefelthermen  nament- 


^)  Trommsdorf's  neues  Joarn.  Bd. XXI,  S.  69;  PhArm.  Getitralbl.  1831,  S.  1. 

41« 


644  Baregin. 

lieh  Frankreichs  nachgewiesen  ist,  sich  hier  gelöst  findet,  und  nnter  ge- 
wissen Umst&nden  als  gallertartiger  Niederschlag  abscheidet  Hur 
Vorkommen  zu  Bar^ges  hat  ihr  den  Namen  Baregin  gegeben. 

Das  Baregin  und  ähnliche  Gebilde  sind  von  Yanquelin,  Sam- 
sure,  Longchamps,  Robiquet,  Daubeny,  Turpin,  Anglada^) 
und  von  Bonjean')  untersucht  und  beschrieben  worden.  Man  findet 
dasselbe  als  üeberzug  an  den  Wänden  der  Behälter  und  Leitongen 
der  Quellen,  welche  zeitwebe  von  Wasser  erföllt,  zeitweise  leer  smd. 
Es  findet  sich  nie  an  den  stets  von  Wasser  bedeckten  Stellen.  Es  bil- 
det gallertartige  Massen  oder  Lappen,  welche  meist  farblos  sind,  zu- 
weilen auch  gef&rbt  vom  Hellgrauen  bis  ins  Dunkelgraue  und  Schwan« 
erscheinen.  Beim  Ausfiiessen  der  Quelle  an  der  Luft  bildet  das  Baregm 
weisse,  im  Wasser  schwimmende  Filamente,  die  bisweilen  sich  grfinlich 
förben.  Es  ist  geruchlos  und  ohne  Greschmack.  Es  löst  sich  wenig  in  der 
Kälte,  viel  leichter  in  der  Hitze  in  Wasser  und  Alkohol,  wässerigen 
Säuren  und  Alkalien,  und  in  Terpentinöl;  in  Aether  ist  es  unlöslich. 
Beim  Trocknen  hinterlässt  es  nur  2  Proc.  trockener  Substanz  (Long- 
champ)  von  hornartigem  Ansehen,  im  Aeusseren  dem  Eiweiss  oder 
Leim  wohl  ähnlich,  aber  sehr  verschieden  der  Zusammensetzung  nach. 
Das  getrocknete  Baregin  enthält  keinen  Schwefel  und  ist  frei  von  Jod, 
in  100  Thln.  sind  30  bis  40,  zuweilen  selbst  70  bis  80  Proc  Asche, 
die  hauptsächlich  aus  Kieselsäure  besteht;  nach  Abzug  der  Asehen- 
bestandtheile  besteht  es  in  100  Thln.  aus  etwa  68  bis  75  Proc  Koh- 
lenstoff, 10,5  bis  11,5  Wasserstoff,  4  bis  12  Sauerstoff  und  9,0  bis 
12,0  Stickstoff;  es  unterscheidet  sich  also  wesentlich  seinen  Bestandthei" 
len  nach  von  den  ProtSinstoffen  (Bouis)^).  Beim  Erhitzen  an  der 
Luft  verbrennt  es  mit  hornartigem  Geruch ;  bei  der  trockenen  Destills- 
tion  giebt  es  reichlich  amrooniakalische  Producte.  Seine  Gegenwart  in 
Wasser  wird  daher  leicht  durch  den  Geruch  erkannt,  wenn  man  dsi- 
selbe  abdampft  und  den  Böckstand  verbrennt 

Nach  Turpin's  Beobachtungen  stellt  das  Baregin  bei  300fach«r 
Vergrösserung  eine  gallertartige,  durchsichtige  Substanz  dar,  die  beinahe 
farblos  und  ohne  Spur  sichtbarer  Organisation  ist.  Diese  angehäufte 
Schleimmasse,  die  wahrscheinlich  aus  der  Zersetzung  von  Infusorien  nnA 
der  niedersten  Yegetabilien  hervorgegangen  ist,  betrachtet  er  als  das 
Chaos  des  organisirten  Reichs,  aus  welchem  alle  Wesen,  direct  oder  in- 
direct,  ihre  Nahrung  ziehen  und  mit  welchem  sie  sich  in  der  Folge  wieder 
vermischen.  In  dieselbe  gleichsam  eingehüllt  und  daraus  sich  henror- 
bildend,  beobachtete  er  eine  ziemlich  beträchtliche  Anzahl  kugeliger 
und  eiförmiger  Sporen,  welche  bei  mehr  vorgeschrittener  Entwickelung 
ausserordentlich  feine ,  weisse ,  durchsichtige  Fäden ,  ohne  Zellen  und 
Aeste  bilden,  die  später  unter  gewissen,  der  Vegetation  günstigen  Um- 
ständen grün  werden  mögen. 

Turpin  untersuchte  femer  eine  ähnliche  Bildung,  welche  Bobi- 
quet  in  den  Wassern  von  Neris  beobachtet  und  ebenfalls  Baregin  ge- 
nannt hatte.  Er  fand  dasselbe  theils  aus  häutigen,  theils  aus  roseo- 
kranzförmigen  Geweben  bestehend  und  erklärt  dieselben  ffir  ein  wohl- 


*)  Mrfmoires  1887,  1888.  —  •)  Annal.  de  chim.  [1.]  T.  XXXIX,  p.  78;  Jounu 
de  pharm.  T.  XV,  p.  821;  Annal.  d.  Pharm.  Bd.  X,  S.  888,  326  u.  Bd.  XVU,  S. 
844.  —  ')  Compt.  rend.  de  Tacad.  T.  XLI,  p.  1116. 


Barilla.  —  Barium.  645 

o^fsnisirtes,  nnter  dem  Namen  Tremella  Noatoc  bekanntes  Ye- 
getabil. 

Danbenj,  der  Gebilde  derselben  Art  in  vielen  Thermen  Frank- 
reichs, Englands  nnd  Deutschlands  beobachtete,  and  dem  die  grösste 
Masse  derselben  als  eine  Anhäufung  von  Conferven  und  Oscillatorien 
erschien,  schreibt  ihr  Vorkommen  und  ihre  Verbreitung  diesen  organi- 
schen Wesen  und  ihrem  raschen  Wachsthum  zu. 

Mit  dem  Baregin  nahe  verwandt,  wo  nicht  identisch,  ist  eine  Sub- 
stanz, welche  sich  zuweilen  bei  der  Schnellessigfabrication  bildet  und 
in  gallertartigen  Lappen  an  der  inneren  Seite  des  durchlöcherten  Fass- 
deckela  anhängt.  Schödler  fand  dieselben  in  ihrem  Ansehen  und 
Verhalten  ganz  öbereinstimmend  mit  dem  von  Longchamp  be- 
schriebenen Baregin.  Nach  Entfernung  des  eingeschlossenen  Wassers 
blieb  eine  pergamentartige  Haut,  welche  42  Proc.  Kohlenstoff,  6Proc. 
Wasserstoff  und  ausserdem  Sauerstoff  und  Stickstoff  enthielt  und  alka- 
lische Asche  hinterliess.  Es  scheint  demnach,  als  ob  Flüssigkeiten  von 
300  —  36^0.,  bei  Berührung  mit  Luft,  das  Entstehen  solcher  Vegeta- 
tionen besonders  begünstigen.  (J,  £.)    Fe, 

Barilla,  Barille  nennt  man  die  durch  Einäschern  von  Sal- 
sola-Soda,  welches  in  der  Umgegend  von  Alicante,  Malaga,  Cartha- 
gena  n.  s.  w.  zu  diesem  Zweck  cultivirt  wird,  erhaltene  natürliche  Soda, 
welche  früher  in  grösserer  Menge,  jetzt  wohl  wenig  mehr,  von  Spanien 
ans  in  den  Handel  gebracht  ward.  Als  die  beste  Sorte  galt  die  von 
Alicante,  in  Frankreich  Soude  douce  genannt;  sie  ist  gleichförmig  gut 
geschmolzen  und  enthält  etwa  25  bis  30  Proc.  kohlensaures  Natron. 
Die  zweite  Sorte  Barille,  Soude  melangee  ist  dunkler  und  poröser;  die 
dritte  Sorte,  Sonde  bourde^  wird  aus  verschiedenen  Strandpflanzen  dar- 
gestellt, ist  viel  unreiner  und  enthält  Kohlenstückchen  eingemengt. 

Fe. 

Barium,  Baryum, Bariummetall.  Erdalkalimetall,  Radi- 
cal  des  Baryts.  Zeichen  Ba.  Aequivalentenzahl  68,5  (oder  857,0  s. 
Bd.  U,  S.  473).  Der  Name  Plutonium,  den  Clarke  dem  Metall  zu  geben 
vorschlug,  weil  es  in  Vergleich  zu  den  gewöhnlichen  Metallen  nicht 
schwer,  sondern  leicht  ist,  hat  keine  Annahme  gefunden.  Das  Metall 
kann  vermöge  seiner  Eigenschaften  sich  nicht  frei  in  der  Natur  finden, 
es  wird  durch  Zersetzung  seiner  Verbindungen,  besonders  des  Oxyds 
oder  Chlorids  erhalten;  das  Oxyd  findet  sich  an  Säuren  gebunden  in 
Terschiedenen  Mineralien  (s.  Barytsalze). 

Nachdem  Berzelius  und  Pont  in  schon  früher  das  Bariuraamal- 
gam  erhalten  hatten,  stellte  H.  Davy  das  Metall  zuerst  (1808)  rein  dar, 
indem  er  Baryt  oder  Barythydrat  mittelst  einer  Vol tauschen  Säule 
Ton  500  Paaren  zerlegte,  wobei  der  negative  Pol  in  Quecksilber 
tauchte,  mit  welchem  sich  das  Metall  zu  Amalgam  verband ;  durch  Destil- 
lation des  letzteren  in  einer  mit  Steinöldampf  gefüllten,  gebogenen  Röhre 
Ton  Glas  oder  Eisen,  oder  in  einem  luftleeren  eisernen  Apparat  wird 
das  Quecksilber  abdestillirt,  wobei  das  Barium  als  nicht  flüchtig  zurück- 
bleibt. Bei  der  Destillation  in  Glas  darf  die  Temperatur  nicht  bis 
ZOT  starken  Glühhitze  gesteigert  werden,  weil  das  Barium  sonst  auf  die 
Bestandtheile  des  Glases  reducirend  einwirkt  (Böttger).«  Bansen 0 

')  Pogg-  AnnaL  Bd.  XCl,  S.  619;  Annftl.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  XCn,  S. 
24S;  Joum.  f.  prakt  Chem.  Bd.  LXII,  S.  177. 


646  Barium, 

stellt  das  Metall  durch  Elektroljse  von  Chlorbaiiain  dar,  weldiei 
mit  wenig  Salzsäure  haltendem  Wasser  zu  einem  Brei  anger&hrt 
und  auf  100^ C.  erwärmt  wird;  an  dem  als  negativen  Pol  dienenden 
amalgamirten  Platindraht  scheidet  sich  sodann  leicht  silberweisses, 
kristallinisches  Bariumamalgam  ab,  so  dass  man  es  bald  in  Quanlitä- 
ten  von  1  6rm.  erhält.  In  Berührung  mit  Luft  oxydirt  sich  das  Amal- 
gam schnell  und  unter  Erhitzung  zu  Barythydrat;  es  wird  daher  so- 
gleich in  einem  Kohlenschiffchen  in  einem  Strom  von  reinem  Wasser- 
stoffgas erhitzt,  wobei  Barium  als  eine  aufgeblähte  angelaufene  Masse 
zurückbleibt,  die  in  den  Blasenräumen  oft  silberweisse  glänzende  Fla- 
chen zeigt  Matthiesen^)  stellt  das  Barium  dar,  indem  er  ein  Ge- 
menge von  wasserfreiem  Chlorbarium  mit  etwas  Chlorammonium  in  etn^ 
kleinen  Tiegel  und  eine  in  demselben  stehende  Thonzelle  bringt,  so  dass 
die  geschmolzene  Masse  in  der  Zelle  etwas  höher  steht  als  im  Tiegel 
In  dem  letzteren  befindet  sich  ein  die  Zelle  umgebendes,  als  positiver 
Pol  dienendes  Eisenblech,  während  in  die  Thonzelle  ein  an  dem  unteren 
Ende  nicht  zu  starker  Eisendraht  taucht,  der  bis  auf  ein  kurzes  hervor- 
ragendes Ende  in  einem  thönernen  Pfeifenstiele  steckt.  Wird  statt  des 
Eisendrahts  Platin draht  als  negativer  Pol  genommen,  so  bildet  sich 
hier  eine  gelbe,  spröde  Platinbariumlegirung,  welche  das  Wasser  lang- 
sam zersetzt,  wobei  feinvertheiltes  Platin  zurückbleibt.  Der  ganze  Ap- 
parat wird  zum  Schmelzen  des  Chlorbariums  erhitzt,  in  der  Weise,  dasi 
auf  der  Oberfläche  des  Thonzelleninhalts  sich  eine  feste  Salzkruste  bil- 
det, welche  die  Berührung  des  sich  abscheidenden  Metalls  mit  der  Luft 
verhindert.  Das  bei  der  Elektrolyse  sich  abscheidende  Barium  bildet 
keinen  Regulus,  sondern  ein  feinzertheiltes  Pulver,  vielleicht  weil  es  in 
Berührung  mit  dem  Pfeifenthon  sogleich  Kieselsäure  und  Thonerde  re- 
ducirt,  so  dass  die  einzelnen  Metallkügelchen  sich  mit  einer  Oxydschicht 
überziehen,  welche  das  Zusammenschmelzen  derselben  verhindert. 

Nach  Böttger  wird  auch  Bariumamalgam  erhalten,  indem  man 
eine  gesättigte  wässerige  Lösung  von  Chlorbarium  mit  Natriumamalgam 
schüttelt;  es  scheidet  sich  festes  Bariumamalgam  ab. 

Das  Barium  wird,  nach  Clarke,  in  kleinen  Kugeln  erhalten,  wenn 
Baryt  in  einem  Schüsselchen  aus  Kohle  in  einer  Knallgasüamme  aas 
3  Vol.  Wasserstoff  auf  1  Vol.  Sauerstoff  erhitzt  wird.  Es  lässt 
sich  auch  durch  Einwirkung  von  Kaliumdämpfe  auf  Baryt  oder  Chlor- 
barium darstellen,  wie  H.  Davy  zuerst  zeigte.  Begnault  verfahrt 
hierbei  in  der  Weise,  dass  er  in  einen  an  beiden  Seiten  offenen  Flinten- 
lauf Platinschiffchen  mit  Baryt  bringt,  und  danach  einige  Stücke  Ka- 
lium. Der  Flintenlauf  wird  nun  an  der  Seite,  wo  sich  das  Kalium  be- 
findet, mit  einem  Apparat  verbunden,  aus  welchem  reines  und  trockenes 
Wasserstoffgas  strömt.  Sobald  dadurch  alle  Lufl  ausgetrieben  ist»  wird 
die  Stelle,  wo  der  Baryt  liegt,  zum  starken  Rothglühen  erhitzt,  worauf 
auch  bald  das  Kalium  sich  verflüchtigt,  dessen  Dampf  den  Baryt  redu- 
cirt.  Nachdem  dann  durch  den  Apparat  bis  zum  vollständigen  Erkal- 
ten noch  Wasserstoff  geleitet  ist,  findet  man  in  dem  Platinschiffchen  ein 
Gemenge  von  Kali  mit  Barium ;  das  letztere  wird  mit  Quecksilber  aus- 
gezogen, und  das  Amalgam  abdestillirt. 

Das  Barium  ist  nach  Davy  silberweiss,  schwach  glänzend,  nach 


*)  Chem.    Soc.  Qu.  J.   T.  VIII,  p.  294;  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXVII,  S. 
494;  Jahresber.  v.  Lieb  ig  u.  Kopp  1866,  S.  823. 


Barium,  Bestinimung  und  Erkennung  desselben.   647 

Clarke  yon  der  Farbe  des  Eisens,  nach  Matthiesen  ist  es  ein  gelbes 
Pnlver.  Es  ist  schwerer  als  Wasser  und  sinkt  trotz  der  anhängenden 
Gasbläschen  selbst  in  concentrirter  Schwefelsäure  schnell  zu  Boden. 
Nach  Dayy  ist  das  Metall  ductil,  lässt  sich  aber  nur  schwierig  zu 
Platten  ausdrucken.  Es  schmilzt  unter  der  Glühhitze,  lässt  sich  aber 
nicht  destilliren.  Es  oxjdirt  sich  an  der  Luft  schnell  und  unter  Er- 
hitzung, und  zersetzt  das  Wasser  rasch  und  bei  gewöhnlicher  Tempe- 
ratur; an  der  Luft  erhitzt  verbrennt  es  mit  dunkelrothem  Licht  (Davy), 
▼or  dein  Knallgasgebläse  (nach  Glarke)  mit  grünlicher  Flamme.    Fe. 

Barium,  Bestimmung  und  Erkennung  dessel- 
ben« Von  den  Barytsalzen  lösen  sich  einige  neutrale,  so  wie  verschie- 
dene saure  Verbindungen  in  Wasser,  andere  werden  erst  durch  Zusatz 
verdünnter  Säuren  löslich;  nur  der  schwefelsaure  Baryt,  der  kieselsaure 
Baryt  und  das  Barinm-Siliciumfluorid  sind  auch  in  Säuren  nicht  oder  nur 
wenig  löslich.  Die  letztere  Verbindung  wird  durch  Glühen  für  sich  zersetzt, 
indem  Fluorbarium  zurückbleibt,  das  leicht  in  Säuren  löslich  ist;  kiesel- 
saurer Baryt  wird,  wie  andere  Silicate,  leicht  durch  Glühen  mit  Alka- 
lien aufgeschlossen;  auch  das  schwefelsaure  Salz  giebt  beim  Schmelzen 
mit  kohlensaurem  Kali-Natron  schwefelsaures  Alkali,  welches  sich  mit 
heissem  Wasser  ausziehen  lässt,  während  nach  dem  raschen  Abfiltriren 
kohlensaurer  Baryt  zurückbleibt;  auch  durch  Kochen  mit  gelöstem 
kohlensauren  Alkali  findet  diese  Umsetzung  des  schwefelsauren  Baryts 
statt,  doch  ist  sie-  nie  vollständig,  weil  namentlich  in  der  Kälte  aus  ge- 
löstem schwefelsauren  Alkali  und  kohlensaurem  Baryt  sich  rückwärts 
wieder  dessen  Sulphat  bildet  Durch  Glühen  in  einem  Strom  von 
Wasserstoff  oder  Kohlenstoff  wird  der  schwefelsaure  Baryt  zu  Schwefel- 
bariam  reducirt,  und  dadurch  in  Wasser  und  Säuren  vollständig  löslich. 

Kalihydrat  fällt  die  gelösten  Barytsalze  nur  in  ganz  concentrir- 
ten  Lfösungen,  der  weisse  Niederschlag,  Barythydrat,  löst  sich  auf  Zusatz 
von  Wasser  leicht  auf,  nur  wenn  kohlensaurer  Baryt  eingemengt  war, 
bleibt  dieser  hierbei  zurück. 

Ammoniak,  wenn  es  kohlensäurefrei  ist,  fällt  selbst  die  concen- 
trirten  Barytlösungen  nicht. 

Die  einfach -kohlensauren  Alkalien  fällen  die  Barytsalze 
▼ollständig,  der  weisse  Niederschlag,  kohlensaurer  Baryt,  löst  sich  in 
verdünnter  Salzsäure  leicht  unter  Aufbrausen. 

Doppelt-kohlensaure  Alkalien  fällen  sogleich  concentrlrte, 
aber  erst  beim  Kochen  verdünnte  Lösungen  von  Barytsalzen,  der  Nieder- 
schlag ist,  nach  H.  Hose,  einfach-kohlensaurer  Baryt;  nach  Boussin- 
gaalt  und  Laurent  giebt  aber  anderthalb-kohlensaures  Natron  (Urao) 
einen  Niederschlag  von  anderthalb-kohlensaurem  Baryt  (2Ba0.3GO*i 
+  »O). 

Phosphorsaures  Natron  giebt  einen  weissen  Niederschlag  von 
phosphorsaurem  Baryt,  der  sich  in  Salz-  oder  Salpetersäure  leicht  löst, 
und  durch  Ammoniak  aus  dieser  Lösung  gefällt  wird.  Aehnlich  ver- 
halten sich  arsensaures  und  borsaures  Alkali. 

Jodsaures  Natron  in  kalter  concentrirter  Lösung  fällt  die 
Barytsalze  sogleich,  der  weisse  körnige  Niederschlag  ist  in  Salzsäure 
loslich. 

Freie  Oxalsäure  oder  saures  oxalsaures  Alkali  fällt  nur 
ganz  concentrlrte  Barytlösungen ;  neutrales  oxalsaures  Salz  bringt  auch 


648  Barium,  Bestimmung  und  Erkemiung  desselben. 

in  mäasig  Terdünnten  Lösungen  noch  einen  Niederschlag  hervor,  tber 
nicht  in  ganz  yerdönnten. 

Neutrales  hernsteinsaures  Alkali  fallt  die  BarytnlM 
je  nach  der  Concentration  der  Losungen  schneller  oder  langftuner. 

Ferrocyankalinm  fällt  die  nicht  zu  stark  verdünnten  Barjtp 
salze,  Ferridcjankalinm  nur  die  concentrirten  Lösungen.  Ueher- 
chlorsäure,  Schwefelwasserstoff  und  Seh wefelannmoniam 
bringen  in  den  Barytsalzen  keinen  Niederschlag  hervor. 

Der  schwefelsaure  Baryt  ist  die  unlöslichste  Barytverbindung,  freie 
Schwefelsäure  wie  schwefelsaure  Salze  fällen  doher  selbst  verdfinnte 
Barytsalze ;  ist  in  der  Flüssigkeit  nur  eine  Spur  von  Baryt^alz  vorhan- 
den, so  giebt  Schwefelsäure  wenigstens  nach  einiger  Zeit  eine  TrObnng 
von  schwefelsaurem  Baryt.  Selbst  die  Lösungen  von  dem  schwerlösli- 
chen schwefelsauren  Kalk  und  schwefelsauren  Strontian  fällen  die  Baryt- 
salze. Der  aus  den  Barytsalzen  erhaltene  weisse  Niederschlag  ist  in 
Wasser  und  selbst  in  verdünnten  Säuren  so  gut  wie  unlöslich.  Auch  die 
chromsauren  Salze  fällen  die  Barytsalze,  der  gelbliche  Niederschlag 
ist  sehr  unlöslich  in  Wasser  und  wenig  löslich  in  verdünnten  Säuren; 
nur  durch  einen  grossen  Ueberschuss  von  Salpetersäure  wird  er  gelost, 
auf  Zusatz  von  Ammoniak  fällt  er  wieder  nieder. 

Kieselfluorwasserstoffsäute  fällt  die  Barytsalse  weiss;  der 
krystallinische  Niederschlag,  der  sich  aus  verdünnten  Flüssigkeiten  erst 
nach  einiger  Zeit,  schneller  beim  Erhitzen  abscheidet,  ist  in  Wasser 
wie  in  verdünnten  Säuren  kaum  lösliches  Kieselfluorbarinm  S  BaF 
-|-  2  SiFa;  auf  Zusatz  von  Alkohol  wird  es  aus  der  wässerigen  Flüssig- 
keit vollständig  abgeschieden. 

Die  schmelzbaren  Barytsalze  färben,  am  Platindraht  in  der  Löth* 
rohrflamme  erhitzt,  die  äussere  Flamme  zeisiggrün  oder  gelblichgrün; 
kohlensaurer  und  schwefelsaurer  Baryt  färben  die  Flamme  weniger  in- 
tensiv; Barythydrat  färbt  sie  gelblich.  Die  Barytsalze,  welche  keine 
Metallsäure  enthalten,  schmolzen  mit  Soda  auf  Platinblech  in  der  äusse- 
ren Löthrohrflamme  zu  einem  durchsichtigen  Glas,  das  sich  beim  Er- 
kalten trübt,  auf  Kohle  geschmolzen  zieht  sich  das  Gemenge  in  diese 
hinein. 

Die  Barytsalze  zeigen  in  manchen  Beziehungen,  namentlich  im 
Verhalten  gegen  Schwefelsäure,  grosse  Aehnlickheit  mit  den  Strontian- 
salzen,  zum  Theil  auch  mit  den  Kalksalzen ;  sie  unterscheiden  sich  von 
den  Strontiansalzen  aber  leicht  durch  das  Verhalten  gegen  chromsanre 
Salze,  gegen  Kieselflusssäure,  und  dadurch,  dass  sie  von  gelöstem 
schwefelsauren  Strontian  getrübt  werden,  und  durch  die  wesentlich 
verschiedene  Färbung  der  Löthrohr-  und  der  Weingeistflamme,  nament- 
lich bei  dem  salpetersauren  Salz  und  dem  Chlormetall.  Von  den  Kalk- 
salzen unterscheiden  die  Barytsalze  sich  noch  Überdies  durch  das  Ver- 
halten gegen  Oxalsäure. 

Auch  die  Eigenschaften  des  Chlorbariums,  welches  luflbest&ndige 
tafelförmige  Krystalle  bildet,  die  in  Alkohol  fast  unlöslich  sind,  unter- 
scheiden dieses  von  den  hygroskopischen  und  in  Alkohol  leichter  lös- 
lichen Chloriden  des  Strontiums  und  Calciums.  Aehnliohe  Unterschiede 
wie  die  Chloride  zeigen  auch  die  salpetersauren  Salze. 

Die  Unlöslichkeit  des  schwefelsauren  Baryts  in  Wasser  und  selbst 
in  verdünnten  Säuren  bietet  ein  Mittel,  den  Baryt  durch  Fällen  ans 
seinen  gelösten  Verbindungen  mit  grosser  Schärfe  zu  bestimmen.    Die 


Barium,  Bestimmung  und  Erkennung  desselben.    649 

nicht  2a  concentrirte  Lösang  der  Barytverbindang  in  Wasser  oder  ver« 
dOnnter  Sänre,  Salzsüiire  oder  Essigsäare,  wird  bis  auf  lOO^C.  oder 
nahe  zum  Sieden  erwärmt,  worauf  man  die  nöthige  Menge  Schwefel- 
fläare  zusetzt.  Man  lässt  die  trübe  Flüssigkeit  einige  Stunden  in  ge« 
linder  Wärme  stehen,  bis  die  Flüssigkeit  klar  Über  dem  Niederschlag 
ftCeht;  die  erstere  wird  vorsichtig  auf  ein  Filter  gegossen,  so  zwar, 
dass  von  dem  Niederschlag  nichts  darauf  kommt,  weil  von  dem  fein 
vertheilten  Salze  etwas  durch  das  Filter  gehen,  und  das  Filtrat  leicht 
trübe  machen  würde.  Nach  dem  Abgiessen  der  klaren  Flüssigkeit  wird 
der  Rückstand  mit  etwas  heissem  Wasser  angerührt,  oder  damit  erwärmt, 
nnd  nach  vollständigem  Absetzen  die  klare  Lösung  wieder  abfiltrirt.  Das 
gleiche  Verfahren,  Anrühren  mit  heissem  Wasser  und  Absetzenlassen 
wird  noch  einige 'Male  wiederholt,  worauf  dann  zuletzt  auch  der  Nieder- 
schlag auf  das  Filter  gebracht  wird.  Nach  dem  Auswaschen  wird  der 
schwefelsaure  Baryt  geglüht  und  gewogen.  Eine  theil weise  Reduction 
des  Salzes  zu  Schwefelbarium  durch  die  Kohle  des  Filters  ist  bei  Be- 
rührung mit  der  Luft  nicht  zu  befürchten.  Sollte  das  Filtrat  von 
sehwefelsaurem  Baryt  bei  Benutzung  von  sehr  porösem  Filterpapier 
trübe  dnrchÜiessen,  so  ist  der  Zusatz  von  Salmiaklösung  zweckmässig. 

Bei  der  Fällung  des  schwefelsauren  Baryts  kommen  nur  kleine 
Fehler  zweierlei  Art  vor;  einerseits  fällt  mit  dem  schwefelsauren  Baryt 
leicht  auch  salpetersaurer  Baryt  oder  Chlorbarium  in  geringer  Menge 
nieder,  andererseits  löst  sich  eine  kleine  Menge  des  schwefelsauren 
Salzes  in  der  freien  Säure. 

Enthält  die  Barytlösung  Salpetersäure,  so  fällt  fast  immer  mit  dem 
schwefelsauren  auch  etwas  salpetersaurer  Baryt  als  ein  schwer  lösli- 
ches Doppelsalz  nieder,  was  die  Bestimmung  der  Schwefelsäure  durch 
Barytsalze  weniger  genau  macht,  als  die  Bestimmung  von  Baryt  durch 
Schwefelsäure.  Man  muss  daher  die  nicht  zu  concentrirte  Flüssigkeit 
mit  überschüssiger  Schwefelsäure  in  der  Wärme  fällen.  Sollte  der  aus- 
gewaschene Niederschlag  nach  dem  Glühen  freien  Baryt  enthalten,  so 
müsste  er  nochmals  mit  Schwefelsäure  befeuchtet  und  erhitzt  werden. 

Auch  beim  Fällen  von  Ghlorbarium  mit  Schwefelsäure  fällt  zu- 
weilen ein  Theil  Chlorbarium  mit  nieder,  selbst  wenn  in  der  Wärme 
nnd  mit  überschüssiger  Säure  gefällt  wurde,  namentlich  bei  Anwendung 
von  concentrirten  Flüssigkeiten.  Man  muss  bei  Bestimmung  von  Baryt 
nur  verdünnte  Flüssigkeiten  anwenden,  und  jedenfalls  mit  überschüssi- 
ger Schwefelsäure  erwärmen. 

Gefällter  schwefelsaurer  Baryt  löst  sich  in  geringer  Menge  in 
starker  Salpetersäure  und  in  Königswasser ;  nach  Siegle^s^)  Versuchen 
löst  er  sich  auch  etwas  in  verdünnten  Säuren,  namentlich  in  der  Wärme, 
weniger  in  Essigsäure  als  in  Chlorwasserstoff-  oder  Salpetersäure.  Die 
zn  fällende  Barytlösung  darf  daher  nicht  zu  viel  freie  Säure  enthalten. 

Der  Baryt  lässt  sich  durch  die  Unlöslichkeit  des  schwefelsauren 
Salzes  leicht  von  den  meisten  Übrigen  Basen  trennen,  namentlich  von 
den  Alkalien,  von  den  Erden  und  den  mebten  Metalloxyden,  mit  Aus- 
nahme des  Bleiozyds,  dessen  schwefelsaures  Salz  auch  kaum  löslich  ist. 
Von  diesem  Oxyd,  wie  Überhaupt  von  den  aus  sauren  Auflösungen  durch 
Schwefelwasserstoff  und  von  den  aus  neutralen  Lösungen  durch  Schwe- 
felammoninm  fällbaren  Metallen,  lässt  es  sich  auch  durch  diese  Bea- 


^)  Jonrn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXIX,  S.  144. 


^ 


650  Bariumbromid. 

gentien  trennen;  von  Thonerde,  Eisenoxyd  und  anderen  O^den  dorck 
Fällen  mit  Ammoniak.  Das  Schwefelammonium  und  das  Ammoniak 
müssen  jedoch  frei  von  Kohlensäure  und  Schwefelsäure  sein,  die  Nie- 
derschläge müssen  rasch  abfiltrirt  und  mit  heissem  Wasser,  nöthigen- 
falls  mit  Zusatz  von  Schwefelammonium  oder  Ammoniak,  ausgewaschen 
werden,  worauf  das  Filtrat  nach  dem  AnsäuMTi  mit  Schwefelsäure  aas* 
gefällt  wird. 

Bei  der  Unlöslichkeit  oder  geringen  Löslichkeit  der  schwefelsau- 
ren Salze  Yon  Strontian  und  Kalk  worden  bei  gleichzeitiger  Anwesen- 
heit von  Strontian-  oder  Kalksalzen  deren  Sulphate  dem  schwefelsanren 
Baryt  beigemengt  werden.  Um  Baryt  von  Strontian  zu  trennen,  wird 
daher  am  besten  die  Lösung  der  Salze  in  verdünnter  Salzsäure  mit  Eje- 
selfluorwasserstoffsänre,  die  frisch  bereitet  ist,  oder  wenigstens  nicht  zb 
lange  in  Glasgefässen  aufbewahrt  war,  versetzt,  worauf  noch  Alkohol  zo> 
gefügt  wird,  weil  Kieselflnorbarium  in  Wasser  etwas  löslich,  dagegen  in 
Alkohol  ganz  unlöslich  ist.  Der  krystallinische  Niederschlag,  der  sich 
aus  verdünnten  Lösungen  erst  in  einigen  Stunden  vollständig  absetzt, 
was  durch  Erhitzen  beschleunigt  werden  kann,  wird  auf  ein  gewogenes 
Filter  gebracht,  und  nach  dem  Auswaschen  getrocknet  und  gewogen; 
die  Zusammensetzung  des  trockenen  Salzes  ist  =  3  Ba  F  -f-  2  SiFj, 
wornach  sich  der  Gehalt  an  Baryt  berechnet 

Der  Baryt  kann  von  Strontian  so  getrennt  werden,  das«  die  ver- 
dünnte neutrale  wässerige  Lösung  mit  chromsaurem  Kali  gefällt  wird, 
wobei  nur  chromsaurer  Baryt  sich  niederschlägt,  während  das  Strcm- 
tiansalz  nicht  gefällt  wird.  Diese  Methode  ist  aber  ungenau,  da  aoch 
der  chromsaure  Baryt  nicht  ganz  unlöslich  in  Wasser  ist.  Ebenso  giebt 
die  Trennung  von  Chlorbarium  und  Chlorstrontiura  durch  absoluten  Al- 
kohol ungenügende  Resultate,  da  auch  Chlorbarinm  (s.  d.  Art.  S.  652) 
darin  sich  etwas  löst 

Vom  Kalk  kann  der  Baryt  wie  vom  Strontian  in  der  angegebe- 
nen Weise  durch  Kieselfluorwasserstoffsäure  getrennt  werden,  oder  da- 
durch, dflss  man  die  stark  verdünnte,  mit  ChlorwasserstoiTs&are  ange- 
säuerte Lösung  mit  verdünnter  Schwefelsäure  fällt,  und  den  Nieder^ 
schlag  durch  Auswasehen  vollständig  von*  Kalk  befreit.  Da  schwefel- 
saurer Kalk  in  heissem  Wasser  nicht  merkbar  löslicher  ist  als  in  kal- 
tem, so  ist  es  nicht  nöthig,  den  Niederschlag  mit  heissem  Wasser  aus- 
zuwaschen. Die  Gegenwart  freier  Salzsäure  ist  zweckmässig,  weil  das 
Kalksalz  sich  darin  etwas  leichter  löst  als  in  reinem  Wasser. 

Die  Trennung  des  Baryts  von  Kalk,  indem  man  die  Ghlormetalle 
oder  die  salpetersauren  Salze  mit  absolutem  Alkohol  behandelt,  der 
Ghlorcalcium  oder  salpetersauren  Kalk  leicht  löst,  giebt,  weU  die  ent- 
sprechenden Barytverbindungen  nicht  ganz  unlöslich  sind,  weniger  ge- 
naue Resultate  als  die  Fällung  mit  Schwefelsäure  in  verdünnten  Lö- 
sungen. 

Aus  in  Wasser  oder  Säuren  löslichen  organbchen  Verbindongen 
wird  der  Baryt  durch  Zusatz  von  Schwefelsäure  leicht  abgeschieden. 
In  der  Asche  der  organischen  Substanzen  lässt  sich  der  Baryt  leicht 
in  der  oben  angegebenen  Weise  nachweisen.  Fe. 

Bariumbromid.  Brombarium.  Bromefxm  Barii  %,  hanfti- 
cum.  Die  Formel  des  wasserfreien  Salzes  ist  Ba  Br,  des  krystallisirien 
BaBr  4*  2  *q«     I^ÄS  Brombarium  wird  durch  Sättigen  von  Barytwas- 


Bariumchlorid.  65 1 

ser,  Schwefelbarium  oder  kohlensaurem  Baryt  mit  Bromwasterstoff  dar- 
gestellt, oder  aas  Schwefelbarium  mit  freiem  Brom ,  wobei  sich  Schwe- 
fel abscheidet;  beim  Sätligen  von  Barytwasser  mit  Bropn  bildet  sich 
bromsaurer  Baryt  (s.  d.  Art.)  neben  Brombarium,  welches  letztere  Salz 
in  der  Mutterlauge  bleibt. 

Das  wasserhaltende  Brombariuro,  BaBr  -|-  2  aq.,  krystallisirt  ans 
seinen  wässerigen  Lösungen  in  farblosen,  durchsichtigen,  rhombischen 
Tafeln,  die  Krystalle  sind  denen  des  wasserhaltenden  Chlorbariums  iso- 
niorph;  das  Salz  schmeckt  ähnlich  dem  Chlorbarium,  »\it  herber;  es 
zeigt  sich  in  seinem  Verhalten  der  letzteren  Verbindung  sehr  ähnlich, 
nur  löst  es  sich  leichter  in  Wasser,  und  ist  selbst  in  absolutem  Alko- 
hol sehr  leicht  löslich,  wodurch  es  von  Chlorbarium  getrennt  werden 
kann;  1  Thl.  wasserfreies  Salz  löst  sich  bei  O^G.  in  1,02;  bei  200C.  in 
0,96  Thln.,  bei400C.  in  0,88  Thln.,  bei  60«  C.  in  0,81  Thln.,  bei  800C. 
in  0,74  und  bei  lOO^C.  in  0,67  Thln.  Wasser  (Kremers);  seine 
wässerige  Lösung  färbt  sich  bei  Zutritt  von  Luft  und  Kohlensäure  durch 
freiwerdendes  Brom  gelb.  Fe. 

B  arium  C  h  1 0  r  i  d ,  Chlorbarium,  Barium  chloratum  oder  CA/o- 
reium  Barü  s.  daryticum.  Die  Formel  des  wasserfreien  Salzes  ist  BaGl; 
das  wasserhaltende  Salz,  früher  als  Terra  ponderoaa  saUta  bezeichnet, 
=  BaGl  +  2  aq. 

Das  Bariumchlorid  wird  meistens  aus  dem  schwefelsauren  Baryt 
dargestellt,  zuweilen  durch  Auflösen  von  kohlensaurem  Salz. 

Die  einfachste  und  gewöhnlichste  Methode  zur  Darstellung  des 
Chlorids  aus  dem  schwefelsauren  Salz  ist  eine  indirecte,  indem  das 
letztere  durch  Glühen  mit  Kohle  oder  anderen  reducirenden  Substanzen 
zuerst  in  Bariumsulfuret  (s.  d.  Art.)  verwandelt  wird;  das  hierbei  erhal- 
tene rohe  Schwefelbarium  wird  mit  3  bis  4  Thln.  Wasser  gekocht,  und 
dann  allmälig  gewöhnliche  Salzsäure  zugesetzt,  bis  die  Flüssigkeit  neu- 
tral oder  schwach  sauer  ist;  man  setzt  dann  noch  etwas  Schwefelbarium 
bis  zur  schwach  alkalischen  Reaction  zu,  damit  die  etwa  vorhandenen 
schweren  Metalle,  Blei,  Kupfer  Eisen  und  Mangan,  und  auch  Thonerde 
gefallt  werden;  das  Filtrat  wird  zur  Trockne  abgedampft,  in  kochen- 
dem Wasser  gelöst  und  umkrjstallisirt,  wobei,  wenn  die  Flüssigkeit 
etwas  alkalisch  reagiren  sollte,  zuvor  durch  Zusatz  von  Salzsäure  neu- 
tralisirt  wird. 

Um  direct  den  schwefelsauren  Baryt  in  Chlorbarium  zu  verwan- 
deln, werden  gleiche  Aequivalente  Schwerspath  und  wasserfreies  Chlor- 
ealcium  (2  Thle.  des  ersteren  auf  1  Thl.  des  letzteren)  in  einem  Tie- 
gel bei  fiiothglühhitze  etwa  eine  Stunde  lang  geschmolzen,  worauf  eine 
Probe  an  der  Luft  nicht  mehr  feucht  werden  darf.  Die  geschmolzene 
Masse  wird  ausgegossen,  nach  dem  Erkalten  gepulvert,  darauf  mit  dem 
6-  bis  Sfachen  kochendem  Wasser  Übergossen,  einige  Mal  aufgekocht, 
worauf  das  Ganze  durch  ein  dichtes  Leintuch  oder  Papier  schnell  fil- 
trirt  und  dann  zur  Krystallisation  abgedampft  wird.  Die  geglühte 
Masse  enthält  neben  Chlorbarium  wasserfreien  schwefelsauren  Kalk; 
sie  muss  nach  dem  Behandeln  mit  Wasser  bald  filtrirt  oder  abgegos- 
sen werden,  weil  sich  sonst  wieder  schwefelsaurer  Baryt  und  Chlor- 
calciom  bildet,  doch  erfolgt  diese  Umsetzung  nur  allmälig,  da  der  ge- 
glühte wasserfreie  schwefelsaure  Kalk  sich  nur  langsam  löst. 

Nach  Duflos  wird  das  Gemenge  von  2  Thliit  Schwerspath  und 


652  Bariumchlorid. 

1  Thl.  Chlorcalcium  mit  Zusatz  yon  Yf  Thl.  EienrnsB  geglüht,  woranf 
die  Masse  wie  angegeben  behandelt  wird;  es  bildet  sich  hier  neben 
Chlorbarium  Schwefelcalcinm,  welches  letztere  in  der  Mutterlauge  bleibt 
Die  Zersetzung  kann  auch  durch  Zusatz  von  Eisen  begünstigt  werden; 
man  mengt  2  Thle.  Schwerspath  und  2  Thle.  Eisenfeile  mit  1  TU. 
Chlorcalcium  und  etwas  Wasser,  dampft  zur  Trockne  und  glüht  dann 
in  einem  eisernen  Tiegel  kurze  Zeit,  die  geschmolzene  Masse  wird  nach 
dem  Erkalten  und  Pulvern  mit  Wasser  ausgezogen,  das  Filtrat  zur  Zer- 
setzung Yon  etwas  Schwefelbarium  mit  Salzsäure  versetzt  und  durch 
Eindampfen  krystallisirt  (A.  d'Heureuse). 

In  neuerer  Zeit  wird  das  Chlorbarium  zuweilen  auch  im  Grossen 
durch  Auflösen  des  natürlichen  kohlensauren  Baryts  (s.  Witherit)  in 
Salzsäure  dargestellt  und  dann  durch  Umkrystalüsiren  gereinigt 

Das  rohe  Chlorbarium,  wie  es  in  den  Handel  kommt,  enthalt  mei* 
stens  etwas  Eisen,  zuweilen  Spuren  Kupfer  und  Blei,  häufig  Chlorstron- 
tium und  namentlich  Chlorcalcium.  Die  schweren  Metalle  können  ans 
der  Lösung  durch  Znsatz  von  wenig  Schwefelbarium  gefüllt  werden,  das 
Eisenoxyd  durch  Digeriren  mit  kohlensaurem  Baryt;  dadurch  wird  anch 
das  Chlorcalcium  zersetzt  und  als  Carbonat  gefüllt  (Henry  WnrtzX 
aber  langsam;  rascher,  wenn  man  die  Lösung  des  unreinen  Chlorba- 
riums mit  Barytwasser  versetzt  und  dann  Kohlensäure  hineinleitet 
(Gibbs).  Chlorstrontium  und  Chlorcalcium  können  auch  durch  Wa- 
schen mit  Alkohol  entfernt  werden. 

Aus  der  wässerigen  Lösung  krystallisirt  immer  wasserhaltendes 
Chlorbarium,  Ba€l  -f-  2  aq.,  in  wasserhellen,  farblosen,  flachen,  vier- 
seitigen Tafeln,  welche  dem  zwei-  und  zweigliedrigen  System  angehö- 
ren,   und  den  Schwerspathkrystallen  ähnlich  sind;   die  Winkel  sind 

00  P  :  00   P  =  980   20';  OP  :  V«  P  «>    =  l^^o  85';  OP  :  V«  ^  » 
=  140^  57'.     Die  Krystalle  schmecken  unangenehm  bitter  und  scharf 
salzig,  sie  wirken  ekelerregend  und  giftig;  ihr  specif.  Gewicht  ist  2,66 
nach  Filhol,  8,05  nach  Joule  und  Playfair,  ihre  cubische  Ausdeh- 
nung von  00  bis  100»  C.  =  0,00987. 

100  Thle.  Wasser  lösen  bei  15oC.  48,5,  bei  105oC.,  dem  Siede- 
punkt der  gesättigten  Lösung,  78 Thle.  krystallisirtes  Salz;  nach  Gay 
Lussac  lösen  100  Thle.  Wasser  bei  OO  =  32,62  Thle.,  und  fiir  jeden 
Grad  darüber  0,2711  Thle.  wasserfreies  Salz  mehr  auf.  Nach  Michel 
und  Kraft  enthält  1  Liter  gesättigte  Lösung  bei  lö^C.  (specif.  Ge- 
wicht =  1,2828)  384,07  Grm.  krystallisirtes  Salz  auf  898,27  Grm. 
Wasser,  oder  328,07  wasserfreies  S^lz  auf  984,27  Grm.  Wasser. 

Chlorbarium  ist  in  Alkohol  schwer  löslich;  1  Thl.  Salz  soll  sieh  in 
400  Thln.  absolutem  Alkohol  lösen;  nach  Fresenius i)  ist  es  noch 
viel  weniger  löslich ,  von  99,8grädigem  Alkohol  braucht  ea,  nach  ihmi 
bei  140C.  etwa  7500  Thle.,  in  der  Siedhitze  4800  Thle.  zur  Lösung. 

Das  krystallisirte  Chlorbarium  verwittert  nicht  an  der  Luft,  bei 
1000  C.  getrocknet  sind  die  Krystalle  aber  wasserfrei;  starker  erhitst, 
schmilzt  das  wasserfreie  Salz  zu  einer  farblosen  durchsichtigen  Masse, . 
die  beim  Liegen  an  der  Luft  durch  Anziehen  von  Feuchtigkeit  nndureb- 
sichtig  wird.  Das  wasserfreie  Chlorbarium  hat  ein  specifisches  Gewicht 
von  8,71,  nach  Karsten  und  Filhol;  es  nimmt  an  der  Luft  wieder 

2  Aeq.  Krystallwasser  auf;  mit  Wasser  zusammengebracht,  verbindet 

1)  AnnaL  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LIX,  S.  127. 


Bariumcyanid.  —  Bariumfluorid.  653 

es  sich  schnell  damit  unter  W&rmeentmckelung.  Leichter  als  für  sich 
schmilzt  das  Chlorbarium  bei  Zusatz  von  Ghlorstrontium,  ein  Gemenge 
beider  zu  gleichen  Aequivalentgewichten  lässt  sich  über  der  Spiritus- 
larope  schmelzen. 

För  sich  wird  das  Chlorbarium  beim  Schmelzen  nicht  zersetzt, 
durch  Wasserdaropf  wird  es  schon  unter  der  Rothglühhitze  zerlegt 
in  Chlorwasserstoff  undBarythydrat;  mit  Schwefel  geglüht,  wird  es  nur 
theilweise  in  Schwefelbarium  umgewandelt  Wasserfreie  Schwefel- 
saure zerlegt  das  wasserfreie  Chlorbarium  in  der  Kälte  nicht.  Beim 
Zusammenschmelzen  mit  Silicaten  soll  es  diese  vollständig  zersetzen,  so 
dass  es  zum  Aufschliessen  derselben  benutzt  werden  kann  (U  enr  y  Wurtz). 

In  concentrirter  Lösung  zersetzt  Chlorbarium  sich  mit  salpeter- 
saurem Natron  in  Chlornatrium  und  salpetersauren  Baryt;  mit  Glyco- 
coll  bildet  es  eine  farblose  krystalllsirbare  Verbindung  (s.  Iste  Aufl. 
Bd.  m,  S.  642);  wird  Chlorbarium  mit  Blut  zusammengebracht,  so 
bleibt  dieses  flüssig  und  fault  nicht,  Blandet^)  glaubt  deshalb,  dass 
es  zu  Injectionen  bei  Cadayem  anwendbar  sei,  um  diesen  das  Anse- 
hen lebender  Körper  zu  erhalten.  Das  Chlorbarinm  ist  die  hauptsäch- 
lichste, als  Reagens  angewendete  Bariumverbindung;  zuweilen  wird 
es  als  Gift  gegen  Ratten  u.  s.  w.  angewendet  Fe, 

Bariumcyanid.  Bariumcyanür,  Cyanbarium.  For- 
mel: Ba€y.  Die  Verbindung  bildet  sich  beim  Sättigen  von  Barytwas- 
ser mit  wässeriger  Blausäure  und  Abdampfen  bei  Abschluss  der  Luft, 
oder  besser  durch  Glühen  von  Ferrocyanbarium  (durch  Fällen  von 
2  Thln.  gelbem  Blutlaugensalz  und  1  Thl.  Chlorbarium  erhalten),  bei 
Abschluss  der  Luft,  Auslaugen  des  Bückstandes  mit  heissem  Wasser, 
und  Abdampfen  des  Filtrats  in  einem  Kolben,  worauf  beim  Erkalten 
der  concentrirten  Flüssigkeit  sich  das  Cyanbarium  abscheidet  Es  ist 
ein  weisses  Salz,  in  Wasser  ziemlich  schwer  löslich  (nach  einer  Angabe 
in  L.  Gmelin's  Handb.  4.  Aufl.  Bd.  IV,  S.  334  leicht  in  Wasser  und 
selbst  in  starkem  Alkohol  in  der  Hitze  ziemlich  leicht  löslich);  die  Lö- 
sung reagirt  alkalisch,  sie  zersetzt  sich  an  der  Luft  durch  Anziehen  von 
Kohlensäure;  beim  Kochen  entweicht  Ammoniak  und  etwas  Cyanwas- 
serstoff. Fe. 

Bariumfluorid.  Wasserfrei :  Ba  F.  Die  Verbindung  schei- 
det sich  ab  beim  Neutralisiren  von  Barytwasser  mit  Fluorwasserstoff^, 
oder  beim  Mischen  der  Lösungen  von  Flaomatriura  mit  salpetersaurem 
Baryt.  Sie  wird  auch  durch  Digeriren  von  frisch  gefälltem,  noch  feuch- 
ten kohlensaurem  Baryt  mit  wässeriger  Flusssäure  erhalten.  Das  Fluor« 
barium  bildet  ein  weisses  kömiges  Pulver  oder,  durch  Abdampfen  aus 
Lösungen  erhalten,  feinkörnige  Krystallrinden.  Es  ist  in  Wasser 
kaom  löslich,  löst  sich  aber  leicht  in  Salpetersäure  sowie  in  Salzsäure 
oder  in  Flusssäure;  beim  Glühen  wird  es  nicht  zersetzt. 

Beim  Vermischen  der  Lösungen  von  Fluorkalium  oder  Fluorna- 
triom  und  Chlorbarium,  so  wie  beim  Fällen  von  in  Salzsäure  gelöstem 
Fluorbarium  mit  Ammoniak  büdet  sich  ein  körniges  Doppelsalz  aus 
Chlorbarinm  mit  Fluorbarium  =  Ba€l  -{-  BaF,  welches  in  Wasser 
viel  löslicher  ist  als  das  reine  Fluorbarium,  .und  beim  Abdampfen 
der  Lösung  in  kömigen  Massen  krystallisirt.     Durch  längeres  Aus- 

^)  Compt.  T«nd.  de  l*M»d.  T.  XXXV,  p.  221. 


1 


654  Barium  hj^eroxyd. 

waschen  mit  Wasser  wird  es  zersetzt,  indem  vorzugsweise  Cblorbariam 
sich  löst,  während  im  Rückstande  hauptsächlich  Fluorbarium  bleibt 
Mit  Fluorbor  und  Fluorsilicium  bildet  das  Fluorbarium  Doppel- 
verbindungen (s.  bei  Borfluorid  und  Kieselfluorid).  Fe. 

Bariumhyperoxyd.  Bariumsuperoxyd.  Formcl:BaO„ 
von  Gay-Lussac  und  Th^nard  zuerst  dargestellt.  Baryt  oder  Baryt- 
hydrat nehmen  bei  nicht  zu  starker  Glühhitze  leicht  noch  1  Aeq.  Sauer- 
stoff auf,  letzteres  unter  Abscheiduug  von  Wasser,  und  gehen  so  in  Hy- 
peroxyd  über.  Zur  Darstellung  des  hohem  Oxyds  wird  daher  Baryt 
in  einer  Röhre  von  Porzellan  oder  schwerschmelzbarera  Glase  zani 
dunkeln  Rotbglühen  erhitzt,  während  man  getrockoete  und  kohlensaare- 
freie  Luft  oder  reinen  Sauerstoff  darüber  leitet,  wobei  das  Oxyd  sich 
leicht  und  vollständig  in  Hyperoxyd  verwandelt.  Barythydrat  schmilst 
zuerst  beim  Erhitzen,  und  absorbirt  den  Sauerstoff  weniger  vollständig. 
Am  vollständigsten  gelingt  diese  Umwandlung  bei  Anwendung  eines 
Gemenges  ^on  Barythydrat  mit  Kalk  und  Magnesia,  weil  die  Masse 
sehr  porös  bleibt,  und  daher  der  Sauerstoff  überall  eindringt. 

Wird  auf  schwach  glühenden  Baryt  nach  und  nach  das  Vierfache 
seines  Gewichts  an  chlorsaurem  Kali  gestreut,  so  bildet  sich  unter  Er- 
glühen Hyperoxyd  neben  Chlorkalium,  welches  letztere  durch  Auswa* 
sehen  mit  Wasser  entzogen  werden  kann,  wobei  aber  das  erstere  als 
Hyperoxydhydrat  zurückbleibt  (Liebig  und  Wähler^). 

Das  Bariumhyperoxyd  ist  ein  graues  Pulver,  es  vertheilt  sich  in 
Wasser,  verwandelt  sich  dabei  aber  in  Bariumhyperoxydhydrat, 
BaO)  -[-  6liO.  Dieselbe  Verbindung  scheidet  Bich  in  permuttergl&n» 
zenden  Krystallen  ab,  wenn  man  Wasserstoffhyperoxyd  mit  concentrir- 
tem  Barytwasser  versetzt;  das  Hydrat  ist  wenig  löslich  in  kaltem  Wi^ 
8er,  beim  Erhitzen  damit  auf  100^  C.  zerlallt  es  in  Barythydrat  und 
freien  Sauerstoff.  In  gleicher  Weise  zersetzt  sich  das  trockene  Barioni- 
hy peroxyd  beim  heftigen  Glühen;  der  dal>ei  zurückbleibende  Baryt 
kann  bei  schwächerer  Glühhitze  durch  Aufnahme  von  Sauerstoff  ach 
wieder  in  Hyperoxyd  verwandeln,  welches  dann  beim  stärkeren  Glühen 
wieder  reines  Sauerstoffgas  entwickelt;  BonssingaultOi  de'  diese £^ 
scheinungen  zuerst  beobachtete,  meint,  dass  dies  Verhalten  ein  Mittel 
abgeben  könne,  um  reinen  Sauerstoff  in  grösseren  Massen  für  techni- 
sche Zwecke  darzustellen ;  man  soll,  nach  ihm,  den  Baryt  in  einer  Rohre 
von  glasirtem  Steingut  dunkelroth  glühend  machen,  dann  einen  Stron 
trockener  und  kohlensäurefreier  Luft  darüber  leiten ;  nach  erfolgter  Ab- 
sorption den  Luftstrom  absperren  und  nun  stärker  glühen ,  wobei  sich 
jetzt  Sauerstoffgas  entwickelt;  nach  beendigter  Gasentwickelung  wird 
bei  erniedrigter  Temperatur  wieder  Luft  über  den  regenerirten  Baryt 
geleitet  und  so  fort.  Reiner  Baryt  soll  auch  bei  wiederholtem  Er- 
hitzen den  Sauerstoff  der  Luft  gleich  leicht  absorbiren,  wenn  eine  ge- 
ringe Menge  Feuchtigkeit  vorhanden  ist;  ist  dagegen  die  Lnft  absolot 
trocken,  so  erfolgt  die  Absorption  schwierig  und  unvollständig.  Ent* 
hält  der  Baryt  Kieselsäure  und  Thonerde,  so  sintert  er  bei  wiederhol- 
tem Erhitzen  immer  mehr  zusammen,  und  nimmt  dann  nur  wenig 
Sauerstoff  mehr  auf.    Am  zweckmässigsten  zeigt  sich  ein  Gemenge  von 


')  Pogg.  Annal.  Bd.  XXVI,  S.  172.  —  •)  Compt.  rend.  de  Tacad.  T.  XXXII, 
p.  261;  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LII,  S.  480;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd. 
LXXX,  S.  230. 


Bariumjodid.  '   656 

Barjthydrat  mit  Kalk  und  Magnesia,  weil  es  durchaus  porös  bleibt 
(Boussinganlt). 

Das  Bariurosuperoxyd  wie  sein  Hydrat  losen  sich  bei  Gegenwart 
▼erdünater  Säaren  in  überschössigem  Wasser  unter  Bildung  von  Baryt* 
salzen  nnd  Wasserstoffhyperoxyd  ohne  £ntwickelung  von  freiem  Sauer- 
stoff. Wird  das  Hyperoxyd  mit  Wasser  und  verdünnten  Säuren  ver- 
setzt bei  Gegenwart  Von  Silbersalzen,  Braunstein,  Bleihyperoxyd,  Pla- 
tin a.  8.  w.,  so  entwickelt  sich  Sauerstoffgas,  und  zwar  aus  dem  Barium- 
hyperoxyd wie  gleichzeitig  aus  den  genannten  Oxyden,  es  treten  hier 
dieselben  Erscheinungen  ein,  wie  bei  dem  Wasserstoff  hyperoxyd  (s. 
d.  Art.). 

Wird  Bariomhyperoxyd  mit  concentrirter  Schwefelf^äure  zusam- 
mengebracht, so  entwickelt  sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur  oder  bei 
gelindem  Erwärmen  Sauerstoffgas;  ist  die  Temperatur  des  Gemenges 
hierbei  nicht  mehr  als  höchstens  50^  bis  60^0.,  so  entwickelt  sich  ein 
Theil  des  Sauerstofis  als  Ozon ,  welches  durch  den  Geruch  wie  durch 
seine  sonstigen  Eigenschaften  leicht  erkennbar  ist.  Steigt  die  T'cmpe- 
ratnr  des  Gemenges  aber  über  70^  C,  so  hat  man  nur  gewöhnlichen 
Saniorstoff  ohne  Beimengung  von  Ozon  (Houzeau  0.  Das  Bariurahy- 
peroxyd  wird  durch  oxydirbare  Körper,  wie  Kohle,  Phosphor,  Schwe- 
fel, Wasserstoff,  Schwefelwasserstoff  u.  s.  w.  natürlich  leicht  zerlegt, 
theils  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur ,  theils  beim  Glühen ;  in 
einem  raschen  Strom  von  trockenem  Kohlenoxydgas  über  einer  grossen 
Spiritoslampe  rasch  erhitzt,  wird  es  weissglühend,  wobei  auf  der  Ober- 
fläche kleine  weisse  glänzende  Flämmchen  hervorbrechen,  wohl  von  der 
Entwickelung  von  Sauerstoff  aus  noch  unzersetzten  Hyperoxydtheilchen 
herrührend.  In  gasförmiger  schwefliger  Säure  erhitzt,  zeigt  sich  die 
Verbrennungsersch  einung  noch  glänzender  (Wo  hl  er').  In  einem 
Strom  von  Kohlensäuregas  erhitzt,  bildet  sich  aus  dem  Hyperoxyd 
kohlensaurer  Baryt  und  freies  Sauerstoffgas.  Mit  organischen  Körpern 
erhitzt,  oxydirt  es  dieselben  natürlich,  und  bewirkt  leicht  eine  vollstän- 
dige Verbrennung  der  Kohle,  daher  Slater')  es-  zum  Einäschern 
schwenrerbrennlicher,  namentlich  Stickstoff  haltender  Substanzen  an- 
wendet (s.  S.  351).  Fe, 

Bariumjodid.  Jodbarium,  Bariumjodür,.7oe20/tim^ants. 
hanfttcum»  Wasserfrei  =  Bai,  wasserhaltend  Bai  -|-  7  aq.  (Cr oft  *). 
Jodwasserstoff  über  glühenden  Baryt  geleitet,  zersetzt  sich  damit  unter 
Fenererscheinung  und  Bildung  von  Jodbarium  und  Wasser.  Das  Jod- 
bariuro  wird  ähnlich  wie  das  Brombarium  aus  Baryt,  Schwefel barium 
oder  kohlensaurem  Baryt  durch  Neutralisiren  mit  Jodwasserstoff  darge- 
stellt, am  zweckmässigsten  durch  Auflösen  von  Jod  in  wässerigem  Schwe- 
felbarium  so  lange  sich  noch  Schwefel  abscheidet;  die  farblose  oder 
schwach  gelbliche  Flüssigkeit  wird,  um  die  Luft  abzuhalten,  rasch  in 
einem  Kolben  eingedampft  und  die  trockene  Masse  in  wenig  heissem 
Wasser  gelöst,  worauf  man  das  Filtrat  bei  Abschluss  der  Luft  erkalten 
lässt.  Das  wasserhaltende  Salz  krystallisirt  in  feinen  Nadeln,  welche 
7  Aeq.  Krystallwasser  enthalten,  sehr  leicht  Feuchtigkeit  anziehen  und 


*)  Compt.  rend.  de  1  acad.  T.  XL,  p.  949;  Journ.  f.  prakt.  Gliom.  Bfl.  LXV,  S.  499. 

*)  Annal.  d.  Chcm  u.  Pharm.  Bd.  LXXVII,  S.  128.  —  ^)  Chem.  Qaz.  1BÖ8, 
8.  68;  Joorn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXV,  S.  258.  —  *)  Ghem.  Gaz.  1866,  p.  126; 
Chem.  Centralbl.  1856,  S.  404;  Joorn.  f.  prakt  Chem.  Bd.  LXVin,  S.  402, 


656  Bariumoxyd. 

cerflieasen,  das  Salz  Ut  auch  in  Alkohol  leicht  löslich.  Bei  Abschlau 
der  Luft  erwärmt,  hinterlassen  die  Krjstalle  wasserfreies  Salz  von  4,91 
speeif.  Gewicht.  Bei  Zutritt  von  Luft  zersetzt  das  Jodbarium  sich  leicht 
schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  unter  Abscheidung  von  Jod;  bei 
Luftzutritt  erhitzt,  zerfallt  es  in  freies  Jod,  das  verdampft,  und  Baryt 
Das  wasserfreie  Salz  kann  dagegen  bei  Lnftabschluss  erhitzt  werden, 
ohne  sich  zu  zersetzen.  Fe. 

Bariumoxyd,  Baryt,  Barjterde,  Schwerspath  oder 
Schwererde,  Terra  ponderosa^  Baryte^  Terre  pesante^  Bartfttt 
(von  ßagvg^  schwer).  Eine  zu  den  Erdalkalien  gehörende  Base.  For- 
mel: BaO.  Der  Baryt  ist  eine  begierig  mit  Säuren  sich  verbindende 
Base,  welche  daher  sich  in  der  Natur  nie  im  freien  Zustande,  sondern 
nur  als  Barytsalz  vorfindet»  hauptsächlich  als  schwefelsaures  Salz  im 
Schwerspath,  und  als  kohlensaures  Salz  im  Witherit,  dann  in  einigen 
anderen  Verbindungen  in  verschiedenen  weniger  häufigen  Mineralien, 
wie  im  Baryt-Harm  otoni  u.  a. 

Scheele  erkannte  zuerst  die  Baryterde  als  eine  eigenthümliche, 
von  der  Kalkerde  verschiedene  Base;  Gähn  zeigte  dann,  dass  sie  einen 
Hauptbestandtheil  des  Schwerspaths  (^Spathtim  ponderosum)  ausmache, 
Bergmann  nannte  sie  deshalb  Schwererde,  Terra  ponderosa;  Kirwan 
gab  ihr  dann  den  Namen  Barytes  (von  ßuQvg^  schwer). 

Bariumoxyd  bildet  sich  rasch  durch  Oxydation  von  Barium  an 
der  Luft  bei  gewöhnlicher  wie  bei  höherer  Temperatur,  sowie  beim 
Zusammenbringen  des  Metalls  mit  Wasser.  Man  erhält  den  Baryt 
durch  Glühen  von  kohlensaurem,  leichter  von  salpetersaurem  oder  jodr 
saurem  Baryt  für  sich,  sowie  beim  starken  Glühen  von  Chlorbarimn, 
und  bei  Weiasglühhitze  selbst  von  schwefelsaurem  Baryt  in  Wasser- 
dampf (Tilghmann).  Zur  Darstellung  von  wasserfreiem  Baryt  veN 
wendet  man  hauptsächlich  das  salpetersaure  Salz,  welches  man  fein 
zerreibt,  scharf  trocknet,  und  dann  in  einem  gut  bedeckten  Tiegel  tos 
Platin  oder  Porzellan,  besser  in  einer  Porzellanretorte  erhitzt,  im  An- 
fang gelinde,  zuletzt  bei  der  heftigsten  Glühhitze,  so  lange  sich  noek 
Gas  entwickelt.  Das  Salz  schmilzt  zuerst,  schäumt  in  Folge  der  Ga^ 
entwickelnng  stark  auf,  und  steigt  bei  nicht  sehr  vorsichtigem  Erhitxen 
leicht  über;  bei  vorgeschrittener  Zersetzung  wird  die  Masse  wieder 
trocken  9  worauf  dann  heftig  geglüht  werden  muss,  um  den  Rest  dal 
salpetrigsauren  Salzes  zu  zersetzen,  welcher  sonst  dem  Baryt  beigemengt 
bleibt  Wird  zu  lange  erhitzt,  so  zieht  das  Oxyd,  besonders  beim  Gli^ 
hen  in  einem  Tiegel,  leicht  Kohlensäure  an,  so  dass  sich  wieder  koh- 
lensaures  Salz  bildet 

Besonders  lästig  ist  immer  das  starke  Aufschäumen  und  leichll 
Üebersteigen  des  geschmolzenen  Nitrats,  was  ein  sehr  langsames  Er- 
hitzen und  die  Anwendung  grosser  Gefösse  nöthig  macht  Um  dieii> 
Uebelstände  zu  vermeiden,  kann  man  in  manchen  Fällen,  wo  die  Ge* 
genwart  des  unlöslichen  schwefelsauren  Baryts  nicht  nachtheilig  ist,  dal 
salpetersaure  Salz  mit  dem  gleichen  bis  dem  doppelten  Gewicht  aa 
Schwerspathpulver  mengen,  und  das  Gemenge  in  einem  hessischen  Ti«»i 
gel,  der  mit  einem  Brei  aus  Schwerspathpulver  und  Wasser  an8gestn*| 
chen  ist,  bringen  und  unter  einer  Decke  von  Schwerspathpulver  glQhea»' 
Man  kann  hier  den  Tiegel  in  einem  Gebläseofen  rasch  und  sogleich 
stark  erhitzen,  ohne  dass  die  Masse  aufschäumt,  da  sie  nicht  flOssig 


i 


Bariumoxydhydrat.  657 

wird;  ans  diesem  Grunde  kann  hierbei  auch  ein  hessischer  Tiegel  be- 
nutzt werden  (Mohr  ^). 

Im  Kleinen  kann  man  Baryt  durch  Glühen  von  jodsaurem  Baryt 
bequem  darstellen,  der  ohne  zu  schmelzen  und  sich  aufzublähen,  leicht 
allen  Sauerstoff  und  alles  Jod  entwickelt,  welches  letztere  noch  aufge- 
fangen und  wieder  benutzt  werden  kann. 

Aus  kohlensaurem  Baryt  erhält  man,  nach  Ab  ich,  durch  Glühen 
im  Porzellantiegel  im  Feuer  des  Gebläseofens  auch  reinen  Baryt;  ge- 
wöhnlich verwendet  man  ein  Gemenge  von  100  Thln.  kohlensaurem  Baryt 
mit  6  bis  10  Thln.  Kohle,  welches  man  fßr  sich  glüht  oder  mit  Hülfe 
von  Kleister,  Oel ,  Theer  n.  dergl.  zu  Kugeln  formt  und  dann  in  einem 
bedeckten  Tiegel  in  einem  Gebläsefeuer  '/4  ^^  ^  Stunde  stark  erhitzt. 
Man  hat,  um  Baryt  für  technische  Zwecke  im  Grossen  darzuHtellen,  den 
natürlichen  Witherit  benutzt,  Leplay  und  Dubrunfaut  stellen  kau- 
stischen Baryt,  den  sie  zur  Scheidung  von  krystailisirbarem  Zucker 
ans  der  Melasse  verwenden,  im  Grossen  dar  durch  Glühen  von  kohlen- 
saurem Baryt  mit  Holzkohlenpulver  3). 

Jacquelain^)  erhielt  auch  reinen  Baryt,  indem  er  ein  Gemenge  von 
gleichen  Theilen  kohlensauren  Baryt  und  kohlensauren  Kalk  in  einem 
Wasserdampfstrom  glühte;  je  nach  der  Temperatur  verloren  von  100  Thln. 
Barytcarbonat  40  bis  50  Thle.,  oder  80  bis  90  Thle.  die  Kohlensäure. 
Kohlensaurer  Baryt  allein  verlor  auf  diese  Weise  keine  Kohlensäure. 

Der  durch  Glühen  aus  dem  Salpetersäuren  Baryt  erhaltene  Baryt 
enthält  leicht  noch  salpetrigsauren  und  kohlensauren  Baryt,  im  Thon- 
tiegel  geglüht  enthält  er  Thonerde,  Elieselsäure  und  Eisen,  in  einem 
Platintiegel  geglüht  Platinoxyd  in  merkbarer  Menge. 

Der  reine  Baryt  ist  eine  grauweisse,  zerreibliche  Masse  von  4,7 
(nach  Karsten),  5,45  specif.  Gewicht  (nach  Filhol),  welche  ätzend 
and  stark  alkalisch  schmeckt  und  giftig  wirkt.  Er  schmilzt  erst  vor  dem 
Knallgaagebläse  oder  im  heftigsten  Edsenfeuer  zu  einer  bleigrauen 
Schlacke.  Elr  zieht  ander  Luft  schnell  Wasser  und  Kohlensäure  an,  und 
zerfallt  dabei;  wird  er  an  der  Luft  schwach  geglüht,  so  nimmt  er  Sauer- 
stoff anfs  und  geht  in  Barium  hyperoxyd  über.  Mit  Wasser  verbindet 
er  sich  zu  Barythydrat,  mit  Alkohol  bildet  er  eine  Verbindung,  BaO. 
C^H^O)  (s.  Bd.  I,  S.  488),  mit  Methylalkohol  ein  anafoges,  BaO. 
CSS4O9  (s.  1.  Aufl.,  Bd.  V,  S.  263).  Durch  Elektrolyse  wird  das 
Bariumoxyd  zerlegt  in  Barium  und  Sauerstoff;  Kalium  entzieht  ihm 
beim  Glühen  den  Sauerstoff;  im  Dampf  von  Schwefelkohlenstoff  erhitzt, 
bildet  sich  kohlensaurer  Baryt  und  Schwefelbaryum.  F«. 

Bariumoxydhydrat,  Barythydrat,  Aetzbaryt  oder 
kaustischer  Baryt,  BaO. HO.  Reiner  frisch  geglühter  Baryt  ver- 
bindet sich  mit  Wasser  besprengt  mit  demselben  unter  starkem  Erhitzen, 
das  selbst  bis  zum  Glühen  und  Schmelzen  des  gebildeten  Hydrats  sich 
steigern  kann.  Die  Umwandlung  des  wasserfreien  Oxyds  in  Hydrat 
erfolgt  unter  starker  Volumsvermehrung ,  die  so  bedeutend  ist,  dass, 
wenn  in  einem  Platintiegel  geschmolzener  Baryt  Wasser  aus  der  Lnft 
anzieht,  der  Tiegel  selbst  zuweilen  ausgedehnt  wird. 

Das  Barythydrat  bildet  mit  Wasser  in  Berührung  eine  krystallisir- 


')  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XXVII,  S.  27.  —    *)   Sillim.    Amer.  Jonrn. 
[2.]  T.  XVI,  p.  276.  —  *)  Compt.  rend.  de  l'acad.  T.  XXXII,  p.  877. 

Huidwdrterbacii  der  Chemie.   3te  Aafl.    Bd.  II.  42 


658  ßariumoxydhydrat 

bare  Krystallwasaer  enthaltende  Verbindung,  BaO.HO  -^  8aq. 
(nach  Filhol  -\-  7  aq.;  nach  H.  Rose  und  Noad  vielleicht  -f"  ^  ^•)* 
Man  erhält  diese  Verbindung,  indem  man  Baryt  in  siedendem  Wauer 
lost,  und  die  gesättigte  Lösung  erkalten  lässt.  Man  kann  hier  zweck- 
mässig das  Gemenge  von  schwefelsaurem  mit  kaustischem  Baryt  ver- 
wenden, welches,  nach  Mohr 's  Vorschlag,  durch  Glühen  von  salpeter- 
saurem mit  schwefelsaurem  Baryt  erhalten  wird.  Oder  man  glüht  für 
diesen  Zweck  ein  inniges  Gemenge  von  1  Tbl.  salpetersaurem  Baryt 
mit  ^/s  Thln.  Eisen,  welches  man  löffelweise  in  einen  rothgluhenden 
Thontiegel  einträgt;  die  Masse  wird  erhitzt,  bis  sie  nicht  mehr  schäumt, 
dann  herausgenommen,  und  nach  dem  Zerstossen  mit  Wasaer  ausge- 
kocht, wobei  Eisenoxyd  zurückbleibt  (Artus). 

Am  häufigsten  wird  das  Barythydrat  durch  Erhitzen  des  gelosten 
Barinmsulfurets  (s.  d.  Art)  mit  Kupferoxyd  (Kupferhammerschlag)  dar- 
gestellt, bis  eine  abfiltrirte  Probe  Bleisalze  nicht  mehr  schwarz,  son- 
dern rein  weiss  fallt. 

Darcet  hatte  früher  angegeben,  dass  man  das  Barythydrat  aoch 
beim  Zersetzen  von  Barytsaizen  mit  Kalihydrat  erhalten  könne;  Mohr^) 
giebt  nun  folgende  einfache  Methode  zur  Darstellung  dieses  Hydrais. 
Eine  reine  Aetznatronlauge  von  1,10  bis  1,15  specif.  Gewicht,  deren 
Gehalt  an  Natron  durch  Titriren  genau  bestimmt  ist,  wird  zum  Sieden 
erhitzt,  und  dann  die  äquivalente  Menge  von  fein  zerriebenem  salpeter- 
sauren Baryt  unter  fortgesetztem  Sieden  zugefügt;  nöthigenfalls  wird« 
um  alles  zu  lösen,  Wasser  in  kleinen  Mengen  zugesetzt;  hierbei  bleibt 
nur  etwas  kohlensaurer  oder  vielleicht  auch  etwas  schwefelsüarer  Ba- 
ryt ungelöst.  Die  siedende  Flüssigkeit  wird,  wenn  nöthig,  durch  ein 
gefaltetes  Filter  möglichst  rasch  in  eine  verschliessbare  Flasche  filtrirt; 
beim  Erkalten  bildet  sich  eine  reichliche  Krystallisation  des  wasserhal- 
tenden Barythydrats,  welche»  durch  AbfUtriren  und  Abtropfen,  oder 
zweckmässig  mit  Hülfe  einer  Gentrifugalmaschine  von  der  Mutterlauge 
möglichst  vollständig  befreit  wird.  Die  Krystalla  enthalten  dann  nnr 
noch  sehr  wenig  saipetersaures  Salz  eingemengt;  um  sie  ganz  davon  zn 
befreien  für  Fälle,  wo  das  Hydrat  absolut  rein  sein  soll,  werden  sie 
durch  Umkrystallisiren  gereinigt. 

Statt  salpetersauren  Baryt  kann  man  Chlorbarium  nehmen,  nur 
wird  die  Gregenwart  von  Chlornatrium  bei  der  Anwendung  des  Baiyta 
öfterer  hindernd  sein,  als  die  des  salpetersauren  Salzes. 

Das  krystallisirte  Barythydrat  bildet  wasserhelle,  vier-  oder  sechs- 
seitige, mit  4  Flächen  zugespitzte  Säulen,  sie  lösen  sich  bei  15®  C.  in 
20  Thln.,  in  der  Siedhitze  in  2  Thln.  Wasser  (nach  Bineau  enthüt 
die  bei  IS^C.  gesättigte  Lösung  auf  29  Thle.  Wasser  I  Tbl.  Baryt); 
die  wässerige  Lösung  wird  als  Barytwasser  bezeichnet,  sie  reagirt 
stark  alkalisch,  ist  ätzend,  wird  nicht  durch  Weingeist  gefallt,  sie  zieht 
begierig  Kohlensäure  an  der  Luft  an,  und  bildet  unlösliches  kohlen- 
saures Salz,  welches  sich  zunächst  als  ein  Häutchen  auf  der  Oberflaehe 
der  Flüssigkeit  abscheidet 

Das  krystallisirte  Barythydrat  schmilzt  auf  100<>C.  erhitzt,  und 
verliert  dabei  2  Aeq.  Wasser;  bis  zum  Rothglühen  erhitzt,  geht  alles 
Krystallwasser fort,  und  es  bleibt  reines  Barythydrat,  BaO.HO,  zurfick, 
welches  beim  Erkalten  krystallinisch  erstarrt;  um  reines  Hydrat  zu  er- 


^)  Arch.  d.  Pharm.  [2.],  Bd.  LXXXVIU,  S.  38;  Chem.  Centralbl.  1856,  S.  8H 


Bariumoxydsalze*  659 

halten,  ist  die  Umwandlung  der  Wasser  haltenden  Verbindung  durch 
Crlfihen  in  wasserfreies  Hydrat  oft  der  bequemste  Weg.  Das  Hydrat  soll, 
für  sich  erhitzt,  erst  bei  Weissglühhitze  etwas  Wasser  abgeben,  leicht 
wenn  es  bei  Zutritt  von  Kohlensäure  .erhitzt  wird,  wo  sich  kohlensaures 
Salz  bildet,  oder  wenn  es  in  einem  Luftstrom  dunkelroth  geglüht  wird, 
wo  unter  Abscheidung  von  Wasser  Sauerstoff  aufgenommen  und  Ba- 
rium hyperoxyd  gebildet  wird. 

Die  Lösung  von  Barythydrat  dient  zur  Absorption  und  Bestim- 
mung von  Kohlensäure,  wie  zur  Trennung  der  Magnesia  von  den  Al- 
kalien ,  und  zu  anderen  Zwecken.  Da  das  krystallisirte  Hydrat  wie 
seine  Lösung  leichter  Kohlensäure  anzieht  als  das  trockene  Hydrat,  so  ist 
ea  zweckmässig,  die  Krystalle  zu  schmelzen,  und  das  so  erhaltene  was- 
serfreie Hydrat  aufzubewahren.  Fe. 

Bariumoxydsalze,  Barytsajze.  Von  den  Bariumverbin- 
dungen findet  sieh  am  häufigsten  und  in  grösserer  Menge  der  Schwer- 
spath  oder  Baryt,  schwefelsaures  Bariumoxyd,  weniger  häufig  findet 
sieh  der  kohlensaure  Baryt  oder  Witherit;  Baryt  kommt  femer  im 
Barytharmotom,  im  Baryto-calcit,  im  Brewsterit  und  im  Psilomelan  vor; 
geringe  Mengen  Baryt  verbin  düngen  sind  in  vielen  Mineralwäsäern  und, 
nach  Forchhammer,  auch  im  Meereswasser  enthalten.  So  wie  im 
Schw^erspath  sich  meistens  geringe  Mengen  von  schwefelsaurem  Kalk 
finden,  sind  auch  wohl  im  schwefelsauren  Kalk  meistens  geringe  Men- 
gen Schwerspath  vorhanden.  Schon  Scheele  hatte  bemerkt,  dass 
auch  Pflanzenaschen  nachweisbare  Mengen  von  Barytsalzen  enthalten; 
Eckart  0  fand  diese  Base  neuerer  Zeit  in  der  Asche  von  Buchenholz. 

Die  Barytsalze  bilden  sich  leicht  durch  Neutralisation  der  reinen 
Base,  oder  bei  Zersetzung  von  kohlensaurem  Baryt  oder  Schwefel- 
barium  durch  die  betreffenden  Säuren;  namentlich  wird  das  Schwefel- 
barium zu  diesem  Zweck  besonders  häufig  dargestellt  und  angewendet; 
in  neuerer  Zeit  auch  wohl  der  Witherit,  der  in  England  in  grossen 
Mengen  aufgefunden  ist.  Die  unlöslichen  Barytsalze  können  auch  durch 
doppelte  Zersetzung  erhalten  werden. 

Die  Barytsalze  sind  farblos,  wenn  nicht  die  Säure  gefärbt  ist, 
einige  derselben  sind  in  Wasser  löslich,  die  meisten  sind  darin  unlös- 
lich; die  in  WaSSer  löslichen  Salze  lösen  sich  nur  wenig  in  concentrir- 
ten  Säuren,  die  wässerigen  Lösungen  werden  daher  äurch  Zusatz  von  con- 
centrirter  Salpetersäure  und  Chlorwasserstoffsäure  krystallinisch  gefällt; 
Wasser  löst  diese  Niederschläge  vollständig  wieder.  Die  in  Wasser  un- 
löslichen Barytsalze  lösen  sich  meistens  in  verdünnten  Säuren,  zum 
Theil  saure  Salze  bildend.  Die  Barytsalze^  der  Mineralsäuren  sind 
nicht  oder  kaum  in  Alkohol  löslich;  die  Salze  von  organischen  Säuren 
sind  oft  in  Alkohol  leichter  löslich  als  in  Wasser.  Von  den  Verbin- 
dungen des  Baryts  mit  Mineralsäuren  sind  namentlich  die  mit  arseni- 
<reT  Säure  und  Arsensäure,  mit  Borsäure,  Phosphorsäure,  Kohlensäure, 
Chromsäure,  Schwefelsäure  u.  a.  m.,  so  wie  das  Fluorbarium  und  das 
Kieselfluorbarium  in  Wasser  unlöslich  oder  kaum  löslich,  sie  lösen  sich 
aber  meistens  auf  Zusatz  von  verdünnten  Säuren,  nur  der  schwefel- 
«laure  Baryt  ist  aufch  darin  fast  ganz  unlöslich,  eine  geringe  aber  merk- 
bare Menge  des  Salzes  löst  sich  in  Königswasser,   kaum  in  Salz-  oder 


*)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  C,  S.  294. 

42 


660         Bariumoxysulfurele.  —  Bariumrhodanür. 

Salpetersäure,  weniger  in  Essigsäure  (Siegle^);  es  löst  sich  ein  we- 
nig in  concentrirter  Schwefelsäure,  scheidet  sich  aber  auf  Zusatz  von 
Wasser  wieder  daraus  ab.  Die  Barytsalze  werden  daher  durch  die 
neutralen  so  wie  zum  Theil  durch  die  sauren  Salze  der  Arsensäure, 
der  Borsäure,  Phosphorsäure,  Kohlensäure  und  Chromsäure  gefällt; 
Kieselfluorwasserstoffsäure  und  Schwefelsäure  fällen  sie  auch  im  freieo 
Zustande;  wegen  der  Unlöslichkeit  des  schwel elsauren  Baryts  bringen 
sogar  noch  die  Lösungen  von  schwefelsaurem  Strontian  oder  schwefel- 
saurem Kalk  in  Barytsalzen  Trübung  hervor. 

Die  Barytsalze  mit  flüchtigen  oder  in  der  Hitze  zerlegbaren  Säu- 
ren, wie  Salpetersäure,  Kohlensäure,  werden  beim  Glühen  zersetzt,  an- 
dere bleiben,  bei  Abschluss  der  Luft  geglüht,  unverändert,  während  sie, 
bei  Luftzutritt  geglüht,  sich  zersetzen,  wie  Brom-,  Schwefelbariuni  u.  s.  w.; 
Ghlorbarium,  schwefelsaurer  Baryt  bleiben  beim  Glühen  unyeränd^ 
mag  Luft  zutreten  oder  abgeschlossen  sein.  In  Wasserdampf  geglüht, 
werden  die  Barytsalze  mit  flüchtigen  Säuren  zersetzt,  Ghlorbarium  und 
selbst  schwefelsaurer  Baryt  sollen  hierbei  Barythydrat  bilden.  Mit 
Kohle  geglüht,  werden  die  Sauerstoffsalze  meist  reducirt,  ebenso  beim 
Glühen  in  Wasserstotf'gas  oder  in  Schwefelkohlenstoffdampf. 

.  Vor  dem  Löthrohr  färben  Chlorbarium,  salpetersaurer  «und  beeon- 
ders  essigsaurer  Baryt  die  Flamme  grünlich,  auch  kohlensaurer  and 
schwefelsaurer  Baryt  geben,  wenn  sie  in  der  inneren  Flamme  stark  er- 
hitzt werden,  diese  Färbung;  Barythydrat  färbt  die  Flamme  gelblich. 

Fe. 

Bariumoxysulfurete.  Beim  Stehenlassen  einer  Auflösung 
von  Schwefelbarium  in  kochendem  Wasser  in  einem  verschlossenen  Ge- 
fäss  scheiden  sich  in  Folge  der  Umsetzung  des  Schwefelbariums  mit 
den  Elementen  des  Wassers  (s.  unter  Bariumsul füret)  zuerst  Kry- 
stalle  von  Barythydrat  ab.  In  der  davon  abgegossenen  Flüssigkeit  bU- 
den  sich  dann  Krystallisationen  von  Oxysnlfureten  (vielleicht  auch  nor 
Gemenge  von  wasserhaltendem  Snlfuret  mit  Oxydhydrat);  zuerst  schei- 
den sich  schuppige,  später  körnige  Krystalle  ab.  H.  Rose  fand  die 
schuppigen  Krystalle  annähernd  nach  der  Formel  4BaO  -}-  3  BaS  -f 
58  Ho  =  4  (BaO .  10 H  O)  -f-  3  (BaS  .  6  aq.)  zusammengesetzt.  Die 
körnigen  Krystalle  entsprechen  der  Formel  BaO  -|-  BaS  -f-  10 HO. 

Aus  einer  nicht  zu  concentrirten  Lösung  von  Schwefelbarium  bil- 
deten sich  nach  et^a  zwei  Monat  langem  Stehen  grosse  wasserhelle, 
tafelartige  Krystalle  von  der  Form  eines  HexagonaldodekaSders  mit  ab- 
gestumpften Endecken,  ihre  Zusammensetzung  ist  nach  Rose  BaO  + 
3BaS  -f-  28HO  oder  BaO.  lOHO  -|-  3(BaS  -f  6aq.). 

Alle  diese  Ozysulfurete  sind  sehr  leicht  zerlegbar,  sie  zerfallen 
beim  Lösen  in  heissem  tVasser  in  Bariumsulfhydrat  und  Barythydrat, 
welches  letztere,  wenn  nicht  zu  viel  Wasser  genommen  war,  beim  Er- 
kalten herauskrystallisirt  /r«. 

Bariumrhodanür,  Rhodanbarium,  Sulfocyanbarium, 
Schwefelcyanbarium.  Formel:  BaGyS»,  oder  wasserhaltend  ^ 
BaGyS^  -[-  2  aq.  Das  Salz  bildet  sich  analog  dem  Rhodankalium  beim 
Glühen  von  Ferrocyanbarium  mit  SchwefeL  Man  stellt  das  Salz  auch 
dar  durch  Erhitzen  von  Rhodanammonium  mit  Barytwasser,  oder  durch 

^)  -Jonrn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXIX,  S.  148. 


Bariumselenocyanid.  —  Bariumsulfhydrat.        661 

Sättigen  der  Hhodanwasserstoffsäure   mit    reinem   oder  kohlensaurem 
Baryt. 

Das  wasBer haltende  Salz,  krystallisirt  aus  der  Lösung  in  langen 
weissen  glänzenden  Nadeln,  die  an  der  Luft  bald  feucht  werden  und 
zerlassen;  das  Salz  ist  leicht  in  Wasser  löslich;  über  Schwefelsäure 
verwittern  die  Krystalle.  Das  wasserhaltende  Salz  schmilzt  beim  Er- 
hitzen und  färbt  sich  dabei  leicht  braun,  es  erstarrt  beim  Erkalten  kry- 
stalliniscb.  Das  wasserfreie  Salz  schmilzt  bei  Abschluss  der  Luft  ohne 
eine  Veränderung  zu  erleiden.  Ft. 

Bariumselenocyanid,  Bariumselenocyanür,  eine 

dem     Rhodanbarium    analoge    in     Wasser    lösliche    Selenverbindung, 
Ba€ySe3,  von  Crookes^)  dargestellt  aber  nicht  weiter  beschrieben. 

Bariamselenuret,  Selenbarinm.  Wird  durch  Erhitzen 
▼on  selenigsaurem  Baryt  in  Wasserstoffgas  für  sich  erhalten,  oder  durch 
Glühen  eines  Gemenges  des  Barytsalzes  mit  Y5  seines  Gewichts  von  gut 
durchgeglühtem  Lampenruss  in  einer  Retorte,  so  lange  sich  noch  Gas 
entwickelt.  Das  auf  letztere  Weise  dargestellte  Selenbarium  ist  durch 
Kohle  etwas  gefärbt.  Es  ist  in  Wasser  löslich,  zersetzt  sich  aber  dabei 
wie  das  Schwefelbarinm,  und  bildet  Barythydrat  und  ein  höheres  mit 
geibrother  Farbe  in  Wasser  lösliches  Selen  metall,  dessen  Lösung  durch 
Säuren  zersetzt  wird,  indem  sich  Selen  Wasserstoff  entwickelt  und  zu- 
gleich Selen  niederfällt.  Fe. 

Bariumsulfhydrat,  BaS.flS  +  ^»q-»  bildet  sich  wie  die 
Solf  hydrate  der  Alkalimetalle  durch  Sättigen  von  Barytwasser  oder  von 
mit  Wasser  zu  einem  Brei  angemachten  reinem  Baryt,  oder  einer  wäs- 
serigen Lösung  von  gewöhnlichem  Einfac^-Schwefelbarium  (zu  welchem 
letzteren  Zweck  die  rohe^  durch  Glühen  von  Schwerspathpulver  mit  Kohle 
erhaltene,  mit  Wasser  angerührte  Masse  verwendet  werden  kann)  mit 
Schwefelwasserstoff!  Dampft  man  darauf  die  Lösung  bei  abgehaltenem 
Zutritt  der  Luft  ab  und  lässt  erkalten,  so  scheidet  sich  zuerst  Baryt- 
hydrat ab.  Auf  Zusatz  von  Alkohol  zu  der  Mutterlauge  fällt  ein  we- 
nig unterschwefligsaurer  Baryt  mit  Schwefel  nieder;  wird  darauf  die 
davon  abfiltrirte  Flüssigkeit  bis  zu  —  10»  C.  abgekühlt,  so  krystallisirt 
das  Bariumsulfhydrat  in  vierseitigen  Säulen  aus.  Dieses  Sulfhydrat 
ist,  nach  H.  Rose,  auch  in  dem  ersten  Auszug  von  rohem  Schwefel- 
barinm mit  einer  ungenügenden  Menge  kalten  Wassers  enthalten,  so 
wie  in  der  beim  Abdampfen  von  gelöstem  Schwefelbarium  erhaltenen 
letzten  Mutterlauge  (s.  unter  Bariomsulfuret  S.  664). 

Das  krystallisirte  Bariumsulf  hydrat  enthält  Krystallwasser,  welches 
bdm  Erhitzen  unter  Weisswerden  der  Krystalle  fortgeht.  Erst  bei  an- 
fangendem Glühen  soll  der  Schwefelwasserstoff  daraus  entweichen,  und 
dnnkelgelbes,  nach  dem  Erkalten  weiss  werdendes  Einfach  -  Schwefel- 
barinm zurückbleiben.  An  der  Luft  verwittert  es  zu  einer  weissen 
Maase,  welche  aus  unterschwefligsaurem  und  schwefelsaurem  Baryt  be- 
steht. Es  ist  unlöslich  in  Alkohol,  aber  sehr  leicht  löslich  in  Wasser. 
Diese  Lösung  entwickelt  beim  Kochen  Schwefelwasserstoffgas,  und  fällt , 


^)  Jonrn.  f.  prakt.  Ghem.  Bd.  LIII,  S.  161. 


662  Bariumsi^ret. 

aas  schwefelaaurein  Manganoxydul  SchwefelnaMigan  unter  Enibinduig 
des  nämlichen  Gases ;  an  der  Luft  färbt  sie  bich  schnell  gelb,  indem 
durch  Anziehung  von  Sauerstoff  sich  einerseits  Wasser  und  Baryt,  an- 
dererseits Bariumpolysulfuret  bildet.  H.  K. 

Bariumsul füret.  Barium  verbindet  sich  in  mehreren  Ver- 
hältnissen mit  Schwefel.  Diese  Verbindungen  sind  noch  nicht  direct 
aus  den  beiden  Elementen  hergestellt,  sie  werden  Hauptsächlich  aus 
schwefelsaurem  Baryt  durch  Reduction  erhalten.  Das  bekannteste  der 
Bariun»sulfurete  ist  das  Monosulfuret,  weniger  bekannt  sind  die  Poly- 
sulfurete.  '  I 

Bariumsulfuret 

Einfach-Schwefelbarium?  BaS.  Man  erhält  dasselbe  in  fe- 
ster Form  und  rein,  wenn  über  in  einer  Röhre  erhitzten  Aetebaryt  so 
lange  ein  Strom  von  Schwefelwasserstoff  oder  Kohlensulfid  geleitet 
wird,  als  sich  noch  Wasser  (oder  Eohlenoxyd)  bildet,  oder  wenn  man 
gepulverten,  bis  zum  Rothglühen  erhitzten  schwefelsauren  Baryt  durch 
Wasserstoff  oder  Kohlenwasserstoff  reducirt 

In  grösseren  Mengen  stellt  man  das  Schwefelbarium  gewöhnlich 
nicht  in  der  angegebenen  Weise  dar,  sondern  reducirt  das  schwefel- 
saure Salz  durch  Glühen  mit  Kohle  oder  kohlehaltenden  Substanzen, 
wodurch  ein  neben  unzersetztem  -  Seh werspathpulver  noch  Kohle  ent- 
haltendes und  daher  grau  gefärbtes  Product  erhalten  wird.  Beim  län- 
geren Glühen  von  4  Thln.  (1  Aeq.)  feingepulverten  Schwerspathpulver 
mit  1  Thl.  (4  Aeq.)  Kohle  bildet  sich  Schwefelbarium  und  Kohlenoxvd; 
die  vollständige  Zersetzung  hängt  hier  aber  nicht  allein  von  der  Starke 
und  Dauer  des  Glühens  ab,  sondern  wesentlich  von  der  vollständigen 
Berührung  beider  Substanzen,  die  daher  sehr  fein  gepulvert,  der  Schwer- 
Späth  am  besten  geschlämmt,  und  innig  gemengt  sein  müssen.  Sehr 
zweckmässig  sind  daher  Zusätze  von  in  der  Hitze  schmelzenden  organi- 
schen kohlenreichen  Substanzen,  wie  Mehl,  Harz,  Oel,  Theer  u.  dergl 
Berzelius  nimmt  8  Thle.  Schwerspath,  2  Thle.  Kohlenpulver,  1  Thl. 
Roggenmehl  und  1  Thl.  Harz;  das  Gemenge  wird  angefeuchtet  in 
einem  Tiegel  eingestampft,  dieser  gut  bedeckt  in  einem  Windofen  bei 
allmälig  gesteigerter  Hitze  einige  Stunden  stark  geglüht.  Bei  grösse- 
ren Mengen  ist  es  vortheilhaft,  den  Tiegel  in  einem  Töpfer-  oder  Ziegel- 
ofen einen  Brand  mitmachen  zu  lassen. 

Man  kann  auch  aus  dem  Gemenge  von  Schwerspath,  Kohle  und 
Mehl  mit  Zusatz  von  etwas  Wasser  einen  steifen  Teig  bilden,  aus  dem 
man  Kugeln  oder  Cylinder  von  etwa  1^/2  Zoll  Durchmesser  formt,  die 
zuerst  getrocknet  werden.  Man  füllt  nun  einen  Windofen  etwa  1  Fos« 
hoch  mit  glühenden  Kohlen,  schichtet  darüber  das  trockene  Gemenge 
abwechselnd  mit  Kohlen,  bedeckt  das  Ganze  noch  mit  einigen  Kohlen,  und 
lässt  es  dann  bei  heller  Rothglühhitze  abbrennen.  Wenn  die  Masse  in 
voller  Gluth  ist,  bedeckt  man  sie  mit  Asche  und  Backsteinen,  verschliesst 
die  Züge  des  Ofens,  und  lässt  sehr  langsam  erkalten.  Das  nach  dem  Er* 
kalten  herausgenommene  rohe  Schwefelbarium  bildet  gewöhnlich  noch 
Kugeln  oder  Cylinder,  ist  jedoch  stark  zusammengesintert,  grau  und 
leicht  zerreiblich  (Liebig). 

Sehr  zweckmässig  ist  die  Anwendung  eines  Gemenges  von  Schwer- 
spathpulver mit  V3  fetter  Steinkohle;   man   kann   es  im  Tiegel  glühen, 


Bariumsulfuret  663 

oder  mit  Steinkohlentheer  einen  Teig  daraus  bilden,  der  in  Brote  ge- 
formt zwischen  Kohlen  gebrannt  wird.  Grüneberg  ^  formt  Ziegel 
daraus,  die  er  mit  einer  Schicht  Thon  überzieht;  sie  werden  dann  in 
einem  Schachtofen  abwechselnd  mit  Schichten  von  Kohle  gebracht  und 
damit  niedergebrannt. 

Gibbs  hat  vorgeschlagen,  den  schwefelsauren  Baryt  durch  Erhitzen 
in  Steinkohlengas  zu  reduciren. 

Im  Fall  die  Gegenwart  von  Kali-  oder  Natronsalzen  nicht  hin- 
dert, z.  B.  wenn  das  Schwefelbarium  zur  Darstellung  von  kohlensau- 
rem Baryt  dienen  soll,  ist  nach  Buch  hol z's  Vorschlag*  der  Zusatz 
von  Chlomatrium  oder  schwefelsaurem  Natron  wegen  der  Schmelzbar- 
keit dieser  Salze  zweckmässig;  man  glüht  ^n  Gemenge  von  4  Thln. 
Schwerspathpulver  mit  1  Thl.  Kohlen  pulver  und  1  Thi.  Kochsalz  oder 
trockenem  schwefelsauren  Natron.  Zur  Darptellung  von  Schwefelbarium 
im  Grossen,  glüht. Kucz in ski  ^)  ein  Gemenge  von  100  Thln.  Schwer- 
spath,  200  Thln.  Kochsalz  und  15  Thln.  Kohlenpulver  in  einem  Flamm- 
ofen, Iftsst  die  flüssige  Masse  ausfliessen,  und  zieht  sie  nach  dem  Erkal- 
ten mit  heissem  Wasser  aus;  das  Filtrat  enthält  Schwefelbarium,  wel- 
ches zur  Darstellung  von  Barythydrat  (durch  Behandeln  mit  Kupfer- 
oxyd) oder  zur  Darstellung  von  kohlensaurem  Baryt  (durch  Einleiten 
von  Kohlensäure)  benutzt  werden  kann. 

Das  reine  Schwefelbarium,  durch  Erhitzen  von  Baryt  in  Schwe- 
felvrasserstoff  oder  von  Schwerspath  in  Wasserstoff  dargestellt,  ist  eine 
weisse  Masse  von  hepatischem  Geruch  und  alkalischem  Geschmack,  leicht 
and  vollständig  ip  Wasser  löslich ;  an  der  Luft  verwandelt  es  sich  durch 
Einwirkung  von  Kohlensäure  und  Feuchtigkeit  unter  anhaltender  und 
gleichförmiger  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoff  allmälig  in  koh- 
lensauren Baryt.  Stärkere  Säuren  zerlegen  das  Schwefel harium  rasch 
und  vollständig  unter  lebhafter  Schwefelwasscrstoffgasentwickelung.  Für 
sieh  an  der  Luft  erhitzt,  oxydirt  das  Bariumsul füret  sich  nur  schvnerig, 
in  Wasserdampf  zum  ßothglühen  erhitzt,  oxydirt  es  sich  zu  schwefel- 
saurem Salz  unter  Freiwerden  von  Wasserstoffgas  (Regnault). 

Das  durch  Glühen  von  Schwerspath  mit  Kohle  oder  Kohle  halten- 
den Gemengen  dargestellte  Schwefelbarium  ist  meistens  unrein  und 
von  beigemengter  Kohle  grau  oder  schwärzlich,  es  enthält  gewöhn- 
lich noch  nnzersetzten  schwefelsauren  Baryt.  Wasser  entzieht  ihm  das 
Schwefelbarium,  indem  Kohle  und  unzersetzter  schwefelsaurer  Baryt 
zurückbleiben.  Hierbei  treten  verschiedene  Erscheinungen  ein,  je  nach 
(^antität  und  Temperatur  des  Wassers  (H.  Rose  *).  Uebergiesst  man 
da«  rohe  Gemenge,  welches  Einfach- Schwefelbarium  enthält,  in  einem 
verschliessbaren  Gef  äss  mehrere  Male  nach  einander  mit  einer  zur  voll- 
ständigen Auflösung  unzureichenden  Menge  kalten  Wassers^  und  lässt 
dasselbe  jedes  Mal  24  Stunden  damit  in  Berührung,  so  enthalten  die 
ersten  durch  etwas  Mehrfach-Schwefelbarium  gelblich  gefärbten  Auf- 
güsse fast  nur  Bariumsulfhydrat,  BaS.HS,  was  daran  erkannt  wird, 
dass  die  Flüssigkeit  mit  einer  Lösung  von  neutralem  schwefelsauren 
Hanganoxydul  versetzt,  unter  Fällung  von  fleischrothem  Schwefelman- 
gan (und  etwas  Schwefel,  aus  dem  Mehrfach-Schwefelbarium),  reich- 


')  Joarn.  f.  prakt.  Chcm.  Bd.  LX,  S.  168.  —  *)  Repert.  of  Patent.  Inv.  Fe- 
bn»«ry  1836,  p.  161;  Dingler'»  polvt.  Journ.  Bd.  CXXXV,  S.  466.  —  ")  Pogg. 
Ann»!.  Bd.  LV,  S.  416.  '     ' 


664  Bariumsulfuret. 

lieh  Schwefelwasseratoifgafl  entwickelt.  Die  folgenden  Aufgüue  geben 
mit  Biangansalz  einen  Niederschlag  von  reinem  Schwefelmangan,  aber 
ohne  Schwefelwasserstoff  zu  entwickeln,  enthalten  daher  haaptBachlieh 
Einfach-Schwefelbarium ;  die  letzten  wässerigen  Auszüge  geben  aber 
mit  Mangansalz  mehr  und  mehr  rein  weisse  Niederschläge  von  Mangaih 
oxydulhydrat,  sie  enthalten  daher  fast  nur  Bar3rth7drat,  welches  schwer- 
löslicher ist  als  die  Schwefelverbindungen.  Hiernach  hat  sich  also  das 
Einfach-Schwefelbarium  bei  wiederholter  Behandlung  mit  angenögen- 
den  Mengen  Wasser  in  Folge  der  geringeren  Löslichkeit  von  BaiTt- 
hydrat  in  der  angegebenen  Weise  mit  Wasser  zerlegt: 

2BaS  +  2 HO  =*BaO.HO  -f-BaS.HS. 
Wird  das  rohe  Schirefelbariuni  mit  der  zur  vollständigen  Losung 
des  Sulfurets  nöthigen  Menge  heissen  Wassers  behandelt,  so  verhält 
sich  die  Flüssigkeit  wie  gelöstes  Einfach-Schwefelbarium,  denn  sie  giebt 
mit  Mangansalz  einen  Niederschlag  von  reinem  Schwefelroangan  ohne 
Entwickelung  von  Schwefelwasserstoffgas.  Man  kann  freilich  in  dieser 
Lösung  statt  Bariumsulfuret  auch  ein  GemMige  von  gleichen  Aequiva- 
lenten  Bariumsulf hydrat  und  Barythydrat  annehmen,  direct  lässt  »ich 
aber  weder  die  eine  noch  die  andere  Annahme  bestimmt  beweisen. 

Lässt  man  die  durch  Ausziehen  des  rohen  Schwefelbarinms  mit 
heissem  Wasser  erhaltene  Lösung  in  einem  verschlossenen  Gefäsee 
stehen,  so  krystallisirt  zuerst  als  am  schwerlöslichsten  reines  wasser 
haltendes  Barythydrat,  später  kommen  schuppige,  dann  körnige  Kry- 
stalle,  beide  Bariumoxysnlfurete  (s.  d.  Art.),  Verbindungen  von  Bariao- 
sulfuret  mit  Bariumoxydhydrat  Wird  dann  die  Mutterlauge  von  den 
Krystallen  abgegossen,  in  einer  Retorte  abgedampft,  so  entweicht 
Schwefelwasserstoffgas,  und  beim  Erkalten  scheiden  sich  kömige  Krj- 
stalle  von  wasserhaltendem  Bariumsulfuret,  Ba  S  -^  ^  aq.,  ab ;  aus  der 
von  diesen  Krystallen  abgegossenen  Flüssigkeit  krystallisirt  beim  Ver 
dampfen  das  am  leichtesten  lösliche  reine  Bariumsulf  hydrat  (8.d.Art.). 
Das  Einfach-Schwefelbarium,  welches  in  dem  geglühten  Geroeng« 
enthalten  ist,  zerlegt  sich  mit  Wasser  in  verschiedene  Producte  voo 
sehr  ungleicher  Löslichkeit,  von  denen  das  schwerlösliche  Barythydnt 
zuerst  krystallisirt,  während  das  am  leichtesten  lösliche  Bariumsntf* 
hydrat  in  der  letzten  Mutterlauge  bleibt;  zwischen  beiden  bilden  sieh 
Oxysulfurete  von  verschiedener  Zusammensetzung. 

Das  wasserhaltende  Bariumsulfuret,  BaS  -f-  6  aq.,  ist  ein  weisses 
Pulver,  welches  sich  bald  gelb  färbt;  vollständig  in  Wasser  gelöst, 
wird  es  durch  Mangansalz  ohne  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoff 
gefällt;  mit  wenig  Wasser  behandelt,  löst  sich  Bariumsulf  hydrat,  wah- 
rend Barythydrat  zurückbleibt. 

Das  Bariumsulfuret,  in  Wasser  gelöst,  wird  durch  Kochen  mit  Kn- 
pferoxyd,  Eisenoxydhydrat  u.  s.  w.  leicht  zersetzt,  indem  sich  Baryt- 
hydrat  (s.  d.  Art.)  und  Schwefelkupfer  u.  s.  w.  bilden ;  durch  wässerige 
Säuren,  Kohlensäure,  Salpetersäure,  Schwefelsäure,  Salzsäure  u.  s.  w. 
wird  es  zerlegt  unter  Bildung  von  Barytssdz  oder  Chlorbarium  (s.  d. 
Art.)  u.  s.  w.  und  Entwickelung  von  Schwefelwasserstoff;  Chlor,  Brom 
und  Jod  zerlegen  es,  bilden  die  entsprechenden  Haloidsalze,  und  schei- 
den Schwefel  ab.  Das  Schwefelbarium  ist  daher  das  gewöhnliche  Ma- 
terial zur  Darstellung  der  verschiedenen  Barytverbindungen. 

Ein  Gemenge  von  Einfach-Schwefelbarium  mit  schwefelsaurem 
Baryt,  welches  man  durch  Glühen  d^s  letzteren  mit  einer  unzureichen- 


Bariumsuperoxyd.  —  Barometer.  665 

den  Menge  kohlehaltiger  Materie  erliält  (am  besten  Traganthschleim, 
womit  das  SchwerspathpuWer  zu  einem  steifen  Teig  angerührt  und  zu 
Kuchen  geformt  wird),  bildet  den  sogenannten  Bologneser  Leucht- 
stein (s.  Lenchtsteine). 

Dreifach-Schwefelbarium, 

BaSs\]soll,  nach  Vauquelin,  neben  schwefelsaurem  Baryt  durch 
Glfihen  von  8  Thln.  Baryt  mit  6  Thln.  Schwefel  entstehen,  wobei  sich 
1,78  Thle.  des  letzteren  verflüchtigen.  Beim  nachherigen  Auflösen  des 
Dreifach -Schwefelbariums  in  Wasser  bleiben  2,8  Thle.  schwefelsaurer 
Baryt  ungelöst.  Wird  befeuchtetes  Dreifach-Schwefelbarium  zum  Glü- 
hen erhitzt  und  Wasserdampf  darüber  geleitet,  so  soll,  nach  6ay- 
Lussac,  Schwefelwasserstofl"  entweichen  und  schwefelsaurer  Baryt  ge- 
bildet werden. 

Fünffach-Schwefelbarium, 

BaS( ,  erhält  man  in  Auflösung  durch  Kochen  einer  Lösung  von  Ein- 
fach-Schwefelbarium  (oder  Bariumsulf hydrat,  welches  dabei  Schwefel- 
wasserstoff entwickelt)  jnit  Schwefel ;  oder  mit  unterschwefligsaurem  Ba- 
ryt gemengt,  durch  Auflösung  von  Schwefel  in  kochendem  Barytwasser. 
Es  bildet  eine  gelbe,  alkalische  Flüssigkeit  von  bitterem  Geschmack, 
welche  im  Vacuum  Über  Schwefelsäure  zu  einer  gelblichen,  unkrystal- 
linischen  Masse  eintrocknet,  an  der  Luft  unter  Abscheidung  yoA  Schwe- 
fel sich  langsam  zu  unterschwefligsauren  Baryt  oxydirt.  Fe. 

Bariumsuperoxyd  s.  Bariumhyperoxyd. 

Barnhardtit.  Hin  nach  dem  Fundorte  einer  Grube  in  Dan. 
Bamhardt's  Land,  Cabarras  County  in  Nord  Carolina,  von  G  enth  benann- 
tes dichtes  metallisches  Mineral,  welches  auch  bei  der  Pionir-Mühle 
in  der  Phönix-  und  Yanderberg- Grube  in  derselben  Grafschaft,  so  wie 
bei  Charlotte  in  der  Grafschalt  Mecklenburg  vorkommt.  Seine  Zu- 
sammensetzung i)  entspricht  nach  den  Analysen  von  Genth,  Tayler 
ii.A.der  Formel  2  Cu^S  -f-  Fe^Ss;  er  enthält  Spuren  Silber.  Es  zeigt 
keine  Spaltbarkeit,  sondern  nur  muscheligen  Bruch,  ist  bronzegelb,  me- 
tallisch glänzend,  bisweilen  matt,  undurchsichtig;  Härte  =  3,5,  specif. 
Gewicht  =  4,521;  spröde,  im  Striche  grauschwarz  und  etwas  glänzend. 
An  der  Luft  läuft  es  bald  an,  namentlich  in  Berührung  mit  Feuchtig- 
keit, und  wird  dann  tombackbraun  oder  rosenroth.  Vor  dem  Löthrohre 
aehmelzbar  unter  Entwickelung  schwefliger  Säure  zu  einem  eisenschwar- 
zen magnetischen  Korne,  mit  Borax  zeigt  es  Eisen-  und  Kupferreac- 
tioD,  mit  Soda  und  Borax  giebt  es  metallisches  Kupfer.  K, 

Barocalcit,  sjm.  mit  Barytocalcit. 

Barometer,  Luftschweremesser.  Es  ist  in  dem  Artikel  „  At- 
mosphäre^^ bereits  auf  die  geschichtliche  Entstehung  des  Barometers 
und  darauf  hingedeutet  worden ,  wie  man  sich  die  Ueberzeugung  ver- 
schaffte, dass  der  Yerticalabstand  des  Quecksilberspiegels  in  dem  Ge- 
fasse  n  n,  Fig.  60  (s.  f.  S.)i  von  demjenigen  in  dem  eingesenkten  Bohre 
in  der  That  ein  Maass  des  herrschenden  Atmosphärendruckes  sei,  vor- 
ftosgesetzt,  dass  der  Raum  oberhalb  des  Quecksilberspiegels  im  Bohre 


')  Jonrn.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXIV,  8.  468. 


666 


Barometer. 


YoUkommen  Inftleer  ist.      Da  der  Druck  der  Luft  auf  den  Spiegel  des 
Quecksilbers  im   Gefasse  wirkt,  so  kann  Gleichgewicht  nuf  dann  be- 


Fig.  60. 


stehen,  wenn  in  gleichem  Verhältnisse  mit  derZu-odtf 
Abnahme  des  Atmosphärendrucks  auch  die  Hohe  der 
Quecksilbersäule  im  Rohre  wächst  oder  sich  Termin- 
dert.  Wenn  die  Säule  aus  chemisch  reinem  Quecksilber 
von  0®  C.  Temperatur,  also  von  13,595  specif.  Gewicht 
besteht,  so  ist  im  Mittel  des  Jahres  an  der  MeeresflÜche 
unter  45®  nördlicher  Breite  ihre  Höhe  gleich  0,760  Me- 
ter. Diese  massige  Länge,  welche  das  Quecksilberbaro- 
meter ohne  allzu  grosse  Schwierigkeiten  transportabel 
zu  machen  gestattet,  ist  einer  der  hauptsächlichsten 
Gründe,  aus  welchen  man  dem  Quecksilber  vor  an- 
deren flüssigen  Substanzen  den  Vorzug  als  barome- 
trische Flüssigkeit  gegeben  hat  Da  das  Quecknlber 
etwa  lOOOOmal  schwerer  ist  als  die  Luft  an  der 
Meeresfläche,  so  überträgt  sich  jede  jitmosphärische 
Welle  auf  das  Quecksilberbarometer  in  lOOOOroal 
verkleinertem  Maassstabe.  .Ein  Wasserbarometer 
zeigt  die  Schwankungen  im  Spannungszostande  der 
Luft  in  13,595mal  grösserem  Maass^tabe  als  ein 
Quecksilberbarometer,  ein  gleichgrosser  Irrthiim  in 
der  Messung  der  Barometersäule  würde  also  bei  An- 
wendung des  Wassers  als  barometrische  Flüssigkeit 
einen  18,595mal  geringeren  Fehler  in  der  Messung 
des  Luftdruckes  verursachen.  Aliein  eine  verticale 
Höhe  von  10,3  Meter,  welche  die  flüssige  Säule  in 
einem  Wasserbarometer  im  Mittel  besitzt,  ist  an  sich 
unbequem  und  macht  das  Instrument  unfähig  tran^ 
portirt  zu  werden.  Zudem  aber  wäre  an  jeder  ba- 
rometrischen Ablesung  noch  eine  Correction  wegen 
der  Spannung  der  Wasserdämpfe  im  luftleeren  Räume  oberhalb  der  flfia«- 
gen  Säule  anzubringen,  da  die  Barometerhöhe  um  den  Betrag  dieser 
Spannung  zu  niedrig  befunden  würde.  Letztere  schwankt  aber  bei  den 
atmosphärischen  Temperaturen  ( —  18®  bis  -f-  30®  C.)  zwischen  1  und 
31  Millimeter  Quecksilberhöhe  oder  13,6  und  421  Millimeter  Wasse^ 
höhe,  und  überdies  könnte  man  bei  dem  Wechsel  der  atmosphärischen 
Temperatur  niemals  sicher  sein,  ob  in  der  luftleeren  Kammer  des  Ba- 
rometers das  Maximum  aer  Dampfspannung  eingetreten  wäre  oder  nicht 
Die  Spannung  der  Quecksilberdämpfe  bei  den  atmosphärischen  Tempe- 
raturen ist  zwar  nicht  absolut  Null,  sie  beträgt  aber  bei  25® C.  kanm 
1/50  Millimeter,  also  eine  unter  den  gewöhnlichen  Umständen  gar  nicht 
mehr  in  Betracht  kommende  Grösse. 

Aus  diesen  Gründen  ist  man  von  wiederholten  Versuchen,  Wasser, 
Schwefelsäure  oder  andere  Flüssigkeiten  bei  dem  Barometer  zu  ver- 
wenden, stets  wieder  auf  das  Quecksilber  zurückgekommen. 

Das  Quecksilber  des  Handels  ist  häufig  nicht  rein  genug,  um  zum 
Füllen  des  Barometers  unmittelbar  benutzt  werden  zu  dürfen.  Seine 
Flüssigkeit  erscheint  verringert,  es  hängt  stark  an  den  Wänden  der 
Gefiisse,  und  lässt,  wenn  es  sich  endlich  losreisst,  insbesondere  aber, 
wenn  man  es  durch  Papier  filtrirt,  etwas  Schmutz  zurück.  Es  oiiisa 
in  diesem    Falle  einem  Beinigungsprocesse  unterworfen  werden.     ^^ 


Barometer.  667 

einfachste  Beinigangsmittel  besteht  darin,  das  flüssige  Metall  mit  che- 
misch reiner,  jedoch  stark  verdünnter  Salpetersäure  wiederholt  zu 
schütteln.  Um  indessen  auf  diesem  Wege  alle  fremdartigen  Bei- 
mischungen zu  entfernen,  scheint  es  nothwendig,  (Las  Quecksilber  we- 
nigstens einige  Wochen  hindurch  mit  der  Süure  in  Berührung  zu  las- 
sen. Nachher  zieht  man  die  Auflösung  ab  und  befreit  das  Quecksilber 
durch  Auswaschen  zuerst  mit  verdünnter  Säure,  zuletzt  mit  destillirtem 
Wasser,  aufs  sorgfaltigste  von  aller  anhängenden  Salzlösung  und  dann 
von  Säure. 

Durch  einfache  Destillation,  oder  durch  Reduction  aus  Zinnober 
mittelst  Eisenfeilspähnen,  erhält  man  niemals  ganz  reines  Quecksilber. 
Es  enthalt  in  diesem  Falle  aufgelöstes  Quecksilberoxyd,  ist  zähe-flüs- 
sig  und  öfters  schmutzend.  Durch  Schütteln  mit  einer  Auflösung  von 
Schwefelwasserstoff  oder  mit  verdünntem  Schwefelammonium  und  nach- 
heriges  sorgsältiges  Auswaschen  kann  es  indessen  leicht  und  schnell 
Von  dieser  Beimengung  befreit  und  dadurch  ebenfalls  in  genügend  rei- 
nem Zustande  gewonnen  werden. 

Das  auf  die  eine  oder  andere  Art  behandelte  Quecksilber  wird 
getrocknet,  mit  frisch  ausgeglühter  Holzkohle  zusammengeschüttelt, 
dann  filtrirt,  und  nun  erst  in  das  ebenfalls  trockene,  ganz  reine  Baro- 
raeterrohr,  durch  einen  Trichter  mit  feiner  Oeffnung  eingefüllt. 

In  der  Regel  gelingt  es  übrigens  auf  diese  Weise  nicht ,  weder 
Glasrohr  noch  Quecksilber  von  aller  anhängenden  Luft  und  Feuchtig- 
keit zu  befreien.  Man  pflegt  daher  die  flüssige  Säule  ihrer  ganzen 
Länge  nach  über  Kohlenfeuer  bis  ^um  Sieden-  zu  erhitzen,  wodurch  das 
Wasser  als  Dampf,  -theils  schon  wegen  seiner  •  so  sehr  verminderten 
Dichte  aufsteigt,  theils  durch  die  gebildeten  Quecksilberdämpfe  mit 
Gewalt  vertrieben  wird.  Es  erfordert  indessen  grosse  Geübtheit  und 
mehrmaliges  Auskochen,  um  hierdurch  Luft  und  Feuchtigkeit  aus  dem 
inneren  Räume  des  Rohres  vollständig  zu  vertreiben.  Man  wird  des- 
halb häufig  finden,  dass  Barometer,  kurze  Zeit  nach  der  Verfertigung 
in  eine  geneigte  Lage  gebracht,  die  leere  Kammer  nicht  vollständig 
ausfüllen,  zum  Beweise,  dass  eine  geringe  Menge  Luft  darin  enthalten 
ist  Indessen  sollte  dies  auch  in  der  ersten  Zeit  nicht  der  Fall  sein, 
so  lässt  sich  doch  das  Emporsteigen  geringer  Spuren  von  Luft  durch 
die  Quecksilbersäule  bis  zu  der  oberen  Leere  auf  die  Dauer  kaum  ver- 
meiden. Auch  schadet  dies  wenig,  wenn  der  cubische  Inhalt  der  lee- 
ren Kammer  nur  einigermaassen  beträchtlich  ist.  Es  sei  z.  B.  die 
Höhe  des  leeren  Raumes  60  Mm.,  sein  Durchmesser  18  bis  14  Mm., 
was  einem  cubischen  Inhalt  von  8000  Cubik-Mm.  entspricht.  Die 
eingedrungene  Luftmenge  betrage ,  auf  den  mittleren  Luftdruck  von 
760  Mm.  reducirt,  bis  zu  einem  C.-Mm.;  so  kann  die  Spannkraft  der- 

7ß0 
wlben  bei  der  SOOOfachen  Ausdehnung  doch  nur  =  0,095  Mm. 

oOOO 

aasmachen ;  und  gerade  um  so  viel  wird  die  Barometersäule  zu  niedrig 
stehen.  Man  ersieht  aus  diesem  Beispiel  den  Nutzen  einer  geräumi- 
gen leeren  Kammer,  um  eine  Unvollkommenheit  des  Barometers, 
welche  auch  bei  den  besten  Instrumenten  dieser  Art  auf  die  Dauer 
selten  ausbleibt,  einigermaassen  auszugleichen. 

Das  Auskochen  der  Quecksilbersäule  wird  in  der  neuesten  Zeit 
häufig  ganz  unterlassen.  Man  wählt  aber  Glasröhren  von  wenigstens 
14  Mm.  Durchmesser,  welche  auio  sorgfältigste  gereinigt,  ausgetrock- 


668  Barometer. 

net  und  vor  dem  EiDföllen  erhitzt  werden.  Auch  das  Qnecksilber 
wird,  am  besten  unter  eiper  Atmosphäre  von  Kohlensäure,  welche  die 
Oxydation  desselben  verhindert,  bis  zum  Sieden  erhitzt,  um  Luft  nnd 
Feuchtigkeit  zu  verjagen,  und  dann  noch  warm,  durch  einen  langen, 
engen  Trichter,  der  bis  zum  Boden  des  Barometerrohres  hinabreicbt, 
eingefüllt.  Bei  einiger  Uebung  gelingt  es  auf  diese  Weise,  das  Baro- 
meter von  Luft  fast  ^ben  so  gut  wie  durch  das  sorgfaltigste  Auskochen 
zu  befreien,  namentlich  wenn  man  das  gefüllte  Bohr  mit  einer  Luft- 
pumpe in  Verbindung  setzt,  und  das  Quecksilber  im  möglichst  Inftver- 
dünnten  Räume  erkaltet.  Uebrigens  wird  auch  das  Auskochen  minder 
umständlich  und  gefährlich,  wenn  man,  nach  einer  von  Taupenot*) 
vorgeschlagenen  Methode,  während  des  Siedens  mittelst  der  Luft- 
pumpe ein  Vacuum  über  dem  Quecksilber  darstellt 

Man  hat  früher  geglaubt,  ein  Barometer  sei  nur  dann  von  anhan- 
gender Luft  ganz  frei  anzunehmen,  wenn  der  obere  Quecksilberspiegel 
eine  ebene  Fläche  bilde  und  ringsum  an  den  Wänden  des  Glases  an- 
hänge. Du  long  hat  aber  zu  zeigen  gesucht,  dass  diese  Voraussetzang 
nicht  richtig  ist,  und  dass  das  Verschwinden  der  Quecksilberkuppe  von 
einem  kleinen  Antheil  in  der  metallischen  Flüssigkeit  aufgelösten 
Oxyds  herrührt,  welches  sich  während  des  Auskochens  gebildet  hat 
Spätere  Versuche  haben  diese  Ansicht  bestätigt. 

Hieraus  erklärt  sich  nun  sehr  einfach ,  warum  die  nicht  ausge- 
kochten Barometer,  wenn  auch  ganz  frei  von  Luft,  doch  die  gekrüinnite 
Oberfläche  niemals  ganz  verlieren.  In  der  That  ist  die  Luft  ganz  ohne 
Einfluss  auf  die  Beschaffenheit  des  Meniskus,  und  kann  in  trockenem 
Zustande  weder  zur  Erhöhung  noch  zur  Erniedi^igung  desselben  bei- 
tragen. Dagegen  findet  man,  dass  die  Höhe  der  Quecksilberkuppe 
sich  vermindert  in  dem  Grade  als  man  die  Feuchtigkeit  fortschafft^ 
ohne  übrigens,  mag  man  nun  streng  oder  leicht  schmelzbares  Glas  an- 
wenden, jemals  in  eine  ganz  ebene  Fläche  überzugehen. 

Die  verschiedenen  Einrichtungen,  welche  den  Barometern  gege- 
ben worden  sind,  haben  zum  Zweck.,  eine  genaue  Messung  der  Baro- 
meterhöhe  zu  ermöglichen,  und  ausserdem  das  Instrument  transporta- 
bel zu  machen ,  so  dass  man  während  des  Transports  weder  das  Zer- 
brechen der  Röhre,  noch  das  Eindringen  von  Luft  zu  befurchten  bat 
Jene  Einrichtungen  lassen  sich  in  zwei  Glassen  eintheilen.  Bei  den 
Gefässbarometern  endigt  oder  mündet  das  Barometerrohr  unten  in 
ein  Gefass,  dessen  Weite  imVerhältoiss  zu  derjenigen  des  Rohres  groM 
genug  ist,  damit  die  vorkommenden  Schwankungen  in  der  Höhe  der 
Quecksilbersäule  nur  geringe  Niveauunterschiede  im  Gefasse  herbei- 
flQhren.  Bei  den  Heberbarometern  ist  das  Barometerrohr  unten 
in  einen  kürzeren  Schenkel,  welcher  dem  Zutritt  der  Luft  offensteht, 
umgebogen.  Vorausgesetzt,  dass  das  Rohr  an  den  Stellen,  wo  das 
untere  und  das  obere  Quecksilberniveau  sich  auf  und  ab  bewegen,  gleiche 
Weite  hat,  so  muss  bei  einer  Zunahme  der  Barometerhöhe  der  untere 
Quecksilberspiegel  um  ebenso  viel  sinken,  als  der  obere  steigt;  ^^ 
ganze  Aenderung  fallt  weniger  in  die  Augen,  weil  sie  sich  auf  den 
unteren  und  oberen  Spiegel  zu  gleichen  Theilen  vertheilt.  Dagegen 
bietet  das  Heberbarometer  den  Vortheil,  sich  unbeschadet  seiner  Güte 
in  kleinerem    Umfange    und  von  geringerem  Gewichte  anfertigen  an 


^)  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [3]  T.  XLIX,  p.  91.  Pogg.  AnnaL  Bd.  C,  S.  475. 


Barometer. 


66» 


la>s«D,  als  (Us  Gelaasbarometer,  daher  ee ,  als  zam  Transport  geeigne- 
ter, aach  TorzugsweUe  den  Namen  ReUebarometer  erhalten  hat. 

1.  GefäBsbarometer.  Die  gewiihnlichea  Zimmerbarometer, 
-welche  die  Bastimmunv  haben,  als  Wettergläser  zn  dienen,  gehören  in 
diese  Ciasee.  Gewöhnlich  ist  daHselbe;  wie  Fig.  61  andeutet,  auf 
einem  Bret  befestigt,  and  zwar  so,  doss  die  Qaecksilbersäule  in  eine  ver- 
ticale  Richtung  kommt,  wenn  das  Bret  am  oberen  Ende  aufgehängt 
«rird.  Von  den  Niveauändern n gen  des  Quecksilbers  im  Gefässe  wird  bei 
diesem  Instramente  ganz  abgesehen.  Ein  Strich  auf  dem  Bret  in  der 
mittleren  Höhe  Jenes  Niveaus  deutet  ein  für  allemal  die  Nulllinie  an,  von 
«reicher  ans  aufwärts  die  Quecksilbersäule  gemessen  wird.  Die  zu  die- 
ser Hefsnng  erforderliche  Scale,  auf  Messing  in  Pariser  Zolle  und 
Linien  oder  in  Millimeter  getheilt ,   ist  indessen  nur  in  ihrem  oberen 

ng.  61.  Fig.  62.  Fig.  SS. 


670  Öargmeter. 

Theile  auf  dem  Brete  angebracht,  so  weit  als  der  Spielraam  des 
Qaecksilbemiveans  bei  den  an  einem  bestimmten  Orte  vorkommenden 
Schwankungen  des  atmosphärischen  Druckes  geht.  Das  Gefassbaro- 
meter  in  dieser  unvollkommenen  Form  gestattet  weder  den  Transport, 
noch  ist  es  fiir  eine  genaue  Messung  der  Quecksilberhöhe  geeignet 

Beide  Vorzüge  besitzt  dagegen  das  Gefassbarometer  von  Fortin. 
Das  Gefass  und  der  obere  Theil  des  Rohres  dieses  Barometers  sind  in 
Fig.  62  und  Fig.  63  (s.  S.  669)  in  beinahe  natürlicher  Grösse,  das  Gefass 
halb  in  äusserer  Ansicht,  halb  im  Durchschnitte  abgebildet  Dieses 
Geiass,  in  seinem  oberen  Theile  aus  Glas  bestehend,  damit  man  dse 
Quecksilbernivean  sehen  kann,  besitzt  einen  beweglichen  Boden  U  ron 
Leder,  welcher  auf  der  Seite  auf  einen  Bing  von  Buchsbaamhols  auf- 
geleimt und  festgebunden  ist.  Mittelst  der  Schraube  8  kann  der  be> 
wegliche  Boden  und  folgeweise  auch  das  Quecksilbern iveau  gehoben 
und  gesenkt  werden.  Das  in  die  Mitte  des  Gefässes  eingelassene  Ba- 
rometerrohr taucht  mit  etwas  verengter  Mündung  in  das  Quecksilber 
des  Gefässes  ein.  Beim  Transport  wird  die  Schraube  8  soweit  hinein- 
geschraubt, dass  das  Quecksilber  das  Gefass  und  das  Rohr  bis  oben 
hin  vollständig  erfüllt  und  somit  die  ganze  Quecksilbermasse  gepackt 
ist,  ohne  dass  bei  der  Dehnbarkeit  des  Lederbodens  der  AusdehnnDg 
des  Quecksilbers  durch  die  Wärme  der  nöthige  Spielraum  benommeD 
ist.  Wenn  eine  Beobachtung  gemacht  werden  soll,  wird  die  Schraube 
8  soweit  herausgeschraubt,  bis  die  Elfenbeinspitze  r  sich  an  dem  Qaeck- 
silberniveau  mit  ihrem  Spiegel  bilde  gerade  berührt.  Dann  befindet 
sich  dieses  Niveau  in  einer  Horizontalebene  mit  der  äussersten  Spitze 
des  Elfenbeinstiftes,  welcher  mit  dem  Messingdeckel  des  Gefässes  and 
der  damit  zusammenhängenden  Messinghülse,  welche  das  Barometer- 
rohr umgiebt,  in  unveränderlicher  Verbindung  steht  und  zugleich 
dem  Nullpunkte  der  Barometer scale  entspricht,  welche  auf  jener  Hübe 
aufgetragen  ist.  Die  Hülse  ist,  um  die  Quecksilberkuppe  im  Bohre 
beobachten  zu  können,  mit  zwei  diametral  gegenüberstehenden  Schlitze 
versehen.  Ein  das  Messingrohr  umschliessender  Schieber  aa,  Fig.  6S, 
ist  mit  zwei  Schlitzen  versehen,  welche  auf  diejenigen  des  Rohres  pas- 
sen, jedoch  etwas  breiter  sind,  damit  man  die  Theilung  noch  seheo 
kann ,  an  welche  sich  ein  auf  dem  Schieberrande  angebrachter  Noniu? 
unmittelbar  apschliesst.  Der  Nullpunkt  dieses  Nonius  entspricht  ge- 
nau den  obenm  in  der  nämlichen  Horizontalebene,  befindlichen  Bän- 
dern der  beiden  gegenüberliegenden  Spalten  des  Schiebers;  man  rückt 
daher  bei  der  Beobachtung  den  Schieber  so,  dass  die  durch  jene  ge- 
genüberliegenden Ränder  gegebene  Horizontal  ebene  den  Scheitel  der 
Qnecksilberkuppe  tangirt  und  dadurch,  dass  man  jene  beiden  Rander 
beim  Beobachten  zur  Deckung  bringt,  wird  ein  Fehler  der  Parall- 
axe vermieden. 

Das  Fort  in 'sehe  Gefassbarometer  ist,  gewöhnlich  um  zwei  zu 
einander  rechtwinkelige*  horizontale  Axen  drehbar  (Cardanische  Auf- 
hängung), im  Halse  eines  dreibeinigen  Statifs  aufgehängt,  wie  Fig.  ^^ 
zeigt  Das  bedeutende  Gewicht  des  Gelasses  hält  das  Rohr  in  veiti- 
caler  Stellung.  Beim  Transport  bilden  die  zusammengelegten  Beine 
des  Stativs,  welche  auf  ihrer  inneren  Seite  cylindrisch  ausgehöhlt  sind, 
das  Gehäuse,  in  welchem  das  Barometer  eingeschlossen  wird. 

Ein  Gefassbarometer,  mit  Rücksicht  auf  die  hier  mitgetheUten 
Vorschriften  ansgefilhrt,  ist  nicht  nur  ein  sehr  empfindlicher  Anzeiger 


Barometer. 


671 


jeder  Ver&nderung  de»  Luftdrucks,  sondern  gestattet  auch,  denselben 
mit  grosser  Sch&rfe  zu  messen.  Es  eignet  sich  deshalb  vorzugsweise, 
tun  die  täglichen  Schwankungen  des  Luftdrucks  an  demselben  Orte  zu 
vergleichen.  Auch  lässt  es  sich  mit  derselben  Sicherheit  als  Nor  mal - 
barem eter  gebrauchen;  d.  h.  als  ein  Werkzeug,  das  niemals  seinen 
Ort  verändert  und  dessen  Bestimmung  ist:  die  Richtigkeit  des 
Standes  anderer  Barometer  zu  controliren. .  Das  Bohr  muss 
jedoch  für  diesen  Zweck  einen  inneren  Durchmesser  von  wenigstens 
14  Mm.  erhalten. 

2.  Heberbarometer.  Da  diese  Instrumente  ihres  geringeren 
Gewichtes  wegen  sich  vorzugsweise  zu  Reisebarometem  eignen,  so 
war  man  ganz  besonders  darauf  bedacht,  denselben  Einrichtungen  zu 
geben,  welche  das  Zerbrechen  der  Röhren  durch  Stossen  des  Queck- 
silbers während  des  Transportes  unmöglich  machen  und  das  Eindringen 
▼on  Luft  erschweren. 

Bei  der    von   Gay-Lussac    angegebenen    Einrichtung  ist,    wie 
'ig.  65   und  Fig.  66  zeigen,   der  kürzere  mit  dem  längeren  Schenkel 


Fig.  64. 


Fig.  66. 


Fig.  66. 


1 


a 


durch  ein  Capillarrohr  verbunden  und  die  Quecksilbermenge  so  abge- 
messen, dass  bei  dem  Umkehren  des  Instrumentes  aus  der  Lage  Fig.  65 
in  die  Lage  Fig.  66  das  Quecksilber  aus  dem  kürzeren  ganz  in  den 
längeren  Schenkel  treten  kann  und  dann  seine  Oberfläche  in  das  Ca- 
pillarrohr fällt.  Die  Oeffnung  a  im  kürzeren  Schenkel,  durch  welche 
derselbe  mit  der  äusseren  Atmosphäre  communicirt,  ist  so  eng,  dass 
kein  Quecksilber  durch  dieselbe  austreten  kann.  —  Um  bei  dem  Wie- 


672 


Barümeter. 


n  dait  Eintreten  von  Luft  in  den  längeren  Schenkel  n  «er- 
indem,  hat  Bnnten,  wie  Fig.  67    zeigt,  ein«  Erweiterang  «n  d« 
F'e  68  FIe   6T  unteren  Uülfte  des  capillarenTbeil« 

dee  Barometerrohreg  nngebtadil 
und  die  obere  Hälft«  des  Capiliu- 
rohreil  in  die  erweiterte  KunoMr 
eingeechmolzen.  Luft,  welche  iwi- 
Hchen  Quecksilber  and  G-lsswaad 
in  diufle  Kammer  gelangen  mIIu, 
wird  in  dem  dasGapillarrohr  nmg*- 
benden  ringförmigen  Räume  anlge- 
halten  und  kann  somit  nicht  tw  in 
den    leeren    Baum   des    Barometm 

Ein   sehr  zweckmässiger  Ver- 
achluM  wird  von  tireiner  an  Mi- 
nen  Ileberbsrometem    angewendeL 
Uer  oifene  Schenkel  ist,  wie  Fig.  S8 
luigt,  nahe  über  der  Krümmung  b<i 
d    etwad   verengt    und    anmittelbv 
unter  diexer  Stelle   baacliig  erwei- 
tert.     In   diase   Erweiterung    erhebt 
sich    von    Unten    die   konisch    ver- 
jilngle  Spitze  des  hier  eingeschmol- 
zenen längeren  Schenkels.    Uas  Instrument  ent- 
hält  gerade  iioviel  Quecknilber ,  dass   die  bau- 
chige  Erveiterung    noch  bis  d  gefüllt    bleibt 
.  wenn  man   durch  Neigen  des  Bu-ometers  den 
längeren   Schenkel   vollständig   mit  Qnecksilber 
gefüllt  hat.     Zum   Verschluss   dient  ein    in  die 
Verengung  bei  t^pasxenderEork  k,  dessen  durrh 
den  Kork  gehender  Stiel   aus   einer  im    Lichten 
1  Mm.  weiten  und  bei  n  zu  geschmolzenen  Gls^ 
röhre  besteht.      Während  des   Transportes  irt 
der   Kork   sammt  Stiel  unverrückbar  befestigt; 
etwaige  Ausdehnung  des  Quecksilbers  im  Bsro- 
meterrohre   durch  Erwärmung  findet  im  Inne- 
ren des  engen  Glasrohres  Baum. 

Bei  aller  Vorsicht  wird  es  nicht  gelingen, 
den  Eintritt  von  Lnft  in  die  leere  Kammer  einet 
Heberbaro meten ,  welches  vielfach  transportiri 
wird,  gänzlich  zu  verhindern.  Uankann  awardco 
hierdurch  entstehenden  Fehler  in  Rechnung  neh- 
men, wenn  man  dem  Barometer  eine  gewi»t 
von  Ku  pf  Ter  ')  vorgeschlagene  Einrichtung  giebt  oder  wenn  man  et- 
was reines  Quecksilber  in  dem  offienen  Schenkel  zusetzt  oder  heraw- 
nimmt,  und  jedesmal  beide  Niveaus  beobachtet.  Ef  bleibt  jedoch  im- 
mer das  Gerathenste,  das  Heherbarometer  nowohl  gleich  anfangs,  ab 
auch  je  nach  zeitweiligem  Gebrauche  mit  einem  Normalbarometer  n 


')  Pogg.  AnnaL  Bd.  XXTI,  3.  £46. 


Barometer.  673 

vergleichen   nnd  hierdurch    ohne   Weitere«  die   CorrectioDsgrösse   der 
beobachteten  Barometerstände  auszumitteln. 

Bei  der  Messung  der  Quecksilberhöbe  am  Heberbarometer  mnss 
der  Stand  des  unteren  Niveaus  ebensowohl  wie  derjenige  des  oberen 
beobachtet  werden,  da  beide  veränderlich  sind.  Es  giebt  zwar  Heber- 
barometer,  bei  welchen  das  Barometer  bei  festliegender  Scale,  oder 
die  Scale  bei  unverrückbarem  Glasrohr  so  verschoben  werden  kann, 
dass  das  untere  Quecksilbemiveau  mit  der  Nulllinie  der  Scale  in  eine 
EiorizoBtale  gebracht  wird.  Allein  solche  Instrumente  gehören  nicht 
zo  den  vollkommeneren  Heberbarometem.  Bei  den  besseren  Instrumen- 
ten ist  das  Glasrohr  sowohl  als  die  Scale  fest,  und  der  Nullpunkt  der 
letzteren  liegt  entweder  tiefer  als  der  tiefste  Stand,  welchen  das  untere 
Quecksilbemiveau  jemals  einnimmt,  oder  er  liegt  zwischen  beiden  Ni- 
veaus, und  die  Theilung  erstreckt  sich  von  ihm  aus  aufwärts  und  ab- 
'wärts.  Im  ersteren  Falle  ist  die  Quecksilberhöhe  durch  den  Unter- 
schied, im  letzteren  Falle  durch  die  Summe  der  beiden  Ablesungen  ge- 
geben. Häufig,  wie  z.  B.  bei  den  Gay-Lussac'schen  Barometern, 
ist  die  Scale  auf  das  Glasrohr  selbst  eingeätzt.  Wie  dem  sein  möge, 
so  ist  man  beim  Ablesen  doch  immer  dem  Fehler  der  Parallaxe  aus- 
gesetzt. ^ 

Man  hat  mancherlei  Mittel  ersonnen,  um  dieser  Fehlerquelle  zu 
entgehen.  Eins  der  zweckmässigsten  besteht  darin,  dass  man  in  dem 
Brett,  worauf  das  Barometer  festliegt,  an  jedem  der  beiden  Beobnch- 
tangsorte  einen  länglichen  Spalt  fast  von  der  Breite  des  Rohres  ein- 
schneidet, so  dass  man  durch  denselben,  wenn  die  Quecksilbersäule 
zw^ischen  Auge  und'  Licht  hängt,  die  Schwankungen  bequem  beobach- 
ten kann.  Oben  und  unten  ist  das  Rohr  von  einem  etwa  12  Mm. 
hohen  Messingcylinder  umgeben,  der  niit  dem  Metallstreifen,  welcher 
den  Nonias  trägt,  zusammenhängt  und  mit  diesem  leicht  auf  und  nie- 
der bewegt  werden  kann.  Der  untere  Rand  der  cylindrischen  Hülse 
ist  eben  geschliffen  nnd  so  gerichtet,  dass  die  Verlängerung  seiner 
Ebene  in  den  Nullpunkt  des  Nonius  fällt  und  die  Scale  rechtwinklig 
dorchschneidet.  In  dem  Metall  streifen  selbst,  welcher  die  Scale  bil- 
det, befindet  sich  ein  Einschnitt,  worin  die  Platte  des  Nonius  sitzt  und 
nar  in  verticaler  Richtung  auf  und  nieder  bewegt  werden  kann.  Die 
feinere  Einstellung  geschieht  mittelst  einer  Mikrometerschraube. 

Man  richtet  nun  dieses  bewegliche  Stück  ganz  so  wie  die  ähn- 
liche Vorrichtung  bei  dem  Gefassbarometer,  bis  die  Ebene  des  unteren 
Randes  der  Hülse  den  Gipfel  der  Quecksilberkuppe  berührt  Man  be- 
greift, dass  eine  falsche  Stellung  des  Auges  unter  diesen  Umständen 
unmöglich  ist.  Die  cjlindrische  Hülse  muss  eine  Hohe  von  etwa  12  Mm., 
theils  um  der  Festigkeit  willen,  theils  darum  erhalten,  damit  sie  den 
Quecksilberspiegel  beschattet;  denn  hierdurch  wird  die  richtige  Ein- 
stellung sehr  erleichtert. 

Ein  anderes  Verfahren,  um  jeder  Täuschung,  veranlasst  durch  eine 
unrichtige  Stellung  des  Auges,  vorzubeugen,  ist  vor  mehreren  Jahren  von 
Wilh.  Weber  *)  in  Anwendung  gebracht.  Man  wählt  einen  Streifen  von 
^  dickem  Spiegelglase  zur  Barometerscale,  und  foliirt  diesen  auf  der  einen 
Seite  seiner  ganzen  Länge  und  halben  Breite  nach,  so  dass  er  in  zwei  lange 
schmale  Streifen  zerföllt,  von  denen  der  eine  einen  Spiegel  bildet,  der 


•)  Pogg.  Annal.  Bd.  XL,  S.  2S. 
lUndwOrterbaeh  der  Chrml«.    2te  AaH.    B«i.  11.  43 


674 


Barometer. 


andere  durchsichtig  üt.  Auf  der  anderen  Seite,  der  Grenze  des  Spie- 
gels nnd  des  durchsichtigen  Glasaa  gegenüber,  wird  mit  dem  Diannn* 
ten  Mif  der  Glasoberfläche  die  Scale  aufgetragen,  so,  dass  alle  Theil- 
striche  zur  Hälfte  auf  der  durchgichtigen,  zur  Hälfte  auf  der  oodiirdi- 
sichtigen  Seite  liegen.  Diese  Scale  wird,  die  getheilte  GlasÖäche  nach 
vorn,  vor  dem  Barometerrohr  befestigt,  Fig.  69,  und  man  stellt  da* 
Auge  80  davor,  dass,  während  man  durch  den  durchsichtigen  Streifen 
p,^    j.q  die  Quecksilberkuppe  des  Barometers  erblickt,  diebt 

daneben  iiu  Spiegel  das  Bild  des  Äugea  erscheint. 
Hängt  iiuo  die  Scale  genau  vertical  und  sind  beide 
Flächen  des  Glasstreifena  parallel  };eschliBen,  so  wird 
das  Auge  die  richtige  Stellung  haben,  sobald  «ein« 
Axe  sich  in  gleichem  Niveau  mit  der  Queckailber- 
kuppe  beßndet;  denn  in  diesem  Falle  muss  die  leti- 
tere  mit  dem  Augenpunkte  nnd  dessen  Bild  in  der- 
selben Horizontalebene  liegen.  Im  Allgemeinen  wird 
man  alsdann  die  Qnecksilberkuppe  zwischen  swei 
Theilstrichen  der  Scale  erblicken,  und  es  kommt  nur 
darauf  an,  diesen  Bruchtheil  zu  beBtiromea. 

Bei^iniger  Uebung  bringt  man  es  bald  dahia, 
ein  Zehntel  einer  halben  Linie  ziemlich  ^nau  absn- 
schätzen,  mithin  in  der  Längenmessung  keinen  Feh- 
ler zu  begehen,  der  die  Grenze  von  ein  ZehnUl  Linie 
überschreitet,  und  dieser  Grad  der  Genauigkeit  ui 
in  den  meisten  Fällen  vollkommen  genUgend.  El 
wird,  wie  man  sieht,  bei  dem  Weber'schen  Barome- 
ter erreicht,  ohne  Beihülfe  des  Nonius,  ohne  dus 
Scale  oder  Rohr  berührt  oder  etwas  darao  verrückt 
wird,  durch  die  blosse  Ansicht  des  InstrameDtes. 
Bei^enjentgen  Barometern,  die  mit  Mikroskopen  veraehen  nnd, 
ist  ebenfalls  die  richtige  Stellung  des  Auges  gesichert,  und  insofern 
ein  haarscharfes  Abmessen  der  Quecksilbersäule  die  Zu  Ter  lässigkeil 
der  aus  barometrischen  Messangen  gezogenen  Resultate  zd  erbShoi 
vermag,  geschieht  es  ohne  Zweifel  durch  die  Anwendung  der  Mikro- 
skope. Zu  den  vollkommensten  Barometern  dieser  Art  gehören  die 
Ton  Schiek  in  Berlin  verfertigten').  Sie  sind  mit  einer  sehr  wei- 
ten RShre  versehen,  deren  Durchmesser  nie  unter  11  Mm.  beträgt, 
damit  das  Quecksilber  die  nöthige  Beweglichkeit  besitzt.  Diese  Röhre 
ist  so  gebogen,  dass  beide  Quecksilberkuppen  senkrecht  unter  einander 
stehen.  Der  Messapparat  besteht  aus  einem  starken  Messinglineale 
von  der  Länge  der  ganzen  Quecksilbersäule.  Dasselbe  Ist  verschieb- 
bar, trägt  unten  ein  festes,  oben  ein  mit  dem  Nonius  verschiebbares 
Mikroskop  mit  Fadenkreuz  und  ist  leicht  von  dem  Instrumenta  zu  tren- 
nen, um  auf  einem  eigens  dazu  verfertigten  Etalon  geprüft  zu  wer- 
den. Dieser  Etalon,  von  Messing,  nnd  wie  die  Stabe  liir  Vi°R.  aja- 
sürt,  enthält  auf  zwei  eingelassenen  Silberplatten  zwei  Striche  in  dem 
Abstände  von  28  Zoll;  mit  diesen  bringt  man  die  Fadenkreuze  der 
beiden  Mikroskope  in  Coinoidenz,  indem  man  zuerst  das  mit  dem  No- 
nius verbundene  auf  28  Zoll  stellt ,  und  dann  an  dem  festen  Mikio* 
skope    mit  einer    dazu   angebrachten  Stellschraube  nachhilft.     Nonios 

')  PogK.  Annal.     Bd.  XXVI,  3.  151.  AnmcA. 


Barometer«  675 

ind  Scale,  die  beide  auf  Silber  getheilt  sind,  liegen  in  einer  Ebene 
in<i  geben  Hundertel  der  Par.  Linie;  beiden  wird  die  feine  Bewegung 
lurch  Mikrometerschrauben  ertheilt.  Endlich  ist  das  Indtrument  so 
lufgestellt,  dass  man  die  Scale  genau  vertical  »teilen  und  in  dieser 
:>tel]ung  unverrückbar  erhalten  kann.  Von  einer  an  der  Mauer  durch 
ief  eingelassene  und  eingegypste  Schrauben  wohl  befestigten  dicken 
[^hle  gehen  horizontal  zwei  starke  eiserne  Arme  ab,  von  denen  der 
intere  eine  konische  Pfanne  von  Glockengut  und  der  obere  einen 
äing  trägt.  In  der  Pfanne  ruht  das  ganze  Instrument  mittelst  eines 
iiflemen  konischen  Zapfens;  oben  wird  es  mittelst  d^s  Ringes  durch 
sinen ,  mit  einem  Scharniere  versehenen  Stift  gehalten.  Durch  Stell- 
schrauben kann  der  Stift  so  lange  verschoben  werden,  bis  die  Prüfung 
mit  dem  Senkblei  zeigt,  dass  die  Scale  vertical  steht.  Die  Einrich- 
tung des  Stativs  erlaubt,  nicht  nur  das  Instrument,  unbeschadet  seiner 
senkrechten  Stellung,  nach  allen  Seiten  zu  drehen,  sondern  auch  es 
uD«  der  Pfanne  zu  heben  und  bis  zu  eitiem  gewissen  Grade  zu  neigen. 
Heberbarometer,  welche  mit  dieser  Sorgfalt  ausgeführt  sind,  stehen 
bei  gleicher  Weite  der  Röhren,  den  besten  Geiass-Normalbarometern 
in  keinem  wesentlichen  Pi^nkte  nach,  sind  aber  eben  so  wenig  wie 
diefte  transportabel. 

8.  Correctionen.  Durch  die  mit  den  angegebenen  Hiilfsmit- 
teln  und  mit  der  grössten  Sorgfalt  angestellte  Messung  der  Qnecksil- 
berhohe  erhält  man  ohne  Weiteres  in  der  Regel  noch  keinen  vergleich- 
baren Ausdruck  ilir  das  Gewicht  der  4juftsäule,  weil  Scale  und  Queck- 
silber dem  Einflüsse  der  wechselnden  Temperatur  unterworfen  sind 
und  ausserdem  die  Capillaritat  auf  den  Quecksilberstand  eine  gewisse 
Aich  nicht  immer  gleich  bleibende  Wirkung  ausübt. 

Am  unbedeutendsten  ist  die  Verbesserung,  welche  an  der  beob- 
achteten Barometerhöhe  wegen  der  Ausdehnung  der  Scale  durch  die 
Wärme  anzubringen  ist,  ja  man  wird  bei  den  meisten  derartigen  Beob- 
achtungen jene  Verbesserung  ganz  vernachlässigen  können. 

Gesetzt,  eine  Scale,  welche  Pariser  Zolle  und  Linien  enthält,  habe 
bei  16,25^0.  ihre  normale  Länge,  und  es  sei  bei  t^  ein  Barometerstand 
6  abgelesen  worden,  so  ist  die  wahre  Länge: 

Bei  einer  Scale  auf  Silber:       B  =  b  {1  -^  0,0000191  [f  —  16,26]) 
„       „    Messing:   iB  =  6  (1  +  0,0000189  [t  —  16,25]) 
„      „    Glas:         5  =  Ä  (1  +  0,0000086  [t  —  16,25]). 
Gesetzt,  eine  Millimeterscale  habe  bei  0^  ihre  normale  Lange,  und 
es  sei  ein  Barometerstand  b  bei  t^  abgelesen  worden,  so  ist  die  wahre 
Länge  desselben: 

Bei  einer  Scale  auf  Silber:      ^  =  *  (1  +  0,0000191  0 
„       „     *    „       „     Messing:  B  =  b  (l  -f-  0,0000189  t) 
„       „     Glas:        B  =  bll  -|-  0,0000086  0- 
Hat  man  z.  B.  auf  einer  auf  Glas  geätzten  Theilung  bei  26^  den 
Barometerstand  von  753  Mm.  abgelesen,  so  würde  man  bei  einer  Tem-' 
peratur  0^  der  Scale  eine  Länge  von  753,15  Mm.  beobachtet  haben. 

Ungleich  wichtiger  ist  die  Berücksichtigung  des  bei  verschiedenen 
Temperaturen  ungleichen  specifischen  Gewichtes  des  Quecksilbers. 
Damit  die  bei  verschiedenen  Temperaturen  beobachteten  Quecksilber- 
hohen  vergleichbare  Maasse  des  Luftdruckes  abgeben,  müssen  dieselben 
alle  auf  eine  und  dieselbe  Temperatur  reducirt  sein.  Man  wählt  hier- 
für die  Temperatur  von  0^.     Ist  die  bei  t^  beobachtete  Barometerhöhe 

43* 


676 


Barometer. 


bf^  die  auf  0^  redncirte  Barometerhöhe  ^  und  nimmt  man,  was  für 
den  vorliegenden  Zweck  hinlänglich  genau  ist,  den  wahren  Ansdeh- 
nungscoefficient  des  Quecksilbers  für  loC.  =  0,00018  an,  so  ist 

-ho!o0018.r  '''^^''  genähert:  b^  =  3,  (1   -  0,0001 8. t). 


6r>  = 


Man  hat  an  dem  beobachteten  Barometerstande  bg  demnach  0,00018 
.t.bf  Scalentheile  in  Abzug  zu  bringen.  Die  folgende  Tafel  entbäk 
den  Werth  dieser  Correction  in  Millimetern  innerhalb  der  gewohnlich 
vorkommenden  Grenzen  des  Barometerstandes  und  der  Temperaturen 
für  den  Fall,  dass  die  Barometerhöhe  in  Millimetern  gemessen  wurde: 


8» 

10" 

12« 

14'' 

16» 

18» 

20'^ 

22« 

24« 

26« 

28« 

$«• 

780""« 

1,1 

1,8 

1,6 

1,8 

2,1 

2,4 

2,6 

2,9 

3,2 

3,4 

8,7 

3,9 

740 

1,1 

1,8 

1,6 

1,» 

2,1 

2,4 

2,7 

2,9 

8,2 

*8,6 

8.7 

4,0 

760 

1,1 

1,4 

1,6 

1,9 

2,2 

2,4 

2,7 

8,0 

8,2 

8.6 

8,8 

4,1 

760 

1,1 

1,4 

1,6 

1,9 

2,2 

2,6 

2,7 

3,0 

3,8 

8,6 

8,8 

4,1 

Die  Reduetion  der  Barometerstände  auf  0^  mittelst  dieser  Tabelk 
wird  um  so  mehr  eine  für  alle  Fälle  ausreichende  Grenauigkeit  gewah- 
ren, als  eine  absolut  genaue  Bestimmung  der  Quecksilbertemperator 
bis  jetzt  zu  den  Unmöglichkeiten  gehört,  und  man  sich  selbst  selteo 
versichert  halten  darf,  nicht  einen  Fehler  von  einigen  Zehntel  Grad 
gemacht  zu  haben;  ein  Fehler,  der  mehr  beträgt,  als  man  durch  die 
weitläufigere,  aber  theoretisch  genauere  Rechnung  gewinnen  kann. 

Die  Temperatur  des  Quecksilbers  stimmt  nur  in  einem  verschlos- 
senen Zimmer  und  bei  sehr  gleichförmiger  Temperatur  mit  derjenigeo 
der  Luft  überein.  In  luftigen  Räumen  und  besonders  im  Freien  wird 
meistens  der  Wärmegrad  des  Quecksilbers  hinter  dem  eines  frei  hxdgt- 
hängten  Thermometers  zurückbleiben,  d.  h.  dieses  Thermometer  wird 
bei  steigender  Temperatur  höhere,  bei  sinkender  niedrigere  Grade 
als  das  Quecksilber  zeigen. 

Um  ntin  den  Temperaturgrad  des  letzteren  in  jedem  Augenblicke 
erfahren  zu  können,  pflegt  man  ein  kleines  Quecksilberbehälter,  in 
welches  ein  empfindliches  Thermometer  quecksilberdicht  eingeseixt 
ist,  in  der  Mitte  der  Höhe  des  Barometergohäuses  zu  befestigen.  Die- 
ses Verfahren  ist  jedoch  nur  dann  untadelhaft,  wenn  der  Behälter  am 
einem  Stücke  des  Barometerrohres  verfertigt  ist,  denn  nur  in  diesea 
Falle  besitzt  die  Flüssigkeit  in  beiden  gleiche  Empfänglichkeit  für  an»- 
sere  Einflüsse. 

Vermittelst  eines  Quecksilberbehälters  ohne  W.lhl  lässt  sich  der 
Wärmegrad  des  Barometerquecksilbers  um  so  weniger  sicher  verbür- 
gen ,  je  weiter  es  ist  und  je  dickere  Wände  es  besitzt.  Aus  diesem 
Grunde  giebt  auch  ein  Thermometer,  das  in  das  Gefass  eines  Gefass- 
barometers  getaucht  ist,  niemals  brauchbare  Anzeigen  für  die  Tempe- 
ratur der  Säule.  Directe  Versuche,  in  dieser  Beziehung  angestellt, 
haben  gelehrt,  duss  der  Wärmegrad  des  oberen  Theils  der  Säule  der 
äusseren  Temperatur  immer  näher  stand,  als  derjenige  der  antereo 
Masse.     Der  Unterschied  betrug  nicht  selten  0,5®  bis  0,7^0. 

Es  ist  wahrscheinlich ,  dass  selbst  in  Heberbarometem  die  Tem- 
peratur des  unteren  und  oberen  Theiles  der  Säule  nicht  immer  gan< 


Barometer. 


677 


gleich  ist.  Jedenfalls  reicht  schon  der  kurze  Aufenthalt  vor  dem  In- 
Btnunente  and  die  Berührung  desselben,  welche  nöthig  ist,  den  Nonius 
zu  rücken,  hin,  bemerkbare  Aenderungen  des  Wärmegrades  zu  erzeugen. 

l>ie  auf  0^  reducirte  Barometerhöhe  bedarf  noch  einer  weiteren  Ver- 
besserung wegen  der  Capillardepression,  eines  Einflusses,  welcher 
erst  in  Rohren  von  mehr  als  14  Mm.  innerer  Weite  unmerklich  wird. 
Es  ist  bekannt,  dass  die  Depression  eine  Function  der  Röhren  weite 
ist  und  zu  derselben  in  einem  nahe  umgekehrten  Verhältnisse  steht. 
Allein  die  einfach  auf  Grund  dieses  Gesetzes  entworfenen  Tabellen 
können  nur  für  Quecksilber  in  offenen,  dem  Zutritt  der  atmosphärischen 
Feachtigkeit  unmittelbar  ausgesetzten  Röhren,  nicht  aber  ihr  die  in 
einem  Barometerrohr  eingeschlossene  Säule  giltig  erachtet  werden. 
Die  Adhäsion  des  Quecksilbers  zu  den  Glaswänden  nimmt  bei  gänz- 
lichem Abschluss  der  Feuchtigkeit  auffallend  zu  und  in  gleichem  Grade 
▼ennindert  sich  die  Capillardepression.  Auch  hat  hierauf  der  Zustand 
der  Reinheit,  in  welchem  sich  das  Quecksilber  befindet,  entschiedenen 
Eanfluss. 

Schleiermacher  und  Eckhardt^)  haben  deshalb  eine  Tabelle 
mit  doppeltem  Eingang  für  die '  Capillardepression  berechnet,  so  dass 
dieselbe  nicht  nur  von  der  Röhren  weite,  sondern  auch  von  der  Höhe 
des  Meniscus  abhängig  erscheint  Diese  Tafel  ist  später  von  Delcros*), 
gleichfalls  nach  Formeln  von  Schleiermacher  neu  berechnet  und 
neaerdings  von  Pohl  und  Schabus')  durch  Interpolation  noch  be- 
trachtlich erweitert  worden.  Wir  theüen  hier  einen  Auszug  aus  der 
letzteren  Tafel  mit: 


Depi 

ression  in 

Mill 

imetern. 

Höhe    des    MeniscuB    in   Millimetern. 

Darchmeflser 

der  Röhre 

mm. 

0,1 

0,2 

0,4 

0,6 

0,8 

1,0 

1,2 

1,4 

1,6 

1,8 

V 

2 

1,268 

2,460 

4,896 

3 

0,654 

1,092 

2,068 

2,846 

4 

0,802 

0,698 

1,158 

1,648 

2,046 

2,848 

6 

0,1J*6 

0,868 

0,721 

1,042 

1,821 

1,552 

1,781 

6 

0,122 

0,248 

0,478 

0,698 

0,896 

1,068 

1,210 

1,322 

7 

0,085 

0,168 

0,332 

0,488 

0,631 

0,758 

0,868 

0,959 

1,080 

8 

0,060 

0,120 

0,238 

0,350 

0,455 

0,551 

0,685 

0,707 

0,766 

9 

0,044 

0,088 

0,174 

0,257 

0,885 

0,407 

0,472 

0,528 

0,575 

10 

0,083 

0,065 

0,130 

0,192 

0,250 

0,805 

0,854 

0,898 

0,436 

11 

0,024 

0,049 

0,097 

0,145 

0,189 

0,231 

0,269 

0,302 

0,332 

0,356 

12 

0,019 

0,087 

0,074 

0,110 

0,144 

0,176 

0,205 

0,231 

0,254 

0,278 

13 

0,015 

0,028 

0,057 

0,084 

0,110 

0,135 

0,158 

0,178 

0,196 

0,210 

14 

0,011 

0,022 

0,044 

0,065 

0,085 

0,105 

0,122 

0,188 

0,152 

0,163 

16 

0,007 

0,016 

0,032 

0,048 

0,064 

0,080 

0,094 

0,106 

0,116 

0,126 

Die  Zahlen  in  der  ersten  Verticalcolumne  sind  doppelt  so  gross, 
als  im  Original;  allein  dort  bedeuten  sie  die  Röhrenhalbmesscr,  nicht 
die  Durchmesser,   wie  irrthümlich  in  der   citirten  Stelle  in  Poggen- 


»)  Biblioth^que  universelle  de  Genfeve,  T.  VIII,  p.  8.  —  *)  Nouv.  Möm.  de 
rA»d.  Roj.  de  Bnutelles,  T.  XIV,  p.  72;  auch  Pogg.  Annal.  Bd.  LX,  S.  877.  — 
*)  Wien.  AkAdem.  Berichte,  Bd.  IX,  S.  834. 


678  Barometer. 

dorff'sAnnalen  und  in  den  meisten  deutschen  Lehr-  und  Handbüchern, 
wo  dieDelcros'sche  oder  die  ältere  Eckhardt- Seh  leiermacher'- 
sehe  Tabelle  aufgenommen  ist,  angegeben  wurde. 

Man  begreift  in  Folge  der  vorhergehenden  Erörtemngea,  dass  die 
Capillarität  auch  bei  den  Heberbarometern  nicht  ohne  Einflnss  ist: 
denn  selbst  dann,  wenn  beide  Schenkel  genau  einerlei  Weite  besitzen, 
wird  man  doch  in  der  Regel  in  dem  offenen  Rohre,  weil  hier  die  Feuch- 
tigkeit freien  Zutritt  hat,  eine  bedeutend  stärkere  Wölbung  wahrneh- 
men. Da  hierdurch  die  Depression  vermehrt  wird,  so  folgt,  dass  He- 
berbarometer, deren  Röhren  nicht  sehr  weit  sind,  den  Luftdruck  su 
hoch  angeben. 

Andere  Barometerformen.  Die  Sorgfalt,  welche  auch  die 
möglichst  praktisch  ausgeführten  Reisebarometer  immer  noch  bei  dem 
Transport  in  Anspruch  nehmen,  so  wie  der  Umstand,  daas  sie  durch 
ihren  Umfang  und  ihr  Gewicht  dem  Reisenden  leicht  lästig  wer- 
den, hat  Veranlassung  zur  Construction  sogenannter  Differenzial- 
oder  abgekürzter  Barometer  gegeben,  idre  GonstructioD  beruht 
darauf,  dass  ein  gewisses  Volumen  Luft  von  atmosphärischer  Dichte  von 
der  umgebenden  Atmosphäre  abgeschlossen  und  mittelst  eines  Kolbens 
oder  eines  mittelst  Schraube  verschiebbaren  Bodens  auf  einen  bekann- 
ten aliquoten  Theil  reducirt  wird.  Der  Druck  dieser  verdichteten 
Luft  auf  ein  Quecksilbemiveau  macht  das  Quecksilber  in  einem  in  das- 
selbe tauchenden  oben  offenen  Glasröhrchen  steigen,  und  die  Höhe  die- 
ser Quecksilbersäule,  welche  man  beobachtet,  ist  ein  bestimmter  aliquo- 
ter Theil  der  Quecksilberhöhe  im  Barometer.  Wenn  z.  B.  die  Loft  üb 
Verhältnis^  von  10  :  9  comprimirt  wird,  so  ist  die  Höhe  der  Queck- 
silbersäule in  der  Steigröhre  des  abgekürzten  Barometers  ^/g  der  wah- 
ren Barometerhöhe.  Speciellere  Angaben  über  die  Construction  dieser, 
namentlich  durch  die  Leichtigkeit  des  Transports  ausgezeichneten  In- 
strumente haben  August^)  und  Kopp^)  gegeben.  Kreil')  hat  dai 
Fortin* sehe  Barometer  auf  die  Hälfte  der  Länge  reducirt,  indem 
er  zwei  Einstellspitzen  in  solcher  Stellung  im  Gefasse  anbrachte,  das«, 
wenn  das  Niveau  auf  die  Spitze  a  eingestellt,  alsdann  das  Gefass  ge- 
gen die  äussere  Luft  abgeschlossen  und  nunmehr  die  Bodenschranbe 
gesenkt  wird,  bis  das  Niveau  an  der  Spitze  b  einsteht,  die  Luft  gerade 
auf  die  Hälfte  der  anfanglichen  Dichte  gebracht  ist  Man  mifiat  ab- 
dann  nur  den  halben  Barometerstand,  und  die  Barometerröhre  braucht 
darum  auch  nur  die  Hälfte  der  gewöhnlichen  Länge  zu  haben. 

Alle  diese  abgekürzten  Instrumente  haben  das  gegen  sieb,  dass 
der  Fehler  einer  Beq^imniung  ebenso  vielmal  vervielfacht  sich  auf  die 
ganze  Quecksilberhöhe  überträgt,  als  diese  in  dem  Instrumente  verkürzt 
beobachtet  wurde. 

Das  Aneroidbarometer,  von  Vidi^  erfunden,  beruht  nickt 
auf  einem  hydrostatischen  Principe,  sondern  auf  demjenigen  der  Ela- 
sticität.  Es  besteht  aus  einer  ^/^  Zoll  tiefen  Metalldose,  welche  luftleer 
gemacht  und  dann  hermetisch  verschlossen  ist  Der  obere  Boden  ist 
dünn  und  seine  Beweglichkeit  durch  concentrisch  eingeätzte  Kreise 
noch  gesteigert,   so   dass  er  bei  jeder  Aenderung  des  Luftdruckes  eine 


*)  Pogg-  Annal.  Bd,  III,  S.  829.  —  *)  Pogg.  Annal.  Bd.  XL.  8.  62;  und  ««pi- 
t«r  eine  zweckmässigere  Fonn  Bd.  LVI,  S.  618.  —  ')  Wien.  Akad.  Bericht,  Bd.  XIT 
S.  897.  —  <)  Compt.  rend.  de  l'Acad.  franc.  T.  XXIV,  p.  975. 


Barsowit.  —  Baryt.  679 

andere  Lage  einnimmt.  Die  Dose  ist  in  eine  Holzbiichse  eingelegt 
und  mit  dem  Mittelpunkte  des  beweglichen  Bodens  ein  Hebelwerk  ver- 
bunden, welches  jede  Bewegung,  600  bis  TOOmnl  vergrössert,  auf  einen 
Zeiger  überträgt,  welcher  sich  auf  der  Aussentfeite  der  Büchse  an 
einer  Theilung  hinbewegt.  Einmal  mit  einem  Norroalquecksilberbaro- 
meter  verglichen,  kann  das  Aneroidbarometer  zur  fortgesetzten  Beob- 
achtung des  Luftdruckes  dienen,  vorausgesetzt,  dass  es  auf  einen  Feh- 
ler von  1  Mm.  Quecksilberhöhe  nicht  ankommt.  Veränderungen  der 
Temperatur  haben  keinen  merklichen  Einfluss  auf  den  Gang  dieses  Ba- 
rometers. Dasselbe  ist  leicht  transportabel,  da  die  Buchse  nur  etwa 
4  Zoll  im  Durchmesser  und  1^/4  Zoll  Dicke  hat 

Angaben  über  die Construction  eines  Maximum-  und  Minimnm- 
barometers  von  Geissler  sind  von  6.  Bischof  ')  mitgetheilt 
worden.  Z, 

Barsowit.      Ein   in   den  Barsowschen    Goldseifen    am    Flusse 
Barsowka  am  Ural  vorkommendes  Mineral  (G.  Rose  2),  welches  sich 
hier  als  Gerolle  findet  und  kleine  Soymonit  genannte  Korundkrystalle 
einschliesst     Es  bildet  dichte  Massen  oder  kleinkörnige  Aggregate,  ist 
in  einer  Richtung  ziemlich  deutlich  spaltbar,  weiss,  die  körnige  Varie- 
tät schwach  perlmutterartig  glänzend,  die  dichte  matt,  an  den  Kanten 
durchscheinend;  Härte  =  5,5   bis  6,0,  specif.  Gewicht  r=   2,740  bis 
2,752.     Vor  dem  Löthrohre  schwer  an  den  Kanten  zu  einem  blasigen 
Glase  schmelzbar,  mit  Borax  langsam  und  ruhig  zu  wasserhellem  Glase, 
mit  Phosphorsalz    desgleichen,  Kieselsäure    ausscheidend,  wobei .  das 
Glas   bei  grösserem    Zusätze    beim  Erkalten   opalisirt.      Mit  gleicher 
Menge  Soda   gemischt  zu  blasigem  Glase  schmelzbar,  das  mit  mehr 
Soda  schnee weiss  und  unschmelzbar  wird.     Durch  Kobaltsohition  wird 
das  Mineral  beim  Glühen  blau.    Das  Pulver  ist  durch  Salzsäure  leicht 
zersetzbar  und  es  bildet  sich  eine  dicke  Gallerte.    Nach  Varren  trapp's 
Analysen  entspricht  die  Zusammensetzung  der  Formel  3  Ca  O  .  2  SiOg  -f- 
3  (AI9O3  .  SiOs),  neben  Kalk  enthält  es  wenig  Magnesia.  K, 

Barwood,  Camwood,  ein  in  England  vielfaltig  benutztes  Roth- 
holz, dessen  Farbstoff,  nach  einer  gemeinschaftlichen  Untersuchung  von 
Pr  ei  SS  er  und  Gi  rar  diu'),  mit  dem  Santalin  identisch  sein  soll. 

Barystrontianit  ist  der  Stromnit  genannt  worden,  weil  er 
neben  kohlensaurem  Strontian  (Strontianit)  auch  viel  schwefelsauren 
Baryt  enthält     (s.  Stromnit). 

Baryt,  syn.  Bariumoxyd. 

Baryt.  Barytin,  Barytkrystalle,  Barytstein,  Schwer- 
«ipath,  schwefelsaurer  Baryt,  prismatischer  Hai- Baryt, 
Wolnyn,  Stangenspath,  Bologneserspath,  Bologneserstein, 
AUomorphit,  Shoharit,  Hepatit,  Aehrenstcin,  Cawk,  Litheo- 
spore,  Baryte  sulfatie^  Barytes,  Heavy  Spar.  Zusammensetzung: 
BaO.SOa.  Diese  Mineralspecies  findet  sich  meistens  krystallisirt,  zuwei- 
len dicht  oder  erdig;  sie  krystallisirt  orthorhombiscb  und  wird  sehr  oft  in 
schon  ausgebildeten  Krystallen  gefunden.  Die  einfachste  Combination  ist 


»)  Pogg.  Annal.  Bd.  LX,  S.  857.  —    *)  Pogg.  Annal.  Bd.  XLVm,  S.  667.  — 
*)  Annal-  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LH,  S.  875. 


680  Barj^flussspath.  —  Barytgelb. 

eine  rhombische  Tafel  mit  geraden  Bandflächen,  gebildet  dorch  die 
Längsflächen  oo  P  ao  und  das  Querdoma  P  ^,  dessen  Endkanten 
78p  18'  messen.  Daran  sind  bisweilen  die  Combinationskanten  durch 
eine  orthorhombische  Pyramide  P  abgestumpft,  welche  allen  Gestalten 
des  Baryts  zu  Grunde  gelegt  wird;  ihre  Endkanten  sind  =  128^  23' 
und  910  26%  die  Seitenkanten  =  110<>  44'.  Oft  kommt  auch  ein 
Längsdoma  P  o6  vor,  dessen  Endkanten  105^  6'  messen,  und  ein 
Prisma  oo  PY<t  dessen  brachydiagonale  Kanten  77®  27'  messen,  ausser 
diesen  noch  viele  andere  Gestalten  in  mannigfachen  Coinbinationen. 
Je  nachdem  nun  die  Längsflächen  od  P  o6  oder  das  Prisma  od  "PXy  oder 
ein  Doma  vorherrscht  und  mit  anderen  Gestalten  verbunden  vorkora- 
men,  sind  die  Krystalle  rhombische  Tafeln  mit  geraden  Bandflachen, 
odPo5  -P^,  oblonge  Tafeln  mit  zugeschärften  Rändern,  od  Poe  .poo  • 
00  PT,  prismatische  Krystalle  durch  die  vorherrschenden  Prismenfladbieo 
odPT,  oder  domatische  (horizontal  prismatische)  durch  ein  Doma,  nach 
den  Dimensionen  dick-  bis  dünn  tafelförmig,  kurz-  bis  langprismatisch 
oder  auch  nadeiförmig.  Die  Krystalle  sind  einzeln  auf-  oder  einge- 
wachsen, gruppirt  oder  zu  krystallinisch-schaligen,  stengligen  bis  faseri- 
gen, auch  kömigen  Aggregaten  verwachsen.  Sie  sind  vollkommen  spaltbar 
parallel  ooPob  ,  weniger  vollkommen  parallel  P"3o  ,  der  Bruch  ist  mnsche- 
lig,  uneben,  splitterig,  so  bei  dem  dichten,  und  erdigen.  Der  reinste  Baryt 
ist  farblos  oder  weiss,  meist  ist  er  etwas  gefärbt,  grau,  gelb,  roth,  seltener 
braun,  grün,  blau  bis  schwarz,  glasartig  glänzend,  zum  Theil  in  Wach>- 
glänz  geneigt,  auf  den  vollkommensten  Spaltungsflächen  in  Perlniutter- 
glanz  durchsichtig  bis  undurchsichtig,  Strich  weiss,  Härte  =  3,0  bis  8^, 
spröde,  specif.  Gewicht  =  4,3  bis  4,7.  Erwärmt  phosphorescirt  er  oft 
mancher  gebrannte  auch  durch  Einwirkung  des  Sonnenlichts  (so  der  zu 
künstlichen  Phosphoren  gebrauchte  Bologneserspath,  ein  stengliger  Ba- 
ryt vom  Monte  paterno  bei  Bologna).  Der  Schwerspath  enthält  ne- 
ben schwefelsaurem  Baryt  öfter  geringe  Mengen  anderer  Stoffe  ab 
Beimengungen,  so  Strontian  oder  Kalk  als  vicarirende  Bestandth^e 
für  Bariumoxyd.  In  Säuren  ist  er  unlöslich,  vor  dem  Löthrohre 
zerknistert  er  heftig,  schmilzt  sehr  schwer  zu  einer  alkalisch  reagiren- 
den  Masse,  die  Flamme  gelblichgrün  färbend;  mit  Soda  schmilzt  er 
auf  Platinblech  zu  einer  klaren  Masse  und  giebt  in  der  Reductions- 
flamme  Schwefelbarium.  Der  Baryt  ist  ziemlich  verbreitet,  ohne  we- 
sentlicher Gemengtheil  von  Gebirgsarten  zu  sein,  flndet  sich  am  häu- 
flgsten  auf  Gängen,  für  sich  oder  in  Begleitung  anderer  Minerale,  we- 
niger häufig  auf  Lagern,  in  verschiedenen  Gebirgsformationen.  Be- 
sonders schöne  Krystalle  liefern  Ungarn,  Siebenbürgen,  Böhmen,  Sach- 
sen, England,  Frankreich  u.  s.  w.;  der  dichte  und  erdige  ist  selten, 
wie  am  Harz,  bei  Frei  her g  in  Sachsen  und  Herrengrund  in  Ungarn. 

Barytflusspath  oder  Fluss-Schwerspath  ist  eine  Mi- 
neralsubstanz aus  Derbyshire  genannt  worden,  welche  ein  1  Zoll  mächti- 
ges Lager  im  schieferigen  Kalkstein  bildet  und,  nach  Smithson  0^  51,5 
Proc.  schwefelsauren  Baryt  und  48,5  Fluor  calcium  enthält,  wahrschein- 
lich nur  ein  Gemenge  ist. 

Barytgelb,  Gelbin,  auch  als  gelbes  Ultramarin  bezeich- 
net)  s.  chromsaurer  Baryt 

>)  Schwcigger's  Journ.  Bd.  I,  862. 


Barythmspath.  —  Barytspath.  681 

Barythinspath,  pyramidaler,  s.  Edingtonit 

Barythydrat  u.  a.  Barytverbindungen  s.  Ba- 
riumoxydhydrat u.  s.  w. 

Barytm  war  zuert  das  Jervin  genannt,  weil  es  mit  Schwefel- 
säure auch  ein  schwer  lösliches  Salz  bildet. 

Barytin  nannte  Beudant  den  Baryt. 

Barytkreuzstein  s.  Harmotom  iste  Aufl.Bd.III,  S.781. 
Barytmanganerz,  syn.  mit  Psilomelan. 

Barytocalcit  (Brooke),  Barocalcit,  hemiprismatischer 
Hai -Baryt  Ein  klinorhombisch  krystallisirendes  Mineral  von  Ai- 
ston -  Moor  in  Cumberland  in  England,  welches  der  Formel  Ca  O  .  C  O2 
-|-BaO.C02  entspricht  Die  leicht  erkennbaren  Krystalle  zeigen  vor- 
herrschend ein  klinorhombisches  Prisma  ooP  von  95®  15'  mit  einer 
schiefen  Endzuschärfnng  durch  eine  Hemipyramide  P'  mit  dem  End- 
kantenwinkel  106®  54%  ausser  diesen  sind  noch  einige  andere  Gestal- 
ten untergeordnet.  Er  ist  vollkommen  spaltbar  parallel  P'  und  weni- 
ger deutlich  parallel  P'oo  ,  der  Abstumpfungsfläche  der  Endkanten  von 
P'.  Oelblichweiss,  glasglänzend i,  durchscheinend,  Strich  weiss,  Härte 
=  4,0,  spröde,  specif.  Gewicht  =  3,6  bis  3,7.  Vor  dem  Löthrohre  un- 
schmelzbar wird  er  trübe  und  dann  alkalisch  reagirend,  mit  Soda  auf 
Platinblech  schmilzt  er  zu  einer  unklaren  Masse,  auf  Kohle  wird  er. 
zersetzt,  die  Baryterde  geht  mit  der  Soda  in  die  Kohle  und  Kalk  bleibt 
zurfick.     In  Salzsäure  ist  er  mit  Brausen  auilöslich. 

Den  Namen  Barytocalcit  gab  Thomson  auch  einem  blätteri- 
gen Minerale,  welches  zwischen  Leeds  und  Harrowgate  in  Yorkshire 
vorkommt  und  71,9  Procent  schwefelsaiu'en  Kalk,  28,1  schwefelsauren 
Baryt  enthalten  soll  i),  so  wie  Johnston  endlich  auch  den  Alstonit 
mit  dem  Namen  Barytocalcit  belegte  ^). 

Barytocölestin  sind  zwei  Mineralien  genannt,  von  denen  eines 
krystallinisch  bei  Kingstown  in  Canada,  das  andere  orthorhombisch  kry- 
stallisirend  häufig  im  Dolomit  des  Binnenthaies  in  der  Schweiz  vor- 
kommt, weil  sie  schwefelsauren  Strontian  und  Baryt  (die  Bestandtheile 
des  Colestin  und  Baryt)  enthalten.  Da  jedoch  das  Mineral  ans  dem  Binnen- 
thale  nach  Sartorius  ^  von  Waltershausen  87,8  schwefelsauren 
Baryt  gegen  9,1  schwefelsauren  Strontian  enthält,  so  ist  es  richtiger 
als  eine  Abänderung  des  Baryts  anzusehen,  während  das  von  Kingstown, 
nach  Thomson,  nahezu  2  Aeq.  SrO  .  SO3  gegen  1  Aeq.  BaO.SOg 
enthalten  soll,  beide  also  nicht  zusammengehörig  angesehen  werden 
können.  Letzterem  würde  sich  eher  ein  dichtes  Mineral  aus  dem  Kreide- 
mergel  von  Moen  anschliessen,  wenn  es  kein  G-emenge  ist,  weil 
Pfaff  ^)  darin  40,0  Procent  schwefelsauren  Strontian,  28,3  schwefel- 
sauren Baryt,  15,5  schwefelsauren  Kalk,  13,5  kohlensauren  Kalk  und 
2,5  Wasser  fand«  K, 

Barytophyllit  nannte  E.  F.  Glocker  den  Chloritoid,  s.  d.  A. 

Barytspath,  Schwerspath  s.  Baryt. 

»)  Outl.  of  Min.  T.  I,  p.   106.  —  «)  Philos.   Magaz.  [8J  Bd.  VI,  S.  1. 

*)  Pogg.  Annal.  Bd.  XCIV,  S.  134.  —  *)  Schweigger's  Journ.  Bd.  XV,  S.  377. 


682  Barytetein.  —  Basalt 

Baryt  stein  ist  dichter  BaryU 

Barytwasser  s.  Bariumoxydhydrat. 

Basalt,  ein  gemengtes  Gebirgsgestein ,  dessen  Gemengtheile 
aber  so  innig  und  klein  sind,  dass  es  meist  vollkommen  dicht  und  ho- 
mogen erscheint  und  man  die  Gemengtheile  durch  das  Auge  kaum  un- 
terscheiden kann,  unter  denen  der  Olivin  am  deutlichsten  hervortritt 
Das  dichte,  zum  Theil  kugelig  und  säulenförmig  abgesonderte,  auch 
*  porphyrartige  (durch  Krystalle  des  Augit,  Amphibol,  Labradorit)  man- 
.  delsteinartige  oder  schlackige,  feste  und  sehr  zähe,  graulich-,  bläulich-, 
bräunlich-  oder  selten  grünlich-schwarze,  matte  oder  schimniemde  Ge- 
stein mit  unebenem  oder  splitterigem,  im  Grossen  flachmuscheligem 
Bruche,  mit  dem  specif.  Gewichte  ^  2,8  bis  3,2,  lässt  die  Cremeog- 
theile  schwierig  feststellen.  Man  nimmt  im  Allgemeinen  an,  dass  das 
Gemenge  vorzüglich  aus  Labradorit,  Augit,  Olivin,  Magneteisenerz 
und  einem  sogenannten  Zeolith  bestehe,  und  das  zuerst  von  C.  Gmelin 
nachgewiesene,  durch  vielfache  Untersuchungen  Anderer  bestätigte 
Verhalten,  in  Säuren  sich  in  einen  zersetzbaren  und  einen  unzentetz- 
baren  Theil  zu  zerlegen  hat  die  Mittel  an  die  Hand  gegeben,  die  Ge- 
mengtheile und  die  relativen  Mengen  derselben  durch  Berechnangen 
nach  Möglichkeit  zu  ermitteln.  So  einfach  auch  das  Verfahren  er- 
scheint, das  Gestein  durch  Säuren,  wie  durch  Chlorwasserstofiaaure 
oder  durch  Schwefelsäure,  in  zwei  Theile  zu  zerlegen  und  daraaf  Rech- 
nungen zu  gründen,  denen  die  Mengenverhältnisse  der  Bestandlheile 
der  bezüglichen  Minerale  zu  Grunde  gelegt  werden,  so  haben  bis  jetzt 
die  zahlreichen  Untersuchungen  der  Basalte  dargethan,  dass  dieses  Ver- 
fahren nicht  ausreicht,  weil  die  Resultate  untereinander  zu  sehr  ab- 
weichen, überdies  auch  nicht  vorauszusetzen  ist,  dass  die  Gemengtheile 
wirklich  immer  dieselben  sind,  insofern  nämlich  der  Labradorit  durch 
Nephelin(?)  oder  einen  anderen  sogenannten  Feldspath,  der  Augit  durch 
Amphibol  ersetzt  werden,  der  zeolithische  Bestandtheil  aber  sehr  ver- 
schieden sein  kann.  Der  Olivin,  welcher  meist  in  kleinkörnigen  Krjstal- 
loi'den  oder  körnigen  Aggregaten  ausgeschieden  sichtbar  ist,  das  Mag- 
neteisenerz, zum  Theil  auch  titanhaltig,  und  der  zeolithische  Bestand- 
theil werden  zwar  durch  kalte  Salzsäure  ganz  aufgelöst,  doch  werden 
auch  der  Augit  und  der  Labradorit  oder  die  Vertreter  derselben  davon 
angegriffen,  wenn  die  Säure  stark  genug  ist,  und  da  selbst  der  natür- 
liche Znstand  des  zu  untersuchenden  Gesteins  auf  die  Löslichkeit  £Iin- 
flnss  hat,  so  können  die  Gemengtheile  nur  annähernd  aus  der  Berech- 
nung hervorgehen.  Die  Bestandtheile  der  Basalte  sind,  wie  schon  ans 
der  als  Gemengtheile  angenommenen  Mineralspecies  ersichtlich  ist,  Kie- 
selsäure (im  Durchschnitt  um  50  Procent  herum),  Thonerde,  Eisenozj* 
dul,  Kalk  und  Magnesia,  Kali,  Natron  und  Wasser,  oft  etwas  Mangan- 
oxydnl,  deren  Mengen  gegen  einander  sehr  wechseln,  wie  die  zahlrei- 
chen' Analysen  zeigen  i).  Es  ist  hiemach  bei  ferneren  Untersuchungen 
nicht  allein  das  Verhalten  des  Basaltes  verschiedener  Fundorte  und 
verschiedener  Proben  desselben  Fundortes  gegen  kalte  und  erwärmte 
Säuren  in  gewissem  Grade   der  Concentration,   sowie  gegen  Alkalien 


')  Rammelsberg,  Handwörterb.  des  ehem.  Tbeils  der  Min.  n.  Soppl.  Ber- 
lin. —  Kenngott}  Uebersicht  der  Resnltate  min.  Forschungen  1844  bis  1849,  8. 
272;  1860  bis   1851,  S.  168;  1868,  S.  147. 


Basaltglas.  —  Basen,  anorganische.  683 

zu  prüfen,  sondern  es  müssen  dabei  gleichzeitig  vergleichende  Unter- 
suchungen mit  den  einzelnen  vorausgesetzten  Mineralen  bezüglich  des 
verschiedenen  Löslichkeitsverhaltnisses  angestellt  werden,  auch  verdient 
die  von  A.  Bensch  ^)  gemachte  Beobachtung  einige  Beachtung,  zufolge 
welcher  fein  zerriebener  Basalt  durch  längere  Einwirkung  von  Wasser 
angegriffen  wurde.  K. 

Basaltglas.  Basalt  schmilzt  für  sich  zu  Glas,  und  lässt  sich 
als  Zusatz  zu  dunkelgrünem  oder  schwarzem  Glas  gebrauchen;  Stickel 
nimmt  1  Thl.  Basalt,  2  Glasscherben,  2  Soda,  1  Asche  und  ^/^q  Braun- 
stein. 

Basaltit  wurde  ein  dem  Basalt  sehr  ähnliches,  bei  Zwickau  in 
Sachsen  anstehendes  Gestein  "genannt,  welches  ai^statt  Olivin  Quarz 
enthält.  Auch  erhielt  diesen  Namen  der  Melaphyr.  Neuerdings  ge- 
braachte  F.  Senft^)  diesen  Namen,  um  im  Allgemeinen  eine  Gesteins* 
gmppe  zu  benennen,  welche  den  Dolerit,  Anamesit,  Basalt  und  die 
Wacke  mit  ihren  Unterarten  nmfasst.  K. 

Basal  tjaspiS  wird  ein  halb  verglaster  Mergel  oder  Grauwacken- 
schiefer  wegen  der  Aehnlichkeit  mit  gewissen  Abänderungen  des  Jas- 
pis genannt.  K. 

Basaltspeckstein  heissen  in  Blasenräumen  mancher  Basalt- 
mandelsteine vorkommende  an  Speckstein  erinnernde  Massen,  welche 
znm  Theil,  nach  Scheerer,  eine  deip  Neolith  ähnliche  Zusammenset- 
zung haben  sollen.  K. 

Basanit  findet  man  als  Synonym  des  Basaltes,  da  es  wahr- 
scheinlich ist,  dass  die  Alten  daininter  den  Basalt  verstanden,  auch  als 
Synonym  des  Lydit  oder  Probirstein  genannten  schwarzen  Kiesel- 
Bchiefers.  K, 

Basanomelan  nennt  F.  v.  Kobell^  den  tafelartige  oft  ro- 
8ettenf5rmige  Gruppen  (Eisenrosen)  bildenden  Hämatit  vom  St.  Gott- 
hard  (s.  Hämatit).  -  K. 

Base^  Basis.  Dieser  Ausdruck  wird  zuweilen  gleichbedeutend 
mit  Radical  oder  Element  (s.  d.  Art.)  genommen,  insofern  damit  die  in  einer 
Reihe  von  Verbindungen  vorkommende  gemeinschaftliche  Basis  oder 
Grundlage  bezeichnet  wird.  Gewöhnlich  versteht  man  unter  Basen  Ver- 
bindungen, welche  den  Säuren  in  ihren  Eigenschaften  entgegengesetzt 
sind,  und  sich  mit  diesen  zu  Salzen  oder  salzartigen  Verbindungen  ver- 
einigen (s.  d.  folgd.  Art). 

Basen,  anorganische;  Salzbasen,  Metalloxydbasen, 
basische  Oxyde.  Als  Basen  bezeichnet  man  überhaupt  die  Verbin- 
dungen, welche  die  Fähigkeit  haben  sich  mit  Säuren  zu  sogenannten 
Salzen  zu  vereinigen.  Man  unterscheidet  anorganische  und  organische 
Basen.  In  weitester  Bedeutung  zählt  man  zu  den  anorganischen  Basen 
alle  die  binären  Verbindungen  der  ersten  Ordnung,  welche  die  Fähig- 
keit haben  sich  mit  ähnlich  zusammengesetzten  Körpern  zu  binären  Ver- 
bindungen der  zweiten  Ordnung  zu  Salzen  zu  verbinden,  Körpern,  bei 


*)  Erdmann's  Joum.  Bd.  LXIIT,  S.  317.  —   *)  Classification  und  Beschreibung 
der  FelMrten,  S.  68  u.  272.  ~  *)  Joum.  f.  prakt  Chem.  Bd.  XIV,  8.  411. 


684  Basen,  anorganische. 

deren  elektrolytischer  Zersetzung  die  Basen  sich  am  elektronegativeo 
Pol  abscheiden,  daher  sie  von  Berzelius  als  die  elektropositiven 
Bestandtheile  der  Salze  bezeichnet  werden.  In  diesem  weiteren  Simie 
genommen,  sind  die  Basen  daher  elektropositive  Verbindungen  tob 
Metallen  mit  verschiedenen  Metalloiden,  Sauerstoff,  Chlor,  Brom^  Jod» 
Schwefel,  Fluor,  Cyan.  Im  engeren  Sinne  bezeichnet  man  nur  die  be- 
treffenden Sauerstofiverbindungen,  die  Metalloxyde,  als  Basen  oder 
Sauerstoffbasen,  und  darnach  sind  hierunter  also  elektropositive  Oxyde 
verstanden ,  welche  sich  mit  Sauerstoffsäuren  zu  Salzen  vereinigen,  und 
aus  diesen  Verbindungen  bei  der  Elektrolyse  am  negativen  Pol  abschei- 
den, also  den  positiven  Bestandtheil  der  Salze  bilden. 

Die  basischen  Metalloxyde  werden  nach  ihren  Eigenschaften,  und 
denen  der  Metalle  gewöhnlich  in  vier  Gruppen  getheilt:  die  Alkalien 
(Bd.  I,  S.  436),  die  alkalischen  Erden  oder  Erdalkalien,  die  Erden  und 
endlich  die  Erzmetalloxyde  (s.  d.  Art.),  welche  letztere  auch  als  Oxyde 
der  schweren  Metalle  bezeichnet  werden. 

Die  Metalloxydbas cn  haben  verschiedene  Zusaromensetsong;  üe 
enthalten  auf  1^  zuweilen  auf  2  Atom  Metall  1  At.,  oder  auf  2  Au  Me- 
tall 3  At.^  einige  wenige  auf  1  At.  Metall  2  At  Sauerstoff.  Die  erste 
Reihe  von  Metalloxyden  von  der  allgemeinen  Formel  RO  hat  die 
stärksten  basischen  Eigenschaften,  wie  die  Alkalien  und  Erdalk&Ueu, 
die  Oxyde  von  Blei,  Kupfer,  Silber  u.  a.,  die  Oxydule  von  Eisen^  5ff&n- 
gan,  Kobalt  u.  s.  w.  Ihnen  nahe  stehen  die  Basen  R9O,  wie  die  Oxy- 
dule  von  Kupfer  und  Quecksilber,  die  für  sich  im  freien  Zustande  etwas 
weniger  constant  sind.  Diese  Basen  mit  1  At.  Sauerstoff  nehmen  von 
den  einbasischen  Säuren,  wie  Schwefelsäure  Salpetersäure,  1  At.  auf 
zur  Bildung  neutraler  Salze,  und  werden  daher  auch  als  einsäurige 
Basen  bezeichnet. 

Die  Basen  RgOg,  wie  die  Oxyde  von  Aluminium,  von  £iaen, 
Chrom  u.  s.  w.,  und  einige  wenige,  die  wohl  auch  als  ROs  bezeichnet 
werden,  wie  Wismuthoxyd,  Antinionoxyd,  haben  im  Ganzen  schvirach- 
basische  Eigenschaften;  sie  verbinden  sich  mit  den  stärkeren  Säuren, 
ohne  sie  vollständig  zu  neutralisiren,  sie  verbinden  sich  aber  auch  um- 
gekehrt mit  stärkeren  Basen  und  verhalten  sich  diesen  gegenüber  wie 
Säuren.  Diese  Basen  nehmen  auf  1  At.  von  den  einbasischen  Sauren 
3  At.,  von  den  dreibasischen  Säuren  1  At.  auf;  sie  werden  daher  als 
dreisäurige  Basen  bezeichnet. 

Von  den  Oxyden  RO2  haben  nur  wenige  noch  schwach  basische 
Eigenschaften,  wie  Vanadinoxyd,  VO2,  das  Zinnoxyd  oder  die  Zinn* 
säure,  Sn  02^  die  Titansäure,  Ti  02^  sie  bilden  mit  den  Säuren  daher  nur 
lose  Verbindungen,  in  welchen  2  At.  einbasische  Säuren  mit  1  At.  RO^ 
verbunden,  daher  diese  Oxyde  als  zweisäurige  zu  bezeichnen  sind. 

Verbindungen  der  mehrsäurigen  Basen,  in  welchen  z.  B.  neben 
1  Atom  einer  dreisaurigen  Base  3  Atome  von  verschiedenen  einbasischen 
Säuren  enthalten  sind,  wurden  noch  nicht  näher  untersucht. 

Die  Basen  zeigen  sich  nun  sehr  verschieden  in  Bezug  auf  ihre 
Eigenschaften.  Einige  derselben  sind  in  Wasser  leicht  löslich,  wie  die 
Alkalien  (s.  Bd.  I,  S.  436);  andere  sind  schwer  löslich,  wie  die  Erd- 
alkalien, oder  kaum  löslich,  oder  unlöslich  darin,  wie  die  Erden  und 
die  Oxyde  der  schweren  Metalle. 

Die  löslichen  Basen  zeigen  eine  besonders  starke  Einwirkung  auf 
einzelne  Pflanzenfarben  (sie  färben  die  blauen  Tincturen  von  Veilchen^ 


Basen,  anorganische.  685 

Dalüien,  Biftterspom  grün^  die  gelbe  Carcnfnatinctar  oder  Lösung  von 
Chrjsopbandäare  braun  oder  braunroth,  die  geröthete  Lacknrastinctur 
wieder  blau  n.s.  w.^  (s.  Bd.  I,  8.  438);  die  in  Wasser  wenig  oder  gar 
nicht  löslichen  Basen  zeigen  diese  Einwirkung  weniger  stark  oder  gar 
nicht.  Die  löslichen  Basen  wirken  oft  zerstörend  auf  organische  Stoffe, 
sie  sind  ätzend  oder  kaustisch;  die  weniger  löslichen  oder  unlöslichen 
schmecken  schwach  oder  sind  ganz  geschmacklos.  Die  Salze  dieser 
Hasen  sind  sehr  beständig,  sie  lösen  sich  ohne  Zersetzung  in  Wasser, 
selbst  fluchtige  Säuren,  wie  Schwefelsäure  und  Kohlensäure  u.  s.  w., 
'werden  durch  Erhitzen  oft  nicht  oder  unvollständig  ausgetrieben;  nur 
zerlegbare  Säuren,  wie  Salpetersäure  oder  organische  Säuren  können 
in  Verbindung  mit  den  Basen  zerstört  werden.  Die  stärkeren  Basen 
neatralisiren  selbst  die  stärksten  Säuren  vollständig,  so  dass  die  neu- 
tralen Salze  mit  diesen  nicht  mehr  auf  Pflanzenfarben  reagiren,  sich 
g^egen  diese  ganz  indifferent  verhalten,  während  die  neutralen  Salze 
mit  schwachen  Säuren  noch  mehr  oder  weniger  deutliche  basische  Re- 
action  zeigen. 

Die  schwächeren  Basen  bilden  mit  den  stärkeren  Säuren  neutrale 
Salze,  welche  sauer  reagiren  und  sich  oft  wie  schwache  Säuren  verhal- 
ten; so  die  neutrale  schwefelsaure  Thonerde,  sie  löst  Eisen  wie  ver- 
dünnte Schwefelsäure,  zersetzt  wie  diese  die  Metallchloride  unter  Ent- 
wickelung  von  Chlorwasserstoff,  die  fialpetersauren  Salze  unter  Abschei- 
dung  von  Salpetersäure.  Mit  schwachen  Säuren  bilden  diese  Basen 
gar  keine  oder  wenig  beständige  leicht  zerlegbare  Verbindungen,  so 
die  Thonerde  mit  Kohlensäure.  Die  Salze  der  schwächeren  Basen  sind 
überhaupt  leicht  zerlegbar,  Wasser  entzieht  ihnen  oft  schon  die  Säure 
mehr  oder  weniger  vollständig ;  üuch  durch  Erhitzen  werden  die  flüch- 
tigen^Säuren  leicht  ausgetrieben.  Diese  schwächeren  Basen  bilden  mit 
stärkeren  Basen,  BO,  salzartige  Verbindungen,  in  welchen  sie  als  Säuren 
oder  als  elektropositive  Bestandtheile  auftreten,  so  die  Thonerde  in  den 
Aluminaten,  so  das  Eisenoxyd  gegenüber  dem  Eisenoxjdul  im  Magnet- 
eisenstein u.  a.  m. 

Blan  hat  früher  versucht,  die  Stärke  der  einzelnen  Basen,  mre  Ver- 
wandtschaft gegenüber  den  Säuren,  zu  bestimmen  und  die  relative 
Grösse  dieser  Verwandtschaft  in  Zahlen  auszudrücken;  man  glaubte, 
dass  eine  Base  um  so  stärker  sei,  je  weniger  derselben  erfordert  werde,  um 
eine  bestimmte  Menge  Säure  zu  sättigen ;  danach  müsste  also  die  Stärke 
der  Basen  sich  umgekehrt  proportional  den  Atomgewichten  derselben 
verhalten;  die  Magnesia  (20)  müsste  eine  stärkere  Base  sein  als  Kali 
(47),  das  Lithion  (^14,5)  müsste  die  stärkste  Base  sein,  was  allen  Er- 
fahrungen widerspricht  Auch  die  Abscheidung  einer  Base  durch  eine 
andere  ist  nicht  allein  maassgebend,  weil  es  hier  auf  die  Löslichkeit 
der  Verbindungen,  auf  das  Lösungsmittel  und  die  Temperatur  an- 
kommt, und  die  Erscheinungen  daher  nach  Umständen  wechseln. 

Die  Metalloxyde  bilden  mit  den  Elementen  des  Ammoniaks  zum 
Theil  eigenthümliche  Verbindungen  von  stark  basischen  Eigenschaften, 
die  Metallamine,  Verbindungen,  welche  nachdem  Typus  Ammoniak, 
HsN,  oder  in  Verbindung  mit  Säuren  nach  Amraoniumoxyd,  H4NO.HO 

oder      u^l  O3,  zusammengesetzt  sind,  und  hierdurch  wie  auch  durch 

manche  andere  Eigenschaften  sich  den  organischen  Basen  anschliessen, 
daher  soll  die  Constitution  derselben,  so  weit  sie  bekannt  ist,  im  An- 


686  Basen,  organische^ 

hang  anter  dem  Artikel  Basen,  organische^  besprochen  werden;  aus» 
führlicher  werden  die  einzelnen  Verbindungen  Cupramin,  PlatinamiD, 
Kobaltamin  oder  Kobaltiak  bei  den  einzelnen  betreffenden  Metallen, 
bei  Kupfer,  Platin,  Kobalt,  Palladium,  Quecksilber,  Rhodiuni,  Rutheniara 
unter  dem  Artikel  Platinbasen  u.  s.  w.  beschrieben  werden.  Ft. 

Basen,  organische.  Als  organische  Basen  bezeichnet  man  im 
engeren  Sinne  eine  Classe  von  zusammengesetzten  stickBtoffhal- 
tigen  Körpern,  welche  die  Eigenschaften  der  basischen  Metalloxjde 
besitzen,  Materien  also,  die  sich  mit  Säuren  zu  Salzen  verbinden  und 
die  Metalloxyde  in  ihren  Verbindungen  zu  vertreten  vermögen.  Die 
Oxyde  des  Methyls  und  Aetliyls  sind  ebenfalls  organische  Basen  ^  aber 
von  besonderer  Art,  sie  vereinigen  sich  mit  Säuren  und  heben  ihre  sau- 
ren Eigenschaften  völlig  auf,  allein  in  diesen  Verbindungen  ist  der  Cha- 
rakter der  Salze  nur  schwach  ausgesprochen.  Der  allgemeinst«  Cha- 
rakter von  allen  Salzen  ist  die  Vertretbarkeit  ihrer  Säure  durch  eine 
andere  Säure,  und  ihrer  Base  durch  eine  andere  Base.  Vermischen  wir 
schwefelsaures  Natron  und  salpetersauren  Baryt,  so  wissen  w^ir,  d»s^> 
Baryt  und  Natron  ihre  Säuren  oder,  was  das  Nämlitshe  ist,  das»  Schwe- 
felsäure und  Salpetersäure  ihre  Basen  tauschen;  sie  vertreten  sich  ge- 
genseitig. Dieser  Charakter  geht  den  Verbindungen  des  Methyls  und 
Aethyls  keineswegs  vollkommen  ab,  allein  die  Säuren  können  In  ihnen 
nur  langsam  und  schwierig,  und  oft  nur  unvollkommen  durch  andere 
Säuren  vertreten  werden.  Ferner  sind  die  genannten  Basen  unfähig, 
ein  Metalloxyd  aus  einer  Salzverbindung  auszuscheiden  und  zu  ersetzen. 
Diese  Fähigkeit  besitzen  aber  die  stickstoffhaltigen  Körper,  die  man 
organische  Basen  nennt;  ihre  Verbindungen  mit  Säuren  schliessen  sich 
in  ihrem  ganzen  Verhalten  den  gewöhnlichen  Mineralsalzen  an. 

Eine  sehr  grosse  Anzahl  von  organischen  Basen  findet  sich  fertig 
gebildet  in  den  Pflanzen  vor,  sie  heissen  vegetabilische  oder  X^flan- 
zenbasen;  eine  noch  grössere  Anzahl  kilnn  künstlich  in  gewissen 
Zersetzungsprocessen  erzeugt  werden.  Diejenigen  unter  den  Pflanzen- 
basen, welche  in  ihrer  wässerigen  oder  weingeistigen  Lösung  gerothete^ 
Lackmus  wieder  in  Blau  zurückfuhren  oder  Curcuma  braun  färben, 
heissen  auch  organische  Alkalien,  Alkaloi'de  (s.  Bd.  I,  S.  460). 

In  dem  Opium  wurde  von  Sertürner   1804   die  erste  vegetabi- 
lische Base,  das  Morphin  entdeckt,  aber  die  Darlegung  ihrer  merkwür- 
digen Eigenschaften  erregte  damals  keineswegs  die  Aufmerksamkeit 
die  sie  in  so   hohem  Grade  verdiente;  sie  kam  asu  der  Zeit,  ^ro  alle 
Kräfte  und  Ideen  sich  der  unorganischen  Chemie  mit  ausserordentlicheai 
Erfolg  zugewendet  hatten,  wo  man  kaum  erst  die  metallische  Natur 
der  Alkalimetalle  bewiesen  hatte.    Die  Entdeckung  zusammengesetster 
Verbindungen,  die  mit  den  Metalloxyden  so  viele  Eigenschaften  gemein 
haben,  kam  zu  früh,  um  das  Interesse  der  Chemiker  zu  erwecken.   Um 
den  Werth  einer  Entdeckung  zu  beurtheilen,  muss  man  stets    einen 
Maassstab  haben,  welcher  damals  fehlte,  wo  die  Grundlagen  anserer 
gegenwärtigen  Vorstellungen  sich  erst  ordneten.     Dieser  Maassstab  ist 
das  Eingreifen  der  Entdeckung  in  die  Forschungen  der  Zeit;  wenn  die 
für  die  Wissenschaft  erfolg-   und  einflussreichste  Thatsache   zu  einer 
Zeit  aufgefunden  ^y^ird,  wo  sie  isolirt  mit  keiner  bekannten  in  Verbin- 
dung gebracht  werden  kann,  so  geht  sie  für  diese  Zeit  nutzlos  verloren 
und  gewinnt  erst  dann  ihren  wahren  Werth,  wenn  die  Ideen  zu  ihrer 


Basen,  crrganische.  687 

Schätznng  vorbereitet,  man  kann  sagen,  wenn  sie  reif  zur  AnfTassung 
geivorden  sind,  während  eine  bei  weitem  minder  wichtige  Entdeckung, 
minder  wichtig  nämlich  fiir  das  Gebäade  der  Wissenschaft,  wenn  sie 
zu  einer  Periode  gemacht  wird,  wo  sie  zur  Lösung  gewisser  Fragen 
beiträgt,  mit  denen  man  sich  gerade  beschäftigt,  ihrem  Urheber  eine 
ephemere  Berühmtheit  sichert. 

E^  ist  in  der  That  zu  merkwürdig,  um  nicht  der  Erwähnung  zu 
verdienen,  dass  vierzehn  Jahre  vergingen,  ehe  die  Entdeckung  der  er- 
sten organischen  Basis  Früchte  trug,  ehe  sich^aus  ihr  neue  Entdeckun- 
gen entwickelten,  und  dies  geschah  erst,  als  Gay-Lussac  auf  ihre 
Wichtigkeit  aufmerksam  machte.  In  Deutschland  war  alles  gethan 
worden,  um  ihren  Einfluss  zu  schwächen,  und  es  blieb  ausländischen 
Chemikern  vorbehalten,  sie  zum  Vortheil  der  Wissenschaft  und  zu  ih- 
rem eigenen  auszubeuten.  Dies  ist  denn  auch  mit  grossem  Erfolg  ge- 
schehen. 

Nachdem  man  nämlich  beobachtet  hatte,  dass  dem  Morphin  ein 
grosser  Theil  der  arzneilichen  oder  giftigen  Wirkungen  des  Opiums 
angehörte,  so  lag  die  Vorstellung  nahe,  Substanzen  von  ähnlichen 
Eigenschaften  in  anderen  wirksamen  Arzneistoffen  aufzusuchen.  Die 
Zweifel  über  die  Existenz  des  Morphins  waren  von  Robiquet  besei- 
tigt worden.  Indem  sie  genau  den  von  Sertürner  eingeschlagenen 
Weg  verfolgten,  gelang  es  Pelletier  und  Caventou,  in  den  China- 
rinden, den  Strychnosarten  und  in  anderen  Pfianzenstoffen  neue  orga- 
nische Basen  aufzufinden,  welche  bemerkenswerther  Weise  die  Arznei- 
wirknngen  derselben  in  concentrirtem  Zustande  in  sich  schlössen,  in  der 
Art,  dass  die  Pflanzenstoffe,  die  Rinden,  Samen  oder  Wurzeln,  nach- 
dem die  organische  Base  daraus  entfernt  worden,  keine  Art  von  Wirk- 
samkeit mehr  darbot 

Die  Chemie  wurde  durch  diese  Entdeckungen  nicht  allein  mit  einer 
Reihe  von  Stoffen  der  merkwürdigsten  Art  bereichert,  diese  Entdeckun- 
gen waren  in  gleichem  Grade  fftr  die  Arzneikunde  und  für  den  Handel 
von  Wichtigkeit.  Die  Chinarinden  verdanken  ihre  Wirksamkeit  ihrem 
Grehalt  an  Chinin  und  Cinchonin,  aber  die  verschiedenen  Chinasorten  ent- 
halten diese  Basen  in  sehr  ungleichen  Verhältnissen ;  vor  ihrer  Auffindung 
war  natürlich  dieser  Maassstab  ihres  Werthes  unbekannt  Daher  kam 
es  denn,  dass  die  durch  Erfahrung  der  Aerzte  ausgemittelte  Wirkung 
einer  gewissen  Dosis  von  einer  Sorte  Chinarinde,  dieser  einen  Sorte 
einen  vorzüglichen  Werth  gab,  welcher,  der  ausschliesslichen  Nach- 
frage wegen,  den  Werth  anderer,  wie  man  später  fand,  weit  wirksame- 
rer Rinden  ums  Dreifache  oder  Vierfache  überstieg.  Die  Kennzeichen 
dieser  einen  Rinde,  ihre  Form,  Beschaffenheit  und  Farbe  bestimmten, 
als  Waare  betrachtet,  ihren  Preis,  und  alle  anderen  Sorten  Chinarinde, 
welche  die  Eigenschaften  der  gesuchten  nicht  besassen,  hatten  und 
.  erhielten  einen  weit  geringeren  Handelswerth.  Jetzt,  wo  man  aus  den 
Binden  den  wirksamen  Bestandtheil  auszieht,  steht  ihr  Werth  im  Ver- 
hältniss  zu  ihrem  Gehalte  daran,  und  kein  Stück  der  abgeschälten 
iUnde  des  Baumes  wird  verloren  gegeben,  sobald  sie  nur  eine  Spur 
ausziehbaren  Chinins  oder  Cinchonins  enthält  Dieselbe  Aenderung 
in  der  Benrtheilung  des  Werthes  der  Opiumsorten  und  anderer  Arznei- 
stoffe hat  sich  durch  die  Entdeckung  der  in  denselben  enthaltenen 
wirksamen  Bestandtheile  ergeben. 


688  Basen,  orgamsche. 

Darstellung  der  Pflanzenbasen. 

Bei  einer  so  zahlreichen  Classe  von  Yerbindangen,  wie  die  Pflan- 
zenbasen, welche  sich  in  der  Natur  unter  so  mannigfaltigen  Verhält- 
nissen vorfinden,  müssen  natürlich  die  Methoden,  aufweiche  sich  die 
Gewinnung  der  einzelnen  Substanzen  gründet,  ausserordentlich  ver- 
schieden sein.  Hier  sollen  nur  die  allgemeinen  Principien  hervorge- 
hoben werden,  welche  bei  diesen  Verfahrungsweisen  in  Anwendung 
komipen;  die  speciellen  Methoden,  welche  man  in  gewissen  Fällen 
zweckmässig  befunden  hat,  sind  bei  der  Beschreibung  der  einzelneD 
Basen  aufgeführt^  Die  Bildnngsweisen  der  zahllosen  künstlichen  or- 
ganischen Basen,  welche  die  letzten  Jahre  zu  Tage  gefördert  haben, 
werden  zweckmässig  erst  nach  der  Besprechung  der  Constitution  der  Ba- 
sen abgehandelt. 

Das  allgemeine  Verfahren  zur  Darstellung  der  vegetabilischen 
Basen,  die,  wie  das  Morphin,  im  Wasser  unlöslich  sind,  besteht  darin, 
dass  der  Pfianzenstoif  mit  einer  verdünnten  Sänre  ausgezogen  wird,  die 
mit  demselben  ein  lösliches  Salz  bildet.  Diese  Auflösung  wird  nach 
der  Concentration  durch  Abdampfen  oder  geradezu  mit  einem  loslichen 
Alkali,  mit  Ammoniak,  Kalkhydrat,  kohlensaurem  Natron  schwach  über- 
sättigt, wo  dann  die  Pflanzenbase,  wiewohl  gefärbt  und  unrein,  nieder- 
fällt. Die  weitere  Aufgabe  besteht  jetzt  darin,  die  niedergeschlagene 
Basis  von  den  beigemischten  fremden  Materien  zu  befreien,  and  dies 
geschieht,  wenn  sie  in  der  Wärme  und  Kalte  ungleich  in  Alkohol  lös- 
lich ist,  durch- Krystallisation  aus  Alkohol;  wenn  sie  mit  einer  Saure 
ein  leicht  krystallisirbares  Salz  bildet,  so  wird  sie  mit  dieser  Saure  ge- 
nau gesättigt,  und  nachdem  das  Salz  durch  wiederholte  KrystaUisation, 
Behandlung  mit  Kohle  etc.  gereinigt  und  weiss  geworden  ist»  so  er- 
hält man  daraus  durch  Praecipitation  mit  kohlensaurem  Natron  die 
reine  Pflanzenbase. 

Diese  Darstellungsmethode  setzt,  wie  sich  von  selbst  versteht,  vor- 
aus, dass  die  Pflanzenbasis  unlöslich  oder  sehr  schwerlöslich  im  Was- 
ser ist,  eine  Eigenschaft,  die  allerdings  den  meisten,  aber  nicht  allen 
zukommt. 

Die  Gewohnheit,  Eigenschaften  von  bekannten  Verbindungen  ähn- 
lichen wiewohl  unbekannten  bei  Untersuchungen  zu  '  unterlegen ,  ist 
der  Grund  gewesen,  warum  manche  organische  Basen  erst  sehr  spat 
entdeckt  wurden.  Bei  der  Darstellung  von  salzsaurem  Morphin  nach 
der  Methode  von  Robertson  und  Gregory  erhielt  Robiqaet  ein 
weisses  krystallisirtes  Salz,  aus  dem  er  durch  Fällung  mit  einem  lös- 
lichen Alkali  bemerklich  weniger  Morphin  erhielt,  als  er  nach  der  be- 
kannten und  ausgemittelten  Zusammensetzung  des  Salzes  hätte  erhalten 
müssen.  Das  hier  dem  Anscheine  nach  verlorene  Morphin  mosste 
in  der  Flüssigkeit  nach  der  Fällung  enthalten  sein;  indem  er  sie  einer 
genaueren  Untersuchung  unterwarf,  entdeckte  er  darin  dasGodein,,  eine 
der  interessantesten  organischen  Basen,  welche  im  Wasser  leicht  lös- 
lich ist. 

Bei  der  Darstellung  der  in  Wasser  nicht  löslichen  vegetabilischen 
Basen  ist  schon  früh  beobachtet  worden,  dass  manche  davon  in  den 
alkalischen  Fällungsmitteln  leichtlöslich  sind;  so  ist  z.  B.  Chinin  in 
warmem  Ammoniak  leicht  löslich,  und  Morphin  in  Kalk  und  kaosüschen 
fixen  Alkalien;   man   muss   sich  deshalb  zur  Fällung  des  Chinins  der 


Basen,  orgaiuflche.  689 

kohlensanren  fixen  Alkalien,  und  zu  der  des  Morphin«  des  Atnmoniakfl 
bedienen,  wenn  man  Verlnst  vermeiden  wilL 

Von  den  imOpiam  enthaltenen  organischen  Basen  sind  drei  durch 
die  Verschiedenheit  in  dieser  Eigenschaft  entdeckt  worden.  Wird  ein 
schwachsanrer  Auszug  von  Opium  mit  Kalkmilch  Übers&ttigt,  so  schlägt 
sich  Thebain  nieder,  Codein  und  Morphin  bleiben  gelöst;  vermischt 
man  nun  die  alkalische,  von  dem  Thebun  getrennte  Flüssigkeit  mit 
Saimiaklosung,  so  entsteht  Chlorcalcium  und  freies  Ammoniak,  in  wel- 
chem Morphin  nicht  löslich  ist,  es  scheidet  sich  in  GeBtalt  eines  krj- 
etallinischeu  Niederschlages  aus,  und  Codein  bleibt  in  Auflösung. 

E^  griebt  organische  Basen,  welche  löslich  im  Wasser  und  dabei 
flüchtig  sind;  die  erste  dieser  flfichtigen  Basen,  das  Coniin,  ist  von 
Geiger  entdeckt  worden;  die  Darstellung  dieser  Classe  von  Basen  ist 
sehr  einfach.  Das  Kraut,  die  Bluthen,  Wurzeln  oder  Samen,  worin  die 
flfichtige  Basis  enthalten  ist,  werden  mit  einer  schwachen  Kalilauge 
der  Destillation  unterworfen.  Das  übergehende  Wasser  ist  gesättigt 
mit  der  Basis  und  gewöhnlich  milchig  getrübt  von  einem  Ueberschuss 
davon,  es  enthält  in  der  Begel  freies  Ammoniak,  dessen  Gegenwart  von 
einer  Portion  der  zersetzten  Basis  ^herrührt.  Wird  das  Destillat  mit 
verdünnter  Schwefelsäure  gesättigt,  im  coneentrirten  Zustande  mit  Aetz- 
kali  vermischt,  und  die  Masse  in  einem  verschliessbaren  Gefasse  mit 
Aeiher  digerirt,  so  löst  dieser  die  abgeschiedene  vegetabilische  Basis 
and  das  Ammoniak  auf,  und  diese  ätherische  Lösung  hinterlässt,  in 
einer  Betorte  im  Wasserbade  abgedampft,  indem  Aether  und  Ammo- 
niakg^as  entweichen,  die  vegetabilische  Basis  in  reinem  Znstande. 

Chemischer  Charakter  der  organischen  Basen. 

Wenn  man  das  Verhalten  der  organischen  Basen  näher  ins  Auge 
lasai,  namentlich  aber,  wenn  man  sie  an  eine  unorganische  Verbindung 
anzulehnen  sucht,  so  lässt  sieh  die  Beziehung  dieser  Körpergruppe  zu 
dutva  Ammoniak  nicht  verkennen.  Diese  Beziehung  ist  besonders  in 
den  Verbindungsverhältnissen  derselben  ausgesprochen.  Der  chemische 
Charakter  des  Ammoniaks  in  seinen  Salz  Verbindungen  unterscheidet 
sich  von  dem  der  Metalloxyde  nur  darin,  dass  es  sich  mit  den  Säuren 
(Wasserstoffsäiiren  oder  Sauerstoffsäurehydraten)  direet,  ohne  Hinzutritt 
and  ohne  Abscheidung  von  Wasser,  zu  neutralen  Salzen  vereinigt. 

Den  nämlichen  Charakter  besitzen  alle  organischen  Basen.  Diese 
Aehnlichkeit  geht  aber. noch  weiter;  das  chlorwasserstoffsaure  Ammo- 
niak bildet  mit  dem  Flatinchlorid  eine  Verbindung,  den  Platinsalmiak, 
in  welchem  das  Chlor  des  ^rsteren  zu  dem  des  Platinchlorids  sich  ver- 
halt wie  1  :  2.  Fast  alle  bis  jetzt  untersuchten  Verbindungen  der 
Clilorwasserstoffsäure  mit  organischen  Basen  vereinigen  sich  mit  dem 
Platinchlorid  zn  höchst  ähnlichen  Doppelverbindungen,  welche  meistens 
schwerlöslich,  seltener  leichtlöslich  und  krystallisirbar  sind;  auch  in 
diesen  Salzen  verhalten  sich  die  Quantitäten  des  Chlors  in  dem  Salz- 
säuren Salz  der  organischen  Base  und  m  dem  Platinchlorid,  mit  weni- 
gen Ansnahmen,  wie  1 : 2. 

Der  Salmiak  vereinigt  sich  mit  Goldchlorid  zu  einer  leicht  lös- 
lichen, schön  krystallisirbaren  Verbindung,  in  welcher  sich  das  Chlor 
des  Ss^miaks  zu  dem  des  Goldchlorids  verhält  wie  1 : 3.  Eine  grosse 
Anzahl  orgamscher  Basen  liefert,  beim  Vermischen  mit  Goldchlorid- 

RfladwSrterbveb  der  Chmnie.   9te  Aafl.  Bd.  II.  44 


690  Basen,  organisdie. 

lösnng,  Verbindiing«!!  von  dnrchaas  ähnlicher  Constitotioo,  die 
in  Wasser  löslich,  theilweise  aber  unlöslich  sind. 

Das  chlorwasserstofl^aore  Ammoniak  bildet  mit  dem  Sublimat  eine 
Doppel  Verbindung,  bekannt  unter  dem  Namen  Alembrothsalz;  üast  alle 
bis  jetzt  untersuchten  saksauren  Verbindungen  organischer  Baaen  ver- 
einigen sich  mit  Sublimat  zu  ähnlichen  Doppel  verbin  düngen ,  die  sieh 
nur  dadurch  von  dem  Alembrothsalz  unterscheiden,  dass  sie  meist 
schwerlöslich  sind,  so  dass  Sublimatlösung  in  ihren  sauren  Auflösongen 
weisse,  häufig  käseartige  Niederschläge  bewirkt.  Viele  davon,  wie 
die  mit  chlorwasserstofiTsaurero  Strychnin  z.  B.,  lassen  sich  leicht  ia 
schönen  Krystallen  erhalten.  Phosphor-Molybdänsänre  liefert  niit  Am- 
moniak eine  gelbe  Verbindung,  deren  Bildung  ursprünglich  von  Strave 
als  Reaction  für  Phosphorsäure  vorgeschlagen  worden  ist.  Nach  neue- 
ren Versuchen  von  Sonnenschein^)  erzeugen  fast  alle  organische  Ba- 
sen analoge  Verbindungen. 

Diese  Aehnlichkeit  mit  dem  Ammoniak,  welche  sich  bei  den  in  der 
Natur  vorkommenden  Basen  vorzugsweise  in  den  Verbindongsverhalt- 
nissen  ausspricht,  erstreckt  sich  bei  vielen  der  in  neuester  Zeit  kOnst- 
lich  dargestellten  Basen  sogar  auch  auf  die  physikalischen  Eigenschaf- 
ten derselben.  Während  die  Mehrzahl  der  Pflanzenalkaloide  feste  Kör- 
per, und  nur  ganz  wenige  derselben  Flüssigkeiten  sind,  finden  wir,  dass 
unter  den  künstlichen  Basen  eine  sehr  grosse  Anzahl  Flüssigkeiten  dar^ 
stellen,  welche  auf  den  ersten  Blick  weit  mehr  an  das  Ammoniak  erinnern 
als  die  Pflanzenbasen ;  einzelne  derselben,  wie  das  Methylamin,  Biinethyl> 
amin  und  Trimethylamin  sind  sogar  bei  gewöhnlicher  Temperatur  gas- 
förmig, ihre  Eigenschaften  fallen  in  jeder  Beziehung  so  ganz  und  gar 
mit  denen  des  Ammoniaks  zusammen ,  dass  sie  nur  durch  genaue  Ver- 
suche von  demselben  unterschieden  werden  können,  und  wahrscheinlich 
nicht  selten  mit  dem  Ammoniak  verwechselt  worden  sind.  EIndlich  ste- 
hen auch  die  künstlichen  Basen  in  ihrer  Zusammensetzung  dem  Ammo- 
niak viel  näher  als  die  natürlichen,  denn  während  die  Mehrzahl  der  letz- 
teren sauerstoffhaltig  sind,  enthalten  die  grössere  Zahl  der  künstüeheB, 
wie  das  Ammoniak,  keinen  Sauerstoff. 

Constitution  der  organischen  Basen. 

Schon  sehr  bald,  nachdem  den  ersten  von  Sertürner  entdeekten 
Basen  sich  andere  Glieder  derselben  Körperfamilie  angereiht  hatten, 
lenkte  sich  die  Aufmerksamkeit  der  Chemiker  den  mannigfaltigen  Ana- 
logien zu,  welche  diese  Gruppe  von  Verbindungen  dem  Ammoniak 
anschmiegen.  Besonders  nachdem  die  Salzverbindungen  der  Basen, 
auf  welche  wir  in  dem  vorhergehenden  Paragraphen  hingewiesen  haben, 
genauer  untersucht  worden  waren,  konnte  das  Vorhandensein  einer  inni- 
gen Beziehung  dieser  Körper  zu  dem  Ammoniak  nicht  länger  bezweifelt 
werden.  Ueber  die  Art  dieser  Beziehung  aber  sind  die  Ansichten  der 
Chemiker  lange  Zeit  getheilt  geblieben.  Berzelins')  glaubte  in  al- 
len Basen  Ammoniak  praeexistirend  annehmen  zu  müssen;  in  seinem 
Sinne  wären  die  organischen  Basen  mit  einem  organisch^en  Paar- 
ung verbundene  Ammoniake.  Liebig'),auf  der  anderen  Seite  war 


*)  Aonal.  d.  Chem.  a.  Pharm.  Bd.  CIV,  S.  45 ;  Joarn.  f.  prakt  Chem.  Bd.  LXX1, 
S.  498.  —  «)  Dessen  Lehrbuch,  6te  Aufl.  Bd.  V,  S.  16. 

*)  In  der  ersten  Ausgabe  des  Handwörterbuchs  Bd.  1,8.  697  spriolit  Liebt  g 


Basen,*  organische.  691 

geneif^t^  diese  K5rper  b\b  Araidverbindongen  tsn  betraehten,  d.  h.  als 

in  welchem  1  Aeq.  Wasser  dnreh  ein  organisches  Radical 


Ansiclit  in  folgenden  Worten  ans :  „Es  ist  von  einigem  Interesse,  sich  mit  einer  Vor- 
Btellung  bekannt  zn  machen,  die  man  sich  geschaffen  hat,  um  die  Eigenschaften  der 
sUekBtoffhftltigen  organischen  Basen  zu  erkl&ren.  Es  iSsst  sich  mit  genügender 
Sicherheit  darthsuif  dass  der  Sauerstoff  dieser  Basen  an  ihren  alkalischen  Eigen- 
achaltcn  keinen  Antheil  hat,  nnd  alles  scheint  daranf  himradentan,  dass  diese  Eigen- 
schaften abhängig  sind  von  ihrem  Stickstoffgehalte. 

Diese  VorsteUnng  ist  hervorgegangen  aus  dem  chemischen  Verhalten  des  Am- 
moniaks, das  man  als  den  Typus  aller  organischen  Basen  und  als  diejenige  be- 
tvttchten  kann,  welche  die  einftushste  Zusammensetzung  besitzt. 

Ana  dem  Verhalten  des  Ammoniaks  zu  Kalium,  zu  QuecksUberehlorid  nnd  zu 
gewissen  organischen  S&nren  geht  unl&ugbar  hervor,  dass  eine  gewisse  Quantität 
seines  Wasserstoffs  ersetzbar  ist  durch  einfache  Körper  und  durch  zusammengesetzte, 
welche  die  Rolle  von  einfachen  spielen.  Wir  wissen  in  der  That,  wenn  Kalium 
and  Natrium  in  Ammoniakgas  erhitzt  werden,  dass  beide  1  Aeq.  Wasserstoff  daraus 
abscheiden,  welcher  vertreten  wird  durch  1  Aeq..  Kalium  oder  Natrium;  diese 
Verbindungen  nehmen,  wenn  wir  $(- S4  mit  Amid  =:  Ad  bezeichnen,  folgende 
Form  an: 

Wasserstoffamid  (Ammoniak)        Kaliumamid  Natriumamid 

Hfe  4-  Ad  K  -f  Ad  Na  -{>  Ad 

Wenn  man  die  Verbindung  NH^,  nSmlich  das  Amid,  als  ein  zusammenge» 
setstes  Radical  betrachtet,  welchem  die  Eigenschaften  von  Radicalen  zukommeUf 
die  den  Eigenschaften  der  Säure-Radicale  entgegengesetzt  sind,  so  ist  es  klar,  dass 
das  Ammoniak  die  Wasserstoffverbindung  eines  basischen  Radicals  darstellt,  in 
seiner  Zusammensetzung  Ähnlich  dem  Cyanwasserstoff  (H  -f"  -€y)f  aber  entgegen- 
gesetat  in  allen  seinen  Eigenschalten.  Der  Cyanwasserstoff  verhält  sich  ,wie  eine 
Säure,  der  Amidwaaserstoff  besitzt  alkalische  Eigenschaften,  eine  Verschiedenheit, 
welche  abh&nging  ist  von  dem  Charakter  der  zusammengesetzten  Radicale,  die  sie 
enthalten.  Wir  wissen  nun ,  dass  das  Amid  (das  zusammengesetzte  Radical  im 
Ammoniak)  den  Sauerstoff  in  vielen  organischen  Säuren,  Aequivalent  für  Aequi- 
▼alent,  vertreten  kann,  und  wir  finden,  dass  die  neuen  Verbindungen,  welche  auf 
diese  Weise  entstanden  sind,  den  Charakter  als  Säure  gänzlich  eingebttsst  haben, 
es  entstehen  ganz  indifferente  Stoffe,  deren  Zusammensetzung  ans  folgender  Ueber- 
sieht  erhellt: 

Oacalsäure  Bemsteinsänre  Fumarsäure  Benzoesäure 

C.0,  +  0         C,H,0.  +  0         C,HO,-hO  C14H5O.+O 

C,0.  +  Ad       €40,0,4- Ad       C^KOj+Ad         CuHjO.+Ad 
Oxamid  Succinamid  Fumaramid  Benzamid. 

Wenn  die  Radicale  der  Oxalsäure,  Bemsteinsänre,  die,  mit  Sauerstoff  vereinigt, 
Verbindungen  bilden  von  entschieden  sauren  Eigenschaften,  wenn  diese  Radicale, 
mit  Amid  vereinigt,  ihren  Charakter  als  Säureradieale  gänzlich  einbfissen,  so  ist 
auf  der  andern  Seite  der  Schbiss  nicht  widersinnig,  dass  das  Amid,  mit  zusammen- 
gesetzten Radicalen  vereinigt,  die  ihm  in  seinen  Eigenschaften  näher  stehen,  dass 
es  mit  diesen  Verbindungen  bildet,  die  den  Charakter  des  Ammoniaks  besitzen, 
welche  also  organische  Basen  sind,  dass  selbst  Säureradieale  Übergehen  können  in 
organische  Basen,  wenn  das  Amid  damit  höhere  (an  Amid  reichere)  Verbindungen 
eingeht.  Nach  der  Ansicht  von  Dumas  muss  die  Constitution  des  Harnstoffs  durch 
die  Formel  C,  O^  -f'  2  Ad  ausgedrückt  werden ;  wenn  wir  diese  Formel  nun  mit 
der  des  Oxamids  vergleichen,  so  ist  es  augenfällig,  dass  beide  dadurch  von  einan- 
der verschieden  sind,  dass  der  Harnstoff  doppelt  soviel  Amid  enthält  wie  das  Oxa- 
mid; das  letztere  ist  aber  ein  neutraler  Körper,  der  erstere  ist  eine  organische  Base. 

Wenn  wir  im  Stande  wären,  den  Sauerstoff  in  dem  Aethyl*  und  Methyloxyd, 
in  den  Oxyden  von  zwei  basischen  Radicalen  zu  vertreten  durch  1  Aeq.  Amid,  so 
würden  wir,  ohne  den  geringsten  Zweifel,  Verbindungen  haben,  die  sich  ganz  dete 
Ammoniak  ähnlich  verhalten  würden.  In  einer  Formel  ausgedruckt  wtlrde  also  eine 
Verbindung  C4M5  -^  ^H,  =  Ae  -{-  Ad  basische  Eigenschaften  besitzen.  Es 
ist  nun  neuerdings  von  Fritzsehe  das  von  unverdorben  entdeckte  Krystallin, 
welches  alle  Eigenschaften  des  Ammoniaks,  als  Salsbasis  betrachtet,  besitzt,  untersucht 
worden,  seine  Formel  ist  Cj,  M7  lÜ^,  und  es  ist  leicht  möglich ,  dass  es  die  Amid- 
verbindVBg  eines  dem  Aethyl  ähnlichen  Radicals  C,,fi,  -j-  Ad  darstellt.  So  ist 
es  denn,  wie  erwähnt,  denkbar,  dass  die  organischen  Basen  Amidverbindungen  sind, 
worin  1  Aeq.  Wauerstoff  ersetzt   und   vertreten   ist   durch  ein  zusammengesetztes 

44« 


692  Basen^  organische. 

vertreten  ist,  in  anderen  Worten,  als  snbstituirte  Ammoniake.  Dm 
Berselius'Bcbe  Ansicht  wird  im  Aagenblick  nor  noch  tob  wenigen 
Chemikern  getheilt,  der  Fortschritt  der  Wissenschaflt  hat  eine  gann 
Reihe  von  Thatsachen  za  Tage  gefördert,  welche  sich  mit  dieser  Theorie 
nicht  mehr  in  Einklang  bringen  lassen.  Die  Quelle  der  gegenwarti- 
gen  Ansichten  über  die  Constitution  der  organischen  Basen  ist  die 
Liebig'sche  Amidtheorie.  Aber  auch  diese  Ansicht,  in  welcher  der 
berühmte  Forscher  nicht  nur  sämmtliche  zur  Zeit  bekannte  Thatsachen 
unter  einem  allgemeinen  Gesichtspunkt  zusammenfasste,  sondern  auch 
die  Existenz  und  Natur  von  Verbindungen  zu  fixiren  vermochte,  deren 
Entdeckung  einer  späteren  Periode  vorbehalten  war,  —  auch  diese  An- 
sicht bedarf  beträchtlicher  Erweiterung  und  Verallgemeinerung,  um  auch 
jetzt  noch  die  Sichtung  des  ungeheuren  Materials,  welches  sich  seit 
jener  Zeit  angehäuft  hat,  zu  gestatten. 

Eine  solche  weitere  Entwickelung  und  Verallgemeinerung  der  Amid- 
theorie ist  von  Hofmann  ^)  versucht  worden.  Derselbe  zeigte,  dasseine 
grosse  Anzahl  namentlich  künstlicher  Basen  in  der  That,  im  Sinne 
der  Liebig 'sehen  Ansicht,  wahre  Amide  sind,  dass  aber  die  Substi- 
tution des  Wasserstoffs  im  Ammoniak  keineswegs  bei  einem  Aeqoi- 
valent  stehen  bleibt,  sondern  dass  sich  auch  das  zweite  and  dritte 
Aequivalent  Wasserstoff  durch  Badicale  vertreten  lassen,  dass  end- 
lich eine  Classe  von  Verbindungen  existirt,  welche  sich  als  substi- 
tuirte  Amraoniumoxyde  betrachten  lassen,  in  denen  die  4  Wasser- 
stofflUiuivalente  durch  organische  Radieale  vertreten  sind.  Der  allge- 
meine Ausdruck,  zu  welchem  Hofmann  gelangte,  ist  zunächst  auf  die 
künstlichen  und  besonders  auf  die  flüchtigen  Basen  anwendbar,  aUeis 
in  angemessener,  Erweiterung  scheint  sich  derselbe  auch  den  natürlichen 
und  nichtflüchtigen  Alkaloiden  anzuschmiegen. 

Die  Ammoniaksalze,  im  Sinne  der  Ammoniumtheorie  betrachtet, 
lassen  sich  allgemein  durch  die  Formel 

«NX 

h) 

darstellen,  wo  X  Chlor,  Brom,  Jod  oder  die  zusammengesetzten  Körper 
SO4,  NOe  U.S.  w.  bedeutet.  Aus  den  oben  angeftihrten  Untersaehon- 
gen  ergiebt  sich  nun,  dass  sich  in  der  Moleculargruppe 

R| 


lUdical,  ähnlich  dem  Amid  selbst,  in  Beinen  chemischen  Eigenschalten  Diese 
Radieale  könnten  wie  das  Cyan  Stickstoff^  sie  könnten  Sauerstoff  enthalten,  irie  dsf 
xnsammengesetate  Radical  des  Harnstoffs;  aber  welches  auch  die  Zusammensetrans 
des  mit  Amid  verbundenen  Radicals  sein  möge,  die  Verbindungen  seibat  mflsstea 
den  Charakter  des  Ammoniaks  behaupten". 

Wie  viele  Keime  der  gegenwärtig  leitenden  Ansichten  sind  nicht  in  diesen  Zei' 
len  enthalten  1  Wie  scharf  finden  wir  hier  den  Charakter  des  Aethjlamina  gesei^ 
netl  Wie  wunderbar  ist  in  diesem  Falle  die  Theorie  dem  Versnobe  vorausgeeilt I 
Im  Sinne  einer  speciellen  rAuffaasung  der  organischen  Basen  und  cur  VeFanschsaU- 
chung  dieser  Auffassungsweise  wird  hier  eine  Verbindung  ersonnen,  welche  der 
Versuch,  dem  Fluge  dieser  Ideen  langsam  folgend,  sehn  Jahre  später  mit  alleii  ihr 
beigelegten  Attributen  ins 'Leben  rufen  sollte. 

>)  AnnaL  d.  Ghem.  n.  Pharm.  Bd.  LXXIV,  S.  117  n.  Bd.  LXXVIU,  S.  tU. 


J 


Basen,  organische.  693 

der  WaMerstoff,  Aeqaivalent  för  Aequivalent,  durch  mannigfaltige 
Atomencomplexe  ▼erü'eien  lässt,  ohne  dass  hierdurch  die  Fundamental- 
eigenechaften  des  Prototypen  aufgehoben  werden,  obwohl  dieselben  in 
vielfacher  Weise  raodificirt  erscheinen  können.  Je  nachdem  die  Ver- 
tretung sich  auf  1,  2,  3  oder  4  Aeq.  Wasserstoff  erstreckt,  lassen  sich 
demnach  vier  verschiedene  Gruppen  unterscheiden,  welche  man  durch 
folgende  Formeln  darstellen  kann: 

Aj  A\ 

NX. 


Aj 

Aj 

Aj 

X 

»NX 

S^NX 

B 
C 

h) 

h) 

w 

D 

In  allen  diesen  Salzen  ist  der  Typus  des  Ammoniums  unversehrt 
erhalten.  Versucht  man,  in  denselben  durch  Behandlung  mit  Metall- 
Oxyden  für  das  Säureradical  Sauerstoff  zu  substituiren,  so  ergiebt  sich, 
dass  die  drei  ersten  Gruppen  das  Verhalten  der  Ammoniaksalze  in  jeder 
Besiehung  nachahmen.  Die  gebildeten  Oxyde  zerlegen  sich  nämlich 
im  Augenblicke  ihrer  Ausscheidung,  wie  das  Ammoniumoxyd,  in  Was- 
ser und  wasserfreie  Basen,  welche  dem  Ammoniak  correspondiren.  In 
der  vierten  Gruppe  dagegen,  welche  keinen  vertretbaren  Wasserstoff  mehr 
enthalt,  lässt  sich  das  Säureradical  durch  Sauerstoff  vertreten,  ohne 
dass  eine  weitere  Zersetzung  eintritt,  indem  Verbindungen  entstehen, 
welche  in  jeder  Beziehung  das  hypothetische  Ammoniumoxydhydrat  re- 
prasentiren.  Die  aus  den  drei  ersten  Gruppen  von  Salzen  entstehen- 
den Basen  lassen  sich  je  nach  der  Anzahl  der  vertretenden  Wasser- 
stoffaqnivalente  als  primäre  Aminbasen  (Amidbasen),  secundäre  Amin- 
basen  (Imidbasen)  und  tertiäre  Aminbasen  (Nitrilbasen)  bezeichnen: 
A)  A)  A) 

HN  BN  BN 

fi)  H)  C) 

Primäre  Aminbasen       Secundäre  Aminbasen  Tertiäre  Aminbasen. 

Alle  Glieder  dieser  Reihen  sind  wahre  Ammoniake,  welche  sämmt- 
lich  flüchtig  sind,  deren  Siedepunkte  aber,  je  nach  der  Anzahl  der  ver- 
tretenen Wasserstoffäquivalente  und  der  Natur  der  vertretenden  Atomen- 
complexe höher  oder  niedriger  liegen.  Alle  diese  Körper  haben  einen 
mehr  oder  weniger  bestimmt  hervortretenden  Geruch,  der  vielfach  an 
den  des  Ammoniaks  erinnert,  aber  ebenfalls  nach  dem  Grade  und  der 
Art  der  Substitution  verschieden  ist. 

Die  dem  Ammoniumoxydhydrat  entsprechenden  Basen  sind  ge- 
ruchlos, sie  sind  nicht  ohne  Zersetzung  flüchtig.  Einer  hohen  Tempe- 
ratur ausgesetzt,  verwandeln  sie  sich  in  tertiäre  Aminbasen,  während 
ein  Oxydhydrat  des  vierten  Atomencomplexes  als  solches,  oder  seinen 
Zersetzungsproduoten  nach,  ausgeschieden  wird: 

N.(ABCD)|q^  verwandelt  sich  in  bIn  und  DO. HO. 
**  '  C) 

Die  im  Vorstehenden  besprochenen  Körpergruppen  sind  bereits 
durch  zahlreiche  Glieder  vertreten,  allein  es  verdient  bemerkt  zu  wer- 
den, dass  die  mit  A,  B,  C  und  D  bezeichneten  substituirenden  Moleküle 
bis  jetzt  vorzugsweise  in  den  Badicalen  des  Methyl-  und  Phenyl- Alko- 
hols, so  wie  ihrer  Homologen,  gefunden  worden  sind. 

In  den  vorstehenden  Zeilen  ist  so  ziemlich  enthalten,  was  man 


694 


Basen,  organische. 


im  Augenblick  Sicheres  Über  die  Constitation  der  organisoheii  Besen 
weiss.  Allein  bereits  sind  mannigfaltige  Anhaltspunkte  för  nator-  und 
zeitgemässe  Elrweiterong  dieser  Theorie  gegeben.  Die  genauere  Er- 
forschun  *;  der  zweiatomigen  und  dreiatomigen  Alkohole  gestattete  keinen 
Zweifel,  dass  sich  die  zwei-  und  dreiatomigen  Badicale  dieser  Verbin- 
dungen gleichfalls  in  das  Ammoniak  würden  einfahren  lassen.  Bereits 
sind  verschiedene  solcher  Basen  dargestellt,  allein  ihr  Studium  ist  kaum 
bis  zur  nöthigen  Reife  gediehen,  um  im  Augenblick  zu  einer  allgemei- 
nen Ansicht  zu  führen.  Femer  scheinen  sich  viele  organische  Ba- 
sen, namentlich  mehrere  der  natürlichen,  von  zwei,  drei  oder  selbst 
von  vier  Aequivaienten  Ammoniak  abzuleiten,  so  dass  wir  also  untar 
den  Basen  Diammoniake,  Triammoniake  und  selbst  Tetrammoniake  an- 
zunehmen hätten,  gerade  wie  wir  unter  den  neutralen  Abkömmlinges 
des  Ammoniaks  Diamide  und  Triamide  unterschieden  haben  (s.  d.  Art 
Amid  und  Anilin).  Die  Bildung  solcher  Verbindungen  steht  beson- 
ders in  Aussicht,  wenn  man  die  Bromüre  und  Jodüre  der  mehratomigen 
Alkohole  auf  das  Ammoniak  wird  einwirken  lassen.  In  der  That  sind 
bereits  mehrere  Di-  und  Triammoniake  bekannt,  aber  die  Kenntnisi 
auch  dieser  Classe  von  Verbindungen,  welche  voraussichtlich  äusserst 
zahlreich  und  mannigfaltig  werden  wird,  ist  noch  äusserst  lückenhaft. 
Im  Folgenden  sind  nun  vorerst  die  Basen  zusammengestellt,  derso 
Natur  im  Sinne  der  obigen  Theorie  festgestellt  erscheint« 


Primäre    Aminbasen*). 

H 
H 

C4H» 
H 
H 


Methylamin   .     .     .     .    Cj  H5  N  = 


Aethylamin    .     .     .    .    G^  II7  N  = 


Propylamin    .     .     .     .    Cg  H9  N  =: 


Batylamin  (Petinia)    .    C«  HuN  = 


Amjrlamin  (Valeramin)    CipHisN  = 


Gaprylamin    ....    CuHuN  = 


Allylamin G,  Hf  N  = 


G«  Hj 
H 
H 

Cg  H» 
M 
E 

Cio"ii 
H 

H 

G15H17 
H 
H 

G,H, 
H 
H 


N.      W.,  Ä 


N.      W^H. 


N(?).  Ä. 


IT«  It««  «• 


N.     w.,  a 


N.    a,s. 


N.      GU.Ä 


*)  Abkürzungen  der  Namen  der  Beobachter:  A.  Anderson;  B.  Barlow;  C.  C«- 
bours;  F.  FritzBche;  G.  Gottlieb;  N.  Hoftnann;  M.  Muspratt;  N,  Nicholson;  P.  Fi- 
sani;  8,  Squire;  W.  Wartz;  Z.  Zinin. 


Basen,  organüehe. 

Cijiis 
Phenylamin  (Anilin)   .    CijHr  N  =  ft 

H 

C„  (H4€l) 
Chlorpbenylaniüi  Ci<H<€l    Hi    =  S 

H 

Ci,  ÄBr) 
Bromphenylaniin  Ci*HeBr   N     =  H 

H 

Ci,  (H4 1) 
Jodphenylamin    .     .    CiaHgl      N     =  fi 

H 

C„(H4,N04) 
Nitrophenylainio .    .     Ci3H«N2  04      =  H 

H 

BiQhlorophenylamin     Ci3H56l3  N     =  H 

H 

CnCHgBrj) 
Bibromophenylamin     CisH&Br2  N     =  H 

TT 

C„(H,[N04],) 
BimtrophenylainiD   .    C12H5N8O8      =  H 

H 

C12  (Ha  G\z) 
Trichlorophenylaroin   CdH^GIs  N     =  H 

8 

Ci3  (Hg  Bfs) 
Tiibromophenvlamin  CiaHiBrs  N     =  H 

8 

CisCH^LNOJs) 
TrinitropheDylamm .    C12H4N4OX3     =  H 

TZ 


Tolylamin  (Toluidin)  .    C14H9N  = 


C14H7 
H 


Ci4(«6,N04) 

Nitrotolylamin     .     .     C14H8N2O4      =  H 

Xylylamin  (Xylidin)   .    CieHn  N         =  H 

TI 


Comylamin  (Comidin)    Gigüis  N        = 


H 
H 


695 


rt*       F»^Z^jt£» 


N.     EL 


N.      Ä 


N.      Ä 


N.     Ä  u.  M. 


N.     Ä 


N.     Ä 


N.     O. 


N.     Ä 


N.     F.,  Ä 


N.     /». 


N.      K  u.  jlf. 


N.      C. 


N.     C. 


N.     iV. 


696  Basen,  organische. 

Nitrocumylamin .     .    C18H1JN2O4     =  H     }  N.      C 

H 

Cyinylamin    ....     Cso^f  15  N  =  H    J  N.      Ä 

TZ 

Naphtylamin  (Naphta-  C20H7 

Üdam)  .     .     .  C2oHg    N        =  H    \N»     Z. 

H 

Noch  sind  mehrere  Basen  bekannt,  welche  wahrscheinlich  m 
den  primären  Aminbasen  gehören,  deren  Constitution  indeas  bb  jetzt 
nicht  durch  Versuche  festgestellt  worden  ist  Das  von  Dusart  be- 
schriebene Phtalidin  ist  wahrscheinlich  Ammoniak,  in  dem  1  Aeq. 
Wasserstoff  durch  dasBadical  CieH?  (vielleicht  imStyrol  oderCinnamb 
existirend)  vertreten  ist: 

Cie  H7 ) 
Phtalidin  CieHa  N  =         H  }  N(?)     Dusart. 

Hierher  gehört  femer  das  vonBamdohr  neuerdings  aufgefandene 
Styrylamin: 

Styrylamin        C,8  Hn  N  =     "h}N(?)     Ramdohr. 

h) 

Ebenso  dürfte  das  von  Maule  aus  dem  Nitromesitylen  erhaltene 
Nitromesylamin  (Nitromesidin),  welches  dieselbe  Zusammensetzung  hat 
wie  das  Nitrocumylamin,  eine  primäre  Aminbase  sein: 

Ci8(H„.N04)| 
Nitromeivlamin  Cig  {{)]  N}  O4    =  H    |N(?)     Maule. 

H    ) 

Neue  Versuche  machen  es  wahrscheinlich,  dass  auch  das  Glycodn 
(Glycocoll)^  der  Prototype  einer  Classe  von  Körpern,  welche  ihren  che- 
mischen Eigenschaften  nach  in  der  Mitte  zwischen  den  Sauren  und 
Basen  stehen,  eine  Amin  Verbindung  ist.  Dieselbe  Gonstitalion  muss 
alsdann  Hir  sämmtliche  Homologe  und  Analoge  des  Glycocins  ange- 
sprochen werden: 

Glycooin  C,  H.  NO«  =  ^*  h'  ^*  \  N.  Horsford,  Per 

H 


kin  u.  Duppa. 


Ce  H.  O4 
Alanin  C«  H,  NO«  =        H         |  N.     Strecker. 

H 


Leucin  C^HijNO«  =        H         |n.     ^f^*!."?: 


Strecker. 


Benzaminsäure         C14H7  NO4  =        H         \N.     Zinin. 

H 


Basen,  organische.  697 

Tolaminsttore  CigHo  NO4  =        H  }N.     Cahours. 

8 

C80H11O4 
CuminaniinBäure       C20H18NO4  =        H  ( N.        desgL 

H 

Anisaroinsäure  Cie  II9  N  Oe  =        H  }  N.        desgl. 

H 

Durch  die  EinwirkuDg  des  Cyangases  auf  Anilin ,  Tolylamin  und 
Comylamin  bildet  sich  eine  Reihe  merkwürdiger  Basen,  welche  einfach 
die  Elemente  des  Cyans  neben  den  genannten  Körpern  enthalten.  Die 
Constitution  des  Cyananilins,  des  Cyantolylamins  und  Cyancumylamins 
ist  im  Augenblick  unermittelt;  Aber  die  Function  des  Cyans  in  diesen 
Körpern  hat  man  bis  jetzt  keine  irgend  wie  begründete  Ansicht  Die 
genannten  Basen  mögen  daher  bis  auf  weiteres  den  primären  Amin- 
basen  zugezählt  werden: 

CyC„H5  ) 
Cjananilin  C14H7  N3      =r  H    }  N.     Hofmann. 

H   ) 

CyCuÄT  ) 

Cyantolylamin      C16  H9  N,      =  H    }  N.         desgl. 

H    ) 

CyCisHii) 
Cyancumylamin  CsofiiaN^       =  H    }  N.         desgl. 

H    ) 
Unter  den  Namen  Formylamin,  Acetylamin  und  Propenylamin  sind 
von  Clo&e  und,  theilweise  vonNatanson,  Basen  beschrieben  worden, 
welche  diese  Chemiker  zu  den  Aminbasen  rechnen: 

Ca«  ) 
Formylamin        C,  H,  N  =        H  >  N.     Cloez. 

H  ) 

C4»,) 
Acetylamin         C4  H5  N  =        H  |  N.     CloSz,  Natanson. 

(Vinylamin?)  .H  ) 

Fropenylamin     c,  H,  N  =  ^'e\  N.     CloSz. 
(AUylammO         •     '  ^  \ 

Die  Natur  dieser  Verbindungen  ist  aber  kaum  hinreichend  ermittelt. 

Nach  Versuchen  von  Moitessier,  welche  indens  sehr  der  Bestä- 
tigung bedürfen,  scheint  das  Solanin  eine  primäre  Aminbase  zu  sein, 
wenigstens  giebt  derselbe  an,  dass  sich  in  dieser  Base  1  oder  2  Aeq. 
Wasserstoff  durch  Alkoholradicale  vertreten  lassen  (s.  S.  699  u.  702) : 

C42  «38  Ol  4) 

C4,HwNOi4     =      fl         }  N(?)     Moitessier. 

H         ) 
Das  in  dieser  Formel  figurirende  complicirte  sauerstoffhaltige  ein- 
atomige Badical  €4^  Hgs  O14  ist,  wie  kaum  bemerkt  zu  werden  braucht, 
in  hohem  Grade  problematbch. 


698  Basen,  organische. 

Endlich  lä88t  sich  za  den  Aminbaaen  vielleicht  noch  das  Ammelid 
rechnen,  insofern  Gerhardt  dasselbe  als  eine  Verbindang  Ton  Cjan- 
amid  mit  Cyansäure  betrachtet: 

AmmeHd  Q  H4  N4  O4  =  ^^j  N  -}-  2  C,  N  HO,.     Gerhardt. 

Dieser  Aasdruck  ist  indessen  nicht  durch  besondere  Versache  be- 
gründet, auch  darf  man  nicht  vergessen,  dass  die  Formel  des  Ammelids 
selbst  noch  streitig  ist,  insofern  Liebig,  der  Entdecker  dieser  Verbin- 
dung, der  Formel  G12  H9  N9  Oe  den  Vorzug  giebt 

Secnndäre    Aminbasen. 


Bimethylamin  .     C4  H?  N 


Biäthylamin  Cg  K^N 


Biamylaroin  C20H38N 


Biallylamin       .     CiaHnN  (?) 


Cyanmethylamin  C4  H4  ff. 


Cyan&thylamin      C«  fi«  N, 


Cyanallylamin  . 
(Sinamin) 

Methylphenyl- 


amin   . 


Cg  xie  rf, 


C14H9  N 


Aethylphenyl- 

amin   .     .     .     CieHn^ 

Aethylchlorphe- 
nylamin     .     .     CißHio€lN 

Aethylnitrophe- 
nylamin      .     .     CuHioNa04 


Aethylcaprylamin  CsoH^sN 


C,  1x3 

^^^  Oj  Äg    (     TW 

H 

=  04»»  }N 
M 

CioHii] 
=  CioHii}  N 

Cj  H» 

=  Cg  ttj  /   Pr 

C,  N 
=  CH,J  N(?) 
S 

C,N 

=  €485}  N(?) 

C«  N 
=  Ce»,}  N(?) 
H 

H 


C4»« 


W«6   ) 

H  ) 


N 


Hofmann, 
Petersen. 


Hofmann. 


Hofmann. 

*  Cahonrs  q.  Hof- 
mann. 


Clogz    a.    Ca 
h  o  u  r  s. 


Will. 


C4H5        ) 

=  Ci2(H4€l)    N 

E        ) 

C4  »5  ) 

=  Ci2(H4,N04)  N 
H  > 


Hofmann. 


I 


C4H») 

H    ) 


Cahours. 


BasJBOy  organifiehe«  699 

AmylplMDylainui  CssfliyN  sCi^fis  >  N  Hof  mann. 

fi   ) 

C12H5 

Cetylphenjlamin  C44HS9N  =  Cgsfls»}  N  Fridau. 

H 
C4H, 

Aeihyltolylamin    CigHiaN  =CliS^  \  N  Abel  u.  Morley. 

H 

Aethjlnaphtjl-  C4  H5  ) 

amin   .     .     .     Gs4lIi,N  =0,087  f  N  Schiff. 

H   > 
An  diese  Reihe  schliesst  sich  eine  Anzahl  von  secun<}aren  Amin- 
basen'an,   deren  Constitution  bis  jetzt  nicht  mit  derselben   Pr&oision 
ermittelt  ist,  wie  die  der  vorhergehenden. 

Lässt  man  das  Phtalidin  als  primäre  Aminbase  gelten,  so  ist  das 
Aethylphtalidin  zu  den  secundären  zu  rechnen. 

C4H5) 
Aethylphtalidin  G,oHisN  =  GieH?      NCO       Dnsart. 

H   ) 

Gelegentlich  der  Untersuchung  über  das  Acetylamin  (s.  S.  697) 

hat  Natanson  auch  ein  Acetylanilin  oder  AcetylphenylaiAin  (richtiger 

wohl  Vinylphenylamin  Bd.  I,  S.  1064)  dargestellt.    Die  Natur  dieser 

Verbindung,  welche  mit  dem  Phtalidin  isomer  ist,  ist  ebenfalls  nicht  als 

festgestellt  zu  betrachten;  nach  dem,  was  vorliegt,  scheint  sie  eine  se- 

cnndäre  Aminbase  zu  sein: 

C4  Ha  ) 
Vinylphenylamin    CieHoN  =:=  G12H5  }  N(?)       Natanson. 

H  ) 
Die  von  Moitessier  beschriebenen  Derivate  des  Solanins,    das 
Aethylsolanin    und   Amylsolaiiin    sind  vielleicht  gleichfalls  secundäre 
Aminbasen : 

Aethylsolanin  C4«»8sNOi4  =  C4  »6  N(?)) 

\  Moitessier. 

C4,H880i4\  j 

Amylsolanin    C5,a45NOi4  =  C,oHn       l  N(?)\ 

H        )         J 
Femer  rouss  nach  Versuchen  von  Cahours  das  Piperidin  hierher- 
gerechnet werden.      Dieser  Körper  ist  unzweifelhaft  eine  secundäre 
Aminbase ,  allein  es  ist  bis  jetzt  unentschieden,  ob  die  beiden  Wasser- 
Btoff-Aeqoivalente    durch   ein  zweiatomiges  Radical  Ciofiioi'  welches 
man  Piperyl  nennen  könnte,  oder  durch  zwei  einatomige  Badicale  ver-  . 
treten  "sind: 
Piperidin(Piperylamin)  CioIIiiN=(CioHior j  jj       Cahours. 

Das  Gleiche  gut  von  dem  Coniin: 

Coniin  (Conylamin)     CieHiftN  =  (Cifi^y)  ^      Ortigosa,  Blyth, 

H       \  ^  Gerhardt. 

Auch  liier  ist  die  Natur  des  H3  äquivalenten  Atomencomplezes  nn- 


700  Basen,  organische. 

ermittelt  Die  Annahme  eines  zweiatomigen  Badicals  Ci6H]4  lehnt 
nicht  an  bin  jetzt  Bekanntes  an.  Wahnoheinlicher  ist  es,  ao  zw« 
Aeqnivalente  eines  Badicals  CgH?  (Butyryl?)  zu  denken.  BekanntÜck 
hat  Blyth  nachgewiesen,  dass  Coniin  unter  dem  Einflüsse  von  Oxy- 
dationsmitteln Buttersäure  bilde. 

Endlich  mögen  hier  die  von  CloSz  und  Natanson  bei  der  Be- 
handlung des  Ammoniaks  mit  Bibromathylen  und  Bichlorathjlen  enV 
deckten  Basen  nochmals  Erwähnung  finden.  Nach  Mittheiinngen  yos 
Cahours^)  wären  die  früher  als  Formylamiuy  Acetylamin  und  Pro- 
penyiamin  angeföhrten  Verbindungen  als  Methylenamin,  Aethylenamia 
und  Propylenamin  zu  betrachten,  und  enthielten  die  zweiatomigen  B»- 
dicale  Methylen,  Aethylen  und  Propylen. 

'h     N  =  C,H,N  =  (^^  J»^"j  N     Methylenamin. 


Focmylamin 


Vinylamin 


Propenylamin 


H 
C4H 


H  j  N  =  C4H5N  =  ^^'ft  ^  }  N     Aethyl 


enamin. 


(Allylamin?)       ** 


N  =  CeH^N  =  (^«  J«)" j  N     Propylenamin. 


Die  Untersuchung  dieser  Körper,  deren  wir  weiter  unten  nochroab 
gedenken  werden,  bedarf  einer  erschöpfenden  Wiederholung. 

Tertiäre    Aminbasen. 


Trimethylamin . 

Cd  H9  rl 

=  C,  H, 

C4   H5    X 

N 

Hofmann, 
Wertheim. 

Triäthylamin    . 

C„H.»N 

-  C4  H» 
Cio«ii\ 

N 

Hofmann. 

Triamylainin    . 

Cjo^ss^ 

CjoHii' 

N 

Tricaproylamin 

GgeH39N 

CnHisj 

—  CiaÄigJ 

CiaHis) 

N 

GöBsmann    u. 
Petersen. 

Triallylamin 

C18H15N 

-  C.  H, 

C19H5    j 

N 

Cahonrs  u.Hof 
mann. 

Triphenylamin . 

CgjHiftN 

-  c,  A 

N 

Gössmann. 

Methyläthylamyl 

» 

C,  H,  j 

• 

amin   • 

Cl«**l9" 

-  C4  H5 
Cioflii) 

N 

Hofmann. 

^)  Iie90ns  de  chimle  generale,  T.  U,  p.  664. 


Cyandiäthylamin  CiqHioN, 

Cyan&thylallyl-  \ 
amin   •  .f 

Aethylsinamin  1   Ci^H^oN} 
Sinäthjlaniin    .  i 

Methylsthylphe- 
nvlamin    .     • 


Methylamylphe- 
nylamin   . 

Bi&thylpheDyl- 
amin    • 

Biäthylchlorphe- 
nylamin  .     . 

Aethylamylphe- 
nylamin   .     • 

Cyanathylphe- 
nylamin   .     . 

Bicetylphenyl- 
amiD         • 


MsÄigN 


C24H19N 


CfoSiftN 


Vy^Qxxi  4  Vilnr 


C«6"21^ 


CigHioN^ 


C7sfll7iN 


Basen,  organische. 

=  C4H5}N(?) 
C4H5 
C2N 

C.H5 

=  CioHii)  N 
C1JH5 

C4»5, 

=  C4  H,  l  N 

C4H.    , 

=   C4  »5         i   N 

C„(H4€l) 

C4»» 

=  CioHiiJ  N 

C,N 
=  C4  H,  {  N  CO 

^=  C/39ng3>  ff 

C4H» 

=  C4  H,  {  N 


N 


701 

GIoSe     u.    Ca- 
honrs. 


N(?)        Hinterberger. 


Hofmann. 


CIoSz     n.    Ca- 
honrs. 


Fridao. 


Abel  u.  Morley. 


Büthyltolylaroin  CmHitN 

C14H7 

An  die  in  der  vorstehenden  Tabelle  aufgeführten  Aminbasen 
achlie5ist  sich  eine  grosse  Reihe  basischer  Verbindungen  an,  von  de- 
nen man  mit  riemlicher  Sicherheit  weiss,  dass  sie  zu  derselben  Classe 
gehören,  obwohl  ihre  Constitution  im  Uebrigen  noch  sehr  zweifel- 
haft ist. 

Hierher  gehört  vor  Allem  eine  Reihe  von  Basen,  welche  in  den 
De^tillationsproducten  der  Steinkohle,  der  thierischen  Substanzen,  über- 
haupt stickstoflfhaltiger  Aiaterien  aufgefunden  worden  sind.  In  allen 
diesen  Verbindungen  sind  die  3  Aeq.  Wasserstoff  des  Ammoniaks  sub- 
Btituirt,  allein  man  hat  bis  jetzt  keine  Anhaltspunkte,  um  die  Anord- 
nung der  Elemente  in  den  substituirenden  Atomencomplexen  zu  beur- 
theilen : 

Pyridin     C10H3  N  =  (CioH»)'"  N 

Picolin  CuH,  N  =  (Ci,Äy)'"  N 

Lutidin  CiAi  N  =  (014«,)"'  N 

Collidin  Ci,Hi,N  =  (Ci,Hu)'"N 

Parvolin  C,e«wN  =  (Ci8»i,rN 


Anderson. 


Williams. 


702  Basen,  organische. 

LeucoUn    CA  N  =  (C„H,)"'  N    j  "^winu^.!""**' 

Lepidin      C,oH,  N  =  (CjoH»)"' N     i  _.„. 

_  J  Williams. 

Cryptidin  CkHuN  =  (CH„)'"N     J 

Femer  rind  hierher  die  einfach-methylirten  und  •äthylirten  Derivate 
des  Piperidins  zn  zählen : 

■  Methylpiperidin     i    r   U   tl ^j  H»      |  m 

(Methylpiperylamin)  j    ^'«""^  —  (doHio)") 

Amylpiperidin       |    p    n   m CioHn     (  m 

(Amylpiperylamin)  j    ^o»n^  —  (Cj^H^^yj  ^ 

Nach  neueren  Versuchen  von  Hofmann  ist  das  von  Liebig  voi 
Wöhler  entdeckte  Thialdin  eine  tertiäre  Aminbase,  und  dieselbe  Con- 
stitution muss  man  daher  fiir  sätnmtliche  Homologe  dieses  Körper»  an- 
nehmen : 

Thialdin  C.A,NS,  =  (CÄArN     j  ^  HoiL'in'!''''"' 

Selenaldin         CiiHttNSe4=(Ci,IIi,Se4)'"N       Liebig  n.  Wöhler. 
Bntyrothialdin  C}4liMNS4  =  (C,4MuS4)'"N        Gackelberger. 

Valerothialdin  C,oH«NS4  =  (CoH3iS4)"'N     j  ^Xintou!"'^^" 

Auch  das  Nicotin,  sowie  das  Methylconiin  und  Aethylconiin  sind 
tertiäre  Aminbasen,  ebenso  das  noch  zu  bestätigende  Aethylamylsolanin. 

Nicotin  p   u   M /P   U  V"ÄI      l  örtigos»,  BarraK 

(Nicotylamin)  ^<>*^  ^  "  ^^^^'■>  ^      ]       Melsens. 

Methylconiin  J  p   n   m  _    Ca  Ha       Imi  „    .  ^  u  u 

(Methylconylamin)l  ^***"^  ~  (C1A4)'' j      /  Ho^™*«".  ^ekuW 

,  /  u.  ▼.  Planta- Bei' 

Aethylconiin  <  r   H  N  ^    *^4  "»       ( N 

(Aethylconylamin))  ^^"»*'  —  (€„»14)"  )  ^^ 

Aethylamylsolanin  G5eIl49NOi 4=     CioHn         |  N  (?)    Moitessier. 

C4SH83O14 
Bei  der  Behandlung  von  Anilin  mit  Bibromäthylen  ist  neuerlichjt 
eine  krystallisirte  Base  erhalten  worden,  welche  Ci«H9N  enthält  mul 
mit  dem  Phtalidin  und  Acetylanilin  isomer  ist.      Diese  Verbindung  iit 
gleichfalls  eine  tertiäre  Aminbase: 

Aethylenphenylan.in  C.H.N  =  ^^^"\  N      „.»H^of^lnn. 

Es  ist  aber  höchst  wahrscheinlich,  dass  dieser  Ausdruck  verdop- 
pelt werden  muss  und  das  Aethylenphenylamin  zu  den  Diaminbaseo 
zu  zählen  ist  (siehe  weiter  unten). 

Endlich  können  hierher  eine  ganze  Reihe  vorzugsweise  in  den 
Pflanzen  vorkommende  Basen  nebst  ihren  Derivaten  gerechnet  werden, 
die  ihrem  Verhalten  nach  den  tertiären  Aminbasen  nahe  stehen,  bei 
denen  das  Verständniss  der  Constitution  aber  noch  weiter  durch  den 
Umstand  erschwert  wird,  dass  bei  der  Mehrzahl  in  dem  meist  schon  an 
und  för  sich  complicirten  Atomaggregate,  welohea  die  8  Wasserttol^ 


chenan. 


Basen^  organisdie.  703 

äquivalente  de9  Azninoniaks  subdtitairt,  noch  überdies  Stickstoff  vor- 
kommt.  Ueber  die  Form,  in  welcher  dieser  Stickstoff  vorhanden ,  ist 
nichts  Sicheres  bekannt.  Es  verdient  bemerkt  zu  werden,  dass  sich 
diese  Körjper  gleichfalls  als  Diaminbasen  betrachten  lassen,  wie  weiter 
iinten  ausführlicher  entwickelt  werden  soll.  So  lange  keine  entschei- 
denden Versuche  vorliegen,  mögen  diese  Verbindungen  hier  eine 
Stelle  finden. 

Morphin      .     •  C84Äi9N08  =  (C84Hi90e)'"N.    S€.,J.L^L. 

Codein     .    .     .  CseHaiNOß  =  (C86H8i06)'"N. 

Chlorcodein  CaßHjoClNOß  =  (CseCHjoGl]  Ofl)"'N. 

Bromcodein  CaeÄaoßrNO«  =  (CaeCHjoBr]  OgyN. 

Nitrocodein  CgeHaoNjOio  =  (C,6[H20iNO4]O6)'"N.  \  a. 

Tribromcodein  CseHisBi-sNO«  =  (CseLHisßralOe)"'^ 

Jodocodein  Cj^HjiNO«!,  =  I3  (CgeHaiOeyN. 

Bicyancodein  C40H21N8O8  =  Cy2(C86H2i06)'"N. 

Fnrfniin     .     .     .  C,oHi2Na06  =  (C^o^u^OeT'N.    Fo^  Da, 

Chinin  •  .  C4oÄ24r<r204  =  (C4oH24N04)"'rl.  \  j  r       o! 

Cincbonin       .     .         C4oH24N«02  =  (C4oH24N02)'"N.  j 

BichlorcinchoninC4oÄ,2€l2N202  =  (C4o[H226l2]N02)'"N.  |  Z,. 
Bromcinchonin     C4oHj8ÄrN202  =    (C4o[H«8»r]N02)'"N. ) 

•  •  ^401X26^204  ^-^  (y^ioi^Qe^^if"^*  £f€»^D, 

•  •  >-'8S"22^202  ^--  C^^6  "82*^^2/    ^'  ^^^• 

Bmcin  ....         C4gfts8N208  =  (C40H26NO8)'"N.  J    /?'   r  ' 

Brombrudn      .     C4eH26BrN208  =  (C4«[»25Br]N08)'"N.    L. 

Strychnin    .     .     .         C42H22N2O4  =  (C«'*2a^^4)'''^|i!^.^*iV: 

Chlorstrychnin  .    C4,H,i€lN,04  =  (C42[H,i€l]N04)'"N.    L. 
Trichlor8trychninC42Hi9€l8Na04  =  (C42[Hi9€l8]N04r'N.    Pe. 

Dem    Ammoniumoxydhjdrat    (Wassertypus)   entsprechende 

Basen. 

T%teiB.ethyl»n.n.o.  Cs«„NO,=  ^'^^  g»  >«  j  O,.     Ä 

niamoxydhydrat  »     1»       *  tt         )      * 

Tetramylammonium-        ^   u    mr^  N.(CioHn)4  I  ^        „ 

oxydhydrat  C4oH46iVO,=  g        j  O,.    Ä 

AbkUrsnngieii  der  Namen  der  Beobachter:  Ab.  Abel;  r.  B*  y.  Babo;  CSs.  Ca* 
▼enton;  Da.  Davidson;  />.  Delondre;  Fo,  Fownes;  dfö,  Gössmann;  Gh.  Ounning; 
flb.  How;  Se,  Henry;  K,  Keknl^;  L.  Laurent;  Le.  Leers;  J.  L.  Liebig;  3fo.  Morley; 
P*.  Pettetier;  P>'R.  v.  Planta-Reicbenan ;  R.  Regnaalt;  8e,  Sertürner;  8(.  Strecker; 
ata,  StaUachmidt;    Wi,  Williams. 


Chinidin 


704  Basen,  ot^amsche. 

Methyltri&thylammo-  n   n   jfQ  =  ^ '  ^*'*  ^^*  ***  ^  {  O,.    Ä 

ninmoxjdhydrat      ^4"i»       »  H        )       ' 

Triäthylamylammo-     C.  ff   NO  =       ^ '  ^^*^*^*  ^0^11       J  q. ,     flr 
niumoxydhydrat       ^'    «7       «  H         J       ' 

Aethyltricaproylain.    C4oH45NO,=  ^ .  CA  (C, As).  |  q      ^d. 

momamoxydhydrat     «»    *»       »  «       )      ' 

Tri&thylphenylam-      ^^  ^    j^q  ___       N .  (0485)3  O^Hs        }  o  .    Ä 
rao niumoxydhydrat  ^*    »12  H         J      *'       ' 

Aethyltriphenylam-     c«H,,NO,=  ^ '  *^«'*»  ^^'g»  ^  I  O,.    G4 

moniiunoxydhydrat  .«"*■»  11         ) 

Methylbi&thylphenyl-  Bi  n  U  rr«  U  ^  P   IL.  1 

ainmoniunioxyd-      C^Hi^NO«  =      « •  ^»s  (C.4»5)2^f «»    o,.    Ä 

hydrat  ' 

Methyläthylainyl-  ur  U  r  U  n   u    rU) 

phenylamnionium-   0,g»„NO,  =^-^**»'^**^'^«**"^^^«5*    O,.  Ä 

oxydhydrut 

Triäthyltolylammo-     n   u    \Lr\  ^  -  (CS^^CiJtj  J  ^  ii6.n. 

niumoxydhydrat      ^«**»»^«  —  ff    }  ^"  Ä 

Trimethylbrom-  1^   rP  Ä  V  rP  H  TlrV  ) 

äthylenammoni-   0,oHuBrNO,=      1* .  (O,«,), (C4»4^r)       ^    ^^j 

nmoxydhydrat 

Trimethylvinylammo- Q    u    j^q  __  N.(GtHs)8^4Ks  J  q       ^, 

niamoxydhydrat  10    is       «  ff     (      •*       ' 

Tetra vinylammonium-^    n    ^r\  ^'i^^fiiU  i  r\      «n 

oxydhydrat  Ci6His^2=  ^      \  «f.   «-^ 

Tetrallylaminonium-    ^    o    ^j/-.  N  •  {C^flO*  l  rk     ^'^ 

oxydhydrat  i^4«siWO,_  jj       J  U,.     ^ 

Dieser  Reihe  ffchiiesst  sich  ebenfalls  eine  betr&chtUche  Apy^l  yoa 
Verbindungen  an,  über  deren  Stellung  man  keinen  Zweifel  hegt,  dif 
aber  hinsichtlich  ihrer  Oonstitntion  noch  nicht  hinreichend  erfoncbt 
sind.  Bildungsweise  und  Eigenschaften  dieser  Körper  seigen,  dan 
sie  zusammengesetzte  Ammoniumoxydhydrate  sind,  in  denen  die  vier 
Wasserstoffäquivalenle  des  Ammoniums  durch  Badicale  vertreten  sind, 
obwohl  die  Natur  der  vertretenden  Badicale  bis  jetzt  nnr  theilweife 
bekannt  ist.  Alle  diese  Verbindungen  kann  man  sich  entstanden 
denken  durch  HinzufQgung  der  Elemente  von  Alkoholen  zu  tertiären 
Aminbasen. 

Aethylpyridylammonium- p,    u    xirfc  N.O4  RjCCioHs  V'J  rk     i 

oxydhydrat  ^u«iiiVU,    =  jj         ^Of.  A. 

Amylpyridylammonium-     ^    „    j^^     N.OioRii(OioHs  yj^i     a 

oxydhydrat  Cs»o«i7«Ojr    —  R        \^  ^ 

Aethylpioolylammonium-  q    o    jjq     _.    N .  O4  H5  (CiA  X"/ O     A 
oxydhydrat  *•    ^^     ^^  ff        i 

*)  Unveröffentlichte  Untenncbungen. 


Basen,  organische.  705 

oxydhydrat  CjoHn^VU,    _  «1^2-    A. 

ilethylleucolylammo-         C    If    NO     =    ^'^a  ^8  (^iß'*^  )'"|  q       jy- 
niamoxydhydrat  20     ii-      2  jj        j     2* 

Lethylleucolylamnio-  p    n    T^n     N-Q  ^6  (CisHt  )'">  ^       „r. 

niumoxydhydrat  ^^    iö        j  n        )     ^ 

LmyllencoJylammonium-    ,^    ^    ^.^     N.CioHuCCigH?  )'"j  ^       ^y. 

oxydhydrat  28    i»        2  H         )     ^'        '* 

LethyllepidylammoniQin-   q    jf    pjQ     __    ^  •  Q  1^5  (CjoHs  )"' |  q       ^r^ 
oxydhydrat  24    15        2  H         j     ^'         ' 

Lroyllepidylammonium-      ^    ^    ^^     __    N.  CioHnCCgoHe  )'"|  ^       ^^. 
oxydhydrat  30    21        2      ,  ti        \     '^'         ' 

Jimethylpiperylammo-       C    H    NO     =  ^•(^^^3)2(^0^10)"  |  q       q 
niunioxydhydrat  14     n-      2  H        )     '^*      ' 

Jiäthylpiperylainmo-  C    H    NO     ==  ^•(^^'^ö^^^^io**'«)"  |  O  .    C. 

niuEDOxydhydrat  is    21        2  H        j     ^*      ' 

Üethylthialdylammo-         CHS  NO  r=  ^'^'^' ^^^*^^^^*^'"|  O. .    H. 
niunioxydhydrat  14    17   4       2  ü      )     '^'       ' 

tfethylnicotylammonium-  ^    y    ^q     N.C2  H3  (C10H7  y'*lQ  ^    ß^^ 

oxydhydrat  12     11        2  }j         j     «• 

kethylnicotylammoniuin-  n    h    mq     N.C4  II^  (C10H7  )'"|q    H,^  P-B. 

oxydhydrat  14    13        2  H        J    ^'    11.  Ä'. 

Ä^mylnicotylammoninni-     CnHi^NO,    =    N.  C^öHiiCCioHt  )'"j  q^.    Sia. 
oxydhydrat  zu    *»       »  ii        ) 

Biäthylconylammonium-    q    jj    j^jq      _.  N. (04115)2 (Ci6Hi4)"  |  q      P'R.n. 
oxydhydrat  24    25       2  H        J      *       -ST. 

lieber  die  Mehrzahl  der  nunmehr  folgenden  Körper  sind  die  An- 
sichten insofern  getheilt,  als  man  die  Basen,  aus  welchen  sie  durch 
Hinzufügung  der  Elemente  von  Alkoholen  entstehen,  wenn  sie  mehr 
als  ein  Aequivalent  Stickstoff  enthalten,  entweder  als  tertiäre  Amin- 
basen  oder  als  Diaminbasen  betrachten  kann  (s.  folgd.  Seite).  Da  wir 
die  Mutterverbindungen  im  ersteren  Sinne  abgehandelt  haben,  so  fin- 
den diese  Basen  mit  den  übrigen  naturgemäsa  an  dieser  Stelle  ihren 
Platz. 

Methylmorphylammo-   ^    jj    ^^     __     N.Cj  H3  (CaiHigOe)'"!  q      j^^ 
niumoxydhydrat  *^    28       s  H       ) 

Acthylmorphylammo-    n    ««.NO«    =     N.C4  H5  (C34Hi906)'"|  q^     ^^ 
niumoxydhydrat  «       ) 

Aethylcodeylammo-       c.nH^NO«    —     ^-^^ '^s  (C36»2i06)'"J  q^     jj^ 
niumoxydhydrat  «u    »i        0  H       ) 

Aothylfurfurylammo-     C    H    NO    =  ^'^^ '^^  (^»o^^i^^^ß)'"!  O. .    Da. 
niumoxydhydrat  34    is    2    8  H       J     "^ 

Amylfurfurylammo.       c^nHoiNoO«  =  ^-^lo^JuC^aoHiaNOe)"'!  q      ^^ 
niumoxydhydrat  40    ^4    i    »  »       ) 

HandwOrtarbach  der  Chemie.  2te  Aufl.  Bd.  IL  45 


706  Basen,  organische. 

Methylchinylammo-       q    n    ^  q    N.C^  Ha  (C4oHj4N04)'''j  q      ^ 

Diumoxydhydrat  «    28    2    e  H       j    *' 

Aethylchinylammo-       C    H    NO    ^-^4 'Js  (C4oÄ24N04)'"|  q       ^ 

niumoxydhydrat  44    so    2    6  H       j     *'       ' 

Methylcinchonylanitno- ^    u    m  r^  N-Cj  Hg  (C4oH34N03)'"J  ^       r^. 

niumoxydhydrat         C42«28^2  04  =  jj       j  ü,.    ^ 

Methylchinidylammo-    ^    jj    j^  q    ___  N.C2  Ha  (C8eH22^C)2)'"j  q  j.,.   ^ 
Diamoxydhydrat  88    26    a    4  H       j     *^*^ 

Aethylbrucylammo-       c    H    NO    —  ^-^4  »&  (046^26^0«  "0|  q      Gh, 
niumoxydhydrat  60    82    2    lo  H       j     '" 

Aethylstrychnylammo-  ^    jj    ^  ^    __  N.C4  H5  (C42H,2N04)'"|  q      ^^ 
niumoxydhydrat  46    28    2    e  H       j     *' 

Amylstrychnylammo-    c    j{    jf  o    =  ^•^*^^"^^"**22N04y"|  ^       ^^ 
niumoxydhydrat  52    34    2    6  H       )     *'        * 

Diaminbasen. 

Wenn  man  die  neutralen  Verbindungen  betrachtet,  welche  durch 
die  Vertretung  des  Wasserstoffs  im  Ammqniak  durch  elektronegative 
Kadicale  entstehen,  und  welche,  je  nach  der  Anzahl  der  zusammen- 
gekuppelten  Ammoniakäquivalente,  sich  als  Amide,  Diamide  und  Tria- 
mide  unterscheiden  lassen,  so  liegt  der  Gedanke  nahe  unter  den  Basen, 
d.h.  den  elektropositiv  substituirten  Ammoniaken,  ähnliche  Verbindun- 
gen aufzusuchen,  welche  man,  wenn  sie  sich  von  2  Aeq.  Ammoniak  ab- 
leiten, Diaminbasen  oder  Diamine,  wenn  sie  von  3  Aeq.  Ammoniak 
abstammen,  Triaminbasen  oder  Triamine,  endlich  wenn  sie  4  Aeq. 
Ammoniak  entsprechen,  Tetraminbasen  oder  Tetramine  nennen  könnte. 
Da  sich  Diamide  und  Triamide  durch  die  Einwirkung  der  zwei-,  be- 
ziehungsweise der  dreibasischen  Säuren  auf  das  Ammoniak  erzeugen,  so 
lässt  sich  die  Bildung  von  Di-  und  Triaminen  bei  der  Einwirkung 
geeigneter  zwei-  und  dreiatomiger  Alkohol  Verbindungen  mit  Zuver- 
sicht erwarten  und  die  schärfere  Charakterisirung  der  mehratomigen 
Alkohole,  welche  die  letzten  Jahre  gebracht  haben,  kann  nicht  fehlen, 
die  Forschungen  der  Chemiker  diesem  Felde  zuzulenken.  Im  Augen- 
blick ist  in  dieser  Richtung  nur  wenig  geschehen,  und  frühere  Arbeiten 
sind  bis  jetzt  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  kaum  betrachtet  worden. 

Die  interessantesten  Arbeiten ,  welche  auf  diesem  Felde  vorliegen, 
sind  die  schon  vor  längerer  Zeit  von  Cloez  und  später  von  Natan- 
son  unternommenen  Untersuchungen  der  Körper,  welche  sich  durch 
die  Einwirkung  des  Bibromäthylens  und  Bichloräthylens  auf  das  Am- 
moniak erzeugen.  Nach  dem  was  über  diese  Reaction  bekannt  geworden 
ist,  scheinen  sich  in  diesen  beiden  Processen  ungleiche  Producte  zu 
bilden.  Betrachtet  man  namentlich  die  von  Cloez  beschriebenen  Ba- 
sen, das  Formylamin,  Acetylamin  und  Propenylamin  (Methylenamin, 
Aethylenamin  und  Propylenamin),  welche  bereits  (S.  700)  unter  den 
primären  und  secundären  Aminbasen  aufgeführt  worden  sind,  so  kann 
man  sich  kaum  der  Verrauthung  erwehren,  dnss  diese  Körper  wahre 
Diamine  sind.     Statt  der  Ausdrücke 

CjHaN.HGl 

C4H6N.H€lund 

CeH^N.HQ 


Basen,  organische.  707 

durch  welche  Cloez  die  Salze  dieser  Basen  darstellte,  erhielten  wir 
alsdann  die  Formeln 

04   XT3   Tff  •  X  11  vSl, 

C8HioN2.2H€l  und 

von  denen  nur  die  erste  und  letzte  in  der  procentischen  Zusammen- 
seiznng  von  den  Cloez' sehen  Formeln  etwas  abweicht.  Das  Me- 
thylenamin,  das  Aethylenamin  und  das  Propylenamin  würden  auf  diese 
Weise  zu  Gliedern  einer  Gruppe  zweisäuriger ,  zweiatomige  Radi- 
cale  enthaltender  Basen,  deren  Salze  sieh  folgendermaassen  formuliren 
Hessen : 

Aethjlendiammonium-Bichlorid  ^^  *ii*     lil  ^^« 


H2  a 


2 


Biathylendiammonium*Biclilorid  *  ^r*H*V'  H^  I  ^^* 

Triäthylendiammonium-Bichlorid         ^cc^Uvi     *U^     {  ^^2 

an  welche  sich  endlich  die  den  einatomigen  Ammoniumbasen  entspre- 
chende Verbindung 

Teträthylendiammonium-Bichlorid        *}/i*m  \ //l  ^'» 

anschliessen  würde. 

Weitere  Versuche  sind  nöthig,  um  diese  Hypothese  zu  bestä- 
tigen. 

Wenn  man  den  Diaminen  einen  zweiatomigen  Charakter  zuschreibt, 
in  anderen  Worten,  wenn  man  ihnen  die  Fähigkeit  zuerkennt,  sich  mit 
2  Aeq.  Säure  zu  vereinigen ,  so  wären  im  Augenblick,  ausser  den  ge- 
nannten noch  hypothetischen,  nur  noch  wenige  wahre  Diamine  be- 
kannt. Die  Formeln  des  von  C  h  a  n  c  e  1  entdeckten  Flavins  (Bi- 
phenylhamstoffs,  s.  S.  710)  und  der  neuerdings  von  Voit  entdeck- 
ten, mit  dem  Namen  Diamidobenzoesäure  bezeichneten  basischen  Ver- 
bindung, 

Flavin  Cge  H^  Ng  Oj 

Diamidobenzoesäure  C14  Hg  N2  O4, 

lassen  sich  nicht  mehr  halbiren,  und  da  die  Quantitäten,  welche  sie 
repräsentiren ,  2  Aeq.  Säure  sättigen,  so  müssen  diese  Verbindungen, 
auf  deren  wahrscheinliche  Constitution  wir  zurückkommen,  als  wahre 
zweisäarige  Basen  betrachtet  werden. 

Wahrscheinlich  gehört  hierher  auch  das  Nicotin,  welches  im  Vorher- 
gebenden als  eine  tertiäre  Aminbase  betrachtet  worden  ist.  Die  Formel 
C10H7N  entspricht  2  Vol.  Dampf,  während  das  Ammoniak,  sowie  alle 
in  dieser  Richtung  untersuchten  Basen  4  Vol.  Dampf  repräsentiren. 
Viele  Chemiker  sind  geneigt,  die  Nicotinformel  zu  verdoppeln  und 
diese  Base  durch  die  Formel 

darzustellen,  welche  das  Nicotin  als  Binicotyldiamin  und  die  davon 
abgeleiteten  Methyl-  und  Aethylbasen  als  Diammonium Verbindungen,  als 
Bimethyl-  und  Biäthyldinicotyldiammoniumoxydhydrate : 

45* 


708  Basen,  organische, 

Methylverbindung         ^«  ^^^^'^'  ^^"  H,^*'"}  ^** 

Aethylverbindung         ^'  ^^'^'^ ^^'Sf '"j  ^*' 

erdcheinen  lassen. 

Möglich,  dass  auch  die  von  Anderson  neuerdings  beschriebene, 
durch  PolymerisLrung  aus  dem  Picolin  erhaltene,  mit  letzterem  isomere 
Base  Parapicolin  ein  Diamin  ist: 

Picolin         (C12H7)  '''  N 
ParopicolinCCiaHr)»"'  NjC?); 
allein  diese  Annahme  hat  bis  jetzt  kaum  experimentelle  Anhaltsponkta. 

Femer  scheint  das  schon  Seite  702  erwähnte  Aethjlenphenylamin 
seinem  Verhalten  zu  Jodmethjl  und  Jodäthyl  nach  eine  Diaminbase 
zu  sein.  Bei  der  Behandlung  mit  diesen  Agentien  verbinden  sich  2  Aeq. 
Aethylenphenylamin  CieHgN  mit  1  Aeq.  Jodmethyl  und  Jodäthyl,  in- 
dem JodQre  von  der  Formel: 

2Ci6H9N.C2H8l  und  2Ci«HyN.C4H5l 
entstehen.    Es  ist  daher  nicht  unwahrscheinlich,  dass  die  wahre  Mole- 

culargrösse  dieser  Base  durch  die  Formel  C82KigN3  =  \^  u*^  j  ^t 

dargestellt  ist,  und  dass  die  Salze  als  Diammonium Verbindungen  gelten 
müssen. 

Chlorwasserstoffsaures  Salz        ^  ,^*  „ V*  ^  [  €lj. 

Endlich  scheint  auch  das  Azonaphtylamin,  dessen  wahrscheinliche 
Constitution  weiter  unten  (S.  710)  besprochen  ist,  eine  zweisäurige 
Diaminbase  zu  sein. 

Aus  dem  Gesagten  erhellt,  dass  die  Anzahl  wahrer  zweisäuriger 
Diamine,  oder  solcher  Verbindungen,  welchen  der  Fortschritt  der  Wissen- 
schaft wahrscheinlich  diatomigen  Charakter  vindiciren  wird,  äusserst 
gering  ist.  Dagegen  sind  wir  mit  zahlreichen  Diaminen  bekannt,  wel- 
che einsäurig  sind.  Hierher  gehört  vor  Allem  die  reichhaltig  vertre- 
tene Gruppe  der  Harnstoffe.  Die  Ansichten  über  die  Natur  des  Harn- 
stoffs sind  getheilt.  Am  einfachsten  lässt  sich  der  Harnstoff  als  Diam- 
moniak  betrachten,  in  dem  2  Aeq.  Wasserstoff  durch  das  zweiatomige 
Badical  Carbonyl  (CgOs)''  vertreten  sind: 

(CO,)") 

Harnstoff  CjfiiNjO,  =       H,    J  Nj, 

eine  Anschauungsweise,  welche  durch  das  allgemeine  Verhalten  and 
namentlich  auch  durch  die  neuerdings  von  Natanson  beobachtete 
Bildung  desselben,  durch  die  Einwirkung  des  Carbonylchlorids  (Phos- 

(c,o,r, 

gengases)  auf  Ammoniak:     2H8N  +   (CaOay'Cl,  =  H,    }  N^ 

-j-  2  H  €1  unterstützt  wird. 

Harnstoff  C,  H4  N.O^    =  ^^'Sf  In,.    ^'^^^if-/^^^^ 


H 


u.  Wöhler. 


3 


(C,0,)' 
Methylharnstoff     C4  H«  NjO,    =      C,H,.Ii     JN,.    Wurtz. 


H 


i 


Basen^  organische. 


709 


AethjlharnBtoff      C«  Hg  Ng  O3 


Amylharnstoff        C12H14N2O2    = 


AUjlharnstoff        Cg  Hs  N3O3 


Salfallylhamstoff  r«    u   ^  c 
(Thiosinamin)       "     **     *^* 


Piperylharnstoff     CisH^NsOg    = 


Phenylharnstoff     CuHg  N2O3    = 


Sulfophenyl.  n  .H«  N,&     = 


(C2O2) 

04X15  .  TX 

(CO,) 

CioHn .  H 


hamstoff 


Toljlhanifltoff       CigHioNgO)    = 


Naphtylharnstoff    C22H10N2O2    = 


(C2O2)" 
C01Z5 . « 

(C,S,)" 

«, 

(0,0,)';^ 
(CO,)" 

(C,S,)" 

(C,0,)" 

Ol4TT7  •  IT 

(Co,y' 


(CO,)" 

Acetvlhftnutoff      C  ^e  NjO«    =  CH30,.fi 

H, 

(CO,)" 
Botyrylharnstoff    CoHioN,04    =  CHtOj.H 

H, 

(CO,)" 

YaleTylbaniBtoff    CiHi,N,0i    =  CoHgO,.!! 

H, 

(0,0,)" 
Benzoylharnstoff    Ci«fig  N,04    =  Ci^sOj.K 

H, 

(CO,)" 
(C4H8), 

(CO,)" 

(CoH5)2 

H, 


BiäthylhArnstoff     CioHi,N,0,    = 


BiaUylharnstoff      r<   n  iu  rk 
(Sinapolin)        Cu»i,W,Oi 


^2*j 


T%2» 


Tt%» 


Wurtz. 


^2» 


Hofmann  u. 
Cahours. 

Dumas  u.  Pe- 
louze,  Will. 


N2.    Cahours. 


Nq.    Ghancel. 


No.    Hofmann. 


No.    Noad. 


No.    Schiff. 


^«•i 


Zinin,  Mol- 
denhauer. 


^«•i 


N2.    Moldenhauer. 


O'o« 


Zinin,  Mol- 
denhauer. 


N2.    Wurtz. 


W9. 


Will, Cahours 
u.  Hofmann. 


710  Basen^  organische. 

^^Pj5;y?;;""'*"^  C,eHx,N,0,    =  (cÄ!n,.    Ch.nceL 

'  (C  o  v 

Methyläthyl-  r   U    ^  n      PH     CU      ?  N   I 

harnstoff  ^8  «lof^aO,    —  Ojös.^igs     }^ij 

}  Wurtr. 

Aethykmyl-  nHNO— PHP  *H      I N 

harnstoff  ^i6»i8f*aO»    —  O4«j.t.,o»ii   JfV,.] 


harnstoff 


Canours. 


Aethylpiperyl-        n    u    M  o      —  PH    »(n 


harnstoff 


(CioHio)"- 


Aethylallyl-  r   U   ^n     r  u    ru      Im      Cahours  u. 

harnsto^  14    «   x    »  «    a     d    a     «     2       Hol  mann. 

(C  S  V'l 
Sulfäthylallyl-        r    u    M  Q      r  H  W     (m      Hinterberger, 

Phenylallyl-  n   u   Un     ru    n    M      Im      Cahours  o. 

harnstoff  ^aottia^aO^    —L,»,.Ci,^,     HV,.       Hofmann. 

Sulfophcnylallyl-  puij«      —  r  U  r   U      I  äI 
harnstoff  ^2o«ia«2i>a     —  C6»5.Ci2»5       Nj. 

>  Zinin. 

Siüfonaphtylallyl-  cUN<^— CUC   tt      I  M 
harnstoff  ^28«i4iV2bj|     —  ^eniMo^i    [^2-1 

«2     ) 

Weniger  durchsichtig  ist  die  Constitution  der  theila  einsäorigen, 
theils  zweisäurigen  Diaminbasen  Azophenylamin  (Semibenzidam),  Ki- 
trazophenylamin  und  Azonaphtylamin  (Seminaphtalidam).  Wahrschein- 
lich enthalten  diese  Basen  zweiatomige,  noch  nicht  näher  untersnchte 
Radicale,  welche  in  der  Keihe  der  Alkohole  dem  zweiatomigen 
Aethylen  des  gewöhnlichen  Alkohols  entsprechen. 

Azophenylamin  CijHg  N,  =  H»    }  Nf     Zinin. 

ChCHs.NOO") 
Nitrazophenylamin  CisH?  N^Ot  =  H»    }  Nj.     Gottlieb. 

Azonaphtylamin  CjoHioNj  =  H,    >  N,.    Zinin. 

H,    ) 

Ein  Gleiches  gilt  von  dem  Amarin  (Benzolin),  in  dem  mMi  em 
ähnliches  zweiatomiges  Radical  (Stilbyl?)  annehmen  kann: 


Basen,  organische.  711 


N2.   Bertagnini. 


[Ca4(H5.N04)T 
Trinitramarin  C42H15N5O12  =  [C14  (Hj .  N04)" 

[Ci4(H5.N04)j 

Bei  Abwesenheit  aller  directen  Versuche  sind  diese  Formeln  na- 
türlich rein  speculativ. 

Fast  noch  weniger  Anhaltspunkte  haben  wir  für  die  Beurtheilong 
des  von  Städeler  entdeckten  Acetonins  und  des  von  Strecker  ganz 
Tor  Kurzem  beschriebenen  Acediamins.  Beide  Körper  sind  unzweideu- 
tige Diaminbasen,  über  die  Anordnung  der  Elemente  sind  wir  aber 
noch  im  Zweifel. 

Das  Acetonin  könnte  Trimethyltrivinyldiamin  sein: 

Ci8Hi8N2=    (CaÜ  ^<^-^-     Städeler. 

Das  Acediamin  könnte  ein  dreibasisches,  dem  Glycerinradical  ho- 
mologes Molekül  enthalten: 

C4H6N3  =  (^^J)'"!  NjC?).     Strecker. 

Noch  verdient  bemerkt  zu  werden,  dass  sich  die  ganze  Reihe  or- 
ganischer Basen,  mit  2  Aeq.  Stickstoff,  welche  wir  oben  als  tertiäre 
Aminbasen  aufgeführt  haben,  gleichfalls  als  Diaminbasen  betrachten  las- 
sen, wodurch  zugleich  der  Yortheil  erreicht  ist,  dass  sich  die  Anzahl 
der  anzunehmenden  stickstoffhaltigen,  dem  Wasserstoff  analogen  Radi- 
cale  verringert.    Wir  haben  z.  B.  oben  das  Furfurin  durch  die  Formel 

(CaoHnNOey-N 
dargestellt,  welche  in  dem  wasserstoQVertretenden  Atomencomplexe  die 
Existenz  eines  stickstoffhaltigen  Radicales  voraussetzt  Mit  gleichem 
nnd  vielleicht  mit  noch  mehr  Recht  lässt  sich  diese  Base,  deren  Bil- 
dung der  des  Amarin  so  analog  ist,  als  eine  Diaminbase  betrachten, 
wonach  ihre  Constitution  durch  die  Formel 

(C3oHi206)"""Na 
ausgedrückt  werden  mnss. 

Dasselbe  gilt  natürlich  von  den  mit  dem  Furfurin  aufgeführten 
Basen  Chinin,  Cinchonin,  Chinidin,  Brucin  und  Strychnin. 

Als  eine  einsäurlge  Diaminbase  lässt  sich,  nach  Gerhardt,  ferner 
das  Ammeiin  betrachten,  insofern  es  seiner  Formel  nach  eine  Verbin- 
dung von  2  Aeq.  Cyanamid  mit  1  Aeq.  Cyansäure  sein  kann. 

Ammelin  CeHsNjO,  =  H,  f  N,  +  C,NHO,. 

Durch  die  Einwirkung  des  Chlorcyans  auf  Aminbasen  entsteht 
gleichfalls  eine  ganze  Reihe  einsäuriger  Diaminverbindungen,  als  deren 
Typns  das  Melanilin  (Biphenylcyandiamin)  bezeichnet  werden  darf: 

C2N,H    ) 
Melanilin  Cj«  Hjs  N3  =  (CijHft)«  J  N», 

**3        '  1       TT      1» 

\   Hofmann. 

melanilin        C265IiiGl2N8  =     [Ci2(H4Gl)]2|N2. 

H2     ) 


712  Basen,  organische. 

^  j^  „  \  Hofmann. 

an  €j'j.CjN,H     I 

'mclaniUn  ^»o  ^'^  ^»  =  (^'»Jf  *  P*"  j 

Metoluidin               C,oH„N8  =  (CuH7)s1N,.    Wilson. 

Menaphtyl-  r'    U   N    ro    U  \  i'M 

:       •*  ^42  "17  ^8   ^^20"7;2/^2« 

amm  u      \ 

"2     ) 

Aethylbicyan-  Cg  H«  N,  =  C,H»,  H       N,.     Cahours  a. 

diamin  e      ö     *  ii      l  Cloez. 

