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Full text of "Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover"

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HS 


Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2011  with  funding  from 

University  of  Toronto 


http://www.archive.org/details/he4diekunstden04hann 


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DIE 


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UNSTDENKMALER 


DER  PROVINZ 


HANNOVER 


HERAUSGEGEBEN 

VON  DER  PROVINZTAL-KOMMISSION  ZUR  ERFORSCHUNG  UND 
ERHALTUNG  DER  DENKMÄLER  IN  DER  PROVINZ  HANNOVER. 


|.         IV.  REGIERUNGSBEZIRK  OSNABRÜCK. 

4.  DIE   KREISE  LINGEN   UND  GRAFSCHAFT  RENTHEIM. 


BEARBEITET  VON 

DR.  ARNOLD  NÖLDEKE. 


MIT  19  TAFELN  UND  254  TEXTABBILDUNGEN. 


HANNOVER. 
SELBSTVERLAG  DER  PRO VINZIALVERWALTUNG. 

THEODOR  SCHULZES  BUCHHANDLUNG. 
1919. 

HEB^T  14    DES    GESA3J[TWEI«,H:ES. 


I 


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Gebrüder  Jänecke   Hannover. 


Vor^wort. 


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nfolge  des  Krieges  konnten  die  bereits  im  Frühjahr  1914  begonnenen 
Arbeiten  zur  Drucklegung  dieses,  die  Kunstdenkmäler  der  Kreise  Lingen 
und  Bentheim  behandelnden  Bandes  erst  jetzt  zu  Ende  geführt  werden.  Die 
Inventarisierung  selbst  liegt  noch  einige  Jahre  weiter  zurück:  die  Kunst- 
denkmäler im  Kreise  Lingen  wurden  im  Sommer  1912,  die  des  Kreises 
Bentheim  im  Jahre  vorher  aufgenommen.  Mit  der  Aufstellung  der  Denkmäler- 
beschreibung, der  Anfertigung  der  zeichnerischen  und  photographischen 
Aufnahmen,  wie  mit  der  Bearbeitung  des  geschichtlichen  Teiles  war 
Dr.  phil.  Arn.  Nöldeke  in  Hannover  betraut.  Die  Herausgabe  geschah 
unter  Leitung  des  Frovinzial-Konservators  Prof.  Sieb  er n. 

Über  den  Plan  des  Gesamt  Werkes  und  die  für  die  Behandlung  des 
Stoffes  maßgebenden  Gesichtspunkte  ist  im  ersten  Hefte  des  Gesamtwerkes 
(I,  1  Landkreise  Hannover  und  Linden,  Seite  VI  f.)  des  näheren  berichtet. 
Hier  mögen  deshalb  nur  die  folgenden  kurzen  Andeutungen  Platz  finden. 
In  der  Einleitung  sollen  Angaben  über  Lage,  Größe,  Natur,  Bevölkerungs- 
verhältnisse, über  ethnographische  und  frühere  politische  und  kirchliche 
Zustände,  über  Handel  und  Verkehr,  Straßen  und  Wege  sowie  über  das 
Kunsthandwerk  in  gedrängter  Kürze  und  stets  nur  soweit  gegeben  werden,  als 
sie  zum  Verständnis  der  Denkmäler  unerläßlich.  Es  bleibt  vorbehalten^ 
derartige  zusammenhängende,  die  ganze  Provinz  betreffende  Angaben  im 
Schlußbande  des  Werkes  zu  machen.  Aufgenommen  werden  alle  Denkmäler, 
welche  dauernd  in  der  Provinz  vorhanden  sind,  gleichviel  in  welchem  Besitz 
sie  sich  befinden.  Vorchristhche  Denkmäler  werden  Jedoch  nur  dann  berück- 
sichtigt, wenn  ihre  Bedeutung  eine  solche  ist,  daß  sie  im  Rahmen  dieses 
Werkes  nicht  entbehrt  werden  können.  Das  Bauernhaus  ist  von  der 
Bearbeitung  ausgeschlossen.  In  der  Gesamtanordnung  sind  die  kirchUchen 
Gebäude   vorangestellt,    daran   schließen   sich   die    weltlichen    Bauten    nach 


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Maßgaho  von  Alfer  und  Hodcwtung.  Die  Beschreibung  erfolgt  auf  Grund  der 
vorangestellten  geschichtlichen  Angaben  und  der  technischen  und  stilistischen 
Merkmale  in  mögli(;hst  knaiiper  Form:  Mitteilungen  über  diesen  Rahmen 
hinaus  sowie  Eingehen  auf  wissenschaftliche  Streitfragen  werden  vermieden. 
Die  Ausstattungsstücke  sind  in  alphahetischer  Reihenfolge  aufgeführt. 
Inschriften  werden  nicht  sämtlich,  aber  in  möglichst  großer  Zahl  gegeben; 
auf  die  Art  der  Typen  wird  im  Text  hingewiesen,  auf  eine  doch  nur 
andeutende  Wiedergabe  derselben  verzichtet.  Unser  Denkmälerverzeichnis 
soll  umfassende  wissenschaftliche  Untersuchungen  vermeiden,  nur  dasjenige 
geben,  was  auf  Grund  örtlicher  Untersuchung  und  der  bisherigen  Forschung 
als  feststehend  zu  betrachten  ist;  es  soll  eine  Sammelstelle  der  kunst- 
geschichtlichen Quellen  und  eine  Grundlage  für  weitere  Arbeiten  bilden  und 
endlich  übersichtlich  geordnetes  Material  für  eine  umfassende,  allgemeine 
deutsche  Kunstgeschichte  bieten. 

Den  Druck  des  vorliegenden  Bandes  besorgte  die  Buchdruckerei  von 
Gebr.  Jänecke,  während  die  Lichtdrucktafeln  von  der  Kunstanstalt 
G.  Alpers  jr.  und  die  Druckstöcke  der  Textabbildungen  von  der  Kimst- 
anstalt  L.  Hemmer,  sämtKch  in  Hannover,  hergestellt  wurden. 

Mit  Dank  sei  hier  der  bereitwilhgen  Förderung  gedacht,  w^elche  die 
Aufnahmearbeiten  durch  Behörden,  GeistUche,  Lehrer  und  Privatleute 
gefunden  haben.  Besonderen  Dank  schuldet  der  Verfasser  Herrn  Baurat 
Dr.  Wilh.  Jänecke,  jetzt  in-  Schleswig,  für  die  Überlassung  von  Photo- 
graphien —  darunter  derjenigen  des  Bentheimer  Schloßplanes  von 
Conrad  Schlaun. 

Hannover,  im  Januar  1919. 


Die  Provinzial  -  Kommission 

zur  Erforschung  und  Erhaltung   der 
Denkmäler  in  der  Provinz  Hannover. 


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Ortsverzeichnis. 


(Die  stärker  gedruckten  Seitenzahlen  geben  an,  wo  der  Ort  im  Zusammenhang  behandelt  ist. 


Seite 

Altena 193,  203  f. 

Ankam 23 

Baccnm 10,  12 

Bawinkel 10,  13 

Beesten 10,  14  flf. 

Bentheim  87,  89,  91,  Schloß  93  ff.,  Ret.  Kirche 
113  ff,  Kath.  Kirche  117  ff.,  Bad  123  ff.,  151 

Bersenbrück 3,  26 

Bramsche 10,  16  fl. 

Brandlecht 91,  92,  131  ff.,  181 

Burgsteinfurt 3 


Coevorden 


Elbergen 9,  18  ff. 

Emiichheim 88,  91,  136  ff. 

Emsbüren 9,  18,  19,  21  ff.,  68 

Engden 140 

Estringen 10,  26 

Frenswegen 91,  140  ff. 

Froren 3,  10,  28  ff. 

Gildehaus 47,  87,  92,  151  ff. 

Gronau 87 

Grumsmühlen 33 

Hange 33 

Haseliinne 13 


Seite 

Herzforth 33  ff. 

Hesepe 158  f.,  219 

Holthausen 35 

Kreyenribbe 35 

Laar 159  f. 

Lage 87,  160  ff.,  213 

Langen,  Haus 126 

Lengerich    ....     10,  13,  35,  36  ff.,  83,  84 

Leschede 10,  41  f. 

Lingen,  Grafschaft 5  ff.,  10,  42  ff. 

Lohne 63 

Messingen 10,  63 

Meppen 3,  6,  21 

Neuenhaus 87,  89,  92,  167  ff.,  219 

Nordhorn 42,  88,  89,  91,  92,  174  ft". 

Ohne 91,  92,  151,  185  ff. 

Oldenzaal 4,  219 

Plantlünne 10,  64  ff'. 

Rheine 4,  9 

Salzbergen 9,  10,  67  ff.,  87 

Schapen 10,  69  ff. 

Schepsdorf 9,  10,  74  ff.,  68 

Schuttorf.    .   .    23,  87,  88,  89,  91,  92,  191  ff. 


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HitlUi 

Spelle 76 

Spyck 77 

Stovern 77  f. 

Suttrnp 78 

Tnine 10,  79  fr. 

Tecklenburg ;> 

Üffoln 20 


Beito 

ClHen 87,  91,  194,  213  ff. 

Ctrecht 9,  2ia 

Vcldhausen 91,  219  ff. 

Venhaus 60,  82 

Wettrup 11,  83  f. 

Wietmarschen 19,  92,  194,  224  ff". 

Wilsum 91,  213 


Fol 


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RECHNUNG 


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für  Hodiwohlgeboren  j^gj,j^ 


Antonie  Leeser,  Buchhandlung,  Leihbibliothek,  Hannover 

Bank-Konto:  Kommerz-  und  Diskonto-Bank  —  Postsdiedi-Konto  9016  —  Cellerstraße  73  —  Fernruf  Nord  3918 


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• 

Verzeichnis  der  Abbildungen. 


Abb. 

1  Der  Kreis  Lingen .   . 

2  Historische  Übersichtskarte .   . 

3  Kirche  in  Beesten 

4  „  „  „  Grnndriß 

5  Kirche  in  Bramsche;  Grundriß 

6  „  „  „  Epitaph 

7  Kirche  in  Elbergen;  Ansicht  von  Nordwest 

8  „  „  „  Grundriß 

9  Kirche  in  Emsbüren;  Grundriß 

10  „  „  ,,  Inneres 

11  71  n  n  

12  „  „  „  Tür 

13  n  71  Ti  Glockenzier 

14  ,1  „  ,1  Meßgewand 

15  V  71  )i  Taufstein 

16  Kapelle   in  Estringen;  Ansicht  von  Südost 

17  „  „  „  Grundriß 

18  Kirche  in   Froren;  Ansicht  von  Südost 

19  „  „  „  Grundriß 

20  „  fl  „  Wandvorlage  im  Schiff 

21  r)  77  71  Tür  in  der  Südfront 

22  r,  71  71  Schnitt 

23  „  „  „  Wandsäule  im  Chor 

24  Haus   Herzforth;  Lageplan 

25  „  „  Herrenhaus 

26  „  „  Portal  des  Herrenhauses 

27  Kirche  in  Lengerich;   Außenansicht 

28  „  „  „  Grundriß 

29  „  „  „  Schnitt 

30  „  ,,  „  Inneres 

31  „  „  „  Piscina 

32  „  „  „  Taufstein 

33  Lingen;  Plan  des  Stadtkernes 

34  Stadt  Lingen  nach  Merian 

35  „  „        Stich  aus  einem  Geschichtswerk  des  XVII. 

Jahrhunderts  .  

36  Lingen;  reformierte  Kirche,  Grundriß 

37  „  „               „        Innenansicht  des  Chores  .   .   . 

38  „  „  „         Grabplatte 

39  „  Intherische        „        Grundriß 

40  „  „  „         Frontansicht 


Seite 
3 
6 

15 

17 

19 
20 
22 


24 
25 
26 
27 
27 
30 
31 
31 

32 
32 
34 
34 
35 

36 
39 

40 
41 
43 
44 

44 
46 
47 
48 
49 
50 


Tafel 


-h;    vi    p- 


Abb. 
41 
42 

4a 

44 
45 
46 
47 
48 
4i) 
50 
51 
52 
53 
54 
55 
56 
57 
58 
59 
60 
61 

62 

63 

64 

65 

66 

67 

68 

69 

70 

71 

72 

73 

74 

75 

76 

77  a 

77  b 

77  c 

78 

79 

80 

81 

82 

83  a 

83  b 

84 

85 

86 

87 


Linien;  InthoriHche  Kirche,  Kelche 

„  katholische       ^        Monetrunz 

„  liathaiiH,  Frontannicht 

„  Amtsgericht  (Danckelmannhaus)  StraßenBeite  . 

„  „  „  Grundriß    . 

„  „  „  Schnitt    .    . 

„  „  „  Westaneicht 

Portal.    .    .    . 


„  Haus  Burgstraße  Nr.  8 

„  „     Am  Markt  Nr.  8 

,1  „     Baccnmerstraße  Nr.  5,  Grundriß 

ry  n                 V                "n     ^h  Ansicht 

'1  11  n  ri      "'  T)  

„  „     Kivelingstraße      „     8 

„  .,     Bnrgstraße  Nr.  26,  Grundriß  und  Ansicht    . 

Kirche  in  Plantlünne;  Ansicht  von  Südost 

„         „  „  Grundriß 

,,         „  „  Grabstein  von  1642 

11         11  n  Kelch 

Kirch£  in   öalzbergen;  Taufstein 

Protestantische  Kirche  in  Schapen;  Ansicht  von  Süd- 
osten   .... 
„  „  „  „  Grundriß    .       .    . 

n  .,  „  „  Konsole  im  Turm 

Katholische  Kirche  in  Schapen;  Inneres 

Kirche  in   Schepsdorf;  Außenansicht 

„  „  „  Grundriß 

„  „  ,,  Inneres 

„  „  .,  Monstranz 

Haus  Stovern;  Eingang 

Kirche  in  Tuine;  Ansicht  von  Südost 

„  „         „         Grandriß 

„  „         „         Taufstein 

Haus   Venhaus;  Lageplan 

,,  „  Inneres  der  Kapelle 

Kirche  in   Wettrup;  Inneres 

Der  Kreis  Grafschaft  Bentheim 

Schloß  in  Bentheim;  Gesamtansicht  von  Südwesten  .   . 

„         „  „  Ansicht  von  Süden 

„         .,  „  „  „     Nordwest 

Bentheim;  Lageplan  der  Stadt 

Schloß  in   Bentheim;   Lageplan  von  1736 

■"  11  11  V\  T)      1911 

„  ,,  „  unteres  Pforthaus 

n  11  „  Sonnenuhr 

„  „  ,1  inneres  Pforthaus,  Westseite .    .   . 

11  «  11  „              -n          Ostteite .... 

71  1,  „  Mauerstück  beim  viereckigen  Turm 

1)  n  n  Katharinenkirche,  Grundriß    .    .    . 

71  11  „  ri               Turm;  Schnitt  . 

,1  n  n  Wachstube 


BeiU 

51 

53 
54 
55 
55 
56 
56 
57 
58 
59 
60 
61 
61 
62 
65 
65 
66 

69 

71 
71 
72 


75 


77 
79 
80 
81 
82 
83 


93 
96 
98 
94 
94 
95 
101 
102 

102 

103 
104 
105 


•<^    VII    Sk~ 


Abb. 

Seite 

Tafel 

88 

Schloß  in  Benthelm;    viereckiger  Turm 

107 

89 

^                                     runder  Turm 

109 

90 

„         „              „             Kronenburg,  heutiger  Zustand  .   . 

111 

91 

V         V             V                      V             Pfeiler 

— 

8 

92 

._         ,,                           Kruzifixus 

112 

93 

Reformierte  Kirche  in  Bentheim;  Ansicht   von   Nord- 

westen   

113 

94 

„                    „         „             „        Grundriß  .   .   .   ...    . 

113 

95 

„                    „         „             „       Turm  mit  Querschnitt ; 

Querschnitt   durch 

die  Kirche  .... 

114 

96 

fl                    „         „             „       Epitaph  von  1584.    . 

115 

97 

,,                    „         „             „       Glockeninschrift    .    . 

116 

98 

,1                    „         «             n       Kanzel 

116 

99 

„                    „         V             n       Sarkophag 

117 

100 

Katholische  Kirche  in  Bentheim;  Ansicht  von  Südost. 

118 

101 

„                  „          „            „            Grundriß  ...... 

118 

102 

„                  „          „             „            Längsschnitt  .... 

119 

103 

„                  „          „            „            Glasfenster  von  1676 

120 

104 

n                  77          71            77            Inneres 

— 

9 

105 

„                  „          „            „            Rllckwand  einer 

Kirchenbank  .    .    , 

121 

106 

„                  „          „            „            Altarleuchter  .... 

121 

107 

77                 77         77            71           Blaker 

122 

108 

Bad  Bentheim;   Logierhans 

123 

109 

„              „             Pyramide  im  Walde 

124 

110 

„              „             Höltingstuhl  im  Walde,  Rückwand    .    .    . 

124 

111 

Bentheim;  Haus  Langen:  geschnitzter  Schrank 

125 

112 

„                 „           „         Himmelbett 

125 

113 

„                 „           „         geschnitzter  Wappenaufsatz    .    . 

126 

114 

„             Ackerbürgerhaus,      Grundriß,      Vorderansicht, 

Giebelvorkragung 

127 

115a 

„             Bürgerhaus 

128 

115b 

.,             Bürgerhäuser 

128 

116 

„             Haus  am  Herrenberge 

129 

117 

„             Schrank  im  Besitz  des  Herrn  Cordes 

129 

118 

77                                  77             77             77              «        '     «                   Tl            

130 

119 

Reformierte  Kirche  in  ßrandlecht;  Anßenansicht .   .   . 

— 

10 

120 

71                    77         77              71             Grundriß 

131 

121 

n                    71         77              77             Schnitt 

131 

122 

„                    „         „              „             Kapitell  im  Schiflf 

und  im  Chor    . 

132 

123 

•T                    p         „              ,,             Innenansicht  .    .    . 

133 

124 

„            1        77         71              Tl             Inschriftband     am 

Turm 

133 

125 

„                    .,         „              „             Turmportal.   .    .    . 

134 

126 

„                    „         „              ,,             Grabstein    .... 

134 

127 

11                    77         77              77             Kelch 

135 

128 

71                   11         77              11            Taufstein 

135 

129 

Kirche  in    Emiichheim;  Grundriß 

137 

130 

„         fl               „              Schnitt 

137 

-^  VIII  '^ 


Abt.. 
131 

i:j2 
]:w 

134 

13« 
137 
138 
139 
140 
141 
142 
143 
144 

14r) 
14G 

147 
148 

149 

150 
151 
152 
153 
154 
155 
156 
157 
158 
159 

\m 

161 
162 
163 
164 
165 
166 
167 
168 
169 
170 
171 
172 
173 
174 
175 
176 


Kirche   in   Em  I  ich  heim;  Innere« 

„  „  „  romanische      WandvorJage     im 

Schill;  Kapitell  im  Turm    .    . 

r  „  n  '^'»"" 

„  ,,  „  Taufötein 

Ehem.  Kloster  Frenswegen;  Lageplan 

..  y_  „  Grundriß 

,,  „  „  SHdbau 

n  -n  n  SüdflUgel 

„  ,,  „  Westfront 

„  „  „  Brunnen  

,,  .,  y,  Südseite  des  Klosterhofes 

„  ri  r  Südwand  der  Kirchenruine 

„  „  „  Ostfront 

7,  ••  ri  Pietä,  jetzt  in  der  Schloß- 

kapelle zu  Burgsteinfurt 

•1  „  „  Madonna 

„  ,,  „  Schnitzstücke,    jetzt    im 

Schloß  zu  Bentheim.   . 

T,  v  .,  Kamin 

11  ;,  „  Kamin,      jetzt     in     Bad 

Bentheim 

n  r,  rt  Tanfstein,  jetzt  auf  dem 

Schlosse  in  Bentheim  . 
Kirche  in  Gildehans;  Außenansicht 

„  ,T  ;,  Grundriß 

„  ••  ri  Längsschnitt 

•1         „  „  Wettportal 

„         •■  ,,  Wanddienste  in  Schiff  und  Chor 

„         „  „  Inneres  

•n         r,  :i  Turm 

,7  11  n  Turm,  Schnitt 

ji         „  ,1  Glockenfries  von  Hemony  .... 

:i         n  ri  Kanzel 

n  n  n  Kelch 

r         n  n  Kronleuchter 

•1  n  n  Opferstock 

Gildehaus;  Sonnenuhr  im  Pfarrgarten 

Kapolle  in  Ilcsepe;  Grundriß 

L  a  a  r  ;  Hans  Laar 

Kirche  in   Laar;  Kanzel 

Haus  Lage;  Lageplan 

55  55        Znstand  im  XVI.  Jahrhundert 

•5  „        Ruine  des  Kastells 

„  „        Westfront 

Kirche   in  Lage;  Seitenansicht 

„  ,5         „        Grundriß 

7)  „         „        Schnitt 

n  55         V        Kelch 

55  51         n        Kanzel 

Nenenhaus;  Stadtplan 


HeAUi 


138 

139 
139 
141 
142 

143 
144 
144 
145 

146 

146 
146 

147 

149 

149 

1.50 

152 
152 
1.53 
153 
154 
155 
155 
155 


156 
157 
157 
158 
159 
158 
162 
162 
163 
163 
164 
164 
164 
165 
165 
166 


->^    ]X    g^- 


Abb.  Seite 

177  Neuenhans;   Das   Amtshaus   auf   der   Bnrg;    nach   einem 

Holzschnitt 1G7 

178  „  Stadtbild  vom  Ölwall  aus — 

179  Ref.  Kirche  in  Nenenhaus;  Ansicht 169 

180  „  „  „  „  Grundriß 169 

181  „  ,,  „  „  Inneres — 

182  „  „  „  „  Schnitt 170 

183  „  „          „             „               Schnitzwerk  am   gräflichen 

Gestühl ......:..  170 

184  „  „  „  „  Brotschtlssel — 

185  Nenenhaus;  Rathaus 172 

186  „  Altes  Pastorat 173 

187a  „  Haus  Schölten,  Ansicht.' 173 

187b  „  „  „         Grundriß 173 

188  „  „      an  der  Hauptstraße 173 

189  Nordhorn;  Stadtplan 174 

190  Ref.  Kirche  in  Nordhorn;  Außenansicht — 

191  „  7)  71  77  Grundriß 177 

192  „  „         „  „  Schnitt 178 

193  „  „         „  „  Inneres — 

194  „  „         „             „             Pfeiler,  Fuß  und  Kapitell .   .  178 

195  „  „  ,,  ,1  Turm — 

196  „  „         „  „  Turmportal 179 

197  „  „         „  „  Kanzel 179 

198  „  „         „  „  Kronleuchter 180 

199  „  „         „  „  Brotschüssel — 

200  Nordhorn;   Augustinerhaus,  nachmals  Kirche,  und  Kapelle 

auf  der  Burg 181 

201  „  Kapelle,  Grundriß 181 

202  „  Rathaus 183 

203a  „  Haus  an  der  Hauptstraße 184 

203b  „             Giebel  des  ehem.  Neuenhäuser  Tores    ....  184 

204  „  Pumpe 185 

205  Kirche  in   Ohne;  Außenansicht — 

206  „  „         „        Grundriß 186 

207  „  „         „        Längsschnitt 186 

208  „         „       '„       Pfeilerkapitell 187 

209  „  „         „        Inneres — 

210  „  „         „        Inschrift 188 

211  „  „         „  „ 389 

212  „  „         „        Kanzelpult 189 

213  „  „         „        Kelch 190 

214  „  „         „        Taufsteiu 190 

215  Schüttorf;  Stadtplan 192 

216  „  Piggentorn  bei  Mannsbrügge 193 

217  „  Ref.  Kirche;  linke  Hälfte  der  Inschrift  am  Chor  195 

218  „  71         77        Inschrift  am  Turm     .,.'....  195 

219  „  „         „        Grundriß 196 

220  „  '  „         „        Längsschnitt 197 

221  „  „         „        Innenansicht  gegen  den  Chor    .    .  198 

222  „  „         „        sog.  Brauttür 199 


Tafel 


13 


13 


15 


14 

14 
14 

15 


16 


16 


--^     X     8--- 


Al>l<. 

223 
224 

225 


226 
227 
228 
228 

an.  1) 
228c 
228d 
229 
23Üa 

b  u.  c 

230d 

230 
e  u.  f 

230g 

23Üb 

230  i 

231 

232 

233 

234 

235 

236 

237 

238 

239 

240 

241a 

241b 

242 

243 

244 

245 

246 

247 

248 

249 

250 

251 

252 

253 

254 


Schuttorf;  lief.  Kirche;  'J'nrmportal  .  

„  Buff?  Altena,  Lage])lan 

„  „  ;;  nach  einer  Originaizeichnung, 
angeblich  im  Burgdteinfurter 
FiirBtI.  Archive 

n  n  )i  

„  „  „        An«icht 

„  Rathaus,  Grundriß 

„  ^         Querschnitt  und  Dachstnhl 

„  j,         Kronleuchter 

n  „         Trinkeimer 

5,  „  Vorderansicht .... 

„  Haus   Jürgenstr.   46a,    (^rnndriß   und   Schnitt; 

n      Steinstr.  46,  Grundriß 

71  „      Jürgenstr.  46  a,  Vorder-  und  Seitenansicht 

n  n  n         46  a,  Ausbildung  derVorkragung 

and  Gliedernng  der  Türleibung    .    .   . 

11  „      Steinstr.  46;  Kammerfach 

?i  n  „         46;  Fenster  des  Kammerfaches 

„  Häuser  am  Markt  128  a  und  128 

„  Ofenplatte,  jetzt  im  Heimatmuseum  zu  Bentheim 

Ülsen;  Teil  eines  Kamins 

„        Kirche 

„  „     Teil  der  Südfront 

„  „      Grundriß 

,,  „     Innenansicht 

„  „     Schnitt 

;,  fi     Konsolo 

„  .,     Kelch 

„        Haus  Jacobs 

Veldhausen;  Kirche,  Grundriß 

r,  rt        Schnitt 

„  „        Innenansicht  gegen  den  Chor.   .   .    . 

n  „        Turm 

.,  r>        Turmportal 

„  „        Kelch 

.,  „        Brotschüssel 

Wietmarschen;  Stiftskirche,  Außenansicht 

„  „  Grundriß 

„  „  Schnitt  durch  den  Chor    .    , 

n  „  Glockenturm 

51  11  Altar 

ji  n  Chorschranke  von  1695.    .    . 

Wilsum;  Kirche,  Ansicht  von  Süden 

,,  „        Grundriß 

• 


Beite 
200 
202 


202 
202 

204 
205 

206 
206 


208 
208 

209 
209 
210 
211 
212 
213 

214 
215 

216 
216 

218 
220 
221 
221 

222 
223 
223 

225 
225 
226 
227 

228 
229 
230 


Tafel 


18 


17 


19 


18 


15 


17 


19 


Sachverzeichnis. 


(Die  stärker  gedruckten  Seitenzahlen  beziehen  sich  anf  Abbildungen.) 


Adeliges  Hans  und  Gut  16,  27,  29,  33  f., 

35,  45  Anm.,  67,  77,  78,   82  f.,  126,  159, 

160,  163,  213. 
Altäre  11,  15,  20,  52,   73,  75,  84,  92,  304, 

120,  147,  194,  228. 
Ansichten  und  Pläne,  ältere  44,  96,  98, 

123,  162,  167,  202. 
Apsis  50,  51,  187. 
Balkon  109,  110. 
Basilikale   Anlage  24. 
Becher  165,  180. 
Befestigung  33,  36  Anm.,  43,  64,  96,  168, 

175,  193. 
Bergfried  106,  107. 
Bettstelle  125. 
Bildnis  78,  230. 
Bildwerk  25,  40,  42,  60,  117,  148,  179,  227, 

228. 
Blaker  123. 
Brotschüssel  171,  224. 
Brunnen  100,  106,  124,  144. 
Brücke  78,  144,  226. 
Burg  5,  7,  16,  33,  36,  42 f.,  77,  83,  91,  96, 

103 f.,   132,   161  f.,    167  f.,   181,   192,  203, 

213,  219. 
Bügelbahn  97,  101. 
Bürgerhaus  28,  56 ff.,  91,  126 ff.,  172 ff.,  184, 

207  ff.,  219. 
C  8.  a.  K. 

Chor  15,  17,  19,  28,  39,  45,  47,  50,  63,  65, 
68,  73,  80,  104,  118,  132,  138,  147,  153, 
188,  194,  198,  220,  227. 

Chorgestühl  147. 

Chorschranke  92,  228. 

Crucifix  14,  112,  147. 

Dachreiter  27,  41,  50,  52,  53,  63,  67,  73, 
84,  172,  182,  183,  219,  228. 

Dachstuhl  206. 

Epitaph  11,  18,  78,  81,  92,  115. 

Fallgatter  102. 


Gartenanlage  97,  «9,  103. 

Geschütz  103,  106,  110. 

Gestühl  121,  139,  171,  179. 

Ge wölb 6.12,  15,  17,  18,  19,  23,  28,  30,  39, 
50,  66,  68,  72,  73  Holz,  74,  76  Holz,  80, 
105,  108,  110,  115  und  118  Holz,  137,  147, 
153  f.,  156, 171  Holz,  176, 188,  200,  214, 222. 

Giebel  53,  54,  58,  60,  92,  170,  175,  185. 

Glasmalerei  73,  122,  148,  201. 

Glocke  11,  12,  13,  15,  18,  20,  24,  31,  40, 
48,  50,  52,  63,  66,  68  f.,  73,  75,  76,  81  f., 

105,  lief,  134 f,   136,  139,  140,  156,  165, 
171,  179,  201,  217,  224,  228,  230. 

Glockeninschrift  13,  15,  18,  20,  24,  31, 

48,  50,  68,  73,  75,  81,  84,  116,  156  f.,  179, 

201,  217,  224,  228. 
Goldschmiedearbeit,      siehe     Becher, 

Brotschüssel,  Kelch,  Monstranz  usw. 
Goldschmiedezeichen  51. 
Grabstein  16,  40,  48,  67,  82,  122,  135,  140, 

148,  157,  217. 
Hausmarke  25,  47,  59. 
Holzschnitzerei  92,  125,  150. 
Höltingstuhl  124. 

Inschrift,  siehe  auch  Glockeninschrift 

106,  107,  108,   124,   133,   138,   145,   164, 
169,  182,  188,  194,  198,  207,  211,  223. 

Kamin  56,  92,  111,  115,  126,  150,  204,  205, 

210,  213. 
Kanzel   11,  14,  16,  32,   73,   74,  75,  76,  84, 

104,  117,   121,  147,   157,    160,    165,   171, 

180,  201,  214,  217,  224,  230. 
Kanzelpult  157,  171. 
Kapelle  19,   27,  29,  38,  41,  45,  63,  67,  74, 

76,  77,  78,  82,  83,  84,  229  f. 
Kapitell  15,  30,  38,  39,  104,  132,  138,  147, 

153. 
Kastell  45,  161,  176,  199,  222. 
Kelch  41,  51,  67,  82,  136,  140,  158,  171,  180, 

217,  224,  230. 


XII 


Kirclic,  l'bcrsicJit  10  und  !)1,  l{a<(iim  12, 
l',;ivviiik()l  13,  Bc(;.st<-ii  15,  Br;iiiiHch(5  17  f., 
Ell)erf(on  19  ff.,  KiriHljürcn  21  fl'.,  Froicii 
30  (1.,  LeDf,'oiich  38  (F.  und  41,  I-iriKcn  45  ff, 
49  fl.,  51  f.,  Loljiio  6*3,  l'l.'intliinne  65  H'., 
Salzhorf^on  68  f.,  Sfhapon  71  H".,  Scliept-- 
dorf  74  fl.,  Si.ülle  70,  'luine  79  ff-,  Wcttrup 
83  f.,  Bontheiiii  104,  114  f.,  117  H.,  Brand- 
lecht  I31ff.,  Kinlichheim  136  ff.,  Enf,'den 
140,  Frenswegen  147  ff.,  Laar  160,  La{<e 
164  f.,  Neuenhaus  169  ff.,  Nordhorn  176  H., 
Ohne  187  ff.,  Schüttorf  194  ff.,  Wiet- 
marschen  226  ff', 

Kirchenge  rät,  siehe  Kultgcrät. 

Kirchen  Siegel  41),  73,  180. 

Kirchturm  10,  12,  13,  15,  18,  20,  24,  30, 
38,  45,  47,  03,  64,  68,  72,  75,  80,  82  f., 
104,  115,  120,  133,  138,  154,  178,  188, 
194,  201,  214,  222,  228,  230. 

Kloster  und  Stift  63,  91,  140  ff.,  194,  202, 
224  ff. 

Kommende  181. 

Konsole  15,  19,  42,  47,  66,  105,  109,  110, 
111,  134,  147,  154,  170,  178,  188,  211,  215. 

Kreuzgang  143. 

Krenzpfosten  54,  110. 

Kronleuchter  76,  84,  123,  140,  158,  171, 
180,  201,  206,  217,  224. 

Kultgerät,  siehe  auch  Becher,  Brot- 
schüssel, Kelch,  Monstranz, 
Patene. 

Lageplan,  siehe  auch  Stadtplan  34,  82, 
94,  95,  141,  162,  202. 

Laterne,  siehe  auch  Dachreiter  und 
Turm  105,  172. 

Leuchter  122. 

Lichtsäule  24. 

Madonna  42,  148,  229. 

Malerei,  siehe  auch  Glasmalerei,  Öl- 
gemälde, Wandmalerei. 

Maßwerk  15,  28,  38,  39,  47,  66,  75,  13  t, 
138,  145,  154,  178,  200,  215,  223. 

M  emorienschild  201. 

Meßbnch  52. 

Meßgewand  18,  25,  G9,  171. 

Monstranz  18,  52,  76. 

Monogramm  51,  98,  102,  103. 

Möbel  130. 

Mühle  164. 

Ofenplatte  212. 

Ölgemälde,   s.  a.   Bildnis  78,  123,  230. 


Opferötock   158. 

Orgel  .52,  218. 

Patene  11.0,  180,  217,  224. 

Pietä  148. 

Piscina  40. 

I'ortal   23,  31,  55  1,   35,   77.    134,   101,  102, 

153,  178,  200,  201,  2.30. 
I'redigtstu  h  1,  hiche  Kanzel. 
Profan  bau  28,  52,  53  ff,  182,  siehe  auch 

Kathans,  Bürgerhaus. 
Pumpe  185. 

Rathaus  53,  171  f.,  204  ff..  218. 
Sakramentshäuschen  11,  16,  .32,  63,  67, 

69,  82. 
Sakristei  15,  17,  24,  30,  39,  6.5,  68,  73,  75, 

81,  138,  2(XJ,  214,  227. 
Sandnhrh  alter  1,57. 
Sar  k  ophag  117. 

Schildwachtürmchen  97,  103,  106. 
Schloß  91,  97  ff.,  161,  181,  203. 
Schrank  126. 
Seil  Ornament    19,    39,    siehe    auch    bei 

romanischen  Taufsteinen. 
Siegel  49,  73,  180. 
Sonnenuhr  97,  158. 
Stadtplan  43,  44,  94,  166,  174,  192. 
Steinbruch  97,  151. 
Steinmetzzeichen  16,  20,  26,  28,  31,  32, 

40,  45,  49,  67,  82,  108,  13(J,  1.38,  158,  201 

217,  224. 
Stift,  siehe  auch  Kloster. 
Stoff  18,  25,  69,  171. 
Stuckdecke  51,  56,  HO,  165. 
Taufe  11,  26,  40,  69,  73,  82,  123,  136,  140, 

150,  219,  224. 
Taufbecken  171,  224. 
Tor  78,  96,  97,  99,  103,  175,  193. 
Tracht  89. 
Trinkeimer  206  f. 
Truhe  92. 
Turm   47,    97,   98,   99,   106  ff". ,    siehe    auch 

Kirchturm. 
Turmhclm  30,  71,  98,   105,   110,  138,  201. 
Wandmalerei  32,  40,   67,  73,  76,  92,  140, 

153,  217. 
Wappen  20,  32,  39,  41,  53,  78,  102,   103, 

106, -107,   116,   118,  122,  124,   126,    140, 

148,    157,  165,    171,    172,    183,   201,  212, 

217,  224. 
Wart  türm   193,    siehe   auch   Bergfried. 


Künstlerverzeichnis. 


1.  Baumeister: 

F.  Bielitz  49. 
C.  W.  Hase  12. 

Niederländischer  Baumeister  97. 
Job.  Conrad  Schlaun  94,  97,  98. 

2.  Glockengießer: 

Wilhelmus  1441,  18. 

Werner  (?)  Wilken  1457,  48. 

Johann   Volkecr   1466,   20.      1477,   75. 

1519,105.  1473  u.  1474, 134.  1492,201. 
Wolter  Westerhues  1502  (?),  201.   1508, 

179.   1509,  224.   1510,  228. 
Gerhard   Wou   und   Joh.   Schonebroch 

1512  und  1516,  139. 
Joh.  Alves  1545,  15. 
Jan  Moor  1556,  179. 
Tepe  Otting  1583,  81.   1586,  32.    1599  (?), 

24. 
Friedr.  Bntgen  1602,  20. 
Michel  von  Ochtrnp  1620,  68. 
Fransis  Hemony  1641,  117. 

Peter  Hemony  1642,  66.   1647,73.   1648, 

156. 
Frans  et  Peter  Hemony  1643,  82. 
J.  Jörling  1647,  73. 
Joh.  Fremich  1670,  156. 
Kappenberg  1676,  66. 


Job.  Fricke  1681  und  1685,  13. 

Gerhard  Schimmel  1699,  24. 

Andries    van   Bergen    und   M.   Fremy 

1725,  230. 
Ciprianus  ßraüz  Jansz  1747,  48. 
Friderikns  Schweys  1748,  84. 
Friedr.  Moritz  Rinker  175.5,  32.   1773, 69. 
Christian  und  Röttger  Voigt  1771,  201 
Meister  Gerhardus  1784,  15. 
Wouter  Slnymer  1784,  84. 
A.  Petit  und  Sohn  1787,  156. 
Petit  1817,  63. 
Alexins  Petit  1838,  136. 
Gebr.  Edelbrock  1838,  201. 
J,  B,  Dubois  1835,  217.   1839,  224. 
Dn  Boits  1839,  229. 
Meyer  und  Kühne  1853,  83. 
Petit   und   Edelbrock   1851,   631.    858, 

13.    1865,  171.    1869,  12  und  40.   1875, 

24. 

3.  Maler: 

Nikiaas  Berghem  98. 
Jakob  Ruisdael  98. 
Berkhuys  96,  98. 

4.  Steinmetzen: 

Siehe  Seite  201  Anmcrknng. 


Berichtigungen  und  Zusätze. 

Seite  IX,  Zeile  1  von  oben:  Bezeichnung  zu  Abb.  177  muß  beißen : 
Neuenhaus;  Wassermühle. 

Seite  XU  zu  Patene  lies  165  statt  115.  180  setze  zu  Brotschüssel, 
218  statt  217. 

Seite  XIII  füge  hinzu:  Bildschnitzer:  Bernd  Jürgen  75.  Glocken- 
gießer: Gerhard  de  Wou  141)0  und  1511,  160.  Glockengießer:  J.  H. 
Maerkel  1788,  7.3. 

Seite  27,  Zeile  5  von  unten  lies  1259  statt  1795. 

Seite  64,  Zeile  2  von  oben  lies  dem  statt  den. 


t 


Der  Kreis  Lingen. 


Literatur: 
Die  Bau-  und  Kunst denkmäler  von  Westfalen,  Kreis  Tecklenburg.     Münster  1907. 

Historische  Einleitung. 
Fr.  Darpe,    Geschichte  des  Herzogtums  Rheina-Wolbeck  in  Ztschr.   f.  Vaterl.  Gesch.  u. 

Altertsk.  Münster,  Bd.  33. 
J.  B.  Di  epenbrock,  Geschichte  des  vormaligen  MUnsterischen  Amtes  Meppen,  Münster  1838. 

Zweite  Antl.,  Lingen  188.3. 

B.  A.  Gold  Schmidt,   Geschichte  der  Grafschaft  Lingen,  Osnabrück  1850. 
Großfeld,  Beiträge  zur  Geschichte  der  Pfarrei  und  Stadt  Rheine.  Münster  1875. 
Hamelmann,  Historia  ecclesiastica  renati  Evangelii  per  Westfaliam.  o.  0.  anno  1586. 
Hermannns  Stangefol,  A|;^nale8  Circuli  Westfalici,  Colonie  Agrippinae  1656. 
Heimatkunde   des  Kreises  Lingen,  hrsg.  vom  kath.  Lehrerverein,  Lingen  1905. 
Hobbeling,   Beschreibung  des  ganzen  Stiftes  Münster,  Dortmund  1792. 
Job.  Heinr.  Jungius,  Historiae  antiquissimae  Comitatus  Benthemiensis  libri  tres  mit  dem 

Codex  diplomatum  ac  docnmentornm  und  Appendix,  Hannoverae  et  Osnabrngi  1773. 
V.  Kindlinger,  Münsterische  Beiträge.     Bd.  I— HL    Münster  1787—1793. 
Nie.  Kindlinger,  Geschichte  der  Familie  u.  Herrschaft  v.  Volmerstein.    Osnabrück  1801. 
Krimphove,   Der  heilige  Luidgerus,  Münster  188G. 

J.  Lindenborn,  Historia  seu  Notitia  Ei)iscopatns  Daventriensis,  Coloniae  Agrippinae  1670. 
r.  G.  G.  Lodtmann,  Acta  Osnabrugensia,  Osnabrück  1778—1782. 
Merian,  Topographia  Westphaliae  o.  0.  und  J. 
H.     Wilh.     Mithoff,    Kunstdenkmäler   und   Alterthümer    im    Hannoverschen,    Bd.    VI, 

Hannover  1879. 
Mitteilungen  des  Historischen  Vereins  zu  Osnabrück. 
J.  C.  Möller,  Geschichte  der  vormaligen  Grafschaft  Lingen,  Lingen  1874. 
NUnning,  Moniunentorum  Monasteriensium  deeuvia,  Vesaliae  1747. 
Gerb.    Arn.    Rumpius,    Des   hl.   röm.   Reichs    uralte    hochl.    Grafschaft    Teoklenburg, 

Bremen  1672. 
(Sandhoff)  Antistitum  Osnabrngensis  ecclesiae  res  gestae,.  ed.  Sandhotf,  Monasterii  1785. 
N.  Schalen,  Historia  Westfaliae.    Münster  1773. 

L.  Schriever,   Geschichte  des  Kreises  Lingen,  I.  Teil,  Lingen  1905,  H.  Teil  1910. 
J.  Eb.  Stüve,  Beschreibung  und  Geschichte  des  Hochstiftes  und  Fürstenthoms  Osnabrück, 

Osnabrück  1787 

C.  Stüve,  Geschichte  des  Hochstiftes  Osnabrück  bis  zum  Jahre  1508,  Osnabrück  1853. 

V,       H.  Sudendorf,   Kommende  der  Ritter  des  deutschon  Ordens  in  Osnabrück.   Hannover  1842. 
'        Ad.  Tibus,  Gründungsgeschichte  der  Stifter  usw.  und  Klöster  im  Bereiche  des  alten  Bistums 
Münster,  Münster  1867  flf. 
Wedde,  Westfälischer  Nationalkalender  von  1806. 
P.  F.  Weddigen,  Geogr.-statist.  Beschreibung  der  Grafschaft  Lingen  im  Westf.  hist.-geogr. 

Jahrbuch,  Kleinbremen  1806. 
Zeitschrift  des  Historischen  Vereins  für  Niedersachsen,    Hannover. 
Zeitschrift  für  Vaterländische  (»eschichte  und  .Mtertumsknnde,  Münster. 

\ 


i|  ^     2    JK. 


I)  iif  I  I  0  II  : 
(!<»(1(\  traditioniiiii   W'dHtfalicHriiiii,   15(1    2,  Münster    \8>^\.      Die   ältesten    V(;rzeichni8HC   der 

Kinkündc  de«  MiinHtcriscIrioii    DumkapitelH,    bearb.   v.    Fr.    Darpe,   lid.  :j,    MüiiBter 

1888.     I>io  Hobüregister    des   Klo.-tcrs    (lierwasser   und   des  Stiftes  St.   Mauritz, 

bearb.  v.  Fr.  Darpe. 
Erhard,   Kef^cBtae  liistoricae  Wcstfaliac.  Fortges.  u.  d.  Titel  WeBtfälischeB  Urkiindenbucli, 

Hd.  1  u.  2,  Münster  1847  — 18(il.    Bd.  3,  R.  Wilmans,  Die  Crkanden  des  liistbamB 

Münster,  1201—1300.     Münster  1871—1888. 
Falko,   Codex  traditionuin  ('orbejeusinni,  Lipsiao  17.52. 
Inventar  der  nicht  staatlichen  Archive,  lleftllundlll,  Kreis  <  oesfeld,  N'eröffentlichungcn 

der  Ilist.  Koinm.  der  I'rov.  Westf     Münster  1904. 
Meppener  Urkundenbnch,  heransi^^eg.  v.  II.  Wcnker,  3  'ITe.,  Meppen  1902— 19(J5. 
Jos.  Niesert,  Uejträge  zu  einem  Münsterischen  Urknndenbucli,  Münster  1823. 
Jos.   Niesert,  Codex  Diploinaticus  Steinfordiensis,  Coesfeld  1835. 
Osnabrücker  Geschichtsquellen,  hrsg.  v.  Hist.  Ver.  zn  Osn.,  Bd.  1  n.  2,  bearb.  v. 

Philippi  und  Forst,  Osnabrück  1891. 
Osnabrücker  Urkundenbuch,    Band  1—4    »bis  1500^    Bearl».    von  Fhilippi  und   Dar, 

Osnabrück  1892—1902. 

K  ;i  r  t  e  n  w  e  r  k  e  : 
Basse  Partie  de  l'evesche  de  Münster  et  le  Conote  de  Bentheni  par  le  Sr  Sanson  Geograph 

Ordinaire  du  Roy  a  Paris,  1692  chez  H.  Jaillot. 
Karte  der  Grenzen  des  Freigerichtes   nnd  Gogerichtes   zn  EmsbUren   von  Gerh.  Volbier 

aus  dem  Jahre  1607. 


Einleitung. 


|er  Kreis  Lingen  gehört  zum  Regierungsbezirk  Osnabrück  und  umfaßt  die 
^   früheren  Ämter  Lingen  und  Freren.     Seine  Grenzen  (s.  Abb.  1)   bilden 
im  Westen  der  Kreis  Grafschaft  Bentheim,  im  Norden   der  Kreis  Meppen,  im 


Abb.  1.    Der  Kreis  Lingen. 


Osten  Kreis  Bersenbrück,  im  Südosten  und  Süden  stößt  er  an  den  Westfälischen 
Regierungsbezirk  Münster  mit  dessen  Kreisen  Tecklenburg  und  Burgsteinfurt. 
Der  Kreis  gehört  ganz  dem  Fiachlande  an  und  hat  ungefähr  die 
Gestalt  eines  ungleichseitigen  Dreieckes,  dessen  Spitze  nach  Süden  gekehrt 
ist,  und  dessen  Basis  im  ganzen  west-östliche  Richtung  innehält.  Die  Dreiecks- 
fläche ist  von  Süden   nach  Norden   sanft  geneigt  und  weist  an   ihrer  Spitze 

1* 


-^     4     8^' 

(lio  (luichschniitliche  Höhe  über  dem  Meeresspiegel  von  .'{4  rn,  an  der  Basis 
die  von  28  rn  auf.  Die  höchste  Erhebung  in  diesem  (Jebiete  erreicht  der 
Queckenberg  mit  72  m. 

Die  Ems,  die  nahe  der  wesüichen  Grenze  den  Kreis  in  süd-nördUcher 
Richtung  durchströmt,  nimmt  die  Gewässer  dos  Landes  auf:  unter  ihren  Neben- 
flüssen sind  rechtsseitig  als  bedeutend  die  vereinigten  Aaläufe  zu  nennen, 
vs^elche  bei  Spelle  in  das  Kreisgebiet  eintreten.  Die  ödländereien,  Moore  und 
Heiden,  deren  Ausdehnung  bis  in  das  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  hinein 
dem  Lande  den  Ruf  von  Kargheit  und  geringer  Ertragkraft  eingebracht  hatten, 
haben  seit  der  allgemeineren  Einführung  einer  intensiven  Bodenkultur  an 
Umfang  schon  wesentlich  abgenommen,  und  die  Erträge  sind  denen  von  Ge- 
bieten mit  besserem  Boden  gleichwertig.  Als  der  reichste  Landstrich  gelten  dabei 
nach  wie  vor  dieser  Zeit  die  Wiesenlandschaften  längs  des  Emslaufes,  Forst- 
kulturen, die  bezeichnenderweise  zu  98  %  aus  Kiefernwaldungen  und  nur 
zu  je  1  %  aus  Fichten  und  Buchen  bestehen,  bedecken  große  Teile  des 
Kreisgebietes. 

Den  Haupterwerb  bildet  für  die  Bevölkerung  der  bäuerliche  Landwirt- 
schaftsbetrieb ;  nur  wenige  größere  Güter  sind  zu  verzeichnen.  Auch  die 
dörflichen  und  städtischen  Handwerk-  und  Gewerbetreibenden  pflegen  eigene 
Feldbestellung  zu  haben. 

Aufstrebende  Industrien  weisen  die  Städte  Lingen  und  der  Ort  Salz- 
bergen auf.  Es  handelt  sich  um  Eisengießereien,  Maschinenfabriken,  Sägewerke, 
Webereien  und  in  Lingen  um  eine  Eisenbahnhauptwerkstätte. 

Die  Beschaffenheit  und  Zahl  der  Verkehrswege  im  Kreise  Lingen 
scheint  noch  gelegentlich  den  niedersächsischen  Hang  zur  Abgeschlossenheit 
und  Mangel  an  Gemeinsinn  bei  der  Bewohnerschaft  auszuprägen,  teils  allerdings 
muß  sie  lediglich  als  Zeichen  eines  noch  nicht  voll  entwickelten  lokalen 
Verkehrsbedürfnisses  genommen  werden.  Die  guten  Provinzialstraßen  sind 
meist  jüngerer  Entstehung.  Der  Verkehrsstrom,  welcher  das  Land  durchzieht, 
angegeben  durch  Eisenbahn,  Kanäle  und  Landstraßen,  folgt  heutigestags 
ausgesprochen  der  Richtung  des  Emslaufes.  Bis  in  die  70er  Jahre  des  vorigen 
Jahrhunderts  bestimmten  die  Verkehrsrichtung  dagegen  vorherrschend  die  Be- 
ziehungen zu  Holland,  sowohl  die  der  alten  Niedergrafschaft  Lingen  selber, 
als  auch  die  des  deutschen  Hinterlandes,  welche  durch  die  große  Post-,  Reise- 
und  Handelsstraße  über  die  Stadt  Lingen  nach  Amsterdam  vermittelt  wurden*). 
Seit  der  Eröffnung  der  sogenannten  Holländischen  Bahn  von  Rheine  nach 
Oldenzaal  verlor  jene  Straße  ihre  Bedeutung.  Auch  die  Beziehungen  der  Be- 
völkerung zu  Holland,  welche  längst  nach  der  politischen  Loslösung  von  den 
Niederlanden  noch  fortlebten  und  in  der  sogenannten  Hollandgängerei  nach- 
blühten, erloschen  allmählich.  Nicht  zum  wenigsten  lag  der  Grund  dafür 
in  dem  wirtschaftlichen  Aufschwünge  des  Heimatlandes**). 

*)  Über  die  alten  Straßen  siehe  M.  d.  Hist.  Ver.  zu  Osn.  14,  ll,  25,  27. 
**)  Wertvolle  Einzelheiten  über  das  Land  nnd  sein  Volksleben  hat  J.  Tiesmeyer 
gesammelt    in    Heimatkunde    dos    Kreises    Lingen,    Lingen    1905,    mit    einer  Nachlese, 
or.scliienen  1913. 


->^    5    g*^ 

Die  Geschichte  der  ehemaligen  Grafschaft  L  in  gen  ist  in  besonderem  Geschichte. 
Maße  verquickt  mit  der  Kirchengeschichte  des  Landes.  Über  die  Zeit  der 
ersten  Glaubensboten  sind  sichere  Nachrichten  nicht  überliefert.  Wahrscheinlich 
ist,  daß  die  unter  den  Friesen  wirkenden  Missionare,  vor  allem  der  hl.  Luidger, 
welcher  809  als  Bischof  von  Münster  starb,  Anteil  an  der  Verbreitung  der 
Heilslehre  in  dem  zumeist  zum  alten  Venkigau  gehörenden  Gebiete  der  mitt- 
leren Ems  haben  (Krimphove,  Der  hl.  Luidgerus  S.  144 — 146).  Bald  nach  der 
Einführung  des  Christentums  erwarben  die  Benediktinerklöster  von  Verden 
und  Corvey  Landbesitz  in  dieser  Gegend.  Ihr  Einfluß  beginnt  aber  bereits 
im  XIL  Jahrhundert  zu  erlöschen  und  als  Besitzer  von  Gütern  und  Rechten 
treten  die  Bischöfe  von  Osnabrück  und  Münster  auf. 

Als  weltliche  Machthaber  im  Lande  haben  dabei  schon  frühzeitig  die 
Grafen  von  Tecklenburg  zu  gelten,  die,  wie  aus  den  Güterverzeichnissen  der 
Klöster  und  aus  Verträgen  mit  den  Bischöfen  von  Osnabrück  hervorgeht, 
mindestens  schon  im  XIL  Jahrhundert  im  Lingenschen  begütert  waren.  Mit 
den  Bischöfen  standen  sie  sich  kaum  dauernd  gut.  Als  Landesherren  über- 
nahmen sie  die  Schirmvogtei  des  Osnabrücker  Bischotes  und  hatten  dafür 
das  Recht  der  Ernennung  zu  fast  allen  Pfarren  ihrer  Landesteile.  Fort- 
währende gegenseitige  Übergriffe  hatten  1236  zu  einem  Feldzuge  gegen  den 
Tecklenburger  Grafen  geführt,  der  für  ihn  unglücklich  endete,  so  daß  er  gegen 
eine  Abfindung  einige  seiner  Rechte  an  Osnabrück  abtreten  mußte.  Im  folgenden 
Jahrhundert  setzten  neue  Zwistigkeiten  ein  mit  dem  Bischof  von  Münster 
und  dem  von  Osnabrück,  in  deren  Verlauf  die  Burg  Lingen,  welche  die 
Grafen  zur  Sicherung  und  Verbindung  ihrer  nördlichen  und  südlichen  Landes- 
teile schon  vor  1250  erbaut  hatten,  von  der  bischöflichen  Partei  wiederholt 
genommen  wurde  und  eine  Zeitlang  besetzt  blieb.  Die  Fehde  endete  zunächst 
im  Jahre  1400  nach  der  Gefangensetzung  des  Grafen  Nicolaus  II.  mit  einem 
für  diesen  sehr  verlustreichen  Friedensschluß  zu  Münster.  Das  Lingener 
Gebiet  verblieb  dabei  im  ganzen  dem  Grafen,  aber  durch  die  Abtretung  des 
Kirchspiels  Hopsten  an  Münster  wurde  eine  teilweise  Trennung  der  Gebiete  von 
Tecklenburg  und  Lingen  bewirkt  (s.  d.  Karte  Abb.  2).  Eine  Teilung  wurde 
in  politischer  Beziehung  unter  Beihilfe  der  Bischöfe  von  Osnabrück  und 
Münster  gelegenthch  der  Beilegung  eines  FamiUenzwistes  im  Hause  Tecklen- 
burg 1493  angebahnt  und  vollzog  sich  im  Jahre  1508,  indem  Niederlingen 
dem  Nicolaus  IV.,  Oberlingen  aber  (Ibbenbüren,  Brochterbeck,  Recke  und 
Mettingen)  dem  Erbgrafen  von  Tecklenburg,  Otto,  zugeteilt  wurde.  Nicolaus 
gab  durch  Straßenraub  und  Gewalttat  nach  kurzer  Zeit  dem  Bischof  von 
Münster  Anlaß,  die  Burg  Lingen  nach  gelungener  Überrumpelung  zu  besetzen. 
Um  wieder  in  deren  Besitz  zu  gelangen,  stellte  Nicolaus  sich  als  Vasall  unter 
die  LehnsherrUchkeit  des  Herzogs  von  Geldern,  der  sein  Onkel  war  und  die 
Räumung  der  Burg  von  dem  Bischof  erzwang.  Als  Nicolaus  1541  ohne 
männUchen  Erben  gestorben  war,  fiel  die  Niedergrafschaft  Lingen  an  den 
Erbherrn  von  Tecklenburg,  seinen  Brudersohn  Konrad.  Dieser  hatte  schon 
1525  die  neue  lutherische  Lehre  angenommen  und  war  bestrebt,  ihr  Eingang 
in  seinen  LandeUv  zu  denen  seit  1541  also  auch  Lingen  gehörte,  zu  verschaffen, 


wandi»!  (Ialj(!i  iilx^r  Willkür  und  (jevvaJt  an,  so  daß  ci  dauernden  Erfolg  niclit 
erzielte.  So  setzte  er  unter  Verletzung  der  Hechte  anderer  auf  verschiedenen 
Pfarrstellon  l'rcdigor  mich  seinem  Sinne  ein.  zog  aueh  Kirchen-  und  Pfarr- 
einkünfte eij,'erun;ichlif^  an  sicli,  zwang  die  Priester  zur  Khe  und  anderes  mehr. 


Abb. 


Historisehe  Übersichtskarte. 


Wegen  seiner  Beteiligung  am  Schmalkaldischen  Bunde  und  Unterlassung  der 
Lehnsmutung  wurde  dem  Grafen  Konrad  durch  Kaiser  Karl  V.  die  Grafschaft 
Lingen  entzogen  und  1546  an  Maximilian  Egmont,  Grafen  von  Büren,  als 
Lehn  übertragen.  Nach  dessen  Tode  1548  ging  dieses  Lehn  auf  das  einzige 
Kind  Maximilian  Egmonts,  Anna,  über. 

Nach  der  Heirat  Annas  von  Egmont  mit  Wilhelm  von  Nassau, 
Prinzen  von  Oranien,  zu  der  der  Kaiser  seine  Zustimmung  von  der  Bedingung 
abhängig  gemacht  hatte,  daß  ihm  die  Grafschaft  verkauft  vvürde^  erwarb 
Karl  V.  die  Nieder-  und  Obergrafschaft  Lingen.  Die  Verwaltung  der  Grafschaft, 
die  in  Verbindung  mit  der  Provinz  Oberyssel  geschehen  sollte,  legte  er  in  die 
Hände    seiner    Schwester    Maria    als    Statthalterin   der    Niederlande.      Deren 


Hauptsorge  war  die  Wiederherstellung  des  katholischen  Religionswesens 
in  seinem  ganzen  Umfange.  Als  der  Kaiser  1555  abdankte,  überließ 
er  seinem  Sohne,  Philipp  IL  von  Spanien,  die  Grafschaft  Lingen  als  einen 
Teil  der  Niederlande.  Dieser  ließ  sich  in  der  Person  seines  Statthalters,  Jan 
von  Linge,  Grafen  von  Arenberg,  im  Jahre  darauf  von  Ständen  und  Stadt 
huldigen.  Um  seine  Untertanen  dem  katholischen  Bekenntnis  besser  zu  erhalten, 
richtete  er  mehrere  Bistümer  ein  und  teilte  die  Grafschaft  Lingen  im  Ein- 
verständnis mit  Papst  Paul  IL  dem  Bistume  Deventer  zu,  dessen  Bischof 
nun  besonders  die  von  Philipp  schon  begonnene  Restitution  des  Kirchengutes 
fortsetzte. 

Nach  Philipps  IL  Abreise  nach  Spanien  brach  1578  der  Niederländische 
Aufstand  aus,  in  dessen  Verlauf  die  Generalstaaten  dem  Prinzen  Wilhelm  I. 
von  Oranien  die  Grafschaft  Lingen  im  Zusammenhang  mit  der  Provinz  Geldern 
als  Lehn  übertrugen.  Dabei  war  die  Grafschaft,  die  von  den  Spaniern  besetzt 
war,  diesen  noch  zu  entreißen.  Den  Kriegsgreueln,  denen  die  Grafschaft  in 
dieser  Zeit  ausgesetzt  war,  bereitete  vorläufig  die  Eroberung  Lingens  durch 
Wilhelm  von  Oranien  1597  ein  Ende.  Im  Jahre  1602  wurde  ihm  die  Belehnung 
von  der  Provinz  Oberyssel  auf  Grund  der  älteren  von  1587  erneuert.  Er 
verfügte  alsbald  die  Absetzung  und  Verbannung  der  katholischen  Geistlichen 
und  die  Einführung  \md  Besoldung  reformierter  Prediger,  Lehrer  und  Beamten. 

Die  Spanier  eroberten  schon  1605  Lingen  zurück,  und  behaupteten 
die  Grafschaft  bis  zum  Jahre  1630.  Die  Einnahme  durch  die  Spanier  hatte 
natürlich  die  alsbaldige  Entfernung  der  oranischen  Beamten  und  reformierten 
Prediger  und  die  Wiederherstellung  des  katholischen  Klerus  und  Gottes- 
dienstes zur  Folge.  Weil  aber  den  Spaniern  das  Halten  der  Festung  wegen 
ihrer  entfernten  Lage  zu  umständlich  war,  zogen  sie  sich  1630  aus  dem 
Lande  zurück  und  übertrugen  die  Besetzung  der  katholischen  Liga.  1632 
begann  man  damit,  die  Festungswerke  von  Lingen  zu  schleifen,  um  die  Stadt 
zu  neutralisieren ;  die  Besatzung  der  Liga  wurde  entfernt. 

Danach  ergriff  1633  wieder  ein  Oranier,  Friedrich  Heinrich,  dem  nach 
dem  Tode  seines  Bruders  Moritz  die  Grafschaft  als  Lehn  übertragen  war, 
von  Lingen  Besitz.  An  seinen  Sohn  Wilhelm  IL  trat  Spanien  im  Westfälischen 
Frieden  1648  die  Nieder-  und  Obergrafschaft  ausdrücklich  ab  in  der  Form, 
daß  Lingen  aus  dem  Reichsverbande  als  ein  Teil  der  Niederlande  ausschied. 
Unter  den  Oraniern  wurde  wiederum  mit  der  Besetzung  der  Pfarren  durch 
reformierte  Prediger  und  der  Beamtenstellen  durch  reformierte  Männer,  jedoch 
ohne  Härte  begonnen;  Zwang  wurde  erst  ausgeübt,  als  noch  während  der 
westfähschen  Friedensverhandlungen  Prinz  Wilhelm  IL  ein  Edikt  erließ, 
wonach  die  römischen  Kirchen  im  Lande  reformiert  und  von  allen  Spuren 
des  Papsttumes  gesäubert,  einstweilen  auch  geschlossen  werden  sollten, 
wie  denn  gleichzeitig  der  Drost  und  Rentmeister  ermächtigt  wurde,  die  geist- 
lichen Güter  in  Besitz  zu  nehmen. 

Die  oranische  Herrschaft  wurde  in  den  Jahren  1672—1674,  den  so- 
genannten Bischofsjahren,  infolge  der  Besetzung  Lingens  durch  den  Münste- 
rischen Bischof  Bernhard  von  Galen  imterbrochen,   und  sofort  gelangten   die 


-^     8     »^ 

Katholiken  wieder  in  (Jen  Besitz  iliier  Kirchen  und  deren  (lüter.  Heim 
Friedensschluß  1674  aber  ließ  der  Hischof  von  selbst  die  Regierung  dem 
Beamten  des  Prinzen  übergeben. 

Die  (Irafen  von  Tecklenburg,  die  während  der  Bischofsjahre  wieder 
hervorgetreten  waren,  und  nun  ihre  Ansi)rü(he  auf  die  Grafschaft  Lingen  vor 
einem  Lehnsgericht  der  Overysselschen  Stände  verfochten,  wurden  1084  von 
diesem  aller  Rechte  verlustig  erklärt,  traten  aber  gleichwohl  1700  ihre  An- 
sprüche in  einem  Vertrage  an  Preußen  ab. 

Friedrich  I.,  König  von  Freufien,  übrigens  ein  Vetter  Wilhelms  111. 
von  Oranien,  machte  diese  Ansprüche  geltend,  als  Wilhelm,  der  seit  1689 
König  von  England  war,  im  Jahre  1702  kinderlos  starb.  Zugleich  gestützt 
auf  seine  Erbansprüche,  nahm  er  noch  im  selben  -lahre  (1702)  die  Grafschaft 
Lingen  durch  seinen  Geheimen  Rat  Thomas  Ernst  von  Dankelmann  in  Besitz. 

In  der  kirchengeschichtlichen  Periode  von  1648  an  bis  hierher  spielen 
fortwährende  konfessionelle  Reibereien,  Entscheidungen  und  Erlässe,  die  zur 
Befestigung  des  reformierten  Bekenntnisses  im  Lande  dienen  sollten,  ihre  wenig 
erbauliche  Rolle.  (Siehe  darüber  Goldschmidt  a.  a.  0.  S.  291—354.)  Mit  der 
Besitzergreifung  durch  Preußen  trat  eine  Zeit  der  Toleranz  ein.  Im  Jahre  1718 
durfte  wieder  öffentlich  katholischer  Gottesdienst  gehalten  werden,  und  bald 
erstanden  neue  Gotteshäuser. 

Die  geistliche  Jurisdiktion  lag,  seitdem  mit  dem  Abfalle  der  Nieder- 
lande das  Bistum  Deventer  zu  bestehen  aufgehört  hatte,  in  den  Händen 
apostolischer  Vikare,  denen  wieder  Erzpriester  untergeben  waren.  Seit  Beginn 
des  XVII.  Jahrhunderts  war  die  Stadt  Lingen  Sitz  eines  Erzpriesters,  dem  die 
Aufsicht  über  die  katholischen  Gemeinden  zufiel,  welche  trotz  der  oranischen 
Versuche,  die  Reformation  einzuführen,  nicht  unterdrückt  worden  w^aren.  Unter 
dem  preußischen  Regime  nahm  auch  die  Anzahl  der  Lutheraner  zu,  denen 
dann  1727  die  Erlaubnis  freier  Religionsübung  erteilt  wurde. 

Nach  der  Schlacht  bei  Jena  1806  nahm  ein  französisches  administratives 
Kollegium  mit  dem  Sitze  zu  Münster  die  Grafschaft  Lingen  in  Verwaltung.  Die 
förmliche  Abtretung  durch  Preußen  an  die  Franzosen  erfolgte  im  Frieden  von 
Tilsit  1807.  Im  folgenden  Jahre  wurde  die  Grafschaft  mit  dem  Großherzogtum  Berg 
verbunden  und  bildete  einen  Teil  des  Emsdepartements;  1810  —  13  galt  sie  als  dem 
Departement  Oberems  des  französischen  Kaiserreiches  einverleibt. 

Nach  der  Leipziger  Schlacht  wurde  sie  zuerst  einem  preußischen  Zivil- 
gouvernement, im  besonderen  der  Regierungskommission  zu  Münster  unter- 
worfen; aber  noch  im  gleichen  Jahre  wurde  die  Niedergrafschaft  Lingen  mit 
dem  Kreise  Emsbüren  als  Entschädigung  für  England  an  Hannover  überwiesen 
und  1815  vom  Prinz-Regenten,  dem  nachmaligen  König  Georg  IV.  von  Eng- 
land, in  Besitz  genommen.  Die  Verwaltung  übte  die  Regierung  zu  Osnabrück  aus. 

Seit  der  französischen  Besetzung  machte  die  Restitution  der  Katholiken 
in  ihre  Rechte  und  Güter  beständige  Fortschritte.  1812  wurde  Lingen  der 
Diözese  Osnabrück  unterstellt;  endgültig  geregelt  wurden  die  kirchlichen  Ver- 
hältnisse auf  Grund  einer  Kultusverordnung  von  1822. 


Der  etwa  16  Q-MeiJeii  umfassende  .Gebietsstreifen  links  der  Ems,  in 
welchem  Salzbergen,  Emsbüren,  Elbergen  und  Schepsdorf  liegen,  hat  niemals  zur 
Grafschaft  Lingen  gehört  und  hat  deshalb  in  mehrfacher  Hinsicht  eine  Sonder- 
geschichte. Nachdem  bis  in  das  XIII.  Jahrhundert  hinein  das  Bistum  Utrecht 
seine  Diözesangrenzen  bis  an  die  Ems  ausgedehnt  hatte,  wie  aus  dem  Um- 
stände hervorgeht,  daß  hier  die  Grafen  von  Bentheim  als  Burggrafen  von 
Utrecht  vielfach  mit  Rechten  und  Gütern  belehnt  worden  sind  (Jung,  Hist. 
Com.  Benth.,  Urk.  23),  scheint  Utrecht  sich  mit  Münster  wegen  einer  Grenz- 
regelung auseinandergesetzt  zu  haben,  nach  der  die  Mark  Rheine,  zu  der  Salz- 
bergen gehörte,  und  Emsbüren  dem  Münsterischen  Bischof  Untertan  sein  sollte. 
Die  Bentheimer  Grafen  besaßen  gleichwohl  später  noch  in  diesem  Gebiete 
Güter  und  Rechte  (siehe  unter  Salzbergen),  und  ihrem  Einflüsse  ist  die  vor- 
übergehende Besetzung  der  Pfarre  in  Salzbergen  mit  reformierten  Predigern  zu 
Ende  des  XVI.  Jahrhunderts  zuzuschreiben.  InnerUch  wurde  die  Bevölkerung 
des  fraglichen  Gebietes  von  der  Reformation  im  übrigen  kaum  berührt.  Die 
Ereignisse  des  spanisch-niederländischen  Krieges  1565—  1648  spielten  wieder- 
holt in  diese  Gegend  des  Bistums  Münster  hinein.  Ais  im  Jahre  1803  durch 
den  Reichsdeputationshauptschluß  das  Bistum  Münster  säkularisiert  worden 
war,  wurde  aus  dem  linksemsischen  Landesstreifen  das  Fürstentum  Rheina- 
Wolbeck  gebildet,  das  dem  Herzog  von  Looz-Corswaren  übertragen  wurde 
(siehe  Darpe,  Gesch.  von  Rheina-Wolbeck).  Napoleon  schlug  aber  schon  1806 
das  Fürstentum  zum  Großherzogtum  Berg;  der  mediatisierte  Fürst  war  1813 
eben  im  Begriff,  wieder  von  seinem  Lande  Besitz  zu  nehmen,  als  das  König- 
reich Preußen,  ungeachtet  der  Ansprüche  jenes  Fürsten,  das  Land  Looz- 
Corswaren  in  Verwaltung  nahm. 

Während  die  Niedergrafschaft  Lingen  mit  Meppen  und  Emsbüren  schon 
am  9.  Juni  1815  an  Hannover  abgetreten  wurde,  geschah  die  Vereinigung 
des  Verwaltungsbezirkes  Emsbüren  (Amtsvogtei  seit  1824)  mit  dem  Amte 
Lingen  erst  am  1.  Oktober  1826.  Einige  Rechte,  die  der  Herzog  von  Looz  als 
Domäneninhaber  in  Salzbergen,  Emsbüren  und  Schepsdorf  besaß,  verkaufte  er 
nach  1826  an  Hannover. 

» 

Unter  den    Bauwerken    des  Kreises  Lingen    überwiegen,    sowohl  der    überblick 
Zahl  als  dem  kunsthistorischen  Interesse  nach,  die  kirchlichen  Anlagen.    Nur    J^^^^  ^\^ 
wenigen  davon  aber  gebührt,   sei   es  mehr  ihrer  archäologischen  oder  mehr  des  Kreises 
ihrer  architektonischen  Eigentümlichkeiten  wegen,  ein  besonderer  Platz  in  der 
Kunstgeschichte.    So  bewirkt  der  Umstand,  daß  die  Mehrzahl  der  vorhandenen 
Gotteshäuser  ungefähr  zu  gleicher  Zeit,  um  die  Wende  des  XVI.  Jahrhunderts, 
auch  ungefähr  nach  gleichem  Risse  und  von  Meistern,  offenbar  der  gleichen 
Schule  errichtet  wurde,  eine  große  Gleichförmigkeit   des  kunstgeschichtlichen 
Gesamtbildes. 

Vor  dieser  Gleichförmigkeit  heben  sich  einige  größere  kirchHche 
Baudenkmäler  von  bedeutenderem  Interesse  heraus,  nämlich  die  dreischiffige 
Hallenkirche  zu  Emsbüren  und  die  zu  Lengerich  auf  der  Wallage.  Bei  der 
ersteren    bestand   die  Frage,    ob   hier  eine   spätromanische   basilikale  Anlage 


iiiit  KiiMizaimeu  vorhandon  gewesen  sei;  sie  muß  abtT  verneint  werden. 
Ein  sicheres  Bild  der  frühromanischen  Anlage  ließ  sich  nicht  mehr  gewinnen,  da 
ihre  letzten  Reste  jüngst  entfernt  worden  sind.  Im  übrigen  hat  das  Gotteshaus 
schon  um  1470  durch  rm Wandlung  in  eine  dreischiffige  Hallenkirche  grund- 
legende Veränderungen  erfahren.  Auch  hinsiclitlich  der  Lengericher  Kirche  ist 
die  Vernujtung,  daß  sie  ursprünglich  von  basilikaler  Anlage  gewesen  sei,  nicht 
mehr  belegbar.  Spätromanische  Reste  wurden  am  Chor  und  an  der  Westwand 
des  Schiffes  neben  dem  Turm  gefunden.    Das  Schiff  entstammt  der  Zeit  um  1470. 

Die  Kirche  zu  Freren  hat  in  ihren  spätromanischen  Einzelformen 
Beziehungen  zur  damaligen  Architektur  der  Tecklenburger  Grafschaft  (vgl.  d. 
Kirche  zu  Schale,  Kr.  Tecklenburg).  Ihr  gotischer  Chor  stammt  aus  der 
Zeit  um  1480. 

Als  romanische  Kirchenanlage  erweist  sich  die  Kirche  zu  Schepsdorf; 
diejenige  in  Beesten  hat  wenigstens  romanische  Reste;  beide  Gotteshäuser 
sind  in  gotischer  Zeit  ausgebaut,  das  letztere  wurde  damals  verbreitert. 

Die  romanische  Kirche  in  Salzbergen,  welche  mit  Kreuzarraen 
versehen  war,  ist  abgebrochen  und  durch  einen  Neubau  ersetzt. 

Romanischer  Zeit  entstammen  ferner  eine  ganze  Anzahl  der  Kirchtürme 
im  Kreise  Lingen.  Sie  sind  meist  konstruktiv  außer  Zusammenhang  mit  der 
an  ihre  Ostseite  sich  anschließenden  Kirche  angelegt,  auf  -viereckiger  Basis 
ohne  Fundamentabsatz  und  ohne  außen  sichtbare  Geschoßteilung  aus  unregel- 
mäßigen Quadern  aufgeführt  und  haben  auf  ihrer  Westseite  einen  kleinen, 
,  meist  rundbogigen  Eingang.  Die  Durchgangshalle  pflegt  gewölbt  zu  sein, 
entweder  als  Tonne  oder  als  Kreuzgewölbe  aus  Bruchstein.  Ein  fast  kuppel- 
artiges, gratloses  Gewölbe  überdeckt  die  Turmhalle  in  Schapen  und  ist 
bemerkenswert  durch  seine  figuralen  Konsolen.  Die  Treppe  zu  den  oberen 
Stockwerken  pflegt  in  der  südlichen  Turmmauer  zu  liegen.  Lichtöffnungen 
sitzen  sehr  hoch,  hart  unter  dem  Dachsims.  Türme  dieser  Art  besitzen 
Bramsche,  Freren,  Lengerich,  Schapen,  Lingen  (ref.  Kirche),  Tuine, 
Messingen;  in  Plantlünne  wurde  der  alte  Turm  abgebrochen  und  jüngst 
ein  neuer,  unter  Verwendung  des  alten  Materials,  errichtet. 

Die  letzten  Jahrzehnte  des  XV.  und  die  ersten  des  XVI.  -Jahrhunderts 
zeigen  die  Entfaltung  einer  außerordentlichen  kirchlichen  Bautätigkeit,  wie 
eingangs  schon  angedeutet  wurde.  Meist  handelt  es  sich  dabei  um  vollständige 
Neubauten,  nicht  selten  an  Stelle  älterer,  verfallener  Kirchen,  So  in  Tuine, 
Plantlünne,  Schapen,  Estringen.  Es  sind  hier  auch  die  jetzt  nicht  mehr 
bestehenden  Kirchen  zu  Bawinkel  und  Baccum  zu  nennen.  Auch  fast  alle 
Um-  und  Anbauten  und  Neuwölbungen  bei  Kirchen  entstammen  jener  Zeit, 
die  also  fast  unmittelbar  dem  ersten  Auftreten  der  Reformation  vorausgeht. 

Unter  den  Gotteshäusern,  welche  der  Neuzeit  angehören,  sind  die 
reformierte  Kirche  zu  Lingen  mit  gotisierendem  Chor  (1625),  ferner  die  Saal- 
kirchen der  Katholiken  in  Schapen  (1788)  und  die  dreischiffige  katholische 
Kirche  in  Lingen  zu  nennen,  die  aber  1904  umgebaut  ist.  Eine  Klause  in 
Le  sehe  de  ist  1684  errichtet.  Die  Mehrzahl  der  Saalkirchen,  aus  der  Zeit  nach 
dem   Duldungserlaß  von  1718,  bestehen    nicht   mehr.     Sie  waren    meist    aus 


->^      11     Sk^ 

Fachwerk  erbaut;  als  einziges  Beispiel  dieser  Art  ist  nur  noch  die  Kirche  in 
Wettrup  vorhanden,  nachdem  diejenige  in  Bawinkel  1910  einer  neuen 
dreischiffigen  Hallenkirche  hat  weichen  müssen, 

Altäre  und  Kanzeln  aus  dem  XVII.  und  selbst  aus  dem  XVIII.  Jahr- 
hundert finden  sich  in  den  katholischen  —  zumal  in  den  wohlhabenderen  — 
Kirchen  nur  noch  selten,  da  sie  meist  durch  Erzeugnisse  moderner  Kevelarer 
oder  Osnabrücker  Werkstätten  ersetzt  worden  sind.  Ein  schöner  Rokokoaltar, 
angeblich  aus  dem  Kloster  Warendorf  i.  W.,  findet  sich  in  der  St.  Luidgeri- 
kirche  zu  Schapen. 

Ähnliches  gilt  für  die  Werke  kirchlicher  Kleinkunst,  unter  denen  sich 
selten  nur  ältere  Stücke  finden.  Hervorzuheben  ist  eine  Strahlenmonstranz 
in  Lingen  und  eine  solche  in  Schepsdorf. 

Von  den  Glocken  ist  die  älteste  —  in  Bramsche  —  1441  gegossen 
von  Meister  Wilhelmf.  Andre  Meister  nennen  sich:  Werner  (?)  Wilken 
(1457  Lingen,  ref.  Kirche),  Joh.  Volkeer  (1466  Elbergen,  1477  Schepsdorf), 
Joh.  Alves  (1545  Beesten),  Tepeotting  (1586  Freren,  1583  Tuine),  Fridr.  Butgen 
(1602  Elbergen),  Michel  v.  Ortrup  (1620  Salzbergen).  Peter  Hemony  (1642 
Plantlünne  und  1647  in  Schapen).  Ferner  nennt  sich  noch  Moritz  Rinker, 
Osnabrück  (1755  Freren  und  1773  Salzbergen). 

Spätromanische  Taufsteine,  wie  sie  in  Bd.  IV,  3,  S.  55,  als  vom 
Bentheimer  Typ  bezeichnet  wurden,  kommen  mehrfach  vor,  nämlich  in  Tuine,. 
Lengerich,  Schapen,  Schepsdorf,  Lohne  und  Emsbüren. 

Als  jüngere  Erzeugnisse  der  Bentheimer,  insbesondere  der  Gildehäuser 
Steinindustrie  kommen  vielleicht  die  sehr  fein  gearbeiteten  Sakraments- 
häuschen mit  Wimpergen,  Fialen  und  Krabbenwerk  in  Betracht,  die  um 
1500  entstanden,  und  von  denen  Beispiele  in  Beesten,  Freren  und  Lengerich 
vorhanden  sind. 

Barock-Epitaphe,  die  den  Arbeiten  des  Meisters  Stenelt  von  Osna- 
brücknahestehen, oder  gar  von  ihm  herrühren,  finden  sich  in  Bramsche  und  Tuine. 


-^      12     8->- 


B  a  c  c  u  m. 

Katholische  Kirche,  evangcliflche  Kirche. 

Das  Kirchdorf  Baccuni,  7  km  östlich  von  Lingen,  unweit  der  Lingen- 
Frerener  Poststraßo  belegen,  besteht  aus  den  Bauerschaften  Münnigbüren  und 
Ramsei  und  hat  rund  340  Einwohner. 

