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Full text of "Hegels Leben, Werke und Lehre"

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i*Ph*il  nos.tf'i 


3l?arijarli  t!roUrgf..|,il)rav2 

FKOM    TUE    Elftq;trS!^T  OF 

JAMES  WALKER,   D.D.,    LL.D. 

CCIusttf  JSI4) 

•*  PrcfereQct?  being  given  to  works  in  ihe 
iDteneciual  nud  Moral  Sdcnois/' 


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©cf^i^te 


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ueuerit  |)l)ilofo|il)te 


t)on 


^u6tCäunt0au5e^ga6e. 


^egeU  Seben,   SBerIc  unb  Se^re.    I.  2^l^ei(. 


-^ -'o^^ >- 


(Sari    SBtnter'S    Unt))erntAt^bud&^Qnbluns. 

1901. 


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Carl  \Mn(r^'^  I'nivprsitäfsbuchhandlung  in  TIe:dclHerq 


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^egefö 


c^cßcn,  ^crßc  unb  Jlc^rc. 


9}on 


^itno  3ftfi|er. 


(ftßer  3|)di. 


Wit  btm  $BiIbni8  beS  SJerfafferS  tu  ^elioQtatinre. 


6nrl   SBtntet'S    U«tBerfttät86u(iÖ]^anbIunfl. 

1901. 


TV\\\  no's  ,^-.3 


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1 2^-^i^^) 


Kllc  Ktf^tc,  bcfonbcti  bai  Kt^t  bct  ttciccfclniig  in  ftcmbc  6)>tcu^cn,  loecbcn  borbc^Itcn. 


^oxxebe. 


$ier  erfd&etnt  ba^  feit  Salären  in  äfudftd^t  gefleOte,  ))on  einem 
atogen  Xl^eil  ber  plitofop^ifdgen  Sefettelt  erfe^nte  SEBetl  aber  ©eotg 
SBil^elm  Sfriebrid^  ^egel,  baS  nad^  ber  S^oQenbung  ber  ad&ten 
unb  legten  Sieferung  nunmel^r  feinen  Slbfc^lug  erreid&t  f)at.  €8  t^eilt 
fi(^  in  iXDtx,  na4  il&rem  Umfange  einanber  gleite  93inbe  mit  fort- 
laufenber  Seitenga^I,  iDie  eS  bem  t^ortgange  ber  Lieferungen  entfprid^t. 

S)er  erfte  SBanb  entl^ött  bie  ®ef(!^id^te  beS  SebenS  unb  ber  9Ber!e 
be«  5p^iIofop]&en,  bie  ßntfiel^ung  unb  bie  Slnfftnge  feiner  Seigre,  bie 
SarfteÜung  feiner  beiben  ^auptmerte:  ber  ^l^ftnomenotogie  bed  ®eif}e8 
unb  ber  SBiffenfd^aft  ber  Sogi{;  ber  jn)eite  Sonb  umfaßt  bie  Statur- 
))]^iIofot)]^ie,  bie  äBiffenfd^aft  ))om  fubiectiDen  ®eifle,  b.  i.  bie  9(ntl&ro« 
pologie  unb  ^f^d^otogie,  bie  äBiffenfdgaft  Dom  obiectit)en  ®eifte,  b.  i. 
bie  9ted6t8))|itofop]^ie  nnb  bie  ^bilofopl^ie  ber  SBeltgefd^id^te,  enblidg 
bie  SBiffenfd^aft  ))om  obfotuten  ©eifte,  b.  i.  bie  Sleft^etif,  bie  SRetigionS- 
t)l^itofot)|ie  unb  bie  ®ef(i&idbte  ber  ^l^ilofop^ie. 

3Qie  bie  bebeutfamen  99üd^er  ttbec^QU})!,  fo  l^oben  oudb  bie  großen 
t)]^i(ofo))]^ifci^en  äBerle  unb  @^fteme  i^re  eigentl^ümlid^en  Sd^idfale, 
bie  im  SBed&fel  wn  ßid&t  unb  SfinfierniS  befiel&en,  3n  ber  erften 
^alfte  bed  neunjel^nten  ^al^rl^unbertd  l^at  ftdg  bie  Igegelfdge  !p]^iIofot)]^ie 
entmidEelt  unb  burdg  bie  ®r3ge  il^red  Umfangl^,  bie  €inmflt]^igleit 
il^reS  @^fiem8,  ben  met|obif4en,  lel^r-  unb  leenbaren  ®ang  i|rer 
©arfieHung  eine  ^errfd&aft  erlangt  bie  ftd6  lodl^renb  eines  3Jlenfd&en» 
alter«,  ic^  nenne  bie  3a|re  1820—1850,  um  eS  in  runben  Sohlen 
auS3uf))re^en,  in  bie  loeiteften  93ilbung8lreife  ber  SSBelt  erflredt  |at. 


VI  JBorrebe. 

S)ann  tarn  ber  l^anebüd^ene  äJlaterialiiSinud  ber  fünfziger  Salute, 
man  ganüe  ftd^  toitbn  einmal  über  bie  Seelenfubftang;  aU  ob  Aant 
nie  gelebt  l^dtte;  @d&ot)enl^auet  trat  enblidg  ou8  bem  ^xdxibi  feiner 
Obfcuritftt,  bie  aud&  ein  SO^enfdgenatter  gemAl^rt  ^otie,  ^erauS  unb 
gelpann  nod&  t)or  5£l^orf(|tuB  bie  Iftngflerfel^nte  unb  t)erbienie  SSead^tung 
unb  Settunberunfl  ber  SBelt;  ^egel  ober,  »ie  e8  fd&ien,  »ar  in  bie 
9la^t  ber  tiefften  SBergeffenl^eit  geratl^en.  S)od^  |atte  @dgot)en]§auer 
fo  befianbig  unb  fo  eifrig  ben  advocatus  diaboli  »iber  il^n  geft)ielt, 
bag  bie  SBelt  nun  begierig  fein  mu^ie,  biefen  t)ertt)orfenen  $l^iIofot)]^en 
teieber  lennen  gu  lernen,  t)on  neuem  unb  oufs  neue,  ol^ne  aDe  fßox- 
urtl^eiU  für  ober  »iber,  o^ne  alle  3bole,  gleid^fam  t)orau8feftung8lo8, 
tt)ie  bie  SSdter  ber  neuern  ^l^ilofopl^ie  geiooKt  l^aben,  bag  n)ir  und 
gu  ben  SDingen  t)erl^alten  follen. 

SDiefeS  93ebürfm§  na(|  einer  foldgen  Srienntnig  ^egelS  unb  -feiner 
Seigre  foll  in  biefem  äBerle  befriebigt  »erben. 

ftibtUltrg,  bzn  25.  Slprit  1901. 


Mattsoetjeüfinig. 


VIII 


®rfte8  S3ud^. 
^rgrfö  2thtn  m^  fßttft. 


eeite 

l^etfuitfi  ttit^  &€titia^tt 3 

Sie  erfle  3ugenbgeit  in  Stuttgart 3 

1.  (EltetntiauS  unb  @(iule 3 

2.  3)et  ?race<)tot  ßöfflet  .........  4 

3.  9l^etorif((e  Uebungen 5 

4.  @tubien  unb  Sectüre.    2:ageb&d^eT 6 

2)ie  afabemif^en  Se^rja^re  in  Sfibingen 10 

1.  ©tubiengang.    Snagiftextum  unb  (Sanbibatur  ....  10 

2.  ftant  unb  bie  9leDoIution 14 

3.  8freunbf(iaften.    2)et  polittfd^e  Gfub 14 

^t^tl  üU  f^au^it^ttt  in  Sern 14 

2tUniplan  unb  HBanbetial^re 14 

1.  Sie  ^auSlel^ret^etiobe 14 

2.  Slufent^alt  in  Stuttgart.    Staublin  unb  ^Dlberltn        .  15 

3.  Sie  Sd^idfale  unb  3uft&nbe  Säemi 16 

4.  Sad  ®ef4Ie4t  bei  ©teiger 18 

^egeU  SfottbilDung  in  ber  S^mei) 20 

1.  Bpxaäit,  Sitten  unb  ^olitil 20 

2.  KIpentoanberungen 21 

90tife%tiitii«    l^eüeld  Zimlm  in  htt  ed^Hieii 24 

Sie  einffu^tei^en  S^itbegeben^eiten 24 

.  1.  $]^iIofopbie.    Sfi^te  unb  64etring 24 

2.  Seutf^e  Si((tung.    Sd^iHet 25 

3.  Sq8  neue  aBeltalter 26 


3n]iaIt<üeTset(int6.  IX 

eette 

Wlo]opWibt  etubien 28 

1.  2;(eoIogif(ie  VroBIeme  . 28 

2.  CTtl^obosie  unb  $(iIofot))^ie 31 

8.  Büittiin^  all  fmxtx 32 

4.  $ie  Sfrage  bcd  aRoniSmu« 33 

^erlitt«   UttHtfithlun^  na^  ^tnitffiitt  ....  35 

^ie  neuen  SR^flerien 35 

1.  2)eT  britte  im  S9unbe 35 

2.  Sleufii 37 

^ölbetlin  im  ^aufe  ®ontatb 39 

1.  Sie  PatapTop^e     . 39 

2.  Sttfa^tten  unb  (Enbe 40 

^egel  im  ^oufe  ®ogel 41 

1.  eteUung 41 

2.  2)er  Oetleibete  Kufentl^alt 42 

3.  2:0b  bee  SSaterS.    Cefonomifd^e  Sage 42 

4.  3uTunftSpI&ne 42 

iFfinftes  ۟f\itl 

^t^M  ftmmtitt  etu^im  nu^  mttHiim 45 

Sie  Urform  beS  e^ftemft       . 45 

1.  Sie  Sufaeid^nungen 45 

2.  erunbtl^ema.    Sie  Steligion  aU  SBeltproMem  .      .      .       .  45 
Sie  neligionicnttoicKung 47 

1.  SaS  (Enbaiel 47 

2.  $(iIofop^ie  unb  Sleligton.    B^Uitxmai^txa  Sieben  ...  48 

8.  Sie  SBeltreligionen 49 

4.  d^J^aralter  ber  4riflU4en  IReügion            51 

9ieIigion  unb  $(i(ofop(ie 52 

1.  Sie  neue  Kufgabe .      .      .       .      .       .    ' .             .      .  52 

2.  Sie  (Brunbibee:  bet  abfolute  (Bei^ 53 

8.  Sie  eiiebetung  beS  ©^ftemft 54 

4.  (Bin  politifd^er  ^nttourf 54 

^t^€l  in  9nt4«  »ie  ttfttn  f ed^iS  ^al^t  feiner  HtietuHfd^en  uit^ 

nfn^emifd^m  f&itf^amMi 57 

£itteratif((e  SO^irffamfeit 57 

1.  V^ilofop^ifd^e  @d(riften 57 

2.  (Eine  politifd^e  @d^rift 58 


X  3n(aItBt)eTSetd(ni6. 

6elte 

idabemif^e  aS^irlfamfeit  • 62 

1«  SBorlefungen 62 

2.  S3efdrbetuTigen 64 

denaif^e  3up&nbe  unb  !Petfonen 65 

1.  2)ex  ntteratifiie  Slüdgang 65 

2.  ^ntnonuel  9liet(ammeT 65 

3.  $(i(ofop(if4e  S)occnten 66 

4.  Otfellifie  Greife 67 

2)ie  fp^andmenologie  unb  bie  @4Ia(it 68 

1.  ^aS  9&et!  unb  bet  6tteit  mit  bem  SBerlegct  ....  68 

2.  2)ie  64Ia(!6t  bei  3ena 69 

3.  2)ie  erfle  2)i|TeTcna  steiften  Stelling  unb  ^egel    ...  70 
meue  Sebensptftne .      .      .  71 

1.  a)et  »tief  on  3.  t.  So§ 71 

2.  2)ie  Berufung  nad(  »ombetg 72 

^e  bamberger  3<itung •      .  74 

1.  S)a8  IRebactionSgefiiftft         . 74 

2.  S)te  aS^eltbefieben^eiten 75 

3.  Gin  bto^enbet  (Sonflict 76 

S)et  Uebergong  gu  einem  neuen  IBe^tamt 77 

1.  I^te  S^itungl^galeere 77 

2.  9lftmbetg,  KUotf,  (Etlangen 78 

3.  ^tt  neue  Bäiulplan 78 

2)q8  Stedorat  beS  ®^mnafium8  in  Sümberg     .    •  .             .      .  79 

1.  Sctufung  unb  SebenfttoenbepunTt       . 79 

2.  fCmtlid^e  IBet^ftltniRe  unb  Uebelfl&nbe SO 

3.  Sogif,  $to|)ftbcutit  unb  9iectorat8reben     .....  81 
^ie  (Btünbung  be8  $ou8{ianbe8 85 

1.  S)ie  Sftage  bef  e^eli^en  ®Iücf8 85 

2.  anatia  tfon  Sudler 86 

t^t^tU  Seit«  un^  »eltnitfd^aiiititd 90 

iBa^rifti^e  an&ngel  unb'UebelfIftnbe 90 

1.  S)te  bureauftatifte  d^entralifation 90 

2.  S)et  SRongel  an  «utorttftt  unb  ^uMicität       ....  91 

3.  S)ie  altba^tifd^e  8ftnflemi6 93 

4.  2)er  fanatif(i^e  ^l^ogoif  mu< 94 

^ie  ba^rifd^e  9leaction 94 

1.  S)ic(i:onf[ictcinbet6tubiencommiffton.  91ict^ammerf  9)iebcrlage  94 


3n(altSt)eTaei4ni6.  XI 

6eitc 

2.  S^ontgclaft'  (Enllal^ung  unb  baS  Concotbat      ....  97 

3.  Tegels  S^itonftouung  vnb  ^offttiittg 97 

«eüel  Uli»  fßtoftff^  htt  ^tfit^^pmt  in  «ei^elibef§  (1816-1818)  98 

^el  SBetufuttöctt     ....  * 98 

1.  (Etlangm 98 

2.  »etUn 99 

3.  ftelbelbetö      .       . •    .       .       ,100 

Smei  da^te  in  ^eibelbetg 101 

1.  I^ie  (Enc^nopftbie 101 

2.  SDotlefungen  unb  StmlSdenoRen 102 

S)te  ^etbelbergif^en  da^tbik^et 105 

1.  Sr.  ©.  3o!obi«  Sßerte 105 

2.  Sie  müTttembetgtft^^en  Sanbfiftnbe 107 

V^Uofoptifd^e  (iintoirfttngcn  unb  9(nf finge  bet  6d(u(e      .      .  116 

1.  DsHltt 116 

2.  ©inri4« 117 

3.  GatoDö 118 

4.  €oufln 119 

5.  S)oub 123 

i^e^ai^  »emfuii^  ii44>  »#rUn 124 

2)a<  aniniftetium  ICItenflein 124 

1.  6tein«  Slefotmen 124 

2.  9[Iten{ieinft  2)en!f((rift.    S)er  etfle  ^reuftifd^e  Cultutminlffet  125 

3.  Unitoetfitftten.    (Biftnbungen  unb  (Befaßten      ....  125 

4.  I^af  geitgernftge  6))ftem 127 

dol^anne«  G^ulge 130 

1.  a^Ubungftgang  unb  3ugenbf4idfoIe 130 

2.  Sie  S^erbft^tigungen 136 

^egel  unb  3o|anneft  ^Aulge 137 

iit^tU  »itf^^mMi  in  fBttlin 138 

Kfabemifd^e  unb  littetanf(i^e  SS^irffamleit    .      .       .  '    .      .      .138 

1.  Sie  ttnf&nge.    6oIget 138 

2.  Sie  InttÜtftebe    .       .  ' 140 

3.  Sie  a^onebe  gut  9le(i»)»(ilofo)»(ie 142 

4.  Set  ®ang  bet  S^otUfungen  unb  bie  Sinfft^ning  neuet .      .  145 
Br^fttm  unb  64u(e 146 

1.  Sle^etitorien  unb  (Eont)eTfatoTien.    Henning      ....  146 

2.  Set  %t]^WfipWo]opWä^t  (Sloraftet  be6  e^fleml^ ...  148 


XII  3n^aUS))er8ei4nt6. 

etile 

8.  aJlat^einefe,  d^anS,  Henning,  SRtdftelet,  ^ot^o,  9ldtf4er,  SBcrber  149 
4.  IBatle,  6tTQu6,  Sruno  Sdaucr,  3.  <ib.  €tbmann,  SRofenlrang, 

$inri(!6iS  itnb  ® aBier 151 

Sfreunbe  unb  Sfeinbe 158 

1.  2)ie  (eibelbetget  Sf^eunbc 153 

2.  Knon^me  Sfeinbe .154 

8.  €tn  jp]6ilofo|)]6if(^er  Gegner:  €b»  S3enele 155 

4.  ®oct(e  unb  ^egel 158 

5.  ^eibetg    .       .       . 160 

S)ic  ^tfifungScommiffton  unb  bet  pl^Uofop^if^e  @^mnaftalunterti4t  161 

^t^M  ^erintreifm  tm^  fStüfUtt,  »im  un^  9ßatii^     ...  168 

SCudpge  na4  SRügen  unb  '2)reftben 168 

S)ie  Steife  in  bie  9liebcTlanbe 168 

1.  ®.  t>an  eifert 168 

2.  S)ie  Sfal^tt  nadft  a^tünel  unb  bie  9l&(Ife|6r        ....  165 
S)ie  9leife  nadft  9Bien      .      .       .       . 168 