"2      ) 

An  die  besprochenen  Verbindungen  reiht  sich  naturgemass  eine 
ein^äurige  Diaminbaae,  welche  sich  bei  der  Einwirkung  des  Chlor- 
kohlenstoffs  C2€l4  auf  Anilin  bildet;  sie  lässt  sich  als  Melanilin  be- 
trachten ,  worin  1  Aeq.  Wasserstoff  durch  Phenyl  vertreten  ist.  Wenn 
man  das  Melanilin  als  Biphenylcyandiamin  anspricht,  so  ist  die  neue 
Base  Triphenylcyandiamin. 

Triphenyl-  CasHnNs  =  (C^Hs),?!,.     Hofmann. 

cyandiamm  j»    i*    j»  QU    W     i 

Eine  einsaurige  Diaminbase  ist  neuerlichst  auch  durch  die  Ein- 
wirkung des  Chloroforms  auf  Anilin  erhalten  worden.  Man  könnte  »e 
Formyldiphenyldiamin  nennen. 

^"i^fimfn"  C,«H,,N,=  (äKJN,.     Hofmann. 

Triarainbasen. 

Ebenso  wie  sich  unter  dem  Einflüsse  dreibasischer  SäuremolekOle 
8  Aeq.  Ammoniak  zu  einem  Ganzen  vereinigen  können,  indem  sich 
die  bis  jetzt  nur  schwach  vertretene  Clasbe  von  Verbindungen  bildet, 
welche  man  Triamide  genannt  hat,  lässt  sich  auch  eine  analoge  Classe 
von  Basen  denken,  welche,  3  Aeq.  Stickstoff  enthaltend,  wahrscheinlich 
durch  die  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  dreiatomige  Alkohol moleküle 
entstehen  werden. 

Im  Augenblick  ist  diese  Frage  experimentell  noch  beinahe  unbeant- 


Basen,  organische.  '  713 

wortet.  Es  sind  in  der  That  nur  zwei  Basen  von  einigermaassen  verstan- 
dener Constitution  bekannt,  deren  Molekül  3  Aeq.  Stickstoff  enthält,  indem 
wir  natürlich  den  Stickstoff,  welcher  in  der  Form  von  Untersalpetersäore 
oder  Cjan  substituirt,  oder  als  additionelles  Cyan  sich  der  Base  zulegt, 
*  ausser  Betracht  lassen.  Diese  beiden  Basen  sind  Liebig's  Melamin 
und  das  von  Kolbe  und  Frankland  entdeckte  Cyanäthin.  Ersteres 
lässt  sich  als  verdreifachtes  Cyanamid  betrachten: 

Melamin  ....         CgHeNß     =         H3    }  N3. 

H3  ) 

Letzteres  enthält  vieleicht  das  dreiatomige  Allylradical,  welches 
wir  in  dem  Glycerin  annehmen. 

Cyanäthin      .     .     .     CigHuNg     =  (CgHs)'"}  N3, 

(CeH»)' 


k///' 


Die  Accumulation  der  Ammoniakmoleküle  scheint  in  der  Bildung 
von  Triaminbasen  keineswegs  ihr  Ende  erreicht  zu  haben.  Unter  gün- 
stigen Bedingungen  können  sich  i,  5  und  vielleicht  noch  mehr  Aequi- 
valente  Ammoniak  zu  Atomencomplexen  höherer  Ordnung  aggregiren. 
Man  gelangt  auf  diese  Weise  zur  Conception  von  Tetraminbasen 
und  Pentaminbasen. 

Es  verdient  bemerkt  zu  werden,  dass  unter  den  natürlichen  Ba- 
sen, deren  Constitution  bis  jetzt  noch  ganz  dunkel  ist,  verschiedene 
vorkommen,  welche  4  Aeq.  Stickstoff  enthalten;  da  keine  erhebliche 
Gründe  vorliegen,  stickstoffhaltige  Radicale,  wie  Cyan  und  Untersal- 
petersäure, in  diesen  Verbindungen  anzunehmen,  so  mögen  dieselben 
einstweilen  als  Tetraminbasen  gelten. 

Die  einzige  wohl  charakteri£iirte  Tetraminbase  ist  neuerdings  von 
Debus  ^)  entdeckt  worden.  Sie  bildet  sich  bei  der  Einwirkung  des 
Ammoniaks  auf  Glyoxal.  Debus  nennt  diese  Base,  welche  zweisäurig 
TO  sein  scheint,  Glycosin  2). 

C12H6N4  —  (C4H^)"">  N*. 

(C4H2)"") 

Pentaminbasen  scheinen  sich  bei  der  Einwirkung  gewisser  Metall- 
oxyde auf  das  Ammoniak  zu  bilden.  Unter  den  am  Schluss  dieses  Ar- 
tikels kurz  aufgeführten  Kobaltbasen  finden  sich  mehrere  Verbindungen, 
bei  welchen  die  pentamine  Natur  unverkennbar  ist.  Leider  sind  diese 
merkwürdigen  Verbindungen  bis  jetzt  zu  wenig  verstanden. 

Noch  sind  eine  beträchtliche  Anzahl  von  theils  in  der  Natur  vor- 
kommenden, theils  künstlich  dargestellten  Basen  bekannt,  über  deren 
Constitution  bis  jetzt  nur  so  wenige  Anhaltspunkte  gegeben  sind,  dass 
sie  sich  dem  auf  vorstehenden  Blättern  befolgten  Systeme  nur  ganz 
willkürlich  würden  einreihen  lassen.  Zur  Vervollständigung  des  Ma- 
terials sind  diese  Basen  in  den  folgenden  beiden  Tabellen  einfach  al- 
phabetisch aufgeführt. 


*)  PrivatmittheUung.  —  •)  Nicht  zu  verwechseln  mit  Glycocin  (GlycocoU). 


714 


Basen^  organische. 


Natürliche  Basen  unbekannter  Constitution. 


Aconitin C60H47NO14J 

Aricin  (Cinchovatin)    ....        C46H26N2O8  (?) 

Atropin  (Daturin)    .• CsiHjs^öe^ 

Bebeerin C88H21NO6 

Berberin C42H19NO10I 

Caffein  (Thein,  Guaranin)     ...       Ci6HioN404. 

Clielerythrin  (Sanguinarin)  ....    CggHieNOg 
Chelidonin C40H20N3O6 

c-''-^- i'SÄo^ 

Colchicin C82HnN022(?) 

Conydrin CieHnNOj 

[Ce8H4iN8022(?) 

Corydalin C45H27NO18C) 

'  C50H30N  O20  (?) 

Delphinin C27H19NO7CO 

Guanin  (Xanthin) C10H6N5O2 

Harmalin C36Hi4N202^ 

Nitroharmalin  ....  C26(Hi8,N04)N202 
Hydrocyanharmalin  .  .  C26Hi4N20a.HCaN 
Hydrocyannitrohar- 

malin      ....     C26(Hi8,N04)N302.HC2^ 

Harmin C26H12N2O2 

Nitroharmin  .  .  .  .  .  C26(Hn,N04)Na02| 
Jodnitroharmin  .  .  .  C2e(Hii,N04)N202.2l. 
Chlornitroharmin  .  .  C26(Hio,€l,N04)N202.^ 
Jodchlornitroharmin  C26(Hio,€l,N04)N3  02-h2 1 . 
Bromnitroharmin     .     .      C26(Hio3i*iN04)N202i 

Jervin C60H46N2O6 

Kreatin C8H9N3O41 

Kreatinin CgHiNsOa 

Menispermin  (Paramenispermin)      .    Ci8Hi2N08(?)' 

Narcein C46H20NO18 

Opianin CeeKsgNjOai 

Papaverin C40H21NO8 

Brompapaverin C4o(H2oBr)N08, 

Nitropapaverin C4o(H2o»N04)N08 

Pelosin  (Cisampelin) C86H2i^Oe 

Piperin CegHss^aOia 


V.  Planta- 
Reichenao* 

Pelletier,  M»n- 
sinL 

Liebigf  v.  Plan- 
ta-Reichenau. 

y.  Planta  -Bei- 
chenau. 

Fleitmann  U.B5- 
decker. 

Liebig,  Pfaff, 
Wöhler,  Mal- 
der^StenhouBe. 

SchieL 

Will. 

Wittstein. 

Leers. 

Oberlin. 

Wertheim. 

Döbereiner,  Jan. 

Buickholdt. 

Wackenroder. 

Coußrbe. 

Unger. 


Fritzsche. 


Will. 

Liebig. 

Pelletier  d.  Ca- 

ventou. 
Anderson. 
Hinterberger. 

G.  Merck. 

Bodecker. 

Oersted,  Lau- 
rent u.  Ger- 
hardt 


Ba^^en^  organische.  715 

Sabadillin CjoHigNOftC?)  Couerbe. 

Sarkin C10H4N4O2  Strecker. 

Spartein CieHigN  Stenhouse. 

Staphysain C32H33NO4  (?)  CouSrbe. 

Thebain  (Paramorphin) CagH^iNOe  Anderson. 

Theobromin Ci4HigN404  Glasson. 

Veratrin C64H62N2O16  G.  Merck. 

Künstliche  Basen  unbekannter  Constitution. 

Amidosulfobeneid C24K11NS2O4     Ger  icke. 

Anisidin     .     ^ Ci4HgN02) 

Nitranisidin Ci4(H8,N04)  NOaf  Cahours. 

Binitranisidin Ci4[H7(N04)2]N02) 

Anüin C45H24N2O6     Bertagnini. 

Benzidin Oi2Ke  N     Zinin. 

Cacothelin C4oH22(N04)2NaOio    Laurent 

-^  X       •  in,    u   T^n    (  Wöhler,      Biyth, 

Cotanun C26Hi3NOe  j       Gerhardt. 

Cyanolin C^  »5  NO2  Cloez. 

Diamidobenzoesäure C14H8  N2O4  Voit. 

Diamidocuminsäure C20K14N2O4  Voitu.  Bouilet. 

Diamidosulfobenzid C24H12N2S2O4  Ger  icke. 

■«p-«- isarrAr  "•'■"■ 

Fabin CioHe  N  (?)     Stenhouse. 

Facasin C30H12N2O6     Stenhouse. 

!  Laurent,  Atkin- 
son  u.  Göss- 
mann. 

Methyluramin C4  H7  N3     Dessaignes. 

Narcogenin CseHigNOio     Blyth.; 

Nitrophenamylidin  ....     C22(Hi6,N04)N02 1  p   . 

Nitrophenetidin Cie(Hio,N04)N02i  ^**^^^"- 

Paranicin C20H13N     Saint  Evxe. 

Pellutein C42H21NO7  (?)Bödecker. 

Sarkosin Cg  H7  NO4     Liebig. 

V.  Babo  u.  Hirsch- 
brunn. 
De  la  Rue,  Hin- 
terberger. 
Nitrotyrosin Ci8Hio(N04)NOe     Strecker. 

Endlich  sind  zum  Schlüsse  noch  nachstehende  Pflanzenbasen 
namhaft  aufzuführen,  von  denen  in  der  That  kaum  mehr  als  der 
Name  bekannt  ist,  und  deren  Existenz  durch  weitere  Versuche  consta- 
tirt  werden  muss. 

Agrofltemmin Schulze. 

Apirin Bizio. 

Arnicin Bastick. 

Bmxia Faur^. 

Gapsicin Witting. 

Carapin Boullay. 


Sinkalin C10H15NO3 

Tyrosin CigHiiNOe 


71^  Basen,  organische. 

Castin Landerer. 

Ciirarin Boussingault  und  Boolin. 

Chaerophyllin Polstorf. 

Chiocin        Brandes. 

Cicutin Po  lex. 

•Convolvulin Marquart. 

Cynapin Ficinus. 

T^.  .,  ,.  (Le  Royer,  Homolle. 

Digitalin      .     .     .     .     • TT      "^ 

°  -  /     Henry. 

Emetin Pelletier. 

Eschscholtzin Walz. 

Esenbeckin Buchner. 

Eupatorin Kighini. 

Euphorbin Buchner  und  Uerberger. 

Fumarin Peschier,  Merck. 

Glauöin Probst. 

Glaucopicrin desgl. 

Gratiolin Walz. 

Hyoscyamin Geiger  und  Hesse. 

Jamaicin Hütten  Schmidt. 

Igasurin Desnoix. 

Lobellin Bastick. 

Oxyacanthin Polex. 

Pereirin Gros,  PerettL 

Pitoyin Peretti. 

Porphyroxin  (im  Opium) E.  Merck. 

Pseudochinin Mengarduque. 

Sipeerin Maclagan. 

Stramonin H.  Trommsdorff. 

Surinamin Hüttenschmidt. 

Taxin Lucas. 

Thymin  (Leucin?) Gorup-Besanes. 

Violin Bouliay. 

üebersicht  der  Bildungsweisen  organischer  Basen. 

Ueber  die  Bildungs weise  der  in  der  Natur  vorkommenden  Baseo 
ist  bis  jetzt  nichts  Sicheres  bekannt.  Es  ist  klar,  dass  alle  diese  Kör- 
per aus  dem  Ammoniak  entstehen,  der  Stickstoffquelle  sämmtlicher  stick- 
stoffhaltiger Pflanz enprincipien.  Allein  man  weiss  bis  jetzt  nicht,  wel- 
che Verbindungen  sich  bei  der  Erzeugung  der  natürlichen  Alkaloide 
mit  dem  Ammoniak  vereinigen  oder  umsetzen. 

Die  im  Folgenden  zusammengestellten  Bemerkungen  beziehen  sich 
daher  ausschliesslich  auf  künstliche  Basen. 

A.     Entstehung  organischer  Basen  aus  dem  Ammoniak. 

a.  Durch  directe  Substitution   organischer  Badicale  in  den 
Wasserstoff  des  Ammoniaks. 

Diese  Bildungsweise  hat  sehr  mannigfache  Anwendung  gefimdeOi 
und  die  Wissenschaft  mit  einer  sehr  grossen  Anzahl  künstlicher  Basen 
bereichert. 


Basen,  organische.  717 

Die  bisher  beobachteten  hierher  gehörigen  Basen  sind  vorzugsweise 
durch  die  Einwirkung  der  Brom-  und  Jod- Verbindungen  der  Alkohol- 
radicaie  auf  Ammoniak  erhalten  worden.  Je  nachdem  hierbei  1,  2,  3 
oder  4  Aeq.  des  Alkoholjodürs  mit  dem  Ammoniak  in  Beziehung  tre- 
ten, bildet  sich  in  diesem  Falle  das  jodwasserstoffsaure  Salz  einer  dem 
Ammoniak  homologen,  primären,  secundären  oder  tertiären  Amin- 
baae,  oder  endlich  das  Jodür  einer  dem  Ammoniumoxydhydrat  corre- 
spondirenden  substituirten  Ammoniumbase  (Hofmann). 

Folgende  Gleichungen,  in  denen  xi  eine  gerade  Zahl  bedeutet,  ver- 
anschaulichen diese  Reactionen: 

HsN-l-       CnH(u-|.i)I    =     CnH(n  +  l)i   Hj  ?f  •  H  Ii 

2H3N  — 2C,H(„  +  i)I  =(C„H(„  +  i)),H  N.Hi+  H4NI, 
SHaN  — 3C„H(„  +  i)i  =  (C„H(n  +  ,))3  N.Hi+2H4NI, 
4H8N4-4C„H(„4.i>I  =(C„H(„4_i)),  NI  +  3H4NI. 

Fast  immer  bilden  sich  alle  diese  Verbindungen  gleichzeitig,  aber  kei- 
nes^wegs  in  gleichen  Quantitäten.  Bei  der  Einwirkung  des  Jodmethyls 
auf  Ammoniak  erhält  man  gleichzeitig  Jodammonium,  Jod  methyl-,  Jod- 
bimethyl-,  Jodtrimethyl-  und  Jodtetramethylammonium,  allein  die  letztere 
Verbindung  bildet  sich  in  weit  überwiegender  Menge.  Bei  der  Ein- 
wirkung des  Jodäthyls  dagegen  vollendet  sich  die  Substitution  des 
Wasserstoffs  stufenweise,  so  dass  man  weniger  Schwierigkeiten  findet, 
die  einzelnen  Glieder  zu  isoliren.  Das  Hauptproduct  der  Einwirkung 
des  Jodäthyls  auf  Ammoniak  ist  stets  das  jodwasserstoffsaure  Salz  des 
Aethylamins.  Das  mit  Kali  abgeschiedene  Aethylamin,  von  neuem  mit 
Jodäthyl  behandeft,  liefert  vorzugsweise  jodwasserstoffsaures  Biäthyl- 
amin;  die  hieraus  abgeschiedene  Base  giebt  mit  Jodäthyl  jodwasser- 
stoffsaures  Triäthylamin ;  das  Triäthylamin  endlich  vereinigt  sich  direct 
mit  dem  Jodäthyl  zu  Teträthylammoniumjodür  ^): 


')  Die  gegenwärtig  Abliebe  NomencUtnr  und  Formulirnng  der  Salze  der  organi- 
ftchen  Basen  ist  offenbar  nichts  weniger  ald  consequent.  Die  Jodwasserstoff^äure- 
Terbindungen  des  Aethylamins,  des  Biäthylamins  und  Triäthylamins,  welche  mei- 
stens als 

JodwaisentoffMorea  ÄethTlsmin  US  K-.HI. 

JodwMsentofiiMnres  BiKthyUmin      C^HjS  K-.HI   and 

CM,}    , 

Jodwasserstoffsanres  Triäthylamin     CfHj)   ^.Hi 

beseichnet  werden,    mflsste  man  eigentlich,  nm  die  Analogie  mit  dem  Ammoniom- 
jodÜT  und  dem  Teträthylammoniumjodür  festzuhalten,  als 

Aethylammoniumjodür     .     .     .     .     N-({3.C4H^.}> 

Biäthylammoniumjodtlr   ....     ^H^.(C4  lls)^!. 

Triäthylammoniumjodttr       .     .     .     ^H.(C4H5)jI. 
darstellen,  ebenso  wie  man 

Ammoniumjodür IVH4I,    oder 

Teträthylammoniumjodür     .     .     .     ^.(C«  11^)4! 
sagt. 

Um  consequent  zu  sein,  müsste  man  alsdann  aber  auch  fUr  das  Jodwasserstoff-   ^ 
saiire  Morphin  den  Ausdruck 

Morphylammoniumjodttr     •.     .     .     $i-H(C„iii9$5-Oe)'"I 
ansprechen  n.  s.  w. 


718  Basen,  organische. 

H3N  4-  C4H5  i  =  C4H5,  »/n  .  m 

C4 H5,  U^N  +  C4 »5  l  =  (C4  Hj),»  N  .  Hl. 
(C4  »5)2«  N  +  C4  H5 1  =  (C4 «5)8  N  .  Hf. 
(C4  H5)8     N  4-  C4  H5 1  =  (C4  «5)4      N  .  L 

In  der  Regel  hat  mao  keine  Schwierigkeit,  die  letzten  Jodrerbin* 
düngen  der  Reihe  vollkommen  rein  zu  erhalten,  wenn  man  nur  Zeit 
und  Alkoholjodür  nicht  spart;  hat  man  die  Tetraverbindung,  so  \ässt 
sich  auch  die  Tribase  mit  Leichtigkeit  rein  erhalten.  Man  braucht 
nämlich  nur  das  Jodür  der  Tetraverbindung  durch  Silberoxyd  in  das 
entsprechende  Oxydhydrat  zu  verwandeln.  Die  Destillation  desselben 
liefert  die  Tribase,  während  Alkohol  oder  die  Elemente  des  Alkohols 
entweichen.  Tetramethylammoniumoxydhydrat  liefert  auf  diese  Weise 
Trimethylamin  und  Methyl-Alkohol,,  während  sich  Teträthylammonium- 
oxydhydrat  in  Triäthylamin,  Wasser  und  Ölbildendes  Gas  spaltet: 

(C3H3)4NO.HO  =  (C2H3)8N  +  C2H3O.HO, 

(C4  H5)4  NO .  HO  =  (C4H5)3  N  +  C4  H4  +  2  H  O. 

Wenn  man  die  Anzahl  der  bereits  bekannten  Alkohole  bedenkt, 
welche  sich  beim  weiteren  Ausbau  der  organischen  Chemie  noch  aoMer- 
ordentlich  steigern  muss,  wenn  man  femer  erwägt,  dass  die  verschie- 
denen Wasserstoff  äquivalente  im  Ammoniak  oder  im  Ammonium  keines- 
wegs stets  durch  dieselben  Radicale  vertreten  werden ,  so  begreift  man 
bei  den  zahllosen  möglichen  Permutationen,  welche  ausserordentliche 
Menge  und  Mannigfaltigkeit  von  Basen  sich  nach  diesem  Verfahren  er- 
halten lassen.  Die  im  Vorstehenden  gegebenen  Tabellen  enthalten  be- 
reits eine  erkleckliche  Liste  solcher  Basen. 

Auf  ähnliche  Weise  bildet  sich  bei  der  Einwirkung  des  Ammo- 
niaks auf  Bromessigsäure  (Dnppa  und  Perkin)  Glycocin: 
C4H3Br04  +  2  H3  N  =  H4  NBr  +  C4H5N^ 

Bromessigsäure.  Glycocin. 

Die  Bromüre  (Cloez),  und  die  Chloröre  (Natanson)  der  zwei- 
atomigen Alkohole  liefern  bei  der  Einwirkung  auf  Ammoniak  ebenfalls 
Basen,  deren  Stellung  im  Systeme  der  organischen  Verbindungen  aber, 
wie  bereits  im  Vorhergehenden  bemerkt  wurde,  noch  nicht  hinreichend 
fixirt  ist.  Nach  den  vorliegenden  Angaben  sollte  man  fast  schliessen, 
dass  die  Bromüre  und  Chlorüre  dieser  Classe  verschiedene  Resultate 
liefern,  ein  Schluss,  der  auch  durch  das  Verhalten  dieser  Verbindungen 
nach  anderen  Richtungen  hin  gerechtfertigt  scheint.  Einer  Hypothese, 
welche  die  bisher  als  Aniinbasen  betrachteten  Glieder  dieser  Reibe 
zu  Diaminbasei> stempelt,  ist  ebenfalls  bereits  im  Vorhergehenden  ge- 
dacht worden. 

Die  Einwirkung  des  Chlorcyans  auf  Ammoniak  oder  Aminbasen 
veranlasst  gleichfalls  die  Bildung  einer  grossen  Reihe  basischer  Verbin- 
dungen.   Die  erste  mit  Chlorcyan  erzeugte  Base  war  das  Melanilin: 

C  N  H     ) 
2^£i«H5:2l^)  +  CjNGl    =     (Ci2H5)2JNa.HGl.     Hofmann. 

Phenylamin  ^    ^ 

Chlorwasserstoffs.  Melanilin. 

Um  nicht  gar  zu  sehr  mit  dem  Spracbgebrauche  in  Conflict  an  g^rathen,  hat 
der  Verfasser  dieses  Artikels  die  Salze  der  oigantschen  Basen,  welche  als  Amioe 
existiren,  sowohl  der  Bezeichnungsweise  als  der  Formel  nach,  als  Yerbindnngen  von 
Ammoniaken  mit  Wasserstoffsttnre  hingestellt. 


Basen,  organische.  719 

Auf  gleiche  Weise  eDtstehen  die  homolcrgen  VerbinduDgen,  Meto- 
lylamin  (Wilson)  und  Menaphtylamin  (Perkin). 

Das  Ammoniak  liefert  bei  der  Einwirkung  des  Chlorcyans  Chlor- 
ammonium und  Cyanamid,  welches  bei  höherer  Temperatur  in  Mela- 
min  übergeht: 

2H3N  +  CJNGI    =    ^^J[JN+»4NG1 


Cyanamid 


tlM   ='"1^1^ 


Cloez. 

3 


Cyanamid  Melamin. 

Aethylaroin  verwandelt  sich  unter  dem  Einflüsse  des  Chlorcyans 
in  Cyanäthy lamin : 

C  H  )  C  N  1 

*H  }  N-f  CjNei  =     cIHö    N.HGl.       Cloez  u.  Cahours. 

Aethylaroin  Chlorwasserstoffs.  Cyanäthylamim 

In  ähnlicher  Weise  gehen  Methylamin,  Biäthylamin,  Aethylphe- 
nylamin  in  Cyanmethylamin,  Cyanbiäthylaroin ,  Cyanäthylphenylamin 
über. 

Das  von  Will  entdeckte  Sinamin  ist  offenbar  Cyanallylamin : 

C^Nj 

Cg  TTg  Tt2       =     Cß  fT6  /    N. 

H  ) 

Dieser  Körper  wird  sich  ohne  Zweifel  durch  die  Einwirkung  von 
Chlorcyan  auf  Allylamin  bilden  lassen.  Bis  jetzt  ist  er  nur  auf  einem 
anderen  nicht  minder  interessanten  Wege  erhalten  worden,  nämlich 
dnrch  die  Entschwefelung  des  Thiosinamins  (Sulfallyl  -  Harnstoffs)  mit 
Bleioxyd : 

C8«^?^+ 2PbO  =  CsHeNa  +  2PbS  +  2H0.     Will. 

Thiosinamin  Sinamin  ^ 

Die  Chlorüre  und  Bromüre  der  dreiatomigen  Alkohole  und  sogar   . 
die  Chlorkohlenstoffe  liefern  mit  Ammoniak  substituirte  Basen  von  mehr 
oder  weniger  complicirter  Constitution. 

Die  Einwirkung  des  Chloroforms  auf  Anilin  veranlasst  die  Bil* 
düng  von  Formyldiphenyldiamin. 

(C^H)-) 
CiajgrN  +  C,g€l8    =  (Ci2H5)2  Na.HGl+^CCosHTN^H^ 

Anilin       Chloroform  '  Chlorwasserstoff- 

Chlorwasserstoffsaures  saures  Anilin. 

Formyldiphenyldiamin 

Bei  der  Einwirkung  des  Chlor kohlenstoffs,  C2OI4,  auf  Anilin  ent- 
steht Triphenylcyandiamin. 

eCigJBTN   +   CgGU    =  (Ci2Hb)2  >N2,HGl  + 3(C,2H7N.B€l) 

Anilin  Chlor-  £i!i?^l5i~.^_.        Chlorwasserstoff- 

kohlenstoff  Chlorwasserstoffs.  saures  Anilin. 

Triphenylcyandiamin 


720  Basen,  organische. 

Der  Wasserstoff  des  Ammoniaks  kann  ferner  durch  die  £inwi^ 
kung  von  Aldehyden  (Fownes)  eliminirt  werden.  Auf  diesem  Wege 
ist  das  Furfurin  (Fownes),  das  Amarin  (Fownes,  Laurent),  das  Fa- 
cusin  (Stenhonse),  das  Anisin  (Bertagnini),  und  endlich  das 
Glycosin  (Debus)  erhalten  worden.  Gewöhnlich  entstehen  in  diesen 
Fällen  zuerst  isomere  neutrale  Verbindungen,  die  sogenannten  Hydra- 
mide,  in  denen  basische  Eigenschaften  erst  durch  die  Einwirkung  ko- 
chender Alkalien  (Fownes).  oder  durch  Erhitzen  der  trockenen  Sub- 
stanzen auf  140^  bis  160^  C.  (Bertagnini)  entwickelt  werden.  Dtf 
bekannteste  Fall  dieser  Reaction  ist  die  Bildung  des  Amarins  aus  dem 
Bittermandelöl  durch  die  Einwirkung  des  Ammoniaks: 

SCuHeOj    +    2H3N      =     C^gH^gNa^    -f    6HO. 

Bittermandelöl  Hydrobenzamid 

Durch  Kochen  mit  Kali  oder  Erhitzen  verwandelt  sich  alsdann  dij 
Hydrobenzamid  in  Folge  einer  einfachen  molecularen  Umsetzung  in 
Amarin. 

Hierher  gehört  auch  die  Bildung  der  zweisäurigen  Tetraminbase 
Glycosin  aus  Glyoxal  und  Ammoniak. 

4H3N  +  3  C4H2O4  =  C12H6N4  +  12H0.     Debus. 

Glyoxal  Glycosin 

Eine  ganz  ähnliche  Veränderung  erleiden  die  Acetone  durch  Am- 
moniak (Städeler).  Bisher  ist  diese  Reaction  nur  auf  das  Aceton 
der  Essigsäure  angewendet  worden,  welches  sich  hierbei  in  Acetonis 
verwandelt: 

3  CexTgOa   ~|~    2  Hg  N    =    ^i8"i8^2    ~p    6Ö0. 

Aceton  Acetonin 

In  den  bisher  betrachteten  Substitutions  -  Processen  scheidet  sich 
der  Wasserstoff  des  Ammoniaks  als  Brom-  oder  Jodwasserstoffsäure  etc. 
oder  als  Wasser  neben  dem  gebildeten  basischen  Producte  aus.  Es  sind 
aber  auch  viele  Fälle  bekannt ,  in  welchen  die  Bildung  von  Basen  ohne 
Ausscheidung  eines  zweiten  Körpers  durch  die  directe  Vereinigung  des 
Ammoniaks  mit  den  Elementen  organischer  Verbindungen  vor  sich  gebt 
Diesen  Vorgang  beobachtet  man  vorzugsweise  bei  der  Bildung  einer 
sehr  zahlreichen  Classe  von  Verbindungen  der  Harnstoffe,  welche  sieh 
durch  die  Einwirkung  des  Ammoniaks  auf  die  Cyansäure  und  ihre  Ab- 
kömmlinge erzeugen: 

+  H3N  =  C^JH^^^^2^2 

Harnstoff. 
=    C2H4N2O2  Wöhler. 

Harnstoff. 
=   Ca  ("3 .  C2  H3)  Na  O2 
Methylharn  Stoff. 

=r     Cj  («8*^4  »5)  ^2  ^3 

Aethylhamstoff. 
Allylharnstoff. 


+  H,N 


Cn  Hn  —  1^  G2 

Cyanat 
C2HNO2 

Cyansäure 

Methylcyanat 
Ca^HßVNOa  +  H3N 

Aethylcyanat 

CsffeHsj^NOg 

Allylcyanat 


Wurtz. 
desgl. 

Cahours  a. 
Hofraann. 


Basen,  organische.  721 

ps  (Ce Hsj^NSa   +  H^N   =   C,(H8.C6H5)Nj|S2.  Dumasu-PelouEC, 

AUylaulfo-  AUylsulfohamstoff  ^^^^' 

cjanat  (Senföl)  (Thiosinamin). 

C,(Ci2H5)NSa  +  HsN   =   C3(H8.CijH5)N2Ss     Hofmann. 

Phenybulfo*  Phenylsalibharnstoff 

cyanat 

Auf  den  ersten  Blick  scheint  hier  von  einer  Substitution  nicht  mehr 
die  Rede  zu  sein,  da  der  Harnstoff  das  einzige  Product  der  Reaction 
ist.  Allein  wenn  die  Formeln,  welche  wir  im  Vorhergehenden  für  die 
Harnstoffe  aufgestellt  haben,  die  wahre  Constitution  dieser  Körper  aus- 
drücken, so  muss  nichtsdestoweniger  eine  Art  Substitution  bei  der  Um- 
la^erung  der  Moleküle  stattfinden: 

(C,  0,)"  I 

Tjb2         / 

Ganz  Gleiches  gilt  für  die  Bildung  der  höher  substituirten  Harn- 
stoffe, welche  sich,  den  vorigen  ähnlich,  durch  die  Einwirkung  von  Amin- 
basen  auf  die  Cyanäther  bilden : 

Aethjlcyanat  Aethylamin  Diäthylhamstoff 

(C,  0,)"  ) 
=    iCi^th  l  N„  Wurtz, 

H,     ) 

C^^tE^ym,    +    SSlÄI    =    C,(H,.C4H,.C,Hj)N,0, 

Alljlcyanat  Aethylamin  Aethyl-AUyl-Harnstoff 

(CO,)") 
=  C4H»,C(}{5    i  N],  Cahonrs  a.HofiDanD, 

CCCHQNS,    +    S}&^  ^    C,(H„C«H,jC!i,H,)N,S; 
AllyUnlfocyanat        .  Phenylainin  Allylphenylsulfohaniatoff 

(0282^1 

=  C6H8,Ci,Hft    J  Nj,  Zinin. 

H2    J 

Diese    Verbindungen  entstehen    auch  durch   die  Einwirkung   des 
Wassers  auf  dieselben  Cyansäureäther  unter  Entwickelang  von  Kohlen- 
säure: 
2^0^^0283]^   +  2H0  =  C2  O4  +^C^(H2j^jt]2)^^ 

Methylcyanat  Dimethylharnstoff 

(C,  0,)"  ) 
oder  (C,  Hj)j  }  Nj.  Wnrtz. 

H,     ) 

2^^[CjjWNO»)  +  2HO==    C,04    +^C^(Hj_[Ce»j]2)J^0^ 

Allylcyanat  Biallylhanutoff  (Sinapolin) 

(C,0,)"  ) 

oderCCgHs),  /  N,.        Cahonrs  o.  Hofmann. 

H,  ) 

HndwOrtarbneh  der  Chei&ic.  2t«  Anfl.  Bd.  n.  .  46 


722  Basen^  orgaziische. 

Das  Sinapolin  ist  nrsprünglich  von  Will  bei  der  Einwirkung  da 
Bleioxyds  auf  Senföl  (AHjlsnlfocyanat)  erhalten  worden;  es  liist  m 
annehmen,  dass  in  diesem  Falle  die  Bildung  von  AUjlcyaoal  mxut 
Entstehung  vorausgeht. 

Die  Bildungsweise  des  Diphenylhamstoffs  (des  Flavins},  weldw 
gleichfalls  hierher  gehört,  ist  unten  (&  724)  angel&hrt 

B.     Entstehung   organischer  Basen  durch  Reduction  Ton 

Nitroverbindungen. 

Aus  einer  grossen  Anzahl  von  organischen  Körpern  läest  lidi  be- 
kanntlich durch  die  Einwirkung  starker  Salpetersäure  ein  Theil  des 
Wasserstoffs  eliminiren,  welcher  alsdann  durch  eine  äquivalente  Meogs 
von  Untersalpeters&ure  vertreten  wird.  Die  auf  diesem  Wege  entstan- 
denen sogenannten  Nitroverbindungen  erleiden  unter  dem  Einfloss  von 
Reductionsmitteln,  besonders  von  Schwefelwasserstoff,  eine  merkwürdige, 
zuerst  von  Zinin  beobachtete^)  Umbilduzig,  welche  darin  besteht,  dais 
NH3  an  die  Stelle  von  NO4,  oder  kürzer,  tf^  an  die  Stelle  von  O4  tritt 
Diese  successiven  Veränderungen  lassen  sich  durch  folgende  Gleichun- 
gen ausdrücken: 

CmH„0p  +  (H0.N05)q  =  C„H„»q  (NO4),  0p  +  2q80- 
C„H„-q(N04)<,Op+6qHS  =  C„»„+qNqOp  +  4q  +  6S  +  4qeO. 

In  der  Mehrzahl  von  Fällen  ist  q=l,  d.  h.  die  Substitution  er- 
streckt sich  nur  auf  1  Aeq.  Wasserstoff,  wodurch  die  letzte  Gleichung 
folgende  Form  annimmt: 

C„H^„-.i)N040p+6HS  =  C„Hn+iNOp+6S-f  4HO. 

Die  Natur  der  Verbindungen  CmHn.fi  NOp  hängt  wesentlich  von 
dem  chemischen  Charakter  der  Korper  CmHnOp  <^h.  Nach  den  bis 
Jetzt  vorliegenden  Thatsachen  sind  dieselben  Basen,  wenn  die  Mutto^ 
Verbindungen  neutrale  Körper  sind,  dagegen  Säuren  oder  Verbindungen, 
die  gleichzeitig  als  Säuren  und  Basen  fnngiren  können,  wenn  die  Mvt- 
terverbindungen  Säuren  sind. 


^)  Di«  nnprtLOgUch« Methode  von  Zioin  bestand  in  der  Behandlang  der 
niakAÜBchcn  AlkohoUösung  der  Nitroverbindung  mit  Schwefelwasserstoff,  Stehen- 
lassen der  Lösung  und  Zersetzung  des  gebildeten  Schwefelammoninms  durch  Auf- 
kochen. 

Wasserstoff  im  statu  ntucmU  (Zink,  und  Schwefelsaure)  bewirkt  die  Rednetiet 
der  Kitroverbindungen  gleichfalls  (Hof mann),  obwohl  langsamer.  Sehr  gweck- 
mSssig  wendet  man  eine  Mischung  von  £isenfeile  und  Essigs&ure  an  (Buchara p). 
Dieses  Verfahren  liefert  in  manchen  F&llen,  s.  B.  bei  der  Darstellung  des  Phenjl- 
aminsundNaphtylamins,  weit  bessere  Resultate  als  die  Anwendung  von  Schwefelammo- 
ninm.  Auch  durch  arsenigsaures  Kali  (WOhler)  oder  durch  Phosphor  bei  Gegenwart 
kaustischer  Alkalien  (Hugo  Mttller)  kann  die  Beduction  bewerkstelligt  werden. 

Endlich  sind  verschiedene  organische  Körper  fllhig,  Nitroverbindungen  ra  rs- 
duciren.  Bei  der  Einwirkung  einer  alkoholischen  LOsung  von  Kali  auf  NitrobcBMl 
bildet  sich  neben  mehreren  anderen  Körpern  besonders  Phenylamin  und  Asobensol. 
Dieser  Process  ist  noch  nicht  hinlänglich  studirt,  allein  eine  Phase  desselben,  die 
Bildung  des  Phenylamins  und  des  Azobenzols.  scheint  in  der  Desoxydation  des  Nitro* 
benzols  durch  den  Alkohol  zu  bestehen,  welcher  sich  in  Oxalsäure  verwandelt: 

SJC^^OVi^O^)]   +    C^He£,    +  2K0   =   Ci^IVJä^    +    C^ft» 

Nitrobenzol  Alkohol  Pbenylamin  Asobensol 

-f  2KO.C4O«     4-    4110.  (Muspratt  u.  Hofmann.) 


Basen,  organische.  723 

Ist  p=0,  die  MutterverbinduDg   aUo  ein  Kohlenwasserstoff,  so 
mtsteht  eine  primäre  Aminbsse: 

CiaOSfft^NOj)  CijHj.HjN  Zinin. 

Nitrobenzol      Phenylamin  (Anilin). 

Ci4  (H7  .NO4)  Cu  Ht  .  H,  N  MusRratt  u. 

Nitrotoluol     Tolylamin  (Toloidin).       Hof  mann. 
Cje^e^NOj)  C^eHj^HaN         Cahours. 

Nitroxjlol      Xyljlamin  (Xylidin). 
Ci8(HnN04)        Ci8H„.H,N         Nicholson. 

Nitrocumol     Comylamin  (Cumidin). 
CjoÄ^NOj)         C,o  H7 .  H,  N        Zini  n. 
N'itronaphtalin  Naphtylamin. 

In  ähnlicher  Weise  sind  Basen  erhalten  worden  aus  den  neutralen 
S^itrokorpem 

a.  Sauerstoffhaltiger  Verbindungen: 

C14H8O,         Ci4(H7.N04)0,         C14H9NO,.     Cahours. 
Anisol  Nitranisol  Anisidin 

Ci4  »6  O4  Ci4  (»5   N  O4)  O4  Cx4  H7  N  O4. 

BezuEoesäore      Nitrobenzoesäure  Amidobenzoesäure. 

b.  Stickstoffhaltiger  Verbindungen: 

CisH$N  Gi3(H4.N04)N  CiaHeN,  .      Gerhardt  und 

Axobenzol  Nitrazobenzol  Diphenin.  i^auren 

c.  Von  Verbindungen ,  welche  zugleich  Sauerstoff  und  Stick- 
stoff enthalten. 

C14H7NO8      C,4(He.N04)N08       Ci4HsN,0s    ChanceL 

Bencamid         Nitrobenzamid        Phenylhamstoff. 

d.  Von  Verbindungen,  welche  zugleich  Sauerstoff  und  Schwe- 
fel enthalten: 

0,4  Bio  8,04     C,4(89.NQ4)S«Q4     C24gnNS2Q4      Gericke. 
Sulfobenzid      Nitrosulfobenzid    Amidosulfobenzid^ 

Wenn  in  einer  Verbindung  mehr  als  1  Aeq.  Wasserstoff  tlurch 
Untersalpetersäure  vertreten  ist,  so  erleidet  sie  nichtsdestoweniger  häufig 
genau  dieselbe  Veränderung,  welche  bei  den  einfachen  Nitroverbindun- 
gen beobachtet  wird,  d.  h.  es  entstehen  Basen,  in  welchen  ein  oder 
mehrere  Aequivalente  Wasserstoff  durch  Untersalpetereäure  vertreten 
lind: 

C12  (H4  pf  O4],)        Ci2(H4.N04)HaN       Muspratt  u. 
Binitrobenzol  Nitrophenylamin,  Hofmann. 

(Nitranilin). 

46* 


Mesitjlol 


Basen,  organische. 
Ci4  (Hß  [NOJO       Cu(H6.N04)^ 

Nitrotolylaroin, 
(Nitrotoluidin). 

^1 8  ("10  •  NO4)  "2  ^ 


Cahours. 


Binitrotoluol 
BinitromeBitylol 


Maule. 


Ci4  Hg  Oj 

Anifiol 


Binitranisol 

^«(»»[NOOjOO, 

TrinitraDidol 


Cahoars. 


desgL 


NitromesylamiD, 
(Nitromesidin). 

Ch(H^N04)N0j 

Nitranisidin. 

Ci«  (B,  [N04],)N0, 

Binitranisidin. 

Das  zweite  und  dritte  Aequivalent  Untersalpetersäure  verhält  sich 
demnach  in  diesen  Fällen  wie  Wasserstoff. 

Nur  selten  erstreckt  sich  die  Beduction  auch  auf  das  zweite  Aequi- 
valent Untersalpetersäure.  Es  bilden  sich  alsdann  ebenfalb  Basen,  wel- 
che sich  aber  offenbar  von  2  Aeq.  Ammoniak  ableiten,  deren  eigentliche 
Constitution  indessen  noch  keineswegs  vollkommen  ermittelt  ist.  Ueber 
die  auf  diesem  Wege  gebildeten  Körper ,  welche  je  nach  den  Umstan- 
den einsäurige  oder  zweisäurige  Diaminbasen  sind,  ist  bereits  im  Vor- 
hergehenden  das  Nöthige  bemerkt  worden  (s.  Diaminbasen)  und  es 
sollen  hier  nur  noch  einige  Beispiele  fiir  diese  Bildungsweise  angeführt 
werden : 

C2a»6jN04]j)  C^oJBioN,         Zinin. 

Binitronaphtalin  Azonaphtylamin. 

Cag  (Hg  [N Pilo  Oa  CseHuNsO,     ChanceL 

Binitrobenzophenon   Flavin,  (Diphenylhamstoff). 


Cjo  Hg 
Naphtalin 

Benzophenon 

C14H6O4 
Benzoesäure 

CjiiiioSjOj 

Sulfobenzid 


Cu  (H4  [NQ4]2)Q4 

Binitrobenzoesäure 

C,4(H8Pf04]2)Sa04 


Ci4  Hg  Nj  O4.       Voit 
Biamidobenzoesäare. 

CS4II13N9SSO4     Gericke. 
Biamidosulfobenzid. 


Binitrosulfobenzid 

Gelegentlich  der  durch  Beduction  entstehenden  Basen  mag  auch 
noch  das  Benzidin  hier  angeführt  werden,  obgleich  sich  dasselbe  nicht 
aus  einem  eigentlichen  Nitrokörper  bildet  Das  Benzidin  entsteht  näm- 
lich aus  dem  Azobenzol  einfach  durch  Assimilation  von  Wasserstoff: 

CuHe      'Cia(H5.N04)         CnH^N         C,jHeN      Zinin. 

Benzol  Nitrobenzol        Azobenzol        Benzidin. 

Ueber  die  Constitution  des  Benzidins  sind  wir  völlig  im  Unklaren. 

Entstehung  organischer  Basen  aus  stickstoffhaltigen 
organischen  Verbindungen  dui'ch  verschiedene  Zersetzung- 

processe. 

Die  Zahl  der  auf  diese  Weise  gebildeten  Basen  ist  sehr  grt>09) 
sie  gehören  den  verschiedensten  Gruppen  der  organischen  Chemie  an 
und  entstehen  durch  die  mannigfaltigsten  Agentien. 


Basen,  organische.  725 

Ein  Zersetzangsprocesfl,  der  besonders  reiche  Ausbeute  an  Basen 
geliefert  hat,  ist  die  trockene  Destillation  stickstoffhaltiger  Substanzen. 
Hierbei  müssen  sich  natürlich,  je  nach  der  Zusammensetzung  der  der 
Wärme  unterworfenen  Substanz,  und  dem  Temperaturgrad  die  mannig- 
faltigsten Umbildungen  vollenden.  In  der  Regel  tritt  ein  Theil  des 
Kohlenstoffs  als  Kohlensäure  aus,  während  der  Stickstoff  in  Ammoniak 
oder  in  Substitutionspro ducte  desselben  verwandelt  wird.  Nicht  selten 
treten  beide  neben  einander  auf  und  häufig  wird  auch  noch  überdies 
Wasser  eliminirt 

DieAnthranilsäure,  der  trockenen  Destillation  unterworfen,  zerfallt 
in  Kohlensäure  und.Phenylamin: 

C14H7NO4     =     CaO^     +     CiaHyN     Fritzsche. 

Anthranilsäare  Phenylamin. 

Die  trockene  Destillation  des  Indigos  liefert  gleichfalls  Anilin 
(Unverdorben).  Dieselbe  Base,  neben  einer  grossen  Anzahl  von  an- 
deren, entsteht  bei  der  trockenen  Destillation  der  Steinkohle  (Runge, 
Hof  mann),  der  thierischen  Stoffe  (Anderson). 

Neben  Anilin  enthält  das  SteinkohlentheerÖl  eine  homologe  Reihe 
tertiärer  Aminbasen,  welche  mit  den  prii^ären  Aminbasen  der  Phenyl- 
aminreihe  isomer  sind,  nämlich: 

Pyridin    C,o  H5  N.  ) 

Picolin     C13H7  N.  (    .     , 

Lutidin     ChHI  N.  M^^^^"^"- 

Collidin    CieHuN.  ) 

Das  SteinkohlentheerÖl  enthält  femer  drei  homologe  tertiäre  Amin- 
basen einer  anderen  Reihe: 

Leucolin    CigH?  N.      Runge,  Hof  mann. 

Lepidin      Cjo  Hg   N.  )  winiama 
Cryptidin  C„HnN.  j  ^UliamB. 

Die  bereits  erwähnte  Reihe  der  Pyridinbasen  ist  auch  in  dem 
Dippel'schen  Oele  enthalten,  in  dem  sich  ausserdem  eine  Anzahl  der 
gewöhnlichen  Alkoholbasen  findet: 

Methylamin    .     .     .     Cj  H5  N. 

Aethylamin     .     .     .     C4  H7  N. 

Propylamin  (?)    •     .     C«  H9  N.  }  Anderson. 

Butylamin  (Petinin)     Cg  Hn  N. 

Amylamin .  .  .  .  Cio  Hig  N. 
Die  Reihe  der  Pyridinbasen  ist  ferner  in  dem  Destillationsproducte 
des  Schiefers  von  Dorsetshire  gefunden  worden,  der  überdies  noch  eine 
höhere  Base  dieser  Reihe,  das  Parvolin,  Cjs  K13  N,  enthält  (Williams). 
Die  Bildungsproeesse  der  bei  der  trockenen  Destillation  vegetabi- 
lischer und  animalischer  Körper  auftretenden  Basen  sind  begreiflich 
äusserst  complicirt  und  lassen  sich  kaum  in  Formeln  verfolgen.  Die 
Destillationsproducte  der  Steinkohle  enthalten  eine  verhältnissmässig 
geringe  Quantität  organischer  Basen,  offenbar  weil  die  stickstoffhaltigen 
Bestandtheile ,  aus  denen  sie  entstanden,  verhältnissmässig  nur  in  ge- 
ringer Menge  voiiianden  waren,  und  überdies  ein  Theil  des  Stickstoffs 
bei  der  Destillation  als  Ammoniak  austritt.  Es  ist  anzunehmen,  dass 
m  diesem  Destillationsprocesse  die  Basen  ans  den  vegetabilischen,  so- 
genannten Proteinsubstanzen  entstehen.  Von  dieser  Ansicht  geleitet, 
hat  Stenhouse  vor  einigen  Jahren  eine  Anzahl  stickstofireicher  Pflan- 


726  Basen,  organische. 

zentheile  der  Destillation  unterworfen  und  das  Destillat  auf  seinen  Ge- 
halt an  organischen  Basen  untersucht.  Auf  diese  Weise  erhielt  er  dnrek 
Destillation  der  Bohnen  eine  sauerstofiTreie  Base,  fQr  welche  er  den  Na- 
men Fabln  vorgeschlagen  hat,  und  welche  nach  der  Formel  Cio  Hi  N 
(vielleicht  richtiger  Cio  H?  N,  isomer  mit  Nicotin)  zusammengesetzt  ist 
Auch  die  Destillation  von  Weizen,  Torf  und  der  ganzen  Pflanze  von 
Pterü  aquilina  hat  Stenhouse  Basen  geliefert,  von  denen  jedoch  bis 
jetzt  noch  keine  näher  untersucht  worden  ist. 

Zu  den  durch  trockene  Destillation  entstehenden  Basen  gehört  ferner 
die  von  v.  Babo  neuerlichst  beobachtete,  durch  Erhitzen  von  Aldehyd- 
ammoniak gebildete  Base  Cj^  Hig  N  Of ,  welche  wir  oben  unter  dem 
Namen  Tetravinylammoniumozydhydrat  aufgeführt  haben.  DerVorgaog 
ist  nicht  scharf  ermittelt,  kann  aber  vielleicht  durch  die  Gleichung 

iCJft^NOa    =    6H0    +    3HaN    +    Ci«Ä„NO, 

Aldehyd-Ammoniak  Tetravinylammoniam- 

oxydhydrat 
ausgedrückt  werden. 

Die  von  Laurent  beobachtete  Verwandlung  des  Hydrobenzamid, 
C49  H|g  N2,  durch  trockene  Destillation,  in  Lophin,  C42  Hie  Ns,  lässt  sieh 
nicht  in  einer  Gleichung  darstellen,  da  die  complementären  Zersetzungi- 
producte  noch  nicht  untersucht  sind. 

Aehnliche  Erscheinungen  wie  bei  der  trockenen  Destillation  stick* 
stoffhaltiger  Materie  werden  bei  der  Einwirkung  der  schmelzendes 
Alkalihydrate,  oft  schon  beim  einfachen  Kochen  mit  concentrirter  Kali- 
lauge beobachtet.  Die  Einwirkung  so  kräftiger  Agentien  bedingt  indes- 
sen gewöhnlich  bestimmter  ausgesprochene  Umbildungen. 

Als  schönste  Beispiele  dieser  Beaction  verdienen  vor  Allem  die 
Umwandlungen  der  Cyansäure  -  Aether  und  der  zusammengesetdea 
Harnstoffe  erwähnt  zu  werden,  welche  zuerst  mit  so  grossem  Krfolge  voa 
Wurtz  studirt  worden  sind.  Mit  Wasser  oder  Alkalien  zusammenge- 
bracht, assimilirt  die  Cyansäure  2  Aeq.  Wasser  und  zerfällt  in  Kohlen- 
säure und  Ammoniak.  In  ähnlicher  Weise  verwandeln  sich  cyansanm 
Methyl,  Aethyl,  Amyl,  Allyl  und  Phenyl  in  Kohlensäure  und  bezüg- 
lich in  Methylamin,  Aethylamin,  Amylamin,  Allylamin  und  Phenjl- 
amin: 

C2HNO2      +2(KO.HO)=2KO.C2044-       H3N         Wöhlar. 

Cyansäure  Ammoniak. 

Cj^C^J^|)?^2  +  2(KO.HO)=  Wurtz. 

Cyansaures  Methylamin. 

Methyl 

Lässt  man  auf  die  Cyansäure-Aether,  statt  Kalihydrat,  Kaliäthylst, 
KO.C4lIftO,  einwirken,  so  entstehen  bei  geeigneter  Temperatur  höher 
substituirte  Basen.  Das  cyansäure  Aethyl  bildet  unter  diesen  ümstln- 
den  Triäthylamin : 

Cj(C4H5)N02;f  2(KO.C4H50)=  (C4H4)3  N  HofmzÄZ. 

Cyansaures  Triäthylamin. 

Aethyl 

Da  sich  die  Harnstoffe  aus  den  Cyansäureverbindungen  einfaeh 
durch  Assimilation  von  Ammoniak  erzeugen ,  so  versteht  es  sich  tod 


Basen;  organische.  727 

selbst,  daM  die  Einwirkung  der  Alkalien  auf  zusammengesetzte  Harn- 
Stoffe,  neben  den  Zersetzungsproducten  der  Cyansäureverbindung,  noch 
überdiess  Ammoniak  liefern  muss:  ; 

C52H4N2O2  +  2(KO.HO)=2KO.C,04+2»8N  Wöhler. 

Harnstoff  Ammoniak. 

C^(«^.C8H>)N2  0»  +  2(KO.HO)=2KO.C204 

Methylharnstoff 

+  CSH3.H2N    +    HgN.  Wurtz. 

Methylamin 
Cj^I^iCjHs^NaOa    -h    2(KO.HO)=2KO.C204 

Aethylharnstoff 

+  C4H5JI2N   +   HgN.  desgl. 

Aethylamin 

Der  Biäthylhamstoff  liefert  unter  diesen  Umständen  neben  koh« 
lensaarem  Kali  2  Aeq.  Aethylamin,  der  Aethyl-Amylharnstoff,  1  Aeq. 
Aethylamin  und  1  Aeq.  Amylamin: 
Cj^H2[C4§jj)NiQ,  +  2(K0.H0)  =  2KO,C,b4 

Biäthylhamstoff 

+  2(C4»8-ß2N)  Wurtz. 

Aethylamin« 
C  (»25C4g5iCioHii)N>  Oa  +  2(K0.H0)  =  2KO.C2O4 

Aethyl-Amyl-Hamstoff 

+    CjHjJiaN    -f    Ciojtii.ggN  desgl.        ' 

Aethylamin  Amylamin. 

In  ähnlicher  Weise  verwandelt  sich  das  Alanin  und  das  Leucin, 
mit  den  Alkalihydraten  destillirt,  in  Aethylamin  und  in  Amylamin, 
wahrend  Kohlensäure  fixirt  wird: 

C«  »T  NO4  +  2KO  =  2KO.C2O4  +  C4»,N      Schwa- 

"■"AlMiT^  Aethylamin.     '*®'*- 

C12H18NO4  +  2K0  =  2KO.C2O4  +  CioHijN     desgl. 

Leucin  Amylamin. 

Hier  mag  auch  die  Bildung  von  Aethylamin  aus  sulfiithamin- 
aauren  Salzen  Erwähnung  finden,  welche  von  Strecker  beobachtet 
worden  ist     Die  Umbildung  findet  beim  Kochen  mit  Kalilauge  statt: 

CieH22NS4  0i5,MO  +   2(K0.H0)  =    C4H6J2O7MO 

Sulfathaminsaures  Salz  Isäthionsäuresalz 

+  2KO.S2O6  +^^£l^^+ C4*M^ 

Alkohol      Aethylamin. 
Indigo  und  Isatin  mit  Kalihydrat  geschmolzen,  liefern  Phenylamin 
imler  Bildung  von  kohlensaurem  Kali  und  Wasserstoffentwickelung: 

CieHsNOj    +4(K0.H0)+    2H0    =    2(2KO.C204) 

Indigo 

-f-  C12H5.H3N  -f  H4.    Fritzsche. 

Phenylamin 


728  Basen,  organische. 

CjeHjNO*    4-(4KO.HO)=    2(2KO.C,04) 
Isatill 

+    Ci2H6-HaN  +  J*2-     Hofmann. 
Phenjlamin 

Das  Chinüi)  das  Ctnchonin  und  Strychnin  liefern  bei  der  Deitillft- 
tion  Leucolin  (Gerhardt).  Die  Umsetzung  lässt  sich  nicht  durch  mt 
einfache  Gleichung  darstellen,  zumal  da  Williams  neuerdings  ge- 
funden hat,  dass  bei  der  Destillation  des  Cinchonins  neben  dem  Leoco- 
lin auch  noch  Lepidin  und  ferner  die  Pyridinbasen  bis  zum  Collidm 
hinauf  gebildet  werden. 

Dasselbe  gilt  für  die  Umbildung  des  Piperins  in  Piperidin,  CioHii^ 
(Wertheim,CahourS)  Anderson),  des  Caffei'ns in  Methylamin  (Bock- 
leder,  Wurtz)  und  des  Morphins,  Codeins,  Narcotins  und  verschiede- 
ner anderer  Alkaloide  in  kaum  hinreichend  untersuchte  Basen  (M^jl- 
amin,  Propylamin?) 

Nicht  minder  verwickelt  sind  die  durch  schmelzendes  Kalihydret 
vermittelten  Umbildungen  des  Horns  und  der  sogenannten  Prot^insob- 
stanzen  im  Allgemeinen,  in  denen  sich  neben  den  mannigfalügsteii 
sauerstoffreichen  Producten,  Glycocin  (Glycocoll)  C4H5NO4  (Mulder), 
Leucin  012^18^04  (Liebig)  und  Tyrosin  CigHnNO«  (Liebig)  e^ 
zeugen. 

Auch  die  Verbindungen  der  Aldehyde  mit  doppelt* seh wefiigsaarem 
Ammoniak  liefern  bei  der  Einwirkung  von  Alkalihydraten  (Natron^Kalk) 
organische  Basen,  Die  Verbindung  des  gewöhnlichen  Aldehyds  (C4H40t) 
liefert  unter  diesen  Umständen  Bimethylamin  C4II7N  (Petersen);  die 
Verbindung  des  Oenanthyl-Aldehyds(Ci4Hi402)  Tricaproylamin  Cset^j^ 
(Gössmann  und  Petersen);  die  Verbindung  des  Cinnamyl-Aldehydi, 
(C16H8O2)  Triphenylamin  CgeHisN  (Gössmann).  Ein  allgemeines 
Schema  lässt  sich  für  diese  Umsetzungen  nicht  aufstellen,  da,  wie  ob 
Blick  auf  die  Formeln  lehrt,  zwischen  den  gebildeten  Producten  ein 
ganz  anderes  Verhältntss  obwaltet,  als  zwischen  den  sie  liefernden  Mnt* 
terverbindungen. 

Dagegen  lässt  sich  die  Bildungsweise  der  von  Lieb  ig  entdecktes, 
ans  den  Destillationsprodncten  des  Schwefelcyanammoniuma  entAteheo- 
den  Basen  ohne  Schwierigkeit  verfolgen.  Durch  trockene  Destillation 
des  Schwefelcyanammoniums  erhielt  Lieb  ig  einen  amorphen  Körper, 
das  Melam,  dessen  Analyse  zu  der  Formel  Ci2H9Nii  föhrte.  Diese 
Substanz  liefert  unter  dem  Einflüsse  der  Alkalien  drei  höchst  merk- 
würdige Basen,  das  Melamin,  das  Ammeiin  und  das  Ammelid.  Es  sind 
dies  die  drei  ersten  künstlichen  Alkaloide,  welche  aus  der  Hand  das 
Chemikers  hervorgegangen  sind. 

Die  Bildung  dieser  Verbindungen  lässt  sich  durch  folgende  Glei- 
chungen veranschaulichen : 

Ci^H^i  +  2H0  =      ^sgeNß      +  CeHjNjO,^       Liebig. 

Melam  Melamin  Ammeiin. 

Ciafl^i  +  4H0  ==  2C6H5N5O2  +  HsN  Liebig. 

Melam  Ammeiin. 

CnHgNii  +  8H0  =  2CeH4N404  +  3HaN  •  Gerhardt 

Melam  Ammelid. 


Baseiiy  organische.  729 

Zu  den  durch  die  Einwirkung  von  Alkalien  auf  stickstoffhaltige 
Materien  gebildeten  Basen  gehört  endlich  noch  das  Sarkosin,  welches 
man  aus  dem  Kreatin  durch  einfaches  Kochen  mit  Barytwasser  erh&lt: 

Cf^rt^NsO^    +  2H0  4-  2(BaO.HO)  =  2BaO.C204  -f2H8N 

Kreatin 

-4-Ce»7N04     Liebig. 

Sarcosin. 

Verglichen  mit^er  Zahl  der  mittelst  destmctiver  Destillation  und 
Einwirkung  von  Alkalien  erhaltener  Basen,  ist  die  Zahl  der  durch  an- 
dere Oxydationsprocesse  gebildeten  basischen  Producte  verhältnissmässig 
klein. 

Das  Cotarnin  und  das  Narcogenin  sind  Oxydationsproducte  des 
^arcotins.  Beide  Basen  bilden  sich  gleichzeitig  mit  einer  stickstoff- 
freien Säure,  der  Opiansaure.  Das  Cotarnin  ist  fast  gleichzeitig  von 
Wo  hier  und  von  Blyth,  das  Narcogenin  von  Letzterem  entdeckt 
worden.  Wohl  er  bediente  sich  als  Oxydationsmittel  einer  Mischung 
von  Manganhyperoxyd  und  Schwefelsäure.  Blyth  wandte  Platipchlo- 
rid  an,  dessen  häufigerer  Gebrauch  interessante  Resultate  zu  liefern  ver- 
spricht: 

C46H«NO,4   -I-   40    =    Cj«Hi8?[0e    +^C2o«io^  +  2HO. 
Narcotin  Cotarnin  Opiansaure 

2^C46H25N34+   40    ===  2C3e%NOio  +    C2oHi<^+2HO. 
Narcotin  Narcogenin  Opiansaure 

Das  Harmin  existirt,  nach  Fritzsche,  fertiggebildet  neben  dem 
Harmalin  in  dem  Samen  von  Peganwn  Harmala^  kann  aber  auch  künst- 
lich aus  dem  Harmalin  dargestellt  werden.  Es  wird  durch  Erhitzen 
des  chromsauren  Harmalins,  sowie  durch  Erwärmen  des  salpetersauren 
Salzes  mit  einer  Mischung  von  Alkohol  und  Chlorwasserstoffsäure  er- 
halten. In  beiden  Fällen  verdankt  es  seine  Entstehung  einem  einfachen 
Oxydationsprocesse,  in  Folge  dessen  Wasser  austritt: 

CjeHuNjOa  +  20  =  Cj^HuNaOa  +  2 HO.  Fritzsche. 
Harmalin  Harmin 

Das  Kakotelin  entsteht,  nach  Laurent,  durch  Einwirkung  von 
starker  Salpetersäure  auf  Brucin.  Strecker  stellt  diese  Reaction,  in 
der  sich  ausserdem  salpetrigsaures  Methyl  und  Oxalsäure  bilden,  durch 
folgende  Gleichung  dar: 

C4«^jN23  +  5(HO.NOö)  =  C^  2jftO,C406 

Bmcin  Kakotelin  Oxalsäure 

+  CaBgO.NOa  +  2NO3  +  ^HO-    Strecker. 

Salpetrigsaures  Methyl 
Die  Bildung  der  Basen  der  Reihe  (CnH»  +  3)  N  und  verschie- 
dener anderer  Beihen  ans  den  natürlichen  Alkaloiden  durch  trockene 
Destillation  oder  dnrch  die  Einwirkung  der  schmelzenden  Alkalihy- 
drate ist  bereits  in  dem  Vorhergehenden  erwähnt  worden.  Nicht  sel- 
ten scheint  diese  Umbildung  leichter  von  Statten  zu  gehen,  wenn  man 
4ie  natürlichen  A^kaloide  zuerst  mit  Salpeters&nre  oxydirt  und  auf  den 


730  Basen,  organische. 

Rilckatand  Kali  einwirken  läsat.    Es  entwickeln  sich  aUdaun  fluchtige 
Basen  öfters  schon  dnrch  Kochen  mit  Kalilange.    Anderson. 

Das  von  Dessaignes  neuerdings  entdeckte  Methyl ofamtn  ent- 
steht neben  Oxalsäure  und  Kohlensäure  aus  dem  Kreatin  durch  £2b- 
wirknng  von  Quecksilberoxyd : 

a^CCjHjNaOJ  +  lOO  =  2(C4H7N8).C4Ha08  +  2C,04  +  2H0. 

Kreatin  Oxalsaures  Methyluramin.         (DeBsaignei). 

Das  Pellutein  C49H21NO3  (??)  ist  eine  von  Bödecker  aus  dem 
Pelosin  erhaltene,  bis  jetzt  nicht  sehr  scharf  charakterisirte  Base,  sie 
scheint  ebenfalls  durch  Oxydation  zu  entstehen,  ijfdessen  lässt  sich  ihre 
Beziehung  zu  dem  Pelosin  Cae  H21 N  O^  noch  nicht  in  einer  Gleichung 
darstellen. 

Endlich  muss  hier  die  Bildung  organischer  Basen  in  mehrfachen 
Fäulniss-  und  Gährungsprocessen  Erwähnung  finden.  Bei  der  Faulniu 
von  Weizenmehlteig  wurde  die  Bildung  von  Trimethylamin,  Aethyl- 
amin  und  Amylamin  beobachtet  (Süll i van).  Erstere  Base  ist  auch  in 
gefaultem  Harn  (Dessaignes)  und  in  der  Häringslake  (Wertheim, 
Hofmann,  Winkle s)  gefunden  worden.  Gelegentlich  seiner  Ar- 
beit über  die  Destillationsprodncte  der  Bohnen  erwähnt  Stenhouse, 
dass  auch  bei  der  Fäulniss  des  Fleisches  ein  Theil  —  obwohl  nur  ein 
geringer  —  des  Stickstoffs  in  der  Form  von  organischen  Basen  austritt 
In  allen  diesen  Fällen  verwandelt  sich  ein  Theil  der  faulenden  Materie 
in  Säuren. 

Noch  hat  man  die  Bildung  organischer  Basen  unter  mehrfachen 
Bedingungen  beobachtet,  welche  sich  kaum  unter  einem  gemeinschaft- 
lichen Gesichtspunkt  zusammenfassen  lassen. 

Das  Glycocin,  dessen  Entstehung  aus  der  Bromessigsäure  durch 
Ammoniak  und  aus  dem  Leim  durch  Alkalien  bereits  oben  erwähnt 
worden  ist,  kann  auch  durch  Behandlung  von  Leim  mit  Schwefel* 
säure  erhalten  werden  (Braconnot).  Es  bildet  sich  femer  durch  die 
Spaltung  der  Hippursäure  und  der  Cholsäure  unt«r  dem  Einfioas  von 
S&nren: 
CigH.NO«     +  2H0  =  C14H6O4  +  C4H5NO4  Dessaignes. 

Hippursäure  Benzoesäure  Glycocin 

C5,H48NOi,  +    HO  =  C48HB8O8.ÄO -f- C4H6NO4    Strecker. 

Cholsäure  Gholoidinsäure        Glycocin. 

C52H43NO10  +  2H0  =  C48H40O8  +C4H6NO4   Strecker  u. 

Hyoglycochol-  Hyocholsäure  Glycocin.    ö«ndlach. 

säure 

Das  Alanin  verdankt  seine  Entstehung  einem  höchst  merkwürdi- 
gen von  Strecker  entdeckten  Processe,  der  für  die  Bildung  organi- 
scher Basen  von  grosser  Wichtigkeit  zu  werden  verspricht.  Es  entsteht 
nämlich  beim  Zusammenbringen  von  Aldehyd  mit  Blausäure: 

C4H40a    +HCaN    +  2H0  =  C6H7NO4    Strecker. 

Aldehyd       Blausäure  Alanin. 

Ebenso  kann  das  dem  Alanin  homologe  Leucin  ^)  erhalten  werden, 

*)  Die  »Dgebliohe  Erseugung  von  Leucin  durch  EntachweMong  des  ThMldiat« 


Basen,  organische,  731 

'wenn  man  dem  Aldehyd  der  Essigsäure  den  Aldehyd  der  Valerian- 
's&ore  snbBtitttirt. 

^ojSioOa  4- HC,N-f  2H0===  C12H18NO4    Limpricht. 

Valeraldehjd    Blausäure  Leucin 

Die  Aldehyde  haben  noch  auf  einem  anderen  von  Liebig  und 
l/Vöhler  entdeckten  Wege  Basen  geliefert  Ihre  Verbindungen  mit 
Ammoniak  verwandeln  sich  unter  dem  EinjfluBs  des  Schwefelwasserstoffs 
und  des  Selenwasserstoffs  in  eine  Reihe  äusserst  interessanter  schwefel- 
und  selenhaltiger  Basen,  von  denen  das  aus  dem  Aldehyd  der  Essig- 
säure entstehende  Thialdin  und  Selenaldin  die  bekanntesten  sind: 

SCjHtNO,     +  6HS  =Ci^Hi8?[S4-f  6H04-2H4NS] 

Aldehyd-  Thialdin  /  Lieb  ig 

Ammoniak  \         n. 

3  C4H7NO8    +  6HSe===^Ci2Hi8NSe^ 

Aldehyd-  Selenaldin  ] 

Ammoniak 
aCioHijNOa  +  6HS  =C8o^^NS4^+6HO  +  2H4NS.   Beisen- 

Valeraldehyd-  Valerothialdin  ^    ^}^.^  "• 

Ammoniak  Farkmson. 

Als  Beispiele  von  Bildungen  organischer  Basen,  welche  bis  jetzt 
ganz  vereinzelt  dastehen,  muss  noch  der  Entstehung  des  von  Kolbe 
und  Frank  1  and  entdeckten  Cyanäthins,  des  von  Strecker  be- 
schriebenen Acediaroins  und  einer  merkwürdigen  Base,  des  Cyanolins, 
Erwähnung  geschehen,  welche  letztere  von  CloSz  beobachtet  worden  ist. 

Das  Cyanäthin  wurde  in  geringer  Menge  bei  der  Einwirkung  des 
Kaliums  auf  das  Cyanäthyl  erhalten.  £^  entsteht  offenbar  durch  ein- 
fache Polymerisation  dieses  Körpers: 

aCC^Hj.CsiN)  =  CieHijNg.    Kolbe  u.  Frankland. 

Die  wahrscheinliche  Constitution  dieser  Base  ist  schon  oben  unter 
dem  Abschnitt  Triaminbasen  angedeutet  worden. 

Das  Acediamin  bildet  sich  neben  anderen  Froducten  durch  die 
Einwirkung  der  Chlorwasserstoffsänre  bei  höherer  Temperatur  auf  das 
Acetamid.  2  Aeq.  Acetamid  enthalten  die  Elemente  von  1  Aeq.  Ace- 
diamin and  1  Aeq.  Essigsäurehydrat: 

2^4K5NOa  =  C4H6N,  -j-  C4H4O4  Strecker. 
Acetamid        Acediamin     Essigsäure. 

Es  vollenden  sich  gleichzeitig  noch  andere  Beactionen. 
Das  mit  dem  gewöhnlichen  Cyansäure-Aethyl  isomere  Cyanolin  ist 
bei  der  Einwirkung  des  Chlorcyans  auf  Kaliäthylat  erhalten  worden: 

C4«jK0j^+  CjN€l  =  KGl  +  CfiHsNOa  CloSz. 
Kaliäthylat      Chlorcyan  Cyanolin. 

Die  beiden  letztgenannten  Beactionen  sind  erst  in  allerletzter  Zeit 
aufgefunden  worden  und  versprechen  eine  reiche  Ausbeute  interessan- 
ter Producte. 

Noeh  mag  zum  Scbluss  der  Bildung  der  zahlreichen  Basen  gedacht 


CffSjg^S«,  ist  durch  neuere  Versuche  widerlegt  worden  (Hof mann).    Das  ThiaU 
djji  rerwandelt  sich  hierbei  in  Ammoniak,  Aldehyd  und  Essigsllnre. 


732  Basen,  organische. 

werden,  welche  man  durch  die  Substitution  von  Chlor,  Brom,  Jod  und 
Untersalpetersäure  an  die  Stelle  von  Wasserstoff  theils  aus  natürlichen, 
theils  aus  künstlichen  Basen  hervorgebracht  hat.  Diese  Verbindungen, 
welche  im  Vorhergehenden  bereits  bei  den  Basen,  aus  denen  sie  entste- 
hen ,  aufgeführt  worden  sind ,  werden  theils  direct,  theils  indirect  er- 
halten. 

Die  ersten  hierher  gehörigen  Basen,  mit  denen  die  Chemiker  be- 
kannt wurden,  sind  die  salzreichen  Substitntionsbasen ,  welche  aus 
dem  Anilin  entstehen.  Bei  der  directen  Einwirkung  des  Chlors  und 
Broms  auf  Anilin  substituiren  sich  in  heftiger  Reaction  alsbald  3  Aeq. 
Chlor  oder  Brom  für  Wasserstoff,  indem  sich  Trichloranilin  und  Tri- 
bromanilin,  in  denen  der  basische  Charakter  des  Anilins  verschwunden 
ist,  bilden.  Chlor-  und  Bichloranilin,  Brom-  und  Bibromanilin  lassen 
sich  aber  erzeugen,  indem  man  Chlorisatin  und  Bichlorisatin ,  Brom« 
isatin  und  Bibromisatin  mit  Ealihjdrat  destillirt: 

Ci 6 (B4 ej)^N04  +  4(K0,  HO)  =  2(2KO,  CjOO 

Chlorisatin 
+  C,2(H4Gl).HjN  4-  H,      Hof  mann. 

Chlorphenjlamin 
Auf  diese  Weise  ist  die  folgende  Reihe  erhalten  worden : 

Phenylamin C1JH7N 

Chlorphenylamin  .  .  Ci j  (Hg  Gl)  N 
Bichlorphenylamin  .  C]2(H5Gl2)N(  tr  f 
Trichlorphenylamin  .  Cx2(H4Gl3)N 
Bromphenylamin  .  .  Ci2(H6Br)N 
Bibromphenylamin  .  C12  (H5  firj)  N 
Tribromphenylaniin  .  Ci2(H4Br8)  N.     Fritzsche* 

Später  sind  eine  ganze  Reihe  ähnlicher  chlorirter  und  bromirter 
Basen  aus  dem  Cinchonin  (Laurent),  aus  dem  Codein,  Brncin,  Strych- 
nin  (Anderson),  und  aus  dem  Melanilin  (Hof mann)  erhalten  worden. 

Wahre  basische  Jod-Substitute  kennt  man  gegenwärtig  nur  zwei, 
nämlich  das  Jodphenylamin  und  das  Bijodomelanilin : 

Jodphenylamin       Ci2(He!)N|  H^fn,ann. 
Bijodomelanilin  C26  (H^  I^)  N3 1 

Beide  entstehen  durch  directe  Einwirkung  des  Jods  auf  Phenyl- 
amin und  auf  Melanilin.  Ausser  den  genannten  sind  noch  einige  an- 
dere Jodderivate  organischer  Basen  bekannt;  es  sind  dies  aber  keine 
Substitutionsproducte,  indem  sie  ganz  einfach  durch  Nebeneinanderlage- 
rung der  Basen  und  verschiedener  Jodäquivalente  entstehen. 

Codein  CaeH^NO«      )    Anderson 

Trijodcodein  CseHaiNOe-^aJ    ^°^®"^°- 

Auch  Nitrobasen  sind  bereits  vielfach  bekannt.  Die  erste  Nitro- 
base  das  Nitrophenylamin  wurde,  wie  bereits  oben  bemerkt,  durch  die 
Einwirkung  des  Schwefelwasserstoffs  auf  Binitrobenzol  erhalten: 

Ci2H4(Np4)2  +  6HS  =  Ci2(H4J^04),H2N  +  ^BO  +  ^S. 

Binitrobenzol  Nitrophenylamin  Muspratt  o. 

Hofmann. 

E^in  Körper  von  gleicher  Zusammensetzung,   aber  etwas  abwei- 


Basen^  organische.  733 

chenden  Eigenschaften,  bildet  sich  bei  der  Zersetzung  des  Pjrotartro- 
nitranils  (Nitrophenyl-Pyrotartrimids) : 

C^s»io^^  +  2(KO.gO)  — 2KO.CioHgOe  +  Cia(H4.N04)HaN. 

Pyrotartro-  Pjroweinsaures  Kali  Arppe. 

nitranil 

Die  Verschiedenheit  der  Eigenschaften  dieser  beiden  Verbindun- 
gen ist  bis  jetzt  nicht  befriedigend  erklärt 

Fast  alle  bis  jetzt  bekannte  Nitrobasen  sind  auf  indiroctem  Wege 
erhalten  worden:  das  Nitrotoljlaroin,  das  Nitrocumylamin ,  das  Ni- 
tranisidin  und  Binitranisidin  durch  die  Einwirkung  des  Schwefelwasser- 
stoffs auf  Binitrotoluol,  Binitrocumol,  Binitro-  und  Trinitro-Anisol  (Ga- 
hoars);  das  Nitroroesylamin  aus  Binitromesitylen  (Maule);  das  Tri- 
nitramarin  aus  Trinitrohydrobenzamid  (Bertagnini). 

Indessen  lassen  sich  die  Nitroverbindungen  einiger  natürlichen 
Alkaloide  direct  durch  vorsichtige  Einwirkung  von  Salpetersäure  dar- 
stellen. Auf  diese  Weise  sind  das  Nitrocodein  (Anderso4)i  das  Nitro- 
8tTycbnin(Abel  und  Nicholson),  und  das  Nitropapaverin  (6.  Merck) 
gewonnen  worden. 

Schliesslich  sind  hier  noch  die  durch  die  directe  Einwirkung  des 
Cjangases  auf  organische  Basen  entstehenden  basischen  Derivate  zu  er- 
wähnen. Diese  von  Hofmann  entdeckten  Verbindungen  entstehen 
dbrch  directe  Vereinigung  der  Basen  mit  den  Elementen  des  Cyans: 

-  Phenylamin  Cyanphenylamin 

C14H9N       -}-     CjN  =  CigfTgNa 

Tolylamin  Cyantolylamin     I  _, 

)  Hof  mann« 

Cumylamin  Cyancumylamin 

^M**18  "3      M      2  Cj N  =  Cso  "18 ^6 

Melanilin  Bicyanmelanilin 

CgeHjiNO«  +  2C,N  =  C40HJ1N8O6     Anderson. 

Codein  Bicyancodein 

Die  Constitution  dieser  Verbindungen  ist  zweifelhaft.  Zu  bemer- 
ken ist,  dass  das  Cyan  in  diesen  Körpern  dem  Einflüsse  der  Alkalien 
widersteht,  während  es  unter  der  Einwirkung  der  Säuren  in  der  Form 
von  Ammoniak  und  Oxalsäure  austritt,  welche  letztere  sich  in  der  Ke- 
gel mit  der  reproducirten  Base  zu  amidartigen  Verbindungen  ver- 
einigt. 

Im  Vorhergehenden  ist  bereits  erwähnt  worden,  dass  die  Alde- 
hyde im  Stande  sind,  Cyanwasserstoflsäure  zu  assimiliren  und  in  basi- 
sche Verbindungen  überzugehen.  In  ähnlicher  Weise  hat  man  gefun- 
den, dass  einige  Basen  unter  Aufnahme  von  Cyanwasserstoffsänre  sich 
in  neue  Basen  verwandeln,  welche  den  oben  erwähnten,  durch  Auf- 
nahme der  Elemente  des  Cyans  gebildeten,  nahe  zu  stehen  scheinen. 
Hierher  gehören  das  Hydrocyanharmalin  und  das  Hydrocyannitrohar- 
malin 


734  Basen,  organische* 

Harmaün  HydrocjanharmaliD       >  Fritzsche. 

C»(His>N04)N,0,  -f  HC,N  =  QisCHu.NOjNsoJ 
Nitroharmalin  HydrocjaanitrohArinaliii. 

UnterBuchungsweiäe  der  organischen  Basen. 

Die  Elementar  -  Analyse  dieser  Körper  bietet  keine  Schwierigkd- 
ten.  Die  Kohlenstoffbestimmong  erheischt  wegen  des  betrftchtUdieB 
Stickstoffgehaltes  stets  eine  ansehnliche  Lage  frisch  redncirter  Knpfer- 
drehspähne«  Was  die  Stickstoff  bestimm  ang  anlangt,  so  verdient  be- 
merkt zu  werden,  dass  sie  nicht  immer  nach  dem  Verfahren  von  Yar* 
rentrapp  and  Will  ausgeführt  werden  kann,  selbst  wenn  man  es 
nicht  mit  Nitrobasen  zu  thun  hat.  Viele  Basen  besonders  die  flöchti- 
gen  sauerstofifreien  entstehen,  wie  in  dem  vorhergehenden  Abschnitt 
gezeigt  worden  ist,  doroh  die  Einwirkung  der  Alkalihydrate  bei  hoher 
l^emperatur  auf  die  coroplicirteren,  namentlich  auf  die  natärlich  vorkom- 
menden Alkaloide.  Bei  dem  Glühen  solcher  Verbindungen  mit  Natron- 
Kalk  entwickelt  sich  daher  oh  nur  ein  Theil  des  Stickstoffs  als  Ammo* 
niak ,  während  andere  flüchtige  Basen  nebenbei  gebildet  werden.  Dss 
Fhenylamin  z.  B.  zerlegt  sich  nur  unvollkommen,  selbst  wenn  man  es 
über  eine  mehrere  Fuss  lange  Schicht  glühenden  Natron-Kalks  treibt 
In  vielen  Fällen  lässt  sich  aber,  trotz  dieses  Uebelstandes,  der  Stickstoff 
dennoch  nach  Varren trapp  und  Will's  Methode  bestimmen,  wenn 
man  die  chlorwasserstoffsaure  Lösung  des  beim  Glühen  mit  Natron-Kalk 
gebildeten  Ammoniaks  und  der  es  begleitenden  Basen  auf  dem  Wasser- 
bade zur  Trockne  verdampft,  und  den  mit  Platinchlorid  digerirten  Buck- 
stand mit  Aether,  dem  etwas  absoluter  Alkohol  beigemischt  ist,  aus- 
wäscht. Man  erhält  auf  diese  Weise  ein  Gemenge  von  Platin-Salmiak 
mit  den  Platinsalzen  der  vorhandenen  übrigen  Basen,  und  da  letz- 
tere fast  immer,  wie  der  Platin-Salmiak,  Platin  und  Stickstoff  im  Ver- 
hältniss  gleicher  Aequivalente  enthalten,  so  braucht  man  das  Gemenge 
nur  zu  glühen,  und  aus  dem  rückständigen  Platin  den  Stickstoff  auf  dis 
gewöhnliche  Weise  zu  berechnen.  Die  Zuverlässigkeit  dieser  Blethods 
ist  natürlich  von  dem  Grade  der  Unlöslichkeit  des  Platinsalzes  in  Aether 
Weingeist  abhängig.  Bei  der  Analyse  der  Phenylaminverbindnngen 
erhält  man  genaue  Resultate,  wenn  man,  statt  des  gewöhnlichen  Aether- 
Weingeistes,  absoluten  Aether  anwendet,  dem  ein  Paar  Tropfen  absolu- 
ten Alkohols  zugesetzt  worden  sind  (Hof mann).  Im  Allgemeinen  ist 
aber  doch  in  solchen  Fällen  die  Stickstofil>estimmung  nach  der  Do- 
rn as'schen  Methode  vorzuziehen. 

Zur  Aequivalentbestimmung  der  organischen  Basen  kann  jedei 
scharf  charakterisirte  Salz  dienen,  dessen  Säure  mit  Sicherheit  and 
Leichtigkeit  bestimmt  werden  kann.  Die  Salze  der  Chlorwasserstoff- 
säure, der  Brom-,  Jod-  und  selbst  der  Bhodan wasserstoffsäure,  so- 
wie der  Schwefelsäure  und  Oxalsäure  sind  hierzu  in  Anwendung  ge- 
kommen. Diese  Methoden  sind  aber  nicht  selten  unsicher,  weil  man  oft 
schwer  über  den  Neutralitätsznstand  eines  Salzes  zu  klarer  Entschei- 
dung gelangt,  indem  viele  ja  die  Mehrzahl  der  Salze  der  organischen 
Basen,  welche  ihrer  Constitution  nach  als  neutrale  Verbindongen  be- 
trachtet werden  müssen,  sauer  reagiren. 


Basen,  organische.  735 

Unter  diesen  Umständen  geben  die  im  Eingang  dieses  Artikels 
erwähnten  Doppelverbindungen,  welche  die  chlorwasserstofisanren  8alze 
der  organischen  Basen  mit  Platinchlorid  bilden,  ein  Tortreffliches  Mit- 
tel zur  Bestimmung  des  Aequivalentes  ab.  Diese  Verbindungen  hinter- 
lassen nach  dem  Glühen  metallisches  Platin,  aus  dessen  Menge  sich 
leicht  das  Aequivalent  des  Doppelaalzes  berechnen  lässt  Wird  hier- 
von das  Aequivalent  der  ChlorwasserstofTsäure  und  des  Platinchlorids 
abgezogen,  so  erhält  man  das  Aequivalent  der  organischen  Base,  d.  h. 
die  Summe  der  Aeqnivalente  ihrer  Bestandtheile.  Es  hinterliessen  z.  B. 
0,748  Grro.  Strychnin -Platinchlorid  0,1365  Grm.  Platin.  Wenn  man 
hierana  berechnet ,  in  wieviel  Doppelsalz  1  Aeq.  =  ^8,7  Platin  ent- 
halten ist,  80  gelangt  man  zu  der  Zahl  540,78,  welche  das  Gewicht 
▼on  1  Aeq.  Chlorwasserstoffsäure -Strychnin -Platinchlorid  ausdrückt. 
Zieht  man  von  dieser  Zahl  ab  die  Summe  der  Aeqnivalente  der  Chlor- 
wasserstofisäure  und  des  Platinchlorids  36,5  -|-  169,7  =  206,2,  so  er- 
hält man  die  Zahl  334,58  und  damit  das  Gewicht  von  1  Aeq.  Strych- 
nin (Liebig). 

Die  Verbindungen  der  chlorwasserstoffsauren  Salze  der  organi- 
schen Basen  mit  Goldchlorid  eignen  sich  ebenfalls  vortrefflich  zur 
Aequivalentbestimmung.  Manche  dieser  Verbindungen  lassen  sich  aus 
Aether  amkrystaUisiren  und  können  somit  in  hohem  Grade  rein  erhalten 
werden.  Die  Analyse  der  Goldverbindangen  ist  besonders  zu  empfeh- 
len, wenn  die  zu  untersuchende  Base  mit  kleinen  Mengen  Ammoniak 
▼emnreinigt  ist,  ein  Fall,  der  nicht  selten  vorkommt.  Das  losliche 
Chlorammonium  -  Goldchlorid  lässt  sich  mit  Leichtigkeit  von  dem  in 
der  Regel  schwerlöslichen  Goldsalze  der  organischen  Base  entweder 
darch  Waschen  oder  durch ümkrystallisiren  des  Salzes  entfernen  (Hof- 
mann). Seltener  sind  Palladium  Verbindungen,  Kadmium-  und  Queck- 
ailbersalze  zur  Aequivalentbestimmung  benutzt  worden. 

Unter  den  Mitteln,  welche  dem  Chemiker  zu  Gebote  stehen,  um 
fiber  die  Constitution  einer  Base  Aufschluss  zu  erhalten,  verdient  be- 
sonders die  Behandlmig  der  in  Frage  stehenden  Verbindung  mit  Jod- 
methyl, oder  mit  Jodäthyl,  oder  mit  den  entsprechenden  Bromverbin- 
düngen  hervorgehoben  zu  werden.  Indem  man  durch  geeignete  Be- 
handlung der  Base  mit  diesen  Agentien  feststellt,  wie  viele  Aequiva- 
lente  Methyl  oder  Aethyl  sie  zu  fixiren  vermag,  erhält  man  sogleich  einen 
sicheren  Anhaltspunkt  für  die  Beurtheilung  des  Sabstitutionsgrades  der 
Baae;  man  entscheidet,  ob  die  Base  eine  primäre,  eine  secundäre  oder 
tertiäre  AroinbaSe  ist.  Eine  primäre  Aminbase  wird  unter  diesen  Um- 
ständen 3  Aeq.  Aethyl,  eine  secundäre  2  Aeq.,  eine  tertiäre  1  Aeq. 
fixiren,  eine  dem  Ammoniumoxydhydrat  entsprechende  Base  verändert 
sich  unter  dem  Einfluss  dieser  Agentien  nicht  mehr  (Hof mann). 

Diese  Methode  hat  bereits  wichtige  Aufschlüsse  über  die  Stellung 
verschiedener  Basen  geliefert;  die  auf  den  vorstehenden  Blättern  ver- 
suchte Gruppirung  der  organischen  Basen  ist  in  der  That  vorzugs- 
weise durch  das  Verhalten  der  Basen  gegen  die  JodQre  und  Bromüre 
der  Alkoholradicale  begründet. 

Unter  den  basischen  Verbindungen,  welche  in  der  Häringslake  vor- 
kommen, findet  sich  eine,  deren  Analyse  Wert  he  im  zu  der  Formel 
CeffgN  leitete.  Wertheim,  ganz  naturgemäss,  betrachtete  diese  Ver- 
bindung als  die  dem  damals  nd^h  unbekannten  Propyl-Alkohol  zuge- 
hörige primäre  Aminbase,  als  Propylamin : 


736  Basen,  organische. 

Q**?!  ai p  11  M 

H 

Bei  der  Behandlung  mit  Jodmethyl  zeigte  es  sich  aber,  dass  die 
gedachte  Verbindung  nur  1  Aeq.  Methyl  zu  fixiren  im  Stande  ist,  dau 
sie  hierdurch  alsbald  in  eine  dem  Ammoniumoxydhydrat  entsprechende 
Base  übergeführt  wird.  Aus  diesem  Verhalten  ergab  sich  ganz  un- 
zweideutig, dass  die  Wert  heim 'sehe  Base  nichts  anderes  als  Tri- 
methylamin, 

Ca  Hg  /  IT  ^=  Cß  Ä9  Tf^ 
C2XX3) 

ist,  in  jeder  Beziehung  identisch  mit  der  durch  directe  Einwirkung 
des  Jodmethyls  auf  Ammoniak  erhaltenen  Base  (Winkles). 

Ebenso  hat  man  durch  ähnliches  Verfahren  ermittelt,  dass  die  von 
Gössmann  durch  Einwirkung  des  Natron-Kalks  auf  die  Verbindong 
des  schwefligsauren  Ammoniaks  mit  Aldehyd  dargestellte,  von  ihm  an- 
fangs für  Aethylamin  gehaltene  Base  nichts  anderes  als  Bimethylamin 
ist  (Petersen): 

H  H 

Das  Verhalten  zum  Jodäthyl  charakterisirt  das  Anilin  und  die 
ihm  homologen  Basen  als  primäre  Aminbasen,  das  Leucolin  als  ter- 
tiäre Aminbase  (Hofmann).  Die  Basen  der  Pyridinreihe  wurden 
auf  dieselbe  Weise  als  tertiäre  Aminbasen  erkannt  (Anderson),  zu 
derselben  Gruppe  gehören  nach  neuesten  Versuchen  die  Thialdine 
(Hofmann)  und  das  Furfurin  (Davidson). 

Auch  auf  die  natürlichen  Basen  ausgedehnt,  hat  diese  Cntersn- 
chungsmethode  bereits  Früchte  getragen.  Das  Coniin  hat  sich  als  se- 
cundäre,  das  Nicotin  als  tertiäre  Aminbase  erwiesen  (Planta-Bei- 
chenau  u.  Keknlä). 

Codein  und  Morphin  sind  tertiäre  Aminbasen  (How),  Chinin 
(Strecker),  Cinchonin,  Chinidin  (Stahlschmidt),  Brucin  (Gnn- 
ning)  und  Strychnin  (How)  sind  entweder  tertiäre  Aminbaaen  oder 
tertiäre  Diaminbasen.  Alle  diese  Alkaloide  verbinden  sich  direct  mit 
1  Aeq.  Jodmethyl  oder  Jodäthyl  zu  Salzen,  welche  bei  der  Behand- 
lung mit  Silberoxyd  dem  Ammoniumozydhydrat  entsprechende  Basen 
liefern.  ' 

Die  Einwirkung  der  Jodüre  und  Bromüre  der  Alkoholradicale  aof 
die  Basen  giebt,  wie  man  sieht,  die  sicherste  Auskunft  über  den  Gnd 
der  Substitution  einer  gegebenen  Verbindung,  allein  sie  lässt  uns  in 
Zweifel  über  die  Natur  der  substituirenden  Moleküle.  Die  Analyse 
und  Aequivalentbestimmung  des  Coniins  hatten  die  Formel  Ci^HuN 
festgestellt  Durch  Behandlung  mit  Jodäthyl  wurde  nachgewiesen,  dass 
die  Base  noch  2  Aeq.  Aethyl  fixirt,  um  in  eine  dem  Ammoniurooxyd- 
hydrat  entsprechende  Verbindung  überzugehen.    Dieser  Versuch  zeigt, 

dass  die  Constitution  des  Coniins  durch  die  Formel  ^  ^^^  ^^' 

gedrückt  ist.  Allein  er  giebt  uns  keinen  Aufschluss  über  die  Natur 
der  substituirenden  Moleküle.  Die  beiden  vertretenen  Wasserstoff- 
äquivalente  können  durch  ein  zweiatomiges  Molekül  CxeHxi  oder  durck 


Hof- 
mann. 


Basen,  organische.  737 

zwei  einatomige  Badicale  CsH?  oder  allgemein  durch  zwei  einatomige 
Badicale  CmHo  and  Ci0_ni  H^^n,  ersetzt  sein. 

Man  hat  viele  Versuche  gemacht,  die  Badicale  aus  den  organi- 
schen Basen  in  irgend  wie  erkennbarer  Form  zu  eliminiren.  Dies  ge- 
lingt theilweise  wenigstens  bei  den  Basen,  welche  dem  Ammoniumoxyd- 
hjdrat  entsprechen,  ohne  Schwierigkeit.  Das  Tetramethylammonium- 
oxjdhydrat  spaltet  sich  bei  der  Destillation  in  Trimethjlamin  und  Me- 
thylalkohol, das  Teträthyl-  und  das  Tetramylammoniumoxjdhydrat  lie- 
fern anter  denselben  Umständen  neben  Triäthjlarain  und  Triamjlamin, 
Aethylen  und  Amylen: 

(Ca »8)4  NO   BQ  =  CjH^     +     ^C^^tshjf 

Tetramethylammonium-     Methyl-  Trimethyl- 

oxydhydrat  alkohol  amin 

(C4 «5)4  NO. HO  =  C4H4         +    2HO  +  (C4H5)8N 

Teträthylammonium-    Aethylen  Triäthyli 

oxydhydrat  amin 

(Cio*fn)4NO.HO  =  C,oHio       +    2H0  +  (CioHiOsN 

Tetramylammonium-       Amyien  Triamyl- 

oxydhydrat  amin. 

Dagegen  haben  die  Versuche  zar  Beproducirung  der  Badicale 
ans  den  Aminbasen  bis  jetzt  nur  wenig  Erfolg  gehabt.  Die  einzige 
Beaction,  welche  hier  erwähnt  zu  werden  verdient,  aber  bis  jetzt  nur 
geringe  Besultate  geliefert  hat,  ist  die  von  Piria  für  die  zur  Bepro- 
dnction  der  Säoren  aus  den  neutralen  Amiden  vorgeschlagene  Be- 
handlung mit  salpetriger  Säure.  Damit  behandelt,  liefert  das  Phenyl- 
amin  Phenylalkohol  und  Stickstoff: 

01,85. H,N  +  NO,  =  CijHcO,  +  Nj  +  HO. 

Phenylamin  .  Phenylalkohol 

In  diesem  Process  erhält  man  aber  keinesweges  die  von  der 
Theorie  angedeutete  Menge  Phenylalkohol ;  eine  grosse  Menge  verwan- 
delt sich  unter  fortschreitender  Einwirkung  der  «alpetrigen  Säure  in 
Nitrophenyl-Alkohol  und  harzige  Producte.  Ebenso  liefert  das  Tolyl- 
amin  £ast  nor  Nitrocressyl- Alkohol;  Aethylamin  und  Amylamin  ver- 
wandeln sich  in  salpeterigsaures  Aethylund  Amyl.  In  allen  diesen 
Beactionen  entstehen  gleichzeitig  noch  andere  Producte  (Hofkann). 

Neuerdings  hat  es  sich  gezeigt,  dass  diese  Processe  eines  weite- 
ren Stodioms  bedürfen.  Es  müssen  offenbar  verschiedene  Phasen  un- 
terschieden werden.  In  der  ersten  scheint  sich  die  Base  anter  dem 
Einflasse  der  Säure  und  unter  Mitwirkung  der  Elemente  des  Wassers 
einfach  in  Alkohol  and  Ammoniak  umzusetzen,  welches  letztere  erst  in 
der  zweiten  Phase  durch  die  salpetrige  Säure  zerstört  wird.  So  lie- 
fert das  Phenylamin  in  dem  ersteren  Stadium  des  Processes  eine  nach- 
weisbare Menge  Ammoniak.  Das  Aethylanilin  aof  dieselbe  Weise  be- 
handelt, liefert  im  Anfang  der  Beaction  Aethylamin  (Matthiesen). 
Dieser  Gegenstand  bedarf  weiterer  Untersuchungen. 

Eine  gute  Methode  aufzufinden,  um  die  sabstituirenden  Moleküle 
aus  den  Basen  zu  eliminiren,  ist  die  Aufgabe  unserer  Zeit  Mit  ei- 
nem solchen  Mittel  zu  seiner  Verfügung,  wird  es  dem  Chemiker  nicht 

Haodwtetarbiidi  der  Gbemie.    2ta  Aafl.  Bd.  IL  47 


1 

73B  Basen,  organische* 

schwer  fallen»,  selbftt  die  eomplicirtesten  Pflanxenalkaloide  in  ihre  Com- 
posanten  zu  zerlegen.  Die  Constmction '  dieser  Verbindongen ,  welche 
noch  imnier  in  Dunkel  gehüllt  ist,  wird  alsdann  klar  und  durchsichtig 
werden,  wie  die  Constitution  der  Methyl-  und  Aethylbasen,  und  ihre 
künstliche  Darstellung  kann  dann  nicht  lange  mehr  auf  sich  wartm 
lassen. 

Anhang. 

Phosphor-,  Arsen-  und  Antimon-ßasen- 

An  die  oben  abgehandelten  stickstoffhaltigen  basischen  Verbin- 
dungen schliessen  sich  naturgemäss  eine  Reihe  von  Körpern  an,  die 
Phosphor,  Arsen  und  Antimon  an  der  Stelle  des  Stickstoffs  enthalten 
und  ia  ihrer  Constitution  sowohl,  als  in  ihrem  chemischen  Verhaheo 
überhaupt  die  grösste  Aehnlichkeit  mit  ■  den  analogen  Stickstotfverbio- 
dungen  zeigen. 

So  wie  man  sämmtliche  genauer  gekannte  Verbindungen  der  vor- 
hergehenden Classe  ihrer  Zusammensetzung  nach  von  dem  Ammoniak 
oder  dem  Ammoniumoxydhydrat  ableiten  kanut  so  lassen  sich  auch  die 
hier  zu  erwähnenden  Verbindungen  auf  die  dem  Ammoniak  entspre* 
chenden  Hydrüre  des  Phosphors,  Arsens  und  Antimons  und  die  hypo- 
thetischen Analoga  des  Ammoniums  zurückführen.  Man  kann  dem- 
nach für  diese  Classe  von  Verbindungen  folgende  allgemeioe  Formeb 
aufstellen: 

B>  P    entsprechend  dem  Phosphorwasserstoff  =  H^  P 
C'  H' 

A>  Hj 

B/  As  entsprechend  dem  Arsenwasserstoff        =  H>  As 
C'  W 

A.  H)      - 

B?  Sb  entsprechend  dem  Antiroonwasserstoff   =  H)  Sb. 
C>  H' 

Dem  Typus  Ammonium oxydhydrat  entsprechend: 

P.A,B,C,Djo^     As.A,B,C,Djo^  ^^^  Sb.A.B.CDj^^ 

Vergleicht  man  die  den  Phosphor-,  Arsen-  und  AntimonverbiB- 
dangen  zu  Grunde  gelegten  Primärverbindongen  mit  der  entsprechen- 
den StickstoflfVerbindung,  mit  dem  Ammoniak,  so  lässt  sich  nur  beim 
Phosphorwasserstoff,  welcher  Verbindungen  mit  JodwasserstoAanre, 
Bromwasserstoffs&ure  und  einigen  Chloriden  eingeht,  Aehnücbkeit  de« 
chemischen  Verhaltens  wahrnehmen,  während  Ammoniak  mit  Arsea- 
oder  Antimonwasserstoff,  ausser  der  correspondirenden  ZosanunensetzuBg* 
fast  nichts  gemein  hat. 

Dieser  Mangel  an  Aehnlichkeit  verschwindet  aber  m  den  Denvs- 
ten,  welche  als  aus  diesen  Hydrüren  dureh  Sabstitation  von  Aikohol- 
radicalen  für  den  Wasserstoff  hervorgegangen  betrachtet  werden  k^- 
nen,  und  die  merkwürdige  Thatsache,  dass  durch  Einführang  von  Al- 
koholradicalen  in  den  Typus  Ammoniak  die  Baeictt&t  gesteigert  wirdf 
and  dass  sogar  die  Constniction  von  bestindigen  Verbindongea  asch 
d^r  Fonn  Ammoniumoxydhydrat  gelingt,  weiches  letztere  für  sich  noofa 


Baseti,  organische«  789 

nicht  isolirtMir  ist,  findet  aoch  in  der  Phosphor»^  Arsen-  und  Antimon- 
reiihe  ihre  Bethfttignng. 

EHe  kaum  entwickelten  boflischen  Eigenschaften  des  Phosphor-^ 
trasserstoffs  werden  durch  die  Siibsdiiition  des  Kfethyls  oder  Aethyls  f Or 
den  Wasserstoff  in  der  Weise  potenzirt,  dass  wir  Verbindungen  »- 
halten,  die  mit  Ausnahme  der  Reaction  auf  Liackmuspapier,  alle  cha- 
rakteristischen Eigenschaften  einer  starken  Base  besitzen,  wriche  sich 
besonders  in  der  Bildung  wohl  charakterisirter  Salze  und  Platindoppel- 
salze kund  geben. 

Die  von  dem  Arsen-  und  Antimon  Wasserstoff  abgeleiteten  trimethy- 
lirten  und  triäthylirten  Derivate,  welche  der  Constitution  und  Bildung 
nach  den  entsprechenden  Phosphorverbindungen  durchaus  ähnlich  sind, 
weichen  in  ihrem  chemischen  Verhalten  von  letzteren  mehrfach  ab,  in- 
sofern  es  bis  jetzt  noch  nicht  gelungen  ist,  die  den  Ammoniaksalzen 
entsprechenden  Verbindungen  derselben  darzustellen. 

Bei  einem  weiteren  Vergleich  der  Stickstoff-,  Phosphor-,  Arsen- 
nnd  Antimonbasen  finden  wir,  dass  von  den  Stickstoffverbindungen  auf- 
wärts steigend,  sich  eine  Zunahme  des  elektropositiven  Charakters  gel- 
tend macht,  der  in  dem  Triäthylstibin  seine  grösste  Intensit&t  erreicht. 
Während  z.B.  das  Trimethylamin  und  Triathylamin  unfähig  sind,  sich 
mit  Sauerstoff,  Chlor  oder  Jod  direct  zu  vereinigen,  finden  wir  bei  den 
entsprechenden  Phosphor-,  Arsen-  und  Antimon  Verbindungen  eine  so. 
grosse  Affinität  für  diese  Elemente  entwickelt,  dass  die  Vereinigung 
schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  zum  Theil  sogar  unter  explosion- 
artiger Licht-  und  Wärmeentwickelung  vor  sich  geht.  Diese  letztere. 
Kigenschaft  mag  als  eine  der  wichtigsten  Unterscheidungsmerkmale  für 
die  Stickstoffbasen  einerseits  und  die  Phosphor-,  Arsen-  und  Antimon- 
hasen andererseits  angesehen  werden,  und  dürfte  wohl  der  Hauptgrund 
sein,  dass  die  beiden  letzteren  directe  Verbindungen  mit  Säuren  nicht 
eingehen,  sondern  dieselben  unter  Assimilation  des  elektronegativen 
Elements  zersetzen. 

Die  Phosphorbasen  haben,  wie  bereits  erwähnt,  die  Fähigkeit,  sich 
mit  den  Säuren  direct  zu  Salzen  zu  verbinden,  und  es  bilden  diesel- 
ben daher  ihrem  chemischen  Verhalten  nach  den  Uebergang  von  den 
Stickstoffbasen  zo  den  Arsen-  und  Antimonbasen.  . 

Noch  mehr  verschwinden  die  Verschiedenheiten  in  den  Verbin- 
dungen, welche  dem  Typus  Ammoniumoxydhydrat  entsprechen;  hier 
lässt  sich  in  der  That  die  Analogie  der  Basen  selbst  sowohl,  als  auch 
'  ihrer  Salze  nach  fast  allen  Richtungen  verfolgen,  und  es  muss  überra- 
schen, so  unähnliehe  Körper  wie  Stickstoff,  Phosphor,  Arsen  und  Anti- 
mon in  Verbindungen  fungiren  zu  sehen,  welche  sich  ihren  chemischen 
Eigenschaften  nach  kaum  von  einander  unterscheiden  lassen  ^). 

*)  Unter  dem  Einflnss  der  WKrme  beobachtet  man  indessen  eine  auffallende  Verschie- 
denheit zwischen  den  Ammonium-  nnd  Phosphoninmverbindungen.  TetrKthjlammo- 
ninmoxydhjdrat  rerwandelt  sich  bei  der  Destillation  in  TriSthjlamin  nnd  Aethj- 
len,  während  TetrKthylphosphoninmoxydhydrat ,  TriKthylphosphinoxjd  und  Aethjl- 
wasaerstoff  liefert: 

Tetritbylammoninmozjdhydrat         TriKthylamin         Aethylen 

Tetmthylphosphoninmoxyd-    TriKthylphosphin-     AethylwasserstofT. 
hydrat  oxyd 

47* 


740    ^  Basen,  org£^ische. 

Von  den  Phosphor*,  Arsen-  und  Antimonbasen  kennt  man  bis  j«lit 
dem  Typui  Ammoniak  angehörend  nur  solche,  die  der  Classe  der  Ut- 
tiären  Aminbasen  entsprechen;  die  den  prim&ren  und  second&ren  AratD- 
basen  correspondirenden  Körper  hat  man  bis  jetet  noch  nieht  dar- 
gestellt. 

Ausführlicher  untersucht  sind  bis  jetzt  folgende: 

Phosphorreihe 

f  den  tertiären  Aminbasen  entsprechend: 

C,  Hs  )  P.Th^nsrd, 

Trimethylphopphin  .    .  Q  H9  P         —  C,  Hj  ( P-  Hofmaono. 

C3  Hg  )  Cahours. 

C4  H5  ]  HofmaoD 

Tri&thylphosphin .    .    .  CiAsP        =€485)?.  o. 

C4  H5  j  Cahoars. 

Dem  Ammoniumoxydhydrat  entsprechend  ^): 

Tetramethylphospho-  P  rp  U  ^  1 

niumoxydhydrat    .    .  Cg  «igPO,  -=  »'HWg»;4   o,.  ÄB.C 

Trimethyläthylphospho-  U  rr  U  \^  r  U      1 

niumoxydhydrat    .    .  CioHisPO«    =r        *'.l.'-«n8;8.i-4n5      o,.  ÄÜ.C 

Trimethylamylphospho-  V  rr*  U  ^    r   n.     i 

niumoxydhydrat    .    .  CieHaiPO,   =       *'-^^2»8)3.^io»ii  jo,.  Äu.C 

Tetr&thylphosphoninm-  P  rP  tt  ^  ) 

oxydhydrat    .    .    .    .  CieHjiPOa  =  *^-^^*g»^M  O,.  Ä  aC 

Methyltriäthylphospho-  n  n  U    rr«  II  ^  1 

niumoxydhydrat    .    .  CuHisPO«  =  *^-'"2"»-^^*g'^^»|0jr.  Än.r. 

Triäthylamylphospho-  n  m  u  \    n   u      1 

niumoxydhydrat    .    .  C^H^tPO,   =       *'l'-4«6;8.^io«u  /  q^^  jy,„.ß 

Triäthylbromäthylenphos-  p  rP  tt  ^    rr  U  U^^') 

phoniumoxydhydrat  CeHjoBrPOj  =  *^'^^^*^^^'^^^*^^^^>  io,.  E 

Triäthylvinylphospho-  n  /p  ii  ^    p  u      i 

niumoxydhydrat     .    .CißHi^PO,  =        *^V^4"ft>3-^4«3    |  o,.  Ä 

Arsenreihe 

den  tertiären  Aminbasen  entsprechend: 

C4  {{5  I  Landolt, 

,  Triäthylarsin    ....  CisHisAs       r=:  C4  H5  I  As.  Cahoars  0. 

(Ars«ntri»thyl.)  C4  H5  )  Richc 

Dem  Ammoniumoxydhydrat  entsprechend: 

Tetramethylarsonium-  .     /p  il  ^  } 

oxydhydrat    .    v   .    .  C»  HigAsO,  =  *^-^^g»^M  O,.  C  u.a. 

(Anenmetbyliamoxydhydrat.)  ' 


*)  Abktlniiiigen  der  Namen  der  Beobachter:    B.  Berle;    C,  Cahoars;    B,  HotatfOi 
L.  Landolt;     fi.  Riche. 


Basen,  organische.  ^    741 

rtr*thyla«omnmoxyd-  A*.(C,H,)J  ^     L^  C. 

hjdrat ^len^i  A»  Uj  =  Hl     ^'  a.  Ä. 

'(Anenäthjliamozj'dhydrat.) 

inethylbiäthylaMo-  A8.(CH,),.(C,H,),|  o,   C  «  Ä 

(Arsenmetb/Ulth/liiunozydhjdrst.) 

niamoxydhydrat    .    .  0241139^803  =r  u       i  ^2-  ^'  "•  ■**• 

(ArsenmethylamyUumoxjdhjdrat.) 

Antimonreihe 

den  tertiären  Aminbasen  entsprechend: 

Cg  Hg  j 

rimethylstibin      .    .    .  C«  H9  Sb     =  C9  Hg  |  S^.  Landolt. 

(Stibtrimethyl.)  Cj  H3   ) 

C4  H5  J  Low  ig 

riiUhylstibin     ....  Ci2Hi5Sb     =  C4  Hß  |  8b.  u. 

(Stibtriäthyl.)  C4  H5  )  Schweitzer. 

Dem  Ammonium   entsprechend: 

etramethylstibonium-  fi.K   rP   U    ^  ] 

oxydhydrat  .    .    .    .  C«  H^aSbO,  =  ^^^  •  ^^«  ^     * r^«- ^• 

(Stibmetbylmmoxydbydrmt.)  *     . 

'etrithylstibonium-  «l'k  rP  tl   ^  1 

oxydhydrat    ....  CieHaiSbO^  =  »O-CW  «5  ^4    q^.  L. 

(StibEtbyHnmoxydhydrat.)  "        ' 

'etramylstiboniiim-  9a.  tr    H    ^  ) 

oxydhydrat   .    .    .    .  C^H^SbO,  =  '^•'^^'•J"^«   O».  Ä 

(Stibamyliumoxydbydrat.)  ' 

Bildlingsweisen  der  Phosphor-,  Arsen-  und  Antimon- 
basen. 

Es  ist  bis  jetzt  noch  nicht  gelungen,  diese  Basen  durch  directe 
Substitution  aus  den  Hydrüren  des  Phosphors,  Arsens  oder  Antimons 
darzustellen.  Die  bis  jetzt  angewendeten  Methoden  gehen  darauf  hin- 
aus, entweder  eine  Metallverbindung  des  Phosphors,  Arsens  oder  Anti- 
mons mit  der  Jod-,  Chlor-  oder  Bromverbindung  eines  Alkoholradicals, 
oder  aber  die  Metall  Verbindung  eines  Alkoholradicals  mit  den  Jodüren, 
Bromören  oder  Chlorüren  des  Phosphors,  Arsens  oder  Antimons  zusam- 
men zu  bringen. 

Im  ersten  Fall  wendet  man  gewöhnlich  die  Verbindungen  des  Ka- 
Homs  oder  Natriums  mit  Phosphor,  Arsen  oder  Antimon  an,  imd  nach 
dieser  Weise  haben  zuerst  P.  Th^nard  das  Trimethylphospbin, 

CaaPO  +  SCaHjGl    =  3  Ca€l  +  ^^^^ 

Chlorraethyl  Trimethylphospbin, 

Landolt  das  Trimethylstibin  (Stibtrimethyl) 

NaaSb      +    aC^HsI     =    3Nal    +  CeHoSb 

Jodmethyl  Trimethylphosphin,  , 


742  ^       •  Basen,  organische. 

L5wig  und  Sohweitzer  das  Triäthyhtibin  (Stibttialhyl) 

Na^Sb     +    8C4H5J     =  8NaI    +  fia  BisSb 

Jod&thyl  Triäthjlatibin, 

Landolt,  Cahours  u.  Riebe  das  Triäthylarsin  (Arsentriäthyl) 
-Na^As     +£C4H6J       =  3Nal    +  ClaHijAs 

Jodätbyl  Triätbylarsio, 

dargestellt 

Im  zweiten  Fall  wendet  man  die  Verbindung  von  Alkoholr^ca- 
len  mit  Zink  an ;  auf  diesem  Wege  sind  namentlich  die  Phosphine  er- 
halten worden  (Hof mann  und  Cahours): 

SCjHsZn     -f-PGlg  =  SZnGl-f-CeHaP 
Zinkmethyl  Trimethylphospbin, 

3C4H6Zn  ^-f-  PGls  =  3Zn6l  +  CijHisP 
Zinkäthyl  Triäthylphosphin. 

Auch  die  Arsine  und  Stibine  lassen  sich  auf  diese  Weise  dar* 
stellen  (Hof mann): 

3C4H5Zn  -f  A8€l8=  3ZnGl  +  Ci,HuAs 
Zinkäthyl  Triäthylarsin. 

3C4H5Zn  -f  SbGla  =  3Zn€l  -f-  Ci.HijSb 
Zinkäthyl  Triäthylstibin. 

Diese  letztere  Methode  bietet  trotz  der  umständlichen  Bereitung 
der  Zink-Alkoholradicale  viele  Vorzüge  vor  der  vorhergehenden  und 
dürfte  dieser  daher  in  den  meisten  Fällen  vorzuziehen  sein. 

Um  aus  den  nach  obigen  Methoden  dargestellten,  sämmtlich  dem 
Typus  der  tertiären  Aminbasen  angehörenden  Verbindungen,  die  Körper 
des  Typus  Ammoniumoxydhydrat  zu  erhalten,  verfährt  man  in  gani 
ähnlicher  Weise  wie  bei  den  entsprechenden  Stickstoffverbinduagen  und 
bringt  demnach  am  zweckmässigsten  die  freien  Basen  mit  der  Jod-  oder 
Bromverbindung  des  hinzuzufügenden  Radicals  in  Berührung,  worauf 
schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  eine  äusserst  heftige,  sich  zuwei- 
len bis  zur  Explosion  steigernde  Reaction  eintritt;  auf  diese  Weise  er- 
hält man  die  Jod-  oder  Bromverbindungen  des  Tetraphosphoniums 
(Cahours  und  Hofmann),  des  Tetrarsoniums  (Landolt,  Cahours 
und  Riebe)  und  des  Tetrastibon iums  (Landolt). 

Die  Arsoniumverbindungen  lassen  sich  ferner  auch  durch^  die  Ein- 
wirkung von  Jodmethyl,  Jodäthyl  und  Jodamyl  auf  Kakodyl  erhalten, 
indem  gleichzeitig  Jod  kakodyl  gebildet  wird : 

2^(C5^Hj)aA^ +^^^  +  (Cj^^^jAsIl 

Kakodyl       Jodmethyl    Jodtetramethyl-  JodkakodylJ. 

arsonium  (   ^ 

Kakodyl  Jodäthyl       Jodbimethylbiäthyl-  Jodkakodyl.l  che. 

arsonium  / 

Aus  den  Jod-  und  Brom  Verbindungen  des  Phosphoniums,  Afi^o- 
niums  und  Stiboninms  lassen  sich  die  Oxydhydrate,  wie  aus  den  ent- 


Basen,  organische.  ;  748 

aprechenden  AmmonittinverbhiduDgeii,  mit  Leichtigkeit  durch  Behand- 
Imig  mit  Silberoxyd  darstellen. 


Metallhaltige  Basen. 

An  die  in  den  vorstehenden  Paragraphen  abgehandelten  organi- 
schen Basen  reiht  sich  natiirgemäss  eine  Grappe  von  Verbindungen, 
welche  mit  den  letzteren  in  naher  Beziehung  stehen,  indem  sie  sich 
von  ihnen  nur  dadurch  unterscheiden,  dass  sie  an  der  Stelle  der  ver- 
tretenden organischen  Radicale  metallische  Elemente  enthalten.  In 
dem  Vorhergehenden  ist  das  Aethylamin  und  das  Phenylamin  als  Am- 
moniak charakterisirt  worden,  in  dem  1  Aeq.  Wasserstoff  durch  Aethyl 
und  Phenyl  vertreten  ist.  Denkt  man  sich  im  Ammoniak  an  der  Stelle 
des  Aethyls,  des  Phenyls  (R')  ein  metallisches  Element  (M)  so  erhält 
man  den  allgemeinen  Ausdruck  für  die  einfachste  Gruppe  der  metall- 
haltigen Basen: 

U )  BM  MM 

H   N,  H    N,  H  [N. 

H)  H )  H  ) 

Metallaminba sen  in  der  Form  wie  sie  die  letztere  Formel  cbarak-  - 
terisirt,  sind  bis  jetzt  nicht  bekannt,  das  Kaliumamid  KH^N,  das  Natrinm- 
amid  Natf^N,  das  Zinkamid  ZnH^N  sind  vollkommen  neutrale  Körper, 
welche  sieh  mit  den  Säuren,  wie  es  scheint,  nicht  verbinden  können. 
D&gegen  giebt  es  eine^Beihe  von  Verbindungen,  welche  dem  Ammo* 
nlumtypus  angehören,  in  denen  sich  Metallaminbasen  von  der  Form 
M'  H3  N  annehmen  lassen,  obwohl  es  bis  jetzt  noch  nicht  gelungen  ist, 
dieselben  daraus  abzusondern.  Die  Metalle,  welche  besonders  befähigt 
erscheinen,  sich  mit  den  Elementen  des  Ammoniaks  zu  solchen  Basen 
zu  vereinigen^  sind  fast  ausschliesslich  Glieder  der  Gruppe  der  Platin- 
metalle. Die  bis  jetzt  bekannten  hierhergehörigen  Körper  sind  die  Ver- 
bindungen des  Platammoniums,  des  Palladammoniums  und  des  Irid- 
aramoniums.  Diese  zusammengesetzten  Ammonium metalle  sind  bis  jetzt 
nur  in  ihren  Salzen  genauer  erforscht,  selbst  die  Oxydhydrate  sind  nur 
anvollkommen  bekannt: 

Platammoniumchlorür  N  (Pt  Hg)  Gl         J  |>   . 

Platammoniumoxydhydrat      N  (Pt  Hg)  O .  H  O  j  ^®  ^  *  ® '^^ 
Palladammoniumchlorür         N  (Pd  Ha)  Gl         )  „  \f  't  1 1 

Palladammoniumoxydhydrat  N(PdH3)0.  HO  j  '^"^^  ^"**®^' 
Iridammoniumchlorür  N  (Ir  Ha) Gl  I  Sk   b  1' k 

Iridammoniumoxydhydrat       NCIrHajO.HO) 

Die  zu  dieser  Gruppe  gehörigen  Verbindungen  bilden  sich  durch 
die  Einwirkung  des  Ammoniaks  auf  das  Chlorür  (überhaupt  auf  Oxy- 
dnlsalze)  des  Platins,  des  Palladiums  und  Iridiums.  Vermischt  man 
eine  Auflösung  dieser  Chlortire  mit  kaustischem  oder  kohlensaurem 
Ammoniak,  so  erhält  man  einen  krystallinischen  unter  dem  Mikroskop 
kleine  Prismen  zeigenden  Niederschlag,  der  beim  Platin  grün,  beim 
Palladium  rosenroth  ist  und  die  Zusammensetzung  von  Metallchlorür- 
Ammoniak  MGI.H3N  besitzt  Die  hierhergehörende  Platinverbindung 
PtGi.HaN  ist  das  bekannte  Magnus 'sehe  Salz.  Diese  Verbindun- 
gen liaben  die  merkwürdige  Eigenschaft,  entweder  Hir  sich  oder  in 
Berührung   mit  Ammoniak  oder  üxen  Alkalien  der  Wärme  ausgesetzt, 


744  Basen,  organisohe. 

in  Uomere  Körper,  ttbersagehen,  dm  farbio«  oder  gelb  ge&rbt  geiwohn- 
lich  in  Aggregaten  kleiner  Octaeder  krystallisiren  und  ohne  Zereetzmig 
in  verdünnten  Alkalien,  Säuren  und  in  Wasser  loslich  sind.  Diese  Salze 
sind  die  Chlorverbindungen  der  Metallammoniumbasen. 

Aus  den  Chlorverbindungen  lassen  sich  dorch  Behandlang  mit  den 
entsprechenden  Silbersalzen,  die  schwefelsauren,  salpetersauren  etc. 
Salze  darstellen;  endlich  können  die  Oxjdhydrate  durch  BehandloDg 
der  Chlorverbindungen  mit  Silberoxyd  oder  durch  Behandlung  der 
schwefelsauren  Salze  durch  Baryt  erhalten  werden. 

Behandelt  man  die  ChlorÜre  der  gedachten  Metalle,  statt  mit  Am- 
moniak, mit  Aminbasen,  so  erhält  man  substituirte,  den  angeführten  ana- 
loge, Verbindungen,  welche  indessen  bis  jetzt  noch  nicht  näher  unter* 
sucht  sind.     Die  dargestellten  Verbindungen  sind: 

Palladäthylamraoniumchlorür       N[Pd(C4  H5)H3]Gn  „  „.., 

Palladophenylammoniumchlorür  N[Pd(Ci3H5)Ha]Glj  "^^^  »lall«r. 

Aehnliche  Verbindungen  entstehen  auch  durch  Kochen  der  Platin* 
doppelsalze  gewisser  organischer  Basen,  so  liefert  z.  B.  die  tertiüre 
Aminbase  Pyridin  das  Platopyridylammoninmchlorür  N  [Pt  (Cio  H^y]  €1, 
welches  unter  Austreten  von  Chlor  in  ein  weiteres  Zersetzungsprodnct 
fibergeht  (Anderson). 

Die  Phosphor-,  Arsen*  und  Antimonbasen  bilden  eine  Reihe  ganz 
ähnlicher  Platinbasen,  deren  Verbindungen  mit  grosser  Leichtigkeit 
krystallisiren ;  bis  jetzt  sind  nur  die  Chlorüre  bekannt.  Erhitst  man 
die  alkoholische  Lösung  des  Triäthylphosphins ,  des  Triäthylarsini 
und  des  Triäthylstibins  mit  Platinchlorid,  so  entfärbt  sich  letztere§ 
und  die  neuen  Chlorüre  scheiden  sich  in  Krystallen  ans.  Untersackt 
sind  bis  jetzt  r 

Platotriäthylphosphoniumchlorür  P  .  [Pt(C4  {15)3]  €1 
Platotriäthylaraoniumchloriir         As . 
PlatotriäthylstiboniumchlorÖr        Sb. 

Das  Goldchlorid  bildet  mit  den  Phosphor-,  Arsen-  und  AntimonbS' 
sen  eine  ähnliche  Reihe  krystallisirter  farbloser  Verbindungen : 


Tt(C4H5)a]Gl>    Hof  mann. 

Tt(C4H5)8]€l^ 


Aurotriäthylphosphoniumchlorör  P .  [Au(C4  Hi)i 

[AU(C4H5)8] 


Gl 

Gl/   Hofmann. 


Aurotriäthylarsoniumchlorfir         As. 
Aurotriäthylstiboniumchlorttr        Sb .  [Au  (C4  H^y^]  Gl ! 

Die  Platinverbindungen  sowohl  wie  die  Goldverbindungen  entsle- 
hen  in  diesem  Falle  unter  gleichzeitiger  Bildung  der  BichlorOre  der 
Basen: 

3.P(C4H5)8   +  -iPtGl,   =   2.P[Pt(C4H5)8€l]  +  P.(C4H5)8€I, 

2 .  P  (C4  H5)3  +   Au  Gl»  =  P .  Au  (C4  Hj)»  Gl     4-  P .  (C4H5)3Gl,. 

Goldammoniumverbindungen  sind  bis  jetzt  nicht  bekannt  geworden; 
nach  neueren  noch  nicht  veröffentlichten  Versuchen  von  Hugo  Mül- 
ler exiBtiren  indessen  diese  Verbindungen  gleichfalls. 

Durch  die  Einwirkung  von  Agentien  entstehen  aus  den  beschrie- 
benen Metallamrooniumverbindungen  eine  Reihe  complicirterer  EnseBf 
deren  Constitution  weniger  durchsichtig  ist.  Behandelt  man  das  in 
siedendem  Wasser  vertheilte  Platammoniumchlorür  (N  .PtHgGl)  mit 
Chlor,  so  verwandelt  sich  das  blassgelbe  Salz  in  ein  glänzendes,  schwe- 
res citronengelbes  Pulver,  gleichfalls  aus  OctaSdem  bestehend.    Dieser 


Basen,  organische.  745 

neue  Körper  (NPiHgGls)  noterseheUet  sich  von  dem  ^»rhergehendeii 
nur  durch  einen  Mehrgehalt  von  1  Aeq.  Chlor  (Gerhardt): 

NFtHaGl. 

NPtMsGlj. 

Durch  anhaltendes  Kochen  dieser  Verbindung  mit  salpetersaurem 
Silber  lässt  sich  der  ganze  Chlorgehalt  entfernen,  es  entsteht  ein  salpo- 
tersaures  Salz,  aus  welchem  Ammoniak  kleine  gelbe,  glänzende,  schwer- 
lösliche Krjstalle  von  der  Znsammensetzung  NPtH5  04  (Gerhardt) 
abscheidet. 

Ueber  die  Constitution  dieser  Abkömmlinge  des  Platammonium- 
chlorürs  sind  die  Ansichten  der  Chemiker  getheilt;  während  Gerhardt 
dieselben  als  höhere  Chlor-  und  8ln.ueratoffverbindungen  des  Platammo- 
niunrifl  betrachtet: 

PlatammoniumbichlorÜr  (Pt  Hg  N)  Gl^^ 
Platammoniumbioxyd  (Pt  H»  N)  O.^  +  2  HO, 

ziehen  Andere  (Kolbe)  vor,  das  zweite  Aequivulent Chlor  und  Sauer- 
stoff in.  inniger  Verbindung  mit  dem  Platin  anzunehmen  und  diesen  V er- 
bindangen, dem  Platinchlorür  Pt  Gl  und  dem  Platinoxydul  Pt  O,  die 
Fähigkeit  zuzuschreiben,  ähnlich  wie  das  Platin  selbst  1  Aeq.  Wasser- 
stoff zu  vertreten.  Nach  dieser  Ansicht  kommen  also  diesen  Abkömm- 
lingen folgende  Formeln  zu: 

Chlorplatammoninmchlorur  [N  (Pt  €l)'  Hg]  Gl, 
Oxyplatammoniumoxyd  [N  (Pt  Oy  H«]0  -|-  2  HO. 

Die  letztere  An («chauungs weise,  welche  entfernt  die  Existenz  des 
Chlor-  und  Bromanilins  als  Analogie  anspricht,  sucht,  der  ersteren  ge- 
genüber, eine  Stütze  in  der  Thatsanhe,  dass  ein  Bichlorür  des  Ammo- 
niams,  NH4GI21  bis  jetzt  nicht  bekannt  ist,  und  dass  Silbersalze  direct 
nur  einen  Theil  des  Chlorgehalts  der  Chlorverbindung  (Grimm)  eli- 
miniren,  während  die  letzten  Antheile  Chlor  erst  durch  fortgesetztes 
Kochen  entfernt  werden.  Im  Sinne  dieser  Betrachtungsweise  denkbare 
Verbindungen : 

Chlorplatammoniumoxydhydrat  [N(Pt  G^'Hg]  O  .  HO  und 
.Oxyplatammoninmchlorür  [N  (Pt  O)'  Hg]  Gl, 

sind  bis  jetzt  nicht  dargestellt  worden. 

Den  betrachteten  Verbindungen  analog  zusammengesetzt  sind  viel- 
leicht die  durch  Kochen  der  Platindoppelsalze  des  Pyridins  und  Pico- 
lins  von  Anderson  erhaltenen  Metallaminkörper.  Je  nachdem  man 
die  eine  oder  die  andere  Ansicht  gelten  lässt,  gestalten  sich  diese  Ver- 
bindungen entweder  als 

Platopyridylammoniumbichlorür 
Platopicolylammoniumbichlorür 

oder  sie  müssen  als 


[N  Pf  (Cio  H5)'"]  GI2  und 
>Pf(Ci,H7)'-]€l2, 


Chlorplatopyridylammoniumchlorür  [N(PtGl)'(CioH5y"]6l  und 
Chlorplatopicolylammoniumchlorür  [N  (PtGl)'(Ci2  H?)'"]  Gl 

betrachtet  werden. 

Noch  verwickelter  ist  die  Constitution  einer  Reihe  von  Abkömm- 
lingen des  Platammoniumchlorürs,  welche  durch  die  fortgesetzte  Ein- 
wirkung des  Ammoniaks  entstehen. 

Lässt  man  dasFlataramonrunichlon'ir(Peyrone),  oder  einfacher  das 


746  Basen^  oigaubehe. 

isomere  Magnus'sche  Sal2  (Reiftet)  oder  geradem Ftatin^lorar  la- 
gere Zeit  bei  höherer  Temperatur  mit  Ammoniak  in  Baraknuig,  so  e^ 
hält  man  eine  farblose  Lösung,  aus  welcher  sich  bei  genügender  Gob- 
centration  prismatische  Krystalle  von  der  Zusammensetzung  PtH^N^Gl  ^ 
absetzen. 

Aus  diesen  von  Reiset  entdeckten  Chlorverbindungen  lässt  ucb 
durch  Silbersalze  eine  grosse  Reihe  von  Verbindungen  von  der  allge- 
meinen Formel  Vi  Hg  Nj  X  und  endlich  diu*ch  Behandlung  der  Chlor- 
verbindung mit  Silberoxyd,  oder  der  Schwef  elsäurcverbindung  mit  Baryt- 
hydrat, die  freie,  äusserst  kaustische,  krystallinische  Basis  PtH^N-jO  «HO 
gewinnen. 

Diese  Verbindungen  entsprechen  offenbar  den  organischen  Basen, 
welche  2  Aeq.  Stickstoff'  enthalten,  und  im  Vorhergehenden  Diamio- 
basen  genannt  worden  sind.  Die .  einfarhste  Interpretation  der  Ver- 
bindung PtH6N2  0.HO  ist  wohl  die,  dass  man  in  ihr  eine  von  i  Aeq. 
Ammoniak  abgeleitete  primäre  Diaminbase,  ein  Platodiamin  PtH^^N« 
annimmt,  welches  durch  Aufnahme  von  Wasser  gerade  wie  das  ein- 
fache iünmoniak  in  den  Ammoniumtypus  übergegangen  ist.  Die  For- 
mel lässt  sich  demnach  schreiben:     ^*  '    ^    ^^ttl^s* 

Die  ZurüokfQhrung  dieser  Verbindung  auf  bekannte  Formen  itt 
noch  auf  anderem  Wege  versucht  worden.  Der  Ammoninmtypus  lasst 
sich  auch  durch  die  Annahme  herausklanben,  dass  das  Ammonium  be- 
fähigt sei,  seinen  eigenen  Wasserstoff  zu  vertreten;  man  gelangt  auf 
diese  Weise  zu  Ammon-ammoniumen  oder  Aromoniumen  zw^eiter  In- 
stanz.    Die  in  Frage  stehende  Base  wäre  demnach  Platammonammo- 

niumoxydhydrat     *^     *  H^[  ^a* 

Diese  ursprünglich  von  Hof  mann  angeregte  Theorie  der  Ammo- 
niuraeinschachtelung  ist  von  den. Chemikern  fast  mit  zu  grosser  Nach- 
sicht aufgenommen  worden. 

Gerhardt  betf achtet  die  in  Frage  stehende  Verbindung  als  eii 

Diammoniumoxydhydrat  und  gelangt  zu  dem  Dianimonilim ,   indem  er 

daii  Platinäquivalent  Pt  (Platinosum)  in  zwei  Platinäquivalente  pt  zrz 

Pt*  .  .  .        '  .       . 

——  (Platin icum)  spaltet,   von  dem  jedes  die  Fähigkeit  behalt,  1  Aeq. 

Wasserstoff  zu  vertreten.    Die  Base  ist  demnach  Biplatosodiammoninm* 
oxydhydrat  N«  .  ptj  H^  .  H«  H  J  ^^ 

Man  steht,  dass  man  denselben  Zweck  auch  einfach  durch  die  An- 
nahme erreicht,  dass  1  Aeq.  Platin  bisweilen  die  Fähigkeit  besitzt, 
1  Aeq.  Wasserstoff,  unter  besonderen  Umständen  aber  auch  2  Aeq. 
Wasserstoff  zu  vertreten,  oder  mit  anderen  Worten,  dass  das  Platin 
als  einatomiges  Molekül  (Pt)'  und  als  zweiatomiges  Molekül  (Pt)" 
fungiren    kann    (H.   Müller).      Die  in    Frage    stehende   Base   würde 

demnach  Platodiammoniumoxydhydrat     '^'  ^    ^u[^^' 

Behandelt  man  das  Platinchlorür  mit  einem  Üeberschuss  von  Me- 
thylamin oder  Aethylamin,  so  bilden  sich  zuerst  unlösliche  Verbindun- 
gen, welche  dem  Magnus'schen  Salze  entsprechen,  sich  aber  bei 
weiterer  Digestion  wieder  auflösen.  Beim  Abdampfen  liefern  die  Lo- 
sungen Krystalle,  welche  die  Chlorüre  zweier  Diammoninrobasen  siinif 


Bas^  organische.  747 

deren  Constitation  alle  die  Belraehtangen^  snlässt,  welche  soeben  Hhr 
das  Aramoniak  erwähnt  worden  sind;  die  einfachste  Anschauungsweise 
ist  Tielleicht,  sie  als  die  Verbindungen  zweier  Diaminbasen,  des  Plato- 
Imnethyldiainins  und  des  Platobiäthyldianiins  mit  Chlorwa^serstoffsäure 
zu  betrachten: 

Platobiroethylaminamiiioniumchlofür  N^  .PtH  (Cj  Hs)2  Hj .  II  Gl.     W  u  r t z. 

Platobiäthylaminaromoniumchlorür     Nj  .PtH  (C4  ^2)2  ^-i  •  H  Gl.     desgl. 

Auch  das  Palladium  bildet  ähnliche  Verbindungen.  Die  Einwir- 
kung des  Aethylamins  auf  Palladammoniurachlorür  sowie  auf  Pallad- 
äihylammoniunichlorör  liefert  die  Verbindungen: 

Palladäthylaminamnioniunichlorür      N2  .  Pd  H  (C4  H5)  Hg .  H  Gl.   j^^  fj^ 

PaUadobiäthylaminammoniunTchlorür -Ns  .Pd  H  (€41(5)9  H.^ .  H  Gl.  desgl. 

Durch  die  Einwirkung  von  Agentien  auf  die  Ammoniuniverbin- 
dungen  der  Platodiamine  entstehen  Körper,  welche  zu  den  letzteren 
genau  in  derselben  Beziehung  stehen,  wie  die  auf  ähnlichem  Wege  er- 
haltenen Abkömmlinge  der  Platamine  zu  ihren  Mutterverbindungen.- 
Leitet  man  in  eine  Lösung  des  PlataminammoniumchlorÜrs  (PtH^NaGl) 
einen  Strom  von  Chlorgas,  so  wird  dasselbe  absorbirt  und  es  bildet  sich 
ein  gelber  schwerer  o<ita€drischer  Niederschlag,  dessen  Zusammenset- 
zung sich  von  der  ursprünglichen  Verbindung  nur  durch  einen  Mehr- 
gehalt von  I  Aeq.  Chlor  unterscheidet,  mithin  durch  die  Formel: 
Pt  H«  N2  GI2  ausgedrückt  wird. 

Man  kann  sie  in  völliger  Uebereinstimmung  mit  den  für  die  analo- 
gen Abkömmlinge  des  Platammoniumchlorürs  gegebenen  Anschauungs- 
weisen entweder  als:  Plataminammoniumbichlorur  N2.Pt.  Kg  GI2  oder 
als  Chlqrplatnminammoniumchlorür  N2.(PtGl)H5.HGl  betrachten. 

Die  Ansicht,  welehe  die  letztere  Formel  repräsentirt ,  stützt  sich 
vorzugsweise  auf  die  Beobachtung,  dass  der  Chlorgehalt  dieser  Verbin- 
dung durch  salpetersaures  Silber  nicht  vollständig  ausgefallt  wird. 
Nach  neueren  Untersuchungen  von  Grimm,  scheidet  sich  beim  kurzen 
Kochen  der  Chlorverbindung,  mit  einem  Ueberschuss  von  salpetersau- 
rem Silber,  fast  genau  die  Hälfte  des  Chlors  als  Chlorsilber  aus,  wäh- 
rend die  andere  Hälfte  nur  durch  fortgesetztes  Sieden  gefällt  wird,  was 
jedenfalls  andeutet,  dass  die  beiden  Chloräquivalente  in  verschiedener 
Form  in  diesem  Salze  enthalten  sind. 

Lässt  man  die  Einwirkung  des  Salpeter  sauren  Silbers  oder  der 
Silbersalze  im  Allgemeinen  auf  diese  Verbindung  sich  nur  auf  1  Aeq. 
Chlor  erstrecken,  so  erhält  man  eine  Reihe  von  Verbindungen,  welche 
als  die  Gros 'sehen  Salze  bekannt  sind  und  durch  die  allgemeine  Formel 
Pt  H«  N2  Gl  X  dargestellt  sind.  Die  hierher  gehörende  salpetersaure 
Verbindung  lässt  sich  auch  durch  die  Einwirkung  der  Salpetersäure 
auf  das  grüne  Magnus' sehe  Salz,  sowie  auf  das  isomere  Platammo- 
ninmchlorür  (unter  Ausscheidung  der  Hälfte  des  Platins)  erhalten.  Das 
so  erhaltene  Nitrat  war  in  der  That  der  Ausgangspunkt  sämmtlicher 
Untersuchungen  über  die  Platinbasen. 

Lässt  man  die-  obige- Chlorverbindung  als  ein  Bichlorür  des  Plat- 
amminammoniums  gelten,  so  müssen  begreiflich  die  Übrigen  Salze  als 


748  Basen,  organische. 

VerbinduDgen  deMelben  mit  zwei  versohiedexien  SSnran  angeiAwi  wer- 
den.    Das  Nitrat  ist  in  diesem  Sinne 

PlataminammoniumchlorOrnitrat  N .  (Pt  M) .  H»  Gl .  N  O«.        « 

Gerade  so  wie  man  durch  völlige  Abscheidnng  des  Chlors  aus 
dem  mit  Chlor  behandelten  Platammoninmchlorür  (Pt  II3  N  GU)  and 
Kochen  mit  Ammoniak  die  Bade  NPtHs  0.j .  2H0  (Platinamin  nach 
Gerhardt)  oder  N(PtO)H8  0  -|-'^H0  (Oxyplatammoniumoxydhy- 
drat  nach  Kolbe)  erhält,  sollte  man  durch  ähnliche  Behandlang  des 
Gros'schen  Salzes  die  Bildung  einer  entsprechenden  Verbindang 
Pt H«  N2  O2 . 2  HO  Diplatinamin  (Gerhardt)  oder  S^  (Pt  O)  H«  O  -f-  2H  O, 
Oxyplataminammoniumoxydhydrat,  erwarten. 

Es  ist  bis  jetzt  nicht  gelungen,  diese  Verbindung  zu  erhalten.  Da> 
gegen  sind  verschiedene  Salze  bekannt,  welche  man  als  Verbindungen 
dieser  Base  betrachten  kann ;  hierzu  gehört  vorzugsweise  ein  Nitrat  von 
der  Formel  PtHsNaO^.NOft  +  HO  oder  (Pt O) Hg Nj O . NOj  +  HO, 
welches  man  durcli  fortgesetzte  Behandlung  des  salpetersauren  Plat- 
aminammoniums  mit  Salpetersäure  erhält;  weder  Kali  noch  Ammoniak 
schlagen  aus  der  Lösung  dieses  Salzes  die  Base  nieder. 

Im  Sinne  der  Ansicht,  welche  in  diesen  Verbindungen  chlor-  und 
Sauerstoff- gepaartes  Platin  als  Wasserstoff  substituirend. annimmt,  denk- 
bare Verbindungen:  (PtGl)'  H^ N,  O  -f-  H O  und  (PtOyHgNjGl,  sind 
bis  jetzt  nicht  dargestellt  worden. 

Zur  leichteren  Uebersicht  sollen  hier  nochmab  die  Formeln  der 
verschiedenen  Gruppen  der  im  Vorstehenden  aufgeführten  Platinbaseo 
zusammengestellt  werden. 

Am  in  verbin  dun  gen: 

^  Platammoniumoxydhydrat  '      2*|  O3,  . 

Platammoniumchlorür  [NPtHs]Gl. 

Abkömmlinge: 

Chlorplatammoniumoxydhydrat  u[  ^3'     unbekannt, 

Chlorplatammoniumchlorür       [N  (Pt  Gl)'  Hg]  Gl. 
Oxyplatammoniumoxydhydrat  '^  u^j  Oj  -f"  ^^^- 

Oxyplatammoniumchloriir  [N  (Pt  O)'  H3]  Gl,       unbekannt. 

Diam  in Verbindungen: 

Plataminammoniumoxydhydrat     **         '    ^    *'ll(  ^^^ 
Plataminammoniumchlornr[N2(PtHHsHjH]Gl. 

Abkömmlinge: 

ChlorplatHminammonium-  N*>  .(Pt6l)H,H«,HiH)  ,^         l  i_       . 
oxydhydrt  .  Hj  ^*'  "»"»«kannt. 


'r» 


Basen,  oi^anische.  749 

OxTplstaminamnioniain-       N2.(PtO)HH,Ä,H)  ^        .   ,        . 

Oxyplatannnamnio-    |-,j^^        ^jj^,jj-^g 

niumciuoriir        ^i    *\        ^         v:c|j     »    unbekannt. 

Nach  Gerhardt's  Ansicht  und  in  seinen  Formeln  gestalten  sich 
die  Yerbindangen  folgendermaassen : 

Aminverbindungen:        • 

Platosaniin  PtHaN  +  2H0, 

Platosaminchlorhydrür  FtHaN  -f  H  Gl.  ^ 

Abkömmlinge: 

Platinamin  pt,  H  N  +  2  H  0, 
Platinaminbichlorhydrtir  ptgHN  -|-  2H€l. 

Diamin  Verbindungen: 

Biplatosamin  PtHsN^  +  2HO, 
Biplatoeaminchlorhydrür  PtHftNj  -f  HGl. 

Abkömmlinge: 

Biplatinamin  ptg  H4  Nj  -|-  2  H  O,  unbekannt, 
Biplatinamin-Bichlorhydrür  pt2}t4N,  +.2 HGl, 
Biplatinamin-Chlorhydrür-Nitrat  pt,  H4  N,  -f  H  Gl  +  K  O . N Oft. 

Die  Diaminverbindungen  gestal^n  sich  zu  Diammoniumverbindun- 
gen,  wenn  man  in  ihnen  ein  zweiatomiges  Platinaequivalent  TV  aur 
nimmt  (H.  Maller). 

Platindiammoninmo^yd-  Na.Pt",}tsI{sfl2|  ^ 

hydrat  H  j  ^*' 

PlatindiammoniumchlorÖr    [N2  Pf'HaMjHjjGl. 

Abkömmlinge: 

Chlorplatodiammoniumoxyd-N2.(PtGiy'}tsIIs82|  q         k  k       l 
hydrat  H  j      *'  ^ 

^^'^''SloSJ^"'^"'""'"  [N2  (PtGiy'HjHaH,]  Gl. 

^^^'^^at''"'"'''"''''"''''^'^"  ^*-^^*^^"*«*^2^j  O2,  unbekannt, 

^'^cWwür*""™''"'"'""     [NaCPtOrHaH^H,]©,  unbekannt, 

Ozyplatodiammoninmnitrat  [N2(PtOy'H2ftsM2]O.NOs  -f-  HO. 

Im  Sinne  der  Ammoninmeinschachtelungstheorie  endlich  erhalten 
die  Diamin  Verbindungen  folgende  Formeln: 

Platammonamrooniumoxyd-  N.Pt(H4N)H2i  r\ 

hydrat  U  j  "*^ 

Platammonammoniumchlorör  [^Pt(ii4N)H9]Gl. 


750  Basen,  orgaDiache. 

Abkömmlinge: 

Chlorplatemmonammo-         N .  (Pt€l)'(M«N) M,  j  ^     „„be^^,, 
niumoxydhydrat  «  } 

Oxyplatammon-aniinoniuin-  N .  (Pt  O)'  (H4  N)  H2  J  q     «nbekÄnnf 
oxydhydrat  H2)      *'  ' 

^""^iJmThr^^^^^  [N(PtOy(»4N)H,]Gl,    unbekannt, 

OxypIatanimon-ammoniulTmitrat  [N(PtOy (H4 N) H2]0,N06  +  HO. 

ifi  Vorstehenden  sind  die  Hauptzüge  der  bis  jetzt  über  die  Pladn- 
basen  angestellten  Untersuchungen  gegeben,  deren  weitere  Aaafiihning 
unter  Platin  etc.  nachzusehen  ist.  Wir  haben  die  verschiedenen  An- 
sichten neben  einander  gestellt,  ohne  uns  fiir  eine  derselben  za  ent- 
scheiden, weil  in  der  That,  trotz  der  grossen  Materialanhäufung,  der 
Zeitpunkt  für  Qine  allgemeine  Theorie  dieser  Verbindungen  noch  ni^t 
gekommen  ist. 

Mercuramine. 

Das  Verhalten  der  Qnecksilbersalze  gegen  Ammoniak  bietet^  ei- 
nige Erscheinungen,  welche  die  in  diesen  Beactionen  gebildeten  Pro- 
ducte  mit  den  Platinbasen  in  Beziehung  setzt. 

Aus  einer  siedenden  aramoniakalischen  Lösung  von  Chloraouno- 
nium,  welche  man  so  lange  mit  SublimatlÖsong  versetit  hat,  ata  sich 
der  anfangs  gebildete  Niederschlag  wieder  auflöst,  scheiden  sich  beini 
Erkalten  Granatdodecaeder  aus,  welche  Hg€l'.  H^N  enthalten  (Mit- 
scherlich).  Sie  lassen  ^ich  betrachten  als  Mercnrammoninmchlorür 
NHgHa .  Gl  Beim  gelinden  Erwärmen  entlassen  diese  Krystalle  die  HäUk 
Ammoniak,  indem  sich  die  Verbindung  2Hg6l.HsN  oder  das  I>oppel- 
salz  Mercnrammoniumchlorür -  Quecksilberchlorid  NHgH^.Gl  -f-  HgGl 
bildet.  Nach  H.  Rose  existiren  analoge  Jodverbindangen ;  die  ent- 
sprechenden Verbindungen  mit  Schwefelsäure  und  Salpetersäure  sind 
bis  jetzt  nicht  dargestellt  worden,  eben  so  wenig  das  entsprechende 
Oxyd. 

Man  verdankt  Kane  die  Kenntniss  der  wahren  Zusammensetzung 
des  weissen  Niederschlags  (weissen  Präcipitats),  welcher  beim  Versetzen 
einer  Sublimatlösnng  mit  einem  Ueberschuss  von  Ammoniaklösnng  ge- 
fällt wird.  Dieser  Korper  enthält  Hg€l.HgH2N  und  ist,  nach  Kane, 
als  eine  Verbindung  von  Quecksilberchlorid  mit  Queckailberamid  an- 
zusprechen; er  lässt  sich  jedoch  auch  als  Bimercnrammoniumchlorör 
N  Hga  H) .  €1  betrachten. 

Bleibt  bei  der  Einwirkung  des  Ammoniaks  auf  Quecksilberchlorid 
letzteres  in  beträchtlichem  Ueberschuss,  so  bildet  sich,  nach  Mi  Hon, 
eine  Verbindung  3 Hg €l. Hg H^N,  welche  als  ein  Doppelsalz  Bimer- 
curammoniumchlorid-Quecksilberchlorid  NHgsHji  €l  -\~  2  Hg  Gl  angese- 
hen werden  kann.  In  ähnlicher  Weise  gestaltet  sich  der  durch  Ws* 
sehen  des  weissen  Präcipitats  mit  Wasser  oder  mit  verdünntem  Alkali 
entstehende  gelbe  Körper  2  Hg  O  .  Hg  61 .  Hg  H2  N  als  Bimercuramnio- 
niumchlorid-Quecksilberoxyd  NHg^Hs^l-l-  2HgO« 

Diese  Verbindung  ist  jedoch  noch  anderer  Deutong  fähig. 


Basetiy  organische.  751 

QaeokaÜberbromid  bildet  bei  der  Einwirkung  des  Ammoniaks  eine 
I^Qz  analoge  Verbindung.  Das  sogenannte  ammoniakalische  basisch- 
»Alpetersanre  Queeksilberoxyd  3ngO.N05-}~^3^  (Mitscherlioh) 
verwandelt  sich  durch  Kochen  mit  Ammoniak  und  salpetersaurem  Am- 
moniak in  ein  gelbes  krystallinisches  Salz  von  der  Formel  2HgO.N05 
-{—  H3N.  Es  lässt  sich  als  wasserhaltiges  salpetersaures  Biroercarammo- 
oiiiinoxyd  N.HggM^O.NOft  -|-  HO  betarachten. 

Weitere  hierher  gehörige  Verbindungen  und  namentlich  das  dem 
nreissen  Präcipitat  entsprechende  Oxyd  sind  unbekannt. 

Das  braune 5  von  Plantamour  untersuchte  Stickstoffquecksilber 
Ef^sN,  welches  sich  bei  der  Einwirkung  des  Ammoniakgases  auf  gelbes 
Queckstlbecoxjd  bildet,  lässt  sich  im  Sinne  der  Mercuramintheorie  als 
Trimercuramin  betrachten.  Es  ist  bis  jetzt  nicht  gelungen,  diesen  Kör- 
per mit  Säuren  zu  Trimercurammonium -Verbindungen  zu  vereinigen, 
noan  könnte  aber  die  bereits  oben  erwähnte,  durch  Einwirkung  des 
Ammoniaks  auf  salpetersaures  Quecksilberoxyd  entstehende,  Mitscher- 
lich'sche  Verbindung,  als  wasserhaltiges*  salpetersaures  Trimercuram- 
monium NHgaHO.NOft  -|-  2HO  betrachten. 

Endlich  giebt  es  eine  zahlreiche  Gruppe  von  Körpern,  welche  im 
Sinne  der  Mercuramintheorie  als  Tetramercurammonium- Verbindungen 
erscheinen. 

Nach  Millon's  Versuchen  verwandelt  sich  das  gelbe  Quecksilber- 
oxyd bei  der  Behandlung  mit  Ammoniak  in  eine  gleich£Ekrbige  Ver- 
bindung, welche  bei  gewöhnlicher  Temperatur  in  der  Luft  getrocknet, 
4HgO.H8N  -f  2H0.,  über  Schwefelsäure  getrocknet  iHgO.HsN, 
und  endlich  bis  auf  130o  C.  erhitzt  3 Hg O.  Hg H3N  enthält. 

Dieser  Körper  ist  eine  starke  Base;  er  treibt  das  Ammoniak  aus 
dessen  Verbindungen  aus  und  vereinigt  sich  mit  den  Säuren  zu  Salzen, 
welche  der  doppelten  Zersetzung  fähig  sind.  Die  freie  Base  kann  mit 
Alkali  gekocht  werden,  ohne  sich  zu  zersetzen.  Die  Mil Ion' sehe  Base 
lässt  sich  als  wasserhaltiges  Tetramercnrammoniumoxyd  N .  Hg4  O  -f~ 
2  HO  ansehen.  Die  nach  der  allgemeinen  Formel  N  Hg4  O .  X  -|-  2  HO 
zusammengesetzten  Salze  dieses  Körpers  würden  aber  dann  das  Eigen- 
thumliche  zeigen,  dass  sie  selbst  bei  135<^  C.  getrocknet,  die  2  Aeq. 
Wasser,  welche  ursprünglich  in  dem  Oxyd  vorhanden  sind, ^zurück hiel- 
ten. Es  ist  daher  zweifelhaft,  ob  diese  Salze  als  Tetramercurammo- 
nium-Verbindungen  angesprochen  werden  können.  Sie  lassen  sich 
ebensowohl  als  Verbindungen  von  Bimercurammoniumsalzen  mit  Queck- 
silberoxyd,  betrachten.  In  der  That  haben  wir  oben  eine  Verbindung 
von  Bimercurammoniumchlorür  mit  Quecksilberoxyd  angeführt,  die 
sich  eben  so  gut  auch  als  wasserhaltiges  Tetramercurammoniumchlorür 
auffassen  lässt: 

NHgaHjGl  4-  2HgO  =  Hg^NGl  -f  2H0. 
Weniger  zweifelhaft  erscheint  der  Tetramercurammoniumcharakter 
in  dem  von  Mitscherlich  erhaltenen  rothen  Körper,  der  sich  beim 
Erhitzen  des  weissen  Präcipitats  bildet.  Diese  Verbindung  enthält 
^HgGl.HgsN  und  gestaltet  sich  als  Tetramercurammoniumchlorid- 
Qaecksilberchlorid,  NHg4€l.Hg€l. 

Das  Quecksilberoxydul  ist  fähig,  den  in  vorstehenden  Para^a- 
phen  beschriebenen  ganz  ähnliche  Verbüidnngen  zu  liefern.  Sie  sind 
indessen  viel  weniger  bekannt. 

Durch  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  Calomel  entstehen  die  Verbin- 


752  Basen,  organischa 

düngen  (Hg,  Gl .  H,  N)  nnd  (2  Hg^Gl .  H,N),  welche  rieh  aU  KCHgiy  B,  .3 
und  NCHgsVftsGl  .(HgsVGl  betrachten  lassen^  es  wird  hier,  wie  warn 
sieht,  1  Aeq.  Wasserstoff  durch  2  Aeq.  Quecksilber  vertreten. 

Endlich  mag  hier  noch  der  sogenannte  Mercurms  sobMu  Höhnt- 
manni  angeföhrt  werden.  Die  Zusammensetzung  dieser  Verbindung  ist 
nngewiss.  Mitscherlich  fand  3  Hg^O.NO^  .HaN,  Kane  2Hg20. 
NOs.Hg^*  Diese  Verbindungen  lassen  sich  im  Sinne  der  Mercaramiii- 
theorie  darstellen  als: 

N(Hg2)'3  HO.  NOft  4-  2H0  oder  NrHg^yHsO.NOs  -f  2Hg,0 
und 

N(Hg,)'2H,0 .  NO5  +     HO  odÄr  N(Hg,)' H, O . NO5  +  2 Hg,0. 


Wendet  man  die  in  vorstehenden  Paragraphen  bei  den  Platin-  und 
Qnecksilberbasen  angefiihrten  Betrachtungsweisen  auf  die  Verbindnngen 
des  Ammoniaks  mit  anderen  Metallsalzen  an,  so  gelangt  man  zu  eiüer 
sehr  grossen  Reihe  von  Metallammonium  Verbindungen;  hier  kommen 
vorzugsweise  die  Ammoniakverbindungen  der  Salze  des  Kupfers,  Zinks^ 
Kadmiums,  Nickels  und  Silbers  in  Betracht.  Als  Beispiele  mögen 
folgende  angefQhrt  werden: 

P  .  ,  Cujßl.HgN  =^  |/M  N €1,  CuprammonioinehlorSr. 

^  .  ,  "         CuGl.I^N  =     u   I NQ,  Cuprammoninmchlorid. 

.  .',  ZnGl.HgN  =     n   I N€l,  Zinkammoniumchlorid. 

Kadmiumchlorid- 
Ammoniak 


Üranchlorür- 
Ammoniak 


Cd ) 
CdGl.HaN  =     n  |N€l,  Kadmiammoniamckloridr 

U€l.H8N^=     n   (N€l,  üranammoniumchlorfir. 

Weniger  leicht  schmiegen  sich  der  Ammoniomtheorie  die  Verbin- 
dungen der  Metallsalze  mit  mehreren  Aequivalenten  Ammoniak  an. 
Indessen  hat  man  sich  auch  hier  mit  dem  Ammon- Ammonium  geholfen. 

Cu    I 
CuGl  .  2H8N  =       H4NI  NGl,  Cuprammon-ammoniiUDcUorid. 

.     ,     H  J 

Zn    I 
Zn€l  .  2HsN  =       H4N?NGl,  Zinkammon-ammoniiunchlorid. 

H,    ) 

Ni    ) 
Nil  .  2H8N   =r       H4NINI,  Nickelammon-ammoniumjodid. 

H,    ) 

Ag  ) 
AgO  .  NO5  .  2  HsN  =       H4NINO.NO5,     Salpetersaures  Argent- 

H2    )  ammon-anunoninm. 

Und  in  ähnlicher  Weise: 

Cu    I 
CuGl  .  SHsN  =  (NH4)s|NGl,    Cuprobiammon-ammonium' 

H      )  Chlorid.       ^ 


Basen,  organische.  753 

Ni    ) 
i  NiGi  .  d  il^N  =  (NH«),!  N€l,  Nickelbiamroon-aiDinoiiium- 

H     )  Chlorid. 

Co    I 
Co€l  .  SHgN  =  (NH4)j|  N€l,    Eobaltobiammon-aminomiini- 

H     )         *        chlorid. 

Ag  ) 
AgO  .  NO5  .  dfi,N  =  (NH4)s|N0.N05,  Salpetersaores  ArgenU>- 

fi     )  biammon-ammoninni. 

Es  ist  nicht  zu  Terkennen,  dass  diese  Betrachtongsweise  etwas  ge- 
zwangen erscheint.  Ueberdies  giebt  es  Verbindnngen  von  Metallsal- 
sen  mit  Ammoniak  in  Verhältnissen,  welche  sich  selbst  so  gewaltsamem 
Formelzwang  entziehen.  Erwägt  man  femer,  dass  sich  fast  in  keinem 
der  eben  erwähnten  Falle  das  Oxyd  abscheiden  lässt  und  dass  selbst 
viele  der  Salzverbindungen  in  hohem  Grade  unbeständig  sind  —  das 
Ammoniak  entweicht  oft  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  —  so  sieht 
man,  dass  die  Annahme  eigentlicher  Metallamine  in  vielen  dieser  Ver- 
bindungen kaum  gerechtfertigt  scheint 

Kobalt-,  Iridium-  und  Bhodiumbasen. 

Noch  muss  zum  Schlüsse  einer  Reihe  hierher  gehöriger  Verbindun- 
gen gedacht  werden,  welche  in  den  letzten  Jahren  die  Aufmerksamkeit 
der  Chemiker  lebhaft  gefesselt  haben,  deren  Geschichte  aber  trotz  viel- 
facher eifriger  Bearbeitung  noch  nicht  zum  theoretischen  Abschlüsse 
gekommen  ist. 

Durch  die  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  Kobaltsalze  bei  Gegen- 
wart von  Sauerstoff  bildet  sich,  ausser  der  Classe,  welche  durch  das 
oben  angeführte  Kobaltchlorid- Ammoniak  repräsentirt  ist,  eine  eigen- 
thümliche  Gruppe  theilweise  schön  krystallisirter  Salze,  welche  von 
Genth^),  Claudet^),  Fremy^),  Bogojski^),  besonders  aber  in  den 
letzten  Jahren  von  Gentb  und  Gibbs^)  bearbeitet  worden  sind. 

Da  die  Theorie  dieser  Verbindungen  bis  jetzt  "noch  sehr  unvoll- 
kommen und  zweifelhaft  ist,  so  müssen  wir  uns  begnügen,  die  Formeln 
der  Hauptglieder,  wie  sie  von  ihren  Entdeckern  gegeben  worden  sind, 
zu  reproduciren.  Wir  führen  hier  nur  noch  an,  dass  ein  interessanter 
Versuch  diese  Verbindungen  unter  den  Gesichtspunkt  des  Aramoniüms 
zu  bringen,  von  Weltzien^)  gemacht  worden  ist. 

Roseokobaltsalze^  bilden  sich  bei  niederer  Temperatur  durch 
die  Einwirkung  von  Luft  auf  die  aromoniakalische  Lösung  eines  Kobalt- 
salzes :  6  Co  Gl  -f  IOH3  N  +  30  =  2  (5  H3  N .  C02  GI3)  +  2  C02  O3. 

.  Durch  Behandlung  des   salpetersauren   Kobalts   erhält  man    eine 
analoge  Verbindung   von   der  Formel   5H3N  .C02O3  .SNOj-         Dars' 
schwefelsaure  Salz  verhält  sich  ebenso. 


^)  Nordamerik.  Monatsber.  f.  Natar  n.  Heilk.  1.  Jan.  I86I.  *-  *)  Annal.  de 
cMnu  et  de  phys.  [8.]  T.  JWJl,  p.  488.  —  ^)  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [8.] 
T.  XXXV,  p.  267.  —  *)  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LV,  S.  867  j  Bd.  LVI,  S.  491. 

^)  Researches  ou  the  Ammonla-Cobalt  Bases.  New -York  1856;  im  Auszuge 
Annal  d.  Chem..  n.  Phann.  Bd.  CIV,  S.  150  n.  296;  Jonm.  f.  prakt.  Chem.  Bd. 
IXXH  8.  148.  —  •)  AnnaL  d,  Chem.  Bd.'  XCVII,  S.  19. 

^  Nicht  zu  yerwechseln  mit  Clandet  und  Fremy's  Roseokobaltverbindun- 
gen,  welche  wir'mit  Oenth  und  Gibbs  ala  Fnrpnreokobaltsalze  bezeichnen. 

HaadwOrterbach  der  Gheiü«.  tU  Anfl.  Bd.  IL  48 


754  BaBe&y  organiflche. 

Die  bemerkenswertheste  Eigenschaft  der  BoseokobaltrVerbindangco 
ist  die  Leichtigkeit,  mit  welcher  dieselben  in  Purporeokobalt  -  Yer- 
bindungen  Übergehen.  Schon  beim  längeren  Aufbewahren  findet  eine 
Umwandlung  in  gedachter  Richtung  statt« 

Furpureokobaltsalze  bilden  sich  ausserdem  durch  die  Einwir- 
kung der  Luit  auf  ammoniakalische  Kobaltlösungen  bei  höherer  Tenn 
peratur.  Man  erhält  sie  endlich  leicht  durch  Kochen  von  Boseokobalt- 
salzen.  Das  Yerhältniss  des  Stickstoffs  mm  Kobalt  ist  dasselbe  in  die- 
sen Yerbindung^Bn  wie  in  den  Roseokobaltsalzen,  sie  unterscheiden  akk 
aber  wesentlich  Ton  den  Boseokobaltsalzen ,  durch  Form  und  Eigm- 
schaden,  und  häufig  auch  in  ihren  V erbindungsrerhältnissen  mit  Säuren. 

Durch  Behandlung  der  Schwefelsäure-Verbindung  mit  Baryt  laail 
sich  eine  alkalische  Lösung  erhalten,  welche  die  freie  Base  der  Beibe 
darstellt.  Sie  wird  leicht  zersetzt,  besonders  in  der  Wärme.  Dae  Pia- 
tindoppelsalz  der  Reihe  enthält  5  Hs^.  Coj^ls -{- 2  PtGl,  (Gentk 
und  Gibbs). 

Lciteokobaltsalze.  Die  Bildung  dieser  Verbindungen  erfolgt 
scheinbar  unter  denselben  Bedingungen  wie  die  der  Roseokobaltsalze 
und  Purpnreokobaltsalze ,  ihre  Darstellung  ist  daher  äusserst  onsicber; 
sie  gelingt  noch  am  besten,  wenn  man  eine  Lösung  von  Chlorkobalt 
und  schwefelsaurem  Kobalt  mit  Ammoniak  übersättigt,  einen  Ueber- 
schuss  von  Salmiak  zusetzt  und  die  Mischung  dann  der  Wirkung  der 
Luflb  aussetzt. 

Genth  und  Gibbs  geben  fiir^die  Luteokobaltsalze  die  Formeln: 

Chlorverbindung     6  Hs  ^  *  (^<h  ^Ig, 

Platindoppelsalz      6  H3  N .  Co,  €l8  4-  3  Pt  Gl,  -f-  6  S  O, 

Salpetersäure-Salz  6  H3  N .  Co,  O3  -j-  3  N  O5. 

Auch  diese  Base  lässt  sich  in  Lösung  isoliren,  jedoch  nicht  in  fester 
Form  erhalten. 

Xantheokobaltsalze  entstehen  durch  die  Einwirkung  salpetriger 
Dämpfe,  wie  sie  bei  der  Behandlung  von  Stärke  mit  Salpetersaare 
erhalten  werden,  auf  Roseo-  und  Purpureokobaltsalze ,  öder  anch  auf 
ammoniakalische  Lösungen  von  Kobaltsalzen. 

Diese  Salze  enthalten  nach  Genth  und  Gibbs  die  Elemente  des 
Stickstoffoxydes  und  lassen  sich  durch  folgende  Formeln  darstellen: 

Chlorverbindungen  N  0,  .  5  Hg  N .  Co,  0  Gl,  -f  H  O, 
Platindoppelsalz       N  O, .  5  H3  N .  Co,  O  Gl,  -f  2  Pt  Gl,  +  2  »  O  etc. 

Aus  den  kurzen  Andeutungen  über  die  Kobaltamine  ergiebt  sieh 
zur  Genüge,  dass  unsere  Kenntniss  dieser  Verbindungen,  trotz  der 
vorliegenden  sorgfältigen  Untersuchungen,  unter  denen  die  von  Genth 
und  Gibbs  oben  anstehen,  noch  sehr  unvollkommen  ist 

Iridiumsesquichlorid  und  Rhodiumsesquichlorid  verbinden  sich  mit 
Ammoniak  zu  Salzen,  welche  nach  den  Formeln 

öHgN.IrjGla  und  ^ 

öHjN.RaGlg 

zasammengesetzt  sind.  Clausa»  ^^^  Entdecker  dieser  Verbindangeiit 
hat  ferner  wohl  krystallisirte  schwefelsaure,  salpetersaure  etc.  Sabe, 
welche    den   Chlorverbindungen    entsprechen,    dargestellt.      Ans  den 


')  Beitr.  1.  Chem.  der  PUtimnetaUe  Dori>at  1864;    im  Aui.  Pharau  CeatralH 
1864,  S.  78». 


Baaenbflder.  —  Bassiaöl.  755 

Chlorverbindungen  lassen  sich  dnrch  Behandlung  mit  SUberoxyd,  ob- 
wohl nur  schwierig,  alkalische  Flüssigkeiten  gewinnen,  welche  die 
freien  Basen  darstellen.  Sie  sind  nur  wenig  best&ndig  und  zersetzen 
sich  schon  beim  Abdampfen.  Claus  nimmt  an,  dass  diese  Verbindun- 
gen sich  nicht  als  Metallamine  betrachten  lassen,  sondern  dass  das 
Ammoniak  sich  mit  den  Metalloxjden  direct  verbinde,  dass  es  nämlich 
in  Verbindungen  eine  in  Beziehung  seiner  Basicität  passive  Rolle  Über^ 
nehmen,  und  gleich  dem  Wasser  als  basisches  und  nichtbasisches  Was- 
ser fungiren  könne.  Diese  Annahme  giebt  eigentlich  die  Thatsache 
selbst,  ohne  den  Versuch  sie  zu  erklären.  Welches  die  rationelle  Zu* 
sammensetzung  dieser  Basen  ist,  darüber  lässt  sich  nach  dem  jetzigen 
Standpunkte  etwas  Bestimmtes  keinenfalls  sagen  (vergl.  d.  Art  Rho» 
diumbasen  1.  Aufl.  Bd.  VI,  S.  848).  H. 

Basenbilder,  syn.  Amphigenstoffe  (s.  d.  Art). 

Basenvermögen,  so  bezeichnet  L.  Gmelin  die  ein-  oder 
mehrbasische  Natur  der  Säuren.  Gerhardt  nennt  es  Basicität,  was 
richtiger  die  basische  Natur  eines  Körpers  selbst  bezeichnet,  und  da- 
her nicht  passend  zur  Bezeichnung  von  Säuren  gebraucht  wird.     F«. 

Basic^rine  s.  Hydrocerit. 

Basilicumöl,  Basilie  n  ö  1.  Das  durch  Destilliren  mit  Wal- 
ser erhaltene  ätherische  Oel  des  Basilicumkrautes,  der  Blätter  von  Oc^' 
mtffvt  BasiUcumy  einer  der  Familie  der  Labiaten  angehörenden  Pflanze. 
Das  ätherische,  aromatisch  riechende  Oel  ist  nicht  näher  untersucht; 
es  setzt  beim  Aufbewahren  prismatische  Krystalle  eines  sogenannten 
Stearoptens  ab,  welche,  nach  Dum  as und  P^ligot,  die  Zusammensetzung 
Cto  ftis  O«  haben,  wonach  sie  isomer  mit  dem  Terpin  oder  sogenanntem 
Terpentinölhydrat  sind,  =  Cjofiie  -f-  6  MO.  Dieses  Basilienöl-Stea- 
ropten  ist,  nach  Bonastre,  wenig  löslich  in  kaltem,  leicht  löslich  in 
kochendem  Wasser,  aus  welcher  letzteren  Lösung  es  in  regelmässigen 
durchsichtigen,  weissen  Tetraedern  krjstallisirt  Die  Krystalle  lösen 
sich  leicht  in  Weingeist,  Aether,  Salpetersäure  oder  in  Essigsäure;  mit 
Schwefelsäure  färben  sie  sich  roth;  die  Lösung  in  Ammoniak  wird  auf 
Zusatz  von  Wasser  getrübt.  Der  flüssige  Theil  des  Basilicumöls  ist 
nicht  antersucht,  es  ist  daher  ungewiss,  ob  die  Krystalle  sich  aus  einem 
Camphen,  C20Ü169  vielleicht  durch  Aufnahme  der  Elemente  des  Was* 
sers  gebildet  haben,  sowie  auch  die  Entscheidung  noch  ausgesetzt  blei- 
ben mass,  ob  die  Krystalle  mit  dem  Terpin  nur  isomer  oder  Oberhaupt 
identisch  sind.  Ft. 

Basler  Taufstein,  Trivialname  des  Staurolith. 

Basitomglanz  s.  Schilfglaserz. 

BassiaöP).     Dieses  Oel,   aus  dem  .Samen   von  Bobm  laür 
foUa^  eines  am  Himalaya  wachsenden  Baumes,  durch  Auspressen  ge- 
wonnen, ist  gelblioh,  wird  am  Lichte  allmälig  entfärbt,  es  zeigt  einen 
schwachen  Geruch,  hat  ein  specif.  Gewicht  von  0|958,  ist  bei  gewöhn-, 
lieher  Temperatur  von  Butterconsistenz,  schmilzt  bei  27<^  bis  30<^C.;  es 


0  Qnftterly  Jonrn.  of  the  ehem.  Bodety.  London.    YoL  II,  p.  281;  Ann«L  d. 
Cbma.  n.  Phgurm.  Bd.  LZXU,  S.  268. 

48* 


756  Bassiasäure.  —  Bastit. 

löstj  sich  wenig  in  waseerfreiem^  kaum  in  gewöhnlichem  Alkohol, 
leicht  in  Aether.  Bei  der  Verseifang  bilden  sich  neben  Glycerin  and 
Oelsäure  zwei  feste  fette  Säuren ,  yon  denen  die  eine  nicht  rein  dar- 
gestellt ist,  die  andere,  die  Bassiasäure  früher  fßr  eigenthumlich  gehal- 
ten, ist  identisch  mit  Stearinsäure.  Ft, 

Bassiasäure  oder  Bassinsäure  nannte  Hardwick  die  tod 
ihm  bei  der  Verseifung  des  Bassiaöls  erhaltene  feste  und  schwerer 
schmelzbare  Säure,  welche  der  Formel  HO^OgeHs^Os  entspricht  Die 
gleiche  Zusammensetzung-  hat  die  Stearinsäure,  und  da  die  Baesiasäure 
frei  wie  in  ihren  Salzen  auch  sonst  alle  Eigenschaften  der  letzteres 
hat,  so  muss  sie  als  mit  Stearinsäure  identisch  angesehen  werden  (s. 
Stearinsäure). 

BaSSOragUmmiy  Gumm  boBSora^  G.  ToriUmenaej  6.  EtOera, 
ein  von  verschiedenen  Acacia- Arten  {Ä.  leucophlatat)  abstammendes 
Gummi,  von  welchem  sich  nur  ein  kleiner  Theil,  das  Arabin,  in  Was* 
ser  löst  (5,6  Froc),  während  der  grössere  Theil ,  das  Bassorin,  in 
Wasser  nur  aufquillt  (s.  Gummi  und  Pflanzen  schleim).  Fe, 

Bassorin  s.  BassoragummL 

r. 

Bastardklee,  Trifolium  hybridwn.  100  Thle.  der  frischen  blä- 
henden Pflanze  geben  2,44,  100  Thle.  der  getrockneten  Pflanze  8,1  Thle. 
Asche.  Diese  enthält  in  100  Thln.:  19,9  Kali;  5,7  Natron;  18,4 Kalk; 
3,1  Magnesia;  5,6  Thonerde(r);  3,9  Eisenoxyd;  1,8  ManganoxydulC?); 
35,1  Kieselsäure;  1,4  Schwefelsäure;  4,5  Phosphorsäure;  0,6  Chlor 
(SprengeP)-  Fe. 

Bastit,    Schillerspath,  Schillerstein  zum  Theil.    Von  W. 
Haidinger  nach  dem  Vorkommen  an  der  Baste  am  Harz  benanntes 
Mineral,  welches  in  Serpentin  eingewachsen  vorkommmt  und  undeutlich 
begrenzte  Individuen  bildet.  Es  ist  bisher  nicht  mit  Sicherheit  auagemachti 
ob  dieses  Mineral  eine  selbständige  Species  bildet  oder  ein  Umwandlnngs- 
product  einer  zu  den  Augiten  gehörigen  Species  ist,  weil  die  krystallini* 
sehen   Partien  mit  Serpentin   innig  durchwachsen  sind  und  die  Spal- 
tungsflächen den  Augiten  entsprechen.    Der  Bastit  ist  nach  einer  Bich- 
tung  sehr  vollkommen,  nach  einer  zweiten  kaum  weniger  volikommeo 
spaltbar,  welche  beiden  Blätterdurcbgänge  sich  nahe  unter  87 o  schnei- 
den und  an  das  Prisma  des  Augit  erinnern,  unvollkommene  Spaltnngs- 
flächen  zeigen  sich  auch  in  der  Richtung  der  Quer.-  imd  Längsflächeo. 
Der  Bruch  ist  uneben  und  splitterig.    Lauch-,  oliven-  bis  pistaziengrfiD, 
in  das  Gelbe  und  Braune  fallend,  metallisch  schimmernder  Perlmutter- 
glänz  auf  den .  vollkommenen  Spaltung?flächen,  an  den  Kanten  durch« 
scheinend,  Härte  =  3,5  bis  4,0,  specif.  Gewicht  =  2,6  bis   2,8.    Im 
Kolben  giebt  er  Wasser,  vor  dem  Löthrohre  wird  er  tombackbraao 
und  magnetisch,  schmilzt  aber  nur  in  dünnen  Splittern  an  den  Kanten 
zu  braunem  Glase,  giebt  mit  Borax  und  Phosphorsalz  Eisen-  und  Chrom- 
reaction  und  mit  letzterem  ein  Kieselskelet,  von  Salzsäure  wird  er  un- 
vollkommen, von  Schwefelsäure  vollkommen  zersetzt     Köhler  3)  fan^l 
in  dem  deutlich  krystallinischen  die  unter  1.  and  2y  in  dem  dichten  die 
unter  3.  angegebenen  Bestandtheile: 


^)  JouriL  f.  techn.  Chem.  Bd.  X,  S.  66.  —  *)  Pogg.  AnntL  Bd.  XI,  3.  I9t 


Bastkohle.  —  Batracholeinsäure.  757 

SiOy,      MigO,  CaO,  FeO,      MnO,  Cr^Os,  AlgOs,      HO. 

1-  43,900  25,846  2,642  13,021*)   0,535  „  1,280  12,426 

2.  43,075  26,157  2,750  10,915       0,571  2,374  1,732  12,426 

3.  42,364  28,903  0,627  13,268*)    0,853  „  2,176  12,071    . 

-woraus  als  wesentliche  Bestandtfaeile  MgO,  FeO,  HO  und  SiOs  l)  her- 
rgehen und  nahezu  der  Formel  2  (MgO.  2 HO)  +  ^(pfol  ^^  0«  ) 

entsprechen.  Hermann  glaubt  das  Mineral  für  krystalli^irten  Serpen- 
tin halten  zu  können,  dessen  Zusammensetzung  durch  Beimengung  et- 
v^&a  abgeändert  wird,  die  Gestaltsverhältnisse  aber  deuten  eher  auf  ein 
umgewandeltes  augitisches  Minerah  K. 

Bastkohle,  eine  Varietät  der  Braunkohle,  von  bastartigem 
Aussehen  und  Gefiige. 

Basyl  nennt  Graham  das  mit  den  Halogenen  oder  entsprechen- 
den Säureradicalen  (wie  SO4, NO^  u.  s.  w.)  verbundene,  positive  Ele- 
ment den  Wasserstoff  oder  das  Metall  (s.  Salze,  Constitution). 

Batate  nennt  man  die  knollenartige  Wurzel  von  Convolvulus 
batata  L.,  (Convolvulaceae).  Die  Pflanze  soll  in  Indien  einheimisch  sein, 
sie  wird  häufig  in* Amerika,  wie  zuweilen  auch  in  einigen  südlichen 
Ländern  Europas  cultivirt,  versuchsweise  auch  wohl  in  Deutschland. 
Die  den  Kartoffeln  ähnlichen  Knollen  unterscheiden  sich  von  diesen 
durch  einen  mehr  süsslichen  Geschmack;  sie  enthalten  in  100  Thln.: 
13,3  Stärkemehl,  0,9  Eiweiss,  3,3  Zucker,  1,1  in  Aether  unlösliches 
Fett,  6,8  Faser,  1,4  Aepfelsäure,  saure  phosphorsaure  Salze,  Chlorka- 
Uum  U/s.  w.,  73,1  Wasser;  sie  soll  0,05  einer  flüchtigen  giftigen  Sub- 
stanz enthalten  (Henry  ^).  Fe, 

BathmetalL  Eine  Legirung  von  Kupfer  und  Zink,  welche 
mehr  Zink  enthält  als  das  gewöhnliche  Messing,  und  gewöhnlich  durch 
Zosammenschmelzen  von  Messing  mit  Zink  dargestellt  wird  (s.  unter 
Messing). 

Batrachit  nannte  Breithaupt  ein  am  Rizoniberg  in  Tirol 
vorkommendes  Mineral,  welches  meist  derb  bis  körnig,  selten  krystalli* 
sirt  ist  und,  nach  C.  Rammeisberg  ^),  37,69 Proc. Kieselsäure,  35,45 
Kalk,  21,79  Magnesia,  2,99  E^enoxydul,  1,27  Wasser  enthält.  Es  ist 
lichtgrünlichgrau  (daher  der  Name,  von  ßccTQaxog^  Frosch,  wegen  der 
dem  Froschlaich  ähnlichen  Farbe)  bis  weiss,  hat  glasartigen  Wachsglanz, 
ist  durchscheinend;  Härte  =  5,0,  specif.  Gewicht  =  3,0  bis  3,1.  Vor 
dem  LÖthrohre  ist  er  schmelzbar,  mit  Kobaltsolution  wird  er  blassroth, 
von  Säuren  wird  er  wenig  angegriffen.  Der  Wassergehalt  ist  jeden- 
falls unwesentlich  und  in  der  Zusammensetzung  steht  er  den  Monticel- 
lit  nahe.  K. 

Batracholeinsäure  ^)  (von  ßatQaxog,  Frosch)  F rose höl- 
säure.  Rossignon  erhielt  durch  Auspressen  des  Epiploon  der  Was- 
sersalamander (TViton)  ein  gelbes,  ziemlich  flüssiges,  wie  ranziges  Nussöl 


')  nnd  etwas  Chromozyd.  —  *)  Jonm.  de  pharm.  T.  XI,  p.  228. 

^  Pogg.  Annal.  Bd.  LI,  S.  446. 

'*)  Compt  rend.,  T. 'XIII,  p.  929.  n.  AnnaL  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  XL,  S.  816. 


758  Bauchspeichel.  —  Baumwachs. 

riechendes  Oel,  welches,  nach  ihm,  neben  etwas  Tal^s&nre  und  Glyee- 
rin  etwa  20  Procent  eines  gelben  Fettes  (GhUein)  nnd  70  Proeenl 
der  sogenannten  Batracholeinsäure  giebt.  Darob  Verseifen  und  Zer- 
-setzen  mit  Säure  erhielt  er  das,  was  er  als  Batracholeinsäure  beseieh- 
net.  Die  ganze  Art  der  Untersuchung  ist  zu  oberflächlich  nnd  die 
Ausföhrnng  zu  unvollständig,  um  einen  wirklichen  wissenschaMicheo 
Werth  zu  haben.  Fe. 

Bauchspeichel  s.  Pankreatischer  Saft  (s.  d.  Ait 

Iste  Aufl.  Bd.  VI,  S.  40). 

» 

Baudisserite.  Der  kieselhaltige  dichte  Magnesit  von  Ban- 
dissero  in  Piemont,  nach  dem  Fundorte  von  Guy  ton  benannt.  Wegen 
des  wechselnden  Wassergehaltes  könnte  auch  die  Ansicht  richtig  sein, 
dass  das  Mineral  ein  mit  Kiesel  innig  durchmengter  dichter  Hydromag- 
nesit  sei,  wie  F.  v.  Kobell  und  Naumann  meinen.  K, 

Baulit,  Erablit.  Ein  bei  Baulaberg  am  Ejrabla  auf  Island 
vorkommendes  klinorhombisch  krjstallisirendes  oder  dichtes  Mineral, 
welches  kleine  kurzprismatische  Krjstalle  und  krystaUinisch-kömige 
Aggregate  bildet  und  nach  zwei  auf  einander  rechtwinkeligen  Richtun- 
gen spaltbar  ist.  Der  Bruch  ist  uneben  und  muschelig.  Farblos  btf 
weiss,,  glasartig  glänzend,  durchsichtig  bis  durchscheinend,  Härte  = 
5,5  bis  6,0,  specif.  Gewicht  =  2,5  bis  2,7.  Forchhammer^)  fand  in 
dem  dem  Perlstein  ähnlichen  Baulit  von  Baulaberg  die  unter  1.,  in  dem 
kiystallinisch-körnigen  mit  Quarzkrystallen  und  einem  schwarzen  na- 
deiförmigen Minerale  gemengten  vom  Vulkan  Vit!  auf  Island  aasgewor- 
fenem 3)  die  unter  2.,  und  Genth^)  in  dem  krystallisirten  Baulit  vom 
Erabla  die  unter  3.  angegebenen  Bestandtheile : 

SiO„  Al2  0s,Fe208,FeO,Mn308,CaO,MgO,  KO,  NaO,    €1,  HO 

1.  74,38   18,78    1,94      „       1,19    0,85  0,58    2,68    8,57    0,12  2,08 

2.  76,65   11,57      „      0,63        „      0,05  0,20^  8,26    3,78       „  „ 
8.  80,28   11,84      „         „       Spur    1,46  Spur   4,92    2,26       ^  „ 

Hieraus  last  sich  zwar  die  annähernde  Formel  B0.2SiOs  -f 
AI)  Ob  •  6  SiOs  ableiten,  doch  ist  es  wohl  möglich,  wie  Bunson  annimmt, 
dass  hier  ein  inniges  Gemenge  von  Orthoklas  vorliege.  Vor  dem  Löth* 
röhre  ist  der  Baulit  in  sehr  dünnen  Splittern  schmelzbar,  giebt  mit 
Phosphorsalz  und*  Borax  klare  Gläser,  im  ersteren  schwimmt  ein 
Kieselskelet;  in  Salzsäure  ist  er  unlöslich.  Bei  den  abweichenden  An- 
gaben über  dieses  Mineral  ist  es  jedenfalls  wünschenswerth,  dasselbe 
weiteren  Untersuchungen  zu  unterwerfen.'  JT. 

• 

Baumöl,   syn.  nut  Olivenöl  s.  unter  Fette  (isteAdL 

Bd.  in,'S.  102)  und  Oele,  fette  (Bd.  V,  S.  637). 

Baumwachs  nennt  man  gewöhnlich  ein  durch  Zusammen- 
schmelzen mit  Harz  und  Terpentin  u.  s.  w.  gemischtes  Wachs,  weil  es 
ursprünglich  zum  Verbinden  der  frisch  gesetzten  Pfropfreiser  dient;  von 
den  vielen  Vorschriften  mag  hier  folgende  angeführt  werden:  3  Tble. 
gelbes  Wachs,  6  Thle.  Fichtenharz,  1  Thl.  Terpentin  und  1  ThL 
Schweinefett.   In  der  Bretagne  soll  ein  Gemenge  von  gleichen  Theilen 


^)  Annal.  de  min.  Bd.\rm,  S.  644.  —  *)  BerzeliuB*  Jonni.  Bd.XXIII,  S.261. 
^  Erdmann's  Joum.  Bd.  LXVI,  S.  98. 


Baumwolle.  —  Bdellium.  759 

Thraa  and  Peoh  statt  des  eigenUichen  Banrnwaohses  gabranoht  werden. 
Das  Baninwaehs  dient  aach,  um  bei  Glfisem  mit  eingeriebenen  6la»- 
■tdpseln  das  Hinansdringen  von  Säuren  u.  dergl.  zu  Terhindern.     Fe. 

Baumwolle.  Das  Flughaar  der  Früchte  verschiedener  Gos- 
sypium- Arten  ist  fast  reine  Cellulose,  die  Baumwolle  hat  daher  die  eher 
mischen  Eigenschaften  des  reinen  PAanzenzellenstofiTs  (s.  d.  Art  Iste 
Aufl.  Bd.  VI,  S.  176).  Auf  ihrer  Fähigkeit,  unter  Vermittelung  der 
Beixen  mit  vielen  Farbstoffen  sich  mehr  oder  weniger  fest  zu  vereini- 
gen, beruht  die  Baumwollenfärberei  und  die  Kattundruckerei  (s.  Fär- 
berei und  Druckerei).  F^ 

Bavalit,  s.  Baralit 

Baysalzy  syn.  mit  Meer-  oder  Seesalz,   siehe  unter 

Kochealz  Iste  Ayfl.  Bd.  IV,  S.  426. 

Bdellium^).     Unter  diesem  Namen  kommen  im  Handel  zwei 
Sorten  eines  Gummiharzes  vor,  afrikanisches  und  indisches.    Das  afri- 
kanische Bdellium  stammt,  nach  P errötet,  von  einem  in  Senegarobien 
einheimischen    Strauche,    Hendelotia    africana    Guillem    und  Perr. 
BaUamodendron  afrieanum  Arnott;  Amyres  Nicattout  Adans,    Farn, 
der  Amyrddeae,     Es  bildet  unregelmässige,  spröde,   durchscheinende, 
gelbliche,  röthliche  oder  braunrothe  Stücke,  die  auf  dem  Bruche  wachs* 
glänzend  sind,  zwischen  den  Fingern  erweichen,  der  Myrrhe  ähnlich 
schwach    balsamisch    riechen    und    einen    bittern  Geschmack    haben« 
Specifisches  Gewicht  =  1,371.     Beim  Erhitzen  erweicht  es  und  ver- 
brennt angezündet  mit  balsamischem  Gerüche.     Mit  Alkohol  giebt  es 
eine  goldgelbe  Tinctur,  aus  welcher  Wasser  ein  gelbweisses»  Salpeter- 
säure ein  schwefelgelbes  Harz  niederschlägt,  und  hinterlässt  eine  un- 
durchaichtige  bräunliche  Masse.     Von  Kalilauge  wird  es   vollständig 
aufgelost.     Bei  der  trockenen  Destillation  giebt  es  unter  anderen  auch 
Ammoniak    Nach  der  Analyse  von  Pelletier  besteht  das  afrikanische 
Bdellium  in  100  Thln.  aus  Harz  59,0,  Gummi  9,2,  Pflanzenschleim 
30,6,  flüchtige  Oele  und  Verlust  1,2. 

Das  Harz  ist  durchsichtig,  wird  aber  durch  Kochen  mit  Wasser 
weiss  und  undurchsichtig.  Es  schmilzt  zwischen  08^^  bis  60^G.  und 
hat,  nach  Johnston,  die  Formel  C40  H31 O5.  Das  Gummi  ist  gelbgrau 
und  giebt  mit  Salpetersäure  Oxalsäure,  aber  keine  Schleimsäure.  Glei- 
che Farbe  besitzt  der  Pflanzen  schleim ,  welcher  mit  Wasser  aufquillt, 
von  Alkohol  coagulirt  und  durch  Salpetersäure  in  eine  dünne  Flüssig- 
keit verwandelt  wird.     Das  flüchtige  Oel  ist  schwerer  als  Wasser. 

Das  indische  Bdellium  soll  von  BaUamodendron  Mükal  HooJi^  einem 
gleichfalls  zu  den  Amyrideen  gehörigen,  in  Scinde  einheimischen 
Baume  abstammen.  Es  kommt  in  unregelmässigen,  grünlich  braunen 
oder  schwärzlichen,  äusserlich  mit  Erde  beschmutzten  Stücken  vor, 
ist  auf  dem  Bruche  bald  matt,  bald  glänzend,  riecht  stark  und  schmeckt 
terpentinartig  scharf  und  bitter,  der  Myrrhe  ähnlich.  Zwischen  den 
Fingern  wird  es  klebrig.  Nähere  Untersuchungen  desselben  sind  nicht, 
angestellt. 

*)  PelUtier,  Anniil.  de  Ghim.  T.  LXXX,  p.  88.;  Repert  f.  d.  Pharm,  Bd.  VI, 
8.  U(.  —  Johnston,  Joarn.  f.  prakt.  Ghem.  Bd.  XXVI,  S.  146.  -•  Bley  and 
Diesel,  Arch.  d.  Pb«nn.  [2.]  Bd.  XLHI,  8.  304  ff.). 


760  Beaümontit.  —  BebiriiL 

Znr  Untencheidong  des  Bdelliums  von  der  leicht  daibit  zu  ver- 
wechselnden  Myrrhe  haben  Bley  and  Diesel  folgende  Kennzeichen 
angegeben.  Echte  Myrrhe  und  sogenannte  Psendo-Myrrhe  werden  tod 
Salpetersänre  zn  einer  schmntzig  gelben,  durchsichtigen  Flüssigkeit  ge- 
löst, indisches  Bdellinro  wird  Mass,  weich  und  weisslich  undorchaichtig. 
Bei  der  Einwirkung  der  Salpetersäure  auf  Myrrhe  bemerkt  man  eine 
vorQbergehende  violette  Färbung,  bei  beiden  Arten  von  Bdellinm  ist 
dies  nicht  der  Fall.  Ein  mit  Myrrhentinctur  und  dann  mit  Salpeter» 
säure  befeuchtetes  Fliespapier  wird  blutroth;  Bdellium  zeigt  hierbei 
eine  bräunliche  Färbung.  Ein  durch  Schütteln  von  Myrrhe  mit  Wal- 
ser bereiteter  Auszog  wird  durch  Bleisalze  stark  gefallt,  bei  indiflchem 
Bdellium  teigt  sich  dabei  kaum  eine  Trübnng. 

Das  Bdellinm  wurde  früher  als  Arzneimittel  häufiger  angewendet, 
jetzt  ist  es  fast  obsolet  geworden.  Wp. 

Beaumontlt  nannte  Levy  zu  Ehren  des  französischen  Geolo- 
gen Elie  d^  Beaumont  ein  im  Gneiss  bei  Jone^s  Falls  in  der  Ge- 
gend von  Baltimore  in  Nordamerika  vorkommendes  quadratisch  kry- 
stallisirendes  Mineral,  welches  eine  quadratische  Pyramide  mit  dem 
Endkanten  Winkel  von  147^28'  bildet,  deren  Seitenkantenl  durch  das 
quadratische  Prisma  oo  P  abgestumpft  sind.  Es  ist  spaltbar  nach  od  P, 
gelblichweiss  bis  honiggelb,  perlmutterartig  glänzend,  durchscheinend: 
Härte  =  4,5  bis  5,0,  specif.  Gewicht  =  2,24.  Im  Kolben  erhitzt,  ver- 
liert es  seine  Farbe,  schwillt  sehr  an  und  wird  mehlig,  vor  dem  Löth- 
rohr  ist  es  für  sich  zu  weissem  Email  schmelzbar,  das  Pulver  wird 
durch  concentrirte  Salzsäure  vollständig  zersetzt,  wobei  sich  Kiesel- 
säure abscheidet.  Nach  Delesse^  enthält  es  64,2  SiO,,  14,1  ALOj. 
4,8  CaO,  1,7  MgO,  1,2  FeO,  0,6  NaO  und  Verlust,  13,4  HO.  Alger 
und  Dana  sind  der  Ansicht,  dass  dieser  Beaümontit  ein  Stilbit  sei. 
dessen  Formen  falsch  beurtheilt  wurden,  und  dass  die  Analyse  mit  nicht 
ganz  reinem  Material  ausgeführt  worden  sei. 

Jackson  bezeichnete  als  Beaümontit  eine  Varietät  des  Kieeel- 
malachits  oder  eine  damit  verwandte  Substanz,  welche  KnpferoxydL 
Wasser  und  Kieselsäure  enthält  j^t 

Bebeerin,  sjni.  mit  Bebirin. 
Bebeerinsäure,  syn.  mit  Bebirusäare< 
Bebeerugerbstoff  s.  Bebirugerbstoff. 

Bebirin  —  Bebeerin^)  —  Eine  nicht  krystaUisirbare  orga- 
nische Base,  im  Jahre  1834  von  Dr.  Rodie  in  Demarara  in  der  Rinde 
eines  dort  wachsenden  Baumes  entdeckt,  welcher  von  den  englischen 
Colonisten  Sipeeri^  von  den  holländischen  Bebeeru  genannt  wird,  der 
später  von  Schomburgh  als  Nectandra  Rodid  benannt  ist.  Macla- 
gan  untersuchte  Rodie's  Bebirin  genauer  und  fand  1843,  dass  dasselbe 


*)  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [8.]  T.  IX,   p.  8S6. 

*)  Douglas  Maclagan,  Annal.  d.  Chem.  u.  Phann.  Bd.  XLVm.  S.  106. 
—  Douglas  Maclagan  u.  Thomas  Tilley,  Plüloaoph.  Magasin,  Journ.  ofScienee. 
Vol.  XXVn,  p.  186  ;  Royal  Society  of  Edinburgh  Transactions,  VoL  XV,  pari.  IH; 
Annal  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LV,  S.  105 ;  Joura.  f.  prakt  Chem.  Bd.  XXXVn, 
8.247.  —  V.  Planta,  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXXVII,  8.  888;  PhUosopb. 
Biagazin,  T.  IV  [1]  p.  14 ;   Joarn.  f.  prakL  Chem.  Bd.  LII,  8.^  287. 


Bebirin.  761 

ein  Gemenge  von  zwei  baaüohen  Kapern  sei,  die  er  Bebirin  und  Sipi- 
rin  nannte;  1845 nnterauohten  Maclagan  und  Tillej  das  Bebirin  ge- 
nauer nnd  gaben  daför  die  Formel  CssHsoNOg,  wenach  das  Bebirin 
mit  dem  Morphin  nach  dessen  früherer  Formel  gleiche  Zusammensetzung 
and  gleiches  Atomgewicht  haben  sollte,  ohne  sonst  mit  ihm  ähnliche 
Eigenschhflen  zu  haben.  Zuletzt  ist  es  Planta  gelungen,  das  Bebirin 
▼ollständig  zu  reinigen,  und  es  ist  dann  genauer  von  ihm  untersucht. 
Formel  des  reinen  Bebirins:  GsgH^iNOe  (Planta). 
Der  Bebirubanm  ist  in  Demarara  einheimisch,  das  Holz  desselben 
ist  sehr  hart  und  schwer,  es  kommt  zuweilen  als  Schiffsbauholz  unter  dem 
Namen  greenheciri  nach  England.  Die  zimmtbraune  Rinde  des  Baumes 
hat  einen  bitteren  und  zusammenziehenden  Geschmack,  sie  enthält  neben 
2,5  Procent  der  genannten  Basen  und  neben  Gerbstoff  noch  eine  eigen- 
thümliche  Saure;  der  Samen  enthält  alle  genannten  Bestandtheile,  aus- 
serdem noch  etwa  50  Procent  Stärkmehl,  was  die  Ausziehung  der  Ba« 
sen  nnd  Säuren  daraus  erschwert. 

Um  die  Alkaloide  darzustellen,  wird  die  Rinde  mit  Schwefelsäure 
haltendem  Wasser  ausgezogen,  die  Flüssigkeit  abgedampft,  dann  filtrirt 
nnd  mit  Ammoniak  gefallt,  wodurch  sich  Bebirin  mit  Sipirin  und  Gerb- 
stoff niederschlägt  Der  getrocknete  Niederschlag  wird  dann  in  Was- 
ser mit  wenig  Säure  gelöst  und  mit  Thierkoble  entfärbt;  die  jetzt  hell« 
gelbe  Lösung  giebt  mit  Ammoniak  einen  weisslichen  Niederschlag,  der 
fast  reines  Bebirin  und  Sipirin  enthält.  —  Da  durch  Behandlung  mit 
Thierkohle  immer  ein  Theil  der  Basen  verloren  geht,,  so  ist  es  besser, 
den  zuerst  erhaltenen  grauen  Niederschlag  noch  feucht  mit  Bleioxyd 
oder  Kalkhydrat  znsammenzureiben ,  das  Gemenge  im  Wasserbade  zu 
trocknen  und  mit  Alkohol  auszuziehen,  aus  welcher  Lösung  durch  Ver- 
dampfen die  beiden  Basen  gemengt  erhalten  werden.  Um  sie  zu  tren- 
nen, werden  sie  zerrieben  nnd  wiederholt  mit  Aether  behandelt,  bis  die- 
ser nichts  mehr  löst;  der  Aether  nimmt  Bebirin  auf  nnd  lässt  das  Si- 
pirin ungelöst  zurück;  beim  Verdampfen  der  Lösung  bleibt  dann  das 
Bebirin  zurück,  worauf  es  nöthigenfalls  in  Alkohol  gelöst  und  mit 
Thierkohle  entfärbt  wird.  Es  kommt  zuweilen  auoli  unreines  schwefel- 
sanres  Bebirin  nnd  Sipirin  gemengt  als  Bebirinsulphat  im  Handel  vor, 
die  Salze  können  daraus  durch  die  Behandlung  mit  Ammoniak  und  Blei- 
oxyd, Eintrocknen,  Behandeln  mit  Alkohol  nnd  Extrahiren  der  ein- 
gedampften Lösung  mit  Aether,  wie  oben  angegeben,  gereinigt  und  ge- 
trennt werden  (Maclagan  und  Tilley). 

Das  so  dargestellte  Bebirin  ward  früher  (von  Maclagan  und 
Tilley)  als  rein  untersucht  nnd  beschrieben,  es  enthält  aber  noch 
fremdartige  Substanzen,  besonders  Gerbsäure,  nnd  unterscheidet  sich  von 
reinem  Bebirin  dadurch,  dass  es  gelblich  ist,  sich  nicht  vollständig  in 
Essigsäure  löst,  und  längere  Zeit  im  Wasserbade  erhitzt,  sich  färbt  und 
zuletzt  selbst  schwarzbraun  wird  und  dann  in  dem  Maasse  an  Gewicht 
zunimmt,  wie  die  Farbe  dunkeler  wird  (v.  Planta). 

Um  das  Bebirin  vollständig  zu  reinigen,  wird  es  in  Essigsäure  ge- 
löst, das  Filtrat  mit  essigsaurem  Blei  vermischt  und  nun  das  Gemenge 
mit  kaustischem  Kali  gefällt;  der  mit  kaltem  Wasser  wohl  ausgewaschene 
Niederschlag  wird  dann  mit  Aether  vollständig  ausgezogen ;  beim  Ver- 
dampfen der  ätherischen  Lösung  bleibt  dns  Bebirin  als  ein  hellgelber 
Syrap  znrftck,  der  in  wenig  starkem  Alkohol  gelöst  wird,  worauf  man 
die  alkoholische  Lösung  tropfenweise  in  eine  "grössere  Menge  Wasser 


76a  Bebirin. 

glesat;  dabei  scheidet  sich  dann,  wenn  das  Wasser  fortwährend  gerGkt 
wird,, das  reine  Bebirin  als  ein  flockiger  Niederschlag  ab;  wird  &  A> 
koholische  Lösung  nicht  sehr  vorsichtig  mit  Wasser  gemischt,  oder 
wurde  das  Wasser  zu  der  alkoholischen  Lösung  gesetzt ,  so  wird  das 
Bebirin  als  eine  zusammengebackene  Masse  erhalten,  die  dann  meht 
vollständig  ausgewaschen  werden  kann. 

Das  reine  Bebirin  ist  ein  vollkommen  färb-  und  geruchloses  anK»^ 
phes  Pulver,  es  ist  luftbeständig  und  wird  beim  Beiben  sehr  stark  elek* 
trisch ;  es  löst  sich  leicht  in  Alkohol  oder  Aether,  besonders  in  der 
Wärme,  ist  dagegen  in  Wasser  so  gut  wie  unlöslich,  so  das«  beim  Mi- 
schen einer  weingeistigen  Lösung  mit  Wasser  kaum  eine  Spur  in  Lö- 
sung bleibt  Die  Lösung  von  Bebirin  schmeckt  anhaltend  bitter,  nod 
reagirt  alkalisch.  Das  bei  120<^G.  getrocknete  Bebirin  schmilzt  bei 
198^0.  ohne  an  Gewicht  abzunehmen  zu  einer  glasigen  Masse,  in  hd» 
herer  Temperatur  wird  es  zersetzt. 

Das  Bebirin  löst  sich  in  Essigsäure  und  Salzsäure  vollständig  nSy 
und  bildet  damit  lösliche  neutrale  Salze,  die  nicht  krystallisirbar  sind, 
und  deren  Lösungen  bitter  schmecken.  Es  wird  aus  seinen  Lösnogeo 
durch  verdünnte  Salpetersäure  gefällt;  durch  Kochen  mit  Salpetersäure 
wird  es  in  eine  gelbe  pulverige,  der  Pikrinsalpetersäure  ähnliche  Sub- 
stanz verwandelt.  Durch  Erhitzen  mit  Chromsäure  wird  es  in  ein 
schwarzes  Harz  verwandelt;  mit  Kalihjdrat  erhitzt,  giebt  es  kein  Chi« 
nolin. 

Das  Bebirin  hat  grosse  Aehnlichkeit  mit  dem  Pelosin  (s.  d.  Art)) 
kann  jedoch  nicht  als  identisch  damit  angesehen  werden. 

Das  chlorwasserstoffsaure  Bebirin  ist  leicht  in  Wasser  18s- 
lich,  die  reinen  und  kohlensauren  Alkalien  fällen  daraus  die  Base  ii 
weissen  oder  gelblich  weissen  schleimig  suspendirten  Flocken,  ein  üebe^ 
schuss  des  Fällungsmittels,  besonders  der  kohlensauren  Salze,  löst  des 
Niederschlag  wenig.  Auch  doppelt-kohlensaures  und  phosphorsaurea 
Natron  fällen  das  Bebirinsalz  weiss;  eine  nicht  zu  verdünnte  Lösung 
des  salzsauren  Bebirins  wird  ferner  durch  Jodkalium  und  Schwefel- 
cyankalium  weiss,  ^urch  Jodtinctur  kermesbraun,  und  darch  Pikrin- 
salpetersäure gelb  gefällt;  Jodsäure  iarbt  die  Lösung  hellroth,  die 
Farbe  wird  aber  rasch  dunkeler.  Quecksilberchlorid  fallt  das  salssaun 
Bebirin  weiss,  Zusatz  von  wenig  Salzsäure  oder  Salmiak  vennehrt 
den  Niederschlag,  grössere  Mengen  von  beiden  lösen  ihn;  durch  Ko- 
chen mit  Wasser  wird  er  in  eine  harzartige  Masse  verwandelt  (Hin- 
terberge r).  Kalium  -  Quecksilberjodid  giebt  einen  blassgelben  in  Sali- 
säure  unlöslichen  Niederschlag;  Natrium  -  Lridiumchlorid  giebt  eineo 
ockerfarbenen,  in  Salzsäure  leicht  löslichen,  Goldchlorid  einen  roth- 
braunen ,  Platinchlorid  einen  blassgelben  Niederschlag ,  beide  sind  in 
Salzsäure  kaum  löslich;  Gallustinctur  giebt  auf  Zusatz  von  Salzsäure 
einen  dichten,  in  überschüssiger  Säure  nicht  merkbar  löslichen  Nieder- 
schlag. 
I  Wird  chlorwasserstoflsaures  Bebirin  zu  einer  verdünnten  Lösung 

von  Platinchlorid  gesetzt,  so  entsteht  ein  blassorangegelber  durchsoi 
unkrystallinischer  Niederschlag,  der  in  Salzsäure  unlöslich  ist,  und  bei 
1200C,  getrocknet,  die  Zusammensetzung  CssHaiNO«  .HGl  -f-  Pti?]| 
hat     Auch  Galläpfeltinctur  f&llt  das  salzsaure  Bebirin  weiss. 

Das  Bebirin  ist  als  schwefelsaures  Salz  in  unreinem  Zustande  von 
Dr.  Bodie  mit  Erfolg  als  Heilmittel  bei  Weohselfiebero  angewendet; 


Bebirugerbstoff»  —  Beerensäure.  763 

rodie  glaobt  sogar,  dus  es  noch  wirksamer  sei  als  das  Chininsalz; 
'ean  diese  Annahme  nan  anch  sich  nicht  ganz  bestätigt  hat,  so  hat  es 
ich  doch  jedenfalls  als  wirksam  gezeigt.  jpe. 

Bebirugerbstoff  ist  der  in  der  Rinde  und  im  Samen  von 
lebiru  gefundene  nicht  näher  untersuchte  Gerbstoff  genannt 

Bebirusäure,  Bebirinsäure,  Bebeerinsäure  i).  Eine 
rganische  Säure,  welche  in  der  Binde  und  im  Samen  von  Bebiru 
Neetandra  Rodiei)  sich  neben  organischen  Basen  und  einem  Gerbstoff 
ndet,  der  dem  in  den  Chinarinden  enthaltenen  ähnlich  sein  soll.  Die 
(ebirusäure  ist  von  Maclagan  1845  entdeckt,  aber  noch  nicht  der 
ülementaranaljse  unterworfen.    - 

Man  gewinnt  diese  Säure  aus  dem  wässerigen,  mit  Hülfe  von  Es- 
igsäure  bereiteten  Auszug  der  Rinde  oder  dem  wässerigenAuszug  des 
Samens;  nachdem  mit  Ammoniak  die  Basen  abgeschieden  sind,  wird 
lie  Flüssigkeit  mit  Barjtsalz  gefüllt,  der  Niederschlag  einige  Mal  mit 
Blasser  abgewaschen,  dann  in  siedendem  Wasser  gelöst  und  daraus  um- 
crjstallisirt;  das  beinahe  farblose  Salz  wird  wieder  in  Wasser  gelost 
ind  die  Flüssigkeit  mit  essigsaurem  Bleioxyd  gefallt,  dieser  Nieder- 
ichlag  wird  durch  Schwefelwasserstoff  zersetzt  und  die  Lösung  im  Ya- 
cnum  abgedampft;  man  erhält  dann  eine  braune  Masse,  aus  welcher 
Ä.ether  die  reine  Säure  aufnimmt  und  einen  braunen  färbenden  Stoff 
rarücklässt.  — •  Beim  Verdunsten  der  Aetherlösung  bleibt  endlich  die 
Säure  als  eine  weisse  krystallinische  Masse  von  Wachsglanz  zurück; 
^e  Säure  zerÜiesst  bald  an  der  Luft,  sie  schmilzt  bei  150^0.;  bei 
200^0.  sublimirt  sie  in  Büscheln  von  weissen  Nadeln. 

Die  Bebirüsäure  giebt  mit  Kali  und  Natron  zerfliessliche,  in  Al- 
kohol lösliche  Salze,  dieselben  fällen  die  Salze  der  alkalischen  Erden 
ond  das  essigsaure  Bleiozjd;  das  bebirusaure  Blei  ist  etwas  löslich  in 
Alkohol.  Fe. 

Beck  lt.  Das  so  genannte  Mineral  von  Paynton  in  Devonshire 
in  England  ist,  nachKenngott  '),  nichts  weiter  als  eine  in  eine  chalce- 
don-  oder  homsteinartige  Quarzvarietät  versteinerte  Coralle,  einge« 
wachsen  in  dichtem  grauen  Kalkstein.  KL 

Beenöl  s.  Behenöl. 

Beeren^  persische,  heissen  im  Handel  zuweilen  die  Gelb- 
beeren überhaupt,  zuweilen  eine  besondere  aus  dem  Orient  kommende 
Sorte  derselben  (s.  Gelbbeeren  Iste  Aufl.  Bd.  III,  S.  428). 

Beerenroth.  Der  in  verschiedenen  rothen  Beeren,  den  Jo- 
Wnisbeeren  u.  a.  m.  enthaltene  rothe  Farbstoff;  er  ist  nicht  näher  un- 
tersacht; nach  Berzelius  soll  er  identisch  sein  mit  Blattroth  (s.  d« 
Art). 

Beerensäure  oder  Fruchtsäure  nannte  Scheele  an- 

f^glich  die  in  den  beerenartigen  Früchten,  wie  Johannisbeeren,  Vogel- 


)  Der  von  Maclagan  gewählte  Name  Bebirinsäure  scheint  weniger  passend  als 
^ff  von  Berzelius  in  seinem  Lehrbuch  (Bd.  IV,  S.  611)  angenommene  BebirusSure, 
«*  Mt  keine  Ursache  haben,  anaunehmen,  dass  die  Sfture  aus  dem  Bebirin  gebii- 
dei  ist  -.  f)  Uebeisicht  mineraL  Forschung.  1863,  8.  102. 


764  Beguin's  flüchtiger  Greist  —  Behenöl. 

beeren  a.  s.  w.,  enthaltene  S&are;  wir  wissen  jetzt  ^  das«  in  ditM 
Früchten  Aepfelsäore,  Weinsäure^  Citronsänre  u.  s.  w.  vorkomniei^  md 
zwar  wohl  immer  mehrere  derselben  gleichzeitig.  Fe 

Beguin's  flüchtiger  Geist,  Spiritus  gtäphwU  Begmi, 
im  Wesentlichen  eine  Lösung  von  Mehrfach-Schwefelammonian)  (p.  m* 
ter  Ammoniumsalfiirete  Bd.  I,  S.  753). 

Behenmargarinsäure  s.  Behensäure. 

Behenöl  ^)  Die  Behennüßse,  Nuees  Beken^  auch  wohl  Bdf 
iani  hyrepsicae  oder  Qlandes  unguentaricte  genannt,  die  Samen  von  Uo- 
ringa  nux  Behen  Dess,  (Guilandina  Moringa  Lin.  oder  Moringa  Mfera 
LamS)  sind  von  der  Grösse  einer  Haselnuss,  grau,  dreikantig,  nicht  ge- 
flügelt; sie  haben  einen  bitteren  Geschmack  und  wirken  pnrgireni 
Diese  Nüsse  geben  durch  Auspressen  etwa  25  Procent  eines  dem  OU« 
venöl  ähnlichen  fetten  Gels,  das  Oleum  balatinum^  balaninum  oder  h(ds§' 
nmtim,  weshalb  die  Bäume  vor  einigen  Jahren  in  Westindien  in  grosi^ 
ter  Ausdehnung  angepflanzt  sind. 

Das  durch  Auspressen  gewonnene  fette  Behenöl  ist  geruchlos,  hat 
einen  süssen  Geschmack  ähnlich  wie  reines  Olivenöl;  es  ist  weiss 
oder  schwach  gelblich,  bei  -f~  l^^C.  noch  dickflüssig,  erst  bei  25® C. 
wird  es  ganz  flüssig,  bei  Wintertemperatur  ist  es  fest;  es  bat  ein  spe- 
cif.  Gewicht  von  0,912;  das  Gel  reagirt  neutral,  es  wird  selbst  in  der 
Wärme  an  der  Luft  nur  langsam  ranzig  und  eignet  sich  deshalb  for 
vielfache  Zwecke,  besonders  zum  Hausgebrauch;  in  Frankreich  und 
Italien  dient  es  zur  Ausziehung  von  wohlriechenden  PflanzenstoffeHi 
wie  überhaupt  für  Parfüm erien,  in  Indien  wird  es  bei  RheumatiFineD 
als  Einreibnngsmittel  gebraucht. 

Das  Gel  ist  ein  Gemenge  verschiedener  Glyceride,  es  wird  dorefa 
längeyres  Kochen  mit  starker  Kalilauge  vollständig  verseift.  Aus  den 
durch  Zersetzung  der  Seife  mittelst  Salzsäure  erhaltenen  Gemenge  vos 
fetten  Säuren  lassen  sich  vier  verschiedene  unterscheiden:  1)  eine 
in  starkem  Weingeist  lösliche,  in  gewöhnli(*.hem  Weingeist  milo»' 
liehe  fette  Säure,  welche  bei  83<^C.  schmilzt,  nnd  nach  einer  Asor 
lyse  81,6  Kohlenstofl*  und  13,8  Wasserstoff  enthält  (was  etwa  dfif 
Formel  C90H90G4  entsprechen  würde),  wegen  Mangel  an  BCateris) 
aber  nicht  weiter  untersucht  ist;  2)  eine  eigenthümliche,  der  Stearin- 
säure ähnliche  Säure,  die  Behensäure  (s.  d.  Art.);  8)  Margarinsanre, 
Schmelzpunkt  (59<^  bis  60<>C.),  nach  der  Zusammensetzang  des  Hy- 
drats und  des  Bleisalzes  identisch  mit  der  gewohnlichen  Bfargsno* 
säure;  4)  Gelsäure,  welche,  nach  der  von  Gott  lieb  angegebenen  Me- 
thode gereinigt,  un verbunden,  wie  in  dem  damit  dargestellten  Barjts»!? 
die  gleiche  Zusammensetzung  mit  der  aus  Glivenöl  und  anderen  Fetten 
dargestellten  Gelsäure  zeigt  (Voelcker).  Ein  anderes  Behenöl,  w«l" 
ches  von  Moringa  aptera  stammen  soll,  gab  bei  der  Yerseifung  n^ 
nicht  flüchtige  und  keine  flüchtige  fette  Säuren,  nämlich:  gewöhnliche 
Stearinsäure  und  gewöhnliche  Margarinsäure,  und  zwei  ^eigenthümliche 
Säuren ,  die  Behensäure  (Behenmargarinsäure) ,  welche  aber  von  der 
von  Voelcker  so   genannten  Säure   verschieden   ist  (s.  d«  folgenden 


*)  Scheidkund.  Onderzoek.  Bd.  HI,  S.  546;  Journ.  f.  pr»kt.  Chem.,  Bd.  XXM- 
8.  851;  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXIV,  S.  842  und  846. 


fiehensaure«  765 

kruy,  und  eine  bei  gewöhnlicher  Temperatnr  flüssige  fette  Säure,  die 
üoringasänre  (s.  d.  Art)  (Wolter).  Fe. 

Behensäure.  Mit  dem  gleichen  Namen  bezeichnen  Voel- 
:ker  und  Walter  zwei  verschiedene  fette  Säuren,  weiche  sie  aus  Be- 
lenöl  (s.  d.  Art.)  darstellten,  der  Erster e  aus  einem  Oel  von  Moringa 
)lei/era^  Walter  aus  einem  Oel  von  Moringa  aptera.  Es  muss  durch 
Hreitere  Untersuchungen  erst  aufgeklärt  werden,  ob  beide  Gele  wirklich 
roD  den  angegebenen  Pflanzen  stammten,  und  ob  die  Säuren  eigen- 
httmlich  sind.  Einstweilen  kann  man  ihren  Eigenschaften  nach  die 
lovL  Walter  untersuchte  Behensäure  als  B  ehenmargarinsäu  re 
ron  der  schwerer  schmelzbaren  Säure  Voelcker's,  der  Behen- 
itearinsäure,  unterscheiden. 

Behenmargarinsäure  1)  ward  in  dem  Behenöl  von  Moringa 
TfiUra  neben  Moringasäure  und  gewöhnlicher  Stearin-  und  Margarin- 
iaure  yon  Walter  aufgefunden,  er  hielt  sie  für  eigenthümlich ,  und 
[and  dafür  die  Formel  HO .  C^o  H29  Os-  H  e  i  n  t  z  3)  erklärte  zuerst  diese 
Behensäure  für  identisch  mit  der  von  ihm  aus  dem  Wallrath  dargestell- 
ten Cetinsäure,  später  glaubte  er,  von  der  Ansicht  ausgehend,  dass  allen 
Fettsäurehydraten  die  Formel  C4„  84^  O4  zukommt,  annehmen  zu  müs- 
sen, dass  die  Cetinsäure  nur  ein  Gemenge  anderer  Fettsäuren  sei,  und 
er  hält  daher  auch  die  Behenmargarinsäure  für  ein  Gemenge  von  Pal- 
mitinsäure und  Myristinsäure.  Weitere  Untersuchungen  haben  hier  zu 
entscheiden. 

Durch  Verseifung  des  Behenöls,  Zersetzung  der  Seife  mit  Säure 
and  Umkr jstallisiren  der  Fettsäuren  aus  Alkohol  erhält  mau  zuletzt  die 
Behensäure  in  voluminösen  warzenförmigen  Massen.  Die  Säure  ist  nur 
in  geringer  Menge  in  dem  Oel  enthalten,  sie  ist  weiss,  schmilzt  con- 
Btant  bei  52^  bis  55^0.,  löst  sich  leicht  in  Alkohol,  leichter  alsMarga- 
riosäure,  welcher  sie  sonst  in  ihren  Eigenschaften  sehr  ähnlich  ist. 

Behenmargarinsaures  Aethyloxyd:  C4  05 O  .  Cao H29 O3. 
Durch  Einwirkung  von  Salzsäuregas  auf  die  Lösung  der  Behensäure  in 
absolatem  Weingeist  dargestellt,  ist  krystallinisch,  schmilzt  schon  durch 
die  Handwärme« 

Beben  Stearinsäure.  Von  Voelcker  1846  im  Behenöl  ent- 
deckt, eine  der  Stearinsäure  nahe  stehende  fette  Säure. 

Formel:  HO  •  C4)H4i08  nach  Voelcker, 
„        HO  •  €441(4303  nach  Strecker. 

Die  von  Voelcker  angestellten  Analysen  stimmen  im  Ganzen 
besser  zu  der  Strecker'schen  Formel,  weshalb  wir  dieser  den  Vorzug 
geben. 

Um  aus  den  fetten  Säuren  des  Behenöls  die  Behenstearinsäure 
sbnischeiden,  wird  daii  durch  Zersetzung  der  Seife  mit  Salzsäure  erhal- 
te Gemenge  zuerst  zwischen  Fliesspapier  ausgepresst,  wobei  man  auf 
100  Thle.  Oel  17  Thle.  fester  fetter  Säure  erhält,  welche  aus  gewöhn- 
lichem Alhohoi  krystallisirt  wird.  Die  aus  der  heissen  Lösung  zuerirt 
sich  abscheidende  Säure  wird  für  sich  gesammelt,  dann  sammelt  man 
diejenigen  Säuren  gesondert,  welche  vor,  und  diejenige,  welche  nach 
dem  vollständigen  Erkalten    der  Flüssigkeit  sich    abscheiden;    durch 


')  Compt.  rend.  T.XXII,  p.  148.;  Annal.  d.  Ghem.  a.  Pharm.  Bd.  LX,  S.  271. 
*)  Po  gg.  Annal.  Bd.  LXXXVn,  S.  658  und  Bd.  XCH,  S.  601. 


766  Behenstearinsaure.  —  Beilstein. 

6-  bis  Smaliges  Wiederholen  dieses  Verfahrens  erhalt  man  reine  Bthcn- 
Stearinsäure  neben  gewöhnlicher  Margarinsäure.  Die  BehenateanniiBK 
ist  weiss  krjstallinisch,  sie  schmilzt  bei  76®  C.  und  erstarrt  bei  70^  bis 
72<)C.  zu  einer  glänzend  weissen,  nadelförmig  kristallinischen  Masee, 
welche  sich  zu  Pulver  reiben  lässt,  in  Alkohol  loslich  ist  und  mit  de 
Stearinsäure  grosse  Aehnlichkeit  hat,  sich  aber  durch  Schmelzpankt 
und  ZusammensetzuDg  von  ihr  unterscheidet. 

Behenstearinsaures  Aethjloxjd:  C^K^  O  .  C44H4SO1. 
Man  löst  die  fette  Säure  in  absolutem  Weingeist  und  sättigt  die  Lösimg 
in  der  Wärme  mit  Salzsäuregas.  Durch  Erwärmen  und  Schütteln  mit 
Wasser  wird  die  Salzsäure  entfernt,  wobei  die  Aetherverbindung  sick 
abscheidet.  Der  behenstearinsaure  Aether  ist  krystalliniscli,  fast  durcb- 
sichtig,  er  schmilzt  bei  iS^  bis  49 ^  C,  durch  Kochen  mit  alkoholisehei 
Kalilösung  wird  er  in  Behensäure  und  Alkohol  zerlegt. 

Behenstearinsaurer  Baryt:  BaO.C44H48  0s.  Das  durch  Fd' 
len  des  Natronsalzes  mit  Chlorbarium  erhaltene  Salz  ist  dem  ttearifr 
sauren  Baryt  sehr  ähnlich. 

Behenstearinsaures  Bleioxyd:  PbO  .  C44II48OS9  entstak 
durch  Fällen  der  Natronseife  mit  essigsaurem  Blei  in  alkoholisclia 
Lösung. 

Behenstearinsaures  Natron:  NaO  .  C44S43  0s.  Man  Tcr 
seift  die  Säure  mit  überschüssigem  kohlensauren  Natron,  verdampft  dk 
Lösung  zur  Trockne  und  trennt  die  Natronseife  vom  kohlensauren  N» 
tron  durch  absoluten  Alkohol,  worauf  die  alkoholische  Losnng  im  Wtf- 
serbade  eingetrocknet  wird.  Das  Natronsalz  ist  in  Wasser  vd 
Weingeist  löslich;  die  alkoholische  Lösung  erstarrt  nach  einiger  Zd 
zu  einer  Gallerte,  aus  welcher  (nicht  bei  längerem  Stehen  wie  bei  ^ 
gewöhnlichen  Stearinsäure,  sondern  erst)  bei  Zusatz  von  mehr  We» 
geist  sich  das  Salz  in  krystallinischen  Kömern  abscheidet.  Fi- 

Behenstearinsaure,  s.  Behensäure. 

Behyl  U.  Behynyl  bezeichnen  den  als  Badieal  der 

Behylsäure  oder 

Behynylsäure  oder  Behenstearinsaure  angenonuneDCB 
Kohlenwasserstoff,  C44H4t  (Löwig). 

Beifussöl,  ein  flüchtiges  Oel,  aus  dem  Beifusskraut  (vonJi^ 
miiia  vulgaria^  L.),  durch  Destillation  mit  Wasser  gewonnen.  Es  ist  tob 
Bntterconsistenz ,  grünlichgelb ,  schmeckt  brennend ,  hinterher  kählend, 
siedet  bei  -f-  lOO^G.,  löst  sich  in  Alkohol  und  Aether,  aber  nicht  is 
wässerigen  Alkalien.  Von  Salpetersäure  wird  es  in  ein  braunes  Bim 
verwandelt.     Eine  nähere  Untersuchung  über  seine  Bestandtheile  faUt 

Beilstein  (Werner),  Poenammu  der  Neuseelinder,  ?«• 
nammustein  Blumenbach's,  wird  gewöhnlich  für  Nephrit  geksHsB« 
Nach  Lichtenberg  aber  hat  er  ein  höheres  specif.  Grewicht  :=  «i^O 
(Nephrit  nach  ihm  =  2,655) ,  auch  ist  er  härter  als  jener.  Vor  den 
Löthrohr  ist  er  leichter  schmelzbar  als  Nephrit,  mit  Blasenwerfen  0 


Beinbrech.  —  Beinschwarz.  767 

•nMT  br&onlichen  Masse.  In  ErmangeluDg  einer  Analyse  ist  die  Znsam- 
nenstellang  mit  Nephrit.  Kt 

Beinbrech,  Beinwell,  Osteocolla,  ein  wegen  seiner 
Form  so  benannter  Tuffkalk,  mit  Ueberresten  von  Thieren  und  Pflan- 
sen  sich  findend,  nach  G.  Rose  Aragonit  enthaltend  (s.  Bd.  II,  S.  203). 

Beindorff's  Apparat.  Ein  von  dem  Zinngiesser  Bein- 
dorff  in  Frankfurt  a.  M.  zuerst  dargestellter,  später  vielfach  veränder- 
ter Dampfapparat  (s.  Dampfapparate). 

Beinglas,  Milchglas.  £in  durch  Zusatz  von  etwalOProc. 
Knochen-  oder  Beinasche  müchweisses,  durchscheinendes  Glas  (s.un« 
ter  Glas  Iste  Anfl.  Bd.  III,  S.  575). 

Beinschwarz,  Knochenkohle,  Spodium,  ist  das  Froduct, 
welches  man  erhält,  wenn  Knochen  bei  Luftabschlass  bis  zum  Glühen 
erhitzt  werden.  £^  entwickelt  sich  dabei  eine  grosse  Menge  sehr  übel- 
riechendör  Gase,  empjreumatischer  Oeie  und  viel  kohlensaures  Ammo- 
"Biak.  Der  Verbrauch  der  Knoehenkohle  in  der  Zuckerfabrication  zum 
Entfärben  und  Entkalken  des  Saftes  ist  ein  so  massenhafter,  dass  die 
Verkohlung  der  Elnochen  jetzt  meist  in  eigenen  Fabrikeh  stattfindet, 
und  nur  die  Reinigung  oder  Wiederbelebung  der  schon  gebrauchten 
Kohle  in  den  Zucker  siedereien  selbst  vorgenommen  zu  werden  pflegt. 
Im  Wesentlichen  ist  die  Knochenkohle  ein  inniges  Gemenge  fein  ver- 
iheilter  stickstoffhaltiger  Kohle  mit  phosphorsaurem  und  etwas  kohlen- 
lanrem  Kalk.  Es  kommt  besonders  darauf  an,  dass  möglichst  viel 
Kohle  in  der  Knochenerde  vertheilt  sei,  dass  aber  dabei  alle  Poren 
ge&finet  bleiben,  somit  weder  die  Hitze  so  weit  getrieben  werde,  dass 
ein  Sintern  der  Knochenmasse  eintritt,  noch  dass  organische  Substan- 
sen,  welche  vor  der  vollständigen  Verkohlung  schmelzen,  Kohlentheile 
in  dichter  Ifasse  zurücklassen,  welche,  wie  z.  B.  Kohle  von  Zucker, 
&8t  wirkungslos  ist.  Man  muss  deshalb  den  Luftzutritt  während  der 
Verkohlung  vollständig  verhindern,  damit  keine  Kohle  verbrennen 
könne,  und  darf  nur  frische  Knochen  benutzen,  welche  nicht  durch 
Fänbiss  bei  langem  Liegen  an  der  Luft  oder  in  der  Erde  einen  grossen 
Theil  ihrer  organischen  Substanz  verloren  haben.  Die  Knochen  wer- 
den gröblich  zerschlagen  und  durch  Auskochen  mit  Wasser  von  ihrem 
Fettgehalt  befreiet,  weil  dieses  eine  geschmolzene  Kohle  liefern  würde. 
Auch  darf  die  Erhitzung  nicht  zu  schnell  stattfinden,  weil  sonst  der 
sich  bÜdende  Theer  nicht  allmälig  abdestillirt,  sondern  durch  Bildung 
▼on  geschmolzener  glänzender  Kohle  die  Poren  verstopft  und  ein  we* 
niger  werthvolles  Product  liefert 

Frische  Knochen  enthalten  in,  100  Theilen  ungefähr  50  Theile 
organischer  Materie,  bestehend  aus  32  Thln.^  organischen  Gewebes^ 
9  Thln.  Fett,  1  Thl.  Eiweiss,  Gefässen  u.  s.  w.  und  8  Thln.  Wasser; 
ferner  etwa  50  Thle.  unorganischer  Materie,  wovon  38  Thle.  basisch- 
phosphoi'saurer  Kalk,  2  Thle.  phosphorsaure  Magnesia,  8  Thle.  kohlen* 
sanrer  Kalk,  2  Thle.  verschiedene  andere  Salze  ausmachen.  Die  Aus« 
bente  an  Kjiochenkohle  schwankt  zwischen  30  und  60  Procent,  je  nach 
Beschaffenheit  der  Knochen.  Man  sortirt  daher  in  guten  Fabriken  die 
Knochen,  verwendet  Bippen,  Wirbel,  Köpfe  zur  Leimbereitung,  da 
aie  nur  wenig  und  schlechte,  leicht  zerbrechliche  Kohle  liefern,  und 


768 


Beinachwarz. 


benutzt  (Qr  die'  Kaochenkohle  nur  die  festOQ  dichten  BöhrenbiodieB, 
welche  circa  60  Frocent  ihres  Gewichtee  Kohle,  die  auf  9  TUe. 
phosphorsauren  Kalk  1  bin  1'/*  ThJ.  Kohlengtofi'  enthält,  hinterUuen, 
Man  Tdbrt  die  Verkohlung  in  zwei  wesentlich  verschiedeaen  Appa- 
raten aus,  die  beide  gewisse  Vorzüge  haben.  Früher  benutzte  nu 
vieKaltig  gusseiaerne  Röhren,  von  denen  man  mehrere,  ähnlich  den 
Lenchtgafretorten,  in  ein  Feuer  legte,  nüt  Knochen  beschickte,  dit 
sich  entwickelnden  Dämpfe  durch  Röhren  ableitete,  möglichst  condui- 
airte,  um  AmmonlBk  und  thieriaches  brensliches  Oel  lu  gewinnen,  dje 
uneendenairbaren  Gase  aber  in  das  Feuer  leitete  und  zu  verbrenoeo 
suchte..  Sobald  die  Gasentwickelung  vollständig  beendet.  Öffnete  mu 
.  die  Retorten,  zog  die  glühenden  Kohlen  in  Büchsen  von  Eiaenbledk 
die  dicht  rerachlossen  werden  konnten,  nm  sie  darin  vor  dem  Lufua- 
tritt  geschützt  erkalten  zu  lasaen.  Man  hat  faat  überall  diesen  Appar&t 
aufgegeben,  weil  sehr  leicht  Verstopfungen  in  den  RShren  dnrcb  du 
kohlensaure  Ammoniak  eintritt,  der  gewonnene  Theer  nebst  dMU  Am- 
moniak den  complicirteren  Apparat  nicht  bezahlt  macht  and  die  Va- 
brennung  dea  ganzen  Theers  den  Aufwand  «n  Brennmaterial  kehr  ver- 
mindert, namentlich  bei  groaaer  Fabncsition.  Die  Ersparung  von  Brens- 
material  bei  diesen  Einrichtungen  ist  gross,  da  die  Heizung  eine  coo- 

Fig.  70. 


tinuirliche  ist,  imd  man  hnt  diesen  Vortheil  beizubehalten  gesucht,  indem 
man  den  obigen  Ofen,  Fig.  70,  in  der  technischeD  WerkatAlt  in  HoheD- 
heim  constniirte  ')■ 

■)  Otto,  Lefarb.  d.  Uodwlrtlucluftl.  Otw.,  4.  AuB.,  S.  b»S. 


Beinschwarz.  769 

Vier  aul'rechiatehende  CyÜDder  von  Gusseisen  sind  in  der  ans  Fig.  7 1 
eniohtlichen  Weise  eingemauert  und  werden  von'  dem  auf  dem  ßost  a 
brennenden  Feuer  möglichst  gleichförmig  umspült.  Die  untere  Oeff- 
nung  der  Cylinder  wird  durch. die  Schieber//,  Fig.  70,  geschlossen, 
die  Knochen  oben  eingeschüttet,  die  Deckel  g  g  dicht  aufgesetzt.  Die 
beim  Erhitzen  sich  entwickelnden  Gase  und  Dämpfe  gelangen  durch 
das  gemeinsohaftliche  Bohr  o  bei  ^  in  den  Feuerungsraum  und  verbren- 
nen dort  vollständig.  Wenn  die  Gasentwickelung  aufhört  and  durch 
die  Oefinungen  p  das  vollständige  Glühen  der  Cylinder  bemerkt  wird, 
zieht  man  die  Schieber  //  auf,  die  Knochenkohle  fallt  in  die  bei  h  un- 
tergesetzten Dampf  büchsen,  worin  sie  bis  zur  Vollendung  der  Verkoh- 
lang  der  nächsten  Beschickung  bei  Luftabschluss  hinreichend  abkühlt, 
am  alsdann  entleert  zu  werden'.  Die  abgehende  Hitze  kann  man  be- 
nutzen,  um  auf  den  Platten  k  k  feuchte  Kohle  zu  trocknen.  Dieser 
Apparat  hat  mit  dem  zuerst  beschriebenen  und  mit  f^len  mit  continuir- 
licher  Feuerung  arbeitenden  den  Fehler  gemein,  dass  die  Erhitzung  der 
firisch  eingefüllten  Knochen  zu  rasch  geschieht  und  durch  Verkohlung 
des  sich  bildenden  Theers  viel  Glanzkohle  gebildet  wird. 

Deshalb  findet  man  auch  in  vielen  grossen  Fabriken  Oefen  mit  unter- 
brochener Heizung  im  Gebrauch.  •  Es  sind  Flammöfen,  auf  deren  Sohle 
man  eine  grosse  Menge  gusseisemer  oder  aus  Chamottmasse  geformter 
Topfe  stellt,  von  etwa  1  Fuss  Durchmesser  und  1,6  Zoll  Höhe,  welche 
mit  Knochen  gefüllt  und  mit  Deckeln,  die  mit  Thon  verstrichen  werden, 
versehen  sind.  Manche  stellen  sechs  solcher  Töpfe  aufeinander,  wo 
dann  immer  der  obere  als  Deckel  für  den  unteren  dient.  Die  gleich- 
massige  Erhitzung  wird  dann  aber  schwierig,  die  Anwendung  der 
Thontöpfe  unmöglich,  und  doch  liefern  letztere  die  schönste  Kohle  und 
die  reichste  Ausbeute.  Wenn  der  Ofen  so  eingerichtet  ist,  dass  während 
der  stärksten  Entwickelung  brennbarer  Dämpfe  durch  kleine  Schieber 

f  Luft  in  den  Ofen  eingelassen  werden  kann^  so  findet  bei  guter  Beguli- 
rong  eine  ziemlich  vollständige  Verbrennung  der  Gase  statt.    Da  aber 

'  die  etwa  unverbrannt  entweichenden  Dämpfe  sehr  lästig  bis  auf  weite 
Eotfenmng  hin  durch  ihren  ekelhaften  Geruch  werden,  sollte  man  ver- 

I  langen,  dass  bei  allen  Knochenbrennereien  die  entwickelten  Gase  und 
Dämpfe  sämmtlich,   ehe  sie  zur  Esse  gelangen,  noch  durch   ein  mit 

'  Flamme  brennendes  Feuer  unter  Zutritt  frischer  Luft  geleitet  würden. 
Je  grösser  die  Verkohlungsöfen,  desto  geringer  ist  der  Brennmaterialver- 
braach.  Dass  alle  organische  Materie  vollständig  verkohlt  sein  muss,  ehe 
man  die  Oefen  öflnet  und  die  Töpfe  herauszieht,  versteht  sich  von  selbst, 
denn  nicht  vollständig  gebrannte  Knochen  geben  an  Flüssigkeiten  eine 
braune  übelriechende  Substanz  ab.  Sobald  keine  Gase  mehr  sich  aus 
den  Töpfen  entwickeln,  bricht  man  den  Ofen  auf,  zieht  die  Töpfe  mit 
langen  eisernen  Haken  heraus,  schiebt  andere  bereits  gefüllte  und  mit 
^t  verstrichenem  Deckel  versehene  ein,  verstreicht  die  ThÜr  und 
feuert  wieder  stärker.  Während  des  Brennens  dieser  zweiten  Partie 
kohlen  die  ersten  Topfe  bald  ab,  werden  dann  geofluet,  entleert  und 
frisch  beschickt  für  die  nächste  Operation,  die  je  nach  der  Grosse  der 
Töpfe  circa  4  Stunden  in  Anspruch  nimmt.  Die  erhaltene  Knochenkohle, 
von  sammetschwarzer ,  nicht  glänzender  Farbe,  muss  nun  zerkleinert, 
aber  nicht  in  feines  Pulver  verwandelt  werden,  da  das  letztere  nur  gerin- 
geren Werth  ab  schwarze  Farbe  oder  Düngerroaterial  hat,  die  Zucker- 
fabrikanten aber  die  Knochenkohle  in  Form  von  kleinen  Stückchen, 

HndwtettrbQch  der  Chemie.  2te  Aufl.  Bd.  IL  49 


770  Beinschwarz. 

▼on  Linsen-  bU  Stecknadelkopfgrösse  yerlangen.  Man  erraielit  dies,  in- 
dem man  die  Kohle  durch  ein  System  yon  sechs  Paar  canneUrten  eiser- 
nen Walzen  gehen  lässt,  von  denen  jedes  folgende  Paar  immer  enger 
gestellt  ist  Die  Walzen  sind  so  gerichtet,  dass  die  erhabenen  Ringe 
der  einen  immer  etwas  in  die  Vertiefungen  der  anderen  Walze  ein- 
greifen. 

Der  Knochenkohle,  welche  zur  Entfärbung  und  Entkalkimg  des 
Zuckersaftes  gedient  hat,  kann  durch  eine  richtige  Behandlung  ihre  ur- 
sprüngliche Wirkungsfahigkeit  wiedergegeben,  sie  kann  wiederbe- 
lebt werden  und  findet  dabei  etwa  nur  ein  Verlust  von  4  bis  5  Proe. 
statt.     Dieser  Process  zerfallt  in  vier  Operationen: 

1.  das  Säuren  oder  Entfernung  des  Kalküberschusses; 

2.  das  Gähren  oder  Faulen,  die  Löslichmachnng  der  aufgenom- 
menen organischen  Stoffe  durch  Grälirung; 

8.  das  Waschen; 
4.  das  Glühen. 

Sobald  die  Knochenkohle  von  dem  Filter  kommt,  bringt  man  sie  in 
grosse  hölzerne  Bottiche  und  fibergiesst  sie  mit  ohngefahr  30^  C.  war^ 
mem  Wasser^  dem  man  etwa  1/70  Salzsäure  vorher  zugeraengt  hat.  So 
verdünnte  Säure  löst  sehr  leicht  den  von  der  Kohle  aus  den  Säften  auf* 
genommenen  kaustischen  Kalk,  und  gerade  deshalb  ist  es  wichtig, 
die  wiederzubelebende  Kohle  sofort  zu  entkalken  und  nicht  an  der 
Luft  liegen  zu  lassen.  Nach  etwa  einer  Viertelstunde  zieht  man  dai 
angesäuerte  Wasser  vollständig  ab,  giebt  nochmals  eine  geringe  Menge, 
etwa  Vio  der  anfangs  angewandten  Menge  Säure  hinzu  und  gieeet  es 
wieder  auf.  Die  öftere  Wiederholung  des  vollständigen  Abziehens  und 
Anfgiessens  der  angesäuerten  Flüssigkeit  ist  erforderlich,  damit  alle 
Theile  der  Kohle  davon  berührt  und  gleichinässig  gewaschen  werden, 
was  leicht  durch  sich  entwickelnde  und  in  der  Kohle  haftende  Kohlen- 
säureblasen verhindert  wird.  Je  nachdem  die  Kohle  mehr  oder  minder 
kalkhaltig  war,  muss  die  Menge  der  Salzsäure  bemessen  werden,  and 
Schatten^)  hat  zu  dem  Zwecke  ein  bequemes  Verfahren  ermittelt 
beschrieben.  Jedenfalls  darf  der  Kohle  aber  nicht  aller  Kalkgehalt 
zogen  werden,  weil  sonst  die  Säure  zuerst  auch  den  in  den  Knocl 
enthalten  gewesenen  kohlensauren  Kalk,  dann  auch  phosphoi 
Kalk  löst,  dhdurch  die  Festigkeit  der  Kohle  zerstört,  wodurch  nicM 
allein  viel  Abgang  verursacht  wird,  sondern  auch  der  üebelstand  ent- 
steht, dass  der  Saflt  nicht  klar  filtrirt,  sondern  feine  Kohlentheilchen 
mitreisst,  die  den  Zucker  grau  und  unansehnlich  machen. 

Je  weniger  Kalk  die  Kohle  enthält,  desto  mehr  kann  sie  in  einen 
sehr  rasch  steigenden  Verhältniss  dem  durchfiltrirenden  SafleKalk  ent- 
ziehen, so  dass  bei    0  Proc.  Kalkgehalt    2^5  Proc, 

^>         5  r  M  l    /ö  W 

tn    11      1^  w       nur  V«      11 

Kalk  von  der  Kohle  dem  Saft  entzogen  wird.  Man  pflegt  jedoch  in 
der  Praxis  der  Kohle  2  bis  3  Proc.  Kalkgehalt  zu  belassen,  um  nicht 
in  den  oben  gerügten  Fehler  der  Zerstörung  durch  zu  viel  Säure  su 
verfallen. 

Die  entkalkte  Kohle  wird  mit  warmem  Wasser  abgewaschen  und 


^)  Yerhandlg.  d.  Yereins  f!  Beftrd.  d.  Gewerbfl.  in  PreuMo  1844,    S.  186  f.; 
Dingler,  polyt.  Jonnu  Bd.  XGV,  S.  104  n.  187. 


Banaehwarz.  771 

entweder  in  warmem  Wmhf  gtehen  gelassen  oder,  feocht  auf  Haofen 
geworfen,  der  bald  eintFetoaden  G&hrting  Qberlaggen.  Im  enteren  Falle, 
bei  d«r  sogenannten  nassen  Gähmng,  verlftnft  der  Proce88  schneller 
und  iat  meist  in  acht  Tagen  vollendet,  entwickelt  aber  sehr  unange- 
nehm  riechende  Gase.  Bei  der  trockenen  Gährung,  wo  ein  vollständiger 
Laftzntritt  möglich,  ist  die  Zersetzung  mehr  Verwesung  als  Fänlniss, 
M  entwickeln  sich  keine  so  übelriechende  Froducte,  aber  sie  dauert  etwa 
doppelt  so  labge,  scheint  jedoch  dafür  auch  eine  Tollst&ndigere  Zer- 
setzung der  organischen  Materie  zu  bewirken.  Nach  vollendeter  Gäh- 
rung muss  die  Kohle  vollkommen  ausgewaschen  werden.  Man  hat 
empfohlen,  die  Kohle  zuerst  nochmals  mit  saurem  Wasser  abzuwaschen, 
auch  'wohl  sie  vor  dem  Waschen  mit  heissen  Wasserdämpfen  zu  dam- 
pfen.  Beides  scheint  nicht  zu  loben,  denn  flitrirt  man  das  auf  der  Kohle 
stehende  gegohrene  Wasser  ab,  oder  wäscht  sie  jnit  wenig  lauwarmem 
Wasser  aus  und  erhitzt  diese  FKissigkeit  zum  .Sieden,  so  trObt  sie  sich, 
ebenso  wird  dieselbe  durch  Salzsäure  schwach  getrübt.  Dieser  Ver- 
sach scheint  >u  beweisen,  dass  man  die  gegofirene  Kohle  nur  mit  lan- 
.  warmem  Wasser  auswascben,  dann  mit  heissen  Wasserdämpfeu  erhitzen, 
auf  die  später  zu  beschreibenden  Trocken  platten  und  von  da  in^die 
GlOhcylinder  bringen  soll.  Das  Dämpfen  vor  dem  Trocknen  beschleu- 
nigt diesen  Theil  der  Operation  ganz  ausserordentlich.  Bei  dem  Wa- 
schen ist  vorzüglich  neben  der  Entfernung  alter  löslichen  Bestandtheile 
darauf  zu  achten,  dass  die  Kokle  dnrch  mechanische  Reibung  nicht  in 
viel  verliere.  Am  meisten  wird  hierzu  folgende  Vorrichtung  benutzt 
tig.  72. 


Eine  Archimedische  Schnecke  liegt  in  einem  oSenen,  etwas  geneigt 
anfgesteUten  Troge  g  und  wird  durch  die  Riemenscheibe  a  und  die 
Hader  be  in  Umdrehung  versetzt.  Die  gegohme  zu  waschende Knochen- 
'  kohle  Tällt  bei  d  auf  die  Archimedisch«  Schraube  und  wird  durch  diese 
bergauf  bewegt,  während  durch  das  Bohr  bei  vj  das  Wasser  einfliesst. 
Das  ftiache  Wasser  trifft  so  zuerst  die  Sohle ,  welche  bereits  während 
der  ganzen  Bewegung  in  der  Schnecke  von  -ablaufendem  Wasser  ge- 

,'     '  ■  49» 


wMchea  wurde,  also  bst  rein  ist     Dia  völlig  gewaselMiK  Kohle  Klk 
bei  e  heraus,  wird  nun  gedämpft,  getrocknet  und  gftglnliL. 

Eine  andere  Wasctm aschine  von  Kutscher >),  Fig.  73,  wiid  wa- 


■)  Otto,  Undwltth.  Qtwttb«,  4.  Auflage,  NachtTtge  S.  903. 


Beinachwarz. 


773 


.  gvn  ihrer  geringen  Zerreibnng  der  Kohle  sehr  gelobt.  In  dem  langen, 
MU  «iehenen  Bohlen  gebildeten  Kasten ,  der  in  vier  Äbtbeilnngen  ge- 
theilt  ist,  sind  bei  d  d  feine  Drahtaiebe  feat  eingelegt  nnd  anf  diese 
wird  etwa  9  Zoll  hoch  die  in  waschende  Kohle  geschattet.  Die  Kol- 
Imd  a  treiben  bei  ihrem  Niedergange  das  durch  das  Rohro  einfltessende 
WaMflr  mit  Heftigkeit  durch  p  nnd  die  Drahtsiebe  d,  wodurch  die 
Ue  etwad  gehoben  wird.  Das  Wasser  ISnft  b^i  g  so  lange  trübe  ab, 
'die  Kobh  vollständig  aasgewftschen  ist,  worauf  man  die  Maschine 
Kit,  das  Wasser  ans  a  ablässt,  die  Koble  durch  Wegnahme  einer 
He  der  Sötenwand  des  Kastens  leicht  von  den  Sieben  abzieht  nnd 


774  B^mschwarz. 

dieselben  alsdunn  frisch  beechiokt.  Durch  die  reingewMcheoe  Kokk 
wird  so  lange  Dampf  geleitet,  bis  sich  derselbe  nicht  mehr  eondttuiiti 
dann  wird  die  Kohle  auf  Trockenplatten  geworfen,  die  Ton  dem  abti»» 
henden  Feuer  des  Glühofens  geheizt  werden,  oder  dnrch  den  Bompf  k 
(s.  V.  S.Fig.74)  in  die  Schnecke  t,  welche  sie  in  die  von  der  abgeben- 
den Hitze  des  Glühofens  umspülte,  stets  gedrehte  eiserne  Trommel  D 
fÜhrt^  woraus  sie,  völlig  getrocknet,  auf  die  Platte  über  den  Glfih- 
cjlindem  fallt.  Diese  bestehen  aus  zwei  oder  drei  6  Zoll  weiten  Böh- 
renstücken,  diesen  ihren  Zusammensetzungsstellen  von  durchbohrten 
gusseisemen  Platten,  welche  auf  dünnen  Gewölben  liegen,  getragen 
werden;  in  diese  weiten  Röhren  sind  centrisch  2  Zoll  weite  Bohren  e 
eingesetzt,  welche  oben  und  unten  geschlossen  sind  und  darch  drei 
Stiite  oben  und  unten  in  ihrer  centrischen  Lage  erhalten  werden.  Es 
füllt  daher  die  Kohle  nur  4en  2  Zoll  weiten  ringförmigen  Böhrenth«], 
wie  in  o  ersichtlich,,  wodurch  ein  sehr  rasches  und  gleich  massiges 
Durchglühen  der  Kohle  erzielt  wird.  Unten  an  den  Bohren  sind  Schie- 
ber angebracht,  welche  das  Entleeren  in  die  Dämpfgefasse  P  gestatten. 
Man  entleert  stets  nur  die  Hälfte  des  Inhaltes  auf  einmal,  weil  die  Boh- 
ren C  nur  in  der  nnteren  Hälfte  glühen,  in  der  oberen  Hälfte  xam  Vor- 
wärmen dienen.  Der  Cylinder  P,  der,  dem  Feuer  ganz  nahe  liegend, 
sehr  stark  erhitzt  wird,  dient  zum  Brennen  frischer  Knochen  0. 

Ein  langes  Liegen  der  Knochenkohle  an  der  Luft  wird  für  schäd- 
lich gehalten,  weil  sie  zu  viel  Ammoniak  aufnehme,  welches  nachtheüig 
auf  den  damit  behandelten  Zuckersaft  wirke;  ein  ungenügendes  Ans> 
waschen  läsk  leicht  Chlorcalcinm  zurück,  welches  dem  Zucker  die  £iga»> 
Schaft  feucht  zu  werden  und  keine  gutklingende  Waare  darzustellen 
ertheilen  kann;  mit  Becht  aber  flSrchten  die  Zuckerfabrikanten  sehr 
einen  Schwefelsäuregehalt  d^r  Salzsäure,  welche  zum  Entkalken  dient, 
weil  dadurch  Gyps  entsteht,  der  kaum  ausgewaschen  werden  kann,  die- 
ser wird  beim  Glühen  zu  Schwefelcalciura,  welches  auf  die  metallenen 
Gefasse  wirkt,  worin  der  Zuckersaft  mit  der  Kohle  in  Berühning 
kommt,  es  bildet  sich  höchst  fein  vertheiltes  Schwefelkupfer  und  Schwe- 
feleisen, die  den  Zucker  sehr  leicht  färben  und  unansehnlich  machen. 
Solche  Kohle  riecht  beim  Uebergiessen  mit  Salzsä|ire  nach  Schwefel- 
wasserstoff. Man  kann  sie  durch  nochmaliges  Behandeln  nach  dem 
Glühen  mit  durch  Salzsäure  sauer  gemachtem  Wasser,  noch  sichenr 
aber  dadurch  wieder  herstellen,  dass  man  sie  vor  dem  Glühen  mit 
heisser  kohlensaurer  Natronlösung,  ^s  ^^^  ^  Pfund  auf  den  Üentner 
Kohle,  6  bis  8  Stunden  behandelt,  sorgfaltig  wäscht,  wo  ein  durch  ge- 
löste Farbstoffe  sehr  dunkelgefärbtes  Wasser  abläuft,  dann  wie  gute 
Kohle  durch  Salzsäure  entkalkt,  wäscht,  trocknet  und  glüht '). 

Wie  schon  oben  bemerkt,  entzieht  die  Knochenkohle  den  neutralen 
oder  sauren  Lösungen  nicht  allein  Färb-  oder  Biechstoffe  (s.  Art.  Entfär- 
ben und  Entfuseln),  sondern  auch  Elalk  und  Kalksalze,  sie  ist  deshalb 
zur  Beinigung  sehr  kalkhaltigen  Wassers  vorgeschlagen  worden  ').  Sie 
zersetzt  aber  auch  viele  Metallsalze,  indem  sie  die  Oxyde  zurückhält  ^ 


')  S.  ttber  die  WiederbelebnngBofen  Otto  Undwirth.  Qew.,  4te  Anfl.,  S.  608 
nnd  Nachtrftge  S.  904  u.  ff.;  Au6h  Walkhoff,  Praktischer  BübeiuniokerftbbnkaBt 
1867.  S.  179;  Dinglers  polyt.  Journ.  Bd.  CXXXV,  S.  889;  Champion,  DJa^lerV 
polyt.  Jonrn.  Bd.CIX,  S.  260.  —  *)  Felo  uze,  DingWs  polyt  Joam.  Bd.GZXXIV, 
8.896.  —  *)  Mvsi^res,  Dinglefs  polyt.  Joarn.  Bd.  GXII,  S.  488,  and  Bosse. 
Otto*s  maflUirl.  Lehrb.,  4te  Anfl.,  Bd.  I,  S.  667.  ^,  «)  Ghev»lUer,   I>i]iglir*i 


Beinwell.  —  Beize.  775 

od«r  Metollsäuren  tbeils  absorbirt,  theiU  indem  sie  dieselben  redncart. 
Anoh  Jod  enisieht  sie  nicht  allein  seinen  Lösungen«  sondehi  auch  seinen 
Salsen.  Ebenso  nimmt  sie  die  BitterstoflPe,  Znoker  i),  die  organischen 
Alkaloide  ')  aus  deren  Lösungen  auf.  Man  hat  sie  deshalb  aach  als  Ge- 
genmittel bei  Vergiftungen  empfohlen  ')  und  zwar  etwa  1  Loth  für  je- 
den Gran  Gift,  den  man  vermuthet  (s.  Kohle).  ^       F. 

BeiAwell  s.  Beinbrech. 

Beize  nennt  man  in  den  verschiedenen  Gewerben  Flüssigkeiten 
von  sehr  verschiedenen  Eigenschaften,  im  Allgemeinen  aber  sind  dies  Lö* 
rangen  saurer,  salsiger  oder  sonst  scharfer  Stoffe,  mit  welchen  man  verschie- 
dene feste  Substanzen  benetzt  oder  durchtränkt,  um  ihnen  dadurch  gewisse 
Eigenschaften  des  GefQges,  der  Farbe,  des  Geschmacks  etc.  zu  erthei« 
len,  die  ihnen  ursprünglich  nicht  zukommen ,  oder  um  sie  zu  nachfol- 
genden chemischen  Operationen  vorzubereiten.  Bekannt  ist,  dass  auch 
die  Arbeit  des  Zusammenbringens  der  festen  Substanzen  mit  solchen 
Flüasigkeiten  das  „Beisen^^  genannt  wird.  Man  nennt  z.  B.  Beize  die 
Kochsalz  und  oft  noch  andere  Stoffe  enthaltende  Brühe  zum  Einpö- 
keln von  Fleisch;  der  Gerber  heisst  Beize  die  saure  Lohbrühe 
oder  die  durch  Gährung  von  Boggenschrot,  Mehl  und  Wasser 
hervorgebrachte  saure  Flüssigkeit,  deren  er  sich  bedient,  um  die 
Hfiate  zu  schwellen;  Beize  wird  die  saure  Flüssigkeit  genannt,  die 
man  braucht,  um  Messingblech  oder  Metallgegenstände,  die  vergol- 
det werden  sollen,  von  dem  darch  das.  Ausglühen  auf  ihrer  Oberfläche 
g^ildeten  Oxyd  zu  reinigen.  Hörn  oder  Haare  f&rbt  man  durch B ei- 
sen d.  b.  Einlegen  in  Metallsalzlösungen  (Quecksilber-,  Silber-,  Blei- 
salse),  mit  welchen  sie  durch  Zersetzung  der  Salze  (vermöge  ihres 
Sehwefelgehaltes)  dunkele  Farben  annehmen.  Holzbeizen  nennt  man 
Abkochungen  von  Farbhölzern  oder' Salzlösungen  (oftmitFarb- 
sto&ufgüssen  gemischt),  zum  Zweck  des  oberflächlichen  Färbens  von 
Möbel-  und  anderen  Nutzhölzern.  Einer  besonderen  Erläuterung  aber 
bedarf  der  Sinn,  welcher  von  Färbern  und  Zengdruckern  mit 
dieser  Bezeichnung  verbündte  wird. 

Beizen,  tnordants^  heissen  in  diesen  Gew^rbex^  alle  die  Flüssig- 
keiten gewöhnlich  salzartiger  Natur,  die  dazu  bestimmt  sind,  Farbstoffe 
auf  den  verschiedenen  Arten  von  Spinnfasern  durch  das  Mittel  der  che^ 
mischen  Anziehung  zu  befestigen.  Unter  den  so  festgestellten  Begriff 
fallen  einzig  nicht  die  sogenannten  Aetzbeizen,  mittelst  welcher  man 
die  auf  einem  Zeugstück  befindliche  Beize  oder  selbst  die  schon  4^Auf 
befestigten  Farben  entfernen  will  (s.  Zeugdruck). 

Ein  kurzer  und  umfassender  Ausdruck  für  <üe  Wirkungsweise  der 
Beizen  läszt  sich  nicht  geben,  im  Wesentlichen  läuft  diese  aber  darauf 
hinaus,  dass  sie  die  mit  der  Spinnfaser  in  Berührung  kommenden  Farb- 
stoffe aus  ihren  Lösungen  auf  jene  niederschlagen  und  in  unlöslichen  Zu- 
stand bringen. 

Um  die  in  Frage  kommenden  Vorgänge,  so  weit  sie  Wissenschaft- 

polyt.  Joarn.  Bd.  JCV,  8.  129,  ebendas.  Efiprit  Bd.  CX^UI.  S.  45;' '^es.  ebendas. 
Weppen  Bd.  XCVIII,  S.  408;  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LV,  S.  241  u. 
Bd.  ÜX,  8.  854.  —  *^  Ventzke,  Dingler'a  polyL  Journ.  Bd.  CXXIX,  8.  144.  — 
*)  Warrington,  Dingler^B  polyt.  Journ.  Bd.  XCIZ,  8.  58.  Graham  a.  Hof- 
manD.  AnnaL  d.  Ghem.  n.  Pharm.  Bd.  LXXXUI,  8.  89.  —  *)  Diiiglar^s  polyt. 
Jovn.  Bd.  CXVI,  8.  166. 


776  Beize. 

lieh  verfolgbar  sind,  sich  klar  zu  machen,  hat  man  den  gansen  Com* 
plex  der  Erscheinungen,  der  sich  beim  Zusammentreffen  der  thierisehMi 
oder  vegetabilischen  Faser  mit  der  Beize  einerseits  und  der  FarbeCoff- 
lösung  andererseits  ergiebt,  in  einzelne  Raactionen  za  zerlegen: 

1.  das  Verhalten  der  als  Beizmittel  gebränchlichen  Salzlösungen 
gegen  die  Farbstoffe; 

2.  das  Verhalten  der  Beizen  gegen  die  Faser  und  die  Verinde- 
rnngen,  die  sie  auf  derselben  durch  di^ Behandlungsart  erleiden; 

3.  das  Verhalten  der  Farbstoffe  gegen  die  Faser. 

1.  Sowohl  die  gewöhnlichen  Abkochungen  vieler  Farbnsaterialieo, 
wie  sie  in  der  Färberei  gebraucht,  werden ,  als  die  Lösungen  der  dar- 
aus abgeschiedenen  reinen  Farbstoffe,  liefern,  mit  gewissen  Salzlösim- 
gen  zusammengebracht,  gefärbte  Niederschläge.  Mehrere  solcher  Nie> 
derschläge  werden  im  Grossen  dargestellt-  und  kommen  unter  dem  Na- 
men „Lacke^^  als  AnstrichCarben  im  Handel  vor.*  Sie  haben  hinfiichtlich 
ihrer  Zusammensetzung  alle  das  Gemeinschaftliche,  dass  in  ihnen  die 
Basen  der  Salze,  deren  Lösung  man  mit  der  Farbstofflösong  zasamnien« 
gebracht  hatte,  verbunden  mit  dem  Pigment  enthalten  sind.  Die  Me- 
talloxyde, deren  Salze  zu  Hervorbringnng  solcher  Lacke  sich  eig- 
nen, sind  besonders  Alaunerde  und  Zinnoxyd.  Diese  Oxyde  sind  f^ 
sich  weiss  und  die  damit  hervorgebrachten  Lacke  haben  im  Granzen 
die  Farbe  der  Pigmente,  aus  welchen  sie  gewonnen  wurden,  und  lie> 
fem  also  mit  rothem  Farbstoff  rothe,  wenn  auch  bicht  ganz  gleich  nnan- 
cirte,  mit  gelben  Farbstoffen  gelbe  Lacke  u.s.  w.  Die  Salze  des  Eisen» 
oxyds  geben  ebenfalls  mit  vielen  Farbstoff] Ösungen  Niederschläge,  de- 
ren Farbe  indessen  von  der  des  Pflanzenpigments  stark  abweicht;  sa 
eigentlichen  Lacken  werden  deshalb  Eisenoxydsalze  nicht  verwen- 
det, weil  die  Niederschläge  in  der  Regel  wegen  zu  geringer  Lebhaftig- 
keit der  Farbe  wenig  geschätzt  sind.  Die  Bildnng  dieser  Niederschlage 
hängt  von  manchen  Umständen  ab;  z.  B.  von  der  Natur  der  Säure,  an 
welche  die  lackbildende  Base  gebunden  ist,  von  dem  Sättigongsver- 
hältniss  zwischen  Säure  und  Base  —  von  der  Anwendung  von  Hitze 
(zuweilen  bleibt  das  Gemisch  von  Salzlösung  und  Farbstoflaafg^iss  bei 
gewöhnlicher  Temperatur  klar,  ,der  Niederschlag  erfolgt  aber  darrh 
Kochen)  — ,  endlich  bedarf  es  zuweilen  eines  Fällungsmittels,  nm 
die  Basis  niederzuschlagen,  welche  beim  Niederfallen  Farbstoff  mit  sich 
reisst  —  (Alaunlösung,  mit  gewissen  Farbstoff kochungen  gemischt, 
bleibt  klar,  und  erst  durch  Znsatz  von  Alkali  fallt  der  Alaunerdelaek 
niedv). 

Durch  Einhalten  einer  dieser  Bedingungen,  namentlich  der  leizte- 
reUi,  können  auch  mit  anderen  Salzen  als  den  erwähnten,  lackartige  Nieder- 
schläge hervorgebracht  werden,  so  mit  Magnesia-,  Zink-,  Blei-,  Qoeck* 
silbersalzen.  In  die  Technik  sind  diese  indess  kanm  eingegangen.  Wenn 
nach  dem  Gesagten  die  Bildung  solch  unlöslicher  Lacke  der  FTanptvoi^ 
gang  ist,  auf  den  wir  die  Wirkung  der  Beizen  zurückführen  müssen,  so 
ist  doch  die  Zahl  der  zu  Beizen  gebrauchten  Metallsalze  geringer  als 
die,  mit  welchen  man  Lacke  hervorzubringen  im  Stande  wäre,  da  die 
Tauglichkeit  eines  Salzes  noch  abhängt  von  dem  Verhalten  der  Salz- 
lösung zur  Faser  und  dem  Verhalten  der  'mit  Salz  getränkten  Faser 
bei  den  weiteren  Manipulationen. 

2.  Eine  bei  den  mannigfaltigsten  Operationen  des  Färbers  und  Zeug- 
druckers  erkennbare  Thatsache  ist  die,  dass  sich  Wolle  und  Seide  leidi- 


Beize.  777 

ter  flrb«n  lamen,  als  Baumwolle  nnd  Leinwand.  In  den  meisten  Fäl- 
len ist  dieser  Unterschied '  bedingt  von  dem  grossen  Vermögen  der 
Thierfasern,  die  als  Beise  wirksamen  Salse  ans  ihren  L5snngen  aofsn* 
nehmen.  Ob  dies  anf  einer  Fläohenanriehnng  bemhe,  oder  in  der  che- 
mttohen  BeschaiFenheit  der  Seide  nnd  Wolle  seinen  Orond  habe,  ist 
nicht  entschieden,  gewiss  aber  ist,  dass  die  letzte  Ansicht  bedeotende 
Vertreter  fand,  nnd  dass  man  ans  dieser  Anschaumig  die  vortheilhaften 
Wirkungen  des  Imprftgnirens  von  BanmwoUe  mit  thierischem  Eiweiss 
▼er  dem  Färben,  sowie  die  der  Enhkothbäder  in  der  Türkischrothfärbe- 
rei mit  ZnhÜlfenahme  eines  Namens  „  Animalisation^  za  erklären  suchte. 
Der  umstand,  dass  Wolle  und  Seide  das  grössere  Anziehnngsvermögen 
zum  Unterschied  von  Baumwolle  und  Leinwand  gegen  eine  Reihe  der  ver- 
schiedenartigsten Stoffe  zeigen,  dient  jedenfalls  der  letztgenannten  An- 
sicht nicht  zur  Stütze.  Neuere  Erfahrungen,  die  man  über  das  Entlar- 
Imngsvermögen  der .  Kohle  und  allgemein  über  deren  Tauglichkeit  als 
Filtrationsmittel  gewonnen  hat,  beweisen,  dass  der  Unterschied  zwischen 
thierischen  nnd  Pflanzenkohlen  viel  geringer  ist ,'  als  man  früher  an- 
ni^hm,  dass  der  Grad  der  Wirkung  vielmehr  bei  beiden  von  der  Dich- 
tigkeit, Vertheilnng,  Porosität,  also  von  der  Beschaffenheit  der  OberfläF 
übe  abhänge.  Auch  diese  Wamehmungen  machen  es  wahrscheinlich,  dass 
die  vortbeilbaftere  Bolle  der  Thierfasem  in  dem  Färbungsprocess  auf  stär- 
kere Flächenanziehung  derselben  zurückftihrbar  sei.  Wolle  wird  schon 
lange  als  Filtrationsmittel  ffir  Wasser  gebraucht;  dass  sie  in  dieser  Hin- 
sicht nicht  chemisch  wirke,  darf  man  wohl  als  unzweifelhaft  annehmen. 
Es  zeigte  sich  bei  Versuchen,  die  Board  und  Th^nard  an- 
stellten : 

1.  dass  gut  gereinigte  Wolle  sowohl  als  Seide  aus  einer  Alaun- 
iSsnng  ziemlich  beträchliche  Mengen  des  Salzes  anzog,  indem  die  Lö- 
sung, die  mit  diesen  Fasern  längere  Zeit  in  Berührung  gelassen  war, 
nach  dem  Abgiessen  als  salzärmer  erkannt  wurde; 

2.  dass  hierbei  keine  Zersetzung  des  Alauns  in  ein  gelöst  blei- 
bendes saures  und  ein  an  der  Faser  haftendes  basisches  Salz  erfolgte ; 

8.  dass  zum  Wiederauswaachen  des  unzersetzten  Alauns  zehn  und 
mehr  Aufgüsse  von  kochendem  Wasser  nöthig  waren; 

4.  dass  die  nämlichen  Erscheinungen  bei  Baumwolle  und  Lein- 
wand nur  in  viel  schwächerem  Grade  stattfanden. 

Aehnlich  wie  der  Alaun  sollen  sich  Eisensalze  und  Zinnsalze  ver- 
halten. Behauptet  wird  —  wir  unserseits  halten  die  ftir  die  Behauptung 
angerufenen  experimentellen  Belege  als  unzureichend.  —  dass  alle  übri- 
gen Salze  nicht  von  der  Faser  aus  ihren  Lösungen  abgeschieden  weifden, 
sondern  nur  in  dem  Verhältniss  auf  ihr  haften  bleiben,  wie  sie  in  dem 
Theil  der  Lösung,  der  auf  der  Faser  eintrocknet,  vorkommen.  Auch 
sollen  mehrere  dieser  Salze  sich  durch  ihre  Neigung  zu  krystallisiren  sehr 
ungleichmässig  auf  der  Faser  absetzen. 

Wenn  trotz  dieser  EigenthÜralichkeit,  die  allen  Alannerdesalzen, 
Zinnoxydsalzen  und  Eisenoxydsalzen  gegenüber  sämmtlichen  Übrigen 
Metalloxydsalzen  zukommt,  der  Alaun  selten  ohne  weitere  Zuthaten  ge- 
braucht wird,  so  hat  dies  darin  seinen  Grund,  dass  andere  Alaunerde- 
salze noch  günstiger  wirken. 

Wichtiger  wohl  als  die  erwähnte  Eigenschaft  dieser  Salze,  von  der 
Faser  unverändert  aus  Lösungen  angezogen  zu  werden,  ist  folgendes 
Verhalten. 


778  Beize. 

Das  Zinnohlorid  wird  darch  versehiedene  UraaC&nde,  je  nadi  der 
Art  seiner  Darstellung,  schon  durch  Kochen  seiner  wässerigen  Losung, 
in  niederfallendes  Zinnozydhydrat  und  Salzsäure'  zersetzte  Eniens 
hält,  wenn  die  Zersetzung  auf  der  Faser  selbst  vorging,  xiemlich  £aet 
auf  derselben.  Die  leicht  löslichen  Eisenoxydulsalze  werden  durch  Auf- 
nahme von  Sauerstoff  in  schwerlösliche  basische  Eisenoxydsalxe  umge- 
wandelt, die  ebenfalls  fest  an  der  Faser  haften  bleiben. 

£s  ist  in  dem  Artikel  Alaunbeize  und  Alaun,  neutraler  (jl 
Bd.  I,  S.  397  u.  399),  angegeben,  wie  gewisse  Thonerdesalze  sehr  leicht 
in  basische  schwerlösliche  Verbindungen  umgewandelt  werden,  sei  es 
durch  Verdunstung  der  Säure  (Essigsäure),  sei  es  durch  Zerfallen  der 
Lösungen  in  der  Hitze. 

Es  ist  also  die  Disposition  zur  Bildung  schwer  löslicher  Salie,  in 
Verbindung  mit  der  Eigenschaft  dieser  Körper  die  Farbstoffe  aiisus»' 
hen,  welche  die  Alaunerde-,  Zinnoxjd-  und  Eisenoxydsalze  su  Beismit- 
mitteln  besonders  geeignet  macht 

3.  Was  das  Verhalten  der  Fasern  zu  den  Farbstofflösungen  be- 
trifft, so  werden  die  Farbstoffe  seit  langer  Zeit  unterschieden  in  Sub- 
stantive und  adjective.  Unter  dem  ersten  dieser  wenig  charakteristi- 
sch/en  Namen  versteht  man  diejenigen,  welche  ohne  Dazwischenkunfi 
einer  Beize  sich  auf  der  Faser  befestigen,  unter  letzterem*  diejenigen,  die 
einer  solchen  bedürfen. 

Nicht  ganz  ohne  Ausnahme,  aber  in  der  grossen  Mehrz&hl  der 
Fälle,  besteht  der  Unterschied  der  Farbstoffe,  hinsichtlieh  ihres  Ver- 
haltens zur  Faser,  darin,  dass  die  einen,  auch  ohne  das  Mittel  der 
Lackbildung,  in  unlöalichen  Zustand  übergeführt  werden  und  in  diesen 
Zustande  auf  der  Faser  haftend  gemacht  werden  können,  die  anderen 
nicht.  Die  Mehrzahl  der  organischen  Farbstoffe,  deren  Lösungen  in 
der  Färberei  dienen,  werden  aus  den  letzteren  nicht  durch  eingelegte 
Wolle,  Seide,  Baumwolle  etc.  angezogen.  Werden  die  Flocke,  6e- 
spinnsto  oder  Gewebe,  nachdem  sie  sich  mit  der  Lösung  voUgeaogen, 
getrocknet,  so  mögen  sie  zwar  gefärbt  erscheinen,  verlieren  aber  die 
Farbe  wieder  fast  vollständig  durch  Auswaschen.  Es  giebt  einige  Farb- 
stoffe, die,  ohne  zu  den  sogenannten  Substantiven  gezählt  zu  werden, 
auch  in  das  ungeheizte  Zeug  einfarben,  aber  so  wenig  intensiv,  dass 
sie  doch  nie  ohne  gleichzeitiges  Beizen  zur  Anwendung  kommen.  Aus  Al- 
lem geht  hervor,  dass  die  Beize  das  nothwendige  Mittelglied  zwischen  der 
grossen  Mehrzahl  der  Farbstoffe  und  der  damit  zu  färbenden  Faser  ist. 

Das  Zusammenbringen  der  Faser  mit  den  Beizsalzen  geschieht  aaf 
sehr  verschiedene  Weise.  In  der  Färberei  wird  der  Stoff  oder  das 
Garn  gewöhnlich  in  die  Auflösung  des  Beizmittels  mehrere  Stunden 
lang  gelegt  oder  mehrere  Male  durchgezogen;  seltener  ist  der  Fall, 
dass  die  Farbstofflösung  mit*  der  Beize  sich  in  dem  nämlichen  Bade  fin- 
den, in  welches  dann  die  zu  färbende  Faser  eingelegt,  eingehängt  oder 
mittelst  eines  Haapels  durchgenommen  wird.  Li  der  topischen  Färbe> 
rei,  dem  Zeugdruck,  wird  entweder  der  ganze  Boden  des  Stückes  ge- 
beizt und  nachher  die  Beize  an  einzelnen  Stellen  durch  Aufdrucken  so- 
genannter Aetzpappen  (^enlevageä)^  das  sind  Lösungsmittel  für  die  befe- 
stigte Beize,  wieder  weggenommen,  um  beim  nachfolgenden  Färben  diese 
Stellen  ungefärbt  zu  erhalten,  oder,  was  der  häufigere  Fall  ist,  die  Beize 
wird  mit  einem  Verdickungsmittel,  Gummilösung,  Stärkekleister  etc. 
gemengt  .auf  die  zu  färbenden  Stellen  aufgedMickt,  oder  endlich  die 


Beleaohtung.  779 

BeiAi,  da«  YadickDiiganitlel  und  die  FarbatöfflSeiing  weHen  ca«üoi> 
inen  'genüeht  nnd  zusammeii  aufgedmekt.  Dies  sind  die  häufigst  ge» 
brauchten  Methoden  der  Vereinigung  der  Faser  mit  dem^Beismittel;  ee 
gehörir  mehr  in  die  Artikel  Färberei  und  Zeugdruck,  alle  Verlahrung^ 
arten  anfsusäblen  'und  zugleich  die  Vorrichtungen  zu  beapreehen,  die 
dabei  dienen.  Als  Hälfsmittel  für  die  Befestigung  der  Beize  auf  der 
Faser  dient: 

Erhitzung   bei   WoUförberei),  oder   Trocknen  (Verdunsten 
eines  Theiles  der  Säure,  z.  B.  bei  essigsaurer  Thonerde),  oder  aber  Aus^ 
setzen  an  die  Luft,  um  Oxydation  der  Basis  zu  bewirken  (bei  Eisen- 
beizen) ;    endlich  Passirdn   <jbirch   gewisse  Bäder,   wie  z.  B.  Wasser 
mit  Schlämmkreide  oder  Kuhkoth,  Wasserglaslösung,  Schmach-  oder 
Gallu«tabkochung.     Mehrere  dieser  Mittel  haben  indess,  nach  den  frei- 
lich ziemlich  willkürlichen  Annahmen  der  Techniker,  noch  eine  andere 
RoUe,  nämlich  die  des  B einigem!  von  überschüssiger  Beize.     Die 
Nothwendigkeit  des  Beinigens  der  gebeizten  Zeuge  vor  dem  Ausfarben 
ist  leicht  zu  begreifen;  bei  den  einfarbigen  Stücken  würde  der  nicht  von 
der  Faser  aufgenommene  Theil  der  Beize,  ebenso  wie  der  aufgenom- 
mene Theil,  Farbstoff  ans  dem  Färbebade  niederschlagen,  also  Verlust 
veranlassen,  bei  nur  stellenweise  gebeizten  Zeugen  würde  aber  überdies 
ein  Theil  der  nicht  befestigten  Beize  in  dem  Färbebade  wieder  gelöst 
und  mit  Farbstoff  in  den  Boden,  d.  h.  den  Theil  des  Zeuges  einschla- 
gMi,'  den  man  ungefärbt  erhalten  wünscht.     Das  Reinigen  geschieht 
häufig  nur  durch  Waschen  in  kaltem  oder  heissem  Wasser,  namentlich 
ist  dies  Mittel  angewandt  und  meist  ausreichend,  wo  auf  das  Beizen  nicht 
getrocknet  werden  muss.  In  de^  Druckerei  wird  nach  dem  Aufdrucken 
der  Beize  immer  getrocknet;  es  ist  nicht  nur  der  mit  der  Faser  ver- 
bundene Theil  der  Beize,  sondern  auch  das  Verdickungsmitmittel  an 
entfernen,  ehe  das  mit  Beize  gedruckte  Zeugstück  in  die  Farbflotte  kommt. 
Würde  das  Entfernen  der  überschüssigen  Beize  nur  mit  Wasser  gesche- 
hen, so  wäre  Gefahr  vorhanden,  dass  diese  zum  Theil  sich  in  die-  unge- 
heizten Theile  des  Zeuges  niederschlüge,  deshalb  ist  gleichzeitig  zu 
sorgen,  dass  sie  schnell  zerlegt  und  in  einen  Zustand  übergefUhrt  werde, 
in  welchem    sie  die  Faser  nicht   mehr   imprägniren    kann.      Diesen 
Zweck  erreicht  man  durch  verschiedene  Mittel,  z.  B.  ein  Ereidebad,  ein 
Kl<$iebad,  ein  Kuhmistbad.     Von  der  Wirkungsart  des  ersteren  kann 
man  sich  leichter  Rechenschaft  geben,  als  von  der  der  anderen.    Kreide, 
z.  B.  mit  Alaunlösung  zasammengebracht,  fallt' unter  Gypsbildung  di^ 
Alsunerd^.  Alf  wirksames  Princip  im  Kuhkoth  hat  man  sehr  verschieden« 
Bestandtheile  angenommen,  eine  sehr  hypothetische  „Kuhkothsäure^^,  die 
phosphorsauren  oder  kieselsauren  Salze  und  anderes,  ohne  sich  auf  be- 
wmsende  Versuche  für  eine  dieser  Annahmen  stützen  zu  können.     Ar- 
sensaures  Kali,  oder  das  sogenannte  8el  pour  bousage^  das  ist  phosphor- 
sanres  Natron  mit  phosphorsaurem  Kalk,  oder  endlich  kieselsaures  Al- 
kali (Wasserglas),  «die  sämmtlich  neben  oder  anstatt  Kuhkothbädem  an- 
gewandt wurden  oder  noch  angewendet  werden,  wirken  vorzugsweise 
durch  Fällung  der  Beizbasen,  also  des  Eisenozyds  oder  der  Thonerde 
in  Verbindung  mit  Arsensäure,  Phosphorsäure,  Kieselsäure.  By. 

Beleuchtung..  Unter  den  verschiedenen  Mitteln  behufs  künstli- 
cher Lichterzeugung  sind  nur  wenige  zu  Beleuchtungszwecken  praktbch 
geworden.    Es^ist  bekannt,  dass  bei  dem  Zusammentreffen  der  zwei  ver- 


780  Beleachtm^. 

schiedenen  Arien  des  elektrischen  FhndomB  Lieht  entwick^  wM. 
Man  hat  in  neuerer  Zeit,  namentlich  in  Frankreich,  mebrlach  Ymmek^ 
das  Licht,  welches  aus  den  in  Kohlenspitien  endigenden  Elektroden 
einer  starken  galvanischen  Batterie  ausströmt,  als  Belenchtangsnittel 
zu  gebrauchen,  namentlich  wo  es  sich  darum  handelte,  grössere  PlStse 
SU  beleuchten,  so  bei  Festlichkeiten,  oder  bei  nächtlichen  Arbeiten  an 
grossen  Bauten  für  eine  grosse  Anzahl  Arbeiter.  Bis  jetzt  kann  man 
hier  nur  von  Experimenten  sprechen,  nicht  von  wirklicher  technischer 
Anwendung;  der  Preis  und  der  Umstand,  dass  der  elektrische  Strom  meht 
leicht  auf  längere  Zeit  constant  bleibt,  bieten  hier  Schwierigkeiten;  diese 
Beleuchtung  soll  gegenaber  den  gewöhnlichen  Methoden  ökonomieeh 
sein,  wo  es  sich  darum  handelt,  einen  grossen  Platz  fiberikil  gleich  staik 
zu  beleuchten,  z.  B.  bei  grösseren  Arbeiten  in  der  Nacht,  oder  unter 
Wasser,  oder  wo  gleichzeitig  für  eine  grosse  Anzahl  yon  Menschen  hin- 
reichend Licht  geschafft  werden  solL  Auch  Lacassagne  und  Thiers 
haben  solche  Lampen  construirt  ^). 

Eine  bekannte  Sache  ist  es,  dass  der  Act  der  chemischen  Vereini- 
gung der  verschiedensten  Stoffe  in  delr  Regel  mit  Wärme-  und  nickt 
selten  mit  Lichtentwickelun^  verknüpft  ist  Die  grösste  Zahl  der  in 
diese  Gruppe  gehörenden  Erscheinungen  sind  Oxydations Vorgänge,  Ver- 
bindungen von  Grundstoffen  oder  zusammengesetzten  Körpern  mit  den 
Sauerstoff  der  atmosphärischen  Luft  —  Verbrennungen.  Man  kann  in 
unzähligen  Fällen  die  Beobachtung  machen,  dass  sich  der  atraosphir^ 
sehe  Sauerstoff  mit  anderen  Stoflen  vereinigen  kann,  ohne  dass  die  ge- 
ringste Lichterscheinung  aufträte  und  dass  selbst  die  Wärmeentbindnng 
bei  sehr  vielen  derartigen  chemischen  'Processen  so  gering  ist,  dase^aie 
nicht  gemessen  werden  kann.  Aber  selbst  von  solchen  Verbrennung^ 
erscheinungen,  die  mit  Wärme-  und  Lichtentwickelung  verknüpft  sind, 
lassen  sich  nur  die  wenigsten  im  Beleuchtungswesen  zu  Nutzen  aieheik 

Es  wird  den  Massetheilchen  eines  Körpers  durch  Anhäufung  gros- 
serer Wärmemengen  das  Vermögen  ertheilt,  Licht  auszustrahlen;  den 
starren  und  tropfbaren  Körpern,  deren  Massetheilchen  näher  aneinan- 
der gelagert  sind  f^s  die  der  gasförmigen,  wird  das  Vermögen  des 
Leuchtens  durch  Erhitzung  im  höheren  Grade  zukommen  als  den  luft» 
förmigen  Körpern.     Man  kann  im  Allgemeinen  sagen,  dass  ein  starrer 
Körper  hw  zu  500^  C.  erhitzt,  rothglühend,  bis  zu  1000«  C.  erhitzt, 
weissglühend  erscheint.     Gase  auch  bis  auf  diese  Temperatur  erhitzt, 
werden  dennoch  sehr  wenig  leuchten.     Das  Wasserstoffgas  liefext  bein 
Verbrennen  beträchtliche  Wärme,  dagegen  wenig  Licht;  wird  in  das 
Gemisch  brennenden  Wasserstoffs   mit  Sauerstoff  ein    fescer  Körper, 
z.  B.  ein  Kalkcylinder,  gehalten  und  zum  Glühen  gebracht,  so  strahlt 
dieser  bald  höchst  intensives  weisses  Licht  aus.,  das  nach  dem  Entdecker 
dieses  Phänomens  das  Drumond'sche  Licht  genannt  und  .zur  Beleuch- 
tung der  Objecte  vor  dem  sogenannten  Hydro-Oxygengasmikroskop  zu 
den  disBolrnng  viewa  u.  s.  w.  angewendet  wird.     Ein  spiralförmig  lauf- 
gewickelter  dünner  Platindraht  in  die  gewöhnliche,  bekanntlich  schwach 
leuchtende  Weingeistüamme  gehalten,  erscheint  viel  stärker  leuchtsnd 
als  die  Flamme  selbst. 

Das  stärkere  Leuchten  mancher  Flammen  schon  für  sich,  ohne  dass 
man  starre  Körper  dareinhält,  ist  immer  zurückfiihrbar  auf  das  Vorhan- 


0  Vergl.  Cosmos.  par  »|oigno  T.  IX,  p.  840  et  S65;  T.  X,  p.  S4S  et  417. 


Beleuchtung.  781 

denMm  eines  glühenden,  feinvertheüten,  in  der  Flamme  befindlichen  festen 
Kdrpers,  sei  dies  ein  brennbarer  noch  unverbranntei^  Stoff  oder  ein  Prodaet 
der  Verbrennung  selbst  Das  starke  Leuchten  des  brennenden  Phos- 
phors kommt  der  glühenden  Phosphorsäure  zu.  In  der  Flamme  unse- 
rer gewöhnlichen  Leuchtmaterialien  ist  es  glühende,  feinyertheilte 
Kohle,  der  das  grosse  Lichtausstrahlungsvermogen  suzuschreiben  ist. 
Alle  zu  unseren  Beleuchtungszwecken  gebrauchte  Flammen  der  Ker- 
zen, Oellampen  oder  Gasbrenner  sind  das  Ergebmss  der  Verbrennung 
flüchtiger,  durch  Erhitzung  erzeugter  Zersetzungsproduete  der  Lencht- 
materialien.  Alle  unsere  Lenchtmaterialien  aber  sind  kohlen-  und 
Wasserstoff  haltige,  gewöhnlich  sauerstoffarme  und  stickstofffreie  Sub- 
stanzen, und  deren  durch  Erhitzung  (trockene  Destillation)  sich  erge- 
bende Zersetzungsproduete,  ^e  aus  Wasserstoffgas,  Grubengas,  ölbil- 
dendem  Gas,  Kohlenoxydgas,  Kohlensäure,  Wasserdampf  und  mancher- 
lei dampfförmigen  Kohlenwasserstoffen,  oder  temären,  Kohlenstoff, 
Wasserstoff  und  Sauerstoff  enthaltenden,  Körpern  bestehen. 

Dass  das  Leuchtvermögen  einer  Flamme  zumeist  von^  der  Ausschei- 
dung von  Kohlenstofilheilchen,  die  sich  im  glühenden  Zustande  in  der 
Flamme  fortbewegen,  abhängt,  lässt  sich  aus  einer  Vergleichung  des  Ver- 
haltens der  beiden  Kohlenwasserstoffgase,  des  Grubengases  (CsH«)  und 
des  ölbildenden  Gases  (G4H4),  darthun.  Das  Grubengas  verbrennt  mit 
schwachleuchtender,  das  ölbildende  Gas  mit  sehr  heller  Flamme.  Die 
Menge  des  Kohlenstoffs  in  einem  Volumen  des  ersteren  ist  nur  halb  so 
gross  als  diejenige  in  einem  Volumen  des  letzteren«  Das  ölbildende  Gas 
hat  überdies  die  Eigenschaft,  beim  Durchgehen  durph  glühende  Bohren 
in  Kohlenstoff,  der  sich  an  den  Röhrenwänden  absetzt,  und  in  leichtes 
Kohlenwasserstoffgas  zerlegt  zu  werden.  Denkt  man  sich  einen  Strom 
Grubengas  in  atmosphärische  Luft  tretend  und  angezündet,  so  wird  der 
Sanerstoff  des  mit  den  brennbaren  Gasen  durch  Diffusion  sich  mengen- 
den Luftvolumens  leichter  hinreichen,  neben  dem  Wasserstoff  allen 
Kohlenstoff  rasch  zu  verbrennen,  als  dies  unter  übrigens  ganz  gleich  ge- 
dachten umständen  mit  dem  ölbildenden  Gas  der  Fall  sein  wird.  Wenn 
der  Wasserstoff  und  Kohlensto*^  eines  Theiles  des  Gases  verbrennt,  so 
wird  die  nächste  Folge  sein,  dass  der  noch  nicht  zur  Verbrennung  ge- 
Laogte  Antheil  des  Gases  gerade '  ebenso  zerlegt  wird,  als  es  der  Fall 
sein  würde,  wenn  er  durch  eine  glühende  Röhre  strömte,  es  wird  Kohlen- 
stoff abgeschieden,  und  dieser  kommt  erst  ins  Glühen,  ehe  er,  durch 
den  Luftzug  in  den  oberen  Theil  der  Flamme  bewegt,  ebenfalls  zu 
Kohlensäure  verbrennt  Ganz  ähnlich  wie  das  EUajlgas  verhält  sich 
las  Ditetrylgas  und  die  damit  homologen  Kohlenwasserstoffe,  die  in 
Dampfgestalt  dem  Gasgemische  beigemengt  sind,  so  wie  andere  Kohlen- 
»vaaaerptoffe,  z.  B.  Benzin.  Gasgemenge,  wie  man  sie  durch  die  trockene 
[>e8tiliation  organitoher  Substanzen  gewinnt,  werden  um  so  stärkeres 
Lienchtvermögen  haben,  je  reicher  sie  an  Kohlenwasserstoffen  von  grossem 
S^ohlenstoffgehalt  sind. 

Dass  das  Leuchten  der  kohlenstoffireioheren  Kohlenwasserstoffe 
sirklich  darauf  beruht,  dass  wegen  anfänglich  unvollkommenem  Sauer- 
itofizatritt  Kohlenstoff  zuerst  im  starren  Zustande  abgeschieden  wird, 
aast  sich  sehr  deutlich  zeigen  dorch  Beimengung  von  atmosphärischer 
itfoft  aca  Leuchtgas.  Die  Heizbrenner  in  den  chemischen  Laboratorien 
ind  so  eingerichtet,  dass  sich  dem  Gasstrom  zuerst  Luft  beimengt  und 
las  Gtemiaeh  dann  zur  Verbrennung  gelangt;  die  Flamme  derselben 


782  Beleucbtnng. 

hat  BOT  Doofa  gpnagm  LenchtTermOgen,  wnl  d«r  Saoentoff  der  Lofl  « 
Stande  üt,  die  weiter  ansaiDandergedringten  KohlenMofRheilcheD  ohae 
▼orherigeB  Absoheiden  and  Erglühen  sofort  lu  verbrennen.  Ans  dm 
«rlKntflTten  ßrflnden  wird  ein  zum  Leuchten  beBtininites  Gas  durch  bei- 
gemengtea  Waaser^^toffgiis,  Kohlenoxydgas  nnd  Gmbengai,  obschon  £« 
brennbare  Körper  sind,  in  seinem  LenchtreTmögen  wesentlich  geschw&i^ 
werden,  mehr  aber  wird  dies  noch  der  Fall  sein,  wenn  Stickgas  oder 
ähnliche  Gase  in  etwa«  erheblicherem  VerhÜltnisBe  beigemengt  nni 
d»  diese  auf  die  brennbaren  Gase  nnr  verdOnnend  wirken. 

Ein  sehr  in  die  Aogen  fallendes  Beispiel  liefert  das  Verhalten  de) 
Aether-  nnd  des  Alkohotdampfes  beim  Verbrennen.  In  einem  VoIutmo 
Aethergat  sind  enthalten:  2  Vol.  Kohlenstolf,  5  Vol.  Wasserstoff  mtd 
Vj  Vol.  Sanerstoff  (specif.  Gewicht  2,58).  In  einem  Volamen  Alki^ol- 
gas  ist  dagegen  1  Vol.  Kohlenstoff,  3  Vol.  Wasserstoff  und  Vt  ^^ 
Saoerstoff  (specif.  Gewicht  1,59)  enthalten.  Der  Aether  brennt  mit  be- 
deutend hellerem  Licht«  als  der  Alkohol,  in  dessem  Gase  die  Kohlenstoff- 
atome  doppelt  so  weit  entfernt  von  einander  sind  als  im  Aethergsi, 
und  werden  daher  durch  eine  gewisse,  för  beide  Gase  als  gleich  grois 
ansunehmende  Menge  atmoeph&riichen  Sauerstoffes  eher  gleichteibf 
mit  dem  Wasserstoff  verbrannt,  als  dies  beim  Aether  der  Fall  sein  ksm. 
Es  ergiebt  sich  ans  dem  Gesagten,  dass  die  Zusammensetzung  ilÜb 
unserer  starren  und  flüssigen  Lenchtmaterialien  so  beachaffea  sein  nnti. 
daes  die  durch  Erhittung  daraus  hervorgehenden  Gase  und  D^m^ 
mfigUchst  wenig  von  den  genannten,  sei  es  brennbaren  aber  schwid 
leuchtenden,  sei  es  nicht  brennbaren  Gasen  enthalten.  Körper,  die  » 
ben  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  beträchtliche  Mengen  Sauerstoff  e^ 
halten ,  werden  bei  ihrer  Zersetzung  durch  Hitze  Wssserdampf,  K(^ 
lenoxyd  und  Kohlensäure  bilden;  dass  Stiekstoffgehalt  in  Snbstanna. 
die  zum  Beleuchten  beetiniml  sind,  ob  er  nun  sie  freier  Stickstoff  oIb 
in  Form  ammoniakalischer  Verbindnngen  nnter  die  ZersetznagsprodaA 
eingehe,  nur  schädlich  wirken  kann,  bt  leicht  einznsehen,  und  «s  lEsH 
sich  ans  diesen  Betrachtungen  der  Schlüge  ziehen,  daes  nur  K5rper  nü 
vorwiegendem  Kohlenstoff-  und  WasBerstaffgebalt  sich  als  Beleachtmigi- 
materiatien  eignen  werden. 

Mit  der  Form  und  der  Farbe  der  verschiedenen  Theile  der  Ee^ 
Ben-  oder  Lampenflamme  haben  sich  seit  dem  Aufblflben  der  eiptri- 
mentalen  Bichtung  in  der  Chemie  die  höchsten  Autoritäten  der  Wis- 
senschaft, wie  H.  Uavy  und  Berzelius,  beschäftigt.    Letzterer  nnhr- 
Fig.  76.  scheidet  in  der  Flamme:    1.  aa  den  inneren  nicht  ItaA- 

tenden  Kegel:  die  Stelle,  welche  er  von  den  noch  unver- 
brannten  Dämpfen  und  Gasen,  die  sich  ans  dem  Dockt 
entwickeln,  eingenommen  annimmt.  2.  Diese  umgebesd, 
die  leuchtende  HUUe  efg,  in  welcher  die  Zerlegung 
der  schweren  Kohlenwasserstoffe,  die  Abscheidnng  nsd 
das  Erglühen  des  Kohlenstoffs  vor  sich  geht.  3-  Di« 
blaue  Uiille  an  der  Basis  der  Flamme  (in  der  Figur  et- 
was dunkeler  schattirt),  in  welcher  wegen  ungehiod«- 
ten  Luftzutritts  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  ohne  mr- 
herige  Kohlenstoff-Anssoheidnng,  aber  wegen  der  sbkfl))- 
lenden  Wirkung  der  zustrbmenden  Luft  mit  geringeis 
Leuchten  verbrennt  werden.  4.  Endlich  fi  c  d  ein  we- 
nig   sichtbarer    die    Flamme  umgebender   Hanlsl  oder 


Beleuchtung.  788 

Scl|l«ier,  die^  SteUe,  an  der  die  Oxydation  der  brennbaren  €kwe  am 
▼oUst&ndigsten  vor  sich  geht,  die  deswegen  auch  die  heisseste  ist. 

Berzelins,  wie  frühere  und  spätere  Beobachter  und  Bericht- 
erstatter über  die  Natur  der  Flamme,  gehen  gemeinschaftlich  von  der 
Idee  aus,  dasa  die  Verbrennung  nur  an  der  Flammenoberfläche  statt- 
finde, dass  die  Flamme  gleichsam  der  gegen  dieselbe  anströmenden 
Isuh  Widerstand  entgegensetze.  Durch  Versuche,  die  auf  Veranlassung 
Bnnsen's  von  Uiltgard  i)  mit  der  Flamme  der  Talg«  und  Wachs- 
kerze und  von  Landolt')  mit  der  Flamme  des  Steinkohlen gases  ange- 
stellt wurden,  ist  diese  Anschauung  als  eine  irrige  beseitigt,  und  es 
möchte  als  eines  der  wesentlichsten  und  schönsten  Resultate  dieser  Un- 
tersuchungen die  Thatsache'  zu  betrachten  sein,  dass  die  atmospliärische 
Luft  die  Flamme  durchdringt  und  sich  im  Inneren  derselben  auch  in 
dem  nichtleuchtenden  Theile  sowohl  Stickstoff  als  die  durch  Verbren- 
nung entstandenen  Sauerstoffverbindungen,  Kohlensäure  und  Kohlenoxjd, 
in  bedeutender  Menge  finden.  Es  muss  —  nachdem  dieser  Sachverhalt 
bewiesen  ist  —  die  Erklärung  der  Verschiedenheiten  der  Farben  und 
Temperaturen  der  einzelnen  Flamment heile,  wie  leicht  begreiflich,  we- 
sentlich modificirt  werden.  Macht  man  den  chemischen  Vorgang  zur 
Grundlage  einer  Betrachtung  über  die  Natur  der  Flamme,  so  ergiebt 
sich  nur  ein  wesentlicher  Unterschied  unter  den  erwähnten  vier  Thei'- 
len  der  Flamme. 

Nur  in  dem  innersten,  nichtleuchtenden  Kegel  findet  keine  Ver- 
brennung statt,  weil  die  eindringende  Luft,  ehe  sie  diese  Stelle  erreicht, 
ihren  Sauerstoff  abgegeben  hat  Dieser  Theil  'der  Flamme  ist  der 
Raum  der  Gaserzeugung  ans  den  im  Docht  aufgestiegenen  flüssigen 
Leuchtstoffen.  In  jedem  der  drei  anderen  von  Berzelius  unterschie- 
denen Flammentheilen  findet  Verbrennung  statt,  die  Erscheinungen 
aber  sind  verschieden,  je  nach  dem  Verhältniss,  in  welchem  brennbare 
Gase  und  atmosphärische  Luft  zusammentreffen,  und  nach  der  Tempe- 
ratnr,  die  sich  in  Folge  des  nicht  überall  gleichmässig  verlaufenden 
Verbrennungsprocesses  an  den  einzelnen  Stellen  ergiebt. 

Die  Kenntniss  der  Hauptresultate  der  Untersuchungen  von  Hilt- 
gard  und  Landolt  ist  für  das  Verständniss  des  Vorganges  im  Inneren 
der  Flammen  viel  zu  wichtig,  ja  man  kann  sagen  bis  jetzt  so  ganz 
raaassgebend,  dass  wir  eine  Mittheilung  derselben  nicht  umgehen  kön- 
nen. —  Ersterer  untersuchte  die  Flammengase  des  Talgs  und  Wachses. 
Die  beiden  festen  Leuchtmaterialien  wurden  in  einem  cylindrischen 
BlechgefÜss  zum  Schmelzen  gebracht  In  der  Axe  des  Gefasses  befand 
sich  ein  Doppelrohr,  ähnlich  dem  eines  Argand'schen  Brenners.  Das 
äossere  Bohr  stand  durch  kleine  Schlitze  in  Verbindung  mit  dem  flüs- 
sigen Leuchtstoff,  das  innere  hatte  6  Millimeter  Durchmesser  und  war 
einerseits  dazu  bestimmt,  dem  in  dasselbe  luftdicht  eingesteckten  und 
zum  Auf-  und  Abwärtsschieben  eingerichteten  Saugrohr  als  Leitung  zu 
dienen  und  andererseits  den  äusserlich  über  dasselbe  geschobenen  cj- 
lindrischen  Docht  zu  halten.  Das  Saugrohr  war  nach  unten  mit  einer 
Glaskugel  verbunden  zur  Aufnahme  der  verdichteten  Dämpfe;  diese 
stand  durch  eine  Kautschukröhre  seitlich  mit  einem  Chlorcalciumrohr, 


^)  Annal.  cL  Cb«m.  n.  Pharm.  Bd.  XCII,  S.  129.  —   ')  Üeber  die  ohemisehen 
Vorgänge   in  der  FUmme  des '  Lenchtgases.     HabilitationsBchrül  von  Hft.  Landolt. 
1856. 