Die  Namensschreibweise  des  Ortes  hat  die  Formen  Baccamum  um  10(X) 
(Osn.  Urk.  B.  I,  116).  Bacheim  1160  (Osn.  U.  B.  I,  311)  und  ähnliche.  Wie  die 
Urkunden  dartun,  war  schon  um  1000  das  Corveyer  Kloster  im  Gebiet  des 
üeschiclite  Kirchspieles  Baecum  begütert,  erst  1160  tritt  der  Bischof  von  0.snabrück  als 
Inhaber  von  Rechten  auf.  Als  Gemeinde  wurde  Baecum  selbständig  erst  1516 
unter  dem  Grafen  Claus  von  Tecklenburg,  während  es  bis  dahin  eine  Bauer- 
schaft des  nahen  Lingen  gewesen  war. 

Über  die  erste  Pfarrgründung  findet  sich  bislang  nichts  AusdrückUches 
überliefert;  wahrscheinlich  geschah  sie  aber  nicht  sehr  lange  vor  der  Ab- 
trennung der  Gemeinde  von  Lingen.  Der  Burgkaplan  von  Lingen  war  zugleich 
Pfarrer  in  Baecum  bis  1530.  Die  Geschicke  Baccums  in  der  Folgezeit  unter- 
scheiden sich  kaum  von  denen  des  übrigen  Kreises  (s.  Einleitung  S.  6  und  7). 
Die  Kirche  wurde  durch  oine  hannoversche  Kultusverordnung  von  1824 
simultan,  bis  dieses  Verhältnis  1858  dadurch  gelöst  wurde,  daß  die  Reformierten 
einen  Neubau  für  sich  schufen. 

Katholische  Kirche. 
Die  alte,  dem  hl.  Antonius  Abbas  geweihte  Kirche  zu  Baecum  wurde 
um    1500  gebaut  und  war    ein   einfaches,    zweijochiges   Langhaus   (Kirchen- 
beschreibung V.  1862,  Ztschr.  d.  Hist.  Ver.  für  Niedersachsen).    Ein  Turm  auf 
Be-         rechteckiger  Basis  soll  vorhanden  gewesen   sein;  wahrscheinlich  bestand  er, 
Schreibung.   ^^^    nicht    die   Kirche,    wie   die    Kirchenbeschreibung    zweideutig    sagt,    aus 
,, zerschlagenen  Kieseln"  und  gehörte  in  den  Kreis  der  vielfach  zu  erwähnenden 
romanischen  Türme  (s.  Einleitung  S.  10),  während  die  gotische  Kirche  nach 
dem  Typ  —  etwa  —  derjenigen  von  Tuine  beschaffen  war.     Sie  wurde  in  den 
Jahren  1865  und  1866  niedergelegt  und  durch  eine  neue,  gotische  Hausteinkirche 
nach  dem  Plane  eines  Zimmermeisters  aus  Baecum  ersetzt. 
Glocken.  Eine  Glocke,  Durchmesser  0,96  m,  1798  von  WA.  Riuker,  Osnabrück, 

gegossen. 

Eine  zweite,  Durchmesser  0,80  m,   1869  von  Petit  und  Edelbrock. 


Evangelische  Kirche. 

Im  Jahre  1858—1859  ist  eine  evangehsche  Kirche  in  Kreuzform  mit 
Westturra   aus  Backstein  im   gotischen  Stil    von   C.   W.  Hase  erbaut.     Diese 
Kirche  ist  mit  einem  hölzernen  Gewölbe  versehen. 
Glocken.  Eine  Glocke  trägt  die  Meisterinschrift:  W.  A.  Rinker  in  Osnabrück  1798. 


-'>^     13     8^- 

BaAvinkeL 

Katholische  Kirche. 

Das  12  km  nordöstlich  von  Lingen  in  einer  an  Moor  und  Wiesen 
reichen  Ebene  (durchschnitthche  Höhe  über  dem  Meeresspiegel  20  m)  belegene 
Kirchspiel  Bawinkel  hat  etwa  1500  Einwohner  und  umfaßt  sechs  Ort- 
schaften: Dorf  Bawinkel,  Groß-Bawinkel,  Plankorth,  Düsenburg,  Clusorth  und 
Bramhar. 

Die  Namensschreibweise  des  Ortes  findet  sich  in  den  Formen  Bafwinckele  (icschichtc. 
und  Baffwinkel  1456  in  einer  Sammelliste  des  sog.  Türkenzehnten  in  der  Diözese 
Osnabrück  (s.  M.  d.  Hist.  Ver.  zu  Osn.,  B.  XII,  S.  259  u.  264);  ferner  Baue- 
hinkel  1532  (s.  Diepenbrock  a.  a.  0.  Urk.  32). 

Nach  Lodtmann  (Acta  Osn.  I,  S.  304)  gehörte  Bawinkel  als  Filiale 
nach  Lingen  und  war  wie  Baccum  dem  Archidiakonate  des  Propstes  zu 
Bramsche  zugeteilt.  Im  Jahre  1460  wird  ein  Pfarrer  in  Bafwyncle  erwähnt, 
welcher  der  Kirche  zu  Haselünne  eine  Rente  übertrug  (Meppener  Urk.  S.  260, 
Nr.  313).  1475  resignierte  ,,Her  Hermen  Volcker,  Vicarius  to  Lengerek"  auf 
die  in  Lengerich  vor  kurzem  errichtete  Vikarie  zu  Händen  des  Abtes  in  Werden 
und  wurde  Pastor  zu  Bawinkel.  Nach  diesen  Angaben  scheint  die  Filiale 
Bawinkel  um  die  Mitte  des  XV.  Jahrhunderts  schon  eine  Kirche  gehabt  zu 
haben.  —  Die  Geschicke  Bawinkels  nach  der  Einführung  der  Reformation 
ähneln  denen  der  anderen  Ortschaften  des  Kreises.  Unter  Prinz  Wilhelm 
Heinrich  von  Oranien  wurde  den  Kathohken  1674  Kirche  und  Pfarrhaus  ge- 
nommen; erst  1718  wurde  bekanntlich  die  öffentliche  Abhaltung  des  katholischen 
Gottesdienstes  wieder  erlaubt.  Eine  Spezialverfügung  von  1815  räumte  den 
Katholiken  die  Pfarrwohnung  ein,  während  bezüglich  der  Kirche  von  1822  ab 
das  Simultanverhältnis  bestand.  Dem  katholischen  Gottesdienste  hatte  bis 
dahin  ein  1767  errichteter  und  dem  hl.  Alexander  geweihter  Fachwerkbau  gedient. 

Die  Reste  der  älteren  Kirche  aus  der  Mitte  des  XV.  Jahrhunderts  Bc- 
scheinen  in  Bawinkel  1830  abgetragen  zu  sein.  Von  den  Steinen  des  Turmes,  Schreibung, 
welcher  die  Inschrift  getragen  haben  soll:  MCGCCC  VI  completum  est,  wurde 
ein  massiver  Turm  an  die  1767  errichtete  Alexanderkirche  angebaut,  für 
welche  seitdem  das  Simultan  Verhältnis  galt.  —  Diese  Kirche  ist  nun  1904 
nach  Lösung  des  Simultanverhältnisses  durch  eine  dreischiffige  massive  Hau- 
steinkirche gotischen  Stils  für  die  Katholiken  ersetzt  worden.  Die  Refor- 
mierten wurden  nach  Lengerich  eingepfarrt. 

Eine    Glocke  mit  Inschrift:   „M.  Joh.  Fricke   in  Gütersloh   hat  mich  Glocken, 
gegossen  1681.    In  te  Domine  speravi,  non  confundor  in  aeternum".    Durch- 
messer 1.13  m. 

Die  zweite,  von  M.  Joh.  Fricke  1685  gegossen,  ist  1837  von  Petit  und 
Edelbrock  umgegossen,  Durchmesser  0.74  m. 

Die  dritte,  unterer  Durchmesser  0.98  m,  ist  1858  ebenfalls  von  Petit 
und  Edelbrock  gegossen. 


Be  e  s  t  e  n. 

EvangeÜHche  Kirche :  adeliges  IlauH  (nicht  mehr  vorhanden). 

Heesten,  an  der  Aa  belegen,  besteht  aus  den  Gemeinden  Beesten, 
Schardingon  und  Talge-Wilsten  und  hat  eine  Einwohnerzahl  von  etwas  über 
lOOO  Seelen.  Die  große  Abnahme  dieser  Zahl  gegen  Goldschmidts  Angabe 
aus  dem  Anfang  des  XIX.  Jahrhunderts  (rund  ]7(X)  Seelen)  hängt  mit  der  .starken 
Auswanderung  nach  Amerika  zu.sammen.  Hollandgängerei  war  in  einem 
Maße  üblich,  daß  noch  bis  zu  Anfang  der  1860er  .Jahre  der  Gebrauch  der 
holländischen  Sprache  und  holländischer  Schulbücher  allgemein  war. 
Geschichte.  Der  Name  des  Ortes  findet  sich  in  den  Formen  Biastun  (Werd.  Reg.  v.  890), 

und  Bestene  (1150).  Die  älteste  Erwähnung  von  890  zählt  die  dem  Kloster 
Werden  abgabenpflichtigen  Höfe  der  Mark  Beesten  auf;  es  scheint,  als  ob 
Beesten  der  Sitz  des  Ministerialen  für  den  Gau  Sachslinga  gewesen  sei.  Das 
Heberegister  von  1150  gibt  wiederum  Abgabenpflichten  an,  die  an  den 
Werdenschen  Oberhof  in  Schapen  fällig  waren  (M.  d.  Hist.  Ver.  zu  Osn.  6, 
713  u.  209).  —  Der  Pfarre  in  Beesten  geschieht  in  einem  Lehnsregi.ster  des 
Osnabrücker  Bischofs  Johanns  IL.  aus  den  Jahren  1350—1360  Erwähnung.  Die 
Kirche  gehörte  zum  Archidiakonate  des  Osnabrücker  Dompropstes  (Lodtmann, 
Acta  Osn.  I,  304).  Die  Pfarreinkünfte  gibt  die  ,, Beschrie vinge  von  1550"')  an. 
Als  die  Reformation  in  Beesten  gewaltsam  durch  Konrad  von  Tecklenburg  ein- 
geführt wurde,  riß   dieser  vor  allem    die  genannten  Einkünfte  an  sich. 

In  der  Folgezeit  teilen  Ort  und  Kirche  ihre  Schicksale  mit  den  allgemeinen 
der  Grafschaft  Lingen.  Der  reformierte  Prediger  Klingius,  der  von  1598 — 1605 
in  Beesten  wirkte,  wurde  durch  die  Spanier  vertrieben  und  der  katholische 
Gottesdienst  wieder  aufgenommen,  der  auch  nach  der  Rückkehr  der  Oranier  1632 
durch  katholische  Prediger  weiter  gepflegt  wurde,  weü  die  Pfarrstellen  nicht 
alle  sogleich  mit  reformierten  Geistlichen  zu  besetzen  waren;  die  Kirche  aber 
nahmen  die  Protestanten  in  Besitz.  Aus  dem  Jahre  1659  stammt  ein  Inventar- 
verzeichnis der  Kirche,  das  der  Vogt  Hamann  zu  Beesten  an  die  Regierung 
einzuliefern  hatte:  En  Bichtstoel,  Wienkettel,  en  holtenes  Cruitz,  dree  holtene 
bilde,    en  geschlottenes  Tabernackel,   en  Predikstoel  van  vier  Poelen  in  die 

Eerde,   en  Crucifix  (nach  Schriever  II,   S.  358).    Nach  dem  Verbot 

von  1674  wurde  der  katholische  Gottesdienst  im  geheimen  ausgeübt,  bis  im 
Jahre  1702  beim  Übergange  der  Grafschaft  Lingen  in  preußischen  Besitz  die 
katholische  Geistlichkeit  zurückkehren  durfte.  Im  Jahre  1824  stellte  man  das 
Simultanverhältnis  hinsichtlich  der  Kirche  her,  das  seinen  Abschluß  fand,  als 
die  Reformierten  von  Beesten  und  Plantlünne  in  dem  letztgenannten  Orte  1856 
ihre  eigene  Kapelle  erhielten.  (Über  die  weitere  Ordnung  siehe:  Gesetzsamm- 
lungen für  das  Königreich  Hannover:  Verordnungen  über  die  kirchlichen  Ver- 
hältnisse in  der  Niedergrafschaft  Lingen  de  dato  7.  Nov.  1846.) 


*)  S.  über  diese  Quelle:  .Schriever  :i.  a.  0.  I.  S.  142. 


L 


->^     15     Sk>- 


Evangelische  Kirche. 
Die  mitten  im  Dorfe  Beesten  liegende,  dem  hl.  Servatius  geweihte 
Kirche  (Tafel  1,  Abb.  3)  ist  ein  einschiffiges  Langhaus  mit  polygonalem  Chor- 
abschluß, ganz  aus  Sandsteinquadern  erbaut  (s.  Grundriß,  Abb.  4).  Das 
Gewölbesystem  tut  sich  außen  durch  Streben  kund:  es  sind  Sterngewölbe  in 
Backstein  auf  einfach  gekehlten  Sandsteinrippen,  die  auf  Wandkonsolen, 
teils  auch  auf  solchen  mit  Schäften  (vielleicht  moderne  Ergänzung)  ruhen. 
Die  Konsolen  sind  nach  der  Form  doppelt  geschachtelter  Kapitelle  gebildet. 


Be- 
schreibuDg. 


Chor. 


Abb.  4     Kirche  in  Beesten.    Grundriß  (1 :  250) 

Der  Chor  liegt  um  zwei  Stufen  höher  als  das  Schiff;  an  seine  Nord- 
seite fügt  sich  eine  mit  Kreuzgewölbe  geschlossene  Sakristei  an. 

Der  Turm  ist  im  Jahre   1897    infolge  von   Blitzschlag   niedergebrannt 
und  1904  neu  aufgebaut.    Der  ursprüngliche  Turm  ist  im  Jahre  1<S74  abge-  i"""- 
tragen;  er  stand  nicht  in  der  Mittelachse  der  Kirche,  sondern  mehr  an  der 
nördhchen  Seite  (Mitteilung  des  Pfarrers). 

Dieser  Umstand,  wie  die  Beobachtung,  daß  auf  der  Nordseite  des  Schiffes 
im  zweiten  und  dritten  Joch  Fundamentabsatz  und  Kaffsims  fehlen,  gewähren 
der  Annahme  Unterstützung,  daß  die  Kirche  ursprünglich  schmaler  angelegt 
war  und  später  auf  erweitertem  Grundriß  neu  aufgebaut  ist,  nach  den  Stilmerk- 
malen (Fischblasen-Maßwerk  in  den  Fenstern)  im  Anfang  des  XVI.  Jahrhunderts. 

Der  Altar  aus  Holz:  Empire,  mit  neuerem  Geison.  Altar. 

Das  alte  Geläute  ist  1897  beim  Turmbrande  zur  Hälfte  zerstört.  Im  Glocken. 
Jahre  1899  wurden  vier  Glocken  von  Rudolf  Edelbrock  in  Gescher  neu  her- 
gestellt unter  Benutzung  der  aus  dem  Jahre  1507  stammenden  Marienglocke, 
Die  älteste  Glocke  hatte  die  Inschrift:  Salvator  heet  ik:  Johä  alves  goet  mick 
do  man  schref  mccccclv  let  mi  dat  karspil  van  Bestten  goten  dat  is  waner 
Gtode  to  love  unde  to  eren  do  we  de  keiser  hadde  to  beeren. 

Die  zweite  war  1784    durch  Meister  Gerhardus    in  Holland  gegossen. 


->^     IG     ?♦*- 

(irai»j)laitcii.  (iraljplatteu  auf  dein  Chor;  P^inf  für  ,. Pastor  Beriiartl  üreve"  1646  (?). 

Eine  zweite  für  Frau  Voss  zu  Beesten,    XVII.  Jahrhundert.     Beide  stark  ab- 
getreten. 
Kanzel.  Die  Kanzel  aus  Holz,  sechseckig,  um  17fX),  Schalldeckel  Empire. 

Sakraments-  Im  Chor,  ünks  vom  Altar  eine  Sakramentsnische  aus  Sandstein,  spät- 

laiiachPD.     goti.sche  Arbeit,  mit  W^imperge  und  Maßwerk.    Im  Tvmpanon  eine  Darstellung 
der  Auferstehung  Christi.     Das  Ganze  erscheint  verwittert. 

Steinmetz-  Folgende   Steinmetzzeichen  finden   sich  in   den  Fensterleibungen   der 

zeichen. 


Südseite : 


4 1    z ^   ^    V 


Hans  Beesten. 

Haus  Beesten,  wahrscheinlich  ehemals  an  der  Aa,  auf  dem  Grunde 
von  Beestermöller  belegen,  wo  Teile  des  Befestigungsgrabens  festgestellt  sein 
sollen.  Als  erster  Inhaber  des  Hauses  wird  Johannes  v.  B.  um  1200  genannt, 
ein  anderer  Johann  v.  B.  wird  als  Besitzer  des  Hauses  1350  erwähnt  (Lodt- 
mann  Acta  Osnabr.  I,  194).  Durch  Kauf  ging  es  1428  an  die  Familie  Bevem 
über,  von  der  es  1512  durch  Erbschaft  an  die  Langen-Kreyenribbe  kam. 
1594  gelangte  es  durch  Kauf  an  die  Familie  von  Voss.  Durch  Heirat  (nach  Lodtmann 
Acta  Osnabr.  II.  S.  262)  wurde  die  Familie  von  Oldenbochum  1750  Besitzerin. 
Um  1820  erwarb  das  Haus  Bentheim-Steinfurt  das  Gut  und  ließ  das  Burg- 
gebäude abbrechen. 


Bramsche. 


Katholische  Kirche. 

Das  Kirchspiel  Bramsche, 11  km  südhch  von  Lingen  und  einige  Kilometer 
östlich  des  Einflusses  der  vereinigten  Aaläufe  in  die  Ems  belegen,  umfaßt  die 
Bauerschaften  Kring,  Mundersum,  Sommeringen,  Hüvede,  Wesel  und  den 
östlichen  Teil  der  Bauerschaft  PoUe.  Das  Dorf  selbst  hat  etwas  über  200 
Einwohner, 
('eschiclite.  Der  alte  Bezirk  Hubide,  in  welchem  das  Kirchspiel  liegt,  wird  in  den 

Heberegistern  des  Klosters  Werden  bereits  890  (Osn.  U.  B.  I,  57)  genannt, 
spätere  Urkunden  belegen  den  Namen  in  der  Form  Hüvetfeld  (Osn.  U.  B. 
I,  280,  siehe  auch  M.  d.  Hist.  Ver.  zu  Osn.  XXII,  269).  Von  Bramsche  selbst  ist 
zuerst  die  Rede  im  XI.  Jahrhundert  (Osn.  U.  B.  I,  116),  wo  das  Corveyer 
Heberegister  seine  nach  Meppen  abzuführenden  Pachten  angibt.  Seine 
Namensform  ist  Bramesge.  Die  Pfarre  in  Bramsche  findet  sich  in  einem 
Register  aus  dem  XIII.  Jahrhundert  erwähnt  (Niesert,  Cod.  dipl.  I,  Urk.  34). 
Als  Patrone  der  Kirche  werden  die  auch  auf  der  Glocke  von  1452  angerufene  St. 


'liifcl    1. 


Abb.  3  u.  6. 

KIRCHE  IN  BEESTEN;  Aussenansicht.  -  KIRCHE  IN  BRAMSCHE;  Inneres. 


->^     17     Sk- 

Gertrudis  und  außerdem  St.  Johannes  Baptista  genannt  (Lodtniann,  Hist.  ep. 
Dav.  1670).  über  das  weltliche  Patronat  enthält  eine  Urkunde  von  1463 
(Goldschmidt,  a.  a.  0.  S.  566)  Angaben:  danach  stifteten  Graf  Claus  v. 
Tecklenburg  und  Ritter  Gerhard  von  Keppel  einen  Vergleich  zwischen  Johann 
V.  Senden  und  den  Gebrüdern  Grüter  wegen  Belehnung  der  Kirche  zu  Bramsche. 
Die  Reformation  versuchte  zuerst  der  Graf  Konrad  von  Tecklenburg 
durch  die  Einsetzung  eines  protestantischen  Predigers  einzuführen.  Unter  den 
Oraniern  wurden  Kirche  und  Pfarre  von  den  Reformierten  in  Besitz  genommen. 


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Abb.  5.    Kirche  in  Bramsche;  Grundriß  (1  :  250). 


Die  Katholischen  hielten  jedoch  ihren  Gottesdienst  außerhalb  des  Ortes  weiter. 
Die  Ereignisse  der  Folgezeit  ähneln  denen  der  anderen  Kirchspiele  in  der  Graf  schaff. 
Erst  im  Jahre  1806  richtete  das  französische  Administrationskollegium  zu  Münster 
auf  Bitten  der  Katholischen  das  Simultanverhältnis  hinsichtlich  der  Kirche 
ein.  Die  endgültige  Überweisung  der  Kirche  und  Pfarre,  sowie  eines  Drittels 
des  Kirchenvermögens  erfolgte  im  Jahre  1846. 

Die  gotische  Kirche  zu  Bramsche  besteht  aus  einem  einschiffigen  Lang- 
hause, das  aus  behauenen  Findlingen,  Ortstein  und  anderem  wenig  gut 
bearbeiteten  Steinmaterial  errichtet  wurde  (Grundriß,  Abb.  5).  Im  Äußern 
bietet  sich  sonst  wenig  Bemerkenswertes.  Der  Fundamentsabsatz  ist  weit 
vorspringend  und  mit  einfacher  Schräge  versehen,  das  Dachsims  zeigt  eine 
mäßig  tiefe  Hohlkehle  in  der  Schrägung. 

Die  das  Gewölbesystem  äußerlich  bezeichnenden  Streben  sind  zumeist 
jüngeren  Datums.  Auf  der  Südseite  beschränken  zwei  durch  einen  überdachten 
Gang  miteinander  in  Verbindung  stehende  Sakristeien,  deren  eine  von  1877 
stammt,  die  archäologische  Beurteilung.  Auch  im  Innern  der  Kirche  ist  diese 
durch  Erneuerungsarbeiten  erschwert,  welche  1877  vorgenommen  sind.  Vor 
diesem  Zeitpunkt  schloß  die  Kirche  mit  geradlinigem  Chor  ab  und  hatte  nach 
Mithoff  (a.  a.  0.  VI,  S.  37)  in  der  Mitte  einen  stark  vorspringenden  Bogen. 
Sie  ist  dann  durch  einen  polygonalen  Chor  verlängert  worden  (Tafel  1 ,  Abb.  6). 


^chreibuui 


-^     18     8^ 

Vior  .loche  von  Kreuzgewölben  in  Ziegeln  üherspannen  das  nunmehrige  Schiff, 
sie  ruhen  auf  Konsolen  und  hohen,  flachgekehlten  Gurten  und  Rippen  nach 
der  Weise  der  Zeit  um  15(X).  Ursprünglich  wird  die  Kirche  flach  abgedeckt 
gewesen  sein. 

Die    Fensteröffnungen    sind    offenbar    ehemals    kleiner    gewesen.     So 
gewinnt  man  den  Eindruck  einer  Kirche  aus  der  Mitte  des  XIV.  Jahrhunderts. 
'Juim.  Der   Westturm,    an    den    die    Kirche    herangebaut   wurde.,    ist   ohne 

Fundamentsabsatz  aus  meist  kubischen  Blöcken  errichtet.  Sein  Körper  steigt 
ungegliedert  empor  und  hat  in  seinem  oberen  Teil  nach  jeder  Seite,  abgesehen 
von  der  nach  dem  Schiffe  hin,  je  zwei  mit  Nasenwerk  versehene  Schall- 
öffnungen. Die  Durchgangshalle  ist  ungewölbt,  in  der  Südwand  derselben  liegt 
eine  Treppe.  Danach  ist  der  Turm  mit  dem  von  Tuine,  Frereu  und  andern 
in  die  gleiche  Gruppe  einzuordnen  und  gehört  dem  Ende  des  XIII.  Jahrhunderts  an. 
Epitaph.  Ein  Epitaph  in  der  Kirche,  Südwand,  Sandstein,  für  Conrad  Grothus, 

1 1612  (s.  Tafel  1,  Abb.  6).  Das  Epitaph  hat  im  predellaartigen  Unterteile  Bildnis- 
darstellungen des  Verstorbenen  und  seiner  Familie  in  üblicher  Anordnung  und 
Arbeit.  Der  Hauptteil  —  architektonisch  betont  durch  eine  freie  Säulenstellung 
mit  Verkröpfungen  —  enthält,  umrahmt  von  einem  Halbkreisbogen,  ebenfalls 
in  flacher  Arbeit  eine  Darstellung  der  Grablegung.  Die  Seitenstücke  tragen  Je  drei 
Wappen  und  enden  seitlich  frei  in  barocker  Ornamentierung.  Das  bekrönende 
Stück  besteht  in  einem  ovalen  Schilde  mit  einer  Darstellung  der  Auferstehung; 
darüber,  und  ferner  zu  seinen  beiden  Seiten,  neben  einem  barocken  Füllornament 
sind  freistehende  Statuetten  angebracht.  (Meister  vermutlich  A.  Stenelt").) 
Glocken.  Eine  Glocke  mit  Meisterinschrift  WylhelmS  fecit  me  ano  diu  MCCCCXLI 

Sta  Maria  ora  pro  nobis.    Durchmesser  1,07  m. 

Eine  zweite:  Sta  Gertrudis  ora  pro  nobis  ano  dm  MCCCCXLI.    Durch- 
messer 0,95  m. 

Die  dritte:  Anno   diii  mcccccxvl.   Maria  mater  gracie  in  hora  mortis 
suscipe.    Durchmesser  0,80  m. 
Monstranz.  Eine  Monstranz,  Silber  vergoldet,  getriebene  Arbeit  v.  J.  1672  (?).    Der 

Strahlenkranz    aus    Rosen,    Weintrauben,    Ähren,   von   einem  Bande    durch- 
flochten.   Meisterzeichen  unkenntlich. 
Stott".  Ein  Meßgewand,  Ende  XVIII.  Jahrhundert,  Ripsstoff,  violett  gestreift, 

Wolkenbandmuster  mit  weißen  Blumen  in  Seide,  dazwischen  eingestreut 
farbige  Blumensträuße. 


Elbergen. 

Katholisclie  Kirche. 

ililbergen  (gegen  340 Einwohner),  eine  der  Bauerschaften  Emsbürens. 
etwa  halbwegs  zwischen  Lingen  und  Emsbüren,  links  der  Ems  belegen,  bildet 
"kirchlich  eine  Kapellengemeinde. 

*)  Vgl.  Bd.  IV,  3,  S.  1Ü8,  Anui. 


->S     19     g^ 

Die  älteste,  bisher  bekannte  Nennung  des  Ortes  (Osn.  U.  B.  IV,  Geschichte. 
Nr.  153)  hat  die  Schreibweise  Elleberge.  Andere  Urkunden  aus  dem 
XIV.  Jahrhundert  (Niesert,  Steinfurt  I,  Nr.  59  und  113)  behandeln  Besitz  und 
Besitzveränderungen  in  Elbergen,  bei  denen  die  Grafen  von  Bentheim  und 
die  von  Solms,  auch  das  Domkapitel  von  Münster  (Darpe,  Domkapitel,  S.  26) 
eine  Rolle  spielen. 

Eine  Kapelle  scheint  schon  1452  in  Elbergen  bestanden  zu  haben,  in 
welchem  Jahre  dem  Grafen  von  Bentheim  der  Gebrauch  des  Glockenschlages 
daselbst  untersagt  wird  (Niesert,  Cod.  dipl.  II,  2).    Die  Kapelle  —  fraglos  das 


Abb.  7.    Kirche  in  Elbergen;  Ansicht  von  Nordwest. 


heute  noch  am  Orte  sich  vorfindende  Gotteshaus  —  war  dem  hl.  Johannes 
dem  Täufer  geweiht.  Der  Pastor  in  Emsbüren  hatte  als  ihr  Rektor  die  Ver- 
pflichtung, an  bestimmten  Feiertagen  in  Elbergen  Gottesdienst  zu  halten. 
Nachrichten  über  die  Folgezeit  fehlen. 

Das  einfache  Langhaus  der  zu  Anfang  des  XV.  Jahrhunderts  errichteten 
kleinen  Kirche  (Abb.  7)  ist  aus  unregelmäßigen,  nur  ebenflächig  behauenen, 
teils  hochkant  versetzten  Sandsteinbruchstücken  aufgebaut;  das  Schiff  in 
drei  Jochen  mit  Kreuzgewölben,  der  Chor  in  Fünfachtelschluß  mit  Fächer- 
gewölbe überdeckt.  Das  Gewölbesystem  macht  sich  außen  durch  Streben 
kenntlich  (s.  Grundriß,  Abb.  8).  Die  Gewölbe  ruhen  auf  Konsolen,  von  denen 
beiderseits  je  zwei  langgeschäftete  mit  einfachen  wechseln.  Alle  sind  ver- 
schieden ausgebildet;  es  kommt  daran  das  Seilornament  vor.  Die  Quergurten 
verlaufen  fast  rundbogig';  im  Profil  zeigen  sie,  wie  auch  die  Kreuzrippen,  flache 
Hohlkehlen.    Die  Fenster,  ehemals  einfach  geteilt  und  mit  Nasenwerk  versehen 

2* 


Be- 
schreibung. 


-^     20     -t^ 

—  wie  es  in  einem  vermauerten  Chorfen.ster  erhalten   ist  -  -  sind  breit,   aber 
verhältnismäßig    niedrig.      Eine    spitzbogigc    Tür,  um    die    das    Kaffsims    im 
Rechteck  sich  herumzieht,  befindet  sich  in  der  Nordwand  und  ist  jetzt  zugesetzt, 
'riinn.  Vor  der    Westgiebel  wand    erhebt   sich    ein  Turm    auf    (juadratischem 

Grundriß  aus  Ziegeln    mit  P^ckverzahnungen    in  Sandstein.     Seine  Licht-  und 
Schallöffnungen    haben    Sandsteingewände.     Der  Turm   ist   gegen   1740  vom 
General  von  Schorlemmer    errichtet.     In    einer   Nische    über   dem  Westportal 
steht  die  Holzstatue  eines  Heiligen  (Paulus  mit  dem  Schwert V). 
Die  Sakristei  an  der  Nordseite  des  Chores  ist  neu. 


Abb   8.    Kirche  in  Elbergeir,  Grundriß  (1:850) 


Altar.  Der  Altar,  aus  Holz,  hat  auf  hoher  Predella  zwei   glatte  Säulen  mit 

verkröpftem  Gebälk.  Das  Altarbild  —  die  hl.  Familie  —  schließt  in  einer 
halbkreisförmigen  Umrahmung,  in  deren  Scheitel  das  Gräfl.  von  Galensche 
Wappen  angebracht  ist.  Das  bekrönende  Stück  enthält  ein  kreisförmig 
gefaßtes  Bild;  darüber  ein  kräftiges  Sims.  Die  Ornamentierung  zeigt  Knorpel- 
stil. Der  Tabernakeleinsatz  scheint  einem  anderen  Altar  entnommen. 
Glocken.  Eine  Glocke    mit  Meisterinschrift:    Friderich  BVTGEN    gos  mi    usw., 

Anno  1602,  Durchmesser  0,85  m. 

Eine  zweite:  ,,Dise  kloken  von  Heiberg  is  gegossen  im  namen  Gott 
unde  Sant  Joannes  Patron  in  Heiberg  in  monat  Juny  Ao  1667."  mit  Madonnen- 
plakette, Durchmesser  0,75  m. 

Eine  dritte  mit  Meisterinschrift :  Anno  Dni  M^cccc^lxvi  johes  •  johan 
volkeer,  Durchmesser  0,65. 

An  einem  Konsolenschaft  im  Chor  wird  gelegentlich  von  Erneuerungs- 
arbeiten in  der  ersten  Zeit  des  XVI.  Jahrhunderts  das  nebenstehende  Stein- 
metzzeichen  eingegraben   sein:    /^p^  » 


Steinmetz 
zeichen. 


->^    21     ^<- 

Emsbüren. 

Katholisclie  Kirche. 

iliinsbüren.  halbwegs  zwischen  Rheine  und  Lingen,  nahe  der  diese 
Orte  verbindenden  Bahnhnie,  etwa  15  km  von  beiden  entfernt  und  3  km 
hnks  der  Ems  belegen,  ist  ein  Dorf  von  etwa  640  Einwohnern,  mit  geringen 
industriellen  Betrieben;  zur  Gemeinde  von  Emsbüren  gehören  14  Bauerschaften. 

Die  Mark  Emsbüren  scheint  ursprünglich  zum  Gau  Bursibant  gerechnet  Geschichte, 
worden  zu  sein,   wie   aus    einer    Urkunde  von    838  (Erhard,  Cod.  dipl.  I,  11), 
mittelbar  hervorgeht,  und  später,    wie    eine    andere    Urkunde    von    890  (Osn. 
Urk.  I,  57)  schließen  läßt,  dem  Venkigau  zugehört  zu  haben.    (Vgl.  Schriever, 
a.  a.  0.  I,  S.  52.) 

Der  Name  des  Ortes  tritt  zuerst  in  der  Form  Buren  auf  in  einer  Ur- 
kunde des  Bischofs  Wernherus  von  Münster  aus  dem  Jahre  1151  (Erhard, 
Cod.  dipl.  II,  Nr.  281);  später  in  der  Form  Emsbüren  (1490)  und  Emsbüren  (1691). 

Der  in  der  erstgenannten  Urkunde  erwähnte  Amtshof  in  Buren  wurde 
Eigentum  des  hl.  Luidgerus  (Jod.  Herm.  Nunning,  Mon.  Monast.  decur.  I,  p.  83; 
auch  Schaten,  Hist.  westph.  C,  X,  p.  634),  der  auf  seinen  Reisen  nach  Fries- 
land dort  abgestiegen  sein  soll.  Für  die  Bedeutung  des  Hofes  spricht,  daß 
er  schon  1199  eigene,  anerkannte  Getreidemaße  besaß  (Erhard,  Cod.  dipl.  II,  581), 
und  daß  hier  laut  einer  Urkunde  vom  Jahre  1212  alle  zum  Servitium  des 
bischöflichen  Tisches  zu  Münster  bestimmten  Beiträge  aus  der  Umgegend 
zusammengezogen  wurden  (Osn.  U.  B.  II.  49).  Noch  1449  nennt  eine  Urkunde 
eine  Anzahl  dem  Hofe  rentschuldiger  Erben  (Niesert,  Steinfurt  II,  9). 

Die  Gogerichtsbarkeit  über  die  Mark  Emsbüren  lag  schon  im  XIII. 
Jahrhundert  in  der  Hand  der  Bischöfe  von  Münster;  Dingstätte  war  der  Amts- 
hof zu  Emsbüren.  Als  Lehnsträger  des  Gerichtes  werden  bis  1308  Hugo  v.  Bar 
und  dessen  Vorfahren  genannt  (Jung,  Hist.  Com.  Benth.  Urk.  58).  In  diesem 
Jahre  wurde  das  Lehen  durch  Bischof  Konrad  von  Münster  an  den  Grafen 
Johann  v.  Bentheim  übertragen  (Niesert,  Münst.  Urk.  V,  32);  1314  und 
1319  wurde  die  Belehnung  erneuert  (Niesert,  Münst.  Urk.  II,  52,  Kindlinger, 
Beiträge  III,  125;  Jung,  Hist.  Com.  Benth.  Urk.  58).  In  Verträgen  von  1444 
und  1452  (Niesert,  Cod.  dipl.  II,  5,  6  u.  7)  wurde  wiederholt  festgesetzt,  daß 
das  Gericht  innerhalb  Emsbürens  dem  Fürstbischöfe  von  Münster  vorbehalten 
bleiben,  während  die  Bauerschaften  unter  das  Gogericht  des  Bentheimer  Grafen 
—  damals  Everwins  —  fallen  sollten.  (Im  Ausführlichen  siehe  darüber  Kind- 
linger, Beiträge  III,  125;  Niesert,  Cod.  Steinf.  I,  33,  42,  II,  6  u.  9;  Jung,  Hist. 
Com.  Benth.  Urk.  58.)  Der  Schultenhof  selbst  blieb  bischöflich,  und  als  der 
Kreis  Emsbüren  infolge  der  Reichsdeputation  zu  Regensburg  1803  dem  Herzog 
von  Looz  und  Corswaren  zufiel,  wurde  er  Domänengut.  1815  kam  Emsbüren 
mit  dem  Kreise  Meppen  an  Hannover  (siehe  Grefe,  Leitfaden  zum  Studium 
des  hannov.  Privatrechtes,  S.  118). 

Die    dem   hl.  Andreas  geweihte  Kirche  (s.   d.   Grundriß,  Abb.  9)   zu         Be- 
Emsbüren  ist  eine  dreischiffige,  gotische  Hallenkirche   von  vier  Jochsystemen,   sfl^reibung. 


'lafcl  2. 


Abb.  11  u.  10. 

KIRCHE  IN  EMSBÜREN;  Südfront.  -  Inneres, 


->8     23     S^- 

Die  Nebenschiffe  zeigen  die  Jocheinteilung  im  Äußeren  durch  Strebepfeiler 
und  Giebeldächer,  welche  in  das  Dach  des  Hauptschiffes  einschneiden.  Der 
Chor,  der  ein  kreuzgewölbtes  Joch  und  polygonalen  Abschluß  hat,  ist  im 
Jahre  1858  (nach  der  Kirchenbeschreibung  von  1861)  an  Stelle  eines  kleineren 
erbaut.  Der  mächtige  Turm  vor  der  Westfront  wurde  nach  dem  Muster 
desjenigen  im  benachbarten  Schüttorf  errichtet  und  1884  vollendet.  Die  gleich- 
hohen Kreuzgewölbe  des  Mittelschiffes  (Tafel  2,  Abb.  10)  werden  von  Rund- 
pfeilern mit  achteckigen  Basen  und  Kämpfern  getragen;  sie  sind  auf  schwach 
gekehlten  Sandsteinrippen  in  Ziegeln  ausgeführt.  Die  im  Profil  rechteckigen 
Scheidbögen  werden  von  einer  tiefen  Hohlkehle  beseitet.  Die  Seitenschiffe 
sind  mit  Verwendung  von  Konsolen  gewölbt;  ihre  Scheitel  erreichen  aber  nicht 
die  Höhe  derer  des  Mittelschiffes. 

Für  die  archäologische  Beurteilung  der  Kirche  kommt  das  Vorhandensein 
von  romanischen  Bauteilen  in  Betracht.  An  der  Südwestecke  der  Kirche 
sind  dies  erstens  der  an  der  Turmseite  zwischen  Mittel-  und  Südschiff  im 
Kircheninneren  belegene  Wandpfeiler,  der  beiderseits  eingebundene  Dreiviertel- 
säulen hat:  ferner  das  Wandstück,  dem  dieser  Pfeiler  innen  vorliegt,  und 
welches  zugleich  die  Westfront  des  Südschiffes  ausmacht.  Von  gleichem 
Charakter,  nämlich  aus  meist  kubischen  Sandsteinblöcken  aufgebaut,  erweist 
sich  auch  die  südliche  Umfassungsmauer  des  Südschiffes  bis  zum  zweiten  Joche 
einschließlich  (s.  Tafel  2,  Abb.  11),  d.  h.  soweit  die  Wand  unterhalb  des 
Kaffsimses  ins  Auge  gefaßt  wird.  Im  zweiten  Joch  liegt  dann,  vom  Kaffsims 
in  rechteckiger  Ausbuchtung  umzogen,  die  bei  Mithoff  (VI,  S.  41),  folgender- 
maßen beschriebene  Tür  (Tafel  3,   Abb.  12):     ,,Die  rechteckige  Öffnung 

wird  durch  je  eine,  im  rechtwinkeligen  Rücksprunge  der  Türlaibung  stehende, 
in  der  Mitte  gegürtete  Säule  beseitet,  deren  Schaft  in  der  unteren  Hälfte 
achteckig,  in  der  oberen  gewunden  gearbeitet  ist  und  ein  einfaches,  kelch- 
förmiges  Blätterkapitäl  trägt.  Das  halbrunde  Tympanon  wird  an  seinen  Enden 
von  zwei  Konsolen  gestützt,  die  oberhalb  der  eben  gedachten  Kapitale  hervor- 
treten. Dasselbe  hat  eine  halbrunde  Füllung,  worin  ein  Kreuz  zwischen  zwei 
Rosetten  erscheint.  Die  nächste  Umrahmung  dieser  Füllung  wird  durch  eine 
Art  Schachbrettomament  gebildet,  eine  zweite  äußere  Einfassung  derselben 
enthält  in  ihrem  unteren  horizontalen  Teile  einen  Palmettenfries,  im  Bogen 
aber  romanisches  Ranken  werk."  Mithoff  datiert  das  Tor  in  das  Ende  des 
XII.  oder  in  den  Anfang  des  XIII.  Jahrhunderts.  Das  romanische  Material  der 
Südwand  sieht  Mithoff  (VI,  S.  41)  hier  als  in  zweiter  Verwendung  befindlich 
an  —  wie  es  scheint,  nicht  mit  Unrecht. 

An  der  Nordseite  der  Kirche  ist  die  Stirnwand  des  dritten  Joches  von 
Westen  bis  zum  Giebel  hinauf  alt;  das  gotische  Fenster  wurde  in  moderner 
Zeit  hineingebrochen.  Dieses  Joch  wird  in  der  Kirchenbeschreibung  von  1861 
als  Kreuzarm  der  Kirche  bezeichnet;  seine  ,, romanischen  Gurtbogen"  sollen  1857 
„gotisiert"  worden  sein  (nach  Heimatkunde  d.  Kr.  Lirigen,  .1.  Folge,  S.  198).  Das 
nördliche  Seitenschiff  aus  romanischer  Zeit  hatte  etwa  die  halbe  Breite  des 
gegenwärtigen  Nordschiffes.  Man  gewinnt  danach  ein  Bild  von  der  romanischen 
Kirchenanlage  hier,  das  etwa  in  Ankum  (s.  Bd.  IV,  3,  S.  60)  seine  Analogie  hat 


und  auch  hin.siclillich  der  (irundrnaße  Ähniichkeiton  aufweist.  J)as  alte 
nördlich*!  .Seitonschiff  in  P]in,s})ürfin,  wie  es  die  Kirchonbeschreibun^  von  1861 
darstellt,  war  der  Überrest  einer  frühromanischen  basilikalen  Anlage,  die  in 
spätromanischer  Zeit  erweitert  und  verändert  wurde,  Reste  dieses  spät- 
romanischen Umbaus  sind,  wie  gesagt  wurde,  in  der  .Südwestecke  der 
Kirche  urid  außerd(;m  in  dem  Joche  des  Nordschiffes  erhalten  geblieben,  welches 
die  Beschreibung  von  1861  als  Kreuzarm  bezeichnet.  Wie  sich  aber  der  positive 
Befimd  hinsichtlich  der  sj)ätromanischen  Kirchenanlage  darstellt,  kann  von 
einer  Kreuzkirche  nicht  die  Rede  sein  und  hinsichtlich  der  frühromanischen 
Anlage  fehlen  für  oder  wider  die  Annahme  einer  solchen  jegliche  Anhaltspunkte. 


Abb.  13.    Kirche  in  Emsbüren :  Glockenzier  (1699). 


'Innu. 


Glockoii. 


Im  Übrigen  stammt  die  Kirche,  wie  mitgeteilt,  aus  gotischer  Zeit:  um  1471. 
Es  scheint,  als  ob  das  mit  Steingewölbe  versehene  Joch,  das  vierte  im  Mittel- 
schiff, ehemals  den  Chor  ausgemacht  habe,  hinter  dem  der  1858  abgebrochene 
dreiseitige  Abschluß  lag.  Das  nördlich  hiervon  liegende  Gewölbejoch  ist  an  Stelle 
einer  Sakristei  getreten. 

Der  alte,  romanische  Turm  war  auf  viereckiger  Basis  errichtet  und  — 
nach  der  Kirchenbeschreibung  von  1861  —  mit  niedrigem,  rippenlosem  Gewölbe 
in  der  Durchgangshalle  ausgestattet:  er  ist  in  den  1860er  Jahren  durch  den 
mächtigen,  79  ra  hohen  Turm  von  heute  ersetzt. 

Die  älteste  Glocke:  Durchmesser  1,15m.  Inschrift:  Vivos  voco  •  fulgura- 
frango  •  te  •  colo  •  pia  •  vocor  •  que  •  maria  •  kerckswaren  tho  Emmesbüren  1599. 
M.  T.  0.  (Gießer  vielleicht  Tepe  Ottinck). 

Die  nächstältere,  Durchmesser  0,98  m.  Inschrift:  Vivos  traho,  mortuos 
pello  •  fulgura  frango,  pietatem  instillo  et  vocor  Johannes  usw.  —  1699.  Gerhard 
Schimmel  me  feeit  Daventriae.  Der  Mantel  trägt  die  Plakette  St.  Johannis 
mit  der  Unterschrift  De  Sanjoan.  Im  Ornamentband  sind  Hirsche.  Adler 
und  Wappen  in  Rankenwerk  als  Motive  verwandt  (Abb.  13). 

Die  dritte,  1875  durch  Petit  und  Edelbrock  umgegossene  Glocke, 
Durchmesser  1,58  m,  trug  die  Inschrift:  S.  Andreas  is  min  naeme-min  gelvet 
si  vor  godt  bequaeme  anno  1530  johans  werpe  f. 

Die  vierte,  1875,  von  Petit  und  Edelbrock,  Durchmesser  1,32  m. 


Eine  Lichtsäule,  Sandstein,  Höhe  1,75  m,  ans  dem  Anfange  des  XVI.  Lichtsäule. 
Jahrhunderts.  Der  Sockel  von  0,6H  :  0,66  cm  Seitenlänge  geht  ins  Achteck  über 
und  trägt  ein  etwa  ein  Drittel  des  Ganzen  ausmachendes  achteckiges  Postament. 
Dessen  Seitenflächen  sind  teils  durch  gotisches  Maßwerk  belebt;  auch  eine  Spitz- 
bogenblende mit  Schild  und  Hausmarke  und  eine  kleine,  von  einem  Falz  um- 
zogene  Nische  kommen  daran  vor.    Der  auf  dem  Postament  ruhende  Haupt- 


Abb.  14.    Kirche  in  Emsbüren;  Meßgewand 


körper  ist  aus  einem  Stück  und  von  44 :  44  cm  Seitenlänge.  Er  wird  durch 
vier  gewundene  Säulen  gebildet,  die  oben  durch  eine  achteckige  Platte  zusammen- 
gehalten sind.  Auf  dieser  ist,  den  Spuren  von  Klammern  nach,  noch  ein 
anderer  Gegenstand  befestigt  gewesen.  Die  Lichtsäule  steht  außen  vor  der 
Südfrontmitte  der  Kirche.  Ein  ähnliches  Stück  soll  in  Münster-Überwasser 
auf  dem  Kirchhofe  sein. 

Ein  Meßgewand,  mit  Stickerei  auf  der  Brust-  und  Rückenseite,   aus  Meß'>-ewand. 
dem  Anfange  des  XVI.  Jahrhunderts  (Abb.  14). 

Die  bei  Mithoff  (VI,  41),  erwähnten  Apostelfiguren,  die  aus  der  ehemaligen  statuen 
Minoritenkirche  zu  Münster  stammten,  waren  stark  bewegte  Arbeiten  aus  der 


-^    2G     i^- 

Mitte  des  XVIII.  lahrhunderts.     Sie  sind  in  don  1890ftr  .lahren  in  den  Kunst- 
handel gekommen. 
Steiniuotz-  Steininelzzeichen  in  den  F'ensterleibungen  der  Kirche: 


zeichen. 


•^ 


=f^^T 


Taufe.  Ein  Taufstein,  Bentheinier  Material.  Höhe  94  ein.  oberer  Durchmesser 

87  eni  (Abb.  15),  von  fast   zylindrischer  Form,   mit   kaum   abgesetztem  Fuß. 


Abb.  16.    Kirche  in  Emsbüren;  Taufstein. 


trägt  in  seiner  unteren  Hälfte  zwei  Umgürtungen  aus  je  einem  einfachen, 
tauähnlichen  Wulst.  Die  übrigbleibende  Zylinderfläche  ist  durch  eine  romanische 
Zwergarkadendarstellung  in  flachem  Relief  belebt.  (Vgl.  die  Taufsteine  zu 
Bersenbrück  und  Üffeln,  Kr.  Bersenbrück,  Bd.  IV,  3,  S.  90  u.  191.) 


Estringen. 

Katliolisclie  Kapelle  (außer  Gebranch). 

üie  Bauerschaft  Estringen,  6  km  südöstlich  von  Lingen  und  2  km 
nördlich  von  Bramsche,  rechts  der  Ems  belegen,  gehört  politisch  zu  diesem, 
kirchlich  zu  Lingen. 


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->^    27     g*<^ 

Die  in  einer  Urkunde  des  XII.  Jahrhunderts  auftretende  Namensform  ist  Geschichte. 
Asderingon    (0.    U.    B.  I,    116,   §  16).     Eine  Urkunde  des  Jahres   1250  (0.  U. 
B.  II,  572)  bezeugt  die  Zugehörigkeit  Estringens  zur  Pfarre  Lingen.     Von  einem 
Hause  Estrink,  das  Eigentum  des  Grafen  von  Tecklenburg  war  und  von  diesem 


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Abb.  16.    Kapelle  in  Estringen;  Ansieht  von  Südost. 


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Abb.  17.    Kapelle  in  Estringen:  Grundriß  (1:250). 


dem  Kloster  Gravenhorst  geschenkt  wurde,  berichtet  eine  Urkunde  des  Jahres 
1257*),  den  adehgen  Namen  von  Esterynck  nennt  eine  Urkunde  von  1795 
(0.  U.  B.  m,  212). 

Die  Estringer  Kapelle  ist  nach  einer  Inschrift  über  der  Südtür  1520 
erbaut.  Sie  wurde  bei  den  Versuchen  Cords  v.  Tecklenburg,  die  Reformation 
einzuführen,    1540    „ruiniert"   (Goldschmidt    a.  a.  0.,   S.  38)  und    unter   den 

*)  Die  Urkunde  wie  auch  U.  B.  III,  501  und  die  „Beschrlvinge"  erwähnen  eine 
jetzt  vergessene,  namenkundlich  interessante  ürtlichkeit  Honovere. 


•^'i     28     }^' 

Oraniern    If/JT— 1005,   und  «luiiii    vom    l(i.'>3  al)    den  Kefonnierteii   überwiesen. 
1756  zerstörte  ein  Brand  den  IJachstuhl  und  vielleicht  auch  die  Gewölbe.     Im 
Jahre   1S27    wurde   der  Westieil   zur  Schule   ausgebaut.     Im   übrif^en   i.st  die 
Kapelle  unbenutzt, 
lid-  Die  Kstringer  Kapelle  (Abb.  10)  hat  ein  aus  glatt  behauenen  Sandstein - 

»chroibunK.  (madpm  bestehendes  Langhaus,  das  ehemals,  wie  sich  aus  der  Stellung  der 
Streben  im  Äußern  ergibt,  in  zwei  -lochen,  wahrscheinlich  glatt  aus  der  Wand 
heraus,  gewölbt  war.  Der  Chor  schließt  mit  drei  Seiten  eines  regelmäßigen 
Achteckes  (s.  Grundriß,  Abb.  17).  Die  jetzt  zugesetzten  Spitzbogenfenster 
zeigen  noch  Reste  von  Dreipaß  und  Fischbla.senmaßwerk.  Über  der  Südtür 
ist  die  Jahreszahl  M^CCCCCXX  eingemeißelt.  Auf  dem  Westende  des  Daches 
befindet  sich  ein  vierseitiger  Dachreiter. 

Steinmetz-  Steinmetzzeichen  in  den  Fensterleibungen:  ^{       %      ^ 


reichen  ^  X'        ^        ^VnT-^ 


Freren. 

Unierte  Kirche,  katb.  Kirche  (1S99). 

Der  Ort  Freren  (etwas  über  700  Einwohner)  hat  sich  angebaut  am 
Ostabhange  eines  sandigen  Höhenrückens,  im  geologischen  Flußgebiet  der  Aa, 
das  sich  in  dieser  Gegend  durch  ausgedehnte  Sümpfe  kennzeichnet,  welche 
erst  seit  1902  entwässert  worden  sind.  Der  Ort  wurde  1732  (vgl.  Weddes 
westfäl.  Nationalkalender  von  1800,  S.  49)  vom  König  Friedrich  Wilhelm  von 
Preußen  zur  Stadt  erhoben.  Gute  Verbindungswege,  die  Lage  an  der  Haupt- 
poststraße von  Osnabrück  nach  Amsterdam  und  die  1880  angelegte  Eisenbahn 
Rheine-Quackenbrück  hoben  Handel  und  Verkehr  des  Platzes:  er  ist  der 
Marktort  für  sieben  Bauerschaften,  die  auch  zu  seinem  Kirchspiele  gehören. 
(Über  das  Amt  Freren  siehe  Goldschmidt,  S,  319,  Anm.  1  u.  S.  498.)  Der 
Charakter  Frerens  ist  der  einer  offenen  Landstadt.  Die  Häuser  sind  reihen- 
weise an  den  drei  "Landstraßen  angebaut,  welche  sich  in  der  Nähe  des  Markt- 
platzes und  der  Kirche  gabeln.  Das  Alter  der  Wohnhäuser  reicht  nicht  über 
den  Ausgang  des  XVII.  Jahrhunderts  zurüc^k.  Der  größere  Teil  gehört  dem 
Anfange  des  XIX.  Jahrhunderts  an  und  zeigt  holländische  Baueigentümlich- 
keiten, kleinformatige  Ziegel,  geraden  Fenstersturz,  gewalmte  Giebel.  Das 
Amtsgericht,  das  aus  drei  Backsteinbauten  besteht,  ist  1832  bezogen  worden. 
Geschichte.  Die  Namensschreibweise  des  Ortes  kommt  vor  in  den  Formen  Vrederen 

um  1152  (vgl.  Sandhoff  B.  I,  S.  115;  auch  Kindlinger  a.  a.  0.,  2.  Bd., 
U.  30,  §  9,  Register  des  Abtes  Widekind,  1185 — 1205),  Friduren  in  einer 
Urkunde  zwischen  891  und  1037  betreffs  einer  Landschenkung  an  Corvey. 
Friderun  um  1000  (0.  U.  B.  I,  116a),  Vrideren  1150.  Fredderen  1195 
(0.  U.  B.  I,  418). 


->*§     29    S^ 

Freien  gehörte  in  alter  Zeit  wahrscheinlich  zui  Mark  Sachslingen  im 
Venkigau,  in  dem  es,  weil  es  Taufkirche  war  (0.  U.  B.  I,  302,  v.  J.  1157), 
die  erste  Kirchengründung  gewesen  sein  wird.  Und  zwar  ist  diese  Gründung 
mit  Wahrscheinlichkeit  dem  hl.  Wiho  zuzuschreiben,  der  bis  772  in  der 
später  als  Nordland  bezeichneten  Gegend,  wozu  der  Venkigau  gehörte,  als 
Missionar  wirkte.  Als  Pfarrkirche  wird  die  Frerener  Kirche  in  einer  Urkunde 
vom  Jahre  1152  bezeugt  (Sandhoff  a.  a.  0.  I,  115).  Das  Patronatsrecht  über 
sie  erhielt  und  übte  aus  das  Kloster  zu  Corvey  (0.  U.  B.  I,  279,  um 
d.  J.  1150).  Noch  im  Jahre  1658  erhob  der  Abt  von  Corvey  Ansprüche  auf 
das  Patronat  (Kindlinger  a.  a.  0.,  S.  232).  Als  erster  Kirchenpatron  gilt  der 
hl.  Andreas  Ap.  Erst  später  wurde  der  hl.  Vitus  als  Corveyer  Schutzheiliger 
dazu  angenommen  (vgl.  Lindenborn,  a.  a.  0.,  S.  552).  Goldschmidt.  Urk.  7, 
ferner  M.  d.  Hist.  Ver.  zu  Osn.  22,  262,  nennen  einige  Priester  der  Kirche 
aus  den  Jahren  1456  und  1457.  Von  einer  Stiftung  eines  Benificiums  zu 
Ehren  der  Jungfrau  Maria,  des  Erzengels  Gabriel  und  der  heiligen  drei  Könige 
durch  Ghysecke  Budde  auf  dem  Hause  Hange  und  Cord  Vrige  aus  dem  Jahre 
1459  handelt  mit  Beziehung  auf  eine  verlorene  Urkunde  Goldschmidt  S.  17  ff. 
Über  die  Pfarreinkünfte  enthält  die  „Beschrivinge"  des  Notars  Wilde  von  1550 
eingehende  Angaben.    (Siehe  darüber  Schriever,  B.  II,  S.  240  ff.) 

Das  Kloster  zu  Corvey  besaß,  wie  es  in  der  ganzen  Gegend  vielfach 
Besitz  hatte,  so  in  Freren  einen  Haupthof  (0.  U.  B.  I,  20,  26,  36,  37,  Gl,  62). 
Das  Besitzverhältnis  verwischt  sich  im  Laufe  des  XIII.  und  XIV.  Jahrhunderts. 
Allgemein  tritt  seit  dem  XIII.  Jahrhundert  der  bischöfl.  Stuhl  von  Osnabrück 
mit  Rechten  in  der  Gegend  auf.  (Siehe  Lodtmann  a.  a.  0.  I,  81  und  M.  d. 
Hist.  Ver.  zu  Osn.  3,  117.)  Von  einem  anderen  Corveyschen  Hofe  in  Freren 
wird  im  Lehnbuche  von  1355  gehandelt  (Ztschr.  für  Vaterl.  Gesch.  und  Alter- 
tumskunde, Münster,  B.  41,  S.  82).  Auch  die  „Beschrivinge"  von  1555  er- 
wähnt den  Hof. 

Die  Einführung  der  Reformation  in  Freien  datiert  mit  der  Einsetzung 
eines  lutherischen  Predigers  durch  den  Grafen  Conrad  I.  von  Tecklenburg 
(1541—1546).  Dieser  kirchliche  Eingriff  und  andere  Neuerungen,  zugleich  auch 
Grenzstreitigkeiten,  führten  zu  täthchem  Überfall  auf  Freren  durch  den  fürst- 
bischöflichen Vogt  und  schließlich  zur  Klage  zwischen  dem  Bischof  von 
Osnabrück  und  Conrad  von  Tecklenburg  (Goldschmidt,  S.  40).  Der  Tod 
Conrads  unterbrach  die  Einführung  der  Reformation.  1559—1590  gehörte 
Freren  zu  dem  neuerrichteten  Bistum  Deventer.  (Siehe  Lindenborn  a.  a.  0., 
p.  30  ff.)  Die  Ereignisse  des  spanisch-niederländischen  und  des  Dreißigjährigen 
Krieges  hatten  wie  allerorts,  so  auch  in  P'reren  die  Wirkung,  daß  der  Besitz 
von  Kirche,  Schule  und  kirchlichen  Gütern  einem  beständigen  Wechsel  zwischen 
Katholiken  und  Reformierten  unterlag,  bis  ihn  1674  die  Katholiken  end- 
gültig verloren. 

Der  katholische  Gottesdienst  wurde  verbotenermaßen  in  Heimlichkeit 
abgehalten,  bis  Jahrzehnte  später  duldsamere  Zeiten  gestatteten,  ein  kleines 
Gotteshaus  auf  dem  Settruper  Felde  zu  errichten  (1708),  das  1749  durch  eine 
Notkirche  aus  Fach  werk   ersetzt  wurde    und    1784    einen    Turm    mit   Glocke 


-^     30     h<^ 


achroibun}^. 


erhielt.    Die  katholische  Gemeinde  besitzt  jetzt  ein  neues  dreischiffiges  Gottes- 
haus, das  1899   geweiht  wurde.     In  Freien  unierten  sich  die  wenigen  Refor- 
mierten und  Lutheraner  im  .Jahre  1823:  dadurch   entging  die   j)rotestantische 
Gemeinde  dem  (ieschick  der  Cberweisung  an  das  Kirchspiol  Schapen  und  blieb  ' 
im  Besitz  der  alten  Kirche. 

Die  Frerener  Kirche  (Abb.  18)  liegt  auf  einer  natürlichen  Erhöhung 
inmitten  ihres  jetzt  nicht  mehr  benutzten  Kirchhofs.  Der  dreigeschossige 
Turm  aus  behauenen  Findlingen  ist  augenscheinUch  der  älteste  Teil  der  Kirche 


Abb.  18.    Kirche  in  Freren;  Ansicht  von  Südost. 


(um  1200).  Freilich  stammt  sein  oberstes  Geschoß  mit  gekuppelten,  spitz- 
bogigea  Fenstern  aus  der  Zeit  um  1350.  Der  Turmhelm  bildet  eine  achtseitige 
Pyramide.  Das  Schiff  (vgl.  Grundriß,  Abb.  19)  ist  an  den  Turm  herangebaut; 
es  besteht,  wie  die  außen  vortretenden  Streben  zeigen,  aus  drei  Jochen  und 
zeigt  Stilformen  der  romanisch-gotischen  Übergangszeit.  Der  Chor  schließt 
mit  fünf  Seiten  eines  Achtecks  ab  und  entstammt  gotischer  Zeit.  Als  Material 
finden  sich  an  dem  älteren  Teil  der  Kirche,  namentlich  augenfällig  an  der 
Südseite,  ganze  Blöcke  aus  Muschelkalk  verwandt;  Fenster-  und  Tür- 
umrahmungen sind  von  gut  zunftmäßiger  Arbeit. 

Im  Chor  ist  das  Material  weniger  sorgfältig  gewählt.  An  der  Südseite 
der  Kirche  hat  ein  gewölbter  Anbau  (Sakristei)  bestanden,  dessen  ehemalige 
Zugangstür  in  der  Wand  des  dritten  Joches  (ehemaligen  Chores)  sichtbar  wird. 

Von  den  drei  Jochen  des  Schiffes  tragen  die  ersten  beiden 
Kreuzgewölbe  auf  starken,  spätromanischen  Wandvorlagen   (Abb.  20)  mit  ein- 


^>^     31     Sk^ 

gebundenen  Säulen  in  den  Ecken  und  auf  spitzen  Schildbögen  und  kräftigen 
Rippen  in  Haustein.  Die  Gurten  sind  spitzbogig  (s.  d.  Schnitt  Abb.  22).  Das 
dritte  Joch  hat  ein  gotisches  Sterngewölbe  in  Backstein,  und  der  Chor  ist  in 


Abb.  19     Kirche  in  Freren ;    Grundriß  (1 :  250) 


gleicher  Weise  auf  Wandsäulen  in  Backstein  ab- 
gewölbt. Im  ersten  Joch  liegen  zwei  Türen  (die  an  ^ 
der  Nordseite  ist  zugesetzt),  beide  zeigen  Rundwülste 
mit  Knäufen  und  sind  spitzbogig  geschlossen  (s.  Tafel  3, 
Abb.  21).  Das  spitzbogige  Fenster  über  der  Südtür 
hat  erst  später  seine  gegenwärtige  Gestalt  erhalten. 
Im  zweiten  Joche  finden  sich  rundbogig  geschlossene, 
hochansetzende  Fenster,  die  ebenfalls  mit  Rundsäulen 
und  Knäufen  daran  nach  der  Weise  der  Übergangs- 
zeit versehen  sind.  Auch  das  dritte  Joch  hat  rund- 
bogig  geschlossene  Fenster  hüben  und  drüben,  die 
aber  glatte  Leibungen  und  Steinschnitt  nach  der  Art 
des  Anfangs  des  XIII.  Jahrhunderts  besitzen  und  so 
den  Schluß  gestatten,  daß  dieses  Joch  der  älteste  Teil 
der  Kirche  sei,  über  den  in  Hinblick  auf  die  Be- 
schaffenheit des  Mauerwerkes  und  die  Spuren  einer 
Sakristei  anzunehmen  ist,  daß  er  ehemals  den  Chor 
der  Kirche  gebildet  habe.  Der  um  eine  Stufe  erhöhte 
Chor  trägt  an  Wandsäulen  (s.  Abb.  23)  Sakraments- 
nische und  Fenster,  sowie  in  den  vorkommenden 
Steinmetzzeichen  die  Merkmale  der  letzten  Jahrzehnte 
des  XV.  Jahrhunderts. 


Eine   Glocke    mit    der   zweireihigen   Inschrift    in 
lateinischen  Großbuchstaben:   Verbum  domini  manet 


Glocken. 


Abb.  20.    Kirche  in  Freren; 
Wandvorlage  im  Schiff. 


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Kanzel, 


in  aeteruurii  Gisbert.  Diderich  uiidf  Hugo  Budden  (iebrodere.  Herrninrich 
Lobekens.  Pastor  tho  Freren  anno  1586.  M.  Tepeottinck.  Untere  Durcli- 
mosser  l,;i2  in. 

Eine  zweite,  mit  ebenfalls  zweireihiger  Inschrift  in  lateinischen  üroß- 
l)uchstaben  und  der  Meisterbezeichnung :  Friedrich  Moritz  Rincker  von  Osnabrück 
hat    mich     gegossen     iin    Jahre    1755   nach    ?>eren.     Durch- 
messer 1,15  ni. 

Die  Kanzel,  von  Holz,  mit  sechseckigem  Stuhl  auf  Fuß 
und  sechseckigem,  einfachem  Schalldeckel,  etwa  Anfang 
XVII.  Jahrhunderts.  Die  Flächen  des  Stuhles  haben  Füllungen 
in  Form  von  Renaissancenischen. 


Abb.  2i.    Kiicbe  in  Freien ;  Schnitt, 


Abb.  23.   Kirche  in 

Freren ;  Wandsäule 

im  Chor. 


Orgel.  Der  Orgelprospekt,  einfach,  1696  vom  Prinzen  von  Oranien  der  Kirche 

geschenkt,  trägt  am  Gehäuse  das  oranische  Wappen. 
Sakraments-  Ein  Sakramentshäuschen  aus  feinem  Sandstein,  mit  Sockel  unterhalb 

bauschen.    ^^^  rechteckigen    Nische    und  durchbrochenem,    baldachinartig  vorgezogenem 
Wimpergenwerk  oberhalb  desselben.     Spätgotische  Arbeit. 
Waui-  Im   ersten    und   zweiten  Joche   fanden   sich  bei  Erneuerungsarbeiten 

gema    e.  ^^^  j^q^  farbige  Darstellungen  der  Mutter  Gottes  mit  dem  Kinde,   Anbetung 
der  Weisen,  des  hl.  Christophorus  und  einiger  Apostel. 
Steinmetz-  An  den  Leibungsquadern  der  Chorfenster  und  der  Nordstreben,  zwischen 

zeichen,    qj^^j.  ^^^  Schiff,  finden  sich  nachstehende  Steinmetzzeichen: 


%^ 


Katboli.sche  Kirche. 

Das  katholische  Gotteshaus,  eine  dreischiffige  Hallenkirche  nach 
gotischem  Stil,  ist  in  den  Jahren  1895—1899  erbaut.  Ausstattung,  Geräte  und 
Glocken  sind  neu.     Über  eine  Glocke  aus  dem  Jahre  1784  siehe  unter  Wettrup. 


Grumsmühlen. 


Das  Gut  Grumsmühlen  in  der  Bauerschaft  Langen  gehört  zu  den 
älteren  Edelmannshöfen  in  der  Grafschaft  Lingen  (Goldschmidt  a.  a.  0.,  S.  2). 
In  der  ersten  Hälfte  des  XVI.  Jahrhunderts  sollen  ein  Turm  und  Gräfte  daselbst 
angelegt  worden  sein.  Der  Turm  besteht  nicht  mehr.  Das  Gut  befindet  sich 
in  Besitz  der  Freiherrlichen  Familie  von  Böselager. 


Hange. 

Zu  Hange,  einem  zur  Bauerschaft  Settlage  gehörenden  Gute  an  der 
Aa,  2  km  südöstlich  von  Freren,  bestand  ehemals  ein  Schloß.  Als  Besitzer 
treten  im  XV.  Jahrhundert  die  Buddes  auf.  Um  1650  wird  der  Herr  von 
Ascheberg  zum  Hange  genannt  (Goldschmidt  a.  a.  0.,  S.  17  f.  u.  S.  126).  Der 
Jetzige  Besitzer  hat  den  Gutskomplex  dem  Klerus  zur  Errichtung  eines  Er- 
ziehungsheimes vermacht.  Von  älteren  baulichen  Resten  ist  nur  noch  das 
Eingangstor  —  etwa  um  1780  —  vorhanden. 


Herzfort  h. 


Gutshaas. 

Im  Elberger  Markengebiet  erbaute  der  Bischof  Ludwig  II.  von  Münster 
bei  Herzevorthe  —  Hriesforda  (0.  U.  B.  I,  57),  Herssenveerde  um  1400  genannt 
—  an  der  Ems  um  1336  eine  Burg  „tor  Slipse"  zum  Schutze  des  Ober-  und 
Niederstiftes  Lingen  gegen  den  Grafen  von  Tecklenburg.  Als  Burgmannen 
boten  sich  ihm  nach  einer  Urkunde  dieses  Jahres  (Niesert  a.  a.  0.  II,  73) 
zwei  Knappen  aus  dem  Hause  von  Senden  an,  die  wahrscheinlich  auch  als 
solche  angenommen  wurden  und  nach  der  baldigen  Zerstörung  der  Burg  tor 
Slipse  durch  den  Grafen  von  Tecklenburg  die  in  der  Nähe  derselben  neu 
aufgeführte  Burg  Herzevorth  bewohnten.  Auch  diese  wurde  zerstört,  und 
zwar  durch  den  Bentheimer  Grafen,  aber  bald  durch  Bischof  Heidenreich 
Wulf  wiederhergestellt  (Diepenbrock  a.  a.  0.,  S.  176,  180  ff.,  185  f.,  Goldschmidt 
a.  a.  0.,  S.  39).  Die  Besitzer  von  Herzforth  wechselten  wiederholt  und  sind 
geschichtlich  nicht  einwandfrei  überhefert.    Im  XVIII.  Jahrhundert  finden  sich 

3 


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-^     34     ?--- 

die  Familien  von  Landslxrrfzr-i  und  von  Hrtiorlcrnrrifi  genannt:  uni  1780  eine 
Gräfin  von  Nessolrodi;  zu  lOhrenhoff  n.  Durcfi  Heirat  i<ani  von  dieser  aus  das  Gut 
in  Besitz  der  Familie  von  Möller  und  um  18ö()  durch  Kauf  an  einen  Baron  von 
Morsey,  weleher  seinerseits  es  bald  an  den  Herzog  von  Arenberg  weiter  verkaufte. 


Abb.  24.    Haus  Ilerzfoith.    Lugeplaii  (1 :  ÖOOO). 


Be- 

schreibnna-. 


Das  Haus  Herzforth  —  <()  km  ssw.  von  Lingen  —  ist  eine  ungefähr 
quadratische,  von  einer  Graft  umzogene  Anlage  (s.  Abb.  24).  Die  im  Halbkreis 
ausgebuchtete  Zugangseite  im  Osten  enthält  eine  Pforte  mit  Brücke,  beseitet  von 
kleinen,  quadratischen,  mit  gebrochenem  Zeltdach  versehenen  Pavillonbauten. 


Abb.  25.    Uaus  Herzforth:  Herrenhaus. 


Gegenüber,  jenseits  des  durch  Wirtschaftsgebäude  (jetzt  ist  nur  noch  das 
südliche  vorhanden)  seitlich  begrenzten  Hofes,  liegt  das  Herrenhaus.  Der  Rest 
des  Komplexes  innerhalb  der  Graft  wird  von  Gärten  eingenommen.  Die  Gesamt- 
anlage ist  einheitlich  und  wird  dem  Münsterischen  Barockarchitekten  Joh 
Conr.  Schlaun  (1094 — 1773)  zugeschrieben. 

Das  Herrenhaus  (Abb.  25),  aus  kleinformatigen  Ziegeln  mit  Sockel. 
Eck  Verzahnung,  Kranzsims,  Fenster-  und  Türgewänden  aus  Sandstein,  ist  ein 
eingeschossiger  Bau;  das  Dach  gewalmtund  mit  je  einem  Kamin  auf  dem  First- 


->^     nö    sp- 
ende versehen.    Zwei  kleine  Fiügelanbuuten  sind  gartenwärts  hinausgeschoben, 
so  daß  der  Grundriß  etwa  U-förmige  Gestalt  annimmt.     Die  Hoffront  enthält 
in  einem   wenig  vorgezogenen   Risalit  (Abb.    26)   die  Eingangstür   mit   einer 
Freitreppe  davor.     Der  Risalitgiebel 
setzt  von  den  Seiten  her  in  konkav 
geschwungenen  Linien  an  und  schließt 
mit  einem  verkröpften  Sims  in  Kreis- 
bogenform. Im  Giebelfeld  findet  sich 
ein  (jetzt  vermauertes)  Rundfenster. 
Die  Haustür  hat  als  Verdachung  einen 
verkröpften    Segmentgiebel    und    im 
Giebelfelde    das    Wappen    der    von 
Schorlemer. 

Das  hohe  Kellergeschoß  ist  mit 
vorzüglich  gemauerten  Backstein- 
kreuzgew^ölben  ohne  Verputz  über- 
deckt. Es  enthält  außer  der  ge- 
räumigen Küche  und  Vorratsräumen 
eine  jetzt  vernachlässigte  kleine 
Hauskapelle.  Im  Erdgeschoß  sind 
der  Vorhalle,  welche  die  Breite  des 
Risalits,  aber  nur  die  halbe  Tiefe 
des  Gebäudes  einnimmt,  die  in  zwei 

Reihen   nebeneinander  angeordneten     Abb.  20.  Haus  iierzfoitii :  Poitai  des  Herrenhauses 
Zimmer  angegliedert. 


Holthausen. 

riolthausen  (nach  Goldschmidt  a.  a. 0.,  S.  2),  ein  Gut  im  Amte  Lingen, 
ehemals  ein  Herrensitz  derer  von  Flaginch. 


Kreyenribbe. 

Kreyenribbe,  ein  jetzt  nicht  mehr  vorhandenes  Gut,  südUch  von 
Lengerich,  zur  Bauerschaft  Lengerich  gehörend.  Seine  Stätte  ist  am  Blomenberg 
erkennbar.  Im  XVI.  -Jahrhundert  gehörte  das  Gut  der  Familie  von  Langen- 
Kreyenribbe,  später  den  von  Alten-Boccum  (Goldschmidt  a.  a.  0.,  S.  2). 


Lengerich. 

Reformierte  Kirche.     Kutli.  Kirclic  187.'». 

Das  Dorf  Lengerich,  16  km  onö,  von  Lingen  in  einer  wiesenreichen 
Niederung  am  Rande  von  Sandhöhen  angebaut,  hat  etwas  über  500  Einwohner 
und  eine  Bauerschaft  von  über  1200  Einwohnern. 
Geschiclite  Der  Name  Lengerich    tritt  wiederholt   auf  in   Urkunden,   welche  den 

Besitz  verschiedener  Klöster  in  der  Mark  Lengerich  behandeln :  so  in  der 
Form  Lengreke  zwischen  900  und  10(X)  (0.  L'.  B.  I,  62),  Lengirichi  um  \i)Q^) 
(0.  U.  B.  I,  116,  §  28),  ferner  Leingercho  1160  (0.  U.  B.  I,  311),  Lengerike 
(0.  U.  B.  III.  625). 

Das  Lengericher  Gotteshaus  gehört  zu  den  ältesten  Stiftungen  in  der 
alten  Mark  Saxlinga.  Wahrscheinlich  hat  schon  819  eine  Ecclesia= Pfarrkirche 
in  Lengerich  bestanden  (s.  Schriever  I,  S.  107),  wenn  auch  die  frühesten 
urkundlichen  Erwähnungen  der  Pfarrkirche  erst  1269  sich  finden.  (Eine 
Erwähnung  s.  0.  U.  B.  III,  395.)  Besonders  genannt  sei  hier  der  Tausch  vertrag, 
in  welchem  Bernardus  de  Ahauss  seinen  Hauptsitz,  den  ,,Sadelhoff  tho 
Lengericke"  mit  Zubehör  ,,dem  heren  Abtte  unnd  Conuente  *  tho  Werden" 
gegen  einen  andern  Sadelhof  vertauscht  (0.  U.  B.  III,  397,  s.  auch  M.  d.  Hist. 
Ver.  zu  Osn.  4,  364  ff.). 

Dieser  Bernhard  war  Patron  der  Pfarre  und  der  Kirche  zu  Lengerich, 
deren  Gründung  wahrscheinlich  von  seinen  Vorfahren  ausgegangen  war,  wie 
denn  auch  Kirche  und  Pfarre  auf  dem  Grund  und  Boden  des  Sadelhofes 
standen.  Als  Vögte  der  Abtei  Werden  auf  dem  Sadelhof  wurden  mit  dem 
Tausche  die  Hakes  übernommen,  welche  eine  mit  Wall  und  Graben  bewehrte 
Burg,  die  noch  1579  als  ,, Hakenburg"  erwähnt  wird,  aufführten*). 

Der  Familie  Hake  folgte  1565  auf  dem  Sadelhofe  die  Familie  Tork, 
deren  Mannesstamm  1638  erlosch.  (Über  die  Torks  s.  M.  d.  Hist.  Ver.  zu  Osn., 
Bd.  4,  377.)  Darauf  war  bis  1756  die  Famihe  von  Reede  im  Besitz  des 
Hofes,  welcher  dann  auf  die  Familie  Droste  zu  Vischering  überging. 

Schutzheiliger  der  Kirche  zu  Lengerich  war  der  hl.  Benediktus,  dessen 
Erwählung  auf  den  etwa  seit  1269  zu  datierenden  Einfluß  der  Benediktiner- 
Abtei  in  Werden  zurückzuführen  sein  mag.  Das  Patronatsrecht  über  die 
Kirche  lag  in  den  Händen  der  Hakes,  die  es  noch  1478  besaßen.  In  einem 
Lehnsbriefe  von  1565  wurde  es  jedoch  dem  Abte  vorbehalten,  der  es  zuletzt 
im  Jahre  1672  ausübte.  Um  die  Reformation  einzuführen,  setzte  Graf 
Nicolaus  IV.  zu  Lingen,  unter  Nichtachtung  Jener  Patron atsrechte,  einen 
reformierten  Pfarrer  ein.  Sein  Nachfolger,  Graf  Conrad  von  Tecklenburg, 
beging  noch  weitergehende  Übergriffe,  die  1543  zur  Klage  zwischen  ihm  und 
dem  Abte  führten  (s.  Goldschmidt  a.  a.  0.,  S.  37  und  49). 


*)  Nach  Heimat  künde  des  Kreises  Lingen  (^S.  9»;)  lag"  sie  im  jetzigen  Garten  des 
Krankenhauses  nnd  war  aus  Ziegelsteinen  erbaut,  sie  hatte  einen  Innen-  und  Aufsengrabeu  : 
dieser  ist  noch  erhalten,  jener  aber,  der  noch  durch  eine  2V2  "i  hohe  Mauer  mit  festen 
halbeisernen  Türen  verstärkt  war,   ist  179o  beim  Alibruch  der  Burg   zugesebiittct  wordeu 


Tafel  4. 


Abb.  21  u.  30. 
KIRCHE  IN  LRNQERICn;  Aussenansicht, 


InnereSi 


iryj8  fiel  im  Zusammenhang  mit  dem  Vordringen  der  Niederländer  im 
Lingonschen  auch  zu  Lengerich  Kirche,  Kirchenverrnögen  und  Pfarre  den 
Heformierten  zu.  Zwar  gelangten  diese  Güter  schon  1605  an  die  Katholiken 
zurück,  doch  wurden  sie  seit  dem  Edikt  des  Prinzen  Wilhelm  II.  von  Oranien 
und  der  Einführung  eines  reformierten  Predigers  1651  —  wenn  auch  stark 
umstritten  —  Besitz  der  Reformierten.  Seitdem  hielten  die  Katholiken  ihren 
Ciottesdienst  anfangs  in  einem  Saale  auf  dem  Hause  Tork,  wohin  auch  der 
von  Johann  von  Tork  und  seiner  üemahlin  geschenkte  Altar  verbracht  war, 
später  in  einem  Bethause  aus  Fachwerk  außerhalb  des  Ortes.  Gelegenthch 
des  bischöflich-münsterschen  Vorstoßes  im  Jahre  1074  bemächtigten  sich 
vorübergehend  die  Katholiken  ihrer  ehemaligen  Kirche,  wurden  aber  durch 
holländische  Soldaten  daraus  vertrieben.  Der  Streit  um  den  Besitz  der  Kirche 
und  eine  Entschädigung  für  das  den  Katholiken  verloren  gegangene  Kirchen- 
vermögen setzte  sich  bis  18(52  fort  und  schlief  dann  unerledigt  ein,  so  daß 
die  Kirche  im  Besitz  der  Reformierten  geblieben  ist. 