1.  2)eT  Sufenll^aU  in  SDßieu.    2)ie  italienifd^e  Oper     ...  168 

2.  2)te  9lücfreife.    2)re8ben 169 

Tegels  SSer^ftUnig  au  <Sou|ln  unb  9leife  na^  9ari8  ....  170 

1.  (S:oufin8  91ufent]^alt  in  Säexlin 170 

2.  Tegels  SReifc  na4  $arid      . 178 

3.  S)ie  mdUffc 174 

2)er  leite  ^lufent^It  in  äBttmat 175 

9xtift1ivit$  Ciqittel. 

tittf  htt  «»»e  feinet  »itf^amMi 176 

S)ie  legten  ffinf  3a|re 176 

1.  S)te  (l^eburtfttag»feier 176 

2.  S)ie  3a(rbü4et  für  »iffenf(|aftlt4e  ftriti!       ....  177 

3.  ^egeU  SBirffamfeii  in  ben  3a^tbüd(em.    Hamann        .      .  181 

4.  ®öf4el8  ^p^orismen 188 

5.  SBerbftd^tigungen  unb  ^nfeinbungen.    »2)afi  (BeftnbeP    .      .  185 

6.  (Eine  /{^öbige  $olemif"  .    .  ...       .       .       .187 

7.  SubtDtg  Sfeuetbad^ 188 

2)a»  (Bnbt  ber  SBirIfamfeit  unb  beS  SebenS 191 

L  S)as  9lectorat 191 

2.  2)ie  3uIireboIution 198 

8.  2)ie  tn^lx]^t  Sleformbia 194 

4.  2)ie  e^oletcupibemie.   2)er  Srief  an  $.  SBeer.   S)af  ©(^reiben 

an.  (Band        . 197 

5.  %6b  unb  aäegtftbnig 199 


3nDaIt«ocraet4ni6.  XIII 

4^e§el9  ttetfe  unh  httm  ^t^ammUml^^aiH 201 

S)tc  t)on  Qegel  felbfl  herausgegebenen  SBetfe 201 

1.  3etta 201 

2.  SRümbetg • 203 

3.  ^elbelbetg      . 203 

4.  »etitn     .       . 204 

2)ic  @efammtau8gabe 205 

1.  2)ie  «ufßabe 205 

2.  2)ie  herausgebet  unb  bte  91u8gabe 205 

2)ie  Duellen  gur  KuSgabe  ber  Sorlefungen 207 

1.  2)te  $büofo))bie  ber  (Bef^itte 207 

2.  S)te  Kellbetil  ober  |t.unp))btIofopbte 208 

3.  S)te  !PbtIof Opiate  ber  9leItgton .  211 

4.  2)ie  ®ef(|i4te  ber  ^l^tlofop^te 212 

^egel  auf  bem  ftat^eber 214 

1.  2)ie  $erfönli(|leit .   •  . 214 

2.  S)er  l(at(ebert)Ottrag 215 


^egelS  Seilte. 
(BtpB  CatitteL 

mm\älnn%                       219 

anoniSntuS  unb  dbentttätdiebre     : 219 

1.  2)te  englifd^e  (SnttoidlungSle^re.    S)er  S)artDiniSmu8      .      .  219 

2.  2)cr  beutf^e  S)aru)iniSmuS 220 

3.  3ooIogtf(!6e  $(i(ofop]^ie  unb  |)t|i(ofo|)]^tfd(e  Soologie       .       .  220 

4.  2)te  p^ilofopl^if^e  €nttt)i(IIungSle]^re  oor  l!anl.    Seibnig       .  221 

5.  S)ie  fanttf^e  (inttDidfungSle^re 222 

6.  S)ie  ft^tefte  (£ntn)ttf(ung8le^re  .       .       .       .       .       .      .228 

7.  2)te  fd^eHingf^e  .(EnttDtcKungSlebre 224 

.2)aS.  abfolute  3bentttätdft)|lem 225 

1.  S)er  S)ur4brud6 225 

.      2.  S)er  ©tufengang  ber  SBelt 226 

8.  @d^eEtng  unb  6t>tnoaa 227 

4.  Sie  neuen  Aufgaben 228 

.      5.  S)er  äBtg  gut  SBa^r^eit       .       . 280 

Mtxtts  CoiiiteL 

i^t^tl  im  »unU  mit  e^eWnü 231 

a)ie  erflen  6d|riflen .231 

,    1.  SHe  ^ionetenbo^nen     .      ...      .             •      .      .  231 


XIV  3n(aIt8Detaei4ni6. 

Seite 

3.  S)ie  t)^iIofo))]^tf(i^e  2)t|Tercn)  stotfÄen  64eIIing  unb  ^egc(    •  242 

Srlttes  CotrtteL 
«e§di»  «(uff A%e  im  9HHf«eii  Saunml .      .      .  .      .245 

^(Uofopl^ie  unb  1Inp(itofo)>^ie .  245 

1.  2)ie  |>(Uofo)>(tf4e  ftritif      ........  245 

2.  S)et  gemeine  SJlenf^enDerllanb 248 

3.  2)er  neuefte  6IeptictSmud 250 

(Blauben  unb  SS^iffen.    S)ie  SleflesionStil^ilofop^icn     ....  255 

1.  S)ie  Iantif((e  ^l^Uofotil^te 256 

2.  S)te  iacobifiie  ^^Uofop^ie.    6(|teteTmad(er      ....  259 

3.  S)ie  fi(|tef4e  ^^lofopl^ie     .       .  • 265 

8f^Hff%uiitf«     ^U   Mffmfd^aftlid^nt    »<|Kit0lttti§iMfim    ^<il 

9latii?ire4^ti( 270 

^ie  empirtf4e  99ebanb(ung«aTt 271 

1.  9Dic  ^^pot^efen  ))om  Slaturguftanbe 271 

2.  Xit  pxati\\^tn  StoedCe 272 

8.  ^ie  unt^eorettf^c  ^toeU  unb  bie  unproltifd^e  Z^eottc        .  273 

^ie  reflectirte  S^e^anblungsatt 273 

1.  ^te  grobe  @eite  bet  fantifd('fi4tef((en  $(tIofop^te        •      •  273 

2.  2)ie  Unftttlt^Ieit  bev  fantif^en  Gittenlel^te      ....  274 

3.  2)et  ft4tef4e  9{e(i^ti)tt)QnQ.    Gtrafe  unb  Cp^otat    ...  276 
2)ie  abfolute  6itUi((!ett  ;      .       .       .' 278 

1.  2)ajB  SJolI  unb  bie  Sölfet.    $er  fittlid^e  CrfianiSmuS    .      .  278 

2.  2)ie  ftttli(!6e  (Befunb^eit  unb  ber  ftrieg 280 

3.  Sie  Ctganifitung  bet  6t&nbe  unb  Snbipibuen       .      •      .  280 

4.  Zrogöbie  unb  ftombbie.    2)ie  Sonen  beiS  6ittli((en        .      •  284 

5.  Slatunedftt,  aJloral  unb  pofttiPe  tRe^tdtoiffenf^aft    ...  286 

iFfinftes  ۟p\ttl 

«iutl^eUtMig 289 

JQortebe.    Sie  Kufgabe  bet  neuen  Se^te 289 

1.  Sie  Sfoim  bet  9Binenf4aft 289 

2.  Sie  6ub|ian}  als  6ub]ect.    SaS  $tittcip  al8  9lefu(tat .       •  291 

3.  Sie  leitet.    Sie  (Enttoidlung  beS  Si^tffens       ....  294 

4.  9)oTurt(eiIe  unb  6elbftt&uf4ung 294 

Cinleitung 296 

^1.  SaS  (Etfenntni^Permögen  als  aDE^erl^eug'  unb  ÜRebium    .       .  296 

2.  Sie  falfd^e  (Brunblage  beS  StoeifelS.    SaS  erfcteinenbe  SDE^iffen  297 

a  Sie  SRet^obe  bet  SCuSffi^tung 800 

Set  etufengang  beS  Setou^tfeinS 304 

1.  Sie  ^aupt^fen ^.804 


3n(aUit)eraet4ni6.  XV 

6cite 

2.  S)ie  ttiabif^e  Crbnung       .  ^ 305 

3.  ^ie  etettgen 305 

^M  §e§eiifNNiMi«e  »eumfttfeiii 306 

2)ie  ^nnli^e  ^ctoig^eit  .       .              . BOG 

1.  I^te  obiectiülie,  rei^fle  unb  concretefle  äOo^rl^ett     .       .       .306 

2.  ^U  fubiecth){le,  &nn|ie  unb  abllrocteflc  SBa^r^eit  ...  306 

3.  S)a<  9iufi\pxt^tn  unb  ba0  Sufaetgen 308 

^aS  toaitne^menbe  a3etou6tfetn 30^ 

1,  S)Q<  S)infi  unb  bie  Cigcnf^often 30^ 

2.  ^of  fiuf^cben  unb  Kufge^obenfein 310 

8.  ^aft  X^cma  unb  Problem  bet  fBa^rne^mung:  bU  Ctnl^ett  bejB 

2)inged  unb  bie  Siel^eit  ber  (Eigenf^aften.    2)ie  ZftufAund  811 

4.  2)ie  Sieltett  ber  2)tngc  unb  (Etgenfctaften.   2)te  Sogit  unb  bie 
6o)»tifteteien  ber  äDa^tnel^mund        .......  313 

2)aS  9{ei4  beS  SBerftanbeS 314 

1.  Ilraft  unb  9(eu6erung.    2)Qd  6|)iel  ber  Ar&fte       ...  314 

2.  S)q8  innere  unb  bie  (JEtft^^einung 316 

3.  2)af  innere  M  (Befe^.    2)a«  9leid(  ber  (Befe^e      ...  317 

4.  (Etf^einung,  ®efet  unb  ftroft 318 

5.  2)tc  S^Aiigfeit  beS  d^rllftrenS 320 

6.  Uebergang  sum  Celbflbemugtfein 320 

SSitbtnitB  Ca)rtteL 

3)il#  €t%^tH\fim%min 321 

^af  6e(bflbctt)u6tfein  unb  fein  Obiect 321 

1.  SBergleidtung  mit  btm  gegcnpftnbli^en  SeiDu^tfcin  .             .  321 

2.  2)a«  6elb|lbettiufttfein  alf  aScgierbe 328 

3.  S)ic  Objccte  als  lebenbige  S)ittge 328 

^ertfd^aft  unb  ftne^tf^aft     .      * 324 

1.  2)te  SBerbofi^elung  bcd  6elbflbett>u6tfeini 324 

2,  S)er  Stampf  auf  8ebe)t  unb  Zob.    ^ie  ZobeSfur^t        .       .  325 
8.  $err  unb  I!ne4t.   (Be^orfam  unb  2)ienfl.    Krbeit  unb  S3ilbung  327 

4.  2)ie  Sb^ftngigleit  bef  ^erm  unb  bte  Unab^ftngigfeit  beS  Stnt^U  328 

5.  S)ie  Befreiung  beB  S)enfens 329 

2)te  Sfreil^eit  beS  6eIbflbett)u6tfeinS 329 

1.  eioicidttiud 329 

2.  SfepticiSnud 330 

3.  7>a%  unglücfli^e  SetDufttfein 332 

^1»  9€munfiUt0uW€in^   A.  ^ie  i^tofMä^imU  »ttnunfi  .     .  33» 

S^ema  unb  Xufgcibe 338 


XVI  3n]ialt8üer3et(int6. 

eeitc 

^ie  beobad^tenbe  93ernunft     .........  389 

1.  ^ei  @tanbt)unft  beS  sleoliSmuS 389 

2.  Sai  Iünflli(|e  unb  natflt(t(|e  @^flem  ber  S)tn0e.   ®efej^  ttnb 
eiptximtnt 340 

8.  S)ie  orgonif^e  9latut  unb  ber  3te<<t^<dnff.    (ftitlrntt^tx  unb 

B^ttimgi) 342 

4.  8ogif(|e  unb  pf^^^ologif^e  (Befeke 346 

5.  $^4^0(}nomtI  unb  @(|ftbeIIe^Te 848 

HtntAtB  €(ipütl 

Mei«  ^tt  in  fid»  lieftieMütm  Sn^iH^ueit    ...  358 

SlfidMid  unb  a^orblid 858 

2)te  t^fttige  S^etnunft 355 

1.  2)ie  Suß  unb  bie  9lot^n)enbtgfett.    (Qfaufl)       ....  355 

2.  ^aS  ®tfcj^  bei  ^eraend  unb  ber  SOßa^nflnn  bed  SigenbünfelS  357 

3.  2>te  2:ugenb  unb  ber  SEBeltlauf 361 

S)aS  netdft  ber  in  ft$  befrtebtgten  Snbioibuen 363 

1.  ^aü  geiftige  2^ierrei4 363 

2.  S)te  gefej^Qcbenbe  S^ernunft 368 

3.  2)tc  gefe^firüfenbe  SDcrnunft 369 

^tt  mtift^  A.  3)iii»  Mei«  htt  eittli^feit  uuh  htt  9l€äimun^nh  371 

SaS  d^cmeintoefen.    S)a6  gdttU^e  unb  menf^Iic^e  ®efej^  ...  871 

1.  Sfaniilie  unb  etaat 371 

2.  SJflann  unb  Sfrau,  €(tern  unb  Ütnber,  SBruber  unb  S^mefler  873 

3.  S)er  tragif^e  (Sonftict.    2)ie  6(^ulb  unb  bad  ©^idfal   .       .  375 
S)er  9icd(t83u{lanb 878 

1.  a)er  Ueberganß 378 

2.  a)ie  ^erfonen 379 

3.  2)er  ^err  ber  Sößelt 379 

4.  2)te  Stau  im  SHe^tSjuftanbe 380 

€lflt$  €üpiUl 

9er  «eifl«  B.  ^et  fid^  entfremdete  nn^  ^er  feiner  f el^H  §ett»iffe 

«ein 381 

2)ie  SBelt  beS  fi4  entftembcten  (BeifieS 381 

1.  2)aft  9lei4  ber  aBilbung '.      .  381 

2.  6taatiSnia4t  unb  9lei4t(um.   S)ad  ebelmütl^ige  unb  baS  nieber* 
tr&4tige  a3ett)u6tfein 382 

3.  2)ae  gerretgenbc  unb  bad  gcrriffene  93ett)u^t[ein.    (9lameau'e 
«Retfc) 885 

4.  ^aS  Qlaubenbe  SBetou^tjein 389 

5.  S)ie  aufllÄruns     . 391 


X 


9n^alUücrset4ni6.  XVII 

6eite 

^ie  abfolute  Qfrei^cit  unb  bet  e^xtdtn 398^ 

1.  Sie  ®Ict4]^eit  unb  bie  a^emi^tunft 398 

2.  S)te  Sfoctton  unb  bie  @4ulb 399 

3.  e^xtdtn  unb  Zob 400 

$et  feinet  felb^  aetoiffe  obet  motalif^e  (Bei^ 402 

1.  S)te  moraItf4e  aBeltanfd^auunfi 402 

2.  2)ie  93eTl)caung 405 

3.  S)aiS  (Betoiffen,  bie  f 4öne  6eele.  S)aft  935f e  unb  feine  IBersci^ung  407 

mt  nett§i0n  nnh  hM  ah^0luU  üS^iffm 4ia 

S^efen  unb  6tufen  ber  dteligion«    S)ie  natütlic^e  9leUgion      .  413 

1.  Religiondßttfen  unb  9ieItgionS(|ef4t(!^te 414 

2.  3nbif(i^e  unb  ftg^ptifcge  Religion 414 

2)ie  ftunflTcIigion     * 415 

1.  S)eT  l^uUuS.    S)a8  abfiracte  ftun^vett 417 

2.  2)ai»  lebenbige  ftunptt>et( 41& 

8.  ^ali  geiflige  ftunfttoerl 419 

S)ic  offenbare  Sfleligton 423 

1.  2)et  Untergang  ber  ftunfireltgion 423 

2.  2)te  ajlenf^ioerbung  ©otteS 425 

3.  2)te  ®em^tnbe 426 

S^ad  abfotute  StBiffen 429^ 

1.  ffteligion  nnb  gQßinenf(6ofl 429 

2.  $^&nomenoIogte  unb  Sogt!.    2)a8  @)){lem  ber  ^(ilofo^l^te    .  431 

^et  «^üciilliiit^  unh  hit  Wltmoht  htt  fi^üif 433 

50er  Öegenftanb  ber  Sogt! 433 

1.  2)ie  aOöerfe 483 

2.  Kuf gäbe  unb  Z^enta 484 

3.  Einleitung      .       .     '.       .       . 435 

2)te  Snet^Obe 48» 

1/^te  Itotegorien.  2)ie  ^enlbeftimniungen  unb  bie  2)enft^&ttgfett  439 

2.'S)er  biafeTtif^e  ^roceg  unb  bie  (Enltoidrung    ....  440 

3.  S)ie  (Eintl^eilung     .  . .442 

4.  ^er  S3egriff  (Botted  in  ber  Sogtf.  '^afi  ^txdi  ber  6c6atten  .  444 

5.  2)ie  Sogil  unb  bie  (Befii^id^te  ber  $^Uofo))]^ie  ....  445 

6.  ^er  Anfang 44& 

^itx}t1inttB  €(i9ütl 

^ie  2€^u  t»0m.  eein«    A.  3)ie  CunlitAt 44& 

^00  reine  6ein 448 

1.  @etn  unb  9l'iiiti    . .448 

2.  S)a<  SBevben.    (Entftel^en  unb  SJerge^en     .      .  .44» 


XVIII  3n^aItSt)ersei4ntB. 