784 


Beleuchtung. 


dies  mit  einem  Sammelrohr  in  Vorbindmigi  und  vor  letzterem  war  dar 
Aspirator  angebrachte  Im  Inneren  dea  Saagrohres  «leckte  lodLer  eb 
dönner  Platindraht,  dessen  Wärroeleitangsiahigkeit  dazu  benutst  wurde, 
das  enge  Saugrohr  bis  in  die  Glaskugel  hinab  so  warm  eu  erhalten,  du« 
sich  die  Dämpfe  in  demselben  nicht  verdichten  und  es  verstopfen  kono- 
ten.  Ein  Zugglas  war  über  die  Flamme  geAshoben-,  am  sie  ruhiger  m 
erhalten.  Durch  Ablaufenlassen  des  Wassers  im  Aspirator  wurde  m 
Luftzug  in  der  Flamme  von  'oben  nach  unten  und  durch  deren  Mtte 
gehend  hervorgebracht;  Wasser  und  die  übrigen  verdichtbaren  Dampfe 
in  dem  Chlorcalciumrohr  und  dem  Sammelrohr  zurückgehalten,  die 
nicht  verdichteten  Gase  und  Dämpfe  aber  in  dem  Aspirator  gesammelL 
Dies  mag  hinreichen,  um  von  den  Hülfsmitteln,  mit  welchen  die  non 
zu  berichtenden  Resultate  gewonnen  wurden,  eine.  Vorstellung  zo  ge- 
ben. Für  eine  genauere  Beschreibung  derselben  müssen  wir  auf  die 
Originalabhandlung  verweisen.  Der  durch  den  Aspirator  hervorge- 
brachte Gasstrom  durfte  nur  sehr  langsam  stattfinden,  um  das  ruhige 
Brennen  der  Flamme  nicht  zu  sehr  zu  stören.  Die  Untersuchung  der 
Gase  wurde  nach  der  Methode  von  IL  Bunsen^)  vorgenommen.  Za 
bemerken  ist,  dass  die  Kohlenwasserstoffe  C.  8.,  die  durch  rauchende 
Schwefelsäure  absorbirbar  sind,  der  Einfachheit  wegen  als  Elajigtf 
(0484)  berechnet  vmrden.' 

Nachfolgende  Tabellen  geben  nach  diesen  Untersuchungen  die  Zt- 
sanmiensetznng  der  Flammengase  des  Talglichts  in  fünf  verschiedeoeD 
Höhen  zwischen  0  und  O*""",  die  des  Wachslichts  in  sechs  verschiedenea 
Höhen,  von  0  bis  10""  über  dem  Niveau  des  Dochtes  aufgefangea 
Die  in  A«  und  B.  ^beigefügten  Tabellen  II.  sind  aps  den  Tabelleo  L 
umgerechnet,  weil  die.  Oxydationsvorgänge  sich  leichter  übersehen  las- 
sen, wenn  die  schwankende  Grösse  des  an  diesen  nicht  theilnehmeadeo 
Stickstoffs  ausgeschieden  wird.  Tabelle  C.  giebt  die  Gewichte  der  ver- 
dichteten Stoffe  an. 

A.     Gase  der  Talgflamme. 


Höhe. 


Stickstoff. 


Kohlen- 
säare. 


Kohlen- 
ozyd. 


EUyl. 


Gmben' 
gas. 


Wmmt- 

•toff. 


gnin 

.  75,918 

c  » 

72,282 

4  » 

64,404 

2  » 

59,012 

0  P 

C3,5GC 
1 

9« 

Ä 

6  • 

— — 

4  » 

— 

2  » 

— 

0  » 

I.    Alle  Gase  gemeinsam. 

1,515 

6,041 

18,104 

17,125 

18,768 


14,468 

5,649 

10,896 

6,248 

10,243 

6,676 

10,135 

7,222 

7,182 

4,603 

1,154 
2,682 
2,698 
4,775 
5,204 


n.    Gase   ohne   den  Stickatotf. 


60,075 

23,457 

6,292 

89,310 

22,541 

21,785 

28,776 

18,755 

36,813 

24,727 

17,620 

41,780 

19,576 

12,634 

51,512 

4,792 
9,676 
8,077 
9,210 
14,284 


1,801 
1,851 
2,875 
2,781 
0,727 


5,402 
6,678 
7,579 
6,663 
1,995 


')  QMometrische  Methode  von  R.  Bunsen.    Brannschweig.  1867.  Absduuttn. 


r 


Beleuclitung. 

785 

B.     Oase  der  Wachsflamtne. 

Höh«. 

SüokBtoff. 

Kohlen- 
sfture. 

Kohlen- 
oxyd. 

Elayl. 

Gruben- 

Wasser- 
stoff. 

I.    Alle   Gase  gemeinsam. 

10— 

70,615 

11,695 

5,165 

8,708      1      0,851 

1,971 

8   » 

7d,9G2 

11,458 

5,730 

6,157 

0,881 

2,812 

C  » 

71,860 

10,797 

5,810 

8,180 

1,840 

8,068 

6  » 

71,089 

10,885 

5,084 

8,914 

2,084 

2,494 

6  » 

68,576 

10,456 

6,116 

10,599 

1,686 

2,567 

4  »  . 

64,152 

9,990 

5,855 

14,298 

2,931 

2,779 

2   » 

64,086 

10,075 

5,620 

14,885 

2,619 

2,783 

0  » 

65,855 

9,998      1      5,421      | 

14,228            2,811      1 

2,687 

IL 

Gase   ohne  den^Stickstoff. 

10"»" 

— 

50,014 

22,084 

15,884 

8,688 

8,480 

8  » 

»   ^^^^ 

44,002 

22,006 

19,805 

8,882 

10,805 

6   » 

— 

87,700 

18,541 

28,886 

4,678 

10,695 

6   » 

— 

85,747 

17,587 

80,888 

7,207 

8,626 

6   » 

— 

88,274 

19,468 

88,729 

5,865 

8,169 

4  » 

27,868 

16,882 

89,872 

8,175 

7,753 

2   » 

28,088 

15,640 

41,428 

7,289 

7,605 

0  » 

■^■^ 

28,858          15,647      | 

41,069 

6,671 

7,755 

C.     Die  ^ 

irerdichteten  Stoffe  auf  1  L 

iter  Gas. 

• 

Höhe. 

Wach«. 

Talg. 

10""» 

0,1240rm. 

0,115 

8    n 

0,151    » 

— 

6  » 

0,169    » 

— 

6  » 

0,188    • 

0,109 

6  » 

0,168    » 

— 

4  » 

0,816    » 

0,130 

2  »          0,484    »           0,877 

0  » 

1,008    » 

0,704 

Die  am  meisten  in  die  Augen  springenden  Folgerungen,  welche 
aoB  diesen  Beobachtungen  sich  ziehen  lassen  und  auf  welche  Hiltgard 
aufmerksam  macht,  sind: 

1..  Dass,  wie  schon  oben  bemerkt  wurde,  der  Stickstoff  der  Luft 
auch  in  die  tiefsten  und  innersten  Theile  .eindringt. 

2.  Oass  in  einer  Höhe  von  2  bis  4'""  über  dem  Dochtniveau  das 
Verbältniss  des  Stickstoffs  zu  den  anderen  Gasen  etwas  abnimmt,  in 
grösserer  Höhe  aber  sich  wieder  vergrössert. 

3.  Dass  die  relative  Menge  der  verdichtbaren  Stoffe  ebenfalls 
iD  der  Höhe  von  2  bis  4*°™  über  dem  Docht  abnimmt.  Die  beiden 
Erscheinungen  möchten  im  Zusammenhange  zu  einander  stehen.  Man 
sollte  annehmen,  dass  der  Stickstoff  in  den  höheren  Theilen  der  Flamme 
entsprechend  der  immer  zunehmenden  Menge  eintretender  Luft  grösser 
werde,  die  Hitze  aber  in  einer  gewissen  Höhe  über  dem  abkühlend 
wirkend^  Docht  wird  so  stark,  dass  durch  die  Vergasung  und  daherige 

Bandwörtarbiicli  der  Chemie.    Ste  Aufl.  Bd.  IL  50 


786  Beleuchtung. 

Ausdehnung  eines  grossen  Theiles  der  verdiohtbaren  Dampfe  der  Eb- 
tritt  der  Luft  in  diese  Flamm ent heile  etwas  gehemmt  wird. 

4.  Dasd  die  Kohlensäure  (und  annähernd  auch  das  Kohlenoxyd) 
sich  hinsichtlich  d^  relativen  Mengen,  in  welchen  wir  sie  in  den  fer- 
schiedenen  Höhen  der  Flamme  treffen,  dem  StickstofT  ziemlich  ähnlich 
verhält.  Dies  ist  um  so  weniger  auffallend ,  als  sie  das  Product  de« 
den  Stickstoff  begleitenden  atmosphärischen  Sauerstoffs  ist. 

5.  Dass  die  relativen  Mengen  der  Kohlensäure  nnd  des  Elajl- 
gases  namentlich  in  den  unteren  Theilen  der  Flamme  (die  wenig« 
Störungen  ausgesetzt  ist  als  die  obere)  sich  annähernd  umgekehrt  pro- 
portional verhalten,  und  dass  diese  Beziehung  um  so  deutlicher  wird, 
wenn  man  der  Kohlensäure  das  Kohlenoxydgas  zurechnet,  so  dass  di« 
Summe  der  drei  Gase  in  jeder  beliebigen  Höhe  zwischen  0  und  8"" 
nur  zwischen  sehr  geringen  Grenzen  schwankt. 

Landolt's  Versuche    mit  Leuchtgas   (ans  Steinkohlen  bereitel) 
drehen  sich  ebenfalls  um  die  Frage  der  Zusammensetzung  der  Flam- 
mengase  in  verschiedenen  Höhen  über  der  Anstrittsöflhung.     Sie  be- 
stehen aus  sechs  Reihen  und  jede  derselben  umfasst  einerseits  die  Ana- 
lyse eines   Leuchtgases    (da  das  zu  Gebot  stehende  Gasometer  nickt 
gross  genug  war  fiir  eine  zu  allen  Versuchen  ausreichende  Gasmesgef 
sondern  vor  jedem  Versuche  neu  gefüllt  werden  musste)  und  anderer- 
seits die  eines  Flammengases  in  einer  bestimmten  Höhe  aus  dem  In- 
neren der  Flapnme  aufgefangen.     Als  Kohlenwasserstoffe  C.H.  werden 
Elaylgas  und  Ditetrylgas  angenommen.     Die  Methoden  der   Elrmitte- 
lung  und  Berechnung~die.<*er  beiden  und  der  übrigen  Bestandtheile  dei 
unverbrannten  oder  theilweise  verbrannten  Leuchtgases  sind  die  Ban- 
sen'sehen.     Es  war  im  Voraus  schon  von  einer  solchen  Untersnchtmg 
des  Leuchtgases  ein  klarerer  Einblick  in  die  im  Inneren  der  Flamme 
vorgehenden  Processe  zu  erwarten,  da  hier  nicht  wie  bei  der  Talg- 
nnd  Wachsflamme  eine  so  grosse  Menge  leicht  wieder  verdichtbarer 
Producte  störend  in  den  Weg  tritt     Hinsichtlich  der  Einzelnheiten  der 
üntersuchungsmethode,   wie  der  Betrachtungen,  aus  welchen  die  Um- 
gestaltungen des  ursprünglichen  Ausdrucks  der  Analysen  hervorgegan- 
gen sind,  und  die  nöthig  waren,  um  eine  klare  Uebersicht  des  Vorgsn- 
ges  im  Inneren  der  Leuchtgasflamroe  zu  gewähren,  muss  auf  die  QrigiDsI- 
abhandlung  verwiesen  werden  (s.  oben  S.  783).   Was  zu  geschehen  hatte, 
um  die  unten  folgende  Uebersicht  zu  erbalten,  ist  in  kurzen  £ugen  ange- 
deutet Folgendes :  Aus  dem  unmittelbar  gefundenen  und  in  Procente  um- 
gerechneten Volumen  der  Gase  wurde  zunächst  eine  Tabelle  hergestellti 
in  welcher  die  Volumprocente  der  Bestandtheile  in  Gewichtsprocente 
umgewandelt  waren,  und  aus  dieser  Hess  sich  die  Elementarznsainmen- 
Setzung  der  Leuchtgase  und  Flamraengase,  das  heisst  die  Grewichtspro- 
cente  an  Kohlenstoff,  Wasserstoff,  Sauerstoff  und  Stickstoff  beiechäeiL 
Daraus   wieder  wurde  das  Gewicht  der  in  100  Theilen  Flammeogy 
enthaltenen  Luft  durch  Rechnung  gesucht  und  dies  Datum  gebrsncht 
zur  Berechnung  der  Zusammensetzung,    welche    100   Gewichtstheüe 
Flammengas  vor  ihrer  Verbrennung  gehabt  haben  mussten.     Es  w»r 
dieser  Ausdruck  der  Verhältnisse  für  die  in  sechs  verschiedenen  Höben 
geschöpften  Flammengase  gesucht  worden,  und  es  bedurfte  noch  iweier 
Umrechnungen,  um  den  in  nebenstehender  Tabelle^  gegebenen  Ansdrock 
zu  finden.    Zuerst,    wie  viel  Luft  zu  100   Gewichtstheilen  Lenchtgu 
sich  beimischt,  bis  das  Gemisch  in  die  fragliche  Höhe  über  der  Bren* 


Belieuchtung. 


787 


lermüDdnng  anfrörts  geströmt  ist.  -—  Im  Gesammtgewicht  eines  Ge- 
nenges  von  Lnft  und  brennbaren  Gasen  ändert  sich  nichts  dnrch  die 
ITerbrennnng,  daher  kann  die  gleiche  Rechnung  auch  auf  die  verbrann- 
en  Gase  übertragen  werden.  —  und  zweitens  waren  die  gefundenen 
jrewicbtsprocente  der  einzelnen  Bestandtheile  wieder  in  Volumprooente 
imzurechnen.  Auf  diese  Weise  ist  die  Uebersicht  über  die  mit  dem 
infwärtssteigen  in  der  Flamme  sich  ergebenden  Veränderungen  des 


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50* 


788  Beleuchtung. 

Gasgemisches  ermöglicht  worden.    Es  ist  freilich  niehi  sa 
dass  die  gefandenen  Verschiedenheiten  in  der  Zosamm« 
Flammengase  von  verschiedener  Höhe  nicht  allein  von  der 
'  hängig  sind,  an  welcher  man  das  Gas  auffing,  sondern, 
gewonnenen  Besnltate  auch  die  Verschiedenheit  in  der 
des  Leuchtgases  etwas  influirt.     Man  findet  in  den  ColamiMBi 
Abzug  der  von  aussen  hinzugetretenen  Luftvolume  von  dem. 
Volumen  des  Gasgemisches,  resp.  dem  Sauerstoff  und  Stickstoff 
die  procentische  Zusammensetzung  der  angewandten  Leacbtgfliifj 
Volumen,  und  ersieht,  dass  die  Schwankungen  in  der  Zm 
derselben  unbedeutend  sind,  so  dass  die  Colnmnen  U.  aioh 
nicht  viel  anders  ergeben  haben  würden,  wenn  em  und 
für  alle  Versuche  hätte  gebraucht  werden  können.     Die 
hung  des  Gasvolumens  nach  der  Verbrennung  kommt  von  dor 
nung  des  Wasserstoffs  her,  da  zwei  Volume  desselben  mit  «ii 
lumen  Sauerstoff  nach  der  Verbrennung  nur  zwei  Volume  W 
bilden. 

Die  Zahlenresultate  werden  übersichtlicher  erscheinen, 
die  Zu-  oder   Abnahme   der  Gase  in   Gurven   ausdrückt;    in 
stehendem  Schema  bedeuten  die  Ordinaten  die  Höhen  in  Mül 
Abscissen  die  Zahlen  der  Tabelle;  die  unten  angegebenen 
zeichnen  die  im  ursprünglichen  Leuchtgas  enthaltenen  Mengen 
standtheile;  um  Verwirrung  zu  vermeiden  sind  die  unverbraniil 
getrennt  von  den  verbrannten,  in  zwei  Tabellen  gestellt. 

Auffallend  mag  es  erscheinen,  dass  in  einer  Höhe  von  80 
über  der  Mündung  plötzlich  ein  sehr  grosses  Luft volumen  in  dto! 
tritt;  dies  rührt  indess  daher,  dass  sich  die  untere  Mündon^ 
glases  in  dieser  Höhe  Über  der  ringförmigen  Brenneröfihung 

Es  nehmen  in  der  genannten  Höhe  Stickstoff  und  Wi 
wie  sich  aus  ihren  Gurven  ergiebt,  in  schnell  wachsendem  'Vi 
zu,  bei  der  Kohlensäure  dagegen  dürfte  eine  noch  raschere. 
erwartet  werden.     Weshalb  dies  nicht  der  Fall  ist,  wird 
trachtung  derGurve  für  das  Kohlenoxjd  klar,  welches  ewiseh<^ 
30  Millim.  ganz  gleich  bleibt  und  von  da  an  stärker  zunimmf,  ' 
zweifelhaft  daher  kommt,  dass  die  Kohlensäure,  mit  glühendem 
Stoff  zusammentreffend,  zum  Theil  zu  Kohlenoxyd  reducirt 

Die  Gurve  des  Wasserstoffes  zeigt  sehr  rasche  Abnahnle 
20  Millim.,  von  da  eine  plötzliche  Zunahme,  die  von  Wied< 
des  schon  gebildeten  Wasserdampfes   herrühren  muss.     Die 
Kohlenwasserstoffe  nehmen  langsamer  ab  als  das  Grubengas,' 
Wasserstoffgas  würde  am  schnellsten  verschwinden,  wenn  ee 
Theil  regenerirt  würde. 

Als  wesentliche  Uebereinstimmung  unter  den  unterBnobte^i 
roen  des  Wachses  und  des  Talgs  einerseits  und  des  Leui 
dererseits  erkennen  wir  das -Durchdringen  der  Luft  durch  dier 
die  Zunahme  des  Stickstoffs,  Kohlenoxyds  und  der  Kohlenaivtitti 
höheren  Theilen  derselben  und  die  Abnahme  der  brennbaren 

Das  Gesagte  lässt  keinen  Zweifel  darüber,  dass  das 
gen  einer  Flamme  nicht  nur  abhängig  ist  von  der  Zusi 
der  Gase,  durch  deren   Verbrennung  sie  hervorgebracht  Ist« 
zugleich  auch  von  dem  Verhältniss  der  Luft  (resp.  des  SauerstoA),' 
derselben  zugeführt  wird. 


790  Beleuchtung. 

neswegs  zareichend.  Auf  dem  Wege  des  Experiments  gelangte  omb  fiber- 
eüiBtimmend  zu  der  Wahrnehmung,  dass  in  dem  inneren,  nichi  leaehteii- 
den  Kegel  der  Flamme  die  geringste  Temperaturentwickelun^  stattfiDda, 
und  dass  im  äusseren  Theil  der  leuchtenden  Hülle  2wischen  dieser  und 
dem  Schleier  die  Stelle  der  höchsten  Temperatur  liege.  Die  Hohe  die- 
ser Stelle  wird  nicht  übereinstimmend  angegeben,  B'erzelius  bezeich- 
net sie  als  in  ungefähr  der  halben  Höhe  der  Flamme  liegend,  AndeFe 
finden  nahe  der  Flammenspitze  die  Stelle  der  höchsten  Temperatur. 
Die  Mittel,  dies  zu  bestimmen,  waren  freilich  wenig  geeignet,  genane 
Resultate  zu  geben.  Becquerel  hat  es  versucht,  die  Verbrennongs- 
wärme  in  den  verschiedenen  Stellen  der  Flamme  durch  Hineinstecken 
der  Löthstelle  eines  therm oelektrischen  Elements  zu  bestimmen;  aber 
auch  seine  Beobachtungen  können  keinen  hohen  Grad  von  Zuverlässig- 
keit ansprechen,  da  er  von  aussen  horizontal  mit  dem  Kettengliede  in 
die  Flamme  einfuhr,  wobei  natürlich  die  Hitze  des  Mantels  sich  dem- 
selben mittheilen  und  durch  Leitung  an  das  ins  Innere  der  Flamme 
gehaltene  Ende  gelangen  musste.  Das  Einfiihren  des  thermoelektrischen 
Elements  in  die  Flamme  von  unten  würde  jedenfalls  ein  von  Neben- 
einflflssen  weniger  getrübtes  Resultat  geliefert  haben.  An  der  oberen 
Grenze  der  leuchtenden  Hülle,  also  innerhalb  des  Schleiers  einer  Wein- 
geistflamme fand  er  die  höchste  Temperatur,  und  zwar  1305®  C,  in 
der  leuchtenden  Hülle  1080»  C.  und  im  dunklen  Kegel  780<>  C,  was 
jedenfalls  zu  hoch  ist.  Landolt  führte  von  unten  in  den  dunklen 
Kegel  einer  Steinkohlengasflamme  ein  Stäbchen  aus  Rose'schem  Me- 
tallgemisch, das  seinen  Schmelzpunkt  bei  90^  bis  95^  C.  hatte,  und 
kleine  Schwefelstückchen,  die  sich  beide  darin  ganz  unverändert  zeigten 
(seitlich  eingeführt,  schmolz  das  Metall  sofort);  die  Temperatur  jener 
Stelle  ist  also  unter  100»  C. 

Der   Berechnung  der  Temperaturen   der  Flammenguse    von   ver- 
schiedenen Stellen  der  Flamme  aus  der  iiir  jeden  einzelneu  Bestandtfaeil 
bekannten  Wärmemenge,  die  er  bei  seiner  Verbrennung  zeigt,  und  der 
ebenfalls  bekannten  Wärmecapacität  der  Verbrennungsproducte  stellen 
sich  grosse  Schwierigkeiten  in  den  Weg.     Berechnet  man  nämlich  so* 
nächst  die   Ltiftmenge,    die  ein  Gewichtstheil  des   Gasgemisches   lur 
vollständigen  Verbrennung  nothig  hat,  und  sodann  die  Anzahl  Wärme- 
einheiten, die  ein  jeder  der  brennbaren  Bestandtheile  des  Gemisches 
giebt,   so   findet  man   leicht  die  Menge  Wärmeeinheiten,   die  ein  Ge- 
wichtstheil des  Gemisches  beim  Verbrennen  liefern  muss;   wird   dann 
ans  der  Wärmecapacität  von  Stickstoff  und  den  beiden  Verbrennungs- 
producten,  Wasserdampf  und  Kohlensäure,  die  Wärmecapacität  des  gan- 
zen verbrannten  Gemisches  gesucht  und  mit  dieser  Summe  in  die  der 
Wärmeeinheiten  dividirt,  so  erhält  man  die  Verbrennungstemperataren 
in  Centesimalgraden.     Diese  fallen  aber  in  den  unteren  Schichten  der 
Flammen,  weil  dort   der  Zähler  des  Bruchs  begreiflich  grösser,   der 
Nenner  aber  kleiner  ausfallt,  grösser  aus  als  in  den  höheren  Schichten, 
während  in   Wirklichkeit  gerade  das  Gegentheil  stattfinden  muss.     Es 
ist  bei  dieser  Rechnung,  nicht  möglich,   einen  wichtigen  Factor  auf- 
zunehmen, nämlich  die  Temperatur,  mit  der  das  in  einer  unteren  Schicht 
theilweise  verbrannte  Gasgemisch  in  eine  höhere  aufsteigt;  sie  ist  an- 
bekannt.   Die  Temperatur  des  aufsteigenden  Gasstromes  muss  znneh- 
men,  in  je  höhere  Schichten  der  Flamme  er  gelangt,  die  Verbrennangs- 
temperatur  muss  aber  abnehmen,  weil  das  Verhältniss  der  brennbaren 


Beleuchtung.  791 

am  den  Terbrannten'  Gasen  angünstiger  wird.  Wohin  das  Biaximnni 
der  beiden  summi/ten  Effecte  fallt,  lässt  sich  aus  angegebenen  G-rün- 
den  nicht  bestimmen. 

Dass  die  Verbrennungstemperatur  der  die  Flamme  bildenden 
Gase  von  dem  Gehalt  an  den  einzelnen  brennbaren  Gasen  abhängt,  ist 
einleuchtend,  da  jedem  einzelnen  der  Bestandtheile  ein  anderer  Effect 
beim  Verbrennen  zukommt;  und  es  hat  Frankland  darauf  aufmerksam 
gemacht,  dass  unter  den  drei  wenig  leuchtenden  Gasen,  Wasserstoff, 
Kohlenoxyd  und  Grubengas,  es  das  letztere  ist,  welches,  bei  gleichem 
Volumen  verglichen  mit  den  beiden  anderen,  die  grösste  Hitze  entwickelt. 
l^ach  Dnlong  werden  folgende  Mengen  Wasser  durch  Verbrennen  der 
drei  Gase  um  1^0.  erwärmt: 

durch  l  Gr.     H  34743  Gr.,  durch  1  Liter     H  3112  Gr., 
»     1    »  C  O     2694    »  »      1     »    C  O  2884    » 

»      1    »  C3H4 13185    »         n      l     u    CsH4  9503    » 

Zn  gewöhnlichen  Beleuchtnngszwecken  ist  eine  starke  Wärmeent- 
wickelung der  Flamme  eine  unangenehme  Beigabe,  daraus  entwickelt 
Frankland  den  Nachweis  der  Schädlichkeit  der  Beimengung  grösserer 
Mengten  von  Grubengas  zn  Leuchtgasen.  Dies  Gas,  hinsichtlich  seiner 
Eigenschaften  als  Lösungsmittel  für  dampfförmige  leuchtende  Kohlen- 
wasserstoffe den  beiden  anderen  Gasen  gleichbedeutend,  wird  von  die- 
sen in  einer  wesentlichen  Eigenschaft  übertreffen.  1  Vol.  Kohlenoxydgas 
nimmt  nur  y^  Vol.  Sauerstoff  auf  und  bildet  1  Vol.  Kohlensäure ;  1  VoL  ' 
Wasserstoff  nimmt  nur  1/3  Vol.  Sauerstoff  auf.  1  Vol.  Grubengas  nimmt 
aber  2  Vol.  Sauerstoff  auf  und  bildet  1  Vol.  Kohlensäure.  Entziehung 
von  Sauerstoff  und  Entwickelung  von  Kohlensäure  sind  aber  zwei  mit  der 
Verbrennung  verknüpfte  Vorgänge,  die  in  abgeschlossenen  lUumen, 
wie  2.  B.  bei  Zimmerbeleuchtung,  sehr  beschwerlich  werden  können. 

Je  nach  der  Art  der  unmittelbar  zur  Beleuchtung  dienenden  Ma- 
terialien unterscheiden  wir  1.  Kerzenbeleuchtung,  2.  Lampenbeleuch* 
inng  nnd  3.  Grasbeleuchtung.  Die  Grundzüge  der  beiden  ersten  Be- 
lenchtnngsarten  werden  wir  sowohl  was  die  Natur  der  Materialien  aß 
die  zu  deren  Verbrennung  nöthigen  Zurüstungen  betrifft,  hier  folgend 
darlegen;  betreffend  Gasbeleuchtung  siehe  d.  Art.  Bd.  lU,  S.  337. 

Kerzenbeleuchtung.  Es  werden  Kerzen  gefertigt  1.  aus  Ham- 
mel- und  Bindertalg  (Unschlitt);  2.  aus  unreiner  Stearinsäure  (s.  g. 
Stearinlichter);  3.  aus  Stearinsäure,  gemischt  mit  hauptsächlich  durch 
Pressen  von  den  flüssigen  Theilen  befreitem  Talg,  Cocusnussöl,  Palmöl- 
u.  0.  w.,  Compositionskerzen ,  in  England  viel  gebräuchlich;.  4.  aus 
Wallrath;  5.  aus  Paraffin;  6.  aus  Bienen  wachs  und,  obwohl  selten,  auch 
ans  anderen  Wachsarten. 

Die  Güte  der  Kerzen  hängt  zunächst  ab  von  der  chemischen  Zu- 
sammensetzung der  Substanz,  woraus  sie  gemacht  wurden,  und  von  dem 
Schmelzpunkt  derselben. 

Die  Zusammensetzung  in  100  Theilen  ist: 

Kohlen-  Wasser-  Saner-  Der  Sohmels- 

Stoff.  Stoff.  Stoff.  puokt  ist: 

för  den  Hammeltalg 78,10  11,70  9,30  370bis400C. 

•  das  Bienenwachs  (gebleicht)     81,80  12,67  5,54  63» » 
»   den  Wallrath 81,60  12,80  5,60  50»» 

•  das  Paraffin 85,71  14,29  —  43«  »  65® » 

»   die  Stearinsäure 76,69  12,78  10,53  69»  »  72^» 


792  Beleuchtung. 

Ausser  der  Natur  der  Gase,  die  eine  Flamme  bilden,  nnd  den  R^ 
Bcheinungen  ihres  Yerbrennens  kommt  noch  bei  Benrtheilnng  des 
Werthes  der  festen  Beleuchtnngsmittel  hauptsächlich  in  Betracht  das 
Yerhältniss,  in  welchem  ihre  zuerst  flüssig,  dann  gasf5rmig  gewordenen 
Theile  zu  der  Stelle  gelangen,  an  welcher  die  Verbrennung  stattfindet. 
Der  angezündete  Docht  wird  durch  die  von  ihm  ausstrahlende  Wime 
einen  Theil  des  festen  Leucbtmaterials  schmelzen,  die  Flfiasigkett  Ter- 
möge  seiner  capillaren  Beschaffenheit  aufsaugen,  an  den  oberen  heissereo 
Stellen  vergasen,  worauf  die  Gase  vermdge  des  zutretenden  aUnosphari- 
sehen  Sauerstoffes  verbrennen.  Es  wird  die  Menge  der  zain  Verbren- 
nen kommenden  Substanz  also  abhängen  1.  von  der  durch  die 
Flamme  entwickelten  Hitze;  2.  von  dem  Schmelzpunkt  des  Leucbt- 
materials ;  3.  von  der  Entfernung  desselben  vom  Docht  (der  Dicke  der 
Kerzen);  4.  von  dem  Aufsaugungsvermogen  des  Dochtes;  5.  von  der 
Zersetzbarkeit  des  Leuchtmaterials. 

Die  Versuche  über  die  Wärmemengen,  die  bei  Verbrennen  von 
gleichen  Gewichtstheilen  der  verschiedenen  feslen  LeuchtmaterialicB 
entwickelt  werden,  sind  sehr  unvollständig.  Derjenige  Theil  der  Ge- 
sammtwärme,  der  durch  Strahlung  nach  der  unter  der  Flamme  be- 
findlichen Kerze  gelangt,  möchte  bei  gleichem  Consum  des 
Leuchtstoffes  ohne  grossen  Verstoss  als  gleich  gross  ftir  alle  Arten 
von  Kerzen  anzunehmen  sein.  Unter  dieser  Voraussetzung  wird  bei 
gleichdicken  Kerzen  von  den  schwerer  schmelzbaren  Leachtmittdo 
weniger  als  von  den  leichtflüssigen  in  tropfbaren  Znstand  fibergeföhit 
werden.  Dass  die  vom  Docht  entfeftater  liegenden  Theile,  der  Band 
der  Kerze  dem  Schmelzen  weniger  ausgesetzt  sind  als  die  n&heren,  ist 
begreiflich,  daher  kommt  es,  dass  diese  bei  den  schwerer  schmelzbares 
Beleuchtungsmitieln,  Wachs  und  Stearinsäure,  einen  stehenbleibendsD 
Wall  um  eine  mit  flüssiger  Substanz  gefüllte  Mulde  bilden.  Die  Ge- 
fahr des  Ablaufens  bei  gewöhnlichen  Unschlittkerzen  wäre  daher  nnler 
sonst  gleichen  Umständen  viel  grösser  als  bei  jenen,  wenn  nicht  dordi 
einen  verhältnissmässig  dickeren,  lockeren,  also  mehrFlüssigkttt  lu- 
rückhaltenden  Docht  derselben  vorgebeugt  wäre.  Das  Hfilfsmittd 
eines  Dochtes  von  grösserem  Querschnitt  lässt  sich  jedoch  nicht  ohne 
Einschränkung  ausbeuten.  Bei  gleicher  Natur  der  Dochtsabetanz  und 
gleicher  Entfernung  der  capillaren  Fasern  wird  die  Meng^  der  aof- 
steigenden  Flüssigkeit  mit  dem  Querschnitt  des  Dochtes  wachsen, 
die  Hitze  im  oberen  Theile  des  Dochtes  wird  meistens  hinreichend 
sein,  um  dieselbe  zu  zersetzen  und  in  Gase  zu  verwandeln,  ohne 
dass  der  Flamme  entsprechend  mehr  Sauerstoff  zur  vollständigea 
Verbrennung  der  Gase  zugeführt  wird.  Ein  Ueberschreiten  der 
erfahrnngsmässig  festgestellten  Grenze  der  Dochtdicke  wird  also 
leicht  das  Qualmen  und  Bussen  der  Flamme  zur  Folge  haben.  Dicke 
Dochte  führen  aber  noch  andere  Nachtheile  gegenüber  dfinnen  Dock- 
ten mit  sich.  Die  Lage  des  l)ochtes  in  der  Flamme  ist  (Ur  die  Ver- 
brennung der  Dochtsubstanz  durchaus  ungünstig.  Derselbe  steht  in 
dem  nichtleuchtenden  Theile  der  Flamme,  in  welchem,  wie  wir 
oben  sahen,  keine  Verbrennung  der  Leuchtgase  vor  sich  geht.  Mit 
dem  allmäligen  Verzehrtwerden  des  oberen  Kerzentheils  verlängert 
sich  das  verkohlte  Dochtende  und  wird  ein  nicht  unbedeutender  Ablei- 
2er  der  Wärme,  so  dass  die  Temperatur  der  Flamme  in  seiner  Nähe 
unter  die  Verbrennungswärme  der  gasförmigen  Stoffe  herabsinken  nad 


Beleuchtung,  798 

dadurch  das  Trflbbrennen  und  Küssen  der  Flamme  bewirken  kann. 
Die  dönnen  geflochtenen  Dochte  der  Wachs-,  Stearin-  nnd  Wallrath- 
kerzen  bleiben,  wenn  ein  etwas  längeres  Stück  derselben  verkohlt  ist, 
nicht  senkrecht  stehen,  sondern  biegen  sich  etwas  znr  Seite,  so  dass 
die  Spitze  in  den  Yerbrennangsranm  der  Flamme  kommt  und  verzehrt 
"«rird.  Hierdurch  wird  das  VÄ.bbrechen  des  Dochtes  mit  der  Lichtscheere 
bei  diesen  Kerzen  erspart,  während  die  ünschlittkerzen  dieser  Nach- 
hülfe häufig  bedürfen,  wenn  sie  klar  brennen  sollen.  Wenn  es  sich  aus 
dem  Ebenerwähnten  unzweifelhaft  ergiebt,  dass  die  Ünschlittkerzen 
nngleichmässiger  brennen  als  die  Wachs-  und  Stearinkerzen  u.  s.  w., 
8o  ist  'doch  noch  zu  erklären ,  warum  die  Lichtstärke  (siehe  unten)  der 
Wachskerzen  bei  gleichem  Idaterialverbrauch  grösser  ist  als  die  des 
Talglichts,  auch  wenn  beide  nnter  den  günstigsten  Umständen,  d.  h. 
mit  frisch  und  nicht  zu  kurz  abgeschnittenen  Dochten  brennen.  Es 
lässt  sich  dieses  Yerhältniss  nicht  aus  der  Elementarznsammensetzung 
erklaren.  Ist  auch  der  Sauerstoffgehalt  des  Talgs  (s.  oben)  nahezu 
doppelt  so  gross  als  der  des  Wachses  und  wollte  man  annehmen ,  die 
dadurch  sich  ergebende  grossere  Menge  von  Wasserdampf  nnd  Kohlen- 
sSore  veranlasse  dies  Verhalten,  so  stellt  sich  dieser  Annahme  das  ent- 
gegen, dass  die  Stearinsäure,  deren  Zusammensetzung  derjenigen  des 
Talgs  so  nahe  kommt,  doch  ein  dem  Wachs  beinahe  gleichkommendes 
Lenchtvermogen  zeigt.  Auch  in  den  (oben  S.  785  angeführten)  Be- 
snltaten  der  Versuche  Hiltgard's  über  die  Zusammensetzung  der  Gase 
der  beiderlei  Flammen  finden  wir  nicht  genügende  Aufklärung  über 
dies  Verhältniss;  es  mnss  vielmehr  auffallen,  dass  das  Talggas,  das  an 
der  untersten  Stelle  der  Flamme  aufgefangen,  einen  Gehalt  von  18,77 
Proc.  Elaylgas  hat,  weniger  Leuchtkraft  besitzen  soll,  als  das  Wachs- 
gas mit  nur  14,28  Proc.  Elaylgas.  Die  Angaben  über  die  Leuchtkraft 
dieser  beiderlei  Flammen  sind  übrigens  so  schwankend,  sie  entspricht 
nach  Karmasch  z.  B.  dem  Verhältniss  10:12,  nach  Ure  aber  dem 
Ton  7 :  12,  dass  wir  annehmen  dürfen,  der  unterschied  sei  erstens  nicht 
sehr  gross   nnd  zweitens  von  äusseren  Zufälligkeiten  bedingt 

Die  Kerzenfabrication  wird  in  den  Artikeln  Stearinsäure,  Talg, 
Wallrath,  Wachs  zur  Besprechung  kommen,  —  wir  wenden  uns  zu 
den  tropfbarflüssigen  Beleuchtnngsmitteln.  Diese  sied  erstens  die  na- 
törlich  vorkommenden  flüssigen  Pflanzen-  und  Thierfette,  also  die 
Oele  nnd  zwar  vorzugsweise  die  nicht  trocknenden,  nnd  die  Thran. 
arten;  zweitens  flüchtige  Oele,  entweder  solche,  die  in  Pflanzen  präexi- 
siiren,  wie  Terpentinöl  (Camphin),  oder  die  erst  bei  der  trockenen  De- 
stillation von  verschiedenen  Substanzen  gebildet  sich  in  dem  Theer 
vorfinden,  aus  dem  sie  durch  verschiedene  Operationen  in  gereinigtem 
Zustand  abgeschieden  werden. 

unter  den  fetten  Oelen  sind  vornehmlich  als  zur  Beleuchtung 
gebräuchlich  zu  nennen  die  Oele  einiger  Cmciferen: 

Kohlsaatöl  (co/ra),  aus  dem  Samen  der  brasaica  campestris^ 

Winterrepsöl  von  brcusiea  napua  oleifera^ 

Sommerrepsol  von  braasica  praecox  und 

Kohlrüb5l  (htäle  de  navette)^  von  braaaica  napi  braaaica. 
Das  Gewinnen  dieser  Oele  aus  den  Samen  geschieht  durcii  Zer- 
reiben, entweder  zwischen  zwei  horizontal  und  in  einer  Ebene  liegen- 
den gekerbten  Walzen  oder  mittelst  des  sogenannten  Steinwerks  eines 
kreisrunden  Troges,  in  dem  zwei  schwere  Steinscheiben  umlaufen,  und 


794  Beleuchtung. 

durch  Auspressen  zwischen  einem  sogenannten  Schlagwerk,  einer  Keil* 
presse  oder  unter  hydraulischen  Pressen. 

Das  Büböl  wird  in  der  Regel,  damit  es  möglichst  geruchloi  und 
mit  klarer  Flamme  verbrenne,  durch  Bafdniren  von  schleimigen  Thei« 
ien,  die  beim  Verbrennen  im  Docht  sich  absetzen  und  verkohleo  aod 
denselben  verstopfen,  befreit ,  weil  sonst  der  Docht  die  Fähigkeit  to- 
liert  Oel  aufzusaugen.  Es  wird  bei  20^  bis  25^  C.  mit  1  bis  1,5  Froc^ 
oder  wenn  es  zuerst  auf  75^  C.  erwärmt  war,  mit  nur  0,5^  Proc.  eoa- 
centrirter  Schwefelsäure  sorgfältig  gemengt.  Nachdem  einige  Zeit  gut 
umgerührt  ist,  sind  die  schleimigen  Theile  zerstört  und  verkohlt,  anf 
Zusatz  von  warmem  Wasser  scheidet  sich  das  saure  Wasser  ab^  wäh- 
rend das  klare  Oel  oben  aufschwimmt,  was  nach  dem  Absetzen  nöthigea- 
falls  noch  durch  Filzbeutel  oder  dünne  Schichten  Baumwolle  u.  drgl 
filtrirt  wird  (s.  u.  Oele). 

Neben  Rüböl  ist  es  besonders  das  Olivenöl,  welches  in  südlichen 
Gegenden  namentlich  als  Leuchtstoff,  gebraucht  wird. 

Thran  wird  sowohl  an  und  für  sich  als  auch  gemischt  mit  Rüböl, 
wenn  der  zeitweilige  Preisunterschied  beider  die  Verfälschung  lohnt,  ab 
Beleuchtungsmittel  gebraucht  Seiner  allgemeinen  Anwendung  steht 
entgegen  der  unangenehme  Geruch,  den  er  beim  unvollständigen  Ver^ 
brennen  zeigt.  Maü  erhitzt  den  Thran  wohl  mit  etwas  Aetzkalk,  Pott- 
asche und  Kochsalz,  um  die  riechenden  flüchtigen  Fettsäuren  zu  ver- 
seifen; der  Thran  soll  dann  noch  durch  Kohle  üitrirt  werden.  Zuwei- 
len wird  er  mit  Chlorkalk  oder  Salpetersäure  behandelt,  und  dann 
über  Holzkohle  filtrirt.  Um  Schleimthoile  aus  dem  Thran  abzuschei- 
den, behandelt  man  ihn  auch  wohl  mit  Eichenlohebrühe,  Galläpfelabko- 
chung n.  drgl.,  und  nimmt  dann  den  freien  Gerbstoff  durch  Alaonlö- 
flung,  Auswaschen  u.  s.  w.  fort.  In  gut  construirten  Lampen  lässt  sich 
bei  vollständiger  Verbrennung  auch  Thran  verwenden« 

Die  Beleuchtung  mittelst  Lampen  unterscheidet  sich  von  der  Ke^ 
zenbeleuchtung  wesentlich  dadurch,  dass  bei  jener  das  Material  schon 
flüssig  ist,   während  es  bei  dieser  erst  durch  die  leuchtende  Flamme 
selbst  geschmolzen  und  in  dem  Maasse,  wie  es  schmilzt,  von  dem 
Docht  aufgesogen  wird.     Es  sind  bei  der  ersten  Beleuchtungsmethode 
eigene  Vorrichtungen  noth wendig,  das  Oel  aufzunehmen  und  zugleich 
den  Docht  zu  halten,  so  dass  er  fortwährend  hinreichend  Oel  aufneh- 
men  kann.     Bei  der  brennenden  Kerze   bleibt  der  Docht  schon  von 
selbst  in  unveränderter  Entfernung  von  dem  Leuchtmaterial,  weil  mit 
dem  letzteren  auch  der  Docht  sich  verzehrt  und  abnimmt.     Bei  der 
Lampe  ist  dies  nicht  der  Fall,  der  Docht  behält  seine  Stellung  unve^ 
ändert  bei,  während  das  Niveau  des  Oels  sinkt,  wenn  nicht  besondere 
Vorkehrungen  getroffen  sind,  das   consumirte  Oel  zu  ersetzen.    Eine 
weitere  Schwierigkeit,   welche  sich  bei  der  Oelbeleuchtnng  bietet,  i<t 
die,  dass  der  Docht  leicht  zu  viel  aufsaugt  und  der  Flamme  überschüssig 
Oel  zufährt,  so  dass  dadurch  die  Temperatur  derselben  erniedrigt  wird, 
und  hier  dann  keine  vollständige  Verbrennung  mehr  stattfindet  theils  we- 
gen zu  niedriger  Temperatur,  theils  wegen  Mangel  an  Sauerstoff.  Mao 
hat  diese  Schwierigkeiten  aber  durch  verschiedene  Vorrichtungen  gs- 
hoben,  und  dadurch  die  Beleuchtung  mittelst  Lampen  so  vervollkomm- 
net, dass  die  Kerzenbeleuchtung  ihr  hinsichtlich  der  Lichtstärke  nicht 
an  die  Seite  gestellt  werden  kann.     Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  auAföh^ 
lieh  die  verschiedenen  Lampeneinrichtungen  zu  beschreiben)  es  tauBi 


Beleuchtung.  795 

genügen,  auf  die  leitenden  Grundsätze  und  weaentUchsten  Einrichtungen 
aufmerksam  zu  machen. 

Statt  des  runden  vollen  Dochtes,  wie  er  in  den  gewöhnlichen  Küchen- 
lampen  Anwendung  findet,  wandte  man  zuerst  einen  breiten  Docht  an, 
um  die  Flamme  auf  einer  grösseren  Oberfläche  mit  der  Luft  in  Berühr 
rang  zu  bringen.  Argand  hatte  dann  die  glückliche  Idee,  in  den 
nach  ihm  benannten  Lampen  statt  des  vollen  Dochtes  einen  runden 
hohlen  anzuwenden,  bei  welchem  die  Luft  mit  der  äusseren  wie  mit  der 
inneren  Oberfläche  der  Flamme  in  Berührung  kam ;  zugleich  wurde  der 
Luftzug  durch  den  übergesetzten,  als  Kamin  dienenden  Glascylinder 
▼erstärkty  um  eine  grössere  Menge  Oel  vollständig  verbrennen  zu  kön- 
nen und 'dadurch  mehr  Licht  zu  geben.  Um  die  Luft  hierbei  so  voll- 
Btändig  wie  möglich  mit  den  zu  verbrennenden  Stoffen  in  Berührung 
and  durch  vollständige  Verbrennung  zugleich  ein  helleres  Licht  her- 
vorzubringen, wandte  Lange  alsbald  Statteines  geraden,  überall  gleich 
weiten  Cy linders  einen  solchen  an,  der  in  einer  gewissen  Höhe  über 
dem  Brenner  sich  um  einige  Linien  zu  einer  sogenannten  Schulter  ver- 
engt; später  hat  man  theils  im  Innern  der  Flamme  einen  kegelförmigen 
Knopf,  mit  der  breiteren  Seite  nach  oben  stehend  (bei  den  sogenannten 
Liverpoollampen),  angebracht,  um  dadurch  die  Luft  mit  der  inneren 
Seite  der  Flamme  in  vollständige  Berührung  zu  bringen.  Endlich  ward 
dann  auch  das  Lampenglas  dicht  über  dem  Docht  zuerst  stark  zusam- 
mengeschnürt und  darüber  wieder  erweitert;  oder,  wodurch  der  gleiche 
Zweck  erreicht  wird,  statt  eines  aus  einem  Stück  bestehenden  Glas- 
cylinders  ward  über  dem  Docht  ein  weiter  kurzer  Cylinder  angebracht, 
auf  dem  ein  Metalldeckel  mit  enger  Oeffnung  lag,  durch  welchen  die 
Flamme  in  den  darauf  stehenden  engen  Cylinder  ging  (Fries,  Benck- 
1er).  Sehr  wesentlich  ist  es,  dass  der  Luftstrom  die  hinreichende,  aber 
keine  übermässige  Stärke  hat,  meistens,  i^t  der  innere  Luftzug  zu  stark, 
so  dass  dadurch  die  Flamme  sehr  weiss,  aber  wegen  rascher  Verbren- 
nung eines  Theiles  des  Kohlenstoffes  die  Gesammt- Lichtentwickelung 
verringert  wird. 

Ausser  der  richtigen  Beschaffenheit  des  Luftzuges  ist  es  zweitens 
von  wesentlichem  Einflnss  auf  die  Grösse  und  auf  die  Gleichmäesig- 
keit  der  Lichtentwickelung  oder  der  Flamme,  dass  das  Oel  im  mög- 
lichst gleichen  Niveau  bleibe,  weil  bei  sinkender  Oberfläche  der  Docht 
in  gleicher  Zeit  der  Flamme  weniger  Oel  zufuhren  kann,  daher  die 
Helligkeit  nothwendig  abnehmen  muss.  Es  kam  also  darauf  an,  den 
Oelbehälter  in  nahe  gleicher  Höhe  mit  der  Flamme  anzubringen,  und 
dem  Oel  darin  zugleich  eine  so  grosse  Oberfläche  zu  geben,  dass  dar 
Niveauunterschied  in  mehreren  Stunden  nur  gering  ist;  dabei  war  aber 
zugleich  dafür  zu  sorgen,  dass  das  Oelgefass  nicht  zu  viel  Schatten  werfe 
und  durch  dasselbe  der  Schwerpunkt  der  Lampe  nicht  zu  weit  nach  oben 
komme,  was  ein  Umfallen  derselben  leicht  möglich  machte.  Bei  den 
Kranz-  oder  Astrallampen  ist  der  Oelbehälter  ein  kranzförmiges  GefUss, 
welches  den  Docht  in  einem  Abstand  von  mehreren  Zoll  umgiebt,  und  aus 
welchem  das  Oel  durch  zwei  Röhren  in  den  unteren  Theil  des  Docht- 
rohres fliesst,  so  dass  es  von  hier  bis  nahe  an  die  Oberfläche  des  Bren- 
ners steigt,  ohne  aber  dort  überzufliessen.  Um  auch  den  Schatten  zu 
vermeiden,  den  die  zum  Auf-  und  Abbewegen  des  Dochtes  nothwendige 
Triebstange  giebt,  hat  man  bei  den  Sinumbralampen  diese  ganz  fortge- 
lassen, indem  man  durch  das  Drehen  der  den  Glascylinder  tragenden 


796  Beleuchtung. 

Gailerie  selbst  den  den  Docht  tragenden  King  auf-  oder  abvrarts  schraubt 
and  80  den  Docht  höher  oder  niedriger  stellte. 

Bei  allen  diesen  Vorrichtungen  wird  das  Oelnivean,  wenn  auch  lang- 
sam, doch  stetig  abnehmen.  Um  das  consnmirte  Oel  zn  ersetzen  nnd  das 
Nivea^  so  immer  möglichst  gleich  am  halten,  dienen  am  einfachsten  die  so- 
genannten Flaschenlampen,  bei  denen  der  Oelbehälter,  der  dnrch  ein 
seitliches  Rohr  mit  dem  den  Docht  enthaltenden  Brenner  communicirt,  an 
der  Seite  angebracht  ist  und  eine  umgestürzte,  mit  Oel  gefüllte  Flasche 
enthält,  deren  Oeffnung  nach  unten  gekehrt  und  durch  das  Oel  selbit 
geschlossen  ist,  so  lange  das  Oelniveau  in  der  Lampe  hinreichend  hoch 
ist.  Sinkt  hier  das  Oel,  so  wird  die  Mündung  der  Flasche  frei  werden 
•und  Luft  eindringen  können,  «wodurch  wieder  Oel  zum  Ausfliessen  ge- 
bracht wird,  so  dass  dasselbe  auf  sein  erstes  Niveau  steigt.  Man  hat 
hier  also  eigentlich  kein  constantes  Niveau,  denn  das  Eintreten  der 
Luft  in  die  Flasche  und  das  Austreten  des  Oels  erfolgt  nicht  allmälig 
und  gleichmässig,  sondern  mit  Unterbrechungen  und  darum  stossweise. 
Die  Flaschenlampen,  welche  viele  Vorzüge  bieten,  haben  aber  aacb 
die  Nachtheile,  dass  das  seitlich  angebrachte  Oelgefass  nach  einer  Seite 
Schatten  wirft,  und  dass  sie  wegen  des  hochstehenden  Oelgefasses  nicht 
ganz  sicher  stehen.  Man  hat  nun,  um  beiden  Uebelständen  abzuhelfen, 
den  Oelbehälter  in  den  Fuss  der  Lampe  gebracht,  um  es  durch  ein 
Saugrohr  mittelst  verschiedener  Vorrichtungen  von  hier  zn  der  Docht- 
höhe hinaufzuheben.  Girard  constmirte  eine  aerostatische  Lampe 
{lampe  ä  la  mhche  bUmche)  nach  dem  Princip  des  Heronsbmnnens,  bei 
der  die  im  Inneren  enthaltene  Luft  das  Oel  bis  zur  Höhe  des  Dochte» 
gleichförmig  in  die  Höhe  hebt.  Thilorier  constmirte  eine  Lampe 
nach  dem  Princip  der  communicirenden  Röhren,  in  welcher  er  das  Oel 
mittelst  einer  concentrirten  Lösung  von  neutralem  Zinkvitriol  von  etwa 
1,6  specif.  Gewicht  in  die  Höhe  hob.  Diese  und  manche  ähnliche,  zmn 
Theil  höchst  sinnreich  constmirte,  besonders  in  Paris  erfundene  und 
verbesserte  Lanipen  haben  wegen  der  complicirten  Constmction  und  am 
anderen  Ursachen  wenig  Verbreitung  gefunden.  Carcel  (1800)  brachte 
zuerst  ein  Uhrwerk  an,  um  das  Oel  aus  dem  Fuss  der  Lampe  durch 
die  Steigröhre  mittelst  einer  durch  Federkraft  betriebenen  sogenannten 
Priesterpumpe  auf  die  Dochthöhe  zu  pumpen,  und  zwar  in  einer  Menge, 
welche  den  Bedarf  der  Flamme  während  der  ganzen  Brennzeit  ube^ 
steigt,  wobei  das  überschüssige  Oel  aber  wieder  in  den  Fuss  der  Lampe 
zurückfliesst.  Dies  gewährt  den  Vortheil,  dass  das  obere  Dochtende 
nicht  zu  weit  erhitzt,  daher  nicht  zu  stark  verkohlt  wird  und  so  sein 
Aufsaugungsvermögen  behält  Ein  Uebelstand  der  Carcel 'sehen  Lam- 
pen, die  ein  sehr  schönes  Licht  geben,  ist  der,  namentlich  früher,  hohe 
Preis  und  der  Umstand,  dass  die  Reparaturen  wegen  der  subtUen 
Constmction  nicht  überall  leicht  beschafft  werden  konnten. 

Auf  demselben  Princip,  wie  die  Carcellampe,  bemht  nun  die  soge- 
nannte Moderateurlampe  (Fig.  77);  das  Oel  befindet  sich  hier  auch  in 
Fuss  der  Lampe,  em  durch  eine  aufgezogene  gewöhnliche  Spiralfeder 
in  Bewegung  gesetzter  Kolben  A  drückt  das  Oel  hier  wie  bei  der 
Carcellampe  durch  die  Steigröhre  C  in  überschüssiger  Menge  zum  Docht; 
das  nicht  verbrauchte  Oel  fliesst  in  den  Fuss  der  Lampe  zurück,  sam- 
melt sich  aber  zunächst  oberhalb  des  Kolbens,  dringt  dann  beim  Wiede^ 
aufziehen  des  Kolbens  mittelst  der  Seitenventile  a  a  unter  denselben,  am 
von  hier  wieder  gehoben  zu  werden.     Diese  Feder«  oder  Moders* 


Beleuchtung.  797 

teurlampen  bieten  4ie  Vortheile  d«r  CsrcellaiDpeai  haben  vor  deu- 
Mlben  den  Vorzog  gröuerer  Einbebheit  und  daher  aines  niedrigeren 
Flg,  7f  Pr«UeB;  sie  sind  daher  jetzt  mit 

Beoht  allgemein  verbreitet .  nnd 
haben  die  anderen  Lampen  mei- 
atena  verdr&ogt. 

Beiläufig  mag  hier  endlich  noch 
erwähnt  werden,  daas  man  bei 
kleberen  Lampen  ein  conatantea 
Niveau  des  Oels  zu  bewirken  ver- 
ancht  hat,  indem  man  den  Docht 
dnroh  ein  feines  GUsrdhrchen  er- 
aetcte,  durch  welches  der  Flamme 
gerade  so  viel  Oel  zugeführt  wird 
als  sie  verzehrt.  Alan  hat  z.  £. 
kleiae,  auf  Oel  achwiTnnieada 
hoble  Halbkugeln  von  dünnem 
Hetallblech  gemacht ,  in  deren' 
Mitte  ein  kleines,  etwa  0,5  Zoll 
langes,  an  beiden  Enden  offenes 
Haarröhrchen  steckt.  Läast  man 
den  Apparat  auf  Od  schwimmen, 
so  steigt  das  Oel  durch  Capillari- 
tät  bis  in  die  Spitze  des  Glasrßhr- 
chans,  lässt  sich  hier  entzündea 
und  brennt  fort,  bis  das  Bobrehen 
sich  endltoh  vielleicht  durch  Kohle 
verstopft.  Noch  ähnlichem  Prin- 
cip  kann  man  eine  Lampe  con- 
atruiren,  indem  man  in  den  Bo- 
den einer  Flasche  ein  dünnes, 
spitzwinkelig  oder  in  zwei  rech- 
ten Winkeln  gebogenes,  aus  zwei 
Theilen  bestehendes  Gläarohr  an- 
bringt. Die  beiden  Theile  des 
Glasrohrs  sind  durah  einen  klei- 
nen Hahn  verbunden,  durch  wel- 
I  der  Oelsusfluss  regulirt  wird. 


.^/^/,i,.M//././//^.i/./k/ ■>//./.■.■,■//>'//.':■//...  j)jg  Mündung  des  Glaarohra,  i 
das  Oel  aoflieast  and  angezündet 
wird,  steht  ungeßihr  in  gleichem  Niveau  mit  dem  Boden  der  Flasche.. 
Wird  Don  der  Hahn  nur  so  weit  geöffnet,  dass  das  Glasrohr  sich  voll- 
ständig mit  Oel  füllt,  aber  nicht  Überfliesat,  nnd  erhitzt  man  das  Oel 
an  der  Mündung  des  Rohres  bis  zur  Entzündung,  so  kann  durch  Stel- 
lung dea  Hahns  der  Oelzuflnss  so  regnlirt  werden,  dass  die  Flamme 
gleichroässig  fortbrennt;  begreiflich  erhält  man  hier  auch  kune  grosse 
Flamme. 

Ansser  den  fetten  Oelen  haben  in  'neuester  Zeit  auch  verschiedene 
flüchtige  Oele,  hauptsächlich  EohlenwaBserstoff'e,  zur  Beleachtung  An- 
wendung gefunden.     Diese  Oele,  die  sehr  kohlenstoflVeich  sind,  geben  ' 
bei  der  vollständigen  Verbrennung  ein  aehr  weisses  Licht,  von  grösse- 
rer Leuchtkraft  als  daaLltiht  der  fetten  Oele;  sie  rnssen  aber  leicht  we- 


798  Beleuchtang. 

gen  ihres  grossen  Kohlenstoffgehalts.  Von  der  grossen  Anzahl  solcher 
jetst  in  den  Handel  kommenden  Oele  sollen  nar  die  wichtigsten  and 
bekanntesten  hier  aufgeführt  werden. 

Camp  hin  ist  der  Name  einer  flüchtigen  Beleuchtangsfifisngkeit» 
deren  chemische  Zusammensetzung  sehr  wechselnd  ist.     Ursprfinglieli 
war  es  durch  wiederholte  Destillation  gereinigtes^  vollkommen  han- 
freies Terpentinöl,  das,  um  eine  weiAger  kohlenstoffreiche  Mischung 
zu  erhalten,   mit  starkem   Weingeist  versetzt  war  (1   Vol.  mit  etwt 
4  Vol.  Alkohol  von  93<>  bis  95<>Tr.),  weil  man  diesen  Zusatz  für  n&- 
thig   hielt,  um   ein  Verbrennen    ohne  Russen   zu    ermöglichen.     Bei 
verbesserten  Lampenconstructionen  zeigte  sich  dieser  Zusatz  als  unn5- 
thig,  und  es  kam   ein  Camphin  in  den  Handel,  das  nichts  weiter  war 
als  harzfreies  Terpentinöl ;  statt  dessen  kommen  jetzt,  wegen  grosserer 
Wohlfeilheit,  Harzöle,  gereinigtes  Kienöl  u.  s.  w.  ebenfalls  unter  dem 
Namen  Camphin  im  Handel  vor.     Die  Rectification  des  Terpenlin5U 
geschieht  durch  Mischen  von   50  Gewichtstheilen  des  rohen  Oeb  mit 
ebensoviel  Wasser  in  einer  kupfernen  Blase,  die  nur  zu  V)  gefüllt  sein 
darf,  Zusatz  von  einem  Gewich tstheil  frisch  gelöschtem  Kalk,  Aufsetzen 
des  Helms   und  Abdestilliren  des   Oels  bei  gut  verstrichenen  Fugen. 
Das  überdestillirte  auf  dem  Wasser  schwimmende  Oel  wird  mit  einem 
Heber  abgezogen,   mit  etwas  zerrupftem  Fliesspapier , geschSttelt  und 
zuletzt  filtrirt.     Es  werden  auf  diese  Weise  90  bis  95  Proc  gutes  Cam- 
phin   aus  dem  rohen  Terpentinöl   erhalten.     Aus  dem  übelriechenden 
Kienöl  gewinnt  man  das  Camphin  durch  Schütteln  desselben  mit  gleich- 
viel Wasser,  worin  man  vorher  5  bis  10  Proc.  Chlorkalk  vertheilt  hat, 
Einfüllen   des   Gemenges  in  eine   Destillirblase  und  Abdestilliren  bis 
■auf  Vs  ^^^  Flüssigkeit     Das  Destillat  ist  anfangs  trübe,  scheidet  sich 
aber  nach  mehrtägigem  Stehen  in  eine  obere  klare  Schicht  von  Camphin 
und  eine  untere,  Wasser. 

PinolinO  ist  ein  dem  Camphin  ziemlich  nahe  kommendes,  in  Bei* 
gien,  Nordamerika  und  am  Rhein  häufig  dargestelltes  Beleochtungs- 
roittel;  dasselbe  wird  durch  Destillation  von  Fichtenharz  bereitet.  Das 
bei  dieser  Operation  zuerst  zwischen  130^  und  1 60<^  C.  übergehende  ist  die 
sogenannte  flüchtige  Essenz,  vive  essence^  und  aus  dieser  ^ird  das 
Pinolin  durch  Schütteln  mit  Aetzuatron  und  Umdestilliren  mit  Wasser 
dampf  dargestellt.  Das  Destillat  wird  mit  10  Volumprocenten  Salpe- 
tersäure von  1,8  specif.  Gewicht  oder  mit  einer  Mischung  von  Schwe- 
felsäure und  fein  geriebenem  Braunstein  geschüttelt,  die  S&ure  abge- 
gossen und  das  Oel,  nachdem  man  ihm  zur  vollständigen  Entaänening 
Kalkmilch  zugesetzt  hat,  nochmals  mit  Wasserdampf  umdestillirt.  Als 
wesentliche  nähere  Bestandtheile  dieses  Körpers  sind  die  von  Pel- 
letier und  Walther  abgeschiedenen  flüchtigen  Substanzen, «Rednaphta 
und  Retinyl  (s.  diese  Artikel  und  Pinusharz),  anzusehen. 

Oleon  nennt  Vohl^  ein  leichtes  Oel  von  0,80  specif.  Gewicht» 
welches  er  aus  Fett  gewinnt,  indem  er  abgängiges  Seifenwasser  mit 
Chlorcalcium  fHlIt,  den  Niederschlag  nach  dem  Trocknen  mit  0,1  ge- 
brannten Kalk  mengt,  destillirt,  das  Destillat  durch  Behandlung  soerst 
mit  kaustischer  Lauge,  dann  mit  Schwefelsäure  reinigt,  woraof  bei  der 
folgenden  Rectification  das  leichtere  Oel  für  sich  aufgesammelt  wird. 


»)   Dingler*8   polyt.  Journ.   Bd.  CXLVII,  S.  304.  —    »)  Dingler'B  polyt.  Jount 
Bd.  GXLVII,  8.  806. 


Beleuchtung.  799 

BelligueB  begann  zuerst  in  Frankreich  bitaminosen  Schiefer  zur 
Grewinnnng  von  Oel  durch  Destillation  zu  benutzen;  er  wandte  zuerst 
einen  Schiefer  von  Vonvaut  in  der  Vend^e  an,  später  verwandte  er  dazu 
den  Schiefer  von  Autun,  und  das  Oel,  welches  er  im  ungereinigten 
Zustande  hauptsächlich  zur  Fabrikation  von  Leuchtgas  (Schiefergas) 
benutzt,  ward  gereinigt  als  SchieferÖl  (hmle  de  schiste)  zum  Brennen  in 
Lampen  in  den  Handel' gebracht.  In  neuerer  Zeit  koiiimen  nun  eine 
Menge  solcher  flüchtigen,  zu  Beleuchtungszwecken  verwendbaren  Oele 
in  den  Handel  unter  den  Namen  Photogen,  Mineralöl,  Hydro- 
earbür,  Kohlennaphta,  Solardl  u.  s.  w.  vor,  die  durch  Reinigung 
aus  dem  durch  Destillation  verschiedener  Substanzen  gewonnenen  ro- 
hen Theer  dargestellt  werden.  Fs  dienen  zur  Darstellung  solchen 
Theers:  Bogheadkohle  (z.  B.  in  Schottland  und  in  Hamburg),  Torf 
(s.  B.  in  Irland),  Blätterschiefer  oder  Blätterkohle  oder  bituminöser 
Schiefer  (z.  B.  in  Bonn),  Braunkohle  z.  B.  in  Schöbritz  bei  Aussig), 
auch  der  in  den  Steinkohlengasfabriken  als  Nebenproduct  sich  erge- 
bende Theer  wird  zu  solchen  Oelen  verwendet. 

•  Ueber  die  Destillation sproducte  dieser  Substanzen  sind  vielfache 
Versuche  und  Erfahrungen  mitgetheilt,  theils  fiber  die  Art  der  Destil- 
lation und  die  angewendeten  Apparate  und  über  die  Ausbeute  bei  Anwen- 
dung verschiedener  Rohpiateriale,  so  wie  über  die  Trennung  und  Rei- 
nigung der  Producte.  Erwähnenswerth  sind  besonders  die  Mittheilun- 
gen yon  Vohli),  Wagenmann*),  Angerstein'),  Fresenius*),  En- 
gelbach^),  Schröder*)  und  C.  Müller').  Wir  können  nur  die  haupt- 
sächlichsten Resultate  hier  kurz  mittheilen,  und  müssen  wegen  der  Ein- 
zelheiten auf  die  Literatur  verweisen. 

In  Deutschland,  Frankreich .  und  England  sind  grossartige  Etablis- 
sements entstanden,  solche  flüchtige  Beleuchtungdöle  in  grossen  Quan- 
titäten darzustellen. 

Nach  Yohl  muss,  um  die  Theerausbeute  möglichst  zu  erhöhen,  im 
Anfangedes  Destill ationsprocesses  nur  massige  Hitze  angewandt  und  diese 
ge^en  das  Ende  nur  bis  zur  Rothgluth  gesteigert  werden,  und  die  Abzugs- 
rohren der  Retorten  müssen  weit  genug  sein,  um  die  gebildeten  Dämpfe 
nicht  zu  lange  in  dep  heissen  Retorten  zurückzuhalten,  da  bei  Vernachlässi- 
gnng  dieser  beiden  Rücksichten  auf  Kosten  des  Theers  mehr  Gas  gebildet 
wird.  Ein  massiger  Feuchtigkeitsgehalt  der  Kohlen  soll  ebenfalls  die 
günstige  Wirkung  haben,  dass  nicht  so  leicht  Ueberhitzung  und  in 
Folge  derselben  Zersetzung  der  verdichtbaren  Dämpfe  in  eigentliche 
Gadc  stattfindet.  Die  von  ihm  als  zweckentsprechendst  gefundenen 
Destillationsapparate  sind  liegende  Retorten,  ähnlich  den  in  Gasfabriken 
gebrauchten.  Er  wandte  solche  von  8'  Länge,  30"  Breite  und  12"  Höhe, 
an,  deren  Ausmündungsrohr  6"  lichte  Weite  hatte.  Zur  Aufsammlung 
von  Theer,  ammoniakhaltigem  Theerwasser  u.  s.  w.  dienen  eiserne  Re- 


0  Anii»L  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XCVII,  S.  9  und  Bd.  XCVIII,  S.  181.  — 
Dinglers  polyt.  Journ.  Bd.  CXXXIX,  S.  216;  Bd.  CX,  8,  68;  ?d.  CXLIV,  S. 
444;  Bd.  CXLT,  S.  47  n.  61;  Polytechn.  Centralbl.  1856,  S.  683.  688  und  1009; 
1867,  8.  1888,  1496  n.  1676.  —  ^  Dinglefs  polyt.  Jouni.  Bd.  CXXXV,  S.  188; 
Bd.  CXXXIX,  S.  48,  298,  802;  Bd.  CXLV,  ST  158,  309;  Polytechn.  Centralbl.  1866, 
8.  622,  811  n.  1067;  1867,  S.  1382.—  ■)  Dingler's  polyt.  Journ.  Bd.  CXXXVII, 
8.  138.  —  *)  Ebendae.  Bd.  CXXXVIII,  S.  129.  -  »)  Ebenda»,  Bd.  CXXXVHI, 
8.  380.  -—  •)  Ebendaa.  Bd.  CXXXVIII,  S.  437.  —  ?)  Polytechn.  Centralbl.  1867, 
S.  769;    DingWs  polyt.  Journ.  Bd.  CXLVI,  S.  210. 


800  Beleuchtung. 

servoirs  oder  Fässer.^  Das  zu  diesen  Behältern  fahrende  Sammelrofar 
ist  mit  Tüchern  umwickele  die  durch  Feuchterhalten  dessen  AbkfiUiBig 
bewirken.  Condensirend  ¥m:kende  feste  Substanzen  im  Inneren  der  Ap- 
parate nach  Art  der  in  den  Oasbereitungsanstalten  gebranehlichm 
„Wäscher^''  verwirft  Vohl,  weil  sie  den  Druck  in  den  Betorten  vc^ 
.mehren.  Die  Gase  lassen  sich  unter  den  Rost  in  den  Ya^reDnnng»- 
raum  leiten  ui^  als  Heizmaterial  gebrauchen.  Während  die  tob  Yohl 
untersuchten  15  Sorten  Braunkohlen  eine  Theerausbeute,  die  zwischen 
1,5  und  12<,8  Proc.  schwankte,  drei  Liasschiefer  von  verschiedenen  Fnn^ 
orten  9  bis  10,6  Proc.  und  5  verschiedenen  Torfsorten  5,6  bis  9,2  Proc 
Theer  lieferten,  erhielt  er  von  dem  Bonner  Blätterschiefer  20  Proc 
Theer. 

Andere  Apparate  sind  von  Beiford  und  von  Wagen  mannas- 
gegeben worden,  es  sind  Oefen,  in  welchen  die  Brannkohlen  und  Schie- 
fer bei  etwas  beschränktem  Luftzug  verbrennen,  die  mit  Verdichtnngi* 
kammern  versehen  sind,  worin  sich  die  verdichtbaren  DestillatioDir 
sammt  den  Verbrennungsproducten  sammeln.  In  dem  Betortenappenl 
hat  man  jedoch  den  Gang  der  Operation  weit  sicherer  in  der  G^ewalt» 

lieber  die  weitere  Verarbeitung  und  Reinigung  des  Torf-  und  Blätte^ 
kohlen-  oder  Braunkohlentheers  sind  in  den  letzten  Jahrem  mehHaltige 
Mittheilungen  gemacht  worden;  ziemlich  ins  ^Einzelne  eingehend  sind 
diejenigen  von  Wagenmann,  der  sich  sein  Verfahren  in  Englasd 
patentiren  Hess.  Die  erste  Operation,  welcher  der  Theer  anterworfen 
wurde,  bezweckt  die  Entfernung  des  Schwefelammoniums.  Dies  p' 
schiebt  durch  inniges  Mischen  desselben  mit  4  Proc  SLoenvitriol- 
lösung  bei  einer  Temperatur  von  ungefähr  30^  C.  in  eisernen  Trom- 
meln von  5000  Pfd.  Inhalt,  worin  eiserne  Bfihrer  angebracht  äsA 
Der  so  gereinigte  Theer  wird  nun  der  Destillation  unterworfen,  dk 
mittelst  Einleiten  von  Dampf  in  mit  Theer  geföUte  grosse  De8til]i^ 
blasen  bewirkt  wird.  Das  Abzugsrohr  ist  sehr  lang  (1000  Qi^^  S^ 
gekühlt,  die  übergehenden  Flüssigkeiten  werden  nicht  sämmtlich  in 
gleichen  Apparat  aufgefangen,  sondern  in  drei  Portionen  getrenai 
Das  zuerst  Uebergehende  von  einem  specif.  Gewicht  zwischen  0,706 
und  0,856  wird  gesondert  gesammelt,  dann  die  Vorlage  gewech- 
selt um  die  Flüssigkeit,  die  0,856  bis  0,900  specif.  Gewicht  kit 
darin  aufzunehmen ,  und  alles  was  über  0,9  specif.  Grewicht  hat ,  wird 
wiederum  in  einer  andern  Vorlage  aufgenommen,  in  der  letxler«B 
Flüssigkeit  vornehmlich  ist  das  Paraffin  enthalten. 

Jede  der  drei  Flüssigkeiten  wird  auf  ßO^  C.  erwärmt  und  allmiUg 
mit  Schwefelsäure,  Salzsäure  und  doppelt-chromsaurem  Kali  versettt 
Es  erhält  die  Iste  4Pr.,die  2te  6Pr.,die  Ste  8Pr.engl.  Schwefelsäore. 
M       »        »      w     1  »      u     u     ll  >»      V     »    2  »   Salzsäure» 
u       M        »      "      I  *>      »     »      ^ »      »      M     1  »   doppelt-chroms.  Kah> 

Nach  gutem  Mischen  werden  die  sauren  Flüssigkeiten  abgezapft  ns^ 
das  obenaufschwimmende  Oel  mit  je  2,  3  und  4  Proc  Aetznatronlau^ 
von  1,53  specif.  Gewicht  (50<>B.)  in  eisernen  Trommeln  gemischt  nnd  der 
Destillation  unterworfen.  Auch  bei  dieser  zweiten  Destillation  werden 
die  Destillate  getrennt  aufgefangen.  Aus  dem  ersten  Product^mit  noch 
einem  Theil  des  zweiten  erhält  man  so  eine  Flüssigkeit  .von  0,82  specif. 
Gewicht,  welches  unter  dem  Namen  Photogen  oder  Mineraldl  in  den 
Handel  kommt  und  in  eigens  dazu  construirten  Lampen  verbrannt  wird- 

Ein    anderer  Theil    des  Destillationsproductes   von   der    sweiteo 


Beleuchtung.  801 

# 

FlQaaigkeit,  welcher  ein  specif  Gewicht  von  0,88  bis  0,9  hat,  heisst  im 
M&ndel  Solaröl  und  ist  in  Moderateurlanipen  verbrennbar. 

Der  Beat  von  2  mit  einem  Theil  von  3  gemischt,  giebt  ein 
SchmieröL  Den  Best  von  3  endlich  bringt  man  in  einen  Keller,  wo 
sich  in  einigen  Wochen  Paraffin  daraus  scheidet,  das  man  von  den 
iitissrgen  Theilen  zuerst  mit  Centrifugalmaschinen  und  darauf  vollends 
durch  starken  Dru.ck  mit  hydraulischen  Pressen  rein  macht.  Es  wird 
umgeschmolzen  und  mit  50  Proc.  Schwefelsäure  auf  150PC.^  erhitzt,  er- 
starren gelassen^  die  Säure  abgezapft,  das  Feste  gepresst,  nochmals  ge- 
schmolzen mit  70  Proc.  Schwefelsäure  bei  150^  C,  wieder  durch  Ab- 
zapfen und  Pressen  von  Säure  getrennt,  Y^  Proc*  Stearin  und  1  Proc. 
Aetzlauge  von  1,38  specif.  Gew.  (40^  B.)  zugesetzt,  geschmolzen  und 
von  den  am  Boden  befindlichen  Unreinigkeiten  abgelassen. 

Es  ist  nicht  zu  leugnen,  dass  sich  dies  Verfahren  vereinfachen 
lassen  könne;  dass  der  gleichzeitigen  Einwirkung  hoher  Temperatur 
und  grösserer  Mengen  concentrirter  Schwefelsäure  auch  das  reine  Pa- 
raffin nicht  widersteht,  und  dass  sich  in  den  Theerölen  Substanzen  be- 
finden (das  Phenyloxydhjdrat,  Phenylsäure  oder  Carbolsäure) ,  deren 
Natur  die  vorgängige  Behandlung  mit  Kalilauge  rathsam  erscheinen 
lässi,  da  sie  sich  mit  demselben  verbinden  und  daraus  wieder  abge- 
schieden werden  können. 

Auch  der  Theer,  der  sich  bei  der  Leuchtgaserzeugung  aus  Steinkohlen 
ergiebt,  wird  auf  ähnliche  Weise  verarbeitet.  Die  ölartigen  Producte 
werden  jedoch  mehr  zur  Bereitpng  von  Fimissöl,  unreinem  Benzol  und 
Carbolsäure  (sogenanntem  Steinkohlenkreosot)  als  zu  Beleuchtungsmitteln 
benutzt.  Die  Operationen  haben  grosse  Aehnlichkeit  mit  den  eben  be- 
schriebenen. Charakteristisch  ist,  dass  dieser  Theer  kein  Paraffin,  son- 
dern Naphtalin  enthält,  welches  beinahe  sämmtliche  Destillationsproducte 
begleitet.  Dieser  Bestandtheil  ist  wohl  auch  die  Ursache,  dass  die  aus 
Steinkohlentheer  erzeugten  Naphten  mehr  russen  beim  Brennen  als  die 
oben  beschriebenen  Leuchtöle,  da  das  Naphtalin  (C20H8)  ein'  Kohlen- 
wasserstoff von  viel  höherem  Kohlenstoffgehalt  ist  als  die  meisten  übri- 
gen. Die  Btickstände  von  der  Theerdestillation,  eine  schwarze  glän- 
zende Asphalt  ähnliche  Masse,  unter  dem  Namen  schwarzes  Pech  oder 
künstlicher  Asphalt  bekannt,  dient  zu  ähnlichen  Zwecken,  wie  der  na- 
turliche Asphalt :-  zu  Mastikarbeiten,  oder  durch  Auflösen  in  der  leich- 
ten, ölartigen  von  dem  Theer  abdestillirten  Flüssigkeit  zur  Darstellung 
schwarzer  Firnisse. 

Die  Apparate  für  das  UmdeStilliren  des  Steinkohlentheers  sind 
sehr  mannigfaltig  construirt  Es  wird  gegenwärtig  meist  ein  liegender 
cjlindrischer  Dampfkessel  mit  weitem  und  niedrigem  Helm,  und  in 
freiem  Feuer  ruhend  gebraucht.  In  den  Kessel  leitet  man,  nachdem 
die  Destillation  begonnen  hat,  Wasserdampf,  der  aus  einem  andern 
Dampfkessel  entwickelt  wird,  damit  die  schweren  Dämpfe  schneller 
und  vollständiger  aus  dem  Kesselraum  abgeführt  werden.  Auch  für 
die  zweite  Destillation  oder  Bectification  der  Oele  dienen  ähnliche  Ap- 
parate. Wagenmann  hat  indess  an  deren  Stelle  einen  Vacuum- 
apparat,  ähnlich  demjenigen,  der  in  der  Zuckerindustrie  gebraucht  wird, 
angegeben,  von  dessen  Anwendung  als  Hauptvortheil  eine  grössere  Oel- 
aasbeute  resnltiren  soll. 

Seit  kurzer  Zeit  kommt  ostindisches  Erdöl,  eine  bituminöse, 
halbflüssige  Masse,  in  grosser  Menge  nach  England,  wo  man  angefan- 

Handwörterboeh  der  Chemie.  2tc  Aafl.  Rd   TT.  51 


802  •  Beleuchtung. 

gen  hat,  daraus  ein  leichtflässiges  zor  Beleachtong  in  Lampen  ver- 
wendbares  Oel  darzustellen.  Das  rohe  Erdöl,  ist  von  Butterconsisteni, 
bei  14<^C.  von  0,88  specif.  Gewicht;  es  riecht  schwach  dem  Petroleani 
ähnlich ;  durch  Destillation  und  Beinigen*  des  Destillats  mit  Aetsnatroo 
und  Schwefelsäure  wurden  von  100  Thln.  rohem  Erdöl  40^  Thie.  rei- 
nes leichte?  Oel  erhalten  von  0,83  specif.  Gewicht  (ßprif)  von  angeneh* 
roem  ätherischen  •  Geruch,  welches  sich  in  Lampen  wie  Camphin  imd 
Terpentinöl  verbrennen  lässt  (VohP). 

lieber  die  Zusammensetzung  der  in  den  Handel  gebrachten  üücbtigeo 
Leuchtöle  lässt  sich  allgemein  nur  so  viel  sagen,  dass  sie  Gemische  von 
Kohlenwasserstoffen  der  verschiedensten  Zusammensetzung  sind,  welche 
wohl  selten  ganz  frei  sein  werden  von  sauerstoffhaltigen  Körpern  (z.  E 
Carbolsäure) ;  dass  wir  es  in  diesen  Flüssigkeiten  mit  Gemischen  verschie- 
dener Substanzen  zu  thun  haben,  beweist  die  Veränderlichkeit  des  Siede- 
punktes ;  alle  beginnen  bei  einer  gewissen  niedrigen  Temperatur  zu  destü- 
liren,  und  diese  steigt,  je  länger  man  das  Sieden  fortdauern  läast.  Die  in 
diesen  Oelen  vorkommenden  Kohlenwasserstoffe  gehören  zum  Theil  der 
Reihe  Cnlin  ^  i,  Butyl  u.  s.  w.  an,  wenigstens  hat  G.  Williams 
die  der  Einwirkung  concentrirter  Salpetersäure  und  Schwefelsäure 
widerstehenden  Kohlenwasserstoffe  als  in  diese  Beihe  gehörend  erkannt; 
es  ist  femer  sehr  wahrscheinlich,  dass  sich  Homologe  des  Elaylgases 
darunter  finden,  wären  es  auch  nur  die  verschiedenen  bis  jetzt  ParafÜD 
genannten  festen  Kohlenwasserstoffe,  die  zum  Theil  in  den  Oelen  ge> 
löst  bleiben;  Kohlenwasserstoffe  aus  dei; Gruppe  (C5QH411)  der  Terebene 
oder  Carophene  fehlen  jedenfalls  auch  nicht  in  dem  Camphin  und  den 
Destillationsproducten  .harzreicher  Hölzer ;  die  Kohlenwasserstoffe  auf 
der  Gruppe  der  Homologen  des  Benzin  (C«  -|-  nCsHs)  kommen  ge- 
wiss in  grösserer  Menge  vor;  das  Benzin  selbst,  oder  der  isomere  Kohlen- 
wasserstoff lässt  sich  aus  diesen  Oelen  ziemlich  rein  und  in  nicht  unbe- 
deutenden Quantitäten  ausscheiden,  und  endlich  beweist  die  Gegenwart 
des  Naphtalins,  dass  auch  Kohlenwasserstoffe  von  noch  höherem  Koh- 
lenstoffgehalt zu  den  Bestandtheilen  dieser  Lenchtöle  gehören. 

Die  verschiedenen  als  Beleuchtungsmittel  benutzten  ätherischen 
Oele,  Carophin  und  Pinolin,  Mineralöl,  Photogen  etc.  sind  alle  sehr  reich 
an  Kohlenstoff,  in  den  gewöhnlichen  Lampen  geben  sie  russende  FLam- 
men,  sie  bedürfen  deshalb  besonderer  Lampen.  Besondere  Sorgfalt  hX 
bei  ihrem  Gebrauch  zu  empfehlen,  weil  sie  flüchtig  und  ziemlich  leicht 
entzündbar  sind;  sie  sind  unter  15^  C.  nur  schwierig,  zwischen  15* 
bis  80®  C.  leichter,  über  30<^  C.  durch  einen  flammend  brennenden 
Spahn  ziemlich  leicht  entzündbar. 

Bei  den  Lampen  fßr  Camphin,  Photogen  und  .ähnliche  leichte  Oele 
sind  Vorrichtungen,  um  ein  gleichbleibendes  Niveau  des  Oels  zu  be- 
wirken, wie  Sturzflasche,  Druckwerke  u.  s.  w.  unnöthig  und  sogar  nacl^ 
theilig,  weil  das  Oel  wegen  seiner  Dünnflüssigkeit  und  seines  geringen 
specifischen  Gewichtes  leicht  vom  Docht  angesaugt  wird,  es  hier  aber 
unthunlich  ist,  der  Flamme  ein  Uebermaass  von  Brennstoff  zuzuführen^ 
weil  dieses  sich  hier  vergasen  und,  weil  unverbrannt  verdampfend,  Ge- 
ruch verbreiten  würde,  was  um  so  mehr  zu  vermeiden  ist,  da  sie  mei- 
stenff  sich  durch  einen  penetranten,  zum  Theil  höchst  unangenehmen 
Geruch  auszeichnen.     Vor  allem  ist  daher  nöthig,  der  Flamme  hin- 


0  Dingler's  polyt  Jonrn.  Bd.  CXLVII,  S.  674. 


Beleuchtung.  803 

reichend  Luft  zuzuführen,  and  sie  damit,  in  vollständige  Berührung  zu 
bringen.  . 

Zuerst  verbrannte  Lüdersdorff  in  seinen  sogenannten  Gas-  oder 
Daixipflanipen  ein  Gemenge  von  Terpentinöl  mit  Alkohol  mit  Hülfe  eines 
nicht  hervorstehenden  Dochtes,  indem  das  Gemenge,  einmal  erhitzt, 
durch  die  Flamme  selbst  so  weit  heiss  gehalten  wird,  dass  sich  fortwäh- 
rend hinreichend  Gas  entwickelt,  die  Flamme  zu  unterhalten.  Jetzt  be- 
nutzt man  ausschliessend  Lampen  mit  Docht,  wie  bei  fettem  Oel.  In  dem 
meistens  gläsernen  Oelgefass  hängt  ein  flacher  oder  ein  cjlindrischer 
Docht,  letzterer  in  einer  eigenthümlich  gestalteten  Dochthülse,  wodurch 
die  Luft  ungehindert  auch  zur  inneren  Seite  des  Dochtes  gelangen  kann. 
Um  den  Luflstrom  an  die  Flamme  heranzupressen,  ist  in  dem  Zugglase 
selbst  eine  starke '  Einschnürung  angebracht,  oder  der  untere  Theil 
des  Glases  ist  mit  einem  Blechdeckel  versehen,  der  eine  enge  Oeffnung 
hat,  und  auf  dem  das,  cylindrische  höhere  Zugglas  steht,  wie  diese 
Vorrichtungen  auch  bei  gewöhnlichen  Oellampen  gebräuchlich  sind. 

Die  genannten  flüchtigen  Oele,  in  passenden  Lampen  verbrannt, 
geben  sehr  weisse  Flammen,  die  an  Glanz-  und  Lichtötärke  den  Stein- 
kohlengasflammen nicht  nachstehen;  .diese  Beleuchtungsmethode  eignet 
sich  daher  besonders  für  solche  Orte,  wo  keine  Gasbeleuchtung  vorhan- 
den, aber  eine  helle  Beleuchtung  erforderlich  ist;  sie  hat  zwei  Nachtheile, 
zuerst  die  leichte  Entzündlichkeit  des  Materials,  was  beim  möglichen 
Umfallen  der  Lampe  eine  Entzündung  des  ausfliessenden  Gels  *  zur  Folge 
haben  kann,  und  den  Umstand,  dass  das  Oel  meistens  einen  starken 
unangenehmen  Gecuch  hat  (besonders  wenn  es  schwefelhaltende  Ver- 
bindungen enthält,  wie  z.B.* manches  Schieferöl),  was  in  Betracht  kommt, 
weil  leicht  ein  kleiner  Theil  des  Oels,  wenn  auch  nur  zuweilen  unver- 
brannt, entweicht.  Diese  Oele  eignen  sich  mehr  zur  Beleuchtung  von 
Strassen  oder  grösseren  offenen  oder  nicht  vollständig  geschlossenen 
R&omen,  Eisenbahnwagen ,  Magazinen ,  Fabriken  etc.  Als  wesentlicher 
Vortheil  ist  dagegen  noch  zu  erwähnen,  dass  das  Licht  sich  meistens 
wohlfeiler  als  Oelbeleuchtung  stellt 

Photometrie.  Das  Messen  der  von  einer  Flamme  ausstrahlenden 
Lic htm  enge  nach  absolutem  Maasse  ist  nicht  möglich,  man  kann  nur  ver- 
gleichungsweise  bestimmen,  wie  viel  niehr  oder  weniger  Licht  eine  Flamme 
ausstrahlt  als  eine  andere.  Man  bedarf  also  zu  photometrischen  Unter- 
suchungen einer  Einheit,  d.  h.  einer  Normalflamme,  mit  welcher  die  zu 
untersuchenden  Flammen  in  Absicht  auf  ihre  Lichtstärke  verglichen 
werden  sollen ;  es  sei  hier  nur  vorläufig  gesagt,  dass  hierzu  gewöhnlich 
eine  Wachs-  oder  Wallrathskerze  von  eiiiem  gewissen  Gewichte  dient. 

Der  Inbegriff  der  zur  Lichtstärkevergleichung  gebräuchlichen  Un- 
tersuchungsmethoden  ist  die  Photometrie.  Der  physikalische  Lehrsatz: 
dass  die  Intensität  der  Beleuchtung  sich  umgekehrt  verhält  wie  das 
Quadrat  der  Entfernung  der  Lichtquelle  von  der  beleuchteten  Fläche, 
wird  in  verschiedener  Weise  bei  den  photometrischen  Methoden  zu 
Hülfe  gezogen.  Eine  einfache  und  noch  zuweilen  gebrauchte  Vor- 
richtung ist  das  Photometer  (Fig.  78  s.  f.  S.)  von  Rumford.  S  ist 
ein  verticales  dunkles  und  mattes  Stäbchen  von  Bleistiftdicke,  CD  ein 
weisser  Schirm,  /  und  L  die  zwei  miteinander  zu  vergleichenden 
Flammen,  b  .ist  der  Schatten  des  Stäbchens,  den  es  in  Folge  der  Stel- 
lung der  Kerzenflamme  l  auf  den  Schirm  CD  wirft,  a  der  Schatten 
von  S^  in  der  Verlängerung  der  Linie  LS,    Der  Schatten  a  ist  aber 

51* 


804  Beleuchtung. 

von  der  Flamme  /,  der  Schatten  b  von  der  Flamme  L  belenchtet.  und 
zwar    werden   die    beiden    Schatten   gleichdunkel   erscheinen,  wenn  I 


Fig.  78. 


den  ersteren  ebenso  stark  zu  beleuchten  vermag  als  L  den  letitereo. 
Durch  Entfernen  oder  Nähern  der  einen  oder  andern  Flamme  in  senk- 
rechter Richtung  von  CZ)  kann  aber  begreiflicherweise  auch  bewirkt  wer- 
den, dass  die  beiden  Schatten  gleich  dunkel  erscheinen.  Sobald  diu 
erreicht  ist,  werden  die  Entfernungen  der  Flamme  /  sowie  die  der  Flamme 
L  von  CD  gemessen  und  die  gefundenen  Zahlen  ins  Quadrat  erhoben, 
wodurch  man  Werthe  erhält,  die  das  Verhältniss  der  Lichtintensitaten 
der  beiden  Flammen  ausdrücken.  Die  Resultate,  sind  nach  der  Stellang 
des  Beobachters  difTerirend,  wobei  besonders  auch  die  Farbe  der  bei- 
den Lichtquellen  Unterschiede  hervorbringt;  wesentlich  ist  für  die  Ge- 
nauigkeit des  Resultates^  dass  die  Flammen  der  beleuchteten  Flidw 
nicht  zu  nahe  stehen. 

Bunsen  hat  ein  neues  Hülfsmittel  in  der  Photometrie  eingefakrt, 
dessen  man  sich  jetzt  sehr  häufig  und  in  verschiedenen  Modificationeo 
bedient.  Es  ist  eine  zum  Theil  transparent  gemachte  und  zum  Theil 
anverändert  gelassene  Papierscheibe.  Ein  Stück  weisses,  geleimte? 
Schreibpapier  wird  mittelst  eines  Pinsels  mit  einer  Auflösung  voi 
Wallrath  in  Steinöl  bestrichen  und  in  der  Mitte  eine  kreisrunde  Stelle 
von  etwa  1/2  Centimeter  Durchmesser  gelassen.  Oder 'man  lässt  2uif 
ziemlich  starkes  Schreibpapier  von  einer  Stearinkerze  einige  Tropfen 
flüssiges  Stearin  fallen,  erwärhnt  dann  das  Papier  so  schwach,  dass  dis 
Fett  eben  eindringt,  ohne  es  ganz  durchscheinend  zu  mach^.  Die  befettete 
Scheibe  wird  zwischen  die  beiden  der  Yergleichung  unterworfenen  Flam- 
men gestellt ;  das  reine  Papier  wird  auf  der  Seite,  die  schwächer  be- 
lenchtet ist ,  dunkler,  auf  der  stärker  beleuchteten  Seite  heller  erschei- 
nen als  der  Fettfleck. 

In  England  findet  sich  eine  Ausfiihrung  der  Bunsen 'sehen  Idee 
im  Gebrauch,  die  sich  von  der  sogenannten  optischen  Bank  der 
physikalischen  Cabinette  nicht  viel  unterscheidet.  Die  beiden  zu  ver- 
gleichenden Flammen  stehen  fest  am  Ende  der  Bank  nnd  zwischen 
denselben  ist  der  Schirm  mit  der  befetteten  Papierscheibe  auf  einer 
horizontalen  Schiene  beweglich  aufgestellt.  In  Fig.  79  ist  auf  der 
horizontalen  Schiene  ein  einfacher  Maassstab  angebracht 

Anstatt  des  Maassstabes  sind  auf  den  englischen  Photometem,  die 
von  Wight  construirt  sich  im  Handel  befinden,  bei  feststehenden  Flao- 

direct  die  Lichtstärken,  die  sich  ans  den  verschiedenen  Stellungendes 
"  ergeben,  aufgezeichnet.   Die  Ziffer  1  z.  B.  steht  hier  genau  in 


mpn 


- 1 


Beleuchtung. 


der  Mitte  zwischen  beideo  Flammen  Ziffer  4  mi  einer  Stelle,  die  von  dem 
Lichte  a  doppelt  ao  weit  entfernt  lat  als  vom  Lichte  6.  Zifler  ?  an  einer 
;>tene,  die  deo  liaum  zwi- 
schen den  beiden  FUm- 
men  in  einerseits  1/4,  an- 
dererseits Y4  abtheilt ; 
Zitfur  16  an  der  Stelle, 
von  dar  nach  dem  Lichte 
a  die  Entfernung  :=  i,'j 
der  ganzen  Lange  der 
Schiene,  die  nach  dem 
LicLte  6  */j  dieser  Länge- 
beträgt. Die  Ziffern 
zwischen  den  Quadrat- 
sahlen 1,  4,  9,  IG  sind 
durch  Aufsuchen  dar 
Wurzeln  auf  ganz  die- 
selbe Weise  aufgetragen. 
Die  Ziffer  12  z.B.  steht, 
wenn  man  sich  die  ganze 
Länge  in  4,464  gleiche 
Theile  getheilt  denkt, 
an  der  Stelle,  die  von 
der  einen  Flamme  um 
4,464  (s=  V^)  solcher 
rheile  von  der  Anderen 
um  1  Theil  entfernt  ist. 
Ei  zeigen  sich  beim 
Gebrauch  dieses  Photo* 
tf^  IH  ^  ^^^^BS  meters  manche  Schwie- 

'  M  H  {  ^^^F        ^     rigkeiten.     Zunächst  ist 

es  wesentlich,  ilass  der 
Maassstab  nicht  zu  kurz 
sei,  am  besten  wird  er 
>^.  IH  plM    |W       -^     etwa    10  FuBs  liing  ge- 

'tf  ■  _H  y    ^   IT  V  nomraen.  Dann  darf  das 

Papier  weder  zu  viel 
noch  zu  wenig  durch- 
scheinend sein,  im  ersten 
Fall  verschwindet  der 
Fleck  nie  vollständig,  im 
letzteren  Fall  nicht  nur 
nn  einem  Punkt,  sondern 
innerhalb  gewisser  ent- 
fernt von  einander  lie- 
gender Gränzen ;  ist  der 
Grad  der  Durchscheinen- 
heit  der  richtige,  so  muss 
der  Fettfleck  nur  in  einer  besümmten  Entfernung  von  beiden  Flam- 
men unsichtbar  erscheinen,  sobald  er  einer  oder  der  anderen  Flamme 
Biber  geräckt  wird,  sogleich  wieder  sichtbar  werden.  Man  erhält  aber 
Dicht  die  genau  gleichen  Resultate,  ob  man  das  F^ier  von  einer  oder 


806  *  Beleuchtung. 

von  der  anderen  Seite  betrachtet ;  nöthig  ist  e&,  daas  man  beim  Anfehei 
der  rechten  und  der  linken  Seite  de»  Schirmes  das  Ange  jedesmal  in  niög> 
liehst  denselben  Winkel  gegen  die  Schirmfläche  bringe  und  sich  gegen  du 
gleichzeitige  Eindringen  des  Lichtes,  das  von ,  der  hinter  dem  Schirme 
liegenden  Flamme  kommt,  schütze.  Man  erhält  bessere  Resultate,  w«in 
man  hinter  dem  Schirm  zwei  Planspiegel  anbringt,  die  gegen  einander 
ungefähr  im  rechten  Winkel  aufgestellt  sind  und  so,  dass  die  Ebene 
des  Schirmes,  der  zum  Theil  zwischen  ihn^n  steht,  gegen  jeden  dersel- 
ben die  gleiche  Neigung  hat  Der  Beobachter,  der  in  der  Richtung  de» 
Schirmes  auf  -die  beiden  Spiegel  sieht,  erblickt  dann  gleichzeitig  die  yod 
den  Spiegeln  zurückgeworifenen  Bilder  der  beiden  Schirmseiten. 

Endlich  haben  sehr  grossen  Einfluss  die  reflectirenden  Wände  des 
Zimmers,  worin  /  man  beobachtet.  Angenommen,  die  Gasflamme  mit 
einem  Schnittbrenner  sei  ebensoweit  von  der  einen  weissen  Wand  de» 
Zimmers  entfernt,  als  die  Flamme  der  Normalkerze  (Wachs  oder  Wall- 
rath)  von  der  gegenüberliegenden,  so  wird,  da  die  Gasflamme  mit  der 
Breitseite  gegen  die  erste  Wand  gekehrt  ist,  und  dieser  viel  mehr 
Licht  zuwirft,  als  die  Kerzenflamme  der  ihr  nähern  anderen  Wand, 
die  erstere  mehr  Licht  gegen  die  der  Gasflamme  zugekehrte  Seite  des 
Schirmes  reflectiren,  als  die  andere  gegen  die  der  Kerze  zugewandte 
Schirmseite.  Es  wird  sich  also  der  Eflect  der  Gasflamme,  oder  all- 
gemein immer  der  stärkeren  Flamme  bedeutend  durch  helle  reflecti- 
rende  Wände  verstärken,  woraus  hervorgeht,  dass  exacte  Beobachton- 
gen  nur  in  einem  mit  matten  schwarzen  Wänden  versehenen  oder  mit 
schwarzem  Tuch  behangenen  Beobachtungsraum  vorgenommen  werden 
können. 

Bunsen  hat  dem  Instrumente  dadurch  eine  verbesserte  Ein- 
richtung gegeben,  dass  er  sowohl  die  Normalkerze,  als  die  Flamme« 
deren  Lichtstärke  zu  suchen  ist,  mit  einer  dritten  Lichtquelle  vergleicht, 
die  er  in  ein  dunkeles  Gehäuse  einschliesst,  an  dessen  einer  Wand  sich 
der  transparente  Papierschein  befindet.  Auf  diese  Weise  hat  der  Beob- 
achter  immer  nur  eine  und  dieselbe  Seite  des  Schirmes  zu  betrachteo. 
Die  Normalkerze  steht  etwa  in  einer  Entfernung  von  4  Zoll  von  dem 
Schirme;  im  Inneren  des  Gehäuses  befindet  sich  ein  kleines  Gasflämm- 
eben,  das  man  mittelst  des  Gashahns  sowohl  als  durch  Nähern  ond 
Entfernen  vom  Schirme  so  reguliren  kann,  dass  es  den  Effect  der  Kor- 
malkerze auf  den  Schirm  genau  aufhebt,  d.  h.  dass  der  Schii'm  weder 
einen  dunklen  noch  hellen  Fleck  zeigt.  Ist  dies  erreicht  (das  Gas^ 
welches  das  Flämmchen  im  Inneren  des  Gehäuses  speist,  muss  während 
des  ganzen  Versuches  unter  genau  dem  gleichen  Druck  bleiben),  so 
wird  das  Gehäuse  um  180^  gedreht,  d.  h.  so  gestellt,  dass  der  Schirm 
der  andern  zu  untersuchenden  Flamme  gegenüber,  die  Normalkerre 
aber  auf  der  Hinterseite  steht  oder  ganz  entfernt  ist.  Das  ganze  Ge- 
häuse mit  dem  durch  einen  Kautschukschlauch  gespeisten  Grasflämm- 
chen  und  der  Normalkerze  lässt  sich  mittelst  eines  Wagens  auf  einer 
Schiene  vor  und  rückwärts  schieben,  und  so  gegen  die  Flamme  stellea, 
dass  der  Fleck  auf  dem  Schirme  verschwindet.  Auf  der  Schiene  i^t 
ein  Maassstab  aufgetragen,  an  dem  die  den  Stellungen  des  Gehawe» 
entsprechenden  Lichtstärken  der  äusseren  Flamme  unmittelbar  abge- 
lesen werden  können. 

Es  sind  noch  andere  Photometer,  grösstentheils  auf  ganz  andere 
physikalische  Principien  gegründet,  vorgeschlagen  worden,  so  das  von 


Beleuchtung/  807 

Ritchie,  von  Beer^),  von  Babinet^),  von  Bernard'),  Foucault 
and  Andern,  die  aber  far  die  Zwecke  des  Beleaohtangswesens  sehr 
wenig  in  Gebrauch  gekommen  sind.  • 

Die  Genauigkeit  der  photometrischen  Versuche  wird  mehr  als  von 
den  Mängeln  der  photometrischen  Ins.trumente,  von  der  Unzuveriässig- 
keit  der  als  Einheit  gebräuchlichen  Norraalüamme  beeinträchtigt.  Man 
wählt  hierzu  meist  Kerzen :  in  England  Wallrathkerzen  5  auf  das  engl. 
Pfund,  in  Deutschland  gewöhnlich  Wachskerzen  von  verschiedenem 
Gewicht)  4,  5  oder  6  auf  das  Pfand.  Abgesehen  von  der  Unsicher- 
heit, welche  die  Verschiedenheit  de«  Materials,  des  Dochtes  und  des 
Gewichtes  der  Kerzen  mit  sich  bringt,  führt  deren  unregelmässiges 
Brennen  zu  vielen  nothwendigen  Schwankungen  der  Beobachtung;  die 
zur  Vergleichung  z.  B.  mit  der  Gasflamme  dienende  Kerzenflamme  muss 
eine  bestimmte  Höhe  haben,  der  Docht  darf  während  des  Versuchs 
nicht  zu  lang  und  nicht  zu  kurz  sein,  so  dass  der  Consum  an  Brenn- 
material ein  möglichst  constanter  bleibt.  Die  Bedingung  des  ruhigen 
Constanten  Brenners  lassen  sich  immer  nur  eine  kurze  Zeit  lang  unver-. 
ändert  erhalten,  deshalb  gewährt  eine  Kerze  einen  weniger  paarenden, 
weil  schwankenden  Maassstab;  zweckmässig  ist  es,  wie  Bunden  auch 
that,  znerst  nach  der  Kerze  ein  Gaslicht  von  gleicher  Stärke  zu  nor- 
miren,  und  dieses  als  Maassstab  oder  Einheit  zu  gebrauchen;  bleibt 
der  Druck  an  Consum  desselben  Gases  gleich,  was  sich  leicht  errei- 
chen lässt,  so  hat  man  eine  constante  Einheit. 

Gute  Lampen,  die  gleichmässig  brennen,  worden  auch  vor  Ker- 
zen den  Vorzug  als  photometrische  Einheit  verdienen,  wenn  es  möglich 
wäre,  überall  die  nämlichen  Constructions-  und  Maass Verhältnisse  der 
Lampe  einzuführen,  um  die  Resultate  verschiedener  Beobachter  unter 
einander  vergleichbar  zu  machen.  Auch  daraus  entstehen  liicht  kleine 
Schwierigkeiten  für  ein  genaues  Beobachten,  dasß  die  Einheit,  ein  ge- 
wöhnliches Kerzenlicht,  oft  mit  Flammen  von  der  mehr  als  16-  bis 
20fachen  Licl^tstärke  verglichen  werden  soll,  weil;  um  es  an  dem 
Bansen 'sehen  Photometer  klar  zu  machen,  dem  Unterschied  der  Licht- 
stärke zwischen  1  und  4  also  von  3  Einheiten  ein  Stück  der  Schiene, 
worauf  der  Schieber  steht,  entspricht,  welches  Ve  ihrer  ganzen  Länge, 
dem  Unterschied  der  5  Einheiten  zwischen  4  und  9  ein  Schienenstück 
von  nur  Yu  der  Schienenlänge,  dem  Unterschied  der  7  Einheiten  zwi- 
schen 9  und  16  nur  ein  Schienenstück  von  1/20  der  ganzen  Entfernung 
n.  s.  w.  zwischen  den  beiden  Kerzen  entspricht.  Die  geringsten  Ver- 
schiebungen des  Schirms,  oder  bei  der  zweiterwähnten  Construction, 
des  Gehäuses,  mit  dem  Normallicht,  die  nöthig  sind  um  den  Fleck  auf 
der  transparenten  Scheibe  zum  Verschwinden  zu  bringen,  werden  also 
schon  bedeutende  Differenzen  beim  Ablesen  der  Lichtstärken  zur  Folge 
hab«D ,  wenn  die  Flamme^  deren  Lichtstärke  gesucht  wird,  um  vieles 
heller  ist  als  die  Normalkerze.  Deshalb  ist  es  jedenfalls  nothwendig, 
sich  ein  ennpfindliches  Papier  darzustellen ,  und  die  beiden  za  verglei- 
chenden Flammen  etwa  10  Fuss  entfernt  von  einander  zu  stellen,  wie 
oben  angegeben.  Von  eXacten  Messungen  sind  auch  im  besten  Fall  aus 
den  verschiedenen  angegebenen  Gründen  alle  photometrischen  Beobach- 


*)  Pogg-  Annal.,  T.  LXXXVIU.  S.  114.  n.  Dingl.  polytech.  Journ.  Bd.  CXXVIII, 
8.  82».  —  *)  Compt.  rend.  T.  XXXVH,  p.  774.  —  ^  Compt.  rend.  T.  XXXVI, 
p.  728. 


808  Beleucjjtung. 

tungen  weit  entfernt,  und  da  sie  die  Grundlage  för  die  Wertfanng  der 
einzelnen  Beleuchtungsmittel  bilden,  ist  auch  diese  mit  einer  Menge 
von  Unsicherheiten  behaftet. 

Die  relative  Leuchtkraft  (L),  d.  h.  die  relative  Lichtmenge, 
die  verBchiedene  Flammen  in  einer  gegebenen  Zeit  bei  gleichem  Con- 
3 um  liefern,  wird  gefunden  einerseits  aus  der  Ermittelung  der  Licht- 
stärken (m)  und  andererseits  dem  Consum  (q)  und  Division  des  letzte- 
ren WertheB  in  den  ersten  II  =  —  j. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  man  die  Möglichkeit  einer  Ver- 
gleichung  dieser  Quotienten  nur.  erhalten  kann,  wenn  für  den  Consum 
gleichartige,  d.  h,  vergleichbare  Ausdrücke  gegeben  sind.  Die  Leucht- 
kraft von,Oel  oder  Wachs,  deren  Consum  in  Gewichtstheilen  ausge- 
drückt wird,  lässt  sich  nicht  vergleichen  mit  der  von  Gasen,  die  dem 
Volumen  nach  gemessen  werden.  Zu  bemerken  ist  ferner,  dass  man^  wie 
bei  der  Lichtstärke,  auch  für  den  Begriff  der  Leuchtkraft  gewohnlich 


m 


eine  Einheit  durch  Umrechnung  aufstellt,  da  durch  Division  —  eioe 

solche  nicht  immer  sich  von  selbst  ergiebt  Die  direct  gefundenen  (X)« 
wie  die  auf  eine  Einheit  zurückgeführten  Quotienten  (L')»  ^^^  -^^ 
drücke,  die  für  die  Praxis  noch  unvollständig  sind,  und  praktische  Be- 
deutung erst  gewinnen  durch  Hereinziehen  eines  weiteren  Elements:  des 
Preises  der  Beleuchtungsmittel.  Das  Datum  des  Preises  aber  lässt  aidi 
auf  verschiedene  Weise  in  der  Frage  der  Beleuchtungskosten  verwen- 
den. 1.  Zur  Bestimmung  der  Kosten  verschiedener  Beleuchtungsmittel 
zurückgeführt  auf  gleiche  Lichtstärke,  oder  des  eigentlichen 
Leuchtwerthes  (PF),  und  2.  zur  Bestimmung  der  Kosten  des  Be- 
leuchtungsmittels während  einer  gewissen  Zeit,  ganz  abgesehen  tod 
der  Helligkeit,  die  es  giebt.  Die  letztere  Frage  hat  natürlich  mit  der 
Photometrie  nichts  gemein,  dennoch  bt  sie  diejenigie  von  beiden,  wel- 
cher für  viele  Fälle  des  täglichen  Lebens  die  höhere  Wibhtigkeit  beige- 
legt wird,  denn  viel  öfter  handelt  es  sich  darum,  was  ein,  wenn  auch 
kümmerliches  Beleuchtungsmittel  pro  Stunde  kostet,  ala  darum,  ob  für 
eine  gewisse  Ausgabe  das  eine  Licht  heller  sei  als  das  andere.  Istp 
der  Preis  für  ein  Beleuchtungsmittel  (die  Vergleichseinheit  =  100  ge- 
nommen), so  ist  der  Leuchtwerth 

«7              ^           A                m  X  100 
}y  = oder  w  =  — ^^ . 

^  ^  100 
Die  Resultate,  ^welche  bei  Untersucifling  über  Helligkeit,  Consun 
und  Leuchtkraft  verschiedener  Kerzen  und  Oellampen  erhalten  wurden, 
stimmen  nun  nicht  immer  überein,   nicht  bei  verschiedenen  Beobach- 
tern, selbst  nicht  bei  verschiedenen  Versuchen  desselben  Beobachters; 
diese  Erscheinung  fällt  weniger  auf,  wenn  man  bedenkt,  dass  Consua 
und  Lichtentwickelung  wechseln  muss  nach  Beschaffenheit  desDochtoSii 
nach  seinem  Verhalten  beim  Brennen,  das  abhängig  ist  von  manchen' 
äussern  Umständen.      Ueberdies  ist  ja  das  Leuchtmaterial  selbst  nichi 
immer  von  gleicher  Qualität,  wenn  auch  gleichbenannt,  Talg,  Stearin«! 
säure  und  selbst  Wachs,  wie  es  verarbeitet  wird,   sind  wechselnde 
Gemenge,  ebenso  das  BübÖl,  und  man  ist  daher  nie  sicher  in  Hinsicht 
auf  die  Qualität  des  Leuchtstoffes,  endlich  trägt  noch  die  Unvollkom* 


i 


Beleuchtung.  809 

menheit  der  photometrischen  Versuche  zu   den   schwankenden  Resul- 
taten bei. 

Kar  mar  seh  giebt  bei  Kerzen  folgende  Resultate: 


Consam  in 

Lichtstftrke 

. 

einer  Stunde.                 Wachs       100. 

Talgkerzen 

6 

pro 

Pfd.     . 

.     .     8,91  Grm.     .     .     . 

81 

Stearinkerzen 

4 

11 

•1 

•       .       t/^SItt      ,^            •       . 

.        98 

91 

5 

11 

11        • 

.      .      «f^OU      ^)           .      • 

92 

11 

6 

11 

11 

.      .       \f^£\}      ,)            •      . 

.       89 

•1^ 

8 

11 

11 

d',62     ^) 

82 

Wachskerzen 

4 

11 

11 

8,77     ,, 

.     100 

5» 

6 

11 

11 

.     .    .    8,04     „      ..    : 

92 

1? 

8 

11 

11 

.     .     .     7,16     „        ..     . 

.    ,   83 

Wallratbkerzen 

4 

11 

1 

1«  • 

;     .     .     9,65     „         .     . 

.     118 

11            ♦ 

5 

11 

11 

8,62     „ 

.     100 

11 

6 

11 

11 

.     .     .     8,04     „         .     . 

.       96 

Wachs     .     .     . 

100 

Wallrath      .     . 

.     104 

Stearinsäure 

84 

Talg  .     .     . 

80 

Paraffin 


c. 

d. 

e. 

100 

100 

100 

183 

103 

— 

120 

98 

120- 

99 

80 

99 

222 

Aus  dieser  Tabelle  ergiebt  sich  die  nachstehend  unter  a.  ange- 
gebene durchschnittliche  .Leuchtkraft ;  bei  einer  andern  Versuchsreihe 
fand  Karmarsch  die  unter  b.  aufgeführten  Resultate;  Karstens  giebt 
die  Zahlen  c.  und  d.,  Peel  et  die  Zahl  e.  an. 

b. 

100 
108 
104 
128 
138 

Wenn  bei  diesen  Versuchen  die  Leuchtkraft  der  Talgkerzen  zum 
Theil  besonders  hoch  gefunden  ist ,  so  muss  man  bedenken  ^  dass  nur 
die  im  günstigsten  Moment  erzeugte  Helligkeit  durch  den  Versuch  be- 
stimmt wird,  die  durchschnittliche  Helligkeit  jedenfalls  viel  geringer 
bt,  dann  isti  aber  auch  die  Ungleichartigkeit  des  Materials  in  An- 
schlag zu  bringen. 

Kohl  mann  giebt  die  Leuchtkraft  der  Paraflfinkerzen  1,9  mal  so 
hoch  als  die  von  Stearinkerzen  an. 

Zum  Vergleich  der  Differenz  in  Consum  und  Helligkef^  beim  Ver- 
brennen von  Oel  in  verschiedenen  Lampen  mögen  folgende  Zahlen 
Platz  finden: 


Durch- 
messer des 

Licht- 
stärke,  die 

Consum 
in  einer 

Consum  f.  die 
Lichtstärke 

• 

Dochtes. 

einer  Talg- 
kerze       1. 

Stunde. 

von  einer 
Talgkerze. 

Linien. 

' 

Gramme. 

Gramme. 

1)  Kdchenlampc  mit  vollem  Dodite 

3,6 

0,5 

7,0 

14,1 

2)  Flaschenl.  mit  flachem  Dochte 

8,2 

1,1 

11,1 

9,5 

3)  Aetrall.    mit    Argand's    Dochte 

7,6 

2,9 

26,9 

9,2 

4)  Sinumbral.  mit     „               „ 

7,7 

3,7 

26,2 

6,8 

5)  Flaschenl.  mit        ,.               „ 

6,75 

2,9 

15,8 

5,5 

")              «                      M               «1                         U 

10,0 

8,0 

43,4 

6,4 

*)               IJ                       V               »»                           J» 

10,5 

8,4 

45,6 

6,4 

S)  Nr.  5  m.  Benckler'schem  Zugglas 

6J5 

4,5 

26,2 

5,8 

v)  J*r.  7  „         .,           „             „ 

10,5 

9,9 

54,8 

5,5 

10)  Carcel'a  Uhrlampe 

9,0 

9,8 

42,4 

4,6 

8 1 0  Beleuchtung. 

'  Diese  Zahlen  zeigen,  daas  man  in  der  Uhrlampe  am  wenigsten 
Öel  gebraucht,  um  einen  bestimmten  Etfect  hervorzubringen,  etwu 
mehr  in  den  Flaschen lampen,  am  meisten  in  der  Küchenlampe,  dagegen 
verzehrt  diese  letztere  an  und  für  sich  am  wenigsten  Oel,  die  Uhr- 
lampe dagegen  am  meisten.  Als  Einheit  für  die  Lichtstärke  ist  hier- 
bei eine  Talgkerze  mit  8,91  Grm.  Cotisum  pro  Stunde  angenommen. 
Dieses  Quantum  Talg  entspricht,  nach  Karmarsch's  Versacken, 
7,9  Grm.  Wachs,  8,5  Grm.  Stearinsäure  und  6,9  Grm.  Wallrath; 
diese  Fette  würden  in  der  genannten  Meiige  dieselbe  Helligkeit  geben, 
wie  die  in  der  letzten  Coloitne  obiger  Tabelle  angegebenen  Oelmengäi 
in  den  betreffenden  Lampen.  Karmarsch's  und  Heeren's  Versuche 
geben  die  relative  I^euchtkraft  einer  guten  Uhrlampe  =  100 :  Wacbi 
=  &2  :  Stearin  =:  52  :  Talg  =  51.  Aus  den  nach  Ort  und  Zeit  wech- 
selnden Preisverhältnissen  der  Materialien  berechnet  sich  dann  leicbi 
der  Preis  für  eine  bestimmte  Zeitdauer  wie  für  je  eine  Lichtstärke. 

Orth  bestimmte  die  Lichtstärke  einer  Mineralölflamme,  welche 
2 4, Grm.  Oel  consumirt  =  4  Wachskerzen  (9  Grm.  Wachs  pro  Stande 
verzehrend);  bei  12,5  Grin.  Consum  war  sie  =  2  Kerzen;  Mineralöl 
aus  Hamburg,  von  Bonn,  aus  Frankreich  (hiäle  de  schistes  dÄtäun)  nad 
von  Tübini^en  zeigten  keinen  bemerkbaren  Unterschied.  Danach  ver- 
hält sich  die  Leuchtkraft  des  in  einer  guten  Lampe  verbrannten  Mine- 
ralöls zu  der  des  Wachses  =  1  :  0,66. 

Wenn  sich  nun  die  Lichtwerthe  der  verschiedenen  Materialien 
auch  nicht  in  bestimmten  Zahlen  angeben  lassen,  so  kann  man  im  Allge- 
meinen doch  als  feststehend  annehmen,  dass  die  Leuchtkraft  von  Wachs-, 
Talg-  und  Stearinkerzen  nicht  sehr  verschieden  ist,  dass  die  Leuchtkraft 
dieser , Materialien  aber  geringer  ist,  als  die  von  fetten  Oelen,  wenn 
dieses  in  guten  Lampen,  grösser  aber  wenn  dieses  in  schlechten  Lampea 
verbrannt  wird. 

Hinsichtlich  der  Leuchtkraft  von  fetten  Oelen  in  Lampen  ist  die 
Erfahrung  entschieden  die,  dass  diese  am  grössten  ist  lin  Ubrlaropea 
oder  Moderateurlampen,  am  geringsten  in  der  Küchenlampe.  Die 
Leuchtkraft  der  Mineralöle  mag  der  von  fetten  Oelen  etwa  gleich- 
stehen, die  Flamme  derselben  zeichnet  sich  besonders  durch  ein  weisses 
Licht  aus.^ 

Hinsichtlich  des  Leuchtwerthes  lassen  siish  bei  den  schwankenden 
Preisverhältnissen  keine  bestimmte  Daten  angeben,  so  wenig  wie  über 
den  Preis  des  in  einer  Stunde  verbrauchten  Leuchtstoffes.  Annähernd 
mögen  folgende  Zahlen  (in  Franken  ausgedrückt)  gelten: 

Preis  des  Lenchtstoffss  Leuchtwertb  bei 


pro  Stande. 

gleicher  Lichtstärke. 

Talgkerzen       .     .     .     .     0,011     .     .     . 

k      . 

0,12 

Wachskerzen    ....     0,057     .     .     . 

*     . 

0,48 

Wallrathkerzen     .     .     .     0,058     .     .     . 

1      . 

0,48 

Stearinkerzen  ....     0,028     .     .     . 

. 

0,18 

Küchenlampe   .'   .     .     .     0,011     .     . 

*      . 

0,16 

Lampe  mit  flachem  Docht     0,015     .     . 

*      . 

0,12 

Sinumbralampe     .     .     .     0,060     .     .     . 

•     . 

0,07 

Flaschenlampe       .     .     .     0,060     .     . 

K                 . 

0,06 

Flaschenlampe,  kleine    .     0,025     .     . 

•                 . 

0,06 

Uhrlampe    ...*..     0,058     .     .     . 

>            a 

0,06 

Camphinlampe       .     .     .     0,045     .     .     . 

>            . 

0,08 

BeUadonnin.  —  Benzaldehyd.  811 

Hiernach  geben  gate  Oellaropen  das  wohlfeilste  Licht,  d.  h.  man 
hat  hier  die  grösate  Helle  mit  den  verhältnissmäsaig  geringsten  Kosten, 
ihnen  nahe  stehen  die  Camphinlainpen ,  während  schlechte  Oellampen, 
Stearin-  und  Talgkerzen  ein  thenreres  Licht  geben,  am  theuersten  iat  das 
Licht  der  Wallrath-  und  Wachskerzen.  Anders  stellt  sich  die  Frage,  ohne 
die  Lichtstärke  in  Betracht  zu  ziehen,  nach  dei*  absolut  billigsten  Be- 
leuchtung, hier  ist  die  Talgkerze  und  die  Eüchenlampe  zuerst  zu  nennen. 

Hinsichtlich  des  Gaslichtes,  seiner  Leuchtkraft  und  seines  Leucht- 
werths  im  Vergleich  mit  Kerzen-  und  Lampenbeleuchtung  müssen  wir 
auF  den  Artikel  Gasbeleuchtung  verweisen  (Bd.  III,  S.  392).     By. 

Bella donnin  ist  ein  noch  problematisches  Alkaloid,  dessen 
Existenz  Brandes  in  den  Blättern  der  Belladonna  glaubte  nachgewiesen 
zu  haben;  später  will  Liibekind  ^)  es  dargestellt  haben,  indem  er  die 
Blätter  mit  kaustischem  Kali  destillirte,  das  Destillat  mit  Platinchlorid  ver- 
setzte, wobei  ein  weisser,  in  Ammoniak  löslicher  Niederschlag  entstanden 
sein  soll,  der  mit  kohlensaurem  Kali  destillirt  ein  weisse:)  Sublimat  gab, 
welches,  nach  Lübekind,  ein  Alkaloid,  das  BeUadonnin  ist.  Die  Unter- 
suchung ist  so  mangelhaft,  dass  sich  aus  derselben  durchaus  nicht  auf  die 
Existenz  von  einem  eigenthümlichen  Alkaloid  schliessen  lässt.  Fe, 

Belmontin^)  hat  man  die  Paraffin  ähnliche  Masse  genannt,  wel- 
che aus  dem  Erdöl  von  Birma  in  England  dargestellt,  und  zur  Verfer- 
tigung von  Kerzen  verwendet  wird. 

Belonit  hat  V.  Kobell  das  Nadelerz  genannt. 

Be lugenstein  ist  der  Name  gewisser  Goncretionen,  die  früher 
als  Medicament  sehr  geschätzt  waren  und,  nach  Pallas,  sich  in  den  er- 
weichten Uretheren  und  in  der  Cloake  des  Hausens  {Acdpenaer  Hueo^ 
Russisch  bjdluga)  finden.  Sie  sind  knochen weiss,  gewöhnlich  flach  eiför- 
mig, im  Mittelpunkte  zuweilen  etwas  eingedi'ückt.  Die  Grösse  va- 
riirt  bis  zu  der  eines  Hühnereies,  sie  haben  ein  Gewicht  bis  zu  3,  ja 
bis  zu  7  Unzen.  Die  Oberfläche  ist  glatt  und  gelblich  weiss.  Auf 
dem  Bruche  bemerkt  man  eine  krystallinische  Structur  und  strahlige 
nach  der  Peripherie  zugehende  Nadeln,  welche  durch  concentrische 
Ringe  unterbrochen  sind.  Unter  dem  Mikroskop  zeigen  sich  feine  Split- 
ter farblos,  durchisichtig  und  homogen.  Vor  dem  Löthrohr  schwärzen 
sie  sich  und  sind  schmelzbar.  In  Salzsäure  löst  der  Körper  sich  ohne 
Gaaentwickelung  mit  Zurücklassung  von  weicher  aufgequollener  orga- 
nischer Substanz  von  der  Form  des  angewandten  Stückes. 

Klaproth  fand  darin  phosphorsauren  Kalk  71,5  Proc.,  Wasser 
und  Eiweiß  26,0  Proc,  Gyps  0,5  Proc.  Wöhler^)  hat  diese  Analyse 
bestätigt.  Er  fand  in  einem  Stücke  desselben  Steins,  den  Klaproth 
untersuchte,  ausser  etwas  organischer  Substanz  phosphorsauren  Kalk 
7^,0  Proc,  Wasser  26,26  Proc;  er  fand,  dass  der  phosphorsaure  Kalk 
neutrales  Salz  ist  mit  4  Aeq.  Knystallwnsser :  2CaO.HOcI^05 
-f-  4  aq. ;  dieses  Salz  unterscheidet  sich  von  dem  basischen  Salz  der 
Knochen  (3CaO.P05)  durch  seine  Schmelzbarkeit.  Spätere  Analysen 
von  Taylor  stimmen  hiermit  überein.  {Wp)  Fe. 

Benzaldehyd,  sjni.  mit  Benzoylwasserstoff. 

*)  Archiv  d.  Pharm.  Bd.  XVm,  S.  75.  -   «)  Rcp.  of  P»t.  Inv.  1858  Juli,  p.  61; 
Poljt.  Centralbl.  1858,  S.  1033  u.  1310.  —  ^  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LI,  S.  437. 


812  Beiizamid. 

Benzamid^).  Benzoylamjd,Benzoyl-  und  Wasserstoff- 
Azotür.  Das  Amid  der  Benzoesäure,  (18^2)  von  Lieb  ig  und  Woh- 
le r   entdeckt.       Empirische  Formel:    C14H7O3N;    rationelle  Formel: 

Ci4  H5  O3 .  Hj, N  oder  ^1* **^  2» I N.   Es  enthält  die  Elemente  von  benxoe- 

saurem  Ammoniumoxyd  (NH4O.  C14H5OS)  minus  2  Aeq.  HO,  ist  aber 
bis  jetzt  nicht  direct  aus  diesem  Salz  dargestellt.  Es  bildet  sich  bei 
der  Zersetzung  von  Chlor-  Brom-  oder  Cyanbenzoyl  durch  Amrooniak 
(Liebig  u.  Wohle r),  oder  bei  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  waaaer- 
freie  Benzoesäure ,  sowie  beim  Kochen  von  gelöster  Hipporsäare  mit 
Bleihyperoxyd  (Fehli'ng),  oder  beim  Erhitzen  derselben  in  trockenen 
Chlorwasserstoffgas  (Strecker);  auch  beim  Stehen  eines  Gemenges 
von  Benzoeäther  mit  Ammoniak,  das  mit  hinreichend  Alkohol,  um  sich 
mit  dem  Aether  gleichförmig  zu  mengen,  gemischt  ist,  setzt  sich  nach 
mehreren  Monaten  das  Amid  in  Krystallen  ab  (Deville).  Schneller 
erfolgt  die  Bildung,  wenn  man  das  Gemenge  des  Aethers  mit  wasseri- 
gem Ammoniak  in  einem  zu  geschmolzenen  Glasrohr  über  100*^  C.  er- 
hitzt (Dumas,  Malaguti  und  Leblanc). 

Zur  Darstellung  vonBenzamid  wird  ganz  trockenes  Ammoniakgtf 
im  Ueberschuss  in  Benzoylchlorid  geleitet,  wobei  dieses  sich  unter  Ej^ 
hitzung  in  Benzamid  und  Salmiak  zersetzt: 

^i4H602^+  2NH8  =  CijHsOji^NHa  +  NH4GL 

Benzoylchlorid  Benzamid 

Zur  vollständigen  Zersetzung  des  Chlorids  ist  es  nöthig,  die  fest- 
gewordene Masse  zu  wiederholten  Malen  aus  dem  Gefass  herauszuneh- 
men, zu  zerreiben,  und  von  Neuem  mit  Ammoniak  zu  behandeb. 
Nach  vollendeter  Einwirkung  wird  die  Masse  zur  Entfernung  des  Sal- 
miaks mit  kaltem  Wasser  ausgewaschen,  und  das  zurückgebliebene 
Amid  in  siedendem  Wasser  oder  Alkohol  gelöst,  bei  dessen  Erkalten  es 
sich  in  Krystallen  abscheidet. 

Es  ist  wesentlich,  dass  das  Ammoniakgas  vollkommen  trocken 
sei,  weil  sich  sonst  durch  Zersetzung  von  Wasser  und  Benzoylchlorid 
benzoesaures  Ammoniak  und  daher  weniger  Benzamid  bildet.  Es  i^ 
aber  weiter  auch  nöthig,  dass  das  Benzoylchlorid  vollständig  dureh 
Ammoniak  zersetzt  sei,  weil  sich  sonst  aus  dem  anzersetzten  Benzoyl- 
chlorid bei  Behandlung  mit  Wasser  Salzsäure  bildet,  dih  das  Benzaoud 
in  der  Wärme  wieder  zersetzt. 

Statt  Ammoniak  gas  kann  man  auch  das  feste  kohlensaure  Am- 
moniak des  Handels  anwenden;  man  zerreibt  das  Benzoylchlorid  mit 
einem  Ueberichuss  des  Salzes,  erwärmt  zuletzt  schwach,  um  die  Reac- 


')  Literatur:  Liebig  u.  Wöhler,  AnnaL  d.  Chein.  u.  Pharni.  B4.  HI.  S. 
268.  —  Fehling,  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XXVIH,  S.  48.  —  Gerhardt, 
Annal.  de  chira.  et  phys.  [8.]  T.  XXXVII,  p.  817.  —  Laurent,  R^v.  scientf.  T. 
XVI,  p.  291.  —  Dumas,  Malaguti  et  Leblaoc,  Compt.  rend.de  I'acad.  T.  XX^, 
p.  734.  —  Dessaignes,  Annal.  de  chim.  et  phys.  [3.]  T.  XXXIV,  p.  146;  AnaaL 
d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXXII,  S.  284.  —  Cahours,  Annal.  de  chim.  et  pb.r^ 
[8.]  T.  XXXVII,  p.  450.  —  Field,  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXV,  S.  W 
—  Chance I,  Compt.  rend.  par  Laur.  et  Gerh.  1849,  p.  180;  Joum.  f.  prakt 
Chem.  Bd.  XL VII,  S.  148.  --  Gerhardt  et  Chi oaza,  Compt.  rend.  de  lacad.  T. 
XXXVIII,  p.  86;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXXVII,  S.  296;  Jouni.  C 
prakt.  Chem.  Bd.  LX,  S.  144;  Pharm.  Centralbl.  1863,  S.  763.  —  Limpricht  a. 
Uslar,  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  CU,  S.  268. 


Benzamid.  813 

tion  vollständig  zu  machen,  und  wäscht  den  Rückstand  mit  Wasser  ans. 
Oder  man  schüttelt  das  Benzojlchlorid  mit  concentrirtem  wässeri- 
gen Ammoniak;  es  bildet  sich  Benzamid,  das  sich  *ba1d  krystallinisch 
abscheidet,  neben  wenig  benzoesaurem  Ammoniak. 

Die  Darstellung  des  Benzamids  aus  Benzoylchlorid  ist  einfacher,  alt» 
die  aus  Hippursaure  (CigH7N06);  man  kocht  diese  Säure  mit  Blei- 
superoxjd  und  Wasser;  es  entwickelt  sich  reichlich  Kohlensäure  und 
die  Masse  entfärbt  sich,  indem  hippursaures  Bleioxyd  und  Benzamid 
entsteht.  Die  heisse  Flüssigkeit  wird  zum  Fällen  des  Bleioxyds 
mit  verdünnter  Schwefelsäure  versetzt,  mit  sorgfältiger  Vermeidung 
eines  Ueberschusses;  man  kocht  nach  neuem  Zusatz  von  Bleihyper- 
oxyd,  zersetzt  wieder  mit  Schwefelsäure  und  wiederholt  die  Operatio- 
nen, bis  alle  Hippursaure  in  Benzamid  verwandelt  ist;  aus  der  blei- 
freien* Flüssigkeit -krystallisirt  das  Amid  beim  Abdampfen. 

Das  Benzamid  bildet  farblose,  durchsichtige,  stark  perlmutterglän- 
zende Krystalle;  seine  Form  ist  eine  gerade  rhombische  Säule,  an  wel- 
cher die  scharfen  Seitenkanten  durch  eine  Fläche  abgestumpft  sind, 
welcher  ein  deutlicher  Blätterdurchgang  parallel  geht,  und  auf  welche 
Fläche  Zuschärffungen  des  Endes  gerade  aufgesetzt  sind.  Durch  die 
vorherrschende  Fläche  jenes  Blätterdurchganges  erscheinen  di^  Kry- 
stalle gewöhnlich  als  rechtwinkelige,  vierseitige  Tafeln  mit  zugeschärf- 
tem Rande.  Das  Benzamid  zeigt  bei  seiner  langsamen  Kry stall isation 
eine  merkwürdige  Erscheinung,  die  ohne  Zweifel  auf  einer  in  der  Flüs- 
sigkeit selbst  vor  sich  gehenden  Verwandlung  des  wasserhaltigen  Kör- 
pers in  wasserfreies  Amid  oder  auf  Dimorphie  beruht.  Aus  der  kochend 
heissen  Auflösung  setzt  das  Amid  sich  nämlich  bei  raschem  Erkalten 
in  perlmutterglänzenden,  dem  chlorsauren  Kali  sehr  ähnlichen  Krystall- 
blättchen  ab.  Langsam  erkaltend  und  bei  einer  gewissen  Concentration 
erstarrt  dagegen  die  ganze  Flüssigkeit  zu  einer  weissen  Masse,  die  aus  sehr 
feinen,  seidenartigen  Kry  stallnadeln  besteht;  nach  einem  oder  mehreren 
Tagen,  ofl  schon  nach  einigen  Stunden,  sieht  man  in  dieser  Masse  ein- 
zelne grosse  Höhlungen  entstehen,  in  deren  Mittelpunkt  sich  ein  ein- 
zelner grosser,  oder  einige  grosse,  wohl  ausgebildete  Krystalle  befinden, 
in  welche  sich  die  seidenglänzende  Modification  verwandelt  hat;  nach 
und  nach  verbreitet  sich  diese  Umwandlung  der  Form  durch  die  ganze 
Masse  hindurch. 

Das  Benzamid  löst  sich  kaum  in  kaltem  Wasser;  in  siedendem  Wasser, 
besonders  bei  Gegenwart  von  Ammoniak,  wie  auch  in  Alkohol  und 
Aether  ist  es  leicht  löslich.  Es  schmilzt  bei  llb^C  zu  einer  klaren 
Flüssigkeit;  beim  Erkalten  erstarrt  es  zu  einer  grossblättcrig  krystalli- 
nischen  Masse,  in  welcher  sich  häufig  Höhlungen  mit  gut  ausgebildeten 
Krystallen  finden.  Bei  286^  bis  290*^0.  lässt  es  sich  grösstentheils 
nnzersetst  überdestilliren,  der  Dampf  riecht  durch  Bildung  von  etwas 
Benzonitril  bittermandelölartig,  lässt  sich  leicht  entzünden,  und  .brennt 
mit  nissender  Flamme. 

Das  Benzamid  verbindet  sich  mit  Salzsäure,  sowie  mit  den  Oxyden 
von  Quecksilber,  Kupfer  und  Silber,  welche  Oxyde  sich  im  wässerigen 
Benzamid  in  der  Wärme  lösen. 

Chlorwasaerstoffsaures  Benzamid,  Ci4H7NO^  .H€l,  bildet 
sieh  beim  Auflösen  von  Benzamid  in  rauchender  Salzsäure  in  der  Wärme, 
beim  Erkalten  scheidet  sich  die  Verbindung  in  langen  zusammenge- 
wachsenen   Prismen   ab.      Die  Verbindung  ist  sehr  wenig  beständig, 


814  Benzamid. 

die  Krystalle  stossen,  aus  der  Flüssigkeit  genommen,  sogleich  Salafttore- 
dämpfe  aus,  sie  werden  an  der  Luft  bald  trübe,  und  verLiereo  in 
wenigen  Tagen  alle  Säure  (Dessaignes^). 

Benzaroid-Quecksilberoxyd,  C]4HeNO.HgO=  ^Ei^^ 

H  5 
oder  Benzojl-Mercuramid.  Die  wässerige  Lösung  von  Bensamid 
löst  in  der  Wärme  leicht  Quecksilberozjd,  wobei  die  Flu9sigkeit  nach 
und  nach  zu  einem  dünnen  Krystallbrei  wird,  der  durch  etwas  freies  Qoeck- 
silberoxyd  gefärbt  erscheint;  durch  Zusatz^ von  Alkohol  und  Erwärmen 
löst  sich  die  Verbiadung,  und  krystalÜBirt  beim  Erkalten  deflPiltrats  in 
giänzend^sn  weissen  blätterigen  Krystallen,  welche,  bei  lOO^C.  getrock- 
net, die  angegebene  Zu8am;nen3etzung  haben.  Werden  die  Krjdtalle 
mit  Benzoylchlorid  zusammengebracht,  so  findet  eine  heftige  Reactioo 
statt,  es  bildet  sich  Quecksilberchlorid,  Benzoesäure  und  Benzonilril 
welche  Körper  bei  der  heftigen  Einwirkung  sich  zum  Theil  sogleich 
weiter  zersetzen  (Dessaignes^). 

Verwandlungen  des  Benzamids.  Durch  Kochen  mit  Wasser 
wird  das  Benzamid  nicht  zersetzt;  Kalihydrat  zersetzt  es  nicht  in  der 
Kältci^  aber  beim  Kochen  wird  es  sowohl  durch  wässerige  Alkalien, 
wie  durch  wässerige  Säuren  zersetzt,  indem  sich  Benzoesäure  and 
Ammoniak  bilden. 

Wird  Benzamid  mit  einem  Ueberschuss  von  kaustischem  Barjt 
destillirt,  so  geräth  dieses  in  eine  Art  Schmelzung,  wie  es  scheint  .durch 
Bildun«^  von  Hydrat,  es  entwickelt  sich  Ammoniak,  und  es  destiUiit 
ein  farbloser  "ölartiger  Körper,  leichtei* als  Wasser,  angenehm  aromatiscb 
riechend  und  von  zuckersüsdem  Geschmack.  Dieses  Oel  besteht  grossten- 
theils  aus  einem  nicht  näher  unteräuchten  Kohlenwasserstoff,  die  Ana- 
lyse des  unreinen  Gels  gab  88  bis  90  Proc.  Kohlenstoff  auf  7,0  bis 
7,5  Wasserstoff  (F^hling).  Es  wird  weder  durch  schmelzendes  Ks- 
lium,  noch  durch  kaustische  Alkalien  öder  durch  Säuren  verändert 
Ein  ähnliches  Oel  bildet  sich  auch,  wenn  Benzamid  in  Dampffonn 
durch  ein  enges  glühendes  Glasrohr  geleitet  wird,  oder  wenn  man  Ka- 
lium mit  Benzamid  zusammenschmilzt;  im  letzteren  Fall  bildet  sich 
Cyankalium,  Ammoniak  wird  aber  nicht  bemerkt.  Unter  Umständen 
wird  dem  Benzamid  beim  Erhitzen,  indem  man  den*  Dampf  für  sich 
durch  eine  glühende  Röhre  oder  über  kaustischen  Baryt  leitet,  wie  beim 
Behandeln  mit  wasserfreier  Phosphorsänre,  einfach  Wasser  entzogen, 
und  es  bildet  sich  Benzonitril: 

CuH7N02^=  2«0  +  C14H5N 

Benzamid  Benzonitril. 

Dasselbe  Product  entsteht  auch  durch  Einwirkung  von  Phosphor- 
superchlorid auf  Benzamid  (Limpricht).  Es  soll  auch  beim  Glühen  des 
Benzamids  für  sich  entstehen,  und  beim  Erhitzen  mit  Kalium  soll  sich 
neben  Benzonitril  Cyankalium  bilden.  Leicht  erfolgt  die  Umwandlung 
des  Benzamids  in  Benzonitril  durch  Zusammenschmelzen  mit  Benzol 
säureanhydrid  oder  mit  .Benzoylchlorid,  sowie  beim  Erhitzen  in  trocke> 
nem  Chlorwasserstoffgas  (s.  Benzonitril).  Bleihyperoxyd  zersetzt 
das  Benzamid  nicht  beim  Kochen  in  wässeriger  Lösung  für  sich;  wird 


0  Annal.  de  cbim.  et  de  pHys.  [8.]  T.  XXXIV,  p.  14«.  —  •)  4,  •.  0. 


Benzamid.  815 

iber  die  Flüssigkeit  nach  Zusatz  von  etwas  Schwefelsätire  oder  Salpeter- 
länre  längere  Zeit  gekocht  und  filtrirt,  so  bildet  sich  auf  Zusatz  von 
Ammoniak  an  der  Luft  langsam  ein  humusartiger  Körper. 

Der  Wadserstoff  des  Benzoyls  im  Benzamid  kann  nun  auch  theil- 
weine  durch  Brom,  Chlor  u,  s.  w.  ersetzt  werden,  wobei  nachstehende 
Substitutionsproducte  entstehen. 

Brombenzamid  ist  für  sich  nicht  bekannt;  Laurent  hat  aus 
Benzamid  und  Brom  eine  Verbindung  dargestellt,  deren  empirische  For- 
[nel  Ci4H7N02Br9  ist,  er  nennt  sie  Benzamidbromür;  sie  lässt  sich 
Als  eine  Verbindung  von  Brom  mit  unverändertem  Benzamid  ansehen 
=  C14H5O2N.  Br2,  oder  richtiger  vielleicht  als  Brom  wasserstoff-Brom- 

benzamid  =  Cj  4  (H4.Br)02.H2N -|- 'tß'^-  Nach  Laurent  löst  sich 
Benzamid  in  Brom  ohne  Entwickelnng  von  Bromwasserstoffsäure ; 
aus  dieser  Lösung  scheiden  sich  bei  Winterkälte  in  einigen  Tagen 
Krystalle  von  der  angegebenen  Zusammensetzung  ab.  Sie  werden 
langsam  durch  Wasser,  schneller  durch  Ammoniak  zersetzt  (Laurent  0» 

Chlorbenzamid,  C^HeGlOaN  oder  Ci^ (H4 €l)  O2  . H« N,  bildet 
sich  bei  mehrtägiger  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  Chlorbenzonitril 
in  zugeschmolzenen  Glasröhren  bei  lOO^C.  (Limpricht)  oder  ausdem 
bei  der  Destillation  von  Sulfobenzoylchlorür  erhaltenem  Chlorbenzoyl- 
chlorid  bei  Behandlung  mit  wässerigem  Ammoniak;  unter  starker 
Wärmeentwickelung  schieden  sich  gelbe  blätterige  Krystalle  aus,  die  sich 
in  Weingeist  oder  heissem  Wasser  leicht,  schwieriger  in  kaltem  Wasser 
lösen.  Sie  schmelzen  bei  122<^C.  und  sublimiren  dabei  in  geringer 
Menge  (Limpricht  und  Uslar). 

Ein  Fara-Ghlorbenzamid,  Gi4H4€l02  .H2N,  entsteht  bei  der 
Einwirkung  von  kohlensaurem  Ammoniak  auf  Chlorbenzoylchlorid,.  wel- 
ches aus  Chlorsalicyl  dargestellt  ist.  Es  ist  in  Wasser  unlöslich,  löst 
sich  aber  in  Alkohol  oder  Ammoniak  und  krystallisirt  aus  diesen  Lösun- 
gen in  schönen  Nadeln.  Beim  Erhitzen  mit  l^alilauge  entwickelt  es 
Ammoniak  (Gerhardt  u.  Drion). 

Nitrobenzamid,  Nitrobenzoylamid  ist  Benzamid,  in  wel- 
chem 1  Aeq.  Wasserstoff  durch  1  Aeq.  Untersalpetersäure  ersetzt  ist. 
Seine  Formel  ist  CuHeNjOe,  d.i.  C14  (H4 .  N  O4)  Ö9  .  H2  N.  Es  ist 
(1848)  von  Field^)  entdeckt,  später  auch  von  ChanceP)  untersucht. 

Diese  Verbindung  entsteht  aus  dem  nitrobenzoesaurem  Ammonium- 
X>xyd  durch  Erhitzen  unter  Verlust  von  2  Aeq.  W'a^ser,  wenn  man  dasselbe 
längere  Zeit  geschmolzen  erhält.  Es  bleibt  dabei  als  eine  im  Wasser 
und  kalten  Ammoniak  unlösliche  Substanz  zurück,  welche  aus  heissem 
Wasser  in  schönen  gelben  Nadeln  von  obiger  Znsammensetzung  kry- 
stallisirt. Die  Darstellung  gelingt  nicht  immer,  da,  das  nltrobenzoe- 
Baure  Ammoniak  zuweilen  durch  nicht  ermittelte  Umstände  beim  Er- 
hitzen explodirt  (Field). 

Chancel  hat  diesen  Körper  in  grösserer  Menge  durch  Zersetzung 
von  Nitrobenzoeäther  mit  Ammoniak   erhalten.      Man    mischt,    nach  ' 
ihm,  eine  Auflösung  von  Nitrobenzoeäther  in  ziemlich  viel  Alkohol  mit 
wässerigem  Anmoniak,  wovon   man  jedoch  nur  so  viel  zusetzt,  dass 
kern  Aether  abgeschieden  wird,  und  überlässt  die  Mischung  sich  selbst  in 

0  ttev.  Bcienatif.  T.  XVI,  p.  892.  —  *)  Phil.  Mag.  [8.]  T.  XXX,  p.  469;  Annal. 
d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXV,  S.  46;  Phann.  Centralbl.  1848,  S.  151.  —  *)  Compt. 
Knd.  par  Laurent  et  Qerhardt,  1849,  p.  180. 


816  Benzamid. 

einem  vei*schlo88enen  Gefass.  pie  Zersetzung  ist  beendet,  wenn  eine 
Probe  der  Flüssigkeit  durch  Zusatz  von  viel  Wasser  nicht  roehr  getrübt 
wird.  Sie  wird  durch  gelindes  Erwärmen  bedeutend  beschleunigt,  be<Ur( 
aber  selbst  dann- zur  Vollendung  wenigstens  8  bis  10  Tage.  Wird  als- 
dann die.Flussigkeit  im' Wasserbade  abgedampft,  so  erstarrt  der  dasNi- 
trobenzamid  enthaltende  Röskstand  beim  Erkalten  zu  einer  krjstalUni- 
sehen  Masse,  welche  man  durch  zweimaliges  Umkrystalli^iren  ans  Aether- 
Alkohol  leicht  rein  erhält. 

Es  wird  auch,  annlog  dem  Benzamid,  beim  Behandeln  von  Nitro- 
/  benzoylchlorid  mit  Ammoniak  dargestellt. 

Das  Nitrobenzamid  bildet  gelbe  Nadeln,  oder  auch  größte  siein- 
lieh  gut  ausgebildete  Kry^talle  von  der  Form  des  Gjpses;  es  in  in 
kaltem  Wasser  nur  wenig,  in  heissem  Wasser  ziemlich  leicht  löslich. 
In  Alkohol,  Aether  und  Holzgeist  löst  es  sich  leicht  und  krjstallisirt 
daraus  beim  freiwilligen  Verdunsten  in  schonen  Nadeln.  Es  schmilzt 
über'lOO^C.  und  erstarrt  beim  Erkalten  krystallinisch.  Concentrirt« 
Kalilösung  verwandelt  es  beim  Kochen  in  nitrobenzoesaures  Kali  and 
Ammoniak.  « 

Dnrch  Schwefelammonium  erleidet  es  eine  ähnliche  Metamorphose 
wie  die Nitrobenzoesaure  (s.  d.  unter  Benzoesäure).  Jedoch  bildet  sick 
dabei  nicht  das  der  Amidobenzoesäure  zugehörende  Amidobenzamid,son- 
.  dern,  wahrscheinlich  in  Folge  einer  Umlagerung  der  Elemente,  eine  iso- 
mere Verbindung  mit  basischen  Eigenschaften,  das  Carbanilamid 
(Anilin harnstoff),  s.  Bd.  1,  S.  1087.  Durch  eine  alkoholische  Lösung  von 
Schwefelammonium  scheint  eine  verwickeitere  Zersetzung  stattzuÜBdeii. 

Binitrobenzamid:  ChHsNjOio  =  NHj, .  Ci4H8(N04)5  0a  od«r 
pjjCuHaCN 04)2 0.2     y^^  ^^.^  j^  ^jg^gj  dargestellt  durch  Zersetrnn« 

von  binitrobenzoesaurem  Aethyloxyd  mit  Ammoniak.  Der  Binitr^ 
benzoeäther  löst  sich  in  concentrirtem  weingeistigen  Ammoniak  mit 
blutrother  Farbe;  bei  mehrtägiger  Digestion  scheidet  sich  dann  d« 
Binitrobenzamid  ab  in  schwach  gelblich  gefärbten  Säulen  und  Blättchen, 
die  Fettglanz  zeigen,  einen  bitteren  Geschmack  haben,  und  sich  wenis 
in  kaltem,  etwas  leichter  in  heissem  Wa-iser  lösen;  die  Lösung  ist  neo- 
tral ;  die  ammoniakalische  Lösung  wird  nicht  von  salpetersaurem  Sill)^^ 
oxyd  gefällt.  Das  Amid  schmilzt  bei  183^  C,  und  zersetzt  sich  bei 
höherer  Temperatur  ohne  zu  sublimircn. 

Das  Benzamid  ist  ein  primäres  Amid,  in  welchem  neben  dem 
Benzoyl  noch  1  oder  noch  2  Aeq.  Wasserstoff  durch  andere  organische 
Radicale  ersetzt  werden  kann,  wodurch  dann  folgende  secundäre  und 
tertiäre  Amide  entstehen: 

Benzoylhamstoff  (P.  d.  Art.)  CsHjNOsJN.     ^^"^ha^er).  ' 

Phenvlbenzamid  (s.  Benzani-  *V'*i/(m      m    ^u>.^Ai^ 

Hd'Bd.  I,  S.  1065)  C„HJN.    (Gerhardt). 

Methylnitrophenylbenzamid  C14  H^  O^ ) 

(Benzonitranisidid  Bd.  H,      C14 (He. N 04)02!  N.     (Cahoars). 
S.  6)  H  ) 

*)  Annnl.  d.  Cbem.  a.  Pharm.  Bd.  XCIX,  8.  106. 


CnmjlsulfopKenjlamid  (s.  un- 
ter Benzol) 


Benzamil  —  Benzensulf ür.  817 

Nitrocnminjlbenzamid  (Ben-  C14 II5  O9 ) 

zonitrocnminaroid    b.    Cu-  CisHioN04|N.     (Gahours). 

midin)  H  ) 

C.pjlW«nid  (..  Cpryl-  ""'^^l^.    (Cahour«). 

Salicylbenzamid  (s.  Salicyl-  n"«*^'!»!     (Gerhardt  u. 

amid)  Oi4»5U4p.        chioiza). 

C   H  O  1 
Solfophenylbenzamid  (a.  an-  ^    u^c'rk'l&i     (Gerhardt  u. 

ter  Benzol)  Oi j «» .  h,  U«   «.        c  ^  j  o  z  z  a). 

Pfaenylbibenzamid    (Biben-  (Ci4H5  0j)j|v     f,     ,      j^-. 

zoylanilid8.Bd.I,S.1078)  CijHsJ^-    »'«'■''»'■  o»^- 

r^'i?*n*lN     (Gerhardt  11. 
r    4*^n*      *■      Chiozza). 

Salfophenjlbibenzamid (9. nn-  (G14 II5 O^)] )^     (Gerhardt  n. 

ter  Benzol)  Gi9Hft*Ss04)     *        Chiozza. 

Snlfophenjlbenzoylaeetamid  *     |n*ii*r\*f  m     (Gerhardt  n. 

(a.  anter  Benzol)  ^    ii*c'r\*(     '       Chiozza). 

Saccinjlsulfophenylbenzamid        rr    U*  ^n\\U     (Gerhardt  u. 
(9.  nnter  Benzol)  ^^^»7?  ö  r^  v'      **      Chiozza). 

Benz^miL      Von   Laurent  entdeckt,  und  dadurch   erhalten, 
daM  er  rohes  Bittermandelöl,  mit  Kali  versetzt,  zum  Theil  abdestillirte 
und  den  Rückstand^  in  Aether- Weingeist  gelöst,  mit  Ammoniak  behan-  * 
delte  (s.  Bittermandelöl,  Verwandlungen  durch  Ammoniak). 

Benzaminsäure     sjn.     mit    Amidobenzoesäure, 

8.  Anilin  Bd.  I.  S.  1102. 

Benzanilid  s.  unter  Anilin  Bd.  I,  S.  1065. 

Benzenazotür  nennt  Laurent  das  Hydrobenzamid  (s.  unter 
'Benzoylwasserstoff,  Abkömmlinge). 

Benzenoxycyanür,    (Laurent)    s.    Benzoylwas- 
serstoff, Verwandlungen  durch  Kalihydrat  und  Blausäure. 

Benzensulfazotür,  syn.  mit  Sulfazobenzoylwas- 

serstf^f,    (s.  d.   unter  Benzoylwasserstoff,   Verwandlungen 
durch  Schwefelarom'onium). 

Benzensulfür,     syn.     mit     Benzoylsulfhydrat, 

(s.  d.  Art.   unter   Benzoylwasserstoff,  Verwandlungen    durch 
Schwefelaro  moninm). 

BandwöTtcrbiiefa  der  Chemie.  2tc  Anfl.  Bd.  U.  52 


-  \ 


818  Benzhydrocyanid.  —  Benzil. 

Benzhydra  in  id.  Ein  üinsetziingsprodiict  des  Blaasänr« 
haltenden  BenzoylwasserfttofTa  durch  Einwirkung  von  Ammoniaks  s. 
Bittermandelöl,  Abkömmlinge. 

Benzhydrocyanid  (Gerhardt)  s.  Bittermandelöl, 

(Verwandlungen   durch  Kalihydrat  und   Blausäure). 

B^nzhydrol.  Rochleder  und  Hlasiwetz  nannten  früher 
so  ein  von  ihnen  untersuchtes  Stearopten  aus  Cassiaöl ;  später  nahmen 
Rochleder  und  Schwarz  wahr,  dass  dieses  Stearopten  ans  zwei  Kör- 
pern bestehe,  einem  wusserstoffreicheren  und  einem  sauerstoflreiche- 
ren;  den  ersteren  nennen  sie  Benzhydrol,  den  zweiten  Ben zhydr Öl- 
säure (s.  Cassiaöl.)  Fe. 

Benzhydrolsäure  nannten  Rochleder  und  Hlasiweta 
einen  Körper,  der  durch  Einwirkung  von  wässerigem  Kali  auf  Cassiaöl 
entsteht.  Nach  späteren  Untersuchungen  von  Rochleder  und 
Schwarz   ist   die   Benzhydrolsäure    ein  Bestandtheil   des  Stearopteos 

aus  dem  Cassiaöl  (s.  d.  Art.). 

• 

Benzid.  Das  von  Mitscherlich  Benzid  genannte  hypothe- 
tische Radical  des  Sulfobenzids,  Nitrobenzids,  der  Benzidunterschwefel- 
säure  u.  a.  von  der  Zuammensetzung  C12H5  ist  isomer  und  vielleicht 
identisch  mit  dem  Radical  des  Phenyloxydhydrats,  und  präexistiri 
wie  es  scheint,  als  Paarling  im  Radical  der  Benzoesäure:  (Cl2H^)C^ 
so  wie  in  Yerbindung  mit  Wasserstoff  im  Benzol:  Ci2Hr,.H,  (s.  nnteo 
Benzol  und  Benzoyl).  H.  K. 

Benzidam,  syn.  mit  Anilin,  s.  d.  Bd.  I,  S.  1009. 

Benzidin.  Organische  Base  aus  Azpbenzid  durch  Redaction 
mittelst  Schwefelammonium  oder  schwefliger  Säure  dargestellt  (s.  unter 
Benzol,  Abkömmlinge  S.  877). 

Ben  zidunter  schwefelsaure     s.     Sulfophenyl- 

säure    unter  Benzol,  Abkömmlinge. 

Benzil  ^)  Sous-oxyde  de  Sülbese.  Entdeckt  von  Laurent  For- 
mel C28H10Ö4.  Polymer  mit  dem  hypothetischen  Radical  Benzoyl 
CHH5O3.  Es  entsteht  aus  dem  Benzoin  (C28H1.2O4)  durch  Entziehen 
von  2  Aeq.  Wasserstoff,  was  durch  Chlorgas  oder  Salpetersäure  ge- 
schehen kann. 

Laurent  erhielt  das  Benzil ,  indem  er  über  geschmolzene« 
Benzoin  so  lange  trockenes  Chlorgas  leitete,  als  noch  die  Bildung  von 
Chlorwasserstoff  bemerkbar  war.  Das  zurückbleibende  krvstallini- 
sehe  Benzil  wird  dnrch  Umkrystallisiren  aus  kochendem  Alkohol  reio 
erhalten. 

Nach  Zinin   erhält  man  es  noch  leichter  durch  gelindes  Erwai^ 

^)  Laurent,  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [2.]  T.  LIX,  p.  402;  Rerue  »ci<o- 
tif.  T.  XIX,  p.  448;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm,  Bd.  XVII,  S.  91;  Journ.  f.  prtkt. 
Chem.  Bd.  XXXV,  S.  46;  Zinin,  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XXXIV.  S.  1»0; 
Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXXIII,  S.  35;  Gregory,  Compt.  rend.  par  Laar. 
et  Gerhardt  1845,  p.  308;  Liebig,  Annal.  d.  Chem.*  u.  Pharm.  Bd.  XXV,  8.  2&- 


Benzil.  819 

inen  von  Benzoi'n  mit  seinem  doppelten  Gewicht  concentrirter  Salpeter- 
aäure;  das  Benzoin  schmilzt  hierbei^  es  entweichen  rothe  Dämpfe^  und 
die  Einwirkung  ist  vollendet,  sobald  das  aufschwimmende  gelbe  Gel 
ganz  klar  geworden  ist.    Beim  Erkalten  erstarrt  es  zu  reinem  Benzil. 

Gregory  erhielt  einmal  Benzil  statt  Benzoin  beim  gelinden  Er- 
wärmen von  rohem,  noch  mit  Blausäure  versetztem,  Bittermandelöl 
mit  alkoholischer  Kalilauge. 

Das  Benzil  krjstallisirt  aus  Alkohol  nnd  besonders  beim  freiwilli- 
gen Verdampfen  ausAether  in  langen,  gelblichen  durchsichtigen  hexa- 
gonalen  Prismen  (od  P,  o  P,  P,  Neigung  der  Flächen  oo  P :  oo  P 
=  1200,  ^  P:P  =  1340  und  1520).  Es  schmilzt  leicht  und  er- 
ffUtrrt  zwischen  90^  und  92^  C.  zu  einer  faserigen  Masse.  In  hö- 
herer Temperatur  ist  es  unzersetzt  flüchtig.  Es  ist  geruch  -  und  ge- 
schmacklos, nnlöälich  in  Wasser,  leicht  löslich  in  Alkohol  und  Aether. 
Warme  Schwefebäiire  löst  es  auf,  Wasser  scheidet  es  wieder  unverän- 
dert ab.  Von  Salpetersäure  wird  es  nicht  verändert,  ebensowenig  von 
w^ässeriger  Kalilauge. 

Die  Chloride  der  organischen  Säureradieale  greifen  das  Benzil 
nicht  an  (Zinin). 

Verwandlungen  des  Benzils. 

1.  Durch  Blausäure  erhält  man  einen  krjrHtallinischen  Körper^ 
den  man  als  cy  an  Wasserstoff  säur  es  Ben'zil  oder- Benz  il- 
cy  an  Wasser  Stoff,  C28H10O4  -f-  HGy,  betrachten  kann.  Man  löst 
Benzil  in  kochendem  Alkohol  und  setzt  etwa  das  gleiche  Gewicht 
beinahe  wasserfreier  Blausäure  zu ,  worauf  die  *  Mischung  allmälig 
grosse  schöne  blendend  weisse,  glasglänzende,  rhombische  Tafeln 
abscheidet.  Sie  schmelzen  beim  Erwärmen  und  hinterlassen  reines 
Benzil.  Beim  Kochen  mit  Wasser  oder  concentrirter  Salzsäure  wer- 
den sie  nicht  verändert;  beim  Erwärmen  mit  wässerigem  Ammo- 
niak oder  mit  Salpetersäure  verwandeln  sie  sich  in  Benzil.  Die  weiu- 
geistige  Lösung  derselben  giebt  mit  einer  weingeistigen  Lösung  von 
salpetersanrem  Silbero;cyd  einen  Niederschlag  von  Cyansilber,  aus  <iem 
Filtrat  krystallisirt  Benzil.  Erhitzt  man  die  weingeintige  Lösung  des- 
selben mit  Quecksilberoxyd ,  so  scheidet  sich  Quecksilber  ab  und  man 
riecht  deutlich  Benzoeäther  (Zinin). 

2.  Durch  Ammoniak.  Das  Benzil  giebt  bei  der  Behandlung 
mit  Ammoniak  sehr  verschiedenartige  Producte,  deren  Zusammen- 
setzung sich  meist  aus  den  Elementen  des  Ammoniaks  und  Benzils  un- 
ter Anstritt  von  Wasser  ableiten  lässt,  nämlich: 

C«  Hig^O«  +  N  H3    =    C^i^NOj    +    2H() 
Benzil  Imabenzil  u.  Benziliroid 

Benzil.  Benzilam 

Dagegen  hat  Zinin  auch  eine  mitAzobenzil  bezeichnete  Verbin- 
dung erhalten,  deren  Zusammensetzung  er  durch  die  Formel  04.)  H15  N  O^ 
ausdrückt,  welche  sich  nicht  in  gleicher  Weise  aus  den  Elementen 
des  Benzils  und  Ammoniaks  herleiten  lässt.  Nach  Zinin  erhält  man 
dienen  Körper,  wenn  eine  nicht  zu  concentrirte  alkoholische  Benzillö- 
song  noch  heiss  mit  wässerigem   Ammoniak  zusammengebracht  wird. 

52« 


820  Benzil, 

wobei  ein  feinkörniger  weisser  Niederschlag  entsteht,  der  noch  etwa 
10  Stunden  bei  70^0.  stehen  gelassen,  dann  abgewaschen  und  aus  Al> 
kohol  umkrystallisirt  wird.  Man  erhält  so  lange,  tiünne,  irisirende  Na- 
deln oder  Blätter,  die  in  Wasser  fast  ganz  unlöslich  sind,  auch  ron 
wässerigem  Ammoniak  und  Salzsäure  nicht  gelöst  werden,  und  aas  der 
Lösung  in  weingeistigem  Ammoniak,  Kali  oder  Salzsäure  unverändert 
anskrystallisireh.  Gleichzeitig  mit  diesem  Körper  entsteht^  nach  Zinin, 
Bönzoeäther  und  ein  anderer  in  kleinen  Nadeln  krjstallisirender  Kör> 
per,  der  leichter  in  Alkohol  löslich  ist.  Zinin  erhielt  bei  der  Analyse 
der  letzteren  84,3  bis  84,2  Proc.  Kohlenstoff,  5,1  bis  5,2  ProcWasser* 
Stoff,  4,8  bis  4,4  Proc.  Stickstoff  und  5,9  bjs  6,2  Sauerstoff,  womit 
die  Formel  C84M28NSO4  gut  Übereinstimmt.  Man  hätte  hiernach  die 
Bildungsgleichung^ 

3  C28Hii04  +  2  NHs  -  8  HO  =  €«4  »«N,  O4. 

Weniger  gut  stimmt  di^  Formel  C84K8o^s^«i  nach  welcher  die 
Entstehung  desselben  der  Bildung  der  Hydramide  entsprechen  würde. 

Laurent  erhielt  bei  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  Benzil  fol- 
gende Producte: 

Leitet  man  in  eine  warme  alkoholische  Benzillösung  einen  Strom 
trockenen  Ammoniakgases,  so  entsteht  ein  weisser,  pulverförmiger  Nie- 
derschlag, der  beim  Stehen  sich  mit  kleinen  Krystallnadeln  überzieht. 
Aus  diesem  Gemenge  wird  leicht  das  Imabenzil  erhalten,  während  die 
übrigen  Producte  schwieriger  sich  isoliren  lassen. 

ImabenzilrCjs  H11NO2  (Laurent).  £s  bleibt  beim  Elrwär- 
men  des,  wie  eben  angeführt,  erhaltenen  Gemenges  mit  Weingeist  un- 
gelöst, und  lässt  sich  durch  Filtration  und  Waschen  mit  Aether  rein 
erhalten.  Es  ist  ein  weisses,  geruchloses,  in  Wasser  unlösliches  Pul- 
ver, das  sich  in  kochendem  Alkohol  und  Aether  nur  wenig  löst  Beim 
Erkalten  der  kochenden  Lösung  scheidet  es  sich  als  krjstallinische^ 
Pulver  ab,  das  unter  dem  Mikroskop  gerade  rhombische  Prismen  zeigt 
Es  schmilzt  bei  140^0.  und  krystallisirt  beim  Erkalten  nur  langoun; 
wie  es  scheint,  hat  es  beim  Schmelzen  eine  Veränderung  erlitten,  da 
ein  Theil  in  Aether  leicht  löslich  geworden  ist.  Bei  der  Destillatioo 
erhält  man  weder  einen  verkohlten  Rückstand  noch  gasförmige  Pro- 
ducte. Alkoholische  Salzsäure  verändert  das  Imabenzil  nicht;  Salpe- 
tersäure greift  es  beim  schwachen  Erwärmen  unter  Entbindung  rother 
Dämpfe  heftig  an,  es  entsteht  ein  beim  Erkalten  krystallisirendes  ölfor- 
miges  Product,  das  nicht  von  Ammoniak,  aber  leicht  von  Alkohol  ge- 
löst wird  und  daraus  in  kleinen  Nadeln  krystallisirt.  Concentrirte 
Schwefelsäure  löst  das  Imabenzil  beim  Erwärmen  leicht  und  verwan- 
delt es  in  Benzilam ;  kochende  alkoholische  Kalilauge  löst  es  leicht,  auf  ' 
Zusatz  von  Wasser  schlägt  sich  aus  der  Lösung  BenziUmid  nieder. 

Benzilimid,Benzilim,  C^gHnNO),  nach  Laurent  €5^ Hm ^^»04. 
Es  Ut  mit  Imabenzil  isomer  und  findet  sich  unter  den  durch  Behandlung 
von  Benzil  mit  Ammoniak  erhaltenen  Producten,  lässt  sich  aber  leichter 
durch  Kochen  von  Imabenzil  mit  alkoholischer  Kalilösung  rein  erhalten. 
Es  bildet  weisse,  seidenglänzende,  äusserst  feine  Nadeln,  die  in  Alko- 
hol oder  Aether  nicht  sehr  leicht  löslich  sind.  Es  schmilst  bei  ISO^C. 
und  erstarrt  beim  Erkalten  langsam  zu  einer  amorphen  Masse;  es  de- 
stillirt  beim  Erwärmen  vollständig  über;  das  Destillat  löst  sich  leicht 
in  Aether  und  krystallisirt  beim  Verdampfen  in  Nadeln.  Salssäare 
und  kochende  Kalilauge  verändern  es  nicht;  gegen  Salpetersäure  v^- 


Benzilam.  —  Benzilchloriß.  821 

h&lt  es  sich  wie  das  Imabenzil.  ConceDtrirte  Schwefelsäure  löst  es 
beim  Erwärmen  leicht  auf,  und  auf  Zusatz  von  Wasser  scheidet  sich 
Benzilam  ab.     , 

Benzilam:  CjgHaN  oder  CsgHigNj  (Laurent).  Es  findet  sich 
auch  unter  den  Producten  der  Einwirkung  des  Ammoniaks  auf  Benzil,  • 
lässt  sich  aber  sicherer  durch  Auflösen  von  Imabenzil  oder  Benzilimid 
in  concentrirter  Schwefelsäure  erhalten.  Es  bildet  schöne  farblose 
Prismen  des  rhombischen  Kry  stall  Systems  (beobachtete  Combinationen  ' 
ooPoo;  oopQO,Pao  nebst  untergeordnet  oo  p ;  Neigung  der 
Flächen_oc>  P  oo  :    oo   P  oo     =    90»;     oo  p  oo     :    oo     P    =     II50 

P  Qo  :  P  =  1060).  Es  ist  sehr  leicht  in  Alkohol  und  Aether  lös- 
lich. Es  schmilzt  beim  Erhitzen  auf  105^0.,  und  erstarrt  nur  sehr 
langsam,  und  zwar  zu  einer  amorphen  Masse;  war  es  nur  theilweise 
geschmolzen,  so  erstarrt  Alles  krystallinisch.  Es  lässt  sich  ohne  Ver- 
änderung destilliren.  Kochende  alkoholische  Kalilauge  verändert  es 
nicht;  concentrirte  .Schwefelsäure  löst  es  leicht;  Salpetersäure  verwan- 
delt es  in  ein  beim  Erkalten  kiystallinisch  ei^tarrendes  Oel. 

3.  Durch  Schwefelwasserstoff.  Wird  Benzil  mit  Schwefel- 
wasserstoff behandelt,  so  bildet  sich  unter  Absoheidung  von  Schwefel 
ein  gelbes  dickflüssiges,  nach  Knoblauch  riecliendes  Oel;  reichlicher 
erhält  man  dasselbe  durch  Destillation  der  alkoholischen  Lösung  von 
Schwefelammonium  mit  Benzil  (Zinin). 

4.  Durch  Schwefelammonium.  Es  entstehen  zwei  oder  drei 
verschiedene  Producte,  von  welchen  jedoch  nur  eines,  das  Hydrobenzil, 
von  Zinin  rein  erhalten  wurde. 

Hydrobenzil:  C9gHi2  02.  Die  Darstellung  desselben  ist  nicht 
näher  angegeben.  Es  ist  unlöslich  in  Wasser,  leicht  löslich  in  Alko- 
hol und  in  Aether.  Aus  diesen  Lösungen  scheidet  es  sich  in  concav- 
convexen,  linsenartigen  Krystallen  ab;  es  schmeckt  süsslich  beizend, 
riecht  dem  Bittermandelöl  ähnlich,  schmilzt  bei  47^  C.  und  erstarrt  bei 
42®  C.  krystallinisch.  Concentrirte  Schwefelsäure,  oder  alkoholische  Salz- 
säure lösen  es  ohne  Veränderung ;  Wasserzusatz  scheidet  es  ab.  Chlor 
wirkt  selbst  auf  geschmolzenes  Hydrobenzil  nur  schwierig  ein.  Sal- 
petersäure lösl  es  mit  rother  Farbe  und  verwandelt  es  beim  Kochen  in 
ein  gelbes  Harz.  Alkoholische  Kalilösung  scheint  selbst  beim  Kochen 
und  Abdampfen  keine  Veränderung  zu  bewirken. 

5.  Durch  Kalihydrat.  Wässerige  Kalilösung  wirkt  auf  Benzil 
nicht  ein,  eine  alkoholische  Kalilösung  löst  es  mit  violetter  Farbe,  die 
beim  Kochen  verschwindet,  indem  sich  benzilsaures  Kali  bildet. 

Dieselbe  Verwandlung  erleidet  das  Benzil  durch  schmelzendes 
Kalihydrat.  A,  S. 

Benzilam.  Ein  von  Laurent  entdecktes  Zersetzungsproduct, 
welches  bei  der  Behandlung  von  Benzil  mit  Ammoniak,  oder  durch 
Einwirkung  von  Schwefelsäure  auf  Imabenzil  oder  Benzilim  entsteht 
(s.  oben  unter  Benzil,  Verwandlungen  durch  Ammoniak). 

ßenzilchloridi)  Chlorbenzil:  C«Hn04€l=^"^^i^|, 


')  Caboars,  Annal.  de  chim.  et  de  phjB.  [3.]  T.  XXIII,  p.  850;  Journ.  f.  prakt. 
Cbem.  Bd.  XLY,  S.  129;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.,  Bd.  LXX,  S.  89;  Pharm. 
Centralbl.  1848,  8.  598. 


822  Benzilcy  an  Wasserstoff.  —  Benzilsäure. 

Cahours.     Es  entsteht  durch  Einwirkung  von  Phosphorperchlorid  auf 
Benzilsäure,  neben  Phosphoroxychlorid  und  Salzsäure: 

^CasHi^Ofi^-f-  P€l5  —  C28Hn04a  +  HGl  +  PGUÜj 

Benzilsäure  Benzilchlorid. 

Das  Destillat  wird  rectifieirt  und  das  über  250®  C.  Uebergehende 
für  sich  aufgesammelt.  Es  ist  eine  farblose ,  ölartige  Flüssigkeit,  die 
bei  270<^C.  siedet;  es  besitzt  einen  heftigen  Geruch,  ist  schwerer  als 
Wasser,  wodiircii  es  allmälig  in  Benzilsäure  und  Saizsäurd  zerlegt 
wird;  schnell  geschieht  dies  durch  Kalilauge. 

Mit  Ammoniak  und  Anilin  erhält  man  daraus  krystalliuische  P^o- 
ducte.  A.  6*. 

ßenzilcyanwasserstoff  s.  unter  Benzil,  Verwand- 
lungen, 8.  819. 

Benzilim  oder  Benzilimid,  Zersetzungsprodukt  des  Ben- 
zils  durch  Ammoniak,  entsteht  leicht  aus  dem  isuiiieren  Imabenzil  durch 
Einwirkung  einer  weingeistigen  Kalilösung  (s.  Benzil,  Verwandlun- 
gen durch  Amnioniak,*S.  820). 

Benzilimsäure,  syn.  mit.  Benzilsäure. 

Benzilsäure^),  Beuziiimsäure,  btilbLlsäure^  Acide  sUir 
bique.    Formel :  CasHi^Oß  =  H O . CjgHnOs  oder  ^" **"  H*i  ^* "    ^^ 

deckt  (1838)  von  Liebig.  Sie  entsteht  aus  Benzil  oder  Benzoio 
durch  Behandlung  mit  alkoholischer  Kalilösung,  sowie  mit  schnielzea- 
dem  Kalihydrat: 

C28H10O4  +  KO  .  HO  =  KO  .  CagHuOs 

Benzil  Benzilsaures  Kali. 

Zur  Darstellung  der  Säure  setzt  man' einer  concentrirten  und  ko- 
chenden Lösung  von  Kalihydrat  in  Weingeist  so  lange  Benzil  zu,  ab 
die  Flüssigkeit  noch  deutlich  alkalisch  reagirt,  kocht  noch  einige  Zeit, 
bis  eine  Probe  auf  Zusatz  von  Wasser  sich  nicht  mehr  trübt  uud  ver- 
dunstet hierauf  im  Wasserbade  zur  Trockne.  Der  Rückstand  wird  ge- 
pulvert in  eine  kohlensäur eluiltige  Atmosphäre  gebracht,  bis  alles  Kali- 
hydrat in  kohlensaures  Salz  verwandelt  ist,  hierauf  mit  Weingeist  aus- 
gezogen; die  Lösung  vermischt  man  mit  Wasser,  destlllirt  den  Wein- 
geist ab,  entfärbt  mit  Thierkohle,  filtrirt  uhd  zieht  die  Kohle  mit  ko- 
chendem Wasser  aus.  Die  concentrirte  Lösung  des  benzilsauren  Kali^ 
wird  endlich  zu  kochender,  sehr  verdünnter  Salzsäure  gesetzt,  worauf 
beim  Erkalten  die  Benzilsäure  sich  abscheidet. 

Die  Benzilsäure  krystallisirt  in  glänzenden  farblosen  Prismen,  i«t 
in  kaltem  Wasser  schwer  löslich ,  leichter  in  heisrem ,  leicht  löslich  in 
Alkohol  oder  Aether.  Sie  schmeckt  säuerlich  bitter,  ist  geruchlo«, 
schmilzt  bei  120^0.,  wird  bei  stärkerem  Erhitzen  roth  und  entwickelt 
unter  Verkohlung  einen  violetten  Dampf,  der  sich  zu  einer  cannin- 
rothen  öligen  Flüssigkeit  verdichtet.  Diese  unzersetzt  destillirbare 
Flüssigkeit  ist  in  Wasser  unlöslich,  'leicht  in  Alkohol  löslich.  Durch 
Schwefelsäure  oder  Salzsäure  wird  sie  nicht  verändert;  durch  Behand- 

')  Lieb  ig,  Annal.    d.  Obern,  u.  Pharm.,   3d.  XXV,  S.  25;  Zinin,  Aanal  d. 
Chem.  u.  Pharm.,  Bd.  XXXI,  S.  3*29. 


Beniiilsaure  Salze.  —  Benzimid.  823 

lung  mit  Salpetersäure,  Kali  oder  Ammoniak  verschwindet  die  rothe 
Farbe.    . 

Die  Benzilsäure  verbrennt  beim  Erhitzen  an  der  Luft  mit  stark 
.russender  Flamme.  Charakteristisch  Hir  die  Benzilsäure  ist  die  schöne, 
tief  carminrothe  Färbung,  die  sie  der  concentrirten  Schwefelsäure  er- 
theilt,  die  aber  beim  Verdiinnen  mit  Wasser  wieder  verschwindet. 

Salpetersäure  löst  beim  Erwärmen  die  Benzilsäure  und  scheidet 
sie  beim  Erkalten  wieder  unverändert  ab.  Phosphorperchlorid  ver- 
wandelt «ie  in  Benzilchlorid.  ( (fv.)  A.  S. 

Benzilsäure  Salze.  Die  Benzilsäure  ist  eine  einbasische 
Säure.  Die  Salze  derselben  werden  durch  concentrlrte  Schwefelsäure 
carminroth  gefärbt. 

Man  kennt  nur  folgende  Salze: 

Benzilsaures  Bleioxyd,  PbO  .  C2gHii  O5,  erhält  man  als 
weissen  pulverigen  Niederschlag,  wenn  zu  einer  Auflösung  der  Säure 
in  Wasser  einfach  -  essigsaures  Bleioxyd  getropft  wird.  Es  ist  in  heis- 
sem  W^ asser  etwas  löslich.  Beim  Erhitzen  schmilzt  es  zu  einer  rothen 
Flüssigkeit  and  entwickelt  violettrothe  Dämpfe. 

Benzilsaures  Kali,  KO.C2HH11O5.  Farblose  durchsichtige 
Krystalle,  welche  kein  Krystallwasser  enthalten,  und  in  Wasser  und 
Alkohol  leicht  löslich  sind.  Es  schmilzt  bei  200^  C.  ohne  Zersetzung  und 
liefert  bei  stärkerem  Erhitzen  ein  farbloses,  ölartiges,  nach  Naphtalin 
riechendes  Destillat. 

Benzilsaures  Silberoxyd,  Ag O .  G^s Hn O5 ,  wird  durch  Fäl- 
len von  benzilsaurem  Kali  mit  snlpetersaurem  Silberoxyd  als  weisses, 
krystallinisches,  in  heissem  Walser  etwas  lösliches  Pulver  erhalten. 
Bei  100® C.  wird  es  blau,  ohne  an  Gewicht  zu  verlieren,  in  höherer 
Temperatur  roth  und  schmilzt  endlich  unter  Entwickelang  violettrother 
Dämpfe.  {Wr,)  A,  S, 

Benzimid*  Ein  Umsetzungsproduct  des  rohen  Bittermandelöls, 
von  Laurent  0  entdeckt;x  seine  Zusammensetzung  ist  von  ihm  froher  in 
Folge  eines  Rechnangsfehlers  ^)  zu  GagHnNOi  angegeben;  Laurent 
und  Gerhardt  schlössen  später  aus  der  Aehnlichkeit  in  den  Reactionen, 
dass  dieser  Körper  identisch  sei  mit  dem  BenzoylwasserstoflT-Gyaubenzoyl- 
cyan Wasserstoff*  von  Zinin  (s.  .  Bittermandelöl,  Verwandlung 
durch  Cyankalium),  dessen  Zusammensetzung  C46H]gN«2  04  ist.  Bei 
den  Differenzen  in  der  Elementaranalyse  beider  Körper  erscheint  es 
nicht  gerechtfertigt,  jetzt  schon  beide  Körper  wirklich  als  identisch  zu 
betrachten,  wir  beschreiben  daher  hier  das  alte  Benzimid  von  Laurent, 
welches,  nach  ihm,  in  geringer  Menge  im  rohen  Bittermandelöl  enthalten 
ist,  und  sich  zuweilen  aus  dem  mit  dem  Oel  überdestillirten  Wasser 
absetzt,  besonders  wenn  das  Wasser  wiederholt  über  frische  Mandeln 
destillirt  wird.  Die  sich  abscheidende  gelbe  harzähnliche  Masse  ist  ein 
Gemenge  von   Oel  mit  Benzo'in  und  Benzimid;  dieses  Gemenge  wird 


>)  AniwI.  de  chim.  et  de  phys.  [2.]  T.  LIX,  p.  397. 

*)  Laurent  hatte  berechnet  Kohlenetoflf  74,9,  statt  76,5;  ausserdem  erhielt  er 
4,9  Wasserstoff,  7,0  Stickstoff.  Die  Verbindung  von  Zinin  ^rC^^  11, „  >fy(r,  enthält 
77,9  Kohlenstoff,  5,1  Wasserstoff  und  8,0  Stickstoff.  Ob  diese  Differenzen  davon  her- 
rttbren,  dass  Laurents  Benzimid  sehr  unrein  war,  ist,  wenn  auch  wahrscheinliob, 
<1oHi  anerwiesen,  und  es  ist  daher  ungewiss,  welche  Zusammensetzung  es  im  reinen 
Zustande  hat. 


824  Benziminsäure.  —  Benzoe. 

mit  Aether  ausgesogen,  und  der, Bückstand  mit.  Alkohol  gekocht;  beim 
Erkalten  des  Filtrats  scheidet  sich  das  Benzini id  zuerst  aus«  Durdt 
Umkrystallisiren  gereinigt,  soll  es  eine  leichte  flockige  Masse  ans  feinen 
Nadeln  bestehend  bilden;  es  i^t  farblos,  geruchlos,  unlöslich  in  Wasser, 
in  siedendem  Alkohol  oder  Aether  nur  wenig  löslich,  etwas  mehr  io 
Holzgeist,  es  ist  schmelzbar  und  erstarrt  bei  167^0.  su  einer  krystalli- 
nischen  Masse,  lässt  sich  unzersetzt  destilliren,  brennt  an  der  Luft  er- 
hitzt mit  Flammö.  Von  heisser  concentrirter  Salpetersäure  oder  Salz- 
säure wird  es  gelöst  unter  Bildung  von  Benzoesäure  und  Ammoniak- 
salz.  Mit  etwas  Salpetersäure  und  Alkohol  gekocht,  bildet  sich  ben- 
zoSsaures  Aethyloxyd.  In  gewöhnlichem  Schwefelsäurehjdrat  löst  ee 
in  der  Kälte  sich  mit  smaragdgrüner,  in  rauchender  Schwefelsäure  mit 
tief  indigoblauer  Farbe.  Von  wässerigem  Kali  wird  es  selbst  beim 
Sieden  nicht  zersetzt,  mit  Kalihydrat  geschmolzen  bildet  sich  Ammo- 
niak, welches  entweicht,  und  benzoSsaures  Kali.  Fe. 

Benziminsäure  ist  eine  nur  wenig  untersuchte  Säure,  welche 
Laurent  durch  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  eine  weingeistige  Lo- 
sung von  remem  Bittermandelöl  erhielt  (s.  Benzoyl Wasserstoff^ 
Verwandlungen  durch  Ammoniak). 

Benzin  s.  BenzoL 

Benzinschwefelsäure  s.  Sulfophenylsäure   unter 

Benzol,  Abkömmlinge. 

Benzochlorhydrin  nennt  Serthelot  ein  künstliches  Fell. 
CaoHiiGlOg,  welches  aus  den  Elementen  von  Benzoesäure,  Chlorwu- 
serstoffsäure  und  Glycerin  unter  Abscheidung  von  Wasser  entsteht: 

C14H6O4  +  H€l  4-  CeHgOß  =  C^oHnGlO;  -f-  4  HO. 

Benzoesäure  Glycerin     Benzochlorhydrin 

Dieses  Fett   kann  als  CeHsOa  .Ci4{i(03.H€l   angesehen   werden 

oder  als        Ci^HsS  O4  =  Glycerin,  in    welchem  2  Aeq.  Wasserstoff 

GV 
durch  C14H5  und  durch  Chlor  vertreten  sind.  Die  Verbindung  bildet 
sich,  wenn  ein  Gemenge  von  Glycerin  und  Benzogsäure  mit  Salzsaure- 
gas  gesättigt  und  längei'e  Zeit  auf  lOO^C.  erwärmt  wird;  nach  Zusatz 
von  kohlensaurem  Natron  setzt  es  sich  als  eine  ölige  Flüssigkeit  zu  Boden. 
Das  reine  Benzochlorhydrin  ist  ein  neutrale?  Oel,  es  wird  erst  b«i 
—  40^  C.  fest;  durch  Kalilauge  wird  es  zersetzt  unter  Bildung  von 
Ghlorkalium  und  benzoSsaurem  Kali;  Salzsäuregas  zersetzt  es  in  alko- 
holischer Lösung  in  Benzoeäther  und  Glycerin.  Durch  längere  Dige- 
stion mit  Silberoxyd  selbst  bei  1.00®  C.  wird  der  Verbindung  die  Salz- 
säure nicht  entzogen.  Fe. 

Benzoe,  Benzoegummi,  Benzoeharz,  Gummi  s.  Besioi 
benzoes,  ist  ein  Harz,  welches  auf  Sumatra,  Bomeo,  Java  und  Sisn 
theils  durch  freiwilliges  Ausfliessen,  theils  durch  Einschnitte  in  die  Binde 
eines  Baumes,  Styraa  Benzoin  Dryand.  {Benzoin  oßvoinak  H  ay  ne),  Farn. 
der  Styraceae  gewonnen  wird.  Es  kommt  in  verschiedener  Form  in  den 
Handel.  Die  siamische  Benzoe  in  Thränen  bildet  grösstentheils  untt- 
gelmässige,  bis  zollgrosse,  meist  plattgedrückte  Stücke,  welche  aussen 


Benzoe.  825 

iMhlichgelb,  inwendig  milchweiss  und  harzglänzend  sind.  Die  Calcutta- 
BenzoS,  Benzoe  eommunta  s.  in  massia^  bildet  grössere  Klumpen  von  un- 
regeimäsfliger  Geptalt,  welche  mürbe,  :!ichmutzig,  grauröthlich  oder  braun 
sind  und  häutig  Uolz^tückchen,  Rinde  u.  dergl.  beigemengt  enthalten. 
Der  Bruch  ui  matt,  man  bemerkt  auf  demselben  viele  gelbliche  und 
weisse  Partien.  Die  siamische  MandelbenzoS  erseheint  als  ein  Conglo- 
merat  der  beiden  vorhergehenden  Sorten. 

Die  Benzoe  hat  besonders  beim  Erwärmen  einen  sehr  angenehmen 
Geruch  und  schmeckt  süsslich  scharf,  balsamisch.  In  der  Hitze  schmilzt 
ne ,  verbreitet  einen  zum  Husten  reizenden  Dampf  von  Benzoesäure 
und  verbrennt  darnach  mit  russender  Flamme.  Specif.  Gewicht  = 
1,063  bis  1,092.  Sie  ist  in  Alkohol,  bis  auf  Unreinigkeiten ,  Holzfaser 
u.  dergl.,  vollständig,  in  Aether,  ätherischen  und  fetten  Oelen  theilweise 
ioslich,  kochendes  Wasser  löst  Benzoesäure  daraus  auf. 

Nach  den  Untersuchungen^)  von  Unverdorben,  Stoltzc,  van 
der  Vliet  und  E.  Kopp  ist  die  Benzoe  ein  Gemenge  aus  mehreren 
Harzen,  Benzoesäure  und  ätherischem  Gel  in  verschiedenen  Verhält- 
nissen. 

Nach  Stolze  wird  das  Harz  der  Benzoe  erhalten,  wenn  man  sie 
in  drei  Theilen  Alkohol  löst,  diese  Lösung  in  einer  Retorte  mit  einer 
Auflösung  von  krystallisirtem,  kohlensauren  Natron  in  8  Tbln.  Wasser 
und  3  Thln.  Alkohol  so  lange  vermischt,  bis  die  saure  Reaction  der 
ersteren  verschwunden  ist,  das  zweifache  Gewicht  des  Harzes  an  Was- 
ser zusetzt  und  den  Alkohol  abdestillirt.  Die  Flüssigkeit  enthält  dann 
benzoSsaures  Natron,  das  Harz  schwimmt  ungelöst  in  derselben.  Es 
ist  nach  dem  Waschen  und  Trocknen  durchscheinepd,  spröde  und  fast 
geruchlos.  Salpetersäure  zersetzt  dasselbe  unter  heftiger  Einwirkung. 
In  Essigsäure  löst  es  sich  auf,  ebenso  in  ätzendem  Kali,  Natron  und 
Ammoniak.  Beim  Abdampfen  der  braunen  Lösung  bleibt  eine  allmälig 
spröde  werdende  Masse  zurück,  die  in  Wasser  und  Alkohol  wiederum 
löslich  ist.    Terpenlinöl  löst  etwa  Ve  cles  Harzes. 

Nach  Unverdorben  ist  das  Harz  der  Benzoä  ein  Gemenge  von 
mehreren  Harzen.  Man  trennt  dieselben  auf  folgende  Art:  Die  fein- 
gepulverte Benzol  wird  mit  überschüssigem  kohlensauren  Kali  ausge- 
kocht, welches  Benzoesäure  und  eines  der  Harze  auflöst,  während  der 
grössere  Theil  der  Benzol  ungelöst  bleibt.  Dieser  Rückstand  zerfällt 
bei  Behandlung  mit  Aether  in  einen  löslichen  und  einen  unlöslichen 
Theil.  Jenen  nennt  Unverdorben  Alpha-  diesen  Betaharz.  Ersteres 
bleibt  nach  Verdunstung  des  Aethers  zurück.  Es  ist  in  Alkohol  und 
KümmelÖl  sehr  löslich,  in  SteinÖl  unlöslich.  Von  Aetzkali  wird  es 
aufgelöst  und  durch  einen  Ueberschuss  desselben  nicht  wieder  gefällt, 
Ammoniak  löst  nichts  davon  auf.  Durch  Vermischung  der  Auflösung 
in  Alkali  mit  Erd-  und  Metallsalzen  erhält  man  Niederschläge,  welche 
in  Aether  unlöslich  sind. 

Das  Betaharz  bildet  nach  dem  Waschen  mit  Aether  und  Trocknen 
eine  bräunliche  Masse,  die  in  Alkohol  löslich,  in  flüchtigen  Oelen  un- 
löslich ist.  Die  Auflösung  desselben  in  Aetzkali  wird  durch  einen 
Ueberschuss  von  Alkali  gefällt.    In  Ammoniak  ist  es  unlöslich. 

')  Literatur.  Unverdorben:  Poggend.  Annal.  Bd.  VIII,  S.  397.  Soltzc: 
BeiL  Jahrb.  d.  Pharm.  Bd.  XXVI,  S.  76.  Van  der  Vliet:  Journ.  f.  prakt  Chem. 
Bd.  XVni,  S.  411.  E.  Kopp:  Llnstitut  517;  Compt.  rend.  de  l'acad.  T.  XIX, 
P.  1269. 


826  Benzoe. 

Die  Flüssigkeit,  welche  man  bei  dem  anfAnglichen  Auskochen  du 
Benzoe  mit  kohlensaurem  Kali  bekommt,  enthält  Benzoesäure,  dod  eb 
drittes  Harz,  das  sogenannt^  Gammaharz.  Beida  werden  mit  SalzMure 
niedergeschlagen  und  divch  Kochen  des  Präcipitats  mit  Wasser  getrenat 
welches  die  Benzoesäure  auflöst  und  das  Harz  zurücklässt  Es  ist  i 
dunkelbraun,  in  ß8procentigem  und  stärkerem  Alkohol  döslich,  wenig 
löslich  in  Aether  und  flüchtigen  Gelen,  in  Steinöl  unlöslich.  Von  kohleo- 
saurem  Kali  wird  es  langsam  aufgelöst,  die  Lösung  giebt  mit  Salmiik 
einen  Niederschlag.  Essigsaures  Blei  wird  von  der  alkoholischen  Lo- 
sung des  Gammaharzes  gefällt,  essigsaures  Kupferoxyd  aber  nicbL 
Das  durch  Doppclzersetzung  erhaltene  Kupferresinat  ist  in  Aether  und 
Terpentinöl  unlöslich.  Alpha-  und  Betaharz  sollen  in  Gammahari 
übergehen,  wenn  sie,  aus  alkalischer  Lösung  mit  einer  Säure  gefällt, 
im  feuchten  Zustande  der  Luft  ausgesetzt  bleiben. 

E.  Kopp  hat  bei  Untersuchung  der  Benzoe  wesentlich  dieselben 
Resultate  erhalten,  wie  Unverdorben,  nur  fand  er,  dass  sich  ans  der 
ätherischen  Lösung  des  Alphaharzes  mit  der  Zeit  eine  kleine  Menge 
von  einem  röthlichen  vierten  Harze  absetze.  Er  giebt  die  quantitativen 
Verhältnisse  von  zwei  Proben  Benzoe  folgendermaassen  an: 

L  II. 

Benzoesäure  .  .  .  14^,0  .  .  14,5 
Alphaharz  ....  52,0  .  .  48,0 
Betaharz  ....  25,0  .  .  28,0 
Gammaharz  .  .  .  3,0  .  .  3,5 
'  Viertes  (Delta-)  harz  0,8  .  .  0,5 
Unreiiügkeiten .     .     .      5,2    ' .     .        5,5 

Nach  van  der  Vliet  repräsentirt  Unverdorben's  Alphaharz  io 
seiner  Zusammensetzung  die  Summe  des  Beta-  und  Gammaharzes  und 
kann  durch  wiederholtes  Kochen  mit  kohlensaurem  Kali  in  diese  bei- 
den zersetzt  werden.  Daher  kommt  es,  dass  man  bei  häufigerem  Ko- 
chen der  Benzoe  mit  kohlensaurem  Kali  endlich  nur  Betaharz  als  Bock* 
stand  behält  Kohlensaures  Natron  wirkt  schwächer  ein.  Um  daher 
die  drei  Harze  zu  erhalten,  kocht  man  die  Benzol  zweimal  mit  kohlen- 
saurem Natron  aus,  trocknet  den  Rückstand  und  behandelt  ihn  mit 
Aether.  Dieser  nimmt  das  Alphaharz  auf  nebst  den  flüchtigen  Bestand- 
theilen  der  Benzoe,  von  denen  es  durch  Erwärmen  getrennt  wird.  Du 
Betaharz  bleibt'  zurück,  verunreinigt  durch  eine  Verbindung  des  Alphs- 
harzes  mit  Natron.  Man  löst  dasselbe  in  Alkohol,  aus  der  Lösuiig 
setzt  sich  beim  Erkalten  die  Alkaliverbindung  ab.  Man  filtrirt,  danipll 
ab  und  kocht  den  Bückstand  mit  Wasser  aus,  dem  einige  Tropfen  Sali- 
säure  zugesetzt  sind.  Ausgewaschen  und  getrocknet  ist  das  Betahan 
völlig  rein.  Das  Gammaharz  wird  aus  der  alkalbchen  Lösung  durch 
Salzsäure  gefällt  und  durch  öfteres  Auskochen  mit  Wasser  von  Benzoe- 
säure befreit. 

Van  der  Vliet  giebt  die  Zusammensetzui^  der  drei  Harze  an: 

Alphaharz     =  C70HS4ÖM 
Betabarz        =  040^^4409 
Gammaharz  =  C30H40Ö6. 

E.  Kopp  hat  die  von  der  Benzoesäure  befreiten  Harze  derBcnzo* 
der  trockeneu  Destillation  unterworfen.  Unter  Entwickelnng  von  Öl- 
bildendem  Gase  erhielt  er  eine  feste  Substanz,  die  er  für  den  Riech- 
stoff der  Benzol  hält,  und  ein  anfangs  rosenrothes,  später  dunkler  ge- 


Benzoealkohol.  —  Benzoeresinsäure.  827 

Irbtes,  mit  Krystallen  von  Benzoäsäure  gemischtes  Destillat.  Die 
Benzoesäure  wurde  mit  eiuer  schwachen,  alkalischen  Lösung  ausgezo- 
en,  die  zurückbleibende  Flüssigkeit  verhielt  sich  wie  Phenyloxyd-; 
ydrat. 

Durch  fortgesetzte  Behandlung  der  Benzoeharze  mit  Salpetersäure 
n  Destillationsapparat,  wobei  man  zuletzt  die  Masse  trocken  werden 
isatf  erhält  man  unter  Entwickelung  von  salpetriger  Säure  in  der  Vor- 
ige Blausäure,  BenzoylwasserstofT  und  Benzogsäure.  Der  Rückstand 
1  der  Retorte  giebt  an  kochendes  Wasser  Pikrinsal petersäure  ab.  Beim 
•rk alten  der  Lösung  setzt*  sich  ein  gelbes  Pulver  ab,  welches  sich  wie 
ine  Säiu*e  verhält  und  von  Kopp  Benzoeresinsäure  genannt 
rird  (s.  d.  Art.). 

Concentrirte    Schwefelsäure    Vdst  die  Benzoeharze  zu  einer   car- 

« 

loisinrothen  Flüssigkeit  auf,  aus  der  Lösung  werden  sie  durch  Wasser 
rÖBstentheils  mit  violetter  Farbe  wieder  gefällt.  Durch  Sättigen  der 
om  Niederschlag  getrennten  sauren  Flüssigkeit  mit  Kalk  erhält  man 
in  losliches  Kalksalz.  Wp, 

Benzoealkohol  s.  Benzylalkohol. 

Benzoe-  Angelicasäure,    Benzoe -Cuminsäure, 

Essigsäure  u.  a.  wasserfreie  Doppelsäuren  von  Benzoesäure  mit 
i'elargonsäure ,  Salicylsäure  u.  a.  ro. ,  s.  unter  Benzocsäure-An- 
lydrid. 

Benzoe blu  111  eil,  Mores  benzoes^  nannte  man  früher  die  durch 
»ublimation  aus  dem  Benzoeharz  erhaltene  Benzoesäure. 

Benzoe-Carbolsäure  s.  Benzophenid. 

Benzoedoppelsäuren  s.  unter  Berizoesäure- 
^.nhydrid.  ' 

Benzoegumnii  )        ,, 

_^  ,  J  8.  benzoe. 

Benzoeharz       ) 

Benzoen  nannte  Deville  den  aus  dem  Tolubalsam  erhaltenen 
Kohlen wasseriitoff,  C]4H3  (s.  d.  als  Toluol). 

Benzoe-Nitrobenzoesäure  s.  unter  Benzoesäure- 
Ä.nhydrid. 

Benzoenschwefelsäure  s.  Sulfotoluolsäure  unter 
Toluol. 

Benzoeoxyd  s.  Benzophenid. 

Benzoeresinsäure,  Amorphe  Benzoesäure,  Paraben- 
zoesäure  hat  E.  Kopp  ^  ein  von  ihm  bei  der  Behandlung  von  Toluharz 
ond  Benzoeharz  mit  der  Gfachen  Menge  Salpetersäure  erhaltenes  unkry- 
fttallisirbares  Pulver  genannt,  welches  durch  Destillation  reine  Benzoe- 
säure nebst  einen  verkohlten  Rückstand  giebt.     Die  Zusammensetzung 


')  Compt.  rend.  par  Laur.  et  Gerhardt  1849J  p.  154. 


828  Benzoesäure. 

war  wechselnd,  theilweise  der  der  Benzoisäure  sehr  nahe  itehend.  Dil 
Salze  förben  3ich  leicht  gelb  oder  dunkler  und  krystallisiren  schwierif. 
Offenbar  waren,  durch  eine  geringe  Menge  fremder  BeimenguDg,  d» 
Eigenschaften  der  Benzoesäure  modificirt.  A.  S. 

Benzoesäure  ^),  Benzoesäurehydrat  BenzoSblameB. 
Benzoesalz,  Äcidum  beneoicuniy  Äcide  benzoique^  Btnzoic  atii* 
Sie  wurde  zuerst  von  Vigenere  (1608)  in  reinerem  Zustande  du^ 
stellt.    Empirische  Formel  C14H6O4;  als  rationelle  Formeln  werden  ai- 

genommen  HO. ChHsOs;   oder  ^"***g«|o2;auchal8HO.C2(C,A)0, 

und  andere  (s.  d.  Art.  Benzoyl). 

Die  Benzoesäure  verdankt  ihren  Namen  dem  Vorkommen  ia 
Benzoeharz,  woraus  sie  zuerst,  und  noch  jetzt  gewöhnlich,  dargestelM 
wird;  sie  findet  sich  aber  ferner  noch  in  vielen  anderen  Harzen ixkr 
Balsamen,  wie  im  Drachenblut  (Acaro'idharz) ,  dem  Harz  von  Xwur 
thoroea  haatilis  (Stenhouse),  im  Guajac  (Jahn),  im  Tolubalsam  (De- 
ville)  u.  a.  Wo  hier  fand  sie  in  geringer  Menge  im  Castoreun, 
Schweizer  im  Spindelbaumöl  (von  Eoonymus &iropaeiu\  sie  findet  ucli 
zuweilen  im  Harn  der  grasfressenden  Thiere  (statt  der  gewöhnlich  dt- 
rin  enthaltenen  Hippursäure). 

Sie  entsteht  in  sehr  vielen  Zersetzungen  organischer  Stoffe;  sekr 
leicht  aus  Bittermandelöl  durch  Oxydation ,  schon  beim  Stehen  an  dff 
Luft;  aus  Benzoealkohol  durch  Behandlung  mit  Chromsäure;  aus  Bei* 


^)  Literatur:  Blaiac  de  Vigenöre,  Trait^  du  feu  e't  du  sei,  Paris  1608- 
Scheele,  Opusc.  T.  II,  p.  28.  —  BerzeliuB,  Pogg.  Annal.  Bd.  XXVI,  p.  4M: 
Annal.    d.   Pharm.   Bd.  III,  S.  282.   —   Hisinger,   Scherer's  Annal.   Bd.  II,  S.S7. 

—  Stange,  Repert.  T.  XIV,  p.  829.  —  Wöhler  u.  Liebig,  Annal.  d.  Ph«* 
Bd.  ni,  S.  249;  Commentar  zur  preass.  Pharmacop.  Bd.  I,  S.  34.  —  Erdmanai^ 
Marchand,  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XIII,  S.  422.—  Mohr,  AnnaL  d.  Phai» 
Bd.  XXIX,  S.  177.  —  Plantamour,  ebendas.  Bd.  XXX,  S.  349.  —  Wöhler, 
ebenda«.  Bd.  XLIX,  8.  246  u.  Bd.  LXVII,  S.  360.  —  Dessaignes,  Annal.  de  dia 
et  de  phys.  [8.]  T.  XVII,  p.  50:  —  Stenhouse,  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LT. 
S.  1  u.  Bd.  LVII,  S.  Sil  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXXVI,  S.  248.  —  Devill«. 
Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [8.]  T.  III,  p.  116.  —  Bucholz,  Gehlen»  Joani.  f 
Chem.  u.  Phys.  Bd.  IX,  'S.  840.  —  Barreswil  u.  Boudault,  Journ.  de  phnra. 
T.  V,  p.  266.  —  St.  Evre,  Annal.  de  chim.  et  de  phya.  [3.]  T.  XXV,  p.  486.  - 
Herzog,  Brandes'  Archiv  Bd.  XXIII,  S.  16.  —  Limpricht  u.  Üslar,  Aonsl- <1^ 
Chem.  u.  Pharm.  Bd.  CII,  S.  269.  —  Scharling,  Annal.  d.  Chem.  o.  Pharm.  U 
XLI,  S.  49  u.  Bd.  XLÜ,  S.  268.  —  Field,  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LIT. 
S.  55.  —  Chiozza,  Aftnai.  de  chim.  et  de  phys.  [8.]  T.  XXXVI,  p.  102;  Anii«L 
d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXXIII,  S.  817;  Journ.  f.  prakt  Chem.  Bd.  LVII,  S.  3^ 

—  Mulder,    Annal.   d.    Chem.   u.   Pharm.   Bd.   XXXIV,  S.  297;   Journ.  f.  V^^ 
Chem.  Bd.XVni,  S.  268  u.  Bd.  XIX,  S.  862.—  P^ligot,  Compt.  rend.  T.XXXUi 
p.  11;    Journ.   f.  prakt.    Chem.  Bd.  VII,  S.  880  u.  Bd.  VIII,    8.  66.  —    Gerlsnd, 
Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XCI,  S.  188.  —  Bertagnini,  ebendas.  Bd.LXXIl 
S.  269.  —  Abel,  ebend.  Bd.  LXIII,  8.  318.  —  Plantamour,  ebendas.  Bd.  XXX. 
S.  849.  —  Blumenau,  ebendas.  Bd.  LXXXVII,  S.  127.—  Mitac  her  lieh,  Joor«- 
f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXII,  S.  196.  —  Chaucel,  Compt.  rend.  par  Laur.  et  J&er- 
hardt  1849,  p.  179;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXII,  8.27-4.  —  E.  Kopp, 
Compt.  read,   de  l'ac.  T.  XXXIV,  p.  616.    —   Heintz,   Pogg.  AnnaL  Bd.  XCVIII, 
8.468;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  C,  S.  870.  —  Cahours,  AnnaL  de  chinuct^ 
phys.  [8.]  T.XXV,  p.80;  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XLVI,  S.  341;  Annal.  d.  Ghe» 
u.  Pharm.  Bd.  LXIX,  S.  241.  —  Voit,  AnnaL  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.XCIX,S.  lOÖ; 
Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXX,  S.  49.  —  Boullet,  Chem.  Centralbl.  1866,  S.  79% 

—  Mitscherlich,  Pogg.  Annal.   Bd.  XXXII,  S.  227;    Annal.  d.  Chem.  n.  Pharo- 
Bd.  XII,  S.  814.  —  Schweizer,  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LIII,  S.  437. 


Benzoesäure.  829 

loylohlorid  (oder  den  entsprechenden  Brom-  nnd  Jodverbindungen), 
durch  Wftaaer ;  nua  dem  CinnamylwaMerstoff,  der  Zimmtaäuire ,  dem 
QnDamoI  (Styrol)  und  dem  Cnminol  durch  die  Einwirkung  der  Sal- 
petarsSnre;  aus  Cumol  und  Toluol  durch  Behandlung  mit  Schwefel- 
liare  und  chromsaurem  Kali  (Hofmann);  aus  der  MippurȊure  durch 
Behandlung  mit  kochenden  Säuren,  Alkalien  oder  durch  Faulnias;  aus 
len  albuminArtigen  Stoffen  und  dem  Leim  durch  Oxydationsmittel,  na- 
nentKch  beim  Erwärmen  mit  Braunstein  und  Schwefelsäure  (Gucicel-  ■ 
)erger)  oder  mit  übermangansanrem  Kali  (Städe)e^);  aus  dem 
i*apulin  durch  Einwirkang  verdünnter  Alkalien  (Piria);  ans  derChina- 
^re  (Wöhler),  der  Insolinsäure  (Hofmann)  bei  der  trockenen  De- 
tOUtion. 

Zu  ihrer  Gewinnung  in  grösserer  Menge  benutzt  man  entweder 
lie  BensoS  oder  den  Harn  von  Grasfressern,  und  unterscheidet  danach 
•h  HarzbenzoSsäure  und  Harnbenzoesäure. 

Ans  derBenzoS  stellt  man  die  Saure  entweder  auf  trockenem  oder, 
lassem  Wege  dar.  In  ersterem  Falle  besitzt  die  Säure  einen  starken, 
ler  Benzoe  ähnlichen,  vanilleartigen  Geruch,  welcher  von  beigemeng- 
ni  Spuren  eines  flüchtigen  Oels  herrUhrt.  Bei  dem  medicinischen  Ge- 
iranch  h&lt  man  diese  Beimengung  für  wesentlich. 

Zur  Darstellung  der  Benzoesäure  aus  Benzuu  durch  Sublimation 
olgt  man  zweckmässig  folgender  Vorschrin  von  Mohr.  Auf  dem  Bo- 
len eines  runden,  flachen  eisernen  Gefässes  (Fig.  80)  von  ungefähr 
iZoll  Dnrchmesser  und  i  Zoll  Grösse  breitet  man  das  grob  gestossene 
larz  ans,  spannt  hierauf  Ober  die  Oeffnnng  ein  lockeres  Fliesspapier, 
das  an  den  Rand  des  Gefässes 
fest  geklebt  wird,  und  stellt 
einen  kegelförmigen  Hut  von 
dickem  Papier  darüber,  dei 
genau  über  den  Band  des  G< 
fässes  schlieast  undmltSchnui 
festgebunden  wird.  Den  fio' 
den  des  Topfes,  der  auf 
eisernen  Platte  oder  im  Sand- 
bade steht,  erhitzt  man  lang- 

sam   (bei    1  Pfund  BenzoS   3 

■^    l^^^^^^^^l  ^'^  ^  Stunden  lang)  durch  ge- 

■k    ^^^^^^^^H  lindes  Kühlenl'eu er.    Man  lässt 

-^m  ;■  I^^^^^^^^H  vollkommen    erkalten ,    kehrt 

L*'   H^^^^^^^B^.  den  ganzen  Apparat  um   und 

bindet  die  Schnur  lox,   wobei 

man    den    Hut    mit    farblosen 

Krystallen    von    Benzoesäure 

ifßUt  ündet.     Die  Ausbeute    beträgt  gewöhnlich  nur  4  Proc;   doch 

mn  dieselbe  durch  Pulvern  des  Rückstandes  und  abermaliges  Erhitzen 

irmehrt  werden. 

Bei  dieser  Darstellung  geht  die  Benzoesäure  in  Dnmpflörm  durch 
t*  Fliesspapier,  und  verdichtet  sich  in  dem  Mut,  wobei  das  Zurück- 
lloi  der  Säure  durch  das  Fliesspapier  verhindert  ift. 

Vollständiger  lässt  sich  die  Säure  aus  der  BenzoS  auf  nassem 
'ege  ausziehen.  Nach  dem  schon  von  Scheele  angewandten  Verfah- 
n  vermischt   man   die   feingepulverte    BenzoS    mit    Kalkhydrat  (auf 


830  Benzoesäure. 

1  ThI.  IJenzoe  V,  <>^er  1/4  T^l«  gebrannter  Kalk,  der  mit  Wasser  g^ 
loscht  wird),  digerirt  einige  Stunden  mit  kaltem  Wasser  uud  erwiitf 
langsam  zum  Kochen.  Die  Benzoesäure  vereinigt  sieb  hierbei  mit  te 
Kalk  zu  leicht  löslichem  benzoesaurem  Kalk,  während  die  harzartig« 
Beatandtheile  meist  ungelöst  bleiben.  Man  hat  hierbei  besonder»  i» 
auf  zu  achten,  dass  die  Benzol  mit  dem  Kalk  nicht  za  einer  Masse  » 
sammenbacke ,  weil  das  Wasser  die  Säure  sonst  nur  nnvoUstaiidig  Il- 
sen würde.  Es  ist  daher  wesentlich,  nicht  zu  wenig  Kalkhydrat  zu  acb- 
men  und  anfongs  nicht,  oder  nur  gelinde,  zu  erwärmen.  Man  nimni 
auf  1  ThI.  Benzog  10  Thle.  Wasser  und  filtrirt  die  kochende  FloMg- 
keit  Yon  dem  ungelösten  Rückstande,  den  man  noch  mit  4  Thln.  kockoi- 
dera  Wasser  abwäscht.  Das  Filtrat  wird  auf  die  Hälfte  etngeduB^ 
und  nachher  mit  Salzsäure  versetzt.  Beim  Erkalten  krjstallittit  £1 
Benzoesäure  aus,  welche  mit  wenig  kaltem  Wasser  gewaschen  wird. 

Man  kann  auch  kohlensaures  Natron  statt  des  Kalkhjdrats  hierbd 
anwenden,  doch  löst  sich  in  diesem  Falle  ein  Theil  des  Harzes  aot  du 
nur  schwierig  von  der  Benzoesäure  getrennt  werden  kann.  Da  ofab* 
gens  auf  Znsatz  von  Säuren  zu  der  klaren  Lösung  das  Harz  tot  4a 
BenzoSsänre  gefällt  wird,  so  kann  man  durch  vorsichtigen  Zusatz  m 
Schwefelsäure  zu  der  kochenden  Lösung  ersteres  ausfällen  und,  dmI- 
dem  man  filtrirt  hat,  die  Benzoesäure  durch  Überschüssige  ScbweM* 
säure  völlig  abscheiden  (Bucholz). 

Ein  eigenthümliches  Verfahren  wurde  von  Wo  hier  beschneb« 
Man  löst  gepulverte  BenzoS  in  ihrem  gleichen  Volumen  Alkohol  fd 
90  bis  95  Proc,  vermischt  die  noch  heisse  Lösung  nach  und  nach  al 
so  viel  rauchender  Salzsäure,  dass  das  Harz  gefällt  zu  werden  anfangt 
und  unterwirft  die  Mischung  der  Destillation^.  Die  Benzoesäure  bilM 
hierbei  mit  einem  Theile  des  Alkohols  Benzoeäther,  der  nebst  AlkoM 
und  Salzsäure  überdestillirt.  Man  setzt  die  Destillation  so  lange  k^ 
als  es  die  Consistenz  der  Masse  gestattet.  Der  Rückstand  wird  ^ 
heissem  Wasser  übergössen  und  abermals  destillirt,  so  lange  noch  Ben»^ 
äther  übergeht.  Das  Destillat  digerirt  man  zuletzt  be^  Siedhitze  df 
kaustischem  Kali,  bis  aller  Benzoeäther  zerstört  ist,  worauf  man  dar4 
Uebersättigen  mit  Salzsäure  die  Benzoesäure  abscheidet.  Diese  ^9» 
besitzt  einen  der  sublimirten  Säure  ähnlichen  Geruch. 

Man  findet  jetzt  Benzoesäure  im  Handel,  welche  aus  Pferde-  odi 
Kuhharn  dargestellt  wurde,  und  unter  dem  Namen  Harnben zoesäori 
zuweilen  unpassenderweise  als  Hippurs äure  bezeichnet,  zu  billigt* 
Preise  verkauft  wird.  Um  diese  Säure,  welche  immer  einen  deutlidia 
Hamgeruch  zeigt,  darzustellen,  lässt  man  den  Harn  faulen,  fitt 
hierauf  durch  Zusatz  von  Kalkmilch  und  engt  das  Filtrat  ein,  worw 
man  durch  Zusatz  von  Salzsäure  die  Benzoesäure  abscheidet.  Im  Falfe 
diese  Benzoesäure  unrein,  namentlich  wenn  sie  gefärbt  ist,  reinigt  mtf 
sitf  durch  Auflösen  in  dünner- Kalkmilch  und  Znsatz  von  Chlorfolki 
womit  man  sie  einige  Zeit  kocht,  worauf  man  mit  Salzsäure  fällt  Dv 
Niederschlag  wird   endlich  aus  kochendem  Wasser  umkrystallisirt 

Die  in  den  Apotheken  gebrauchte  sublimirte  Benzoesäure  soll 
aus  Harz  dargestellt  sein,  und  darf  nicht  von  dem  beigemengten  ri*' 
chenden  Gel  befreit  werden,  daher  sie  sich  durch  den  Gemch  von  dtf 
ans  Harn  dargestellten  Säure  unterscheidet. ' 

Die  Benzoesäure  bildet  farblose,  undurchsichtige,  atlasgläom^ 
Blätter  oder  Nadeln,  welche  unter  der  Lonpe  als  sechsseitige  Ssola 


Benzoesäure.  831 

^ivcheinen.  Kie  schmeckt  schwach  sauer  und  stechend;  bei  \'2\^i^C. 
lehinilzt  sie  zu  einer  farblosen  Fhlssigkeit  von  1,0838  specif.  Gewicht 
Kopp,  verglichen  mit  Wasser  bei  0<>  als  Einheit)  und  bei  249,2®  C. 
Kopp,  bei  740  Millimeter  Barom.)  siedet  sie  ohne  Zersetzung.  Sie 
mtwickelt  jedoch  schon  in  weit  niederer  Temperatur  reich  liehe. Dämpfe, 
äsBt  sich  z.B.  bei  100<>C.  leicht  zwischen  zwei  Uhrgläsern  sublimiren, 
ind  verflüchtigt  sich  in  ansehnlicher  Menge  mit  den  Wasserdämpfen. 
Me  D&mpfe  reizen  zum  Husten,  und  brennen  angezündet  mit  leuchten- 
Ler  Flainme.  Ihre  Dichte  beträgt  4,27  (Mitscherlich),  wonach 
l  Aeq.  4  Volum  Dampf  bildet. 

Die  BenzoSa&ure  löst  sich  in  200  Thin.  kaltem  Wasser,  viel  leich- 
er aber  in  kochendem  Wasser  (nach  Bergmann  in  24  Thln.,  nach 
Prommsdorff  in  80  Thln.),  so  dass  die  kochend  gesättigte  Lösung 
»eim  Erkalten  zu  einer  weichen  Masse  von  lockeren  Kryätallnadeln  er- 
starrt. In  Alkohol  ist  sie  weit  leichter  löslich  (in  2  Thln.  kaltt;m  und 
i  Tbl.  kochendem  absoluten  Alkohol  nach Buc holz),  und  nuchAether 
limmt  sie  reichlich  auf.  Fette  und  flüchtige  Oele  lösen  sie  in  grosser 
Menge.  Concentrirte  Schwefelsäure  löst  sie  leicht  und  ohne  Zersetzung ; 
l¥asser  scheidet  sie  wieder  unverändert  ab.  Verdünnte  Salpetersäure 
md  Chromsäure  verändern  die  Benzoesäure  beim  Kochen  nicht,  wo< 
lurch  sie  leicht  von  der  ihr  sonst  ähnlichen  Zimmtsäure  zu  unterscheiden 
ist,  da  letztere  unter  -diesen  Umständen  Bittermandelöl  entwickelt. 

Verwandlungen  der  Benzoesäure.  1)  Durch  Wärme.  Der 
Dampf  der  Benzoesäure  zerlegt  sich,  wenn  er  zum  Glühen  erhitzt  wird, 
peradeauf  in  Benzol  und  Kohlensäure: 

Benzoesäure  Benzol. 

Um  diese  Zersetzung  vollständig  zu  machen,  muss  man  den  Dampf 
lorch  eine  mit  Bimssteinstücken  gefüllte,  zum  schwachen  Glühen  er- 
liitzte  Röhre  leiten.  Selbst  durch  blosse  Destillation  eines  Gemenges 
von  1  Thl.  Benzoesäure  und  5  bis  ß  Thln.  Bimsstein  erfolgt  diese 
Zersetzung  schon  bei  wenig  hoher  Temper.atur.  Ein  zu  starkes  Er- 
hitzen bewirkt,  dass  gleichzeitig  Naphtalin  und  andere  empyreumati- 
»che  Vroducte  auftreten  und  Kohle  abgeschieden  wird  (Barreswil 
Qnd  Boudault). 

Ein  Gemenge  von  Benzoesäure  und  Kalkhydrat  liefert  bei  der  De- 
ittllatioii  nur  Benzol,  indem  die  Kohlensäure  von  dem  Kalk  zurückge- 
lutlten  wird.  In  ihren  neutralen  Salzen  liefert  die  Benzoesäure  bei  der 
trockenen  Destillation  noch  andere  Producte,  wie  Benzon  (Benzo- 
pkenon),  benzoesaures  Phenyloxyd  (Benzophenid) ;  (vergl.  diese  Ar- 
tikel). 

2)  Durch  Chlor.  Benzoesäure  wird  im  Sonnenlicht  durch  Chlor 
MigegriATen ;  es  entweicht  Salzsäure,  während  gleichzeitig  eine  Substitu- 
tion von  Wasserstoff*  durch  Chlor  stattfindet.  Es  bilden  sich  hierbei 
mehrere  schwierig  zu  trennende  Producte  (vergl.  weiter  unten  Sub- 
Btitationsproducte  der  Benzoesäure).  Aehnliche  Producte  er-, 
(engt -Brom  mit  der  Säure.  Beim  Einleiten  von  Chlor  in  eine  stark 
alkalische  Lösung  von  Benzoesäure  soll,  nach  Saint-Evre,  eine  eigen- 
(hümliche  chlorhaltige  Säure,  die  Chlor  nie  ein  säure,  HO.  C|2H4  Gl  O3 
(▼ergl.  Iste  Aufl.  Bd.  V,  S.  538),  neben  Kohlensäure  sich  bilden.  Nach 
der  Angabe  von  Gerhardt  entsteht  hierbei  nur  Chlorben zoesäure. 


832  Benzoesäure. 

3)  Durch  Phosphorperchlorid.  BenzoSsäure  und  Phofpbor- 
perchlorid  lassen  sich,  ohne  auf  einander  soglisich  einzuwirken,  n- 
sammenbringen ;  bei  gelindem  Erwärmen  findet  aber  eine  heftige  Reie- 
tion  statt,  wobei  sich  eine  reichliche  Menge  von  Chlorwasseratoffgas 
entwickelt.  Gleichzeitig  destillirt  ein  Gemenge  von  Phosphoroxjehloiid 
und  Benzoylchlorid  über  (vergl.  Benzoylchlorid)^ 

4)  Durch  Schwefelsäure,  ^tauchende  Schwefclitaare  lost  Bcs- 
zoesäure  unter  Wärmeentwickelung  auf  und  bildet  mit  ihr  eine  ge- 
paarte Säure,  Benzoeschwefelsäure<i  2  HO  .  Ci4H4Sf  Og  (vw^ 
d.  Art). 

ö)  Durch  Salpetersäure.  Von  concentrirter  Salpeteninic 
wird  die  Benzoesäure  beim  Kochen  unter  Entwiokelang  rother  D&m{le 
in  Nitrobenzogsäure,  HO.Ci4ll4(N04)Oa,  verwandelt  Ein  Ge- 
menge von  rauchender  Salpetersäure  und  Schwefelsäure  verwandelt  sie 
in  Binilrobenzoesäure,  HO  .  C14II8  (N  04)203. 

6)  Im  thierischen  Organismus  wird  die  Benzoee&nre  ii 
Hippursäure  übergeführt,  welche  in  einer  der  genossenen  Beazoe- 
säure  entsprechenden  Menge  im  Harn  ausgeschieden  wird  (Ure,  Wofe- 
4 er,  Keller). 

Abkömmlinge  der  Benzoesäure. 

In  dem  Radical  der  Benzoesäure,  dem  B  e  n  z  o  y  1  (s.  d.  Art),  lässt  »A 
ein  Theil  des  Wasserstoffs  durch  Chlor,  Brom,  Üntersalpeteraftore,  so- 
wie andere  sauerstoffhaltige  Atomgruppen,  schweflige  Säare,  LactfL 
Glycolyl  u.  a.  m.  vertreten,  wodurch  neue  secundäre  Radicale  erhalle« 
werden ,  deren  Verbindungen  mit  Sauerstoff  der  Benzoesäure  in  vieki 
Beziehungen  ähnlich  sind.  Wir  wollen  von  diesen  Verbindun^n  fol- 
gende hier  gemeinschaftlich  beschreiben,  nämlich  die  Chlorbenzoi- 
säuren,  Brombenzoesäure,  Nitrobenzoesäuren,  Nitrochlor- 
benzoesäurc,  während  wir  die  Benzoeschwefelsäore  (Sulfo- 
benzoe säure), Benzoglyc Ölsäure,  Benzomilchsänreu. Benzo* 
Weinsäure  in  eigenen  Artikeln  abhandeln. 

Chlorbenzoesäuren. 

Wird  geschmolzene  BenzoSsäure  im  Sonnenlicht  mit  trockeaeia 
Chlorgas  behandelt,  so  verwandelt  sie  sich,  nach  Uerzo-g,  unter  Eot-^ 
bindung  von  Salzsäuregas  in  eine  feuchte,  zähe  und  klebende  Mmsm 
von  röthlicher  Farbe.  In  kohlensaurem  Kali  löst  sich  diese  unter  Auf- 
brausen mit  rothbrauner  Farbe  unter  Hinterlassung  eines  cUorhaltigen, 
harzähnlichen,  nach  Benzoe  riechenden  Körpers.  Die  Lösung,  welche 
sich  durch  Thierkohle  entfärben  lässt,  enthält  eine  gechlorte  Benzoe- 
säure, welche  man  durch  Säuren  abscheiden  kann.  Die  angegebenen 
Eigenschaften  der  Säure  stimmen  ganz  mit  denen  der  Benzoesäure 
überein,  ausgenommen  der  Schmelzpunkt,  der  bei  80®  C.  lag.  Ds 
das  Kalisalz  der  Säure  beim  Verbrennen  Chlorkalium  hinterliess,  so  i^t 
nicht  zu  zweifeln,  dass  die  Säure  von  Herzog  ein  chlorhaltiges  Sob- 
stitutionsproduct  enthielt,  doch  bleibt  es  nngewiss,  ob  sie  eine  reine 
Verbindung  oder  ein' Geroenge  verschiedener  Säuren  war. 

Stenhouse  erhielt  verschiedene  chlorhaltige  Substitationspro- 
ducte  der  Benzoesäure,  nämlich  Chlorbenzoesäure,  HO .  Ci4H4GlQit 


Benzoesäure.  833 

ßichlorbenzoS8änre,'HO.  Ci4Ms€l2  08,  und  TricÜlorbenzoS- 
8  &  u  r  e ,  «K  O .  C14H3GI8O9,  durch  Behandlung  von  BenzoSs&nre  mit  Chlor- 
kalk und  Salzsäure,  oder  Qiit  Chlorgas,  oder  mitNchlorsanrem  Kali  und 
Salzsäure.  Wegen  der  grossen  Aehnlichkeit  ihrer  Eigenschaften  gelang 
es  nicht,  sie  sicher  von  einander  zu  trennen.  Auch  aus  der  Zimmt- 
saure  erhielt  Stenhouse  bei  der  Einwirkung  derselben  Agentien  ein 
Gemenge  gechlorter  Benzoesäuren.  Limpricht  und  üslar  haben 
die  Chlorbenzoesäure  aus  dem  Destillat  von  Sulfobenzoylchlorid 
(B.  854)  und  Behandlung  desselben  mit  Wasser  erhalten.  Eine  auch  als 
ChlorbenzoSsäure  bezeichnete  Säure  ist  auf  einem  eigenthümlichen  Wege 
▼on  Chiozza  aus  der  Salicjlsänre  erhalten  worden.  Da  übrigens, 
nach  Limpricht 's  und  Uslar's  Angaben,  diese  Säure  von  der  aus 
BenzoSsäure  dargestellten  verschieden  ist,  so  werden  wir  sie  als  Para- 
cblorbenzoSsäure  von  ersterer  unterscheiden.  Ohne  Zweifel  ist  die 
von  Scharling  durch  Destillation  von  Harn  mit  Salpetersäure  erhal- 
tene sogenannte  Chloromichmylsäure  ebenfalls  ChlorbenzoSsäure, 
deren  Bildung  sich  durch  die  Einwirkung  des  Königswassers  (Chlor- 
natriom  und  Salpetersäure)  auf  die  Hippursäure  des  Harns  erklären 
lässt. 

Chlorbenzoesäure. 

Formel:  MO.C14H46IO8.  Limpricht  und  Uslar  erhielten  diese 
Säure  auf  folgende  Weise.  SulfobenzoSsäure  wird  mit  2  Thln.  Phos- 
phorperchlorid vermischt,  in  einer  Retorte  gelinde  erhitzt  und  der. 
Rückstand  zuerst  durch  Erwärmen  auf  170<>C.  von  Phosphoroxychlorid 
befreit,  hierauf  aber  über  freiem  Feuer  destillirt,  wobei  unter  starkem 
Aufschäumen  Chlorbenzojlchlorid  übergeht,  während  in  der  Retorte 
ein  bedeutender  kohliger  Rückstand  bleibt.  Die  Bildung  des  Chlor- 
benzoylchlorids  erklärt  sich  durch  die  Gleichung: 

Ci4  «4  Sa  €l2  Ofl  =  C14H4  €1^  Oj  -[-  S2O4. 

Sulfobenzoyl-         Chlorbenzoyl- 
chloHd  Chlorid 

Das  Destillat  wird  mit  Wasser  längere  Zeit  gekocht,  wobei  das  Chlor- 
benzoylchlorid  sich  damit  in  Salzsäure  und  ChlorbenzoSsäure  zerlegt. 
Am  besten  kocht  man  unter  Zusatz  von  Kalilauge  und  fallt  die  Säure 
durch  Uebersättigen  mit  Salzsäure.  Zur  Reinigung  bindet  man  sie 
nochmals  an  eine  Base  und  scheidet  sie  mit  Säuren  ab.  Sie  krystalli- 
sirt  in  kleinen  concentrisch  vereinigten  farblosen  Prismen  und  sublimirt 
beim  Erhitzen  leicht  in  kleinen  Nadeln.  In  kaltem  Wasser  ist  sie 
schwer,  leicht  in  heissem  Wasser,  Alkohol  oder  Aether  löslich.  Sie 
schmilzt  bei  etwaHO^C.  Rauchende  Salpetersäure  löst  sie  langsam  und 
verwandelt  sie  in  NitrochlorbenzoSsäure,  HO.  Ci4H8(N04)Gl03. 
ChlorbenzoSsaure  Salze.  Die  Chlorbenzoesäure  ist  eine  ein- 
basische Säure,  welche  mit  den  meisten  Metalloxyden  in  Wasäer  lös- 
liche Salze  bildet;   sie  sind   von  Limpricht  und  Uslar   untersucht 

.worden. 

ChlorbenzoSsaures  Aethyloxyd,  ChlorbenzoSsäureäther, 
C4H(O.Ci4H4€l08,  wird  durch  Erhitzen  der  Säure  mit  Weingeist 
und  Schwefelsäure,  oder  durch  Erwärmen  des  Chlorbenzoylchlorids  mit 
Weingeist  und  Ausfielen  mit  Wasser  bereitet.  Es  ist  eine  dem  BenzoS- 
äther  ähnliche,  bei  245<>C.  siedende  Flüssigkeit     In  einer  Mischung 

RttidwfliterbBdi  d«r  Ob«iiiie.  Sie  Aofl.  Bd.  IL  53 


834  Benzoesäure. 

von  Salpetersäure  ond  Schwefelsäure  löst  sie  sich  auf«  and  Wasser 
scheidet  ein  bald  zu  wasserhellen  Krjstallen  erstarrendes  Oel,  wahr- 
scheinlich Nitrochlorbenzoesäureäther,  ab. 

Chlorbenzoesadres  Ammoninmozyd.  Die  Losung  der  Säure 
in  Ammoniak  verliert  beim  Verdunsten  viel  Ammoniak  und  hinterUkst 
fast  reine  Säure  (Limpricht  und  Uslar).  Die  durch  Kochen  von 
BenzoSsäure  mit  chlorsaurem  Kali  und  Salzsäure  bereitete  Chlorbenzoe- 
säure  giebt  ein  nicht  leicht  schmelzbares,  beim  Erhitzen  sich  schwär- 
zendes Ammoniaksalz  (Field). 

ChlorbenzoSsaurer  Baryt:  BaO.Ci4H4€l08'4~^  ^<1-  Kleine 
in  WassOT  leicht  lösliche  KrystaÜnadeln^,  die  bei  lOO^'C.  das  Krystall- 
wasser  verlieren. 

ChlorbenzoSsanrer  Kalk:  CäO.Ci4H4€l08  -^  3  aq.  Leicht 
lösliche  kleine  Krystallschuppen,  die  bei  100^  C.  3  Aeq.  Wasser  ver- 
lieren. 

ChlorbenzoSsaures  Silberoxyd:  AgO.Ci4fl[4€lOs.  Weisser, 
aas  mikroskopischen  Nadeln  bestehender  Niederschlag. 

Das  Bleisalz  ist  ein  webser  Niederschlag,  der  bei  llO^C.  theil- 
weise  schmilzt  und  gelb  wird;  das  Kali-  und  Natronsalz  sind  uo- 
krystallisirbare  gummiartige  Massen;  das  Kupfersalz  ist  ein  grüner 
Niederschlag. 

■ 

Parachlorbenzoesäure. 

Formel:  80  .Ci4H4€l03.  Durch  diese  Benennung  unterschei- 
den wir  die  von  Chiozza  durch  Destillation  von  Salicylsäure  mit  Phos- 
phorperchlorid erhaltene,  der  Chlorbenzoesäure  isomere  Säure.  Du 
bei  dem  Erhitzen  der  Mischung  übergehende  Oel  wird  rectificirt,  wobei 
zwischen  200^  und  250^0.  ein  schweres,  stark  lichtbrechendes  Oel 
von  erstickendem  Gerach  destiUirt,  welches  mit  kaltem  Wasser  alimä- 
Ug,  mit  kochendem  rasch,  in  Salzsäure  und  ParachlorbenzoSsäure  zer- 
fallt. Das  Oel  scheint  hiernach  das  der  Säure  entsprechende  Chlorür 
zu  sein. 

.  Die  Säure  bildet  farblose,  glänzende,  der  Salicylsäore  ähnliche 
Nadeln,  die  schwerer  als  Benzoesäure  (Chiozza),  bei  130^0.  (Lim- 
pricht und  Uslar)  schmelzen  und  unzersetzt  sublimiren.  In  kalten 
Wasser  löst  sie  sich  schwer,  leicht  in  kochendem  Walser,  die  gesättigte 
Lösung  gesteht  beim  Erkalten  zu  einer  aus  Krystallnadeln  gebildeten 
Masse. 

Ausser  durch  den  Habitus  der  Krystalle  und  den  Schmelzpunkt 
unterscheidet  sich  diese  Säure  durch  Verschiedenheit  des  Krystailwas- 
sergehalts  der  Salze  von  der  Chlorbenzoesäure. 

Parachlorbenzoe  saurer  Baryt,  BaO .  C24H4G103,  ist  in 
Wasser  sehr  leicht  löslich;  die  gesättigte  Lösung  gesteht  beim  Erkalten 
zu  einer  krystallinisch  strahligen  Masse  oder  giebt  kleine  weisse  Kry- 
Stallwarzen.     Das  Salz  enthält  kein  Kry  stall  wasser. 

Parachlorbenzocsaurer  Kalk^  CaO.Ci4H4€l03  -|-  2  aq. 
(Limpricht  und  Uslar). 

Parachlorbenzoesäure»  Silberoxyd,  AgO^CnH^GlOj, 
scheidet  sich  beim  Vermischen  der  kochenden  Lösung  des  Amrooniak- 
salzes  mit  salpetersaurem  Silberoxyd  in  kleinen  schweren  Krystallen 
ab;  beim  Erkalten  der  Flüssigkeit  bilden  sich  grössere  Krystalle. 


Benzoesäure.  835 

Brombenzoesäure. 

Formel :  HO.  C14  H4  Br  Og.  Diese  Säure  wurde  zuerst  von 
Herzog  durch  Behandlung  der  Benzoesäure  mit  Brom  im  Sonnen- 
licht dargestellt.  Die  Einwirkung  ist  hierbei  rascher  als  bei  der  Dar- 
stellung der  Chlorbenzoesäure  beendigt ;  man  verjagt  das  überschüssige 
Brom  durch  Erhitzen,  lost  den  Rückstand  in  kohlensaurem  Kali  (wobei 
ein  bromhaltiges,  der  Benzoe  ähnlich  riechendes  Oel  zurückblieb)  und 
fallt  mit  Salpetersäure.  P^ligot  stellte  die  Säure  durch  Einwir- 
kung von  Bromdämpfen  auf  benzoesaures  Silberoxjd  dar,  Indern  er 
20  bis  24  Gramm  benzoesaures  Silberoxyd  nebst  einer  mit  Brom  ge- 
füllten Proberöhre  in  ein  verschliessbares  Glas  brachte  und  24  Stunden 
stehen  Hess.  Durch  Behandeln  des  Gemenges  von  Bromsilber  und 
Brombenzogsäure  mit  Aether  löste  er  letztlere  auf  und  beim  Verdampfen 
hinterblieb  ein  braun  gefärbtes,  allmälig  krystallinisch  erstarrendes  Oel. 
Zur  Reinigung  wird  es  in  Kali  gelöst,  mit  Thierkohle  entfärbt  und 
durch  Salpetersäure  gefllllt  Die  Brombenzoesäure  bildet  farblose,  bei 
100^  C.  schmelzende  Krystalle,  dje  bei  250^0.  sublimiren,  dabei  aber 
einen  kohligen  Rückstand  lassen.  Sie  verbrennen  mit  leuchtender  grün- 
gesäamter  Flamme.  In  Wasser  ist  die  Säure  schwer,  leicht  in  Alko- 
hol oder  Aether  löslich. 

Die  Salze  der  BrombenzoSsänre  sind  meistens  sehr  leicht  löslich, 
krystallinisch;  das  Kupfersalz,  Bleisalz  und  Quecksilberoxydul- 
salz sind  weniger  löslich.  Das  Silbersalz,  AgO.CuftiBrOs^  ist  in 
warmem  Wasser  löslich. 

Nitrobenzoesäure. 

Benzoesalpetersäure.  Formel:  HO.CiiHiCNOO  0,  = 
v>i4V   4-  IL  1^2'    Diese  Säure  wurde  zuerst  von  Mulder  durch 

Kochen  von  Benzoesäure  mit  concentrirter  rauchender  Salpetersäure 
bereitet,  wobei  die  Substitution  von  Wasserstoff  durch  Untersalpeter- 
säure  allmälig  stattfindet  Man  muss  daher  die  Mischung  längere  Zeit 
(3  bis  4  Stunden)  erwärmen,  nach  Muld  er 's  Vorschrift  so  lange,  bis 
sich  keine  rothen  Dämpfe  mehr  zeigen  und  die  Lösung  farblos  gewor- 
den ist.  Beim  Erkalten  gesteht  dieselbe  zu  einer  krystallinischen  Masse, 
die  man  durch  Abwaschen  mit  kaltem  Wasser  von  Salpetersäure  befreit, 
worauf  man  aus  kochendem  Wasser  umkrystallisirt 

Nach  Gerland' 8  Vorschrift  erhält  man  die  Nitrobenzoesäure  ra- 
scher ;  ein  Gemenge  von  1  Thl.  Benzoesäure  und  2  Thln.  Salpeter  wird 
unter  Umrühren  mit  concentrirter  Schwefelsäure  versetzt  und  das  Ge- 
misch bis  zum  Erweichen  erhitzt.  Die  entstandene  Nitrobenzoesäure 
wird  durch  KrystalUsation  aus  kochendem  Wasser  von  dem  zweifach- 
schwefelsauren Kali  getrennt. 

Die  Nitrobenzoesäure  entsteht  noch  bei  vielen  Zersetzungen  orga^ 
nischer  Stoffe:  aus  dem  Nitrobenzoyl Wasserstoff  durch  .Oxydations- 
mittel, namentlich  Chromsäure  (Bertagn  in i);  aus  Zimmtöl  undZimmt- 
sänre  (Plan tarn our.  Mulder),  Cumol  (Abel)  oder  DrachenUnt  (Blu- 
men au)  beim  Kochen  mit  Salpetersäure;  aus  der  Nitrohippursäure  beim 
Erhitzen  mit  Salzsäure  (Bertagnini). 

53* 


836  Benzoesäure. 

Die  Nitrobenzoäsäure  bildet  farblose,  meist  zosammeograppirte 
Krystallblättchen ;  sie  schmilzt  bei  127^0.,  snblimirt  aber  schon  in  nie- 
derer Temperatur  ohne  Zersetzung;  die  Dämpfe  reizen  zum  Hosteo. 
Bei  der  Destillation  hinterlässt  die  Säure  einen  geschwärzten  Bäck- 
stand. In  kochendem  Wasser  löst  sich  die  Säure  leicht  (in  10  Thln. 
Wasser),  ein  Ueberschuss  von  Säure  schmilzt  dabei  und  bildet  eme 
schwere  ölartige  Flüssigkeit  unter  der  Lösung.  Die  Säure  braucht 
400  Thle.  Wasser  von  lO^C.  zur  Auflösung  (Mulder). 

Die  NitrobenzoSsäure  wird  von  kalter  Salpetersäure  ohne  Zer- 
setzung gelöst,  bei  anhaltendem  Kochen  mit  Salpetersäure  aber  zer- 
setzt (Mitsc herlich).  Schwefelsäurehydrat  löst  sie  in  der  Kälte; 
beim  Erhitzen  damit  bis  zum  ,Kochen  sublimirt  etwas  unveränderte 
Säure,  während  die  Lösung  sich  roth  färbt  und  eine  eigenthümliche 
Substanz  enthält  (Mulder). 

Phosphorperchlorid  liefert  mit  der  Nitrobenzoesäure  Nitro- 
benzoylchlorid  (s.  d.  Art  Benzoylchlorid),  Phosphoroxychlorid 
und  Salzsäure. 

Im  thierischen  Organismus  erleidet  die  Nitrobenzoesäure  eine 
ähnliche  Verwandlung  wie  die  Benzoesäure,  sie  geht  nämlich  in  Nitro- 
hippursäure  über.  ^ 

Bei  der  Behandlung  mit  Schwefelwasserstoffgas  (oder  ELsen 
und  Essigsäure)  geht  die  Nitrobenzoesäure  über  in: 

AmidobenzoSsäure,  Benzaminsäure,  Carbanllsäure.   For 

mel:  C,4H7N04  =  Ci4H»(NHj)0i  vielleicht  ^jO,  .C„H,.NHj  ^ 

t)iese  Verbindung,  welche  zuerst  durch  Beduction  aus  der  Nitrobenzoe- 
säure dargestellt  wurde,  ist  bereits  Bd.  I,  S  1102  ausführlich  beschrie- 
ben. Durch  die  Bezeichnung  Araidt)benzoesäure  wird  die  Bezie- 
hung derselben  zur  Nitrobenzoesäure  und  anderen  Substitution sprodoc- 
ten  der  Amidsäure,  dass  hier  nämlich  NHj  (Amid)  an  die  Stelle  voi 
1  Aeq.  Wasserstoff  eingetreten  ist,  ausgedrückt;  sie  steht  aber  keines- 
wegs zu  der  Benzoesäure  in  einem  ähnlichen  Verhältniss  wie  die  Oxa- 
minsäure  zur  Oxalsäure  oder  die  Sulfobenzaminsäure  zur  Sulfobenzoi- 
säure,  wie  man  nach  den) Namen  Benzaminsäure  verrauthen  konnte. 

Wir  tragen  hier  die  Resultate  der  neuesten  Untersuchung  die- 
jser  Säure  von  Cahours  ^)  nach: 

Bromwasserstoffsanre  -  Amidobenzoesäure,  Ci4]{7  NO4. 
HBr,  krystallisirt  in  feinen  Nadeln,  ähnlich  der  ChlorwasserstofiVerbin- 
dung ;  in  reinem  Wasser  und  Alkohol  ist  sie  leicht  löslich ,  wenig  ia 
säurehaltigem  Wasser. 

Ghlorwasserstoffsaure- AroidobenzoSsäure:  C14  H7  NO4  . 
K  €1.  Zur  Darstellung  dieser  Verbindung  löst  man  reine  AmidobenzoS- 
säure  in  kochender  Salzsäure  auf,  die  man  mit  etwas  Alkohol  versetzt 
hat,  und  lässt  langsam  erkalten,  wobei  man  feine,  nach  dem  Troekofo 
seideglänzende  Nadeln  erhält,  die  beim  Erhitzen  leicht  schmelzen.  In 
Alkohol,  sowie  in  reinem  Wasser  leicht  löslich,  löst  sie  sich  wenig  in 
salzsäurehaltigem  Wasser.  Mit  Sublimat  erhält  man  einen  krystallini- 
schen  Niederschlag,  mit  Platinohlorid  ein  auch  in  Alkohol  ziemlich 
leicht  lösliches  Doppelsalz. 


*)  Annml.  de  chim.  et  de  phjs.  [8]  T.  LIII,  p.  324. 


Benzoesäure.  837 

Dm  amidobensoSsanre  Aethjloxyd,    CigfiiiN04  = 

^  ^«  •  ^1»  «5 1^  2     O2  =  N    C4  H5        besitzt  in  hohem  Grade  die  Ei- 

'  ^**       . 

genschaft  rieh  mit  Säuren  zu- vereinigen,  aber  nicht  mit  Basen.    In 

Wasser  i^t  es  kaum  löslich,  sehr  leicht  löslich  in  Alkohol  oder  Aether, 
welche  es  beim  Verdunsten  als  klare  Flüssigkeit  hinterlassen.  Ammo- 
niak verwandelt  es  allmälig  in  Phenylharnstol'f,  nach  der  Glei- 
chung : 

Ci4B6(C4H5)N04  -f  NH,  =  C4J^  +  Ci^MaNHa)NOa 

Amidobenzoeäther  Alkohol  Phenylhamstoff. 

Ghlorwasserstoffsaurer  Amidobenzoeäther:  018^11^04. 
M  Gl  Der  AmidobenzpSäther  löst  sich  leicht  in  Salzsäure  und  beim  Ver- 
dunsten Über  Aetzkalk  hinterbleibt  das  Salz  in  Krystallen,  die  durch 
Pressen  zwischen  Papier  und  Umkrjstallisiren  aus  kochendem  Alkohol 
EU  reinigen  sind.  Man  erhält  beim  Verdunsten  schöne,  kaum  gefärbte 
Prismen,  die  beim  Erhitzen  sich  theilweise  zersetzen,  und  in  Aetber 
weniger  als  in  Alkohol  löslich  sind. 

Chlorwasserstoffsaurer  Amidobenzoeäther -Platineblo - 
rid,  Ci8HuN04.HGl  -f-  PtGlj,  fällt  beim  Vermischen  concentrirter 
Lösungen  des  vorhergehenden  Salzes  'mit  Platinchlorid  in  Krystallen 
nieder.  Durch  Auflösen  in  kochendem  Alkohol  und  langsames  Ver- 
dunsten erhält  man  ihn  in  orangefarbigen  grossen  Krjstallen  oder  in 
Nadeln. 

Salpetersanrer  Amidobenzoeäther:  Ci8HnNO4.HO.NO5. 
Der  Aether  ist  sehr  leicht  in  Salpetersäure  löslich  und  beim  Verdam- 
pfen über  Aetzkalk  hinterbleibt  das  Salz  in  braungefärbten  Kr^rstallen, 
die  in  Wasser  und  Alkohol  äusserst  leicht  und  auch  in  Aether  löslich 
sind«  Durch  Pressen  zwischen  Papier,  Auflösen  in  wenig  Wasser  und 
Verdampfen  im  Vacuum  erhält  man  kleine  zusammenhängende  Pris- 
men, die  beim  Erwärmen  leicht  schmelzen  und  in  höherer  Temperatur 
sich  zersetzen. 

AmidobenzoSsäure-Methyläther:   Cie H9  N O4   = 

COj.CijHft.NH  I  Q^     ^^^^   ^.^^  Aetherart  büdet  eine  farblose t 

Flüssigkeit,  die  sich  mit  Säuren  zu  in  Wasser  leicht  löslichen,  zum  Theil 
zerfliesslichen  Salzen  vereinigt. 

Nitrobenzoesaure  Salze.  Die  NitrobenzoSsänre  ist  eine  starke 
Saure,  welche  mehrere  andere  Säuren  aus  ihren  Salzen  abscheidet.  Die 
Salze  derselben  stellt  man  meist  durch  Sättigen  der  Säure  mit  den  be- 
treffenden Basen  oder  durch  doppelte  Zersetzung  dar;  sie  sind  grös- 
stentheils  in  Wasser  und  Weingeist  löslich,  und  verpuffen  beim  Erhitzen. 

NitrobenzoSsanres  Aethyloxyd,NitrobencoSäther,  C4H5O. 
Ci4H4(N  04)03,  entsteht  durch  Einleiten  von  Salzsäuregas  in  eine 
kochende  alkoholische  Lösung  von  NitrobenzoSsäure.  Nach  längerer 
Einwirkung  verdünnt  man  mit  Wasser,  schüttelt  den  hierdurch  abge- 
schiedenen Aether  mit  einer  warmen  Lösung  von  kohlensaurem  Natron, 
nachher  mit  kaltem  Wasser  und  presst  den  hierbei  festgewordenen 
Aether  zwischen  Fliesspapier;  man  krystallisirt  ihn  endlich  aus  einer 
Mischung  von  Alkohol  und  Aether  um  (Chancel,  E.  Kopp).  Man 
kann  den  Aether  auch  durch  Auflösen  von  Nitrobenzojlchlorid  in  AI- 


838  Benzoesäure. 

kohol  darstellen;  beim  Eindampfen  erhält  man  schöne  Erystalle  (Ber- 
tagnini).  List  und  Limpricht  stellten  ihn  durch  allmaliges  Eia- 
tröpfeln  von  Benzoeäther  in  eine  Mischung  von  1  ThL  Salpetersaore 
und  2  Thln.  Schwefelsäure  dar;'  der  NitrobenzoSäther  scheidet  sich 
beim  Eingiessen  der  Lösung  in  kaltes  Wasser  ab. 

Der  NitrobenzoSäther  krjstallisirt  leicht  in  wasserhellen  rhombi- 
schen Säulen  (ooP:  oo  P  =  1220);  er  schmilzt  bei  42oC.  und  siedet 
bei  2980 C.  (Chancel;  bei  300^0.,  Mitscherlich).  Er  riecht  nach 
Erdbeeren  und  schmeckt  frisch  und  etwas  bitter.  Er  ist  nicht  in  Was- 
ser löslich,  sehr  leicht  in  Alkohol,  besonders  in  warmem,  sowie  in 
Aether. 

Kochende  Kalilauge  zerlegt  den  Aether  in  NiirobenzoSsäore  und 
Alkohol;  durch  Ammoniak  wird  er  in  Nitrobenzamid  verwandelt 
Schwefelwasserstoff  fahrt  ihn  in  benzaminsaures  Aethyloxyd  über. 

Nitrobenzoesaures  Ammoniumoxyd.  Das  durch  Sattigen  der 
Säure  mit  Ammoniakgas  in  der  Kälte  bereitete  neutral^  Salz  verlieft 
beim  Erwärmen  leicht  die  Hälfte  des  Ammoniaks  und  verwandelt  sich 
in  zweifach<-saures  Salz,  welches  auch  beim  Verdunsten  der  Lösung  voo 
Nitrobenzoesäure  in  Ammoniak  in  weissen,  etwas  glänzenden  Nadelo 
erhalten  wird.  Durch  anhaltendes  Erhitzen  und  Schmelzen  erhält  man 
daraus  Nitrobenzamid  (s.  d.  Art.  Benzamid). 

Nitrobenzoßsaurer  Baryt,  BaO,Ci4H4(N04)08  4-  4  aq^ 
wird  beim  Erkalten  der  warmgesättigten  Lösung  in  schönen  glanzendeo 
Krystallen  erhalten,  die  bei  lOO^C.  alles 'Wasser  verlieren. 

NitrobenzoSsaures  Bleioxyd,'Pb  O  .C14H4  (N 04)03,  erhsh 
man  durch  Vermischen  einer  kochend  gesättigten  Lösung  von  Nitro- 
benzoSsäure  mit  basisch  essigsaurem  Bleioxyd,  bis  der  anfangs  vried» 
verschwindende  Niederschlag  bleibend  zu  werden  anfängt;  in  der  e^ 
kaltenden  .Flüssigkeit  bilden  sich  dann  Rosetten,  die  sich  rasch  Termdi- 
ren  und  sie  zuletzt  als  weisse  Masse  ganz  anfüllen.  Beim  Auswaschen 
wird  dieses  Salz  zersetzt  und  giebt  ein  Gemenge  von  basichen  Salzen, 
wie  man  es  auch  beim  Vermischen  von  einfach -essigsaurem  Bleioxyd 
mit  nitrobenzo^sanrem  Kali  erhält. 

NitrobenzoSsaures  Eisenoxyd,  Fe2  O« .  3  C14  H4  (NO4) Ott, 
wird  durch  Fällen  von  Eisenchlorid  mit  einer  heissen  Auflösung  von 
Nitrobenzoesäure  als  wasserfreies,  fleischfarbenes,  in  Wasser  unlösliche? 
Pulver  erhalten. 

Nitrobenzoesaures    Kadmiumoxyd:    CdO.C|4H4(N04)0|' 
-^  4  aq.    Glimmerartige,  in  heissem  Weingeist  nur  sehr  wenig  lösliche. 
Schuppen  (Schiff). 

Nitrobenzoesaures  Kali,  kleine  nadeiförmige  Krystalle  oder 
seifenartige  Masse.  Schmilzt  beim  Erhitzen  unter  Fuukensprfihen,  in- 
dem es  sich  in  schwarze,  sehr  lange,  wurmförmige  Verzweigungen  aas- 
breitet. 

NitrobenzoSsaurer  Kalk,  Ca O  .  C14  H4  (N  O4)  Oj  -|-  2  aq., 
bildet  kleine  nadeiförmige,  leicht  lösliche  Krystalle,  die  bei  130<>  bis 
180<>C.  alles  Krystallwasser  verlieren. 

Nitrobenzoesaures  Kupferoxyd,  Cu  O  .  C14  H4  (NO4)  Ca 
~|-  aq.  Fällt  beim  Eintropfen  von  essigsaurem  Kupferoxyd  in  eine 
Lösung  von  Nitrobenzoesäure  als  blaues  Pulver  nieder;  es  verliert  bei 
1300C.  Wasser  und  etwas  Säure. 


Benzoesäure.  839 

NitrobenzoSsaures  Manganozydal:  MnO.Cx4H4(N 04)03 
-f-  4  aq.,  farblose,  in  Wasser  lösliche  Krjstalle,  die  schon  unter  100^  C. 
^  Aeq.,  bei  130^0.  abermals  2  Aeq.  Wasser  yerlieren. 

NitrobenzoSsaures  Methyioxyd,  C2H8  O.C14H4  (N04)08, 
^wird  wie  die  Aethylverbindnng  entweder  durch  Einleiten  von  Salzsäure 
in  eine  heisse  Lösung  von  Nitrobenzogsäure  in  Holzgeist  (Chancel), 
oder  durch  Auflösen  von  Nitrobenzoylchlorid  in  Holzgeist  (Her- 
ta gnini)  erhalten.  Beim  Verdampfen  der  Lösung  scheidet  es  sich  in 
kleinen,  weissen,  fast  undurchsichtigen  Kiystallen  (Prismen  des  rhom- 
bischen Systems  ooP:a)P  =  118o  bis  1200)  ab.  Es  ist  in  WaÄer 
Dnlöslich ,  wenig  löslich  in  Alkohol  oder  Aether,  etwas  mehr  in  Holz- 
geist.  Die  Krystalle  schmelzen  bei  70<^C.  und  kochen  bei  279^0.;  sie 
besitzen  einen  schwachen  aromatischen  Geruch  und  erfrischenden  Gre- 
schmack. 

Nitrobenzoesaures  Natron  krystaUisirt  nur  schwierig;  es  ist 
zerfliesslich. 

Nitrobenzoesaures  Silberoxyd:  AgO  .CuH4(N04)08.  Die 
neutrale  Lösung  der  Säure  in  Ammoniak  wird  mit  salpetersaurem 
Silberoxyd  gefallt  und  der  Niederschlag  aus  kochendem  Wasser  um- 
krystallisirt,  wodurch  es  in  perlglänzenden  Blättchen  erhalten  wird. 
Beim  Erhitzen  auf  250<)  C  in  verschlossenen  Gelassen  explodirt  es  un- 
ter Bildung  von  viel  Nitrobenzol. 

Nitrobenzoe8aurerStrontiÄn:SrO.CJi4H4(N04)08+2V2aq.(?). 
Federförmige,  büschelförmig  vereinigte  Nadeln;  verlieren  von  80*  bis 

1400  C.  allmälig  9,52  Proc.  Wasser. 

Nitrobenzoesaures  Zinkoxyd:  ZnO.Ci4H4  (NO4)  Os-f-Ö  aq. 
Durch  Fällen  des  Ammoniaksalzes  mit  schwefelsaurem  Zinkoxyd  er- 
hält man  ein  basisches  Salz  als  gallertartigen  Niederschlag.  Aus  der 
abfiltrirten  Lösung  scheidet  sich  das  neutrale  Salz  beim  Verdampfen  in 
blättrigen  KrystaUen  ab,  die  bei  HO^^C.  5  Aeq.  Wasser' verlieren. 

Binitrobenzoesäure. 

D,initrobenzoe8äure,HO.Ci4H8N20u=HO.Ci4H3(N04)308, 

von  Cahours  entdeckt.  In  eine  warme  Mischung  von  rauchefader 
Salpetersäure  und  concentrirter  Schwefelsäure  trägt  man  geschmolzene 
Benzoesäure  in  kleinen  Stücken   ein:    sie  lösen  sich  unter  schwacher 

•  Gasentwickelung  schnell  auf.  Nach*  völliger  Lösung  erwärmt  man  noch 
etwa  1  Stunde  lang  (6  Stunden  nach  Voit),  bis  die  Flüssigkeit  sich 
zu  trüben  anfangt,  worauf  man  sie  abkühlt  und  mit  Wasser  vermischt 
Es  scheiden  sich  hierauf  gelbliche  Flocken  ab,  die  mit  Wasser  gewa- 
schen, zwischen  Papier  gepresst  und  zuletzt  aus  kochendem  Weingeist 
umkrystallisirt  werden. 

Die  Binitrobenzoesäure  scheidet  sich  beim  Erkalten  der  weingei- 
stigen Lösung  in  farblosen,  spiegelnden  Blättchen  ab;  beim  freiwilligen 
Verdunsten  der  kalten  Lösung  erhält  man  kurze,  sehr  glänzende  Säu- 
len. Sie  schmilzt  bei  gelindem  Erwärmen  und  lässt  sich  unzersetzt  in 
zarten  Nadeln  sublimiren.  Li  kaltem  Wasser  ist  sie  nur  sehr  wenig 
löslich',  mehr  in  kochendem,  woraus  beim  Erkalten  zarte  Nskdeln  sich 
abscheiden.  Alkohol  und  Aether  löst  sie,  besonders  in  der  Wärme 
reichlich.    Auch  von  concentrirter  Salpetersäure  wird  sie  beim  Erwär- 

^  men  in  grosser  Menge  gelöst;  beim  Erkalten  scheiden  sich  harte  glän- 


840  Benzogsäure. 

zende  KrystaUe  aas;  auch  conoentrirte  SchwefelBäure  löst  ne  beia 
schwachen  Erwärmen  ohne  Zersetzung-,  die  doch  bei  Bt&rkerem  Er- 
hitzen erfolgt.  Die  Säure  bildet  mit  Kali,  Natron  und  Ammoniak 
lösliche,  kiT'stallisirbare  Salze,  die  man  durch  Sättigen  der  Saure  mit 
diesen  Basen  erhält;  das  Blei-  und  das  Silbersalz  sind  wenig  losliek 
und  lassen  sich  daher  leicht  durch  doppelte  Zersetzung  darstellen. 

Bioitrobenzoesaures  Aethyloxyd,  C4H5  0.C]4Ha(NO4)s0», 
entsteht  schon  beim  Kochen  der  Säure  mit  Alkohol,  aber  nur  albnalig, 
und  scheidet  sich  nach  einiger  Zeit  als  ein  ölförmiger  Körper  ab,  des- 
seiv  Menge  auf  Zusatz  von  Wasser  noch  zunimmt.  Beim  Erkalten  er- 
^ starrt  dasselbe  und  wird  hierauf  mit  Ammoniak,  sodann  mit  Wast« 
gewaschen  und  in  kochendem  Alkohol  gelöst,  woraus  es  beim  Erkal- 
ten in  langen,  zarten,  sehr  glänzenden  Nadeln  sich  abscheidet,  wel- 
che einen  schwachen  Stich  ins  Gelbe  Haben.  Durch  starke  Kalilauge 
wird  es,  besonders  in  der  Wärme,  in  Alkohol  und  Binitrobenzoesaore 
zerlegt. 

Durch  Digeriren  mit  alkoholischem  Ammoniak  verwandelt  sieh 
der  Aether  in  Dinitrobenzamid  (s.  d.  Art.  Benzamid).  Behao- 
delt  man  den  Aether  in  der  Wärme  mit  Schwefelammonium.  so  sckei- 
det  sich  Schwefel  ab,  und  beim  Verdunsten  hinterbleibt  eine  krystal- 
linische  Masse. 

BinitrobenzoSsaures  Ammoniumoxyd,  Nll4O.Ci4Hg(NO4)s0|, 
krystallisirt  in  feinen  Nadeln,  welche  trocken  seidenglänzend  sind.  Es 
ist,  besonders  in  der  Wärme,  in  Wasser  leicht  löslich. 

Binitrobenzo68aurerBaryt,BaO.Ci4H3(N04)2  08(bei  100»C 
'getrocknet  [Voit]),  bildet  gelbliche  Warzen. 

Von  den  Verwandlungen  der  BinitrobenzoSsäure  ist  nur  die  dnrek 
Reductionsmittel  genauer  untersuaht  worden;  es  entsteht  hierbei  die 
sogenannte 

BiamidobenzoSsäure. 

Formel:  C14H8N2O4.  Aehnlich  wie  die  Nitrobenzoesänre  verhik 
sich  die  BinitrobenzoSsäure  gegen  WasserstoflTm  statu  nose^nli;  indem  in 
ersterer  4  Aeq.  SauerstoflT  der  Untersalpetersäure  durch  2  Aeq.  Wasse^ 
Stoff  ersetzt  werden,  entsteht  die  sogenannte  AmidobenzoSsanrc 
(s.-Bd.  1,  S.  1102);  in  der  Binitrobenzo^säure  werden  zweimal  4  Aeq. 
Sauerstoff  durch  zweimal  2  Aeq.  Wasserstoff  ersetzt  [C14H4 .  (N  H})}  Oilt 
wodurch  ein  basischer  Körper  entsteht,  der  jedoch  der  Analogie  zu- 
folge BiamidobenzoSsäure  genannt  wurde. 

Zur    Verwandlung    der    BinitrobenzoSsäure    in    Biamidobenzoe- 
säure  bediente  sich  Voit  des  Schwefelammoniums,  Boullet  wandte 
eine  Mischung  von  Essigsäure  und  Eisen  an.     In   die  heisse   ammo- 
niakalische  Lösung  der  BinitrobenzoSsäure  leitet  man  anhaltend  einen 
Strom  von  Schwefelwasserstoffgas,  filtrirt  nach  beendigter  Einwirkung 
vom  ausgeschiedenen  Schwefel  ab  und  Übersättigt  die  im  Wasserbada 
eingeengte  Lösung  mit  Salzsäure.     Aus  der  heiss  filtrirten  Flüssigkeit 
scheiden  sich  nach  einiger  Zeit  Krystalle  einer  Verbindung  von  Salz- 
säure mit  Biamidobenzo§säure  ab.    Man  verwandelt  diese  in  Schwefel- 
8,änre-BiamidobenzoSsäure  und  scheidet  die  Schwefelsäure  durch  koh- 
lensauren Baryt  ab.    Die  filtrirte  farblose  Lösung  giebt  beim  Eindampfen 
(anfangs  im  Wasserbade,  später  über  Schwefelsäure)  grünlich  gefärbte, 
kleine  spiessige  Krystalle  von  Biamidobenzo§säure  ab.     In  Wasser  ift 
sie  leicht  löslich^und  auch  in  Alkohol  oder  Aether  löslich,  zeigt  weder 


Benzoesäure.  841 

Eteaction  aafPflanzenfarben  noch  Geschmack;  sie  schmilzt  und  schwärzt 
lieh  bei  195^  C.  und  lässt  sich  nicht  sublimiren. 

In  reinem  Zustande  ist  sie  sowohl  wie  ihre  Verbindungen  ohne 
Sweifel  farblos,  doch  scheint  sie  leicht  veränderlich  zu  sein.  Sie  ver- 
dnigt  sich  nicht  mit  Basen  (so  dass  ihr  der  Name  Säure  nicht  zu- 
kommt), giebt  aber  mit  Säuren  bestimmte,  meist  krystallisirbare  Salze, 
p^elche  2  Aeq.  Säure  enthalten. 

Essigsaure  BiamidobenzoSsäure,  durch  doppelte  Zersetzung 
ron  schwefelsaurer  Biamidobenzoesäure  mit  essigsaurem  Bar3rt  in  Lö- 
iung  erhalten,  färbt  sich  beim  Abdampfen  braun  und  liefert  zuletzt 
bräunlich  gefärbte,  prismatische  Erystalle. 

Oxalsäure  BiamidobenzoSsäure  wird  beim  Verdunsten  der 
salzsauren  Verbindung  mit  Oxalsäure  in  braunen  Nadeln  erhalten. 

Salpetersaure  Biamidob'enzoS säure  durch  doppelte  Zer- 
setzung der  schwefelsauren  Verbindung  mit  salpetersaurem  Baryt  er- 
halten, schiesst  in  dunkel  gefärbten  Krystallen  an. 

Salzsäure  BiamidobenzoSsäure:  Ci4l{gN)04 .  2H€l.  Die, 
wie  oben  angegeben  erhaltene  noch  unreine  Verbindung  wird  in  Was- 
ser gelöst  und  mit  concentrirter  Salzsäure  vermischt,  wodurch  die  reine 
Verbindung  entweder  sogleich  krjstallinisch  oder  in  Flocken,  die  bald 
krystallinisch  werden,  gefallt  wird.  Es  sind  weisse  Nadeln,  die  sehr 
leicht  in  Wasser  und  auch  in  Alkohol  oder  Aether  löslich  sind.  Die 
Lösung  scheidet  an  der  Luft  allmälig  schwarze  Flocken  aus.  Die 
trockene  Verbindung  schmilzt  beim  Erhitzen  und  liefert  ein  Sublimat 
von  Salmiak.  Platinchld'rid  giebt  in  wässeriger  Lösung  keinen  Nieder- 
schlag, auch  nicht  auf  Zusatz  von  Aetherweingeist ;  beim  Verdunsten 
über  Schwefelsäure  scheiden  sich  braungeförbte  Krusten  ab,  deren  Pla- 
tingehalt (24,8  Proc.)  mit  der  Formel  Ci4H8  NjO*  .  2  HGl  +  PtGl, 
übereinstimmt. 

Schwefelsaure  BiamidobenzoSsäure,  Ci4fi8N204  .  2  80 
.  2  SOs ,  wird  durch  Eindampfen  der  mit  Schwefelsäure  versetzten  Lö- 
sung der  salzsauren  Verbindung  in  bräunlichen  Tafeln  und  Blättern  er- 
halten, die  durch  Umkrystallisiren  aus  Weingeist  fast  farblos  werden. 
Sie  sind  sehr  leicht  in  Wasser,  dtwas  schwerer  ip  Weingeist  löslich. 

Die  Verwandlungen  der  Biamidobenzoesäure  sind  nicht  untersucht 
worden ;  durch  Einleiten  von  salpetriger  Säure  in  die  Lösung  derselben 
erhielt  Voit  eine  rothe,  harzige  Masse. 

Nitrochlorbenzoesäure- 

Formel:  HO  .Ci4H3€l  (N 04)03.  Diese  durch  gleichzeitige  Sub- 
stitution von  1  Aeq.  Wasserstoff  durch  Chlor  und  1  Aeq..  Wasserstoff 
durch  Unters'alpetersäure  aus  der  Benzoesäure  entstehende  Säure  wird, 
nach  Limpricht  und  Üslar,  durch  Behandlung  von  ChlorbenzoSsäure 
mit  rauchender  Salpetersäure  erhalten.  Vermischt  man  die  Lösung 
nach  einigen  Stunden  mit  Wasser,  so  entsteht  anfangs  kein  Niederschlag, 
doch  setzen  sich-  nach  Verlauf  einiger  Tage  wasserhelle  Tafeln  der  Nitro- 
chlorbenzoesäure ab.  Sie  schmelzen  bei  118^0.  und  lösen  sich  leicht 
in  Weingeist  oder  Aether.  In  kochendem  Wasser  schmelzen  sie,  «und 
lösen  sich  hierauf,  ohne  sich  beim  Erkalten  wieder  abzuscheiden. 

Von  den  Salzen  der  Säure  wurden  untersucht: 


842  Benzoesäure  -  Anhydrid 

Nitrochlorbenzoesaurer  Baajt:  BaP.CuHjGlCNOJO, -|- 
2  aq.  Leicht  lösliche,  warzige  Krystalle,  die  bei  100^  C.  das  KryvUll- 
wasser  verlieren.   ^ 

NitrochlorbenzoSsaures  Silberoxyd:  AgO.Ci4H3€l(NO4)0s 
-|-  2  aq.  Aus  der  concentrirten  Säurelosung  fallt  salpetersaores  SOber 
oxjd  kleine  glänzende,  in  Wasser  ziemlich  löslichö  Bl&tftchen,  die  «icb 
beim  Kochen  damit  nicht  schwärzen.  A.  S. 

Benzoesäure -Anhydrid.  Wasserfreie  Benzoe- 
säure, benzoe saure  Benzoesäure  i),  Formel:  C14H5OSY  oder  viel- 

C    -HO) 
mehr  CagHioOg  =  ^    H*0  P*'     Entdeckt  von  Gerhardt 

Es  bildet  sich  bei  der  Eii)wirkung  von  Benzoylchlorid  auf  benzoe- 
saure  oder  oxalsaure  Alkalien,  wobei  in  letzterem  Falle  die  Oxal- 
säure in  Kohlensäure  und  Kohlenoxydgas  zerfallt.  Auch  bei  der  B^ 
handlung  von ' benzoesauren  Alkalien  mit  Phosphoroxychlorid  (Ger- 
hardt) oder  Phosphorperchlorid  bildet  sich  wasserfreie  Benzoesäure 
(Wunder),  sowie  endlich  bei  der  trockenen  Destillation  von  Benzoe- 
Essigsäure  und  ähnlichen  Anhydriden  (Gerhardt).  Diese  Bildong»- 
weisen  werden  durch  folgende  Gleichungen  erklärt: 

.    Ka^j4Hj^)j  +  ^_Ci4^^  +C28H10O6 

Benzocs.  Kali        Benzoylchlorid 

l£2.'33     4-  2  Ci4  »5  O,  €1  =  2  K  €1  +  C28  »10  Oe  +  Cj 0, 
Oxals.  Kali  +  C,  ^4 

6(KQ.Ci4H5Q8)  +  P€l5  =  5K€l  +  3.C,8Hio04  +  KO. 

BenzöSs.  Kali  ^  ^» 

2(Ci4»5  03j-_C4H3Q3J  =  C,8  Hjo  Og   +  Cg  Hfi  O,. 

Benzoe-Essigsäure 

Auch  durch  Einwirkung  von  Chlorschwefel,  S  CL,  auf  benzoSswire 
Alkalien  erhält  man  wasserfreie  Benzoesäure  (Heintz). 

Zur  Darstellung  der  wasserfreien  Benzoesäure  erhitzt  man  einG«- 
menge  gleicher  Theile  von  trockenem  benzoesaurem  Natron  und  Ben- 
zoylchlorid im  Sandbade  auf  130^  G.,  wobei  sich  anfangs  die  Ma9»e  ia 
eine  klare  Flüssigkeit  verwandelt,  woraus  bei  stärkerem  Erhitzen  sid 
Chlornatrium  abscheidet;  Man  lässt  erkalten,  behandelt  mit  kal- 
tem Wasser  dem  etwas  kohlensaures  Natron  zugesetzt  ist,  und  löjt 
den  hierbei  bleibenden  weissen  Rückstand  in  Aether  auf,  der  beim  frei- 
willigen Verdunsten  schöne  Krystalle  hinterlässt.  Statt  des  BenzojK 
chlorids  kann  man  auch  Phosphoroxychlorid  anwenden,  oder  Gemengt 
von  beiden,  welche  man  häufig  bei  der  Darstellung  des  Benzoylchloridi 
aus  Benzoesäure  als  Nebenproduct  erhält. 

Phosphorperchlorid  wirkt  auf  trockenes  benzoesaures  Natron  heftig 
ein  und  beide  Stoffe  schmelzen-  zu  einer  syrupartigen  Flüssigkeit  zu- 
sammen, welche  man  einige  Zeit  auf  130^  C.  erwärmt.  Die  nach  den 
Erkalten  erstarrte  Masse  wird  wie  oben  angegeben  behandelt.  Nacii 
Entfernung   von   Chlornatrium  und  unzersetztem  benzoesauren  NatroB 

»)  Literatur:  Gerhardt,  Annal.  de  chim.  et  phys.  [8.],  T.  XXXVIl,  p.2^*i 
Annal.  d.  (^h<rtn.  u.  Pharm  Bd.  LXXXIJ,  S.  127;  Bd.  LXXXVII.  8.  168:  Joohl 
f.  prakt.  ehem.  Bd.  LXI,  S.  280.  —  Wunder,  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LH 
S.  498;  —  Heintz,  Pogg.  Annal.  Bd.  XCn,'S.  458. 


Benzoesäure  -  Anhydrid.  843 

mit  kaltem  Wasser  kann  man  den  Rückstand  auch  aus  kochendem  oder 
lauwarmem  Alkohol  krystallisiren. 

Grössere  Mengen  reinigt  man  am  besten  durch  Destillation. 

Die  wasserfreie  Benzoesäure  bildet  farblose,  schief  rhombische 
Säulen,  die  bei  42<'G.  schmelzen  und  bei  310^0.  unzerset^  sieden. 
Sie  riecht  eigenthümlich,  oft  an  Bittermandelöl  oder  Benzoeäther  er- 
innernd. In  kaltem  Wasser  ist  sie  unlöslich,  in  kochendem  Wasser 
schmilzt  sie  und  wird  sehr  langsam  in  Benzoesäurehydrat  verwandelt, 
welches  ^sich  löst.  Die  unter  Wasser  geschmolzene  Säure  bleibt  beim 
Erkalten  sehr  lange  flüssig,  selbst  beim  Schütteln.  In  Alkohol  und  in 
Aether  Ut  sie  besonders  in  der  Wärme  leicht  löslich.  Die  Lösungen 
reagiren  nicht  sauer. 

Kaustische  Alkalien  lösen  die  wasserfreie  Benzoesäure  leicht  un- 
ter Bildung  von  benzoesaurem  Kali.  Wässeriges  Ammoniak  wirkt  in 
der  Kälte  wenig  ein,  beim  Kochen  löst  sich  das  Anhydrid  leicht  und 
bildet  Henzamid  und  benzoSsaures  Ammoniumoxyd.  Dieselbe  Zer- 
setzung tritt  beim  Einleiten  von  trockenem  Ammoniakgas  in  geschmol- 
zene wasserfreie  Benzoesäure  ein: 

CmHjoOs  +  2NH8  =  Ci4H7NOa  +  NH^O.CuHjOa 

Benzoesäure-  '  Benzamid  BenzoSsaures 

Anhydrid  Ammoniumoxyd. 

Anilin  wirkt  in  der  Kälte  ebenfalls  nicht  ein;  beim  gelinden  Er- 
wärmen erhält  man  eine  homogene  Flüssigkeit  unter  Abscheidung  von 
Wasser  und  beim  Erkalten  krystallisirt  Phenylbenzamid  (Benzanilid) 
[Gerhardt).     Man  hat  hier  die  Gleichung: 

C28»joOe^+  2C13H7N  =  2C26HnN02  +  2H0 

Benzoesäure-         Anilin        Phenylbenzamid. 
Anhydrid 

Beim  Erhitzen  von  wasserfreier  Benzoesäure  mit  trock^em  amei- 
sensaurem Natron  sublimirt  Benzoesäurehydrat ,  während  Kohlenoxyd 
entweicht.  Man  bemerkt  hierbei  jedoch  einen  deutlichen  Geruch  nach 
Ameisensäure  (Gerhardt). 

Die  Substitutionsproducte  der  Benzoesäure  geben  gleichfalls  An- 
bydiide,  von  welchen  bis  jetzt  folgende  untersucht  sind : 

NitrobenzoSsäure-Anhydrid,  Wasserfreie  NitrobenzoS- 
läure.    Entdeckt  von  Gerhardt    Formel:  Ci4H4(N04)08  oder  viel- 

nehr  §*^(Nol)ol!  ^'  =  C2«H«(N0«),0.. 

Die  Darstellung  der  Säure  gelingt  leicht  bei  der  Behandlung  von 
[8  Thln.)  nitrobenzoesanrefn  Natron  mit  (1  Thl.)  Fkosphoroxychlorid. 
Die  Mischung  derselben  wird  im  Luftbade  auf  150<^C.  erhitz^  bis  der 
Seruch  nach  Nitrobenzoylchlorid  verschwunden  ist  Beim  Behandeln 
les  erkalteten  Bückstandes  mit  kaltem  Wasser  hinterbleibt  eine  weisse 
tfasse,  die  in  kochendem  Alkohol  und  Aether  fast  unlöslich  ist,  und 
schwieriger  als  die  NitrobenzoSsäure  schmilzt  Das  Anhydrid  ver- 
Krandelt  sich  beim  Waschen  mit  Wasser  leicht  in  Nitrobenzoesäure. 

Nitr ob en zb es äure-Benzoesäure- Anhydrid,  Wasserfreie 
Benzoesäure  Nitrobenzoesäure.  Entdeckt  von  Gerhardt  Formel: 

C    H  O  ) 

3a8H9(N04)06  =  ^    ^  .jj^)  \n{  ^2*     ^°   erhält  es  durch  gelin- 


844  Benzoesäure  -  Anhydrid. 

des  Erw&rmen  einer  Mischung  von  7  Thln.  trockenem  nifcrobenso£iiO> 
rem  Natron  und  5  Thln.  Benzoylchlorid.  Die  geschmolzene  IfasM  er 
starrt  beim  Erknlten;  man  erwärmt  sie  mit  etwas  Wasser,  um  dal 
Chlornatrium  zu  entfernen,  wäscht  mit  kohlensaurem  Natron  ab  obI 
löst  den  Rückstand  in  kochendem  Alkohol  auf.  Beim  Erkalten  scbeidA 
sich  das  Anhydrid  in  Krystallen  aus.  Es  ist  beständiger  als  die  tct 
hergehende  Verbindung. 

Während  in  dem  BenzoÖsäure-Anhydrid  zwei  gleichartige  Atome  n 
Verbindung  mit  2  Aeq.  Sauerstoff  enthalten  sind,  treten  in  dem  I^tro- 
benzoesäure-BenzuSsäure- Anhydrid  zwei  verschiedenartige  Radieale  aal 
Da  die  Bildung  letzterer  Verbindung,  sowie  ihre  Eigenschaften  deoa 
der  beiden  vorhergehenden  Anhydride  ganz  entsprechen,  so  mösseo  ivir 
diesen  drei  Verbindungen  analoge  Formeln  geben  ^  bo  dass  man  &- 
stere  beide  nicht  etwa  durch  Ci  4^503  und  C]4H4(N04)03,  letztere  d» 
gegen  durch  Ci4}{4(N04)08  -l-  C14H5  Os  darstellen  darf,  im  Falle  mai 
durch  chemische  Formeln  ausser  der  Zusammensetzung  noch  andere  B» 
Ziehungen  ausdrücken  will. 

Aehnliche  Anhydride  mit  -  Benzoesäure ,  welche  neben  Bennyl 
Radieale  von  anderen  Säuren  enthalten,  kennt  man  in  ziemlich  grosa 
Anzahl,  und  wir  werden  dieselben  hier  beschreiben.  Diese  Anhydrid 
erhält  man  entweder  durch  Einwirkung  von  Benzoylchlorid  auf  dk 
Alkalisalze  anderer  einbasischer  Säuren,  oder  umgekehrt  durch  6^ 
handlung  benzoesaurer  Alkalien  mit  Chloriden  einbasischer  Saa» 
radieale.  Sie  sind  meistens  nicht  flüchtig ,  sondern  zerfallen  beim  & 
hitzen  in  zwei  einfache  Anhydride;  durch  Wasser,  oder  schneller  dnr^ 
Basen,   werden  sie  in  zwei  von  einander  verschiedene  Säuren  zerlegt 

Gerhardt^),  sowie  Chiozza^)  und  Malerba')  haben  folgeoll 
zusammengesetzte  Anhydride  der  BenzoSsäure  dargestellt 

Benzo^-Angelikasäure-Anhydrid  s.  Angelikasaure. 

BenzoS-Valeriansäure-Anhydrid:  C14H5O8  -f-  CioB»^^ 

n*^r){^i  (Chiozza).     Die  Einwirkung  des  Benzoylchlorids  «■ 

valeriansaures  Kali  ist  sehr  heftig,  so  dass  man  kaum  zu  erhitid 
braucht.  Das  Product  wird  mit  einer  verdünnten  Lösung  von  kohkt' 
saurem  Natron  gewaschen,  und  hierauf  in  alkoholfreiem  Aether  geloq 
beim  Verdunsten  der  Lösung  im  Wasserbade  hinterbleibt  ein  durchsick 
tiges,  stark  lichtbrechendes,  neutral  reagirendes  Oel;  es  ist  schweif 
als  Wasser,  und  gleicht  im  Geruch  dem  Valeriansäure- Anhydrid ;  btfd 
Erwärmen  entwickelt  es  scharfe,  angreifende  Dämpfe.  Bei  360*G 
etwa  zerlegt  es  sich  in  Benzoesäure-Anhydrid  und  Baldrian6äure-A»i 
hydrid,  doch  muss  man  zur  völligen  Spaltung  wiederholt  destilliren.  j 
Benzoe-  Cuminsäure  -Anhydrid,  CuSkOs  -f-  Cjo^iOi^ 

C14H5  aJQ^  (Chiozza  und  Malerba).  Eine  Mischung  von  20TklJ 

trockenem  cuminsaurem  Natron  und  15  Thln.  Benzoylchlorid  erhiM 
sich  so,  dass  die  ganze  Masse  flüssig  wird ;  man  erwärmt  so  lange,  m 
der  Geruch  des  Chlorids  verschwunden  ist,  und  erhält  beim  KikalM 
eine  fast  farblose,  syrupartige  Masse.      Man  zieht  mit  Wasser,  iod« 


0  Aiinll.  de  Ghim.  et  de  Phys.,  T.  XXXVII,  p.  286 ;  knnal.  d.  Cbm>  >• 
Pharm.,  Bd.  LXXXVII,  S.  67.  -  •)  Ann»l.  de  Chim.  et  de  Phys.  [81],  T.  XXXÄ 
p.  210.  —  *)  Azinal.  d.  Chem.  u.  Pharm.,  Bd.  XCI,  S.  102. 


^4 


Benzoesäure  -  Anhydrid.  845 

Dan  gelinde  erwärmt,  das  Chlqrnatrium  ans,  wäscht  noch  mit  verdünn- 
en] kohlensanrem  Natron  und  zieht  den  dickflüssigen  Rückstand  mit 
alkoholfreiem  Aether  aus,  der  bein^  Verdunsten  das  Anhydrid  zurück- 
ässt. 

Es  ist  ein  dickflüssiges,  fast  farbloses  und  geruchloses  Oel,  welches 
ich  nicht  ohne  Zersetzung  destilliren  lässt.  Speciflsches  Gewicht  1,115 
mi  23®  C.  Mit  der  Zeit  nimmt  es  in  Berübrung  mit  Feuchtigkeit  eine 
aare  Reaction  an.  Durch  wässeriges  Ammoniak  erhält  man  daraus 
7nniinamid,  nebst  Benzamid  uqd  benzoSsaurem  Ammoniumoxyd. 

BenzoS-Essigsäure-Anhydrid:    C14  H5  Og  -|-  C4  Hg  Oa  = 

H  O  1^^  (Gerhardt).     Es  bildet  sich  leicht  beim  Vermischen 

'on  Benzoylchlorid  mit  trockenem  essigsaurem  Natron,  ohne  dass  man 
;o  erwärmen  braucht.  Das  syrupartige  Product  wird  mit  einer  ver- 
lünnteu'  Lösung  von  kohlensaurem  Natron  gewaschen  und  durch  Auf- 
&seD  in  alkoholfreiem  Aether  gereinigt.  Es  ist  ein  schweres  neutrales 
>el,  von  angenehmem  Gerüche  nach  spanischem  Wein.  Kochendes 
IVasser  zerlegt  es  langsam  in  Essigsäure  und  Benzogsäure,  kaustische 
»der  selbst  kohlensaure  Alkalien  bewirken  die  Zersetzung  schnell. 

Es  fängt  bei  1500G.  an  zu  kochen,  und  indem  das  Thermometer 
■asch  steigt,  destillirt  Essigsäure-Anhydrid  über;  unterbricht  man  die 
[>estillation  bei  280<>C.,  so  erstarrt  der  gebräunte  Bückstand  beim  Er- 
halten zu  Krystallen  von  BenzoSsäure-Anhydrid. 

BenzoS-Myristinsäure-Anhydrid:  C14 H5 Os --j- C28 Hj7 Og  = 

^^5*  o^jo,    (Chiozza    und    M*lerba).       Man    erhält    es  durch 

^S  **27  ^i) 

Srhitzen  gleicher  Aequivalente  von  myristinsaurem  Kali  und  Benzoylchlo- 
id  im  Oelbade,  bis  der  Geruch  verschwunden  ist  Dnrpb  Ausziehen 
nit  kochendem  Aether  erhält  man  es  in  Lösung,  woraus  es  beim  Ab- 
kühlen und  Verdunsten  in  glänzenden,  vor  dem  Trocknen  durchsichti- 
gen Blftttchen  erhalten  wird.  Es  schmilzt  bei  38<^G.  und  erstarrt  wie- 
1er  bei  36«  C. 

BenzoS-Oenanthylsäure-Anhydrid:  Ci4H508-f-Ci4Hi808  = 

?*5*  ^^1^2   (Chiozza    und     Malerba).      Es    wird    leicht    durch 

Sinwirkung  von  Benzoylchlorid  auf  önanthylsaures  Kali  erhalten;  es 
ist  ein  farbloses  Oel  von  1,043  specif.  Grewicht,  das  dem  Oenanthyl- 
Iftnre- Anhydrid  im  Geruch  gleicht  An  der  Luft  scheidet  es  bald  Kry- 
italle  von  BenzoSsäurehydrat  aus. 

Benzoe-Pelargon8äure-Anhydrid:Ci4HB08  +  Ci8Hi708  = 

^S*  9,^1^2  (Chiozza).     Es    wird  wie  die    vorhergehenden   Ver- 

t>indQngen  dargestellt,  und  als  ein  schweres  dem  Pelargonsäure-Anhy- 
irid  ähnliches  Oel  erhalten.  Etwas  unter  0^  gesteht  es  zu  einer  bnt- 
terartigen  Masse.  Beim  Erhitzen  entwickelt  es  scharfe  Dämpfe  und  zer- 
fallt in  höherer  Temperatur  in  Benzoesäure-Anhydrid  und  Pelargon- 
säure-Anhydrid,  die  zum  Theil  weitere  Zersetzungen  erleiden. 

g    BenzoS-Salicylsäure:  CuHjO»  +  CuHsOj  =^*  Jj  qJJ  O, 

^  (Ci4H402y'i O4  (Gerhardt).   Es  wird  durch  Einwirkung  von  Ben- 
H 


846   Benzoesäure-Carbolsäure.  —  Benzoesäure  Salzel 

zoylcUorid  auf  salicylsaures  Kali  als  eine  zähe  Masse  erhalten,  d» 
sich  nqr  schwierig  reinigen  läsat  und  von  kochendem  Wasser  schnell 
in  Salicylsäare  und  BenzoSsäore  zerlegt  wird«  In  Aether  ist  es  los- 
lich. Im  Falle  die  Salicylsäure  eine  zweibasische  Säure  ist,  die  mck 
wie  die  übrigen  mehrbasichen  Säuren  verhält,  so  müsste  das  Prodnet 
kein  Anhydrid,  sondern  eine  Doppelsäure,  entsprechend  der  Benzo- 
glycoUäure  oder  Benzomilchsäure  sein.  Bei  der  trockenes  Destillatioo 
liefert  es  Benzophenid  (benzoesaures  Phenyioxyd)  sowie  in  Kalilauge 
lösliche  Producte. 

Benzoe-Stearinsäure-Anhydri'd,  CuHö^a  -f-  CaßHs^Ojrr 

r\^^  Tj    r\i02  (Chiozza   und    Malerba),     wird    wie    das    Benzoc- 

Myristinsäure* Anhydrid  dargestellt  und  bildet  glänzende,  bei  70^ C 
schmelzende  Blättchen. 

Benzoe-Zimmtsäure-Anhydrid,   C14H5OS  ~f"   Qs  Ä7  Of  = 

n^  j^  r^l02  (Gerhardt),  wird  wie  das  BenzoS-Cuminsäure-Afr 
Cjg  »7  Uj )  ... 

hydrid  dargestellt,  dem  es  auch  ähnlich  ist.  Es  bt  ein  dickes  Oel  toi 
1,184  specif.  Gewicht  bei  23^  C,  das  an  feuchter  Luft  allmälig  saoer 
wird.  Bei  der  Destillation  zersetzt  es  sich,  indem  ein  nach  Cinnanwl 
riechendes  Oel,  das  allmälig  Krystalle  von  Benzoesäure- Anhydrid  ab- 
setzt, sowie  ein  saurer,  in  kohlensauren  Alkalien  löslicher  Körper  ube^. 
gehen.  A.  S. 

Benzoesäure-Carbolsäure  s.  Benzophenid. 
Benzoesäure-Chloroform  s.  Benzoylchlorid.  Za- 

Setzung  durch  Phosphorchlorid. 

Benzoesalpetersäure  s.  Nitrobenzoesäure  nsur 

Benzoesäure,  Abkömmlinge. 

Benzoesäure  Salze*).      Die  Benzoesäure    bildet    mit 
Basen   meist   neutrale  Salze,  doch   kennt  man  auch  einige  saure 
basische  Salze.     Erstere  sind  grösstentheils  krystallisirbar,  in  Was 
und  in  Alkohol  löslich.     Fast  alle  Säuren  scheiden  aus  ihnen  die 
zoesäure  ab;  in  alkoholischer  Lösung  wird  das  benzoesaure  Kali  sei 
durch  Kohlensäure  zerlegt,  indem  kohlensaures  Kali  niederfällt.     Jhl 
stellt  die  Salze   durch  Sättigen  der  Säure  mit  den  ffeien  Basen  od 
den  kohlensauren  Salzen  dar,  wobei  die  Kohlensäure  ausgetrieben  wir! 
Einige  werden  besser  durch  doppelte  Zersetzung  bereitet. 

Bei  der  trockenen  Destillation   geben  die  benzoesauren  Alkali«C 


;     AniiftL  M 


^)  Literatur:    Befzelius,  Poggend.   Annsl    Bd.   XXVI,   S.    480 
Chera.    u.   Pharm     Bd.   Ill,  S.  282.  —  Plan  tarn our,    Annal.  d.  Chem. 
Bd.    XXX,    S.    349.  —    Mitscherltch,  Joum.    f.  prakt.  Cbem.  Bd.  XXII, 

—  Dumas  n.  Bon Uay,    Annal   de.    Chem.    et   de  Phys.  [2.]  T.  XXXVm,  p.  H. 

—  Dumas  u.  P^ligot,  Annal.  de  Chim.  et  de  Phys,  [2.]  T.  LVIU,  p.  60.  —  Ma* 
l'aguti,  Annal.  de  Chim.  et  de  Phys.  [2.]  T.  LXX,  p.  374.  —  Deville,  eboij 
[8.J  T.  TU,  p.  188;  Joum.  f. prakt.  Chem.  Bd.  XXV,  S.  358.  —  Gerhardt,  AnnaL  * 
Chim.  et  de  Phys.  [3.]  T.  XXXVH,  p.  812  —  Wöhlcr  u.  Liebig,  Annal^ 
Chem.  n.  Pharm.  Bd.  III»  S.  274.  ^  Hoberg,  AnnaL  d.  Chem.  n.  PI 
Bd.  LXVm,  S.  307.  —  Muspratt  u.  Hofmann,  Annal.  d.  Chem.  u.  PI 
Bd.LIV,  S.U.—  Schiff,  ebcnd.  Bd.  CIV,  S.  326.  -  Harff,  Brandes' Archiv  BAT, 
S.  285.  —  Maricrhac,  Anhal,  des  mines  [5.]  T.  XII,  p.  1;  Jahreaber.  ▼.  Kopf 
u.  Will  f.   1857,  S.  882.  ' 


Benzoesäure  Salze.  847 

jid  Erdalkalien  Benzol,  Benzon  (Benzopbenon)  und  dem  ^aphtaliu 
iomere  feste  Kohlenwasserstoffe ;  die  Salze  mit  leicht  redacirbaren  Metall- 
faden geben  femer  Benzophenid  (benzoesaures  Fhenyloayd).  £r- 
Itzt  man  ein  Gemenge  von  benzoesaurem  und  ameisensanrem  Kalk, 
D  erhält  man  Bittermandelöl  (Piria). 

Mit  Phosphoroxjchlorid  zusammengebracht,  geben  die  ben- 
oSsauren  Alkalien  Benzoylchlorid  und  phosphorsaure  Salze : 

PO.i€l,  +  3(KO.Ci4H508)  =  3KO.PO5  +  3C,4H5  0,Q. 

Das  Benzoylchlorid  selbst  verwandelt  sich  mit  benzoSsauren  Al- 
ftlien  in  alkalisches  Chlormetall  und  wasserfreie  Benzoesäure  (Ben- 
>€8äiire  -  Anhydrid) : 

KOJDuHftOa  +  Q^^l^^O^QA  =  K€l  +  ^^u^^ 

Benzoesaures  Kali  Benzoylchlorid  Benzoesäure- 

Anhydrid. 
Auch  durch  Behandlung  von  benzoesauren  Alkalien  mit  Phos- 
horperchlorid  kann  man  entweder  Benzoylchlorid  oder  Benzoesäure- 
Luhydrid  erhalten,  letzteres  im  Falle  6  Aeq.,  ersteres  wenn  3  Aeq. 
enzoesaures  Salz  auf  1  Aßq.  Phosphorperchlorid  angewandt  werden, 
[an  hat  nämlich: 

S(KO.Ci4H5  03)  +  P€l6  =  3C14H5O2GI  +  2KG1  +  KO.PO«. 
Schwefelchlorid,  S€l,  hat  eine  ähnliche  Wirkung;  man  erhält 
lerst  (neben   Chlorkalium,  schwefelsaurem  Kali  uiyl  Schwefel)  Ben- 
3ylchlorid  und  hieraus,  wenn  noch  mehr  benzoesaures  Salz  vorhanden 
^t,  Benzogsäure -Anhydrid.     Man  hat  die  Zersetzungsgleichung: 

(KO.Ci4Hß03)  +  3SGl  =  K€l  +  KO.S08+2S  +  2CH)i602Gl. 

Benzoesaures  Aethyloxyd,   Benzoeäther:    CigHio04  oder 

4060.(3,4115  08  =  ^*c*Hi^2-      Von   Scheele    entdeckt.     Die 

^zoesäure  verwandelt  sich  iü  Berührung  mit  Alkohol  nicht  leicht 
i  Benzogäther  und  man  kann  eine  Mischung  beider  wochenlang  in 
Br  Wärme  stehen  lassen,  ohne  dass  sich  Aether  bildet  (Lieb ig). 
Irhitzt  man  Benzoesäure  aber  mit  Alkohol  in  verschlossenen  Gelassen 
tf  100^  C.  so  entsteht  eine  bedeutende  Menge  von  Benzoeäther. 
jBch  beim  £rhitzen  von  Benzoesäure  mit  Aethyläther  auf  360^  C.  bil- 
Bt  sich  BenzoSäther.  Viel  leichter  bildet  sich  der  Benzoeäther  beim 
»linden  Erwärmen  von  Benzoesäure  -  Anhydrid  mit  Alkohol,  oder 
enn  man  der  Mischung  von  Benzoesäurehydrat  und  Alkohol  eine 
leine  Menge  einer  stärkeren  Säure  (Salzsäure,  Schwefelsäure)  zu- 
ttzt.  Benzoylchlorid  verwandelt  sich  mit  Alkohol  leicht  in  Benzoe- 
iher  und  Salzsäure.  Die  Angaben,  dass  bei  der  trockenen  Destüla- 
tm  von  Tolubalsam  (Deville)  und  von  BenzoSharz  (Cahours) 
enzoeäther  sich  bilden  soll,  bedürfen  noch  bestimmterer  Beweise. 

Zur  Darstellung  von  Benzoeäther  destilHrt  man  von  einem  Ge- 
ienge  von  4  Thln.  Weingeist,  2  Thln.  Benzoesäure  und  1  Thi.  rau- 
Ikender  Salzsäure  zwei  Drittel  über.  Das  Destillat  giesst  man  wie- 
V  zurück  in  die  Betorte  und  destill irt  abermals ;  es  geht  hierbei  wenig 
4pBr  über,  sondern  die  Hauptmenge  bleibt  im  Bückstande  und  lässt 
Ah  durch  Zusatz  von  Wasser  ausfällen. 

Man  kann  auch  3  Thle.  Benzoesäure  in  2  Thln.  85procentigem 
Jkohol  kochend  lösen,  die  Mischung  mit  Salzsäuregas   sättigen    und 


848  Benzeesaure  Salze. 

nach  längerem  Erhitzen  durch  Zusatz  von  Wasser  den  BenzoSäther  ab- 
scheiden. 

Der  durch  Wasser  abgeschiedene  BenzoSäther  enth&lt  'at^s  freie 
Benzoesäure  beigemengt;  zur  Reinigung  wird  er  mit  einer  Lösung  toi 
kohlensaurem  Natron  geschüttelt,  mit  Wasser  wiederholt  gewadchot 
und  über  Bleioxyd  rectificirt. 

Der  Benzoeäther  ist  eine  farblose  Flüssigkeit  von  angcfkiehroeia, 
ätherischem  Geruch  und  stechendem  Geschmack.  Das  specif.  G«wieto 
beträgt  1,0556  bei  10o,5  G.  (Kopp);  er  siedet  bei  2120,9  (Kopp  bd 
745,5"*"  Bar.);  seine  Dampfdichte  beträgt  5,406  (Dumas  und  Bool- 
lay).  Er  ist  in  Wasser  nur  sehr  wenig  löslich,  in  jedem  Verbältni» 
mit  Alkohol  und  Aether  mischbar. 

Der  BenzoSäther  wird  durch  Kalilauge  nur  sehr  langsam  in  Ben- 
zoesäure und  Alkohol  Übergeführt;  erhitztes  Kalihydrat  oder  beisa 
Kali- Kalk  verwandelt  ihn  unter  Wasserstoffentwickelung  (Dumas  on^ 
Stass)  in  Benzogsäure  und  Essigsäure,  welche  beide  mit  dem  KsE 
sich  verbinden.  Durch  Ammoniak  wird  er  bei  gewöhnlicher  Tempe- 
ratur sehr  langsam,  beim  Erhitzen  auf  lOO^C.  ziemlich  rasch  in  Beoz- 
amid  verwandelt 

Chlorgas  wirkt  erst  in  einej*  Temperatur  von  60^  bis  70^  C.  sä 
BenzoSäther  ein;  es  entweichen  Salzsäure  und  Aethylchlorür,  und  ^ 
Rückstand  bildet- eine  dicke  an  der  Luft  rauchende  Masse,  welche  hm 
Erwärmen  auf  ISlO^C.  ein  farbloses,  schwach  rauchendes  Destillat  voi 
erstickendem  Geruch  liefert,  während  der  Bückstand  sich  acfawifli 
und  bei  stärkerem  Erhitzen  Benzoylchlorid  Obergehon  lässt.  Die  b« 
1880  C.  übergehende  Flüssigkeit  besitzt  eine  der  Formel  Gig  fig  Gl,  O^  eal* 
sprechende  Zusammensetzung,  wonach  sie  als  Verbindung  von  Bci> 
zojlchlorid  und  zweifach -gechlortem  Aethyloxjd  (Acetyloxybichkmi] 
C4H8  612  0,  betrachtet  werden  kann  (Malaguti). 

Destillirt  man  BenzoSäther  Über  geschmolzenes  Zinkchlorid,  m 
entweicht  Aethylchlorür,  und  es  bildet  sich  benzoSsaures  Zinkoxyd,  wel- 
ches seinerseits  in  höherer  Temperatur  Benzoesäure  und  Benzol  liefefT 

CisHioOi    +  Zn€l  =       Si^S^      +        Zn0J[^4H5O, 

BenzoSäther  Aethylchlorür        benzoesaures  Ziokoxyd. 

Durch  Salpetersäure  (E.  Kopp)  oder  durch  ein  Gemiach  vm 
Salpetersäure  und  Schwefelsäure  (Limj) rieht  und  List)  wird  er  i 
Nitrobenzoeäther  verwandelt. 

Phosphorchlorid  wirkt  nicht  auf  Benzoäather  ein  (Cahoars). 

Innerlich  genommen  wirkt  der  Benzoeäther  berauschend  und  ii 
Harn  ündet  sich  später  Hippursäure  (Wo  hl  er  und  Frerichs). 

BenzoSsaures  Ammoniumoxyd,  a.  neutrales  Balz.  Es  lasi 
sich  durch  Auflösen  von  Benzoesäure  in  warmer  concentrirter  Ammoniak* 
flüssigkeit  und  Erkalten  der  Lösung,  oder  durch  Abdampfai  ein« 
verdünnteren  Lösung  unter  zeitweisem  Zusatz  von  Ammoniak  darstel' 
len,  krystallisirt  rhombisch,  in  tafelförmigen   Combinatiouen   OP.P. 

00  P  00 .  F  00  (Marignac).  Es  ist  in  Wasser  und  Weingeist  leicht  B»' 
lieh,  in  letzterem  doch  schwieriger  als  das  Kalisalz  (Berzelias).  Ma 
der  Luft  oder  beim  Eindampfen  der  Lösung  verliert  es  Ammoniak^ 

b.  Saures  Salz.  Beim  freiwilligen  Verdunsten  der  Losung  desef^ 
sten  Salzes  schiesst  es  in  grossen  unregelmässigen  Krystallen  an.  Es  vA 
in  Wasser  und  Alkohol  weniger  löslich  als  das  saure  Salz. 