Die  katholische  Gemeinde  zu  Lengerich  erbaute  sich  eine  eigene  drei- 
schiffige  Kirche,  die  1905  geweiht  werden  konnte. 
Be-  Die    alte   Kirche    zu   Lengerich    (s.    Tafel  4,    Abb.    27j    hegt    etwas 

Bc  reibung.  gj.jjQi^i^  inmitten  ihres  Kirchhofes.  Die  umliegenden  Häuser  sollen  noch 
Jetzt  größtenteils  im  Besitz  von  Heuerleuten  der  Großbauern  aus 
dem  Kirchspiele  sein,  die  ehemals,  wenn  sie  zum  Gottesdienst  kamen,  hier 
abstiegen. 

Die  Kirche  (Grundr.,  Abb.  28)  besteht  aus  einem  dreischiffigen  Lang- 
hause, hat  im  Osten  einen  Chor  mit  VorJoch  und  einen  Abschluß  in  fünf 
Seiten  eines  Achtecks.  Außen  kennzeichnet  sich  das  Gewölbesystem  durch 
Streben.  Der  im  Westen  vorgelagerte  Turm  gehört  in  die  bereits  genannte 
Gruppe  der  romanischen  Kirchtürme  (s.  Einleitung  S.  10). 

Turm.  Der  Turm  besteht  bis  zu  einer  Höhe  von  etwa   17,50  m  aus  Granit- 

Mauerwerk.  Das  darüber  anhebende  Turmgeschoß  aus  Quadern  ist  Jüngei 
und,  wie  eine  Inschrift  an  der  westlichen  Außenseite  besagt,  1528  aufgesetzt. 
Den  Abschluß  bildet  ein  niedriges  Walmdach.  Die  Durchgangshalle  im  Erd- 
geschoß hat  eine  rundbogig  geschlossene  Tür  im  Westen  und  zwei  Türöff- 
nungen gegen  das  Schiff  hin,  deren  Rundbogen  über  Kämpfern  mit  Platte 
und  Hohlkehle  ansetzen.  Die  Schallöffnungen  im  alten  Teile  des  Turmes 
zeigen  ebenfalls  Rundbogen,  die  durch  Säulen  mit  Würfelkapitellen  geteilt 
sind.  Solcher  gekuppelter  Fenster  sitzen  zwei  in  Jeder  Turmseite.  Das  obere 
Turmgeschoß  hat  Je  ein  gotisches  Fenster. 

Schiif.  Das  an  den  Turm  anstoßende  Mauerwerk  der  Westwand  des  Schiffe> 

unterscheidet  sich  in  seiner  Art  von  dem  des  übrigen  Schiffes,  scheint  aber 
übereinzustimmen  mit  dem  Mauerwerk  des  VorJoches  vom  Chor,  das  als 
Merkmale  zur  Datierung  die  hochansetzenden,  schmalen,  spitzbogigen  Fenster 
mit  Nasenwerk  (erste  Hälfte  des  XIV.  Jahrhunderts)  aufweist.  Das  Langhaus 
besteht  im  übrigen  aus  Bruchsteinmauerwerk  mit  Quadereinfassung.  Die  drei 
Mitteljoche  sind  auf  Rundpfeilern  mit  polygonalen  Basen  und  Hohlkehlen - 
kapitellen  gewölbt;  die  Seitenjoche  zeigen  an  den  Umfassungswänden  Konsolen 


->-§    39    §K^ 

(Abb.    29).     Die    Architekturglieder  weisen   auf  die  Zeit  um    1480  hin.     Die 
Gewölbe  sind  durchweg  in  Backstein  ausgeführt  (s.  Tafel  4,  Abb.  30). 

In  der  Nordseite  befindet  sich  eine  einfache  Spitzbogentür,  die  vom 
Kaffsims  rechteckig  umzogen  wird;  darüber  ist  eine  rechteckige  Nische  an- 
gebracht, welche  die  Figur  des  hJ.  Benedikt  enthält.  Eine  andere  Tür  in  der  Süd- 
wand des  westlichen  Joches  und  ferner  je  eine  in  der  Nord-  und  Südwand  des 
Vorjoches  zum  Chor,  deren  letztere  in  eine  jetzt  nicht  mehr  vorhandene  Sakristei 
geführt  zu  haben  scheint,  sind  heutigestages  vermauert. 


Abb.  29.    Kirche  in  Lengerich:  Schnitt  (i  :250.; 


Die  Fenster  im  Langhaus  und  im  Chorabschluß   zeigen  Fischblasen- 
uud  Dreipaßmuster. 

In  dem  Vorjoche  des  um  zwei  Stufen  erhöhten  Chores  finden  sich  an  Chor. 
Pfeilerbasen  und  Kämpfern  Profile  im  Stile  der  Übergangszeit.  Eine  Kappe 
des  Kreuzgewölbes  besteht  noch  aus  Bruchstein,  während  die  übrigen  die  all- 
gemein kurz  vor  1500  auftretende  Backsteinwölbung  aufweisen.  Der  Chor- 
abschluß hat  Netzgewölbe  mit  reich  ausgebildetem  Mittelschlußstein,  an  dem 
Wappen  und  Seilornament  angebracht  sind.  Die  Eckdienste,  auf  denen  das 
Gewölbe  ruht,  haben  zwölfeckige  Basen  und  sechseckige  Kelchkapitelle  mit 
geschweiften  Seiten. 


-5-8     40     >K- 


(ilockcii. 


Cii  rahsteine. 


Piscina. 


Skulpturen. 


Steinmetz- 
zeichen. 


Taufe. 


Die  jetzt  vorhandeiioti  Glocken  sind  1869  von  IVtit  unH  Edelbrock 
aus  dem  Metalle  der  drei  älteren  umgegossen.  Nach  der  Kirchenbeschreihung 
von  1861  .stammten  deren  zwei  aus  dem    lahre  1672;  die  dritte  war  älter. 

Kinige   Grabsteine,   zuinei.st  .stark    abgetreten,    liegen    auf    dem   Chor. 
Einer  zeigt  die  Gestalt   eines  Priesters   mit   gefaltenen  Händen  und  der  Um- 
schrift: 1549.    In  die  dionsij  Pastor  Johannes 
Wesselinck  codit  hie. 

Drei  andere  von  1630,  16;j3,  1654  zeigen 
ebenfalls  Priester,  den  Kelch  haltend. 

Weitere  sind  bei  Mithoff  VI,  S.  80,  ihren 
Inschriften  nach  mitgeteilt. 

Unter  dem  südUchen  Fenster  im  Chorstern 
findet  sich  eine  spätgotische  Piscina.  Ihre 
Nische  ist  mit  Wimperge  geschlossen,  deren 
Bogen  nach  oben  in  einer  flachen  Kreuzblume 
ausgezogen  ist.  Zu  beiden  Seiten  steile  Fialen 
(Abb.  31). 

Eine  Benediktusstatuette,  Sandstein,  Höhe 
etwa  90  cm,  verwittert,  in  einer  Nische  ober- 
halb der  Nordtür  außen;  vielleicht  XVII.  Jahr- 
hundert. 

Zwei  Statuen,  aus  marmorähnlichem  Ma- 
terial, Je  auf  Konsolen,  zu  seiten  des  Chor- 
bogens:  links  Madonna  mit  dem  Kinde,  ge- 
schenkt von  Wilh.  Fried,  a  Reede  S.  Cath. 
Ecclesiae  Mon.  Co. -1631,  rechts  St.  Joseph 
oder  der  Apostel  Johannes  (rechte  Hand  fehlt). 
Auf  dem  Sockel:  Joan  Torck  et  Anna  Magda- 
lena a  Reede  Conjuges  1632. 
Die  nachstehend  abgebildeten  Steinmetzzeichen  finden  sich  in  den 
Fensterleibungen  von  Schiff  und  Chor: 


Abb.  31.    Kirche  in  Leugerich;  Pifcina. 


±^  ± 


^±    tJ' 


Wand- 
gemälde. 


Ein  Tauf  stein  aus  Bentheimer  Material,  Höhe  93  cm,  oberer  Durch- 
messer 82  cm  (Abb.  32).  Das  Gefäß  ist  vom  Fuß  deutlich  abgesetzt.  Vom 
Quadrat  der  Fußplatte  zum  Rund  des  Schaftes  vermitteln  geradlinige  Eck- 
blattbildungen,  die  sich  ganz  bis  unter  den  Rundwulst  hinaufziehen,  mit  welchem 
das  eigentliche  Becken  sich  absetzt.  Dieses  hat  im  unteren  Drittel  nach  außen  sich 
weitende,  konische,  im  übrigen  zyhndrische  Form  und  trägt  hier  in  schwachem, 
durch  Ausarbeiten  des  Grundes  hervorgebrachten  Relief  einen  Streifen  von  roma- 
nischen Zwergarkadeu  und  darüber  das  Doppeltaumuster  in  ebensolcher  Arbeit. 

Spätgotische  und  ungeschickte  Wandmalereien  kamen  bei  Erneuerungs- 
arbeiten um  1895  zutage,  sind  aber  übertüncht  worden  (s.  Aufsatz  v.  Lötter  in 
Niedersachsen  1908,  N-  21). 


->^    41     g^^ 


Abb.  32.    Kirche  in  Lengerich  ;  Taufstein. 

Kirche  der  Katholiken. 

Nach  dem  oranischen  Erlasse  gegen  die  Ausübung  des  katholischen 
Gottesdienstes,  entstand  eine  Notkirche  in  der  Nähe  von  L.,  welche  von 
1715 — 1718  benutzt  wurde.  Als  darauf  unter  preußischer  Herrschaft  der  Gottes- 
dienst im  Lande  wieder  gestattet  wurde,  errichtete  man  bald  in  Lengerich 
selbst  eine  Notkirche.  1776  war  eine  Fachwerkkirche  mit  einem  Dachreiter 
über  dem  Chore  fertiggestellt,  die  dem  hl.  Benedikt  geweiht  wurde.  Sie  hat 
bis  1873  bestanden,  in  welchem  Jahre  eine  neuerbaute  gotische  Hausteinkirche 
mit  hohem  Westturm  in  Gebrauch  genommen  wurde. 

Ein  Meßkelch,  aus  Silber,   mit  Wappen   des  Friedr.  v.  Reede  (XVII.  Kelch. 
Jahrhundert)  hat  Gravierungen:  1.  Christus  am  Kreuze  mit  der  Stadt  Jerusalem, 
der  schmerzhaften  Mutter  und  dem  hl.  Johannes;  2.  das  Bildnis  des  hl.  Benedikt; 
3.  das  des  hl.  Friedrich. 


Leschede. 


Katholische  Klause. 

Am  Wege  Leschede-Plantlünne,  etwa  1,5  km  von  der  Bahn, 
liegt  eine  aus  Sandstein  auf  oblonger  Grundlage  aufgeführte  Klause  (4 :  7  m), 
deren  Satteldach  von  einem  sechsseitigen  Dachreiter  bekrönt  wird.  Über  dem  Ein- 


-^    42     ?^- 

^aii^'o  im  Ost^nehel  ist  auf  einer  Konsolo  vor  einer  Draperie  in  Stein  die 
Sandsteinfimir  der  Mutter  Gottes  als  Ilirnnielskönigin  mit  dem  Zepter  in  der 
Hechten  angebracht;  die  Linke,  die  das  Christuskind  getragen  haben  wird,  ist 
al)gebrochen.  An  der  Konsole  liest  man  ,,Jesus,  Maria".  Stifterinschriflen 
mit  den  Jahreszahlen  lG8;j  und  lü84  befinden  sich  an  der  Konsole.  Die  Stein- 
figuren auf  dem  Altare  im  Innern  der  Klause,  die  hl.  Mutter  Gottes  und 
St.  Johannes,  entstammen  derselben  Zeit. 


Lin  g  e  n. 

Reformierte  Kirche,  lutherische  Kirche,  katholische  Kirche,  ehemaliges  Akademisches 
Gymnasium,  Rathaus,  Danckelmannhaus,  Privathiiuser. 

L  i  u  g  e  n  an  der  Ems  ist  als  Hauptort  des  Kreises  Sitz  des  Landratsamtes 
und  eines  Amtsgerichtes  und  hat  8021  Einwohner.  Der  Gomeindebezirk,  Stadt 
und  Stadtflur,  umfaßt  eine  Fläche  von  1224  ha.  Die  Mehrzahl  der  Einwohner 
gehört  dem  kathohschen  Bekenntnis  an,  während  gegen  3300  sich  den  übrigen 
christlichen  Konfessionen  zurechnen.  Die  Stadt  Lingen  (Plan,  Abb.  33)  liegt 
an  wichtigen  Verkehrsstraßen  und  an  der  Staatseisenbahn  Emden-Rheine ;  durch 
den  Dortmund- Emskanal  ist  sie  mit  dem  westfälischen  Industriegebiet  und 
durch  dem  Ems-Vechtekanal  über  Nordhorn  mit  dem  niederländischen  Kanal- 
system verbunden. 

Die  Einwohnerschaft  findet  zum  großen  Teil  ihren  Lebensunterhalt  als 
Angestellte  und  Beamte  der  zahlreichen  Behörden ;  ein  weiterer,  großer  Teil  ist 
bei  den  an  Zahl  und  Umfang  stark  zunehmenden  industriellen  Unternehmungen 
als  Arbeiter  beschäftigt.  Wie  in  der  Einleitung  erwähnt,  sind  dabei  kleine 
landwirtschaftliche  Betriebe  üblich. 
Geschichte.  Der  Ursprung  der  Stadt  mag  in  einem  Oberhofe  zu  suchen   sein,  der 

urkundHch  1227  (0.  U.  B.  II,  231)  erwähnt  wird  und  der  mit  Wahrscheinlich- 
keit der  Adelsfamilie  von  Linge  zugehörte  (s.  a.  die  Einleitung  Seite  .5).  Die 
Anlage  der  Stadt  wurde  begünstigt  durch  den  Umstand,  daß  hier  inmitten 
großer  Moore  ein  Geestland  sich  zungenartig  bis  an  die  Ems  erstreckte  und 
so  einen  natürlichen  Schutz  gegen  feindliche  Überfälle,  zugleich  aber  auch 
eine  geeignete  Übergangsstelle  über  die  Ems  schuf.  Die  Stadt  lag  ursprünglich 
unmittelbar  am  rechten  Flußufer;  erst  etwa  im  XVI.  Jahrhundert  hat  die  Ems 
ihren  Lauf  weiter  westlich  verlegt. 

Lingen  besaß  1327  Stadtgerechtigkeit  und  wird  in  einer  Urkunde  dieses 
Jahres  geradezu  oppidum,  Stadt,  genannt  (Goldschmidt  a.  a.  0.  V.  III).  In  der 
gleichen  Urkunde  werden  Burgmänner  oppidi  linghe  erwähnt;  über  die  Burg 
selbst  erfahren  wir  aber  nichts  Näheres.  Über  Lingen  als  Festung  und  ein 
Kastell,  das  bei  der  Stadt  lag  und  zweifellos  die  alte  Burg  war,  treten  zuerst 


•      ->£    43     8^- 

Nachrichten  auf  im  Jahre  1516,  wo  Bischof  Erich  von  Münster,  welcher  die 
Stadt  eroberte,  die  schon  vorhandenen  Festungswerke  ausbauen  und  das 
Kastell  verstärken  ließ. 


Abb.  33.    Lingen;  Plan  des  Stadtkernes,  1913. 

R.  K.  =  Ref.  Kirche,  K.  K.  =  Kath.  Kirche,  L.  K.  =  Luth.  Kirche, 

R.-Hs.  :=  Rathaus,  A.-Uer.  =  Amtsgericht. 


Von  der  Anlage  neuer  Befestigungen  wird  berichtet  aus  der  Zeit 
des  Prinzen  Moritz  von  Oranien  (1600)  und  des  Obersten  Spinola  (1607).  Bei 
Gelegenheit  der  Namensfeier  Philipps  IL  von  Spanien  entstand  Feuer  auf 
der  Burg ;  der  Pulverturm  flog  in  die  Luft,  und  die  übrigen  Gebäude  der  Burg 


-*«S     44     ?*o- 

wurden  orschüttort  und  f^ospron^t  (lOOT):   din  Hur^  wurde  jedoch   bald  d.-irauf 
wiodorhorgostollt '' ). 

Die  wiederholten  Eroherunj^en  und  Kontributionen,  die  Kin(iuartierungs- 
lasten  und  die  Kosten,  wflchc  di«-  Untorhalturifi  der  P'estungswerke  verursachten, 


Abb.  31.    Stadt  Linien  nach  Merlan. 


Mölleutor 


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Löckentor 
Abb.  3,').     Stadt  Lingen,  Stich  aus  einem  Geschichtswerk  de.s  XVII.  Jahrhunderts 


*)  Von  der  Burg  und  der  Burgpforte  zog  sich  das  l'estungswerk  im  Kreise  nach  der 
liöckenpforte  (Loicuni-porta),  welche  die  Löckenstraße  bei  dem  Bach,  der  die  Löckenstraßc 
quert,  abschloß  (vgl.  Abb.  34  und  Abb.  35).  Von  da  setzte  sich  das  Festnngsgemäuer  fort  nach 
der  Möllenpforte.  Hier  zählte  man  zwei  Bollwerke,  an  der  einen  Seite  den  Grüwwel,  an 
der  andern  Seite  den  Spanschen  Bock.  Dann  gingen  die  Mauern  weiter  bis  zur  Burgpforte, 
an  verschiedenen  Stellen  durch  Forts  bewehrt.  Das  Möllentor  und  das  Burgtor  waren  mit 
Hameien   (Gattern)   versehen;   doch    wurden   die   Gatter   1611    vom    Möllentor   nach   dem 


->B     45     gK- 

veranlaßten  die  Bürger  wiederholt  um  die  Niederlegung  derselben  einzukommen. 
Im  Jahre  1632  wurde  endlich  die  Genehmigung  hierzu  erteilt  und  in  den  fol- 
genden Jahren  die  Schleifang  der  Festung  nach  und  nach  ausgeführt. 

Als  Straßen  der  Stadt,  die  nach  den  Magistratsakten  um  1600  etwa 
1200  Einwohner  gezählt  haben  muß,  werden  1564  die  ,,Grote  Strate",  die 
Loiken  Strate,  die  Achter  Strate  1594,  die  Kerkstrate  1608  und  die  luntzke 
Stege  1564  genannt. 

Reformierte  Kirche. 

Eine  Urkunde  des  Jahres  1250  (0.  U.  B,  II,  572)  erwähnt  das  Bestehen  Geschichte, 
einer  Pfarre  zu  Lingen,  die  damals  allerdings  schon  länger  bestanden  haben 
muß.  Ihr  Patron  war  der  Tecklenburger  Graf,  der  samt  seinen  Burgmannen 
im  genannten  Jahre  eine  Vikarie  zu  dieser  Pfarre  stiftete.  Ausdrücklich  wird 
dabei  von  dem  Vorhandensein  einer  älteren  Kirche  gesprochen,  die  innerhalb 
der  Stadt  belegen  w^ar.  Außerhalb  der  Stadtgrenze  gab  es  eine  alte  Kapelle 
mit  besonderem  Friedhofe,  von  der  im  Anfange  des  XVII.  Jahrhunderts  noch 
die  Rede  ist.  (Lindenborn,  a.  a.  0.)  Außerdem  war  auf  der  Burg  eine  Burg- 
kapelle vorhanden. 

Die  der  hl.  Walpurgis  geweihte  Pfarrkirche  stand  auf  der  Stätte  der 
heutigen  reformierten  Kirche  und  wurde  vom  Grafen  Konrad  von  Tecklenburg 
in  der  Mitte  des  XVI.  Jahrhunderts,  wahrscheinlich  wegen  Baufälligkeit,  bis  auf  , 
den  Turm  —  denselben,  der  zur  jetzigen  reformierten  Kirche  gehört  —  nieder- 
gerissen. Die  Katholiken  Lingens  bauten,  wie  es  scheint,  ziemlich  bald  darauf 
eine  Holzkirche  an  den  Turm  heran,  die  ihnen  aber  1598  genommen  wurde. 
Unter  den  veränderten  konfessionellen  Verhältnissen  nach  der  Wiedereinnahme 
Lingens  durch  Spinola  wurde  der  Bau  verbessert,  und  zwar  wurde  der 
Chorbau  in  Sandsteinen  ausgeführt  (1627),  die  dem  1607  niedergebrannten 
Kastell  unter  Genehmigung  der  Finanzkammer  zu  Brüssel  entnommen  waren 
und  übrigens  größtenteils  von  der  durch  Cord  von  Tecklenburg  nieder- 
gerissenen alten  Kirche  stammten,  wie  sich  auch  an  den  Steinmetzzeichen  daran 
erkennen  läßt.  Das  Schiff,  das  bis  dahin  aus  Fachwerk  bestand,  w^urde  erst 
1770  von  den  Reformierten  ausgebaut,  nachdem  im  eigenen  Lande  und  in 
den  Niederlanden  die  Gelder  dazu  gesammelt  worden  waren. 

Die  Kirche  der  Reformierten  (Grundriß,  Abb.  36)  besteht  demnach  aus         Bc- 
einem  langrechteckigen   Schiff  mit  polygonalem  Chor  und  einem  Westturm,   schroibnug. 
Als  Material  erscheint  äußerlich  Sandstein  aus  den  Bentheimer  Brüchen. 


Löckentor  verlegt.  Am  Möllentor  wurde  eine  Zugbrücke  angebracht.  Die  Hanptbefesti- 
gungsanlagen  befanden  sich  zwischen  Burgpforte  und  Löckeutor.  Etwa  in  der  Mitte  lag 
das  Kastell,  ein  „proper  fast  huys",  mit  einem  breiten,  großen  Wall  und  vier  Rondellen, 
welche  zwei  Gräben  umgaben.  Der  erste  Graben  lag  zwischen  dem  Haupthanse  und  dem 
Wall,  der  andere  Graben  außerhall)  des  Walles  und  der  Rondelle.  Hier  befand  sich  auch 
die  Artillerie,  Munition  und  der  Pulverturm.  Die  Schleifung  der  Festung  wurde  1632  be- 
gonnen mit  der  Niederreißung  des  Hauses  und  der  Burg  Lingen.  Nach  einer  Unterbrechung 
scheint  die  Abtragung  der  Festungswerke  1638  vollendet  zu  sein.  Auf  dem  den  Namen 
Casteel  tragenden  Platze  steht  noch  heute  ein  Rest  des  Pulverturmes  (spätgotisch)  und  des 
Gemäuers  der  alten  Burg.     (Nach  Schriever  a.  a.  0.  B.  I,  S.  14.; 


->^     47     gK- 

Das  Schiff  ist  nach  der  Art  der  Saalkirchen  jener  Zeit  mit  einer  Sohift. 
am  Dachstuhl  hängenden  Holzdecke  in  Form  eines  flachen  Spiegelgewölbes 
überdeckt.  Die  großen  Fenster  sind  in  Korbbögen  geschlossen;  eine  Mitteltür 
mit  ebensolchem  Schluß  befindet  sich  in  der  Südwand.  Den  Langwänden 
liegen  außen  Streben  vor,  mit  spätgotischen  Abdeckungen,  die  hier  als  in 
zweiter  Verwendung  befindhch  anzusprechen  sind. 

Der  Chor  (Abb.  37)  ist  vom  Schiffe  durch  einen  auf  Halbsäulen  chor. 
ruhenden,  runden  Triumphbogen  geschieden  und  hat  vor  dem  Chorstern  noch 
ein  im  Kreuzgewölbe  überdecktes  Joch.  Die  Rippen  der  Gewölbe  gehen 
aus  Konsolen  in  Vasenform  hervor  und  haben  im  Querschnitt  über  den  Ein- 
kehlungen  auf  beiden  Seiten  noch  je  einen  Rundstab.  Die  Kanten  sind  ab- 
gefast.     Die  Wölbungen  selbst  sind  in  Ziegeln  ausgeführt. 


Abb.  37.    Reformierte  Kirche  in  Liagen:  Innenan.sicht  des  Chores. 


Die  spitzbogig  geschlossenen  und  mit  reichem  Maßwerk  versehenen 
Fenster  im  Chor  sind  in  jüngerer  Zeit  erneuert.  Eine  Tür  mit  geradem  Sturz 
und  Kragkonsolen,  an  deren  Vorderseite  je  ein  Engelskopf  von  jenem 
negeroiden  Typus  angebracht  ist,  der  auch  sonst  (z,  B.  an  der  Kanzel  in 
Gildehaus)  um  diese  Zeit  in  der  Gegend  auftritt,  befindet  sich  in  der  Nordwand 
des  Chores.  Der  Sturz  trägt  im  Innern  Bürgermarken  und  Namen  sowie  die 
Datumsinschrift:  29.  Mai  1629. 

Der  Westturm  ist  in  seinem  unteren  Geschoß  teilweise  alt  und  besteht  Turm, 
aus  Findlingen  mit  Ziegelausflickungen.    An  der  Schiffseite  liegt  ein  romanischer 
Schildbogen,  der  zu  der  ehemaligen  Wölbung  der  Turmhalle  gehört  hat.    Die 
Eingangstür  an  der  Westseite  ist  erneuert. 

Im  oberen  Turmgeschosse  befinden  sich  spitzbogige,  durch  je  einen  Pfosten 
geteilte,  Schallöffnungeu.  Der  Helm  hat  die  Gestalt  einer  achtseitigen  Pyramide. 


-^     48     8^ 

Glocken.  Eine   Glocke,    Durchmesser    1,47  m,   Höhe  1,18  m.    mit  Wappen,   das 

einen  doppelköpfigen  Adler  darstellt.    Inschrift:    rnaria  is  min  narne  •  Werner  (?) 
Wilken  ....  anno  domini  m  cccc  Ivii  (1457). 

Eine  zweite,   Durchmesser  1,'J5  m,   Höhe  1,()7  m.    Die   lahresinschrift 
ist  1602.     Der  Meister  nennt  sich  nicht. 


Abb.  38.    Reformierte  Kirche  in  Lingen; 
Grabplatte  von  KiOi;. 


Eine  dritte,  Durchmesser  0,74  m,  Höhe  0,64  m.     Inschrift:    Me  fecit 
Ciprianus  Crans  Jansz,  Amstelodami  Anno  1747.     Lateinische  Großbuchstaben. 
Grabstein.  Ein    Grabstein    langrechteckiger    Gestalt   (Abb,   38)   für   den    „Heere 

Evert  van  Ensse  usw.  Drost  te  Ooeverden  usw.,  f  1606",  mit  dem  flach- 
erhabenen Bildnis  des  Verstorbenen  in  Panzerrüstung,  umrahmt  von 
einer  Nischenarchitektur  in  Renaissanceformen.  Zu  Füßen  der  Figur  ist  eine 
Tafel   mit   der   vorhin   auszugsweise   angeführten  Legende,   zu   Häupten  über 


->8     49     ^- 


der  Nische  eine  solche  mit  dem  Wahlspruch  ,,jusques  a  la  mort"  angebracht. 

In  den  vier  Ecken  ist  je  ein  Wappen  angeordnet. 

Das  Klassikalsiegel  enthält  im  runden  Felde  einen  Mann  in  mittel-  Siegel. 

alterlicher  Tracht  mit  Hut,  auf  seinen  Schultern  ein  Lamm  tragend.    Umschrift: 

Quaero  oves  perditas  in  deserto.    Randschrift:  Sigillum  Classis  Lingensis. 

Steinmetzzeichen  am  Chor:  Steiumetz 

zeichen. 

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A71 


Lutherische  Kirche. 
Bei   der  Übernahme   der  Niedergrafschaft  Lingen   durch  Preußen  im 
Jahre  1702  war  die  Anzahl  der  Lutheraner  in  Lingen  nur  gering.     1724  betrug 
sie  zehn,  stieg  dann  aber  infolge  des  Zuzuges  aus  anderen  preußischen  Landes- 


Abb.  39.    Lutherische  Kirche  in  Lingen;  Grundriß  (1:250). 


teilen  bis  zum  Jahre  1733  auf  200,  so  daß,  nachdem  längst  ein  Prediger  für 
die  Gemeinde  bestellt  war,  mit  dem  Bau  einer  eigenen  Kirche  in  diesem  Jahre 
begonnen  wurde.  Dieser  war  1737  beendet.  Der  von  F.  BieHtz  gezeichnete 
Entwurf  der  Kirche  wird  in  den  Pfarrakten  aufbewahrt. 

Die  lutherische  Kirche  (Grundriß,   Abb,  39j   ist  in  Ziegeln  aufgeführt         Be- 
und  hat  Ecklisenen,  Gesimse  sowie  Fenster-  und  Türgewände  aus  Sandstein.    Schreibung. 

4 


Ihre  urspriidgliclic  Oricjiilierung  isl,  fast  nord-.süfllicli ;  bei  ilirer  Vergrößerung 
durch  einen  Ostflügcl,  vor  etwa  einem  Jahrzehnt,  hat  man  den  Chor  in  einen 
Ausbau  gen  Westen  verlegt.  Oberhalb  des  alten  Nordgiebels  an  der  Hauptfront 
befindet  sich  ein  Dachreiter  (A})b.  40). 


Abb.  40.    Lutherische  Kirche  in  Lingen;  Frontansicht. 


Glocke. 


Das  Schiff  besteht,  in  der  ursprünglichen  Anlage  der  Kirche,  aus 
zwei  mit  scharfgrätigen  Kreuzgewölben  überdeckten  Jochen,  deren  eines 
9  X  9  m  Seitenlänge  mißt,  während  das  andere,  nördlich  davon  belegene  nur 
die  halbe  Tiefe  besitzt.  An  das  quadratische  Joch  schHeßt  sich  als  halbkreis- 
förmige Apsis  der  Chor  an,   dessen  Gewölbe  durch  zwei  Rippen  geteilt  wird. 

Eine  Glocke,  Durchmesser  0,57;  Inschrift  in  lateinischen  Groß- 
buchstaben: Sit  nomen  Domini  benedictura  Amstelodami 1708. 


->-§     51     g«<- 

Zwei   Kelche,   Silber  (Abb.  41).     Bei  beiden:  Fuß   und  Schaft  rund,  Kelche. 
Knauf  birnenförmig,  Kuppa  am  Rande  auswärts  geschweift.    Der  Kelch  in  der 


Abb.  41-    Lutherische  Kirche  in  Lingen;  Kelche. 


Abbildung  links  ist  datiert  1727;  Beschaustempel  undeutlich  (Löwe?)  Meister- 
monogramm: T.  H.  Der  Kelch  rechts,  datiert  1789.  Beschaustempel:  das 
Lingener  Wappen,  Meisterzeichen:  M, 


Katholische  Kirche. 

Wie  mitgeteilt,  hatten  die  Katholiken  um  1627  mit  dem  Ausbau  der 
sogenannten  ,,alden  Kercke"  begonnen  und  deren  Chor  in  Sandstein  erneuert. 
Nachdem  im  Jahre  1633  die  Stadt  durch  den  Prinzen  Heinrich  von  Oranien 
erneut  eingenommen  war,  fiel  diese  Kirche  den  Reformierten  zu,  welche  bis 
1648  eine  seit  1606  bestehende  katholische  Garnisonkirche,  die  sogenannte 
italienische  Kirche,  benutzt  hatten.  Wiewohl  nun  dieses  Gotteshaus  im 
genannten  Jahre  frei  wurde,  blieben  die  Katholiken  gehalten,  ihren  Gottesdienst 
jenseits  der  Grenze  in  Hohendarme  auszuüben.  Erst  als  1717  unter  preußischem 
Regiment  der  Duldungserlaß  ergangen  war,  baute  man  eine  Fachwerkkirche 
für  den  katholischen  Gottesdienst,  die  noch  bis  1836  bestand. 

Die  jetzt  vorhandene,  1905  mit  einem  Turm  versehene  und  1910  durch  bc- 
eine  Chorapsis  erweiterte  Kirche  wurde  in  den  Jahren  1835 — 1836  aus  Ziegeln  schrcibimg. 
errichtet.  Es  ist  eine  dreischiffige  Anlage  von  vornehmer  und  bedeutender 
innerer  Raumwirkung.  Zwei  Reihen  von  sechs  kräftigen,  hochanstrebenden 
toskanischen  Säulen  mit  geradem  Gebälk  tragen  die  geputzte  Bretterdecke,  die 
in  den  Seitenschiffen  gerade,  im  Mittelschiff  im  Halbkreis  gewölbt  ist;  an 
den  Wänden  entsprechend  Pilastervorlageu.  Im  Osten  und  Westen  schließen 
sich  in  Verlängerung  der  Seitenschiffe  durch  Rundbogen  abgetrennte,  quadrati- 
sche Felder  an,  während  das  Mittelschiff  zwischen  ihnen  bis  zum  Chor,  be- 
ziehungsweise Turm  fortläuft.  Im  Westen  ist  die  Orgelempore  eingebaut  und 
wird  im  Mittelschiff  von  zwei   dorischen  Säulen   unterstützt,   die  neu   hinzu- 


f^ei'ii^tcii  'rdli!  sind  in  ro/naiiisclien  Formen  g<;lialten,  (Ji<;  in  kleinlicher 
Detaillierung  sich  dem  Altar  wenig  harmonisch  angliedern.  Auf  dem  West- 
giebel befand  sich  ehemals  ein  Dachreiter.  Zum  Patron  des  Gotteshauses 
wurde  der  hl.  Bonifazius  und  die  hl.  Walpurgis  als  Kompatronin  angenommen. 
Glocke.  Eine  angeblich  von  1414  stammende  Glocke  wurde  1900  umgegossen. 

Kultgcriite.  Eine  Strahlennionstranz,  Silber,  teilweise  vergoldet  (Tafel  3,  Abb.  42), 

Höhe  64  cm,  auf  ovalem  Fuß.  Im  Kranz  aus  stilisiertem  Weinlaub  befindet 
sich  zu  beiden  Seiten  je  ein  schwebender  Engel ;  in  der  Mitte  darüber  Gottvater. 
Die  Arbeit  stammt  aus  der  Zeit  um  1700.  Der  Fuß  ist  1812  erneuert. 
Dedikationsinschrift  unter  dem  Fuße.  Kein  Meister-  und  Beschauzeichen. 
Ein  Ciborium,  Silber,  vergoldet,  Höhe  etwa  45  cm.  Fuß  in  Achtpaßform. 
Kuppa  mit  Deckel  versehen,  glatt,  nur  am  Anlauf  silberne,  aufgelegte  Ranken. 
Meßbuch.  Ein  Meßbuch  in  Großfolio  mit  Silberbeschlägen:    Die  Eckverzierungen 

tragen    Engelsköpfe,    das    Medaillon    eine    Huldigung    der    Gottesmutter    in 
getriebener  Arbeit. 

Akademisches  Gymnasium*). 

Die  oben  erwähnte  italienische  Kirche  wurde  wegen  Baufälligkeit 
gegen  1678  niedergerissen  und  an  ihrer  Stelle  durch  den  Prinzen  von  Uranien 
ein  akademisches  Gymnasium  erbaut,  nachdem  eine  Lateinschule  schon 
vorher  bestanden  hatte.  An  dieser  nach  dem  Muster  holländischer  Universitäten 
eingerichteten  Akademie  waren  die  vier  Fakultäten  zunächst  durch  ebensoviele, 
später  durch  sieben  Professoren  vertreten.  Die  Anzahl  der  Studierenden, 
welche  zum  großen  Teil  aus  Niederländern  bestand,  schwankte  zwischen  5^' 
und  200.  Die  Anstalt  verfiel  gegen  Ende  des  XVIII.  Jahrhunderts  und  wurde 
als  ,, unvollkommen  und  zwecklos"  im  Jahre  1818  durch  ein  Reskript  des 
Großbrit.-Hannov.  Cabinets-Ministeriums  aufgehoben. 

Das  schmucklose  Gebäude  des  akademischen  Gymnasiums,  am  Kirch- 
platz der  lutherischen  Kirche  gelegen,  enthält  im  Erdgeschoß  eine  Aula: 
außerdem  einige  Klassenzimmer. 

Altes  Seminar. 

Das  alte  Seminar  am  Schulplatz  Nr.  5  und  6  wurde  1685  erbaut  und 
enthielt  im  Erdgeschoß  Lehrerwohnungen  und  Wirtschaftsräume,  während  das 
Obergeschoß  zur  Unterbringung  von  40 — 50  Zöglingen  der  Lateinschule  diente. 

Die  Architektur  des  zweigeschossigen,  mit  Walmdach  versehenen 
Hauses  ist  insofern  bemerkenswert,  als  sie  eine  Verbindung  von  Fachwerk- 
und  Massivbau  anstrebt.  Die  Außenwände  sind  gegliedert  durch  30  cm 
starke,  1,50  m  weit  gestellte  Holzpfosten,  die  auf  kleinen,  aus  dem  Sandstein- 
sockel vortretenden  Postamenten  stehen  und  ohne  Unterbrechung  und  ohne 
Riegelverbindung  durch  beide  Geschosse  gehen.  Das  einfache  Gurtgesims  und 
das  reicher  profilierte  Traufgesims  sind  aus  Holz  hergestellt.  Die  beiden  mit 
Giebelverdachung  versehenen  Eingänge  stammen  aus  dem  Jahre  1840. 


*)  Lit.:  Fest-Programm  des  Gymnasium  Georgianum  znLingen  von  1880.  Daselbst 
Quellenangaben. 


->S     53     g^- 

Rathaas. 

Das  am  Markt  belegene  Rathaus  (Abb.  43)  ist  ein  eingeschossiger 
Putzbau  auf  rechteckigem  Grundriß.  Die  Umfassungswände  sind  in  Bruch- 
stein hergestellt,  die  Giebel  wohl  später  (1663)  in  Backstein  erneuert.  Die 
Front  mit  doppelarmiger  Freitreppe  hat  einen  Staffelgiebel  und  als  Bekrönung 
darüber  einen  achtseitigen,  offenen  Dachreiter,  dessen  Haube  in  geschweiften 
Linien  ausgezogen  ist.   Der  Giebel  zeigt  wagerechte  Teilung  durch  feine  Sand- 


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Abb.  43.    Bathaus  in  Lingen;  Frontansicht. 

steinsirase.  Tür  und  Fenster  sind  rechteckig;  die  Beschaffenheit  der  Fenster- 
gewände wird  nicht  die  ursprüngliche  sein.  Oberhalb  der  Tür  im  Giebelfeld 
ist  das  Wappen  der  Stadt  eingelassen:  ein  von  zwei  Löwen  gehaltener  Schild 
mit  drei  Türmen,  darüber  eine  fünfzackige  Krone.  Die  Ankereisen  am  Giebel 
in  Höhe  des  Hauptgesimses  bilden  die  Jahreszahl  1663. 

Das  mittels  der  Freitreppe  zugängliche  Obergeschoß  enthält  an  der 
Rückseite  den  quer  zur  Gebäudeachse  liegenden  Sitzungssaal,  außerdem  einen 
Vorplatz  und  zwei  kleine  Seitenräume. 

Amtsgericht,  ehem.  Danckelmannsches  Haus. 

Das  an  der  Burgstraße  vor  dem  Stadtgraben  belegene  Gebäude  des 
Königlichen  Amtsgerichtes  war  nach  dem  Allianzwappen,  das  über  dem 
Portal  angebracht  ist,  ehemals  Besitz  des  ,,Silvest.  Danckelman". 


-^    54    i?->- 

l*]ino  Urkund»,'  von  1()35  lUiunt  Silvester  von  Danckelmann  als  prinzlicli 
oranischoii  Richter  und  Gograf  der  Stadt  und  des  Landes  Lingen;  vielleicht 
war  er  der  Vater  des  Freiherrn  Eberhard  v.  Danckelmann,  der  1043  in  der 
Grafschaft  Lingen  gciboren  wurde  und  später  Erzieher  des  Kurfürsten  von 
Brandenburg  war,  dos  nachmaligen  Königs  Friedrichs  I.  von  Preußen. 

Das  ehemals  Danckelmannsche  Haus  (Abb.  44)  ist  ein  zweigeschossiger 
Bau  auf  rechteckigem  Grundriß  (Abb.  45),  dessen  Sockel  und  architektonische 


Abb.  44.    Amtsgericht  in  Lingen;  (ehemal.  Danckelmannscbes  Haus).    Straßenseite. 


Gliederung  aus  Sandstein  bestehen,  während  die  Umfassungsmauern  im 
übrigen  aus  Ziegeln  mit  geputzten  Außenflächen  aufgeführt  sind.  Die  Geschoß- 
teilung ist  ringsum  durch  ein  zartes  Bandsims  kenntUch  gemacht;  die  steilen 
Giebel  weisen  ebenfalls  eine  wagerechte  Gliederung  auf  und  tragen  je  einen 
mächtigen  Kamin  als  Bekrönung.  Die  Ausbildung  der  durch  beide  Geschosse 
gehenden  Quaderpilaster  und  des  Kranzgesimses  steht  in  der  Formgebung 
nicht  im  Einklänge  mit  der  Behandlung  jener  Glieder. 

Die  rechteckigen  Fenster  zeigen  nicht  mehr  die  ursprüngliche  Fassung 
mit  schmalem  Sandsteingewände  und  Kreuzpfostenteilung,  wie  sie  sich  besonders 
an  der  Westfront  (Abb.  47)  bei  eingemauerten  und  unter  dem  Putz  versteckten 


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Abb.  45.    Amtsgericht  in  Lingen;  (ehem.  Danckelmaunsches  Haus).     Grundriß  des  Erdgeschosses  (1 :  250)  *). 

Fenstern  vorgefunden  hat.  Dagegen 
ist  der  an  der  Gartenseite  belegene 
einzige  Eingang  ohne  wesentliche 
Veränderung  gebheben  (Abb.  48). 
Eine  doppelarmige  Freitreppe  mit 
schlichtem  Eisengeländer  zwischen 
Balustern  vermittelt  den  Zugang. 
Das  Portalgewände  zeigt  Quader- 
teilung; der  gerade  Sturz  ist  durch 
Zwickelkonsolen  gestützt  und  zeigt 
in  einem  Schilde  die  Jahreszahl 
1646.  Zwei  gekuppelte,  rechteckige 
Fenster  dienen  als  Oberlicht.  Den 
Abschluß  bildet  eine  Verdachung 
mit  flachem  Segmentbogen,  der  aber 
—  offenbar  nachträglich  —  durch- 
brochen wurde,  um  einen  quadrati- 
schen Stein  mit  dem  Allianzwappen 
Silvester  Danckelmann  und  der  Beata 
Derenthal  aufzunehmen. 

Die  Änderung  der  Fassaden 
erfolgte,  den  Formen  nach  zu  ur- 
teilen, im  Anfang  des  XVIII.  Jahr- 
hunderts, als  auch  die  Toranlage 
rechts  der  Straßenfront  hinzugefügt 
Abb.  46.  Amtsgericht  in  Lingen;  Schnitt.  wurdc.    Sie  bestcht  aus  einer  breiten 

*)  Abb.  46,  46 nnd  47  nach  Aufnahmezeichnungen  desKöniglichen  Hochbauamts  in  Lingeu. 


Einfahit  und  zwei  seitlichen  Nebeneingängen,  die  höher  aufragenden  Haupt- 
pfoiler  von  Vasen  ])ekrünt;  auf  dem  freistehenden  Abschlußpfeiler  ein  sitzender 
Löwe  mit  dem  Danckelmaimschen  Wappenschild.  Der  Hofraum  wird  nach 
dem  dahinterliegenden  Garten  durch  ein  Holzgitter  zwischen  Sandsteinpfeilern 
abgeschlossen.     An    den    Torpfeilern    je    ein    Waj»pen    (beide    mit    denselben 


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Abb.  47.    Amtsgericht  in  Lingen ;  Westansicht. 


Abb.  48.   Amtsgericht  in  Lingen:  Portal  a.  d.  Garte 


Wappenbildern)  und  darunter  steht  einerseits  Silvester  Diedreich  Danckelman, 
andererseits  Eberhardine  Beate  von  Danckelmann. 

Die  Raumteilung  im  Innern  wird  durch  eine  in  der  Mittel- 
querachse des  Gebäudes  angelegte  Diele  mit  Treppenhaus  und  seitlich 
davon  in  der  Mittellängsachse  des  Gebäudes  sich  öffnende  Vorplätze  be- 
stimmt (Abb.  45).  Einige  Räume  des  Erdgeschosses  haben  gute  Stuckdecken 
und  Kamine. 


Bürgerhäuser. 

Die  älteren  bürgerlichen   Wohnhäuser  *sind    aus    Fachwerk  und    mit 
den  Giebelfronten  der  Straße  zugekehrt.  Wohl  keins  hat  die  große  Feuersbrunst 


->^    57     i^<- 


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von  1548,  die  nach  Stangefol  (a.  a.  0.  IV,  pag.  49  ff.),  mehr  als  die  Hälfte 
aller  Häuser  in  Asche  legte,  überstanden,  und  in  den  Belagerungen,  welche  die 
Stadt  durch  die  Holländer  unter  dem  Prinzen  Moritz  von  Oranien  1597,  some 
durch  die  Spanier  unter  Spinola  1605  erfuhr,  ist  vermutlich  die  Ursache  zu 
suchen,  daß  auch  aus  der  zweiten  Hälfte  des  XVI.  Jahrhunderts  nur  wenige 
Häuser  erhalten  sind  und  in  der  Folgezeit  der  Massivbau  bevorzugt  worden  ist. 


Abb.  49.    Lingen ;  Haus  Burgstraße  Kr.  8. 


Um  1775  heißt  es  in  einem  ministeriellen  Reskript:  die  Stadt  Lingen 
enthalte  „noch  keine  300  Häuser,  welche  größtenteils  auch  nur  kleine  Hütten" 
seien.  Die  Häuser  waren  zumeist  einstöckig  und  auf  ackerbürgerliche  Bedürf- 
nisse berechnet,  wie  sich  entnehmen  läßt  aus  einem  behördlichen  Meinungs- 
austausch über  die  Geeignetheit  Lingens  als  Universitätsstadt.  Darin  wird 
geltend  gemacht,  daß  es  an  Heizöfen  in  den  Häusern  gebreche,  so  daß  also 
der  Küchenherd  als  die  üblicherweise  einzige  Feuerstätte  des  bürgerlichen 
Hauses  von  damals  angesehen  werden  muß. 

Unter  den  Fachwerkhäusern  sind  zwei  Arten  zu  unterscheiden. 
Die  eine  und  die  ursprünglich  im  Emsland  übliche  kennzeichnet  sich  dadurch, 
daß   die    eingeschossigen  Bauten    in    den   Seitenwänden    sehr   weit   gestellte 


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Ständer  aufwoison.  Ihre  Entfernung  betrügt  1,50  m  und  mehr.  In  demselben 
Abstände  liogon  dann  auch  die  quer  gerichteten  Balken,  aber  nicht  in  Höhe 
der  Traufe,  sondern  etwa  1  m  tiefer,  so  daß  das  Dachgeschoß  zugunsten 
einer  besseren  Ausnutzung  als  Lagerraum  einen  Drempel  erhalten  hat.  Die 
Balken  erfüllen  zugleich  die  Funktion  von  Ankern  und  sind  dement- 
sprechend ausgebildet,  nämlich  durch  die  Ständer  gezapft  und  außen  mit 
Keilen  festgetrieben.  Als  ein  Beispiel  sei  das  Haus  Elisabethstraße  5 
genannt. 

Die  zweite  Art  schließt  sich  der  Osnabrücker  Bauweise  an,  wie   sie 
uns  in  dem  Hause 

Burgstraße  Nr.   8    entgegentritt  (Abb.  49).     Es  ist  im  .Jahre    1641 
errichtet,   zweigeschossig  mit  viermal  vorgekragtem  Giebel.    In  den  Giebel- 
gefachen   gemusterte  Ziegelausmauerung.     Das    Untergeschoß  ist   stark  ver- 
ändert;  auch  im  oberen  Geschoß 
ist   die    Gefachieilung    nicht   die 
ursprüngliche.    Die  Vorkragungen 
sind  auf  Hakenbalken  mit  Knaggen- 
stützung bewerkstelligt.  Im  ersten 
Giebelgeschoß  besteht  die  Schwelle 
aus      zwei     übereinandergelegten 
Hölzern;  das  obere,  in  der  Mitte 
durch    den    kräftigeren    Ständer 
unterbrochen,  trägt  eingeschnitte- 
nen Rosettenschmuck,  das  untere 
eine  zweizeilige  Inschrift  in  lateini- 
schen    Großbuchstaben :      HER 
STRECKE  •  AVS  •  DEINE  •  HAND 
VND  ■  BEWARE  •  DIT  •  HAVS 
VOR-VNGLVCK-VND  ■  BRANDT 
—  SVSTINET  •  SVSTINVIT  •  ET 
SVSTINEBIT  .  ME  •  DEXTRA 
•lEHOV.E,     HOSPITY     RECTOR 
SEMPER  SIT  L.ET^'S  VT  RECTOR 
UT  JOB  .  SIT  •  PATIENTIS  DEO  • 
DANTE  -NIHIL  -VALET  •  IN  VIDI  A 
ET  .  DEO  ■  NON  •  DANTE  •  NIHIL  •  VALET  •  LABOR  •  NEC  •  INDVSTRIA.  —  IN 
LEIDEN  •  STILLE  •  IST  •  GOTTES  •  WILLE  •  STILLE  •  VND  •  VNVERMESSEN  • 
VERGVNNET-BRODT.  WIRT -VIEL -GEGESSEN    1641.      Ferner     auf    der 
Schwelle  des  Obergeschosses :  WIE  STEHEST  •  DV- NARRE  -VND  MEISTERST  . 
MICH  •  VIEL  •  ICH  -  BEZIMMER  -  MEINE  •  HAVSTEDE  -  SO  -WEIT  •  ALS  •  ICH 
ES  -  HABEN  -  WILL  •  WER  •  HIR  -  WIL  •  BORGEN  •  VND  -  NICHT  •  BEZALE 
BLEIBT  •  EHR  -  ZV  •  HAVS  •  MAN  •  SAL  -  IM  •  NICHT  •  HOLEN.  Auf  dem  schon 
erwähnten  Mittelständer   des  Giebels  ist  in  vertieften   Umrißlinien   die  Dar 
Stellung  einer  Katze  und  einer  Eule  angebracht  mit  der  Unterschrift:   ,,Katte 
(hl  sult  weten  verguut  Brodt  wirdt  viel  Geten". 


Abb.  50.    Lingen ;  Haus  Am  Markt  Nr.  8. 


->^    59     5^- 

Neben  die  Fachwerkhäuser  treten  seit  Anfang  des  XVII.  Jahrhunderts 
Ziegelbauten  unter  holländischem  Einfluß,  zum  Teil  mit  sparsamer  Ver- 
wendung von  Sandstein. 

Am  Markt  Nr.  8.  Haus  aus  kleinformatigen  Ziegeln,  Jetzt  ver- 
putzt und  stark  verändert.  Der  Grundriß  ist  windschief;  der  Aufbau  zwei- 
geschossig. Am  Ostgiebel  (Abb.  50)  ist  das  Volutenwerk  aus  Sandstein  in 
Formen  des  ausgehenden  XVI.  Jahrhunderts  erhalten. 


Jitie'i  QeitK  tie/e 


Abb.  51.    Lingen;  Haus  Baccumerstraße  Nr.  5.    1C68  erbaut; 
der  Giebel  1777  erneuert.    Grundriß. 


Marienstraße  Nr.  1.  Das  zweigeschossige  Haus,  jetzt  stark  ver- 
ändert, ist  nach  den  zu  Zahlen  ausgeschmiedeten  Ankersplinten  1646  gebaut 
aus  kleinen  „Leidener"  Steinen  (Format  17:8:4  cm).  Über  den  Fenstern 
flachbogige  Entlastungsbogen.  Neben  dem  Hause  an  der  Lookenstraße  eine 
rundbogige  Einfahrt  mit  Sandsteingliederung ;  zu  beiden  Seiten  Pilastervorlagen 
mit  toskanischen  Kapitellen;  Schlußstein  mit  Löwenkopf  geziert;  im  Fries  die 
Jahreszahl:  Aö  MDCXLVII. 

Am  Markt  Nr.  7.  In  der  Westwand  eingemauert  ein  Werkstein 
mit  zwei  Hausmarkenschildchen ;  als  Ankersplinte  die  Jahreszahl  1651. 

Schiachterstraße  Nr.  1.  In  der  Vorderwand  des  Hauses  ein 
Hausmarkenschild  in  Kartuschumrahmung  mit  der  Jahreszahl  1655. 

Baccumerstraße  Nr.  5.  Eingeschossiges  Giebelhaus  aus  klein- 
formatigen Ziegeln,  1668  erbaut.  Der  Giebel  ist  1777  erneuert;  der  Grundriß 
verändert  und  durch  Anbau  erweitert  (Abb.  51).  Der  Giebel,  dessen  Schrä- 
gung mittels  Stromschichten  hergestellt  ist,  hat  am  Anlauf  beiderseits  Sand- 
steinaufsätze mit  Kugelbekrönungen  und  an  der  Spitze  eine  Halbkreis- 
verdachung  ebenfalls  mit  Kugelbekrönung  (Abb.  52). 


L()ok(!nstr.  Nr.  10.  An  dem  HauKe  befindet  sich  eine  Heiligenfigur, 
St.  Andreas,  über  einer  Kartusche  mit  Inschrift  und  der  Jahreszahl  1695. 

Baccumerstraße  Nr.  9,  Das  in  Abb.  53  wiedergegebene  Haus 
zeigt  in  der  Architektur  Verwandtschaft  mit  der  lutherischen  Kirche  und  wird 
ungefähr  gleichzeitig  erbaut  scÄn  (1 7;i;5).  Format  der  F>acksteine  25,5  :  11,5 :  4,5  cm. 


Abb.  ;")2.    Lingen;  Haus  Baccumerstraße  Nr.  5. 


Große  Straße  Nr.  G.  Zweigeschossiges  Giebelhaus  aus  der  zweitem 
Hälfte  desXVIIL  Jahrhunderts;  Ziegel  mit  Werkstein,  jetzt  verputzt.  Zwischen 
den  Geschossen  einfaches  Band,  unter  dem  Giebel  profiliertes  Gesims.  Drei- 
eckgiebel mit  Voluten  am  Anlauf  der  Schrägen,  auf  der  Spitze  eine  Ver- 
dachung in  geschwungener  Form  mit  Vasenbekrönung.  Fenster  rechteckig 
in  schlichter  Sandsteinumrahmung. 

Kivelingstraße  Nr.  8.  Fünfachsiges,  zweigeschossiges  Haus  aus 
Ziegeln,  erbaut  etwa  1820—1830  (Abb.  54).  Um  diese  Zeit  setzt  die  klassizi- 
stische Formgebung  ein,'  ebenfalls  unter  niederländischer  Einwirkung.  Sockel 
Ecklisenen,  Fenster-  und  Türumrahmungen  aus  Sandstein.  Weitausladendes 
Bandsims  und  Hauptsims.  Das  Dach  flach  und  gewalmt.  Haustür  mii 
Oberlicht. 

Lookenstraße  Nr.  14.  Eingeschossiges  Haus  mit  Mansardendach: 
Ziegel    mit  Sandstein.     Traufe    nach   der  Straße.    Neun  Achsen,    davon    dit 


->§  61  g-c- 


f 


iiiiiiiiiii 

Abb.  53     Liugen;  Haus  Baccumerstraße  Nr.  9.    (i:  lüO.) 


Abb.  54.    Lingen;  Haus  Kivelingstraße  Nr.  8. 


iiiittlcrcii  drei  iiiil  dorn  Kirif^riMf.'  in  fiiictii  wcni^  vojs|)rin{/(;ii(J(!ii  Risalit,  das, 
/Avei^escliossig,  über  kiüfligeiM  Haujjlgosiiiis  mit  f-inr-r  aus  Hol/  hergestellten 
Balustrade  wagerecht  abgeschlossen  ist. 


Abb.  55.    Lingen;  Haus  Burgstraße  Kr.  26,  erbaut  1858; 
Grundriß  und  Ansicht. 


Burgstraße  Nr.  26.  Zweigeschossiges,  siebenachsiges  Haus  aus 
Ziegeln,  erbaut  1858  (Grundriß  Abb.  55).  Hölzerne,  zurückliegende  Fenster- 
iind  Türgewände.  Hauptsims  stark  ausladend.  Die  Haustür  hat  gerade 
Balken  verdachung  aus  Holz. 


Lohne. 


Zwei  katholische  Kapellen  (nicht  mehr  vorhanden)  Kirche  1851. 

Jciiue  zu  Schepsdorf  gehörende  Bauerschaft  wird  iu  der  Stiftungs- 
urkunde des  Klosters  Wietmarschen  von  1152  in  der  Schreibweise  Loen 
genannt.  Der  Ort  hatte  bis  1835  zwei  Kapellen,  in  denen  von  dem  Geistlichen 
in  Schepsdorf  an  bestimmten  Tagen  Gottesdienst  gehalten  wurde.  Ein  Brand 
vernichtete  im  genannten  Jahre  die  eine  der  Kapellen,  während  die  andere, 
eine  Klause,  1873  abgebrochen  wurde,  nachdem  indes  in  den  Jahren  1849 — 1851 
eine  Kirche  mit  Dachreiter  neu  errichtet  worden  war. 

Die  einzige  Glocke,  Durchmesser  0,51  m,  ist  1851  von  Petit  und  Edel-  Glocke, 
brock  gegossen. 


Messingen. 


Katholische  Kirche. 

Messingen,  ein  nw.  von  Beesten  belegenes  Dorf  (gegen  620  Ein-  Geschichte, 
wohner),  wird  in  der  Schreibweise  Massinge    im    Corveyer  Heberegister  von 
1150  bereits  erwähnt. 

Der  Ort  war  kirchlich  abhängig  von  der  Pfarre  zu  Tuine,  dessen  Filial 
er  auch  war  (Goldschmidt  a.  a.  0.  S.  2),  hat  aber  seit  unbekannter  Zeit  eine 
eigene  Kapelle  besessen,  welche  dem  hl.  Antonius  Abbas  als  Schutzheiligen 
anbefohlen  war.     Im  Jahre  1806  wurde  diese  ziur  Pfarrkirche  erhoben. 

Das  alte  Gotteshaus,    das  1862  bis  auf  den    Turm    niedergelegt    und         Be- 
durch  eine  neue  gotische    Hausteinkirche    ersetzt    worden    ist,    bestand   nach    Schreibung- 
Mithoff  (VI,  S.  94)  aus  einem  romanischen  Schiff,  dessen  Mauern  fast  1,46  m  stark 
waren,  und  einem  aus  spätgotischer  Zeit   stammenden  Chor.     Der  Westturm 
war  aus  Findlingen  errichtet.    Chor  und  Schiff  hatten  einfache  Kreuzgewölbe, 
nur  die  gewölbte  Decke,  zunächst  dem  Turm,  bestand  aus  Brettern. 

Der  erhalten  gebliebene  Turm  wurde  1855  um  4,76  m  im  Mauerwerk 
erhöht  und  mit  neuem  Helme  versehen.  Seine  spitzbogigen  Türen  und  Fenster 
sind  Jüngere  Veränderungen. 

Eine  Glocke  von  1804,   Durchmesser  0,85   m,   von   W.  A.  Rinker  in  Glocke. 
Osnabrück  gegossen. 

Die  zweite,  Durchmesser  0,75  m.    Inschrift:  Petit  me  fecit  1817. 

Ein  gotisches  Sakramentshäuschen  aus  Kalkstein  ist  in  dem  Neubau  Sakraments 
von  1862  wieder  eingemauert.  bauschen. 


•^    (;-4    H-" 

Plantlünne. 


Kafholi.sclie  Kirche,  ev.-ref.  Kai)<*ll<!  1S56. 

Das  Kirchspiel  Plantlünne  besieht  aus  den  Ortschaften:  Plantlünne 
(270  Einwohner),  Altenlünne,  Varenrode,  Heitel  und  den  Gutsbe/.irk 
Neuhaus  und  bildet  den  südlichsten  Teil  der  ehemaligen  Niedergrafschaft 
Lingen.  Das  Kirchspielgebiet  wird  von  der  Plantlünner  und  der  Speller  Aa 
durchflössen. 
Geschichte  ^®^   Name    des  Ortes   Lünne,    welche    Bezeichnung    ursprünglich    für 

Plantlünne  und  Altenlünne  galt,  kommt  890  im  Werdener  Heberegister  zum 
erstenmal  vor,  und  zwar  in  der  Form  Lunni;  später  in  gleicher  Schreibweise 
im  Corveyer  und  Schapener  Register.  Im  Jahre  1150  tritt  er  im  Werdener 
Heberegister  auch  in  der  Form  Lunnen  auf  (0.  U.  B.  I,  llü  u.  280).  Erst  1272 
findet  sich  der  Name  Plantlünne  (0.  U.  B.  III,  572,  573).  Bei  allen  diesen 
Nennungen  handelt  es  sich  um  Gerechtsame  und  Einkünfte  der  Klöster.  — 
Nach  einer  Sage  hat  bereits  im  IX.  Jahrhundert  in  Altenlünne  eine  Kirche 
bestanden,  von  der  man  auch  Reste  im  Jahre  1880  in  einem  Garten  gefunden 
haben  will.  Im  XVI.  Jahrhundert  jedenfalls  wurde  die  noch  jetzt  bestehende 
Kirche  nach  Plantlünne  verlegt.  Als  Kirchturm  mag  dabei  ein  bereits  be- 
stehender und  im  Schnat-  und  Markenbuch  (s.  Schriever  a.  a.  0.  II,  280) 
von  1400  erwähnter  Wartturm  verwendet  worden  sein.  Der  ältere 
Kirchturm  wurde  1824  abgebrochen,  1859  dafür  ein  neuer  Glockenturm 
erbaut.  Im  Jahre  1597  erfolgte  mit  der  Besitzergreifung  der  Grafschaft 
Lingen  durch  Wilhelm  von  Uranien  auch  in  Plantlünne  die  Vertreibung 
des  katholischen  Priesters.  Die  Kirche  wie  das  Kirchenvermögen  wurde 
damals  Besitz  der  Reformierten,  bis  im  Jahre  1605  die  Spanier  die  alte 
Ordnung  wiederherstellten.  Gegen  Ende  des  Dreißigjährigen  Krieges 
zeigt  das  Verhalten  der  Plantlünner  Gemeinde  ein  Hinneigen  zum  refor- 
mierten Bekenntnis;  es  blieb  auch  ferner  schwankend,  bis  durch  das 
Eingreifen  eines  apostolischen  Vikars  im  Jahre  1659  die  katholische  Lehre 
neu  befestigt  wurde. 

Die  ferneren  geschichtlichen  Ereignisse  in  Plantlünne  verknüpfen 
sich  eng  mit  der  allgemeinen  Geschichte  der  Grafschaft.  —  Nach 
einer  Kultusverordnung  der  hannoverschen  Regierung  vom  Jahre  1824 
erfolgte  zwei  Jahre  später  die  Überweisung  der  Kirche  als  Simultankirche 
an  die  Gemeinden  der  beiden  Konfessionen.  Die  Lösung  dieses  Simultan- 
verhältnisses kam  1857  zustande;  die  Reformierten  erbauten  eine  eigene, 
neue  Kirche. 

Die  dem  hl.  Vitus  geweihte  Kirche  der  Katholiken  (Abb.  56)  ist  nach 
einer  Inschrift  an  der  Nordseite  des  Schiffes  oberhalb  des  dort  befindlichen 
Einganges  1523  erbaut.  Die  Inschrift  in  Minuskeln  lautet:  anno  dom^ 
MV^III  un  twintig  is  getymert  dyt  godeshus 

Auch  die  entsprechende  Tür  an  der  Südseite  hat  im  Spitzbogen  die 
gleiche  Jahreszahl. 


->^     Go    g*<- 


Die  Kirche  (s.  den  Grundriß,  Abb.  57)  ist  ein  einschiffiges,  dreijochiges         Be- 
Langhaus aus  Sandsteinquadern  mit  polygonalem  Chorabschluß.    Eine  gewölbte   Schreibung. 


Abb.  56.    Kirche  in  »Plantlünne    Ansicht  von  Südost. 


Abb.  57.    Kirche  in  Plantlünne;  Grundriß  (1:250). 


Sakristei  befindet  sich  an  der  Südseite.  Der  Turm,  welcher  teilweise  aus 
altem  Material  errichtet  wurde,  stammt  aus  dem  Jahre  1859.  Die  Gewölbe- 
joche der  Kirche  machen  sich  im  Äußern  derselben  durch  Streben  mit  Giebelchen 


M 


->2     T)!')     5H- 

iti  Eselsrückeriforrii  kenntlich.  Difj  Gewölbe  bestehen  aus  Haekstein  und  sind 
Netzgew()lbe,  deren  leicht  gekehlte  Kij)j)en  und  (iurten  auf  Wandkonsolen 
nach  der  Form  eines  doppelt  geschachtelten  Kelches  ruhen.  Die  Fenster  sind 
zumeist  einfach  geteilt  und  mit  Maßwerk  in  Fischblasen-  und  Dreijiaßmuster 
versehen.  Der  Chor  liegt  um  eine  Stufe  erhöht  und  enthielt  ehemals  die  Gruft 
der  adeligen  Familie  auf  Venhaus. 


Abb.  58.    Kirche  in  Plantlünne; 
Grabstein  des  C.  V  von  Eipperda  u.  s.  Gemahlin,  von  IC  12. 

Glocken.  Eine  Glocke,  Durchmesser  0,99  m,  mit  Meisterinschrift:  Petrus  Hemony 

me   fecit    1642.     Glockenbild:    Christus   am  Kreuze,    an   dessen   Seiten  zwei 
Engel  schweben,  unter  dem  Kreuz  Maria  und  Johannes. 

Eine  zweite,   1881   umgegossene  Glocke,  soll   1676  von  einem  Gießer 
Kappen berg,    nach    einigen   Berichten    aus    einer    noch    älteren    Glocke    ge- 
gossen sein. 
Grabstein.  Ein  Grabstein,   rechteckiger  Form,  an  der  Kirchhofsmauer  aufgesetzt, 

datiert   1642  (Abb.  58),   enthält  in  flacher  Arbeit  das  Bildnis   des  Ehepaares 


->Ȥ     C)l     ^- 


Carl  Victor  v.  Ripperda  in  gekuppelter  Nische;  oberhalb  und  unterhalb  je 
vier  Wappen.  Der  Rand  von  gotisierender  Schrift  umzogen;  (s.  über  C.  V.  v. 
Ripperda:  Schriever  a.  a.  0.  II,  S.  311). 

Ein  Kelch,  Silber  vergoldet  (s.  Tafel  5,  Abb.  59);  Fuß   in   Sechspaß-  Kelch, 
form,  Schaft  sechsseitig,  der  flache  Knauf  ebenso,  Rotuli  als  Engelsköpfe  aus- 
gebildet, nach  dem  Stil  Ende  des  XVII.  Jahrhunderts ;  die  Kuppa  mit  geradlinig 
ansteigenden  Wandungen  ist  offenbar  noch  gotisch. 

Ein  Sakramentshäuschen  aus  Sandstein  mit  Wimpergenschluß,  im  Chor,  Sakrameuts- 
spätgotisch.    Höhe  1,93  m,  Breite  0,75  m.  bauschen. 

Steinmetzzeichen   an  den  Leibungsquadern  der  Fenster:  Steinmetz- 

JU  />  /i  zeichen. 

^^  ^^   ^^ 

Bei  1873  vorgenommenen  Erneuerungsarbeiten  zeigten  [sich  Wandmale- 
reien, welche  darstellten:  die  Flucht  nach  Ägypten,  Nordseite  hinter  der  Kirchtür; 
weiter  nach  Osten  zu  zwei  Bischöfe ;  dann  Christus  an  einem  Torwege  stehend, 
mit  der  Unterschrift:  Salvator  mundi:  er  geleitet  einen  Jüngling  in  Priester- 
kleidung und  mit  einer  Lilie  in  der  Hand;  darüber  die  Inschrift:  ego  sum  via. 

Fernere  Bilder  an  derselben  Wand:  Johannes  Ap.  mit  dem  Kelch,  aus 
dem  eine  Schlange  hervorkriecht.  Über  dem  Sakramentshäuschen:  ein  Engel, 
kniend  vor  einer  gotischen  Monstranz;  auf  der  Südseite  des  Chores:  Maria; 
in  der  Nähe  der  Kanzel:  St.  Georg  mit  dem  Drachen.  —  Weitere  Gemälde 
waren  nicht  zu  deuten. 


^ 


Wand- 
malereien. 


Evangelisch-reformierte  Kapelle. 

Die  evangehsch-reformierte  Gemeinde  zu  Plantlünne  erbaute  sich  im 
Jahre  1856  eine  Kapelle,  einen  einfachen  Backsteinbau  gotischen  Stiles. 
Eine  kleine  Glocke,  1856  gegossen,  hängt  im  Dachreiter. 


Salzbergen. 


Katholische  Kirche. 

oalzbergen,  eine  unweit  der  Ems,  auf  deren  linkem  Ufer  im  südlichen 
Teile  des  Kreises  Lingen  belegene  Ortschaft  von  1301  Einwohnern,  wird  von 
der  1855  erbauten  Eisenbahnlinie  Rheine-Oldenzaal  berührt  und  hat  namentlich 
seitdem  industriell  sehr  gewonnen. 

Als  Sitz  eines  Edelhofes  tritt  Salzbergen  zuerst  auf  in  der  Schreib-  Geschichte. 
weise  Saltesberch  im  Jahre  1172  in  einer  Schenkungsurkunde  des  Bischofs 
Ludwig  von  Münster  an  zwei  Brüder  de  Saltesberch.  Das  Geschlecht  derer 
von  Saitesberg  wird  wiederholt  in  den  älteren  Urkunden  genannt,  aus  denen 
auch  ihre  gute  Stellung  zur  Kurie  hervorgeht.  (Niesert,  Urksamml.  II,  Nr.  156. 
0.  U.  B.  I,  409,  433;  U,  22;  s.  auch  Schriever  a.  a.  0.  II,  375.)  Die  Kirche  zu  Salz- 
bergen ist  wahrscheinlich  als  Fihale  von  Rheine,  und  zwar  unter  Beteiligung  der 
Edlen  von  Saitesberg  gegründet  (s.  Schriever  a.  a.  0.  II,  373,  woselbst  Belege 
aus  den  Urkunden).     Zu  Ende  des  XIII.  Jahrhunderts  erlosch  das  Geschlecht. 

5* 


Aiich  die  Grafen  von  Beniheirn  liatten  Besitz  in  Salzbergen  und  treten 
seit  1H26  als  Laienpatrone  über  die  Kirche  auf  (drk.  im  Pfarrarchiv),  deren 
Pfarre  sie  damals  mit  einigen  Grundstücken  belehnten.  (Die  Einkünfte  von 
dem  Salzberger  Pfarrhofe  finden  sich  verzeichnet  0.  U.  B.  II,  253.) 

Die  Abhängigkeit  der  Pfarre  zu  Salzbergen  von  dem  Bentheimer 
Grafenhause  brachte  Ende  des  XVI.  Jahrhunderts  die  Einführung  der  Reformation 
mit  sich  und  die  Anstellung  von  lutherischen  Predigern,  deren  zwei  nachein- 
ander amtierten.  Den  zweiten  traf  das  Geschick,  vor  dem  Eindringen  Tillyscher 
Truppen  in  das  Gebiet  von  Salzbergen,  seinen  Posten  verlassen  zu  müssen. 
Da«  Patronat  über  die  Kirche  übertrug  Graf  Ernst  Wilhelm  von  Berjtheim 
nach  seinem  Rücktritt  zur  katholischen  Religion  dem  Kreuzherrnkloster  zu  Bent- 
lage.  Die  Einwohnerschaft  hatte  sich  größtenteils  schon  um  die  Mitte  des 
XVII.  Jahrhunderts  dem  katholischen  Bekenntnis  wieder  zugewandt,  und  IßGl 
fanden  sich  keine  Protestanten  mehr  vor  (Goldschmidt  a.  a.  0.,  S.  1.59).  Nach 
dem  Reichsdeputationshauptschluß  1803  kam  Salzbergen  wie  das  übrige  links- 
emsische  Gebiet  des  aufgelösten  Bistums  Münster  an  den  Herzog  von  Looz- 
Corswaren  (s.  Einleitung,  S.  9). 

Im  Jahre  1824  wurde  Salzbergen,  welches  1815  hannoversch  geworden 

war,  mit  Emsbüren  und  Schepsdorf  durch   eine  Bulle   des  Papstes  Leo  XII. 

dem  Bistum  Osnabrück  einverleibt. 

Be-  Die  alte  romanische  Kirche  zu  Salz  bergen  ist  niedergelegt;  an  ihrer  Stelle 

Schreibung,  wurde  in  den  Jahren  1896 — 1903  ein  neuer,  gotischer  Hausteinbau  aufgeführt. 

Nach  Mithoff  (VI,  S.  150)  war  die  alte  Kirche  ein  aus  Quadern  und 
Bruchsteinen  errichteter,  einschiffiger  Bau  mit  kleinen  Kreuzflügeln,  in  romanischen 
Formen  angelegt,  aber  in  gotischer  Zeit  umgestaltet.  Es  waren  rundbogige 
Türen  und  kleine,  rundbogige,  zum  Teil  vermauerte  Fenster  vorhanden.  Gotisch 
waren  der  dreiseitige  Chor  und  der  Westturm.  Dieser  jedoch  hatte  nach  einer 
Beschädigung  durch  Sturmwind  im  Jahre  1660  (s.  Goldschmidt  a.  a.  0.  139) 
in  seinem  oberen  Teil  Erneuerungsarbeiten  erfahren.  Die  Maße  der  alten 
Kirche  waren:  Länge  von  Schiff  und  Chor  20,45  m,  Breite  7,30  m  und  in  den 
Kreuzarmen  11,98  m.  Der  Turm  sprang  4,67  m  vor  und  hatte  quadratischen 
Grundriß.  Sämtliche  Innenräume  waren  mit  Kreuzgewölben  überspannt,  auch 
der  Turm  hatte  eine  gewölbte  Durchgangshalle,  die  mit  zum  Schiffe  gezogen 
war.  Die  Sakristei  allein  war  in  einer  Tonne  gewölbt.  Im  Schlußstein  des 
Türbogens  an  der  Nordseite  erschien  ein  plastisch  vortretender  Kopf  und  auf 
dem  Sturze  der  rechteckigen  Türöffnung  eine  unleserliche  gotische  Datumsangabe. 
Glocken.  Die  kleine  Glocke,    Durchmesser  0,96   m,   trägt    die   Inschrift   Anno 

domini  mcccccxxxvlU  sanctus   ciliakus  unse  hillige  patroen.    Bidde  voer  uns 
ihesum  in  des  hemmeis  troen. 

Die  zweite,  Durchmesser  1,02  m,  1620  von  Michael  von  Ochtrup 
gegossen,  mit  Reliefkopf  am  langen  Felde.  Inschrift:  Mors  Salzbergenses 
Judex  Coelumque  Repente  Tollet  Disentiet  Capiet  Quos  Nesciat  Orcus. 
Michael  von  Ochtorpe  me  fecit  1620  xv.  Mai. 

Die  dritte,  1773  gegossen,  Durchmesser  1,23  m,  mit  Ornamentbanci 
in  Rokoko  und  flachem  Wappenrelief.     Inschrift:  Patrone  Hl.  Maria  Bitte  Füi 


die  Salzbergensche  Gemeinde,  Damit  Sie  Fuir  Brand,  Hagel  Und  Donner 
Befreyt  Bleibe  .  etc.  Anno  1773.  Am  langen  Felde  17  ...  .  dormite.  Dum 
trahor  audite.    Voco  vos  ad  sacra.     Venite.    Rincker  v,  Osnabrück  me  fecit. 

Ein    aus    Salzbergen    stammendes  Pluviale    aus  gewebtem  Stoff  mit  Pluviale. 
Mustern  von  Tiergestalten  befindet  sich  nach  Mithoff  (V  S.  150)  in  Osnabrück. 

Ein  Sakramentshäuschen,  Kalkstein,  Höhe  60  cm,  Renaissance,   stark  Sakräments- 
verwittert,  in  der  Sakristei  der  neuen  Kirche   eingemauert.    Zwei  Engel  mit    »lauschen. 
Weihrauchfässern   sind  rechts    und    links   der  Nische  karyatidenähnlich   ver- 
wendet, unter  einem  Gebälk  mit  Giebelverdachung  in  Kreisbogenform. 


Abb.  60.    Kirche  in  Salzbergen;  Taufstein. 

Ein  Taufstein,   Bentheimer  Material   und  Typ,  Höhe   89   cm,   oberer  Taufe. 
Durchmesser  85  cm  (s.  Abb.  60).    Als  Eckvermittlungen  am  Fuß  vier  hockende 
Männchen,   Am  Becken  eine  Reihe  von  sechs  Masken,  darüber,  von  Doppeltauen 
unten  und   oben  eingefaßt,   die  Weinranke.     Verwandtschaft  mit  ihm    zeigt 
der  Stein  in  Bippen  (Kreis  Bersenbrück). 


Schapen. 

Protestantische  Kirche,  katholische  Kirche, 
ochapen,  in  einer  wiesenreichen  Niederung  an  einer  Nebenaa  der 
Großen  Aa,  3  km  so.  von  Beesten  gelegen,  ist  ein  Dorf  von  etwa  1400  Ein- 
wohnern  und  besteht  aus    vier   Bauerschaften,    deren    Stammhöfe    auf    den 
höher  gelegenen  Stellen  der  Gegend  gegründet  waren. 


(ioscliiclit(\  Der  Xaine   Schapen    findet    sich    in    den    Formen    Scapahaniina    und 

Schapham  (800),  Scapaliainme  (1150).  Die  Abtei  Werden  besaß  einen  Oborhof 
in  Schapen,  über  deren  Einkünfte  die  Werdener  Heberegister  von  890  und 
1150  berichten  (0.  U.  B.  I,  57  u.  280,  ferner  M.  d.  Hist.  Ver.  zu  Osn.  G,  lüB  f. 
u.  209).  Auch  Corvey  scheint  innerhalb  der  Dorf  mark  Schapen  Besitz  gehabt 
zu  haben  (s.  dar.  Schriever  II,  S.  326,  vgl.  ferner  0.  U,  B.  I,  24  u.  25).  Später 
tritt  der  Bischof  von  Osnabrück  als  Besitzer  von  Lehnsgütern  im  Kirchsjtiel 
Schapen  auf  (s.  Sudendorf,  Komm.  d.  K.  dtsch.  Ord.)*). 

Die  Beschriviuge  **)  des  Rentmeisters  Limborg  von  1550  ferner  bringt 
Eingehenderes  über  den  Besitzstand  des  Grafen  von  Tecklenburg  als 
Landesherrn  um  1400,  der  Werdener  Abtei  usf.  (Weiteres  bei  Großfeld. 
Beiträge  zur  Gesch.  der  Stadt  Rheine  S.  30.)  Auf  dem  Sadelhofe  zu  Schapen, 
dem  Oberhofe  der  Werdener  Abtei,  wurde  das  Abteigericht  über  die  Abtfreien 
des  Klosters  gehalten,  d.  h.  über  die  Besitzer  der  in  den  Heberegistern  als 
Abguitt  bezeichneten,  eigenbehörigen  Stätten  des  Sadelhofes,  bis  es  durch  Konrad 
von  Tecklenburg  1540  aufgehoben  v^urde  (Rumpius  a.  a.  0.  S.  44). 

Auf  dem  Sadelhofe,  der  um  804  von  Karl  dem  Großen  an  Werden 
geschenkt  vs^ar  (0.  U.  B.  I,  116  §  25  u.  26),  soll  von  Werden  aus  schon  in 
früher  Zeit  eine  Kapelle  mit  Kirchhof  angelegt  worden  sein,  die  als  Filiale 
zu  einer  andern  Kirche  gehört  haben  muß.  Denn,  da  als  Patron  der  Schapener 
Kirche  der  hl.  Luidger  in  Frage  kommt,  und  Luidgerikirchen  erst  nach  dem 
Jahre  1000  im  Münsterlaude  auftreten,  so  wird  sie  als  Pfarrkirche  bis  dahin 
nicht  bestanden  haben,  sondern  eben  Filiale  einer  andern  Kirche  gewesen  sein. 
Hingegen  scheint  aus  dem  Heberegister  von  1150,  das  eine  Abgabenpflicht 
eines  Plantlünner  Bauern  an  Schapen  angibt,  geschlossen  werden  zu  dürfen, 
daß  die  Kirche  inzwischen  Pfarrkirche  geworden  war.  Der  Abt  von  Werden 
war  weltlicher  Patron  und  besetzte  die  Pfarre  sowie  die  seit  1366  eingerichtete 
Vikariestelle  St.  Crucis  (Goldschmidt  S.  16)  urkundlich  vor  1432  (nach 
Schriever  II,  S.  329).  Er  erhielt  das  Recht  auch  über  die  von  Schapen  ab- 
hängige Kapelle  zu  Hopsten,  die  nach  Goldschmidt  (Urk.  IV)  bereits  1343 
bestand.  Das  Patronatsrecht  wurde  noch  1672  während  der  sogenannten 
Bischofsjahre  von  der  Abtei  ausgeübt.  Schapen  gehörte  übrigens  zum  Archi- 
diakonate  des  Osnabrücker  Dompropstes  (Lodtmann  I,  304). 