Seite 

2)a8  2)afetn 451 

1.  Oudüftt.    (EttoaS  ttnb  9tttberel{ 451 

2.  (SnbliiieS  unb  Unenbltd^ed.    2)te  Serftnbetung        ...  452 
2)a8  SffiTntfcin 456 

S)aS  unenblidge  @ein 456 

^ie  S<<^¥<  P0m  eein.   B.  3){e  Citnittitat 460 

2)ie  reine  OuQntttftt 460 

1.  Sontinuttftt  uitb  ^tficrettoa 460 

2.  Seno,  SCtifiotele«,  Stan\, 461 

2)a<  Ouantum 463 

1.  %naa^(  unb  ein^U.    3a^(  unb  Sa^Ien    .       .       .       .       .  468 

2.  Säl^Ieu  unb  »e^nen 464 

8.  2>af  e£ten|lt?e  unb  IntenftDe  Ouantum  (®rab)  ....  465 

S)ie  quantitative  Unenblid^{eit       ...     * 467 

1.  S)ie  f Alerte  quantitative  tlnenbli(|!eit 467 

2.  ^ie  etfte  lantifdge  ^tntinomte 468 

3.  2)ie  Unenbliiifeit  be8  Ouantum« 468 

^ai  quantitative  SSet^&Itntg 471 

1.  2>te  aSet^öItnigarten 471 

2.  S)er  bop|)eIte  Uebergang       . 473 

3.  S)ie  3a^{enp^iIofo)>(ie  • .       .       .       .       .       .       .'      .       .474 

^ie  it^tt  r^om  eeim   C.  ^M  Wt^0% 475 

2)ie  fpesifif^e  (qualitotive)  Ouantität 475 

1.  S)aft  fpeciftf^e  Ouantum.    2)ei  Snaagflab       ....  475 

2.  S)ie  anat^ematif  bet  IRatut 478 

8.  2>a<  fpeciftcirenbe  Snaag.    2)ie  Siegel 479 

^ai  teale  fOiaai 480 

1.  2)ie  Steige  ber  anoagver^aitniffe 480 

2.  2)ie  ilnotenlinie  von  SD^aagver^&Itniffen 482 

2)af  anaaglofe 484 

1.  S)aS  auSf(i^Ue6enbe  ÜJlaab  unb  ba«  abfitact  3Jlaa6tofe  .       .  484 

2.  S)er  Uebergang  aum  Sefen »485 

3.  S)ie  Itategorien  be<  @ein<  unb  bie  Sntmidlung      .       .       .  486 

S^itbitlfnltB  CatiUfU 

^ie  Seigre  \fmn  fBefem    A.  ^ie  WeHesi^n 488 

^ic  9lef[e£ion«be|iimmungen.    2)ie  3bentit&t 488 

1.  64cin,  (Stfdfteinung,  SBitUi^feit 488 

2.  2)ie  2)enf8efe(e      . 490 

3.  S)ie  Sbentitat .491 


dn^aUftoeTiet^nib.  XIX 

Seite 

2)er  Untetf4ieb        .       .                    492 

1.  S)ie  S9crf$ieben^eit 492 

2.  2)er  ®cgenfat^ 494 

8.  2)et  fEBiberipTut 497 

(Bmnb  unb  Sfolge 499 

1.  ^er  auteiiienbc  C^runb        . .  499 

2.  aJlaterte  unb  f^orm '    .       .  500 

3.  2)ie  (S^ifiens 502 


^ie  Seilte  \f0m  »efeiu   B.  ^ie  l^rfd^eitiiinii 

^aS  S)ing  unb  feine  (Sigenfcgaften 

Giftetnung  unb  i^tUfi 

2)aS  tDt]tniV\ä^t  »er^dltnig    .... 

1.  S)a8  SDeTb&Unig  bei  fangen  unb  ber  Steile 

2.  2)oS  SSetl^&Itnig  bet  ftraft  unb  ber  9[eugetung 
8.  S)a0  93ex^ältnt6  bed  Sleugeren  unb  inneren 


508 
508 
507 
509 
509 
511 
512 


Kentt;e^nttiSi  CatiiteL 

3)ie  SelM^e  \fmn  »efeit«    C.  3)ie  »irfn^feU 516 

2)aS  tt>al^T^aft  aßtiHtiie.    S)a8  9(bfolute 516 

$tc  tnnete  unb  &u6ere  SßirUid^feit 517 

.      1.  S)o8  SRett  ber  anöglid^feit 517 

2.  S)al{  !Ret4  be<  SufallS 518 

8.  a)ie  IRot^toenbiflfeit 519 

2>al{  abfolute  SSer^ftltni^ 521 

1.  S)ie  6ubfianHaIii&t      .........  521 

2.  S)tc  SaufaUtat 522 

8.  S)ie  aBe(i^feItDtt!un0 524 

3)ie  Se^re  t^^m  »t^tifl^    k.  3)ie  eubiectiHtat 527 

a)et  »egriff  beS  ^Begriffe 527 

1.  aSom  SBegtiff  im  Mgemeinen 527 

2.  2)et  aagemeine  Sdegriff 580 

8.  S)er  befonberc  S^egriff 581 

4.  2)a«  (Einselne 582 

2)aS  Urt^eU 534 

1.  S)aS  Utt^eil  bee  2)afein8 586 

2«  S)a«  Urtl^eU  ber  fRejIeston 537 

3.  %ai  Urtl^eit  ber  9lot()Dcnbigfeit 538 

4.  2)a8  Urt^eil  beS  »egriffS 588 

2)et  64Iu6 589 

1.  2)et  @4lu6  beS  ^afeinS.    2)te  €d^Iu6ftguten  ....  589 


XX  3n(aItSt>eract(|ni6. 

2.  a)et  ©fttuS  bct  Steflejion    ........  541 

3i  2)CT  64Iu6  bet  IRot^menbiftleit 543 

»ie  £<»t<  Pom  »e^Hir*    B.  34e  eiiiectiHtöt 544 

Cntologie  itnb  ftoimologie     .       ; *      >  544 

S)eT  aRed^niSmuS 546 

1.  2)er  S)etetmtnUmuS      .       .       .       .    • 546 

2.  ^te  d^entralifotion 547 

3.  2)er  abfolutc  Ste^aniSmuS 548 

2)et  e^emtftmuft -      ....  548 

2)ie  Zeleolodie 550 

1.  aile^anidmuf  unb  Sleleologte.    S)er  fubjecttbe  SiocdE      .       .  550 

2.  S)a8  9lei(!6  ber  Tixiitl    2)ie  Sifi  bet  ä^etnunft       ...  551 

3.  2)er  auSgefübtte  3tt>ed 553 

3)U  Seilte  t»0m  »e^if^   €.  3)ie  3^ee  .......  554 

S)te  3bee  als  $roce6 554 

2)a8  Seben 556 

1.  2)a8  lebcnbige  dnbbtbtum  .       .       .       .       .       .       .       .  556 

2.  S)et  SebenSproceb 559 

8.  S)ic  Gattung 560 

S)ie  3bee  beS  (BtUmtni  unb  bel{  Sßoaend *  561 

1.  ^ie  3bce  beS  SOßa^rcn 561 

2.  2)te  3bee  be«  Guten 565 

3.  3)ie  abfolute  3bee 568 


9if4eT,  «f f4.  b.  $(tIof.  vm.  91.«. 


I.  Sic  crfte  3uflcnbjcit  in  ©tuttflart. 

1.  (Eltetnl^attS  unb  G^ule. 

Unter  ben  glauBenStteuen  ^rotefianten,  meldte  ber  Srgl^erjog  Staxl, 
ber  Später  beS  iefuitifd^  erjogenen  unb  geftnnten  nad^maligen  AaifetS 
S^erbinanb  11.,  aus  feinen  (Srblanben  @teietmarl  unb  Hftrntl^en  ber» 
trieben  unb  ber  ^ergog  Don  SBflrttembers  in  feinem  Sanbe  aufgenommen 
^atte,  toar  3o]^ann  ^egel,  feines  3eid6enS  ein  Stltmpntx,  ber  Uralgn 
beS  $I^Uofo))]^en.  Sßir  !ennen  loeber  ben  Ort  nod^  bie  3eit  feiner 
Sintoanberung.  3u  toieberl^olten  malen  finb  im  Saufe  beS  fedgSgel^nten 
3a]gr]gunbertS  Vertriebene  Oefteneid^er  bem  3nge  in  baS  lut^erifdge 
SBarttemberg  gefolgt.    9lod&  am  @nbe  beS  ^al^rl^unbertS  l^at  ber  ^ergog 


^  S)a  für  einige  S3ftnbe  ber  SCßerle,  inSbefonbere  f ftr  bie  SDennifd^ten  S^riften 
(XVI  u.  XVn)  eine  neue  Auflage  nöt^ig  getoorben  toar  unb  oon  feiten  beS  SSer* 
legetS  fieisünf^t  tourbe  (1885),  fo  l^at,  flatt  ber  in  S9b.  XVH  entl^oltenen  fp&rlid^en 
ailitt^eilung  einiger  abriefe  t)on  ^egel,  ber  @o^n  Aarl  ^egel  eine  nt5gli<|{l  k)oE> 
^ftnbige  Gammlung  ber  ^SBrief  e  t)on  unb  an  ^egel'  in  <|ronoIogif<|er  9leil^en« 
folge  oeranllaliet  unb  in  muflergültiger  SCßeife  beforgt,  rotKit  Sammlung  in  gloei 
Steilen  nunmehr  ben  XIX.  SBanb  ber  SQßerle  ausmalt.  S)iefe  ©ammlung  a&^It 
274  9lummem  auf  820  (430  u.  390)  Seiten,  toft^renb  bie  in  S9b.  XVII  enthaltenen 
SSriefe  nur  153  Seiten  umfaßten. 

2>er  gefouimte  IBriefice^fel  ^egels,  toie  er  uns  je|t  vorliegt,  ift  in  (Er- 
mangelung atttobiograpl6ifd)er  Kufaeid^nungen  bie  nft^fie  unb  Dorafigli^fte  OueHe 
einer  S3iogra))4ie  ^egels  unb  wirb  in  bem  Dorliegenben  Söerle  IDO^I  gum  erilen 
male  gu  biefem  3tt>ecfe  benutzt. 

®.  9B.  St.  Tegels  Seben,  befd^rieben  burd^  l^arl  Sflof  entrang,  als  Supple- 
ment gu  ^egeU  SBerlen.  (S9erlin.  2)uncfer  unb  ^umblot  1844,)  Sln^ang: 
Urfunben  I— X. 

91.  ^a^m:  ^egel  unb  feine  S^it«  93orIefungen  über  (intftel^ung  unb  Cent« 
toidlung,  SOßef en  unb  äBertl^  ber  l^egelf 4en  ^l^ilofopl^ie.  (aSerlin,  9t.  ®aertner  1857.) 

1* 


4  ^exfunft  itnb  Se^rialftre, 

3o^Qnn  (^riebrid^  eine  ganje  Sd^aar  fold^er  (SintDanberer  qu8  ben 
Sergtoerfen  ©teicrmorfö  unb  Äftrntl^cn«  bei  |td&  aufgenommen  unb 
QuS  bem  neubeüöllerten  6^rif)o))]^tl^etI  einen  blfll^enben  ©d^iüatüiDalbort 
ge[d^Qffen,  loeld^er  ben  Flamen  t^teubenftabt  erl^ielt.  S)er  3lamt  @^rtfto))]^ 
erinnert  fogleidg  an  ben  Dortreffli^en  ^rjog,  loeld^er  bie  Don  feinem  Spater 
Utrid^  eingefül^rte  Sleformation  in  SBarttemberg  organifirt  unb  ein- 
l^eimifd^  gemad^t  l^ot  (1550—1568). 

2)ie  9tod^fommen  jenes  ^ol^onn  ^egel  aus  Aftrntl^en  l^aben  bflrger« 
lid^e  ©tedungen  unb  Remter  befleibet,  als  ^onbtoerler  unb  Beamte, 
als  Seigrer  unb  Pfarrer;  e8  mor  ein  Pfarrer  ^egel,  ber,  tote  ®.  Sd^toab 
berid^tet,  unfern  ©dritter  am  11.  9lot)ember  1759  in  SWarbadö  getauft 
l^ot.  2)er  SRame  ^egel  (ebt  in  Sßflrttemberg  fort  unb  i{l  in  ben  Ober- 
amtsbejir!en  Don  [Reutlingen  unb  93öblingen  bon  9ltterS  Iger  belannt; 
aber  Don  jenem  ^egcl,  ber  um  beS  (BtaubenS  loiDen  feine  öfterretd^tfd^e 
^eimatl^  Derlaf[en  mu^te,  finb  ber  ^l^ilofop)^  unb  bie  ©einigen  tool^I 
bie  legten  9tad&fommen. 

®eorg  SQSill^elut  Ofriebrid^  ^egel  mürbe  ben  27.  9(ugu{t  1770  in 
Stuttgart  geboren,  too  fein  SSater  unter  bem  ^ergog  Aarl  (Sugen 
9lentlammerfe{ret&r  U)ar  unb  als  (SspebitionSratl^,  loeldger  2;itel  il^m 
ertl^eilt  tourbe,  in  ber  altioürttembergifd^en  SSureauhatie  ju  ber  l^dl^eren 
93eamtenorbnung  gSl^Ite.  3m  99eginn  feines  üierjel^nten  ßebenSjal^reS 
Derlor  SQSit^elm  ^egel  feine  äJlutter,  beren  ^nbenlen  er  treu  unb  liebe« 
Doli  betoal^rt  l^at  (fie  l^ieg  Sllaria  9Ragba(ena  geb.  gfromme  unb  ftarb 
ben  20.  6e|)tember  1783).  (gr  l^atte  nur  sioei  ©cfd&ioifter:  fein  Sruber 
Subtoig  mad^te  bie  milit&rifd^e  Saufbal^n  unb  ift  als  Offtiier  unoer« 
l^eiratl^et  Dor  il^m  geftorben,  feine  @d^tt)e{ler  Sl^riftiane  l^at  il^n  aberlebt. 
'  S)ie  ftuttgarter  Sel^rjal^re  umfaffen  in  einem  3eitraum  Don  ad^t^ 
jel^n  3a]§ren  (1770—1788)  bie  l^äuSlic^e  (grgiel^ung,  bie  ßateinfdöulc 
unb  baS  ©^mnafium,  loeld^eS  SBill^elm  ^egel  n)ft]^renb  eines  S)ecenniumS, 
Dom  §erbjl  1777  bis  jum  $erbfl  1787,  Don  ©tufe  ju  ©tufe  burd&« 
laufen  l^at,  unb  jioar  als  ein  STlufterfd^fller,  in  jeber  @(affe  burd^ 
^rftmien  auSgejeidgnet,  toorauS  fo  Diel  erl^ellt,  bog  feine  Sernf&l^tgfeit 
mit  feinem  Semeifer  flets  gleid&en  ©c^ritt  l^ielt.   * 

2.  S)er  $rAce))toT  IBöffler. 

Unter  allen  ßel&rem  »ar  ber  5PraceJ)tor  Söfficr  il^m  ber  Uebpe; 
er  l^at  benfelben  toftl&renb  ber  erflen  Sal&re  (1777—1779)  jum  etajfen« 
lel^rer  gel^abt  unb  ift  fpftter  atoeimal  (in  ben  Salären  1780  unb  1783) 


^etfunft  unb  Se^tjal^re.  5 

))ttbottm  Don  tlgin  untetridgtet  tDoxbtn,  baS  erßetnal  gufatnmen  mit 
einigen  SRitfd^üIem,  baS  })DeitemQl  allein:  in  bent  erften  Untetrid^tS- 
gonge  tDurben  @urtiuS,  &fo))ifdge  (fabeln  unb  bad  neue  5£eftament  auS^ 
gelegt,  in  bent  gioeiten  einige  ))]^iIofot)]^if(ie  93riefe  @icero8,  bie  ))au- 
linifdgen  93riefe  an  bie  fUtömer  unb  bie  Sl^effalonid^er  burd&genommen, 
$fa(men  gelefen  unb  ettoaS  ^ebrftifd^  getrieben. 