Benzoesäure  Salze.  849 

Destillirt  man  das  trockene  Salz  wiederholt  unter  Zusatz  von  Am- 
moniak för  sicIl,  80  verwandelt  es  sich  grosstentheila  in  BenzonitriL 

NH4Q.CHH5O»      =      CuHfiN   +  4HO. 

BenzoSsaures  Ammoniak        Benzonitril 

Diese  Verwandlung  findet  vollständiger  statt,  wenn  man  wasser- 
freie Phosphorsäure  beimengt  Leitet  man  die  Dämpfe  von  benzoS- 
saarem  Ammoniak  über  dunkelrothglühenden  Baryt,  so  erhält  man,  nach 
Laurent  und  Chancel,  Benzonitril  und  einen  krjstallinischen  Körper, 
nach  Gerhardt  dagegen  Benzol  und  «inen  dem  Naphtalin  isomeren 
festen  Kohlenwasserstoff. 

BenzoSsaures  Amyloxyd,  Amylbenzo8äther,  CiqHjjiO. 
Ci4H5  0a,  bildet  sich,  nach  Rieckher,  bei  der  Destillation  von  benzo^- 
saurem  Kali  oder  Benzoesäure  mit  einer  Mischung  von  1  Thl.  Amyl- 
ozydhydrat  und  2  Thln.  Schwefelsäure.  Es  ist  eine  schwach  gelb- 
lich gefärbte  Flüssigkeit  von  eigenthfimlichem  Geruch,  die  bei  260^,7 
(Kopp  bei  745,6"'*'  Bar.)  siedet  Specif.  Gewicht  0,9925  bei  140,4 
(Kopp).    Durch  alkoholische  Kalilauge  wird  es  leicht  zersetzt. 

BenzoSsaurer  Baryt,  BaO.Ci4H509  -|-  2aq.,  zarte  luftbe- 
st&ndige  Nadeln  (Trommsdorff)  oder  grosse  Tafeln,  die  bei  100®  C. 
undurchsichtig  werden  (Plantamoar)  und  bei  110^  G,  2  Aeq.  Wasser 
verlieren  (Limpricht). 

BenzoSsaures  Bleiozyd,  Pb O  .  (3i4  ft^ 0«  -f-  aq.,  wird  durch 
Fällen  von  benzoSsaurem  Kali  mit  essigsaurem  Bleioxyd  als  leichtes 
krystallinisches  Pulver  erhalten ;  schmilzt  wenig  Ober  100®  C-  und  ver- 
liert 1  Aeq.  Wasser  (Berzelius).  Digerirt  man  dasselbe  mit  Blei- 
essig, so  verwandelt  es  sich  in  ein  schweres,  körniges  Pulver,  eine  Yer- 
bindung  von  basisch  -  benzoSsaurem  und  essigsaurem  Bleioxyd  von  der 
Formel  2PbO.C,4H5  03  +  2(3PbO.C4Hs08)  (Varrentrapp). 

Digerirt  man  das  neutrale  Salz  mit  Ammoniak,  oder  fcLllt  man 
benzoSsaures  Ammoniak  mit  Bleiessig,  so  erhält  man  ein  basisches 
Salz,  3PbO.Ci4H0O,  <Berzelius). 

BenzoSsaures  Eisenoxydul,  FeO.Ci4S(03,  krystallisirt  in 
Nadeln,  die  an  der  Luft  verwittern  und  sich  gelb  färben.  Es  ist  lös- 
lich in  Wasser  und  in  Weingeist  (Berzelius). 

BenzoSsaures  Eisenoxyd,  neutrales,  krystallisirt  aus  der 
Auflösung  des  Eisenoxyds  in  wässeriger  Benzoesäure  in  gelben  Nadeln, 
welche  von  Wasser  oder  Weingeist  in  ein  basisches  Salz  zersetet 
werden. 

Vermischt  man  eine  Lösung  von  Eisenoxyd  mit  soviel  Alkali,  dass 
sie  gelb  wird,  so  entsteht  darin  auf  Zusatz  von  benzoesaurem  Alkall 
ein  röthlich  gelber  Niederschlag,  welcher  beim  Waschen  mit  Wasser 
in  ein  lösliclies  Salz  und  ein  ungelöst  zurückbbibendes  eisenoxyd- 
reicheres  Salz  zerlegt  wird. 

Yjersetzt  man  eine  Lösung  von  Eisenchlorid  mit  soviel  Ammoniak, 
dass  sie  dunkelroth  wird,  und  fQgt  hierauf  benzoSsaures  Alkali  zu,  so 
entsteht  ein  voluminöser  fleischfarbiger  Niederschlag,  welcher  durch 
kaltes  Walser  nicht  verändert  wird.  Er  enthält  25  Proc.  Eisenoxyd 
lA&hezu  entsprechend  der  Formel  2  Fcs  Os  •  3  Ci4{l5  Og  -|-  15  aq. 
(Berzelius). 

BenzoSsaures  Kadmiumoxyd:  CdO.Ci4H5  08-|-2aq.  Durch 
Auflösen  von  kohlensaurem  Kadmiumoxyd  in  wässeriger  BenzoSsäure 

H«ndwftrt«rbach  der  Chemie.  2te  AniS.  Bd.  TT.  54 


85^0  Benzoesäure  Salze. 

und  Verdampfen  erhält  man  kugelige  Aggregate  von  glänzenden  oadel- 
förmigen  Krystallen.     Leicht  in  warmem  Wasser,  wenig  in  Weingeist 

löslich  (SchifO. 

BenzoSsanres  Kali,  a.  neutrales  Salz,  krjstalUsirt  schwierig 
aus  Wasser,  leichter  aus  der  heissen  weingeistigen  Liösung  in  büschelför- 
mig vereinigten  Nadeln  oder  in  Blättern,  wahrscheinlich  dem  Ammoniak- 
salz  isomorph.  Die  Lösung  efflorescirt  leicht.  Es  schmeckt  scharf,  et- 
was brennend  und  verliert  bei  100^  C.  1  Aeq.  Wasser. 

b.  Saures  Salz,  KO.ChHsO,  +C14H6O4,  bleibt  bei  der  Be- 
handlung von  essigsaurem  Kali  mit  Benzojlchlorid  in  der  Warme  im 
Rückstande  und  krystallisirt  nach  dem  Waschen  mit  kaltem  Wassei;, 
Trocknen  des  Ungelösten  und  Auflösen  in  viel  kochendem  Alkohol 
beim  Erkalten  in  farblosen,  perlmutterglänzenden  Blättchen.  Es  ut 
in  kaltem  Wasser  sehr  wenig  löslich  (Gerhardt). 

Benzoesaurer  Kalk,  CaO.Ci4H5  0s  -|~  2  aq.,  krystallisirt  bald 
in  fadenförmig  und  büschelförmig  vereinigten  Nadeln,  bald  in  Körnen 
(Berzelius).  Die  Nadeln  sind,  nach  Schabus,  wahrscheinlich  rhom- 
bisch, (ao  P  :  00  P  00  =  1220  5';  P  00  :  00  P  00  =  IO60  26').  Das  Sali 
löst  sich  in  29  Thln.  kaltem  Wasser.  Beim  Erhitzen  schmilzt  es  und 
liefert  Benzol,  Benzon  (Benzophenon),  Naphtalin  oder  ähnliche  Kohlen- 
wasserstoffe und  kohlensauren  Kalk  (P^ligot,  Chance  1). 

Benzoesaures  Kupferoxjd:  CuO  .C14H5  Oji.  Beim  Ver- 
mischen von  schwefelsaurem  Kupferoxyd  mit  benzoesaurem  Kali  in 
heisser  Lösung  fallt  das  Salz  als  ein  lockeres  Haufwerk  blaagruef 
Nadeln  nieder  (E  t  tl  i  n  g).  Es  löst  sich  beim  Erwärmen  in  verdünnter 
Essigsäure  und  krystallisirt  daraus  in  kleinen  grünen  Nadeln.  Es  ent- 
hält kein  Wasser  und  ist  in  Weingeist  unlöslich.  Beim  Erhitzen  üb& 
freiem  Feuer  liefert  es  Benzol,  Beiizoesänre,  benzoSsaures  Phenyloxjd 
(Benzophenid  s.  d.  Art)  und  ein  bei  260^  C.  siedendes  Oel,  welche» 
beim  Erhitzen  mit  Schwefelsäure  in  Phenylhydrat  und  einen  fesleo 
Kohlenwasserstoff  (CX0H4)  zerfällt.  Der  Rückstand  in  der  Retorte 
enthält  saUcylsaures  Kupferoxyd  und  metallisches  Kupfer. 

Benzoesäure  Magnesia:  Mg  O  .  C14  H5  Os-  Federformige,  is 
Wasser  leicht  lösliche  Krystalle,  die  an  der  Luft  verwittern. 

Benzoesaures  Manganoxydul,  MnO.Ci4ft5  08.  Wasserhelk 
luftbeständige  Nadeln,  die  sich  in  der  Kalte  in  20  Thln.  Wasser  löseo, 
leichter  in  der  Wärme,  schwer  in  Weingeist. 

Benzoesaures  Methyloxyd:  C2 Hs O  . C14 H5 O^.  Es  sdll,  nach 
Scharling,  bei  der  trockenen  Destillation  des  Tolubalsams  erhalten 
werden.  Man  stellt  es  durch  Destillation  von  2  Thln.  Benzoesäure 
mit  1  Thl.  Methyloxydhydrat  und  2  Thln.  concentrirter  Schwefelsäure 
dar.  Den  Bückstand  übergiesst  man  zweckmässig  nochmals  mit  etwas 
Holzgeist  und  destillirt  von  Neuem.  Aus  dem  vereinigten  Destillate 
verdunstet  man  durch  Erwärmen  in  offenen  Gefassen  den  Hol^ei^ 
trocknet  den  zurückbleibenden  Aether  über  Chlorcalcium  und  rectifidrt 
ihn  über  Bleioxyd,  wobei  man  das  über  198^  C.  Uebergehende  für 
sich  auffängt«  Man  kann  ihn  auch  durch  Destillation  von  schwefel- 
saurem Methyloxyd  mit  benzoSsaurem  Kali  darstellen. 

Es  ist  eine  farblose,  ölartige  Flüssigkeit  von  angenehmem  Gemek 
in  Wasser  unlöslich,  mit  Alkohol  oder  Ae^er  mischbar.  Es  siedet 
bei  198«,5  C.  (bei 761 -»Barometer)  oder  1990,2  C.  (Kopp  bei  7i6,4"" 
BarO  '^pecif.  Gewicht  1,10  bei   IZ^C.  (Dumas   und  Peligot)  oder 


Benzoeschwefelsäure.  ,  851 

1,0876  bei  16o,8C.  (Kopp).  Seine  Dampfdichte  wurde  zu  4,717  ge- 
linden. 

LäSAt  man  die  Dämpfe  desselben  über  glühenden  Kalk  streichen, 
o  erhält  man  anter  anderen  Produoten  Benxol. 

Der  Aether  absorbirt  Clüorgas;  beim  Erwärmen  entweicht  Salz- 
änre,  Methjlchlorör ,  später  kommt  Benzojlchlorid.  Der.  geflLrbte 
lückstand  enthält  Benzoesäure  und  wahrscheinlich  gechlortes  benzoS* 
aures-  Methyloxjd  (Malaguti). 

Benzoesaures  Natron:  NaO.Ci4H508  -|-  xaq.  Spiessförmige 
Crystalle,  die  an  der  Luft  verwittern  und  in  Weingeist  wenig  löslich 
ind. 

BenzoSsaures  Quecksilberoxjd:  HgO.Ci4H508  -f-  aq. 
Weisser,  aus  feinen  Nadeln  bestehender  Niederschlag  (aus  Sublimat* 
5sang  mit  benzoisauren  AljjLalien  erhalten),  der  nicht  in  kaltem,  ziem- 
ich  reichlich  in  heissem  Wasser  löblich  ist.  Weingeist  und  Aether 
erlegen  das  Salz  zum  Theil  unter  Zurücklassung  eines  basischen  Salzes, 
irelches  auch  durch  Kochen  von  Benzoesäure  mit  Wasser  und  Queck* 
•flberoxyd  erhalten  wird.  Behandelt  man  das  neutrale  Salz  mit  Ammo* 
liak,  so  verwandelt  es  sich  in  ein  weisses  Pulver,  welches  in  Wasser 
inloslich  ist  und  mit  Kali  unter  Entwickelung  von  Ammoniak  sich 
(elb  färbt.  Es  enthält  70  Proc.  Quecksilberoxyd  (HarfQ;  die  For- 
Del  3HgO.C!i4fi6  08  +  ^H,  verlangt  71  Proc.  Queoksüberoxyd. 

Benzoesaures  Quecksilberoxydul,  Hgs  O  .  C14 Hs  Os^  fällt 
>eim  Vermischen  von  Quecksiiberöxydulsalzen  mit  benzoSsauren  Al- 
udien oder  freier  Benzoesäure  als  ein  krystallinischer,  voluminöser 
l^iederschlag.  Es  ist  in  kaltem  Wasser  unlöslich  und  wird  beim  Kochen 
lamit  unter  Abscheidung  von  metallischem  Quecksilber  zersetzt.  Am 
Lichte  färbt  es  sich  gelb.  Durch  Ammoniak  wird  es  in  ein  schwarzes 
Pulver  verwandelt,  welches  80  Proc.  Quecksilberoxydul  enthält  (Harff). 
[)er  Formel  3 HggO. €148508  -f"  ^K«  enUprechen  80,2  ProcQueck- 
lilberoxydul. 

Benzoesaures  Silberoxyd:  AgO.C]4H5  03.  Durch  Wechsel- 
leitige  Zersetzung  von  salpetersaurem  Silberoxyd  und  benzoesauren 
ykalien  erhält  man  es  in  Gestalt  eines  dicken,  weissen  Niederschlags, 
ier  sich  in  viel  kochendem  Wasser  löst  und  beim  Erkalten  in  langen, 
glänzenden  Krystallblättchen  wieder  abscheidet  Beim  Erhitzen  schmilzt 
)r  unter  Aufblähen  und  hinterlässt  sehr  weisses  metallisches  Silber. 
£r  löst  sich  bei20oC.  in  1,96  Thln.  absolutem  Alkohol  (Mitseherlich). 

Die  Salze  der  Benzoesäure  mit  Nickeloxydul,  Kobaltoxydul 
md  Zinkoxyd  sind  krystallisirbar,  in  Wasser  und  Weingeist  löslich, 
las  mit  Lithion  unkrystallisirbar ,  sehr  leicht  löslich;  die  Salze  mit 
fVismnthoxyd,  Zinnoxyd  und  Zinnoxydul,  Zirkonerde,  Ytter- 
irde,  Thonerde,  Ceroxydul  sind  weisse  in  Wasser  wenig  lösliche 
{Niederschläge.  Das  Thonerdesalz  ist  krystallinisch,  in  Wasser  ziemlich 
eicht  löslich.  ( Wr.)    A.  S. 

Benzoeschwefelsäure^)  Sulfobenzoesäure,  Benzoe- 


<)  Literatar:  Mitseherlich,  Pogg.  Anna).  Bd.  XXXI,  S.  287.  Fehling, 
Inut.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  XXVII,  S.  822.  Limprieht  a.  Uslar,  Annal. 
l.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  CII,  S.  239  u.  Bd.  CVI,  S.  27;  Jonm.  f.  prakt.  Chem. 
Id.  LXXI,  S.  422;  Chem.  Centralbl.  1867,  S.  488.  Keferstein,  Aanal.  d.  Chem. 
L  Pharm.    Bd.  CVI,  S.  886. 

64* 


852  Benzoeschwefelsäure. 

uuterschwefelB&are,  Äcide  sul/obenzpique.  Formel  der  freien  Slnre 
wahrscheinlich:  2HO.C14H4O8  .2S08;  von  Mitscherlich(1834)eiit. 
deckt  Leitet  man  die  Dämpfe  von  wasserfreier  Seh wefebänre  zu  Benzoe- 
säure, 80  eixtsteht  unter  Wärmeent Wickelung  eine  zähe  durchsichtige  MasK; 
dieselbe  entsteht  auch  beim  Vermischen  von  wasserfreier  Schwefelsäure 
mit  2  Thln.  trockener  Benzoesäure.  Die  Masse  wird  mit  Wasser  behan- 
delt, worin  Sulfobeozoesäure  und  Schwefelsäure  sich  lo8en,  während 
überschüssige  Benzoesäure  hinterbleibt.  Man  .sättigt  die  Losung  mh 
kohlensaurem  Baryt,  engt  die  vom  schwefelsauren  Baryt  filtrirte  Losong 
ein,  und  vermischt  sie  noch  warm  mit  soviel  Salzsäure,  dass  die  H&lfte 
des  gelösten  Baryts  sich  damit  vereinigen  kann.  Beim  Erkalten  schei- 
det sich  saurer  sulfobenzoSsaurer  Baryt  in  Krystallen  ab,  die  darck 
Umkrystallisiren  leicht  zu  reinigen  sind.  Um  die  SulfobenzoSsaiire  föi 
sich  darzustellen,  fallt  man  aus  der  Lösung,  des  Salzes  den  Baryt  dorel 
Schwefelsäure  genau  aus,  und  dampft  die  filtrirte  Lösung  so  weit  ab 
dass  sie  zuletzt,  olme  zu  sieden,  eine  Temperatur  von  150^0.  anninnnt 
Beim  Erkalten  erstarrt  sie  krystallinisch,  zerfliesst  jedoch  in  feuchte 
Luft  und  krystallisirt  wieder  in  trockener  Luft.  Aus  Chlorbarimn  fili 
sie  sauren  sulfobenzoSsauren  Baryt;  durch  Kochen  mit  Salpetersäo* 
wird    sie    nicht  zersetzt. 

Die  SulfobenzoSsäure  enthält  die  Elemente  von  Benzoesäure  nB< 
wasserfreier  Schwefelsäure,  so  dass  ihre  Entstehung  sich  sehr  ein&d 
erklärt,  aber  während  die  Benzoesäure  nur  1  Aeq.  basisches  WasM 
enthält,  sind  in  der  Sulfobenzoesäure  2  Aeq.  durch  Metalloxyde  vertreC 
bares  Wasser  enthalten,  so  dass  letztere  nicht  mehr  das  Radical  Benzof 
enthalten  kann.  Man  hat  sehr  verschiedene  rationelle  Formeln  für  di«i 
Säure  vorgeschlagen,  um  die  Beziehungen  der  Säure  zu  ihren  Comp» 
nenten  darzustellen.  Fe h  1  ing  'betrachtete  die  Säure  als  aus  ünterschvt' 
feisäure,  SsO^  und  C14H4O8,  in  gepaarter  Verbindung,  bestehend;  Ber 
zelius  nimmtCi4ll4  0.2  mit  2  SO^  gepaart  darin  an;  naeh  Limprieki 
und   Uslar  lässt  sich  die  Constitution  der  Säure  durch  das  Schem 

M4    4  \P2    4J     8 1 Q^  versinnlichen,  man  könnte  in  ihr  endlich  die  Ba^ 

cale  SO3  undCi4K4(S02)02  annehmen,  worin  letzteres  als  ein  snbtf 
tuirtes  Benzöyl  anzusehen  wäre.  Die  Formel  der  Säure  wäre  hiemsd^' 

2  Äoi^^aO  _  S02.CuH4(SO,)OJ^ 

Die  Verwandlungen  der  Sulfobenzoesäure  sind  hauptsad* 
lieh  von  Limpricht  und  Uslar  untersucht  worden;  durch  Kochtf 
mit  Säuren  oder  Alkalien  erleidet  sie  keine  Veränderungen;  beio 
Schmelzen  mit  Kalihydrat  geht  der  Schwefel  theils  in  Schwefelsaiir« 
theils  in  schweißige  Säure  Über. 

Durch  eine  Mischung  von  2  Thln.  concentrirter  Schwefelsäurs  os^ 
1  Thl.  Salpetersäure  wird  die  Sulfobenzoesäure  in  Nitrosalfoben- 
zoSsäure  verwandelt. 

Nitrobenzoeschwefelsäure ,     Nitrosulfobenzoesänre: 

Ci4H5(N04)S,Oio=2HO.Ci4(H5N04)0,.S,0«  od.  Ci4H8(N04)S,gjo^ 

(Limpricht  und  Uslar),  Man  trägt  Benzoeschwefelsäure  (oder  aoe^ 
Sulfobenzaminsäure)  in  die  kalte  Salpeterschwefelsäure,  lässt  einige  ZaA 
stehen,  verdünnt  mit  Wasser^  neutralisirt  mit  kohlensaurem  Baryt  m^ 


Benzoeschwefelsäure.  853 

erhält  beim  Eindampfen  erst  Krystalle  von  Balpetersaureni  Baryt,  sp&ter 
len  nitro8ulfobenzoS3auren  Barjt  in  gelben  Warzen*  Durch  Ausfallen 
le3  BarjU  mit  Schwefelsäure  und  starkes  Einengen  der  Lösung  erhält 
nan  die  Säure  nach  einiger  Zeit  in  gut  ausgebildeten  Erystallen. 

Nitrobenzoeschwefelsaurer  Baryt     a)  netttraler,j2BaO. 

3,4(»3Na4)Oa.S3  0e  +  6aq.,  oder  ^"**»^^^*^^|2^j04  +  6aq.oder 

-|-  3aq.,  wird  in  warzenförmigen,  meist  gelblich  ge&rbten  ErystaU* 
Krnsen  erhalten,  und  ist  leicht  loslich. 

b)  Saurer:    BaO  .  HO  .  Ci4(«3N04)0,.S,O6  +  4  aq^  oder 

»ni    »V       *j|  B*(Ö4  4"  ^a<l«     Kleine  wasserhelle,  concentrisch  ver- 

KÜugte,  prismatische  Krystalle. 

Nitrobenzogschwefelsaures  Silberozyd,  durch  Kochen  der 
>äare  mit  Silberoxyd  dargestellt,  krystallisirt  in  kleinen  Warzen,  ist 
eicht  löslich  in  Wasser,  nicht  in  Weingeist. 

Durch  Beduction  erhält  man  aus  der  vorhergehenden  Säure  die 

Amidosulfobenzoesäure :  Ci4H5(NH2)SaOio  (Limpricht  und. 

[Jslar).-  Digerirt  man  NitrosulfobenzoSsäure  anhaltend  mit  was- 
lerigem  Schwefelammonium ,  dampft  hierauf  ein ,  6bersättigt  mit  Salz- 
ifture  und  filtrirt,  so  scheidet  sich  die  Amidosulfobenzoesäure  beim 
Stehen  in  Krystallen  ab.  Es  sind  concentrisch'  vereinigte  weisse 
N^adeln,  leicht  in  heissem  Wasser,  weniger  in  Weingeist,  kaum  in 
iether  löslich,  von  saurer  Reaction.  Sie  verkohlen  beim  Erhitzen,  ohne 
rorher  zu  schmelzen.  In  Ammoniak  löst  die  Säure  sich  leicht;  die  LÖ- 
(ung  giebt  mit  salpetersaurem  Silberoxyd  einen  weissen,  beim  Kochen 
lieh  schwärzenden  Niederschlag.  Die  Amidosulfobenzoesäure  vereinigt 
lieh,  wie  es  scheint,  nicht  mit  Säuren,  wenigstens  nicht  mit  Salzsäure. 
Darch  Phosphorperchlorid  erleidet  die  BenzoSschwefelsäure 
rerschiedene  Verwandlungen.  Wendet  man  hierbei  auf  1  At.  Sulfo- 
benzoisänre  2  At  Phosphorperchlorid  an,  so  erhält  man,  wie  gewöhn- 
lieh, Sulfobenzoylchlorid  nach  der  Gleichung:  ' 

C14H6S9O10  +  2Pei5  =  CnH^SsOeGl«  +  2PGI8O2  +  2H€l. 

Sulfobenzo^säure  Sulfobenzoylchlorid 

Nimmt  man  dagegen  nur  halb  soviel  Phosphorperchlorid,  so  erhält 
Dan  eine  von  dem  Salfobenzoylchlorid  verschiedene  Verbindung, 
welche  man  ihrer  Zusammensetzung  zufolge  Chlorwasserstoff- 
3tilfobenzoSsäure  nennen  könnte,  man  hat  in  letzterem  Falle  die 
Grleichung: 

Cj4HjSjOio  +  P€l5  =  ^uHb^OsGI  +  PGlaO,  +  H6I. 
SulfobenzoSsäure     ChlorwasserstoflT-SulfobenzoSsäure 

Wir  werden  nun  diese  beiden  Prodncte  näher  beschreiben. 

Sulfobenzoylchlorid:  Ci4H4S2  0eGl,  =^*^*^^°'|^*|€v 
srhält  man,  nach  Limpricht  und  üslar,  durch  Vermischen  von  1  Tbl. 
bei  1000  c.  getrockneter  Sulfobenzoösäure  mit  2  Thln.  Phosphorper^ 
cUorid,  wobei  in  der  Kälte  keine  Einwirkung  bemerkt  wird,  bei  geling 
dem  Erwärmen  aber  eine  sehr  heftig  werdende  Reaction  stattfindet. 
Nachdem  durch  Erhitzen  auf  1700  C.  das  meiste  Phosphoroxychlorid 
abdesüllirt  ist,  vermischt  man  den  Rückstand  mit  Wasser,  wodurch  der 


854  Benzoeschwefelsäure. 

Rest  des  Phosphoroxjchlorids  zerstört  wird,  nnd  trocknet  das  snro^- 
bleibende  Snlfobenzojlchlorid  mit  Fliesspapier. 

Der  so  dargestellte  Körper  ist  eine  gelbbraun  geiarbte,  dickflfissigef 
ölartige  Flüssigkeit  von  schwachem,  unangenehmem  Gemch,  die  in 
Wasser  untersinkt  und  sehr  langsam  davon  zersetzt  wird.  Kochendes 
Wasser  löst  das  Ghlorür  schneller  unter  Bildung  von  Salzsäure  nnd  Snlfo- 
benzoSsänre;  beim  Erhitzen  auf  dOO<>  G.  zersetzt  es  sich  unter  starkem 
Aufschäumen  und  Abscheidung  einer  kohleartigen  Biasse,  wobei  Chlor- 
benzoylchlorid  (s.  unter  Benzoylchlorid)  Überdestillirt. 

In  Alkohol  löst  es  sich  unter  starker  Wänpeentwickelung  und 
Bildung  von  sulfobenzoSsaurero  Aethjloxjd.  Wasserfreier  Aethtf 
scheint  es  ohne  Zersetzung  zu  lösen.  Die  fixen  Alkalien  zersetzen  es 
in  Chlormetall  und  sulfobenzoSsaures  Salz.  Gasförmiges  Ammoniak 
ist  fast  ohne  Wirkung,  ebenso  trockenes  kohlensaures  Ampioniak.  Ds- 
gegen  wird  es  von  wässerigem  Ammoniak  unter  Wärmeentwickeloog 
in  Salmiak  und  Sulfobenzamid  zersetzt.  Dieses  entsteht  auch  nebes 
anderen  Producten  beim  Einleiten  von  Ammoniakgas  in  die  ätberisdie 
Lösung  des  Chlorids.  Anilin  erwärmt  sich  mit  Snlfobensojlchlorü 
unter  Bildung  von  Sulfobenzanilid  und  salzsaurero  Anilin.  Mit 
Ammoniak  gesättigter  Weingeist  löst  das  Sulfobenzoylchlorid  nuter 
starker  Wärmeentwickelung  und  Bildung  von  AethersulfobensoS- 
säure  und  Salzsäure.  Die  angefahrten  Producte  werden  sämmtliek 
durch  Behandlung  mit  Kalihjdrat  wieder  in  SulfobensoSsäure  (vaü 
Alkohol  oder  Ammoniak,  Anilin)  zurückgeführt;  man  hat  somit  Gniai 
in  ihnen  dasselbe  Badical  anzunehmen  wie  in  der  Sulfobenzo^aore,  ob^ 
wir  wollen  sie  daher  im  Anschluss  an  diese  beschreiben. 

Chlorwasserstoff-SulfobenzoSsäure:  C14H5SSOSGI  = 
CuHiSsOg  -|-  HGl.  Bringt  man  zu  1  At.  SulfobenzoSsäure  1  Al 
Phosphorperchlorid  (gleiche  Grcwichtstheile)  und  erhitzt  soweit,  das 
der  grösste  Theil  des  Phosphoroxjchlorids  abdestillirt,  so  erhält  ms 
auf  Zusatz  von  Wasser  zu  dem  Rückstande  ein  weisses  krystallinisckei 
Pulver.  Dasselbe  entsteht  aus  dem  Sulfobenzoylchlorid,  wenn  mao  tf 
mit  Wasser  mehrere  Wochen  in  Berührung  lässt.  Man  hat  hierbei 
die  Gleichung: 

CuH4S,0«Gl,  -f  2R0  =  CuÄsSjOgGl  +  HGl. 

In  Aether  ist  es  löslich  und  lässt  sich  daraus  umkrystallisires; 
Alkohol,  sowie  kochendes  Wasser  zersetzen  es  allmälig;  kaltea  Wasser 
löst  es  nicht.  Es  schmilzt  sehr  leicht  und  zersetzt  sich  bei  atarkerea 
Erhitzen.  Kochendes  Wasser,  sowie  Alkalien  verwandeln  es  in  Snll> 
benzoSsäure.  Diese  Verbindung  entspricht  der  Chlorwasserstoflr*Schwc- 
felsäure,  S2O6  +  ^^l,  von  Williamson. 

Sulfobenzamid:  Ci4H8N,S,0«  =  N,j^^***^^^^^^«-    £1  hü- 

det  sich  leicht  beim  Vermischen  von  Snlfobenzoylchorid  mit  coBCiD- 
trirtem  wässerigen  Ammoniak:  man  fügt  letzteres  so  lange  cn  den 
Chlorid,  als  man  noch  eine  stattfindende  Erwärmung  wahmünnit,  läül 
erkalten  und  wäscht  den  Niederschlag  mit  wenig  Wasser  ab.  Dnrdi 
Umkrystallisiren  aus  kochendem  Weingeist  unter  Zusatz  von  Thier 
kohle  erhält  man  es  rein,  entweder  in  wasserfreien  Erystallen,  wenn  men 
den  Niederschlag  trocknet  und  in  absolutem  Alkohol  auflöst,  oder  in 
wasserhaltigen  Krystallen  (auch  Gemengen  beider)  bei  Anwendung  von 
wasserhaltigem  Weingeist 


Benzoeschwefelsäure.  855 

Das  wasserfreie  Sulfobenzamid  bildet  kleine  glasglanzende  Kry- 
stalle,  das  wasserhaltige  kleine  Nadeln,  die  bei  100^  C.  2  Aeq.  Wasser 
verlieren.  Bei  170®  C.  schmilzt  die  trockene  Verbindung  und  erstarrt 
beim  Erkalten  glasartig;  zwischen  270<)  und  290®  C.  föngt  sie  an  sich 
zu  zersetzen.  In  der  Wärme  ist  das  Sulfobenzamid  sowohl  in  Was- 
ser als  auch  in  Weingeist*  leicht  löslich,  in  def  Kälte  aber  in  Weingeist 
schwierig,  in  Wasser  fast  nicht  löslich. 

Das  Sulfobenzamid  verwandelt  sich  beim  Erwärmen  mit  Kalilauge 
in  Sulfobenzaminsäure  unter  Entwickelung  von  Ammoniak: 

ChHsNjSjOj  -f  2H0  ===  CuHtNSjOs^-I-  NH». 

Sulfobenzamid  Sulfobenzamin- 

säure 

Sulfobenzaminsäure :  CuHtNSjOb  =  ^*''«^^'g«|o,(Lim- 

pricht  und  Uslar).  Ausser  der  oben  angegebenen  Bildungsweise 
entsteht  die  Sulfobenzaminsäure  auch  aus  dem  Sulfobenzaminsäureäther 
(den  man  aus  Sulfobenzoeäther  durch  Behandlung  mit  Ammoniak  dar- 
stellen kann)  durch  Erwärmen  mit  Kalilauge  auf  100®  C. 

Zur  Darstellung  der  Säure  wird  Sulfobenzamid,  mit  concentrirter 
Kalilauge  zu  einem  Brei  angerührt,  mehrere  Stunden  im  Wasserbade 
erwärmt,  bis  man  eine  klare  Lösung  erhalten  hat,  die  nach  dem  Ver- 
dünnen mit  Wasser  durch  Salzsäure  übersättigt  wird.  Man  erhält 
hierbei  die  Säure  als  einen  voluminösen  Niederschlag,  der  aus  kochen- 
dem Wasser  umkrjstallisirt  wird.  Die  Sulfobenzaminsäure  scheidet 
sich  beim  Erkalten  der  kochend  gesättigten  Lösung  in  Schuppen  ab, 
ähnlich  wie  chlorsaures  Kali.  Sie  ist  kaum  in  kaltem  Wasser  löslich, 
mehr  in  Aether,  leicht  in  Weingeist.  Sie  schmilzt  beim  Erhitzen  auf 
dem  Platinblech  erst  Über  200^0.,  und  erstarrt  beim  Erkalten  wieder 
krjstallinisch ;  stärker  erhitzt,  verflüchtigt  sie  sich  in  weissen  Dämpfen, 
die  nicht  zum  Husten  reizen,  und  brennt  zuletzt  mit  hellleuchtender 
Flamme. 

Von  den  Verwandlungen  der  Sulfobenzaminsäure  sind  folgende 
gensneT  untersucht  worden. 

1)  Durch  Wärme.  Hält  man  die  Sulfobenzaminsäure  längere  Zeit 
geschmolzen,  so  erstarrt  sie  beim  Erkalten  zu  einer  braunen  Masse, 
die  in  Wasser  sehr  leicht  löslich,  selbst  zerfliesslich  ist.  '  Die 
LtöHung  in  Wasser  giebt  beim  Verdunsten  SulfobenzoSsäure  und  auf 
Zusatz  von  Basen  sulfobenzoesaure  Salze.  Limpricht  und  üslar 
vermuthen  daher,  dass  die  Sulfobenzaminsäure  beim  Erhitzen  in  Am- 
moniak und  Sulfobenzoesaure- Anhydrid  zerfalle,  und  dass  letzteres  der 
braune  Rückstand  sei.  Erhitzt  man  den  braunen  Bückstand  mit  Phos- 
phorperchlorid, so  erhält  man  im  Bückstand  ein  Chlorid  (welches  mit 
Ammoniak  Sulfobenzamid  giebt,  also  wahrscheinlich  Sulfabenzoylchlorid 
ist)  und  ein  Destillat,  welches,  mit  kochendem  Wasser  zersetzt,  Chlor- 
benzoesäure  und  Sulfobenzoesaure  liefert.  Wird  dieses  Destillat  durch 
kaltes  Wasser  von  Phosphoroxychlorid  befreit  und  hierauf  mit  Ammo- 
niak Übergössen,  so  erhält  man  Krystalle  von  der  Zusammensetzung 

Durch  Phosphorperchlorid.  Erhitzt  man  1  Aeq.  Sulfobenzamin- 
säure mit  IV9  Aeq.  Phosphor  per  chlorid  auf  150^  bis  200^0.  so  lange 
nocb  Phosphoroxychlorid  übergeht,  so  erhält  man  als  Bückstand  eine 


856  Bemsoeschwefelsäure. 

bernsteingelbe  51artige  Flüssigkeit,  welche  sich  nicht  tmzersetzt  destüU- 
ren  lässt.  Sie  zerfällt,  mit  ^^asser  Übergossen,  sehr  bald  und  unter  8ta^ 
ker  Wärmeentwickelung  in  Salzsäure  und  Snlfobenzaminsäare,  und  lis- 
fert  mit  wässerigem  Ammoniak  Sulfobenzamid.  Diesen  Reactionen  in- 
folge betrachten  sie  Limpricht  und  Uälar  als  das  Chlorür  derSolfo- 
benzaminsäure,  von  der  theoretischen  Formel  C] 41(6 NSjO«. Gl. 

Bei  der  Destillation  der  Mischung  von  Sulfobenzaminsäore  mit 
Phosphorperchlorid  entsteht  neben  Phosphoroxychlorid  in  vorwiegender 
Menge  Ghlorbenzonitril  (gechlortes  Cyanphenyl),  0141(4 GIN,  in  geiis- 
gerej  Menge  Chlorbenzojlchlorid  und  das  Chlorid  einer  leichtlöslichen 
Säure,  welche  mit  Sulfobenzaminsäure  isomer  zu  sein  scheint* 

Dasselbe  Chlorid  scheint  auch  beim  Erhitzen  einer  Mischung  glei- 
cher Aequivalente  von  Sulfobenzaminsäore  und  Phosphorperchlorid  a 
entstehen ;  nachdem  hierbei  das  Phosphoroxychlorid  abdestülirt  ist,  ksnn 
man  aus  dem  gelben  blasigen  Betorteninhalt  das  Chlorid  mit  Aether  aus- 
ziehen, wobei  amorphe  Sulfobenzaminsäure  ungelöst  zurückbleibt  Dk 
Aetherlösung  hinterlässt  beim  Verdunsten  das  Chlorid  als  zähe  terpen- 
tinartige  Masse,  die  beim  Kochen  mit  Wasser  eine  leicht  lösliche^  in 
kleinen  Nadeln  krystallisirte  Säure  liefert,  deren  Zusammensetzung  for 
sich  und  als  Bleisalz  der  Sulfobenzaminsäure  nahe  gefunden  wurde. 

Amorphe  Sulfobenzaminsäfure«  Die  Sulfobenzaminsäure  Te^ 
wandelt  sich. zum  Theil  in  eine  amorphe,  ihr  isomere  Substanz,  weoB 
sie  mit  1  Aeq.  Phosphorperchlorid  erhitzt  wird.  Durch  Aasziehen  mtf 
Aether  und  heissem  Weingeist  entfernt  man  die  übrigen  Producte  an^ 
erhält  die  amorphe  Säure  im  Bückstand  in  Grestalt  kleiner  Kügelcben. 
In  Wasser,  Weingeist  und  Aether  ist  sie  selbst  bei  anhaltendem  Kochea 
unlöslich;  sie  verwandelt  sich  jedoch  in  gewöhnliche  Sulfobensamio- 
säure,  wenn  sie  mit  Wasser  auf  ITO^'  bis  180^  C.  erhitzt  wird. 

Sie  löst  sich  in  kohlensauren  Alkalien  unter  Aufbrausen  und  wird 
durch  Zusatz  von  Säuren  wieder  amorph,  als  schleimiger  NiederechUg 
gefallt.     Die  Salze  derselben  Hessen  sich  nicht  krystallisirt  erhalten. 

Sulfobenzaminsäure  Salze.  Von  diesen  sind  folgenze  dargestellt: 

Sulfobenzaminsaures   Aethylozyd:    C4{{5  0  .  Ci4^NSsOr 

Ci  IL1NS4O  ) 
oder  ^*^    r  B^l  ^'*     ^^  erhält  es  entweder  durch  Einleiten  voi 

Salzsäuregas  in  die  alkoholische  Lösung  der  Sulfobenzaminsäure,  oder 
durch  Behandlung  des  Silbersalzes  mit  Jodäthyl.  In  ersterem  Falk 
verdampft  man  die  mit  Salzsäm'egas  gesättigte  Lösung  zur  Trockne, 
pulvert  den  Bückstand,  wäscht  ihn  mit. verdünnter  Sodalösung,  hierauf 
mit  Wasser  ab,  und  krystallisirt  endlich  aus  kochendem  Alkohol.  Nsck 
der  zweiten  Methode  erhitzt  man  das  getrocknete  und  gepolveite 
Silbersalz  mit  Jodäthyl  in  zugeschmolzenen  Bohren  einige  Zeit  9d 
100®  C,  kocht  hierauf  mit  Weingeist  aus  und  verdunstet  zur  KryatsIB- 
sation.  Man  kann  den  Sulfobenzaminsäure -Aether  endlich  auch  dired 
aus  dem  Sulfobenzoylchlorid  durch  gleichzeitige  Einwirkung  von  Alko- 
hol und  Ammoniak  darstellen.  Man  löst  es  zu  diesem  Zweck  in  rohen 
Aether,  sättigt  mit  Ammoniakgas,  erwärmt  im  Wasserbad  und  Terdon- 
stet  die  klar  abgegossene  ätherische  Lösung.  Auch  durch  Vermiscben 
von  Sulfobenzoylchlorid  mit  absolutem  Alkohol,  Verdunsten  der  L^ 
sung  und  Behandlen  des  Bückstandes  mit  weingeistigem  AmmonUk 
erhält  man  neben  Salmiak  und  äthersulfobenzoSsaurem  Ammoniak  Kxj' 
stalle  von  Sulfobenzaminsäure-Aether.   . 


Benzoeschwefelsäur  e.  857 

Diese  kryatallisirt  in  schönen  glänzenden  Nadeln  (nach  Keferstein's 
Meaeung  monoklinometmche  Krystalle  mit  dem  Axenverhältniss  1:2:4 
und  den  ^Formen  ooP-  ooPoo»  oP-  —  P),  schmilzt  beim  vorsichtigen 
£rhitzen  unzeraetzt  und  erstarrt  wieder  krystallinisch ;  bei  stärkerem 
Erhitzen  entwickelt  er  weisse  Dämpfe  and  verbrennt  mit  hellleuohten» 
der  Flamme.  -Er  4öst  sich  leicht  in  warmem  Weingeist  oder  Aether, 
«twas  weniger  in  kochendem  Wasser;  in  der  Kälte  löst  er  sich  ohne 
^mmoniakentwickelung  in  concentrirter  Kalilauge,  beim  Erwärmen 
aaf  100<>  G.  entsteht  Alkohol  und  sulfobenzaminsanres  Kali,  bei  stärke- 
rem Erhitzen  entweicht  auch  Ammoniak.  Er  löst  kein  Quecksilberoxyd 
und  nur  wenig  Silberoxyd. 

'     Sulfobenzaminsanres  Ammoniumoxyd  hinterbleibt  beim  Ver- 

doxisten  der  Lösung  der  Säure  in  Ammoniak  in  blätterigen  Krystallen. 

Sulfobenzaminsaurer  Baryt,    BaO.Ci4H6NSt07  -f-  4aq. 

oder     **  "*      ^     «  1  Qj  •!_  4  aq.,  wird  als  wavellitartige,  weiche  Kjry- 

stellmasse,  aus  der  weit  eingedampften  neutralen  LöRung  erhalten ;  ver- 
tiert bei  1100  C.  4  Aeq.  Wasser. 

Sulfobenzaminsanres  Silberoxyd,  AgO.Ci4H^NS907-f-2aq. 

oder     '*    *     ^.  •|0j-|-2aq.,  wird  aus  der  Lösung  des  Ammoniak- 

salze«  durch  Zusatz  von  salpetersaurem  Silberoxyd  in  feinen,  seide- 
^länzenden  Nadeln  erhalten.  Lässt  sich  aus  kochendem  Wasser  um- 
kry stall  isiren  und  schwärzt  sich  auch  nicht  im  Licht. 

Die  wässerige  Lösung  des  Ammoniaksalzed  verhält  sich  gegen' 
Metallsalze  in  folgender  Weise: 

Einfach  -essigsaures  Bleioxyd  giebt  einen  weissen,  aus 
kochendem  Wasser  in  kleinen  Nadeln  krystalliairenden  Niederschlag, 
fiisenoxydulsalz  einen  weissen  Niederschlag,  Eisenchlörid  einen 
Üeiachiarbigen,  Kupferoxydlösung  einen  aus  kleinen  Nadeln  beste- 
henden, in  Ammoniak  löslichen  Niederschlag,  Quecksilberoxydul- 
15 sang  einen  weissen,  beim  Kochen  sich  schwärzenden  Niederschlag, 
Sublimat  öinen  krystallinischen,  aus  heissem  Wasser  in  Blättchen  an- 
schiessenden  Niederschlag;  Zinklösung  wurde  nicht  gefallt. 


2)  Das  Sulfobenzamid  erleidet  durch  Phosphorperchlorid 
eine  ähnliche  Zersetzung  wie  das  Sulfophenylamid.  Erst  beim  Erwär- 
men der  Mischung  auf  100^  C.  beginnt  die  Einwirkung,  und  unter  hefti- 
getn  Aufschäumen  erhält  man  einen  gelben  Syrup,  der  beim  Erkalten 
sähe  wird.  DasProduct  das  Sulfobenzamidylchlorür  ist  nicht  un- 
zeraetzt flüchtig,  lässt  sich  also  nicht  leicht  rein  erhalten.  Limpricht 
und  üslar  vermuthen  seiner  Bildung  und  Zersetzung  zufolge,  dass  es 
die  Formel  C|4HeN3S2  04.HGl  habe,  wonach  die  Gleichung: 

Ci4»8»3SaO«-fPGl5=   Ci4H«N,S204^H€l-|-PGl3  02-|-H€l 

Sulfobenzamid  ,  Sulfobenzamidylchlorür 

die  Bildung  der  neuen  Verbindung  ausdrückte. 

Ebensowohl  könnte  man  jedoch  auch  die  Formel  C14H6  N^  S3  O3  .  €1^ 
mrähledl  in  welchem  Falle  2  Aeq.  Phosphorperchlorid  einwirken  würden. 

Bei  der  Destillation  gehen  Phosphoroxychlorid  und  Chlorbenzo- 
nilril  (gechlortes  Cyanphenyl)  914H46IN  über,  während  nur  wenig 
verkohlter  Bückstand  bleibt 


858  Benzoesch  wefelsäure. 

Durch  Bebandlang  mit  Wasser,  wässerigem  Ammoniak  oder  Al- 
kohol wird  das  Sulfobenzamidylchlorilr  zersetzt;  in  Wasser  löst  es  sich 
nach  einigen  Augenblicken  auf,  bald  aber  scheiden  sich  Krjstalle  ab, 
deren  Menge  durch  Abdampfen  sich  vermehrt.  Dieselben  Eiystaüe 
erhält  man  durch  wässeriges  Ammoniak.  Die  Lösung  des  Chlorürs  m 
absolutem  Alkohol  hinterlässt  beim  Verdunsten  ein  gelbes  Harz,  welches 
durch  Behandlung  mit  Wasser  dieselben  Krystalle  liefert.  Diese  Eiy- 
Btalle  schmelzen  bei  145®  C.  und  erstarren  wieder  krystallinisch.  Sie 
lösen  sich  in  kochendem  Weingeist,  sowie  in  Kali;  beim  Erwärraen 
letzterer  Lösung  auf  100®  C.  entweicht  Ammoniak  und  es  entsteht 
Sulfobenzaminsäure. 

Die  Zusammensetzung  der  Krystalle  entspricht  der  Formel 
Ci4HeN2S2  04,  wonach  dieselben  sich  durch  einen  Mindergehalt  von 
2  HO  von  dem  Sulfobenzamid  unterscheiden.  Ihre  Entstehnng  us 
dem  Sulfobenzamidylchlorür  geschieht,  je  nach  der  Annahme  der  For- 
mel desselben,  entweder  bloss  durch  Austreten  von  M€l  oder  unter 
gleichzeitiger  Aufnahme  von  2  Aeq.  Wasser. 

3)  Durch  Anilin  entsteht  Snlfobenzanilid  (PhanyLsalfobeni- 

(   Ci4  »4  (802)2  0, 

amid):  CggHieNjSaOe  =  N,  |(Ci2H5)2  Die    beim   Mischen 

von  Snlfobenzoylchlorid  mit  Anilin  entstehende  feste  Masse  wird  mit 
kaltem  Wasser  gewaschen  und  durch  wiederholtes  Umkrystallisiren  ao? 
Weingeist  in  kleinen  weissen  Krystallen  erhalten.  Die  Verbindan« 
schmilzt  beim  Erhitzen,  löst  sich  leicht  in  heissem  Weingeist  nsd 
Aether,  schwer  in  heissem  Wasser;  von  Kalilauge  wird  es  in  der  Kiltt 
nicht  verändert,  beim  Erwärmen  damit  wird  Anilin  frei. 


4)  Durch  Alkohol.  AethersulfobenzoSsäure.'HO.CigH^S^O} 
=    ^*    *p  W^^ft'l^*'    ^^  ^®""  Auflösen  von  Sulfobeosoylchlorid  io 

weingeistigem  Ammoniak  entstandene  Ammoniaksalz  wird  mit  Platis- 
chlorid  versetzt,  und  die  von  dem  niederfallenden  Platinsalmiak  abfiltrirte 
Flüssigkeit  zur  Entfernung  des  überschüssigen  Platins  mit  Schwefel- 
wasserstoff behandelt  und  endlich  im  Wasserbade  verdunstet.  Die  Aether- 
sulfobenzo^säure  hinterbleibt  als  gelblich  gefärbter  Syrup,  der  nicht 
zum  Krystallisiren  gebracht  werden  kann.  Beiner  erhält  nrnn-die  Säore 
durch  Zerlegung  des  äthersnifobenzoSsauren  Baryts  mit  der  genau  aus- 
reichenden Menge  von  verdünnter  Schwefelsäure  und  Eindampfen  in 
Wasserbade,  wobei  die  Säure,  wie  es  scheint,  krystallinisch  erstarrt 

Die  Salze  der  AethersulfobenzoSsäure  sind  leicht  löslich,  so  dass 
das  Ammoniaksalz  mit  Metalllösungen  keinen  Niederschlag  giebt.  Üeber- 
schüssiges  Kalk-  oder  Barythydrat  zerlegt  die  Salze  beim  Erwänneo 
in  SuifobenzoSsäure  und  Alkohol. 

Aether  sulfobenzoSsaur  es  Am  moniumo2L/d,NM40.Ci6H9S«(^ 
entsteht  direct  aus  dem  ChorÜr  beim  Auflösen  desselben  in  weingeisti- 
gem Ammoniak,  wird  aber  besser  aus  dem  sulfobenzoSsauren  ^eUiyl- 
oxyd  durch  Auflösen  in  Weingeist  und  Einleiten  von  Ammoniakgai 
erhalten.  Beim  Verdunsten  krystallisirt  das  Salz  in  grossen,  wa£se^ 
hellen  vierseitigen  Tafeln  mit  deutlichem  Blätterdurchgang  (nach  Ke- 
f  er  Steins 'Messung  triklinometrische  Krystalle,  mit  dem  AxenverhÜlt- 


^  Benzoeschwefelsaure  Salze.  859 

nm  1,1  e^":  1,683:1  nnd  den  Flächen  OP.ooP  cjo.ooPqo.ooP.Poo). 
In  Wasser  und  Weingeist  ist  es  sehr  leicht  löslich,  wenig  in  Aether. 
£s  schmilzt  bei  etwa  185<>  C.  nnd  esstarrt  beim  Erkalten  unter  lÖO^'C. 
glasartig.  Beim  Erhitzen  auf  250<>  C.  findet  starkes  Aufschäumen  ohne 
Schwärzung  statt,  Über  300^  C.  aber  entweichen  Wasser,  Benzonitri], 
BenzoSsäure»  und  schweflige  Säure  unter  (Unterlassung  von  stark  auf- 
geblähter Kohle. 

AethersulfobenzoSsaurer Baryt:  BaO.CjglfeSaOg-f-x'aq.  Zur 
Darstellung  dieses  Salzes  versetzt  man  die  Lösung  der  aus  dem  Ammoniak- 
salz  bereiteteten  Säure  mit  kohlensaurem  Baryt  und  dampft  ein.  Nach 
längerer  Zeit  entstehen  in  der  concentrirten  Lösung  kleine  durchsich- 
tige, deutlich  ausgebildete  rhombische  Tafeln,  die  beim  Stehen  über 
Schwefelsäure  unter  Verlust  von  Krystaliwasser  zerfallen. 

AethersulfobenzoSsaures  Natron,  NaO.CisHeSjO^-f-S  aq., 
lässt  sich  darstellen  durch  Sättigen  der  freien  Säure,  odSr  auch  aus  dem 
Ammoniaksalz  durch  Verdu^isten  der  mit  überschüssigem  kohlensauren 
Natron  versetzten  Lösung  bei  sehr  gelinder  Wärme  (am  besten  über 
Schwefelsäure)  und  Auskochen  des  Rückstandes  mit  absolutem  Alkohol, 
worauf  beim  Verdampfen  das  Salz  in  milchweissen,  warzenförmig  ver- 
einigten Nadeln  sich  abscheidet  Es  ist  in  Wasser  und  Weingeist 
leicht  löslich,  bei  100®  C.  verliert  es  2  Aeq.  Wasser. 

AethersulfobenzoSsaures  Silberoxyd,  AgC.CxgHsSQOg, 
-wird  durch  doppelte  Zersetzung  mit  schwefelsaurem  Silberoxyd  aus  dem 
ßarytsalz  beim  Eindampfen  des  Filtrates  in  wasserhellen,  concentrisch 
vereinigten  kleinen  Nadeln  erhalten.  A*  S. 

Benzoeschwefelsaure    Salze,    Sulfobenzogsaure 

Salze.  Sie  wurden  hauptsächlich,  von  Mitscherlich  und  Fehling 
untersucht.  Die  neutralen  Salze  enthalten  2  Aeq.  Basis,  die  sauren 
nur  1  Aeq.,  letztere  sind  in  der  Regel  schwieriger  löslich. 

BenzoSschwefelsaures  Aethyloxyd,  SulfobenzoSäther: 
2  C4H5O.C14H4S2O8.  Per  Aether  der  SulfobenzoSsäure  wurde  von 
Limpricht  und  Uslar  durch  Zersetzung  des  Sulfipbenzoylchlorids  mit 
absolutem  Alkohol  erhalten;  beim  Verdampfen  der  Lösung  hinterbleibt 
ein  branner  schwach  ätherisch  riechender,  syrupartiger  Rückstand,  der 
in  Wasser  in  jedem  Verhältniss  löslich  ist,  und  beim  Erwärmen  damit  in 
SnlfobenzoSsäure  und  Alkohol  zerfallt.  Es  ist  nicht  destillirbar,  sondern 
zersetzt  sich  beim  Erhitzen  unter  'Aufblähen  und  hinterlässt  viel  Kohle. 

BenzoSschwefelsaurer  Baryt,  neutraler,  2BaO.Ci4H4S208, 
-wird  durch  Kochen  der  Lösung  des  sauren  Salzes  mit  kohlensaurem 
Baryt  und  Abdampfen  in  undeutlichen  Krystallen  erhalten.  Er  ist  sehr 
leicht  in  Wasser  löslich.  Er  verträgt  eine  sehr  hohe  Temperatur  ohne 
verändert  zu  werden,  selbst  die  Siedhitze  des  Oels. 

Das  saure  Barytsalz,  BaO.HO.Ci4H4S2  0g-f'3  *q*i  krystalli- 
sirt  in  schiefen  rhombischen  Säulen  des  monoklinometrischen  Systems 
(gewöhnlich  Combination  von  0  P,  00  P,  od  P  00 ;  mit  den  Winkeln 
0  F:  00  P  =  980  6'  qo  p  .  a>  p  =  82»  21',  Fehling).  Die  Krystalle 
verlieren  bei  200^0.  9,13  Proc.  Krystaliwasser  (3  Aeq.).  Sie  lösen  sich 
in  20  Thln.  Wasser  von  20^0.  und  reagiren  sauer  (Mitscherlich). 

Benzogschwefelsanres  Bleioxyd,  2PbO.Ci4Ä4Sg08  +  4aq., 
durch  Kochen  der  Säure  mit  kohlensaurem  Bleioxyd  wird  es  in  Lösang 
erhalten  9  und  scheidet  sich  beim  Abkühlen  in  sternförmig  gruppirten 


860  Benzoglycolsäure. 

feiaen  Nadeln  ab,  wobei  concentrirte  Lotungen  fast  gans 
68  verliert  das  KryBtallwaaaer  bei  200®  C.  völlig  (Fehling). 

Benzo§9chwefel8aure6  Kali;  das  neutrale  Sah  bUdet  schöne,' 
zerfiiessliche  Krystalle;  das  saure  Salz,  durch  Zersetzen  des  sauren 
Barytsalzes  mit  schwefelsaurem  Kali  dargestellt,  bildet  schöne,  ver- 
witternde Krystalle. 

Benzo^schwefelsauresSiiberoxyd,  2AgO.Ci4lt4SsOg-|-2aq. 
krystallisirt  im  Vacnum  in  kleinen  gelblichen  Prismen,  welche  in  Wad- 
ser  leicht  löslich  sind  und  beim  Trocknen  2  Aeq.  Wasser  verlieren 
(Fehling). 

Nach  Mitscherlich  lassen  sich  die  sauren  Salze  von  Magnesia, 
Zinkozyd,  Eisenozydul,  Kobaltoxydul  und  Kupferozyd  in  schönen  Kiy- 
stallen  erhalten.  AI  S. 

Benzoglycolsäure^).  Zersetzungsproduct der Hipporaaure. 
Endeckt  von  Strecker.    Formel  der  freien  Säure:  HO.CieH7  07. 

Die  Benzoglycolsäure  ist  ein  Verwandlungsproduct  der  Hippor* 
säure,  lässt  sich  aber  voraussichtlich  auch  durch  Erhitzen  von  Ben^o^ 
säure  mit  Glycolsäure  darstellen. 

Zur  Darstellung  der  Benzoglycolsäure  vertheilt  man  feinzerriebe&e 
Hippursäure  in  concentrirter  Salpetersäure,  bringt  den  dünnen  Brei  in 
ein  hohes  Gy linderglas  und  leitet  einen  Strom  von  Stickstoffbxjdgu 
durch.  Das  Stickstoffbxydgas  wird  hierbei  völlig  absorbirt,  die  Hippu^ 
säure  löst  sich  allmälig  auf,  während  StickstoflTgas  unter  Aufschäu- 
men entweicht  Die  völlig  klare  Lösung  wird  nach  einiger  Zeit  dorcii 
die  Abscheidung  von  Benzoglycolsäure  getrübt,  doch  fahrt  man  mit 
dem  Einleiten  von  Stickoxydgas  fort  bis  die  Flüssigkeit  eine  grünliche 
Färbung  angenommen  hat,  worauf  man  viel  Wasser  zuroischt  and  iS» 
Flüssigkeit  erkalten  lässt.  Die  in  reichlicher  Menge  abgeschiedene 
Säure  wird  auf  einem  doppelten  Filter  gesammelt  und  mit  kaltem  Wa^ 
ser  abgewaschen  (Socoloff  und  Strecker).  Die  rohe  Saure  wird  io 
Kalksalz  verwandelt,  welches  durch  Umkrystallisiren  und  Preasen  ge- 
reinigt wird.     Die  Bildung  giebt  die  Gleichutig  an: 

CisHgNOe  +  NO3  =  CsHsOg  +  2N  +  HO. 

Man  kann  auch  die  Hippursäure  in  £[ali  auflösen  und  in  die  ve^ 
dünnte  Lösung,  welche  einen  grossen  Ueberschuss  an  Kali  enthält,  einen 
Strom  von  Chlorgas  einleiten,  wobei  gleichfalls  StickstoflTgas  entweicht 
Nach  Beendigung  der  Gasentwickelung  neutralisirt  man  vorsichtig  mit 
Salzsäure,  engt  die  Lösung  ein  und  Übersättigt  sie  mit  Salzsäure,  wobei 
sie  zu  einem  krystallinischen  Brei  erstarrt.  Zur  Reinigung  löst  man 
die  Säure  in  Aether  und  dampft  die  Lösung  über  einer  Wasserschicht 
vorsichtig  ab  (Gössmann). 

Die  rohe  Benzoglycolsäure  ist  meist  gelblich  gefärbt  und  oft  mit 
Benzoesäure  vermengt  Zu  ihrer  Reinigung  verwandelt  man  sie  durcb 
Zufügen  von  dünner  Kalkmilch  in  Kalksalz,  das  man  durch  Erwärmen  ' 
gelöst  erhält;  man  filtrirt  und  lässt  erkalten,  wodurch  das  Kalksals 
krystallinisch  erhalten  wird.  Es  wird  durch  Abwaschen  mit  wenig 
Wasser  und  Auspressen  völlig  farblos  erhalten.-  Um  beigemengte 
Benzogsäure  abzuscheiden,  sättigt  man  die  Säure  nur  theilweise  mit 


»)  Literatur:  Strecker,  Annal.  d.  Chem.  a.  Pharm.  Bd.  L&VIU,  S. S4.— 
Socoloff  n.  Strecker,  ebend.  Bd.  LXXX,  S.  18.  — •  G088mann,.ebead.  Bd.XC 
S.  181  a.  Bd.  XGI,  S.  869. 


^  Benzoglycolsaure  Salze.  861 

Kalkmilch,  wobei  die  stärkere  Benzoglycolsaure  sich  zuerst  mit  Kalk 
vereinigt,  und  entfernt  ^die  im  freien  Zustande  gebliebene  Benzoesäure 
durch  Schütteln  mit  Aether.  Aus  dem  rein  dargestellten  Ealksalz  wird 
die  Benzoglycolsaure  durch  Zusatz  von  Salzsäure  abgeschieden. 

^  Die  Benzoglycolsaure  krystaliisirt  aus  Alkohol  in  grossen,  farblo- 
sen Prismen  (mit  den  Kantenwinkeln  37o  40'  und  142»  20'),  welche 
als  dünne  Tafeln  gewöhnlich  sich  darstellen.  Aus  wässerigen  Salz- 
lösungen durch  Säuren  abgeschieden,  erscheint  sie  als  weisses  krystal- 
linisches  Pulver.  Sie  schmilzt  leicht  beim  Erhitzen  über  100<)  G.  und 
erstarrt  beim  Erkalten  krystallinisch.  Beim  ^stärkeren  Erhitzen  giebt 
sie  zum  Husten  reizende  Dämpfe  aus  und  hinterlässt  einen  geringen 
kohligen  Rückstand. 

Die  Säure  ist  in  kaltem  Wasser  sehr  schwer  löslich,  leichter  in 
heiMem,  worin  sie,  bevor  sie  sich  löst,  schmilzt.  Alkohol  und  Aether 
losen  sie  reichlich.  / 

Die  Benzoglycolsaure  zerfallt  schon  beim  Kochen  mit  Wasser 
langsam  in  Benzoesäure  und  Glycolsäure: 

CuHsOs  +  2  HO  =  Cu^4  +  C4H4O6 

Benzoglycolsaure  Benzoesäure  Glycolsäure. 

Leichter  zersetzt  sie  sich  auf  diese  Art  bei  Gegenwart  stärkerer 
B€ineralsäuren,  namentlich  verdünnter  Schwefelsäure.  Dagegen  hindern 
Basen  die  Spaltung  vollkommen,  so  dass  benzoglycolsaure  Salze  ohne 
Zersetzung  zur  Trockne  verdampft  werden  können. 

Socoloff  und  Strecker  halten  es  für  wahrscheinlich,  dass  man 
die  Säure  durch  Erhitzen  von  Glycolsäure  und  Benzoesäure  wird  dar- 
stellen können,  ähnlich  wie  die  homologe  Benzomilchsäure.  Ihrer  Zer- 
setzung zufolge  lässt  sie  sich  als  gepaarte  Verbindung  von  Benzoesäure 
nnd  Glycolsäure  ansehen;  man  kann  annehmen,  dass  in  dem  Radical 
der  Glycolsäure  1  Aeq.  Wasserstoff  durch  Benzoyl  C14H6O2,  oder  dass 
in  dem  Radical  der  Benzoesäure  1  Aeq.  Wasserstoff  durch  Glycolyl, 
C4H8O4,  vertreten  sei;  man  hat  hiernach  die  Schemata: 

C,M,(C„H»0,)OJ  p^  oder    Cx4H«(C,H,0,)0J  ^^ 

Im  Falle  die  Glycolsäure  als  eine  zweibasische  Säure  sich  er- 
weisen sollte,  so  könnte  man  die  Formel  der  Säure  äh;ilich  wie  die 
saurer  Aetherarten  schreiben;  es  wäre  nämlich: 

Glycolsäure  Benzoglycolsaure 

C4H2  O3  ji^  C4H9  Oj  J  ^ 

Benzoglycolsaure  Salze.  Sie  sind  meistens  kry?talli- 
sirbar,  von  neutraler  Reaction,  und  schwachem  eigenthümlichem  Ge- 
schmack.   Die  Mehrzahl  löst  sich  in  Wasser,  viele  auch  in  Weingeist. 

Benzoglycolsaures  Ammoniumoxyd.  Durch  Sättigen  der 
Säare  mit  kohlensaurem  Ammoniak  oder  duröh  Zersetzung  des  Ealk- 
saLees  mit  kohlensaurem  Ammoniak  bereitet,  krystaliisirt  es;  die  Lösung 
verliert  jedoch  beim  Abdampfen  Ammoniak. 

Benzoglyoolsaurer  Baryt,  Ba0.Ci8H7O7  -f-  2  aq.,  krystal- 
iisirt in  feinen  seideglänzenden  Nadeln;  verliert  bei  100^  C.  2  Aeq. 
Wasser. 

Benzoglycolsaures  Bleioxyd,  a.  neutrales,  PbO.Ci8H7  07, 
wird  erhalten,  wenn  man  den  durch  essigsaures  Bleioxyd  in  einer  Lö- 


862  Benzoglycoldaure  Salze. 

suDg  des  Kalksalzes  erhaltenen  Niederschlag  (ein  Gemenge  Tersehie* 
dener  Bleisalze)  mit  kaltem  Wasser  auszieht  und  die  Lösung  freiwillig 
verdunstet  Kleine  zarte»  sternförmig  gmppirte  Nadeln,  welche  bei 
100^  C.  theilweise  schmelzen  und  sich  zersetsen. 

b.  Anderthalbfach-basisches  Salz,  3Pb0.2(Cie&707)+3tq^ 
krystallisirt  bei  der  Darstellung  des  vorigen  Salzes  in  dichten  halb- 
kugelförmigen  Massen.  Es  schmilzt  vollständig  bei  100  C,  aoch  nach- 
dem es  die  3  Aeq.  Krystallwasser  verloren  hat 

c.  Sechsfach-basisches  Salz,  6PbO.Cigfi707  -4~  ^  aq^  wird 
durch  Fällen   des  Kalksalzes  mit  Bleiessig  nicht  ganz  r^in  erhalten; 
vertheilt   man    den    Niederschlag   in   kaltem    Wasser    and   filtrirt,  »' 
scheiden  sich  nach  einigen  Tagen  sternförmige  Krystalle   von  obiger 
Zusammensetzung  ab..  i 

Benzoglycolsaures  Eisenoxjd,  2  Fe^Os  .  3  (CigllYOt),  wirtj 
durch  doppelte  Zersetzung  als  voluminöser  unkrystallinischer,  in  Wa»«' 
ser  gapz  unlöslicher  Niederschlag  von  fleischrother  Farbe  erhalten. 

Benzoglycolsaures  Kali  wird  wie  das  Ammoniaksalz  darg»* 
stellt,  aber  nur  schwer  in  undeutlichen  Krystallen  erhalten,  da  es  is 
Wasser  und  Alkohol  äusserst  leicht  löslich  ist 

Benzoglycolsaurer  Kalk,  CaO.CigHTO?  -|-  aq.  Feine wavel- 
litartig  gruppirte,  seidenglänzende  Nadeln,  welche  bei  100<^  C.  keii 
Wasser  verlieren,  bei  120o  C.  aber  1  Aeq.  Er  löst  sich  bei  11®  C  is 
42,8  Thln.,  dagegen  in  7,54  Thln.  kochendem  Wasser.  Er  besitzt  in 
hohem  Grade  die  Eigenschaft,  Übersättigte  Lösungen  zu  bilden,  so  dsK 
die  erkaltete  Lösung  oft  erst  nach  mehreren  Tagen  ganz  erstarrt 

Benzoglycolsaurer  Kalk  mit  Chlorcalcium.  Versetzt  nuB 
eine  concentrirte  Lösung  des  vorhergehenden  Salzes  mit  Chlorcalciom 
und  verdampft  zur  Syrupsconsistenz ,  so  scheidet  sich  beim  Erkaltes 
das  Doppelsalz  in  (quadratischen  oder  rhombischen)  Octaedem  aa«. 
Diese  sind  luftbeständig,  werden  aber  durch  Wasser  oder  Alkohol  is 
die  beiden  einfachen  Salze  zerlegt 

Benzoglycolsaures  Kupferoxyd,  CUO.C18H7O7  -|-  xaq. 
Durch  doppelte  Zersetzung  des  Kalksalzes  mit  salpetersaurem  Knpftf* 
oxyd  dargeptellt,  krystallisirt  es  beim  Erkalten  in  schön  blauen  rhoia- 
bischen  Tafeln.  Die  Krystalle  werden  bei  100^  G.  unter  Verlust  vob 
Wasser  grün.  Es  ist  in  kaltem  Wasser  schwer  löslich,,  leichter  io 
warmem. 

Benzoglycolsaure  Magnesia  krystallisirt  in  feinen  sehr  volu- 
minösen Nadeln.     Sie  losen  sich  leicht  in  Wasser  und  in  Alkohol. 

Benzoglycolsaures  Natron,  NaO  .  Cig  II7  O7  -|-  6aq.,  kry- 
stallisirt beim  Erkalten  der  heissgesattigten  Lösung  in  ziemlich  grosses 
rhombischen  Tafeln,  die  bei  100<>  C.  unter  Verlust  des  Krystaliwassen 
undurchsichtig  werden. 

Benzoglycolsaures  Silberoxyd,  AgO.CigH?!)?.  Es  ftlk 
beim  Vermischen  des  Kalksalzes  mit  Silberlösung  als  käsiger  Niedsr- 
schlag,  der  sich  beim  Kochen  löst  und  beim  Erkalten  in  feinen,  weisieii 
Krystallen  wieder  abscheidet  Li  feuchtem  Zustande  schwärst  es  sich 
leicht  am  Licht;  trocken  verändert  es  sich  nicht  bei  100^  C. 

Benzoglycolsaures  Zinkoxyd,  ZnO.CigIi707  -+-  4aq.  Farb- 
lose lange,  dünne  Nadeln,  die  sich  sternförmig  gruppiren. 

Eine  kalt  gesättigte  Lösung  von  benzoglycolsanrem  Kalk  giebt 
mit    Kobaltoxydul-,  Kupferoxyd-,  Nickeloxydul-    und   Zinkoxyd-Lo- 


Benzohelicin. " —  Benzoilinwasserstoff.  868 

Bungen  keinen  Niederschlag ;  mit  Kadmiomo^ydlöanng  versetzt,  scheiden 
sich  feine  sternförmig  ffruppirte  Nadein  aus;  mit  Eisenoxydullösung 
entsteht  unter  Aufnahme  von  Sauerstoff  aus  d^r  Luft  schnell  ein  rost- 
farbener Niederschlag.  A,  S. 

Benzohelicin  nennt  Piria^)  das  Product  der  Einwirkung 
wn  Salpetersäure  auf  Populin,  ein  Glukosid  von  Benzoesäure  und  Sali- 
3jlwasserstoff  (s.  Iste  Aufl.  Bd.  VI,  S.  624).  Seine  Formel  ist  C4ofi2o  ^le- 

Zur  Darstellung  des  Benzohelicins  übergiesst  man  1  Thl.  Populin 
mit  10  bis  12  Thln.  Salpetersäure  von  1,30  specif.  Gewicht,  die  Flüs- 
ligkeit  wird  sogleich  gelb,  das  Populin  löst  sich,  und  nach  wenigen 
MLinuten  beginnt  die  Abscheidung  des  krystallinischen  Benzohelicins; 
>6im  Verdünnen  der  sauren  Mutterlauge  mit  Wasser  scheidet  sich  noch 
nehr  davon  aus.  Durch  Auflösen  in  siedendem  Wasser  wird  es  um- 
crystallisirt;  beim  Filtriren  der  heissen  Lösung  krjstallisiren  die  ersten 
Fropfen  beim  Erkalten  rasch,  und  von  den  entstandenen  Krystallen 
lus  pflanzt  sich  die  Erystallisation  fort.  Wird  das  Filtrat  erwärmt,  um 
las  krystallisirte  Benzohelicin  zu  lösen,  so  gesteht  die  Flüssigkeit  beim 
langsamen  Erkalten  zu  einer  gallertartigen  Masse. 

Das  Benzohelicin  entsteht  aus  dem  Populin  (040^2201«)  durch 
Entziehung  von  Wasserstoff*.  Es  enthält  die  Elemente  von  BenzoS- 
länre,  Salicjlwasserstoff  und  Glukose  minus  Wasser: 

C4oHjoOl6^-h  4H0  =  C14HUO4        -f"      ^14^6  04      +  C12H12O12, 

Benzohelicin    .  Benzoesäure    Salioylwasserstoff 

md  verhält  sich^  daher  zum  Populin  (Benzosalicin)  wie  das  Helicin 
[s.  d.  Iste  Aufl.  Bd.  in,  S.  844)  zum  Salicin.  Es  lässt  sich  auch  durch 
Kochen  mit  Wasser  und  Magnesia  unter  Entziehung  von  Benzoesäure 
n  Helicin  umwandeln: 

C4^HioOi6  -f  MgO.HO  ==MgO^CuH^+  CaeHieOu 

Benzohelicin  BenzoSs.  Magnesia        Helicin. 

Mit  Salzsäure  gekocht,  wird  das  Benzohelicin  zersetzt,  es  zeigt 
lieh  der  Geruch  nach  Salicylwasserstoff,  und  beim  Erkalten  scheidet 
lieh  Benzogsäure  ab.  Concentrirte  Schwefelsäure  löst  es  langsam;  die 
^elbe  Lösung  ist  geruchlos,  riecht  aber  nach  dem  Verdünnen  mit  Was- 
ser nach  Salicylwasserstoff.  Aetzende  Alkalien  zersetzen  das  Benzo- 
ielicin  erst  beim  Kochen ;  die  so  erhaltene  goldgelbe  Lösung  scheidet 
lach  dem  Neutralisiren  mit  Säure  Salicylwasserstoff  und  Benzoesäure 
ib,  während  Traubenzucker  in  der  Lösung  bleibt  Synaptase  bewirkt 
lie  Zersetzung  von  Benzohelicin  nicht.  Fe, 

Benzoilinwasserstoff  nannte  Laurent  ein  bei  Behand- 
lung von  Azobenzoilinwasserstofl'  mit  Chlorwasserstoff  erhaltenes  Pro- 
luct;  später  erkannte  er  nun  den  Azobenzoilin Wasserstoff  als  einen  ba- 
sischen Körper,  den  er  Amarin  nannte;  der  Benzoilinwasserstoff  ergab' 
uch  als  chlorwasserstoffsaures  Amarin  (s.  jj.  Art.  unter  Benzoyl- 
wasserstoff,  Abkömmlinge). 


»)  Annal.  de  chim.  et  phys.  [8.]  T.  XXXIV,  p.  278;  T.  XLIV,  p.  366;  Annal. 
i.  Chem..ii.  Pharm.  Bd.  LXXXI,  S.  245;  Bd.  XCYI,  S.  876;  Pharm.  Centralbl. 
1862  S.   161;  Jahrmber.  ▼.  Liebig  u.  Kopp  1862,  S.  661;  1866,  S.  690. 


864  Benzoin. 

Benzoin  ^),  BittermaDdelöIcamphor.  Formel:  CjgfligO«. 
Zuerst  von  Stange  beschrieben,  seine  Bildung  au^  Bittermandelöl  zuerst 
von  Robiquet  und  Boutron-Chalard  beobachtet.  Ks  ist  niit  beii> 
zoSsaurem  Benzyläther  isomer,  niit  Benzoylwasserstoff  poljmer. 

Das  Bittermandelöl  verwandelt  sich  leicht  in  Benzoin  ^  wenn  « 
mit  Cyankalinm  in  Berührung  kommt ;  es  bildet  sich  daher  stets,  sobald 
rohes  Bittermandelöl  mit  Kali  versetzt  wird ;  blausänrefireies  Bittennan- 
delöl  wird  dabei  nicht  verändert.  Als  Nebenproduct  entsteht  das  Ben- 
zo'in  gewöhnlich,  wenn  Bittermandelöl  durch  Behandlung  mit  einer  Bö- 
schung von  Kalk  und  Eisenchlorür  von  Blausaure  befreit  wird.  Nadh 
dem  der  reine  Benzoylwaäserstoff  durch  Destillation  entfernt  ist,  loil 
man  den  Rückstand  in  der  Retorte  in  verdünnter  Salzsäure,  wobei  Ben- 
zoin sich  abscheidet. 

Zur  Darstellung  des  Benzoi'ns  aus  blausäurehaltigero  Bittemiandelol 
vermischt  man  dasselbe  mit  seinem  gleichen  Volumen  einer  gesättigten  Lö- 
sung von  Kalihydrat  in  Alkohol,  wobei  meist  nach  wenigen  Minuta 
die  Flüssigkeit  durch  Ausscheidung  von  Krystallen  zo  einer  Masse  g«* 
steht.  Man  presst  die  Kry  stalle  ab  und 'reinigt  sie  durch  wiederholt« 
Krystallisationen  aus  Weingeist  (Zinin). 

Aus  reinem  Benzoylwasserstoff  erhält  man  es  leicht  durch  Venu- 
schen  mit  einer  verdünnten  Lösung  von  Cyankalium  in  WeiDgeist. 

Da  das  rohe  Bittermandelöl  nicht  stets  gleich  viel  und  g^leich  rö- 
nes  Benzoin  liefert  (was  von  dem  Alter  und  dem  Blausäoregehalt  dtf^ 
selben  abhängt),  so  räth  Zinin,  erst  eine  Prüfung  mit  einer  Probe 
desselben  anzustellen  und  sich  zu  versichern,  dass  es  durch  Zi* 
satz  von  alkoholischer  Kalilange  schnell  zu  einer  krystaliinideke 
Masse  gesteht.  Findet  die  Bildung  von  Krystallen  nicht  bald  statt,  f^ 
soll  man  das  Bittermandelöl  erst  ganz  von  Blausäure  befreien  and  da 
reinen  Benzoylwasserstoff  mit  einer  alkoholischen  Lösung  von  Cyanb- 
linm  behandeln. 

Die  Wirkung  des  Cyankalinms  auf  den  Benzoylwasserstoff  ist  noä 
nicht  erklärt ;  man  erhält  fast  die  ganze  Menge  des  Bittermandelöb  is 
Benzoin  verwandelt  wieder. 

Das  Benzoin  bildet  durchsichtige,  farblose,  sehr  glänzende,  gemek- 
und  geschmacklose  Prismen;  es  schmilzt  bei  120^C.  und  erstarrt  wiedd 
grossstrahlig  krystallinisch.  In  höherer  Temperatur  destillirt  es  onver 
ändert  über;  es  ist  leicht  entzündlich  -und  verbrennt  mit  mssendtf 
Flamme. 

In  kaltem  Wasser  ist  es  unlöslich;  kochendes  Wasser  löst  es  inge> 
ringer  Menge  und  scheidet  es  beim  Erkalten,  selbst  wenn  ein  unreiDes, 
gelb  gefärbtes  Präparat  angewandt  wurde,  in  farblosen  kleinen  Nadeb 
ab.     Von  heissem  Alkohol  wird  es  leichter  gelöst  als  von  kaltem. 

Leitet  man  es  dampfibrmig  durch  eine  zum  Rothglühen  erhitsis 
Röhre,  so  verwandelt  es  sich  wieder  in  Bittermandelöl. 

In  concentrirter  Schwefelsäure  löst  es  sich  unter  violetter  Fär- 
bung ;  beim  Erhitzen  scl^wärzt  sich  die  Lösung.  Beim  Schmelaen  im 
Chlorgas  verwandelt  es  sich  in  Benzil  unter  Entwickelung  von  Chki^ 


^)  ZiniD,  Annal.  d.  CUem.  u.  Pharm.  Bd.  XXXIII,  S.  186.  Ebenda«.  Bd.  CTT. 
S.  116;  Petertb.  Akadein.  Bull.  Bd.  XV,  S.  281.  —  Stange,  Repertor.  d.  Phanu 
B.  VIS^  S.  829.  — Kobiqnei  o.  Boutron-Chalard  AnnaL  de  Ghim.  et  de  Pliyi^ 
[2.]  T.  XLIV,  p.  862.  —  L  i  e  b  i  g  u.  W ö  h  l  er,  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  m^  8.  Vt 


Benzoin.  865 

wasserstoffgas.  Dieselbe  Verwandlung  findet  l^eiin  Erhitzen  mit  Salpe- 
tersäure statt.  Brom  greift  es  anter  Bildung  von  Bromwasserstoffsäure 
lebhaft  an.  In  kaustischer  EalUauge  ist  es  unlöslich ;  schmelzendes  Kali- 
bydrat  verwandelt  es  unter  Entwickelung  von  Wasserstoffgas  in  ben- 
BoSsaures  Kali: 

CmHi204^+  2(K0M0)  =  2(^O^Cu^iOs)-\'  iE. 

Benzoin  Benzoesaures  Kali 

Beim  Auflösen  in  alkoholischer  Kalilauge  f&rbt  es  sich  violett  und 
verwandelt  sich  beim  Kochen  unter  Entwickelung  von  Wasserstoffgas 
in  benziisaures  Kali: 

CwHjjO*  +  KO.HO  =  KO.CjgHuOft  +  2H. 

Benzoin  Benziisaures  Kali 

Mit  Ammoniak  bildet  das  Benzoin  mehrere  Amidverbindungen, 
7on  welchen  das  Benzoi'namid  und  das  Benzoinam  (S.  866  u.  867) 
genauer  bekannt  sind. 

Phosphorperchlorid  greift  das  Benzoin  heftig  an,  wobei  Phos- 
phor oxjchlorid  und  andere  schwierig  rein  zu  erhaltende  Producte  ent- 
liehen (Cahours). 

Zwischen  den  Chloriden  der  organischen  S&ureradicale  und  dem 
Benzoin  findet  leicht  die  Verwandlung  statt,  dass  ein  Theil  des  Was- 
^rstoffs  des  Benzoms  durch  ein  organisches  Säureradical  ersetzt  wird, 
Indem  gleichzeitig  Chlorwasserstoff  entsteht.  Zinin  hat  hierdurch  fol- 
gende Verbindungen  erhalten. 

Cq  B   O  ) 
Acetyl-Benzoin:  082 H14 O«  =  q   jr^* q* j.  Zinin.  Uebergiesst 

man  4  Thle.  Benzoin  mit  3  Thln.  Acetoxylchlorid,  so  löst  es  sich  beim 
Erwärmen  auf  40®  bis  50®  C.  unter  Entwickelung  von  Chlorwasserstoffgas 
auf;  erst  nachdem  die  völlige  Lösung  stattgefunden  hat,  erwärmt  man 
im  Wasserbade  auf  100®  C,  solange  noch  Dämpfe  entweichen.  Beim 
Erkalten  erstarrt  die  Masse  langsam  zu  Krystallen,  die  man  durch 
(Jmkrystallisiren  aus  Alkohol  oder  Aether  reinigt 

Beim  langsamen  Verdunsten  der  ätherischen  Lösung  erhält  man 
grosse  rhombische  Prismen  und  sechsseitige  Tafeln,  aus  der  heissen  al- 
koholischen Lösung  glänzende,  dünne  Krystalle.  In  Wasser  ist  es  un- 
löslich. Es  schmilzt  unter  lOO®  C.  und  erstarrt  beim  Erkalten  oft 
Eunorpb.  Kalilauge,  verdünnnte  Schwefelsäure  und  Salzsäure  sind 
ohne  Einwirkung,  alkoholische  Kalilösung  giebt  beim  Erwärmen  ein 
Gremenge  von  benzilsaurem  und  essigsaurem  Kali.  Starke  Salpeter- 
säure liefert  ein  Gemenge  zweier  Nitroproducte  in  Form  einer  fast 
farblosen,  terpeptinartigen,  in  Wasser  unlöslichen  Masse,  die  in  Alkohol 
und  besonders  in  Aether  leicht  löslich  ist  und  beim  Erkalten  der  alko- 
bolischen  Lösung  Krystalle  absetzt. 

C«  S   O  ) 
Benzoyl-Benzofn:  C42Hi6  06=X"tt^^^*{.  Zinin.  Uebergiesst 

man  Benzoin  mit  Benzoylchlorid,  so  begmnt  beim  Erwärmen  auf 
70®  C.  die  Einwirkung,  wobei  das  Benzoin  schmilzt  und  Chlorwasser- 
stoffgas  unter  Aufbrausen  entweicht.  Man  erwärmt  bis  zum  Siede- 
punkt des  Benzoylchlorids  und  erhält  hierdurch  eine  schwach  gelblich 
gefärbte,  ölartige  Flüssigkeit,  die  allmälig  in  warzenförmigen  Krystallen 
erstarrt.   Zur  Reinigung  des  Productes  gie^t  man  dasselbe  in  flüssigem 

Handwörterbuch  der  Chemie.   9te  jfnfl.   Bd.  U.  ^5- 


8G6  Benzoinam. 

Zustande  in  75procentigen  Alkohol  und  schüttelt,  wobei  das  Bensofi- 
Benzoi'n  als  krystallinis^hes  Pulver  sich  abscheidet,  und  auf  dem  Filter 
gesammelt  und  mit  Weingeist  abgewaschen  werden  kann. 

Es  ist  in  Wasser  unlöslich,  wenig  löslich  in  kaltem  Alkohol,  löst  Ach 
in  6  Thln.  kochendem  80procehtigen  Weingeist,  woraus  es  beim  Erkalten 
sich  fast  vollständig  in  dünnen  farblosen  Nadeln  abscheidet.  In  Aetber 
löst  es  sich  reichlich,  besonders  beim  Erwärmen,  und  beim  freiwilligen 
Verdunsten  krystallisirt  es  daraas  in  grossen  glänzenden  rhombischcD 
Prismen.  Es  schmilzt  bei  125^  C.  und  erstarrt  wieder  amorph,  wird 
aber  allmälig  krystallinisch.  Es  löst  sich  leicht  in  Benzoylchlorid 
und  wird  beim  Erhitzen  damit  auf  150^0.  nicht  verändert.  Kalte  Kali- 
lauge  greift  es  nicht  an;  weingeistige  Kalilösnng  löst  es  mit  violetter 
Farbe  und  verwandelt  es  beim  Kochen  in  ein  Gemenge  von  benjcilsaor 
rem  und  benzoSsaurem  Kali.  Salzsäure  und  verdünnte  Schwefebänre 
sind  ohne  Einwirkung;  concentrirte  Schwefelsäure  zerstört  es;  Chlor 
wirkt  selbst  auf  dasselbe  in  geschmolzenem  Zustand  nicht  ein. 

Concentrirte  Salpetersäure  (von  1,51  specif.  Gewicht)  lost  es  un- 
ter Wärmeentwickelung  auf;  bei  Anwendung  von  wenig  Säure  scheidet 
das  Benzoyl-Benzoi'n  sich  grösstentheils  unverändert  ab;  nimmt  man  aber 
auf  1  Thl.  Benzoyl-Benzoin  1  ^2  Thle.  Salpetersäure  oder  noch  mehr,  md 
giesst  die  schwach  gelbgefarbte  Lösung  in  kaltes  Wasser,  so  scheidet 
sich  eine  harzartige  Masse  ans,  die  ein  Gemenge  zweier  Nitro veibio- 
dungen  ist,  die  sich  durch  Aether  trennen  lassen.  Der  Aether  löst  eina 
Theil  auf  und  hinterlässt  denselben  beim  Verdunsten  als  dickes,  in  Alkoki^ 
schwierig  löbliches  Oel,  während  ein  anderer  TheÜ  von  dem  Aether  bd- 
gelöst  als  krystallinisches  Pulver  hinterbleibt.  Dies  ist  das  Nitroben- 
zoyl-Benzoi'n.  Seine  Formel  ist C42lIi5(N04)Oe  (Zinin).  Den  tob 
Aether  ungelöst  zurückgelassenen  krystallinischen  Rückstand  lost  man  ia 
12  Thln.  kochenden  Alkohols  und  erhält  ihn  beim  Erkalten  fast  volh^tia- 
dig  wieder  in  Gestalt  weisser  glänzender  Schuppen,  die  aus  treppcs* 
förmig  zusammengewachsenen  rhombischen  Tafeln  bestehen.  Das  "Fy 
trobenzoyl-Benzoin  schmilzt  bei  etwa  137<>  C.  und  erstarrt  beim  fck-iul- 
ten  zu  einer  krümlig  krystallinischen  Masse,  oft  auch  erst  amorph,  b 
Wasser  ist  es  unlöslich,  in  kalter  Salpetersäure  unveränderlich  und  b^ 
schwachen  Erwärmen  darin  in  grosser  Menge  löslich.  Beim  Kochen 
aber  entsteht  ein  neuer,  in  Aether  leicht  löslicher,  in  Alkohol  schwer 
löslicher  Körper,  der  sich  pulverförmig  abscheidet. 

Es  ist  nicht  untersucht  worden,  ob  die  Benzoyl-  oder  dieBenzota- 
Gruppe  in  der  Verbindung  die  Elemente  von  Untersalpeters&ure  auf- 
genommen hat.  A.  S. 

Benzoinam  ^).  Verwandlungsproduct  desBenzoins  mit  Amino- 
niak,  entdeckt  von  Laurent. 

Formel:  C5eH24N3  02  (Laurent).  Die  Bildung  desselben  erkUrt 
sich  nach  der  Gleichnng: 

Benzom  *  .  Benzoinam 

Man  erhält  es  geroengt  mit  Benzoioamid  und  anderen  nicht  gensn 
bekannten  Körpern,  deren  Trennung  sehr  schwierig  ist,  wenn  man  ein 


^)  Laurent^  Compt.  r«D4.  par  Laur.  et  G«rbardt,   1845.  p.  87. 


Benzoinainid.  —  Benzol.  867 

Cremenge  von  Alkohol,  Ammoniak  und  Benzoin  in  einer  Tersöhlosdenen 
Flasche  einige  Monate  lang  stehen  läsat. 

Es  bildet  weisse,  mikroskopische  Nadeln,  ist  geruchlos,  in  Wasser 
unlöslich^,  Aether  und  Steinöl  lösen  es  in  sehr  kleiner  Menge  auf.  Beim 
£rkalten  der  kochenden  Lösungen  scheidet  sich  dasBenzo'inam  in  sehr 
voluminösen  Nadeln  ab,  die  die  Flüssigkeit  erfüllen.  Eine  Mischung 
von  Alkohol  und  Salzsäure  löst  es  beim  Kochen  in  reichlicher  Menge 
auf;  auf  Zusatz  von  Wasser  fallt  ein  Theil  Benzoi'nam  nieder,  der  Best 
erst  auf  Zusatz  von  Ammoniak. 

Es  schmilzt  beim  Erhitzen  und  krjstallisirt  beim  Erkalten  zum 
Theil. 

Kali  ist  ohne  Wirkung  auf  Benzoinam,  concentrirte  Schwefelsäure 
löst  es  beim  gelinden  Erwärmen  unter  röthlicher  Färbung;  Znsatz  von 
Wasser  scheidet  orangenfarbige  Flocken  ab.  a.  S. 

Benzoinamid^)^  von  Laurent  entdeckt.  Formel:  €34^36 N4 
=  2  C4sH|gN3  (Laurent).  Der  Formel  znfolge  ist  es  dem  Hydrobenz- 
amid  isomer  oder  polymer.  Es  entsteht  aus  Benzoin  durch  Behandlung 
mit  wässerigem  Ammoniak,  und  man  kann  sic^  hiemach  die  Bildung 
desselben  durch  folgende  Gleichung  versinnlichen : 

3  C,8Hi2  04  +  4  NHs  =^^4J^6N4^+  12  HO. 

Benzoin  Benzoinamid 

Laurent  erhielt  es  aus  einem  Gemenge  von  Benzoin  mit  wässe- 
rigem Ammoniak,  welches  einige  Monate  stehen  gelassen  wurde.  Nach- 
dem das  Ammoniak  *abfiltrirt  war,  wurde  der  Bückstand  erst  mit  Alkohol 
gekocht,  um  unverändertes  Benzoin  zu  entfernen  und  hierauf  in  einer 
grossen  Menge  kochenden  Aethers  gelöst,  woraus  das  Benzoinamid 
beim  Erkalten  sich  abschied.  Es  ist  ein  weisses,  geruch-  und  geschmack- 
loses Pulver,  welches  unter  dem  Mikroskop  sehr  feine  Krystallnadeln 
zeigt.  In  Wasser  ist  es  unlöslich,  sehr  wenig  in  Alkohol  und  Aether 
losHch.  Es  schmilzt  beim  Erhitzen  und  erstarrt  zu  einer  strahligen 
Masse;  es  ist  ohne  Zersetzung  flüchtige  Die  Analyse  Laarent's 
stimmt,  nach  dem  richtigeren  Atomgewicht  des  Kohlenstoffs  (C  =  6) 
berechnet,  nicht  gut  mit  der  Formel  fiberein,  und  zeigt  so  geringe 
Verschiedenheit  von  der  Zusammensetzung  des  Benzoinams,  dass  man 
versucht  ist,  beide  Körper,  deren  Eigenschaften  auch  sehr  ähnlich  sind, 
für  identisch  zn  halten.  Laurent's  Analyse  vergleicht  sich  in  fol- 
gender Weise  mit  der  berechneten  Znsammensetzung. 

Berechnet.  Qeftmden. 


Csi  84,56     . 

*       ^56   ^t^fl^        * 

.     83,45 

Hge     6^04     . 

•       n24      0,«/^        . 

.       5,55 

N4      9,40     . 

.     Nj     6,90     . 
O2     4,05 

.       8,94 

A.  Ä\ 


Benzol^),  Benzin,  Phenylwasserstoff,  Bmzine,  Hydrure  de 
phenyle^  phene^  Bicarhttret  o/Hydrogen.  Entdeckt  von  Faraday.  Formel: 

Ci,H6  =  ^"S'^|.     Das  Benzol  entsteht  bei  vielen  Zersetzungen  orga- 

M   L»üTent  (1887),  Annal.  de  chim.  et  de  pliy«.  [2.]  T.  LXVl,  p.  189. 
*)  Liter» tnr:     Faraday,    Phil.   Transact.  1826.  440;    Pogg.  Annal.   Bd.  V. 
8.  806.  —  Mitacherlich,  Pogg.  Annal.  Bd.  XXIX,  8.   231;   Annal.    d.  Chem.  u, 

55* 


868  Benzol. 

nif^clier  Körper,  besonders  in  der  Hitze.  Einfache  Verwaodlimgeni  n 
welchen  Benzol  auftritt,  sind  folgende.  Bei  der  Destillation  von  Ben* 
zoSsäure  mit  überschüssigem  Ejilkhydrat  (Mitscherlich)  oder  beim  Lei* 
ten  der  Dämpfe  von  Benzoepäure  über  glühendes  Eisen  (Da rcet).  Hat 
hat' hier  die  Gleichung: 

Ci4  HßO*  -f  2  CaO  =  Ci2Jlg  +  2  (CaO.  CO,). 

Benzoesäofe  Benzol 

Die  Destillation  von  Phtalsäure  über  Aetzkalk  giebt  ebenfsOs 
Benzol  (Marignac): 

Ci6  »6  Os  +  4CaO  =  Ci,  Hö  -f  4  (CaO.  CO«). 

Pthalsäure  Benzol 

Femer  erhält  man  es  bei  der  Destillation  der  Insolinsanre  über 
Aetzbaryt,  wobei  ein  verkohlter  Rückstand  bleibt  (Hofraann).  Maa 
hat  hier  die  Gleichung : 

CigHaOs  =  C„He  +  2HO  +  3CO,  +  3a 

Insolins&ure     Benzol 

Aach  bei  der  trockenen  Destillation  der  Chinasäure  entsteht  Beiixol 
(Wo  hl  er),  ebenso  wenn  man  Fette  durch  glühende  Bohren  leitet  (Fa- 
rad ay),  oder  bei  der  trockenen  Destillation  der  Steinkohlen  und  findet 
sich  daher  in  dem  flüchtigeren  Theil  des  Steinkohlentheers  (Hofmanoi, 
Mansfield);  ferner  wenn  man  Bergamottöldampf  durch  glühende,  mit 
Kalk  gelullte  Röhren  leitet  (Ohme);  selbst  wenn  Essigsaure  oder  Al- 
kohol dampfförmig  durch  glühende  Röhren  geleitet  werden,  tritt  etwas 
Benzol  auf  (Berthelot).  Es  findet  sich  im  Erdöl  von  Bamosh,  des 
sogenannten  Rangoon- Theer  (Warren  de  la  Rae  u.  Müller). 

Zur  Darstellung  von  reinem  Benzol  wendet  man  entweder  Bensoe* 
aixae  an,  oder  man  gewinnt  es  aus  dem  leichten  Steinkohlentheeröl. 

Pharm.  Bd.  IX,  S.  89;  Bd.  XXXI,  S.  626;  Bd.  XXXY.  S.  870;  Bi 
XXXU,    8.    224.    —    D»rcet,    Annal.  de   chim.  et  t!«  phys,  [2.]   T.  I^VI,  p.  9«. 

—  P^ligot,  Annal.  de  chim.  et  de  phjs.  [8.]  T.  LVl,  p.  59.  —  Mansfield. 
Annal.  d.  Cbem.  u.  Pharm.  Bd.  LXIX,  p.  162.  —  Warran  de  la  Rne  «- 
Malier,  Joum.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXX,  S.  300.  —  Chnrch,  Phil.  Mi^ 
[4.J  XIII,  416;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  CIY,  S,  111.  —  Bacchetti, 
Oimento  III,  p.  414.  —  Laurent,  Annal.  de  chim.  et  de  phya.  [2.]  T.  LXHL 
p.  27;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XXIII,  8.  68.  Compt.  rend  de  TAcai 
T.  XXXI,  p.  688.  —  Deville,  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [8.]  III,  Vi- 
~    Muspratt   n.    Hofmann,    AnnaL  d.  Chem.  u.  Pharm.   Bd.  LVII,   8.  214.  - 

—  Gerhardt  n.  Chancel,  Compt.  rend.  de  TAcad.  XXXV,  p.  690.  —  Ger- 
hardt  o.  ChioKza,  Compt.  rend.  T.  XXXVIII,  p.  86;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pbar» 
Bd.  LXXXVII,  8.  297;  Joum.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LX,  8.  144;  Pharm.  CentralbL 
1868.  678;  Annal.  de  chim.  et  de  phye.  [8.]  T.  XLVI,  p.  129.  ~  Church  n  P«r 
kin,  Chem.  8oc.  Qu.  J.  T.  IX,  p.1;  Pharm.  Centralbl.  1866,  8.604;  Joanu  f.  prakt 
Chem.  Bd.  LXYIII,  S.  218.  ~  Ger  icke,  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  C,  S^ 
207;  Pharm.  Centralbl.  1866.  967;  Joum.  f.  prakt.  Chem.  LXX,  424.  —  Zinia, 
Joum.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXXVI,  8.  98;  Bd.  LV1I,  8.  177^  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharv. 
Bd.  LXXXV,  8.  828.  —  Laurent  u.  Gerhardt,  Compt.  rend.  de«  trav.  1849,  p. 
417;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXV,  p.  70.  —  WO  hier,  Annal.  d.  Chfo- 
a.  Pharm.  Bd.  CII,  8.  126.— Noble,  Anna],  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XCVUI,  &  üM- 

—  Hilkcnkamp,  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XCV,  8.  86;  Joum.  t  prakt 
Chem.  LXVI,  S.  844;  Pharm.  Centralbl.  1866,  8.  619.  —  Lassaigne,  Itefie 
Bcientif.  Ti  V,  p.  860.  —  Kopp,  Annal.   d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XCVIII,  'S.  SW- 

—  Mcndins,  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  CIII,  8.  64.  —  Dnppa,  AimaL  A 
Chemie  a.  Pharm.  Bd.  CIII,  8.846.  —  Coup  er,  Annal.  de  chim.  et  de  pbj«.  [S-] 
T.  LII.  p.  309;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  CIV,  8.226.  —  Gerhardt,  AbbsL 
de  Chim.  et  de  Phya.  [8.]  T,  LIÜ,  p.  803. 


Benzol.  869 

Man  mischt  in  einer  Betorte  BenzoSsänre  mit  der  dreifachen  Menge 
gelöschten  Kalk,  destillirt  bei  allmälig  steigender  Hitze  und  rectificirt 
las  auf  dem  übergegangenen  Wasser  schwinmiende  Oel  nach  dem 
Schütteln  mit  etwas  Kali.  Man  erhält  hierbei  aus  3  Thln.  Benzoesäure 
l  Thl.  Benzol.  (Mitscherlich.) 

Die  Gewinnung  eines  reinen  Präparates  aus  dem  leichten  Stein- 
lohlentheeröl  ist  ziemlich  umständlich,  und  die  im  Handel  unter  dem 
tarnen  »Benzol«  oder  »Benzin«  vorkommende  Flüssigkeit  enthält  häufig 
lur  wenig  Benzol,  dagegen  viel  Toluol  und  andere  Kohlenwasserstoffe. 
^ach  Mansfield  behandelt  man  das  leichte  Steinkohlentheeröl  zuerst 
nit  verdünnter  Schwefelsäure,  um  alle  basischen  Bestandtheile  auszuzie- 
len,  und  nach  dem  Schütteln  mit  Wasser  entfernt  man  durch  Schütteln 
nit  Kalilauge  beigemengte  Säuren.  Das  Oel  wird  hierauf  einer  fractio- 
lirten  Destillation  unterworfen  und  der  bei  80^ —  90^  C.  übergehende  An- 
heil auf —  1 2<)  G.  erkaltet,  wobei  das  Benzol  krystallisirt  und  durch  Aus- 
)re88en  von  den  flüssigen  Beimengungen  befreit  wird. 

Zweckmässiger  verfährt  man,  nach  Mansfield,  in  folgender  Weise. 
tfan  destillirt  das  gereinigte  SteinkohlentheerÖl  aus  einer  Metallblase, 
ind  leitet  die  Dämpfe  zuerst  durch  ein  mit  kochendem  Wasser  umge- 
>enes  Schlangenrohr,  worin  die  weniger  flüchtigen  Dämpfe  sich  con- 
lensiren  und  in  die  Blase  zurückfliessen,  während  der  flüchtigere  Theil 
Nreiter  geführt  und  in  einem  Kühlrohr  verdichtet  wird.  Das  Destillat 
wird  in  demselben  Apparate  nochmals  rectificirt,  wobei  man  Sorge 
ragt,  das  Wasser  um  das  erste  Schlangenrohr  nicht  über  80^  G.  zu  er- 
värmen  und  die  Destillation  zu  unterbrechen,  sobald  der  Inhalt  der 
Slase  über  90^  G.  erwärmt  ist.  Das  hierbei  erhaltene  Destillat  schüttelt 
nan  mit  1/4  Volumen  concentrirter  Schwefelsäure  (wobei  man  zweck- 
nässig  vorher  erst  mit  Yxo  Volumen  concentrirter  Salpetersäure  schüttelt) . 
md  rectificirt  es.  Endlich  wird  das  Destillat  noch  durch  Erkalten  auf 
—  XO^C  krystallisirt  und  von  den  flüssigen  Beimengungen  durch  Aus- 
iressen  befreit. 

Das  Benzol  ist  bei  gewöhnlicher  Temperatur  eine  farblose  dünn- 
lüssige  Flüssigkeit,  deren  specif.  Gewicht  bei  15,50G.=0,85  (Faraday, 
tf  itscherlich)  bei  0»  =  0,8991  (Kopp)  beträgt  In  der  Kälte  erstarrt 
18  entweder  in  farrenkrautähnlich  vereinigten  Blättern  oder  ähnlich  wie 
[]|pmpher.  Bei  — 18<>C.  isteshart,  spröde  und  pulverisirbar,  von  0,956 
ipectf.  Gewicht;  es  schmilzt  bei  5^,50.,  wobei  sein  Volumen. sich  um  i/g 
rermehrt  und  gesteht  wieder  bei  0^.  Es  siedet  bei  80,4®  C.  (nach  Kop  p  bei 
),76  M.Bar.),  womit  Mansfield's  Angabe 80ö—81<>C.  übereinstimmt, 
vährend  Mitscherlich  früher  den  Siedepunkt  86®0.  angegeben  hatte. 
[He  Dichtigkeit  des  Dampfes  wurde  zu  2,752  gefanden  (berechnet  2,704 
>ei  einer  Gondensation  auf  4  Vol.).  Das  Benzol  besitzt  einen  ange- 
lehmen  Geruch;  sein  Dampf  wirkt  anästesirend,  bringt  aber  zugleich 
Sxampfe  hervor.  In  grösseren  Dosen  (10  Grm.  bei  Kaninchen)  wirkt 
»  tödtlich  (Bacchetti).  In  Wasser  ist  es  unlöslich,  theilt  ihm  jedoch 
oreruch  mit,  in  Weingeist,  Holzgeist,  Aceton  und  Aether  sehr  leicht 
löslich.  Es  löst  etwas  Schwefel,  Phosphor  und  Jod,  in  der  Wärme 
tfehr  als  in  der  Kälte;  es  löst  leicht  fette  und  ätherische  Oele,  Gam- 
[>her,  Wachs,  Gaatschuk  und  Gutta -Percha,  wenig  Gnmmilack,  Gopal, 
/bmne  und  Gnmmignt;  ziemlich  leicht  löst  es  GUnin,  w6nig  Morphin 
and  Strychnin,  aber  kein  Ginchonin  (Mansfield).  Es  löst  schon  bei  ge- 
iröhnlicher  Temperatur  Pikrinsäure;  aus  einer  siedend  gesättigten  Lösung 


•    1 

870  Benzol- 

scheidet  sich  beim  Erkalten  die  Verbindung  CqsH«  -f-  C]tiit(N04)sO| 
in  glänzenden  hellgelben  Krystallen  ab  (Frits^sche).  Das  unreine,  äs 
Steinkohlentheer  im  Grossen  erhaltene  Benzol  wird  für  sich^  znweika 
gemengt  mit  Aether,  als  Fleck wasser  angewendet. 

Das  Benzol  lässt  sich  über  Kalium,  Kalihydrat,  Phoaphorpercfalo- 
rid,  und  zum  Theil  über  concentrirte  Schwefelsäure  ohne  Verandenmg 
destilliren.  Angezündet  brennt  es  mit  leuchtender  russender  Flamnie. 
Ein  Gemenge  von  1  Vol.  Benzol  und  2  Vol.  Spiritus  (von  85  Proeeal 
Alkohol)  giebt  beim  Verbrennen  in  Lampen  ein  schönes  ijicht ;  bei  gröl- 
serero  Benzolgehalt  russt  die  Lampe.  Man  hat  vorgeschlagen,  gew5ka> 
liches  Leuchtgas  vor  dem  Anzünden  mit  Benzolgas  zu  mengen,  indes 
man  das  Gas  zuerst  durch  Benzol  leitet,  wozu  verschiedene  Appanli 
vorgeschlagen  sind  i) ;  die  Leuchtkraft  soll  hiebei  in  einem  starken  Vcr 
hältniss  wachsen,  während  der  Verbrauch  an  Benzol  ond  die  Kort« 
nicht  bedeutend  sind. 

Leitet  man  Benzoldampf  durch  eine  rothglühende  Röhre,  so  em*' 
steht  unter  Abscheidung  von  Kohle  ein  gasförmiger  Kohlenwasserstoft 

Durch  Chlor  wird  das  Benzol  nur  im  Sonnenlicht  angegriffen  xai 
in  Chlorwasserstoff -Chlorbenzol  (s.  unten)  verwandelt;  ähnlich  verfailk 
sich  Brom.    Jod  hat  selbst  im  Sonnenlichte  keine  Einwirkung. 

Concentrirte  Salpetersäure  verwandelt  das  Benzol  in  Nitrobenzol 
verdünnte  Salpetersäure  bewirkt  bei  anhaltendem  Kochen  dieselbe  Vo* 
Wandlung. 

Auf  diese  Verwandlung  gründet  sich  die  von  Hof  mann  angeg»' 
bene  Nachweisung  des  Benzols  in  Gemengen  (s.  unten  bei  NitrobenioK 

Rauchende  Schwefelsäure  verwandelt  das  Benzol  in  Sulfobeoai 
und  Sulfophenylsäure;  concentrirte  Schwefelsäure  löst  Benzol  nnler 
Bildung  des  letzten  Products  allein  (Gerhardt).  Nach  Mitacher* 
lieh  und  Maus  fiel  d  ist  concentrirte  Schwefelsäure  ohne  Wirkung  irf 
BenzoL  Wässerige  Chrorosäure,  sowie  Chlorkohlenoxydgas  imSonoefr 
lidite,  verändern  das  Benzol  nicht. 

Als  nähere  Bestandtheile  des  Benzols  werden  Phenyl,  Ci^fij,  naA 

C   H  i 

Wasserstoff  angesehen,  so  dass  seine  rationelle  Formel    ^*ix^[  gesclln^ 

ben  wird. 

Parabeniol  nennt  Church  einen  von  ihm  aus  leichtem  Ste» 
kohlentheeröl  gewonnenen  Kohlenwasserstoff,  welcher  mit  dem  Beniol 
gleiche  Znsammensetzung  besitzt,  aber  constant  bei  97,5^  C.  siedet,  bei 
—  20<^C.  noch  nicht  fest  wird  und  auch  4m  Geruch  von  Benzol  verschie* 
den  ist.  Durch  Behandlung  mit  Salpetersäure  und  einem  Gemenge  von 
Schwefelsäure  und  Salpetersäure  giebt  es  mit  dem  Nitrobenzol  od^ 
Dinitrobenzol  identische  Producte ;  mit  rauchender  Schwefelsäure  eist 
der  Sulfophenylsäure  isomere,  hinsichtlich  der  Eigenschaften  der  Sah« 
aber  etwas  abweichende  Säure;  Kupfersalz  und  Barytsalz  der  Säure  liesses 
sich  nicht  in  Krystallen  erhalten  und  waren  in  Wasser  leicht  loslich. 

Abkömmlinge  des  Benzols. 

Durch  die  Einwirkung  des  Broms  nnd  Chlors^  der  SalpeiMBinre 
oder  Schwefelsäure  entstehen  aus  dem  Benzol  Abkömmlinge,  welche 
Eum  Theil  detn  Mntterstoff  näher  stehen,  so  dasB  mam  noch  dasselbe 

^)  S.  L»carriere*8  Apparat:  Dingler's  polyt  Journ.  Bd.  CXLV,  &  S06. 


Benzol.  871 

tadical  Phenyl  in  ihnen  annehmen  kann,  theils  von  demselben  pich 
lehr  entfernen  und  neue  Badicalc  Enthalten,  Indem  der  Wasserstoff 
nsterhalb  des  PhenyU  durch  Br,Gl,N04  oder  SOj  ersetzt  wird,  erhält 
lan  eine  erste  Reihe  voti  Abkömmlingen,  welche  wieder  weitere  De- 
ivate  liefern  können;  durch  Substitution  von  Wasserstoff  in  dem  Phe- 
yl  durch  Br,  Gl,  NO4  erhält  man  eine  weitere  Reihe  von  Prodncten,  in 
reichen  man  entweder  secundäre,  durch  Substitution  abgeleitete  Radi- 
ale annehmen  kann,  oder  neue,  wasserstoffarm  er  e  Radicale,  s.  B.  C13  {{4, 
^9  Ha*  Erstere  Betrachtungsweise,  welche  der  gewöhnlichen  ent- 
prechender  ist,  möchte  wohl  gegenwärtig  den  Vorzug  verdienen.  Wir 
rerden  die  Abkömmlinge  de;  Benzols  nebst  ihren  weiteren  Derivaten 
n  Zusammenhange  anführen. 

BrombenzoL 

Durch  Einwirkung  von  Brom  auf  Benzol  entstehen  verschiedene 
^rodacte;  nämich: 

Monobrombenzol     .  Ci2H5Br, 

Bibrombenzol     .     .     .     Ci3f{4Br3, 

Tribrombenzol    .     .     .     Cj^HaBra. 

Die  ersten  beiden  Producte  entstehen  im  zerstreuten  Licht,  letzte- 

es  verbunden  mit  Bromwasserstoff  im  directen  Sonnenlicht. 

Monobrombenzol. 

C    H  Br) 

Monobrombenzid.    Formel:   CuHsBr  =     "    *|i  |.    Entdeckt 

ron  Couper.  Man  leitet  dampfförmiges  Brom  in  einen  grossen  Kol- 
ben, worin  etwas  Benzol  zum  Kochen  erhitzt  wird,  was  ht,  sobald  die 
^rechnete  Menge  von  Brom  eingeleitet  ist,  den  Inhalt  des  -Kolbens 
oit  Kalilauge,  trocknet  und  destillirt.  Die  Hauptmasse  geht  hierbei 
Msi  1500  c.  über. 

Es  ist  eine  farblose,  im  Greruch  dem  Benzol  ähnliche  Flüssigkeit, 
reiche  bei  —  20^  C.  nicht  fest  wird;  die  Dampfdichte  ergab  sich  =:  5,63 1. 
Ss  wird  beim  Erhitzen  mit  essigsaurem  Silberozyd  auf  200^  C,  oder 
nit  einer  Lösung  von  schwefelsaurem  Silberoxyd  in  concentrirter  Schwe- 
elsäure  auf  200^  C.  nicht  verändert  Beim  Erhitzen  mit  Kalium  in 
rerschlossenen  Röhren  explodlrt  es,  mit  Natrium  erhält  man  Benzol 
ind  einen  krystallinischen  Körper. 

lüt  rauchender  Salpetersäure  verwandelt  es  sich  in  Krystalle  von 
Sromnitrobenzol,  Ci4H4BrN04,  die  unter  90^0.  schmelzen  und 
ich  uDzersetzt  destilliren  lassen. 

Das  Monobrombenzol  löst  sich  auch  in  rauchender  Schwefelsäure 
mter  Bildung  von  Bromsulfophenylsäure. 

Dibrombenzol. 

Bibrombenzid.  Formel:  C„H4Br,=^«***  J"*« joder  ^»**|^j. 

Es  entseht  aus  Monobrombenzol,  wenn  dieses  einige  Zeit  mit  über- 
schüssigem Brom  in  Berührung  gelassen  wird,  wobei  fortwährend  Brom- 
wasserstofflsäure  entweicht,  und  allmählig  grosse  Krystalle  ansohiessen. 
Es  wird  durch  Auflösen  in  Aether  und  freiwilliges  Verdunsten  in  schö- 
nen schiefen-  Prismen  erhalten.  Es  schmilzt  bei  89<^  C.  und  kocht  bei 
2190  €.  ohne  Veränderung. 


872  Benzol 

TribrombenzoL 

Tribrombenzid,  Bibromphenylbromür.    Formel:  CisB|fif| 

C    HirBr  i 

=    **       D  *(•     E*  wurde  von  Lassaigne  darch  Kochen  der  vorher 

gehenden  Verbindong  mi€  weingeistiger  Ealilange,  Aosfallen  mit  Was- 
ser und  'Auflösen  des  niederfallenden  Oels  in  Aetber  in  seidegUuiMih 
den,  sehr  leicht  schmelzbaren,  unzersetst  flflchtigen  Krygtallnadeb 
erhalten.      In   Weingeist  und  Aether  ist  es  sehr  leicht  löslich. 

Bromwasserstoff-Tribrombenzol.  Bibromphenylbromür- 
Brom  Wasserstoff,  entdeckt  von  Mitscherlich.  Formel:  Cisfi«Br«^= 

^'h'b?!  ^^^^  ^"**«|j«j  3HBr.    Setzt  man  ein  Gemenge  von  Bcb- 

zol  und  Brom  dem  Sonnenlicht  aus,  so  emtarrt  es  bald  zu  farbloseo 
Krystallen,  welche  durch  Waschen  mit  kochendem  Aether  gereinigt  werden. 
Es  ist  ein  geruch-  und  geschmackloses,  farbloses,  krystallinisciMi 
Pulver»  wenig  in  kochendem  Alkohol  oder  Aether  löslich,  woraus  « 
beim  Verdunsten  in  mikroskopischen,  schief  rhombischen  Säulen  as- 
schiesst.  Es  ist  schmelzbar  und  erstarrt  wieder  krystallinisch;  bei  der 
Destillation  geht  es  theils  unzersetzt  über,  theils  zerfallt  es  in  Tribro» 
benzol,  BromwasserstofF,  Brom  und  Wasserstoflga&  Beim  Elrhitns 
mit  Ealkhjdrat  giebt  es  TribrombenzoL 

Chlorwasserstoff-Trichlorbenzol. 

Benzoltrichlorid,  Chlorbenzin -Chlorwasserstoff.  Formel:  Ci^H^Glf 

—  ^"s^q'H®'  Ci,Hg€la.€l-f-3»€l.  Von  Mitscherlich  C18S5) 

entdeckte 

Leitet  man  Chlorgas  im  Sonnenlicht  zu  Benzol,  so  wird  es  m^ 
Wärmeentwickelung  absorbirt;  das^  Benzol  verwandelt  sieb  albnälu 
beinahe  völlig  in  farblose  Erfstalle,  welche  man  mit  etwas  Aether  ab- 
wäscht, oder  aus  kochendem  Weingeist  umkrjstallisirt. 

Man  kann  auch  Benzol  in  eine  mit  Chlorgas  gefüllte  Flasche  gies- 
sen  und  dieselbe  hierauf  dem  Sonnenlicht  aussetzen. 

Es  krystallisirt  in  wasserhellen  glänzenden  Blättchen  oder  rbois- 
bischen  Säulen  mit  abgestumpften  Seitenkantea,  Es  schmilzt  bei 
1820  C.  (Mitscherlich,  bei  13öbisl400C.  Laurent)  und  destilfiil 
unter  theilweiser  Zersetzung  bei  280^  C.  (Mitscherlich)  ohne  Back- 
stand zu  hinterlassen. 

Beim  Kochen  mit  alkoholischer  Kalilauge  geht  es  unter  Austreten 
von  8  Aeq.  Salzsäure  in  Trichlorbenzol  über: 

Cigfis^l^  =  CisTTsTsls  -{-  8ÄG1. 

Dieser  Zersetzung  zufolge,  welche  der  des  Elaylchlorids  und  Naphto- 
linchlorids  entspricht,  kann  man  in    demselben    S  Aeq.  ChlorwuNr- 

C   H  J 

Stoff  in   Verbindung   mit  Bichlorphenjlchlorid ,  '  ^^^/j  €l  annehnMs. 

Die  Beziehungen  und  Unterschiede  zwischen  den  erwähnten  Chlorver- 
bindungen treten  in  folgenden  Formeln  hervor: 
Bildungssoheroa: 

C4g4,-i^€U       CaoHg^-MGla  Ci,H,  +  3  Gl, 

Elajlchlorid      Naphtalinbichlorid         Benzoltrichlorid 


Benzol.  873 

Zersetznngasoheni» :. 
C4«,€l  -)-  HGL   CoHs  -f  2  «61.   C,jH,6ls  -f  3H€l. 

* 

Trichlorbenzol,  Bichlorphenylchlorid,  Chlorbenzid. 
Formel:  CijHaßl«  =^"J*«|  oder^*'*''*|H.  Entdeckt  von  Mit  sehe  r- 

1  i  oh.  Es  entsteht  aus  dem  ChlorwasserstoflT-Trichlorbenzol  durch  Ver- 
las! von  8  Aeq.  Chlorwasserstoff,  welche  denriselben  entweder  durch  Er- 
hitzen (ttber  den  Siedepunkt)  oder  durch  Metalloxyde  entzogen  wer- 
den können. 

Zur  Darstellung  destillirt  man  ein  Geraenge  von  Chlorbenzol  mit 
tiberschtissigem  Kalk-  oder  Bar3rth7drat ,  schüttelt  die  übergehende 
Flüssigkeit  erst  mit  Wasser,  und  rectificirt  sie  nach  dem  Trocknen  über 
Chlorcalcium. 

Man  kann  das  Chlorbenzol  auch  durch  Kochen  mit  alkoholischer 
Kalilauge  in  Chlorbenzid  überfuhren,  welches  sich  durch  Zusatz  von 
Wasser  abscheidet 

Es  ist  ein  farbloses  Gel  von  1,457  specif.  Gewicht  bei  7^  C,  siedet 
bei  210<'G.y  von  6,87  Dampfdichte  (Mitscherlich,  entsprechend  einer 
Condensation  auf  4  Volume).  Es  wird  von  Chlor,  Brom,  Säuren  und 
Alkalien  nicht  verändert,  löst  sich  nicht  in  Wasser,  aber  leicht  in  Wein- 
geist, Aether  und  Benzol. 

Nitrobenzol. 

Nitrobenzid.  Entdeckt  von  Mitscherlich.  Formel:  C1SH5.NO4 
-^»^'^loder^i«**^^^*^!. 

Es  entsteht  bei  der  Einwirkung  der  Salpetersäure  auf  Benzol: 
C12H«  4-  HO.NO5  =;  Cia  H5NO4  -f  2H0, 
und  bei  der  trockenen  Destillation  der  nitrobenzoesauren  Salze. 

Zur  Darstellung  desselben  bringt  man  Benzol  allmälig  zu  warmer 
rauehender  Salpetersäure,  die  beim  Erkalten  Nitrobenzol  als  ein  Oel 
abscheidet,  das  mit  Wasser  gewaschen  und  nach  dem  Trocknen  iiber 
Chlorcalcium  durch  Destillation  rein  erhalten  wird. 

Es  ist  eine  gelblich  gefärbte  Flüssigkeit,  von  inteqsiv  süssem  Ge- 
schmack und  starkem  dem  Bittermandelöl  ähnlichen  Geruch.  Sein  specif. 
Gewicht  ist  1,209  bei  150C.  (Mkscherlich),  1,1866  bei  14,40C.(Kopp); 
e8  8iedetbei2130C.(Mischerlich),bei2190— 2200c. (Kopp),  unterste, 
erstarrt  en  krjstallinisch  in  Nadeln.  Seine  Dampfdichte  beträgt  4,40 
(Mitscherlich),  wonach  das  Aequivalent  4  Vol.  Dampf  bildet. 

In  Wasser  ist  es  fast  unlöslich,  mit  Weingeist  oder  Aether  lässt 
es  sich  in  jedem  Verhältnisse  mischen.  In  concentrirter  Schwefelsäure 
oder  Salpetersäure  löst  es  sich,  besonders  in  der  Wärme,  leicht  auf. 

Das  Nitrobenzol  wird  seines  bittermandelölartigen  Geruches  hal- 
ber in  der  FarfSmerie  (unter  dem  Namen  Easence  de  Mirhane)  ange- 
wandt, und  dient  als  Ersatz  für  das  theure  Bittermandelöl. 

Chlor,  Brom,  verdünnte  Schwefelsäure,  massig  concentrirte •  Sal- 
petersäure greifen  es  bei  100®  C.  nicht  an ;  leitet  man  es  aber  dampfför- 
mig mit  Chlorgas  durch  eine  erhitzte  Röhre;  so  wird  es  unter  Bildung 
von  Salzsäure  zersetzt  (Mitscherlich).  Concentrirte  Schwefelsäure 
zersetzt  es  beim  Erwärmen  unter  Entwickelung  von  schwefliger  Säure; 
rauchende  Salpetersäure  ftthrt  es  beim  Erhitzen  in  Dinitrobenzol  über. 


874  Benzol. 

Wässerige  Kalilösiing  übt  beim  Kochen  keine  b<Miierkliche  Einwirkang; 
alkoholische  Kalilci^ung  verwandelt  das  Nitrobenzol  in  Azoxybeoad 
(s.  unteti)  und  in  dunkelgefarbtes  Kalisalz.  Bei  der  Destillation  g«- 
hen  Azobenzid  und  Anilin  über  (s.  weiter  unten.) 

Leitet  man  zn  der  mit  Ammoniak  versetzten  Lösung  von  Nitro- 
benzol  in  Alkohol  Schwefelwasserstoifgas,  so  fallt  Schwefel  nieder,  and 
die  nach  der  Sättigung  auf  0^  abgekühlte  Flüssigkeit  gesteht  zu  einer 
Masse  von  feinen  gelben  Nadeln,  die  in  Wasser  oder  Alkohol  sebr 
leicht  löslich  sind  und  beissend  schmecken«  Erhitzt  man  die  Ma«e  bii 
ein  Theil  des  Alkohols  verdampft  ist,  so  scheidet  sich  abermals  Schwefel 
ab  und  es  tritt  Anilin  auf.  Bringt  man  Nitrobenzol  mit  Zink  imd 
einer  Mischung  gleicher  Volume  von  Alkohol  und  Salzsäure  zusammen, 
so  entsteht  reichlich  Anilin : 

C,3  H5NO4  -(-  6H  =  CijHtN  +  4H0 

Ebenso,  nur  noch  leichter,  wirkt  eine  Mischung  von  Eisenfeile  und 
Eüsigsäure.  Auch  andere  reducirend  wirkende  Stoffe^  z.  B.  eine  Lösang 
von  ar^eniger  Säure  in  Kali  verwandeln  das  Nitrobenzol  in  Anilin 
(Wohl  er).  Auf  dieses  Verfahren  gründet  sich  die  von  Hof  mann  an- 
gegebene Methode  zur  Entdeckung  von  Benzol  in  Gemengen.  Msn 
übergiesst  die  zu  prüfende  Flüssigkeit  mit  rauchender  Salpetersaart 
und  erwärmt,  bis  dieselbe  eine  strohgelbe  Farbe  angenommen  hat,  ver- 
dünnt mit  Wasser  und  schüttelt  mit  Aether.  Die  ätherische  Lösnng 
wird  mit  der  Pipette  abgehoben,  mit  einer  Mischung  von  Alkohol  und 
Salzsäure  versetzt  und  etwas  granulirtes  Zink  hineingelegt.  Nach  Ver- 
lauf einiger  Minuten  übersättigt  man  mit  Kali,  schüttelt  abermals  mit 
Aether,  worin  das  frei  gemachte  Anilin  sich  löst,  und  erhält  es  diircb 
Verdunsten  der  Aetherlösung  auf  einem  Uhrglase.  Auf  Zusatz  einiger 
Tropfen  von  Chlorkalklösung  zu  dem  Rückstande  der  Aetherlösung 
giebt  sich  das  Anilin  durch  die  intensiv  purpurviolette  Färbnng  zu  er- 
kennen. 

Dnrch  Behandlung  von  Nitrobenzol  mit  schwefligsaurem  Ammo- 
niak erhielt  Hilkenkamp  neben  schwefelsaurem  Ammoniak  das  Aro- 
moniaksalz  einer  als  Dithiobenzolsäure  bezeichneten  S&nre  and 
andere  nicht  untersuchte  Prodncte.  Die  Bildung  der  Sänre  leitet  Hil- 
kenkamp jedoch  nicht  von  Nitrobenzol,  sondern  von  Binitrobeniol 
(das  er  als  Verunreinigung  des  von  ihm  angewandten  Nitrobenzols  sn- 
nimmt)  ab,  weshalb  wir  auf  dieses  verweisen. 

Azoxy  benzid. 

Formel:  C24II10N3  O2.  Entdeckt  von  Zinin.  Es  entsteht  bei  der 
Einwirkung  einer  alkoholischen  Kalilösung  auf  Nitrobenzol,  wobei  dem- 
selben ein  Theil  seines  Sauerstoffes  entzogen  wird,  welcher  ohne  Zwei- 
fel auf  den  Alkohol  oxydirend  einwirkt  und  diesen  in  nicht  genau  oo- 
tersuchte  Prodncte  (vielleicht  Glyozal,  Glycolsäure,  zuletzt  Oxals&ore) 
verwandelt.    Man  hat  nämlich:    ' 

2Ci,  Hft  NO4  =  Cji  Hio  N,  O,  -(-  60. , 

Nitrobenzol         Azoxybenzid 

Zur  Darstellung  desselben  setzt  man  zu  der  Lösung  von  1  Tbl. 

Nitrobenzol  in  lOThle.  Wemgeist  1  Thl.  gepulvertes  Kalihydrat,  wob« 

die  Flüssigkeit  sich  unter  brauner  Färbung  bis  zum  Kochen*  erhitft 

Man  schüttelt  und  unterhält  das  Kochen  einige  Minuten.     Beim  £rkal- 


Benzol  875 

ten  scheiden  sich  häufig  schon  EiystaUe  von  Azozybenzid  ab,  von  denen 
man  die  Fitissigkeit  abgiesst  nnd  destillirt,  bis  sie  sich  in  zwei  Schichten 
getheilt  hat;  die  obere  Schicht  giesst  man  ab,  wäscht  sie  mit  Wasser^ 
li^orauf  sie  nach  einigen  Stunden  zn  braunen  Krjstallen  erstarrt.  Die 
untere  Schicht  enthält  Kalihydrat,  kohlensaures  Kali  und  eine  in  Al- 
kohol fast  unlösliche  braune  Kali-Verbindung.  Die  unreinen  Krystalle 
von  Azoxybenzid  werden  zwischen  Papier  gepresst  und  durch  wieder- 
holte Krystallisation  aus  Alkohol  oder  Aether  gereinigt.  Die  braune 
Farbe  entzieht  man  am  leichtsten  den  Krystallen,  wenn  man  Ghlorgas 
in  ihre  Lösung  in  Alkohol  leitet.  Aus  2  Thln.  Nitrobenzol  erhält  man 
1^/2  Thle.  reines  Azoxybenzid. 

Es  bildet  Tierseitige,  glänzende,  gelbe  Nadeln,  die  bei  freiwilligem 
Verdunsten  der  ätherischen  Lösung  oft  zolllang  werden,  ist  hart  wie 
Zucker,  leicht  zerreiblich,  geruch-  und  geschmacklos.  £s  schmilzt  bei 
36<^  C.  zu  einer  stark  lichtbrechenden  gelben  Flüssigkeit  und  erstarrt  beim 
Grkalten  rasch  zu  einer  strahlig  krystallinischen  Masse.  Es  ist  in 
Wasser,  verdünnter  Schwefelsäure,  Ammoniak  und  Kali  unlöslich,  löst 
sich  aber  leicht  in  Weingeist,  noch  leichter  in  Aether. 

Chlorgas  greift  es  weder  in  der  alkoholischen  Lösung,  noch  im 
geschmolzenen  Zustande  an.  Brom  verwandelt  es  in  einen  gelblichen, 
leicht  schmelzbaren,  in  Alkohol  sehr  wenig  löslichen  Körper,  wahr- 
scheinlich ein  Substitutionsproduct  C34  H9  Br  N^  O3  (doch  wurde  bei  der 
Analyse  mehr  Brom  erhalten,  Gerhardt  und  Laurent).  Verdünnte 
Siüpetersänre  greift  es  wenig  an,  rauchende  Säure  löst  es  unter  Wärme- 
otitwickelung  auf  nnd  verwandelt  es  in  Nitrazoxybenzid.  Coi^cen- 
trirte  Schwefelsäure  löst  es  beim  Erwärmen  unter  theilweiser  Zer* 
setznng,  indem  eine  gepaarte  Säure  sich  zu  bilden  scheint.  Bei  der 
trockenen  Destillation  erhält  man  als  Destillat  ein  Gemenge  von  Anilin 
und  Azobenzid,  während  als  Rückstand  aufgeblähte  Kohle  bleibt. 

Schwefelammonium  verwandelt  es  in  Benzidin : 

C,4HioN,Oa-f  4HS=CmHi2N3  +  2H0+  4S. 

Azoxybenzid  Benzidin 

Dieselbe  Verwandlung  bewirkt  schwefilige  Säure. 
Nitrazoxybenzid:  €34 H9 (NO4) Nj O2  (Zinin,  Gerhardt  und 
Laurent).  Die  Lösung  von  Azoxybenzid  in  rauchender  Salpetersäure 
scheidet  beim  Erkalten  die  Verbindung  in  Nadeln  ab,  die  man  auf  As- 
best sammelt,  auf  einem  Backsteine  trocknet  und  aus  kochendem  Wein- 
geist krystallisirt.  (Die  alkoholische  Mutterlauge  scheint  noch  einen 
zweiten  leichter  löslichen  Körper  zu  enthalten.)  Man  erhält  es  in  gel- 
ben, krystallinischen  Flocken  oder  zu  Büscheln  vereinigten  Nadeln. 
Es  löst  sich  in  kochender,  rauchender  Salpetersäure  unzersetzt,  in  ko- 
chendem Alkohol  und  in  Aether  ist  es  schwer  löslich. 

Eäne  kochende  alkoholische  Kalilösung  löst  es  unter  braunrother 
Färbung;  auf  Wasserzusatz  schlägt  sich  ein  gelbrothes  Pulver  nieder, 
welches  aus  kochendem  Terpentinöl  krystallisirt  erhalten  wird.  In  Al- 
kohol und  Aether  ist  es  fast  unlöslich;  wahrscheinlich  besitzt  es  die 
Formel  C24H9N3O2  (Gerhardt  und  Laurent). 

Azobenzid. 

Azobenzol.  Formel:  C19H5N,  oder  vielmehr  (}24HioNs.  Ent- 
deckt von  Mitscherlich.    Es  entsteht  aus  dem  Nitrobenzol  durch  Re« 


876  Benzol. 

duetioD,  and  ans  dem  Benzidin  durch  Oxydation  mit  salpetriger  SioKe; 
in  ersterem  Falle  scheint«  es  jedoch  stets  ein  secnndires  Prodnct  des 
zuerst  gebildeten  Azoxjbenzids  zu  sein. 

Man  destillirt  Azoxybenzid  and  entfernt  das  beigemengte  I^^äm 
durch  wiederholte  fractionirte  Destillation,  presst  den  festen  zaktzt 
übergehenden  Antheil  zwischen  Papier  aus  und  krystallisirt  ihn  a» 
Alkohol  um  (Zinin).  Man  kann  auch  unmittelbar  die  Losung  deslii- 
trobenzols^  in  alkoholischer  Kalilösung  destilliren,  ohne  das  Azosyben- 
zid  für  sich  rein  darzustellen,  und  erhält  dabei  gegen  das  Ende  der 
Destillation  eine  rothe  Flüssigkeit,  welche  beim  Erkalten  zu  einer  Krj- 
stallmasse  erstarrt  (Mitscherlich).  Nach  Noble  erh&lt  man  eine 
reichliche  Ausbeute  durch  Destillation  eines  Gemenges  Ton  1  Tbl.  Ni- 
trobenzol,  3  Thln.  Eisen  und  1  Thl.  Essigsäure.  Es  geht  hierbei  an- 
fangs Anilin  mit  wenig  Nitrobenzol  über,  später  erhält  man  Acobenzid 
(etwa  ein  Drittel  des  ganzen  Destillates),  welches  durch  Behandeln  mit  Sali- 
säure  von  Anilin  befreit  und  aus  Alkohol  umkrystallisirt  wird.  Es  ist  nieHt 
untersucht,  ob  bei  letzterer  Methode  der  Bildung  des  Azobenzids  die  des 
Azoxybenzids  vorausging,  oder  ob  es  direct  ans  dem  Nitrobenzol  dorek 
Reduction  entstand. 

Das  Azobenzid  bildet  grosse  rothe  Erystalle  oder  orangerotbe 
dünne,  rhombische  Blättchen  einer  monoklinometrischen  GombinaäoB 
OP+P  — P-«>P«>+^°^'  — 2P«>  (Marignac).  Es  schmxht 
bei  650C.  und  kocht  bei  1980  C.  unzersetzt 

In  kochendem  Wasser  ist  es  nur  sehr  wenig  löslich,  leicht  löslick 
in  Alkohol  und  Aether.  Auch  starke  Schwefelsäure  und  Salpetersäan 
lösen  es  auf;  Zusatz  von  Wasser  scheidet  es  ab. 

Es  lässt  sich  über  auf  2500C.  erhitzten  Natron-Kalk  ohne  Zersetzunf 
destilliren;  dampfförmig  durch  eine  glühende  Röhre  geleilet,  zersetn 
es  sich«  Rauchende  Salpetersäure  verwandelt  es  in  Nitrasobenad 
und  Binitrazobenzid.  Schwefelammonium  führt  es  in  Benzidin  über; 
in  gleicher  Weise  geschieht  dies  durch  schweflige  Säure. 

Nitrazobenzid,Nitroazobenzid:  C24H9(N04)N2 (Zinin, Ger- 
hardt und  Laurent).  Zur  Darstellung  desselben  löst  man  Azobenzid 
in  kalter  rauchender  Salpetersäure,  wobei  Wärme  frei  wird  und  die 
Lösung  sich  blutroth  färbt;  nach  kurzer  Zeit  scheiden  sich  gelbrotbe 
Krystalle  aus,  von  welchen  man  die  Säure  abgiesst.  Die  Krystalle 
kocht  man  mit  Alkohol,  wobei  gewöhnlich  Binitrazobenzid  ungeloit 
bleibt;  die  Lösung  scheidet  beim  Erkalten  blass  pomeranzengelbe,  et- 
was blättrige  Nadeln  ab,  die  man  mit  etwas  Weingebt  und  Aether  ab- 
wäscht. 

Das  Nitrazobenzid  schmilzt  beim  Erhitzen  (leichter  als  Binitrazo- 
benzid) und  erstarrt  krystallinisch.  Es  ist  in  Weingeist  weniger  leicbt 
als  Azobenzid,  leichter  als  Binitrazobenzid  löslich. 

Binitrazobenzid,  Binitroazobenzid:  C)4  H«  (N04)s Ns  oder 
C13II4  (NO4)  N  (Zinin,  Gerhardt  und  Laurent).  Es  entsteht  gewöhn- 
lich neben  der  vorhergehenden  Verbindung,  um  so  reichlicher,  je  IIa- 
ger  man  die  Salpetersäure  in  d^r  Wärme  einwirken  liess.  Man  gietft 
die  Flüssigkeit  von  den  beim  Erkalten  ausgeschiedenen  Krystallen  ab* 
wäscht  diese  mit  gewöhnlicher  Salpetersäure,  hierauf  mit  Wasser,  dann 
mit  etwas  Aether  und  krystallisirt  aus  kochendem  Weingeist  um;  daa 
Binitrazobenzid  krystallisirt  beim  Erkalten  zuerst  aus.  Es  bildet  mor- 
genrothe,  fast  metallglänzende  kleine  rhombische  Tafeln  oder  Nadelo, 


Benzol.  877 

l£e  beim  Erhiteen  ztt  einer  krystalliniflch  erstarrenden,  blutrothen  Flfis- 
a^keit  schxnelxen. 

In  kaltem  Weingeist  löst  e8  sich  kaum,  schwierig  in  kochendem 
Wlkohol  oder  Aether;  am  besten  krystallisirt  es  ans  der  Lösung  in  ko- 
kender Salpetersäore^ 

Sohwefelammonium  verwandelt  es  inDiphenin; 

C34H8N4  08-f  l2HS  =  Cj4Hi2N4  +  8»0-f-  12 S. 
Binitrazobenzid  Diphenin 

Diphenin:  Cuil^Ns  oder  C94H19N4  (Gerhardt  und  Laurent). 
I>iese  organische  Base  entsteht  durch  Reduction  aus  Binitrazobenzid; 
xman  setzt  Alkohol  und  Schwefelammonium  zu,  kocht  zur  Vertreibung 
»ixies  Theils  d^s  Alkohols,  verdünnt  mit  Wasser  und  übersättigt  schwach 
nit  Salzsäure.  Aus  der  ftltrirten  Flüssigkeit  fiillt  man  die  Base  in  der 
EVärme  mit  Ammoniak ;  sie  scheidet  sich  krystallinisch  ab  und  wird 
loTch  ümkrystallisiren  aus  Aether  gereinigt.  Man  kann  es  auch  durch 
Stssatz  von  Schwefelsäure  in  schwefelsaures  Salz  verwandeln,  welches 
XI  kaltem  Wasser  unlöslich  ist;  man  wäscht  dasselbe  mit^ Wasser  und 
^Jkohol  ab,  löst  es  in  verdünnter  Salzsäure  kochend  auf,  und  fillH  es 
cnit  Ammoniak. 

Das  Diphenin  ist  gelb,  krystallinisch.  Salpetersäure  und  Salzsäure 
lösen  es  unter  rother  Färbung  auf.  Auf  Zusatz  von  Platinchlorid  zur 
ialzsauren  Lösung  fiillt  dasPlatmdoppelsalz,  Ci3H^Ns-f-Ii€l.Pt€l2i  als 
dnnkelkarminrother  Niederschlag.  Das  schwefelsaure  Diphenin  ist 
In  Wasser  unlöslich. 

Benzidin. 

Organische  Basis,  entdeckt  von  Zinin.  Formel:  C12 He ^  oder 
vielmehr  C24lii9N2. 

Es  entsteht  ans  dem  Azobensid  durch  EliBwirkung  von  Schwefel- 
wasserstoff oder  schwefliger  Säure: 

C24iTxO^S     i"  2  ÄS  =  C94"H^a  "i     *  S. 

Azobenzid  Benzidin 

Aach  ausAzoxybenzid  erhält  man  es  durch  Behandlung  mitSchwe- 
felamnionium  (Laurent  u.  Gerhardt)  oder  in  weingeistiger  Lösung 
mit  Beductionsmitteln  (Zinin). 

Die  gelbe  Lösung  von  Azobenzid  in  wein  geistigem  Ammoniak 
färbt  sich  beim  Einleiten  von  Schwefelwasserstoffgas  erst  dunkelbraun 
nnd  scheidet  hierauf  beim  Kochen  Schwefel  ab.  Aus  der  von  dem 
Niederschlag  abfiltrirten  Flüssigkeit  scheidet  sich  beim  Erkalten  Ben- 
zidin in  silberglänzenden  Blättchen  ab.  Zur  Reinigung  löst  man  es 
in  Alkohol  und  fällt  mittelst  verdünnter  Schwefelsäure  das  beinahe  un- 
lösliche schwefelsaure  Salz  aus,  welches  mit  Weingeist  gewaschen  und 
mit  Ammoniak  behandelt,  das  Benzidin  rein  liefert 

Es  bildet  schneeweisse,*  silberglänzende  Schuppen,  die  bei  108<^  C. 
schmelzen  nnd  wieder  krystallinisch  erstarren.  In  kaltem  Wasser  ist 
es  wenig  löslich,  leicht  in  heissem  Wasser,  so  wie  in  Alkohol  oder  Aether. 
Es  ist  geruchlos,  schmeckt  in  Lösungen  bitter  und  brennend. 

Beim  Erhitzen  subUmirt  es  zum  Theil  unzersetzt,  der  grössie  Theil 
ieerlegt  sich  in  braune  harzartige  Frodncte. 

Leitet  man  Chlorgas  durch  die  wässerige  oder  weingeistige  Lösung 


878  Benzol. 

desselben,  so  färbt  sie  sich  vorübergehend  blau,  dann  rotkbfmm,  tiibt 
sich  und  setzt  scharlachrothe,  kaum  in  Wasser,  leichter  in  Weiageift 
lösliche  Krystalle  ab  (Azobenzid?).  Erwärmt  man  es  schwach  im 
Dampf  der  aus  dem  Gemenge  von  Stärkmehl  und  SalpeterMore  ab- 
weichenden rothen  Dämpfe,  so  findet  unter  lebhafter  Einwirknng  die 
Verwandlung  desselben  in  Azobenzid  statt  (Noble).  Die  Lösung  des 
Benzidins  in  concentrirter  Salpetersäure  entwickelt  unter  hellerer  Fär- 
bung beim  Kochen  salpetrige  Dämpfe  und  scheidet  auf  Zusatz  tob 
Wasser  rothbraune  Flocken  ab,  die  in  Weingeist  schwer  löslich  ml 
Die  Mutterlauge  förbt  sich  mit  wenig  Ammoniak  blutroth,  nnd  gi^ 
mit  mehr  Ammoniak  braune  Flocken. 

Chlorwasserstoffsaures  Benzidin:  C)4!ii3N9.2liQ.  Wei» 
perlglänzende  rhombische  Blättchen,  die  leicht  in  Was^,  noch  meb 
in  Weingeist,  kaum  in  Aether  löslich  sind.  In  Berührung  mit  Aethcr 
und  Säure  färben  sie  sich  an  der  {iufL 

C  hlor  Wasser  Stoff  sau  res  Benz  idin-Plat  in  Chlorid  zCf^His^i- 
21(61-1-  2Pt6l9,  wird  aus  der  wässerigen  oder  alkoholischen  LöraBf 
des  vorhergehenden  Salzes  durch  Platinchlorid  ab  gelber  krjstaUim' 
scher  Niederschlag  erhalten.  £s  wird  beim  Kochen  mit  Wasser,  leich- 
ter noch  durch  Weingeist  oder  besonders  leicht  mit  Aether  in  ein  donkel» 
violettes  Pulver  verwandelt.  Schwerlöslich  in  Wasser,  unlöslich  ii 
Weingeist  oder  Aether. 

Oxalsaures  Benzidin:  0)41(12^9.  2  HO  .  6406«  Seidenglai- 
sende,  sternförmig  vereinigte  Nadeln,  die  in  Wasser  und  in  Weingeisi 
ziemlich  schwer  löslich  sind. 

Salpetersaures  Benzidin  scheidet  .sich  aus  der  Lösung  ^ 
Benzidins  in  warmer  Salpetersäure  beim  Erkalten  in  dünnen,  rechtwink- 
ligen Blättehefa  aus. 

Schwefelsaures  Benzidin:  Cs4HisN,  .2H0.2SO,,  falltaif 
Zusatz  von  Schwefelsäure  zu  der  verdünnten  wässerigen  Lösung  Toe 
Benzidin  als  weisses,  mattes  Pulver  nieder;  aus  sehr  verdünnten  LosaB- 
gen  wird  es  in  perlglänzenden  Blättchen  erhalten.  Es  ist  selbst  in  ko- 
chendem Wasser  und  Alkohol  nur  spurenweise  löslich. 

Zinin  hat  ferner  noch  das  benzo^saure,  essigsaure,  pho^ 
p  hör  saure  und  wein  saure  Benzidin  krystallinisch  erhalten.  Ua 
Quecksilberchlorid  bildet  es  ein  in  Wasser  und  Weingeist  löslich«) 
krystallinisches  Doppelsalz. 


Dinitrobenzol. 

Binitrobenzol,  Binitrobenzid,  N Itrop heny In itrar- 
Formel:     Ci2H4N208  =    ^''**no,*!     ^^®'    ^»^»(^'g*)!  |    ^^. 

deckt  von  Deville.  Es  entsteht  bei  anhaltendem  Kochen  von  Ben- 
zol mit  rauchender  Salpetersäure,  doch  nur  langsam  (DevilleX  ^ 
gegen  rasch,  wenn  man  Benzol  tropfenweise  in  eine  Mischung  gleicher 
Theile  rauchender  Salpetersäure  und  concentrirter  Schwefelsäure  gin^ 
so  lange  Auflösung  erfolgt,  die  Lösung  einige  Minuten  kochen  lätft, 
worauf  beim  Erkalten  das  Dinitrobenzol  auskrystallisirt  (HofmannuiKl 
Muspratt).  Zur  Reinigung  werden  die  Krystolle  mit  Wasser  gewa- 
schen und  aus  kochendem  Weingeist  umkrystallisirt.   Es  sind  lange  glas- 


Benzol.  879 

zende  (farblose  oder  gelbe?)  Nadeln  und  Blätter,  die  unter  100<^  C.  schmel- 
zen und  in  warmem  Alkohol  leicht,  aber  in  Wasser  nicht  löslioh  sind. 

Schwefelaro monium  verwandelt  es  unter  Absoheidung  von  Schwefel 
in  Nitranilin;  Zink  und  Salzsäure  führen  es  in  Nitrosophenylin 
(s.  unten)  über. 

Von  dem  Dinitrobenzol  leitet  Hilkenkamp  die  von  ihm  aus  Ni- 
trobenzol  durch  Behandlung  mit  schwefligsaurem  Ammoniak  erhaltene 
Dithiobenzolsäure  ab,  welche  wir  hier  beschreiben  wollen. 

DithiobenzoiBäure. 

Formel:    CisHgN,  .  S4  0n  =   2H0  .  Oi^HfiNa  .  2S,05  oder 

Ci3  He  Ns  .  u^{  ^4*    Hilkenkamp    erhielt    diese    Säure,    indem 

er  80  6rm.  Nitrobenzol  (von  dem  er  vermuthet,  dass  es  Binitrobenzol 
enthielt)  mit  340  Grm.  trockenem  schwefligsaurem  Ammoniak  und 
1  Liter  absolutem  Alkohol  nebst  etwas  kohlensaurem  Ammoniak  in 
einem  geräumigen  Kolben  während  8  bis  10  Stundei^  im  Wasser- 
bade wärmte.  Die  hierbei  Überdestillirende  ammoniakalische  Flüs- 
sigkeit wurde  von  Zeit  zu  Zeit  zurückgegossen ,  so  dass  die  Flüs- 
sigkeit im  Kolben  nicht  sauer  reagirte.  Beim  Erkalten  krystallisirte 
schwefelsaures  Ammoniak  aus  und  die  hiervon  abfiltrirte  und  vorsich- 
tig verdunstete  Lösung  schied  beim  Stehen  feine  weiche  Blättchen, 
nebst  einer  geringeren  Menge  harter  Nadeln  aus.  Erstere  Hessen  sich 
nicht  von  der  syrupdicken  Mutterlauge  trennen,  letztere  aber  konnten 
daroh  Pressen  zwischen  Papier  und  Waschen  mit  einer  Mischung  von 
Aether  und  absolutem  Alkohol  fiir  sich  dargestellt  werden,  und  sind  das 
Ammoniakszlz  der  Dithiobenzolsäure,  deren  Entstehung  sich  durch 
folgende  Gleichung  erklärt: 

C12H4N2O8  -(-  12(NH40.  SO,)  =  Ci,ggN2.84  0i2 

Dinitrobenzol  Dithiobenzolsäure 

+  8  (NH4O  .  SO3)  +  4NHa. 

Die  Säure  im  freien  Zustande  wurde  nicht  untersucht.  Das  dithio- 
benzolsäure Ammoniumoxyd,  2NM4O.CJ2II6N2  .  S4O10,  dessen 
Darstellung  oben  angeführt  wurde,  ist  ein  weisses,  krjstallinisches  Pul- 
ver, sehr  leicht  in  Wasser  und  Weingeist  loslich,  wenig  in  absolutem 
Alkohol,  nicht  in  Aether.  Seine  Losung  reagirt  schwach  sauer  und 
giebt  weder  mit  Säuren  noch  mit  Metallsalzen  Niederschläge ;  durch  Sal- 
petersäure wird  es  gelb  geförbt.  Chlor  bildet  damit  reichliche  Men- 
gen  von  Chloranil  nebst  Spuren  eines  braunen,  harzigen  Körpers. 

Der  dithiobenzolsäure  Baryt,  .2BaO.  Ci^He  N^  S4  Oio^  wird 
durch  Kochen  des  Aramoniaksalzes  mit  Baryt wasser.  Einleiten  von  Koh- 
lensäure und  Verdampfen  der  filtrirten  Lösung  in  krystaUinischen  Kru- 
sten erhalten.  Er  ist  im  Wasser  löslich,  nicht  in  wässerigem  oder  was- 
serfreiem Alkohol. 

Nitrosophenylin. 

Formel:  CisH^Ns02  (Church  und  Perkin).  Entsteht  durch 
Reduction  aus  Dinitrobenzol.  Bringt  man  zu  einer  kalt  gesättigten 
alkoholischen    Lösung   von  Dinitrobenzol  Zinkblech  und  starke  Salz- 


880  Benzol.  - 

säure ,  so  färbt  sich  die  Flüssigkeit  carminroth,  während  die  Wasser- 
stoffentwickeluDg  bald  aufhört  Nach  beendigter  Einwirkung  nimmt  mao 
das  Zink  heraus,  nentralisirt  mit  Kali  und  dampft  die  von  dem  Zinkoxjd 
abfiltrirte  Lösang  ein.  Der  Rückstand  wird  mit  Wasser  gewuehca, 
nochmals  in  Alkohol  gelöst  und  durch  Eindampfen  im  Wasserbade  ran 
erhalten.  Das  so  dargestellte  Nitrosophenylin  ist  glänzend  schwarz, 
spröde,  leicht  schinelzbar,  in  höherer  Temperatur  zersetzt  es  sich.  Ei 
ist  in  Wasser  und  in  Benzol  kaum  löslich,  leicht  in  Säuren  und  Alko- 
hol;  die  Lösungen  in  Säuren  sind  prächtig  carminroth  gefärbt,  £e 
alkoholische  Lösung  ist  schon  in  sehr  verdünntem  Zustand  undurchsich- 
tig, glänzend  orangenroth.  Alkalien  fallen  es  aus  den  Lösungen  io  San- 
ren  ohne  es  zu  verändern;  beim  Erhitzen  mit  Natronkalk  liefert  es  Am- 
moniak und  Anilin.  Bei  längerer  Einwirkung  von  Wasserstoff  im 
Entstehungszustande  verwandelt  es  sich  in  eine  sauerstoflfTreie,  farblose 
Substanz. 


Abkömmlinge  des  Benzols  durch  ISchwefelsäure 

Die  concentrlrte  Schwefelsäure  vereinigt  sich  mit  Benzol  xa 
einer  gepaarten  Säure,  die  Sulfophenylsäure;  die  wasserfreie 
Schwefelsäure  giebt  ausser  derselben  Säure  auch  einen  neutralen  Körper, 
das  Sulfobenzol.    Jedes  dieser  Producte  giebt  zahlreiche  Derivate. 

Sulfophenylsäure. 

Sulfobenzolsänre,  Benzol-Schwefelsäure,  BeDcin8chir<* 
feisäur e,Benzid-Unter schwefelsaure,  Phenyldithionsiart 

Formel:    Ci2H6S20e  =  ^****^  •^^g^jOarrrHO.CiaH, .SjO,.  Errt- 

deckt  von  Mitscher  lieh  (1834).  Man  erhält  die  Säure,  wenn  mae 
Benzol  so  lange  zu  rauchender  Schwefelsäure  setzt  als  es  noch  gelöst 
wird,  hierauf  mit  Wasser  verdünnt,  von  dem  ungelösten  Sulfobenzol  ab- 
filtrirt  und  die  freie  Schwefelsäure  durch  Sättigen  mit  kohlensaurem  Bft- 
rjt  ausfällt.  Die  von  dem  schwefelsauren  Baryt  abfiltrirte  Flüssigkeä 
enthält  sulfopbenylsauren  Baryt,  den  man  durch  Zusatz  von  K1lpfe^ 
vitnol  in  Kupfersalz  verwandelt,  welches,  durch  Schwefelwasserstof 
*  zerlegt,  freie  Sulfophenylsäure  giebt.  Man  dampft  die  Lösung  ein  vod 
erhält  beim  Erkalten,  nachdem  sie  syrupsdick  geworden  ist,  die  Sisr* 
als  eine   krystallinische  Masse   (Mitscherlich). 

Auch  durch  Auflösen  von  Benzol  in  concentrirter  SchwefelB&nre. 
wobei  man  gelinde  erwärmt  und  sonst  wie  oben  verfährt,  erhalt  mtf 
die  Säure  (Gerhardt). 

Sie  ist  in  Wasser  löslich  und  zersetzt  sich  in  der  Hitze. 

Die  sulfopbenylsauren  Salze  sind  wenig  untersackt;  fi' 
sind  in  Wasser  löslich,  zersetzen  sich  erst  in  starker  Hitze,  zeifalleo 
aber  beim  Kochen  mit  überschüssigen  Alkalien  in  schwefelsaure  Salie, 
Benzol  und  andere  Producte. 

Die  Verbindungen  mit  Ammoniumoyd,  Bleioxyd,  EisenoxT- 
dul,  Kali,  Natron,  Silberoxyd  und  Zinkoxyd  krystallisircn  girt; 
das  Barytsalz  nur  in  Kry8tallrinden. 


BenzoL  881 

SalfophenylBanres  Aethylozjd,  C4HftO.C1sH5.S2O5,  wnrde 
von  Gericke  durch  Erhitzen  von  salfophenjlsaarem  Bleiozyd  mit 
Jod&thyl  auf  lOO^C.  dargestellt.  Es  krystallisirt  aus  der  weingeisti- 
gen Lösung  in  feinen  Nadeln,  ist  leicht  in  Wasser,  weniger  in  Alkohol 
löslich,  nicht  flöchtig,  und  zerfallt  beim  Erwärmen  mit  Kali  in  Sulfo- 
phenjlsäure  und  Alkohol. 

Das  snlfophenylsanre  Kupferoxyd,  CuO.CxsH5.S2O5 
-|-  zaq.,  wird  in  grossen  Krystallen  erhalten,  die  bei  170^ C.  alles 
Wasser  verlieren  und  bei  220<^C.  sich  noch  nicht  zersetzen. 

Bromsulfophenylsäure. 

Formel:  Ci,1i^»rStO^  =  CuH4Br.S2  04J  q^  =HO.Ci2H4«r. 

SfOft  (Couper).  Wird  durch  Auflosen  von  Monobronibenzol  in  rau- 
ckendef  Schwefelsäure  gebildet;  beim  Stehen  der  Lösung  an  der  Luft 
scheidet  sich  die  Säure  in  Krystallen  ans,  die  leicht  in  Wasser  löslich 
sind.  Durch  Zusatz  von  Ammoniak  scheidet  sich  bromsnlfophenyl- 
saures  Ammoniumoxyd,  NH4O.C1sH4Br.S2O5,  aus,  das  in 
Wasser  fast  unlöslich  ist.  SUberlösung  fällt  die  Lösung  der  Säure  nicht. 

Nitrosulfophenylsäure. 

Nitrobenzolschwefelsäure,  Nitrobenzid-Unterschwefel- 
säure.     Formel:  CisH5(N04)  8,0«  =  ^'**  ^^°*^  •  ^2*j  O,  = 

HO«Cisft4(N04).Ss05  (Laurent).  Sie  wird  durch  Kochen  der 
SolfopheDylsäure  mit  Salpetersäure  erhalten.  Durch  Schwefelwasser- 
stoflT  wird  sie  in  Solfanilsäure  (Bd.  I,  S.  1113)  verwandelt. 

Sulfophenylchlorid. 

Chlorure  de  eulfophenyl^  ohlorure  phenyl'aulfureua.  For* 
mel:  CisH5.Ss04€l  (Gerhardt  und  Chancel).  Es  bildet  sich 
leicht  bei  der  Destillation  der  sulfophenylsauren  Salze  mit  Phosphor- 
oxychlorid.  Am  einfachsten  löst  man  Benzol  in  seinem  gleichen  Volu- 
men concentrirter  Schwefelsäure,  erwärmt  bis  man  eine  homogene  rothe 
Flüssigkeit  erhalten  hat  und  sättigt  diese ,  nach  dem  Verdünnen  mit 
Wasser,  mit  Kreide.  Den  in  der  Lösung*  enthaltenen  sulfophenylsauren 
Kalk  zersetzt  man  genau  mit  kohlensaurem  Natron,  und  dampft  die  fil- 
trirte  Lösung  zur  Trockne.  Das  Salz  wird  längere  Zeit  auf  löO^C. 
erwärmt  und  in  abwechselnden  Portionen  mit  Phosphoroxychlorid  in 
eine  tubulirte  Retorte  gebracht,  so  dass  ein  dicker  Brei  entsteht.  Man 
destillirt  so  lange  noch  eine  ölartige  Flüssigkeit  Übergeht,  und  rectifi- 
cirt  diese  für  sich,  wobei  man  den  letzten  bei  254^0.  übergehenden 
Antheil  für  sich  auffängt 

Das  Solfophenylchlorid  ist  eine  farblose  ölartige  Flüssigkeit  von 
1,378  specif.  Gewicht  bei  2S^  C,  stark  lichtbrechend,  an  der  Luft 
schwach  rauchend.  Der  Geruch  ist  stark,  an  Bittermandelöl  erinnernd ; 
es  ist  unlöslich  in  Wasser,  sehr  löslich  in  Alkohol.  Es  kocht  bei 
2640  o. 

DoTch  Wasser  wird  es  kaum  angegriffen,  aber  die  Alkalien  ver- 

HiuidwSrtcrbveh  iltr  Ghcmit.     9t«  Aofl.  Bd.  O.  56 


882  BenzoL 

wandeln  es  sogleich  in  sulfophenjlnaares  Salz  und  ChlormeCalL    Ain- 
moniak  giebt  damit  Sulfophenjlamid  und  Salmiak. 

Amidverbindungen  des  Sulfophenyls. 

Dnrch  Einwirkung  von  Sulfophenylchlorid  auf  Ammoniak,  organi- 
Rohc  Basen  und  neutrale  Amide  erhielten  Gerhardt  und  Chiozxa 
eine  Anzahl  neutraler  Amide,  in  welchen  das  Radical  Snlfophenyl, 
C19H5.S3O4,  einen  Theil  des  Wasserstoffs  in  dem  Ammoniak  Tertritt, 
nämlich:  Sulfophenylamid,  Bisnlfophenylamid,  Benzoyl- 
snlfophenylaniid,  Bibenzoylsulfopbenylamid,  Bencoyl- 
acetylsulfophenylamid,  Benzoylcnmylsnlfophenylamid^ 
Cumylsulfophenylamid,  Phenylsulfophenylamid  (Bd  l, 
S.  1070),  Succinylsulfophenylamid,  Bibenzoylsncciayl- 
sulfophenylamid. 

Das  Sulfophenylamid  und  das  BeBzoylsulfophenylamid  geben  fer- 
ner weitere  Verwandlungsproduote,  welche  wir  noch  anffihren. 

Sulfophenylamid)    Sulfobenzolamid,  Ci^HyNSsO«  = 

C,8H5S3  04|  pj  (Gerhardt  und  Chancel>  Es  entsteht  dnrch  Ein- 
wirkung ded  Ammoniaks  auf  Sulfophenylchlorid.  Zur  Darstellung  bringt 
man  einen  grossen  Ueberschuss  von  käuflichem  kohlensauren  Ammoniak 
in  einen  Porcellanmörser,  pulvert  es  fein  und  befeuchtet  es  mit  Sulfo- 
phenylchlorid, wobei  sogleich  Einwirkung  stattfindet,  die  man  dnrd 
Erwärmen  des  Mörsers  unterstützt.  Sobald  der  Geruch  des  Chlorid» 
verschwunden  ist,  setzt  man  Wasser  zu ,  entfernt  den  Salmiak  und  dv 
überschüssige  kohlensaure  Ammoniak  mit  kaltem  Wasser,  imd  krystalfr 
sirt  das  ungelöst  zurückbleibende  Amid  aus  kochendem  Weingeist  ntt 
Eis  krystallisirt  in  schönen  perlmutterglänzenden  Bl&ttchen,  ist  nnlö»- 
lieh  in  Wasser,  leicht  löälich  in  Alkohol,  sowie  auch  in  kochendem  wSi* 
serigem  Ammoniak.  Es  schmilzt  bei  150^  C.  und  scheint  unzeraetzt  n 
snblimiren.  Wasserfreie  Phosphorsäure  verkohlt  es  beim  Erhitzen.  VJi 
Sulfophenylchlorid  lässt  es  sich  ohne  Veränderung  erhitzen. 

Eine  mit  Ammoniak  versetzte  alkoholische'Lösnng  von  Sulfophenyl- 
amid giebt  mit  salpetersaurem    Silberoxyd  einen  weissen  krystalliBi- 

CitfiftSfO^I 
sehen  Niederschlag  von  Silbersulfophenylamid,  -^j^- 

C12H5SSO4I 
Bisulfophenylamid,  C,4HiiNS40«  =  CisHsSsO^lN,  wird 

H) 
durch  Behandeln  der  vorhergehenden  Silberverbindung  mit  Sulfophenyl- 
chlorid in  gelinder  Wärme   und  Ausziehen   mit  Aether  beim  Yerdoo- 
sten  der  Lösung  in  Krystallen  erhalten. 

C13H5SSO41 
•  .      Cumylsnlfophenylamid,  C82H17NS2O6  ==     CgotfiiOt}  Ni 

H  ) 
wird  aus  Sulfophenylamid  durch  Einwirkung  von  Cumylchlorid  «-hal- 
ten, wobei  man  im  Oelbade  nicht  zu  stark  erhitzen  miiss.  Es  bildet  sehr 
glänzende  rectanguläre  Prismen,  die  bei  164^0.  schmelzen.  Es  ist  ziem* 
lieh  leicht  löslich  in  kaltem  Alkohol ;  sehr  leicht  in  heissem.  In  kochen* 
dem  Wasser  löst  es  sich  nicht,  aber  wohl  auf  Zusatz  von  Ammoniak. 


Benzol  883 

Ci  j  ff  5  Sf  O4  j 

Das  &ilberciiin7lBnlfophen7laniid,      CsoHnOs/N,  bildet 

■Ag) 
perlmnttergläBzende ,  in  Wasser  wenig  lösliche  Blätteben.    Beim  E]> 
hitzen  zersetzt  es  sich  unter  Freiwerden  von  Comonitril. 

Succinylsulfophenylamid,  C,oH9NS208===  ^*  g*^^*j  N, 

entsteht  durch  Einwirkung  von  Succinjlchlorid  auf  iSulfophenylaniid 
bei  200<)  C,  wobei  die  zuerst  zähe  Masse  auf  Zusatz  von  Alkohol  ge- 
steht Es  krystallisirt  ans  kochendem  Alkohol  in  sehr  schönen  Nadeln 
oder  kurzen  Prismen,  löst  sich  etwas  in  siedendem  Wasser  und  in  Aether. 
Es  schmilzt  bei  160^0.,  zersetzt  sich  in  höherer  Temperatur  unter  Ent- 
wickelnng  von  schwefliger  Säure.  Die  Lösung  des  Succinylsulfophenyl- 
ainids  in  concentrirtem  wässerigen  Ammoniak  lässt  beim  Verdunsten 
im  leeren  Raum  einen  allmälig  erstarrenden  dicken  Syrup;  nach  Ger- 
hardt und  Chiozza  soll  dies  das  Ammoniaksalz  der  Succinyl- 
salfophenylaminsänre,  N H4 O  C30 Hio N 83 O9  sein.  Es  krystal- 
lisirt aus  der  alkoholischen  Lösung  in  seideartigen  Fasern  und  verliert 
schon  bei  120^0.  etwas  Ammoniak,  während  es  bei  165^0.  unter  Ent- 
wickelung  von  viel  Ammoniak  schmilzt. 

Succinylbisulfophenylbenzaroid  ,    Qo  824  ^i  Oie  84 
2  .  C12  Sj  Sj  O4  J 
=r       (Cg  H4O4)"  JN2.    (Gerhardt  und  Chiozza),  wurde  durch  Be- 

2  •  Ci4  rfg  Oj       ) 

handeln  von  Silber -Sulfophenylbenzamid  mit  SuccinylchlorÜr  in  der 
Wärme  dargestellt;  man  zieht  es  mit  Aether  aus,  der  es  beim  Verdun- 
sten in  kleinen  Nadeln  absetzt.  Es  schmilzt  bei  146<^C.  und  löst  sich 
in  heisseni  Aether  nur  wenig,  ausser  unter  höherem  Druck  oder  in 
amorphem  Zustande. 

Benzoylsnlfophenylamid,     Sulfophenylbenzamid: 

Cif  «5  Sj  O4) 
CseHiiNOeSs  =  C]4H5  02     [N.    (Gerhardt  und  Chiozza).  Man 

H      ) 
erh&It  es  leicht  durch  Behandeln  von  Sulfophenylamid  mit  Benzoyl- 
chlorid,  wobei  man  die  Mischung  von  140^  bis   150^  C.  langsam    er- 
wärmt    Die  nach  dem  Erkalten  fest  und  hart  gewordene  Masse  zieht 
man  mit  kochendem  Alkohol  aus,  woraus  es  beim  Erkalten  in  farblosen, 
g^länzenden  Nadeln  krystallisirt    In  Wasser  und  in  Aether  ist  es  wenig 
loslich,  reagirt  sauer  und  löst  sich  in  Ammoniak  leicht,  sowie  auch  in 
kohlensauren  Alkalien  auf.     Die  Lösung  in  Ammoniak  wird  beim  Ver- 
dunsten zu  einem  dicken  Syrup,  welcher  zuletzt  strahlig  erstarrt  Nach 
Grerhardt  und  Chiozza  soll  der  Böckstand  das  saure  Ammoniaksalz 
von  Benzoylsulfophenylaminsäure,  2(C26HiaNS2  08)-}-NH3, 
sein«    Es  schmilzt  bei  82<>C.,'lÖst  sich  leicht  in  Wasser  und  in  Alkohol, 
nicht  in  Aether.    Säuren  fällen  aus  der  wässerigen  Lösung  eine  ölartige^ 
allmälig  in  Benzoylsulfophenylamid  übergehende  Substanz.    Die  Lösung 
von  Benzoylsulfophenylamid  in  mit  wenig  Ammoniak  versetztem  kochen- 
dem Wasser  giebt  auf  Znsatz  von  salpetersaurem  Silberoxyd  keinen  Nie- 
derschlag;  beim  Erkalten  krystallisirt  S  i  1  b  e  r  -  S  u  1  fo  p  h  e  n  y  1  b  e  n  z  a  ra  i  d, 
C^tf^io^g^OeSg,  in  farblosen  Nadeln  9  die  in  kaltem  Wasser  wenig, 
in    Alkohol  leicht  löslich  sind.     Löst  man  die  Kryställe  in  wenig  con- 
centrirtem Ammoniak,  so  erhält  man  beim  Verdunsten  schwach  rosen- 

56* 


884  Benzol. 

roth  gefärbte,  tnonoklinometrische  Krystalle  von  Silberammoninn* 
Salfophenylbenzamid  (Diazotür  von  Silber,  Snlfo- 
phenyl,  Benzoyl  und  Wasserstoff),  Cg^Hia AgNO«S}  = 
C3efiio(Nii3Ag)N06S2.  Es  ist  in  kochendem  Wasser  leicht  lös- 
lich; Säuren  scheiden  daraus  Sulfophenylbenzaraid  ab,  durch  Kocbea 
mit  Wasser  erhält  man  Silbersnlfophenylbenzamid. 

Die  Lösung  des  Sulfophenylbenzamids  in  kohlensaurem  Natron 
findet  unter  EAtwickelung  von  Kohlensäure  statt;  verdampft  man  nr 
Trockne  und  zieht  den  Rückstand  mit  kochendem  Alkohol  aos^  s:* 
scheiden  sich  aus  der  Lösung  beim  Erkalten  undurchsichtige  Warzen  voo 
Natriumsulfophenylbenzamid  CMHioNaNOeSf  ab.  Dieses  ist  in 
Wasser  löslich  und  wird  durch  Säuren  wieder  in  Snlfophenylbenxainid 
verwandelt  (Gerhardt) 

Bibenzoyl-Sulfophenylamid^  Snlfophenylbibenzamid, 

C40  «15  N8,  Og,  =  ^\f*H  0*1  ^'  ®*'***^*  "**°  ^^'^**  Behandeln  der 
vorhergehenden  Silberverbindung  mit  Benzoylchlorid.  Afan  zieht  mit 
Aether  aus,  der  die  Verbindung  beim  Verdunsten  in  wenig  stxuagta 
Bhomben  oder  schönen  Prismen  abscheidet.  Die  Krystalle  schmelzeD 
bei  1050  C«  In  Ammoniak  sind  sie  nur  wenig  löslich.  In  Aether  lösen 
sie  sich  bei  lOO^C.  leicht. 

Cumylbenzoylsulfophenylamid:  C4«H}i  NSfOg 

Ci,H6S,04) 
=  Cso^IiiOa     {  N.     Das  Silbersnlfophenylbenzamid  giebt  bei  der  Be- 

C14H6O,     ) 
handlung  mit  Cumyichlorid  diese  Verbindung,  welche  man  mit  koch«B> 
dem  Aether  auszieht  und  beim  Verdunsten  in  verfilzten  Prismen  kry* 
stallisirt  erhält. 

Benzoylacetoxyls*ulfophenylanMd,     C^o  Kis  ^  OgS| 

=  C14H6O2     |N,  wird  durch  Einwirkung  von  Acetoxylchlorid  anfSü- 

C4H,0,     ) 
bersulfophenylbenzamid  erhalten.  Die  Einwirkung  ist  schon  in  der  Kahs 
lebhaft.    Man  srhält  die  neue  Verbindung  durch  Ausziehen  mit  kochee- 
dem  Aether  beim  Erkalten  der  Losung  in  kleinen  glänzenden  KTetaDee. 

Vei^andlungen  dieser  Amide  mit  Phosphorperchlorid. 

Bonzoylsulfophenylamidylchlorür:  Cs«  H10NS2  04^! 
=  (Ci4  il») .  (Ci3 H5  Sa  O4) NGl  (Gerhardt).  Das Benzoylsulfophenyl- 
amid  wird  nicht  in  der  Kälte,  aber  beim  Erwärmen  von  Phosphorper- 
chlorid angegriffen;  erwärmt  man  nicht  höher  als  150  bis  160^  C,  so 
entweichen  Salzsäure  und  Phosphoroxychlorid  und  der  flfissige  Betor- 
teninhalt  erstarrt  beim  Erkalten  in  einer  Kältemischung  zu  schönen 
Krystalltafeln.^  Das  so  erhaltene  ChlorQr  lässt  sich  nur  schwierig  reu 
darstellen.  Es  raucht  an  der  Luft  und  verbrennt  angezündet  mit  grttner 
Flamme.  Es  riecht  stechend,  und  wird  von  Wasser  in  Salzsaure  und 
Benzoylsulfophenylamid  zersetzt  Seine  Entstehung  erklärt  sich  nacb 
der  Gleichung: 
(^e «u NS« Oe  +  ^^^^  =  Cae »10,^8, 0461  +  PG^O,  -f  HtL 

Benzoylsttlfo-  Benzoylsulfophenyl- 

pbenylamid  anidylohlerür 


r 

!  Benzol.  885 

Die  ZusammenseteuDg  dieses  Körpers  wurde  nicht  durch  die  Analyse, 
I     sondern  aas  seiner  Bildungsveise  und  seinen  Zersetzungen  erschlossen. 
Bei  der  trockenen  Destillation  zersetzt  sich  das  Chlorfir  entspre- 
chend folgender  Gleiohnng: 

Cu »5  >  S, 04  .  ÜH Ha  .  X€l   =    C14H5N   -(-    CijJftSj^jJl. 

Bensoylsnlfophenylajnidylchlorür        Benzonitril         Sulfophenylchlorid 

Wird  es  mit  kohlensaurem  Ammoniak  im  Morser  zerrieben,  so 
verwandelt  es  sich,  wie  die  Chloride  der  Säureradicale,  in  ein  neutra- 
les Diamid  —  Bensoylsnlfophenylamidylamid  —  von  der  For- 
mel C,aHijN2S,04=(Ci4H5)(CiaHs.S,04)H,N„  worin  CuHftSaO* 
als  dreiatomiges  Radioal  angenommen  ist. 

Dieses  Diamid  wird  durch  Waschen  mit  Wasser  von  dem  gleich- 
seitig entstandenen  Salmiak  befreit  und  aus  kochendem  Alkohol  um* 
kiystallisirt,  in  perlmutterglänzenden  Blättchen  erhalten.  In  wässerigem 
Ammoniak  ist  es  sehr  wenig  löslich  und  wird  durch  Salzsäure  wieder 
gefüllt   Die  Bildung  dieses  Diamids  erklärt  sich  durch  die  Gleichung: 

C26»ioNBa04^1  +  2NH,  =  Ca« H12 NjJS, O4  4.  NH4€l. 

Benzoylsolfophenyl-  Benzoylsulfophenyl- 

amidylchlorür  amidylamid 

Sulfophenylamidylchlorür:  C12  He  ^  ^  O2  €l.  Beim  Erhitzen 
einer  Mischung  von  Sulfophenylamid  und  Phosphorperchlorid  auf  lÖO^C. 
findet  eine  reichliehe  Entwickelung  von  Salzsäure  statt  und  nachdem 
das  Fhosphoroxychlorid  verdampft  ist,  erstarrt  der  flüssige  Retorten- 
inhalt  beim  Erkalten  zu  voluminösen  Prismen.  Wasser  zersetzt  die 
Verbindung  heftig  in  Sulfophenylamid  und  Salzsäure,  ebenso  Alkohol 
.  und  selbst  wasserfreier  Aether  scheint  sie  zu  verändern. 

Die  Entstehung  des  Chlorürs  erklärt  sich  nach  der  Gleichung: 

C12  H7  N  S,  O4  +  1^  Glj  =  Ci  j  He  N  Sa  O2  Gl  +  P  €13  O,  +  H  €l. 

Sulfophenylamid  Sulfophenylamidylchlorör 

Gegen  Ammoniak  verhält  sich  das  Chlorür  wie  die  Chloride  der 
Säureradicale.  Vermischt  man  es  mit  kohlensaurem  Ammoniak  im 
Forcelianmörser  und  erwärmt  gelinde,  so  löst  sich  auf  Znsatz  von 
Wisser  und  unter  Aufbrausen  Alles  auf. 

Durch  Salzsäure  wird  aus  der  Lösung  ein  Diamid  (welches  man 
Snlfophenylamidylamid  nennen  kann)  iils  krystallinisches  Pulver 
gefällt  Es  ist  leicht  in  kochendem  Wasser,  wenig  in  kaltem  Wasser 
löslich  und  scheidet  sich  beim  Erkalten  der  Lösung  in  perlmutterglän- 
zenden Blättchen  ab.  Es  reagirt  sauer  und  zersetzt  die  kohlensauren 
Salze  unter  Aufbrausen.  Mit  den  Alkalien  bildet  es  sehr  lösliche,  mit 
Baryt  und  Silberoxyd  kaum  lösliche  Verbindungen.  Die  Zusammen- 
setzung des  Sulfophenylamidylamids  ist  den  Analysen  zufolge:  CijHgN) 
S2  O),  und  seine  Entstehung  erklärt  sich  zufolge  der  Gleichung : 

CMHeNS^O.Gl  +  2NH8  =  Ci^H^NgSjOj  +  NH4€l 
Snlfophenylamidylchlortir  Snlfophenylamidylamid 

Fittig  erhielt  bei  der  Behandlung  von  Sulfophenylamid  mit  Phos- 
phorchlorid von  obigen  abweichende  Resultate. 


886  Benzol 

Bisulfophenylsäure. 

Bisalfobenzolsäure.  ZweibasUche  Säure,  Formel  Ci9li^S40it 
oder  2flO  .Ci2  H4S2  0io.  Von  Hofniann  und  Buckton  i)  entdeckt. 
Sie  bildet  sich  bei  Einwirkung  von  Schwefelsäure  auf  BenzonitriL,  oder 
auf  Sulfophenylsäure.  Am  besten  wird  die  Bisulfophenjlsäure  ans  der 
Sulfopbenylsäure  dargestellt,  indem  man  diese  letztere,  wie  sie  durch 
Zersetzung  des  Kupfersalzes  und  Eindampf(Mi  des  Filtrats  bis  zur  an- 
fangenden Bräunung  erhalten  ist,  mit  dem  gleichen  Volumen  raaebe»- 
der  Schwefelsäure  in  einer  Betorte  zwei  Stunden  bei  Siedtemperatnr 
erhält,  dann  die  4linkelgefärbte  Säure  mit  Bleioxyd  sätdgi,  und  das 
gereinigte  Bleisalz  durch  Schwefelwasserstoff  zersetzt  Die  80  erhaltene 
fkrblose  Flüssigkeit  giebt,  mit  kohlensaurem  Baryt  gesättigt,  nach  den 
Abdampfen  ein  unter  dem  Mikroskop  krystallinisch  erscheinendes  sehr 
beständiges  Salz,  bisulfophenylsauren  Baryt:  2BaO.Ci4&4S40i» 
oder  Ci4  H4  Ba^  S4  O12. 

Weniger  leicht  erhält  man  die  Säure  rein  durch  einige  Zeit  an- 
dauerndes Erhitzen  von  Benzonitril  mit  rauchender  Schwefelsaure: 
wird  die  so  erhaltene  glasige  Masse  mit  Bleioxyd  gesätdgt,  so  wird 
beim  Verdampfen  der  Flüssigkeit  zuerst  sulfobenzoesaures  Salz  erhal- 
ten, und  erst  aus  der  Mutterlauge,  aber  weniger  leicht  rein  das  biaulfo- 
benzolsaure  Salz. 

Sulfobcnzid. 

Sulfobenzol,  Phdnylure  ph^yUsulfureux^  Phinyl  de  suif^pkem/k. 
Formel:    CnHj.SOa    oder   vielmehr  C,4HioS3  04    =    ^'^V^^S*! 

oder  p^^ii^ '^Q^|.     Entdeckt   von    Mitsc herlich.     Es  entsteht   ans 

dem  Benzol  durch  Einwirkung  wasserfreier  Schwefelsäure: 
2C12H«  +  SaOe  =  C24H10S2O4  4-  2  HO. 

Benzol  Sulfobenzid 

Man  löst  Benzol  in  wasserfreier  Schwefelsäure  oder  rauchender 
Schwefelsäure  auf,  verdünnt  mit  viel  Wasser,  wobei  das  Sulfobenzid 
krystallinisch  niederfällt,  während  die  gleichzeitig  entstandene  Sulfo- 
phenylsäure gelöst  bleibt.  Man  wäscht  den  Niederschlag  mit  Wasser 
ab,  krystallisirt  ihn  aus  Aether  um  und  kann  ihn  endlich  noch  durch 
Destillation  reinigen. 

Es  bildet  schön  weisse,  seidenglänzende,  stark  lichtbrechende 
rhombische  Tafeln,  schmilzt  bei  100^  C.  (Mi  ts  eher  lieh),  bei  115<'C. 
(Gericke),  und  erstarrt  beim  Erkalten  zu  einer  strahlig  krystallini- 
schen  Masse.  Es  kocht  zwischen  360^  und  440^0.  und  destillirt  un- 
zersetzt  über.  Es  ist  geruch-  und  geschmacklos,  in  Wasser  fast  nicht, 
wenig  in  kaltem,  leicht  in  heissem  Weingeist,  sowie  in  Aethe«  löslich. 
Von  verdünnter  Schwefelsäure  oder  verdünnter  Salpetersäure  wird  es  in 
der  Wärme  gelöst  und  beim  Erkalten  wieder  krystallinisch  abgeschie- 
den; von  concentrirter  Salpetersäure  wird  es  zersetzt.  Concentrtrte 
Schwefelsäure  löst  es  beim  Erwärmen  unter  Schwärzung  und  BUdang 

>)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.   Bd.  C|  8.  167;  Liebig  u.   Kopp,  Jahrmber. 
1856,  S.  516. 


Benzol.  887 

▼OD  Sulfophenyltfäure.  Durch  alkoholische  Kalilösung  wird  es  selbst 
bei  ldO<>C.  nicht  verändert  Chlor  verwandelt  es,  besonders  im  Licht 
oder  in  der  Hitze,  in  Bichlorosulf  obonzid.  Bauchende  Salpeter- 
säure verwandelt  es  in  Nitrosulfo-  und  Binitrosulfobenzid. 

Nitrosulfobenzid. 

Nitrosulfobenzol.  Formel:  C24H9(N 04)8304  (Gericke). 
Die  Lösung  von  Snlfobenzid  in  kochender  rauchender  Salpetersäure 
scheidet  es  auf  Zusatz  von  Wasser  gemengt  mit  Binitrosulfobenzid  aus, 
welch'  letzteres  durch  seine  Schwerlöslichkeit  in  kochendem  Weingeist 
leicht  davon  zu  trennen  ist  Aus  der  heiss  gesättigten  alkoholischen 
Lösung  scheidet  jich  das  Nitrosulfobenzid  beim  Erkalten  als  honig- 
gelbe schmierige  Masse  ans,  die  in  der  Kälte  fest  wird,  bei  QO^bis  92^0. 
schmilzt  und  bei  250^0.  sich  völlig  zersetzt  Kaltes  Wasser  löst  es 
nicht,  kochendes  Wasser  sehr  wenig,  Aether  aber  leicht.  Schwefelsäure 
und  Salzsäure  lösen  es  nicht,  wohl  aber  Salpetersäure;  kaustische  und 
kohlensaure  Alkalien  lösen  in  der  Wärme  geringe  Mengen  davon.  In 
weingeistiger  Lösung  wird  es  von  Schwefelammonium  blutroth  gefärbt 
und  verwandelt  sich  unter  Abscheidung  von  Schwefel  in 

AmidoBulfobenzid. 

Amidosulfobenzol.  Formel:  C34H9(NHs)S3  04  (Gericke). 
Uebersättigt  man  nach  Abscheidung  des  Schwefels  die  Lösung  mit  Salz- 
säure, filtrirt  und  setzt  Kali  zu,  so  scheidet  sich  das  Amidosulfobenzid 
als  gelblich  weisser  Niederschlag  ab,  welcher  durch  wiederholtes  Auf- 
lösen in  Salzsäure  und  Fällen  mit  Kali  zu  reinigen  ist. 

Es  bildet  kleine,  vierseitige  mikroskopische  Prismen ,  ist  sehr  we- 
nig in  kaltem,  leicht  in  heissem  Wasser,  sowie  in  Alkohol  löslich, 
schnailzt  beim  Erhitzen  auf  Platinblech  und  verbrennt  mit  stark  rossen- 
der Flamme.    Es  färbt  sich  beim  Trocknen  zwischen  Papier  dunkler. 

Es  vereinigt  sich  nach  Art  der  Basen  mit  Säuren. 

Das  salzsaure  Amidosulfobenzid,  C34H9(NIf 2)8204.}! Gl, 
krystallisirt  in  röthlichen ,  gut  ausgebildeten ,  vierseitigen  Prismen«  Es 
schmilzt  bei  etwa  90<>C.  und  erstarrt  unkrystallinisch.  Es  löst  sich 
leicht  in  Wasser  und  Alkohol  mit  rother  Farbe;  beim  Erhitzen  der 
wässerigen  Lösung  erfolgt  theil weise  Zersetzung.  Mit  Platinchlo- 
rid erhält  man  einen  gelblich  braunen  amorphen  Niederschlag  von 
der  Formel  C24H9(NH3)S2  04  .HGl  +  PtGl«  (Gericke).  Er  ist  in 
Weingeist  schon  in  der  Kälte  löslich ,  nicht  in  kaltem  Wasser ;  kochen- 
des Wasser  zersetzt  denselben. 

Binitrosulfobenzid. 

^  Binitrosulfobenzol.  Formel:  C24 Hg (N 04)26204  (Gericke). 
Eb  wird  entweder  durch  anhaltendes  Kochen  von  Snlfobenzid  mit  rau- 
chender Salpetersäure,  oder  besser  mittelst  eines  Gemenges  von  rau- 
chender Salpetersäure  und  Schwefelsäure  erhalten. 

Es  bildet  sehr  kleine,  webse,  seidenglänzende  rhombische  Tafeln, 
schmilzt  bei  164<^C.  und  erstarrt  strahlig  krystallinisch,  sublimirt  un- 
zersetzt  über  3iO^C.  Es  ist  unlöslich  in  Wasser,  in  Alkohol  und 
Aether  selbst  in  der  Wärme  nur  wenig  löslich.  Concentrirte  Salpeter- 
säure löst  es,  verdünnte  Säuren  lösen  es  nicht;  von  Salzsäure  und 


888  Benzoläther.  —  Benzolin.  I 

chlorBaarem  Kali,  luHUtisoben  und  kohlensanroD  Alkalien  wird  es  niekl 
verändert,  Schwefelammoninm  sersetst  es. 

BiamidoBulfobenzid« 

Formel:  C94He(NH:t)sS2  04  (Gericke).  £b  entsteht  ans  Binitn»- 
sulfobenzid  durch  Behandlung  mit  Schwefelammonium.  Kali  fillt  «i 
aus  der  salzsauren  Lösung  gelblich  weiss,  doch  färbt  es  sich  bald 
dunkler.  Es  krjstallisirt  in  kleinen  vierseitigen  Prismen,  die  leidit 
schmelzen,  ist  in  Wasser  und  Weingeist  in  der  Kalte  schwer ,  in  der 
Wärme  leicht  löslich ,  nicht  in  Alkalien.  Mit  den  Säuren  vereinigt  es 
sich  zu  Salzen. 

Das  salzsaure  Biamidosulfobenzid,  0^4 He(N 8^)9 S3 O4 -f* 
2H€l,  krystalHsirt  in  langen,  vierseitigen  rhombischen  Prismen  von 
röthlicher  Farbe,  die  in  Wasser  und  Alkohol  leicht  loslich  sind. 

SalzsSures  Biamidosulfobenzid  -  Platinchlorid, 
C94  Hs  (NH9)2  S2  O4 . 2  K  €1  -f  2  Pt  Gl^,  f  äUt  als  braunrother,  nicht  deut- 
lieh  krystallinischer  Niederschlag  auf  Zusatz  von  Platinchlorid  zu  der 
Lösung  des  vorhergehenden  Salzes  nieder ;  Weingeist  löst  es  <,  Wasser 
in  der  Elälte  nicht. 

SulfobenzidbichloriA 


Formel :  G24  H^  Gl^  S9  O4  -f-  2  H  GL  Es  entsteht  bei  der 
kung  von  Chlorgas  auf  Sulfobenzid  schon  in  der  Kälte ,  besonders  ia 
Sonnenlicht,  doch  ist  es  zur  Darstellung  desselben  besser,  das  Chlorg» 
Über  geschmolzenes  Sulfobenzid  zu  leiten,  wobei  die  Verbindimg  is 
gelben  Öligen  Tropfen  überdestillirt. 

Es  ist  eine  schwere  Flüssigkeit,  die  nicht  auf  Lackmus  reagirU 
an  der  Luft  Feuchtigkeit  anzieht,  dem  Sulfophenylchlorid  ähnlich  neek 
und  unangenehm  scharf  schmeckt.  Sie  destillirt  unzersetst  bei  etm 
150^ C.  Alkalien,  Schwefelsäure  und  Salzsäure  lösen  sie  im  verdfimi- 
ten  Zustande  nichf;  Salpetersäure  entwickelt  rothe  Dämpfe,  mit  Jod* 
kalium  erwärmt,  entsteht  eine  blutrothe  ölige  Flüssigkeit 

Bichlorsulfobenzid. 

Formel:  C34H4ei3S2  04  (Gericke).  Das  Solfobenzidbichlorid  ve^ 
liert  bei  raschem  Erhitzen  oder  durch  Behandlung  mit  alkoholischer 
KalUösung  2Aeq.  Chlorwasserstoffsäure  und  geht  in  Bichlorsulfobönzid 
über.  In  ersterem  Falle  scheidet  es  sich  im  Betortenhalse  in  gelbes 
Krystallen  ab ;  aus  der  alkoholischen  Kalilösung  kryataUisirt  es  beim 
Erkalten.  Zur  Reinigung  wird  es  mit  Wasser  gewaschen,  und  ans  ko- 
chendem Weingeist  und  Aether  umkrjstallisirt 

Es  bildet  farblose  Krystalle,  die  unter  dem  Mikroskop  als  lang« 
Spiesse  sich  darstellen,  schmilzt  bei  etwa  152<)C.,  erstarrt  wieder  kry« 
stalliniseh  und  sublimirt  schon  weit  unter  dem  Schmelzpunkte.  Bs  ist 
unlöslich  in  Wasser,  verdünnten  Säuren  und  Alkalien,  wird  aber  bei 
der  Destillation  mit  alkoholischer  Kalilösung  zersetzt,  wobei  als  ftfick- 
tiges  Product  nur  Sulfobenzid  auftritt.  A.  Ä 

Benzoläther,    Benzolalkohol,    s.  unter  Bcnzoyl- 

wasserstoff,  Abkömmlinge. 

Benzolin,  aya.  mit  Amarin   s.  d.  unter  Bencoylwas- 

serstoff,  Abkömmlinge. 


Benzolon.  —  Benzömilchsäure.  889 

Benzolen,  von  Rochleder  entdeckt,  entsteht  durch  £bwir- 
kiing  von  Bchmeisendem  Kalihydrat  anf  Hydrobenzamid  (s.  unter  Ben- 
zoylwasBerstoff,  Verwandli^gen). 

Benzolschwefelsäure  s.  Sulfophenylsäure  unter 

Benzol,  Abkömmlinge  S.  880. 

Benzömilchsäure.  Formel:  HO. GS0H9O7.  Entdeckt  ron 
Socoloff  und  Strecker  1),  genauer  untersucht  von  Strecker'). 

Der  Entstehung  und  Zersetzung  der  Benzömilchsäure  zufolge  kann 
sie  als  eine  mit  Milchsäure  gepaarte  Benzoesäure  angesehen  werden. 
Sie  gleicht  in  ihrem  Verhalten  mehr  letzterer  Säure  als  ersterer,  und 
steht  ihr  so  nahe  wie  die  Nitrobenzoesäure  oder  ChlorbenzoSsäure. 
Man  kann  hiemach  annehmen,  dass  sie  als  Badical  ein  secundäres  Ben- 
zoyl  enthält,  worin  1  Aeq.  Wasserstoff  durch  1  Aeq.  Lactyl,  CeH5  04, 
ersetzt  ist.  Doch  kann  man  sie  auch  von  der  Milchsäure  ableiten, 
wenn  man  in  dieser  Säure,  wie  Brünings  neuere  Versuche  es  andeu- 
ten, das  Radical  CeH4  03  annimmt.  Man  hätte, also  hiemach  zwischen 
folgenden  Formeln  zu  wählen : 

Ci4H4(C«H5  04)0,|q      ,        CeH40,     i^ 

jjJOaOder^j^^g^Q^   jjj  O4. 

Jedenfalls  ist  die  Benzömilchsäure  der  Benzoglycolsäure  analog 
:  und  besitzt  eine  entsprechende  Constitution. 

Zur  DarsteUung  dieser  Säure  erhitzt  man  ein  Gemenge  von  10 
^  Thln.  syrapdicker  Milchsäure  und   14  Thin.  Benzoesäure  in  einer  Re- 
torte im  Oelbade  längere  Zeit  auf  150^  C,  steigert  hierauf  die  Tem- 
;  peratur  auf  200<)  C.  und  unterhält  diesselbe  einige  Stunden  lang.     Es 
;  destillirt  hierbei  Wasser  fiber,. nebst  einem  Theil  Benzogsäure.  Der  ge- 
;.  schxnohsene,  schwach  braun  gefärbte  Inhalt  der  Retorte  erstarrt  beim 
'.  Erkalten  langsam  zu  einer  krystallinischen  Masse.    Diese  enthält  neben 
i  Benzömilchsäure  stets  unveränderte  Benzoesäure,  welche  man  durch  par- 
tielle Sättigung  mit   kohlensaurem  Natron  trennt.     Die  BenzomUch- 
nlnre  vereinigt  sich  hierbei  zuerst  mit  dem  Alkali,  die  BenzoSsäure 
bleibt  frei  und  lässt  sich  theils    durch  Abfiltriren,  vollständig   durch 
Schütteln  der  Lösung  mit  Aether  von  dem  gelösten  benzomilchsauren 
Natron  trennen.      Die    wässerige  Lösung    scheidet  auf    Zusatz    von 
.  Salzsäure  farblose  Erystalle  von  Benzömilchsäure  ab,  die  durch  Um- 
krystallisiren  aus  kochendem  Wasser  gereinigt  werden. 

Die  Benzömilchsäure  bildet  farblose,  bald  tafelförmige,,  bald 
spiesflige  Ejrystalle,  die  sich  etwas  fettig  anffihlen.  Sie  schmilzt  bei 
112^  C,  und  erstarrt  beim  Erkalten  erst  nach  längerer  Zeit  krystal- 
linisch.  Beim  Erhitzen  auf  lOO^'  bis  120^  C.  sublimirt  sie  nicht,  aber 
beim  stärkeren  Erhitzen  kocht  sie,  und  es  sublimirt  hierbei,  wie  es 
scheint,  unveränderte  Säure.  Sie  löst  sich  in  400  Thln.  kaltem,  leichter 
in  kochendem  Wasser.  Ueberschtissige  Säure  schmilzt  in  kochendem 
Wasser.  Beim  Erkalten  wird  die  Lösung  milchig  und  klärt  sich 
nur  langsam  unter  Abscheidung  von  Krystallen.  In  Alkohol  ist  sie 
sehr  leicht  löslich;  Aether  entzieht  sie  beim  Schütteln  der  wässerigen 
Lösung. 


*)   Annal.   d.  Ghem.   a.  t*harm.  Bd.  LXXX,   S.   48;    —    *)  Eb«nd.   Bd.  XCI, 
8.  859;  Jonn.  f.  prakt  Chem.  Bd.  LXIV,  S.  821;   Pbann.  Centrdbl.  1854,  8.  870. 


890  Benzon. 

Beim  längeren  Kochen  mit  Wasser,  schneller  in  Gegemrart  rv- 
dünnter  Säuren,  eerfallt  die  Benzomilchsäure  in  Beasoesäare  undMilck* 
säure : 

Benzorailchsäure  Milchsäure .  Benzoesäure. 

Die  Benzomilchsäure  bildet  mit  den  meisten  Basen  in  Wswr 
lösliche,  krystallisirbare  Salze,  die  mit  den  benzoesauren  Salzen  Aeb- 
lichkeit  besitzen. 

Benzomilchsaurer  Baryt  BaO.GaoI^gO?  -{-  6aq.  krystaUisin 
in  glänzenden,  dünnen,  sechsseitigen  Blättchen,  die  bei  lOO^*  C.  das 
Krystall Wasser  verlieren. 

Benzomilchsanres  Natron  schiesst  aus  kochendem  Alkohol 
in  farblosen  glänzenden  Nadeln  an. 

Benzomilchsaures  Silberoxyd,  AgO.C2oH907,  wird  durdi 
doppelte  Zersetzung  als  farBloser,  flockiger  Niederschlag  erhalten^  der 
aus  kochendem  Wasser  beim  Erkalten  in  feinen  Nadeln  auskrystalluiit 

A.& 

Benzon^),  Benzophenon,   Phenylbenzoyl,  das  Keton  d« 

Benzogsäure,  Formel:  CjeHioO«  =  ^  c  *H*I'  ^  ^^^^®'  *»®^  ^*^ 
trockenen  Destillation  von  benzoSsanrem  E^k: 

(2  CaO.CHHftOa)  =  CgeHipOg  +  2(CaO.CO.,); 

Benzoesaurer  Kalk  Benzon 

in  unreinem  Zustande  erhielt  es  P^ligot,  während  Chancel  spaur 
die  Eigenschaften  desselben  in  reinem  Zustande  zuerst  kennen  lehrte. 

Das  bei  der  trockenen  Destillation  von  benzoSsaurem  Kalk  (der 
vorher  gut  getrocknet  und  mit  ^/lo  seines  Gewichtes  gebranntem  Kallt 
gemischt  in  einer  eisernen  Quecksilberflasche  erhitzt  wird)  auftz«- 
tende  flüssige  Destillat  enthält  neben  Benzon  auch  Benzol,  Bitlermaft* 
delöl  und  feste  Kohlenwasseratofl'e.  Man  bringt  es  in  eine  tobulirtt 
Betorte  und  erhitzt,  wobei  anfangs  Benzol  übergeht;  der  Siedepuiül 
steigt  hierauf  ziemlich  rasch;  sobald  er  315^0.  beträgt,  wechselt  mtf 
die  Vorlage  und  fängt  den  zwischen  315<>C.  und  325^  C  übergeheiMUi 
Antheil  für  sich  auf.  lihs  Destillat  erstarrt  nach  kurzer  Zeit  und  be* 
steht  aus  ziemlich  reinem  Benzon;  durch  mehrmaliges KrystaUisiren  ȧ 
einer  Mischung  von  Alkohol  undAether  erhält  man  es  völlig  rein.  Von 
1  Kilogramm  benzoesaurem  Kalk  erhält  man  hierbei  250  Gramm  retntf 
Benzon. 

Das  Benzon  bildet  schöne  farblose,  vollkommen  durchsichtige  Krj- 
stalle  des  rhombischen  Systems  (beob.  Combination  oo  P,  P.  Neigtog 
der  Flächen :  oo  P  :  oo  P  =  99»,  oo  P  :  P  =  135o  SO-).  Die  KryrtaUe 
werden  oft  von  beträchtlicher  Grösse  erhalten. 

Es  schmilzt  bei  46^0.  zu  einem  erst  beim  Schütteln  erstarreodäi 
Oel  (Peligot  erhielt  es  nur  im  flüssigen  Zustande),  siedet  bei  315^0 
und  destillirt  ohne  Veränderung.  Sein  Dampf  ist  leicht  entzüudlieh 
und  brennt  mit  leuchtender  Flamme.     Es  besitzt  einen  starken,  aog^ 


0  Literatur:  Pdligut,  Annal.  de  cbim.  et  de  pb^s.  [S]  T.  LV1,  p.  59; 
Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XU,  S.  S9 ;  Poggend.  Annal.  Bd.  XXXVI,  S.  69.  - 
Chancel,  Compt.  rencl  de  TAcad.  T.  XVIII,  p.  83;  Joorn. f. prakt. Chem.  Bd.LIIL 
S.  252;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXX,  S.  26. 


Benzonitril.  891 

iehmen,  dem  des  Benzo^&thers  ahnlichen  Gerach.  Am  leichtesten  löst 
8  sich  in  Aether,  weniger  in  Alkohol,  nicht  in  Wasser.  In  concen- 
rirter  Schwefelsäure  und  in  Salpetersäure  löst  es  sich  reichlich  und 
rird  durch  Wasser  wieder  unverändert  abgeschieden.  Man  kann  diese 
lauren  zur  Reinigung  des  rohen  Benzens  mit  Vortheil  anwenden. 

Beim  Erhitzen  mit  Natron-Kalk  auf  etwa  260®  C.  zerfällt  es  in  ben- 
oSsaures  ^Natron  und  Benzol  ohne  eine  Spur  von  Wasserstoff  zu  ent- 
wickeln : 

(Ch%Q2  ■C12H5)  +  NaO.HO  =  NaQ.C|4_H6  Qa  +  fi.He 
Benzon  BenzoSsaures  Kali     Benzol. 

Rauchende  Salpetersäure  verwandelt  beim  Erwärmen  das  Benzon 
1  Binitrobenzon. 

Binitr  ob  enzon,  Binitrobenzophenon,  Cj« Hg (N  04)2 0^ 
Chancel).  Beim  Erwäm^en  mit  rauchender  Salpetersäure  verwan- 
dt das  Benzon  sich  in  ein  dickes  Oel,  welches  nur  langsam  fest 
rird.  In  Aether  löst  es  sich  leicht  auf,  und  scheidet  sich  fast 
ugenblicklich  in  Gestalt  eines  schwach  gelblichen  kryptallinischen 
'ulvers  ab. 

Durch  Behandlung  mit  Reductionsmitteln  verwandelt  sich  das  Bi- 
itrobenzon  in  Diphenylharnstoff  (F 1  a  vi n) : 

fie  «8(^04)20»  +  12HS   =    C26Hia5f2^^+    8H0  +  12S. 
Binitrobenzon  Diphenylharnstoff  A,  S. 

Benzonitril.  Stickstoffbenzoyl.  Cyanphenyl.  Phe- 
ylcyanür.  Das  Nitril  der  Benzoesäure,  (1844)  von  Fchling  i) 
8  Zersetzungsproduct  des  benzoesauren  Ammoniaks  erhalten  und  un- 
rsucht.  Seine  empirische  Formel  ist  C14  H5  N;  es  kann  daher  als  die 
iickstoffverbindung  des  sauerstofffreien  Benzoyls  C14  H5  betrachtet  wer- 
m;  wahrscheinlicher  ist  es  als  C12H5C2N  =  CijHö.Gy  anzusehen, 
iü  ist  Phenylcyanür ;  jedenfalls  steht  es  zu  der  Benzoesäure  in  dersel- 
m  Beziehung  wie  das  Methylcyanür  (C2H3€y)  zur  Essigsäure,  das 
ethylcyanür  (C4H5Cy)  zur  Propionsäure  und  so  fort  (s.  Nitrile). 

Nachdem  das  Benzonitril  zuerst  durch  trockene  Destillation  des 
mzoesaüren  Ammoniaks  für  sich  erhalten  war,  fand  man,  dass  es  aus 
esem  Salz  wie  aus  dem  Benzaroid  durch  Einwirkung  von  kaustischem 
uryt  oder  Kalk  in  der  Hitze,  oder  von  wasserfreier  Phosphorsäure,  sowie 
ich  durch  schwaches  Glühen  des  Benzami ds  für  sich  erhalten  werden 
inne.  Die  Bildung  beruht  hier  immer  auf  Entziehung  oder  Abschei- 
mg  der  Elemente  des  Wassers: 

NH4  0.Cu»6  08  =  CuHjN  +  4H0 

Benzo^saures  Benzonitril 

A  mmoniumoxyd 

ChHäOj  .  H2N  =  C14H5N  -f  2  HO. 

Benzamid 

Weiter  findet  sich  das  Nitril  unter  den  Producten  der  trockenen 
Bstillation  von  Hippursäure  (Limpricht  und  Uslar);  es  bildet  sich 
i  Einwirkung  von  Zinkchlorid  auf  Hippursäure  (Gössmann),  sowie 


^)  Annal.  d..  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XLIX,  8.  91. 


892  Benzonitril. 

beim  ErhiUen  von  Bhodawkatinm  mit  Bensoylohlorid,  im  kCitem 
neben  Kohlens&ure  and  Schwefelkohlenstoff  (Lim pri cht): 

2 (Ca4H5 O,  .  €1)  4-  2 (KC,NS,)  =  2ChH&N 

Bensojlchlorid,         Bhodsnkaliam.    BensonitriL 
-f  2K€l  4-0,04  +  0,84. 

Auch  bei  derEinwirkHngTonBenzojlchlorid  auf  Oxamid  (Chioiit 
oder  auf  Benzamid-Quecksilberoxyd  bildet  sich  Benzonitril,  sowie  we^ 
beim  Erhitzen  von  Benzamid  mit  Kalium  (wobei  zugleich  C^nkalmi 
entstehen  soll),  beim  Zusammenschmelzen  desselben  mit  Benzoe»ar 
anhydrid,  und  bei  der  Zersetzung  von  Sulfobenzaraid  (siehe'  unten)  n 
Quecksilberozyd : 

ChHjO,  .  a  4-  C4H4N,04  =  HCl  -f  Cuihfi  4-  GyH 

Benzoylchorid  Oxamid  Benzonitril 

4-C,04  f  2H0. 

ChHjOj^I  +  CuH^iNO  ,  HgO  =  Hg€l  +  CuHjOj  4.  ChH*J 

Benzamid  -  Quecksilberoxyd  BenzoSsaure 

CuHtÖj^N  4.  ä^CuHftOj  =  ^34863  +  C,4H»N. 

Benzamid         Benzoesäure-      Benzoesäure- 

Anhydrid  Hydrat 

C14H7NS2  4-  2HgO  =  CuHsN  4-  2Hg8  +  2H0. 

Sulfobenzamid 

Es  bildet  sich  auch  durch  trockene  Destillation  der  beim  liogo* 
Sieden  von  Chlorbenzoyl  mit  cyansaurem  Kali  erhaltenen  braunen  bm- 
artigen  Masse;  so  wie  in  geringer  Menge  beim  Erhitzen  von  wssut 
freier  Benzoesäure  mit  Schwefelcyankalium  oder  cyansaurem  Ü 
(Schiff). 

Auch  bei  der  trockenen  Destillation  von  Benzoylsulfophenylaon^^ 
chlorür  bildet  sich  Benzonitril  (s.  S.  885). 

Zur  Darstellung  des  Benzonitrils   aus   benzoSsaurem   Amraoiii^ 
wird  das  trockne  Salz  in  einer  Retorte  mit  Vorlage  destiUirt)  und 
Operation  mehrere  Male  wiederholt.    Sobald  das  Salz  beim  Eri 
geschmolzen  ist,  setzt  sich  bald  unter  reichlicher  Entbindung  von  fi 
Ammoniak  im  Hals  der  Retorte  ein  Sublimat  ab,  und  zuletzt,  et>vs 
einer  Stunde,  gehen  in  die  Vorlage  nebet  Wasser  auch  Oeltropfen 
welche  einen  starken  Bittermandelölgeruch  besitzen.    Man  erhalt 
daVon,  wenn  man  die  ganze  in  der  Vorlage  und  dem  Betortenhals 
densirte  feste  jMasse  in  Wasser  lost,  die  Losung,  der  man  ein 
kohlensaures  Ammoniak  zugesetzt  hat,  in  die  Retorte  zurückgiesst 
mit  gut  abgekühlter  Vorlage  destiUirt.     Mit  dem  Wasser  destillirt 
gleich  anfangs  jenes  Oel  ttber.    Man  hebt,  sobald  Nichts  mehr  ds 
übergeht,  dasselbe  ab,  bringt  darauf  den  in  der  Betorte  befioi 
Rückstand  vollends  zur  Trockne ,  sublimirt  aufs  Neue,  und  wied 
die  ganze  Operation  viele  Male.   Aus  12  Unzen  Benzoesäure  konnte 
auf  diese  Weise  in  5  Tagen  mehrere  Unzen  unreines  Benzonitril 
halten.      Zur  weiteren  Reinigung  desselben  wird  es  mit  etwas 


*)  Cbim.  organ.  par  Gerhardt  T.  III,  p.  369. 


Benzonitril.  893 

iftorehaltigeni  Wasser  geschüttelt,  dann  noch  einige  Male  mit  reinem 
lYasser  gewaschen,  über  Clorcalcium  getrocknet  nnd  deetillirt. 

Nadi  Laurent  und  ChanceP)  wird  es  leichter  erhalten,  wenn 
nan  die  Dämpfe  von  benzoesanrem  Ammoniak  über  erhitzten  kanstischen 
^ryt  leitet,  der  dabei  unter  Aufnahme  von  Wasser  rothglflhend  wird. 

Nach  Hof  mann  und  Bnckton  wird  es  durch  Destillation  des 
Mnzoßsauren  Ammoniaks  oder  des  Benzaroids  über  wasserfreie  Phos- 
»horsaure  leichter  als  beim  Destilliren  für  sich  erhalten. 

Ans  Hippursäure  wird  es  bei  der  Destillatton  ftlr  sieh,  besser  bei 
1er  Destillation  der  Säure  mit  Zinkchlorid  ^  dargestellt;  hierzu  wird 
i  Gkwichtstheil  trockener  Hippursäure  mit  einem  gleichen  Yolnm  Quarz- 
end gemengt,  mit  26ewichtstheilen  festem,  möglichst  entwässertem  Zink- 
shlorid  in  einem  erwärmten  Mörser  gemischt  und  dann  in  einer  troc^- 
len  Betorte  rasch  auf  8OOOC.  erhitzt,  aber  die  Temperatur  nicht  über 
)50<^C.  gesteigert;  es  bildet  sich  hier  Benzonitril  neben  Kohlensäure 
Kohlenozyd?);  ein  Theil  der  Säure  zerfällt  aber  in  Benzo^äure  und 
Mjcocoll,  und  in  Folge  der  Zerstörung  des  letzteren  bildet  sich  etwas 
lühlorammonium  und  ein  wenig  Kohle  wird  abgeschieden.  Nach  G5ss- 
Bann  wurden  aus  100  Grm.  Hippursäure,  38  bis  40  Orm.  Benzonitril 
Hrhalten  (der  Rechnung  nach  hätten  57  Orm.  erhalten  werden  können); 
lemnach  ist  diese  Methode  zweckmässig,  wenn  man  Hippursäure  ver- 
irenden  kann«, 

Das  reine  Benzonitril  ist  eine  klare  farblose  Flüssigkeit  ron  Star- 
tern, aber  angenehmen  bittermandelölartigem  Geruch  und  brennendem 
Sesclmiack.  Sein  specif.  Gewicht  ist  1,0073  bei  15^  C.  (Fehling) 
1,083  bei 00;  1,0084  bei  16,80G.  (Kopp);  seine  Ausdehnung  (zwischen 
10®  o&d  169<09  berechnet  sich,  das  Yolumeh  bei  0<^  =  1  gesetzt,  nach 

Fä=  1  +  0,0009838  e  —  0,00000080722  ««  +  0,0000000067960««. 
Bs  dehnt  sieh  daher  stärker  aus  als  Wasser  und-  wird  beim  Erwärmen 
leichter  als  dieses.  Sein  Lichtbrechungscoefficient  ist  =  1,508;  Es 
dedet  bei  19100.  (191,6«  bei  788  Mm.  Kopp);  das  specif.  Gewicht  des 
Dances  ist  3,61,  entsprechend  einer  Verdichtung  auf  4  Volumen.  Es 
ist  entzündlich  und  brennt  erwärmt  mit  leuchtender  Flamme.  Es  löst  beim 
Brhitten  Schwefel,  der  sich  beim  Erkalten  in  flachen  Prismen  heraus- 


Das  Benzonitril  löst  sich  wenig  in  kaltem  Wasser,  theilt  demselber 
jedoch  seinen  Geruch  mit;  100  Thle.  kochendes  Wasser  nehmen  1  Thl. 
ISTon  auf  und  bilden  damit  eine  wenig  trttbe  Flflssigkeit,  welche  beim 
Erkalten  datf  Nitril  in  ölartigen  Tropfen  wieder  absetzt  Mit  Alkohol 
and  Aether  ist  es  in  allen  Verhältnissen  mischbar. 

Kalilauge  verändert  das  Benzonitril  in  der  Kälte  nicht;  wird  es 
iber  damit  gekocht,  so  findet  reichliche  Ammoniak-Entwickelung  statt 
and  in  der  Flüssigkeit  findet  sich  BenzoSsäure  an  Kali  gebunden. 
Dieselbe  Umsetzung  des  Benzonitrils  in  Benzoesäure  und  Ammoniak 
durch  Assimilation  von  3  Aeq.  Wasser  bewirken  verdünnte  Säuren. 
Sie  geht  nach  folgender  Gleichung  von  Statten: 

Ci4»6N-f  4HO-I-HO.SO3  =  HO .  CuH5Qa  +  NB4O.  SO,. 
Benzonitril  Benzoesäure 


^)  Compt.  rend.  p.  Laurent  et  Oerhardt  1849,  p.  117;  Jahresber.  t.  Liebig 
■..Kopp  1S49,  S.  327.  —  *)  Anttal.  d.  Cbeni.  n.  Pharm.  Bd.  C,  S.  73;  Chem. 
GentralbL  1S67,  S.  48;  Jahnsber.  ▼,  Liebig  n.  Kopp  1866,  S.  600. 


894  BenzonitriL 

Wird  Beneonitril  mit  rauchender  Salpeters&nre  nur  kam  Zät 
lang  gelinde  erwärmt  (wobei  es  sehr  daranf  ankommt  nicht  zu  luge 
zu  erhitzen)  und  die  Lösung  darauf  mit  Wasser  verdünnt,  so  schiigt 
sich  ein  fester  weisser  Körper,  das 

Nitrobenzonitril;  CUH4NJO4  =  Ci4(H4.N04)N  oder 
C]s  (Hs  .N  O4) .  €7  nieder.  Dasselbe  ist  in  Säuren  löslich  und  wird  dnrd 
Wasser  wieder  daraus  gefallt  Auch  heisses  Wassw  löst  die  Verbmdini 
in  beträchtlicher  Menge  auf,  setzt  sie  aber  beim  Erkalten  in  kkiiie 
weissen  seidenglänzenden  Nadeln  wieder  ab.  Beim  Erhitzen  giebc  ft 
einen  stark  zum  Husten  reizenden  Dampf  aus  und  hinterlasst  KoUi 
Durch  Kochen  mit  Säuren  und  Alkalien  wird  sie,  analog  dem  Beazc 
nitril,  in  NitrobenzoSsäure  und  Ammoniak  verwandelt  (Gerland 
Diese  Verbindung  lässt  sich  nicht  durch  trockene  Destillation  von  nitre 
benzoesaurem  Ammoniak  gewinnen,  indem  hierbei  ala  Zersetzna^ 
product  nur  Niirobenzamid  auftritt  (s.  Benzamid  S.  816). 

Kalium  zersetzt  das  Benzonitril  und  färbt  es  dabei  carmoisiiirod 
werden  beide  Körper  zu  gleichen  Aequivalent^n  in  einer  zugescha«! 
zenen  Glasröhre  auf  240<^  C.  erhitzt,  so  bildet  sich  ein  Seblimat  fi 
feinen  Krystallen.  Die  erhitzte  Masse  giebt  an  Wasser  Gyankalinm  d 
und  der  Bückstand  giebt  bei  der  Destillation  ein  gefärbtes,  etwas  dm 
Kreosot  riechendes  Oel,  dem  einige  Elrystalle  eingemengt  sind,  die  M 
weder  in  Alkohol  noch  in  Aether  lösen.  Ob  Phenjl  unter  diesen  sieh 
weiter  untersuchten  Producten  sich  findet,  ist  noch  nicht  bestimmt  laA 
gewiesen  ( B  i  n  g  1  ey  ^). 

Rauchende  Schwefelsäure  mischt  sich  mit  Benz<Hiitril  ohi 
starke  Wärmeentwickelung,  beim  stärkeren  Erhitzen  entwickelt  ad 
Gas,  schweflige  Säure  entweicht,  während  BenzoSsäure  snblimhi  oi 
Kohle  sich  abscheidet;  wird  hierbei  noch  einige  Zeit  erhitzt,  so  enddl 
der  Büokstand  Benzo^schwefelsäure  (s.  d.  Art)  und  Bisulfobensoliitf 
(s.  Benzol  S.  884)  (Ho.fmann  und  Buckton). 

Das  Benzonitril  geht  mit  Schwefelwasserstoff  direct  eissTtf 
bindung  ein;  sie  entsteht,  wenn  eine  schwach  ammoniakalische  AlkoM 
lösung  desselben  mit  Schwefelwasserstoffgas  gesättigt  wird.  Die  U 
sung  färbt  sich  dabei  dunkelgelb;  Wenn  man  sie  bis  zum  Viertel  ibfi 
Volumens  verdampft  und  darauf  mit  Wasser  versetzt,  so  schlagen  vi 
reichliche  Flocken  einer  schwefelgelben  Substanz  nieder,  welche  > 
kochendem  Wasser  vollkommen  löslich  ist,  und  beim  langsamen  £ri^ 
ten  in  langen  schwefelgelben  Nadeln  anschienst  (Gahours).  Dn* 
Verbindung  ist  nach  der  empirischen  Formel  G14  H7  N  S»  zosamntf 
gesetzt,  und  lässt  sich  demnach  entweder  als  Benzamid  betracblM 
worin  die  beiden  Sauerstoffäquivalente  durch  Schwefel  vertreten  sisd 
also  ein  Sulfobenzamid  oder  Benzoylsulfidamid  =  Ci4H|$( 
H^N,  oder  als  eine  Verbindung  von  Benzonitril  mit  Schwefelwassers^ 
=  Ci^Hs.Cy-l-^HS.  Gahours  nennt  sie  geschwefeltes  Beff^' 
a  m  i  d  (^Benzamid  suLfuri)* 

Durch  Qnecksilberoxyd  wird  diese  Verbindung  zersetzt,  indem  9A 
Schwefelquecksilber  bildet  und  Benzonitril  regenerirt  wird.  Ksli» 
zerlegt  sie  unter  Bildung  von  Schwefelkalium  und  Gyankalium. 

Ein  Ghlorben'zonitril,  gechlortes  Benzonitril,  (3i4fl4@^' 


«)  Chem.    Oaz.    1864,   p.   829.  .  Pharm.    Centrsibl.   1864,   8.   767.     Joiin. ' 
prakt.  Chem.  Bd.  LXIII,  S.  820. 


Benzophenid.  895 

tH  noch  nicht  direot  dargestellt;  es  büdet  sich  aber  bei  Einwirkung  von 
?hosphorohlorid  auf  Sulfobenzamid  oder  Sulfobenzaminsäure  (S.  856 
I  857),  nrid  ist  das  Haaptproduct  dieser  Zersetzong.  Man  erhält  es 
Inrch  Destillation  der  genannten  Körper;  das  Destillat  wird  mit  KaH- 
aage  gemischt  rectificirt;  hierbei  destillirt  das  Chtorbenzonitril  mit  den 
ATasserdämpfen  über,  und  setzt  sich  in  der  Vorlage  in  Krystallen  ab. 
Duroh  Umkrystallisiren  aus  Alkohol  oder  Aether  wird  es  in  grossen 
arblosen  Prismen  erhalten.  Diese  zeigen  den  Geruch  des  Bittermandel- 
öls, sie  lösen  sich  nicht  in  Wasser,  aber  leicht  in  Alkohol  oder  Aether ; 
las  Chlorbenzonitril  schmilzt  unter  400C.,  und  erstarrt  bei  86<^C.;  es 
rerdaropfl  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  langsam,  schneller  bei 
ichwachem  Erwärmen;  beim  Kochen  mit  Wasser  verflüchtigt  es  sich 
nit  dessen  Dämpfen.  Durch  anhaltendes  Kochen  mit  verdünnter  Sal- 
letersänre  verwandelt  es  sich  in  ChlorbenzoSsäure;  mit  Ammoniak  in 
eugeschmolienen  Glasröhren  auf  lOO^  C.  erhitzt,  gebt  es  in  Chlor- 
>enzamid  über  (Limpricht).  Fe, 

Benzophenid^),    BenzoSsaures   Phenyloxyd,   BenzoS- 

iäure.Carbols&ure,Benzo6oxyd:  CaeHioO*  =^"^*^*|o,.    Es 

vurde  zuerst  von  Ettling  durch  trockene  Destillation  von  benzoesanrem 
Capferoxyd  erhalten,  und  nach  der  Formel  014^50^  zusammengesetzt 
»genommen;  Berzelius  hielt  es  für  ein  niedpigeres  Oxyd  des  Radicals 
1er Benzoesäure  (C14H5)  und  nannte  es  daher  Ben zo So xyd;  Gerhardt 
»rhielt  es  durch  Destillation  der  Benzosalicylsäure  und  hielt  es  für  das 
Etadical  Benzoyl,  C]4H5  02.  List  und  Limpricht  zeigten  endlich, 
3ass  der  von  den  vorhergehenden  Chemikern  beschriebene  Korper  mit 
3em  schon  früher  von  Laurent  und  Gerhardt  dargestellten  Benzo- 
phenid identisch  ist. 

Man  stellt  dasselbe  am  leichtesten  durch  Einwirkung  vonBenzoyl- 
shlorid  auf  Phenyloxydhydrat  dar,  wobei  sich  Salzsäure  entwickelt 
[Laurent  und  Gerhardt).  Statt  des  Phenyloxydhydrats  wendete 
Sbrougham  hierbei  Fhenyloxyd-Kali  an: 

CuHjOjGl   +    CiaHeOg    =    Cj«Hio04  +  HGl 
Benzoylchlorid    Phenylhydrat      Benzophenid. 

Die  Mischung  beider  Stoffe  zu  gleichen  Aequivalenten  wird  so  lange 
BTW&rmt  als  sich  noch  Salzsäure  entwickelt,  und  die  nach  dem  Erkal- 
ten erstarrte  Masse  mit  Aetherweingeist  behandelt,  der  sie  lost  und  beim 
Erkalten  in  farblosen  Nadeln  absetzt  Man  kann  den  Rückstand  auch 
nur  Entfernung  beigemengten  Benzoylchlorids  und  von  Carbolsänre  mit 
kalter  Kalilauge  behandeln  und  ihn  hierauf  erst  aus  Aether  oder  Alko- 
iiol  umkrystalliren. 

Aus  benzoSsaurem  Kupferoxyd  erhält  man  es  durch  Erhitzen  des 
getrockneten  Salzes  in  einer  Retorte  über  freiem  Feuer,  bis  sich  keine 
Dämpfe  mehr  entwickeln.     Das  Destillat  wird  mit  einer  Lösung  von 

^)  Etil  in  gl  Aniud.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  Lm,  S.  87;  Jouni.  f.  prakt.  Ghem. 
Bd.  XXXVI,  S.  262.  —  StenhouBe,  Anoal.  d.  Chenl.  n.  Pharm.  Bd.  Uli,  S.  91; 
Bd.  LV,  S.  10.  —  Laurent  u.  Gerhardt,  Gorapt.  rend.  par  Lanr.  et  Gerh.  1849, 
p.  429;  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXXV,  S.  76.  —  Gerhardt,  Annal.  d. 
Cbera.  n.  Pharm.  Bd.XXXVII,  8.  161.—  Litt  n.  Limpricht,  Annal.  d.  Chem.  n. 
Pharm.  Bd.  XG,  8.190;  Jonm.  f.  prakt  Chem.  Bd.LXII,  8.203;  Pharm.  CentraU>l. 
1854    8.  609.  ^  8croagham  Philos.  Magaz.  [4.]  T.  YIII,  p.  370. 


896  Benzophenid. 

kohlensaurem  Natron  abermals  destillirt,  wobei  mit  den  WaaeerdiinpfeD 
Benzol  fibergeht,  während  die  freie  BensoSs&nre  in  dem  kohleasaora 
Natron  sich  löst.  Der  unlösliche  Rückstand  wird  nach  dem  AbwasdiM 
mit  Wasser  in  koehendero  Alkohol  gelöst,  mid  die  beim  Erkahen  a- 
schiessenden  noch  braunen,  mit  einem  ölartigen  Körper  TermeiigteD 
KrystaUe  durch  wiederholtes  ümkrystallisiren  aus  Alkohol  gerehift 
(Limpricht  und  List). 

Es  bildet  farblose  glänzende,  harte  rhombische  bänlen  (YerhiltDis 
der  Axen  a  :  b  :  c  r=  1  :  1,20894>:  0,19612,  Danber),  die  leicht  fot 
V2  Zoll  Länge  erhalten  werden.  Es  schmilzt  bei  66^0.  (Listnad 
Irimpricht,  Gerhardt  und  Laurent)  und  erstarrt  beim  Erkaitei 
strahÜg  krystallinisch.  Es  besitzt  einen  den  Greranien  ähnlichen,  n- 
gleich  an  Gitronen  erinnernden  Geruch.  In  höherer  Temperatur  schdut 
es  sich  unverändert  zu  verflüchtigen.  Es  ist  in  Wasser  unlöslich,  leiehi 
in  kaltem  Alkohol,  besonders  aber  in  heissem  Alkohol  oder  in  Aether 
löslich. 

Das  Benzophenid  spaltet  sich  bei  Eanwirknng  concentrirter  Sch1f^ 
felsänre,  oder  von  Kali  oder  Ammoniak  in  alkoholischer  Losung  stdi 
in  zwei  Verbindungen,  nämlich  eine  Benzoyl-  und  eine  Phenylverl» 
düng.  In  concentrirter  Schwefelsäure  löst  es  sich  leicht  auf;  die  Le- 
sung scheidet  auf  Wasserzusatz  BenzoSsäure  ab,  während  Phenjlzchm- 
feisäure  (Carbohchwefelsäure)  gelöst  bleibt.     (List  und  Limprichti 

Durch  kochende  Elalilauge  erleidet  das  Benzophenid  keine  2» 
Setzung;  erhitzt  man  beide  jedoch  auf  150®  bis  170^0.  in  zugesdunfil- 
zenen  ftöhren,  so  erhält  man,  ohne  dass  Wasserstoff  entwickelt  wiii 
BenzoSsäure  und  Phenylhydrat  (beide  in  Kali  gelöst).  Schmelzend« 
Kalihydrat  bewirkt  dieselbe  Spaltung.  Sehr  leicht  findet  dieselbe  Zc* 
Setzung  durch  Einwirkung  weingeistiger  Kalilösung  statt ;  schon  in  6m 
Kälte  erhält  man  eine  klare  Lösung,  die  durch  Wasser  nicht  getrüki 
wird  und  woraus  Schwefelsäure^  nach  Entfernung  des  Weingeiates  dmcä 
Kochen,  ein  C^menge  von  BenzoSsäure  und  Phenylhydrat  abscheide 
Ammoniak  wirkt  weniger  leicht  zersetzend  ein,  und  man  kann  dasB» 
zophenid  mit  alkoholischem  Ammoniak  ohne  Zersetzung  kochen;  eriutrt 
man  das  Gemenge  jedoch  in  verschlossenen  Gefässen  auf  150®  C,  tf 
erhält  man  Benzamid  und  Phenylhydrat  (kein  Anilin): 

CiAO^CuHjOa  +  NRs  =  HO.CijiljO  +  Cu^NO» 

Benzophenid  Phenylhydrat  Benzamid. 

Dieselbe  Zersetzung  findet  bei  der  Destillation  von  Benzophenid  is 
einem  Strome  trockenen  Amoniakgases  statt. 

Snbstitutionsproducte  des  Benzophenid».  * 

In  dem  Benzophenid  lassen  sich  1,  2  oder  8  Aeq.  Wasserstoff 
durch  eine  äquivalente  Menge  von  Chlor,  Brom  oder  Untersalpetersäfl« 
ersetzen ,  wobei  dieser  Wasseistoff  theils  in  dem  Phenyl,  theils  in  dsn 
Benzoyl  substitnirt  wird.  Da  in  anderen  PhenyiverbindnngeB  bii 
8  Aeq.  Wasserstoff  und  in  Benzoylverbindungen  gewiss  2Aeq.Wasse^ 
Stoff  substitnirt  werden  können,  so  konnte  man  erwarten,  in  dem  Benzopb«' 
nid  5  Aeq.  durch  Chlor  oder  ähnliche  Körper  vertretbare  Waasentof* 
äquivalent^  zu  finden;  nach  den  Versuchen  von  Limpricht  und  Lii( 
ist  dies  jedoch  nicht  der  Fall. 


Benzophenid.  897 

Man  erhält  diese  Snbstitutionsproducte  durch  Behandeln  yon  äen- 
zophenid  mit  Chlor,  Brom  oder  einer  Mischung  von  Salpetersäure  und 
Schwefelsäure.  Man  hat  aber  auch  einige  derselben  durch  Zusammen- 
bringen von  Beozoylchlorid  mit  Substitutionsproducten  des  Phenyl- 
oxydhydrats  dargestellt.  Es  sind  alle  krystalliäirbare  Körper,  welche 
durch  alkoholische  Kalilösung  in  Benzoesäure  und  in  substituirtes  Phe« 
nylhydrat  zerlegt  worden. 

Brombenzophenid,  BenzoSsanres  Bromphenvloxyd, 

C    H  Br) 
Qefie  BrO«  =  pj^^u^Q  |0);  und  Bibrombenzophenid  BenzoS- 

C    H  Br  ) 

saures  Bibroraphenyloxyd,  CsaHsBraO^^rQ^^u^O^*)  Oj,  entste- 
hen gemeinschaftlich,  wenn  trockenes  Benzophenid  mit  Brom  in  einer 
Retorte  Übergossen  wird,  so  lange  noch  eine  Entwickelung  von  Brom- 
wasserstoffsäure zu  bemerken  ist.  Das  Überschüssige  Brom  wird  ab- 
destillirt  und  der  Rückstand  wiederholt  aus  heissem  Weingeist  um- 
krystallisirt.  Man  erhält  lange  dendritisch  vereinigte,  farblose  Na- 
deln, die  unter  100^  C.  schmelzen  und  unzersetzt  sich  sublimlren  lassen. 
[n  heissem  Weingeist  und  Aether  sind  sie  leicht  löslich,  unlöslich  in 
Wasser. 

Die  Analyse|  ergab  mit  Substanzen  von  verschiedener  ^Bereitung 
56  bis  42,7  Froc.  Kohlenstoff,  2,0  bis  3,9  Proc.  Wasserstoff  und  34,6 
bis  45^4  Proc.  Brom,  womach  man  darin  ein  Gemenge  von  wenigstens 
Ewei  Verbindungen  annehmen  muss.  Es  ist  aber  selbst  wahrscheinlich, 
lass  noch  eine  dritte  Verbindung,  Tribrombenzophenid,  Cje H7  Br^  O4, 
t>eigemengt  war,  da  eine  Analyse  einen  höheren  Brom-  und  geringeren 
Kohlenstoffgehalt  ergab,  als  dem  Bibrombenzophenid  entspricht.  Wein- 
{eistiges  Kali  zerlegt  die  Verbindungen,  und  bildet  Benzoesäure  (frei 
ron  Brom)  und  Bromphenyloxydhydrat  und  Bibromphenyl- 
>xjdhydrat  (Limpricht  und  List). 

Chlorbenzophenid,  Benzoesaures  Chlorphenyloxyd, 
[]SmH9€104,  und  Bichlorbenzophenid,  Benzoesaures  Bichlor- 
»henyloxyd,  G2ell8€l2  04,  wurden  ebenfalls  nur  gemengt  durch  Be- 
landlung  von  Benzophenid  mit  Chlorgas  erhalten.  Leitet  man  in  ge- 
ichmolzenes  Benzophenid  Tage  lang  trockenes  Chlor  gas,  s<^  erhält  man, 
lach  Stenhouse,  ein  dunkelgelbes  Gemisch  eines  ölförmigen  und  eines 
esten  Körpers,  von  .unangenehmem  stechendem  und  angreifendem  Ge- 
och.  Der  feste  Körper  wird  durch  Pressen  zwischen  Fliesspapier  und 
Jmkrystalliäiren  aus  Aether  in  grossen,  platten  Krystallen  erhalten,  die 
inen  schwachen,  dem  Anderthalbfach- Chlorkohlenstoff  ähnlichen  Ge- 
uch  zeigen.  Sie  schmelzen  b.'i  84^  C,  und  sublimiren  in  höherer  Tem- 
»eratur  unzersetzt  in  vierseitigen  Prismen. 

Die  Analysen  ergaben  65,9  bis  66,1  Proc.  Kohlenstoff,  3,9  bis 
,1  Proc.  Wasserstoff  und  16,0  bis  16,5  Proc.  Chlor,  so  dass  die  Sub- 
tanz  hauptsächlich  Chlorbenzophenid  mit  wenig  Bichlorbenzophenid 
;eniengt  war.  (Ersteres  enthält  15,3,  letzteres  26,5  Proc.  Chlor), 
hirch  alkoholische  Kalilauge  erhielt  Stenhouse  benzoesaures  Kali 
nd  (nach  Zusatz  von  Salzsäure)  einen  dunkel  gefärbten,  kreosot- 
rtig  riechenden,  harzartigen  Körper;  wohl  unreines  Chlorphenyloxyd- 
ydrat. 

Binitrobenzophenid,    Benzoesaures    Binitrophenyloxyd, 

■ 

Handwörterbuch  der  Chemie.  2te  Aafl.  Bd.  IL  57 


898  Benzophenid. 

Ca«N,HeOi,  =  ^"^'g^Q*^!  O«.  ^^^^  »ai,  nach  Gerhardt  und 

Laurent,  durch  Erhitzen  von  Benzoylchlorid  mit  Binitrophenjloxyd- 
hydrat  (Binitrocarbolsäure),  so  lange  sich  Salzs&ure  entwickelt.  Der 
Rückstand  wird  zur  Entfernung  der  nicht  in  Verbindung  getretenen 
Stoffe  mit  Ammoniak  ausgezogen,  hierauf  mit  Weingeist  abgewascbeo 
und  aus  kochendem  Alkohol  umkrystallisirt. 

Man  erhält  hierdurch  gelbe,  rhombische  Blättchen,  die  in  WasMr 
onldslich,  selbst  in  kochendem  Alkohol  sehr  wenig  löslich  sind,  dage- 
^n  ziemlich  leicht  in  warmem  ^ether. 

Trinitro benzophenid;  man  kennt  zwei  metamere  Verbindun- 
gen, nämlich  benzoSsaures  Trinitrophenyloxyd  und  nitro- 
benzoSsaifres  Binitrophenyloxyd,  welche  auf  yerschiedeae  Weise 
entstehen  und  verschiedene  Zersetzungsprodncte  geben. 

a)  BenzoSsaures    Trinitrophenyloxyd,     Cy«  87  (N  O«)^  0| 

_  ^8*8g^^*)«|02,  erhältman,nachGerhardtundLaarent,dQrek 

Vertheilen  von  Trinitrophenylsäure  (Pikrinsäure)  in  Bensojlchlorid 
und  Erhitzen  der  Mischung,  so  lange  sich  Salzsäure  entwickelt.  Der 
Bückstand  wird  mit  Alkohol  in  der  Kälte  abgewaschen  und  ko<üieiid 
daraus  umkrystallisirL 

Es  bildet  goldgelbe,  sehr  glänzende,  rhombuche  Blättchen,  in  ksl- 
tem  Alkohol  noch  schwerer  löslich  als  das  Binitrobenzophenid.  And 
in  kaltem  Aether  lost  es  sich  schwer,  'etwas  leichter  in  warmem.  £1 
schmilzt  in  der  Wärme,  erstarrt  beim  Erkalten  krystallinisch ,  verpi^ 
jedoch  bei  stärkerem  Erhitzen.  In  kochendem  Kali  löst  es  sich  mter 
tiefrother  Färbung;  Säuren  scheiden  krystallinische  Flocken  ab, 

b)  NitrobenzoSsaures-Binitrophenylozyd:Cs«B7(N04)804 
^^^  C^*Ä  rNO* "^O  ( ^*'     List  und  Limpricht  erhielten  diese  V«- 

bindung  durch  Eintragen  von  Benzophenid  in  ein  kaltes  Gemisch  vqb 
1  ThL  Salpetersäure  und  2  Thln.  Schwefelsäure.  Es  fand  liOsuBi 
ohne  Entwickelung  rother  Dämpfe  statt»  und  bald  schied  sich  die  neoc 
Verbindung  in  gelblichen  Krystallen  ab,  deren  Menge  auf  Znsats  w» 
Wasser  sich  noch  mehr  vermehrte.  Durch  Abwaschen  mit  kaltem  Wai- 
ser, später  mit  kaltem  Weingeist  wurden  sie  gereinigt. 

Es  ist  ein  weisses  krystallinisches  Pulver,  das  beim  Erwirm« 
gelb  wird  und  bei  150^0.  schmilzt.  Beim  Erkalten  erstarrt  es  za 
einem  gelben,  durchsichtigen  Glas,  das  erst  nach  längerer  Zeit  andm^ 
sichtig  wird. 

In  Weingeist  und  Wasser  ist  es  in  der  Kälte  unlöslich,  in  kochen- 
dem Weingeist  und  in  Aether  löst  es  sich  in  geringer  Menge.  Beim 
Erhitzen  auf  dem  Platinblech  verbrennt  es  mit  gelber,  russeoder  Flamme; 
in  einer  Röhre  erhitzt,  verpufit  es  schwach. 

Mit  alkoholischer  Kalilauge  zerlegt  es  sich  in  NitrobenzoeMune 
und  Binitrophenylsäure.  In  Schwefelammonium  löst  es  sich  mit  tief 
rother  Farbe;  beim  Verdampfen  im  Wasserbade  hinterbleibt  eine  dun* 
kelviolettc  harzartige  Masse ,  die  in  Säuren  zum  Thail  löslich  ist.  Es 
Hessen  sich  keine  bestimmt  charakterisirte  Stoffe  daraus  erhalten. 


BenzophenoiL  —  Bemoweinsäure.  899 

Nitrobibroznbenzophenid,   NitrobenzoSsaares    Bibrom- 

phenyloxyd,  C,«  8,  Bri  (N04)04  =  CuHi^'ojfoI  j  ^»'  «'Welten 
List  und  Limpricht  durch  Eintragen  von  Bibrombenzophenid  in  eine 
Mischung  von  Schwefelsäure  und  Salpetersäure;  die  Verbindung  scheidet 
sich  sogleich  harzartig  ab,  so  dass  Wasser  kaum  eine  Fällung  bewirkt« 
Aus  kochendem  Alkohol  krjstallisirt  es  in  kleinen  warzenförmig 
Tereinigten  Nadeln;  ans  concentrirteren  Lösungen  scheidet  es  sich 
ölfdrmig  ab.  Es  schmilzt  zwischen  90<>und  lOO^C.  Alkoholische  £[ali- 
lösung  zerlegt  es  in  Nitrobenzoesäure  und  Bibromphenylsäure  (welche 
mit  Kali  sich  vereinigen).  A^  S. 

Benzophenon  s.  Benzon  S.  890. 

Benzopiperid,  Benzopiperidin,  d.  L  Piperidin,  in  wel- 
chem  1  Aeq.  Wasserstoff  durch  Benzoyl  ersetzt  ist,  eine  Verbindung, 
welche  bei  Einwirkung  voif  Chlorbenzoyl  auf  Piperidin  entsteht  (s.  Iste 
Aufl.  Bd.  VI,  S.  530). 

Benzopropylenyl   s.   benzoeaaures  AUyloxyd 

Bd.  I,  S.  567. 

Benzoresinsäure  s.  Benzoeresinsäure  S.  827. 

Benzosalicin  nennt  Piria  das  Populin,  weil  es  sich  als  eine 
Verbindung  von  Benzoesäure  mit  Salicin  betrachten  und  auch  in  diese 
beiden  Prodncte  zerlegen  lässt  (s.  Populin  IsteAnfl.  Bd.  VI,  8.624). 

Benzostilbin,  von  Bochleder  entdeckt,  entsteht  beim 
Schmelzen  von  Hydrobenzamid  mit  Kalihjdrat  (s.  Benzojlwasser- 
stoff,  Verwandlungen). 

Benzosuccinin  nennt  van  BemmelenO  ein  Gljcend,  wel- 
ches durch  Erhitzen  von  Gljcerin  mit  Bemsteinsäure  und  BenzoSsänre 
bei  200«  C.  erhalten  wird. 

Es  hat  die  Zusammensetzung  CfeHi4  0i9  =  C^fi^Os  -f-Ci4B508 
-f  CsfiiOe,  oder  CepIft.CCiiHfcOO'CCgHiOiyTO«;  es  ist  eme  sähe, 
schvrarzbraune  Masse,  welche  durch  längeres  Kochen  mit  Wasser  oder 
mit  Alkohol  zersetzt  wird,  leichter  bei  Anwendung  von  Alkalien,  un* 
ter  Bildung  von  Bemsteinsäure  und  BenzoSsäure.  Fe. 

^     Benzoweinsäure.  Formel:  CmHioOu  =  2HO.CsaHsOis 

z=z  Ci4Hft03.B  >0g.     Entdeckt  von  Dessaignes^.     Sie  bildet  sich 

beim  Erhitzen  eines  Gemenges  von  Benzoesäure  und  Weinsäure  auf 
150^  C.  Die  Mischung  beider  Säuren  zu  gleichen  Atomen  schmilzt 
beim  Erwärmen  anfangs  ohne  sich  zu  vermischen ;  zuletzt  bilden  sie 
eine  homogene,  braun  gefärbte  Flüssigkeit.  Löst  man  in  kochei^^om 
WaBser  auf,  so  krystaUisirt  beim  Erkalten  ein  Theil  unverbundener 
Benzoesäure  aus;  die  Mutterlauge  wird  partiell  mit  kohlensaurem  Na- 
tron gesättigt,  filtcirt,  mit  Thierkohle  eptfarbt  und  mit  Salzsäure  schwach 
übersättigt.  I^ach  einiger  Zeit  bilden  sich  warzenförmige  Massen,  aus 
mikroskopischen  Krystallen  zusammengesetzt,  die  sich  beim  Umkrjstal* 

*)  Joarn.  f.  pimkt.  Chem.  Bd.  LXIX,  S.  84}  Chem.  CentralbL  1866,  S.  946. 
^  Joarn.  de  Pharm.  [8.]    T.  XXXII,   p.  47.    Jahresber.  f.  Kopp  o.  Will  f. 
1867,  S.  807. 

^       /  67* 


900  Benzoycin. 

lisiren  nicht  yer&ndem.  Diese  Säure  zeigt  die  mittleren  Eigenacbafta 
der  beiden  sie  zusammensetzenden  Säuren.  Sie  ist  leichter  in  kaltem 
Wasser  löslich  als  Benzogsäure,  aber  weniger  löslich  in  Alkohol  Die 
Lösung  ist  geruchlos.  Beim  Erhitzen  auf  den  Schmelzpunkt  der  Ben- 
zoesäure verändert  sie  sich  nicht  und  es  sublimirt  Nichts;  in  Btärkerer 
Hitze  schmilzt  sie  und  entwickelt  Benzo&säure,  während  der  braune 
Bückstand  nach  Überhitzter  Weinsäure  riecht  Eine  kalt  gesättigte 
Lösung  fallt  Eisenchlorid  nicht ;  ebensowenig  Kalkwasser  oder  salpeter- 
•aures  Silberozjd;  die  concentrirte  Lösung  yon  Bleizucker  wird  schwach 
gefallt  Die  mit  Ammoniak  neutralisirte  Lösung  der  Säure  fallt  nicbt 
Chlorcalcium ,  giebt  atber  mit  Eisenchlorid  einen  blassgelben  Nieder- 
schlag. 

Sättigt  man  den  vierten  Theil  der  Lösung  der  Säure  mit  Ammo- 
niak, so  erhält  man  mit  salpetersaurem  Silberozyd  einen  anfangs  wie- 
der verschwindenden  Niederschlag,  dessen  Silbergehalt  (46.35  Froc) 
der  Formel  2  Ag  O .  C23  Hg  O13  entspricht  Die  Säure  ist  daher  da 
Benzoglycolsäure  und  Benzomilchsäure  analog  und  ihre  Bildung  e^ 
klärt  sich  durch  die  Gleichung: 

^ H<^  q»  +  ^SitSt^  =  Cm^jo_Qi4^  4-  2  ho. 

Weinsäure  Benzoesäure        Benzoweinsäure  iL  S. 

Benzoycin^  die  Glyceride  der  Benzoesäure, (1854) tob 
Berthelot  ^)  dargestellt  und  untersucht  Es  sind  bb  jetzt  zwei  dieser 
Verbindungen  bekannt,  das  Mono-  und  das  Tribenzojcin ;  sie  bild« 
sich  beim  Erhitzen  von  Gljcerin  mit  Benzoesäure,  leichter  bei  gleidh 
zeitiger' Einwirkung  von  Chlorwasserstoffgas;  die  auf  letztere  Weise 
erhaltenen  Producte  enthalten  dann  aber  auch  Chlorhydrin  oder  Doppel- 
Verbindungen  (s.  Benzochlorhydrin  S.  824). 

Monobenzoycin. 

Formel:  C,o»i20g  =  C«H70ft.CuH508  oderCe[B7.(Ci4H5O,)]0r 
Es  wird  erhalten  durch  Einwirkung  von  Glycerin  auf  Benzoesäure  ifi 
der  Hitze  unter  Abscheidung  von  Wasser: 

^HgOe    +   Ci45^4    =    CioH^Og    +2HO. 

Glycerin         Benzoesäure        Benzoycin 

Lässt  man  beide  Körper  bei  gewöhnlicher  Temperatur  zusammeB 
stehen,  so  bilden  sich  im  Laufe  von  3  Monaten  nur  Spuren  der  VerbiD' 
düng;  wird  das  Gemenge  114  Stunden  lang  auf  100<>C.  erhitzt,  so  bil- 
den sich  nur  einige  Tropfen ;  reichlicher  bildet  es  sich,  wenn  uberschds- 
sige  Säure  mit  dem  Glycerin  während  44  Stunden  auf  120« bis  150«C 
oder  bei  Anwendung  von  überschussigem  Glycerin  15  bis  20  Stunden  »rf 
2000bi8  2750  C.  erhitzt  ward.  Beide  Körper  verbinden  sich  mit  einander. 
Durch  Behandeln  mit  Kalk  und  Aether  wird  das  Glycerid  von  den  übrigäi 
Bestandtheilen  getrennt  Das  Monobenzoycin  ist  eine  hellgelbe  neutrale» 
sehr  zähe,  ölige  Flüssigkeit  von  bitterlichem  aromatischen  Geschniack, 
erwärmt  zeigt  es  auch  einen  balsamischen  Geruch  ;J|k  hat  bei  16^Cl 
=  1,228  specif.  Gewicht,  bei  — 40^0.  bildet  es  eine  durfchschemende, 
fadenziehende,  fast  feste  Masse ;  es  löst  sjeh  nicht  in  Wasser,  ist  sber 

^^^^  ,  *r 

»)  Ännml  de  chim.  et  de  phy».  [8.]  T.  XLI,  p.  290;  Phaiai.  CentnlbL  IWJ, 
S.  788, 


BenzoyL  901 

sehr  leicht  in  Weingeist,  Aether  and  Beneol  löslich,  dagegen  unlöslich 
in  Schwefelkohlenstoff.  Auf  320<'C.  erhitzt,  fangt  es  an  zu  sieden,  zer- 
setzt, sich  aber  dabei,  indem  sich  Benzoesäure  und  Acrolein  bildet,  zu- 
gleich zeigt  sich  aber  auch  ein  angenehmer  Geruch. 

An  der  Luft  absorbirt  das  Benzojcin  in  mehr  als  3  Monaten 
Dicht  merkbar  Sauerstoff;  bei  langem  Stehen  wird  es  aber  sauer. 

Beim  Erhitzen  mit  Alkohol  auf  100^  C.  zersetzt  das  Monobenzoj- 
cin  sich  unter  Bildung  von  Benzoeäther;  bei  Anwendung  von  Salz- 
säure findet  diese  Zersetzung  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  statt. 
CTnngekehrt  wird  aber  auch  das  benzoSsaure  Aethylozyd  theilweise  zer- 
setzt unter  Bildung  von  Monobenzojcin ,  wenn  man  den  Aether  mit 
Grlycerin  und  Salzsäure  ai;f  lOO^C.  erhitzt. 

Mit  Ammoniak  behandelt,  zersetzt  das  Benzoycin  sich  unter  Bil- 
long  von  Benzamid;  durch  kaustisches  Kali  wird  es  leicht  zersetzt  in 
>enzoSsaures  Salz  und  Gljcerin, 

Tribenzoycin. 

Formel:  C4eH,oOi9=C6H50,.3 C14H5O8  od.  Ce[B5.(CuH50t)8]Ö«. 
lYird  durch  vierstündiges  Erhitzen  von  Monobenzoycin  mit  dem  10- 
^is  15fachen  Gewicht  Gljcerin  auf  250^0.  dargestellt.  Die  mit  Kalk 
behandelte  Masse,  mit  Aether  gelöst,  giebt  beim  Abdampfen  der  äthe- 
riachen  Lösung  unreines  Tribenzoycin  als  eine  harzartige  fast  feste 
Substanz;  wird  die  ätherische  Lösung  derselben  mit  Thierkohle  behah- 
lelt  nnd  dann  im  Vacuum  abgedampft,  so  krystaliisirt  das  reine  Tri- 
t>enzoycin  in  kleinen,  glänzenden,  fettig  anzufühlenden  Krystallen.  Bei 
lehr  langsamem  Verdunsten  der  Lösung  «von  reinem  Tribenzoycin  in 
Aether  an  der  Luft,  wird  es  in  grossen  weissen  Krystallnadeln  erhalten* 
Die  Verbindung  ist  neutral ;  beim  Behandeln  mit  Alkohol  und  Salz- 
MUire  giebt  sie  Glycerin  und  BenzoSäther.  Sie  entstand  aus  Glycerin 
and  Benzoesäure  unter  Abscheidung  von  Wasser : 

Glycerin  Benzoesäure      Tribenzoycin  Fe» 

BenzoyL  in  der  Benzoesäure  nnd  vielen  damit  in  naher  Be- 
Eiehnng  stehenden  Verbindungen  nahmen  Lieb  ig  und  Wohl  er  das 
EtadicalBenzoyl,  C14H5O9,  an;  die  Benzoesäure  betrachteten  sie 
Hb  das  Ozydhydrat  dieses  Badicals,  H  O .  (C14  H5  O3)  O ,  das  Bitterman- 
ielöl  als  die  Wasserstoffverbindung  desselben  Badicals,  H. 01411(099 
Bfid  das  Benzoylchloridals  die  Chlorverbindung,  C14  H5  O9  .  Gi  n.  s.w. 

Die  Nomenclatur  der  zahlreichen  von  Wohl  er  nnd  Lieb  ig  dar- 
g^eateUten  Verbindungen  hat  die  Annahme  dieses  Badicals  zur  Grund- 
Lage.  Berzelius  *)  nahm  später  in  Folge  einer  ihm  eigenthümlichen 
Betrachtung  an,  dass  Saner^toff  kein  Bestandtheil  eines  Badicals  sein 
könne,  und  er  betrachtete  daher  C14H5  als  Badical  der  Benzoyl Verbin- 
dungen; es  sei  jedoch  darin  ein  anderes  Radical  mit  einem  Paarling 
verbanden  enthalten.  Die  Benzoesäure  war  nach  dieser  Theorie  als 
eine  Verbindung  d^s  Badicals  Ci4Hft  mit  3  Aeq.  Sauerstoff  und  1  Aeq« 

Wasser  zu  betrachten,  dasBenzoylchlorid  als  ein  Oxychlorid,  ^^*    *  €1 1  * 

oder  vielleicht  als' eine  Verbindung  von  2(Ci4H5)Os -f- (Ci4H5)6la, 

^)  Lvhrbacb,  5.  AiiA  Bd.  IV|  S.  842. 


902  Benzoylamid.  —  BenzoylanOid. 

enthielte  also  42  Aeq.  statt  14  Aeq.  Kohlenstoff.  Aehnlicli  Terhält  « 
sich  mit  den  als  Brom-,  Jod-,  Cyan-,  Schwefel -Benzoyl  bezeichnetes 
Verbindungen.  I^achdem  man  jetzt  in  dem  Atomvolumen  nnd  den  Be- 
ziehungen zwischen  der  chemischen  Formel  nnd  anderen  physikaüsdiei 
Eigenschaften,  wie  dem  Siedepunkte,  bestimmtere  Anhalt^unkte  nr 
Feststellung  des  Atoms  der  Verbindungen  kennen  gelernt  hat,  wird 
man  der  von  Berzelius  angenommenen  theoretischen  Constitotka 
dieser  Verbindungen  nur  noch  historisches  Interesse  zuschreiben  konnesi 
und  es  ist  selbst  unthnnlich  sie  auf  die  zusammengesetzten  «Anode, 
welche  Gerhardt  und  Chiozza  dargestellt  haben,  anzuwenden. 

Wenn  man  als  organisches  Kadical  den  einer  Reihe  von  Ver- 
bindungen gemeinsamen  Bestandtheil  betrachtet,  welcher  sich  aas  einer 
in  die  andere  Verbindung  Überführen  lässt,  so  mnss  man  in  der  Benzol- 
s&ure,  dem  Anhydrid  und  den  Salzen  derselben,  den  gemischten  Anhy- 
driden, dem  Benzoylchlorid ,  -Bromid,  -Jodid,  -Cyanid,  -SalM 
dem  Benzamid  und  den  zusammengesetzten  Amiden,  dem  Bittermain 
del51,  Benzon,  Benzophenid  und  vielen  anderen  Verbindungen  das  Ba- 
dical  CiiflffO)  annehmen.  Jede  dieser  Verbindungen  l&sst  sieh  ii 
Benzoesäure  verwandeln« 

Nimmt  man  als  Badieal  (Benzoyl)  014^503  an,  so  kann  man  b 
dieeer  Atomgmppe,  unbeschadet  ihres  Charakters  als  Badieal,  wieds 
nfthere  Besfandtiieile  unterscheiden  und  wie  Kolbe  znent  gezeigt  fart, 
wird  man  darin  eine  G-rappe  mit  12  Aeq.  Kohlenstoff,  von  einer  ani^ 
ren  mit  2  Aeq.  Kohlenstoff  trennen  müssen.  Dem  Verhalten  der  B<r 
soSsäure  entspricht  es  am  meisten ,  wenn  man  das  Badieal  Benzoyl  tm 
€1985  (Phenyl)  nnd  CjO«  (Carbonyl)  zusammengesetzt  betmehtet,  in- 
dem die  Benzoylverbindungen  sich  besonders  leieht  in  PhenyiTerlir 
dnngen  (Benzol,  Benzon,  Benzophenid,  Anilin,  Phenylozydhydni  n.  a) 
m>erf Uhren  lassen.  Schreibt  man  daher  die  Formel  des  Bensojfi 
[(CjOs)  (C12H5)],  so  drückt  man  hierdurch  noch  weitere  Ben^ongti 
zwischen  den  Benzoylverbindungen  und  den  Vwbindungen  des  Phenjii 
sowie  der  anderen  Saureradicale  aus.  Diese  Formel,  verglichen  oft 
der  des  Badicals  der  Essigsäure  [(C3O2)  (CgHs)],  drückt  übersichtlid 
aus,  dass  bmde  dnander  entsprechen,  insofern  das  eine  das  Radiea! 
Phenyl  in  derselben  Weise  enthält,  wie  das  andere  Methyl. 

In  dem  Badieal  Benzoyl  kann  Substitution  des  Wasserstollb  dnr^ 
andere  einfache  oder  zusammengesetzte  Badicale  erfolgen,  und  die  Vfl^ 
bindungen  dieser  substituirten  Badicale  zeigen  im  Wesentlichen  seki 
Übereinstimmende  Eigenschaften  mit  denen  des  ursprünglichen  Bento^ 
Werden  1,  2  oder  3  Atome  Wasserstoff  dnreh  je  1,  2  oder  8  Atoo» 
einatomiger  Badicale  (z.  B,  €l,Br,N04)  vertreten,  so  bleibt  das  neue 
Badieal  einatomig,  wie  das  Benzoyl;  wird  dagegen  1  Atom  Waswr 
Stoff  durch  ein  zweiatomiges  Badieal  (z.  B.  S2  O4)  vertreten,  so  wird 
das  neue  Badieal  selbst  zweiatomig  (zweibasiseh). 

Die  Darstellung  des  Badicals  Benzoyl  ist  noch  nicht  versucht  wer- 
den; das  Benzil,  welches  dieselbe  Zusammensetzung,  hat  wie  das  Ben- 
zoyl, und  auch  von  Laurent  früher  daftir  angen#lmen  wurde,  hst 
nicht  die  Eigenschaften  eines  Badicals,  wie  wir  sie  an  anderen  Badics- 
len  (Cyan,  Kakodyl,  Aethyl  u.  s.  w.)  kennen.  A.  S, 

Benzoylamid  s.  Benzamid. 

Benzoylanilidy   Benzoylanilin,  Stilbylanüin.    Prodnct 


Benzoylazotid.  —  Benzoylchlorid.  903 

der  Cinwirkung  von  Anilin  auf  Benzoylwasserstoff,  b.  Stilbjlanilin 
Bd.  1,  S.  1076. 

Benzoylazotid.  Ein  Zereetznngsproduct  von  rohem  Bitter- 
mandelöl bei  Einwirkung  von  Ammoniak  (s.  Bittermandelöl,  Ab- 
kömmlinge). 

Benzoyl-Benzoin  s.  unter  Benzöin  (S.  865). 
Benzoylbioxybromid,   -bioxychlorid,    -bioxy- 

jodid  rofissen  das  Bromid,  Chlorid  und  Jodid  von  Benzoyl  genannt 
i^erden,  wenn  man  den  Wasserstoff  C14K11,  und  nicht  den  Körper 
C14II15O)  als  das  Badical  der  Verbindungen  annimmt  (s.  unter  Ben- 
zoyl  S,  901). 

Benzoylbromid,  BenzoylbromUr,  Brombensoyl,  von 
Liiebig  und  Wöhler  i)  entdeckt.     Formel  =  CuHjOj.Br. 

Es  entsteht  unmittelbar  durch  Vermischen  des  BenzoylwasserstoAi 
oder  Bittermandelöls  mit  Brom.  Das  Gemisch  erw&rmt  sich  von  selbst 
luid  stösst  dicke  Dämpfe  von  Bromwasserstoffsäure  ans.  Durch  ferneres 
Crhitzen  treibt  man  diese,  sowie  das  überschussige  Brom,  gänzlich  avm» 

Das  Benzoylbromid  ist  eine  weiche,  bei  gewöhnlicher  Teoiparator 
fast  halbflüssige,  grossblätterig  krystallinische  Masse  von  bräiuUiober 
Farbe,  schmilzt  schon  bei  sehr  gelinder  Wärme  zu  einem  braungelben 
Liquidum,  hat  einen  dem  Benzoylchlorid  ähnlichen,  jedoch  viel  schwä- 
cheren, dabei  etwas  aromatischen  Geruch,  raucht  schwach  an  der  Luft, 
ist  brennbar  und  verbrennt  mit  leuchtender  rnssender  Flamme.  —  Mit 
Wasser  zersetzt  es  sich  nur  sehr  langsam;  unt^r  Wasser  erwärmt,  bil- 
det es  darin  ein  bräunliches  Oel,  das  sich  erst  nach  langem  Kochen 
in  Bromwasserstoffsäure  und  Benzoesäure  zersetzt  In  Alkohol  (?)  und 
Aether  ist  es  leicht  löslich,  ohne  sich  damit  zu  zersetzen.      (TPr.)  Fs. 

Benzoylchlorid,  Benzoylchlorür,  Chlorbenzoyl.  Das 
Chlorid  desBenzoy^CiiHftOa -€1,  ist  (1832)  von  Liebig  und  Wöh- 
ler^ als  ein  Zersetzungsprodnct  des  Bittermandelöls  durch  Chlor  ent- 
deckt. Es  bildet  sich  auch  bei  der  Behandlung  von  BenzoSsäore  mit 
Phosphorsuperchlorid  (Cahours)')  oder  beim  Erwärmen  von  BenzoS- 
säare  oder  .deren  Anhydrid  mit  Phosphorchlorid  (Bechamp^),  oder 
bei  Einwirkung  von  Phosphoroxychlorid  auf  benzoesaure  Salze  (Ger- 
hardt) ^);  es  scheint  auch  sich  etwas  dieses  Chlorids  bei  der  Einwir- 
kung von  Chlor  auf  Mandelsäure,  auf  benzoSsaures  Methyl-  oder 
Aethylozyd  (Malaguti)  und  auf  CinnamSin  (Fremy)  zu  bilden. 

Zur  Darstellung  von  Benzoylchlorid  wird  trockenes  Chlorgas  in 
getrockneten  reinen  Benzoylwasserstoff  geleitet,  wobei  die  Flüssigkeit 
sich  zuerst  erwärmt,  später  erhitzt  man  unter  fortgesetztem  Einleiten 
TOD  Chlorgas  die  Flüssigkeit  nach  und  nach  zum  Sieden,  so  lange  noch 
SalzBäuregas  entweicht.     Die  Reaction  hier  ist  folgende: 

C14B5O,.»  -I-  2€l  =  CugsOjGl  +  H€L 
Benzoylwasserstoff  Benzoylchlorid 

»)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm»  Bd.  IH,  S.  266 *)  Annal.  Jj.  Ghem.  u.  Pharm. 

Bd.  m,  8.  262.  —  »)  "Annal.  de  chim.  et  de  phy«.  [8.]  T.  XXIH,  p.  «84;  Annal. 
d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LX,  8.  251.  —  *)  CSoApt.  rend,  de  l^acftd.  T.  XLVII,  p.  2«4; 
Jonm.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXyill,  p.  489.  —  ^)  Annal.  de  ohim.  et  de  phya.  [8.] 
T.  ZXVn,  p.  291;   Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXXXVII,  S.  68. 


904  Benzoylchlorid. 

^  '  Es  ist  wesentlich,  dass  das  Chlorgas  ganz  trocken  sei,  weil  sos^ 
sich  auch  benwoeaanrer  Benzoylwasserstoff  bildet,  wodurch  das  Benzoyl- 
chlorid beim  Erkalten  fest  wird. 

Leichter  und  in  reichlicherer  Menge  erhält  man  das  Chlorid  am 
Benzoesäure,  indem  man  }22  Thle.  derselben  mit  209  Thln.  reinen 
Phosphorsuperchlorid  in  einer  tubulirten,  mit  Vorlage  versehenen  Retorte 
gelinde  erwärmt;  es  tritt  bald  eine  heftige  Beaction  ein,  es  entwickeln 
sich  reichlich  Dämpfe  von  Chlorwasserstoff,  wobei  ein  Gemenge  von 
Phosphoroxychlorid  mit  Benzoylchlorid  übergeht;  durch  w^eiteres  E^ 
hitzen  wird  die  Salzsäure  ausgetrieben,  und  man  erhält  als  Destillat  die 
übrigen  flüchtigen  Producte  Phosphoroxychlorid  und  Benzoylchlorid. 
Um  das  Oxychlorid  von  dem  Benzoylchlorid  zu  trennen,  wird  da«  Ge- 
menge einer  fractionirten  Destillation  unterworfen;  bei  llO^C.  geht 
Phosphoroxychlorid  über,  was  für  sich  aufgefangen  wird;  bei  höherer 
Temperatur,  aber  unter  196®  C,  geht  ein  Gemenge  beider  Körper  über, 
zwischen  196®  und  200 '^  C.  geht  reines  Benzoylchlorid  über,  hochsteoi 
nur  noch  durch  eine  Spur  Phosphoroxychlorid  verunreinigt;  durch  Schot" 
teln  mit  wenig  Wasser,  welches  dann  durch  eine  Pipette  abgenomm« 
wird,  wird  das  Phosphoroxychlorid  rasch  zersetzt,  während  das  Ben- 
zoylchlorid nur  eine  geringe  Veränderung  erleidet ;  es  wird  zuletzt  über 
Chlorcalcium  getrocknet.  Die  Bildungsweise  wird  durch  nachstehende 
Gleichung  veranschaulicht : 

CiJl604  +  P€l5===Cuflf50^^  -f-HQ. 

Benzoesäure  Benzoylchlorid 

Das  Benzoylchlorid  lässt  sich  auch  leicht  aus  S  Thln.  trockena 
benzoesaurem  Natron  durch  Erhitzen  mit  1  Thl.  Phosphoroxychlorid 
darstellen  nitch  ähnlichen  Verfahren  wie  das  eben  beschriebene.  M<i 
kann  hierbei  das  Gemenge  von  Phosphoroxychlorid  mit  Benzoylchlorid 
verwenden,  welches  bei  der  eben  beschriebenen  Darstellungsmethode 
erhalten  wird,  und  dabei  unter  196^  C.  überdestillirt.  Man  nimmt  Phos- 
phoroxychlorid im  kleinen  Ueberschuss,  damit  sich  nicht  Benzoesäar^ 
anhydrid  beimengt.     Die  Zersetzung  ist  hie/ folgende : 

a^^Naa^Ci4^^  4-  SNaO.PQ,. 

Benzoesaures  Natron  Benzoylchlorid 

Das  Benzoylchlorid  ist  eine  farblose  klare  Flüssigkeit;  es  hat  eiooo 
eigenthümlichen,  scharfen,  an  Meerrettig  erinnernden  Geruch,  der  auch 
die  Augen  stark  zum  Thränen  reizt.  Sein  specif.  Gewicht  ist  1,196 
(Liebig  und  Wöhler)  oder  1,25  bei  15 o  C.  (Cahours).  Es  siedet 
bei  196  OC.  Die  Dampfdichte  ist  zu  4,987  gefunden  (4,901  berechDetX 
was  4  Vol.  Dampf  entspricht.  Es  lässt  sich  entzünden  und  brennt  mit 
grün  gesäumter  russender  Flamme.  In  Wasser  fällt  es' zu  Boden  ohn« 
sich  darin  zu  lösen;  erst  bei  längerer  Einwirkung  wird  es  durch  kaltes, 
sogleich  aber  durch  siedendes  Wasser  zersetzt,  indem  sich  Benzoesäure» 
hydrat  und  Salzsäure  bilden.  Die  gleiche  Zersetzung  erleidet  es  lang- 
sam an  der  feuchten  Luft.  Mit  Alkohol  erhitzt  es  sich  sogleich  unter 
Bildung  von  Benzoeäther  und  Salzsäure.  Auf  alkoholfreien  Aether 
wirkt  es  nicht  ein.  Es  lässt  sich  mit  Kohlenstoffsullid  in  allen  Ye^ 
hältnissen  mischen,  ohne  dass  hier  eine  Einwirkung  bemerkbar  wird. 
Phosphor  und  Schwefel  lösen  sich  in  der  Wärme  in  Benzoylchlorid^ 
und  krystallisiren  beim  Erkalten. 


Benzoylchlorid.  905 

Nach  Gerhardt  80II  es  beim  Erwärmen  auch  das  Phosphor  per- 
;  h  1  o  r  i  d  lösen,  dieses  sich  aber  beim  Erkalten  unverändert  abscheiden, 
^ach  anderen  Angaben  wird  es  aber  dadurch  zersetzt,  es  soll  sich  ne- 
>eii  Phosphorchlorür  ein  stark  riechender  ölartiger  Körper  abscheiden. 
^ach  neueren  Untersuchungen  findet  beim  stärkeren  Erhitzen  von 
benzoylchlorid  mit  Phosphorperchlorid  gegenseitige  Zersetzung  statt, 
IS  bildet  sich  neben  Phosphoroxjchlorid  ein  Benzoylperchlorid 
;Ci4H5-€l8)  oder  vielleicht  Bichlorbenzoylchlorid  (C14H56I3 . €l) 
>der  BenzoSsänre-Chloroform  Ci4H5Gl8- 

CuHsOj^l  +  P€l5  =  Ci4Jj5€l8  +  PO^eig. 

Benzoylchlorid.  Benzoylperchlorid 

Zur  Darstellung  dieser  dem  Chloroform  entsprechenden  Yerbin- 
inng  wird  ein  Gemenge  von  gleichen  Aequivalenten  Benzoylchlorid 
und  Phosphorperchlorid  in  zugeschmolzenen  Glasröhren  einige  Tage 
3der  so  lange  auf  200^0.  erhitzt,  bis  sich  beim  Erkalten  kein  festes 
Phosphorchlorid  mehr  abscheidet.  Man  öffnet  dann  die  Röhre  und 
iestillirt  die  Flüssigkeit  in  einer  Betorte,  bis  die  Temperatur  etwas 
aber  llO^C.  gestiegen  ist.  Der  Rückstand  wird  wiederholt  mit  sehr 
concentrirter  Kalilange  geschüttelt,  um  den  Ueberschuss  von  Chlor- 
ben zoyl  oder  Phosphorchlorid  zu  entfernen;  das  Product  wird  mit  Was- 
ser abgewaschen,  zuletzt  in  Alkohol  gelöst  und  durch  Wasser  daraus 
gefällt. 

Das  so  dargestellte  Chlorbenzoylchlorid  ist  eine  schwach  gelbliche 
neutrale  Flüssigkeit,  von  schwachem  angenehmen  Geruch,  schwerer  als 
Wasser,  löslich  in  Alkohol  und  Aether,  wird  durch  Wasser  aus  der  al- 
koholischen Lösung  gefällt.  Die  Flüssigkeit  schwärzt  sich  bei  130^ 
bis  140<)C.,  und  lässt  sich  nicht  ohne  Zersetzung  destilliren;  sie  wird  in 
Berührung  mit  Wasser  oder  Kalilauge,  und  selbst  von  festem  Kalihydrat 
nicht  zersetzt ;  mit  Wasser  in  zugeschmolzenen  Glasröhren  erhitzt,  wird 
sie  vollständig  zerlegt,  und  beim  Erkalten  krystallisirt  dann  eine  Masse 
vom  Ansehen  der  Benzoesäure.  Essigsaures  Silber  zersetzt  die  Flüs- 
sigkeit schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  unter  Bildung  von  Chlor- 
silber; rauchende  »Salpetersäure  zersetzt  sie  unter  Entwickelung  von 
salpetrigen  Dämpfen  (Schischkoff  und  Rosing^). 

Das  Benzoylchlorid  wird  durch  wässerige  Alkalien  leicht 
zersetzt  unter  Bildung  von  benzoesaurem  Salz  und  Chlormetall.  Ueber 
wasserfreien , Baryt  oder  Kalk  kann  es,  ohne  eine  Veränderung  zu  er- 
leiden, destillirt  werden.  Kalium  wirkt  nicht  darauf  ein.  Mit  den 
Bromiden,  den  Jodiden,  Sulfiden  und  Cyaniden  der  Alkalimetalle  zer- 
legt es  sich  in  der  Weise,  dass  ein  gegenseitiger  Austausch  des  Chlors 
gegen  Brom,  Jod  u.  s.  w.  stattfindet ;  so  entsteht  aus  Cyanquecksilber 
und  Benzoylchlorid  Quecksilberchlorid  und  Benzoylcyanid  u.  s.  w.  Mit 
Rhodankalium  erwärmt  das  Chlorid  sich  stark,  es  bildet  sich  hier  Koh- 
lensäure, Kohlenstoffsulfid  und  Benzonitril,  vielleicht  in  Folge  von  se- 
candärer  Zersetzung  dbs  anfangs  entstajidenen  Schwefelcyanbenzoyls 
(Schiff  und  Limpricht): 

SCCuHjO^.GySO  =  23480^  +  C,04  +  0,84. 

Rhodanbenzoyl  Benzonitril 

')  Compt.  read,  de  lacad.  T.  XLVI,  S.  867;  Journ.  f.  prakt.  Cbem.  Bd.  LZXIV, 
8.  81. 


906  Benzoylchlorid. 

Benzoyldllorid  giebt,  roit  Wasserstoffkupfer  erhitst,  EnphreUo- 
rfir  und  Benzojlwasserstoff  (s.  d.  A.).  Beim  Erhitzen  mit  trodceoeffl 
benzoSsauren  Natron  giebt  ea,  nach  der  wichtigen  Entdeckong  tob 
Gerhard,  Chlornatriom  und  Benzoesäureanhydrid : 

NaO^CuH60,  -f  C14H5O, .€1  =  Na€l  +  CS,eRioO« 
Benzol.  Natron      Benzoylchlorid  Wasserfr.  BenzoSriarOi 

Mit  den  Natronsalzen  anderer  organischer  Säuren  erhitzt,  bildeo 
sich  nach  analoger  Zersetzung  oft  Anhydride  von  Doppelsauren,  Pel»- 
gon-,  BenzoSsäure  u.  a.  (s.  unter  BenzoSs&ure-Anhydrid  S.  844). 
Mit  ameisenaaurem  Natron  erhitzt,  findet  Bildung  von  BenzoSsior»- 
hydrat  und  Kohlenoxyd  statt: 

NaO^^HOa^ +^uj^O^^       Na€l  -f  CJ451O4  -f  0,0,. 

Ameisens.  Natron     Benzoylchlorid  BenzoSsaurehydrat 

Vielleicht  haben  sich  hier  zuerst  die  Anhydride  von  Ameisensiiin 

und  Benzoesäure  gebildet,  oder  eine  Verbindung  beider  ^^n^o'i^' 

durch  secundäre  Zersetzung  des  Ameisensäureanhydrids  ist  dann  Wi»* 
ser  und  Kohlenozyd  entstanden. 

Mit  einigen  schwachen  Sauren,  wie  salicylige  Säure,  Nelkentaaitf 

der  mit  einigen  indifferenten  Körpern,  wie  Benzoin,  Gaoltheriasion, 

zci!)Ctzt  sich  das  Benzoylchlorid  in  freie  Salzsäure  und  eine  nentisk 

Doppelverbindung  z.  B.  Benzoyl- Benzoin  (S.  865),  Benzoyl-Salicyi 

welche  durch  Kalilauge  nicht  zersetzt  werden. 

Ammoniakgas  zersetzt  das  Benzoylchlorid  schnell  unter  BO* 
düng  von  Benzamid  und  Ammoniumchlorid: 

ChHjOj^I  +  2NH3  =  Cu^Oj^N^  +  NH4€L 
Benzoylchlorid  Benzamid 

Wird  Aldehyd-Ammoniak  vorsichtig  in  Benzoylchlorid  eingeli*- 
gen,  unter  Vermeidung  von  Erwärmung,  so  bildet  sich  Benzolsioi« 
und  Chlorammonium  und  ein  aus  heissem  Weingeist  in  Nadeln  krj- 
stallisirender  Körper,  CssHieN,  O4 ;  er  hat  die  gleiche  ZusaDunensetzong 
wie  das  Hipparaffin  und  ist  vielleicht  damit  identisch;  er  enthalt  die 
Elemente  von  Benzamid  C14II7O2N  -|-  Cinnamid  CisHeOsN;  et  v^ 
unlöslich  in  Wasser,  in  Weingeist  oder  Aether  in  der  Kälte  schwer,  ib 
der  Wärme  leicht  löslich;  er  ist  schmelzbar,  und  sublimirt  theilweiM 
unzersetzt;  durch  längeres  Kochen  mit  Kalilauge  wird  er  in  Benzol 
säure  und  einen  braunen  harzartigen  Körper  zersetzt ;  mit  Wasser  and 
Bleihyperoxyd  gekocht,  wird  er  erst  auf  Zusatz  von  Schwefelsäure  rer 
"  setzt  unter  Entwickelung  von  Aldehyd  und  Bildung  von  Benzamid. 
Salpetrige  Säure  zerlegt  die  Verbindung  und  bildet  Aldehyd  und  Ben- 
zamid; Schwefelsäure  bildet  ein  braunes  Harz  und  Benzo^ure  (Lim- 
pricht)»).  ^  , 

Anilin  und  andere  organische  Basen  vnrken  hier  ähnlich  ein,  ^ 
dem  sich  Benzanilid  (s.  d.  Bd.  I,  S.  1065)  oder  analoge  Körper  seeos- 
däre  oder  tertiäre  Amide  bilden. 

Oxamid  zersetzt  das  Chlorid  beim  stärkeren  Erhitsen,  wobei  uä 
neben  anderen  Producten  auch  Benzonitril  bildet  (s.  d.  S.  892).   l^ 


^)  Annal.  d.  Chem.  u.  Phurm.  Bd.  XCIX,  S.  119. 


Benzoylchlorid.  907 

Benzoylchlorid  wirkt  auf  die  meisten  Amide  80  ein,  dasB  sich  secun- 
d&re  oder  tertiäre  Benzoyl  haltende  Amide  bilden.  Wirkt  es  auf 
Amide  von  einbasischen  Säuren,  so  bilden  sich  Amide,  welche  1  Aeq. 
Benzoyl  statt  1  Aeq.  Wasserstoff  enthalten : 

2(^«^^Jn)  +  Ci4H5  0,.€1  =  CeHi9N.H€l  +  Ci^HsV,')  N 

Caprylamin     Benzoylohlorid      Chlorwasserst.        Caprylbenzaitoid. 

Caprylamin 

Bei  der  Einwirkung  von  Benzoylchlorid  auf  die  Diamide  zweibasi- 
scber  Säuren  treten  2  Aeq.  Benzoyl  in  die  Verbindung  an  die  Stelle 
Ton  2  Aeq.  Wasserstoff« 

Auf  Phenyloxyhydrat  wirkt  es  ähnlich  wie  auf  Alkohol  ein,  indem 
sich  benzoSsaures  Phenyloxyd  bildet  (s.  d.  S.  895). 

Das  Benzoylchlorid  verbindet  sich  mit  Aluminiumchlorid  zu 
einer  krystallinischen  Verbindung;  mit  Kupfer-,  Magnesium-  und 
Zinkehlorid  konnte  keine  Verbindung  dargestellt  werden;  mit  Zinn- 
ehlorid  scheint  es  sich  zu  zersetzen.  Mit  Benzoylwasserstoff  bildet  es 
eine  krystallinische  Verbindung,  welche  bei  Einwirkung  von  Chlorgas 
auf  Benzoylwasserstoff  (s.  d.  Art.  Verwandlungen)  entsteht 

Bei  der  Einwirkung  von  Chlor  auf  benzoSsaures  Aethylozyd  (s. 
d.  S.  848)  entsteht,  nach  Malaguti,  eine  bei  1900C.  überdestiilirende 
farblose  Flfissigkeit  CigHg^iaOsi  welche  sich  als  eine  Verbindung  von 
Benzoylchlorid  mit  Aoetyloxybichlorid  betrachten  lässt  =  C14H5O3 .  Gl 
=  C4«tO€!,. 

Ein  Theil  des  Wasserstoffs  im  Benzoylradical  kann  durch  Chlor 
n.  s.  w.  ersetzt  werden;  von  solchen  Substitutionsproducten  des  Ben- 
zoylchlorids  sind  bis  jetzt  nur  die  nachstehenden  bekannt. 

Chlorbenzoylchlorid  Ci4H4  0,€la  =  Ci4(B4€l)Oa.€l  wird 
durch  Destillation  von  Sulfobenzoylchlorid  erhalten,  wobei  dieses  in  das 
genannte  Chlorid  und  schweflige  Säure  zerfällt: 

Ci4B4€laS,0<      =    Ci4H4%02    +S8O4. 

Sulfobenzoylchlorid     Chlorbenzoylchlorid 

Beiner  als  so  wird  es  durch  Einwirkung  von  Phosphorchlorid  auf 
ChlorbensoSsäure  erhalten,  in  ähnlicher  Weise  wie  das  Benzoylchlo- 
rid ans  BenzoSsäore.  Vortheilhafter,  wie  wohl  nicht  ganz  rein,  stellt 
man  das  Chlorbenzoylchlorid  durch  Erhitzen  von  1  Aeq.  SulfobenzoS- 
siinre  mit  2  Aeq.  Phosphorperchlorid  dar,  bis  sich  keine  flüssigen  Pro- 
dacte  mehr  bilden;  das  Destillat  wird  wiederholt  rectificirt,  und  das 
bei  285<>C.  Uebergehende  für  sich  aufgefangen. 

Das  gechlorte  Chlorid  ist  eine  wasserhelle  das  Licht  stark  bre- 
chende Flüssigkeit,  es  siedet  bei  etwa  2250C.,  wird  von  kochendem 
WaMer  langsam  in  ChlorbenzoSsäure  und  Salzsäure  zersetzt  Es  löst 
sich  in  conoentrirtem  wässerigen  Ammoniak,  aus  welcher  Ldsung  sich 
gelbe  glänzende  Krystalle  von  Chlorbenzamid  (Ci4H4€lOfH9N)  ab- 
scheiden (Limpricht  und  Uslar  ^). 

Ein  anderes  Chlorbenzoylchlorid  oder  Parachlorbenzoyl- 
chlorid,  welches  wahrscheinlich  auch  Ci4H4  0|€lf,  daher  mit  dem 


')  Annal.  d.  Cliem.  u.  Phttm.  Bd.  CII,  8.  S63. 


908  Benzoylcyanid. 

vorstehenden  isomer  ist,  wird  durch  Destillation  von  Salicyl^nre  mil 
Phosphorperchlorid  erhalten,  wobei  die  Zersetzung  wahrscheinlich  fol- 
gende ist: 

Salicylsäure  Chlorbenzoylchlorid 

Das  Chlorid  ist  in  dieser  Weise  noch  nicht  rein  dargestellt;  das 
Destillat  ist  eine  schwere,  das  Licht  stark  brechende  Flüssigkeit  yoD 
angreifendem  Geruch,  es  wird  von  kaltem  Wasser  langsam,  von  ko- 
chendem Wasser  sogleich  zersetzt  in  Salzsäure  und  ChlorbenzoSssore 
(ParachlorbenzoSsäure).  Mit  salicyliger  Säure  soll  es  beim  Erwärmeo 
neben  Chlorwasserstoff  Benzoyl-Salicyl  geben,  eine  noch  nicht  erkürte 
Umwandlung  (Chiozza). 

Nitrobenzoylchlorid.  Das  Nitrür  des  BenzoylchloTida 
Cu  (H4 .  N O4)  Oa  .  €1.  Es  ist  von  Cahoursi)  (1848)  entdeckt  und  durck 
Zersetzung  der  KitrobenzoSsäure  mittelst  Phosphorperchlorids  darge- 
stellt. Bertagnini^)  erhielt  es  durch  Einwirkung  von  Chlorgas  auf 
Nitrobenzoyl Wasserstoff.  Bei  dem  Erhitzen  von  Phosphorperchlorid  nä 
Nitrobenzoesäure  wird  ein  Gemenge  von  Phosphoroxycblorid  mit  dem 
Nitrochlorid  erhalten;  das  bei  der  Rectification  des  Gemenges  cnletit 
Uebergehende,  mit  Wasser  gereinigt,  giebt  reines  Nitrobenzoylchlorid, 
das  zuletzt  über  Chlorcalcium  getrocknet  wird. 

Kitrobenzoylwasserstoff  wird  erst  im  Sonnenlicht  durch  Chlorgai 
zersetzt,  aber  dann  vollständig  in  Chlorid  umgewandelt. 

Das  Nitrobenzoylchlorid  ist  eine  schwere  gelbe  Flüssigkeit,  sie 
riecht  ähnlich  wie  Benzoylchlorid,  siedet  bei  265^  bis  268 ^^  C,  sinkt 
in  Wasser  zu  Boden,  ohne  sich  darin  zu  lösen ;  sie  zersetzt  sich  langsam 
damit  und  ebenso  in  feuchter  Luft  unter  Bildung  von  NitrobenzoSsäore 
und  Salzsäure;  mit  Alkohol  oder  Holzgeist  zersetzt  sie  sich  sogleick 
unter  Bildung  von  nitrobenzoesaurem  Aethyl-  oder  Methyloxyd,  aaf 
reinen  Aether  wirkt  sie  nicht  ein;  wässerige  Kalilauge  zersetzt  sie  s<h 
gleich  in  nitrobenzoSsaures  Salz  und  Chlorkalium;  mit  Ammoniakgai 
bildet  sich  Nitrobenzamid ,  mit  Anilin  eine  krystallinische  Substaox, 
wahrscheinlich  Nitrobenzanilid ;  kurz  das  Nitrobenzoylchlorid  zeigt 
ganz,  die  ähnlichen  Zersetzungen  wie  das  Benzoylchlorid.  Fe. 

Benzoylcyanid.  Benzoylcyanür.  Cyanbenzoyl.  Fo^ 
mel:  CieH»  OjN  =  Ci4H5  03  .€y,  (1832)  von  Liebig  und  WöhlcH) 
entdeckt,  später  auch  von  H.  Strecker^)  untersucht  Es  bildet  sick 
nicht  bei  Einwirkung  von  Cyangas  auf  Benzoyl Wasserstoff,  entstebt 
aber  leicht  durch  doppelte  Zersetzung  beim  Destilliren  von  gleiche 
Aequivalenten  Quecksilbercyanid  und  Benzoylchlorid.  Es  destiUiii 
hier  als  goldgelbes  Oel  über,  welches  durch  Rectification  farblos  er- 
halten wird.  Nach  H.  Strecker  erstarrt  das  Oel  beim  Stehen  nach 
einiger  Zeit  krystallinisch,  und  beim  Auswaschen  mit  warmem  Wasser, 
so  lange  dieses  noch  Quecksilbersalz  enthält,  bleibt  dann  Cyanid  zorüii, 
welches  nach  dem  Erkalten  zwischen  Fliesspapier  gepresst  und  ober 
Schwefelsäure  getrocknet,  reines  Cyanbenzoyl  ist 


>)  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [8.]  T.  XXXm,  p.  889.  —   *}  AmuL  d.  Oben. 
n.  Pharm.  Bd.  LXXIX,  S.  268.  ^  ^  Annal.  der  Chem.  a.  Pliana.  Bd.  10»  S.  267. 
*)  AnnaL  der   Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XC,  S.  62. 


Benzoylhamstoff.  909 

Es  ist,  nach  Liebig  und  Wöhler,  ein  farbloses  Oel,  nach  H. 
^  Strecker  ein  farbloser  krystaUinischer  Korper  bei  31^0.  schmelzend 
and  beim  langsamen  £rkalten  in  oft  zollgrossen  tafelförmigen  Krystallen 
erstarrend;    es  hat  einen  stechenden,  stark  zu  Thränen  reizenden  Ge- 
ruch, entfernt  an  den  des  Zimmtöls  erinnernd,  es  schmeckt  beissend 
sfisslich,  hinterher  nach  Blausäure,. es  ist  schwerer  als  Wasser,  siedet 
,  bei  206^  bis  208^ C,  ist   leicht  entzündlich  und  verbrennt  mit  einer 
,  weissen  stark  russenden  Flamme.     Das  flüssige  farblose  Cyanid  färbt 
sich  bald  gelb;  das  krystallisirte  Cyanbenzoyl  hält  sich  in  einem  ver- 
schlossenen Gefässe  unverändert,  es  färbt  sich  nicht.     Es  zersetzt  sich 
in  Berührung  mit  Wasser  in  der  Kälte  langsam,  und  selbst  beim  Er- 
hitzen erst  nach,  einiger  Zeit  in  Benzoesäure  und  Cyanwasserstoff;  beim 
Kochen  mit  wässerigem  Kali   zerfällt  es  in  Cyankalium  und  benzoS- 
sanres  Kali;  in  Berührung  mit  Zink  und  Salzsäure  wird  es  zum  grössten 
TheU  in  Benzoyl Wasserstoff  umgewandelt,  während  ein  kleiner  Theü 
an  das  diesem  isomere  Benzoin  übergeht  (Kolbe).  Fe. 

Benzoylhamstoff,  Benzureid.    Ein  gepaarter  Harn- 

fltoff  (1854)  von  Zinin^)  dargestellt.  Seine  Formel  ist  Ci6H8Ns04, 
oder  C,  ^^''^^'j  NaQ,,  d.  L  Harnstoff  (C,H4N,04),  in  welchem 
1  Aeq.  Wasserstoff  durch  1  Aeq.  Benzoyl  vertreten  ist.  Oder  wenn 
der  Harnstoff  ein  primäres  Amid  ^    ^    u'!  N,  so  ist  das  Benzureid 

ein  secnndäres  Amid:      Ci4H60s{  N.    Diese  Verbindung  entsteht  bei 

H) 
Einwirkung  von  Benzoylchlorid  auf  Harnstoff: 

Benzoylchlorid       Harnstoff     Benzoylhamstoff 

Um  es  darzustellen,  werden  120  Thle.  Harnstoff  mit  140  Thln. 
Benzoylchlorid^)  Übergossen  in  einem  Oelbad  auf  lÖO^  bis  155^  C. 
erhitzt;  nach  vollständigem  Schmelzen  des  Harnstoffs  nimmt  man  die 
Mischung  aus  dem  Oelbad  und  rührt  gut  um,  worauf  die  Einwirkung 
unter  Temperaturhöh ung  vor  sich  geht,  die  Masse  teigig  wird,  und 
der  Geruch  des  Chlorbenzoyls  verschwindet.  Beim  Auswaschen  der 
Masse  mit  kaltem  Alkohol  bleibt  das  Benzureid  krystallinisch  zurück; 
aus  siedendem  Alkohol  umkrystallisirt  bildet  es  lange  dünne  vierseitige 
Blättchen.  Der  Benzoylhamstoff  ist  kaum  in  Wasser  oder  Aether 
löslich,  er  löst  sich  in  100  Thln.  kaltem  und  in  24  Thln.  siedendem 
Alkohol.  Er  schmilzt,  in  einer  Röhre  gegen  2000C.  erhitzt,  zu  einer  farb- 
losen Flüssigkeit,  beim  Erkalten  krystallinich  erstarrend;  diese  Masse 
unterscheidet  sich  vom  Benzoyluce'id  (s.  S.  912)  ausser  in  der  Zusammen- 
setzung auch  durch  grössere  Löslichkeit  und  durch  verschiedene  Krystall« 


*)  Bullet,  de  rscad.  St  Peterab.  T.  XIT,  p.  281;  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm. 
Bd.  XCII,  S.  408;  Joiirn.  f.  pnkt.  Chem.  Bd.  LXll,  S.  855;  Jalnreaber.  v.  Liebig 
IL..Kopp  1854|  S.  678.  Dieae  Yerbindang  ist  nicht  sn  verwechaeln  mit  dem  Ben- 
■oylareid  von  Laurent  n.  Gerhardt  (s.  d.  Art.). 

*)  Die  Zahlen  entsprechen  2  Aeq.  Harnstoff  auf  1  Aeq.  Benzoylchlorid;  bei 
A.nwendang  von  weniger  Harnstoff  ward  keine  grössere  Aoabente  erhalten,  nnd  ei 
pn^  Benaoylchlorid  nutzlos  verloren  (Zinin). 


910  Benzoylhydrat  —  Benzoylrhodantir. 

form.  Etwas  stärker  erhitzt,  zerfällt  die  Masse  in  Benzamid  und  OjKatt- 
säure,  welche  Säure  sich  schon  in  der  Hitze  nadelförmig  aussdieidel, 
während  ersteres  nach  dem  Erkalten  durch  kalten  Alkohol  gelöst  wird: 

3(Cie»8N2  04)  =  3.C14H7NO,  +  8H0.CeN,O, 

Benzoylharnstoff  Benzamid        Cyanorsänrehydrat« 

Beim  Erhitzen  auf  Platinblech  verflüchtigt  sich  der  BenzojlhMn- 
stoff  nach  dem  Schmelzen  unter  Zersetzung,  wobei  der  Geruch  la/A 
Benzonitril  bemerkt  wird. 

Heisse  ziemlich  concentrirte  Salzsäure  löst  das  Benzureid  leichter 
als  Wasser,  und  ohne  es  zu  zersetzen.  Beim  Erhitzen  mit  Salpete^ 
säure  wird  durch  Oxydation  Benzoesäure  gebildet.  Ammoniak  Te^ 
ändert  es  nicht  ELalilauge  zersetzt  es  nicht  in  der  Kälte,  selbst  nick 
beim  gelinden  Erwärmen,  wohl  aber  beim  vollständigen  Kochen,  ei 
zerfiillt  in  Ammoniak,  Kohlensäure  und  Benzoesäure: 

Benzoylharnstoff  Benzoesäure  Kohlensäure  Fb. 

Benzoylhydrat  s.  Bittermandelöl,  Abkönimlingt 

Benzoyljodid,  Benzoyljodür,  Jodbenzoyl,  von  Li«- 
big  und  Wöhler  i)  entdeckt.     Formel:  CuH^O,.}. 

Es  entsteht  nicht  direct;  man  erhält  es  durch  Erwärmen  von  Jod- 
kalium mit  Benzoylchlorid.  Es  destillirt  als  braime  Flüssigkeit  übe, 
die  beim  Erkalten  zu  einer  krystallinischen,  noch  freies  Jod  enthahas- 
den,  und  daher  braunen  Masse  erstarrt  Im  reinen  Zustand  ist  es  CtfiK 
los,  blätterig  krystallinisch,  leicht  schmelzbar,  wobei  es  sich  aber  j^ 
desmal  unter  Freiwerden  von  etwas  Jod  zersetzt  Im  Uebrigen  verlolt 
es  sich  ganz  wie  das  Benzoylbromid.  (HV.)  Ft- 

Benzoylige  Säure.  Wenn  nach  Berzelius  der  Kohks- 
wasserstoff  Ci4H;5  als  Benzoyl  bezeichnet  wird,  so  kann  man  das  sanff' 
stoffhaltende  Badical  0x4^5  09  als  Benzoylbiozyd  oder  benzoj- 
lige  Säure  bezeichnen. 

Benzoylnitril  ö.  Benzonitril. 
Benzoyloxyd  s.  Benzoeoxyd. 

Benzoylperchlorid.  .Ein  Perchlorid  des  sauerstoffinucB 
Badicals  C14M5,  Zersetzungsproduct  des  Benzoylchlorids  durch  Phoi- 
phorperchlorid  (S.  S.  905). 

Benzoylrhodanür,  Benzoylsulfocyanid,  Bhodan-oder 
Schwefelcyanbenzoyl.  Von  Quadrat  1849  entdeckt *>  Zarssl* 
zungsproduct  des  rohen  wie  des  blausänrefreien  Bittermandeldis  (vergL 
Bittermandelöl,  Verwandlungen  durch  Kohlensnlfid  vaä 
Ammoniak). 

Formel  =  C16H5NS9  =  C^»^  .  €yS,. 

Diese  Verbindung  enthält  keinen  Sauerstoff,  daher  aooh  oiekt 
eigentlich  meluw  Benzoyl  (C14H5OS),  sondern   den  KofalenwasseNtotf 


^)  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  m,  S.  S66.  — >  *)  AnnaL  d.  Ghem.  n.  Fh«m. 
B.  LXXI,  S.  13. 


Benzoylrhodanttr«  911 

Pi4l^,  den  Berselius  früher  als  Benzoyl  beseichnete;  derZoBamiAeii- 

jetzung  nach  ki>nnte  diese  Verbindung  als  eine  CjaBverbindung  des 
Snlfobenzojls,  0148589,  bezeichnet  werden;  so  weit  dieser  Körper  bis 
etzt  untersucht  ist,  lässt  sich  eine  solche  Zusammensetzung  nicht  an- 
lehmen.  Wenn  man  Kohlensulfid  mit  Ammoniak  und  Bittermandelöl 
nischt,  so  bilden  sich  zwei  Schichten;  in  der  unteren  bald  milchicht 
v'erdenden  Schicht  zeigen  sich  nac^i  2  bis  3  Tagen  Elrystalle  von  Ben* 
(ojlsulfocyanid,  die  bei  zu  langem  Stehen  in  der  Flüssigkeit  allm&lig 
verschwinden.  Nach  dem  Abgiessen  der  Flüssigkeit  werden  die  Kry- 
italle  durch  Abpressen  zwischen  Papier  und  Abwaschen  mit  Aether 
rollständig  gereinigt. 

Durch  Einwirkuüg  von  Ammoniak  und  Kohlensulfid  wandelt  der 
^nzojlwasserstoff  sich  in  Schwefelcyanbenzoyl  um,  während  zugleich 
Ichwefelammonium  und  Wasser  entsteht: 

CuHeOa  +  3NH,  +  CS4  ==  Ci«}tNS^+  2N84S  +  2H0. 

lencoylwasserstoff  Schwefelcyanbenzoyl 

Die  gereinigten  farblosen  Krystalle  sind  prismatisch  oder  kömig; 
ie  schmecken  bitter y  lösen  sich  nicht  in  Wasser,  dagegen  in  Alkohol 
der  Aether,  wobei  sie  zersetzt  werden.  Eben  so  werden  sie  durch 
line  Auflösung  von  Eisenchlorid  zerlegt.  An  der  Luft  f&rben  sie  sich 
;elb  und  nehmen  einen  eigenthümlichen  Geruch  an,  sie  zersetzen  sich 
Q  der  Wärme  schon  bei  lOQOC. 

Wird  wasserfreier  Alkohol  mit  Schwefelcyanbenzoyl  gekocht,  so 
rird  Sauerstoff  aus  der  Luft  aufgenommen,  es  bildet  sich  Kohlensäure 
nd  Schwefelammonium,  welches  Schwefel  gelöst  hält,  und  beim  £r- 
:alten  scheidet  sich  ein  neuer  Körper  in  Blättchen  ab,  dessen  Zusam- 
lensetzung  durch  die  empirische  Formel  C5efi94N3S5  ausgedrückt 
rird.  Nach  Laurent  und  Gerhardt  ist  dieser  Körper  wahrschein- 
ch  CS^o^NSj;  seine  Entstehung  ergiebt  sich  dann  aus  den  Elementen 
on  Bhodanbenzoyl  und  Alkohol,  die  unter  Abscheidung  von  Wasser 
osammentreten : 

^ieH5NS8^+  C4HJO,  =  CsoBsNS,  +  2  HO. 

Bhodanbenzoyl     Alkohol 

renn  man  eine  siedende  Lösung  von  Sulfocyanbenzoyl  in  40grädigem 
Ikohol  zuerst  mit  etwas  Ammoniak  und  dann  mit  Wasser  versetzt, 
>  scheidet  sich  ein  kr3rBtallinisches  Pulver  ab,  dessen  Zusammensetzung 
=  C5^nf^rr2S5  ist. 

£isenchlorid  mit  Schwefelcyanbenzoyl  zusammengebracht,  giebt 
ne  bluthrothe  Lösung  von  Schwefelcyaneisen,  welche  Salzsäure  und 
enzoylwasserstoff  enthält,  das  beim  Erhitzen  überdestülirt;  8  Aeq, 
enzoylsulfocyanid ,  1  Aeq.  Eisenohlorid  und  6  Aeq.  Wasser  bilden 
Aeq.  Eisensulfocyanid  (Fe^^ytSe))  3  Aeq.  Salzsäure  und  3  Aeq. 
enzoylwasserstoff. 

Wird  das  Schwefelcyanbenzoyl  in  einer  Betorte  im  Oelbade  er- 
tzt,  so  entweichen  bei  120^  C.  Kohlensulfid,  Ammoniak  und  Bitter- 
andelöl,  die  in  der  Vorlage  sogleich  wieder  aufeinander  reagiren.  — 
;eigt  beim  weiteren  Erhitzen  die  Temperatur  des  Bückstandes  in  der 
störte  auf  etwa  150^  C,  so  wird  dieser  dünnflüssig,  und  es  hört  nach 
ni^er  Zeit  alle  Gasentwickelung  auf.  Der  erkaltete  Bückstand  be- 
aht  dann  ans  einer  gelben,  harzartigen,  in  Alkohol  löslichen  Substanz, 


912  Benzoybäure.  —  Benzoylurdd. 

and  einem  krystallinischen  Körper,  welcher  in  Alkohol  nnlöslicli  )^ 
und  sich  dadurch  leicht  von  der  harzartigen  Substanz  trennen  lisal 
Die  in  Alkohol  unlöslichen  Krjstalle  werden  durch  Salpetersäure  oder 
durch  Erhitzen  für  sich  auf  lOO^^C.  nicht  verändert;  dieser  Körper  hit 
die  Zusammensetzung  Cj^HsN;  er  enthält  die  Elemente  von  Rbodac- 
benzoyl  minus  1  Aeq.  Kohlensulfid  (CieH5NS2  —  CS»  =  CijHjS). 
In  seinen  Eigenschaften  kommt  dieses  Zer^etzungsproduct  dem  Benzoji- 
azotid  (C30H12N3)  sehr  nahe,  unterscheidet  sich  von  ihm,  wenn  die  Zii- 
sammensetzung  beider  richtig  angegeben  ist,  jedoch  durch  den  gerin- 
geren Wasserstoffgehalt.  Fe. 

Benzoylsäure  s.  Benzoesäure. 

Benzoylsalicylamid,  Benzoylsalicylaminnäun 
(Liropricht),  ein  secundäres  Amid,  d«  i.  Ammoniak,  in  welchem  2  Aeq. 
H  ersetzt  sind  durch  1  Aeq.  Salicyl  und  1  Aeq.  Benzoyl  (s.  unter  S»li- 
cylamid). 

Benzoylsalicylimid,  Zersetzungsproduct  äea  Benzojlsali- 
cylamids  (s.  unter  Salicylamid). 