Im  Jahre  1400  fiel  mehr  als  ein  Drittel  der  Gemeinde,  darunter  Hopsten, 
politisch  an  das  Münsterland  (Kindlinger,  Münst.  Beitr.  Urk.  XXV),  und  1537 
machte  sich  Hopsten  auch  kirchlich  vom  Mutterorte  frei  (Goldschmidt  S.  24). 
Um  1541  stellte  Konrad  von  Tecklenburg  einen  Predikanten  in  Schapen   an, 

Die  Geschichte  Schapens  hat  in  der  Folgezeit  viel  Gemeinsames 
mit  der  der  anderen  Plätze  der  Niedergrafschaft  Lingen.  Unter  den  Oraniern 
um  1650  wurde  der  katholische  Priester  entfernt,  der  kathohsche  Gottesdienst 
aber  insgeheim  in  der  Nähe   des  Ortes  weiter  ausgeübt.     Unter  Wilhelm  III 


*)  Über  einen  Besitz,  den  die  Abtei  Herford  in  Schapen  1386  gewann,  siehe  Dan^e 

Einkünfte   und   Lelinsrej^.ster  der  Fürstabtei  Herford,    sowie  Heberollen    des  Stiftes    anl 

dem  Berge  bei  Herford  (B.  VI  des  Codex  traditionum  Westfalicarum  S.  209). 

**)  Über  diese  Quelle  f^ielie  Schriever  a.  a.  0.  I,  S.  142. 


^^     71     ?^^ 

von  Oranien,  1674,  erhielt  die  reformierte  Gemeinde  die  Kirche  zu  Schapen  als 
Eigentum  überwiesen,  was  durch  die  Hannoversche  Kultusverordnung  von  1829 
Bestätigung  fand.  Als  Filialen  wurden  der  Kirche  dabei  die  Gemeinden  von 
Beesten  und  Plantlünne  untergeordnet.  Erst  1717  erhielten  die  Katholiken 
die  Erlaubnis  zur  öffentlichen  Abhaltung  ihres  Gottesdienstes;  sie  erbauten 
darauf  1718  eine  Notkirche  und  1788 — 1789  die  jetzt  noch  bestehende  Saalkirche. 


Protestantische  Kirche.  ' 

Die    im    wesentlichen    spätgotischer    Zeit   entstammende   Kirche    zu         Be- 
Schapen  (Abb.  Gl)  hegt  abseits  des   heutigen   Ortes  in  etwas  erhöhter  Lage    ä<'°''®'""°J 
inmitten  ihres  Kirchhofes. 


Abb.  61.    Protestantische  Kirche  in  Schapen;  Ansicht  von  Südosten 


Abb.  G2.    Protestantische  Kirche  in  Schapen;  Grundriß  (i:2.")0). 


Der  dreistöckige    Turm    mit    achtseitig    pyramidalem   Helm    ist   nach  Turm 
einem    Brande   im    Jahre    1866    größtenteils    neuaufgebaut,    aber   in    seinem 


unteren  Stockwerk  unverändert  geblieben;  er  hat  eine  in  Bruchstein  gewölbte 
Durchf^angshalle  (s.  d.  Grundriß,  Abb.  02),  deren  Wölbung  einer  flachen 
Kuppel  gleichkommt.  Die.se  i.st  auf  Schildbögen  mit  Konsolen  ausgeführt, 
deren  zwei  figurale  Ausbildung  erfahren  haben.  Und  zwar  trägt  die  in  der 
Nordostecke  das  vollplastische  Rumpf  bildnis  einer  männlichen  Person  in  Mantel 
(Abb.  63),  welche  in  der  Rechten  ein  LiHenszepter  hält ;  die  Linke  ist  abgeschlagen ; 
das  von  herabhängendem  Haar  und  einem  Kopftuch  seitlich  eingefaßte 
Gesicht  ist  beschädigt;  auf  dem  Haupte  scheint  wulstähnlich  ein  R^if  zu 
liegen.   Ihrem  Charakter  nach  gehören  Figur  und  Wölbung  in  die  Zeit  um  12(XJ. 


Abb  63.    Protestantische  Kirche  in  Schapeu:  Konsole  im  Turm. 


Bei  dem  erwähnten  Neuaufbau  des  Turmes  fand  sich  im  Mauerwerk 
ein  Inschriftstein  mit  der  Jahreszahl  MCCCCCIX,  der  Jetzt  im  Inneren  des 
Turmes  am  Glockenstuhl  eingelassen  ist.  '  (Mithoff  und  nach  ihm  andere 
nennen  fälschlich  die  Jahreszahl  1540.)  Das  Datum  scheint  die  Errichtung 
der  1866  vernichteten  Turmstockwerke  anzugeben  und  ist  vermutlich  zugleich 
auf  die  übrige  Kirche  zu  beziehen. 
Schiffu.Chor.  Das  Schiff  besteht  aus  drei  äußerlich  durch  Streben  gekennzeichneten 

Jochen.  Man  gewinnt  nach  Form  und  Ansehen  des  Sandsteinmateriales  den 
Eindruck,  als  haben  hier  die  Quadern  der  älteren  romanischen  Kirche  Wieder- 
verwendung gefunden,  während  für  den  Chor  neues  Material  gehauen  werden 
mußte.  Die  Wölbungen  des  Schiffes  sind  auf  Konsolen  und  Rippen  nach 
Kreuzgewölbeform  in  Ziegeln  ausgeführt;  die  des  höherliegenden  und  in  fünf  Seiten 
eines  Achtecks  schließenden  Chores  entsprechend  in  Fächerform.     Die  Kon- 


Tafel  6. 


I 


Abb.  64  II.  75. 
I        KATH.  KIRCHE  IN  SCHAFEN;  Inneres.  —  KIRCHE  IN  WETTRUP;  Inneres, 


solen  sind  teilweise  als  Fratzen  ausgebildet;  Türen  und  Fenster  in  Schiff 
und  Chor  schließen  spitzbogig,  die  Fenster  sind  einpfostig  geteilt  und  haben 
Fischblasenmaßwerk. 

Eine  Sakristei  mit  Tonnengewölbe  legt  sich  an  die  Nordseite  des  Chores.  Sakristei. 

Im  oberen  Teil  des  Maßwerkes  an  der  Südseite  des  Schiffes,  bemalte      Glas- 
Glasfenster,  unbedeutend,  um  1500.  .  malereien. 

Zwei   Glocken,    1867   umgegossen.    Die    größere    hatte    zur  Inschrift:  Glocken. 
Salvator  mundi  salvum  fac  populum  tuum  quem  pretioso  sanguine  redemisti  usw. 
Petrus  Hemony  me  fecit  anno  1647. 

Die   kleinere:    J.    Jörling.     Ludgerus    vocor   tempore    sacro    populum 
scapensem  (voco)  anno  1647. 

Die  Kanzel  aus  Holz,  etwa  1830  errichtet,  an  der  Ostwand  des  Chores.  Kanzel. 
Eine  doppelarmige  Treppe  führt  zum  fünfseitigen  Kanzelstuhl;  der  fünfeckige 
Schalldeckel  ruht  auf  zwei  Säulen.    Die  Kanzel  ist  weiß  lackiert. 

Das  Kirchensiegel  enthält  im   runden  Felde  ein  Schaf,  darunter  eine  Siegel. 

Pistole  und  zwei  gekreuzte  Schwerter. 

In  den  Leibungsquadern  der  Fenster  und  Türen  nachstehende  Stein-  Steinmetz- 

zeicheu. 

metzzeichen:  ^=Jr      ^^      ^4rF      \^  > 

Ein  Taufstein  der  Bentheimer  Gruppe,  Höhe  65  cm,  im  oberen  Durch-  Taufe, 
messer   80  cm,    ist   stg,rk  verwittert   und    beschädigt.     (Er   wird   als  Regen- 
faß   benutzt!)     Seine   Eigentümlichkeit   sind  drei   ReUefköpfe    und   Rosetten 
am  Becken. 

Wandmalereien  mit  dem  Charakter  derer  von  Lengerich  (s.  daselbst)    Wand- 
sollen 1853  bei  Erneuerungsarbeiten   zum  Vorschein   gekommen,   aber  über-  "^'''^^^''^len. 
tüncht  sein. 


Katholische  Kirche. 

Die  1788  erbaute  St.  Luidgerikirche  der  Katholiken  ist  eine  Saalkirche  Be- 
aus  Bruchstein,  geputzt  und  mit  verzahnten  Eckquadern  versehen.  Fenster  Schreibung, 
und  Türumrahmungen  bestehen  aus  Sandstein.  Der  um  zwei  Stufen  erhöht 
liegende  Chor  schließt  mit  drei  Seiten  eines  Achtecks.  Die  Holzdecke,  in 
Spiegelgewölbeform,  ist  am  Dachstuhl  aufgehängt  (Tafel  6,  Abb.  64).'  Oberhalb 
des  Westgiebels  erhebt  sich  ein  Dachreiter.  Seit  1903  ist  ein  Glockenturm 
neben  der  Kirche  (Südseite)  errichtet. 

Der  Haupt-  und  die  beiden  Nebenaltäre  mit  offenen  Säulenstellungen  Altar, 
(erste  Hälfte  des  XVIII.  Jahrhunderts)  sollen  aus  dem  Kloster  Warendorf  in 
Westfalen  stammen:  hohe  Predella,  die  Seitenstücke  flügelartig  vorgezogen; 
Säulen  mit  glattem  Schaft  und  korinthischem  Kapitell;  verkröpftes  Gebälk; 
im  Mittelstück  geschwungenes  Sims.  Am  Hauptaltar  ist  das  bekrönende 
Stück  baldachinartig  mit  Volutenriegeln  ausgebildet;  darin  eine  Strahlen glorie 
(s.  Tafel  6,  Abb.  64).    Die  Nebenaltäre  einfacher. 

Eine  Glocke  im  Dachreiter  von  1788.  Meister:  J.  H.  Maerkel  in  Warendorf .  Glocken. 
Durchmesser  0,68  m.    Die  übrigen  Glocken  stammen  aus  dem  Jahre  1903. 


-^     71     »**- 


Kinizcl.  I)if>    Kanzel    aus    Holz,    erste 

achteckigen  Stuhl  mit  Fuß.  Die 
Kranzgohäiigeu  in  Regence  belegt. 
(s.  Tafel  0,  Abb.  64). 


Hälfte  des  XVIII.  Jahrhunderts,  hat 
»Stuhlkanten  sind  mit  geschnitzten 
Der    S<;halldeckel    trägt    Engelsfiguren 


Geschichte. 


Be- 

pchreibunii-, 


Schiff. 


Schepsdorf. 

ochepsdorf,  ein  an  einem  alten  Emsübergange  der  ehemals  sehr 
verkehrsreichen  Straße  von  Lingen  nach  Amsterdam  und  Üveryssel,  2,5  km 
sw.  von  Lingen  belegenes  Dorf  von  1360  Einwohnern,  ohne  Industrie,  umfaßt 
die  Bauerschaften  Rheitlage,  Lohne,  Darme  und  den  Gutsbezirk  Herzford. 

Der  Name  des  Ortes  tritt  1291  in  der  Form  Schepesthorpe  (0.  U.  B. 
IV,  324)  1313  Scepesdorpe,  auf.  Schepsdorf  ist  nach  Tibus  eine  Filiale  von 
Emsbüren,  wo  es  regelmäßig  zur  Synode  erscheinen  mußte;  hatte  aber  im 
X.  Jahrhundert  schon  eine  eigene  Kapelle.  Nach  der  Überlieferung 
sollen  Benediktiner  hier  zuerst  missioniert  und  auf  dem  Hesselberge,  etwa 
1  km  nw.  der  jetzigen  Kirche,  ein  Kloster  besessen  haben.  Spuren  davon 
sind  aber  nicht  festzustellen.  Als  Patron  der  Kirche,  die  1291  zur  Pfarrkirche 
erhoben  wurde  (vgl.  Schriever  a.  a.  0.  I,  S.  117),  wird  der  hl.  Alexander  Martyr 
verehrt,  einer  der  sieben  Söhne  der  hl.  Felicitas,  dessen  Gebeine  850  von 
Rom  nach  Wildeshausen  überführt  wurden.  In  der  Reformationszeit  blieb 
Schepsdorf  katholisch. 

Die  Kirche  zu  Schepsdorf  (Tafel  7,  Abb.  65)  besteht  aus  einem  in 
drei  Jochen  gewölbten  Langhause  mit  einem  Westturm.  Der  Chorabschluß 
in  fünf  Seiten  eines  regelmäßigen  Achtecks  ist  1874  angelegt  (s.  Grundriß,  Abb.  66). 

Die  beiden  westlichen  Joche  haben  Umfassungsmauern  aus  romanischer 
Zeit:  an  der  Nordseite  findet  sich  die  Verwendung  von  Granitfindhngen, 
während  an  der  Südseite  scheitrecht  behauene  Bruchsteine,  oft  von  kubischer 
Form,  das  Material  bilden.  Auf  jener  Seite  ist  außerdem  eine  zugesetzte 
Rundbogentür,  auf  dieser  ein  rundbogiges  Fenster  zu  erkennen,  beide 
größtenteils  durch  eine  gotische  Strebe  verdeckt.  In  romanischer  Zeit  werden 
die  verhältnismäßig  schwachen  Mauern  nur  eine  Holzdecke  getragen   haben. 

Das  dritte  Joch  ist  dem  Augenscheine  nach  gegen  Ende  des  XV.  Jahr- 
hunderts angefügt.  In  dieser  Zeit  (1479)  verkaufte  auch,  nach  Urkunden  im 
Pfarrarchive,  die  Kirche  Ländereien ;  die  Wahrscheinlichkeit,  daß  der  Erlös  für  die 
bauliche  Veränderung  des  Gotteshauses  hat  verwendet  werden  sollen,  liegt  vor 
und  unterstützt  diese  Datierung. 

Das  dritte  Joch,  das  damals  geschaffen  wurde,  diente  als  Chor  und 
war  geradlinig  geschlossen.  Gleichzeitig  Avurden  die  in  Ziegeln  hergestellten 
Gewölbe  eingezogen  und  durch  Streben  gesichert.  Es  sind  Kreuzgewölbe  aul 
flachgekehlten  Sandsteinrippen,  die  zum  Teil  auf  Wanddiensten,  andernteils 
auf  Konsolen  ruhen  (Tafel  7,  Abb.  67). 


Tafel  7. 


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Abb.  65  u.  ()/. 

KIRCHE  IN  SCHEPSDORF:  Aulieiiaiisicht,  ^    Inntiiansicht. 


Außerdem  legte  man  damals  die  breiteren,  einfach  geteilten  und  mit 
Maßwerk  versehenen  Fenster  in  den  beiden  älteren  Jochen,  sowie  die  Türen 
im  ersten  Joche   an.    Das  Fenstermaßwerk   ist  aber  1874  gänzlich  erneuert. 

Zu  der  gegen  das  Ende  des  XV.  Jahrhunderts  geschehenen  weiteren  Turm. 
Ausgestaltung  des  Gotteshauses  gehört  ferner  die  Anlage  des  Westturmes. 
Sein  Quaderbau  erhebt  sich  auf  quadratischer  Grundlage  mit  Sockel  und 
einmaliger  Geschoßabsetz,ung  und  hat  eine  spitzbogig  geschlossene  Westtür 
in  der  auf  Sandsteinrippen  mit  Ziegeln  gewölbten  Durchgangshalle;  in  seinem 
oberen  Geschoß  hat  er  in  jeder  Seite  eine  spitzbogige  und  einfach  geteilte 
Schallöffnung.  Über  dem  Dachsims  erhebt  sich  der  Turmhelm  als  acht- 
seitige Pyramide. 


Abb.  66.    Kirche  in  Schepsdorf;  Grundriß  (l:2üu). 


An  die  Nordseite  des  dritten  Joches  fügt  sich  eine  gotische,  gewölbte  Sakristei. 
Sakristei,  in  deren  Fensterleibungen  mehrere  Steinmetzzeichen  sichtbar  sind,  an. 
An  der  Südseite  des  gleichen  Joches  scheint  ein  ähnlicher  Anbau  aus  späterer 
Zeit  bestanden  zu  haben. 

Altar,  Kanzel,  Orgel,  Beichtstühle  sind  neu.    Den  alten  Hochaltar  hatte  Altar,Kaiizel, 
Gertrudis  von  Langen    1343   geschenkt.     1348   wurde   unter  Bischof  Ludwig       Orgel. 
von  Münster  zu  dem  Liebfrauenaltar  noch  ein  Altar  zu  Ehren  des  hl.  Johannes 
des  Täufers  gestiftet. 

1657  schenkte  Rittmeister  Franz  Rolandt  von  Lohn,  welcher  damals 
auf  Herzford  wohnte,  einen  neuen  Altar.  Derselbe  wurde  von  Bernd  Jürgen 
in  Münster  angefertigt  und  1658  durch  Fuhrleute  abgeholt  (Nachricht  im 
Pfarrarchiv). 

Der  „Preckstoel"  war  1581  lt.  Kirchenrechnung  verbessert  worden. 

Eine  Glocke  mit  der  Inschrift:  jhesus  maria  sanctus  alexander  patronus  Glocken, 
johan  folkeer  anno  dni  m^cccc^lxxvn^^.     Durchmesser  1,25  m. 

Eine  zweite:  jhesus  maria  Johannes  saneta  felicitas,  johan  folkeer 
anno  dni  m®cccclxxvu<>.     Durchmesser  0,87  m. 


Eine  dritte:  etwa  1904  umReschmolzen,  stammte  nach  Mitlioff  (IV,  S.  104) 
aus  dem  -lahre  14;i0. 
Krön-  Die  Spindel  eines  im  übrigen  neuen  Kronleuchters  ist  alt.   Sie  besteht 

Icnchter.  .^^^^^   Messingguß,    endet  unten    in    einen   Löwenkopf    mit    King    und   hat  als 
Krone  die  Figur  der  Madonna  auf  der  Erdkugel  mit  der  Schlange  zu  Füßen. 
Monstranz.  Eine  silbervergoldete  Strahlenmonstranz  (Tafel  5,  Abb.  68)  mit  Engels- 

köpfen und  schwebenden  Engeln  im   Kranz;   in  der  Mitte  oben  Gott- Vater. 
Getriebene  Arbeit,  ohne  Meisterzeichen,  Mitte  des  XVIII.  -Jahrhunderts. 
Wand-  Bei  den  Bauarbeiten,   1874,  kamen  Malereien    an  den  Gewölben  zum 

inalercien,  Vorschein,   sind   dann  aber  übertüncht  worden.      Über  dem  Hochaltar  Dar- 
stellung des  Erlösers,  an  anderen  Gewölbekappen  Himmel  und  Hölle. 
Steinmetz-  An  den  Leibungsquadern  der  Sakristeifenster  finden  sich  nachstehende 


zeichen. 


Steinmetzzeichen : 


S  p  e  1 1  e. 


Katholische  Kirche. 

O pelle,  ein  70  km  nö.  von  Rheine,  im  Wiesengebiet  der  Aa  belegenes 
Dorf  (572  Einwohner),  gehörte  seit  den  ältesten  Zeiten  bis  zum  Jahre  182G 
als  Bauerschaft  zu  Plantlünne. 

Im  Werdener  Heberegister  vom  Jahre  890  (0.  U.  B.  I,  57)  wird  der 
Ort  in  der  Schreibweise  Spenilon,  1150  in  der  Form  Spenlo  genannt  (0.  U. 
Geschichte,  ß  j^  280).  Wiewohl  Spelle  nach  Plantlünne  eingepfarrt  war,  besaß  es  schon 
um  1550  eine  eigene,  aus  Fach  werk  errichtete  Kapelle,  deren  die  ,,Beschrivinge" 
des  Amtes  Lingen  Erwähnung  tut.  Nach  der  Einführung  der  Reformation 
findet  sie  sich  im  Besitze  der  Protestanten ;  sie  wurde  um  1800  abgebrochen, 
weil  für  die  immer  geringer  werdende  Seelenzahl  der  protestantischen  Gemeinde 
die  Unterhaltungskosten  zu  hoch  waren.  Zwei  Jahrzehnte  vorher,  1778,  nach- 
dem der  bekannte  Duidungserlaß  ergangen  war,  hatten  sich  die  Katholiken 
ein  Gotteshaus  aus  Fachwerk  erbaut,  das  bis  zum  Jahre  1870  bestanden  hat. 
Schutzpatron  dieser  Kirche  war  Johannes  der'  Täufer.  Ein  Glockenhaus 
befand  sich  auf  dem  in  der  Nähe  liegenden  Kirchhofe.  Die  Gemeinde  wurde 
1826  zur  Pfarrgemeinde  erhoben. 

Im  Jahre  1870  wurde  an  Stelle  der  alten  Kirche  ein  gotischer  Neubau 
aus  Backstein  mit  Holzgewölben  errichtet. 
Glocken  Eine  Glocke,  Durchmesser 0,51  m;  Inschrift:  Alexius  Petit  me  fecit  1797. 

Die  beiden  anderen  Glocken  sind  1869  von  Edelbrock  in  Gescher  gegossen. 
Kanzel.  Kanzel  aus  Holz,  achteckiger  Stuhl  mit  Fuß,  Arbeit  Ende  des  XVIIl. 

Jahrhunderts,  die  Evangelistenfiguren   am   Stuhl   stark   bewegt  aus  der   Zeit 
um  1700. 


Spyck  oder  Spiek. 


Gut. 

Als  Besitzer  der  ehemals  in  unmittelbarer  Nähe  der  Kirche  zu  Bramsche 
belegenen  Burg  Spiek,  traten  im  XV.  Jahrhundert  die  von  Senden  auf;  durch 
Erheiratung  gelangte  sie  an  die  Familie  von  Marfeld,  die  um  1550  von  der 
Familie  Grothaus  von  dem  Kronenberg  bei  Tecklenburg  abge.löst  wurde. 

Die  Burg,  zu  der  die  Bramscher  Kirche  als  Kapelle  gehört  haben  soll, 
wurde  1558  in  einem  Streite  Cords  von  Grothaus  mit  Osnabrück  zerstört  und 
nicht  wieder  aufgebaut. 

1651  kam  das  Gut  durch  Erbschaft  an  die  Familie  v.  Langen,  welche 
1838  ausstarb.     Seitdem  gehört  es  der  Familie  Oosthuys. 


S  t  o  V  e  r  n. 


Gut. 


Das  Rittergut  Stovern  liegt  2  km  sw.  von  Salzbergen.    Als  frühester 
Besitzer  des  Hofes  Stovern  wird  urkundlich  1169  ein  Conrad  Cervus.  Ministerial  des 


Abb.  69.    Haus  Stovern;  Eingang 


raafen  Otio  von  lienlhoirn  f^cnunnl,  der  das  (iut  in  diesem  -lalire  an  die 
.lühaiiniter-Kouiiiiendc!  in  Steinfurl.  verkaufte  (0.  U.  B.  III,  4i)2).  Vorn  XIV. 
Jahrhundert  an  bis  Anfang  des  XVII.  -lahrhunderts  befand  sich  Stovern  im 
Besitz  des  Klosters  zu  Bentlage  und  kam  IGll  durch  Kauf  an  die  Gebrüder 
von  Morrien  vom  Falkenhofe  zu  Rheine.  Dietrich  von  Morden  verkaufte  166(J 
das  Gut  an  Herm.  Heinrich  Bentinck;  1079  wird  als  Erbherr  von  Stovern 
Johann  von  Hövel  angegeben.  Um  1715  karn  es  an  die  Familie  von  Twickel, 
in  deren  Besitz  es  sich  bis  zur  Gegenwart  befindet.  (Mit  Benutzung  eines 
Auszuges  aus  den  Akten  des  Gutes.)  Auf  dem  Gutshofe  ist  eine  Kapelle 
vorhanden,  der  schon  Papst  Benedikt  XIV.  1751  Privilegien  verlieh. 
Be-  l^ie  von  einer  Graft  umgebenen,  in  U-form  einen  Hof  einschließenden 

schreibnng-,  Gebäude  sind,  sov^^eit  sie  nicht  neuerdings  umgebaut  und  erweitert  wurden, 
in  der  zweiten  Hälfte  des  XVII.  Jahrhunderts  in  Ziegeln  errichtet.  Fenster  und 
Türen  haben  schlichte  Sandsteingewände.  Der  eine  Flügel,  der  mit  dem  alten, 
eingeschossigen  Herrenhause  abschHeßt,  wird  durch  das  Torgebäude  unter- 
brochen, das  ganz  aus  Sandstein  hergestellt  und,  von  einem  anderen  Gutshof 
der  V.  Twickel  stammend,  hier  wieder  aufgeführt  ist  (Abb.  09).  An  der  Brücke 
davor  in  schmiedeeisernen  Ankern  die  Jahreszahl  1714.  Die  vor  den  Brücken- 
pfeilern aufgestellten  Sandsteinfiguren,  Neptun  und  Herkules,  haben  ursprünglich 
einen  anderen  Standort  gehabt;  die  bekrönenden  Vasen  sind  neu  hinzugefügt. 
Der  andere,  frei  vortretende  Flügel,  der  die  Jahreszahl  1007  aufweist,  enthält 
die  Räume  der  Gutsverwaltung  und  am  Ende  eine  Kapelle.  Hier  am  Giebel 
ein  Wappen  und  die  Jahreszahl  1750. 

In  der  Kapelle  finden  sich  die  aus  Holz  hergesteUten  und  mit  Wappen 
gezierten  Epitaphien  des  Hermann  Bentinch  f  1075,  und  des  Johann  Rudolf 
von  Hövel  f  am  5.  Januar  1701,  ferner  eine  Reihe  von  Ölgemälden:  vier 
Evangelisten,  St.  Antonius,  St.  Theresia,  Schmerzensmann,  Verkündigung. 
Madonna,  Kreuzabnahme  und,  besonders  bemerkenswert,  ein  Porträt  des 
Bischofs  Ernst,  Friedrich  v.  Twickel  f  1734,  der  vor  einer  Madonna  kniend 
dargestellt  ist. 


S  u  1 1  r  u  p. 

Outtrup,  eine  nach  Tuine  eingepfarrte  Bauerschaft,  erhielt  laut 
einer  Urkunde  vom  Jahre  1450  (Goldschmidt  a.  a.  0.  S.  17  u.  Urk.  0)  die  Bau- 
erlaubnis zu  einer  Kapelle  auf  dem  alten  Suttruper  Kirchhofe.  Sie  ist  nicht 
mehr  erhalten.  Auch  das  adelige  Haus  derer  von  Suttrup  besteht  nicht  mehr 
(siehe  darüber  Schriever  II,  S.  108). 


-^     79     S^- 

T  u  i  n  e. 


Kirche  (simultan). 

Das  Dorf  Tu  ine  (gegen  1050  Einwohner),  liegt  4  km  wnw.  von 
Froren  an  der  alten  Poststraße  Osnabrück-Lingen.  Handel  und  Industrie  sind 
von  geringer  Bedeutung.     Zu  Tuine  gehören  fünf  Bauerschaften. 

Der  Name  des  Ortes  kommt  vor  in  den  Schreibweisen  Thuinum  in  einer 
Schenkungsurkunde  von  836  (0.  U.  B.  I,  20),  ferner  Dune  im  XL  Jahrhundert 
(das.I,  116,  §27)  undThunen  1160  (das.  I,  311),  endlich  Tune  1198  (das.  1,418). 


Abb.  70.    Kirche  in  Tuine;  Ansicht  von  Südost. 

Die  Kirchengründung  zu  Tuine  scheint  in  karolingische  Zeit  zurück-  Geschichte, 
zureichen,  vorausgesetzt,  daß  es  diese  Kirche  ist,  welche  in  einer  Urkunde 
von  821  als  zum  Münsterischen  Bischofsstuhl  gehörig  in  dem  im  übrigen 
Osnabrückischen  Venkigau  bezeichnet  wird.  (Goldschmidt,  S.  1 1 ;  Lindenborn, 
S.  550;  0.  U.  B.  I,  7.)  Die  Kirche  hat  den  hl.  Georg  als  Schutzheiligen.  Das 
Patronat  besaß  der  bischöfliche  Stuhl  zu  Münster;  weltliche  Patrone  waren  vom 
XII.  Jahrh.  an  die  Herren  von  Tuine.  Noch  1350  wurde  ein  Mathaeus  de  Thuine 
mit  dem  Altar  der  Kirche  belehnt  (Lodtmann,  Acta  Osn.  I,  S.  111).  Mit  dem 
Wechsel  der  Besitzer  des  Hofes  von  Tuine  aber  wechselte  auch  das  Patronat. 
Im  Tuiner  Gebiet  hatte  das  Kloster  Corvey  mannigfachen  Besitz,  wie  das 
Abgabenverzeichnis  vom  Jahre  1195  mitteilt  (0.  U.  B.  I,  418  u.  a.). 

Der  Münsterische  Besitz  in  Tuine*)  schrumpfte  bis  gegen  1550  auf 
einen  einzigen  Hof  in  Baccum  zusammen.    Im  Zusammenhang  mit  den  in  der 

*)  Über  den  zu  Münster  lehnshörigen  Hof  zu  Tuine  (Fraukenhaus)  siehe  Gold- 
schmidt,  S.  100,  Anin.  8,  und  Schriever  II,  S.  153,  ferner  Goldschmidt,  S.  15  u.  Anm.  15, 
auch  Goldschmidt,  Urk.  6. 


Kinleitung  f^eschi  kl  orten  ^Ereignissen  der  Zeit  kam  1597  Kirche  und  I^farre  in 
den  Bcisilz  der  Reformierten,  fiel  aber  \i)()'>  an  die  Katholiken  zurück,  1648 
erfolgte  wieder  die  Einführung  eines  reformierten  Predigers.  Der  katholische 
(iottesdienst  wurde  in  Heimlichkeit  abgehalten,  bis  im  Jahre  1718  der  Bau 
eines  Bethauses  aus  Fachwerk  sich  ermöglichen  liefi  Nach  der  hannoverschen 
Kultusverordnung  wurden  1824  die  Reformierten  von  Tuine  nach  Freren  ein- 
gepfarrt  (Nachtrag  zur  Kultusverordnung  vom  51.  März  1824).  Die  reformierte 
Kirche  wurde  dann  Simultankirche:  wird  aber  heutigestages  fast  ledighch  für 
den  katholischen  Kult  benutzt. 


Abb.  71.    Kirche  in  Tuiiie:  Grundriß  (l:iöO). 


Be-  Die  Kirche  zu  Tuine  (Abb.  70),  auf  einer  geringen  Bodenerhöhung  inmitten 

Schreibung,  ihres  Kirchhof  es  belegen,  entstammt  den  ersten  Jahrzehnten  des  XVI.  Jahrhunderts. 
Der  im  Westen  vorgelagerte  Turm  freilich  gehört  in  die  schon  er- 
wähnte Gruppe  der  Türme  aus  romanischer  Zeit  (vgl.  Messingen,  Freren, 
Baccum,  Lengerich,  Schapen  usw.).  Er  ist  aus  Bruchstein  und  Findlingen 
aufgeführt  und  an  den  Ecken  -  mit  Quadern  versehen.  Eine  spitzbogige 
Tür  führt  in  die  mit  dem  Schiff  in  Verbindung  stehende  Durchgangshalle, 
welche  mit  einem  Tonnengewölbe  über  Kämpfern  mit  Platte  und  Schräge 
abgewölbt  ist.  In  seinem  oberen  Teil  hat  der  Turm  fast  rundbogige,  gekuppelte 
Schallöcher.  Das  Drempelgeschoß  und  der  Helm  in  Laternenform  stammen 
aus  dem  Jahre  1851.  Der  Turm  steht  etwas  schräg  zur  Schiffslängsachse. 
.Schiffii.Chor.  Die    einschiffige    Kirche    ist   in  drei  Jochen   gewölbt  und  hat   einen 

Chorabschluß  in  fünf  Seiten  eines  regelmäßigen  Achtecks  (s.  Grundriß,  Abb.  71); 
sie  ist  aus  Sandsteinquadern  erbaut  und  weist  im  Äußeren  Strebepfeiler  auf: 
und  zwar  zeigen  das  erste  und  zweite  Joch  Stern-  und  das  dritte  Joch 
Kreuzgewölbe.  Nur  die  Quergurte  und  die  Rippen  zwischen  dem  ersten 
und  zweiten  Joch  ruhen  auf  Konsolen;  im  übrigen  wachsen  Rippen  und 
Gurten  aus  der  glatten  Wand   heraus.    Im   westlichen  Schiffjoch  liegen,  wie 


üblich,  je  eine  Tür  in  Nord-  und  Südwand.  Die  letztere  zeigt  im  vScheitel 
des  Spitzbogens  sich  kreuzende  Stäbe.  Die  Fenster  sind  mit  Pischblasen- 
maßwerk  versehen;  unter  ihnen  entlang  läuft  außen,  die  Streben  umfassend, 
ein  Kaffsims. 

Die  an  der  Nordseite  angelegte,  kreuzgevvölbte  Sakristei  weist  ein  ge-  Sakristei, 
kuppeltes  Fenster  mit  halbrunden  Lichtöffuungen  auf,  deren  Jede  mit  gotischem 
Nasen  werk  besetzt  ist.    Darüber  steht  die  Jahreszahl  MCCCCCXXII. 


Abb.  72.    Kirche  In  Tuine;  Taufstelii 


Ein  Epitaph  aus  feinem  Sandstein,  für  ein  1631  gestorbenes  Mitglied  Epitaph, 
der  Familie  v.  Böselager  hat  dreiteiligen,  durch  Säulenstellungen  hervorgehobenen 
Aufbau:  im  predellaartigen  Unterteil  vier  Rildnisfiguren  in  volkunder  Arbeit; 
im  Mittelstück  als  Hauptbild  zwischen  Säulen  mit  konkav  geschwungenem 
Gebälk  eine  Darstellung  der  Kreuzigung  in  flacher  Arbeit.  Die  Seitenflügel 
mit  niedrigerem  Gebälk  enthalten  links  eine  Kreuztragung,  rechts  eine  Grab- 
legung ;  das  bekrönende  Stück  mit  einer  Doppelsäulenstellung  und  gebrochenem 
Segmentgiebel  trägt  eine  Himmelfahrtsdarstellung.  Die  Ornamentik  ist  barock. 
Freistehende  Figuren  sind  auf  dem  Gebälk  und  als  Bekrön ung  angebracht. 
Zu  beiden  Seiten  des  Epitaphs  finden  sich  je  sechs  Medaillons  in  die  Wand 
eingelassen,  auf  denen  Engel  mit  den  Marterwerkzeugen  dargestellt  sind. 

Die  größere  Glocke  mit  der  Meisterinschrift:  Anno  1583  Godt  mick  Tepe  Glocken. 
Otting  dat  is  war.     Durchmesser  1.29  m. 

6 


-^    82     %-■'- 


Die    kleinere    mit    der  Meisterhe/eichnun«.':    Frans    cl    l'(;lriis  Hemony 
nie  l'ec.  A<>  ]<)4.'>.     Durchmesser  1,12  m. 
(Ji:il)si(iii.  Ein  Grabstein  von  U)52  auf  dem  Chor. 

Kclclif.  Ein  Kelch  von  1750  mit  Sechspaßfnß,  SilF)er  vergoldet. 

Ein  zweiter  nnd  dritter,   Silber  vergoldet,  mit  öechspaßfnß.    ebenfalls 
von  unf>;efähr  17Ö0, 
'l'Miifo.  Ein  Taufstein  der  Ijentheimer  Gruppe,  Sandstein,  Höhe  88  cm,  oberer 

Durchmesser  S3  cm  (Abb.  72):  Weinranke,   Tauornament  und  I^aimettenwerk 
am  Becken,  Tierfigurßn  am  Sockel. 
Sakraments-  Ein  Sakramentshäuschen   aus  feinem  Sandstein    mit  Wimpergen    und 

hauschen.     Maßwerk  oberhalb  der  Nische,  spätgotische  Arbeit;    im  Chor. 
Steinmetz-  An  den  Leibungsquadem   der   Fenster   und   Tiiren   die  nach-stehenden 


zeichen. 


Steinmetzzeichen 


T\ 


V  e  n  h  a  u  s. 


Geschichte,  \jdiB  Haus  Venhaus  wird  bereits  zur  Zeit  der  Gründung  des  Kapitels 

St.  Mauritii  bei  Münster.  1177,   als  diesem  abgabepflichtig  erwähnt.    Um  die 


^^^^^^^^^ 


Abb.  78.    Venhaus;  Lageplan  (l:5u00). 
I.  Kapelle;  II.  Ehemal.  Pforthaus,  jetzt  Pl'arre. 


Mitte  des  XV.  -lahrhunderts  wurde  in  Venehues  eine  Burg  erbaut  (Darpe.  Kl. 
Überwasser  usw.  a.  a.  0.  192  f.).    Besitzer  des  Hauses  w^aren  damals  die  von 


->8     83     S-<- 

Langen  aus  der  gleichen  Familie  wie  die  zu  Herzfort.  Durch  Erheiratung 
gelangte  das  Haus  gegen  1470  in  den  Besitz  der  Familie  von  Valcke.  Etwa 
100  Jahre  später  sind  die  von  Ripperda  Besitzer  von  Venhaus. 

Die  Burg  wurde  1623  infolge  des  Treffens  zwischen  Tilly  und  Christian 
von  Braunschweig  auf  dem  Lonner  Bruch  niedergebrannt;  aber  1632  neu- 
aufgebaut durch  Carl  Victor  von  Ripperda  •").  Zu  Ende  des  XVII.  Jahrhunderts 
folgt  im  Besitz  des  damals  überschuldeten  Hauses  Venhaus  die  Familie  von 


Abb.  71.    Haus  Venhaus;  Inneres  der  Kapelle. 


I 


t 


Recke,  die  ein  Nebengebäude  des  Gutes  zur  Kapelle  einrichtete.  Den  Gottes- 
dienst versahen  die  Kreuzherren  auf  Bentlage.  Um  1740  trat  die  freiherrliche 
Familie  von  Landsberg-Steinfurt  den  Besitz  des  Gutes  an,  und  behielt  es 
bis  1876. 

Von    den   Baulichkeiten  des  ehemals   von  Wassergräben  umzogenen         gg. 
Hauses  (s.  Lageplan,  Abb.  73)  sind  nur  der  jetzt  als  Kapelle  (kath.)  benutzte    schreihnn;. 
langrechteckige  Nordflügel   (Abb.   74)   und   der   Ostflügel  vorhanden,    der  als 
Pfarrhaus  dient. 

Eine   Glocke,  Durchmesser  0,50   m,    1853   von  Meyer   und  Kühne   jn  Glocke. 
Bochum  gegossen. 

Wettrup. 

Ratholisclie  Kirche. 

Wettrup,  ein  im  nordöstlichsten  Teile  des  Lingener  Kreises,  11  km 
nördlich  von  Fürstenau,  belegenes  Dorf  mit  über  650  katholischen  Einwohnern 
hat  von  allem  Anfang  an  kirchUch  zu  Lengerich  gehört,  bis  es  im  Jahre  1900 
mit  der  Erhebung  seiner  Kirche  zur  Pfarrkirche  selbständig  wurde. 


*)  Sein  Grabstein  ist  abgebildet  Seite  (JG. 


Ü* 


Goßchichtc.  Der  Naino  des  Orti's  winl  beniits  im  Werdf-nor  Hfljore^nster  aus  dem 

X.    lalirlmndf^rl    in   der   Form  WetlioMt,h()r|»e   (0.  V..  \\.  1.   57),    im    XVI.    laiir- 
Jiiuidert  WetrtijX!  oder  Weterpe  genannt  (IJiepenbroek  a.  a.  ()..  Urk.  32). 

Nach  der  „Beschrivinge"  von  \h'.)i)  war  in  Wettrup  im  -lahre  1522  eine 
Kapelle  erbaut  worden,  die  von  Lengerieh  aus  bedient  wurde.  Durch  Cord 
von  Tecklenburg  wurden  die  reichen  Einkünfte  der  Kapelle  eingezogen,  1504 
aber  durch  die  Spanier  zurückgegeben.  Im  -lahre  1597  und  wieder  1033  fielen 
Kapelle  und  Einkünfte  den  Reformierten  zu,  in  gleicher  Weise  wie  in  den 
übrigen  Teilen  der  Grafschaft.  Bei  der  abnehmenden  Anzahl  der  Protestanten 
gelangten  die  Katholiken  Wettru])S  im  -lahre  180G  in  den  Besitz  der  Kaj)elle 
und  bauten  hSll  ein  neues  Gotteshaus,  das  jetzt  noch  vorhanden  ist.  Patron 
der  Kirche  ist  der  hl.  Einsiedler  Antonius. 
Be-  Die  Kirche  zu  Wettru|)   (s.  Tafel  0.  Abb.  7.5)   besteht   aus  Fachwerk 

^"    inid   hat   langrechteckigen   Grundriß.     Auf   dem   1845    in   Ziegeln    erneuerten 
Westgiebel  ist  ein  Dachreiter  angebracht.    Die  Decke  im  Innern  ist  nach  der 
Form  eines  Spiegelgewölbes  in  Holzverschalung  gebildet. 
Altar.  Der    Altar    aus    Holz,     mit     offener    Anordnung     von     vier     glatten 

korinthischen     Säulen,     weiß     lackiert,     Arbeit     des    XVIII.     .Jahrhunderts 
(s.  Tafel  0,  Abb.  75). 
Glocken.  ßi^e  Glocke,  Durchmesser  48  cm ;  daran  die  Bildplakette  der  hl.  Maria 

mit  dem  Kinde  und  des  hl.  Antonius  von  Padua.   Inschrift:  Soli  Deo  honor  et 
gloria.    Friderikus  Schweys  me  fecit  Monasterii  1748. 

Die  Glocke  ist  nicht  im  Gebrauch,  weil  zersprungen.  Statt  ihrer 
entlieh  die  Gemeinde  eine  Glocke  aus  Freren;  Durchme.sser  0,49  m,  Inschrift: 
De  Vrijheyd  is  van  konink  Friderik  ontfangen  Gm  deese  klok  alhier  te  Hangen 
Dus  Luyde  Wij  Voor  Goods  ens  koninks  Eer  lang  leevd  Friderik  onse  Heer. 
Amsterdam  1.  July  1784.  Door  W outer  Sluymer. 
Kanzel.  Die  Kanzel  aus  Holz,  mit  einfachem  sechsseitigen  Stuhl  auf  Fuß  und 

Schalldeckel.     Ende  XVIII.  Jahrhundert  (s.  Tafel  6,  Abb.  75). 
Krön-  Ein  Kronleuchter  aus  Gelbguß,  Spindel  mit  Knäufen  und  Kugel,  zwei 

leuchter.  Reihen  von  S-förmigen  Armen.     XVIII.  Jahrhundert. 


I 


Der  Kreis  Grafschaft  Bentheiro. 


Literatur: 

Annalen  des  Gotteshauses  Marienwald,  genannt  Frenswegen,  ans  Originalurkunden   und 

authentischen  Akten  zusammengetragen  durch  Carl  von  Cooth,  canonicus  regularis 

daselbst,   Ms.    3  Foliobände;  Burgsteinf.   Schloßarchiv.     Daselbst  andere  Frens- 

wegener  Chroniken  in  Handschrift  z.  B. : 

Chronicon   Frenswedense    des  Johannes    von  Horstmar,    zur    ersten  Centenar- 

feler  1494  verfaßt; 
Chronica  der  Graveu  vonn  Bentheim  vom  Jahr  MCXXII   bis  ufs  Jahr  MDCXIII, 
Pergamentband,     19     Pergamentblätter;      Burgsteinfurter     Schloßarchiv     IV. 
Kepertorium  A.  1. 
Geburt  und  Herkunft  der  Grafen  von  Bentheim,  von  anno  1122 bis  1509,  aufgesetzt  1564. 
Nun  aber  continuieret  bis  1606;  wahrscheinlich  von  einem  Frensweger  Mönch, 
in  der  Königlichen  und  Provinzial-Bibliothek  Hannover. 
Hcnr.  V.  Hövel,  Speculum  Westphaliae  veteris,  in  der  Provinzial-Bibliothek. 


Altin  g,  Descriptio  agri  Batavi  et  Frisii  sive  Notitia  Germaniae  inferioris,  Amstelcdami  1697. 

Joannes  de  Beka  et  Wilhelmus  Heda,  Historia  Ultrajectina,  Ultrajecti  1643. 

P.  Bertii  Commcntarium  rerum  Germanicarum,  Amsteledami  1616. 

IL  Böttger,  Diöcesan-  und  Gaugrenzen  Norddeutschlands,  Halle  1875. 

Joh.   Busch,   Chronicon   Canonicorum    Regularium   Ordinis   St.   Augustini  Windhemcnsis. 

Hrsg.  V.  d.  Hist.  Commission  der  Prov.  Sachsen  (Dr.  Grube),  Halle  1886. 
J.  B.  Die  penbrock,  Geschichte  des  vormaligen  Müusterschen  Amtes  Meppen,  Münster  1838. 
K.  G.  Döhmann,  Das  Leben   des   Grafen  Arnold  von  Bentheim   1554 — 1606,    nach   den 

Handschriften  herausgegeben,  Burgsteinfurter  Gymnasialprogramm  1903. 
Paulus  Hachenberg,  Tubantns  redivivus,  zu  Steinfurt  anno  1663,  2.  Auflage  1741. 
Herrn.   Hamelmanni    opera   genealogico-historica   de   Westphalia   et   Saxonia   inferiori 

Lemgoviae  1711. 
Kamel  mann,  Historia  ecclesiastica  renati  Evangelii  per  Westfaliam,  o.  0.,  anno  1586. 
Hobbeling,  Beschreibung  des  ganzen  Stiftes  Münster,  Dortmund  1742. 
F.  Jostes,  Aus  Westfalens  Vergangenheit  (Festschrift)  Münster  1893,  Veröffentlichungen 

der  Hist.  Commission  für  Westfalen,  Heft  IV. 
Kampschulte,  Westfälische  Kirchenpatrocinien,  Paderborn  1867. 
Kindlinger,  Geschichte  der  älteren  Grafen. 

ter  Kuile,  Geschiedkundige  Aanteekeningen  op  de  Havezathen  van  Twenthe,  Almclo  1911. 
J.  Lindeborn,  Historia  sen  Notitia  Episcopatus  Daventriensis,  Coloniae  Agrippinac  1670. 
Merian,  Topographia  Westphaliae  (Steinfurt). 
H.  Wilh.    H.    Mithoff,  Kunstdenkmäler   und   Alterthümer    im    Hannoverschen,  Bd.  VI, 

Hannover  1879. 
Joh.  Casp.  Möller,  Geschichte  der  Grafschaft  Bentheim,  Lingen  1879. 
Nordhoff,  Stadt,   und  ländl.   Bauwesen   Westfalens,   in  Zeitschrift  für  Geschichte  und 

Altertumskunde  Westfalens  1900.    Bd.  58. 
Nünning,  Monumentorum  Monast.  decuria,  Vesaliae,  1747. 
Osu abrücker  Monatsblätter. 


-^     80     8«^- 

.loliaa  l'icardi,  Koilo  Hcschrijvin^rc  van    (!(Miit,'e  verKctene   cn   veiborgfjnt;  AiJtiquiteten 

d(!r    provinticii    cn    landen,  K''lcf^<iu    tiissclicn    flo   Noordzce,    de   YHHel,   Emec   en 

Lippe  etc.     t'AniHterdani  16<JU. 
F.  F.  von  Raet   von   IJögclBcamp,    Benthcim,   StcinfurtiHchc,    La{<i8cli(;,  OberyBHolschi! 

und    HoiiHligc   IJeiträfTo    zur    GcHchichtc    VVeHtfalcns,    ziij^loirh    ein   VcrHuch    einer 

Provinziai-GeHCliiclite  ävr  mcrkwürdif^cn  Graf.scliaft  Hcntlicim,  liurf^stcinfurt  1805. 
llonricüs    Arnoldu«    Riimpius,     instoriHcli-j^eographisch-gencalo^^ischc    Boschreibiing 

der  malten  Röniisdicn   Reichs  GrafHchat't  Bentheiin  etc.  o.  0.,  1728. 
Nicolai  Schalen  HiHtoria  WcHtfaliac,  Mün8t<r  1773. 

HormannuH  Stangefol,  Annale«  Circuli  WciStphalici,  Coloniae  Ajp-ippinae  1056. 
Joh.  Dietrich  von  Steinen,  Westphälische  Geschichte,  fünf  Teile,  Lemgo  1755— 18<J4. 
W.  Stokuiann  in  Gemeinschaft  mit  J).  Mlllder  und  L.  Weduwijn,  Die  Grafschaft  Henthcim, 

eine    historisch -topographische   .Studie.     Aufsatzfolge    von    183    Nummern    in    der 

Bentheimer  Zeitung  189H. 
Ad.    Tibus,     Gründungsgeschichte    der     Stifter,     Pfarrkirchen,     Klöster     und     Kapellen, 

Münster  1885. 
Tibns,  Geschichtl.  Nachrichten  über  die  Weihbischöfe  von  Münster,  Münster  J862. 
Vaterländisches  Archiv. 

W.  F.  Vi  seh,  Prcdikant  tc  Wilsuin,  Gesehicdonis  van  hct  graafschap  Benthcim,  ZwoUo  1820. 
L.  Wcduwen,  Heimatkunde  des  Kreises  Grafschaft  Benthcim,  Bentheim  1905. 

Quellen: 
Akten  über  Bentheim  in  der  Provinzial-Bibliothek  Hannover,  Vol.  VIIL 
Bentheimer  Urkunden  im  Staatsarchive  zu  Osnabrück. 
Urkunden    und    Akten    im    Burgsteinfurtcr    Schloßarchive,    siehe   Veröffentlichungen    der 

Historischen  Kommission  Westfalens,  Heft  IV,  1903,  Steinfurt. 
Erhard,  Regcstae  historiac  Westfalicae,  Münster  1847 — 1861,  fortgesetzt  durch  K.  Wilmans, 

u.  d.  Titel  Westfälisches  Urkundcnbuch,  5  Bde.,  Münster  1871—1888. 
Joh.  Heinr.  .Jung,  Historiae   antiquissimae  Comitatus    Benthemiensis  libri  tres  mit 'dem 

Codex  diplomatura  ac  documentorum  und  dem  Appendix  diplomatum,  Hannoverae 

et  Osnabrugi  1773. 
Jos.  Niesert,  Beiträge  zn  einem  Münsterschen  Urkundcnbuch,  Münster  1823. 
Osnabrücker   Urkundeabnch,    bearb.    u.   hrsg.  von   F.  Philippi   (Bd.   3   f.  von    M.  Bär), 

Bd.  1—4,  Osnabrück  1892—1902. 

Kartenwerk: 
C  o  ra  i  t  a  t  u  s  Benthem  et  Steinfurt,  Auetore  Joanne  Westenberg,  Amsteledami,  ungefähr  1630. 


Einleitung. 


|er  Kreis  Grafschaft  Bentheim  gehört  zum  Regierungsbezirk  Osna- 
brück und  grenzt  im  Norden  an  die  niederländische  Provinz  Drente 
und  an  den  hannoverschen  Kreis  Meppen;  im  Osten  an  den  Kreis  Lingen; 
im  Süden  an  den  westfäHschen  Kreis  Steinfurt  und  die  niederländische 
Provinz  Overyssel;  im  Westen  ebenfalls  an  Overyssel,  auch  die  Twente 
genannt.  Das  Areal  des  Kreises  beträgt  915,61  njkm  mit  einer  Einwohner- 
zahl von  (1905)  38098  Seelen;  ist  also  verhältnismäßig  dünn  bevölkert.  Das 
Land  bildet  eine  von  Süden  nach  Norden  abfallende  schräge  Ebene  mit  einer 
durchschnittlichen  Höhe  über  dem  Meeresspiegel  von  etwa  22  m.  Die  west- 
lichen Ausläufer  des  Teutoburger  Waldes  treten  innerhalb  der  Grafschaft  mit 
größeren  Höhen  bei  Bentheim  (110  m)  und  Gildehaus  (60  m)  zutage^und 
etwa  6  km  nördlich  von  Bentheim  im  Isterberge  (68  m).  Im  übrigen  und  ab- 
gesehen von  dem  Ülsener  Dünengebiet  (Höhen  bis  zu  80  m)  ist  das  Land  eben. 
Etwa  vier  Fünftel  der  Gesamtfläche  besteht  aus  Sandboden,  ein  Sechstel  aus 
Moor,  während  ein  leichter  sandiger  Lehmboden  den  Rest  ausmacht.  Die 
Kultur  der  Ödländereien  macht  stetige  Fortschritte.  Die  besseren  Boden- 
arten bringen  Getreide,  Hülsenfrüchte,  Flachs,  Rübsamen  und  Kartoffeln 
hervor.  Große  Weide-  und  Wiesenflächen  begleiten  marschenartig  den  Lauf 
der  Vechte.    Holz  wächst  im  Bentheimer  Walde  und  im  Samer  Rott. 

Von  Südosten  nach  Nordwesten  wird  die  Grafschaft  Bentheim  durch- 
flössen von  der  Vechte.  Die  Dinkel,  die  auf  westfälischem  und  holländischem 
Boden  parallel  dazu  verläuft,  tritt  erst  unweit  von  Lage  in  Bentheimer  Gebiet 
ein  und  mündet  nordwestlich  von  Neuenhaus  in  die  Vechte.  Die  Bedeutung 
dieser  Wasseradern  als  Schiffahrtswege  (siehe  Nordhoff,  Westfalenland  und 
die  urgeschichtl.  Anthropologie  S.  21,  auch  Jung,  Hist.  Com.  Benth.,  S.  119, 
264  .  .)  hat  sich  infolge  der  Anlage  von  guten  Landstraßen  und  Eisenbahnen 
völhg  verloren.  Noch  im  Anfange  des  XIX.  Jahrhunderts  soUen  jährhch  1000 
beladene  Schiffe  vechteaufwärts  die  Stadt  Schüttorf  passiert  haben.  Jetzt 
besteht  eine  wenig  lebhafte,  aber  zunehmende  Binnenschiffahrt  auf  den  Kanälen 
von  Nordhorn  ab  nach  der  Ems  und  nach  Almelo  zum  Anschluß  an  das 
holländische  Kanalsystem.  Die  Bahn  von  Almelo  nach  Salzbergen,  welche 
1863  angelegt  wurde,  berührt  die  Städte  Bentheim  und  Schüttorf.  Der 
nördliche   Teil  des  Kreises,   die  sogenannte    Niedergrafschaft,   ist   vollständig 


■^     88     8^- 

orst  vor  (^iiii^on  .lalin^n  durch  dir;  Krcish;ihii  von  (ii(jiiiui  nb«;r  Bontln-'irri 
luicli  Ooevordon  erschlossen;  diese  Bahn  folgt  dem  Laufe  der  alten  Haupt- 
verkehrstraße des  Landes. 


Niederlande 


Niederlande 


I      1      I      I      I     1  I  '       Kl,., 

Abb.  76.    Der  Kreis  Grafschaft  Bentheim. 


Die  Einwohnerschaft  treibt  Ackerbau,  Torfbau  und  Viehzucht.  Selbst 
da,  wo  städtische  Fabrikbetriebe  eniporblühten,  wie  in  Nordhorn  oder 
Schüttorf,  bleibt  die  Grundlage  des  Lebensunterhaltes  meist  das,  was  der 
eigene  Garten  oder  das  eigene  Feld  aufbringt.  Bei  Bentheim  und  Gildehaus 
bieten  die  Steinbrüche  Erwerljsquellen.     Die   Industrie  im  Kreise  befaßt   sich 


I 


->^S    89     gK- 

nanieiitlich  mit  Baumwollspinnerei  und  -weberei.  Etwa  drei  Viertel  der 
Einwohnerschaft  hängt  dem  evangelisch-reformierten  Bekenntnisse  an,  rund 
ein  Sechstel  ist  katholisch,  während  der  Rest  der  altreformierten  oder 
lutherischen  Kirche  und  ganz  wenige  der  israelitischen  Religion  angehören. 
Eine  nüchterne,  streng  religiöse  und  ernste  Lebensauffassung  ist  dem  Graf- 
schafter eigen.  Er  hängt  am  Hergebrachten,  das  unter  dem  wachsenden  Einflüsse 
des  Verkehrs  zu  schwinden  beginnt.  Die  Umgangssprache  —  eine  dem  Platt- 
holländischen der  Twente  und  Drenthe  nahestehende  Mundart  —  wird  mehr  und 
mehr  vom  Hochdeutschen  verdrängt.  In  den  Kirchen  hat  die  holländische  Predigt 
allgemein  aufgehört,  nur  der  Gesang  der  Lieder  und  Psalmen  ist,  wenigstens 
in  der  Niedergrafschaft,  noch  holländisch.  Trachten  werden  noch  von  Frauen 
der  ländlichen  Bevölkerung,  vorzüglich  im  Kirchspiel  Nordhorn,  und  sonst  in 
der  Niedergrafschaft  getragen.     (Siehe  Abb.  in  Westf.  Trachtenbuch  Tafel  VI.) 

Der  Kreis  Grafschaft  Bentheim  hat  4  Städte:  Bentheim,  Schüt- 
torf, Nordhorn,  Neuenhaus,  73  Landgemeinden  und  3  Gutsbezirke. 
Der  Verwaltungssitz  ist  Bentheim;  ein  Hilfsbeamter  des  Landrats  sitzt  in 
Neuen  haus;  sein  Verwaltungsbezirk  deckt  sich  mit  der  alten  Umgrenzung 
der  Niedergrafschaft.     In  beiden  Städten  befindet  sich  ein  Amtsgericht. 

Der  Name  der  Grafschaft  findet  sich  in  folgenden  Formen:  Binedheim  Geschichte, 
ca.  1050  (Werdener  Heberegister),  Binitheim    (AnaUsta  Saxo    im  Jahre    1116) 
Benthem  (XII.  Jahrhundert  wiederholt)  ebenso  Bintheim,  Benethem,  Bynethem. 
Über  die   Namenserklärung    siehe    Förstemann,    Altdeutsches    Namenbuch  II, 
Nordhausen  1872,  Sp.  228  ff. 

Bei  einigen  älteren  Geschichtsschreibern  werden  Grafen  von  Bentheim 
aus  dem  X.— XII.  Jahrhundert  genannt  (vgl.  die  Untersuchungen  in  Jimgs 
Hist.  Com.  Benth.,  S.  56—59),  die  aber  nicht  als  historisch  beglaubigt  gelten 
können.  Die  älteste  Nennung  von  Bentheim  —  urbs  Binitheim  —  findet 
sich  bei  dem  sogenannten  Analista  Saxo  (Mon.  Germ.  hist.  S.  S.  VI,  S.  753) 
für  das  Jahr  1116,  in  welchem  die  Burg  durch  den  Herzog  und  späteren 
Kaiser  Lothar  von  Sachsen  zerstört  sein  soll,  worauf  der  Herr  derselben  sich 
auf  seine  Stammgüter  in  der  Twente  zurückgezogen  haben  mag  (siehe  die 
Urk.  Erh.  Cod.  dipl.  Nr.  240). 

Die  Grafschaft  ging  vermutlich  um  das  Jahr  1134  in  den  Besitz  der 
Gertrudis  Palatina  aus  dem  Hause  Bayern-Sachsen-Northeim,  einer  Schwägerin 
des  Kaisers  Lothar  von  Sachsen,  über.  Diese,  die  Stifterin  des  Klosters 
Wietmarschen,  starb  kurz  nach  1154,  dem  Datum  der  Wietmarscher  Stiftungs- 
urkunde. Ihre  Tochter  aus  zweiter  Ehe,  welche  den  Grafen  Dietrich  IV.  von 
Holland  heiratete,  war  die  Mutter  Ottos,  des  ersten  Grafen  von  Bentheim 
(1182-12091?)). 

Sein  zweiter  Nachfolger  und  Enkel,  Otto  V.,  fügte  nach  seiner  Heirat 
mit  Helwigis,  der  einzigen  Tochter  des  Grafen  Otto  von  Tecklenburg,  seinem 
Titel  den  eines  Grafen  von  Tecklenburg  hinzu.  Gegen  Ende  seines  Lebens 
ließ  er  sich  bei  den  Deutschordensrittern  der  hl.  Maria  zu  Utrecht  einkleiden. 
Ihm  folgte  sein  zweiter  Sohn,  Ecbert,  ein  Mann  von  friedlicher  Gesinnung,  der 
sich  die  Hebung  der  Kultur  in  seinem  Lande   angelegen   sein  ließ   und  gute 


V,i'7,\i'hiiu<ic\\  /Ulli  lit.it'clitor  Stuhl  |ifl<'<.'l(;.  Dum  Hur^^rafonarnt,  da.s  die 
iiüiitlK'iiiK'r  (Iral'fMi  von  den  Biscliöffu  /,u  Leim  trugen,  ontsa^te  Eclxjrts 
zweiter  Sohn,  -lohannos,  der  ihm  in  der  l{c;zierung  gefolgt  war.  Von  dessen 
fünC  Söhnen  kamcui  nacheinander  (hei  zur  Regierung :  zuletzt  (18G5)  Bernhard  1., 
der  unter  dem  Namen  Pater  Bernd  hekannle  Förderer  des  Klosters  P'renswegen. 
Mit  ihm  starb  sein  Geschlecht  aus. 

Zu  seinem  Nachfolger  liatte  er,  da  er  weder  Kinder  noch  Anverwandte 
väterlicherseits  besaß,  bei  Lebzeiten  bereits  (1404)  den  Junker  Everwin  von 
Güterswyk  bestimmt.  1421  trat  dieser  als  Everwin  I.  die  Regierung  an. 
Infolge  seiuei'  Heirat  mit  Metta,  der  Tochtei'  des  Dynasten  von  Steinfurt,  kam 
eine  Erbeinigung  der  Häuser  Bentheim  und  Steinfurt  zustande. 

Aus  zweiter  Ehe  besaß  Everwin  zwei  Söhne,  von  denen  der  ältere, 
Bernhard,  Bentheim,  der  jüngere  Steinfurt  erhielt,  hi  der  bentheimischen 
Linie  zeichnete  sich  P]verwin  IL,  Bernhards  Sohn,  aus.  Unter  dem  kaiserlichen 
Statthalter,  dem  Herzog  Georg  von  Sachsen,  war  er  Gouverneur  von  Friesland : 
man  nannte  ihn  den  Reichen  und  Weisen.  Durch  ihn  erlangte  die  Grafschaft 
Bentheim  die  Herrlichkeit  Emiich  heim  und  das  Gericht  daselbst  zurück. 
Das  Bentheimer  Schloß  erhielt  namenthch  durch  ihn  sein  heutiges  Aussehen. 

Da  er  ohne  männlichen  Erben  war,  so  wurde  seine  Tochter,  Maria, 
mit  dem  Erben  der  steinfurtischen  Linie  —  der  ebenfalls  Everwin  hieß  und 
zwar  der  Dritte  genannt  wurde  —  vermählt,  so  daß  beide  Grafschaften  aufs 
neue  vereint  waren. 

Unter  Everwins  111.  Nachfolger,  Arnold  I.  (1530 — 1553),  fand  im  Jahre 
1544  die  lutherische  Lehre  Eingang  in  die  Grafschaft.  Arnold  IL  (1554—1606) 
erklärte  sich  1574  zur  reformierten  Lehre  und  bewirkte  deren  allgemeine 
Einführung  im  Lande.  Nach  dem  1557  erfolgten  Tode  Konrads  von  Tecklenburg 
erbte  er  die  Grafschaft  Tecklenburg  und  die  Herrschaft  Rheda. 

Das  Geschlecht  teilte  sich  nach  Arnold  11.  in  zw^ei  Linien.  Die  jüngere 
Linie,  deren  Stifter  Arnold  Jobst  (1606—1643)  war,  spaltete  sich  wiederum  in 
die  Linien  Bentheim-Steinfurt  und  Bentheim-Bentheim.  Ernst  Wilhelm 
(1643 — 1693),  der  Sohn  des  vorhin  genannten  Arnold  Jobst,  schwor  unter 
dem  Einflüsse  der  Gegenreformation  den  reformierten  Glauben  ab  und  nahm 
den  Katholizismus  an. 

Die  Linie  Bentheim-Bentheim  erlosch  1803  mit  dem  in  Paris  ver- 
storbenen Friedrich  Carl  Philipp.  Die  Grafschaft,  welche  er  für  die  Zeit  von 
1753—1819  an  Hannover  verpfändet  hatte,  fiel  der  Linie  Bentheim-Steinfurt 
zu.  1806  wurden  beide  Grafschaften  durch  die  Rheinbundakte  dem  Groß- 
herzogtum Berg  einverleibt  und  kamen  1810  mit  dessen  Auflösung  an  Frankreich. 
Der  Wiener  Kongreß  sprach  die  Hoheitsrechte  über  Bentheim  Hannover  zu, 
das  also  1813  Besitz  von  der  Grafschaft  nahm,  dem  gräfhchen  Hause  aber 
für  den  Verlust  der  Landeshoheitsrechte  gewisse  Zugeständnisse  an  Grundbesitz 
machte.  Graf  Ludwig  Wilhelm  von  Bentheim-Steinfurt  wurde  1817  preußischer- 
seits  in  den  erbhchen  Fürstenstand  erhoben.  Mit  der  Auflösung  des  Königreichs 
Hannover  (1866)  kam  die  ehemalige   Grafschaft   Bentheim    an   Preußen. 


-^    91     g^- 

Die  Denkmäler  kirchlicher  Baukunst  im  Gebiete  der  Grafschaft  Bent-     Übersicht 
heim,    denen   eine    höhere    kunsthistorische    Bewertung  zukommt,    stammen    Denkmäler 
sämtlich  aus  der  Zeit  vor  der  Einführung  der  Zwingli-Calvinischen  Glaubens-  des  Kreises, 
lehre.    Die  kostbare   Kirche  des  Klosters  zu  Frens wegen,    das  der  Kunst- 
feindlichkeit   dieses    Bekenntnisses    entzogen    blieb,    ist    1883    ein    Raub   der 
Flammen  geworden. 

Die  Kirchen  des  Bentheimer  Kreises  sind  fast  durchweg  aus  Sand- 
stein erbaut;  die  ältesten  davon  entstammen  der  letzten  Hälfte  des  XII.  und 
dem  Anfange  des  XIII.  Jahrhunderts.  Zu  diesen  gehört  die  Kirche  zu  Ohne 
mit  Schiff  und  Turm  und  der  Chor  der  Katharinenkirche  auf  dem  Schlosse 
zu  Bentheim;  sodann  der  Turm  zu  Ülsen  in  seinen  unteren  Teilen.  Etwas 
jüngere  Werke  sind  der  Wietmarscher  Chor  und  der  alte  Teil  der  Kirche 
zu  E  ml  ich  he  im.  Um  1350  scheint  der  Glockenturm  zu  Gildehaus  und 
der  von  Emiichheim  zu  setzen  zu  sein;  ferner  gegen  die  Mitte  des  XIV- 
Jahrhunderts  das  sogenannte  Archiv  der  Bentheimer  reformierten  Kirche  und 
die  Anlage  des  Schiffes  der  Gildehäuser  Kirche.  Eine  ganz  bedeutende  Bau- 
tätigkeit wurde  in  der  Zeit  von  etwa  1440  bis  in  die  ersten  Jahrzehnte  des 
XVI.  Jahrhunderts  hinein  entfaltet:  Schüttorf,  Brandlecht,  Nordhorn, 
Veld hausen  und  Ülsen  erhielten  damals  ihre  Gotteshäuser  in  der  Form, 
wie  sie  überkommen  sind.  Auch  die  erste  Wilsuraer  Kapelle,  von  der  heute 
nur  der  Turm  noch  steht,  gehörte  dahin.  Ihre  Türme  erhielten  diese  Kirchen, 
abgesehen  von  dem  Nordhorner,  zumeist  im  ersten  Jahrzehnt  des  XVI.  Jahr- 
hunderts; sie  lassen  als  Muster  den  Schüttorf  er  Turm  erkennen,  der  mit 
der  Jahreszahl  1502  datiert  ist.  Seit  1484  (Emiichheim)  treten  Steinmetzzeichen 
an  den  Baudenkmälern  des  Kreises  zuerst  auf.  Gleichzeitig  finden  sich  die 
ersten  Gewölbe  in  Ziegeln  auf  Hausteinrippen  und  meist  mit  ringförmigem 
Schlußstein  versehen. 

Die  Kirchen  der  reformierten  Zeit  sind  einfache,  innen  weiß  gehaltene 
Saalkirchen,  die  oft  mit  tiefbraunem  Eichengestühl  versehen  sind  und  einen 
würdigen  Eindruck  hervorrufen. 

Unter  den  Profanbauten  steht  hinsichtlich  des  kunstgeschichthchen 
Interesses  das  Bentheimer  Schloß  voran.  Der  älteste  Teil  davon,  der  soge- 
nannte Heidentempel  in  der  Kronenburg,  gehört  noch  etwa  der  Mitte 
des  XIII.  Jahrhunderts  an.  Der  Rest  der  Kronenburg  hingegen  mag  ungefähr 
gleichzeitig  mit  dem  viereckigen  Turm  unter  der  Regierung  Everwyns  II. 
(1473 — 1530)  erbaut  sein,  der  runde  Turm  um  1500,  Alle  Befestigungsauf- 
bauten und  alle  sonstigen  Gebäude  —  von  der  Katharinenkirche  war  schon 
die  Rede  —  sind  späteren  Datums  (Ende  des  XVII.  und  Anfang  des  XVIII.  Jahr- 
hunderts). Das  Schüttorfer  Rathaus  gehört  möglicherweise  noch  dem  XIV.  Jahr- 
hundert an.     Was  von  der  Burg  Altena  übrig  ist,  stammt  aus  der  Zeit  um  1600. 

Die  städtischen  Wohnhäuser  sind  zumeist  nach  dem  Schema  des 
Sassenhauses  eingerichtet.  Vollständige  Fachwerkbauten  sind  häufig  in 
Bentheim  und  Schüttorf,  etwas  seltener  in  den  Städten  der  Niedergraf- 
schaft. Wenige  entstammen  der  Zeit  vor  dem  Dreißigjährigen  Kriege.  Die 
älteren  haben  mit  Brettern  verschalte  Giebel;  es  folgen  der  Zeit  nach   Fach- 


-^,    02    ;?->- 

vvork^icbcl  mit  ^crmislertor  Zicgclaiisklt'idiiiig  mxl  datii)  —  im  XVIIl.  lahr- 
liimderl  (li<!  Ilaiisfrontfii  ans  kl('iiifoririatif.'oii  Ziof^fln  mit  trokapptein  (jiebe4 
und  Walm. 

All  Werken  kirchliclier  Kleinkunst  kann  natürli(;h  in  der  ieformi«;rten 
Grafschaft  l^ontlieim  nur  gerinj^e  Ausheute  ervvaitet  werden.  Ilolzf^esehnitzte 
Hochaltäre  aus  dem  XVII.  XVIII.  lahrhundert  besitzen  die  katholischen 
Kirchen  zu  Wie  tiii  arsche  n  und  Bentlieim.  In  der  erstgenannten  Kirche 
findet  sich  auch  eine  besonderer  Beachtung  werte  Chorschranke.  Die  in  der 
Frensweger  Klosterkirche  verbrannten  Holzschnitzereien  werden  im  Stil  diesen 
V^erken  ähnlich  gewesen  sein.  An  Steinskulpturen  sind  der  Grabstein  des 
Adrian  von  Khede  zu  Brandlecht  (f  1634)  und  der  Sarko])hag  der  Brinzessin 
Amoena  in  der  Bentheimer  reformierten  Kirche  (f  1584)  als  hervorragende 
Werke  zu  nennen.  Die  Stiftskirche  zu  Wietmarschen  besitzt  mehrere 
steinerne  Stationsfigürchen  und  eine  sehr  alte  Madonnenstatuette  mit  dem 
Kinde  —  aus  Holz  und  mit  Metall  überzogen  —  ein  Werk  etwa  aus  dem 
Anfange  des  XIV.  Jahrhunderts. 

Wandgemälde  sind  nirgend  mehr  sichtbar  vorhanden.  In  der  Kirche 
zu  Seh  üttorf  befanden  sich  die  wertvollsten  (um  1500),  die  in  Kopien  gerettet 
werden  konnten*).  Auch  in  Gildehaus  und  Ohne  stieß  man  auf  Bilder. 
Daß  die  Kirche  zu  Emiich  he  im  Ausmalung  besessen  hat,  ist  an  Spuren 
deutlich;  in  Ülsen  und  Brandlecht  ist  es  wahrscheinlich. 

Leuchter  und  Sanduhrhalter  aus  Gelbguß  sind  von  den  allgemein 
üblichen  Formen  des  XVIII.  Jahrhunderts. 

Unter  den  Kirchengeräten  sind  der  Abendmahlskelch  in  Gildehaus 
(um  1550)  und  eine  Brotschüssel  in  Nordhorn  (um  1700)  bemerkenswert; 
auch  die  zu  Neuen  haus  mag  genannt  werden. 

Von  den  Glocken  sind  einige  aus  dem  XV.  Jahrhundert;  es  finden 
sich  die  Gießernamen  Joh.  Volkeer.  Wolter  Westerhus,  Gherard  und  Joannes 
Schoneburch,  Joh.  Fremich,  Peter  Hemony. 

Profane  kunstgewerbliche  Arbeiten  von  hohem  künstlerischen  Wert 
sind  oftmals  die  Schränke,  Truhen  und  Bettstellen  aus  Eichenholzschnitzerei.  Als 
Importwaren  müssen  wohl  die  oftmals  sehr  prächtigen  gußeisernen  Kaminplatten 
mit  biblischen  Darstellungen  gelten.  Ein  Gleiches  ist  von  den  Porzellangegen- 
ständen zu  sagen;  wie  sie  sich  oft  in  Besitz  der  alteingesessenen  Familien  finden. 


*j  Diese  Avcnlcn  im  DoiiknialsaiTliivc  ;uit'he\valirt. 


-)-§    9)3    Sk^ 


1  ■ 

!*  *  -i^m       ,                       ^^       ,  ff  1»          ":■:               > 

Abb   77a.    Schloß  in  Bcntheim;  Gosamtansicht  von  Südwesten. 


Bentheim, 


Burg,  reformierte  Kirche,  katholische  Kirche,  Bad  Beiitheim,  Haus  Laugen, 

Bürgerhäuser. 

Die  nahezu  2800  Einwohner  zählende  Stadt  Bentheim,  die  sich 
unter  dem  Schutze  der  sie  hoch  überragenden  Burg  (Abb.  77a)  entwickelt  hat, 
trägt  den  Charakter  eines  Ackerbürgerstädtchens  und  besitzt  so  gut  wie  keine 
industriellen  Betriebe.  Sie  ist  weitläufig  am  Südhange  des  Schloßberges  dem 
Gelände  angepaßt,  mit  fast  terrassenartig  verlaufenden  Straßen  angelegt 
(s.  den  Stadtplan,  Abb.  78). 

Das  bekannte  und  von  den  Holländern  gern  besuchte  Bad  Bentheim 
liegt  1^/2  km  nördlich  der  Stadt  im  Bentheimer  Walde. 

Schloß  und  Stadt  liegen  geologisch  auf  einem  Teile  der  ostwestlich 
streichenden  Bentheimer  Scholle  von  Wealdensandstein,  die  von  Süden  her 
sanft  ansteigend,  sich  aus  der  gleichgerichteten  Schichtung  von  Hilston  erhebt 
und  gen  Norden  zu  jäh  abbricht:  und  zwar  liegt  die  Burg  da,  wo  dieser 
Abbruch  die  auffallendsten  Felsbildungen  —  wie  den  Drususstuhl  mit  dem 
Teufelsohrkissen  —  und  den  steilsten  Abfall  gezeitigt  hat. 


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Al)b.  77  b.    Schloß  in  Hentheim  :   Ansicht  von  Büdeu   nach    einer  getuschten  Sepiazeiehiiung  im  liesitz  des 
Herrn   E.  Corden    in   Bentlieim.     (Cnterschiift:  T'  Slot  en  een  Gedeelte  v.an  de  Stat  172')   —    Berkhuy^  ad 

vivum  delineavit.) 


Bau-  Wie    die    Urgeschichte    des    gräflich    bentheiraschen    Geschlechtes   in 

gesc  IC  e.  j)yfj].g]  gehüllt  ist,  so  auch  die  der  Burg  zu  Bentheim.  Ob  die  Annahme,  daß 
der  Burgberg  schon  von  den  Römern  befestigt  war,  zu  recht  besteht,  braucht 
hier  nicht  erörtert  zu  werden;  bauliche  Reste  aus  Jener  Zeit  finden  sich  nicht. 
Erst  die  Zerstörung  der  Burg  durch  den  Herzog  Lothar  von  Sachsen  im 
Jahre  11  IG  bringt  ihre  erste  urkundliche  Erwähnung.  Über  den  Wiederaufbau 
und  ihre  weiteren  Schicksale  fehlt  aber  einwandsfreie  Kunde.  Sichere 
baugeschichtliche  Einzelnachrichten  treten  —  soweit  bisher  unsere  Kenntnis 
reicht  —  gelegentlich  erst  seit  dem  XVII.  Jahrhundert  auf.  Über  die  frühere 
Zeit  kann  nur  der  Bau  selbst  noch  Auskunft  geben. 

Zu  Anfang  des  XIII.  Jahrhunderts  war  der  eigentümlich  geformte,  mit 
Steilabfällen  akropolisartig  ringsum  sich  abhebende  höchste  Teil  der  Bentheimer 
Sandstein  schölle  vermutlich  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  mit  einer  Befestigungs- 
mauer versehen.  So  finden  sich  an  der  Nordmauer  der  unteren  Burg  östlich 
der  Katharinenkirche  und  zu  Seiten  der  beiden  Gartenaltane  an  der  Nordostecke 
rechteckige,  mit  Randschlag  versehene  Bossenquader,  die  in  diese  Zeit 
gehören.   Das  äußere  Tor,  ,,die  untere  porte"  {Ä  im  Plan),  lag  bereits  an  seiner 


heutigen  Stelle.  Das  Haupttor  {G)  und  die  anschließende  Katharinenkirche  {K) 
sowie  die  Kronenbuig  {X)  in  der  Nordwestecke  des  Burgbezirkes  bestanden 
ebenfalls  damals  schon.  Unter  den  regierenden  Grafen  des  XIII.  Jahrhunderts, 
denen  diese  Bauten  zugeschrieben  werden  könnten,  kommen  Balduin  der 
Tapfere  (1209—1247)  und  Egbert  (etwa  1247—1277)  am  meisten  in  Betracht. 
Dazu  bezieht  die  erste  Nachricht  darüber,  daß  die  Ausbeute  der  Bentheimer 
Steinbrüche  in  Aufnahme  gekommen  sei,  sich  auf  die  Regierungszeit  des 
letzteren. 

Weitere  Einzelheiten  zu  dem  Bilde  zu  bringen,  welches  die  Burg  bis 
zum  Abschluß  des  XV.  Jahrhunderts  bot,  will  bislang  nicht  gelingen.  Nur 
darf  man  annehmen,  daß  am  Ende  dieser  Epoche  die  (jebäude  in  Verfall 
geraten  waren,  da  der  viereckige,  später  sogenannte  Pulver-  oder  Krautturm  (M) 
in  der  Südostecke  des  oberen  Burghofes  den  Namen  ,,scheurvede  Torn"  (d.  i. 
der  verfallene  Turm)  erhalten  hatte.  Unter  Everwin  IL,  dem  Weisen  und 
Reichen  (1473—1530)  wurde  dann  dieser  Turm  erneuert  und  Vermutlich  auch 
der  runde  Turm  (P)  sowie  das  auf  dem  Plan  als  Speisesaal  mit  Küche 
bezeichnete  Gebäude  (TU).  An  der  Kronenburg  ist  zur  Zeit  der  späteren  Gotik 
ebenfalls  gebaut  worden. 

1584  stürzte  die  Mauer  der  Bügelbahn  (F)  herunter  (Ms.  Das  Leben 
des  Grafen  Arnold,  hrsg.  v.  Döhmanu  a.  a.  0.  S.  18)  und  1598  auch  ,,der 
ausserste  hoek  an  der  principal  mauren  gegen  die  Bögelbahnen"  (das.  S.  42). 
Von  dem  ehemaligen  Bestehen  eines  mit  Gewölbe  versehenen  Turmes  an 
der  Nordseite  des  Schlosses  nach  dem  Tiergarten  hin  erfahren  wir  durch  die 
Mitteilung,  daß  dieses  ,,Schulthurn''  genannte  ..uraltt  Gebew"  im  gleichen  Jahre 
abgestürzt  sei  (das.  S.  49).  Mit  seinem  Wiederaufbau  wurde  nach  1598 
begonnen. 