^ntb  S5ffler  l^atte  fflr  biefen  QtbüUx  ein  leblgafteS  3ntereffe  ge« 
\a%t,  feine  gfilgigfeiten  etlannt  unb  fid^  biel  t>on  x^m  Deift)rod^en,  er 
^at  bem  ad^tj&l^rigen  Anoben  SßielanbS  Sl^alefpeare^Ueberfe^ung  mit 
ben  SBorten  gefcbenit:  „2)u  berftel^fl  fie  je^t  nod^  nidgt,  aber  bu  n)irft 
fte  balb  Derftel^en  lernen".  S)aS  erfte  StfldE,  meld&eS  ber  Anabe  lai, 
toaren  bie  lufHgen  SBeiber  bon  ®inbfor.  / 

%te  biefer  geliebte  Seigrer  am  6.  3uli  1785  geftorben  toax, 
toibmete  SBill^elm  ^egel  in  feinem  Sagebuc^  bem  Slnbenlen  bejfelben 
folgenbe  Stelle :  „$err  $r&cet)tor  Sbffler  toar  einer  meiner  ))ere]^rung8s 
tDfirbigflen  Seigrer,  befonberS  im  unteren  ®^mnafium  barf  idg  iign 
ledEIidb  faft  ben  üorgflglid^ften  nennen.  6r  loar  ber  redgtfdgaffenfie  unb 
un|)arteiif(igfte  ÜRann.  ©einen  ©dualem,  fidg  unb  ber  SBelt  ju  nfl^en, 
loar  feine  ^au))tforge.  @r  badete  nidbt  fo  niebrig,  mie  anbere,  mlä^t 
gtauben,  je^t  Igaben  fie  i^x  93rob  unb  bflrfen  nidgt  toeiter  flubiren, 
toenn  fie  nur  ben  emigen,  alle  3a]gre  erneuten  Slaffenfdglenbrian  fort» 
madgen  lönnen.  9tein,  fo  badete  ber  Selige  nid&tl  @r  !annte  ben 
SBertlg  ber  SBiffenfdgaften  unb  ben  %xo%  ben  fie  einem  bei  Derfdgiebenen 
Suf&Den  geto&^ren.  Sßie  oft  unb  toie  aufrieben  fag  er  bei  mir  in 
jenem  geliebten  @tflbdgen,  unb  idg  bei  il§m!  Sßenige  lannten  feine 
ä^erbienfte.  Sin  groged  Unlgeit  mar  eis  ffir  ben  SRann,  ba§  er  fo 
ganj  unter  feiner  @t)]gftre  arbeiten  mu§te.  Unb  nun  ift  er  audg  ent- 
fdglafen!  9lber  etoig  loerbe  idg  fein  ^nbenlen  unDerrüdEt  in  meinem 
^erjen  tragen." 

(Sin  felgr  t)iet&tDoneS  unb  gugleidg  IlugeS,  aud^  etioad  altHuged 
Seugnig,  toetd^eS  Igier  in  fd^Kdgter  ^ergenstrauer  um  ben  gefdgiebenen 
Seigrer  ber  fflnfjelgniälgrige  €dgfller  niebergefdgrieben  Igat.  ^ad  an- 
ft)redöenbe  ©rinnerungSbilb  Don  bem  traulidgen  SBeifammenfein  in  bem 
geliebten  @tflbdgen  flammt  aM  einem  treuen  unb  ban!6aren  ©emfltlg. 

3.  Sfl^etorifd^e  Uebungen. 

\€d  gelgSrte  )um  93ilbunge-  unb  UnterridgtSgange  ber  @dgfiler,  bag 
in  ben  Igö^eren  klaffen  beutfdge  Stuffft^e  üerfa^t  unb  in  freier  Siebe 


6  ^etlunft  itnb  Sel^xjal^re. 

Dorgettagen  mutbett,  tDeld^e  rl^etorifd^e  Hebungen  „Seclamationen  ober 
Slblegungen"  l^iegen  unb  Don  iebem  @d^fller  einmal  im  3a]^re  abjulegen 
ober  gu  leiften  moren.  ^egel  l^at,  feine  ^fd&iebSrebe  eingered^net,  Dier 
Sieben  biefer  3(rt  gel^dten. 

®a8  SE^cma  ber  erpen  (30.  2Äai  1785)  l^iefe  «Unterrebung  jioifd&en 
breien,  n&mlid^  SlntoniuS,  OctaDiuS  unb  8e))ibuS,  n)egen  beS  £rium- 
öirats",  Sie  Slrbeit  tourbe  Dom  ßel^rer  gelobt,  toeil  bie  ©l^araftere 
gefd^idt  nnb  ber  römifd^en  ©efdgid^te  gem&g  bargefteQt  feien.  S)ie 
gtoeite  Siebe  (10.  Slugufl  1787)  l^onbelte  „Son  ber  Sleligion  ber  ©riedfecn 
nnb  gtömer*,  bie  britte  (7.  ?lugufi  1788)  l^aite  au  il^rem  Sl^ema: 
,,@tnige  d^arafteriftifd^e  Unterfdgiebe  ber  alten  2)id^ter  Don^ben  mobemen". 
99eibe  male  lourbe  ber  ^beengel^alt  ber  Sieben  gelobt,  bagegen  bie  ^rt 
beS  93ortragS,  bie  93erebfam!eit  fotool^I  beS  Aör|)ere  als  aud^  ber 
6timme  (celoquentia  corporis»  unb  cvocis  firmitas»)  fel^r  mangel= 
l^aft  Befunben.  Unb  babei  ifi  e§  tool^I  für  immer  geblieben.  6in 
f))&terejS  3eugni§  Beftatigt  ben  eben  erlodlgnten  SRangel  unb  fagt  Don 
bem  tflbinger  ©tubenten:  «orator  haud  magnus». 

Um  getoiffe  d&arafteriflifd&e  Unterfd&iebe  ber  alten  Sid^ter  Don  ben 
mobernen  gu  erfennen,  baju  gel^ört  eine  SSereinigung  l^iftorifd^er  unb 
t>]^Uofop]^ifd^er  ©inneiSart,  toeld^e  bei  einem  @d^fller  lool^l  ate  ein 
fettener  unb  DielDerfpred^enber  3ug  erfd^einen  unb  ben  Seigrer  ju  bem 
Urtl^eile  Derantaffen  fonnte:  «felix  futurum  omen».  Äein  3c«flni6 
ift  fo  Derificirt  loorben  loie  biefeS. 

'  S)ie  Slbfd^iebSrebe  l^atte  ein  fel^r  entlegenes  unb  frembartigeS 
£]§ema  geioft^It:  „2)er  Deriflmmerte  3uftanb  ber  jtflnfte  unb  SBiffen- 
fdgaften  bei  ben  Sflrien".  2)ie  ^uSfülgrung  ergab  unb  begtoedte  xoofjH 
aud^  ben  erfreulid^en  @d^Iu^:  ba^  eS  in  jeber  ^infid^t  in  Stuttgart 
toeit  beffer  beftettt  fei  als  in  ber  2;ürlei,  toofür  bem  $ergog  (ber 
Siebner  jagte  «Äarln")  unb  ben  ßel^rern  ber  Derbientefle  S)an!  gebfll^re 
unb  bargebrad&t  tourbe. 

4.  Stubien  unb  IBectfiie.    Sagebfi^er. 

S)ie  $aut)tftubien  galten  ben  claffifd^en  Qpxai^m  unb  Sd^tift- 
ftellern,  ben  ©efd^id^tsfd&reibem,  $]^iIofot)]^en  unb  S)id^tem,  befonberS 
ben  gried^ifd^en.  2)aS  (Snd^eiribton  beS  6t)iftet  unb  beS  ConginuS 
@dgrift  Dom  (Srl^abenen  ^at  $egel  flberfe^t,  bie  le^tere  DoQfl&nbig. 
S)ie  Sragöbien  beS  SuripibeS  unb  beS  ©opI^oKeS:  namentlid^  ben 
DebipuS  in  HoIonoS  unb  bie  Slntigone,  loeldge  le^tere  er  fdgon  bamalS 


^etfunft  unb  Se^xjal^te.  7 

ffir  bie  etl^aBettfte  uttb  DoQIommenfte  aller  Xragöbien  erlannt  unb  feit- 
bem  ftets  als  \ol6^t  ge))riefen  l^at.  Unaufl^öttt(%  toax  ex  bemül^t,  ben 
Umfang  fetner  tDtffenfd^aftlid^en  $rit)atlect&re  }u  erioeitem  unb  burdg 
fleigige  ^fd^riften  unb  ^uSgflge  aus  ben  gelefenen  @d^rtftfteQem  ben 
Snl^att  fo  treu  unb  obiediD  toxt  möglid^  feftgul^atten. 

^  €r  toar  !etn  Uoger  ßefer,  ber  frembe  ®ebanfen  in  fi(fi  aufnal^nt 
unb  begierig  Derfdglang,  fonbem  er  mad^te  ftd^  über  baS  ©elefene  toie 
über  baS  Erlebte  feine  eigenen  ®eban!en  unb  SRefIejcionen,  loeld^e  er 
nieberfd&rieb  unb  gu  biefent  3u)edEe  ein  2;ogebud&  Don  ^itte  beS  S^^teS 
1785  bis  Slnfang  1787  filierte,  ^m  bemerlenSloerteften  barin  ftnb 
alle  bieienigen  ©teilen,  toorin  fid^  immer  Don  neuem  ber  SDrang  nad& 
einem  Segriff  ber  ©efd^idfete  lunb  gicBtjber  uns  bie  JBebeutung 
ber  großen  SSegebenlgeiten  unb  äJl&nner  erleud^tet  unb  erfl&rt:  b.  lg. 
nadg  einem  ))]^iIofo))]^ifd^en  SSerfiänbni^  ber  SBeltgefd^id^te, 
toeld^eS  in  ber  2;iefe  gu  begrAnben  bie  nad^Iantifd^e  $]^iIofo))]^ie  Berufen 
toar  unb  inSbefonbere  in  ber  Steil^e  il^rer  ©timmfül^rer  ^egel  felbft. 
3)ie  crpe  ©tufe  (nid&t  gur  ßöfung,  fonbem)  gur  ©rienntnife  biefer 
Slufgabe  ift  eine  gufammenl^ftngenbe  unb  gn)edEmft^ige  ober  ))ragmatifd^e 
©efd^idbtSbetrad^tung,  loie  fie  gerabe  bamate  in  einem  3Ber!e  l^erDor- 
trat,  burd^  beffen  eifrige  Seetüre  ber  junge  $egel  in  feinem  93e{lreben 
nad^  einer  georbneten  SSeraKgemeinerung  feiner  l^iftorifd^en  SSorftellungen 
ftdg  geförbert  fal^:  eS  toar  bie  Don  bem  Aird^enl^ifiorüer  3. 3Jl.  @d^r9dE]^ 
Derfafete  „allgemeine  aaBeftgefd&id6te''  (1774—1784).  SBaS  ^egefe 
ßel^rer,  ber  ftuttgarter  ®^mnafiaIprofef[or  ^opf,  Don  iener  Sftebe  beö 
ad^tgel^niftl^rigen  Primaners  gefagt  l^at,  gilt  unS  Don  jebem  äBorte  beS 
jungen  ^egel,  toeld^eS  ben  S)rang  nadg  ]^iftorif(!6en  3been  auSfprid^t: 
cfelix  futurum  omenl» 

I  @ein  Zagebudg  Igat  er  gu  einem  großen  Sl^eil  in  lateinifd^er 
©prad^e  gef d^rieben.  /  3n  einer  ^ufgeid^nung  «»über  baS  (S^cipiren"  au§ 
bem  STOfirg  1786  finbct  |td&  eine  für  fein  ?ßter  üBcrrafd&enb  fd^arf« 
finnige  unb  hitifd^e  93etrad^tung  über  baS  Bei  @dgülem  l^errfd^enbe 
fd&mülftige  Satein  unb  bejfen  Urfad^en.  SDiefer  ÜJligbraudg  rül^re  bal^er, 
ba6  man  aus  ben  Derfdftiebenartigjien  ©d6riftjicttern  ^pi&rafen  anfammte 
ttnb  in  ber  eigenen  Snmenbung  burd^einanbermenge,  ol^ne  bereu  OueDe 
unb  Slbfid^t  gu  erlennen,  ol^ne  gu  unterfd^eiben,  ob  biefelben  ein  ©e^ 
fd&id6tsfd&rcibcr  ober  ein  3iebner,  ein  ^l^ilofop]^  ober  ein  Sid&ter  gebrandet 
l^aBe.  ^uSbrudEsioeifen,  loeld^e  gu  rl^etorifd&en  UmfdgreiBungen  unb 
UebertreiBungen  gebient  l^aben,  loerben  angeioenbet,  um  einen  l^iftorifd^en 


8  ^etfunft  unb  Se^tja^e. 

©egenftanb  barjufteHen,  tooxam  bottn  fd^tDAtfüge  9leben8atien  ffttDox" 
gelten.  „S)enn  man  nimmt  gang  attein  unb  Uo%  auf  Sßörter  unb 
$^rafen,  gar  nid^t  auf  ben  ®et{i  unb  bie  9tatur  berfelben  9Ul(!{td^t. 
föon  @ad^en  ift  gar  ntd^t  bie  fütbt."  »^DeS  toirb  burd^inanber  ge« 
mengt  Sine  rebnerifdge  $]^rafe,  butd^  toeld^e  ein  ©ubject  um  ber 
2)eutnd6!eit,  um  ber  ^[ntitl^efe  tDiSen,  um  barauS  einen  SSetDeiS  l^ergu- 
leiten,  umf daneben  toorben  ifl,  toirb  bann  in  einet  l^iflorifdg  gering- 
fflgigen  Materie  angebrad^t/'  Sine  ädetradgtung  unb  ein  Urtl^eU, 
toeld^e  im  Sd^filer  fd&on  ben  2)en{er  erlennen  lajfen.^ 

\§egcfe  Sugenb  unb  ©döulgeit  in  Stuttgart  fftHt  mit  bem  großen 
Stuffd^mung  ber  beutfdgen  &itteratur  jufammen  unb  erftredt  ficb  Don 
©oetl^eS  ^ufentl^alt  in  Strasburg  bis  )u  feiner  SladEfel^r  au8  Stauen. 
Seffing  fielet  auf  ber  ^bl^e  unb  erreidgt  baiS  Snbe  feiner  Saufbal^n:  im 
Sa^re  1772  (Smilia  ©alotti,  1779  Stat^an  ber  SSeife.  2)a3n)ifd6en 
fallen  ©oet^eS  mftdgtige  Sugenbioerle:  ®9^  üon  SSerlid^ingen  (1773), 
bie  ßeiben  beiS  iungen  SBertl^erd  (1774),  (Slaüigo,  Stella.  2)er  @d&au» 
pla^  ber  ^ugenbfdbidEfale  unb  :^ugenbn)er!e  SdgiQerS,  biefer  g^oeiten 
^od^flutl^  beS  beutfd^en  Stürmet  unb  2)rangeS,  ift  Stuttgart  felbft. 
^ier  erfd^einen  bie  fftHuUi  im  3uni  1781,  im  @et)tember  bed  folgenben 
3a]^red  fliel^t  ber  S)id^ter  aus  feiner  ^eimatl^  unb  I&^t  fein  xtpnblih 
anifd^eS  2;rauerf|)iel  ^ieSlo  erfd^einen;  auf  ber  O^tud^t,  in  ber  äfer« 
borgenl^eit  t>on  ÖggerSl^eim  unb  SSauerbadg  DoHenbet  er  fein  bflrger» 
lid&es  2;rauerfpiel  Aabale  unb  Siebe.  SB&l^renb  ber  beiben  legten 
Sd^uljjal^re  ^egels  erfd^eint  ber  2)on  AarloS  unb  bie  „Gefd^id^te  beS 
SlbfattS  ber  tjereinigten  Slieberlanbe  öon  ber  fl)anifd6en  Slegierung" ; 
©oetl^e  toeilt  in  Stalien  unb  Ififet  Don  Stom  au8  in  ber  erfien  ®e- 
fammtauSgabe  feiner  9Bet!e  bie  3))]^igenie  unb  ben  (Egmont  erfdgeinen. 
%\U  biefe  SBerle  t)on  uuDergAnglid&er  93ebeutung  unb  l^inrei^enber 
Araft  gelten,  loie  ed  fd^eint,  an  unferem  ©^mnafiumSfdgfller  in  Stutt- 
gart unbemerft  Vorüber,  toenigfteng  finb  t)on  i^ren  SBirlungen  unb 
SinbrttdEen  auf  benfelben  leine  S))uren  angutreffen;  in  feinen  Samm- 
lungen unb  Stufgeidgnungen  toirb  bed  Srud^fiadEs  einer  3(nal^fe  beiS 
republilanifd^en  £rauerft)iete  t^ieSlo  gebadet,  aber  ed  fel^It  jebe  n&^ere 
Aunbe;  in  feinen  f)}ftteren  tflbinger  Slufgeid^nungen  finbet  fid^  baS  Sitaf 
einer  angebtid^en  SteQe  auS  SeffingS  Slat^an,  aber  bie  SteQe  felbfl 
finbet  fid^  nid^t  in  bem  leffingfdgen  Sßer!.' 


1  »ofenhong:  Uttunben.  U.  6. 449.  —  »  «benbaf.  HI.  6.  465. 