Benzoylsulfhy  drat.  Prodnct  der  Einwirkung  von  SchiwW- 
Wasserstoff  und  Schwefelammonium  auf  Benzoylwasserstoff  (s.  &  921) 

Benzoylsulfid,  Schwefelbenzoyl  i),  von  Liebig  nwi 
Wo  hl  er  entdeckt.     Formel:  CuHjOj.S. 

Man  erhält  es  durch  Destillation  von  Benzoyl  chlorid  mit  fein  ^ 
riebenem  Schwefelblei.  Es  destillirt  als  ein  gelbes  Oel  über,  welcte 
zu  einer  weichen,  krystallinischen  gelben  Masse  erstarrt  Es  hat  eines 
unangenehmen  Schwefelgeruch,  wird  nicht  durch  Kochen  mit  Was»» 
zersetzt  und  bildet  mit  einer  siedenden  Lösung  von  kaustischem  Kiii 
nur  langsam  benzoSsaures  Kali  und  Schwefelkalium.  Es  verbrenss 
mit  leuchtender,  russender  Flamme  unter  Entwickelung  von  schweflig«? 
Säure.     Mit  Alkohol  zersetzt  es  sich  nicht.  ( Wr.)  Ft 

Benzoylsulfidamid,  die  Verbindung,  welche,  nach  Ci- 
hours,  bei  Einwirkung  von  Schwefelwasserstoff  auf  Benzonitril  eot^ 
steht  (s.  S.  894). 

B.enzoylsulfophenylamid,  Amid,  Benzoyl  und  Solfb- 
phenyl  enthaltend  (s.  bei  Sulfophenylamid  S.  883). 

Benzoylureid  2).  Product  der  Einwirkung  von  Harnstoff  »0' 
Benzoylwasserstoff  (vergl.  Benzoyl  Wasserstoff,  Verwandlungen 
durch  Harnstoff).    Von  Laurent  und  Gerhardt  entdeckt 

Seine  empirische  Zusammensetzung  giebtdie  Formel  CjoÄgÄgyr 
Es  lässt  sich  ansehen  als  Harnstoff  (C2H4N2  Oj),  in  welchem  in  vier 
Aequivalenten  3  Aeq.  Wasserstoff  durch  3  Aeq.  des  im  Benzoyl  enthal- 
tenen Kohlenwasserstoffs,  C14H5,  ersetzt  sind  =  Cg  Hj 3  (€14^5)8  ?fgög 
oder  C2H4Na08  +  3[C2H3(Ci4H5)Na02].  Die  Verbindung  enihil» 
also  nicht  das  eigentliche  Benzoyl,  daher  der  Name  nicht  ganz  richtig 
(s.  Benzoylharnstoff  von  Zinin). 


*)   Annal.   d.  Chem.  u.  Pharm.   Bd.  IIT,   S.  267.  —   «)  Comt  i«al  ^  ^' 
de  chim.  par  Laurent   et  Gerhardt,   Avril  1850|  p.  119. 


Benzoylvaleramid.  —  Benzoylwasserstoff.         9  IS 

Diese  Yerbindtuig  bildet  aioh  beim  Erwärmen  von  H»m8toff  mit 
Ben»>7lwas8erBtoff  nnter  AbBcheidnng  von  WasBer: 

i^CjHj«^,  +  S^Q^^HeOj  =  C,oga8N8  08  +  6  HO. 
Harnstoff     Benzoylwasserstoff  Benzoyloreid 

Um  Benzoylureid  darzustellen,  mischt  man  5  Tble.  gepulverten 
Harnstoff  mit  2  Thln.  Benzoylwasserstoff  und  erwärmt  das  Oemenge,  am 
>6sten  in  einer  Schale  unter  Umrühren  mit  einem  Pistill,  nicht  ganz  auf 
LOO®  C.  —  Zuerst  wird  der  Harnstoff  gelöst,  und  nach  einigen  Minuten 
pvird  dann  die  ganze  Masse  fest.  Sie  wird  nach  dem  Erkalten  gepul- 
vert, zuerst  mit  Aether  ausgewaschen,  um  das  un verbundene  Oel  za 
lösen,  dann  mit  Wasser  ausgekocht,  um  den  freien  Harnstoff  zu 
rennen» 

Der  Rückstand  wird  nun  bei  120<)  C.  getrocknet  Es  wird  so  ein 
preisses  nnkrystallinisches  Pulver  erhalten,  welches  unlöslich  in  Wasser 
xnd  Aether  ist,  sich  aber  in  Alkohol  löst,  und  beim  Verdampfen  des- 
lelben  sich  in  weissen  amorphen  Rinden  absetzt  — 

Bei  170^  C.  wird  das  Benzoylureid  gelb,  steigt  die  Temperatur 
lor  um  wenige  Grade,  so  bemerkt  man  schon  den  Geruch  nach  Bitter- 
mandelöl; in  einer  Retorte  noch  stärker  erhitzt,  erfolgt  Zersetzung,  es 
;eht  Bittermandelöl  und  ammoniakuüsches  Wasser  Über,  und  es  bleibt 
»ib  gelber,  in  Alkohol  und  Aether  unlöslicher  Rückstand,  der  bei  höherer 
Temperatur  sich  verflüchtigt. 

Verdünnte  Säuren  zersetzen  das  Benzoylureid  in  der  Kälte  nicht, 
in  der  Wärme  zerfällt  es  dadurch  in  Bittermandelöl  und  Harnstoff. 
Ammoniak  zersetzt  es  selbst  beim  Kochen  nicht;  wirdesmitconcentrir- 
^r  Kalilauge  gekocht,  so  löst  es  sich  langsam  auf;  mit  den  Wasser- 
lämpfen  verflüchtigt  sich  Ammoniak  und  Bittermandelöl  und  aus  der 
alkalischen  Lösung  scheiden  sich  beim  Erkalten  krystallinische  Blättchen 
ius,  welche  alle  Eigen schafben  des  benzoSsauren  Kalis  haben. 

Ein  Nitrobenzoylurei'd  bildet  sich  wahrscheinlich  in  analoger 
iVeise,  wie  das  Benzoylureid  beim  Erhitzen  von  Harnstoff  mit  Nitro- 
>enzoylwas8erdtoff  (s.  d.  unter  Benzoylwasserstoff,  Abkömmlinge 
3.  926). 

Verschieden  von  dem  Benzoylureid  Laurent's  ist  das  BenzureSd 
s.  d.)  von  Zinin.  Fe, 

Benzoylvaleramid,    Amid,  Benzoyl  und   Valeryl    enthal- 
end  (s.  unter  Valeramide). 

Benzoylwasserstoff.  Benzoylhydrür.  Benzal- 
iehyd.  Benzoyloxydhydrat.  Pikramyloxyd.  Stilbenoxyd. 
Blausäurefreies  ätherisches  Bittermandelöl.  Ein  aldehyd- 
irtiges  Oel,  Hauptbestandtheil  des  flüchtigen  Bittermandelöls.  Em- 
nrische  Formel:  Cu^^O^'y  die  rationelle  ist  nach  Lieb  ig  und 
iVöhler  C14H6O2.H.  Nach  Berzelius  und  Laurent  CiJi^.O^. 
Liebig  und  Wo  hl  er  fanden  (1832)  zuerst  den  Zusammenhang  zwi- 
)chen  Bittermandelöl  und  Benzoesäure,  sie  erkannten,  dass  beide  Ver- 
i>indungen  ein  gleiches  Badical  enthalten,  sie  stellten  die  Verbindujig, 
P14H5  O3,  das  Benzoyl,  als  solches  auf  und  bezeichneten  danach  das 
reine  Oel  als  Benzoylwasserstoff.     Berzelius,  von  der  Ansicht  aus- 

lUBdwSrtorbocb  der  Chcuil*.  3te  Aufl.   Bd.  IL  58 


912  Benzoybäure.  —  BenzoyLur^i^' 

m 

and  einem  krystallinischen  Körper,  welcher  in  J 

und  sich  dadurch  leicht  von  der  harzartigen  Su 

Die  in  Alkohol  unlöslichen  Krystalle  werden  dur<» 

durch  Erhitzen  für  sich  auf  lOO^C  nicht  verän:!  ^W  /^ 

die  Zusammensetzung  C15H5N;   er  enthält  df/^^^   i 

benzoyl  minus    1   Aeq.  Kohlensulfid   (Ci^9 f^/j>  f  ^  's^ 

In  seinen  Eigenschaften  kommt  dieses  Zer/  ^   '^  ^  ß     f 

azotid  (C80H12N2)  sehr  nahe,  unterschef^ /(>?  t ^     ^     '    i^f^ei^' 

sammensetzung  beider  richtig  angege*^',*'  .r  hV     /  "^^  ^ 

gercn  Wasserstoffgehalt.  //  |(f     /  -^^      jUldehf^^ 

Benzoylsäure  s.  Ber/^-i'      ^   ^ 

Benzoylsalicylam*  /:  f^  ^      rhindi^^ 

(Limpricht),  ein  secundärep  •  ^'  V  '-  •*         -adeln,  wie  *    oisjter, B«*' 

H  ersetzt  sind  durch  1  Aec  .  /  Ti  ^      ^^1  ^»^  in  dem  *^^.     .  gj,  ^4  f. 

cylamid).  .'-  7  *       ,  und  der  Kerne  von  Kir^  ^^^ 

X.  11-/'         ortiggebildetindengenan»«^"*  .„«. 

Benzoylsahc  .oen  andern  Producten  erst  aas  dem  An.J 

cylamids  (s.  unter  S        ,  Einwirkung  von  Emulsin  bei  Gege»^^ 
Benzoyls'     .Amygdalin,  Bd.I,  S.  762),  wie  frü^«^  *°^ 

Wasserstoff  und    ,.if^  ,         ,  ,      ^£r«n  O^J* 

,-:Vcii  ausserdem  aber  auch  bei  verschiedenamg«»*     ' 

Benzo*  >'^"^  so  beim  Kochen  von  Amygdalin  oder  -^^^^^ 
Wo  hl  er  er  j;.^;^^  Uenzoealkohol,  Zimmtöl,  Zimmtsäure,  Cio»*™®!?^ 
Man  /^^ifz  mit  Salpetersäure,  bei  der  Einwirkung  von  tMflo- 
riebener  ^.^f^^^yJwasserstoff  oder  Styracin,  durch  Zersetzung  ^^^  .  *°^ 
zu  ein  ^v'^^aunstein  und  Schwefelsäure,  so  wie  bei  der  Oxy^***^" 
unan'  ^-f '^ßbandn^  Fibrin  oder  Leim  mittelst  Chromsäure  oder  B'*''' 
zerp     ^>«»^^  Schwefelsäure  i). 

nu      Ä^öoders  interessant  ist  die  Umwandelung  der  Benzoesänr«  ^  , 

TT        ^^^j  durch  rasche  Destillation  eines  innigen  Gemenges  vonbenio*' 

'      ^^  °"^  ameisensaurem  Kalk.     Die  Zersetzung  ist  hier  folgefl<l^' 

^OjCi^sOg  +  CaO.C2HQ^  =    Ci4H60a  -f-  2C*O.CjO^ 

Benzoesaurer  Ameisensaurer     Benzoylwasser- 

Kalk  Kalk  stoff 

Neben  diesen  Producten  bilden  sich  gleichzeitig  andere;  das  Slip 

pßstillat  wird  daher  mit  doppelt-schwefligsaurem  Kali  behandelt,  ^ 

^s  der  dabei  entstehenden  krystallinischen  Verbindung,  nachdem  ^ 

gereinigt,  durch  Wasser  und  kohlensaures-  Natron  der  reine  Beniol^ 

Wasserstoff  abgeschieden  (S.  916)  (Piria^). 

Nach  Kolbe»)  lässt  sich  aus  Cyanbenzoyl  das  Hydrür  erb«?^ 
wenn  man  jene  Verbindung  mit  Zink  und  Salzsäure  gelinde  emnai^ 
das  Cyanür  färbt  sich  bald  gelb,  und  das  MetaU,  welches  in  growe» 
üeberschuss  genommen  werden  musß,  überzieht  sich  mit  einer  gelbe» 
schmierigen  Masse,  welche  Benzoylwasserstoff  und  Blausäure  (bci<i« 
vielleicht  verbunden)  undBenzoin  enthält.    Beim  Erwärmen  der  M«» 

Matteucei  et  Pirm  T.  IH,  p.   126;  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  fS.]  T  iSS 
p.  118;    Annal.   d.   Chem.   u.  Pharm.   Bd.  C,   S.    104.    -    "^^Li  i  CW  i 


Benzoylwasserstoff.  915 

!^       ^^e  bilden  sieh  gelbröthliche  Oeltropfeft,  die  bei  der  Destil- 
-  ^  ^L  Benzoylwasserstoff  geben.  Die  gleiche  Zersetsong  scheint 

%^  ^  ^^  '  bei  der  Behandlung  mit  Quecksilber  und  Salzsäure 
j,  ^fu^  ^  ^^  ^^e  damit  erhaltene  saure  Lösung  nach  dem  Abgies- 
'Cj^^^  ^^  '^  ^^^  Bückstand  mit  Braunstein  erhitzt,  so  wird 
^      -^  'iL^^.        *^^    (Kolbe).     Endlich  lässt  sich  der  Benzojl- 

Qzoylclilorid  mittelst  Wasserstoff  kupfer  (nach 
^0  erhalten,  indem  man  das  Chlorid  auf 
''bei  sich  folgende  Zersetzung  zeigt: 
~=  C14H5OS  .H  -(-  CusGL 

.eojlwasserstoff 
ors  zerfällt  schon  durch  die  bei  der 
4  seine  Elemente;  wird  das  unzersetzte 
v>rasser  zersetzt,  so  zeigt  der  Rückstand  den 
^erstoffs  (Chiozza^), 
.»erial,  um  sich  grössere  Mengen  des  Benzoylwasser- 
.en,  ist  bis  jetzt  das  ätherische  Bittermandelöl  (s.  d.), 
^  jiauptmasse  nach  die  genannte  Verbindung  enthält,  ausser- 

4*is  nie  fehlenden  Bestandtheil  Blausäure,  dann  etwas  Benzol 
i^enzoin  und  Benzimid.      Die  letzteren  Verbindungen  können 
.ch  Bectification  des  Oels  allein  schon  abgeschieden  werden,    sie 
oleiben  im  Rückstande;  die  Blausäure  geht  hierbei  aber  mit  demselben 
fiber  und  zwar  mit  den  erten  Portionen  des  Destillats,  so  dass  das 
späterhin  übergehende  Oel  blausäurefrei  ist. 

Um  das  rohe  Bittermandelöl  ganz  blausäurefrei  zu  erhalten, 
muss  die  Säure  durch  Zusatz  passender  Körper  gebunden  werden; 
gewöhnlich  wird  das  Oel  hierzu  mit  Elalkhydrat  und  etwas  gelöstem 
Eisenchlorür  durch  starkes  Schütteln  innig  vermischt  und  nach  1- 
bis  2tägigem  Stehen  damit  destillirt,  wobei  das  Cyan  als  Berlinerblau 
nirückbleibt.  Oder  man  digerirt  das  rohe  Oel  unter  häufigem  Schüt- 
teln mit  feingeriebehero  Quecksilberoxyd  und  Wasser,  oder  (nach 
Grindley^  mit  einem  gleichen  Volumen  Wasser  und  einem  Gremenge 
von  Quecksilberoxyd  und  Kalk  unter  Zusatz  von  etwas  Eisenchlorür, 
and  nachherigem  Destilliicen  des  abgegossenen  Oels,  welches  dann 
durch  Schütteln  mit  gebranntem  Kalk  oder  Chlorcalcium  getrock- 
net wird. 

Es  ist  auch  empfohlen,  zur  Reinigung  das  rohe  Bittermandelöl 
in  Alkohol  zu  lösen,  und  diese  Flüssigkeit  mit  einer  neutralen  Lösung 
von  Eisenchlorid  und  etwas  wässerigem  Kalihydrat  zu  versetzen ;  nach- 
dem die  Lösung  in  einem  Stöpselglase  einige  Zeit  unter  öfterem  Schüt- 
teln gestanden  hat,  wird  sie  mit  verdünnter  Schwefelsäure  neutralisirt, 
und  dann  filtrirt  (Groves  ').  Diese  Methode  ist  nur  anwendbar,  wenn 
das  Oel  in  Lösung  gebraucht  werden  soll. 

*  Ein  Vorschlag  (von  Whipple  <),  das  rohe  Oel  bei  der  Destillation 
in  einer  Lösung  von  salpetersaurem  Silber  aufzufangen,  wieder  zu  destil- 
liren  und  nochmals  mit  Silberlösung  zu  behandeln,  scheint  ungeeignet, 


i; 


^)  Gompt.  read,  de  l'Mad.  T..XZXVIf   p.  631;    Amial.  de  ehim.  et  de  pbyi. 
8.]   T.  XJLXOL,    p.   221;  AnnaL  d.   Chem.  o.  Pharm.   Bd.  USJJ,   S.   232.    — 
London  Ph.  Jonrn.  and  Transact.  Vol.  VII,  No.   1,  p.  18;    Pharm.  CentralbL 
184«,  S.  665.  —  ■)  Pharm.  Jonm.  Traiuwct  Vol.  Xm,  p.  599.  —  *)  Pharm.  Jonrn. 
Transact.  Vol.  Xm,  p.  697. 

58* 


^14  Benzoylwasserstoff. 

gehend)  dasa  die  JEtadieale  Bauerstofiffrei seien,  sowie  Laurent  nalunea 
an,  dass  der  von  dem  Letzteren  entdeckte  Kohlenwassez^ff,  der  Stilbyi- 
Wasserstoff  (s.  unten  S.  932),  das  Radical  dieses  Oels  sei;  Laurent 
nannte  es  Stuben  (von  ötlXßcD^  ich  glänze),  Berzelias  gab  ihm  deo 
Namen  Fikramyl  (aus  den  ersten  Silben  von  niXQogy  bitter,  ood 
aiivydiiXrif  Mandel,  gebildet) ;  das  Oel  ist  danach  das  Oxyd  dieses  Ba- 
dicals ,  also  Stilbenoxd  oder  Pikramylozyd.  Nachdem  in  der  neutten 
Zelt  dieses  Oel  unzweifelhaft  den  Aldehyden  angereiht  werden  nun, 
wird  es,  nach  Lieb  ig  und  Wo  hl  er,  allgemein  als  BenzoylwasBerstoC 

C     TT   Q   } 

**    *io*[   angesehen,  oder  als  ein  Phenyl-Formylaldehyd  =r 
•C,(Cx,H,)0,j 

Dieses  Oel  ist  im  Oel  der  bitteren  Mandeln,  wie  auch  in  dem  der 
Blätter  und  Kerne  von  Amygdalua  persica^  und  in  dem  der  Blatter,  Bee- 
ren  und  Blüthen  von  Prunus  padua^  und  der  Kerne  von  Kirschen  o.  a.  w. 
enthalten.  Es  findet  sich  nicht  fertig  gebildet  in  den  genannten  Pflanxen- 
theUen,  sondern  wird  hier  neben  andern  Producten  erst  ans  dem  Amyg- 
dalin  der  Pflanzen  unter  Einwirkung  von  Emulsin  bei  Gegenwart  tob 
Wasser  gebildet  (s.  Amygdalin,  Bd.  I,  S.  762),  wie  früher  ami^hr- 
lich  beschrieben  ist 

Es  bildet  sich  ausserdem  aber  auch  bei  verschiedenartigen  Oxf- 
dationsprocessen,  so  beim  Kochen  von  Amygdalin  oder  Amjgdaliih 
säure  selbst,  von  Benzo^alkohol,  Zimmtöl,  Zimmtsäure,  Cinnamein  oder 
von  BenzoSharz  mit  Salpetersäure,  bei  der  Einwirkung  von  Chrom- 
säure  auf  Stilbylwasserstoff  oder  Styracin,  durch  Zersetzung  von  Mandel- 
säure mit  Braunstein  und  Schwefelsäure,  so  wie  bei  der  Oxydation  von 
Casein,  Albumin,  Fibrin  oder  Leim  mittelst  Chromsäure  oder  Braim- 
stein  und  Schwefelsäure  i). 

Besonders  interessant  ist  die  Umwandelung  der  Benzoesaore  in  des 
Aldehyd  durch  rasche  Destillation  eines  innigen  Gemenges  von  benzoe- 
saurem  und  ameisensaurem  Kalk.     Die  Zersetzung  ist  hier  folgende: 

CaO. 0,485 Oj -f  CaO.CjHOs    =    Ci4H60a   -f  2CaO.C2  04. 

Benzoesaurer  Ameisensaurer     Benzoylwasser- 

Kalk  Kalk  stoff 

Neben  diesen  Producten  bilden  sich  gleichzeitig  andere;  das6lige 
Destillat  wird  daher  mit  doppelt-schwefligsaurem  Kali  behandelt,  und 
aus  der  dabei  entstehenden  krystallinischen  Verbindung,  nachdem  ne 
gereinigt,  durch  Wasser  und  kohlensaures-  Natron  der  reine  Benzoyl- 
Wasserstoff  abgeschieden  (S.  916)  (Piria^). 

Nach  Kolbe^)  lässt  sich  aus  Cyanbenzoyl  das  Hydrür  erhalten, 
wenn  man  jene  Verbindung  mit  Zink  und  Salzsäure  gelinde  erwännt; 
das  Cyanür  färbt  sich  bald  gelb,  und  das  Metall,  welches  in  grossem 
Ueberschuss  genommen  werden  muss,  überzieht  sich  mit  einer  gelben 
schmierigen  Masse,  welche  Benzoylwasserstoff  und  Blausäure  (beide 
vielleicht  verbunden)  i^ndBenzoin  enthält.    Beim  Erwärmen  der  IkCasse 


^  Annal.  d.  Ghem.  u.  Pharm.  Bd.  LIX,  S.  1;  Bd.  LXIV,  S.  B9.  »  *)  GauBlä 
de  Matteucei  et  Piria  T.  III,  p.  12G;  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [8.]  T.  XLVIII, 
p.  118;  Annal.  d.  Chem.  a.  Pharm.  Bd.  G,  S.  104.  —  *)  Annal.  d.  Ghem.  il 
Pharm.  Bd.  ZGVUI,  S.  8^4;  Journ.  f.  prakt.  Ghem.  Bd.  UX,  S.  SOS;  Ghem.  S9e. 
Qn.  J.  T.  IX,  p.  266. 


Benzojlwasseratoff.  915 

aii  Kalilauge  bflden  sich  gelbröthliche  Oeltropfeü,  die  bei  der  Destil- 
BÜon  reinen  Benzojlwasserstoff  geben.  Die  gleiche  Zersetsnng  scheint 
las  Cyanbenzojl  bei  der  Behandlung  mit  Quecksilber  und  Salzsäure 
11  erleiden;. wird  die  damit  erhaltene  saure  Lösung  nach  dem  Abgies- 
en  eingedampft,  und  der  Bückstand  mit  Braunstein  erhitzt,  so  wird 
(enzoylwasserstoff  erhalten  (Kolbe).  Endlich  lässt  sich  der  Benzojl- 
rasserstoff  auch  aus  dem  Benzoylchlorid  miCtelst  Wasserstoffkupfer  (nach 
fVurtz'  Verfahren  dargestellt)  erhalten,  indem  man  das  Chlorid  auf 
Lie  Kupferverbindung  giesst,  wobei  sich  folgende  Zersetzung  zeigt: 
ChHsO,  .61  +  CujH  =  Ci4H5  0i.H  +  Cu,GL 

Benzojlchlorid  Benzojlwasserstoff 

Ein  Theil  des  WasserstoflEkupfers  zerfällt  schon  durch  die  bei  der 
äteaction  auftretende  Wärme  in  seine  Elemente;  wird  das  unzersetzte 
3enzoylchlorid  mit  heissem  Wasser  zersetzt,  so  zeigt  der  BQckstand  den 
jl-eruch  des* Benzoyl Wasserstoffs  (Chiozza^). 

Das  einzige  Material,  um  sich  grossere  Mengen  des  Benzoylwasser- 
itoffs  zu  verschaffen,  ist  bis  jetzt  das  ätherische  Bittermandelöl  (s.  d«), 
welches  der  Hauptmasse  nach  die  genannte  Verbindung  enthält,  ausser- 
lem  aber  als  nie  fehlenden  Bestandtheil  Blausäure,  dann  etwas  BenzoS- 
läure,  Benzoin  und  Benzimid.  Die  letzteren  Verbindungen  können 
larch  Rectüication  des  OeU  allein  schon  abgeschieden  werden,  sie 
bleiben  im  Bückstande ;  die  Blausäure  geht  hierbei  aber  mit  demselben 
aber  und  zwar  mit  den  erten  Portionen  des  Destillats,  so  dass  das 
späterhin  übergehende  Oel  blausäurefrei  ist. 

Um  das  rohe  Bittermandelöl  ganz  blausäurefrei  zu  erhalten, 
muss  die  Säure  durch  Zusatz  passender  Körper  gebunden  werden; 
gewöhnlich  wird  das  Oel  hierzu  mit  Kalkhydrat  und  etwas  gelöstem 
Eisenchlorür  durch  starkes  Schütteln  innig  vermischt  und  nach  1- 
bis  2tägigem  Stehen  damit  destillirt,  wobei  das  Cyan  als  Berlinerblau 
zurückbleibt.  Oder  man  digerirt  das  rohe  Oel  unter  häufigem  Schüt- 
teln mit  feingeriebenero  Quecksilberoxyd  und  Wasser,  oder  (nach 
Grindley  ^  mit  einem  gleichen  Volumen  Wasser  und  einem  Gemenge 
von  Quecksilberoxyd  und  Kalk  unter  Zusatz  von  etwas  Eisenchlorür, 
und  nachherigem  Destilliren  des  abgegossenen  Oels,  welches  dann 
durch  Schütteln  mit  gebranntem  Kalk  oder  Chlorcalcium  getrock- 
net wird. 

Es  ist  auch  empfohlen,  zur  Reinigung  das  rohe  Bittermandelöl 
in  Alkohol  zu  lösen,  und  diese  Flüssigkeit  mit  einer  neutralen  Lösung 
von  Eisenchlorid  und  etwas  wässerigem  Kalihydrat  zu  versetzen ;  nach- 
dem die  Lösung  in  einem  Stöpselglase  einige  Zeit  unter  öfterem  Schüt- 
teln gestanden  hat,  wird  sie  mit  verdünnter  Schwefelsäure  neutralisirt, 
und  dann  filtrirt  (Groves  ').  Diese  Methode  ist  nur  anwendbar,  wenn 
daa  Oel  in  Lösung  gebraucht  werden  soll. 

Ein  Vorschlag  (von  Whipple  *),  das  rohe  Oel  bei  der  Destillation 
in  einer  Lösung  von  salpetersaurem  Silber  aufzufangen,  wieder  zu  destil- 
liren  und  nochmals  mit  Silberlösung  zu  behandeln,  scheint  ungeeignet, 


^)  Compt.  rend.  de  l'MAd.  T..XXZVI,  p.  681;  Aimal.  da  ohim.  et  de  phyi. 
SJ  T.  XXXIX,  p.  221;  Annml.  d.  Chem.  u.  Thtam.  Bd.  LXXl^V,  S.  282.  — 
^  London  Ph.  Jonrn.  and  Tnnsaot.  Vol.  VII,  No.   1,  p.  18;    Pharm.  CentralbL 

1849,  S.  65».  —  *)  Pharm.  Jomrn.  Traniaot  Vol.  Xm,  p.  699.  —  *)  Phann.  Jonrn. 

Transaet.  Vol.  Xm,  p.  697. 

58« 


? 


916  Benzoylwasserstofl: 

da  nach  der  Angabe  von  32  Thln.  rohem  Oel^  nur  6  TU«,  reinee  <M 
erhalten  wurden. 

Die  Beinignng  des  Oels  mit  EUenoxyduloxydldsiuig  bei  6egMi> 
wart  von  Alkali  erscheint  daher  am  zweckmässigsten.  Die  DeetiOalioB 
in  Glaeretorten  ist  hierbei  wegen  des  Stossens  unangenehm ;  nach  £d- 
wards  soll  man  daher  die  Betorte  inwendig  mit  einem  Silberapie^ 
dberziehen,  indem  man  zuerst  salpetersaures  Silberozyd  mit  üba>- 
BchÜssigem  Ammoniak  versetzt  hineinbringt  und  dann  das  Silber  dordi 
Honig  reducirt  (Edwards  i). 

Nach  Maolagan  kann  das  Gel  durch  Behandeln  mit  Eisensak 
und  Alkali  vollkommen  blausäurefrei  erhalten  werden,  so  dass  e&,  mit 
Kalium  erhitzt  (nach  Lassaigne's  Methode) ,  keinen  Gehalt  an  Stick- 
stoff mehr  zeigt. 

um  das  gereinigte  Gel  auf  Blausäure  zu  prüfen,  w^ird  es  wk 
Wasser  unter  Zusatz  von  etwas  Alkali  geschüttelt  und  die  wässerigt 
Flüssigkeit  nach  dem  Abscheiden  des  nicht  gelösten  Oels  mittelst 
Eisenoxyduloxydlösung  oder  mit  salpetersaurem  Silberoxyd  wie  ge- 
wöhnlich untersucht. 

In  manchen  Fällen  lässt  sich  der  reine  Benzoyl Wasserstoff  aus  des 
unreinen  Gel  zweckmässig  durch  Einwirkung  von  doppelt-schwefligsanren 
Natron  darstellen,  indem  man  das  rohe  Gel  mit  seinem  3-  bis  4iachei 
Volumen  einer  Cösung  des  Salzes  von  27<>B.  oder  1^231  specif.  Gewick 
schüttelt;  die  dabei  erhaltenen  Eurystalle  werden  abgepresst,  in  eiiMB 
Verdrängungsapparat  mit  kaltem  Weingeist  ausgewaschen,  dann  dorek 
Abpressen  getrocknet  und  durch  Schütteln  mit  wenig  Wasser  und  eioer 
concentrirten  Lösung  von  kohlensaurem  Kali  zersetzt,  wobei  reiner 
Benzoylwasserstoff  sich  abscheidet,  der  getrocknet  und  rectificirt  wiii 
Die  Mutterlauge,  woraus  sich  die  Krystalle  beim  Schütteln  des  roba 
Gels  mit  dem  zweifach -schwefligsauren  Salz  abschieden,  enthalt  iitf 
alle  Blausäure  sowie  die  Benzoesäure  und  andere  Substanzen.  Dtf 
zum  Auswaschen  der  E[rystalle  verwendete  Alkohol  enthält  etwas  Blifi- 
säure  und  hinterlässt  beim  Abdampfen  einen  braunen,  stechend  rieduA* 
den  Bückstand,  in  dem  körnige  Krystalle  einer  noch  nicht  näher  miter 
suchten  organischen  Verbindung  bemerkbar  sind,  die  vielleicht  schoi 
in  dem  rohen  Gel  enthalten  war  (Bertagnini^). 

DiQSe  letzte  Reinigungsmethode  erscheint  besonders  zweckmäsi]£> 
wo  es  sich  um  Darstellung  kleinerer  Mengen  von  reinem  Benzoylwas8e^ 
Stoff  handelt. 

Das  reine  Gel  ist  farblos,  oder  nach  längerem  Aufbewahres 
gelblich,  es  ist  dünnflüssig  und*  bricht  das  Licht  stark;  es  hat  eineo 
eigenthümlichen  angenehm  aromatischen  Geruch,  kaum  verschieden  tob 
dem  des  blausäurehaltigen  Gels,  und  hat  einen  brennenden  GreschmacL 
sein  specif.  Gewicht  =  1,0499  bei  14,6o  C.  oder  1,068  bei  0»C.;  «eil« 
Ausdehnung  beträgt  für  jeden  Grad  zwischen  0^  bis  152<^  C.  =  1  -f 
0,00'09402<  —  0,00000082045*2  +  0,000000008060t«  (Kopp).  Es  lort 
sich  in  30  Thln.  Wasser  und  mischt  sich  in  jedem  Verhältniss  mit  Alko- 
hol, Aether,  mit  flüchtigen  oder  fetten  Gelen.  Es  siedet  bei  179,1^0.6« 
701,3™°^,  und  vergast  ohne  alle  Zersetzung,  das  specif.  Gewicht  stf- 
nee  Dampfe«  berechnet  sich  bei  einer  Verdichtang  auf  4  Vohiin  sn  3,66. 


^)  Pharm.  Journ.  Transact.  Vol.  XIII»  p.  600.  —  V  Annal.  d.  Chen.  o. 
Bd.  LXXXV,  S.  186. 


Benzoy Iwasserstoff.  917 

▲n  der  Luft  eotsündet  brennt  es  mit  mssender  Flamme.  Der  reine  blau- 
iiSiiirefreie  Benzoylwasserotoff  ist  nicht  giftig;  im  Thierkörper  geht  er  in 
Hippnraänre  über  (Wöhler  und  Frerichs  ^X  Naoh  Verduchen  von 
Maclagan^)  brachte  blaus&urefreies  Bittermandelöl  in  Gaben  von 
8  Drachmen  bei  Hunden  nur  Erbrechen  hervor,  ohne  sonstige  Nach- 
theile SU  seigen;  Kanichen  starben  aber  nach  mehreren  Stunden  bei 
Dosen  von  2  Drachmen,  eben  so  tödtlioh  wirkte  aber  z.  B.  auch 
Nelkenöl. 

Seinem  chemischen  Verhalten  nach  gehört  der  Benzoylwasserstoff 
zu  den  Aldehyden,  verbindet  sich  wie  diese  mit  den  doppelt*8chweflig- 
sauren  Alkalien  und  ozy4irt  sich  leicht  schon  an  der  Luft  zu  BenzoS« 
s&ore,  er  reducirt  aber  nicht  das  salpetersaure  Silberoxyd.  Der  Benzoyl* 
Wasserstoff  löst  sich  in  wässeriger  schwefliger  Säure  viel  leichter  als 
in  reinem  Wasser;  beim  Erwärmen  der  Lösung  scheidet  das  Oel  sich 
in  dem  Maasse  ab,  als  die  Säure  verdampft.  Bei  Gegenwart  von 
Alkalien  löst  sich  das  Oel  unter  Einwirkung  von  überschüssiger  schwef- 
liger Säure  'sehr  leicht;  ebenso  verhält  es  sich  gegen  saure  schweflig- 
saure  Alkalien;  es  entstehen  hiebei  zum  Theil  krystallinische  Ver- 
bindungen. 

In  doppelt-schwefligsanrem  Ammoniak  löst  sich  Benzoyl- 
wasserstoff in  jedem  Verhältniss,  gerade  wie  in  Alkohol  oder  in  flüch- 
tigen Oelen;  diese  Lösung  enthält  wahrscheinlich  die  Verbindung  des 
Oels  mit  dem  sauren  Alkalisalz  neben  einem  etwaigen  TJeberschnss  des 
Gels;  die  reine  Verbindung  konnte  aber  nicht  krystallisirt  erhalten 
werden,  sie  scheint  sehr  löslich  zu  sein.  Wird  die  trockene  Verbin- 
dung mit  überschüssigem  Kalihydrat  gemengt  destillirt,  so  bilden  sich 
(nach  Gössmann).    Amarin  und  Lophin  (s.  d.  S.  938  u*  941). 

Benzoylwasserstoff  mit  doppelt-schwefligsaurem  Kali 
scheidet  sich  unter  Erwärmung  als  ein  Krystallbrei  ab,  wenn  man  das 
Oel  mit  einer  Lösung  von  zweifach-schwefligsaurem  Kali  (von  28<>  bis 
SO»  B.  oder  1,24  bis  1,26  specif.  Gewicht)  schüttelt.  Die  Krystalle 
werden  nach  dem  Abpressen  zwischen  Papier  in  verdünntem  sieden- 
den Alkohl  gelöst  (bei  zu  langem  Sieden  findet  Zersetzung  statt);  beim 
langsamen  Erkalten  der  Lösung  scheidet  die  Verbindung  sich  in  glän- 
zenden rectangulärön  Blättchen  ab,  trocken  verändern  sie  sich  an  der 
Luft  nur  langsam;  sie  lösen  sich  nur  wenig  in  kaltem  Alkohol,  leicht 
in  reinem  Wasser,  schwieriger  bei  Gegenwart  von  saurem  schweflig- 
sauren Alkali,  so  dass  in  einer  concentrirten  Lösung  dieses  Salzes  die 
Verbindung  beinahe  fast  ganz  unlöslich  ist.  Die  wässerige  Lösung 
zersetzt  sich  beim  Kochen  för  sich  unter  Abscheidung  des  Benzoyl- 
wasserstoffs;  verdünnte  Säuren  wirken  erst  beim  Erwärmen  zersetzend 
dn;  eine  Lösung  von  kohlensaurem  Alkali  zersetzt  sie  sogleich  unter 
vollständiger  Abscheidung  des  reinen  Benzoylwasserstoffs. 

Benzoylwasserstoff  mit  doppelt-schwefligsaurem  Na- 
tron, CuHeO,  -|-  NaO.SsQ«  -f-  2 HO,  bildet  sich  beim  Schütteln 
des  Oels  mit  3  bis  4  Vol.  einer  Lösung  von  doppelt-schwefligsaurem 
Natron  von  1,23  specif.  Gewicht;  es  bilden  sich  schnell  Krystalle,  welche, 
nachdem  sie  abgetrocknet  sind,  2-  bis  3mal  ans  ÖOprocentigem  Alkohol 
umkrystallisirt  werden.  Die  Verbindung  krystallisirt  in  weissen  glänzen- 


»)  Annal.  d.  Gb«m.  a    PhATm.  Bd.  LXV,  8.  887.  —  ■)  Phami.  Jonrn.  Transact. 
Vol.  Xni,  p.  277. 


918  Benzoylwasserstoft 

den  Prismen,  die  schwaoh  nach  BencoylwassentolTiieokan,  nndnachdi»* 
gern  wie  sogleich  nach  schwefliger  Säure  schmecken«  In  verschlosseoa 
Gelassen  lassen  die  Krystalle  sich  unverändert  aufbewahren,  selbsl  an  der 
Luft  verändern  sie  sich  nur  langsam.  Sie  lösen  sich  leicht  in  Wasser,  imd 
beim  Erkalten  der  warm  gesättigten  Lösung  scheiden  sich  wieder  groass 
Ejrystalle  ab.  Die  Verbindung  lost  sich  in  starkem  Alkohol  mJchk  in 
der  Kälte,  und  nur  wenig  beim  Erwärmen;  leicht  löslich  sind  sie  in  ver- 
dünntem Weingeist  Gegen  verdünnte  Säuren,  wie  gegen  Lösonga 
von  doppelt^schwefligsaurem  oder  einfach-kohlensaurem  Alkali  Verhaltes 
sie  sich  wie  das  Eüalisalz.  Brom  und  Jod  lösen  sich  bei  Znsats  voa 
Wasser  mit  der  Verbindung  zu  einer  farblosen,  Schwefelsäure  haltendea 
Flüssigkeit,  während  Bensoyl Wasserstoff  sich  abscheidet;  Salpetersäim 
EersetKt  das  trockene  Salz  in  gleicher  Weise.  Vorsichtig  an  der  Luft  erhilBti 
zersetzt  die  Verbindung  sieb,  ohne  zu  verkohlen,  in  entweichende  s^wefiige 
Säure  und  Benzojlwasserstoff,  während  einfach*schwefligsaiires  AlkaE 
zurückbleibt;  beim  Erhitzen  im  Wasserstoffgasstrom  findet  die  Zm- 
Setzung  schon  unter  100<^  C.  statt. 

Die  wässerige  Lösung  von  schwefligsanrem  Benzoylwasserstoff- 
Alkali  giebt  mit  Chlorbarium  einen  weissen,  in  Salzsäure  löelicha 
Niederschlag;  sie  fallt  auch  die  Bleisalze  und  Silbersalze;  es  scheiiDl 
dass  die  Niederschläge  einen  Theil  des  Oels  enthalten  (Bertagnini^ 

Verwandlungen  des  Benzoylwasserstoffs.  Der  Benzo;^ 
Wasserstoff  geht  bei  Einwirkung  anderer  Körper  sehr  leicht  in  manai^ 
fache  Zersetzungsproducte  Über,  aber  auch  für  sich  allein  scheint  e 
sehr  geneigt  zu  sein,  vieUeicht  ähnlich  dem  Acetylaldehyd,  in  iamncR 
Verbindungen  überzugehen;  oder  es  sind  die  Oele,  welche  ans  bitte» 
Mandeln,  aus  Kernen  von  Kirschen  und  Pfirsichen^  aus  Pfirsichblatten 
u.  dgl.  erhalten  werden,  abgesehen  von  ihrem  Gehalt  an  Blansäan, 
Benzoesäure  u.  s.  w«,  wenn  auch  von  gleicher  Zusammensetsnng,  do^ 
unter  sich  verschiedenartige  Körper.  Anders  Jässt  sich  kaum  & 
Thatsache  erklären»  dass,  wenn  auch  vielleicht  nicht  vollständig,  f^ 
reinigter  Benzoylwasserstoff  mit  demselben  Agens  oft  so  verschi^cw 
Zersetzungsproducte  bildet,  und  dass  es  selbst  bei  möglichst  gleidur 
Behandlung  nicht  immer  gelingt,  wüikürlich  den  einen  oder  a&deii 
Abkömmling  darzustellen*  Die  Länge  der  Zeit,  welche  die  einzelna 
Agentien  bis  zur  Vollendung  der  Beaction  oft  einzuwirken  haben,  & 
geringe  Ausbeute  an  Producten  und  die  Kostspieligkeit  der  Sabstaai 
sind  weitere  Ursachen,  dass  über  die  Bedingungen  der  Bildung  dv 
einzelnen  Producte  und  über  ihre  Eigenschaften  noch  viele  Zweifel  aai> 
znklären  sind.  Man  kann  nicht  unbedingt  behaupten,  dass  alle  w 
Laurent  und  Anderen  dargestellte  Körper  wirklich  einfache  chemiscbt 
Verbindungen  sind;  hier,  wo  meistens  mit  so  geringen  Mengen  ges^ 
beitet  wurde,  oft  mit  schwerlöslichen,  unkrystallinischen,  und  schwierig 
darzustellenden  Körpern,  sind  nicht  die  nöthigen  Garantien  für  die  Bon- 
heit  der  Substanz  gegeben;  bei  Wiederholung  der  schwierigen  und 
zeitraubenden  Arbeiten  Laurent's  werden  unstreitig  manche  Resoltati 
abweichend  von  den  früheren  erhalten  werden.  Vor  Allem  wäre  es  wesent- 
lich, hier  nur  mit  schwefligsaurem  Alkali  gereinigtes  Oel  zu  verwenden, 
um  sicher  zu  sein,  das  Benzoylaldehyd  in  Anwendung  zu  bringen. 


^)  Annal.  d.  Chem.  n.  Fhsmi.  Bd. 
Kopp  1862,  3.  625. 


LXXZV,   a.  179;  Jahresber.  t.  Liabig  a. 


Benzoylwasserstoff.  919 

Die  beobaohtelen  ZerseUangen  aind  hervorgebracht: 

1)  Durch  Wärme.  Der  Bencoylwasserstoff  verträgt  selbst 
schwache  Glühhitze,  ohne  sich  zu  zersetzen;  leitet  man  den  Dampf  des- 
selben durch  eine  rothglühende,  mit  PorzellanstÜoken  gefüllte  Bohre,  so 
serf ällt  er  in  Benzol  und  Kohlenoxyd : 

Benzojlwasser8to£P        Benzol  Kohlenoxyd« 

2)  Durch  Sauer  Stoff  gas.  An  der  Luft  oxydirt  das  Oel  sich  bald; 
io  Infihaltenden  oder  nicht  luftdicht  verschlossenen  Gelassen  bilden  sich 
bald  Krystalle,  die  früher  wohl  als  BittermandelÖlcamphor  bezeichnet, 
von  Stange,  später  von  Liebig  und  Wöbler  als  Benzoesäure  erkannt 
wurden.  Lässt  man  einige  Tropfen  Bittermandelöl  auf  einem  Uhrglase  an 
der  Luft  verdampfen,  so  bleibt  ein  krystallinischor  Rückstand  von  Benzoe- 
säure« Die  Berührung  mit  Wasser  begünstigt  die  Oxydation  des  Oels 
wesentlich.  Sohönbein^)  hat  nachgewiesen,  dass  der  Sauerstoff  sich 
zugleich  in  Ozon  verwandele,  daher  beim  Schütteln  von  Luft  mitBenzoyl- 
Wasserstoff,  dem  etwas  Indigolösung  zugesetzt  ist,  der  Indigo  sich  ent- 
färbt, während.  Benzoesäure  sich  bildet;  der  Benzoylwasserstoff  hat 
also  überhaupt  die  Fähigkeit,  den  Sauerstoff  in  Ozon  zu  verwandeln, 
besonders  leicht  findet  die  Umwandlung  im  Sonnenlicht  statt. 

8)  Durch  Manganhyperoxyd  oder  andere  Hyperoxyde 
und  Schwefelsäure.  Das  Oel  oxydirt  sich  dabei  schnell  in  gleicher 
Weise  wie  durch  freien  Sauerstoff. 

4)  Durch  Salpetersäure.  Massig  starke  Säure  löst  das  Oel, 
verwandelt  es  aber  nicht  in  der  Kälte,  und  selbst  in  der  Wärme  langsam 
in  Benzoesäure.  Concentrirte  rauchende  Salpetersäure  oder  ein  Ge- 
menge von  Salpetersäure  mit  ooncentrirter  Schwefelsäure  löst  das  Oel 
leicht,  auf  Zusatz  von  Wasser  scheidet  sich  Nitrobenzoylwasser- 
stoff,  neben  einem  gelben  öligen»  nicht  näher  untersuchten  Körper, 
dessen  Bildung  nicht  vermieden  werden  konnte,  [ab  (Bertagnini), 
(s.  Abkömmlinge  S.  923). 

5)  Durch  Schwefelsäure.  Wasserfreie  Säure  löst  das  reine 
Oel  ohne  Schwärzung;  nach  dem  Verdünnen  der  Flüssigkeit  mit  Wasser 
und  Neutralisir en  mit  kohlensaurem  Baryt  hinterlässt  das  Filtrat  beim 
Verdampfen  Bittermandelöl -schwefelsauren  Baryt  als  eine  zähe 
Masse.  Aus  der  Lösung  des  Barytsalzes  können  durch  doppelte  Zer- 
setzung mittelst  der  Sulphate  von  Zink  oder  Magnesia  krystallisirbare 
Salze  dieser  gepaarten  Schwefelsäure  erhalten  werden  (Mitscherlich). 
£ine  weitere  Untersuchung  fehlt 

Schwefelsäurehydrat  löst  den  Benzoylwasserstoff,  die  Mischung  ist 
roth  und  wird  besonders  beim  Erwärmen  schnell  schwarz  unter  Ent- 
wickelnng  schwefliger  Säure.  Ob  sich  bei  Einwirkung  von  gewöhn- 
licher-oder  von  rauchender  Schwefelsäure  auf  reinen  Benzoylwasserstoff 
auch  das  Benzoylbydrat  oder  die  Stilbilsäure  (s. unterBittermandelöl) 
bildet,  oder  ob  hiezu  die  Gegenwart  von  Blausäure  nothwendig  ist,  ist 
noch  nicht  erwiesen. 

6)  Durch  Chlor.  Chlor  bildet  bei  Einwirkung  auf  Benzoyl- 
waflserstoff  verschiedene  Producte,  deren  Znsammensetzung  und  Ent- 
stehungsweise noch  nicht  hinreichend  erklärt  ist.    Chlorgas  durch  Ben- 


*)  Annml.  d.  Ghem.  n.  Phann.  Bd.  OII,  8.  19»« 


920  BenzoylwaASerBtoff. 

zoylwasserstoff  geleitet,  TenraDdelt  dieaee  nater  Abeeheidang  von  Sak- 
•ftnre  in  Beiusoylchloiid,  Ci4](6  02*€l  (s  d.);  diese  ürawaDdlung  iil 
meistens  nnvollstandig,  und  es  entsteht  dann  zagleidi,  besonden  bei 
feuchtem  Chlorgas,  eine  Verbindung  von  Bensoylwasaeraioff  mit 
Benzoylchlorid,  Ci4fi6  0s.Ci4ft5€l09  =Cs8{^iGl04,  ein  K&rper, 
der  von  Laurent  und  Gerhardt  ^  entdeckt,  und  isomer  ist  mit  dem 
Benzilchlorür  von  Cahours  (s.  S.  821). 

Zur  Darstellung  des  Benzoylwasserstoff-Benzoylchlorida  lässt  man 
das  Oel,  nachdem  es  mit  tjiberschössigem  Chlor  behandelt  ist,  in  einen 
verschlossenen  Glase  einige  Zeit  stehen ;  man  sieht  im  Laufe  von  einig« 
Wochen  dann  glänzende  Krystallblättchen  sich  abscheiden,  deren  Ma«e 
zunimmt,  so  dass  nach  etwa  vier  Wochen  das  Oel  fast  vollatiuidig  feil 
geworden  ist.  Durch  Abwaschen  mit  kaltem  Alkohol  und  Trocknea 
auf  Fliesspapier  Über  Schwefelsäure  erhält  man  das  Benzoylwasserstof- 
Benzoylchlorid  als  farblose  glänzende  Ejrystalle,  welche  der  Benzoeeiore 
ähnlich  sehen,  aber  sich  nicht  wie  diese  Säure  in  kaltem  Alkohol  Idmn. 
In  der  Hitze  werden  sie  durch  Alkohol  leicht  zerlegt,  bei  Znaatz  vw 
etwas  Ammoniak  bildet  sich  Salmiak  und  benzoSsaures  Ammoniak  oder 
Benzamid.  Auch  Wasser  zerlegt  die  Krystalle  beim  Erhitzen  schnell,  ei 
bildet  sich  Benzoesäure,  Benzoylwasserstoff  und  Salzsäure«  —  Conoes- 
trirte  Schwefelsäure  färbt  die  Verbindung  sogleich  gelb  unter  Ent* 
Wickelung  von  Salzsäure,  und  Wasser  verwandelt  sie  dann  in  Benzojl- 
wasserstoff  und  Benzoesäure, 

Die  im  trockenen  Zustande  geruchlose  Flüssigkeit  stöast  fen<^t  so* 
gleich  Salzsäuredämpfe  aus  und  riecht  dann  nach  Bittermandelöl.  — 
Vorsichtig  erhitzt,  schmilzt  das  Benzoylwasserstoff-Benzoylchlorid  olmi 
Zersetzung;  beim  Erhitzen  über  den  Schmelzpunkt  hinaus  zeigt  es  des 
Geruch  jiach  Benzoylchlorid ;  durch  Destillation  erhält  man  ein  Gkmenge 
von  Benzoylwasserstoff  und  Benzoylchlorid. 

Felo  uze  hat  auch  durch  Einwirkung  von  feuchtem  Chlorgaa  aaf 
Benzoylwasserstoff  einen  krystallinischen  Körper  erhalten,  der  na^ 
Laurent ')  die  Zusammensetzung  der  BenzoSsäure  hatte,  aber  von  dies« 
sich  dadurch  wesentlich  unterschied,  daas  er  bei  der  Behandlung  seiner 
alkoholischen  Lösung  mit  Ammoniak  sich  vollständig  in  Benzamid  ver- 
wandelt. 

Laurent's  Stilbesilsäure  ist  durch  Einwirkung  des  Gfalors  md 
rohes  Bittermandelöl  dargestellt  und  deshalb  dort  beschrieben,  wefl  ei 
sich  nicht  entscheiden  lässt,  ob  es  auch  aus  reinem  Benzoylwasaerstoir 
erhalten  werden  kann. 

Vom  Benzoylhydrat  (s.  d.  unter  Bittermandelöl,  Abkömm* 
linge)  ist  nicht  deutlich  nachgewiesen,  ob  es  überhaupt  durch  £2inwir- 
kung  von  Ghlorgas  auf  Benzoylwasserstoff,  reinem  oder  blansänrehalten- 
dem,  entstehe.  Der  benzoSsaure  Benzoylwasserstoff  ist  voa 
Winckler  aus  rohem  Bittermandelöl  dargestellt,  daher  dort  besohiie- 
ben,  obgleich  der  Zusammensetzung  nach  man  aimehraen  dürfte,  daas 
er  sich  aus  reinem  Benzoylwasserstoff  bildet 

7)  Durch  Chlorschwefel.  Bis  jetzt  ist  nur  das  Verhalten  des- 
selben gegen  rohes  Bittermandelti  (s.  bei  diesem)  untersucht 

8)  Durch  Fhosphorperehlorid.   Beim  Zusammenbringen  die» 


^)  Qompt.    rend.  des  tray.  de  eh.  par  Laurent  et  Gerhardt,  Arril  ISSO, 
p.  128.  —  *)  Compt.  rend.  de  leewl.  T.  XXII,  p.  789. 


BenzoylwMserstcKK  921 

.M8  Chlorid»  mit  BensoylwMsentoff  findet  eise  keftige  Emwiricnng  statt, 
es  bildet  sich  Phosphorozychlorid  und  Chlorobenzol,  und  in  Folge  der 
dabei  sich  entwickelnden  Wime  destUlirt  ein  Theil  der  Producte  über 
(C  a  h  o  a  r  s) ;  die  Zersetsnng  ist  diese : 

Bensoylwasserstoff  Chlorobensol 

Beim  Erwärmen  des  Gemenges  destillirt  bei  100^  bis  112<^C.  das 
Phospfaoroxychlorid  Ober;  bei  Behandlung  des  bei  dieser  Temperatur 
nicht  flüchtigen  Theüs  der  Flüssigkeit  mit  Wasser  und  Kalilauge,  Trock- 
nen der  Flüssigkeit  über  Ghlorcalcium  und  Bectificiren  bei  206«  bis  2a8<»  C. 
wird  das  Ghlorobenzol  rein  erhalten.  Dieser  Körper  ist  von  Cahonrs 
entdeckt,  später  von  H.  Buff,  von  Wicke  und  von  A.  Engelhardt 
nntersQcht;  er  muss,  nach  Wicke,    als  das  ChlorÜr  eines  Badicals, 

C14H«,  betrachtet  werden,  welches  dem  zweisäurigen  Alkohol     '^11' 1^4 

angehört,  den  er  Bensolalkohol  nennt  (s.  unten  S.  927). 

9)  Wird  Chloracetjl  mit  trockenem  Benzoylwasserstoff  zu  glei- 
chen Aeqnivalenten  in  zugeschmolzSnen  Glasröhren  auf  120®bis  ldO<>G. 
10  bis  20  Stunden  erhitzt,  so  bildet  sich  Salzsäure  und  Zimmtsäure, 
welche  sich  zum  Theil  schon  beim  Erkalten  der  Flüssigkeit  abscheidet, 
theils  durch  Auskochen  derselben  niit  Ammoniak  haltendem  Wasser 
nnd  Fällen  mit  Salzsäure  darstellen  lässt.  Wird  das  Gemenge  von 
Chloracetyl  mit  BenzoylwasserstoflT  auf  200^^0.  erhitzt,  so  bildet  sich 
eine  feste  graue  amorphe  Masse,  welche  etwas  Zimmtsäure  enthält, 
i^>er  nicht  weiter  untersucht  ist  (Bertagnini^).  Die  Bildung  der 
Zimmtsäure  hierbei  giebt  folgende  Gleichung: 

Chloracetyl     Bencojlwasserstoff  Zimmtsäure. 

• 

10)  Brom  löst  sich  beim  Vermischen  mit  Benzojlwasserstoff  un- 
ter Erwärmen  auf,  es  entwickeln  sich  sogleich  dicke  Dämpfe  von  Brom- 
wasserstoff, zugleich  bildet  sich  Benzoylbromid  (s.  d.  S.  903). 

Jod  wirkt  nicht  auf  Benzoylwasserstoff  ein. 

11)  Durch  Schwefelwasserstoff  wird  das  Oel  zerlegt  unter 
Bildung  von  Benzoylsulfhjdrat ;  dasselbe  Product  entsteht  aber  leichter 
noch  bei  gleichzeitiger  Gegenwart  von  Ammoniak  (s.  S.  980). 

12)  Durch  Schwefelammoninm.  Bei  Behandlung  von  Ben- 
Boylwasserstoff  mit  Schwefelammonium  entstehen  verschiedenartige  Pro- 
doote,  je  nachdem  die  Rtoction  in  wässeriger  alkoholischer  oder  ätheri- 
icher  Lösung  vor  sich  geht,  und  je  nachdem  eine  grössere  oder  geringere 
ICenge  von  Alkali  angewandt  wird;  doch  kommen  hiebei  auch  noch 
ftndere,  nicht  hinreichend  ermittelte,  umstände  in  Betracht.  Die  noch 
in  vollständig  bekannten,  namentlich  von  Laurent  dargestellten  Producte 
(ind  theils  stickstofffreie,  theils  stickstoffhaltende  Schwefelverbindungen-; 
lie  Zusammensetzung  mancher  derselben  ist  noch  nicht  festgestellt,  was  zum 
rheil  daran  liegen  mag,  dass  der  Stickstoff  nicht  genau,  meistens  etwas  zu 
liediig  bestimmt  wird,  vielleicht  auch,  dass  sie  noch  nicht  hinreichend 
•ein  erhalten  wurden. 


*}  Ajiaal.  d.  Chtm-u.  Pharm.  Bd.  C,  S.  125. 


922  Benzoylwasserstoff. 

Bei  Einwirkung  von  Schwefelammoninin  snf  BenKoylwasaentoff  h 
alkoholischer  Lösung  bildet  sich  ßenzoylsnlfhydrat,  0148^89,  dane- 
ben Sulfazobenzojlwasserstoff  oder  Thiobensaldin,  C4sHi9NS( 
(s.  beide  S.  930);  der  letztere  bildet  sich  namentlich  auch  in  itiiftri- 
scher  Lösnng. 

13)  Durch  Ammoniak.  Durch  die  Einwirkung  dieses  Körpen 
anf  BenzojlwasserstoflT  bilden  sich  verschiedenartige  Prodacte,  die  zum 
Theil  sehr  unvollständig  bekannt  sind,  besonders  hinsichtlich  der  Be» 
dingungen  ihrei;  Entstehung.  Es  treten  dabei  meist  mehrere  Prodncsfce 
nebeneinander  auf,  vielleicht  nur  weil  das  Oel  ein  Gemenge  vexvchie- 
dener  Substanzen  ist,  und  daher  mögen  manche  als  rein  betrachtete  Kö^ 
per  doch  noch  gemengt  gewesen  sein.  Der  umstand, dass  meistens  nur 
geringere  Mengen  der  einzelnen  Producta  erhalten  wurden,  und  dasi 
manche  derselben  nicht  willkürlich  wieder  dargestellt  werden  konnteOt 
hat  eine  vollständigere  Untersuchung  bis  jetzt  verhindert  £s  ist  mög^ 
lieh,  dass  in  manchen  Fällen  die  Stickstoffbestimmungen  wegen  der 
Mangelhaftigkeit  der  älteren  hier  noch  angewandten  Methoden  etwas  n 
niedrig  ausgefallen  und  dadurch  unrichtige  Formeln  berechnet  sind;  we- 
nigstens hat  Laurent,  der  die  meisten  dieser  Verbindungen  untersadit 
hat,  bei  späteren  Wiederholungen  älterer  Analysen  zuweilen  mehr  Stick* 
Stoff  gefunden  als  früher,  wodurch  dann  die  Formel  einfacher  wurd^ 
Durch  wässeriges  Ammoniak  ward  aus  dem  Benzoylwasserstoff  hanjit- 
sächlich  das  Hydrobenzamid  (S.  934)  und  unter  umständen  du 
Azobenzoilid  (CsgHnN)  (S.  946)  erhalten,  mittelst  weingeistigfli 
Ammoniaks  der  Azobenzoilinwasserstoff  (von  Laurent  für  eigen- 
thümlich  gehalten  und  so  benannt,  später  aber  als  Amarin  erkaontl 
und  die  Benziminsäure  (S.  946),  unter  anderen  umständen  das  Bi* 
benzoilimid  (Robson)  (S.  947),  welche  Körper  unter  den  Abkömm- 
lingen des  Benzoylwasserstoffs  (a.  a.  O.)  beschrieben  sind. 

14)  Durch  Cyanammoninm.  Bei  Einwirkung  von  Cyanan- 
monium  in  weingeistiger  Lösung  auf  Benzoylwasserstoff  bildet  sich  eiM 
in  Alkohol  lösliche,  weisse  krystallinische  Verbindung,  das  Bens* 
hydramid  (s.  Bittermandelöl,  Verwandlungen),  identisch  nis 
dem  Product,  welches  bei  Behandlung  .des  blausäurehaltenden  Oeb 
mit  reinem  Ammoniak  entsteht  (Laurent  und  Gerhardt). 

15)  Durch  Ko-hlensulfid  und  Ammoniak.  Wenn  Salib-> 
kohlensaure  mit  Ammoniak  und  Benzoylwasserstoff  zusammengebradit 
wird,  so  bilden  sich  zwei  Schichten,  aus  denen  sich  bald  Krystalle 
von  Benzoylrhodanür  abscheiden,  während  zugleich  Schw^felammonima 
und  Wasser  aus  den  Elementen  der  zusammengebrachten  Verbindangea 
gebildet  ist: 

Ci4H«^+3NB8  +C2S4===CieH5SjN^  + 

Benzoylwasserstoff  Benzoylrhodanür 

16)  Durch  Kalium.  In  trockenem  reinen  Oel  löst  sich  das 
Metall  allmälig  ohne  Wasserstoffentwickelung  auf,  während  das  Oel  sieh 
verdickt  und  dunkel  wird. 

17)  Durch  Kali-  und  Natronhydrat.  Bei  Berührung  mit  den 
ätzenden  Alkalien  absorbirt  der  Benzoylwasserstoff  rasch  Sauerstoff  und 
verwandelt  sich  in  Benzoesäure.  Mit  Kalihydrat  für  sich  erhitzt,  wird 
das  Oel  auch  bei  Abschluss  von  Luft  unter  Entwickelung  von  Wasser- 
stoffgas zu  Benzoesäure  oxydirt.     Mit  weingeistiger  Kalilösung  erhittt» 


Benzoylwasserstoff.  928 

serle^  der  Benzoylwasserstoff  (2.Ci48«09)  sich  miler  Anfiiahine  von 
Wasser  (2  H  O)  in  Beneo^s&nre  (CuHe  O4)  nnd  Benzylalkohol  (CuHg  O^,). 

18)  Darch  Cjankalium.  Reiner  Benzoylwasserstoff  g;iebt  mit 
Cjankalinm  Benzbin,  diese  dem  Benzoylwasserstoff  isomere  Product,  wel- 
ches sich  auch  bei  Einwirkung  von  Ealilösong  auf  blansänrehaltendes 
Bittermandelöl  (s.  dieses)  bildet. 

19)  Durch  Anilin  und  wahrscheinlich  analog  durch  andere  ähn- 
liche Basen  wird  der  Benzoylwasserstoff  unter  Abscheidung  von  Wasser 
in  ein  saneratofffreiesAnilid  umgewandelt,  das  Stilbylanilin,  Benzoyl- 
anilin  von  Laurent  und  Gerhardt  (s.  Bd.  I,  S.  1076): 

Ci4Tf0O9  — |-  019*17^  =r  Cjgixjirf  -|-  2fTO. 

Benzoylwasserstoff  Anilin       Stilbylanilin 

Harnstoff  bringt  mit  dem  Benzoylwasserstoff  eine  ähnliche 
Umwandlung  hervor;  es  entsteht  beim  Erwärmen  beider  Körper  aus 
4  Aeq.  Harnstoff  (4C2H4N9OS)  und  8  Aeq.  Benzoylwasserstoff  (3. 
Ci4H«09)  neben  6  Aeq.  Wasser  1  Aeq.  des  von  Laurent  und  Ger- 
hardt entdeckten  Benzoylureids  (CsoHss^sOg)  (s.  S.  912). 

Abkömmlinge  des  Benzoylwasserstoffs. 

• 

Von  den  Yerwandlungsproductei^  des  Benzoylwasserstoffs  sind  sehr 
viele  nur  unvollständig  bekannt  in  Beziehung  auf  die  rationelle  For- 
mel, aber  nicht  weniger  ist  man  sogar  oft  wegen  der  empirischen  Zu- 
sammensetzung unsicher.  Einige  dieser  Verbindungen  enthalten  noch 
Bensoyl  (Ci4{{509)  alsKadical;  andere  enthalten  vieUeicht  den  Kohlen- 
wasserstoff G14H5,  welchen  Berzelius  früher  alsBenzoyl  bezeichnete; 
in  einigen  Verbindungen  sind  auch  vielleicht  2  oder  8  Moleküle  die- 
ses Kohlenwasserstoffs  zusammengetreten,  oder  es  sind  andere  Badicale, 
wie  Stilbyl,  CggHn,  oder  ein  anderer  Kohlenwasserstoff  gebildet.  Bei 
dieser  Unsicherheit  ist  eine  systematische  Anordnung  dar  Zersetzungs- 
psoducte  des  Benzoylwasserstoffs  nach  der  Zusammensetzung  ganz  un- 
möglich. Wir  müssen  daher  die  Producte  nach  ihrer  Bildung  folgen 
lassen. 

1)  Nitrobenzoylwasserstofif. 

Eenzoylnitrfir.  Snbstitutionsproduct  des  Benzoylwasserstoffs, 
(1851)  von  Bertagnini  entdeckt  i).  Seine  Formel  =  C14H5NO6  = 
Ci4  (84  .N04)09 .  ft,  oder  weniger  wahrscheinlich,  C14H5OS  .NO4. 

Diese  Verbindung  ist  also  nitrirter  Benzoylwasserstoff  oder  das 
Niirür  des  Benzoyls.  Sie  bildet  sich  bei  Einwirkung  von  starker  Sal- 
petersäure auf  Benzoylwasserstoff.  Zu  ihrer  Darstellung  mischt  man 
tu  rauchender  Salpetersäure  Bittermandelöl  allmälig  in  kleinen  Por* 
tionen  zu,  wobei  es  sich  unter  Wärmeentwickelung  löst ;  fügt  man  nach 
20  bis  80  Minuten  Wasser  hinzu,  so  scheidet  sich  das  nitrirte  Oel  ab. 
Statt  es  in  reiner  Salpetersäure  zu  lösen  kann  man  das  Bittermandelöl 
mit  dem  15-  bis  20fachen  Vplumen  eines  Gremenges  von  Salpetersäure 


0  Gaz.  med.  ital.  T.  I,  S^r.  II ;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXIX, 
9.  259;  Annal.  de  ehim.  et  de  phys.  [S.]  T.  XXXHI,  p.  465;  Phann.  Oeatralbl, 
1862,  S.  660;  Jahresber.  v.  Liebig-n.  Kopp  1861,  S.  619. 


924  BenzoylwasserstolK 

(1  Vol.)  und  coiMientrirler  SohwefelflUure  (2  Vol.)  miiolien;  niMi  no« 
biebei  abkUhlen,  um  Erhitsang  za  vermeideii,  und  nach  der  Ltaiig 
die  Säure  aUbald  mit  ihrem  3*  bis  4faoheii  Volnmen  Wasser  mengoL 

Der  NitrobenaoylwaMentoff  scheidet  sich  aus  der  Saure  als  ose 
ölige  Flüssigkeit  ab,  welche  erst  nach  einigen  Tagen  erstarrt;  dia 
Krystalle  enthalten  noch  ein  gelbliches ,  unangenehm  riechendes  M 
beigemengt,  von  dem  sie  durch  Ausproesen  zwischen  Papier  und  übh 
krystallisiren  aus  verdünntem  kochenden  Alkohol  gereinigt  werden. 

DerNitrobenzoylwasserstoff  ist  weiss  und  krystallinisch,  rein  fitftg^ 
ruchlos,  er  schmeckt  etwas  stechend,  aber  dem  Bitlermandelöl  ahnliek» 
Er  ist  wenig  in  kaltem,  aber  leicht  in  siedendem  Wasser  löslich,  sowi» 
auch  in  warmem  Alkohol,  etwas  weniger  in  Aether.  Die  Yerbindimg 
schmilzt  beim  Erwärmen  zu  einer  farblosen  Flüssigkeit;  etwas  stärker 
erhitzt,  giebt  sie  Dämpfe  ab,  die  verdünnt  angenehm,  conoentrirter 
stechend  riechen  und  reizend  wirken.  Die  vorsichtig  geschmolseae 
Masse  erstarrt  beim. langsamen  Erkalten  bei  46^0.;  bei  Bewegung  der 
Masse  durch  Umrühren  steigt  das  Thermometer  wieder  auf  49*  C 
Sie  verflüchtigt  sich  beim  Kochen  mit  Wasser  in  geringer  Menge; 
in  einem  Gasstrome  im  Oelbade  lässt  sie  sich  vollständig  und  ohne  Ze^ 
Setzung  Überdestilliren ;  för  sich  lassen  sich  nur  beim  vorsiohtigen  E^ 
hitzen  kleine  Mengen  unverändert  verflüchtigen. 

Chlorwasserstoffsäure,  Salpetersäure  und  Schwefelsäure  lösen  des 
Nitrobenzoylwasserstoff  ohne  Zersetzung;  aus  der  Lösung  in  ooneen- 
trirter  Schwefelsäure  scheidet  die  Verbindung  sich  in  schönen,  wie 
Benzo^äure  aussehenden  Krystallblättehen  in  dem  Maasse  ab,  als  die 
Säure  an  der  Lud  Feuchtigkeit  anzieht  und  dadurch  das  Lösungs««^ 
mögen  verliert. 

Kohlensaure  Alkalien  lösen  den  Nitrobenzoylwasserstoff  nififat 
leichter  als  Wasser.  Er  verbindet  sich  analog  dem  Benzoylwasseratrf 
mit  doppelt-schwefligsaoren  Alkalien  zu  krystallinischen  Verbindanges 
(Bertagnini^). 

Nitrobenzoylwasserstoff  mit  zweifach*schwefligaanreM 
Ammoniumoxyd,  Ci4({(5  .N04)09  -f  N{l40 .  SsQ«  +  2 HO.  Diei» 
Verbindung  bildet  sich  sogleich,  wenn  man  Nitrobenzoylwasserstoff  in  ge- 
linder Wärme  in  doppelt-schwefligsanrem  Ammoniak  löst;  beim  AbküUes 
scheidet  sich  das  Doppelsalz  in  kleinen  durchsichtigen  farblosen  Prii- 
men  ab;  sie  krachen  zwischen  den  Zähnen,  schmecken  bitter  und  etwai 
schweflig,  sie  lösen  sich  leicht  in  Wasser,  und  auch  in  siedendem  Wein- 
geist; aus  der  wässerigen  Lösung  kafln  die  Verbindung  nur  schwie- 
rig wieder  krystallisirt  erhalten  werden,  dagegen  leicht  ans  der  al- 
koholischen Lösung.  Das  Salz  nimmt  an  der  Luft  allmälig  eine  schwach 
yiolette  Färbung  an,  ohne  selbst  nach  Monaten  sonst  ^ne  merkbare 
Zersetzung  zu  erleiden.  Aus  der  wässerigen  Lösung  scheiden  sieh 
auf  Zusatz  von  Baryt  -  Silber-  oder  Bleisalzen  die  schwefligsauren  Salse 
dieser  Basen  gemengt  mit  Nitrobenzoylwasserstoff  ab;  PlattnchlorHl 
zersetzt  die  gelöste  Verbindung  unter  Bildung  von  Platinsalmiak. 
Durch  Kochen  mit  Wasser  wird  die  Doppelverbindung  schnell  zerlegt 
unter  Abscheidung  von  kryetallinischem  Nitrobenzoylwasserstoff.  Säorea 
zersetzen  sie  nicht  in  der  Kälte,  schnell  beim  Erwärmen.  Ebenso  ve^ 
halten  sich  die  wässerigen  Alkalien. 

^)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXXY,  S.  189. 


BensoylwasserstoiF.  925 

Nitrobensoylwassarstoff  mit  sweifach-schwefiigsanrem 
NstroD,  Ci4(H5  . N04)0,  -f  NaO.  SjO*  -|-  »O  -f  10  aq.  Ans  einer 
Ldsnng  Ton  NitrobenzoylwasBerstoff  in  wäBserigein  saaren  schweflig- 
Baaren  Natron  krystalliBirt  diese  Verbindang  in  gelben  Blättchen,  wel- 
che durch  UmkrystalliBiren  aus  wenig  Biedendem  Wasser  beinahe  farblos 
erhalten  werden.  Die  Erystalle  jiind  leicht  in  siedendem,  weniger  in 
kaltem  Wasser  löslich,  sie  verwittern  an  der  Luft ;  bei  70<>  bis  80<>  C.  ver- 
lieren sie  10  Aeq.  Wasser,  fast  ohne  sich  sonst  su  verändern ;  fiber  90<^C. 
werden  sie  zersetzt;  bei  weiterem  vordchtigen  Erhitzen  entweicht  Was- 
ser, schweflige  Saore  und  Nitrobenzojlwasserstoff,  während  nentrales 
sohwefligsaures  Natron  zurück  bleibt.  Die  wässerige  Lösung  der 
Verbindung  zersetzt  sich  auch  bald  beim  Sieden ,  sogleich  bei  Zusatz 
von  Säure  oder  Alkali. 

Die  Umwandlungen,  welche  der  NitrobenzoylwasserstoflP  durch  Ein- 
wirkung anderer  Körper  erleidet,  sind  denen  des  Benzojl Wasserstoffs 
sehr  ähnlich. 

1)  Durch  Sauerstoff.  Der  Nitrobenzoylwasserstoff  überzieht 
sich  an  (feuchter  ?)  Luft  mit  glänzenden  Blättchen,  ohne  sich  aber  we- 
der in  der  Kälte  noch  in  der  Wärme  zu  oxydiren.  Nur  in  Berührung 
mit  Alkalien  zieht  er  leicht  Sauerstoff  an  der  Luft  an ,  und  geht  dann 
in  NitrobenzoSsäure  über.  Dieselbe  Umwandlung  erleidet  er  durdi 
andere  Oxydationsmittel,  so  durch  starke  Salpetersäure,  besonders 
durch  das  Gemenge  von  Schwefelsäure  mit  Salpetersäure.  —  Concen- 
trirte  wässerige  Chromsäure  löst  die  Nitroverbindung  unter  starker 
Wärmeentwickelung,  und  nach  wenigen  Minuten  erstarrt  die  l^asse 
durch  Auscheidung  von  Nitrobenzo$säure. 

2)  Durch  Chlor.  Chlorgas  zersetzt  die  Nitroverbindung  erst 
bei  Einwirkung  von  directem  Sonnenlichte;  es  etwickelt  sich  Salzsäure, 
wahrend  sich  eine  gelbliche  Flüssigkeit  bildet,  das  Nitrobenzoyl- 
Bhlorid,  Ci4(84.N04)03.€l  (8.  90a). 

S)  Brom  löst  sich  in  geschmolzenem  IHtrobenzoylwasserstoff» 
iber  erst  nach  längerem  Erwärmen  bildet  sich  Brom  Wasserstoff  und 
isne  braune  harzartige  Masse,  vielleicht  das  Nitrobromid. . 

4)  Schwefel  Wasser  Stoff  gas  zersetzt  bei  längerem  Einleiten 
n  die  alkoholische  Lösung  die  Nitroverbindung;  es  scheidet  sich  ein 
ressQlich  graues  lockeres,  mehlartiges  Pulver  ab,  dassen  Zusammen- 
Bkenng  =  Ci4(H5  .N04)Ss;  es  ist  also  ein  Nitrosulfobenzoyl,  entspre- 
iheiid  dem  Sulfür  des  Wie  keuschen  Benzolalkohols,  C]4He88)  oder 
iem  isomeren  Benzoylsulfhydrat  (s.  S.  980).  Es  scheint  nur  dieses  Pro- 
act  zu  entstehen,  und  seine  Bildung  ergiebt  sich  aus  der  Gleichung: 
Ci4(H5.N04)0,  +  2HS  =  C,4(»5N04)Sa  -f  2»0. 

Der  Schwefel  haltende  Körper  zeigt  in  Wasser  keinen  merkbaren 
rerach;  zwischen  den  Fingern  zerrieben  wird  er  elektrisch  und  zeigt 
inen  unangenehmen,  fest  haftenden  Geroch.  Ohne  sich  in  den  Flüs- 
igkeiten  zu  lösen  schmilzt  er  in  siedendem  Wasser  zu  undurchsich- 
gen  Tröpfchen;  in  siedendem  Alkohol  backt  er  zusammen  und  im 
Lether  wird  er  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  durchscheinend 
od  zähe.  Concentrirte  Schwefelsäure  löst  die  Verbindung  ohne  Zer- 
»tznng,  denn  auf  Zusatz  von  Wasser  scheidet  sie  sich  wieder  unver- 
ndert  ab.  Salpetersäure  zersetzt  dasSulfÜr  dagegen  leicht,  ganz  con- 
Bntrirte  Säure  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  mit  grosser  Hef- 
gkeit,  verdünnte  erst  beim  Erwärmen ;  hiebei  entsteht  durch  Oxyda- 


926  Benzoylwasserstoffi 

tion  des  Sohwefels  Schwefelsäure,  und  eugleich  regeneriiier  Nitrobss- 
zojlwasserstoff.  —  Alkoholisehe  Kalüösnng  löst  das  Snli^  schon  m 
der  Kälte;  auf  Znsats  yon  Wasser  fallt  eine  braune  Substanz  nieder.— 
In  einem  Strom  von  Ammoniakgas  oder  mit  gelöstem  Ammoniak  er» 
wärmt,  bildet  sich  Schwefelwasserstoff,  und  wahrscheinlich  Trimtrohj- 
drobenzamid  (s.  unten  Hydrobenzamid  S.  934). 

5)  Durch  Cjan  Wasser  Stoff  säure,  wenn  sie  coDcentrirt  ist, 
wird  der  Nitrobenzoylwasserstoff  leicht  gelöst;  aus  der  frisch  bereitetaB 
Lösung  scheidet  Wasser  das  NitrQr  unverändert  ab;  blieb  die  Flüssig 
keit  aber  ers(  einige  Stunden  stehen,  so  bildet  sich  eine  zähe,  an  der 
Luft  unveränderliche  Flüssigkeit,  welche  in  heissem  Wasser  löslich  ist; 
beim  Kochen  der  Körper  mit  Salzsäure  entsteht  neben  ChloraoamoniBJB 
ein  anderer  in  Wasser  löslicher  Körper. 

6)  Durch  Gyankalium  wird  der  Nitrobensoylwasseistoff  auges- 
blicklich  zersetzt.  Das  hier  entstehende  Product  ist  nicht  weiter  us- 
tersucht. 

7)  Kalihydrat  bewirkt  in  Lösung  schnell  die  ümwmndiang  der 
Wasserstoffverbindung  in  NitrobenzoSsäure ;  bei  der  wässerigen  Lösong 
ist  Erwärmung  nöthig ;  bei  der  alkoholischen  Lösung  findet  die  Büdosg 
von  nitrobenzoesaurem  Kali  und  in  Folge  desselben  das  E«rstarrflB 
der  Flüssigkeit  fast  augenblicklich  statt. 

8)  Durch  Ammoniak  wird  die  Nitroverbindung  analog  demBsB> 
zoylwasserstoff  schnell  in  Trinitrohydrobenzamid  [C4fIii5(N04)s}ii|] 
verwandelt,  welches  bei  Einwirkung  von  Kalilauge  oder  von  Wärai 
in  das  isomere  Trinitro-Amarin  sich  umsetzt 

9)  Schwefelammonium  reducirt  in  alkoholischer  Lösung  du 
Nitrobittermandelöl,  es  scheidet  sich  eine  halbzähe  Masse  ans,  ein  Gt- 
menge  von  einer  Schwefel  haltenden  organischen  Verbindung  vA 
freiem  Schwefel.  Durch  Auflösen  in  Aether  wird  die  Verbindung  vos 
letzterem  getrennt  und  bleibt  beim  Verdampfen  als  röthliche  Flösog- 

» keit  zurück ,  welche  in  Wasser  und  wässerigen  Säuren  unlöslich  ist; 
beim  Erhitzen  zersetzt  sie  sich  und  entwickelt  Schwefelwasserstoff;  mk 
Salpetersäure  gekocht,  giebt  sie  Schwefelsäure  und  eine  gelbe  hansr> 
tige  Substanz. 

10)  Schwefligsaures  Ammoniumoxyd  verwandelt  die  Nitro- 
verbindung in  ein  saures  >  in  Wasser  und  Alkohol  leicht  lösliches 
Product  • 

11)  Durch  Harnstoff  wird  der  Nitrobenzoylwasserstoff  beim  Ze> 
sammenschmelzen  in  analoger  Weise  zersetzt,  wie  der  Benzoylwasser» 
Stoff,  unter  Abscheidung  von  Wasser  bildet  sich  eine  undurchsichtige, 
beim  Erkalten  erstarrende  Substanz,  wahrscheinlich  ein  Nitrobenzoyl- 
nreid,  welches  sich  in  reinem  Alkohol  kaum  löst,  beim  Elrhitzen  mit 
Salzsäure  haltendem  Alkohol  aber  gelöst  wird,  indem  es  in  Nitro» 
benzoylwasserstoff  und  Harnstoff  zerfällt 


wer- 


BenzojlwMserstoff.  927 

2)  Beiizolalkohoi 

nennt  Wicke  ^)  einen  noch  nicht  isolirten,  von  ihm  als  zweisünrig 
bezeichneten  Alkohol,   dessen  Formel  in  reinem  Zustande   C14H8O4 

(Ci  H  yj 

wäre,  also  als  Ci4He03.2HO,  oder  als  ^^^„^^  |  O^  bezeichnet 

den  müsste.  Das  Radical  dieser  Verbindung  findet  sich  zunächst  in 
dem  durch  Einwirkung  von  Phosphorperchlorid  auf  BenzoylwasserstofF 
entstehenden,  von  Cahours  entdeckten  Chlorobenzol  (Ci4H^€l3  S.  921), 
aus  welchem  sich  viele  andere  Verbindungen  desselben  Badicals  darstel- 
len lassen.  Es  gelang  nicht  durch  Kochen  mit  Kalium  oder  Natrium  ans 
dem  Chlorür  das  Chlor  abzuscheiden,  und  so  das  Radical  zu  isoliren. 
Auch  der  Alkohol  dieser  Reihe  C]4  Hg  O4  hat  noch  nicht  für  sich  dar- 
gestellt werden  können,  indem  er,  wie  es  scheint,  gleich  in  Wasser  zer- 
fällt und  den  Aether  Ci4H<{02,  welcher  letztere  mit  dem  Benzoyl Wasser- 
stoff isomer  ist, '  und  sogleich  in  diesen  sich  umwandelt  Dagegen  ha- 
ben sich  leicht  zusammengesetzte  Aether,  wie  verschiedene  Salze  des 
Benzolalkohols  darstellen  lassen. 

Das  Chlorobenzol  Ci4fi9€l3  =  pj  1  '^Jfd  aus  Phosphor- 
perchlorid und  Benzojlwasserstoff  dargestellt.  Zu  dem  ersteren,  welcher 
sich  in  einer  tubulirten  Retorte  befindet,  lässt  man  nach  und  nach  das 
letztere  fiiessen  (auf  6  Aeq.  des  Chlorids  etwa  nur  5  Aeq.  Bitter- 
mandelöl, um  ersteres  im  Ueberschuss  zu  lassen,  weil  sonst  beim  Er- 
hitzen leicht  ein  Theil  der  Mischung  verkohlt  und  die  Ausbeute  an 
Chlorobenzol  gering  ist);  man  erhitzt  dann,  wobei  zuerst  bei  llO^C. 
Phosphoroxy Chlorid ,  bei-  etwa  206  ^  C.  das  Chlorobenzol  Überdestillirt 
Dn^ch  Waschen  mit  Wasser,  Trocknen  über  Chlorcalcium  und  Recti- 
fteiren  wird  es  gereinigt.  Es  ist  eine  farblose,  stark  lichtbrechende 
Flüssigkeit,  die  in  der  Kälte  einen  schwachen,  beim  Erhitzen  einen ' 
stark  reizenden  Geruch  hat.  Ihr  specif.  Gewicht  ist  1,24;  sie  siedet 
ohne  Zersetzung  bei  206®  bis  208^  C ;  das  specif.  Gewicht  des  Dampfes 
ist  5,59.    Sie  ist  unlöslich  in  Wasser,  löslich  in  Alkohol  und  Aether. 

Das  Chlorbenzol  verhält  sich  indifi^erent  gegen  freien  Sauerstoff; 
lagegen  wird  es  leicht  zersetzt  beim  Erhitzen  mit  weingeistiger  Kali- 
losung auf  dem  Wasserbade,  etwas  langsamer  beim  Erhitzen  bis  zu 
LOO^C.  mit  wässeriger  Kalilösung  in  zugeschmolzenen  Glasröhren.  Es 
>ildet  sich  hier  Chlorkalium  und  Benzojlwasserstoff. 

CuHeGlj  +  2K0  =  C14H6O2  +  2KG1. 

Chlorobenzol  Benzojlwasserstoff 

Auch  weingeistige  Lösung  von  salpetersaurem  Silber  scheidet 
ichon  in  der  Kälte  alles  Chlor  ab,  wobei  auch  wieder  Benzoylwasser- 
toff  entsteht;  nach  Wicke 's  Ansicht  ist  letzteres  hierbei  das  um wand- 
ongaprodnct  des  zuerst  entstandenen  ihm  isomeren  Benzoläthers. 


^)  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  GII,  S.  856;  Cbem.  Gentnlbl.  1857,  8.789; 
ouni.  f.  prakt.  Chem.  Bj.  LXXI,  S.  426.  Kopp  n.  Will,  jahresber.  1857,  S.  467. 
''ergl.  Engclhardt:  Petersb.  Acad.  Ball.  T.  XVI,  p.  49;  Journ.  f.  prakt.  Cliem. 
td.  LXXII,  S.  280;  Chem.  Centralbl.  1857,  S.  657.  H.  Bn  ff,  Annal.  d.  Chem. 
.  PhAim.  Bd.  C,  8.  288. 


928  Benzoylwftsserttoff. 

Trockenes  Ammoniak,  so  wie  kaltes  wässeriges  oder  weingoid- 
ges  Ammoniak  wirken  nicht  veründemd  auf  Chlorobensol  ein;  mitAin- 
moniaklösong  in  zageschmolzenem  Bohr  längere  Zeit  aof  100*  C  er- 
lAtztj  zersetzt  es  sich  in  Salmiak  and  Bensojlwasserstof^ 

Ch^GI,  +  2NH3  +  2H0  =  Ci4^0,  +  2NB«€L 

Chlorobenzol.  Benzoylwasserstoff 

Das  ganze  Verhalten  des  Chlorobenzols  spricht  daffir,  dsss  ei 
nicht  ein  dem  Benzoylwasserstoff  analoger  Körper,  oder  ein  Sabsdta- 
tionsproduct  desselben  ist. 

Mit  sanren  schwefligsaaren  Alkalien  verbindet  das  Chlorobensol 
sich  nicht;  dorch  Einwirkung  von  weingeistigem  Schwefelwasserstoff* 
SchwefelkaUum  verwandelt  es  sich  in  das  entsprechende  Solffir  d« 
Sulfobenzols  C14H6S3,  welches  schon  früher  von  Cahours  entdeckt 
ist.  Es  ist  isomer  aber  nicht  identisch  mit  dem  Sulfobenzojlwassentof 
(S.  980),  ist  weiss,  perlmuttergl&nzend,  unlöslich  in  Wasser,  löaUci 
in  Alkohol,  es  schmilzt  bei  64<^  C,  und  erstarrt  beim  Erkalten  zn  ducr 
krystallifiischen  Masse;  bei  hoher  Temperatur  siedet  es  unter  theilwti- 
ser  Zersetzung,  verdünnte  Salpetersäure  oxjdirt  es  rasch  anter  Bildnnf 
von  Schwefelsäure  neben  einem  gelben  in  glänzenden  Blattchen  bj- 
stallisirenden,  in  Alkalien  löslichen  Körper  (Cahours). 

Auf  trockenes  Cyankalium  wirkt  das  Chlorbenzol  auch  bei  100*C 
nicht  ein.  Wird  es  mit  weingeistiger  Bhodankaliumlösun^  inv«^ 
schlossenem  Gefäss  längere  Zeit  auf  100<^  C.  erhitzt,  so  bildet  sich  ll^ 
ben  Chlorkalium  ein  dem  Schwefel  ähnlich  riechendes  OeL 

Der  Benzoläther  bildet  mit  den  entsprechenden  Oxyden  Doppel- 
äther.   . 

Aethylbenzoläther:  CssBieO«  =  2C4H5  0.Ci4KeO,  ote 

fC  H  V' ) 

QQ^ti  \  O4.  Eine  Lösung  v^on  (2  Aeq.)  Natrium  in  absolutem  Al- 
kohol mit  (1  Aeq.)  Chlorbenzol  versetzt,  wird  einige  StundeA  gekodit, 
dann  der  Alkohol  im  Wasserbade  abdestillirt,  der  Bückstand  mit  Wal- 
ser vermischt,  und  der  sich  abscheidende  Aether  über  Chlorcalcinm  ge- 
trocknet, und  der  fraetionirten  Destillation  unterworfen. 

Der  Aethylbenzoläther  ist  eine  wasserhelle,  angenehm  nach  Gera- 
nium  riechende  Flüssigkeit,  schwerer  als  Wasser,  unlöslich  in  Wftasei« 
löslich  in  Alkohol  und  Aether,  und  siedet  bei  222<^  C.  unter  Z^setzoBf 
eines  kleinen  Theils. 

Amylbenzoläther:  C84 H^g O4  =  2  Cio Hn O  . C14 H« O,  odtf 

o'q^u      l  O4.    Die  Verbindung  wird  wie  die  vorige  dargestellt,  sbtr 

statt  durch  Abscheiden  mit  Wasser,  durch  fraetionirte  Destillation  ge- 
reii^gt  Der  Amylbenzoläther  ist  ölig,  schwach  gelblich  gefärbt,  rieciift 
nach  Fuselöl,  ist  leichter  als  Wasser,  siedet  annähernd  bei  292^  C,  «»- 
bei  aber  ein  ziemlich  bedeutender  Theil  sich  schon  zersetzt. 

Methylbenzoläther:    Ci8Hi,04  =    2C,HsO  +  Ci4H«0t 

rCi  H  vi 

==  Q  fc  *W*^  I  ^*'    ^*®  Verbindung  wird  genau  wie  die  Aethylveibia- 

düng  dargestellt  und  gereinigt  Sie  ist  wie  diesem  wasserhell,  und  voa 
angenehmem  Geruch,  ist  schwerer  als  Wasser  und  siedet  unter  Zer- 
setzung eines  kleinen  Antheils  bei  208^  C. 


BenzoylwasserstoflF.  929 

Die  Verbindungen  des  Benzoläthers  mit  S&uren,  oder  die  zu- 
saromengesetzten  Benzoläther  lassen  sich  leicht  durch  doppelte 
Zersetzung  von  Chlorobenzol  mit  den  betreffenden  Silbersalzen  dar- 
stellen; ^m  reinsten  wird  das  essigsaure  Silbersalz  erhalten,  weil  es 
krjstallisirbar  ist.  Die  Verbindungen  sind  löslich  in  Aether  und  las- 
sen sich  dadurch  von  dem  Silbersalz  trennen. 

'BenzoSsaurer  Benzoläther  wird  durch  Mengen  vonChloro« 
ben2ol  mit  benzoSsaurem  Silberoxyd  erhalten;  das  Gemenge  erwärmt 
sich,  und  wird  knetbar;  zur  Vollendung  der  Beaetion  wird  es  zuletzt 
auf  etwa  80^  C.  erwärmt  Nach  dem  Erkalten  wird  es  mit  Aether  aus- 
gezogen, wo  beim  Verdampfen  der  Benzoläther  als  eine  braune  zähe 
nieht  krystallisirbare  allmälig  erstarrende  Masse  zurückbleibt. 

Bernsteinsaurer  Benzoläther  wie  der  vorige  dargestellt, 
zersetzt  sieh  beim  Verdampfen  des  zum  Auflösen  verwendeten  Aethers 
an  der  Luft  in  Bernsteinsäure  und  Bittermandelöl. 

Essigsaurer  Benzoläther:  C^sHisOg  =  2 G4H8O8  4-  CnüeOs 

oder  A  /Q  ^cy^  I  ^^'  ^^^  ^^^^^  ^  '^^^'  Chlorbenzol  mit  2  Aeq.  trocke- 
nem essigsauren  Silberozyd  (wegen  zu  starken  Erhitzens  nicht  mehr 
als  10  6rm.)  zusammen,  und  erwärmt  das  Gemenge  in  einem  Kölb- 
chen  sehr  vorsichtig,  wobei  eine  sehr  heftige  Erhitzung  eintritt.  Der 
Bfickatand  wird  nach  dem  Erkalten  wiederholt  mit  Aether  ausgezogen; 
die  Auszüge  werden  abdestillirt,  der  gelbliche  ölige  Rückstand  mit  ver- 
dünnter Sodalösung  und  Wasser  gewaschen,  nochmals  in  Aether  ge- 
<ö8t  und 'an  der  Luft  verdampfen  lassen;  in  dem  zurückbleibenden  Gel 
ulden  sich  bald  Krystalle  der  reinen  Verbindung,  und  allmälig  erstarrt 
es  vollständig. 

Der  reine  essigsaure  Benzoläther  bildet  kleine  weisse  klinorhombi- 
sehe  Krystalle,  die  bei  36<>C.  schmelzen,  und  beim  Erkalten  krystalli- 
nisch  erstarren.  Der  Aether  löst  sich  nicht  in  Wasser,  aber  leicht  in 
Alkohol  oder  Aether ;  beim  Verdampfen  ist  der  Bückstand  jedoch  zuerst 
ölartig  und  wird  erst  nach  längerem  Stehen,  oft  selbst  erst  beim  um- 
rühren krystallinisch.  Der  Aether  fängt  bei  190^0.  an  zu  sieden,  zer- 
setzt sich  dabei  aber  in  Essigsäureanhydrid  und  Benzoylwasserstoff,  die 
lieh  verflüchtigen,  wobei  das  Thermometer  allmälig  steigt 

Mit  wässerigem  Kali  oder  verdünnter  Schwefelsäure  in  verschlosse- 
nem Rohr  auf  100®  C.  erhitzt,  zerfällt  der  essigsaure  Benzoläther  in 
Essigsäure  und  Benzoylwasserstoff;  mit  wässerigem  Ammoniak  in  glei- 
cher Weise  behandelt,  bildet  sich  ACetaraid  und  Uydrobenzamid. 

Schwefelsaurer  Benzoläther,  aus  schwefelsaurem  Silber 
und  Chlorbenzol  dargestellt,  ist  ein  rothbraunes  nicht  krystallisiren- 
des  Oel. 

Valeriansaurer  BenzolätRer  wird  wie  der  essigsaure  dar- 
gestellt; das  beim  Verdunsten  des  ätherischen  Aufzuges  zurückblei- 
bende Oel  int  gelb  und  dickflüssig,  krystallidirt  nicht;  der  Aether  wird 
durch  Deitillation  zerlegt,  wobei  sich  Valeriansäure  und  Benzoylwasser- 
stoff bildet. 

Die  Einwirkung  von  Chlorbenzol  auf  oxalsaures  Silberozyd  ist  so 
heftig,  dass  die  organische  Substanz  fast  vollständig  zerstört  wird. 


tUadwörterbnch  der  Chemie:   Ste  Aufl.  Bd.  11.  59 


930  Benzoyl  Wasserstoff. 

3)  Sulfobenzoylwasserstoff, 

Thiobenzoylwaeserstoff,  Benzoyl salfhjrdrat,  Schwefel« 
pikrainyl,  Benzensulfür,  Stilbensulfür^  Schwefelbenzoilol. 
Von  Laurent  entdecktes  Sulfttr.  Empirische  Formel  0148^83;  e«  kam 
als  Thiobenzoyl Wasserstoff,  CHH^S^.fi,  oder  als  ein  Benzoylsnlfbj- 
drat  C14H5S.HS  angeisehen  werden,  wenn  man  das  liadical  C148} 
als  Benzoyl  bezeichnen  will. 

Diese  Verbindung  bildet  sich  aus  reinem  wie  ans  rohem  Bittermaa- 
delöl  durch  Einwirkung  von  Schwefelammonium,  indem  man  1  Vol.  Gel 
in  8  bis  10  Vol.  Alkohol  löst,  und  bei  gewöhnlicher  Temperatur  oder 
bei  Siedhitze  langsam  1  Vol.  Schwefelammonium  zusetzt.  Schon  in 
einigen  Minuten  bildei  sich  ein  weisser  Niederschlag,  der,  mit  kochen- 
dem Alkohol  ausgewaschen,  reines Benzoylsulfhydrat  zurücklüsat  (Lau- 
rent). Dieselbe  Verbindung  wird  aus  altem  Pfirsichblätteröl  erhalten 
(Rochleder).    . 

Das  Benzoylsulfhydrat  ist  eine  weisse  pulverige  Masse,  bestehend 
aus  kleinen  stärkemehlartigen  Kömern  ohne  alle  krptallinische  Tex- 
tur. Es  ist  geruchlos,  ertheilt  aber  den  Händen  einen  fest  anhängen- 
den knoblauchartigen  Geruch;  es  ist  unlöslich  in  Wasser  und  Alkohol 
nur  in  viel  Aether  löst  es  sich;  durch  wenig  Aether  wird  09  dorcb- 
sichtig  und  flüssig,  durch  einige  Tropfen  Alkohol  jedoch  sogleich  wie- 
der fest  Bei  90^  bis  95^0.  wird  es  weich;  nach  dem  Erkalten  ist  & 
fest  geworden,  aber  durchsichtig  geblieben.  Bei  stärkerem  £rhitzen 
förbt  es  sich  zuerst  rothgelb;  länger  erhitzt,  so  wie  bei  der  trockenen 
Destillation  zerfällt  es  in  Schwefelwasserstoff  und  SchwefelkohlenstoC 
und  in  zwei  neue  feste  Producte:  das  Pikramyl  und  das  Schwefeleasal  (». 
S.  932  u.  933).  Brom  zersetzt  Benzoylsulfh3rdrat  unter  Bildung  von  Bron- 
wasserstoff  und  einem  ölartigen  nicht  untersuchten  Körper.  Kochende 
Salzsäure  bewirkt  eine  schwache  Entwickelung  von  Schwefelwasser- 
stoff; Schwefelsäure  löst  das  Benzoylsulfhydrat  in  der  Wärme  mit 
schön  carminrother  Farbe ,  welche  bei  Zusatz  von  Wasser  verschwin* 
det,  indem  sich  ein  gelber  flockiger  Niederschlag  abscheidet;  Salpeter- 
säure oxydirt  es  schon  bei  gelinder  Wärme  und  bildet  Schwefelsänre 
und  Benzoylwasserstoff  oder  Benzoesäure.  Weingeistige  Kaliiösong 
zersetzt  die  Schwefelverbindung  langsam,  Wasser  scheidet  aus  der  Lö- 
*  Bupg  ein  Oel,  vielleicht  Ben zoyji Wasserstoff,  ab,  und  Säuren  entwickeln 
aus  der  alkalischen  Lösung  Schwefelwasserstoff;  nach  diesem  Verhal- 
ten lässt  sich  diese  Verbindung  wohl  als  ein  Benzoylsulfhydrat  be- 
trachten. 


4)  SulfazobenzoylwasserstofF. 

Thiobenzaldin,Sulfazopikramyl,Benzensulfazofur,BeQ* 
zenazosulfür.  Von  Laurent  entdeckt.  Laurent')  gab  dieser  W- 
bindung  früher  die  Formel  C126H54N2S12  und  betrachtet  sie  als  eine 
Verbindung  von  6' .  C14H6S2   (Benzoylsulfhydrat)  mit  C4|Hi8lfs  (Hy- 


J 


0  Compt.  rend.  de'l'acftd.  T.  XXXI,  p.  849;   Annal.  de  chtm.   et  de  phys.  S.j 
T.  XXXVI,  p.  342;  Journ.    f.  prakt.  Chem.    Bd.  LI,  S.  243. 


Benzoylwassersto£  931 

drobenzamid) ;  nach  späteren  Untersuchungen  ist  die  Formel  C42fli9NS4; 
die  vorliegende  Untersuchung  giebt  keinen  Anhaltspunkt,  um  danach 
eine  rationelle  Formel  flir  diesen  Körper  aufstellen  zu  können.  Nach 
Laurent  ist  die  Bildung  desselben  das  Product  zweier  auf  einander 
folgenden  Processe: 

Ci43^  +  2HS  =  CiÄS,  +  280 

Benzoylwasserstoff       Benzoylsulfhjdrat 

3i(Qi4»e8j)  4-  NH,  =  C14B19NS4  +  2HS. 

Benzoylsulfhydrat  Thiobenzaldin 

Demnach  wäre  die  BUdung  dieses  Körpers  analog  der  des  Thialdins 
(s.  bei  Aldehyd  Bd.  I,  S.  420),  was  Laurent  zur  Umwandlung  des 
früheren  Namens  in  Thiobenzaldin  veranlasste. 

Die  alkoholische  Lösung  vom  Auskochen  des  unreinen  Snlfoben* 
zoylwasserstoffs  giebt  beim  freiwilligen  Verdunsten  meistens  diese 
Schwefel-StickstofiPverbindung  in  krystallinischen  Blättchen.  Oder 
man  versetzt  1  Vol.  Bittermandelöl,  in  dem  4-  bis  5fachen  Aether  ge- 
lost, mit  1  Vol.  Sch^efelammoninm.  Wenn  die  Masse  dann  8  bis  4 
Wochen  ruhig  gestanden,  hat  sich  eine  krystallinische  Kruste  ge- 
bildet, die  ans  Aether  umkrystallisirt  wird;  beim  freiwilligen  Verdun- 
sten der  ätherischen  Lösung  in  einem  flachen'  halb  bedeckten  Gefäss 
erhält  man  grosse  und  deutliche  Kr3rstalle,  diese  sjnd  durchsichtige, 
zuweilen  schiefe  rectanguläre  oder  sechsseitigePrisn^en,  zuweilen  haben  - 
sie  Aehnlichkeit  mit  dem  perlmntterglänzenden  blätterigen  Stilbit;  sie 
ertheilen  den  Fingern  einen  knoblauchartigen  Oemch,  sind  in  20  bis 
80  Thln.  Aether  löslich,  schmelzen  bei  1200C.,  die  Masse  bleibt  nach  ^ 
dem  Erkalten  durchsichtig  gumnkiartig;  bei  stärkerem  Erhitzen  wird 
sie  zuerst  blau,  dann  röthlich  gelb,  und  es  entwickelt  sich  Ammoniak; 
bei  der  trockenen  Destillation  bleibt  etwas  Kohle  zurück,  zugleich  bilden 
sich  dieselben  Producte,  welche  durch  Zersetzung  von  Benzoylwasser- 
stoff entstehen.  Durch  kochenden  Alkohol  wird  der  SulÜEUsobenzoyl- 
Wasserstoff  langsam  zersetzt  unter  Entwidselung  von  Schwefelwasser- 
stoff; mit  Brom  bildet  sich  Bromammoniom  und  eine  in  Aether  lös- 
liche krystallisirbare  Substanz;  von  Salpetersäure  wird  er  schon  in  ge- 
linder Wärme  zersetzt,  unter  Bildung  von  einem  Oel,  wahrscheinlich 
Benzoylwasserstoff,  und  Benzoesäure.  Weingeistige  Kalilösung  zer- 
setzt den  Körper  unter  Bildung  von  Schwefelkalium,  Ammoniak  und 
einem  in  Wasser  unlöslichen  Oel,  vielleicht  Bittermandelöl.  Nach 
diesem  Verhalten  kann  man  die  Verbindung  wohl  als  Benzoylsulf- 
hydrat  und  Hydrobenzai^id  oder  Amarin  enthaltend  oder  leicht  in  diese 
Verbindungen  verfallend  ansehen. 

Die  trockene  Destillation  der  angeführten  Schwefel- 
verbindungen liefert  verschiedene  krystallinische  Producte,  unter  *  de- 
nen 1)  Stilbylwasserstoff,  Laurent's  Stilben  (Pikramyl  von  Ber- 
zelius),  2)  dasSchwefelesyl,  8) das  Kripin  (Pikryl  von  Laurent) 
und  4)  das'  Lophin  (s.  S.  941)  näher  untersucht  sind.  Um  diese 
Verbindungen  darzustellen ,  kann  man  die  ungereinigten  öligen  und 
krystallinischen  Producte  verwenden,  wie  sie  durch  Behandlung  einer 
weingeistigen  Lösung  von  reinem  oder  blausäurehaltigero  Bitterman- 
delöl mit  Schwefelammonium  erhalten  werden.  Man  destillirt  die  ro- 
hen getrockneten  Schwefelverbindungen  in  einer  Betorte  mit  Vor- 
lage. 

59* 


982  Benzoylwasserstoff. 

Die  Destillationsprodacte  werden  durch  Aether  und  Steinöl  ge- 
trennt; kochender  Aether  löst  nämlich  Kripin  und  Stilbyl Wasserstoff, 
welcher  letztere  aus  der  Losong  beim  Erkalten  krystallisirt,  wahrend 
das  Kripin  erst  durch  Verdampfen  der  Lösung  erhalten  wird.  Der  in 
Aether  unlösliche  Rückstand  enthält  Schwefelesyl  und  Lophin ;  warmes 
Steinöl  löst  das  erstere,  welches  dann  beim  Erkalten  der  heissen  Losung 
krystallisirt. 

Stilbjlwasserstoff —  Stilben  (Laurent);  Pikramjl  (Ber- 
zelius). 

Formel:  Ci4li6  nach  Berzelius;  Csgflfis  nach  Laurent.;  ratio- 
nelle Formel  nach  Kolbe  GtgHn  .fi. 

Berzelius  nimmt  diesen  Körper  für  das  Badical  der  BenzojU 
yerbindungen,  Laurent  für  das  der  Stilbenreihe,  doch  liegen  for  die 
eine  wie  für  die  andere  Annahme  keine  gewichtigen  Gründe  vor.  Am 
wahrscheinlichsten  dürfte  dieser  Körper  als  die  WasserstoffVerbindiing 
eines  Badicals  C^sfixi,  Stilbjl,  zu  betrachten  sein. 

Der  erste  Theil,  welcher  bei  der  trockenen  Destillatioa  des  reinen 
Benzojlsulfhydrats  übergeht,  ist  hauptsächlich  StUbylwaaserstoff^  wel- 
cher durch  Ümkrystallbiren  ans  Alkohol  gereimgt  wird.  —  Oder  man 
behandelt  die  Gesammtmasse  der  DestUlationsproducte  aus  den  unrei- 
nen Schwefelverbindungen,  zerrieben,  mit  kochendem  Aether;  aus  der 
siedaaden  Lösung  krystallisirt  der  Stilbylwasserstoff  beim  Erkalten 
und  wird  durch  Umkrystallisiren  gereinigt.  — 

Der  Stilbylwasserstoff  krystallisirt  in  farblosen  rhombischen^  dem 
Naphtalin  ähnlichen  Blättchen,  welche  den  Perlmutterglanz  dea  Stilbits 
zeigen;  er  ist  geruchlos,  ziemlich  löslith  in  heissem  Alkohol,  leicht  los- 
lich in  Aether;  er  schmilzt  über  100<^C.,  der  Punkt,  bei  dem  er  nach 
dem  Schmelzen  erstarrt,  wechselt  «nvischen  118<>nnd  lOOoG.  Er  nedei 
bei  290<^  G.  ohne  sich  zu  zersetzen,  das  spedf.  Gewicht  des  Dampfes 
ist  8,4.  —  Durch  concentrirte  Ghromsäure  wird  das  Pikramyl  zu  Pi- 
kramyloxyd  (Benzoylwasserstoff)  oxydirt. 

Lässt  man  Salpetersäure  in  der  Hitze  auf  Stilbylwaiserstoff  wir- 
ken, so  bilden  sich  Nitroverbindungen;  zuerst  entsteht  das  Stilhylni- 
trür  (Nitrostilbfkse)  =  G3gHi].N04,  eine  gelbe  harzige  Substanz;  bei 
längerer  Einwirkung  der  Säure  entsteht  wahrscheinlich  Nitrostilbylni- 

trür  (Nitrostilbese)  C^g  |^o  ^1*^^*'  —  ^^^  fortgesetztem  Sieden  mit 

Salpetersäure  bildet^  sich  neben  den  vorigen  harzartigen  Verbindungen 
eine  saure  Lösung,  aus  der  sich  beim  Erkalten  ein  gelbes  krystallini- 
sches  Pulver  absetzt,  die  NitrostilbylsäurefNitrostilbbsänre),  2ffO. 

GseH^NOis  =  2fiO.C9s  MQ^i^^*  diese  Säure  ist  in  Nasser  schwer, 

in  Aether  und  Weingeist  leicht  löslich,  sie  sublimirt  bei  höherer  "teni* 
peratur  in  Blättchen. 

Wird  Chlorgas  üb^r  geschmolzenen  Stilbylwasserstoff  geleitet,  so  bil- 
den sich  zwei  isomereChlorwas8er8toff-Stilbylchlorüre,CssBn€l. 
H€l  oder  =  C^gHisGlg  (Stilbylchlorür  a  und  ß  nach  Laurent).  Beide 
Verbindungen  sind  krystallinisch,  die  eine  ist  schwer  löslich  in  Aether, 
und  fast  unlöslich  in  siedendem  Weingeist;  die  andere  ist  laicht  in 
Weingeist,  noch  leichter  in  Aether  löslich.  —  Durch  eine  weingeistige 
Kalilösung  werden  die  beiden  Chlorwasserstoff-Stilbylchlorfire  in  iwel 


Benzoylwasserstoff.  '  933 

isomere  Stilbylchlorüre  CagHuCl.,  (ChloMÜlbase  a  nnd  /J,  Lau- 
rent), verwandelt,  unter  gleichzeitiger  Bildung  von  Chlorkalium. 

Die  Stilbylchlorüre  a  und  ß  verbinden  sich  beim  Uebergiessen 
unmittelbar  mit  2  Aeq.  Brom,  und  bilden  zwei  isomere,  in  Aether  lös- 
liche und  daraus  krjstallisirende  Verbindungen,  deren  Zusammen- 
setzujDg  der  Foi4lel  CsgHuGlBr^  entsprechen,  vielleicht  zu  betrachten  als 

Bt.EGI 


^"  Br  j 


Bei  längerer  Einwirkung  von  Chlor  auf  Stilbjlwasserstoff  entweicht 
Salzsäure,  und  es  bildet  sich  Stilbyltrichlorür  =  Cisfiii*6l« 
(ChlorstilbaschlorQr,  Laurent). 

Wird  Stilbyl Wasserstoff  mit  Brom  Übergossen,  so  bildet  sich  ein 
weisses,  in  Aether  unlösliches  Pulver:  Bromwasserstoff-Stilbyl- 
bromür,  CsgHuBr.HBr  (Laurent's  Stilbenbromür).  ' 

Schwefelessal,  Schwefelesyl,  Thionessal.  —  Von  Lau- 
rent entdeckt.     Formel:  Cstft^S. 

Man  erhält  diese  Verbindung  aus  dem  in  Aether  unlöslichen 
Theil  des  Destillats  mittelst  Ejrystallisiren  aus  Stelnöl.  Sie  krystalli* 
sirt  beim  Erkalten  der  heissen  Lösung  in  seidenartigen  Nadeln.  Sie 
löst  sich  in  sehr  geringer  Menge  in  siedendem  Weingeist  oder  Aether, 
leichter  in  Petroleum.  Das  Sbhwefelessal  schmilzt  bei  ITS^C.  und  er- 
starrt  oft  erst  bei  gewöhülicher  Temperatur,  ohne  wieder  krystallinische 
Textur  anzunehmen.  Bis  233^ C.  erhitzt,  krystallisirt  es,  sobald  ein 
Krystall  in  die  Masse  gebracht  wird«  Durch  Kalium  wird  das  Schwe- 
felessai unter  Bildung  von  Schwefelkalium  zersetzt;  durch  weingeistige 
Kalilösung  wird  es  auch  in  der  Siedhitze  nicht  verändert  Siedende 
Salpetersäure  greift  es  schwierig  an  und  verwandelt  es  langsam  in 

eine  gelbe  Kruste  von  Binitroschwefelessal,  C^e  /^mo'y.i^* 

Brom  greift  das  Schwefelessal  heftig  an,  es  bildet  sich  eine  feste 
Masse,  die  in  Weingebt  und  Aether  und  in  Steinöl  unlöslich  ist,  deren 

Zusammensetzung  der  Formel  C^e  d  ^(^  entspricht. 

Berzelius  nimmt  in  der  Nitro-  wie  in  der  Bromverbindung  ein 
eigenes Badical,  C^gH?  =  Eryl,  an;  nach  ihm  sind  diesctZersetzungs- 
prodacte  dann  Doppelverbindungen  von  Dreifach-Schwefeleryl 
CCaeHiSs)  mit  [C,«», .  (ffOJs]  oder  (CjeBTBr,). 

Kripin  (Pikryl)  von  Laurent  entdeckt.     Formel:  C4sHisN04« 
IDas  Kripin  ist   von  den  Producten    der  trockenen    Destillation    der 
Schwefel  verbin  düngen  in  Aether  am  löslichsten,  bleibt  daher  in  der 
ätherischen  Lösung  zurück,  aus  welcher  das  Pikramyl  krystalUsirt  ist. 
IVird  die  Mutterlauge  weiter  abgedampft,  so  erhält  man  Krystallkör- 
ner  von  Kripin  mit  öligen  Substanzen  gemengt.     Durch  Schütteln  mit 
k.&ltem  Aether,  Abgiessen  der  Lösung,  und  3-  bis  4malige8  Umkrystallisi- 
der  Krystalle  aus  Weingeist  und  Aether  erhält  man  das  reine  Kripin 
octaSdrischen  Krystallen,  färb-  und  geruchlos,  schwierig  in  Wein- 
geist, leicht  in  Aether  löslich.     Geschmolzen,  wird  es  nach  dem  Er- 
Ic&lten  gummiartig  durchsichtig.     Durch  Kalium  wird  es  in  der  Hitze 
^ersetzt,  nicht  durch  eine  siedende  alkoholische  Kalilösung.     Chrom- 
s^Lure  giebt  mit  Kripin  beim  Sieden  einen  braunen,  zum  Theil  in  Aether 
löalichen  Körper. 

Chlor  zersetzt  dad  Kripin   in  der  Wärme  leicht,   es  bildet  »ich 


934  Benzoylwasserstoff. 

Salzsäure  nnd  in  AeÜier  leicht  Idsliches  Chlor  kr  ipin  =  Qg4  ^'^(NsOs, 
d.  L  Einf.ach-Chlorkripin  mit  Zweifach  •  Chlorkripin  = 

Brom  verhält  sich  gegen  Eripin  wie  Chlor ,  M  findet  sogleich 
Zersetzung  statt  und  es  bildet  sich  eine  gummiartige  Masse,   welche 

Bromkripin  ist;  seine  Zusammensetzung  ist  Ci^g  ^^^{^4^1«)    *^*®  ^ 

Durch  siedende  Salpetersäure  wird  das  Kripin  zuerst  in  eine  gelbe 
harzartige  Masse  yerwandelt,  dann  gelöst;  beim  Erkalten,  ndch  mehr 
bei  Zusatz  von  Wasser,  scheidet  sich  eine  gelbe  krystallinische  Sub- 

stanz  ab,  das  Nitrokripin  =  C49    /mq^a^  {  ^  ^4- 

Das  Nitrokripin  ist  in  Weingeist  schwer  löslich,  in  Aether  leicht 
löslich;  es  entzöndet  sich  bei  der  Destillation. 

Das  Lophin,  welches  endlich  auch  noch  erhalten  wird,  ist  dieselbe 
Base,  welche  durch  Zersetzung  von  Hydrobenzamid  entsteht,  and  un- 
ten (s.  S.  941)  beschrieben  ist. 


5)  Hydrobenzamid. 

Stickstoffpikramjl  nach  Berzelius;  Azobenzoilinwssser- 
Stoff  Laurent.  Thiobenzolamin.  —  Indifferentes  Zersetsungs- 
product  des  Benzoylwasserstoffier  durch  Ammoniak;  (1886)  von  Lau* 

reut  1)  entdeckt  Seine  Formel  ist  C42H18N3  oder  5*^'|  N»,  viel- 
leicht (Ci4lI^)s"N3.  Wir  wissen  wenig  von  der  rationellen  Zusammen- 
setzung dieses  Körpers,  der  mit  Amarin  und  mit  Benzhjdramid  isomer 
ist.  Berzelius  sieht  ihn  als  eine  Verbindung  des  Kohlenwasserstoß 
Pikramyl  (Ci4ff6)  ™it  Stickstoff*  an  (dCi4H6.N9);  er  lässt  sich  als  ein 
Diamid  betrachten,  in  welchem  die  Hälfte  der  WasserstoflaquiTalenie 
durch  8Ci4Hft  oder  aller  Wasserstoff  durch  3  Aeq.  des  zweiatomigen 
Badicals  C^llfi  ersetzt  ist  (Wicke).  Es  bildet  sich  bei  Einwirkung 
von  Ammoniak  auf  Benzoylwasserstoff: 

8^4g6Q«^+  2NHs  =3l5i5^+  öÄO> 

Benzoylwasserstoff  Hydrobenzamid 

so  wie  bei  der  Behandlung  der  zusammengesetzten  Benzolither  mit 
flüssigem  Ammoniak. 

Wird  Bittermandelöl  mit  wässerigem  Ammoniak  in  einer  verschlos- 
senen Flasche  in  Berührung  gelassen,  so  wandelt  das  Oel  sich  in  eini- 
gen Tagen  in  eine  krystallinische  Masse  um ;  wurde  das  Ammoniak 
für  sich  zuerst  bis  nahe  zum  Sieden  erhitzt,  so  wird  das  damit  ge- 
mischte Oel  schon  in  6  bis  8  Stunden  fest.  Die  feste  Masse  wird  etwas 
zerdrückt,  schnell  mit  Aether  abgewaschen,  um  das  anhängende  Gel 
lu  entfernen,  und  dann  aus  kochendem  Alkohol  umkrystallisirt,  wobei 

0  Annal.    de    ohim.  et  de   phys.   [2.]  T.    LXII)  p.  23;   Rev.    scient,  T.  XVI, 
p.  892,  T.  XIX,  p.  448. 


I 


Benzoylwasserstoff.  935 

namentlich  im  Fall  der  Anwendung  von  blansänrehaltendem  Oel  fremde 
Prodncte  als  schwerer  löslich  znritckbleiben. 

* 

Das  reine  Hydrobenzamid  krjstallisirt  in  farblosen  rhombischen 
Octaedem  mit  Scheitelkantenwinkeln  von  180^  und  122^,  und  Kanten^ 
Winkel  an  der  "Basis  von  84<^50'.  Es  ist  gernch-  und  geschmacklos, 
unlöslich  in  Wasser,  löst  sich  leicht  in  heissem  Alkohol  oder  Aether; 
die  alkoholische  Lö.«ung  zeigt  den  Geschmack  der  gebrannten  Man- 
deln. Es  schmilzt  bei  lOO^^C.  zu  einem  dickflijssigen  Oel,  welches 
erst  nach  einigen  Tagen  wieder  krjstallihisch  erstarrt  Das  Hydro- 
benzamid scheint  nicht  giftig  zu  sein,  wenigstens  verhält  es  sich  in- 
'  different  in  kleinen  Gaben,  während  das  isomere  Amarin  schon  in  klei- 
nen Dosen  giftig  wirkt. 

Das  Hydrobenzamid  erleidet  vielfache  Verwandlungen. 

1)  Durch  Wärme.  Mehrere  Stunden  auf  120«  bis  ISO^C.  er- 
hitzt,  verwandelt  es  sich  in  das  isomere  Amarin.  Bei  der  trockenen 
Deflation  entweicht  zuerst  Ammoniak  und  es  destillirt  ein  flüchtiges, 
wohlriechendes  Oel  über,  während  der  Rückstand  eine  geschmolzene, 
beim  Erkalten  krystallinisch  erstarrende  Masse  ist,  ein  Gemenge  von 
Araarin  und  Lophin,  welches  bei  höherer  Temperatur  unverändert 
sublimirt,  unter  Zurücklassung  von  wenig  Eöhle.  Das  Hydrobenz- 
amid zersetzt  sich  beim  fortgesetzten  mehrstündigen  Kochen  mit  Alko- 
hol unter  Aufnahme  der  Elemente  des  Wassers  in  Ammoniak,  welches 
entweicht,  und  Benzoylwasserstoff. 

.  2)  Durch  verdünnte  Säuren  erleidet  es  beim  Kochen  diese 
Zersetzung  noch  leichter ;  verdünnte  Salzsäure  zersetzt  es  langsam  schon 
in  der  Kalte  in  dieser  Weise: 

QgHigga  +  6H0  +  2HG1  =  2N»4  6l  +  3.C,4»eOg 

Hydrobenzamid  Benzoylwasserstoff» 

3)  Durch  Chromsäure  wird  das  Hydrobenzamid  beim  Erhitzen 
leicht  oxydirt,  zuerst  entsteht  etwas  Benzoylwasserstoff,  dann  bildet 
sich  aber  reichlich  Benzoesäure. 

4)  Durch  Schwefelwasserstoff  wird  eine  alkoholische  Lösung 
von  Hydrobenzamid  in  der  Weise  zerlegt,  dass  sich  Sulfobenzoylwasser- 
stoff  (C14K6S2)  und  Ammoniak  bildet. 

5)  Durch  Kalium  wird  das  Hydrobenzamid  beim  Erhitzen  zer- 
setzt, es  bildet  sich  eine  rothbraune,  nicht  näher  untersuchte  Sub- 
stanz. 

6)  Durch  Allcalien.  Beim  längeren  Kochen  mit  wässerigem 
kaustischen  Alkali  verwandelt  es  sich  ohne  Veränderung  seiner  Zu- 
sammensetzung in  das  isomere  Amarin. 

Wird  Hydrobenzamid  mit  gepulvertem  KalihydrM  gemengt  zu* 
eamrhengeschmolzen,  so  färbt  sich  die  Masse  zuerst  gelb,  zuletzt  fast 
schwarz,  während  sich  Ammoniak,  Wasserstoff  und  Grubengas  ent- 
wickelt. Aus  der  geschmolzenen  Masse  löst  Wasser  kohlensaures  Kali 
und  Cyankalium  auf;  der  in  Wasser  unlösliche  Bückstand,  ein  gelbes 
Pulver,  ist  kalifrei;  beim  Erhitzen  schmilzt  er,  und  wird  zersetzt,  es 
bleibt  viel  Kohle  zurück,  während  ein  mit  einem  grünlichgelben  Oel 
verunreinigtes  Sublimat  erhalten  wird. 

Das  gelbe  Pulver  ist,  nach  Reo  hie  d  er  ^),  ein  Gemenge  von  drei 


*)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XLI.  S.  R9. 


936  Benxoylwasserstoff.  > 

verschiedenen  Körpern,  «inem  gelben  in  Alkohol  löslichen  Oel,  eiaein 
zugleich  in  Alkohol  sich  lösenden  krystallinischen  Körper,  dem  Benzo- 
stilbin,  und  einer  anderen  i|i  Alkohol  unlöslichen  Yerbindung,  dem 
Benzolen. 

Das  gelbe  Oel,-  welches  die  Eigenschaft  hat,  sich  aa  der  Luft  sd 
▼erdicken  und  z&he  zu  werden,  bedingt  die  Farbe  des  gelben  PolTsn, 
welches  beim  Sahmelzen  von  Hydrobeuzamid  mit  Kalihydrat  erhslten 
wird ;  es  ist  nur  in  sehr  geringer  Menge  darin  enthalten,  wenn  zu  steil 
erhitzt  ward;  am  meisten,  wenn  man  die  Hitze  nur  so  weit  steigert, 
dass  die  Masse  die  Farbe  des  Gummigutt  annimmt.  Es  iBt  nicht  w«- 
ier  untersucht 

Benzostilbin.  Nach  den  Elementaranaljsen  von  Bo c k- 
leder  berechnet  sich  die  empirische  Formel  C^gllioO«  ^);  danadi 
enthält  es  die  Elemente  von  2  Aeq.  Benzoyl Wasserstoff  minus  2  Aeq. 
Wasser  (Cs8His04  —  2  flO),  und  würde  es  sich  aus  dem  HjrdrobeDza- 
mid  unter  Vermittelang  vAi  Wasser  und  Abscheidung  von  Ammonisk 
bilden: 

2^Hi8N,)  4- 6  HO  ==  3jCjaHioOj)4-4Nitr. 

Hydrobenzamid  Benzostilbin 

Das  Benzostilbin  ist  in  der  aus  llem  gelben  Fulver  erhaltenea 
alkoholischen  Lösung  neben  dem  erw&hnten  Oel  enthalten ;  wird  die 
Flüssigkeit  mit  etwas  Salzsäure  versetzt,  wobei  sie  zuerst  blatroth 
wird,  oder  leitet  man  Chlorgas  ein,  so  entfärbt  sie  sich  bei  längerem 
Stehen,  und  das  Benzostilbin  scheidet  sich  in  kleinen  Krystallen  ab, 
die  grösser  erhalten  werden,  wenn  man  sie  mit  Aether  fibergiesst,  and 
längere  Zeit  in  einem  verschlossenen  Gefass  stehen,  oder  wenn  msa 
die  ätherische  Lösung  langsam  verdampfen  lässt.  Die  Krystalle  sind 
in  reinem  Znstande  in  Alkohol  kaum  löslich,  bei  Gegenwart  des  obes 
erwähnten  Oels  lösen  sie  sich  leichter.  Sie  schmelzen  bei  244^5C. 
utid  sublimiren  bei  höherer  Temperatur,  indem  sie  sich  grösstentheili 
zersetzen.  Concentrirte  Schwefelsäure  löst  das  Benzostilbin  mit  blot- 
rother  Farbe,  wässerige  Kalilauge  von  1,27  specif.  Gewicht  zersetzt 
es  beim  Sieden  nicht. 

Benzolen,  der  dritte  dieser  bei  Einwirkung  von  Kalihydrat  auf 
Hydrobenzamid  entstehende  Körper,  hat  die  Formel  C4oH|»04  oder 
vielleicht  C42K15O4  ').     Nimmt  man  letzteren  an,  so  bildet  dieser  Kö^ 


^)  Rochleder  fand  in  mehreren  Analyseif  (wenn  man  die  Resultate  nrnrec^ 
net  nach  C  =  6  oder  76,0)  Übereinstimmend  86,6  bis  86,6  Kohlenstoff,  5,3  bis 
6,8  Wasserstoff;  er  berechnete  (nach  C  =  76|6)  87,6  bis  87,7  Kohlenstoff  und  5,S 
Wasserstoff  nnd  danach  die  Formel:  0^,^,0,;  diese  Formel  giebt  keinen  Aaf«ehlai8 
über  die  Bildung  der  Körper,  und  passt  nach  dem  neuen  Atomgewichte  von  C  nicht  m 
gut  XU  den  gefundenen  Resultaten,  wie  die  obige  Formel.  Aus  CnüioOg  berechnet  siek 
die  Zusammensetzung  86,6  Kohlenstoff  und  6,1  Wasserstoff;  aus  C,jHiiO,  bsieeh» 
net  «ich  87,8  Kohlenstoff  und  5,1  Wasserstoff. 

*)  Aus  den  von  Rochleder  bei  der  Elementaranaljse  erhaltenen  Zahleo  be- 
rechnet sich  aus  ttbereinstimmenden  Analysen  (nach  C  =  6  oder  75,0)  io  100 
Bensolon,  4m  Mittel  88,6  Kohlenstoff,  und  6,2  Wasserstoff.  Wenn  man  sich  stresg 
an  die  Zahlen  hält,  berechnet  sich  die  Formel  C^^^Hj^O«  .r88,6  Kohlenstoff,  5,3  V« 
serstoff).  Eher  in  diese  Reihe  passen  würde  die  Formel  C^tHisO«,  wonach  iber 
etwa  0,6  su  wenig  Kohlenstoff  erhalten  wäre  (berechnet  84,2  Kohlenstoff,  5.0 
Wasserstoff).  Rochledcr  hatte  nach  den  alten  Atomcnsahlcn  die  empirische  For> 
mel  C11&4O  berechnet,  welche  sogar  84,6  Kohlenstoff  erfordern  wflrde.  IH  äu 
neben  Benzolon  und  Bensostübin  entstehende  Oel  nicht  weiter  untersucht,  nad  ds 


BenzoylwasserstoflF.  937 

per  dch  ähnlich  wie  Benzostilbin,  nnr  wird  mehr  Suuerstoff  anfge- 
Dommen,  und  freies*  Wasserstoffgas  abgeschieden,  wie  Boc  hie  der 
ftnch  sich  entwickeln  sah. 

C^ÄisN,  +  4H0  =  C48H15O4  +  2  NHa  4-  ft 

Hydrobenzamid  '  Benzolon 

Das  Benzolon  entsteht  bei  Einwirkung  des  Kalis  auf  Hydrobenz- 
untd  erst  bei  höherer  Temperatur;  daher  hauptsächlich,  wenn  die  Masse 
10  weit  erhitzt  wurde,  dass  sie  sich  schwärzte;  stieg  die  Hitze  nnr  so 
sveit,  dass  die  Masse  sich  gelb  fiirbt,  so  findet  man  kein  Benzolon;  e^ 
ist  daher  ein  Zersetzungsproduct  des  Benzostilbins ,  welches  aus  dem 
Hydratwasser  des  Alkalis  Sauerstoff  aufnimmt  und  Wasserstoff  abgiebt. 

Das  beim  Behandeln  des  gelben  PuWers  zurückbleibende  unreine 
Benzolon  wird  in  concentrirter  Schwefelsäure  gelöst;  die  prachtvoll 
>Iutrothe  Lösung  wird  auf  Zusatz  von  schwachem  Weingeist  grün- 
ich  gelb,  worauf  sie  sich  entfärbt  und  das  Benzolon  sich  in  kleinen 
Srystallen  abscheidet;  bei  Zusatz  von  Wasser  allein  scheidet  es  sich 
licht  krystalliniAch'  ab.  Das  Benzolon  ist  unlöslich  in  Wasser  oder 
Ukohol,  es  schmilzt  bei  248^^0.  und  sublimirt  bei  höherer  Temperatur 
tut  ohne  Veränderung.  Durch  starke  Salpetersäure  wird  es  beim 
Srwarraen  zerstört,  unter  Bildung  eines  grünlich  gelben  Harzes  und 
inter  Entwickelung  von  salpetriger  Säure. 


.    6)  Trinitrohydrobenzamid. 

Diese  Nitroverbindung  des  Hydrobenzamids  ist  (1851)  von  Ber- 
agnini  entdeckt;  ihre  Formel  ist  C4)I(i5.(N04)8N2;  sie  ist  bis  jetzt 
inr  durch  Behandlung  des  Nitroben^oylwasserstoffs  mit  Ammoniak  in 
ähnlicher  Weise  erhalten,  wie  aus  dem  Benzoylwasserstoff  das  Hy- 
Irobenzamid  dargestellt  wird;  durch  Behandlang  des  letzteren  mit  Sal- 
petersäure ist  sie  noch  nicht  dargestellt.  Sie  bildet  sich  hier  in  ganz 
mah>ger  Weise  wie  jenes  aus  dem  Benzoylwasserstoff  (s.  S.  934),.  und 
leheint  sich  hier  kein  weiteres  Prodnct  zu  bilden,  wie  bei  BittermandelöL 

Zur  Darstellang«  von  Trinitrohydrobenzamid  schüttelt  »man  den 
!^itrobeozoylwas.Herstoff  mit  dem  4-  bis  5fachen  Gewichte  wässerigen 
Iminoniaks.  Die  Flüssigkeit  wird  trübe  und  milchig,  der  Nitroben- 
x>ylwas8erstoff  bekommt  ein  flockiges  Ansehen,  und  nach  24  Stunden 
imX  sich  alles  Hydramid  als  eine  compacte  Masse  abgesetzt. 

Auch  die  alkoholische  Ammoniakflüssigkeit  verwandelt  die  Was- 
erstoffverbindung  leicht  in  das  Hydramid  um,  wobei  sie  sich  zuerst 
&9t,  und  nach  der  Umwandlung  als  harzartige  Masse  abscheidet. 

Wird  Nitrobenzoylwasserstoff  in  trockenem  Ammoniakgas  bis 
Tom  Schmelzen  erwärmt,  so  entwickelt  sich  Wasser  und  das  nitrirte 
Ijdramid  bleibt  als  halbgfasige  durchsichtige  Masse  zurück.' 

Ist  das  Trinitrohydrobenzamid  gefärbt,  so  wird  es  nach  dem  Zer* 
ttiben  zuerst  mit  kaltem,  zuletzt  mit  lauem  Alkohol  abgewaschen ;  das 
Eorückbleibende  weisse  Pulver  wird  endlich  aus  siedendehi  Alkohol 
oystallisiri.     Es  scheidet  sich  in  weissen  Flocken  ab,  welche  aus  sehr 

aeh  die  Zerlegiing»producte  der  beiden  pratan  Körper  nicht  bekannt  ^ipd,  so  Isssen 
ich  die  Formeln  derselben  nicht  mit  Sivlicrhett  feststellen. 


938  Benzo  vlwasserstofF. 

dünnen  glänzenden  Nadeln  bestehen,  die  nach  dem  Trodmea  eiac 
leichte  seidenglänzende  Masse  bilden.  Es  ist  onlöslich  in  Wasser,  n 
Aether  und  in  Terpentinöl,  es  löst  sich  selbst  beim  Sieden  in  starkea 
Alkohol  nicht  in  grosser  Menge. 

Das  Trinitrohydrobenzaroid  erleidet  ähnliche  Zersetznugen  wie 
das  Hydrobenzamid.  Durch  längeres. Sieden  mit  wässerigem  Alkohol 
zerfällt  die  Verbindung  in  Trinitrobenzoylwasserstoff  und  Ammoniak: 
Znsatz  selbst  von  wenig  Säure  zum  Alkohol  beschleunigt  die  Zfr 
Setzung;  mit  viel  Salzsäure  versetzter  Alkohol  bewirkt  diese  Zersetrasj 
schon  in  der  Kälte. 

Chromsänre  löst  das  Trinitrohydrobenzamid  in  der  Kalte  ont« 
Wärmeentwickelung  und  Bildung  von  TrinitrobenzoSsäure. 

Durch  Erhitzen  für  sich,  wie  durch  Einwirkung  siedender  Kali 
lauge,  verwandelt  die  Verbindung  sich  in  das  isomere  Trinitroamarä 


7)  Amarin. 


Benzolin  (Fownes),  Pikramin(Berzelins),  Azobenzoilit 
Wasserstoff  (L an rent),  eine  organische  Base, Prodnd  der  Umwai 
lang  des  Hydrobenzamids,  i8>  fast  gleichzeitig  von  Laurent  i)  and  fd 
Fo  wn es  >)  entdeckt  Die  empirische  Formel  ist  C43}{|gN9,  eine  rational 
Formel  ist  noch  nicht  aufgestellt;  es  ist  vielleicht  das  eigentliche  Di» 

mid  des  Kohlenwasserstoffs  Cx^J&t      ^^  H  (^^  ^^^^  ^^°  tertiäres  D» 

mid  (Ci4K6)8N2.  Das  Amarin  ist  isomer  mit  dem  Hydrobenssiof 
und  entsteht  aus  diesem ,  ähnlich  wie  z.  B.  auch  das  Fuäurin  aus  da 
Furfurolamid,  das  Anisin  aus  dem  Anishydramid  n.  s.  w^  ohne  Veii» 
derong  in  der  Zusammensetzung  nur  durch  Umsetzung  der  Molektis 
Es  bildet  sich  beim  fortgesetzten  Kochen  des  Hydrobenzamids  mit  fe^ 
dünnter  Kalilauge,  wie  beim  längeren  Erhitzen  desselben  für  sich  ■ 
120^  bis  1300  C,  ohne  alle  Aenderang  seines  (xewichtes  dabei  (Bef' 
tagnini).  Es  entsteht  aach  neben  Lophin  bei  der  trockenen  Deslitt^ 
tion  von  schwefligsaurem  Benzbylwasserstoff- Ammoniak  mit  abtf 
schüssigem  Kalkhydrat  (Gössmann^).  Laurent  hatte  es  auch  direi 
bei  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  Bittermandelöl  anter  nicht  nM 
angegebenen  Umständen  erhalten,  und  zuerst  als  AjEobenzoilinwae^ 
Stoff  bezeichnet,  bis  er  fand,  dass  es  Amarin  sei. 

Wird  Hydrobenzamid   mit  verdünnter  Kalilauge  einige  Stnnda 
gekocht,   wobei  Fownes   einen   Grerach    nach  Bittermandelöl  waktj 
nahm ,  so  wandelt  dasselbe  sich  in  einen  harzähnlichen  harten  Kac 
um,  welcher  härter  und  weniger  schmelzbar  als  geschmolzenes 
wiedererstarrtes  Hydrobenzamid  ist.     Dieser  Kuchen  ist  anreines  Ai 
rin;  durch  Auflösen  in  Säure,  Entfärben  mit  Thierkohie,  Kiystailisi] 
Auflösen  des  reinen  Salzes  in  heissem  Wasser  und  Fällen  der 
mit  Ammoniak  wird  die  Base  rein  erhalten  (Fownes). 

Dnrch  8-  bis  48tündiges  Erhitzen  von  Hydrobenzamid  atif  1^ 
bis  ISO^'C.  wird  das  Amarin  als  eine  glasartige  Masse  erhalten, 
darch  Lösen  in  kochendem  Alkohol  mit  Zusatz  von  Salzsäure  oDdU^ 


1)  Compt.  reod.  parLaur.  et  Ger  h.  1845,  p.  33;  Annal.  'de  chim.  etdepkj 
[8.]  T.  I,  p.  306.  —  •)  Annal.  d.  Cham.  u.  Pharm.  Bd.  LIV,  S.3SS.  —  *)  ' 
d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  XCIII,  S.  339. 


Benzoylwasserstoff.  939 

rystalliairen  ein  reines  Salz  giebt,  ans  dessen  Lösung  ;Ainmoniak 
anz  reines  Amarin  föllt  (Bertagnini^). 

Um  die  Verbindung  direet  ans  dem  Benzoylwasserstoff  darsnstel- 
sn,  wird  die  alkoholische  Lösung  desselben  Ynit  Ammoniakgas  gesät- 
gt,  und  dann  die  Flüssigkeit  1  bis  2  Tage'  sich  selbst  überlas- 
en, wonach  sie  zu  einer  krystallinischen  Masse  erstarrt  ist.  Diese 
lasse  wird  mit  etwas  Wasser  vermischt,  eine  Zeitlang  gekocht,  um 
as  Ammoniak  und  den  Alkohol  zu  verjagen,  worauf  die  hräse  Flüs- 
igkeit  mit  Salpetersäure  ges&ttigt  wird;  dadurch  scheidet  sich  ein  Oel 
b  und  eine  krystallinische  eigenthümliche  Säure,  von  Laurent  Benz- 
ninsäure  (s.  unten  S.  946)  genannt,'  von  dieser  muss  die  Flüssigkeit 
^egen  der  geringen  Löslichkeit  des  Amarinsalzes  noch  siedend  abge- 
ossen  werden.  Der  Rückstand  wird  wiederholt  mit  siedendem  Was- 
ar  behandelt,  so  lange  das  Oel  noch  Amarin  zurückhält;  die  so  er- 
altenen  Lösungen  werden  dann  mit  Ammoniak  übersättigt,  worauf  ent- 
reder  sogleich  oder  nach  wenigen  Minuten  das  A marin  in  weissen  mi- 
roskopischen  Nadeln  niederfallt,  welche  durch  Auflösen  in  mit  Salz- 
lare  angesäuertem  heissen  Alkohol  und  Fällung  mit  Ammoniak  gerei- 
igt  werden.  Wenn  man  die  siedende  alkoholische  Lösung  mit  Ammoniak 
ersetzt,  so  scheidet  sich  das  Amarin  beim  Erkalten  in  schönen  rei- 
ten Nadeln  ab. 

Laurent  erhielt  das  Amarin  neben  anderen  Producten  auch 
US  dem  rohen  Bittermandelöl,  als  er  das  bei  der  Destillation  des- 
elben  Übersehende  erste  Drittel  mit  einem  gleichen  Volumen  wäs- 
erigen  Ammoniaks  vermischte,  und  die  oach  14  Tagen  erstarrte 
Hasse  mit  salzsäurehaltigem  Alkohol  kochte,  worauf  die  von  den  dabei 
ingelöst  bleibenden  weissen  mikroskopischen  Nadeln  abgegossene  Flüs- 
igkeit  nach  dem  Verdunsten  eine  ölardge  Substanz  abschied,  die  beim 
iJebergiessen  mit  Ammoniak  erstarrte.  Dieselbe  liess ,  rasch  mit  Al- 
tohol  und  Aether  gewaschen.  Amarin  zurück. 

Nach  Gössmann  erhitzt  man  trockenes  schwefligsaures  Benzoyl- 
rasserstoff-Ammoniumoxyd  mit  dem  3-  bis  4fachen  Volumen  trocke- 
lern  Kalkhydrat  gemengt  in  einer  Retorte  irasch  auf  180<>  bis  200^0.; 
tt  destillirt  neben  Lophin  Amarin  über,  welches  letztere  sich  theils 
n  der  Vorlage  in  einer  von  etwas  Bittermandelöl  milchigen  ammo- 
uakalischen  Flüssigkeit  snspendirt,  theils  im  unteren  Theüe  desRetor- 
enhalses  sammelt  Es  wird,  wie  schon  angegeben,  durch  Auflösen  in 
Ukohol  mit  Zusatz  von  Salzsäure,  Umkrystallisiren  und  Fällen  der  rei- 
len  Lösung  mit  Ammoniak  rein  erhalten  (Gössmann). 

Das  Amariu  ist  ein  färb-,  gemch-  und  beinahe  geschmackloser  fe- 
fter  Körper,  fast  unlöslich  in  Wasser,  aber  in  Alkohol  und  Aether  leicht 
öslich.  Es  krystallisirt  aus  einer  heissen  Auflösung  in  Alkohol  in 
[[läozenden,  durchsichtigen  Prismen;  aus  einer  Lösung  des  salzsauren 
Hier  schwefelsauren  Salzes  mit  Ammoniak  gefällt,  schlägt  es  sich  als 
nne  weisse,  geronnene  Masse  nieder,  welche  beim  Auswaschen  und 
IVocknen  stark  zusammenschrumpft.  Das  trockene  Pulver  wird  beim 
Beiben  stark  elektrisch,  so  dass  eine,  geringe  Menge,  auf  einem  Papier 
mit  einem  Spatel  gestrichen,  auseinander  stäubt,  und  sich  über  die 
{anze  Oberfläche  des  Papiers  ausbreitet.  —  Die  alkoholische  Lösung 
les  Amarins  reagirt  stark  alkalisch.     Das  Amarin  .wirkt  selbst  in  klei- 


*)  AnnÄl.  d.  Chem.  u.  Ph^rm.  Bd.  LXXXVIII,  S  127. 


940  Benzoylwasserstoff. 

neren  Mengen  giftig;  bei  Händen,  Kaninchen  und  anderen 
kleinen  Gaben  von  1  oder  2  Gran  in  den  Magen' gebracht  ▼< 
das  essigsaure    Salz   Zittern,   Conviilsionen   und  andere  Vi 
erscheinnngen;  unter  die  Haut  des  Rückens,  des  SchenkeU  u.  a.  w. 
bracht,  riefen  wenige  Gran  schnell  heftige  ConTulsionen,  Lähmimg 
vorderen  Extremitäten  u.  s.  w.  hervor,  und  bewirkten  den  Tod  bei 
neren. Tbieren  in  wenigen  Minuten,  bei  einem  Bunde  aach  3  Gnaj 
Vs  Stunde  (Bacchetti^). 

Das  Amarin  schmilzt  bei  100<^C.  und  erstarrt  beim  Erkalten 
der  zu  einer  glasähnlichen,  durchsichtigen,  unkrjrstallinischen 
Stärker  erhitzt,  geräth  es  ins  Sieden,  wobei  es  sich  unter  Ammoi 
entwickelnng  fast  vollständig  verflüchtigt  und  in  ein  nach  Benzol 
chendes,  flüchtiges' Oel  verwandelt,  welches   sich  in  der  Vorlage 
sammelt,  während  in  dem  Betortenhalse  ein  anderer  fester,  krjstal] 
scher  Körper  condensirt  wird,  welcher  das  Hauptzersetzongsprodactl 
det.    Dieses  Sublimat,  das  Pyroamarin  (oder  Brenza marin;  F; 
benzolin  von  Fownes,  Pikrimid  von  Berzelius)  hat  nach  Fow| 
die  Zusammensetzung  CsiHgN  oder  C4sHi£Ns.  Der  Zusamroenset 
und  den  Eigenschaften  nach  ist  dieser  krjstallisirbare,  schwach 
Körper  identisch  mit  dem  Lophin  von  Laurent  (s.  S.  941). 

Das  Aniarin  verwandelt  sich  mit  Brom  in  bromwasserstoi 
Amarin  und  eine  nicht  näher  untersuchte  harzartige  Verbindung. — I 
einer  Mischung  von  wässerigem   cbromsauren  Kali  und  Schi 
säure  erhitzt,  bewirkt  es  unter  heftiger  Einwirkung  eine  l^dacdoni 
Chromsäure,  wobei  sich  Benzoesäure  in  grosser  Menge  bildet.   Sa) 
tersäure  zersetzt  es  ähnlich,  die  Einwirkung  ist  weniger  stt 
Durch  schmelzendes  Kalihydrats  wird  es  erst  bei  höherer  Tem] 
zersetzt 

A marinsalze.    Das  Amarin  bildet  n^it  den  meisten  Sauren 
stallisirende  Salze,  die  im  Allgemeinen  durch  ihre  Schwerlöfdiel 
charakterisirt  sind.     Nur  die   essigsaure  Verbindung   macht  in  dil 
Hinsicht  eine  Ausnahme« 

Chlorwasserstoffsäures  Amarin:  C49 Kig N3  •  fl Gl  -f- 
krjstallisirt  aus  der  heissen  Lösung  in  kleinen  glänzenden,  farblosen  | 
dein,  welche  im  luftleeren  Räume  über  Schwefelsäure,  oder  bei  1( 
verwittern,  indem  sie  ihr  Krystallwasser  abgeben.  Wird  Amarin] 
l^alzsänregas  gesättigt,  so  verwandelt  es  sich  in  ein  Oel,  welches 
Erkalten  so  zähe  wird,  dass  es  sich  in  Fäden  ziehen  lässt;  sp« 
starrt  es.  Das  Salz  hat  einen  bitteren  Geschmack,  löst  sich  leid 
Alkohol  und  Aether  und  destillirt  beim  Erhitzen  unverändert 
(Laurent).  Das  chlorwasserstoffsaure  Amarin  bildet  mit Platinchll 
fein  Doppelsalz:  C42Hi8N2.H€l  -f-  PtGlj,  welches  sich  nach  V« 
sehen  der  siedenden  alkoholischen  Lösungen  beim  Erkalten  in 
Nadeln  ausscheidet,  die  sich  nachher  strahlenförmig  gruppirea,  und 
eine  körnige  Masse  von  nnregel massigen  Octaedem  darstellen.  L| 
rent  fand  darin  19,6  Proc.  Platin,  wie  es  die  obige  Form  verlai 

Salpetersaures  Amarin:  .C^sHigNj,  HÖ.NOj,  schwerlc 
in  Wasser,  schiesst  aus  der  heissen,  gesättigten  Lösung  in  kleinen, 
nig  glänzenden  Krystallen  an,  die  sich  an  trockener  Lufl  nicht 
ändern. 


^)  n  navo.  Cim.  da  BCatteucci  c  Piria,     T.  U,  p,  76. 


BenzoylwasserstoflP.  941 

Das  schwefolsanre  Salz  kry&taUinrt  in  sohönen,  der  Oxalsänre 
DÜchen,  farblosen  Prismen,  die  in  Alkohol  anfldslich  sind.  —  Das 
sigsaare  Salz  ist  die  einzige  in  Wasser  leicht  lösliche  Yerbindnng 
I  Amarins,  nnd  bleibt  beim  Abdampfen  als  eine  gummiartige,  kie- 
dde  Masse  znrück. 

8)  Trinitroamarin. 

Nitrirte  organische  Base  (1855)  von  Bertagnini^)  entdeckt  Ihre 
rniei  ist  C49H1S  .  (N04)8Ns.  Sie  bildet  sich  in  ähnlicher  Weise  aus  dem 
i&itrohjdrobenzamid  (S.  937)  wie  das  Amarin  aus  dem  Hydröbenzamid 
le  alle  Aenderung  in  der  empirischen  Znsammensetzung;  sicf  hat  jeden- 
B  dieselbe  rationelle  Zusammensetzung  wie  das  Amarin.  Man  stellt 
le  Base  am  einfachsten  dar  durch  Erhitzen  des  Nitrohydrobenzamids 

125^  bis  1300C.;  oder  man  kocht  dasselbe  mit  verdünnter  Kali- 
Ife  (1  VoL  Lauge  von  46^  B.  oder  1,47  specif.  Gewicht  mit  50  Vol. 
isaer).  Im  letzten  Fall  wird  eine  in  der  Wärme  halb  weiche,  beim 
Alten  spröde,  harzartige  Masse  erhalten,  welche  durch  Behandeln  mit 
;ohol  und  etwas  Salzsäure  und  Umkrystallisiren  mit  Zusatz  von  we- 

Aether  gereinigt  wird;  das  reine  chlorwasserstoffsaure  Salz  wird 
n  in  alkoholischer  L'Ösung  mit  Ammoniak  gefallt,  mit  Wasser  aus- 
raachen  und  in  Alkohol  umkrystallisirt 

Dafl  Trinitroamarin  bildet  nach  dem  langsamen  Verdunsten  des 
ohols  kleine,  weisse  und  harte  krystallinische  Warzen;   diese  lösen 

wenig  in  siedendem  Wasser,  wobei'  sie  anfangen  zu  schmelzen, 
Lösung  reagirt  alkalisch ;  sie  lösen  sich  leicht  in  siedendem  Alkohol 

auch  in  Aether,  die  Lösung  schmeckt  stark  bitler.  Am  besten  löst 
Base  sich  in  einem  Gemenge  von  Aether  und  Alkohol.  Beim  Erkalten 
B  gesättigter  Lösungen  scheidet  sie  sich  als  leichtes  Pulver  ab;  nur 
s  langsamen  Verdampfen  der  Lösung  wird  sie  krystallinisch  erhalten. 

Chlorwasserstoffsaures  Trinitroamarin,  C4SH15 (N04)8'N^  . 
[,  bildet  sich  beim  Versetzen  der  in  Alkohdl  gelösten  Base  mit 
0&ure,  wobei  es  sich  in  schönen  glänzenden  Nadeln ,  abscheidet. 
[st  unlöslich  in  Wasser,  und  selbst  in  starkem  siedenden  Alkohol 

'Wenig  löslich;  die  Lösung  hat  einen  noch  bitterern  Geschmack, 
Lie  Base  fttr  sich;  auf  Zusatz  von  Platinchlorid  bildet  sich  ein  gel- 
krystallinischer,  in  Alkohol  unlöslicher  Niederschlag;  auch  Queck- 
rchlorid  giebt  eine  krystallinische  Verbindung. 

Salpetersaures  Trinitroamarin  ist  etwas  leichter  löslich  als 
ciilorwasserstoffsaure  Salz ;  es  krystallisirt  aus  der  heissen  alkoholi- 
a  Lösung  in  feinen  Nadeln. 


9)  Lophin. 

I^yrobenzolin,  Pyroaraarin,  Brenzamarin,  Pikrimid.  Or- 
iche  Salzbase,  ein  Zersetzungsproduct  verschiedener  Benzoylwasser-^ 
Lerivate.  Empirische  Formel  wahrscheinlich  C49HieN2. —  Von  Lau - 

9')  (1844)  entdeckt  unter  den  Zersetz ungsproducten  des  Hydrobenz- 

« 

>  Auoal.  d.  Chetn.  n.  Pharm.,  Bd.  LXXIX,  S.  276.  —  •)  Rev.  scient.  T.  XVT, 
5-  T.  XVUI,  p.  272;  Annal.  d.  Cbeni.  u.  Pharm.  Bd.  LII,  8.867  n.  Bd.  LXII, 
2  ;  Annal.  de  cfaim.  et  de  phys.  [8.],  T.  XIX,  p.  868. 


942  Benzoylwasseratoff. 

amids,  and  gleichzeitig  von  F  o  w.ü  e  8 1)  alfl  Zersetsongsprodiict  des Anani 
oder  Bensolins  aofgefonden,  und  als  Fjrobenzolin  bezeichnet  *Laareit 
hatte  zuerst  die  Formel  C4eHi7N3  aufgestellt,  diese  aber  sogleldi  in  & 
C43fii6Ns  umgeändert.  Fownes  hatte  für  das  PjrobenzolinaisdeDai 
fachsten  Ausdruck  der  Analyse  die  Formel  CsiHgN  angenommeD^vuf« 
doppelt  =  C4»HieN2  ist.  Gerhardt  sprach  zuerst  die  Ansicht  dahin a« 
dass  Lophin  und  Pyroamarin  oder  Pyrobenzolin  identisch  sden.  Dia 
Ansicht  ist  durch  die  Untersuchung  des  Lophins  von  Gossmann  n 
Atkinson^)  bestätigt;  nachdem  Gossmann')  in  einer  frahereni^ 
beit  die*  äjtere  Formel  yon  Laurent  G4efi[i7N9  angenommen  hatte,  mm 
er  jetzt  die  Zusammensetzung  =  €4281  xNj  an,  was  mit  der  vonLanrei 
und  Fownes  gegebenen  Formel  C4sHieNa  nahezu  übereinstimmt  I 
nach  den  bisherigen  Erfahrungen  die  von  Laurent  und  Gerhardt  ai 
gestellte  Ansicht  sich  bestätigt  hat,  dass  die  Summe  der  Wasserstoff- 1 
Stickstoffaquiyalente  immer  eine  gerade  Zahl  geben,  so  darf  wohl  i 
Formel  C42H1CN3  als  die  wahrscheinlichere  angenommen  werden,  sis 
mehr,  als  diese  mit  den  Analysen  Gössmann's  und  Atkinson^si 
dem  reinen  Lophin  besser  stimmt  als  die  Formel  C4S  Hx?  Nf ,  för  vdl 
der  gefundene  Wasserstdffgehalt  im  Durchschnitt  zu  niedrig  erschdnlt 
funden  wurde  im  Mittel  5,63  Wasserstoff,  berechnet  nach  der  Fort 
C42H17N2  =  5,72,  nach  C42Hi»N2  =  5,42  Wasserstoff-  Dem  Verhaltnl 
gen  Jodäthyl  nach,  welcher  kein  Wasserstoff  in  der  Base  zu  sobstM 
scheint,  ist  das  Lophin  eine  tertiäre  Ammoniakbase,  vielleicht  ein  Dui 

Jp^*  jj*^,^  I N2.  Ob  das  Lophin  sich  Mrie  andere  Amrooniakbasen  miti 

äthyl  zu  einem  Aethyl-Lophinjodtir  vereinigt,  ist  nicht  aaBgeBW 
Gössmann  und  Atkinson  geben  an,  dass  bei  längerer  Einviifa 
von  Jodäthyl  auf  Lophin  in  zugeschmolzenen  Glasröhren  sich  nebcii 
verändertem  Lophin  und  jodwasserstoffsaurem  Lophin  auch  Alkohol  ( 
Jodwasserstoffsäure  gebildet  habe ;  das  ist  aber  nur  möglich  htsm  1 
zukommen  von  Wasser;  es  wäre  daher  doch  möglich,  dass  zoenf 
ein  Aethyl-Lophinjodür  gebildet  habe,  welches  durch  Wasser  in 

angegebenen    Weise    zersetzt    wurde.       Ein  Ammonium         nj 

wie  Gössmann  und  Atkinson  das  Lophin  bezeichnen,  kann  es  1 
nem  Verhalten  nach  nicht  sein;  auch  ist  es  wenig  wahrscheinHch, ^ 
die  Verbindung  NIt2  ^s  Element  auftritt. 

Das  Lophin  bildet  sich  bei  der  trockenen  Destillation  vonii 
rin  und  von  Hydrobenzamid  oder  Benzoylazotid,  sowie,  wenn  man* 
Gemenge  von  Zersetzungsproducten,  welches  bei  Einwirkung  von  J 
moniak  oder  von  Schwefelammonium  auf  Bittermandelöl  erhalten  « 
geradezu  der  Destillation  unterwirft  (s.  S.  932).  Es  bildet  »ehi 
ner  bei  der  trockenen  Destillation  von  schweüigsaurem  Benzoylv*'' 
Stoff- Ammoniak  mit  überschüssigem  Kalkhydrat. 

Wird  Hydrobenzamid  für  sich  der  Destillation  unterwoTfa« 
geht  zuerst  Ammoniak,  dann  ein  wohlriechendes  Oel  über,  ^n^  is 
Betorte  bleibt  eine  Masse  zurück ,  welche  erst  bei  sehr  hoher  Tel 


»)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LIV,  S  865.  —  *)  Annal.  d.  Chem.  b-  ^ 
Bd.  XCVn,  S.  288;  Cbeiii.  Soc.  Qu.  J.  T.  IX,  p,  220;  Jahreobw.  von  Lic^i 
Kopp,  1866,  S.  580.  —  *)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XCUI,  S.Bi9;  f* 
Centralbl.  1855.  S.  266;  Jahresber.  von  Lieb  ig  u.  Kopp  1855,  S.  558. 


BenzoylwasserstofF.  948 

ntor  fiberdestillirt  werden  kann.  Sie  besteht  grdsstentheilB  aosLophin^ 
i^elches  indesaen  noch  mit  einer  anderen,  in  Aether  löaliohen  Subrtans 
gemiacht  ist  Um  daraus  reines  Lophin  zu  erhalten,  giesst  man  den 
ßückstand  der  Retorte  aus  und  behandelt  ihn,  nachdem  er  erkaltet  und 
Eur  faserigen  Masse  erstarrt  ist,  mit  Aether ,  welcher  das  Lophin  un- 
gelöst zurücklässt  (Laurent).  — ^ 

Benzoylazotid  liefert  bei  der  trockenen  Destillation  zuerst  ein 
Frenig  eines  ziemlich  flüchtigen,  wohlriechenden  Oels,  alsdann  folgt 
nn  Product,  welches  erst  bei  hoher  Temperatur  übergeht  und  Vorzugs- 
preise aus  Amaron  und  Lophin  besteht.  Man  trennt  beide,  indem  man 
las  zuletzt  übergegangene  Gemenge  ihit  einer  Mischung  von  Alkohol  « 
ind  Chlorwässerstoff  zum  Sieden  erhitzt,  wodurch  das  Lophin  aufge- 
löst wird  (Laurent). 

Uro  das  Lophin  zu  reinigen,  wird  es  in  siedender  alkoholischer  Kali- 
,Ösung  gelöst,  woraus  es  beim  Erkalten  in  seideglänzenden,  büschelför- 
nigen  Nadeln  anschiesst,  welche  man  mit  Alkohol  auswäscht.  Oder 
»an  löst  das  rohe  Product  in  heissem  Alkohol  und  Chlorwasserstoff« 
i&ure  und  fällt  die  Base  mit  siedender  alkoholischer  Ammoniaklösung 
ind  krystallisirt  den  Niederschlag  aus  Alkohol  um. 

Man  stellt  die  Base  auch  aus  Bittermandelöl  selbst  dar,  indem 
nan  die  aus  dem  Oel  mit  saurem  schwefligsauren  Ammoniak  darge- 
stellte krystallinische  Verbindung  mit  Kalk  destillirt;  die  gross te  Menge 
[iOphin  wird  erhalten,  wenn  jedes  Mai  10  bis  15  6rm.  schwefligsanres  . 
Benzoylwasserstoff-Ammoniak  mit  30  bis  45  Grm.  Ael^kalk  und  ebenso 
del  Kalkhydi'at  gemengt  in  einer  Betorte  rasch  erhitzt  wird,  wobei  sich 
mfangs  etwas  Amarin,  dann  aber  neben  Ammoniak  und  geringen  Mengen 
^lartiger  und  färbender  Stoffe  hauptsächlich  Lophin  büdet.  Um  es  rein 
:u  erhalten,  wird  daß  rohe  Destillationsproduct  wiederholt  mit  massig 
itarkem  Alkohol  digerirt,  dann,  in  siedendem  Alkohol  gelöst,  mit  etwas 
rhierkohle  versetzt  und  umkrystallisirt.  Die  dabei  erhaltenen  grossen 
mschelförmig  vereinigten  Nadeln  werden,  wie  angegeben,  in  Alkohol 
nit  etwas  Salzsäure  aufgelöst,  die  Lösung  mit  Ammoniak  gefallt  und 
ler  Niederschlag  aus  Alkohol  umkrystallisirt  (Gösspiann  und  At- 
linson). 

Die  Bildung  des  Lophins  aus  den  Elementen  des  Benzoylwasser- 
itoffs  und  des  Ammoniaks  lässt  sich  nicht  aus  seiner  Zusammensetzung 
|[enügend  ableiten,  indem  hier  noch  wasserstoffreichere  Verbindungen 
l^leichzeitig  entstehen  müssen;  denn 

3  (CiAOg)  +  2  NHs  =  C^aHiflNa  +  6H0  -f  2  H. 

Das  Lophin  krystallisirt  beim  langsamen  Erkalten  aus  alkoholi- 
scher Lösung  in  büschelförmig  gruppirten,  oft  zolllangen  Nadeln  mit 
iinem  eigenthümlichen  dem  Caffei'n  ähnlichen  Glanz,  sie  sind  anfangs 
lurchscheinend,  werden  später  opalisirend;  beim  raschen  Erkalten  schei- 
let  die  Base  sich  oft  pulverformig  ab.  —  Das  Lophin  ist  farblos,  ge- 
lichlos,  ohne  Geschmack,  unlöslich  selbst  in  siedendem  Wasser,  kaum 
'Öslich  in  kaltem  Alkohol  und  Aether;  kochender  Alkohol  oder  Aether, 
iowie  Steinöl  und  Terpentinöl  lösen  es  reichlich.  Das  beste  Lösungs- 
mittel ist  siedende  alkoholische  Kalilösung,  mit  welcher  das  Lophin 
Stunden  lang  gekocht  werden  kann,  ohne  die  geringste  Veränderung 
EU  erleiden.  In  wässerigen  Säuren  und  Alkalien  löst  es  sich  nicht 
merkbar.  Es  schmilzt  bei  200o  (Laurent)  bei  2650C.  (Gössmann 
and   Atkinson)  zu  einer  klaren   Flüssigkeit,  und  erstarrt  beim  Er- 


944  BenzoylwasserstoiF. 

kalten  (bei  260^  C.)  su  einer  nadelfbnnigen  KrystallmaMe. 
erhitzt,  destillirt  es ,  ohne  sich  zn  zerlegen.  Es  sablimirt  aber  idHm 
unterhalb  des  Schmelzpunktes  bei250<^C.  in  derBenzoSsäure  ähnlichei 
Nadeln. 

Was.  die  Zersetzungen  des  Lophins  anbelangt,  so  ist  bis  jetzt  nur 
sein  Verhalten  hauptsächlich  gegen  Brom  und  Salpetersäure  etwas  p- 
nauer  studirt  worden.  —  Mit  Brom  liefert  das  Lophin  unter  Entwide- 
lung  von  Brom  wasserstoffsäure  ein  Produet,  welches,  in  Aether  nid 
Alkohol  gelöst,  in  schönen  gelben  Krystallen  anschiesst.  Beim  Er- 
hitzen lassen  diese  Erystalle  Brom  entweichen ;  mit  Wasser  gewaschen, 
zerfallen  sie  zn  einem  weissen  Pulver.  — 

Salpetersäurle  zerlegt  das  Lophin  beim  Sieden;  es  entsteht  eis« 
Ölartige  Materie,  welche  beim  Erkalten  erstarrt  und  welche,  nach  Lau« 
rent,  Trinitrolophin  ist,  vollkommen  trocken  =  042813(^04)} N|. 
Mittelst  siedenden  Alkohols  gereinigt,  ist  es  ein  kiystallinisches  Pidfa 
von  orangegelber  Farbe ,  welches  bei  massiger  Wärme  achrnüzt  roA 
sich  ohne  Zersetzung  zu  verflüchtigen  scheint,  dann  aber  plötzlich  nota 
Ausscheidung  von  Kohle  verbrennt.  Wenig  löslich  in  siedendem  AI* 
kohol,  löst  es  sich  in  alkoholischer  Kalilösung,  aus  welcher  es  dmtl 
Wasser  wieder  gefällt  wird. 

Platihchloridlöaung  zersetzt  das  Lophin;  wenn  dieses  in  Al- 
kohol gelöst  mit  überschüssiger  Platinlösung  einige  Zeit  gekocht  wird, 
so  scheidet  sich  metallisches  Platin  als  feines,  schwarzes  Pnl?er  a^ 
und  das  Filtrat  giebt  beim  Abdampfen  eine  weiche  klebrige,  harzaiti^ 
Masse,  welche  weniger  Platin  enthält  als  das  chlor wassersto Aase 
Platinchlorid. 

Lophinsalze.  —  Das  Lophin  ist  eine  schwache  Base,  seine  al- 
koholische Lösung  zeigt  eine  schwache,  oder,  nach  Fowaes,  keine  merk- 
bare Einwirkung  auf  Pflanzedfarben.  Es  bildet  aber  mit  den  stärkerei 
Säuren  wohl  eharakterisirte  krystallisirliare  Salze,  welche  sämmdkl 
in  Weingeist  löslich,  in  Wasser  unlöslich  sind,  beim  ümkrjstaUiFirs 
derselben  bildet  sich  oft  basisches  Salz.  Die  Lösungen  der  reinen  Bae& 
wie  die  des  chlorwasserstoffsanren  und  sohwefligsauren  Lophins,  pI^ 
gen  die  Erscheinungen  der  inneren  Dispersion  des  Lichtes,  aber  nieb 
so  stark,  wie  Chinin  und  Chininsalze,  sie  polarisir'en  aber  das  Li^ 
nicht. 

Chlorwasserstoffsaures  Lophin,  CuHi^N}  .  HGl -f- BOi 
bildet  sich  leicht  beim  Versetzen  der  alkoholischen  Lösung  des  Lophis) 
mit  Salzsäure;  nach  Laurent  wird  das  Salz  in  schönen  Blattches 
krystailisirt  dadurch  erhalten,  dass  man  der  siedenden  alkoholischen  Lo- 
sung von  chlorwasserstoffsaurem  Lophin  siedendes  Wasser  znietit 
Wird  eine  heiss  gesättigte  Lösung  von  Lophin  in  Alkohol  mit  Sak- 
säure  bis  zur  entschieden  sauren  Reaotion  versetzt,  so  scheidet  sich  du 
Salz  nach  dem  Erkalten  in  durchsichtigen  Nadeln  ab,  welche  trockei 
sich  nicht  verändern,  in  der  sauren  Flüssigkeit,  aus  welcher  sie  sieb 
abschieden,  nach  einiger  Zeit  in  weisse,  undurchiiichtige  Priemen  &A 
umwandeln,  welche  Veränderung  vielleicht  durch  Entziehung  von  Was- 
ser bewirkt  wird.  Mit  concentrirter  Salzsäure  übergössen,  wird  da« 
Lophin  in  eine  harzartige  Masse  umgewandelt,  die  nach  Entfernosf 
der  freien  Säure  aus  Alkohol  umkrj.stallisirt  reines  Salz  giebt 

Das  chlorwasserstoffsaure  Lophin  löst  siph  leichter  in  Wasser  an<l 
in  Alkohol  als  die  reine  Base ;  die  Lösung  reagirt  schwach  sauer  Qi^i 


Benzoylwasserstoff.  945 

zeigl  die  Lichtbrechung  stärker  als  Lophinlösung ;  sie  polarisirt  das 
Licht  aber  auch  nicht. 

Ghlorwasserstoffsaures  Lophin-Platinchlorid  C42fiieN9  . 
H€l  -f-  Pt^lg.  Wird  eine  warme,  massig  concentrirte  Lösung  von 
chlorwasserstoffsaurem  Lophin  mit  Platinchlorid,  in  Alkohol  gelöst, 
versetzt,  so  scheidet  sich  beim  Stehen  nach  einiger  Zeit  c[ie  Doppel- 
verbindung  in  nadeiförmigen  KrystäUen  ab,  welche  beim  längeren 
Stehen  unter  der  Flüssigkeit  zu  einem  orangegelben  krjstallinischen 
Pulver  zerfallen.  Das  Salz  bt  leichter  in  Alkohol  löslich  als  ein  an- 
deres Platindoppelsalz. 

Jodwasserstoffsaures  Lophin,  C4j|}{|gNs»fiI.  Beim  Ver- 
setzen einer  heissen  alkoholischen  Lösung  von  Lophin  mit  Jodwasser- 
stoff krystallisirt  das  Salz  leicht  beim  Erkalten  in  grossen  deutlichen 
Nadeln;  aus  einer  stark  sauren  Lösung  scheidet  es  sich  kömig  krystalr 
linisch  ab.  Es  bildet  sich  auch  bei  der  Einwirkung  von  Jodäthyl  auf 
trockenes  (?)  oder  in  Alkohol  gelöstes  Lophin.  Ea  löst  sich  in  Alkohol 
oder  Aether  leichter  als  das  chlorwasserstoffsaure  Salz,  dem  es  sonst 
sich  ähnlich  verhält;  es  ist  in  grosser  Menge  in  Jodäthyl  löslich. 

Salpetersaures  Lophin,  C49HX6N2,  HO.NOs  +  2^0.  Feine 
Blättchen,  löslich  in  Weingeist,  unlöslich  in  Wasser.  Das  Erjstall- 
'  Wasser  geht  beim  Trocknen  weg.  Mit  concentrirter,  von  salpetriger 
Säure  freier  Salpetersäure  Übergossen,  wird  das  Salz  ölartig.  Beim 
Erhitzen  bläht  es  sich  unter  Entwickelung  rother  Dämpfe  auf,  worauf  ein 
Rückstand  bleibt,  dessen  Zusammensetzung,  nach  Laurent,  G4efii7N304 
ist  (das  Lophin  =  C4eIIieN3  angenommen). 

Schwefelsaures  Lophin,  C43fl[ieN3,  HO.SOa,  scheidet  sich 
aus  der  mit  Schwefelsäure  versetzten  Lösung  von  Lophin  in  Alkohol 
auf  Znsatz  von  Wasser  in  rectangulären  Blättchen  ab,  beim  Verdunsten 
der  freie  Säure  enthaltenden  alkoholischen  Lösung  wird  es  in  klaren  farb- 
losen, ziemlich  grossen  rhombischen  Tafeln  erhalten,  welche  beim  län- 
geren Liegen  in  disr  sauren  Mutterlauge  in  kleine  weisse  undurchsich- 
tige Nadeln  zerfallen.  Das  Salz  ist  in  Wasser,  wie  in  Alkohol,  löslich, 
verliert  aber  durch  öfteres  Umkrystallisiren  Säure,  weniger  bei  An- 
wendung von  Alkohol;  durch  wiederholtes  Auflösen  in  Wasser  lässt 
sich  dagegen  die  Schwefelsäure  fast  vollständig  entfernen. 

Lophin-Platinchlorid,  iC^^Hi^'H^  .  SPtGl«.  Diese  Verbin- 
dung scheidet  sich,  beim  Vermischen  von  reinem  Lophin  in  Alkohol 
gelöst,  mit  einer  alkoholischen  Lösung  von  neutralem  Platinchlorid  in 
hellorangegelben  mikroskopischen  Krystallen  ab. 

Salpetersaures  Silberoxjd-Lophin.  Lophin  krystallisirt  in 
Verbindung  mit  salpetersaurem  Silberoxyd  in  mehrfachen  Verhältnissen. 

1)  AgO.NOg  .C43SieN9.  Wenn  eine  heiss  gesättigte  Lösung  von 
Lophin  in  Alkohol  mit  einer  massig  concentrirten  Lösung  von  salpeter- 
saurem Silberoxyd  in  Alkohol  gemischt  wird,  so  scheidet  sich  diese 
Verbindung  sogleich  in  reichlicher  Menge  aus,  und  die  Flüssigkeit  er- 
starrt daher  zu  einem  Krystallbrei.  Die  Krystalle  lösen  sich  in  kaltem 
Alkohol,  und  beim  langsamen  Verdunsten  scheidet  die  Verbindung  sich 
in  grossen  weissen  Nadeln  unverändert  ab.  Werden  die  Krystalle  mit 
Alkohol  gekocht,  so  scheidet  sich  bald 

2)  S(AgO,NOft)  -|-  2G43HieNs,  als  eine  pulverige  krystallinische 
schwerlösliche  Verbmdung  ab.  Aus  der  hiebei  bleibenden  Mutterlauge 
scheidet  sich 

iUudwOrtffbach  der  Chemie.  2te  AaS.   Bd.  II.  gO 


946  Benzoylwasserstoff. 

3)  AgO.NOft  -K  2  C4s{IieN),  als  ein  leicht  Iddicher  Kmper,  ii 
blendend  weissen  Nadeln  ab. 


10)  Benziminsäure. 

Von  Lanrent  entdeckt.  Diese  Sänre  bildet  sich  sogleich  bd 
der  Bereitung  von  Amarin  (s.  d.  S.  939);  man  erhalt  sie,  waa 
man  (wie  am  a.  O.  angegeben)  die  weingeistige  FlöBsigkeit  mit  Wai- 
ser kocht  nnd  dann  mit  Salzsäure  sättigt,  wobei  sieh  eine  ölartige  Sob- 
stanz ,  häufig  gemengt  mit  Nadein  von  Benziminsäure ,  abscheidcL  — 
Zweckmässiger  stellt  man  diese  Säure  so  dar,  dass  man  die  wemgd- 
Btige,  mit  Ammoniak  gesättigte  Lösung  von  Benzoylwasserstoff  vaA 
48stGndigem  Stehen  mit  Ammoniak  flbergiesst ;  die  Lösung  enthält  jeW 
benziminsaures  Ammoniak;  Salzsäure  fällt  daraus  die  Benziminsiiiit 
um  sie  zu  reinigen,  löst  man  sie  in  Weingeist  bei  Zusatz  von  etwtf 
Ammoniak,  erhitzt  bis  zum  Sieden  und  neutralisirt  mit  Salzsäure.  Mn 
erhält  so  die  Säure  in  rein  weissen  seidenartigen  Krystallen.  Sie  iM 
unlöslich  in  Wasser,  schwer  löslich  in  Weingeist ,  bei  höherer  Ten- 
peratur  schmelzbar,  wird  aber  durch  stärkeres  Erhitzen  zersetzt 


1 1)   Azobenzoilid. 

Azostilbase-Azotür.      Von   Laurent   entdeckt.     Aehei« 
Formel  C84H38N5;  später  gab  Laurent i)  an,  dass  die  richtige  Por 

mel  CssfiiiN  sei;  ob  es  ein  Amin  ist,  ^^^^>^|  N,  ist  aus  den  u* 

gegebenen  Eigenschaften  nicht  zu  erkennen.  Bei  der  DestiliaüoD  rm 
blansäurefreiem  Bittermandelöl  ward  das  erste  Achtel  des  DestilJsli 
mit  seinem  gleichen  Volumen  Ammoniak  gemischt;  in  einigen  IV 
gen  fing  die  Krystallbildung  an,  nach  drei  Wochen  war  die  Halfti 
des  Oels  fest  geworden.  Nachdem  der  ölige  Theil  mit  Aether  wap- 
zogen  war,  blieb  das  Azobenzoilid  als  matt  weisse  Substanz,  ans  aar 
kroskopischen  Krystallen  bestehend,  zurück;  es  ist  geruchlos,  onlösU 
in  Weingeist,  wenig  löslich  in  Aether;  die  ätherische  Lösung  hiBfe^ 
lässt  beim  freiwilligen  Verdampfen  den  ursprunglichen  Krystallen  äksfi- 
che  rhomboidale  oder  sechsseitige  Blättchen.  Die  Krystalte  sind  schmili- 
bar,  bei  längerem  Schmelzen  werden  sie  zersetzt ,  so  wie  auch  bei  dtf 
trockenen  Destillation.  —  Salpetersäure  macht  das  Azobenzoilid  sdu» 
in  der  Kalte  weich,  in  der  Wärme  entsteht  ein  in  Aether  leicht  los^ 
liches  OeL  —  Schwefelsäure  löst  die  Krystalle,  Wasser  trfibt  die  I^ 
snng  kaum,  Ammoniak  bringt  sogleich  einen  weissen  Niederschlag  btf* 
vor;  ob  der  Körper  basische  Eigenschaften  hat,  und  mit  der  Sisf* 
etwa  ein  Salz  bildet,  ist  nicht  weiter  untersucht.  Wenn  die  neoer» 
Formel  Laurent's  richtig  ist,  so  erklärt  sich  die  Bildung  des  Aiobeo- 
soilids,  wenn  man  annimmt,  dass  2  Aeq.  Benzoylwasserstoff  nnd  1  Aeq. 
Ammoniak  (NHs)  1  Aeq.  Azobenzoilid  und  4  Aeq.  Wasser  bilden: 

2(CiA0j)  +  N»a  =  C^JH^  -h  4H0. 

Benzoylwasserstoff  Azobenzoilid 

>)  Anml.  de  chim.  et  de  pbys.  [8.]  T.  XVIII,  p.  272;  Joqn   f.  prakt  Gke» 
Bd.  XXXV.  S.  487,    u.  Bd.  XL,  8.  70. 


Beiizoylwasserstoff.  947 

12)   ßibenzoylimid. 

•  Ein  weiteres  von  Robson^)  (1852)  entdecktes  Zerseteangdprodu et 
lee  Benzoylwasseratoffs  durch  Ammoniak.  Seine  empirische  Formel  ist 
ISs^HiaNOs;  vielleicht  C^HeOa  -(-  C14H5 .  H2N  oder,  nach  Robson, 
S  (Ci4H60).NH;  dtiher  der  Name.  Diese  Verbindung  ist  von  Rob- 
en ans  dem  blausäurehaltenden  Bittermandelöl  dargestellt;  es  ist  aber 
Lein  Zweifel,  dass  ihre  Bildung  unabhängig  von  der  Gegenwart  von 
ilaasäiire,  und  dass  sie  ein  Zersetzungsproduct  des  reinen  Benzoylwasser- 
toffs  ist,  dafür  sprechen  die  Zusammensetzung  des  Imids  selbst  wie 
lie  der  Zersetznngsprodncte.  Es  enthält  die  Elemente  des  Azobenzoi- 
ids  ~(-  ^  Aeq.  Wasser.  Das  Bibenzojlimid  ist  eines  von  den  Producten 
ler  Einwirkung  von  Ammoniak  aui'  Benzoylwasserstoff ,  deren  nähere 
^ildnngsnm stände  nicht  bekannt  sind.  Seine  Bildung  veranschanlicht 
blgendes  Schema: 

2  (CuHeO,)  +  NH3  =  CjsHisNOa  +  2HO. 

Benzoylwasserstoff  Bibenzoylimid 

Zu  seiner  Darstellung  wird  Ammoniakgas  in  reichlicher  Menge  in 
une  alkoholische  Lösung  von  Bittermandelöl  geleitet;  nach  mehrstün- 
ligem  Stehen  scheidet  sich  eine  weisse  kömige,  in  Alkohol  unlösliche, 
klasse  (Laurent's  Benzoylazotid  ?)  neben  einer  harzartigen  Substanz 
bb.  Letztere  wird  durch  Alkohol  von  der  körnigen,  in  dieser  Flüssig- 
Leit  unlöslichen  Masse  getrennt,  und  nach  dem  Abscheiden  aus  der 
liösung  einige  Stunden  mit  Kalilauge  gekocht,  wobei  sie  sich  hellroth 
arbt,  harzartig  und  bröckelig  wird.  Nachdem  der  Masse  durch  wie- 
liolte  Behandlung  mit  ganz  verdünnter  Salzsäure  alles  Amarin  entzo- 
gen ist,  wird  sie  mit  Alkohol  ausgekocht  und  der  darin  anlösliche 
Köckstand,  aus  weissen  federartigen  Krystallen  bestehend,  aus  sieden- 
dem Holzgeist  umkrystallisirt. 

Das  Bibenzoylimid  löst  sich  nicht  in  Alkohol,  kaum  in  Aether, 
Am  leichtesten  in  kochendem  Holzgeist.  Mit  Salzsäure  lässt  es  sich, 
ohne  Zersetzung  zu  erleiden,  kochen;  concentrirte  Schwefelsäure  löst 
es  mit  rother  Farbe,  auf  Zusatz  von  Wasser  föUt  es  unverändert  nie- 
der. E»  löst  sich  in  concentrirter  Salpetersäure  und  wird  erst  beim 
längeren  Kochen  damit  zersetzt;  aui'  Zusatz  von  Wasser  scheidet 
sich  das  Product  der  Einwirkung  als  ein  glänzend  gelber  Körper,  viel- 
leicht eine  Nitroverbindung  ab,  welche  sich  in  siedendem  Alkohol 
löst,  sich  aber  beim  Erkalten  als  amorphes  Pulver  wieder  abscheidet;  in 
concentrirter  Schwefelsäure  ist  diese  Nitroverbindung  ohne  Zersetzung 
löslich;  von  alkoholischer  Kalilauge  oder  Ammoniak  wird  es  mit  hcll- 
rother  Farbe  gelöst 

Selbst  beim  fortgesetzten  Kochen  mit  wässerigem  Kuli  wird  das 
Bibenzoylimid  nicht  zersetzt;  in  weingeistiger  Kalilösung  dagegen  zer- 
fallt es,  aber  erst  nach  mehrtägigem  Kochen,  in  Ammoniak  und  Ben- 
zoylwasserstoff.  Mit  Natron -Kalk  trocken** erhitzt,  giebt  das  Imid 
neben  Ammoniak  eine   geringe  Menge  eines  gelben    krystallinischen 


')  Ghem.  Soc.  Qn.  J*  T.  IV,  p.  225;  Annat.  d.  Chem.  o.  Pharm.  Bd.  LXXXI, 
S.  128;  Jonrn.  für  prakt.  .Ghem.  Bd.  LV,  S.  245*,  Jahresber.  v.  Lieb  ig  u.  Kopp 
1852,  8.  209. 

60* 


948      Benzoylwasserstoff-Amebensäure.  —  BenzjL 

stickstofffreien  Sublimats,  welches  sieh  in  conoentnrter  SchwefeUSni« 
mit  schön  violetter  Farbe  löst.  Fl 

Benzoylwasserstoff-AmeisensHure,  syn.    Man- 

delsäure,  s.  Bittermandelöl,  Verwandlungen  durch  Chlor- 
wasserstoff. 

Benzoylwasserstoff,  benzoesaurer,  s.  Bitter- 
mandelöl,   Verwandlung  durch  Chlor. 

Benzoylwasserstoff  -  Benzoylchlorid    s.    Ben- 

zoylwasserstoff,    Verwandlung  durch  Chlor  S.  920. 

Benzoylwasserstoff-Cyanwasserstoff  8.  Bitter- 

mandelöly  Verwandlung  durch  Cyanwasserstoff. 

Benz  oylwasserstoff-Cyanbenzoylcy  an  Wasser- 
stoff 8.  Bittermandelöl,  Verwandlung  durch  Cjas- 
kalium. 


Benzyl,  Toljl,  Toluenyl  hat  man  das  hypothetische 
des  BenzoS- Alkohols,  C14H7,  genannt,  welches  dem  Cressyl,  OiA' 
isomer  ist,  von  dem  es  sich  aber  dadurch  unterscheidet,  dass  es  dnid 
Oxydation  in  Benzoyl,  C14  ftj  O9,  (in  seinen  Verbindungen)  übergefihrt 
wird.  Dasselbe  Badical  nimmt  man  in  dem  Toluol  und  den  daraus  s^ 
zuleitenden  Verbindungen  an.     E^  sind  jetzt  folgende  bekannt. 

Benzyl -Alkohol  n.iin     Uc\   ^       —       ^i^W 

(Tolyl-Alkohol)  Cil  «7  ü  -  » O  _  g  jO,. 

Benzyl- Aether  n    ir  n  ^1487)^ 

(Tolyl&ther)  ^4»tU  _       p^^^jU^. 

ssa     c„«,o.o.«.o=  §.*j<v 

Essigsaurer  Benzyläther      ^    „  ^     ^    „  ^.    C4  H|Osi^ 

(Essigsaurer  Tolyl&ther)      ^"  «7  U  .  U4  «»  ^z  —        C^^V^]^ 

BenzoSsaur^r  Benzyläther    n    11  r\     nun  014^502/^ 

(Benzoesaurer  Tolyl&ther)    ^4  »t  O  .  Ch  «s  U,  =        01487)^ 

Zimmtsaurer  Benzyl&ther     nun     nun    Cig  Hy  O»)^ 

(CinnameXn)  ^^  **^  O  .  Ci«  »7  U,  —         (\fi,\^' 

Benzylwasserstoff  nun  C1487/ 

(Toluol)  Oi4  »7  .  »  =  g  I 

Benzylchlorör  n    u  ßi  014^7^ 

(Tolylchlorüy)  ^uM^tal  =  ^j  { 

Benzylcyanür  r«    n  c„  01487^ 

(Tolylcyanfir)  ^u  »7  tiy  _       ^  jj  j 

Benzylamin  r    H      ÄiU  ^  fl  L 

(Toluidin)  ^"**'  •  ^*»  =  g  P 


Benzyläther.  949 

C14H7) 

TribeMylamin  (Ci4Hi)aN  =       C14HJN. 

Ci4H7) 

(Nitrololuol)  ^4  «7  (^04)  =      jjQ^   j 

Es  gehören  hierher  femer  noch  die  gepaarten  Säaren  wie  Sulfo- 
[>enzyl9äure  (Sulfotoluolsäure)  und  t^hiotolnolsäure.  Die  ersten  Ver- 
[nndungen  sind  in  dem  Artikel  Benzyl- Alkohol  beschrieben;  die  an- 
ieren  zunächst  von  dem  Tolnol  sich  ableitenden  Verbindungen,  s.  Art. 
roluol.  A.  S, 

Benzyläther,     Benzvlaxyd,    C14H7O    oder    vielmehr 

C    H  J 
DS8H14O9  =  p^^ii^l  ^s  (Gannizaro).     Er  ensteht  ans  dem  Benzyl- 

ilkohol  durch  Behandlung  mit  wasserfreier  Bors&nre  bei  massiger  Wärme. 
Sor  Darstellung  desselben  mischt  manBenzylalkohol  und  feingepulverte 
irasserfreie  Borsäure  zu  einem  Teige,  erhitzt  die  Mischung  in  verschlos* 
lenen  Gefässen  einige  Stunden  lang  auf  120^  bis  125^0^  zieht  aus  der 
iraunen  und  erhärteten  Masse  mit  kochendem  Wasser  und  hierauf  mit 
uner  Lösung  von  kohlensaurem  Kali  die  Borsäure  ans  und  destillirt 
ias  aufschwimmende  grünlich  braune  Oel.  Das  unter  800^  C.  üeber- 
gehende  enthält  unveränderten  Benzyl  -  Alkohol ,  zwischen  300<^  und 
SI50  C.  geht  der  Benzyläther  Über  und  im  Bückstande  bleibt  ein  Koh- 
l«i  Wasserstoff. 

Der  Benzyläther  siedet  zwischen  SlO^'undSlÖ^^C.;  er  ist  eine  farb- 
lose, etwas  fluorescirende  ölartige  Flüssigkeit,  die  beim  Erhitzen  über 
hren  Siedepunkt  sich  gelb  färbt  und  in  einen  harzartigen  Körper,  Bit- 
lermyidelöl  und  ein  leichtes  Oel,  wahrscheinlich  Toluol,  übergeht. 

Benzyläthyläther,  Aethylbenzyläther,  Benzyläthyloxyd, 
ILethyloxyd-Tolyloxyd:     CisHiaO»  =  C1487O  +  C4  H»  0 

=  p^^^(02(Cannizaro).  Er  entsteht  beim  Kochen  von  Benzylchlorür 

nit  alkoholischer  Kalilösung,  welches  man  zweckmässig  in  der  Weise 
vornimmt,  dass  die  sich  anfangs  verflüchtigenden  Theile  condensirt  wie- 
ier  in  die  Kalilösung  zurückfliessen.  Nach  beendigterZersetzung  giesst 
nan  die  Flüssigkeit  von  dem  ausgeschiedenen  Ghlorkalium  ab,  verdampft 
len  Weingeist  zum  Theil  und  vermischt  den  Rückstand  mit  Wasser,  wo- 
iurch  er  sich  in  zwei  Schichten  trennt,  deren  obere  der  Benzyläthyl- 
ither  ist,  den  man  durch  Trocknen  über  Chlorcalcium  und  Rect^cation 
'einigt. 

Es  ist  eine  farblose,  leicht  bewegliche,  angenehm  riechende  Flüs- 
ngkeity  die  bei  185^0.  siedet.  Auf  Wasser  schwimmt  sie  ohne  sich 
EU  lösen« 

BenzoSsaurer -Benzyläther,  benzoesaures  Benzyloxyd, 
t>enzoSsaures   Tolyloxyd  :  Csg  H12  O4  =  C14  lij  0  .  Cn  85  Og 

Gl  fl  O  ) 

=  ^Yi  ^U\  ^^'     ^^  erhält  ihn  durch  Dest^lation  einer  Mischung 

äquivalenter  Mengen  von  Benzoylchlorid  und  Benzylalkohol  wobei  an- 
^ngs  Salzsäure  entweicht,  etwas  BenzoSsänre  und  Benzylchlorür  über- 
seht, während  spätet  der  benzo§saure  Benzyläther  als  gelbliches  Oel 
lestiUirt,  welches  beim  Abkühlen  krystallisirt.    Man  reinigt  ihn  durch 


950  Benzyl-Alkohol 

Pressen  zwischen  Papier,  Bectification  6ber  Benzoäanhydrid,  Wascks 
des  D.e8ti11ate8  mit  kohlensaurem  Natron  und  abermalige  RectiftcfttioD. 

Man  erhält  hicrdiurch  farblose  Krystallblätter,  die  über  20*  C 
schnielaen  und  bei  etwa  345<^C.  sicKien.  Der  geBchinolsen  gpmmot 
Aether  erstarrt  schwierig,  oft  erst  in  einer  Kältemiscbang.  Er  ist  Ho- 
mer mit  Bonzoin,  polymer  mit  Bittermandelöl. 

Essigsaurer  Benzyläther,  essigsaures  Benzyloxjd, 

essigsaures  Tolyloxyd:     Ci8Hio04^=    C14B7  O  .  C4H1O} 

C  H  O  ) 
=      V^rI!^^  (Cannizaro).      Eine  Lösong  von  Bensylalkohol  ■ 

2  Vol.  Essigsäure  wird  mit  einer  lilischung  von  1  Vol.  ooncentrirtor 
Schwefelsäure  und  4  bis  5  Vol.  Essigsäure  zusammengebracht,  vobd 
eine  anfange  homogene  Flüssigkeit  entsteht,  die  sich  bald  trabt,  ind» 
sich  der  essigsaure  Benzyläther  als  leichtere  Schicht  oben  abscboidei 
Man  nimmt  sie  ab,  wäscht  sie  erst  mit  einem  warmen  Gemenge  v« 
Schwefelsäure  und  Essigsäure,  hierauf  mit  einer  Ldsung  von  koUa- 
saurem  Natron,  trocknet  Über  Ghlorcalcinm  und  rectificirt. 

Man  erhält  so  eine  farblose,  Ölartige  Flüssigkeit,  die  in  Wtfw 
untersinkt  und  einen  angenehmen  Geruch  nach  Birnen  hat.  ^Sie  sidd 
bei  2100c. 

Beim  Kochen  mit  starker  Kalilauge  (becM)nder6  alkoholiflcher)  w- 
fällt  sie  in  Beneylalkohol  und  essigsaures  Kali. 

Zimmtsäure-Benzyläther ist,  nach Scharling's Untemckm 
das  Cinnameln  des  schwarzen  Perubalsams.  A.  S. 

Benzyl-Alkohol^)',  Benzalkohol,  BenaoS-AlkohoK 
Benzyloxydhydrat,Tolyloxydhydrat,  Tolylaikohol,  Tolueajt- 

Alkohol.      Formel:    Ci4HgOj  =  ^*^'|  O^  =  H  O  .  €„8^0^ 

Entdeckt  von  Cannizaro  (1853). 

Der  Benzyl-Alkohol  wurde  zuerst  aus  dem  Bittermandelöl  dank 
Behandlung  mit  alkoholischer  Kalilosung  erhalten,  wobei  zwei  Atoot 
desselben  sich  in  1  Atom  Benzyl-Alkohol  und  1  Atom  BenzoSttiit 
zerlegen : 

2C,4HflO,    +    HO.KO    =   CuHsO,    -f    K0^Ci4fli»0| 

Benzoylwasserstoff  Benzylalkohol         BenzoSs.  KalL 

Später  erhielt  ihn  Cannizaro  auch  aus  dem  Tolylchlorür  (dnrel 
Behandlung  von  Toluol  mit  Cblorgas  dargestellt),  wobei  dieses  dun^ 
längeres  Kochen  mit  einer  alkoholischen  Losung  von  essigsaurem  Kai 
erst  in  essigpauren  Benzyläther  übergeführt  wurde,  welcher  endfidr 
mit  alkoholischer  Kalilauge  in  Benzylalkohol  und' essigsaures  Kali  lO' 
fallt  Nach  dem  Abdestilliren  des  Weingeistes  trennte  sich  der  Beasyl- 
Alkohol  von  der  wässerigen  Lösung  des  essigsauren  Kalis  and  fisff 
sich  durch  Bectification  für  sich  erhalten« 


*)  Literatur:  Cannisaro,  Annal.d.  Obern,  o.  Pharm.  Bd.  LXXXVIII,  &  lUi 
Bd.  XC,  8.  262;  Bd.  XCU,  S.  118;  Bd.  XCVl,  S.  24G;  Cimcnto  T.  UI,  p.  Mi 
Journ.  f.  prakt.  Ohem.  Bd.  LXUI,  8.  86;  Bd.  LXIV,  8.  161;  Bd.  LXVU,  S.  tn, 
Pbarm.  Contralbl.  1854,  8.  577.  Gmelin*«  Handbuch,  fortgeseUt  v.  List,  Bd.n 
S.  270.  —  8charling,  Annal.d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XCyil,  S.  168;  Joam.  f.  piakt 
Chem.  Bd.  LXVU,  8.420.  Deville,  Annal.  de  Chim.  et  de  Phy».  [3.].  ni,p.  1?»^ 
Journ    f.  prakt.  Chem.  Bd.  XXV,  8.  886. 


Benzyl-AIkokoL  951 

Benayl -Alkohol  ist  ohne  Zweifol  auoh  das  auB  dem  Cinnamelh 
durch  Behandlung  mit  Kalihydrat  entfttehendei  als  Peruvin  beseich- 
neteProduot,  welches,  nach  Scharling's  neuer  üntersuchuDg,  die  Zu- 
sammenBetzung  C14  Hs  O^  hat  und  durch  Sauerstoff  bei  Gegenwart  von 
Flatinschwarz  in  Bittermandelöl  verwandelt  wird. 

Zur  Darstellung  des  Benayl- Alkohols  wendet  man  am  besten  das 
Bittermandelöl  an;  nachdem  es  sorgfaltig  vonBlausänre  befreit  worden, 
vermisoht  man  es  mit  seinem  gleichen  Volumen  Alkohol  und  setst 
3  bis  4  Volume  einer  alkoholischen  Kalilösung  von  1,02  specif«  Gre- 
wicht  zu.  Die  Mischung  erwärmt  sich  und  gesteht  bald  zu  einem  wei- 
ehen  Krystallbrei;  durch  Zusatz  von  Wasser  löst  man  das  benzoSsaure 
Kali  auf,  destillirt  den  grössten  Theil  des  Weingeistes  ab,  setzt  zu  dem 
Bfickstande  Wasser  bis  zur  eintretenden  Trübung  und  schüttelt  mit 
Aelher,  welcher  den  Benzyliükohor  löst  und  ihn  beim  Verdunsten  meist 
Ifefarbt  hinterlasst.  Man  entwässert  den  Rückstand  mit  Kalihydrat  und 
reinigt  ihn  durch  wiederholte  Destillation. 

Der  Benzyl- Alkohol  ist  eine  farblose,  stark  lichtbrechende,  ölartige 
Flüssigkeit  von  schwachem,  angenehmem  Greruch,  von  1,059  specif. 
Gewicht,  bei  204<>G.  siedend.  Sein  Siedepunkt  stimmt  mit  dem  des  iso- 
meren Gresyloiiydhydrats  überein;  die  Dampidichte  wurde  zu  3,845 
bestimmt  (berechnet  3,74  bei  einer  Condensation  anf  4  Vol.).  In 
Wasser  ist  er  unlöslich;  mit  Schwefelkohlenstoff,  Weingeist,  Aether 
und  Essigsäure  mischt  er  sich  in  jedem  "VJ^rhältniss» 

Von  zusammengesetzten  Aetherarten  dieses  Alkohols  sind  nur 
wenige  bis  jetzt  dargestellt  worden,  nämlich  der  Aethylbenzyläther, 
1er  benzoSsaure  Benzyläther  und  der  essigsaure  Benzyläther  (s.  oben); 
K)wie  ferner  die  Haloidverbindung  Benzylchlorür  und  BenzylcyanÜr. 

Saure  Aetherarten  des  Benzylalkohols  kennt  man  bis  jetzt  noch  nicht. 

T>er  Benzylalkohol  wird  ziemlich  leicht  durch  Einwirkung  ver- 
schiedener Agentien  verwandelt.  • 

Leitet  man  denselben  dampfförmig  durch  eine  glühende  mit  Pla- 
fcinschwamm  gefüllte  Röhre,  so  zersetzt  er  sich  unter  Bildung  verschie- 
lener,  'theils  flüssiger,  theils  fester  Stoffe,  worunter  Benzol  besonders 
)emerkt  wurde. 

Durch  Sauerstoff  bei  Gegenwart  von  Platinschwarz  verwandelt  er 
lieh  in  Bittermandelöl.  Dasselbe  geschieht  bei  der  Behandlung  mit 
Salpetersäure;  mit  concentrirter  Salpetersäure  ist  die  Einwirkung  ziem- 
ich  heftig.  Chromsänre  verwandelt  in  wässeriger  Lösung  den  Alkohol 
in  Benzogsäure.  Concentrirte  Schwefelsäure,  wasserfreie  Phosphor- 
läure  oder  Chlorzink  verwandeln  ihn  in  eine  in  Wasser,  Weingeist  und 
&.ether  unlösliche  harzartige  Blasse. 

Wasserfreie  Borsäure  verwandelt  bei  100» bis  1200C.  denBenzyl- 
dkobol  in  Benzyläther,  C28H14O3,  in  höherer  Temperatur  aber  in 
ünen  Kohlenwasserstoff  von  der  Formel  C^gBia« 

Erhitzt  man  Benzylalkohol  mit  einer  gesättigten  alkoholischen 
Lösung  von  Kalihydrat  und  destillirt,  so  geht  znerst  Weingeist  üt>er, 
lierauf  aber,  sobald  der  Betorteninhalt  fest  geworden  ist,  Toluol,  wäh- 
rend der  Blickstand  benzoSsanres  Kali  enthält.  Man  hat  hier  die 
leichung: 

3^CHH8p2  +  HO.KO  =  KO^j0i4H^^      ?Si^+  ^^^ 
Benzylalkohol  Benzoäsaores  Kali        Toluol 


•^ 


952  Benzylchlorör. 

Mischt  man  eine  Lösung  von  Bensjlftlkohol  in  SehweMkohki- 
stoff  mit  einer  Lösung  von  Phosphor  in  Schwefelkohlenstoff  mA  sett 
allmälig  Jod  zn ,  so  bleibt  beim  AbdestUliren  ausser  Jodphosphor  äc 
die  Angen  stark  angreifende  Flässigkeit,  wahrächeinlich  BensjljodSrf 
zurück. 

Durch  Einwirkung  von  Fiuorbor  auf  Benzylalkohol  entsteht  unter 
Wärmeentwickelung  Borsäure  und  eine  harzartige  Substanz^  Cffiif 
Man  erh&lt  letztere  rein  durch  Waschen  mit  Wasser ,  Alkohol  md 
Aether  (worin  sie  fast  unlöslich  ist),  Auflösen  in  Schwefelkohleoitof 
oder  Chloroform,  woraus  'sie  durch  Verdunsten  als  amorphe,  dsitk» 
scheinende,  bernsteingelbe  Masse  erhalten  wird ,  welche  b^Ln  ErhitHs 
erst  schmilzt  und  sich  hierauf  zersetzt.  Sie  scheint  mit  der  ansBeosyl- 
Alkohol  durch  Schwefelsäure,  wasserfreie  Phosphorsaare ,  Chlonhik 
oder  Borsfture  erhaltenen  Substanz  identisch  zu  sein,  und  entsteht  stf 
Benzylalkohol  durch  Austreten  von  Wasser. 

Benzylchlorür,  TolylchlorOr,  ToluenjlchlorSr: 
Ci4H7€l  (Cannizaro).  Es  entsteht  aus  Benzjl- Alkohol  durch  ß» 
Wirkung  von  Chlorwasserstoffsäure,  sowie  aus  Toluol  durch  Behandln! 
mit  Chlorgas.  In  letzterem  Falle  destillirt  man  Toluol  mehmialft  ■ 
einem  Strome  trockenen  Chlorgases  und  wascht  mit  Kalüauge.  JSM 
Deville  sättigt  man  Toluol  im  Dunkeln  mit  Chlorgas,  und  treibt  du 
überschüssige  Chlorgas  dur<^  Einleiten  von  Kohlensäure  aus,  won^ 
man  rectificirt  Beim  Einleiten  von  Chlorwasserstoffgaa  in  Beniylslb' 
hol  wird  es  unter  Wärmeentwickelung  absorbirt  und  es  bilden  sidi  m 
Schichten,  deren  untere  wässerige  Salzsäure,  die  obere  aber  Bessji* 
chlorftr  ist  . 

Es  ist  eine  farblose  Flüssigkeit  von  1,117  specif.  Gewicht  beiO«C. 
die  bei  17öo  bis  176oC.  (Cannizaro,  bei  170<»  Doville)  siedet  B 
}ßst  sich  nicht  in  Wasser,  mischt  sich  aber  mit  Alkohol  oder  Aetitf 
Alkoholische  Kalilauge  zersetzt  es  beim  Kochen  in  Chlorkaliunl  db^ 
Benzyläthyläther;  wässeriges  Kali  ist  ohne  Einwirkung.  Durch  Eod« 
mit  einer  alkoholischen  Lösung  von  essigsaurem  Kali  verwandelt  tf 
sich  in  essigsauren  Benzjläther.  Durch  eine  concentrirte  Lösung  ▼<» 
Cjankalium  in  Alkohol  geht  es  beim  Erhitzen  in  Benzylcyanür  fibcr, 
welches  jedoch  Cannizaro  nicht  rein  •darstellte.  Er  giebt  nur  an«  dm . 
es  mit  Kalihydrat  gekocht  unter  Ammoniakentwickelung  in  das  Eslitfl> 
einer  mit  Toluylsäure  in  der  Zusammensetzung  identischen  SinR 
übergehe,  welche  jedoch  schon  unter  lOO^C.  schmelze,  was  vielldcbi 
durch  eine  Beimengung  verursacht  werde.  Erhitzt  man  es  mit  alko- 
holischem Ammoniak  in  zugeschmolzenem  {U>hr,  leitet  in  die  erkaltet« 
Flüssigkeit  trockenes  Ammoniakgas  und  löst  den  entstandenen  Med«- 
schlag  in  Aether,  so  erhält  man  beim  Verdunsten  der  Lösung  Tribei* 
zy lamin,    C49H9]N  =  (Ci4Ht)8N,  in  glänzenden  Blättchen. 

Das  Tribenzy lamin  ist  in  Wasser  und  in  kaltem  Alkohol  wenig 
löslich,  m«hr  in  kochendem  Alkohol,  besonders  aber  in  Aeiher.  & 
reagirt  alkalisch,  schmilzt  bei  91,3^6.  zu  einer  farblosen  Flüssifkeit 
und  zersetzt  sich  über  8600C.  unter  theil weiser  Verflüchtigung. 

Das  chlorwasserstoffsaure  Tribenzylamin  krystaUisirt  am 
kochendem  Wasser  in  Nadeln ;  in  kaltem  Wasser  ist  es  nur  wenig  1^ 
lieh.     Mit  Platinchlorid   bildet  es  ein  in  orangefarbigen  Nadeln 
'"H  ausscheidendes  Doppelsalz:  C43H21N  .  HGl  .  PtGl^.        A.  S. 


Beraunit.  —  Berberin.  958 

Beraunit  nannte  Breit hanpt  ein  bei  StBenigna  imBerauner 
Kreise  in  Böhmen  mit  Eakoxen  nnd  Dofrenit  vorkommendes  Mineral, 
welches  durcheinanderlanfende  oder^bQschelfbrmig  strahlige  Partien  und 
blättrige  Aggregate  bildet,  in  einer  Bichtang  vollkommen,  in  e}ner 
zweiten  darauf  senkrechten  unvollkommen  spaltbar,  dunkel  hjacinthroth 
bis  rothlichbraun,  glasartig  glänzend,  auf  den  vollkommenen  Spaltungs- 
flächen perlmutterartig,  in  dönnen  Blättchen  halbdurchsichtig  ist,  ocher- 
gelben  bis  r5thlichbraunen  Strich,  die  Härte  =  2,0  bis  2,5  und  das 
specif.  Gewicht  =  2,878  hat  nnd  wenig  spröde  ist  Im  Kolben  giebt 
er  viel  Wasser,  vor  dem  Löthrohre  ist  er  Hir  sich  schmelzbar,  die  Flamme 
blaulichgrtin  fi&rbend,  in  Salzsäure  auflöslich.  Nach  Plattner  i)  ent- 
hält  er  Wasser,  Eisenoxjd  und  Phosphorsäure.  K, 

Berber  in.  Stickstoffhaltende  organische  Base,  (1837)  von 
Buchner  Vater  und  Sohn^  zuerst  rein  dargestellt,  später  von  Fielt- 
mann  *)  vollständiger  untersucht.  Buchner  hatte  aus  der  Elementar- 
analjse  des  Berberins  die  Formel  CaaHigNOis  berechnet;  nach  dem 
neueren  Atomgewicht  des  Kohlenstoffs  entsprechen  seine  Zahlen  aber 
jedoch  besser  der  Formel  C8eHi9NOi3.  Nach  Fleitmann,  der  das 
Berberin  reinigte,  und  neben  der  Base  selbst  auch  eine  Reihe  Ver- 
bindungen derselben  analjsirte,  ist  das  bei  100^  C.  getrocknete  Ber- 
berin C4sH2o^Oii;  in  d6n  wasserfreien  Verbindungen  mit  Säurpn  hat 
es,  nach  ihm,  die  Formel  C43lti8N09;  es  hat  also  hier  2  Aeq.  Wasser 
verloren;  im  krystallisirten  Zustande  enthält  die  Base  ausserdem  10  Aeq. 
KrystsllTrasser,  und  darnach  ist  das  krystallisirte  lufttrockene  Berbe- 
rin =  C4aHi8N09.2HO  +  10  aq.  (Fleitmann).  Es  ist  nach  den 
vorliegenden  Analysen  die  Richtigkeit  der  Formel  doch  nicht  als  un- 
zweifelhaft zu  betrachten,  und  selbst  nicht. wahrscheinlich  und  daher 
eine  weitere  Untersuchung  wünschenswerth. 

Das  Berberin  ist  von  Buchner  zuerst  aus  der  Wurzel  des  Sauer- 
dorns (Berheris  vulgaris)  dargestellt;  es  ist  später  in  dem  Holze  einer 
mexikanischen  Berberisart  in  den  Spalten  als  ein  goldgelbes  krystal- 
linisches  Pulver  beobachtet  (Witt stein). 

Auch  in  den  indischen  JBerberisarten  soll  es  enthalten  sein,  vor- 
züglich  in  der  Wurzel  (etwa  1,7  Proc),  in  "geringer  Menge  in  dem 
Holz  in  der  Nähe  der  Rinde  (Solly).  Später  ist  es  von  Bödecker^) 
in  der  Columbowurzel  (von  Cocculus  palmatua  Z>.  C.)  gefunden ;  von  Per- 
riös*)  in  dem  Columboholz  von  Ceylon  (von  Menispermum  fenestratum) ; 
von  Stenhouse^  in  einer  gelben  Rinde,  welche  von  den  Eingebor- 
nen   von  Abeoconta   in  Westafrika  zum  Gelbfärben   benutzt  wird  ')• 

Das  Berberin  findet  sich  in  der  Wurzel  von  Berberis  vulgaris  in 


*)  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  XX,  S.  66.  —  *)  Annal.  d.  Chom.  u.  I*harin.  Bd. 
,  8.  228.  —  8)  Annal.  d  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LIX,  8.  160.  —  *)  Annal. 
a.  Gbem.  n.  Pharm.  Bd.  LXVI,  8.  884  ;  Bd.  LXIX,  S.  40.  —  *)  Phil.  Mag.  [4.] 
T-  rV,  p.  »9;  Annal.  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  LXXXIII,  8.  276.  —  *)  Pharm. 
Joarn.  Trane.  Vol.  XIY,   p.  456;    Annal.   d.  Chem.  u.  Pharm.    Bd.  XCY,  8.  108. 

7}  Das  Vorkommen  des  Berberins  in  der  Berberis  rulgaris  und  in  der  Co^ 
Ininboinirzel  (von  Cocculus  palmatns)  hält  BOdecker  ftlr  einen  Beweis  von  der 
ESielitigkeH  der  Ansicht  Bartlings,  der  ans  botanischen  Grttnden  die  Berberideen 
iiimI  H«iii8pennMn  in  der  Claase  der  Cocciüineen  vereinigt  hat,  indem  bis  jetzt  kein 
P*ll  bekannt  sei,  dass  eine  wirkliche  Pflanzenbase  (zu  denen  das  Cafeln  nicht 
Mrecbnet  werden  kann)  in  yerschiedenen  Pflanzen  sich  finde,  welche  nicht  in  naher 
^erwandtscfasit  stehen. 


954  Berberin. 

einzelnen  Zellen,  besonders  in  den  GefSssen  and  HolszeUen,  «ktiD 
den  goldgelben  Verdickungsschichten  der  Zellcnmembranen  sbgdagai 
Es  lässt  sich  unter  dem  Mikroskop  leicht  erkennen,  wenn  mao  di 
btückchen  der  Wurzel  auf  einer  Glasplatte  mit  Weingeist  befeodilet 
und  dann  ein  wenig  Säure  zusetzt;  besonders  bei  Anwendung  von  Sil* 
petersäure  sieht  man  deutlich  die  Krystallbildung  von  Berberaah. 
Auch  in  der  Columbowurzel  bemerkt  man  diese  gelben  VerdicbrogB* 
schichten,  besonders  bei  den  Membranen  der  Gefässe  und  der  Mark- 
strahlonzellen,  hauptsächlich  jedoch  nur  in  den  Zellen,  welche  zioiäcy 
unter  der  äussersten  Zellenschicht  liegen;  im  Centraltheile  der  Wund 
fehlen  diese  verdickten  Zellen  ganz.  Die  Einwirkung  des  Alkohols  aif 
das  Berber  in  ist  hier  durch  die  Gegenwart  einer  fetten  Substaoi  er- 
schwert. Das  Berberin  ist  neben  Stärke  hauptsächlich  in  der  vielifteh 
als  Arzneimittel  angewandten  wässerigen  Abkochung  der  Columboww- 
zel  enthalten;  es  verdient  daher  auch  im  reinen  Zustande  seine  Wi^ 
kung  untersucht  zu  werden. 

Zur  Darstellung  von  Berberin  aus  Berberis  vulgaris  ubergieast  nns 
die  zerschnittene  Wurzelrinde,  welche  etwa  1,3  Proc  der  Base  enAA 
mit  kochendem  Wasser,  lässt  es  damit  unter  öfterem  Umrühren  Wge 
Stunden  digeriren ,  giesst  ab  und  wiederholt  diese  Infusion  noch  eis- 
bis  zweimal*  Der  Bückstand  wird  ausgepresst,  die  etwas  erwännteB 
Auszüge  durchgeseiht  und  zur  Consistenz  eines  dünnen  Eztmctess^ 
gedampft  Letzteres  wird  alsdann  wiederholt  mit  Alkohol  von  Si?nt 
warm  behandelt,  die  braungefärbten  Tincturen  von  dem  ungeldjUa 
Bxtracte  abgegossen,  der  grösste  Theil  des  Weingeistes  wieder  abdesdl- 
lirt  und  die  rückständige  Flüssigkeit  in  einer  flachen  Schale  sich  aelbA 
überlassen.  Die  nach  24  Stunden  daraus  angeschossenen,  feineo,  f^ 
ben,  federartigen  Krystalle  werden  durch  Pressen  und  Abwaschen  vk 
kaltem  Wasser  soviel  als  möglich  von  der  sie  umgebenden  Extnd^ 
masse  befreit  und  in  kochendem  Wasser  aufgelöst,  wo  beim  Erkahao 
das  Berberin  in  Gestalt  einer  sehr  voluminösen,  krystallinischen  tfstf* 
niederfällt,  während  der  Extractivstoff  luifgelöst  bleibt.  Durch  ün- 
krystallisiren  des  krystallinischen  Niederschlages  aus  kochendem  Alko- 
hol und  Auswaschen  der  Krystalle  mit  etwas  kaltem  Weingeist  erUb 
man  das  Berberin  rein. .  Die  Mutterlaugen  liefern  durch  Conceotrim 
ebenfalls  noch  Berberin. 

Zur  vollständigen  Reinigung  des  so  erhaltenen  Berberins  verwandelt 
man  die  Base  oder  ihre  Chlorwasserstoffverbindung  durch  Znsatz  von  v«- 
dünnter  Schwefelsäure  in  schwefelsaures  Salz,  welches  dann  aus  Watfer 
umkrystallisirt,  .und  wenn  es  noch  Salzsäure  enthält,  zur  voUstandifOB 
Verjagung  derselben  bei  100<^  C.  getrocknet  wird.  Die  wässerige  Lo- 
sung des  reinen  Salzes  lässt  sich  weder  durch  Kali  ,noch  durch  Am- 
moniak vollständig  zerlegen,  sie  wird  daher  mit  Barytwa«ser  g^^ 
der  überschüssige  Baryt  durch  Einleiten  von  Kohlensäure  abgeschieöes, 
and  die  Flüssigkeit  nach  dem  Aufkochen  von  dem  kohlensauren  ob^ 
schwefelsauren  Baryt  abAltrirt.  Die  Lösung  von  Berberin  enthält  je 
doch  noch  geringe  Mengen  Barytsalz;  um  diese  vollständig  zu  ent^ 
nen,  wird  die  Flüssigkeit  im  Wasserbade  fast  zur  Trockne  ahgedani|A 
der  Bückstand  in  wenig  gewöhnlichen  Alkohol  gelöst,  und  djuin  «» 
überschüssigem  Aether  gefällt;  jetzt  noch  ans  Wasser  onüaTStailuii^ 
idt  das  Berberin  vollkommen  rein  (Fleitmann). 

Aus  der  Colombowurzel  vrird  die  Base  dargestellt,  ittde»  die  Wll^ 


Berberin.  965 

sei  mit  WeingeMt  extrahirt,  und  das  so  erhalten«  Eztract  nach  dem 
Abdampfen  und  Trocknen  mit  Kalkwasser  in  der  Wärme  behandelt 
wird ;  man  ftltrirt  und  nentralisirt  das  PUtrat  mit  Chlorwasserstoffsäure, 
wobei  sich  ein  grösstentheils  amorpher  Bodensatz  bildet,  das  Filtrat 
davon  wird  nun  mit  überschüssiger  Salzsäure  behandelt,  worauf  sich 
nach  einigen  Tagen  ein  krystallinischer  Absatz  von  Chlorwasserstoff- 
Berberin  bildet,  das  in  wenig  Alkohol  gelöst  und  durch  Aether  dar- 
aus gefällt  wird.  Nachdem  es  dann,  wie  angegeben,  zuerst  in  schwefel- 
saures Salz  übergeführt  ist,  erhält  man  durch  Zersetzung  desselben  mit 
Barytwasser  in  der  oben  angegebenen  Weise  reines  Berberin. 

Das  Berberin  bildet  ein  sehr  lockeres,  aus  feinen,  seidenartig  glän- 
zenden Nadeln  bestehendes  Pulver  von  lebhaft  hellgelber  Farbe.  Beim 
Erkalten  einer  ^^Isserigen  oder  alkoholischen,  kochendheiss  gesättigten 
Auflösung  schiesst  es  in  strahlenförmig  zusammengesetzten,  seidenför* 
mig  glänzenden  Prismen  an.  Es  schmeckt  stark  und  anhaltend  rein 
bitter  und  ist  geruchlos.  In  kaltem  Wasser  ist  das  Berberin  nur  we- 
nig löslich;  500  Thle.  Wasser  nehmen  bei  -^  120C.  nur  1  Thl.  davon 
auff  die  verdünnte  Auflösung  ist  rein  gelb,  die  concentrirte  gelbbraun. 
Alkohol  von  82  Proc.  löst  V250  seines  Gewichts  davon  auf.  In  kochen- 
dem Wasser  und  Alkohol  ist  es  in  jedem  Verhältniss  löslich.  Die  Lö- 
sungen sind  sehr  intensiv  gefärbt,  sie  zeigen  keine  Reaction  auf  Pflanzen- 
Aurben.  Laven delöl,  Terpentinöl  und  fette  Oele  lösen,  besonders  beim 
£rwärmen,  etwas  Berberin  auf.  In  Aether,  Schwefelkohlenstoff,  Steinöl 
und  Steinkohlentheeröl  ist  es  jedoch  ganz  unlöslich. 

Beim  Erhitzen  auf  100«  bU  llO^C.  verliert  das  krystalUsirte  Ber- 
berin  10  Aeq.  Krystallwasser ;  die  übrigen  2  Aeq.  Wasser  lassen  sich 
durch  Erhitzen,  wie  es  scheint,  nicht  ohne  Zersetzung  austl*eiben;  bei 
1 20®  C.  schmilzt  es  ohne  eine  Gewichtsveränderung  zu  erleiden,  zu  einer 
harsartigen  Masse.  Bei  der  trockenen  Destillation  iirird  das  Berberin  zer- 
setzt; auf  160<>  bis  200ÖC.  erhitzt,  entweicht  eine  geringe  Menge  gel- 
ber Dämpfe  eines  eigenthümlich  riechenden,  nach  dem  Erkalten  festen 
Körpers,  der  ein  gelbes  krystallinisches  Sublimat  giebt,  oder  sich  mit, 
den  übrigen  Zersetzungsproducten  zusammen  in  ölartigen  Tropfen  con- 
densirt;  dieser  Körper,  immer  nur  in  seht  geringer  Menge  erhalten, 
imt  nicht  in  Wasser,  wohl  aber  in  Alkohol  löslich;  seine  Lösung  bt 
l>ei  durchfallendem  Licht  roth,  bei  reflectirtem  grünnlich,  sie  fällt  Blei- 
sncker  und    reducirt   salpetersaures  Silberozyd;  wegen  der  geringen 
MLenge  des  Products  ist  es  nicht  weiter  nntersudit.    Derselbe  Körper 
0oheiDt  auch  beim  Erhitzen  von  Berberinsalzen ,  besonders  von  chrom- 
sanrerm  Berberin  zu  entstehen. 

Beim  stärkeren  Erhitzen  des  Berberins  bleibt  eine  schwer  ver- 
|>x*ennliche  Kohle  zurück.  —  Mit  Kalkmilch  oder  Bleioxydhydrat  der 
ir«>ckenen  Destillation  unterworfen,  giebt  das  Berberin  unter  den  Zar» 
s^teungsproducten  Chinolin« 

Das  Berberin  verbindet  sich  mit  Säuren  zu  Salzen  (s.  unten) ;  bei 
ZoBftto  von  Alkalien  und  alkalischen  EIrden  färbt  es  sich  dunkel,  ohne 
ilob  mit  den  Oxyden  zu  verbinden  (F leitmann);  in  wässerigem  Am- 
Bn<9iiiak  löst  es  sich  mit  rothbrauner  Farbe  in  gleicher  Menge  wie  in 
bV^Asaer  auf;  nach  Buchner  hinterlässt  die  Lösung  beim  Verdampfen 
p^g^xuae  Krystalle,  welche  Ammoniak  enthalten  (?);  aus  den  alkalischen 
>&0ungen  fällt  es,  auf  Zusatz  vpn  Säuren,  unverändert  nieder.  Nach 
^  wat  ebner  soll  das  Berberiii  mit  den  Auflösungen  der  meisten  sehwepren 


956  Berberinsalze. 

Metallozyde  nnldsliehe  oder  aohwerldsliehe'NiedeneUi^  geboi«  AmA 
mit  Silb^ozyd  (oder  salpetersanrem  Silberozyd)  soll  es  sich  ▼erbiadm. 

Die  Lösung  ▼oo  Berberin  in  aUudischen  Fl&ssigkeiten  absorVin 
an  der  Luft  Sauerstoff,  unter  Bildung  einer  braunen  hnminaitigeD  Sob- 
staiiz. 

Bei  Behandlung  mit  trockenem  Chlor  gas  wird  das  Berberin  blo^ 
roth  und  in  Wasser  aufloslich;  in  einer  Berberinldsung  entst^t  beia 
Einleiten  von  Chlor  ein  brauner,  in  Wasser  unlöslicher .  zum  Thdl  in 
kochendem  Alkohol  und  gans  in  Aetckali  löslicher  Niederschlag,  aoi 
welcher  Auflösung  er  durch  S&nren  wieder  abgeschieden  wird. 

Concentrirte  Schwefelsäure  löst  das  Berberin  mit  olivengrtiMr 
Farbe,  Wasser  fällt  aus  der  Lösung  einen  braunen  Körper;  beim  Erbitm 
mit  Salpetersäure  bildet  sich  Oxalsäure  und  eine  gelbe  Masse,  wsldit 
sich  wie  Wachs  kneten  lässt,  sich  wenig  in  Wasser,  leichter  in  Alkohol 
löst  Mit  verdünnter  Kalilauge  gekocht,  ballt  das  BOTberin  xu  Kloo» 
pen  zusammen,  welche  beim  stärkeren  Erhitzen  schmelzen,  um)  obut 
sieh  zu  lösen  und  ohne  Ammoniak  zu  entwickln  sidi  in  eine  hsn- 
ähnliche  in  Alkohol  lösliche  Masse  von  bitterem  Geschmack  verwaih 
dein.  Beim  Erhitzen  mit  ganz  concentrirter  Kalilauge  wird  dasBerbe- 
rin  zersetzt. 

Das  krjstallisirte  Berberin  wie  das  Chlorfrasserstoff-Berberin  wird 
bei  Zusatz  von  mit  Schwefel  gesättigtem  Schwefelammonium  zersctit) 
es  bildet  sich  ein  braunrother  Niederschlag,  der  etwa  1 6,5  Proc  Scbm- 
fei  enthält;  doch  lässt  der  Schwefel  darin  sich  nicht  durch  Bleilönsg 
nachweisen;  diese  vielleicht  basische  Verbindung  riecht  unangenehm,  d^ 
was  dem  Mercaptan  ähnlich;  sie  schmilzt  Über  lOO^^C»,  wie  es  scbdit» 
ohne  sich  zu  zersetzen ;  sie  ist  löslich  in  Wasser,  die  Lösang  giebC  oiit 
neutralem  essigsauren  Bleioxyd  einen  schön  rothen  Niederschlag;  m 
.  löst  sich  auch  in  Salzsäure,  ohne  selbst  mit  concentrirter  Saure  Schw«M* 
Wasserstoff  zu  entwickeln ;  ans  der  Lösung  setzen  sich  bald  gelbroChi 
Nadeln  ab.  Die  Lösung  in  Salzsäure  giebt  mit  neutraler  Bleüösug 
auch  eine  rothe  Fällung. 

Auf  nassem  Wege  wird  das  Berberin  von  den  Alkalien,  v» 
Baryt-  und  Kalkwasser  meistens  mit  brauner  oder  rother  Farbe  f»* 
löst,  ohne  dass  hier  eigentliche  Verbindungen  entstehen ;  nur  mit  nl* 
petersanrem  Silber  scheint  es  sich  zu  verbinden. 

Das  Berberin  kann  zum  Gelbfärben  von  Leinen,  Baumwolle,  Wolle 
und  Seide  benutzt  werden;  die  Farbe  wird  durch  Zinnbeize  schdotf 
und  dauerhafter.  Auch  in  der  SafBanfärberei  gebraucht  man  denFaib- 
Btoff  der  Berberiswurzel.  Fi 

Berberinsalze.  Das  Berberin  verbindet  sich  mit  den  Sta- 
ren zu  neutralen  gelben,  meist  krystallisirberen  Salzen;  diese  siodis 
*  reinem  Wasser  löslicher  als  in  siJzhaltigem  Wasser  oder  in  verdfins- 
ten  Säuren,  die  gelösten  Berberinsalze  werden  daher  durch  Zusats  vos 
Säuren  oder  Salzen  leicht  gefällt ;  wird  zu  einer  nicht  gar  zo  sta^  vtf* 
dfinnten  Lösung  von  Berberin  istwas  Salzsäure,  Phosphorsäure,  Sckw«- 
felsäure  oder  Salpetersäure  gesetzt,  so  erstarrt  die  ganze  FlSssigkcit 
meistens  nach  einiger  Zeit  zu  einem  Gewebe  von  feinen  Krystallnedela 
Selbst  mit  Chromsäure  und  Chlorsäure  verbindet  das  Beiberin  sieb 
ohne  Zersetzung.  Um  die  Salze  der  verschiedenen  Säuren  darzustellcB, 
hat  man  nur  das  Chlorwasserstoff-Berberin  mit  dem  passenden  Kalisalz 


Berberinsalze.  957 

so  Yerseteen,  Chlorkalinm  bleibt  gelöst  and  das  neue  BerbeiiniabE 
schlägt  sich  nieder.  —  Die  Pflanzensftnren  bilden ,  wie  di^  Mineral« 
aftoren,  mit  Berberin  krystallisirbare  Salae;  diese  Verbindungen  sind 
jedoch  noch  nicht  näher  untersncht;  nach  Bachner  lösen  Essigsäure, 
Weinsäure,  Citronsäure  u.  s.  w.  das  Berberin,  ohne  sich  damit  su  ver^ 
binden,  indem  beim  Verdampfen  der  Auflösung  reines  Berberin  sich 
iftbscheiden  soll  (?).  Mit  Gerbsäure  bildet  es,  nach  Buchner,  eine  braun- 
gelbe, in  Wasser  tucht  lösliche  Verbindung. 

Chlorsaures  Berberin:  C49Hi8N09.GlOft  .HO.  Wird  eine 
Liösung  von  Ghlorwasserstoff-Berberin  mit  ohlorsaurem  Kali  gefällt,  so 
entsteht  ein  gelber  voluminöser  Niederschlag,  der  in  verdOnnten  Lö- 
sungen von  Chlorkalium  und  chlorsaurem  Kali  unlöslich  ist,  in  reinem 
Wasser  sich  sieinlich  leicht  löst.  Man  wäscht  daher  nur  so  lange  aus, 
als  das  Filtrat  noch  farblos  ist,  und  krystallisirt  den  Rflckstand  ans 
Weingeist  um.  Die  Krystalle  sind  gelb,  mit  einem  Stich  ins  Ordne. 
Ueber  Schwefelsäure  getrocknet,  erleiden  sie  bei  lOO^^C.  keine  Oe- 
Wichtsveränderung.  Beim  Erhitsen  so  wie  durch  starkes  Beiben  oder 
durch  den  Schlag  verpufft  das  Salx  und  hinterlässt  eine  schwer  ver- 
brennende Kohle« 

Chlorwasserstoff-Berberin:  C4,Hi8N09  .HGl-|-5ftO.  BCan 
erhält  es  durch  Fällen  von  Berberinlösung  mit  Salzsäure  und  ümkry- 
stallisiren  des  Niederschlages.  Das  Salz  bildet  feine  gelbe  Nadebi, 
mit  einem  Stich  ins  Rothe.  Bei  100<^  C.  verliert  das  lufttrockene  Salz 
5  Aeq.  Wasser,  und  wird  gelblichroth.  In  Salpetersäure  löst  es  sich 
mit  dunkelrother  Farbe,  beim  Kochen  mit  überschüssiger  Säure  wird 
die  Flüssigkeit  hellgelb,  und  es  entwickelt  sich  salpetrige  Säure;  naioh 
dem  Abdampfen  scheidet  Wasser  eine  gelbe,  wie  Wachs  knetbare,  in 
Wasser  schwerlösliche  Substanz  ab,  deren  weingeistige  Lösung  mit 
Silbersalz  oder  Bleisalz  gelbe  Niederschläge  giebt —  Das  Chlorwasser* 
Stoff-Berberin  bildet  mit  den  löslichen  Chloriden  der  schweren  Metalle 
meist  schwer  lösliche  Doppelverbindungen,  zum  Theil  von  schöner  gel- 
ber Farbe. 

Chlorwasserstoff-Berberin  mit  Olycocoll:  C4H4NO8  -f- 
C43H18NO9  .It€l.  Man  erhält  diese  Verbindung,  wenn  eine  warme 
weingeistige  Lösung  von  Chlorwasserstoff- Berberin  mit  einer  concen- 
trirten  weingeistigen  Lösung  von  Olycocoll  versetzt  wird;  beim  Erkal- 
ten scheiden  sich  feine  orangefarbene  Nadeln  in  Menge  ab,  so  dass  die 
Masse  fest  wird ;  durch  Waschen  mit  Wasser  wird  die  Verbindung  rein 
erhalten. 

Chlorwasserstoff-Berberin  mit  Platinchlorid: C49H18NO9. 
H€l  +  PtGl«.  Wird  Chlorwasserstoff- Berberin  mit  ChlorpUtin  ge- 
fällt, so  bildet  sich  ein  schön  gelber,  durch  Auswaseben  leicht  zu  rei- 
nigender Niederschlag.  Diese  Verbindung  ist  dem  chrorasauren  Ber- 
beiin  sehr  ähnlich.  Nach  zu  langem  Auswaschen,  oder  bei  längerem 
Aufbewahren  in  feuchtem  Zustande  zeigt  die  Verbindung,  wahrschein- 
lich durch  Zersetzung,  eine  schmutzige  Farbe.  Bei  seinem  Verbren- 
nen zeigt  sich  ein  Bittermandelölgeruch.  Das  lufttrockene  Salz  ist 
wasserfrei. 

Chlorwasserstoff- Berberin-Quecksilberchlorid: 
1)  C4,{Ii8N09.80l  4-  Hg€L  Wird  eine  Lösung  von  Berberin  in 
starkem  Alkohol  mit  überschüssiger  Salzsäure  versetzt,  und  heiss  mit 
einer  kochenden  weingeistigen  Lösung  von  Quecksilberchlorid  gemischt, 


958  Berberisbeeren.  ~     Berberitzengelb. 

so  ^heidet  sich  beim  Abkühlen  das  Doppelsak  in  lebhaft  gtXbma^ 
denglänzenden  Nadeln  Ms  die  durch  Abwaschen  mit  etwas  Wtmgaat, 
dann  mit  wenig  Wasser  und  zuletzt  wieder  mit  Alkohol  rein  erhahoi 
werden.  Das  Balz  ist  luftbeständig,  and  erleidet  bei  100*  C.  keine  Ver^ 
änderung;  löst  sich  aber  nur  unter  Zersetzung  in  Waseer  aui,  inden 
sich  da»  an  Quecksilber  reichere  Salz  2)  bildet. 

2)  C4,H,8N09.Hei  +  2Hg€l.  Wird  nämlich  die  ▼orige  Ver- 
bindung in  heissem  destillirten  Wasser  gelöst,  so  scheiden  aicb  beim 
Brkalten  grössere  Kry^talle  ans,  welche  die  nebenstehende  ZnaaniroeD- 

Setzung  haben  (Uinterberger  0« 

Chlorwassersto  ff -Berberin  -  Quecksilber  Cyanid: 
^«ailiBNO»  .H€l  -f-  HgGj,  Die  Verbindung  bildet  sich,  w^ean  sak- 
saures  Berberin  und  Quecksilber  Cyanid  in  heissen  wässerigen  LoanngeD 
mit  einander  gemischt  werden ;  beim  Erkalten  scheidet  sie  sich  in  g^ 
ben  Krystallnadeln  ab,  die  zuerst  mit  kaltem  Wasser,  dann  mit  Webh 
geitft  abgewaschen  werden.  Das  Salz  ist  luftbestftndig ,  es  verändert 
sich  auch  nicht  bei  100®  C. ;  in  Wasser  oder  wässerigem  Wein^eioft  ist  «• 
nur  beim  Erhitzen  löslich  (ohne  Zersetzung?)  (Kohl  und  Swoboda')L 

Chromsaures  Berberin,  saures:  C^^HigNO»  .  2CrQ9.  Maa 
fällt  Chlorwasserstoff- Berberin  mit  doppelt -chromsaurem  Kali;  es  ba- 
det »ich  ein  voluminöser  hellgelber  Niederschlag,  der  mit  Wasser  voll- 
ständig ausgewaschen  wird.  Dae  lufttrockene  Salz  ist  wasserfreL  Ei 
ist  in  Wasser  kaum  löslich,  löst  sich  aber  leicht  in  verdünnten  Su- 
ren. Bei  der  trockenen  Destillation  wird  es  zersetzt»  beim  laogsanMi 
Erhitzen  bildet  sich  zuerst  der  gleiche  gelbe  Körper,  wie  er  bei  der 
Zersetzimg  von  reinem  Berberin  (s.  d.)  sich  bildet,  und  zwar  wird  «r 
hier  in  relativ  grösserer  Menge  als  aus  einem  anderen  Berberinsab 
erhalten.  Die  absolute  Quantität  des  gelben  Sublimats  ist  aber  aock 
hier  nur  gering.  Bei  steigender  Temperatur  wird  dann  plötzlich  die 
ganze  Masse  durch  die  Chromsäure  oxydirt. 

Salpetersaures  Berberin:  C4f{li8N09  «NOft.HO.  Man  fillk 
das  Chlorwasserstoff-Berberin  mit  salpetersaurem  Silber,  erwärmt  dii 
Flüssigkeit,  in  der  Chlorsilber  und  das  Berberinsalz  suspeodirt  sind, 
und  filtrirt.  Beim  Erkalten  des  mit  einigen  Tropfen  Salpetenülni«  ver 
setzten  Filtrats  kry stall isirt  das  salpetersaure  Berberin  in  rein  hellgel- 
ben Krystallen.  Das  lufttrockene  Salz  verliert  bei  lOO^^C.  nicht  sb 
Gewicht,  enthält  aber  nach  der  Analyse  noch  1  Aeq.  Wasser. 

Schwefelsaures  Berberin,  saures:  C4SH18NO9  .  SOg  •  HO 
-|>  HO.SO3.  Wird  eine  concentrirte,  röthlich  gelbe  Lösung  von  salz- 
saurem  Berberin  mit  verdünnter  Schwefelsäure  versetzt,  so  wird  m 
hellgelb,  und  nach  einiger  Zeit  scheidet  sich  das  schwerer  lö^Uehe 
schwefelsaure  Salz  in  feinen  gelben  Krystallen  ab,  die  im  Vacuos 
getrocknet  bei  100®  G.  kein  Wasser  mehr  verlieren.  F«. 

Berberisbeeren.  Die  Frucht  von  Berberis  vulgaris^  die  Ber- 
beritzen sind  sehr  »auer;  die  Säure  ist,  nach  Scheele,  fast  reine 
Aepfelsäure. 

,    Berberitzengelb    nannte  Brandes')  den  durch  Aoftsiehea 


*)  Berichte  d.  Wien.  Akad.  Bd.  VIT,  S.  482;  Annal.  d.  Che«,  a.  Pbam.  Bd. 
LXXXII,  S.  814.  ~  ■)  Berichte  d.  Wien.  Akad.  Bd.  IX,  S.  25);  Annal.  d.  Ükes. 
o.  Tharm.  Bd.  LXXXIU,  S.  840.  —  0  Brandea'  Arch.  BÜ.  XI,  S.  S9. 


Berengelabarz.  —  Bei^amottöl.  959 

des  weiogmtigen  Eztraets  der  Berberiswnnel  mit  Wasser,  Fällen  4er 
Flüssigkeit  mit  Bleiesaig,  Entfernen  des  Bleis  aas  dem  Piltrat  durch 
Sehwefelwasserstoff  und  Verdampfen  erhaltenen  gelben  Farbestoff,  der, 
seinem  Verhalten  nach,  nichts  Anderes  als  nnreines  Berberin  ist 

Berengelaharz  oder  Berengelit^  ein  fossiles  Erdharz 

von  Berengela  (s.  lata  Aufl.  Bd.  lEE,  S.  821);  die  Elemenfaranalyse 
desselben  von  Johns  ton  ^  giebt  nach  dem  neueren  Atomgewicht  des 
Kohlenstoffs  (C  =  6)  die  Formel  C40II80O8. 

Berengelit  heisn  ein  in  der  Provinz  St  Juan  de  Berengela  in 
Pera,  etwa  100  englische  Meilen  von  Arica,  vorkommendes  Mineral, 
welches  sich  in  amorphen  Massen  von  grossem  Umfange  findet  und 
eine  Art  von  Erdpechsee  bilden  soll,  wie  der  von  Trinidad  ist.  Es  ist 
im  Bruche  muschelig,  dunkelbraun  mit  einem  Stich  ins  Grüne,  wachs- 
gl&nzend,  giebt  ein  gelbes  Pulver,  hat  einen  harzigen,  unangenehmen 
Geruch  und  etwas  bitterlichea  Geschmak.  Es  schmilzt  schon  nntei 
lOO^C.  und  bleibt  dann  beim  Erkalten  in  der  ge wohnlichen  Temperatur 
weich  und  schmierig.  In  kaltem  Alkohol  ist  es  leicht  löslich,  die  Anf- 
tösnng  schmeckt  bitter,  in  Aether  leicht  loslich.  Nach  Johnston  soll 
BS  der  Formel  C40  H31  Og  entsprechen^).  Wegen  seines  massenhaften 
Vorkommens  wird  es  in  Arica  zum  Kalfatern  der  Schiffe  gebraucht 
.  K. 

Beresi^t  heisst  ein  feinkörniger,  Pyrit  enthaltender  Granit  bei 
Beresowsk  am  Ural,  in  welchem  die  dortigen  Goldg&nge  aufsetzen. 

Bergamottöl  ^),  ein  flüchtiges  Gel,  welches  ans  den  Früch- 
ten einer  im  südlichen  Europa  cultivirten  Varietät  der  Orange,  Cärus 
Bergcmäa^  Familie  der  Aurantiaceae,  gewonnen  wird.  £^  ist  in  der 
inssern  Schale  der  Früchte  in  kleinen  Bläschen  abgesondert  und  wird 
Inrch  Auspressen  derselben  dargestellt.  Das  im  Handel  vorkommende 
3el  ist  hellgßlb,  zuweilen  grünlich-  oder  bräunlichgelb,  dünnflüssig, 
iecht  sehr  angenehm  und  schmeckt  aromatisch  bitterlich.  Specif.  Ge- 
=  0,869  bis  0,888.  Etwas  unter  0^  wird  es  fest  Es  reagirt  öfters 
laaer  ^von  Essigsäure,  die  sich  durch  Schütteln  mit  Wasser  oder  einem 
(klkali  entfernen  läf^st,  auch  soll  es  mitunter  Benzoesäure  enthalten. 
lÜt  der  Hälfte  seines  Gewichts  höchst  rectificirtem  Weingeist  giebt  es 
sine  klare,  mit  grösseren  Mengen  eine  opalisirende  Lösung.  Mit  Jod 
rerpnfft  es.  Von  Salpetersäure  wird  es  beim  Erwärmen  in  ein  weiches, 
>raungelbes  Harz  verwandelt,  von  concentrirter  Schwefelsäure  verdickt 
ind  gelbbraun  gefärbt    Mit  der  Zeit  setzt  es  ein  Stearopten  ab. 

Das  Bergamottöl  ist  ein  Gemenge  von  mehreren  Gelen,  die  sich 
kber  nicht  vollständig  trennen  lassen.  Durch  fractionirte  Destillation 
nit  Wasser  erhielt  Ghme  zuerst  ein  Product,  welches  nur  2,5  bis  5 
i^roc.  Sauerstoff  enthielt,  die  folgende  Portion, 'welche  bei  188^  C.  sie- 
[ete  und  ein  specif.  Gewicht  =  0,856  zeigte,  fand  er  entlialtend  81,4 
kohlenstoff,  11,5  Wasserstoff  und  7,1  Sauerstoff,  entsprechend  der  For- 
nel  Cift  H18  O,  oder  verdoppelt  3  Cio  H9  -f-  2  H  O.  Diese  letztere  For- 
nel  würde  sich  als  ein  Hydrat  des  Citronöls  darstellen.  Dass  eine 
olche   Beziehung   zwischen  Bergamott-    nnd  Citronöl   stattfinde,  ist 

*)  Jonm.  f.  prakt  Chem.  Bd.  III,  S.  110.  —  *)  Lond.  and  Edinb.  phil.  Mag. 
r.  XIV,  p.  87.  —  ')  Ohme,  Annal.  d.  Chem.  o.  Pharm.  Bd.  XXXI,  S.  816.  Soa- 
»eiran  a.  Capitaine,  Joium.  de  Pharm.  1840.  Aoiit  509. 


960  Bergamottölcamphor. 

wegen  der  botanischen  Verwandtschaft  der  dieselben  lietendsD  PI» 
zen  nicht  unwahrscheinlich. 

Sonbeiran  undCapitaine  fanden  in  einem  mit  WassenuMkitil- 
lirten  Bergamottdl  6,07  Proc.  Sauerstoff.  Wurde  dasselbe  Oel  «iier 
fractionirten  Destillation  unterworfen,  so  zeigte  sich  von  AnÜEUig  btt  n 
Ende  eine  Zunahme  des  Sauerstoffgehalts ,  die  erste  Portion  eatMA 
8,37,  die  letzte  16,14  Proc.  Ausserdem  fanden  sie,  dass  die  entea 
Bruchtheile  die  Polarisationsebene  nach  rechts  ablenkten,  dsM  aber 
diese  Wirkung  immer  schwächer  wurde  und  bei  der  letzten  Portioi 
ganz  aufhörte.  Sie  sind  der  Ansicht,  dass  wenn  das  Bergamottdl  wok- 
lieh  nach  Ohme  ein  Hydrat  ist,  die  verschiedenen  DestillatioDsprodaflle 
verschiedene  Wassermengen,  die  letzten  ausserdem  eine  nicht  iuiIm> 
trächtliche  Quantität  überschüssigen,  aus  der  Luft  absorbirten  SsBe^ 
Stoff  enthalten. 

Das  dem  Citronölhydrat  entsprechende  Ohme 'sehe  BergaiDOttiil 
wird  durch  Aetzkali  nicht  verändert;  es  liefert,  in  Dampfform  olxr 
Aetzkalk  geleitet,  viel  Benzol  und  absorbirt  unter  starker  Erhitfliif 
und  Bräimung  viel  Salzsänregas.  Die  durch  Schütteln  nnd  Destülii« 
mit  Wasser  von  überschüssiger  Säure  befreite  Chlorverbindung  ist  k^ 
los  und  riecht  wie  die  flüssige  salzsaure  Verbindung  des  TerpeDtJnSk 
Specif.  Gewicht  =  0,896.  Siedpunkt  =  ISö»  C.  Sie  ist  neutral  oai 
verbrennt  mit  russender,  grün  gesäumter  Flamme.  Der  CUorgebk 
lässt  sich  durch  Destillation  Über  Alkalien  nicht  völlig  entfernen,  äi 
übergehende  Oel  riecht  wie  CajeputÖl.  Löst  man  die  Verbindimf  b 
Alkohol  und  erwärmt  mit  salpetersaurem  SUber,  so  wird  sie  va» 
Fällung  von  Chlorsilber- vollständig  zersetzt  In  Dampilbrm  übergl^ 
henden  Aetzkalk  geleitet,  liefert  sie  unter  Ausscheidung  von  Kolk 
Naphtalin  und  BenzoL  Die  Zusammensetzung  dieses  Körpen  ^ 
Ohme    am    nächsten    entsprechend    der    Formel    C^o  H^  €9  0  oder 

6C10H8  +  H€l-f  HO. 

Soubeiran  und  Capitaine  haben  gleichfalls  durch  Eioleittf 
von  Salzsäuregas  in  Bergamottöl  eine  flüssige  Verbindung  erhabA 
die  sie  aber  nicht  über  Wasser  rectificirten,  wie  Ohme,  sondern  1* 
mit  Kohle  entf^bten.  Dieser  Körper  enthielt  68,0  KohlenstoiT,  M 
Wasserstoff  und  27,8-  Chlor ,  während  der  künstliche  Citronölcamp^» 
33,5  Chlor  enthält.  Die  Differenz  im  Chlorgehalt  erklären  sie  dadnrA 
dass  die  Bergamottölverbindung  leicht  einen  Theil  ihrer  Saure  ttf* 
liere.  Letzteres  werde  auch  bei  Rectification  derselben  über  Ws«v 
stattfinden  und  die  Abweichung  von  Ohme's  Resultat  bedingen. 

Mit  wasserfreier  Phosphorsäure  erhitzt  fiLrbt  sich  das  ßergi* 
mottöl  stark.  Nimmt  man  es  ab  und  destillirt,  so  ist  das  Desdll^ 
sauerstofffrei ,  dem  Terpentinöl  isomer,  riecht  auch  nicht  nach  Bo" 
gamottöl,  sondern  nach  Terpentinöl  und  giebt  mit  Sabifaare  v» 
flüssige  Verbindung.  Diese  Reaction  scheint  zu  bestätigen«  dass  il>' 
Bergamottöl  ein  Hydrat  seL  Uebrigens  verbindet  sich  ein  Theil  01^ 
nische  Substanz  mit  der  Phosphorsäure  zu  einer  Doppelsäure,  wek^ 
mit  Kalk  und  Bleioxjd  lösliche  Salze  giebt.  W^ 

Bergamottölcamphor.  Bergapten,  Bergamottal- 
stearopten  i),  ein  krjstallinischer  Körper,  welcher  in  dem  BodeD- 


^)  Ohme,  Annal.  d.  Chem.  a.  Phtrm.  Bd.  XXXI,  S.  816.  —  MoUer,  Ntttfr • 


Bergapten.  —  Bergbutter.  061 

satze  enthalten  ist,  der  sich  bei  längerer  Aufbewahrung  des  Bergamott- 
Öls  bildet.  Aus  der  procentischen  Zusammensetzung  (im  Mittel  67,1 
Kohlenstoff  und  3,8  Wasserstoff)  berechnet  sich  als  oiufachste  Formel 
Ca  U^  O ;  wahrscheinlich  ist  dieser  Körper  =  C^o  &4o  ^20  odw 
6(010^608)4^2  HO  und  bildet  sich  durch  Oxydation  des  Bergamottöls 
an  der  Luft. 

Rein  wird  das  Bergapten^aus  dem  erwähnten  Bodensatze  erhalten, 
indem  man  denselben  durch  mehrmaliges  Pressen  zwischen  Fliesspapier 
und  Maceration  mit  Aether  möglichst  von  anhängendem  Oel  befreit, 
darauf  mit  Alkohol  auskocht  und  die  siedendheiss  filtrirte  Flüssigkeit 
erkalten  lässt.  Das  Bergapten  schiesst  in  feinen,  farblosen,  seidenglän- 
zenden Krystal^n  an.  Der  Alkohol  lässt  hierbei  oft  unreines,  basisch 
essigsaures  Blei  zurück,  welches  von  der  Löthung  der  zur  Aufbewah- 
rung des  Bergamottöls  dienenden  Blechflaschen  herrührt.  Das  Bergap- 
ten ist  geruch-  und  geschmacklos,  schmilzt  bei  206^,5  C.  und  erstarrt 
beim  Erkalten  wieder  zu  einer  krystallinischen  Masse.  Es  lässt  sich 
unzersetzt  sublimiren  und  verbrennt  mit  leuchtender  Flamme,  löst  sich 
in  2000  Thln.  Wasser  und  in  200  Thln.  kaltem  Alkohol.  Heisser  Al- 
kohol löst  viel  mehr  davon  auf,  so  dass  sich  beim  Erkalten  desselben 
ein  krjstallinisches  Magma  abscheidet.  Die  Lösungen  sind  neutral  und 
werden  durch  die  meisten  Reagentien  nicht  verändert  Concentrirte 
Schwefelsäure  löst  das  Bergapten  mit  rother  Farbe,  die  Lösung  wird 
durch  Wasser  weiss  gefällt,  von  Alkohol  nicht  verändert.  Concentrirte 
Salpetersäure  giebt  eine  gelbe  Lösung,,  welche  durch  Wasser  gefällt 
wird  und  keine  Oxalsäure  enthält  Aetzammoniak  löst  das  Bergapten 
selbst  in  der  Hitze  nur  theil weise ,  kohlensaures  und  ätzendes  Kali  ge- 
ben Flüssigkeiten,  aus  welchen  Säuren  gelbliche  Flocken  ausscheiden. 

Bergapten,  s.  Bergamottölcamphor. 

Bergbalsam,  Trivialname  der  Naphta.  Obder  von  Blumen- 
bach dem  Asphalt  zugezählte  kostbare  wohlriechende  sogenannte  Berg- 
balsam oder  die  mineralische  Mumie  (Muminahi  der  Perser)  aus  den 
Bergklüften  in  Khorassan  am  Fusse  des  Kaukasus  zum  Asphalt  gehört, 
dürfte  noch  zweifelhaft  sein.  K, 

B  ergblau,  bleu  de  montaigne^^  mounimn-bhie^  wird  eine  erdige  Farbe, 
hauptsächlich  die  fein  gemahlene  Ku  pferlasur  genannt,  welche  in  diesem 
Zustande  als  Malerfarbe  Anwendung  findet  und  wegen  ihrer  schönen 
Farbe  geschätzt  wird;  man  gebraucht  hiezu  namentlich  auch  den  soge- 
nannten armenischen  Stein ,  Lapis  armenicua  (s.  Bd.  IL  S.  201).  Eine 
üesem  natürlichen  Bergblau  ähnliche  Verbindung  ist  das  Mineral- 
»der  Breroerblau  (s.  d.  A).  Die  Farbe  ist  wasserhaltendes  basisch-koh- 
lensaures'Knpferoxyd  (s.  Kupferlasur). 

Bergbutter  werden  Substanzen  genannt,  welche  auf  der  ur- 
iprünglichen  Lagerstätte  meistens  schmierig  sind,  erst  an  der  Luft  erhär- 
ten and  mehr  oder  weniger  unreinen  Eisenalaun,  Eisenvitriol,  Keramohalit 
and  Zinkvitriol  enthalten.  Sie  pflegen  zum  Theil  traubig  und  nieren- 
[5rmig,  graulich,  gelblich  und  grünlich  weiss  zu   sein  und  zusammen- 


Scfaeikand.  Archief.  1837,  S.  434  ff.  —    Kalbr anner,  Baumg.  Zeitschrift,  Bd.  III, 
9.  367  ff. 

Handwörterbuch  der  Chemie.  2te  Aafl.  Bd.  II.  61 


962  Bergeier.  —  Bergflachs. 

siebend  vitriolisch  alatmigen  Geschmack  zu  haben.  In  der  Berg;lnriter 
von  Wezelstein  bei  Saalfeld  in  Thüringen  fanden  Rand  W.Brandes  ^ 
» 84,8  SO3,  7,0  AI2  O3  10,0  FeO,  0.8  MgO,  0,7  NaO,  1,7  Ammonbk, 
48,5  MO,  1,0  Bergart  Die  von  Klaproth^  nntersnchte  Berghotter 
▼om  Irtisch  am  Altai,  welche  graiilich-weiss,  nndentlich  feinkörnig,  toi 
trockener  Salzconsistenz  ist,  säuerlich  ^typtisch  schmeckt  und  theilsii 
kleinen  losen  Klümpchen ,  theils  als  üeberzng  von  Thonschiefer  t«^ 
kommt,  ist  ein  Gemenge  verschiedener  Salze,  sie  enthält  31,0  S(V 
2,5  AI2  Oa  6,2  Mg  O,  4,5  Ca  O,  6,0-Fe  O,  0,2  Mn,  0„  0,2  NaO.  Sp« 
Ammoniak,  49,3  HO.  Zum  Eisenvitriol  scheint  auch  einBergbntterf»- 
nanntes  von  Phillips*)  analjsirtes  strahliges  Salz  zu  gehören,  weld» 
sich  durch  Verwitterung  von  Pjrit  im  Schieferthon  elber  Steinkohke* 
grübe  gebildet  hatte.  Die  Untersuchung  ergab:  30,9  SO3  20,7  FeO, 
5,2  AlsOs,  43,2KO.    Berzelias^)  hält  es  för  ein  zn&lliges Gene&gi 

Bergeier  heissen  trivial  kugelförmige  Quarze,  welche  «bc 
keine  Geschiebe  sind. 

Bergemannit,  ein  von  Kenngott  nach  dem  Chemiker C 
Bergemann  benanntes,  bei  Brevig  in  Norwegen  in  grösseren  lüa» 
des  sogenannten  Brcvicit  vorkommendes  dunkelgrünes  Mineral,  ^ 
ches  theils  krjstallinisch  ist,  theils  vollkommen  krystallisirt  in  kl» 
nen,  vierseitigen  dem  Natrolith  ähnlichen  Prismen  und  mit  diesem  ei^ 
sprechenden  Spaltungsflächen.  Dunkelgrün,  in  dünnen  Splittern  br* 
durchsichtig,  Härte  =  5,0  specif.  Gewicht  =  2,353.  Vor  dem  LoÄ- 
röhre  auf  Kohle  fast  unschmelzbar,  sich  allmälig  braunschwarz  fari>esi 
Mit  Flüssen  zeigt  sich  besonders  Eisenreaction.  Soda  zeigt  die  &* 
sebäure  an.  Beim  Erhitzen  entwickelt  es  Wasserdämpfe,  ohneza  deot* 
pitiren.  In  Säuren  leicht  und  mit  Gallertbildung  löslich,  selbst  ia^ 
dem  Glühen.  Bergemann  0  fand  46,5  Si  Og,  18,9  AI9  O»,  7,5  Fe}0)i 
2,4  FeO,  14,0  NaO  mit  wenig  KO,  0,5  MnO,  9,4  HO,  Sporen  wi 
Phosphorsäure  und  Beryllerde.  Die  Berechnung  giebt  die  Forinel  ^ 
Natrolith,  wesshalb  es  Eisennatrolith  genannt  wurde,  das  Yerhftltfli 
aber  vor  defai  Löthrohre,  fast  unschmelzbar  zu  sein,  unterscheidet  < 
auffallend,  was  nicht  durch  den  geringen  Eisengehalt  bedingt  sein  k»i» 

Bergfett  nannte  Buchner  ^  das  bei  der  Destillation  dssSr^ 
Öls  zuletzt  fibergehende  paraffinartige  Fett.  Durch  UmkiystalUsD^ 
ansAether,  dann  aus  Alkohol  gereinigt,  ist  es,  nach  v.  KobellO)^ 
schuppig-krystaliinische,  fettig  anzufühlende  Substanz,  von  0,914  speeä 
Gewicht,  es  schmilzt  bei  50<>  bis  53<^C.;  es  hat  die  gleiche  ZiaamnfSr 
Setzung  (nach  Buchner  jun.,  in  100  Thln.:  85,2  Kohlenstoff  und  iM 
Wasserstoff)  und  zeigt  dasselbe  chemische  Verhalten  wie  Beiebei- 
bach's  Paraffin,  ist  daher  nach  v.  Kobell's  Annahme  damit  identiic^ 

Bergflachs,  zartfaserige ,  biegsame  und  weiche  Partien  dtf 
Asbest  oder  Amianth  genannten  Abänderungen,  welche  zum  Theil  des 

>)  Schweigger'B  Jonrn.  Bd.  XXXIX,  417.—  ")  Klaprotb's  BeitrtgeBATL 
J3.  344  oder  Mogaz.  d.  GcBcllsch.  naturf.  Freunde  Bd.  V,  S.  4,  404.  —  ')  ^^ 
of'Phil.  N.  S.  1823,  S.  446.  —  ")  Berzelius*  Jabretber.  IV,  S.  146.  ^  '}  ^^t^ 
Annal.  Bd.LXXXIV,  S.  491.  —  «)  Repertor.  d.  Pharm.  Bd.  IX,  S.290.—  0  J"* 
f.  prakt.  Chem.  Bd.  VIII,  S.  805. 


Bergfleisch.  —  Bergkork.  963 

!7hrysolil  angehören  oder  auch  zu  Mineralien  des  Amphibol-  oder  Augit- 
jieschlechts  zu  rechnen  sind,  wenn  sie  wasserfrei  befunden  werden. 

üt: 

Bergfleisch,  syn.  Bergleder. 

B^rggrün.  Die  unter  diesem  Namen  vorkommende  schön  grüne 
lalerfarbe  ist  erdiger  gewöhnlicher  gemahlener  Malachit,  ist  also  wasser- 
laltendes  basisch-kohlensaures  Kupferoxjd  (s.  Malachit),  und  kommt  in 
hren  Eigenschaften  mehr  oder  weniger  mit  anderen  grünen  Kupfer- 
»rben,  wie  Bremergrün,  Braunschweigergrün  u.  s.  w.,  überein. 

Bergguhr,  s.  Bergmilch. 

Bergholz,  Holzasbest,  holzförmiger  Asbest,  Xjlotil, 
Cylolith,  Mountain  Wood^  heisst  eine  besonders  ausgezeichnete,  bei 
fterzing  in  Tyrol  vorkommende  Mineralsubstanz,  wegen  ihrer  täuschenden 
Lehnlichkeit  mit  vermodertem  Holze,  welche  versteckt-,  gleich-  oder  ver- 
rorren  faserige  derbe  Massen,  zum  Theil  mit  plattenförmiger,  gerad- 
der  krummschief eriger  Absonderung  bildet,  wie  Holzsplitter  theilbar  ist 
nd  an  den  Enden  sich  zerfasern  lässt.  Holzbraun,  rost-  bis  gelblich- 
raun, babellgelb,  ins  Grünliche,  schimmernd  bis  wenig  glänzend,  von 
ftidenartigem  Glänze,  zum  Theil  ins  Wachsartige  geneigt,  undurchsich- 
tg  bis  an  den  Kanten  durchscheinend,  Härte  =  2,5,  specif.  Gewicht 
=  2,051  nach  Wiedemann,  2,40  bis  2,56  nach  Kenngott,  die  grün- 
jche  Varietät  ani  schwersten;  in  dünnen  Splittern  etwas  elastisch  bieg- 
un,- sanft  anzufühlen,  etwas  rauschend,  an  der  feuchten  Lippe  hängend. 
^or  dem  Löthrohre  sich  schwärzend,  an  den  Spitzen  sehr  dünner 
Visern  zur  schwarzen  Kugel  schmelzbar,  mit  Borax  zum  klaren,  durch 
üseiPgeförbten  Glase,  durch  Salzsäure  ziemlich  leicht  zersetzbar.  Das  von 
ierzing  enthält  nach  den  Analysen  Thaulow's^)  und  C.v.  Hauer 's') 
orherrschend  Kieselsäure,  Eisenoxjd,  Magnesia  und  Wasser,  wozu 
ooh  geringe  Mengen  von  Eisenoxydnl,  Thonerde  und  Kalk  kommen, 
ach  denen  verschiedene  Formeln  in  Vorschlag  gebracht  worden  sind. 
Is  scheint  annehmbar,  dass  der  Holzabest  ein  Umwandlungsproduot 
es  Chrysotils  sei,  woher  auch  die  anscheinende  geringe  Schwere  rührt, 
ie  die  Massen  im  Ganzen  zeigen.  Ausser  bei  Sterzing  haben  sich 
hnliche  Massen  am  Büchenberge  bei  Elbingerode  am  Harz  gefunden 
.  a.  a.  O.  Auch  die  mit  dem  Namen  Bergkork  bezeichnete,  von  A. 
Irdmann^  analysirte  Substanz  von  Stör  Rymningen  in  Schweden,  ge- 
M  hierher.  K, 

Bergjockei,  wenig  gebräuchliches  Syn.  für  Schwefelkies. 

Bergkalk,  syn.  Eohlenkalkrstein. 

B  e  rgk  e  rk  heissen  vei^teckt  oder  verworren  faserige  Massen,  wel* 
tie  auf  dem  Wasser  schwimmen  und  daher  mit  Kork  verglichen  werden. 
ie  finden  sich  derb,  Platten,  Ueberzüge  u.  dergl.  bildend,  sind  wenig 
l&nzend  bis  matt,  in  Stücken  undurehsichtig,  weich,  graulich,  gelblich, 
rünlich  weiss  bis  bräunlich.  Nach  der  chemischen  Beschaffenheit  kann 
\aax  erst  in  den  besonderen  Fällen  entscheiden,  ob  sie  zu  Abändernn- 


*)  Pogg.   Annal.   Bd.  XLI,  S.  689.  —   ■)  KcnngoU's  Uebers.    1868,   S.  66.  — 
AnnaU  de  min.  T.  III,  S.  780. 

61* 


964  Bergkrystall.  —  Bergseife. 

gen  der  Hornblenden,  vielleicht  auch  Augite,  oder  ob  aie  zum  ChxyBoä] 
gehören,  zu  letzterem,  wenn  sie  reichlich  Wasser  enthalten  und  Bchver 
schmelzbar  sind.    Man  findet  den  Bergkork  öfter  in  den  Alpen.     K. 

Bergkrystall  heissen.die  durchsichtigen  bis  halbdarchudh 
tigen  krystallinischen  und  krystallisirten  Quarze  (s.  d.  Art). 

Bergleder,  Berg  fleisch,  werden  verworren  faserige, 
lockere,  lappenartige  Massen  genannt,  welche  weich  sind  nnd  ab 
Ueberzüge  oder  aufgewachsen  auf  KluMächen  u.  s.  w.  sich  finden.  Sk 
gleichen  im  Aeusseren  dem  Bergkork  und  gehören  meist  dem  Chrysotil 
an,  zum  Theil  zu  Abänderungen  der  Hornblenden,  was  ohne  besonden 
Untersuchung  nicht  bestimmt  werden  kann.  K. 

Bergmannity  Spreustein,  nannte  Hauy  zu  Ehren  d» 
schwedischen  Chemiker  Torbern  Bergmann  einen  fieischrothen  N&- 
trolith  aus  dem  Zirkonsyenit  der  Gegend  von  Laurvig  und  Fredrib- 
värn  und  von  Brevig  in  Norwegen,  welcher  nachTh.  Scheerer^)48,0 
Si  Oa  26,7  AI,  Og  14,1  Na  O,  Spuren  K  O,  0,7  Ca  O;  0,7  Fe,  Oj  und  9^ 
HO  enthält.  K. 

Bergmehl,  Mountain  Meal,  heisst  ein  feinerdiges,  mattei,«- 
durchsichtiges ,  schnee-  oder  gelblich  weisses  Mineral,  welches  osek 
Ehrenberg  Beste  von  Infusorien  enthält  und  bei  Castel  del Piano» 
weit  Santa  Fiora  in  Toskana  ein  Lager  unter  der  Bodendecke  bfldd 
Nach  Elaproths)  enthält  es  79  Si  O«,  5  AI,  O,,  3  Fe,  0,,  12  H  0,  oad 
pflegt  den  Opalen  zugezählt  zu  werden,  weil  es  die  wesentlichsten  Bestttd- 
theile  dieser  enthält.  Die  Massen  sind  leicht  zerreiblich,  mager  aber  sirf 
anzufühlen  und  hängen  etwas  an  der  Zunge.  Das  von  Fabbroniasf«' 
gebene  specif.  Gewicht =1,372  scheint  etwas  zu  gering  zu  sein.  '£ 

Bergmilch^  Bergguhr,Montmilch, Mehlkreide, ein  erdigir 
kohlensaurer  Kalk,  nach  6.  Rose  ein  Gemenge  von  E[reide  mit  Am* 
gonit  (s.  Bd.  U.  S.  203). 

BergmooSy  Name  ffir  Lecanora  iartarea^  und  wahrscheinliek 
verwandte  Flechten  (s.  Lecanorsäure  und  Orcin). 

Bergnaphtai  .    . 

T^        .1  /  syn,  fiir  SteinoL 

Bergöl  I    ^ 

Bergpapier  heissen  entweder  dünne  Lagen  des  Bergkork« 
des  Bergleders  oder  des  sogenannten  Djsodil. 

Bergpech  s.  Asphalt 

Bergsalz,  syn.  für  Steinsalz  (s.  d.  Art). 

Bergseife,  Bockseife,  Sctoon  de  Ifoniaign€f  MotßUaahSotp- 
Eine  im  Bruch  erdige  oder  unvollkommen  mnschlige  pech-  bis  bräanliek- 
schwarze,  rauchgraue,  ins  ochergelbe,  röthlichbraune  MineralsabstiA 
matt,  durch  den  Strich  schwach  fettglänzend,  sehr  weich,  milde,  H&rto^ 
1,0  bis  2,0,  lässt  sich  mit  dem  Messer  späneln,  fiirbt  nicht  ab,  sckreiU 


*)  Pogg.  Annal.  Bd.  LXV    S.  278.  —    «)  KUproth's  BeitriLge   Bd.  VI,  S.  S5I. 


Bergtalg.  —  Bergwolle.  965 

aber^  fählt  sich  fettig  an,  hängt  stark  an  der  Zunge,  zergeht  im  Wasser, 
zum  Theil  mit  Knistern,  und  wird  zähe.  Man  rechnet  diese  Substanz  zu  den 
Thon  genannten  unreinen  Varietäten  des  Kaolin,  und  die  wesentlichen  Be- 
Btandtheüe  sind  AI2  O3,  Si  O«  und  H  O,  nebenbei  wurden  auch  Fe^  O3, 
Mn^  Os9  Ca  O  und  Mg  O,  zuweilen  orffanisohe  Modersubstanzen,  soge- 
nannte humussaure  Salze  gefunden,  ooch  sind  die  Mengenverhältnisse 
solcher  Massen,  die  viele  Beimengungen  enthalten,  abweichend,  wie 
die  Analysen  von  Bucholz  i)  der  Bergseife  von  Artem  in  Thüringen, 
von  Ficinus  ^  der  Bergseife  von  Amstedt^  von  Berthier  >)  der 
Bergseife  von  Flombiöres  gezeigt  haben.  Sie  findet  sich  an  verschie- 
denen Orten,  ausser  den  genannten  auch  zu  Olkucz  in  Polen,  Bilin  und 
Sürbitz  bei  Aussig  in  Böhmen,  auf  der  Insel  Scy  n.  s.  w.,  lagerartig 
oder  nesterweise  und  wird  zum  Waschen  grober  Zeuge  benutzt. 

Schwarze,  durch  Bitumen  oder  Kohle  gefärbte  fette  Letten  oder 
Thone  werden  auch  durch  Verwechselung  Bergseife  genannt.-         K. 

Bergtalg  helssen  trivial  unreine  Massen  des  Zinkvitriola,  die 
auf  der  Lagerstätte  schmierig  zu  sein  und  an  der  Luft  zu  erhärten 
pflegen. 

Bergtalg  oder  Braunkohlencaxnphor   heissen  wohl 

verschiedene  fossile  Erdharze,  namentlich  der  Scheererit  (s.  d.  Art), 
dann  auch  der  BergunschHtt  (s.  d.  Art.). 

Bergtheer  wird  eine  eigenthOmliche,  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur zähe  oder  dickflässige,  gelblich-  bis  schwärzlichbraune  Mineral- 
masse genannt,  welche  man  als  ein  Umwandlungsproduct  der  Naphta 
anzuBehen  pflegt,  da  bekanntlich  die  Naphta  durch  den  Einfluss  der 
Luft  allmälig  ähnliche  Consistenz  annimmt  und  es  wahrscheinlich  ist, 
dass  auch  im  Innern  der  Erde  die  Naphta  dergleichen  Veränderungen 
erfährt  Die  wesentlichen  Bestandtheile  sind  Kohlenstofi*  und  Wasser- 
stoff in  verschiedenen  Verhältnissen;  zu  denen  sich  auch  zum  Theil 
Sauerstoff  und  Stickstoff  gesellt  (s.  unter  Asphalt  Bd.  U,  S.  889).   A". 

Bergunschlitt  heisst  trivial  der  unreine,  mit  anderen  Salzen 
zum  Theil  gemengte  Zinkvitriol,  der  auf  der  ursprünglichen  Lager- 
stätte schmierig  zu  sein  und  an  der  Luft  zu  erhärten  pflegt  Das  vom 
Bammelsberge  bei  Goslar  am  Harz  ist  im  erhärteten  Zustande  grob- 
erdig, matt,  undurchsichtig,  kreideweiss,  sehr  weich,  lässt  sich  späneln, 
hängt  schwach  an  der  Lippe,  ist  mager  anzufühlen,  zum  Theil  in  Was-  • 
ser  löslich,  ertheüt  demselben  einen  herben  Geschmack  und  besteht 
grosstentheils  aus  Zink-  und  etwas  Eisenvitriol  ^).  K, 

Bergwachs,  83m.  Ozokerit  (s.  Harze,  fossile,  Iste 
Aufl.  Bd.  m,  S.  827). 

Bergwolle,  lockere,  faserige,  wollenartige  Massen,  die  zum 
Chrysotil  oder  zu  Varietäten  der  Hornblende  gehören. 


>)  Gehlen's'N.  J.  Bd.  HI,  S.  697.  —  «)  Schweigg.  Journ.  Bd.  XXVI,  S. 
279.  —  •)  Annal.  de  min.  [8.]  Bd.  XI,  S.  479.  —  *)  HoUmann'»  Hcrcyn.  Archiv 
Bd.  m,  8.  587. 


966  Bergziger.  —  Berlinerblau. 

Bergziger,  feuchte  weiche  käseartige  Masaen  de»  «rdiga 
Kalkes ,  die  aasgetrocknet  die  sogenannte  Bergmilch  oder  Meklknide 
bilden. 

Bergzinn  heisst  in  ComwalUs  das  auf  Gängen  in  Lsg«m 
u.  8.  w.  sich  findende  Zinner2;.,  gegenüber  dem  aus  den  Seifenw^M 
gewonnenen  Seifenzinn  (s.  d.  unter  Zinn). 

BergzinnobBr  nennt  man  die  reinsten  Stücke  des  natdiiicki 
Zinnobers,  welche  gemahlen  nnd  als  Farbe  benutzt  werden  (Ge^euMi 
ist  der  künstliche  Zinnober  (s.  Queck'silbersiilfarete  Iste  AoL 
Bd.  VI,  S.  792). 

Berlinerblau,  Freussisches  oder  Pariser  Blaa,  ^inii 
Berlin^  Blfiu  de  PrusH^  Bleu  de  Parie^  Pruenan  Ihne.  Die  bekannte  blaiai 
Farbe  ist  mehr  oder  weniger  reines  Eisenferrocyanid  .(£i8encJanfi^ 
Cyanid,  blaosanres  Eisenozyduloxyd,  s.  Ferrocyanmetalle,  Bd. ID. 
S.  75).  Mit  grösseren  Mengen  anderer  Substanzen  gemengt,  kommt  m 
als  Mineralblau,  Erlanger-,  Zwickauer-,  Luisen-  ete 
Horte nsienhlau  vor.  Doch  wird  auch  oft  als  Berlinerblau  ebe 
Thonerde  haltende  Farbe  bezeichnet,  während  dann  die  reinste  Faite 
Pariserblan  genannt  wird.  Uneigentlich  werden  ab  Berlinsriiliii 
überhaupt  alle  blauen  Verbindungen  von  Ferrocyan  oder  Ferridcgf» 
mit  Eisen  (Doppelverbindungen  von  Eisencyanür  mit  EÜncyaaid)  ^ 
zeichnet 

Das  Berlinerblau  ward  (1704)  von  einem  Fabrikanten  Diesbiek 
in  Berlin  (daher  der  Name)  zufällig  erhalten,  indem  er  zur  DarsteHinf 
von  Florentinerlack  einen  mit  Alaun  und  Eisenvitriol  versetzten  Abmd 
von  Cochenille  mit  kohlensaurem  Kalt  versetzte,  und  sich  dazu  dnfl 
Alkalis  bediente,  über  welches  Dippel  das  aus  Blut  dargestellte Breni6l 
zur  Darstellung  des  nach  ihm  benannten  Oleum  anmale  rectificirt  hatte. 
Darnach  wurde  alsbald  erkannt,  dass  zur  Darstellung  dieser  Farbe  Blitf 
mit  Potasche  calcinlrt,  und  die  daraus  erhaltene  Lauge  mit  EiseoritiHA 
gefallt  werden  müsse.  Wood  ward  in  London  gab  (1724)  zuerst  eis« 
genauere  Vorschrift  zur  Darstellung  dieses  Niederschlags ;  er  veipoAi 
gleiche  Theile  Weinstein  und  Salpeter,  calcinirte  den  Bückstand  flä 
getrocknetem  Rindsblut  und  fällte  die  erhaltene  Lauge  mit  einem  G«* 
menge  von  Eisenvitriol  und  Alaun;  der  so  erhaltene  grünliche  Niedtf* 
schlag  wird  dann  bei  Zusatz  von  Salzsäure  blau  (Kopp 's  Geschichte). 

Das  reine  Berlinerblau  ist  nun  der  Hauptmasse  nach  wasserhalten- 
des  Eisenferrocyanid;  es  enthält  ausserdem  immer  FerrocyanksHiuDi 
welches  sich  ihm  durch  Waschen  mit  Wasser  nicht  wohl  vpllstiuidi; 
entziehen  lässt;  je  nach  seiner  Darstellung  enthält  die  Farbe  dann  oft 
noch  weiter  Thonerde  oder  gemahlenen  Thon,  Kreide,  Zinkoxyd,  Gjp^ 
Stärkmehl  u.  s.  w.  beigemengt ,  welche  Gemenge  seltener  ab  Berline^ 
blau,  meistens  als  Mineralblau  u.  s.  w.  bezeichnet  werden. 

Das  reine  Berlinerblau  wird  so  dargestellt,  dass  man  so  eioff 
Lösung  von  Ebenchlorid  oder  Eisenoxydsalz  gelöstes  FerroeyankaüoB 
(gelbes  BluÜaugensalz)  setzt,  so  aber,  dass  das  erstere  Salz  im  U^>tf' 
schnss  bleibt;  der  Niederschlag  wird  nach  dem  Absetzen  dnreh  Ao^ 
waschen  gereinigt  und  zuletzt  getrocknet.  Bei  Anwendung  von  v^ 
petersaurem  Eisenozyd,  nach  anderen  Angaben  von  Eisenozydsals  du 


Berlinerblau.  967 

noch  etwas  EiBenoxydukalz  beigemengt  enthält,  soll  eine  besonders 
»chöne  Farbe  erhalten  werden. 

Bei  Darstellung  der  Farbe  im  Grossen  wird  statt  krystallisirtes 
Blutlaagensalz  oft  die  Mutterlauge  verwendet,  welche  beim  ümkrystal- 
lisiren  des  rohen  Salzes  erhalten  wird,  in  welchem  Falle  der  Niederschlag 
mit  verdünnter  Säure  von  beigemengtem  Eisenoxyd  befreit  werden  muss. 
ätatt  Eisenozjdsalz  wird  fast  ausschliesslich  schwefelsaures  Eis.enoxydul 
genommen,  welches  durch  Stehen  an  der  Luft  theilweise  in  Oxyd  über- 
B^egangen  ist;  der  hierbei  erhaltene  bläulich  weisse  Niederschlag  muss 
laiin  durch  Anwendung  von  Salpetersäure,  Chlor  oder  Königswasser 
>xydirt  werden.  Wesentlich  ist  es,  dass  der  Eisenvitriol  frei  von  Kupfer 
ist,  weil  sonst  der  Niederschlag  durch  beigemengtes  braunes  Ferrocyan- 
Lupfer  eine  schmutzige  Farbe  bekommt;  man  digerirt  deshalb  die  Eisen- 
lalzlösung  zuerst  mit  metallischem  Eisen,  um  alles  Kupfer  zu  fallen. 
Dann  muss  das  Eisensalz  in  hinreichender  Quantität  angewendet  werden; 
»uf  10  Thle.  Blutlaugensalz  10  bis  11  Thle.  Eisenvitriol. 

Man  hat  nun  sehr  viele  zum  Theil  nur  wenig  abweichende  Me- 
dioden zur  Darstellung  der  Farbe;  es  genügt,  einige  solche  näher  an* 
raführen. 

Eine  Lösung  von  6  Thln.  Blutlaugensalz  in  15  Thln.  Wasser  und 
ron  6  Thln.  Eisenvitriol  in  15  Thln.  Wasser  werden  gemengt;  zu  dem 
breiartigen  bläulich  weissen  Niederschlag  wird  unter  beständigem  Um- 
rühren ein  Gemenge  von  24  Thln.  rauchender  Salzsäure  und  1  Thl. 
ßoneentrirter  Schwefelsäure  gesetzt;  nachdem  das  Ganze  einige  Zeit 
rahig  gestanden,  giesst  man  von  einer  durch  Absetzen  geklärten 
Chlorkalklösung  (in  80  Thln.  Wasser)  so  langer  hinzu,  bis  sich  etwas 
reies  Chlor  bemerkbar  macht;  der  Niederschlag  wird  ausgewaschen 
and  getrocknet  (Hochs tetter).  Statt  Chlorkalk  kann  natürlich  auch 
mterchlorigsaures  Natron  oder  auch  Chlorgas  verwendet  werden.  Oder 
nan  oxydirt  durch  Salpetersäure ;  in  diesem  Falle  erhitzt  man  den  Nieder- 
schlag ^  bis  er  eine  reine  Farbe  zeigt.  Bei  Anwendung  von  Chlor- 
19S  oder  Salpetersäure  ist  die  zuzusetzende  Salzsäuremenge  zu  ver- 
ringern. 

Nach  Gentele  wird  eine  Lösung  von  109  Thln.  Blutlaugensalz 
Uli  80  Thln.  gelöstem  Eisenvitriol  gefällt;  die  Flüssigkeit  wird  nach 
unigen  Tagen  abgezogen,  der  breiartige  Niederschlag  nach  Zusatz  von 
)1  Thln.  Salpetersäure  von  1,231  specif.  Gewicht  (27»  B.)  einige  Mi- 
nuten gekocht,  dann  16  ,Thle.  Schwefelsäurehydrat  zugesetzt;  manlässt 
lie  Farbe  einige  Tage  mit  der  Säure  in  Berührung  und  wäscht  dann 
iiis.  Es  scheint,  dass  hier  die  Menge  des  Eisenvitriols  im  Verhältnias 
Eom  Blutlaugensalz  zu  gering  ist. 

Der  durch  Eisenvitriol  erhaltene,  anfänglich  bläulich  weisse  Nieder- 
icblag  färbt  sich  auch  an  der  Luft  ohne  Zusatz  von  Chlor  oder  Salpeter- 
^nre  dunkelblau  (s.  Berlinerblau,  basisches),  und  wenn  ihm  dann 
ias  Eisenoxyd  durch  Salzsäure  entzogen  wird,  so  bleibt  reines  Berliner- 
blau  zurück;  die  so  erhaltene  Farbe  soll  aber  nach  einigen  Angaben  nicht 
K)  reich  und  intensiv  sein»  als  wenn  der  Niederschlag  vor  Zutritt  von 
Luft  geschützt,  alsbald  durch  Einwirkung  von  Chlor  oder  Salpeter- 
Bftore  in  eigenüiches  Berlinerblau  umgewandelt  wurde. 

Man  hat  auch  vorgeschlagen,  aus  dem  ammoniakalischen  Wasser  der 
Steinkqhlengasfabriken,  welches  Cyanammonium  enthält,  durch  Behau« 
dein  mit  Eisenoxyduloxydsalz  und  Salzsäure  Berlinerblau  darzustellen) 


968  Berlinerblau. 

aus  dem  Destillat  von  1000  Pfd.  Steinkohlen  soll  2  bis  3  Pfd.  Berlins- 
blau  erhalten  werden.  Anwendung  dieser  Vorschläge  ist  niclii  be- 
kannt. 

Das  auf  eine  oder  andere  Weise  gefällte  Berlinerblau  wird  4vcii 
wiederholtes  Aufgiessen  von  Wasser  und  Decantiren  ausgewasehen,  der 
Niederschlag  dann  auf  Seihetücher  gebracht,  abgepresst,  in  lingHcbe 
viereckige  Stücke  geschnitten,  und  dann  zuerst  an  der  Luft,  später  in 
einem  geheizten  Räume  bei  75<>  bis  gegen  SO^'  C.  getrocknet 

Das  reine  Berlinerblau,  an  der  Luft  getrocknet,  ist  mehr  od« 
weniger  dunkelblau,  massig  hart,  zwischen  den  Fingern  ziemlich  leicbt 
zerreiblich,  und  lässt  sich  im  Wasser  zu  einem  unfuhlbaren  Pulver  nt- 
theilen.  Die  in  höherer  Temperatur  getrocknete  Farbe  ist  tief  dunkel* 
blau,  fast  schwarz,  von  muschUgem  Bruch,  beim  Beiben  mit  dem  Nsgd 
zeigt  sie  den  kupferrothen  Lüster  und  Glanz  wie  Indi^ ,  sie  ist  bail 
giebt  beim  Zerreiben  ein  dunkelblaues  Pulver,  das  sich  in  Wasser  nicb 
mehr  gut  vertheilt.  Das  Berlinerblau  enthält,  bei  30®  bis  40*  C 
an  der  Lufk  getrocknet,  etwa  25  bis  80  Proc.  (etwa  20  Aeq.)  Wmw; 
selbst  bei  130®  C.  getrocknet,  enthält  es  noch  20  Proc.  (12  Aeq.)  ub^ 
bei  160^  C.  getrocknet  etwa  16  Proc.  (9  Aeq.)  Wasser,  welches  erstba 
«   stärkerer  Hitze  und  unter  Zerstörung  der  Verbindung  entweicht 

Das  Berlinerblau  ist  unlöslich  in  Wasser,  in  Alkohol,  Aether,  da 
fetten  und  ätherischen  Oelen  und  in  verdünnten  Säuren ;  nur  in  verdüiuits 
Oxalsäure  und'  in  neutralem  weinsauren  Ammoniak  lost  es  sich  vä 
schön  blauer  Farbe.  Das  frisch  bereitete,  noch  feuchte  Berlioeriiks 
löst  sich  leichter  als  gewöhnliches;  dieses  letztere  wird  loslicher,  veü 
es  zuerst  zerrieben  einige  Tage  mit  verdünnter  Salzsäure  oder  SchWtl- 
säure  digerirt,  dann  abgewaschen  und  nun  mit  verdünnter  Oxalsisre 
(auf  1  Thl.  Berlinerblau  Vs  bis  Ve  Thl.  Oxalsäure  und  40  bis  50  Tkit 
Wasser)  zusammengerieben  wird ;  die  so  dargestellte  schön  blaue  U* 
sung  kann  als  blaue  Dinte  benutzt  werden.  Das  Digeriren  mit  Sal^ 
säure  entzieht  natürlich  dem  Berlinerblau  etwa  beigemengtes  Zinkoxji 
Thonerde  u.  s.  w.,  aber  auch  das  reinste  Berlinerblau  wird  durch  diese 
Behandlung  leichter  löslich. 

Das  Berlinerblau  und  damit  gefärbte  Stoffe  werden  im  Sonoenlie^ 
unter  Verlust  von  Cyan  heller,  etwas  graulich,  im  Dunkeln  wird^« 
Farbe  unter  Aufnahme  von  Sauerstoff  wieder  dunkelblau  (ChevresI)- 
Beim  Erhitzen  über  250^  C.  wird  es  zersetzt;  an  der  Luft  erhitzt,  ttf- 
glimmt  es  leicht;  stark  getrocknet,  lässt  es  sieht  mit  einem  gläkeodei 
Körper  entzünden  und  verglimmt  unter  Entwickelung  von  kohlensaure 
Ammoniak  zu  Eisenox  jd  (s.  Be  r  l  i  n  e  r  b  r  a  u  n).  Bei  der  trockenen  De9t3- 
lation  giebt  es  Cjanammonium  und  hinterlässt  einen  schwarzen  Back« 
stand,  der  Eisen,  Kohle  und  Stickstoff  enthält. 

Concentrirte  Schwefelsäure  verwandelt  das  Berlinerblau  in  utf 
weisse  kleisterartige  Masse,  welche  mit  Wasser  behandelt  wiedff 
Berlinerblau  giebt  Concentrirte  Salzsäure  entzieht  Eisen  als  Eins* 
Chlorid  und  bildet  Ferrocyanwasserstoffsäure.  Concentrirte  Salpeter- 
säure oxydirt  die  Bestandtheile  der  Verbindung;  Chlorgas  macht  die is 
Wasser  vertheilte  Farbe  grün. 

Wird  Berlinerblau  in  Wasser  vertheilt  mit  Schwefelwasserstoff  \^ 
handelt,  so  bildet  sich  durch  Bednction  unter  SchwefelabscbeidoBg 
weisses  Eisenferrocyanör;  die  gleiche  Reduction  erfolgt  beim  Digerires 
mit  metallischem  Eisen  oder  Zink. 


Berlinerblau.  969 

Wässerige  Alkalien  zersetzen  das  Berlin  erblau  leicht,  besonders  in 
der  Wärme;  es  bildet  sich  unter  Al:scheidung  von  Eisenoxydhydrat 
Ferrocyankalium;  beim  Kochen  mit  Wasser  und  Quecksilberoxyd 
bildet  sich  Cyanquecksilber,  während  Eisenoxyd  und  Eisencyannr  zu- 
rückbleibt, welcher  Rückstand  beim  Behandeln  mit  Salzsäure  wieder 
eine  blaue  Farbe  zeigt.  Ammoniakfliissigkeit  färbt  es,  ohne  es  zu  zer- 
setzen, mehr  veilchenblau,  unter  Bildung  von  aramoniakalischem  Eisen- 
ferrocyanid  (s.  d.  Artikel  Iste  Aufl.  Bd.  III,  S.  79). 

Unreines  Berlinerblau,  Mineralblau.  Das  gewöhnliche 
ßerlinerblau  enthält  häufig  Thonerdehydrat  oder  gebrannten  und  ge- 
mahlenen Thon,  Zinkoxyd,  Schwerspath,  Kreide,  Gyps,  Stärkmehl  und 
andere  ungefärbte  Stoffe  beigemengt,  Stoffe,  welche  theils  zur  Vermeh- 
rung der  Masse  zugesetzt  sind,  wesentlich  aber  um  verschiedene  lichtere 
¥*srbennuancen  hervorzubringen.  Das  Gemenge  von  Thonerdehydrat  mit 
Berlinerblau  wird  gewöhnlich  durch  gleichzeitige  Fällung  erhalten,  in- 
dem man  das  Blutlaugensalz  statt  mit  reinem  Eisenvitriol  mit  einem 
Gemenge  desselben  mit  Alaun  fallt;  die  relative  Menge  des  Alauns  be- 
dingt natürlich  die  Quantität  der  Thonerde  im  Niederschlage.  Bei  der 
Darstellung  von  Berlinerblau  aus  roher  Blutlauge  nach  der  älteren 
Methode  hatte  der  Zusatz  von  Alaun  aber  auch  den  Zweck,  durch  Ab- 
stumpfung des  in  der  Lauge  enthaltenen  kohlensauren  Kali  die  Fällung 
von  Eisenoxydoxydulhydrat  zu  verhindern ;  beWAnwendnng  von  gewöhn- 
lichem Blutlaugensalz  bezweckt  der  Zusatz  von  Alaun  nur  einen  Thon- 
erde haltenden  Niederschlag  darzustellen.  Das  Thonerdehydrat  kann 
aber  auch  zuerst  für  sich  dargestellt  und  dann  erst  dem  fertigen  Berliner- 
bläu zugemengt  werden.  In  dieser  Weise  verfahrt  man  immer  bei  Zu- 
satz der  unlöslichen  Körper,  wie  Thon,  Schwerspath,  Zink  weiss.  Kreide, 
Oyps,  Stärkmehl  u.  a.  Diese  Körper  werden  entweder  im  gemahlenen 
Zustande  dem  frischgefällten  Berlinerblau  zngemengt,  oder  sie  wer- 
den auf  der  Farbemühle  möglichst  gleichmässig  damit  gemischt.  Die 
Quantität  dieser  Zusätze  richtet  sich  nach  der  herzustellenden  Nuance 
und  nach  Umständen;  für  manche  Fälle  ist  es  wünsch enswerth,  ein 
dichteres  Blau  zu  haben,  man  setzt  dann  Schwerspath  zu,  für  leichtere 
Sorten  wird  Stärkmehl  u.  s.  w.  verwendet. 

Diese  Beimengungen  des  Berlinerblau  lassen  sich  nun  leicht  ent- 
decken; reines  Berlinerblau  hinterlässt  beim  Verbrennen  nur  Eisenoxyd, 
gemengt  mit  einer  Spur  von  Kalisalz;  von  unreinem  Blau  bleiben  die 
genannten  Mineralkörper  dem  rückständigen  Eiseno.xyd  beigemengt 
und  lassen  sich  dann  hier  leicht  nachweisen.  Um  Thonerde  nachzu- 
weisen, kann  man  das  Blau  auch  mit  Natronlauge  behandeln,  das  Filtrat 
mit  Salzsäure  sättigen  und  dann  durch  Ammoniak  die  Thonerde  fallen; 
Schwefelammonium  wird  aus  der  von  dem  Thonerdehydrat  abfiltrirten 
Flüssigkeit  Schwefelzink  fallen;  Gyps  und  Schwerspath  bleiben  beim 
Glühen  der  mit  Zucker  gemengten  Farbe  im  Rückstand  als  Metall- 
sulfnrete,  bei  Behandlung  des  letztern  mit  verdünnter  Säure  entwickelt 
eich  Schwefelwasserstoff,  während  dann  Kalk  oder  Baryt  in  Lösung 
gehen.  Stärkmehl  giebt  beim  Kochen  mit  Wasser  eine  mehr  oder 
weniger  kleisterartige  Masse,  und  das  Filtrat  reagirt  auf  Jod;  das  mit 
Starkmehl  gemengte  Blau  bläht  sich  bei  der  Zersetzung  durch  Erhitzen 
zuerst  auf,  was  das  reine  Blau  nicht  thut. 

Diese  Zusätze  sind  nicht  als  eigentliche  Verfälschungen  anzusehen, 
indem  sie  den  wesentlichen  Zweck  haben,  hellere  Farbennuancen  zu 


970  Berlinerblau. 

liefern.  Dagegen  soll  zuweilen  Jodstärkmehl  zugesetzt  werden,  wu 
eher  als  eine  T&uschung  anzusehen  ist;  beim  Kochen  des  Blau  mit 
Wasser  in  einem  Kolben  entweicht  dann  Jod,  was  durch  die  Reacdofl 
aof  mit  Kleister  bestrichenes  Papier  zu  erkennnen  ist  Das  Starkmehl 
l&sst  sich  gleichzeitig  im  Bückstande  finden. 

• 

Die  GQte  des  Berlinerblau  soll  nicht  immer  mit  dem  Gebalte  u 
Eisenferrocyanid  (2  Fe^.SCfj)  im  Verhältniss  stehen;  man  bestbnat 
daher  ^e  relative  Güte  mehrerer  Farbenmuster  am  besten,  indem  mu 
sie  mit  einem  weissen  Pulver,  schwefelsauren  Kalk  oder  g^efaUten 
trockenen  schwefelsauren  Baryt  u.  s.  w.  im  Ueberschuss  mengt,  um  xa 
sehen,  welches  Blau  dadurch  am  meisten  abnimmt.  Die  Menge  too 
Eisenferrocyanid  in  einer  blauen  Farbe  l&sst  sich  bestimmen,  indem 
man  dieselbe  mit  verdünnter  Natronlauge  erhitzt,  das  Filtrat  mit  Eiseo- 
oxydsalz  fallt,  den  Niederschlag  mit  Salzsäure  auszieht,  aaswäscht  ood 
bei  100<»  C.  trocknet 

Das  Berlinerblau  wird  als  Oelfarbe,  namentlich  als  WasserlkrtMi 
vielfach  verwendet;  als  Oelfarbe  wird  es  unmittelbar  vor  dem  Gebranck 
mit  Gel  abgerieben,  weil  es  beim  längeren  Stehen  damit  schmierig  wird. 
Das  Berlinerblau  wird  als  Wasserfarbe  oft  in  der  Zimmermalerei,  wi« 
sum  Färben  von  Papiermasse,  zum  Bedrucken  von  Tapeten  als  Wasch- 
blau u.  s.  w.  angewendet;  hierbei  ist  zu  beachten,  dass  es  nicht  mit 
freien  Alkalien,  mit  Kalk  oder  mit  alkalischen  Substanzen,  Seife  n.  dgL 
in  Berührung  kommen  darf,  weil  es  sich  sonst  unter  Abscheidung  voa 
Eisenoxydhydrat  zersetzt   Das  in  neuester  Zeit  so  wohlfeile  ültramarm 
hat  hier  das  Berlinerblau  zum  Theil  verdrängt    Da  es  nicht  schädlick 
fCuf  den  thierischen  Organismus  einwirkt,  so  wird  das  Berlinerblaa  aock 
zum  Färben  von  Conditorwaaren,  Spielsachen  u.  dgl.  verwendet  Mit  G«Ib 
wie  Chromgelb  u.  a.  versetzt,  giebtes  eine  grüne  Farbe.  Das  Berlinerblaa 
findet  weiter  noch  in  der  Kattundruckerei  wie  beim  Färben  von  Lein, 
Baumwolle,  Seide  und  Wolle  Anwendung.    Nach  der  älteren  Methods 
wird  ein  Gemenge  von  Berlinerblau  mit  Salzsäure  oder  saurem  Zinnchlo- 
rid mit  Gummi  verdickt  aufgedruckt.    Hauss  mann  kam,  wie  P e r s o z 
angiebt,  gegen  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  zuerst  darauf,  das  Berliner- 
blau  in  den  Geweben  selbst  zu  bilden,  indem  er  diese  erst  mit  einer 
passenden    Eisenbeize  behandelt   und   darauf  in  eine  lauwarme,   mit 
etwas  Schwefelsäure  angesäuerte  Lösung   von  Blutlaugensalz  bringt; 
dieEntdeckung  dieses  V erfahrens  wird  meistens  Ray  m  o  n  d  zugeschrieben, 
und  diese  Farbe  daher  als  Bleu  de  Raymond  bezeichnet     Zur  Herstel- 
lung des  sogenannten  Dampf  blau  wird  eine  verdickte,  mit  Weinsäure 
versetzte  Lösung  von  gelbem  Blutlaugensalz  auf  die  Zeuge  aufgedruckt^ 
worauf  sie  der  Einwirkung  von  erhitztem  Dampf  ausgesetzt  werden; 
es  bildet  sich  weinsaures  Kali  und  anfangs  Ferrocyanwasserstoff,  dar 
letztere  zersetzt  sich  in  der  Hitze  in  entweichende  Blausäure  und  zn- 
rückbleibendes  weisses  Cyaneisen,  welches  dann  durch  Oxydation  so 
der  Luft  oder  mit  Chlorkalk,  oder  chromsaurem  Kali  und  Schwef  elsaore 
sieh  dunkelblau  fUrbt   Statt  Weinsäure  wird  hierbei  ein  Gemenge  von 
Weinsäure  und  Oxalsäure  mit  Alaun  angewendet,  oder  auch  Schwefel- 
säure, wobei  Vorsicht  erfordert  wird,  damit  diese  Säure  bei  der  hohea 
Temperatur  nicht  die  Gewebe  angreift     Häufig  wird  das  Ferrocyao- 
kalium  hierbei  mit  Ferrocyanzinn  gemengt,  welches  durch  Fällen  von 
Blutlaugensalz  mit  Zinnchlorür  dargestellt  wird.  Statt  des  gelben  Blot- 


Berlinerblau,  basisches.  —  Berlinergrün.         971 

aagenaalzes  wird  beim  Färben  von  Geweben  oder  Garnen  auch  viel- 
ach  das  rothe  Blatlaugensalz  in  ähnlicher  Weise  verwendet.  '       JFV. 

Berlinerblau,  basisches,  ist  eine  Verbindung  von  Eisen- 
erroeyanid  (Berlinerblau)  mit  Eisenoxydhydrat  genannt,  welche,  abge- 
ehen  vom  Wassergehalt,  die  Zusammensetzung  2  Fej .  Cfya  -{-  Fe^  O» 
lat.  Diese  Verbindung  bildet  sich  durch  Oxydation  von  Eisenferro- 
yanür  an  der  Luft;  wird  nämlich  eine  reine  Eisenoxydulsalzlösung  mit 
relöstem  Blutlaugensalz  gefallt,  sö  enthält  der  bläulich  weisse  Nieder« 
chlag  Ferrocyankalium  und  Eisenferrocyanür  (2  Fe.Cfy);  beim  Ans- 
etzen an  die  Luft  oxydirt  sich  das  letztere: 

3  (2  Fe.Cfy) -f  3  O  =  2  CFej  .3  Cfy  +  Fe,  O,. 

Durch  Auswaschen  des  blauen  Niederschlages  mit  Wasser  lässt 
ich  nun  das  Ferrocyankalium  entfernen;  sobald  dieses  fortgenoramen 
it,  löst  sich  das  basische  Berlinerblau  in  Wasser  zu  einer  dunkelblauen 
lÜAsigkeit,  welche  nach  dem  Eintrocknen  unverändertes  basisches 
ierlinerblau  zurücklässt  Dieses  ist  in  reinem  Wasser  löslioh,  aber 
icht  in  Salz  haltendem,  und  durch  Zusatz  von  Salzen  wie  Blutlaogen- 
ilz,  zu  seiner  Lösung  trübt  sich  diese,  und  beim  Stehen  scheidet  es  sich 
Ks  Niederschlag  ab,  der  in  reinem  Wasser  aber  wieder  löslich  ist; 
Feingeist  fällt  die  wässerige  Lösung  nicht,  und  dadurch  unterscheidet 
I  sich  vom  sogenannten  löslichen  Berlinerblau.  S&nren  entziehen  der 
uisehen  Verbindung  Eisenoxyd  und  verwandeln  es  dadurch  in  ge- 
öhnliches  Berlinerblau.  Alkalien  zersetzen  es  unter  Abscheidnng  von 
lisenozydhydrat  und  Bildung  von  Blutlaugensalz.  Fe. 

Berlinerblau,  lösliches.  Wird  gelöstes  Eisenoxyd  zu 
lutlaugensalzlösung  gesetzt,  so  dass  letzteres  im  Ueberschuss  bleibt, 
»  enthält  der  Niederschlag  neben  mehreren  Verbindungen  auch  eine 
oppelverbindung  von  Eisenferrocyanid  mit  Kaliumferrocyanid : 
Fe.Cfys  -^  E^Cfy,  welche  in  reinem  Wasser  löslich  ist,  aber  nicht 
i  Salz  haltendem;  durch  Weingeist  wird  es  aus  der  wässerigen  Lö- 
tDg  abgeschieden  (s.  Ferrocyanmetall,  Iste  Aufl.,  Bd.  III,  S.  78). 
8  wird  durch  Alkalien  unter  Abscheidung  von  Eisenoxydhydrat  zersetzt 
kd  kann  daher  nicht  als  Waschblau  verwendet  werden,  Überhaupt 
cht,  wo  es  mit  freien  Alkalien  in  Berührung  kommt  Fe. 

Berlinerblau,     natürliches,  wird    wohl   unpaisender- 

aise  das  erdige  phosphorsaure  Eisenoxyduloxydhydrat  genannt  (siehe 
laueisenerde). 

Berlinerblausäure  s.  Cyanwasserstoff. 

Berlinerbraun,  3rtin  de  Pntese^  pruenam  Irown.  .  Unter  die-  ' 
m  Namen  soll  eine  braune  Farbe  in  den  Handel  kommen,  welche 
irch  Glühen  von  Berlinerblau  bei  Luftzutritt  erhalten  wird,  also  aus 
isenoxyd  besteht ;  man  erhält  sie  im  Kleinen,  wenn  man  einen  eisernen 
MM  rothglühend  macht  und  dann  einige  Stücke  Berlinerblan  in  den- 
Iben  bringt,  es  bildet  sich  schnell  ein  schuppiges  Eisenoxyd. 