Der  ,,Capellenturm  und  der  runde  Turm"  wurden  1002  durch  einen 
Sturm  stark  beschädigt.  Das  Dach  des  ersteren  wurde  dabei  über  das 
Sommerhaus  am  Krautgarten,  das  auf  dem  Plan  von  Schlaun  (Abb.  79) 
nicht  mehr  angegeben  ist,  hinw^eggetragen. 

Eine  besonders  rege  Bautätigkeit  muß  unter  dem  durch  sein 
hochdramatisches  Schicksal  bekannten  Grafen  Ernst  Wilhelm  (1()43— 1693) 
stattgefunden  haben.  Die  , .untere  ])orte"  (A)  wurde  erweitert,  die  ,, dritte 
pqrte"  (G)  außen  und  innen  mit  einer  neuen  Fassade  versehen.  In  der 
Architektur  erkennt  man  die  Hand  eines  niederländischen  Meisters  wieder, 
der  auf  dem  Gute  Singraven  in  der  Twente,  das  Ernst  Wilhelm  bis  1651 
besessen  hatte,  im  Jahre  1661  einen  Turm  zum  Gutshause  und  wahrscheinlich 
dieses  selbst  ganz  neuerbaut  hatte  (s.  ter  Kuile  a.  a.  0.  S.  195  Abb.).  Die 
Schildwachtürmchen  auf  der  Ostmauer  des  oberen  Schloßhofes  nach  der 
Bügelbahn  und  auf  der  Nordmauer  tragen  das  erstere  die  Jahreszahl  1663, 
das  zweite  1666.  Nicht  viel  später  werden  die  zuerst  erwähnten  Bauten 
zu  setzen  sein,  und  ferner  die  Garteuanlagen  des  unteren  Schloßhofes, 
wie  sie  auf  dem  Plan  von  Schlaun  (Abb.  79)  erscheinen.  Sie  sind 
heute    geändert,    aber    darin    steht    noch    eine    Sonnenuhr    (Abb.   82)    mit 


In 


(leiDselbeii,  aus  den  Buchstaben  E  C  (Emestu.s  Coines)  gebildeten 
Monognimn),  das  über  dem  Ilauptjxjital  und  noch  einmal  in  der  Verglasung 
eines  ('horfensters  der  von  demselben  Grafen  1074  erbauten  katholischen 
Kirche  zu  Bentheim  vorkommt.  Deji  Zustand  des  Schlosses  um  diese  Zeit 
geben  Gemälde  von  Nikiaas  Berghem  (-'1024.  f  lf)8.'>)  und  Jakob  Ruisdael 
(*  102;'),  f  ]ü82)  wieder,  die  sich  in  der  Königlichen  Gemäldegalerie  zu  Dresden 
befinden*).    Das  Gemälde  Berghems  weist  die  Jahreszahl  lf;'57  auf. 

Die  äußere  südliche  Schloßmauer  ist  nach  einer  Inschrift  daran  zur 
Zeit  der  vormundschaftlichen  Regierung  des  Grafen  Ernst  von  Manderscheid 
1712  von  Grund  auf  wiederhergstellt  worden.  Von  demselben  stammt  auch 
die  Erneuerung  der  Ecktürmchen  auf  dem  viereckigen  Turm  (1700).  Ebenso 
ist  das  kleine  W'achtgebäude  1  zu  Anfang  des  XVIII.  Jahrhunderts  entstanden. 


Abi).  77  e.    Schloß  in  Bentheim:  Nordwestansicht  nacli  einer  Zeiclinung  von  Berlihuys,  17ü 


Aus  dem  Jahre  1725  sind  zwei  von  Berkhuys  gezeichnete  Ansichten 
des  Schlosses  erhalten  (Abb.  77  b  u.  c),  die  den  Gesamteindruck  richtig  W'ieder- 
zugeben,  aber  im  einzelnen  nicht  besonders  vertrauenswürdig  zu  sein  scheinen: 
so  haben  die  Eckaufbauten  des  viereckigen  Turmes  noch  die  spitzen  Helme, 
die  damals  nicht  mehr  vorhanden  waren.  Der  schon  oft  angeführte  Plan  des 
Schlosses  (Abb.  79)  ist  im  Jahre  1736  aufgenommen  durch  Johann  Conrad 
Schlaun  (1694— -1773),  der  eine  Reihe  hervorragender  Bauten  für  den  Bischof 
von  Münster  Clemens  August  hergestellt  hat.  Endlich  findet  sich  noch  eine 
kleine  Ansicht  des  Schlosses  auf  einem  1737  herausgegebeneu  Kupferstich 
unter  den  Bentheim  betreffenden  Urkunden  in  der  Provinzial-Bibliothek  zu 
Hannover. 

Die  älteste  Beschreibung  des  Schlosses,  welche  es  gibt,  findet  sich  in 
der,   nur  in   zwei  Abschriften   (im  Kgl.  Archiv  zu   Hannover   und  im  Besitze 


*)  Nach  deai  Kataloge  holländischer  Maler  von  Hotstede  de  Gioot  hat  Ruysdael 
das  Benth.  Schloß  17  mal  gemalt. 


des  Fürstl.  Hauses  Bentheim)  vorhandenen,  geschriebenen  Geschichte  oder 
Beschreibung  der  Reichsgrafschaft  Bentheim  von  Heinr.  Am.  Rump,  ref.  Prediger 
in  Ibbenbüren  von  1728  oder  1738.     Rump  erzählt  wörtlich: 

„Es  waren  sonst  im  Heraufgehen  zwei  Unterplätze,  in  ihren  absonder- 
lichen Mauern  und  Pforten  unterschieden.  Zu  dem  ersten  führte  ein  Torhaus, 
welches  zur  Seite  die  Niedergerichtsstube  hatte  und  vor  welches  unter  den 
Linden  den  Missetätern  die  Sentenz  gelesen  wurde.  Gleich  auf  diesem  Platze 
zur  rechten  Hand  findet  sich  die  aus  purem  lebendigen  Felsen  tief  ausgehauene 
Tränke,  worinnen  die  gräflichen  Pferde  abgespület  werden  und  welche  zu 
Verwunderung  bei  Menschendenken  nicht  ausgetrocknet  ist.  Es  ist  aber  dieser 
Platz  mit  dem  Hause  abgebrochen,  nunmehr  offen  und  frei.  Darauf  präsentiert 
sich  die  jetzige  unterste  prächtige  Pforte,  zu  welcher  beiden  Seiten  eine  hoch- 
aufgeführte Mauer  die  äußerste  Mittagsgrenze  macht,  über  sich  aber  die 
ordinäre  Hofgerichtsstube  trägt;  hiernach  passirt  man  die  erste  Wacht  und 
kommt  auf  den  Unterplatz,  woselbst  von  Fremden  der  zur  rechten  Seite 
befindliche  Lustgarten  admirirt  wird,  der  gleichsam  über  den  gemeinen 
Nordwärts  im  Tal  liegenden  Küchengarten  schwebt,  woher  desfalls  auch  eine 
lange  Windeltreppe  die  Beschauer  tief  vom  Platze  herunterführt;  ohne  diesen 
Lustgarten  aber  ist  der  Schloßplatz  noch  ziemlich  groß  und  gibt  von  wegen 
seiner  Höhe  von  allen  Seiten  eine  schöne  Aussicht.  Gehet  man  ferner  hinauf 
zu  der  zweiten  Pforte,  kommt  man  erst  in  einen  tiefen  trockenen  Graben, 
der  größtenteils  aus  der  Klippe  gehauen  und  worüber  eine  Zugbrücke  zum 
Thor  leitet,  welches,  wenn  man  es  passiret,  findet  sich  daselbt  die  sogenannte 
Bögel-Bahn  oder  Wall  mit  einigen  metallenen  Stücken  beflanzet.  In  gleichen 
zur  rechten  Hand  der  sehr  ansehnhche  Glockturm  mit  künstlichem  Uhrwerk 
und  alter  vormaliger  Kirche.  Endlich  langet  man  zur  dritten  und  letzten 
Pforte,  welches  wieder  ein  herrliches  von  Quaderstein  hoch  aufgerichtetes 
Gebäude  ist  und  oben  die  Logementer  vor  den  Kommandanten,  unten  aber 
die  Hauptwache  hat.  Zu  dessen  linken  Seite  stehet  die  angelegte  prächtige 
Kanzlei  und  ferner  auswärts  in  der  Festungsmauer  der  starke  4 eckige 
Pulverthurm  oder  Magazin,  so  oben  platt  und  auf  deren  vier  Ecken  mit  kleinen 
Türmches  verzieret  ist,  welche  nachdem  sie  anno  1703  durch  damaligen  starken 
Windsturm  heruntergestürzet,  hernach  1706  neu  erbauet  sind,  wie  diese  auf  alle 
vier  Ecken  vertheilte  W^orte  zu  verstehen  geben:  a  teMpestate  DeleCta  a 
tVtore*)  reteCta  (MDCCVI  =  1706).  Von  da  führt  der  sogenannte  scharpen 
hövel,  oder  die  Schloßmauer  nach  Seiten  des  Fleckens  nach  dem  runden  sog. 
dicken  Thurm  und  hat  längs  zur  Seiten  einwärts  ein  festangebautes  Gebau, 
welches  nebst  verschiedenen  Logementern  vor  die  herrschaftliche  Bedienten 
unten  die  Pferdeställe  und  oben  die  vornehmsten  Kornsoller  verfaßet.  Der  besagte 
runde  Thurm  hat  oben  die  unlängst  kostbare  renovirte  Zimmer  und  unten 
an  und  in  der  Erde  die  Gefängnisse  vor  diejenigen  Missetäter,  so  das  Leben 
verwirket  (sog.  Pinige-Keller).  Hiernächst  hat  die  Mauer  westseits  wiederum  eine 

*)  Tutor  =  Vormund  über  den  gemütskranken  Grafen  Hermann  Friedrich  (f  1731) 
war  der  Bischof  Clemens  August  von  Köln,  welcher  durch  den  Grafen  Manderscheid- 
Blankheim  die  Verwaltung  der  Grafschaft  führen  ließ. 

7* 


-<*%     KK)    H*''- 

IJatioiic  VOM  ficschülz  iiiid  inworls  f^rciiz^'t  ;in  den  Tliurrri  ein  /war  altes 
(loch  vorlrellliche.s.  hocheihahenes  (iebüude,  die  (iallerie  genannt,  worauf  di( 
Herrschaften   ihr  Kßsaal    und  andere   Zimmer,   unten  aber  die  Küche  haben 

Sodann  folg(!t  nach  der  Nordseite  noch  ein  besonderer  eingesf-hlossenei 
inneier  l'lat'/,  worin  die  ältesten  gebäude  stehen  und  die  werke  seyn,  die 
Drusus  bereits  sollte  angelegt  haben,  nemblich  die  Schloßcapelle,  worin  mar 
noch  Kelicjuien  aus  der  heidnischen  Göt/endienst  weisen  will;  daß  Archive 
item,  daß  jetzt  so  genannte  öpitzhütchen,  die  Bierkeller  und  ferner  ostwärts 
steht  ein  Flügel,  der  zum  Brau-,  Back-  und  Milchhaus  aptirt  ist,  woneber 
der  erstaunenstiefe  fiiiinnen,  durch  die  Felsen  und  ganzen  Schloßberg  aus- 
gehauen, woraus  vermittels  großer  Räder  das  Wasser  mühsam  gezogen  wird 
und  nimmer  Mangel  hat.  Von  diesem  Brunnenhaus  an  hat  endlich  noch  ein 
Flügel  die  Circumferentz  bis  wiederum  an  das  gemeldte  dritte  Tor  beschlossen 
der  vornehmlich  noch  zu  einem  besondern  Pferden-  und  Reitstall  aptiert  war 
HO  aber,  nachdem  er  durch  Windsturm  heruntergeworfen,  bisher  nicht  wiedei 
erbauet  ist,  und  hier  an  diese  Nordische  Seiten  ist  die  auswendige  Mauei 
glei(^hfalls  fürtrefflich  aufgeführt  und  mit  einig  Geschütz  versehen,  so  daß  a^va- 
dieser  kurzen  Beschreibung  erhellet,  wie  das  Schloß  nicht  nur  ansehnlich  und 
massiv  erbauet,  sondern  auch  zur  defension  wegen  der  Natur  sowohl  als  Kunst 
in  guten  stände  sei.  Hintor  dem  Casteel  und  Küchengarten  liegt  immediate 
der  berühmte  Wald." 

Unter    der   Verwaltung    der    hannoverschen   Regierung    während   der 
Pfändungszeit  in  der  zweiten  Hälfte  des  XVIII. -Jahrhunderts  wurde  die  bauliche 
Unterhaltung    des   Schlosses    stark    vernachlässigt.     Als    im  Siebenjähriger 
Kriege  1761    die   hannoversche  Besatzung   unter  dem  Kommandanten   Dürre 
Ende  Mai   abziehen   mußte,    wurde    ein   Stück    der  nördlichen   Schloßmauer 
und   zwar   der  westliche  Teil  derselben,   vom  Brau-   und  Backhaus  bis  zun 
Brunnenhäuschen    in    die    Luft   gesprengt    und    infolgedessen    auch    das    di( 
Frauengemächer   enthaltende   Gebäude   (T),    das   mit   seinem   Nordgiebel   au 
der   Mauer   stand,    zerstört.     Letztere    wird    dann    bald    wieder    aufgeführ 
sein,     denn    über     der    Tür,     die    von     der    hier     angelegten    Wendeltreppi 
ins  Freie  führt,   ist   die   Jahreszahl    1767    eingehauen.      Den   Pferdestall  [0) 
der    oben     die     Kornböden     enthielt,     ließen     die     Landstände     Ende    de 
XVIII.  Jahrhunderts   erbauen.     Bei  der   Belagerung   des  Schlosses  durch 
Franzosen    unter   Vandamme    im    Jahre    1795    wurden    die     Kanzlei    sow 
die    Galerie     {W)    und    -der    Verbindungsbau    von    da    nach    dem    runde 
Turm    in    Brand    geschossen    und    dann    später    niedergelegt.      Der     rund 
Turm     verlor     1800    seine    Spitze    durch     einen     Sturm.      Zu    Anfang 
18-50  er    Jahre    erhielt    er    nach    Wiederherstellung    der    oberen    Räume    da 
jetzt  vorhandene  Dach. 

Seit  dem  Tode  Friedrich  Karl  Philipps,  des  letzten  Grafen  der  Lini 
Bentheim-Bentheim  (1803)  hat  im  übrigen  Jede  neuschaffende  ode 
erhaltende  Bautätigkeit  auf  dem  Schlosse  geruht,  bis  sie  seit  den  1880( 
Jahren  unter  dem  gegenwärtigen  Fürsten  von  Bentheim-Steinfurth  wied( 
aufgenommen  wurde. 


->§     101     ^- 

Schloß. 

JDer  gesamte  Schloßkomplex  hat  etwa  die  Grundform  eines  in  der  bc- 
Ost- Westrichtung  sehr  lang  gezogenen  Vielecks  mit  einem  bedeutend  ein-  Schreibung*) 
springenden  Winkel  in  der  Mitte  der  Südseite  (s.  die  Pläne,  Abb.  79  u.  80). 
Dieses  Vieleck  wird  durch  eine  Befestigungsmauer  in  zwei,  etwa  gleiche  Teile 
(juer  geteilt:  der  östliche,  tiefer  gelegene  Teil  enthält  den  von  schwächeren 
Mauern  umgürteten  Vorhof  mit  einem  Torgebäude  (das  untere  Tor)  in  der 
Südmauer  und  den  Schloßgarten.  Der  Haupthof  ist  ringsum  stärker  befestigt 
und  enthält  alle  zum  Wesen  der  Burg  gehörenden  Baulichkeiten,  von  denen 
freilich  ein  Teil  der  Zeit,  oder,  wie  schon  mitgeteilt,  gewaltsam  den  kriegerischen 
Ereignissen  zum  Opfer  gefallen  ist.  Nach  dem  Vorhof  hin  ist  eine  zwinger- 
artigo  Anlage  vorgelagert,  die  sogenannte  Bögelbahn,  die  von  dem  Tor  unter- 
brochen und  im  Norden  durch  die  Katharinenkirche  abgeschlossen  wird : 
andererseits  über  die  Südmauer  des  Vorhofes  vortretend,  beherrschte  sie  den 
Zugang  zum  unteren  Tor. 


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Abb.  81.    Schloß  in  Bentheim;  unteres  l'forthiius 


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Das  auf  den  Fels  gegründete,  gegen  Ende  des  XVII.  Jahrhunderts  um-  Das  untere 
gestaltete  Torgebäude  (Abb.  81)  umschließt  noch  Teile  eines  älteren  Einganges.       ^or. 
Von  dem  Tonnengewölbe,  welches  ihn  abdeckte,   sind  die  Ansätze  noch  vor- 


Mit 
die 


*)  Der  Architekt  Ev  erbeck  brachte  im  Jahre  1869  in  der  Deutschen  Bauz  ei  tun  g 
Geschichte  des  Schlosses,  Aufnahmen   und  Beschreibungen.     An«  dieser  Arbeit  entnahm 
hoff  seine  Darstellung  im  Bd.  VI  der  Knnstdenkmäler  und  Altcrthümcr  Hannovers  (187i», 
hier  teilweise  wiedergegeben  und  durch  einige  neue  Beobachtungen  erweitert  ist, 


102 


(i^ 


li;iii(U'ii.  Kcclits  und  links  in  der  Wund  befindet  sich  je  t!ine  zugemauerte 
'l'ür.  Der  nach  der  Südseite  zu  belegene  Bogen  dieses  älteren  Tores  ist  spitz- 
bogig;  man  kann  der  Steinfügung  nach  das  Tor  als  ungefähr  gleichzeitig 
mit  der  Kalharinenkirehe  (s.  (bis.i  setzen.  Dieses  ;ille  Tor  wurde  südwärts 
erweitert,  nach  dem  in  (Quader  und  Backstein  gewölbten  Bogen,  der  über  der 
jetzigen  rundbogigen  Öffnung  sichtbar  ist,  vermutlich  schon  im  XVI.  Jahrhundert. 
Daim,  um  1680,  wird  der  obere  Aufbau  hinzugefügt  sein,  dessen  Mittelteil  durch 
jonische  Pilaster  gegliedert  ist  und  zwischen  ihnen  eine  zarte  Kustikabehand- 
lung  erfahren  hat.  Im  Mittelfeld  das  Bentheimsche  Wappen  mit  frei  aus- 
gearbeitetem Kronreifen  darüber  und  umrahmt  von  Schnörkelwerk. 


Abb.  8l'.    Schloß  in  Bentheim, 
Sonnenuhr. 


Abb.  83  b.    Schloß  in  Bentheim; 
inneres  Pforthaus  (s.  Lageplan  in  O). 


Ein  hier  vorhanden  gewesenes  Fallgatter  ist  erst  in  der  ersten  Hälft  • 
des  XIX.  Jahrhunderts  beseitigt.  In  der  Durchfahrt  finden  sich  auf  einiget 
Werksteinen  in  Linien  eingehauen  verschiedene  Zeichen,  die  mit  dem  hier  geübtei 
Gericht  in  Zusammenhang  zu  stehen  scheinen.  Einfache  Kreuze,  zum  Teil  ii 
Verbindung  mit  Dreieck  und  Drudenfuß,  unter  einem  anderen  das  Monogramn 
('hristi  und  auf  2  Steinen  ein  Rad.  Nach  Rump  befand  sich  über  dem  Ein 
gang  die  Hofgerichtsstube,  und  eine  Urkunde  vom  9.  Nov.  1524  läßt  erkennen 
daß  unter  der  Linde  vor  der  Burg  Gericht  gehalten  wurde. 


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-->^     103    S^ 

Die  Vorburg  enthielt  den  die  größere,   östliche  Hälfte   einnehmenden,  Vorburg, 
in  Beete  geteilten  Küchengarten,  daneben  nördlich  einen  Ziergarten  (C)  (darin 
die  Sonnenuhr  Abb.  82),   aus  welchem    an  der  Nordmauer  eine   Ausfallpforte 
mit  Treppe  an  den  bewaldeten  Fuß  des  Burgfelsens  führte. 

Vom  Torhause  steigt  der  Weg  im  Bogen  bis  zu  der  Stelle,  wo  das 
nicht  mehr  vorhandene  erste  Binnentor  {E)  stand.  Das  schmale,  zu  einer  die 
Vorburg  schützenden  Batterie  eingerichtete  Erdreich  links  daneben  (F)  wird 
durch  eine  Futtermauer,  die  eine  krenelierte  Brüstung  sowie  ein  Ecktürmchen 
trägt,  gehalten  und  von  der  ebenfalls  krenelierten  Burgmauer  überragt. 

Nur  wenige  Schritte  von  der  ehemaligen  Stätte  des  Binnentores  ent-  Eingang  zur 
fernt  liegt  das  eigentliche  Burgtor  (G),  dessen  Durchfahrt  mit  einem  Tonnen-  ^^i^P^^J^^B- 
gewölbe  überspannt  ist.  Dieses  und  das  Kernmauerwerk  des  Erdgeschosses 
stammt  noch  aus  spätromanischer  Zeit,  während  die  außen  und  innen  vor- 
gesetzte, prächtige,  durch  Pilasterstellungen  belebte  Rustikaarchitektur  dem 
Ende  des  XVII.  Jahrhunderts  angehört.  Über  dem  Eingang  ist  an  seiner  Westseite 
ein  reich  ausgestattetes  Wappen  mit  Krone  darüber  (Tafel  8,  Abb.  83a),  an  der 
Ostseite  ein  aus  den  Buchstaben  E  und  C*)  zusammengesetztes  Monogramm 
angebracht  (Abb.  83  b).  Das  Tor  (Abb.  83)  bildet  den  einzigen  Zugang  zum  Burg- 
hofe; nur  in  der  Nordmauer  zeigt  sich  noch  ein  Ausfallfpörtchen  mit  Treppe. 

Der    Burgplatz    ist,    soweit    nicht    Gebäude    die    äußere     Begrenzung  Hauptburg 
ausmachen,   mit   sehr  hohen  und  starken  Mauern  eingefaßt.     Sie  sind  durch 
steinerne    Treppen    zugänglich    und   durchgehends    mit    einem    breiten,   nach 


Abb.  85.    Schloß  in  Bentheim ;  Katharineiikirche,  Grundriß  (1 ;  250). 

außen  hin  durch  eine  krenelierte  Brustmauer  geschützten  Plattengange 
versehen,  der  hier  und  da  mit  vorgekragten  Türmchen,  auch  mit  Terrassen 
zur  Aufstellung  von  Geschützen  in  Verbindung  gebracht  ist  (Tafel  9,  Abb.  84). 
Die  Mauern  mögen  in  ihrer  jetzigen  Gestalt  im  wesentlichen  aus  der  Mitte 
des  XVII.  Jahrhunderts  herrühren. 


*)  Graf  (c  =  comes)  Ernst  Wilhelm  von  Bentheim  (1643— 1G93).    Vgl.  S.  96  u.  120. 


-^     1U4     iK- 


Bmnkapcllc 

(Katlijuincn- 

kirclio). 


Zu  licidt'ii  Scilfii  di-s  Hm^toros  laf^nn  auf  dfin  Burghöfe  Wach- 
}^el»äii(lo  (./):  (las  nönlliclic  flcrselbeii  ist  noch  erhalten.  Neben  diesem  steht 
die  chonialigo  Hiirgkapelle  iK). 

Der  BtirgkapfiUe,  die  auch  unter  dem  Namen  ..Katharinenkirche  '  er- 
scheint, wird  urkundlich  1415  gedacht,  in  welchem  -lahre  der  (jraf  Bernhard 
von  Bentheim  ,,eyn  Altar  belegen  up  der  Borch  to  Kenthem  in  unser  ("apellen" 
stiftete;  zu  dessen  Bedienung  er  verschiedene  Renten  auss(;tzte.  1525,  28.  Okt. 
wird  Gerdt  Hylbrands  als  Vikar  des 
St.-Antonius-Altares  aufgeführt.  Graf 
Arnold  1.  ließ  die  Kapelle  1544  für  den 
lutherischen  Gottesdienst  herrichten. 
Im  Jahre  1606  wird  wahrscheinlich 
eine  Wiederherstellung  des  Innern  vor- 
genonnnen  sein,  oder  aber,  die  Nach- 
richt, daß  Graf  Arnold  in  diesem  Jahre 
einen  Raum  auf  dem  Schlosse  mit 
,, Predigtstuhl,  anderen  Gestühlen,  tisch 
und  taufplatz"  ausstattete,  bezieht  sich 
auf  den  „Heidentempel"  genannten  Raum 
der  Kronenburg  (Döhmann  a.  a.  0.  S.  63). 
Unter  Ernst  Wilhelm  eine  Zeitlang 
den  Katholiken  überlassen,  wurde  die 
Katharinenkirche  nach  Erbauung  der 
katholischen  Kirche  der  reformierten 
Schloßgemeinde  zurückgegeben.  Im 
Jahre  1767  diente  sie  nicht  mehr  kirch- 
lichen Zwecken:  der  Boden  war  hoch 
mit  Unrat  bedeckt,  von  der  Ausstattung 
nichts  mehr  vorhanden.  Nur  auf  der 
linken  Seite,  wo  der  Altar  gestanden, 
befand  sich  an  der  Wand  „in  erhabener 
Gipsarbeit  ein  geharnischter  Mann  zu 
Pferde,  so  wie  der  Ritter  St.  Georg 
abgezeichnet  wird". 

Die  ehemalige,  jetzt  als  Remise 
benutzte  Schloßkapelle  (Abb.  85)  besteht 
aus  einem  Langhause  mit  östlich  davor 
Hegendem  Chor.  Dieser  ist  ein  im 
Grundriß  quadratischer,  einst  gewölbt 
gewesener  Raum  spätromanischer  Anlage 
(Abb.  86).  Die  Wandvorlagen  für  die 
spitzen  Schildbögen  sind  mit  Ecksäulen 

versehen,  die  sich  oberhalb  ihrer  Kapitelle  als  rundwulstige  Rippen  fortsetzen; 
das  Gewölbe  selbst  ist  eingestürzt.  Die  Fenster  sind  rundbogig 
geschlossen. 


Abb.  86.    Schloß  in  Bentheim; 
Katharinenkirche:  Turm,  Schnitt  (t :  250). 


->^    105    %<- 

Das  Langhaus  war  mit  flacher  Decke,  deren  Balken  auf  Konsolen 
ruhten,  abgedeckt.  Die  Westwand  wird  durch  die  alte,  schräg  zur  Schiffs- 
mittelachse verlaufende  Burgmauer  gebildet;  darin  liegt  der  breite  Eingang 
zur  Kirche.  Die  einzigen  beiden  Fenster  des  Schiffes  liegen  in  dessen  Süd- 
wand und  sind  s])itzbogig  geschlossen. 


Abb.  87.    Schloß  in  Bentlieim;  Wachtstube  (s.  Lageplan  J). 


Das  Obergeschoß  über  dem  Chorgewölbe  ist  in  spätgotischer  Zeit 
ausgebaut  und  hat  in  der  Westwand  einen  Kamin.  Die  Fenster  sind  mit 
geradem  Sturz  und  rohem  Entlastungsbogen  versehen ;  eine  Tür  führt  auf 
das  Dachgeschoß  des  Schiffes. 

Der  mit  4  Ecktürmchen  besetzte  Turmhelm,  der  oben  jetzt  in  Form  einer 
flachen  Pyramide  abgedeckt  ist,  trug  früher  über  einer  kräftigen  kugeligen 
Ausbauchung  eine  Laterne  mit  Zwiebelhaube.  Dieser  malerische  Aufbau  ist  im 
Jahre   1778  wegen  Baufälligkeit  abgetragen   worden. 

Eine  Glocke,  unterer  Durchmesser  0,46  m,  stammt  aus  dem  Jahre  1519  (?)  Glocke, 
und  hat  zur  Inschrift  in  gotischen  Kleinbuchstaben :   Jhesus.   Maria.  Johanes. 
Volkerus.  me.  fecit.  mcccccxix  (?). 


llauptbiirf;,  Nnlx'ii  der  Wache  (J)  (s.  a.  Ahb.  ^7)  führt  eine  Stiogo  von  :j4  Stufen  zu 

NordBoito  ,,,.j.  ,„),.,iii,.j„.„  15,11  aniauer  fiinauf.  Der  I^lattengarig  daselbst  liält  2  in  Breite; 
die  mit  Schußs])alten  versehene  Brustmauer  von  0,80  m  Breite  und  2,;34  m 
Höhe  ist  an  dieser  Stelle  mit  einem  vor^ekragten  runden,  innen  2,34  ni 
hohen  Steinlürmchen  von  ,,Anno  1B66"  versehen.  Diese  bis  zu  der  unten  zu 
besprechenden  Kronenburg  sich  hinziehende  Mauer  zeigt  eine  lange,  durch 
die  1761  vorgenommene  Sprengung  entstandene  Lücke,  bei  deren  Beginn 
etwa  das  Brunnenhäuschen  (S)  steht.  Weiterhin  liegt  die  erwähnte,  von  einem 
achteckigen  Zeltdache  geschützte  Ausfallpforte  mit  Trep])e.  Von  den  auf 
dem  Grundrisse  in  Schraffur  angedeuteten  Gebäuden  enthielt  dasjenige,  das 
einst  sich  längs  dieser  Mauer  hinzog,  die  Stallungen  {/?),  das  dann  folgende,  mit 
dem  Nordgiebel  die  Mauer  berührende,  die  Frauengeniächer  (T). 
Hauptbüro,  Das  nicht  mehr  vorhandene  Gebäude  {11}  südlich  vom  Burgtor  dier»te 

Sudscite.  .^j^  Kanzlei;  weiterhin,  bei  dem  quadratischen  Turme  {M}  lag  die  Schmiede. 
Der  für  sich  stehende,  einem  Bergfried  zu  vergleichende  Turm  neben  der 
südöstlichen  Burgmauer  zieht  durch  seine  gewaltige,  hochaufragende  und 
wirkungsvoll  bekrönte  Masse  den  BUck  besonders  auf  sich.  Der  Eingang  zum 
Turm  ist  von  hier  nur  auf  einem  Umwege  erreichbar.  Eine  Treppe  neben  dem 
Ostgiebel  des  an  der  Südmauer  befindlichen,  der  neueren  Zeit  angehörenden 
Wohnhauses  [0]  führt  zu  einer  3,75  m  über  dem  Hofpflaster  liegenden  Terrasse  (AT). 
Von  dieser  leitet  eine  zweite  Stiege  zu  einer,  mit  dem  südöstlichen  (hier  mit 
einem  vorgekragten  Türmchen  versehenen)  Mauergange  verbundenen  Plattform, 
die  zu  einem  Geschützstande  nach  zwei  Seiten  hin  ausgeweitet  ist  und  etwa 
14m  hoch  über  dem  angrenzenden  Vorgelände  liegt.  Auf  dieser  steht  noch 
jetzt  ein  zierlich  gearbeitetes  Lafettengeschütz  von  Bronze,  das  außer  dem 
gräflichen  Wappen  folgende  Inschrift  in  lateinischen  Majuskeln  trägt: 

?]verw4n  Grave  To  Benthem 

Teklenborch  Und  Stenvorde  Her  To 

Rede  Und  Wevehnckhove  Ec. 

(Ornamentstreif) 

Uueme  dat  Veit  dat  rade  ich 

Wen  ich  spreck  so  hoet  dich 

Hans  Wideman  goet  mich. 

Anno  Dni  1557. 

\'on  dieser  Plattform  ab  ist  der  quadratische  Turm  (M)  (s.  a.  Abb.  88) 
Vicreckigor  ^^  seiner  südhchen  Seite  durch  eine  schmale  Treppe  und  Tür  zugänglich. 
Turm.  Das  Äußere  desselben  zeigt  ein  schlichtes,  nur  von  einigen  Schießscharten 
durchbrochenes  Quadergemäuer  aus  großen  Werkstücken,  oben  aber  eine  auf 
Konsolen  und  halbrunden  (innen  durch  Nasenansätze  kleeblattförmigen 
Bögen  ruhende,  krenelierte  Brüstungsmauer  und  an  den  vier  Ecken  je  ein 
vorgekragtes,  achtseitiges,  mit  Schußplatten  versehenes  und  oben  kuppeiförmig 
ausgehendes  Quadertürmchen.  Diese  Türmchen  sind  1706  wiederhergestellt, 
wie  das  aus  folgendem,  auf  ihrer  Abdeckung  angebrachten  Chronogramm  erhellt: 

TE  MPESTATIO  DFJeC'PA  A  tVtORE  RETECtA*) 

*)  Vgl.  S.  97  Anm. 


->^     107     S^- 

Der  Turm  selbst  stammt  aus  der  Spätgotik.  Au  seiner  Westseite 
erscheinen  in  bedeutender  Höhe  und  schwer  kenntHch  zwei,  von  einer  Inschrift 
begleitete  Wappen,  und  zwar  zur  Linken  des  Beschauers  ein  Schild  mit  den 
bentheimschen  Pfennigen.  Die  Inschrift  daran  lautet  nach  der  auf  Seite  91), 
Anm.,  angegebenen  Baubeschreibung: 

,,In't  Jar  unses  Heren  mccccxyiu")  wort  deze  torn  tot  Benthem 
erbowet  door  den  edelen  Junckherr  Everwyn,  graven  to  Benthem  et  Tecklenborg." 


Abb.  88.    Schloß  in  Bentheim;  viereckiger  Turin. 


An  seiner  Ostseite  befinden  sich  unter  einer  Inschrift  ebenfalls  zwei 
Wappen:  zur  Linken  des  Beschauers  Bentheim,  ziu-  Rechten  Mecklenburg. 
Von  der  Inschrift  fehlt  die  oberste  Zeile  ganz.  Aus  den  Wappen  erhellt  aber,  daß 
ersteres  dem  Grafen  Everwin  IL  von  Bentheim  und  letzteres  seiner  Gemahlin 
Ingeburg,  Tochter  Ulrichs,  des  letzten  Herzogs  von  Mecklenburg-Stargard, 
welche   er    um    1489    heiratete,    angehört. 


*)  Everwin  I.  erbte  erst  1421  die  Grafschaft  Bentheim-,  die  Lesart  der  Jahreszahl 
ist  daher  mit  Vorbehalt  aufzunehmen. 


..^     K)K    ;?^ 

Die  iiiiK'i'o  i^ijiriclitiinj:  «Ics 'J'iJiiiifs  Noriinsclüuiliclil  der  hi'i  MiUioff  lirl.  VI 
auf  Tafel  \'II  ^c^chorif  Sclinill.  Heim  Eintritt  in  das  untere  Gescfioß  zeigt  .sich 
xnittcn  im  KufAboden  eine  runde  ()ffnung  als  Zuganfz  zu  einem  Verließ  oder 
Keller,  desseh  Fußboden  12,15  m  tiefer  liegt,  und  noch  0,07  m  unter  dem 
Erdreich  des  Hofes  sich  befindet.  Das  Verließ  ist  von  f|uadratischem  Grund- 
riß, hält  4,12  m  Seite  und  i.st  (bis  auf  die  erwähnte  Öffnung)  mit  einem 
ToiHicngewölbe  geschlossen.  Die  Stärke  der  Einfassungen  beträgt  hier  o.fJl)  m. 
der  Turm  hält  hiernach  14,30  m  Seite.  Das  Geschof.S  oberhalb  des  Verließes 
ist  ebenfalls  ({uadratisch  und  mit  einem  Tonnengewölbe  überdeckt,  hat  aber 
auch  ein  Zwischengebälk,  Dicht  über  dem  Steinfußboden  dieses  Geschosses 
befindet  sich  nach  drei  Richtungen  hin  je  eine  Schießscharte.  Die  Um- 
fassungsmauern sind  hier  noch  4,(57  m  dick.  Eine  hölzerne  Treppe  stellt  die 
Verbindung  mit  dem  obersten  Turmge.schosse  her.  Dieses,  im  Lichten  G,25  m 
weit  und  an  drei  Seiten  mit  je  einer  SchiefSscharte  versehen,  wird  von  einem 
Kreuzgewölbe  überspannt.  Letzteres  ist  oben  mit  Gefälle  abgedeckt.  Zu  der 
dadurch  gebildeten,  wie  vorhin  ervVähnt,  mit  einem  Zinnenkranze  au.sgestatteten 
Plattform  führt  ehie  massive,  gewundene  Treppe,  die  in  einem  der  vorge- 
kragten  Ecktürmchen  ihren  Austritt  hat.  Sie  setzt  über  dem  Tonnengewölbe 
des  unteren  Geschosses  an  und  trägt  dieselben  Steinmetzzeichen,  die  sich  auch 
an  der  Treppe  des  runden  Turmes  finden.  Die  ganze  Höhe  des  Turmes 
über  dem  Fuße  der  Burgmauer  beträgt  etwa  80,20  m,  und  er  beherrscht,  da 
er  ohnehin  einen  so  hervorragenden  Standpunkt  einnimmt,  seine  Umgebung 
auf  weite  Entfernung. 
Wolmhaus.  D^s  vorhin   als  neues    Wohnhaus  (0)    bezeichnete,    gegen  Ende    des 

XVlü.  Jahrhunderts  von  den  Landständen  der  Grafschaft  errichtete  Gebäude 
an  der  Südseite  zeigt  am  Hofe  ein  hohes  Erdgeschoß,  darüber  ein  Halbgeschoß 
und  oben  das  Hauptgeschoß  mit  einer  Tür  nach  dem  Mauergange,  der  hier 
als  Söller  dient  und  statt  der  bezinnten  Brüstung  ein  Eisengeländer  mit 
Steinpfosten  hat.  Was  für  ein  Gebäude  an  dieser,  hinsichtlich  der  Aussicht  bevor- 
zugten Stelle  des  Burghofes  früher  gestanden  hat,  darüber  fehlt  es  an  Nachrichten. 

An  den  Westgiebel  des  neuen  Wohnhauses  schließt  sich  ein  Zwischen- 
bau mit  Wendelstiege,   und  diesem  folgt  ein  außen  rund  vortretender,  innen 
abgeplatteter,  17,80  m  im  Durchmesser  haltender  Festungsturm  (P;  s.  a.  Abb.  89). 
Sein  kegelförmiges  Dach  wurde  bei  der  Belagerung  durch  Vandamme  abgeschossen. 
Runder  Der    Runde    Turm    (P)    in    der    Südwestecke    des    Schlosses    ist 

lurm.  ^^^f  (jgj^  Felsen  gegründet  mit  nicht  sehr  hohem  Fundament,  dessen  Absatz 
mit  einfacher  Schräge  jirofiliert  ist.  Die  Steine  sind  von  sehr  langer  Form 
und  konvex  gearbeitet.  Etwa  in  Höhe  des  Erdgeschosses  findet  sich  außen, 
gen  Südwesten  zu,  der  Rest  eines  Spruchbandes  mit  , 

unleserlichen  Buchstaben.  An  den  Wänden  des  S — X-  -^ — )(^ — -j 
Erdgeschosses    sind    Steinmetzzeichen    häufig.     Die  ^ 

außerordentlich  starke  Umfassungsmauer  erhebt  sich  doppelgeschossig  in 
schlichter  Masse  bis  zur  Höhe  des  Plattenganges  der  Burgmauer.  Hier 
beginnt  das  dritte  Geschoß,  von  einem  um  0,25  m  vorgekragten  Bogenfriesc 
ausgehend   und   wird   oben   von   einem  ähnlichen,   jedoch  der   Konsolen   ent- 


->«    109    g*^ 

behrenden  Bogenfriese  imisäumt.  Beide  Friese  gehören  der  Periode  der  Gotik 
und  etwa  derselben  Zeit  an,  aus  welcher  der  vorhin  besprochene  viereckige 
Turm  herrührt.  Der  untere  Fries  wird  an  drei  Stellen  durch  .mächtige  Kon- 
solen in  Form   eines  halben    Achtecks    unterbrochen,    welche  jetzt  zwar  nur 


Abb.  Sil     Schloß  in  Bentheim:  runder  Turm. 


je  einen,  von  einem  Geländer  in  Renaissanceformen  eingefaßten  Balkon  tragen, 
früher  aber,  wie  alte  Abbildungen  des  Schlosses  zeigen,  zur  Aufnahme  von 
drei  Erkern  dienten,  deren  Mauerwerk  bis  zum  Borde  des  Turmdachs  reichte 
und  mit  je  einem  Helme  bekrönt  war.  Der  Fußboden  des  untersten  Geschosses 
liegt  um  5,45  m  tiefer  als  das  Hofterrain  und  steht  sowohl  mit  dem  Hofe, 
als  auch  mit  der  im   Grundrisse  des  nächstfolgenden  Geschosses  angegebenen 


-o«     110    ?w- 

W<'n(lplin!|i))('  ((li(^  wahrschoinlicli  bis  zum  oberston  Stockwerke  führte)  durch 
underwoite  Treppen  in  Veibindung.  Außerdem  ist  ein  Zusammenhang  der 
verschiedenen  Geschosse  durch  je  eine  in  dem  betreffenden  Fußboden  ange- 
brachte runde  Öffnung  von  0,50  iri  Durchmesser  hergestellt.  Das  unterste 
Geschoß  von  (juadratischer  Grundform  enthält  zwei  Schießscharten  und  ist 
mit  einem  von  Konsolen  ausgehenden,  gotischen  Kreuzgewölbe  überspannt. 
Das  durch  eine  kleine  'JVepi)e  vom  Hofe  ah  zugängliche  Mittelgeschoß  hat 
einen  kreisförmigen  Querschnitt  von  etwa  8  m  Durchmesser,  bei  4,90  m 
Mauerstärke,  und  ist  durch  eine  Art  Kuppelgewölbe  vermittels  Überkragung 
sdiräg  und  kreisförniig  ])e}iauener  Ringsteine  geschlossen.  Die  Schießscharteji 
sind  für  grobes  Geschütz  eingerichtet,  und  oben  mit  Rauch-Abzugskanälen 
versehen.  Das  oberste  Geschoß  ist  nicht  mehr  im  ursprünglichen  Zustande, 
sondern  durch  diametral  gestellte  Wände  in  keilförmige  Zimmer  abgeteilt, 
und  in  der  Mitte  sind  kolossale  Schornsteinröhren  bis  zur  Helmspitze  auf- 
geführt, wo  sie  in  Form  eines  korinthisierenden  Kapitals  enden.  Der  Fußboden 
dieses  Geschosses  hegt,  wie  erwähnt,  in  Höhe  des  Mauerganges,  der  von  hier, 
an  einer  in  der  Mauerbiegung  einst  befindlichen  Batterie  (}')  vorüber,  bis  zu  der 
im  Westen  des  Burghofs  gelegenen  Gebäudegruppe  führt. 
Kronenburg.  Es  ist  dies  die  Kronenburg  (i\.bb.  90)  (A'),    vermuthch   so   genannt 

nach  den  aus  Sandstein  gehauenen  Grafenkronen,  die  als  Schornsteinaufsätze 
gedient  und  gewissermaßen  die  Wahrzeichen  des  Hauses  gebildet  hatten. 
(Eine  solche  Krone  wird  noch  jetzt  im  Schloßhof  aufbewahrt.)  Sie  nähert  sich 
im  Grundrisse  der  Hufeisenform,  hatte  früher  aber  noch  ein  zum  Südflügel  recht- 
winkelig stehendes  Gebäude  und  war  am  Nordostende  durch  einen  Zw^ischenbau 
mit  dem  oben  erwähnten,  die  Frauengemächer  und  den  Rittersaal  enthaltenden 
Hause  (T)  und  dem  daneben  gelegenen  Ausfallpf Örtchen  verbunden.  Die  mit 
steilen  Giebeln  versehene  Kronenburg  trug  noch  zu  Mithoffs  Zeit  ein  mittel- 
alterliches Gepräge.  Sie  stammt  in  den  ältesten  Teilen  noch  aus  der  Periode 
des  romanischen  Stils,  zeigte  aber  im  wesentlichen  gotische  Formen  (etwa  aus 
der  Zeit  Everwins  d.  Reichen),  stellenweise  auch  Renaissancebildungen. 
Letztere  fanden  sich  im  restaurierten  Teile  des  südlichen,  dreigeschossigen, 
damals  wieder  in  Verfall  geratenen  Flügels,  wo  die  in  den  beiden  oberen 
Geschossen  enthaltenen  Gemächer  mit  Stuckdecken  und  Kachelöfen  versehen 
w'aren.  Das  Erdgeschoß  hatte  seineu  mittelalterlichen  Charakter  insoweit  bewahrt, 
als  an  der  nordöstlichen  Ecke  der  Halle,  deren  fehlendes  Gebälk  auf  Konsolen 
geruht  hatte,  in  zwei  Spitzbogenarkaden  nach  avißen  sich  öffnete.  Über 
diesen  erschien  im  Mittelgeschoß  eine  Balkonanlage.  Die  Fenster  waren  hier 
oben  rechteckig,  zum  Teil  gekuppelt,  und  mit  steinernen  Kreuzpfosten  versehen. 
In  den  1880er  Jahren  hat  die  Kronenburg  durch  den  jetzt  verstorbenen 
Architekten  Nordhof  einen  Ausbau  erfahren  im  Stile  der  Neugotik,  so  daß 
sie  heute  völlig  verändert  erscheint.  In  der  gleichen  Stilart  wurde  damals 
ein  gebogener,  zweistöckiger  Verbindungsgang  von  dem  alten  Wohnhause  {0) 
im  Süden  nach  den  Prunkgemächern  der  Kronenburg  neu  geschaffen,  der 
einen  toten  Winkel  in  der  Südwestecke  der  Burg  abschert.  Die  Erneuerungs- 
arbeiten  sind    1911  wieder  aufgenommen  worden. 


->*S      111       Sk- 

Vou  der  Kronenbiirg  wird  der  nordwestliche,  dem  Drususfelseu  gegen- 
überliegende Eckraum  mit  dem  Namen  Heidentempel  bezeichnet.  Er  diente 
ziüetzt  bis  1868  als  Schloßkapelle.  Da  er  aber  mit  einem  Kamin  ausgestattet 
ist,  war  er  ursprünglich  wohl  für  Profanzwecke  bestimmt  und  wird  erst  zur 
Kapelle  hergerichtet  sein,  als  die  Katharinenkirche  nicht  mehr  benutzt  wurde. 
Aus  ihr  herübergebracht  war  vermutlich  die  steinerne  Renaissancekanzel,  die 
sich    hier    befand.     Teile  der   mit  Rundbogenfüllungen  versehenen   Brüstung 


Abb.  90     Schloß  in  Benthelm ;  Kronenburg,  heutiger  Zustand. 


werden  im  viereckigen  Turm  aufbewahrt,  während  der  Untersatz  jetzt  als 
Fuß  eines  steinernen  Tisches  in  den  gärtnerischen  Anlagen  des  oberen  Schloß- 
hofes steht.  Das  Gestühl  der  Kapelle  zeigte  neuere  Formen.  Der  Raum  hat  in 
der  Westwand  zwei  tiefe  Nischen.  Die  Überlieferung,  die  Wand  habe  an 
diesen  Stellen  arkadenartige  Öffnungen  gegen  den  einzelstehenden  (Opfer-) 
Felsenstein  gehabt,  ist  mit  dem  Befinide  nicht  vereinbar.  Die  Nordwestecke 
des  Raumes  ist  abgeschrägt.  Dahinein  legt  sich  ein  Kamin,  der  Jüngst  erneuert 
wurde.  Im  oberen  Stockwerk  liegt  dementsprechend  ein  zweiter  Kamin.  Der 
durch  beide  Stockwerke  gehende  Mittelpfeiler  (Tafel  8,  Abb,  91)  steht  auf  acht- 
eckiger Basis.  Der  Schaft  ist  zunächst  rund  und  geht  etwa  in  der  Höhe  von 
2,45  m  über  der  Fußplatte  in  die  Form  eines  achtseitigen  Prismas  über.  Die 
Balken  des  oberen  Stockwerkes  haben  ehemals  auf  kurzen  Streichbalken 
gelegen,  die  ihrerseits  auf  Konsölchen   ruhten,  welche  aus  dem  Pfeiler  bzw. 

Iaus  den  Wänden  herausragten.  Im  oberen  Geschoß  behält  der  Pfeiler,  die 
Form  des   achtseitigen   Prismas   bei.      Unterhalb    des   hohlkehligen  Kämpfers 


\2     8^ 


liindiirc  li  Cortsflzon.  Dor  liaiiiii  olx'ii  ist  ;iiif  I{i|»|K'n  <^('\\'ü\\A.  KWc  stilistisdien 
Mcrkinalo  weist^n  auf  die;  Zeil  tun  I4H0  hin  (vgl.  Dflails  df.'r  Scliüttori'cr  Kirche). 
Die  Nordwand  des  Heidentemiiels  hat  im  Krdj^e.schoß  fiiie  rundbogige  Tür  mit 
symmetrisch  dazu  bejegenen  nmdbogigoji  Fenstern  —  das  westhciie  ist  Blende  — 


A))l).  i>2.    Schloß  in  Bentheim;  Kruzitixus. 


und  kreisrunden  Fenstern.  Die  Quader  dieser  Wandfläche  sind  winkelrecht 
behauen,  von  verschiedener  Größe,  meist  klein;  die  wagerechte  Fuge  ist 
möglichst  durchgeführt.  Danach  gehört  dieser  Gebäudeteil  zeitlich  ungefähr 
zusammen  mit  der  Katharinenkirche.  Anfang  des  XIII.  Jahrhunderts. 
Kruzitixus.  Ein  Kruzifix  aus  Stein  (Abb.  92),  das  Anfang  des  XIX.  Jahrhunderts, 

auf  dem  sogenannten  Kreuzkamp  in  der  Niederung  südlich  des  Schloßberges 
gefunden  wurde,  hat  auf  dem  Schlosse  im  Haupthof  Aufstellung  gefunden. 
Die  Höhe  beträgt  etwa  2,45  m.  Der  Kreuzschaft  hat  eine  attische  Basis  mit 
verwitterten  Eckblättern;  seine  Kanten  sind  im  unteren  Teil  wenig  scharf 
ausgeprägt.     Die   Christusfigur   ist  in   steifer  Haltung   unbeholfen   dargestellt. 


'afcl  9. 


Abb.  84  u.  104. 

SCHLOSS  IN  BENTHFJM;  Mauerstück  beim  Viereckigen  Turm  und  Turm  der 
Katiiarinenkirche.  -  KATHOLISCHE  KIRCHE  IN  BENTHEIM;  Innenansicht. 


->3     113     S-c-- 

der  Kopf  mit  wallendem  Haupthaar  ist  geradeaus  gerichtet,  die  Arme  sind 
gewinkelt,  die  Lenden  mit  einem  bis  über  die  Knie  herabfallenden  Tuch  ver- 
hüllt; die  Füße  scheinen  auf  einer  Unterlage  ruhend  gedacht  zu  sein.  Die 
Skulptur  ist  wegen  ihres  verwitterten  Zustandes  schwer  zu  datieren.  (XII.  Jahrh.  ?) 


Reformierte  Kirche. 

Die  Bentheimer  Pfarre  ist  von  dem  Gildehäuser  Pfarrbezirk  abgetrennt  Geschichte, 
worden:  in  einer  Urkunde  aus  dem  Jahre   1226  bekundet  Graf  Balduin  von 


Abb.  ;i3.    Reformierte  Kirche  in  Bentheim ;  Ansicht  von  Xordwesten. 


Abb.  94.    Reformierte  Kirche  in  Bentheim;  Grundriß  (1:250). 


-^^     114     if^ 

Beniheini  die  Ahsidil  „ante  casiruin  iiostrum  Beutliem"  (Jung,  C.  J).  Xr.  825) 
eine  Kirche  zu  bauen.  Die  Absicht  wurde  aber,  wie  es  scheint,  erst  weit 
später  ausgeführt.     In   einer  Uikuiido  des  Bischofs  Ludwig  von  Münster  aus 


Abb.  95.    Reformierte  Kirche  in  Bentheim;  Turm  mit  Querschnitt;  Ciuerschnitt  durch  die  Kirche  (1:250). 


dem  Jahre  1321  (Jung,  C.  D.  Nr.  60)  ist  davon  die  Rede,  daß  Johannes  II.  als 
Patron  der  ,,juxta  monteni  castri  Benthem"  zu  gründenden  oder  eben  im 
Entstehen  begriffenen  Kirche  einige  von  der  Gildehäuser  Parochie  abgetrennte 
Ländereien  der  neuen  Kirche  zuw^eist,  wofür  Jene  Entschädigung   erhält.     Im 


->§       115      g-:- 


Jahre  1372  wird  in  einer  Urkunde  (Jung,  C.  D.  Nr.  100),  in  welcher  die 
Stiftung  einer  .,ewighen  marc  gheldes  pennighe"  behandelt  wird,  die  Kirche 
als  bestehend  angenommen. 

Diese  —  füglich  gotische  —  Kirche,  deren  Schutzheihger  der  hl.  Johannes 
der  Täufer  (siehe  Tibus  a.  a.  0.  S.  912)  war,  wurde  im  Jahre  1696  durch  das 
gegenwärtige  Gotteshaus  (Abb.  93)   ersetzt, 
wie  die  Inschriften  daran  vermelden. 

Von  der  alten  gotischen  Kirche  scheinen 
Reste  in  dem  von  der  jüngeren  Kirche  um- 
schlossenen, sogenannten  Archive  erhalten 
zu  sein  (s.  d.  Grundriß  Abb.  94).  Dieser 
Raum  "•■)  ist  auf  tiefansetzenden,  hohlkehligen 
Rippen  gewölbt  und  enthält  einen  unter- 
irdischen Grabkeller,  welcher  mit  einer 
Tonne  aus  Ziegeln  abgedeckt  ist  (s.  Abb.  95 
hnks).  Die  Kirche  von  1696  stellt  im  Grund- 
riß ein  langes,  ostwestlich  orientiertes 
Rechteck  dar  mit  dem  Turm  an  der  östli- 
chen Schmalseite.  Sie  ist  in  Backstein  mit 
äußerhcher  Verblendung  von  Bentheimer 
Sandsteinquadern  errichtet  und  hat  innen 
wie  außen  vorspringende  Wandpfeiler. 
Die  Decke  des  Kirchenraumes,  eine  in  Holz 
nachgeahmte  Kreuzwölbung,  zwischen  Sand- 
steingurten, ist  am  Dachstuhl  aufgehängt. 
Die  Fenster  —  durch  Pfosten  geteilt  — 
sind  rundbogig  geschlossen.  Die  Türen  in 
den  Mittelachsen  der  Ost-,  Nord-  und  West- 
wand zeigen  geschmackvoll  geghederte  Um- 
rahmungen mit  Spruchinschriften  und  der 
Jahreszahl  1696  oberhalb  des  Sturzes. 

Der  Turm  tritt  im  Grundriß  der  Kirche 
nicht  hervor;  er  ist  quadratisch  angelegt 
und  steigt  oberhalb  der  Mitte  der  Ostfront 
in  vier  durch  Bandsimse  bezeichneten  Ge- 
schossen empor.  Das  Obergeschoß  geht  in 
ein  Achteck  über  und  enthält  rundbogige 
Schallöffnungen  in  Jeder  der  Seitenflächen. 
Die  als  achtseitige,  bauchige  Haube  aus- 
gebildete Turmbedeckung  trägt  eine  offene, 
mit  glockenförmigem  Dach  versehene  Laterne. 

In  der  Nordostecke  des  Schiffes  ist  auf  einem 
in    situ    befindlichen    Renaissancekamin    als    Sockel    ein     Sandsteinepitaph 


Be- 
schreibuni!;. 


§ 


^BcM' 


5l 


Abb.  96.    Reformierte  Kirche  in  Bentheim; 
Epitaph  von  1684,  rechte  Hälfte. 


wie  es  scheint  —  Epitaph. 


*)  In  einer  Handschrift  über  das  Leben  des  Grafen  Arnold  (s.  Döhmann  a.  a.  0.  S.  17, 
auch   S.  71^    wird   er   Gerkammer   genannt.     tJber   Ger  =  Gerve   vgl.    Anm.  auf  S.  216. 

8* 


^^    ik;    ?.- 


Abb.  97.    Reformierte  Kirche  in  IJentheim;  Glockeninschrift. 


Glocken. 


aufgesetzt  (Abb.  96),  dessen 
Widmungsinsehrift  der  1584  ver- 
storbenen Gemahlin  des  Grafen 
Everwyn  III.  gilt.  Es  ist  im 
wesentlichen  ein  Retabulura  mit 
Predella  und  seithchen  Pilastern 
—  der  Oberteil  ist  durch  die 
Orgelp rieche  verdeckt  — ,  dessen 
Mittelstück  die  rechteckige 
Inschrifttafel  mit  einem  durch 
Kartuschen  und  Rollbandwerk 
ornamentierten  Rahmen  trägt 
Die  kannelierten  Seitenpilastei 
sind  mit  Wappenschilden  belegt 
Das  Ganze  ist  durch  Übertünchen 
um  die  Schärfe  seiner  Former 
gebracht. 

Die  älteste  Glocke  aus  derr 
Jahre  1436,  unterer  Durchmesse! 
1,08  m,  hat  die  Inschrift 
Signum  •  do  •  coro  •  mortuos  •  fleo 
festa  •  decoro  •  ivio  (?)  •  aunc 
dni  •  m  cccc  •  xxx  •  vi  •  (Abb.  97) 

Die    zweite    Glocke,    untere: 
Durchmesser     1,18    m,    stamnn 


Abb.  98.    Reformierte  Kirche  in  Bentheim;  Kanzel. 


->^         117        gK- 

• 

aus  dem  Jahre  1641  und  hat  Ornamentbänder  mit  Engelsköpfen.  Die  Inschrift 
in  lateinischen  Großbuchstaben  lautet:  Viel  hatts  verdrossen  noch  bin  ich 
gössen  hier  in  der  Gemein  im  Jahre  MDCXL  und  ein  •  Fransis  Hemony 
Lotharing  me  fecit.    Die  dritte  ist  1891  umgegossen. 

Die  Kanzel,   nach  Möller  (a.  a.  0.  S.  92)   vom   Grafen  Ernst  Wilhelm  Kanzel, 
gestiftet,  besteht  aus  Sandstein  (Abb.  98).    Der  achtseitige,  aus  Sandsteinplatten 
zusammengesetzte  Stuhl,   ruht  auf  rundem,    mit  achtseitiger   Ifußplatte    ver- 
sehenen Ständer.    Die  Stuhlflächen  tragen  zum  Teil  biblische  Inschriften;   an 
der  Vorderfläche  ist  das  Monogramm  des  Stifters  mit  einer  Krone  angebracht. 


Abb.  99.    Reformierte  Kirche  in  Bentheiui;  Sarkophag. 


In  der  ,, Gerkammer"  ruht  auf  Wandkonsolen,    ebenerdig,    der   Sand-  Sarkophaj 
Steinsarkophag    der    1584   verstorbenen   Prinzessin    Amoena    von   Bentheim- 
Tecklenburg  (geb.  1581),  mit  der  vollplastischen  Bildnisfigur  des  im  Totenkleide 
daliegenden  Kindes  (Abb.  99). 


Katholische  Kirche. 

Die  kathohsche  Kirche  zu  Bentheim,  am  nördlichen  Abhänge  des  Geschichte. 
Schloßberges,  nordwestlich  des  Schlosses  belegen,  ist  eine  Gründung  des 
Grafen  Ernst  Wilhelm  von  Bentheim,  auf  die  das  Schutzpatronat  des  hl. 
Johannes  des  Täufers  übertragen  wurde,  nachdem  die  alte  Kirche  dem 
protestantischen  Gottesdienst  gewidmet  war.  Nach  Möller  (a.  a.  0.  S.  93) 
wurde  der  erste  Stein  zu  dem  katholischen  Gotteshause  am  11.  Juni  1670 
gelegt  und  die  Weihe  1676  vollzogen.  Eine  Inschrift,  die  ehemals  im  Westgiebel 
eingelassen  war  und  seit  Erbauung  eines  Turmes  an  dessen  Front  angebracht 
wurde,  besagt,  daß  die  Kirche  im  Jahre  1674  vom  Grafen  Ernst  Wilhelm  von 
Grund  aus  neu  errichtet  worden  sei. 

Die  Kirche   (Abb.  100),   in  Bentheimer  Haustein  ausgeführt,    besteht         Be- 
aus  einem  Langhause  mit  schmalerem  Chor  (Abb.  101),    der  in  fünf  Seiten    Schreibung. 


eirios  regelrnüßif^on   Achtecks   geschlossen   ist.     Scliiff   und   Chor  hahen    eine 
fiiopuizte  Bretterdecke  nach  der  Form  r-ines  Spiegelgcwölbes  (Abh.  102),  die  am 


Abb.  100.    Katholische  Kirche  in  Bentheim:  Ansiclit  von  Südost. 


Daclistuhl  aufgehängt  ist  und  über  einem  Stuckgesims  ansetzt.  Die  Fenster 
mit  bleiverglasten  Scheiben,  die  die  Wappen  der  Stifter  mit  der  Jahreszahl  1676 
tragen  (Abb.  103).  sind  durch  ungegliederte  Pfosten  geteilt  und  die  einzelnen 
Lichtöffnungen  in  der  Weise  mit  Rundbogen  geschlossen,  daß  diese  aus  dem 
gemeinsamen  Fenstersturz  herausgearbeitet  sind.  Die  auf  vier  Säulen  ruhende 
Westempore  tritt  in  der  Mitte  weit  vor,  weicht  beiderseits  aber  in  gebogener 
Form  zurück,   so  daß  die  westlichen  Schiffsfenster  nicht  überschnitten  werden. 


Abb    101.    Kathulische  Kirche,'.in3Bentheiiii    Grundrifi  (1   250). 


->^    iiy   !3^- 


-^      120     8--' 

Die  Kirche,    die    außen,   im  Gegensatz   zu    dor  etwa  gleichzeitig  ent- 
standenen   reformierten   Kirche,    durch    die  Anonhiung    der  Strebepfeiler    und 
auch  sonst   in    der   I'Jinzelaushildung   ein    Zurückgreifen    auf   gotische    Form- 
gebung erkennen  läßt,  hat  1895  einen  Turm  erhalten,  oberhalb  dessen  Portal, 
wie  bereits  mitgeteilt  wurde,  die  Stiftungsinschrift  wieder  eingesetzt  ist: 
AD  MAIOREM  DEI  OFT.    MAX.    GLDFtlAM  F;r 
IN  HOiNOREM  S  JOANNIS  BAPTIST^: 
ERNESTUS  WILHELMUS  COMES  IN  BENTHEIMB 

etc.  etc. 
HOC  TEMHUM  A  FÖNDAMENTIS  EXyEDIFICAVFr 
"  ANNO  1674  (s.  a.  Mithoff  VI,  S.  28.) 
Der  bei  Mithoff   erwähnte  Dachreiter  ist  gleichzeitig  entfernt. 


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Abb.  103.    Katholische  Kirche  in  Bentheim;  Glasfenster  von  1676 


Altar.  Der  Hochaltar,  aus  Holz  (Tafel  9,  Abb.  104),  mit  hoher  Predella   und 

gedrehten  korinthischen  Säulen,  die  ein   verkröpftes  Gebälk  mit  gebrochenem 
Segmentgiebel  stützen,  enthält  im  Retabulum  ein  Christi  Auferstehung  dar- 


-)-8     121     gK- 


Abb   105.    Katholische  Kirche  in  Bentheim;  Kückwand  einer  Kirchenbank 
(jetzt  im  Besitz  des  Herrn  E.  Cordes,  Bentheim). 


Abb.  106.    Kathol.  Ivirche  in  Bentheim; 
Altarleuchtsr. 


steUeiides,  im  Halbkreise  geschlossenes 
Ölgemälde.  Die  Seitenteile  bestehen  aus 
einem  Ornamentschnitzwerk  in  Knorpelstil- 
formen und  tragen  Je  eine  auf  Holz  gemalte 
und  ausgeschnittene  Apostelstatue. 

Das  bekrönende  Stück  enthält  ein 
das  Haupt  Johannis  des  Täufers  dar- 
stellendes Ölbild,  dessen  breitrechteckiger 
Rahmen  mit  Ornamenten  reich  belegt 
und  oben  durch  eine  gebrochene  Giebel- 
verdachung  geschlossen  ist,  überragt  von 
einer  thronenden  Madonna. 

Die  beiden  Nebenaltäre  zeigen  ent- 
sprechende Ausbildung.  Die  Ölbilder  stellen 
dar:  links  die  heilige  Familie  mit  Elisabeth 
und  Johannes,  rechts  die  Flucht  nach 
Ägypten. 

Von  der  bei  Mithoff  VI,  S.  28,  Gestühl, 
erwähnten  Kirchenbank  befindet  sich  die 
Rücklehne  heute  im  Privatbesitz  des  Herrn 
E.  Cordes,  Bentheim  (Abb.  105).  Das  noch 
vorhandene  Chorgestühl  hat  in  der  Brüstung 
und  der  hohen  Rücklehne  gekröpfte 
Füllungen. 

Die  Kanzel  (Tafel  9,  Abb.  104),  Holz,  Kanzel, 
mit  achtseitigem  Stuhl  und  Schalldeckel, 
hat  gedrehte  korinthische  Säulchen  mit 
Verkröpf ungen  an  deij  Stuhlkanten;  die 
dazwischen  liegenden  Flächen  sind  als 
Konchen    ausgebildet.      Am     Schalldeckel 


•^2     1 22     8^ 


Glas- 
Gemälde. 


Grabsteine. 


Leuchter. 


sitzen  vor  den  Seitenmitten  Wa))|)en 
und  Kn^'elsköjtfclien.  Die  Bekröiiun^' 
bilden  im  Knorpelstil  ornamentierte 
Bügel,  die  unter  einem  achtseitigen, 
die  Figur  des  .Johannes  tragenden 
Knauf  zusammenlaufen. 

Beachtenswert  ist  die  gut  erhaltene 
urs|)rüngliche  Verglasung  der  P'enster 
aus  kleinen  rechteckigen  Scheiben  in 
kräftiger  Bleifassung  mit  eingefügten 
gemalten  Schmuckstücken :  Stifter- 
Wappen  und  -Inschriften  oder  kleine 
Heiligenbilder,  von  Kartuschen  um- 
rahmt, letztere  durchweg  nur  in 
Schwarzloth  ausgeführt.  Im  Schiff 
sind  sie  von  bescheidenem  Umfang 
und  in  der  mittleren  Öffnung  der 
dreiteiligen  Fenster  angebracht.  Hier 
erscheinen  als  Geschenkgeber:  1.  „Die 
Stadt  Bentheim"  (Wappen  und  Kind 
von  einem  Engel  beschützt).  2.  ,,Die 
Stadt  Schüttorf"  (Wappen  und  St. 
Laurentius).  3.  „Die  Stadt  Neuen- 
haus" (Wappen).  4.  ,,Die  Stadt 
Bentheim"  (Madonna).  5.  ,,Northorn" 
(Wappen).    6.  ,, Flecken  Bentheim"   (St.  Bonifatius). 

gerus).  8.  „Das  Gericht  Veithausen"  (Haupt  -Johannes  des  Täufers).' 
In  den  seitlichen  Chorfenstern  finden  sich  dagegen  reicher  durch- 
gebildete Malereien.  Das  Südfenster  mit  dem  Wappen  des  Grafen  Ernst  , 
Wilhelm  ist  in  Abb.  103  wiedergegeben.  Auf  der  unteren  Kartusche  die 
Inschrift:  ,,Ernest  Wilhelm  Graf  zu  Bentheim  Tecklenburg  Steinfurt  u  Lim- 
burg Herzfeld  Rheda  Wevelinghouen  Hoia  Alpen  Helfenstein.  Erbvogt  zu 
Colin.  Dero  Rom.  Key.  Maj.  Reichs -Hoff raht  und  Cammerer."  In  dem  Fenster 
der  benachbarten  Schrägseite  ist  zweimal  das  Monogramm  EC  auf  gekröntem 
Wappenschild  zwischen  gekreuzten  Palmwedeln  eingesetzt.  Die  Fenster  der 
Gegenseite  zeigen  in  entsprechender  Anordnung  Wappen  und  Monogramm  des 
Bischofs  von  Münster  Christoff  er  Bernhard.  In  allen  Fenstern  kehrt  die 
Jahreszahl  1676  wieder. 

Zwei  Grabsteine  mit  Wappen  in  flachem  Relief  an  der  Nordwand  des 
Schiffes.      ,,Joan    Peter  .  .  .  Etzbach,    Herr   zu  Langen",   f  25.  Okt.   171.Ö  - 
,, Freifrau  Maria  Elisabeth    von  Etzbach,  geb.   Freyfrau    von    Nagel  .  .  .    Frau 
zu  Langen  j  18.  Nov.  1753. 

Zwei  Altarleuchter  (Abb.  106),  aus   Silber,  Regence.     Das  Fußgestell 
ist   dreiteilig  in  Voluten  mit  Knickungen   ausgebildet;   der  Schaft,  hoch   und 


Abb.  107.    Katholische  Kirche  in  Bentheim; 
BJaker 


7.   „Northorn"  (St.  Lud-„ 


It 


->3     123     gK^ 

schlank,  hat  im  unteren  Teil  einen  Knauf;  der  Lichtteller  ist  mit  doppelter 
Bauchung  und  gewelltem  Rande  versehen  und  trägt  einen  Dorn.  Als  Stiftungs- 
jahr ist  1804  am  Fuß  eingraviert. 

Mehrere  Blaker  (Abb.  107),  Messing,  getrieben,  zeigen  Regenceformen. 

Ein  Kronleuchter,  Gelbguß,  nicht  in  ursprünglicher  Zusammensetzung, 
(auf  Tafel  9,  Abb.  104,  vorn)  hat  anstatt  einer  Spindel  ein  vierfaches  Ge- 
stänge, das  von  einer  tellerförmigen  Krone  herabhängt,  und  acht  S-förmige  Arme. 
Zwei  Krouleuchter  aus  Glas,  der  eine  mit  gegliedertem  Mitfelkörper  und  ge- 
bogenen Lichterarmen,  der  andere  ein  mit  Lichterarmen  besetzter  Reifen,  von 
dem  Ketten  aus  fassettierten  Glassteinen  nach  dem  oberen  und  unteren 
Abschlußglied  des  Mittelträgers  führen.    XVIII.  Jahrh. 

Ein  Ölgemälde   auf  Leinwand,   1,30:0,96,   mit  Darstellung  von  Petri  ölgomäldo. 
Gefängnis. 

Eine  Taufe,   Sandstein,  barock,   mit  Wappen  des  Stifterehepaares  am  Taufe. 
Becken,  plumpe  Arbeit. 

Bad  Beutheim. 

Während  der  Administrationszeit  des  Grafen  zu  Manderscheid- 
Blankenheito  (1706 — 1731)  für  den  minderjährigen  Grafen  Hermann  Friederich 
entstanden   die  Alleen  vom  Bentheimer  Schloß  nach  dem  nördlich  davon  ge- 


Abb  108.    Bad  Bentheim;  Logierhaus. 


legenen  Bentheimer  Walde  mit  den  beiden  Pyramiden,  dem  Brunnen  und  dem 
Höltingstuhl  als  Richtungspunkten.  (Eine  Originalkopie  des  Anlageplanes  be- 
findet sich  im  Bentheimer  Rathause.)  Die  seit  alters  als  heilbringend  bekannte 
Schwefelquelle  im  Bentheimer  Walde  wurde  1711  gefaßt.  Nach  Rump  war 
das  Brunnenhaus  ein  über  der  offenen  Mineral-  und  Schwefelquelle  aus 
Bentheimer  Quadern  errichteter  Achtecksbau  mit  einer  Kuppel  und   trug  auf 


/-?     1 24     8-> 


jeder  Seite   Inschriften,    die   Ruinp    auch    angiht.      Bei    der    P]rweiterung    der 
(Quelle,  walirscheinhoh  gegen   1820,  wurde  das  Gebäude  abgebrochen. 

Die  bei  der  Quelle  kurz  na(;}i  1711  erbauten  Unterkunftshäuser  wurden 
wegen  des  geringen  Zuzuges  von  Ileilurigsuchenden  bald  wieder  niedergelegt. 
Da.s  Bad  Bentheim  karn  erst  in  Aufnahme  auf  eine  Empfehlung  des  großen 
Arztes  Hufeland,   des  Verfassers  der  Makrobiotik,   unter  dem  Fürsten  Alexis. 

Das  jetzige  I.ogierhaus  (Abb.  108)  ist  1820, 
das  Badehaus  1823  und  das  Kurhaus  1848 
errichtet  worden. 


Abb.  109.    Bad  Bentheim; 
Pyramide  im  Walde 


Abb.  110.    Bad  Bentheim; 
Höltingstuhl  im  Walde,  Rückwand. 


Pyraiiiide.  Von   den  beiden   sandsteinernen  Pyramiden  ist  nur  die  eine   erhalten 

geblieben;  die  Reste  der  anderen  werden  aber  noch  aufbewahrt.  Die  erst- 
genannte (Abb.  109)  hat  an  der  Südseite  ein  Wappen,  wahrscheinlich  das  des 
Grafen  Manderscheid-Blankenheim  und  Geroldstein.  An  der  nordöstUchen 
Seite  befindet  sich  ein  Medaillon,  das  eine  Frau  mit  einem  Kinde  darstellt, 
wie  sie  aus  dem  Walde  der  Sonne  entgegentritt.  Auf  dem  Sockel  steht  die 
Jahreszahl  1710.  Auf  der  nordwestlichen  Seite  der  dreiseitigen  Pyramide  sind 
in  einem  Medaillon  ein  Wald,  Gewässer  und  zwei  Hirsche  dargestellt. 


-A^    125    ^'- 


Eine   urkundliche  Erwähnung  des  Holzgerichts  im  Bentheimer  Walde  Höltingstuhl. 
aus  dem  Jahre  1415  findet  sich  bei  Jung,  C.  D.  Nr.  153. 

Der  Höltingstuhl  (Holzgerichtsstuhl)  ist  eine  Sandsteinplattform  in 
Gestalt  eines  regelmäßigen  Achtecks  von  6,43  m  Durchmesser.  Eine  nicht 
mehr  erhaltene  Balustrade  hat  auf  sechs  Seiten  diese  Plattform  umgeben;  die 

siebente  blieb  für  den  Zugang  frei,  und 
diesem  gegenüber  steht,  die  achte 
Seite  begrenzend,  der  4,10  m  hohe 
Wappenstein  (siehe  Abb.  110)  als  Hinter- 
grund für  den  gräflichen  Gerichtsstuhl, 
dessen    Platz  eine    Platte  im  Fußboden 


Abb.  111.    Haus  Langen;  geschnitzter  Schrank. 


Abb.  112.    Haus  Langen;  Himmelbett. 


angibt.     Auf  der  Vorderseite,  oberhalb    des  Wappens,  ist  in   einer  Kartusche 
zu    lesen:    Sylvae   renascenti.      Auf    der   Rückseite    oben:    1713.      Darunter: 

Gaudete  Fauni  Satyrique 

Et  Incolarum  quicquid  est  Sylvestrum 

En  nova  sedes, 

Quae  domos  vobis  nemorosas 

Servabit  Sartasq     Tectasq 

Vivite  Ludite  tuti 

Nemo  turbabit  amplius. 


Kaiiiihc  Iji  jÜDf^.ster  Zeit  wurdeu  KatJiine  aus  dei- Klosleiruinc  Freuswegeu  in  den 

, , ",' ..''',"       Gebäuden  dos  Bades  aufgestellt;  sie  stammen  aus  dem  XVII.  bis  XVIIi.  Jahrhundert 

(«(•l)Jiii(lon  1     •   x-i 

(Ich  HadcH.    (s.  Abb.  145  bfi  Frenswegen). 

lluii.s  LuniE^eii. 
(Vgl.  Über  das  Haus  Langen  Aan  der  Heyden,  (ieschichte  des  Hauses 
Elverfeldt.)    Das  landtagfähige  Rittergut  Langen  war  ehemals  im  Besitze  der 
Familie  von  Bevern,   dann  in  dem  der  Familie  Etzbach  und  gehört  jetzt   den 
Erl)en  der  Familie  von  Elverfeldt. 


Abb.  113.    Haus  Langen;  geschnitzter  Wappenaufsatz  an  der  Bettstelle. 

Das     Herrenhaus     Langen,     um     1700     erbaut,     ist     eingeschossig 
und    besteht    aus     Bentheimer     Quadern.     In     der     zweiten     Hälfte     des 
XIX.  Jahrhunderts  wurde    die  Diele  als  Durchfahrt  umgeändert  und  darüber 
ein  abgestumpfter  Turm  nach  dem  Geschmack  englischer  Gotik  errichtet. 
Möbel.  Ein  gotischer  Anrichteschrank  von  Eichenholz  mit  Wappen  in  der  Tür- 

füllung; übrige  Flächen  gefältelt.     Teilweise  erneuert  (Abb.  111). 

Zwei  Himmelbetten,  Eichenholz,  reich  geschnitzt,  XVII.  Jahrhundert 
(Abb.  112  und  113). 

Bürgerhäuser. 

Bentheim  hat  keine  durch  Schmuck  und  Alter  hervorragenden  Bürger- 
häuser aufzuweisen.  Doch  bietet  die  von  den  Zinnen  und  Türmen  der  Burg 
überragte,  auf  ansteigendem,  bewegtem  Terrain  liegende  Stadt,  in  dem 
Böschungen,  Futtermauern  und  Treppen  die  Höhenunterschiede  vermitteln, 
malerische  Staßenbilder  voll  Reiz  und  Eigenart,  wie  sie  sonst  in  Norddeutschland 
selten  angetroffen  werden.  Da  der  Ort  niemals  befestigt  gewesen  ist,  sind 
die  Häuser  weniger  dicht  gedrängt,  so  daß  neben  oder  hinter  ihnen  Platz  für 
Gärten  geblieben  ist. 


->^     127     S^- 

Die  älteren  Häuser,  von  deueu  nur  wenige  bis  in  das  XVII.  Jahrhundert 
zurückgehen,  sind  schlichte  Fachwerkbauten  mit  Pfannendach,  eingeschossig 
und  mit  dem  Giebel  der  Straße  zugekehrt,  in  der  Grundrißanordnung  und  im 
Aufbau  dem  Bauernhaus  der  Umgegend  nahe  verwandt:  vorne  die  Tenne 
mit  den  Viehständen;    dann  der  Flett   mit  dem  Herd,    aber  hier  abgetrennt 


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Abb.  lU.  Bentheim;  Ackerbürgerhaus  am 
Katthagen,  Grundriß  und  Vorderansicht  (Maß- 
stab 1:200).  Ausbildung  der  Giebel  vorkragung. 


oder  auch  zur  Seite  gerückt  und  eingeschränkt  zur  Küche  umgewandelt;  und 
endlich  hinten  oder  teilweise  seitlich  Stuben  und  Kammern.  Grundriß  und 
Vorderansicht  eines  solchen  Hauses  zeigt  Abb.  114.  Es  ist  laut  Inschrift  auf 
dem  Türsturz  1665  erbaut;  die  Ausbildung  des  Fachwerks  ist  die  denkbar 
einfachste.  Charakteristische  Merkmale  bilden  die  weit  gestellten  Pfosten,  der  mit 
senkrechten  Brettern  verschalte,  vorgekragte  Giebel  und  die  Eigenheit,  daß  diese 
Vorkragung  unabhängig  von  der  Balkenlage  durch  Hakenbalken  bewirkt  ist. 
(Vgl.  Bürgerhäuser  in  Lingen  und  Schüttorf.)  So  schiebt  sich  die  Brettschalung 
tiefer  herab  wie  die  seitliche  Traufe.  Die  Gefache  sind  mit  kleinformatigen 
Ziegeln  ausgemauert.  In  diesem  Falle  ist  in  den  unteren  Gefachen  dicht  über 
dem  Erdboden  eine  Schicht  aus  Sandsteinplatten  eingefügt.  Da  die  Ausdehnung 
der  Häuser  in  der  Breite  nicht  beschränkt  war,  wurde  die  seitliche  Kübbung 
des  Bauernhauses,  die  für  die  Anordnung  der  Viehstände  so  vorteilhaft  ist, 
noch  nicht  abgestoßen,  wie  es  sonst  bei  Bürgerhäusern  in  befestigten, 
engbebauten  Plätzen  zu  geschehen  pflegte.  Dasselbe  ist  zu  beobachten  bei  den 
in  Abb.  115  a  und  b  wiedergegebenen  Häusern,  deren  Fachwerk  allerdings  schon 
teilweise  durch  massive  Mauern  ersetzt  wurde. 