^erfunft  unb  Se^tia^te.  9 

2)agegen  lefen  toir  mit  einiflent  93efrmben  in  feinem  ZageBud^ 
t>om  1.  Sanuat  1787,  bag  et  an  biefem  Sleuial^xStage  Dielerlei  ju 
tl^un  SBittend  getoefen,  aber  bon  ber  Sedate  eines  9lomand  bergefialt 
gefeffelt  toorben  fei,  bag  er  ftdg  nid^t  l^abe  loSmad^en  lönnen.  2)iefer 
Stoman  n^ar  „^opl^im^  9leife  Don  aTlemel  nad^  @a(!^fen",  eined  ber 
etenbeften  unb  langmeiligften  SDlacl^iDerle  unferer  bamaligen  Sitteratur, 
eine  in  fed^iS  bidEen  93&nben,  in  jalgHofen  Briefen  mit  }a]^nofen  ^n- 
l^ftngfeln  unb  (^ortfe^ungen  Derfa^te  ®efd^id^te  ber  ©dgidEfale  unb 
Stbenteuer  eines  jungen  SRdbd^enS,  toAi^ti  in  ben  legten  Seiten  beS  fteben- 
jl&l^rigen  Kriegs  todl^renb  ber  £)ccu))ation  OfipreugenS  burd^  bie  0luffen 
t>on  SRemel  nad^  S)reSben  reifen  foQ,  um  bie  ©d^idfale  unb  ben  ^uf- 
entl^alt  beS  Verloren  gegangenen  ©ol^neS  il^rer  Pflegemutter  au  erfunben. 
SDer  aSerfaffer  »ar  3o6,  Stimotl^euö  ^erme»,  fpäter  jprebiger  unb 
^Profeffor  ber  Zl^eologie  in  JBreöIau,  ber  nad6  bem  Sftul^m  geijte,  ber 
beutfdbe  Stidgarbfon  ober  gar  t^ielbing  ju  n^erben,  unb  eS  im  Ofelbe  beS 
©ittenromanS  ben  ßeiftungen  JliloIaiS  in  bem  ber  Sleifebefd^reibung 
nod^  juDorgetl^an  l^at.  @r  mar  bodg  fo  belannt  gemorben,  bag  nod^ 
jmanjig  ^al^re  f))&ter  ©dritter  in  einigen  feiner  3Eenien,  mie  ,,S)er 
Äunftgriff",  „©er  ^Pfarrer  g^ttariug"  unb  „gfür  SEöd^ter  ebler  $er» 
!unft"  (fo  ^iz%  eines  biefer  l^ermetijd^en  93adger),  ben  ^ann  mit  feinem 
„Sofenfrangöfifd^"  unb  „^afiorenlatein"  gegeifeelt  l^at,^ 

SDie  unergö^Ii^en  @d^Uberungen  be8  breiten  SlQtagdlebenS  mit 
feinen  ))Iatt  gefd^m&^igen  Seuten,  feiner  faben  ©efeHigleit,  feinen  ®aft- 
^fifen,  SBirtl^SfhtBen  unb  ^oftfutfd^en,  untermifd^t  (loie  man  Aarten 
mifd^t)  mit  aQerl^anb  feltfamen  SIbenteuem,  l^aben  ben  jungen  ^egel 
bamalS  fel^r  amafirt.  6d  l^errfd^t  in  il^m  felbft  etloaS  ^Ütiglid^eS,  Slelt- 
lidgeS«  ^l^iliftröfeS,  baS  erfl  burdg  bie  aQm&lgliti^  fortfd^reitenbe  (Srl^öl^ung 
fetner  ^beenmelt  geiftig  l^erabgefe^t  unb  untertoorfen  mürbe.  Sliemanb 
i^dtte  bamate  geahnt,  bag  in  biefem  fd^einlofen  Sflngltng,  ber  fid^  in  einen 
fo  elenben  unb  langmetUgen  9loman  vertiefen  lonnte,  ein  tiefer  2)enler 
Der))u))))t  mar,  meld^er  ftdg  emt)orringen  unb  eines  5£age$  als  ber  erfte 
$]^iIofo))]^  beS  Seitalters  erfd^einen  merbe.  SltS  @d^o)}en]^auer  in  ber 
t)on  IRofenhanj  Derfogten  SebenSbefdgreibung  ^egetS  jene  ÜJlittl^eilung 
aus  bem  £agebudge  beS  Unteren  gelefen  l^atte,  fd^rieb  er  trium))]^irenb 
an  feinen  @d^filer  R.  93&]^r:  ,,anein  Seibbudg  i{l  $omer,  Tegels  Seib= 
budg  ifi  @o))]^ienS  Steife  Don  SJtemel  nad^  ©ad^fen". 


^i|i.-!titif«e  SluSfiabe.  »b.  XL  6.  99  u.  100.  (9lt.  18,  U,  25.) 


10  ^etfunft  unb  Sel^rial^re. 

n.  a)ic  afabemifdöcn  Sel^rial^rc  in  Sübitiflctt. 
1.  6tubiengang.    aTlogiflenuiit  itnb  ^anbibatur. 

'am  27.  DctoBer  1788  ift  SBH^elm  ^egcl  ol8  ©tubetit  bcr  3;]^eo= 
logie  in  5£fl6ingen  immatricuUtt  unb  als  ]^erjogK(!^er  SttpenbiariuS 
in  baS  tl^cologifd&e  ©cminor  ober  Stift,  tote  btcfe  in  einem  el^cmaligen 
Slufluftinerflofler  gcftiftete  ^od^fd^ule  ber  eöangelifd^cn  Sl^eologie  l^iefe, 
aufgenommen  Sorben  unb  geleerte  nunmel^r  gu  ben  tfibinger  ,;@tift= 
lern",  aus  beten  So^^  ^ine  fo  ftattlid^e  9lei]^e  geleierter  unb  l^o^- 
berül^mter  SWftnner  l^eröorgegangen  finb.  aSöQtg  lopenfrei  l^at  er  in 
biefer  IIofterUd&  cingerid&teten  unb  beaufRd&tigten  Slnfialt  feinen  fünf= 
l&lgrigen  AurfuS  burd^gemaö^t,  beffen  Beibe  erfte  3o^re  Igauptfid^Iid^ 
pl^ilofopl^ifd^en,  bie  brei  legten  auSfdglie^Iic!^  tl^eologifi^en  @tubien  ge= 
toibmet  toaren.  5Bon  feinen  pieilofopl^ifd&en  ßel^rem  pnb  bie  5profefforen 
tJIatt  unb  Slöfeler,  üon  ben  tl^eologififien  bie  jprofefforen  ©dönurrer 
unb  @torr  gu  nennen,  ol^ne  einen  bemerlenjStoertl^en  unb  forttoirfenben 
einflug. 

\  3laäi  SBottenbung  beS  pl^itofopl^ifd^en  SienniumS  tourbe  «pro 
magisterio»  bisputirt.  ^egel  öertl^eibigte  eine  moralpl^ilofopl^ifci^c 
Slbl^anbtung  Aber  bie  ©renge  ber  ^ßflid^ten  (de  limite  officioram)  unb 
tturbe  am  27.  September  1790  3Kagifter  ber  5Pl&ilofop$ie.  SRa*  Stt« 
lauf  beS  tlgeologifd^en  5£rienniumS  (^erbfl  1793)  mu^te  bie  Prüfung 
«pro  candidatura»  abgelegt  »erben.  /  2)ie  Slb^aublung,  loeld^e  ^egel 
gu  biefem  S^pec!  gu  Dertl^eibigen  l^atte,  bel^anbelte  ein  Sl^ema  aud  ber 
toflrttembergif(!^en  Äird^engefdöiiftte:  «de  ecclesiae  Württembergensis 
renascentis  calamitatibus».  Srrtl&ümlid^ertoeife  l^at  man  §egel  für 
ben  SBerfajfer  ber  beiben  genannten  Slb^anbtungen  angefel^en,  toaS 
toeber  ben  tübinger  Sinrid^tungen  nod^  bem  S^aralter  ber  Slbl^anb' 
lungen,  inSbefonbere  bem  geringen  Umfange  bcr  erflen  entfprad&.  a5er= 
faffer  ber  moratpl^ilofopl^ifdeen  Slbl^anblung  mar  ber  ^Jrofeffor  St.  8fr.  SöI, 
SBerfaffer  ber  fird&eu]6iporifd&en  ber  Äangler  8e  Sret.  6fimmtlid&e 
©anbibaten  mußten  Aber  biefe  ©d&riften  bisputiren.^ 

2)a3  Sl^ema  ber  erften  @(6rift  loar,  loie  aud^  ber  (Singang  be[agt, 
burd^  eine  ^^reisaufgabe  Veranlagt  loorben,  meldte  gum  S^^^  ber 
SJerlei^ung  eines  ©tipenbiumS  bie  Kuratoren  be§  legieren  uniftngfl 


^  93dl.  3.  $.  Sftiite:  Settf^r.  für  9]^tIofopf)ie  unb  fpeculatioe  Sl^eologle. 
a3b.  XIII.  6. 142.  Stall  $egel:  Bttefe  t)on  unb  an  ^egel.  I.  6. 16.  9lnm!g.2. 
3rrtl^&mlt(^  fRofenfrana:  ^egels  Seben.  €.  35-39. 


(etfunft  unb  ßel^TJal^re.  11 

geftellt  l^atten:  „£)h  es  ^flid^ten  gebe,  beten  93et6inbHd&!eit  ol^tte  bte 
llnficTbUd6!eit  ber  ©eele  unbetoeisBar  feien?"  a)ie  tJroge  fottte  in 
gtoei  3^eiten  Beantoortet  loetben:  ber  exjte  foDte  Don  ber  ^rt  unb  ben 
Zriebfebem  berienigen  ^flid^ten  l^anbeln,  ml^t  ol^ne  ben  ©lauben  an 
bie  Un{ierb(icb!eit  ber  @eele,  ja  felbft  ol^ne  ben  ©lauben  an  ®ott  il^re 
©eltunfl  be]^am)ten.  fflnx  biefe  csectio  prior»  tourbe  auf  einigen 
931&ttem  auSgeffll^xt.  SBaS  man  aud^  Aber  Urf))run9  unb  Snbe  beS 
SDtenfd&en  für  eine  ?lnfid&t  liegen  möge,  ob  man  beibe  Don  (Sott  ab= 
l^&ngig  maä^t  ober  biefen  gan}  au$  bem  @piel  laffe,  ob  man  bie 
Unflerblid^Ieit  ber  @eele  bejal^e  ober  Derneine:  in  allen  Sf&Hen  bel^arren 
bie  moralifd^en  ©efe^e  unb  bleiben  biefelben.  Sarin  beftanb  ber 
®runbgeban!e  beS  @d^riftdgend,  toie  eS  anäj  bie  Einleitung  audfDrad^. 
2)ag  bie  natätlid^e  aRoral  Don  ber  ^Religion  gloar  unabl^&ngig 
fei,  aber  beren  Unterpü^ung,  ndmüdfe  bie  refigiöfe  SSegrünbung  ber 
natürli^en  ^Pflid^ten  unb  il^ter  eintriebe  fid^  »ol^I  gefallen  unb  gur 
aSerflfirlung  bienen  laffe,  toar  loolfifdöe  ©ittenlel^re  Don  reinfiem  SBaffer. 
SBenn  §egel  barin  ebenfo  baii^te,  toie  ber  SJlann,  bejfen  ©ä^e  er  Der= 
tl^eibigte,  fo  toar  er  bamals  in  ber  3)loral  nid^t  toeiter  als  fed^S  ^aSjxt 
frfil^er  in  ber  Sogi{,  benn  nadg  einer  f))&teren  SluSfage  l^atte  er  fd^on 
mit  Dierjel^n  Salären  bie  toolfifd^e  Sogi!  !ennen  gelernt  (1784). 

2.  Stani  unb  bie  9let)olittion. 

\3n  bemfelben  Sal&re  als  ^egel  tflbinger  ©tiftler  tourbe,  erfd&ien 
ftants  ^Äritil  ber  »)raltifd6en  SSernunft''  (1788);  er  tourbe  SWagifier 
ber  5p]^iIofol)]^ie,  als  Äant  feine  „flritil  ber  Urtl^eilShaft"  l^erauSgab 
(1790),  unb  feine  S^anbibatur  ber  S^^eologie  fiel  in  baS  3a^r  ber 
,,SfteIigion  innerl^alb  ber  ©renjen  ber  blofeen  SBernunft"  (1793).  ®aS 
grunbicgenbe  ^aupttoer!,  toorauS  bie  genannten  ©dferiften  ]§erDot= 
•gegangen,  toar  bie  Äriti!  ber  reinen  SJernunft  (1781),  toeldöe  ^egel 
im  Saläre  1789  !ennen  gelernt,  alfo  in  ber  gtoeiten  STuSgabe  (1787) 
gelefen  l^atte./  SBenn  er  im  3a]&re  1790  fo  bad&te,  toie  jene  2lb]^anb= 
lung,  bie  er  Dertl^eibigen  mugte,  fo  toar  il^m  bie  Seigre  Dom  Primate 
ber  t)raftifd^en  93ernunft  unb  ber  moralifdgen  ©runblegung  ber  Steligion 
bamals  nodg  unbelannt. 

©leidggeitig  mit  ben  mSdgtigen  ©cifteStl^aten  AantS  in  ben  eben 
angcfül^rten  SBerfen  pnb  bie  SBettbcgebenl^eiten  ber  franjöfifd&en  9leDo- 
lution:  bie  SBerfammlung  ber  9lotabeIn,  bie  Eröffnung  ber  Slationat- 
Derfammlung,  bie  SegrAnbung  unb  ber  @turg  beS  neufranjöftfd^en 


12  ^erfunft  unb  Se^rialftre. 

Äöttifltl^utn«,  ber  StfidEaug  bcr  Ättürtcn,  btc  SIera  bcr  franaöfif(16cn 
9te))ublt{,  bte  $inrt(!^tun0  beS  AöntgS,  bie  ^errfd^aft  beS  ©d^redEenS 
unter  8lo6e8l}icrrc.  Sffiftl^renb  bicfcr  ©ang  ungel^curcr  grcigniffc  bie 
äBelt  erfd^fltterte,  burdglief  ^^gel  in  ben  befd^riebenen  Stationen  feine 
Saufba^n  im  tflbinger  @tift. 

3.  Steunbfd^aften.    S)er  t)o)[tti{(6e  (SXu'b. 

fÜaiSi  altti)flrttembergi[d^en  Sd^uleinrid^tungen  ^ieg  bie  QQjai^rlid&e, 
mit  bem  ©nbe  bcS  ©ommcrfcmcfier«  fiottfinbenbc  Scförbcrunfl  einet  Slnjal^I 
©d^üler  öom  ©^mnofium  jur  Uniöerfität,  Don  ben  nieberen  ©eminorien 
ober  flloperfiftulen  in  bog  tübinger  ©tift  eine  „^Promotion"  unb  beren 
©lieber  ^gom^romotionolen",  bie  nodö  bem  aOBertl&c  il^rer  gftl&igfeiten 
unb  Seiftungen  genau  abgeftuft  unb  locirt  mürben,  ^egel  mar  in 
feiner  ^Promotion  ber  britte,  ber  erfte  toar  ein  gcioiffer  Stena,  tocldöcr 
bie  großen  Hoffnungen,  meldte  man  t)on  il^m  liegte,  burd^  feinen  frfil^' 
aeitigen  Xob  nid&t  au  erfüllen  öermod&t  l^at.  ©ein  öertrautefter  (Jfreunb 
unter  ben  6omt)romotionalen  toar  ginl,  fpftter  Pfarrer  in  ^ol^em 
memmingen,  bem  mir  aud^  unter  ben  ©tammbud^frcunben  begegnen. 

3mei  feiner  afabemifd&en  Sugenbfreunbe  pnb  öon  l^erDorragenber, 
aud&  im  Snbenlen  ber  SBclt  fortlebenber,  auf  il^n  felbp  einftu^rcid^er 
93ebcutung  gemefen:  bem  einen  mar  bai^  unfeligfte  aQer  3Jtenfd^entoofe, 
bem  anbem  eine«  ber  glüdtlid6fien  befd&ieben.  SJicfe  beiben  Jünglinge 
maren  tJriebrid&  ^ölberün  au8  9lürtingen,  geboren  ben  20.  SDlftra  1770 
au  ßauffen  am  SledEar,  unb  griebridfe  SBill^elm  3ofef  ©djelling  au8 
Seonberg,  geboren  ben  27.  3anuar  1775:  jener  einer  ber  gleidfeaeitigen 
©tubiengenoffen  Tegels,  biefer  fd^on  in  feinem  fed^dael^nten  ^al^re 
©tubent  unb  ©tiftler,  in  feiner  ^Promotion  ber  erfte,  burdfe  l^ebrftifd^e 
©|)ra(!^!enntniffe  auSgeaeidbnet,  ein  cingenium  praecox»,  mie  il^n  fein 
aSater  felbft  beaeidftnete,  al8  berfelbe,  ?Prebiger  unb  5Profeffor  in  »eben-  • 
Raufen,  ben  ©ol&n  im  Dctober  1790  in  bag  tübinger  ©tift  bradfete.^ 

S)ie  entl^uftaftifdgen  ©efai^Ie,  meldte  burd^  bie  franaöfifd^e  9fteDo- 
lution  erregt  maren,  l^atten  fid^  bis  in  baS  ©tiUleben  beS  tflbinger 
©tift«  fortge})flanat  unb  befonberS  bei  ben  ©tubirenben  au8  ber 
flberrlgeinifd&en  ©rafjd^aft  a}lömt)elgarb,  meldte  bamals  nod^  a^m  ^eraog- 
tl^um  SBürttemberg  gel^örtc,  bie  fcurigfie  SCl^eilual^me  gefunben.  Tübingen 
galt  als  il^re  ßanbeSuniüerrttat  unb  bot  il^nen  ©tipenbien.    ^ier  mürbe 

1  »gt.  tiefe«  aOöer!.  Sb.  VI.  (2.  fiu\i.)  »u«  I.  ©a»).  I.  6.  9.  Oubi« 
iattm«au«gabe  a»b.  vn.) 