Berlinergrün.  Manches  käufliche  Berlinerblau  bildet  bei 
iser  Anwendung  zur  Darstellung  von  Ferrocyankalium  eine  grünliche, 
Dhi  krystallisirbare  Mutterlauge,  die  nach  dem  Eintrocknen  und  Wia- 
rauflöaen  in  Wasser  ein  grünes  Pulver  absetzt.    Noch  leichter  bildet 


972  Berlinerroth.  —  Bernstein. 

sich  diese  grilne  Verbindang  bei  Behandlang  von  BerlinerbUn  mü 
Barythydrat  oder  mit  AmmoDiak,  femer  beim  wiederholten  Verdampfen 
einer  Auflösung  von  Ferrocyanammonium,  wo  man  bisweilen  donkel- 
grüne  octaedrische  Krystalle  erhält.  Die  Auflösung  bildet  mit  Eisen- 
oxydsalzen  Berlinerblau.  Das  abgeschiedene  grüne  Pulver  wird  durch 
Schwefelsäure  oder  Salzsäure  wieder  blau  und  verhält  sich  beim  Er- 
hitzen wie  reines  Berlinerblau,  indem  es  einen  Geruch  nach  brenzlichem 
Oel  und  kohlensaures  Ammoniak  ausgiebU  Die  grüne  kaliuinbaltigt 
lösliche  Verbindung  gab  bei  der  Analyse  dieselbe  Quantität  von  Etfi 
und  Eisenoxyd Y  wie  das  gewöhnliche  Blutlaugensalz,  in  welches» 
auch  durch  starkes  Erhitzen  und  Auflösen  in  Wasser  wieder  überge 
führt  werden  kann     (Berzelius). 

Den  Namen  Berlinergrün  hat  auch  das  Kobaltferrocyanfir  erhalten, 
eine  Verbindung,  welche  durch  Fällen  von  Kobaltoxydolsalzen  nit 
Ferrocyankalium  dargestellt  wird;  der  blassgrüne  Niederschlag  iarbl 
sich  aber*  bald  röthlich  grau,  wird  aber  beim  Erhitzen  unter  Verloit 
seines  Wassers  dunkelgrün.  Eine  ausgedehntere  Anwendung  hat  diese 
Farbe  nicht  gefunden.  (J.  L)  Fe. 

Berlinerroth  wird  auch  zuweilen  das  Eisenoxyd  (Pariser- 
roth) genannt.  Auch  die  Florentiner  Lacke  werden  zuweilen  ab  Ber- 
linerroth bezeichnet. 

Berlinerweiss   als  Syn..für  Bleiweiss  selten  gebräacUid 

Bern  erde  nannte  Werner  den  erdigen  Retinit,  weil  beim  ye^ 
brennen  ein  aromatisch  bituminöser,  an  Bernstein  erinnernder  GenK^ 
entwickelt  wird,  doch  ist  die  Uebereinstimmung  solcher  sogenannter 
Bernerde  mit  erdigem  Retinit  nicht  ausgemacht,  da  die  chemische  6^ 
schaffenheit  der  Retinit  genannten  Massen  überhaupt  nicht  dieselbe!^ 

Bernstein,  Agtstein,  gelbe  Ambra,  Succinit,  B5ro* 
stein,  gelbes  Erdharz,  Succinum,  Ambra  flava,  ElectraB. 
Suecin^  Am  her.  Dieses  fossile  Harz  findet  sich  in  rundlichen  oder 
stumpfeckigen  Stücken  meistens  mit  rauher  Oberfläche  in  verschiedenes 
Gegenden,  besonders  an  den  Küsten  derOst«ee,  in  Preussen,  FominenL 
Mecklenburg,  Holstein,  Dänemark,  Kurland,  Liefland  u.  s.  w.,  seltener 
an  der  englischen  Küste,  an  der  seeländischen  Küste,  dann  weiter  in  des 
Braunkohlenlagem  Schlesiens;  man  hat  Bernstein  weiter  beiLobeanni» 
Elsas«  gefunden,  zu  Auteuil  bei  Paris,  in  Kieslagern  in  der  N&he  fflfi 
London,  in  Grönland,  Galizien,  Nordamerika,  Norwegen,  Spanien,Siciü«D< 
am  Ural,  in  Kamschatka  n.  s.  w.  Die  Hauptfundorte  sind  die  prenssiscbe 
Ostseeküste  von  Memel  bis  Danzig,  besonders  zwischen  Pabniken  rxa^ 
Dirschkeim,  sowie  die  Braunkohlenlager  Schlesiens;  meistens  ßüd^^ 
sich  in  kleinen  bis  nussgrossen  Stücken,  man  hat  aber  zuweflen  Stocb 
bis  zu  6  Pfund  gefunden.  Es  wird  angegeben,  dass  der  Bernstein  sieb 
theils  in  aufgeschwemmtem  Lande,  theils  in  tertiären  BrannkoUeB- 
lagern  finde.  Nach  Göppert  findet  er  sich  immer  im  DOuviom,  oaci 
ihm  vielleicht  überall  an  secundärer  Lagerstätte ,  nicht  mehr  am  Ort^ 
wo  er  sich  bildete. 

Der  Bernstein  wird  theils  beim  Bergbau  gewonnen,  haaptsaeUicfc 
aus  dem  Meere  mit  Netzen  gefischt  Beim  bergmännischen  Betrieb 
findet  man  gewöhnlich  unter  einer  Sandschicht  ein  Lehmlager,  Ae 


Bernstein.  973 

^eide  keinen  Bernstein  führen ;  unter  dem  Lehm  8t583t  man  auf  Schich- 
en fossilen  Holzes,  in  deren  Nähe  der  Bernstein  vorkommt,  oft  in  Be- 
rleitung  von  Schwefelkies  and  Alaunerzen,  zuweilen  auch  mit  Pflanzen- 
Bücken  zusammenhängend.  Am  Meeresstrand,  wird  er  besonders  nach 
Len  HerbststÖrmen  gesammelt,  er  findet  sich  dann  oft  in  den  Seetangen 
»ingewickelt. 

Es  ist  nicht  zu  bezweifeln,  dass  der  Bernstein  ein  fossiles  Harz 
Bt,  Yon  verweltlichen  Coniferen  abstammend,  welches  im  ursprünglichen 
Sustande  vielleicht  weich  war,  wofür  oft  die  Form  und  die  äusse- 
ren Eindrücke  sprechen;  man  nimmt  häufig  an,  dass  er  von  Pinites 
rucemifer^  einem  zu  den  Coniferen  gehörenden  Baume  abstamme.  Nach 
Groppert^)  stammt  er  von  verschiedenen  Pflanzen,  nach  ihm  lieferten 
irielleicht  alle  Abietineen  und  Cupressineen,  die  in  dem  Bernstein walde 
Lebten ,  dieses  Harz,  was  ursprünglich  vietieieht  dem  jetzigen  Fichten- 
barz  ähnlich,  erst  im  Laufe  der  Zeit  und  mit  den  Holztheilen  in  Be- 
rührung seine  Eigenschaften  wesentlich  veränderte,  und  dadurch  z« 
Bernstein  wurde.  Göppert  schliesst  dies  aus  Versuchen,  indem  dicker 
Terpentin  bei  Gegenwart  von  Zweigea  des  Lerchenbaums  ein  Jahr 
lang  in  warmem  Wasser  bei  ßO^  bis  80^0.  digerirt  an  seiner  Löslich- 
keit in  Alkohol  verloren  hatte,  und  darin  dem  Bernstein  ähnlich  gewor- 
den war. 

Bischof  hält  es  für  möglich,,  dass  der  Bernstein  vielleicht  durch 
Zersetzung  der  Ho^zsubstanz  selbst  sich  gebildet  habe.  Lieb  ig  spricht 
die  Yermuthung  aus,  dass  er  vielleicht  durch  einen  langen  Yerwe- 
sungsprocess  aus  Wachs  oder  einem  anderen  ähnlichen  Körper  'ent- 
standen sei,  da  die  Bemsteinsäure  auch  bei  Oxydation  von  Wachs  und 
Pett  sich  bildet. 

Dass  der  Bernstein  ursprünglich  weich  war,  geht  auch  aus  den 
vielen  der  Form  nach  wohl  erhaltenen  Einschlüssen,  die  darin  gefunden 
wurden,  hervor.  Von  Thieren  hat  man  mehrere  Gattungen  von  Spin- 
nen (Ärchaea  paradoxd)  gefunden,  von  denen  aber  keine  Species  mehr 
lebend  angetrofi^n  wird.  Nur  ein  einziges  den  jetzt  lebenden  ähnli- 
ches Insekt  ist  bis  jetzt  im  Bernstein  entdeckt  worden,  Lepisma  sachor 
rmuf»,  welches  aus  Amerika  stammt  Dagegen  finden  sich  sehr  zahl- 
reiche Einschlüsse  von  Pflanzenresten,  darunter  namentlich  von  Kryp- 
iogam^n:  Schwämme,  Algen,  Lichenen,  Laub-  und  Lebermoose  und 
Farne.  Von  Monocotyledonen  finden  sich  Gräser,  von  Dicofyledonen 
Cnpressineen,  Abietineen,  Cupuliferen,  Ericineen  u.  a.  Im.  Ganzen 
zählt  Göppert  als  zur  Bemsteinflora  gehörig  aus  dem  Pflanzenreiche 
24  Familien-  mit  64  Gattungen  und  162  Arten  auf.  Viele  dieser 
Pflanzen,  namentlich  Zellenpflanzen  sind  solche,  die  auch  unserer 
jetzigen  Erdperiode  angehören  und  noch  lebend  angetroflen  werden. 

Neben  diesen  Einschlüssen  fremder  fester  Körper  hat  man  in 
neuester  Zeit  noch  kleine  Hohlräume  im  Bernstein  bemerkt,  die  theil- 
weise  mit  einer  Flüssigkeit  angefüllt  sind,  wobei  sich  das  Harz  am 
Bande  der  Bläschen  wohl  durch  den  Druck  des  eingeschlossenen  Gases 
verdichtet  zeigt.  Die  Flüssigkeit  mag  nicht  immer  dieselbe  sein;  der 
Inhalt  eines  solchen  Bläschens  war  eine  Flüssigkeit  von  Eiweissconsi- 
stenz,  welche  auf  einer  Glasplatte  zu  einer  durchsichtigen  gelben,. in 
der  Wärme  orangeroth  werdenden  Substanz  eintrocknete;  stärker  erhitzt 


*)  Bericht  der  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin  1853.  S.  449. 


974  Bernstein. 

sich  schwärzte  und  dann  verschwand.  Aus  einigen  anderen  Blaseben 
entwickelte  die  Flüssigkeit  schon  beim  gelinden  Erwärmen  Gasblasehen 
(Brewster  ^).  Die  geringe  Menge  hindert  hier  nattlrlich  sehr  di«  ge- 
naue üntersuchnng. 

Der  Bernstein  findet  sich  in  stompfeckigen  Stücken  oder  in  Konieni 
▼on  sehr  verschiedener  Form  and  Grösse,  er  ist  hart  nnd  spröde,  tob 
vollkommen  muschligem  Bruch,  von  Wachsglanz  mehr  oder  weniger 
glänzend,  er  ist  halb  durchsichtig,  zuweilen  kaum  durchscheinend  bb 
undurchsichtig,  milchweiss,  meistens  gelb,  honiggelb  bis  gelbbraun  od« 
röthlichbraun ;  der  griechische  Name  i^kBXtQOV  wurde  ihm  nach  seinir 
Farbe  gegeben;  zuweilen  ist  er  buntgefleckt  oder  geflammt;  er  gieta 
einen  gelblichweissen  Strich,  hat  ein  specif.  Gewicht  von  1,0  bis  1,1. 
Er  wird  beim  Reiben  mit  Wollenzeug  stark  negativ  elektrisch,  eine  & 
genschafib,  die  schon  den  Griechen  bekannt  war,  und  die  machte,  daa 
die  Ursache  der  Erscheinung  nach  dem  Namen  des  Bernsteins  sp&ter 
als  Elektricität  bezeichnet  ward. 

Der  Bernstein  löst  sich  nicht  in  Wasser,  kochender  Alkohol  fW 
sich  gelb,  indem  er  neben  Bernsteinsäure  etwas  weiches  gelbes  Em 
löst.  J^nch  flüchtige  und  fette  Oele  lösen  ntjr  wenig  von  BemsteUi  unL 
In  kochendem  Leinöl  wird  er  weicher,  biegsam,  und  wenn  er  vorher 
wolkig  und  trübe  war,  oft  durchscheinend  und  halbdurchsichtig. 

Das  Verhalten  gegen  Lösungsmittel  zeigt,  dass  der  Bernstein  keö 
einfacher  Körper,  sondern  ein  Geroenge  verschiedener  Substanzen  ist 
Nach  Berzelius  enthält  der  Bernstein  flüchtiges  Oel,  Bemsteinsiore, 
zwei  in  Alkohol  und  Aether  lösliche  Harze,  und  (etwa  85  bis  90  Proe.) 
eines  in  den  gewöhnlichen  Lösungsmittel  unlöslichen  eigenthtimB- 
chen  Körpers,  als  B er nsteinbi turnen  oder  Succinin  bezeichuA 
Der  rohe  Bernstein,  in  reinen  Stücken,  giebt  bei  der  Eleroentaraaaljsc 
Resultate,  nach  welchen  sich  das  Verhältniss  der  Elemente  CioHfO 
berechnet;  dieselbe  Zusammensetzung  hat  merkwürdigerweise  du  k 
Aether  lösliche  Harz  des  Bernsteins,  wenn  alles  flüchtige  Oel  entfent 
ist,  und  auch  das  unlösliche  Bemsteinbitumen  für  sich  allein  (Schrdt- 
ter  und  Forchhammer').  Danach  haben  diese  Stofie  dieselbe  pio- 
centische  Zusammensetzung  wie  der  gewöhnliche  Laurineen -Gamphof 
und  wie  die  Harzsäuren:  Pininsäure,  Sjlvinsänre  und  Copaivasiore. 
Bei  der  Gleichheit  in  der  Zusammensetzung  ist  es  doppelt  beacbtongt' 
werth,  dass  bei  verschiedenen  Zersetzungen  des  Bernsteins  sich  Can- 
pher  bildet..  Die  Bestandtheile  des  Bernsteins  die  löslichen  Harze  und 
das  Bitumen  sind  im  getrennten  reinen  Znstande  wenig  bekannt 

Das  beim  Behandeln  des  Bernsteins  mit  den  gewöhnlichen  Lo- 
sungsmitteln zurückbleibende  Bernsteinbitumen  schmilzt  beim  Erhitsen 
an  der  Luft  unter  Verbreitung  eines  Geruchs  nach  verbranntem  Fett; 
beim  Erhitzen  in  einer  Retorte  destillirt  zuerst  ein  nach  Wachsöl,  spättf 
ein  nach  Bemsteinöl  riechendes  gelbes  flüchtiges  Oel  Über,  während  der 
Rückstand  zu  einer  dunkelbraunen  durchsichtigen  Masse  zusamoies- 
schmilzt,  welche  spröde  wie  Colophonium  und  im  hohen  Grade  elek- 
trisch ist;  ein  kleiner  Theil  dieses  Rückstandes  löst  sich  in  Alkobol, 
eine  grössere  Menge  in  Aether,  flüchtigen  oder  fetten  Gelen.  WesB 
die  Masse  nicht  vollständig  geschmolzen  war,- so  lassen  die  fetten  Od« 
eine  weiche  elastische  Masse  ungelöst  zurück.     Das  Bemsteinbitanen 


*)  PhUos.  Mag.  [4]  T.  V,  p.  263.  —  «)  Po  gg.  Annal.  Bd.  LXIX,  S.  W. 


Bernstein.  975 

giebt  bei  der  trockenen  Destillation  keine  Bernsteinsiiare ;  das  in  Aether  > 
lösliche  Harz  giebt  aber  reichlich  Säure,   etwa  eben  so  viel  als  es  mit 
dem  Bitumen  gemengt,  also  als  eine  entsprechende  Menge  Bernstein 
gegeben  haben  würde. 

Mit  Kalihydrat  geschmolzen,  wird  das  Bemsteinbitamen  zersetzt, 
BS  bildet  sich  ein  flüchtiges  brenzliches  Oel,  und  eine  feste  in  Wasser 
tnit  branner  Farbe  lösliche  Masse.  Wenn  das  Bemsteinbitamen  frei  von 
löslichen  Substanzen  war,  enthielt  die  geschmolzene  Masse  keine  Bern* 
9teinsäare,  die  wässerige  alkalische  Lösung  giebt  auf  Zusatz  von  Säu- 
ren einen  schleimigen  Niederschlag,  der  bei  höherer  Temperatur  go» 
ichmolzen  ein  dunkelgelbes,  hartes,  durchscheinendes  Harz  giebt,  wel- 
ches sich  wenig  in  Alkohol,  etwas  mehr  in  Aether,  aber  vollständig  in 
Iflchtigen  Oelen  löst.  Eine  nähere  Untersuchung  des  Bitumens  und 
lam entlich  der  löslichen  Harze  fehlt. 

Der  gepulverte  Bernstein  soll  sich  in  concentrirter  Schwefelsäure 
n  der  Kälte  mit  brauner  Farbe  lösen ;  auf  Zusatz  von  Wasser  entsteht 
»in  Niederschlag,  der  chemisch  gebundene  Schwefelsäure  enthält  (ün- 
rerdorben). 

Salzsäure  soll  aus  dem  Bernstein  neben  Bernsteinsäure  eine  der 
Sonigsteinsäure  ähnliche  Säure  ausziehen  (Hünefeldt  i). 

Salpetersäure  zersetzt  den  Bernstein.  WSnn  man  Bernstein  in 
deinen  Stücken  in  einer  Retorte  mit  Salpetersäure  erhitzt,  so  schmilzt 
»r  zuerst  zu  einem  gelben,  zähen,  in  der  Kälte  spröden  Harz;  bei  län- 
gerem Kochen  löst  sich  dieses  Harz  vollkommen  auf,  und  wird  die 
LiÖsnng  dann  noch  einige  Mal  mit  Salpetersäure  eingekocht,  so  erhält 
nan  beim  Eindanipfen  K^stalle,  von  welchen  aus  der-  Mutterlauge 
larch  wiederholtes  Kochen  mit  Salpetersäure  noch  mehr  gewonnen  wer- 
len  kann;  diese  Krjstalle  sind  Bemsteinsäure.  Man  erhält  auf  diese 
^eise  aus  12  Loth  Bernstein  1  Loth  vollkommen  reiner  Säure,  was 
veit  n)^hr  ist,  als  nach  irgend  einer  anderen  Methode  erhalten  wird 
I>öpping>).  Doch  i^t  dieses  Verfahren  wegen  des  Verbrauchs  an 
»alpetersäure  zur  vortheilhaften  Darstellung  von  Bemsteinsäure  zu 
;ostspielig. 

Wird  das  Kochen  des  Bernsteins  mit  Salpetersäure  in  einer  Be- 
orte  vorgenommen,  so  wird  aus  dem  sauren  DestUlat  durch  Nentrali- 
iren  mit  Alkali,  Schütteln  der  Flüssigkeit  mit  Aether,  und  Verdampfeü 
.er  ätherischen  Lösung  eine  weisse  Substanz  erhalten,  welche  alle 
•hjsikalischen  Eigenschaften  des  Camphers  hat. 

Beim  Erhitzen  schmilzt  der  Bernstein  bei  280<>  bis  290<^C.  voll- 
t&ndig,  aber  unter  Zersetzung;  an  der  Luft  erhitzt  verbrennt  er  mit 
igenthümlichem  angenehmen  Geruch.  Bei  der  trockenen  Destilla- 
ion  bilden  sich  flüchtige  Prodbcte,  Wasser,  Bemsteinsäure,  Bemsteinöl 
nd  ein  wachsähnlicher  Körper  der  Bernsteincampher,  während  je  nach 
er  Temperatur  der  Rückstand  ein  mehr  oder  weniger  geschmolzenes,  in 
sinen  Eigenschaften  vom  Bernstein  durchaus  verschiedenes  Harz,  oder 
ach  bei  zu  starkem  Erhitzen  eine  kohlige  Masse  enthält  Es  lassen 
leb  hier  beim  allmäligen  Erhitzen  des  Harzes  drei  Perioden  nnter- 
sheiden.  Zuerst  bläht  der  Bernstein  sich  auf,  es  bildet  sich  Bemstein- 
lure,  Wasser  und  ein  flüchtiges  Oel,  dessen  Farbe  und  Dickflüssigkeit 


^)  Schweiggers  Jahrb.  f.  Chemie  u.   Phys.   Bd.  IX.  —    *)  Annal.  d.  Chem.  u. 
härm.  Bd.  LXTX,  S.  850. 


976  Bemsteinbitumen.  —  Bernsteincampher. 

zunimmt  in  dem  Masse  wie  die  Hitze  steigt,  bis  der  Bernstein  geachmolzeo 
ist;  der  geschmolzene  Bückstand  ist  das  sogenannte  B  ernste  in  colo- 
phonium.  Dnrch  weiteres  Erhitzen  des  geschmolzenen  Harzes  kommt 
dieses  ins  Sieden  und  zersetzt  sich  unter  Bildung  von  Brandöl  and  Zu- 
riicklassung  einer  aufgeschwollenen  Masse.  Wird  diese  endlich  bis 
zum  Glühend  werden  des  Gefasses  erhitzt,  so  verdampft  eine  flüchtige, 
gelbe  wachsartige  Substanz,  der  Bernsteincampher  (s.  d.  Axt.),  und 
es  bleibt  Kohle  zurück. 

Die  trockene  Destillation  des  Bernsteins  wird  theiU  in  Apotheken 
zpr  Gewinnung  der  Bemsteinsäure,  theils  in  Fabriken  zur  Gewinnung 
des  Bernsteincolophons  (s.  d.)  als  Hauptproduct  vorgenommen.  Ib 
den  Apotheken,  wo  die  Gewinnung  der  Säure  Hauptzweck  is^  wird 
die  Destillation  meistens  in  grossen  gläsernen  Retorten  vorgenommen; 
diese  werden  bis  zu  ^4  ™^^  Bernstein  gefüllt  und  dann  im  Sandbatk 
nach  angelegter  Vorlage  (die  aber  nicht  luftdicht, schliessen  darf,  warn 
man  nicht  sonst  eine  Oeffnung  angebracht  hat,  da  sich  fortwähreod 
Gas  entwickelt),  bei  allmälig  verstärktem  Feuer  erhitzt,  bis  zam  Schmel- 
zen des  Inhalts;  man  unterhält  eine  massige  gleichförmig  starke  Hitze, 
bis  der  Bernstein  nicht  mehr  schäumt,  sondern  ruhig  mit  einer  spiegeb- 
den  Fläche  fliesst  In  der  Vorlage  findet  sich  Wasser,  Essigsanre,  Oel 
und  Bemsteinsäure;  «von  1000  Thln.  Bernstein  werden  auf  diese  Weise 
im  günstigsten  Falle  etwa  46  Thle.  Bemsteinsäure  erhalten.  r>och  giebi 
der  Bernstein  nicht  immer  gleiche  Mengen  Säure.  Man  hat  non  be- 
merkt, dass  der  Bernstein,  zuerst  mit  Schwefelsäure  gemen^,  bei  der 
trockenen  Destillation  mehr  Bernsteinsäure  giebt  als  ohne  diesen  Zu- 
satz. £s  wird  1  Pfund  Bernstein  mit  1  bis  2  Lotlr  Schwefelsäure,  di« 
mit  ihrem  gleichen  oder  doppelten  Gewicht  Wasser  gemen^  ist,  be- 
sprengt, dann  auf  einem  eisernen  Blech  gerostet,  bis  die  Masse  kaffee- 
braun ist,  und  darauf  in  einer  Retorte  destillirt  Man  soll  von  lOOO 
Theilen  Bernstein  25  bis  50,  zuweilen  selbst  GO  Thle.  Bemsteinsäure 
erhalten;  ausserdem  werden  etwa  200  bis  280  .Thle.  Bemsteinol  an^ 
550  bis  650  Thle.  Bemsteincolophonium  (s.  d.)  erhalten. 

Wie  die  Schwefelsäure  hier  wirkt,  wodurch  sie  die  ProdactioD 
vermehrt,  ob  sie  die  Bemsteinsäure  aus  einer  Verbindung  abacheidit, 
oder  ob  sie  oxydirend  ähnlich  wie  Salpetersäure  wirkt,  oder  überhaspl 
durch  Zersetzung  eines  anderen  Körpers  erst  Bemsteinsäure  bildet,  Ist 
nicht  nachgewiesen. 

Wird  Bemsteinpulver  mit  Kalilauge  gekocht  und  die  Flüssigkeit 
in  einem  Kolben  nach  dem  Eintrocknen  erhitzt,  so  erhält  man  ein  weis- 
ses, dem  Campher  ähnliches  Sublimat. 

Der  Bernstein  war  schon  im  höchsten  Alterthum  bekannt  and  geschätzt : 
die  grösseren  und  besonders  die  klaren  Stücken  werden  zu  Luxusgegen- 
ständen  verarbeitet,  indem  sie  abgedreht  werden;  kleinere  Stacke  und 
Ablalle  dienen  zur  Darstellung  von  Bernsteinsäure  und  Bemsteinoolo- 
phon  (Fimiss),  theib  auch  zu  Käucherpulvern.  />. 

Bernsteinbitumen.  Der  in  Alkohol,  Aether,  den  fetten  und 
jQQchtigen  Oelen  nicht  lösliche  Bestandtheil  des  Bernsteins  (s.  d.  8.974). 

Bernsteincampher,  Krystallisirtes  Brandharz,  flüch- 
tiges Bernsteinharz.  Wenn  der  Bernstein  bei  Zuletzt  bis  zur  vollstäü- 
digen  Verkohlung  steigender  Hitze  destillirt  wird,  so  geht,  wenn  keine 


Bernsteincolophonram.  977 

Säure  mehr  kommt,  ganz  am  Ende  der  Operation  ein  gelber  wachs- 
älmlicher  Körper  Über^  ein  Zersetznngsprodact  des  Bemsteincolopho- 
Qinms,  der  von  Vogel  zuerst  bemerkt,  spater  von  Walter  und  Pe'l- 
letier  1)  untersucht  ist.  Von  dem  abhängenden  Oel  durch  Auspressen  und 
Abwaschen  befreit,  bildet  dieser  Bemsteincampher  glimmer&hnliche, 
wachsartige  Blättchen,  welche  geruch-  und  geschmacklos  sind,  bei  85<> 
bis  86<^  C.  schmelzen ,  und  gegen  SOO^*  C.  sieden ;  er  löst  sich  in  fluchti- 
gen Oelen,  Salpetersäure  verwandelt  ihn  in  eine  harzartige  Substanz, 
and  beim  Erkalten  der  Säure  scheidet  sich  eine  körnige  Substanz  ab. 

Dieser  Körper, 'jedenfalls  ein  Gemenge  verschiedenartiger  Sub- 
itanzen,  ist  mit  abweichenden  Resultaten  von  Robiquet  und  Colin, 
7on  Drapiez,  am  genauesten  von  Walter  und  Pelletier  untersucht. 
Durch  lange  fortgesetztes  Auskochen  mit  Wasser  wird  eine  ölige  Sub- 
stanz abgeschieden;  Aether  löst  ein  braunes  weiches  Harz  auf,  und 
[ässt  hierbei  einen  gelben  glimmerartigen  Körper  zurück,  von  dem  etwa 
'/lo  sich  in  absolutem  Alkohol  lösen.  Walter  und  Pelletier  haben 
lurch  wiederholte  Behandlung  des  Bernsteincamphers  mit  Alkohol  und 
A^ether  daraus  zwei  verschiedene  Körper  dargestellt.  Eine  gelbe,  wenig 
cry^tallinische  Substanz,  welche  in  100  Thln.  93,1  Kohlenstoff  und  5,8 
Wasserstoff  gab,  ist  selbst  in  kochendem  Alkohol  und  Aether  ganz  un- 
löslich, sie  schmilzt  bei  240<>C.  und  verflüchtigt  sich  bei  höherer  Tem^ 
peratuT  unter  theilweiser  Zersetzung.  Concentrirte  Schwefelsäure  löst 
lie  Masse  in  der  Wärme  mit  blauer  etwas  grünlicher  Farbe,  heisse  Sal- 
)etersänre  verwandelt  sie  in  ein  rothgelbes  Harz.  Nach  Znsaramen- 
letzung  und  Eigenschaften  scheint  diese  Substanz  mit  Laurent's  aus 
Steinkohlentheer  dargestelltem  Chrysen  (s.  d.)  identisch  zu  sein. 

Der  grössere  Theil  des  Bemsteincamphers  ist  eine  weisse  krystal- 
inlsche,  &rb-  und  geruchlose  Masse,  in  100  Thln.  94,3  Kohlenstoff 
md  5,6  Wasserstoff  enthaltend;  sie  ist  in  Aether  etwas  löslicher  als 
lie  vorige  Substanz,  löst  sich  in  Alkohol  in  fetten  und  flüchtigen  Oelen, 
Kshmilzt  bei  160»  C,  und  destillirt  in  eine  Retorte  über  bei  300«  C, 
inter  Zurücklassang  von  wenig  Kohle.  Schwefelsänre  löst  diesen  Kör- 
>er  mit  blauer  Farbe,  zerstört  ihn  aber  bald  unter  Verkohlung;  heisse 
Salpetersäure  verwandelt  ihn  in  eine  gelbe  harzartige  Masse.  Nach 
Zusammensetzung  und  Eigenschailen  halten  Walter  und  Pelletier 
liese  weisse  Substanz  ftlr  Idrialin  (s.  d.).  Fe. 

Bernsteincolophonium,  Colophonium  succini,  istdas 
Product  der  trockenen  Destillation  des  Bernsteins  bei  nicht  zu  starker 
j^rhitzung,  welches  als  ein  glänzendes  gleichmässig  geschmolzenes  Harz 
zurückbleibt.  Zur  Darstellung  des  Bernsteincolophons  in  etwas  grösse- 
em  Massstabe  nimmt  man  die  Destillation  auch  in  Retorten  vor,  um 
lie  Bemsteinsäure  als  werthvolles  Nebenproduct  zugleich  zu  gewinnen, 
lur  wendet  man  hier  statt  gläserner  Retorten,  Gefässe  von  Kupfer  oder 
eisen  an,  welche  mit  einem  gläsernen  oder  metallenen  Helm  versehen 
ind  und  mit  passendem  Kühlrohr  in  Verbindung  stehen.  Die  mit 
iernstein  bis  zu  */4  genillten  Apparate  werden  bis  zum  ruhigen  Flies- 
en des  Bernsteins  erhitzt.  Man  hat  auch  kupferne  Cylinder  mit  durch- 
öchertem  Boden  angewandt,  unter  welchem  ein  in  eine  weite  Röhre 
ausgehender  Trichter  angebracht  ist;  der  mit  dem  Harz  beschickte  Cy- 


*)  Aimml.   de  cliim.  et  de  phys.  (3)  T.  IX,  p.  89. 
HandwOrterbflcb  der  Chemie.  2te  AotL  Dd.  n.  62 


978  Bemsteineupion.  —  Bemsteinöl. 

linder  wird  in  einen  Windofen,  dessen  Bost  und  Boden  eine  Oei&iBiig 
haben  die  Bohre  durchzulassen,  die  in  ein  Gefass  mit  Wasser  taacht, 
gebracht,  mit  einem  Helm  versehen,  eine  unlutirte  Vorlage  angelegt 
und  dann  erhitzt.  Der  Bernstein  fliesst  in  dem  Maasse  als  er  schmilzt 
aus  der  Bohre  in  das  Wasser,  während  Oel  und  Bemateinsanre  sobli- 
miren. 

Das  durch  Destillation  des  Bernsteins  erhaltene  Colopkonium  m^ 
eint  ist  eine  schwarze,  glänzende,  harzartige  Masse,  es  dient  zur  Dar- 
stellung des  sogenannten  Bernsteinfimisses  oder  Bemsteinlacks,  &n& 
Losung  des  Harzes  in  Terpentinöl  mit  Zusatz  vom  1  Tbl.  Leinölfinuss 
auf  3  Thln.  Colophon.  Der  bei  der  Destillation  von  Bernstein  mii 
Schwefelsäure  bleibende  Böckstand  muss  zuerst  mit  Soda  haltendem 
Wasser  vollständig-  ausgewaschen  werden,  wonach  er  so  gut  anwoid- 
bar  ist,  wie  ohne  Säurezusatz  dargestelltes  Bernsteincolophon.  Ge- 
wöhnlich wird  der  Bemsteinfimiss  in  der  Weise  dargestellt,  dass  maa 
nach  dem  Schmelzen .  des  Bernsteins  das  flüssige  Colophon  etwas  ab- 
kühlen lässt,  und  dann  das  zum  Sieden  erhitzte  Leinöl  zusetzt,  und 
zuletzt  der  flössigen  Masse  in  kleinen  Portionen  Terpentinöl  zugiesst 
Das  Colophon  löst  sich  hier,  wenn  es  vollkommen  geschmolzen,  aber 
nicht  zu  stark  erhitzt  war,  ohne  allen  Bückstand.  Wenn  der  ßemsteii 
in  einem  kupfernen  Cylinder  mit  unten  abgehendem  Bohr  geschmobeeii 
wird,  so  kann  man  das  abfliessende  Colophon  statt  in  Wasser,  sogleich 
in  die  nöthige  Menge  Leinöl  fliessen  lassen,  und  dann  nach  dem  Ab- 
kühlen das  Terpentinöl  zusetzen.  Der  Bernsteinflmiss  dient  zum 
Lackiren  von  Leder,  Holz,  Blech  u.  s.  w.;  soll  er  als  Anstrich  dienen, 
und  nicht  abgeschliflen  werden,  so  löst  man  das  Bernsteincolophoa 
allein  in  Terpentinöl* ohne  Zusatz  von  Leinöl.  Ä. 

Bemsteineupion  nennt  Eisner  ein  durch  Einwirkung  v(» 
Schwefelsäure  rectificirtes  Bernsteinöl  erhaltenes,  ziemlich  gemchloseä 
und  sehr  leichtes  Oel  (s.  Bernsteinöl). 

Bernsteinfirniss  s.  Bernsteincolophonium. 

Bernsteinöl,  Oleum  auccitu  oeAereum.  Froduct  der  trockenen 
Destillation  von  Bernstein.  Das  rohe  Oel  wird  durch  Erhitzen  des 
Bernsteins  bis  zum  Schmelzen  erhalten,  es  destillirt  hier  mit  den  an- 
deren flöchtigen  Producten  über  und  sammelt  sich  als  ölige  Schicht 
auf  dem  wässerigen  Destillat,  hat  eine  dunkelbraune,  ins  Grünlicbe 
ziehende  Farbe,  einen  sehr  penetranten  unangenehmen,  lange  haftenden 
Geruch,  und  ist  leichter  als  Wasser.  Nach  der  Bectification  über  Holz- 
kohle ist  es  blassgelb,  fast  wasserhell,  dönnflussig,  riecht  noch  durch- 
dringend, aber  etwas  weniger  unangenehm  als  das  rohe  Oel^  es  hat  einen 
scharfen,  brenzlich  ätherischen  Geschmack;  nach  van  He  es  hat  es  ein 
specif.  Gewicht  von  0,91  bis  0,93  bei  20^0.,  nach  Marsson  von  0,8ä 
bei  15^0.  Das  Oel  reagirt  sauer,  an  der  Luft  färbt  es  sich  brannnnd 
wird  wieder  dickflüssig.  Vom  Terpentinöl,  das  ihm  etwa  beigemidcbi 
sein  könnte,  unterscheidet  das  rectiflcirte  Bernsteinöl  sich  dadurch,  dass 
es  weder  mit  Wasser  noch  mit  Salzsäure  eine  krystallinische  Verbin- 
dung giebt.  Das  rohe  Oel,  aus  Bernstein  ohne  Zusatz  von  Schwefel- 
säure dargestellt,  enthält  flüchtige  Fettsäuren,  Buttersaure,  Elssigsänre, 
Propionsäure,  vielleicht  auch  Valerian-  und  Capronsänre  (Marsson). 

Das  Bernsteinöl  ist  keine  einfache  Substanz,  sondern  ein  Gemenge 


BemstemöL  979 

verschiedener  hauptsächlich  sauerstofffreier  Oele.  Nach  Pelletier  und 
/V' altera  enthält  es  zwei  verschiedene  Brenzole;  beide  Oele  bilden  sich 
»ei  Zersetzung  des  Bernsteins  bei  höchstens  bis  zu  dunkeler  Rothglüh- 
itze  steigender  Temperatur,  sie  sind  sauerstofTfrei  und  enthalten  (wie  das 
rerpentinöl)  5  Aeq.  Kohlenstoff  auf  4  Aeq.  Wasserstoff.  Das  flüchtige. 
>el,  welches  sich  bei  weniger  hoher  Temperatur  bildet,  fKngt  bei  1  lO^^t). 
.n  zu  sieden,  der  Siedepunkt  steigt  bei  der  Rectification  aber,  während 
[er  Rückstand  sich  immer  mehr -verdickt,  fortwährend,  bis  über 
160®  C,  und  auch  bei  wiederholter  Rectification  erhält  man  keinen  con- 
tanten  Siedepunkt;  concentrirte  Schwefelsäure  zersetzt  das  Oel  unter 
ebhafter  ^  Wärmeentwickelung  schon  bei  gewohnlicher  Temperatur, 
ndem  &ic||f  ein  leichtes,  schön  blau  gefärbtes,  nach  der  Rectification 
sirbloses  Oel  abscheidet,  während  die  Säure  sich  harzartig  verdickt, 
(ei  einer  zweiten  Behandlung  mit  Schwefelsäure  verhält  das  Oel  sich 
hnlich  wie  das  erste  Mal,  die  Einwirkung  ist  aber  schwächer;  bei  wie- 
erholter  Behandlung  damit  wird  endlich  ein  farbloses  dünnflüssiges 
)el  erhalten,  welches  durch  Schwefelsäure  nicht  mehr  blau  gefärbt  wird, 
lit  Salzsäuregas  behandelt,  färbt  das  Oel  sich  blau,  und  nimmt  den  Ge- 
ach  des  Cajeputöls  an,  es  bildet  sich  aber  kein  kiystallinischeslProduct; 
ach  dem  Waschen  mit  Wasser  ist  es  nicht  mehr  blau,  sondern 
:elblich.  Mit  Chlorgas  behandelt,  färbt  das  Oel  sich  zuerst  blau,  die 
*arbe  verschwindet  aber  schnell  bei  weiterer  Einwirkung  von  Chlor, 
nd  es  bildet  sich  ein  gelbliches  dickflüssiges  Oel. 

Das  zweite  weniger  flüchtige  BrenzÖl  bildet  sich  bei  anfangender  dunk- 
tr  BothglÜhhitze,  es  fUngt  bei  100®  C.  an  zu  sieden,  der  Siedepunkt  steigt 
ber  bald  über  300®  C,  wobei  eine  salbenartige  Masse  zurückbleibt.  Auch 
ei  Öfterer  wiederholter  fractionirter  Rectification  wird  kein  Froduct 
on  constantem  Siedepunkt  erhalten.  Es  f^rbt  sich  durch  Schwefelsäure 
[>th,  bei  wiederholter  Behandlung  damit  bildet  sich  ein  ähnliches  Fro- 
net wie  aus  dem  flüchtigeren  Oel.  Durch  Salzsäuregas  wird  es  bei 
Lngerer  Einwirkung  gelblich  und  nimmt  einen  bitnmösen  Geruch  an. 
lei  Einwirkung  von  Chlor  wii^d  es,  ohne  zuerst  blau  zu  werden,  in  ein 
ickflüssiges  Oel  verwandelt,  wie  das  flüchtigere  Oel. 

Marsson^  erhielt  beim  Rectificiren  von  mit  Aetzkalk  geschüt- 
dtem  rectificirten  Bemsteinöl  einen  farblosen  neutralen  Kohlenwasser- 
loff  von  0,80  specif.  Gewicht 

Döpping')  behandelt  das  rectificirte  Bemsteinöl,  um  es  zu  reim- 
en, nach  einander  mit  Kalilauge  (welches  einen  Körper  vom  Geruch 
es  Kreosots  aufnimmt)  und  mit  verdünnter  Schwefelsäure ;  dann  mittelst 
'alihydrat  und  Chlorcalcium  oder  gebranntem  Kalk  getrocknet,  fangt 
)  beim  Erhitzen  bei  140®  C.  an  zu  sieden,  der  Siedpunkt  steigt  aber 
thnell  auf  170®  bis  190®  C,  wobei  der  Rückstand  sich  dunkel  färbt 
ad  dickflüssig  wird.  Wird  das  Destillat  nochmals  rectificirt,  so  treten  die- 
ilben  Erscheinungen  von  Neuem  ein,  es  bleibt  wieder  ein  dicker,  dunkel 
»farbter  Rückstand.  Das  DestDlat  ist  ein  farbloses  neutrales  Oel,  von 
sr  Zusammensetzung  des  Terpentinöls  (5  C  auf  4  H),  von  0,99  specif.  Ge- 
ichtbeilO®C.;  es  löst  sich  in  Aether,  weniger  leicht  in  Weingeist,  an 
Bf  Luft  hält  es  sich  lange  Zeit  unverändert;  Kalium  verändert  sich  nicht 


0  Annal.  d.  ckim.  et  de  phys.  [3.]  T.  IX,  p.  99;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm. 
L  LXVin,  S.  846.  —  *)  Archiv  d.  Pharm.  [2.]  Bd.  LXII,  S.  1.  —  ■)  Annal.  d. 
aem.  a.  Pharm.  LIV,  S.  239. 

62* 


980  Bemsteinöl. 

darin,  es  lost  Kantschuk,  aber  nicht  Bernstein;  Schwefel,  in  der  Wanne 
in  dem  Oel  sich  reichlich  lösend,  krystallisirt  beim  Erkalten,  mit  Salz- 
säure giebt  es  keine  Verbindung,  durch  Salpetersäure  wird  es  in  den  so- 
genannten kunstlichen  Moschus  verwandelt 

Das  Bernsteinöl  wird  durch  Salpetersäure  anter,  selbst  bis  zur  Eot- 
zündung  steigender  Erhitzung  zersetzt.  .  Wird   1  Tbl.  rectificirtes  Oe) 
vorsichtig  mit  3  Thln.  massig  rauchender  Salpetersäure  gemischt,  so 
verwandelt  das  Oel  sich,  wie  Marggraf  zuerst  beobachtete,  anter  Er- 
hitzung und  Aufblähen  in  ein  orangegelbes  oder  rothbraunes  weiches  und 
zähes  stickstoflfhaltendes  Harz,  welches  einen  eigenthümlichen  moschos- 
artigen  Geruch  hat,  und  daher  den  Namen  des  künstlichen  Moschas 
oder  Bisams  erhielt,  mit  Wasser  ausgewaschen,  schmeckt  es  brennexkd 
und  bitter  aromatisch,  es  löst  sich  leicht  in  Alkohol,  Aether  and  fluchii- 
gen  Oelen;  eine  Lösung  in  8  Thln.  Weingeist  war  früher  oiRcineU  als 
künstliche  Moschustinctur,  Tinctura  Mosehi  artifidaiis.    Die  alkoholische 
Lösung  des  Harzes  wird  durch  essigsaures  Bleioxyd  gefallt,  der  gelblidh 
braune  Niederschlag  hat  die  Zusammensetzung  PbO.C]  5  Hg  NO7  (Eb- 
ner *)• 

Beim  Vermischen    von    gewöhnlichem    rectificirten  Oel    mit   16 

bis  20  Volumen  Schwefelsänre  wird  es  roth  und  zähe;  beim  rahigeB 
Stehen  bildet  sich  eine  dickflüssige  braune  Masse,  auf  der  ein  schwadi 
gelblich  gefärbtes  Oel  schwimmt  Dieses  letztere  zeigt  nicht  mehr  den 
penetranten  Gerach  des  gewöhnlichen  Bernsteinols ,  es  riecht  eigen- 
thümlich,  nicht  gerade  unangenehm.  Mit  Wasser  geschüttelt,  scheidet 
sich  von  der  milchigen  Flüssigkeit  ein  klares  Oel  ab,  welchem  über 
Chlorcalcium  oder  über  Kali  und  Kalk  getrocknet,  anfangt  bei  1 90^  C 
zu  sieden,  der  Siedepunkt  steigt  aber  schnell,  während  der  Etuekstasd 
sich  färbt  Das  vorsichtig  destiUirte  Oel  hat  ein  speeif.  Gewicht  voa 
0,645  es  riecht  nicht  mehr  unangenehm,  daher  Eisner  es  Bernsteia- 
eupion  nennt.  Uebrigens  sind  die  bei  verschiedener  Temperatar, 
zwischen  200^  bis  220^  C,  aufgefangenen  Destillate  unter  einander  ia 
Geruch  und  Consistenz,  Lichtbrechung,  specifischem  Gewicht  nnd  andern 
physikalischen  Eigenschaften  sehr  abweichend,  die  Zusammensetining 
der  verschiedenen  Destillate  ist  aber  immer  wieder  dieselbe  wie  die 
des  Terpentinöls. 

Die  Annahme  von  Eisner,  dass  das  OL succini reetificatunL,  wie  b^ 
sonders  das  durch  Einwirkung  von  Schwefelsäure  daraus  abgeschieden« 
Oel,  einige  Procent  Sauerstoff  enthalte,  scheint  auf  einem  Verlust  bei  der 
Elementaranalyse  zu  beruhen. 

Die  durch  Einwirkung  von  Schwefelsäure  auf  Bemsteinöl  «itstas- 
dene  schwarzbraune  Masse,  mit  Wasser  gewaschen  und  destillirt,  giebt 
.etwas  Wasser  und  ein  darauf  schwimmendes  Oel,  welches  (nach  Dop- 
ping's  Angabe)  Schwefel  enthält,  aber  nicht  näher  untersucht  ist 

Der  Bemsteinöl  wird  wohl  innerlich  als  Oelzucker  oder  in  Wein- 
geist oder  Aether  gelöst  gegeben;*  es  ist  in  der  ungereinigten  Bemstaiii* 
säure  und  daher  in  dem  damit  dargestellten  Liq.  ammonä  sueein.  enthalten 
und  macht  einen  Bestandtheil  der  Äqtta  LuctM  {Eau  de  Lact)^  einem 
milchigen  Gemenge  von  1  Thl.  rectilicirten  Bernsteinöl  mit  24  Tbla. 
Alkohol  und  96  Thln.  Salmiakgeist  Fe. 


')  Journ.  f.  prakt.  Chcm.  XXVI,  S.  97. 


Bernsteinsäure.  ,981 

Bernsteinsäure.  Bernsteinsalz,  flüchtiges.  Succinyl- 
säure.  Snccinsäure.  Äcidum  succinicum^  ScU  succini.  Eine  starke 
organische  Säure;  ihre  empirische  Zasammensetzung  drückt  am  einfach-, 
sten  die  Formel  C4H8O4  aus;  sie  wurde  frQher  als  ein  einbasisches 
Säurehydrat  HO  .  C4  Hg  O3  angesehen,  jetzt  betrachtet  man  sie  allgemein 
als  eine  zweibasischeSäure2HO.C8H4  06  (s.Bernsteinsaure  Salze); 
sie  gehört  dann  in  die  homologe  Reihe  der.  Säurehydrate  CQHn-2  089 
eineBeihe,  deren  unterstes  Glied  die  Oxalsäiure  C4H2O8  ist,  in  welcher 
Reihe  die  Brenzweinsäure,  Korksäure  und  Brenzölsäure,  vielleicht  auch 
die  Lipinsänre,  Adipinsäure  und  Pimelinsäure  gehören.  Das  flüchtige 
Bernsteinsalz,  welches  bei  der  trockenen  Destillation  des  Bernstein- 
harzes entsteht,  erwähnt  schon  Agricola(1550);  es  ward  später  schon 
von  Lern  er y  (1675)  als  eine  Säure  erkannt.  (Kopp,  Geschichte  der 
Chemie).  Berzelius^)  gab  zuerst  die  Zusammensetzung  der  Säure, 
deren  Verhalten  später  von  d'Arcet  2)näher  untersucht  wurde.  Früher 
«rar  diese  Säure  mir  durch  Destillation  des  Bernsteinharzes  dargestellt, 
und  zwar  wird  sie  nur  aus  dem  löslichen  Theil  des  Harzes  erhalten 
^s.  Bernstein);  man  nimmt  gewöhnlich  an,  dass  sie  hier  fertig  gebildet 
sei,  also  Educt  und  nicht  Product  sei;  nach  Gehlen  und  Funcke's^) 
Versuchen  soll  schon  beim  Auskochen  von  feingepnlvertem  Bernstein 
mit  Wasser  oder  Alkohol  die  Säure  erhalten  werden;  nach  D  öpping  wird 
iedenfalls  aber  eine  grössere  Ausbeute  an  Säure  bei  Behandlung  des  Har- 
ses  mit  Salpetersäure  erhalten,  ob  hiebei  als  Educt  oder  zum  Theil  auch 
Product,  ist  nicht  wohl  zu  ermitteln.  Man  hat  später  dann  gefunden,  dass 
[iemsteinsäure  auch  sonst  sich  bilden  könne;  so  wurde  in  altem  Römisch- 
lümmelöl  {Oleum  cumini)  eine  leicht  lösliche  sublimirbare  Säure  von 
HhevaJlier  gefunden,  er  hielt  sie  fiir  Bernsteinsäure;  nach  Unver- 
lorben  soll  sie  auch  in  dem  Harz  einiger  Coniferen  enthalten  sein,  und 
^ecanu  nndSerbat^)  wollen  sie 'durch  Destillation  von  Terpentinharz, 
Fuch  durch  trockene  Destillation  von  Ambra  erhalten  haben.  Reich  will 
ie  in  allen  fossilen  Hölzern,  Coniferenzapfen  u.  dgl.  des  Samlandes  nach- 
gewiesen haben.  Später  ist  die  Säure  dann  auch  in  lebenden  Pflanzen 
gefunden,  so  neben  Aepfel-  und  Citronsäure  in  den  Latticharten  LaC' 
uca  scUiva  und  Lactuca  virosa  (Koehncke'');  die  im  Wermuth  an  Kali 
gebundene  Säure  (Braconnot's  Wermuthsäure)  ist,  nach  Zwenger  0, 
(emsteinsäure ;  während  Luck  ^  sie  davon  verschieden  fand.  Heintz^) 
lat  sie  im  menschlichen  Körper  gefunden,  in  der  Hyatidenflüssigkeit,  und 
n  der  Flüssigkeit  der  Echinococcenbälge ;  Gorup-Besanez  ^)  hat -sie 
Q  der  Thymusdrüse  des  Kalbes,  in  der  Milzdrüse  und  Schilddrüse  der 
)Ghsen  nachgewiesen,  während  sie  in  Leber,  Nieren  und  Lunge  nicht 
efunden  werden  konnte.  Boedecker  fand  in  der  durch  Function  aus 
iner  Lebercyste  entleerten  Flüssigkeit  1,08  bernsteinsaures  Natron-  und 
[alksalz.  Sehr  merkwürdig  ist  jedenfalls  das  Vorkommen  von  Spuren  * 
(emsteinsäure  nebst  anderen  organischen  Säuren  im  Marienbader  Mine- 
almoor e  (C.  G.  L  e  h  ra  a  n  n  ^^), 


»)  AnnBl.  de  chim.  T.  XCIV,  p.  187.  —  ■)  Annal.  de  chim.  et  de  phyB.  [2.] 
.  LVm,  p.  282.  —  8)  Archiv  d.  Pharm,  'von  Brandes.  Bd.  VII,  S.  181.  — 
\  Annal.  de  chim.  et  de  phys  [2.]  T.  XXI,  p.  828.  —  *)  Archiv  d.  Pharm.  Bd. 
3XIX,  S.  153.  —  «)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XLVIII,  S.  122.  —  0  Annal. 
.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXV,  S.  112.  —  ■)  Pogg.  Annal.  Bd.  LXXX,  S.  114.  — 
>  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XCVIII,  S.  1.  —  >•)  Journ.  f.  prakt.  Chem. 
d.  LXV,  S.  467. 


982  Bernsteinsäure. 

In  neuerer  Zeit  hat  man  nun  auch  sehr  vielfache  Bildangaweiwn 
det  Bernsteinsäure  beobachtet.  Sie  entsteht  sehr  häufig  als  Oxydatiimft- 
product  neben  der  homologen  Eorksäure  bei  Einwirkung  kochender 
SalpeterBäure ,  so  aus  Stearin-  und  Margarinsaure  (Bromeis^),  an» 
Wallrath*)  (Radclifrj^  ^gewöhnlichem  Wachs  (Ronalds  *)  und  japa- 
nischem Wachs  (St ahm  er  ^),  aus  Buttersäure  ^)  (Dessaignes),  ans 
Caprylalkohol  (Bouis  *),  aus  Fettsäure  oder  Brenzols&are  (Carl et, 
Arppe  0*  ^^^  Toa  Laurent  durch  Oxydation  vonOelaanre,  Stearia- 
und  Margarinsäure  mit  Salpetersäure  erhaltene  Lipinsäare  (s,  Isie 
Aufl.  Bd.  IV,  S.  926)  hält  Arppe  auch  für  unreine  Bernsteinaaure,  wo- 
für viele  Eigenschaften  sprechen.  Bei  der  vollständigen  Qxydation  des 
Santonius  durch  Salpetersäure  bildet  sich  wahrscheinlich  auch  Bemstein- 
s&ure  (Heldt^).  Es  ist  früher  schon  angegeben  worden,  dass  wenn  Ho- 
nig mit  gewöhnlichem  Brod  und  Johannisbrod,  Essig,  Branntwein  und 
Wasser  in  die  saure  Gährung  versetzt,  die  erhaltene  Flüssigkeit  mit  Kalk 
neutralisirt  und  das  Kalksalz  dann  mit  1/34  Manganhyperoxyd,  ^/^  Schwe- 
felsäure und  ^/a  Wasser  destillirt  werde,  am  Ende  der  Operation  Bern- 
steinsäure sublimire  (Beissenhiri  ^).  Neuere  Bestätigungen  dieser 
Angabe  liegen  nicht  vor,  doch  ist  hier  die  Bildung  der  Bemsteinsäore 
nicht  unmöglich,  entweder  als  Oxydationsproduct  der  Essigsäure,  oder 
wahrscheinlicher  der  aus  der  SiUqua  dulcis  erhaltenen  Buttersäure.  Auch 
die  schwarze  kohlige  Masse,  welche  bei  der  Destillation  von  Aeiher  au 
Alkohol  und  Schwefelsäure  zurückbleibt,  soll  bei  dem  Erhitzen  ein  Sub- 
limat von  Bernstein  säure  geben  (Vorwerk). 

Endlich  hat  man  in  neuester  Zeit  vielfache  Beobachtungen  über  die 
Bildung  der  Bernsteinsäure  bei  der  Gährung  der  verschiedenartigsten 
organischen  Stoffe  gemacht  Firia^^)  fand  zuerst,  dass  unreineB  Aspa- 
ragin  in  Lösung  schnell  gähre,  und  dabei  unter  Anfnahme  von  \Vassa 
in  bernsteinsaures  Ammoniak  übergehe.  Dessaignes  1^)  hat  durcfc 
eine  Reihe  ausgezeichneter  Versuche  dargethan,  dass  viele  andere  Sub- 
stanzen bei  der  Gährung  unter  gewissen  Umständen  ia  BemateinsaiiR 
Übergehen,  Fumarsäure,  Maleinsäure,  Aconitsäure  (sowohl  die  aus  Equise 
tunf  abgeschiedene,!  wie  die  aus  Citronensäure  dargestellte),  Aepfelsänre, 
Asparaginsäure  für  sich  oder  an  eine  Base  gebunden,  geben  nach  Zusati 
von  kohlensaurem  Kalk,  durch  faulen  Käse  bei  2b^  bis  40^0.  in  Gährung 
versetzt,  bernsteinsaures  Salz;  selbst  Erbsenmehl,  die  fettfreie  Emal> 
sion  von  süssen  Mandeln,  dann  Nüsse  und  Buchweizen,  Haselnüsse  und 
Eicheln  (letztere  nach  Abscheidnng  des  Gerbstoffes  durch  Kalk)  geben 
Bernsteinsäure;  die  Samen  müssen  zu  dem  Ende  mit  Wasser  zu  einen 
feinen  Teig  gestampflt,  und  die  abgegossene  Flüssigkeit  mit  kohlensan- 
rem  Kalk  und  Käse  gähren.  Aus  Hafer,  Mnis,  Kürbissamen,  Hant 
Senfsamen  wurde  diese  Säure  nicht  erhalten.  Pasteur  ^^)  giebt  an, 
dass  bei  der  alkoholischen   Gährung  stets  ein  Theil   des   Zuckers  in 

*)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  XXXV,  S.  90.  —  •)  a.  a.  O.  B<i.  XLUl 
S.  849.  —  •)  a.  a.  O.  Bd.  XLIII,  3.  856.  —  <)  a.  a.  O.  Bd.  XLIU.  8.  316.  — 
*)  Compt.  rend.  de  l'acad.  T. XXX,  p.  350.  —  •)  Compt.  rend.  de  lacad.  T.  XXXIIL 
p.  141;  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXX,  S.  303.  —  ')  Compt.  r^nd,  de 
l'acad.  T.XXXVn,  p.  128;  Annal.  d.'Chem.  u.  Pliarm.  Bd.  XCV,  S.  242.  —  ")  AnoaL 
d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXHI,  8.41.—  »)  B.erlin.  Jahrb.  1818,  S.  158.  —  »•)  Compt, 
rend.  de  l'acad.  T.  XIX,  p.  576.  —  ")  Compt.  rend.  de  l'acad.  T.  XXXI,  p.  4W; 
Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [3.]  —  T.XV,  p.  253;  Jouni.  de  pharm.  [3.]  T.  XX^. 
p.  27;  T.  XXXII,  p.  60.  —  >«)  Compt.  rend.  de  Tacad.  T.  XLVI,  p.  179;  AnnaL  d. 
Chem.  u.  Pharm.  Bd.  CV,  8.  264. 


Bemsteinsäure.  983 

Bernsteinsäure  übergeht,  deren  Gewicht  mindestens  V2  Proc.  vom  Ge- 
richt des  yergohrnen  Zuckers  betragen  soll.  Diese  Säure  findet  sich 
laher,  nach  ihm,  auch  im^Weixi,  und  lässt  sich  aus  der  eingedampften 
Flüssigkeit  mit  Aether  ausziehen;  oder  man  nentralisirt,  fällt  mit  Süber- 
\b1z  und  zersetzt  dieses  durch  Schwefelwasserstoff  oder  Salzs&ure; 
>eim  Eindampfen  krjstallisirt  die  Bemsteinsäure.  Ist  sie  mit  Milchsäure 
remengt,  so  wird  die  Flüssigkeit  mit  Kalk  gesättigt,  und  das  trockene 
jremenge  mit  schwachem  Alkohol  behandelt,  der  .das  bemsteinsäure 
>alz  ungelöst  zurücklässt. 

Die  Bemsteinsäure  kann  man  also  durch  Destillation  des  Bernsteins, 
lurch  Gährung  verschiedener  PflanzenBäuren,namentlich  von  Aepfelsäure, 
ind  endlich  durch  Oxydation  von  Fettsäuren,  Wachs  n.  s.  w.  mit  Sal- 
petersäure erhalten.  Wir  wenden  nur  die  beiden  ersteren  Methoden  an; 
lie  letztere,  bei  der  man  das  Fett  mit  der  40-  bis  50  fachenMenge  star- 
:er  Salpetersäure  in  einer  Betorte  Tagelang,  bis  zur  vollständigen  Oxy- 
lation, .  kochen  mnss ,  unter  häufigem  Znrückgiessen  des  Destillats  und 
inter  Ersatz  der  zersetzten  und  verdampften  Salpetersäure,  ist  wegen 
les  grossen  Aufwandes  an  Zeit  und  an  Salpetersäure  kostspielig,  sie 
iefert  Überdies  ein  mit  anderen  Säuren,  Korksäure,  Pimelinsäure  u.  s.  w., 
'emnreini^es  Producta 

Zur  Darstellung  der  krystallisirten  Bemsteinsäure  aus  Bernstein  wird 
las  bei  der  trockenen  Destillation  des  Harzes  erhaltene  Sublimat  (s.  B  e  r  n- 
tein  S.  975)  durch  Erwärmen  in  dem  wässerigen  Destillat  gelöst, 
larch  ein  mit  Wasser  befeuchtetes  Filter  filtrirt,  um  das  brenzliche  Oel 
nrückzuhalten,  worauf  das  Filtrat  durch  Abdampfen  zum  Krystallisiren 
gebracht  wird.  Die  so  erhaltene  Bemsteinsäure  ist  noch  stark  mit 
»renzlichen  Oelen  imprägnirt,  daher  gelb  gefärbt  und  stark  und  unan- 
genehm riechend;  sie  wird  zum  Theil  so  als  Äcidum  auccinicum  crudum 
»der  pyrooUotum  zum  pharmaceutischen  Gebrauch  verwendet,  meistens 
her  noch  durch  ein  zweites  Krystallisiren  aus  Wasser  etwas  weiter 
lereinigt.  Auch  das  so  erhaltene  Product  enthält  noch  viel  Bem- 
teinöl  beigemengt,  wie  Farbe  und  Geruch  zeigen;  diese  Beimengung 
rird  fUr  den  pharmaceutischen  Gebrauch  gefordert. 

um  die  Säure  für  chemische  Zwecke  vollständig  von  dem  brenz- 
tchen  Oel  zu  befreien,  genügt  selbst  wiederholtes  ümkrystallisiren 
loht;  wird  die  Säure  aus  einer  zu  %  damit  angefüllten  Retorte  destil- 
irt,  so  geht  zuerst  Wasser  und  ein  bräunlich  gefärbtes  Oel  über,  später 
iestiUirt  noch  schwach  gelblich  gefärbte  Säure,  die  durch  TJmkrj- 
tdllisiren  dann  weiter  gereinigt  wird.  Die  letzten  Spuren  Oel  lassen 
ich  nur  dadurch  fortbringen,  dass  man  die  Lösung  der  Bernsteinsäure 
lit  Kohle  oder  mit  Chlorgas  behandelt  Am  sichersten  und  einfach- 
ton,  um  chemisch  reine  durchaus  ölfireie  Säure  zu  erhalten,  ist  das 
behandeln  c)erselben  mit  Salpetersäure;  man  Übergiesst  die  unreine 
ISnre  in  einer  mit  Vorlage  versehenen  Retorte  mit  dem  vierfachen 
l^ewicht  gewöhnlicher  Salpetersäure  (von  1,82  spedf.  Gewicht),  erhitzt 
nd  liUtst  etwa  eine  halbe  Stunde  sieden,  worauf  man  die  warme  Flüs- 
igkeit  in  eine  Schale  giesst  und  hier  unter  Umrühren  rasch  krystalli- 
iren  lässt.  Die  Krjstalle  werden  auf  einem  Trichter  gesammelt,  mit 
V'asser  abgewaschen  und  dann  aus  Wasser  umkrystaUisirt;  die  Säure 
rt  jetzt  farblos  und  geruchlos  und  frei  von  Salpetersäure. 

Eine  sehr  zweckmässige  Methode  zur  Darstellung  von  chemisch  rei- 
erBemsteintöiire  gründet  sich  auf  die  Beobachtung  von  Dessaignes, 


984  BernsteiDsäurc. 

dasB  äpfclsaurer  Kalk  mit  Wasser  Übergossen  in  Gäbrung  übergehe,  vai 
sich  dabei  in  bernsteinsaures  Salz  umwandle.  Lieb  ig  0  fand,  das»  die« 
Gäbrung,  durch  Bierhefe ,  Jaulenden  Käse  ^der  Fibrin  eingeleitet,  in 
kürzerer  Zeit  erfolgt  als  ohne  Zusatz  dieser  Fermente,  er  giebt  daher 
folgende  Vorschriften  zur  Darstellung  von  Bernstein^ure. 

l)Man  übergiesst  1  Kilogramm  äpfelsanren  Kalk  mit  6  Liter  Wur 
ser,  setzt  V4  ^^^^  Bierhefe  hinzu,  und  lässt  das  Gemenge  an  einem 
massig  warmen  Orte  einige  Tage  stehen.  Es  beginnt  alsbald  eine  Icb^ 
hafte  Entwickelung  von  Kohlensäuregas,  und  nach  Verlaof  von  toi 
Tagen  fängt  der  aufgesclüämmte  äpfelsaure  Kalk  an  eine  kömig  kij- 
stallinische  Beschaffenheit  anzunehmen;  diese  Körner,  eine  Doppelver- 
bindung von  bernsteiusaurem  und  kohlensaurem  Kalk,  werden  im  Ytt- 
lauf  der  Gährung  immer  grösser  und  schwerer,  und  wenn  die  Gadeot- 
wickelung  aufgehört  hat,  zeigt  die  Masse  beim  Umrühren  nicht  mekr 
die  schlammige  Beschaffenheit  wie  im  Anfange. 

2)  Roher  äpfelsaurer  Kalk,  wie  man  ihn  aus  den  Vogelbeeren  n«^ 
zwei-  bis  dreimaligem  Auswaschen  mit  Wasser  erhält  (s.  Aepfelsäare, 
Bd-I,  S- 176),  wird  in  einem  irdenen  oder  stein zeugenen  Topfe  mit  ds 
dreifachen  Menge  Wasser  von  40<)  C.  eingeteigt,  und  diese  Mischung  mit 
^12  vom  Gewicht  des  Kalksalzes  an  faulem  Käse  versetzt ,  der  zoTor 
mit  Wasser  zu  einer  Emulsion  angerieben  ist  An  einem  30^bis40*C. 
warmen  Orte  stellt  sich  sehr  bald  eine  Gasentwickelung  ein;  bei  An- 
wendung von  15  Pfund  äpfelsaurem  Kalk  ist  diese  nach  5  bis  6  Tages 
vollendet. 

Sehr  wesentlich  ist,  dass  die  Gährung  nicht  zu  stürmisch  wird,  et 
darf  deshalb  der  Wärmegrad  bei  der  Gährung  nicht  zu  boch  Steiges, 
und  die  zugesetzte  Menge  der  Hefe  oder  von  Käse  nicht  sa  gross  seia 
Bei  einer  richtig  verlaufenen  Gährung  entwickelt  sich  nur  Kohlensaure; 
sobald  Wasserstoffgas  auftritt,  findet  ein  anderer  Gährungaprocess  sUtt, 
bei  dem  keine  Bernsteinsäure  gebildet,  oder  die  gebildete  zerlegt  wiri 

KohP)  hat  nach  der  letzten  Vorschrift  wiederholt  Bemsteinsiure 
dargestellt;  er  glaubt  aus  seinen  Beobachtungen  schliessen  zu  dürfen,  da« 
das  Gelingen  des  Gährungsprocesses  wesentlich  von  der  Reinheit  d« 
äpfrfsauren  Kalks  und  von  der  Beschaffenheit  des  Caseina  abhänge. 
Der  äpfelsaure  Kalk  muss  erst  durch  Auswaschen  vollständig  von  allen 
Zucker  befreit  sein ,  weil  sich  bei  der  Gährung  sonst  Milchsäure  oii^ 
etwas  Bttttersäure  bildet.  Das  Ferment  bereitet  er  so,  dasa  er  den  Esse 
fest  in  einem  Topf  eindrückt,  und  mit  Tüchern  und  Papier  bedeckt  bei 
einer  Temperatur  von  15^  bis  18<)  C.  unter  häufigem  Umkneten  aufbe- 
wahrt, bis  er  sich  in  eine  bräunliche,  ganz  homogene  stark  x» 
chende  Masse  umgewandelt  hat;  er  land,  dass  1^/f  bis  2  Jahre  alter 
Käse,  besonders  günstig  wirkte.  Er  nimmt  auf  1  Pfd*  äpfelsaorea 
Kalk  2  Loth  Käse,  nnd  lässt  die  Masse  an  einem  Ort,  dessen  Tempe- 
ratur zwischen  15^  und  30^  C.  wechselt,  gähren;  die  Kohlensaurebil- 
düng  tritt  bald  ein,  zugleich  zeigt  sich  während  der  Bemsteinsaorebil- 
düng  ein  ausnehmend  widerlicher  Geruch  nach  faulem  Käse;  dieser 
Geruch  ist,  nach  Kohl,  ein  Beweis,  dass  sich  Bemsteinsäare  bildet,  so- 
bald er  nicht  eintritt,  oder  wenn  er  bald  verschwindet,  soll  darin  einfit- 
weis  liegen,  dass  andere  Producte,  Buttersäure,  Valeriansäure  o.  s.  w.  eot- 

')  Annml.  d.  Chem    u.  Pharm.  Bd.  LXX,  S.  lOi  u.  868.  -*  *)  Archiv  d.  Fbw«. 
Bd.  CZXXIV,  S.  257,  Bd.  CXIJIT,  S.  12 ;  Chem.  CentralbL  1856,  S.  64. 


BeruäteiD&äure.  986 

stehen.  Nach^S  bis  14  Tageu  Ut  die  Gährung  beendigt.  Ko|;il  erhielt 
nach  wiederholten  Versuchen  aus  4  Pfund  äpf'elsaoren  Kalk  durch  Gäh- 
rung bei  genauem  Arbeiten  S^ie  Pfund  bernsteinsauren  Kalk.  . 

Das  auf  eine  oder  die  andere  Weise  gewonnene  Doppelsalz  von 
bemsteinsaurem  und  kohlensaurem  Kalk  wird,  nach  Aufhören  aller  Gäh- 
rungserscheinungen,  auf  einem  Seihtuch  gesammelt,  mehrmals  mit  kal- 
tem Wasser  abgewaschen  und  dann  so  lange  mit  verdünnter  Schwefel- 
säure versetzt  als  noch  Aufbrausen  erfolgt,  bis  also  diejenige  Hälfte 
des  i^alks,  welche  an  Kohlensäure  gebunden  war,  mit  Schwefelsäure 
gesättigt  ist.  Hierauf  setzt  man  eine  der  schon  verbrauchten  gleiche 
Menge  Schwefelsäure  zu,  und  erhitzt  die  Masse  zum  Sieden,  bis  das 
Salz  seine  körnige  Beschaffenheit  vollständig  verloren  hat  und  breiig  ge- 
-worden  ist.  Nach  dem  Absetzen  wird  die  über  dem  Gjps  stehende  saure 
Piussigkeit  abgegossen,  der  Bückstand  auf  einem  leinenen  Spitzbeutel 
ausgewaschen,  und  endlich  die  gemengten  Flüssigkeiten,  welche  sauren 
bernsteinsauren  Kalk  und  freie  Bernsteinsäure  gelöst  enthalten,  einge- 
dampft Zeigt  sich  hierbei  auf  der  Oberfläche  der  Lösung  eine 
Krystallhaut ,  so  setzt  man  concentrirte  Schwefelsäure  in  kleinen 
Portionen  hinzu,  so  lange  noch  ein  Niederschlag  von  Gyps  ent- 
steht. Da  die  Flüssigkeit  gewöhnlich  nochmals  zu  einem  Brei  gesteht, 
so  muss  sie  vor  dem  Filtriren  wieder  mit  Wasser  verdünnt  werden. 
X>urch  Eindampfen  der  filtrirten,  jetzt  nur  noch  wenig  Gyps  enthalten- 
den Bernsteinsäurelösung  und  Abkühlen  erhält  man  eine  Krystallisation 
von  bräunlich  gefärbter  Säure;  diese  wird  zum  zweiten  Mal  in  wenig 
siedendem  Wasser  gelöst,  die  erhaltenen  Krystalle  dann  auf  einem 
Xrichter  mit  wenig  reinem  Wasser  ausgewaschen,  darauf  in  Wasser  ge* 
löst,  mit  etwas  Blutkohle  versetzt  und.  zum  Sieden  erhitzt.  —  Aus  der 
^wasserhellen  Lösung  schiesst  nun  die  Säure  in  blendend  weissen  Kry- 
stallen  an,  welche  durch  Auflösen  in  Weingeist  oder  durch  Sublima- 
tion von  einer  Spur  beigemengtem  Gyps  leicht  zu  reinigen  sind* 

8  Pfund  trockener  äpfelsaurer  Kalk  liefern  hierbei  1  Pfund  reine 
Hernsteinsäure  (Lieb ig);  Kohl  berechnet  ähnliche  Resultate,  nämlich 
ans  7  Pfd.  äpfelsaurem  Kalk  (oder  6  Pfd.  rohen  bernateinsauren  Kalk) 
2^^A»  P^<1«  fohe  Bernsteinsäure,  welche  mit  Schwefelsäurehydrat  be- 
feuchtet, und  dann  sublimirt  l^Vifi  ^^^*  reine  Säure  gab;  während  aus 
dem  Waschwasser  des  bernsteinsauren  Kalks  noch  mehr  als  2  Loth 
reiner  Säure  erhalten  wurde ;  3  Pfd.  äpfelsaurer  Kalk  gab  also  etwa 
2d  Loth  reine  sublimirte  Bernsteinsäure  i) 

Bei  der  Gährung  zerlegt  sich  die  Aepfelsäure  in  Bemsteinsänre) 
Koklensäure,  Essigsäure  und  Wasser: 

S.CgÄßOio  ==  2^C8H5^  +  4G02-f  C4H4O4  +  2HO. 

Aepfelsäure     Bernsteinsäure 

Sobald  bei  zu  stürmischer  Gährung  neben  Kohlensäure  Wasserstoff- 
g^as  sieh  bildet,  so  wird  weniger  Bernsteinsäure  erhalten ;  es  verschwin- 
det dann  auch  die  Essigsäure  9  und  an  deren  Stelle  findet  sich  Butter- 
saare  neben  einem  Fermentol  von  starkem,  den  Borsdorffer  Aepfeln  ahn- 


^)  Kohl  berechnet  nach  einer  Discussion  des  Gegenstandes  mit  Dr.  Mar- 
qnardt,  dass  1  Pfd.  Bernsteinstture  aus  Vogelbeeren  dargestellt,  höchstens  auf 
2  y^  Thlr.  zu  stehen  kommei  selbst  wenn  der  Üpfelsanre  Kalk  sehr  hoch  zu  %  Thir. 
das  Pfund  b«r«chnet  wird  (s.  Archiv  d.  Pharm.  Bd.  CXLIII,  S.  17), 


986  Bernsteinsäure. 

lichem  Gerach.  —  Es  ist  wahrscheinlich,  dass  hierbei  die  Battersm 
theils  foect  ans  Aepfelsänre,  theils  anch  durch  Ümwandlnng  der  znent 
entstandenen  Bernsteinsäure  sich  bUdet.  —  2  Aeq.  Aepfelsiurehydnt 
enthalten  n&mlich  die  Bestandtheile  von  1  Aeq.  Batters&nre,  %  k«^ 
Kohlensäure  und  4  Aeq.  Wasserstoff: 

2.C8H6  0,o  =  C8H8O4  4-8CO3  -I-4H. 

Aepfelsäure      Buttersäure 

Aber  auch  3  Aeq.  Bemsteinsäurehydrat  enthalten  die  Elemente  tob 
2  Aeq.  Buttersäure,  8  Aeq.  Kohlensäure  und  2  Aeq.  Wasserstoff: 

S.CsHeOg    =  2.C8H8O4  +  8C0,  4- 2H. 
Bernsteinsäure     Buttersäure 

Die  durch  Gährung  aus  Aepfelsäure  dargestellte  Bemsteinsänre  isi 
nach  den  bisherigen  Untersuchtingen  durchaus  identisch  mit  der  a» 
Bernstein  durch  Destillation  erhaltenen ;  sie  ist  aber  viel  leichter  a 
reinigen  als  diese,  welche  freilich  für  roedicinische  Zwecke  gerade  da 
hartnäckig  anhängenden  Oels  wegen  vorgezogen  wird;  es  ist  daher  uek 
nie  erlaubt  die  ganz  reine  ölfreie  Säure,  wie  sie  auch  erhalten  sein  idi|, 
der  unreinen,  ölhaltigen  zu  substituiren,  wenn  nicht  yielleicht  das  Od  h 
bestimmter  Menge  zugemischt  werden  darf.  Die  Säure  soll  jedoch  fir 
medicinische  Zwecke  auch  nicht  zu  reich  an  Oel  sein,  sie  muss  gdb- 
lich,  aber  nicht  branngeiärbt  sein,  und  soll  den  unangenehmen  Gemdi 
des  Oels  nicht  in  zu  starkem  Grade  zeigen. 

Das  reine  Bemsteinsäurehydrat  krystallisirt  im  monoklinomedv 
sehen  System,  es  bildet  gewöhnlich  rhombische  oder  sechsseitige  BUä^ 
chen ,  an  denen  die  Fläche  00  P  od  die  scharfe  Kante  der  verticaki 
Säule  00  P  ersetzt;  die  Krystalle  sind  farblos  und  geruchlos,  sie  hsba 
einen  sauren 'etwas  erwärmenden  Geschmack;  ihr  specif.  Gewicht  := 
1,55.  Die  Säure  löst  sich  in  5  Thln.  Wassers  von  I60  C.  und  in  2,2  TUi. 
kochenden  Wassers;  sie  löst  sich  weniger  leicht  in  Alkohol  und  Dor 
schwierig  in  Aether.  Sie  sublimirt,  einige  Zeit  auf  140^C.  erhitzt,  wo- 
bei ein  Theil  schon  unter  Wasserverlnst  in  Anhydrid  überg^t;  ai 
schmilzt,  rasch  erhitzt,  bei  180*  und  siedet  bei  285<^C,  wobei  sie  süttf 
Wasserverlust  in  Bemsteinsäureanhydrid,  Cs  H4  O«,  übergeht. 

Obgleich  die  Bernsteinsäure  keine  ausgedehnte  Anwendung  M^ 
so  kommen  doch  bei  ihrem  hohen  Preise  häufig  Verfälschungen  ▼«< 
besonders  solche  mit  Weinstein,  Alaun,  schwefelsaurem  Kali  vls."*. 
sind  f>eobachtet.  Diese  Zusätze  lassen  sich  durch  Erhitzen  der  Sub- 
stanz auf  dem  Platinblech  oder  durch  Behandlung  mit  Alkohol  est^ 
decken,  die  reine  Säure  verflüchtigt  sich  und  löst  sich  in  Weingeist  (^ 
Rückstand.  —  War  sie  mit  Weinsäure  verfälscht,  so  bleibt  beim  Erhitm 
an  der  Luft  ein  starker  kohliger  Rückstand.  Die  nicht  selten  voikoo' 
mende  Beimengung  von  Salmiak  lässt  sich  beim  Zusammenreiben  fli^ 
einem  üeberschuss  von  Kalkhydrat  durch  den  Gremch  nach  Ammoniik 
leicht  nachweisen.  Die  officinelle  reine  Bernsteinsäure  hinterlässt  beiv 
Erhitzen  meist  eine  Spnr  eines  feuerbeständigen  Rückstandes,  wahr- 
scheinlich von  der  zur  Reinigung  verwendeten  Knochenkohle  oder  roo 
Brunnenwasser  herrührend. 

Verwandlungen  der  Bernsteinsäure.  Durch  Wärme.  Ben« 
Destilliren  zerfällt  die  krystallisirte  Säure  leicht  in  Wasser  aad  Bera- 
Steinsäureanhydrid,  C8H4O6.    Dieses  bildet  sich  besonders  leicht 


Bernsteinsäure.  987 

renn  man  die  BemstoinBäure  rasch  sieden  läset  und  das  zuerst  über- 
sehende Wasser  sogleich  fortnimmt.  Ganz  rein  erhält  man  das  Anhy- 
bid,  wenn  dieSäure  einige  Male  über  wasserfreier  Phosphorsäure 
»der  wenn  sie  über  Phosphorchlorid  destilUrt  wird  (s.  unten).  Das 
Lnbydrid  ist  weiss,  schmilzt  bei  145®  C.  nach  d 'Are et,  bei  llb^ 
Is  120<'C.  nach  Arppe;  es  siedet  bei  2500C.  Es  ist  in  Alkohol  und 
Lether  leichter  löslich  als  das  Hydrat,  beim  Auflösen  im  Wasser  nimmt 
18  sogleich  das  Hydratwasser  wieder  auf;  das  Anhydrid  Verwandelt 
ich  bei  Einwirkung  von  trockenem  Ammoniakgas  unter  Erwärmung 
chnell  in  Bisuccinamid. 

Durch  Salpetersäure  oder  wässerige  Chromsäure  wird  dieBem- 
teinsäure  selbst  beim  Erhitzen  nicht  verändert. 

Mit  Manganhyperoxyd  und  Schwefelsäure  zur  Trockne  er- 
ittzt,  soll  sich  Essigsäure  bilden.     (Troromsdorf). 

Chlorgas  oder  ein  Gemenge  von  cblorsaurem  Kali  mitChlor- 
vasserstoffdäure  wirkt  nicht  ein. 

Fhosphorperchlorid  wirkt  zersetzend  auf  Bernsteinsäurehydrat 
(in;  werden  beide  zusammen  erhitzt,  so  bildet  sich  zuerst  Bernstein- 
Sureanhydrid  und  Salzsäure  neben  Phosphoroxychlorid;  wird  bei  einem 
Jeberschuss  von  Phosphorperchlorid  weiter  erhitzt,  so  bildet  sich  dann 
ron  neuem  Phosphoroxychlorid,  und  2  Aeq.  Chlor  desselben  sind  an 
lie  Stelle  von  2  Aeq.  Sauerstoff  in  der  wasserfreien  Bernsteinsäure  ge- 
reten,  es  hat  sich  Chlorsuccinyl,  C8H404.€ls,  gebildet  (Gerhardt 
ind  Chiozza).  Die  beiden  auf  einander  folgenden  Zersetzungen  lassen 
ich  durch  nachstehende  Schemata  versinnlichen: 

aHO^CjH^^  +  P€l5  =  CgHjOe  +  POaGla  +  2Ä€l; 
Bemsteinsäure  Wasserfr.  Bernsteins. 

C«H4  0a  +  PGlft  =  Cs^i2i^^  +  PO,  Gig. 

Chlorsuccinyl 

Das  Chlorsuccinyl  ist  eine  farblose  Flüssigkeit,  durchdringend  rie- 
chend, dabei  an  den  Greruch  von  feuchtem  Stroh  erinnernd;  sie  hat 
sin  specif.  Gewicht  von  1,39 ;  sie  raucht  stark  an  feuchter  Luft,  wob^ 
lie  nach  und  nach  unter  Bildung  von  Bemsteinsäure  und  Salzsäure 
lerfällt;  sie  wird  durch  längeres  Kochen  zum  Theil  zersetzt,  wobei 
stwas  kohliger  Rückstand  bleibt;  mit  Alkohol  zersetzt  sie  sich  unter 
Erwärmung  in  Bemsteinäther  und  Salzsäure,  mit  Anilin  bildet  sich 
sogleich  Suocinanilid. 

Wasserfreie  Schwefelsäure  verbindet  sich  unter  Erwärmung 
mit  Bemsteinsäurehydrat,  indem  sich  die  gepaarte  Bernsteinschwefel- 
Bäore  (s.  d.  Art.)  bildet. 

Schwefelsäurehydrat  wirkt  selbst  in  der  Wärme  nicht  verän- 
dernd auf  Bernsteinsäure  ein. 

Mit  Ealihydrät  geschmolzen,  zersetzt  sie  sich  unter  Entwicke- 
lung  von  gasförmigem  Kohlenwasserstoff  und  Bildung  von  oxalsau- 
rem  Salz. 

Wird  Bemsteinsäure  mit  einem  Ueberschuss  von  Korksäure 
(Cie  IIi4  Og)  und  concentriter  Salpetersäure  erhitzt,  so  bildet  sich  Pime- 
linsäure (Ci4  Hia  Os).  Fe. 


988  Bernsteinsäurcamidc. 

Bernsteinsäureamidc,  Succinamide.  Die  BermtäB- 
B&ure  bildet  drei  Amide,  das  Succinimid,  das  Succinainid  tiod  du  Tri- 
Sttccinamid  und  wahrscheinlich  eine  Aininsaare,  die  Saccinaminsiure. 

Succinimid. 

Bisnccinamid,  Succinyl-  und  Wasseratoffazotnr.  Dum- 
cundäre  Amid  der  zweibasischen  Bemsteinsäure  (1835)  von  d'Arcetl 
entdeckt,  später  auch  von  Fehling  ^)  untersucht,  hat  getrocknet  die  Zfl> 

C  H  O  ) 

sammensetzung  C8H0O4N;  seine  Formel  ist  *  *w,*|  N;  es  ist  Am- 
moniak, Ha  N,  in  welchem  2  M  durch  das  zweiatomige  Radical  SoeenjL 
C8H4O4,  ersetzt  sind;  es  enthält  die  Elemente  von  saurem  bemsttonsu- 
ren  Ammoniumoxyd  (NH4O  .H0.CsH4  0t;),  welches  4  HO  abgegelM 
hat.  Wenn  man  die  Beiiisteinsäure  als  einbasbch  (0411^04)  betncbiit 
so  entsteht  dieses  Amid  aus  2  At.  Säure  und  1  Aeq.  Ammoniak,  dakr 
der  ältere  Name  Bisuccinamid. 

Das  Succinimid  entsteht  bei  der  trockenen  Destillation  von  heor 
steinsaurem  Am mon in k  oder  von  Succinaroid;  es  bildet  sich  leicht,  wen 
man  Ammoniak  gas  über  Bemsteinsäure  leitet;  hierbei  entwickelt  ad 
Wärme,  es  entweichen  WasAerdämpfe ,  selbst  bei  Anwendung  von  tro- 
ckenem Ammoniakgas  und  Bernsteinsäureanhydrid ,  während  das  Sac- 
cinimid  schmilzt  und  bei  höherer  Temperatur  sich  verflüchtigt: 

CsHjOe  +  NH3  =  C^H404jiN  +  2  HO. 
Bemsteinsäureanhydrid  Succinimid 

Am  leichtesten  stellt  man  dieses  Amid  dar,  indem  man  Benstcift* 
säure  mit  wässerigem  Ammoniak  übersättigt,  die  Masse  zur  Trockv 
abdampft  und  dann  den  Bückstand  der  trockenen  Destillation  unfiff' 
wirft,  zuerst  entweicht  Ammoniak  und  Wasser,  später  destillirt  das  S«* 
cinimid  gemengt  mit  etwas  Bernsteinsäureanhydrid  über,  von  weldKS 
es  durch  Krystallisiren  aus  Wasser  oder  Alkohol  leicht  gereinigt  w«- 
den  kann. 

Das  Succinimid  bildet  meistens  zusammengewachsene  rhomki«^ 
Tafeln ;  die  gewöhnliche  hier  auftretende  Combination  zeigt  OP .  P  iiut<^ 
Fläche  0  P  vorherrschend ;  der  Winkel  0P:P  =  1250;  odP:odP  wagißk 
118^.  Die  Krystalle  enthalten  2  Aeq.  Kry stall wasser,  ihre  Zusanun» 
Setzung  ist  dann  Cg  H5  O4  N  -j-  2  H  O ;  sie  sind  farblos,  klar  und  dorch«^ 
tig,  an  der  Luft  werden  sie  durch  Wasserverlust  trübe;  Jbei  100*0.  ^ 
trocknet  sind  sie  wasserfrei.  Das  Succinimid  ist  ziemlich  leicht  \^ 
lieh  in  Wasser,  weniger  in  Alkohol  oder  Aether.  Es  schmibt  b« 
2100  C.  und  destillirt  bei  höherer  Temperatur  unzersetst  über.  Dsrck 
Alkalien  wird  es  erst  beim  Kochen  zersetzt  unter  Entwickelung  ^ 
Ammoniak  und  Bildung  von  bernsteinsaurem  Salz. 

Laurent  und  Gerhardt^ halten Malaguti's  Chlorasosuccift* 
sänre,  welche  durch  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  gechlorten  Beni* 
Steinäther  entsteht  (s.  Bernsteinsaures  Aethyloxyd  S.  996),  f& 
ein  Chlorosuccinimid,  d.  i.  Succinimid,  in  welchem  der  Wasserstoff  10 


")  Annal.  do  chim.  et  de  phys.  [2.]   T.  LVIII,  p.  294.  —   •)  Annal.  <J-  C^* 

.Pharm.  Bd. XLDC,  8.198.  —  ■)  Compt.  rend.  p«r  Laurent  u.  GerhardI  IM^ 
.    001 


p.  291. 


Bernsteinsäureamide.  9  89 

Saccinyl  dnrch  Chlor  ersetzt,   dessen  Formel    daher   Ca6l4  04  .  HN 
sein  milsste. 

Der  im  Suceininiid  neben  dem  Snccinyl  enthaltene  Wasserstoff 
kann  auch  durch  andere  Radicale  ersetzt  werden ,  so  entstehen  dann 

C  H  O  } 

tertiäre  Amide:   das  Phenylsuccinimid   oder  Succinanil  =     V^H*l^ 

[Bd.  I,  S.  108 1%  rnd  das  Succinilsulfophenylamid,  welches  neben  Suc- 
sinyl  das  Radical    der    Benzidschwefelsäure    C]9f}5S904    enthält  = 

Das  Succinimid  verhält  sich  wie  eine  sehr  schwache  Säure,  seine 
Losung  röthet  Lackmus  kaum;  es  verbindet  sich  aber  nicht  mit  den 
Alkalien  und  krystallisirt  aus  concentrirter  Kalilösung  unverändert 
ind  ohne  Alkali,  auch  bildet  es  mit  Barytwasser  eine  lösliche  Verbia- 
lang,  aus  welcher  nur  ein  Theil  dieser  Base  durch  Kohlensäure  ge* 
'ällt  wird;  beim  Kochen  zersetzt  es  den  kohlensauren  Baryt  doch  nur 
ichwach;  es  verbindet  sich  aber  mit  Bleioxyd,  Qnecksilberoxyd  und 
^ilberoxyd. 

Succinimid-Bleioxyd:  4PbO  .  3(C8H5  04N  .  HO)  oder 
JCPbO.CgHjOiN.HO)  4-PbO  (Fehling).  Eine  wässerige  Auf- 
ösuDg  von  Succinimid  löst  reines  Bleioxyd  schon  beim  Digeriren, 
eichter  beim  Aufkochen;  beim  Abdampfen  der  Lösung  untei'  der  Luüt- 
mmpe  bleibt  die  Verbindung  als  eine  nach  dem  vollständigen  Aus- 
rocknen  farblose  oder  schwach  gelbliche  amorphe  Masse  zurück;  sie 
serfliesst  an  der  Luft  schnell,  ist  sehr  hygroskopisch  und  löst  sich  . 
eicht  in  Wasser;  aus  einer  nicht  zu  verdünnten  wässerigen  Lösung 
icheidet  sieh  auf  Zusatz  von  Alkohol  eine  concentrirte  wässerige  Lö- 
mng  der  Verbindung  als  syrupartige  Masse  ab;  erst  beim  Abdampfen 
ler  wässerigen  Lösung  in  der  Wärme  findet  eine  Zersetzung  statt  nn- 
er  Entwicklung  von  Ammoniak  und  Bildung  von  bemsteinsaurem 
Ueioxyd.  Die  trockene  Verbindung  schmilzt  unter  lOO^^G^  ohne  sich 
m  zersetzen  oder  an  Gewicht  zu  verlieren,  zu  einer  klaren  Masse. 

Wird  die  wässerige ,  Lösung  der  Bleiverbindung  mit  hinreichend 
Siohlensäuregas  behandelt,  und  nach  dem  Entweichen  der  überschüssigen 
Sohlensäure  filtrirt,  so  bleibt  beim  Abdampfen  des  Filtrats  ein  Blei-Snccin- 
mid  zurück,  welches  die  empirische  Zusammensetzung  hat  ='2FbO  . 
KC4H5O4N  .  HO)  also  halb  so  viel  Metalk>xyd  enthält  wie  die 
vorige  Verbindung. 

Die  rationelle  Zusammensetzung  dieser  Verbindungen  verdient  nä- 
ler  untersucht  zu  werden,  das  Verhältniss  zwischen'  dem  organischen 
Körper  und  dem  Metalloxyd  =3:4  oder  3  :  2  ist  ein  nicht  gewöhn- 
iches;  doeh  ist  diese  Zusammensetzung  bei  wiederholter  Darstellung 
konstant;  Gerhardt  ist  geneigt,  die  erstere  Verbindung  für  ein  ba- 
iisch-succinaminsaures  Salz  zu  halten,  da  das  Succinimid  in  diesen 
iTerbindungen  Wasser  aufgenommen  hat,  während  es  bei  den  anderen 
Ferbindungen  mit  Metalloxyden  Wasser  abgiebt  (s.  nachstehende  Ver- 
bindung) ;  diese  letzteren  lassen  sich  daher  als  tertiäre  Amide  ansehen, 
n  welchem  das  dritte  Aequivalent  Wasserstoff  des  Ammoniaks  durch 
las  betreffende  Metall  ersetzt  ist 

Succinimid-Quecksilberoxyd,  HgO  .  CgliiOsN  oder 

^    *Ff*  ( ^'  bildet  sich  leicht  beim  Auflösen  von  amorphem  Quecksil- 


990  Bemsteinsäureamide. 

beroxyd  in  wässerigem  Succinimid;  beim  Erkalten  krystallisirt  das  Sali 
in  feinen  seidenartigen  Prismen,  welche  im  Vacnum  getrocknet  die 
angegebene  Zosammensetzang  haben  (I>«s8aignes  0* 

Succinimid-Silberoxyd,  AgO  .  C8H4O8N  oder  ^**^JX, 

nach  Laurent  und  Gerhardt^.  Zur  Darstellung  dieser  YeriMS- 
dang  wird  eine  concentrirte  siedende  Lösung  ron  Saccinimid  in  Al- 
kohol nach  Zusatz  von  wenig  Ammoniak  mit  gelöstem  salpetersamcB 
Silberoxyd  versetzt;  beim  Erkalten  scheidet  sich  die  Verbindimg  ii 
Nadeln  krystallisirt  ab.  Es  lässt  sich  auch  aus  wässerigen  Losuiii« 
darstellen,  wenn  diese  concentrirt  genug  sind;  enthält  das  Succininid 
Bemsteinsänre,  so  scheidet  sich  das  bernsteinsaure  Silber  schon  sa 
der  heissen  Flüssigkeit  ab,  während  das  Succinimid- Silber  erat  beb 
Erkalten  krystallisirt.  Die  Verbindung  scheidet  sich  beim  langsamei 
Erkalten  ihrer  wässerigen  Lösung  in  vierseitigen,  mit  einer  Pyramide 
zugespitzten  Prismen'  ab,  rasch  erhitzt,  zersetzen  sie  sich  nnter  schw»^ 
eher  Explosion.  Das  Salz  löst  sich  in  der  Kälte  nicht  leicht  in  WaswTf 
weniger  leicht  noch  in  Alkohol,  beim  Sieden  ist  es  in  beiden  FlSsRg- 
keiten  leicht  löslich;  in  wässerigem  Ammoniak  löst  es  sieb  in  jedes 
Verhältniss ;  beim  freiwilligen  Verdunsten  der  Lösung  bleibt  eine  8j- 
rupartige  Flüssigkeit  zurück,  welche  nach  längerer  Zeit  gesteht  zu  k^ 
stallisirtem 

Succinimid-Silberoxyd-Amrooniak.  Die  Kryitilk 
sind  rechtwinklige  Prismen  mit  quadratischer  oder  rectangolarer  Bs> 

sb ;  ihre  Zusammensetzung  =  (Ag  0  •  NHa)  C%  H4  Og  N  oder  V^3f  31  [^ 

Die  Krystalle  sind  hart  und  spröde,  sie  lösen  sich  in  Wasser;  niitSalf- 
säure  zusammengebracht,  werden  sie  zersetzt  unter  Bildung  von  Sal- 
miak; mit  Kalilauge  Übergossen,  entwickeln  sie  schon  in  der  Kalte 
Ammoniak. 

Das  Succinimid-Silberoxyd  nimmt  längere  Zeit  mit  Wasser  in  Be- 
rührung die  Elemente  von  2  Aeq.  Wasser  auf;  die  Verbindung  enthab. 
nach  Laurent  und  Gerhardt,  datin  nicht  mehr  Succinimid,  soodecs 

Succinaminsäure,  CgHjOeN  oder         ''     ®    *#*{^«»   welche  i» 

freien  Zustande  nicht  bekannt  ist;  das  Silbersalz  in  der  angegebenes 
Weise  dargestellt,  bleibt  beim  Abdampfen  der  Lösung  in  kleinen  Pris- 
men mit  rhombischer  Basis  krystallisirt  zurück,  deren  Zusammensetzm^ 

ist  =  AgO  .  CsHßNOß  oder  ^^^  '  ^^^^J*  jOj.     Das  Salz  untar- 

scheidet  sich  von  dem  Succinimid -Silber  ausser  durch  die  Zusamvoi- 
Setzung  auch  durch  seine  grössere  Löslichkeit  in  Wasser,  und  dadurch» 
dass  es,  rasch  erhitzt,  sich  ruhig  zersetzt.  Nach  dem  Zersetzen  d«r 
Lösung  mit  Salzsäure  giebt  die  Lösung  beim  Abdampfen  wieder  Suc- 
cinimid. Die  Sucoinaminsänre  ist  daher  noch  nicht  isolirt;  ob  dasSo^ 
cinimid- Bleioxyd  (s.  oben)  vielleicht  ein  succinaminsaures  Salz  esi- 
hält,  dürfte  weiter  untersucht  werden. 

Als  eine  Succinaminsäure        ^  '     ^    ^Hs   ^'^    ^^   »welcher 


eu 


»)  Annal,  de  chim.  et  phys.  [3.]  T.  XXXIV,  p.  143 ;  ^nnal.  d.  Chem.  o.  Pharm. 
Bd.LXXXn,  S.  231.  ~  <)  Compt  rend.  par  Laurent  u,  Gerhardt,  1849,  p.lOtl. 


Bernsteinsäureamide.  991 

Aeqoivalent  H  durch  Phenyl  ersetzt  ist^  lässt  sich  die  SaccinaaUsäure 


SuccinamicL 


Sucoinjlbiamid,  Succinyl-  und  Wasserstoffdiazotür. 
Dieses  Amid  der  Bemsteinsäure,  dem  neatralen  bernsteinsauren  Ammo- 
liamoxydsalz  entsprechend,  ist  (1844)  von  Fehling^)  entdeckt;  seine 

P  H  O  ) 
Formel  =  CsHgO^Na  oder     ®      jg*(  N,;  es  ist  also  ein  primäres  Dia- 

nid  (s.  Bd.  I,  S.  698). 

Es  enthält  die  Elemente  des  neutralen  bernsteinsauren  Ammo- 
domoxyds  (2NH4O  .  C8H4O6)  ininus  4 HO,  lässt  sich  aber  nicht 
kos  diesem  Salz  darstellen,  sondern  wird  nur  durch  Zersetzung  von 
iernsteinäther  erhalten,  wenn  man  diesen  mit  seinem  doppelten  Yo- 
amen  starkem  wässerigen  oder  besser  alkoholischem  Ammoniak  mischt, 
tnd  unter  öfterem  Schütteln  einige  Tage  damit  in  Berührung  lässt 
>a8  Succinamid  setzt  sich  als  weisses  Erystallmehl  ab ,  das,  naqh  dem 
Lbwaschen  mit  etwas  Alkohol  aus  heissem  Wasser  umkrystallisirt 
rird. 

Das  Succinamid  krjstallisirt  in  farblosen  Nadeln,  welche  sich  bei 
50  c.  iif  120  Thln.,  bei  100»  C.  aber  schon  in  8,9  Thln.  Wasser  lö- 
en;  sie  lösen  sich  kaum  in  reinem,  etwas  leichter  in  wasserhaltendem 
dkohol;  in  Aether  sind  sie  unlöslich. 

Wird  das  Succinamid  rasch  auf  300^0.  erhitzt,  so  färbt  es  sich 
shwacR  braun  und  schmOzt  grösstentheils  unverändert;  wird  es  lang- 
sam bis  gegen  200<>  C.  erhitzt,  und  längere  Zeit  bei  dieser  Temperatur 
rhalten,  so  zerlegt  es  sich  vollständig,  unter  Entwickelung  von  Am- 
loniak  entsteht  Succinimid,  welches  beim  stärkeren  Erhitzen  sublimirt: 

C3114O4   .  ^4^2  "-^  i^s^i^A  •   "^  "f^  rl^ttg. 

Succinamid  Succinimid 

Ans  einer  kochenden  wässerigen  Lösung  von  Succinamid  schei* 
et  sich^Auf  Zusatz  von  Platinchlorid  beim  Eindampfen  in  gelinder 
Türme  die  Hälfte  des  Stickstoffs  als  Ammonium -Platinchlorid  ab, 
'ährend  die  Lösung  dann  Succinimid  enthält.  Man  kann  hier  an- 
shmen,  dass  das  Succinamid  in  der  heissen  Lösung  vielleicht  unt«r 
inwirkung  des  Platinchlorids  sich  durch  Aufnahme  der  Elemente  des 
rassers  zuerst  in  succinaminsaures  Ammoniumoxyd  umwandelt: 

CgHsOiNa  -f-  2H0  =  NH4O  .  CgHeNOs 

Succinamid  Succinaminsaures 

Ammoniumozyd. 

Durch  kochende  Alkalien  und  starke  Säuren  wird  das  Succinamid 
zuständig  zerlegt  in  Ammoniak  und  Bernsteinsäure;  mit  Salpetersäure 
ad  Stickoxydgas  behandelt,  giebt  es  Stickstoff  und  Bemsteinsäure.   . 

Der  neben  dem  Succinyl  vorhandene  Wasserstoff  des  Succinamid^ 
8Bt  sich  auch  durch  andere  Badicale  ersetzen;  so  ist  das  Succinanilid 


^)   AnnaL  d.  Cbem.  u.  Phann.  Bd.  XLIX,  S.  196. 


992  Bemsteinsalz.  —  Bernsteinsaure  Salze. 

2.C13H5?  N2  (Bd.  I,  S.  1092)  ein  hierher  gehörendes  secnndires,  nod 

C8H4O4) 
das  Snccinylbisnlfophenylbenzafnid  =        2.C14H5O3?  N^    (s.  S.  883) 

2.C]2fT5   S9O4 

ein  tertiärem  Biämid. 

Hierher  gehört  endlich  anch  das 

Trisuccinamid. 

Sacclnyldiazotür.  Ein  tertiäres  Biamid,  (1854)  von  Gerhardt 
und  Chiozza  >)  entdeckt,  seine  Zusammensetzung  =  C24HisOi2N{; 
die  6  Aeq.  Wasserstoff  von  2  Aeq.  Ammoniak  sind  durch  3  Aeq.  Sx- 
cinyl  ersetzt;  seine  Formel  daher  =  (CgH4  04)8N2.  Es  wird  d«^•^ 
stellt,  indem  man  Snccinimid- Silber  mit  in  dem  doppelten  Volaisa 
Aether  gelöstem  Chlorsnccinyl  zusammenbringt.  £&  bildet  sich  CUo^ 
Silber  und  Trisuccinamid: 

2(AgO  .  C8H4NO3)  +  C8H4O4  .  CI2  =  C24HiOi2N2   +  2AgÖ 
Succinimid- Silber  Chlorauccinyl         Trisuccinamid 

Beim  Verdampfen  der  ätherischen  Lösung  krystallisirt  dw  Tn- 
snccinamid  in  kleinen  glänzenden  Prismen ;  es  schmilzt  bei  83*C.  obe 
sich  zti  zersetzen;  es  ist  schwer  in  Aether,  aber  leicht  in  Alkohol  föt- 
lich, von  wässerigem  Weingeist  wird  es  zersetzt  in  BemsteimtoR 
und  Succinimid: 

C^4Hi80i3?^+  4H0  =  2C8JH5O4N   -f  (^BfiOg 

Trisuccinamid  Succinimid      Bernsteinsänre.  ^ 

Fl 

Bernsteinsalz  a.  Bernsteinsäure. 

Bernsteinsaure  Salze.  Die Bemsteinsaore  ward frnktf. 
nach  Berzelius,  allgemein  als  eine  einbasische  Sanre  betrachtet,  vs^ 
ihre  Salze  daher  mit  der  Formel  RO  .  C4  H^  O3  bezeichnet.  F«hlifl| 
Bchloss  aus  dem  Verhalten  des  Bersteinäthers  gegen  Bleioxyd  und  ^ 
Zersetzungsproduct  des  Aethers  durch  Kalium,  aus  der  ZasammenMtz0f 
von  bernsteinschwefelsaurem  Beioxyd,  sowie  aus  der  des  basiseb-bere* 
steinsauren  Bleisalzes,  dass  die  wasserfreie  Säure  in  den  Verbindung«» 
Cg  Hs  O5,  daher  die  Bernsteinsänre  eine  dreibasische  Säure  3  HO .  Cgfis^ 
sei ;  freilich  sind  bis  jetzt  nur  zwei-  und  einbasische  Salze  der  Saare  n^ 
Sicherheit  bekannt.  Auch  Cahonrs  hält  die  Säure  nach  der  Ein  wirb»? 
von  Chlor  auf  bemsteinsaures  Aethyloxyd  (s.  S.  995)  für  dreihssiäd 
Gerhardt  betrachtet  die  Sänre  als  zweibasisch  und  diese  Ansicht  )5< 
jetzt  allgemein  angenommen.  Wir  bezeichnen  deshalb  die  Saure  aaeb  hier 
=  2  H  O .  Cg  H4  O«.  Darnach  sind  die  bemsteinsauren  Salze  theils  d«»- 
trale  2  RO .  Cg  »4  Og ;  theils  saure  RO .  HO  .  Cg  H4  Og.  Ausserdem  bil- 
det die  Säure  auch  noch  basische  Salze.  Die  bemsteinsauren  Salze  sitfi 


»)  Compt.  rend.  de  Vacad.  T.  XXXTIII,  p.  460;  Anna!,  d.  Chem.  a,  Ph»^ 
Bd.  XC,  S.  108;  Pharm.  Centralbl.  1854,  S.  305;  Aiinal.  de  chim.  et  php.  pJ 
T.  XI-VI,  p.  129. 


Bemsteinsaure  Salze.  993 

vonDoepping  >)  und  Fehling  >)  untereacht  Sie  enthalten  häaflg  Kry* 
Stallwasser,  welches  sie  meistens  bei  100<^C.  abgeben;  doch  halten  anch 
manche  neutrale  Salze  zuweilen  einen  Theil  des  Krystallwassers  selbst 
bei  200<^  C.  noch  zurück.  In  den  Formeln  soll  das  letztere  mit  HO, 
daa  bei  lOO^C.  entweichende  Krystallwasser  mit  Aq.  angegeben  wer- 
den. Durch  Aufnahme  von  verschiedenen  Quantitäten  Wasser  entste- 
hen Salze,  oft  unter  wenigstens  anscheinend  gleichen  umständen,  die  in 
ihren  Eigenschaften  sich  sehr  verschieden  zeigen. 

Die  Bernsteinsäure  ist  eine  der  stärkeren  organischen  Säuren;  sie 
verbindet  sich  direct  mit  den  Basen,  zersetzt  aber  auch  mit  Leichtig- 
keit die  kohlensauren  and  essigsauren  Salze.  Die  unlöslichen  bernstein- 
sauren Salze  können  leicht  durch  Doppelzersetzung  dargestellt  werden. 
IDie  bernsteinsauren  Alkalien  sind  leicht  in  Wasser  loslich ,  sie  fäUen 
in  nicht  zu  verdünnten  Lf^sungen  die  Salze  der  erdigen  Alkalien,  wie 
auch  die  Salze  von  Ceroxydul,  Beryllerde,  Thonerde,  Thorerde  und 
Zirkonerde,  die  Blei-  und  Silberoxydsalze,  die  Zinnoxydul-  und  Zinn- 
oxydsalze, wie  das  Chromchlorür,  das  salpetersaure  Quecksilberoxydul 
and  das  essigsaure  Quecksilberoxyd,  aber  nicht  das  salpetersaure  Oxyd- 
salz und  das  Quecksilberchlorid.  Aus  neutralen  Eisenoxydsalzen  wird 
das  Oxyd  durch  die  bernsteinsauren  Alkalien  vollständig  als  rothbrau- 
nes  basisches  Salz  gefällt.  Die  freie  Bemsteinsaure  fällt  auch  die  essig- 
sauren aber  nicht  die  salpetersauren  Salze. 

Weder  die  freie  Säure  noch  die  bernsteinsauren  Alkalien  fällen* 
die  Kupferoxyd-,  Kadmium-  und  Wismuthoxydsalze,  oder  die  Oxydul- 
salze von  Eisen,  Kobalt,  Nickel  und  Mangan. 

Es  ist  zweifelhaft,  ob  bestimmte  Verbindungen  der  Bernsteinsäure 
mit  Antimonoxyd,  mit  Chromoxyd,  mit  Quecksilberoxydul  und  Oxyd 
eadsUren.  Frisch  gefälltes  Antimonoxyd  löst  sich  kaum  merklich  in 
Bemsteinsaure  und  bemsteinsauren Alkalien;  dasselbe  gilt  vom  Chrom- 
oxydhydrat; nach  Moser  und  Berlin  existirt  freilich  eine  Verbin- 
dung des  Chromoxyds  mit  der  Säure. 

Die  bernsteinsauren  Salze  ertragen  oft  eine  hohe  Temperatur  ohne 
Zersetzung;  bei  hinreichend  starkem  Erhitzen  werden  sie  alle  zersetzt, 
die  der  Metalloxyde  unter  Entwickelung  von  stechenden,  stark  zum 
Husten  reitzenden  Dämpfen.  Mit  saurem  schwefelsauren  oder  saurem 
phosphorsauren  Salz  erhitzt,  werden  sie  zersetzt,  wobei  sich  Bernstein- 
fläureanhydrid  sublimirt. 

Bernsteinsaures  Aethyloxyd:  2  C4II5  0  .C8H4  Oq.  Es  bildet 
sich,  wenn  man  auf  geschmolzene  Bernsteinsäure  tropfenweise  absoluten 
Alkohol  .fliessen  lässt  (Caultier  de  Claubry),  sowie  beim  längeren 
Erhitzen  von  lOThln.  Bernsteinsäure  mit  20Thln.  Alkohol  und  5Thln. 
concentrirter  Salzsäure  oder  Schwefelsäure,  wenn  man  hierbei  den 
Apparat  so  einrichtet,  dass  die  fortgehenden  Dämpfe  condensirt  werden 
und  zurückfliessen;  auf  Zusatz  von  Wasser  scheidet'sich  dann  der  un- 
reine Aether  als  ein  gelbes  Oel  ab,  welches  mit  BleioXyd  geschüttelt 
und  damit  destillirt  werden  soll  (d'Arcet).  Leichter  wird  der  Berh- 
steinäther  so  dargestellt,  dass  mau  die  lieisse  Lösung  von  .Bernstein- 
saure  in  95  procentigem  Alkohol  mit  trockenem  Chlorwasserstoffgas 
sättigt,   dann  etwas  digerirt  und  die  Flüssigkeit  in  einer  Schale  eine 

»)  Annal.  d.  Chcm.  u.  Pharm.   Bd.  XLVTI,  S.  258.  —  •)  a.  a.  0.   Bd.  XLIX, 
S.   154. 

Hand^teterbiicb  der  Chemie,    ite  Aufl.  Bd.  IF.  63 


994  Bemsteinsaure  Salze. 

kurze  Zeit  schwach  erwärmt  znvn  Entweichen  der  überschüwigeo  Sak- 
Päure;  auf  Zasatz  von  Wasser  scheidet  sich  jetzt  der  anreine  Aether  ib, 
er  wird  mit  einer  verdünnten  Lösung  von  kohlensaurem  Natron  bis  zur 
neutralen  Reaction  versetzt,  nach  dem  Absetzen  einige  Male  mit  Was- 
ser gewaschen ,  über  Chlorcalcium  getrocknet  und  für  sich  desdllin 
wobei  das  bei  nahe  214^  bis  218^C.  Uebergehende  für  sich  aofgelaa- 
gen  wird;  es  ist  reines  bernsteinsaures  Aethyloxyd  (Fehling). 

Der  Bemsteinäther  ist  eine  farblose,  ölartige,  leichtbewegliehe  Fla»- 
sigkeit  von  aromatischem  Geruch  und  scharfem  brennenden  Geschmack: 
er  hat  ein  specif. Gewicht  von  1,036  (d'Arcet),  1,0718  bei  0»;  1,047 
bei  25<>C.  (Kopp);  sein  Volumen  F,  das  bei  0®=  1  gesetzt,  bereclnei 
sich  zwischen  l?^'  und  174^  nach  der  Interpolationsforroel : 
F  =  1  +  0,0010088t  -f-  0,00000033282«»  +  0,0000000051 701  ('; 
Der  Aether  siedet  bei  217«  bei  748"»  (Kopp);  das  specif.  Gewicht  d» 
Dampfes  ist  =  6,22  (Condensation  auf  4  Volume).  Der  Aether  lört 
sich  wenig  in  Wasser,  leicht  in  Alkohol  und  Aether.  Der  Bemsteiii- 
äther  wird  durch  verschiedene  Körper  leicht  zersetzt.   ' 

Ammoniak  zersetzt  den  Aether  für  sich  sowie  \n  weingeistiger 
Lösung  beim  längeren  Stehen  unter  Bildung  von  Alkohol  und  Saccifi- 
amid  (s.  d.  A.)* 

Von  reineni  trockenen  Bleioxyd  lösen  sich  8  bis  10  Thle-fe 
100  Thin.  bernsteinsaurem  Aethyloxyd  auf;  beim  Erhitzen  bis  zum  as- 
fangenden  Sieden  trübt  sich  aber  die  zuerst  klare  Flüssigkeit  and  » 
scheidet  sich  ein  weisses  Salz  ab,  wahrscheinlich  2PbO.Csfi3(^ 
(s.  unten).  Der  mit  Bleioxyd  behandelte  Aether  fangt  dann  schon  bei 
ungefähr  100^  C.  an  zu  sieden,  es  geht  zuerst,  neben  etwas  Bernsteinätkff' 
Alkohol  und  Wasser  über;  der  Siedepunkt  steigt  fortwährend,  bis  b« 
214^  C.  wieder  reiner  Bernsteinäther  übergeht.  Danach  scheidet  sich 
aus  dem  trockenen  bernstein sauren  Aethyloxyd,  2  C4{{5O.CgH40f. 
noch  Wasser  ab,  und  bildet  sich  unzweifelhskft  auch  Alkohol;  nimnii 
man  das  Wasser  als  in  dem  Aether  schon  fertig  gebildet  enthalten  as^ 
so  ist  derselbe  also  (2C4H50.HO).C8H8  05  (Fehling). 

Wenn  Kalium  mit  getrocknetem  Bemsteinäther  zusamnengt- 
bracht  wird,  so  erfolgt  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  eine  leb- 
hafte Einwirkung,  die  Masse  erwärmt  sich,  es  entwickelt  sich  ein  breos* 
bares  Gas,  wahrscheinlich  Wasserstoff,  die  Masse  färbt  sich  und  wird 
dicker  (indem  sich,  wie  es  scheint,  auch  Aethyloxyd-Kali  bildet).  » 
dass  man  durch  Umrühren  und  zuletzt  durch  gelindes  ErwinoeB 
die  Reaction  unterstützen  muss.  Nach  Beendigung  der  Reaction  er- 
wärmt man  die  Masse  gelinde  und  nur  kurze  Zeit  mit  Wasser,  nn^ 
trennt  nach  dem  Erkalten  durch  Filtriren  das  gelöste  bemsteinssnre 
Kali  mit  überschüssigem  Kali  von  einer  krystallinischen  Masse,  «Ü« 
durch  mehrmaliges  Umkrystallisiren  aus  kockendem  Alkohol  gerei- 
nigt wird.  —  Diese  Substanz  ist  gelblich  krystallinisch  von  Atlasglan«, 
sie  ist  unlöslich  in  Wasser,  löst  sich  wenig  in  kaltem,  leicht  in  kochen- 
dem Alkokol,  in  Aether  in  jeder  Menge,  sie  schmilzt  bei  133^  C^  sabli- 
mirt  bei  2060  C.  ohne  Zersetzung.  Ihrer  Zusammensetzung  und  ihre« 
Verhalten  nach  kann  dieser  noch  nicht  hinlänglich  bekannte  Korper »l^ 
einbasisch-bernsteinsaures  Aethyloxyd  angesehen  werden  =  C4  fls  0  ■ 
^8  H3  Oö ;  er  wird  durch  Alkalien  zersetzt,  wobei  sich  Alkohol  und  eine 
stark  gelb  gefärbte  Lösung  von  bemsteinsanrem  Kali  bilden. 


Bemsteinsaure  Salze.     ,  995 

Natrium  wirkt  anf  Bemsteinäther  wie  Ealiam,  doch  ist  die  Re- 
c^ctioD  nicht  so  lebhaft. 

Wird  durch  Bemsteisäther  Chlorgas  geleitet  und  das  Product 
zuletzt  in  einer  mit  Chlor  -  gefüllten  Flasche  der  Einwirkung  des 
Sonn'enlichtes  ausgesetzt,  so  bildet  sich  eine  weisse  krjstallinische 
Masse,  gechlorter  Bernsteinäther,  dessen  empirische  Formel  = 
CkjHGIisOs  ist;  was  =  5^  C4€l5  O  .HO  .CgÖ,  Oj,  d.  h.  2  Aeq.  ge- 
c^hlorter  Aether,  yerbunden  mit  gechlorter  Bemsteinsaure,  in  weicher 
nur  1  Aeq.  Wasserstoff  nicht  durch  Chlor  ersetzt,  also  noch  als  Wasser  « 
darin  enthalten  ist,  wonach  die  Bemsteins&ure  BHCCgHsOs,  d.  h. 
dreibasisch  sein  würde  (Cahours  ^). 

Laurent  ^)  und  nach  ihm  Gerhardt  ^)  nehmen  an,  dass  der 
reine  Chlorbemsteinäther  keinen  Wasserstoff  enthalte ,  und  daher 
Ci6  ^li4  Og  =  2  C4  €l6  O .  Ca  €14  0«  sei,  d.  i.  Perchloräther  mit  Tetra- 
chlorobemsteinsäure,  eine  Annahme,  der  freilich  der  experimentelle  Be- 
«v^eia  fehlt.  Der  gechlorte  Bemsteinäther  bildet  kleine  weisse  Nadeln; 
«welche  zwischen  11 5 <>  und  120<>C.  schmelzen;  er  löst  sich  in  Aether,  in 
Wasser  ist  er  unlöslich,  durch  Weingeist  wie  durch  Destillation  für  sich 
wird  er  zersetzt;  seine  Zersetzungsproducte  sind  von  Malagnti  ^) 
ontersucht. 

1)  Beim  Erhitzen  von  Chlorbemsteinäther  auf  290o  C.  zerfällt 
&r^  es  destiUirt  ein  schweres  rauchendes  Oel  über,  welches  Chloraldehyd 
(Trichloracetoxylchlorid,  s.  Bd.  I,  S.  99)  und  vielleicht  Chlorsuccid  ent- 
halt, während  zugleich  Kohlensäuregas  entweicht.  Das  Oel  zerfallt, 
längere  Zeit  in  Berührung  mit  Wasser,  unter  Abscheidung  von  festem 
Chlorkohlenstoff  in  Salzsäure,  Chloressigsäure  und  Chlorbemsteinsäure« 

2)  Mit  Alkohol  in  der  Wärme  zusammengebracht,  wird  der  ge- 
chlorte Bemsteinäther  gelöst  und  zersetzt;  auf  Zusatz  von  Wasser 
scheidet  sich  ein  Oel  ab,  während  Salzsäure  in  Lösung  bleibt,  welches 
kohlensaures  und  trichloressigsaures  Aethyloxyd,  höchst  wahrscheinlich 
aocb  chlorsuccinsauren  Aether  (s.  unten)  enthält. 

Wird  der  gechlorte  Bernsteinäther,  oder  das  durch  Weingeist  dar- 
aus erhaltene  ölige  Gremenge,  mit  gelöstem  überschüssigen  Kai ihydrat 
gekocht,  so  findet  eine  heftige  Einwirkung  statt,  neben  Chlorkalium, 
kohlensaurem  und  .ameLsensaurein  Kali  bildet  sich  das  Salz  einer  ge- 
chlorten Säure,  welche  von  Malaguti  Chlorsuccinsäure  genannt  ist; 
ihre  Znsammensetzung  ist,  nach  ihm,  HO  .  Ceft^lsO^;  Gerhardt 
nimmt  die  Formel  =  HCCeGlsOg  an,  und  hält  sie  daher  für  eine 
Trichloracrylsäure ;  er  hatte  sie  früher  für  eine  Trichlorpropion- 
8änre,HO.C6H8€l808  gehalten.  Der  Name  „Chlorberasteinsäure^^  oder 
«„Chlorsuccinsäure^^  ist  für  diese  Säure  unpassend,  weil  sie  nicht  mehr  das 
Radical  der  Bernsteinsäure  enthält;  bei  der  unvollständigen  Kenntniss 
der  Säure  erscheint  es  dennoch  geeignet,  einstweilen  den  letzteren  Namen 
beizubehalten.  Die  Chlorsuccinsäure  wird  am  besten  so  dargestellt,  dass 
man  das  aus  dem  gechlorten  Bemsteinäther  durch  Behandlung  mit 
Weingeist  und  Wasser  entstandene  Oel  (s.  oben)  in  Weingeist  löst, 
etwas  ^lihydrat  zusetzt,   worauf  bald  eine    starke  Erhitzung    ein- 


^)  Compt.  rend.  de  iWad.«  T.  XVIT,  p.  206;  Annal.  d.  Gbeni.  u.'  Pharm., 
Bd.  XI.VTI,  R.  29;  Annal.  de  ohim.  et  de  phyt.  [8.]  T.  IX,  p.  208.  —  *)  Compt. 
rend.  de  l'acad.  T.  XXXV,  p.  881.  —  Journ.  f.  prak.  Chem.  Bd.  LVm,  S.  19. 
—  •)  Trait^  de  chim.  org.  T.  JII,  p»  466.  —  *)  Annal.  de  chim.  et  de  phjrg.  [8.] 
T.  XVI,  p.  66;  Annal.  d.  GlMm.  u«  Pharm.  Bd.  LVI,  8.  291. 

63* 


996  Bernsteinsaure  Salze. 

tritt,  die  nöthigenfaUB  durch  ZoBati  von  wenig  Wasser  gomäangt  wiri 
Nach  beendigter  Reactisn  löst  sich  das  ganze  Product  in  Wasser;  td 
Zu8at2  von  tiberschüssiger  Salxsäore  scheidet  sich  ein  Oel  ab,  welch» 
wiederholt  in  Wasser  gelöst  und  durch  Abdampfen  wieder  abge8du^ 
den  wird,  so  lange  das  Wasser  noch  auf  Zusatz  von  Sübersals  sich  triüit 
Das  reine  Oel  krystallisirt  dann  im  Yacunm  über  Schwefelsäure;  dvck 
Auspressen  der  Krystalle  zwischen  Papier  und  UmkiystallinreD  sst 
Alkohol  wird  die  Chlorsuccinsänre  rein  erhalten.  Die  KrystaUe  mak 
weiss,  sehr  sauer,  und  machen  auf  der  Zunge  einen  weissen  Fleck;  dk 
Säure  löst  sich  in  Alkohol  und  Aether,  sie  schmust  bei  60®  C^  und 
bildet  nach  dem  Erkalten  eine  farblose  sferahlig-krystallinische  HasBe; 
bei  75®  C.  stösst  sie  Dämpfe  ans,  die  sich  an  kalten  Körpern  zu  seides- 
artigen lockeren  Prismen  verdichten.  Das  chlorsnccinsaiireAmmoaiHr 
.ozyd  ist  ein  asbestartiges,  krystallinisches,  nicht  serfliesslichesSalz;  « 
wird  selbst  in  concentrirter  Lösung  nicht  yon  den  MetalllÖsuBgen  ge- 
eilt Das  chlorsuccinsänre  Süberozyd,  Ag  O .  C«  H  Gig  O«  --f~  ^  ^  *^^ 
det  sich  als  krystallinisches  Magma  ab,  wenn  eine  concentrirte  Ldsnnf 
der  Säure  mit  salpetersaurem  Silberaxjd  versetzt  wird. 

3)  Trockenes  Ammoniakgas  zersetzt  den  gechlorten Bemstdn- 
äther  unter  starker  Erhitzung ;  die  etwas  bräunlich  geförbte  Masse  lian 
beim  Behandeln  mit  reinem  Aether  Chlorammonium  und  etwas  Psnr 
cyan  zurück,  während  sich  Chlorocarbeth«nid  (Cio  Gl?  fi«  fi$  Qs)  ns^ 
chlorazosuccinsaures  Ammoniumoxyd  lösen;  aus  dem  beim  Ab- 
dampfen der  ätherischen  Lösung  bleibenden  Bückstand  löst  kaltes  WasMr 
das  letztere  Ammoniaksalz  auf,  während  das  Chlorocarbetkamid  krystoffi- 
nisch  zurückbleibt  und  durch  Umkrystallisiren  aus  kochendem  WsaMr 
^gereinigt  werden  kann.  Durch  Auflösen  des  chlorazosuccinssnreD 
Ammoniaks  und  Fällen  mit  Salzsäure  wird  die  Chlor  azosoecinsäiirf 
gereinigt;  nach  nochmaligem  Lösen  \n  Ammoniak  und  Fallen  mitSab' 
säure ,  wird  sie  aus  Alkohol  krystallisirt. '  Ihre  Formel  ist  nach  Ms- 
laguti,  CeKGlsNOg;  Laurent  hält  diesen  Körper  för  Chlorossoeia- 
imid,  das  ist  Succinimid,  Cg  H«  O« .  HN,  in  welchem  4B  des  Radieal^ 
durch  4€l  ersetzt  sind,  er  giebt  ihm  daher  die  Formel  Cg 61404.8^ 
(s.  unten). 

Die  Chlorazosuccinsäure  krystallisirt  in  vierseitigen  S&nkn  tob 
sehr  bitterem  Geschmack,  sie  ist  fast  unlöslich  in  Wasser,  löst  sich  sb« 
leicht  in  Alkohol  oder  Aether,  sie  schmilzt  im  Wasser  bei  83^ bis  85*0; 
trocken  jedoch  erst  bei  200®  C.9  für  sich  sublimirt  sie  aber  schon  bei 
1250  C.  und  fängt  bei  löO^  C.  an  durch  Zersetzung  gdib  zu  werden. 
Die  Chlorazosuccinsäure  zersetzt  die  kohlensauren  Salze;  die  cone«* 
trirte  Lösung  des  Ampooniaksalzes  fiUlt  die  Kalbuilze,  die  Silberssl» 
und  Quecksilberoxydsalze  weiss,  die  Kupfero^dsalze  lillafarbig,  s^ 
föllt  aber  nicht  die  Baryt-,  Magnesia-,  Zinkoxyd-  und  Manganoxydol- 
salze.    Das  Silbersalz  ist  anfiangs  amorph,  wird  aber  bald  kxystalMniscii* 

Das  im  Vacuam  getrocknete  chlorazosuccinsäure  Ammoniumoxydiit 
eine  halb  krystallinische,  halb  weiche  Masse ;  beim  Erwärmen  auf  100*  C* 
zerlegt  das  Salz  sich  unter  lebhaftem  Anfbraosea,  durch  entweichend« 
Kohlensäure  veranlasst;  der  Rückstand  hinterlässt  beim  Behandeb 
mit  Aether  Chlorammonium,  und  aus  der  ätherisöhen  Lösung  erhilt 
man  das  Amid  einer  neuen  Säure,  das  Chlorosnccilamid  = 
C4€lsONS3,  von  Gerhardt  ftir  das  Amid  der  Chlorsuccinsäure  (Tii- 
^hloracrylsäure)  gehalten,  wonach  seine  Formel  Cs^tsOffisN  wire 


BernsteiDsaure  Salze.  997 

Ca«  unten),  es  kiystollidirt  in  weiflsen,  seideglänsendiBn  Nadeln,  sohmilzt 
b«i  86<^  bi«  87<)  C»,  defllilMrt  bei  höherer  Temperatur,  wie  e9  scheint, 
unzersetzt  fiber,  löst  sich  schwer  in  Wasser,  leicht  in  Weingeist  und 
Aether.  Durch  längeres  Erhitzen  des  Amids  mit  Kali  wird  Ammoniak 
entwickelt  und  man  erhalt  das  Kalisalz  der  Chlorosuccilsäure, 
^welche  04619  HOg  sein  muss.  —  Das  neutrale  Kalisalz  dieser  Säure 
lallt  in  concentnrter  Lösung  die  Kupfer-,  Silber*  und  Bleisalze  und 
daa  Quecksilberchlorid;  die  Niederschläge  sind  in  viel  Wasser  löslich. 

4)  Bei  der  Einwirkung  von  flüssigem  Ammoniak  auf  frisch 
bereiteten  Ghlorbernsteinäther  findet  eine  sehr  lebhafte  Beaction  statt, 
es  bilden  sich  die  gleichen  Producta,  wie  bei  der  Einwirkung  von 
trockenem  Ammoniakgas. 

Zur  Erklärung  der  verschiedenen  Umsetzungen  des  gechlorten  Bern- 
steinäthers betrachtet  Malaguti  ihn  als  eine  Verbindung  von  Chlor- 
kohlensäureäther (2  C4  GI5  O .  C9  O4)  mit  einem  hypothetischen  Kör- 
per Ce^lgHO),  welchen  er  Chlorosuccid  nennt: 

CqeGlijHOg  =  Cio €lio O«  -f-    Cß Gls HO2 

Gechlorter  Bernsteinäther        Chlorkohlensäureäther         Chlorosuccid. 

Er  nimmt  nun  an,  dass  durch  Aufnahme  der  Elemente  des  Wassers 
sich  der  kohlensaure  Aether  in  Ameisensäure,  Kohlensäure  und  Salz- 
aliure  zersetze,  während  andererseits  das  Chlorsnccid  dadurch  in  Chlor- 
aaocinsäure  (HO  .Ce  Gig  HO^)  übergeht, 

Bei  Einwirkung  von  Ammoniak  bildet  sich  aus  dem  Chlorkohlen- 
aanreäther,  unter  Abgabe  von  Sauerstoff,  Chlorcarbethamid  und  Chlor- 
ammonium, während  dadurch  das  Chlorosuccid  unter  gleichzeitiger 
Aufnahme  des  Sauerstoffs  in  Ohlorazosuccinsäure  und  Wasser  umgeän- 
dert werde.  ^ 

Beim  Erhitzten  bildet  sich  dann  aus  dem  Chlorkohlensäureäther 
Kohlensäure,  Chloraldehyd  und  Chlorkohlenstoff,  während  Chlorosuc- 
cid frei  wird,  es  ist  daher  ursprünglich  wohl  in  dem  öligen  Destillat 
(8.  S.  995)  enthalten,  wird  aber  durch  die  Einwirkung  des  Wassers  so- 
gleich in  Chlorsnccinsänre  übergeführt  (Malaguti). 

Laurent  und  Gerhardt  betrachten  den  gechlorten  Bemstein- 
äiber  als  2  C4Gl$  O .  Cg  GI4  O«.  Nach  ihnen  bildet  sich  dann  bei  Zer- 
setzung mit  Kalihydrat  Trichloracetylsäure,  Kohlensäure  und  Trichlor- 
acrylsäure  (Chlorsuccinsäure)  neben  Salzsäure: 

C,6Gli408  +  8HO=2(}lO.C4Gl808)4-C304+«O.C6Gl308-f5HGl. 

Chlorbem-  Trichloressig-  Chlorsuccin- 

steinäther  säure  säure 

Alkohol  wirkt  dann  ähnlich,  nur  bilden  sich  nicht  freie  Säuren, 
sondern  die  Aethylverbindungen  von  Trichloracetylsäure,  Kohlensäure 
and  Chlorsuccinsäure.  Ammoniak  bildet  nach  Laurent  mit  dem  ge- 
chlorten Bernsteinäther  neben  Chlorammonium  Trichloracetoxylamid 
and  Chlorbisuccinamid : 

CieGluOs  +  7NHg===2.(C4Gl802.H2N)+C^Gl404jl^ 

Cblorbern-  Trichloracetamid       Chlorbisuccin- 

steinäther  amid. 

Gerhardt  betrachtet  das  Chlorosuccid  =  CeGlgO^Gl,  als  das 
Chlorid  des  in  der  Chlorsuccinsäure  enthaltene  Badicals  C«  Gig  O3,  der 


998  Bernsteinsaure  Salze. 

empirischen  ZnsamroensetziiDg  nach  ein  Trichloracryl;  ob  ^e  CUo^ 
snccinsäure  von  Malagnti  eine  Trichloraorylsäare  ist,  ww  Ger* 
hardt  vennuthet,  verdient  weiter  nntersncht  va  werden. 

Die  Zersetzungsproduote  des  gechlorten  Bemsteinathers  sind  mdtt 
genügend  untersucht,  uro  auch  nur  die  empirische  Formel  festzustelkB; 
es  müssen  also  weitere  Versuche  voraufigehen ,  um  die  wahre  Zunm- 
mensetzung  auch  nur  mit  einiger  Sicherheit  angeben  sn  können.  Die 
Säure  des  gechlorten  Bemsteinäthem  scheint  nicht  mehr  daft  Rtdial 
der  Bemsteinsäure,  Succinyl  C8H4O4,  zu  enthalten. 

Bernsteinsaures  Ammoniumoxyd,  1)  neutrales:  2Nfi40. 
Cg  H4  Oe*  Durch  Abdampfen  einer  L5snng  von  Bemsteinsänre  in 
starkem,  überschüssigem  Ammoniak  und  Verdunsten  unter  einer  Glocke 
über  gebranntem  Kalk  erhält  man  das  neutrale  Salz  in  durchsichtigen, 
sechsseitigen  Prismen.  Es  krystallisirt  auch  beim  Abdampfen  des  FQ- 
trats  von  basisch-bern8teinsauren\  Bleioxyd,  wenn  dieses  aus  Bleieeeig 
und  bernsteinsaurem  Ammoniak  dargestellt  ist  (s.  bernsteinsaoref 
Bleioxyd  basisches  S.  999).  Das  neutrale  bemsteinsanre  Ammo- 
niak ist  leicht  in  Wasser  und  Weingeist  löslich,  verliert  an  der  Loft 
fortwährend  Ammoniak,  wodurch  die  Lösung  dann  sauer  reagirt  Bob 
Erhitzen  des  trockenen  Salzes  entweicht  zuerst  Ammoniak,  bei  starkem 
Hitze  bildet  sich  neben  Wasser  Bisuccinamid  oder  Sncciniroid  (a.  i 
Art).  Das  neutrale  Ammoniaksalz  dient  in  Lösung  ^wohnlich  0 
Scheidung  der  Eisenoxydsalze  von  Eisenoxydul-  oder  Manganoxydil- 
salz  (s.  S.  988).  Ein  unreines  bernsteinsanres  Ammoniumoxj^ 
ist  im  gelösten  Zustande  als  Liquor  ammonii  suceinatus  oder  Uq«^ 
comu  eervi  aucdnatua  in  der  Medicin  gebräuchlich.  Ks  wird  dnrdi 
Neutralisiren  der  unreinen,  Brensöl  enthaltenden  Bernsteinsinre,  mit 
brenzlichem  kohlensauren  Ammoniak  dargestellt,  oder  aus  reiner  Ben- 
steinsäure  und  Ammoniaksalz  mit  Zusatz  von  Bemsteinöl,  und  moi^ 
nach  der  von .  der  betreffenden  Pharmacopoe  gegebenen  Vorschrift  be- 
reitet werden. 

Bernsteinsaures  Ammoniumoxyd,  2)  saures:  NH4O.80' 
Ca  K4  Oe.  Man  sättigt  1  Thl.  Säure  vollständig  mit  Ammoniak.  s<tit 
der  Flüssigkeit  noch  1  Thl.  Säure  hinzu  und  dampft  bei  gelinde 
Wärme  ab;  das  Salz  krystallisirt  leicht  in  gut  ausgebildeten^  sechi^o* 
tigen  Prismen  des  ein-  und  eingliedrigen  Systems,  es  löst  sich  lei^ 
in  Wasser  und  Weingeist,  ist  an  der  Lufi  selbst  bei  lOO^'  C.  unTefis- 
derlich«  über  lOO^^C.  vrird  es  zersetzt,  indem  sich  hauptsächlich  wiedff 
Succinimid  bildet. 

Bernsteinsaurer  Baryt,  neutraler:  2BaO.C9H4  0e.  Bere- 
steinsaures  Natron  in  concentrirter  Lösung  fallt  Chlorbarium  sogleiet 
bei  Anwendung  verdünnter  Lösungen  entsteht  der  Niederschlag  erft 
nach  einiger  Zeit,  etwas  schneller  wenn  man  erhitzt;  das  Sab  iit  kiy- 
stallinisch,  in  Wasser  und  in  Bemsteinsanre  sehr  wenig  löslichi  leichte 
löslich  in  Essigsäure,  besonders  leicht  in  verdünnter  Salz-  oder  Salp^ 
tersäure.  —  Das  lufttrockene  Salz  enthält  kein  Erystallwasser,  bei  300*C. 
erleidet  es  keine  Veränderung.  —  Auch  saure  bernsteinsanre  Albüics 
fällen  aus  Barytlösungen  neutrales  l^alz. 

Bernsteinsaure  Beryll  erde  wird  durch  Fällen  eines  BeryÜ- 
erdesalzes  mit  bernsteinsaurem  Natron  erhalten;  der  Niederschlag  i^ 
weiss,  in  Wasser  wenig  löslich. 

Bernsteinsaures  Bleioxyd,    neutrales:    ^PbO-OgHiOc 


Bemsteinsaure  Salze.  999 

Bemsteinsaure  Alkalien  fallen  die  Bleiflalze  überhaupt,  freie  Berhstein- 
säure  fäUt  nur  das  essigsaure  Bleioxyd,  das  neutrale  wie  das  basische ; 
n  der  Wärme  entsteht  der  Niederschlag  langsamer,  wird  aber  deutlicher 
krystallinisch.  Das  Salz  ist  wenig  in  Wasser  in  Essigsäure  und  in 
Bemsteinsaure,  leicht  in  Salpetersäure  und  in  Kali  löslich.  Das  luft- 
i-ockene  Salz  verliert  selbst  bei  250<>  C.  kein  Wasser. 

Basisch  bernBteinsauF.es  Bleioxyd.  Wir  kennen  mehrere 
lolcher  in  Zusammensetzung  und  Verhalten  verschiedener  Salze;  sie 
sind  in  Wasser  und  Weingeist  unlöslich,  in  Kali  und  Salpetersäure 
öslich,  Ammoniak  entzieht  ihnen  Säure,^  Essigsäure  bildet  daraus  durch 
Sntziehung  von  Bleioxyd  neutrales  Salz. 

1)  3  Pb  0 .  Cs  H4  Oe*  —  Fällt  man  Bleiessig  mit  neutralem  oder 
laurem  bernsteinsauren  Alkali  in  der  Kälte,  so  entstehen  etwas  krystal- 
inische  Niederschläge  von  verschiedener  Zusammensetzung.  Fällt  man 
&ber  Bleiessig  mit  einem  bemsteinsauren  Salz  oder  mit  freier  Bernstein-' 
»äure  in  der  Wärme,  oder  erhitzt  man  den  in  der  Kälte  entstandenen 
Niederschlag  mit  der  darüber  stehenden  Flüssigkeit,  so  backt  der  Nie- 
lerschlag  zusammen  und  wird  zähe  und  pflasterartig;  nach  dem  Erkal- 
;en  und  Liegen  an  der  Luft  erhält  man  eine  zerreibliche  Masse,  welche 
lieh  bei  lOO^C,  ohne  zusammen  zu  backen,  trocknen  lässt;  sie  verliert 
iann  bei  höherer  Temperatur  kein  Wasser  mehr. 

2)  3  PbO  .  Cg  Hg  O5.  (?)  —  Dieses  basische  Bleisalz,  welches  die 
Bestandtheile  des  vorigen  Salzes  minus  1  Aeq.  HO  enthält,  bildet  sich 
jedesmal  und  ist  von  constanter  Zusammensetzung,  wenn  man  zu  einer 
liedenden  Lösung  von  Bleiessig  eine  kochende  Lösung  von  vollkommen 
leatralem  bemsteinsauren  Ammoniak  setzt,  so  lange,  als  der  aüiangs 
»ntstehende  Niederschlag  sich  beim  Umschlitteln  noch  vollständig  wie- 
1er  löst;  rührt  man  diese  Flüssigkeit  nun  n^it  eiüem  Glasstabe  um,  ent- 
weder sogleich  oder  nachdem  sie  bei  Abschluss  der  Luft  erkaltet  ist«  so 
rübt  sie  sich  fast  augenblicklich  und  es  entsteht  ein  reichlicher  krystallini- 
(cher  Niederschlag  von  basischem  Bleisalz,  welches  Salz,  wenn  es  einmal 
abgeschieden  ist,  sich  auch  beim  Kochen  nicht  mehr  in  der  überstehen- 
len  Flüssigkeit  löst;  es  ist  so  unlöslich,  dass  bei  Anwendung  von  hin- 
'eichend  Ammoniaksalz  die  Mutterlauge  kaum  noch  Spuren  von  Blei- 
lalz  enthält  und  beim  Abdampfen  des  Filtrats  für  sich  daraus  neutrales 
»emsteinsaures  Ammonium oxyd  krystallisirt,  welches,  einmal  krystalli- 
.irt,  bei  40^  C.  sich  trocknen  lässt,  ohne  Ammoniak  zu  verlieren.  — 
[>as  basische  Bleisalz  hat  ixp  lufttrockenen  Zustande  die  angegebene 
Zusammensetzung,  es  verändert  sich  noch  nicht  bei  220^0.;  mit  abso* 
otem  Alkohol  und  Schwefelwasserstoff  erhält  man  reines  Bemsteinsaure-  ^ 
lydrat  daraus. 

3)  3PbO.C8H3Cy5  +  Aq.und3PbO.C8H305  +  2Aq.  Wirdeine 
^lidchung  von  bernste  in  saurem  Kali  und  Bleiessig  erhitzt,  so  löst  sich 
Ler  anfangs  entstandene  pflasterartige  Niederschlag  (s.  oben)  bald 
prösstentheils  auf,  lässt  man  die  abgegossene  Flüssigkeit  bei  vollständi- 
gem Abschluss  der  Luft  erkalten,  so  bilden  sich  zuweilen  erst  nach 
lochen  oder  Monaten  kleine  oder  grössere  KrystaUe  von  Wasser  ent- 
laltendem.  basisch-bernsteinsaurem  Bleioxyd.  Aehnliche  KrystaUe  bil- 
[en  sich  auch  zuweilen  aus  der  Mischung  von  bernsteinsaurem  Ammo- 
liak  und  Bleiessig  (s.  oben)  beim  langsamen  Erkalten.  Diese  Kry- 
ttalle,  deren  Darstellimg  nicht  immer  gelang,  verlieren,  nachdem  sie 
Euerst  über  Schwefelsäure  getrocknet  sind,  bei  100<^C.  1  oder  2  Aeq. 


1000  Bernsteinsaure  Salze.  ^ 

Wasser,  worauf  ihr  Gewicht  sich  daan  auch  nicht  weiter  bei  250*  C 
ändert 

Ueberbasi^ch-bernsteinsaures  Bleioxyd:  GPbO.CgBiOi 
nnd  5  Pb  O  .  Cs  H4  O«  oder  5  PbO-C«  H,  O5.  —  Wird  berDStemBsm 
Bleioxyd  mit  überschüssigem  Ammoziiak  behandelt,  oder  Bleieang  mit 
bemsteinsaurem  Ammoniak  bei  Zusatz  von  überschüssigem  Ammoottk 
gefällt,  so  bilden  sich  sehr  basische  Bleisalze  von  verschiedenem  Bl«- 
gehalte. 

Bernsteinsaures  CeriumoxydnL  Die  Geroxydolsalze  werden 
durch  bernsteinsaure  Alkalien  gefäUt  (nur  essigsaures  Ceroxydnl  wird 
vom  bernsteinsauren  Ammoniak  nicht  gefällt);  der  weisse  käsige  Nie- 
derschlag ist  in  Wasser,  und  selbst  in  wässeriger  Bemsteinsäore  kam 
löslich,  leicht  aber  in  überschüssigen  Mineralsäuren. 

Bernsteinsteinsaures  Chromoxyd.  Grünes  Ghromchlorid viri 
durch  essigsaures  Natron  nicht  gefällt,  auch  beim  Abdampfes  tob 
essigsaurem  Cbromoxyd  mit  Bemsteinsänre  bildet  sich  kein  Sak.  Di- 
gegen  soll  das  blaue  Chromoxydhydrat  mit  wässeriger  BemsteiBdori 
eine  blaue  Lösung  geben,  welche  beim  Abdampfen  eine  amorphe,  be 
auffallendem  Licht  blaue,  bei  durchfallendem  Licht  rothe  Masse  giebl^ 
aus  welcher  Wasser  nur  die  überschüssige  Bemstfeinsäurp  löst 

Bernsteinsaures  Chromoxydul:  2CrO.Cgfi4  0t  4~  ^^^^ 
Chromchlorür  wird  von  bemsteinsaurem  Natron  gefeit ;  der  schftrU(^ 
rothe  Niederschlag  wird  beim  Trocknen  im  luftverdünnten  Baum  bal- 
ler; stellenweise  durch  Oxydation  blaugrün. 

«Bernsteinsaures  Eisenoxyd:  Fe^  O«  .  Cg  Ii4  O«.  Wirda» 
trales  Eisenchlorid  mit  neutralem  bemsteinsanren  Alkali  gefallt,  lo  e^ 
Hält  man  einen  gelatinösen  und  aufgequollenen  roth-  oder  zimmtiffHh 
nen  Niederschlag,  der  sich  nur  schwierig  absetzt,  und  auf  dem  Filla 
dasselbe  bald  verstopft,  so  dase  er  sich  nicht  vollständig  auswsscbes 
lässt.  Dieser  Niederschlag  ist  basisch  bemsteinsaures  Eisenoxyd;  & 
überstehende  Flüssigkeit  enthält  freie  Säure,  wie  erklärlich.  —  N^k 
dem  Trocknen  ist  der  Niederschlag  dunkel  rothbraun,  leicht  zerreiblid 
und  giebt  zerrieben  ein  dunkel  ziegeirothes  Pulver,  erst  bei  180<^C.Ttr 
liert  er  alles  Wasser.  Dieses  Salz  ist  in  kaltem  Wasser  und  in  Weit 
geist  unlöslich ;  siedendes  Wasser  löst  besonders  bei  Gegenwart  toa 
Essigsäure  oder  Bernsteinsäure  einen  Theil  desselben  auf,  ohne  ei  u 
zersetzen,  denn  das  aufgelöste  Salz  hat  wieder  dieselbe  ZusammeoM^ 
zung  wie  der  Bückstand.  —  Wird  dem  neutralen  Eisenchlorid  vor  den 
Fällen  mit  bemsteinsaurem  Alkali  essigsaures  Natron  zagesetst  so  && 
bernsteinsaures  Eisenoxyd  als  ein  blassziegelrother,  nicht  geUtiiiÖiff 
Niederschlag,  der  sich  gut  absetzt  und  leicht  filtriren  lässt,  und  daoB 
beim  Auswaschen  mit  60-  bis  70grädigem  Weingeist  pulverig  bleibt. 
beim  Auswaschen  mit  Wasser  jedoch  sogleich  gelatinös  wird. 

Dieses  basische  Eisensalz  entsteht  jedes  Mal  bei  der  Scheidang  vj» 
Mangan-  oder  Eisenoxydulalzen  von  Eisenoxydsalzen  mittelst  bemsteo- 
sauren  Alkalis ;  da  hierbei,  wie  gezeigt,  freie  Säure  entsteht,  so  ist  di«N 
die  Ursache,  dass  beim  Auswaschen  mit  siedendem  Wasser  ein  Tbeil 
des  Niederschlags  wieder  gelöst  wird,  aber  unverändert,  ohne  Zer- 
setzung desselben  in  löslirheff  saures  und  unlösliches  Aberbasisches Sib 
(Döpping). 

Die  Trennung  des  Eisenoxyds  von  Manganoxydul  mittelst  ben»- 
steinsauren  Alkalis  ist  hauptsächlich  nur  anwendbar,  wenn  dem  Sseor 


Bernsteinsaure  Salze.  1001 

Dxydsals  (Eiaenohlorid  oder  salpetersaores  Eisenoxyd,  nicht  schw^el- 
lanreB  Salz)  nur  eine  geringe  Menge  Manganozydulsalz  beigemengt  ist 

Wird  friflchgefalltes  bernsteinsanres  Eisenoxyd  mit  heissem  oder 
kaltem  Ammoniak  Übergossen,  so  wird  der  Niederschlag  dunkler  und  we- 
niger gelatinös,  und  nach  dem  Auswaschen  bleibt  ein  Überbasisches  Eisen* 
»alz  zurück,  welches  auf  1  Aeq.  Säure  über  15  Aeq.  Eisenoxyd  enthält. 

Bernsteinsaures  Eisenoxydul  durch  Fällen  dargestellt  ist  ein 
^augrüner  Niederschlag,  der  sich  in  Ammoniak  und  in  Ammoniaksalzen 
theilweise  löst;  an  der  Luft  oxydirt  er  sich  rasph.  • 

Bernsteinsaures  Kadmiumoxyd:  2CdO.C8ft4  06*  Trägt 
aoan  kohletisaures  Eadmiumoxyd  in  eine  heisse  Lösung  von  Bemstein- 
s&ure  ein,  so  löst  es  sich  zuerst  auf,  bei  weiterem  Zusatz  fällt  aber 
ivasserfreies  Salz  als  krystallinisch -kömiger  Niederschlag  zu  Boden; 
)8  ist  in  Wasser  und  Weingeist  unlöslich,  und  selbst  bei  Zusatz  von 
reier  Bernsteinsäure  wenig  löslich. 

Ein  saures  Salz  ist  nicht  dargestellt. 

Bernsteinsaures  Kali,  neutrales:  1)2  KO  .Cgli4  On-f-  4  Aq. 
I>xirch  Neutralisation  von  kohlensaurem  Kali  mit  Bemsteinsäure  und 
B&ystallisation  der  Lauge  bildet  sich  dieses  Salz  in  undeutlichen  Kry- 
itallen,  es  ist  zerfliesslieh,  leicht  löslich  in  Wasser  und  Weingeist,  ver- 
liert sein  Krystallwasser  bei'100<>  C,  ohne  sich  bei  200<^  G.  weiter  zu 
Eersetzen. 

2)  2KO.C8H4  0e  -|-  Aq.  Dieses  Salz  wird  auf  gleiche  Weise 
vrie  das  vorige  dargestellt,  es  krystallisirt  in  rhombischen  Tafeln,  ähn- 
lich dem  chlorsauren  Kali.  Es  ist  luftbeständig,  löst  sich  leicht  in 
IVasser  und  Alkohol,  verliert  sein  Krystallwasser  bei  lOO^C.  DieUm- 
itönde,  unter  welchen  das  erste  oder  das  zweite  Salz  entsteht,  sind 
ücht  näher  ermittelt. 

Bernsteinsanres  Kali,  saures:  1)  KO.HO.C8H4  Oe-^4Aq. 
Versetzt  man  eine  Lösung  von  neutralem  Salz  mit  .eben  so  viel  Bem- 
steinsäure, als  sie  schon  enthält,  so  bekommt  man  beim  Abdampfen  das 
M^ore  Salz  in  undurchsichtigen  sechsseitigen  Prismen  des  1-  und  Iglie- 
drigen  Systems.  Dieses  Salz  verwittert,  es  giebt  bei  100^  G.  alles 
Crystallwasser  ab,  ist  in  Wasser  und  Weingeist  löslich,  ftirbt  Lackmus- 
papier roth.  lieber  230<>  C.  erhitzt,  verflüchtigt  sich  ein  Theil  der 
Bemsteinsäure. 

2)  KO.HO.Cg  H4O6.  Zuweilen  krystallisirt  das  saure  Salz  aus 
der  Lösung  bei  gewöhnlicher  Temperatur  unmittelbar  wasserfrei,  und 
Laffetrocken  verändert  es  sein  Gewicht  dann  auch  nicht  bei  oder  über 
1000  C. 

3)  (KO .  2  HO)  2 .  Cg  H4  Oe  -f-  3  Aq.  Dieses  vierfach  saure  Salz 
krystallisirt  aus  der  Lösung  des  vorigen  mit  Bernsteinsäure  versetzten 
Salzes;  es  verliert  bei  100^  C.  3  Aeq.  Wasser  und  enthält  dann  nur 
noch  2  Aeq.  basisches  Wasser. 

4)  (KO  .  2  HO) .  2  Cg  H4  Of  Dieses  Salz ,  von  der  Zusammen- 
setzung des  vorigen,  we^n  dieses  bei  100^  C.  getrocknet  ist,  krystallisirt 
znweilen  bei  gewöhnlicher  Temperatur  wasserfrei  aus  der  Lösung;  und 
verliert  bei  100^  C.  nicht  an  Gewicht 

Beide  Salze  sind  abnorm,  indem  sie  auf  2  Aeq.  Säure  1  Aeq. 
Kali  und  nur  2  Aeq.  basisches  Wasser  enthalten. 

Bernsteinsaurer  Kalk,  neutraler:  l)2CaO.CgH4  0e-f-6Aq. 
Wenn  man  zu  einer  Lösung  von  Chlorcalcium  bei  gewöhnlicher  oder 


1002  Bemsteinsaure  Salze. 

wenig  höherer  Temperatar  eine  Lösung  von  bemsteinsaarem  Natnn 
setzt,  so  bilden  sich  je  nach  «der  Concentration  der  Lösong  scbodkr 
oder  langsamer  nadelfbrmige  Krystalle,  bleiben  diese  24  Standen  io 
der  Flüssigkeit,  so  verringern  sie  ihr  Volumen,  werden  hart  tmd  die]& 
aber  haben  noch  dieselbe  Zusammensetzung  wie  vorher.  Dieses  Kilk- 
salz  löst  sich  schwierig  in  Wasser  und  in  Essigsäure,  leichter  in  Ben- 
steinsäure  oder  in  Salz-  und  Salpetersäure.  Bei  100<*  C.  ▼erlieit  « 
etwa  '^/fi  seines  Wassers,  das  letzte  ^e  geht  ernt  über  1500  C.  ?oD* 
ständig  fort.  Bei  der  trockenen  Destillation  von  neutralem  Kalbab 
Mldet  sich  ein  dunkelbraunes  Oel  von  unangenehmem  Geruch,  welche 
bei  wiederholter  fractionirter  Rectification  ein  bei  120^  C.  Gbergehet- 
ded  dünnflüssiges  farbloses  Oel  giebt,  welches  den  unangenehmen  Gf 
ruch  des  rohen  Destillats  grösstentheils  verloren  hat.  D 'Are et  nsosie 
es  Succinon  0«  ^^^  ^Ält  es  für  möglich,  dass  es  aus  Bemstemsänre 
unter  Verlust  von  Kohlensäure  entstanden  sei.  Bei  der  Unreinheit  der 
Substanz,  die  wahrscheinlich  ein  Gemenge  ist,  lässt  sich  nichts  tiber 
ihre  Natur  sagen. 

2)  2  GaO  .  Cg  H4  Oe  +  2  H  0.  Werden  die  Lösungen  von  berr 
steinsaurem  Natron  und  V4)n  Chlorcalcium  kochend  gemengt,  so  afr 
steht  sogleich  ein  krystall inischer  Niederschlag  von  der  angeiahitei 
Zusammensetzung.  Schnell  ausgewaschen  und  zwischen  Papier  ge- 
trocknet, bleibt  er  auch  bei  100®  C.  unverändert,  erst  gegen  200*  C 
verliert  er  2  Aeq.  Wasser.  Im  feuchten  Zustande  nimmt  er  baldWa^ 
ser  auf,  und  geht  in  das  vorige  Salz  über. 

Bernsteinsaurer  Kalk,  saurer:  CaO.HO  .Cg)J4  O^-f  ^^^ 
Wenn  man  eine  Lösung  von  Bemsteinsaure  auf  feingepulverten  Ibt 
jnbr  bei  höchstens  50®  bis  60®  C.  einwirken  lässt,  oder  wenn  das  nes- 
trale  Kalksalz  in  verdünnter  Salpetersäure  in  gelinder  Wärme  g^ 
wird,  -so  erhält  man,  besonders  nach  der  ersten  Weise,  oft  grosse,  n«ti-. 
förmige  Krystalle  von  constanter  Zusammensetzung.  Das  Salz  ist  bi 
Wasser  löslich,  durch  Erhitzen  mit  Wasser  oder  mit  Weingeist  wird  ft 
leicht  zersetzt  in  neutrales  Salz  und  in  freie  Säure. 

Bernsteinsanres  Kobaltoxydul  ist  ein  pfirsichblothrotber 
in  Wasser  etwas  löslicher  Niederschlag. 

Bernsteinsaures  Kupferoxyd:  2CuO.C8H4  0e.  Man  tn^ 
nach  und  nach  frischgefalltes  kohlensaures  Kupferoxyd  in  eine  siedeodt 
wässerige  Lösung  von  Bemsteinsaure,  so  dass  diese  in  Ueberscbas^ 
bleibt.  Das  blaugrüne  krystallinische  Salz  ist  kaum  in  Wasser,  selbs 
nicht  mit  Hülfe  von  Bernsteinsäure,  löslich;  doch  fällen  die  benstd»' 
sauren  Alkalien  nicht  die  Kupferoxydsalze. 

Bernsteinsanres  Lithion:  2LiO.C8M40g.  Das  Salz  bildtf 
sich  beim  vollständigen  Sättigen  von  wässeriger  Bemsteinsanre  vi 
kohlensaurem  Lithion  und  Verdampfen  der  Lösung  Über  Seh  wefebssre. 
Es  bildet  grosse  durchsichtige  glasglänzende  Krystalle ,  die  oft  bii  R 
einem  halben  Zoll  im  Durchmesser  haben.  Es  löst  sich  leicht  in  W&$- 
ser,  ist  aber  unlöslich  in  Alkohol  und  Aether. 

Bemsteinsaure    Magnesia,    neutrale.      Wird   kohlenssoR 


*)  Bei  der  Elementaranalyse  wurden  78,7  und  79,2  Kohlenstoff  und  8,1  ac^ 
9,5  Wasserstoff  erhalten,  Zahlen,  welche  zu  sehr  differiren,  um  danadi  eine  rnpin- 
sehe  Formel  berechnen  zu  können.  (Annal.  de  chim.  et  de  pbys.  [2.]  T.  LVIQ- 
p.  282.) 


Bemsteinsaure  Salze.  1003 

Magnesia  in  wässeriger  Bemsteinsäare  bifl  zur  Sättigung  gelöst,  so  er- 
hält man  eine  neutrale  Flüssigkeit,  aus  der  beim  Eindampfen  oder  bei  • 
längerem  Stehen  neutrales  Magnesiasalz  krystallisirt ;  es  ist  leicht  lös- 
lich in  Wasser;  in  der  Znsammensetzung  ist  es  sehr  wechselnd,  was 
theils  von  der  Concentration  der  Flüssigkeit,  theils  von  unbekannten 
Ursachen  abhängt;  zugleich  zeigen  die  verschiedenen  Salze  auch  sehr 
abweichende  Eigenschaften. 

1)  2  Mg  OvC8H40e  +  HO  + 11  Aq.  Es  krystallisirt  aus  den  ziemlich 
concentrirten  Flüssigkeiten  in  langen  prismatischen,  aber  undeutlichen 
Krjstallen,  deren  Grundform  das  Rhomboeder  zu  sein  seheint;  dieKry- 
stalle  sind  ziemlich  hart,  werden  an  der  Luft  trübe,  ohne  an  Crewicht 
zu  verlieren.  Bei  100^  C.  verlieren  sie  nur  11  Aeq.  ihres  Krystall- 
wassers,  das  letzte  Wasser  geht  erst  bei  200<^C.  fort. 

2)  2  Mg  O .  Cg  H4  Oß  -|-  11  Aq.  Aus  einer  sehr  concentrirten  Lö- 
sung von  bernsteinsaurer  Magnesia  bilden  sich  zuweilen  erst  nach  eini- 
gen TageQ  diese  Krystalle ;  sie  lösen  sich  langsamer  in  Wasser  als  das 
vorige  Salz  und  unterscheiden  sich  besonders  auch  durch  ihre  viel 
^össere  HUrte.  Das  Salz  verwittert  sehr  langsam,  und  .wird  dann  zer- 
reiblich.  Nachdem  es  bei  100^  C.  getrocknet  ist,  verliert  es  bei  200^0. 
kein  Wasser  mehr. 

3)  2  MgO .  Cg  H4  Oß  4-  2  H  O  -f  8  Aq.    Aus  einer  ziemlich  con- 
centrirten Lösung  hatte  sich  dieses  Salz  nach  einigen  Tagen  als  eine' 
leicht  zerbrechliche  Kruste'  abgeschieden,  das  Salz  ist  vollkommen  luft- 
beständig.   Bei  lOO^C.  verliert  es  V^  seines  Wassergehaltes,  das  letzte 
1/5  geht  erst  bei  200«  C.  fort. 

Basisch  bernsteinsaure  Magnesia:  (i'M.gO ,Cg1i^Oß-^S¥lO, 
Man  versetzt  eine  Lösung  von  bemsteinnaurer  Magnesia  mit  Ammoniak, 
es  bildet  sich  ein  weisser  pulveriger  Niederschlag,  der  unlöslich  in 
Wasser  und  Weingeist  ist ,  sich  aber  leicht  in  Säuren  löst.  Das  Salz 
verliert  das  Wasser  erst  bei  200®  C. 

Bernsteinsaures  Magnesia-Kali:  MgO .  KO.CgH406  -f"  ^  Aq. 
Dieses  Salz  krystallisirt  zuweilen  aus  einer  Lösung  von  gleichen  Mi- 
schungflge Wichten  von  Magnesia-  und  Kalisalz;  es  krystallisirt  in  hexa- 
s;onalen  Doppel pyramiden,  ist  leicht  in  Wasser  löslich,  verändert  sich 
%n  der  Luft  nicht,  verliert  sein  Wasser  aber  bei  lOO^C,  und  das  trockene 
Salz  zieht  begierig  Feuchtigkeit  aus  der  Luft  an.  —  Es  gelingt  nicht 
immer  dieses  Salz  darzustellen. 

Bernsteinsaures  Manganoxydul:  2  MnO.  CgK4  Oe  4- 8  Aq. 
Man  löst  kohlensaures  Manganoxydul  in  der  Wärme  in  wässeriger 
Bern  Steinsäurelösung.  Es  bilden  sich  beim  Verdampfen  der  Lösung 
imethystrothe  Krystalle  des  1-  und  Igliedrigen Systems;  sie  sind  leicht 
öslich  in  Wasser,  nicht  in  Weingeist,  sie  werden  durch  Erwärmen  bei« 
100®  C.  wasserfrei.  , 

Bern  stein  saures  Methyloxyd:  Ci2HioO«=(2C2H3  0).C8H40ß. 
Zur  Darstellung  dieser  Verbindung  löst  man  Bernsteinsänre  in  Holz- 
^eist,  und  leitet  durch  die  erwärmte  Flüssigkeit  Salzsäure;  verjagt  den 
iTÖsfleren  Theil  der  Salzsäure  imWasierbade,  trennt  dann  den  Methyl- 
ither  durch  Zusatz  von  Wasser,  und  reinigt  ihn  ähnlich  wie  beim  bem- 
(teinsauren  Aethyloxyd  angegeben  ist.  Bei  gewöhnlicher  Temperatur 
st  die  Verbindung  fest,  krystallinisch ,  sie  schmilzt  bei  -f-  20«  C. ; 
liese  Flüssigkeit  hat  ein  specif.  Gewicht  von  1,118,  sie  erstarrt  etwas 
inter  16«  C,  und  siedet  bei  198^0.;  das  specif.  Gewicht  des  Dampfes 


I^VM  Benisteinsaure  Salze. 

tft  fiJi'».  «ii»  TaAiifciiing  tod  Cis  Hio  Oi«  auf  4  Volmnan  entipnehcBi 
fMr  M<»tnvlittNir  ist  kaum  in  Wasser,  leicht  in  Alkohol  und  Aetbs 
If>.ltr4«.    -Jit^  LAcktbreehongsvermögen  des  flössigen  MethyloxydnlM 

p.M  «t^t^iBsaare.  Moljbdänsäure.  Beim  - DigerireD  von  Mo- 
)^H,MMMiir«  nit  Bemsteinsänre  bildet  sich  eine  klare  Losang,  uider 
H««H  '*  ;niaaipfen  sich  gelbe  Krystalle  abscheiden« 

ÜDrnsteinsauresNatron,  neutrales:  2NaO.C8li4  0<-)-^^M 
/i».  .Sala  wird  wie  das  Kalisalz  dargestellt,  es  bildet  hanfig  gröte« 
\; ysoiille  des  2«  und  1  gliederigen  Systems,  rhombische  Prismen  oui 
verschiedenen  Combinationen.  Sie  sind  meistens  nur  unvollständig  toi* 
^bildet)  die  fluchen  zmn  Theil  gekrümmt,  das  Salz  krystallisirt  mm 
lea  in  nadelförraigen  Krystallen.  Es  verwittert  an  der  Luft,  ▼ertkrt 
Heia  Krystallwasser  vollständig  bei  lOOoC,  und  löst  sich  leich  in  Was- 
ser und  wässerigem  Weingeiste. 

Bernsteinsaures  Natron,  saures:  1)  NaO.HO  .  CgHiO^ 
^-  6  Aq.  Das  Salz  wird  wie  das  saure  Kalisalz  dargestellt.  Die  Kiv- 
stalle  sind  monoklinometrisch,  mit  abgestumpften  scharfen  und  8tem|Ai 
Seitenkanten,  nach  der  Richtung  der  Hanptaxe  meistens  verkünt  Da 
Salz  verwittert  an  der  Luft,  bei  lOO^C.  geht  ftUes  Krystallwasser  fort; 
es  löst  sich  leicht  in  Wasser  und  Weingeist 

2)  NaO  .80 .  Cg  H4  O^  +  4  Aq.  Dieses  Salz  krystallisirt  aw» 
len  aus  der  wie  bei  1)  dargestellten  Lösung  in  verworrenen  KrysUfr 
massen,  es  verwittert  nicht  an  der  Luft. 

3)  NaO  .  KO.Cg  H4  O«.  Dieses  Salz  krystallisirt  aus  einer  Lösaai 
von  dem  sauren  Sialz  1)  in  rhomboidischen  Prismen,  immer  in  ZwiSii- 
gen.  (Rammeisberg.)  Die  nähere  Bedingung  über  die  Bildung  dir 
ses  wasserfrei  krystallisirenden  Salzes  ist  nicht  angegeben. 

Bernsteinsaures  Nickelozydul:  2  NiO  .  C8ii4  O«  -{-  8A4 
Man  löst  frischgefölltes  Nickeloxydulhydrat  in  wässeriger  BernM' 
säure  in  der  Wärme;  das  Salz  schiesst  beim  Verdampfen  der  Lonif 
in  undeutlichen  grünen  Krystallen  an ;  es  ist  löslich  in  Wuaer,  a 
Essigsäure  und  in  Ammoniak,  nicht  in  Weingeist  Bei  130<^Cvi^ 
es  wasserfrei. 

Bernsteinsanres  Qnecksilberoxyd.  Bemsteinsaures  Natov 
fällt  nicht  das  Quecksilberchlorid,  aber  das  neutrale  essigsaure  OxjA 
der  Niederschlag  ist  weiss  pulverig.  Auch  beim  Abdampfen  von  essif 
saurem  Quecksilberoxyd  mit  freier  Bemsteinsänre,  oder  beim  Uigen- 
reu  von  frisch  gefälltem  Oxyd  mit  dieser  Säure,  soll  sich  ein  weiss« 
unlösliches  Salz  bilden ;  doch  wird  ein  Theil  des  Oxyds  dabei  zn  Oxf 
dul  reducirt 

Aus  einem  Gemenge  von  Quecksilberchlorid  mit  bemsteinssnn« 
Natron  scheiden  sich  beim  Verdampfen  seidenglänzende  Naddfl  »^ 
wahrscheinlich  eine  Verbindung  des  Metallchlorids  mit  dem  NatronMk* 

Bernsteinsaures  Quecksilberoxydul.  'Das  salpetemnt 
Quecksilberoxydul  wird  durch  bemsteinsaure  Alkalien  weiss  geOüb- 
der  Niederschlag  enthält  aber  noch  salpetersaures  Salz  beigemengt,  ^ 
unlöslich  in  Wasser,  aber  löslich  in  freier  Salpetersäure.  Beim  Fiiict 
von  salpetersaurem  Quecksilberoxydul  mit  überschüssigem  Natroofsl' 
bildet  sich  beim  Auswaschen  des  weissen  Niederschlags  ein  mücliig«^ 
Filtrat)  sobald  alles  bemsteinsaure  Natron  gelöst  ist,  und  es  bleibt  <]sob 

^Ibes  basisches  Salz  zurück. 


Bemsteinsaure  Salze.  1005 

Bernsteinsaares  Silberoxyd:  2AgO.C8fi40e.  Eine  Lösung 
fon  Bemsteinsäare  oder  von  bemsteinsauren  Salzen  fällt  ans  Silber- 
lalzen  weisses  bemsteinsanres  Silberoxyd;  es  ist  wenig  in  Wasser,  in 
2!s8igsäare  oder  Bemsteinsaure,  leichter  in  Salpetersäure  oder  in  Am- 
Doniak  löslich.  Es  fUrbt  sich  bei  löO^C.  sehr  stark.  Das  Infttrockene 
$alz  enthält  kein  Wasser. 

Bernsteinsaurer  Strontian:  2SrO  .  €8840«.  Das  wie  das 
iarytsak  dargestellte  Salz  ist  weiss,  polyerig,  schwer  in  Wasser,  leich- 
er in  Säuren,  selbst  in  Essigsäure  und  Bernsteinsäui;e  löslich. 

Bernsteinsaure  Thonerde.  Bemsteinsanres  Natron  fällt  die 
rhonerdesalze;  der  Niederschlag  in  überschüssiger  Bemsteinsaure  ge- 
9st,  soll  eine  krystallisirbare  Verbindung  geben. 

Bemsteinsaure  Thorerde.  Ein  weisses  unlösliches  Salz  durch 
)igeriren  von  Thorerdehydrat  mit  wässeriger  Bemsteinsaure,  'oder 
iurch  Fällen  der  Thorerde^lze  mit  bernsteinsanrem  Natron  erhalten. 

Bemsteinsanres  Uranoxyd:  2ür}08  •C8H4  0e-|-MO-f~'^<l* 
ian  erhält  dieses  hellgelbe  Salz,  wenn  man  eine  Lösung  von  4  Thln.  kiy- 
tallisirtem  sal|>etersauren  Uranoxyd  mit  1  Thl.  gelöster  Bemsteinsaure 
ersetzt,  zur  Trockne  verdampft,  und  mit  wenig  Wasser  auswäscht. 
)der  man  versetzt  eine  Lösung  von  salpetersaurem  Uranoxyd  mit  einer 
lÖsung  von  saurem  bernsteinsauren  Natron,  ^eim  Abdampfen  scheidet 
ich  das  Salz  in  schönen  gelben  Krystallen  ab.  Das  bernstein saure  Uran- 
xyd  ist  gelb,  in  Wasser  sehr  wenig  löslich,  durch  heisses  Wasser  wird 
im  Säure  entzogen,  in  Alkohol  ist  es  unlöslich.  Es  verliert  1  Aeq. 
rasser  erst  bei  230»  bis  240«  C. 

Bernsteinsaures  Uranoxyd-Kali:  2(2Ur,Os.C8H4  0«)+2KO. 
I8li4  0c-f-2fi0.  Man  stellt  dieses  Doppelsalz  dar  durch  Abdampfen 
on  einer  Lösung  von  salpetersaurem  Uranoxyd,  welche  mit  überschüs- 
[gern  neutralen  bemsteinsauren  Kali  versetzt  ist,  es  scheidet  sich  dann 
[s  ein  hellgelbes  schweres  Salz  aus,  welches  durch  Auswaschen  mit 
Nasser  oder  besser  mit  Alkohol  gereinigt  wird..  Oder  besser,  man 
illt  salpetersaures  Uranoxyd  mit  kaustischem  Kali,  wäscht  den  Nieder- 
shlag  «iemlich  voUlständig  aus,  und  vertheilt  ihn  noch  feucht  in  einer 
deong  von  überschüssiger  Bemsteinsaure,  beim  Digeriren  damit  wird 
ur  Niederschlag  zuerst  gelatinös  schleimig,  dann  dicht  und  hellgelb; 
tan  dampft  dann  sur  Trockne  ab ,  und  wäscht  mit  warmem  Alkohol 
OS.  Das  Doppelsalz  ist  hellgelb,  nicht  krystallinisch,  es  ist  nicht  in 
rasser  löslich,  wird  aber  durch  längeres  Auswaschen  besonders  mit 
armem  Wasser  zersetzt,  indem  sich  Kalisalz  löst  und  ein  basisches 
ransalz  zurückbleibt.  Das  Salz  verliert  erst  bei  220<^  C.  2  Proc. 
=  1  Aeq.  Wasser. 

Bernsteinsaures  Uranoxyd-Natron:  2  (2 Ur^  Oj . Cg  i}4  O«) 
-  2  NaO.C8H4  0e  +  2  HO.  Es  wird  wie  das  Kalisalz  am  besten 
IS  Uranoxyd-Natron  und  Bemsteinsaure  und  Auswaschen  mit  Alkohol 
irgestellt  Es  hat  analoge  Zusammensetzung  und  Eigenschaften  wie 
iB  Kalisalz  (Fehling.) 

Wahrscheinlich  bilden  bernsteinsaurer  Kalk  und  Baryt  mit  bera- 
einsaurem   Uranoxyd  ähnliche  Doppelsalze  wie  das  ^li-  und  Na* 

Bernsteinsaares  Wismuthoxyd.  Beim  Digeriren  von  Bern- 
einsänre  mit  Wismuthoxydhydrat  soll  sich  ein  unlösliches  Salz  bü- 
m,  ungleich  aber  etwas  Metalloxyd  in  Lösung  gehen. 


•t^    k-rfisteiiu  schwarzer.  —  Bernsteinschwefelsäure. 

lientr^teinsaure  Yttererde:  2YO.C8H40e  -|-  8H0-f  4Aq. 

iv*-tcs«eiikiaiires  Natron  fällt  die  nicht  zu  verdünnten  Yttererdesalic; 

mt   Ni«Mtenchlag  ist  weiss  und  kryslallinisch,  er  löst  sich  wenig  ia 

wiuittui«  Itticht  in  kochendem   Wass«r.     Das  Salz  verliert  bei  100*  C 

^  Jueti«  Wasser. 

Bernsteinsanres  Zinkoxjd:  2ZnO.G8fi40e.  Man  tragt  ii 
«ine  sied«nde  Losung  von  Bemsteinaanre  Irisch  gelalltes  kohlenso- 
ras  Zinkoxjd  langsam  ein,  doch  wie  beim  Kupfersalz  mit  der  Vorsieht, 
dass  Saure  öberschQssig  bleibt.  £s  bildet  sich  dann  ein  wasserfnitf 
Salz,  schwer  löslich  in  Wasser  und  in  Bemsteinsänre,  doch  leicht  löi- 
lieh  in  Essigsaure  und  verdünnten  fiineralsäuren. 

Bernsteinsaures  Zinnoxyd.  Ein  weisser  unlöslicher  Niede^ 
schlag. 

Bernsteinsaures  ZinnoxjduL  Ein  unlösliches  Salz,  welcke 
beim  Fällen  des  neutralen  Zinnoxydulsalz^  mit  bemsteinsanrem  Al- 
kali, wie  beim  Digeriren  von  Zinnoxydulhydrat  mit  Bernstein Bümre  sA 
bilden  soll. 

Bernsteinsaure  Zirkonerde.  Weisses  unlöslicli0s  Salz  dorck 
Fällen  von  Zirkonerdesalz  mit  bemsteinsanrem  AlkalL  ik 

Bernstein,  schwarzer.  So  wird  zuweilen  nnpassendtf 
Weise  eine  schwarze  muschelige  Braunkohle  bezeichnet,  die  sich  vv 
Bernstein-  verarbeiten  lasst,  aber  sonst  in  keiner  Beziehung  zu  deinM^ 
ben  steht. 

Bernsteinschwefelsäure,   Bemsteinunterschwefel- 

Bänre^Sulfobernsteinsäure.  Doppelsänre  aus  Schwefelsäure  nndBen- 
Bteinsäure  sich  bildend,  vonFehlingO  entdeckt  und  (1841)  beschriebei- 
Die  empirische  Formel  des  Hydrats  ist  wahrscheinlich  im  trockenen  la- 
Stande  Cstfe  ^  ^14  ^  ^®  krystallisirte  Säure  enthält,  wie  es  scheint,  4  At^. 
Wasser.  Man  kann  die  Säure  als  eine  gepaarte  Schwefelsäure,  oder  tk 
Unterschwefelsäure  enthaltend  betrachten.  Nach  Fehl  in  g  ist  die  Siort 
.wahrscheinlich  eine  vierbasische,  und  ihre  Formel  4i}0 .  Cg  H^  O4 .  SsO;; 
wenn  die  Bemsteinsäure  zweibasisch  ist,  so  ist  diese  Doppelsänre  dro" 
basisch  und  ihre  Formel  dann  dtfO.CgtfsOs.SsOe,  und  im  kryita& 
sirten  Zustande   3  HO  .  CaH,  Oft.SsOe  +  4  aq.     Nach    der  Gtr- 

hardt'schen  Bezeichnung  ist  die  trockene  Säure  ^    '   '      ll*t^*  "^ 

Cg(H,.  8,04)04*0 

Die  Bernsteinschwefelsäure  bildet  sich  durch  Zusamroentret^i  ^ 
Elemente  von  Bernsteinsäurehydrat  mit  wasserfreier  Schw^elsiBR 
unter  Abscheidnng  der  Elemente  von  1  Aeq.  Wasser,  welches  als  Uydni- 
Wasser  mit  der  neu  entstandenen  Säure  verbunden  bleibt: 

•       2»O^Cgg4Q6  +  2S08  =  SHO.CeHaO&^O^ 

Bernsteinsäure  Bernsteinschwefelsäure. 

Zur  Darstellung  von  Bernsteinschwefelsäure  leitet  man  Dämpfe 
von  wasserfreier  Schwefelsäure  in  einen  Kolben,  in  welchem  trockeae 
oder  wasserfreie  Bemsteinsäure  enthalten  ist  Es  ist  nothwendig,  do 
Kolben  gehörig  abzukühlen,  da  die  Absorption  unter  bedeutender  Wärme- 

KniuA,  d.  Obern,  a.  Pharm.  BcL  XXX VIU,  S.  285;  Bd.  XUX»  S.  SOS. 


Bemsteinschwefelsaure  Salze.  1007 

»ntwickeloBg  vor  sich  geht.  Die  Bemsteinftanre  löst  sich  und  verwan- 
lelt  sich  in  eine  braune,  zähe,  durchsichtige  Masse,  ohne  dass,  bei  An- 
wendung von  reiner  Bernsteinsäure,  schweflige  Säure  frei  wird.  Enthält 
lie  Bemsteinsänre  eropjreumatisches  Gel,  so  wird  allerdings  schweflige 
>äure  gebildet  und  die  Masse  wird  fast^ganz  *  schwarz  und  undurch- 
ichtig.  Beim  Verdfinnen  der  Masse  mit  Wasser  scheidet  sich  häufig 
ler  grösste  Theil  der  Bemsteinsänre  wieder  unverändert  ab;  man  ver- 
lindert  dies  entweder  durch  24sttindiges  Stehenlassen  bei  gewöhnlicher 
remperatur  oder  durch  Erwärmen  der  Masse  auf  40^  bis  50^  C. 

Der  Auflöung  setzt  man,  zur  Entfernung  der  freien  Schwefelsäure, 
lohlensauren  Bar3rt  oder  kohlensaures  Bleioxyd  zu,  bis  die  Flüssigkeit 
/hlorbarium  oder  salpetersauren  Baryt  nicht  mehr  fällt,  schlägt  das 
^iltrat  mit  essigsaurem  Baryt  oder  Bleioxyd  nieder  und  zerlegt  das  reine 
iarytsalz  durch  verdünnte  Schwefelsäure  (wobei  man  jeden  Ueberschnss 
ler  letzteren  sorgfältig  vermeidet)  oder  das  wohlausgewaschene  Blei- 
alz  mittelst  Schwefelwasserstoff.  Man  kann  auch  die  Flüssigkeit  nach 
Lbscheidung  der  freien  Schwefelsäure  vor  dem  Fällen  des  bernst^in- 
cbwefelsauren  Salzes  zuerst  nahezu  mit  Ammoniak  neutralisiren ;  bei 
er  Darstellung  des  Bleisalzes  muss  die  Flüssigkeil  jedoch  immer 
twas  sauer  bleiben,  um  etwa  noch  unzersetzte  Bemsteinsänre  aufgelöst 
u  halten., 

Durch  Verdampfen  des  farblosen,  die  freie 'Säure  enthaltenden  Fil- 
rats  im  luftleeren  Baume  (nicht  im  Wasserbade)  erhält  man  einen  Sy- 
sp,  aus  dem  sich  die  Bemsteinunterschwefelsäure  nach  und  nach  in 
warzenförmigen,  nicht  völlig  trocken  zu  erhaltenden,  aus  der  Luft  schnell 
euchtigkeit  anziehenden  Erystallen  abscheidet,  welche  nach  einer  Be- 
immung  annähernd  4  Aeq.  Erystallwasser  enthalten. 

Die  Bemsteinschwefelsaure  löst  sich  sehr  leicht  in  Wassser  und 
ilkohol,  schmeckt  stark  sauer,  verbreitet  beim  Erhitzen  nicht  die  er- 
ickenden  Dämpfe  der  Bemsteinsänre  und  zersetzt  sich  unter  Rück- 
kssung  einer  schwer  verbrennlichen  Kohle.  Beim  Erhitzen  inwässeri* 
er  concentrirter«  Lösung  wird  sie  zerlegt.  Fe* 

Bemsteinschwefelsaure  Salze,   Bemsteinunter- 

shwefelsaure  oder  sulfobernsteinsaure  Salze^).  DieBemstein- 
(hwefelsäure  ist  eine  starke  Säure,  sie  neutralisirt  die  Basen  vollständig 
üd  zersetzt  die  kohlensauren  wie  die  essigsauren  Salze.  Die  Säure  ver- 
endet sich  mit  1,  2,  3  oder  4  Aeq.  Metalloxyd  RO;  wird  die  Säure  wie 
B'wohnlich  als  eine  dreibasische  angesehen,  so  sind  diese  Salze:  drei- 
kchsaure  =  (R0.2HO)C8H8  06.S2  0e;  anderthalbfach-saure 
t(2RO.HO)C8H8  05.S,06;  neutrale  rrrSRO.ÖgHsOß.SjOG,  und 
Mische  8RO.CgK3O5.S9Oe  -f-  RO;  diese  Bezeichnungsweiae  ist  als 
e  gewöhnliche  hier  gebraucht  Wird  die  Säure,  nach  Fehlin g,  als 
erbasisch  betrachtet,  so  sind  die  Salze:  nRO  4-^1(0  C8H2O4.S2O62). 
ur  von  den  Bleisnizen  ist  bis  jetzt  ein  mit  4  Aeq.  FbO. bekannt,  alle 
ideren  Salze  enthalten  1,  2  oder  3  Aeq.  Oxyde. 

Die  Bernsteinsäure  bildet  mit  den  Alkalien  saure  und  neutrale 
ilze,  beide  löslich;  die  freie  Säure  fallt  die  essigsauren  Salze  von  Ba- 
t,  Bleioxyd  und  Silberoxyd,  aber  nicht  deren  Salpetersäure  Salze ;  die 

*)  Literatur,   s.  bei  Bemsteinschwefelsaure    —  *)  n-)-x  =  4;  x  =  0 
er  =  1  oder  2  oder  8. 


1006  Bernstein,  schwarzer.  —  Bemsteinsch^^' 

BernsteinBaure  Yttererde:  2YO.C8H4r/  J«\«ta*ftTenV«f 
Bernsteinsaures  Natron  fällt  die  nicht  zu  verf  .  .  icht  die  Salze  t« 
der  Niederschlag  ist  weiss  und  krystallinise*// "  obaltoxydnl.  D»& 
kaltem,  leicht  in  kochendem  Wasser.  I>  <*  '  eie BernsteinBchwty^ 
4  Aeq.  Wasser.  '  ;  '   ^llt  werden,  so  kaniuli^ 

Bernsteinsaures  Zinkoxyd:  ^^  /  .nigt  werden.  Die  ba& 
eine  siedende  Lösung  von  Bemstei*^  ^eiin  Glühen  ein  Gemeof 

res  Zinkoxyd  langsam  ein,  doch  wi«*  <  AlkalL 

dass  Säure  überschüssig  bleibt.  Ammoninmoxyd,     S^^B^O 

Salz,  schwer  löslich  in  Wasser         ^elinder  Wärme  getrocknet).  Di 
lieh  in  Essigsäure  und  verdün'       .updlcke  Auflösung  der  S&ore  nt 

Bernsteinsaures  Zi'  ^ebracht  nnd  dann  noch  l&ngere  Ze 
schlag.  ausgesetzt  wird,   als   eine  feste,  kijitii 

Bernsteinsaures  .de,  die  im  Vacuum  ganz  trocken  wird id 
beim  Fällen  des  neutrr    .uon  annimmt 

kali,  wie  beim  Diger*    .^felsaurer  Baryt,  SBaO.  CsMsO5.S)0((hi 
bilden  soll.  .  Pas  Salz  wird  dargestellt  durch  FäilnngTonesBr 

Bernsteins  .ittitr  Bemsteinschwefelsänre,  oder  von  Chloibui* 
Fällen  von  Zirk .  If^m  Baryt  mittelst  eines  neutralen  bemsteinsehTeSi^ 

o  .    '^fo^  noch  feuchte  Salz  ist  nur  in  einem  grossen  üeb» 

^^  .       .  /;C,>saure,  dagegen  leicht  in  Salzsäure  oder  Salpete»0 

Weise  eine    ^ .  >  ** 

Bernstein  r\  ^^^j^\g^  i5gt  «ich  in  freier  Bemsteinschwefelsäure;  bebA^ 
ben  steh  .-^»^  w(xtwi  Lösung  im  Vacuum  bilden  sich  KrystaUe,  flk^ 

r   ^y^  f OD  dreifach-saurem  Salz. 

San*     ^^«^fflsteinschwefelsaures  Bleiozyd  1)  3PbO.CgH3Os.StOi 

ste'       .^(\r  ^^  i^^^  ^^^  nieder,  wenn  die  freie  Bemsteinschwefehioi^ 

D'      f  ^  ^1  ^®^  Darstellung  der  Säure  nach  dem  Abscheiden  der&öa 

p       «^^e/elsäure  mit  kohlensaurem  Blei  erhalten  ist,  mit  neutralem  eflf 

j^n  Blei  versetzt  wird.     Das  Salz  ist  weiss  oder  etwas  gelblidi* 

^ch  in  Wasser,   leicht  löslich  in  Salpetersäure  und  Über8chii8a|i 

d^rosteinschwefelsäure ,  sowie  in  Salzsäure  bei  Zusatz  von  Wusei.« 

05t  sich  nicht  in  Essigsäure,  besonders  wenn  es  vorher  getrocknet  wai,ü 

[^id  dann  aber  Ammoniak  zugesetzt  wird,  erhält  man  eine  klare LoflEj 

^       2)   4PbO.C8H2O4.SaOe  +  4Aq.  oder  4PbO.C8H,0|.S,(l 

-l-  4  Aq.  (?).  Das  Salz  bildet  sich  beim  Fällen  mit  neutralem  essigwflifl 

Blei,    wenn  die  freiei  Säure  zuerst  nahezu  oder  ganz  mit  AmiDooii 

oder  einem  anderen  Alkali  neutralisirt  war.  Wird  das  Kalisalz  mit  3  A< 

Kali  zuerst  mit  Ammoniak  bis  zur  neutralen  Beaction  versetzt»  dann  dort 

essigsaures  Blei  ge&llt,  so  ist  die  über  dem  Niederschlage  des  Sib 

mit  4  Pb  O  stehende  Flüssigkeit  deutlich  sauer. 

Dieses  Salz  verhält  sich  im  Wesentlichen  wie  das  vorige,  e^^« 
liert  schon  anter  100^  C.  alles  Wasser.  Essigsäure  entzieht  den  troc^ 
nen  Salz  beim  Kochen  1  Aeq.  Bleioxyd  und  hinterlasst  du  vonj 
Salz.  Nach  Fehling  ist  das  Salz  ein  neutrales,  da  es  aus  fiD 
neutralen  oder  selbst  noch  sauren  Flüssigkeit  auf  Zusatz  von  neatnl« 
essigsauren  Blei  niederfallt;  getrocknet  hat  es  die  Formel  iPbO 
C8M3O4.S2O6;  danach  wäre  die  Bernsteinschwefelsäure  überhaupt  eil 
vierbasische  Säure,  und  die  wasserfreie  Säure  =CgH<|04.SfOc.  Be' 
zelins  »und  Gerhardt  halten  das  Salz  für  ein  basisches  undodUBd 
seine  Zusammensetzung  in  trockenem  Zu0lande  =r  3 PbO . CjtHjOjS}^' 
'-PbO;  diese  Formel  passt  jedenfalls  weniger  zu  den  gefundenen  Zs^ 


>  '  Bemsteinschwefekaure  Salze.  1009 

%L  andere,  besonders  ist  danach  der  bei  zahlreichen  Versuchen 

^1^         ^'oxydgehalt  immer  um  mehr  als  1  Proc.  zu  hoch^),  wäh- 

^^  schwach  sauren  Flüssigkeit  doch  keine  Einmengung 

f£  '^isch-essigstturem  Bleioxyd  annehmen  kann.    Wei- 

^    ^  "ären  hier  von  Interesse. 

("^Hi^^^  1  saures  Kali.      Wird   die   freie  Säure  noit 

"^4^%!/%^^.     //^  .         ^ersetzt,  dass  die  Flüssigkeit  neutral  oder 

^^^<^  •^-   ^^^    '  jißht  die  im  Vacuum  zur  Syrupsconsistenz 

^  *S>  ^^  ^v  ^^  *'  Stehen  über  Schwefelsäure  nach  einigen 

^%y  %/  ^A^iu  ^^^  zerfliessende  Exystalle  von  einem  Salze, 

^  ^^    ^    T>  *  -Ä.eq.  Kali  enthält 

^J*^V*^V^4  ü.lz :  3  KO .  Cg Hs  Oß . SjOe  +  5  Aq.  Wird  der  con- 

'  .     %^  j^en  neutralen  Lauge  noch  etwas  freie  Säure  hinzu- 

-    ''  ^  *  t  sie  zu  einem  krystallinischen  Brei,  aus  welchem  beim 

jn  sich  reines  Salz  mit  3  Aeq.  Kali  abscheidet.  Das  Salz  zieht 

icigkeit  aus  der  Luft  an,  ohne  aber  zu  zerfliessen;  in  abso- 

^ohol  ist  es  so  gut  wie  unlöslich,  in  80procentigem  Weingeist 

jig,  in  Wasser  leichtlöslich;  die  wässerige  Lösang  reagirt  schwach 

i*.     Es  enthält  5  Aeq.  Wasser,  von  denen  2  Aeq.  im  Vacuum  über 

ohwefelsäure,  3  weitere  aber  bei  100^  C.  ausgetrieben  werden  können. 

Anderthalbfach-saures    Sal2:    (2K0.H0)  .CsHsOs.SjO« 

'\'  4  Aq.     Dieses  Salz  bildet  sich,    wenn    der  Lösung  des  vorigen 

Salzes  noch  Säure  zugesetzt  wird.     Das  Salz  krystallisirt  leichter,  als 

das  neutrale  Salz,  zieht  nicht  Feuchtigkeit  an  der  Luft  an,  es  löst  sich 

leicht  schon  in  kaltem  Wasser,  in  jeder  Menge  beim  Sieden.     Im  Va- 

cnam  verliert  es  1  Aeq.  Wasser,  in  gelinder  Wärme  ein  zweites  Aequi- 

valent,bei  lOO^C.  getrocknet,  ist  es  wasserfrei.  Beim  Glühen  des  trocke- 

nffli  Salzes  im  Tiegel  hinterlässt  es  ein  Gemenge  von  schwefelsaurem 

und  schwefligsanrem  Kali. 

Bernsteinschwefelsaurer  Kalk:  (2CaO.HO).Q8fi[8*05.S3  0« 
(bei  100<^  C.  getrocknet).  Gepulverter  Marmor  löst  sich  leicht  in  der 
wässerigen  Bemsteinschwefelsäure,  doch  bleibt  die  Flüssigkeit  auch  bei 
Ueberschüss  von  Kalkcarbonat  sauer.  Beim  Abdampfen  bleibt  das  Salz 
snrück;  es  lässt  sich  nicht  krystallisiren,  löst  sich  leicht  in  Wasser,  ist 
aber  unlöslich  in  gewöhnlichem  Alkohol. 

Bernstein  schwefelsaure  Magnesia  lässt  sich  wie  das  Kalk- 
salz darstellen,  das  Salz  ist  leicht  löslich,  aber  nicht  krystallisirbar. 

Bernsteinschwefelsaures  Natron  lässt  sich  aus  dem  Baryt- 
salz  durch  Zersetzen  mit  schwefelsaurem  Natron  und  Behandeln 
der  trockenen  Salzmasse  mit  Weingeist  darstellen.  Es  kiystallisirt 
schwieriger  als  das  Kalisalz,*  ist  leicht  löslich  in  Wasser  und  in  ge- 
wöhnlichem Weingeist. 

Bernsteinschwefelsaures  Silberoxyd.  Eine  Lösung  von 
lalpetersaurero  Silberoxyd  wird  von  Bemsteinschwefelsäure  erst  bei  Zu- 
satz von  Ammoniak  gefallt,  der  Niederschlag  ist  weiss;  beim  Auswa- 


^)  Der  nach  jeder  der  Fonneln  rieh  bereehnende  Gkhalt  an  Kohlenfttoff  und 
Wasserstoff  (7,9  und  7,8  Kohlenstoff,  0,83  und  0,48  Wasserstoff)  differirt  nicht  so  be- 
deutend, dass  die  Klementaranalyse  hier  bestimmte  Entscheidung  giebt;  dagegen  ist  der 
Oehalt  an  Bleioxyd  um  mehr  aU  1  Proc.  verschieden  (72,8  und  78,4  Proc.),  die 
Bestimmungsmethode  aU  schwefelsaures  Bleiozyd  macht  aber  eine  grössere  Genauig- 
keit möglieh;  die  untersuchten  Salze  enthielten  immer  zwiacheu  78,0  und  78,1  Biet- 
oxyd; B.  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd   XLDC,  S.  208. 

Bandwftrterbach  der  Chemie.   2te  Aufl.  Bd.  II.  64 


1008  Bernsteinschwefelsaure  Salze. 

neutralen  bemsteinschwefelBanren  Alkalien  fallen  anch  die  letitereo  Ye^ 
bindnngen  von  Blei-  und  Silbersalz,  aber  sie  fällen  nicht  die  Sab«  tob 
Kanganoxydol,  Kupferozyd,  Eisen-,  Nickel- und  Kobaltoxydnl  Dsdie 
essigsauren  Sake  von  Baryt  oder  Bleioxjd  durch  freie  BemsteinsdiweCä* 
s&nre,  aber  nicht  durch  freie  Bemsteinsaure  gefallt  werden,  so  kann  du 
erstere  dadurch  von  der  letzteren  leicht  gereinigt  werden.  Die  ben- 
Bteinschwefelsanren  Alkalien  hinterlassen  beim  Glühen  ein  Gremenft 
von  schwefelsaurem  und  schwefligsaurem  Alkali 

Bernsteinschwefelsaures  Ammoniumoxyd,  3NH(0. 
C^HgOs.SsOe  4~  ^  ^^'  (wenn  in  gelinder  Wärme  getrocknet).  Du 
Salz  erhält  man,  wenn  eine  syrupdicke  Auflösung  der  Säore  unter 
eine  Glocke  mit  Ammoniak,  gebracht  nnd  dann  noch  längere  Zdt 
der  Einwirkung  des  Gases  ausgesetzt  wird,  als  eine  feste,  irjttiHr 
linische,  fast  trockene  Masse,  die  im  Vacuum  ganz  trocken  wirdasd 
eine  schwach  saure  Beaction  annimmt 

Bernsteinschwefelsaurer  Baryt,  SBaO.  CBH^Os.SiOe  (bei 
100<^C.  getrocknet).  Das  Salz  wird  dargestellt  durch  Fällung  von  eaiif 
saurem  Baryt  mit  freier  Bernsteinschwefelsaure,  oder  von  ChlorhariBS 
oder  salpetersaurem  Baryt  mittelst  eines  neutralen  bemsteinschweM- 
sauren  Alkalis.  Das  noch  feuchte  Salz  ist  nur  in  einem  grossen  Uebtf- 
schuss  von  Essigsaure,  dagegen  leicht  in  Salzsäure  oder  Salpeternon 
löslich. 

Das  Barytsalz  löst  sich  in  freier  Bernsteinschwefelsaure;  beim  Ab- 
dampfen der  sauren  Lösung  im  Vacuum  bilden  sich  Krystalle,  wib 
scheinlich  von  dreifach-saurem  Salz. 

Bernsteinschwefelsaures  Bleioxyd  1)  SPbO.CsHsOs.SiQt 
-^  3  Aq.  Das  Salz  fallt  nieder,  wenn  die  freie  Bemsteinschwefebian 
wie  sie  bei  der  Darstellung  der  Säure  nach  dem  Abscheiden  der  freiei 
Schwefelsäure  mit  kohlensaurem  Blei  erhalten  ist,  mit  neutralem  eaf- 
sauren  Blei  versetzt  wird.  Das  Salz  ist  weiss  oder  etwas  gelblich,  n^ 
löslich  in  Wasser,  leicht  löslich  in  Salpetersäure  nnd  übersch&si^ 
Bernsteinschwefelsaure,  sowie  in  Salzsäure  bei  Zusatz  von  Watf^te* 
löst  sich  nicht  in  Essigsäure,  besonders  wenn  es  vorher  getrocknet  wv^i^ 
bald  dann  aber  Ammohiak  zugesetzt  wird,  erhält  man  eine  klare  L5si&{' 

2)  4PbO.C8H8O4.SjOe -f  4Aq.  oder  4PbO.C8H«0,.S,ft 
-|-  4  Aq.  (?).  Das  Salz  bildet  sich  beim  Fällen  mit  neutralem  essigsaures 
Blei,  wenn  die  freie.  Säure  zuerst  nahezu  oder  ganz  mit  Anunooii^ 
oder  einem  anderen  Alkali  neutralisirt  war.  Wird  das  Kalisalz  mit  3  Ae>Y 
Kali  zuerst  mit  Ammoniak  bis  zur  neutralen  Beaction  versetzt,  dannduK^ 
essigsaures  Blei  gefallt,  so  ist  die  über  dem  Niederschlage  des  Sftl^ 
mit  4  PbO  stehende  Flüssigkeit  deutlich  sauer. 

Dieses  Salz  verhält  sich  im  Wesentlichen  wie  das  vorige,  e^  "^ 
liert  schon  anter  100^  C.  alles  Wasser.  Essigsäure  entzieht  dem  tTock^ 
nen  Salz  beim  Kochen  1  Aeq.  Bleioxyd  und  hinterlässt  daä  vorige 
Salz.  Nach  Fehling  ist  das  Salz  ein  neutrales,  da  es  aus  einer 
neutralen  oder  selbst  noch  sauren  Flüssigkeit  auf  Zusatz  von  neatrale« 
essigsauren  Blei  niederfallt;  getrocknet  hat  es  die  Formel  4  PbO< 
C8H3  04.S2  0e;  danach  wäre  die  Bernsteinschwefelsaure  überhaupt  eis« 
vierbasische  Säure,  und  die  wasserfreie  Säure  =CgH9O4.S|0f  Ber* 
zelius  «und  Gerhardt  halten  das  Salz  fär  ein  basisches  und  nehoid 
seine  Zusammensetzung  in  trockenem  Zustande  =  3  Pb  O .  Cg  H3  Oj  .Sj  0, 
--j-PbO;  diese  Formel  passt  jedenfalls  weniger  zu  den  gefundenen  Zsi^ 


"  Bernstemschwefebaure  Salze.  1009 

len  als  die  andere,  besonders  ist  danach  der  bei  zahbreichen  Versuchen 
gefundene  Bieioxydgehalt  immer  um  mehr  als  1  Proc.  zu  hoch^),  wäh- 
rend man  in  der  schwach  sauren  Flüssigkeit  doch  keine  Einmengung 
von  Bleioxyd  oder  basisch-essigsaurem  Bleiozyd  annehmen  kann«  Wei- 
tere Untersuchungen  wären  hier  von  Interesse. 

BernBteinschwefelsaures  KalL  Wird  die  freie  Säure  mit 
so  viel  kohlensaurem  Kali  versetzt,  dass  die  Flüssigkeit  neutral  oder 
schwach  alkalisch  reagirt,  so  giebt  die  im  V acuum  zur  Syrupsconsistenz 
abgedampfte  Flüssigkeit  beim  Stehen  über  Schwefelsäure  nach  einigen 
Tagen  wenige  und  sehr  leicht  zerfliessende  Krystalle  von  einem  Salze, 
welches  wahrscheinlich  4  Aeq.  Kali  enthält 

3)  Neutrales  Salz:  SKO.CgHsOj.SjOe  +  ö  Aq.  Wird  der  con- 
centrirten  syrupartigeu  neutralen  Lauge  noch  etwas  freie  Säure  hinzu- 
gefügt, so  erstarrt  sie  zu  einem  krystallinischen  Brei,  aus  welchem  beim 
Umkrystallisiren  sich  reines  Salz  mit  3  Aeq.  Kali  abscheidet  Das  Salz  zieht 
leicht  Feuchtigkeit  aus  der  Lufl  an,  ohne  aber  zu  zerfliessen;  in  abso- 
lutem Alkohol  ist  es  so  gut  wie  unlöslich,  in  80procentigem  Weingeist 
nur  wenig,  in  Wasser  leicht  löslich ;  die  wässerige  Lösang  reagirt  schwach 
sauer.  Es  enthält  5  Aeq.  Wasser,  von  denen  2  Aeq.  im  Yacuum  über 
Schwefelsäure,  3  weitere  aber  bei  100^  C.  ausgetrieben  werden  können. 

Anderthalbfach -saures  8al2:  (2E0.H0)  .CsHsOs.SjO« 
-f-  4  Aq.  Dieses  Salz  bildet  sich,  wenn  der  Lösung  des  vorigen 
Salzes  noch  Säure  zugesetzt  wird.  Das  Salz  krystallisirt  leichter,  als 
das  neutrale  Salz,  zieht  nicht  Feuchtigkeit  an  der  Luft  an,  es  löst  sich 
leicht  schon  in  kaltem  Wasser,  in  jeder  Menge  beim  Sieden.  Im  Ya- 
cuum verliert  es  1  Aeq.  Wasser,  in  gelinder  Wärme  ein  zweites  Aequi- 
valent,bei  100^  C.  getrocknet,  ist  es  wasserfrei.  Beim  Glühen  des  trocke- 
nen Salzes  im  Tiegel  hinterlässt  es  ein  Gemenge  von  schwefelsaurem 
und  schwefligsaurem  Kali. 

Bernsteinschwefelsaurer  Kalk:  (2GaO.HO).CsH,'05.S3  0c 
(bei  100<^  C.  getrocknet).  Gepulverter  Marmor  löst  sich  leicht  in  der 
wässerigen  Bemsteinschwefelsäure,  doch  bleibt  die  Flüssigkeit  auch  bei 
Ueberschüss  von  Kalkcarbonat  sauer.  Beim  Abdampfen  bleibt  das  Salz 
zurück;  es  lässt  sich  nicht  krystallisiren,  löst  sich  leicht  in  Wasser,  ist 
aber  unlöslich  in  gewöhnlichem  Alkohol. 

Bemsteinschwefelsäure  Magnesia  lässt  sich  wie  das  Kalk- 
salz  darstellen,  das  Salz  ist  leicht  löslich,  aber  nicht  krystallisirbar. 

Bernsteinschwefelsaures  Natron  lässt  sich  aus  dem  Baryt- 
salz durch  Zersetzen  mit  schwefelsaurem  Natron  und  Behandeln 
der  trockenen  Salzmasse  mit  Weingeist  darstellen.  Es  kiystallisirt 
schwieriger  als  das  Kalisalz,-  ist  leicht  löslich  in  Wasser  und  in  ge- 
wdlmUchem  Weingeist. 

Bernsteinschwefelsaures  Silberoxyd.  Eine  Lösung  von 
salpetersaurem  Silberoxyd  wird  von  Bemsteinschwefelsäure  erst  bei  Zu- 
aatz*  von  Ammoniak  gefallt,  der  Niederschlag  ist  weiss;  beim  Auswa- 


^)  Der  nach  jeder  der  Formeln  sich  berechnende  (behalt  an  Kohlenstoff  nnd 
Waaserstoff  (7,9  and  7,8  Kohlenstoff,  0,38  nnd  0,48  Wasserstoff)  differirt  nicht  so  be- 
deutend, dass  die  Klementaranalyse  hier  bestimmte  Entscheidung  giebt;  dagegen  ist  der 
Qehalt  an  Bleioxyd  am  mehr  als  1  Proo.  verschieden  (72,8  nnd  78,4  Proc),  die 
Bestimmnngsmethode  als  schwefelsaares  Bleiozyd  macht  aber  eine  grössere  Genauig- 
keit möglich;  die  untersacUten  Salze  enthielten  immer  zwischen  78,0  Und  78,1  Blei- 
01^;  8.  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd   XLDC,  S.  208. 

Hand  Wörtarbach  der  Chemie.   2te  Aufl.  Bd.  II.  64 


1010   ^  Bemsteinspiritus.  —  Berthierit. 

sehen  wird  er  zersetzt,  indem  er  sich  dunkelgrün  färbt;  der  Gebilt  la 
SUberoxyd  in  diesem  zersetzten  Salz  wechselt  Fi 

Bemsteinspiritus  hat  man  die  bei  der  trockenen  Destü- 
lation  von  Bernstein  neben  dem  Oel  Übergehende  Essigsäure,  Bernstem- 
säure,  brenzliches  Oel  u.  s.  w.  enthidtende  Flüssigkeit  genannt. 

Bert  hier  in.  lieber  diese  von  Beudant  als  Species  aoige 
stellte  Substanz,  welche,  nach  seiner  Angabe,  kleine  Kom^  bildet,  dk 
sich  im  Aeusseren  oft  nicht  von  solchen  des  Brauneisenerzes  oder  des 
Eisenspathes  unterscheiden ,  lässt  sich  nicht  mit  Bestimmtheit  entackö- 
den,  ob  es  eine  eigene  Species  oder  ein  Gemenge  ist  Berthier  namlici 
fand  48,5  Proc.  Berthierin  im  Gemenge  mit  11,0  Proc.  kohlenssoren 
Kalk  und  40,3  Proc.  kohlensaurem  Eisenoxydul,  und  für  denBerthiem 
selbst  12,4  Kieselsäure,  74,7  Eisenoxydul,  7,8  Thonerde,  5,1  Wasser. 

Ein  eben  so  benanntes  Mineral  von  Hayanges  bei  Metz  von  graaliek 
grüner  oder  leberbrauner  Farbe  mit  gelbem  Striche  zeigte  sich,  nnttf 
der  Loupe  betrachtet,  als  ein  ooUthisches  Gestein,  wo  eine  gränHebe 
amorphe  Grundmasse  zahllose,  kleine,  plattgedrückte  Nierchen  tu 
Brauneisenerz  enthält,  die  zerdrückt  den  Strich  der  ganzen  Masse  gdb 
erscheinen  lassen.  Das  Cement  ist  in  Schwefelsaure  löslich.  Die  UeioeB 
Nierchen  enthalten  im  Inneren  gelben  Eisenocher.  Das  beigemengte  Gv* 
bonat,  an  sich  nicht  sichtbar,  war  nicht  von  Bedeutung,  da  das  ai^glifib 
bemerkbare  Brausen  mit  Salzsäure  bald  fast  ganz  auf  horte  und  mehr  aif 
Kosten  des  lockeren  Zustandes  und  der  hinausgetriebenen  Luft  kommtf  die 
Stückchen  auch  in  dieser  Säure  nicht  zerfallen.  Auch  das  Verhslteo 
beim  Glühen  zeigte,  dass  die  Kömer  Brauneisenerz  sind  i).  K. 

Berthierit,  Haidingerit,  ein  von  W.  Haidinger  nachte 
französischen  Chemiker  Berthier  benanntes,  bei  ChaceUee  in  der  ii- 
vergne  in  Frankreich  auf  einem  Grange  im  Gneiss  vorkommendee  IGnenL 
welches  krystallinisch  stengelig  abgesonderte  derbe  Partien  bildet  naä 
,  nach  mehreren  Richtungen  undentHche  Blätterdurchg&oge  zeigt  Ei  i^ 
eisenschwarz  oder  dunkel  stahlgrau,  metallisoh  glänzend,  ondorchsicfatigi 
Härte  =  2,0  bis  8,0,  specif.  Gewicht  =  4,284.  Yor  dem  Löthrokf 
auf  Kohle  leicht  schmelzbar,  Antimonrauch  und  Beschlag  gebend  v^ 
eine  schwarze,  magnetische  Schlacke  hinterlassend.  In  Salzsäure  to^* 
lösHch,  leichter  in  Salpetersalzsäure.  Aus  der  Analyse  von  Berthier*] 
ergiebt  sich  die  Formel  8FeS.2SbS8.  Aehnliehe  VeibindungeB 
haben  sich  auch  an  anderen  Orten  gefunden  und  da  ihre  EigenschsiU> 
wenig  abweichend  sind,  so  hat  man  sie  bis  jetzt  gleichfalls  Berthifiit 
genannt,  was  jedoch  eigentlich  falsch  ist,  weil  die  Zusammensetsmi 
abweicht.  So  entspricht  das  von  der  Grube  Martouret,  unweit  Chsscl- 
les,  nach  Berthier's  Analyse  der  Formel  SFeS.iSbSs,  ^  ^^ 
Anglar,  im  Departement  de  la  Creuse,  nach  desselben  Analyse  der  Ftf- 
mel  Fe  S  .Sb  Ss  •  Dem  letzteren  nlUiert  sich  ein  ähnliches  Mineral  ▼«> 
der  Grube  Neue  Hofihung  Gottes  zu  Bräunsdorf  in  Sachsen*)  welchtf« 
nach  Bammelsberg^)y  wenig  abweicht  und  mangenhaltig  ist.  Nscb 
einer  Analyse  C.  v.  Haue  r's  ^)  kommt  es  der  zweiten  Formel  am  nachataB- 

»)  Kenngott's  üebersicht  1868,  S.  186.  —  *)  Ann»l.  de  chim.  et  de  pbjfc  [t] 
T.  XXXV,  p.  861.  —  *)  Erdmaan's  u.  Schweigger-Seid.  Joura.  Bd.  IV,  8.  «79.- 
*y  Pogg.  Aanftl.  Bd.  XL,  S.  168.    -  *)  KenngoU'a  üebersicht   1S68,  S.  lU. 


BerthoUetia  excelsa.  —  Bertramwurzel.        1011 


» 


Laoh  J.  ▼.  Petiko^)  analysirie  einen  Berthierit  von  Aranjidka  inOber- 
rngarn  und  stellte  die  Formel  Fe  S .  Sb  Sg  auf.  Ein  anderem  v<5h  La- 
lye  im  Departement  des  Niederrheines  nähert  sich,  nach  A«Danbr^e>), 
ADD  von  Anglar.  R. 

BerthoUetia  excelsa,  ein  hoher  in  Brasilien  einheimi- 
cherBaam,  zu  der  Lecythideae  gehörig,  dessen  grosse  runde  vierfache- 
igen -Früchte  eine.  3  bis  5  Zoll  dicke  Samenkapsel  bilden,  die  16  bis 
10  Kerne,  die  brasilianischen  Kastanien  oder  Paranüsse,  enthal- 
en.  Diese  sind  1  Zoll  lang,  zeigen  eine  unregelmässige  dreiseitige 
Gestalt,  und  enthalten  in  einer  wenig  dicken  holzigen  Schale  einen 
reissen  mit  einer  bräunlichen  Substanz  bedeckten  Kern.  In  dem  Kern 
Lüdet  sich  neben  wenig  Zucker  und  Gummi  50  Proc.  fettes  Oel,  blass- 
;elb,  geruchlos,  bei  0<^  erstarrend,  es  enthält  Stearin,  Palmitin  und 
Slain  (Caldwelis).  Fe. 

BerthoUimeter  ward  Berthollet  zu  Ehren  der  Apparat  ge- 
launt, welcher  diente,  die  Stärke  einer  Chlorlosung  mittelst  titrirter 
iidigolösung  in  einem  graduirten  Glasrohr  zu  bestimmen. 

Bertram  Wurzel,   Badix  pyretkri^  von  Änthemia  Fyrethrum  L. 
Familie  der  Compositae.    Diese  Wurzel  enthält  nach  John: 

Flüchtiges,  fast  geruchloses  Oel  u.  Camphor  Spur 

Scharfes,  weiches  Harz 1,1 

Bitteres  Extract 11,1 

Gummi 20,0 

Inulin 40,0 

Holz  mit  etwas  in  Kali  löslicher  Substanz  .     .     25,0 

Wasser,  einige  Salze  und  Verlust 2,8* 

Gautier  fand  darin  neben  einer  Spur  flüchtiges  Oel: 

Weiche,  fett-  oder  harzartige  Substanz       ...       6 

Extractartigen  Farbstoff 14 

Gummi -11 

Inulin 38 

Holzfaser 36 

Chlorcalcium,  Verlust 2. 

Nach  Koene's  Analyse  enthält  die  Bertram wurzel: 

Braune,  harzartige,  in  Aetzkali  unlösl.  Substanz       0,9 
Dunkelbraunes,  scharfes,  in  Kali  lösliches  Oel  .       1,6 

Gelbes,  in  Kali  lösliches  Oel  0,3 

Gummi ^i4 

Inulin 57,6 

Salze 7,6 

Pflanzenfaser 19)8 

Spuren  von  Gerbsäure  jnd  Verlust     ....       2,6.  • 

Die  Bertramwurzel  ist  bekannt  wegen   ihrer  Schärfe,    in  Folge 

deren  sie  stark    speichelerregend  wirkt.      Diese  Wirkung  wird,  nach 

Koene,  von  der  braunen,  harzähnlichen  Substanz  hervorgebracht,  di« 

in  Wasser  unlöslich,  in  Aether  and  starkem  Alkohol  aber  löslich  ist. 


^)Ebeiid.  1844  bis  1849,  S.  SS6  —  *)  Ebeodaselbst  1852,  S.   106. 
')  Axmftl.  d.  Cbem.  a.  Pharm.  Bd.  XCYUI,  S.  120. 

64* 


1012  Beryll.  —  Beryllium. 

Parisers   Pyrethrin  oder  Bertramwarzelharz  ist  ein  Geraäifi 
dieses  Körpers  mit  den  beiden  Oelen.  Wp. 

Beryll  (Smaragd,  Aquamarin,  dirhomboedriseherSofr 
ragd,  Emerande,  Emerald)  heisst  als  Mineralspecies  das  heiagosa] 
krystallisirende  Beryll-Thonerde-Siiicat,  welches  vorherrschend  prijna& 
sehe  Gestalten  durch  oo  P,  zum  Theil  mit  ooP2  bildet,  deren  Esdei 
meist  die  Basisflächen  zeigen.  Oft  ist  daran  auch  die  hexagonalePyniofiii 
mit  den  Endkanten  =  1 51  o  5'und  mit  den  Seitenkanten  =  59«  53'  und  Bod 
andere  untergeordnete  Gestalten.  Die  Prismenflächen  sind  oft  verticalg« 
streift.  Die  Krystalle  sind  aufgewachsen,  eingewachsen  oder  zu  stenglifä 
Aggregaten  verwachsen,  sie  sind  ziemlich  deutlich  spaltbar,  parallel  ol 
der  Bruch  ist  muschelig  bis  uneben.  Die  gewöhnlichste  Farbe  ist  & 
grüne,  die  bei  einer  Yarität  smaragdgrün  durch  etwas  Chromoxyd,  »tt 
durch  Eisenoxyd  bedingt  wird  und  dann  gelb-  bis  blangrfin  ist,  tä 
finden  sich  Berylle  gelb ,  blau ,  rosenroth  oder  farblos.  Der  GUm  '^ 
glasartig,  die  Durchsichtigkeit  in  höheren  Graden  vorherrschend,  fl 
Theil  durch  zahlreiche  Bisse  und  Sprünge  verkümmert,  bis  herab  sa 
Durchscheinen  an  den  Kanten;  Strich  weiss,  spröde,  Härte  =  7,5  biaR^ 
specif.  Gewicht  =  2,67  bis  2,7  6 .  Die  Zudammensetzong  entspricht  der  Fot 
mel  Be)  O3  .  2  Si Og  -f"  ^^  Og  •  2  Si Og.  L e  wy  ^)  fand  ausserdem  0,1  ?t» 
organische  Substanz,  wahrscheinlich  im  Kohlen  wasserstofi^.  Vor  dentis 
röhre  für  sich  schwer  schmelzbar,  an  den  Kanten  zu  trübem  blasigen  Glüt 
mit  Borax  zu  klarem  Glase,  mit  Phosphorsalz  kein  Kieselskelett  g^ 
in  Säuren  unlöslich.  Als  Varietät  unterscheidet  man  den  Smaragd«« 
gen  seiner  smaragdgrünen  Farbe  von  anderen,  die  nicht  durch  Chr^ 
oxyd  gefärbt  sind,  unter  denen  die  blaugrünen  Aquamarine  httsa 
Undurchsichtige  oder  vielmehr  an  den  Kanten  durchscheinende  Ber;^ 
von  unreinen  Farben  sind  oft  ziemlich  gross,  so  die  von  Langenbieis 
in  Schlesien,  Limoges  in  Frankreich,  Bodenmais  in  Baiem.  Die  grov 
ten  haben  sich  bis  jetzt  zwischen  dem  Connecticat  und  Marimsc  ^ 
Crafton  in  Nordamerika  gefunden,  4'  bis  6'  lang,  2  bis  3000  IM 
schwer.  Die  Smaragde  'kommen  aus  Peru  und  von  KatharinaiM 
in  Sibirien,  minder  schöne  liefert  auch  das  Heubachthal  im  Salfbtnf 
sehen.  Schöne  Berylle  finden  sich  am  Ural,  im  Umengebirge  ^ 
Nertschinsk  in  Sibirien,  in  Irland,  Brasilien  u.  s.  w: 

Schörlartiger  Beryll  wurde  früher  der  zum  Topas  gehörig 
Pyknit  genannt.  Ä- 

Beryllerde  s.  Berylliumoxyd. 
Beryllerdehydrat  s.  Berylliumoxydhydrat 

Beryllium.  Badical  der  Beryllerde.  Von  Wo  hier  (lö^ 
zuerst  dargestellt  Atomgewicht  =  7,0  (87,5  wenn  O  =  100).  ^* 
Beryllerde  ==BeO  genommen,  so  ist  Be  =  4,66  (oder  58,3),  Zeich» 
Be  (oder  G). 

Die  Beduction  des  metallischen  Berylliums  geschieht,  nach  W5i 
1er  ^),  aus  Berylliumchlorid  durch  Kalium,  genau  auf  dieselbe  Art^^ 
die  des  Aluminiums  (s.  dieses).  Sie  geht  in  einem  Augenblick  and  la^^ 
Kochst  starker  Feuerentwickelung  vor  sich.  Nach  dem  völligen  & 
•■«■■■«■^■— "i"-^— ^"'^""'^""■^■^-^^ 

»)  Annal.  de  chim.  et  phys.  (8)  T.  LIII,  p.  6.  —  *)  Pogg.  AnnaJ.  Bd.  XIII,  S.  »I" 


Beryllium.  1013 

Riten  bringt  man  die  geschmolzene  graue  Masse  in  eine  grosse  Menge 
Hassers,  wobei  sich  das  gebildete  Chlorkaliam  auflöst  und  das  Beryl- 
nm  als  ein  schwarzgranes  Pulver  sich  abscheidet^  welches  man  abfil- 
irt,  auswäscht  und  trocknet. 

In  diesem  Znstande  bildet  das  Beryllium  ein  dunkelgraues  Pulver, 
elches  ganz  das  Ansehen  eines  im  feinzertheilteu  Zustande  gefällten 
[etalls  hat.  Unter  dem  Polirstahl  nimmt  es  dunklen  Metallglanz  an. 
lei  der  heftigen  Hitze,  die  im  Moment  seiner  Reduction  entsteht,  nimmt 
I  keine  Art  von  Zusammenhang  an. 

Neuerdings  hat  Debray  das  Beryllium  in  compacter  Form  dar- 
estellt^).  Er  verfahrt  ganz  ähnlich  wie  bei  der  Dardtellnng  des 
luminiums  (s.  dieses),  bringt  in  ein  Glasrohr  ein  Porcellanschift- 
iien,  oder  besser  ein  aus  einem  stark  geglühten  Gemenge  von  Thon- 
rde  und  Kalk  verfertigtes,  mit  Berylliumchlorid,  und  hinter  das- 
dbe  ein  Schiffchen  mit  Natrium;  während  durch  das  Rohr  ein  Strom 
'ohlgetrockneten  Wasserstoffgases  geht,  erhitzt  man,  sobald  sicher  alle 
tmosphärisehe  Luft  aus  der  Röhre  entfernt  ist,  das  Natrium  bis  zum 
chmelzen  und  dann  das  Beryllinmchlorid  bis  zum  Verdampfen.  Der 
rasserstoffgasstrom  fuhrt  die  Dämpfe  des  letzteren  über  das  geschmol- 
me  Natrium,  wo  die  Reduction  des  Berylliums  unter  starker  Wärme- 
[itwickelung  vor  sich  geht.  Das  an  der  Stelle  des  Natriums  sich  bil- 
ende  schwärzliche  Gemenge  von  Chlomatrium  und  reducirtem  Be- 
^llium  schmilzt  man  nach  Zusatz  von  mehr  gut  getrocknetem  Chlor- 
fttrium  als  Flussroittel  in  einem  kleinen  Tiegel  und  erhält  so  Eügelchen 
es  Metalls,  die  sich  von  dem  Chlomatrium  durch  Behandeln  der  Masse 
lit  Wasser  trennen  lassen. 

Das  compacte  Beryllium  hat  ein  specif.  Gewicht  von  2,1 ,  lässt 
ich  schmieden  und  walzen,  ohne  vorher  geglüht  zu  sein,  es  schmilzt 
ei  niederer  Temperatur  als  das  Silber. 

Das  pulverfbrmige  und  das  compacte  Beryllium  zeigen  sich  nun 
i  ihrem  chemischen  Verhalten  etwas  verschieden,  analog  wie  das 
hnliche  Aluminium  (s.  d.);  das  weniger  dichte  pulverformige  Metall 
erbindet  sich  leichter  mit  Metalloiden  als  das  dichtere  geschmol- 
ene  Beryllium,  welches  weniger  leicht  sich  mit  manchen  Metalloiden 
ereinigt.  Das  metallische  Beryllium  oxydirt  sich  bei  gewöhnlicher 
!*emperatur  nicht  an  der  Luft;  das  pulverige  entzündet  sich  bis  zum 
rlühen  erhitzt,  und  verbrennt  mit  lebhaftem  Glanz  zu  Beryllerde;  in 
einem  Sauerstoffgas  ist  die  Verbrennung  besonders  glänzend,  ohne 
ass  dabei  die  Beryllerde  schmilzt.  Enthalt  das  pulverige  Metall  Be- 
yllerdehydrat  beigemengt,  falls  die  Reduction  etwa  unvollständig  war, 
0  zeigt  sich  beim  Verbrennen  in  Sauerstoff  eine  Flamme,  von  Wasser- 
boffgas  aus  dem  Hydratwasser  herrührend.  Das  di^te  Metall  ver- 
rennt vor  dem  Löthrohre  oder  in  Sauerstoffgas  erhitzt  nicht,  sondern 
herzieht  sich  nur  mit  einer  dünnen  Schicht  Oxyd,  welche  die  weitere 
)xydation  verhindert 

Wasser  wird  durch  Beryllium  auch  in  der  Siedhitze  nicht  zersetzt, 
las  compacte  Metall  wirkt  selbst  in  Weissglühhitze  nicht  ein. 

Das  pulverige  Metall  entzündet  sich  beimE.hitzen  in  Chlor-,  Brom- 
»der  Jodgas;  das  dichte  Beryllium  verbindet  sich  mit  trockenem  Chlor- 

^)  Annftl.  de  chim.  et  de  phys.  [3.]  X.  XLIV,  p.  5. 


1014    Beryllium.    Bestimmung  u.  Trennung  desselben. 

gas  anter  Erglühen,  mit  Jod  verbindet  es  eich  erst  bei  dookkr  Rotb- 
glühhitze  und  anscheinend  ohne  Wärmeekitwickeinng. 

In  yerdünnter  Sfinre  lOst  sich  das  pulverige  Berjlliam  imter  Eni* 
wickelnng  von  Wasserstoff,  in  eoncentrirter  Salpetersäure  unter  Bil- 
dang  von  Stickoxyd ,  in  eoncentrirter  Schwefelsäore  nnter  Entwiek^ 
lang  von  schwefliger  S&are.  Das  geschmoleene  Beryllhnn  unttii 
Ohlorwasserstoflgas  in  der  Hitze  anter  Wärmeentwickelang,  es  entwdät 
Wasserstoff,  and  neben  Berylliamohlorid  entsteht  aach  Süiciamdikrid 
wenn  das  Metall  Siliciam  enthält.  Aach  wässerige  Salssäore  löst  d« 
dichte  Metall,  wenn  es  Siliciam  enthält,  dieses  aber  dann  als  soldies  n- 
rücklassend.  Concentrirte  and  aach  verdünnte  Schwefelsäore  15sa 
erst  in  der  Wärme  geschmolzenes  Berylliam  and  schwierig,  Salpetc^ 
säare,  selbst  concentrirte,  oxydirt  es'  in  der  Elälte  gar  nicht,  beim  & 
hitzen  nur  schwierig. 

Wässerige  Kalilaage  löst  das  pulverige  wie  das  dichte  Metall  vt 
ter  Wasserstoffentwickelung;  »wässeriges  Ammoniak  wirkt  dagegen  ii( 
keines  ein« 

Das  geschmolzene  Beryllium  bleibt  in  Schwefelgas  erhitit  udtt 
ändert,  fein  vertheiltes  Beryllium  in  den  Gasen  von  Schwefel,  Seka 
Tellur,  Phosphor  und  Arsen  erhitzt,  verbindet  sich  damit  unter  lebbi- 
ter  Feoererscheinung.  Diese  Verbindungen  werden  durch  Wasser  t» 
setzt  unter  Bildung  von  Beryllerde  und  der  Wasserstoffverbindnng  ^ 
Metalloids. 

Silicium  verbindet  sich  mit  dem  dichten  Beryllium  zu  einer  tpr»* 
den,  harten,  politurfähigen  Legirung,  welche  dem  Berylliummetali  bfr 
gemengt  ist,  wenn  bei  der  Darstellung  das  Natrium  in  einem  Porcdltt^ 
Schiffchen  sich  befindet 

Von  Legirungen  von  Beryllium  mit  anderen  Metallen  ist  bis  jtf 
nur  die  mit  Eisen  dargestellt.  G. 

Beryllium,   Glycium.     Bestimmung  und  Treih 

nung  d essfei ben.  Die  Beryllerdo  hat  zunächst  mit  der  Thonn* 
die  meiste  Aehnlichkeit,  unterscheidet  sich  von  dieser  aber  leicht  donl 
wesentliche  Reactionen  (s.  unten  S.  1022). 

Das  Beryllium  wird  aus  seinen  Losungen  immer  in  der  Fom  ^ 
Hydrat  oder  basisch-kohlensaurem  Salz  abgeschieden ;  durch  GIlibes  s 
Oxyd  oder  Beryllerde  übergeführt,  und  als  solche  gewogen.  R^ 
Beryllerdelösungen  werden  mit  Ammoniak  in  geringem  üebersektf 
versetzt  unter  Zugabe  einiger  Tropfen  Schwefelammonium,  und  der  t^ 
einem  Filter  gesammelte  Niederschlag,  nachdem  er  gut  ausgewaicbs 
worden,  wird  getrocknet,  gegldht  und  dann  gewogen. 

Hat  man  Beryllerde,  wie  es  am  häufigsten  der  Fall  ist,  neben  ThoD«F^ 
und  Eisenoxyd  in  Lösung,  so  schreitet  man  vorerst  zur  Trennung  derTb<«' 
und  Beryllerde  vom  Eisenoxyd,  welches  leicht  auf  zweierlei  Weise  geK^ 
hen  kann.  Einmal  fallt  man  die  Lösang^dieser  drei  Oxyde  mit  öberscbl*^ 
ger  Kalilauge  in  der  Kälte  und  digerirt  längere  Zeit  zur  Auilösong  ^^ 
Thon-  und  Beryllerde.  Das  Eisenoxyd  allein  bleibt  ungelöst  zurfSck,  wel- 
ches durch  Abfiltriren  entfernt  werden  kann.  Ein  anderes  Mal  0 
man  zur  Trennung  der  Beryllerde  vom  Eisen  die  beiden  Oxjrde  dorc^ 
Ammoniak,  sammelt  sie  auf  dem  Filt«r,  wäscht  sie  aus,  trocknet«^ 
glüht  sie.  Sodann  bringt  man  dieselben  sammt  der  Filterascbe  lo  ^ 
gewogenes  PorcellanschifTohen ,  bestimmt  ihr  Gesammtgewioht  nndlae^ 


Beryllium.    Bestimmung  u.  Tremiung  desselben.     1015 

in  dner  B5hre,  worein  man  das  Schiffchen  gebracht  hat,  in  der  Glüh- 
hitze trockenes  Wasserstoffgas  so  lange  darüber  streichen,  als  noch 
Wasser  sich  bildet,  lässt  dann  im  Gasstrom  erkalten  und  wägt  das 
Schiffchen  von  Neaem.  Der  Gewichtsverlust  giebt  die. Menge  Sauer- 
stoff an,  welche  mit  Eisen  zu  Eisenoxyd  verbunden  war;  man  bringt 
den  Inhalt  des  Schiffchens  sodann  in  sehr  verdünnte  Salpetersäure, 
welche  alles  redncirte  Eisen  leicht  auflöst,  während  Beiyllerde,  welche 
nicht  reducirt  war,  darin  unlöslich  ist  (Bivot).  —  Zur  Trennung  der 
BeryUerde  von  der  Thonerde  kann  man  sogleich  die  Lösung  beider  in 
Kali  benutzen.  Man  verdünnt  dieselbe  und  kocht  längere  Zeit;  die 
Beryllerde  wird  dadurch  kalifrei  gefallt,  während  die  Thonerde  in 
Lösung  bleibt.  Man  filtrirt  sie  ab^  wäscht  sie  mit  heissem  Wasser 
auB,  worauf  man  sie  glüht  und  wägt  (C.  Gmelin).  Diese  Methode 
ist  indessen  nicht  genau,  wie  Weeren  ^)  gefunden  hat,  indem  die  Be- 
ryllerde auch  bei  längerem  Kochen  der  Flüssigkeit  nicht  vollständig 
niedergeschlagen  wird.  —  Beryllerde  lässt  sich  von  der  Thonerde 
auch  durch  kohlensaures  Ammoniak  trennen.  Man  fällt  beide  Oxjde 
aus  ihrer  sauren  Lösung  entweder  durch  Ammoniak  und  digeiirt  den 
ausgewaschehen  noch  feuchten  Niederschlag  in  einer  verschlossenen 
Flasche  anhaltend  mit  einer  concentrirten  Lösung  von  kohlensaurem 
Ammoniak  oder  setzt  unmittelbar  kohlensaures  Ammoniak  in  ooncen- 
trirter  Lösung  und  im  üeberschuss  zur  Auflösung  beider  Erden.  Nur 
die  Beryllerde  ist  löslich,  man  filtrirt  von  der  Thonerde  ab,  dampft  ent- 
weder das  Filtrat  in  einer  Fprcellan-  oder  Platinschale  zur  Trockne  ein 
und  glüht  und  wägt  die  rückbleibende  Beryllerde,  oder  übersättigt  die 
Lösung  mit  Chlorwasserstoffsäure  und  fällt  die  Beryllerde  mit  reinem 
Ammoniak.  Auch  diese  Methode  ist,  nach  Weeren,  nicht  genau,  da  sich 
bei  Gegenwart  der  Beryllerde  eine  nicht  unbedeutende  Menge  der  für  sich 
in  kohlensaurem  Ammoniak,  völlig  unlöslichen  Thonerde  mit  auflöst  -^ 
Berthier's  Verfahren  beide  Erden  zu  trennen,  indem  er  das  Gemenge 
von  Thonerdehydrat  und  Beryllerdehydrat  durch  Fällen  der  Salze  mit 
Ammoniak  erhalten,  in  wässeriger  schwefliger  Säure  löst,  und  dann 
kocht,  so  lange  sich  schweflige  S^Hre  entwickelt  und  basisch -schwefel- 
saure Thonerde  als  schweres  Pulver  niederfallt,  während  Beryllerde 
in  Lösunff  bleibt,  ist,  nach  Böttinger  und  Weeren,  ebenfalls  nieht 
genau,  da  mit  der  Thonerde  stets  erhebliche  Mengen  Beryllerde  ge- 
fkllt  werden.  —  Die  genauste  Trennungsweise  der  beiden  Erden  ist 
die,  welche  Berzelius  angegeben  hat.  Man  kocht  nämlich  die  durch 
Ammoniak  gefällten  Oxyde  mit  einer  concentrirten  Lösung  von  Chlor- 
ammonium so  lange,  bis  die  entweichenden  Wasserdämpfe  vermittelst 
eines  in  Salpetersäure  getauchten  Glasstabes  keine  Spur  von  Ammoniak 
mehr  zu  erkennen  geben.  Die  Beryllerde  geht  hierbei  in  Lösung,  die 
Thonerde  bleibt  zurück.  Es  ist,  nach  Weeren,  aber  wesentlich,  die 
beiden  Erden  erst  nach  Zusatz  der  sehr  concentrirten  Chlorammo- 
niumlösung zu  fallen,  lange  genug  zu  kochen  und  nicht  zu  weit  einzu- 
dampfen, und  die  von  der  Thonerde  abfiltrirte  Beryllerdelösung  nicht 
mit  Ammoniak,  sonderoimit  Schwefelammonium  niederzuschlagen.  — 
Auch  durch  kohlensauren  Baryt  wird,  nach  Weeren,  aus  saurer  Lö- 
sung nicht  Thonerde  allein  niedergeschlagen,  sondern  ebenfalls  etwas 
Beryllerde. 


0  Fogg.  Annftl.  Bd.  XCII,  S.  91. 


1016  Berylliumbromid.  —  Berylliumfluorid. 

Dorch  die  F&llbarkeit  der  Beryllerde  mit  Ammoniak  ist  ein  IGt- 
tel  gegeben,  sie  von  den  alkalischen  Erden  zu  trennen.  Btt  Gegen- 
wart von  Magnesia  raoss  man  vorher  etwas  Chlorammonium  zuetzen. 
Oder  man  föllt  vorerst  Barjt  and  Strontian  dorch  SehwefelsSnre  nsd 
den  Kalk  mit  ozalsaurero  Ammoniak  etc.  G. 

Berylliumbromid,  Bromberjllium,Bromglyciam;F(x^ 
mel  des  wasserfreien:  Be^Bri.  BerylHnm  entzündet  sich  beim  Erlut»8 
in  Bromgas.  Das  CDtstehende  Bromid  snblimirt  sich  in  langen  fsibkv 
sen  Prismen,  ist  schmelzbar,  flüchtig  und  löst  sich  unter  starker  &^ 
hitznng  in  Wasser  auf.  Auch  Beryllerdehydrat  löst  sich  in  w&sseriger 
Bromwaaserstoflfsäure ;  beim  Abdampfen  sollen  sich  zerfliessliche  &7- 
stalle  von  Wasser  haltendem  Bromid  bilden,  welche  beim  Glahen 
Beryllerde  zurücklassen  (Berthemot).  G. 

Berylliumchlorid,  Chlorberyllium,  Chlorglyciam; 
Formel  des  wasserfreien :  Be^  GI3.  I>ie  wasserfreie  Verbindung  wird,  wie 
das  Aluminiumchlorid,  durch  Glühen  eines  Gemenges  von  Beryllerde  mit 
Kohlenpulver  in  einem  Strom  von  trockenem  Chlorgaa  erhalten  (ä 
Böse).  Oder  man  glüht  ein  inniges  Gemenge  von  fein  gepulvertem  Be- 
ryll und  Kohle  in  einem  Strom  trockenen  Chlorgases.  Das  sich  bildende 
Süiciumchlorid  wird  durch  das  überschüssige  Gas  mit  weggefahrt  und  di» 
Aluminiumchlorid  als  leichter  flüchtig  durch  Erhitzen  vom  Beryllioo- 
Chlorid  absnblimirt  (D  e  bray ).  Letzteres  snblimirt  sich  theils  in  farbloses, 
dicht  verwebten  Prismen,  theils  bildet  es  da,  wo  es  der  Hitze  ausgesetzt 
war,  eine  feste,  bräunliche  Masse.  Es  ist  leicht  schmelzbar  und  sii1>li- 
mirbar,  zerfliesst  an  der  Luft  und  löst  sich  unter  starker  Erhitzung  ib 
Wasser  auf.  Beim  vorsichtigen  Abdampfen  der  wässerigen  Losaag 
von  Chlorberyllium  in  Wasser»  oder  von  Beryllerdehydrat  in  über 
schüssiger  Salzsäure,  bilden  sich  undeutliche  Krystalle,  Be^Gls-j-l^H 
(Awdejew);  sie  sollen  nicht  zerfliesslich ,  aber  in  Wasser  nnd  io 
Alkohol  leicht  löslich  sein.  Wird  Chlorwasserstoffsäure  mit  BervU- 
erdehydrat  gesättigt,  so  bleibt  beim  Abdampfen  eine  basische  Verbio* 
düng  als  gewöhnliche  Substanz  zurück.  Wird  die  neutrale  Lösung  der 
Beryllerde  in  Salzsäure  mit  Beryllerdehydrat  gekocht  oder  unvollstiB- 
dig  durch  Ammoniak  gefallt,  so  entsteht  ein  in  Wasser  unlöslichem 
basisches  Chlorid.  Das  wässerige  neutrale  Chlorid  wie  die  basiBchei 
Verbindungen  hinterlassen  beim  Glühen  reines  Oxyd.  Das  BerylltiUD- 
chlorid  bildet  mit  Chloralkalien  keine  Doppelverbindungen  wie  dai 
Aluminiumchlorid.  G. 

Berylliumeisen,  Glyciumeisen  ist  durch  WeissgluheD 
eines  Gemenges  von  EiBen  mit  Beryllerde  und  Kohle  (Stromeyer)« 
oder  von  Eisen,  Beryllerde  und  Kalium  (H.  Davy)  dargestellt,  so  wie 
bei  Zersetzung  von  in  Wasserstoffgas  eingeschlossener  Beryllerde,  mit- 
telst einer  starken  Volta'schen  Säule,  deren  negativer  Pol  Eisendrabt 
ist,  der  durch  den  elektrischen  Strom  geschmolzen  wurde  (H.  Datv)» 
Das  vonStromeyer  erhaltene  Metall  ist  weiss  und  weniger  geschmei- 
dig als  Eisen,  es  löst  sich  in  Säuren  unter  Bildung  von  BeryllerdesaU 
und  Eisenoxydulsalz.  Fe, 

Berylliumfluoricl,  Fluorberyllium, Fluorglycium;  For- 
mel: Bo.jFla.     Die  wasserfreie  Verbindung  ist  unbekannt.     Die  Auf- 


Berylliumjodid.  —  Berylliumoxyd.  1017 

58iing  von  Beryllerdehjdrat  in  wässeriger  Flaorwasserstoflsänre  treck- 
et zu  einer  farblosen^  durchsichtigen,  guromiähnlichen  Masse  etn,  wei- 
he unter  60^  C.  klar  bleibt,  bei  lOQO  C.  Wasser  verliert,  milchweiss  wird , 
ich  dann  aufbläht  und  beim  Glühen,  wenn  nicht  zuvor  alles  Wasser 
nsgetrieben  ist,  einen  Theil  der  Säure  verliert.  Lost  sich  auch  nach 
.em  Erhitzen  leicht  in  Wasser  (Berzelius).  Wird  die  Auflösung  von 
laorberyllfum  mit  einer  Auflösung  von  Fluorkalium  versetzt,  so  fällt 
ine  Doppelverbindung: 

Kalium-Berylliumfluorid,  Kalium  -Glyciumfluorid, 
Mnorberylliumkalium  =  3KFl-|-Be2Fl3,  fällt  in  kleinen  schnppi- 
;en  Krystallen  nieder.  Wird  gelöstes  Chlorberyllinm  mit  überschüssi- 
gem Kaliumflnorid  gefällt,  so  scheidet  sich  die  Verbindung  als  Gal- 
srte  ab;  die  Lösung  derselben  in  heissem  Wasser  giebt  beim  Erkalten 
.neh   wieder  Krystallschuppen  (Berzelius).  G, 

Berylliumjodid,  Jodberyllium,  Jodglycium;  Formel: 
icj  Ig-  Beryllium  in  Jodgas  erhitzt,,  entzündet  sich,  und  es  sublimirt 
las  Jodid  in  farblosen,  in  Wasser  leicht  löslichen  Prismen  (Wo hl  er). 
)as8elbe  ist  noch  weniger  flüchtig  als  die  Chlorverbindung,  und  wird 
lurch  Sauerstofi^  schon  bei  der  Hitze  einer  Weingeistlampe  zu  Jod  und 
Jeryllerde  zersetzt  (Debray),  *  ö. 

Berylliumoxyd,- Beryllerde,  Glycin-  oder  Süsserde, 
jrlyciumoxyd,  Glucine  (von  yAvxvjj,  süss)-  Von  Vauquelin 
iutdeckt.  Formel:  Be2  Og  (oder  Gj  Oa)^),  findet  sich  in  der  Natur  mit 
Sieseisäure  und  Thonerde  verbunden  im  Beryll  (Smaragd)  und  Enklas, 
nit  Kieselsäure,  Thonerde  un^  den  Ceroxyden  in  einigen  Gadoliniten, 
nit  Thonerde  allein  im  Chrysoberyll,  mit  Kieselsäure  allein  im  Phena- 
dt  und  in  geringerer  Menge  in  noch  einigen  anderen  seltenen  Minera- 
ien.  Am  geeignetsten  zur  Darstellung  der  Beryllerde  ist  der  gemeine 
3eryll,  ein  Doppelsilicat  von  Beryllerde  und  Thonerde,  welcher 
LS^/a  Proc.  Beryllerde  enthält.  Er  wird  höchst  fein  gepulvert,  wel- 
ches mit  ziemlicher  Schwierigkeit  verbunden  ist,  und,  da  er  von  Säuren 
licht  zej;setzt  wird,  mit  dem  dreifachen  Gewicht  kohlensauren  Kalis 
Hier  Natrons  im  Platin-  oder  hessischen  Tiegel  bei  starker  Glühhitze 
:u8am mengeschmolzen.  Die  geschmolzene  Masse  wird  in  Salzsäure 
gelöst,  mit  einem  üeberschuss  dieser  Säure  vollständig,, aber  vorsichtig 
:nr  Trockne  verdunstet  und  wieder  in  etwas  salzsäurehaltigem  Wasser 
relöst,  wobei  die  Kieselsäure  unlöslich  zurückbleibt.  Die  davon  abfil- 
rirte  Lösung,  welche  Chlorberyllium  und  Chlor  aluminium  nebst  etwas 
Sisen  enthält,  wird  durch  Ammoniak  gefallt.  Der  Niederschlag  kann 
lun  mit  Hülfe  verschiedener  Operations  weisen  zur  Abscheidung  der 
■einen  Beryllerde  benutzt  werden.  Die  eine  Methode  besteht  darin, 
lass  man  den  erhaltenen  Niederschlag  gut  auswäscht  und  noch  nass 
nit  einer  nicht  zu  concentrirten  Auflösung  von  kohlensaurem  Ammo- 
liak  digerirt,  welche,  in  hinreichender  Menge  angewandt,  alle  Beryll- 

')  Von  manchen  Chemikern  wird  die  Beryllerde  auch  betrachtet,  als  nach  der 
Formel  BeO  zusammengesetzt,  ihrer  Eigenschaft  halber,  das  Ammoniak*  aus  dem 
Salmiak  zu  entbinden,  welches  fttr  die  Monoxydc  des  Calciums,  Bariums,  Strontiums 
and  Magnesiums  charakteristisch  ist.  Gegen  diese  Formel  spricht  indessen,  dass, 
irenn  man  die  Formel  Be^  0^  zu  Grunde  legt,  ihr  specif.  Volumen  sich  nahe  gleich  dem 
1er  Thonerde  berechnet,  mit  welcher  sie  in  vielen  Eigenschaften  Obereinstimmt. 
U.  Böse  (Pogg.  Annal.  Bd.  LXXIV,  S.  433). 


1018  Berylliumoxyd. 

erde  aussieht  Die.  FlÜBsigkeit  wird  von  der  Thonerde  and  dem  Einm- 
oxyd  abfiltrirt,  in  einem  Kolben  so  lange  gekocht,  bie  »Uea  Aimnoniak- 
salz  verflüchtigt  ist,  wobei  sich  die  Beryllerde  als  weiaaea  piÜTengci, 
kohlensanres  Salz  abscheidet,  ans  welchem  durch  GlQhen  die  EohleD- 
s&ure  ausgetrieben  wird.  —  Eine  andere  sch&rfere  TreBnnngsmethode 
besteht  nach  C.  Gmelin  darin,  dass  man  das  durch  Ammoniak  gefaihe 
Gemenge  mit  kaustischer  Kalilauge  digerirt,  worin  aich  Beryll-  und 
Thonerde  auflösen  mit  Zurücklassung  des  Eisenoxyds,  welches  abfiltiiit 
wird.  Die  gehörig  mit  Wasser  verdünnte  alkalische  Lösung'  wird  daaii 
ungefähr  eine  halbe  Stunde  lang  im  Sieden  erhalten,  wodurch  sich  die 
Beryllerde  allein  niederschlägt  —  Die  dritte  Methode  rührt  Fon  Ber- 
zelius  her  und  ist  die  beste  zur  Darstellung  reiner  Beryllerde  0.  Mu 
versetzt  den  mit  Ammoniak  erhaltenen  Niederschlag  mit  viel  Chlonoi- 
monium  und  kocht  unter  öfterem  Zusatz  von  Wasser  so  lange,  als 
Ammoniak  entweicht,  wodurch  die  Beryllerde  allein  als  ChlorberylüniB 
aufgelöst  wird,  man  flltrirt  vom  Niederschlage  ab  und  fallt  aus  dem  stark 
verdünnten  Flltrat  die  Beryllerde  mit  Ammoniak  als  Beryllerdehydnt 
Dieses  wird  ausgewaschen,  getrocknet  und  geglüht. 

Eine  vierte  Methode  hat  Debray^)  angegeben.  Gepalvert«* 
Beryll  wird  mit  der  Hälfte  seines  Gewichts  an  Aetzkalk  gemis^^t,  in 
einem  irdenen  Tiegel  im  Gebläseofen  geschmolzen;  die  entstehende 
glasartige  Masse  wird  gepulvert  und  mit  verdünnter  Salpetersänre  zs 
einem  dicken  Brei  angefeuchtet,  welcher  unter  Umrühren  mit  concen- 
trirter  Salpetersäure  versetzt  wird;  es  entsteht,  namentlich  bei  dem  Er- 
wärmen, eine  homogene  Gallerte,  welche  zur  Austreibung  der  frei» 
Salpetersäure  und  dann  so  weit  erhitzt  wird,  bis  die  salpetersaorai 
Salze  von  Thonerde,  Beryllerde  imd  Eisenoxyd  vollständig,  and  der 
Salpetersäure  Kalk  theilweise  zersetzt  ist  Aus  dem  Bückstande,  welcher 
ausser  Kieselsäure  unlösliche  Thonerde,  Beryllerde  und  Eiaenoxyd,  so- 
dann salpetersauren  und  etwas  freien  Kalk  enthält,  wird  der  Kalk  voll- 
ständig durch  Kochen  mit  Chlorammonium  haltendem  Wasser  ausgezc'- 
gen,  wobei  die  Ammoniakentwickelung  lediglich  von  der  Einwirkang 
des  Kalkes  auf  das  Chlorammonium  herrührt  und  nicht  von  der  Beryll- 
erde, welche  ungelöst  bleibt.  Den  ausgewaschenen  Knckstand  kotiA 
man  während  einiger  Stunden  mit  Salpetersäure  und  versetzt  die  ^t- 
stehende  Lösung  von  Thonerde,  Beryllerde  und  Eisenoxyd  nach  den 
Abfiltriren  von  der  Kieselsäure  mit  einer  Lösung  von  kohlensaorcff 
Ammoniak,  der  etwas  Ammoniak  beigegeben  worden  ist.  Alle  Oxyde 
werden  zuerst  gefallt,  die  Beryllerde  aber  bei  längerem  (achttägigeie) 
Digeriren  mit  der  Flüssigkeit  wieder  vollständig  aufgelöst  Aas  den 
durch  Zusatz  einiger  Tropfen  Schwefelammonium  von  etwas  Eisen  be- 
freitem Flltrat  kann  dann  das  kohlensaure  Ammoniak  verdampft  wer- 
den, wobei  sich  die  kohlensaure  Beryllerde  abscheidet,  während  eine 
Lösung  von  salpetersaurem  Ammoniak  zurückbleibt. 

Zur  Aufschliessung  des  Berylls  kann  man  sich  auch  der  concentrirteo 
Flusssäure  bedienen.  Das  sehr  fein  gepulverte  Mineral  wird  damit  'm 
bedeckten  Platintiegel  längere  Zeit  digerirt,  wodurch  es  in  Fluorkiesel- 
Beryllium  und  -Aluminium  vorwandelt  wird;  die  Masse,  die  noch 
überschüssige  Säure  enthalten  muss,  wird  zur  Trockne  verdunstet,  mil 


»)  Weeren.  Pogg.  AnnnU  Bd.  XCII,  S.  Ul.  —  ^)  AnDal.  d«  chim.  «t  de  phrs. 
[8.]  T.  XUV,  p.  6. 


BerylUumoxydhydrat.  1019 

concentrirter  Schwefelsäure  yenDischt  nnd  damit  so  lange  digerirt,  bis 
alle  Kiesels&nre  als  Flnorkiöselga«  weggegangen  ist  Die  sohwefelsanren 
Salze  werden  dann  in  Wasser  gelöst  nnd  wie  oben  behandelt.  —  Oder 
endlich,  man  glöht,  wie  bei  der  Darstellung  des  Aluminiumchlorids, 
ein  inniges  Gemenge  von  Beryllpulver  und  Kohle  in  einem  Strome  von 
Chlorgas.  Das  flüchtigere  Chlorsilicinm  wird  durch  das  überschüssige 
Gas  weggeHShrt  und  man  erhält  ein  Sublimat  von  Aluminium-  und  Be- 
ryllium-Chlorid, welches  in  Wassser  aufgelöst  und  wie  oben  behandelt 
wird. 

Die  aus  dem  Beryll  abgeschiedene  Beryllerde  ist  ein  weisses,  ge- 
schmackloses, amorphes  Pulver,  welches  beim  Glühen  nicht  erhärtet  und 
nur  in  der  Flamme  des  Sauerstoffgasgebläses  schmelzbar  ist.  Ueber  der 
Spirituslampe  geglüht,  besitzt  sie  ein  specif.  Gewicht  von  3,08  bis  3,09, 
und  erscheint  unter  dem  Mikroskope  als  amorphe  durchscheinende 
Masse.  Nachdem  sie  der  Hitze  des  Porcellanofens  ausgesetzt  war,  hat 
die  Erde  ein  specif.  Gewicht  =  3,02  bis  3,03  und  erscheint  jetzt  in 
mikroskopischen  Krystallen  (H.  Rose).  Krystalle  von  Beryllerde  erhält 
man,  nach  Ebelmann^),  auch,  wenn  man  kieselsaure  Beryllerde  mit 
Überschüssigem  kohlensauren  Natron  stark  und  anhaltend  glüht  bis  zur 
theilweisen  Verflüchtigung  des  Lösungsmittels.  Sie  stellen  hezagonale 
Prismen  mit  Pyramiden  dar,  und  sind  der  Thonerde  isomorph,  was  eben- 
falls zu  beweisen  scheint,  dass  die  Formel  der  Beryllerde  der  der  Thon- 
erde analog  ist.  Die  Krystalle  besitzen  eine  Härte,  welche  grösser  ist 
als  die  des  Quarzes  und  Smaragds,  unä  ein  specif.  Gewicht  von  3,02 
bis  3,06 ;  sie  werden  nur  von  heisser  concentrirter  Schwefelsäure  ange- 
griffen. —  Nach  Debray^  erhält  man  ebenfalls  mikroskopische  Kry- 
stalle, wenn  man  die  mit  schwefelsaurem  Kali  gemischte  schwefelsaure^ 
Beryllerde  durch  starke  Hitze  zersetzt. 

Die  reine  Beryllerde  ist  ganz  unlöslich  in  Wasser,  geschmacklos, 
und  ohne  Reaction  auf  Pflanzenfarben,  sie  löst  sich  in  Säuren  weniger 
leicht  als  das  Hydrat  und  um  so  langsamer,  je  stärker  das  Oxyd  vorher 
geglüht  war.  Das  geglühte  Oxyd  löst  sich  nicht  in  wässerigem  kausti- 
schen Alkali;  wird  es  mit  reinem  Alkali  geschmolzen,  so  löst  Wasser 
nur  Kali  auf  und  lässt  Beryllerde  zurück,  die  sich  auch  nur  langsam 
in  Salzsäure  löst.  Auch  aus  der  mit  kohlensaurem  Alkali  erhaltenen 
Schmelze  geht  nur  eine  geringe  Menge  Beryllerde  in  Lösung,  und 
scheidet  sich  aus  der  Luft  nach  Anziehung  von  Kohlensäure  bald 
wieder  ab.  Durch  Schmelzen  mit  saurem  schwefelsauren  Kali  wird 
die  Beryllerde  vollständig  löslich.  Vor  dem  Löthrohr  förbt  sie  sich  mit 
salpetersaurem  Kobaltoxydul  befeuchtet  nach  dem  Glühen  nicht  blau. 

Berylliumoxydhydrat,  Beryllerdehydrat.  Formel: 
BcjO,  .  3  HO  (bei  100»  C.  getrocknet,  Weeren»);  BcgOg  -f  4H0 
( Schaff gotsch).  Dasselbe  wird  erhalten  durch  Fällung  von  aufge- 
löstem Beryllerdesalz  durch  Alkali,  es  wird  am  besten  dargestellt  aus 
Chlorberyllium  durch  Fällen  mit  überschüssigem  Ammoniak.  Es  stellt 
eine  weisse  voluminöse,  dem  Thonerdehydrat  ähnliche  Masse  dar,  welche 
beim  Trocknen  zusammenschrumpft  und  ein  sehr  hygroskopisches  weis- 
ses  amorphes  Pulver  giebt,  das  ans    der  Luft  Kohlensäure  anzieht 


*)  Coinpt.  rend.  de  Tacad.  T.  XXXII,  p.  710.  —  *)  Annal.  de  chim.  et  de  phys. 
[3.]  T.  XT.IV,  p.  6.  —  •)  Pogg.  Annal.  Bd.  XCIl,  S.  91. 


1020         Beryll iumoxydsalze.  -^  Berylliumsalze. 

Das  Hydrat  löst  sich  leicht  in  Säure  und  beim  Kochen  aelbat  in  SaX- 
miak  unter  Abscheidnng  von  Ammoniak.  Eigenthümlich  ist  sein  Ver- 
halten gegen  reine  und  kohlensaure  Alkalien. 

Es  löst  sich  etwas  in  reinem  Ammoniak;  weniger  nach  ZoMts 
von  etwas  Chlorammonium  (ein  Ueberschuss  lost  es  beina  EIrwänn«n 
auf),  gar  nicht  bei  Zusatz  von  Schwefelammonium.  Das  Beryllerde- 
hydrat ist,  besonders  frisch  gefallt,  und  noch  feucht  leicht  loälicb 
in  Kali-  und  Natronlauge,  auch  in  kohlensaurem  Ammoniak,  we- 
niger leicht  in  fixen  kohlensauren  Alkalien.  Die  Lösung  des  Hy- 
drats in  concentrirter  Kalilauge  verändert  sich  beim  Kochen 
nicht,  nach  dem  Verdünnen  mit  hinreichend  Wasser  schlagt  es  sidi 
beim  Sieden  vollständig  nieder;  der  Niederschlag  ist  kaUhaltend  (nach 
früheren  Angaben  kalifrei)  und  unlöslich  in  reinen  und  in  kohlen- 
sauren Alkalien,  aber  leicht  löslich  in  Säuren.  Nach  dem  Auswaschen 
mit  Wasser  soll  er  kalifrei  sein,  und  sich  in  Kalilauge  wieder  losen, 
ebenso  wird  der  Niederschlag  durch  Auflösen  in  Säure  and  Fällen  mit 
Ammoniak  wieder  löslich  in  Kalilauge.  Beim  Kochen  der  in  verdünntem, 
kohlensaurem  fixen  Alkali  gelösten  Beryllerde  scheidet  sich  reines 
Beryllerdehydrat  ab,  der  Niederschlag  ist  in  der  Kälte  löslich  in  reinen 
Alkalien.  Beim  Kochen  der  Lösung  des  Hydrats  in  kohlensaurem 
Ammoniak  scheidet  sich  basich-kohlensaures  Salz  ab. 

Man  nahm  früher  an,  dass  das  in  Kall  unlösliche  Hydrat,  welches 
aus  der  alkalischen  Lösung  beim  Kochen  niederfallt,  eine  besondere 
Modification  des  Oxyds  enthalte;  es  ist  möglich,  dass  es  ein  eigen- 
thümliches  Hydrat  ist,  wahrscheinlicher  aber,  dass  es  noch  Alkali 
enthält. 

Dass  das  Hydrat  sich  aus  der  Lösung  in  Kalilauge  beim  BIocheD 
abscheidet,  und  dass  es  in  kohlensaurem  Ammoniak  wie  in  kohlensau- 
rem Kali  oder  Natron  löslich  ist,  unterscheidet  das  Beryllerdehydrat 
wesentlich  von  dem  ähnlichen  Thonerdehydrat.  p^ 

Berylliumoxydsalze  s.  Berylliumsalze. 

Berylliumphosphoret,  Glyciumphosphoret.  Beryl- 
liummetall verbrennt  in  Phosphordampf  unter  Feuererscheinung  m 
einem  grauen  Pulver,  welches,  in  Wasser  gebracht,  zerfallt  unter  Ent- 
wickelnng  von  selbstentzündlichera  Phosphorwasserstofigas. 

ßerylliumsalze,  Glyciumsalze,  Sfisserdesalze.  Die 
Beryllerde  hat  zu  den  Säuren  eine  schwächere  Verwandtschaft  als 
die  erdigen  Alkalien,  und  auch  als  die  Yttererde,  aber  eine  stärkere 
als  die  Thonerde,  denn  ihr  Hydrat  zersetzt  beim  Kochen  die  Ammo- 
niaksalze. Die  Beryllerde  löst  sich  als  Hydrat  leicht  in  Säuren,  schwie- 
riger nach  dem  Glühen;  sie  wird  durch  Schmelzen  mit  schwefelsaurem 
Kali '  löslich ;  mit  reinem  Alkali  zusammengeschmolzen  giebt  sie  keine 
in  Wasser  lösliche  Verbindung.  Die  Base  ist  nicht  stark,  die  löslichen 
neutralen  Salze  röthen  daher  Lackmus.  Die  Beryllsalze  sind  farblos, 
wenn  die  Säure  nicht  gefärbt  ist,  zum  Theil  krystallisirbar,  die  mei- 
sten neutralen  Salze  sind  löslich  in  Wasser ,  diese  haben  einen  zusam- 
menziehenden, süsslichen  Geschmack,  daher  der  Name  der  Base,  Süss- 
oder  Glycinerde.  Viele  der  in  Waf^ser  unlöslichen  Salze,  z.  B-  die 
phosphorsanren,  kohlensauren  u.  a.,  lösen  sich  leicht  in  Säuren;  die 
kieselsauren  Verbindungen  dagegen  werden  erst  durch  Aufschlieasen 


Berylliumsalze.  1021 

mit  BchwefelBaurein  Kali  löalicb;  beim  Schmelzen  mit  reinen  oder  koh- 
lensauren Alkalien  wird  die  Beryllerde  abgeschieden  und  ist  dann  in 
Säure  löslich  (s.  unten).  Die  Beryllerdesalze,  welche- flüchtige  Säuren 
enthalten,  selbst  das  schwefelsaure  Salz,  werden  durch  Glühen  zer- 
setzt, das  wasserfreie  Chlorberyllium  ist  ohne  Zersetzung  flüchtig. 

Die  aus  den  Beryllsalzen  erhaltenen  Niederschläge  sind  oft  basi- 
sche Verbindungen,  welche  in  ihrem  ganzen  Verhalten  dem  reinen 
Hydrat  ähnlich  sind,  so  dass  der  Gehalt  an  Säure  leicht  übersehen 
wird.  Freie  Säuren,  auch  Kieselflusssäure,  fällen  die  Beryllerdesalze 
nicht;  auch  Schwefelwasserstoff  bringt  darin  keinen  Niederschlag  her- 
vor; Schwefelammonium  giebt  in  neutralen  Lösungen  einen  Nieder- 
schlag von  Beryllerdehydrat.  Besonders  charakteristisch  ist  das  Ver- 
halten der  reinen  Alkalien  gegen  Beryllerdesalze;  Kali-  oder  Natron- 
lauge fallen  aus  den  Lösungen  gallertartiges  Beryllerdehydrat,  welches 
sich  in  einem  Ueberschuss  des  Alkalis  löst;  beim  Kochen  der  verdünn- 
ten Lösung  fallt  das  Beryllerdehydrat  vollständig  nieder  und  löst  sich 
beim  Erkalten  nur -in  sehr  geringer  Menge  wieder;  war  die  Kalilange 
zu  concentrirt,  so  scheidet  sich  das  Hydrat  aus  der  kochenden  Lö- 
sung erst  auf  Zusatz  von  Wasser  ab,  aber  dann  sogleich.  Wird  Be- 
ryllerdesalz mit  Alkalihydrat  geschmolzen^  so'  löst  Wasser  aus  der 
Schmelze  nur  das  Alkali  auf  und  lässt  die  Beryllerde  zurück,  die  sich 
jetzt  auch  in  Salzsäure  schwer  löst.  Beines  Ammoniak  fällt  die  Beryli- 
salze  auch  bei  Gegenwart  von  Ammoniaksalz  in  gleicher  Weise  wie 
die  fixen  Alkalien,  aber  ein  Ueberschuss  von  Ammoniak  löst  den  Nieder- 
schlag nicht. 

Einfach-  und  doppelt-kohlensaure  fixe  Alkalien  fallen  aus  den  Lö- 
sungen das  kohlensaure  Salz  als  voluminösen  Niederschlag,  der  sich  in 
einem  grossen  Ueberschuss  des  Fällungsmittels  löst;  sind  diese  Lösun- 
gen verdünnt,  so  wird  durch  Kochen  ein  Niederschlag  erhalten,  der  in 
reiner  Kalilauge  leicht  löslich  ist. 

Beim  Glühen  von  Beryllerdesalzen  mit  kohlensauren  Alkalien  ent- 
weicht nur  wenig  Kohlensäure;  aus  der  geschmolzenen  Masse  zieht 
Wasser  das  Alkali,  aber  wenig  Beryllerde  aus. 

Kohlensaures  Ammoniak  fallt  die  Beryll  erdesalze,  der  Niederschlag 
löst  sich  in  dem  Fällungsmittel  leichter  als  bei  den  fixen  kohlensau- 
ren Alkalien ;  beim  Kochen  der  Lösung  scheidet  das  Oxyd  sich  wie- 
der ab. 

Phosphorsaures  Natron  fällt  phosphorsaure  Beryllerde;  Oxalsäure 
und  oxalsaures  Salz  giebt  keinen  Niederschlag.  Werden  heisse  concen- 
trirte  Lösungen  von  Fluorkalium  und  Beryllerdesalz  miteinander  ge- 
mischt, so  scheidet  sich  beim  Erkalten  Kalium-Fluorberyllium  in  schup- 
pigen Krystallen  ab.  —  Ferrocyankalium  macht,  dass  die  Lösung  der 
Salze  nach  einiger  Zeit  gallertartig  gerinnt. 

Barytwasser  fällt  die  Beryllsalze,  der  Niederschlag  löst  sich  im 
Ueberschuss  und  fällt  nicht  beim  Kochen  der  Lösung  für  sich,  leicht 
aber  auf  Zusatz  von  Ammoniaksalz.  Kohlensaurer  Baryt  fallt  die  Salze 
in  der  Kälte  auch  bei  längerer  Berühmng  nicht,  aber  sogleich  beim 
Kochen. 

Bei  Gegenwart  von  nicht  flüchtigen  organischen  Substanzen  wird 
die  Beryllerde  nicht  durch  die  gewöhnlichen  Beagentien  gefallt,  jene 
müssen  daher  zuerst  durch  Glühen  zerstört  werden. 

Mit   salpetersaurem    Kobaltoxydul   befeuchtet,    wird  die  Beryll- 


1022  Berylliumseleaiuret.  —  Berzeliit. 

erde  beim  Glühen  vor  dem  Lölhrohre  nicht  blau,    soi^ern  gnuiblu 
(B.  Bo8e). 

Die  Beactionen  der  Beryllerdesalxe  anterscheiden  sie  sehr  leiek 
von  den  Salzen  der  reinen  und  der  erdigen  Alkalien,  and  von  deecs 
der  schweren  Metalloxyde;  sie  sind  in  vieler  Hinsicht  denen  der  Thos- 
erdesalxe  ähnlich,  doch  wieder  durch  eine  grössere  Anzahl  BeactioDeB 
hinreichend  verschieden,  um  leicht  erkannt  zn  werden«  CharakteiistiBcb 
für  die  Beryllerde  ist  namentlich  die  Fällung  der  hinreichend  verdniu- 
ten  Lösung  in  Kali  für  sich  durch  Kochen,  während  die  alkaliMki 
Thonerdelösung  dadurch  nicht  verändert  wird;  dann  die  Loslichkeit d« 
in  den  Beryllerdesalzen  durch  kohlensaure  Alkalien  bewirkten  Niedo^ 
Schlags  in  überschüssigem  kohlensauren  Alkali,  besonders  in  kohko- 
saurem  Ammoniak;  weiter  ist  eigenthümlich  die  Auflösung  des  Be- 
ryllerdehydrats beim  Kochen  mit  Salmiak  unter  Zersetzung  des  letzteren, 
und  die  Fällung  der  Salze  in  concentrirter  Lösung  durch  Fluorkalioia 

Wird  Beryllerde  mit  reinem  Alkali  geglüht,  so  zieht  Wasser  las 
der  Schmelze  nur  das  Alkali  aus,  und  lässt  die  Beryllerde  zurück,  die 
sich  auch  in  Salzsäure  schwierig  löst;  Thonerde  mit  Kalihydrat  ge- 
schmolzen, löst  sich  vollständig  in  Wasser.  Nach  dem  Schmelzen  mit 
kohlensaurem  Alkali  löst  Wasser  neben  dem  letzteren  sehr  wenig  Bc^ 
ryllerde  auf.  Eine  Lösung  von  Beryllerdehydrat  in  schwefliger  Sftorc 
wird  beim  Kochen  nicht  zersetzt,  während  aus  der  Lösung  von  Tboo- 
erde  durch  Kochen  basisches  Salz  niederAillt.  Eine  Lösung  von  schvc 
feisaurer  Beryllerde  bildet  auf  Zusatz  von  schwefelsaurem  Kali  nickt 
Alaun.  Ft 

Berylliumseleniuret;  Glyciumseleniuret  bildet  sick 
beim  Zusammenschmelzen  von  metallischem  Beryllium  mit  Selen  onter 
starker  Lichtentwickelung,  es  ist  eine  geschmolzene,  auf  dem  Bruch  grai» 
und  krystallinische  spröde  Masse,  die  sich  langsam  aber  ohne  Zff- 
Setzung  in  Wasser  löst;  die  Lösung  oxydirt  sich  jedoch  schneU  ab 
der  Luft  unter  Abscheidung  von  Selen. 

Der  durch  Selenammonium  in  gelösten  Beryllerdesalzen  entstehende 
fleischrothe  Niederschlag  ist  wohl  unreines,  Selen  haltendes  Beryllerde- 
hydrat.  fß. 

Berylliumsulfuret,  Olyciumsulfuret  bÜdet  sich  unter 
starker  Feuererscheinung  beim  Glühen  von  metallischem  Berylliom  b 
Schwefeldampf;  durch  Glühen  von  Beryllerde  in  SchwefelkohlenstolF 
dampf  konnte  es  nicht  dargestellt  werden.  Es  ist  eine  graue  nnge- 
schmolzene  Masse,  die  sich  langsam  aber  ohne^  Entwickelung  voo 
Schwefelwasserstoffgas  im  Wasser  löst  und  durch  Säuren  leicht  senetit 
wird,  wobei  sich  dann  Schwefelwasserstoffgas  entwickelt.  Fe. 

Beryllium-Tellur,  Glycium-Tellur.  Die  Verbindung  ent- 
steht ohne  Lichtentwickelung  beim  Erhitzen  von  Berylliummetali  mit 
Tellur;  es  ißt  ein  graues  Pulver,  welches  sich  allmälig  an  feuchter 
Luft,  sogleich  beim  Zusammenbringen  mit  Wasser  zersetzt  unter  Eot- 
Wickelung  von  Tellurwasserstoff*. 

Berzelianit,  syn.  Selenkupfer. 

Berzeliit,  Berzelit,  Kühnit,  Talkpharmakolith,  CStor 
aradniaU  anhydrt^  Magneiian  FharmakolUey  nannte  Kühn  ein  bei  Lang- 


Berzelin.  —  Beschicken.  1023 

»anshytta  in  Wvmland  in  Schweden  vorkommendes  derbes  Mineral,  wel- 
shes  Spuren  von  Spalibarkeit  in  einer  Richtung  zeigt  und  unebenen 
Bruch  hat.  Es  ist  gelblichweiss  bis  honiggelb,  wachsartig  glänzend, 
lurchscheinend  bis  an  den  Kanten,  spröde,  Il&rte  ==5,5  bis6,09  specif» 
Gewicht  =  2,52.  Die  Zusammensetzung  entspricht,  nach  Kühn^),  der 
Formel  3  Ca  O .  As  O»  +  3  Mg  O .  ^  0^  mit  wenig  Mn  O.  Vor  dem 
[jothrohre  unschmelzbar,  grau  werdend,  Beactionen  auf  Arsen  und 
Mangan  mit  Soda,  in  Salpetersäure  volkommen  löslich.  A'. 

Berzelin,  ist  auch  das  natürliche  Selenkupfer  genannt,  ferner 
kber  ein  von  L.  Gmelin  annähernd  untersuchtes  Mineral,  ein  Gemengtheil 
ilterer  vulkanischer  Auswürflinge,  begleitet  von  Hauyn,  Augit  und  Glim- 
ner,  das  sich  am  Albaner  See  in  Italien,  wie  bei  Marino  und  Gallaro  findet. 
£s  krjstallisirt  tesseral,  O  oder  O .  <30  O,  bisweilen  Zwillinge  nach  dem 
Spinellgesetz  bildend,  ziemlich  vollkommen  spaltbar  parallel  oo  O  ex.  Die 
iürystalle  oft  uneben  und  abgerundet.  In  kugeligen  und  getropften  Ge- 
italten,  derb  und  eingesprengt;  Bruch  muschelig  bis  uneben.  Wasser- 
lell,  weiss  oder  grau,  glasglänzend  bis  matt,  durchsichtig  bis  undurch- 
uchtig,  Strich  weiss,  spröde,  Härte  =  5,0  specif.  Gewicht  =  2,428  bis 
2,727.  Die  unvollständige  Anal jse  L.  Gmelin^s  zeigte  eine  dem  Leu- 
üt  verwandte  Zusammensetzung.  Es  giebt  gepulvert  und  geglüht  wenig 
Nasser,  schmilzt  schwierig  vor  dem  Löthrohre  zu  blasigem,  mit  Borax 
.eicht  zu  klarem  Glase.  In  Salpetersäure  langsam  löslich,  erhitzt  Gal- 
.erte  bildend.  Im  Nephelindolerit  von  Meiches  in  Oberhessen  wurden 
ihnliche  Erystalle  beobachtet^).  K. 

Berz eilt  ist  der  Mendipit,  derPetaUth,  derXhorit  und  derBer- 
celiit  genannt. 

Beschicken,  Beschickung,  Möllerung,  Zuschlag,  nennt 
man  die  Zusätze,  welche  den  Erzen  beim  Ausschmelzen  der  Metalle 
gemacht  werden  müssen,  um  passende  Schlacke  zu  bilden  und  die  Yer- 
ichlackung  des  Metalls  selbst  zu  verhindern,  soweit  dies  nicht  durch 
üe  Gattirung  (s.  d.  Artlste  Aufl.  Bd.  m,  S.  304)  bewirkt  werden 
kann.  Es  ist  ein  seltener  Zufall,  dass  ein  zu  verschmelzendes  Erz  ne- 
ben dem  zu  gewinnenden  Metall  die  übrigen  Gemengtheile  gerade  in 
äinem  solchen  Verhältniss  enthält,  dass  die  Bildung  einer  geeigneten 
Schlacke  von  selbst  im  Ofen  stattfinden  könnte.  Bald  werden  die  Erze 
EU  reich  an  Kieselerde  und  Thon  sein,  und  deshalb  ein  Versatz  mit 
basischen  Erden,  namentlich  Kalk,  oder  bei  Gelegenheit  mit  leicht 
schmelzbaren  Schlacken  erforderlich  werden,  oder  das  Vorhandensein 
fOTL  Erden  wirkt  der  Beducirbarkeit  des  Metalls  durch  die  Kohle  und 
ler  Bildung  einer  genügend  flüssigen  Schlacke,  unter  der  sich  das 
schmelzende  Metall  vereinigen  könnte,  entgegen,  wo  eine  kieselerde- 
haltige  Beschickung  aus  quarzhalügem  Gestein,  Granit,  Sandstein 
Q.  s«  w.  am  Ort  sein  wird.  Wo  es  sich  um  Schlackenbildung  im  Klei- 
nen wie  beim  Probiren  der  Erze  handelt  (s.d.  Art.  Iste  Aufl.  Bd.  VI, 
S.  667),  wird  Borax,  Glas,  Potasche  als  Zuschlag  nicht  selten  ver- 
wendet Biswttlen  wird  auch  das  Blei,  welches  man  beim  Abtreiben 
sdle  Metalle  enthaltender  Legirungen  benutzt,  auch  als  Beschickung 
bezeichnet  F. 


0  Annal.  d.  Chem.  a.  Pharm.  Bd.  XXXIV,  S.  271. 

^  Kenngotts  Uebersicht  1860  bis  1851,  S.  80;  1855,  S,  78. 


1024  Beschlag. 

Beschlag  nennt  man  den  Uebersug,  den  rnttn-GefäMen  giebL 
welche  einer  höheren  Temperatnr  ausgesetzt  werden  Bollen.  Bei  61a«- 
gefässen  dient  der  Beschlag  eines  Theiles,  um  sie  gegen  zu  rasciiai 
Temperatarwechsel  und  ungleiche  Elrhitzung  einzelner  Stellen  zo 
schützen,  andererseits  um  zu  verhüten,  dass  das  erweichende  Gias  tick 
senke  und  auf  dem  tragenden  Triangel  anhafte;  bei  Thongefäaaen,  um 
dieselben  undurchdringlich  für  Gase  zu  machen,  und  endlich  bei  eiser- 
nen Röhren,  um  sie  gegen  Schmelzen  im  heftigen  Feuer,  gegen  Auf- 
nahme von  Kohlenstoff  aus  dem  Feuermateriale  und  gegen  rasche  Gkj- 
dation  durch  die  etwa  zuströmende  Luft  zu  schützen.  Auch  die  inoere 
Wand  von  Oefen  beschlägt  man,  um  dieselbe  dem  Feuer  besser  wider- 
stehend zu  machen.  Zu  letzterem  Zweck  und  für  eiserne  Gefässe  &be^ 
haupt,  kann  ein  Gemenge  aus  10  Thln.  feuerfestem  Thon  mit  15  Thln 
gebranntem  Chamottethon,  denen  man  ^/^  bis  ^/^  Thl.  Kälberhaare  zo- 
mengt  und  zu  einer  steifen  Masse  mit  Wasser  zusammenarbeitet,  eoi- 
pfohlen  werden. 

Für  den  Beschlag  der  Retorten  empfiehlt  man  ein  ähnliches  Ge- 
menge aus  10  Thln.  Chamottethon,  1  Thl.  Töpferthon,  2  Thln.  kömigoi 
Sand  und  ^/le  Thl.  Kälberhaare  oder  Spreu,  man  knetet  die  Masse  nus 
Wasser  zusammen,  trägt  sie  dünn  auf,  lässt  trocknen  und  drückt  dk 
dabei  entstehenden  Risse  mit  der  Hand  zu,  nach  völligem  Trockoca 
feuchtet  man  wieder  an  und  streicht  eine  zweite  Lage  dönn  auf,  mi 
man  so  oft  wiederholt  bis  die  geeignete  Dicke  erreicht  ist.  IDieser  iBid 
alle  ähnlichen  Beschläge  hallen  schlecht  an  dem  Glase.  Cinen  ganz 
wohlfeilen  ziemlich  haftenden  Beschlag  kann  man  erhalten  durch  Auf- 
tragen mittelst  Pinsels  eines  Gemisches  aus  gelöschtem  Kalk  und  ot- 
gefähr  gleichem  Volumen  Bolus  mit  Wasser  angerührt.  £>er  Kali 
zieht  Kohlensäure  an  und  bindet  dadurch.  Man  kann  den  Anstnei 
zwei-  bis  dreimal  wiederholen. 

Der  beste  Beschlag  aber  für  Glasgefässe  ist  von  Mohr  i)  ange- 
geben worden,  wenn  es  sich  um  Anwendung  in  nicht  zu  hoher  Täs- 
peratur  handelt  Fein  gestossenes  Ziegelmehl  wird  mit  seinena  gleidia 
Volumen  feingestossener  Bleiglätte  gemengt  und  mit  gekochtena  Leisoi 
zu  einem  dicken  Brei  angerührt.  Man  streicht  diese  Masse  auf  dit 
Retorte  und  siebt  noch  feucht  körnigen  Sand  darauf.  Im  hetasa 
Trockenofen  erhärtet  sie  in  wenigen  Tagen  vollkoipmen. 

Das  von  Mohr  ebenfalls  vorgeschlagene  Ueberziehen  der  Gltf- 
gefässe  mit  Kupfer  auf  galvanischem  Wege  (s.  Art.  Galvanoplaslil 
Iste  Aufl.  Bd.  UI,  S.  326)  bewährt  sich  vortrefflich  beim  Gebrauch 
ist  aber  zu  umständlich  und  kostbar. 

Seit  man  Eisenfeile  und  D^ehspähne  statt  des  Sandes  in  den  & 
pellen  zu  verwenden  gelernt  hat,  kann  man  sehr  häufig  diese  ElisenfeO- 
bäder  anwenden,  wo  Sandbäder  ungeeignet  erscheinen  und  man  be- 
schlagene Retorten  benutzte. 

Glasröhren,  -die  einer  sehr  hohen  Temperatur  ausgesetzt  und  gleicli- 
zeitig  einem  Druck  von  Innen  widerstehen  sollen,  schliesst  man  is 
Eisenröhren  ein  und  giesst  den  Zwischenraum  mit  Gjps  aus,  den  mao 
sorgfältig  trocknen  lässt. 

Thonretorten,  welche  nicht  glasirt  sind,  lassen  viel  Gas  durch  die 
Wandungen  entweichen.    In  vielen  Fällen  erhält  man  sie  am  leichte- 


0  Archiv  d.  Pharm.  Bd.  CXIII,  S.  266. 


Beschlag.  —  Bestuscheff's  Nerventinctur.       1025 

sten  dicht,  wenn  man  ^  sie  einige  Male  mit  concentrirter  Boraxlös ong 
bestreicht,  trocknet  und  dann  der  Hitze  aussetzt  Am  besten  ist  es, 
wenn  die  Befeuchtung  mit  der  Boraxlösung  auf  der  I&nenwand  statt- 
findet. Auch  wird  angerathen,  solche  Betörten  mit  Einern  aus  concen- 
trirter Boraxlösung  und  feuchtem  KalkhydrSt  angefertigten  Brei  zu  be- 
streichen und  nach  dem  Trocknen  diesen  ersten  Beschlag  mit  einem  aus 
Leinöl  und  gelöschten  Kalk  gemischten  Lutum  zu  übergiessen.        V. 

Beschlag,  Auswitterung,  Ausblühung,  Efflorescenz 
nennt  man  Ueberzüge  von  Kry  stall  Vegetationen,  welche  bei  Destillatio- 
nen und  Sublimationen,  vorzüglich  aber  dann  entstehen,  wenn  an  der 
Oberfläche  eines  Körpers  Lösungen,  mit  Hinterlassung  krystalliniscber 
Bildungen,  freiwillig  verdampfen,  so  bei  manchen  Extracten,  bei  ier 
Vanille,  an  Mauren  (Mauersalpeter  oder  Aphronitrum)  in  Höhlen, 
Alaunschieferfelson  u.  a.  0.  in.  (s.  Auswittern  d.  Bd.  S.  593).- 

B-e S t and th eile  sind  im  chemischen  Sinne  die  ungleichartigen 
Theile,  nus  welchen  eine  chemische  Verbindung  besteht,  und  in  welche 
sie  sich  zerlegen  lässt.  Bei  aus  nur  zwei  Elementen  bestehenden  Verbin- 
dungen sind  diese  Bestandtheile  EHemente;  zusammengesetztere  Verbin- 
dungen, die  aus  mehr  als  zwei  Elementen  bestehen,  zerfallen  bei  zweck- 
mässiger Behandlung  zunächst  in  zwei  Bestandtheile,  die  jeder  auch  wie- 
der zusammengesetztisind,  und  erst  bei  wiederholter  oder  mehreremal  wie- 
derholter Zerlegung  in  Elemente  zerfallen.  So  kann  man  z.B.  das  schwefel- 
saure Kali  zerlegen  in  die  beiden  zusammengesetzten  Körper  Schwefelsäure 
und  Kali,  den  Alkohol  in  Aether  und  Wasser.  Nach  der  dualistischen  An- 
sicht waren  diese  Producte  Bestandtheile  der  Verbindung,  man  bezeichnet 
sie  dann  als  nähere  Bestandtheile.  Diese  Bestandtheile  können  ihrer- 
.seits  wieder  weiter  zersetzt  werden,  wobei  endlich  aus  dem  schwefelsauren 
Kali  Schwefel,  Sauerstoff,  Kalium,  oder  aus  dem  Alkohol  Kohlenstoff,  Was- 
serstoff, Sauerstoff  erhalten  werden,  das  sind  in  Bezug  auf  die  ursprüng- 
liche Verbindung  die  entfernteren  Bestandtheile.  Bei  den  Salzen  be-  , 
trachtet  man  die  einzelnen  Oxyde  als  die  näheren,  die  Elemente  als 'die 
entfernteren  Bestandtheile;  bei  den  organischen  Verbinclungesi  sind  die  Ra- 
dicale  zunächst  die  näheren  Bestandtheile.  Diese  Unterscheidung  zwi- 
schen näheren  und  entfernteren  Bestandtheilen  geht  also  von  der  An- 
nahme ans,  dass  bei  Verbindungen  ans  drei  oder  mehr  Elementen 
zuerst  je  zwei  Elemente  sich  zu  ^iner  einfacheren  Verbindung  vereinigt 
haben ,  welche  letztere  sich  dann  ihrerseits  erst  zu  den  zusammenge- 
setzteren vereinigte.  Fe. 

'  Bestuscheffs  Nerventinctur.  Eisenchloridhalten- 

der  Aetherweingeist,  oder  eisenhaltender  schmerzstillender 
Liquor;  Eisenäther;  de  Lamott6s  Goldtropfen,  tinctura  tonico^ 
nervina  BeatuacheffU^  Spiritus  aulphurico-aethereus  martiatU8  oder  Liquor 
anodynus  martialis.  Ein  früher  sehr  geschätztes  Arzneimittel,  eine  Auf- . 
lösnng  von  Chloreisen  in  Aetherweingeist  enthaltend,  ursprünglich 
1725  von  Bestuscheff  in  Russland  erfunden  und  lange  dort  als  Ge- 
heimmittel um  so  theurer  verkauft,  weil  man  die  Flüssigkeit  fUr  gold-  . 
haltig  hielt;  später  kam  die  Vorschrift  durch  einen  Laboranten  an  La- 
me tte,  der  die  Composition  in  Frankreich  verbreitete.  Die  Kaiserin 
Catharina  erkaufte  das  Geheimniss,  und  liess  die  äusserst  umständliche 
und   langwierige   Bereitungs  weise    Bestuscheff 's    bekannt    machen. 

Bftadwl^rtarbacli  der  Chemie.  2te  Aufl.  Bd.  II.  65 


* 

1026     Beta-Harz.  —  Beta  .vulgaris  L.  u.  B.  cicla. 

Klaproth,  Baohholz,  Trommadorff  u.  A.  gaben  vereinfadite  Vor«^ 
ächriften  zur  Darstellang  des  Aethera. 

Zur  Darstellung  der  Tinctur  wird  1  Thl.  zerflossenes  Eisencklond 
(ßUum  mortis)  mit  1  Thl.  Aether,  oder  1  ThL  krystallisirtes  Chlorid 
mit  4  Thln.  Aether  einige  Zeit  in  Berührung  gelassen  und  wiederholt 
geschiittelt.  Nachdem  durch  ruhiges  Stehen  sich  alles  nicht  gelöste  abge- 
setzt hat,  wird  die  klare  ätherische  Flüssigkeit  mit  dem  doppelten  Ge- 
wicht starken  Alkohols  vermischt.  —  Zweckmässiger  ist  es^  um  ein  glei- 
ches Präparat  zu  erhalten,  eine  bestimmte  Quantität  Eisenchlorid  sogieicb 
in  dem  Gemenge  von  Aether  und  Weingeist  vollständigzu  lösen.  Nach 
der  prenssischen  Pharmacopoe  soll  1  Thl.  wässeriges  Eisenchlorid  von 
1,535  bis  1,540  specif.  Gewicht  (Liquor  fem  seaguichloratij  16,66  Proc. 
Eisen  enthaltend)  in  16  Thln.  Aetherweingeist  (1  Thl.  Aether  anf  S  Thle. 
Weingeist)  gelöst  werden.  Nach  Mohr  wird  1  Thl.  krystallisirtes  Eisen- 
chlorid'in  12  Thln.  Aetherweingeist  (Liqttor  anodynus  Hoßmanni)-  gtHh^ 

Die  nach  der  einen  oder  andern  Weise  erhaltene  goldgelbe  Lö- 
sung von  Eisenchlorid  wird  in  engen,  hohen,  gut  verschlossenen  Glä- 
sern von  farblosem  Glase  dem  Sonnenlichte  ausgesetzt,  bis  sie  farblos 
geworden  ist.  Das  Bleichen  geschieht  hier  dadurch,  dass  sich  das 
Eisenchlorid  in  Eisenchlorür  umwandelt,  während  das  dabei  ansgetre- 
tene  Chlor  zersetzend  auf  den  Aether  wirkt ,  wobei  •  sich  einen  Theils 
Aethylchlorür  bildet,  oder  Salzsäure,  ein  anderer  Theil  des  Aethers  aber 
auch  durch  Entziehung  von  Wasserstoff  zersetzt  wird. 

Die  im  Sonnenlichte  farblos  gewordene  Flüssigkeit  färbt  sich  im 
Schatten  bei  Zutritt  von  Luft  unvermeidlich  alsbald  wieder  gelb,  indem 
sich  wieder  Eisenchlorid  bildet.  Die  preussische  Pharmacopoe  schreS^t 
daher  zweckmässig  vor,  zu  der  gebleichten  Lösung,  an  einem  schatügeo 
Orte  stehend,  durch  Oeflnen  des  Korks  zuweilen  Luft  zutreten  zu  las- 
sen, bis  sie  schwach  gelblich  geworden  ist,  welche  Farbe  das  Präparat, 
an  einem  schattigen  aber  nicht  dunklem  Orte  aufbewahrt,  dann  lange 
Zeit  behält. 

*  Die  Lösung  darf  nicht  zu  gelb  sein ,  weder  freie  Salzsäure  enthal- 
ten ,  noch  e^pen  obkerigen  Absatz  zeigen ,  und  soll  mit  Alkalien  eineo 
grünlichen  Niederschlag  vOn  Eis^noxydulozydhydcat  geben,  nicht  eineo 
braunen  von  reinem  Oxydhydrat.  Sie  muss  die  nach  der  Vorschrift 
erforderte  Stärke'  an  Eisen  und  das  verlangte  specifische  Gewicht  haben. 

Beta-Harz  ^ 

(    s.   unter  Harz,    Or- 
Beta-Orsellsäure  u.  s.  w.) 

seilsäure  u.  s.  w. 

Beta  vulgaris  L.  U.  B.  cicla.  Eine  zu  der  Familie  der 
Chenopodiaceae  gehörende  Pflanze,  ursprünglich  im  südlichen  Earops 
einheimisch,  jetzt  in  verschiedenen  Varietäten  in  Deutschland,  Frank- 
reich ,  England  u.  s.  w.  in  grosser  Menge  cultivirt,  da  die  Wurzeln, 
die  Runkelrübe  oder  Mangold  Wurzel,  in  bedeutenden  Quantitäten  theils 
zur  Zuckerfabrikation,  theils  zur  Viehfultterung  verwendet  werden. 

Die  Wurzel  enthält  krystallisirbaren  Zucker,  der  durchaus  dem 
Rohrzucker  identisch  ist.  ßraconhot  glaubte,  dass  daneben  auch 
unkrystallisirbarer  Zucker  darin  vorkomme,  alle  späteren  Untersnchungen 
von  Felo  uze,  Tayen,  Peligot,  Hochstett^r  u.  A.  haben  jedoch 


Beta  vulgaris  L.  u.  B.  cicla.  1027 

geben,  äeas  die  gesunde  Wurzel  nur  krystallisirbaren  Zucker  enthält. 
F  ay  e  n  ^)  hat  namentlich  auch  Untersuchungen  über  die  Structur  der  Wur- 
2sel  und  die  Vertheilung  des  Zuckers  darin  gemacht;  zerschneidet  man 
<lie  Bube  perpendikulär  auf  die  Axe,  so  findet  man  zunächst  unter  der 
Spidermis  ein  Gewebe,  das  sich  am  Lichte  schnell  grün  färbt,  und  ne- 
1>en  Farbstoffen  ein  flüchtiges  Oel  enthält;  hierunter  bis  zum  Mittel- 
punkt liegen  abwechselnd  Zellengefasse  und  Gefassbündel.  In  dem 
£tuB  kleinen  cylindrischen  Zellen  bestehenden  Gewebe,  welches  die 
Gefasse  umgiebt,  findet  nun  hauptsächlich  die  Abscheidung  von  Zucker 
statt.  Ausc^er  Zucker  finden  sicK  in  der  Wurzel  Holzfaser,  Eiweiss, 
Salze  u.  s.  w.  Die  Quantität  der  einzelnen  Bestandtheile  wechselt  nach 
\^arietät  der  Rübe,  Klima,  Boden  und  Düngungsverhältnissen.  Fayen 
^iebt  alö  mittlere  Zusammensetzung  einer  Zuckerrübe  an  in  100  Thln.: 

Wasser 83,5  Thle. 

Zucker 10,5      „ 

Zellensubstanz  und  Fektose      .     .       0,8      „ 
Stickstoffsubstanzen     .....       r,5      „ 

Salze,  Pektin  etc ^  3,7      „ 

Unter  den  Salzen  finden  sich  namentlich  Salpetersäure  Salze  und 
^mmoniaksalze,  überdies  die  Basen  Kali,  Natron,  Kalk,  Magnesia  ver- 
bunden mit  unorganischen  Säuren,  wie  Schwefelsäure ,  Phosphorsäure, 
Salzsäure,  theils  mit  organischen  Säuren,  Oxalsäure,  Aepfelsäure,  dann 
Kieselsäure,  Eisenoxyd  u.  s.  w.  Michaelis^)  giebt  an,  dass  die 
Rübe  nicht  Aepfelsäure,  sondern  Citronsäure  enthält,  ausserdem  eine 
iveiier  nicht  chärakterisirte  Bübensäure  und  Pektinsäure.  Büchner^) 
behauptet  jedoch  auch  das  Vorhandensein  von  Aepfelsäure.  Die 
trockene  Wurzel  gab,  nach  Sprengel,  5,98,  die  frische  Wurzel,  nach 
Etti,  1,03  Proc  Asche.  Meiert)  .führt  ausserdem  Milchsäure,  But* 
tersäure  an,  und  zwei  durch  neutrales  essigsaures  Blei  fallbare  aber 
nicht  näher  untersuchte  Säuren,  von  ihm  Erythrobetinsäure  und 
Xanthobetinsäure  genannt.     Die  Asche  besteht  in  100  Thln.: 

Sprengel.  Etti. 

Kali       .     .     .     .     .     23,9  19^5  "  2 6^6 

Natron 53,1  22,4  30,5 

Kalk 4,8  3,2  4,5 

Magnesia     ....       2,3  '    .7,0  9,8 

Thonerde  u.  Eisenoxyd)  „  «  r\  ■»  r^  ^ 

r%M  j\  }  2,0  0,1  0,1 

(Manganoxyd)  J    '  '  ' 

Kieselsäure      .     .     .  1,8  u.  Sand     14,1  19,8 

Schwefelsäure       .     .  2,1  2,5  3,5 

Phosphorsäure      .   • .  2,8  2,4  3,4 

Chlor 6,3  1,4  1,9 

Die  Blätter,  welche  an  manchen  Orten  als  Gemüse  benutzt  wer- 
den, geben,  nach  Sprengel,  getrocknet  15,44  Proc.  Asche. 

Der  Samen  des  Mangolds  enthält  11,6  Proc.  Wasser;  in  100  Thln. 
trockener  Substanz  sind  0,09  Thle.  Schwefel  und  6,58  Thle.  Asche 
(Way  und  Ogston). 


»)  Compt.  read.  T.  XXIV,  p.  909  et  986.  ~  '<)  Dinglcr's  polvt.  Journ.  Bd. 
CXXV,  8.  67;  Bd.  CXXX,  S.  867.  —  *)  Repertor.  d.  Pharm.  [2.]  Bd.'XLV,  S.  176. 
—  *)   Bepertor.  d.  Pharm.  [2.J  Bd.  XLV,  S.  1. 

65* 


1028  Betulin.  —  Betuloretinsävire. 

Asche  der  .Asche  des 

Bl&tter.  Samens. 

Kali 36,3  16,1 

Natron .21,3  6,8 

Kalk 14,9  13,4 

Magnesia 5,4  15,2 

Thonerde  und  Eisenoxyd    .  1,1  0,4 

(Manganoxyd) 0,4  — 

Kieselsäure 2,7  1,8 

Schwefelsäure  ....'.  6,3  3,6 

Phosphorsäure       ....  4,5  13,3 

Chlor 6,9    •  — 

Kohlensäure       .     •     .     .     .  —  13,8 

Chlomatrium —  15,3              F«. 

Betulin,  Birkencamphor.  Ein  harzartiger  Körper,  (1788) 
von  Lowitz  i)  entdeckt,  Formel  nach  Hess  ')  C40H33O3*).  DasBetalis 
ist  bis  jetzt  nur  in  der  äusseren  Epidermis  der  Birkenrinde  und  in  dein 
daraus  dargestellten  Birkentheer  aufgefunden.  Seiner  Zusammensetzniig 
nach  gehört  es  in  die  Reihe  der  Harze  wie  Sylvinsäure  n.  b.  w^ 
welche  als  aus  einem  Kohlenwasserstoff  Csq  {(40?  durch  Oxydatioii  ent- 
standen angesehen  werden  können. 

Wird  Birkenrinde  vorsichtig  über  Kohlenfeuer  erhitzt»  so  bedeckt 
sie  sich  mit  einer  wolligen  Vegetation  von  Betulin,  von  dem  man  asf 
diese  .Weise  aber  nur  einen  kleinen  Theil  erhält,  indem  der  grössere 
Theil  zerstört  wird.  Vortheilhafter  stellt  man  es  so  dar,  dass  man  ans 
der  trockenen  und  in  kleine  Stöcke  zerschnittenen  äusseren  Rinde  mit 
^  siedendem  Wasser  zuerst  alle  darin  löblichen  Bestandtheile  ausiziehL 
die  Rinde  dann  wieder  trocknet,  und  darauf  mit  kochendem  Alkohol 
behandelt;  aus  dem  Filtrat  scheidet  sich  beim  Erkalten  das  Betulin  ab: 
durch  Abpressen  zwischen  Papier  und  Umkrystallisiren  ans  Aeth^r  wird 
es  rein  erhalten.  Die  trockene  Rinde  soll  10  bis  l2Proc.  Betulin  gebea. 

Das  reine  Betulin  bildet  keine  regelmässigen  Krystalle,  donders 
weisse  warzenförmige  Massen.  Es  ist  geruch-  und  geschmacklos;  an' 
löslich  in  Wasser,  löslich  in  120  Thln. «kaltem  und  80  Thln.  siedes- 
dem  Alkohol;  auch  in  Aether,  in  ätherischen  und  fetten  Oelen  löst  ei 
sich.  Von  concentrirter  Schwefelsäure  wird  es  gelöst,  auf  Zoaats  von 
Wasser  scheidet  es  sich,  wie  es  scheint,  unverändert  ab.  Reine  und 
kohlensaure  Alkalien  lösen  es  nicht  auf.  Bei  200^0.  schmilzt  das  Be- 
tulin zu  einer  farblosen  klaren  Flüssigkeit,  unter  Verbreitung  des  aro- 
matischen Geruches  der  erhitzten  Birkenrinde.  Nur  in  einem  Loft- 
Strome  lässt  es  sich  ohne  Zersetzung  destilliren,  und  bildet  dann  eio 
sehr  voluminöses  wolliges  Sublimat.  j^e. 

Betuloret insäur e.  Nach  Kossmann«)  besteht  das  Birken- 
harz  aus  einer  Harzsäure,  H  O  .  C73  H^t  ^9 ;  ^^^  verbindet  sich  mit  Ba* 
sen  unter  Abscheidung  von  Wasser,  wi^d  durch  Salpetersäure  in  Pi- 
krinsäure verwandelt,  erleidet  aber  durch  Einwirkung  von  Schwefel- 
säure keine  Spaltung. 

0  CrelVs  CheiD.  Annal.  1788,  Bd.  I,  S.  812.  ~  *)  Journ.  f.  prakt.  Cbem.  Bd. 
XYI,  S.  161.  —  ^  Nach  dem  Atomgewicht  G  =  6  berechnet.  Hess  beredwcte 
nach  dem  älteren  Atomgewicht  die  Formel  C^oHa^Oj,.  —  *)  Joorn.  de  Pharm.  [S.] 
T.  XXVI,  p.   197. 


Beudantin.  —  ßezetta.  1029 

Beudantin,  syn.  Nephelin. 

Beudantlt  nannte  Lewy  ein  rhomboedrisch  krystallisirendes 
Mineral  von  HorhauBen  in  Nassau,  welches  auf  Brauneisenerz  vorkommt 
und  Öfter  für  Pharmakosiderit  gehalten  wird,  jedoch  eine  eigene  Speeies 
ist.  Es  bildet  RhomboSder  mit  der  Basisfläche  combinirt,  nach  welcher 
ea  spaltbar , ist,  die  RhomboSderfläclien  sind  horizontal  gestreift.  Es  ist 
schwarz  bis  olivgrün,  der  Strich  ist  lichtgrün,*  frische  Kry stalle  haben 
diaroantartigen  Glasglanz,  dunkle  Wachsglanz,  Härte  über  4,0.  Vor  dem 
Löthrohre  leicht  schmelzbar  zu  einer  schlackigen  grauen  Kugel,  auf 
Kohle  Bleibeschlag  gebend.  J.  Percy  ^)  fand  als  wesentliche  Bestand- 
theile  Bleioxyd,  Eisenozyd,  Schwefelsäure,  Arsensäure  und  Wasser ;  nach 
Rammeisberg  ist  es:  ^(PbO.SOa)  -f-  FeaOg.SOs  -|-  SFe^Os.POj 
4-  9  HO;  nach  Sandberger:  PbO  .  SOg  +  8PbO(As06,  PO5) 
4-  3  [3Fe,0, (AsOfi, POft)  +  24 HO. 

Neuere  Untersuchungen  ')  von  H.  Danber,  A.  Krantz,  C. 
Rammelsberg^,  F.  Sandberger  und  B.  Müller  haben  ergeben, 
dass  der  Beudantit  bei  Montabaur  in  Nassau  und  bei  Cork  in  Glan- 
dore  County  in  Irland  vorkommt,  in  den  Bestandtheilen  wechselt  und  von 
beiden  Fundorten  auch  Phosphorsäure  als  Stellvertreter  der  Arsen- 
8&are  enthält.  Das  specif.  Gewicht  des  irländischen  fand  C.  Bammels- 
berg =  4,295,  und  nach  ihm  ist  derselbe  vor  dem  Löthrohre  un- 
schmelzbar. Der  nassauische  hat,  nach  F.  Sandberger,  das  specif. 
Gewicht  =  4,00 18  und  ist  vor  dem  Löthrohre  leicht  schmelzbar.  K. 