Groß  ist  die  Reihe  der  erhaltenen  Fach  werkbauten  nicht;  bei  den 
wiederholten  Belagerungen,  denen  die  Burg  ausgesetzt  war,  werden  manche 
in  Flammen  aufgegangen  und  dann  ganz  in  Ziegel  wiederaufgebaut  sein,  wie 


'^S     128     J-- 

die  neueren  aus  dem  Ende  des  XVIII.  und  dem  Anfang  des  XIX.  -lahrhunderts 
errichteten  Häuser,  die  hier  noch  der  Krwähnunf^  wert  erscheinen.  Als  ein 
Beispiel  sei  das  aus  dem  Ende  dos  XN'lIl.  Jahrhunderts  stammende  Wohnhaus 


Abb.  115a.    Benthcim;  Bürgerhaus 


Abb.  115b.    Bentheim;  Bürgerhäuser. 


des  Fürstlichen  Forstmeisters  am  Herrenberge,  Abb.  116,  angeführt.  Es  ist 
eingeschossig  mit  ausgebautem  Dachgeschoß;  Fenster-  und  Türrahmen  in 
Sandstein.     Tür  mit  geradem  Kämpfersims.    Oberhcht  oval,  geteilt.    Schiebe- 


->§     1 29     &K- 


Abb.  116.    Beuthciui;  Haus  am  Heircnberge. 


»ilS"' ^iföfe?! 

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'^*^         --. 

Abb.  117.    Bentheim; 
Sclirank  im  Besitz  des  Herrn  E.  Cordes 


130 


fonsior    init    Spro.ssonteiluii^'.      (liobel    goka])pt.     Dadi    gewalmt;     hölzernes 
Walmsims  und  VVindbretler  (Abi).  11(3). 

In  den  Wohnungen  trifft  man  noch  hin  und  wieder  Kamine  mit  weit 
ausladendem  Hauch  lang,  die  Fcuervvand  mit  gegossener  Eisenplatte  und  be- 
malton Fliesen  bekleidet,  auch  schönen   alten  Hausrat,   geschnitzte  Bettladen 


Abb.  118.    Bentheim; 
Schrank  von  1731,  im  Besitz  des  Herrn  K.  Corde-'* 


und  Schränke.     Dagegen    sind    die    gemalten  Fensterscheiben,    die  früher  ii 
keinem  Hause  fehlten,  selten  geworden.    Näher  darauf  einzugehen,  hieße  dei 
Rahmen  dieses  Werkes  überschreiten;  daher  nur  einige  Proben. 
Möbel.  Schrank  aus  geklabtem  Eichenholz.    XVI.  Jahrh.  Füllungen  mit  figür^ 

lieber  und  ornamentaler  Schnitzerei.    Im  übrigen  erneuert  (Abb.  117). 

Zweigeschossiger  Schrank  mit  zumeist  gekerbter  Schnitzerei  und  de 
Jahreszahl  1737  (Abb.  118). 


Tafel  10. 


Abb.  119  u.  131. 
IRCHE  IN  BRANDLECHT;  Aussenaiisicht.  ^  KIRCME  IN  EMLICHEIM;  Innenansicht. 


->^     131     g^- 

Brandlecht. 

Ref.  Kirche.    Katli.  Kirche,  neu. 

Drandlecht,   ein  Dorf  mit  einem  adeligen,    ehemals  landtagfähigen 
Gute,  ist  9  km  südlich  von  Nordhorn  in  der  Marsch  Hnks  des  Vechteflusses  belegen. 

Der    Ortsname    findet    sich    u.  a.    in    den    Formen    Brantelget    und  Geschichte. 
Bramtelgert  (s.  Tibus  a.  a.  0.,  S.  487).    Im  Registrum   omniuih  ecclesiarum  et 
beneficiorum  vom  11.  April  1313,  aufgestellt  durch  den  münsterischen  Bischof 
Ludwig  von  Hessen,  findet  sich  Brandlecht  mit  einer  Einnahme  von  2  Mark 
aufgeführt  (Tibus  S.  160).     Eine  fernere  Erv^'ähnung  enthält  das  Liber  redituum 


Abb.  120.    Kirche  In  IJrandlecht;  Grundriß  (1:250). 


des  münsterschen  Domkapitels  aus  dem  XIV.  Jahrhundert.  Hier  werden  die 
Zehnten  aufgeführt,  welche  derjenige  Domherr,  dem  die  Curtis  in  Ostenfelde 
als  beneficium  überwiesen  war,  in  parochia  Branttelget  et  in  parochia 
Northorne  zu  beziehen  hatte.  (Näheres  bei 
Niesert  a.  a.  0.,  S.  7,  556  u.  Jung,  Cod. 
dipl.  Nr.  138  u.  App.  S.  380.)  Im  Jahre  1351 
erteilte  der  Graf  von  Bentheim  als  Lehns- 
herr dem  Edelen  Adolf  von  Brandlecht  die 
Erlaubnis,  zu  Brandlecht  ein  hölzernes  Ge- 
bäude aufzuführen  und  dieses  mit  einem 
höchstens  75  Fuß  breiten  Graben  zu  um- 
ziehen (Jung,  Cod.  dipl.  63  b).  Aber  schon 
1360  wurde  die  Burg  durch  Bischof  Adolf 
von  Münster  zerstört.  (Siehe  Jung,  Hist. 
S.  299.)  Die  Brüder  Johann  und  Curdt  von 
Brandlecht  verkauften  1483  das  Haus 
Brandlecht  an  Godert  von  Reede,  Amt- 
mann derTwente.  Ein  Heinrich  von  Rhede 
errichtete  gegen  Ende  des  XVI.  Jahrhunderts 

die  Burg  „magnifico  ritu"  aufs  neue.   (Hendr.    Abb.  121.  Kirche  in  Bnmdiecht;  scimitt  (1 :  250 

9* 


-^     132     S->- 


Bc- 
schieibniii 
Schiff. ' 


\'.  Ilitvcl  in  r'liron.  Mslo.)  Niichdeni  ITlo  mit  .lohaDn  Albroclil,  l-riedricli 
(lorMannesstainin  (Uir  Kliedcs  erloschen  war,  kam  das  Gut  durch  die  Schwester 
des  Verstorbenen  auf  dem  Wege  der  Vererbung  \T.\\  an  den  Erbdrosten 
Ad(d|)h  Heidenroic}»,  Droste  zu  Viscfiering.  (Til)us  a.  a.  0.,  Seite  1208.)  In 
Händen  dieser  Familie  ist  das  Gut  bis  heute. 

Die  Lage  des  ehemaligen  Brandlechtanum  castrum  (Hövel)  kenn- 
zeiclinet  sich  gegenwärtig  noch  durc[i  die  Hausgräben,  welche  das  jetzige 
katholische  Pfarrhaus  umgeben. 

Die  erste  Pfarrkirche  zu  Brandlecht  war  eine  Tochterkirche  von  Nord- 
horn  (Tibus,  a.  a.O.S.901)  und  scheint  unter  den)  Schutzpatronat  des  hl.  Christo- 
phorus  gegründet  zu  sein.  Wenigstens  wies  nach  Tibus  (a.  a.  0.  S.  992),  der  den 
um  1706  schreibenden  Nünning  als  Autopten  zitiert,  die  Unterschrift  unter 
einem  Bildnis  aus  dem  -lahre  1401  auf  diesen  als  Schutzpatron  hin.  Die  dem 
hl.  Christophorus  geweihten  Kirchen  gelten  im  allgemeinen  als  Gründlingen 
aus  dem  XIII.  lahrhundert.  Da  aus  der  Inschrift  der  ältesten  vorhandenen 
Glocke  vom -fahre  1458  zu  schließen  ist,  daß  die  Kirche,  für  die  sie  bestimmt 
war,  in  den  Schutz  des  hl.  Pankratius  gestellt  sein  sollte,  so  kann  man  an- 
nehmen, daß  gegen  1458  die  Errichtung  einer  neuen  Kirche  —  der  jetzigen 
reformierten  Kirche  —  zu  Brandlecht  fällt. 

Die  Brandlechter  Kirche  —  ein  gotisches  Langhaus  mit  polygonalem 

Chor  und  Westturm  —  liegt  auf  einer  kleinen  Erhöhung  am  linken  Vechte- 

ufer,   ist  normal  orientiert    und   aus   Bentheimer  Quadern   erbaut.     (Tafel  10, 

Abb.  119.)     Die  Umfassungsmauern  zeigen  einfach  geschrägten  Sockelabsatz, 

Kaffsims  und  Hauptsims   mit  tiefer  Kehlung.     Vorgelagerte  Streben    deuten 

das    Vorhandensein    eines    Gewölbes     im    Innern    an. 

Oberhalb    des  Pensterschlusses    an    der    Südwand    des 

Schiffes  erscheint  das  Quaderwerk  stellenweise  erneuert; 

zwischen  der  zweiten  und  dritten  Strebe  sind  hier  zwei 

verwitterte  Sandsteinköpfcheu  eingefügt.    Das  Schiff  (s 

d.  Grundriß,  Abb.  120)  ist  in  zwei  -lochen  auf  gekehlten 

Abb.  i;!2.  Kirche  in  Brandlecht.  Saudsteiurippen  uach  Kreuzgcwölbeform  in  Ziegeln  ein- 

Kapitenim      Kapitell  im    gewölbt  (s.  d.  Schnitt,  Abb.  121).    Der  Schlußstein  des 

zweiten  Joches  ist  ringförmig  gebildet.    Die  Rippen  uuc 

Gurten     ruhen    auf    Diensten     mit    hohen     Kapitellei 

(Abb.  122).    Die  zweiteihgen  Fenster  zeigen  Dreipaß-  und  Fischblasenmaßwerk 

nur  dasjenige  der  Südwand  des  Westjoches  ist  doppelt  geteilt. 

Von  dem  Türenpaar  in  demselben  -loch  ist  der  Eingang  an  der  Nord 
Seite  zugemauert.     Der  andere  hat  geraden  Sturz  mit  Zwickelkonsolen;  darai 

das  Steinmetzzeichen:     i ^. 

('hör.  Der  Chor  (Abb.  123),   der  sich  im  Äußeren  ebenflächig  an  die  Schiffs 

Wandungen  anfügt,  setzt  im  Innern  um  je  8  cm  zurück:  er  liegt  um  eine  Stuf 
erhöht  und  hat  außer  einem  rechteckigen  -Joch  einen  Abschluß  in  fünf  Seiten  eine 
Achteckes.  Die  Wölbung  ist  ^technisch  derjenigen  des  Schiffes  entsprechen 
ausgeführt  und  besteht  aus  einem  Kreuzgew(")lbe  mit  daran  anschließender 


C 


^ 


->-?    13:5    ^- 

halben  Stern.  Die  Dienste  und  ihre  Kapitelle  sind  einfacher  und  plumper 
ausgebildet  als  die  des  Schiffes  (s.  Abb.  122).  Die  Fenster  entsprechen  in 
Teilung  und  Maßwerk  denen  des  Schiffes.  Der  Chor  scheint  einer  jüngeren 
Bauperiode  anzugehören  als  das  Schiff,  während  die  Gewölbe  hier  und  dort 
gleichzeitig  sein  mögen. 

Die  Kirche  ist  innen  weiß  getüncht,  hat  aber  zweifellos  Ausmalung  gehabt. 

Der  Turm   ist   nach    einer  Datumsinschrift    auf   einem  Spruchbande  'rnnn. 
außen,   links   neben   dem  Westportal   (Abb.  124)   im  Jahre   1505  erbaut,   und 


Abb.  123.    Kirche  in  Hrandlecht:  Innenansielit. 


zwar  ist  er  —  im  Grundriß  quadratisch  —  ohne  \'erband  der  Westfront  des 
Schiffes  vorgesetzt.    In  der  Anlage  und  Gliederung  zeigt  er  Anlehnung  an  den 


:o 


Abb.  124.    Kirche  tu  Brandlecbt;  Inschriftband  am  Turm. 


-^    i:m    ij^ 

Schültorfor  Turin.  Eine  Wendellropjx)  lie^t  in  der  Siidwanfl  und  tritt  in 
oin(3m  halben  Achteck  nach  außen  hervor.  Das  Obergeschoß  des  Turmes  — 
(hirch  ein  unterschnittenes  Sims  abgesetzt  —  ist  an  den  drei  freien  Seiten 
durch  spit/.bogige,  mit  Maßwerk  ausgestattete  Blendnischen  gegHedert,  in 
denen  gekuppelte  Schall(>ffnungen  liegen.  Der  Turmhehn  hat  die  (iestalt  einer 
verhältnismäßig  niedrigen  vierseitigen  Pyramide. 

Der  Westeingaiig  (Abb.  12.Ö)  ist  mit  hohem,  spitzbogigem  Oberfenster 
versehen,  das  oberhall)  des  geraden  und  von- Zwickelkonsolen  unterstützten 
Türsturzes  ansetzt. 


Abb.  12.5.    Kirche  in  Brandlecht.; 
Turmiiortiil. 


Abb.  126.    Kirche  in  Urandlecht 
Grabstein. 


Die  Durchgangshalle  hat  ein  Kreuzgewölbe  in  Ziegeln  auf  einfach  ge- 
kehlten  Sandsteinrippen,   die  aus  Ecksäulen  hervorgehen   und  sich  in  einem 
ringförmigen  Schlußstein  treffen. 
Glocken  Drei  Glocken  finden  sich  im  zweiten  Turmgeschoß: 

die  älteste  von  1458.    Inschrift :  anno   dni  M  •  cccc  •  Ivni  ihesus  •  maria 
iohannes  et  s.  pancraciü;  unterer  Durchmesser  1,05  m; 


->^    135    g^- 


die  kleinste  von  1473  ist  zersprungen.    Inschrift:  a!  d!  M  •  cccc!  Lxxui 

yhesus  (maria  iohan)   nes  •  iohannes  volkeer;    unterer    Durchmesser   0,62  m. 

die  größte  von  1474.    Inschrift:  anno  domini  •  mcccc  •  Lxxnn  iohannes 

volkeer  •  Xps   viucnt  (Christus  vincit  ?)  ihesus   maria  iohannes  •  panciacius; 

unterer  Durchmesser  1,25  m. 

Auf   dem    erhöhten   Chor   befinden  sich   eine   Reihe  von   meist  stark  Grabsteine, 
abgetretenen    Grabplatten    mit    unleserlichen    Inschriften.      Ein    rechteckiger 

Stein  mit  der  Inschrift:    (Ever ?)haert  albrecht  von   Reede  starf  anno 

1579  den  verden  (?)  Jaers  sines   

Ein  ebensolcher:  Ao  1649  26  7  bris  •  obijt 
illustris  et  generosus  dns  -Joannes  Albertus  de 
Reede  das  (!)  in  Saesfeklt  et  Brandtelechte 
cuius  anima  requiescat  in  pace. 

Eine  dritte  Platte  (Abb.  12())  trügt  das 
Bildnis   eines  Kindes   in  hohem  Relief.     Sein 


Abb.  127.    Kirche  in  Biandleeht;  Kekh 


Abb.  128.     Kirche  in  Brandlecht;  Taufstein. 


Köpfchen,  mit  einem  Myrthenkranz  geschmückt,  ruht  auf  einem  Kissen: 
den  Körper  verhüllt  ein  Totenhemd.  In  den  gefalteten  Händen  ruht  ein 
Blumenstrauß.  Stilisierte  Wasserrosen  sind  verstreut  auf  dem  Hintergrunde. 
Als  architektonische  Umrahmung  dient  eine  Rundbogennische,  mit  Wappen  und 
Todesemblemen  zu  Füßen  und  Raupten  des  Figürchens  ausgeziert.  Die  Umschrift 
lautet;  Adrian  Diderigh  van  Reede  zu  Brandtleght  Natus  20.  Maij.    Anno  1630 


zcichcii. 


Obiji   l'J  Mai.i    l^V-'A  Aetatis  •  4.  Annos.     Das  Kind   Adri.'ui    I  »i'lHji^h   soll    Ix-irn 
IJIumciipflücken  ertruiikoii  sein. 
Kcicli.  Ein   silberner  Kelch,   Höhe   niit  Deckel  2'6  cm,   ist  aus   verschiedenen, 

nicht  zusammengehörigen  Teilen  zusammengesetzt  (Abb.  127):  Fuß  rund  und 
mit  Akanthusblattvverk  in  getriebener  Arbeit  belegt.  Der  starke  Schaft  hat 
unterhalb  des  Knaufes  eine  Einschnürung  und  ist  mit  acht  tropfenförmigen 
Rotulen  besetzt.  Der  Knauf  selbst  hat  durchbrochenes,  scharfgeschnittenes 
Hlattwerk.  Die  Kuppa  ist  ein  steilvv'andiger  Becher  mit  eingravierten  biblischen 
Darstellungen:  z.  B.  Moses  und  die  Schlange  (XVIII.  lahrhundert).  Der  Deckel 
trägt  als  Bekrönung  einen  Pelikan.  Meisterzeichen  fehlt. 
Steinmetz-  ^^  Turm   und  an  der  Tür  in  der  Südwand  des  Schiffes  finden  sich 

die  in  der  Abbildung  gegebenen  Steinmetzzeichen:      ;>  /\ — 

'j'aute.  Ein  romanischer  Taufstein  aus  Bentheimer  Material;  nicht  in  Ge])rauch: 

Höhe  98  cm,  oberer  Durchmesser  78  cm  (Abb.  128).  Oberhalb  einer  quadratischen, 
niedrigen  Fußplatte  erhebt  sich  der  plump-runde  Schaft,  der  das  zylindrische, 
mit  einer  Hohlkehle  ausladende  Becken  trägt.  Die  Eckvermittelung  zwischen 
FufSplatte  und  Schaft  bilden  vier  gegen  den  Schaft  mit  dem  Rücken  sich 
stemmende  Männchen.  Die  Beckenfläche  ist  in  ihrer  unteren  Hälfte  mit  einer 
Arkadenstellung  in  flachem  Relief  belebt,  während  die  obere  Hälfte  mit  einer 
Umschnürung,  ähnlich  einem  flachen  Dop])eltau,  ornamentiert  ist. 

Katholische  Kirche. 

Glocke.  ßJe  katholische  Kirche  zu  Brandlecht,  ein  Ziegelbau  aus  dem  Jahre  1858, 

hat  einen  Dachreiter,  in  dem  "sich  eine  von  Alexius  Petit  zu  Gescher  1838 
gö'gossene  Glocke  befindet.     Ihr  unterer  Durchmesser  ist  0,55  m. 


Emlichheim. 


Kirche  (ref.j. 

Das  Dorf  Emlichheim  liegt  an  der  Landstraße  von  Neuenhaus  nach 
Coevorden  rechts  der  Vechte,  auf  zwei  Drittel  des  Weges. 

Der  Name  des  Ortes  kf)mmt  vor  in  den  Formen  Emminchem  (Urk.  v.  1312), 
Emblichem,   Empnincheu   (Raet.  v.  B.,   S.    118).    Ennenheim   iVisch,   S.   134). 
Emblichheim;  im  Volksmunde  heute  Emmelenkamp;  nach  Jung,  C.  di]>l.  S.  127 
Emblikamp. 
Geschichte.  Die  erste,  bisher   bekannte  Erwähnung  des  Ortes  Emminchem   findet 

sich  in  einer  Urkunde  aus  dem  Jahre  1312  (Jung,  C.  Dipl.  Nr.  51),  worin  als 
Zeuge  Grurabert,  der  Leiter  der  Kirche  in  Emminchem  auftritt.  In  einer 
Urkunde  von  1324  (Jung,  C.Dipl.  Nr.  ()2)  verkauft  der  Bentheimer  Graf  mehrere 
Güter  im  Kerspel  the  Eralichem  sowie  das  Gogericht  daselbst  an  Gottfried 
von  Borkelo.     Die  Herrlichkeit  Emlichheim  kam  dann   diu'ch  Kauf  oder  Erb- 


I 


--S     1^7     ^- 


schuft  an  die  Herren  von  Grainsbergen.  uiul'  von  diesen  kaiitie  .sie  Graf 
Everwin  1.  für  2(X)0  goldene  oele  franckescho  Schilde  im  Jahre  1440  zAirück 
(Jung,  C.  Dipl.  S.  127,  vgl.  auch  Rump,  S.  85  und  Visch,  S.  134).  Nach  einer 
Urkunde  im  Burgsteinf.  FQrstl.  Archiv  war  vorher  Henrich  von  Gramsbergen 
im  Jahre  1431  der  von  Bentheim  lehnsrührigen  Herrlichkeit  Empninchen  für 
verlustig  erklärt  worden.  Einige  Richter  des  ehemaligen  Gogerichts  Emiichheim 
nennt  eine  Urkunde  vom  24.  Juni  1448.  (Abschrift  im  Bentheimer  Stadtarchiv 
s.  Stockmann,  Forts.  180  f.  Weitere  Angaben  über  das  Kirchspiel  und  die 
Herrlichkeit  bei  Rump,  S.  84  ff.) 


Abi).  120     Kirche  in  Emiichheim:  Gnimlriß  (1:250). 


Abb.  liO     Kiixhe  iu  Kmlichhelui;  Schuitt  (1:250). 


Die  Kirche  zu  Emliehheim  liegt         Be- 
hart an  dem  Abfall  einer  sandigen   Schreibung-. 
Geestebene    zu    den   Vechte wiesen, 
normal     orientiert     und     ist     aus 
scheitrecht    behauenen    Bentheimer 
Quadern  verschiedener  Größe  erbaut. 

Das  Schiff  (s.  d.  Grundriß,  Schift". 
Abb.  129)  hat  drei  Joche  mit  breiten, 
spitzbogigen  Gurten  und  Kreuz- 
gewölben in  Backstein,  die  auf  das 
Ende  des  XV.  Jahrhunderts  weisen. 
Die  Gurten  wachsen  heraus  aus  weit 
vorspringenden  Wandvorlagen,  die 
außerdem  noch  Schildbögen  tragen 
(s.  (1.  Schnitt,  Abb.  130).  An  der 
Nordseite  des  Schiffes  fällt  eine 
solche  Wandvorlage  zwischen  dem 
2.  vmd  3.  Joch  auf,  die  spätromanisch 
'  ausgebildet  ist  und  zwei  einge- 
bundene Halbsäulen  hat(Al)b.  132). 


■^    l.'J«    g^- 


Chor. 


I)«u-  Fuß  <\oi  Vorlai^'o  ist,  infolgf;  einer  späteren  Kinebnung  des  Schiff- 
und  Chorbüdens  vorschüttet.  Nadi  der  Turrnseiie  zu  öffnet  sich  das  Schiff 
mit  einem  Rundbogen.  Oberhalb  desselben  an  der  Turmaußenseite,  heute 
durch  das  Kircliendach  verdeckt,  gibt  ein  —  übrigens  frühgotisches  —  Gesims 
die  üiebellinien  des  Daches  über  dem  alten,  spätromanischen  Gotteshause 
an.  Dieses  hatte  danach  ein  v^'eit  schmaler  angelegtes  Schiff,  als  das  heutige 
aufweist.  Alt  ist  also  an  der  Emlichheimer  Kirche  die  ganze  nördliche  und 
der  größte  Teil  der  westlichen  Umfassungsmauer  des  Schiffes.  Die  Tür  in  dei 
Nordseite  des  ersten  Joches,  mit  geradem  Sturz  und  Steinmetzzeichen  am 
Gewände,  ist  der  Inschrift  nach  angelegt:  Anno  dmi  m  cccc  1  xxx  nii. 

Die  angedeutete  Verbreiterung  des  Kirchenschiffes  ist  gleichzeitig  mit 
der  Neuerrichtung  des  Chors  geschehen.  Dieser,  der  ein  rechteckiges  Joch  hat 
und  mit  fünf  Seiten  eines  regelmäßigen  Achtecks  abschließt,  ist  mit  einem 
Netzgewölbe,  an  das  sich  ein  Sterngewölbe  anfügt,  abgedeckt  (Tafel  10.  Abb.  131). 


Kapitell  im 
Turm. 


Abb.  132.    Kirclie  in  Emlicbheiin; 
rom.  Wandvorlage  im  Scbiff. 


Die  gekehlten  Rippen  wachsen  aus  schmalen,  den  Chorecken  nach  gewinkelten, 
Vorlagen  heraus,  welchen  je  ein  Dreivierteldienst  eingebunden  ist.  Die  Kapitelle 
daran  sind  charakteristisch  für  die  zweite  Hälfte  des  XV.  Jahrhunderts.  Die 
Basen  sind  heute  mit  Holz  verschalt  imd  nicht  zu  sehen.  An  der  Südwand 
des  Chors,  außen,  zeigt  sich,  daß  dort  die  Wand  aus  ihrem  alten  Material 
teilweise  neu  errichtet  wurde,  nachdem  man  beim  Abbruch  die  Quadern  mit 
Zeichen  versehen  hatte.  Im  Fenstergewände  findet  sich  dort  das  Steinmetz- 
zeichen vom  Gildehäuser  Opferstock  (s.  das.).  Die  Fenster  im  Chor  und  Schiff 
sind  alle  ihres  Maßwerkes  beraubt  und  haben  hölzerne  Rahmen. 
Turm.  Der   Turm  (Abb.   133)   ist   ohne  Verband   der  Westwand   der  Kirche 

vorgebaut.  Er  hat  drei  gegeneinander  abgesetzte  Geschosse.  Im  untersten 
befindet  sich  eine  gewölbte  Halle;  die  Säulen  in  den  Ecken  derselben  tragen 
gotische  Kapitelle  (Abb.  132).  Die  Ausgangstür  ist  schmal  und  spitzbogig;  die 
Laibung  mit  Riegelloch  versehen.  Das  erste  der  drei  Turmgeschosse  hat  gekuppelte 
Fenster,  das  obere  schmale,  spitzbogige  Schallöcher.  Den  oberen  Abschluß 
des  Turmkörpers  bildet  eine  plumpe,  steinerne  Galerie;  dahinter  hebt  der 
Turmhelm  als  einfache,  ins  Achteck  übergehende  Pyramide  an. 

An  der  Nordwand  hat  bis  etwa   1820  eine   gewölbte  Sakristei   be- 
standen, deren  Spuren  noch  sichtbar  sind. 


->s    i:>9    sk^ 


Das  eichene  Gestühl  auf  dem  Chore  stammt  einer  Inschrift  nach  aus  Gestühl, 
dem  Jahre  1694. 

Die  älteste  Glocke  (1487),  Gießer  nicht  genannt,  Durchmesser  1,20  m,  Glocken, 
hat  in  gotischen  Kleinbuchstaben  die  Inschrift:  maria  prolem  laude  plebem  . . . 
voco  anno  din  mcccclxxxvn. 

Die  zweite  (1512)  nennt  als  Gießer  Gherard  Wou  undJan  Schoneborch ; 
Durchmesser  ist  1.56  m.  Inschrift  in  gotischen  Kleinbuchstaben  teilweise 
unleserlich:   sum    magdalena    marta  fusa  a  gherhardo  vou  schonenborch  que 

Janne  anno  millesimo  quinquagesimo  duodecimo 
ipsa  maria  quidem  .  .  . 


Abb.  133.    Kirclie  in  Emliebheim :  Turm. 


Abb.  134     Kirche  in  Emlicbheini:  Taufstein. 


Die  dritte  (1516)  nennt  als  Meister  ebenfalls  Gherardus  Wou  und 
Joh.  Schoneborch;  Durchmesser  ist  1,38  m.  Sie  hat  zwei  Glockenbilder  in  hohem 
Relief:  auf  der  einen  Seite  Madonna  mit  dem  Kinde,  auf  der  anderen  Christus 
mit  der  Weltkugel.  Darunter  die  Inschrift  in  gotischen  Kleinbuchstaben: 
maria  heet  yck  •  den  leuendicgen  roep  yck  •  den  doden  beschrey  yck  •  haegel  • 
ende  •  donre  •  breke  •  yck  •  wou  fudere  Gherardus  Schoneborch  qe  Johannes 
anno  domini  Mcccccxvi. 

Eine  vierte  Glocke  stammt  der  schwer  leserlichen  Inschrift  nach  aus 
1510  oder  1512.     Der  Gießer  nennt  sich  nicht.     Durchmesser  0,50  m. 


•>«Si      110 


(ir.ili|>l:>l  l<'ii 


Külcli 


Kron- 
leuchter, 

'l'auft' 


Wand- 

L>emiilde 


All!  (ioiii  Clioro  liiidiMi  sich  niriigo  lajigrechtockij^r  f Irahstf^ine  «ins  dein 
XV'ii.  •lulirlmndi'jt  mit  Wappen  der  Familie  Witlenliorst-Haorsolte. 

Zwei  Kelche  aus  Silber  init  gravierten  Ornamenten;  der  kleinere  hat 
allegorische  Darstellungen,     lüide  XVIII.  -lalirhundert. 

Ein  Kronleuchter,  Gelbguß,  Sjjindel  mit  Knäufen  und  Kugel,  zwei 
Reihen  S-förmiger  'Arme;  XVIIL  Jahrhundert. 

Ein  romani.scher  Taufstein  aus  Bentheimer  Material  (Abb.  ];»4),  Höhe 
1.20  m,  Durchmesser  98  cm,  nicht  mehr  in  Ciebrauch,  gleicht  in  Form  und 
Abmessungen  dem  zu  Brandlecht  (s.  das.  Abb.  128),  hat  aber  als  Eck- 
vermittelungen zwischen  Fußplatte  und  Schaft  vier  Figuren,  Löwen  oder 
Panther,  deren  Leiber  gegen  den  Schaft  aufgerichtet  sind,  während  die  Köpfe 
sich  mit  gefletschten  Zähnen  rückwärts  wenden.  Am  Becken  ist  der  untere 
Teil  mit  einem  auf  doppelter  Schnur  gereihten,  aufrechten  Blattwerk  in 
flachem,  durch  Vertiefen  der  Grundfläche  gebildeten  Relief  rhythmisch 
ornamentiert.  Der  obere  Teil  enthält  in  ebensolcher  Arbeit,  oben  und  unten 
durch  je  einen  Ornamentstreifen  —  ähnlich  einem  flachen  Doppeltau  — 
umsäumt,  eine  Wellenranke,  deren  Bogen  abwechselnd  eine  schematisch 
behandelte  Weintraube,    hängend,    und   eine  Palmette,   stehend,    umschließen. 

Spuren  von  figüriicher,  vermutlich  gotischer  Wandmalerei  zeigen  sich 
oberhalb  der  Orgelprieche  in  einem  Gewölbezwickel, 


Glocke. 


E  n  g  d  e  n. 


'Katholische  Kirche. 

Die  Gemeinde  Engden  gehört  kirchlich  zu  Emsbüreu  im  Kreise  Lingen. 
Der  Name  des  Ortes  wird  in  den  Formen  Engene  (1267).  Engede  (1002. 
s.  Döhmann,  a.  a.  0.  S.  48)  und  ähnlichen  genannt. 

Es  bestand  hier  eine  Kapelle  w^ahrscheinlich  schon  seit  gotischer  Zeit 
(s.  Hobbeling,  a.  a.  0.  S.  76),  die  den  hl.  Antonius,  den  Eremiten  zum  Patron 
hatte.  Sie  wurde  litOO  durch  die  heutige  Kirche,  einen  romanischen  Ziegel- 
bau, ersetzt. 

Eine  Glocke  (1481):  ohne  Meisterangabe,  Durchmesser  0,70  m.  hat  in 
gotischen  Kleinbuchstaben  die  Inschrift:  h.  campana  in  honore  sancti  antonii 
abatis  anno  dni  mcccc  Ixxxi  fusa  e.     Darunter  das  Antoniuskreuz  7". 


Frens  wegen. 


£heiu.  Klostor. 
Das  Kloster  Prens wegen  liegt  etw^a  3  km  nordwestlich  von  Nord- 
horn,  von  Feldern,  Laubgehölzen  und  Wiesen  umgeben,  an  der  Vechte. 
Geschichte.  Sein  Name  ist  überliefert  in  den  Formen  Vrendeswegen,  Vrendesvvede 

(XIV.  Jahrhundert),   Vrendesweel  (XV.   Jahrhundert);   auch   wird  es   genannt 
Kloster  Nemoris  beate  Marie  oder  St.  Marienwolde. 


->^     141     §*<^ 


Das  Augustiner  Chorherrnkloster  Frenswegeu  wurde  auf  dem  Erbe 
„Enolding  in  dem  Kerspele  van  Northorne  in  dem  ^Vrendeswege"  (Jung,  App. 
dipl.  Nr.  14)  im  Jahre  1394  gegründet  und  erhielt  noch  im  gleichen  Jahre 
seine  Bestätigung  durch  den  Bischof  Otto  von  Münster.  Die  unmittelbare 
Aufsicht  des  Bischofs  von  Münster  über  das  Kloster  hörte  auf,  als  dasselbe 
sich  1400  der  Windesheimer  Kongregation  anschloß  (über  die  Windesheimer 
Regeln  siehe  Acquoi,  Het  Klooster  te  Windesheim  en  zijn  invloed).  Der  erste 
Prior,  Heinrich  von  Kyndeshoff,  ein  weitabgewandter  AsketJ  hatte  sich  um 
das  materielle  Vorwärtskommen  des  Klosters  wenig  gekümmert;  unter  dem 
1400  gewählten  Hermann  von  Plettenberg  entstand  über  die  Wahl  des  Platzes 
für  die  zu  erbauende  Klosterkirche  ein  Zwiespalt  unter  den  Mönchen:  ein  Teil 
von  ihnen  sonderte  sich  ab  und  gründete  das  Kloster  Gaesdonck.  Dazu 
dezimierte  eine  Pest  1401  die  an  Charakter  und  Stand  bunt  zusammen- 
gewürfelte Brüderschar.  Heinrich  Loder,  um  das  Jahr  1415  zum  Prior  erwählt, 
besserte  die  materielle  Lage  des  Klosters  durch  Kultivierung  des  Landes, 
Aufforstung  mit  Laubholz  und  Veränderungen  an  den  landwirtschaftlichen 
Gebäuden,  Begradigung  der  Vechte  und  manche  andere  Maßnahmen  (siehe 
darüber  Joh.  Busch,  Chron.  Windhm.,  S.  344  ff).  Innerhalb  des  Klosterhofes 
errichtete  Loder  den  ersten  Steinbau  in  Frenswegeu,  der  später  als  Kranken- 
haus benutzt  w-urde.  Nach  etwa  20jähriger  Priorschaft  scheint  er  einen  Zu- 
stand des  Klostersäckels  erreicht  zu  haben,  der  gestattete,  an  den  Bau  einer 
steinernen  Klosterkirche  zu  gehen.  Eine  hölzerne  Kirche  mit  fünf  Altären 
und  einer  Glocke  hatte  bereits  bestanden.  Für  den  Neubau  stellte  Graf 
Everw^yn  die  Bentheimer  Steinbrüche  zur  Verfügung.  Die  Kirche  wurde  so 
eingerichtet,  daß  der  Chor  das  alte  Oratorium  von  1,'>91  einschloß,  \vährend 
die  Sakristei  und  ein  Teil  des  Umganges 
mit  der  zweiten  Holzkirche  zusammen- 
fiel. Loders  Nachfolger  setzten  den 
Bau  fprt,  der  im  Jahre  1445  in  octava 
Petri  et  Pauli  gleichzeitig  mit  der  Kirche 
in  Nordhorn  durch  den  Weihbischof 
Johannes  von  Münster  geweiht  wurde 
(vgl.  F.  Jostes  a.  a.  0.,  S.  17  ff.). 

Bis  zur  Reformation,  1544,  blieb 
Frenswegen  das  zweite  Familienkloster 
und  die  Begräbnisstätte  der  Grafen 
von  Bentheim.  15(30  wurde  durch  den 
Grafen  Everwyn  III.  die  Aufnahme  von 
Novizen  verboten,  und  1570  durch 
dessen  Witwe  die  Einsetzung  einer  gräf- 
lichen Verwaltung  über  die  Klostergüter 
verfügt.  Im  w^estfälischen  Frieden  wurde 
das  Kloster  deshalb  nicht  als  eingezogen 
behandelt,   weil   es  infolge   eines  Hand- 

.   ,  Ar-       i  1       -ITT-  •  ^^^-  ^•^»     l'^hcni.  Kloster  Frenswegen: 

Streiches  von  Mönchen  der  Windesheimer  Lagppian. 


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Abb.  ISK.    Ehem.  Kloster  Frenswegen    Grundriß  (1:250\ 


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->^     143    §*<- 

Kongregation  niemals  ganz  ohne  Mönche  gewesen  war.  Es  zeigt  sich  an  der 
inschriftlichen  Datierung  der  Klosterbaulichkeiten,  daß  dessen  eigentliche  Blüte 
in  die  nun  folgende  Zeit,  und  zwar  zum  guten  Teil  unter  die  Regierung  Ernst 
Wilhelms  (1643—1693)  fällt.  Ein  1800  seitens  des  damaligen  Bentheimer 
Grafen  Ludwig  unternommener  Versuch,  das  Kloster  einzuziehen,  scheiterte 
infolge  der  Einverleibung  Bentheims  in  das  Großherzogtum  Berg.  Dieses 
aber  hob  selbst  im  Jahre  1809  das  Kloster  auf,  und  Napoleon  bestätigte  am 
22.  JuH   1811    die   Aufhebung,  worauf   1812—1813   der  Verkauf  der  meisten 


Abb.  133.    Kloster  Frenswegen;  Südflügel. 


Klostergüter  erfolgte.  Unter  den  Entschädigungszugeständnissen,  die  Hannover 
dem  Fürstlich  Bentheimischen  Hause  für  den  Verlust  seiner  Hoheitsrechte 
durch  den  Vertrag  vom  16.  März  1823  erteilte,  befand  sich  die  Überlassung 
der  Klostergebäude  von  Frenswegen  mit  der  Hovesaat. 

Die  Klosterbibliothek  wurde  vom  Fürsten  Ludwig  von  Bentheim  der 
neu  gegründeten  Universität  Straßburg  geschenkt  (1871).  Die  Kirche  des 
Klosters  wurde  1883  vom  ßhtz  getroffen  und  ein  Raub  der  Flammen.  Ihre 
malerische  Ruine  ist  dann  leider  in  jüngster  Zeit  bis  auf  die  Grundmauern 
abgetragen  worden. 

Um   einen  fast   quadratischen  Binnenhof  von  etwa  80  m  Seitenlänge         Be- 
legt sich  der  zweigeschossige,    ungewölbte   Kreuzgang   (Abb.   135).     Nördlich    schreibang 
daran  fügt  sich  die  Klosterkirche.  Der  Ostbau  hat  einige  Wohngemächer  und  in  der 
Mitte  das  Treppenhaus  zu  den  im  Oberstock  rings  um  den  Hof  hegenden  Mönchs- 


--*? 


41 


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/f'llcii  (Al»l).  I.'X)).  her  Sij(ll)aii  (Tafel  1  1,  Abb.  \M)  wird  von  V'crsMmmliiMg.siHuiiiMii 
und  einer  KücIk}  elngenoirnrien.  I)ei'  Westbau  (jndlicb  isl  gen  .Süden  in  einen 
Flügel  ausgezogen  (Abb.  138)  und  (enthält  bevor/Jigte  Wobrnäuine  sowie  einen 
Speisesaal.  .Seine  Front  isl  /ugleioli  die  Haujjlfronl  rles  Klosters:  das  Mittel- 
teil daran  bat  (.'ine  Sandsteinlassade  mit  \oigeleg1en  Pilastern  und  einen  (jiebel 
in  1^'ojin  oin(!s  flacben  Kreissegmentes.  Am  Architrav  steht  in  aufgelegten 
Hion'/.e/,iff(un  die  -lahreszahl  MDCCXXXXIl  (Abb.  ]/'/)).  Vor  dieser  Front 
cWdfjiet  sieb,  ehemals  rings  von  Wirtschaftsgebäuden  umgrenzt,  ein  Hof  mit 
l>äunien,  Bosquetten  —  auch  einem  überdachten  Ziehbrunnen  (Abb.  140). 


Al)b.  139.    Kloster  Frenswegen;  Westfront. 


Abb.  140.    Kloster  Frenswegen:  Brunnen. 


In  der  Mittelachse  trifft  der  Blick  gen  Westen  hin  auf  eine  Steiubrücke 
über  den  hier  mit  Ufermauern  versehenen  Klostergraben  und  auf  alte  Linden- 
alleen, die  von  dem  Brücken vorplatz  aus  wie  drei  große  Strahlen  ausgehen. 
Der  Graben  umgibt  das  Kloster  an  der  Südseite  und  trifft,  nach  Osten  um- 
biegend, in  gerader  Richtung  auf  die  Vechte.  Der  an  der  Süd-  und  Ostseite, 
des  Klosters  so  eingeschlossene  Bezirk  wurde  ehemals  teils  von.  einem  Nutz- 
garten, andernteils  wohl  von  einem  Ziergarten  eingenommen.  Weiterhin  im 
Osten  an  der  Vechte  lag  eine  Kegelbahn. 

Vom  jetzigen  Klostergebäude  ist  der  älteste  Teil  offenbar  die  Kreuzgang- 
wand, welche  den  Klosterhof  südlich  begrenzt  (Abb.  141).   Sie  ist  aus  Bentheimer 


->^     145     8^*- 

Quadern  gebaut;  die  Fenster  haben  ein  spätgotisches  Maßwerk;  die  Mitteltür  ist 
1724  eingesetzt.  Die  andern  drei  Seiten  des  Klosterhofes  sind  in  großformatigen 
Ziegeln  erbaut  und  haben  einfach  geteilte,  gotisierende  Fenster  mit  schmalen 
Sandsteingewänden  und  ohne  Maßwerk.  Die  ungefähr  in  den  Seitenmitten 
nachträglich  eingesetzten  Türen  tragen  die  Jahreszahlen:  1692  (die  Westtür), 
1695  (die  Nordtür)  und  1697  (die  Osttür).  Die  Fenster  des  ersten  Stockwerkes 
ringsum  haben  geraden  Sturz,  und  zwar  sind  diejenigen  an  der  in  Sandstein 
aufgeführten  Seite  langrechteckig  mit  einfacher  Querteilung,  während  die  an 
den  übrigen  Seiten  nahezu  quadratisch  und  durch  Kreuzpfosten  geteilt  sind. 
Die  Geschoßteilung  wird  ringsum  gekennzeichnet  durch  ein  wagerechtes  Sand- 
steinsims.   Dieses  hat  an  zwei  Stellen  der  Südwand  üiebelbildungen. 


Abb.  141.    Kloster  Frenswegen;  Südseite  des  Klosterhofes 


Der  gesamte  Üstbau  und  vom  Südbau  der  größte  Teil  gehören  zeitlich 
mit  den  soeben  beschriebenen,  in  Ziegeln  aufgeführten  Klosterhoffassaden  zu- 
sammen. Das  Mittelportal  in  der  Ostfront  hegt  in  einem  Risalit  mit  flachem 
Dreiecksgiebel  (Abb.  143).   In  einer  Nische  oberhalb  der  Tür  steht  eine  Madonna, 

und  auf  dem  Sockel  darunter  befindet  sich  das  Chronogramm:  qUae  finita  plls 
stant  fiensWeglana  sub  alls  teCtatUere  tUae  Virgo  patrona  DoMUS  (1641). 
(Möller  (a.  a.  0.  S.  127)  überhefert  eine  Reihe  anderer,  jetzt  nicht  mehr  erhaltener 
Jahresinschriften.)  Der  ganze  westhche  Frontbau  des  Klosters  ist  möglicher- 
weise jünger;  die  schon  erwähnte  bronzene  Jahreszahl  am  Mittelteil  gibt  für 
diesen  sogar  das  späte  Datum  1742. 

10 


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Abb.  143.    Kloster  Frenswegen';  Ostfront. 


Abb.  144.    Kloster  Frenswegen  ; 
PiotiY,  Jetzt  in   fler  Scliloßkapelle  zu  Hurgsteinftirt. 


Abb.  145.    Kloster  Frens wegen; 
Madonna. 


->^     147     S-<- 


Die  Klosterkirche  an  der  nördlichen  Langseite  des  Klosters  (Tafel  11, 
Abb.  142)  ist  aus  großformatigen  Ziegeln  (6,5/12,5/27,5)  in  Blockverband  unter 
stellenweiser  Verwendung  von  Bruchstein  errichtet  gewesen.  Eckverzahnungen, 
Tür  und  Fenstergewände,  Gewölberippen  und  Konsolen  bestanden  aus  Bent- 
heimer  Quadern.  Das  Schiff  hat  fünf  Joche  gehabt;  der  Chor,  auf  beiden  Seiten 
einspringend  und  etwas  erhöht,  drei  Joche.  Er  schloß  mit  fünf  Seiten  eines 
regelmäßigen  Achteckes  ab.  Die  Gewölbe  sind  nach  den  noch  vorhandenen, 
schwachgekehlten  Rippenansätzen  einfache  Kreuzgewölbe-  auf  Konsolen 
gewesen.    Diese,  nach  der  Form  eines  halben  Sechsecks  mit  geschweiften  Seiten 


Kloster- 
kirche. 


Abb.  146.    Kloster  Frenswegen;;  Scbnitzstücke,  jetzt  im  Schlosse  zu  Bentbeim. 


gebildet,  stellen  drei  ineinander  geschachtelte,  gotische  Kelchkapitelle  vor. 
Eine  steinerne  Wendeltreppe  führt  noch  heute  an  der  Südostseite  des  Chores 
zum  Dachstuhl  empor  und  machte  ehemals  den  Dachreiter  zugänglich,  der 
dort  in  der  Nähe  saß.  Wie  mitgeteilt,  ist  die  Klosterkirche  im  Jahre  1445 
vollendet  und  geweiht  worden. 

Die  durch  den  Brand  von  1883  vernichtete  Ausstattung  der  Kirche  war 
barock  (s.  Mithoff  IV,  45).  Die  Spuren  an  der  noch  erhaltenen  Südwand  verraten, 
daß  im  zweiten  Joch  des  Schiffes  vom  Westen  aus,  ein  Altar,  im  dritten, 
oberhalb  der  nicht  in  der  Mitte  liegenden  Tür  auf  barockem  Unterbau  ein 
Crucifixus  mit  trauernden  Figuren  unter  einem  Baldachin,  im  vierten  eine 
drapierte  Tafel  (Altar?)  bestanden  hat.  Das  fünfte  Joch  hat  offenbar  die 
sogenannte  italienische  Kanzel  enthalten;  die  Nische  mit  dem  Aufgang  dazu 
ist  noch  vorhanden.  Der  Chor  hatte  ein  berühmtes  geschnitztes  Eichenholz- 
gestühl aus  je  12  Sitzen  zu  beiden  Seiten. 

10* 


-^      IIS      -f^' 

r.ildwcikc,  Vm\  l'ictii    uiil  Konsole,    Marmor,  wahrscheinlich    italienische    Arheil, 

baro(;k    (Ahl).  144);   ein  Stationsbild,   Christus   mit  dem  Kreuz,  ebenfalls  auf 
-  Konsole,    Marmor,    ähnliche    Arbeit    wie    das    vorige.      Abb.  in    Kunstdenk- 
mäler Westf.,   Kr.  Stein  fürt.    Beide  Werke   sind   jetzt   in   der  Burgsteinfurter 
Schloßkapelle. 

Mehrere  Holzbiidwerke,   Heiligenfiguren,   befinden   sich  im  Besitz  des 
Heimatmuseums    zu   Bentheim    und    auf   Haus   Langen.     Die    in    Abb.    14.5 
gegebene  Madonna,  Arbeit  aus  dem  Anfang  des  XVI.  Jahrhunderts,   besitzt 
das  Heimatmuseum. 
Glas-  Die  Fenster  des  Kreuzganges  haben  Blankverglasung  aus  rechteckigen 

inalereien.  Scheiben,    in   die   nach  Mithoff   gemalte  Wappen  eingesetzt  waren   mit   den 
folgenden  Unterschriften : 

1.  Maria  Ernestina  Francisca  Graffinne  von  Ostfriesland  Graffin  zu 
Rittberg  Anno  16ü3. 

2.  Anna  Isabella  Grävinne  zu  Bentheim  Tecklenburgch  Steinfurt  und 
Limburgch  Fraw  zu  Wevelinghoven  Hoya  und  Helfenstein  Erbvoghtin  Gebohren 
Grävinne  zu  Limborg  [Br]unckhorst  Fraw  zu  Styrum  Borkeloe  und  Ghemen 
Anno  1693. 

3.  Johan  Friedrich  Albrecht  Freyherr  von  Reede  Herr  zu  Brandlecht 
Lengerke  und  Langen  Burghmann  zu  Nienborgh  Anno  1695. 

4.  Johan  Godefried  Freyherr  von  Beveren  zu  .  .  .  burgk  und 
Burgmann  .  .  .  Bentheimb  Anno  1695. 

5.  Bernhardt  Casper  Henrich  von  Luning  Cappeler  Grafschaft  Anno  1695. 
Grabplatten.                Von  den  bei  Mithoff  IV,  46,  auch  bei  Möller  S.  98  ff.  erwähnten  und 

mit  Inschriften  angegebenen  Grabplatten  liegen  nur  wenige  noch  auf  der 
Stelle  des  hohen  Chores.  Ihre  gotischen  Minuskelzeichen  sind  fast  un- 
leserlich geworden. 

Mithoff  gibt  die  folgenden  Umschriften  von  Grabplatten  des  gräflichen 
Hauses,  die  auf  dem  Chore  lagen. 

1.  [Anno  1400  (?)  1.  Septemb,]  "■■)  obiit  domina  anna  comitissa  in 
benthem  nata  de  [Egmondiaj. 

2.  anno  domini  mcccciii  in  profesto  gordiani  et  epimachi  mrn  obiit 
nobilis  domicelb  arnoldg  de  guterswich  hes  dni  [Bernardi  Comitis]  de  benthem 
fundatoris  hui9  monastery  cui9  aia  reqescat  in  pace  amen.  (Wappenschild  mit 
fünf  horizontalen,  durch  Wellenlinien  ausgefüllten  Streifen.) 

3.  [A  1420  •  ipso  die  Beatae  Gertrudis  obiit  domicella  Mechtildis  van 
Guterswich  Comitissa  de  Benthem.] 

4.  Anno  domini  •  m  cccc  •  vicesimo  primo  feria  quinta  post  festum 
beator'  symonis  et  Jude  apostolor'  obiit  nobilis  [Dominus  Ber]nardus  comes  in 
benth[em].    (Wappenschild  mit  6  Reihen  von  Pfennigen,  4,  5,  4,  3,  2, 1  gestellt.) 


*)  In  den  eckigen  Klammern  Ergänzung  nach  Jung,  a.  a.  0.  Codex  diplom.  p  265.  Not., 
der  die  Inschriften  nach  einer  ihm  vom  Prior  Bernardus  Fabri  zu  Frenawegen  1765  gemachten 
Aufstellung  wiedergibt. 


->-S     149     g^- 


Abb.  147.    Kloster  Frenswegen;  Kamin. 


Abb.  118.    Kloster  Freuswegeii : 
Kamin,  jetzt  in  Bad  Bentbeim. 


f).  anno  domiiii  in  -cccc-  lim -(luarto  iionas  rnarcij  ohijt  nohilis  dornicellus 
Euerwinus  comes  de  hentheim  cuius  anima  re()uie.scat  in  i>ace  amen.  (Wappen- 
schild wie  vor.) 

6.  [A  1510  •  8  •  A|iril  •  obiit  Nobilis  et  Illustris]  dna  [anna  Ingenburgis 
nata]  de  mckeleborch  Filia  ducis  de  ster  [glicio].    (Erste  Gemahlin  Everwins  II.) 

7.  Anno  domini  millesimo  quingentesimo  tricesimo  ipso  dif;  lucie 
virginis  et  [martyris]  Obiit  [Nobilis  Domi]nus  comes  in  benthe  cuius  ala 
recjuiescat  in  pace.     (Wappenschild  wie  bei  4.) 

Holz-  Wenige  geschnitzte   Holzornamente,    Fruchtgirlanden  aus  Eichenholz. 

Ornamente.  XVII.  Jahrhundert,  werden  zurzeit  im  Bentheimer  Schloß  auf  bewahrt  (Abb.  140). 


Abb.  149.    Kloster  Frenswegen; 
Taufstein ;  jetzt  auf  dem  Schlosse  zu  Bentheim. 


Kamine.  Mehrere  Kamine   aus   den  Klostergebäuden  sind  in  den  Badehäusern 

des  Bades  Bentheim  aufgestellt.     Sie  waren  mit  einem  Ölfarbenüberzug  in  Blau 
mit  Gold  versehen.     Als  Beispiel  s.  Abb.  147  u.  148. 
T;u\f8tein.  Ein  Taufstein,  jetzt  auf  dem  Schloßhofe  zu  Bentheim  aufgestellt,  zeigt 

hohe,  runde  Kelchform.    XVII.  Jahrh.    Abb.  149. 


->*g     151     Sk^ 


Gildehaus. 


Kirche  (ref.). 

(.TÜdehaus,  das  größte  Dorf  der  Grafschaft  Bentheim,  3  km  west- 
lich von  Bentheim  belegen,  setzt  sich  aus  dem  Orte  und  dem  nordwestlich 
davon  liegenden,  erst  später  ausgebauten  M  er  seh  zusammen.  'Geologisch  liegt 
es  auf  der  Bruchfläche  der  ostwestlich  streichenden  HilssandsteinschoUe,  die 
im  Süden  der  Grafschaft  zutage  tritt.  Das  Vorhandensein  dieses  Steines  gab 
Gildehaus  die  vernehmlichste  Lebensbedingung.  Gildehäuser  Stein  bildete  einen 
Ausfuhrartikel  schon  zu  Ende  des  XIII.  Jahrhunderts,  der  Zeit  des  Grafen  Egbert 
Rump,  S.  70.  Über  den  Steinhandel  und  die  Steinbrüche  siehe  Burgstf.  Fürstl. 
Arch.  I.  Rep.  B.  18;  auch  Visch  S.  109.)  An  der  Börse  zu  Rotterdam,  am 
Rathaus  und  Palais  in  Amsterdam,  am  Rathaus  zu  Emden  ist  Gildehäuser 
Stein  verwandt.  Ein  Steinbruch,  der  erst  im  XVII.  Jahrhundert  ausgebeutet 
zu  sein  scheint,  gab  einen  weißen,  marmorartigen  Stein,  von  dem  z.  B.  die 
Plastiken  in  der  Frensweger  Klosterkirche  und  der  Sarkophag  der  Prinzessin 
Amoena  in  der  Bentheimer  reformierten  Kirche  gearbeitet  sein  sollen. 

Der  Name  Gildehaus  muß  als  Haus  der  Bauerschaft,  wie  es  solcher 
Häuser  viele  gab,  nicht  aber  als  Haus  der  Steinhauergilde  erklärt  werden 
(vgl.  Raet  V.  Bglscp.  S.  114  Anm.  4);  denn  gewerbliche  Gilden  sind  vor  dem 
XIV.  Jahrhundert  im  Lande  unbekannt.  (Siehe  darüber  Nordhoff  a.  a.  0. 
S.  63  ff.    Daselbst  weitere  Nachrichten  über  Gildehäuser  Meister  und  Arbeiten.) 

Die  Gildehäuser  Parochie  wird  schon  in  einem  Güterverzeichnisse  der 
Grafen  von  Dalen  vom  Jahre  1188  genannt  (Kindlinger  a.  a.  0.  Nr.  29,  Tibus, 
Grdgsgesch.  S.  191);  sie  ist  eine  FiUale  von  Schüttorf  und,  dem  Datum  der 
ebengenannten  Urkunde  nach,  schon  früh  abgezweigt.  Eine  Urkunde  aus  dem 
Jahre  1192  (Wilmans  U.-B.  III.,  1459),  die  den  Austausch  zweier  Häuser  im 
Kirchspiel  Rene  gegen  eins  im  Kirchspiel  On  und  das  Haus  Rosine  im  Gilde- 
hausischen behandelt,  hat  den  Passus  ,,in  parochia  Nove  ecclesiae  prope 
Benthem".  Diese  Bezeichnung  wiederholt  sich  in  Urkunden  von  1341,  1360 
und  1369  (Jung,  C.  D.  Nr.  78,  88,  97)  in  den  Formen  Nova  Ecclesia  prope 
Benthem  quae  Gyldehus  nuncupatur  in  honorem  Stae  Annae  ejusdem  ecclesie 
patronae.  Nyenkerken  alias  dicta  then  Ghildehues  und  sunte  Annen  tor  Nyen- 
kerken  gebeten  ton  Gillehus  (vgl.  Tibus  a.  a.  0.  S.  910).  Auch  das  Münsterische 
Registrum  von  1313  führt  die  Nova  ecclesia  prope  Benthem  auf  mit  einem 
Einkommen  von  drei  Mark.  St.  Anna*)  hatte  nach  den  vorhin  angeführten 
Urkunden  das  Patrocinium  über  die  Kirche  zu  Nienkerken;  dieser  Name 
scheint  also  im  XIV.  Jahrhundert  noch  neben  dem  Namen  Gildehaus  ge- 
braucht zu  sein.  Als  Patronus  parochialis  wird  einmal  der  Graf  Johann  in 
einer  Urkunde  von  1321   genannt.    Fernere  Urkunden  aus    den  Jahren  1404 


*)  Möller  nennt  die  hl.  Agnes  als  Schutzpatronin,   St.  Anna  gilt  als  Beschützerin 
des  Bergbaues. 


-^?,     1 52     8*-- 


Abb.  151.    Kirche  in  Gildehaus;  Grundriß  (1:  250) 


Abb.  152.    Kirche  in  Gildehaus;  Längsschnitt  (1:250). 


->-§     153     S-c- 


(Jung,  ü.  D.  140,  Raet  v.  Bglscp.  I,  200)  udcI  1414  (Hannov.  Prov.-Bibl. 
Benth.  Vol.  VIII.)  behandeln  Verkäufe  an  die  Kirche.  Mit  der  Geschichte  der 
Widertäufer  ist  Gildehaus  insofern  verknüpft,  als  Bernhard  Kroch ting  hier 
um  1530  Pastor  war. 

Über  Räubereien  und  anderes  Ungemach,  unter  denen  die  Gildehäuser 
Kirche  wie  der  Ort  in  den  Kriegen  des  XVI.  und  XVII.  Jahrhunderts  gelitten 
haben,  berichtet  Visch  a.  a.  0.  S.  111. 

Die  Gildehäuser  Kirche  (Tafel  12,  Abb.  150),  aus  einheimischen  Sandstein- 
quadern erbaut,  ist  ein  einfaches  gotisches  Langhaus  von  vier  Jochen,  die  sich 
außen  durch  Strebepfeiler  kennzeichnen  (s.  d.  Grundriß  Abb.  151  u.  d.  Schnitt 
Abb.  152).  Der  Turm  steht  abseits,  dicht  unterhalb  der  Höhe  des  Berges,  an 
dessen  Fuß  die  Kirche  liegt.  In  die  hohe  Giebelwand  an  der  Westseite  des 
Schiffes  ist  ein  spätgotisches  Portal  (Abb.  153)  eingesetzt.  Die  Wölbungen 
der  einzelnen  Joche  des  Schiffes  sind  in  Bruchstein  auf  gekehlten  Gurten  und 
Rippen  ausgeführt,  die  aus  Wanddiensten  herauswachsen;  die  Schlußsteine 
sind  mit  Rosetten  verziert.  Die  Dienste  erscheinen  verhältnismäßig  niedrig, 
haben  achteckige  Basen  und  Kapitelle  mit  rundem  Kelch  und  achteckiger 
Platte  darüber  (Abb.  154).     Jedes  Gewölbejoch  hat  ein  Fensterpaar;  nur  nicht 

das  zweite  von  Westen,  in  dessen  Nord- 
wand das  Fenster  fehlt.  Auf  der  freien 
Wandfläche  war  hier  ein  Wandgemälde,  das 
jüngste  Gericht  darstellend,  angebracht,  das 
1910  aufgedeckt  wurde,  aber  nicht  erhalten 
werden  konnte.  Im  gleichen  Joche  befindet 
sich  in  Nord-  und  Südwand  je  eine  zu- 
gesetzte Tür:  die  in  der  Nordwand  durch 
späte,  tiefe  Kehlen  und  Wülste  profiliert. 
Die  Fenster,  bis  auf  die  beiden  mittleren 
in  der  Südwand,  welche  später  sein  werden, 
sind  schmal  und  ungeteilt;  alle  liegen 
ziemlich  hoch. 

Den  Chor,  dessen  Boden  um  drei 
Stufen  höher  liegt,  als  der  des  Schiffes 
und  der  auch  höher  gewölbt  ist,  scheidet 
vom   Schiff  ein   breiter,  spitzbogiger  Tri- 


1    j 


e^ 


>  c 


Be- 
schreibung. 


Abb.  153.    Kirche  in  GiUlehaus; 
Westportal. 


Abb.  154.     Kirche   in  Gildeliaus ;   Wand- 
dienste ;  links  im  Schiff,  rechts  iin  Chor. 


iirnphbogen  auf  vorspringerHlftii  Wan(l[)feilern  (Abb.  155).  Er  hat  dünnere 
Wandt)  als  das  Schiff  und  setzt  desfialb  innen  etwas  zurück  gef^en 
die  Schiffswände,  während  er  außen  fast  ebenflächig  damit  verläuft. 
Außer  einem  kreuzgewölbten  Vorjoch  umfaßt  der  Chor  einen  Abschluß  in 
fünf  Seiten  eines  regelmäßigen  Achtecks  mit  Sterngewölbe.  In  den  Winkeln 
des   Chors   liegen    dünne   Wandvorlagen    für    die    Schildbögen;   in    jede    der 


Abb.  155.    Kirche  in  Gildehaus;  Inneres. 


Tiinu 


Vorlagen  ist  ein  Dreivierteldienst  mit  achteckigem  Fuß  eingebunden.  Die 
Kapitelle  klingen  an  die  im  Schiffe  an.  Die  Wölbung  des  Chors  ist  in 
Backsteinen  ausgeführt,  ebenso  wie  die  die  ungleichen  Höhen  des 
Chors  und  Schiffes  vermittelnde  Anwölbung  zwischen  beiden.  Die  Fenster 
im  Chor  sind  dreiteihg  und  mit  Maßwerk  aus  Dreipaß-  und  Fischblasenwerk 
versehen. 

An  der  Nordseite  des  Chors  schließt  sich  eine  Sakristei  mit  Kreuz- 
gewölbe auf  tief  ansetzenden,  von  Konsolen  aufsteigenden  gekehlten  Rippen  an. 

Die  Erbauung  des  Schiffes  der  Gildehäuser  Kirche  muß  möglicher- 
weise in  die  zweite  Hälfte  des  XIV.  Jahrhunderts  gesetzt  werden,  während  der 
Chor  nach  der  Inschrift  über  der  Tür  in  seiner  Südwand,  außen,  1480  erbaut 
worden  ist. 

Der  abseits  von  der  Kirche  stehende  Turm  (Abb.  156)  von  fast 
quadratischem  Grundriß,  hat  zwei  äußeriich  durch  ein  profiliertes  Sims  unter- 


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->*§     155    §*>- 


Abb.  156.    Kirche  in  Olldehaus;, 
Turm. 


Abb.  157.    Kirclie  in  Gildehaus; 
Turm.  Schnitt  (1 :  250). 


Abb.  158.    Kirche  in  Gildehaus;  Glockenfries  von^Hemony 


schiedene  Geschosse.  Die  /,u  ebener  Krde  gelegene  TunnhuUe,  zugänglich 
durch  eine  sj)ii'/hogige  '^'\\\  in  der  Nordwand,  ist  mit  einem  scharfgrätigen 
Kreuzgow(')lbo  auf  starken  Schildbögen  versehen;  (^e  Wölbung  besteht  aus 
Haustein  (Abb.  157).  Eine  Treppe  liegt  in  der  Südmauer  des  Turmes.  Der 
Kaum  oberhalb  des  Gewölbes  hat  spitzbogige  I^'enster  gehabt,  die  teilweise 
zugemauert  oder  zerst(")rt  sind.  Im  zweiten  Turmgeschoß,  das  den  Glocken- 
stuhl birgt,  kommen  gekuppelte  gotische  Fenster  vor.  Nach  den  Spuren  an 
den  Wänden  ist  hier  der  Turm  mit  einem  Gewölbe  abgeschlossen  gewesen. 
Man  wird  ihn  nach  dem  Befunde  in  die  erste  Hälfte  des  XIV.  Jahrhunderts 
zu  datieren  haben. 


Abb.  161.    Kirche  in  Gildehaus;  Kronleuchter. 


Glocken.  Eine  Glocke  (1670)  nennt  als  Meister  Joannes  Fremich;   Durchmesser 

ist  1,50  m.    Inschrift  in  lateinischen  Großbuchstaben: 

Gef  heer  als  dees  klock  luit  om  ons  't  sam  te  roopen 

dat  wij  mögen  met  lust  tot  uwen  tempel  loopen, 

te  lowen  uwen  wil,  te  bidden  uw^n  naam 

en  met  een  blij  geschall  u  loven  al  't  sam-Ao  1670 

(Namen  der  Kerkmeester)  Joannes  Fremich  fecit. 

Eine  zweite  (1648)  von  Peter  Hemony;   Durchmesser  1,38  m,  hat  den 

in  Abb.  158  gegebenen  Fries.    Inschrift  in  lateinischen  Großbuchstaben: 

Im  tausend  sechshundert  vierzig  und  achten  Jahr 

Hie  sechsundzwanzig  Jahr  von  Krieg  kein  Friede  war, 

ist  die  Klock  von  Peter  Hemony*)  gegossen. 

Ach  Gott,  gib  das  der  Friede  zum  Trost  werd  geschlossen. 


*)  Siehe  B.  Zehe,  Historische  Notizen  über  die  Glockengießerkunst  des  Mittel- 
alters, Münster  18.57. 


->^.     157     %x- 

Eine  dritte  (1787)  von  A.  Petit  und  Sohn;  Durchmesser  1,20  m;  In- 
schrift in  lateinischen  GrofSbuchstaben :  Alexios  Petit  en  Alexios  zijn  Zoon 
hebben  my  gegoten  Ao  1787.  Der  Klang  des  Metals  wandelt  über  die  stillen 
Gräber  und  das  gewühl  der  Wohnungen  ins  einsame  Feld,  sey  nicht  gefühlloß 
wie  sie,  höre  den  Todes  botschafter,  den  Herold  des  Gerichts,  die  Posaune 
der  Ewigkeit.     Gegoßen  zu  Steinfurth.     Für  die  Kirche  zu  Gildehaus. 


Abb.  162.    Kirche  in  Gildeliaus; 
Opferstock. 


Abb.  163.    Gildeliaus; 
Sonnenuhr  im  Pfarrgarten. 


Mehrere  Grabplatten  auf  dem  Chor  tragen  die  Namen  der  ehemals  Grabsteine, 
auf  Ravenhorst  ansässigen  Familie  Hövel  mit  deren  Wappen. 

Die  Kanzel  ist  aus  einheimischem  Stein  zusammengesetzt  und  stammt  Kanzel, 
der  Inschrift  nach  aus  dem  Jahre  1617  (Tafel  12,  Abb.  159).  Der  Kanzelstuhl, 
im  Achteck  angelegt,  mit  starken  korinthischen  Ecksäulen.  Die  Seitenfelder 
sind  oben  und  unten  je  mit  zwei  Engelsköpfen  von  auffällig  negroidem 
Typus  geschmückt;  außerdem  tragen  sie  Inschriften,  die  bei  Möller  a.  a.  0.  S.  95, 
angegeben  sind.  Zur  Kanzel  gehört  ein  Sanduhrhalter  (jetzt  in  der  Sakristei) 
und  ein  Kanzelpult,  beides  aus  Gelbguß.  Das  Pult  enthält  das  Gildehäuser  Wappen. 


-^8     158     8-- 


Kron- 
leuchter 


Külcli.  Der  Ab(!ii(lmahlskclch  aus  Silb(jr,  24  cm  lioch.  .slaiiiinl  ausdern  Jahre  1615 

(Tafel  12,  Abi).  lOO).  Der  Fuß  ist  jünger.  Arn  Knauf  die  Darstellung  von 
drei  Pelikanen.  Die  Kuppa  hat  zwei  abgesetzte  Teile,  die  je  in  sechs  Omannent- 
felder  zerlegt  sind:  je  drei  enthalten  getriebene  ?]ngelskö[)fehen,  umgeben  von 
Pflaii/ejiwerk,  die  anderen  drei  je  einen  herzförmig  ausgestalteten  Buckel.  Am 
Kelchrande  steht  die  Inschrift:  Kompt  und  schmecket,  wie  freundlich  der  Herr 
ist.     Gerhardo  Perizonio  pastore.    Anno  1015. 

Ein  Kronleuchter   auf    dem    Chor    aus    Gelbguß    mit    zweimal    acht 
S-förmigen  Armen  stammt  aus  dem  XVIII.  Jahrhundert  (Abb.  161). 
Opferstock.  ^^^  Opferstock  aus  Stein  (Abb.  162),  ein  Werk  der  ersten  Hälfte  des 

XVII.  Jahrhunderts,  etwa  1,20  m  hoch,  mit  blattwerkgeschmücktem  Fuß  und 
Vorlagen  an  den  Seitenflächen,  die  als  Hauptschmuck  in  der  Mitte  je  einen 
geflügelten  Engelskopf  tragen.  Den  Übergang  zum  Sockel  vermitteln  an  den 
Ecken  Wülste,  die  als  Tigerklauen  ausgebildet  sind.  Den  oberen  Abschluß 
bildet  eine  ungegliederte  Deckplatte  mit  der  Inschrift:  Bedencket  den  Armen 
(holl.  Flur.). 

Steinmetzzeichen  am  Westportal  ^^~\ —  ,  an  den  Chordiensten   \^  ^  . 

am  Opferstock      /s^-  ^ 

Sonnenuhr.  Eine  Sonnenuhr  im  Garten  der  jetzigen  II.   Pfarre,  Stein:  Ende  des 

XMII.  Jahrhunderts  (s.  Abb.  163). 


Steinmetz 
zeichen. 


H  e  s  e  p  e. 


Kapelle  (ref.). 

Geschichte.  Hesepe    ist   eine    zum  Nordhorner   Kirchspiel    gehörige  Bauerschaft 

südhch  von  Nordhorn  und  hat  eine  eigene  ^Kapelle,  die  ursprünglich  dem 
hl.  Johannes  geweiht  war,  also  vielleicht  im  XII.  Jahrhundert  schon  angelegt 
worden  ist.  Mithoff  (VI,  S.  62)  entnimmt  der 
im  Jahre  1861  aufgestellten  Kirchenbeschreibung 
weitere  Angaben. 
Be-  Die  im  Osten  dreiseitig  geschlossene  Kapelle 

Schreibung,  ^^y^^  ^54)  jg^  ^uf  Hausteinfundament,  das 
möglicherweise  alt  ist,  aber  kein  Charakteristikum 
zur  Zeitbestimmung  aufweist,  in  Backstein  auf- 
geführt. An  den  Ecken  der  Westfront  sieht 
man  Hausteinverzahnung,  nicht  aber  an  den 
Chorecken.     Der  Bau  wird  in  der  ersten  Hälfte 

des  XVIII.  Jahrhunderts    entstanden  sein.     Das    Türgewände  an    der   west- 
lichen Schmalseite  bietet  ferner  Anhalt  für  diese  Zeitbestimmung.    Im  Innern 


Abb    164.    Kapelle  in  Hesepe; 
Grundriß  (1 :  250). 


->§     159    ge- 
haben die    Schiffswände    schmale   Vorlagen   aus   Ziegeln.     Die    Ausstattung, 
soweit  das  Wort  Berechtigung  hat,  ist  neueren  Datums.    Die  Kapelle  wurde 
1853     auf    Bittgesuch     der    Einwohnerschaft     aus     Mitteln     der    Königlich 
Hannoverschen  Privatschatulle  renoviert. 


Laar. 


Uaus  Laar,  Haus  Wolda,  Kanzel  i.  d.  ref.  Kirche, 

Laar  ist  ein  Dorf,  etwa  8  km  nw.  von  Emiichheim  belegen.  Der 
Ortsname  hängt  möglicherweise  zusammen  mit  Lar  =  unbebaute  Gegend 
(s,  Förstemann,  Ortsnamen,  S.  70). 


Abb    16ö     Laar;  Haus  Laar. 


Laar  war  ehemals  eine  Herrlichkeit  mit  Gerichtsbarkeit  über  eine 
Anzahl  Häuser.  Das  Haus  Laar  wurde  1227  von  dem  Burggrafen  von 
Coevorden  erobert,  diesem  aber  durch  den  Bischof  von  Utrecht  im  gleichen 
Jahre  entrissen  und  völlig  zerstört.  Später  wurde  es  wieder  aufgebaut,  aber 
nicht  mehr  befestigt.  Eilard  von  Bentheim  empfing  es  als  Lehen  im  Jahre 
1227  und  nannte  sich  seitdem  von  Laar.  Diese  Familie  starb  1722  mit 
Gerhard  Heinrich  von  Laar,  Herrn  zu  Laerwalde,  in  der  männlichen  Linie 
aus,  und  der  Landesherr  nahm  sein  Lehen  zurück.  (Burgsteinf.  Fürstl.  Archiv 
I.  Rep.  Urk.  u.  Akten   von   1434—1857;    Jung,  App.  Benth.  nennt  Literatur.) 

Auf  der  Stelle  des  ehemaligen  Hauses  Laar  steht  heutzutage  ein 
Wohnhaus  aus  Ziegeln,  das  etwa  der  Mitte  des  XVIII.  Jahrhunderts  ent- 
stammt (Abb.  165).* 


-o^     KIO     8^- 


llaiis  Wi.lda. 
Das  Haus  Wolda  war  ehemals  (;iii 
<'i(l(dif^(^s  und  laii(liafj;fäliigr;s  Out,  bis  1050 
im  Besitze  der  Familie  von  Heesten,  darauf 
im  Besitze  der  Herren  von  Scherff.  171<> 
kam  es  an  die  Familie  von  Bentinck.  von 
der  es  in  andere  Hände  ü})ertragen  wurde. 
Um  1818  wurde  Wolda  schuldenhalber 
verkauft.  Erwähnenswerte  Bauliehkeiten 
bestehen  nicht  mehr. 


Kirche  (ref.). 

Kanzel.  I^iß  von  C.  W.  Hase  erbaute  reformierte 
Kirche  zu  Laar  enthält  eine  ältere  Kanzel 
(XVII.  Jahrhundert)  aus  Holz,  mit  Fuß. 
achtseitigem  Stuhl  und  Schalldeckel 
Abb.  106). 

Glocke.  Eine  Glocke  (1490)  von  Meister  Gerhard 
de  Wou,  Durchmesser  0,78  m,  hat  zur 
Inschrift  in  gotischen  Kleinbuchstaben: 
maria  is  myn  naem,  myn  gheludt  zy 
Gode  bequaem  de  Wou  me  fecit  anno 
domini  mccccxc. 

Eine  zweite  Glocke  (1511)  vom  gleichen 
Meister;     Durchmesser    1    m,     trägt     in 
gotischen  Kleinbuchstaben  die   Inschrift: 
de  Wou  me  fecit  anno  domini  mcccccxi. 


Abb.  ICü.    Iviiclie  in  Laar;  Kanzel. 


Jhesus   maria  Johannes   Gerhardu- 


Lage. 


Kastellriiine,  Herrenhaus,  Kirche  (ref.). 

Die  Herrlichkeit  Lage  an  der  Dinkel  und  einem  Nebenflüßchen  der- 
selben, liegt  in  einer  landschaftlich  reizvollen  Gegend,  südlich  von  Neuenhaus, 
an  der  Straße  von  da  nach  Ootmarsum. 
Geschichte.  Der  Name  Lage  kommt  vor  meist  in   der  Form  Lage  (Urk.  v.  1183). 

seltener  Laege  und  Laghe  (XIV.  Jahrhundert). 

Ein  Herimanus  de  Lage,  Kanonikus  des  Münsterschen  Bischofs  Her- 
manns IL  wird  in  einer  Urkunde  vom  Jahre  1183  genannt  (Niesert,  Urkb.  I, 
Abt.  I,  S.  274);  ein  Goswinus  de  Lage  fiel  1227  im  Kampfe  des  Bischofs 
Otto  von  Uetrecht  gegen  Rudolph  v.  Coevorden.  Von  einem  Benmanus  Got- 
wines  de  Lage  weiß  Harseim  im  Feuilleton  d.  Neuen  Hannov.  Ztg.,  24.  April  1877, 
zu  berichten.     Jung  gibt  in  seinem  Apparatus  Benthemicus  eine  ausführliche 


->^     101     8k- 

Geschichte  über  Lage,  in  der  er  eingehend  seine  Quellen  darlegt.  Danach 
verkaufte  Herrmann  von  Laege  1346  Burg  und  Herrlichkeit  Lage  an  den 
Bischof  von  Uetrecht.  Da  die  Kauf  summe  nicht  gänzlich  bezahlt  worden 
war,  verharrten  die  von  Lage  auf  ihrem  Besitz.  Das  veranlaßte  1380  den 
Bischof  Florenz  v.  Wevehnchoven  zu  einem  Überfall  auf  Lage;  das  Schloß 
wijrde  damals  dem  Erdboden  gleichgemacht.  Zwischen  1439  und  1447  er- 
richtete der  Bischof  Rudolph  v.  Diepholz  die  Burg  aufs  neue.  Aus  fünf,  von 
Racer  in  seinen  Overysselschen  Gedenkstücken  (VII,  S.  272  f.  308/9)  über- 
lieferten Urkunden  aus  den  Jahren  1445  bis  1452  scheint  hervorzugehen,  daß 
der  Bischof  v.  Utrecht  1450  die  Pfandschaft  über  Lage  eingelöst  hat.  Unter 
dem  Einflüsse  der  Reformation  übergab  der  Bischof  1527  Lage  an  Kaiser 
Karl  V.,  der  es  später  seinem  Sohn  Philipp  II.  abtrat.  (Über  den  Zustand 
Lages  zur  Zeit  Karls  V.  vgl.  Jung  App.  Benth.,  wo  als  Quelle  Strodtmanns 
de  Jure  Curiali  Litonico  S.  105  ff.,  Göttingen  1754,  genannt  ist.)  Philipp  II. 
verpfändete  1576  die  Herrlichkeit  an  Dieterich  v.  Ketteier,  dem  er  später  für 
2000  fl.  die  Erbbelehnung  darüber  erteilte,  bei  welcher  Summe  ein  Abzug  für 
den  Neubau  der  Burg  und  Mühle  in  Anrechnung  gebracht  werden  sollte. 
1591  soU  die  Burg  —  das  jetzige  Kastell  —  vollendet  gewesen  sein,  hat  aber 
nicht  lange  bestanden.  Durch  Heirat  mit  einer  Enkelin  des  genannten  Dietrich 
V.  Ketteier  wurde  der  Graf  v.  Croix  und  Reux,  ein  eifriger  Katholik,  Erbe 
der  Herrlichkeit.  Im  spanisch  -  niederländischen  Kriege  geschah  es  deshalb, 
daß  von  den  Niederländern  1626  das  Kastell  belagert  und  nach  Abzug  der 
Besatzung  gesprengt  wurde*).  Die  Herrlichkeit  Lage  wurde  dann  nach  Kriegs- 
recht der  Provinz  Overyssel  einverleibt,  aber  1635  wieder  an  die  Familie 
v.  Croix  und  Reux  zu  Lehen  zurückgegeben.  Diese  Familie  verkaufte  Lage 
und  die  dazu  gehörenden  Güter  1642  an  Jean  v.  Raesveld,  Herrn  zu  Twikkel, 
Drosten  der  Twenthe,  Der  heutige  Besitzer  geTiört  der  Familie  van  Heeckeren 
van  Wassenaer  auf  Twikkel  an. 

Von  1642  bis  1803  blieb  Lage  politisch  ein  selbständiges,  nicht  staat- 
liches Gebilde.  Dann  kam  es  im  Zusammenhange  mit  der  französischen  Be- 
setzung an  Bentheim.  1806  wurde  die  gesamte  Grafschaft  Bentheim  zum 
Großherzogtum  Berg  geschlagen  und  1810  dem  französischen  Kaiserreiche  ein- 
verleibt. Nach  der  Schlacht  bei  Leipzig  blieb  die  widerrechtliche  Angliederung 
an  Bentheim  bestehen,  bis  im  Jahre  1855  der  gräflichen  Familie  Twikkel- 
Wassenaer  die  Eigentumsrechte  über  Lage  von  Hannover  wieder  zugesprochen 
wurden.  

Kastellruine. 

Die  Ruine  des  um  1576  erbauten  und  1626  gesprengten  Kastells  liegt 
inmitten  des  alten,  an  einer  Seite  von  der  Dinkel,  an  den  übrigen  drei 
Seiten  von  einem  daraus  gespeisten  Graben  eingeschlossenen,  ungefähr  recht- 
eckigen Schloßbezirkes  (s.  den  Lageplan  Abb.  167).  Das  Kastell,  das 
vermuthch   von    einem    besonderen    Graben    umgeben    war,    ist    aus    groß- 

*)  Die  Altertumsammlting  in  Zwolle  besitzt  einen  Holzschnitt,  der  die  Zerstörung 
des  Kastells  1626  darstellt. 