^erfunft  unb  Sel^tja^re.  13 

nun  ein  potitifd^er  (Siui  gefitfinbet,  bte  ^ageSjettungen  eifrig  gelefen, 
bie  ßretgnific  bcfprod^cn,  unb  bie  Scgciftcrung  ging  fo  tocit,  bQ§  eine« 
Sonntag«  an  einem  l^etteten  Oftfil^ial^tSmorgen  bte  jungen  gfretl^eitö- 
fd^ttirmer  l^inauSgogen  unb  auf  einer  Sßiefe  bei  £äbingen  nac^  fran- 
}öftfd^em  SRufler  ben  t^reil^ettsbaum  pftanjten.  S)arunter  toaren  auib 
^egel  unb  ©dgeDing.  S)ie  @Qdge  tourbe  rud^bar,  unb  ber  ^ergog  Aarl 
etfffeien  fettfi,  um  ben  ©türm  im  SBafferglofe  ju  befd6n)ören,  fSia^x- 
fd^einlid^  l^at  bte  l^armlofe  gfier  an  einem  Oftfll^i<t^tdfonntage  beS 
3a]^re8  1791  flattgefunben,  nodg  in  ben  fogenannten  golbenen  Zagen 
ber  fran)5fif(!^en  SteDotution.  ^egelS  @tammbud^6latter  au8  jener  3eit 
finb  t)oII  Don  Ausrufungen,  bie  jum  Sfteil^ettSbaum  paffen.  S)a  fielet 
baS  §uttens©d6ittetfd6e  SBort:  «In  tyrannosl»  ?luf  einem  anbern 
Slatte:  «Vive  la  libertöl»  3luf  einem  britten:  «Vive  Jean  Jacques  1» 
unb  fo  fort* 

Auf  ^egeto  äußere  (Srfdgeinung  unb  Haltung  l^aben  bie  ©itten 
ber  neuen  Seit  unb  beS  alabemifd^en  SebenS  Einerlei  umgeflaltenben 
Sinflug  auSgeflbt.  (Sr  blieb  in  ben  f5rper(id^en  unb  ritterlid^en  Aünften 
unbegabt  unb  ungetoanbt,  er  l^at  baS  Gleiten  unb  Of^c^ten  lieber  unter= 
laffen  als  gelibt  mit  ben  an&bd^en  lieber  $f&nber  gefpiett  als  getangt 
unb  fid^  nad^täffig  unb  attmobifd^  gelleibet.  S)aS  Aeltlidbe  unb  Cang» 
fame  in  feinem  SBefen  mugte  in  Zäbingen,  in  ber  ^itte  feiner 
a!abemifd^en  3ugenbgenof[en  nod^  auffaDenber  unb  abfted^enber  erfdgeinen 
at«  in  Stuttgart.  6r  l^iefe  im  6tift  ^ber  atte  9Äann"  ober  „ber 
atlte".  ©ein  ^reunb  Sattot  aus  SWompcIgarb  l^at  auf  einem  Stamm» 
bud^blatte  Dom  21.  ^^ebruar  1791  i^n  mit  biefem  Stid^namen  iKuftriit, 
er  l^at  il^n  gegeid^net  in  gebfldEter  Haltung,  auf  ArüdFen  fd^Ieidgenb, 
unb  bie  SBorte  l^ingugefflgt:  „®ott  ftel^e  bem  alten  Tlanm  beil" 

3nbeffen  toar  ^egel  leineSioegS  ein  2)udEm&ufer,  ber  in  mflrrifd^er 
unb  gebrfldEter  SSerfd^loffenl^eit  abfeits  flanb,  fonbern  ein  l^eiterer  @e- 
feQfd^after,  ben  man  lieb  l^atte  (loie  ja  aud^  f^allots  gutmütl^ige  9led(erei 
geigt),  ber  bei  einem  fröl^lid^en  S^d^g^lt^ge  frSl^lid^  mitt^ai,  bei  einem 
gefelligen  Slitt  Aber  ßanb  bie  Dorfd^riftSmäfeige  Ätofterjlunbe  öergafe 
unb  eine  Sarcerftrafe  bafflr  empfing,  ber  fi($  in  ein  l^fibfd&eS  STlAbd^en, 
toie  Augufte  ^egelmeier,  bie  Zod^ter  eines  Derftorbenen  $rofeffor8  ber 
X^eotogie,  Ieibenfd6aftlid&  Verliebte  unb  fogar  auf  bem  feinem  gfreunbe 
Sfinf  geioibmeten  ©tammbud^blatte  funbtl^at,  toit  to^nig  er  bem  SBein 
unb  ber  Siebe  abgeneigt  loar:  ;,©d&ön  fdgtog  fidg  ber  le^te  ©ommer, 
fd^öner  ber  i^ige!    2)aS  3Jtotto  Don  jenem  mar:  SBein,  Don  biefem: 


14  ^egel  als  ^auSlel^rer  in  Setn« 

Siebe!  ®en  7.  Dctober  1791.  V.  A.lir  SDafe  er  Bei  bem  xotxh 
lid^en  ©efd&Iedgt  !ein  fottber(i(i&e$  ©lad  gel^obt  l^abe,  (etid^tet  bie  felgr 
gtaublid^e  Stabition.  @eine  @d^U)efler  jtDQr  ergftlglt,  bo^  ed  fi(^  um» 
gelel^it  Derl^alten  unb  er  „l^ier  unb  bo  ben  aSorgug  gegeben,  aber  feine 
Hoffnungen  erregt  l^abe"  ;/bod^  btefe  Sluffaffung  ift  mol^I  mel^r  fd^toefler» 
ttdg  ote  rid^ttg.  93ei  feinen  StuSfid^ten  unb  P&nen  fftr  bie  Sulunft 
tonnte  üon  ^eiratl^Sbetoerbungen  &ber]^aut)t  !etne  Siebe  fein. 

3n  ben  Zagen,  n)o  f^atioi  x%n  ate  alten  aJlann  bargeftellt  Igatte, 
ber  gefenften  Hauptes  auf  ArfldEen  einl^erfd^Uid^t,  f(i&retbt  il^m  ^ölberlin 
bie  SBorte  beS  goetl^efd^en  $9labe8  ind  @tantmbud^:  „Suft  unb  Siebe 
finb  bie  gfittidfte  ju  großen  SEl^aten.  ©^mbolum.  ^'Ev  xal  icay." 
SBalgrl^aft  geflügelte  SBorte! 

^ie  ©ro^tl^aten,  meldte  auSjufül^ren  ^egel  berufen  toar,  l^atten 
jttei  Sfittidge  nßtl^ig:  bie  Siebe  jur  l^ellenifd^en  SBelt  unb  bie  Sufl 
3ur  ^Igilofop^ie.  deiner  feiner  {^reunbe  !onnte  bie  erfte  fo  beflageln 
toie  ^olberlin,  feiner  bie  giüeite  fo  loie  ©d^etting. 


SlöciteS  ©apitel. 
^fgel  d$  f  ansU^tr  in  ßtxtu 


h 


I.  SebenSpIan  unb  SBanberjal^re. 
1.  2)te  S^auHt^xttpttiobt. 

S)er  SBeg  eines  toärttembergifdgen  Zl^eologen  ffll^rt  in  ber  Siegel 
Dom  @tift  unb  ber  €anbibatur  burd^  baS  SSicariat  gum  $fanamt. 
(Ein  fold&eS  3iel  ober  l^atte  fflr  unfern  ^egel  gar  nidgts  SodEenbeS,  ba 
ifjm  bei  feiner  pl^ilofopl^ifdgen  2)en!art  baS  geiftlidge  $at]^oS,  bei  feiner 
petfonlidgen  langfamen  unb  unbel^fllflid^en  3(rt  bie  Gaben  ber  geiftlid^en 
Serebfamfeit  mangelten,  er  loar  unb  blieb  corator  haud  magnus». 
S)a^er  fagte  er  für  bie  Suhtnft  baS  pl^Uofopl^ifd&e  Sel^ramt,  fflr  bie 
(Segentoart  unb  n&d^fie  Seit  bie  bagu  nötl^ige  tüiffeufd^aftlidge  unb 
Slonomifdge  SJorbereitung  inS  Sluge,  bie  ftdg  mit  ber  Stellung  unb 
9Bir!fam!eit  eines  ^auSlel^rerS  ober  ^ofmeifierS  am  fflglid^ften  Der» 
einigen  liefe. 

@o  nal^m  er  ben  3Beg,  loeldgen  Dor  il^m  audg  jtant  unb  gfid^te, 
nadg  unb  mit  il^m  ©d^eOing,  fp&ter  ^erbart  gegangen  toaren./  SBenn 


^eget  aU  ^uilel^ter  in  Sdettu  15 

ed  fid^  fo  glfidtidg  trifft,  bog  ber  juttge  (Selel^rte  in  größeren  unb 
tnteref[anten  Stäbten,  in  angefel^enen  ^Aufem  unb  Ofamilten  als  $qu8- 
leistet  leben  unb  tDttfett  lonn,  fo  übt  feine  Stellung  unb  S^l^dtigfeit 
rtt(!tDit!enb  aud^  erjiel^enbe  Sinflüffe  auf  il^n  felbfl  au8,  unb  eine  fold^e 
^aufilel^terj^eit  bilbet  in  feinem  SntuicflungSgange  tedtit  eigentlidg  bie 
$eriobe  ber  SSanberiol^re.  9lun  l^at  eS  fidg  für  ^gel  fo  glfldEtid^  ge- 
fügt, ba§  er  in  gtoei  l^ifiorifd^  lel^rreid&en  unb  regierenben  ©tdbten,  in 
angef eigenen  ^fiufem  feine  ^auSlel^rergeit  gugebrad^t  l^at,  (Srgiel^ung 
Qudübenb  unb  em|)fanaenb.  S)ie  erfte  Stabt  mar  93em,  bie  gmeite 
gfronffurt  am  aWain,  / 

t^reilidg  l^aben  biefe  Sßanberjal^re  mit  il^rem  3^itraum  Don  DoHen 
fteben  3ct^ren  ettoaS  ju  lange  gebauert  ffir  baS  3iel,  toeldged  erftrebt 
tourbe.  9It8  er  ben  Anfang  bejfelben  erreid^t  Igatte  unb  fi(6  an  feinem 
©eburtstage  1801  in  3ena  l^abilitirte,  mar  er  einunbbreigig  alt, 
n)ai^renb  fein  fo  ))iel  jfingerer  t^reunb  ©d^eHing  fd^on  mit  breiunb= 
jtoanjig  Sal&ren  ^Profeffor  getoorben  toar. 

2.  Kufent^alt  in  6titttgart.    6t&nblin  unb  ^ölbexlin. 

3m  ^erbft  1793  toar  ^egel  Don  Tübingen  in  feine  93aterfiabt 
jurttdfgefel&rt,  um  fidfe  l^ier  einige  3cit  ju  erl^olen  unb  feine  öon  toicber« 
polten  Sfieberanfätten  angegriffene  ©efunbl^eit  l^erjuftettcn.  3)er  SSater, 
altoürttembergifd&er  Sureaufrat,  confertatiö  unb  l^erjoglid^  gepnnt, 
loar  ben  revolutionären  Slnftd^ten  grAnblid^  abgeneigt,  meld&e  ber  @o]^n 
Don  5£flbingen  mitbradgte,  unb  eS  ^aben  bamate,  n^o  in  Sfranheidg  ber 
SonDent  l^errfd^te,  3tDif(!^en  beiben  ))oIitifd^e  @treitigleiten  oft  genug 
jtattgefunben,  ol^ne  flbrigenS  ber  toedlfetfeitigen  Siebe  Eintrag  gu  tl^un. 

Sß&l^renb  biefeS  feines  Dorttbergel^enben  Slufentl^atteS  in  Stuttgart 
W  fid^  ^egel  mit  St&ublin  befreunbet  unb  l^&ufige  Spajierg&nge  mit 
il^m  nad^  @:annflatt  gemad^tr  ioelc^e  ber  leitete  fel^r  anregenb  gefunben 
unb  in  guter  Srinnerung  bel^alten  l^at.  S)iefer  neue  {^reunb  mar 
nid^t,  mie  0lofen!ran}  erg&l^It,  ein  junger  Stedgtdgelel^rter,  fonbem 
ber  ate  Sitterat  unb  2)id^ter  be!annte  ©ottl^olb  gfriebridg  @t&ubUn, 
fd^on  ffinfunbbrei^ig  alt,  ber  Herausgeber  beS  erften  fd^to&bifd^en  ÜJlufen- 
almanad^S  (1781),  bamals  ber  erbitterte,  too^I  aud&  neibifdge  Otinb 
SdgillerS,  meld&er  im  ©egenfa^e  gu  jenem  feine  „Slntl^ologie  auf  baS 
3a^r  1782"  erfd^einen  lieB*  @))&ter  entftanb  eine  begeijierte  gfreunb» 
fd6aft  gtoifd&en  ©tftublin  unb  bem  gtoölf  Saläre  jüngeren  ^ölberün, 
ber  eines  feiner  fd^dnfien  ©ebid^te  an  il^n  geridgtet  l^at,  baS  feine  gange 


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16  ^ege(  aU  ^auMel^xet  in  S^em. 

@m)}ftnbung^  unb  ©entätl^Sart  lenngeid^nenbe  Sieb    ,,®tted^en(Qnb'' 

(1794): 

$&tt'  i(i  bi4  im  @(l(atten  bet  Platanen, 
9Bo  butii  Blumen  bet  dliffuiS  rann, 
9Bo  bte  dünglinge  1i<|  9lu^m  erfannen, 
SBo  bie  ^eraen  ©ofrateS  geloann, 
SDo  Sllpafia  but«  ^R^rten  tDaOte, 
SBo  bei  brflbcrUiien  Srteube  SRüf 
9tui  bet  I&tmettben  flgora  f<|a0te, 
SBo  mein  ipiato  $arabie{e  f^uf  u.  f.  f.^ 

®Ietdggetttg  mit  biefem  ®ebtd^t  mag  lool^I  bie  reuige  ^[nn&l^erung 
@tftubltn8  an  €d^tQer  flattgefunben  l^aben,  ber,  gu  feiner  !0rt)erUd^en 
unb  gemfltl^Hdgen  Srl^olung  für  einige  3^it  in  feine  ^eimatl^  jurfidE» 
gelehrt,  nadg  einem  I&ngeren  ^ufentl^alte  in  ßubioigSburg  mit  bem 
beginnenben  Sfrfil^ial^r  1794  nadb  Stuttgart  gelommen  toar;  er  l^at 
burd^  @taublin  aud^  ^ölberlin,  feinen  jüngeren  Sanbdmann  unb 
bidgterifd^  begabtefien  feiner  (Spigonen  !ennen  gelernt  unb  feiner  t^reunbin 
Sl^arlotte  Don  Aalb  jum  ^ofmeifter  empfol^Ien.  @o  lox\  ^ölberlin 
nad^  SßalterSl^aufen  in  baS  ^auS  ber  gfrau  Don  Aalb  unb  Don  ^ier 
nad&  3ena,  loo  er  t^id^ten  in  ber  erften  3eit  feiner  SBir!famIeit  ge^ 
feigen,  gel^ört  unb  belounbert  l^at,  to&l^renb  ©d^eüing  nodg  im  Stift 
gu  Tübingen  toeilte  unb  ^egel  einem  Stufe  als  ^audle^rer  nad^  93em 
gefolgt  n)ar. 

8.  2)ie  ed^idCfale  unb  SuftAnbe  9enti». 
3m  3a]^re  1791  l^atte  bie  €tabt  93em  i^r  fed^fteS  ^al^rl^unbert 
erfüllt,  unb  \^(k%  ®ebftd^tni§  il^rer  ©rünbung  burdg  ben  ^ergog  93erd^ 
tl^olb  V.  Don  3&^nngen  (1191)  foDte  auf  baS  (^eftlid^fte  begangen 
loerben,  aber  bie  Sfeier  unterblieb  angefid^ts  ber  Don  (^ranlreid^  brol^enben 
®efa]^ren.  3n  ben  abl^&ngigen  SanbeStl^eilen,  loie  tn  Stargau  unb 
befonberd  im  SBaabtlanbe  maren  fd^on  aufrfil^rerifd^e,  Don  frangSfifdgen 
SlubS  betriebene  Unrul^en  erregt,  )Del(!be  ben  SlbfaQ  Don  ber  regierenben 
©tabt,  ben  Serfatt  beö  attbemifd^en  Staate«  unb  ben  Umflurg  feiner 
Serfaffung  begioedEten.  %vx  10.  Sluguft  1792  toar  bie  treue  S^toeiger^ 
garbe  beS  AbnigS  in  ben  Zuilerien  burdg  ben  $arifer  $5bel  l^in- 
gemorbet  unb  Sem  burdg  ben  SSerluft  Dieler  feiner  ta))feren  Söl^ne  in 
tiefe  £rauer  Derfe^t  loorben. 