Bezetta,  Schminkläppchen,  Toumesol  en  drapeaux^  Bezetta 
rubra  ei  coertdea.  Der  Name  scheint  aus  dem  Spanischen  abgeleitet, 
Diminutiv  von  bezo^  Lippe,  Lippenroth.  Die  rothe  Bezetta  wird  er- 
halten durch  Eintauchen  von  leinenen  Läppchen  in  eine  Abkochung 
von  Cochenille,  und  dient  zum  Schminken.  Die  blaue  Bezetta  scheint 
fast  nur  Anwendung  zum  Färben  der  Rinde  einer  holländischen  Käse- 
art zu  finden,  indem  man  die  fertigen  Käse  kurze  Zeit  in  Wasser  taucht, 
welches  durch  Einlegen  blauer  TournesoUappen  gefärbt  ist.  Beim 
Trocknen  gebt  die  Farbe  wahrscheinlich  durch  Einfluss  von  Essig- 
silore  in  ein  eigenthümliches  Roth  über  (Delille). 

Die  Gewinnung  der  blauen  Lappen  findet  ausschliesslich  in  der  Ge- 
gBnd  von  Nimes  statt,  in  einem  Dorfe  Gallargues,  wonach  dieselben 
aaoh  bisweilen  genannt  werden  Sie  verdanken  ihre  Farbe  dem  Safte 
einer  Pflanze,  Chrozopkera  Ünctotia^  zur  Familie  der  Euphorbiaceen  ge- 
IfÖrig.  Einen  Tag  nach  dem  Einsammeln  wird  diese  Pflanze  in  einen 
kreisrunden  Trog  gebracht,  in  dem  ein  circa  60  Centner  schwerer  Mühl- 
stein* aufrecht  umläuft.  Man  presst  die  in  einer  Viertel  Stunde  genügend 
gequetschte  Pflanze  in  Pressen  aus.  Der  ablaufende  Saft  ist  von  dun- 
kelblaagrüner  Farbe,  er  wird  sofort  zum  Eintauchen  rein  gewaschner, 
fettfreier  leinener  Lappen  benutzt  und  müssen  dieselben  so  lange  darin 
geknetet  werden,  bis  alle  Theile  ganz  gleichmässig  durchdrungen  sind. 
Hierauf  hängt  man  sie  mittelst  Dornhaken  an  Schnüre,  welche  der  Sonne 
und  dem  Winde  möglichst  ausgesetzt  sind,  auf,  damit  das  Trocknen 
möglichst  schnell  stattfinde.     Sobald  dieselben  trocken  geworden,  setzt 


>)  Philosoph.  lUgazin,   Bd.  XXXVII,   p.  161;  Kenngott's    üebersicht   1850  — 
1861,  S.  68;  1866,  S.  21.  —  •)  Kenngott's  üebersicht  1866  —  1887,  S.  34. 


1030  Bezoar. 

man  sie  dem  Alaminadou  aus.  Es  besteht  dies  ans  einer  Schickt 
frischen,  im  Anfange  der  Gährung  befindlichen  Maulesel-  oder  Pferdemi- 
stes von  1  bis  1 Y2  Fuss  Dicke ,  auf  welche  man  etwas  zerschnitteiiei 
Stroh  ausgebreitet  hat  um  die  aufzulegenden  Lappen  vor  der  unmittel- 
baren Berührung  mit  dem  Miste  zu  schützen.  Man  bedeckt  dieselben 
nun  noch  mit  Stroh  oder  grobem  Zeug.  Von  Zeit  zu  Zeit  müssen  sk 
gewendet  werden,  damit  beide  Seiten  eine  gleichmassige  Färbung  er- 
halten und  der  Zeitpunkt  wahrgenommen  wird,  wo  sie  zu  entfernen  «ind, 
denn  bei  zu*  langer  Einwirkung  des  Mis£dampfes  vergeht  die  Farbe. 
wird  gelblich  und  kann  nicht  wieder  hergestellt  werden.  Ungefibr 
eine  Stunde  Zeit  pflegt  zu  genügen.  Die  Lappen  werden  dann  nochm&l« 
in  eine  ncfue  Lösung  des  Farbstoffs  getaucht,  welche  msii  erhalten  hat 
indem  man  die  Pressrückstände  der  Pflanze  mit  etwa  halbsoviel  Urin 
anfeuchtet,  als  man  noch  Saft  darin  vorhanden  glaubt  und  zum  zwei- 
tenmale  presst.  Die  Lappen  werden  wieder  so  rasch  als  möglich  ge- 
trocknet und  fühlen  sich  nun  steif,  wie  gestärkt  an,  wl^irend  sie^  aus  den 
Aluminadou  kommend,  weich  sind  ^),  Nach  Nissole  wurde  früher  ein 
sicheres  aber  längeres  Verfahren  befolgt  Man  färbte  die  Lumpen  eben- 
falls im  frischen  Safte  der  Pflanze, -vermischte  ein  Pfand  Kalk  mit  oO 
Pfand  gefaultem  Urin,  goss  etwas  Alaunlösung  hinzu,  woher  wahrscheis- 
lich  der  Name  Aluminadon,  legte  einen  Fuss  hoch  über  dies.Geroiicb 
Latten  und  Schilf,  worauf  man  die  Lappen  ausbreitete,  und  bedeckte 
sie  mit  alten  Tüchern;  mehr  als  24  Stunden  waren  bis  zur  genügendes 
Einwirkung  erforderlich,  und  man  hatte  ein  Verderben  wenig  zu  be- 
ftlrchten. 

Es  sollen  circa  1000  Centner  solcher  Lappen  jährlich  angefertigt 
werden,  und  der  An'bau  der  Pflanze  ebenso  lohnend  wie  Getreidebau  sein. 

Von  der  Lackmus  oder  Tournesol  in  Stücken  genanntem 
blauen  Farbe  unterscheidet  sich  die  Farbe  der  Bezetta  aus  CM'oxophBH 
oder  Oroton  tmctoria  gewonnen  dadurch,  dass  sie  zwar  durch  Sänrei 
ebenfalls  aber  langsamer  geröthet  wird,  Ammoniak  und  Alkalien  aber 
die  blaue  Farbe  nicht  wieder  herzustellen  vermögen.  Nach  Jolj  findet 
sich  der  bei  raschem  Trocknen  an  der  Luft  blau  werdende  Stoff  in  am 
Safte  aller  Theile  der  Pflanze  in  ungefärbtem  Zustande.  Auch  menl 
er,  dass  Chrozophora  oblongifoUa  und  pUecUa^  Croton  trictispidatam  ne^ 
MercwriaUa  perennis  und  toinentf>8a  denselben  Farbstoff  liefern  könnten. 

r. 

B  e  Z  O  ar  ^)  (der  Wortbedeutung  nach  Gegengift).  So  werden  ver- 
schiedenartige,  mehr  oder  weniger  runde  Concretionen  ans  den  Pansen 
verschiedener  Wiederkäuer  bezeichnet  Sie  sind  vielfach  nntersocks 
von  Fonrcroy,  von  Vauquelin,  John,  Taylor,  Guibonrt^  spi- 
ter  von  Göbel,  Lipowitz,  von  WÖhler  und  Merklein  und  tw 
Göbel  jun.  Nach  diesen  Untersuchungen  kann  man  die^e  Bevrart 
meist  als  Darmsteine  ansehen. 


')  Joly,  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [3.]T.  VI,  p.  111;  Dingler'e  polyt.  Joan»- 
Bd.  LXXXVII,  S.  29  u.  ff. 

•)  Fonrcroy,  Gehl.  N.  Jonro,  1804,  Bd.  III,  S.  565.  —  Vanqnelin,  Atib*J- 
de  cbim.  [1.]  T.LXXXIII,  p.  188.  —  John,  Schwelgg.  Jonm.  Bd.  XII,  S.  «*.  " 
Guibon rt,  Compt.  rcnd.de  lacadem.  T.  XVI,  p.  130;  Jonrn.  de  pharm.  [S.]  T.  Hl 
p.  168.;  Pharm.  Centralbl.  1848,  S.  7Q0.  ^  Taylor,  Lond.,  Edingbh.,  and  DsH 
Philos.  Magaz.  and  Jonrn.  of  sc,  No.  184,  p.  36.  u..Ko.  186,  p.  192.  Phami.  C«8- 
tralbL  1846,  S.  497.  —  Lipowitz,  Archiv  d.  Pharm.  Bd.  XUII,  S.  41.  V«^ 
anch  EUag^üure  und  Lithof^lliiifittnre. 


§ezoar.  ,  1031 

Der  chemischen  Zasammensetzung  nach  Icann  man  nach  den  vor- 
handenen Untersnohungen  nenn  verschiedene  Arten  solcher  Concremente 
unterscheiden  (Taylor);  sie  bestehen  nämlich  der  Hauptmasse  nach 
1)  aus  phosphorsanrem  Kalk,  oder  2)  ans  phosphorsanrer  Magnesia, 
8)  aas  phosphorsanrer  Ammoniak-Magnesia,  4)  aus  oxalsaurem  Kalk, 
5>  aas  vegetabilischen  Fasern,  6)  ans  thierischen  Haaren,  7)  aus  Am- 
bra, 8)  aus  Lithofellinsäure  oder  endlich  9)  aus  Ellagsäure  (Bezoar- 
säure  von  Lipowitz). 

Bei  den  eigentlichen  Bezoaren  unterscheidet  man  dem  Vorkom- 
men nach  dreierlei  Arten  derselben:  orientalische,,  occidentali- 
sche  und  deutsche  Bezoare. 

Orientalischer  oder  echter  Bezoar  findet  sich  bei  dem  Be- 
soarbock  {Capra  aegagrua)  und  der  Gazelle  (Antilope  Doreas)  in  kugeli- 
gen oder  ovalen*  erbsen-  bis  faustgrossen  Stücken,  welche  aus  einzelnen 
dünnen,  um  einen  fremdartigen  Kern  concentrisch  gelagerten  Lamellen 
bestehen.  Die  echten  orientalischen  oder  harzigen  Bezoare  kommen 
meistens  aus  Persien,  zum  Theil  aus  Golconda.  Die  persischen  Bezoare 
sollen  zum  Theil  Darmsteine  einer  wilden  persischen  Gebirgsziege  (Pa- 
sen)  sein,  sie  heissen  deshalb  eigentlich  Pasalor,  woraus  Bezoar  ent- 
standen ist  Eine  andere  Art  der  orientalischen  Bezoare,  welche  man 
Pedro  Bugia  nennt,  stammt  von  Babianum  eyrocephalum  und  ist  ganz 
besonders  geschätzt  (Kämpfer).  Wie  sehr  überhaupt  im  Orient  die 
Bezoare  geschätzt  sind,  dafür  spricht  die  Thatsache,  dass  der  Schah 
von  Persien  1808  an  Napoleon  einen  solchen  Bezoar  übersandte. 

Die  echten  orientalischen  Bezoare  sind  durch  den  glänzenden  harzi- 
gen Bruch  charakterisirt,  weshalb  Fourcroy  und  Vauquelinsie  auch 
als  harzige  Bezoare  bezeichnen;  sie  sind  geruch-  und  geschmacklos, 
so  'gut  wie  unlöslich  in  Wasser  und  in  wässerfger  Salzsäure;  in  wässe- 
riger Kalilauge  lösen  sie  sich  grÖsstentheils ;  beim  Erhitzen  zersetzen 
sie  sich  unter  Verbreitung  eines  angenehmen  Geruchs,  und  verbrennen 
an  der  Luft  meistens  unter  RücklasSung*  von  wenig  Asche.  Dieses 
Verhalten  unterscheidet  die  echten  harzigen  Bezoare  von  den  nachge- 
machten ;  die  'echten  dürfen ,  in  heissem  Wasser  aufgeweicht,  dasselbe 
nicht  färben  und  keinen  Gewichtsverlust  erleiden,  und,  mit  einem 
glühenden  Eisendraht  berührt,  dürfen  sie  denselben  nicht  oder  kaum 
eindringen  lassen  (Tavernier). 

John  nannte  den  organischen,  in  alkalischen  Flüssigkeiten  lösli- 
chen Bestandtheil  der  echten  Bezoare  Bezoarstoff,  man  muss  aber  der 
Zusammensetzung  nach  besonders  zwei  verschiedene  Arten  der  harzi- 
gen Bezoare  unterscheiden,  die,  welche  aus  Bezoarsäure  oder  Ellagsäure 
(s.  d.  A.),  und  die,  welche  aus  Lithofellinsäure  (s.  d.  AO  bestehen. 

Die  aus  Ellagsäure  bestehenden  Steine,  von  "der  Grösse  einer 
Bohne  bis  zu  der  eines  kleinen  Hühnereies,  sind  von  bräunlicher  oder 
fahler  Farbe,  zuweilen  olivengrün,  zuweilen  marmorirt,  von  eiförmiger 
oder  nieren förmiger  Gestalt;  si^»  liaben  oft  eine  glänzende  Übertiäche 
nnd  zeigen  muscheligen  Bruch;  ihr  specif.  Gewicht  ipt  etwa  1,6.  Sie 
zeigen  einen  schwachen,  aber  angenehmen,  ambra-  oder  moschusartigen 
Geruch,  der  sich  besonders  beim  Auflösen  derselben  in  Lauge  be- 
merkbar macht f  sie  schmelzen  beim  Erhitzen  nicht,  sondern  verkohlen, 
und  die  Masse  belegt  sich  mit  gelben  glänzenden  KrjstaHen;  sie  lösen 
sich  schwierig  und  nur  zum  Theil  in  Alkohol,  und  sind  fast  unlöslich 
in  Ammoniak. 


1032  Bezoardicum  animale.  —  Bibergeil. 

Die  aus  Lithofellinsäure  bestehenden  Bezosre  sind  dea  vorigen  im 
Ganzen  ähnlich,  sie  zeigen  mehr  Wachsglanz,  and  sind  in  der  Regel  mehr 
grün,  sie  unterscheiden  sich  wesentlich  durch  das  specif.  Grewicht  too 
1,1,  sowie  auch  dadurch,  dass  sie  schmelzbar  und  in  Alkohol  leicht  lödli^ 
sind.  Sie  enthülten  ausser  LithofellinFäure  dem  Gallenfarbatoff  ähnliche 
Körper,  und  sind  daher  vielleicht  als  Gallensteine  za  betrarchten. 

In  den  echten  Bezoaren  befindet  sich  meist  ein  als  Kern  dienender 
fremder  Körper,  Baumrinde  oder  dergl.  Nach  K&m pf er 'fl  Ansicht  * 
verdanken  die  Bezoare  ihre  Bildung  und  ihre  Zusammensetzung  unmit- 
telbar den  harzigen  Bestandtheilen  der  Pflanzen,  von  welchen  dieXhiere 
sich  nähren;  Guibourt  findet,  dass  überhaupt  zwischen  den  in  einer  Ge- 
gend herrschenden  Pflanzen  und  zwischen  den  Secreten  der  von  diesen 
Pflanzen  sich  nährenden  Thiere  eine  merkwürdige  Uebereinstiinmimg 
herrsche,  wie  dies  namentlich  beim  sibirischen  und  c^madischen  Casto- 
reum  sich  zeige,  deren  Geruch  unter  sich  verschieden  ist,  denn  während 
das  eine  mehr  den  Harzgeruch  der  in  Canada  wachsenden  Kiefern  hat 
besitzt  das  sibirische  einen  Qeruch,  welcher  an  das  in  der  Wärme  am 
Birkenrinde  sich  bildende  Oel  erinnert. 

Der  occidentalischeBe&oar  stammt  häuptsächlich  von  der  Ka- 
mee Iz  Lege  (^Äiichema  Lama)  und  dem  Schaafkameel  (^Ä,  Ficuitita);  su 
kommen  hauptsächlich  aus  Süd- Amerika,  wo  diese  Thiere  leben,  sind 
der  äusseren  Beschaffenheit  nach  dem  orientalischen  ziemlich  ähnlich, 
verhalten  sich  aber  ganz  verschieden,  da  sie  der  Hauptmasse  nach  auf 
baaisch-phosphorsaurem  Kalk  gemengt  mit  wenig  organischer  Snbstaai 
bestehen,  lösen  sich  daher  in  wässeriger  Salzsäure,  aber  nicht  in  was* 
serigen  Alkalien,  und  hinterlassen  beim  Verbrennen  viel  Asche. 

Die  deutschen  Bezoare  stammen  von  der  gemeinen  Gremse 
(Antilope  rupicapra)  und* haben  daher  auch  den  Namen  Gemskngeln 
oder  Aegapropilae^  sie  bestehen  meist  aus  verfilzten  Pflanzenfasern  nnd 
Thierhaaren,  welche  mit  einem  lederartigen  Ueberzug  von  getrockn^em 
Schleim  versehen  sind.  A. 

Bezoardicum  animale,  ein  veraltetes  aus  dem  getrockneteD 
Herzen  und  der  Leber  der  Viper  (Coluber  biertis)  bereitetes  Medicament, 
welches  dem  Bezoar  ähnlich  (daher  sein  Name)  als  Gegengift  dienen  sollte. 

Bezoardicum  minerale  hiess  bei  den  alten  Chemikern  die 
Antimonsäure,  besonders  die  aus  Antimonbutter  mit  Salpetersäure  dar- 
gestellte ^). 

Bezoarsäure,  syn.  mitEllagsäure  und  zuweilen  auch 
mit  Lithofellinsäure  (s.  d.  Art.). 
Bezoarstoff  s.  Bezoar 
Biamide  s.  Diamide  unter  Amide  (Bd.  I,  S.  689). 

Bibenzoilimid.  Produet  der  Verwandlung  von  Benzoyl  waaser- 
stofl*  durch  Ammoniak  (s.  B enzoyl Wasserstoff ,  Abkömmlinge 
S.  947). 

Bibergeil,  Castoreum.  Sondert  sich  bei  dem  gemeinen  nnd 
dem  amerikanischen  Biber  (Caator  fiber  L.  und  Ccutor  americanus  Fr. 
CVv«)^  und  zwar  bei  beiden  Geschlechtem  in  zwei  zasammenhängendeD 

*)  Kopp,  Qeschichte  der  Chemie,  Bd.  IV,  S.  108. 


Bibergeil.  1033 

^eateln  ab,  die  sich  beim  Männchen  hinter  der  Vorhaut,  beim  Weib- 
üien  etwas  oberhalb  der  Mündung  der  Scheide  vorfinden.  Die  Beutel 
liehen  mit  zwei  anderen  sackartigen  Behältern  in  Verbindung,  die  eine 
[tarkriechende,  gelbbraune,  ölige  Flüssigkeit,  das  sogenannte  Biber- 
^eilfett  einschliessen.  Man  unterscheidet  1)  russisches,  moskowi- 
isches  oder  sibirisches,  2)  bajeriaches  (beide  von  C.Fiber)  und 
))  amerikanisches,  canadischbs  oddr  englisches  Bibergeil 
von  C.  americantui).  Am  geschätztesten  ist  das  russische  3ibergey. . 
2ls  kommt  in  festen,  vollen,  schwärzlichen  oder  schwärzlichbraunen, 
licht  mit  Haaren  besetzten,  rundlichen,  3  bis  5  Unzen  schweren  Beu- 
eln  vor,  die  eine  mehr  oder  weniger  gleichmässige ,  dichte,  öfters  im 
Innern  kleine  Höhlungen  zeigende  -  Masse  enthalten.  Diese  Masse  ist 
ron  dem  papierdicken  Zellgewebe  durchzogen,  bisweilen  soll  es  jedoch 
Looh  fehlen,  ohne  dass  daraus  auf  eine  Verfälschung  zu  schliessen  sei. 
3ei  vorsichtigem  Einschneiden  lassen  sich  von  den  russischen  Beuteln^ 
nehrere  Häute  abziehen.  In  ganz  frischem  Zustande  ist  das  Bibergeil 
veich,  von  Salbenconsistenz ,  nach  dem  Trocknen  fest,  gelblichbraun 
^der  röthlichbraun,  etwas  wachsglänzend.  Es  riecht  eigenthümlich  stark, 
chmeckt  bitterlich,  gewürzhaflb,  im  Schlünde  etwas  beissend,  anhaltend. 
iiit  Wasser  bildet  es  einen  blassbraunen,  beim  Erkalten  hell  bleiben- 
len  Auszug ;  beim  Erhitzen  schmilzt  es  theilweise  unter  Aufblähen*  — 
Die  Beutel  des  bayerischen  Bibergeils,  welches  an  Güte  mit  dem  russi- 
ichen  wetteifert,  sind  länglich  oder  rundlich,  auch  ^imförmig,  von  oft 
bedeutender  Grösse.  —  Das  amerikanische  Bibergeil  bildet  kleinere, 
Hngere  und  schmälere  Beutel  als  das  russische,  von  1  bis  3  Unzen 
jrewicht;  die  Haut  ist  meist  uneben,  runzlich,  dünner  und  lässt  sich 
licht  in  Schichten  abziehen ;  der  Geruch  etwas  schwächer.  Oefters  ist 
US  noch  mit  den  Fettbeuteln  zusammenhängend.  Die  innere  mit  dem 
Zellgewebe  durchzogene  Masse  ist  der  Farbe  nach  öfters  verschieden, 
lald  gelb  ins  graue  und  braune,  bräuülichschwarz  oder  rothbraun,  häufig 
larzglänzend.  Es  verhält  sich  beim  Erhitzen  dem  russischen  Bibergeil 
koalog ;  der  wässerige  Auszug  ist  fast  ungefärbt,  trübt  sich  beim  Erkalten. 
Nach  den  Analysen  von  Brandes  hat  das  russische  und  oanadi- 
che  Bibergeil  folgende  Zusammensetzung: 

Conad.  B.        Bnisifoh.  B. 

Flüchtiges  Oel 1,00     .     .       2,00 

Bibergeilharz 13,85     .     .     58,60 

Cholesterin  • —        .     .       1,20 

Castorin 0,83     .     .       2,50  * 

Albumin 0,05     .     .       1,60 

Leimartige  Substanz  ....  2,30  .  •  2,00 
In  Alkohol  u.  Wasser  lösl  ExtrACt  0,20  .  .  2,40 
Kohlensaures  Ammoniak .  .  .  0,82  .  .  0,80 
Phosphorsaurer  Kalk  ....  1,40  .  .  1,40 
Kohlensaurer  Kalk.  ....  33,60  .  .  2,60 
Schwefels.  Kali,  Kalk  u.  Magnesia  0,20  .  .  '  — 
Mit  Kali  ausgezogene  leimähn- 
liche Substanz 2,30     .     .       8,40 

Mit  Kali  ausgezogene,  leim  ahn  1. 

in  Alkohol  lösl.  Substanz  .  —  .  .  1,60 
Membranen,  Haut  u.  s.  w.  .  .  20,00  '.  .  3,30 
Wasser  und  Verlust    ....     22,83     .     .     1 1,70 


1034  Bibergeil. 

•  

Bei  der  Destillation  von  Castoreum  -  eanadense  mit  Wasser  find 
Wöliler^),  wie  er  bereits  froher  2)  Termathete,  Carbolsaiiie,  zu^äd 
auch  Benzoesäure,  Salicin,  und  vermuthet  das  Vorhandensein  Ton  EUaf- 
säure  und  Salicylsäure.  Eis  gelang  jedoch  nicht  dieselben  mit  Bestimm- 
heit  nachzuweisen. 

Nach  £.  Weber  ist  das  Ca^toreum  die  durch  die  gefäurckhc 
Lederhaut  des  Pnieputium  penis  udd  elitaridis  abgesonderte  Haotulbe. 
C.  G.  Lehmann^)  bestätigte  diese  Ansicht  durch  eine  vergleiebeode 
Untersuchung  der  gleichen  Absonderungen  beim  Pferde  und  bei  dea 
Menschen  und  fand  in  allen  Sorten  Castoreum  durch  das  Mikroikof 
beträchtliche  Mengen  von  schwefelsaurem,  oxalsaurem  und  nameotlidi 
kohlensaurem  Kalk. 

Er  behandelte  femer  nacheinander  mit  Aether,  Alkohol,  Wmm 
und  verdünnter  Essigsäure  A.  frisches  deutsches,  B.  geräuchertes  ro» 
sches,  endlich  C.  canadisches  Castoreum  und  D.  Smegma  praepvta  t«s 
Pferde,  E.  vom  Menschen. 

A.        B.       C.         D.       E. 

Aetherextract 7,4       2,6       8,2     49,9     52,8 

Alkoholextract 67,7     64,8     41,3        9,6      7,4 

Wasserextract 2,6       1,9       4,8        5,4      6,1 

Essigsäure-j  kohlens.  Kalk    .     .     14,2     18,5     21,4        5,4      V 

extract    }  eiweLssartige  Subst.       2,4       3,4       5,8       2,8      5,6 
Häutige  Theile 6,7       9,4     18,4      26,8     18^ 

Die  ätherischen  Auszüge  enthielten  verseif  bare  Fette,  Chole^ 
und  Castorin,  ein  in  Wasser  so  fein  vertheilbares  Fett,  dass  es  losäd 
erscheint,  durch  Pettenkofer's  Gallenprobe  mit  Schwefelsaure  bbI 
Zucker  konnte  besonders  leicht  im  frischen  Castoreum  Galle  naeb^ 
wiesen  werden.  Alle  untersuchten  Absonderungen  enthielten  fett»iB* 
und  harzsaure  Alkalien,  einen  Proteinkörper,  von.  dem  jedoch  nicht  a|' 
schieden  werden  konnte ,  ob  er  dem  Albumin  oder  Casein  ähnlieh  a 
und  der  von  den  durch  Essigsäure  aufgelösten  Hüllen  desr  Fettkügel' 
chen  herzurühren  schien. 

Saugier,  Brandes,  Batka,  BiegeT  fanden  schon  Betaöeasn 
in  dem  Castoreum.  Lehmann^)  hält  es  wahrscheinlich,  dass  dieseAe 
ursprünglich  als  Ilippursäure  vorhanden  gewesen,  während  Wöhh' 
sich  durch  Versuche  überzeugt  hat,  dass  dieselbe  nicht  ans  Hipp** 
säure  entstanden  sein  könne  und  dass  keine  Zimmtsäure  ragegen  wtf- 
Hamsäure  fanden  weder  Lehmann  noch  Wo  hl  er. 

An  Mineralbestandtheilen  hat  Lehmann  nur  wenig  lösliche i^aiz^ 
etwas  Chlornatrium  und  Salmiak  darin  aufgefunden,  femer  pi^ 
phorsaures  Natron-Ammoniak  und  reichlich  phosphorsauren  Kalk  v» 
phosphorsaure  Magnesia. 

Bizio  ^)  stellte  aus  dem  Castoreum  zuerst  das  Castorin  oder^ 
Bibergeilcam phor  dar,  durch  Auskochen  desselben  mit  starkem  AI* 
kohol,  Abscheidung  des  Cholesterins  durch  Abkühlen,  Abdampfen  der 
filtrirten  Flüssigkeit  auf  ^4,  woraus  es  als  gelblich  krystallinischc  Ma*< 

0  Annal.  d.  Chcm,  u.  Pharm,  v.  Liebig  n.  Wöhler,  Bd.  LXTII,  S.  SM-  - 
«)  Ebendas.  Bd.  XLIX,  S.  360  u.  Bd.  LXV,  S.  844.  —  »)  Berichte  d.  Geselhd"» 
d.  WlBsens.  zu  Leipzig  1848;  daraas  Jahfesber.  v.  Liebig  n.  Kopp  l^^l«  ^'  ^^ 
—  ")  Lehmann,  Lehrb.  d.  phys.  Chem.  2.  Aufl.  Bd.  II,  S.  830.  —  *)  Tro»»- 
dorff  N.  Joum.  d.  Pharm.  Bd.  XJ,  HO.  1,  S.  800;  Brande«*  Arch.  Bd.  XI,  S.  Ilö  ^ 
119;  Wtnkler:  Geigers  Mag.  Bd.  XIH,  S.   171. 


Bibergeilcamphor.  —  Bichurimstearylsäüre.     1035 

»ich  abscheidet.  £8  ist  nicht  verseif  bar,  fast  nnl^slich  in  Wasser^leicht 
löslich  in  heissem  Alkohol  und  Aether,  viel  weniger  bei  niedriger  Tem- 
peratnr;  auch  ätherische  und  fettö  Oele  lösen  es  nur  in  der  Wärme  ^ 
man  reinigt  es  durch  Umkrystallisiren  aus  Aether  oder  Alkohol  und  er- 
halt es  dann  in  kleinen  .vierseitigen  Nndeln,  die  leicht  zerreiblich  sind 
erst  über  100^  C.  schmelzen;  bei  höherer  Temperatur  verkohlt  es  und 
verbrennt  ohne  Rückstand.  Salpetersäure  bildet  daraus  Castorin- 
säure  oder  Bibergeilcamphorsäure,  wenn  sie  damit  in  concentrir- 
tem  Zustande  erhitzt  wird  (Brandes),  unter  Entwickelung  von  sal- 
petriger Säure.  Man  kann  die  grösste  Menge  der  Salpetersäure- davon 
abdestilHren.  Die  Castorinsäure,  welche  sich  in  gelblichen  kry- 
stallinischen  Körnern  abscheidet,  ist  leicht  löslich  in  wässerigen  Alka- 
lien und  wird  bei  Uebersättigung  derselben  mit  starken  Säuren  aus  den 
Lösungen  gefällt. 

Wenn  man  die  Lösung,  aus  der  sich  das  Castorin  abgeschieden 
hat,  zur  Trockne  bringt,  den  Rückstand  mit  Wasser  auszieht,  dann  den- 
selben in  heissem  Alkohol  löst  und  das  Filtrat  abdampft,  so  erhält  man 
eine  schwarzbraune,  glänzende,  spröde,  in  Aether  fast  unlösliche  Masse, 
welche  von  wässerigen  Alkalien  leicht  gelöst  und  von  Säuren  aus  die- 
sen Lösungen  vollständig  gefällt  wird,  die  Brandes  Castoreum- 
ResiUQid  oder  Bibergeilharz  nennt. 

'Durch  wiederholte  Destillation  von  Wasser  über  frische  Portionen 
von  Bibergeil  erhalt  man  das  ätherische  Bibergeil-  oderCastoreum- 
Oel,  aus  frischem  russischen  Bibergeil  etwa  2  Proc,  aus  canadischem 
nur  1  Proc.  Es  ist  blassgelb,  dickflüssig,  wenig  löslich  in  Wasser,  leicht 
löslich  in  Alkohol,  von  scharfem,  bitterem  Geschmack.  V. 

Bibergeilcamphor 

Bibergeilcamphorsäure. 

D-u  -lu  )  ^'  Bibergeil, 

ßibergeilharz 

Bibergeilöl 

Biber  harn.  Der  Ham  des  Bibers  enthält,  nach  Vauquelin^), 
kohlensauren  Kalk  und  kohlensaure  Magnesia  in'  Lösung,  Harnstoff, 
hippursaures  Natron  und  andere  im  Ham  pflanzenfressender  Thiere 
gewöhnlich  vorkommende  Salze;  vegetabilische  Stofie  aus  der  Weiden- 
rinde, der  gewöhnlichen  Nahrung  des  Bibers,  dadurch  nachgewiesen, 
dass  in  Alaunlösung  gebeitztes  Zeug  sich  im  Biberharn  gerade  so  färbt, 
wie  in  einem  Aafgu&s  von  Weidenrinde.  Phosphorsaure.  Salze  und 
Harnsäure  finden  sich  nicht  im  Harn. 

Bicarbamid     ist  der   Harnstoff  genannt,  weil  er  sich  als  ein 

Biamid  der  Kohlensäure  ansehen  lässt,^  ^u^^  |N2  (s.  l.Aufl.  Bd.  III, 

S.  806). 

Bichurinstearyl,  das  Radical  der 

Bichurimstearylsäüre,  syn.  mit  Pichurimtalg- 
säure. 


»)  Annal.  de  chini.  T.  LXXXIl,  p.   197. 


1036         •  Bicolorin.  —  Bier. 

Bicolorin,  33)71.  Aesculin. 

ßieberit,  syn.  mit  Kobaltvitriol  (».  d.  Art  1.  Ani 
Bd.  IV.  S.  421. 

Bielurilsäüre  nennt  Bochleder  die  imCaffein  angenommeoe 
Atomgruppe  088304,0484  (s.  Oaffein). 

Bienenharz,  Stopf  wachs,  Ut  eine  braungelbe»  zähe,  klebrigt 
Substanz,  mit  welcher  die  Bienen  die  Risse  der  Körbe  ttberziehen,  m 
Licht  und  Luft  abzuhalten.  Diese  Masse,  ein  Gemenge  von  haragea 
und  wachsartigen  Substanzen ,  ward  früher  zur  Bereitung  von  Pfluter 
und  Salben  verwendet.  Fe. 

Bienenwachs  s.  Wachs. 

« 

Bier,  ßiere^  Beer.  Das  Bier  ist  ein  gegohrener  und  noch  lug- 
sam g&hrender  Auszug  aus  gemeischtem  Malze.  Seine  wesentlichen  6e- 
standtheile  sind  daher:  Malzeztract  (Meischextract),  Alkohol,  Kohlo- 
säure  und  das  als  Lösungsmittel  dienende  Wasser;  es  ist  eine  kohlen- 
säurehaltige  Lösung  von  Malzextract  und  Alkohol. 
'  Das    Malzextract   des  Bieres  besteht    hauptsächlich    ans   Starb- 

gummi  und  Stärkezucker;  nur  verhaltnissmässig  kleine  Mengen  vob 
stickstoffhaltigen  Substanzen,  von  sogenannten  Proteinstoffen,  und  toi 
•  verschiedenen  Salzen,  namentlich  Phosphorsäure-Salzen  von  Kalk  ond 
Magnesia,  kommen  noch  darin  vor.  Die  saure  Reaction  des  Mi- 
auszugs  bringt  die  letzteren  in  Lösung. 

Ist  das  Bier  aus  Darrmalz  gebraut,  so  finden  sich  in  seinem  MaU- 
extracte  das  Gummi  und  der  Zucker  zum  Theil  in  caramelisirtem,  dorek 
Röstung  verändertem  Znstande,  und  wurde  Hopfen  beim  Brauen  ange- 
wandt, so  sind  Bitterstoff  und  Aroma  des  Hopfens  vorhanden. 

Es  leuchtet  ein,  wie  sehr  verschieden  das  Bier  sein  kann  nach  der 
Menge  des  Malzextracts,  des  Alkohols  und  der  Kohlensäure,  nach  den 
Verhältnisse  in  welchem  diese  vorhanden  sind  und  danach,  ob  es  «& 
Luftmalz,  schwach  oder  stark  gedarrtem  Malze,  ohne  Hopfen,  mit  wenig 
oder  viel  Hopfen  gebraut  wurde.  Nicht  minder  haben  aber  auchAbfifi- 
derungen  im  Brauverfahren,  und  deren  können  sehr  viele  stattfinden,  av 
die  Beschaffenheit  des  Bieres  entschiedenen  Einfluss.  Die  Zahl  der 
.   Gattungen  und  Arten  von  Bier  ist  deshalb  sehr  gross. 

Nach  der  Farbe,  welche  alle  Abstufungen  zwischen  Blasagd^ 
und  Dunkelbraun  umfasst,  unterscheidet  man  Weissbier e  und  Bivid- 
biere.  Die  ersteren  werden  aus  Luftmalz,  die  letzteren  aus  verschiedeo 
stark  gedarrtem  Malze  gebraut. 

Durch  Obergährung  -  erzielte  Biere  heissen  obergährige  Biere; 
durch  Untergährung  gewonnene,  untergälirige  Biere. 

Biere,  welche  sich  lange  aufbewahren  lassen,  wie  starke  und  stari 
gehopfte  Biere,  werden  Lagerbiere  genannt;  Biere,  welche  sich  nkif< 
lange  halten ,  nennt  man  Schenkbier  (Schanckbier),  die  leichteren  aa 
manchen  Orten  auch  Flaschenbiere. 

Nach  dem  Betrage  des  Gehalts  an  Malzextract,  der  im  Allgemei- 
nen zwischen  4  bis  15  Procent  liegt,  nmr  bei  der  Brannschweiger 
Mumme  weit  grösser  ist,  unterscheidet  man  substanziöse,  (fette,  reiche* 


Bier.  1037 

ztractreiche)  Blere  und  magere,  (arme,  trockene)  Biere.  Je  reicher  an 
lalzeztraoi  das  Bier  ist,  desto  runder,'  voller  erscheint  es  auf  der 
lange,  desto  mehr  Körper  hat  es. 

Nach  dem  Gehalte  an  Alkohol  nennt  man  die  Biere  stark  oder' 
ßhwach,  schwer  oder  leicht.  Der  Alkoholgehalt  liegt  im  Allgemeinen 
wischen  2  bis  8  Proc. ;  je  grösser  er  ist,  desto  berauschender  wirkt 
atürlich  das  Bier. 

Je  mehr  Kohlensäure  das  Bier  enthält,  desto  stärker  perlt,  mous- 
ürt  es.    pie  Menge  der  Kohlensäure  beträgt  0,1  bis  0,5  Procent. 

Häufig  hat  man  von  einer  Art  Bier  eine  an  Extract  und  Alkohol 
eichere  Sorte  und  eine  daran  ärmere  Sorte.  Jene  heisst  dann  wohl 
AB  Doppelbier,  diese  das  einfache  Bier,  Schmalbier  oder  Dünnbier. 

Manche  Biere  fjölhren  besondere  Namen.  Porter  und  Ale  sind  all- 
gemein als  englische  Biere  bekannt.  In  früherer  Zeit  hatten  viele  Städte 
jgenthümliche  Biere  mit  oft  sehr  sonderbaren  Namen.  Die  meisten 
Heser  Localbiere  haben  dem  besseren  Greschmacke  des  Publicums  wei- 
ihen  müssen,  nur  wenige  stehen  noch  im  Rufe.  Brüssel  hat  Lambik,  Mars 
ind  Faro,  Braunschweig  ^le  Mumme.  Jetzt  benennt  man  ausgezeich- 
letere  Biere  nach  der  Stadt  oder  der  Localität  wo  sie  gebraut  werden. 
in  Frankreich  sind  die  Biere  von  Strassburg  und  Lyon  sehr  beliebt; 
n  Belgien  das  Weissbier  von  Löwen  (Louvain) ;  in  Deutschland  schätzt 
nan  das  Mnnchener,  Nürnberger,  Erlanger,  Kulmbacher  Bier.  Mit 
lern  Namen  bayrisches  Bier  umfasst  man  alle  Biere,  welche  nach  den 
n  Bayern  üblichen  Braumethoden  gebraut  sind. 

Der  Gehalt  der  ^Verschiedenen  Arten  und  der  wichtigeren  Sorten 
ron  Bier,  an  Malzextract,  Alkohol  und  Kohlensäure,  namentlich  an  den- 
beiden  ersteren,  ist  sehr  häufig  durch  Untersuchungen  ermittelt  worden. 
Nur  aber.  Wenn  dem  Resultate  der  Analyse  eines  Bieres  Angaben  Über 
Farbe ^  Geschmack  und  Stärke  des  Moussirens  beigefügt  sind,  erhält 
man  ein  verständliches  Bild  von  der  Beschaffenheit  des  Bieres  (s.  Bier, 
(Jntersuchung  desselben).  Man  wird  den  Werth  der  Bier-Ana- 
lysen nicht  überschätzen,  wenn  man  berücksichtigt,  dass  die  Zusammen- 
setzung für  ein  und  dieselbe  Art  von  Bier  keine  constante  ist  und  sein 
kann.  Das  relative  Verhältniss  zwischen  Malzextract  und  Alkohol  muss 
sich  mit  der  Zeit,  mit  dem  Alter  der  Biere  ändern,  weil  eben  das  Bier 
ein  noch  gährendes  Getränk  ist.  Junge  Biere  sind  extractreicher  und 
alkoholarmer,  ältere  Biere  sind  alkoholreicher  und  extractärmer.  Auch 
wird,  wie  schon  oben  gesagt,  ein  und  dieselbe  Art  von  Bier  häufig 
mehr  oder  weniger  gehaltreich  gebraut,  gehaltreicher  namentlich  wenn 
es  zum  Versenden  bestimmt  ist.  Nur  aus  einer  grossen  Anzahl  von 
Analysen  ein  und  derselben  Art  von  Bier  lässt  sich  die  Beschafi^enheit 
annähernd  richtig  erkennen. 

In  der  folgenden  Tabelle  ist  deshalb  der  durchschnittliche  Gehalt 
an  Malzextract  und  Alkohol  einiger  wichtigen  Arten  von  Bier,  nach 
zahlreichen  Analysen,  mitgetheilt. 


1Ü38 


Bier. 


Namen  der  Biere. 


Procentgehab  an 


Malzextract. 


Alkohol. 


r^ndon  Ale,  zum  Export  .    . 
London  Ale,  gewöhnliches    . 
London  Forter,  zum  Export 
London  Porter,  gewöhnlicher 
Brü^^ler  Lambik    .... 

Brüsseler  Faro 

Biere  forte  de  Strassbonrg 
Bi^re  blanche  de  Paris  . 
Bayerisches  Bier  .... 
Berliner  Weissbier  .... 


7 

5 

7 

5 

5,5 

5 

4 

8 

6,5 

6,2 


bis 


5 

4 

6 

4 

3,5 

3 

3,5 

5 

4 

5,7 


G 

bis  8 

4 

—  5 

5 

—  6 

3 

—  4 

4,5 

-  C 

2,5 

—  4 

4 

-M 

3,5 

—  4 

3 

-4,5 

1,8  - 


Die  nachstehende  Tabelle    enthält    die    speciellen    Resultate  det 
Untersuchang  einiger  Biere: 


Namen  der  Biere. 


Procentgehalt  an 


Malz- 
extract 


Alko- 
hol. 


Koh- 
len- 
säure. 


Was- 
ser. 


NaoMB 

der 

Aualttikcr. 


London  Porter,  von  Barkley  und 
Perkins 

London  Porter 

London  Porter  (Berlin) 

Burton  Ale 

Scotsh  Ale,  Edinburg 

Ale  (Berün) 

Brüsseler  Lambik 

Brüsseler  Faro 

Salvatorbier,  München 

Bockbier,  München 

Bayerisches  Schenkbier,  München 

Bayerisches  Lagerbier,  München,  IC 
Monate  alt 

Bayerisches  Lagerbier,  München  .     . 

Bayerisches  Schenkbier,  Braunschweig 

Bayerisches  Bier  (Waldschlösschen)  . 

Prager  Schenkbier       ...... 

Prager  Stadtbier 

Süssbier,  Braunschweig 

Josty'sches  Bier,  Berlin 

Werder^sches  Braunbier,  Berlin      .     . 

Berliner  Weissbier 

Biere  blanche  de  Louvain    .     .     .     . 

Petermann,  Louvain 

Mumme,  Braunschweig   .... 


0,0 
6,8 
5,9 
14,5 
10,9 
6,3 
3,4 
2,9 
9,4 

5,8 

5,0 
3,9 
5,4 

.4,8 
6,9 

10,9 

14,0 
2,6 
3,1 
5,7 
3,0 
4,0 

45,0 


5,4 
6,9 
4,7 
5,9 
8,5 
7,6 
5,ö 
4,9 
4,6 
4,2 

a»8 

5,1 

4,3 

3,5 

3,6 

2,4 

3,9 

1,36 

2,6 

2,3 

1,9 

4,0 

6,5 

1,9 


0,16 

-0 

(»,37 

0,16 

0,17 

0,2 

0,2 

0,18 

0,17 

0,14 

0,15 
0,16 


0,5 

0,8 
0,6 


88,44 

86,3 

89,0 

79,6 

80,45 

85,93 

90,9 

92,0 

85,85 

86,49 

90,26 

89,75 

91,64 

91,1 

91,5 

90,7 

85,2 

84,7 

94,3 

94,2 

91,8 

93,0 

89,5 

58,1 


I 


Zur    Vervoll:$tändigiing   der  Charakteristik  der   Biere 
Folgende : 

Ale  i8t  ein  helles,  mehr  oder  weniger  bitteres  (jnild  or 


Kaiser. 

B^lling- 

Ziorek. 

HoffmaoB 

Kaiser. 

Ziarek. 

Kaiser. 

KaistT. 

Kaiser. 

Kaiser. 

Kaiser. 

Kaiser. 

Kaiser. 

Otto. 

Fischer. 

BalUng. 

Halliiig. 

Otto.  * 

Ziorek. 

ZiarcL  ' 

Ziurek. 

La  Cambr 

La  Cambff- 

FreytagBtfi 

Bosse. 

diene  das 
hiiter  JU) 


'  j  Der  Strich  deutet  an,  dass  die  Kohlensäure  nicht  quantitativ  bestimmt  ward« 


Bier,  Brauen  desselben.  1039 

abatanziöses,  starkes  Bier.  Porter  ist  ein  dunkles,  mehr  oder  weniger 
itteres,  substanziöses,  starkes  Bier.  Die  bayerischen  Biere  sind  massig 
abstanziöse,  massig  starke,  hellere  oder  dunklere,  mehr  oder  weniger 
ittere  Biere.  Die  österreichischen  und  böhmischen  Biere  gleichen 
en  bayerischen,  nur  sind  sie  oft  etwas  snbstanziöser.  Die  belgischen 
liere,  hinsichtlich  des  Gehalts  an  Extract  und  Alkohol  den  bayerischen 
benfalls  nahe  stehend,  haben  alle  einen  säuerlichen  Geschmack.  Das 
lerliner  Weissbier  ist  ein  etwas  substanziöses,  schwaches^  stark  mous- 
irendes  Bier.  Die  Braunschweiger  Mumme  ist  kaum  ein  Bier  zu 
ennen;  sie  schmeckt  wie  Malzextract  oder  Quecken  wurzel  extract. 

Da  jedes  Procent  Alkohol  des  Bieres  nahezu  aus  2  Proc.  Zucker 
es  Malzanszuges,  der  sogenannten  Würze,  entsteht,  so  lässt  sich  aus 
er  mitgetheilten  Tabelle  annähernd  sogleich  die  Concentration  be- 
lehnen, welche  die  Würzen  für  die  verschiedenen  Biere  hatten.  Das 
titersuchte  Wal dschlösschen -Bier  enthielt  3,6  Proc.  Alkohol;  diese 
ütsprechen  nahe  7,2  Proc.  Zucker,  dazu  der  Gehalt  des  Bieres  an  Malz- 
ctract  im  Betrage  von  4,8  Proc,  ergiebt  die  Concentration  der  Würze 
A  7,2  +  4,8  =12  Proc.  Für  das  Scotsh  Ale  müsste  die  Würze 
ine  Concentration -von  10,9  -}-  2  .  8,5  ==  10,9  -(-  17  =  27,9  Proc. 
ssitzen. 

Man  erkennt,  dass  sehr  substanziöse  und  zugleich  sehr  starke  Biere 
Le  concentrirteste  Würze  erfordern,  den  grössten  Aufwand  an  Malz 
Einsprüchen.  Massig  substanziöse  und  zugleich  massig  starke  Biere 
srlangen  nicht  mehr  Malz,  als  substanziöse  aber  schwache  Biere. 

Brauen  des  Bieres^).  im  Allgemeinen,  und  Wesentli- 
len  besteht  die  Kunst  Bier  zu  brauen  darin:  Malz  zu  bereiten  (das 
sisst  Getreide  auf  z\^eckmässige  Weise  keimen  zu  lassen),  aus  dein 
[alze  durch  die  Operation  des  Meischens  einen  zuckerigen  Auszug, 
ne  Würze  darzustellen,  diese,  in  der  Regel  wenigstens,  mit  Hopfen 
I  kochen  und  dann,  nach  hinreichender  Abkühlung,  in  Gährung  zu 
ingen. 

Der  ganze  Brauprocess  zerfällt  hiemach  in  drei,  von  einander 
hr  verschiedene  Operationen,  nämlich : 

die  Bereitung  des  Malzes, 

die  Darstellung  der  Würze, 

die  Gährung  der  Würze. 
Bei  weitem  die  grössere  Menge  von  Bier  wird  aus  Gerstenmalz 
reitet,    Weizenmalz  kommt  seltener,   und   dann    meist  nur  als  Zu- 
tz  zu  Gerstenmalz  in  Anwendung,  Roggenmalz  benutzt  man  nie,  Hafer- 
%lz  nur  ganz  ausnahmsweise. 

Das  Malzeh  des  Getreides  ist  für  den  Brauprocess  durchaus  noth- 
sndig,  nm  Diastas  zu  erzeugen  (siehe  dies).  In  dem  ungemalzten  Ge* . 
»de  ist  nur  der  zuckergebende  Stoff,  das  Stärkmehl,  vorhanden,  es 
lit  der  zuckerbildende  Stoff,  das  Diastas.  In  dem  gemalzten  Getreide 
den  sich  beide.  Da  das  Diastas  des  Malzes  hinreicht,  eine  grössere 
Bng6  von  Stärkmehl  in  Zucker  umzuwandeln,  als.  in  dem  Malze  selbst 
thalten  ist,  so  kann  allerdings  ein  Theil  des  Malzes  durch  ungemalz- 

')  Ball  in  K,  Die  Gährnngschemie.  G.  La  Cambre,  Trait^  complet  de  la  fa- 
kation  des  bi^res  et  de  la  Destillation.  Heiss,  Der  bayeriBcbe  Bierbrauer. 
to.  Lebrbucb  der  rationellen  Praxis  der  landwirtbscbaftUchen  Gewerbe.  P.  Mttl- 
■     Handbuch  fUr  Bierbrauer.    • 


1040 


Bier,  Brauen  desselben. 


tes  Getreide  oder  durch  andere  stÄrkmehlhaltige  SubsUneen  enetet  wil- 
den, wodurch  eigenthümliche  Arten  von  Bier  entstehen,  von  denen  I[mU) 
die  EEede  sein  wird  (belgische  Biere,  Karte  Seibier). 

Die  Bereitung  des  Malzea  ist  in  dem  Artiicel  Male  siufShtliek  ib- 
gehandelt ;  ee  kann  daher  ganz  auf  diesen  Artikel  verwiesen  werd(& 

Daa  Mals  mius  für  den  Branproceee  leckleinert,  es  nniu  ;(- 
schroten,  gebrochen  werden. 

Die  Zerkleinerung  kann  entweder  durch  die  Steine  einer  gevöb- 
liehen  Mahlmjihle,  oder  aber  durch  eiserne  Walzen  (QaetecbmaMkinai 
bewerkstelligt  werden.  Der  gehörige  Grad  der  Zerkleinerung  iM  hitf- 
bei  von  grosser  Wichtigkut.  Zu  stark  zerkleinertes  Malz  lüst  sei 
schlecht  mit  Wasser  verarbeiten,  setzt  sich  bei  dem  Ueiechen  sehr  ht 
und  enttasst  die  Würze  nur  Bchwierig.  Es  ist  am  besten,  wenn  ie 
Mehlkörper  in  ein  feines  Pulver  verwandelt,'  die  Spelze  nur  geip^ 
wird.  Dies  erreicht  man  durch  Quetschwalzen,  selbst  bei  trockucs 
Make  sehr  leicht;  für  du  Schroten  zwischen  Mühlsteinen  mosi  «te 
die  Spelze  vorher  dadurch  zäher  gemacht  werden,  dass  man  du  Mi^ 
12  bis  24  Stunden  vor  dem  Schroten,  mit  etwas  Wasser  besprengt,  a 
netzt,  einsprengt,  und  dann  öfters  umiitichl.  , 

Fig.  81  7eigt  die  unter  dem  Namen  „Rheinische  SchrotmöUi* 
sehr  verbreitete  und  zweckmässige  Walten-Quetschmoacbine  von  BW 
menthal  in  Darmstadt, 

Fig.  fti. 


Aus  dem  Rumpfe  aa  gelangt  das  Malz  auf  den,  ans  doppd"«" 
Sieben  bestehenden  '.Schuh  ÄS,  von  denen  das  obere  zum  Zurilekhsll« 
der  gröberen  Einmenguugen,  der  Steine,  das  untere,  feinere,  tai  E* 


Bier,  Brauen  desselben.  1041 

femung  des  Staubes  n.  8.  w.  dient.  Von  dem  nnteren  Sieb  f &Ilt  das 
Malz  dann  in.  den  kleinen  Rompf,  welcher  Über  den  germften  Qneiseh- 
-walzen  c  c  befestigt  ist  Das  Schrot  f &llt  ans  «L  Die  von  e  bewegte 
Hebelvorrichtnng  //  rüttelt  den  Siebschah«  W^e  das  Schwungrad  an- 
deutet, ist  die  Maschine  znm  Betriebe  mit. der  Hand  eingerichtet,  es 
versteht  sich  von  selbst,  dass  sie  auch  mit  einer  mechanischen  bewe- 
genden Kraft  in  Verbindung  gesetzt  werden  kann. 

Darstellung  der  Würze,  Meischprocess.  Um  aus  dem 
Malzschrote  einen  möglichst  extractreichen  Auszug  (Würze)  zu  erhal- 
ten, muss  dasselbe  dem  Meischprocesse  unterworfen  werden.  Das  Mei- 
schen  ist  die  Behandlung  des  Malzschrotes  mit  Wasser  bei  der  Tem- 
peratur, bei  welcher  das  Stärkmehl  von  dem  Diastas  in  Gummi  und 
Zucker  verwandelt  wird,  nämlich  bei  60o  bis  75»  C,  48«  bis  60^  B. 
(s.  Diastas  und  Stärkmehl).   . 

Zum  Meischen  dient  der  Meischbottich,  welcher  häufig  zugleich 
Seihbottich  ist.  Er  hat  dann,  ein  paar  Zoll  über  dem  Boden,  einen 
zweiten  durchlöcherten  Boden  (Seihboden,  Loseboden),  welcher  aus  ein- 
zelnen Theilen  besieht,  ^die  leicht  eingelegt  tind  heraosgenommen  werden 
können,  oder  es  sind  in  demBet[>en,  über  Vertiefungen  des  wirklichen 
Bodens,  durchlöcherte  Platten  (Seihplatten)  von  starkem  Kupferblech, 
Messingblech  oder  von  Gusseisen  vorhandeUf  welche  so  in  einem  Falze 
liegen,  dass  sie  mit  dem  Bodeti  eine  Ebene  bilden,  nicht  hervorragen. 

Für  grössere  Betriebe  ist-  der  Meischbottich  mit  einem  Rührwerke 
zam  Vermischen  des  Schrotes  mit  dem  Wasser  und  zum  Durcharbeiten 
der  Meische  ausgestattet.  Die  Construction  solcher  Rührwerke  ist 
sehr  verschieden,  sehr  einfach  bis  höchst  coteplicirt. 

Flg.  82  (s.  f.  S.)  zeigt  einen  mit  Rührwerk  versehenen  Meisch- 
bottich für  massig  grossen  Betrieb.  Die  Figur  dient  zugleich  zur  Er« 
läaierung  der  schon  besprochenen  und  noch'  zu  besprechenden  Theile 
des  Bottichs. 

aa  sind  die  Seihplatten  über  den  ausgestemmten  Vertiefungen  des 
Bodens.  Von  den  Vertiefungen  gehen  Röhren  a  b^  welche  in  das  Hanpt- 
abfiu^srohv  b  b  treten. 

Unter  dem. Hahne  dieses  Rohres  befindet  sich  eine,  in  die  Erde 
gegrabene,  mit  Kupferblech  ausgeschlagene  Cisterne,  der  Grand,  (Unter- 
stock» Sarg,  Würzebrunnen,)  zur  Aufnahme  der  abfliessenden  Würze. 

Das  Rohr  c,  welches  ausserhalb  des  Bottichs  auf  dem  Abflussrohre 
steht,  dient'  dazu,  das  Wasser  von  unt6n,  durch  die  Seihplatten,  zu  dem 
Schrote  treten  zu  lassen.  Es  wird  der  Pfaff  genannt.  Fehlt  das  Rühr- 
werk, so  geht  der  Pfaff  in  dem  Bottiche  an  der  Wand  hinab  unter  eine 
Seihplatte  oder  unter  den  Seihboden.  Bei  hölzernen  Seihboden  ist  es 
gewöhnlich  ein  vierseitiger  hölzerner  Schlauch. 

de  sind  die  conischen  Räder,  durch  welche  die  stehende  viersei- 
tige Achse  /  des  Rührwerkes  die  drehende  Bewegung  erhält.  Das 
Flügelsystem  gg  ist  verschiebbar  auf  der  Achse;  es  hängt  an  den  Ket- 
ten h  h,  welche  über  die  Rollen  %  %  laufen,  und  kann  mittelst  der  Kurbel 
k  in  den  Bottich  gelassen  oder  aus  demselben  gehoben  werden.  /  ist 
ein  Sperrkegel,  durch  welchen  sich  das  Flügelsystem  an  beliebiger 
Stelle  festhalten  lässt.  Die  Vorrichtung  macht  es  möglich  die  Flügel 
allmälig  in  die  Schrdlmasse  einzusenken  und  so  nach  ui^d  nach  den  Wi« 
derstand  zu  überwinden,  welchen  sie  bietet,  und  sie  erlaubt  die  Flügel 
nach  beendetem  Meischen  herauszuheben.    Sind  die  Flügel  in  dem  Bot- 

Handwörterbnch  der  Cbemlc.  2tc  Aufl.  Bd.  II  @6 


1042  Bier,  Brauen  desselben. 

tiche  Ml  dar  Achse  befestigt,  so  werden  sW  aatürlich  von  dem  Sdintc 
umlagert  und  m  ist  Gefahr  des  Zerbrechens  des  Rührwerkes  lorba- 
d«a,  wcDD  dasselbe  in  Thätigkeit  gesettt  werden  soll. 


Fig.  83  und  84  machen  die  Lage  der  Seibplatten  in  dem  Hvst^ 
bottich  deutlich,  die  erstere  Figur  in  einem  Bottiche  mit  K (ihr werk,  ili' 
andere  in  einem  Bottiche  ohne  Rührwerk.  Fig.  85  zeigt  einen.  *"> 
einzelnen,  gusseisemcn  Seihplatten  bestehenden  Seihboden  eines  MeiMb- 
bottichs.  Ist  der  Meischbottich  nicht  zugleich  Seibb.otüch,  so  bUen. 
selbstverständlich ,  der  Seihboden  oder  die  Seihplatten  weg  und  <i 
ist  dann  ein  besonderer  Seihbottich  vorhanden. 

Der  Meischproceas  wird  am  zweck  massigsten  ao  ausgeführt,  i»^ 
man  das  Schrot  erst  mit  Wasser  von  niederer  Temperatur  »nrflift 
einteigt,  um  es  gleichJbrmig  zu  durchfeuchten  und  zu  erweichen, noi 
daas  man  dann  die  einget«igte  Mnsse  sehr  allmMig  auf  die  Zucker 
bildungstemperatur,  ^teischtemperatur,  bringt.  Dies  geschieht  nun  u' 
zweifach  verschiedene  Weise,   nämlich  entweder  durch  Zugeben  tod 


Bier,  Brauen  desselben.  1043 

aiedeadoiD  Wuser  «us  der  Braupfanne,  oder  dadurch,  dära  uMi  eioen 
Tbeil   der  eiogeteigten  Hasae  selbst  in  die  Braupfaone  bringt,  daria 
Fig.  88.  ftg.  86. 


tilliiiiilig  und  l>ü  : 
cheu  urliitzt,  daiin  iu  deo 
Mci^chltultich  zurückgiebt 
lind  dies  wiederholt.  Uw- 
nach  unturscheidet  m 
Haiiptarten  des  Meischver- 
fahrena:  das  Aufgiisever- 
fahren  odur  InJusloDS' 
verfahren  und  das  Koch- 
e'S 84  verfahren  oder    Decoc- 

Das  Aufgiissverfahreu  ist 
das  in  England  für  despen 
lüsge/eichnete     Biere    be- 
folgte Mcisch verfahren,  es 
'  oi<sl  deshalb  auch  das  eng- 
seht  \  erfuhren.  Es  ist  fer- 
er  d^s  gebräucliliube  Ver- 
Itjhren    in    Frankreich  und 
J  Bel;;ien,  und  war  früher  im 
llii.hen  Deutschland  iiU- 
/  (gemein  üblich.  Seitder Ver- 
breitung   des    Rogenaniiteu 
bayriichen  Bieres  ist  es  hier 
aber  von  dem  Kochverfah- 
lenin  den  Hintergrund  ge- 
drangt worden,  nach   wel- 
chem   mau    das    bayrische 
Bier  brauL    Das  Kochver- 
fahren   wird    deshalb  auch 
das    bayrische    Meisch ver- 
fahren genannt. 

In  dem  Folgenden  sollen  nun  die  beiden  Afeisch verfahren  oder, 
wie  man  wohl  sagt,  Braumethoden  nüher  betrachtet  werden,  und  zwar 
zuerst  das  Aufguss verfahren. 

66* 


1044  Bier,  Brauen  desselben. 

Bd  dem  AnfgQss  verfahren  konomt  zuvörderst  soviel  Wasser,  Ein- 
teigwasser,  in  den  MeischboCtich,  als  erforderlich  ist,  um  mit  dem,  nach 
nnd  nach  einsnschöttenden  Schrote  eine  mehr  oder  weniger  dicke, 
breiige  Masse  zu  bilden.  Ob  maQ  dicker  oder  weniger  dick  einteigt, 
hängt  davon  ab,  ob  man  eine  concentrirtere  oder  weniger  conoentrirte 
Wfirze  zu  ziehen  beabsichtigt,  und  darnach  mnss  auch  die  Temperatur 
des  Einteigwassers,  unter  I^erÜcksichtigung  der  Temperatur  d&  Loü, 
des  Schrotes,  des  Bottichs,  gewählt  werden.  Je  dicker  näinlioh  die 
eingeteigte  Masse  ist  und  je  höher  ihre  Temperatur,  desto  weniger 
Meischwasser  hat  man  nöthig  zur  Erhebung  auf  die  Zuckerbildungs- 
temperatur.  Im  Winter  nimmt  man  das  Einteigwasser  ungefähr  nnt 
609  C.  (480  R.)  in,  Sommer  mit  45«  C.  (36o  R.). 

Nach  dem  Einschütten  des  Schrotes  in  das  Einteigwasaer,  und 
sorgfältiger  Vermischung  des  Schrotes  mit  dem  Wasser, 'durch  Meisch- 
hölzer  oder  durch  das  Rührwerk ,  bleibt  die  eingeteigte  Masse  etws 
eine  halbe  Stunde  lang  stehen,  während  der  man  sie  noch  einige  Mal 
durcharbeiten  kann,  um  den  Mehlkörper  des  Schrotes  möglichst  von 
den  Spelzen  zu  trennen  und  die  Stärkmehlkögelchen  von  dem  Kleber 
abzuspöhlen.    Dann  wird  zu  dem  eigentlichen  Meischen  geschritteD. 

Man  lässt  von  dem,  in  der  Braupfann^  zum  Sieden  erhitzten  Was- 
ser durch  den  Pfaff  sehr  allmälig  so  viel  zu  der  eingeteigten  Masse 
fliessen,  dass  diese  auf  die  Zuckerbildungstemperatun  Meischtemperatur, 
hier  am  zweckmässigsten  etwa  69<^  C.  (55 <^  R),  erhoben  wird.  Wahrend 
das  Meischwasser  zufliesst,  muss  die  Masse  fortwährend  durchgerührt, 
durchgearbeitet  oder,  Wie  man  sagt,  gemeischt  werden,  um  locale  zo 
starke  Erhitzung  zu  vermeiden,  welche  Kleisterbildung  zur  Folge  ha- 
ben, würde.  Auch  nach  der  Erhebung  auf  die  Zuckerbildungstempers- 
tur  wird  das  Durcharbeiten  fortgesetzt,  doch  so,  dass  dabei  bedeu- 
tendes Sinken  der  Temperatur  nicht  stattfindet. 

Das  geübte  Auge  erkennt  das  Eintreten  der  Meischtemperatur  an 
äusseren  Erscheinungen;  die  weisslich  trübe  Beschaffenheit  der  Ma»e, 
welche  von  den  Stärkmehlkömchen  herrührt,  verliert  sich,  sobald  da* 
Minimum  der  Meischtemperatur,  60<^  C.  (48^  R.)  erreicht  ist,  die  flüssiff 
Masse  wird  durchscheinender,  dunkler. 

Die  Umwandlung  des  Stärkmehls  in  das,  in  heissem  Wasser  lös- 
liche Dextrin  (Amidulin)  erfolgt  bei  dem  Meischprocess  sehr  schnell 
aber  der  Uebergang  des  Dextrins  in  Dextringummi  (Stärkegummi) 
und  Stärkezucker  findet  nur  allmälig  statt  Die  Meische  muss  deshalb 
einige  Zeit  bei  der  Meischtemperatur  stehen.  In  Massen,  welch« 
Oummi  und  Zucker  neben  sticksto6rhaltigen  Substanzen,  Protetnsub- 
stanzen,  enthalten,  und  die  Meische  ist  eine  solche  Masse;  bildet  sich 
aber,  bei  emer  Temperatur  von  ungefähr  40«  bis  75<)C.(320bis600K) 
allmälig  Milchsäure;  die  Meische  wird  trebersauer,  seihsauer,  wie  man 
sagt,  wenn  sie  zu  lange  in  dem  Meischbottiche  stehen  bleibt* 

Die  Folge  der  Bildung  von  Milchsäure  in  det  Meische  ist,  dass 
eine  beträchtliche  Menge  von  Kleber  in  Lösung  geht,  eine  Menge,  wel- 
che durch  die  Gährung  nicht  vollständig  zur  Hefenbildung  verwanch 
werden  kann.  Es  resultirt  ein  Bier,  das  den  Keim  zum  Verderben, 
zum  Sauerwerden  in  sich  trägt,  denn  in  Milchsäure  gelöster  Kleber  ist 
ein  kräftiges  Ferment  zur  Bildung  von  Essigsäure. 

Der  Brauer  hat  daher  zwei  Itlippen  zu  vermeiden.  Bleibt  die 
Meische  zu  kurze  Zeit  stehen,'  so  erfolgt  die  Zuckerbildung  nnvollstan- 


Bier,  Brauen  desselben.  1045. 

dig;  bleibt  sie  zu  lange  stehen,  so  wird  sie  trebersauer  und  dann  ganz 
angeeignet  ein  haltbares  Bier  zu  geben. 

Die  Bildung  der  Milchsäure  erfolgt  nicht  unter  allen  Umständen 
gleich  schnell  in  der  Meische.  Eine  hohe  Temperatur  der  Luft  begün- 
stigt sie,  das  Vorhandensein  der  Röststoffe  des  Darrmalzes  verzögert 
sie.  Im  Winter  läuft  man  deshalb  weniger  Gefahr  als  im  Sommer;  bei 
der  Verarbeitung  von  Darrmalz,  namentlich  dunklem,  weniger  als  bei 
Luftraalz.  Die  brenzlichen  Röststoffe  des  Darrmalzes  verhindern  die 
Zersetzung  der  stickstoffhaltigen  Bestandtheile  der  Meische,'  durch  wel- 
che die  Umwandlung  des  Stärkezuckers  in  Milchsäure  veranlasst  wird, 
in  ähnlicher  Weise,  wie  die  Brenzstoffe  des  Bauches  die  Fäulniss  des 
Fleisches  hindern. 

Die  Erfahrung  hat  gezeigt,  dass  die  Meische  ungefähr  eine  Stande 
stehen  darf,  ohne  nachtheilig  verändert  zu  werden.  Wälirend  dieser 
Zeit  kann  man  die  fortschreitende  Wirkung  der  Diastase  mittelst  Jod- 
losung verfolgen,. welche  zuerst  eine  dunkelblaue,  später  eine  violette, 
dann  eine  bräunlichrothe  Färbung,  und  schliesslich,  nach  beendeter 
Verwandlung  des  Deztriä^  in  Gummi  und  Zucker,  keine  Färbung  in 
der  Meischflüssigkeit  hervorbringt.  Der  anfangs  fade  Geschmack  hat 
dann  dem  süssen  Geschmacke,  Platz  gemacht.  Vollständige  Umwand- 
lang des  Gummis  in  Zucker  findet  niemals  statt;  es  soll  aber  am  so 
mehr  Zucker  entstehen,  je  näher  dem  Minimum  der  Meischtemperatur 
die  Meische  gehalten  wird.  Man  kann  hiernach  also  bei  dem  Meischen 
durch  die  Temperatur  auf  die  Beschaffenheit  der  Würze,  nämlich  auf 
das  Verhältniss  des  Gummis  zum  Zucker  in  der  Würze  hinwirken. 

Sobald  die  Meische  in  dem  Meischbotdche  hinreichend  gestanden 
hat,  zieht  man  die  Würze.  Man  öffnet  dabei  anfangs  den  Abflusshabn 
weit,  damit  die  unter  den  Seihplatten  oder  dem  Seihboden  befindlichen 
schlammigen  Theile,  der  Unterteig,  weggespühlt  werden,  fängt  die 
Würze,  so  lange  sie  trübe  läuft,  in  Eimern  auf  und  giesst  sie  in  den 
Bottich  zurück.  Erst  wenn  die  Würze  völlig  klar  kommt,  lässt  man 
sie  in  den  Grand  fiiessen.   . 

Die  erhaltene  Würze  ist  im  Wesentlichen  eine  Lösung  von  Stärke- 
gammi,  Stärkezucker,  EHweiss  und  sogenanntem  Pflanzenleim  (löslichem 
Kleber).  Sie  reagirt  stets  bemerkbar  sauer,  von  einer  organischen 
Säure  und  sauren  Phosphorsäure-Salzen.  Ihr  Geschmack  ist  angenehm 
süss,  und  zugleich  eigenthümlich  aromatisch,  wenn  sie  von  Darrmalz 
gezogen  wurde;  ihre  Farbe  ist  um  so  dunkler,  je  stärker  gedarrt  das 
Malz  war.  Beim  Verdampfen  hinterlässt  sie.  die  gelösten  Stoffe  als 
ein  heller  oder  dunkler  braunes  Extract  (Malzextraot  oder  Meisch- 
extract). 

Die  Concentration  der  Würze  hängt,  selbstverständlich,  von  dem 
Verhältniss  des  Einteigwassers  und  Meischwassers  zu  dem  Schrote  ab. 
Da  nnn  die  Bienge  des  Meischwassers  dadurch  bestimmt  ist,  dass  durch 
sie  die  eingeteigte  Masse  aaf  die  Meischtemperatur  erhoben  werden 
mufls,  so  haben,  wie  schon  oben  angedeutet,  auf  die  Concentration 
der  Würze  vorzüglich  die  Menge  und  die  Temperatur  des  Einteig- 
wassers Einfiuss.  Bei  Anwendung  von  wenigem  und  warmem  Einteig- 
wasser wird  man  von  derselben  Menge  Schrot  eine  stärkere  Würze 
ziehen,  als  b^  der  Anwendung  von  vielem  und.  kftherem  Einteigwasser« 
Zar  Bestimmung  der  Concentration  dient  das  Saccharometer ,  dessen 
Anwendbarkeit  für  diesen  Zweck  sich  darauf  gründet,  dass  Loeongva 


1046  Bier,  Brauen  desselben. 

von  Zncker  und  Malzextract  bei  gleichem  Procentgehalte  gleiche«  spe- 
cifisches  Gewicht  besitzen. 

Die  nach  dem  Abfiieasen  der  Würze  in  dem  Mei$>chbottiche  zurück- 
bleibenden Trebem  bestehen  auB  den  Spelzen  des  Malzes,  den  Keimeiu 
dem  Kleber  und  den  Hüllen  der  Stärkekörnchen.  Sie  enthalten  eine 
beträchtliche  Menge  von  Würze  aufgesogen  zurück,  die  Trebem  von 
100  tfd.  Schrot  ungefähr  120  Pfd.  Würze. 

Um  dijese  Würze  wenigstens  theilweise  zu  gewinnen,  wird  ein 
zweiter  Guss  (erster  Nachguss)  gemacht.  Man  übergiesst  die  Trebera 
mit  heissem  Wasser,  arbeitet  die  Masse  tüchtig  durch  und  zieht  nacli 
einiger  Zeit  eine  zweite  Würze.  Auf  gleiche  Weise  läspt  sich  dann 
durch  einen  dritten  Guss  (zweiter  Nachguss)  eine  dritte  Würze  erhal- 
ten. Die  letzten  Antheile  der  aufgesogenen  Würze  pflegt  man  endlich 
dadurch  zu  gewinnen,  dass  man  die  Trebem,  nachdem  die  obere,  zähe, 
Schicht  derselben,  der  Teig  (Oberteig,  Malzschlamm),  entfernt  worden 
ist,  wiederholt  mit  Wasser  übergiesst  oder  mit  Wasser  besprengt,  waä 
man  das  Ueberschwenken  oder  Anschwänzen  nennt.  Das  durch  die 
Trebem  sickernde  Wasser  verdrängt  dann  die  Würze,  ohne  sich  damit 
zu  vermischen.  In  England  findet  man  mechanische  Vorrichtungen 
Über  dem  Meischbottiche ,  welche,  sich  drehend,  das  Wasser  als  feinen 
Regen  über  die  Trebern  ergiessen.  Durch  die  höhere  Temperatur,  auf 
welche  die  Trebern  bei  den  Nachgüssen  kommen,  schrumpfen  diesel- 
ben mehr  und  mehr  zusammen  und  halten  dann  weniger  von  den  Nach- 
würzen zurück. 

Die  Nachbierwürzen  sind  niemals  von  so  guter  Beschaffenheit,  wie 
die  erste  Würze,  weil  die  Bildung  einer  nachtheiligen  Menge  von  Milch- 
säure bei  dem  längeren  Stehen  der  Meische  selten  ausbleiben  wird. 
Sie  haben  ausserdem  niemals  die  Feinheit  des  Geruchs  und  Qeschmac^ 
wodurch  die  erste  Würze  ausgezeichnet  ist.  Hieraus  ergiebt  sich  schon 
die  Zweckmässigkeit,  ja  selbst  Nothwendigkeit,  der  Verarbeitung  der 
>  verschiedenen  Würzen  zu  verschiedenen  Bieren,  nicht  zu  einem  einiges 
Biere;  aber  auch  die  geringe  Concentration  derselben,  wenigstens  der 
letzten  derselben,  fordert  diese.  Wollte  man  sämmtliche  Würzen  ver- 
mischen  und  aus  der  gemischten  Würze  ein  starkes  substanziöses  Bier 
darstellen,  so  müsste  die  Würze  durch  starkes  Einkochen  auf  die  e^fo^ 
derliche  Concentration  gebracht  werden,  was  beträchtlichen  Aufwand 
an  Brennmaterial  und  Zeit  verursacht  Ueberdies  erleidet  die  WQrte 
durch  Einkochen  Veränderungen,  die  nicht  immer  erwünscht  sind. 

Ob  man  zwei  oder  drei  Biere  braut,  hängt  vor  Allem  von  der 
'  Concentration  ab,  welche  die  Würze  zu  dem  ersten  Bier,  dem  Haopt- 
biere  haben  muss.  Verlangt  das  Hauptbier  eine  sehr  starke  Würze,  so 
verwendet  man  dazu  entweder  die  erste  Würze  allein  oder  die  erste 
und  zweite  Würze.  I)ie  zweite  oder  dritte  Würze  dient  dann  zu  einen 
schwächeren  Bier;  die  späteren  Würzen  geben  das  Nachbier.  Braucht 
man  zum  Hauptbier  eine  nur  massig  starke  Würze,  so  nimmt  man  dazo 
die  erste  und  zweite  Würze;  die  übrige  Würze  zum  Nachbier.  Selbst- 
verständlich wird  die  Stärke  der  verschiedenen  Güsse  nach  dem  £rfo^ 
dem  abgeändert 

Welche  Concentration  die  Würze  zu  den  verschied^ien  Bieren 
haben  muss,  ergiebt  sich  im  Allgemeinen  aus  dem,  was  S.  1038  über 
den  Oehalt  der  Biere  an  Malzextract  und  Alkohol  gesagt  ist,  and  ws 


Bier,  Brauen  desselben.  1047 

über  die  Berechniing  der  Concentration  der  Würze  aus  dem  Grehalt  an 
Malzextract  und  an  Alkohol  S.  1039  mitgetheilt  wurde. 

Um  vorläufig  einen  Anhaltspunkt  zu  geben,  mag  bemerkt  werden, 
daas  starke  und  substanzlose  Biere  aus  Würzen  von  ungefähr  18  bis 
25  Proc.  gebraut  werden,  mittelstarke  Biere  aus  Würzen  von  11  bis 
13  Proc;  leichte  Biere  aus  Würzen  von  9  bis  11  Proc;  Dünnbiere, 
Nachbiere  aus  Würzen  von  6  bis  9  Proc  Es  ergiebt  sich  hieraus  die 
beschränkte  Verwendbarkeit  der  dünnen  Nachwürzen.  Eine  Würze  von 
2  Proc.  Gehalt  müsste  auf  ein  Viertheil  ihres  Volumens  eingekocht  wer- 
den, um  eine  Würze  von  8  Proc.  Gehalt,  zu  einem  ganz  leichten,  we- 
nig WeHh  habenden  Bier  zu  liefern.  Der  dazu  erforderliche  Aufwand 
an  Heizmaterial  und  Zeit  würde  den  Werth  des  Products  weit  über- 
steigen. Sehr  verdünnte  Würzen  verwerthet  man  deshalb,  wo  möglich, 
in  Branntweinbrennereien  oder  Essigfabriken.  Die  oben  angeführte 
Concentration  der  Würzen  ist  die,  welche  die  Würzen  vor  der  Gäh- 
rang  zeigen  müssen,  mit  welcher  sie  also  nach  dem  Kochen  und  Ab- 
kühlen in  den  Gährbottich  kommen. 

Um  zu  veranschaulichen,  welche  Concentration  die  verschiedenen 
Würzen  haben,  je  nach  der  Vertheilung  des  Wassers  zu  den  verschie- 
denen Güssen  und  bis  zu  welchem  Grade  Erschöpfung  des  Schrotes 
stattfindet,  mögen  einige  Beispiele  hier  eine  Stelle  finden.  Es  soll 
dabei  angenommen  werden ,  '  dass  für  alle  Güsse  zusammen ,  auf 
100  Pfd.  Darrmalz  750  Pfd.  Wasser  zur  Verwendung  kommen,  dass 
das  Malz  7  Proc.  Wasser  enthält,  60  Proc.  Extract  und  33  Proc 
trockene  Trebem  liefert,  und  dass  die  Trebern  von  100  Pfd.  .Malz 
120  Pfd.  der  ersten  Würze,  100  Pfd.  der  übrigen  Würzen  zurück- 
halten. 

Werden  von  der  Gesammtmenge  des  Wassers  %  (die  Hälfte)  zum 
Einteigen  und  zum  ersten  Guss  genommen,  %  zum  zweiten  Gnss,  Ve 
zum  dritten  Guss,  so  stellt  sich  die  Sache  wie  folgt  heraus. 

Erster  Guss  (inclusive  des , Einteigwassers)  mit  875  Pfd.  Wasser. 
Erste  Würze:  322  Pfd.  von  18,57  Proc;  darin  im  Ganzen  48,7  Pfd. 
Extract. 

Zweiter  Guss  mit  250  Pld.  Wasser.  Zweite  Würze:  270  Pfd.  von 
4,4  Proc;  darin  im  Ganzen  also  11,9  Pfd.  Extract. 

Dritter  Guss  mit  125  Pfd.  Wasser.  Dritte  Würze:  125  Pfd.  von 
1,95  Proc;  darin  im  Ganzen  also  2,4  Pfd.  Extract 

Die  Gesammtausbeute  an  Extract  von  100  Pfd.  Malz  beträgt  hier-   ^ 
nach  also  58  Pfd.;  es  bleiben  2  Pfd.  in  den  Trebern. 

Wie  sich  diesei  Daten  berechnen,  ergiebt  sich  aus  Folgendem : 

100  Pfd.  Malzextract  und  375  Pfdw  Wasser  zum  Einteigen  und 
erstem  Guss  sind  zusammen  475  Pfd.  Meische. 

Darin  sind  enthalten  382  Pfd.  Wasser  (7  Pfd.  aus  dem  Malz), 
60  Pfd.  Extract  und  38  Pfd.  trockene  Treuem. 

Wasser  und  Extract  bilden  zusammen  die  Wüfze,  im  Betrage  von 
382  -f-  60  =  442  Pfd. 

Der  Procentgehalt  berechnet  sich :  442 :  60  =  100 :  x ;  x  =  13,57 
Procent 

Von  dieser  Würze  bleiben  120  Pfund  in  den  Trebern  zurück;  es 
fliessen  also  nur  442  —  120  =  322  Pfd.  ab,  worin  43,7  Pfd.  Extract 
(100  :  13,57  =  322  :  43,7). 

Der  zweite  Guss  von  250  Pfd.  Wasser  giebt  mit  120  Pfd.  der  zu-^ 


1048  Bier^  Brauen  desselben. 

rackgehaltenen  ersten  Wiirze  370  PfdL  Würze,  deren  Gelialt 

120  .  13,57         .^      . 

rzT =  4,4  sein  muss. 

Davon  fliessen  270  Pfd.  mit  1 1,9  Pfd.  Gesammtgehalt  an  Extnct 
ab,  weil  nur  100  Pfd.  von  den  Trebern  zorückgehalten  werden. 

Der  dritte  Gnss  von  125  Pfd.  Wasser  endlich,  giebt  mit  den  za- 

rückgehaltenen   100  Pfd.  Warze  von  4,4  Proc.  225  Pfd.  Warze  ra 

100     4  4 

'    '    =  1,9  Proc,  wovon    125  Pfd.  abfliessen,  welche  2,4  Pä. 
225 

Bxtract  enthalten. 

Die  erste  Würze  von  13,5  Proc.  würde  zur  Darstellang  eines  schon 
.sehr  extractreichen  and  starken  Bieres  .geeignet  sein.  Durch  Zvgelwo 
von  zweiter  Würze  könnte  sie  verdünnt  werden ;  mit  der  ganzen  zweiteo 
Würze  vermischt,  würde  eine  Würze  von  7,7  Proc.  entstehen,  die  mr 
Bereitung  eines  mittelstarken  Bieres  durch  Einkochen  auf  10  bis  11  Proc. 
gebracht  werden  müsste.  Die  zweite  Würze  allein  würde  nur  zu  eineio 
ganz  schwachen  Nachbiere  dienen  können. 

Bei  einer  Vertheilung  der  Gesammtmenge  des  Wassers  ftir  die  drd 
Güsse  in  dem  Verhältnisse  von  '/19,  Vi 2  und  'Y12  werden  erhalten: 

259,5  Pfd.  erste  Würze  von  15,81  Proc  Extractgehalt 
270    *  „     zweite      „         „      5,12     „  „ 

187,5  „     dritte       „        „       1,78     „  „ 

Die  erste  und  zweite  Würze  zusammen  würden  529,5  Pfd.  ht- 
tragen  und  der  Gehalt  würde  annähernd  10  Proc  sein,  gerade  slaii 
genug  für  ein  mittelstarkes  Bier. 

Ans  beiden  Fällen  erkennt  man,  .dass  eine  dritte  Würze,  wie  lie 
hier  resultirt,  nicht  mehr  zu  Bier  zu  benutzen  ist.  Man  gewinnt  des- 
halb, nach  dem  zweiten  Gusse ,  die  aufgesogene  Würze  möglichst  ob- 
verdünnt  durch  Ueberschwenken  und  Besprengen.  Bei  sehr  conceo- 
tnrten  ersten  Würzen  sind  aber  drei  Güsse  nothwendig,  dann  erst  wird 
der  Rest  der  Würze  durch  Besprengen  gewonnen.  Pur  die  Berettosg 
der  starken  Sorten  Ale  und  Porter  zieht  man  z.  B.  die  erste  WSr» 
mit  25  bis  30  Proc,  zu  welcher  dann  die  zweite  Würze  kommt  D« 
dritte  und  vierte  Würze  geben  dann  das  leichtere  Bier, 

Wie  eine  unpassende  Art  und  Weise  der  Steuererhebung  zu  eioen 
unpassenden  Meischverfahren  nothigen  kann,  dafür  ist  Belgien  ein  Bei* 
^  spiel.  In  Belgien  wird  die  Biersteuer  von  der  Capacität  der  Meiach- 
bottiche  erhoben;  die  Brauer  füllen  deshalb  den  Meischbottich  bis  am 
Bande  mit  dem '  Schrote.  Da  nun  kein  anderer  Baum  fiir  Wasser 
vorhanden  ist,  als  der,  welchen  die  Porosität  des  Schrots  mit  sidi 
bringt,  so  ist  eine  sehr  grosse  Anzahl  von  Güssen  erforderlich,  un  das 
Schrot  zu  erschöpfen.  Es  werden  wohl  sieben  Güsse  gemacht,  ▼<» 
denen  in  der  Regel  erst  der  dritte  die  Meische  auf  die  Zuckerbildnng»- 
temperatur  erhebt,  so  dass  die  beiden  ersten  Güsse  nur  das  Gumini 
und  den  Zucker  lösen ,  welche  in  dem  Malze  schon  entstanden  mi 
und  ausserdem  die  grösste  Menge  des  Eiweisses  und  des  Diastases  »n^ 
laugen.  Diesem  unzweckmässigen  Meischverfahren  ist  vorzüglich  die 
schlechte  Beschaffenheit  der  belgischen  Biere  zuzuschreiben. 

In  England  wird  das  Einteigwiisser .  meistens  so  heiss  genomineB, 
dass  die  Operation  des  Einteigens  mit  der  des  Meischens  fast  zosan* 
^enfallt     Man  bringt  oft  mehr  als  y^  der  ganzen,  zum  ersten  Gosse 


Bier,  Brauen  desselben.  1049 

t^eaünimten  Menge  Wasser,  mit  ungefähr  78<>C.(G2<^B.)  in  den  Meisch- 
^ttich,  verarbeitet'  das  Schrot  damit,  und  giebt  dann  den  Best  des 
iVassers  hinzu,  so  heiss,  wie  es'  zur  Erhebung  auf  die  Meischtem- 
»eratnr  erforderlich  ist.  Nach  dem  Ablaufen  der  ersten  Würze  wird 
lann  der  zweite  Quss,  mit  Wasser  von  8Ö®C.  (68^  B.)  gemacht;  nach 
lern  Abfliessen  der  zweiten  Würze  der  dritte  Guss  mit  fast  siedendem 
iVasser;  dann  wird  besprengt. 

Nach  dem  zweiten  Meischverfahren,  zu  welchem  wir  jetzt  über- 
j^ehen,  dem  Koch-Verfahren,  bayrischen  Verfahren,  werden 
iie  Biere  in  Süddeutschland,  namentlich  in  Bayern,  Württemberg,  Baden 
md  Böhmen,  dargestellt  und  es  wird  überall  da  befolgt,  wo  man  so- 
genanntes bayerisches. Bier  braut.  Es  giebt  von  diesem  Verfahren  viele 
Abarten;  in  Bayern  unterscheidet  man  drei:  das  Münchener  oder  alt- 
»ayerische  Verfahren,  das  Augsburger  Verfahren  oder  Brauen  auf  Satz, 
las  fränkische  Verfahren. 

Bei  dem  Münchener  Brauverfahren  werden  auf  100  Pfd.  Schrot 
ttwa  800  Pfd.  Wasser  genommen.  Von  dem  Wasser  kommt  %  his 
/s,  gewöhnlich  kalt,  nur  bei  strenger  Kälte  erwärmt,  in  den  Meisch- 
lottich,  das  übrige  in  die  Pfanne.  Das  Einschütten  des  Schrots  in  den 
ifeischbottich  geschieht  mehrere  Stunden  vor  dem  Sieden  des  Was- 
ers,  wenn  das  Einteigwasser  kalt  genommen  wird.  Sobald  das  Was- 
er  in  der  Pfanne  siedet,  lässt  man  dasselbe  zu  dem  eingeteigten  l^chrot 
Hessen.  Die  Temperatur  der  Masse  wird  dadurch  auf  30<^  bis'  J8<^  C. 
24^  bis  30^  B.)  erhoben,  je  nachdenl  man  zum  Einteigen  '/s  .>der  Vs 
es  ganzen  Wassers  genommen  hat.  Ist  diese  Temperatur  erreicht,  so 
ärd  der  dickere  Antheil  der  Meische,  etwa  ^s  der  ganzen  Meische, 
US  dem  Meischbottich  in  die  Pfanne  gebracht  —  durch  Schöpfen  oder 
litteist  einer  weiten  Pumpe  —  und  hier  unter  fleissigem  Umrühren 
usch  zum  Sieden  erhitzt  und  etwa  y^  Stunde  lang  gekocht  (Kochen  der 
rsten  Dfckmeische).  Hieranf  kommt  die  erste  Dickmeische  in  den 
leischbottich  zurück,  wo  sie  mit  dem,  was  darin  zurückgeblieben  ist,  ^/4 
tonde  anfgeroeischt  wird.  Die  Temperatur  der  Meische  wird  dann  45 <^ 
is  56^  C.  (36<^  bis  40<)  R.)  sein.  Sogleich  nach  Beendigung  des  Mei- 
sbens  wird  aber  ^/s  der  Meische  und  wiederum  der  dickere  Antheil  in 
ie  Pfanne  gegeben,  zum  Sieden  erhitzt,  and  ^/^  Stunde  lang  gekocht 
Kochen  der  zweiten  Dickmeische).  Durch  Zurückbringen  der  zweiten 
^ckmeische  in  den  Meischbottich  erhöht  sich  die  Temperatur  der 
[eische  im  Bottiche  auf  600bis  63  o  C.  (48o  bis  50«  R.). 

Nach  tüchtigem  Airfmeischen  wird  nun  der  dünne  flüssige  Antheil 
er  Meische  in  die  Pfanne  gebracht,  darin  1/4  Stunde  gekocht  (Lauter- 
leischkochen)  und  dann  zurück  in  den  Meischbottich  gegeben.  Die 
Lenge  der  Lauterm eische  (Dünnm eische)  soll  soviel  betragen,  dass  da- 
uroh  die  Meische  auf  75^  C.  (60^  R.)  gebracht  wird.  Nach  anhaltend 
»rtgesetztem  letzten  Aufmeischen  bleibt  nun  die  Meische  etwa  l^/^ 
tnnden  in  Buhe  (Auf  der  Ruhe),  dann  lässt  man  die  klare  Würze  in 
en  Grand  und  bringt  sie  aus  diesem  in  die  Pfanne. 

Ist  die  Würze  so  weit  abgeflossen,  dass  die  Trebem  trocken  er- 
sbeinen,  so  wird  der  Teig  abgenommen.  Bei  der  Bereitung  von 
ommerbier,  der  stärkeren  Sorte  .des  bayrischen  Bieres,  verwendet  man 
im  Auswaschen  der  Trebem  zunächst  auf  100  Pfd*  Schrot  etwa 
0  Pfd.   Wasser,*  die  man  möglichst  gleichmässig  über  die  Trebem 


1050  Bier,  Brauen  desselben. 

giesst.  Fflr  Winterbier  (Schenkbier)  der  schwächeren  Sorte  des  Uj* 
rischen  Bieres  wird  eine  doppelt  so  grosse  M'enge  Wasser  geDommen. 
Die  so,  dnreh  Ueberschwenken  oder  Anschwänzen  erhaltene  Wune 
kommt  za  der  ersten  Wörze.  Die  Trebem  werden  dann  nocfamli 
mit  Wasser  Übergossen  und  dadurch  entweder  eine  Wnrze  za  m» 
Nachbiere  oder  zur  Verarbeitung  in  die  Brennerei  erhalten. 

Bei  dem  Augaburger  Verfahren,  dem  Brauen  auf  Satz>  be- 
darf man  auf  100  Pfd.  Malzschrot,  je  nachdem  Sommerbier  oder  Wo- 
terbier  gebraut  werden  soll ,  nur  600  bis  700  Pfd.  Wasser,  weil  die 
Meische  weniger  gekocht  wird. 

Von  dem  Wasser  kommt  soviel  in  den  Meischbottich,  dass  da> 
Schrot  dick  eingeteigt  werden  kann.  Das  Einteigwasser  wird  kilt, 
oder  doch  nur  bei  strenger  Kälte  etwas  erwärmt  genommen.  4  \^ 
5  Stunden  nach  dem  ELnteigen  lässt  man  die  unter  dem  Seihboden  b^ 
ßndlic^e  Flüssigkeit  in  den  Grand.  Von  dieser  Flüssigkeit,  der  kalte 
Satz  genannt,  welche  Eiweiss,  Diastas,  Zucker  und  Gummi  enUülv 
giebt  man  einige  Maass  zu  dem  Wasser  in  die  Pfanne  und  lässt  diti 
einige  Zeit  sieden.  Das  gerinnende  Eiweiss  wirkt  klärend  anf  das 
Wasser. 

Nach  dem  Abschöpfen  der  Unreinigkeiten  bringt  man  nun  von  dea 
siedenden  Wasser  soviel  durch  den  Pfaffen  in  den  Meischbottich,  6a» 
das  Schrot  die  Temperatur  von  60«  bis  63oC.  (48<>  bisöO^R.)  eireichk 
und  roeischt  tüchtig  auf.  Zu  dem  in  der  Pfanne  zurückbleibende! 
Wasser  kommt  der  Best  des  kalten  Satzes  aus  dem  Grande. 

Nachdem  die  Meische  ^4  Stande  auf  der  Buhe  gestanden  hat,  zieM 
man  ungefähr  ^/s  der  Würze  klar  in  den  Grand  und  bringt  sie  in  die 
Pfanne  zum  Kochen.  Zuvor  werden  indess  davon,  auf  100  Pfd.  Sckni 
etwa  15  bis  20  Maass,  ungekocht  auf  die  Kühle  gebracht  und  hier  möf- 
liehst  schnell  abgekühlt.  Diese  Würze,  der  warme  Satz,  wird  spita 
in  der  Pfanne  mit  der  übrigen  Würze  vereinigt .  Der  warme  Sats  mo« 
hell,  glänzend  sein  und  einen  reinen,  süssen  Geschmack  besitzen;  tf 
ertheilt  dem  Biere  einen  milden  Geschmak  und  erhöht  die  Vergahniiif> 

Die  in  der  Pfanne  gekochte  Würze  kommt  durch  den  Pfaffen  ii 
den  Meischbottich  zurück  und  wird  hier  mit  dem  Schrote  gut  Te^ 
mischt,  wodurch  die  Temperatur  auf*6do  bis  650  C.  (50<»  bis  bffl^) 
erhoben  werdeti  soll.  Nach  fleissigem  Aufmeischen  bringt  man  » 
gleich  den  dickeren  Theil  der  Meische  in  die  Pfanne,  erhitzt  die  Dick- 
meische  zum  Kochen  und  lässt  1  Stunde  sieden,  oder  so  lange,  bissiek 
nicht  mehr  Schaum  bildet,  die  Würze  in  einer  ausgeschöpften  Probe 
sich  schnell  klärt  und  vollkommen  klar  ist.  Die  Dickmeische  komnl 
dann  in  den  Meischbottich  zurück  und  wird  tüchtig  aofgemei«ek(. 
Nach  Verlauf  von  1 1/2  Stunden  lässt  man  die  klare  Würse  in  den  Gftf^ 
bringt  sie  in  die  Pfanne,  wo  sie  dann  mit  dem  wannen  Satze  und  des 
Hopfen  langsam  erhitzt  und  gekocht  wird.  Das  Aussüssen  der  Treben 
geschieht  im  Allgemeinen  wie  bei  dem  Münchener  Verfahren  ange- 
geben ist 

Bei  dem  fränkischen  Verfahren  wird  das  Malzschrot  trockes 
in  den  Meischbottich  geschüttet.  Sobald  das  Wasser  in  der  FfsnM 
siedet,  schreckt  man  es  durch  Zugeben  von  kaltem  Wasser  anf  unge- 
fähr 830  bis  880  C.  (660bis700R.)  ab  und  lässt  es  sehr  langsam  zu  den 
Schrote  in  den  Meischbottich  fliessen,  unter  tüchtigem  Darcharbeitea 


Bier,  Brauen  desselben.  1051 

[amit  die  Temperatur  recht  alhnälig  steige.  Man  bedarf  auf  100  Pfd. 
Ichrot  600  bis  700  Pfd.  Wasser.  Die  Temperatur  der  Meische  soH 
lä®  C.  (50<^  R.)  betragen.  Nach  kurzer  Rahe  der  Meische  wird  die 
Vürze  gezogen,  in  der  Pfanne  zum  Sieden  gebracht,  ungefähr  % 
Itunden  gekocht  (Lantermeischkochen),  dann  zurück  in  den  Meisch- 
ottich  gegeben  und  hier  mit  dem  Schrote  tüchtig  gemischt  Die  Tem- 
«ratur  der  Meische  soll  75^  C.  (ßO^  R.)  sein.  EHe  Meische  bleibt  nun 
Stunde  auf  der  Ruhe,  dann  wird  die  fertige  Würze  klar  gezogen. 
Ke  Trebem  werden  durch  U eberschwenken  ausgesüsst. 

Es  kann  nur  eine  Verbesserung  dieses  fränkischen  Verfahrens  ge- 
ftnnt  werden,  wenn  man  dem  eigentlichen  Meischen  das  Einteigen 
lit  Wasser  vorangehen  lässt. 

In  Böhmen  (auch  Mähren,  Ungarn,  Galizien)  wird  das  Koch  ver- 
ehren in  folgender  Weise  in  Anwendung  gebracht. 

Von  der  Gesammtmenge  des  zum  Meischen  bestimmten  Wassers 
ird  zunächst  Vao  zurückbehalten.  Vqn  dem  Reste  kommen  ^/s,  mit 
er  Temperatur  von  31»  C.  (26»  R.)  im  Sommer,  40»  C.  (82o  R.)  im 
Filter,  in  dea  Meischbottich.  Das  Malzschrot  wird  in  das  Wasser 
LngeschÜttet,  geteigt,  mit  dem  übrigen  Y5  des  Wassers,  welches  Wäh- 
snd  der  Zeit  in  der  Pfanne  zum  Sieden  erhitzt  ist,  wird  gemeischt, 
igebrüht.  Nach  tüchtigem  Aufmeischen  bringt  man  den  dickeren  Ah- 
leil  der  Meische  in  die  Pfanne,  erhitzt  allmälig  zum  Sieden  und  kocht 
Is  sich  der  Schaum  verliert  und  vollständige  Klärung  erfolgt  ist,  etwa 
's  Stande  (erstes  Dickmeischkochen).  ' 

Die  gekochte  Dickmeische  kommt  dann  in  den  Meischbottich  und 
rird  mit  der  zurückgebliebenen  Meische  durchgearbeitet.  Hierauf 
ndet  ein  zweites  Dickmeischkochen  statt  und  schliesslich  noch  ein 
rittee.  Durch  das  Kochen  verschiedener  Theile  der  Dickmeische  wird 
ie  Meische  in  dem  Meischbottiche  auf  etwa  75®  C.  (60®  R.)  erhoben. 

Nach  dem  dritten  Dickmeischkochen  giebt  man  das  znrttckbehal- 
me  Yso  d^B  Meischwassers  in  die  Pfanne,  damit  diese  nicht  leer  sei 
od  um  sie  nachzuspühlen. 

Während  der  Zeit  dass  dies  Wasser  ins  Kochen  komfnt,  lässt  man 
Dn  der  Würze  so  lange  in  den  Grand  fliessen ,  bis  sie  klar  kommt, 
raa  etwa  in  5  Minuten  der  Fall  ist.  Der  abgeflossene  Theil  der  Würze 
ird  in  die  Pfanne  zu  dem  Wasser  gegeben  und  damit  einige  Zeit 
ekocht,  während  man  noch  etwas  klare  Würze  in  den  Grand  lässt, 
ie  in  die  Pfanne  kommt,  sobald  diese  leer  ist.  Die  Flüssigkeit  in  der 
fanne  wird  in  den  Meischbottich  geleitet,  ohne  dadurch  die  Meische 
nfnirühren.  Die  Meische  bleibt  nun  1/2  bis  1  Stunde  auf  der  Ruhe,  wo- 
ach  znm  Ziehen  der  Würze  geschritten  wird.  Durch  zwei  Nachgüsse 
ird  die  aufgesogene  Würze  gewonnen. 

Die  Zahl  der  Dickmeischkochnngen  wird  im  Allgemeinen  nur  durch 
le  Grösse  der  Pfanne  bedingt;  man  kann  deshalb  bei  hinreichender 
Maae  der  Pfanne  und  namentlich  wenn  das  Einteigwasser  wärmer 
enonimen  ist,  mit  einer  Kochung  den  Zweck  erreichen. 

Betrachtet  man  die.  beiden  Hauptarten  des  Meischverfahrens ,  das 
.ufgussverfahren  und  das  Kochverfahren  vom  chemischea  Stand- 
onkte,  so  zeigt  sich  das  Folgende: 

Bei  dem  Aufguss verfahren  wird  die  Meische  nicht,  oder  wenig- 
«nB  nioht  durch  die  ersten  Güsse,  auf  die  Temperatur  erhoben,  wo 


1052  Hier^  Brauen  desselben. 

Gerinnang  d^B  Eiweiases  stattfindet,  das  Diastas  seine 
also  Zersetzbarkeit  verliert  und  der  gelöste  sowie  der  ungelöste  Eleba 
seiner  Neigung  beraubt  wird  sich  zu  verändern  und  dadurch  Verafid» 
rungen  einzuleiten.  Die  Meische  enthält  eine  bedeutende  Menge  sdd' 
stoffhaltiger  Substanzen  in  leicht  zersetzbarem  Zustande  und  die  Won 
ist  ebenfalls  reich  an  löslichen  Stoffen  dieser  Art,  an  £i weiss,  Dbitii 
löslichem  und  durch  die  vorhandene  Säure  gelöstem  Kleber. 

Bei  dem  Koch  verfahren  werden  nach  ynd  nach,  durch  Kock 
von  Dickmeisch  und  Lautermebch,  fast  alle  Theile  der  Meische  m 
Siedepunkt  erhitzt.  Dadurch  werden  die  stickstoffhaltigen  BesUal 
theile  derselben  ausgeschieden  oder  in  einen  Znstand  übergeführt,  i 
welchem  sie  weniger  leicht  veränderlich  sind.  Grekochte  Wam 
zeigen  sich  deshalb  weit  weniger  zur  Zersetzung  geneigt,  als  nnji 
kochte,  sie  stehen  aber  in  Feinheit  des  Geruchs  und  Greschmacb  dl 
Würzen  aus  nicht  gekochten  Meischen  nach.  Wegen  der  höheren  Tee 
peratur,  welcher  Theile  der  Meische  bei  dem  Ko ch verfahren atf 
gesetzt  sind,  findet  die  Bildung  von  Guinmi  in  grösserem  Mftftfwirtifc^ 
statt,  als  bei  dem  Aufgussverfahren,  durch  welches  zuckerreidid 
Würzen  gewonnen  werden.  Das  Kochen  bewirkt  ausserdem  ein  leick 
teres  und  vollständigeres  Ausziehen  der  Trebem  und  beschleunigt  k 
Ablaufen  der  Würze  in  hohem  Grade,  indem  die  Trebem  beim  b 
chen  zusammenschrumpfen,   deshalb  weniger  Würze  zurückhalteo. 

Nach  allen  Erfahrungen  lassen  sich  nach  dem  Aufgussverfsbü 
nur  starke  Biere  sehr  haltbar  brauen,  während  nach  dem  Ea^ 
verfahren  auch  mittelstarke  Biere  von  ausgezeichneter  Haltbartai 
gebraut  werden  können.  Den  sichersten  {Erfolg  gewährt  die  aJtbafe 
nsche  Modification,  die  indess  viel  Zeit,  Arbeitskräfte  und  Hwm 
terial  in  Anspruch  nimmt  Das  Augsburger  Verfahren  veniijf 
die  Vorzüge  des  Aufgussverfahrens  und  Koch  Verfahrens,  indem  darf 
den  warmen  Satz  (ungekochte  Würze).  Feinheit  und  Milde  dem  Bitf 
ertheilt  werden.  An  Haltbarkeit  steht  das  Bier  aber  jedenfalls  dem  aad 
den»  altbayerischen  Verfahren  gewonnenen  Biere  nach.  Das 
Verfahren  nähert  sich  dem  Aufgussverfahren  am  meisten.  Es 
danach  sehr  beliebte  Biere,  z.  Bw  das  Culmbacher,  gebraut,  wd^ 
sich  durch  Feinheit  und  Lieblichkeit  auszeichnen.  Da  es  den  geriof 
sten  Aufwand  an  Arbeit  und  Braumsterial  .erfordert,  so  befolgt  o« 
es  sehr  gewöhnlich  ausserhalb  Bayerps  da,  wo  sogenanntes  bajerisdtf 
Bier  gebraut  wird. 

Das  Malzen  des  Getreides  fiir  den  Brauprocess,  ist  bekanntlich  s^ 
einem  Verluste  von  etwa  8  Proc.  an  nutzbarer,  extractgebender  Si^ 
stanz  des*  Mehlkörpers  verbunden.  100  Pfd.  Gerste  liefern  nii&fiA 
ungefähr  87  Pfd.  abgelagertes  Darrmalz,  welche  bei  dem  Meischen  53Fft 
Extract  geben,  während  aus  100  Pfd.  Gerste  60  Pfd.  Eztraot  erhabe« 
werden  können. 

Da  nun  das  Diastas  des  Gerstenmalzes  ausreicht,  eine  gröflseic 
Menge  von  Stärkmehl,  als  in  dem  Malze  selbst  enthalten  ist,  v 
Gummi  und  Zucker  umzuwandeln,  so  liegt  es. sehr  nahe,  einm  Tbtf 
des  Malzes  durch  ungemalztes  Getreide  zu  ersetzen  und  so  den  6af 
liehen  Verlust  theil  weise  zu  umgehen.  G^ste,  Weisen  und  Kais  &g^ 
sich  dazu  am  besten,  nnd  da  100  Pfd.  der  beiden  letzteren  durchsduntt- 
lieh  70  Pld.  Extract  bei  dem  Meischen  geben,    so  sind  anniben^ 


Bier,  Brauen  desselben.  1053 

S  Pfd.  derselben   gleichzustellen  100  Pfd.  Gerste  and  100  Pfd.  abge- 
tgertem  Gerstendarrmak  (76  :  100  =  60  :  86)  *). 


')  Es  wird  hier  die  passende  Stelle  sein,  etwas  Aber  die  Ermittelung  der  Aus- 
mte  an  Meischextract  aus  den  verschiedenen  stärkmehlhaltigen  Substansen  und 
iDftchst  aus  dem  Gerstenmalze  selbst  zu  sagen.  « 

In  einen  kleinen  Kessel  von  Messing  oder  Kupfer,  der  etwa  750  Gramm  Wasser 
1  fassen  vermag  und  der  tarirt  ist,  werden  100  Grm.  des  gehörig  geschrotenen 
tlzes  eingewogen  und  400  bis  450  Grm.  Wasser  dazu  gegeben.  Nachdem  das 
ihrot  einige  Zeit  geweicht  ist,    bringt  man  ein  Thermometer  in  ^e  Masse,    erhitzt 

0  Kessel,  unter  UmrUhrea  des  Inhalts  mit  einem  kleinen  LOffel,  Über  einer  Spiritns- 
mpe  allmälig  bis  auf  69^  bis  75^  G.  und  erhält  diese  Temperatur  eine  gute  halbe 
linde  lang.  Es  findet  vollständige  Umwandlung  des  Stärkmehls  in  Gummi  und 
leker  statt,  wenn  das  Malz  gut  und  gehörig  zerkleinert  war.  Man  steigert  dann 
e  Temperatiir  bis  zum  anfangenden  Sieden  der  Meische  und  steift  den  Kessel  zum 
bkfihlen  hin.  Nach  erfolgter  Abkühlung  auf  31«'  bis  38 <^  C,  sptthlt  man  Thermo- 
eter  und  Löffel  über  dem  Kessel  ab,  brfngt  diesen  wieder  auf  die  Wage  und  giesst 
Ticl  Wasser  zu  der  Meische,  dass  deren  Gewicht  533  Grm.  beträgt.  Man  legt 
M)  zu    der  Tara    des  Kessels  533  Grm.    In  dem  Malze  liann  man   33  "Proc. ,    also 

unserem  Falle  38  Grm.  Unlösliches  (Trebern)  annehmen,  so  dass  die  Menge  der 
ttssigkeit,  der  Würze,  500  Gramm  beträgt.  Nach  gehörigem  Vermischen  dos  zu- 
Igo'flsenen  Wassers  mit  der  Meische  trennt  man  die  Würze  von  den  Trebern  durch 
B  kleines  Colatorium  aus  massig  grobem  Leinen.  Sie  läuft  vollkommen  klar  ab. 
er  Procentgehalt  der  so  erhaltenen  Würze  an  Meischextract  wird  nun  durch  ein 
nanes  Saccharometer  ermittelt.  Man  giesst  von  der  klaren  Würze  soviel  als  er- 
rderlieh  in  das  SaccharometergefHss,  kühlt  sie,  wenn'nöthig,  bis  zu  der  Tempo* 
tor,  welche  auf  dem  Saccharometer  bemerkt  ist»  und  senkt  vorsichtig  das  Saccha- 
Bieter  ein.     Angenommen  das  Saccharometer  zeige  12  Grad,  so  enthält  die  Würze 

1  Proc.  Meischextract,  d.  h.  so  enthalten  100  Grm.  Würze  12  Grm.  Extraot 
ft  nun  das  Gewicht  der  Würze  500  Grm.  beträgt,  so  sind  im  Ganzen  darin: 
.  12  das  ist  60  Grm.  Extract.  Diese  stammen  aus  100  Grm.  Malz;  die  Eztract- 
isbeute  aus  dem  Malze  beträgt  60  Proc.  Wenn  man  anstatt  100  Grm.  Malz  nur 
)  Grm.  zur  Untersuchung  nimmt,  wobei  man  eine  dünnere,  schneller  in  erforder- 
iber  Menge  von  dem  Seihetuche  abfliesscnde  Würze  erhält,  so  bringt  man  die  Meische 
kf  der  Wage  auf  das  Gewicht  von  51G,5  Grm.  (in  50  Grm.  Malz  sind  16,5  Grm. 
rabem).  Verdoppelt  man  dann  die  Saccharometeranzeige  so  bleibt  die  Rechnung 
{geändert. 

Ist  nun  die  Ausbeute  des  Malzes  an  Extract  bekannt,  so  kann  die  Hälfte  des 
alzes  durch  andere  stärkmchlhaltige  Substanzen,  z.  B.  durch  ungemalzte  Gerste, 
vch  Getreide  im  Allgemeinen  ersetzt  und  so  die  Kxtractausbeute  aus  diesen  ge- 
oden  werden.  Angenommen,  durch  Meischen  von  50  GnxL  Gerstenmalzachrot 
id  50  Grm.  Weizenschrot  sei  eine  Würze  von  13  Proc.  erhalten  worden,  so  hat 
•n  darin:  5  .  13  =  65  Grm.  Extract.  Diese  Zahl  verdoppelt,  also  130,  giebt  die 
Ktractausbente  aus  100  Grn^.  Gerstenmalz  und  100  Grm.  Weizen.  Das  Gersten- 
alz  gab  60  Proc.  Extract,  diese  Zahl  von  130  abgezogen,  bleibt  70,  als  die  Extract- 
»beute  von  100  Grm.  Weizen.  Hätte  man  25  Grm.  Gerstenmalz  und  25  Grm. 
^eizen  genommen,  so  würde  das  Saccharomet^  in  der  Würze  6,5  Proc.  angezeigt 
iben  und  diese  Zahl  wäre  dann  zu  verdoppelen. 

Das  erhaltene  Resultat  kann  kein  völlig  genaues  sein,  weil  vorausgesetzt  ist, 
WS  die  Substanzen  33  Proc.  Trebern  geben,  was  nur  für  das  Gerstenmalz,  nicht 
»er  für  die  übrigen  Substanzen  richtig  ist.  Für  die  Praxis  genügen  indess  die 
BBultate.  Es  steht  aber  auch  nichts  entgegen,  eine  grössere  Genauigkeit  zu  erzielen, 
^enn  man  die  Trebern  auf  dem  Seihetuche  nach  dem  Ablaufen  der  Würze  wieder- 
rit  mit  siedendem  Wasser  auslaugt,  um  alle  aufgesogene  Würze  zu  entfernen,  und 
enn  man  sie  dann  auf  dem  Tuche  trocknet,  herunternimmt  —  was  mit  Hülfe 
MS  stumpfen  Messer  sehr  leicht  geschehen  kann  —  sie  dann  bei  100"  bis  120^0. 
istrocknet  und  wägt,  so  erfahrt  man  genau  das  Gewicht  der  Trebern,  und  dies  Ge- 
lebt, von  dem  Gewichte  der  Meische  abgezogen,  ergiebt  natUrlicl\  genau  das  Ge- 
lebt der  Würze.  Für  die  Ermittelung  d^r  Extractausbeutc  aus  Kartoffeln,  Kar- 
ffelmeBl  u.  dergl.  operirt  man  auf  dieselbe  Weise. 

Anstatt  durch  Gerstenmalz,  lässt  sich  auch  durch  kalt  bereiteten  Malzauszug, 
10  durch  Diastaslösung  die  Umwandlung  des  Stärkmehls  der  stärkmehlhaltigen  Sub- 
■nzen  in  Gummi  und  Zucker  bewerkstelligen,  und  so  die  Kxtractausbeute  aus  diesen 
^em  ermitteln.    Ein  Beispiel  wird  am  bequemsten  das  Verfahren  veranschaulichen^ 


1054  Bier,  Brauen  desselben.  ' 

Wegen  der   dichteren   Beschaffenheit  de«  ungemalzten  Getrau 

muBs  dasselbe ,  namentlich  der  harte  hornartige  Mais  und  Weizen,  ack  | 
fein  geschroten  in  Anwendung  kommen;  man  verliert  sonst  durch  os- 
voUständige  Umwandlung  des  StärkmehU  bei  dem  Meischen,  wsß  mas 
durch  Umgeben  des  Mälzens  gewinnt. 

Ein  geringer  Zusatz  von  nngemalztem  Getreide  zu  Malz,  äader. 
den  Charakter  des  Bieres  nicht  auffallend,  aber  ein  grosserer  Zu^iu 
thut  die^.  Durch  iingemalztes  Getreide  kommt  der  herbe,  bitterlicU 
Extractivstoff  der  Hülse  und  Spelze  in  da^  Hier,  welcher  bei  dem  FJ&- 
quellen,  zu  dem  Malzen,  entfernt  wird.  Man  hat  deshalb  vorge^ehU^ 
d:is  rohe  Getreide  erst  in  Wasser  zu  weichen  und  dann  wieder  zu  titie'i- 
nen.  Dadurch  geht  etwas  von  dem  Vurtheil,  den  die  Benutzung  «k- 
Getreides  in  ungemalztem  Zustande  mit  sich  führt,  verloren.  Da»  ifr> 
gemalzte  Getreide  bringt  weder  Aroma  noch  Farbe  in  das  Bien  <» 
muss  also  auf  Vermehrung  dieser  durch  dan  Malz  hingewirkt  werd««^ 
Stärkeres  Darren  des  Malzes  beeinträchtigt  aber  stetj»  die  Feinheit  de 
Aromas.  Es  ist  deshalb  angerathen,  das  Getreide  ebenfalls  zu  darres. 
dadurcli  geht  wieder  von  dem  Vortheile  verloren,  den  man  durch  Be- 
nutzung von  ungemalztem  Getreide  erzielen  will. 

Am  ausgedehntesten  findet  der  theilweise  Ersatz  des  Malzes  durei 
ungemalztes  Getreide  in  Belgien  »tatt.  Hier  werden  fast  st^ts  ndM 
"  Gerstenmalz  kleine  Mengen  von  Weizen  angewandt  und  zugleich  mit  'jt 
nem  geschroten.  Für  die  Darstellung  einiger«  in  Belgien  sehr  renc«- 
mirten  Biere,  so  des  Brüsseler  Lambik,  Faro  und  Märzbier  {^iert^ 
mara)  ist  aber  die  Menge  des  Weizens  beträchtlich,  und  bei  der  D» 
Stellung  des'Löwener  Weissbiers  (Biere  blanche  de  Louvain)  überschr» 
tet  sogar  die  Menge  des  Weizens  die  der  Gerste. 

Ist  der  Zusatz  von  Weizen  sehr  massig,  so  bleibt  das  üblick 
Meisch verfahren  unverändert;  bei  grossem  Zusätze  findet  aber  besoo^ 
res  Meischen  desselben  in  einer  Pfanne  statt.  Man  giebt  das  Ger^tta- 
malz  in  den  Meischbottich,  macht  ein  paar  Güsse  mit  kaltem  Wa<s«r. 
bringt  die  entstandenen,  diastaslialtigcn,  trüben  Auszüge  (eine  Ait  bi- 
ter Satz)  in  die  Meischpfanne  {Chaudilre  ä  farine)^  schüttet   das  G«- 


Ks  wurden  50  Grm.  Hafer  angewandt,  geschroten.    Der  aus  frischem,  ser»U3i|* 

tem  Malze  kalt  dargoBtellte,    ültrirtc  Auszug  zeigt«  in  einer  gekochten   Probe  ^' o 

.   Saccharomeler=  1,008  apecif  Gcwirht    Die  60  Grm.  Ilafer^chrot  wurden  mit  400  Gw. 

Malzauszug    im  Kesselcheu   allmftlig   auf    die  Zucker1iildungHtem[»eratur  erhitxt,  fJ* 

halbe  Stunde  dabei  erhalten,  dann  zum  Sieden  erhitzt. 

Die  abgekühlte  Meische  wurde  auf  450  Grm.  gebracht;  die  Wüne  z^*« 
7,2*'  =  1,029  specif.  Gewicht.  Dio  auf  dem  Seihetuche  zurttckgebliebcnen  Treb«n 
betrugen,  gehörig  mit  siedendem  Wasser  ausgelaugt  und  getrockaet,  22,5  Gna.  - 
45  Proc.     Die  Menge  der  Würze  betrug  also  427,6  Grm.  (450  --  22,5  Gna.)- 

Nach  diesen  Daten  berechnet  sich  die  Ausbeute  an  Moischextract  auf  folnei^ 
Weise:  • 

400  Grm.  Malzauszug  von  1,008  specif.  Gewicht  sind  896,8  C.  C. 
427,6  Grm.  Würze  von  1,029  specif.  Gewicht  sind  415  C.  C. 
416  O.e.  Würze  von  7,2 <>  würden  396,«  CG.  (das  Volnioen  des  UaUiar 
zugs)  von  7,6*  sein  (896,8  :  416  =  7,2  :  x). 
In  den  896,8  C.  C  Würze   von  7,6®  Saccharometeranxeige  kommen   2*  auf  der 
Malzauszug;   es    bleiben    also    ftlr    Kxtract    aus    dem  Hafer   5,6*  Saccharometeru- 
anzeige  =  1,022  specif.  Gew. 

896,8  C.C.Würze  von  1,022  epecif.  Gewitht  sind  388,8  Grm.,  worin  k  5,5  Pmc 
21,3  Gtm.  Extxact. 

Die  21,8  Grm.  Extract  stammen  aus  60  Grm.  Hafer;  100  Grm.  Hafer  wttnis 
also  42,6  Grm.  Extract  geliefert  haben;    die  Ausbeute  an  Extract  betrug  42^6  Prac. 


ßier,  Brauen  desselben.  1055 

treuleschrot,  gemengt  mit  etwas  Malzschrot,  ein,  erhitzt  anfangs  bis 
auf  die  Zuckerbildungstemperatur,  später  bis  zum  Sieden  und  kocht 
einige  Zeit.  Jilan  lässt  dann  die  Trebern  in  der  Pfanne  sich  ablagern, 
schöpft  das  Flüssige  ab  und  giebt  es  auf  die,  während  der  Zeit  durch 
heisse  Güsse  erschöpften  Malztrebern  in  den  Meischbottich,  um  Klärung 
zu  bewirken.  Die  von  dem  Meischbottiche  während  der  Zeit  gezogenen, 
Starkeren  Würzen  werden  zum  Kochen  mit  dem  H9pfen  verwandt.  Auf 
die  Trebern  in  der  Pfanne  kommt  die  Würze  von  dem  letzten  Gusse; 
man  erhitzt,  kocht  und  giebt  das  Flüssige  wieder  in  den  Meischbottich 
über  die  Trebern.  Die  Trebern  in  der  Pfanne  werden  schliesslich  noch 
mit  kochendem  Wasser  Übergossen  und  gekocht.  Das  Uebergtessen 
der  schon  erschöpften  Trebern  im  Meischbottiche  mit  der  starken  Würze 
aus  der  Meischpfanne  muss  jedenfalls  unzweckmässig  genannt  werden. 

Wie  durch  ungcmalztes  Getreide,  lässt  sich  auch  durch  andere 
stärk mehlhaltige  Substanzen  ein  Theil  des  Malzes  bei  dem  Brau- 
processe  ersetzen.  Zu  Zeiten  sind  Kartoffeln  die  billigste  Quellp  von 
Stärkmehl  und  deshalb  für  uusereu  Zweck  verwendbar.  Die  Verwen- 
dung kann  /luf  verschiedene  Weise  stattfinden. 

Man  kann  die  Kartoffeln  durch  eine  ReibmascHine  zu  Brei  zerrei- 
[>en,  diesen,  durch  Auslaugen  mit  Wasser  von  dem  widrig  schmecken- 
len  Pflanzensafte  befreien,  und  ihn  dann,  so  gereinigt,  wo  er  aus  Stärk- 
niehl  und  Faser  besteht,  bei  dem  Meischen  verwenden. 

Man  kann  ferner  die  Kartoffeln  durch  eine  Schneidemaschine  in 
Scheiben  oder  Stücken  schneiden,  diese,  zor  Entfernung  des  Saftes  erst 
mit. Wasser,  dem  Y^  bis  1  Proc.  Schwefelsäure  zugesetzt  ist,  dann  mit 
reinem  Wasser  auslaugen,  hierauf  trocknen,  schliesslich  durch  Zer- 
[nahlen  in  Mehl  verwandeln,  und  das  so  erhaltene,  weisse  Kartoffelmehl, 
pvelches  aus  dem  Stärkmehle  und  der  Faser  d^r  Kartoffeln  besteht,  bei 
lern  Meischprocesse  zusetzen. 

Nach  Siemens  geben  100  Pfd.  Kartoffeln,  zerrieben  und  ausge- 
laugt, so  viel  Meischextract  wie  25  Pfd.  Gerstendarrmalz,  sind  also 
100  Pfd.  Malz  durch  400  Pfd.  Kartoffeln  zu  ersetzen.  Nach  dem  Be- 
Tage  des  Stärkmehlgehalts  müssten  360  Pfd.  Kartoffeln  100  Pfd. 
Malz  vertreten  können.  —  100  Pfd.  Kartoffelmehl,  welche,  berechnet, 
soviel  Extract  liefern  wie  124  Pfd.  Malz,  sind,  nach  Balling,  in  der 
r*r»xis  so  ausgiebig  wie  133  Pfd.  Malz,  weil  der  Verlust  an  Würze 
verfällt,  der  durch  die  Trebern  des  Malzes  verursacht  wird.  Gewöhn- 
ich ersetzt  man  bei  der  Bereitung  von  sogenanntem  Kartoffelbier  die 
Jälfte  des  Malzes  durch  eine  entsprechende  Menge  Kartoffeln.  Das  an- 
^U'wendende  Malz  muss  zur  Hälfte  schwach  gedarrt,  zur  Hälfte  stark 
redarrt  sein.  Jenes  hat  vorzüglich  das  Diastas,  dieses  das  Aroma  und 
lie  Farbe  zu  liefern. 

Die  Kartoffel masse  oder  das  Kartoffelmehl  können  mit  dem  Malze 
D  deni  Meischbottiche  verarbeitet  werden,  aber  da  das  Stärkmehl  der 
Slarioffeln  leicht  zu  Boden  fällt  und  unter  die  Seihplatten  geht,  so  ist 
ts  zweckmässiger,  dieselben  in  der  Pfanne  mit  einem  Theile  des  Malzes 
u  meischen.  Man  erhitzt  z.  B.  das  Meischwasser  in  der  Pfanne  auf 
^6^  C.  (450R.),  lässt  die  Hälfte  davon  in  den  Meischbottich,  rührt  in 
[ie  zurückgebliebene  Hälfte  das  schwach  gedarrte  Malz  und  die  Kar- 
3fTelnia8se,  resp.  das  Kartoffelmehl  ein,  steigert  die  Temperatur,  unter 
^rt'W^hrendem  Umrühren,  sehr  allmälig  bis  zur  Zuckerbild ungstempera- 
tar^  dann  rascher  bis  zum  Sieden  und  unterhält  das  Sieden  ungefähr 


1056  Bier,  Brauen  desselben. 

« 

Va  Stunde  lang.  Sobald  die  Meiache  in  der  Pfanne  zu  sieden  anfio^ 
wird  das  Schrot  des  starker  gedarrten  Malzes  in  dem  MeischbottidM 
mit  dem  darin  befindlichen  Wasser  vermischt  und  spater  die  binr^ 
chend  gekochte  Dickmeische  ans  der  Pfanne  dazu  gebracht  Die  Te» 
peratur  soll  dabei  auf  63 <^  C.  (50^  R.)  kommen.  Nach  ^s  Stunde  «vi 
die  Würze  gezogen.  Durch  einen  zweiten  Guss  mit  siedendem  Wtf> 
ser,  dem  man  den  trübe  ablaufenden  Antheil  der  ersten  Würze  Z6g^ 
setzt  hat,  erhöht  sich  die  Temperatur  der  Trebem  auf  60^  R. 

Kochen  der  Würze.  Die  durch  den  Meischprocesft,  nach  da 
einen  oder  anderen  Verfahren  erhaltene  Würze  muss^  um  ein  haltham 
Bier  zu  geben,  einige  Zeit  gekocht  werden.  Es  geschieht  die^  in  da 
Braupfanne  oder  dem  .Braukessel,  welche,  wie  sich  aas  Frobeits 
herausgestellt  hat,  auch  zum  Erhitzen  des  Wassers  und  der  Bfeiscki 
dienen.  Durch  das  Kochen  wird  die  Würze  von  dem  Ei  weiss  bdiBL 
indem  sich  dies  im  geronnenen  Zustande  ausscheidet,  und  die  anderes 
gelöst  bleibenden  Proteinsubstanzen  verlieren  dabei  mehr  und  ra^ 
die  Neigung  sich .  zu  zersetzen,  also  als  Umsetzungs8tofi*e  zu  wirkcs. 
Gekochte  Würze  ist  deshalb  weniger  vergährungsfahig  als  ungekocMd. 
und  das  daraus  bereitete  Bier  ist  weniger  zum  Umschlagen,  Saotf- 
werden  geneigt.  Ungekochte  Würze  liefert  ein  stark  vergohrenes  IV 
duct,  und  ist  fast  nur  geeignet  zu  Malzessig,  Bieressig.  Bei  dem  ^ 
chen  wird  zugleich  ein  Theil  des  Gummis  und  Zuckers  cararoelisst. 
denn- die  Würze  färbt  sich  dunkler;  auch  dadurch  wird  direct  und  iDi- 
rect  die  Vergährungsfähigkeit  geschwächt  und  die  Haltbarkeit  erhok 
Das  Kochen  hat  femer  den  Zweck,  die  Würze  durch  Verdampfta 
auf  die  erforderliche  Concentration  zu  bringen,  und  es  hat,  in  der  R^ 
gel  wenigstens,  noch  den  Zweck,  die  Würze  mit  den  Bedtandtheöa 
des  Hopfens  zu  versehen,  welche  dem  daraus  bereiteten  Biere  BitteM 
und  Aroma  ertheilen.  Durch  das  Hopfen  der  Würze  wird  ausserdem  m 
derum  die  Haltbarkeit  des  Products  wesentlich  erhöht,  theils  in  Fo)^ 
der  giihrungshemmenden  und  conservirenden  Wirkung  des  Aromas  de< 
Hopfens,  theils  weil  der  Gerbestoff*  des  Hopfens  sich  in  Verbindung  ni 
ProteinstoflTen  ausscheidet.  Man  muss  immer  im  Auge  behalten«  das 
die  Proteinstoffe  es  sind,  welche  als  Umsetzungsstoffe,  Fermente  im  wa- 
teren  Sinne,  wirken. 

Es  ist  für  die  Güte  des  Bieres  höchst  vortheilhaft,  wenn  das  Ko- 
chen der  Würze  möglichst  bald,  nachdem  sie  von  den  Trebem  abgezo- 
gen bt,  ausgeführt  wird.  Bleibt  die  Würze  in  dem  Grande  oderiB 
einem  Bottiche  längere  Zeit  stehen,  so  ist  eine  nachtheilige  Verandr 
rung  derselben  kaum  zu  vermeiden.  Diese  nachtheilige  Verändom^ 
erleidet  natürlich  eine^  durch  das  Aufguss verfahren  gewonnene  Wone. 
weil  sie  reich  an  Eiweiss  und  ungekocht  ist,  weit  eher,  als  eine  wA 
dem  Kochverfahren  gezogene  Würze;  eine  helle  Würze,  in  welcher  die 
conservirenden  Bestandtheile  des  Darrmalzes  nicht,  oder  in  gerin«reT 
Menge  vorhanden  sind,  eher  als  eine  dunkele,  eine  verdünntere  eke 
als  eine  concentrirtere.  Am  schnellsten  wird  die  Würze  verkocht  wtf- 
den  können,  wenn  zwei  Pfannen  vorhanden  sind,  von  denen  dann  iof 
eints  sofort  die  erste  Würze  aufnimmt,  während  die  andere  zum  Er- 
hitzen des  Wassers  für  die  Nachgüsse  dient. 

Sobald  die  Würze  in  der  Pfanne  dem  Siedpunkte  nahe  kommt,  be- 
ginnt die  Ausscheidung,  das  Gerinnen,  des  Eiweisses.    Diese  Aasscfacs- 


Bier,  Brauen  desselben.  1057 

äung  bt  selbatverBtändUch  weit  beträchtlicher  bei  den  nach  dem  Auf- 
gnsa verfahren  gewonnenen,  als  bei  den  nach  dem  Kochverfahren  er- 
[laltenen  Würzen,  weil  bei  den  letzteren  schon  während  des  Kochens 
ler  Meische  die  Aosscheidung  erfolgte.  In  concentrirten  Würzen  der 
»rstereu  Art  kommen  während  dos  Siedens  grosse  Klumpen  von  Eiweiss 
m  die  Oberfläche,  die  mit  einem  Schaumlöffel  abgenommen  werden. 

Die  Concentration,  auf  welche  man  die  Würze  in  der  Pfanne  kom- 
[nen  lässt,  ist  nicht  die,  welche  die  Würze  zur  Gährnng  erhalten  ipnss, 
(ondern  sie  ist  etwas  geringer,  weil  bei  dem  später  erfolgenden  Ab- 
LÜhlen  auf  der  Kühle  eine  Erhöhung  der  Concentration,  durch  Verdun- 
stung von  Wasser  um  ^20  his  Yio  stattfindet 

Eine  Stunde  bis  2  Stunden  vor  dem  Zeitpunkte,  wo  das  Kochen 
tu  beenden  ist,  wird  der  Hopfen  in  die  Pfanne  zu  der  Würze  gegeben. 
lAan  schüttet  denselben  zertheilt  und  zerrissen  auf  die  Oberfläche  der 
P^ürse,  nachdem  das  Sieden  derselben  sehr  gemässigt  worden  ist,  lässt 
hn  einige  Zeit  von  dem  aufsteigenden  Dampf  durchdrungen  werden  und 
*Qlirt  ihn  dann  unter.  Die  Menge  des  Hopfens  ist  nach  dessen  Be- 
iciiaffenheit  und  nach  der  Art  des  Bieres  ausserordentlich  verschieden, 

ichwankt  etwa  zwischen  Y2  ^^  ^Vs  ^<^*  ^"^  ^^^  ^^^'  ^l^-  Zu  dem 
»ayerißchen  Sommerbiere  werden  auf  100  Pfd.  Malz  ly^  bis  2  Pfd. 
topfen  genommen,  zu  dem  Winterbiere  etwas  mehr  als  die  Hälfte  die- 
ler  Menge.  Anstatt  des  Hopfens  in  Substanz  können  auch  äquivalente 
iftengen  von  ölhaltigem  Hopfenextract  genommen  werden,  das  man  in 
lenester  Zeit  fabrikmässig  bereitet  1  Pfd.  des  Extractes  vertritt  6  Pfd. 
lopfen. 

Die  Würze  muss  durch  das  Kochen  gahr  werden,  sie^  muss  sich 
Inrch  das  Kochen  gehörig  geschieden  oder  gebrochen  haben,  wie  der 
Broaer  sagt.  Man  erkennt  dies  daran,  dass  in  einer  mit  einem  Löffel 
^er  Gläschen  herausgeschöpften  Probe  die  Flocken,  welche  darin 
ichwimmen,  rasch  zu  Boden  sinken,  und  die  Flüssigkeit  vollkommen 
[»lank,  klar,  mit  dnnkelem  Spiegel  darüber  steht  Alles  was  durch  Ko- 
chen ausscheidbar  ist,  hat  sich  dann  vollständig  abgeschieden  und  der 
Gi-erbstoff  des  Hopfens  hat  seine  chemische  Einwirkung  vollständig 
lOBgefibt 

Die  Dauer  des  Kochens  der  Würze  hat  auf  die  Beschaffenheit  des 
tu*  erzielenden  Bieres  sehr  bedeutenden  Einfluss.  Je  kürzere  Zeit  die 
V^ürze  gekocht  wird,  desto  weniger  dunkel  färbt  sie  sich,  desto  mehr 
erblUt-sich  das  feine  Malzaroma,  desto  vergährungsfähiger  bleibt  sie. 
Wünsen,  welche  nicht  lange  gekocht  werden  dürfen,  müssen  deshalb 
lehon  concentrirter  in  die  Pfanne  kommen.  Man  hat  bei  dem  Kochen 
ca  berücksichtigen,  ob  dadurch  Concentrirung  oder  vorzüglich  nur  Fär- 
lyung  und  Klärung  bezweckt  wird.  Im  ersteren  Falle  lässt  man  leb- 
tiaft  sieden,  um  rasch  zu  verdampfen,  im  letzteren  Falle  braucht  man 
iie  Würze  nur  dem  Siedepunkte  nahe  zu  halten. 

Die  nach  dem  Aufgnssverfahren  erhaltenen  Würzen  werden  in  der 
Regel  5  bis  6  Stunden  gekocht,  ausnahmsweise  auch  länger,  nämlich 
dann,  wenn  man  sie  recht  dunkel  und  glänzend  haben  will,  wozu  man 
sie  bis  12  Stunden  lang  sehr  massig  kocht,  gleichsam  in  der  Pfanne 
sehinoTen  lässt  Sie  werden  dabei  sehr  süss  und  verlieren  ausserordent- 
lich an  ihrer  Vergährungsfähi^keit  Die  Würzen  zu  den  bayerischen 
Bieren  kocht  man  durchschnittlich  etwa  2  Stunden,  man  giebt  daher 
meistens  sogleich  den  Hopfen  mit  der  Würze  in  die  Pfanne. 

HandwOrterbach  d«r  Chemie.  2to  Aufl.  Bd.  IL  67 


1058  Bier,  Brauen  desselben. 

In  gleicher  Weise  wie  die  erste  Würze  wird  natärlich  atich  & 
Würze  zu  den  schwächeren  Bieren  oder  dem  Nachbier  gekocht  Hu 
benutzt  für  diese  gewöhnlich  den  Hopfen,  welcher  mit  der  ersten  Wüse 
gekocht  wurde.  Wird  nur  ein  Bier  gebraut,  no  giebt  man  die  Na^ 
würze  zu  der  ei'sten  Würze  in  die  Pfanne. 

Kühlen  und  Gährung  der  Würze.  Die  Würze  enthiltnnrda 
einen  wesentlichen  Bestandtheil  des  Bieres,  das  Malzextract,  Heisd- 
extract ;  es  fehlen  darin  die  beiden  anderen  wesentlichen  Bestandthok 
der  Alkohol  und  die  Kohlensäure.  Diese  werden  durch  die  Gähnmg  a 
der  Würze  erzeugt,  es  wird  durch  die  Gährung  dieselbe  in  Bier  Terwu- 
delt  Wie  in  den  Artikeln  Ferment. und  Gährung  erläutert  ist,  bestt 
das  Ferment,  welches  man  Hefe,  Bärme,  Gest  nennt,  die  Eigensehad, 
den  Zucker  in  Lösungen  allmälig  in  Alkohol  und  Kohlensäure  za  fe^ 
legen,  von  denen  der  erstere  volLständig,  die  andere  in  grösserer  oder 
geringerer  Menge,  je  nach  der  Temperatur,  in  der  Flüssigkeit  blefti 
Dieser  durch  Hefe  eingeleitete  Zersetzungsprocess  des  Zuckers  iM 
eben  Gährung,  Weingährung,  Alkoholgährung  genannt,  und  die  di- 
durch  resultirenden  Flüssigkeiten  heissen  gegohrene  Flüssigkeiten,  h 
der  Würze  ist  es  der  Sturkezucker  des  Meischextracts ,  welcher  dutl 
die  Gährung  in  Alkohol  und  Kohlensäure  zerfällt 

Wenn  eine  zuckerhaltige  Flüssigkeit,  welche  neben  Zacker  Fe» 
teinstoffe  gelöst  enthält,  durch  Hefe  in  Gährung  gebracht  wird,  so  fi» 
det,  wie  ebenfalls  in  den  oben  angezogenen  Artikeln  besprochen  at 
neben  der  Bildung  von  Alkohol  und  Kohlensäure  aus  Zucker,  gl«c^ 
zeitig  auch  die  Bildung  neuer  Hefe  aus  *den  Froteinstoffen  statt  D» 
Würze  ist  nun  eine  solche,  Proteinstoffe  enthaltende  Zuckerflüssigkeit; 
die  Gähi*ung  der  Würze  ist  deshalb  stets  von  Hefenbildung  begleitri: 
sie  ist  die  Quelle  der  Bierhefe.  Die  Ausscheidung  der  Protein«((»i^ 
ans  der  Bierwürze  als  Hefe  dai'f  keineswegs  als  ein  nnweseotliekff 
Vorgang  bei  der  Gährung  betrachtet  werden ;  sie  ist  vielmehr  von  der 
grössten  Wichtigkeit,  weil  dadurch  die  Würze  von  den  Substanzen  be 
freit  wird,  welche  die  Haltbarkeit  des  Bieres  im  höchsten  Grade  beer 
trächtigen.  Je  mehr  Proteinstoffe  in  dem  Bier  zurückbleiben,  desto  ^ 
niger  haltbar,  desto  mehr  zur  Säuerung  geneigt  zeigt  sich  das  Bier. 

Da  das  Bier  kein  vollkommen  ansgegohrenes  Getränk  ist,  du 
heisst,  kein  Getränk,  in  welchem  der  Zucker  durch  die  Grährungbi 
auf  die  letzte  Spur  zerlegt  ist,  sondern  da  das  Bier  während  einer  Isaf- 
sam  fortschreitenden  Gährung  getrunken  wird,  die  ihm  fortwühro^ 
Kohlensäure  zuführt,  ihm  Trieb  ertheilt,  wie  man  sagt,  so  muss  daik 
gewirkt  werden,  dass,  nach  erfolgter  rascherer  Zersetzung  eines  gcnre* 
sen  Theiles  Zucker  in  Alkohol  und  Kohlensäure,  die  Zersetzmigdtf 
übrigen  Zuckers  so  lange  andauert,  als  das  Bier  trinkbar  bleiben  lolL 
Man  unterscheidet  hiernach  zwei  Perioden  der  Gährung  der  Wümt 
die  rascher  verlaufende  Hauptgährung,  und  die  langsamer  verlaofendi 
Nachgähmng.  Während  der  letzteren  kommt  das  Bier  snm  Yerbraadv 

Die  Gährung  der  Bierwürze  kann  Obergähning  oder  üntergiii' 
rung  sein.  Die  Obergährung,  eine  bei  höherer  Temperatur,  raschtf 
verlaufende  Gährung,  bei  welcher  die  grösseren  Bläschen  der  aailretai- 
den  Kohlensäure  die  gebildete  Hefe  an  die  Oberfläche  heben,  bei  ^^ 
eher  sich  also  eine  Hefendecke  bildet,  wird  durch  Oberhefe  ebgeleitB^ 
durch  Hefe,  welche  von  einer  Obergährung  resultirte.  Die  üßtergll»- 
rung,  eine  bei  niederer  Temperatur,  langsamer  verlaufende  Gäbnioff 


Bier,  Brauen  desselben.  1059 

bei  welcher  die  kleineren  Bläschen  der  Kohlensäare  die  gebildete  Hefe 
nicht  an  die  Oberfläche  zu  heben  im  Stande  sind,  bei  welcher  also  keine 
Hefendecke  entsteht,  wird  durch  Unterhefe  eingeleitet,  durch  bei  Unter- 
g&hmng  erhaltene  Hefe.  Die  Erfahrung  zeigt  nämlich,  dass  die  Hefe 
stets  Neigung  hat,  eine  Gährung  hervorzurufen,  welche  der  ähnlich  ist, 
durch  die  sie  entstand. 

Es  wird  später  angegeben  werden,  bei  welcher  Temperatur  man 
iie  Gähruog  det  Bierwürze  verlaufen  lässt;  für  jetzt  mag  nur  gesagt 
sein,  dass  diese  Temperatur  immer  eine  verhältnissmässig  niedrige  ist, 
Iie  etwa  zwischen  7»  bis  20^0.  (6© bis  150R.)  liegt.  Die  in  der  Pfanne 
gekochte  siedend  heisse  Würze  rauss  also  zunächst  auf  die  Temperatur 
i^b^ekühlt  werden,  bei  welcher  man. sie  in 'Gährung  bringen,  bei  wel- 
cher man  sie,  wie  gesagt,  anstellen  oder  stellen  kann. 

Das  Abkühlen  geschieht  auf  sogenannten  Kühlschilfen  oder  Kühlen, 
lehr  flachen,  nur  etwa  6  bis  8  Zoll  tiefen,  vierseitigen  Gefässen,  aus 
ttarken  Bohlen  zusammengefügt  oder  von  Eisenblech  angefertigt,  und 
lo  ^oss,  dass  die  Würze  bei  einer  Hohe  von  2  bis  8  Zoll  darauf  Platz 
tiat.  Man  lässt  die  Würze,  ehe  sie  auf  die  Kühle  gelangt,  durch  eine 
Seihvorrichtung  fliessen,  um  den  in  ihr  schwimmenden  Hopfen  zurück- 
rahalten.  Diese  Seihvorrichtnng ,  der  Hopfenseiher,  ist  meistens 
lin  hölzernes  oder  metallenes  Gefass  mit  Seihboden  oder  Drahtbo- 
len,  das  auf  die  Kühle  selbst  gestellt  wird.  Hie  und  da  benutzt  man 
tnch  den  Grand  als  Hopfenseiher,  indem  man  denselben  durch  eine 
>erpendicnlär  eingeschobene  Seihplatte  in  zwei  AbtheHungen  theilt.  Die 
riedende,  mit  Hopfen  gemengte  Würze  Üiesst  dann  in  die  eine  Abthei- 
vmg  nnd  wird  aus  der  anderen  durch  eine  Pumpe  auf  die  Kühle  be- 
ordert. 

Auf  hölzernen  Kühlen  kann  sich  die  Würze  nicht. dadurch  abküh- 
len%  dass  den  Wänden  der  Kühle  durch  die  umgebende  kalte  Lullt 
|^ä.nne  entzogen  wird;  Holz  ist  dazu  ein  viel  zu  schlechter  Wärme- 
leiter, die  Kühle  ist  aussen  kaum  warm.  Die  Würze  verliert  die  Wärme 
kttf  solchen  Kühlen  fast  ausschliesslich  durch  Wärmebindung  in  Folge 
!cr  Verdunstung  von  einem  Theile  ihres  Wassers.  Alles  was  die  Ver- 
lunstong  befördert,  befördert  deshalb  auch  die  Abkühlung.  Die  Ver- 
Itmstttng  ist  um  so  beträchtlicher,  je  grösser  die  Fläche  der  Würze  ist. 
deshalb  eben  muss  die  Würze  möglichst  flach  auf  der  Kühle  stehen. 
[>ie  Verdunstung  erfolgt  in  trockener  Luft  rascher  als  in  weniger 
rockener  Lnft,  sie  hört  in  mit  Feuchtigkeit  gesättigter  Luft  ganz  auf. 
deshalb  dürfen  die  Kühlen  nicht  in  einem  geschlossenen  Raum  aufge- 
stellt werden,  in  welchem  sich  die  Luft  bald  mit  Wasserdampf  sättigen 
FTÜrde,  sondern  sie  müssen  so  aufgestellt  sein,  dass  lebhafter  Luftzug 
Iber  denselben  stattfindet,  welcher  die  feuchte  Luft  wegführt.  Am 
■ascbeaten  erfolgt  dann  die  Verdunstung,  also  auch  die  Abkühlung,  bei 
nrosser  Trockenheit  der  Atmosphäre,  z.  B.  wenn  die  kühlen,  schnel- 
lenden, den  Lungen  so  nachtheiligen  Ostwinde  wehen,  und  namentlich 
ruh  am  Morgen  bei  Sonnenaufgang,  wo  fast  immer  lebhafter  Luftzug 
stattfindet.  Unter  günstigen*  Verhältnissen  sinkt  die  Temperatur  der 
tVürse  auf  der  Kühle  unter  die  Temperatur  der  Luft,  was  die  Wirkung 
1er  Verdunstung  zeigt,  und  nicht  geschehen  könnte,  wenn  der  Würze 
Iie  Wärme  nur  durch  Ableitung  entzogen  würde.  Bei  Regen  und 
3-eMritterschwüle  findet  so  gut  wie  keine  Abkühlung  statt,  weil  die  Ver- 
Itmstung  dabei  fast  Null  ist« 

67* 


1060  Bier,  Brauen  desselben. 

Aaf  eisernen  Kühlen,  die  so  aufzustellen  sind,  dasa  anch  der  Bo- 
den Tom  Laftzug  getroffen  wird,  kommt  zu  dem  Wärmeverlmte,  ini> 
chen  die  Würze  durch  Verdunstung  erleidet,  allerdings  noch  derWsn» 
Verlust  durch  Abgabe  von  Wärme  an  die  umgebende  kalte  Luft  hua. 
Deshalb  kühlt  sich  die  Würze  auf  eisernen  Kuhlen  rascher  als  auf  bot- 
zernen  und  finden  mit  Recht  die  eisernen  Kühlen  immer  mehr  Eiogug' 

Während  des  Stehens  auf  der  Kühle  lagert  sich  aus  der  Wöne 
ein  gelblicher  Bodensatz  fest  ab,  das  Kühlgeläger.  Dasselbe  beal^ 
zum  Theil  aus  ■  kleinen  Flocken  von  geronnenem  Eiweiss,  zum  Tbd 
aus  Stoffen,  die  in  der  heissen  Flüssigkeit  löslich  waren,  in  der  kJSm 
unlöslich  sind. 

Es  ist  für  die  Güte  des  Bieres  von  der  grössten  Wichtigkeit,  dat 
sich  die  Würze  möglichst  rasch  abkühle.  Sie  erleidet  n&mlich  anf  d« 
Kühle,  sobald  ihre  Temperatur  unter  75<>C.  (GOOR)  gesunken  ist,  Idelit 
die  nachtheilige  Veränderung,  deren  schon  bei  dem  Meischen  Erwib- 
nung  geschah ;  sie  wird  sauer  von  entstehender  Milchsäure,  unter  un- 
günstigen Umständen  kann  sie  sogar  schleimig  werden  und  SchimiBel- 
flecken  bekommen.  Am  meisten  zum  Verderben  geneigt  sind  die  Wa^ 
zen  aus  Luftmalz,  namentlich  die  nicht  gehopflen,  weil  in  ihnen  & 
conservirenden  Stoffe  des  Darrmalzes  und  des  Hopfens,  das  brenziidii 
Aroma  des  ersteren  und  das  Aroma  und  Harz  des  letzteren  feU« 
auch  verderben  schwächere  Würzen  leichter  als  concentrirte.  Eine  W6m 
welche  auf  der  Kühle  in  angegebener  Weise  nachtheilig  verändert  iil, 
kann  niemals  ein  gutes,  namentlich  nie  ein  haltbares  Bier  geben,  vd 
es  lassen  sich  deshalb  aus  nicht  sehr  dunklen,  nicht  ^ehr  conceatriita 
und  nicht  sehr  gehopflen  Würzen  haltbare  Biere,  Lagerbiere,  norii 
der  Jahreszeit  darstellen,  wo  rasche  Abkühlung  möglich  ist,  also  in  der 
kühlen  und  kalten  Jahreszeit. 

Zur  Beförderung  der  Abkühlung  der  Würze  auf  der  Kühle  soi 
häufig  Flügelvorrichtungen  oder  Ventilatoren  vorhanden,  durch  weiek 
ein  künstlicher  starker  Luftzug  über  den  Kühlen  erzeugt  wird,  und  tf 
zu  Zttten  und  unter  Verhältnissen,  wo  die  Abkühlung  auf  den  KU« 
nicht,  oder  nicht  hinreichend  schnell  zu  ermöglichen  steht,  dennoä 
brauen  zu  können,  benutzt  man  Kühlapparate,  in  denen  die  WM 
durch  kaltes  Wasser  gekühlt  wird.  Diese  Apparate  sind  im  All|^ 
meinen  nach  dem  Prinoip  des  sogenannten  Liebig'schen  Kühlappin^ 
für  Destillationen  construirt,  das  heisst,  das  kalte  Wasser  und  die  ab* 
zukühlende  Würze  fliessen  in  entgegengesetzter  Sichtung,  getreni^ 
durch  eine  dünne  Metallwand.  Man  lässt,  vor  dem  Gebrauche  deis^ 
ben,  die  Würze  erst  auf  der  Kühle  so  weit  abkühlen,  als  es  ohne  G^ 
fahr  für  dieselbe  geschehen  kann.  Wo  Eis  zu  haben  ist,  bietet  dies  «i 
vortreffliches  Mittel,  die  Würze  auf  den  Kühlen  schliesslich  auf  & 
erforderliche  niedrige  Temperatur  zu  bringen. 

Die  Temperatur,  bis  zu  welcher  die  Würze  abgekühlt  werden  miiA 
ist  nach  verschiedenen  Umständen  verschieden.  Sie  muss  im  AU|9* 
meinen  niedriger  sein  für  Untergährung  als  für  Obergährung;  sie  ns0, 
niedriger  sein  für  Lagerbier,  das  längere  Zeit  trinkbar  bleiben  «A 
als  für  Bier,  das  bald  vertrunken  werden  soll.  Je  höher  die  Teo- 
peratur  des  Locales  ist,  worin  die  Gkihrung  stattfinden  soll,  ond  je 
beträchtlicher  die  Menge  der  in  Gährung  zu  bringenden  Masse  iat,  desto 
stärker  muss  die  Würze  gekühlt  werden.  Würzen,  welche  Stoff)  enthsltOr 
die  den  Gährungsprocess  langsamer  verlaufen  lassen,  s.  B.  sehr  dankk 


Bier,  Brauen  desselben.  1061 

and  stark  gehopfte  Würzen  k()nnen  bei  etwas  höherer  Temperatur  an- 
gestellt  werden.  Fftr  bayerisches,  nntergähriges  Schenkbier,  das  nach 
3  bis  ^  Wochen  trinkbar  sein  soll,  kühlt  man  die  Würze,  je*nach  der 
Temperatur  des  Oährlocals,  auf  lio  bis  8oC.  (90  bis  60R.),  für  die 
bayerischen  Somroerbiere  oder  eigentlichen  Lagerbiere  auf  S^  bis  5<>  C. 
(60  bis  40 R.),  für  obergährige  Lagerbiere  auf  löo  bis  IBOG.  (12«  bis 
S^  R.),  für  obergährige, schnell  zxun  Verschank  kommende  Biere  nicht 
ganz  so  weit 

Das  Local,  in  welchem  man  die  Gährung  der  Bierwürze  verlaufen 
läset,  muss  ein  Keller  oder  ein  Souterrain  sein,  in  welchem  die  Tem- 
peratur möglichst  unabhängig  ist  von  der  äusseren  Temperatur.  Die 
Feinperatur,  verschieden  nach  der  Art  des  zu  erzielenden  Bieres,  soll 
tm  Allgemeinen  nicht  über  150C.(12oR.)  stei^fen  und  nicht  unter  T^bis 
&^C.  (60  R.)  sinken.  Die  Würze  kommt  für  die  Gährung  entweder  in 
gprössere  oder  kleinere  Bottiche  (Gährbottiche)  oder  grossere  oder  klei- 
nere Fässer  (Gährfässer).  Je  grösser  die  Gefässe,  desto  unabhängiger 
ist  die  Temperatur  ihres  Inhalts  von  der  Temperatur  des  Gährlocals.) 

Untergährung.  Nächst  der  Beschaffenheit  des  Malzes  und  nächst 
lein  Meischverfahren,  hat  die  Art  der  Gährung  und  die  Art  und  Weise 
1er  Leitung  der  Gährung  den  grössten  Einüuss  auf  die  Beschaffenheit,  die 
^Yator  des  Bieres.  Es  soll  in  dem  Folgenden  zunächst  die  Gährung  der 
Würze  zu  dep  sogenannten  bayerischen  Bieren,  welche  untergährige  Biere 
lind,  gleichsam  als  Muster  der  Biergährung  speciell  betrachtet,  und  dabei 
Grelegenheit  genommen  werden,  auch  das  anzuführen,  was  für  die  Bier- 
gährung und  die  Behandlung  des  Bieres  im  Allgemeinen  von  Wichtig- 
keit ist.  Später  soll  dann  noch  das  Nöthige  über  die  Gährung  der 
Wune  der  obergährigen  Biere  mitgetheilt  werden.  Bei  den  bayeri- 
lehen  Bieren  unterscheidet  man,  wie  'schon  mehrmals  erwähnt.  Schenk- 
lier  oder  Winterbier ,  und  Lagerbier  oder  Sommerbier.  Das  Schenk- 
ner wird  im  Herbst,  Winter  und  Frühjahr  gebraut  und  in  dieser  Jahres- 
5eit  verzapft,  oft  schon  nach  3  bis  4  Wochen,  so  dass  es  nur  während  der 
tOhlen  und  kalten  Jahreszeit  und  nicht  lange  lagert.  Die  Concentration 
1er  Würze  dazu  beträgt  11  bis  12Proc.  Das  Lagerbier  wird  im  Winter 
ind  zu  Anfang  des  Frühjahrs,  überhaupt  nur-  zur  günstigsten  Jahres- 
seit  gebraut  und  erst  dann  verzapft,  wenn  nach  dem  Ende  der  Brauzeit 
las  Schenkbier  consumirt  ist  Es  muss  sich  den  ganzen  Sommer  hin- 
lurch  bis  dahin  halten,  dass  wieder  Schenkbier  gebraut  ist  und  ver- 
si^ft  werden  kann.  Die  Würze  dazu  erhält  eine  Concentration  von 
L2  bis  13Proc.,  sie  erhält  mehr  und  besseren  Hopfen  als  die  Sohenkbier- 
prfirze,  und  sie  wird  bei  niederer  Temperatur  in  Gährung  gebracht,  als  diese. 

Die  Gährung  der  Würze  zu  den  bayerischen  Bieren  findet  stets 
n  Gährbottichen  statt;  die  auf  der  Kühle  gehörig  gekühlte  Würze  wird 
tlso  in  diese  gelassen.  Das  Kühlgeläger  liegt  so  fest  auf  der  Kühle, 
läse  die  Würze  klar  davon  abläuft.  Die  Temperatur,  welche  die  Würze 
laben  muss,  ist  schon  oben  erwähnt,  ftir  Schenkbier  etwa  11^  bis  8^0. 
d»  bis  60  R.),  für  Lagerbier  80  bis  ö^C.  (6«  bis  40  R.).  Die  niederen 
remperaturen  sind  bei  höherer  Temperatur  des  Gährlocals  und  grossen 
3fthrbottiehen  zu  wählen. 

Das  Anstellen,  Zugeben  der  Hefe  (Zeug  geben,  Satz  geben)  geschieht 
mf  zweifach  verschiedene  Weise.  Entweder  vermischt  man  die  Hefe  mit 
itwas  Würze  recht  innig,  durch  wiederholtes  ümgiessen  des  Gemisches 
ins   einem  Gefasse  in  ein  anderes,  und  giebt  dann  das  Gemisch  der 


1062  Bier,  Brauen  desselben. 

Qbrigen  Würze  in  dem  Bottich  zu;  oder  man  stellt  erBt  ^ne  Ueioen 
Menge  der  noch  etwas  wärmeren  Würz«  mit  der  Hefe  in  einem  beNt* 
deren  Gefässe,  dem  Hefen^^tänder^  an,  lässt  die  Gährung  anfangen  wi 
giebt  dann  die  gährende  Masse  der  übrigen  Würze  in  dem  Botüdi  n 
Das  erstere  Verfahren  heisst  die  Hefe  trocken  geben;  das  zweite:  dk 
Hefe  nass  geben,  auch  die  Hefe  herfuhren,  vorstellen,  vorberote. 
Die  Menge  der  Hefe,  welche  zum  Ansteilen  verwandt  wird,  ist  mcb 
immer  gleich;  sie  muss  grösser  sein,  wenn  Würze  und  Gahrkefla 
kälter  sind,  grösser,  wenn  die  Würze  concentrirter  ist,  grosser,  iren 
man  die  Hefe  trocken  giebt.  Auf  1000  Volum  Würze -werdea  ctn 
5  bis  7  Volum  dickbreiige  Hefe  genommen. 

Nachdem  die  Würze  auf  die  eine  oder  andere  Weise  in  dam  6ik^ 
bottiche  mit  Hefe  versetzt,  gestellt  ist,  verläuft  nun  die  regelmäasigi 
Untergährung  im  Allgemeinen  unter  folgenden  Erscheinungen.  lim» 
halb  8  bis  12  Stunden  nach  dem  Anstellen  überzieht  sich  die  Vfm^ 
in  Folge  beginnender  Entwicklung  von  Kohlensaure,  nach  und  nad 
und  von  dem  Rande  des  Bottichs  nach  der  Mitte  zu,  mit  einem  isrta 
weissen  Schaum  (Rahm) ,  der  sich  mehr  und  mehr  erhöht  und  esdüd 
eine  dicke  Schaumdecke  bildet,  welche  am  Rande  des  Bottichs  eiotf 
höheren  Schauraberg  zeigt.  Etwa  2*4  Stunden  nach  dem  Anitella 
wird  diese  Schaumdecke  von  einem  consistenteren  Schaume,  der  ii 
eigenthümlich  geformten  Streifen,  Krausen,  hervorquillt,  durchbrocb« 
und  verdrängt,  so  dass  die  Oberfläche  der  Würze  ein  gekräuseltes,  xer- 
klüftetes,  zackiges  Ansehen  erhält ,  uud  die  lebhafte  Entwickelnog  der 
Kohlensäure  macht  sich  durch  stechenden  Geruch  bemerkbar.  D^ 
Krausen  vermehren  und  erhalten  sich  bei  einer  kräftigen  Gäluvi 
2  bis  4  Tage,  dann  vergehen  sie  allmählig  zu  einer  schaumigen  Msn 
welche  mit  dem  SchwächerwerdeA  der  Gährung  verschwindet  und  nd 
eine  bräunliche  dünne  Decke  von  Hop' enharz  zurücklässt.  Die  Hiopl' 
gährung  ist  im  Wesentlichen  beendet,  sie  dauert  bei  Schenkbler  7  \k 
8,  bei  Lagerbier  9  bis  10  Tage. 

Bis  die  Gährung  ihren  Höhepunkt  erreicht  hat,  steigt  die  Teffl|:c 
ratur  um  ein  paar  Grade,  dann  sinkt  ^ie  wieder  und  gleicht  sichai 
der  Temperatur  des  Gährlocals  aus.  Der  süsse  Geschmack  der  War« 
vermindert  sich  im  Verlaufe  der  Gährung  mehr  und  mehr  und  dsnät 
zugleich  das  specifische  Gewicht  In  dem  Masse  als  die  Grührung  wf^ 
lässt,  wird  die,  von  ausgechiedener  Hefe  'getrübte  Flüssigkeit  imstf 
klarer,  sinkt  die  Hefe  immer  vollständiger  zu  Boden;  nur  ein  onbe* 
deutender  Theil  davon  geht  an  die  Oberfläche  und  findet  sich  dsiuii> 
der  dünnen  brLunlichen  Decke.  Man  erkennt  meistens  das  Ende  <Ur 
Hauptgährung  daran,  dass  eine  kleine  Probe  der  gährenden  Wanetf 
einem  wärmeren  Orte  schnell  klar  wird,  am  sichersten  aber  daran,  dai' 
die  gährende  Würze  bei  wiederholter  Prüfung  mit  dem  Saccbaroin«tci 
nicht  mehr  eine  erhebliche  Abnahme  des  specifischen  Gewichtes  z&f 
Die  durch  die  Gährung  resultirende  Verminderung  des  specifischea  6** 
'  wichts  der  Würze  wird  die  scheinbare  Attenuation genannt  iB* 
genommen,  die  Würze  habe  vor  der  Gährung  am  Saccharometer  12  Frofr 
gezeigt,  und  nach  beendeter  Hauptgährung  zeige  sie  5  Proc,  so  betiig^ 
die  scheiobare  Attenuation  7  Saccharometergrade.  Der  Vergäkraogs- 
grad  ist  hiernach  '^/i^  oder  0,58,  das  heisst  von  1  Thl.  Malzextract  sfo^ 
scheinbar  0,58  Thle.  (58  Proc.)  durch  die  Gährung  zersetzt  woideQ 
(siehe  Bier,  Untersuchung  desselben). 


Bier,  Brauen  desselben; 


1063 


Der  Grad  der  Vergährung  durch  die  Hauptgährung  ist  bei  ver- 
schiedenen Würzen  verschieden.  Würzen  von  stark  gedan^tem  Malze, 
welche  viel  Zucker  und  Gummi  in  caramelisirtem  Zustande  enthalten, 
sowie  längere  Zeit  gekochte  und  stark  gehopfte  Würzen  verlieren  selten 
die  Hälfte  ihrer  Saccharometerprocente,  während  Würzen  aus  schwächer 
gedarrtem  Malze,  weniger  gekochte  und  schwach  gehopfte  Würzen 
unter  gleichen  Umständen  wohl  bis  ^/g  der  Saccharometerprocente  ein- 
büssen.  Im  Mittel  kann  man,  nach  Balling,  annehmen,  dass  Würzen 
ans  gelbem  Malze  60bis66Proc.,  Würzen  aus  braunem  Malze  50  Proc. 
ihrer  ursprünglichen  Saccharometer-Anzeige  verlieren. 

Von  Balling  sind,  aus  Versuchen,  Factoren  berechnet  worden,  mit 
denen  man  die  scheinbare  Attenuation,  in  Saccharoraeterprocenten  aus- 
gedrückt, zu  multipliciren  iKit,  um  den  Alkoholgehalt  der  gegohrenen 
Würze  zu  erhalten.  Diese  Factoren  werden*  Alkoholfactoren  für  die 
aeheinbare  Attenuation  genannt,  ihre  Grösse  steigt  mit  der  Grösse  der 
ursprünglichen  Extractgehalte  der  Würzen  (a.  a.  O.).  Die  folgende  Ta- 
belle giebt  dieselben. 


Unprünj^liche 
Concentration 

Alkoholfactorcn 

Ursprüngliche 
Goncefetration 

Alkohol  factoren 

der  Würze   in 

für  die  ftcbeinbare 

der  Würze   in 

für   die  scheinbare 

Saccharometer- 
Procenten. 

^tt«iHiation. 

Saccharometer- 
Procenten. 

Attenuation. 

* 

6 

0,40G3 

18 

0,4330 

7 

0,40&1 

19 

0,4851 

8 

0,4110 

20 

0,4878 

9 

0,4129 

21 

0,4895 

10 

0,4148 

22 

0,4419 

11 

0,4167 

23 

0,4439 

12 

0,4206 

24 
•     26 

0,4462 

IS 

0,4226 

0,4485 

14 

0,4246 

26 

0|4508 

15 

0,4267 

27 

0,4582 

16 

0,4288 

28 

0,4556 

17 

0,4309 

29 

0,4680 

1 

^  

In  dem  oben  angenommenen  Falle,  wo  die  scheinbare  Attenuation 
einer  l2procentigen  Würze  7  Saccharometergrad  betrug,  hat  man  7 . 0,42 
sss:  2,9  als  den  Procent-Alkoholgehalt  der  gegohrenen  Würze. 

Nach  Beendigung  der  Hauptgährung  heisst  die  gegohrene  Würze 
Jangbier  oder  grünes  Bier  und  wenn  dies  hinreichend  klar  geworden 
ist  und  sich  die  Hefe  abgeschieden  hat,  so  ist  es  Tässig,  reif  zum  Fas- 
sen, so  wird  es  von  der  Hefe  ab  und  auf  Fässer  gezogen  ^  in  denen 
dann  die  Nachgährung  verläuft.  Zuvor  entfernt  man  Mie  Decke,  welche, 
wenn  sie  in  das  Bier  käme,  diesem  einen  widrig  bitteren  Geschmack 
ertheilen  würde.  Die  am  Boden  des  Bottichs  liegende  Hefe  besteht 
•US  drei  Schichten,  von  denen  die  mittlere,  hellere,  consistentere, 
die  reinste  ist.  Die  untere,  dunkle,  schmutzige  Schicht  ist  zersetzte 
Hefe,  Kühlgeläger  u.  s.  w.,  die  obere  dünnere,  braune  besteht  ebenfalls 


1064  Bier,  Brauen  desselben. 

aus  unreiner  Hefe.     M&n  schiebt  diese  zaerst  a5,  and  mannt  dann  dk 
reine  Schicht  zum  ferneren  Anstellen  von  der  nnteren  Scfaicfat  weg. 

Je  frbcher,  grüner  das  Bier  von  dem  GiLhrbottiche  abgeK^eo, 
gefasst  wird,  desto  schneller  tritt  die  Nachgahrong  ein,  desto  früher 
wird  das  Bier  trinkbar.  Deshalb  fasst  man  in  der  Regel  das  Sehcib 
bier  grüner  als  das  Lagerbier,  das,  wie  man  sagt  lauterer  in  die  Fie- 
ser gebracht  wird« 

Das  Schenkbier  kommt  auf  kleinere  Fässer  als  das  Lageriav, 
weil  auf  kleineren  Fässern  die  Nachgährung  rascher  Terliiiit.  Sk 
-liegen  in  dem  Schenkbierkeller.  Nach  dem  Füllen  giebt  sich  dasEiotr»- 
ten  der  Nachgährung  durch  das  Ausgestossenwerden  eines  brioidieka 
Schaums  zn  erkennen;  damit  sich  dieser  entfernen  lasse,  mfissea  die 
Fässer  mit  ähnlichem  Biere  oder  reinem  Wasser  nachgefollt  werdtn. 
Während  des  Lagerns  wird  nun  das  Bier  immer«  klarer  nnd  die  AW 
scheidung  der  Hefe  immer  schwächer ; '  erscheint  es  endlich  voUkomB« 
klar,  so  ist  die  erste  Periode  der  Nachgährung  beendet,  die  zweite  Periodi 
beginnt,  während  welcher  das  Bier  verzapft  nnd  vertranken  wird.  D« 
Vergährungsgrad  beträgt  nach  beendeter  Nachgährung  etwa  0,7  oder 
70  Proc.  Soll  das  Bier  zum  Verbrauch  kommen,  so  spandet  man  dii 
Fässer  in  der  Regel,  damit  sich  Kohlensäure  in  etwas  grosserer  Menge  u- 
sammele,  damit  das  Bier  Trieb  erhalte ;  dann  zi^ht  man  es  aof  die  Fiam 
von  denen  es  verzapft,  oder  in  denen  es  den  Bierwirthen  zugefsbra 
werden  soll.  Füllt  man  das  Bier  auf  Flaschen,  so  erhalt  es  natdrliä 
stärkeren  Trieb,  wird  moussirender ,  weil  hier  keine  Kohlensäore  esft' 
weichen  kann. 

Je  nachdem  die  Würze  schwächer  oder  stärker  gehopft  wnnh 
die  Hauptgährung  bei  höherer  oder  niederer  Temperatur  verlief,  d« 
Jungbier  grüner  oder  lauterer,  in  kleinere  oder  grossere  Fässer  g^ 
fasst  wurde,  vorzüglich  aber,  je  nachdem  der  Keller  weniger  kfihl  od« 
kühler  ist,  zieht  sich  die  Nachgährung  kürzere  oder  längere  Zeit  kia. 
und  der  Brauer  hat  hierin  die  Mittel,  dahin  zu  wirken,  dass  stets  Bkr 
von  höchster  Güte  zum  Verzapfen  bereit  ist 

Für  die  Güte  des  Bieres  |ibbt  es  keine  Periode  des  StiUstandtf: 
es  gleicht  darin  einem  lebenden  Wesen.  Es  bildet  sich  zur  höcbitei 
Vollkommenheit  aus,  und  hat  es  diese  erreicht,  so  geht  es  zurück.  Sdse 
Zusammensetzung  ändert  sich,  streng  genommen,  jeden  Tag,  da  in  ibi 
die  Gährung  unausgesetzt  fortschreitet,  wenn  auch  schliesslich  sehr  Uof- 
sam.  Die  höchste  Güte  wird  durch  das  passendste  Verhältniss  swiichet 
Extract,  Alkohol  und  Kohlensäure  bedingt;  das  Bier  befindet  sieh  ssf 
der  Stufe  der  Vollkommenheit,  wenn  sich,  während  der  letzten  Periodi 
der^  Gährung,  das  passendste  Verhältniss  eingestellt  hat.  Aofssgs 
wenn  die  Nachgährung  noch  nicht  weit  vorgeschritten  ist,  schmeckt  <iM 
Bier  sehr  süss,  in  Folge  des  noch  beträchtlichen  Gkhalts  an  Zacker,  sein 
Schaum  Ist  consistent,  gelblich,  mit  einem  Worte  hefig.  £s  wird,  ireon 
es  dann  verspundet  oder  auf  Flaschen  lagert,  sehr  rasch  stark  moos* 
sirend,  setzt  noch  bemerkbar  Hefe  ab  und  trübt  oder  wirft  sieh  desbsft 
beim  Abzapfen  oder  Ausgiessen  leicht,  von  Hefe  die  durch  die  KohJes- 
sänre  aufgerührt  wird.  Nach  und  nach  verliert  sich  bei  der  Nsehr 
gährung  der  Würzegeschmack  mehr  nnd  mehr,  und  der  geistig«)  e^ 
frischende  Geschmack  tritt  hervor.  Bei  noch  weiter  fortschreitend« 
Gährung,  bei  noch  längerem  Lagern  auf  dem  Fasse,  kommt  dann  der 
Zeitpunkt,  wo  der  geistig  bittere  Geschmack  nicht  mehr  hinreicbeDd 


Bier,  Brauen  desselben.  1065 

gemildert  wird  durch  den  Geschmack  des  Znokers,  das  Bier  wird  hart 
and  es  dauert  lange,  ehe  es,  verspundet  oder  auf  Flaschen,  gehörigen 
Trieb  erhält.  Ist  endlich  der  Zucker  fast  ganz  oder  ganz  durch  die  6äh- 
rang  zerlegt,  so  kann  sich  die  Kohlensäure  nicht  in  dem  Maasse  ersetzen, 
als  sie  ans  den  Fässern  abdnnstet,  das  Bier  wird  schaal,  und  dann  ist 
die  Zeit  nahe,  wo  es  auch  säuerlich  werden  kann.  Bis  zu  dem  Tage, 
wo  sich  das  Verhältniss  zwischen  Zucker,  Alkohol  und  Kohlensäure 
immer  passender  stellt,  erhöht  sich  die  Güte  des  Bieres,  von  dem  Tage 
ab,  wo  das  passendste  Verhältniss  eingetreten  ist,  vermindert  sich  die 
Güte  wieder.  Um  Bier  von  höchster  Vollkommenheit  verzapfen  zu 
können,  muss  namentlich  die  Zeit  des  Spundens  gehörig  gewählt  werden, 
denn  das  Bier  darf  nur  so  lange  gespundet  liegen,  als  erforderlich  ist,  ihm 
hinreichend  Trieb  zu  geben.  Liegt  das  Bier  zu  lange  gespundet,'  so  trübt 
es  sich  beim  Verzapfen  sehr  leicht,  besonders  wenn  es  zu  früh  gespun- 
det wurde,  wird  das  Bier  zu  spät  gespundet,  so  bleibt  es  matt  Durch 
Beimischen  von  Bier,  welches  eben  von  der  Hanptgährung  kommt 
oder  von  in  Gährung  befindlichem  Biere  (Kränsenbiere),  lässt  sich  älterem, 
gelagertem  Biere  wieder  Trieb  ertheilen.  In  München  wird  fast  alles 
Schenkbier  mit  Kräusenbier  versetzt,  ehe  man  es  an  die  Schenkwirthe 
abgiebt.  Der  Schenkwirth  hilft  sich  in  Bezug  auf  den  Trieb  durch  La« 
gern  der  gespundeten  Schenkiasser,  oder  der  Flaschen,  an  einem  kühlen 
oder  weniger  kühlen  Orte. 

Das  Lagerbier  kommt  zur  Nachgährung  auf  grosse  und  ausge- 
pichte Fässer,  welche  in  dem  Lagerbierkeller  liegen.  Dieser  besteht 
ans  mehreren  Abtheilungen,  und  es  erhält  jede  Abtheilung  das  Bier  itir 
eine  gewisse  Periode  des  Sommers. 

Bei  dem  Füllen  der  Lagerflisser  mit  dem  von  dem  Bottiche 
abgelassenen  Biere  findet  eine  Vertheilung  des  Biers  anf  viele  Fässer 
statt,  so  dass  Monate  vergehen,  ehe  die  Fässer  einer  Abtheilung  völlig 
gefüllt  werden.  Es  geschieht  dies,  theils  um  längere  Zeit  hindurch 
möglichst  gleichartiges  Bier  zu  haben,  theils  um  die  Nachgährung  in 
die  Länge  zu  ziehen,  da  diese  in  nicht  völlig  gefüllten  Fässern  lang- 
samer verläuft  als  anf  vollständig  gefüllten.  Selbstverständlich  werden 
die  Fässer  derjenigen  Abtheilung  des  Kellers,  aus  welcher  das  Bier 
am  frühesten  zum  Verkaufe  kommen  soll,  am  frühesten  gefüllt.  Sind 
die  Fässer  einer  Abtheilung  ziemlich  voU,  so  lässt  man  sie  in  Ruhe,  bis 
sich  ein  bräunlicher  Schaum  auf  der  Oberfläche  des  Biers  im  Fasse 
zeigt,  bis  das  Bier  angreift.  Dann  macht  man  die  Fässer  so  voll, 
dass  eine  braune  Schaumhaube  über*der  Spundöffnung. erscheint.  Ist 
diese  vergangen,  so  füllt  man  auf,  und  dies  so  oft,  als  die  Schaumhaube 
lieh  wieder  bildet,  als  die  Fässer  stechen. 

Sehr  gewöhnlich  spundet  man  das  Lagerbier  vor  dem  Verzapfen, 
und  lässt  es  so  lange  gespundet,  als  erforderlich  ist,  ihm  gehörigen  Trieb 
zu  geben.  Es  reichen  dazu  fQr  das  erste  im  Mai  zum  Verzapfen  kom- 
mende Lagerbier  6  bis  8  Tage  hin,  für  älteres  Bier  sind  aber  12  bis 
14  Tage  nöthig.  Wenn  die  LagerfHsser  nicht  gespundet  werden,  so 
lässt  man  das  zum  Verzapfen  kommende  Bier  einige  Tage  verspundet 
anf  den  kleinen  Schenkfassern  liegen ,  anf  welche  es  gezogen  und  von 
denen  es  verschenkt  wird. 

Da  die  längere  Haltbarkeit  des  Lagerbiers  vorzugsweise  von  der 
niederen  Temperatur  des  Kellers  abhängig  ist,   so  muss  natürlich  anf 


1066  Bier,  Brauen  desselben. 

mÖglichBte  Abkühlung  und  Erhaltung  der  niederen  Temperatur  in  da 
KeHer  hingewirkt  werden.  In  einem  zweckmässig  angelegten  Laga> 
bierkeller  ist  deshalb  die  Einrichtung  getroffen,  daas  jede  Abthdloag 
desselben  mit  einem  gemauerten  Eisbehälter  ia-Verbindang  gesetzt  wer- 
den kann.  Während  des  Füllens  der  Fässer  werden  alle  KelleroffD»- 
gen  offen  gelkalten,  wenn  die  Temperatur  der  Luft  niedriger  iit  ah  dk 
des  Kellers;  sind  aber  die  Fässer  einer  Abtheilung  gefüllt^  so  werdeoalk 
nach  Aussen  gehenden  Oeffnnngen  der  Abtheilung  geschlossen  und  vaM 
wieder  geöffnet.  Selbst  die  Thür,  durch  welche  die  Abtheilung  mit  ds 
daneben  liegenden  AbUieiluog  in  Verbindung  steht,  wird  mit  Steinern* 
gesetzt,  bis  auf  eine  kleine  obere  Oeffnung,  durch  welche  ein  Mub 
schlüpfen  kann.  Die  Verbindung  der,  bei  möglichst  niederer  Teinpa- 
ratur  gefüllten  Eisbehälter  mit  den  Kellerabtheilungen  stellt  man  nick 
gleich  anfangs  her,  sondern  erst  später,  im  Verlaufe  des  Sommers,  wcbd 
die  Temperatur  des  Kellers  eine  gefährliche  Höhe  zo  erreichen  drokt 
In  einem  gut  angelegten  Lagerbierkeller  lässt  sich  so  die  Tempentir 
den  Sommer  hindurch  auf  8®  bis  9^  C«  erhalten.  Wo  solche  Keller  f» 
banden  sind,  findet  man  selbst  noch  im  Spätsommer  nicht  zu  stark  Ter^ 
renes,  nicht  zu  starkes  und  nicht  zu  bitteres  Lagerbier;  im  entgegenge> 
setzten  Falle  ist  in  der  genannten  Jahreszeit  das  Bier  sehr  Tergohns» 
also  dünn,  sehr  bitter  und  stark  (alkoholreich),  weil  der  Brauer  die  Halt- 
barkeit durch  Anwendung  einer  beträchtlichen  Menge  Hopfen  und  dsFch 
starke  Schüttung  zu  erreichen  suchen  muss. 

Obergährung.  Die  Obergährung,  zu  welcher  wir  nun  übergeh« 
wird  ftir  Biere  sehr  verschiedener  Art  angewandt.  Die  berühmten  sogK' 
sehen  Biere,  Porter  und  Ale,  die  gewöhnlichen  französischen  und  belgir 
sehen  Biere,  die  den  bayerischen  Bieren  nahestehenden  böhmischen  Bio^ 
die  leichten  Flaschenbiere  sind  alle  obergährige  Biere.  Während  man  bei 
der  Untergähmng  die  Hauptgährung  stets  auf  Bottichen  verlaofen  Istft 
nur  die  Nachgährung  auf  Fässern,  wird  bei  der  Obergährung  oft  uck 
schob  die  Hauptgährung  auf  Fässern  verlanfen  gelassen.  Man  onttf- 
scheidet  deshalb  Obergährung  mit  Bottichgährung  und  ObergahmBg 
mit  Fassgährung.  Die  erstere,  welche  in  der  Regel  für  bessere,  haltba- 
rere Biere  in  Anwendung  kommt,  mag  zuerst  ins  Auge  gefasst  werdca 

Die  Wfirze  wird  zu  diesen  Bieren  bei  10<>  bis  Ib^C.  (8<)bis  Wü 
mit  Oberhefe  gestellt  und  zwar  im  Wesentlichen  so,  wie  für  die  Unter 
gähmng ,  das  heisst,  man  vermengt  die  dünne  breiige  Hefe  mit  etitt 
Würze  und  giebt  das  Gemenge  zu  der  übrigen,  gekühlten  Wfine  ind« 
Gährbottich,  oder  man  stellt  erst  eine  kleine  Menge,  noch  wirraenr 
Würze  mit  der  Hefe  an,  lässt  die  Gährung  ankommen  und  Termisdit 
die  gährende  Masse  mit  der  übrigen  Würze  (S.  1062).  Auf  1000  Yol 
Würze  werden  2  bis  6  Vol.  Hefe  genommen,  je  nach  der  Temperstff 
der  Würze  und  des  Gährlocals,  nach  der  Concentration  and  Besdiaffcs* 
heit  der  Würze. 

Etwa  6  bis  10  Stunden  nach  dem  Anstellen  beginnt  die  Gähraiif: 
die  Würze  überzieht  sich  nach  und  nach  mit  feinem  weissen  Schaoisfc 
Allmälig  würd  der  Schaum  grossblasiger,  die  Schaumdecke  erb6to 
lieh,  es  entsteht  ein  Schaumberg;  in  der  Würze  schwimmende  Theü- 
chen  kommen  an  die  Oberfläche  und  können  abgenommen  werdet; 
dann  bricht  der  consistentere  Kräusenschaum  durch.  Die  Kr&09iD> 
welche,  beiläufig  gesagt,  nur  in  gehopftem  Würzen  aufbreien,  ebnen  ac^ 
nach  und  nach,  yerlieren  sich,  zerfliesseo  vollständig,  und  es  bricki 


Bier,  Brauen  desselben.  1067 

«in  grossblasiger  Schaum  darch,  der  von  der  nun  gebildeten  Hefe 
trübe,  zähe  und  gelblich  erscheint  (Hefentrieb).  Der  Hefenschaum  steigt; 
ist  er  am  höchsten,  so.  hat  die  Gährung  den  höchsten  Punkt  erreicht 
und  mit  ihr  die  Temperaturerhöhung  und  die  Ent Wickelung  der  Kohlen- 
säure. Er  sinkt  dann  allmälig  zusammen  und  hinterlässt  schliesslich 
eine  gelbliche,  klebrige,  breiige  Decke  von  Oberhefe.  Die  Hauptgäh- 
mng  ist  beendet,  sie  dauert  meistens  2  Tage,  kann  sich  aber  bei  sehr 
niederer  Temperatur  und  anderen  die  Gährung  yerzögernden  Einflüssen, 
-weit  länger  hinziehen.  Da  bei  der  Obergährung  die  Scl^aumdecke 
eine  beträchtliche  Höhe  erreicht,  so  dürfen  die  Gährbottiche  nicht  so 
weit  gefdllt  werden,  als  bei  der  Untergährung. 

Sobald  die  Hauptgährung  ihr  Ende  erreicl^t  hat,  wird  die  Ober- 
hefe mit  einem  Schau mlöflel  oder  einer  flachen  Schaufel  abgenommen, 
damit  sie  nicht  durchfalle,  dann  wird  zum  Fassen  des  Jungbiers  geschrit* 
ten.  Man  zieht  das  Bier  entweder  von  der  Hefe  ab ,  welche  am  Boden 
des  Bottichs  liegt  (Bodenhefe),  oder  man  rührt  diese  vor  dem  Fassen  auf. 

Pie  Fässer,  auf  denen  man  die  Nachgähruug  vor  sich  gehen  lässt, 
sind  nur  massig  gross;  sie  kommen,  spundvoU,  oflen,  in  einen  kühlen 
Keller  auf  ein  Lager,  das  entweder  aus  einem  Troge  besteht  oder  wel* 
ches  das  Unterstellen  von  Wännchen  unter  die  Fässer  gestattet,  zur 
Aofnahme  der  noch  abfliessenden  Hefe,  und  man  legt  sie,  um  das  Ab- 
fiiessen  der  Hefe  nach  einer  Seite  zu  leiten,  etwas  schräg.  Das  Aus- 
^estossenwerden  der  Hefe  beginnt  bald  und  dauert  mehrere  Tage,  wäh- 
rend welcher  Zeit  man  die  Fässer  durch  Nachgiessen  von  Bier  (Füll- 
bier) immer  gefüllt  erhält,  damit  die  Hefe  vollständig  entfernt  werde. 

Ist  die  erste  Periode  der  Nachgähruug  beendet,  wird  nicht  mehr 
gelblicher  Hefenschaum  ausgestossen,  sondern  zeigt  sich  an  dessen  Stelle 
ein  weisser  Schaum,  so  reinigt  man  die  Fässer,  namentlich  das  Spund- 
loch, von  der  anhängenden  Hefe  und  füllt  sie,  nachdem  sie  gerade  ge- 
legt worden,  nochmals  vollständig.  Das  Bier  bleibt  nun  entweder  auf 
Fässern  lagern,  die  man  dann  erst  lose,  später  wenn  das  Bier  Trieb 
erhalten  soll  fester  spundet,  oder  aber  man  zieht  das  Bier  auf  besondere 
Liagerlasser,  die  in  einem  kühlen  Keller' liegen,  wo  sie  zur  gehörigen 
Zeit  gespundet  werden.  So,  klar  von  der  Hefe  abgezogen,  kann  es 
dann  recht  lange  haltbar  bleiben.  Die  Lagerbierfässer  werden  meist 
nicht  gepicht,  sondern  geschwefelt  In  Norddeutschland  braut  man  auf 
Obergährung  in  beschriebener  Weise  gehaltreiche,  haltbare  Biere  in  der 
kühleren  Jahreszeit,  meistens  im  März,  weshalb  man  sie  Märzbiere  nennt; 
sie  heiasen  auch  Erntebiere,  weil  sie  zur  Ernte  zum  Verzapfen  kommen« 

In  England  kommt  die  auf  etwa  15o  G.  (12<>  B.)  gekühlte  Würze 
XU  Porter  und  Ale,  welche  20  Proc.  zeigt,  mit  der  vorbereiteten  Hefe  * 
zuerst  in  grosse,  oft  colossale  Bottiche  und  aus  diesen,  nach  24  bis  48  Stun- 
den, oder  erst  nach  3  bis  4  Tagen,  in  kleinere  Bottiche  zur  Beendigung 
der  ^Hauptgährung,  Diese  stehen  miteiner  Speisevorrichtung  in  Verbin- 
dong,  durch  welche  der  Inhalt,  der  Bottiche  stets  auf  gleicher  Höhe  er- 
halten und  so  dasAbfliessen  der  Hefe  ermöglicht  wird.  Von  einem  6e-. 
fasse,  das  fast  in  gleichem  Niveau  mit  der  gährenden  Würze  der  Bottiche 
aufgestellt  ist,  treten  nämlich  Röhren  von  unten  in  die  Bottiche,  und  dies 
Gefliss  wird  aus  einem  höher  stehenden  Bottich  mit  Würze  versehen. 
£in  Schwimmer  auf  der  Würze  dieses  Gef  ässes,  welcher  am  Hahn  des 
Speisebottichs  befestigt  ist,  dient  dazu,  die  Würze  in  dem  Creiasse  in 
gleicher  Höhe  mit  der  Würze  des  Gährbottichs  zu  halten.    Diese/ Vor- 


1068  Bier,  Brauen  desselben. 

richtimg  versieht  also  das  AnSulleo.  Die  Hefa  ergiesst  sich  ans  Badiebfi 
Ausgössen  der  Crährbottiche  in  einem  m&chtigen  Strome  in  einMi  (V 
nal,  der  zwischen  denselben  hinläuft  Antatt  der  anfirechtstehefidei 
kleineren  Gälirbottiche  benutzt  man  auch  wohl,  namentlich  för  Ale, 
kleinere  liegende  FSsser,  anf  deren  8pondloch  ein  metallener  Aosgoi 
gesteckt  wird*  Die  Ausgüsse  aus  zwei  Reihen  solcher  F&aser  ergie8M 
dann  ebenfalls  die  Hefe  in  einen  dazwischen  liegenden  CanaL  Ym 
den  Gähriassem  kommt  das  Bier  anf  die  Lagerftsser,  die  oft  aassow» 
deutliche  grosse  anfrechtstehende  Fässer  sind. 

För  die  Obergährnng  mit  Fassgähmng  wird  die  Würze  eben&fii 
erst  in  einen  Bottich,  den  Sammelbottich  oder  Stellbotüch,  gelasm, 
um  hier  anf  angegebene  Weise  mit  Hefe  versetzt  gestellt  zn  werdes. 
Hieraof  füllt  man  sie  entweder  sofort,  oder  nachdem  die  Gähnmg  «• 
gefangen,  in  Fässer  und  bringt  diese  in  den  Gährkeller  auf  Lager  foa 
oben  beschriebener  Einrichtung.  Die  Entwickelang  der  Kohlenainre 
beginnt  bald,  es  wird  dadurch  zuerst  etwas  Würze  aas  den  Fänen 
▼erdrängt,  dann  entsteht  eine  Schaumdecke,  und  endlich  wird  diaEnt- 
wiekelung  der  Kohlensäure  so  heftig,  dass  nnausgesetzt  Schanm  ans  des 
Fässern  abfliesst.  Krausen  können  natürlich  nicht  auftreten,  aber  « 
bilden  sich  in  dem  Troge  oder  den  Untersetzwannen,  in  denen  der  SehMB 
bald  zn  sogenanntem  Hopfenbier  oder  Hopfenab8eihl>ier  vergeht,  dtf 
von  Zeit  zn  Zeit  in  besondere  kleine  Bütten  gegeben  wird,  am  spitar* 
nachdem  es  sich  geklärt  hat,  znro  Nachfüllen  zu  dienen.  An  die  Stdk 
des  lockeren,  weissen  Schaums  tritt  nach  einiger  Zeit  ein  zäherer,  gelb* 
lieber  Schaum ,  der  schon  an  den  Fässern  zn  einer  breiigen  Masse  lo- 
sammengeht,  deshalb  weniger  leicht  abfliesst.  Es  zeigt  dies  den  Ab- 
fang  des  Hefentriebes,  der  Hefenbildungsperiode  an.  Trog  and  Unter- 
setzwannen  werden  dann  geleert,  um  nun  znr  Aufnahme  der  abfliessen- 
den  Hefe  zu  dienen;  damit  die  Hefe  vollständig  abfliessen  kann,  wtfda 
die  Fässer  nachgeftlllt  nnd  während  des  Hefentriebes  voll  erhalttfL  So- 
bald Hefe  nicht  mehr  ansgestossen  wird,  ist  die  Hanptgährang  sowie  9iaA 
,  die  erste  Periode  der  Vergährung  beendet,  es  zeigt  sich  aof  dem  Bkn 
ein  zart^  weisser  Schaum;  die  Fässer  werden  gereinigt,  gerade  gellet 
nnd  das  Bier  wird  nun  weiter  behandelt,  wie  oben  beschrieben. 

Auf  diese  Weise  wird  im  Wesentlichen  in  Böhmen  beim  Bnacs 
der  dortigen,  den  bayerischen  Bieren  ähnlichen  Biere  verfahren,  «b 
sich  in  einem  durch  Eis  gekühlten  Lagerbierkeller  mehrere  Woebei 
lang  halten,  nnd  man  operirt  fast  allgemein  so  beim  Braaen  der  leiob- 
ten  Biere,  welche  nicht  vom  Fasse  verzapft,  sondern  nur  von  FlaseliSB 
vertrunken  werden.  Leichte  Biere  werden  nämlich  nur  dann  geniessbar« 
'  wenn  sie  durch  bedeutenden  Gehalt  an  Kohlensäure,  wie  sie  3m  beai 
Lagern  auf  Flaschen  erhalten,  stark  moussirend  und  dadurch  eifirisdiM^ 
geworden  sind. 

Li  einigen  Gegenden  wird  die  Würze  zu  den  leichten  Bieren  m- 
mittelbar  nach  dem  Anstellen  und  Ankommen  der  Gährnng  an  die  Coii* 
sumenten  abgegeben,  die  dann  im  eigenen  Keller  die  Gährung  verladet 
lassen,  das  Bier,  wie  man  sagt,  aufstossen  lassen.  Nach  beendeter 
Gährung  und  hinreichender  Klärung  zieht  man  das  Bier  auf  Flasoliea 
Sehr  unzweckmässig  ist  es,  die  angegohrene  Würze  sogleich  anf  Flascfaes 
zu  füllen  und  auf  diesen  aufstossen  zu  lassen.  Auf  dem  Boden  der  Flaicbeo 
setzt  sich  dann  natürlich  Hefe  ab,  welche  die  Nachgährang  heftig  unttf- 
hält,  so  dass  das  Bier,  nachdem  die  Flaschen  verkorkt  sind,  in  wenigeo 


Bier,  Brauen  desselben*  •  1069 

» 

Tagen  äusserst  stark  moussirend  wird.  Oeffnet  man  die  Flaschen, 
so  rührt  die,  in  Menge  entweichende  Kohlensäure  den  Bodensatz  von 
Hefe  auf  und  man  hat  ein  trübes  Getränk,  von  welchem  der  letzte  Theil 
der  Flasche  völlig  ungeniessbar  ist. 

Der  unbestrittene  Vorzug,  den  die  Obergährung  vor  der  Unter* 
^hmng  hat,  besteht  darin,  dass  sie  nicht  s(X  sehr  wie  diese  an  eine 
niedere  Temperatur  gebunden  ist,  dass  man  sie  überall  und  zu  allen 
Jahreszeiten  anwenden  kann,  und  dass  man  nicht  nöthig  hat,  so  grosse 
Vorräthe  von  Bier  zu  halten.  Das  ganze  Quantum  des  bayerischen 
untergährigen  Bieres,  was  während  des  Sommers  zum  Verbrauche 
kommt,  must  sich  anfangs  April  in  dem  Lagerbierkeller  vorräthig  be- 
finden, da  5  bis  6  Monate  lang  kein  Tropfen  dieses  Bieres  gebraut  wird. 
Was  für  Keller  gehören  dazu!  Welches  Kapital  steckt  in  dem  Bierel 
Wie  gross  ist  das  Bisico  des  Brauers  I  In  Böhmen  wird  Jahr  aus  Jahr 
ein  ein  Bier  auf  Obergähnmg  gebraut,  das  bei  gehöriger  Pflege  den 
bayerischen  Schenkbieren  nicht  nachsteht;  sollte  man  sich  deshalb  nicht 
Lieber  allgemeiner  solchen  Bieren  zuwenden?  Für  leichte  Biere,  die 
rasch  vertrunken  werden,  z.  B.  für  die  verschiedenen  Arten  von  Weiss- 
bier, ist  die  Obergährung  die  allein  passende  Gährnng.  Dass  alle, 
iorch  Obergährung  erzielte  Biere  weniger  haltbar  sind,  als  untergäh- 
rige  Biere,  wenn  nicht  bedeutender  Gehalt  an  Alkohol  und  an  Extract 
ier  Haltbarkeit  zu  Hülfe  kommen,  wie  bei  Porter  und  Ale,  hat  sicher 
seinen  Grund  in  der  unvermeidlichen  Bildung  einer  wenn  auch  gerin- 
gen Menge  an  Essigsäure  bei  der  Obergährung,  bedingt  durch  die 
höhere  Temperatur  während  dieser  Gährung.  Prot^instoffe,  gelöst  in 
Flüssigkeiten  welche  etwas  Essigsäure  enthalten,  sind  äusserst  kräf- 
ige  Essigfermente,  und  leichte  bei  hoher  Temperatur  vergohrene 
^bergährige  Weissbiere  können  unmittelbar  zur  Fabrication  von  Bier- 
M0ig  benutzt  werden.  Es  ist  indess  recht  wohl  möglich,  leichtere 
>bergährige  Biere  so  zu  brauen,  dass  sie  sich  wochenlang  halten, 
und  solche  kräftig  moussirende  Biere  sind  als  gewöhnliches,  erfrischen- 
lea  Getränk  vielleicht  der  Gesundheit  zusagender,  als  die  schwereren 
bayerischen  Biere,  von  denen  jene  jnehr  und  mehr  verdrängt  worden 
lind  0«  ^^^  Würze  muss  dazu  aus  gehörig  gedarrtem  Malz  mit  aller 
Sorgfalt  bereitet,  mit  etwas  Hopfen  gekocht,  bei  niederer  Temperatur 
Inrch  Oberhefe  in  Gährung  gebracht  werden,  und  das  Jungbier  darf 
[licht  früher  als  nach  hinreichend  verlaufener  Naohgährung,  also  voll- 
kommener Klärung,  auf  Flaschen  gezogen  werden. 

Wenn  man  berücksichtigt,  dass  Hefenzellen  oder  organisirte  Ge- 
t>ilde,  aus  denen  Hefenzellen  entstehen  können,  in  der  Luft  vorhanden 
lind,  so  wird  es  nicht  auffallen,  dass  Würze  ohne  Zusatz  von  Hefe  in 
Grährung  kommen  kann,  dass  Würze  der  Selbstgahrung  fähig  ist.  Am 
meisten  Neigung  zur  Selbstgahrung  haben  blasse,  wenig  oder  nicht  ge- 
kochte und  nicht  gehopfte  Würzen.  Aber  auch  bei  diesen  ist  die  Zeit  des 
Eintritts  der  Gährung  sehr  verschieden,  und  wird  der  regelmässige  Ver- 
lauf und  der  gute  Erfolg  derselben  unsicher.  Anscheinend  geringfügige 
dmatände  sind  im  Stande  dem  Processe  eine  andere  Bichtung  zu  geben, 
iinatatt  der  Alkoholgährung  eine  Zersetzung  anderer  Art  einzuleiten. 

^  Wer  i^n  nntergährige  Biere  gewOhnt  ist,  wird  bei  dem  obergährigen  Bier 
meistens  einen  unangenehmen  Geschmack  finden;  es  hat  daher  wohl  seinen  guten 
G^mnd,  wenn  man  mehr  und  mehr  untergfthriges  Bier  vorsieht  F. 


1070  Bier,  Brauen  desselben. 

Die  in  Belgien  sehr  ber(1hmtcn  Brüsseler  Biere,  Lambik,  Faro,  Mars, 
den  durch  Selbstgähning  der  Würze  erhalten.  Man  bringt  dio  Wniz^ 
ohne  Zasatz  von  Hefe,  auf  Fäflser  in  teniperirte  Magazine  oder  Kdler, 
in  denen  die  Gährung  bald  schon  nach  einigen  Tagen,  b«ild  erat  naek 
Monaten  eintritt,  8  bis  10  Monate  dauert,  ja  sich  bis  ^0  Monats  Im» 
zieht.  Die  Würze  ftir  Larobik,  welche  12  bis  15  Proc.  zeigt,  attemit 
dabei  auf  5  bis  2^/2l?Toc,  Der  Geruch  nach  Hopfen  Terliert  sich  gn& 
Das  Prodnct  hat  einen  feinen,  weinartigen  Geruch,  welchem  aber  der 
Geschmack  keineswegs  entspricht;  dieser  ist  jitter,  hart,  saaerlid 
und  macht  ein  Verschneiden  des  Bieres,  Vermischen  mit  jungem  oft 
auf  gewöhnliche  Weise  gebrautem  Bierc,  ferner  mit  Zucker,  Sjmp  n&ßr- 
l&sslich.  Das  Mars  ist  das  schwächere  Bier;  Faro  wird  gewöhnlich  ae 
Lambik  und  Mars  gemischt. 

Die  Gährung  kann  Obergährung  oder  Untergähmng  sein.  Zur 
Obergährung  wird  ein  kleiner  Antheil  der  Würze  mit  der  Hefe  yvt' 
gestellt  und  dieser,  wenn  die  Gährung  eingetreten  ist,  der  fibriges 
Würze  zugegeben.  Auf  100  Pfd.  Würze  sind  4  bis  8  Loth  brenne 
Hefe  erforderlich,  und  zweckmässig  setzt  man  beim  Anstellen  etva 
Malzmehl  zu.  Nach  18  bis  24  Stunden  wird  die  Schanmdecke,  dtf 
sogenannte  Hopfenbierschaum,  von  der  Oberfläche  der  gährenden  Wüm 
abgenommen ,  die  Flüssigkeit  aufgerührt  und  spundvoll  in  Fässer  gl- 
füllt,  in  denen  der  Hefenansstoss  erfolgt.  Man  fiillt  mit  ähnliebcB 
Biere  auf  und  rollt  die  Fässer  wiederholt,  um  die  am  Boden  liegeade 
Hefe  damit  zu  vermischen,  was  die  Verjährung  und  Klärung  fördol 
Hört  das  Ausgestossenwerden  von  Hefe  auf,  so  reinigt  man  die  Spo^ 
Öffnung  der  Fässer  und  verspundet  diese. 

Die  Untergährung  liefert  auch  hier  ein  besseres  Resultat,  sie  i^ 
indess  nur  ausführbar,  wo  die  Temperatur  nicht  über  7^  bis  lO^CL  be 
trägt.  Die  Untergährung  wird  im  Bottiche  beendet  und  das  Juog^ 
von  der  ausgeschiedenen  Hefe  auf  Fässer  gezogen.  Die  Vergähmoi 
ist  vollständiger  als  bei  der  Obergährung  und  verläuft  dann  regelmissii' 
24  Stunden  nach  dem  Zeitpunkte  des  Eintritts  der  Gährung  nimmt  o» 
den  Schaum  ab,  rührt  die  Flüssigkeit  auf  und  füllt  sie  spnndvoU  in  Fteefi 
auf  dem  dann  das  Jungbier  wie  angegeben,  weiter  behandelt  wird.  Dm 
Selbstgährung  ist  mehr  eine  Art  Untergährung  als  Obergährung,  indcn 
sich  die  ausgebildete  Hefe  meistens  am  Boden  ablagert.  Das  dmtk 
Selbstgährung  erzeugte  Bier  hat  einen  säuerlichen  Geschmack,  ähnM 
den  durch  Selbstgährung  bereiteten  belgischen  Bieren. 

Am  besten  eignet  sich  der  Getreidestein  zur  Bereitung  von  Porter 
und  ähnlichen  nicht  feinen  Bieren.  Sollen  die  daraus  erzielten  Biere 
wohlschmeckend  und  haltbar  sein,  so  muss  bei  der  Darstellung  derselbe! 
die  grösste  Reinlichkeit  beobachtet  werden ;  die  Spundöffnungen  müssen 
sorgfaltig  von  der  Hefe  gereinigt,  die  Fässer  fortwährend  nachge/9Ut 
werden. 

In  welchem  Verhältnisse  Gewicht  und  Volumen  des  Bieres  ö 
dem  Gewicht  und  Volumen  der  Würze  stehen,  darüber  liegen  verschie- 
dene Angaben  vor.  Bei  einem  Versuche  von  Steinheil  verlor« 
4682,4  Pfund  Würze  zu  bayrischem  Biere,  gestellt  mit  36  Pfund  Hrfe, 
durch  die  Hauptgährung,  welche  61/2  Tag  dauerte,  128,6  Pfiind.  & 
wurden  dann  von  der  Oberfläche  4,6  Pfund  Hefe  abgenommen  und  es 
fanden  sich  im  Bottiche  am  Bod6n  51  Pfd.  Hefe,  so  dass  also  4539  FfiL 
Jungbier  in  die  Lagerfässer  kamen.    Dies  beträgt  96,7  Proc.  der  Wärs^ 


Bier,  Untersuchung  desselben.  1071 

stellt  also  den  Gewichts  verlast  bei  der  Haiiptgährung  zu  3,4  Proc.  her- 
aQ9.  Dazu  kommt  nun  noch  der  Verlust  bei  der  Nachgährung  u.  s.  w. 
Nach  Balling  liefern  106  Pfd.  Würze  100  Pfd.  untergähriges  Bier, 
das  ist  94,15  Proc,  beträgt  nlso  der  Gewichtsverlust,  durch  entwichene 
Kohlensäure,  durch  ausgeschiedene  Flefe  und  das  davon  zurückge* 
haltene  Bier  verursacht,  5,85  Proc.  Bei  obergährigem  Biere  ist  der 
Verlust  um  1  bis  2  Proc.  grösser^  weil  die  bei  der  Obergährung  aus- 
gestossene  Hefe  ebenfalls  Bier  mit  wegführt. 

Auf  die  Volumenveränderung,  welche  die  Würze  bei  der  Gährung 
erleidet,  hat  die  entweichende  Kohlensäure  wenig  Einfluss;  diB  dadurch 
verursachte  Volumenveränderung  beträgt  nämlich  Y4  Proc.  Grösser 
ist  die  Volumenveränderung  durch  die  ausgeschiedene  Hefe  und  das 
davon  zurückgehaltene  Bier.  Von  100  Pfd.  trinkbarem  Biere  zu  4  Proc. 
Alkoholgehalt  entstehen  3,68  Pfd.  dickbreiige  Hefe  (ohne  das  Hefen* 
abseihbier  bei  der  Fassgährung),  was  auf  100  Vol.  Bier  3  Vol.  Hefe 
ansmacht.  Mit  dem  durch  die  Kohlensäure  veranlassten  Verluste  be- 
trügt also  die  Volumenverminderung  3^/4  Proc.  und  durch  das  Hefen« 
abseihbier  steigert  sich  bei  der  Fassgährung  der  Verlust  auf  ungefähr 
5  Procent. 

Was  die  Ausbeute  an  Extra  et  aus  dem  Malze  betrifft,  das  heisst, 
die  Menge  und  Concentration  der  Würze  aus  einem  bestimmten  Ge* 
«richte  Malz,  so  ist  diese  natürlich  zunächst  abhängig  von  der  Beschaffen* 
heit  des  Malzes,  das  heisst,  von  dem  Gehalte  an  extractgebender  Sub- 
stanz, dann  aber  auch  abhängig  von  der  mehr  oder  weniger  zweck- 
m&ssigen  Ausfiihrung  der  Operationen  des  Schrotens,  des  Meischens, 
des  Aussüsscns  der  Trebern.  Nimmt  man  den  durchschnittlichea  Ge- 
halt an  ex tractgeben der  Substanz  im  Darrmalze  zu  60  Proc,  so  können, 
d«r  Rechnung  nach,  100  Pfd.  Malz  500  Pfd.  Würze  von  12  Proc.  ge- 
ben. Diese  Menge  wird  indess  nicht  erhalten,  theils  weil  stets  etwas 
Wörae  in  den  Trebern  zurückbleibt,-  theils  weil  sich  in  den  Trebern 
immer  noch  Körnchen  finden,  welche  durch  Jod  gebläuet  werden,  also 
Stärkmehl  enthalten.  Balling  giebt  an,  dass  jedes  Pfund  Extract 
in  100  Pfd.  Würze  1,92  Pfd.  Darrmalz  erfordere,  was  einer  Ausbeute 
ron  noch  nicht  völlig  52  Proc.  aus  dem  Malze  entspricht. 

Was  die  Darstellung  von  Bier  aus  Bierstein  betrifllk  (siehe  Artikel 
Bierstein),  so  hat  man  dazu  nur  nöthig,  den  Bierstein  in  möglichst 
weichem  Wasser  zu  einer  Würze  von  bestimmter,  durch  das  Saccharo- 
meter  zu  erikennenden  Concentration  zu  lösen  und  diese  durch  Hefe  in 
Orährnng  zu  bringen,  wenn  der  Bierstein  nicht  selbst  schon  hefehaltig 
ist.  18  Pfd.  Bierstein  für  bayerisches  Bier  und  87  Pfd.  Wasser  geben 
sine  Lösung,  wie  sie  der  Würze  für  bayerische  Biere  entspricht. 

Wird  hefehaltiger  Bierstein  verarbeitet,  so  tritt,  wenn  man  den* 
selben  in  Wasser  von  20<^  bis  22<^C.  gelöst  hat,  die  Selbstgährung  der 
Würze  nach  etwa  24  Stunden  ein.  0,       ' 

Bier,  Untersuchung  desselben.     Eine  Untersuchung 

des  Bieres  kann  entweder  die  Bestimmung  der  Menge  imd  Beschaffenheit 
der  wesentlichen  oder  erlaubten  Bestandthcile  desselben  bezwecken,  oder 
sie  kann  die  Ermittelung  fremdartiger,  unerlaubter  Stoffe,  welche  durch 
fehlerhafte  Bereitung  oder  absichtliche  Zumischung  hineingekoi9men 
sind,  zum  Zwecke  haben.  Die  erste  fLri  der  Untersuchung  Ist  beson* 
ders  für  "diejenigen  Länder  von  Wichtigkeit,  wo  die  Schüttung,  d.  h. 


1072  Bier,  Untersuchung  desselben. 

das  Verhältnbs  dea  Malzes  zam  Biere,  gesetzlich  vorgeachriebea  ist, 
wie  in  Bayern,  wo  toid  bayerischen  Scheffel  Mals  6  Eamtf  Lsgertwr 
(Sommerbier)  und  7  Eimer  Schenkbier  (Winterbier)  gebraat  wenia 
sollen.  Bayerische  Cheniiker  sind  es  daher  vorzagsweise,  denen  vir 
Untersuchungen  dieser  Art  und  Methoden  dieser  Untersuchung  ▼erdaa* 
ken,  so  Fuchs,  Kaiser,  Schafhäutl,  Steinheil,  Zierl,  im 
aber  ist  auch  Balling  zu  nennen,  welcher  dem  Gregenstande  gaiube> 
sondere  Aufmerksamkeit  und  Sorgfalt  gewidmet  hat. 

Der  chemischen  Untersuchung  muss  die  Prüfung  durch  die  Siaie 
vorangehen,  da  mehrere  Bestandtheile  des  Bieres  nur  durch  diese  nach- 
gewiesen und  annähernd  ihrer  Menge  nach  bestimmt  werden  koiiui' 
Das  Bier  muss  vollkommen  klar  sein;  trfibe  Beschaffenheit  deutet si, 
dass  es  entweder  nicht  gehörig  vergohren  ist,  oder  dase  die  BiUnf 
von  Essigsäure  beginnt.  Die  mehr  oder  weniger  dunkle  F  arbe  da 
Bieres  entscheidet  über  den  Grad  der  Darrung,  welche  das  Malz  er 
litten,  oder  doch  über  die  Menge  des  Darrmalzfarbstofis,  auch  irekl 
über  die  Art  und  Daner  des  Würzekochens.  Der  Schaum,  wMa 
sich  beim  Einschenken  des  Bieres  zeigt,  ist  nach  der  Art  des  Bims 
nach  dem  Alter  desselben  und  je  nachdem  es  auf  Fässern  oder  taf 
Flaschen  gelagert  hat,  verschieden.  Bei  bayerischen  LagerbiereB. 
welche  sich  im  höchsten  Grade  der  Güte  befinden,  ist  er  rein  weot 
milchicht;  er  besteht  nämlich  aus  sehr  kleinen  Bläschen,  die  sieh  Ui^ 
halten.  Junges  Bier,  das  einige  Zeit  auf  Flaschen  gelegen  bat,  gieh 
einen  gelben  hefigen  Schaum.  Bei  altem  stark  vergohrenem  Bim 
ist  der  Schaum  locker,  grossbiasig,  und  fallt  um  so  leichter  zusamaA 
je  weniger  Malzextract  darin  enthalten  ist.  Der  Schaum  des  Poitfi! 
ist  braun.  Leichte  Flaschenbiere,  namentlich  Weissbiere,  monasiitB 
sehr  stark.  Bier,  welches  wenig  Kohlensäure  enthält,  wird  matt  uadieU 
genannt,  hat,  wie  man  sagt,  wenig  Trieb.  Der.  Ger  ach  des  Biei« 
ist  ein  sehr  gemischter,  indem  er  von  dem  Hopfenaroma,  Durtwiit 
aroma,  dem  Weingeiste  und  der  Kohlensäure,  auch  wohl  vom  Pedi  d« 
Fässer  herrührt  Die  Feinheit  des  Darrmalzaromas,  die  Gdte  d« 
Hopfens  lassen  sich  daran  erkennen.  Ein  Zusatz  von  Kochsalz  xa  do 
Biere  und  gelindes  Erwärmen  machen  den  Geruch  des  Hopfens  atarkff 
hervortretend  Der  Geschmack  des  Bieres  belehrt,  ob  das  Bierio)^ 
stantiös  ist;« man  fühlt  nämlich  auf  der  Zunge  die  Consistenz,  denKoipff 
des  Bieres,  und  kann  dadurch  annähernd  die  Menge  des  Malzeztrarts 
bestimmen.  Er  belehrt  ferner,  ob  das  Bier  viel  oder  wenig,  besaenB 
oder  schlechteren  Hopfen  erhalten,  ob  es  auf  gepichten  Fässern  gelego« 
ob  ein  gutes  Verhältniss  zwischen  Extractgehalt  und  Alköhol^ehik 
stattfindet,  ob  es  jung,  hart,  schal  oder  sauer  ist  Junges  Bier  sehDeeb 
noch  stark  nach  Würze. 

Die  Bestandtheile  des  Bieres,  welche  gewöhnlich  allein  geotf 
quantitativ  bestimmt  werden,  sind:  das  Malzextract  und  der  AU^* 
hol,  woraus  sich  dann  auch  die  Menge  des  Wassers  ergiebt  ^ 
Kohlensäure  kommt  immer  nur  in  verhaltnissmässig  geringer  V»? 
vor  (0,1  bis  0,5  Proc);  bei  dem  Oefinen  der  Flaschen,  ümfuM«»  d« 
Bieres  und  Abwägen  für  die  Untersuchung,  entweicht  em  so  heü^^ 
lieber  Theil  dieser  geringen  Menge  und  es  kann  auf  den  gröisera 
oder  geringeren  Gehalt  des  Bieres  an  Kohlensäure  aus  dem  stirkereB 
oder  schwächeren  Moussiren  soP  leicht  und  sicher  geschlossen  weri* 
dass  man  eine  quantitative  Bestimmung  derselben  gewohnlich  onterlM 


l 

Bier,  Untersuchung  desselben..      .  1073 

a8s  man  nur  anfiihrt,  ob  das  Bier  sehr  stark,    stark,  massig  stark, 
chwach  raoussirt 

Soll  indess  der  Gehalt  an  Kohlensaure  genauer  quantitativ 
rmittelt  werden,  so  stehen  dazu  die  folgenden  Wege  offen.  Man 
ragt  eine  beliebige  Menge  des  Bieres  in  einer  Digerirflasche  oder  in 
inem  kleinen  Kolben  ab,  verschliesst  diese  mit  einem  Korke,  worin 
ine  Chlorcalciumröhre  befestigtest,  bringt  die  Flasche  auf  der  Wage 
;enaa  ins  Gleichgewicht  und  erwärmt  sie  dann,. unter  öfterem  Bewe- 
;en,  anfangs  gelinde,  zuletzt  etwas  stärker,  bis  das  Scl^äumen  des  Bieres 
öllig  aufgehört  hat.  Das  Kohlensäuregas  entweicht,  der  Alkoholdampf 
ind  Wasserdampf  werden  von  dem  Chlorcalcium  zurückgehalten.  Der 
Sewichtsverlust,  welchen  der  Apparat  nach  vollständigem  Erkalten 
eigt,  entspricht  dem  Gewichte  der  Kohlensäure.  Sind  z.  B.  200  Grm. 
Her  in  die  Flasche  gegisben  worden  und  beträgt  der  Gewichtsverlust 
lea  Apparats  0,3  Grm.,  so  ist  der  Gehalt  des  Bieres  an  Kohlensäure 
f,15  Proc.  oder  1,5  pro  mille.  —  Nach  Fuchs  wiegt  man  zur  Be- 
Ummung  der  Kohlensäure  1000  Thle.  Bier  ab,  schüttet  380  Thle. 
Lochsalz  ein  und  bestimmt  den  Gewichtsverlust  der  beim  Auflösen  des 
»alzes  stattfindet  (s.  unten  Hallymetrische  Bierprobe  S.  1089). 

Zur  Ermittelung  des  Gehalts  an  Malzextract  kann  man  eine 
gewogene  Menge  des  Bieres  in  einem  tarirten  Porcellanschälchen  in 
gelinder  Wärme  eindampfen,  den  Rückstand  sorgfaltig  austrocknen 
ind  wägen.  Indess  ist  das  vollständige  Austocknen,  was  im  Luftbade 
lei  100®  bis  llO^C.  geschehen  muss,  eine  nicht  leichte  Sache.  Weit 
>equemer  bestimmt  man  daher,  nach  Zenneck's  Vorschlage,  den  Ex* 
raetgehalt  des  Bieres  durch  das  specifische  Gewicht  oder  durch  das 
Saccharometer,  nachdem  man  den  Alkohol  aus  dem  Biere  entfernt  hat. 
tfan  wägt  eine  nicht  zu  kleine  Menge  des  Bieres,  200  bis  500  Grm«, 
n  einem  kleinen  Kessel  oder  Kolben  ab  und  kocht  ungefähr  bis  auf 
lie  Hälfte  ein,  wonach  der  Alkohol  vollständig  verflüchtigt  ist  Zu  der 
eingekochten  Flüssigkeit  giebt  man  soviel  Wasser,  dass  das  Gewicht 
lerselben  wieder  genau  auf  das  angewandte  Gewicht  des  Bieres  ge- 
bracht wird.  Man  hat  nun  ein  dem  angewandten  Gewichte  des  Bieres 
gleiches  Gewicht  alkoholfreier  Flüssigkeit,  also  gleichsam  eine  Bier- 
würze, in  welcher  der  Procentgehalt  an  Malzextract,  nachdem  dieselbe 
iof  die  erforderliche  Temperatur  abgekühlt  ist,  leicht  ermittelt  werden 
kann,  entweder  direct  durch  das  Sncoharometer,  oder  indirect  durch 
Bestimmung  des  specifischen  Gewichtes  und  einer  Tabelle,  welche  über 
lie  Beziehungen  zwischen  specifischem  Gewicht  und  Procentgehalt  an 
Sucker  (also  Saccharometergrade)  belehrt  Eine  solche  ausführliche 
Tabelle  ist  unten  S.  1081  mitgetheilt  Angenommen,  man  habe 
^00  Grm.  Bier  eingekocht  —  wobei  natürlich  Verlust  durch  Ver- 
spritzen sorgfaltig  vermieden  wurde  —  man  habe  dann  das  einge- 
kochte Bier  wieder  auf  500  Grm.  gebracht  und  das  Saccharometer 
habe  in  dieser  Flüssigkeit  bei  17o,5  C.  (14o  B.)  5  Proc.  gezeigt, 
so  enthält  das  Bier  5  Proc.  Malzextract  Oder  das  specifische  Gewicht 
dieser  Flüssigkeit  sei  zu  1,0200  gefunden  worden,  so  ersieht  man  aus 
der  angeführten  Tabelle  den  Gehalt  an  Malzextract  ebenfalls  zu  5  Proc 
Ein  für  die  Bieruntersuchung  dienendes  Saccharometer  muss  mit  grosser 
Genauigkeit  angefertigt  sein,  man  muss  mit  Sicherheit  noch  0,1  Proc. 
ablesen  können,  aber  seine  Scala  braucht  nur  bis  zu  etwa  15  bis  20  Proc. 
zu  reichen.     Es  wird  sich  später  zeigen,  dass  die  Bestimmung  des  Ge- 

BABdwArterbiieli  der  Cbanlc  2te  Anfl.  Bd.  IL  gg 


1074  Bier,  Untersuchung  desselben. 

halte  an  Malseztract  im  Biere  sich  mit  der  Bestimmang  des  Alkohol- 
gehalts verbinden  lässt. 

Eine  nähere  Untersuchung  des  Malzextracts  ist  nur  selten  erfordo^ 
lieh.  Die  Uauptbestandtheile  desselben,  Stärkeguoimi  und  Stärke- 
zucker,  lassen  sich  durch  massig  starken  Weingeist  von  einander  tre&> 
nen.  Man  weicht  d;izu  das  durch  Eindampfen  und  Austrocknen  erlol- 
tene  Extract  einer  gewogenen  Menge  von  Bier  (siehe  oben)  mit  Wasser 
zu  einem  dünnen  Syrup  auf,  oder  man  verdampft  eine  gewogne 
Menge  des  ungekochten  oder  gekochten  Bieres  zur  Consistenz  eines 
dfinnen  Syrups,  und  setzt  nach  und  nach  starken  Weingeist  so,  h 
lange  Trübung,  das  ist  Ausscheidung  von  Gummi,  erfolgt.  Die  kUre, 
braune  Zuckeriösung  lässt  sich  leicht  von  dem  zähen  Gummi  abgiesses, 
und  letzteres  kaim  durch  wiederholtes  Aufweichen  in  wenig  Wasser 
und  Abscheiden  mittelst  Weingeist  von  dem  Zucker  vollständig  befreii 
werden.  Das  in  dem  Schälchen  getrocknete  Gummi  und  der,  naeh 
dem  Verdunsten  der  weingeistigen  Lösung  zurückbleibende  Zneker 
können  beide  gewogen  werden. 

Erhitzt  man  eine  gewogene  Menge  Malzextract  oder,  was  das- 
selbe ist,  das  Extract  von  einer  gewogenen  Menge  Bier  bis  zum  Yet' 
kohlen  und  äschert  man  die  Kohle  im  Platintiegel  ein,  so  erfahrt  ims 
den  Gehalt  an  anorganischen  Bestandtheilen.  Diese  sind  namentlick: 
phosphorsaure  Magnesia  und  phösphorsanrer  Kalk  aus  den  Getreide- 
samen durch  die  Säure  des  Malzauszugs  in  Auflösung  gehalten.  Aodi 
phosphorsaures  Alkali  ist  vorhanden,  aber  ein  grosser  Theil  desselbai 
wird  beim  Einweichen  der  Gerste  für  das  Malzen  ausgezogen.  Wardi 
der  Würze  Kochsalz  zugesetzt,  wie  es  hier  und  da  geschieht,  so  findet 
sich  dies  natürlich  ebenfalls  in  der  Asche  des  Malzextracts,  aber  fii 
Theil  des  Chlors  kann  als  Salzsäure  durch  das  saure  Phospltorsson- 
Salz  beim  Einäschern  ausgetrieben  werden. 

Die  Bestimmung  des  Alkoholgehalts  des  Bieres  hat  in  Labors* 
torien  und  in  geübten  Händen  keine  Schwierigkeit.  Man  unterwiri 
eine  gewogene,  nicht  zu  kleine  Menge  des  Bieres,  etwa  500  bis  lOOO  Gns. 
der  Destillation  aus  einer  Retorte,  welche  mit  einem  Kühlapparaia  in 
Verbindung  steht,  fangt  das  Destillat  in  einer  tarirten  Flasche  auf,  wift 
es  und  ermittelt  nun  bei  1 5^,60.  (12<),44R.)  das  speci6sche  Gewicht  dessel- 
ben durch  Wägung,  wobei  man  daS  specifische  Gewicht  des  Wassers  toi 
gleicher  Temperatur  =  1,0000  setzt,  oder  man  ermittelt  den  Alko- 
holgehalt mit  Hülfe  eines  ganz  genauen  und  empfindlichen  Alkoliob- 
raeters.  Ans  der  nebenstehenden  Tabelle  (S.  1075)  erfährt  man  daoadie 
Gewichtsprocente  Alkohol,  welche  dem  gefundenen  specifischen  Gewickte 
des  Destillats  oder  den  abgelesenen  Volumprocenten  (des  Alkoholometen) 
entsprechen,  woraus  man  dann  die  Gesammtmenge  des  Alkohob  im 
Destillate  in  Grammen  berechnet.  Die  so  gefundenen  Gramme  Alkohol 
stammen  natürlich  aus  dem  angewandten  Gewichte  Bier  her. 

Angenommen,  es  hätten  1000  Grm.  Bier  829,65  Grm.  Destille 
von  0,9821  specif.  Gewicht  gegeben  (bei  15o,6  C),  so  enthalt  dtf 
Destillat  nach  der  Tabelle  11,33  Gewichtsprocente  Alkohol,  h 
329,65  Grm.  Destillat  sind  hiemach  37,35  Grm.  Alkohol  eDtiih\t& 
(100:11,33  =  329,65  :x).  Diese  37,35  Grm.  Alkohol  stammen»«» 
1000  Grm.  Bier;  der  Alkoholgehalt  des  Bieres  ist  3,73  Froc.  Die 
Rechnung  wird  ganz  vermieden,  wenn  man  das  Destillat  bis  zum  G^ 
wichte  des  Bieres  verdünnt.    Das  specif.  Gewicht  ergiebt  dann  onmittel- 


Bier,  Untersuchung  desselben. 


1075 


Specifisches 

Volum^n- 

Gewichts- 

Speciflsches 

Volumen- 

Gewichts- 

Gewicht 

Grewicht. 

bei  15»,6C, 

prooente. 

procente. 

bei  160,6  C. 

procente. 

prooente. 

•  0,9985 

1 

0,80 

0,9854 

11 

8,87 

0,9977 

1,5      . 

1,20 

0,9849 

11,6 

9,28 

0,9970 

2 

1,60 

0,9848 

12 

9,69 

0,9968 

2,6 

2,00 

0,9888 

12,5 

10,10 

0,9956 

3 

2,40 

0,9832 

18 

10,51 

0,9949   • 

3,5 

2,80 

0,9827 

13,6 

10,92 

0.99412 

4 

8,20 

0,9821 

14 

11,38 

0,9985 

4,6 

3,60 

0,9816 

14,5 

11,74 

0,9928 

5 

4,00 

0,9811 

15 

12,15 

0,9921 

5,5 

4,40 

0,9806 

15,5 

12,5« 

0,9916    . 

6 

4,81 

0,9800 

1^ 

18,00 

0,9909 

6,6 

6,21 

0,9795 

16,5 

18,40 

0,9902 

7, 

5,62 

0,9790 

17 

18,80 

0,9896 

7,6 

6,02 

0,9785 

17,5 

14,22 

0,9890 

8, 

6,48 

0,9780 

18 

14,68 

0,9884 

8,6 

6,83 

0,9775 

18,5 

16,04 

0,9878 

9, 

7,24 

0,9770 

19 

15,46 

0,9872 

9,5 

7,64 

0,9765 

1^5 

16,87 

0,9866 

10, 

8,06 

0,9760 

20 

16,28 

0,9860 

10,6 

8,46 

0,9755 

20,6 

16,69 

}ar  durch  die  Tabelle  den  Alkoholgehalt  des  Bieres.  In  anserm  Falle 
irürde  das  verdünnte  Destillat  das  specif.  Gewicht  0,9982  gezeigt  ha- 
^en,  entsprechend  3,78  'Proc.  Alkohol.  Eine  ausführlichere  Tabelle 
flir  solche  verdünnte  alkoholische  Flüssigkeiten  fol^t  (S.  1077). 

Oder,  das  Alkoholometer  (von  Tralles)  habe  in  dem  Destillate 
L4  Proc.  gezeigt,  so  ergiebt  die  Tabelle,  dass  14  Yolumprocente 
11,88  Grewichtsprocenten  entsprechen.  Die  weitere^  Rechnung  ist  dann 
wie  angegeben.  Bei  der  Benutzung  des  Alkoholometers  ist  die  Ver- 
iünnung  des  Destillats  bis  zum  Gewichte  des  Bieres  nicht  zu  empfehlen, 
losser  wenn  das  Instrument  für  so  schwache  alkoholische  Flüssigkeiten, 
wie  sie  dadurch  resultiren,  besonders  angefertigt  wäre. 

Wenn  die  bei  der  Untersuchung  gefundenen  specifischen  Gewichte 
>der  Grade  des  Alkoholometers  nicht  in  der  Tabelle  stehen,  sondern 
Bwischen  Zahlen  der  Tabelle  liegen,  so  berechnet  man  natürlich  in  be- 
cannter  Weise  den  Alkoholgehalt  aus  der  Differenz  der  gefundenen 
Zahlen  und  den  in  der  Tabelle  stehenden  Zahlen. 

Wird  die  Destillation  des  Bieres  mit  erforderlicher  Sorgfalt  aus- 
geführt, und  wird  das  specifische  Gewicht  des  Destillats,  resp.  dessen 
Alkoholgehalt,  mit  Genauigkeit  ermittelt,  so  ist  das  Resultat  ein  völlig 
richtiges.  Der  gefährliche  Zeitpunkt  bei  der  Destillation  ist,  wenn 
las  Bier  anfangen  will  zu  kochen.  Es  bildet  sich  dann  in  Folge  des 
Bntweichens  der  Kohlensäure  und  der  Ausscheidung  stickstoffhaltiger 
Substanzen  ein  starker,  consistenter,  kleinblasiger  Schaum,  der  jedenfalls 
in  die  Kühlföhre  Übersteigt,  wenn  man  nicht  sofort  durch  Wegnehmen 
der  Kohlen  und  Oeffnen  der  Thür  des  Ofens  die  Hitze  mässigt.  Nach 
dinigen  Augenblicken  verschwindet  dann  dieser  kleinblasige  Schaum, 
die  stickstoffhaltigen  Substanzen  legen  sich  in  zähen  Fäden  an  die 
Glaswand  der  Retorte,  das  Bier  kocht  ruhig  fort,  der  Schaum  ist  gross- 
k>la0ig  und  sinkt  leicht  zusammen.     Man  nehme  die  Retorte  geräumig, 

68* 


1076  Bier,  Untersuchung  desselben. 

lege  sie  mit  auiwärto  gerichtetem  Hake  über  die  Feuemiig  und 
Behr  langsam  an. 

Der  Rückstand  in  der  Betorte,  das  gekochte  Bier,  kann  DatnrÜQii 
nun  zur  Bestimmmig  des  Extractgehalts  des  Bieres  benutzt  werd» 
Man  verdünnt  denselben,  nach  hinreichender  Abkühlung,  bis  mm  an^ 
wandten  Gewichte  des  Bieres  mit  Wasser  ond  ermittelt  den  Extnei- 
gehalt  der  Flüssigkeit  durch  das  Saccharometer  oder  durch  dms  apecifiscfae 
Gewicht.  Man  nennt  das  Verfahren,  den  Alkoholgehalt  des  K«res 
durch  Destillation  und  den  Extractgehalt  des  Bieres  aus  dem  Bid- 
Stande  von  der  Destillation  in  angegebener  Weise  zu  bestimmen,  4bs 
Destillations-Verfahren,  die  Destillations-Methode  oder  De- 
stillations-Bierprobe,  auch  das  saccharometrische  Verfahren. 

Der  Alkoholgehalt  des  Bieres  lässt  sich  for  die  meisten  Fälle  ge> 
nau  genug  aus  der  Verschiedenheit  der  specifischen  Giewichte  des 
ungekochten  und  des  gekochten  Bieres '  berechnen.  Man  kann  Dia- 
lich  sagen:  das  specifische  Gewicht  des  Bieres  ist  tot  dem  K<xrbei 
um  denselben  Betrag  geringer  als  nach  dem  Kochen,  um  -welchen  ^ 
specifische  Gewicht  eines  Weingeistes  von  gleichem  Alkoholgehalte  nst 
dem  Biere  geringer  ist  als  das  des  Wassers.  Oder  man  kann  noch  nö- 
tiger sagen:  das  specifische  Gewicht  des  ungekochten  Bieres  ist  in  d«» 
selben  Verhältnisse  geringer,  in  welchem  das  specifische  Ge^wicht  eins 
Weingeistes  von  gleichem  Alkoholgehalte  mit  dem  Biere  g^ennger  'A. 
als  das  des  Wassers. 

Um  auf  diese  Weise,  nach  dem  sogenannten  specifischen  Ter* 
fahren,  der  specifischen  Bierprobe,  den  Alkoholgehalt  des  Bievei 
zu  ermitteln,  entfernt  man  die  Kohlensäure  aus  dem  Biere  durch  Schfifteh 
in  einer  geräumigen  ("lasche,  auch  wohl  durch  sehr  gelindes  Erwännci, 
und  bestimmt  dann  das  specifische  Gewicht  desselben  mit  grosster  G^ 
nauigkeit  bei  17<^,5  C.  (1  i^  B.)  Hierauf  kocht  man  das  Bier,  wie  oben  ange^ 
geben,  bis  zur  Verflüchtigung  des  Alkohols,  verdünnnt  den  fiückstftsi 
mit  Wasser  genau  zum  angewandten  Gewichte  des  Bieres,  filtrirt,  weei 
nothig,  in  einem  bedeckten  Trichter,  und  ermittelt  nun  das  specifische 
Grewicht  dieser  Flüssigkeit  ebenfalls  genau  bei  17<^,5G.,  wodurch  mu 
zugleich  den  Gehalt  an  Malzextract  erfahrt.  Aus  den  specifischen  Ge- 
wichten berechnet  man  dann  den  Alkoholgehalt,  wie  es  das  folgmde 
Beispiel  zeigt. 

Angenommen,  das  specifische  Gewicht  des  entkohlensauerten  Bien» 
sei  gefunden  worden  zu  1,0250;  nach  dem  Einkochen  und  Verdunoci 
mit  Wasser  bis  zum  ursprünglichen  Gewichte  habe  sich  das  specifische 
Gewicht  1,0320  ergeben.  Das  Verhaltniss  der  specifischen  Gewidiie 
ist  also  1,0320  :  1,0250.  In  diesem  Verhältnisse  ist  ein  Weingetsi 
von  gleichem  Alkoholgehalte  mit  dem  Biere  leichter  als  Wasser;  er 
wird  also  ein  specif.  Gewicht  von  0,9932  haben  (1,0320  :  1,0250  = 
1,0000  :  0,9932).  Empirische  Regel:  man  dividirt  das  specifische  Ge- 
wicht des  ungekochten  Bieres  durch  das  specifische  Gewicht  des  ge- 
kochten Bieres. 

Einem  specifischen  Gewichte  von  0,9932  entspricht  aber  ein  Alko- 
holgehalt von  3,8  Gewichtsprocent,  nach  der  folgenden  Tabelk 
welche  die  für  vorliegenden  -Zweck  erweiterte  aber  abgekürzte  Tabelle 
von  S.  1075  ist  i). 


*)  Es  ist  ofan«   bemerkenswerthen  Einfluss  ftof  dM  BcsulUt,  dtss  die   Tabtft 


Bier,  Untersuchung  desselben. 


1077 


Volum 

Gewiehts- 

Specififtches 

Volum- 

Gewichts- 

Specifisohes 

procente. 

procente. 

Gewicht 

procente. 

procente. 

Gewicht. 

1 

0,80 

0,99850 

4,6 

8,68 

0,99886 

1,1 

0,88 

0,99885 

4,7 

8,76 

0,99822 

1,2 

0,9e 

0,99820 

4,8 

8,84 

0,99308 

1,8 

1,04 

0,99805 

4,9 

3,92 

0,99294 

1,4 

1,12 

0,99790 

5,0 

4,00 

0,99280 

1,5 

1,20 

0,99775 

6,1 

-4,08 

0,99267 

1,6 

1,28 

0,99760- 

5,2 

4,16 

0,99254 

1,7 

1,86 

0,99745 

5,3 

4,24 

0,99241 

1,8 

1,44 

0,99780 

5,4 

4,32 

0,99228 

1,9 

1,52 

0,99715 

5,5 

4,40 

0,99215 

2,0 

1,60 

0,99700 

5,6 

4,48 

0,99202 

2,1 

1,68 

0,99686 

6,7 

4,56 

0,99189 

2,2 

1,76 

0,99672 

5,8 

4,64 

0,99176 

2,8 

1,84 

0,99658 

5,y 

4,72 

0,99168 

2,4 

1,92 

0,99644 

6,0 

4,81 

0,99150 

2,6    • 

2,00 

0,99680 

6,1 

4,89 

0,99137 

2,6 

2,08 

0,99616 

6,2 

4,97 

0,99124 

2,7 

2,16 

0,99602 

6,8 

5,05 

0,99111 

2,8 

2,24 

0,99588 

6,4 

5,18 

0,99098 

2,9 

2,82 

0,99574 

6,5 

5,21 

0,99085 

8,0 

2,40 

0,99560 

6,6 

6,80 

0,99072 

8,1 

2,48 

0,99546 

6,7 

5,88 

0,99069 

8,2 

2,56 

0,99582 

6,8 

5,46 

0,99046 

3,3 

2,64 

0,99518 

6,9 

5,54 

0,99033 

8,4 

2,72 

0,99504 

7,0 

5,62 

0,99020 

8,5 

2,80 

0,99490 

7,1 

5,70 

0,99008 

8,6 

2,88 

0,99476 

7,2 

5,78 

0,98996    - 

8,7 

2,96 

0,99462 

7,8 

5,86 

0,98984 

8,8 

8,04 

0,99448 

7,4 

5,94 

0,98972 

8,9 

3,12 

0,99484 

7,5 

6,02 

0,98960 

4,0 

8,30 

0,99420 

7,6 

6,11 

0,98949 

4,1 

8,28 

0,99406 

7,7 

6,19 

0,98936 

4,2 

8,86 

0,99892 

7,8 

6,27 

0,98924 

4.8 

8,44 

0,99378 

7,9 

6,35 

0,98912 

4,4 

8,62 

0,99364 

8,0 

6,43 

0,98900 

4,5 

8,60 

0,99850 

Aus  äem  specifischen  Gewichte  1,0320  des  gekochten  Bieres  er- 
l^iebt  sich  der  Gehalt  an  Malzextract  zu  nahe  8  Proc.  (siehe  die  Tabelle 
S.  1083). 

Wenn  man  den  Alkoholgehalt  aus  dem  Unterschiede,  der  Differenz, 
des  ungekochten  und  des  gekochten  Bieres  berechnen  will,  so  ist  die 
Rechnung  wie  folgt:  der  Unterschied  ist  hier  0,0070,  nämlich  1,0320  — 
1,0250.  Diese  Zahl  von  1,0000,  dem  specifischen  Gewichte  des  Was- 
sers?  abgezogen,  giebt  0,9930.  Das  specifische  Gewicht  0,9930  entspricht 
nach  der  Tabelle  einem  Alkoholgehalte  von  3,9  Gewichtsprocenten. 
Während  sich  also   aus  dem  Verhältnisse  der  specifischen   Gewichte 


lltr  16^,6  C.  gilt,  wtthrend  die  specifischen  Gewichte  des  angekochten  und  ge- 
ko<:bten  Bieres  bei  17^5  C.  ermittelt  worden.  Es  handelt  sich  hier  nnrnm  das  Yer- 
haltniss  der  specifischen  Gewichte,  nnd  dieses  wird  nicht  wesentlich  verschieden, 
ma^en  dieselben  bei  17^,5  C.  oder  15  ^6  C.  bestimmt  sein.  Die  erstere  Temperatur 
ist  gewählt,  weil  das  Saccharometer  ftlr  diese  Temperatur  gradoirt  nnd  die  TabeUen 
aber  den  Procentgehalt  der  ZuckerlOsnngen  fttr  diese  Temperatur  berechxiet  sind. 


1078  Bier,  Untersuchung  desselben. 

der  Alkoholgehalt  des  Bieres  zu  3,8  berechnet y  berechnet  er  sich  m 
dem  Unterschiede  za  3,9  Proc. 

Die  specifische  Bierprobe  giebt,  wie  leicht  einzusehen,  um  so  g^ 
nauere  Resultate,  je  weniger  die  Zusammensetzang  des  Bieres  ?o&  der 
Zusammensetzung  eines  gleich  starken  Weingeistes  abweicht,  das  hei34, 
je  weniger  substanziös  und  zugleich  alkoholhaltig  das  Bier  ist  Fär 
Biere  von  der  Art  der  bayerischen  Biere  reicht  sie  Yollkommen  aas 
für  extractreichere  und  stärkere  nicht,  wenn  der  Unterschied  des  ipe- 
cifischen  Gewichts  als  Grundlage  der  Berechnung  dient.  Maider 
hat  diese  Methode  zur  Bestimmung  des  Alkoholgehalts  der  Weine  mit 
dem  besten  Erfolge  benutzt  und  hierfür  ist  sie,  aus  angegebenem  Gnade, 
besonders  geeignet 

Ist  auf  angegebene  Weise  die  Differenz  der  specifischen  Gewichte 
dhB  ungekochten  und  gekochten  Bieres  gefunden  und  der  Alkoholgebak 
des  Bieres,  in  Gewichtsprocenten ,  durch  Destillation  genau  ennitteh. 
so  lässt  sich,  indem  man  den  Alkolgehalt  durch  die  Differenz  difidst 
die  Zahl,  der  Factor,  finden,  mit  welcher  man  die  Differenz  zu  raohi- 
pliciren  hat,  um  den  Alkoholgehalt  des  Bieres  völlig  genau  zu  erfahrea. 

Angenommen,   die  Destillationsprobe  habe  den  Alkoholgehalt  de; 

3,8 
fraglichen  Bieres  zu  8,8  Proc.  ergeben,  so  ist  dieser  Factor  —  = 

0,543,  wenn  man  die  specifischen  Gewichte  des  Wassers  und  des  Bieie 
als  ganze  Zahlen  setzt.  Das  specifische  Gewicht  des  gekochten  Bierei 
war  nämlich  10S2,  das  des  ungekochten  Bieres  1025,  die  Diff&oi 
ist  also  1032  —  1026  =  7.  Der  Factor  (Alkoholfactor)  irt  »!>» 
keine  für  alle  Biere  constante  Zahl,  sondern  er  variirt  nach  dem  Ei- 
tractgehalte  der  Würze,  aus  der  das  Bier  bereitet  wurde.  Ballingb* 
durch  Versuche  die  Factoren  für  die  verschiedene  ConcentratioD  dff 
Würze  berechnet  und  zugleich  den  Weg  gezeigt,  auf  welchem  sichdieddbes 
durch  Rechnung  finden  lassen,  da  bei  der  Untersuchung  eines  Bieres  g^ 
wohnlich  der  £xtractgehalt  seiner  Würze  nicht  gekannt  ist  Er  neo^ 
die  in  angegebener  Weise  vervollkommnete  specifische  Methode  der 
Ermittelung  des  Alkoholgehalts  des  Bieres  aus  der  Differenz  des  ob- 
gekochten  und  gekochten  Bieres  die  saccharometrische  Bierprobe 
Sie  soll  in  dem  F'olgenden,  so  kurz  als  es  geschehen  kailn,  erlsot^ 
werden  i). 

Der  Malzextract  der  Bierwürze,  in  Gewichtsprocenten  (Ssccko- 
metergraden)  ausgedrückt,  bei  17^,5  C.  durch  ein  genaues  SaccharomeUr 
oder  aus  dem  specifischen  Gewichte  und  der  öfter  erwähnten  Tsbellf 
ermittelt,  wird  mit  p  bezeichnet 

Die  Saccharometeranzeige  in  dem  ungekochten,  durch  Scfafitlelo 
entkohlensäuerten  Biere  wird  mit  m  bezeichnet  Die  scheinbare  At* 
tenuation,  die  Verminderung  der  Saccharometeranzeige  der  Wune 
durch  die  Gährung,  ist  hiernach  p  —  m. 

Der  Alkoholfactor  für  die  scheinbare  Attenuation  wirdd 
genannt.  Der  Alkoholgehalt  A  des  Bieres  ist  daher  =  (p  —  «)  * 
Dieser  Alkoholfactor  ist  von  Balling  für  Würze  von  verachicdenem 
Grehalte  ermittelt;  die  Ermittelungen  finden  sich  in  der  S.  1081  gege- 
benen Tabelle. 


*)  Vergl.  B a  1  li D g ' s  Gährungschemiei  auch  0 1 1 o * s  Lehrbach  der  landwirtiuchAA- 
liehen  Gewerbe. 


Bier,  Untersuchung  desselben.  1079 

Der  Extractgehalt  des  Bieres  in  Procenten  oder  Saccharo- 
ixfetergraden  ausgedrückt,  und  ermittelt  in  dem  gekochten  Bier  durch 
da8  speciüäche  Gewicht  oder  das  Saccharometer,  wird  n  genannt. 

Die  wirkliche  Attenuation,  der  Unterschied  der  Saccharo- 
meteranzeige  in  der  Würze  und  in  dem  gekochten  Biere,  ist  daher: 
p  —  n. 

Der  Alkoholfactor  für  die  wirkliche  Attenuation  wird  mit 

b  bezeichnet;   er  ist  und  ist  von  B allin g  für  Würze  von  ver- 

p  —  m  ^ 

schiedener  Concentratioii  berechnet  (siehe  Tabelle  S.  1081).     Der  Al- 
koholgehalt A^  des  Bieres,  ist  daher  =  (p  —  n)  L 

Wenn  man  von  der  scheinbaren  Attenuation  des  Bieres  =  p  —  m 
die  wirkliche  Attenuation  =  p  —  n  abzieht,  so  erhält  man  die  Atte- 
nuations-Differenz,  welche  mit  d  bezeichnet  wird: 

d  =  (j>  —  m)  —  (p  —  n)  oder  d  =  n  —  m. 

Der  Alkoholfactor  für  die  Attenuations-Differenz  wird 

Ä 

mit  c  bezeichnet,  er  ist  ;: r ;  daher  der  Alkoholgehalt: 

(n  —  m) 

Ä  =  (n  —  m)  0. 

Dieser  Factor  wechselt  für  die  Fälle,  wie  sie  beim  Biere  vorkom- 
men, nur  von  2,2096  bis  2,2902  (siehe  Tabelle  S.  1081),  und  kann 
im  Mittel  zu  2,240  angenommen  werden.  Mit  Hülfe  dieses  Factors 
lässt  sich  aus  der  Attenuations-Differenz  eines  Bieres,  auch  wenn  der 
Malzextractgehalt  der  Würze  woraus  das  Bier  gewonnen,  noch  nicht 
bekannt  ist,  dessen  Alkoholgehalt  annäherungsweise  bestimmen. 

Der  Quotient  aus  der  Division  der  scheinbaren  Attenuation  durch 
die  wirkliche  Attenuation,  der  Attenuations-Quotient,  wird  mit  q'. 

bezeichnet.    Also  q  =  ^ .     Für  die  ursprüngliche  Concentration 

p  —  n 

der  Würze  von   6  bi:)   38  Proc.  Extractgehalt  wechselt  der  Quotiei^t 

von  1,226  bis  1,250  (siehe  S.  1081). 

Mit  Hülfe  des  Attenuations-Quotienten  lässt  sich  die  ufsprüngliche 

Concentration  p   dör  Würze  ünden,  woraus  das  Bier  erzeugt  wurde. 

Aas  der  Formel  für  diesen  Quotienten: 

q  = 

ergiebt  sich  nämlich: 

^         ,  _  1        •        -      (I)- 

Der  Werth  von  p  lässt  sich  auch  noch  durch  eine  andere  Formel 
ausdrücken,  welche  in  ihrer  Anwendung  noch  bequemer  ist,  nämlich: 

9  —  1     ' 

Da  der  Werth  von  q  durch  den  Werth  von  p  bedingt  wird,  p  aber 
eben  gesucht  werden  soll,  also  unbekannt  ist,  so  muss  man  zuerst  an- 
näherungsweise p  bestimmen.  Dies  kann  mit  Hülfe  der  Gleichung 
für  die  Bestimmung  des  Alkoholgehalts  Ä  im  ^iere  aus  der  ermittelten 
Attenuations-Differenz  geschehen: 

J.  ==  (n  —  m)  c. 


p- 

~  m 

p  - 

* 

—  n 

nq 

—  m 

1080  Bier,  Untersachung  desselben. 

'Nimmt  man  Air  den  Alkoholfactor  c  den  mittleren  Werth  2,24 
(siehe  oben)  and  verdoppelt  man  den  so  snnähenmgsweise  ermittelten 
Alkoholgehalt,  so  erhält  man  die  Menge  Malzextract  der  Würze, 
woraus  jener  Alkohol,  mit  der  entwickelten  Kohlensaure  nnd  mit  de» 
ausgeschiedenen  Hefe,  entstanden  ist^),  und  addirt  man  dazu  das  noch 
im  Biere  befindliche  Malzextract,  so  erfahrt  man  annähernd  den  Mals- 
extractgehalt  der  Würze  in  Frocenten  (M.). 

Ist  diese  annäherungsweise  Bestimmung  von  p  gemacht  worden, 
so  findet  man  in  der  nebenstehenden  Tabelle  den,  diesem  Extract- 
gehalte zukommenden  Attenuations  -  Quotienten  9,  wobei  man  dieDeci- 
malen  unter  0,5  yemachlässigt,  über  0,5  für  ein  Ganzes  rechnet,  und 
diesen  wahren  Werth  für  q  bringt  man  dann  in  eine  von  den  beiden 
oben  aufgestellten  Gleichungen: 

nq  —  m     — .  n  —  m    ,  -__^ 

p  =  -Tzrr  ®  ^    ^  ~  T^^nr  +  *•  (^>- 

Ist  auf  diese  Weise  nun  die  ursprüngliche  Concentradon  der 
Wörze  jp,  der  ursprüngliche  Extractgehalt  berechnet,  so  findet  m^n 
den  Procentgehalt  des  Bieres  an  Alkohol  ans  der  Gleichung  für  die 
wirkliche  Attenuation: 

Ä  =  ip  —  h)  b^ 
wobei  der  Alkoholfactor  b  aus  der  Tabelle  S.  1081,  dem  Malzexiract- 
gehalte  nach,  ausgewählt  wird. 

Hat  man  nun  den  Gehalt  an  Extract  und  Alkoholgehalt  gefunden, 
so  ergiebt  sich  der  Gehalt  an  Wasser  von  selbst. 

Man  kann  auch  zur  vorläufigen  Berechnung  des  Werthes  von  p 
in  den  fraglichen  Formeln  q  =  1,232  setzen,  entsprechend  einer  ur- 
sprünglichen Concentration  der  Würze  von  12  Proc.  Für  den  so 
annähernd  gefundenen  Werth  von  p  nimmt  man  dann  aus  der  Ta- 
belle die  dazu  gehörige  Zahl  in  die  Formeln,  u.  s.  w. 

Es  folgen  nun  zunächst  die  oft  erwähnte  Tabelle  von  Balling 
für  die  Alkoholfactoren  und  Attenuations-Quotienten  sowie  die  Tabelle, 
welche  die,  den  verschiedenen  spccifischen  Gewichten  der  Würze  ent- 
sprechenden Saccharometer-Anzeigen  giebt 


^)'Nach  Balling  liefern  100  Gewichtstheile  Malzextract  bei  der  G&hmng: 

48,391  Gewichtstheile  Alkohol 
46,286  ,,  Kohlensänre 

5,323  ,,  trockene  Hefe. 

Die    Menge    der   Kohlensäure  betr&gt  hiernach    0,9565,    die  Menge    der  Hefe 
0,110  von  der  Menge  des  gebildeten  Alkohols. 


Bier,  Untersuchung  desselben. 

1081 

Ursprüngliche 

AlkohoUlactoren  für  die 

Attenna- 

Werth  von 

der  Würze  in 

scheinbare 

wirkliche 

taons- 

c 

Saccharometer- 
Procenten. 

Attenoations- 

Quotien- 

Attentiation. 

Differenz. 

ten. 

b 

=  ;> 

=  a 

• 
6  = 

=  c 

=  ? 

» 

6 

0,4068 

0,4998 

2,2096 

1,226 

4,4247 

7 

0,4091 

0,5020 

2,2116 

1,227 

4,4052 

8 

0,4110 

0,5047 

,    2,2187 

1,228 

4,8859 

9 

0,4129 

0,5074 

2,2160 

1,229 

4,8668 

10 

0,4148 

0,5102 

2,2181 

1,280 

4,8478 

11 

0,4167 

0,5180 

2,2209 

1,281 

4,8289 

12 

0,4187 

0,5158 

2,2284 

1,282 

4,8108 

18 

0,4206 

0,5189 

2,2262 

1,288 

4,2918 

14 

0,4226 

0,5215 

2,2290 

1,284 

4,2784 

15 

0,4246 

0,5245 

2,2819 

1,285 

4,2568 

16 

0,4267 

0,5274 

2,2850 

1,286 

4,2872 

17 

0,4288 

0,5804 

2,2881 

1,287 

4,2194 

18 

0,4809 

0,5884 

2,2414 

1,288 

4,2016 

19 

0,4880 

0,5865 

2,2448 

1,289 

4,1840 

20 

'  0,4851 

0,5896 

2,2488 

1,240 

4,1666 

21 

0,4878 

0,5427 

2,2519 

1,241 

4,1498 

22 

0,4895 

0,5458 

2,2557 

1,242 

4,1822 

28 

0,4417 

0,5490 

2,2595 

1,248 

4,1152 

24 

0,4489 

0,5528 

2,2686 

1,244 

4,0988 

25 

0,4462 

0,5556 

2,2677 

1,245 

4,0816 

26 

0,4485 

0,5589 

2,2719 

1,246 

4,0650 

27 

0,4508 

0,5622 

2,2768 

1,247 

4,0485 

28 

0,4582 

0,5656 

2,2808 

1,248 

4,0822 

29 

0,4556 

0,5690 

2,2854 

1,249 

4,0160 

80 

0,4580 

0,5725 

2,2902 

1,250 

4,0000 

Tabelle 

zur  Bedaction  der  specifischen  Gewichte  aaf  Saccharometer-Frocente 

für  die  saccharometrische  Bierprobe. 


Diesem 

Diesem 

Diesem 

Diesem 

Specifi- 

entspre- 

Specifi- 

entspre- 

Specifi- 

entspre- 

Specifi- 

entspre- 

schea 

chende 
Sacchar.- 

sches 

chende' 
S'acchar.- 

sches 

chende 
Sacchar.- 

sches 

chende 
Sacchar.- 

Gewicht 

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Gewicht 

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Gewicht 

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Gewicht 

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in  Proc. 

in  Proc. 

in  Proc. 

in  Proc. 

1,0000 

0,000 

1,0001 

0,025 

1,0011 

0,275 

1,0021 

0,525 

1,0081 

0,776 

2 

050 

12 

800 

22 

550 

82 

800 

8 

075 

18 

825 

28 

575* 

88 

825 

4 

100 

14 

850 

24 

600 

84 

860 

5 

125 

15 

875 

25 

625 

85 

876 

6 

150 

16 

400 

26 

650 

86 

900 

7 

175 

17 

425 

27 

675 

87 

925 

8 

200 

18 

450 

28 

700 

88 

950 

9 

225 

19 

475 

29 

725 

89 

975 

1,0010 

0,250 

1,0020 

1 

0,500 

1,0030 

0,750 

1,0040 

1,000 

1082 

Bier,  Untersuchung  desselben. 

Diesem 

Diesem 

Diesem 

Diese« 

Specific 

entspre- 

Speciii- 

entspre- 

Specifi- 

entpre- 

Specifi- 

1 

.  entspre- 

scheg 

chende 
Sacchar.- 

sches 

chende 
Sacchar.- 

sches 

chende 
Sacchar.- 

sches 

'   clieode 
Sacc^iar.- 

Gewicht 

Anzeigc 

Gewicht 

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Gewicht 

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Gewicht 

Ansdg? 

in  Proc. 

in  Proc. 

in  Proc. 

in  Proc 

1,0041 

1,026 

1,0101 

2,626 

• 

1,0161 

4,025 

1,0221 

5,52$ 

42 

060 

102 

660 

162 

060 

222 

56# 

48 

076 

103 

675 

163 

075 

223 

575 

44 

100 

104 

600 

164 

100 

224 

600 

46 

126 

105 

625 

165 

125 

225 

625 

46 

160 

106 

660 

166 

160 

226 

660 

47 

176 

107 

675 

167 

175 

227 

675 

48 

200 

108 

700 

168 

200 

228 

70s> 

49 

226 

109 

726 

169 

226 

229 

725 

1,0060 

260 

1,0110 

760 

1,0170 

260 

1,0230 

760 

61 

276 

111 

775 

171 

275 

231 

775 

62 

300 

112 

800 

172 

300 

232 

80U 

68 

326 

118 

826 

173 

326 

233 

825 

64 

360 

114 

860 

174 

360 

234 

850 

66 

876 

116. 

876 

175 

376 

235 

875 

66 

400 

116 

900 

176 

400 

236 

900 

67 

426 

117 

926 

177 

426 

287 

925 

68 

460 

118 

960 

178 

460 

238 

950 

69 

476 

119 

975 

179 

476 

239 

975 

1,0060 

600 

1,0120 

3,000 

1,0180 

600 

1,0240 

6,00# 

61 

626 

121 

025 

181 

626 

241 

024 

62 

660 

122 

060 

182 

650 

242 

04^ 

68 

676 

128 

070 

183 

674 

243 

073 

64 

600 

124 

100 

184 

600 

244 

097 

66 

626 

126 

125 

186 

626 

245  . 

Ut 

66 

660 

126 

150 

186 

660 

246 

U6 

67 

676 

127 

175 

187 

676 

247 

170 

68 

700 

128 

200 

188 

700 

248 

195 

-     £9 

726 

129 

225 

189 

726 

249 

219 

1,0070 

760 

1,0180 

250 

1,0190 

760 

1,0250 

244 

71 

776 

181 

276 

191 

775 

251 

U$ 

72 

800 

132 

300 

192 

800 

262 

292 

78 

826 

133 

825 

193 

825 

253 

316 

74 

860 

134 

350 

194 

850 

254 

S41 

76 

876 

136 

376 

196 

875 

255 

365 

76 

900 

136 

400 

196 

900 

256 

389 

77 

926 

137 

425 

197 

925 

257 

413 

78 

960 

138 

460 

198 

960 

268 

43^ 

79 

976 

189 

476 

199 

975 

259 

46J 

1,0080 

2,000 

1,0140 

600 

1,0200 

6,000 

1,026U 

4Ä«i 

81 

026 

141 

525 

201 

025 

261 

512 

82 

060 

142 

550 

202 

050 

262 

5S6 

83 

076 

143 

576 

203 

076 

263 

5«0 

84 

100 

144 

600 

204 

100 

264 

584 

86 

126 

145 

625 

206 

125 

265 

609 

86 

160 

146 

650 

206 

150 

266 

633 

87 

175 

147 

.    676 

207 

176 

267 

657 

88 

200 

148 

700    . 

208 

200 

268 

681 

89 

226 

149 

725 

209 

225 

269 

706 

1,0090 

260 

1,0160 

760 

1,0210 

250 

1,0270 

731 

91 

276 

161 

776 

211 

275 

271 

756 

92 

300 

152 

800 

212 

300 

272 

780 

98 

325 

168 

826 

213 

825 

273 

804 

94 

860 

154 

850 

214 

360 

274 

828 

96 

876 

165 

876 

216 

375 

275 

853 

96 

400 

166 

900 

216 

400 

276 

877 

97 

426 

167 

926 

217 

425 

277 

901 

98 

460 

158 

960 

218 

460 

278 

925 

99 

476 

169 

976 

219 

476 

279 

,950 

1,0100 

2,500 

1,0160 

4,000 

1,0220 

6,600 

1,0280 

6.975 

I 

iier,  Untersuchung  desselben. 

1088 

Diesem 

Diesem 

Diesem 

Diesem 

Speeifi- 

eutspre- 

Specifi- 

entspre- 

Specifi- 

entspre- 

Spfecifi- 

entspre- 

scbes 

cbende 
Sacchur.- 

Bches 

cbende 
Sacchar.- 

9cbe8 

cbende 
Sacchar.- 

Bches 

chende 
Sacchar.- 

Gewicbt 

Anzeigc 

Gewicbt 

Anzeige 

Gewicht 

Anzeige 

Gewicht 

Anzeige 

« 

in  Proc. 

in  Proc. 

in  Proc. 

in  Proc. 

1.0281 

7,000 

1,0841 

8,468 

1,0401 

9,926 

1,0461 

11,867 

282 

024 

342 

488 

402 

960 

462 

381 

2H3 

048 

343 

612 

403 

976 

468 

404 

284 

078 

344 

636 

404 

10,000 

464 

428 

286 

097 

346 

660 

406 

023 

466 

462 

286 

122 

346 

684 

406 

047 

466 

476 

287 

146 

347 

• 

609 

407 

071 

467 

600 

288 

170 

848 

633 

408 

096 

468 

623 

289 

196 

849 

667 

^09 

119 

469 

647 

1,0290 

219 

1,0360 

681 

1,0410 

142 

1,0470 

671 

291 

244 

861 

706 

411 

166 

471 

695 

292 

268 

862 

781 

412 

190 

472 

619 

298 

292 

863 

766 

413 

214 

478 

642 

294 

*   316 

364 

780 

414 

288 

474 

666 

296 

341 

366 

804 

416 

261 

476 

690- 

296 

366 

366 

828 

416 

286 

476 

714 

297 

389 

367 

863 

417 

809 

477 

738 

298 

413 

368 

877 

418 

838 

478 

761 

299 

438 

869 

901 

419 

367 

479 

786 

1,0300 

463 

1,0360 

926 

1,0420 

381 

1,0480 

809 

301 

488 

361 

960 

421 

404 

481 

888 

802 

612 

362 

976 

422 

428 

482 

857 

803 

636 

363 

9,000 

428 

452 

483 

«81 

304 

660 

364 

024 

424 

476 

484 

904 

806 

684 

366 

048 

426 

600 

486 

928 

306 

609 

866 

073 

426 

623 

486 

962 

807 

683 

367 

097 

427 

647 

487 

976 

308 

667 

368 

122 

428 

671 

488 

12,000 

309 

681 

869 

146 

429 

696 

489 

028 

1,0310 

706 

1,0870 

170 

1,0430 

619 

1,0490 

047 

311 

731 

371 

196 

431 

642 

491 

071 

312 

766 

372 

219 

432 

666 

492 

096 

313 

780 

373 

244 

483 

690 

493 

119 

814 

804 

374 

268 

434 

714 

494 

142 

316 

828 

376 

292 

486 

788 

496 

166 

316 

863 

376 

816 

436 

761 

496 

190 

317 

877 

377 

341 

437 

786 

497 

214 

318 

901 

878 

366 

438 

809 

498 

288 

319 

926 

379 

889 

439 

883 

499 

261 

1,0320 

960 

1,0380 

413 

1,0440 

867 

1,0600 

286 

32 1 

976 

381 

438 

441 

881 

601 

809 

322 

8,000 

382 

463 

442 

904 

602 

888 

328 

024 

388 

488 

443 

928 

508 

367 

324 

048 

384 

612 

444 

962 

604 

381 

326 

078 

886 

63G 

446 

976 

606 

404 

826 

097 

386 

660 

446 

11,000 

606 

428 

327 

122 

887 

684 

447 

023 

607 

462 

328 

146 

388 

609 

448 

047 

608 

476 

329 

170 

389 

633 

449 

081 

609 

600 

1,0880 

196 

1,0390 

667 

1,0460 

096 

1,0610 

623 

331 

219 

891 

681 

461 

119 

•  611 

547 

332 

244 

a92 

706 

462 

142 

612 

671 

833 

268 

893 

731 

463 

166 

618 

696 

834 

292 

394 

766 

464 

190 

614 

619 

336 

316 

396 

780 

466 

214 

616 

642 

836 

841 

396 

804 

466 

238 

616 

666 

387 

866 

397 

828 

467 

*261 

617 

690 

888 

889 

898 

863 

468 

286 

618 

714 

339 

413 

899 

877 

469 

309 

619 

788 

1,0840 

8,438 

1,0400 

9,901 

1,0460 

11,883 

1,0620 

12.761 

1084 

Bier,  Untersuchung  desselben. 

Diesem 

Diesem 

Diesem 

Dkaon 

Specifi- 

entspre- 

Specifi- 

entspre- 

Specifi- 

entspre- 

Spccia- 

entspre- 

sches 

chende 
Sacchar.- 

sches 

chende 
Sacchar.- 

sches 

chende 
Sacchar.- 

sehes 

chekd? 
Sacdiar.- 

Gewicht 

Anzeige 

Gewicht 

Anzeige 

Gewicht 

Anzdge 

Gewicht 

Anzeige 

in  Proc 

in  Proc 

1 

in  Proc. 

in  Proc 

1,0521 

12,785 

10,571 

18,976 

1,0621 

15,162 

1,0671 

16,826 

522 

809 

672 

14,000 

622 

186 

672 

34Ö 

528 

888 

578 

028 

628 

209 

678 

371 

524 

857 

674 

047 

624 

282 

674 

396 

525 

881 

676 

071 

626 

255 

675 

418 

526 

904 

576 

095 

626 

278 

676 

441 

527 

928 

677 

119 

627 

802 

677 

464 

528 

952 

578 

•142 

628 

826 

678 

480 

529 

976 

679 

166 

629 

848 

679 

511 

1,0580 

18,000 

1,0680 

190 

1.0680 

871 

1,0680 

584 

581 

028 

681 

214 

681 

896 

681 

567 

582 

047 

682 

288 

682 

418 

682 

681 

588 

071 

688 

261 

688 

441 

688 

604 

584 

095. 

684 

285 

684 

464 

684 

627 

585 

119 

686 

809 

685 

488 

685 

650 

586 

142 

686 

888 

686 

811 

686 

674 

587 

166 

687 

367 

637 

584 

687 

697 

588 

190 

888 

881 

688 

567 

688 

721 

589 

214 

689 

404 

689 

'  681 

689 

744 

1,0540 

288 

1,0690 

428 

1,0640 

604 

1,0690 

767 

541 

261 

691 

452 

641 

627 

691 

790 

542 

285 

692 

476 

642 

650 

692 

814 

548 

809 

698 

500 

648 

674 

693 

837 

544 

888 

6i94 

528 

644 

697 

694 

860 

545 

857 

696 

547 

645 

721 

696 

88S 

546 

'881 

596 

671 

646 

744 

696 

967 

547 

404 

597 

595 

647 

767 

697 

980 

548 

428 

598 

619 

648 

790 

698 

958 

549 

452 

599 

642 

649 

814 

699 

976 

1,0550 

476 

1,0600 

666 

1,0660 

887 

1,0700 

17,000 

551 

500 

601 

690 

661 

860 

701 

022 

552 

528 

602 

714 

652 

888 

702 

045 

558 

647 

608 

788 

668 

907 

70S 

067 

554 

571 

604 

761 

654 

980 

704 

090 

555 

595. 

606 

785 

666 

958 

706 

113 

556 

619 

606 

809 

666 

976 

706 

136 

557 

642 

607 

888 

657 

16,000 

707 

158 

558 

666 

608 

867 

668 

028 

708 

181 

559 

690 

609 

881 

659 

046 

709 

204 

1,0560 

714 

1,0610 

904 

1,0660 

070 

1,0710 

227 

561 

788 

611 

928 

661 

093 

711 

250 

562 

761 

612 

962 

662 

116 

712 

272 

568 

786 

618 

976 

668 

189 

718 

295 

564 

809 

614 

16,000 

664 

162 

714 

318 

565 

888 

615 

023 

665 

186 

716 

340 

566 

857 

616 

046 

666 

209 

716 

863 

567 

881 

617 

070 

667 

282 

717 

386 

568 

904 

618 

093 

668 

^56 

718 

409 

569 

928 

619 

116 

669 

278 

719 

431 

1,0570 

18,952 

1,0620 

15,189 

1,0670 

16,802 

1,0720 

454 

Soll  nun  ein  Bier  nach  dem  saccharometrischen  VerfiEihran  unter- 
sucht werden,  so  ist  zu  ermitteln: 

1)  die  Saccharometer-Anzeige  des  von  der  Kohlensaare  befreiten 
Bieres  =  m, 


Bier,  Untersuchung  desselben.  1085 

2)  die  Saccbarometer- Anzeige  des  gekochten  Bieres  =  it,  woraus  sich 

8)  die  Attenaations-Differenz  =  n  —  m  ergiebt 

Angenommen,  m  sei=  4,25,  n  =  5,55  gefunden,  so  ist  n  —  m=  1,30. 

Man  bekommt  nun  annäherungsweise  den  Alkoholgehalt  aus  der 

Formel 

A  =  {n  —  m)  0, 

indem  man  Hir  den  Alkoholfactor  c  seinen  mittleren  Werth  2,24  nimmt 
(siehe  oben  S.  1080),  und  erhält  für  diesen  Fall: 

A  =  (5,55  —  4,25)  .  2,24 
=    1,30  .  2,24 
=    2,912  Procent. 

Der  Alkoholgehalt  ist  also  annähernd  2,912  Proc.  Verdoppelt 
man  diese  Zahl,  so  erhält  man  5,824,  als  die  Menge  Extract  der  Würze, 
aus  welcher  jene  Menge  Alkohol,  mit  der  entwickelten  Kohlensäure 
und  ausgeschiedenen  Hefe  entstanden,  und  addirt  man  dazu  den  Extract- 
gehalt des  Bieres:  5,550,  so  erhält  man  als  Summe:  11,375,  den  an- 
nähernden procentischen  Extractgehalt  der  Würze,  aus  der  das  Bier 
entstanden . 

Für  diesen  Extractgehalt  zeigt  nun  die  Tabelle  (8.  1081)  den 
Attennations-Quotienten  q  =  1,231,  und  der  wahre  Werth  för  p  ist 
dann  naclr  den  Gleichungen  I  und  U  (S.  1079) 

nq  —  m  ,  n  —  m    . 

p  =  — * r-  oder  p  =  7  +  n 

'^  q—   l  t-  q—  l     \ 

5,550  .  1,231  —  4,250  5,550  ~  4,250    ,    ^  ^^^ 

n  =  — ^ ' —  p  =  -^ — ' —  4-  5,550 

^  1,231  —  1,000  ^  1,231  —  1      ^    ' 

6,832  —  4,250  1,3       ,    ^  ^^ 

^  =  "  "Msi —  P  =  0;231  +  ^'^^ 

p  =  =^^^  =  11,177  •  p  =  5,6-27  +  5,550  =  11,177. 

Der  wirkliche  Extractgehalt  der  Würze,  woraus  das  Bier  darge- 
stellt worden,  ist  11,177  Proc. 

Man  berechnet  nun  den  wirklichen  Alkoholgehalt  ans  der  Gleichung 

.     A  =  {p  —  n)h 
indem  man  fiir  b  den  Werth  nach  dem  Extractgehalte  der  Würze  aus 
der  Tabelle  nimmt.     Man  hat. also: 

A  =  (11,177  —  5,550)  .  0,513 
=  5,627  .0,513 
=  2,885  Proc. 

Das  Bier  enthält  hiernach  in  100  Gewichtstheilen : 

Alkohol 2,885 

Extract 5,550 

Wasser 91,565 

Wenn  man  in  den  beiden  Formeln 

nq  —  m                        .                «  —  w 
«  =   — oder  p  = r  +  » 

^  q— l  ?— 1 

für  q  ohne  Weiteres  den  mittleren  Werth  1,282  setzt  (Seite  1080), 
so-  den  Werth  von  p  erst  annähernd  erhält,  und  wenn  man  dann  für 
den  so  gefundenen  Werth  q  aus  der  Tabelle  nimmt  und  in  die  Formeln 
bringt,  so  erfährt  man  den  wahren  Werth  von  p'nnd  aus  diesem  dann 
den  wahren  Werth  für  h  aus  der  Tabelle. 


1086  Bier,  Untersuchung  desselben. 

Eb  ist  dann: 
5,550  .  1,232  —  4,25         ,  5,550  —  4,250    .    ,  ,,^ 

^  =         1,232  -  1,000  ^^^^     ^=      1,232-1      +  ^'^^^ 

6,837  -  4,25  1,3 

^  -  0;232  ^  -  0;232  +  ^'^^ 

r  =  -§S  =  ll'lS  p  =  5,6  4-  5,55  =  11,15. 

Für  p  =  11,15  Proc.  findet  »ich  dann  in  der  Tabelle  q  =  1,231, 
welche  Zahl  nun  in  die  Formeln  gebracht  wird,  wo  dann  das  Resnitat 
wie  oben  ist;  p  wird  dann  nämlich  11,177,  wofiir  b  =  0,513. 

För  die  saccharometrische  Bierprobe  hat  man,  wie  ersichtlich,  die- 
selben Daten  nothig,  wie  für  die  specifisc he  Probe;  es  müssen  nämlich  bei 
jener,  wie  bei  dieser,  die  specifiachen  Gewichte  des  ungekochten  and  des 
gekochten  Bieres  bei  17^,5  C.  (14®R.)  ermittelt  werden.  Bei  der  saccha- 
rometrischen  Probe  sind  aber  die  specifischen  Gewiclite  mit  Hülfe  der 
Tabelle  Seite  1081  u.  f.  in  Grade  des  Saccharometers  zu  verwandeln, 
und  dann  ist  die  erläuterte,  einfache  Rechnung,  mit  Hülfe  der  Angaben 
der  Tabelle  Seite  1081  auszuführen.  Allerdings  können  die  Saccharo- 
meter-Anzeigen  des  ungekochten  wie  gekochten  Bieres,  unmittelbar 
durch  ein  Saccharometer  bestimmt  werden,  aber  dies  darf  nur  dann  ge- 
schehen, wenn  ein  Saccharometer  zu  Gebote  steht,  an  welchem  sich 
Zehntelprocente,  Zehntelgrade  noch  mit  Sicherheit  ablesen  lassen  und 
dessen  Genauigkeit  controlirt  ist  oder  für  welches  man  eventuel  eine 
Corrections- Tabelle  entworfen  hat.  Auf  die  vollkommene  Richtigkeit 
der  von  den  Mechanikern  gelieferten  Instrumente  kann  man  sich  nor 
selten  verhissen.  Ausser  dem  Fläschchen  zur  Bestimmung  der  specifi- 
schen  Gewichte  oder  dem  Saccharometer  hat  man  dann  noch  ein  rich- 
tiges Thermometer,  ein  Eesselchen  von  Messing  zum  Einkochen  des 
Bieres,  nebst  Spirituslampe,  und  eine  hinreichend  genaue  Wage  mit 
genauen  Gewichten  nöthig.  In  den  Laboratorien  wird  man  sich  in 
der  Regel  einer  empfindlichen  Wage  für  die  Bestimmung  des  specifi- 
schen  Gewichts  und  einer  grösseren,  also  meist  weniger  empfindlichen 
Wage  zum  Abwägen  des  Bieres  bedienen. 

Zur  Vergleichung  der  saccharometrischen  Probe  mit  der  specifi- 
sehen  und  um  nochmals  die  bei  der  ersteren  vorkommende  Berech- 
nung  in  der  einfachsten  Gestalt  zu  zeigen,  mag  die  Berechnung  des 
Alkoholgehalts  des  Bieres  dienen,  welches  bei  der  specifischen  Probe 
Seite  1076  als  Beispiel  benutzt  wurde. 

Das  specifische  Gewicht  des  ungekochten,  entkohlensäuerten  Bieres 
war  1,0250  =  6,240 Proc.  des  Saccharometers;  also  m  =  6,240. 

Das  specifische  Gewicht  des  eingekochten  und  wieder  verdünnten 
Bieres  war  1,0320  =  7,950  Proc.  des  Saccharometers;  also  n=7\950. 

Die  Attenuations -Differenz  d  z=z  n  —  ot  ist  also  7,95  —  6,24  = 
1,710. 

Mnltiplicirt  man  nun  nach  der  Gleichung 

Ä  =  (n  —  m)  c 

die  Attenuations-Differenz  mit  dem  mittleren  Alkoholfactor  e  fiir  die- 
selben, nämlich  mit  2,24,  so  erhält  man  annähernd  den  Alkoholgehalt 
dos  Bieres: 

.  ^1  =  1,71  .  2,24  =  3,821, 


Bier,  Untersuchung  desselben.  10R7 

and  multiplicirt  man  diese  Zahl  mit  2,  so  erfahrt  man  annähernd  die 
sQgesetzte  Menge  Malzextract,  woraus  der  Alkohol  entstanden: 

3,821  .  2  =  7,642. 
Addirt  man  dazu  den  gefundenen  Extractgehalt  des  gekochten  Bieres, 
lo  zeigt  die  Summe  annähernd  den  Eztract-Procentgehalt  der  Würze 
&n,  aus  welcher  das  Bier  bereitet  wurde : 

7,642  -}-  7,950  =  15,592  Proc. 
Aus  diesen  annähernden  Bestimmungen  wählt  man  nun  den  Atte- 
[luations- Quotienten  =  ^  aus  der  Tabelle  Seite  1081  ftir  eine  Würze  von 
15,5  Proc.     Es  ist  danach:  q  =  1,2355. 
Durch  die  Gleichung 

nq  —  m         • 

Sndet  man  den  wahren  Werth  fiir  ;?,  das  ist  der  Procentgehalt  der 
Würze,  woraus  das  Bier  entstanden,  also: 

_  7,950  .  1,2355  —  6,240 

^  ~  1,2355  —  l 

^  =  1^  =  ''^''  ^'- 

Ist  so  der  wahre  Werth  für  p  gefunden,  so  ergiebt  sich  der  Alko- 
holgehalt des  Bieres  aus  der  Gleichung 

Ä  =  ip-n)b, 
für    welche  man  den  Alkholfactor  B  aus  der  Tabelle  für  eine  15pro- 
centige  Würze  entnimmt.     Er  ist  0,5245  und  man  hat  daher 

A  =  (15,19  —  7,95)  .  0,5245  =  7,24  .  0,5245  =  3,79  Proc, 

wofiir  natürlich  3,8  Proc.  gesetzt  werden  darf.  Die  saccharoroetrische 
Probe  ergiebt  aUo  den  Alkoholgehalt  des  Bieres  zu  3,8  Proc,  die  spe« 
si fische  Probe  hat  ihn  ebenfalls  zu  3,8  Proc.  ergeben,  als  er  aus  dem 
Verhältnisse  der  specifischen  Gewichte  des  gekochten  und  ungekochten 
Bieres  berechnet  wurde,  sie  gab  ihn  zu  3,9  Proc.  aus  der  Differenz 
ier  speciüschen  Gewichte  (Seite  1077). 

Ein  Vorzug,  welchen  die  saccharometrische  Probe  vor  der  speci- 
ischen  Probe  besitzt,  ist,  dass  sie  den  Ex^ractgehalt  der  Würze,  aus 
n^elcher  das  Bier  bereitet  wurde,  genau  giebt.  Berechnet  man  den  Extract- 
^ehalt  der  Würze  des  fraglichen  Bieres  aus  dem  Alkoholgehalte,  indem 
nan  diesen  verdoppelt  —  weil  1  Gewichtstheil  Alkohol  annähernd  aus 
l  Gewichtstheilen  Zucker  des  Extracts  entsteht  —  und  indem  man  die 
lo  erhaltene  Zahl  dem  Extractgehalt  des  Bieres  (ermittelt  in  dem  ge- 
kochten Biere),  addirt,  so  hat  man  in  unserm  Falle  3,8  .  2  -|~  7,95  = 
\G  -j-  7,95  =  15,55  Proc.  als  Concentration  der  Würze,  während  sie 
lach  der  saccharometrischen  Rechnung  15,2  Proc.  ist. 

Aus  der  berechneten  ursprünglichen  Cfoncentration  der  Würze 
ästst  sich  aber,  annähernd  wenigstens,  die  Schüttung,  das  heisst  das 
iir  Bereitung  der  Würze  verwandte  Quantum  Malz,  finden.  Es  ist  dazu 
.ber  erforderlich  für  jedes  Meischverfahren  die  Quantität  Malzextract 
u  kennen,  welche  aus  100  Pfd.  Malz  in  die  Hauptwürze  eingeht  Bei 
lern  böhmischen  Brauverfahren  kommen,  nach  Balling,  von  den 
)0  Pfd.  Extract,-  welche  100  Pfd  Malz  liefern  können,  51,75  in  der 
Taaptwürze  zur  Benutzung;  nach  Steinheil  48,71  Pfd.,  nach  ZierTs 
^ersuchen  etwa  50,5  Pfd.  Angenommen  die  saccharometrische  Prü- 
ing  des  Bieres    habe  den  ursprünglichen  Extractgehalt  der  Würze  zu 


1088  Bier^  Untersuchung  desselben. 

12  Proc  erkennen  lassen  und  100  Pfd.  Malz  lieferten  50  Pfd.  Extract 
in  diese  Wfirze^  so  würden  100  Pfd.  Malz  ungefähr  416  Pfd.  solcher 
Würze  liefern,  entsprechend  ungefähr  400  Pfd.*  Bier. 

Soll  die  Schüttung  in  Volumen  (Scheffeln  u.  s.  w.)  des  angewand- 
ten Malzes  ausgedrückt  werden,  so  muss  man  das  Gewicht  der  VoInmeB- 
Einheit  (des  Scheffels  u.  s.  w.)  des  Malzes  kennen;  fehlt  diesei  Anhalt»- 
punkt,  so  wird  das  Resultat  der  Berechnung,  nach  dem  durchschmttli- 
chen  Gewichte  der  Volumen-Einheit,  unter  Umständen  natärlich  sehr 
unsicher.  Nach  Schafhäutl  wiegt  der  bayerische  Scheffel  guter  Gerele 
durchschnittlich  260  bayerische  Pfund  (^56  Kilogr.),  im  Jahre  1844 
wog  er  aber  nur  230  Pfund.  Nimmt  man  an,  dass  die  Gewichte  des 
Scheffels  des  aus  der  Gerste  dargestellten  Malzes  in  demselben  Ve^ 
hältnisse  zu  einander  stehen,  so  werden  gleiche  Menge  Würze,  ans 
einem  Scheffel  der  beiden  Malzsorten  gezogen,  eine  im  VerhaltnisM 
von  13  :  11,5  verschiedene  Concentration  haben  i).  Die  bayerischen  Be- 
hörden entbehren  daher  einer  richtigen  Basis  für  die  Controle  der  ge- 
setzlichen Bestimmung,  dass  aus  einem  bayerischen  Scheffel  Malz  6  Einer 
Lagerbier  und  7  Eimer  Schenkbier  gebraut  werden  soUen.  Wo  man 
Bier  von  gewissem  Gehalte  verlangt,  muss  man  die  Concentration  der 
Würze  vorschreiben.  In  Bayern  wQrde  man  z.  B.  vorschreiben  können, 
das  Schenkbier  soll  aus  einer  llprocentigen,  das  Lagerbier  aus  dmr 
ISprocentigen  Würze  gebraut  werden. 

Ein  ganz  eigenthümliches  Verfahren  zur  Ermittelung  des  Alkohol 
gehalts  und  Extractgehalts  des  Bieres  ist  das  von  Fuchs  ersonneneha^ 
metrische  Verfahren,  die  hallymetrische  (von  akg  Salz  und  l 
ich  löse)  Bierprobe,  so  genannt,  weil  sie  sich  auf  die  Bestimmung 
Menge  von  Kochsalz  gründet,  welche  von  dem  ungekochten  und 
.kochten  Biere  aufgelöst  wird. 

100  G«wichtstheile  Wasser  lösen,  nach  Fuchs,  genau  3G 
wichtstheile  Kochsalz  auf;   1  ThL  Kochsalz  bedarf  also,  um  geloat 
werden,  2,778  Thle.  Wasser. 

Eine  Auflösung  von  Malzextract,  also  Bierwürze,  oder  gekocb 
alkoholfreies  Bier,  löst  eine,  ihrem  Wassergehalte  entsprechende  Mei 
Kochsalz  auf,   100  Thle.  4|ner   lOprocentigen  Würze  also   soviel 
90  Thle.  Wasser.      Wenn  man  also  in  1000  Gran')  Bierwürze 
gekochtes  Bier,  eine  gewogene  Menge  Kochsalz,  die  so  gross  sein  m 
dass  sie  nicht  vollständig  gelöst  wird;  einträgt,  durch  Bewegen  und  ge 
des  Erwärmen  die  Auflösung  bewerkstelligt  und  daim  die  Menge 
ungelöst  gebliebenen  Kochsalzes  bestimmt,  so  erfährt  man  die  Menge  d( 
aufgelösten  Salzes  und  diese,  mit  2,778  multiplicirt,  giebt  den  Wi 
gehalt  in  1000  Gran  der  Würze  oder  des  gekochten  Bieres,  also  auch  _ 
Gehalt  an  Extract  in  1000  Gran.  '  ^ 

Wenn  man  in  gleicher  Weise  mit  ungekochtem,  also  alkohaltij 
Biere  verfahrt  und  durch  Multiplication  der  Menge  des  gelösten  Sal 
in  Granen,  mit  2,778  die  Menge  des  Wassers  berechnet,  so  entspri« 
die  'Differenz  zwischen  der  so  gefundenen  Menge  des  Wassers  und 
Gewichte  des  Bieres  (1000  Gran)  nicht  dem  Gehalte  desBieres  an  E: 
und  Alkohol.    Der  Alkohol  bindet  nämlich  eine  gewisse  Menge  Wf 

*)   Dingler's    polytechn.   Journ.   Bd.    CIX  S.   68.   —     *)  Fuchs    hat   ftlr 
haltymetrische  Bierprobe  das  Medicinalgewicht  benutzt.    Es  wird  arweckmSssiger  b< 
anstatt  1000  Gran  1000  Decigranlm  oder  500  Decigramm  zu    nehmen,  in   welcl 
Falle  das   Dedgramm  oder  Halbdecigramm   die  Gewichtseinheit  ist 


Bier,  Untersuchung  desselben.  1089 

18  heisst  benimmt  einer  gewissen  Menge  Wasser  das  Anflösungsver- 
iögen  för  Kochsalz;  die  fragliche  Differenz  ist  gleich  dem  Gewichte 
M  Extracts,  plus  dem  Gewichte  eines  Weingeistes,  das  heisst  eines 
aeserhaltigen  Alkohols.  Da  man  die  Menge  des  Extracts,  wie  vorhin 
igegeben,  aus  dem  gekochten  Biere  ermittelt,  so  erfahrt  man  durch 
bziehen  der  Menge  des  Extracts  die  Menge  dieses  Weingeistes, 
ieser  Weingeist  hat  aber  nicht  unter  allen  Umständen  einen  und  den- 
dben  Alkoholgehalt,  sondern  es  ist  die  Menge  des  Wassers,  welche  ^ 
)n  dem  Alkohol  gebunden  wird,  nach  der  Menge  des  vorhandenen  Al- 
}hol8  verschieden  und  keineswegs  diesem  proportional,  so  dass  dieselbe 
irch  besondere  Versuche  för  verschiedene  Procentgehalte  an  Alkohol 
rmittelt  werden  mnsste.  Dies  ist  von  Fuchs  geschehen,  und  Schaf- 
&atl  hat  später  die  ursprüngliche  von  Fuchs  für  unsem  Zweck  ge- 
Bbene  Tabelle  (s.  d.  S.  1091)  umgerechnet  i). 

Das  Verfahren  würde  natürlich  praktisch  unbrauchbar  sein,  wenn  die 
Bgelöst  gebliebene  Menge  von  Kochsalz  gewogen  werden  müsste.    Dies 
I  indess  nicht  der  Fall,  sie  wird  in  dem  Hallymeter  gemessen,  in  wel- 
kes man  die  Flüssigkeit  mit  dem  ungelösten  Kochsalz  bringt.    Fig.  86 
p.  zeigt  das  Hallymeter.   Es  besteht  aus  einer  im  Ganzen  etwa^ 

200Millim.  langen  Glasröhre,  welche  oben  etwa  35Millim. 
weit,  in  der  Hälfte  ihrer  Länge  aber  trichterförmig  zusam- 
mengezogen und  unten  in  ein  enges  zngeschmolzenes  Bohr 
ausgeht^).  Die  untere  Hälfte  des  engeren  Theils  ist  so  gra- 
duirt,  dass  die  grösseren  Abtheilungen  5  Gran  (eventuell  5  De- 
cigr.  oder  Halbdecigramm)  die  kleineren  1  Gran  (event.  1  De- 
cigr.  oder  0,5  Decigr.)  ungelösten  Kochsalzes  entsprechen  und 
dass  man  von  den  letzteren  noch  V4  his  ^5  abschätzen  kann. 
Für  die  Graduirung  des  Halljmeters  giebt  man  z.  B. 
in  einen  kleinen  Kolben  oder  eine  Digerirflasche  600  Gran 
Wasser,  welche  nach  Obigem  216  Gran  Kochsalz  lösen, 
schüttet  216  ~|- 5  also  221  Gran  reines  und  trockenes  Chlor- 
natrium hinzu,  bewirkt  die  Auflösung,  bringt  die  Flüssigkeit 
mit  dem  ungelösten  Kochsalze  in  das  Hallymeter,  lässt  die 
5  Gran  ungelöstes  Salz  sich  absetzen,  wobei  man  öfter  das 
Instrument  vorsichtig  aufstösst,  bis  sich  das  Volumea  des 
Salzes  lischt  mehr  vermindert,  und  erhält  so  die  erste  grös- 
sere Abtheihmg.  Durch  Einschütten  von  noch  Ö  Gran  Koch- 
salz oder  durch  Anwendung  von  216  -|-  10  Gran  Koch- 
salz auf  600  Gran  Wasser  lässt  sich  die  zweite  grössere  Ab- 
keÜQDg  erhalten  u.  s.  f.  Acht  bis  neun  solcher  Abtheilungen  reichen 
»•  Die  kleineren  Abtheilungen  macht  man,  wenn  die  Röhre  gleich- 
et, mit  dem  Zirkel  oder  mit  der  Theilmaschine.  Ist  einmal  ein  Nor- 
M-Instmment  graduirt,  ^o  kann  man  die  anderen  Instrumente  mittelst 

Eecksilber  oder  Salzlösung  graduiren. 
Das  bei  der  Graduirung  und  später  fiir  die  Versuche  anzuwendende 
chsalz  muss  vollkommen  reines  und  trockenes   Chlomatrium   sein, 
i  es  muss  Körner   von  einer  bestimmten  Grösse  darstellen,  damit 


*)  0mgler*8  poljteclm.  Joarn.  Bd.  LXU,  S.  802;  Bd.  CIX,  S.  51  n.  Bd.  CXXXU, 
299k  _   *)   Das   obere  Rohr  ist   bis   zur  Verengerung  etwa  90  Mülim.,  bis   zar 
■nduDg  des  engen  RohrH  etwas  Über  110  Millim.  hoch;  das  untere  enge  5  Millim. 
k  Lichte  weite  Rohr  hat  85  Millim.  Länge. 

B^ndwOrterbach  der  Chemie.   3te  Aufl.   Bd.  U.  69 


1090  Bier,  Untersuchung  desselben. 

gleiche  Gewichte  davon,  beim  Ablagern  in  dem  Hallymeter,  stete 
gleichen  Raum  einnehmen.  Man  erhält  es  so,  indem  man  es  darch  ea 
kleines  Metallsieb  schlägt,  dessen  Maschen  oder  Oefinnngen  eine  be- 
stimmte Grösse  besitzen.  Den  käuflichen  Instrumenten  ist  deshalb  ein 
solches  Sieb  beigefügt. 

Für  ein  Haliymeter  yon  angegebener  Grosse  und  Aasdehnang  der 
Graduirung  nimmt  man  bei  der  Untersuchung  von  massig  substantiÖseD 
und  mittelstarken  Bieren,  wie  z.  B.  die  bayerischen  Biere  es  sind,  wä 
1000  Gran  gekochtes  Bier  360  Gran  Kochsalz,  auf  1000  Gran  ange- 
kochtes Bier  830  Gran  Kochsalz;  das  ungelöst  bleibende  Kochsalz  hat 
dann  in  dem  graduirten  Theile  des  Instruments  Platz.  Für  extract- 
reichere  und  alkoholreichere  Biere  werden  10, 20, 30  Gran  Kochsalz  we- 
niger genommen,  damit  die  Menge  des  ungelösten  Salzes  nicht  zu  be- 
trächtlich werde,  und  die  Graduirung  des  Instruments  ausreiche.  Für  die 
Bestimmung  des  Eztractgehaltes  des  gekochten  Bieres  mit  Hülfe  der  so- 
gleich mitzutheilenden  Tabelle  muss  man  im  letzteren  Falle  den  ub- 
gelösten  Granen  Kochsalz  die  Grane  zurechnen,  welche  man  weniger  als 
S60  Gran  genommen  hat,  da  diese  Tabelle  für  360  Gran  berechnet  ist 

Tabelle 

welche  den,  dem  aufgelösten  Salze  bei  der  Prüfung  des  gekochten 
Bieres  entsprechenden  Extractgehalt  zeigt.     FQr  1000  Gran  Bier  uimI 
360  Gran  Kochsalz.     Die  Grade  sind  Grane  Kochsalz. 


S*lzrück- 

Salzrück- 

stand in 

Extract 

stand  in 

Extract 

Graden 

Graden 

•  ■ 
8 

22 

21 

69 

9 

26 

22 

61 

10 

28 

28 

64 

•11 

31 

24 

67 

12 

88 

26 

69 

18 

86 

26 

72 

14 

89 

27 

•      76 

16 

42 

28 

78 

16 

44 

29 

81 

17 

47 

80 

■    88 

18 

60 

81 

86 

19 

63 

32 

89 

20 

66 

Die  Differenz  zwischen  den,  den  Granen  des  Salzrückstandes  ent- 
sprechenden Zahlen  fiir  das  Extract,  ist  meistens  3,  bisweilen  2.  Die 
Differenz  dient  zur  Berechnung  des  Eztracts,  wenn  ausser  den  gansen 
Graden  des  Salzrückstandes  noch  Bmchtheile  von  Graden  erhalten 
werden.  Z.  B.  es  sei  ein  Bückstand  im  Haliymeter  von  12,5  Gradeo 
erhalten  worden,  so  ist  die  Differenz  3  mit  0,5  zu  multipliciren,  was  1,5 
giebt,  und  diese  Zahl  ist  dem  zu  12  Grad  gehörenden  Extractgehalt, 
also  33  zu  addiren.     Der  Extractgehalt  betragt  also  34,5  pro  mille. 

Die  nachstehende  Tabelle  ist  die  oben  erwähnte,  von  Schafhantl 
für  den  Alkoholgehalt  berechnete. 


Bier,  Untersuchung  desselben.  1091 

Tabelle, 

welche  den  Alkoholgehalt   der  bei  der  haUymetriBchen  Bierprobe  in 

1000  Gran  Bier  ermittelten  Menge  Weingeist  angiebt 

(Die  Zahlen  sind  Grane.) 


Weingeist 

Weingeist 

der  Salz- 
lösung ge- 

Alkoholgehalt 

Differensen 

der  Salz- 
lösung ge- 

Alkoholgehalt 

Differenien 

genüber 

genüber 

26 

10,01 

0,64 

77 

42,77 

0,62 

27 

10,72 

0,71 

78 

48,29 

0,62 

29 

11,66 

0,88 

79 

48,81 

0,52 

29 

12,88 

0,88 

80 

44,88 

0,52 

SO     , 

18,21 

0,88 

81 

44,86 

0,62 

81 

14,14 

0,88 

82 

46,87 

0,52 

82 

14,87 

0,88 

88 

45,88 

0,61 

88 

16,70 

0,88 

84 

46,40 

0,62 

84 

16,68 

0,88 

86 

46,92 

0,62 

86 

17,86 

0,88 

86 

47,44 

0,62 

86 

18,21 

0,84 

87 

47,96 

0,62 

87 

19,07 

0,86 

88 

48,48 

0,62 

88 

20,90 

0,88 

89 

49,00 

0,62 

89 

21,60 

0,60 

90 

49,42 

0,62 

40 

22,06 

0,66 

91 

60,04 

0,62 

41 

22,61 

0,66 

92 

60,66 

0,62 

42 

28,17 

0,66 

98 

61,07 

0,51 

48 

23,72 

0,66 

94 

61,60 

0,58 

44 

24,28 

0,66 

96 

62,11 

0,61 

46 

24,88 

0,66 

96 

62,68 

.       0,62 

46 

26,89 

0,66 

97 

58,16 

0,52 

47 

26,96 

0,66 

98 

68,67 

0,62 

48 

26,60 

0,66 

99 

64,19 

0,52 

49 

27,06 

0,66 

100 

54,70 

0,51 

60 

27,61 

0,66 

101 

66,22 

0,52 

61 

28,17 

0,66 

102 

66,78 

0,61 

62 

28,78 

0,66 

108 

66,26 

0,52 

68 

29,18 

0,66 

104 

66,76 

0,61 

64 

29,84 

0,66 

106 

67,28 

0,52 

66 

80,40 

0,66 

106 

67,79 

0,51 

66 

80,96 

0,66 

107 

,    68,81 

0,62 

67 

81,66 

0,56 

108 

68,82 

0,51 

68 

82,17 

0,61 

109 

69,84 

0,52 

69 

82,78 

0,61 

HO 

69,86 

0,61 

60 

88,89 

0,61 

111 

60,87 

0,52 

61 

84,00 

0,61 

112 

60,88 

0,61 

62 

84,61 

0,61 

118 

61,40 

0,52 

68 

86,21 

0,61 

114 

61,91       • 

0,61 

64 

86,82 

0,61 

115 

62,48 

0,52 

66 

36,48 

0,61 

116 

62,94 

0,61 

66 

37,04 

0,61 

117 

63,46 

0,52 

67 

87,68 

0,64 

118 

68,97 

0,61 

68 

88,10 

0,52 

119 

64,49 

0,62 

69 

38,62 

0,62 

120 

65,00 

0,61 

70 

89,14 

0,52 

121 

66,62  ' 

0,52 

71 

89,66 

0,62 

122 

66,08 

0,61 

72 

40,17 

0,61 

128 

66,56 

0,52 

78 

40,69 

0,52 

124 

67,06 

0,51 

74 

41,21 

0,52 

126 

67,68 

0,62 

76 

41,78 

0,52 

126 

68,09 

0,61 

76 

42,26 

0,62 

127 

68,61 

0,62 

69« 


1092 


Bier,  Unteraochung  desselben. 


Weingeist 

Weingeist 

• 

der  SaIz- 
lösong  ge- 

Alkoholgehalt 

Differenzen 

der  Salz- 
lönog  ge- 

Alkoholgehalt 

Diirerei»«L 

genüber 

genüber 

128 

69,12 

0,61 

140 

75,80 

0,51 

129 

69,64 

0,52 

141 

75,82    ' 

0,52      . 

180 

70,15 

0,51 

142 

76,82 

0,50 

181 

70.67 

0,52 

148 

76,83 

0,51 

182 

71,18 

0,51 

144 

77,88 

0,50 

188 

71,70 

0,52 

146 

77,88 

0,50 

184 

72,21 

0,51 

146 

78,84 

0,51 

185 

72,78 

0,52 

147 

78,84 

0,50 

186 

78,24 

0,51 

148 

79,86 

0,51 

187 

78,76 

0,52 

149 

79,85 

0,50 

188 

74,27 

0,51 

150 

80.36 

0,51 

189 

74,79 

0,52 

Die  Differenzen  dienen  aach  hier  wieder  zur  Berechnang  des  Al- 
koholgehalts, wenn  ausser  den  ganzen  Granen  an  Weingeist  nock 
Bnichtheile  des  Granes  gefunden  sind.  Angenommen,  es  seien  73,5  Gna 
gefunden,  so  moltiplicirt  man  die  zn  73  gehörende  Differenz  0,52  mit 
0,5  und  erhält  so  0,26.  Diese  Zahl  ist  dem  zu  73  gehörenden  Alko- 
holgehalte, 40,69  zu  addiren  und  es  ist  der  Alkoholgehalt  also  40,69 
-f  0,26  =^  40,95. 

Ein  Beispiel  mag  nun  das  hallymetrische  Verfahren  and  den 
Gebrauch  der  Tabellen  yeranschaulichen. 

1000  Gran  Bier  wurden  auf  ^fg  eingekocht,  um  den  Alkohol  und 
die  Kohlensäure  zu  verflüchtigen,  der  Rückstand  wurde  in  einem  kleines 
Kolben  bis  1000  Gran  mit  Wasser  yerdunnt,  dann  wurden  360  Grau 
Kochsalz  eingeschüttet  und  die  Auflösung  bewerkstelligt.  Die  Ldsong 
wurde  mit  dem  ungelösten  Kochsalze  in  das  Hallymeter  gebracht  uod 
durch  Aufklopfen  das  Salz  in  der  graduirten  Röhre  verdichtet. 

Es  wurden  erhalten  13  Grad  =13  Gran  Kochsalz. 

Aufgelöst  waren  daher  360  — 13  r=r  347  Gran;  diese  mnlttplicirt 
mit  2,778  ergeben  den  Wassergehalt  des  Bieres  =964  Gran ,  also 
gleich  96,4  Proc  und  somit  den  Gehalt  an  Extract  zu  36  Gran  := 
3,6  Proc.  Dasselbe  zeigt  ein  Blick  auf  die  erste  Tabelle,  wo  neben 
der  Zahl  13  die  Zahl  36  steht 

Femer  wurden  zu  1000  Gran  des  ungekochten  Bieres  in  dem 
kleinen  Kolben  330  Gran  Kochsalz  gegeben  uud  die  Auflösung  bewerk- 
stelligt Es  fand  ein  Gewichtsverlust  im  Betrage  von  1,5  Grao 
statt,  durch  das  Entweichen  der  Kohlensäure  veranlasst  (0,15  Proc. 
S.  1073). 

Die  Auflösung  wurde  mit  dem  ungelösten  Salze  in  das  Halljmeter 
gebracht;  es  betrug  die  Menge  des  ungelösen  Kochsalzes  10  Grad  alio 
10  Gran,  es  sind  daher  gelöst  320  Gran. 

Diesen  entsfM-echen  320  .  2,778  =  889  Gran  Wasser,  wonach 
für  den  Gresammtgehalt  an  Weingeist,  Extract  und  Kohlensaure 
111  Gran  bleiben. 


Bier,  Untersuchung  desselben»  1093 

Man  hat  also: 

.Gesammtgehalt  Hn  Weingeist,  Extract  n.  Kohlensäure  111     Gtan 

Davon  ab  für  Kohlensäure  ...     - 1)5     ,, 

Bleiben  für  Weingeist  und  Extract 109,5  Gran 

Davon  ab  für  Extract 36,0     „ 


Bleiben  fiir  Weingeist 73,5  Gran. 