11 


foriiiati^en  Ziogoln  frrijrhtol  gewesen  und  hat  im  Gniiidriß  ein  Quadrai 
von  ungefülir  :)()  m  Seitenlange  umfaßt  (vgl.  Abb.  1G8  und  Abb.  109).  Eir 
Zugangstor  scheint  an  der  Nordseite  sich  befunden  zu  haben;  eine  Kasematt( 
mit   Schießscharten    ist    in    der   Nordostecke    erhalten;    eine    stark    zerstört« 


Abb.  167.    Haus  Lage;  Lageplan 


Abb.  168.    Haus  Lage;  Zustand  im  XVI.  Jahrhundert,  nach  einem 
Ölbild  im  Archiv  Twilskel  zu  Delden 


andere  Kasematte,  in  die  ein  jüngerer  Backofen  mit  kleinformatigen  Ziegel 
eingebaut  ist,  scheint  rechts  des  angenommenen  Zugaugstores  gelegen  zu  habe 
Die  Westseite  steht  hoch  an  und  ist  mit  Efeu  völlig  überwachsen.  Dr 
Schießscharten  für  Geschütze  öffnen  sich  hier  im  Erdgeschoß;  dahinter  sir 
drei  Gemächer  einwandfrei  zu  rekonstruieren.    Die  Spuren  einer  Treppe, 


^>*li     103     &K- 

durch  das  erste  ins  zweite  Geschoß  hinaufführte,  sind  an  der  Westwand 
sichtbar.  Die  Ostseite,  in  der  drei  Geschützscharten  erkennbar  sind,  sowie 
die  Südseite   sind  am  meisten   zerstört.     Über  die  dort  liegenden   Gemächer 


Abb.  169.    Haus  Lage:  Ruine  des  Kastells. 


würde  selbst  eine  Nachgrabung  nichts  Lohnendes  fördern.  In  der  Mitte  des 
Ruinenkomplexes  stehen  die  Reste  eines  im  Erdgeschoß  viereckigen,  darüber 
achteckigen  Turmes. 


Herrenhaus. 

Das   jetzige    Herrenhaus    zu   Lage    (Abb.    170)    ist    ein    einstöckiges 
Gebäude    aus   kleinformatigen    Ziegeln,   wenige  Schritt  nördlich   der  Kastell- 


Abb.  170.     Haus  Lage;  Westfront. 


11^- 


-^     1  CA     i^- 

ruinc  belegen.    Nach  der  Inschrift  am  Sockeleckstein  des  Südflügels  (Ostseite) 
ist  „17()2  den  (>.  Mej  deeser  Steen  gelecht". 

Die  Wassermühle   ist  1677  erbaut  und    1741    und  1826  "erneuert  (In- 
schrift am  Kai), 


1 

1 

«'^^^^^^H 

Abb.  171.    Kirche  in  Lage;  Seitenansicht. 


Abb.  173.    Kirche  In  Lage:  Schnitt. 


Kirche. 

Lage  gehört  zu  den   von   der  Ülsener  Parochie   abgezweigten  Kirch- 
spielen.    Eine    Hauskapelle    hat   nach    Mithoff  (VI,  S.  77)    auf   dem  Schlosse 


Abb.  172.    Kirche  in  Lage;  Grundriß  (1:250). 


bestanden.  Die  reformierte  Kirche  (Abb.  171)  gründete,  wie  die  Inschrift 
über  der  Tür  in  der  Südwand  daselbst  besagt:  Amadea  Nata  comes  in 
Flodroff  —    Vidua  Adolphi  Henrici   Bar.  in  Raesfelt.     Domini  in  Lage  et 


->§     1G5     ^- 


Twickeloe  ....  Anno  Christiano  MDCLXXXVII  3  Id.  lun.  Über  der  Westtür 
steht  ergänzend  dazu:  Anno  1687  den  11.  Junii  is  den  eersten  Steen  gelecht 
an  deese  Kercke  door  Vrou  Amadea  van  Flodroff  Weduwe  van  Raesfelt. 
Die  Kirche  (s.  den  Grundriß  Abb.  172  und  den  Schnitt  Abb.  173)  ist  eine 
Saalkirche  aus  Ziegelsteinen  mit  sandsteinernen  Tür-  und  Fenstergewänden; 
die  Fenster  sind  rundbogig.  Die  Decke  in  Stuck  ist  am  Dachstuhl  aufgehängt. 
Mitten  auf  dem  Dach  sitzt  ein  Dachreiter. 


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Abb.  174     Kirche  in  Lage;  Becher. 


Abb.  175.    Kirche  in  Lage  ;  Kanzel. 


Ein    Silberbecher  mit    Wappen    der  Famihe  van  Wassenaer  und  der  AbeudiualiLs 
Beischriüt   Ciux  Christi  Mea   Gloria  1717;  in  zwei  Medaillons    die    Allegorien      J^'f^rätf- 
Glaube,  Liebe,  Hoffnung  (s.  Abb.  174). 

Ein  Oblatenteller,  Silber,  mit  Wappen  der  Heeckeren  van  Wassenaer,  1717. 

Die  beiden  vorhandenen  Glocken  sind  1908  umgegossen.  Die  ältere  Glocken, 
stammte  aus  dem  Jahre  1688  und  war  eine  Stiftung  von  Amadea  v.  Flodroff, 
Weduwe  von  Wassenaer.  Diese  Glocke  wurde  1855  umgegossen,  in  dem  gleichen 
Jahr,  als  die  zweite  Glocke  bei  Radler  &  Söhne  in  Hildesheim  neugegossen 
wurde.  Durchmesser  der  ersten  ist  0,66  m,  der  zweiten  0,82  m.  Inschriften 
und  Wappen  befinden  sich  an  beiden. 

Die    Kanzel    aus  Eichenholz    mit  Steinfuß;   Stuhl    und    Schalldeckel  Kanzel, 
achteckig;  gedrehte  Säulen  an  den  Kanten  des  Stuhles;  XVII.  bis  XVIII.  Jahr- 
hundert (Abb.  175). 


->^,      l(i<)      c->- 


Abb.  176.    Neuenbaus;  Stadtplan  (l:5(X>0). 


->*§     167     g^.- 


Neuenhaus. 


Burg  Diiikelrode  (nicht  mehr  vorh.),  ref.  Kirche,  kath.  Kirche,  Rathaug,  Bürgerhäuser. 

Die  Stadt  Neuenhaus  (s.  den  Plan  Abb.  176),  mit  etwas  über  1200 
Einwohnern,  liegt  an  der  Dinkel,  unfern  deren  Einmündung  in  die  Vechte, 
aber  doch  so  weit  abseits  dieses  Flusses,  daß  sie  an  der  Schiffahrt  nach 
Holland,  so  lange  diese  in  Blüte  war,  nur  in  geringem  Maße  beteiligt  sein 
konnte.  Die  Burg  (s.  Plan),  um  welche  sich  die  Stadt  allmählich  ansiedelte, 
lag  auf  einer    erhöhten   Stelle  nicht  weit  vom   Dinkelflusse,    und  ihr  Name 


Abb.  177.    Neuenhaus;  "Wassermühle;  nach  Zeichnung  von  Prof.  H.  Siebern 


Dinkelrode  scheint  anzudeuten,  daß  sie  an  einer  im  großen  Üsterwalde  erst 
freigelegten  Stelle  erbaut  wurde  (über  den  Osterwald  s.  Jung  a.  a.  0.,  Cod. 
dipl.  Nr.  142).  Die  Hauptverkehrsstraße  von  Nordhorn  über  Ülsen  in  die 
Twente  hinein  und  mehrere  Kanäle,  welche  die  Stadt  durchzogen,  bedingten 
deren  äußere  Gestaltung.  Von  der  alten  Befestigung,  die  im  Dreißigjährigen 
Kriege  beseitigt  wurde,  ist  nur  noch  der  Ölwall  über.  Die  Wohnhausanlage 
unterscheidet  sich  nicht  von  der  in  den  beiden  anderen  Städten  der  Grafschaft 
üblichen.  Neuenhaus  hat  sich  aber  einige  malerische  Bilder  erhalten,  namentlich 
an  einem  der  die  Stadt  durchziehenden  Wasserkanäle  (s.  als  Beisp.  Abb.  177 
und  Tafel  13,  Abb.  178). 

Für    die    Gründung    der    Burg   läßt   sich    ein    bestimmtes  Jahr  nicht  Geschichte, 
angeben,   doch  fällt  sie  unter  die  Regierung  des   Grafen  Johannes  IL  (1305 
bis  ca.  1333),  und  zwar  um  das  Jahr  1317  (nach  Stockmann  a.  a.  0.  Forts.  110). 
Zu    der    Anlage    gerade    an    dieser    Stelle    mögen    den    Grafen    namentlich 


straU'Ki^^'liß  Kücksicliteu  bewogen  haben.  Im  Gegensatz  zu  der  alten  Burg 
in  Bontheiin  wurde  sie  das  „neue  Haus"  benannt.  In  einer  Urkunde  vorn 
Jahre  1328  (Jung;  Cod.  dipl.  Nr.  66)  bestimmte  der  Graf  gewisse  Einkünfte  für 
die  Kapelle  und  deren  Priester  zu  Dinkelrode.  Dieser  Urkunde  sind  die  Siegel 
des  Grafen  und  seiner  Gemahlin  Mechtildis  sowie  ihrer  drei  S'ihne  angehängt 
(Abb.  bei  Jung,  Cod.  dipl.  Tafel  V).  Während  der  Graf  Otto  VI,,  weil  er  sich  in 
Geldverlegenheiten  befand,  die  Burg  und  Ortschaft  an  einen  gewissen 
Floriken  Voet  verpfändete,  wie  aus  Urkunden  aus  den  Jahren  llJö")  (Jung. 
Cod.  dipl.  Nr.  82)  und  1364  (Jung,  Cod.  dipl.  Nr.  91)  hervorgeht,  wandten  die  nach- 
folgenden Grafen  einsichtsvoller  ihre  Sorge  der  Niedergrafschaft  und  ihrer 
Residenz  darin  wieder  zu.  Urkunden  aus  den  Jahren  1365  (Jung,  Cod.  dipl.  Nr.  'J.3) 
1370  und  1404  (Jung,  Cod.  dipl.  Nr.  98  und  141)  behandeln  Schenkungen  und 
Privilegien  in  diesem  Sinne.  Auch  die  Verlegung  der  Veldhäu.ser  Kirche 
(Rump  S.  77  und  Jung  App.  Nr.  8)  nach  Neuenhaus,  zu  der  Graf  Bernhard 
1370  seine  Einwilligung  gab,  gehört  hierher  (s.  unter  Veldhausen). 

Die  Nähe  der  gräflichen  Burg  gereichte  hingegen  der  Stadt  gelegentlich 
zum  Schaden.  Visch  (S.  117)  und  Rump  (S.  78)  berichten  von  Kriegs- 
unruhen, die  Neuenhaus  über  sich  ergehen  lassen  mußte,  zur  Zeit  des 
Bischofs  Wilhelm  von  Utrecht,  der  infolge  von  Streitigkeiten  mit  seinen 
Lehnsvasallen  in  die  Twente  und  Grafschaft  eingefallen  war  und  insbesondere 
auch  in  Neuenhaus  Verwüstungen  anrichtete.  Im  Jahre  1418  wurde  (Raet 
V.  B.  a.  a.  0.  I,  235  ff.)  die  Stadt  abermals  verpfändet.  Graf  Everwyn  von 
Beutheim  war  1417  in  die  Drente  und  Twente  eingefallen,  um  den  Bischöflich 
Ütrechter  Burggrafen  zu  Coevorden  wegen  der  fortgesetzten  Dinkelaufstauungen 
zu  züchtigen  und  hatte  seine  Beute  nach  Neuenhaus  gebracht.  Die 
Ütrechtischen  belagerten  hierauf  die  Stadt  und  nahmen  sie.  Graf  Everwyn 
von  Güterswyk  mußte  alsdann  zum  Schadenersatz  sein  Schloß  mit  hoher 
und  niederer  Gerichtsbarkeit  auf  mindestens  fünf  Jahre  verpfänden,  und  der 
Burggraf  von  Coevorden  wurde  zum  Amtmann  und  Kastellan  des  Hochstiftei 
Utrecht  in  Neuenhaus  bestellt  (R.  v.  B.  I,  239  f.). 

Im  Jahre  1427  war  Neuenhaus  noch  nicht  wieder  eingelöst.  Auch 
noch  in  einer  Urkunde  vom  Jahre  1429  ist  von  „Niehus"  als  Stiftslehn  von 
Utrecht  die  Rede  (R.  v.  B.  I,  243).  Erst  am  24.  Januar  1688  scheint  dai- 
Haus  Bentheim  unter  Graf  Ernst  Wilhelm  die  Belehnung  mit  Neuenhaus  von 
den  Staaten  der  Provinz  Overyssel  als  den  Nachfolgern  der  vormahgen  Fürst- 
bischöfe von  Utrecht  wieder  erlangt  zu  haben  (R.  v.  B.  11.,  121).  1696  wurde 
dem  Grafen  erneut  die  Belehnung  erteilt,  der  dann  die  Burg  miHtärisch 
besetzen  ließ  (R.  v.  B.  II,  131  f.). 

Die  Wälle  und  Mauern  der  Burg  wurden  im  Dreißigjährigen  Kriege 
geschleift.  Neuenhaus  selbst  hat  sowohl  in  diesem  Kriege  als  auch  durch  die 
Raubzüge  Ludwigs  XIV.  und  besonders  im  Siebenjährigen  Kriege  sehr  gelitten. 
Es  gelangte  so  nie  zu  der  Bedeutung,  die  Nordhorn  und  Schüttorf  gewannen. 


Tafel  13. 


Abb.  181  u.  178. 
kiRCHE  IN  NEUENMAUS;  Innenansicht,  -  NEUENHAUS;  Stadtbild  am  ÖlwalL 


->§     KiU     g-^- 

Ref.  Kirche. 

Die  reformierte  Kirche  in  Neuenhaus  (Abb.  179)  wurde   nach  der  In-  Creschichte. 
Schrift  am  Südgiebel  begonnen  im  Jahre  1684  und  vollendet  1686.    Sie  steht 


Ablj.  179     J!ff.  Kirche  in  Neuenliaus;  Aiisiclit. 


Abb.  180.    Ref.  Kirche  in  Neuenhaus :  Grundriß  (1 :  250). 


nach  Visch  (S.  117)  auf  dem  Platze  der  alten  verfallenen  Kirche,   das  heißt, 
an  Stelle  des  Gotteshauses,  das  nach  1370  vielleicht  bis  zu  dem  Neubau  von 


'^%     170     ?*>- 


1684   Ijestanden    hatte*)    und   ursprünf^lich  als  Ersatz    für   di<;    Veldhausener 
Kircho  errichtet  worden  war. 
ße-  iJic.  Neu(3iihäuser  Kirche  ist  eine  sehr  große  Saalkirche,  deren  Längs- 

schreibimg.  ^chse  ungefähr  nord-südliche  Orientierung  zeigt  (s.  d.  Grundriß  Abb.  180). 
Ihre  Umfassungsmauern  sind  aus  kleinformatigen,  grauroten  Ziegeln  mit  nach 
innen  wie  außen  vortretenden  Pfeilern  errichtet:  diese  letzteren  sind  mit 
Bentheimer  Quadern  verblendet.  Die 
Fenster      .setzen     verhältnismäßig      hoch 


Abb.  182.    Eef.  Kirche  in  Neuenhaus; 
Schnitt  (1 :  250). 


Abb.  183.    Eef.  Kirche  in  Neuenhaus : 
Schnitzwerk  am  gräflichen  Gestühl. 


an  und  sind  rundbogig  geschlossen  (Tafel  13,  Abb.  181).  In'^  den  beiden 
Giebelseiten  findet  sich  je  eine  Tür.  Die  Pfeiler  der  Giebelwände  außen  laufen 
über  die  Giebelschrägen  hinaus  und  enden  in  Verkröpf ungen,  die  durch  ein 
wagerechtes  Gesims  verbunden  sind.  Dahinter  setzt  der  Walm  des  Daches 
an.  Oberhalb  des  Südgiebels  ist  ein  achtseitiger  Dachreiter  mit  dem  Glocken- 
stuhl aufgesetzt.  An  den  Seitenwänden  außen  stoßen  die  um  24  cm  vor- 
springenden Sandsteinpfeiler  unter  das  Dachgesims,  das  außer  durch  diese 
noch  durch  Konsolen  getragen  wird  (s.  d.  Schnitt,  Abb.  182).  In  der  Mitte  der 
Westseite  liegt,  mit  fünf  Seiten  eines  Achtecks  aus  der  Wand  hervortretend, 


*)  1591  etwa  ließ  Graf  Arnold   „die  Kirche  zu  Newenhauss  von  dem  was  darein 
von  päpstlichen  Reliquien  übrig  war,  reformieren"  (8.  Döhmann  a.  a.  0.  S.  30  u.  48). 


Taicl   15. 


Abb.  184,  2?,'^)  u.  19^. 

RRF.  KIRChE  IN  NP.UKNHAUS;  Brotschüssel.  -  KIRCHE  IN  ÜLSEN 
REP.  KIRCHE  IN  NORDHORN;  Brotschüssel. 


Kelch. 


->-§     171     g^^ 

ein  wagerecht  abgedeckter  Treppenturm.  Das  Dach  hat  schwere  Holz- 
konstruktion in  doppeltem  Sprengwerk.  Daran  hängt  die  Holzdecke  der 
Kirche  in  Form  einer  flachen  Tonne. 

Eine  Brotschüssel  aus  Silber  (Tafel  15,  Abb.  184),  rund,  Durchmesser      Brot- 
22,8  cm.     Der  Rand  ist  getrieben;   im  Mittelfelde,   umgeben  von  namentlich    '^cliussel. 
pflanzlichen  Ornamenten,  drei  Medaillons  mit  Tierdarstellungen  in  Graviertechnik. 

Die  Kanzel,  mit  vierseitigem  Stuhl  und  halbachteckigem  Schalldeckel,  Kanzel, 
ragt  frei  aus  der  Mitte  der  Westwand  heraus  und  ist  zugänglich  von   dem 
vorhin  genannten  Treppenturm  aus.    Der  Stuhl  besteht  aus  feinstem  Bent- 
heimer  Stein  und  hat  an   der  Unterfläche  im  Relief  einen  stilisierten  Adler, 
ferner  Sonne  und  Mond. 

Ein  Kelch  aus   Silber,    21, o  cm  hoch,   der  Knauf  mit  Widderköpfen  Kelch, 
besetzt.    Dem  Gildehäuser  Kelch  verwandt.    Der  Fuß  stammt  aus   der  Zeit 
um  1720.    Die  Kuppa  ist  neuer. 

Zwei  Kronleuchter  aus  Messingguß,  von  üblicher  Form  —  mit  Stifter-    Kron- 
inschriften auf  den  Kugeln,  datiert  1759  — ,  tragen  Figuren  unter  der  Krone, 

Ein  Lesepult  an  der  Kanzelbrüstung  besteht  aus  Messingguß  und  zeigt  Lesepnlt. 
das  Neuenhäuser  Stadtwappen  —  ein  Haus. 

Ein  Taufbecken,  Metall,  rund  mit  Stifterinschrift  und  Wappen,  datiert  1 7G9.  Taufbecken . 

Die  Kirche  zeichnet   sich  durch  ein  prächtiges,  tief  braun  gebeiztes  Gestühl. 
Eichenholzgestühl  aus.    Ein  besonders  schöner  Stuhl  mit  Regenceschnitzwerk 
ist  der  ehemahge  gräfliche    (Abb.  183). 


Kath.  Kirche. 

Die   katholische    Kirche    ist   in    den    Jahren    1863—65   in    einfachen 
gotischen  Formen  aus  Backsteinen  erbaut. 

Die  drei  vorhandenen  Glocken  sind  1865  von  Petit  u.  frat.  Edelbrock  Glocken, 
in  Gescher   gegossen.     Die    größte:    Durchmesser  0,93   m,   Inschrift  ,,Sancta 
Maria  ora  pro  nobis".    Die  mittlere:  0,82  m,  ,,S.  Petrus  ora  pro  nobis".    Die 
kleinste:    0,725  m,    „S.  Paulus  ora  pro  nobis".     Inschriften   in   lateinischen 
Großbuchstaben. 

Ein    neueres  Meßgewand  aus  rotem  Sammet  ist  mit  prächtigen,   um  Meßgewand. 
1500  entstandenen  Stickereien   in  Gold   und  Seide  ausgestattet,   die  aus  dem 
ehemaligen  Kloster  Frenswegen  stammen,     (Aus  Westf.  Vergangenheit,  Münster 
1893,  S.  36,  Anmerk.)  

Rathans. 

Das  an  der  Hauptstraße  belegene  Rathaus  (Abb,  185)  ist  ein  zwei-  Rathaxis, 
geschossiger,  fünfachsiger  Ziegelbau  auf  rechteckigem  Grundriß,  mit  der  Lang- 
front der  Straße  zugekehrt.  Sockel,  EckHsenen,  Hauptsims  bestehen  aus 
Sandstein.  Lichtöffnungen  sind  rechteckig;  Holzrahmen,  Schiebefenster  mit 
Sprossenteilung.  Ein  Scheinrisalit  in  der  Frontmitte,  dessen  Eckhsenen  sich 
am  Hauptsims  verkröpfen,  trägt  einen  Dreiecksgiebel  und  enthält  die  recht- 
eckig umrahmte  Eingangstür  und  im  Oberstock  ein  Fenster.  Im  Zwischen- 
stück zwischen  beiden  befindet  sich  das  Neuenhäuser  Wappen;   im  Giebel- 


-'^l     172     ^- 


Altes 
Pastorat. 


i'eldü  das  licniliciiner  Wapixui.  I'rolilo  und  Oniarn«inlforinen  .sind  klassizistisch. 
Das  ziegelgedockto  Walmdach  trägt  auf  der  Firstmitte  einen  zweistöckigen, 
achtseitigen  Dachreiter  mit  offenen  Laternen.     Deckling  in  Schiefer. 


Altes  Pastorat. 


Das  alte  Pastorat  zeigt  einen  wirkungsvollen,  schlichten  Staffelgiebel 
mit  Zierstücken  und  Eckbekrönungen  in  der  Abtreppung;  Jene  wie  die  Gesimse 
aus  Sandstein,   die  Flächen  jetzt  verputzt;   früher  wird   aber  das  Backstein- 


Abb.  185.    Neuenhaus:  Kathaus. 


mauerwerk  sichtbar  gewesen  sein.  '  Zwischen  den  in  Blockrahmen  eingesetzten 
Fenstern  des  Giebels  eine  Wappentafel.  Die  Ankersplinte  geben  als  Erbauungs- 
zeit die  Jahreszahl  1684  an.     (Abb.  186.) 


Haus 
.Schölten. 


Bürgerhäuser. 

Haus  Schölten  an  der  Hauptstraße  (Abb.  187  a).  Fünf  achsiges,  zwei- 
geschossiges Geschäftshaus;  den  Grundriß  zeigt  Abb.  187b.  Kleinformatige 
Ziegel,  Eckverzahnungen  aus  Sandstein.  Ankereisen  bilden  die  Jahreszahl 
1753.  Große  Licfctöffnungen :  gerader  Sturz,  Holzrahmen,  Schiebefenster; 
Hauptsims  aus  Holz,  nicht  ursprünglich.  Das  Ziegeldach  hat  \der  im  Viereck 
zueinander  liegende  Firsten,  so  daß  nach  Innen  zu  ein  Wassersack 
gebildet  wird. 


->^    1 7;>    gK- 


Abb.  186.    Neuenhaus ;   Altes  Pastorat. 


Abb.  187a.    Neuenhaus;  Haus  Schölten,  Ansicht. 


Carlen 


Brückp 


Abb.  188.    Neuenhaus;  Haus  an  der  Hauptstraße 


Abb.  187b.    Neuenhaus;  Haus  Schölten,  Grundriß. 


•>^     1 7-1     fh'- 

Wo  Im  haus  an  (Icr  llauptstraßo  —  Mitte  des  XIX.  .Jalirliunderts  — 
(Abb.  188).  Eingeschossiger  Ziegelbau  mit  fünf  Achsen.  ?]ckUsenen  und  Haupt- 
sims in  Holz,  (iroßo  Liditöffnungen  mit  zurückhegenden  Holzrahmen  und 
Schiebefenstern.  Sturz  gerade.  Tür  mit  Holzgebälk.  Zweifenstriger  Erker- 
aufbau.    Gevvalmtes  Dach. 


Nordhorn. 


Ref.  Kh'che,  kath.  Kirche,  Ratlians,  Bürgerhaus  usw. 

JNordhorn,  ein  stark  im  Aufblühen  begriffenes  Städtchen  mit  %4elen 
Weberei-  und   Spinnereibetrieben,  liegt   auf   einer  Vechteinsel   an   der   alten 


Abb   189.    Nordhorn;  Stadtplan. 


Hauptpoststraße  von  Nord  Westdeutschland  nach  Amsterdam.  Offenbar  hat  das 
Vorhandensein  der  Burg,  die  wahrscheinlich  seit  Ende  des  XI\^.  Jahrhunderts 
bestand  t»nd  auf  deren  Platz  heute  die  katholische  Kirche,  Pfarre  und  Schule 
liegen,  die  Entwicklung  des  Ortes  gefördert  (s.  d.  Stadtplan,  Abb.  189).  Der 
Lauf  der  die  Stadt  umfließenden  Vechte  wurde  wiederholt  mit  dem  An- 
wachsen der  Stadt  verlegt.  Von  den  sogenannten  Binnenvechten,  welche 
einst  als  schiffbare  Kanäle  die  Stadt  durchzogen,  sind  nur  noch  die  Spuren 
vorhanden;  der  Burggraben  -wurde  als  letzter  dieser  Wasserläufe  im  Jahre 
1899  zugeschüttet. 


Tafel  14. 


Abb.  190,  195  u.  193. 

REF.  KIRCHE  IN  NORDMORN;  Aussenansicht,  -  Turm,  -  Innenansicht 


-^     175    8^- 

Während  die  große  Landstraße,  an  deren  Eintritt  und  Austritt  aus 
der  Stadt  je  ein  Tor  lag  —  nach  Rump  (a.  a.  0.  S.  67)  sind  zwei  Tore  1410 
erbaut  —  und  die  Binnenvechten  einerseits  von  Einfluß  auf  die  Gestaltung 
des  Stadtbildes  wurden,  so  unterlag  die  Gestaltung  des  Wohnhauses  den  all- 
gemein im  Lande  gültigen  Bedingungen  des  kleinbürgerlichen  Lebens.  Die 
Einwohnerschaft  trieb  Vieh-  und  Wiesenwirtschaft,  Hausweberei,  Fuhrunter- 
nehmung und  Schiffahrt.  Die  Bauweise  ist  aber  mehr  als  anderwärts  die 
holländische  des  XVIII.  Jahrhunderts  —  wie  denn  der  Einfluß  niederländi- 
scher Kultur  auch  auf  anderen  Gebieten  sich  in  dieser  Zeit  am  stärksten 
erweist.  Die  Hausfronten  zeigen  kleinformatige,  graurote  Ziegel,  gekappte 
Giebel,  gwalmte  Dächer;  die  Hinterbauten  bestehen  meist  noch  aus  Fachwerk, 
während  Fachwerkfronten  nach  älterer  Bauweise  selten  geworden  sind.  Das 
älteste  Privatgebäude  überhaupt  stammt  "aus  dem  Jahre  1657. 

Visch  (a.  a.  0.  S.  105)  bringt  Angaben  über  eine  vorübergehende  Befesti- 
gung der  Stadt  in  den  Jahren  1370—1380  und  verweist  auf  Henr.  Hövel, 
S.  304.    (Ms.  in  der  Prov.-Bibl.  Hannover.) 

Der  Name  Nordhorns   kommt  vor  in    der  Form   Northernon  in  den  aeschichto. 
Werdener  Heberegistern  von  den  Jahren  1000,   1050  und  1092*)  (Ztschr.  des 
Berg.  Gesch. -Ver.,  Band  33,  S.  28.    Crecelius,  Collectae  .  .  Illb  113);  dann  in 
der  Form  Nodehorne  in  einer  Urkunde  aus  dem  Jahre  1341  (Jung,  Cod.  dipl. 
Nr,  78).    (Zur  Namenserklärung  siehe  Förstemann,   Namenbuch  II,   Sp.  1548.) 

Außer  diesen  Erwähnungen  findet  sich  der  Name  Nordhorn  in  Ur- 
kunden aus  den  Jahren  1184,  1249  (1250?)  und  1255.  Die  erste  handelt 
von  Einkünften  des  Magdalenenhospitals  zu  Münster,  die  zweite  nennt 
als  Zeugen  einen  Johannes,  plebanus  in  Northorn,  die  letzte  dreht  sich  um 
die  Übertragung  von  Einkünften  im  Kirchspiel  Nordhorn  an  das  Kloster 
Langenhorst  (Erhard,  Regesten  2147,  Cod.  dipl.  Nr.  443,  Osn.  Urk.  B.  I,  Nr.  374). 
Das  Münsterische  Registrum  vom  Jahre  1313  schätzt  Nordhorn  auf  neun 
Marcas  ein,  und  auch  im  liber  redituum  vom  XIV.  Jahrhundert  wird  sein 
Name  erwähnt  (Tibus,  Gründungsgesch.  S.  929).  Im  Jahre  1319  verlieh  der 
Bischof  Ludwig  von  Münster  dem  Grafen  Johann  IL  von  Bentheim  die  welt- 
liche Gerichtsbarkeit  in  Nordhorn  gegen  die  Verpflichtung,  die  im  Gerichts- 
bezirk auf  Erben  oder  Katten  des  Bischofs  oder  Domkapitels  Sitzenden  nicht 
mit  Schätzung  oder  Dienstleistung  zu  bedrängen  (Jung,  Cod.  dipl.  Nr.  58). 
Graf  Bernhard  I.  gab  ,,alzedann  1379  den  Borgheren  und  der  Menhet,  und  den 
Wichbolde  tho  Nordhorne  . . .  Recht  und  Wonehet  alze  de  van  Schuttorpe  hebbet" 
(Vaterl.  Archiv  I.  128,  Niesert,  Urk.  V,  S.  187).  Zwischen  1370  und  1380, 
während  eines  Krieges  des  Grafen  Bernhard  mit  dem  Bischof  Florentius  von 
Münster,  scheint  Nordhorn  durch  Wälle  und  Kanäle  befestigt  gewesen  zu  sein. 
Die  Stadtrechte  erfuhren  Bestätigung  1478  durch  Everwyn  II.  und  andere 
spätere  Grafen.  Im  Dreißigjährigen  Kriege  hatte  Nordhorn  infolge  der  Besetzung 
durch   die   Kaiserlichen   1643  und  ferner  durch  die   Beschießung   unter   dem 


*)  Dieses   enthält   auch   zweimal   den  Namen   des  Dorfes  Addentliorpe,    in    dem 
später  die  heutige  reformierte  Kirche  erbaut  wurde. 


-'^     170     g--- 

schwodischon  (leiieral  Uantzaii  zu  leiden.  Hei  dieser  letzten  Gelegenheit  wurden 
120  Häuser  in  Asche  gelegt  (vgl.  O.sn.  Monatshiätter  Nr.  11,  August  1900). 

Ref.  Kirclic. 
Ocscliiclito.  Die   ursprüngliche,   wahrscheinlich    vom   hl.    Liudger  oder  kurz   nach 

seiner  Zeit  gegründete  Kirche  zu  Nordhorn  ist  nicht  auf  dem  Platze  der 
heutigen  angelegt  gewesen.  Sie  hat  unter  dem  Patrocinium  des  hl.  Liudger 
gestanden,  denn  das  alte  Kirchensiegel  zeigte  nach  Mithoff  (VI,  S.  97),  in  rundem 
Felde  die  Halbfigur  eines  Bischofs  mit  der  Umschrift  St. :  ecclesie :  sancti : 
ludgeri.  i.  northor.  Über  die  jetzige  reformierte  Kirche  schreibt  Johannes  von 
Horstmar  in  seiner  Frensweger  Chronik,  Kapitel  58,  daß  diese  gleichzeitig 
mit  der  Klosterkirche  in  Frenswegen .  im  Jahre  1445  geweiht  wurde  (vgl.  auch 
Tibus,  Gesch.  Nachrichten  über  die  Weihbischöfe  S.  ;38).  Aus  der  gleich- 
zeitigen Konsekration  des  Kirchhofes  folgt  der  Schluß,  daß  die  Kirche  auf 
einem  ganz  neuen  Platze  angelegt  worden  war.  Nach  der  Kirchenbe-schreibung 
aus  dem  Jahre  1861  soll  der  Turm  der  Kirche  unter  Everwyn  dem  Reichen 
1489  begonnen  sein.  „Anno  1747;  12.  Dec.  s'av.  7—8  uur  is  de  308  voet 
hooge  toren,  die  1489  gebouwd  was,  omgewaid".  „1749,  5.  Dec.  was  de  nieuwe 
voordig"  sagt  die  gleiche  Beschreibung.  Der  neue  Turmhelm  brannte  dann 
infolge  Blitzschlages  noch  im  selben  Jahrhundert  ab  und  es  wurde  der  jetzige 
,,in  zierlicher  Kuppelform  auf  acht  Pfählen"  errichtet. 

Die  reformierte  Gemeinde  zu  Nordhorn    teilt    sich  in  Stadtgemeinde 
und  acht  Bauerschaften. 
Be-  Die   Kirche    (Tafel  14,  Abb.  190)  liegt  auf   einer   geringen  Erhöhung 

ung.  ^g^j|j.j^  ^Qp  ^gj.  g^a(j^  [jj^  sogenannten  Alten  Dorfe,  ist  aus  Sandsteinquadern 
aufgeführt  und  hat  drei  gewölbte  Schiffe  mit  zwei  Paar  im  Grundriß 
kreisrunden  Pfeilern.  Dem  Mittelschiff  ist  ein  mit  fünf  Seiten  eines  Achteckes 
abschließender  Chor  vorgelegt  (s.  d.  Grundriß  Abb.  191).  Die  gekehlten 
Rippen  des  Gewölbes  wachsen  aus  runden  Wandsäulchen  mit  achteckigen 
Basen  und  Kelchkapitellen  hervor.  Die  Gewölbe  sind  in  Backstein  ausgeführt 
(s.  den  Schnitt  Abb.  192).  An  die  Nordseite  des  Chores  schließt  sich  eine 
in  zwei  Jochen  gewölbte  Sakristei.  Der  Schlußstein  des  westlichen  Joches 
zeigt  eine  Fratze.  Die  Tür  in  der  Chorsüdseite  ist  nach  der  gotisierenden 
Inschrift  außen  darüber  im  Jahre  1653  erneuert  oder  eingesetzt.  Der  Chor- 
fußboden liegt  um  etwa  12  cm  höher  als  der  des  Schiffes  (nach  der  Beschreibung 
von  1861  einen  Fuß).  Den  Chor  öffnet  nach  dem  Langhause  zu  ein  mächtiger 
Triumphbogen.  Ein  Entlastungsbogen  liegt  darüber,  oberhalb  der  Gewölbe, 
gegen  Sicht  von   außen  durch  das  Chordach  verdeckt. 

Die  ganze  Anlage  des  Schiffes  (Tafel,  14.  Abb  193)  gleicht  derjenigen  von 
'  der  Schüttorfer  Kirche.  Die  Pfeiler  sind  rund  ohne  Dienste ;  Basen  und  Kapi- 
telle sind  untereinander  gleich  profiliert  (Abb.  194).  Breite  Gurten  spannen 
sich  von  Pfeiler  zu  Pfeiler  und  sind  mit  Hohlkehlen  profiliert.  Auch  die 
Rippen  der  Kreuzgewölbe  sind  gekehlt.  Das  Gewölbe  zunächst  dem  Chor  weist 
ringförmigen  Schlußstein  auf  imd  ist  etwas  höher  ausgeführt  als  die  übrigen. 


->^     177     g-c- 


12 


-^     1 78     h<'- 


'j',„.,„  Der  Turm  (Tafel  14,  Abb.  \\)i))  ist  der  We.slwand  des  Schiffes  nachträglich 

vorgelegt,  wie  ja  auch  die  Geschichte  überliefert.  Die  hohe  westliche  Giebel- 
wand des  Schiffes  besteht  selbständig  bis  oben  hin;  daran  legt  sich  der 
Turm  ohne  Verband.  Die  Durchgangshalle  im  Turm  hat  ein  auf  Konsolen 
ruhendes  und  mit  gekehlten  Rippen  ausgeführtes  Gewölbe.  Mächtige  Hohl- 
kehlenprofilierung  zeigt  der  die  Halle  nach  dem  Schiff  zu  öffnende  Spitzbogen. 


Abb.  192.    Ref.  Kirche  in  Kordhoin: 
Schnitt  (1 :  250). 


Abb.  ia4.     Eef.  Kirche  in 

Nordhorn;     Pfeiler,     Fuf5 

und  Kapitell. 


Das  vierteilige  Oberlichtfenster  des  Turmportales  ist  mit  feinem,  spätgotischem 
Maßwerk  versehen  (Abb.  196).  Die  Türbekrönung  ist  eine  Wimperge  mit 
Eselsrücken,  späten  Krabben  und  Resten  von  Fialen  zu  beiden  Seiten.  Nach 
seiner  Gliederung  ist  der  Turm  dem  Schüttorf  er  verwandt:  er  steigt  in  drei 
mächtigen  Stockwerken  empor;  an  der  Westfront  ist  das  zweite  und  dritte 
Geschoß  durch  Je  drei  lange  Blenden  geteilt.  An  den  übrigen  Seiten  hat  nur 
das  obere  Geschoß  jederseits  eine  Zweiteilung  durch  Blenden.  Die  Höhe  de-: 
Turmkörpers  beträgt  o2,60  m. 

An  der  Südseite,  außen  in  der  Ecke  zwischen  Turm  und  Schiff  liegt 
ein  Treppentürmchen,  das  im  Grundriß  ein  halbes  Achteck  bildet  und  von 
der   Südwestecke   des  Schiffes   aus  zugänglich  ist.     Es   bestand  eher  als  der 


->S     179     ö-<- 

Kirchturm;     Außen  daran   befindet  sich  ein   stark  verwitterter,   lebensgroßer 
Kopf  in  vollem  Relief,  aus  kreisrunder  Umrahmung  westwärts  schauend. 

Aus    den    Fenstern    in   Schiff    und  Chor   sind  in   den   1860er  Jahren 
die  Maßwerke  entfernt;  sie  sind  durch  gußeiserne  Rahmen  ersetzt. 

Die   eichene  Wandverschalung  des  Chores  trägt  die  Jahreszahl  1653;  Gestühl, 
die  Brüstung  der  nördlichen  Prieche  die  Zahl  1657. 


Abb.  196.    Ref.  Kirche  in  Kordhorn; 
Turmportal. 


Abb.  1^7.    Eef.  Kirche  in  Nordhorn; 
Kanzel. 


Die  größte  der  vier  vorhandenen  Glocken  (1508)  nennt  in  ihrer  In-  Glocken. 
Schrift:  Westerhues  Wolterus  nos  fecit  anno  domini  mdviii  zugleich  für  die 
übrigen  drei  den  Meister.  Ihr  Durchmesser  beträgt  1,5  m.  Die  einzeilige 
Inschrift  findet  sich  unterhalb  der  Haube,  oben  und  unten  mit  einer  Blatt- 
kante besäumt,  und  enthält  außer  Meisternennung  und  Jahreszahl  in  gotischen 
Kleinbuchstaben  eine  Anrufung  Gottvaters:  o  pater  eterne  laus  petentibus  usw. 

Bei  der  zweiten,  Durchmesser  1,35  m,  gilt  die  in  gleicher  Weise  an- 
gebrachte Inschrift  der  Himmelskönigin :  regine  cell  servemus  mente  fideli  usw. 
.  .  .  laude  cum  digna  dicamus  ave  maria  ano  domini  mdvm. 

Die  dritte,  Durchmesser  1,20  m:  0  ludiger  pater  pete  .  .  .  usw.  .  .  .  sit 
procul  hie  bellum,  sit  procul  omne  malum.  ano  domini  mdvm. 

Die  vierte  Glocke,  Durchmesser  0,75.    Inschrift  nicht  entziffert. 

12* 


1  H< )     't-^-- 


Kan/ol. 


Kntii- 
Iciiclitcr. 


Kclclie. 


Die  aus  Steinplatten  /usaminenf,'esetzte  Kanzel  (Abb.  YM)  trägt  am 
Fuß  die  Zahl  1057.  Der  Stuhl  ist  sech.seckig  und  hat  dorische  Säulen  an 
den  Kanten.     Die  Seitenflächen  enthalten  Spruchinschriften. 

Drei  Kronleuchter  aus  üelbguß  von  der  üblichen  Form.  Auf  Wappen- 
schilden  am  Knauf:  Gegeven  door  de  Familie  van  Hubert  1700.  Zwischen  den 
Schilden  plastische  Figuren  einer  Mutter  mit  drei  kleinen  Kindern  (Abb.  198). 

Ein  größerer  Becherkelch  mit  Deckel,  Höhe  ;j9,5  cm,  aus  Silber,  trägt  im 
Deckelinneren  über  dem  Nordhorner  Wappen  die  Zahl  1588.  Das  Gefäß  ist 
in  Graviertechnik  verziert.    Der  Deekelknauf  ist  als  Pelikan  ausgebildet. 


Abb.  198.    Ref.  Kirche  in  Nordhorn;  Kronleuchter. 


Ein  kleinerer  Becher  aus  Silber,    15,3  cm  hoch,  ist  in  Graviertechnü 
im  Stil  um  1720,  ähnlich  dem  Becher  von  Lage,  verziert. 
Brotschüssel.  Eine  Brotschüssel  aus  Silber  in  elliptischer  Form,  41  cm  Durchmesse) 

(Tafel  15,  Abb.  199),  deren  Rand  mit  naturalistischem  Blumenornament  ii 
Treibtechnik  versehen  ist,  enthält  im  Grunde  die  Darstellung  eines  bärtiger 
Mannes  in  mittelalterlicher  Gewandung  und  Kopfbedeckung,  mit  Sandalei 
an  den  Füßen;  auf  einem  Lehnstuhl  sitzend,  vorgebeugt  gegen  ein  offene 
Feuer,  wärmt  er  rechte  Hand  und  Fuß.  Die  linke  Hand  hält  einen  Gegen 
stand.  Hinter  dem  Stuhle  kauern  zwei  Hunde.  Der  Fußboden  im  Hinter 
grund  zeigte,  daß  die  Szene  in  freier  Natur  gedacht  ist.  Eine  Architektu 
mit  Nischen  für  die  Abendmahlsattribute  und  mit  Wappen  scheint  nach 
trägliche  Zutat.  Die  Arbeit  entstammt  der  Wende  des  XVII.  Jahrhunderte 
Siegel.  Das  Kirchensiegel   stellt  die   hl.   Maria  mit  dem  Jesuskinde   dar  un( 

hat    die    Umschrift:    Sigillum  Prioris    nemoris   beatae  Mariae  Virginis  prop 
Nordhorn. 


->?     181     8^- 


Kath.  Kirche. 

Auf  einer  besonderen  kleinen,  von  der  Vechte  gebildeten  Insel  im 
Westen  der  heutigen  Stadt  lag  ehemals  die  Burg  Nordhorn.  Sie  ist  als  solche 
nach  Tibus  (Gründungsgeschichte  S.  995)  wahrscheinhch  erst  nach  1360, 
vermutlich  aber  im  XIV.  Jahrhundert  überhaupt  noch  gar  nicht  erbaut,  weil 
die  Bischöfe  von  Münster  ebensowenig  hier  die  Anlage  eines  befestigten 
Platzes  geduldet  haben  würden,  als  sie  es  in  Brandlecht  taten..   Die  Kirchen- 


Geschichte. 


Abb.  200.  Nordboin;  Augustinerhaus,  nachmals  Kirche  und  Kapelle  (kath.)  auf  der  Buvs. 


Abb.  201.    Nordhorn  ;  Kapelle  (kath.),  Grundriß  (1 :  250). 


beschreibung  der  katholischen  Kirche  aus  dem  Jahre  1862  enthält  geschichtliche 
Angaben:  danach  verkaufte  Graf  Arnold  IL  von  Bentheim  1578  die  Burg  an 
das  Kloster  zu  Frenswegen,  das  sie  für  den  katholischen  Gottesdienst 
herrichtete.  Unter  den  Bentheimer  Grafen  war  die  Burg  als  Jagdschloß 
benutzt  worden,  während  sie  vorher  Sitz  einer  Johanniter  -  Kommende 
(vgl.  Jung,  Cod.  dipl.  Nr.  78)  gewesen  sein  soll,  in  deren  Hand  das  Haus  aus 
dem  Besitz  der  adeligen  Familie  Nothehorne  übergeben  worden  wäre. 
Genauere  geschichtliche  Daten  über  die  ältere  Zeit  fehlen. 

Der  Gottesdienst  auf  der  Burg  wurde  nach  der  Reformation  vom 
Kloster  Frenswegen  aus  gehalten.  Zur  Zeit  der  napoleonischen  Besetzung 
erlitt  sie  das  gleiche  Schicksal  wie  die  übrigen  klösterlichen  Besitzungen:   sie 


-«»?     1H2     %^ 

wurde  1H]1  von  dor  fran'/,ösis(;h<!n  Regierung  verkauft.  Im  .Jahre  1S24  aber 
erwarb  die  katholische  Gemeinde  zu  Nordhorn  die  Burg  für  02(X)  fl.  mit  Bei- 
hilfe der  hannoverschen  Klosterkammer. 

,  'V''  Das    Residenzhaus   der  Augustiner  wurde    zur   Kirche   umgewandelt, 

die  Kaj)elle  als  Lehrerwohnurig  und  Schule  eingerichtet  und  das  ehemalige 
Jägerhaus  zur  Ffarrwohnung  umgebaut.  Die  ersten  beiden  Gebäude  sind  im 
Jahre    1911    niedergelegt,    um   dem  Neubau   einer  Kirche    Platz    zu    machen. 

Das  von  Ordensleuten  des  Klosters  Frenswegen  1579  errichtete 
Residonzhaus,  das  1825—20  zu  einer  dem  hl.  Augustinus  geweihten  Kirche 
ausgebaut  wurde,  war  ein  schlichter,  zweigeschossiger  rechteckiger  Bau  mit 
Ziegelwalmdach,  9,5  m  breit  und  22,8  m  lang  (Abb.  200).  In  die  Umfassungs- 
wände, die  im  unteren  Teil  aus  Quadern,  im  oberen  aus  verputzten  Back- 
steinen (Format  24  :  11^12  '  ö^k)  bestanden,  waren  bei  Umwandlung  zum 
Gotteshause  spitzbogige  schlanke  Fenster  eingebrochen.  In  der  nördlichen 
Schmalseite  lag  der  alte  rechteckige  Eingang  mit  zweiteihgem  Oberlicht, 
dessen  Sandsteinumrahmung  in  der  bogenförmigen  Verdachung  die  folgende 
Inschrift  trug:  .,TEMPORIS  INIURIA.  /  EXTRUCTUM  AXNO  1579.  / 
RENOVATUM  ANNO  1711."  Zu  beiden  Seiten  dieser  Tür  befand  sich  ein 
vermauertes,  durch  Kreuzpfosten  geteiltes  Fenster;  ein  gleiches  über  dem 
Eingang  und  noch  mehrere  in  der  Ostwand.  Hier  zeigte  sich,  7,9  m  von  der  Süd- 
ecke entfernt,  eine  senkrechte  Fuge  im  Mauerwerk;  außerdem  v^^ar  der  dadurch 
abgetrennte  südliche  Teil  des  Gebäudes  ausgezeichnet  durch  ein  in  2;^  der 
Höhe  herumlaufendes  Gurtgesims  gotischer  Bildung,  die  hier  wie  auch  an  anderen 
Orten  bis  tief  ins  XVI.  Jahrhundert  hinein  in  Übung  geblieben  ist.  Die  der 
Vechte  zugewandte  Westrand  wurde  durch  zwei  Strebepfeiler  mit  Schräg- 
abdeckung verstärkt,  so  daß  an  dieser  Stelle  auf  das  einstige  Vorhandensein 
von  gewölbten  Räumen  geschlossen  werden  darf.  Das  Innere  wies  zuletzt 
eine  flach  gewölbte  Decke  auf  und  bot  keine  Anhaltspunkte  für  die  ehemahge 
Grundrißbildung. 

Die  ehemalige  Kapelle  (Abb.  201),  1712  aus  kleinen  Backsteinen 
(22,5  :  10,2  :  4,2)  erbaut,  war  im  Osten  und  Westen  dreiseitig  geschlossen  und  in 
den  Wandflächen  durch  Lisenen  gegliedert.  Das  abgewalrate  Ziegeldach  trug  in 
der  Mitte  einen  bescheidenen  Dachreiter.  Der  Sockel,  das  toskanische  Haupt- 
gesims und  die  schlichte  Umrahmung  der  rundbogigen  Fenster  aus  Sandstein 
ebenso  die  mit  Deckgesims  ausgestattete  Umrahmung  der  rechteckigen  West- 
tür.   Eine  darüber  angebrachte  Tafel  trug  die  Inschrift: 

DEO  TER  OPTIMO  MAXIMO  SUB  PATROCINIO  SS 

AUGUSTINI,  ET  LUDGERI,  EPISCOPORUM;  PRIOR, 

ET  CANONICI  REGULÄRES,  IN  FRENDESWEGEN  SIBI 

POSTERIS  PONI  CURARUNT  ANNO  1712. 

Ein  Eingang  im  Osten  war  nachträglich  für  die  Lehrerwohnun* 
geschaffen  worden.  Das  Innere  hatte  eine  gerade  geputzte  Decke  mit  ringsum 
laufender  Voute. 


->^     183    ^- 

Die  im  Dachreiter  untergebrachte  Glocke  hatte  nach  Möller  (a.  a.  0. 
(S.98)  die  Inschrift:  Jeroniraus  is  min  Naem.  Jan  Moor  mackten  mi  MCCCCCLVI. 
(1556.)    Unterer  Durchmesser  ist  0,40  m. 


Rathaus. 

Das  Rathaus  an  der  Hauptstraße  —  Mitte  des  XVIII.  Jahrhunderts  — 
Abb.  202)  ist   ein  zweigeschossiger,   fünfachsiger  Ziegelbau;   Sockel,  Eckver- 


Abb.  202.    Nordhorn;  Rathaus 


zahnungen,  Hauptsims  bestehen  aus  Sandstein.  Der  Eingang  liegt  in  einem 
Mittelrisalit,  das  in  einem  Giebelaufbau  mit  Voluten,  Verkröpfungen  und 
Segmentbogen  abschließt.  Tür  und  Fenster  haben  Sandsteinumrahmungen. 
Das  Portal  im  Risalit  ist  durch  Gebälk  und  Oberlicht  ausgezeichnet,  darüber 
das  Nordhorner  Stadtwappen.  Im  Giebelfelde  das  Bentheimer  Wappen  mit 
Chronogramm. 

Ein  achtseitiger  Dachreiter  mit   offener  Laterne  krönt  die  Firstmitte 
des  gewalmten  Daches. 


-X-i     |sl     y,^,- 

liiirgcrliuii.'s. 

Wolmliaus   an   der   Hauptstraße  -  -   Mitte   bis   Knde   des  XVIII.  .Jahr- 
hunderts (Abh,  20)5  ;i).    Eingeschossiges  (iiebclhaus  aus  kleinformatigen  Ziegehi 


Abi'.  203la.    Koidliorn :  Haus  an  der  Hauptstraße. 


Abb.  203b.    Nordborn;  Giebel  des  ehem.  Neuenhäuser  Tore.« 


mit  unsymmetrisch  belegenem  Dielentor.  Sockel  und  Ecklisenen  aus  Sandstein : 
Giebel  gekappt,  Schrägen  konkav  geschwungen.  Fenster  rechteckig,  Dielentor 
mit  Korbbogen.   - 


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Giebel. 

Giebel  des  ehemaligen  Neuenhäuser  Tores  —  Mitte  des  XVIIl.  Jahr- 
hunderts (Abb.  203  b).  Konkav  geschwungene  Schrägen  nach  unten  in  Voluten 


Abb.  204.    Nordhorn;  Pumpe. 


aufgerollt,  wagerechtes  Baudsims;  darüber  ein  konchenähnlicher  Abschluß. 
Das  Giebelfeld  enthält  das  Nordhorner  Wappen.  Der  Giebel  ist  in  jüngerer 
Zeit  verputzt. 


Pumpe. 

Pumpe    (Abb.    204),    Sandstein  —  zweite    Hälfte    des    XVIIL 
hunderts.    Ähnliche  Stücke  in  benachbarten  holländischen  Städten. 


Jahr- 


Ohne. 


Kirche. 

Uhne  ist  ein  aus  den  Bauerschaften  Samern,  Suddendorf  und  Ohne 
bestehendes  Pfarrdorf,  am  Vechteübergange  einer  alten,  von  Osnabrück  nach 
Amsterdam  führenden  Straße  belegen. 


-^    iHf;    g-> 


Abb.  206.    Kirche  in  Ohne:  Grundriß  (1:250). 


Abb.  207.    Kirche  in  Ohne;  Längsschnitt  (lj:250). 


->§     187     gK^ 

Sein  Name  kommt  vor  in  der  Schreibweise  On  (Wilmans  Urk.  B.  1454),  Gescliichte. 
Oon,  Oen  und  schließlich  Ohne.  Über  die  Wahrscheinlichkeit,  daß  die 
Gegend  von  Ohne  durch  fränkische  Kolonisten  aus  der  Ysselgegend  besiedelt 
worden  sei,  deren  Annahme  sich  zunächst  an  das  Vorkommen  gleicher 
Ortsnamen  knüpft,  handelt  Tibus  (Gründungsgesch.  S.  184  und  1040). 
Möglicherweise  waren  die  Herren  von  Keppel  die  Gründer,  welche 
auch  über  das  benachbarte  Epe  und  andere  Parochien  das  Patronatsrecht 
ausübten.  Die  Pfarre  zu  Ohne  ist  nach  Tibus  (Gründungsgesch.  S.  913),  in  der 
Zeit  des  Bischofs  Hermanns  II.  von  Münster  (1174  —  1203)  eingerichtet.  Er- 
wähnt wird  das  Kirchspiel  Ohne  in  Urkunden  aus  dem  XIII.  Jahrhundert 
(Wilmans  Urk.  B.  III,  1459  u.  Niesert  Urk,-S.  187);  später  im  Registrum  des 
Stiftes  Münster  vom  11.  April  1313,  wo  seine  Einkünfte  mit  sechs  Marc  auf- 
geführt werden.  Ferner  wird  ,,dat  Kerspel  van  Oen"  in  einem  Vertrage 
genannt,  welchen  der  Dynast  Everwyn  von  Steinfurt  als  Graf  von  Bentheim 
mit  dem  Fürstbischof  Heinrich  von  Münster  1444  dahin  abschloß,  daß  die 
eine  Hälfte  des  Kirchspieles  „tho  den  Stoelgerichte  und  Gedinge  tho 
Sandtwelle",  die  andere  ,,zum  Stoelgerichte  und  Gedinge  Schüttorf  gehören 
solle"  (Niesert  Urk.-S.  VII 5 ;  Hobbeling,  Beschreibung  des  Stiftes  Münster,  S.  53). 
Der  Patron  der  Kirche  ist  unbekannt. 

Die  Kirche  zu  Ohne  (Tafel  16,  Abb.  205)  liegt  auf  einer  kleinen  Er-  ,  B.^- 
höhung  am  linken  Ufer  der  Vechte  mit  dem  Chor  nach  dem  Wasser  zu  und 
ist  normal  orientiert.  Der  Bau  besteht  aus  scheitrecht  behauenen  Bentheimer 
Quadern  von  oftmals  fast  kubischer  Form.  Wie  das  alte,  noch  vorhandene 
Kirchensiegel  anzudeuten  scheint  —  ein  neues  ist  nach  dem  alten  um  1888 
gestochen  — ,  bestand  die  Kirche  ehemals  aus  einem  romanischen  Langhause 
mit  drei  Jochen  und  einem  apsidialen  Chorabschluß.  An  die  Stelle  des  dritten 
Joches  ist  dann,  um  die  Mitte  des  XV.  Jahrhunderts,  ein  Chor  getreten,  der 
das  Schiff  mit  fünf  Seiten  eines  regelmäßigen  Achteckes  abschließt  (s.  d.  Grund- 
riß Abb.  206). 

Die  beiden  Joche  des  Schiffes  (s.  Schnitt  Abb.  207)  haben  Je  ein  Paar  Schiff. 
hochsitzende  romanische  Fenster;   das  westhche  Joch  hat  außer  dem  Durch- 
gang nach   dem  Turm    noch    eine    rundbogige  Tür  in   der 
Südwand.    Zwischen  beiden  Jochen  spannt  sich  eine  kräftige 
Rundbogengurte,   die   auf  starken  Wandpfeilern   mit  Drei- 
viertelsäulen in  den   einspringenden  Ecken  ruht.    Kapitelle 
und  Kämpfer  (Abb.  208)   zeigen  romanische  Formen  etwa 
aus  dem  ersten  Drittel  des  XIII.  Jahrhunderts.    Das   Ge- 
wölbe über  dem  westlichen  Joche  ist  ein  rippenloses  Kreuz- 
gewölbe aus  Haustein.    Von  dem  zweiten  Joche  besteht  die 
ursprüngliche  Wölbung  nicht  mehr.    Reste  der  romanischen 
Schildbogen   zeigen,   daß   sie  in  gleicher  Weise   wie   beim 
Ohne;  Pfeilerkapitell,    ersten  ausgeführt  War.     Die  jetzt  vorhandene  Wölbung  ist 
in  Backstein  auf  gekehlten  Sandsteinrippen,  etwa  zu  Ende 
des  XV.  Jahrhunderts,  eingezogen.  Reparaturen  daran  sollen  1830  vorgenom- 
men worden  sein. 


Abb.  208.    Kirche  in 


ci,^,.  I)or   ('hör  (Tafel   10,   Aljb.  2<>'.»j   lie^l    mit  seinem  Fußboden  um  eine 

Sluf'o  über  dem  Schiffsboden  erhöht  und  setzt  etwas  zurück  (^egen  das  Schiff. 
Seine  Wcilbung  ist  in  Ziegeln  auf  gekehlten  Sandsteinrifipen  ausgeführt,  die 
auf  Konsolen  ruhen,  welche  mit  gebuckeitern  I'lattwerk  belegt  sind.  Die 
spitzbogigen  P'enstor  sind  dreiteilig  und  haben  Fischblasenrnaßwerk. 

'l',„.,„  Der  viereckige  Turin  ist  dem  Schiffe  vorgebaut  unter  Benutzung  von 

dessen  Westwand.  Er  liegt  um  einige  Dezimeter  aus  der  Schiffsrnittelachse 
südwärts  verschoben;  und  zwar  mag  diese  Verschiebung  einem  Kirchenanbau 
zuliebe  geschehen    sein,    dessen   Spuren   sich   an   der  Nordwand  des  Turmes 


|^"fPL^^\S 


Abb.  2lU.    Kirche  in  Ohne;  Inschrift. 

erhalten  haben,  der  aber  älter  als  dieser  war.  Der  Turm  hat  eine  Durch- 
gangshalle mit  Tonnengewölbe.  Seine  Treppe  liegt  innerhalb  der  Südwand, 
von  der  Halle  aus  zugänglich.  Dicht  unter  dem  Dachgesims  finden  sich  in 
den  Seitenmitten  rundbogige,  gekuppelte  Fenster  mit  Rundwulst  außen  und 
einem  frühgotischen  Säulenkapitell.  Danach  gehört  der  Turm  also  frühestens 
in  das  Ende  des  XIII.  Jahrhunderts, 
luschrifteu.  ^^  der  Östlichen  Leibung    der   Tür   in    der    Südmauer   des    Schiffes: 

ein    Kreuz    mit    Strahlen    und    um    den    Stamm    sich    ziehenden    Gewinde. 
Darunter  ein  A  (Abb.  21U).    Versuch  der  Lesung: 

ISTE  LAPIS 

FIXUS  AN-NO  DOI 

MCD  —  FL 

Eine  Inschrift  an  der  Südwand  des  Schiffes,  unter  dem  Dache,  datiert 
eine   Erhöhung  des  Schiffes   um   vier  Steinlagen,    die  nach  der  Neuwölbung 


->^     189     §K^ 

notwendig  war,  um  Schiff  und  Chor  auf  gleiche  Höhe  zu  bringen  (Abb.  211, 
vgl.  Visch,  a.  a.  0.,  S.  112). 

Ein  Brand  am  Himmelfahrtstage  1757  verheerte  das  Dorf  mitsamt 
dem  Kirchendach  und  Turmhelm  (Visch,  S.  112,  Möller,  S.  89).  Auf  die  Er- 
neuerung des  Turmes  bezieht  sich  die  übergroße  Inschrift  an  der  Turmfront: 
„RENOVEERT  1754". 


Abb.  211.    Kirche  in  Ohne;  Inschrift. 


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Abb.  212     Kirche  in  Ohne;  Kanzelpult. 


Eine  Glocke,  Durchmesser  1,07  m,  ist  1822  von  Alexius  Petit  gegossen.  Glocken. 
Die  zweite  (1882)  von  Radler,  Hildesheim. 

Das  Kanzelpult   aus   Gelbguß   von  1743  (Abb.  212)   ist  eine    Stiftung  Kanzelpult. 
der  Zieglergilde  und  trägt  eine  Dachpfanne  im  runden  Mittelfeld. 

Ein  Kelch,  gotisch,  aus  Silber  (Abb.  213),  mit  Fuß  in  Form  eines  Acht-  Kelch, 
passes,  Knauf  flach  und  mit  acht  würfelförmigen  Rotulen  besetzt,  Kuppa  rund 
und  am  Rande  etwas  auswärts  gebogen. 

Ein  Kronleuchter  aus  Gelbguß  ist  eine  Stiftung  der  Webergilde  von       Kron- 
1750  und  trägt  am  Knauf  drei  Weberschiffchen. 


leuchtev. 


190    S->- 


Opl'orstock, 


SicKd. 


'ruufo, 


Kill  Weiliwassorgeläß  aus  Stein  ist  zum  ()j)ferbtock  umgearbeitet 
(Höhe  HO,  Durchmesser  45  cm).    Achteckige,  gotische  Kelchform. 

Das  Kirchcrisiegci  enthält  eine  Darstellung  der  Kirche  von  Süden 
gesehen.     ljm.schril't:  Sigillum  ecclesiae  ohnen.sis  1829. 

Das  Pfarrarchiv  enthält  Siegelabdrücke,  wahrscheinlich  von  münsteri- 
schen Bischofssiegeln. 

Ein  Taufstein  aus  Bentheimer  Material  (Abb.  214):  viereckige  Fußplatte, 
runder  Schaft,  rundes  Becken.     Höhe  im  ganzen  1,10  m,  oberer  Durchmesser 


Abb.  213.    Kirc-hc  in  Ohne;  Kelch. 


Abb.  214.    Kirche  in  Ohne:  Taufstein. 


VVand- 
j?emälde. 


84  cm.  Auf  den  Ecken  der  Fußplatte  vier  Löwen  mit  zurückgebogenen 
Köpfen.  Das  Becken  ist  umgürtet  mit  Ornamentstreifen:  am  unteren  Rande 
eine  Palmettenreihe,  in  der  Mitte  eine  Ranke,  die  von  zwei  Bändern  unten 
und  oben  begleitet  wird.  Die  Arbeit  ist  flach,  das  Relief  durch  Vertiefung 
des  Grundes  hergestellt.  Der  Taufstein  scheint  eine  jüngere  Arbeit  seines 
Types  darzustellen. 

Die  Renovierungsarbeiten  im  Jahre  1909  haben  in  der  Kirche  Reste 
von  Wandgemälden  bloßgelegt:  an  der  Südwand  des  zweiten  Joches  (v.West) 
einen  Kampf  des  hl.  Georg  mit  dem  Drachen  und  die  Gestalt  eines  Heiligen 


->^     191     §*<>- 

in  bunten  Gewändern  (Schutzpatron  der  Kirche?).  An  der  gegenüberliegenden 
Wand  desselben  Joches  einen  figurenreichen  Einzug  Christi  in  Jerusalem. 
Oberhalb  der  Bilder  in  Kämpferhöhe  zog  sich  ein  gemalter  Fries  aus  Palmetten 
in  Rundbogen  hin.  Unterhalb  ein  nicht  vollständig  leserlicher  Schriftfries: 
„Die  Gnade  unseres  Herren  Jesu  Christi  —  — "  (Mitt.  v.  H.  P.  Kröner  in 
Ohne.)    Kopien  der  Bilder  sind  im  Denkmalsarchiv  zu  Hannover. 


Schüttorf. 


Ref.  Kirche,  Kath.   Kirche  1867,   Systernhaus   (n.  m.  vorh.),  Burg  Altena,    Rathaus, 

Bürgerhäuser. 

ochüttorf,  seit  alters  die  erste  unter  den  Städten  der  Grafschaft 
Bentheim,  liegt  in  der  Vechtemarsch.  Die  Stadt,  deren  Mauern  zum  Teil  noch 
heute  erhalten  sind,  dehnt  sich  halbkreisförmig  auf  dem  linken  Ufer  des 
Flusses  aus  (s.  d.  Plan,  Abb.  215).  Die  Bürgerschaft  treibt  Ackerbau  und 
Viehzucht;  daneben  aber  haben  seit  dem  Mittelalter  Weberei  und  verwandte 
Industrien  hier  eine  Stätte  gefunden.  Der  Charakter  des  Ortes  ist  immerhin 
der  eines  Ackerstädtchens  geblieben.     Die  Einwohnerzahl  beträgt  etwa  5000. 

Der  Name  Schiittorfs  findet  sich  in  den  Formen  Scutthorpe,  Scuttorp  Gesclilchto. 
und  ähnUchen*).  Nach  Tibus  (Grdgesch.,  S.  920)  ist  es  wahrscheinlich, 
daß  in  Schüttorf  der  Hauptfreistuhl  der  Grafen  von  Bentheim  schon 
im  X.  Jahrhundert  gestanden  habe.  Dessen  Bestehen  wird  für  den  hl.  Liudger 
bestimmend  gewesen  sein,  seine  Kirchengründung  nach  dort  zu  verlegen,  und 
zwar  unter  Mitwirkung  der  gräflichen  Familie,  wie  Tibus  (S.  910)  dartut. 
Auch  das  Patrocinium  des  hl.  Laurentius  über  die  Kirche,  wie  es  aus  dem 
Ablaßbriefe  vom  Jahre  1335  (Jung,  Cod.  dipl.  76)  als  bestehend  hervorgeht, 
weist  auf  ein  hohes  Alter  der  Kirche  und  damit  des  Ortes  hin.  Schüttorf 
wird  zuerst  erwähnt  in  der  Stiftungsurkunde  des  Klosters  Wietmarschen  vom 
Jahre  1154  (Bürgst.  Fürstl.  Archiv),  nach  der  fortan  derjenige  Vogt  über  das 
neugegründete  Kloster  sein  sollte,  welcher  die  curtis  Scuttorpe  von  der  gräflichen 
Familie  ererbte.  Eine  fernere  Erwähnung  Schüttorfs  findet  sich  in  einer 
Urkunde  von  1184  (Erhard,  Cod.  dipl.  Nr.  443).  Unter  den  Einkünften  des 
Magdalenenhospitals  zu  Münster  wird  dort  gegenübergestellt:  sex  solidi  et  sex 

denarii  de  dote  —  vom  Wehm-  und  Pfarrhofe  —  in  Scuttorpe quatuor 

solidi  de  curia  comitis  de  Scuttorpe  —  vom  gräflichen  Gerichtssitze.  Das 
gräfliche  Judicium  kommt  weiter  vor  in  Urkunden  aus  den  Jahren  1272  und 
1288  (Wilmans  Urk.-B.  Nr.  920  und  1343).  Als  curia,  gräfHcher  Amtssitz, 
wird  ausdrücklich  in  einer  Urkunde  von  1184  die  spätere  Burg  Altena  in 
Schüttorf  bezeichnet.  Die  vorhin  genannte  Urkunde  von  1288  nennt  Schüt- 
torf ein  „opidum",  jedoch  hat  die  Stadt  erst  1295  Stadtrechte  mit  einigen  Bedin- 
gungen erhalten  (Bürgst.  Archiv  I  Rep.,   B.  12;   Niesert  Urk.-S.  V,  187;  siehe 

*)  Vgl.  die  Urkunden  Jung,  Cod.  dipl.  8  und  Ms.  XXIII,  1148.  Vol.  VIII  der 
Kgl.  u.  Prov.-B.  Hannover. 


;iu(;li  Tibus  S.  1)20).     Noch  inclirere  aiidcn;  l.i künden,  außer  eben  dieser  vom 
Jahre  1295,  nämlich  solche  aus  den  Jahren  1;>72,  i;>80  und  1;}87  (Jung,  Cod. 


Abb.  215     Schüttorf;  Stadtplan  (1:5000). 


dipl.  122;  Hobbeling  a.  a.  0.,  S.  53;  Tibus  a.  a.  0.,  S.  912)  sind  eine  Be- 
stätigung für  die  Oberherrlichkeit  der  Grafen  von  Bentheim  über  den  Ort 
und  das  Gericht  zu  Schüttorf  sowie  für  die  Bedeutung  der  Gerichtsstätte  weit 
über  die  Grenzen  der  Grafschaft  hinaus.    Auch   die  Tatsache,  daß  die  Burg 


--B     193     g^- 

Altena  unter  gewissen  Bedingungen  als  Freistätte  für  flüchtige  Verbrecher 
galt,  spricht  dafür  (Visch  a.  a.  0.,  S,  103).  Im  Zusammenhange  mit  der  Ver- 
leihung des  Stadtrechtes  mag  eine  Pflicht  der  Bürgerschaft,  zu  der  Befestigung 
der  Stadt  beizutragen,  bestanden  haben.  Nach  verschiedenen  Kriegen  gegen 
den  Bischof  von  Münster  (vgl.  Raet  v.  Bögeiscamp,  I,  137)  beschloß  Graf 
Simon  (ca.  1332  —  ca.  1347)  die  Stadt  besser  zu  ,,fortifizieren"  (Rump  a.  a.  0. 
S.  157  und  Ms.  Geburt  und  Herkunft  der  Grafen  von  Bentheim  unter  ,,Graf 
Simon"). 


Abb.  216.    Sehüttoif;  Piggentorn  bei  Mannsbrügge. 


Der  Wartturm  Mannsbrüge  (Abb.  216)  an  dem  Vechteübergang  südHch 
der  Stadt  wird  aus  dieser  Zeit  stammen.  Wie  aus  den  Überresten  der  Stadt- 
mauer zu  erkennen  ist,  war  die  Mauer  aus  Bentheimer  Stein  fast  10  m  hoch 
und  1,90  bis  2  m  dick.  Drei  Tore  —  Poorten  — ,  die  jetzt  abgebrochen 
sind*),  eröffneten  den  Zugang  zur  Stadt.  Ein  doppelter  Graben  mit  dazwischen 
liegendem  Wall  begleitete  die  Mauer  im  Halbrund  an  der  westlichen  Stadt- 
seite; im  Osten  floß  die  Vechte  (vgl.  Visch  a.  a.  0.  S.  100).  Die  Burg  Altena 
war  in  die  Befestigung  einbezogen  und  lag  in  dem  südöstlichen  Winkel  der- 
selben. Im  Münsterischen  Kriege,  Ende  des  XVII.  Jahrhunderts,  wurde  der 
Stadtwall  abgetragen  und  die  Gräben  ausgefüllt  (nach  Visch  a.  a.  0.  S.  101). 

Seit  dem  Mittelalter  gehörte  Schüttorf  zur  Hansa,  denn  es  war  ein 
wichtiger  Verladepiatz  an  dem  Schiffahrtswege  aus  dem  Münsterlande  ins 
Groninger  Land  (über  den  Handel  der  Grafschaft  siehe  Rump  a.  a.  0.  S.  122; 
•Jung  a.  a.  0.  S.  222;  Raet  v.  Bögeiscamp  a.  a.  0.  I,  S.  47,  134).  Die  Reformation 
wurde  unter  dem  Grafen  Arnold  I.,  1588,  eingeführt.    In  der  Folgezeit  betreffen 


*)  Von  dem  Osttor  an  dem  Vechteübergange   ist   eine  Inschrift  in   einem  Pfeiler 
der  neuen  Brücke  vermauert. 

13 


--^s     104     c**- 

die  urkundlichen  Angaben  über  Schüttorf  die  fast  fortgesetzten  gemeinsamen 
Leiden  der  Städte  in  der  Grafschaft  unter  Kontribution  oder  gelegentlicher 
Soldatenstellung  im  sj)anisch-niedorländischen  und  dann  im  Dreißigjährigen 
Kriege.  Der  Wohlstand  verminderte  sich  bis  zur  Dürftigkeit  (Visch  a.  a.  0. 
S.  187).  Neue  Beschwernisse  brachte  1()72  die  Fehde  des  Bischofs  Bernhard 
von  Galen  gegen  Coevorden  über  die  Stadt  (Ms.  des  Stadtsekretärs  Steelinck 
und  Akten  auf  dem  Rathause). 


Reformierte  Kirche. 

Gcscliiclito.  j)ie  Schüttorfer  Kirche  als  Patrocinium  des  hl.  Laurentius  (vgl,  Tibus 

a.  a.  0.  S.  990,  wo  er  im  Zusatz  zu  S.  918  sich  auf  Nünnings  Beobachtungen 
bezieht)  ist  eine  Gründung  —  sehr  wahrscheinlich  des  hl.  Liudger  —  aus  dem 
X.  Jahrhundert.  Ein  Kirchensiegel  mit  dem  Bilde  des  hl.  Laurentius  und 
Romanus  ist  noch  heute  im  Gebrauch.  Auch  bestätigt  die  Ablaßurkunde  von 
1835  ('Jung,  Cod.  dipl.  76)  und  andere  Urkunden,  die  sich  im  Burgsteinfurter 
fürstl.  Archiv  befinden,  das  Patrocinium  des  hl.  Laurenlius.  Im  XIII.  -Jahr- 
hundert war  der  Pfarrer  von  Schüttorf,  wie  aus  einer  Urkunde  von  1208 
(od.  1209)  (Wilmans  III,  50)  hervorgeht,  stellvertretender  Archidiakon  der 
Obergrafschaft  —  wenigstens  bis  zur  Zeit  der  Einverleibung  der  Schüttorfer 
Kirche  in  das  Kloster  Wietmarschen  im  Jahre  129G  (Tibus  a.  a.  0.  S.  918). 
Das  Registrum  omnium  ecclesiarum  et  beneficiorum  von  131)3  schätzt  in 
Schüttorf  einen  major  plebanus  mit  13  Marcas  und  einen  minor  plebanus  mit 
7  Marcas  ein.  Vielleicht  muß  aus  dem  Vorhandensein  zweier  Pfarrer  auf  das 
Bestehen  zweier  Pfarrkirchen  geschlossen  werden.  Von  einem  Altar  zu  Ehren 
der  Jungfrau  Maria  in  der  Kirche  zu  Schüttorf,  welcher  im  Jahre  1343  mit  Ein- 
künften versehen  wurde,  ist  die  Rede  in  einer  bei  Jung  (Cod.  dipl.  79)  abgedruckten 
Urkunde.  Danach  entläßt  Graf  Simon  einen  von  ihm  lehnsrührigen  Hof  aus 
dem  Lehnsverbande,  und  Friedrich  von  Quendorf  stiftet  damit  den  genannten 
Altar,  der  unter  Verwaltung  des  Priesters  Bernhard  von  Honholte  gestellt  wird. 
Aus  dem  Jahre  1355  stammt  ein  Ablaßbrief  für  die  Schüttorfer  Kirche,  der 
zu  Avignon  von  14  Bischöfen  ausgestellt  ist  und  kurz  darauf,  um  1390,  unter 
Bernhard  I.  auf  Betreiben  des  Weltgeistlichen  Henricus  KruU  erweitert  wurde 
(Jung,  Cod.  dipl.  76.  Vgl,  auch  den  Ablaßbrief  der  Kirche  zu  Ülsen  v.  J.  1327). 
Möglicherweise  sollten  die  Einkünfte  aus  dem  Ablaßhandel  schon  zum  Teil 
für  einen  Kirchenneubau  bestimmt  sein.  Wenigstens  stammen  die  weitere 
Ablaßprivilegien  enthaltenden  Urkunden  von  1451,  1472*)  und  1473  (Bürgst. 
Arch.  I,  Rep.  A.  16  i)  aus  der  Zeit,  in  der  die  Kirche  ihre  jetzige  Gestalt  erhielt. 
Nach  der  Inschrift  unter  dem  Mittelfenster  des  Chores  außen  wurde  der  Chor  im 
Jahre  1477  begonnen  und  im  folgenden  Jahre  vollendet  (s.  Abb.  217).  Der  Turm 
wurde  etwas  später,  1502,  erbaut  (s.  Inschrift,  Abb.  218).  Das  Besitzrecht  an  der 
Kirche  nach  Einführung  der  Reformation  war  nicht  streitig,  da  die  gesamte 
Einwohnerschaft  sich   dem  reformierten  Bekenntnis   anschloß.     Während  des 


*)  Diese   am  3.  Nov.  1472  in   Koin   von   zwölf  Kardinälen   ausgestellte   Urkunde 
zeigt  nach  Veröff.  d.  Hist.  Konnu.  f.  Westf.  IV,  18,  prächtigen  malerischen  Schmuck. 


-^     195    gK- 

Dreißigjährigen  Krieges  1637  wurde  die  Kirche  durch  kaiserliche  Truppen  unter 
dem  Major  von  Vehlen  ausgeplündert  (Visch  a.  a.  0.  S.  100)  und  auch  im 
Munsterischen  Kriege  des  Bischofs  Bernhard  von  Galen  scheint  sie  unmittelbar 
gelitten  zu  haben.  Das  Ratsarchiv  in  Schüttorf  enthält  (IG.  Fach,  Nr.  140)  ein 
Gabenverzeichnis  auswärtiger  Kirchspiele  von  1703:  da  nämlich  die  Mittel  der 


imriwiitt 


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Abb.  217.    Ref.  Kirche  in  Schüttoif; 
linke  Hälfte  der  Inschrift  am  Chor. 


Abb.  218.    Eef.  Kirche  in  Schüttorf;  Inschrift  am  Turm. 


Schüttorfer  Gemeinde  ,,im  vorigen  Kriege  und  annoch  beschwerlich  werenden 
Zeiten"  erschöpft  waren,  so  fand  sie  sich  außerstande,  ohne  Beihilfe  die  Schäden 
auszubessern,  die  ,,ein  sterkes  menschen  und  vieh  erschreckliches  Ungewitter 
Donner  und  Blitz  —  dadurch  die  Kirche  und  sonderlich  der  Thurm  hieselbst 
großen  Schaden  erlitten"  —  verursacht  hatte. 

Die  Schüttorfer  Kirche,  die  größte  in  der  Grafschaft,   liegt  auf  einem         Be- 
heute nur  wenig  über  das  umgebende   Gelände   erhöhten  Platze  inmitten  der   Schreibung. 
Stadt,  ist  aus  scheitrecht   behauenen  Bentheimer  Quadern  errichtet  und  hat 
normale  Orientierung.    Die  Kirche,  die  eine  Zeitlang  ohne  Turm  (erbaut  1502) 

13* 


-<*8      l'JH     8^ 


Chor. 


bestanden  hat,  ist  eine  dreischiffige  Hallenkirche  (s.  d.  (irundiiß,  Abb.  219). 
Die  Joche  sind  im  Äußeren  erkennbar  an  den  Sirebenstellungen;  von  den 
Seitenschiffen  hat  jedes  Joch  ein  (liebeldach,  das  mit  seinem  First  gegen  die 
schrägen  Flächen  des  Daches  über  dem  Mittelschiff  anläuft  (s.d. Schnitt,  Abb.  220). 
Der  Chor  (vollendet  1478)  wird  begrenzt  von  fünf  Seiten  eines  regel- 
mäßigen Achteckes.  Sein  Boden  liegt  um  'M  cm  erhöht  gegen  den  Schiffs- 
boden.    In  den  Ecken  des  Polygons  steigen  Wandi)fosten  nach  der  Form  des 


Abb.  221.    Ref.  Kirche  in  Schüttorf;  Innenansicht  gegen  den  Chor. 


SchiflF. 


Birnstabes  empor,  deren  Kapitelle  Profile  wiederholen,  die  sich  im  Querschiff 
finden.  Die  Gewölberippen  sind  ebenfalls  ähnlich  denen  im  Querschiff  profiliert. 
Das  Gewölbe  selbst,  in  Backstein  ausgeführt,  zeigt  nach  dem  Chor- 
abschluß hin  einen  halben  Stern.  Die  Fenster  sind  hochansetzend  und  spitz- 
bogig,  ihre  Leibungen  mit  einer  Hohlkehle  profiliert,  die  Fensterflächen  drei- 
geteilt, Pfosten  gekehlt;  das  Maßwerk  hat  Fischblasenmuster. 