^  Sr.  ^ölberlinS  fdmmtl.  SBerle.  ^eiauSg.  Don  €^ti{i.  X^eobor  ^^toab 
(1845).  asb.  X.  6. 6.  2)i(litungen  Don  gfr.  ^Dlbetlin.  ^erauSg.  Don  1^.  MjKin 
(1884).  6. 166-168  (^iet  peW  ^eeWifuI*  flott  .3Iiflu8*).   »fll.  «inleitg.  6.  IV. 


^egel  M  ^auttt^xtt  in  fbtxn.  17 

%M  einer  SAl^ringifdgen  93eft^ung  mar  93ern  nadg  bem  Balbtgen 
6rl5f(i&en  feines  ^errfdgerfiammS  (1218)  eine  unabl^&nfiige  ©tabt  beS 
l^eiUgen  römifd^en  Steid^d  unb  im  Saufe  ber  S^it  burd^  jtrtege  unb 
93ünbnijfe,  buidg  bie  (Sroberung  namentlidg  beS  Slargau  unb  ber  Sßaabt, 
burdg  bie  Sinf&l^rung  ber  Sieformation  mit  allen  bagugel^origen  ©ficu- 
larifationen  baS  mdcbttgfle  ©tteb  ber  alten  (Etbgenoffenfd^aft  unb  eine 
toeitl^in  regierenbe  @tabt  geworben,  beren  arif}o{ratifd^e  93erfaffung 
mel^r  unb  mel^r  bzn  €l^äralter  ber  auSgepr&gtefien  Oligard^ie  an» 
nal^m.  Sitte  SSerfud&e  aur  8odrei§ung  ber  unterworfenen  S&nber,  loie 
in  ^nfel^ung  beS  SBaabtIanbeS  bie  SSerfd^ioörung  bed  STlajord  S)at)el 
in  ßaufanne  (1723),  alle  SSerfud&e  jum  ©turge  ber  DKgard&ie,  toie  bie 
ä^erfd&toörung  @amuel  ^engiS  in  93em  (1749),  würben  aU  ^od^üerrat)^ 
Derurtl^eilt  unb  mit  bem  Siobe  beftraft. 

9n  ber  €))i|e  ber  @tabt  unb  beS  Staates  ftanb  aü  ^rifjaltt 
ber  gefe^gebenben  (Sewalt  ber  groge  9lat^,  i,bie  Su'eü^unbert",  auS 
benen  ber  ©d^ultl^eig  unb  ber  Keine  dlatl^  a(S  bie  regierenbe  unb  ge« 
fd&äftSfül^renbe  Sel^örbe  l^erDorging.  S)er  grofee  Slatl^  (conseil  souvendn) 
war  ber  eigentlidfee  ©ouöerftn,  beffen  SWitglieber  auS  ben  regiments^ 
filzigen  unb  regierenben  ©efd^Ied^tern  ber  @tabt  gew&l^It  unb  alle  ge^tt 
Saläre  gu  Oftem  ergdngt  würbe. 

S)ie  9)litglieber  beS  großen  unb  Keinen  [Ratlos  als  Präger  unb 
3n]^aber  ber  Bernifd^en  Staatsgewalt  waren  bie  gndbigen  Ferren 
(seigneurs  souverains)  unb  l^iefeen  «Leurs  Excellences  de  Beme». 
S)iefe  gnäbigen  Ferren  l^aben  ni^t  gebulbet,  ba^  ber  ä^erf affer  beS 
«Contrat  sociale»  unb  beS  «^ßmile»  aBgefd&ieben  öon  ber  2Bett  in 
jiittfier  SBerborgenl^eit  auf  ber  5PeterSinfeI  lebte  (1765),  unb  fie  l^aben 
einige  Saläre  früher,  als  Voltaire  fid6  in  ßaufanne  auffielt  (1756—1758), 
il^ren  bortigen  Beamten  wiffen  laffen,  baß  gewiffe  Sleufeerungen  unb 
@t)&ffe,  Weld^e  ä^oltaire  in  $ri))at!reifen  aber  unb  wiber  bie  bemer  Auto- 
ritäten gu  mad^en  gewagt  l^abe,  fel^r  Abel  Dermer!t  worben  feien.  9luf 
eine  fd^ergl^afte,  aber  red^t  !enngeid^nenbe  Slrt  l^at  ber  bamalige  @d^ult]§ei§ 
ben  berül&mten  ©d^riftpeUer  gewarnt  unb  bebeutet,  ba^  eS  weit  vm- 
gef&lgriidger  fei,  Wiber  ben  lieben  ®ott,  bie  Sieligton  unb  ben  ^errn 
(Sl^riftum  gu  reben,  als  wiber  bie  bemer  ©ewaltl^aber,  ba  jene  93e- 
leibigungen  hergeben,  biefe  aber  nie.^ 


^  «Monsienr  de  Voltaire,  on  prätend^  que  yoüs  ^crivez  contre  le  bon 
Dien,  c'est  im  mall    Mais  j'espäre,  qu'il  vous  le  pardonnera;   on  ajoute, 


/" 


X 


18  $egel  aU  ^audlel^ter  in  Sern. 

4.  2)a8  ®ef4(e4t  ber  Steiger. 
3u  ben  ©cfd&Icd&tcrn  ber  altbcrnifcfecn  Dügard&ic  gcl&öttc  baS  ber 
©teiger  in  jtoei  Sintert,  bcren  eine,  ba  fie  ben  fdötoargen  ©teinBocf  im 
golbenen  äBappenfc^ilbe  fül^rte,  bie  fd^toaraen  ©teiger  l^tegen.  3n 
einigen  fel^r  Iritifd^en  unb  bebeutfamen  SKomenten  ber  ©efd^id^tc  SernS 
begegnen  toir  bem  Slanten  ©teiger  int  l^oii^ften  obrtgleitlid&en  Slmte. 
Sin  3fQaI  ©tetger  ftanb  an  ber  ©pi^e  beS  ©taatiS  jur  3ett  ber  fd^on 
eriDäl^nten  S)aöelfd&en  SBerfd&lDömng;  ©J^riftopl^  ©teiger  toar  ©d&ultl&eife, 
als  bie  offenen  Agitationen  ^enjiS  loiber  bie  oligard^ifd^en  3)liPr&ud^e 
il^rcn  Slnfang  nal^men  (1744),  unb  Sßifolau«  Sriebrit!^  ©teiger  »ar 
ber  le^te  ©(i^uttl^eig  beS  alten  unb  nt&dgtigen  99ern;  er  l^at  ^x^  äJlorgen 
beS  4.  SKarg  1798  in  ber  legten  SBerfantntlung  beS  großen  Slatl^S  ben 
SSorft^  geffll^rt  unb,  patriotifdg,  arifto!ratifd^,  l^elbenmätl^tg  geftnnt, 
toic  er  toar,  ben  polttifd^en  Untergang  Sem8  im  flampf  gegen  5ran!= 
reid^  nid^t  gu  überleben  geiofinfd^t.  g^l^riftopl^  ©teiger  loar  burd^  2)iptom 
öom  10.  3)ecember  1714  preufeifd&er  Qfreil^err,  JUiloIauS  8friebrid& 
©teiger  3litter  beS  preugifd&cn  DrbenS  öom  fd&loarjen  2lbter.^ 

que  YOUB  d^blat^rez  contre  la  religion,  c'eet  fort  mal  encorel  Contre  Notre 
seigneur  J^sos-Christ,  c'est  mal  aassi;  j'esp^re  toute  fois  que,  Ini  aassi  il 
Yoas  le  pardonnera  dans  Ba  grande  mis^ricorde;  mala,  Monsieur  de  Voltaire, 
gardez-YOUB  bien  d'^crire  contre  Leurs  Excellences  de  Beme,  nos  souverainB 
seigneurs,  car  youb  pouYez  bien  compter,  qn'ils  ne  yous  le  pardonneraient 
jamais.»  La  vie  intime  de  Voltaire  aux  Delices  et  ä  Femey  1754—1778 
d'apr^B  des  lettres  et  dea  documents  in^ts  par  Lncien  Perey  et  Gaston 
Mangras.    n.  Edition.    Paris  (Galmann  L^y^O.   1885.   pg.  238. 

1  S3elanntli4  ^at  Seffing  im  3a]^t  1753  bie  Xragabie  bei»  ©amuel  ^engi, 
toel^e  k)ier  ^fä^xt  ^xxi%zx  in  aSern  gef|)ielt  ^atte,  auf  bie  Sül^ne  gu  bringen  bie 
tlbfi^t  gehabt  unb  in  bem  XXn.  unb  XXIIT.  feiner  bamaligen  ^Briefe  einige 
ecenen  mitget^eilt  (SBb.  m.  @.  330—854).  S)abei  l^atte  er  fl4  @^a!efpeQreS 
3uUu9  Gftfat,  ben  d.  SBord,  preugtf^er  ®efanbter  in  Sonbon,  jüngfi  Derbeutf^t 
l^atte  (1741),  gum  SSorbilbe  btenen  laffen.  ^engi  foffte  bem  IBrutuS,  SBernier 
bem  C^afftu^  ft^nli4  fein,  U)&^renb  2)ficret  ben  egotftif^  unb  ra^füd^ttg  geftnnien 
C^mpbrer,  unb  einige  aRUglieber  beS  großen  Slatl^S  tl^eiU  9lepublilaner  na4  9(rt 
bes  ^engi,  tietls  SlebcÜen  nad^  9(rt  beS  2)ücret  barfteüten.  (Sinex  gilt  ale  ber 
tugenb^aft  unb  patriotif^  gefinnte  ^errf^er,  glei^fam  ber  Spater  beS  SBoter- 
lanbeiS,  ber  bon  ^engi  t)ere^rt  iDirb  unb  biefen  bef^a^t,  offenbar  benimmt,  in 
bem  lefftngf^en  Srauerfpiel  eine  groge  9h)tle  au  fpielen:  baiS  ifi  ©teiger, 
ber  als  ^ifbrif^e  $exfon  lein  anberer  fein  lann  aU  (S^l^riftop^  6teiger.  ^er 
6o^n  feineiS  UrenleU  »ar  ^egeU  S^tfing.  (^er  berühmte  Rätter,  feit  1745 
aiflitglieb  beiS  großen  9lat^eS  bon  IBem,  l^at  in  feiner  IBeurt^eilung  ber  2)i4tung 
SefftngS  bie  9lt4tig!eit  feiner  Kuffaffung  bon  ber  S^erf^iDörung  ^engis  unb 
i^rer  (S^ataltere  in  Hbrebe  gefieEt.) 


^egel  aU  ^audlel^tet  in  IBem.  19 

^Rarl  fjricbrid^  ©tciger  (öon  bcr  fii^lDotjcn  ßinie),  Urenicl  jene« 
tDiebetl^oIt  genannten  Sl^riftot)]^  ©tetger,  k)etnt&]^It  mit  3Raüa  k)on 
SBQttentt)^I-S)teg6ad^,  ber  Zoi^Ux  eines  altbemifii^en  $atrtctergefdbledbt$, 
^Kitglieb  beS  großen  Slatl^S  feit  1785,  toar  eS,  ber  unferen  ^egel  jum 
grjiel&er  feiner  Äinber  Berufen  l&at;  toir  toiffcn  ni(i^t,  auf  toel^em  SBege 
unb  burd^  toelfte  SBermittlungen.  ©ein  fjornifiengut  toar  baS  ffiorf 
unb  @d&Io6  Stfdftugg  in  ber  SSogtei  grlad^,  eine  l&albe  Stunbe  öon 
ber  gleidgnamigen  ©tabt  am  füblid^en  ^bl^ange  beS  ^olimont  im  3ura, 
an  ben  Ufern  beS  SBieler  ©eeS  gelegen;  bol^er  l^iefe  er  „©teiger  t)on 
SCfd^ugg"  unb  bemgemä§  tourbe  ^egel  in  einem  Don  ber  Bemcr  Slegie- 
Tung  il^m  auSgejiefften  Sleifet)Q|  afe  «gouvemeur  des  enfants  de 
notre  eher  et  f^  citoyen  Steiguer  de  Tschougg»  Begeid&net.* 

^ier  tool^nte  bie  Sfamiüe  im  Srül^jlal^r  unb  ©ommer  unb  l^ier  ijl 
Rarl  {Jriebrid6  ©teiger  am  28.  ffiecember  1841  geftorbcn,  fieBenunb= 
atä^tjig  Sal&re  alt.  Die  ju  erjiel&enben  flinber  toaren  jtoei  Stöcftter 
unb  ein  flnaBe,  griebricfi  ©teiger,  ber  in  feinem  peBenten  ßeBenSjal^re 
ftanb,  als  §egel  ben  Unterridftt  Begann.  Sßäl^ereS  »iffcn  toir  toeber 
üBer  bie  2trt  beS  Unterricfit»  nodfe  über  bie  ber  Söglinge;  eS  fd^eint, 
bal  ^egel  ber  fjamilie  ©teiger,  tro§  feiner  breijöl^rigen  SBirIfamfeit 
in  il^rer  SKitte,  innerlich  fid^  ftetö  fremb  gefüp  l^at  unb  geBIieBcn 
ifl/ttcSl^alB  öon  einem  Sriefn)e(!6fel,  fo  oft  man  auäi  barnad^  gefpürt 
unb  geforfd^t  l^at,  leine  ©pur  aufjufinben  toar.  Qfrau  Sl^ormann  in 
Sem,  bie  noi^  leBenbe  Sod^ter  beS  l^egelft^en  Sögfing«,  toitt  gel&ört 
l^aBen,  bafe  ein  flnaBe  aus  SleuenBurg  DlamcnS  ?Perrot  an  bem  Unter» 
ridfet  tl^eilgenommen  l&aBe,  bod&  aud&  barflBer  fep  jebe  nöl^ere  flunbe. 

3laii  bem  ©turg  beS  frangSftfdben  Aaiferreid^S  in  ber  (Spod^e  ber 
aiefiauration  (1815)  ifi  bie  ^orm  ber  frül^eren  SJerfaffung  SernS 
toieberl^ergefiettt,  aber  in  3?otge  ber  Suüreöolution  für  immer  aBgefd&afft 
iDorben.  ?lm  10.  Januar  1831  Befdölofe  ber  gro^e  Slatl^  bie  3iieber= 
legung  feiner  ©cioalt,*  3u  ben  SWitgfiebern  bejfelBen  in  ben  Salären 
1818—1831  ]^at  3fluboIf  fjriebridö  ©teiger,  ber  Sögfing  ^cgefe,  ge= 
l^ört  unb  ijl  im  Saläre  1858  im  Slltcr  Don  cinunbfieBjig  Salären  ge« 
ftorBen. 


1  $eute  i^  in  bem  e^entattgen  @$Ii)6  eine  ^eilanfialt  für  €t»tlet»ttf4e.  -— 
»  »gl.  SDÖ.  St.  ö.  aRüIincn:  »etn«  ©efftiftte  öon  1191—1891.  SePf^rift  jut 
700ift]§rtgen  ©r&nbung«feieT.  vn.  ©.  207ffgb. 


20  $cgel  als  ^auslel^rer  in  Sern. 

n.  Tegels  gfortbilbung  in  ber  ©d^toeia. 
1.  SpTQ^e,  Sitten  unb  $oIiti!. 

^S  iDat  ein  Dtetfaii^er  Stufen,  iDeld^en  ^egel  Don  feinem  Slufentl^alt 
in  ber  ©c^toeij  geemtet  l^at,  gang  abgefel^en  t)on  ben  S^örbetungen, 
loeld^e  iebem  (Stgtel^er  unb  Seigrer  feine  reblid^e  ^flidgterfüllung  einträgt; 
benn  aUt  (Srjiel^ung  entl^ilt  einen  9lei(^t]^um  Don  Srfal^rung  unb  aDeS 
Seigren  eine  ^ütit  beS  ßemenS.  3n  bem  §Qufe,  toorin  er  lebte,  tourbe 
il^nt  bie  tdglidbe  ©elegenl^eit,  ftdg  im  ©ebraud^  ber  frangofifd^en  @prad^e 
gu  üben,  bie  Sitten  unb  Slnfid^ten  berner  5Patricier  gu  erfal&rcn,  ben 
Sl^aralter  unb  bie  Sinridbtungen  einer  ariftolratifdb^oligarc^ifd^en  SSer- 
faffung  in  näd^fter  SRäl^e  lennen  gu  lernen,  toaS  il^n  politifdö  l^öd^Iid^ 
intercffirt  unb  beloogen  l^at,  felbfi  über  bie  finangiette  SJertooItung  beö 
alten  SBem  fel^r  genaue  ©tubien  unb  Slufgeidfenungen  gu  mad^en;  er 
]^at  enblidg  einige  ber  fdbSnflen  unb  grogartigften  ®egenben  ber  ©d^toeig 
gu  feigen  unb  gu  burc^toanbern  ©elegenl^eit  gefunben. 