Der  Zahl  73,5  für  Weingeist  entspricht  nach  der  zweiten  Tabelle 
die  Zahl  40,95  fär  Alkohol  und  es  bleiben  daher  73,5  —  40,9  =  32,6 
fiir  gebundenes  Wasser. 

Hiernach  wurden  in  1000  Gran  des  Bieres  nachgewiesen: 

Extract 86,0  Gran 

Alkohol 40,9     „ 

Kohlensäure 1^5     „ 

Freies  Wasser    .     .     889     Granj    ^ .-  ^ 
Gebundenes  Wasser       32,6     „     |    ^'^'^'^     " 
Dies  beträgt  in  Procenten: 

Extract 3,60 

Alkoholgehalt    ....     4,09 

Kohlensäure      ....     0,15 

Wasser     ......  92,16 

Auf  die  Richtigkeit  der  käuflichen  Hallymeter  kann  man  sich  nicht 
immer  verlassen;  es  muss  jedenfalls  das  gekaufte  Instrument  geprüft 
werden  und  dann  muss  man  sich  eventuell  eine  Correctionstabelle  machen. 
Geht  das  Instrument  nicht  trichterförmig  in  die  untere  engere 
Rohre  über,  wie  es  meistens  der  Fall,  wenn  die  untere  engere  Röhre 
angelöthet  ist,  so  lagert  sich  stets  ein  Theil  des  Kochsalzes  in  der  oberen, 
weiteren  Röhre  ab,  und  dieser  Theil  muss  dann  mittelst  eines  sehr  dün- 
nen Glasstabes  oder  eines  Drahtes  in  die  engere  Röhre  gerührt  werden. 
Dies  gilt  selbstverständlich  auch  bei  der  Graduirung  des  Instruments. 
Das  Aufstossen  des  Instruments  zur  Verdichtung  des  abgelagerten 
Kochsalzes  muss  auf  einem  Tische  geschehen,  auf  welchen  man  ein 
paar  Stücke  Papier  übereinander  gelegt  hat.  Nur  so  kommt  man 
zu  Qbereinstimmenden  Resultaten;  das  Aufstossen-  im  Statife  des  In- 
struments reicht  nicht  aus.  Das  Aufstossen  muss  so  lange  fortgesetzt 
werden,  als  noch  Verminderung  des  Volumens  erfolgt. 

Bei  dem  Auflösen  des  Kochsalzes  in  dem  gekochten  oder  ungekoch- 
ten Biere  vermeide  man  starke  Schaumbildung,  also  starkes  Schütteln;  der 
kleine  Kolben  werde  nur  öfter  bewegt.  Kommt  oonsistenter  Schaum  in  das 
Hallymeter,  so  bleiben  Körnchen  Salz  in  dem  Schaum,  die  man  durch 
vorsichstiges  wiederholtes  Rühren  zum  Niederfallen  bringen  muss. 

Um  die  im  Kolben  zurückbleibenden  Körnchen  Kochsalz  vollstän- 
dig in  das  Hallymeter  zu  bringen,  giesst  man  wiederholt  kleine  Men- 
gen der  Flüssigkeit  aus  dem  Hallymeter  zurück  oder  benutzt  man  ge- 
sättigte Kochsalzlösung  zum  Nachspühlen. 

Das  Abwägen  des  Bieres  für  die  hallymetrische  Prüfung  kann 
durch  Benutzung  der  Aräometer-Pipette  von  Schaf  haut  l  umgangen 
werden,  einer  Pipette,  welche  in  Bieren  von  verschiedenem  speciflschen 
Gewicht  verschieden  tief,  nämlich  stets  soweit  einsinkt,  dass  sie  sich 
mit  1000  Gran  Bier  füUt  i). 


')  Diogler's  polyt.  Journ.  Bd.  CIX,  8.  209. 


1094  Bier,  Untersuchung  desselben. 

Znr  Vergleichnng  der  verschiedenen  im  Vorhergehenden  besproche- 
nen Methoden  der  Bestimmang  des  Alkoholgehalts  des  Bieres  and 
Ton  mir  Yersache  angestellt  worden,  von  denen  ich  einige,  in  ihra 
Resultaten,  in  dem  Folgenden  mittheile. 

1.  Bayerisches  Bier,  in  Braunschweig  gebraut: 

ci      •/>    1.    «»#  XI.  j     (»öS  der  Differenz      .     4,2  Proc  Alkohol 
Specifische  Methode  j^^g^^^y^j^j^j3^    4,1      „ 

Saccharometrische  Methode 4,2  ,,  ^ 

Hallymetrische  Methode 

Erster  Versuch 4,2  „  ^ 

Zweiter  Versuch  .........     4,4  „  ^ 

2.  Bayerisches  Bier,  in  Braonschweig  gebraut: 
Destillations-Methode 4,0  „  ^ 

CS      «is    u    nj*  au  j     I»ö8  <lor  Differenz     .     4,1       „  „ 

Specmsche  Methode  l       ,      ^    u-i*«-         a  i\ 
'^  { aus  dem  Verhältnisse    4,0       „  „ 

Saccharometrische  Methode 4,1       „  ^ 

Hallymetrische  Methode    ......     4,9       „  „ 

8.  Bier  von  6,7  Proc.  Gehalt  an  Alkohol  und  7,7  Proc  Extract, 
gemischt  aus  eingekochtem  Biere  und  Alkohol  (186  Grm.  eingekochtei 
Bier  und  14  Grm.  alkoholisirter  Weingeist  von  0,8061  specif.  Gewicht 
=  96  Proc. 

Berechneter  Alkoholgehalt 6,7  Proc. 

Destillations  Methode  * 6,7     <^ 

ci      «is    L     &#  au  j     i  AUS  der  Differenz    .     7,1     ,^ 
Specifische  Methode  j  ^^  ^^^  Verh&ltniMe  6,8    „ 

Saccharometrische  Methode 6,6     „ 

Hallymetrische  Methode 7,6     „ 

Man  erkennt,  dass  bei  den  bayerischen  Bieren  die  Destillations- 
Methode,   die  specifische  Methode  und  die  saccharometrische  Methode 
fibereinstimmende  Resultate  gegeben  haben.     Bei  dem  gemischten,  al- 
koholreichen und  extractreichen  Biere  ist  der  Alkoholgehalt  nach  dtr 
specifischen  Methode  aus  der  Differenz  um* 0,4  Proc.  zu  hoch  gefund« 
worden.     Die  hallymetrische  Methode  hat  bei  dem  zweiten  and  dritten 
Biere  den  Alkoholgehalt  um  0,9  Proc.  zu  hoch  ergeben.    Die  beiden 
Versuche  bei  dem  ersten  Biere  wurden  mit  demselben  Kochsalze,  sii 
gleicher  Zeit  und   unter  denselben  Umständen   angestellt.     Der   erste 
Versuch  ergab  einen  Salzräckstand  von  16  Gran,  der  zweite  einen  Salz- 
rttckstand  von  17,5  Gran;  das  Salz  war  bei  dem  zweiten  Versuche  aber  12 
Stunden  in  den  verkorkten  Kölbchen  mit  dem  Biere  in  Berdhrnng  geblie- 
ben. Die  Bestimmung  des  Eztracts  nach  der  hallymetrischen  Methode  lie- 
ferte im  Allgemeinen  befriedigende  Resultate,  woraus  ich  schlieesen  dari^ 
dass  die  Ursache  der  abweichenden  Ergebnisse  der  Bestimmung  des  Al- 
koholgehalts auf  Rechnung  der  Methode  oder  der  Alkoholtabelle  zn 
setzen  ist.    Die  Münchener  Chemiker  Buchner,  Kaiser,  Pettenko- 
fer,  Schaf häutl  haben  dagegen  bei  vielfachen  sorgfaltigen  Untersuchun- 
gen bei  der  chemischen  oder  Destillations-Methode  und  der  hallyme- 
trischen übereinstimmende  Resultate  erhalten;  nach  ihren  Versuchen 
halten  sie  daher  die  hallymetrische  Probe  för  richtig,  und  empfehlen 
das  Verfahren  als  einfach  und  zuverlässig. 

Kann  man  ftir  den  Zweck  der  Bieruntersuchung  ein  äusserst  cm* 
pfindliches  und  genaues  Saccharometer,  Grade  bis  8  oder'  10  um- 
fassend, erhalten  9  so  ist  nach  meiner  Ansicht  die  specifische  Methode 


Bier, -Untersuchung  desselben.  1096 

^  «rinfachBto  und  am  schnellflten  zum  Ziele  Aihrende  der  besprochenen 
Bthoden.  Die  Baccharometrische  unterscheidet  sich  von  dieser  nur 
rcH  eine  leichte,  noch  erforderliche  Rechnung. 

Steinheil  hat  ein  Verfahren   zur  Untersuchung  des  Bieres  ge- 
,  das  sich  im  Wesentlichen  auf  die  Ermittelung  der,  durch  den  Ge- 

des  Bieres  an  Extract  und  an  Alkohol  abgeänderten  lichtbrechenden 
rAft  desselben  gründet.  Er  nenut  es  die  optisch-aräometrische 
rol>e;  sie  liefert  das  Resultat  in  wenigen  Minuten,  hat  sich  aber,  wohl 
kin  entlieh  deshalb,  weil  der  erforderliche  Apparat  etwas  kostspielig 
'^  nicht  allgemein  Eingang  verschaffen  können;  es  fehlt  daher  an  Er- 
brangen Ober  die  Ausführbarkeit  der  Untersuchungsmethode,  und  die 
enauigkeit  der  dabei  erhaltenen  Resultate;  ich  begnüge  mich  deshalb 
if  die  Abhandlungen  Über  dieselbe  zu  verweisen  ^). 

In  Bezug  auf  die  Bestimmung  des  Alkohols  der  Biere  mittelst  des 
aporimeter8(s.  Bd.  1,8. 496u.d.  A.  Yaporimeter)  fehlt  es  an  aus- 
hrlichen  Versuchen.  Ein  Bier,  dessen  Alkoholgehalt  von  mir  nach  der 
estillations-Methode,  specüischen  Methode  und  saccharometrischen  Me- 
Lode  zu  3,7  bis  3,8  Gewichtsprocent,  entsprechend  4,7  bis  4,75  Volum- 
rocent  gefunden  worden  war,  ergab  Heeren  mittelst  des  Vaporimeters 
9n  Alkoholgehalt  zu  nur  4,08  bis  4,1  Volumprocent.  Die  erste  Zahl  gab 
%s  der  unmittelbar,  die  zweite  das  Destillat  des  Bieres ,  verdünnt  bis 
am  Grewichte  des  Bieres;  ob  der  Eztractgehalt  des  Bieres  von  bemerk- 
arexn  Einflüsse  auf  das  Resultat  ist,  bleibt  zu  ermitteln. 

Cb  ist  nun  noch  von  der  Untersuchung  des  Bieres  auf  fremdartige, 
DStatthafte  Zusätze  zu  reden.  Solche  Zusätze  gehören  im  Allgemei- 
en  in  die  Classe  der  Gespenster;  Viele  sprechen  davon.  Niemand  hat 
le  gesehen.  Was  soll  den  Brauer  veranlassen,  schädliche  Substanzen 
n  das  Bier  zu  bringen,  ihm,  dem  daran  liegen  muss,  dass  das  Bier 
;iit  bekommt,  dass  viel  davon  getrunken  werden  kann!  Würde  er 
elbst  von  seinem  Bier  trinken,  wenn  er  wüsste,  es  enthielte  schädliche 
»abstanzen,  und  würde  er  nicht  in  die  Hände  seiner  Arbeiter  gegeben 
ein !  Die  Anwendung  solcher  Substanzen  aus  ünkenntniss  ihrer  Wir- 
Liing  erscheint  nicht  glaublich.  Man  hat  von  dem  Ale  und  Porter  ge- 
agt,  dass  das  höchst  bittere,  giftige  Alkaloid  Strychnin  zu  ihrer  Dar- 
tellang  benutzt  werde,  um  Hopfen  zu  ersparen;  es  ist  aber  niemals 
>trychnin  darin  gefunden  worden,  ungeachtet  dies  Alkaloid  in  den 
kleinsten  Mengen  nachzuweisen  ist  und  sich  höchst  ausgezeichnete  eng- 
lische Chemiker  mit  der  Aufsuchung  ^)  desselben  befasst  haben.  In 
ilteren  Vorschriften  zur  Bereitung  von  Porter  sind  Kokkelskömer  als^ 
sin  Ingredienz  aufgeführt,  welche  den  giftigen  Stoff  Picrotoxin  ent- 
ialten,  der  allerdings  , chemisch  nicht  wohl  zu  erkennen  sein  würde. 

Ob  es  zulässig  sei,  bei  dem  Bierbrauen  den  Hopfen  ganz  oder 
theilweise  durch  andere^  aber  unschädliche  bittere  Substanzen  zu  er- 
setzen, dies  hängt  ohne  Frage  von  gesetzlichen  Bestimmungen  ab,  die 
WiBsenschaft  hat  nichts  dagegen  einzuwenden.  Es  gab  eine  Zeit,  wo 
in  England  der  Gebrauch  des  Hopfens  beim  Brauen  verboten  war,  wo 
man  Salbei,  Andorn,  Kamillen  anwandte.  'Würde  der  Hopfen  nur  sei- 
ner Bitterkeit  wegen  benutzt,  und  wäre  das  Bier  um  so  beliebter,  je 

*)  Bayeriaches  Kunst- u.  GewerbcbL  1844,  S.  227;  Polyt.  Centralbl.  1844,  Bd.  ü, 
S.  117;  GehAltsprobe  f.  Biere  etc.  von  C.  A.  Steinheil,  München  1847;  Dingler's 
polyt.  Jonrn.  Bd.  XCIX,  8.  818;  Bd.  CV,  S.  887. 

*)  Graham  n.  Hofmanü,  Annäl.  d.  Obern,  u.  Pharm.  Bd.  LXXXTTI,  S.  89. 


1096  Bieressig.  —  Bierstein. 

bitterer  es  schmeckte,  so  liesse  sich  denken,  dass  man  bei  tlieoci<a 
Hopfeopreisen  gern  nach  anderen  billigeren  bitteren  Stoffen  greifea 
würde«  Es  ist  aber  anders:  der  Hopfen  wird  nicht  aOein  der  Bitter- 
keit wegen  angewandt;  sein  Gehalt  an  Aroma  und  Gerbstoff  wirkt 
so  entschieden  günstig  auf  die  Haltbarkeit  des  Bieres,  daas  ohne  Ho- 
pfen ein  gutes  mittelstarkes  Lagerbier  nicht  wohl*  gebraut  werden 
kann,  und  der  Brauer  bezahlt  gern  die  besten  Sorten  des  Hopfens  ndl 
den  höchsten  Preisen  für  die  Bereitung  der  Lagerbiere,  uin  feine  und 
haltbare  Biere  zu  erzielen.  Gäbe  es  Substanzen ,  die  dem  Biere  «bc 
aromatische  Bitterkeit  und  zugleich  Haltbarkeit  zu  ertheüen  vermödi- 
ten,  sie  würden  sicher  sehr  erwünscht  sein.  Starke  Bitterkeit  des  Bie- 
res ist  nirgends  beliebt,  sie  ist  ein  Nothbehelf  da,  wo  gute  Lagerkeller 
fehlen,  wo  der  Brauer  die  Haltbarkeit  des  Bieres  durch  grosse  Mengea 
von  Hopfen  erhöhen  muss.  Unter  solchen  Verhältnissen  findet  man  be- 
sonders gegen  Ende  des  Sommers  äusserst  bittere  bayerische  Lagerbiere. 

Durch  chemische  Erkennungsmittel  l&sst  sich  mit  Gewissheit  ni^ 
bestimmen,  ob  die  Bitterkeit  des  Bieres  vom  Hopfen  allein  oder  aa4^ 
von  anderen  Bitterstoffen  herrührt;  man  ist  so  gut  wie  aasachlieeslidi 
auf  den  Geschmack  angewiesen  und  dieser  trügt  bekanntlich  sehr. 
Pikrinsäure,  welche  von  Du  moniin  unpassenderweise  als  Ersatzmittel 
für  Hopfen  vorgeschlagen  ist,  kann  indess  leicht  durch  ein  Stuck  Woll- 
garn erkannt  werden,  das  innerhalb  24  Stunden  in  dem  Biere  eine 
gelbe  Farbe  annimmt,  welche  nach  dem  Auswaschen  mit  Waaser  reis 
zum  Vorschein  kommt;  selbst  wenn  das  Bier  nur  ^/4oooo  PikrinBaare 
enthält,  soll  sie  auf  diese  Weise  zu  erkennen  sein  i). 

Aromatische  Stbffe,  wie  sie  aus  Pomeranzen,  Kalmus  und  derglei- 
chen in  das  Bier  gelangen,  lassen  sich  ebenfalls  nur  durch  den  Ge- 
^ruch  und  Geschmack  erkennen;  von  einer  Verfälschung  des  Bierss 
wird  man  aber  hier  auch  nicht  reden  können.  Zusatz  von  Spiritoi 
lässt  sich  bei  grossem  Alkoholgehalt  und  geringem  Extractgehalt  ver- 
routhen,  vielleicht  auch  im  Destillat  des  Bieres  durch  einen  eigenthün- 
lichen  Geruch  erkennen. 

Die  Gegenwart  von  metallischen  Substanzen,  wie  Kupfer,  ist  ia 
der  Asche  des  Bieres  auf  dem  gewöhnlichen  an^ytlschen  Wege  leicfal 
zu  ermitteln;  aber  Spuren  von  Kupfer  werden  niemals  fehlen  und  deu- 
ten keineswegs  auf  ISusatz  von  Kupfersalz,  für  welchen,  wie  für  den 
Zusatz  anderer  Metallsalze  kein  Grund  vorliegt.  In  der  Aache  ist 
auch  das  Kochsalz  zu  erkennen,  das  man  hier  und  da  der  Bierwürze 
zusetzt  ^) ;  enthält  sie  viel  kohlensaiures  Alkali,  so  lässt  sich  vermuthen, 
dass  das  Bier  zur  Neutralisation  von  vorhandener  Essigsäure  mit  kohlen- 
saurem Natron,  gewöhnlich  mit  Bicarbonat,  versetzt  war.  o. 

Bieressig.  Der  aus  Bier  oder  Bierwürze  dargestellte  Essig 
(s.  d.  Art.) 

Biersteill,  Getreidestein,  Zeilitho'id.  Unter  diesen  un- 
passenden Namen  ist  die  zur  festen  Consistenz  eingedampfte  Bierwurzei 
also  das  Malzextract  oder  Meischextract,  in  den  Handel  gebracht  wor- 
den. Das  patentirte  Fabricat  wird  auf  der  dem  Grafen  Basuniowskj 
gehörenden  Domaine  Böhmisch-Rudolitz  in  Mähren  von  dem  Oecono* 


')  Pohl  u.  Otto,  Annal.  d.  Ghem.  u.  Pharm.  Bd.  CD,  S.  67. 

*)  Zenneck,  Anleitung  zur  Untersuchung  der  Biere,  Htinchen  18S4. 


Bierwürze.  1097 

sie-Direcior  Riet  seh  bereitet*  Es  wird  nämlich  aus  Gerstenmalz, 
nter  gleichzeitiger  Anwendung  anderer  stärkmehlhaltiger  Materialien, 
rie  Gerste,  Weizen,  Mais,  Kartoffelstärkmehl  u.  s.  w.  eine  Würze  ge- 
ogen,  diese  mit  Hopfen  gekocht  und,  nachdem  sie  sich  durch  Absetzen 
;eklärt  hat,  möglichst  rasch  und  bei  möglichst  niederer  Temperatur, 
lao  am  besten  in  einem  Yacuumapparat  eingedampft  un'd  schliesslich 
ingetrocknet  Die  durch  zwei  heisse  Nachgüsse  erhalteneji  schwachen 
9'achwürzen  werden  sogleich  zum  Einmeischen  einer  neuen  Qnantit&t 
^alz- Getreide- Schrot  verwandt,  um  das  Eindampfen  derselben  zu  um- 
;eben.  Durch  Benutzung  von  verschieden  stark  gedarrtem  Malze  und  ver- 
chiedenen  Mengen  Hopfen  gewinnt  man  Bierstein  für  die  verschiedenen 
Lrten  von  Bier,  wie  för  bayrisches  Bier,  für  Porter,  Ale  n.  s.  w.,  und 
8  steht  natürlich  nichts  entgegen,  auch  ungehopftes  Fabricat  darzustellen. 

Der  Bierstein  ist  gelb  bis  gelbbraun  und  so  spröde,  dass  er  sich 
n  Stücken  zerschlagen  lässt;  er  enthält  in  diesem  Zustande  noch  unge- 
ühr  5  Proc.  Feuchtigkeit,  welche  bei  der  Bereitung  im  Grossen  nicht 
v-ohl  entfernt  werden  können,  ist  aber  vollkommen  haltbar,  wenn  er 
-weckmässig  aufbewahrt  wird.  An  der  Luft  wird  er  feucht,  weich  und 
lebrig;  man  versendet  ihn  deshalb  In  mit  Papier  ausgefiitterten  Fässern 
^der  Kästen,  in  welche  er  heiss,  noch  weich,  gegeben  wird,  damit  er 
ich  der  Form  der  Gefässe  anschliesse.  Sein  Geschmack  ist  aromatisch, 
lopfenbitter.  In  Stücke  zerschlagen  lost  er  sich  in  Wasser,  auf  wel- 
chem er  schwimmt,  ziemlich  leicht  auf.  Die  Lösung  ist  natürlich 
)ine  Bierwürze,  welche  diurch  Gährung  in  Bier  verwafidelt  werden 
:ann,  worüber  das  Specielle  bei  Bier  S.  1058  u.  folgd.  nachzusehen. 

Der  Zweck  der  fabrikmässigen  Bereitung  des  Biersteins  ist,  den 
3rauproce8S  zu  vereinfachen,  die  Anlage  von  Brauereien  weniger 
kostspielig  zu  machen,  die  Darstellung  von  Bier  zu  ermöglichen  unter 
STerhältnissen,  wo  sie  sonst  nicht  möglich  sein  würde.  Bei  der  Anlage 
siner  Brauerei  nehmen  die  Einrichtungen,  Apparate  und  Utensilien  zur 
jrcwinnung  der  Würze  das  meiste  Capital  in  Anspruch,  und  bei  dem 
Sierbranen  verursacht  die  Darstellung  der  Würze  den  grössten  Kosten- 
aufwand. Zur  Verarbeitung  des  Biersteins  auf  Bier  hat  man,  ausser 
Einern  geeigneten  Gährlocale,  nur  Bottiche,  Fässer  und  Hefe  nöthig 
ind  selbst  die  letztere  wird  überflüssig  bei  der  Verwendung  von  hefe- 
laltigem  Bierstein,  der  ebenfalls  zu  haben  ist.  Malzlocal,  Darre,  Meisch- 
^orrichtung,  Pfannen  und  Kühlen  fallen  gänzlich  fort.  Am  besten 
eignet  sich  der  Bierstein  zur  Darstellung  von  Porter  und  ähnlichen 
sieht  feinen  Bieren.  In  Bezug  auf  die  Benutzung  des  Getreidesteins 
in  heissen  Klimaten,  wo  die  Operationen  des  Mälzens,  Meischens  und 
Kählens  nicht  wohl  ausführbar  sind,  muss  man  indess  berücksichtigen, 
liass  sich  sorgfaltig  bereitete  Biere  in  diesen  Klimaten  leichter  aufbe- 
wahren lassen,  als  sich  in  denselben  eine  Biergährung  leiten  und  junges 
Bier  pflegen  lässt,  und  för  die  SchiffTahrt  wird  das  Fabricat  auch  nicht 
len  Nutzen  haben,  von  welchem  man  geredet  hat,  da  es  offenbar  bequemer 
st,  fertiges  Bier  zu  Schiffe  zu  nehmen  als  den  Getreidestein  und  das  er- 
forderliche Wasser.  Auch  kann  nur  der,  welcher  die  Bewegung  eines 
Schiffes  auf  einer  einigermaassen  hoch  gehenden  See  niemals  gefühlt  hat, 
3S  fiir  möglich  halten,  dass  eine  Gährung  auf  dem  Schiffe  gehörig  zu  leiten 
lei  und  so  verlaufen  werde,  dass  ein  klares  Prodact  resultire.  0. 

Bierwürze /S.  Bier  (S.  1041). 


1098  Biformen.  —  Bimsstein. 

B  i  f  O  r  m  e  n  hatte  L  a  1 1  e  m  a  n  d  einen  Kohlenwasserstoff  genannt^ 
den  er  durch  Zersetzung  Ton  au8  Thjmianöl  erhaltenen  Producta 
bekam,  weil  er  fflr  denselben  die  Zusammensetzung  C4lig  annahm;  bei 
wiederholter  Untersuchung  zeigte  es  sich,  dass  dieser  Kohlenwa9^e^ 
Stoff  Ce  Hg,  d.  h.  Propylengas  seL  Fe. 

Biimide  nennt  Gmelin  die  Imide  oder  secundaren  Amide  einer 
zweibasischen  Säure:  A"HN  (s.  Bd.  I,  S.  693). 

Bildstein,  syn.  Agalmatolith  (Bd.  I,1S.  875). 

Bilicholinsäure  s.  bei  Bilin  unter  Galle  und  ba 
Cholinsäure. 

Bilifellinsäure,  syn.  mit  Gallensäure  (s.  d.  Art  od« 

Choleinsäure  von  Demar9ay). 

Bilifulvin  nennt Berzelius  den  rothen  Gallenfarbstoff' (s.  Galle 
und  GallenfarbstofO* 

Bilifulvinsäure  s.  Bilifulvin  unter  Galle  und  Gal- 
le nfarbstoff. 

Bilin  nennt  Berzelius  die  Substanz,  welche  er  als  den  Qaopt- 
bestandtheil  der  Galle  betrachtet  (s.  Galle). 

Biliphaein  nennt  Heintz  den  dunkelbraunen,  in  den  Gallen- 
steinen enthaltenen  und  darin,  wie  es  scheint,  an  Kalk  gebundenen  Farb- 
stoff (s.  Gallensteine  u.  Gallenfarbstoff). 

Biliverdin  nennt  Berzelius  den  grünen  Gallenfarbstoff  (s.  i 
Art.  und  Galle). 

Bilsensäure  nenntPeschier  eine  von  ihm  im  Bilsenkraut  (.^foi- 
cyamuB  niger)  aufgefundene  nach  seiner  Meinung  neue,  aber  nicht  weiter  an- 
tersuchte  Säure,  deren  Eigenthümlichkeit  in  keiner  Weise  nachgewiesen  iit 

Bilsensamenöl,  das  ausgepresste  fette  Oel  von  Hyoscyamut 
niger  gehört  zu  den  trocknenden  Oelen. 

Bimsstein,  Pumej!^  Pumice,  Ponce^  Obsidienne  seoriforme.     Dieses 
vnlcanische  Product  von  poröser,  blasiger  oder  schaumiger  Beschs^es- 
heit,  welches  auch  zum  Theil  gleichlaufend-   oder  verworren  faserigi 
aber  nicht  krystallinisch  erscheint,  klein  muscheligen  bis  ebenen  Bmdi 
hat,  wird  als  eine  Abänderung  des  Obsidian  angesehen,  insoweit  idsq 
dies  nach  dem  Vorkommen,  den  Uebergängen  in  Obsidian,   nach  deo 
Bestand th eilen  und  nach  dem  ähnlichen  Verhalten  bei  Glasflfissen  be- 
urtheilen  kann.     Er  ist  weiss  bis  grau,  gelblich,  bräunlich,  schwän- 
lich,  durchscheinend  bis  an  den  Kanten,  hat  Glasglanz,  cum  Theil 
wachsartigen,  bei  faseriger  Bildung  seidenartigen,  die  Härte  =  5,0, 
das  specif.  Gewicht  =  2,19  bis  2,28,  schwimmt  durch  die  in  den  Po- 
ren eingeschlossene  Luft  auf  dem  Wasser,  ist  sehr  spröde  und  fühh 
sich  rauh  an.     Vor  dem  Löthrohre  ist  er  bald  schwerer,  bald  leichter, 
zum  Theil  unter  Aufblähen  zu  weissem  Email  schmelzbar  und  enthsh 
als  Verschmelzungsproduct    verschiedener   Silicate   die    Bestandtheile 
Kieselsäure  (70  bis  80  Proc),  Thonerde  (10  bis  20  Proc),  Kaü,  Ös- 
tron, Kalk  und  Magnesia,  Eisen-  und  Manganoxyde ,  zum  Theil  auch 
etwas  Wasser  (letzteres  wie  es  scheint  nicht  als  wesentlichen  Bestandtheil) 


Binarkies.  —  Binnit  1099 

sehr  waeheelnden  Mengen.  Der  Bimsstein  findet  sieh  fttr  sich  oder  als 
imsteinporphyr  mit  ansgesonderten  Sanididkrystallen ,  als  Lava  mit 
bsidian,  gewöhnlioh  die  obere  Masse  bildend,  als  Auswürfling  in 
Dnglomeraten  und  Tuffen,  mit  Trachyten  u.  s.  w.,  wie  a\tf  den  Lipari- 
hen  Inseln,  auf  den  griechischen  Inseln  Milo  und  Santoriü;  auf  Tene- 
ffa,  auf  den  Azoren,  in  de^  Bheingegend  bei  Neuwied,  im  Brohlthal, 
»i  Marburg  in  Hessen,  auf  Island,  in  Mexico,  Columbien,  in  Un- 
»m,  in  der  Anvergne  u.  s.  w.  und  wird  yielfach,  namentlich  zum  Ab- 
»hleifen  von  Metallen  u.  dergl.  verbraucht.  K. 

Binarkies,  syn.  mit  Strahlkies. 

Binartheorie  ist  die  Hypothese  genannt,  nach  welcher  die 
üorenhydrate  als  Wasserstoffverbindungen  anzusehen  sind,  welche 
'erfoindungen  in  Salze  Übergehen,  indem  Metall  hier  den  vertretbaren 
Wasserstoff  ersetzt  (s.  unter  Säuren  und  Salze). 

Binellisches  Wassers.  Aqua  Binelli    (Bd.n,S.  158). 

Binnit  heisst  ein  orthorhombisch  krystallisirendes  Mineral  aus 
em  Binnenthale  in  den  Walliseralpen  in  der  Schweiz,  welches  in  dem 
reissen  kömigen  Dolomit  eingewachsen  vorkommt,  selten  deutliche 
prismatische  Krystalle  bildet,  öfterer  dagegen  breite  schilfartige,  na- 
ieli^rroige  bis  faserige  Krystalloi'de,  auch  derb  auftritt,  sehr  spröde  und 
erbrechlich  ist.  Stahlgran  bis  eisenschwarz  oder  bis  licht  bleigrau, 
tark  metallisch  glänzend,  undurchsichtig;  Strich  röthlichbraun,  Härte 
=  2,5  bis  3,0,  specif.  Gewicht  =  5,0  bis  5,5.  Die  wesentlichen  Bestand- 
heile sind  Blei,  Arsen  und  Schwefel,  nur  sind  die  Mengenverhidtnisse 
ron  Damonr,  Sartorius  v.  Waltershausen,  Stockar-Escher,  Na- 
lOD  und  Uhrlaub  abweichend  gefunden  worden  und  dadurch  mancher 
Sweifel  über  diese  Species  entstanden.  Damour  nämlich  analysirte 
sin  graues  metallisches  Mineral  ^),  undeutlich  krystallinische  oder  derbe 
Partien  des  Binnit,  fand  nebenbei  tesserale  Krystalle  von  ähnlicher 
ß*arbe  und  glaubte,  diese  seien  dieselbe  Substanz.  Deshalb  benannte  er 
sin  tesseral  krystallisirendes  Mineral  Dufr6noysit  und  vindicirte  ihm 
»Is*  Bestandtheile  die  des  Binnits,  entsprechend  zufolge  seiner  Ana- 
lyse, der  Formel  2PbS.AsS3.  Später  fand  Sartorius  v.  Walters- 
hausen, dass  in  dem  Dolomit  ein  tesserales  Mineral  vorkomme,  aber 
anders  zusammengesetzt  sei^  als  es  Damour  angegeben  hatte,  dass 
dagegen  ein  ähnlich  aussehendes  graues  bis  eisenschwarzes  Mineral 
viel  häufiger  enthalten  sei,  welches  orthorhombisch  kryatallisirt  und  die 
Bestandtheile  PbS  und  As  Sa  enthalte.  Ihm,  wie  Damour,  war  der 
in  der  Schweiz  gebräuchliche  Name  Binnit  unbekannt  und  er  nannte 
nun  das  orthorhombische  Skleroklas,  den  Namen  Dufr^noysit  filr 
das  tesserale  belassend.  Seine  Analysen  Hessen  ihn  aber  finden,  dass 
die  Bestandtheile  Pb  S  und  As  Sa  nicht  immer  den  von  Damour  gefun- 
denen Verhältnissen  entsprechen  und  so  nahm  er  an,  dass  zwei  isomorphe 
Mischungen,  Pb  S .  AsSa  und  2  Pb  S .  As  Sa,  das  orthorhombische  Mineral 
in  wechselnden  Mengen  zusammensetzen  und  bald  mehr  von  dem  einen, 
bald  mehr  ton  dem  anderen  darin  enthalten  sei.  Diese  beiden  Theile  unter- 
scheidet er  nun  als  Skleroklas  =  2  PbS.  As  Sa  und  als  Arsenome- 


>).  AnnaL  de  cfaim.  et  de  pbys.  [8J  T.  XIV,  S.  379. 


1100  Binopiammon.  —  Biotit 

lan  =  PbS.AsSs.  Die  somit  entstoadene  YerwirruBg  dar  Ni 
wurde  weiter  vermehrt,  indem  Descloizeauz  und  Damonr  jeUkda 
Namen  Dufrönoynt  dem  orthorhorobischen  Minerale  gaben  und  ks 
tesserale  Binnit  nannten,  während  es  allein  richtig  i^t,  Bi  n  n  it  das  oitke- 
rhombische  eu  nennen,  welchen  Namen  ihm  D.  F.  Wiser  Tor  Afl« 
gab,  Dofr^ncysit  aber  das  tesserale su  nennen,  wie  Damonr  es  txmA 
benannte.  Die  Zusaromensetsnng  des  Binnit  onterliegt  einigen  Schwankn- 
gen,  soviel  steht  jedoch  fest,  dass  es  wesentlich  aas  PbSand*AsSs  batikt, 
während  der  tesserale  Dufrenoysit  wesentlich  Co,  As  und  S  enthalt  ^).  k 

Binopiammon    oder    Biopiammon    s.    Opiammon 

(Iste  Aufl.  Bd.  V,  S.  702). 

Biogen  nennt  Desor^)  die  eiweissarlige  Flüsägkeit,  welche  b 
den  Eierstockeiern  niederer  Thiere  (namentlich  in  denen  von  ÄBÖät 
rusticä)  den  Dotter  umgiebt. 

Biotin,    Biotina,    ayn*   mit  Anorthit  (8.    anter  Oii- 

g  o  k  1  a  (j ). 

Biotit/  Magnesiaglimmer,  einachsiger  Glimmer,  Hezs- 
gonglimmer,  rhomboedischerTalk-Glimmer,  Meroxen,  Miott 
ä  un  axe  de  double  rtfracUtm^  liexagonal  Mica,  Magnesia  Mica.  Die 
verschiedenen  mit  dem  Namen  Glimmer  benannten  Minerale  lassen  ntk 
nach  dem  optischen  Verhalten,  auf  welches  der  französische  Physiker 
B i o  t  zuerst  aufmerksam  machte,  und  nach  den  Bestandtheilen unter- 
scheiden, und  unter  diesen  hat  Hausmann  Biotit  den  optisch  einachai- 
gen  Magnesiaglimmer  genannt.  Von  ihm  sind  zunächst  andere  Magnesia^ 
glimmer  zu  unterscheiden,  welche  optisch  zweiachsige  bei  gleicher  che- 
mischer Beschaffenheit  sind.  Der  Biotit  krystallisirt  hexagonal  und  bildel 
meist  tafelartige  Kry stalle,  welche  mit  der  Basisfläche  die  Flächen  dei 
hezagonalen  Prisma   odB  oder  die  Flächen  eines  spitzen  Rhomboeders 
B  =  78^  zeigen,  also'sechsseitige  Tafeln  mit  geraden  oder  mit  ab- 
wechselnd  schiefen  Randflächen  darstellen.      In    der  TnrnialinArige 
zeigen  hinreichend  dünne  Blättchen  ein  System  kreisförmiger  Bing<> 
Die  Krystalle  sind  auf-  und  eingewachsen,  mehr  oder  weniger  deutlich, 
meist  blätterige  Krystalloide,  mannigfacli  gruppirt  und  verwachsen  m 
Massen  mit  krystallinisch  blätteriger  bis  schuppiger  Absonderung.  Sehr 
vollkommen  spaltbar,  parallel  den  Basisflächen,  der  Bruch  darum  nielil 
wahrnehmbar.     Er   ist  gewöhnlich  dunkel  gefärbt,  grün,   braun  hi^ 
schwarz,  selten  lichter,  auf  Krystallflächen  ist  Glasglanz,   zum  Theil 
wachsartiger,  auf  den  Spaltungsflächen  Perlmutterglanz,  zum  Theil  hslb- 
metallischer,  bemerkbar;  gewöhnlich  erscheint  er  undurchsichtig,  dfinM 
Blätter  sind  durchscheinend  bis  durchsichtig;  der  Strich  ist  licht  grün- 
lichgrau bis  weiss;  Härte  =  2,5  bis  3,0,  specif.  Gewicht  =  2,8  bis 
3,0 ;   er  ist  milde  und  in   dünnen  Blättchen  elastisch  biegsam.    Vor 
dem  Löthrohr  ist  der  Biotit  meist  schwierig  zu  graulichem,  schwirv- 
lichem  oder  grünlichem  Glase  schmelzbar  und  zeigt  mit  Borax  zuwa- 
mengeschmolzen  Reaction  auf  Eisen,  im  Kolben  giebt    er  oft  etwsi 
Wasser  und  Spuren  von  Fluor.     lu  Salzsäure  ist  er  wenig,  dagegen 


*)  Kenngottß  Uebers.  1844  —  49,  S.  250;  1854»  S.  184;  1856,  S.  107  ii. 
108;  1856  —  57,  S.  157;  Annal.  d.  Phys.  u.  Chcin.  Bd.  XCVII,  S.  115;  Bd.  C, 
S.  589 ;  AnDal.  d.  min.  T.  VIII,  p.  886.  —  *>  SilUm.  Amer.  Joum.  [8.]  VIT,  p.  S95^ 


Birkenblätter.  —  Birkenholz.  1101 

in  Schwefelsäure  voUständig  zersetzbar,  die  Kieselsaure  in  Form  weis- 
ser, perlmutterartig  glänzender  Blättchen  ausscheidend. 

Vom  Biotit  und  dem  chemisch  gleichen  Phlogopit  (dem  optisch 
zweiachsigen  Magnesiaglimmer)  sind  zahlreiche  Analysen  vorhanden, 
welche  zum  Theil  namhafte  Verschiedenheiten  ergeben  haben.  Aus 
ihnen  hat  sich  aber  mit  grösster  Wahrscheinlichkeit  herausgestellt,  dass 
die  Zusammensetzung  des  Biotit  der  Formel  3  R  O .  Si  O3  -|-  m  (R2  O3  . 
SiOs)  entspricht,  worin  RO  vorherrschend  Magnesia  mit  Kali  und 
Bisenoxydul,  R9  Oj  aber  vorherrschend  Thonerde  mit  Eisenoxyd  dar- 
itellt.  Ausser  diesen  enthalten  sie  abwechselnd  geringe  Mengen  von 
Kalk,  Manganozyden ,  Chromoxyd  und  Wasser,  welches  aber  nicht 
pvesoitlich  dazu  zu  gehören  scheint,  während  etwas  Fluor  als  Vertre- 
t&t  des  Sauerstoffes  bemerkt  worden  ist  ^). 

Der  Biotit  erscheint  selten  als  wesentlicher  Gemengtheil  von  6e- 
i>irg8arten,  so  im  Miascit,  öfter  neben  und  für  andere  Glimmer,  auf 
Liagem,  Gängen ,  eingewachsen,  an  verschiedenen  Fundorten,  und  wird 
>ei  mangelnder  optischer  Bestimmung  oft  mit  dem  Phlogopit  verwechselt.  . 
Besonders  schöne  Krystalle  sind  die  von  Monroe  in  New- York  in  Nordame- 
!ikl^  auch  die  vom  Baikalsee,  von  Korosnlik  in  Grönland ;  die  in  Auswürf- 
ingen des  Vesuvs  u.  a.  lassen  sich  deutlich  als  Biotit  erkennen.         K, 

Birkenblätter  (v.  Betula  alba)  enthalten  ätherisches  Oel  (nach 
Grrossmann  0,3  Proc),  Gerbstoff  und  einen  bittem  gelben  Farbstoff. 

Birkencamphor  s.  Betulin. 
Birkenharz  s.  Betuloretinsäure. 

Birkenholz.  lOO  Thle.  trockenes  Holz  geben,  nach  Kar- 
iten,  0,25  bis  0,3  Asche,  nach  Berthier  1,0;  nach  Letzterem  enthält 
lie  Asche  in  100  Thln.  16  lösliche  und  84  unlösliche  Salze,  Wit- 
fing^  hat  die  Asche  von  Birkenholz  analysirt,  das  auf  verschiedenem 
^oden  gewachsen  war ;  L  von  Birkenholz  von  einer  palagonitschen, 
kus  verwitterten  vulkanischen  Gebirgsmassen  entstandenen  Erde,  von 
Ikureyri  auf  Island;  II.  von  Holz  von  einem  sterilen  Kalkboden,  der 
l^iischelkalkformation  angehörend,  von  Morschen  in  Kurhessen ;  III.  von 
lolz  von  einer  sandreichen,  der  Sandsteinformation  angehörenden  Erde, 
ron  Marburg  in  Kurhessen. 


L 

n. 

IIL 

Kali 

.     12,8 

5,7 

14,8 

Natron  .     .     .     < 

1,6 

1,2 

2,8 

Kalk      .     .     .     . 

.     26,7 

46,9 

— 

Magnesia   .     .     . 

2,2 

1,7 

11,8 

Thonerde   .     .     , 

1,4 

o;4 

Eisenoxyd .     .     . 

0,8 

0,4 

Manganoxyd  . 

Spuren 

1,7 

3,8 

Schwefelsäure 

0,02 

"^^ 

2,8 

^y  Sammelsberg's  HandwOrterb.  d.  ohem.  Theils  d.  Mineralogie.  —  GlimmeT 
ind  die  SupplMnente  Bd.  I,  S.  60;  Bd.  11,  S.  M;  Bd.  III,  S.  48;  Bd.  lY,  S.  76; 
id.  V.  S.  116.  —  KenngoU's  Uebers.  d.  mineral.  Forschungen,  1844  —  1949,  S.  96; 
1850  —   1861,  S.  70;  1868,  S.  64;  1864,  S.  74;  1866,  S.  47. 

*)  KeUer  8  u.  Tiederamnn's  nordimer.  Monatsschrift  f.  Natur-  u.  Heilkunde,  Heft 
f  u.  VT;  Pharm.  Oentralbl.  1851,  S.  404.  Hier  sind  zugleicfh  die  Analysen  der 
iodensrten  angegeben. 


1102 


irkenöl,  ätherLsc 

shes,  - 

-  Birkenrinde 

I. 

IL        UI. 

Kieselerde .     .     . 

2,9 

1,5           4,0 

Kohlensäure    .    . 

18;8 

24,6         12,9 

Fhosphorsänre     • 

8,1 

4,2         16,6 

Waaser  .... 

4,1 

7,1           9,8 

Kohle    •     .     .     . 

0,6 

0,4           0,5 

Sand      •     .     •     • 

19,8 

2,4           4,7 

Fe. 

Birkenöl,  ätherisches.  Es  scheint,  dara die vorschiedeiMii 
Theile  der  Birke  ätherisches  Oei  enthalten« 

Ein  ätherisches  Birkenblätteröl  wird,  nach  GrassmaDn  i), 
dnrch  Destillation  der  jungen  Blätter  und  der  Knospen  der  BeUda  ofta 
mit  Wasser  gewonnen.  Es  ist  frisch  bereitet  farblos,  färbt  sich  aber 
an  der  Luft  allmälig  gelb,  es  zeigt  den  eigenthämlichen  balaamlBehen 
Geruch  des  eben  entwickelten  Birkenlaubes,  und  einen  anfiB^ngs  inildiSB 
und  süsslichen,  hintennach  balsamischen  und  brennenden  Geschmaek. 
Bei  -|-  14^  C.  ist  es  dünnflüssig,  bei  0^  C.  wird  es  dickflüssig,-  und  er^ 
starrt  bei  —  10^  C.  zu  einer  festen,  nicht  krystallinischen  Masse.  Es 
löst  sich  in  Alkohol  leichter  als  in  Aether;  Wasser  soll  dem  Oel  ein  Stea- 
ropten  (?)  entziehen. 

Ein  ätherisches  Birkenrindenöl  aus  der  Rinde  der  sahen 
Birke  (^Betula  lerUa%  einem  in  Nordamerika  einheimischen  Baum,  doreb 
Destillation  mit  Wasser  erhalten,  soll  mit  dem  Gaultheriaöl  (s.  d.  A.) 
identisch  sein;  es  ist  nicht  fertig  gebildet  in  der  Binde  enthalten,  son- 
dern entsteht,  ähnlich  wie  Senföl  und  Bittermandeldl,  aus  einer  kxy- 
stallinischen,  geruchlosen  Substanz,  dem  Gaultherin  (s.  d.  A.)  durch 
Einwirkung  eines  Ferments  unter  Einfluss  von  Wasser  (Procter*). 

Birkenöly  brenzliches,  s.  Birkentheer* 

Birkenrinde.  Die  weisse,  leicht  sich  ablösende  Epidermis 
der  Birkenrinde  enthält,  nach  Gaultier,  Harz,  Gerbsäure,  Extracdv- 
stoffe  und  Asche,  welche  letztere  hauptsächlich  Eisenozjd,  Kieselsäure 
und  Kalk  enthalten  soll. 

Die  ganze  Birkenribde  ist  früher  unvollständig  von  John*)  iin> 
tersucht  (sie  enthält  nach  ihm  ^/g  Harz,  ausserdem  Gerbstoff,  wes- 
halb sie  sowohl  zum  Gerben  von  Leder,  als  zum  Schwarzfarben,  na- 
mentlich von  Seide,  verwendet  wird),  später  von  Stähelin  und  Höch- 
st ett  er  ^),  welche  mittelst  verschiedener  Lösungsmittel  einzelne  amor- 
phe Stoffe  daraus  dargesteUt  haben,  deren  Eigen thümlichkeit  aber 
nicht  hinreichend  erwiesen  ist.  Die  rothbraune  Borke  von  dem  unte- 
ren Stamm  eines  alten  Baumes,  in  welcher  sich  eine  weisse,  harsartige 
Substanz  durch  das  Gesicht  erkennen  lässt,  giebt  für  sich  an  Wasser 
kaum  lösliche  Bestandtheile  ab,  wenn  sie  nicht  vorher  mit  Aether  behan- 
delt war.  Zur  Trennung  der  einzelnen  Körper  ward  sie  nach  einander 
mit  Aether,  mit  Alkohol,  und  zuletzt  mit  wässerigem  Kali  behandelt 

Wird  die  trockene  Rinde  mit  Aether  behandelt,  so  zieht  dieser 
ein  beim  Verdampfen  als  gelbe  amorphe  Masse  zurückbleibendes  Harz  aiff, 
dem  kochendes  Wasser  eine  geringe  Menge  einer  gelben  Substans  ent- 


0  Bepertor.  d.  Pharm.  Bd.  XXXIQ,  S.  887.  •—  *}  Amer.  Journ.  of  pbmrm.  Jtii. 
1844;  Bepert.  d.  Phftrm.  Bd.  XC,  8.  211.  —  *;  R«pert.  d.  Ph»rm.  Bd.  XXXm« 
S.  827.  —  «)  Annal.  d.  Ghem.  u.  Pharm.  Bd.  LI,  S.  79. 


Birkensaft.  —  Birkenschwamm.  1103 

zieht;  das  znrückbleibende  Harz  hat  dieZiisammen8etzang=  C40H80O4, 
dieselbe  wie  die  Sylvinsäure;  es  ist  gelblich  weiss,  amorph,  geruch- 
and  geschmacklos,  es  löst  sich  schwer  und  nur  in  heissem  Alkohol, 
leichter  in  Aether,  es  schmilzt  bei  höherer  Temperatur  und  entwickelt 
beim  stärkeren  Erhitzen  einen  schwach  aromatischen  Geruch.  Von 
verdünnten  Alkalien  wird  es  nicht  gelöst. 

Der  Farbstoff  wird  erhalten,  wenn  man  die  mit  Aether  erschöpfte 
Birkenrinde  mit  Alkohol  behandelt,  und  dem  beim  Abdampfen  blei- 
benden braunen  Rückstand  durch  Einwirkung  von  Aether  zuerst  alles 
darin  Lösliche  entzieht;  der  Bückstand  wird  dann  in  wenig  Alkohol 
gelöst  und  allmälig  unter  Umrühren  heisses  Wasser  zugesetzt.  Der 
Farbstoff  scheidet  sich  hierbei  als  rothbrauner  Niederschlag  ab,  welcher 
bei  der  Elementaranaljse  Zahlen  giebt,  die  der  Formel  020^8  08*^1^^ 
sprechen.  Diese  in  Wasser  und  auch  in  Alkohol  unlösliche  Substanz 
zeigt  alle  Eigenschaften  des  aus  Fichtenrinde  dargestellten  Phlobaphen  <) 
(s.  Iste  Aufl.  Bd.  VI,  226). 

Durch  Ausziehen  der  mit  Alkohol  und  Aether  erschöpften  Birken- 
rinde mit  verdünntem  Alkali  und  Fällen  der  Flüssigkeit  mit  verdünn- 
ter Schwefelsäure  wird  ein  rothbrauner  Niederschlag  von  der  Zusam- 
mensetzung C30 11909  erhalten;  frisch  gefällt,  ist  er  in  Wasser  tfnd  in 
Essigsäure  löslich ;  einmal  getrocknet,  löst  er  sich  auch  beim  Sieden  nicht 
mehr  in  diesen  Flüssigkeiten,  auch  in  Mineralsäure  ist  er  unlöslich,  in 
Alkohol  löst  er  sich  schwer,  leichter  in  verdünnten  Alkalien;  Ealk- 
nnd  Barytsalze  föUen  die  ammoniakalische  Lösung  vollständig,  der 
Niederschlag  ist  rothbrann.  Fe, 

Birkensaft,  Birkenwasser,   wird  in  ähnlicher  Weise 

wie  der  Ahornsaft  (s.  Bd.  I,  S.  388)  durch  Anbohren  der  Stämme  von 
Betuda  alba  im  Februar  und  März  erhalten.  Eine  mittlere  Birke  soll 
etwa  8  Liter  Saft  geben  (Gdisseler).  Dieser  Saft  enthält  hauptsäch- 
lich Zucker,  ausserdem  Stickstoff  haltende  Substanzen  und  verschiedene 
Salze,  darunter  auch  saures  weinsanres  Kali;  er  wird  an  der  Luft  sehr 
schnell  sauer  und  geht  leicht  in  Gährung  über.  Man  verwendet  den 
Saft  in  einzelnen  Gegenden,  z.  B.  am  Harz,  in  Kor-  und  Liefland,  zur 
Darstellung  einer  weinigen  Flüssigkeit,  besonders  eines  moussiren- 
den  Weines ;  man  kocht  den  frischen  Saft  alsbald  ein  unter  Zusatz  von 
Zacker  oder  Honig,  setzt  die  Masse  durch  Zusatz  von  Hefe  in  Gäh- 
mng,  und  füllt  die  Flüssigkeit,  sobald  die  Hauptgähmng  vorüber  ist, 
zur  Nachgährung  in  Flaschen,  wo  dann  diese  langsam  stattfindet,  so 
dass  die  Flüssigkeit  in  der  gut  verstopften  Flasche  mit  Kohlensäure 
übersättigt  wird,  und  beim  Oe£fnen  der  Flaschen  stark  moussirt  i).     Fe. 

Birkenschwamm.  Nach  J.  Wolff^)  enthält  der  Birken- 
schwamm  Holzfaser,  Phlobaphen,  Fett,  Bitterstoff,  unkrystallisirbaren 
Zucker,  Gerbstoff,  Aepfelsäure,  Weinsäure  und  Citronsäure;  die  letzte- 
ren drei  Säuren  sind,  nach  ihm,  die  früher  als  Schwammsäure  und  Bo- 
letsäure  (s.  d.  Art.)  bezeichneten  Körper.  Der  Schwamm  enthält  15,8 
Proc.  Wasser  und  1,2  Proc.  Asche,  welche  letztere  in  100  besteht,  aus: 
Kali  5,0;  Natron  4,1;  Kalk  48,8;  Magnesia  5,5;  Thonerde  8,1;  Eisen- 


^)  DiogUr's  polyt  Joarn.   Bd.  VII,  S.  484.   —   ^  Vierteljahrschrift  f.  prakt. 
Phann.  Bd.  III,  S.  I. 


1104  Birkentheer,  —  Birkenwasser. 

oxyd  1,6;  Schwefels&nre  4,4;  Chlor  0,6;  Phosphors&nre  15,6;  Kief^ 
sänre  4,7;  Kohlensäure  15,9.  Fe. 

Birkentheer,  Dagged,  schwarzer  Degen,  achwaner 
Doggert  oder  Deggelt,  Eirkenftheeröl.  In  Rnssland  and  andeno 
nordlichen  Ländern  wird  die  Binde  der  weissen  Birke  zur  Darstelliuig 
des  Theers  bei  der  Verkohlung  einer  Art  absteigenden  DeatilUtioo 
unterworfen;  indem  nian  sie  in  20  bis  25  Fuss  tiefen  Graben,  die  Mb 
nach  unten  verengen  und  dort  Abflussröhren  haben,  fest  einstampft, 
zuerst  mit  Stroh  und  dann  mit  einer  Decke  von  Basen  nnd  Erde  be- 
deckt, in  welch  letzteren  Löcher  angebracht  sind,  die  zum  AnziuideB 
und  zum  Beguliren  des  Zuges  wie  bei  den  Kohlenmeilern  dienen.  Dm 
Rinde  giebt  hier  60  bis  70  Proc.  Theer,  welcher  ausser  brenzlicheo 
ölartigen  Producten  auch  Betulin  enthält;  er  ist  brattnsch¥rarz,  zioa- 
lich  dikflüssig,  von  eigenthümlichem  Geruch,  dient  zum  Anatreichen  von 
Holz  u.  8.  w.,  namentlich  zum  Einschmieren  des  sogenannten  Juchtea- 
oder  Juftenleders,  und  dann  auch  als  Wagenschmiere,  weil  er  selbst  bei 
starker  Kälte  nicht  merklich  an  Flüssigkeit  verliert. 

Durch  Destillation  des  Theers  wird  ein  braunes,  stark  riechendes  und 
sauer  reagirendes  Oel  erhalten.  Bei  der  Bectification  desselben  geht  bei 
etwa  100^  C.  zuerst  hauptsächlich  ein  flüssiger  Kohlenwasserstoff  über  vob 
der  Zusammensetztung  des  Terpentinöls  gemengt  mit  Sauerstoff  haltendea 
Oel,  dessen  Menge  iauner  zunimmt,  so  dass  der  Sauerstoffgehalt  des  ganm 
Destillats  von  1  bald  auf  7  und  mehr  I^rocent  steigt,  während  der  KoUec- 
Stoffgehalt,  der  anfangs  87  Proc.  betrug,  umgekehrt  abnimmt.  Dor^ 
Waschen. des  Destillats  mit  Kalilauge,  wodurch  es  seine  saure BeaeüoD 
verliert,  Destillation,  mehrmaliges  Behandeln  mit  Kalkwasser  und  Be^ 
tificiren  in  einem  Kohlensäurestrom  wird  endlich  ein  farbloses  Gel 
erhalten,  dessen  Zusammensetzung  dieselbe  wie  die  des  Terpentböh 
ist  =  C90H16;  es  riecht  auch  dem  Terpentinöl  ähnlich,  aber  angeoek- 
mer  als  dieses,  und  weniger  stark,  zugleich  an  Birkenrinde  erinnernd; 
es  hat  ein  specif.  Gewicht  =  0,87  bei  20^  C,  ist  wenig  löslich  in  Wa^ 
ser,  leicht  in  Alkohol  und  Aether;  es  siedet  bei  156^  C,  das  specif.  Ge- 
wicht des  Dampfes  ist  =  5,2  gefunden  (berechnet  auf  4  Vol.  zu  4,8). 
Bei  —  16^0.  setzt  das  Oel  etwas  Stearopten  ab.  Es  absorbirt  an  der 
Luft  rasch  Sauerstoff,  und  verwandelt  sich  dabei  unter  Abscheidoog 
von  wenig  Kohlensäure  in  eine  harzartige  Masse.  Das  Oel  absorbirt 
32  Proc  Chlorwasserstoffgas,  ohne  aber  eine  krystallisirbare  Verbin- 
dung zu  bilden.  Durch  Erhitzen  mit  dem  8-  bis  lOfacben  Volameo 
verdünnter  Salpetersäure  wird  es  unter  Entwickelung  von  Blaussore 
oxydirt,  es  bilden  sich  zwei  harzartige  saure  Körper,  beide  in  Alkohol 
löslich,  aus  welcher  Lösung  der  eine  sich  als  körnige.  Masse  abschei- 
det, während  eine  röthliche  Substanz  gelöst  bleibt;  beide  Harze  ver- 
binden sich  mit  Basen. 

Das  Betulin  (C4oH8tOs;  S.  1028)  kann  der  Zusammensetzung  luch 
aus  diesem  Camphen  durch  Oxydation  entstehen,  auf  künstlichem  Wege 
es  daraus  darzustellen,  gelang  aber  bis  jetzt  nicht  (Sobrero  ^).       Fe» 

Birkenwasser  s.  Birkensaft. 


^)  Journ.  de  pharm,  et  chiin.  T.  H,  p.  207;  AnnAl  d.  Cbem.  u.  PhtnP. 
Bd.  XLIY,  S.  121.  Sobrero  hat  hier  das  specifische  Gewicht  des  Dampfes  ia 
Folge  eines  Schreibfehlers  su  5,8  be]^echnet. 


Birkenwein.  —  Bimenöl.  1105 

Birkenwein  s.  Birkensaft. 

Birnen.  Die  Frucht  von  Pyrus  communis  ^enih&U  die  gewöhn- 
lichen Bestandtheile  der  Früchte:  Zucker,  Oel,  Pektin  und  Pektinsäure, 
Aepfelsäure,  Aschenbestandtheile,  Eiweiss  u.  s.  w. ;  manche  Sorten  W/e- 
nigatens  enthalten  unstreitig  auch  Gerbsäure.  Vor  dem  Reifen  soljen 
die  Birnen  auch  Stärkmehl  enthalten,  doch  zeigt  sich,  nach  Berzelius, 
nicht  die  blaue  Färbung  auf  Jodzusatz.  Der  ausgepresste  Birnsaft  ent- 
hielt, nach  Versuchen  von  Falsst  und  Marx  in  den  Jahren  1849  und 
1 857,  bei  verschiedenen  Sorten  reifer  Birnen  übereinstimmend  7  bis  ge- 
gc!h  12  Proc.an  trockenem  Zucker  (C12Ä12OJ2).  Wolff  *)  erhielt  (1856) 
bei  der  Analyse  von  10  Birnensorten  8  bis  11  Proc.  Zucker  und  im  Gän- 
sen 16,0  bis  24,0  trockene  Substanz  auf  84,0  bis  76,0  Wasser.  Lenssen 
und  Seelheim  ^)  erhielten  1854  und  1855  bei  der  l^othbirne  7,0  bis 
7,9  Zucker  und  83,0  bis  83,9  Wassei;,  Die  Durchschnittsresuhate  von 
Wolff  (I)  und  von  Lenssen  und  geelheim  (II)  sind  folgende: 


Wasser.      Trockene    Unlösliche 

Im  Saft 

Zucker.      Pektin         freie 

Subst         .Subst. 

gelöste 
i^ubst. 

Eiwciss  u.    Säure. 

Salze  etc. 

L  80,0           20,0           6^5 

13,4 

9,3            3,0            0,6 

TT.  83,5           16,5           4,6 

11,9 

7,5            4,1            0,04 

■ 

Die  abgenommenen  Früchte  reifen  beim  Liegen  nach;  bei  zu  lan- 

gem Liegen  nimmt  aber  der  Zuckergehah 

;  und  dann  auch  der  Wasser- 

gehalt  ab.    B^rard  erhielt: 

• 

Reif  n.  frisch 

Mürbe          Weich  nach  zu 

9                  gebrochen : 

langem  Liegen. 

Wasser     .     .     .     86,3 

83,9                  62,7 

Zucker     ...       6,5 

11,5                    8,8 

Gummi  etc.  .     .       3,2 

2,0                    2,6 

Aepfelsäure .     :       0,1 

0,1                    0,6 

Chlorophyll .     .       OfiS 

, 

0,02                 0,04 

£iweisB  etc..     •       0,1 

» 

,  0,3                    0,2 

Kalk  ....       0,08 

0,04                  0,05 

Die  frischen  Birnen  enthalten,  nach  Th.  Richardson'),  0,4Proc. 
Asche;  100 Thle. desselben  enthalten:  Kali  ^4,7;  Natron  8,5;  Kalk 8,0; 
Magnesia  5,2;  Schwefelsäure  5,7;  Kieselerde  1,5;  Phosphorsäure  15,3; 
Phosphorsaures  Eisenoxyd  2,0.  Fe. 

Birnenessenz.  Birnenol,  Jargoneü-pectr  oiL  Mit  diesen^ Na- 
men hat  man  eine  verdünnte  weingeistige  Lösung  von  essigsaurem  Amyl-* 
oxyd  bezeichnet,  welche  auffallend  den  Geruch  und  Geschmack  nach 
Bergamottbimen  zeigt,  und  deshalb  zum  Aromatisiren  von  Zucker  und 
dergleichen  angewandt  ist. 

Man  löst  15  Thle.  essigsaures  Amyloxyd  (s.  d.  unter  Essigsäure), 
welches  frei  von  Fuselöl  sein  rouss,  und  1,5  ThI.  essigsaures  Aethyldxyd 
in  100  bis  120  Thln.  fnselfreien  Weingeist  Fe. 

Birnenöl  s.  Birnenessenz. 


^)  Dingler's  Jonrn.  Bd.  CXL,  S.  819;  Chem.  Centralbl.  1867,  S.  13. 
^  AniMl  d.  Chem.  n.  Pharm.  Bd.  Gl,  S.  281.  — >  ')  Annal.  d.  Chem.  u.  Piarm. 
Bd.  LXVII,  Anhang. 

HandwOitarbBch  d«r  Chemie.  3te  Aufl.  Bd.  II.  70 


1106  Bisam,  .—  Bitterkalk. 

Bisam,  syn.  Moschus. 

Bisam,  künstliches,  s.  unter  Bernsteinöl  S.  980. 
Bisihäthyle   s.   unter  Wismuth  organ.  Radicale. 

Bismuth,  syn.  Wismuth. 

« 

Bismuthaurit  s.  Wismuth-Gold. 
Bismuthin,  syn.  Wismuthglanz. 
Bismuthit  s.  Wismuthspath. 
Bismutit  s.  Wismuthspath. 

Bissa-Bol,  ein  der  Myrrhe  ähnliches  arabisches  Gammiban 
(Vauglan^). 

Bissen,  Boll  nannte  man  früher  in  den  Apotheken  mehr  oder 
weniger  grosse  Kngeln  von  der  Grosse  einer  Erbse  bis  zu  der  einer 
kleinen  Faust,  welche  aus  sehr  steifer  Latwerge,  aus  Pulver  mit  Honig 
oder  mit  einem  Extract  angeknetet,  geformt  waren. 

Bister^)  nennt  man  eine  braune  Farbe,  die  in  der  Wassermalerei 
Anwendung  findet  und  aus  Glanzmss  gewonnen  wird. 

Man  wählt  unter  dem  Glanzruss  die  dichtesten,  am  meisten  er- 
hitzten und  dadurch  trockensten  Stöcke  aus,  pulvert  dieselben  imd  ztr* 
reibt  das  Pulver  sorgfältigst  mit  Wasser,  lässt  dasselbe  sich  völlig  kla- 
ren und  giesst  es  ab.  Dadurch  sind  die  meisten  in  Wasser  loslichen 
Salze,  namentlich  kohlensaures  und  essigsaures  Amtnoniak  so^e  au^h 
ein  Theil  der  brenzlichen  Oele  entfernt.  Man  Übergiesst  nocb  einige 
Male. mit  siedendem  Wasser,  um  dies  Extrahiren  möglichst  vollständig 
zu  bewirken.  Dann  rilhrt  man  das  feine  Rosspnlver  in  kaltem  Wasser 
auf,  g^ieast  die  trübe  Flüssigkeit  nach  5  Minuten  in  ein  anderes  Gefts^ 
wiederholt  dies  noch  zweimal  nach  Verlauf  derselben  Zeit  und  lasst 
dann  die  trübe  Flüssigkeit  sich  ganz  klären.  Den  Absatz  versetzt  man 
mit  etwas  Gummi  arabicum  und  trocknet  die  so  erhaltene  Farbe,  wel- 
che  der  chinesischen  Tusche  sich  ähnlich  verhält,,  nur  braun  ststt 
schwarz  ist.  V, 

Bisuccinamid  s.  Succinimid  unter  Bernsteinsäore- 
amide. 

Bittererde  s.  Magnesia. 

Bitterfenchelöl,  das  ätherische  Oel  von  Bitterfenchel  iFhd- 
landrium  aquaücum)  s.  unter  Fenchelöl. 

Bitterkalk,  Bitterkalkspath,  Bitterkalkstein,  Bitter- 
spath,  Braunspath,  Braunkalk,  Perlspath,  Rautenspath,  Do- 
lomit, Atiemit,  Tharandit,  Gurhofian,  Konit,  Eisenbitterkalk« 
Eisenbraunkalk^   Eisenbitterspath,    Rauhkalk,   Stinkdoloroit, 


p  Pharm.  Joum.  And  Tran»act.  T.  XIT,  p.  227 1  Pbann.  CeatralbL  U62,8.94l 
')  Dlngler'i  polrt.  Joum.  B<1.  XT.  8.  508  a.  Bd.  XXVI,  8.  17«. 


Bitterkeit  1107 

Stinkbitterkalk,  Bitterkalkmergel,  Talkspath,  makrotjpes 
Kalk-Haloid,  enmetrischer  Karbonspath,  dimerischer  Kar- 
^onspath,  Chanx  carbonatee  fnagnestfere,  Chernx  carbonatS  ferro-mangane- 
rifirSf  Dolome^  PearUSpat^  Bitter' Spar.  Diese  Mineratspecies  kry^talli- 
lirt  hexagonal,  rhombo^driach ,  isomorph  oder  homoomorph  mit  dem 
fCalkfipath  oder  Calcit,  die  GrnndgeBtalt  ist  ein  stumpfes  Rhomboeder, 
%  r=  1060  18'  (im  Mittel).  Die  Krystalle  zeigen  vorzOglich  RhomboSder 
[t,  oder  spitzere  und  stumpfere  in  Combinationen ,  woran  auch  oft  die 
Basisfl&che  0  R  und  das  hexagonale  Prisma«  oo  R  vorkommen.  Das 
Ethombogder  R  gewöhnlich  mit  mehr  oder  weniger  sattelförmig  gebogenen 
ß*Iächen9  Vs^'  ^^^'  linsenförmig  ausgebildet.  Die  Krystalle  sind 
iuf-  und  eingewachsen,  einzeln  und  gruppirt,  verwachsen  zu  kugeligen, 
lalbkugeligen,  traubigen,  nierenförmigen,  zelligen  u.  a.  Gestalten ,  auch 
lerb,  Massen  mit  krystnllinisch-kömiger  Absonderung  bildend,  die  oft 
.Öcherig  nnd  porö^  zuckerartig  sind,  auch  dicht  und  erdig.  Spaltbar 
parallel R,  die Spaltnngsflächen  meist  gekrümmt;  Bruch  muschelig,  un- 
eben, splitterig  und  erdig.  Farblos,  weiss,  grau,  gelb  und  anders  ge- 
arbt,  meist  licht,  glasartig  glänzend,  oft  perlmutterartig  hU  wachsartig, 
glänzend  bi»  matt,  durchsichtig  (selten)  bis  undurchsichtig,  Strieh  weiss 
>der  graulich.  Härte  =  8,5  bis  4,6,  die  Dichte'  durch  kieselige  Bei- 
mengung auch  bis  Ö,ö,  spröde,  specif.  Gewicht  =  2,8  bis  8,0.  Die 
chemische  Constitution  wird  am  besten  durch  die  Formel  (Ca,Mg)0 .  CO« 
lasgedrückt,  welcher  keine  bestimmte  Procentzahl  entspricht,  oder  im 
Mittel  durch  Ca  O .  C  O,  -f-  Mg  O .  C  0.2.  Die  sehr  zahlreichen  Analysen 
haben  bedeutende  Schwankungen  der  beiden  Hanptbestandtheile  ergeben, 
wodurch  einerseits  Usbergänge  ii1  den  Calcit,  andererseits  in  den  Mag- 
nesit gebildet  werden ,  welche  gleichzeitig  mit  Schwankungen  in  den 
IVinkeln  verbunden  sind.  Ausser  Kalk  und  Magnesia  kommen  noch 
ifters  Eisen-  und  Manganoxydul  als  stellvertretende  Bestandtheile  in 
iDtergeordneten  Verhältnissen  dazu,  auch  sind  Beimengungen  verschie- 
lener  Art  nicht  selten.  €ranze  Stücke  mit  Salzsäure  befeuchtet  zeigen 
cein  oder  nur  sehr  schwaches  Brausen,  wogegen  der  Bitterkalk  als 
Pulver  in  erwärmter  Säure  vollkommen  mit  Brausen  löslich  ist;  die 
Anflösong  giebt  mit  Schwefelsäure  einen  bedeutenden  Niederschlag 
Ton  Gyps,  die  Magnesia  lässt  sich,  nach  Entfernung  desselben  durch 
ß'iltration,  durch  phosphorsanres  Natron  mit  Zusatz  von  Ammoniak  fäl- 
en.  Vor  dem  Löthrohre  ist.  der  Bitterspath  unschmeUbar  und  brennt 
lieh  kaustisch.'  Das  sehr  feine  Pulver  einige  Minuten  auf  Platinblech 
Iber  der  Spiritusdamme  geglüht,  bleibt  locker,  sich  während  des  Glühens 
)twas  aufblähend.  —  Der  Bitterkalk  kommt  häufig  vor  und  bildet  als 
crystallinisch-kömiges  bis  dichtes  Aggregat  (Dolomit  vorzugsweise  ge- 
lannt)  Gebirgsmassen,  oder  Lager,  Gänge  und  Stöcke  in  anderen. 
Crystallisirt  findet  er  sich  an  verschiedenen  Orten  und  wird  nach  dem 
verschiedenen  Aussehen  und  den  vorkomm  enden  Nebenbestandtheilen 
ider  Beimengungen  verschieden  benannt  K. 

Bitterkeit.  Eigenthümliche  Empfindung  der  Geschroacksorgane, 
lie  vorzugsweise  mit  dem  hintern  Theile  der  Zunge  und  im  Gaumen 
wahrgenommen  wird  und  länger  ändanert  als  jeder  andere  Geschmack. 
jn  Gegensatz  zur  Süssigkeit  erzeugt  die  Bitterkeit  durch  die  Geschmacks- 
»rgane  eine  den  Meisten  unangenehme  Empfindung.  Der  bittere  Ge- 
«hoiack  ist  entweder  ein  sogenanntes  reines  Bitter,  oder  er  ist  durch 

70* 


1108    Bitterklee.  —  Bittermandelöl,  ätherisches  etc.. 

Beiinischang  von  Süss;  Sauer  u.  a.  tn.  modificirt  nnd   dadureh  hiiifig 
noch  unangenehmer,  ekelerregend. 

Die  Bitterkeit  einer  Substanz  weist  nicht,  wie  der  saure  Geschmack, 
auf  einen  bestimmten  chemischen  Charakter  derselben  oder  eines  ihrer 
Bestandtheile  hin,  noch  steht  sie  in  einem  nachweisbaren  ZuaammeB- 
hange  mit  den  übrigen  Eigenschaften  eines  Körpers.  Sie  findel  sieii 
vorzugsweise  in  dem  Pflanzenreiche  und  dessen  Producien,  nnd  eina 
Reihe  ähnlicher  Stoffe  aus  demselben  hat  den  Namen  der  Bitterstoff« 
erhalten.  Manche  vegetabilische  Basen  zeichnen  sich  durch  einen  bit- 
teren Geschmack  aus.  Auch  viele  ätherische  Oele  «besitzen  einen  Ge- 
schmack, der  bitter,  zugleich  aber  brennend,  scharf,  aromatiadh  ist 
Die  durch  Einwirkung  von  Salpetersäure  auf  verschiedene  organi- 
sche Substanzen  entstehenden  Nitroverbindungen  zeigen  oft  einen  sehr 
starken  bitteren  Geschmack.  Das  Thierreich  liefert  einen  bitteres 
Stoff  in  der  Galle.  In  der  anorganischen  Natur  sind  es  unter  ande- 
ren die  Salze  der  Magnesia  oder  Bittererde,  die  einen  bittem  6e> 
schmack  besitzen. 

Bitterklee,  Fieberklee;  Bwha  Trifoln  ßMnL  Unter  die- 
sem Namen  ist  das  Kraut  von  Menycmthea  trifoUata  in  der  Medicin  ge- 
bräuchlich. Nach  der  Untersuchung  von  Trommsdorff  enth&lt  der 
ausgepresste  Saft  desselben:  einen  nicht  näher  untersncfaten  extradh 
ven  Bitterstoff,  Menyanthin  genannt;  Jnulin;  eine  eigene  Stickstoff* 
haltige  Materie;  braunes  Gummi;  ^  Eiweiss;  Blattgrün;  Aepfelafinre; 
essigsaures  Kali.  —  Der  Saft  wird  in  der  Heilkunde  sowohl  fiir.  sieh, 
als  auch  zu  Extract  .verdampft  angewendet,  und  letzteres  ist,  da  es  kei- 
nen Gerbstoff  enthält,  vorzugsweise  geeignet,  den  Eisensalzen  zngO' 
setzt  zu  werden. 

Bittermandelöl,  ätherisches  oder  flüchtiges,  unge- 
reinigtes oder  rohes.  Wir  bezeichnen  hier  als  ungereinigtes  äthe- 
risches Qittermandelöl  das  flüchtige  Oel,  wie  es  unmittelbar  dnrch  De- 
stillation von  bitteren  Mandeln  u.  s.  w.  erhalten  wird.  Es  enth&lt  als 
Hauptbestandtheil  Benzoylwasserstoff,  daneben  als  nie  fehlend  nnd  we- 
sentlich Cyanwasserstoff. 

Das  Oel  wird  bei  der  Destillation  von  bitteren  Mandeln  mit  Was- 
ser erhalten,  in  geringerer  Menge  aus  den  Blättern  von  IVunua  lenoih 
cereuuSf  den  Blüthen,  der  Binde  und  den  Kernen  von  Prunus  pädus^  des 
Blättern  und  Kernen  vpn  Amygdalus  persica^  den  Kernen  der  Kirschen 
u.  s.  w;  nach  Wicke  (s.  Bd.  I,  S.  762).  geben  viele  Pomaceen  und 
Amygdaleen  bei  der  Destillation  mit  Wasser  das  gleiche  Oel.  Es  ist 
durch  die  Untersuchungen  von  Robiquet,  besonders  aber  von  Liebig 
und  Wohl  er  unzweifelhaft  erwiesen,  dass  das  Oel  erst  bei  der  Ein- 
wirkung von  Wasser  und  Eraulsin  durch  Zersetzung  des  in  den  Pflanzen- 
Stoffen  enthaltenen  Amygdalins  gebildet  wird  (s.  bei  AmygdalinBd.1, 
S.  62);  man  hat  sich'  nun  vielfach  gestritten,  ob  die  Pflanzen  aaeh 
schon  etwas  Bittermandelöl  fertig  gebildet  enthalten.  Da  die  Pflanzen- 
stoffe im  frischen  Zustande  Wasser  enthalten,  so  kann  man  wohl  an- 
nehmen, dass  sie  eine  diesem  Wassergehalt  entsprechende,  also  gering 
Menge  Oel  schon  fertig  gebildet  enthalten,  während  das  Oel  hauptsäch- 
lich erst  durch  Zerfallen  des  Amygdalins  beim  Zusetzen  von  Wasser  ge- 
Idet  wird;  Guibourt  giebt  freilich  an,  dass  in  den  unversehrten  Bl&C« 


Bittermandelöl,  ätherisches  oder  flüchtiges.      1109 

im  der  Kirschlorbeeren  kein  Oel  enthalten  sei,  nnd  Lepage  stimmte 
un  später  bei,  während  er  früher,  das  Gegentheil  behauptet  hatte. 

Das  Bittermandelöl  wird  aus  bitleren  Mandeln  oder  zuweilen  aus 
en  in  grösseren  Massen  in  den  Handel  kommenden  Pfirsichkernen  dar- 
eatellt.  Diese  Samen  werden  zuerst  gestossen  und  kalt  ansgepresst, 
m  das  fette  Oel  zu  entfernen ,  sie  werden  dann  mit  kaltem  •  oder 
kuwarmem  Wasser  (4  bis  6  Thle.  auf  1  Thl.  Mandeln)  angerührt, 
nd  zweckmässig  erst  nach  24stÜndigem  Stehen  damit  destillirt  (s. 
LHiygdalin).  Die  Destillation  wird  am  besten  mit  gespannten  Wasser- 
ftropfen  vorgenommen.  Wird  auf  freiem  Feuer  destillirt,  so  ist  es 
othwendig,  um  das  Anbrennen  zu  verhüten,  die  Masse  vor  dem  £r- 
itzen,  wie  während  der  Destillation,  zuweilen  umzurühren,  oder  man 
edeckt  den  Boden  der  Blase  mit  nassem  Sand,  und  bringt  darauf  den 
^rei  von  Mandeln  und  Wasßer.  Man  kann,  um  die  Gefabr  des  An- 
rennens  der  Masse  zri  vermeiden,  auch  den  Mandelbrei,  nachdem  er 
4  bis  48  Stunden  in  gelinder  Wärme  digerirt  ist,  ^n  der  Flüssig- 
eit  abseihen,  den  Rückstand  auspressen,  mit  etwas  Wasser  wieder  an- 
Qhren  und  nochmals  abpressen,  und  dann  nur  die  Flüssigkeit  destil- 
Iren. 

Bei  der  Destillation  geht  nun  das  Oel  mit  dem  Wasser  über;  die 
irsten  Portionen  des  Destillats  sind  besonders  reich  an  Gel,  aber  auch 
kn  Bladsäure,  und  deshalb  klar;  das  später  ITebergehende  ist  milchig, 
geiles  wegen  seines  geringeren  Gehaltes  an  Blausäure  auch  weniger 
>el  gelöst  enthält.  Die  Destillation  wird  fortgesetzt,  so  lange  sich 
LOch  Oeltröpfchen  abscheiden,  oder  das  Wasser  stark  nach  dem  Oel 
iecht.  Das  aus  dem  Destillat  sich  zu  Boden  setzende  Oel  wird  nun 
rie  gewöhnlich  von  dem  Wasser  getrennt.  Das  letztere  enthält  immer 
linreichend  Oel  gelöst,  um  die  Abscheidung  zu  lohnen;  man  destillirt 
n  dem  Ende  das  Wasser  nochmals,  wo  dann  das  Oel  mit  den  ersten 
Portionen  des  Wassers  überdestillirt.  Wenn  dem  Wasser  vor  der 
; weiten  Destillation  hinreichend  Kochsalz  zugesetzt  wurde,  so  scheidet 
ich  das  Oel  etwas  vollständiger  ab. 

Die  Ausbeute  an  ätherischem  Oel  ist  nicht  sehr  gi^oss,  und  sehr 
wechselnd;  1000  Thle.  bittere  Mandeln  sollen  etwa  7  bis  8  Thle.  ätheri- 
iches  Oel  geben,  1000  Thle.  Pfirsichkeme  3  bis  4  Thle.,  frische  Kirsch- 
orbeerblätter  5  bis  6  Thle.,  frische  Binde  von  Prunus  padus  etwa 
J  Thle.,  und  junge  frische  Blätter  von  Prunus  spinoaa  2  Thle.  Oel. 

Das  rohe  Bittermandelöl  ist  frisch  bereitet  nahezu  farblos,  färbt 
lieh  aber  bald  gelblich;  es  zeigt  einen  starken  eigenthümlichen,  ange- 
nehm aromatischen  Geruch  neben  dem  kenntlichen  Geruch  der  Blau- 
)änre;  es  schmekt  brennend  und  sinkt  in  Wasser  zu  Boden;  es  siedet 
>ei  ungefähr  180»  C.  und  brennt  an  der  Luft  entzündet  mit  russender 

Flamme. 

Das  ätherische  Bittermandelöl  enthält  als  Hauptbestandtheil  Ben- 
Eoyl Wasserstoff,  zugleich  immer  Cyanwasserstoff,  ausserdem  sind  darin 
geringe  Mengen  Benzoesäure,  Benzoi'n  undBeniimid,  und  vielleicht  andere 
Produkte.  Das  käufliche  Oel  scheint  zuweUen  auch  noch  andere  viel- 
leicht isomere  Oele  zu  enthalten,  was  vielleicht  nur  davon  herrührt, 
iass  zu  seiner  Darstellung  andere  Substanzen,  z.  B.  Kerne  von  Pfirsi- 
tshen,  Kirschen  u.  s.  w.,  angewendet  sind.  Wird  das  rohe  Oel  der 
Tractionirten  Destillation  unterworfen,  so  geht  mit  den  ersten  Portio- 
nen des  Destillats  die  Blausäure  vollständig  über,  das  zuletzt  destilli- 


1110     Bittermandelöl,  ätherisches  oder  flüchtiges. 

rende  Oel  ist  blaoBäurefrer;  BeiuoSsäure,  BeDZotn  und  Bensimid  fiodcB 
sich  haupisächlicli  im  Buckstande.  Die  in  dem  Oel  vorhandene  Bln- 
säure  ist  die  alleinige  Ursache  seiner  giftigen  Wirkung;  ^rird  ihm  die 
Blausäure  durch  Kalk  und  Eisenchlorür,  durch  Alkalien  oder  Qneck- 
silberoxyd  vollständig  entzogen,  so  ist  es  nicht  mehr  giftig  (s.  Bes- 
zoylwasserstoff  S.  915). 

Das  Bittermandelöl  ward,  trotz  seines  hohen  Preises ^  früher  io 
grosser  Menge  zu  Parföroerieen  verwendet,  und  namentlich  in  Paris  n 
dem  Ende  in  grossartigem  Massstabe  fabricirt;  jetzt  ist  es  hier  zum  grosses 
Theil  durch  Nitrobenzol  CHuile  de  Mirbane  s.  unter  Benzol  S.  873)  ver- 
drängt. Es  ist  begreiflich,  dass  bei  einem  so  tbeuren  Präparat  Oslers  Ver- 
fälschungen vorkommen;  Weingeist,  der,  in  nicht  zu  grosser  Menge 
zugesetzt,  den  Geruch  des  Oels  nicht  wesentlich  verändert,  leichte  äthe> 
rische  Oele,  Nitrobenzol  u.  a.  sind  die  gewöhnlichen  VerfäLschnngi- 
mittel;  die  leichte  Oxydirbarkeit  des  Benzoylwasserstoffs  und  das  dabei 
entstehende  Pr(^uct,  die  Benzoesäure,  lassen  das  Bittermandelöl  leicht 
von  anderen  Öelen  scheiden,  deren  Geruch  dann  deutlicher  hervortritt 
Alkohol  und  leichte  ätherische  Oele  geben  sich  durch  Einwirkung  auf 
das  specifische  Gewicht  des  Oels  im  Vergleich  mit  reinem  Bitterman- 
delöl zu  erkennen;  Alkohol  giebt  sich  auch  bei  der  Behandlang  mit 
Salpetersäure  zu  erkennen:  mischt  man  1  Vol.  des  OeU  mit  2  YoL 
Säure  von  1,42  specif.  Gewicht,  so  zeigt  sich  bei  reinem  Oele  weder 
eine  Farben  Veränderung  noch  eine  andere  merkbare  Einwirkung,  enl 
nach  3  bis  4  Tagen  fängt  die  Bildung  von  Benzoesäure  an,  and  nach 
und  nach  verwandelt  sich  das  Ganze  in  eine  krystallinische,  spater  sicK 
schön  grün  färbende  Masse.  —  Enthält  das  Oel  8  bis  10  Proc.  Al- 
kohol, so  tritt  beim  Schütteln  mit  Salpetersäure  sogleich  ein  starkes 
Aufbrausen  unter  Entwickelung  von  rothen  Dämpfen  ein«  Selbst 
2  bis  S  Proc  Alkohol  im  Bittermandelöl  lassen  sich  bei  Anwendung 
von  starker  Salpetersäure  von  1,5  durch  die  Entwickelung  von  salpetri- 
ger Säure  erkennen,  während  die  Salpetersäure  sich  mit  reinem  Oel  ohne 
solche  Einwirkung  zu  einer  klaren  Flüssigkeit  mischt  (Bedweodi). 

Zur  Prüfung  des  Bittermandelöls  auf  seine  Reinheit  ist  nament- 
lich auch  sein  Verhalten  gegen  doppelt-schwefligsanre  Alkalien  geeig- 
net; setzt  man  das  Bittermandelöl  zu  einer  erwärmten  Losung  von 
zweifach-schwefligsaurem  Natron  von  27  bis  28^ B.  (von  1,26  bis  l^i 
specif.  Gewicht),  so  löst  das  reine  Oel  sich  vollständig  zu  einer  klaren 
Flüssigkeit,  während  die  beigemischten  Oele^  die  nicht  zu  den  alde- 
hydartigen gehören,  so  wie  Unreinigkeiten  u.  s.  w.  ungelöst  zurück- 
bleiben (Bertagnini  3). 

Das  Bittermandelöl  giebt  bei  Einwirkung  anderer  Körper  begreif- 
lich der  Hauptsache  nach  dieselben  Umsetzungsproducte  wie  reiner 
Benzoylwasserstofl^;  in  manchen  Fällen  bedingt  die  Gegenwart  der 
fremden  ^toffe,  namentlich  die  der  Cyanwasserstoflsäure,  die  Bildung 
eigenthünilicher  Umwandlungsproducte.  Bei  den  Derivaten  des  Bitter- 
mandelöls ist  es  oft  derselbe  Fall  wie  bei  denen  des  reinen  Benzoylwasser- 
stofls,  dass  die  Umstände  ihrer  Bildung  nicht  so  vollständig  bekannt  sind, 
um  sie  willkfirlich  darstellet  zu  können.  Manche  dieser,  nach  Bil- 
dung und  zum   Theil  auch   nach   Zusammensetzung  nicht  vollständig 

*)  Pharm.  Journ.  Trans.  T.  XI,  p.  486;   Pharm.  Gentralbl.  1862,  8.  495. 
*)  Annal.  d.  Chem.  a.  Pharm.  Bd.  LXXXV,  S.  179  n.  S.  268;  Pharm.  C«ntralbl 
1868,  S.  67. 


Bitteurmandelöl,  äthJ^risches  oder  flüchtiges.     1111 

bekannten  Prodncte  aind  hier'  »nfgeführt  worden^  weil  sie  bis  jetet 
nur  mit  rohem  Oel  dargestellt  wurden,  obgleich  es  wahrscheinlich  ist, 
dass  sie  anch  ans  reinem  Oel  erhalten  werden  können. 

Verwandlungen  des  Bittermandelöls.  Bei  dem  rohen  Oel 
zeigt  sich  der  gleiche  Umstand  wie  bei  dem  gereinigten,  dass  es  wahr- 
scheinlich leicht  in  isomere  Oele  sich  umwandelt,  welche  sich  gegen 
manche  Körper  verschieden  verhalten,  daher  unter  scheinbar  gleichen 
Umständen  oft  verschiedene  Producte  entstehen. 

1.  Durch  Wärme  wird  es  in  ähnlicher  Weise  .wie  <las  reine  Oel 
zersetzt. 

2.  Durch  Sauerstoff.  Das  unreine  Oel  oxydirt  sich  an  der  Luft  be- 
sonders bei  Gegenwart  von  Feuchtigkeit  eben  so  leicht,  wie  das  reine; 
der  gewöhnliche  Sauerstoff  geht  in  Berührung  mit  dem  Oel  besonders 
im  Sonnenlicht  schnell  in  Ozon  über  ^)  (s.  Benzoylwasserstoff). 

3.  Salpetersäure,  wie  Manganhyperoxyd  und  Schwefel- 
säure verhalten  sich  gegen  Bittermandelöl  wie  gegen  Benzoylwasserstoff. 

4.  Schwefelsäure  bildet  hier  wie  bei  Benzoylwasserstoff  Bitter- 
xnandelölschwefelsäure,  sogenanntes  Benzoylhydrat  (8.  1128),  und  viel- 
leicht sogenannten  benzoesauren  Benzoylwasserstoff  (s.  u.).  Beim  Mi- 
schen von  Nordhäuser  Schwefelsäure  mit  rohem  Bittermandelöl  wird 
nach  dem  Verdünnen  des  Gemenges  mit  Wasser  und  Abdampfen  der 
P^lüäsigkeit  eine  halbfest«  an  der  Oberfläche  sich  abscheidende  Masse 
erhalte^,  welche  aus  Wasser  umkrystallisirt  alle  Eigenschaften  der 
MandeUäure  zeigt,,  und  durch  concentrirte  Schwefelsäure  i^nter  £nt- 
i^ickelung  von  Kohl^uoxyd  zerlegt  wird. 

ö.  Durch  Chlor  gas,  wenn  es  trocken  ist,  bildet  sich  auch  hier 
BenzoylchlcNrid  und  Benzoylwasserstoff- Benssoylchlorid;  bei  Anwendung 
von  feuchtem  Ghlorgas  entsteht  benzoesaurer  Benzoylwasserstoff 
und  Laorent's  Stilbesilsäure  (8.  1112);  ob  sich  hier  auch  das 
sogenannte  Benzoylhydrat  bildet,  und  wie  weit  dieses  mit  dem  benzo^- 
sanren  Benzoylwasserstoff  übereinkommt,  bleibt  noch  zu  ermitteln. 

Benzoesaurer  Benzoylwasserstoff;  ist  von  Win  ekler  entdeckt, 
%sioe Zusammensetzung  ist,  nach  Liebig,  C43UX8O6,  d.i.  2.(Ci4fie^s)* 
Ci4He04«  Seine  Eigenschaften  sind  noch  zu  wenig  bekannt,  um  zu 
entscheiden,  ob  er  sich  wirklich  als  eine  solche  Verbindung  von  Ben- 
zoesäure mit  Benzoylwasserstoff  ansehen  lässt.  Er  entsteht  bei  Ein- 
wirkung von  feuchtem  Ghlorgas  auf  Bittermandelöl;  ob  er  auch  bei  Be- 
handlung des  Geis  mit  rauchender  Schwefelsäure  entsteht,  ist  nicht 
'mit  Sicherheit  nachgewiesen.  Wird  rohes  Bittermandelöl  oder  Kirsch- 
lorbeeröl  mit  feuchtem  Ghlorgas  gesättigt,  so  erstarrt  das  Oel  nach 
einiger  Zeit  zu  ^iner  kry stallin tschen  ziemlich  festen  Masse.  Nach  dem 
Auswaschen  derselben  mit  kaltem  Aether  bleibt  die  Verbindung  als 
ein  weisses  krystallinisches  Pulver,  oder  in  vierseitigen  glänzenden  Fris- 
loen  zurück.  Der  benzoesaure  Benzoylwasserstoff  entsteht  hier,  indem 
ein  Theil  des  Gels  zu  Benzoesäure  oxydirt  wird,  welche  sich  im  Ent- 
stehungsmoment mit  einem  anderen  Theil  des  Gels  vereinigt,  der  un- 
verändert blieb.  Er  ist  unlöslich  in  Wasser,  löst  sich  wenig  in  kaltem 
Aether,  aber  reichlich  in  Alkohol.  Beim  Erwärmen  schmilzt  er,  und 
verflüchtigt  sich  beim  stärkeren  Erhitzen  unzersetzt.     Beim  Erwärmen 


0  Vergl.  auch  Schönbein,  Jouro.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  LXXV,  S.  73. 


1112     Bittermandelöl,  ätherisches  oder  flüchtiges. 

mit  einer  weingeittigen  Kdlilösiing  wird  er  zerlegt,  unter  Biidimg  ▼<« 
benzoesaurem  Kali. 

DieStilbeAÜsäure,  Stilbesübei'ozyd  oder  Stilbesige  Säure 
{Aeide  stilbesetue^  Suroxyde  de  ttäbese)  ist  ron  Laurent  i)  dargestellt  oiid 
untersucht.  Die  Formel  des  Hydrats  ist  2fiO.G}gH8  0K.  Dies«  Ver- 
bindOog  enthält  die  Elemente  von  2  Aeq.  Bensojl Wasserstoff  —  2  H 
+  3  0.     / 

Diese  Säure  bildet  sich,  wenn  man  die  Einwirkung  von  Chlor  aaf 
Bittermandelöl,  zuletzt  durch  Wärme  unterstützt;  das  Oel  erstarrt  dani 
nach  dem.  Erkalten  zu  einem  Brei  von  Benzoesäure,  Benzoylchlorid, 
einem  nicht  weiter  untersuchten  krystallinischen  Kdrp^r  und  StObesü- 
säure.  Die  ganze  breiartige  Masse  wird  nach  dem  Abtröpfeln  auf 
ein^m  Trichter  mit  kaltem  Aether-Weingeist  abgewaschen  uad  der 
Rückatand  in  siedendem  Aether  gelöst;  aus  dieaer  Lösung  kiystallisirt 
die  Stilbesilsäure  beim  freiwilligen  Verdampfen  in  schiefen  rhombischen 
Prismen.  —  Die  Säure  ist  nicht  in  Wasser,  wenig  in  Alkohol  oder 
Aether  löslich;  die  Lösungen  röthen  nicht  Lackmus;  die  Krystalle 
schmelzen  bei  145^0.;  wird  hierbei  mit  dem  Erwäfmen  aufgehört,  ehe 
alles  geschmolzen  war,  so  wird  die  Masse  beim  Erkalten  fest  und 
krystallinisch;  war  alles  geschmolzen,  so  bleibt  sie  bis  fast  bei  mittlerer 
Temperatur  flüssig,  und  erstarrt  dann  langsam  zu  einer  gummiühnlichen, 
durchsichtigen  Masse,  die  beim  gelinden  Anwärmen  eu  einem  matten, 
strahligen,  warzenförmigen  Krystallconglomerat  wird.  Bei  der  trocke- 
nen Destillation  der  Stilbesilsäure  erhält  man  eine  ulige  Flüssigkeit,  die 
während  des  Erkaltens  kiystallisirt.  —  Beim  Erhitzen  mit  concentrii^ 
ter  Schwefelsäure  entwickelt  sich  aus  Stilbesilsäure  Kohlenoxyd,  wih- 
rend  der  saure  Rückstand  Benzoesäure  enthält  (Laurent  and  6er* 
hardt).  —  Die  Stilbesilsäure  löst  sich  in  Ammoniak,  Säuren  fallen 
siö  unverändert  ans  der  Lösung;  die  weingeistige  ammoniakalisehs 
Lösung  giebt  mit  salpetersaurem  Silberoxyd  ein  in  glänzenden  Schappei 
krystallisirendes  Silbersalz:  2AgO.C)gH8  05  (Laurent). 

6.  Durch  Chlorwasserstoff  erleidet  das  rohe  Bittermandelöl 
eigenthümliche  Umsetzungen. 

Es  treten  hier  unter  Vermittelung  der  Säure  entwedw  die  El^ 
mente  der  Blausäure  mit  dem  Benzoyl Wasserstoff  zu  einef  Verbindnag 
zusammen,  dem  Benzoylwasserstoff-Cyanwasserstoff;  oder  in- 
dem die  Blausäure  sich  unter  Einfluss  der  wässerigen  Säure  zerlegt, 
bildet  sich  die  gepaarte  Benzoylwasserstoff-Ameisensäure,  die 
sogenannte  Mandel  säure. 

a.  Der  Bittermandelöl-Cyanwasserstoff,  von  Voelckel*) 
entdeckt,  hat  die  Formel  CibMyNO,  =  CuHßO,  .  HGy. 

Man  versetzt  zur  Darstellung  dieser  Verbindung  blausänrefaaltiges 
Bittermandelöl  mit  Salzsäure  und  verdampft  die  Flüssigkeit  unter 
lOO^C;  bei  einer  gewissen  Concentration  scheidet  sich  dann  die  neue 
Verbindung  als  ein  ölartiger  Körper  ab,  der  durch  Waschen  mit  Was- 
ser gereinigt  und  im  Vacuum  über  Schwefelsäure  getrocknet  wird.  Dtf 
Oel  hat  ein  specif.  Gewicht  von  1,24,  ist  geruchlos,  in  Wasser  schwer 
löslich,  in  Alkohol  und  Aether  löst  es  sich  leicht;  die  wässerige  Lösung 
schmeckt  bitter,  reagirt' neutral.  —  An  der  Luft  ist  die  Verbindimg 


*)  Revue  scicntf.  T.  XVI,  p.  886;  Jshreaber.  v.  Berselius,  Bd. XXV,  S.6J6. 
*)  Pogg.  Annal.  Bd.  LXII.  S.  444. 


Bittermandelöl,  ätherisches  oder  flüchtiges.      1113 

nnveränderlioh;  bis  100<^€.  erwärmt,  fängt  sie  an  sich  zii  zersetzen,  und 
riecht  dann  nach  Bittermandelöl;  bei  170^0.  siedet  sie  und  zerfällt 
dann  vollständig  in  Benzojlwasserstoff  und  Blansänre;  1  Aeq.  dieser 
Verbindung  enthält  genau  die  Bestandtheile  von  1  Aeq.  Benzoylwasser- 
aHoff  und  1  Aeq.  Cyanwasserstoff.  Mit  Salzsäure  erwärmt,  bildet  sich 
Mandelsäure,  beim  Erhitzen  mit  Kalilange  entsteht  Cjankaliuro  und 
JBenzojlwasserstoff. 

b.  Wird  die  Salzsäure  mit  dem  blausäurehaltenden  Oel  oder  mit 
demBenzoylwasserstofT-Cyanwasserstoff  erhitzt,  so  bildet  sich  durch  Zer- 
legung von  Blausäure  und  Wasser  auf  der  einen  Seite  Salmiak,  auf  der 
anderen  Ameisensäure,  welche  sich  mit  Benzoylwasserstoff  zu  einer  ge* 
paarten  Säure,  der  Qenzoylwasserstoff-r  Ameisensäure  oder  Man- 
delsäure  (saunten  S.  1117),  verbindet  (Winckler): 

Ci4»6Qa  +_HCaN  +  4H0  -f-  HGl 

Senzoyl Wasserstoff  mit  Cyanwasserstoff 

=  HO.CnHeO^  +  C,H03  +  NH4GI. 

Mandelsäure 

7)  Durch  Chlorschwefel.  Wird  dieser  mit  Bittermandelöl* zusam- 
mengebracht, so  erwärmt  sich  die  Masse  heftig  und  es  entwickelt  sich 
Salzsäure.  Wird  nach  24  Stunden  die  ölige  Masse  mit  wässerigem 
Ammoniak  geschüttelt,  so  bilden  sich  drei  Schichten,  zu  nnterst  schei- 
det sich  Schwefel  ab,  darßber  findet  sich  eine  wässerige  Salmiaklö- 
snng,  und  oben  'auf  schwimmt  eine  ätherische  Lösung  von  Benzoylhy- 
drat  (s.  d.  Art.). 

8.  Ammoniak  giebtbei  der  Einwirkung  auf  rohes  Bittermandelöl 
theila  dieselben  Producte  wie  bei  Anwendung  von  Benzoylwasserstoff; 
theils  entstehen  hier  aber  auch  eigenthümliche  Verbindungen,  deren 
Bildung  zum  Theil  durch  die  Gegenwart  von  Blausäure  bedingt  ist. 
Bei  anderen  Körpern  ist  es  zweifelhaft,  ob  sie  nicht  ebensowohl  auch 
aas  reinem  Benzoylwasserstoff  erhalten  werden  können. 

Viele  der  hierher  gehörenden  Producte  sind  von  Laurent  ent- 
deckt, und  zum  Theil  wegen  Mangel  an  Material  unvollBtändil;  imter- 
ai^ht;  bei  manchen  ist  selbst  die  Zusammensetzung  noch  zweifelhaft, 
nnd  eine  neue  Untersuchung  schon  deshalb  schwierig,  weil  die  Um- 
stände ihrer  Bildung  nicht  so  vollständig  bekannt  sind,  um  sie  willkür- 
lich darstellen  zu  können.  Diejenigen  Derivate,  welche  daher  bis  jetzt 
nur  mit  rohem  Bittermandelöl  dargestellt  sind ,  und  von  denen  es  nicht 
unzweifelhaft  ist,  dass  sie  auch  aus  reinem  Benzoylwasserstoff  entstehen 
können,  mussten  hier  aufgeführt  werden. 

Uebergiesst  man  rohes  Bittermandelöl  mit  einem  gleichen  Volumen 
concentrirten  kaustischen  Ammoniaks,  so  verwandelt  sich  das  Oel  nach 
etwa  vier  Wochen  langem  ruhigen  Stehen  in  eine  feste  Masse.  Nachdem 
das  flüssige  Ammoniak  abgegossen  ist,  wird  das  unveräiiderte  Oel  mit 
kaltem  Aether  ausgezogen,  und  der  krystallinische  Rückstand  wieder- 
holt mit  kochendem  Aether,  dann  mehrere  Male  mit  kochendem  Alkohol 
behandelt.  Die  verschiedenen  Krystallisationen  werden  einzeln  für  sich 
umkrystallisirt,  bis  man  in  jeder  Portion  bei  SOOmaliger  Vergrösserung 
nur  gleichartige  Krystalle  bemerkt.  Man  erhält  hier,  neben  wenig  Hydro- 
benzamid  (S.  934),  die  Producte  Benzhydramid  (S.  1120),  Azobenzoyl 
(S.  1121)  und  Benzoylazotid  (S.  1121)  und  geringe  Menge  nicht  näher 
untersuchter  Stoffe.    Weiter  entstehen  unter  bestimmten  Umständen  noch 


1114     Bitterinandelöl,  ätherisches  oder  flücfatigee. 

Axubenzoid  (8.  S.  1115),  AsobeBSOidiiL,  Bensamid  und  Stilbaiid(a»iBil«D) 
(Laurent). 

Indem  eine  alkoholidohe  Lö«iing  von  rohesn  Bitteriiiaiidelol  mit 
Aromoniakgas  gesättigt  eine  Stunde  stehen  gelassen  wurde,  bildete 
Aioh  ein  Niederschlag,  der  neben  einer  liarzartigen,  in  Alkohol  lot- 
lichen Substanz  (hauptsächlich  Bibenzoyliniid)  eine  körnige,  in  Al- 
kohol nicht  lösliclie  Substanz  enthält.  Das  Bibenzoyliniid  ackeint  hier 
nur  durch  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  reinen  Benzoylwasaenloff 
entstanden  zu  sein,  während  der  körnige  in  Alkohol  unlöelieho  Köipo 
seiner  Zusammensetzung  nach  (CjofiisN)  =  C26H1SO4  -l-  C^NH  -f- 
NH3  —  4 HO),  wie  seinen  Zersetzongsproducten  nach  unter  gleick- 
zeitiger  Mitwirkung  von  Blausäure  entstanden  ist  (Bobson).  Diett 
körnige  Substanz  hat  die  gleiche  Znsammensetzung  und^  scheint  iden- 
tisch zusein  mit  dem Benzoylazotid  von  Laurent  und  Gerhardt  (s.d. 
S.  1121). 

Für  das  Azobenzo'idin  berechnet  Laurent  i)  nach  dem  aheo 
Atomgewicht  des  Kohlenstoffs  (C  =  6,12)  C84HmN&,  danach  wäre  es  iso- 
mer mit  dem  Azobenzoid;  rechnet  man  Lauren t's  Resultate  nach  dea 
neueren  Atomgewicht  des  Kohlenstoffs  (C  =  6)  um,  so  erhält  man 
82,8  Kohlenstoff,  5,6  Wasserstoff,  und  durch  Differenz  12,1  bticksloff: 
dieses  stimmt  nahezu  mit  den  Formeln  CsoHi^N^  oder  Cjitfi^^s  (Bl,£ 
oder  82,3  Kohlenstoff  auf  5,4  oder  5,3  Wasserstoff).  £s  ist  auch  hisr 
eine  neue  Untersuchung  nöthig,  um  die  Formel  fest  zu  stellen,  y^eaa 
das  Azobenzo'idin  nach  der  Formel  C^oHisN^uch  isomer  mit  Benaoyl» 
azotid  wäre ,  so  kann  es  seinen  Eigenschaften  nach  doch  nicht  damil 
identisch  sein. 

Das  Azobenzo'idin  wird  erhalten,  wenn  man  das  bei  dar  Becüfi* 
cation  von  rohem  Bittermandelöl  gewonnene  erste  blausaurereiche 
Destillat  in  einem  Kolben  mit  breitem  Boden  mit  1  VoL  Ammoniak 
mischt;  nach  8  Tagen  ist  die  Masse  fest.  Zuerst  mit  kaltem  Aethtf 
ausgewaschen,  dann  mit  Aether  ausgekocht,  erhält  man  beim  Krkalt^ 
und  Verdampfen  der  letzten  Lösung  glänzende  Krystaile,  schiefe  Pris- 
men mit  rectangulärer  Grundfläche;  diese  Krystalle  von  Azobenzoldifi 
sind  farblos,  durchsichtig,  in  Alkohol  schwer  löslich,  löslicher  in  Aether. 
Sie  schmelzen  in  der  Wärme,  die  Masse  bleibt  aber  dann  beim  Erkal- 
ten durchsichtig.  Schwefelsäure  und  Salpetersäure  zersetzen  das  Azo- 
benzoidin  in  der  Wärme. 

Das  Benzamil,  ein  hierher  gehörendes  Product,  ist  auch  von 
Laurent  entdeckt.     Seine  Formel  ist  CssHioNOs. 

Laurent^)  erhielt  es,  indem  er  rohes  Bittermandelöl,  mit  Kali  ver- 
setzt, destillirte,  und  als  zwei  Drittel  abdestillirt  waren,  den  Rückstand, 
in  Aether* Weingeist  gelöst,  mit  Ammoniakgas  behandelte.  £s  bildeU 
sich  ein  weisser  Niederschlag,  welcher  mit  viel  Aether  ausgekocht 
wurde;  die  erkaltete  Lösung  war  voll  feiner  Krystallnadeln,  am  Boden 
aber  setzte  sich  ein  feines  weisses  krystallinisches  Pulver  ab,  das  Bens- 
amil.  Es  ist  in  Alkohol  fast  unlöslich,  selbst  in  Aether  schwer  löb- 
lich, es  schmilzt  bei  170^0.,  beim  Erkalten  wird  es,  aber  erst  i>ei  ge- 
wöhnlicher Temperatur,  fest  und  krystallinisch;  bei  der  trockenon  De- 
stillation bildet  sich  ein  in  Aether  leicht  löslicher  Körper.     Eine  wein- 


')  Annal.  de  chim.  et  de  phys.  [3.]  T.  I,  p.  302^    Annal.   <L  Cbem.  n.  PhAra. 
Bd.  XXXVm,  S.  829.   —  ■)  Revue  Scieatif.  T.  XIX,  p.  446. 


Bittermandelöl,  ätherisches  oder  flüchtiges.     1115 

geblige  KalUöMmg  zenetel  das  Benzamil  beim  Kochen,  wobei  eine 
krystellinlsche  nicht  weiter,  untersuchte  Substanz  «ich  bildet.« 

Das  Stilbaasid^)  ist  ein  anderer  von  Laurent  entdeckter  Körper, 
der  dorch  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  die  letzten  Portionen  des  De* 
stUlats  von  Bittermandelöl  entsteht,  Zusammensetzung  =  CjgHioNO): 
über  seine  Entstehungs weise,  ob  es  durch  Einwirkung  des  Ammoniaks 
auf  Bittermandelöl  oder  auf  Benzoi'n  entstehe,  so  wie  über  seine  Eigen- 
schaften, in  wie  weit  es  von  dem  isomeren  Benzamil  verschieden  ist, 
hat  Laurent  nichts  mitgetheilt.  '  . 

Laurent  giebt  an,  dass  bei  Einwirkung  von  gasförmigem  Ammoniak 
auf  Bittermandelöl  noch  verschiedene  neue  Verbindungen  entstehen,  die 
aber  nicht  rein  darzustellen  sind,  da  sie  schon  bei  Einwirkung  gewöhn- 
licher Lösungsmittel  sich  fortwährend  verändern. 

Ein  weiteres  Product  der  Umwandlung  durch  Ammoniak  erhielt 
Laurept^  bei  Anwendung  von  rohem  Bittermandelöl,  welches  gleich- 
sam durch  eine  absteigende  Destillaticui,  desHüatio  per  descenwm^  er- 
halten war,  indem  Wasserdämpfe  durch  einen  mit  Mandelbrei  gefüllten 
Cylinder  von  oben  nach  unten  getrieben  wurden.  Das  so  erhaltene 
Oel  färbte  sich  bald  an 'der  Luft  dunkel;  pnit  Ammoniak  zusammen- 
gebracht, verwandelte  es  sich  in  vier  Wochen  in  eine  zähe  braune  Masse, 
welche  bei  Behandlung  mit  Aether  und  Alkohol  eine  pnl verförmige, 
wie  es  scheint  nicht  krystallinischo  Ma'&se  zurücklässt.  Diesen  Körper 
nennt  Laurent  Azobenzoid;  von  seinen  Eigenschaften  wird  sonst  nur 
uigegeben,  dass  er  schmilzt  und  beim  Erkalten  krystallinisch  erstarrt; 
bei  der  trockenen  Destillation  wird  er  zersetzt.  Die  Zusammensetzung 
ist  nahezu  die  des  Benzoylazotids;  Laurent  giebt  diesem  Körper  die 
wenig  wahrscheinliohe  Formel  C84MS3N5  ');  nach  dem  Atomgewicht 
Aea  C  =  6  passt  diese  Formel  nicht,  sondern  nahezu  =  CsoHriN«; 
das  ist  die  Zusammensetzung  des  Benzoylazotids,  und  die  Unlöslichkeit 
in  Alkohol  und  Aether  stimmt  auch  hiermit.  Das  Azobenzo'id^  ist  da- 
her vielleicht  identisch  mit  Benzoylazotid. 

9.  Durch  Schwefelammonium.  Bei  der  Einwirkung  von  Schwe- 
felammonium auf  rohes .  Bittermandelöl  bildet  sich  Benzoylsulfhy- 
drat,  und  Sulfazobenzoylwasserstoff  (a.  BenzoylwasserBtoff, 
^.  930).  Ausserdem  bildet  sich  aber  noch  eine  Verbindung,  welche 
Laurent,  der  sie  entdeckte, 

Azobenzoylschwefelwasserstoff,  Berzelius  aber  Stick- 
stoffpikramyl  mit  Schwefelpikramyl,  nennt. 

Formel:  C49Hi8NsSs  (Laurent),  oder:  €5«  H34NSS4  (Berzelius). 

Werden  gleiche  Volume  Ammoniak,  Schwefelammonium  und  Bitter- 
mandelöl mit  einander  geschüttelt,  so  wird  die  Masse  nach  längerer 
Zeit  fest;  sie  wird  darauf  mit  kaltem  Aether  gewaschen,  und  dann  mit 
kochendem  Aether  behandelt,  aus  welcher  Lösung  sich  der  Azoben- 
zoylschwefelwasserstoff als  ein  weisses  Pulver  abscheidet;  unter  dem 
Mikroskop  erkennt  man  rhombische  Tafeln.  Die  Krystalle  sind  geruch- 
los, in  Alkohol  unlöslich,  in  Aether  etwas  löslich.  Durch  Schmelzen 
erhält  man  eine  auch  beim  Erkalten  durchsichtig  bleibende  Masse. 
Trockene  Destillation   zersetzt   die   Verbindung  unter    Aromoniakent- 

*}  Compt.  rend.  de  l'acad^mie;  T.  XDC,  p.  572.  —  ^  Annal.  de  chim.  et  de 
phy».  [2.]  T.  LXVI,  p.  190.  —  ")  Gefunden  wurde  81,9  Kohlenstoff  und  6,6 
Wuserstoff;  «U8  der  Formel  Cg^Hi«^«  berechnet  sich  81,8  Kohlenstoff  und  6,4 
WMierstoff. 


1116     Bittermandelöl,  ätherisches  oder  flüchtiges. 

Wickelung,  Salzsäure  zerlegt  sie  nicht;  durch  Schwefekänre  wird  « 
gelb,  und  va  der  Wärme  mit  dunkeler  Boaenfarbe  gelost;  SalpeteitiiR 
verwandelt  die  Verbindung  in  einen  ölartigen,  beim  Erkalten  ki7rgta]]h 
sirendisn  Körper.  Es  muss  einer  weiteren  Untersuchiing  ▼orbekihtt 
bleiben,  uns  Ober  die  wahre  Zusammensetzung  und  Consütation  dicMr 
Verbindung  aufzuklären. 

10.  Kohlensulfid  und  Ammoniak  geben  auch  bei  Einwirkang 
auf  blausäurehaltendes  Oel  das  Benzoylrhodanfir;  dass  hier  gleichzeitig 
andere  Froducte  entstehen,  ist  nicht  angegeben. 

11.  Durch  Kalihydrat  wird  das  rohe  Oel  wieder  reine  Benzojl- 
Wasserstoff  in  Benzoesäure  umgewandelt;  diese  Säure  bildet  sieh  ancl 
leicht,  wenn  gelöstes  Kalihydrat  mit  dem  Oel  und  der  Luft  in  Berfik- 
rung  kommt;  hierbei  entsteht  aber  zugleich  Benzoin,  schneller  bei  An- 
wendung von  weingeistiger  als  von  wässeriger  Lösung. 

12.  Durch  Cyankalium.  Eine  schwache  weingeistige  Cjanks- 
liumlösung  bildet  mit  Bittermandelöl  leicht  Benz(nn.  Vermischt  mm 
Bittermandelöl  mit  V4  seines  Volumens  wasserfreier  Blausänre,  und  gieaet 
das  Gemenge  zu  einem  gleichen  Volumen  einer  concentrirten  Lösung 
von  Kalihydrat  in  Alkohol ,  verdünnt  dann  mit  6  Thln.  Alkohol  und 
erwärmt,  so  bilden  sich  nach  einiger  Zeit  weisse,  käseähnliche  Flockea 
Nachdem  sie  sich  abgesetzt  haben,  wird  die  Flüssigkeit  abgegossen, 
der  Niederschlag  mit  Wasser  ausgekocht  und  durch  Auflösen  in  Alkohol 
gereinigt.  Diese  Verbindung,  der  Benzoylwasserstoff-Cyanbtn- 
zoylcyanwasserstoff,  ist  vonZinin  entdeckt  (Benshydrocyasid 
nach  Gerhardt;  Benzenoxydcyanür,  Gyanbensoylhydrur  tob 
Laurent).  Nach  Laurent  hat  er  die  empirische  Formel  C4«il)8NjO|, 
nach  Z  in i n  ist  seine  rationelle  Zusammensetzung  =  G1485  O^  .  Gy . HGj 
-f-  2  GuH^Os;  er  entsteht  aus  Benzoylwasserstoff  und  Blausäure  imtff 
Abscheidung  von  Wasser: 

^  SCuHeOa  +  2HC2N  =  C46H,8N,04  +  2HO. 

Benzoylwasserstoff 

Gregory  glaubt  dasselbe  Product  in  einem  Gemenge  von  Ksli- 
lauge  und  rohem  Bittermandelöl,  welches  10  Jahre  gestanden  hatte,  ge- 
funden zu  haben« 

Diese  Verbindung  bildet  eine  leicht  zusammenhängende  flockigCi 
abfärbende  Masse  von  weisser,  schwach  grünlicher  Farbe;  sie  ist  un- 
löslich in  Wasser  und  Salzsäure  und  in  wässerigen  Alkalien;  in  Al- 
kohol und  Aether  ist  sie  schwer  löslich.  Salpetersäure  zerstört  sie; 
concentrirte  Schwefelsäure  löst  sie  mit  schöner  smaragdgrüner,  bsld 
ins  Rothe  übergehender  Farbe.  Der  Körper  schmilzt  bei  höherer 
Temperatur  unter  Zersetzung  und  Zurücklassung  von  Kohle. 

In  den  Beaction^  wie  im  Ansehen  hat  dieser  Körper  grosse  Aehn- 
lichkeit  mit  dem  von  Laurent  entdeckten  Benzimid:  beide  weidieo 
in  der  für  dieselben  gefundenen  Zusammensetzung  wesentlich  ab,  qd^ 
man  kann  daher  nicht  wohl  mit  Laurent  und  Gerhardt  >)  beide 
Verbindungen  für  identisch  halten,  da  die  Annahme,  dass  Laurent'^ 
Benzimid  ein  sehr  unreines  Product  gewesen  sei,  sehr  möglich,  aber 
weiter  nicht  begründet  ist  s). 


*)  Compt.  rend.  des  trav.  de  chim.  par  Laurent  et  Gerhardt  Avril  tS50,  p.  10t 
*\  Zinin  fand  in  der  Cjanbenzojlyerbindnng  77,3  Kohlenstofl^  5,1   Waaaentoff 


Bittermandelöl,  ätherisches  oder -flüchtiges.      1117 

13)  Durch  Qttecksilbercyanid  entsteht  aas  Bittermandelöl  ein 
lern  Benzoylwasserstoff-CyanwasserstofF ähnliches  Oel,  von  Prenleloup 
entdeckt V  aber  nicht  näher  untersucht.  Man  mischt  128  Grm.  Sorsch- 
oirbeerwasser  mit  1  Grm.  Quecksilbereyanid  und  1  Grm.  concentrirter 
Salzsäure  und  verdampft  die  Lösung,  wobei  sich  ein  ölartiger* Körper 
raaacheidet.  Dieselbe  Verbindung  soll  erhalten  werden,  wenn  man 
l  Thle.  Bittermandelöl  mit  1  Thl.  Cyanquecksilber  und  1  Thl.  con- 
»eotrirter  Salzsäure  mengt,  letztere  im  Kochsalzbade  abdestillirt  und 
lann  den  Rückstand  mit  Wasser  behandelt,  wobei  das  Oel  zurückblMbt. 
[>a8  Qel  ist  gelb,  von  1,10  specif.  Gewicht,  riecht  nach  Bitterman- 
lelölflöst  sich  in  20  Thln.  Wasser,  leichter  in  Alkohol,  in  jedem  Verhält- 
lisB  in  Aether.  Es  erstarrt  noch  nicht  bei —  12<^C.,  siedet  bei  3120C., 
las  flüssige  Destillat  hat  ein  specif.  Gewicht  von  1,08  und  wird  beim 
2^1(alten  fest^ 

Durch  Schütteln  mit  Salmiaklösung  wird  das  Oel  vollständig  zer- 
retst,  es  bildet  sich  Bittermandelöl  und  ein  Doppelsalz  von  Quecksilber 
Ukd  Ammoniak. 

14)  Durch  Baryt-  oder  Kalkwasser  wird  gelöstes  blausäure- 
laltendes  Bittermandelöl  in  der  Wärme  in  das  isomere  Benzolin  umge- 
vandelt. 

Abkömmlinge  des  Bittermandelöls. 

Bei  der  Einwirkung  anderer  Körper  auf  rohes  Bitterflaandelöl  bU- 
len  sich  zum  Theil  dieselben  Derivate  wie  aus  reinem  Benzoylwasser- 
toff,  und  diese  sind  in  dem  früheren  Artikel  (s.  S.  918)  aufgeführt, 
^dere  TJmwandlungsprodncte  bilden  sich  unzweifelhaft  unter  Theil* 
lahme  von  Blausäure,  wie  dies  zum  Theil  aus  der  Zusammensetzung 
rie  ans  den  Zersetzungsproducten  derselben  sich  ero^iebt.  Manche  der 
Jmsetzu^gsproducte  sind  bis  jetzt  nur  aus  ^rohem  Bittermandelöl  dar- 
gestellt, diese  sind,  soweit  es  nicht  unzweifelhaft  ist,  dass  sie  aus  rei- 
lem  Benzoylwasserstoff  sich  bilden,  bei  den  betreffenden  Artikeln  be- 
tchrieben.  Hinsichtlich  der  Zusammensetzung  dieser  Körper  herrscht 
nun  Theil  noch  grosse  Unsicherheit;  die  Umstände  ihrer  Bildung  und 
!>ar0tellung  sind  bei  manchen  sehr  wenig  gekannt,  so  dass  sie  will- 
tOrlich  darzustellen  schwierig  ist;  es  bleibt  daher  für  weitere  Unter- 
suchung hier  noch  viel  zu  thun  übrig. 

1)  Mandelsäm*e. 

Benzoylwasserstoff-Ameisensäure^  ameisensaurer  Ben- 
soyl Wasserstoff.  Acide  formobenzoilique.  Eine  mit  Benzoylwasser- 
»toff  gepaarte  Ameisensäure.  Die  Säure  ist  von  Winckler  i)  ent- 
leckt, von  Liebig') ihre  Zusammensetzung  ermittelt  Ihre  Formel  ist 
3i6  Hg  Oe  oder  HO  .  C3HO3  .  ChH«  Oj.  Sie  bildet  sich  bei  Einwirkung 
ron  Salzsäure  auf  blausäurehaltendes  Bittermandelöl wasser  (Winckler), 
md  auch  direct  aus  Amygdalin  bei  Zersetzung  desselben  mit  Salzsäure 
;Wöhler»). 

ind   7,8  Stickstoff.     Laurent   hatte  im  Benaimid  gefanden:  73,8    Kohlenstoff,   4,9 
Wasserstoff  nnd  7,0  Stickstoff,  woraus  er    die  Formel  C.aHiiS-O^  berechnet  hatte. 
*)  Annal.  d.   Chem.   n.  PhArm.  Bd.  XVII,  S.  310.  —  «)  Annaf.   d.   Chem.  u. 
»härm.  Bd.  XVII,  S.  819.  —  •)  Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXVl,  S.  288. 


1118     Bittermandelöl,  äHierisches  oder  flücktiges. 

• 

Znr  Darfttelinng  der  Mandelfanre  wird  1  ThL  Kvchoi  ron  a1L<g^ 
pre^ftten  bitteren  Mandeln  mit  18  TMn.  Waitser  de«ti]lirt,  nnd  das  D^ 
stiHat  durch  Recttfication  concentrirt,  9o  dass  auf  1  ThL  Mandelkiichai 
1  Thl.  concentrirtes  Bittemnandelwaaser  erhalten  wirdJ      Dieses  ymi 
mit  ^/fo  Voi.  coneentrirter  Salzsiore  von  1,2  speeif.  Gewicht  TendiL 
im  Was^erbade  eingedampft;  der- gelbliche,  »alzartige  RSckrtand,  dn«l 
längeres  Erwarmen  von  aller  Salzsaare  beireit,  ist  ein  Gemenge  vot 
Salmiak  und  Mandelsäare,  welche  letstere  durch  SehGtteln  mit  Aetkr 
gtflöfft  wird;   beim  Verdunsten   der  ätherischen   Losong  wird  anraie 
Sänre  erhalten ,  die  in  Wasser  gelost ,  nothigenfalls  fihrirt  nnd  dan 
mit  etwas  Bliitkohle  behandelt  wird;  beim  Verdampfen  des  wiaserig« 
Filtrats  bleibt  dann  die  Mandel s&nre  ab  -weisse  feste  Masse  snrvdL 
welche  durch  Auflösen  in  Aether  und  freiwilliges  Verdunsten  der  Lo- 
Piing  kry^tallinisch  erhalten   wird,  selten   in   ausgebildeten   KryrtimB. 
Bei  der  Einwirkung  von  Salzsäure  auf  die  wässerige  Losang  des  roba 
Bittermandelöls  wird  die  Blausäure  zerlegt,  nnd  die  dabei  neben  A» 
mooiak  entstehende  Ameisensäure  verbindet  sich  im  EkitstehiingsniofBat 
mit  dem  HenzoylwasserstofT  zn  der  gepaarten  Verbindung: 

ChHo02+      HC,N      4- 4B0 -f  HGl  =  Ci4HjO,.C,»a04 

Benzoylwasser-  Cjanwasser-  Maodelsäare 

Stoff  Stoff 

+  NÄ4€l. 

Aus  A^ygdalin  wird  die-  Mandelsänre  dargestellt  dareh  Aoftdeo 
desselben  in  rauchender  Salzsäure  in  gelinder  Wärme;  die  Fldsai^flit 
wird  nach  dem  Verdünnen  von  dem  braunen,  in  reichlicher  Menge  ci^ 
stehenden  hu  minartigen  Körper  abfiltrirt,  das  Filtrat  im  Wasserbade 
abgedampft  nnd  der  Bück8tand,  ein  Gemenge  von  Mandelsänre  mit  Sal- 
miak und  Humin,  mit  Aether  behandelt,  welcher  die  Säure  lost,  dir 
beim  Verdampfen  des  Aethers  dann  in  grossen  tafelförmigen  Bhonboe- 
dem  krystallisirt.  Da  das  Amygdalin  (s.  Bd.  I,  S.  762)  die  Beitao^ 
theile  von  Benzoyl  oder  Benzoyl Wasserstoff  und  Cyan  oder  Cyaaw&aM^ 
Stoff  neben  einem  Kohlenhydrat  enthält,  so  ist  die  Bildung  der  Msnkl- 
säure  hier  analog  der  aus  blausäurehaltendem  Oel:  indem  sich  aas  ^ 
Cyan Verbindung  Ameisensäure  bildet,  welche  ihit  dem  BenzoylwaMtf- 
Stoff  die  geparii«  Mandelsäure  bildet ,  während  das  Kohlenhydraf  fv 
Bildung  des  Haminkörpers  Veranlassong  giebt. 

Die  Mandelsäure  ist  weiss  und  fest,  krystallinisch ;  sie  hat  eineoxiev* 
lieh  sauren,  etwas  zusammenziehenden  Geschmack  und  riecht  »chwacb 
nach  süssen  Mandeln;  sie  löst  sich  fast  in  jeder  Menge  von  Wasser. 
Weingebt  oder  Aether.  ^ie  schmilzt  beim  gelinden  £i;wärmen  cn  einer 
wasserhellen  Flüssigkeit,  welche  beim  Erkalten  zu  einer  amorphe 
gummiartigen  Masse  erstarrt.  Nimmt  bei  der  Darstellung  der  MasÖel* 
saure  die  saure  Flüssigkeit  eine  etwas  höhere  Temperatur  als  100*  C. 
an,  so  erleidet  die  Säure  eine  Veränderung,  sie  wird  amorph  no^ 
giebt  mit  wenig  Wasser  jetzt  eine  klare  Lösung ,  auf  Zusatz  von  mebr 
Wasser  scheidet  sich  die  Säure  in  Form  eines  schweren,  gelben, geni^' 
losen  Oels  ab  (Wöhler). 

Die   Mandel^äure   wird  beim   stärkeren   Erhitzen    zuerst  gebriunt 
nnd  dann  zersetzt,  es  entwickeln  sich  Dämpfe,  deren  Geruch  an  Hft- 
cinthen   und  Weissdornblüthe    erinnert,  während  wenig  Kohle  «nröck- 
»ibt. 


Bittermandelöl,  ätherisches  oder  flüchtiges.      1119 

Die  Mandelsäure  wird  beim  Kochen  mit  verdünnten  Säuren  nicht 
eersetzt;  sie  lost  sich  bei  gewöhnlicher  Temperatur  selbst  in  concen- 
virter  Sciiwefel^Uire  und  Salpetersäure  ohne  Färbung  auf.  Beim  Er- 
i^&rmen  der  Aufl&snng'in  Salpetersäure  entwickelt  sich  Kohlensäure 
and  salpetrige  Säure,  und  beim  Abkühlen  der  FKissigkeit  scheiden  sich 
Kiyatalle  von  BeneoSsänre  (oder  Nitrobenzoesänre)  ab.  Beim  Kochen  ^ 
ier  Mandelsäure  mjt  Braunstein  und  Schwefelsäure  entwickelt  sich 
Kohlensäure,  während  Dämpfe  von  Benzoylwasserstoff  entweichen: 

CieHsOe  +  20  =  C14H6O,  -f  C«04  +  2H0. 

MandeUänre  Benzoylwasserstoff 

Beim  Einleiten  von  Ghlorgas  in  eine  wässerige  Lösung  der  Man« 
delsaure  scheidet  sich  anfangs  ein  Ölartiger  Körper  vom  Gerüche  des 
Benzoylclilorids  ab:  wird  die  Lösung  mit  Kali  versetzt  und  so  lange 
mit  Chlorgas  behandelt,  bis  das  Oel  wieder  verschwunden  ist,  so  bildet 
sich  benzoesaures  und  kohlensaures  Kali;  auf  Zusatz  von  Salzsäure 
ifrerden  beide  Säuren  abgeschieden. 

Mandelsaure  Salze.  Die  Mandelsänre  bildet  mit  den  Basen 
RO  Salze  von  der  Formel  RO.C16H7O5;  sie  reagiren  neutral;  die 
'Salze  der  Alkalien  sind  in  Wasser  schwer  löslich;  die  Salze  der  schwe- 
ren  Metalloxyde  sind  in  Wasser  schwer  oder  nicht  löslich.  Die  Salze 
sind  von  Winckler  untersucht 

Mandelsanres  Ammonium oxyd  wird  beim  Verdunsten  einer 
^vrflflserigen,  mit  Ammoniak  fibersättigten  Lösung  von  Mandelsänre  als 
eine  weiche,  weisse,  undeutlich  kristallinische  Masse  erhalten;  es  löst 
«lieh  in  jeder  Menge  Wasser  oder  Alkohol. 

Mandelsaurer  Baryt.  Durch  Auflöseif  von  kohlensaurem  Ba- 
ryt in  wässeriger  Mandelsäure  und  Verdunsten  der  Lösung  in  gelinder 
Wttrnie  erhält  man  das  Salz  in  ziemlich  harten,  aus  kurzen  Säulchen 
bestehend«!,  ^«sssen,  fast  glanzlosen  Salzrinden.  Es  ist  in  Wasser 
weit  schwieriger  löslich  als  die  mandelsauren  Alkalien;  Weingeist  löet 
es  nur  in  geringer  M^oge. 

Mandelsanres  Bleioxyd  fällt  aus  einer  Lösnng  von  mandel* 
senrsm  Alkali  auf  Znsatz  von  essigsaurem  Bleioxyd  als  ein  fein  krystol- 
ÜBiseher  Niederschlag  nieder,  der  in  Wasser  kaum  löslich  ist.  Das 
trockene  Salz  giebt  beim  Erhitzen  viel  Bittermandelöl. 

Mandelsaures  Kali,  durch  Sättigen  von  wässeriger  Mandelsäure 
mit  kohlensaurem  Kali  dargestellt,  wird  beim  Verdunsten  seiner  alko- 
holischen Lösung  ab  undurchsichtige  milchweisse,  seifenähnliche  Masse 
erhalten.    Es  hat  einen  milden,  kaum  salzartigen  Geschmack. 

Mandelsaures  Kupferoxyd,  CnO.CieHtOBi  wird  durch  dop- 
pelte Zersetzung  als  ein  feinpulveriger,  lichtblauer  Niederschlag  erhal- 
ten, ist  in  Wasser  oder  Weingeist  kaum  löslich. 

Mandelsaures  Quecksilberoxyd  wird  durch  Fällung  als  ein 
weisser,  dem  Bleisalz  ähnlicher  Niederschlag  erhalten. 

Mandelsaures  Silberoxyd,  AgO.CieH7  0,  wird  durch  Fällen 
von  aal  petersaurem  Silber  mit  mandelsaurem  Kali  als  schwerer,  pulveri- 
ger» milchweisser  Niederschlag  erhalten  9  der  ans  der  Lösung  in  ko- 
chendem Wasser  sich  beim  Erkalten  in  glänzenden  Krystallblättern 
ausscheidet.  Das  Salz  ist  in  kaltem  Wasser  kaum  löslich;  es  schwärzt 
sich  am  Licht. 


1120     Bittermandelöl,  ätherisches  oder  flifch^es. 

2)  Benzhydramid. 

Ein  indifferenter  Körper,  Uoiwandloiigsprodaet  des  Bcdio^ 
wasserstoiA  bei  Gegenwart  von  Blana&ore.  Die  Formel  CssH»^0 
giebt  am  einfachsten  seine  Znsamnien«etzang  an ;  sie  ist  wohl  n  ft^ 
doppeln  and  dann  C44Bi8Nf03.  Die  Verbindung  ist  raerat  toi  L«t- 
rent  ^)  dargestellt,  der  daför  die  Formel  CyiA^N.  gab,  wonach  «■( 
dem  gleichseitig  auftretenden  Hydrobenxamid  und  dem  BensMio' 
isomer  wäre.  Bei  einer  späteren  Untersuchung  fanden  Laurent  ni 
Gerhardt'),  dass  der  Körper  Sauerstoff  enthalte  f  sie  berichtigteil  & 
früher  gegebene  Formel.  Nach  ihnen  bildet  es  sich  aus  den  Eies» 
ten  von  Ammoniak,  Benzoylwasserstoff  und  Cyanwasserstoff  unter  Ab- 
Scheidung  von  Wasser: 

3.Ch«6  0,  +  NH,  +  C,N«  =  C44»i8N,0,  -f-  4 HO. 
Benzoylwasserstoff  Bcnzhydramid 

Eis  enthält  auch  die  Elemente  des  sogenannten  Benzoylkjdrat 
(nach  Laurent  und  Gerhardt's  letzter  Formel),  plus  diejenigeo  d« 
.Ammoniaks,  minus  Wasser: 

C44H18O8  +  2NH,  =  €4^^ 

Benzoylhydrat  Benzhydramid 

Es  entsteht  sowohl,  wenn  rohes  Bittermandelöl  nnit  Amnonkk 
als  wenn  reiner  Benzoylwasserstoff  mit  Cyanammonium  behandelt  «ifi 

Um  das  Benzhydramid  rein  darzustellen,  wird  auf  100*  C  tf* 
wärmtes  Blausäure  haltendes  Bittermandelöl  mit  trockenem  AnuDoni^' 
gas  gesättigt,  die  Masse  dann  in  einem  Gemenge  von  Alkohol  und  Aetka 
gelöst,  und  nun  einige  Tage  hingestellt.  Es  bilden  sich  alsdann  Kijutilr 
die  .beim  Lösen  in  siedendem  Alkohol  ein  weisses  Pulver,  Benzoyiasolii 
(s.  S.  1121),  zurücklassen,  während  aiu  der  alkoholischen  Lösung  hos 
freiwilligen  Verdampfen  sich  kleine  nadellormige  KrystaUe  abscheidea 
die  mit  Oeltröpfchen  gemengt  sind;  sie  werden  daher  suerst  noit  kshes 
Weingeist  haltenden  Aether  abgewaschen  und  dann  ans-  Alkc^ol  bb- 
krystallisirt.  Weniger  rein  wird  das  Benzhydramid -erhalten,  was 
man  die  von  der  Behandlung  des  rohen  Bittermandelöls  mit  wSsBoi- 
gem  Ammoniak  resultirende  harzähnliche  Masse  in  Aether  lost,  o^ 
dann  längere  Zeit  kocht,  um  das  gleichzeitig  gebildete  Hydrobentsnu^ 
zu  zerlegen;  beim  Erkalten  krystallisirt  unreines  Benttydramid,  ge«Bg< 
mit  Azobenzoy],  durch  Umkrystallisiren  ans  Alkohol  wird  es  gereiniigL 
Dieses  Produkt  soll  sich  schwierig  rein  erhalten  lassen,  aber  dnrdiatf 
identisch  sein  mit  dem  wie  oben  angegeben  dargestellten  Körper. 

Das  Benzhydramid  krystallisirt  in  km-zen  rechtwinkligen  4  odtf 
6seitigen  Prismen  mit  zweifiächiger  Zuschärfnng;  es  ist  unlöslieh  io 
Wasser,  wenig  löslich  in  kaltem,  leichter  in  siedendem  Alkohol  oder 
Aether.  Aus  einer  siedend  gesättigten  Lösung  scheidet  es  sich  beii 
Erkalten  nicht  in  Krystallen,  sondern  als  eine  harzartige  Masse  ab. 

Durch  verdünnte  Säuren  wird  es  beim  Kochen  zersetzt,  wob« 
sich  Blausäure,  Benzoylwasserstoff  und  Ammoniaksalz  bildet.     Vor 


0  Annia.  de  chim.  et  de  phys.  [2.]  T.  LXVI,  p.  180. 

*)  Compt.   rend.   par  Laurent  et  Gerhardt.  Avrfl    1850,   p.   114;  AiiBiI>  ^ 
^  Pharm.  Bd.  LXXVI,  S.  802. 


Bittermandelöl,  ätherisches  oder  flüchtiges.     1121 

nichtig  erhitzt  scliinilzt  68  ohne  Zersetzung;  bei  der  trockenen  Destil- 
ation  entwickelt  sich  Blausäure,  und  es  destillirt  eine  zähe  Substans, 
velche  im  Retortenhalse  kryatallisirt;  in  der  Retorte  bleibt  wenig  Kohle 
;^iirück. 

3)  Azobenzoyl. 

Azobenzoi'le,  Azostilbese  -  Unterazotür  nennt  Lau- 
*  ent  ^)  einProduct,  welches  sich,  nach  ihm,  neben  Benzhydramid  u.  a. 
^ei  Einwirkung  von  Ammoniak  auf  rohes  Bittermandelöl  bildet.  DieFor- 
Kiel  soll  C49H15N2  sein;  die  Analyse  nach  dem  Atomgewicht  des  Koh- 
enstoffs  0=6  umgerechnet,  giebt  die  unwahrscheinliche  Formel 
I?sgfix4^2-  Eine  weitere  Untersuchung  hat  daher  darüber  zu  entschei- 
l«n,  ob  dieses  Laurent'sche  Azobenzoyl  eine  eigenthüm liehe  Yerbin- 
Lung  ist,  oder  vielleicht  ein  Gremenge  verschiedener  Substanzen,  lieber 
Lie  Bildungsweise  lässt  sich  daher  noch  nichts  genaues  sagen. 

Zur  Darstellung  des  Azobenzoyls  übergiesst  Laurent  rohes  Bit- 
«rmandelöl  mit  einem  gleichen  Volumen  concentrirten  wässerigen  Am- 
iQoniaks  und  überlässt  das  Gemenge  etwa  einen  Monat  hindurch  der 
3uhe.  Idan  findet  das  Oel  in  eine  feste,  gelbe,  harzartige  Materie  ver- 
pvandelt.  Kochender  Aether  nimmt  daraus  alles  Hydrobenzamid,  bei- 
nahe alles  Benzhydramid,  den  unbekannten  Körper  nebst  einem  gerin- 
gen Antheil  Azobenzoyl  auf.  Der  Rückstand  enthält  bei  Weitem  den 
l^össten  Theil  des  letzteren  und  Benzoylazotid,  die  sich  durch  sieden- 
ien  Alkohol  scheiden  lassen. 

Das  Azobenzoyl  bildet  ein  weisses,  glänzendes,  geruchloses  Pal- 
7eT.  Es  ist  in  Wasser  unlöslich  und  erfordert  beinahe  100  Gewichts- 
;heile  kochenden  Alkohol  zur  Auflösung.  Unter  dem  Mikroskop  be- 
frachtet, zeigt  sich  das  Pulver  als  aus  Krystallen  von  der  Grösse  der 
ätärkekörnchen  bestehend,  deren  Form  abgeplattete  verschobene  Pris- 
men oder  sechsseitige  unregelmässige  Tafeln  zu  sein  scheinen.  In  hö- 
iieren  Temperaturen  wird  es  unter  Entwickelung  von  Blausäuregeruch 
omd  Hinterlassung  von  Kohle  zerlegt. 

4)  Benzoylazotid. 

Benzazotid,  Benzoilazotid,  Nitrobenzoyl.  Zersetzungs- 
product  des  rohen  Bittermandelöls  mit  Ammoniak,  von  Laurent^ 
dargestellt  und  untersucht.  Er  gab  die  Formel  C]4H5N  oder  CsgHioNs 
an;  nach  späteren  Untersuchungen  von  Laurent  und  Gerhardt  3)  ist 
die  richtige  Formel  CisMeN  oder  CsofiijNs.  Auch  Robson^)  hat  spä- 
ter denselben  Köi*per  erhalten.  Seine  Bildung  entspricht  der  Glei- 
ßhnng: 

MCuHeOj)  +  N«8  +  CaSN  =  C30BE12N2  +  4H0. 

Benzoylwasserstoff  ^  Benzoylazotid 

Das  Benzazotid  wird  von  Laurent  dargestellt,  indem  er  rohes 
Bittermandelöl  mit  Ammoniak  übergiesst;  das  Product  wird  nach  ein- 


^)  AnnaL  de  chim.  et  de  phys.  [2.]  T.  LXVI  p.  186.  —  *)  Annal.  de  chim.  et  de  phys. 
[2.]  T.  LXVI,  p.  187.  —  *)  CompL  rend.  par  Laurent  et  Gerhardt  1850,  p.  116. 

*)  AnnaU  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXXI,  S.  127.  Hier  ist  dieser  Körper, 
wie  seine  Zusammensetzung  und  das  Verhalten  deutlich  zeigt,  irrthümlich  ab  Benz- 
hydramid statt  als  Benzoylazotid  hezeiohnet. 

Handwörterbuch  der  Chemie.  2te  Aofl.  Bd.  n.  71 


1122     Bittermandelöl,  ätherisches  oder  flüchtiges. 

ander  mit  Alkohol  und  Aether  behandelt,  welche  Hydrobenzaxnid,  Beis- 
hydramid  und  Azobenzoyl  lösen,  während  Benzoylazotid  ala  ein  wÜ38i^ 
ans  mikroskopischen  Prismen  bestehendes  Pulver  zurückbleibt 

Dieselbe  Verbindung  entsteht,  wenn  man  trockenes  Ammoni&kv» 
bis  zur  Sättigung  in  rohes  Bittermandelöl  leitet,  welches  auf  100*  (X 
erwärmt  ist,  die  Flüssigkeit  darauf  in  Aether -Weingeist  löst,  und  dun 
3  'bis  4  Tage  sich  selbst  überlässt.  Es  bildet  sich  ein  krystallinisckr 
Bodensatz,  der  mit  Alkohol  ausgekocht  Benzoylazotid  zurnckläat 
(Laurent  und  Gerhardt).  Nach  Bobson  bildet  sich  hier  ein  Gt* 
menge  einer  harzigen  Masse  mit  einer  körnigen  Verbindung ;  die  o- 
stere  wird  durch  Alkohol  entfernt,  wobei  die  letztere,  das  Benzoylufh 
tid  ungelöst  zurückbleibt. 

Das  Benzoylazotid  ist  ein  weisses  geschmack*  und  gemcbloMS 
Pulver,  scheinbar  amorph,  unter  dem  Mikroskop  ans  kleinen  PrisiDeB 
bestehend.  Es  ist  unlöslich  in  Wasser,  nur  in  350  bb  400  TUn.  tob 
kochendem  Alkohol  löslich,  krystallisirt  aus  der  siedenden  Lösung  beio 
Erkalten  in  mikroskopischen,  sehr  unregelmässigen  Kiystallen,  die  ge- 
rade Säulen  mit  rhombischer  Basis  sind.  In  Aether  sind  sie  so  schwer 
löslich  wie  in  Alkohol.  Vorsichtig  erhitzt,  schmelzen  sie,  beim  Erkal- 
ten wird  ein  kleiner  Theil  krystallinisch,  die  Hauptmasse  ist  glasartig. 
—  Wird  Benzoylazotid  mit  Alkohol  und  Salzsäure  längere  Zeit  g^ 
kocht,  so  zersetzt  es  sich  langsam,  und  zerfällt  seiner  Entstehung  ai* 
sprechend  in  Benzoylwasserstoff  und  Cyanwasserstoff;  mit  EaUlaugt 
längere  Zeit  in  Berührung  bilden  sich  andere  mikroskopische  Krystalle. 
welche  eben  so  unlöslich  sind. 

Wird  das  Benzoylazotid  in  einer  Betorte  der  trockenen  DestiUa- 

*  •  •  TT     I 

tion  unterworfen,  so  bildet  sich  etwas  Oel  neben  einer  bald  im  aux 
der  Betorte  erstarrenden  Substanz;  diese  enthält  Lophin  (s.  unter  Ben- 
zoylwasserstoff, Abkömmlinge  S.  941)  und 

Amaron.  Dieser  Körper  ist  von  Laurent  entdeckt.  Seine  Fo^ 
mel  ist,  nach  ihm,  O^sHiiN;  die  Entstehung  dieser  Verbindung  vn 
dem  Benzoylazotid  lässt  sich  nicht  angeben,  da  nicht  alle  daneben  ent- 
stehenden Producte  bekannt  sind.  Das  Amaron  entsteht  neben  Lophin 
auch  bei  der  trockenen  Destillation  von  Azobenzoyl  und  von  Hydro- 
benzamid.  Um  Amaron  darzustellen,  wird  das  bei  der  trockenen  Ik- 
stillation  von  Benzoylazotid  erhaltene  Sublimat  fein  zerrieben,  zo^ 
zur  Entfernung  der  geringen  Menge  eines  gleichzeitig  damit  auftreten- 
den ölartigen  Destillats  mit  Aether  behandelt,  dann  mit  salzsäurehalb- 
gem  heissen  Wasser  ausgezogen  und  das  beim  Filtriren  der  heii^ 
Flüssigkeit  auf  dem  Filter  zurückbleibende  Amaron  mit  Alkohol  gewa- 
schen und  getrocknet.  Darauf  in  wenig  siedendem  Steinöl  gelöst,  kry- 
stallisirt es  beim  Erkalten  desselben  in  kleinen  farblosen  Nadeln  so^ 
die  man  durch  Waschen  mit  Aether  vom  Steinöl  befreit 

Es  ist  geruch-  und  geschmacklos,  unlöslich  In  Wasser,  und  in  Ü' 
koholy  selbst  in  der  Siedhitze  nur  wenig  löslich.  Kochender  Aether  löst 
etwas  mehr  davon  und  setzt  beim  Erkalten  Krystalle  ab.  Es  schmBit 
bei  233^0.  und  ecstarrt  nach  dem  Erkalten  in  strahligen,  langen,  Q** 
delförmigen  Kiystallen.  — Von  kalter  Schwefelsäure  wird  es  mit  einer 
prächtig  rothen  Farbe  gelöst;  behn  Stehen  an  der  Luft  verliert  dieAfii- 
lösung  ihre  Farbe,  und  indem  sie  Feuchtigkeit  anzieht,  krystallisirt  ^ 
Amaron  unverändert  aus.     Von  Salpetersäure  wird  es  beim  Kochen  si 


Bittermandelöl,  ätherisches  oder  flüchtiges.      1123 

geringer  Menge  gelöst,  aber  nicht  zersetzt;  es  scheidet  sich  aus  der  Lo- 
sung beim  Erkalten  derselben  in  Krjstallen  ab.  Auch  Kalilauge  wirkt 
nicht  zersetzend  auf  Benzoylazotid  ein. 

6)  Benzoylhydrat. 

Stilbenhyperoxyd,  stilbinige  oder  stilbilige  Säure  Ben' 
zoaie  cthydmre  de  henzoüe^  euroxyde  de  eiilhene^  acide  etübeux  von  Lau- 
rent, hypobenzoilige  Säure,  Stilbilsänre  von  Berzelius.  Ein 
Zersetzungsproduct  des  rohen  Bittermandelöls,  welches  von  Laurent 
dargestellt  und  untersucht,  aber  bis  jetzt  noch  sehr  unvollständig  be- 
kannt ist. 

Nach  Laurent's  erster  Analyse  ist  die  Formel  056823(^11  od®' 
wahrscheinlich  C14H6O8;  nach  seiner  späteren  Untersuchung  aber  ist 
sie  CsgMisOs.  Laurent  und  Gerhardt  ^)  nahmen  zuletzt  als  richtiger 
die  Formel  C44H]g08  an. 

Nach  Limpricht3)hat  dieser  Körper,  von  ihm  als  Bittermandelöl- 
ameisensäure  beschrieben,  die  Formel  CsoHi^O^. 

Das  Benzoylhydrat  ist  von  Laurent  durch  Einwirkung  von  Chlor- 
schwefel odeir  von  Schwefelsäure  auf  rohes  Bittermandelöl  dargestellt; 
ob  es  sich  auch  bei  Einwirkung  von  Chlor  bildet,  ist  nicht  mit  Sicher- 
heit nachgewiesen. 

Diese  Verbindung  wird  oft  mit  dem  von  Liebig  untersuchten  benzoS- 
sauren  Benzoylwasserstoff  (C42  Hig  Og  S.  1111)  für  identisch  angenom- 
men ;  abgesehen  von  der  Differenz  in  der  Zusammensetzung,  die  zu  be- 
deutend für  Beobachtungsfehler  ist,  aber  durch  Unreinigkeiten  bedingt 
sein  könnte,  zeigen  sich  auch  so  bedeutende  Unterschiede  in  den  Reac- 
tionen  und  Eigenschaften,  dass  ein  Beweis  für  die  Identität  beider  Kör- 
per wenigstens  fehlt.  Laurent  hatte  zuerst  diesen  Körper  der  Zusam- 
mensetzung nach  unpassender  Weise  als  Benzoylhydrat  (C14H5O8  = 
H  O  -|~  ^14^5  O2)  benannt;  später  nahm  er  nach  der  Analyse  in  der  Ver- 
bindung das  Radical  Stilben  CsgHi)  an,  und  benannte  ihn  entspre- 
chend. Nach  den  letzten  Analysen  sind  die  früheren  Formeln  unrich- 
tig, und  daher  auch  die  verschiedenen  Benennungen  nicht  passend;  da 
aber  die  Verbindung  so  unvollständig  bekannt  ist,  so  scheint  es  zweck- 
mässiger, eine  weitere  Untersuchung  abzuwarten,  um  darnach  den 
Körper  richtig  benennen  zu  können. 

Berzelius  hielt  es  für  wahrscheinlich,  dass  das  mit  Chlorschwefel 
oder  Schwefelsäure  dargestellte  Benzoylhydrat  Schwefel  enthalte.  Nach 
Laurent  und  Gerhardt  entsteht  es  bei  Einwirkung  von  Schwefel- 
säure auf  Benzoylwasserstoff*  und  Cyanwasserstoff*,  unter  Mitwirkung 
von  Wasser  und  Abscheidung  von  Ammoniak: 

S^^CnHeOa  +  C2NH  +  2H0  =  C44Hi80^b  +  NH«. 

Benzoylwasserstoff  Benzoylhydrat 

Aehnlich  wäre  die  Bildung,  wenn  man  die  Formel  C30II12O6  an- 
nimmt : 

2C,4H6  02  +  CjNH  -f-  2H0  =  CaoHijOe  +  NH«. 
Die  Bildung  des   Benzoylhydrats  ist  also   ganz  analog  der  der 


')'  Compt.   rend.  par   Laur.  et  Gerh.    AvrU  1860,   p.  117.  —  •)  Gruudriss  d. 
organ.  Chem.  1866,  S.  460. 


1124     Bittermandelöl,  ätherisches  oder  flüchtiges. 

Maadelsanre  (s.  oben  S.  1117);  sie  enthält  die  Elemente  von  2  Ae^ 
(CmAisO«)  oder  3  Aeq.  (C4,H,8  0()  BenzoylwasBentoff  und  l  Ao«. 
Ameisensanrehydrat  (C,Hs04)  minus  2  Aeq.  Wasser. 

Das  Benzojlhjdrat  wird  erhalten,  wenn  man  wasserfreie  Scfawclä- 
s&nre  in  Bittermandelöl  leitet,  1ms  die  Masse  erstarrt;  sie  wird  mm  i^ 
Wassei*  verdünnt,  die  oben  aof  schwimmende  halb  feste  Schicht  nieiiä 
mit  kaltem  Aether  -  Weingeist  abgewaschen,  und  dann  ans  kochesdea 
Weingeist  krystallisirt. 

Aehnlich  erhalt  man  die  Verbindnng  beim  Vermischen  von  1  Yd 
ranchender  Schwefelsaare  mit  3  VoL  Bittermandelöl,  zuweilen  aadi  mi 
gewöhnlicher  Säare.  Doch  auch  bei  gleichem  Ver&hren  erhält  nai 
nicht  immer  dasselbe  Prodnct,  welches-  daher  äusserst  schwierig  in  ha- 
reichender  Menge  zur  Untersuchung  zn  gewinnen  ist. 

Wird  Chlorschwefel  mit  Bittermandelöl  gemischt  nnd  die  Ma»t 
nach  24  Standen  mit  Aether  und  wasserigem  Ammoniak  geschüttelt^ » 
erhält  man  eine  ätherische  Lösung  von  Benzoylhjdrat. 

Es  krystallisirt  aus  seinen  Lösungen  in  zwei  verschiedenen  For- 
men, und  darnach  unterscheidet  Laurent:  schiefwinkliges  oni 
rechtwinkliges  BenzojlhydraL 

Das  schiefwinklige  Benzoylhydrat  ist  färb-  und  geruchlos,  leieb 
löslich  in  Aether  oder  siedendem  Alkohol ,  und  krystallisirt  daraus  b 
schiefen,  rectangulären  Säulen;  die  Lösung  röthet  nicht  Xackmos.   Dv 
Benzoylhydrat  löst  sich  nicht  in  Ammoniak;  es  schmilzt  bei  160**  C. 
beim  Erkalten  bleibt  es  durchsichtig;  stärker  an  der  Luft  erhitzt,  ent- 
zündet  es  sich  und  verbrennt  ohne  Bückstand.  —  Bei  der  trockenea 
Destillation  geht  ein  Oel  über ,  wovon  Aether  nur  einen  Theil  löst  — 
Chlor  zerlegt  es  in  der  Wärme  unter  Entwickelung  von  Salzsäure,  mai 
erhalt  ein  Gemenge  verschiedener  Producte.  —   Durch  kochende  S^ 
petersäare  wird  es  langsam  zersetzt,  ohne  dass  sich  Benzoesäure  bildet; 
Nordbäuser  Schwefelsäure  löst  es  in  der  Wärme,  Wasser  fällt  es  da^ 
aus,  aber  nicht  unverändert;  mit  der  Schwefelsäure  erhitzt  wird  es  uf 
legt,  anter  Entwickelang  von  Kohlenoxyd  und  mit  Zurücklassung  eimr 
braanen  in  Ammoniak  zum  Theil  löslichen  Substanz  vom  Geruch  dtf 
Bittermandelöls.    Kochende  Kalilauge  zersetzt  es  nicht  in  BenzoeÄu« 
und   Bittermandelöl   (s.   benzoesaurer    Benzoylwasserstoff)i  ^ 
wird  aber  durch  sehr  concentrirte  Kalilauge  flüssig ,  indem  sich  &Be 
Verbindung  von  Kali  mit  der  Substanz  bildet:  KO.C2g}{]i04  (Las- 
rent),  öder  nach  der  neuesten  Formel  vielleicht  3  KO.  2C44{ll«Qr' 
eine  Verbindung,  welche  sich  nicht  in  concentrirter  Lauge,  wohl  aber 
in  verdünnter  löst.    Dieses  Kalisalz  ist  in  Aether  unlöslich,  in  Alkohol 
aber  löslich. 

Wird  das  schiefwinklige  Benzoylhydrat  eine  Zeitlang  im  Schmel* 
zen  erhalten  und  dann  ans  Alkohol  umkrystaUisirt,  so  erhält  man  recht- 
winkliges Benzoylhydrat  in  geraden  Prismen  mit  rechtwinkliger 
Basis.  Diese  Krystalle  lassen  sich  nicht  mehr  in  die  frühere  "Kipt^ 
form  zurückführen ;  sonst  hat  das  rechtwinklige  Benzoylhydrat  aUe  Ei- 
genschaften des  schiefwinkligen.  Eigenthümlich  ist  es,  dass,  wenn  aub 
das  eine  oder  das  andere  Benzoylhydrat  umkrystaUisirt,  die  KrjstaUe 
immer  wieder  von  derselben  Form  erhalten  werden,  welche  ue  bat' 
ten ;  nie  finden  sich  Krystalle  der  einen  Form  denen  der  anderen  bei- 
gemengt. Eine  neue  Untersuchung  muss  uns  weitere  Auf  klämng  in^' 
Sache  verschaffen.  Fe. 


Bittermandelöl,  fettes.  —  Bittennandelwasser.   1125 

Bittermandelöl,  fettes,  wird  durch  kaltes  Aaspressen  der 
estossenen  bitteren  Mandeln  erhalten.  Es  ist  gelb,  gemchlos,  enth&lt 
eine  Spur  flüchtigen  Bittermandelöls  und  scheint  mit  dem  fetten  Oel 
er  süssen  Mandeln  identisch  zu  sein.  Indessen  unterscheidet  es  sich 
avon  durch  eine  Reaction  mit  Salpetersäure,  es  wird  dadurch  griin. 

Bittermandelöl,  künstliches,  hat  man  wegen  des  ahn- 
eben  Geruchs  das  Nitrobenzol  genannt,  welches  in  grosser  Menge 
tatt  des  ätherischen  Bittermandelöls  zum  Parfümiren  von  Seife  und 
ergleichen  benutzt  wird  (8.  873). 

Bittermandelöl-Ameisensäure,    syn.    mit  Man- 

[elsäure  s.  unter  Bittermandelöl,  S.  1117. 

ßittermandelölcamphor,   syn.  mit  Benzoin. 

B  itterm  an  d  e  löl  -  Cyanwasserstoff  s.  unter 
iitterraandelöl,  ätherisches,  8.  1112. 

Bittermandelöl-Schwefelsäure  s.  ßenzoyl- 
vasserstoff,  Verwandlungen  S.  919. 

Bittermandelwasser,  Aqua  amygdalarum  amararum^  ein 
.Is  Arzneimittel  wichtiges  pharmaceutisches  Präparat,  im  WesenUichen 
dne  Auflösung  von  blausäurehaltendem  ätherischen  Bittermandelöl  in 
Nasser.  Eine  solche  Auflösung  ist  freilich  auch  das  bei  der  Dar- 
stellung von  Bittermandelöl  neben  dem  ausgeschiedenen  Oel  erhaltene 
/Nasser  (s.  Bittermandelöl,  ätherisches);  als  pharmaceutisches 
Präparat  muss  das  eigentliche  Bittermandelwasser  aber  besonders  und 
i;enau  nach  der  Vorschrift  der  betreffenden  Pharmakopoe  aus  einer  be- 
itimmten  Menge  bitterer  Mandeln  und  Wasser  dargestellt  sein.  Die 
rerschiedenen  Pharmakopoeen  schreiben  verschiedene  Quantitäten  vor, 
nanche  lassen  der  zu  destillirenden  Masse  noch  etwas  Alkohol  zusetzen. 
[)ieser  Zusatz  hat  den  Zweck,  das  ätherische  Oel  vollständig  in  Auf- 
ösung  zu  halten,  und  auch  wohl  das  Präparat  haltbarer  zu  machen;  er  ' 
icheint  jedoch  in  beiden  Beziehungen  unnöthig,  sowohl  weil  in  der 
Kegel  hinreichend  Wasser  vorgeschrieben  ist,  um  alles  Oel  in  Auf- 
ösung  zu  erhalten,  und  weil  der  Alkohol  wohl  nicht  die  Verände» 
rung  der  Blausäure  und  die  Oxydation  des  Benzoyl Wasserstoffs  ver- 
hindern kann. 

Nach  der  preussischen  und  der  hannoverschen  Pharmakopoe  wer- 
len  zwei  Pfund  bittere  Mandeln  gestossen  und  unter  Vermeidung  aller 
Erwärmung  ansgepresst;  der  Oelkuchen  wird  mit  10  Pfd.  kaltem  Was- 
ser vermischt,  4  Unzen  Alkohol  (Spiritus  tnnt  recüficatissimuä)  zugesetzt, 
und  von  der  Masse,  nachdem  sie  12  bis  24  Stunden  lang  verscblosden 
stehen  blieb,  zwei  Pfund  abdestillirt. 

Nach  der  sächsischen  Pharmakopoe  werden  von  1  Pfd.  Mandeln 
3  Pfd.  Wasser  abdestillirt  Nach  der  württembergischen  Pharmakopoe 
«werden  3  Pfd.  Mandeln  nach  dem  Zerstossen  und  Auspressen  mit  Was- 
^T  12  Stunden  digerirt  und  dann  destillirt;  in  der  Vorlage  soll  %  Pfd. 
Wasser  vorgelegt,  und  dann  sollen  noch  2^4  Pfd.  Destillat  übergezogen 
werden.    Die  Pariser  Pharmakopoe  lässt  aus  1  Thl.  Mandeln  auch  ohne 


1126  Bittermandelwasser. 

Znsato  von  Alkohol  2  Thle.  Destillat  darstellen,  und  wie  die  wnrtten- 
berger  Pharmakopoe  das  DestiUat  vom  abgeschiedenen  Oel  dnreh  m 
nasses  Filter  oder  Abgiessen  trennen. 

Es  ist  jedenfalls  zweckmässig,  die  zerstossenen  Mandeln  zaerst  dtnd 
Auspressen,  aber  nur  in  der  Kälte ,  vom  fetten  Oele  möglichst  zu  be- 
freien, jede  Erwärmung  ist  sorgfältig  zu  vermeiden.  Die  zerstossenen 
Mandeki  müssen  mit  Wasser  von  gewöhnlicher  Temperatar  vermiadit 
werden,  und  werden  zweckmässig  damit  12  bis  24  Stunden  digerirt, 
um  die  vollständige  Umwandlung  des  Amjgdalins  (s.  Bd.  I,  S.  76S) 
zu  begünstigen.  Die  Destillation  wird  am  besten  mit  Dampf  vorge- 
nommen, jedenfalls  rauss  man  sich  vor  dem  Anbrennen  der  BCasse  bö- 
ten. Die  Abkühlung  muss  möglichst  vollständig  sein,  damit  sich  nicht 
Blausäure  verflüchtigt 

Das  Bittermandelwasser  ist  eine  meistens  schwach  milchig  trübe 
Flüssigkeit;  ohne  Alkohol  bereitet,  wird  sie  erst  nach  einiger  Zeit  klar; 
mit  Alkohol  dargestellt,  trübt  sie  sich  dagegen  oft  erst  beim  längereo 
Stehen,  doch  findet  zuweilen  wieder  das  Umgekehrte  statt.  Zuweilen 
setzen  sich  wollige  Flocken,  vielleicht  Benzimid,  ab.  Da«  Wasser  zogt 
einen  starken  Geruch  und  Geschmack  nach  Blausäure  und  Bittennan- 
dein;  es  verändert  sich  nach  und  nach  an  der  Luft  und  mnss  daher  ia 
kleinen,  ganz  damit  angefüllten  und  gut  verschlossenen  Gläsern  ao 
einem  kühlen  Ort  aufbewahrt  werden.     Es  wirkt  giftig. 

Die  Hauptbestandtheile  des  Wassers  sind  Benzojlwaaserstoff  uaA 
Cyanwasserstofl^änre ,  sie  bedingen  die  Wirksamkeit  desselben;  äi 
Menge  dieser  Bestandtheile  wechselt  nicht  nur  nach  der  verschiedenen 
Vorschrift,  sondern  auch  bei  verschiedenen  Mandeln.  Die  Menge  des 
Oels  soll,  nach  Dnflos,  1,20  Proc.  betragen;  sie  wechselt,  denn  mao 
sieht,  wenn  man  genau  nach  derselben  Vorschrift  arbeitet,  zuweileo 
sich  Oel  aus  dem  Destillat  abscheiden,  ein  anderes  Mal  nicht.  Zugleich 
wechselt  auch  die  Menge  der  Blausäure  begreiflich;  da  diese  Sänrej^ 
denfalls  einen  besonders  wirksamen  Bestandtheil  des  Wassers  bildet,  ood 
seine  Menge  sich  leicht  bestimmen  lässt,  so  fordern  die  meisten  Pharma- 
kopoeen,  dass  das  Destillat  eine  bestimmte  Quantität  Blausäure  enthal- 
ten muss;  1  Unze  Bittermandelwasser  soll  nach  der  prenssischen  Pbar- 
makopoe  ^/s  oder  Vio  Gran  wasserfreier  Blausäure  enthalten,  daher  3^'} 
bis  3^/9  Gran  Cyansilber  oder  beim  Glühen  2^3  Gran  metallisches  Silber 
liefern;  nach  der  württembergischen  Pharmakopoe  soll  es  1/2  Gran  Blaa- 
säure  enthalten,  und  daher  2^2  Gran  Cyansilber,  nach  dem  Glühen  2GraB 
Silber  liefern.  Da  die  Blausäure  im  flüchtigen  Oel  gelöst  ist,  so  läsjt  sie 
sich  nicht  unmittelbar  durch  Silberlösung  vollständig  fällen.  Zur  BestiiB- 
mung  derselben  wird  daher  das  Wasser  mit  gelöstem  salpetersaarei 
Silberozyd  und  etwas  Ammoniak  versetzt;  nachdem  es  einige  Zeit  geataa- 
den  hat,  wird  etwas  Salpetersäure  bis  zur  schwach  sauren  Reaction  hinza» 
gefügt,  worauf  sich  alles  Cyansilber  absetzt;  es  wird  auf  einem  gewo- 
genen Filter  gesammelt  und  nach  dem  Trocknen  als  Cyansilber  gewo- 
gen, oder  getrocknet  durch  Glühen  als  Silber  bestimmt  1  Thl.  was- 
serfreie Blausäure  giebt  5  Thle.  Cyansilber  oder  4  Thle.  metalli^^^ 
Süber. 

Sehr  genau  wird  die  Blausäure  im  Bittermandelwasser  durch  Ti- 
triren  bestimmt,  indem  man  dasselbe  mit  überschüssigem  Kali  und  eia 
wenig  ChlomatriumlÖsung  versetzt,  und  dann  von  einer  titrirten  SÜbe^ 
lösung  zusetzt,  bis  eine  sichtbare,  beim  Umschütteln  nicht  wieder  vor- 


Bittersäure.  —  Bitterstem.  1127 

»chwindende  Trübung  eintritt  Hierbei  hat  sich  aas  2  Aeq.  Cyanka- 
linm  und  1  Aeq.  Silbersalz  das  löbliche  Doppelsalz  K€y  -|-  "^gGy 
gebildet;  daher  entspricht  1  Aeq.  Silber  2  Aeq.  Cyanwasserstoff;  oder 
LOO  Thle.  salpetersaures  Silberoxyd  zeigen  hier  31,77  Cyanwasser- 
»toff,  oder  100  Thle.  metallisches  Silber  50,0  an  (s.  die  Beschreibung 
ie9  Verfahrens  bei  Cyanwasserstoff).      ^ 

Das  Bittermandel  Wasser  ist  ein  höchst  unsicheres  Präparat;  sein  6e- 
tialt  an  Oel  und  Blausäure  und  auch  wohl  die  relative  Menge  derselben 
prechselt  nicht  nur  nach  der  Art  der  Darstellung,  sondern  auch  nach  der 
:>orgfalt  dabei,  und  selbst  nach  der  Beschaffenheit  der  bitteren  Mandeln. 
Ilan  hat  daher  vorgeschlagen  die  Lösung  durch  Mischen  von  rohem 
Bittermandelöl  mit  Wasser  darzustellen,  aber  man  erhält  so  wenigstens 
kiich  kein  bestimmtes  Froduct,  da  der  Blansäuregehalt  im  Oel  jeden- 
*alls  bedeutend  wechselt;  aus  reinem  Benzoylwasserstoff,  Blausäure  und 
l^asser  eine  Mischung  zu  bereiten ,' scheint  auch  wenig  geeignet,  be- 
ionder;8  da  solche  Mischungen  sich  leichter  verändern  als  das  durch 
Destillation  Über  Mandeln  bereitete  Wasser.  Das  sicherste  Präparat 
üvird  immer  noch,  nach  Liebig^s  und  W ö hie r's  Vorschlag,  aus  einer 
^mygdalinlösung' durch  Zusatz  von  Mandelemulsion  bereitet;  hier  bie- 
»t  sich  die  Schwierigkeit,  das«  man  keinen  Anhaltspunkt  hat,  zu  er- 
nennen, wann  alles  Amygdalin  zerlegt  ist,  und  dass  diese  Lösung  sich 
nregen  der  leichten  Zersetzbarkeit  der  Emulsion  nicht  wohl  vorräthig 
lalten  lässt;  auf  der  anderen  Seite  wird  das  Bittermandelwasser  in  so 
deinen  Dosen  verordnet,  dass  es  nicht  wohl  thunlich  wäre,  jedes  Mal 
iie  Mischung  frisch  darzustellen. 

Das  Bittermandelwasser  ist  den  Hauptbestandtheilen  nach  wohl 
dentisch  mit  dem  über  Kirschlorbeerblätter  destillirten  Wasser  (^Aqua 
'aurO'Cerasi)  <f  und,  da  dieses  auch  in  Hinsicht  auf  constante  Zusammen- 
letzung,  Haltbarkeit  u.  s.  w.  keine  Vortheile  bietet,  so  wird  ersteres 
vohl  zweckmässig  demselben  dort  substituirt,  wo  man  sich  leichter  die 
>itteren  Mandeln  als  frische  Kirschlorbeerblätter  verschaffen  kann.  Das 
3ittermandelwasser  unterscheidet  sich  vom  Kirschlorbeerwasser  da- 
larch,  dass  es  beim  Vermischen  mit  kaustischem  Ammoniak  bald  stark 
nilchig  wird,  was  bei  jenem  erst  nach  längerer  Zeit  und  nicht  in  dem- 
lelbcn  Grade  stattfindet.  Fe, 

Bittersäure,  syn.  mit  Trinitrophenylsäure,  s. 
Phenylsäure.     iste  Aufl.  Bd.  VI,  S.  205. 

Bittersalz,  syn.  mit  krystallisirter  schwe- 
felsaurer Magnesia  unter  Schwefelsaure  Salze. 

Bittersalzwasser  und  Bitterwasser   werden  die  Mine- 
ralwässer genannt,  welche  durch  ihren  Gehalt  an  Magnesiasalzen  aus- 
gezeichnet sind  (s.  Bd.  V,  S.  319),     Hierher  gehören  namentlich  das 
Spsgmer,  das  PÜlnaer,  Seidlitzer,  Saidschützer,    das  Friedrichshai-  ' 
er,  Bässinger  u.  a. 

Bitterspath  s.  Bitterkalk   und  Magnesit 
Bitterstein  s.  Saussurit. 


1128  Bitterstoff.  —  Bitterstoflfe,  künstliche. 

Bitterstoff,  Bitter,  Bitterer  Extractivstoff,extracti- 
ver  Bitterstoff,  Principium  amarum.  Viele  Pflanzenstoffe  gebeo  od 
bitteres  Extract;  man  glaubte  früher,  dass  hier  ein  gemeinscbaftli^ 
Bestandtheil,  das  Principium  cananim^  vorhanden  nnd  deasen  Haaptdgai- 
schaft  eben  der  bittere  Geschmack  sei.  Nachdem  man  versehiedfl» 
bitter  schmeckende  chemische  Verbindungen,  wie  Chinin  n.  a.  Bajes. 
die  Pikrinsäure  n.  s.  w.  kennen  gelernt  hatte,  bezeichnete  man  den  e- 
krjatallinischen  und  in  vielen  Pflanzen  sich  findenden  Gxtractivstoff  >£ 
Bitterstoff;  je  nach  dem  Geschmack  bezeichnete  man  ihn  wohl  noch  ab 
milde  bitteren,  scharf  bitteren,  oder  narkotisch  bitteren.  Dieae  Bitteritole 
wurden  dann  aus  verschiedenen  bitteren  PflanzenatoflTen  dargestelk 
durch  Auskochen  mit  Wasser,  Eindampfen  des  Extractes,  Aunidtti 
mit  wässerigem  Alkohol,  Eindampfen  der  Lösung  und  Behandeln  des  Bock- 
Standes  mit  absolutem  Alkohol,  der  Harz  u.  dergl.  auszieht,  wahrend  da 
Bitterstoff  zurückbleibt.  Um  ihn'  noch  weiter  zu  reinigen,  wurde  e 
wohl  in  Wasser  gelost,  durch  neutrales  essigsaures  Blei  zuerst  die  Fui- 
Stoffe  und  dann  aus  dem  Filtrat  durch  Bleiessig  der  Bitterstoff  g^ 
fällt,  worauf  der  Niederschlag  mit  Schwefelwasserstoff'  zersetzt  ob^ 
das  Filtrat  eingedampft  werden  soll.  Auch  durch  Kochen  mit  Hok- 
kohle  oder  Thierkohle  wird  manchen,  aber  nicht  allen  bitteren  Estnß' 
ten  der  bitter  schmeckende  Bestandtheil  entzogen.  Die  so  erhaltev 
mehr  oder  weniger  braune  Masse,  ein  Gemenge  verschiedesff 
Substanzen,  ist  getrocknet  zerreiblicfa,  geruchlos,  von  bitterem  G^ 
schmack,  sie  löst  sich  in  Wasser  oder  in  wässerigem  Alkohol,  oi^ 
aber  in  reinem  Alkohol,  Aether,  ätherischen  oder  fetten  Oelen.  ü^ 
Masse  wird  durch  Einwirkung  von  Alkalien  dunkelbraun  gefärbt,  oad 
bildet  mit  den  Erden  und  den  meisten  Metalloxyden  unlösliche  V^ 
bindungen. 

Manche  Vegetabilien  werden  wegen  ihres  bitteren  Geschmackes  Ib 
der  Heilkunde  geschätzt,  und  man  schreibt  ihnen  besondera  eine  inag«&- 
stärkende  Wirkung  zu.  Doch  wirken  einige  bittere  Substanzen  eoer- 
gischer,  zum  Theil  giftig,  wie  das  Bitter  aus  der  Columbowurzels  ^ 
Coloquinten,  den  Sennesblättem  u.  a. 

Aus  manchen  bittern  Pflanzenstoffen  hat  man  bitter  schmecieBde 
Körper  reiner  dargestellt,  so  das  Absinthiin  (aus  dem  Wermuth))  ^ 
Aloin  oder  Aloebitter  aus  der  Alo€  (s.  d.  Art.);  das  Gentianin  ms  de 
Entianwurzel;  in  vielen  Fällen  hat  man  aber  auch  unreine  extractart^ 
Massen  mit  besonderen  Namen  bezeichnet,  wie  das  Menyanthin  aas  des 
Bitterklee  (Menyanthes  trifoliata)  u.  s.  w.  Fe. 


Bitterstoffe,  künstliche;  Bitter,  künstliche, 

früher  die  unreinen  Zersetzungsproducte ,  hauptsächlich  Nitroverbis- 
düngen,  genannt,  welche  aus  Aloe,  Indigo,  Seide,  Extracten  u.  ^"*  ^- 
durch  Salpetersäure  erhalten  werden,  und  die  man  theils  noch  speciel* 
1er  nach  dem  ersten  Entdecker  Chevreul,  Welter  u.  A.  benaiute 
(s.  d.  Trinitrophenylsäure  Iste  Aufl.  Bd.  VI,  S.  205), 


Alphabetisches    Register. 


A. 


Seite 

LnimaUsation 1 

knimeban — 

^nimin 2 

Lnion 8 

LniMilt  syn.  mit  Anisjlwasserstoff  . 

kiiisa&onol -— 

kjiisamid   und    Anisanilid,    syn.   mit 

Anisjlamid  und  Anisylanilid.  ^ 

LniBaminsäure  syn.  mit  Amidoanisyl- 

•tere,  8.  unter  Anisylsänre. 
Lnisen,  syn.  mit  Toluol. 

knishydramid 4 

Laiflidid — ' 

Lnisidin 5 

Nitranisidin G 

Benznitranisidid     (Benzanisi- 

dide  nürique)   .....       — 
Cinnnitranisidid  (Cmnanüidide 

•         mtrique) •       7 

Verbindungen   des  Nitranisi- 
dins  mit  Säuren  ....      — 

Cblorwasserstoifsaures  Nitra- 
nisidin    ...         ...      — 

Bromwasserstoffsaares  Nitra- 
nisidin     — 

Scbwefelsaures  Nitranisidin  .  — 
Salpetersaares  Nitranisidin    .      — 

Binltranisidin — 

ÜDdain 8 

LnUinaäure,  syn.  mit  Anisylsäare. 
Lniainaalpetersäure  s.  Nitramsyls'aure 
unter  Anisylsäure. 

Lniadl — 

Anisstearoptea,  Aniscampbor, 
Fenchelstearopten,  Fencbel- 

campbor 9 

Lniaoin  s.  Anisstearopten  unter  Anisöl. 

Lniiolnsättre 11 

Anisoinsaurer  Baryt  ...  12 
Anisoinsaures  Natron  ...  — 
Anisoinsaures  Silberoxyd  .     .      — 

Lnisol — : 

Verwandlungen  des  Anisols: 

1)  Durcb  Scbwefelsäure  .       13 

2)  Durcb  Salpetersäure    .      14 


Seite 

a)  Nitranisol     ...       14 

b)  Binitranisol  ...      — 

c)  TrinitraÄisol      .     .       15 
3)  Durcb  Salzbilder     .    .       10 

Anisolscbwefelsliure ,   syn.  nut  Sulf- 
■    anisolsäure;  s.  d.  unter  Anisol. 
Anissänre,  syn.  mit  Anisylsäure. 
Anissalpetersänre,  s.  Nitranisylsäure 

unter  Anisylsänre. 
Anisstearopten  s.  unter  Anisöl. 

Anisuliikin    .    .    - — 

Anisyl — 

Anisylamid  und  Anisylanilid  s.  un- 
ter Anisylcblorid.  ' 

Anisylbromid    ...  * 18 

Anisylcblorid — 

Anisylige   Säure,    syn.    mit  Anisyl- 
wasserstoff. 

Anisylsänre  .     .    .• 19 

Verwandlungen    der    Anisyl- 
sänre  21 

Cbloranisylsänre;   • 

Cbloranisinsäure ,    Cblordra- 
gonsäure;  Cblordragonisin- 

säure 22 

Gbloranisylsaures  Aetbyloxyd      — 
Cbloranisylsaures  Metbyloxyd      28 
Bromanisy  Isäure : 

Bromanisinsäure,  Bromdragon- 
säure ,     Bromodragonesin- 

säure — 

Bromanisylsaures  Aetbyloxyd      — 
Bromanisylsaures  Metbyloxyd      24 
Nitranisylsäure: 
Nitranissäure,  I^tranisinsäure, 
Nitroanisylsäure,  Nitrodra- 
gonsäure,Anissalpetersäure, 
Anisinsalpetersänre,  Esdra- 
gonsalpetersäure,   Dragon- 
salpetersäure,  Nitrodragon- 

esinsäure — 

Nitranisylsaures  Aetbyloxyd  .      25 

Nitranisylsanres  Metbyloxyd  .      — 

Anisylsäure    mit    Nitranisyl-      ^- 

säure — 

71* 


1180 


.   Alphabetisches  Register. 


Seüe 
26 


Nitranisylsäare    mit     Chlor- 

aoisyksore 

Nitranisylsäare     mit     Brom- 

anisjUaufe r- 

Chrysanisylsäure : 

Chrysanisinsäure,   Chrysanis- 

säare 27 

ChryBanisjlBanre  Salsc     .     .  — 

Chrysanisylsaures  Aethyloxyd  — 
CbiysanisylBattres  Ammonium- 

oxyd 28 

Chrysaiiisylfaares  8ill>erozyd  — 
AmidoaniHylsäure : 

Anisaminsäure — 

Anisylsäareanhydrid 29 

Anisylsaure  Salze — 

AnisyUaares    Aethjloxyd, 

Anisinäther — 

Anisylsaures  Ammoniamoxyd  80 

Anisylsaarer  Baryt  ....  — 

Anisylsaure«  Bleioxyd      .     .  — 

Anisylsaures  Euili    ....  — 

Anisylsaures  Methyloxyd  .    .  — 

Anisylwasserstoff 81 

Anishydramid 33 

Amsin       — 

Anitrohumin 84 

Anitrohuminsäure — 

Anitrokrensäure — 

Anitrooxykrensäure — 

Anitrosatzsäure — 

Ankerit — 

Anlassen — 

Anlaufen 85 

Anode — 

Anorthit — 

Anotto — 

Anoxolain — 

Anoxydische  Körper  . ' 8G 

Anquicken  s.  Amalgam  u.  Amalga- 
mation. 

Anschiessen — ■ 

Antalogen — 

Anthemis  arrensis — 

Anthokirrin — 

Anthokyan    s.    Blau    der    Blumen- 
blätter. 
Antholeucin  s.  Weiss  der   Blumen- 
blätter. 

Anthophyllit 87 

Anthosiderit — 

Anthoxanthin  s.   Gelb  der  Blamen- 

blätter,  erste  Aufl.  Bd  HI.  S.  427. 

Anthoxanthum  odoratum    ....  — 

Anthracen,  Anthracin,  syn.  mit  Fara- 

naphtalin  (s.  1.  Aufl.  Bd.  VI,S.  87). 

Anthracit — 

Anthracoknli 38 

Anthracolith,  Anthraconit       ...  — 

Anthracometer,  Kohlensäuremesser  .  — 
Anthnconit  s.  Anthracolith. 

Anthracoxen 89 

Anthranilsäure  s.  Carbanilsäure  un- 
ter Anilin  (Bd.  I). 


JLathrasothionsaare  • .  .  •  .  ^ 
Anthropin,  Antfaropins&are  .  . 
Anthropinsaure  s.  Anthropin. 

Antiarhan ,     .  ^.    .    ¥> 

Antiarin * .    .    41 

Antichlor .    .    .    ti 

Anticholerasäare 43 

Antigorit - 

Antimiasmatische   Bfitt«;! ,    Bfiasmeo 
zerstörende  Körper,  s.  DesinficireiL 

Antimon - 

Antimon,  Bestimmung    a.  Tremumf    '^ 

Antimonarsen ^ 

Antimonasche «3 

Antimonbaryi,  prismatischer  .    .    .     - 
Antimonbleiers,  syn.  mit  Boamooit 

(s.  d.). 
Antimonblende  s.  Rothspiessglattzere. 
Antimonblüthe  s.  Weissspiessglaozen. 
Antimonblumen,  Jhres   Antimomi  s. 

Antimonoxyd  S.  81. 
Antimonbromid    ......-.- 

Antimonchloride ^ 

Antimoncblorid : 

Antimonchlorür,  Oreifach-  oder 

Anderthalb-Chlorantimon  •    " 
Antimonbutter,    Spiessglans- 

butter  oder  Spiessglanzöl  .  fi 
Antimonchlorid-Ammoniak  .  - 
Ammonium- Antimonchlorid .  » 
Barium-Antimonchlorid  .  .  - 
Calciom-Antlmonchlorid  .  .  - 
Kalinm-Antimonchlorid 
Natrium-Antimonchlorid  .  .  - 
Antimonoxychlorid      .     .    .    .    ^ 

Antimonperchlorür ^ 

Antiidonperchlorid : 

Antimonsuperchlorid ,  Anti-  ^ 
monchlorid,  Fünffach-  (oöer ' 
Zweieinhalbfach-)  Chlorsnti- 

mon ■    ' 

Antimonperchlorid  -  Ammo- 
niak    Ö 

Antimonperchlorid  -  Cyan- 
wasserstoff   " 

Antimonchlorosulfld  s.  bei  Antimon- 
perchlorid, Zersetzung  durch  Schwe- 
felwasserstoff S.  68. 

Antimonerze ' 

Antimon&hlerz  s.  Fablerz. 

Antimonfluoride '^ 

Antimonfluorid: 

Antimonfluorür,FlnorantimoD    " 
Ammonium  -  Antimonfluorid, 
Ammoniumfluorantimomit . 
Kalium -Antimonfluorid ,  Ka- 

liumfluorantlmonitt   .    . 

Lithium- Antimonfluorid)  Li- 

thiumfluorantimoniit     .    . 

Natrium-Antimonfluorid,  Na- 

trinmfluorantimonüt .    .    . 

Antimon,  gediegen 

Antimonglanz  s.  Qranspiessglanzeri. 
Antlmonglas 


:i 


n 


Alphabetisches  Register. 


ntimonige  Säure 

jitimoi^odsultid    s.    Antimonsalfid 
S.  124. 

jitimoigodid 

Antimonoxjjodid 

jitimonit,  syn  mit  Grauspiessglanz- 
erz« 

ntimonium  cmdum,  nyn.  Antimon- 
,  Sulfid,  krystallinisches. 
Lntimoniam  diapboreticum     .     .     . 

^ntimonkermes 

.ntimonkupferglanz  s.  Kupferantimon 

^anz  Bd.  IV. 
Lütimonleber,  Hepar  antimonii,  Sulf- 
antimoniite  der  Alkalimctallsulih- 
rete  s.  unter  Antimoosulfid  S.  124 
and  125. 
kntimonleginingen     .    .     . 
Antimon-Arsen    .     . 
Antimon-Blei .     .     . 
Antimon-Eisen     .     . 
Antimon-Gold      .     . 
Antimon-Kalium 
Antimon-Kobalt  .    . 
Antimon-Kupfer  .     . 
Antimon-Kupfer-Blei 
Antimon-Natrium 
Antimon-Nickel  .     . 
Antimon-Platin    .     . 
Antimon-Quecksilber 
Antimon-Silber   .     . 
Antimon-Zink     .     . 
Antimon-Zinn      .     . 
Antimon-Zinn-Kupfer 
Antimon  -  Zinn  -Kupfer 

mutb 

Antimon-Zinn-Zink-Kupfer 
Antimon-Zinn- Wismutb-Blei 

uitimonleucbtstein 

Lntimonnickel,  Antimonnickelkies,  t 

Niekelantimon,  Nickelantimonglanz 
Lütimonocker  s.  antimonsaures  Blei- 
oxyd S.  111. 
kitimonoxychlorid,  -oxyjodid,  -oxy- 
sulfid    8.   unter   Antimoncblorid, 
-Jodid,  -Sulfid. 

Lntimonoxyd 

Lntimonoxydbydrat        

Lntimonoxydsalse 

UAtimonoxysulfid 

Lntimonpbyllit  s.  Weissspiessglanz- 

erz. 

^ntimonradicale,  organiscbe  .    .    . 
Antimonfttbyle: 

Stibtriätbyl 

Stibtriätbylverbindungen   .    . 

Stibtriäthylbromür  (Bromstib- 

triätbyl)  .    .         .... 

Stibtriäthylcblorür  (Cblorstib- 

tri&tbyl) 

Stibtriätbvlcyanür  (Cyanstib- 

triäthyl) 

Stibtriätbyliodür   (Jodstibtri- 
ätbyl) 


S«ite 
73 


74 


75 

76 


Wis- 


77 


78 


79 


80 
82 
83 
84 


86 
87 

p 

88 
89 


1181 
Seite 

90 


91 


92 


93 


94 


95 


Stibtriäthyloxybromür(Brom 
stibtriäöiyl  von  Merck) 

Stibtriätbyloxycblorür  (Cblor 
stibtriätbyl  von  Merck) . 

Stibtriäthyloxyd  .... 

a)  Oxyd  von    Löwig  u 
Schweizer      .    .     • 

b)  Oxyd  von  Merck  . 
Antimonigsaures  Stibtriätbyl 

oxyd 

Essigsaures  Stibtriäthyloxyd 
Kohlensaures  Stibtriäthyloxyd 
Salpetersaures  Stibtriäthyloxyd: 

a)  Einfacbsaures   .    .    . 

b)  ZweiflAchsaures      .     . 
Schwefelsaures  Stibtriäthyloxyd : 

a)  Einfachsaures  Salz 

b)  Zweifacbsaures      .    . 
Stibtriäthyloxyjodär   (Stibtri- 

äthy^jodür  von  Merck)  .  .. 

Stibtriäthylseleniür  .... 

StibtriätbylsuUUr .  * .     .     .    . 

Stibtriäthylsulflir-Antimonsnl-  ] 
für  (Sulfiuitimonigsaures 
Stibtriätbylsulf&r).     .     .     . 
Stibäthylium: 

Stibteträthylinm ,  Antimon- 
teträthylium — 

Verbindungen  des  Stibäthy- 
liums — 

Stibäthyliumbromür  (Brom- 
stibäthylium) — 

Stibäthyliumcblorür  (Cblor- 
stibätbylium)    .....      -^ 

Stibäthyliumcblorür  -  Flatin- 

chlorid — 

Stibätbyliumchlorür  -  Queck- 
silberchlorid     96 

Stibäthyliunuodür  (Jodstib- 
äthyKum) — 

Stibääiyliun^odür  -  Queck- 
silbeijodid — 

Stibätbyliumoxydbydrat  (An- 
timonteträthyloxydhydrat) . 

Stibäthyliumoxydverbindungen 

Ameisensanres  Stibätbylinm- 
oxyd 

Bemsteinsaures  Stibäthylium- 
oxyd 

Essigsaures  Stibäthyliumoxyd 

Kohlensaures  Stibäthyliumoxyd 

Oxalsaures  Stibäthyliumoxyd 

Salpetersaures  Stibäthylium- 
oxyd   

Schwefelsaures  Stibäthylium- 
oxyd ...;.... 

Tranbensanres  Stibäthylium- 
oxyd   

Weinsanres     Stibäthylium- 
oxyd: 

a)  Neutrales      .... 

b)  Saures 

Stibäthyliumsulfür    .... 

Antimonamyle 


97 


98 


1132 


Alphabetische«  BegUter. 


Seite 
Stibtriamyl: 

Stibamyl,  Antimontriamyl  98 

Stibtriamylverbindnngen    .    .      99 
Stibtriamylbromär  (Bromstib- 

triamyl) — 

Stibtriamylchloiür  (Chlorstib- 

triamyl) 100 

Stibtiiamy\|odttr    (Jodstibtri- 

amyl) — 

Stibtriamyloxyd — 

StibtriamyloxydTerbindangen : 
Antimonigsaures  Stibtriamyl« 
oxyd,   basisches  Stibtri- 
amylantimonoxyd ...      — 
Essigsaures    Stibtriamyloxyd-    101 
Salpetersaures  Stibtriamyloxyd      — 
Schwefelsaures    Stibtriamyl- 
oxyd   — 

Stibtriamylsulfiir — 

Stibtriamylsulf  ür  -  Antimon- 

•  sulf  ür — 

Stibbiamyl   , 102 

Stibbiamylchlorür    ....      — 

Stibbiamyloxyd — 

Kohlensaures  Stibbiamyloxyd      — 
Salpetersaures     Stibbiamyl- 
oxyd und 
Schwefelsaures  Stibbiamyloxyd     — 
Antimonmethyle. 
Stibtrimethyl : 

Stibmethyl ,    Antimonmethyl, 

Antimontrimethyl      .     .    .     108 
Stibmethylium  CAntimonmethy- 

Uum)  (Antimonletramethyl)      — 
Stibmethyliumbromür  (Brom- 

stibmethylinm)     ....     104 
Stibmethyliumchlorür  (Chlor- 

Btibmethylit^m)     ....      — 
Stibmethyliumchlorür-  Platin- 
chlorid          — 

Stibmethyliumcyanür   (Cyan- 

stibmethylium)     ....     105 
StibmethyUun^odür  (Jodstib- 

methyHum) — 

Stibmethyliumoxd    ....     106 
Essigsaures  Stibmethyliumoxyd    — 
Kohlensaures  Stibmethylium- 
oxyd: 

a)  Neutrales     ....      — 

b)  Zweifach-saures    .     .     107 
Oxalsaures    Stibmethylium- 
oxyd   — 

Salpetersaures  Stibmethylium- 
oxyd       — 

Schwefelsaures  Stibmethylium- 
oxyd: 

a)  Neutttües      ....      — 

b)  Zweifiich-saures  — 
Saures  weinsaures  Stibmethy- 
liumoxyd      108 

Stibmethyliumsulf  ür,  Einfach- 
Schwefelstibmethylium  .     .      — 
Antimonsäure  ........      i— 

Antimonsaurehydrat     .     .     .     109 


m 


in 
111 


113 

11^ 


iij 


BCetaantimonsanrehydrat  .    ■ 
Antimonsaare  Salse 

Antimonsaures  Ammonram- 
oxyd 

Metaantimonsaares  Ammo- 
niumoxyd     

Saures  metaanttmonsaaresAm- 
moniumoxyd 

Antimonsaures   Antimonoxyd 

Antimonsanrer  Baiyt    .    .    . 

Antimonsaures  Bleioxyd  . 

Antimonsauros  Ejaenoxydul  . 

Antimonsaures  Eisenoxyd 

Antimonsaures  Kali      .    .    . 

Saures  antimonsaures  Kali    . 

Metaantimonsaures  Kafi   .    . 

Antimonsaurer  Kalk     .    .    . 

Antimonsaures    KobaUoxydnl 

Antimonsaures  Kupferoxyd  . 

Antimonsaures  Litoion     .    . 

Antimonsanre  Magnesia    .    . 

Antimonsaures  Manganoxr- 
dal     .......  ". 

-Antimonsaures 'Natron      .    . 

Saures  metaantimonsaures  Na- 
^         tron 

Antimonsaures  Nickeloi^dii] . 

Antimonsaures  Queckmlber- 
oxyd 

Antimonsaurer  Strontian  .    . 

Antimonsaure  Thonerde    .    . 

Antimonsaures  Zinkoxyd  .    . 

Antimonsaftun 

Antimonseleniuret 

Antimonsilber,  Antimonsilberbleade 
8.  Silberantimon  u.  Bothgnltigerz. 

Antimonsuboxyd 

Antimonsulfide . 

AntimonSulfld: 

Sulfantimonige  Säure,  Drei- 
fach- oder  Anderthalbfach- 
Schwef^lantimon,  Antimoih 
sulfür 

Krystallisirtes  oder  krystsDi- 
sehes  Antimonsulfid,  Spiess- 
glanx 

Amorphes  Antimonsolfid, 
braunrothes    Schwefelanti- 
mon,  zum  Theil  Mineral- 
kermes,  Karthäuser  Pulver 

Verhalten  der  fixen  kanstiscbea 
Alkalien    gegen    Schwefd- 
antimon 

Verhalten  der  kohlensauren 
Alkalien  gegen  Schwefel- 
antimon   

Verhalten    des    amorphen 
Schwefelantimons  zu  Anti- 
monoxyd 

Verhalten   von    Baryt,  Eslk 
und  anderen  Oxyden  gegen 
Schwefelantimon  ...         "" 
Antimonpersulf  ür : 

Antimonsulfid i^^ 


lU 


in 


1^ 


185 


la 


ISl 


AJphabetisclies  Begitter. 


Sehe 
Anümonpersiilüd : 

Snlliuitimoiisäare ,    Fünffach- 
oder Zweieinhalbfach-Schwe- 
fi^lantimoii ,     Spiessglanz- 
schwefBl,  Goldschwefel  .    .     132 

Antimonpersulfidsalxe ,    Salf- 
antimoniate 134 

Ammonium- Antimonpenulfid, 
Ammoniumsulfantimoniat  .     135 

Barinm-Antimonpersulfid,  Ba- 
riumsulfantimoniat    .-   .    .     136 

Blei  -  Antimonpersulfid ,  Blei- 
sulOaintimoniat — 

Calcium-Antimonpersulfid,  Cal- 
ciumsulfiantimoniat  (Svilpho 
«(ibuM-co/cun»  (Benelias).  -^ 
Antimonpersulfid-Schwefel- 
calcium;  Schwefelantimon- 

'    calcinm 137 

Eisen- Antimonpersalfid,  Eisen-      — 
sulfisntimoniat 

Kadmium  -  Antimonpersulfid, 
Kadmiumsulfantimoniat      .      — 

Kalium-  Antimonpersulfid,  Ka- 
liamsulfantimoniat    ...       — 

Kalinm-Antimonpersulfid  mit 
antimonsaurem  Kali      .     .     138 

Kobalt-Antimonpersulfid,  Ko- 
baltsnlfantimoniat      ...      — 

Kupf^Br-Antimonpersulfid,  Ku- 
pfersulfantimoniat     ...      — 

Magnesium-Antimonpersulfid, 

-  Magnesiumsulfantimoniat    .     139 

Mangan  -  Antimonpersulfid, 

Mangansulüantimoniat    .     .      — 

Natrium  -  Antimonpersulfid, 

Natriumsulfantimoniat   .     .       — 

Nickel  -  Antimonpersulfid, 

NickelsulflEintimoniat  .     .     .    140 

Quecksilber-Antimonpersulfid, 
Quecksilbersulfantimoniat : 

a)  Antimonpertulfid- 
QuecksilbersuUüret  — 

b)  Antimonpersulfid- 
Qnecksilbersubsulfüret     141 

Silber- Antimonpersulfid,  Silber- 

salfantimoniat — 

Strontium  -  Antimonpersulfid, 

Strontiumsulfantimoniat  — 

Uran-Antimonpersnlfid,  Uran- 

sulfantimoniat — 

Wismuth  -  Antimonpersulfid, 

Wismuthsulüantimoniat .     .      — 
Zink-Antimonpersulfid,  Zink- 

sulfantimoniat — 

Antimonsulfidhydrat — 

Antimonsulfojödi^  s.  S.  124. 
Aiitiin«nsulfoperchlorid,»s.  Antimon- 
perchlorid. 

Antimonwasserstoff 142 

Starrer  Antimonwasserstoff  .     143 

Antimonyl 144 

Antimonainnober    {Cmnabarit   Anti- 
montt) — 


1188 

Seite 
144 
145 

146 


Antimonzinnober 

Antiphlogistische  Theorie  ... 
Antirrhin  s.  Anthokirrin. 

Antirrhinsäure  .  * 

Antirrhinum  cymbalaria  L.,  A.  lina- 

ria  L.  und  A.  nugus  L.      .     .     .       — 
Antiseptica ,    Fäulnisswidrige   Mittel 
(s.  d.  Art.  erste  Aufl.  Bd.  lU,  S.  22). 

Antitartersäure — 

Antiweinsäare — 

Antrimolith  .     .  . '   .     .     .       — 

Antyrrhinsäure — 

Anylamid  syn.  mit  Nitrosalicy]amid, 

s.  d.  unter  Salicylamid. 
Anaiehung,  chemische,  s.  Verwandt- 
schaft. 

Apatelit 147 

Apatit — 

Apatoid 148 

Apelainsäure,  syn.  mit  Axelainsäure. 

Aphanes' — 

Aphanit  s.  Diorit. 

Aphlogistische  Lampe    .....      — 

Aphrit .     149 

Aphrizit — 

Aphrodit — 

Aphronitrum  — 

Aphrosiderit — 

A^htalose  s.  Arkanit. 

Aphtonit — 

Apin,  syn.  mit  P.orphyrozin  (s.  d. 
Art.  erste  Aufl.  Bd.  VT,  S.  626). 

Apiin Ti^O 

Apios  tuberosa 152 

Apirin  s.  Apyrin. 

Apium  graveolens 158 

Aplit — 

Aplom  B.  Granat. 
Apoglucinsäure  s.  Gludns&ure. 
Apokrensäure  s.  Humussaure. 

ApoU*8  Thränen — 

Apophyllensäure — 

Apophyllensanres  Ammoniuln- 

oxyd 155 

Apophyllensaurer  Baryt    .    .      — 
Apophyllensanres    Süberoxyd      — 
Apophyllensanres  mit  salpeter- 
saurem Süberoxyd    ...      — 

Apophyllit — 

Aporetin 156 

Aposepidin — 

Aposepsie,  syn.  für  Vermoderung  (s. 
d.  Art.). 

Apothema — 

Apparat   .     .  ^ 157 

Appert*8  MetlTode  s.  Conserrinmg 
der  Nahrangsstoffe. 

Apyre — 

Apyrin — 

Apyrit — 

Aqua  Binelli  158 

Aqua  fortis  simplex  u.  Aq.  f.  duplex, 
syn.  für  einfisches  und  doppeltes 
Scheidewasser  (s.  Salpetersaare). 


1184 


Aipbftbetisches  Register. 


Aqaamarin 

Aqua  ozymuriatica,  syn.  für  Chlor- 
Wasser. 

Aqua  reginae 

Aqua  regis 

Aquila  alba,  mitigata,  coelestis,  Mer- 

carii 

Arabin 

Aracbin 

Monaracbin 

Biaracbin 

Triaracbin . 

Arachinamtd 

Aracbinsäure 

Aracbinsaure  Salze 

Aracbinsaures  Aetbyloxyd     . 
Aracbinsaures    Ammoniam- 

oxyd 

Aracbinsaures  Amyloxyd .  . 
Aracbinsaurer  Barvt  .  .  . 
-Aracbinsaures  Kali  .... 
Aracbinsaurer  Kalk  .  .  . 
Aracbinsaures  Kapftroxyd 
Aracbinsaure  Magnesia  .  . 
Aracbinsaures  Metbyloxyd  . 
Aracbinsaures  Natron  .  .  . 
Aracbinsaures  Silberoxyd 
Aracbinsaurer  Strontian   .    . 

Aracbis  bypogaea  L 

Aracbyl  

Aräometer 

^I.  Aräometer  mit  Scale  .     .     . 
Arten  des  Volumen-   oder 
Scalen-Aräometers     .    .     . 

A.  Allgemeine  Aräometer 

a)  Aräometer  mit  tbeo- 
retiscber  Scale.     . 

b)  Aräometer  mit  em- 
piriscber  od.  gleicb- 
fdrmig  getbeilter 
Scale 

a)  Aräometer  voi^  be- 
ständigem Gewicbt 
mit  gleichförmiger 
Scale 

/?)  Aräometer  von  ver- 
änderlicbem  Oewicbt 
mit  gleiobförmiger 
Scale  ..... 

B.  Besondere  Aräometer 
II.  Gewichts- Aräometer  .     .     . 

Araeon 

Araeoxen 

Arbol-a-Brea-Harz 

Arbor  Dianae 

Arbutin 

Arcanum 

Arcbil,  syn.  für  Orseille. 
Arctostapbylos  uva  ursi  Spr. .     .     . 
Arctuvein  {        a  v.  ^ 

Arekanttsse 

Arendalit  s. 
Arenilla  . 


Seite 
158 


159 


ICO 


161 
162 


168 


164 


I6d 

166 
178 


174 


181 
182 
188 
191 


192 

198 
194 

195 


Epidot 


m 


Seüe 
Aretbase  s.  Arsenmethyl. 
ArfVedsonit  s.  Hornblende  IsteAofL 

Bd.  m,  S.  914. 
Argensulfid  s.  Ammoniamriiodaoär. 
Argentan  s.  Neusilber. 

Argentine 

Argentit,  syn.  für  Silberglanz. 
Argillinm  (von  argiüaj  Thon),  syn. 

mit  Aluminium. 
Argyritls  oder  Silberglätte  s.  Bleioxyi 

ArgyroUth 1« 

Aridn - 

Cblorwasserstofr-Aridn      .    .    19^ 

Platindoppelsalz — 

JodwasserstoiT-Aricin    ...    19^ 
Schwefelsaures  Aricin  .    .    .     - 

Aridium  , - 

Aristolochia  clematitis  L 1^ 

Aristolocbia  serpentaria      .     .    .    .     - 
Aristolocbiongelb  i    s.   Aristofochia 
Aristolocbinsäure  )    clematitis. 

Aristolocbin i^ 

Arkanit - 

Arkansit,  syn.  Brookit. 
Arki  s.  Arsa. 

Arkose    .     .    .  • 2«M 

Arktizit  s.  Wemerit. 

Armenischer  Stein - 

ArmentuQ  album - 

Amidn - 

Aroma Äß 

Aropb - 

Arquerit •     - 

Arragonit -" 

Arrak  ' 2ö5 

Arrow-root •     — 

Arsa '   ^^* 

Arsarat ■" 

Arsen 

Arsen,  Bestimmung  desselben     .    . 
Trennung  der  arsenigcn  Siore 
und  der  Arsensänre  von  an- 
deren Oxyden 

Arsen,    Entdeckung   und    Abfchei- 
dung   bei    gericbtUcben    Untersv- 

cbungen * .     .    .    .   JW 

Arsen,  gediegen 2^^ 

Arsenantimon  s.  Antimonarsen. 

Arsenblende '.     ' 

Bothe  Arsenblende,   Realgar     - 
Gelbe  Arsenblende,  Anriptg- 
ment,   Operment,  Rauscb- 

gelb - 

ArsenblÜtfae,  Arsenikblätbe ,  Arsenit     - 

Arsenbromid " 

Arsencblorid .   MS 

Arsencblorid-Ammoniak  .    .     ' 

Arseneisen    .    .    .  • ^^ 

Arsenerze "" 

Arsenfablerze ?** 

Arsenfluorid      ........     ^ 

Arsenglanz  .     , " 

Arsenglas,  gelbes      ' 

Arsenglas,  rothes " 


211 


i\i 


Alphabetisches 

Seite  I 

Irsenide 245 

Inenige  Säure  8.  Arsensäuren. 
Arsenik  s.    Arsen   and    Arsenige 

Säure. 
Ursen,  rother,  s.  Arsenglas, 
krsenik,  weisses  Arsenikmehl,  s.  Ar< 

senige  Säure  unter  Arsensäuren. 
Lrsenikalkies  s.  Arsenkies. 
Lrsenikbutter,  syn.  Arsenchlorid. 
Ijrsenikeisensinter,    Arseneisensinter 

s.  Eisenpechers. 
Lrsenikleber,  fixe       ......     34G 

Lrs.enik]eber,   flüchtige,   Arseniksal- 
miak        — 

irsenikleuchtstein      ..."...       — 
Lrsenikmehl  s.  Arsenige  Säure. 
Lrseniköl,  ätzendes,  syn.  Arsenchlo- 
rid, 
krsenikrubin  s.  Arsenglas,  rothcs. 
ürseniksinter,  Arsensinter    ....     — 

Lrseniosiderit .    — 

Lnenit,  sjn.  mit  Arsenhlüthe. 

Lrsepjodid — 

ürsenkies 247 

krsenkobalt — 

Lrsenkobaltkies     ........       — 

krsenkupfer — 

Lrsenleber  s.  Arseniklcber. 
Lrsenlegirungen  s.  Arsenide. 
Lrsenleuchtstcin  s.  Arsenikleuchtstein. 

Lrsenmangan — 

LTsenmehl  s.  Arsenikmehl, 
ürsenmetalle  s.  Arsenide. 

Lisennickel 248 

ürsenöl  s.  Arseniköl. 

Lrsenomelan — 

üTsenosiderit — 

irsenphosphor — 

LTsenphjUit — 

irsenradicale,  organische: 

Verbindungen   des   Arsens   mit 
den  Alkoholradicalen    ...       — 

Verbindungen   des    Arsens  mit 
Aethyl: 

Arsenbiäthyl  (Arsendiäthyl, 

Aethylkakodyl) 249 

Verbindungen  des  Arsenbiäthyls : 

a)  Mit  1  Aeq.  Metalloid  .     252 
Arsenbiäthy^odür,  Aethylka- 

kodyljodür — 

Arsenbiäthyloxyd     ....       — 

b)  Mit  3  Aeq.  Metalloid: 
Arsenbiäthylchlorid ....      — 
Arsenbiäthylchlorid  -  Queck- 
silberoxyd, Dreifach-Chlor- 
arsenbiäthyl  -  Quecksilber- 
oxyd   — 

Arsenbiäthylsäure,  Aethylkako- 

dylsäure 253 

Arsenbiäthylsäure  Salze.  Ar- 

.  senbiäthylsaurer  Baryt  .    .  254 

Arsenbiäthylsaures   Bleioxyd  — 

Arsenbiäthylsaures  Eisonoxyd  — 

Arsenbiäthylsaures  Eupferoxyd  — 


Register.  1135 

Seite 
Arsenbiäthylsaures  Queck- 

.     silberoxyd 254 

Arsenbiätlö^lsaures  Queck- 
silberoxydul      — 

Arsenbiäthylsaures  Silberoxyd      — 

Arsentriäthyl .  • — 

Verbindungen  des  Arsentriäthyls    255 
Arsentriäthylbromür   (Brom- 

arsentriäthyl)  .....       — 
Arsentriäthylchlorür     ...       — 
Arsentriäthylchlorür  -  Queck- 
silberoxydnl,  Arsentriäthyl- 
oxychlorür-QuecksUbercUo- 

rur     . — 

Arsentriäthyljodür,  Jodarsen- 

triäthyl 256 

ArsentriäthyUodür-  Zinkäthyl- 

jodür — 

Arsentriäthyloxyd    ....       - 
Salpetersaares  Arsentriäthyl- 
oxyd   257 

Arsentriäthylsulf  ür,  Schwefel- 

arsentriäthyl — 

Arsenäthyliuni    ......    258 

.  Arsenäthyliumbromfir,  Brom- 

arsenäthylium — 

Arsenäthyliumchlorür,  Chlor- 

arsenäthylium — 

Arsenäthyliumchlorür  -  Platin- 
chlorid   — 

Arsenäthyliungodür,  Jodarsen- 

äthylium *    — 

Arsenäthyliumoxydhydrat      .    ^9 
Zweifach-schwefelsaures    Ar- 
senäthyliumoxyd  ....       — 
Verbindungen    des   Arsens   mit 
Methyl: 

Arsenbunethyl — 

Verbindungen  des  B^akodyls  mit 
Brom,  Chlor,  Cyan,  Fluor 

und  Jod 2GS 

Kakodylbromür,  Bromarsin  .  — 
Basisches  Kakodylbromür  .  — 
Kakodylsuperbromid,  kakodyl- 

saures 2G4 

Kakodylchlorid,kakodylsaures  — 
Eiikodylchlorür,  Chlorarsiu  .  265 
Wasserhaltiges  Kakodylchlo- 

rür 266 

Basisches  Kakodylchlorür     .      — 
Kakodyl-Kupferchlorür     .     .      — 
Kakodyl-Platinchlorid       .     .     267 
Kakodylsuperchlorid  u.  kako- 
dylsaures   Kakodylsuper- 
chlorid     — 

Kakodylcyanür,  Cyanarsin     .    268 

Kakodylüuorür 269 

ICakodylsuperfluorid,  kakodyl- 

saures 270 

Kakody^odür,  Jodarsin    .     *      — 
Basisches  Kakodyljodür    .    .       — 
Verbindungen  des  Kakodyls  mit 

Sauerstoff 271 

Kakodyloxyd,  Alkarsin     .     .      — 


118C 


Alphabetiaches  Register. 


Saite 

Erytrarsin 274 

Phosphonaures  Kakodylozyd  — 
Salpetersanres  Kakodyloxyd .  — 
Salpetereaures  Silberoxyd- 

Kakodyloxjd  * — 

Schwefelsanree  Kakodyloxyd  275 
Kakodyloxyd-QueckBÜberbro- 

mid — 

Kakodyloxyd  -  Quecksilber- 
chlorid    *- 

Parakakodyloxyd      ....     27  G 
Kakodylsäure,  Alkargen    .     .    277 
Kakodylsänre  -  Quecksilber- 
chlorid     278 

Kakodylsäure  SaUe  .  .  .  279 
Kakodylsanres    Kakodyloxyd 

(Hydrarsin) — 

Kakodylsaures  Kali ....      — 
Kakodylsaures  Kupferoxyd    .       — 
Kakodylsanres    Quecksilber- 
oxyd   280 

Kakodylsanres   Silberoxyd, 

neutrales  — 

Saures  kakodylsanres  Silber- 
oxyd   — 

Verbindungen  desKakodyls  mit 

Selen  und  Schwefisl .     .    .281 
Kakodyfteleniet,  Kakodylsele- 

nür  (Bunsen) — 

Kakodylsulfur  (Bunsen),  Ka- 

kodylsulfüret — 

Kupfer-Kakodylsulfür  .  .  .  282 
Kakodylsuliid,  Kakodylsuper- 

sulfid  (Bunsen)     ....      — 
Kakodylsnlfid-Salze,  Snlfoka- 

kodylate 283 

Antimon-Kakodylsulfid  .  .  — 
Blei-Kakodylflulfid  .  .*  .  .  — 
Qold-Kakodylsulfid  ....  — 
Kakodyl-Kakodylsulfid .  .  .  284 
Kupfer-Kakodylsulfid  .  .  .  285 
Wismuth-Kakodylsulfid  .  .  -- 
Kakodylsuperbromid  's.  Kako- 

dylbromid  S.  264. 
Kakodylsuperchlorid  s.  Kako- 

dylchlorid  S.  267. 
Kakodylsoperfluorid  s.  S.  270. 
ArsenmetbyUum  (Arsentetra- 
methyl)   286 

ArsenmeäiyUum-Bromär,  Ar- 
sentetramethyl -  Bromür, 
Bromarsenmethylium    .     .      — 
Arsenmcthyliumjodür,  Arsen- 
tetramethy^odür,  Jodarsen- 
methylium  ......      — 

Arsenmethyllumoxydhydrat  .  — 
Salpetersaures    Arsenmcthy- 

liumoxyd 287 

Schwefelsaures  Arsenmethy- 

liumoxyd — 

Arsenbimethylathylium,   Arsen- 
bimethylamylium      ....      — 
Arsenmethylathyliumbromür .       — 
Arsenmethylathyliumchlorär .      — 


Arsenmethyläthyliuiigodsr 
Arsenmethylath/linmoxydhj- 

drat 

Arsenmethyläthyliumsiilfar   . 
Arsenmethylamylian^odär 
Arsenamyl      .     .  .... 

Arsenbutyl  (?): 

Butylkakodyl 

Ar8enpropyl(r): 

Propylkakodyl 

Arsenntbin  s.  Arsenikrubin. 

Amensauren 

Arsenige  S&ore; 

Weisser  Arsoiik,  ArsenikmeU, 
Giftmehl,  Hättenranch,  Ar- 
senikblumen, Rattengift,  Ar 
senikblüthe,  Arsenoxyd. 
Arsenigsaure  Salze  .    .    ■ 
Arsenigsaures    Ammonium- 

oxyd *    . 

AEsenigsanres  Antimonoxyd 
Arsenigsaurer  Baryt     .    . 
Arsenigsaures  Bleio^d 
Arsenigsaures  Eiaenoxyd  . 
Arsenigsaures  Eiaenoxydul 
Arsenigsaures  Kali: 

1)  Neutrales   .     .     .    ." 

2)  Saures  Salz  .     .    . 

8)  Basisches  Salz  .    . 
Arsenigsaures  Jodkalium  . 
Arsenigsaurer  Kalk.     .    . 
Arsenigsaures  Kobaltoxydol 
Arsenigsaures  Kupferoxyd: 

1)  Neutrales  .... 

2)  Basisches  Sals  .    . 
Aneni^aure  BCagnesia 
Arsenigsaures  Hanganoxydnl 
Arsenigsaures  Natron  .    . 
Arsenigsaures  Nickeloxydnl 

.    Arsenigsaures  Quecksilberoxjd 
Arsenigsaures     Quecksilber- 

oxyduL 

Arsenigsaures  Silberoxyd 
Arsenigsaurer  Strontian    .    . 
Arsenigsaures  Zinnoxydol  o. 

Zinnoxyd    

Arsensäure : 

I  Arseniksänre 

Arsensäuretrihydrat .  .  .  • 
Arsensiurebihydrat  .  .  .  • 
Arsensäuremonohydrat.  .  • 
Wasserfireie  Arsensäure,  Arsn* 

Säureanhydrid 

Arsensaure  Salze 
Arsensaures  Ammoniamoxyd: 

1)  Basisches 

2)  Neutrales  .    .    .    .    • 

9)  Saures 

Arsensaurer  Baryt: 

1)  Basischer 

2)  Neutraler  .     .    .    .   • 
8)  Saurer 

Arsensaures     Baryt  -  Ammo- 
niumoxyd     


» 


2?: 


n 


m 


3^ 


SOI 


ftö 


SOS 


m 

SOS 


S06 


Alphabetisches  Register. 


Arsensaures  Bleioxvd: 

1)  Basisches  .... 

2)  Neutrales  .... 
Arsensaures  Ccroxvdul 
Arsensaures  Chromoxyd    . 
Arsensaurcs  Eisenoxyd 

Eisen  Sinter 

Arsensaures  Eisenoxydul 
Arsensaures  Iridiumoxyd  . 
Arsensaures  Kali: 

1)  Basisches  .... 

2)  Neutrales        .     .     . 
)  Saures 

Arsensaurer  Kalk,  neutraler 
Arsensaures  Kalk- Ammonium 

oxyd,  basisches    .     .     . 
Arsensaures  Kobaltoxyd    . 
Arsensaures  Kobaltoxydul 
Arsensaures  Kupferoxyd,  ba- 
sisches         .... 
Arseusaure  Magne$(ia 
Arsensaures  Magnesia- Ammo- 
niumoxyd     

Arsensaures  Magnesia-Kali 
Arsensaures  Manganoxydul 
Arsensaures     Manganoxydul- 
Ammoniumoxyd 
Arsensaures   Molybdänoxydul 
Arsensaure  Molybdänsäure 
Arsensaures  u.  molybdänsau- 
res Ammoniumoxyd .     . 
Arsensaures  Natron: 

1)  Basisches  .... 

2)  Neutrales  .... 

3)  Saures 

Arsensaures  Natron-Ka^\  neu 

trales 

Arsensaures  Natron  mit  schwc 

feisaurem  Natron .     .     . 
Arsensaures  Natron  mit  Fluor 

natrium 

Arsensaures  Nickeloxydul,  ba 

sisches 

Arsensaures  Palladiumoxydul 
Arsensaures  Platinoxyd 
Arsensaures  Quecksilberoxyd 
Arsensaures  Quecksilberoxydul 

1)  Neutrales   .... 

2)  Saures 

Arsensaures  Rhodiumoxyd 
Arsensaures  Silberoxyd,  basi 

Arsensaurer  Strontian  . 
Araensaure  Thonerde    . 
Arsensaure  Thorerde    . 
Arsensaures  Titano^yd 
Arsensaures  Uranoxyd . 
Arsensaures  l'ranoxvdul 
Arsensaures  Vanadiumoxyd 
Arsensaures  Wismuthoxyd 
Arsensaure    Yttererde ,     neu- 
trale   

Arsensaures  Zinkoxyd  . 
Arsensaures  Zinnoxyd  . 


Seite 
SOG 


307 


.308 


309 


310 


311 


312 


1187 

Seite 
315 


313 


314 


315 


Arsensaures  Zinnoxydul    .     . 

Arsensaure  Zirkonerde.     .     .       — 

Arsenschwärze — 

Arsenschwefelsäure — 

ArscnsUber 316 

Arsensilberblende,    syn.    für   lichtes 
Rothgiltigerz  (s.  erste  Aufl.  Bd.  IV, 
S.  908). 
Arsensinter  s.  Arseniksinter. 

Arsenspiegel      ." — r 

Arsensuboxvd — 

Ar«ensulfide .     .     .• — 

Arsensulfür: 

Rothes  Schwefelarsen,  Real- 
gar ,  Sandarach ,  Rubin- 
scfaWefel,  unterarsenigsaures 
Sulfid,  Arsenbisulfuret,  hy- 
posulfarscnigc  Säure      .     .       — 

Arsensulfürsalze ,  Hyposulf- 
arsenite  (Berzelius)   .     .     .     317 

Ammonium-Arsensulfür,  Axja- 
moniumhyposulfarsenit  .     .       — 

Barium- Arsensulfür,  Barium- 
hyposulfarsenit      ....       — 

Kalium-Arsensulfür ,  Kalium* 
hyposulfarsenit      ....       — 
Arsensulfid: 

Gelbes  Schwefelarsen,  Rausch- 
gelb, Auripigment,  Oper- 
ment,  Arseniges  Sulfid  (Ber- 
zelius), Sulfarsenige  Säure, 
Arsensupersulfür  ....       — 

Arsensulfidsalze,  Sulfarsenite 
(Berzeliu^i) 320 

Ammonium- Arsensulfid,  Am- 
moniumsulfarsenit     .     .     .     321 

Barium- Arsensulfid ,  Barium- 
sulfarsenit — 

Beryllium-Arsensulfid,  Beryl- 
liumsulfarsenit — 

Blei-Arsensulfid,  Bleisulfarse- 
nit — 

Calcium- Arsensulfid,  Calcium- 
sulfarsenit — 

Cersulfüret- Arsensulfid,  Cer- 
sulfuretsulfarsenit ....       — 

ChromsesquisulfUret- Arsensul- 
fid, Chromsesquisulforetsulf- 
arsenit — 

Eisensesquisulfüret  -  Arscnsul- 
fid,  Eisensesquisulfuretsulf- . 
arsenit 322 

Eisensulfuret- Arsensulfid,  Ei- 
sensulfuretsulfarsenit .     .     .       — 

Qoldsesquisulfuret-Arsensulfid, 
Goldscsquisulfuretsulfarsenit      — 

Kadmium  -  Arsensulfid ,  Kad- 
miumsulfarsenit     ....       — 

Kalium  -  Arscnsulfid,  Kalium- 
sulfairsenit — 

Kobalt -Arsensulfid,  Kobalt- 
sulfarsenit 323 

Lithium-Arsensulfid,  Lithium- 
sulfarsenit — 


HandwOrterbach  der  Chemie.  2te  Aafl.  Bd.  11. 


72 


1138 


Alphabetisches  Registpr. 


Magnesium  -  Arsensulfid,   Ma- 

gnesiumsulfarsenit      .     .     . 
Mangan-Arsensultid,  Mangan- 

sulfarscnit    .... 
Molybdän-ArKensulfid,  Moh  b- 

dänsalfarsenic 

Xatrium- Araensulfid,  Natrium- 

sulfursenit 

Niekel-Arsensuliid,  Nickelsulf- 

arsenit 
Platinbisulfbret  -  ArscnsalHd, 

Platinbisulftiret^lfarsenit    . 
Quecksilbersulfuret  -  Arsensul- 

fid,  Quecksilbersulfuretsulf- 

arsenit  

Quecksilbersubsulfiiret  -  Areen- 

sulfid,  Quecksilbersabsulfti- 

retsuLTarsenit 
Silber -Arsensulfid,  Silbersolf- 

arsenit  .... 

U  ransesquisulfUret- Arsensulfid, 

UransesquisulfUretsulfarsenit 
Wismuth  -  Arsensulfid,    Wis- 

muthsulfarsenit     .     .     . 
Zink -Arsensulfid,  Zinksulfar- 

senit 

Zinnsulfürer-Arsensulfid,  Zinn- 

snlfarsenit 

Zinnbisulfid-Arsensulfid,  Zinn- 

bfsulfüretsulfarsenit    .     .     . 
Zirconium- Arsensulfid,  Zirco- 

niumsulfarsenit      .... 
Areenpersulfid: 

ArsensupersulHd,     Sulfarsen- 

säure 

Arsenpersulfidsalze,    Sulfarse- 

niate  (Berzelius)  .... 
Ammonium-  ArsensupersulHd, 

Ammoniumsulfarseniat  .     . 
Barium-ArsenpersulfidjBarium 

sulfarseniat 

.  Beryllium-Arsenpersulfid,  Be- 

rylliumsulfarseniat      .     .     . 
Blei-Arsenpersulfid ,   Bleisulf- 

arseniat 

Calcium -Arsenpersulfid,   Cal- 
ciums ulfarseniat    .     .     .     . 
Cersesquisulfüret-A  rsenpersul  - 

fid,   Cersesquisulfüretsulfar- 

seniat 

Cersulftiret  -  Arsenpersulfid. 

Ccrsulfuretsulfarseniat    .     ^ 
Eisensesquisulfüre't  -  Arsenper- 

Sulfid ,   fiisensesquisulfüret- 

sulfarseniat 

Eisensulfuret  -  Arsenpersulfid, 

Eisensulfüretsulfarscniat 
Goldsesquisulfuret  -  Arsenper- 
sulfid ,     GoldsosquisulAiret- 

sulfarseniat 

Kalium- Arsenpersulfid,  Kalium 

sulfarseniat 

Kobalt- Arsenpersulfid,  Kobalt- 

sulfarseniat 


Seite 
32.3 


Se^tf 


Li- 


824 


325 


32G 


327 


.«: 


.li- 


2*t 


Lithiura-Arsenp^nsulfid , 

thiumsulfarseniat  .     .    . 
M^tgnesium  -  Arsienpcrsulfid- 

MagmesiumsuUarfffiiiai 
Msingan-Arsetiperpnlfid,  Man- 

gansulfarseniat  .    . 

Natrium -Arsenpersollid,  Na- 
triumsulfarseniat  .... 
Natrium  -  Ammonium  -  Ar«^ni- 
persulfid,  Natriam  -  Ammo- 
niumsulfarseniat .... 
Natrium-Kalium- Arseupersol- 
fid,  Natrium  -  Ka.HamsuKar- 

seniat - 

Nickel-Arsenpersnlfid,  Nickd- 

sulfarseniat - 

Platinbisulfüret-  ArsaiperBiilfi<l 

Platinbisulfüretsulfiurseniat .     - 
QuecksilbersttUüret-  Arsenper* 
sulfid ,    Queck sUbersoUuret- 
sulfitrseniat . 
Quecksilbersubsulfbret-ArseD- 
persulfid.  Queck^bersubsnl- 
fteretsulfarseniat     .     .    .    .    >^ 
Silber -Arsenperiulfid,  Silber- 

sulfarseniat .     .  .     .    .     - 

l'ranseaqnisulftiret  -  Arsenpei^ 
sulfid ,    Uransesquisolforet- 

sulfarseniat - 

Zink-Arsenpersnlfid,  Zinksalf- 

arseniat ~ 

Zirconium  Arsenpersulfid,  Ztr 
konsulfiarseniat      .     .    . 

Arsenwasserstoff 

Arsenwasserstoffgas .     .    . 
Arsenwasserstoff  fester,  Wu 
serstoffarsenik 
Arsid  ..... 

Artanitin 

Arterienhaut      .     .     . 

Artischocke  . 

Artiyle     .  ... 

Artocarpus  incisa .     . 

Arum  esculentum 

Arum  maculatum  .     . 

Arundo  phragmites    .  ... 

Asa  dulcis  s.  Benzoe. 

Asa  foetida 

Asa  foetida-Oel 

Asant,  stinkender,  s.  Asa  foetida. 
Asarin,  Asaron,  Asar,  Asarit?,  Uasd' 

wurzcamphor 

Asarit 

Asarumöl 

Asbest  

Asbolan        ... 

Asbolin 

Aschblei 

Asche  organischer  Körper.    . 
Methoden  der  Einäscherung. 
Methoden  der  Analyse 

Methode  von    Will  und  Fre- 


_    I 


S33 


«J 


sa 


semus 

Methode  von  Efdmauu 


33: 


S40 
S44 


J43 
353 


5JJ 


Alphabetisches  Register. 


1139 


Methode  todH.  Rose.    .'  . 
Methode  Ton  Mitscherlich 
Methode  von  Wackenroder    . 

a.  In    Wasser     löslicher 
TheU    ...... 

b.  In  Wasser  unlöslicher 
Theil 

Methode  von  Städeler: 

a.  Samen-Aschen    .     .     . 
~  b.  Aschen  ron  Holz,  Kräu- 
tern a.  8.  w 

Methode  von  Wittstein      .     . 

Lflche,  rulcanische 

.sehen,  metallische 

.•cbenbad . 

Lscheniieher     ...  .     .     .     . 

ksdepiadin,  Asdepin' 

Ltclepion 

isparagin,  Spargelstoff,  Asparamid, 

Althäin 

Chlorwasserstoff-Asparagin  . 
Ozalsanres  Asparagin  .  .  . 
Salpetersaares  Asparagin  .  . 
Schwefelsaures  Asparagin 
Aflparagin-Bletoxjd  .... 
Asparagin-Kadmiumoxyd  .     . 

Asparagin-BLaU 

Asparagin-Kalk 

Asparagin-Kupferoxyd  .     . 
Asparagin-Quecksilberchlorid 
Asparagin-Quecksilberoxyd    . 
Asparagin-Silberoxyd   .    '.     . 
Asparagin  mit  salpetersaurem 
Silberoxyd   ...... 

Asparagin-Zinkoxyd     .     .     . 
Isparaginsäure,   Asparagsäure,  As- 
paraminsänre,  Asparamsäure,  As- 
partsäure .     .  • 

Chlorwasserstoff  •  Asparagin- 

säure  .         

Salpetersaure  Asparaginsäure 
Schwefelsaure     Aaparingin- 
säure  ....... 

Asparaginsäure  Salze    .     . 
Asparaginsaures  Ammonium 

oxyd 

Asparaginsaurer  Baryt 
Asparaginsaures  Bleioxyd . 
Asparag^nsaures  und  salpeter 

saures  Bleioxyd    .     .     . 
Asparaginsaures  Eisenoxyd 
Asparaginsaures  Kali   .    . 
Asparaginsaurer   Kalk : 
Neutrales  Salz      .     .     . 
Basisches  Kalksalz    .     . 
Asparaginsaures  ^upferoxyd 
Neutrales  Salz      .     .    . 
Bi^isch  -  asparaginsaures 
Kupferoxyd  .... 
Asparaginsäure  Magnesia : 
Neutrales  Salz      .     .     . 
Basisches  Biagnesiasalz  • 
Asparaginsauren  Natron,  neu 
trales  Salz 


Seite 
355 


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301 

863 

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373 


377 

378 


379 


380 


Asparag^aures  Nickeloxy- 
dul      

Asparaginsaures  QuecksUber- 

oxyd,  basisches     .... 

Asparaginsaures  Quecksilber* 

oxydul    ...*.... 

Asparaginsaures  Silberoxyd: 

Neutrales  Safz 

Basisches  SUbersals  .     .     . 
Asparaginsaures  Zinkoxyd 
Die  Zusammensetzung  des  As- 
paragins  und  der  Asparagin- 
säure   .  

Asparaginsäure  Salze  s.  Asparagin- 
säure S.  378. 
Asparamid,  syn.  Asparagin. 
Asparamidsäure,  syn.  Asparaginsäure. 
Asparagolith    ....... 

Asparagus  offidnalis 

Aspartsäure  s.  Asparaginsäure. 

Aspasiolith 

Aspertannsäure 

Asperula  odorata 

Asphalt 

Asphalt,  künstlicher 

Asphalten,  Asphalt,  erdiger,  Asphalt- 
erde,  Asphaltol  s.  Asphalt. 

Asphodelus 

Aspirator 

Assacou  oder  Ussacu 

Assamar 

Aster  tripolium 

Astrakamit 

Astralit 

Astrapyalith 

Astrophyllit 

Atakamit 

Athamanta  Oreoselinum     .... 

Athamantin 

Athanor  s.  Acanor. 

Äitnar  ......•■••• 

Atheriastit 

Athmen  der  Pflanzen 

Athmen  der  Thiere 

Atlaserz,  syn.  mit  fasetigem  Malachit. 

Atlasstein,  Atlasspatb 

Atmerythrin 

Atmidoskop 

Atmosphäre,  Atmosphärische  Luft  . 

I.  Physikalische   Eigenschaften 
der  Atmosphäre: 

1.  Die  Schwere  und  die  Ge- 
stalt 'der  Atmosphäre  • .     . 

2.  Die  Temperatur  der  At- 
mosphäre   ..... 

8.  Bewegungen  in  der  Atmo- 
sphäre      ,   . 

4.  Die  Aenderungen  des  at- 
mosphärischen   Druckes 

6.  Verhältniss  der  Atmosphäre 
zum  Liebte 

II.  Chemische  Beschaffeuhuit  der 

Atmosphäre : 
Bestandtheile 

72* 


Seite 
381 


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400 


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416 
419 
420 
424 

426 


1140 


Alphabetiflcliet  Register. 


QuantitatiTe  Ziuammeiisetsuiig 

Sauerstoff 

Stickstoff 

Wasser 

Kohlensäure         .     .     .     .    « 

Ammoniak 

Jod 

Kohlenwasserstoff  (?)... 

Zusammensetximg  der  Lull  . 

In  Wasser  gelöste  Lult    .     . 

Von  dem  Erdboden  absorbirte 
Luft 

Luft  in  geschlossenen  Räumen 

Atome 

Atomgewichte 

Atomgewichtsbestammungen    der 

Grundstoffe: 

Aluminium 

Antimon 

Ai'sen 

Barium 

Bervllium 

Blei 

Boron * 

Brom 

Calcium 

Chlor 

1)  Bestimmung  des  Sauer- 
stoffgehalts des  chlorsauren 
Kalis 

2)  Bestimmung  des  Atomge- 
wichts des  Chlorsilbers  .     . 

S)  Bestimmung  des  Chlor* 
Silbers  aus  100  Thln.  Silber 

Cer 

Chf'om 

Didym 

Eisen 

Erbium 

Fluor    ....     

Gold 

Jod . 

Iridium      .     .- 

Kadmium 

BLalium  s.  bei  Chlor. 

Kobalt 

Kohlenstoff    ....... 

Kupfer 

Lanthan 

Lithium 

Magnesium     ... 

Mangan 


Seite 
431 

440 

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447 

449 


450 
452 

453 
4.')5 
461 
4GS 


471 
473 
475 
47  G 


477 

479 


480 


481 

483 

484 

485 


Molybdän  . 
Natrium 
Nickel  .     . 
Niobium 
Osmium 
Palladium  . 
Phosphor  . 
Platin    .     . 
Quecksilber 
Rhodium   . 
Ruthenium 
Sauerstoff . 


48G 
487 

488 
490 


491 
492 
493 
494 
495 


496 
497 
498 
499 


5» 


5» 


Seilt 

Schwefel 44 

Selen .    ,    '»A 

Silber  s.  bei  Chlor. 

Silicinm ^<I 

Stickstoff M 

Strontium »^ 

Tantal 3^ 

Tellur - 

Thorium '».^ 

Titan    ...•.....— 

Uran J^< 

Vanadium y^' 

Wasserstoff         ** 

Wismuth M«' 

Wolfram äU 

Yttrium JIJ 

^in&      ..  ••,••."' 

Zinn .514 

Zirkonium - 

Atomgewichtstabelle    .... 

Atomtheorie  

Einfachheit  des  Verfaältnisiei 

der  Atome  .     .     . 
Specifisches  Gewicht  der  Ele- 
mente im  Gas-  oder  Dampf- 
austande        

Die  Isomorphie  der  Verbin- 
dungen     5S4 

Atomvolum ^-^ 

Atomvolum    gasförmiger  Sub- 
stanzen     

Atomvolum  starrer  und  flüssiger 
Substanien : 
Atomvolum    starrer    o.    flüssi- 
ger Elemente 

Atomvolum  starrer  Verbindungen 
Atomvolum    tropfbar  -  flussiger   • 
Verbindungen  ......   ^ 

Atomzahlen  s.  Atomgewichte. 

Atramentenstein ^^l 

Atriplex  verrucifera ' 

Atropasäure  " 

Atropin,  Atropinum,  Atropiunu  Ds- 

turin ^~[ 

Atroptnsalze ^^l 

Chlorwasserstoff-Atropin  .    .    ^'^ 
Chlorwasserstoff-  Atrapfn- 

Goldchlorid  " 

Essigsaures  Atropin     .    . 
Krokonsaures  Atropin  . 
Rhodizonsaures  Atropin    .    •     " 
Salpetersaures  Atropin 
Schwefelsaures  Atropin 
Weinsaures  Atropin     .    .    •     "* 
Attraction,  chemische,  s.  Verwandtschaft, 

Aufbrausen " 

Aufgiessen    .     , " 

Auflösen ,    Auflösung ,    Auflösungs- 

mittel 7 

Auflöslichkeit    .     .     ^ '^^ 

Aufschliessen ^ 

Augenschwarz " 

Augenstein •    ^* 

Augit .     ' 


5«) 
^1 


54: 


Alphabetisches  Register. 


1141 


Gemeiner  Augit 

Pyroxen      

Diopsid  (weisser  Augit,  Mnssit) 

Malakolith 

DiaHag,  Broncit 

Asbestartige  Augite.     .     .     . 

urade 

urantin,  syn.  mit  Hesperidin  (s.  Iste 
Aufl.  Qd.  ni,  S.  855). 

urichalcit 

arikel  -  Camphor,     Aurikel  -  Ste- 

aropten 

urin 

uripigraent  s.  Arsensulfide    S.  316 
und  Arsenblenden  S.  241. 
urum  mosaicum  s.  Musivum     .     • 
.asblühen  s.  Auswittern, 
usdehnung 

1 .  Ausdehnung  starrer  Körper . 

2.  Die  Ausdehnung  tropfbar- 
flüssiger Körper     .... 

1.  Ausdehnung  kohlenstoff- , 
Wasserstoff-  und  sauerstofT- 
haltiger  Verbindungen  nach 
den  Bestimmungen  von  H. 
Kopp 

2.  Ausdehnung  schwefel-Jod-, 
brom-  n.  chlorhaltiger  Ver- 
bindungen nach  den  Bestim- 
mungen von  J.  Pierre  und 
H.  Kopp 

8.  Ausdehnung  stickstoffhal- 
tiger Verbindungen  nach 
den  Bestimmungen  von  H. 
Kopp 

3.  Die  Ausdehnung  der  gasför- 
migen Körper 

Lusdünstung,  thierisohe      .... 

LusfHeren 

ausglühen  s.  Anlassen, 
kiiskochen  s.  Abkochen. 
Lnslaugen,  Aussüssen,  Auswaschen. 
Lnssaigem  s.  Saigem. 

inatem    * 

iustralerde 

Vnstrocknen • 

Vuswittem,  Ausblühen,  Efflöresciren, 

Efflorescere 

^.nsziehen 

f^utomolith,  syn.  mit  Gahnit. 

\Tanturin,  Aventurin 

ALvantnrinfeldspath  s.  Oligoklas  (Iste 

Aufl.  Bd.  V,  S.  «78). 
Avanturinglas,  Avcnturinglas 

Avanturinglasur 

Avenin  .... 

Avignonkömer  s.  Grelbbeeren. 
Avivage,   Aviviren  oder  Schönen,  s. 

Rothfärberei,   Iste  Aufl.   Bd.  VI, 

S.  905. 

Axe •     ' 

Axinit 

Azadirin •     • 

Aselflinsäure  


'Seite 
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597 


598 


SdU 
AzobenKid ,     Azobensol ,    Stickstoff- 

benzid 599 

Azobenzil  s.  Benxil. 

Azobenzoid — 

Azobenzoidin — 

Azobenzoilid     . — 

Azobenzoilinwasserstoff — 

Azobenzol  s.  Azobenzid. 

Azobenzoyl — 

Azobenzoylschwefelwasserstoff      .     .       — 

Azocinnamylhydrür — 

Azocodein     . — 

Azodifune — 

Azoerythrin  s.  Orseille. 
Azoleinsäure ,  syn.    mit    Oenanthyl- 

säure  (s.  d.  Art.  Iste  Aufl.  Bd  V, 

S.  664). 
Azolithofellinsäure  s.  Lithofellinsäure. 
Azolitmin    s.    Lackmus,    Iste  Aufl. 

Bd.  IV,  S.  754. 
Azomarsäure  s.  Pimarmsäure.] 
Azophenylamin  von  Zinin  ....     600 
Azophenylamin  von  Oottlieb   ...       — 

Azorit — 

Azosulfüre  de  Benzen,  Benzenazosul- 

für,  s^n.  mit  Sulfazobenzoylwasser- 

Stoff  oderThiobenzaldin  (6.Bencoyl- 
•  Wasserstoff,  Verwandlungen  durch 

Schwefelammonium  S.  930). 

Azot — 

Azotan ^    — 

Azoth.     . — 

Azotüre — 

Azoxybenzid — 

Azoxydifune — 

Azulminsänre,  Azulmsäure,  Azulmin, 

Stickkohlenstoff — 

Azurblau  s.  Smalte. 
Azurit,  syn.  mit  Lazulith. 
Azurst^in,  sjrn.  mit  Lazulith. 


B. 


Babingtonit 60» 

Bablah  oder  Neb-Neb — 

Babulgummi,  Gond-Babul  ....     604 
Babylonquarz,  Babelquarz  ....       — 

Bacilli  oder  Baculi — 

Backkohle  s.  Steinkohle. 

Bad,  Bäder — 

Badesalz — 

Badeschlamm,  Mineralschlamm    .    .     605 

1.  Mit  Meteorwasser  getränkte 
Moore 606 

2.  Mit  Mineralwasser  getränkte 
Moore — 

a.  Die  schwefeleisen- 
reichen  sogenannten 
Mineralmoore  ...       — 

b.  Moore  mit  löslichen 
Schwefelmetollen  .     .    608 

3.  Schlammabsätze  aus  Mine- 
ralwässern   — 


1142 


AlphabetiAches  Reguter. 


4.  Schlamm  der  Salzseen  des 
südlichen  Russlands  .     .     . 

5.  Schlamm  der  Meereehachten 
Badeschwamm  s.  Schwamm. 
Badiansäure,  syn.  Anisylsäure. 

Bäder 

BärengaUe  s.  unter  Galle. 

Bärentraube 

Bärme,  syn.  Hefe. 

Bäuchen  s.  Bleichen. 

Bagrationit 

Bai^rine,  Baierit    ... 

BaUuüit 

Balanophoreenhara 

Baldrianöl  s.  Valerianöl. 
Baldriansänre  s.  Valeriansäure. 

Baldrianwttrzel 

Balduin*8  Phosphor  .  .... 
Baiein,  Balaine,  Balenin  .... 
Ballas-Rubin ,  Rubin -balais,  Rubis- 

balais,  Rubinballas 

BaUesterosit 

Ballon 

Balsam ,    canadischer ,    Canadischer 

Terpentin 

Balsam    de    Mecca  sen    de   Gil^ad, 

MeccabfUsam 

Balsam  de  Tolu,  Tolubalsam .  .  . 
Balsam,  pemvianischer 

1.  Weisser  pemvianischer  Bal- 
sam     

2.  Trockener    pemvianischer 
Balsam 

8.  Schwarzer  Balsam' .     .     . 

Balsame,  künstliche 

Balsame,  natürbche 

Balsamito  oder^Menfta  tmturado  del 

ßaUamo   Virgen 

Balsamum  copaivae,  Copaivabalsam 

I.  Copaivabalsam  mit  vorwie- 
gendem Gehalt  an  Hars- 
säuren 

II.  Copaivabalsam,  der  nur 
indifferente  Harze  enthält  . 

Balsamum  seu  Olenm  nucistae,  Mus- 
katbutter   

Balsamum  solphuris  simplex  .     . 

Baltimorit 

BamUt 

Bandachat 

Bandanos,  Bandanofabrication 

Bani^aspis 

Baralit,  Bavalit 

Barascamphor  s.  Boraeocamphor. 

Barbatimao 

Cortex  Barbatimao  verut    .     . 

Bardiglione ... 

Baregin,  Bar^gine 

Bariila,  BariUe 

Barium,  Baryüm,  Bariummetall   .     . 

Barium,  Bestimmung  u.  Erkennung 
desselben 

Bariumbromid,  Brombarium    .     .     . 

Bariumchlorid,  Chlorbarium    .     .     . 


Seite 

608 
609 


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618 


(il9 


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628 

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G28 
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636 

639 
640 
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643 


645 


647 
650 
651 


Sä 
Bariumcjanid,  Bariomeyanor,  Cju- 

barium (ü 

Barinmflaorid,  Fhiortkarinm  .  .  .  - 
Bariumhjperoxyd,  Bariomsuperoxjd  £^ 
Bariun^odid,    Jodbarium,    BarisiB- 

jodür fö 

Bariumozyd,  Baryt,  Baryterde,  Sdntr- 

spath-  oder  Schwererde  .    .    .  .  ii 
Bariumoxydhydrat,  Baiythydnt,  Am- 

baryt  oder  kaustischer  Baryt  .   .  0 
Bariumozydsalae,  Baiytsalie  .    .  .  & 

Bariumoxysulfürete ^ 

Bariumrhodanür,  Rhodanbariam,  Sotfr- 

cyanbarinm,  SchwefelcyanbarhuB .    - 
Barinmselenocyanid ,    Bariumiekoo- 

cyanür  M 

Bariumseleniuret,  Selenbarium.   .   - 

Bariumsulfhydrat 

Bariumsulfiirete •   •  ^ 

Bariumsulftiret:  Einfach-Schwe- 

felbarium  

Dreifach-Schwefelbarimn      .    ,  ^ 
Fünffach-Schwefelbariom .    • 
Bariomsuperoxyd  s.  Bariamhypcroxjd. 

Barohardtit ' 

Barocalcit,  syn.  mit  Barytocaldt 
Barometer,  Luftschweremesser    . 

1.  Gefäsabarometer  .    .    . 

2.  Heberbarometer  .    . 
8.  Correctionen   .    .    .    • 
Andere  Barometerformeo  . 
Aneroidbarometer    .    .    • 

Barsowit 

Barwood,  Camwood 

Barystrontianit  .    . 

Baryt,  syn.  Bariumoxyd. 

Baiyt,  Barytin,  BarytikrystaDe,  Bsi^rt- 
stein,  Schwerspath  achwefeltuiRr 
Baryt ,  prismatischer  Hal-BaiTt, 
Wolnyn,  Stangenspath,  Bologneser- 
spath,  Bolognesarstein,  AUomor- 
phit,  Shoharit,  Hepatit,  Aehrss- 
stein,  Cawk,  Litheospore,  Batyu 
su(fat€e,  Barytes,  Heavy  Spar  . 

Barytflossspath  oder  Flosa -Schwer- 
spath     

Barytgelb,  Qdbin  .     . 

Barythinspath,  pyramidaler,  i.  Ediog* 
tonit. 

Barythydrait  u.  a.  Barytverbindingni 
8.  Bariumoxydhydrat  u.  t.  v 

Barytin 

Barytin  nach  Beudaot    .    .    >    • 

BarytkreuEStein  s.  Harmotom  l.Aofl 
Bd.  III,  S.  781. 

Barytmanganerz,  syn.  mit  PsilomeUa» 

Barytocalcit  (Brooke),  Barocslo^i 
hemiprismatischer  Hal-Baiyt  .  •    ' 

Barytocölestin  .     .     .    .    .    •    •   •    ^ 

B^rytpphyllit     .     .     .    .    •    •       •    * 

Barytspath,  Schwerspath  i<  B^^-     ^ 

Barytstein 

Barytwasser  s.  Bariumcxydhydrst.     ^ 

Basalt     •  •   • 


i 


Alphabetisches  Kegister. 
Seite 


G8G 

G88 


715 
71G 


lasaltglas G83 

l&saltit — 

laaaltjaspis — 

^asaltspeckstein     .......       — 

Sasanit — 

ftasanomelan  — 

3&8en,  Basis 

S&sen,  anorganische;  Salzbnsen,  Me- 
lalloxydbasen ,   basische  Oxvdc     . 

Basen,   organische 

Darstellung  der  Fflanzenbasen  . 
Chemischer   Charakter   der  or- 
ganischen Basen G89 

Constitution     der     organischen 

Basen 69U 

Primäre  Aminbasen  094 

Secundäre  Aminbasen       .  G98 

Tertiäre  Aminbasen  ...     700 

Dem     Ammoniumoxydhydrnt 
(Wassertypus)     entsprechende 

Basen     .' 703 

Diaminbasen 70G 

Triaminbascn 71*2 

Natürliche    Basen    unbekannter . 

Constitution 714 

Künstliche    Basen    unbekannter 
Constitution 
Uebersicht  der  Bildungsweisen  or- 
ganischer Basen     .  ... 

A.  Entstehung  organischer  Ba- 
sen aus  dem  Ammoniak: 

a.  Durch  directe  Substitu- 
tion organischer  Kadi- 
cale  in  dem  Wasserstoff 
des  Ammoniaks 

B.  Entstehung  organischer  Basen 
durch  Reduction  von  Nitrover- 
bindungen ... 

Entstehung  organischer  Basen  aus 
stickstoffhaltigen     organischen 
Verbindungen    durch   verschie- 
dene Zersetzungsprocesse    .     . 
Untersuchungsweise  der  organi- 
schen Basen    ..... 

Anhang : 

Phosphor-,  Arsen-  und  Antimon- 
Basen  ........     738 

Phosphorreihe  den  tertiären  Amin- 
basen entsprechend  ....     740 

Dem  Ammoniumoxydhydrat 

entsprechend — 

Arsenreihe   den  tertiären  Amin- 
basen entsprechend  ....       — 
Dem  Ammoniumoxydhydrat 
entsprechend   .....       — 
Antimonreihe  den  tertiären  Amin- 
basen entsprechend  .     .     .     .     741 
Dem     Ammonium     entspre- 
chend     — 

Bildungn weisen  der  Phosphor-, 
Arsen-  und  Antimonbasen  — 

Metallhaltige  Basen 743 

Platinaminc 744 

^Mercuramine  .     .  ....     750 


Kobalt- ,  Iridium-  und  Rhodium- 

—  basen  

—  Roseokobaltsalze 

—  Purpureokobaltsalze       .     . 

—  Luteokobaltsalze  ..... 

—  Xantbeokobaltsalze   .... 
— .  Basenbilder,  syn.  AmphigenstoflTe  (s. 

i  d.  Art.) 

—  i  Basen  vermögen 


722 


724 
•734 


1143 
Seite 

753 

754 


755 


75G 


7:)7 


Basic^rine  s.  Hvdrocerit. 
Basilicumöl,  Basilienöl    .... 

Basler  Taufktein 

Basitomglanz  s.  Schilfglaserz. 

Bassiaöl 

Bassiasäure  oder  Bassinsäure  .     . 
Bassoragummi  ....... 

Bassorin  s.  Bassoragummi. 

Bastardklec 

Bastit,  Schillerspath,  Schillerstein 

Bastkohle 

Basyl 

Batate — 

Bathmetall    .  

Batrachit ,     .       — 

Batrach  Oleinsäure — 

Bnuchspeichel  s.  Pankreatischer  Saft 

(s.    d.    Art.     1.    Aufl.     Bd.   VI, 

S.  40). 

Bandisserite 758 

Baulit,  Krablit — 

Baumöl^  syn.   mit  Olivenöl,  s.  unter 

Fette  (1.  Aufl.  Bd.  III,  S.  102)  u. 

Gele,  ffette  (Bd.  V,  S.  637). 

Baumwachs — 

Baumwolle 7.)9 

Bavalit  s.  Baralit. 

Baysalz,  syn.  mit  Meer-  oder  Sees:ilz, 

siehe  unter  Kochsalz   1.  Aufl.  Bd. 

IV,  S.  42G. 

Bdellium — 

Beaumontit .     .     .     7(i() 

Bebeerin,  syn.  mit  Bebirin. 
Bebeerinsäure,  8\'n.  mit  Bebirusäure. 
BebeerugerbstoflT  s.  Bebirugerbstoff. 

Bebirin  —  Bebeerin 

Bebirugerbstoff 703 

Bebirusäure,  Bebirinsäure,   Bebeerin- 

säure — 

Beckit — 

Beenöl  s.  Behenöl. 

Beeren,  persische   ...... 

Beerenroth — 

Beerensäure  oder  Fruchtsäure.  . 
Beguin's  flüchtiger  Geist  .  .  . 
Behenmargarinsäure  s.  Behensäure. 

Behenöl   

Behensäure 

Behenmargarinsäure      ...       — 
Behenmargarinsaures  Aethyl- 

oxyd — 

Behenstearinsäure  •    .     .     .     . 
Behenstearinsaures  Aethyloxyd    7  GG 
Behenstearinsaurer  Barjt  .  - 

Behenstearinsaures  Bleioxyd  . 


7G4 


7G5 


1144 


Aipbabetucbe«  ISegister. 


Seite 

Behenstearinsaures  Natron  Tf»«; 
B<*hen8tearinMure  n.  Behensänre. 
Bchyl  u*  BehyDjl  beseichnen  das  Ra- 

dical  der 
BehyUäure  oder 

BehvDvlsäure  oder  Behengtcarinsäure  — 

Beifiusöl  ...          — 

Beiliitein — 

Beinbrecb,  Beinwell,  Osf^ocoUa   .     .  7G7 

BeindorfTs  Apparat   .          ....  — 

Beinglaa,  Milchglas — 

Beinschwarz,    Knochenkohle,    Spo- 

dium               ...          ....  — 

Beinwell  s.  Beinbrech. 

Beize 775 

Beleuchtung.               779 

Gase  der  Flammen.          .     .     .  784 

Belladonnin 811 

Belmontin    ....          ....  — 

Belonic                          — 

Beingenstein — 

Benzaldebyd,  syn.  mit  Beuzoylwasser- 

stoff. 
Benzamid.   Benzovlamid,  Benzoyl-  u. 

Wasserstoff- Azotür                .  '  .     .  812 
Chlorwasserstoffsaures  Benz- 

amid 813 

Benzamid-Quccksilberoxyd  814 

Verwandlungen  desBenzamids  — 

Brombenzamid 815 

Chlorbenzamid — 

l'ara-Chlorbenzamid  ...  — 

Nitrobeuzamid,  Nitrobenzoyl-  — 

amid 

Binitrobenzamid 81 G 

Benzamil 817 

Benzaminsäure,  syn.  mit  Amidobenzoe- 

säure,  s.  Anilin  Bd.  I,  S.  1102. 
Benzanilid    s.    unter  Anilin    Bd.  I, 
S.  1065. 

Benzenazotür — 

Benzenoxycyanür — 

Benzens  ulfazotür — 

Benzensulfür                              ...  — 

Benzhydra  mid — 

Benzhydrocyanid 818 

Benzhydrol — 

Benzhydrolsäure — 

Benzid — 

Benzidam,    nyn.    mit    Anilin,    s.  d. 
•Bd.  I,  8.  1009. 

Benzidin — 

Benzidunterschwefelsaure    ....  — 

Benzil •.     .     .     .  — 

Verwandlungen  des  Benzils: 

1;  Durch  Blausäure      .     .     .  819 
2.  Durch  Ammoniak    ... 

Azobenzil — 

Imabenzil 820 

Benziliniid.  Benzilim     .     .  — 

Benzilam 821 

8.  Durch  Schwefelwasserstoff  — 

4.  Durch  Schwefelammoniuni  — 

Uydrobenzil — 


5.  Durch  KalshTdrmt    .     . 

Benzilam .... 

Benzilchlorid,  Chlorb<msil  .... 
Benzilcyanwasi^erstoff  s.  unter  Benzfl, 

Verwandlungen,  S    819. 
BenziUm  oder  Bensilimid  .... 
Benzilimsanre,  eyn.  mit   Benzilsiitre. 
Benzilsaure.   Benailimsäare.     Stilbd- 


*!1 


saure 


Benzilsaure  Salze  .     ... 

Benzilsaares  Bleioxrd  .     .    . 

Benzilsaares  K«li     .... 

Benzilsaares  Silberoicjd    .     . 

Benzimid 

Benziminsäure  

Benzin  s.  Benzol. 

Benzinschwefelsaare  s.  Solfophenyi- 

säure  unter  Benaol.  Abkömmlinge. 

Benzochlorhrdrin 

_  ■ 

Benzoe,  Benzoegummi,   Benaoehan 

Benzoealkohol  s.  Benzylalkohol. 

Benzoe  -  Angelicasäure.  Benane-Ca- 
minsäure,  -Elssigsäure 

Bei^zoeblumen 

Benzoe-Carbolsäure  s.  Benzophenid. 

Benzoedoppelsäaren  s.  unter  Beoaoe- 
säure-Anhydrid. 

Benzoegummi  (        » 

Benzoeharz       (  «'  ^^^«*^- 

Benzoen  

Benzoe  -  Nitrobenzoeaäure    s.    unter 
Benzoesäure- Anhydrid. 

Benzoenschwefelsäure  s.  Sulfotolnol- 
säure  unter  ToluoL 

Benzoeoxyd  s.  Benzophenid. 

Benzoercsinsäure,  Amorphe  Benzoe- 
säure, Parabenzoesäure  .... 

Benzoesäure ,     Bcnzoesäurehydrat, 
Benzoeblumen,  Benzoesalz  .     . 
Verwandlungen  der  Benzoe- 
säure: 

1)  Durch  Wärme    .     .     . 

2)  Durch  Chlor.    .     .     . 

3)  Durch    Phosphorper- 
chlorid   

4)*  Durch  Schwefelsäure  . 
.'))  Durch  Salpetersäure    , 
6)  Im   thierischen    Orga- 
nismus   

Abkömmlinge  der  Benzoesäure . 

Chlorbenzoesäure 

Chlorbenzoesaure  Salze  . .     . 
Chlorbonzoesanres    Aethyl- 

Qxyd,  Chlorbenzoesäureither 
Chlorbenzoesaum     Ammo- 
niumoxyd     

Chlorbenzoesaurer  Barjt .  . 
Chlorbeuzoesaurer  Kalk  .  . 
Chlorbenzoösaures  Silberoxyd 
Parachlorbenzoesäure .... 
Parachtorbenzoesaurer  Baryt 
Parachlorbenzoesaurer  Kalk 
Parachlorbenzoesaures  Silber- 
oxyd . ^ 


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831 


8^4 


Alphabetisches  Register. 


Seite 

Brombensoesäure 885 

Nitrobensoes&ure : 

Benzoesalpetersäure      ...       — 
Amidobenzoesäure,  Benzamin- 

s'aure,  Carbanilsäure      .     .     886 
Brom^soerstoffsaure-Amido- 

benzoesäure — 

Chlorwasnerstoffsaure-Amido» 

benzoesäure     — 

Amidobenzoäsaures  Aethyloxyd  837 
ChlorwasserstofTsaurer  Amido- 

benzoeather — 

Chlorwasserstoffsaures  Amido- 

benzoeäther-Platinchlorid  .       — 
Salpetersaurer  Amidobenzoe- 

äther — 

Amidobenzoesäure  -  Methyl- 
äther   — 

Nitrobenzoesaure  Salze    ...       — 
"Nitrobenzoesaures  Aethyloxyd, 

Nitrobenzoeäther  .  — 

Nitrobenzoesaures  Ammonium- 

oxyd 888 

Nitrobenzoesaurer  Baryt    .  — 
Nitrobenzoesnares  Bleioxyd  .       — ■ 
Nitrobenzoesaures   Eisenoxyd       — 
Nitrobenzoesaures  Kadmium- 
oxyd   — 

Nitrobenzoesaures  Kali     .     .       — 
Nitrobenzoesaurer  Kalk     .     .       — 
Nitrobenzoesaures  Kupferoxyd      — 
Nitrobenzoesaures   Mangan- 
oxydul   839 

Nitrobenzoesaures  Methyloxyd      — 
Nitrobenzoesaures  Natron  — 

Nitrobenzoesaures  Silberoxyd       — 
Nitrobenzoesaurer     Strontian       — 
Nitrobenzoesaures  Zinkoxvd  .       — 
Binitrobenzoesäure : 

Dinitrobenzöesäure   ...       — 
Binitrobenzoesaures     Aethyl- 

oxyd '   .     840' 

Binitrobenzoesaures     Ammo-  * 

niumoxyd  — 

Binitrobenzoesaurer  Barjt  — 

Biamidobenzoesäure^  ...'..      — 

Essigsaure    Biamidobenzoe- 

säure 841 

Oxalsäure  Biamidobenzoesäure      — 
Salpetersaure  Biamidobenzoe- 

säure — 

Salzsaure  Biamidobenzoesäurc      — 
Schwefelsaure  Biamidobenzoe- 

säure — 

Nitrochlorbenzoesäure  — 

Nitrocblorbenzoesaurer  Baryt    842 
Nitrochlorbenzoesaures  Silber- 
oxyd ........       — 

Benzoesäure- Anhydrid.  Wasserfreie 
Benzoesäure,  benzoesaure  Benzoe- 
säure  .     .     .' — 

Nilrobenzoesäure  -  Anhydrid, 
Wasserflreie  Nitrobenzoe- 
saure   843 


1145 
Seite 


Nitrobenzoesäure-Benzoesäure- 
Anhydrid,  Wasserfreie  Ben- 
zoesäure   Nitrobenzoesaure     843 
■  Benzoe-Angelikasäure  -  Anhy- 
'           drid  s.  Angelikasäure. 
Benzoe  -  Valeriansäure  -  Anhy- 
drid   .     .    •.       844 

Benzoe-Cuminsäure-Anhydrid       — 
Benzoe-Essigsäure-Anhydrid .     845 
Benzoe  -  Myristinsäure  -  Anhy- 
drid     '.       — 

Benzoe-Oenanthylsäure-Anhv- 

drid — 

Benzoe-Pelargonsäure  -  Anhy- 
drid ...'....'  .  — 
Benzoe-Salicylsäure ....  — 
Benzoe-Stcarinsäure-Anhydrid  846 
Benzoe-Zimmtsäure-Anhydrid  — 
Benzoesäurc-Carbolsäure    s.    Benzo- 

phenid. 
Benzoesäure-Chloroforna     ....       — 
Benzoesalpetei-säure  s.   Nitrobenzoe- 
saure unter  Benzoesäure,  Abkömm- 
linge. 

Benzoesaure  Salze — 

Bonzoesaures    Aethyloxyd, 

Benzoeather      .     .     .  847 

Benzoesaures  Ammoniumoxyd: 

a.  Ncutral(fs  Salz.     .     .     .     848 

b.  Saures  Salz      ....       -*- 
Benzoesaures  Amyloxyd,  Amyl- 

benzoeäthcr 840 

Benzoesaurer  Baryt.     ...  — 
Benzoesaures  Bleioxyd      .     .  — 
Benzoesaures  Eisenoxydul  -  - 
Benzoesaures  Eisenoxyd,  neu- 
trales   

Benzoesaures    Kadmiumoxyd  — 
Benzoesaures  Kali: 

a.  Neutrales  Salz.     .     .     ,  850 

b.  Saures  Salz  ....  — 
Benzoesaurer  Kalk  ....  — 
Benzoesaures  Kupferoxyd.  . 
Benzoesaure  Magnesia  ...  — 
Benzoesaures  Manganoxydul  — 
Benzoesaures  Methyloxyd.  .  — 
Benzoesaures  Natron  .  .  •  851 
Benzoesaures  Quecksilberoxyd  — 
Benzoesaures  Quecksilberoxydul  — 
Benzoesaures  Silberoxyd  .     .  — 

Benzoeschwefelsäure ,      Sulfobenzoe- 
säure,  Benzoeunterschwefelsäare   .       — 
Nitrobenzoeschwefelsäure,  Nitro- 

sulfobenzoesäure 8Ö2 

Nitrobenzoeschwefelsaurer  Ba-     • 
ryt: 

a.  Neutraler 853 

b.  Saurer — 

Nitrobenzoeschwefelsaures  Sil- 
beroxyd   ^       — 

Amidosulfobenzoesäure     ...  — 

Sulfobenzovlchlorid      ....  — 
Chlorwasserstoff-Sulfobenzoe- 

säure.     .......  854 


I 


U4(i 


Alphabetischen  Kegistcr. 


Seit« 
SuKobcnzainid    ...  .     .     854 

Siilfobenzaminsäure      ....     855 
Vennandlunpen  der   Sulfo- 
bcnzaminsäun* : 

1)  Durch  Wärme      ...       — 

2)  Durc^  Phosphorperchlo- 
rid - 

Sulfobenxaminsaure  Salze : 
SulfobenKAminsaures  Aethyl- 

oxyd \     8:>0 

Sulfobenzaminsaures     Am* 

moniumoxyd     .     .     .     .     857 
Sulfobenzarainsaurer  Barjt       — 
Sulfobenzaminsaures  Silber- 
oxyd   — 

Aethersulfobenzoesaures  Am- 
moniumoxyd   .....     858 

Aethersulfobenzoesaurer  Baryt    859 
Aethersulfobenzoesaures    Na- 
tron   .......  — 

Aethersulfobenzoesaures    Sil- 

beroxvd — 

Benzoeschwefelsaure    Salze ,     Sulfo- 

benzoesaure  Salze — 

Benzoeschwefelsaures  Aethvl- 

oxyd,  Sulfobenzoeäther .  .  — 
Benzoeschwefel  saurer    Barvt, 

neutraler — 

Saures  Barytsalz  ....  — 
Benzoeschwefelsaures     Blei- 

oxvd ..,..-...       — 
Benzoeschwefelsaures  Kali  8(50 
Benzoeschwefelsaures    Silber- 
oxyd   

Benzoglycolsäure - 

Benzoglycolsaure  Salze 8G1 

Benzoglycolsaures    Ammo- 
niumoxyd     — 

Benzoglycolsaurer  Baryt   .     . 
Beazoglycolsaures  Bleioxyd: 

a.  Neutrales 

b.  Anderthalbfach-basisches 
Salz 8(>2  l 

c.  Sechsfach -basisches  Salz  — 
Benzoglycolsaures  Eisenoxyd  — 
Benzoglycolsaures  Kali  .  .  — 
Benzoglycolsaurer  Kalk  .  .  — 
Benzoglycolsaurer    Kalk   mit 

Chlorcalcium — 

Benzoglycolsaures  Kupferoxyd  — 
Benzoglycolsaure  Magnesia  .  — 
Benzoglycolsaures  Natron  .  — 
Benzoglycolsaures  Silberoxyd  — 
Benzoglycolsaures  Zinkoxyd.       — 

Benzohelicip 863 

Benzoilinwasserstoff — 

Benzoin,  Bittermandelölcamphor .     .     8G4 

Acetyl-Benzoui 8C5 

Behzoyl-Benzoin — 

Benzoinam 8GG 

Benzoinamid 8G7 

Benzol,  Benzin,  Phenylwasserstoff   .       — 
Abkömmlinge  des  Benzols     .     .     870  i 
Brombenzol .871 


Monobrombensol ; 

Monobrombenzid  ^ü 

•Dibrombcnzol: 

Bibronihenzid 
Tribrombenzol: 

Tribrombenzid,  BibAmphm^  r 

bromür ^Ti 

BromwasserstofT-Tribromb»- 

zol ,  Bibrompheovlbromär- 

Bromwasserstoff  .    - 

Ch  1  orwa  sserst  rt  ff-Trichlorbeniol: 

Henzoltrichlorid.  <Jhk>rbniiiB- 

ChlorH'assenitoff  .     .    .   .    - 
Trichlorbenzol,  Bichlorpheail- 
chlorid,  Chlorbeozid     .      t 
Nitrobenzol : 

Nitrobenzid 

Azoxybenzid S 

Nitrazoxybenzid ^ 

Azobenzid: 

Azobenzol  .  

Nitrazohenzid,  Nitroazobeniid  "! 
Binitrazobenzid «    Bimtroazo- 

benzid 

Diphenin .   ?« 

Benzidin    ... 

Chlorwasserstolfsaares  Benzi- 
din       "' 

ChlorwasserstolTsaures  Benn- 

din-PIatinchlorid  .     . 
Oxalsaures  Benzidin 
Salpetersaures  Benzidin    * 
Schwefelsaures  Benzidin   . 
Dinitrobenzol : 

Binitrobenzol ,   Binitrobeafid. 
Nitrophenylnitrür  ■       j 

Dithiobenzolsäurc    .     .    .    .      ^* 

Dithiobenzolsaurer  Barrt . 
NitrosophenyliR  ..... 
Abkömmlinge  des  Benzols  dnreli 
Schwefelsäure    .     .     .     .    .    •  ** 
Sulfophenylsäure : 

Sulfobenzolsäurc.     Benzol- 
Schwefelsäure,  Benzinschw't'- 
felsäure,  Benzid-Unterscbwe- 
felsäu«,  rhenykütbionsiore    ' 
Sulfophenylsaures  Aethytoxyd  * 
Sulfophenylsaures  Kupfwoxvd    - 
Bromsulfophenylsänre .    .    •   •    ' 
Nitrosulfophenylsäure: 

Nitrobenzolschwefclsänre,  Ni- 
trobenzid -  Unterschwefel- 
säure        •    '    ' 

Sulfophenylchlorid: 

Cklorure'  de  st^fopkei^  <^ 
rure  phtnjfl'tylfitreiix  >    •    • 
Amidverbindungen  des  Solfop*»^  ^ 

nyls ^ 

Sulfophenylamid,  Sulfobeniol- 

amid •    •    ' 

Bisdlfophenylamid        .    •    •    " 
Cumylsnlfophenylamid  •    -*  '    ^ 
SilbercamylsulfopheDjIftinid  •  ^ 
Succinylsulfophenylamid  •   ■ 


Alphabetiflches  Register. 


•Seite 
Suocinylbisulfopbenylbensjimid  888 
Benzoylsulfophrnylamid,  Sulfo- 

pbenylbenzamid    ....       — 
Bibenzoyl  -  Snlfophenyliimid, 

SuKopbenylbibcnzamid  .     .     884 
Cum^nkenzoylsulfopbenylamid       — 
Benzoylacetoxylsalfophenylmid     — 
'  Verwandlungen  dieser  Amide  mit 
PhoBphorperchlorid : 
Benzojlsulfbpbenylamidylcblo- 

rür — 

Sulfopbenylamidylcblorür .     .    885 
Bisulfopbenylsäure : 

Bisnlfobeozolsäure    ....     88G 
Sulfobenzid : 

.  Sulfobenzol  — 

Nitroiulfobenzid : 

Nitrosulfobenzol 887 

Amidosulfobenzid : 

AmidoBulfobenzol     ....       — 
Salzsaurcs    Amidosulfobenzid      — 
Binitrosulfobenzid : 

Binitrosulfobenzol    ....       — 

Biamidosulfobenzid      ....     888 

Salzsaures  Biamidosnlfobenzid      — 

Salzsaures  Biamidosulfobenzid- 

Platinchlorid    ....       — 

Sulfobenzidbichlorid     ....       — 

Bicblorsulfobenzid — 

Benzolätber,  Benzolalkobol,  s.  unter 

Benzoyl Wasserstoff,  Abkömmlinge. 

Benzolin,  syn.  mit  A marin,  s.  d.  unter 

Benzoylwasserstoff,  Abkömmlinge. 

Benzolon 889 

Benzolichwefelsäure  s.  Snlfophenyl- 
•aure  unter  Benzol,  Abkömmlinge 
S.  880. 

Benzomilchsäure    .-• — 

.    Benzomilch saurer  Baryt    .     .     890 

Benzomilehsaures  Natron .    .      — 

"    Benzomilcbsanres  Süberozyd       — 

Benzon,  Benzopbenon,  Phenylbenzoyl      — 

Binitrobenzon ,   Binitrobenzo- 

phenon 891 

Benzonitril,  Stickstoff benzoyl, '  Cyan- 
pbenyl,  Phenylcyanür      ....      — 

Nitrobenzonitril 894 

Chlorbenzorntril,     gechlortes 

Benzonitril — 

Benzophenid,  Benzoesanres  Phenyl- 
oxy d ,    B^zoesänre  -  Carbols&ure, 

Benzoeoxyd  .     .* 895 

-  Substitutionsproducte  desBenzo- 

phenids 896 

Brombenzophenid,  Benzoesau- 

res  Bromphenylozyd  und 
Bibrombenzophenid,  Benzoe- 

saures  Bibrompbenyloxyd .     897 
Cblorbenzophenid,  Bensoesau> 

res  Chlorphenyloxyd  und 
Bicblorbenzophenid,  Benzol- 
saures  Bichlorphenyloxyd  .       — 
Binitrobenzopbenid,   Benzoe- 
sanres Binitrophenyloxyd  .       — 


Trinitrobenzophenid.     .     .     . 

a)  Benzoesanres    Trinitro- 
phenyloxyd 

b)  Nitrobenzoesaures-Binitro- 
pbenyloxyd 

Nitrobibrombenzophenid,  Ni- 
trobenzoesanres    Bibrom- 
pbenyloxyd    

Benzophenon  s.  Benzon  S.  890. 
Benzopiperid,  Benzopiperidin  .    .    . 
Benzopropylenyl  s.  benzoesanres  Al- 

lyloxyd  Bd.  h,  S.  567. 
Benzoresinsäure  s.  Benzoeresinsäure 

S.  827. 

Benzosalicin 

Benzostilbin ~.     .     .     . 

Benzosuccinhi 

Benzoweins&ure 

Benzoycin 

Monobenzoycin 

Tribenzoycin 

Benzoyl   .     .  

Benzoylamid  s.  Benzamid 
Benzoylanilid,  Benzoylanilin,  Stilbyl- 

anilin 

Benzoylazotid 

Benzoyl-Benzoin   s.    unter    Benzoin 

S.  865. 
Benzoylbioxybromid ,   •  bioxy cblorid, 

-bioxyjodid 

Benzoylbromid,  Benzoylbromür,  Brom- 

benzoyl     .     .    

Benzoylcblorid,  Benzoylchlorür,  Chlor- 

benzoyl     

Chlorbenzoylchlorid      .    .     . 

Nitrobenzoylchlorid .... 

Benzoylcyanid,  Benzoylcyanür,  Cyan- 

benzoyl 

Benzoylhanwtoff,  Benzureid     .     .     . 
Benzoylhydrat  s.  Bittermandelöl,  Ab- 

kömmtinge. 
Benzoyljodid,    Benzoyljodfir,    Jod- 

bensoyl  

Benzoylige  S&ure  .     .- 

Benzoylnitril  s.  Benzonitril. 
Benzoyloxyd  s.  Benzoeoxyd. 

Benzoylyerchlorid 

Benzoylrhodanfir,  Benzoylsulfocyanid, 

Rhodan-  oder  Schwefelcyanbenzoyl 
Benzoylsäitre  s.  Benzoesäure. 
Benzoylsalicylamid ,    Benzoylsalicyl- 

amins&ure 

Benzoylsalicylimid  ... 

Benzoylsnlfhydrat 

Bensoylsulfid,  Schwefblbenzoyl    . 

Benzoylsulfidamid 

Benzoylsulfopbenylamid 

Benzoylureld 

BenzoylTaleramid  .         

Benzoylwasserstoff,    Benzoylhydrür, 

Benzaldehyd,   Benzoyloxydhydrat, 

Pikramyloxyd,  Stilbenoxyd,  Blau- 

säurefV^es  ätherisches  Bitterman- 
delöl     


1147 

Seite 
898 


899 


900 
901 


9<»2 
903 


907 
908 


909 


910 


912 


913 


1148 


Alphabetisches  Register. 


Seit« 
BeDzoylwasserBtofT  mit  doppelt- 

scfawefligsaurem  Kali    .     .     917 
BenzoylwasserstofT  mit  doppelt- 
Bchwefligsaurem  Natron    .       — 
I    Verwandlungen  des  Benzoyl> 

wasierstofTs 9\H 

1)  Durch  Wärme  ...     919 

2)  Durch  Sauerstoffgas  .       — 

3)  Durch  Manganhyper- 
oxyd oder  andere  Hy- 

,                 peroxyde  u.  Schwefel- 
säure   — 

4)  Durch  Salpeteriäure .       — 

5)  Duci;h  Schwefelsäure  — 
C)  Durch  Chlor  .  .  .  — 
7)  Durch  Chlorschwefel  920 
H)  Durch    Fhosphorper- 

chlorid — ■ 

9)  Durch  Chloracetyl    .     921 

10)  Durch  Brom    ...       — 

11)  Durch  Schw«»felwasser- 
stoff — 

1 2)  Durch  Schwefelammo- 
nium — 

13)  Durch  Ammoniak     .     922 

14)  Durch  CyaDamnionium     — 

15)  Durch  Kohlensuliid  u. 
Ammoniak  ....       -r- 

1(5)  Durch  Kalium.     .     .       — 

1 7)  Durch  Kali-  u.  Natron- 
hydrat    .....       — 

18)  Durch  Cyankaliiim    .     923 
18)  Durch  Anilin    ...       — 

Abkömmlinge  des  Benzoylwasser- . 
Stoffs — 

1 )  Nitrobensoy Iwasserstoff : 

Benzoylnitrür — 

Nitrobehsoylwasserstoff   mit 

Eweifach-scfawefligsanrem 
Ammoniumoxyd  ....     924 

Nitrobenzoylwasserstoff  mit 
zweifach  -  schwefligsattrem 
Natron 925 

Verw&adlangen  des  Nitro- 
bensoylwasserstoffs : 

1)  Durch  Sanerstoff. .     .       — 

2)  Durch  Chlor    .     .     .       — 

3)  Durch  Brom    ...       — 

4)  Durch  Schwefelwasser- 
sfoffgas — 

5)  Durch  Cyanwasserstoff- 
säure  .  ' .  .     .     926 

6)  Durch  Cyankalium    .       — 

7)  Durch  Kalihydrat.     .       — 

8)  Durch  Ammoniak  — 

9)  Durch  Schwefslammo- 
nium — 

10)  Durch  schwefligsaures 
Ammoniumoxyd  .     .       — 

11)  Durch  Harnstoff   .     .       — 

2)  Benzolalkobol 927 

Chlorbenzol         — 

Aethylbenzoläthcr   " 928 

Amylbenzoläther _^ 


I 


Methylbenzoläther  .  .  .  .  ?i* 
Benzoesaurer  Benzc»tiither  .  JS 
Bernsteinsaurer  Benzolitber  .  - 
Essigsaurer  Benzoläther  .  .  - 
Schwefelsaurer  Ben^iläther  .  - 
Valeriansaurer  Benzoläther  .    - 

3)  Sulfobenzoylwasseratoff: 
Thiobenzoylwasserstoff,  Ben- 

zoylsulfhydrat ,     Schwefel- 
pikramyl,  Benzensulf  ür,  Stil- 
bensulf ür  ,     Schwef?Iben- 
zoilol ^' 

4)  SulfazobenzoylwÄSserstoff: 
Thiobenzaldin,    Sölfazopikra- 

myl,Benzensulfazofür,  Ben- 
zenazosulfür  .     .    .    .     - 

Stilbilwasserstoff    —    Stilb«i 
(Laurent);   Pikramyl  (Ba- 

zeliiis) •   ^ 

Schwefelessal ,     Schwefelcsyl 

Thionessal •   '^ 

Kripin  (Pikryl) ' 

5)  Hydrobenzamid : 
SticksiO^pikramyl   nach  Ber- 

zelius;  Aiuheö*^»'*'*^***^'" 
Stoff  (Laurent).  Thiobeniol- 

'  amm  .«••.' 
Verwapdlungen     des    HydrtK" 

benzamids: 

1)  Durch  Wärme     .    .       *^' 

2)  Durch  verdünnte  Säuren    - 

3)  Durch  Chromsäure  .    .     ' 

4)  Durch    Schwefelwasser- 

^       Stoff /  •  ' 

5)  Durch  Kalium     .    •  •  " 

6)  Durch  Alkalien    -    '  '  Z 

BenzostUbin ^ 

Benzolen •  ' 

6)  Trinitrohydrobenxamid    .  ■  ^* 

7)  Amarin: 

Benzolin  (Fownes),  Pikramin 
(BerseHus),  AmobenzoiKn- 
Wasserstoff  (Laurent)    .    •   ^ 

Amarinsalze /   ^^ 

Ghlorwasserstoffsaures  Am»nn 

Salpetersaures  Amarin         -     "j 

8)  Triuitroamarin  .    .    •    •.  .• 
Chlorwasserstoffsaures  Trini- 

troamarin    .     .     . 
Salpetersaur«s  Trinitroamarin 

9)  Lophin: 
Pyrobenzolin ,    Pyroamsrin, 

Brenzamarin,  Pikrimid.    ■     ' 

LophinsaUe 
ChlorwasserstoffsauresLoptan 

CblorwasserstofisaurcsLopti«- 

Platinchlorid    .    .    •    •    • 
Jodwasserstoffsaures   Lopn»    ^ 
Salpetersaures  Lophin. 
'    Schwefelsaures  Lopuin  ^ 

Lophin-Platinchlorid  .  •  " 
Salpetersau«»  Süberoxyd-Lo- 

phin  .     .     •     •     *    *    *    '       941 

10)  Be»#H»in«&nre 


Alphabetinches  Heglst«r. 

'  Seite 


11)  AzobensoUid: 
Azostübase-Asotür  ....  94G 

12)  Bibenzoylimid 947 

snzoylwassei^toff-Ameiseiisäure  948 

Bnzoylwassersloff,  benzoesaurer      .  — ^ 

enzovlwasserstoff-BcDzoylchlorid    ,  — 

ötazoylwasserstoff-CyanwasserstofiF  .  — 
snzoylwasserstoff-Cyanbenzoylcyan- 

^Wasserstoff •  — 

anzyl,  Tolyl,  Toluenyl      ....  — 
enzylätherf  Benzy)oxyd     .     .     .     .  949 
Benzyläthyläther ,  Aethylben- 
zyläther,    Benzyläthyloxyd, 
Aetbyloxyd-Tolyloxyd   .     .  — 
Benzoesaarer-Benzyläther,  ben- 
zoesaures  Benzyloxyd,  ben- 
zoesaures  Tolyloxyd      .     .  — 
Essigsaurer  Benzylatherf  essig- 
^            saures  Benzyloxyd,    essig- 
saures Tolyloxyd.     .     .     .  950 
enzyl- Alkohol,  Benzalkohol,  Benzoe- 
Alkohol,  Benzyloxydhydrat,  Tolyl- 
oxydhydrat,  Tolylalkohol,   Tolue- 

nvl-Alkohol — 

lenzylchlorür,  Tolylchlorür,  Toluenyl-  ' 

chlorür 9d2 

leraunit 958 

ierberin — 

lerberinsalze 956 

Chlorsaures  Berberin    .     .     .  957 

Chlorwasserstoff-Berberin  .    .  — 
Chlomv'asserstoif-Berberin  mit 

Glycocoll     ....'..  • — 
Chlorwasserstoff-Berberin  mit 

Platinchlorid — 

Chlorwasserstoff  -  Berberin- 
Quecksilberchlorid     ...  — 
Chlorwasserstoff  -  Berberin- 

Quecksilbercyanid      .     .     .  958 

Chromsaures  Berberin,  saures  — 

Salpetersaures  Berberin     .     .  — 

Seh  wefelsaures  Berberin,  saures  — 

krberisbeeren — 

lerberitzengelb]          — 

ierengelaharz  oder  Berengelit     .     .  959 

ierengelit — 

ieresit — 

^rgamottöl — 

^rgamottölcamphor,    Bergapten, 

BergamottÖlstearopten     ....  9G0 
iergapten  s.  Bergamottölcamphor. 

iergbalsam 961 

Sergblau — 

äergbutter — 

Jergeier .962 

^rgemannit     ....  ^  ...     . 

iergfett — 

^ergüaehs — 

äergfleisch,  syn.  Bergleder. 

aerggrün 9G3 

3ergguhr  s.  Bergmilch. 

Sergholz,   Holzasbest,  holzförmiger 

Asbest,  Xylotil,  XyloUth      ...  — 

Bergjockei '— 


Bergkalk,  syn.  Kohlenkalkstein.  * 

Bergkork     . 

BergkryÄtall 

Bergleder,  Bergfleisch 

Bergmapnit,  Spreustein       .... 

Bergmehl 

Bergmilch,  Bergguhr,  Montmilch, 
Mehlkreide .     . 

Bergmoos  

Bergnaphta  \  ^.^  g^^.^g, 

Bergol  )     • 

Bergpapier 

Bergpech  s.  Asphalt. 

Bergsalz,  syn.  für  Steinsalz  (s.  d.  Art.). 

Bergseife,  Bockseife 

Bergtalg .... 

Bergtalg   oder  Braunkohlencamphor 

Bergtheer 

Bergunschlitt 

Bergwachst  syn.  Ozokerit  (s.  Harze, 
fossile,  IsteAufl.  Bd.  111,  S.  827). 

Bergwolle 

Berg/iger      ........... 

Bergzinn 

Bergzinnober 

Berlinerblau,  Preussisches  oder  Pa- 
riser Blau 

Unreines  Berlinerblau,  Mine- 
ralblau     

BerHnerblau,  basisches 

Berlinerblau,  lösliches 

Berlinerblau,  natürliches     .     .     1     . 

Berlinerblausäure  s.  Cyanwasserstoff. 

'Berlinerbraun 

Berlinergrün 

Berlinerroth. 

Berlinerweiss 

Bemefde 

Bernstein,  Agtstein,  gelbe  Ambra, 
Succinit,  Bömstein,  gelbes  Erd- 
harz, Succinum,  Ambra  flava, 
Electrum,  StM;em,  Amhw      .     .     . 

Bernsteinbitumen 

Bemsteincampher ,     Krystallisirtes 
Brandharz ,    flüchtiges    Bernstein- 
harz  

Bernsteincolophonium,  Colophoninm 
succini 

Bemsteineupion 

Bemsteinfimiss  s.  Bernsteincolopho- 
nium. 

Bernsteinöl 

BernsteinsSure.   Bemsteinsalz,  flüch- 
tiges.   Succinylsäure.    Succinsäure 
Verwandlungen  der  Bemstein- 
säure  : 

I>urch  Wärme 

*  Durch  Salpetersäure.     .     . 

Durch  Manganhyperoxyd  n. 

Schwefelsäure 

Durch  Chlorgas   .... 
Durch  Phosphorperchlorid 
Durch  wasserfreie  Schwefel- 
säure    .     .     .  -  .     .     . 


1149 
Seite 

963 
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H)65 


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986 
987 


ii:.o 


AlpludMtifches  Kegbter. 


Durch  Sehw«feltiUirehydnt 
Durch  Kalihydrat     .     .     . 
Berniteinsäureamide,  Sucdnamide    . 
Succinimid: 

BisuceiDamid,    Succinjl-  und 

Wasserstoffazotür .     .     . 
Kuccinimid-Bleioxyd     .     . 
Succinimid-Quecksilberoxyd 
Huccinimid-Silberozyd  .     . 
Succinimid-  Silberoxyd  -  Am 

moniak 

Succinamid: 
Succinjlbiamid,  Saocinyl-  und 
WaMerstoffdiasotür  .     .     . 
Trisuccinamid : 

Succinyldiazotur 

Bemsteinsals  s.  Bemateinsiiure. 

Bemsteinaaure  SaUe 

Bemsteiniaure«  Aethylozyd  . 
Bernfteinflaurea    Ammonium- 
oxyd: 

1)  Neutrales      .     .     .     . 

2)  Saures     .*  .     .     .     . 
Bemsteinsaurer    Baryt ,    neu- 
traler  

Bemsteinsaure  BervUerde  .     . 
Bemsteiusaures  Bleioxyd,  neu- 
trales ... 
Basisch  -  bemsteiusaures  Blei- 
oxyd .     .  

Ueberbasisch  -  bemsteinsnures 

Bleioxyd.  .  .  .  ■  .  . 
Bemsteinsaure«  Ceriumoxydul 
Berasteinsaures  Chromoxyd  . 
Bemsteiusaures  Chromoxydul 
Bemsteiusaures  Eisenoxyd 
>  Bemsteiusaures  Eisenoxydu) . 
BemsteittJUiures  Kadmiumoxyd 
Berasteinsaures  Kali,  neutrales 
Bemsteiusaures  Kali,  saures 
Bemiteinsaurer  Kalk,  neutraler 
Bemsteinsaurer  Kalk,  saurer 
Bemsteiusaures  Kobaltoxydul 
Berasteinsaures  Kupferoxyd 
Berasteinsaures  Llthion 
Berasteinsaure  Magnesia,  neu 

trale 

Basisch-bernsteiusaure  Magne- 
sia..     .     

Berasteinsaures  Magnesia-Kali 

Berasteinsaures    Manganoxy 

dul     ...  ... 

Berasteinsaures  Methyloxyd 
Berasteinsaure  Molybdänsiure 
Berasteinsaures  Natron,  neu 

trales 

Bernsteinsaurea  Natron,  saures 
Berasteinsaures  Nickeloxydul 
Bernsteinsaures    Quecksilber 

•    oxyd 

Berasteinsaures    Quecksilber 

oxydttl     

Bernstei^aures  Silberoxyd 
Berasteii|saurer  Strontiaa. 


Seite 
987 

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99^ 

99S 

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1000 


lUOl 


1002 


1008 


1004 


1006 


Beraateinsanre  Tboserde  .  . 
Bernsteinaanre  Thorefde  .  . 
Berasteinsaures  Uraao^d  . 
Berasteinsanrea     Uranoxjd- 

Kali 

Bernsteinsaures  Uranoxyd-!is* 

tron    ....•..• 

Bernstetnaanres  Wismutbozfd 

Berasteinsaure  Yttererde  .    . 

Bernsteinaaares  Zinkoxyd.    . 

Berasteinsaures  Zinnoxyd. 

Berasteinaaures  Zinnoxydal  . 

Berasteinsaure  Zirkonerde    . 

J^erastein,  schwaraer  .     ,     .... 

Berasteinschwefelaaure ,     Bernstegi- 

unterschweftels&ure,  Snlfobernsteia- 

säure 

BerasteinacbwefiBlsaure  Salae.  Bera- 
steinunierschwefelsaare  oder  solfo- 

berasteinsaure  Sake 

Bernsteinschwefelaaures    Am* 

moaiumoxyd 

Bernsteinschwefelsanrer  Baiyt 
Beraateinschweltelaaures   BÜ- 

oxyd 

Bernsteinschwefelaaares  KsU. 

Neutrales  Salx 

Anderthalbfiach-aanres  Sab  . 
Bernsteinschwefelaaurrr  Kalk 
Berasteinsch  wefelsam«  Magne- 
sia.   

Bernsteinschwefelaaares    Ns- 

tron 

Berasteinschwefelsaures 

beroxyd 

Bernsteinspiritus 

Berthierin 

Berthierit,  Uaidingerit    .... 

Bertholletia  excelsa 

Bcrthollimeter 

Bertramwunel 

Beryll    (Smaragd,    Aqusunarin,   di* 
rhomboedrischer  Smaragd,  Eon^ 
raude,  Emerald)     .     .     . 
Beryllerde  s.  Berylliumoxyd. 
Beryllerdehydrat    s.    Berylliumcxyd 
hydrat 

Beryllium 

BerylliunL,  Glycium.    Bestimnumg  o- 

Trennung  desselben    . 
Berylliumbromid,   BromberylliuiDT 
Bromglycium  ... 

Berylliumchlorid,     Chlorberyllium, 

Chlorglycium 

Berylliumeisen,  Glyciumeisen  .    • 
Beiylliumfluofid,  Fluorberylliom, 
Fluorglycium     .     ...••' 
Kalium-Berylliumfluorid,  Es- 
lium-Glydomfluorid,  Flaor- 
berylliumkalium   .    .    •    •  ^^' 
Berylliungodid,   Jodberyllinm,  Jod- 

glydum    .    .         .   • ' 

Berylliumcxyd,   BeryUerde,  Q^ein- 
oder  Süsserde,  Glyciumozyd,(äaefiie 


Seu 


1\»' 


m 


1«» 


Sü 


H'l« 


\m 


\on 


lOH 


lüU 


Alphabetischefl  Reginter. 
Seite 


rylliumoxydhvdrat,    BcrvUerdc- 
h.vdrat.     .'...]...   loil) 
rylliumoxydsalze  s.  Berylliumsalze, 
rvlliumpliosphoret,    Glyciumphos-. 

plioret 1020 

rylliumsnlzef  Glyciumsalze,    SüsS' 

erdesalze — 

ry  lliumseleniuret,  Glyciumseleuiuret  1 022 
rylliumsulfuret,  Glyciamsul füret  — 

irylliura-Tellur,  Glycium-Tellur.     .       — 
irT^elianit,  syn.  Selenkupfer, 
rzeliit,  Berzelit,  Kühnit,  Talkphar- 

makolith        — 

^rzelin 1023 

»rzelit    .     .     / — 

mcliicken,  Beschickung,  Möllerung, 

Zuschlag  . — 

»chlag. 1024 

^schlag,  Auswitterung,  Ausbltihung, 

Efflorescenz 1025 

sstandtheile     . — 

sstuscheffs  Nerventinctur  — 

9tA-Harz  I  8.  unter  H^rz,  Or- 

eta«xOrse]l9äure  etc.)  seilsäure  u.  s.  w. 
eta  vulgaris  L.  u.  B.  cicla   .     .     .   102G 
etulin,  Birkencamphor      ....  1028 

etuloretinsäure — 

eudantiu,  syn.  Nephelin. 

eudautit      \     .' 1029 

ezetta,  Scfaminkläppchen  ....       — 

ezoar 1080 

ezoardicum  anlmale 10.'i2 

ezoa'rdicum  minerale — 

ezoarsäure,  syn.  mit  Ellagsäure  und 

zuweilen  auch  mit  Lithofellinsäure 

(s.  d.  Art.). 
iezoarstoff  s.  Bezoar. 
liaxnide    s.    Diamide    unter    Amide 

(Bd.  1,  8.  r,89). 

Ubenzoilimid — 

kibergeil — 

Bibergeil  camphor  \ 

jibergeücamphorsäurej       Bibergeil, 
hbergeilharz  (  "^ 

libergellöl  ) 

liberham  lo85 

iicarbamid — 

lichurinstearyl  das  Kadical  der 
lichurimstearylsäure,  syn  mitlMchu- 

rimtalgsäure. 
)icolorin,  syn.  Aesculin. 
Meberit,  syn.  mit  Kobaltvitriol  (s.  d. 

Art.  Istc  Aufl.  Bd.  IV,  S.  421). 
Sielurilsäure 1036 


Bienenharz,  Stopfwachs  .     .  — 

iienenwachs  s.  Wachs  

■*®'' —  Birkenwasser  s.  Birkensaft. 

Brauen  des  Bieres  .     .     .     .1039  Birkenwein  s.  Birkensaft. 


Obergährang 

Bier,  Untersuchung  desselben  .  .  . 
Destillations-Verfahren  .  . 
Specifi^ches  Verfahren.  .  . 
Saccharometrischc  Probe .  . 
Hally metrische  Probe  .  .  . 
Optisch -aräometrische  Probfe 

Bieressig 

Bierstein,  Getreidestein,  Zeilitho'id    . 
Bierwürze  s.  Bier  (S.  1041). 

Biformen * .     .     . 

Biimide 

Bildstein,  syn.  Agalmatolith  (Bd.  I, 

S.  375). 
Bilicholinsänre  s.  bei  Bilin  unter  Galle 

und  bei  Cholinsäure. 
Bilifellinsäure ,   svn;  mit  Gallensäure 

(s.  d.  Art.  oder  Choleinsäure  von 

Demarpay). 

Bilifülvin  

BiliAilvinsäure  s.  BiüAilvin  unter  Galle 

und  Galtenfarbstoff. 

Bilin 

Biliphaein 

Biliverdin 

Bilsensäure  ........ 

Bilsensamenöl 

Bimsstein      . 

Binarkies,  svn.  mit  Strahlkies. 

Binartheorie 

Binellisches  Wasser  s.  Aqua  Binelli 

(Bd.  II,  S.  1.58). 

Binnit 

Binopiammon   oder   Biopiammon   s. 

Opiammon    (Iste    Aufl.    Bd.  V, 

S.  702). 

Biogen 

Biotin,    Biotina,    syn.  mit   Anorthit 

(s.  unter  Oligoklas). 
Biotit,   Magnesiaglimmer,    cinaxiger 

Glimmer,  Hexagonglimmer,  rhom- 

boedischer  Talkglimmer,  Meroxen. 

hexagonal  Mica,  Magnesia  Mica . 
Birkenblätter     ....".... 
Birkencamphor  s.  Betulin. 
Birkenharz  s.  Betuloretinsäure. 

Birkenholz    .  

Birkenöl,  ätherisches 

Birkcnöl,    brtinzliches ,   s.    Birken- 

theer. 

Birkenrinde . 

Birkensaft,  Birkenwasser     .     .     .     . 

Birkenschwamm 

Birkenthecr,  Dagged,  schwarzer  De- 
gen, schwarzer  Doggert  oder  Deg- 

gelt,  Birkentheeröl 


1151 

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1108 


Birnen 

Birnenessenz,  Birnenöl 


Darstellung  der  Würze,  Meisch- 

process 1041 

Kochen  der  Würze  .     .     .     .1050     Birnenöl  s.  Bimenessen«. 
Kühlen   und   Gährung    der  |  Bisam,  syn.  Moschus. 

Würze '.     .  1058  |  Bisam,   künstUcher,    s.   unter   Bern- 

Untergährung 1061  !      steinöl  S.  980. 


1104 
1105 


1152 


Alphabetidche«  Register. 


Seite 
Bismäthyle  s.  unter  Wismath  orgati. 

Radicale. 
Bismuth,  syn.  Wismuth. 
Bismuthaurit  s.  Wismuth -Gold. 
Bismuthin,  Rvn.  Wismuth^lanz. 
Bismutbit  s.  Wigmutbspath. 
Bifimutit  8.  Wismutbspath. 

BiBsa-Bol  IIOG 

Bissen,  Bob — 

Bister — 

Bisoccinamid   '9.    Succinimid    unter  . 

Bernsteinsäureamide. 
Bittererde  s.  Magnesia. 

Bitterfenchelol — 

Bitterkalk,    Bitterkalks patb ,   Bitter- 
kalkstein, Bittcrspatb  u.  s.  w.   .     .       — 

Bitterkeit 1107 

Bitterklee,  Fieberklee      .     .     .     .     .1108 
Bittermandelöl,  ätberisebes  oder  flüch- 
tiges, ungereinigtes   oder  rohes  — 
Verwandlungen  des  Bitterman- 
delöls       1112 

1.  Durch  Wärme      ...       — 

2.  Durch  Sauerstoff ...       — 

3.  Durch  Salpetersäure      .  ^    — 

4.  Durch  Schwefelsäure     .       — 

5.  Durch  Qhlorgas  ...       — 
Benzoesaurer    Benzoyl- 

Wasserstoff    ....       — 
Stilbesilsäure,  Stilbesüber- 
oxyd    oder    Stilbesige 

Säure — 

G.  Durch  Chlorwasserstoff.       — 

7.  Durch   Chlorschwefel     .1118 

8.  Durch  Ammoniak     .     .       — 

9.  Durch    Schwefelammo- 
nium    1115 

10.  Durch  Kohlensulfid  und 
Ammoniak 111C 

11.  Durch  Kalihydrat     .     .       — 

12.  Durch  Cyankalium    .     .       — 

13.  Durch  Quecksilbercya- 

nid 1117 

14.  Durch  Baryt-  oder  Kalk- 
wasser      — 

Abkömmlinge  des  Bittermandelöls      — 


Settt 

1)  Mandelsäore: 
Benzoylwasserstoff  -  Ameisen- 
säure,  ameisensaurer  Ben- 

.  soylwasserstoir  .  .  .  .1117 
Mandelsaure  Salze  .  .  .  .1119 
Mandelsaures  AmmoniumoxTd  1119 
Mandelsaurer  Barvt .  .  . 
ftlandelsaures  Bleioxrd 
Mandolsatires  Kali  .  ^ 
Mandelsaures  Kupferoxyd  . 
Mandelsaures  Quecksilberoxyd 
Mandelsaures  Silberoxyd  . 

2)  Benzhydramid     .     .    '.     .     .1120 

3)  Azobenzoyl: 
Azobenzoile,  Azostilbese-Un- 

terazotür 1121 

4)  Benzoylazotid : 
Benzazotid,  BenzoÜazotid,  Ni- 

trobenzovl   — 

5)  Benzoylhydrat 
Stilbenby-peroxyd ,     stilbinige 

oder  stilbilige  Säure      .     .  112.S 
Bittermandelöl,  fettes  .     .     .     .1125 

Bittermandelöl,  künstliches.     ...       — 
Bittermandelöl  -  Ameisensäure ,     syn. 
mit  Mnndt'lBÄure,  s.  unter  Bitter- 
mandelöl, S.  1117. 
Bittermandelölcamphor,  syn.  mitBeozoin. 
Bittermandelöl-C  van  Wasserstoff  s.  unter 
Bittermandelöl,  ätherisches,  S.  1112. 
Bittermandelöl-Schwefelsäure  s.  Benzoyl- 
Wasserstoff,  Verwandlungen  S.  919. 

Bittermandelwasscr — 

Bittersäure,  syn.  mit  Trinitrophenyl- 
säure,   b.   Phenylsäure    Iste  Aufl. 
Bd.  VI,.  S.  205. 
Bittersalz,    syn.     mit    krystaQisiTter 
schwefelsaurer   Blagnesia  s.  unter 
Schwefelsaure  Salze. 
Bittersalzwasser  und  Bitterwasser     .  1127 
Bitterspath  s.  Bitterkalk  n.  Magnesit. 
Bitterstein  s.  Saussurit. 
Bitterstoff,  Bitter,  Bitterer  Extractiv- 

stoff,  extractivcr  Bitterstoff.     .     .1124» 
Bitterstoffe,  künstliche ;  Bitter,  künst- 
liehe            — 


Beric  htigungen. 


Seite  149  bei  Aphrit  zu  bemerken:  gehört  zum  Arragonit. 
•     155  Zeile  24  von  oben  lies  Tesselit  statt  Fesselit. 


243 
248 
368 
451 
776 
966 


24  B  oben  lies  Fe^Asg  statt  Fe^As^. 

13  »  unten  lies  S.  84  statt  S.  284. 

22  n  oben  lies  BoutroD-Charlard  statt  Boutron,  Charlard. 

3  »  unten  lies  20,07  sUtt  20^7. 

20  »  oben  lies  Zinnoxyde  statt  Zinnoxyd- 

21  »  oben  lies  Eisencyanid  statt  Eincyanid. 


^7 


k 


-