Unter  dem  Fenster  der  Ostwand  befindet  sich  die  Inschrift: 

mcccclxxvn  des  dinxdages  na 

Sacraments  dag  wort  dit  coer  begv 

uen  vn  wllebracht  in  den  jar  Ixx 

vni  vp  allegodes  hyligen  avent 

Sb  veii  d~o  Hmäno  Lägehorst  plbno. 
Zu  den  ursprünglich  vier  Jochen   des  Mittelschiffes  (Abb.  221)  ist  als 
fünftes   das    ehemalige   Vorjoch   des   Chores   hinzugezogen;    und    die   Neben- 
schiffe sind  nach  Osten  zu  ebenfalls  um  je  ein  Joch  erweitert  worden  dadurch, 


->§    im   ^- 

daß  man  ihre  bisherigen  östlichen  Abschlußvvände  durchbrach  und  Je  ein 
neues  Joch  anbaute.  Diese  beiden  neuen  Joche  schieben  sich  querschiff  artig 
nach  Süden  bzw.  nach  Norden  um  einige  Dezimeter  über  die  allgemeine  Außen- 
flucht hinaus. 

Die  Pfeiler  der  einzelnen  Gewölbejoche  sind  paarweise  von  verschiedenem 
Grundriß  (s.  Beschreibung  bei  Mithoff  IV,  157).   Die  Pfeiler  zwischen  dem  vierten 


Abb.  222.    Eef.  Kirche  in  Schüttorl';  sog.  Brauttür. 


und  fünften  Joche,  rechteckig  mit  runden  Vorlagen  für  die  Gurte,  die  ursprüngHch 
den  Anfang  des  alten  Chores  bezeichneten  und  erst  freistehend  wurden,  nach- 
dem flian  die  Seitenwände  des  ersten  Joches  des  alten  Chores  weggebrochen 
hatte,  sind  offenbar  die  ältesten  Teile  der  gegenwärtigen  Kirche.  Anhalte  zur 
Datierung  bieten  die  daran  sitzenden  Konsolen,  die  noch  dem  XIV.  Jahrhundert 
entstammen  mögen.  Die  westlichen  Pfeiler,  kräftiger  wie  die  übrigen,  sind 
von  rundem  Querschnitt.  Das  folgende  Paar,  im  Kern  ebenfalls  kreisförmig, 
ist  mit  4  runden  Diensten  besetzt,  das  dritte  besteht  aus  einem  Bündel  von 
4  Diensten,  die  durch  Hohlkehlen  miteinander  verbunden  sind.  Alle  Basen 
sowie  alle  Kapitelle  der  übrigen  Pfeiler  im  Schiff  sind  imtereinander  gleich 
profiliert.  In  den  Seitenschiffen  entsprechen  den  Pfeilern  runde  Wandpfosten 
mit  hohen  Achtecksbasen  und  einfachen  Kelchkapitellen. 


-'^'i     2<K)     (H- 

l)io  Gewölbe  das  Mittelschiffs  und  der  Seitenschiffe  sind  Kreuzgewölbe 
au8  Haustein  mit  gekehlten  Rippen,  Nur  die  Anwölbung  nach  der  hohen 
Durchgangshalle  des  Turmes  und  das  sogenannte  Querschiff  haben  Hackstein- 
gcw(")lbe  und  erbringen  damit  ünterlagfsn  für  die  Annahme  ihrer  späteren 
l^]ntstehung.  Die  Gewölbe  des  Querschiffes  sind  der  Art  nach  im  Mitteljoch 
Stern-  und  in  den  seitlichen  Netzgewölbe  und  haben  Birnstabrippen. 

Die  zwei-,  drei-  und  vierteiligen  Fenster  setzen  hoch  an  und  haben 
im  südlichen  Seitenschiff  wie  im  Querschiff  gekehlte  Pfosten  und  Laibungen  sowie 
geteiltes  Fischblasenmaßwerk.  Im  nördlichen  Seitenschiff  dagegen  sind  die  Mafi- 
werkformen strenger  gezeichnet,  die  Pfosten  nur  abgeschrägt  und  in  den  drei 


Abb.  223.    liei.  Kirche  in  Sehüttorf;  Turmportal. 


westUchen  Jochen  die  Leibungen  schräg  eingeschnitten,  während  sie  irn  vierten 
durch  Kehle  Wulst  Kehle  gegliedert  erscheinen.     Die   ursprünglichen  Haupt- 
eingänge   liegen    in   üblicher  Weise   im   Westjoch.     Die   nördliche    Tür,    die 
sogenannte  Brauttür,  ist  in  Abb.  222  wiedergegeben. 
Sakristei.  Vom  Chor  nordwärts,  durch  eine  Tür  damit  verbunden,  liegt  die  etwa 

gleichzeitig  mit  dem  Chor  entstandene  Sakristei.     Sie  ist   mit  einem  Kreuz- 
gewölbe   überdeckt,    und    zwar   gehen   dessen  Rippen   von  Konsölchen  aus, 
deren  eine  in  der  Nordostecke  als  bärtiger  Kopf  mit  seitlich  herabwallendem 
Haar  ausgebildet  ist. 
Turm.  Der  Turm  ist  nach  Abbruch  des  Mittelstückes  der  westlichen  Schiffs- 

wand an  diese  angebaut  und  greift  mit  flügelartigen  Maueransätzen  in  sie  ein. 
Das  Datum  der  Errichtung  des  Turmes  wird,   wie  erwähnt,   durch  die  aller- 


->^     201     ^- 

dings  wenig  zunftgemäß  gemeißelte  Zahl  1502  (Abb.  218)  außen,  links  des 
doppeltürigen  und  mit  vierteiligem  Spitzbogenfenster  versehenen  Portals  an- 
gegeben (Abb.  223).  Die  hochgevvölbte  Durchgangshalle  von  fast  quadratischem 
Grundriß  hat  in  Ziegeln  ausgeführte  Kreuzwölbung  auf  Hausteinrippen,  die  aus 
dünnen  Ecksäulchen  herauswachsen.  Der  Schlußstein  ist  ein  großer,  offener 
Ring.  Die  Turmtreppe  liegt  in  der  Südwand  und  tritt  nach  außen  im  halben 
Achteck  aus  der  Wand  heraus.  Der  Turm  (Tafel  10,  Abb.  224)  steigt  in  drei 
Geschossen  —  Jedes  durch  ein  profiliertes  Sims  bezeichnet' —  empor.  Den 
Beschluß  des  Turmkörpers  bildet  eine  Galerie  aus  Fischblasenmaßwerk. 
Der  Helm  hat  die  Form  einer  achtseitigen  Pyramide  mit  sieben  Geschossen  ohne 
Querverstrebung  (daher  die  unbeabsichtigte  Schraubendrehung  vom  sechsten 
Geschoß  an).  Die  Höhe  des  Steinkörpers  beträgt  41  m,  die  des  Helmes 
bis  zum  Zusammenschluß  der  Sparren  33,50  m.  (Siehe  die  Beschreibung 
bei  Mithoff  VI,  157.) 

Von  den  Glasmalereien,  die  früher  die  Fenster  des  Chores  schmückten,  Glasfenster, 
ist  heute  nur   noch  im   Ostfenster   das  von  zwei  Löwen  gehaltene  Wappen 
des  Bentheimschen  Hauses  erhalten. 

Eine  Glocke  (1435)  ohne  Meisternennung,  unterer  Durchmesser  1,40  m;  Glocken. 
Inschrift  in  gotischen  Kleinbuchstaben:  dulce  melos  tango,  sanctorum  carmina 
pango,  hoc  sacrum  munus  benedicat  ....  mccccxxxv. 

Eine  zweite  (1492),  Meister  Volkeer,  unterer  Durchmesser  0,98  m,  hat 
die  Inschrift:  Anna  per  merita  cuius  cum  nomina  fungens  clangorem  dedero 
—  —  usw.  —  (?)  Anno  dm  m  x  v^  11  volkeer  me  fecit. 

Eine  dritte,  die  ursprünglich  1502  (?)  von  W^olter  Westerhues  gegossen 
war,  ist  1895  von  Radler  &  S.  in  Hildesheim  umgegossen.  Die  alte  Inschrift 
ist  übernommen :  nomen  Laurent!  da  mihi  sancte  tuum  Wolter  Westerhues  me 
fecit  anno  dorn  v*^  II  Singula  festa  cano  fleo  mortes,  fulgura  pello  —  Laurentius  — 

Eine  vierte  (1771),  Durchmesser  0,68.  Inschrift  Christianus  et  Röttgerus 
Voigt  me  funderunt  1771  Soli  deo  gloria. 

Eine  fünfteist  1838  von  Gebr.  Edelbrock  umgegossen.  Durchmesser  1,45  m. 

Die  von  Mithoff  (VI,  157)  beschriebene  gotische  Kanzel,  aus  mehreren  Kanzel, 
durchbrochen  gearbeiteten    Sandsteinplatten    zusammengesetzt,    ist    seit    der 
Renovierung  der  Kirche  um  1900  außer  Gebrauch. 

Vier  Kronleuchter  aus  Gelbguß;  Spindeln   mit  Knäufen   und   Kugeln     Kron- 
besetzt; doppelte  Reihen  von  S-förmigen  Armen.  euciter. 

In  der  Sakristei   mehrere  schwarze  Holztafeln  mit  Wappen,  aus  dem  Memorien- 
XVII.  Jahrhundert.  '"'"••^'^•• 

An  dem  Schiff  der  Schüttorf  er  Kirche  wurden  Steinmetzzeichen  nicht  Steinmetz- 
gefunden,   wohl    aber    am    Chor    die    folgenden    in    spärlicher    Verteilung:  ^*^^^ ''''^  '■ 


an  der  Sakristei  ähnliche, 
/    am  Turm  die  rechts  neben-/ /  - 
^-A    stehend     abgebildeten :    /  / 


^^ 


*)  Eine  Privaturkunde  nennt  nach  Nordholf,  Bonner  Jahrbuch  90,   S.  102,  einen 
Steenmesseler  zu  Schüttorf. 


Abb.  226.    Scliüttorf;  Buig  Altena. 


Abb.  22Ö.     Scliüttorf;    Hurg  Altena  nach  einer  Origlnal- 
/.eichnung,  angebl.  Im   Bnrg.steini'nrter   Fi'irstl.  Archive. 


Tafel  18. 


Abb.  227  u.  236. 
SCHÜTTÖRF;  Burg  Altena.  -  KIRCHE  IN  ÜLSEN;  innenaiibicht. 


-^>g    203    §x- 

Katholische  Kirche. 

Die  aus  Quadern  erbaute,  einschiffige  Kirche  mit  polygonal  gestaltetem 
Chorschluß  und  Westturm  ist  nach  der  am  Chor  angebrachten  Inschrift  1867 
erbaut  worden. 


Systernhaus  (n.  m.  vorh.) 

Graf  Bernhard  I.  von  Bentheim  hatte  im  Anfang  des  XV.  Jahrhunderts, 
auf  der  Stelle  der  heutigen  ersten  Pfarre,  ein  Beguinenhaus  oder  Nonnen- 
kloster des  Augustinerordens  gegründet.  1418  schenkte  er  sein  Recht  daran 
dem  Prior  von  Frenswegen  zur  Errichtung  einer  geistlichen  Vereinigung  von 
Jungfrauen.  1423  erteilte  der  curatus  ecclesiae  S.  Laurentii  in  Schüttorf  jenem 
Prior  die  Erlaubnis,  eine  Kapelle  und  einen  Altar  im  ,,Systernhause'"  zu 
errichten.  Über  die  ,, Capeila  in  Horto  beate  Marie"  s.  Burgsteinf.  Fürstl.  Arch.  I, 
Rep.  A.  16.  K.  neun  Urkunden,  1418-1499.  Raet  v.  Bglsc.  I,  187.  Zur 
Zeit  Arnolds  I.,  nach  Einführung  der  Reformation,  vv^urde  das  Kloster  auf- 
gehoben. Einige  Jahre  dienten  die  Gebäude  als  hohe  Schule,  die  dann  1591 
nach  Burgsteinfurt  verlegt  wurde  (s.  Visch  a.  a.  0.  S.  102  über  die  Ein- 
künfte des  Klosters).     Die  Gebäude  des  Systernhauses  sind  abgetragen. 


Burg  Altena. 

Die  Burg  Altena  (Taf.  11,  Abb.  227)  war  der  alte,  bereits  1184  er- 
wähnte gräfliche  Amtssitz,  später  Wohnsitz  der  gräflichen  Witwen.  („De 
beroemde  gravin  Anna,  eene  dochter  von  Koenraad,  graaf  von  Teklenburg,  liet 
dit  Kasteel,  in  het  jaar  1565,  merkelijk  verbeteren,  en  tot  eene  geschikte 
woning  voor  haar  zelve  inrigten."  Visch  a.  a.  0.  103).  Ihre  Lage  und  ihr 
ehemahges  Aussehen  geht  aus  der  beigefügten  Plankopie  (Abb.  224  u.  225) 
hervor,  deren  Original  in  Burgsteinfurt  sein  soll.  Die  Gebäude,  deren  Ruinen 
aus  dem  Besitze  des  gegenwärtigen  Fürsten  von  Bentheim  in  den  eines 
Privatmannes  in  Schüttorf  Anfang  dieses  Jahrhunderts  übergingen,  sind,  soweit 
sie  Jetzt  noch  erhalten,  um  die  Mitte  des  XVI.  Jahrhunderts  errichtet.  Die  ganze 
östliche  Hälfte  der  Burg  hat  der  jetzige  Besitzer  sprengen  und  abtragen  lassen. 
Der  Nord-  und  Westflügel  (Abb.  226)  sind  als  Wohnung  ausgebaut.  Die 
Westfront  ist  durch  Putz  und  Anstrich  sowie  durch  den  Anbau  von  Erkern 
auf  den  Ecken  entstellt.  Nach  Mithoff  VI  S.  15S  führte  ehemals  ein  gotischer, 
von  zwei  Wappen  beseiteter  Torbogen  auf  einen  rechts  und  links  von  Neben- 
gebäuden umgrenzten  Vorhof,  in  dessen  Hintergrunde  die  Langseite  des 
westlichen  Schloßflügels  sich  erhob.  (Vgl.  dazu  die  Abbildungen.)  Dieser, 
jetzt  noch  erhaltene  Bauteil  ist  aus  Sandstein  errichtet,  hat  zwei  Geschosse 
und  ist  mit  steilen  Renaissancegiebeln  an  den  Enden  des  stattlichen  Sattel-- 
daches  versehen.  Die  rechteckigen  Fenster  haben  Quaderkreuzpfosten.  Eine 
gewölbte   Durchfahrt,   deren   Bogen  fast  spitzbogig   erscheinen,    eröffnet   den 


-^     204     g--- 

Ziif^ang  zu  (lein  ehornaligen,  a,nnähern(l  »luadratiscli  gewesenen  Hinnenhof, 
(leren  Süd-  und  Ostfront  des  Ahschlusses  entbehrt,  seit  die  beiden  Sohloß- 
flügel,  die  dort  gestanden  haben,  beseitigt  sind.  Der  Nordi'lügel,  zur  Linken 
des  Eintretenden,  ist  mit  dem  zuerst  beschriebenen  F^lügel  verbunden  und 
diesem  ähnlich.  Im  Innenwinkel  zwischen  beiden  liegt  ein  Türmchen  mit 
Wendeltreppe,  l^^in  Kamin  im  nordwestlichen  Eckzimmer  des  Erdgeschosses 
trägt  die  Jahreszahl  16G7. 


Rathaii.s. 


Das  Rathaus  zu  Schüttorf  ist  ein  im  Grundriß  (Abb.  228)  langrecht- 
eckiger Bau  aus  Bentheimer  Quadern  mit  Staffelgiebeln  an  den  Schmalseiten 
(Tal  10,  Abb.  229).  Der  Haupteingang  in  der  Mitte  der  nach  dem  Markt 
gewandten   Schmalseite   ist  spitzbogig  und  durch  eine  kräftige,  von  Wülsten 


Al)l).  228.    Schüttorf:  Rathaus,  Gnindriß  (1 :  250). 


begleitete  Kehle  umrahmt.  Die  rechteckigen  Fenster,  im  XVIII.  Jahrhundert 
umgestaltet,  waren  früher  durch  Kreuzpfosten  geteilt  und,  wie  die  unver- 
änderten Fenster  im  Giebel  noch  heute,  nur  in  den  oberen  Teilungen  mit 
Bleiverglasung,  in  den  unteren  mit  Luken  geschlossen.  Das  Pfostenprofil 
ist  durch  Abschrägung  hergestellt.  Unter  den  Fenstern  ist  ein  Gurtgesims 
(Kehle  mit  Wasserschlag)  eingefügt.  Das  Traufgesims  tritt  mit  wuchtigem 
Viertelstab  vor. 

Im  Innern  war  das  Erdgeschoß  ursprünglich  wohl  ungeteilt;  Jeder 
zweite  Balken  der  Decke  wurde  von  Klappstielen  mit  Sattelholz  und  aus- 
geschweiften Bohlenkopfbändern  unterstützt.  Einige  dieser  von  profilierten 
Kragsteinen  getragenen  Klappstiele  sind  noch  erhalten.  Im  hinteren  Teil  des 
Gebäudes  ist  ein  nur  zur  Hälfte  im  Erdboden  steckender,  von  außen  zugäng- 
licher, gewölbter  Keller  angelegt  und  daher  der  Fußboden  hier  um  mehrere 
Stufen  erhöht.  Die  starke  Querwand,  die  dem  Keller  entsprechend  den  hinteren 
Teil  des  Erdgeschosses  abtrennt   und  ohne  Rücksichtnahme  auf  die  Lage  der 


->*S     205    ^- 

Klappstiele  angeordnet  ist,  dürfte  aber  erst  später  eingezogen  sein.  Wo  in  der 
ersten  Anlage  die  Treppe  zum  Obergeschoß  sich  befand,  ist  nicht  mehr  fest- 
zustellen; die  heutige  stammt  erst  aus  dem  XVIII.  Jahrhundert,  als  das  Erd- 
geschoß weiter  ausgebaut  wurde.    Der  kleine,  mit  einem  Kreuzgewölbe  über- 


I    im     11     ffi    IS 


Abb.  22«  a  und  b.    Hchüttorf;  Rathaus,  (iuerschnitt  und  Dachstuhl. 


spannte  Raum,  jetzt  Gefängniszelle,  diente  als  Archiv.  Im  Obergeschoß 
mündet  die  Treppe  auf  einen  schmalen  Querflur,  an  den  sich  nach  vorne 
zwei  Zimmer,  nach  hinten  ein  größerer  Raum  anschließen.  Letzterer  weist  an 
der  Schmalwand   die   Reste  eines  gotischen  Kamines   auf,    dessen  Abdeckung 


*l     200     h^ 


Kron- 
leuchter. 


und     Uanchrnaiitcl     enlforni    worden     sind.       (Ahh.  228a.)     Audi    irn    Oher- 

goschoß    war  anl'Jlnglich    nur    ein    f^inziger  Saal. 

Sehenswert  ist  der  mit  Sorgfalt 
gezimmerte  Dachstuhl.  (i\bb.  228  b.) 
Er  stammt  noch  aus  der  Erbauungszeit 
des  Rathauses,  die  auf  Grund  stilistischer 
Merkmale  in  das  XIV,  Jahrhundert  gelegt 
werden  darf. 

Zwei  spätgotische  Kronleuchter,  aus 
Bandeisen  und  ausgeschnittenen  Blechen 
hergestellt;  der  größere  von  einfacher, 
derber  Formgebung,  der  kleinere  in  seiner 
Grundform  an  eine  Laterne  erinnernd. 
Letzterer  ist  in  Abb.  228  c  unter  Ergänzung 
der  durch  Rost  zerstörten  blattartigen 
Gebilde  wiedergegeben. 


Abb.  228 c.     Schüttorf;  Rathaus,   Kronleuchter. 


Abb.  *28d.    Schüttorf;  Rathaus,  Trinkeimer 
(1/4  nat.  Größe). 


Trinkoimcr.  Ein    Trinkeimer   aus   Holz    mit   Bronzebeschlag    aus    dem»  Ende    des 

XV.  Jahrhunderts.     (Abb.  228  d.)    Er  ruht  auf  drei  etwas  schwächlich  wirkenden 


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beschuhten  Menschenfüßen.  Zwei  Ungeheuer  dienen  als  Halter  für  den  klee- 
blattförmig gebogenen  Henkel.  Dieser  wie  auch  die  mit  zierHchen  Blattreihen 
besetzten  Reifen  tragen  eingravierte  launige  Trinksprüche  in  einer  derzeit 
üblichen,  an  die  ältesten  romanischen  Formen  anknüpfenden  Majuskelschrift.  Am 
Henkel:  VRVNT  •  SETE  •  DEN  •  EMMER  •  AN  •  DINEN  •  MVNT  •  VN  •  DRING  • 
DAN  .  WENT  •  AN  •  DEN  •  GRVNT.  |  WAT  •  DAR  •  STEIT  •  GESCREVEN  •  NA  • 
DER  .  GRACIEN  •  IS  •  DAR  •  AFLATJPO  •  GEGEVBN  •  Am  oberen  Reifen: 
SET  •  AN  •  SET  •  AN  •  HET  •  IS  •  EN  •  ER  (Emmer)  •  WES  •  TRV  •  ALS  •  IC  •  DIR  • 
BIN .  IC  •  EN  •  BEGER  •  NIT  •  MER  •  VN  •  IC  •  EN  •  EGE  •  NIT  •  MIN  8  DRINC  •  DIT  • 
VT  •  VN  •  SCEIT  •  DAR  •  VAN  •  HIR  •  SIT  •  SO  •  MANNIC  •  DORSICH  •  MAN  •  Am 
mitt  eren  Reifen:  DE  •  MER  •  DRINCKEN  •  DAN  •  SE  •  ETEN  •  DE  •  HOLDE  • 
WI  •  VOR  •  VNSE  •  PROPHETEN  8  LVTTEL  •  WOERDE  •  VN  •  DE  •  VAST  • 
MER  •  ALTIT  •  NA  •  DE  •  KANNE  •  GETAST  •  Am  unteren  Reifen:  AVE  •  DE  • 
DAT  •  BEER  •  DOR  •  HÖR  •  KELE  •  LATEN  •  LOPEN  •  DEN  •  GEVE  •  WI  •  AFLAT  • 
MIT  -GROTEN  •  HOEPEN  •  DIT  •  IST  •  LESTE  •  BESLVT  •  DRINC  •  AL  •  REIN  • 
WT  •  Am  Holz  des  Eimers  ist  die  Jahreszahl  1611  eingeschnitten,  es  wird 
damals   erneuert  sein. 


Bürgerhäuser. 

Bei  Beschreibung  der  Bürgerhäuser  Lingens  ist  schon  darauf  hinge- 
wiesen, daß  eine  Gruppe  von  Fachwerkbauten  durch  die  weite  Stellung  der 
Ständer  und  durch  die  unterhalb  der  Traufe  angeordnete,  mit  den  Ständern 
verzapfte  Balkenlage  den  Blick  auf  die  ähnlich  aufgebauten  Bauernhäuser  des 
Emslandes  lenkt.  In  der  Stadt  Bentheim  begegneten  wir  ähnlichen  Bildungen 
und  auch  in  Schüttorf  können  dieselben  Beobachtungen  gemacht  werden.  Hier 
ist  ein  besonders  bezeichnendes  Beispiel  aus  dem  Jahre  1593  erhalten. 

Jürgenstr.  46a.  Das  in  Abb.  230a,  b,  d  und  e  dargestellte  Haus 
wird  jetzt  als  Stall  benutzt;  das  hintere  Kammerfach  ist  im  XIX.  Jahrhundert 
erneuert  worden.  Da  es  nur  geringe  Breite  aufweist,  ist  die  Tenne  mitsamt 
dem  rundbogigen  Einfahrtstor  seitlich  angeordnet.  Letzteres,  von  Eierstab 
und  Perlleiste  eingefaßt,  trägt  auf  dem  breiten  Sturzriegel  die  Inschrift: 
„VERBVM  •  DOMINI  ■  MANET  •  IN  •  ETERNVM  ■  1593".  Die  Knaggen  der  Vor- 
kragung unter  dem  mit  senkrechten  Brettern  verschalten  Giebel  sind  an  der 
Vorderseite  konsolartig  ausgearbeitet.  (Abb.  230  e.)  Die  quer  gelegten  Balken 
sind  beiderseits  durch  die  Ständer  gezapft  und  mjt  je  zwei  Holznägeln  verkeilt. 
Zur  Verstärkung  des  geschwächten  Auflagers  und  zur  Versteifung  dienen 
breite,  aus  Bohlen  geschnittene  und  an  der  Unterseite  ausgeschweifte  Kopf- 
bänder. Die  Ständer  selbst  gehen  höher  hinauf  und  sind  in  der  Längsrichtung 
durch  ein  aufgelegtes,  über  Zapfen  geschobenes  Rahm  miteinander  verbunden, 
das  wegen  der  beträchtlichen  Stützenweiten  wieder  durch  Kopfbänder  ver- 
verspreizt  ist  und  unmittelbar  die  Sparren  aufnimmt.  Diese  stehen  mit  den 
Balken  in  keinem  Zusammenhang,  sind  enger  gelegt  in  1,30^ — 1,50  m  Ent- 
fernung  und    am    Ausweichen  nur  dadurch  gehindert,    daß,    abgesehen    von 


■^     208     H- 


tt+H 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1- 


Abb.  230a,  b  u.  c.    Sehüttorf;  Hans  Jürgenstr.  46a,  Grundriß  und  Schnitt; 
Haus  Steinstr.  46.  Grundriß  (1 :  2öO). 


— Illllllllll 1 i 1 1 1 1 1 1 1 — 

Abb.  230  d.    Schüttorf:  Haus  .Türgenstr.  46  a  —  Vorder-  und  Seitenansicht 


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dem  Hahnenbalken,    durch   den  Fuß   ein  Holznagel   geschlagen    ist.    Daß  die 
Ständer  der  Fußschwelle  entbehren,  fällt  auf;  sie  stehen,  stumpf  abgeschnitten, 


Abb.  230  e  und  f.    Schüttoif;  Haus  Jürgenstr.  46  a.    Ausbildung  der  Vorkragung  und  Gliederung 

der  Türleibung. 

auf  dem  Sandsteinsockel;  doch  scheint  diese  Anordnung  ursprünglich  zu  sein. 
Die  Gefache  sind  mit  Ziegelsteinen  ausgemauert  und  nicht  verputzt. 


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Abb.  230  g.    Schüttorf;  Haus  Steinstr.  4ti :  Kammerfach. 

Steinstr.  46.  Das  dem  vorigen  benachbarte  Eckhaus  ist  zwar  an 
beiden  Straßenfronten  jetzt  massiv  ausgeführt  —  die  schlichte  Sansteinum- 
rahmung  der  korbbogigen  Einfahrt  trägt  auf  dem  Schlußstein  die  Jahreszahl 
1827  — ,  läßt  aber  im  Innern  trotz  der  auch  hier  vorgenommenen  Änderungen 

14 


-^     210    8->- 

(lie  alto  aus  dorn  Jahic  1570  stafnniendo  Kiniichtung  noch  erkennen.  (Abb.  230c.) 
Durch  zwei  Reihen  von  kräftigen,  auch  hier  etwa  2  m  weit  gestellten  Ständern 
ist  eine  Dreiteilunf^  in  der  Län^sriclitunj^j  bewirkt.  Von  den  Ständern  gehen 
Kojdbänder  sowoiil  nach  dem  über  ihnen  von  vorn  nach  hinten  durchlaufenden 
Rahm,  wie  auch  nach  den  darüber  gestreckten  Querbalken.  Die  Ausbildung 
der  Vorkragung   ist  nur  noch  an  der  hinteren  Giebelwand  festzustellen.     Die 


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Al»t).  230  h.    Schüttorf:  Haus  Steinstr.  46;   Fenster  des  Kammerfaches. 


Knaggen  sind  auf  der  ausgeschweiften  Vorderfläche  nach  gotischer  Art  durch 
Wulste  und  Kehlen  gegliedert.  Das  hintere  Kammerfach  von  geringerer  Breite 
ist  zur  Seite  gerückt  und  unterkellert  (Abb.  230  g);  davor  liegt  die  Küche  mit 
mächtigem  Rauchfang.  Die  Herdwand  ist  mit  Fliesen  bekleidet.  Im  Kammer- 
fach befand  sich  offenbar  die  Prunkstube,  von  der  das  Erhaltene  allerdings 
nur  eine  schwache  Vorstellung  gibt.  Der  Kamin  mit  ansprechender  Sand- 
steinumfassung trägt  die  Jahreszahl  1579.  Eine  besonders  sorgfältige  Aus- 
bildung haben  die  Fenster  erfahren.  (Abb.  230  h.)  Die  oberen  Öffnungen 
derselben  enthielten  früher  Bleiverglasung  mit  gemalten  Wappenscheiben,  die 
unteren  sind  noch  heute  durch  Luken  geschlossen. 

Steinstr.  45.  Eingeschossiger  Fach  werkbau  mit  vorgekragtem  und 
verschaltem  Giebel.  Knaggen  ähnlich  wie  bei  dem  Hause  Jürgenstr.  46  a.  Die 
ursprünglich  rundbogige  Einfahrt  trägt  auf  dem  Sturzriegel  die  Inschrift: 
„ANNO  •  DNI  •  1601  •  JOHAN  •  BESTELSSMIT  •  VND  •  SINT  •  HVSEFROW.'' 


^>*§     211     ^- 

Am  Markt  128a.     Das  in  Abb.  230i  links  wiedergegebene  Fachwerk- 
haus ist  im  Erdgeschoß  unter  Beibehaltung  des  alten  rundbogigen  Einfahrts- 
tores erneuert  worden.     Den  Sturzriegel  des  letzteren  ziert  die  Inschrift: 
.^^  /     PAX  INTRANTIBVS    \ 
'  SALVS  EXEVNTIBVS  ' 
BH  GT 

Auch  bei  diesem  Hause  liegen  die  Balken  über  dem  Erdgeschoß  tiefer  wie 
die  Traufe.  Die  dadurch  sich  ergebende  eigenartige  Ausbildung  der  Vor- 
kragung   ist   jedoch    durch  Vorziehen   der  Front  beseitigt.     Der  Giebel  ist  im 


Abb.  230 i.    Schüttorf;  Häuser  am  Markt  128  a  und  128. 


oberen  Teil  nochmals  auf  Hakenbalken  und  Konsolen  vorgekragt  und  zeigt 
hier  schräg  gestellte  Gefache  mit  gemusterter  Ziegelausmauerung. 

Am  Markt  131.  Im  Aufbau  dem  vorigen  ähnlich,  doch  der  Giebel 
nachträghch  verschalt. 

In  der  zweiten  Hälfte  des  XVII.  Jahrhunderts  mischen  sich  in  die  Reihen 
der  Fachwerkhäuser,  von  denen  noch  eine  ganze  Anzahl  einfacher  Art  er- 
halten ist,  die  unter  holländischem  Einfluß  stehenden  Ziegelbauten  mit  Sand- 
steingliederungen. Bezeichnend  bleibt  auch  für  diese  die  schmale  Giebelfront 
und  das  Drempelgeschoß. 

Am  Markt  256.  Das  eingeschossige,  wohl  erst  später  verputzte, 
5  Achsen  breite  Giebelhaus,  Ende  des  XVII.  Jahrhunderts  erbaut,  ist  seitlich 
von  Lisenen  eingefaßt.  Das  Erdgeschoß  wird  durch  ein  reich  profiliertes 
Horizontalgesims  abgeschlossen,  darüber  in  Traufhöhe,  unter  den  Giebelfenstern 
hinlaufend,  ein  zweites  zierliches  Gesims.  Der  Giebel  mit  einwärts  ge- 
schwungenen Seitenlinien  hat  an  den  Schultern  Volutenansätze  und  als  Stirn- 
bekrönung  eine  segmentbogige  Verdachung  mit  Muschelfüllung.  Oben  im 
Giebel   ein    ovales    Fenster  mit  kartuschartiger  Umrahmung;    sonst   sind  die 

14* 


-X-i     )i]-2     l^'- 

Fenster  und  dio  in  der  Mitte  liogeiidr;  Tür  r(;c,hte(;kig.  Die  l'inralirnunf^  dei 
letzteren  mit  öeitenlisonen  und  Sturzgesinis  umfaßt  auch  das  rechteckige  Oher- 
licht  und  ist  durch  das  Gurtgesims  verkröpft:  darüher  in  Kartusche  die  Wappen 
der  von  Beesten  und  von  Middachten. 

Steinstr.  63.  Links  neben  dem  Hause  befindet  sich  ein  portalartiger 
Durchgang,  aus  Sandstein-Architokturteilen  hergestellt,  die  ursprünglich  eiiif-rn 
anderen  Zweck  gedient  haben  und  mit  Puttenköpfen,  Hlumengehängen  und 
Kartuschen  reich  geziert  sind.  —  Ende  des  XVII.  Jahrhunderts. 


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Abb.  231.    Scbüttorf ;  Ofenplatte,  jetzt  im  Heimatmuseum  zu  Bentheim. 

Am  Markt  128  —  Anfang  des  XIX,  Jahrhunderts  (Abb.  2oO  i  rechts) 
Eingeschossiger  Ziegelbau:  Sockel  und  Ecklisenen  aus  Sandstein.  Giebel  ge- 
kappt und  mit  mächtigem  Hauptsims  (Sandstein)  schließend.  Giebelschrägen 
durch  konkav  geschwungene  Sandsteinlisenen  hergestellt,  die  unten  in  kantig 
gebrochenen  Voluten  enden.  —  Die  Haustür  liegt  unsymmetrisch;  die  Fenster 
besitzen  nicht  mehr  das  ursprüngliche  Holzwerk.  —  Das  Dach  ist  gewalmt. 

Steinstr.  22.  Das  1807  erbaute  Haus  zeigt  die  gleiche  Giebelform. 
Hier  ist  aber  auf  das  schwere  dreiteilige  Abschlußgesims  noch  eine  Attika 
gesetzt,  die  durch  vasenbekrönte  Pilastervorlageu  gegliedert  und  dazwischen 
mit  Kranzgehängen  verziert  ist. 

Ofen  platte. 

Ofenplatte  (Abb.  231),  jetzt  im  Heimatmuseum  zu  Bentheim.  Gußeisen 
—  Ende  des  XVI.  Jahrhunderts.     Hauptdarstellung  ist  die  Hochzeit  zu  Kana. 


->§     21o     g^ 


Ü 1  s  e  n. 


Kirtlie  (ref.),  Rathaus,  Bürgerhaus. 

Das  Dorf  Clsen  liegt  in  einem  Gebiet  von  diluvialen,  großenteils  mit 
Heide  bedeckten  Sanddünen,  an  der  Gabelung  der  Straße,  die  von  Neuenhaus 

nach  Har-denberg-Getelo  mit  dem  einen 
Zweige  und  nach  Wilsum  mit  dem  anderen 
Zweige  führt. 

Ülsen  ist  bis  ins  XIV.  Jahrhundert  hinein  Geschiclito. 
der  bedeutendste  Ort  desjenigen  Teiles  der 
holländischen  Landschaft  Twente  gewesen, 
der  jetzt  zur  Niedergrafschaft  Bentheim  ge- 
hört. Es  war  Stätte  des  Hauptfreistuhles, 
welches  Gericht  ursprünglich  Besitz  der 
Familie  von  Toren  war.  Die  Herren  de  Turri, 
oder  van  den  Tome,  besaßen  etwa  ^'2  km 
südlich  der  Kirche  eine  Burg,  In  einem  auf 
ihrer  Stätte  noch  erhaltenen  Hause  findet 
sich  der  in  Abb.  232  gegebene  Renaissance- 
kamin in  einem  eichengetäfelten  Räume. 
Das  Gogericht  trat  die  Familie  1312  an  den 
Grafen  von  Bentheim  ab;  ihre  Güter  kamen 
1651  durch  Kauf  an  den  Grafen  Ernst 
Wilhelm,  nachdem  sie  schon  seit  1450  nicht 
mehr  Eigentum  der  van  den  Torne  gewesen 
waren.  (Über  die  van  den  Torne  siehe  Raet 
V.  Bglscp.  I,  195  ff.  und  Burgsteinf.  Fürstl. 
Arch.  I.  Rep.  B  15a.)  In  der  Geschichte  der 
Kriegsleiden,  die  die  gesamte  Grafschaft  im 
XVI. — XVII.  Jahrhundert  betrafen,  wird  auch 
Ülsen  wiederholt  genannt. 

Zum  Kirchspiel  Ülsen  gehörten  ursprüng- 
lich Veldhausen,  das  aber  sehr  früh  ab- 
gezweigt wurde,  Wilsum  und  Lage,  so  daß 
es  ehemals  das  bedeutendste  der  der  Ütrechter 
Diözese  unterstehenden  Niedergrafschaft  war. 
Eine  Kirche,  dem  hl.  Werenfried  geweiht,  der  hier  mit  dem  hl.  Wilibrord  zuerst 
das  Evangelium  gepredigt  haben  soll,  muß  hier  schon  im  Jahre  1131  bestanden 
haben.  Denn  in  einer  Urkunde  aus  diesem  Jahre  überweist  der  Ütrechter  Bischof 
die  Pfarre  von  Ülsen  dem  Kapitel  von  St.  Peter  zu  Utrecht  (Raet  v.  Bglscp.  I,  S.  27). 
Im  Jahre  1327,  unter  dem  Papste  Johann  XXII.  erhielt  die  Kirche  einen  von  zwölf 
Bischöfen  unterzeichneten  Ablaßbrief  (Jung,  Cod.  dipl.,  Nr.  64).  1332  empfing 
die  Ülsener  Kirche  von  der  Familie  Meyerinch  'und  dem  Hause  Sonnenbrink 
einen  Zehnten  zu  einem  ewigen  Licht  zur  Ehre  der  sehgsten  Jungfrau  Maria 


Abb.  232.    Ülsen;  Teil  eines  Kamines. 


->*Ü     214    8^ 

(.Jung,  ('od.  (lipl.,  Nr.  70).  Das  sogenannte  M("»nchsl>u(;h  —  ein  handgeschriebenes 
Kirchenbuch  —  entliält  Gegebenheiten  und  bauhehe  V^eränderungen  an  der  Kirche 
aus  dem  XVll.  Jahrhundort.  (IGOG  Brand  des  Turnnes,  10(/J  und  1632  Angaben 
über  Kanzel  und  Kirchengestühl,  1G/J4  Aufstellung  einer  neuen  hölzernen 
Kanzel  an  Stelle  der  steinernen.)  Am  17.  Februar  1082  wurde  der  Turm  vorn 
Blitze  getroffen  und  brannte  bis  auf  das  Mauerwerk  nieder.  Die  darauf  ver- 
anstaltete Kollekte  (s.  darüber  R.  E.  Hattinck,  Erlaubnisbrief  usw.,  gedr. 
Almolo  1898)  gestattete  drei  Jahre  später,  den  Turm  in  geringerer  Höhe  als 
vorher,  neu  aufzubauen. 


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Abb.  234.    Kirche  in  Ülsen:  Teil  der  Südfront. 


Be- 
schreibung. 


Turm. 


Die  Kirche  zu  Ülsen,  aus  Sandsteinquadern  erbaut,  liegt  auf  einem 
Ausläufer  der  Hügelgruppe,  die  weiter  westlich  des  Dorfes  anhebt,  in  immerhin 
erhöhter  Lage  und  ist  normal  orientiert  (s.  Taf.  19,  Abb.  233).  Im  Äußeren 
kennzeichnen  Strebepfeiler  die  Gewölbejoche  des  Innern  (Abb.  234).  Der  Chor 
ist  nicht  abgesetzt  gegen  das  Schiff  und  schließt  mit  fünf  Seiten  eines  flachen 
Achtecks.  In  seiner  südöstlichen  Wand  findet  sich  eine  zugesetzte  Nische  für 
ein  Heiligenbild;  an  der  Nordwand  zeigen  sich  die  Spuren  der  nach  Mithoff 
(VI,  S.  103),  im  Jahre  1859  abgebrochenen  Sakristei.  Der  Nordseite  des  Schiffes 
ist  in  dessen  ganzer  Länge  ein  Nebenschiff  vorgelegt  (s.  d.  Grundriß  Abb.  235). 

Der  Turm  am  Westende  der  Kirche,  auf  quadratischer  Basis  errichtet, 
ist  der  älteste  Teil  des  Gotteshauses  und  stammt  seinem  Steinschnitt  und 
den  Fensteröffnungen  nach,  bis  zum  zweiten  Geschoß  aus  der  Zeit  um  1200. 
Das  dritte  Geschoß  hat  in  jeder  Seite  zwei  gotische  Schallöffnungen.  Das 
Turmportal  ist  in  gotischer  Zeit  eingesetzt. 

Das  Gewölbe  der   Durchgangshalle   des  Turmes    ist   den  Nachrichten 
zufolge  bei  einem  Brande   eingestürzt;   es  war  ehemals  als  Kreuzgewölbe  in 
Bruchstein  auf  Rippen  und  Ecksäulen  ausgeführt.    Die  Turmtreppe  liegt  inner- 


->^    215    gK^ 


-^     21(5     ^«<- 

halb  der  Südwand  des  Turmes  und  ist  vorn  Schiffe  aus  zugänglich.  Stein- 
metzzeichon  daran  zeugen  von  Erneuerungsarbeiten,  die  um  ITKXJ  geschehen 
sein  werden. 


Abb.  237.    Kirche  in  Ülsen;  Schnitt. 


Schiff.  Das  Schiff  (Taf.  18,  Abb.  236)  ist  ursprünglich  in  vier  Jochen  angelegt 

gewesen;  die  beiden  folgenden  Joche,  die  ehemals  zum  Chor  gehörten,  dessen 
alter  Anfang  auch  durch  eine  breitere  Quergurte  gekennzeichnet  ist,  sind 
später  zum  Schiff  hinzugezogen.  Die  Wölbung  (Abb.  237)  ist  durch- 
weg auf  Rippen  mit  Birnstabprofil  aus  Konsolen  heraus  ausgeführt, 
und  zwar  ist  das  Gewölbe  des  Schiffes  etwas  höher  als  das  des 
Chores.  Die  Konsolen  zeigen  im  Grundriß  vier  Seiten  eines  regel- 
mäßigen Sechseckes  (Abb.  238).  Die  Gurten  sind  durchweg  sehr 
flach  und  kaum  spitzbogig  zu  nennen.  Die  Fenster  setzen  hoch  an, 
sind  ziemlich  schlank  und  haben  Maßwerk:  im  Schiff  aus  Drei- 
pässen und  Fischblasen,  im  Chor  aus  Drei-  und  Vierpässen. 

Das  Nebenschiff  gehört  im   ganzen  einer   späteren  Zeit  an 
als  das  Hauptschiff;   und  zwar  bestand  es  zunächst  aus  vier,   auf 
Konsolen  und  Wandsäulen  gewölbten  Jochen,    entsprechend  denen       Kirchri^n 
des  Hauptschiffes,    Die  drei  kämpferlosen  Rundpfeiler  zwischen  Schiff        tisen; 
und   Nebenschiff   sind    die    rundbehauenen  Reste    der    ehemaligen         '^^^^  *" 
nördlichen  Kirchenaußenwand,  denen  man    eine  Basis  mit   flach- 
liegender Hohlkehle   gegeben   hat.    In   einer  noch  späteren  Zeit  hat  man  in 
den    beiden    nächstliegenden    Jochen    des    alten    Chores   —   also    im   fünften 
und  sechsten  Gewölbejoch  vom  Turme  ab  gerechnet  —  die  Nordwand  durch- 
brochen in  der  Weise,  daß  im  Grundriß  rechteckige  Pfeiler  stehen   blieben ; 


->^     217     ^- 

zugleich  wurde  das  Nebenschiff  um  zwei  Joche  ostwärts  verlängert.  So 
erklärt  sich  das  zweite  Ivonsolenpaar  im  Nebenschiff  an  der  Stelle  der  ehe- 
mahgen  östlichen  Abschlußwand  des  Nebenschiffes. 

Außen  an  der  Südseite  der  Kirche  fügt  sich  in  der  wagerechten 
Verlängerung  der  Streben  des  dritten  Joches  ein  Vorbau  in  Sandstein  an,  der 
„Gravenkerkje"*)  genannt  wird  (Abb.  233).  Sein  zierliches  Fialen-  und  Fischblasen- 
werk und  die  vorkommenden  Steinmetzzeichen,  von  denen  einige  in  Gildehaus  und 
Emiichheim  sich  wiederfinden,  lassen  ihn  als  Werk  der  Wende  des  XV.  Jahr- 
hunderts erkennen.    Leider  sind  die  Feinheiten  stark  verwittert. 

Eine  Inschrift  über  der  Chortür  in  der  Südwand  außen,  welche  das 
Datum  der  Erbauung  angegeben  hat,  ist  völlig  verwittert  und  unleserlich 
geworden.  Nach  allen  angeführten  Stilmerkmalen  muß  Schiff  und  Chor  — 
vielleicht  in  getrennten  Bauperioden  —  in  die  zweite  Hälfte  des  XV.  Jahr- 
hunderts gesetzt  werden.  Das  Nebenschiff  ist  etwas  später;  bemerkenswert 
sind  hier  ein  Schlußstein  mit  einem  Bildniskopf  und  das  Vorkommen  des 
Seilornamentes  an  Konsolen  und  Schlußsteinen  (C.  W.  Hase,  Das  Seilornament 
und  polygonale  Kelchkapitell  zu  Ilsenburg.  Mittelalter!.  Baudenkmäler  Nieder- 
sachsens I,  158,  Tafel  37).  A.n  der  Kirchensüdseite  unter  dem  Dach  steht: 
Anno  1612  is  dit  gedec.  Zwei  der  Streben  weisen  als  Erneuerungsdaten  die 
Jahresangaben  1658  und  1829  auf. 

Außen  am  Schiff  —  1 1 1 1 ;    Gravenkerkje     "7^ —  ;      Turmtreppe     an    Steinmetz- 

zeichen. 


emer 


Reparatur     .'^  _\  ^   I 


Nach  Inschrift  ist  das  Eichenholzgetäfel  „Anno  1633"  eingebaut.  Chorgetäfcl 

Die  Grabplatten  in  der  Kirche  sind   zumeist  stark   abgetreten.     Eine  Grabstein. 
vom  -Jahre  1637  auf  die  Dogentsame  Cathrina  Gerdina  Sperge  seligen  Bernd 
van  Benthems  gewesene  Husvrouwe. 

Die  drei  vorhandenen  Glocken  sind  um  1835  von  Dubois  in  Ülsen  Glocken, 
selbst  gegossen.  —  Die  älteren  waren  beim  Brand  1682  zerstört.  Bei  der  ersten 
Glocke  beträgt  der  untere  Durchmesser  0,70  m  ;  Inschrift  holländisch :  Joh.  6,  27, 
lat.  Großbuchstaben.  —  Die  zweite  mißt  0,90  m  unteren  Durchmesser; 
Inschrift:  Ps.  127,  1,  wie  bei  voriger.  —  Die  dritte  1  m;  Inschrift: 
Ps.  95,  7,  ebenso. 

Kanzel  mit  Schalldeckel  aus  Holz,  im  Sechseck  angelegt,  von  schlichter  Kanzel. 
Formgebung.      An    den  Ecken    des    Stuhles    toskanische    Dreiviertelsäulchen ; 
dazwischen  rundbogig  geschlossene  Füllungen.    Anfang  des  XVII.  Jahrhunderts. 

Ein   Kelch,    24,6    cm    hoch   und   9,4  cm  im  Durchmesser  des  oberen  Kelcli. 
Randes,   besteht  aus  Silber   und  zeigt   Spuren  von   Vergoldung.     Er  ist  aus 
Stücken  verschiedenen  Ursprunges  zusammengesetzt.    Der  Knauf  mit  Widder- 
köpfen besetzt  (vgl.  Kelch  zu  Neuenhaus),   entstammt  dem  XVI.  Jahrhundert. 

*)  „Grave"  umgebildet  ans  Gerve  =  Gewand,  meist  in  Zusammensetzung  mit  Kammer 
(s.  Grimm,  Wörterbuch).    Vgl.  „Gerkammer"  in  der  ref.  Kirche  in  Bentheim. 


-^     218     iK- 

I)ie  Kii|)j)a  liai  fast  gerade  aufsteigende  Wandungen  und  ist  rnit  liandweik  und 
naturalistisch  gebildeten  Früchten  sowie  mit  vier  Engelsköpfen  in  getriebener 
Arbeit  verziert;  sie   entstammt    der   /weiten   Hälfte   des   XVII.  Jahrhunderts. 
Der  Deckel  ist  in  ähnlicher  Weise  ornamentiert  (Taf.  15,  Abb.  2;'/J). 
Kroii-  ^rei   Kronleuchter  aus   Gelbguß   in   der   üblichen   Form,    einer  davon 

Iciiclitcr.  j„j|  Wa])[)enschilden   am   Knauf   „gegeven  dor  Mechtelt  Mulder,   weduwe  van 
•lohannes  Lij)i)inghoff"  usw.  1779. 

Der    zweite    von    17'.J1     ,,ter    gedachtenis    van    de    -luffreuw    Gesina 
Lippinghoff  en  Aleida  Bode". 
Der  dritte  von  17*,).'). 
Orgel.  Orgel   aus  dem  Anfang  des   XVIII.  JahJhunderts   mit  bescheidenem, 

mehr  handweiksmäßig  ausgeführtem  Schnitzwerk,  im  Gesamtaufbau  aber  nicht 
ungeschickt  und  bemerkenswert  durch  den  Versuch,  von  der  sonst  üblichen 
flächigen  Ausbildung  des  Prospektes  abzuweichen.  Auch  an  den  Seiten- 
wandungen des  Gehäuses  sind  Pfeifen  in  halbrund  vortretenden  Türmchen 
angeordnet, 
l'ateue.  Eine    Patene    aus    Silber    (35  cm    Durchmesser)   enthält  das  Wappen 

Ernst  Wilhelms,  Grafen  von  Bentheim  und  das  Datum  1650  als  Stiftungsjahr. 
W:md-  Wandgemälde  sind  vermutlich  vorhanden,  aber  unter  der  dicken,  weißen 

gemälde.  Tünche  verdeckt. 


Rathaiiii. 

Das  Rathaus,  ähnlich  dem  zu  Neuenhaus,  auch  ungefähr   gleichzeitig 
gebaut,  hat  durch  Auftragen  von  Putz  an  Charakter  eingebüßt. 

Garten 


^1  rai,f>  e  -i — > — > — ■ — ^ 
Abb,  240.    Ül?en;  Utius  Jacobs  (1:250). 


->S     219     §K- 

Im  Dachreiter  des  Rathauses  eine  Glocke,  1683  in  Amsterdam  gekauft;  Glocke. 
Durchmesser  0,52  m. 

Bürgerhaus. 

Haus   Jacobs,  Giebelhaus  in  Fachwerk,   XVIII.  Jahrhundert  (s.  d. 
Grundriß,  Abb.  240). 


Veldhausen. 


Kirche  (ref.). 

Das  Dorf  Veldhausen,  3  km  nordöstlich  von  Neuenhaus,  auf  Geest- 
boden, in  einiger  Entfernung  von  der  Vechte  belegen,  ist  der  Kirchort  für  die 
zerstreuten  Dörfer  des  großen  Heseper  Moorgebietes. 

Der  Name  findet  sich  in  den  Schreibweisen   Velthusen   {Jung,    Cod.  Geschichte. 
dipl.  Nr.  55),  Velthuzen  (Jung,  App.  dipl.  Nr.  8)  Velthuyzen. 

Veldhausen  ist  nach  Möllers  Ansicht  (a.  a.  0.  S.  106)  wenigstens  im 
X.  Jahrhundert  gegründet  und  besaß  schon  früh  ein  ausgedehntes  Kirchspiel. 
Seine  erste  Kirche  soll  den  hl.  Johannes  den  Täufer  zum  Patron  gehabt 
haben.  Veldhausen  kommt  zum  ersten  Male  vor  in  einer  Urkunde  vom  Jahre 
1317,  nach  welcher  Graf  Johann  IL  ein  von  einem  Bodolphus  Ton  Sande 
erworbenes  Stück  Land  der  genannten  Kirche  schenkt  (Jung,  Cod.  dipl.  Nr.  55). 
Eine  weitere  Erwähnung  der  Kirche  findet  sich  in  einer  Urkunde  vom  Jahre 
1360,  die  eine  Zuwendung  in  Getreide  behandelt  (Raet.  v.  Bgls.  I,  146).  Diese 
in  den  Urkunden  erwähnte  Kirche  wurde  1370  abgebrochen.  Wahrscheinlich 
war  BaufäUigkeit  die  Veranlassung  dazu  in  gleichem  Maße,  wie  das  Bestreben 
der  Grafen,  ihrer  jungen  Gründung  Neuenhaus  durch  Verlegung  der  Kirche 
dahin,  aufzuhelfen.  In  der  Nähe  der  neugegründeten  Burg  Dinkelrode  —  nach 
Visch  da,  wo  Jetzt  die  reformierte  Kirche  in  Neuenhaus  steht  —  wurde  mit 
Zustimmung  des  Ütrechter  Bischofs  die  Kirche  wieder  aufgebaut.  40  Jahre 
später  gelang  es  aber  dem  damahgen  Veldhausener  Pastor  Faber,  den  Bischof 
Friedrich  von  Blankenhain  von  den  Nachteilen  und  der  Ungerechtigkeit  dieser 
Kirchenversetzung  zu  überzeugen.  Der  Bischof  erklärte  nach  eingehender 
Prüfung  der  Sachlage  durch  den  Domherrn  Swederus  Hübting  zu  Oldenzaal 
die  Wünsche  der  Gemeinde  von  Veldhausen  für  berechtigt  und  bestimmte  die 
Zurückversetzung  der  Kirche  „mit  ihrem  Tauf  stein  und  allen  anderen  Rechten  und 
Geräten"  (Jung,  Cod.  dipl.  Nr.  150).  Zur  Förderung  des  Kirchenbaues  —  wie  es 
wenigstens  scheint  —  verlieh  derselbe  Bischof  im  folgenden  Jahre,  1411, 
allen  Besuchern  und  Wohltätern  dieser  Kirche  einen  Ablaß  von  40  Tagen 
(Jung,  Cod.  dipl.  Nr.  151).  Eine  zweite  Ablaßurkunde,  ausgestellt  zu  Utrecht 
in  dem  Jahre  1481  oder  1491  durch  den  Bischof  David  von  Burgund  teilt 
P.  Stiasny  im  Neuenhäuser  Kreisblatt  Artikelserie  1910  mit.     Darin   ist  vom 


-^     220    8->- 

('lior  der  Kirchs  die  Kode,  der  oHjalten  und  iiust^eschinückl  weiden  soll.  Der 
Reformation  schloß  sich  die  Veldhausener  Kirchengeirieinde  15H8  gleichzeitig 
mit  den  übiigen  Orten  in  der  Grafschaft  an. 


Be-     ^  Die  Veldhäuser  Kirche  (s.  d.  Grundriß  Abb.  241  a,  Schnitt  Abb.  241  b),  aus 

dor  Kirche,  regelmäßig  behauenen  Bentheimer  Quadern  von  wechselnder  Größe  erbaut, 
scheint  eine  lange  Bauzeit  gehabt  zu  haben.  Das  geht  hervor  aus  den  ver- 
schiedenartigen,   aber  stilistisch   doch   nicht  allzu   weit    auseinanderliegenden 


->*g     221     g^- 


Abb.  2ab.    Kirche   in  Veldhausen;  Schnitt  (1 -.250). 


Abb.  242.    Kirche  in  Veldhausen;  Innenansicht  gegen  den  Chor. 


-^g     22^    'cr-- 

Foirnon  dor  s|)ät{^otisch6n  Kapitelle,  Gewölberipj)en  und  Schlußsteine  im 
Schiff,  Chor  und  Turm.  Das  Schiff  besteht  aus  einer  dreijochigen  Halle  mit 
halbrunden  Wandsäulen,  deren  Kapitelle  in  mehr  oder  minder  scharfer 
Aus|)rägung  die  ineinander  geschachtelte  Kelchform  zeigen.  Die  Fenster  sind 
nicht  sehr  hoch,  dabei  verhältnismäßig  breit.  Das  Maßwerk  soll  wegen 
seiner  Schadhaftigkeit  um  1830  herausgebrochen  sein. 


Abb. '244.    Kirche  in  Veldhausen;  Turmportal. 


Chor.  Der  Chor  (Abb.  242)   hat  ein   Vorjoch  und  schließt  mit  fünf  Seiten 

eines  regelmäßigen  Achteckes  ab.  Während  das  Vorjoch  in  einfachen  Kreuz- 
gewölben mit  ringförmigem  Schlußstein  abgedeckt  ist,  liegt  über  dem  übrigen 
Teil  ein  Sterngewölbe.  Die  Gewölberippen  gehen  hervor  aus  Dreiviertelsäulen 
in  den  Chorecken.  Daran  sind  die  Kapitelle  rund  und  von  später  Pro- 
filierung. Zwei  Paar  sind  auch  bei  der  gleichen  Profilierung  achteckig  gebildet. 
Die  Fenster  setzen  höher  an  als  die  des  Schiffes  und  sind  auch  höher  hinauf- 
geführt. Das  Maßwerk  ist  herausgebrochen  wie  im  Schiff  und  durch  Holz- 
rahraen  ersetzt.  Der  Chorboden  soll  nach  mündlicher  Mitteilung  erst  Mitte 
des  XIX.  Jahrhunderts  niedriger  gelegt  sein.  Unter  dem  Chor  befanden  sich 
gemauerte  Grüfte. 

Turm.  Die  Kirche  ist  ohne  Turm  angelegt  gewesen.     Erst  vielleicht  um  1510, 

wie  es  scheint,  ist  ein  solcher  nach  dem  Schüttorfer  Muster  der  Westfront 
vorgelegt  (s.  Taf.  17,  Abb.  243).  Die  Halle  des  Turmes  ist  mit  Kreuzgewölben 
auf  Rippen,  die  aus  Dreiviertelsäulen  in  den  Hallenecken  herauswachsen,  ab- 
gedeckt.   Der  Schlußstein  ist  ein  großer,  offener  King.    Aus  der  Südwand  des 


->S     223     ^- 


Turmes  tritt  das  Treppentürmchen  als  halbes,  achteckiges  Prisma  heraus;  es 
ist  von  der  Halle  aus  zugänglich.  In  der  Westseite  des  Turmes  liegt  ein  Portal 
(Abb.  244),  das  sich  oberhalb  des  Türsturzes  als  hohes  spitzbogiges  Fenster 
fortsetzt.  Der  Turmsockel  hat  ein  sehr  charakteristisches  Profil,  das  zu  beiden 
Seiten  des  Portales  in  senkrechter  Linienführung  nach  unten  umbricht.  Der 
Turm  selbst  steigt  in  drei  Geschossen  empor,  jedes  obere  etwas  eingezogen 
gegen  das  untere;  der  Absatz  gekennzeichnet  durch  ein  dünnes  Hohlkehl- 
profil. Das  zweite  und  dritte  Geschoß  erfährt  senkrechte'  Gliederung  durch 
lange,  dreigeteilte  und  spitzbogig  abschließende  Blenden,  die  nur  im  dritten 
Geschoß  teilweise  als  Schallöcher  geöffnet  sind.  Das  Maßwerk  darin  besteht 
aus  Dreipässen  und  Fischblasen.  Den  oberen  Abschluß  des  Turmkörpers 
bildet  eine  aus  Fischblasenwerk  zusammengesetzte  Balustrade. 

Ein  Notdach  mit  kurzem  First,  in  roten  Ziegeln  gedeckt,  bekrönt  den 
Turm,  der  seiner  gefälligen  Gliederung  wegen  wohl  als  der  schönste  der 
Grafschaft  bezeichnet  zu  werden  verdient. 

Zur  Vergrößerung   der  Kirche   ist  an  deren  Anbau. 
Nordseite    ein  Ausbau   in  Ziegeln  vorgenommen 
(s.  Abb.   240).     Über  der  Nordtür  befindet  sich 
die  Inschrift: 

In  het  Jaar  MDCCCXXXII  Aangebouwed, 

Über  der  Südosttür  des  Chores:  Inscbriftou. 

incepin  •  an  •  dm  •  m 

cöple  m  •  vo  •  an  •  mcccc  .... 
(Stockmann  a.  a.  0.  Frts.  162  bringt  weitere 
Inschriften  an  den  Strebepfeilern.) 


Abb.  24ü.    Kirche  in  Veldhausen;  Kelch. 


Abb.  246.    Kirche  in  VeUlhausen:  Brotschüssel. 


->»8     224     6-^ 

stciiiinoiz-  Vielfach  vorkommende  Steinrrietzzeichen  ;im  'J'tjnii : 

zeiclicii. 


tft^^>f4--.^^ 


A 

Glocken.  Von  den   drei    vorhandenen   Glocken   sind   zwei    1509   durch  Wolter 

Westerhues  gegossen.  Bei  der  dritten  steht  der  Ursprung  nicht  fest;  sie 
wurde  1839  von  J.  B.  Dubois  in  Olsen  umgegossen. 

Unterer  Durchmesser  der  ersten  ist  0,95  m;  Inschrift  in  gotischen 
Kleinbuchstaben:  Salvator  dicor,  inimicos  pellere  utor,  convoco  viventes 
pulsu,  plango  morientes,  Wolterus  Westerhues  me  fecit  anno  domini 
Mcccccix.  —  Durchmesser  der  zweiten  ist  1,05  m;  Inschrift  in  Kleinbuch- 
staben: Est  marie  nomen  mich,  sacros  pulsor  in  usus,  cogo  sonans  homines 
ad  pietatis  opus.    Wolterus  Westerhues  me  fecit  MDIX.  —  Die  dritte  Glocke, 

Durchmesser   0,80.      Inschriften:    vivos    voco  .  .  usw Gegos.sen    von 

J.  B.  Dubois  im  Jahre  1839. 
Kanzel.  Die  Kanzel,  Renaissance,  hat  einen  steinernen  Fuß  und  einen  aus  Stein- 

platten zusammengesetzten,   sechsseitigen   Stuhl  ohne  wesentlichen  Schmuck. 
Kc'icli.  Ein   Kelch   (Abb.  245)   aus  Silber   ohne  wesentliche  Ornamentierung, 

Höhe  mit  Deckel  31  cm,  oberer  Durchmesser  10  cm,  hat  die  Umschrift  am 
Fuß:  In  usum  Ecclesiae  Velthausanae  1618,  26  Marti.  Renov.  1685,  4.  Juni: 
Am  Rande:  Poculum  benedictionis  cui  benedicimus,  nonne  communio  san- 
guinis Christi  est. 

Ein  zweiter  Kelch,  mit  dem  Datum  1716  am  Fuß  und  Stifterwappen 
V.  Stampa  am  Gefäß,  ist  dem  ersteren  nachgebildet. 
Ki.^,n.  Zwei  Kronleuchter    der  üblichen    Form    aus    Gelbguß    mit    Wappen- 

U'uchter.  Schilden  am  Knauf.     XIV.  Jahrhundert. 

Brot-  Zwei  Brotschüsseln  (Abb.  246)  aus  Silber,  die  größere  32,8,  die  kleinere 

Schüssel.  27,3  cm  im  Durchmesser  haltend,  sind  von  untereinander  ähnlicher  Arbeit. 
Der  Rand  ist  mit  einem  naturalistisch  gebildeten  Kranz  von  Blumen  in  Treib- 
technik belegt  und  enthält  das  Wappen  der  Familie  Stampa;  dem  gegen- 
über auf  der  anderen  Seite  in  einem  Medaillon:  Mauritz  Alexsander  von 
Stampa  dedit  hoc  dono  Ao  1695. 
Taufbecken.  Eine  Taufschüssel  aus  Silber  mit  Wappen  der  Familie  Stampa*). 

Taufstein.  Der  obere  Teil  eines  runden  Taufsteins,  in  der  Form  ähnlich  denen  von 

Ohne,  Brandlecht,  Emiichheim  findet  sich  in  der  1.  Pfarre.  Er  hat  keinerlei 
Ornament.     Die  Höhe  des  Stückes  ist  etwa  60  cm,  der  obere  Durchmesser  96  cm. 


Wietmarschen. 

Ehem.  Beiiediktinerinnenkloster,  Kirche  (kath.). 

Das  Stift  Wietmarschen  liegt  etwa  10  km  nö.  von  Nordhorn  in  einer 
weiden-  und  waldreichen  Niederung. 


'■)  über  die  Stanipas,  Besitzer  des  Hauses  Schulenburg,  s.  Moellor  a.  a.  0.  S.  85. 


->^     225     8-<- 


Der  Name  der  Gegend  kommt  vor  in  den  Formen  Wytmersch,  Wittmarsen     Geschichte. 
und  ähnlichen  (Jung,  Cod.  dipl.,  S.  21,  s.  a.  Förstemann,  Ortsnamen,  S.  63  und  114). 


Abb.  248.    Stiftskirche  in  Wietmarschen:  Grundriß  (1:250) 


Das  Kloster  wurde  durch  den  Benediktinermönch  Hugo,  Edeln  von 
Büren  (Erzählung  darüber  in  Burgstf.  Fürstl.  Archiv  IX  Rep.)  in  dem  von  der 
Gräfin  Witwe  Gertrudis  von  Bentheim  (f  nach  1154)  geschenkten  und  in  die 
Hand  des  Bischofs  Friedrich  von  Münster  überwiesenen  palus  Wittmersensis 
gegründet.    Die  Stiftungsurkunde  von  1152  enthält  sogleich  Schenkungen   an 

das  Kloster,  das  unter  der  Oberaufsicht 
des  Bischofs  verbleiben  und  unter  der 
Voigtschaft  des  Erben  der  Schüttorfer  Curtis 
stehen  sollte  (Erhard,  Cod.  dipl.  Nr.  297). 
Wietmarschen  war  ursprünglich  zu  einem 
Männer-  und  Frauenkloster  bestimmt,  ver- 
wandelte sich  aber  schon  1209  in  ein 
Frauenstift  unter  einem  Propst  und  einer 
Priorin.  Zugleich  nahm  das  zu  Ehren  des 
hl.  Johannes  des  Täufers  gegründete  Kloster 
den  Titel  ,,St.  Marie  in  Rode"  an.  Die 
Entwickelung  des  Klosters  zu  einem  frei- 
weltlichen Damenstift  —  nobile  collegium 
S.  Joannis  Evangelistae  — ,  die  sich  ganz 
allmählich  vollzogen  hatte,  führte  1659  und 
1675  zur  förmlichen  Anerkennung  dieses 
Zustandes  durch  den  Bischof  Bernhard  von 
Galen,  dessen  Bruder  und  Neffe  hier  1670 
zwei  Galensche  Erbpräbenden  gründeten. 
Der  Reformation  hatte  sich  Wietmarschen  nicht  angeschlossen.  Als  Folge  davon 
und,  weil  das  Stift  mit  der  Hilfe  des  Bischofs  von  Münster  sich  der  Landesober- 
hoheit des  Grafen  zu  entziehen  suchte,  ergaben  sich  Zwistigkeiten  mit  diesem. 

15 


Abb.  249.    Stiftskirche  in  Wietmarschen; 
Schnitt  durch  den  Chor  (i :  250). 


I 


-<-2     220     g^ 

Im  .lahro  1800  versucliie  Grat  Ludwig  im  Einverständnis  mit  den 
Stiftsdamen  das  Stift  anfzuhoben;  doch  verhinderte  die  Einsetzung  der  Groß- 
herzoglich Bergischen  liegierung  die  Aufhebung.  ?]rst  Napoleon  hob  das  Stift 
am   14.  November   1811    auf   und    zog  dessen   Güter  ein.     Die   Hannoversche 


Abb.  250.    Stiftskirche  in  Wietmarsclieu ; 
Glockenturm. 

Regierung,  die  1813  die  Grafschaft  Bentheim  in  Besitz  genommen  hatte,  über- 
ließ durch  den  Vergleich  vom  16.  März  1823  —  wie  es  auch  mit  Frenswegen 
geschah  —  die  Klostergüter  von  Wietmarschen  ]dem   ehemaligen  Besitzer  als 
Entschädigung  für  den  Verlust  der  Landeshoheitsrechte. 
Be.  Von  der  Klosteranlage  ist  der  sie  umgebende  Graben  teilw^eise,  ferner 

Schreibung,  das  Hauptzugangstor  mit  der  Brücke  und  einige  der  alten  Wirtschaftshäuser 
bis  heute  vorhanden.  Die  Gebäude  entstammen  der  Wende  des  XVII.  Jahrhunderts. 
Die  malerische  Stiftskirche  (Taf.  19,  Abb.  247)  liegt  heutigestages  frei 
und  ist  normal  gerichtet  (Abb.  248).  Der  älteste  Teü  daran  ist  der  Chor  (Abb.  249). 
auf  nahezu  quadratischem  Grundriß,  teils  aus  behauenen  Findlingen,  in  seinen 
oberen  Teilen  aus  Bentheimer  Quadern  erbaut  und  mit  romanischen  Fenstern 
versehen.  Im  Inneren  hat  der  Chor  Eckvorlagen  für  die  Schildbögen,  die  nach 
dem  an  der  Ostseite  erhaltenen  spitzbogig  waren.  In  den  einspringenden 
Ecken  der  Vorlagen  saßen  Runddienste,  die  sich  einst  oberhalb  ihrer 
Kapitelle  als  Rippen  für  das  Jetzt  nicht  mehr  vorhandene  Gewölbe 
fortgesetzt  haben.  Die  Fenster  sind  sehr  hoch  angebracht,  und  zwar  sind 
die  beiden  in  der  Ostwand  befindlichen  bevorzugt  durch  einen  in  der 
Wandfläche  belegenen   Rundwulst  auf  Säulchen   mit  je  zweimal  gegürteten 


->^     227     ^'- 

Schäfteii.  Von  dem  Triumphbogen  ist  nur  die  nördliche  Wandvorlage  mit 
zwei  halben  Rundsäulen  erhalten.  Die  Decke  ist  in  Stuck  auf  Holzverschalung 
ausgeführt.  Nach  den  angeführten  Stilmomenten  stammt  der  Chor,  wenigstens 
in  seinem  oberen  Teile,  aus  der  zweiten  Hälfte  des  XIII.  Jahrhunderts. 

An   die  Südseite   des  Chores  fügt   sich  eine  Sakristei  aus  Sandstein, 
etwa  in  gotischer  Zeit  gebaut. 


Abb.  251.    Stiftskirche  in  Wietmarschen;  Altar. 


Das  Schiff  hat  außen  gleiche  Breite  mit  dem  Chor;  wegen  der 
geringeren  Stärke  seiner  Mauern  setzt  es  im  Inneren  gegen  jenen  etwas  zurück. 
Es  ist  aus  großformatigen  Ziegeln  (5,5/13,5/27,5)  errichtet  und  hat  zum  Teil 
spitzbogige  Fenster  mit  schmalen  Hausteingewänden.  Die  Tür  in  der  Nord- 
wand —  offenbar  in  zweiter  Verwendung  —  zeigt  gotische  Formen  um  1500 
(vgl.  Brandlechter  Südtür).  Gegen  Westen  ist  das  Schiff  durch  einen  schmaleren 
Anbau  verlängert  (Ziegelformat  6,5/12,5/25,5).  Die  westliche  Abschlußwand 
ist  in  kleinformatigen  Ziegeln,  nach  den  Profilen  der  Tür  und  der  darüber- 
liegenden,  eine  Heiligenfigur  bergenden  Nische,  in  den  ersten  Jahrzehnten  des 
XVIII.   Jahrhunderts    erneuert.     In    der   Südwand    des    Anbaues    trägt   eine 

15* 


Schiff. 


-^     228     8->- 


Glockcii- 
tnnii. 


zugesetzte  Tür  auf  dem  Sturz  die  Aufscluift:  Renovaturn  Anno  1697.  Das 
Obergeschoß  dieses  Anbaues  war   ehemals  zu   einem  Kapitelsaal   eingerichtet. 

In  der  Nordwestecke  des  Schiffes  befindet  sich  ein  zweiter,  kleinerer 
Anbau,  der  in  seinem  unteren  Geschofi  sich  nach  dem  Schiffe  öffnet  und  einen 
l)evorzugten  Kirchenplatz  enthält. 

Die  gotischen  Strebepfeiler  aus  Sandstein  —  zwei  an  der  Südseite  des 
Schiffes,  ehier  an  dessen  Nordseite  —  mögen  zur  Unterstützung  für  die 
Gewölbe  des  ehemaligen,  s])ätromanischen  Schiffes  errichtet  gewe.sen  sein. 

Auf  dem  Westende  des  Kirchendaches  sitzt  ein  Dachreiter  mit  der 
Meßglocke. 

Ein  hölzerner  Glockenturm  (Abb.  250)  steht  am  Rande  des  Kirch- 
hofes in  nördlicher  Richtung  vom  Chor  aus. 


Abb.  252.    Stiftskirche  in  Wietmarschen :  Chorschranke  von  1695. 


Altäre.  Der  Hochaltar  (Abb.  251),   in  Eichenholz  geschnitzt,   stammt  aus  der 

zweiten  Hälfte   des  XVII.  Jahrhunderts.    Er  enthält  ein  Ölgemälde,   das  eine 

Kreuzigungsgruppe  darstellt. 

Der  St.   Annenaltar   ist    1662,    der    St,  Nicolausaltar    1663    gestiftet. 

Die    beiden    Nebenaltäre    bestehen    aus    Stein    und    haben    Reliefbilder    im 

Retabulum  (s.  Möller,  a.  a.  0.  S.  103  u.  Mithoff  VI,  S.  168). 

Chor-  Die  Chorschranke,  in  Eichenholz  geschnitzt,  entstammt  nach   der  In- 

schranko.  ^^^^.^^  ^^^  j^^^^   ^^^^^^   ^^^^    ^52). 

Mehrere  Stationsfiguren  von  Stein,  Höhe  etwa  60  cm.  Dabei  ein 
leidender  Christus  von  1683. 

Im  Glockenturm  drei  Glocken,  Die  älteste  (1510)  hat  einen  Durch- 
messer von  1  m.  Als  Meister  nennt  sich  Wolter  Westerhues.  Eine  einzeilige 
Inschrift,  unterhalb  der  Haube  in  Kleinbuchstaben  lautet:  Est  Mariae  nomen 
mihi  .  ,  usw.  (vgl.  Veldhausen)  .  .  .  Wolterus  Westerhues  me  fecit  anno 
Domini  MDX  Anna  van  Vorden  abtina. 

Die  zweite  (1529),  Durchmesser  1,10  m,  nennt  ihren  Gießer  nicht. 
Inschrift:  Dicor  Salvator,  mihi  fulmina  grandoque  cedunt  esuries,  pestis,  bella 
rapidique  furores,  et  fugiunt  sönitus  noxia  quaeque  meos.  Anna  van  Vorden 
Aebatissa  Anno  MCCCCCXXIX. 


Stations- 
figuron. 

Glocken. 


-'>^     229     g^- 

Die   dritte  (1839)   Durchmesser  0,80  m,    sagt  in   ihrer  Inschrift:   J'ai 
ete  fondue  ä  Paris  ab  Du  Boits  1839. 

Eine  aus  Holz  geschnitzte  und   mit  Metall  belegte  Madonnenfigur  in  Madonna, 
sitzender  Stellung  (Höhe  etwa  50  cm),   mit  dem  Kinde   auf  dem  Schoß,   das 
leider  beschädigt  ist,  war  einst  Ziel  von  Wallfahrten.    (Katalog  d.  Ausst.  westf. 
Altertümer  1879,  Münster,  Nr.  403.) 


W  i  1  s  u  m. 


Kirche  (ref). 

Das  Dorf  Wilsum  liegt  an  den  Nordwestabhängen  des  Ülsener  Dünen- 
gebietes und  hat  nächst  der  Bauerschaft  Samern,  südlich  von  Schüttorf,  den 
fettesten  Boden  in  der  Grafschaft. 

Der  Name   des  Ortes   scheint   zuerst  genannt   zu  werden   in   der  Ge-  Geschichte, 
schichte  der  translatio   S.  Alexandri,    die  zwischen  den  Jahren  863  und  891 


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SOMIIMI'  ,             IPBHI 

Abb.  253.    Kirche  in  Wilsum ;  Ansicht  von  Süden. 

• 

geschrieben  ist  und  worin  die  Heilung  eines  Bünden  aus  Wilsum 
berichtet  wird*).  In  der  Form  Wylschem  kommt  der  Name  vor  in  einer 
Urkunde  aus  dem  Jahre  1332  (Jung,  Cod.  dipl.  Nr.  91),  in  welcher  Arnold 
von  Schonevelde,  ein  Sprößling  des  alten  Geschlechtes,  das  in  Wilsum  seinen 
Stammsitz  hatte,  einen  Revers  über  sein  Lehen  an  den  Grafen  von  Bentheim 
ausstellt.  Kirchlich  gehörte  Wilsum  ursprünglich  zuÜlsen,  hat  aber  bereits  vorder 
Reformation  eine  eigene,  dem  hl.  Antonius  geweihte  Kapelle  gehabt,  in 
welcher  der  Pfarrer  von  Ülsen  zu  bestimmten  Zeiten  des  Jahres  die  Messe 
lesen  mußte.    Nach   der   1861    zu  Wilsum    aufgestellten  Kirchenbeschreibung 


*)  Monum.  Germau.  histor.  II.  Hannover  1829,  S.  G80. 


-•♦8     230     i*-.- 

ist  die  \'ikario  im  Jahre  löll   durch  den  (Irafon  iwcrwyn  gestiftet  (s.  a. -lung, 
Cod.  di|)l.  Nr.  4)  und  im  Jahre  1515  durch  den  Bischof  von  Ctrecht  konfirmiert. 
B(v  Die  alte  Wilsumer  Kapelle  ist  um  das  Jahr  1725  durch  die  gegenwärtige 

Schreibung.  Kirche  ersetzt  (Abh.  25;j).  Von  jener  ist  nur  der  Turm  bis  etwa  zu  seinem 
ersten  Geschoß  übriggeblieben.  Was  alt  daran  ist,  besteht  aus  Raseneisen- 
stein.  In  jüngerer  Zeit  ist  der  Turm  mit  Ziegeln  ausgeflickt.  Zwischen 
Halle  und  Schiff  öffnet  sich  ein  hoher  Spitzbogen  mit  Wulst  und  Kehle  im 
Profil  und  aus  rötlichem  Bentheimer  Sandstein.  Die  Eingangstür  in  der 
Turmfront  hat  feinere  Profilierung;  der  innerste  der  Wulste  ist  als  gedrehtes 
Tau  ausgebildet.  Bei  Erneuerungsarbeiten  11310  ist  der  Turm  mit  Zement 
verputzt.  Unverändert  sind  aber  die  Sandsteinsimse,  welche  die  Geschoß- 
teilung bezeichnen.  Nach  diesen  Merkmalen  kann  der  Turm  aus  den  ersten 
Jahrzehnten  des  XVI.  Jahrhunderts  stammen. 


Abb.  254.    Kirche  in  Wilsuna;  Grandriß  (1:250;. 


Glocken. 


Kanzel. 


Kelch. 


Ölgemälde 


im  Pastorat.  Landschaft 
und  Delila. 


In  der  Saalkirche,  die  sich  ostwärts  an  den  Turm  schließt  (Abb.  254), 
ist  der  Inschrift  über  der  Nordwesttür  nach  der  erste  Stein  gelegt  Anno 
MDCCXXV  IPSIS  IDIBUS  MAIL  Sie  ist  auf  Hausteinsockel  ifi  kleinformatigen 
Ziegeln  aufgebaut,  hat  rundbogige  Fenster,  innen  wie  außen  vorspringende 
Pfeiler  und  als  Abschluß  nach  Osten  hin  drei  Seiten  eines  Achteckes.  Die 
Decke  ist  in  Holz  nach  der  Form  eines  Spiegelgewölbes  gebildet. 

Eine  Glocke,  unterer  Durchmesser  0,82  m.  ist  1829  von  Andries  van 
Bergen  und  M.  Fremy  in  Mitwolde  gegossen. 

Die  Kanzel  aus  Holz,  ähnlich  der  zu  Lage,  etwa  gleichzeitig  mit  dem 
Kirchenneubau  von  1725. 

Ein  Kelch  aus  Silber,  in  Form  eines  Bechers  auf  plumpem  Fuß. 
Der  Name  der  Stifterin,  umgeben  von  einem  Kranze,  ist  im  Becher  eingraviert. 

Sechs  Porträts  in  Öl,  ca.  1780;  ein  stark  nachgedunkeltes  Ölgemälde: 
mit    antiken   Säulen    im   Vordergrunde;    ein   Ölgemälde:    Simson 


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Heft  4 


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