S)ie  ^enfd^aft  ber  conferöatiöen  Slnfd&auungen,  loie  fie  in  bem 
©teigcrfd&en  §aufe  unb  bem  berner  ?Patriciat  l^erlömmKdö  »aren, 
bilbeten  ein  fel^r  folibes  ©egengcmid&t  gegen  ben  reöolutiondren  3been- 
raufd^,  toeltften  ^eget  an^  bem  tttbinger  €Iub  mitgebrad&t  l^atte.  ^3Äit 
bem  ©turge  9lobe$pierre8  am  9.  ST^ermtbor  1794  mar  ber  SInfang  gu 
einer  tool^Itl^fttigen  readionären  SBeioegung  eingetreten,  bie  bem  STerrorigs 
mu8  guttiberüef  unb  bagu  filierte,  bafe  einer  feiner  öerrudfttefien  Sin* 
l^änger,  3.  S.  ©arrier,  burt!^  feine  Stuttl^aten  in  9?ante8  als  eineß 
ber  ÜTlonftra  ber  SteDoIution  belannt,  am  16.  2)ecember  1794  ent^ 
]^au))tet  lourbe.  SBalb  nad^l^er,  in  bem  erften  feiner  fd^loeiger  93riefe 
on@d6etting,  gebenft  §egel  biefer  Segebenl^eit  mit  bcfriebigter  ©timmung: 
„3)a6  ©arrier  guiffotinirt  ift,  toerbet  il&r  toiffen.  ßefet  il^r  nod&  fran= 
göfifd^c  ^Papiere?  JBenn  id^  mid^  red^t  erinnere,  l^at  man  mir  gefagt, 
fie  feien  in  SBirtembcrg  verboten.  3)iefer  ^Procefe  ifi  fe^r  toic^tig  unb 
l^at  bie  gange  ©d^önblid^feit  ber  SlobeSpienoten  enthüllt.  "^ 

9tun  foHten  gu  £)ftern  bie  (SrgöngungStoal^len  in  ben  großen  fftaif) 
fiattfinben.  3)a  bie  gnftbigen  ^errn  gu  tt)A]^Ien  l^atten,  fo  lourben 
il^re  £öd^termAnner  beuorgugt  unb  il^re  £öd^ter  beSbalb  fel^r  gefud^t. 
2)iefe$  gange  gur  Sl^araßeriftil  beS  oligard^ifd&en  SSJefenS  l^öd^ft  lel^r- 
reidge  ©etriebe  l^at  ^egel  red^t  in  ber  9l&^e  gu  feigen  befommen.    €r 

1  2)eT  »rief  iß  botirt:  .SBem  am  ^eiligen  SLbenb  tox  aOSei^na^ten,  24.  S)e> 
cembcr  1794'.    Äarl  ^egel:  »riefe  öon  unb  an  §egel.    %%.  I.  ©.  6—9, 


^egel  aU  ^auMcl^ret  in  Sern.  21 

fd^reÄt  am  16.  ^pvl  1795  an  ©icttinfl:  „3)a8  SJerfpdten  metner 
SntiDort  ]§at  tl^eils  in  manii^erlet  ®t\äi&\ttn,  tl^etld  audg  in  3erjlreuungen 
feinen  ®runb,  iDeld^e  burdg  ))ontifd^e  Sfe^e,  bte  l^tet  gefeiert  iDurben,  t)n^ 
anlaßt  toaren.  Slffe  10  Sal&re  toirb  ber  Conseil  souverain  unb  bie 
etU)a  90  in  btefer  Seit  abgel^enben  ©lieber  ergSngt.  9Bie  menfd^lidg 
eS  babei  äugelet,  n)ie  aUe  3ntrtguen  an  Sffirftenl^&fen  burd^  ä^ettern 
unb  99afen  ntd^tS  ftnb  gegen  bie  Kombinationen,  bte  Igter  gemad^t 
»erben,  lann  id6  bir  nid^t  befdftreiben.  S)er  JBater  ernennt  feinen 
@o]^n  ober  ben  Xod^termann,  ber  baS  grSgte  ^eiratl^iSgut  jubringt, 
unb  fo  fort.  Um  eine  ariftolratifd^e  93erfaffung  lennen  gu  lernen,  mit^ 
man  einen  foldgen  SBtnter  Dor  ben  Oftern,  an  »eldgem  bte  Srgftngung 
toorgel^t,  l^ier  gugebrad&t  l^aben/^ 

2.  9ll|)en)9anberungen. 
\  einige  SBod^en  nad&  btefem  merftoflrbigen  Diierfefie  unternal&m 
^egel  im  !Dlai  1795  einen  SluSflug  nodb  ®enf  unb  in  ber  legten 
3uItttod6e  beS  folgenben  Sal^rcS,  beöor  fein  ^lufentl^alt  in  ber  ©d&ioei} 
gu  6nbe  ging,  in  ©efcttfd^aft  öon  brei  fftd^fifd^en  §ofmcifiern  eine 
Sfteife  grö^tentl^eilS  gu  f^ug  in  bte  Obera())en.  2)ie  Sleife,  »eld^e  ^egel 
gemad^t  unb  in  feinem  Sagebud^e  befd^rieben  l^at,  »ar  eine  ber  fdgönften, 
nod^  l^eute  beliebteflen  SBanberungen  in  ber  Sentralfd^toeig.  /fßox  einem 
3a]^r]^unbert  gab  eS  nod^  nid^t  bie  ^eufd^redEenpIage  be8  S£ourtften- 
fdgtoarmS;  freilidg  fel^Uen  aud&  bie  9nne^mltd^!eiten  bequemer  ©aft» 
l^öufer  unb  fja^rgelcgenl^eiten,  bie  6ifenbal^ncn,  ffiampffd^iffe  unb  Serg» 
bal^nen;  bie  SBanberungen  loaren  mfil^feltg,  erfd^5pfenb  unb,  loenn  man, 
n)te  ^egel,  am  Snbe  mit  »unben  Sfügen  laufen  mugte,  red^t  peinlid^ 
unb  fd&mcrgl&aft.* 

SDer  S3eg  ging  Don  93ern  nad^  SEI^un,  über  ben  S£l^uner  See  nad^ 
3nterla!en  („^interlaffen"),  nad^  ßauterbrunn  unb  über  bie  SBengern* 
atp  nadg  ©rtnbelioalb  unb  bem  großen  ©rinbelioalbgletfd^er,  über  bie 
©dgeibegg  nad^  ben  Sleid^enbad^f&den  unb  STleiringen,  bann  in  baS 
^aslttl^al  bis  gu  ben  OueQen  ber  Slar  unb  ben  legten  bernifd^en  Ort« 
fdgaften,  nad^  bem  SRl^onegletfdber  unb  über  bie  ©rimfel  unb  O^urfa  in 
baS  ©ebiet  beS  @t.  ©ottl^arb  unb  ber  0teug,  nad^  Slnbermatt,  burd^ 
baS  Urner  ßod6,  über  bte  ScufcISbrüdCe  nad6  Slmfleg  unb  glüelen,  über 
ben  SBierioalbftftbter  @ee  nad6  Srunnen,  ©crfau,  2Beggi8,  ßugerti  unb 
k)on  l^ier  gurüdE  nad^  93ern. 

»  ©riefe  öon  unb  an  ^egel.  I.  @.  14.  —  «  Äof entrang:  Urtunben.  IV. 
6.  470-490. 


22  ^egel  als  (gaufütf^ux  in  S3em« 

S>ie  ^od^gebirge  ber  Sd^tteia,  il^re  9ltefengt))fet  unb  etotgen  @dgnee^ 
felber,  il^re  ©letfd^er,  SBetgfttome  unb  @een  gefeiten  gu  l^aben,  ifl  fonfl 
für  leben  ein  unbefd^tetblidg  groged  Stlebntg.  9lid^t  ebenfo  bat  eS 
ftd&  bei  §cgel  Detl^alten.  3n  ber  SBefd^reibung  feiner  Sleiteeinbrüde 
begegnen  ti)ir  nirgenbS  einem  SluSbrudfe  beS  Staunens  unb  ber  @r= 
griffen^eit;  bie  coloffaten  fjete-  unb  ©Smaffen,  bie  ©ipfel  unb  ©letfd&er 
l^aben  abftogenb,  bie  Xl^atengen  unb  ©d^lud^ten  unl^eimlid^  unb  be« 
ftugftigenb,  baS  anl^altenbe  ©etofe  ber  ®ebirgSf(üffe  in  i^rem  abmirtS 
ftfirjenben  fiauf  öbe  unb  langmeilenb  auf  il^n  getoirH;  nur  bie  äBaff er- 
fülle l^aben  il^m  einen  erfreulid^en  unb  too^Itl^uenben  Stnblicf  gemft^rt. 
60  fd^reibt  er  öom  ©taubbadj:  „©aS  anmutl^ige,  jtoanglofe,  freie 
Slieberfpielen  biefe»  SBafferfiaubS  l^at  et»a8  ßieMid^eS.  3nbem  man 
nid^t  eine  SKad&t,  eine  gro^e  flraft  erblidCt,  fo  bleibt  ber  ©ebanle  an 
ben  3tt)ang,  an  ba8  SWufe  ber  Statur  entfernt,  unb  baS  ßebenbige, 
immer  fid^  Sluflöfenbe,  ÄuSeinanberfpringenbe,  nid&t  in  (Sine  SWaffe 
äSereinigte,  emig  fid^  Ororttragenbe  unb  S^ätige  bringt  Dielmel^r  baS 
JBilb  eines  freien  6piel8  l^eröor."  6r  befd^reibt  bie  l^erabfattenben 
SBeUen  beS  0teidgenbad^S  unb  fagt  k)om  3ufd6auer:  „^n  biefem 
Sfalle  fielet  er  einig  baffetbe  9ilb  unb  fielet  gugteid^,  bag 
eö  nie  baffelbe  ift".  3)agegen  l^eifet  eS  öon  ben  ©rinbetoalbgletfd^ern: 
^3]&r  SlnbUdC  bietet  toeiter  nid&ts  3ntereffante8  bar.  SWan  fann  eö 
nur  eine  neue  ^rt  Don  @d^nee  nennen,  bie  aber  bem  ®eift 
fd&led&terbingS  leine  »eitere  SSefd^öftigung  giebt",  u.  f.  f. 

(Sr  ftel^t  mitten  in  ber  erl^abenften  ^(peniDelt,  ol^ne  ettoaS  Don 
ben  Ihaften  beS  (SrbgeifteS  au  erblidEen,  bie  fold^e  SBerte  gefd^affen 
l^aben;  l^&tte  unfer  SBanberer  ben  erbgef(!bid^tlid^en  @:i^aralter  ber  Sllpen 
in  feinem  unaufl^örlidgen  ßeben  unb  äBed^fel,  l^itte  er  ben  @^aralter 
ber  ©letfd^r  in  il^rer  befl&nbigen  SBetoegung  unb  SSerftnberung  mit 
!unbigem  SßdEe  ju  erlennen  Dermodgt,  fo  »firben  il^m  biefe  3)inge  nid^t 
fo  jlarr  unb  einförmig  erfd^ienen  fein;  er  l^ielt  ftd^  an  bie  öftl^etifd^en 
SinbrttdEe,  unb  feine  ©emfltl^Sart  »eierte  fid^  gegen  bereu  (Srl^abenl^eit; 
er  mar  Diel  ju  el^rlid^  unb  aufrid^tig  gegen  fidg  fetbft,  um  fid^  Smp^nb- 
ungen  Doraul^eudgeln  ober  Dorjugauleln,  bie  er  nun  einmal  nid^t  l^atte; 
eS  »ar  ettoaS  in  il^m,  »aS  burd^  alle  Ungel^euer  ber  Stlpenmelt  fic^ 
nidgt  inU)oniren  unb  fid^  nidgt  Kein  hiegen  lieg. 

^S  er,  auf  ben  oberen  @tufen  beS  ^aSlitl^ateS  in  gang  einfame 
unb  5be,  bäum»  unb  Degetationslofe  (Ifetegegenben  gelangt  toax,  U)o 
bie   Statur  j[eben  @d^ein   einer  bem  menfd^lid^en  3)afein   bienenben 


$egel  aU  ^aul^Ie^Tet  in  !Betn.  23 

3tt)C(fmö6tflIcit  öcrttcxt,  jlettte  er  über  btc  SHid^tiflleit  fold^cr  3tt>c(I= 
bejiel^unQen  unb  oller  6et  bei  glftuBigen  Zl^eologte  iDte  6et  ber  Slufflftrung 
beS  Seitalterd  beliebten  ^l^^filotl^eologie  93etrad^tungen  an,  meldte  mit 
feinen  gleici^jeitigen  pl^ilofop^ifc^en  @tubten  fel^r  genau  sufammenl^ingen. 
;/3(%  }&)etfle,  ob  l^ier  ber  giftubtgfie  £]^eoIoge  eS  magen  märbe,  ber 
Statur  felbfl  in  biefen  ®ebirgen  äberl^au))!  ben  Stoed  ber  SBraud^» 
barfeit  ffir  ben  äJlenfd^en  gu  unterlegen,  ber  baS  SSenige,  S)ürfttge, 
baS  er  benu^en  lann,  mit  37lül^e  i^r  abftel^Ien  mug,  aber  nie  fidler  ift, 
ob  er  nid^t  über  feinen  armen  Siebereien,  über  bem  Staub  einer  ^anb 
Doli  ®ras  Don  Steinen  ober  fiaminen  gerfd^mettert,  ob  nidgt  baS  Ifimmer- 
lidge  SBerl  feiner  ^finbe,  feine  Armlid^e  ^fltte  unb  fein  Aul^fiatt  il^m 
in  einer  fflaä^t  jcrtrflmmert  »irb.  3n  biefen  oben  SEBttfieneien  l^ätten 
gebilbete  3Renfd^en  DieQeid^t  el^er  alle  anberen  Sl^eorien  unb  SBiffen- 
fdfeaften  erfunbcn,  aber  fd^tterlid^  benjcnigen  Sl^eil  ber  ?p]^^fiIot^eologie, 
ber  bem  Stolge  bed  SJlenfd^en  beioeift,  loie  bie  Statur  für  feinen  ©enug 
unb  SBol^Ileben  a0ed  l^inbereitet  ^abe,  ein  @toIa,  ber  jugteid^  unfer 
Seitalter  d^aralterifirt,  inbem  er  e^er  feine  Sefriebigung  in  ber 
aSorfiettung  finbet,  mag  alles  für  il^n  öon  einem  fremben  SBefen  getl^an 
loorben  ift,  aü  er  fie  in  bem  93eiougtfein  finben  mürbe,  baß  er  eS 
eigcntUdö  felbft  ift,  ber  ber  Statur  alle  biefe  SwedCe  geboten  l^at.  S)od& 
bie  93eloo]^ner  biefer  ©egenben  leben  in  bem  ©efül^Ie  il^rer  9(b^Angtg- 
feit  öon  ber  SOtad&t  ber  Statur,  unb  bieg  giebt  il^nen  eine  rul^ige  ©r» 
gebenl^eit  in  bie  jerfiörenben  SluSbrüd^e  berfetben.  3fi  il^re  ^ütte 
3ertrflmmert  ober  oerf^lüttet  ober  loeggefd^toemmt,  fo  bauen  fie  am 
gteid^en  £)rt  ober  in  ber  Ställe  eine  anbere.  6inb  auf  einem  SBege 
oft  SDtenfd^en  Don  flürjenben  pfeifen  erfdölagcn  toorben,  fo  gc^en  fie 
bod^  rul^ig  benfelben,  anberS  ald  bie  St&btebemol^ner,  bie  i^re  3^^^^ 
getoöl^nlidö  nur  burd6  eigene  Ungefd&idttid&!eit  ober  ben  böfen  SBillen 
anbcrer  gerfiört  finben,  barüber  unlittig  unb  ungcbulbig  toerben,  aud6 
toenn  fie  einmal  bie  SOtad&t  ber  Statur  cmpfinben,  bann  SrofteS  be« 
bürfen  unb  il^n  ettoa  in  bem  ®efd6tDft§e  pnben,  baS  i^nen  bemeift, 
audb  biefeS  UnglüdE  fei  il^nen  DieHeid^t  Dortl^eill^aft,  benn  baju  lönnen 
fie  fidg  nid^t  ergeben,  i^ren  Stufen  aufjugeben.  S)ie8  Don  il^nen  gu 
forbem,  ba^  fie  auf  (gntfd^&bigung  äSergid^t  tl^un  toolten, 
l^iege  il^nen  il^ren  ®ott  rauben/ 


24  ^egel  als  ^auSle^er  in  S^enu 


I.  ®ic  einflufeteid^cn  ScitBcgeBettl^eitcn. 
1.  $^Uofo))^ie.    Sfi^te  unb  S^eQing. 

3u  ben  mannid^fad^en  (Stnflflffen,  toAä^t  ^egel  toil^tenb  fetner 
piffcn  ^aufitd^rerjett  in  ber  ©d^toeig  felbft  cntt)finfl,  lamen  bie  möcfitiflen 
unb  QugetorbentUd&en  äBtr!ungen,  toelcj^e  bie  großen  SSegebenl^eiten  in 
ben  ©ebieten  ber  beutfc^en  ^l^tbfopl^ie,  ber  beutfc^en  S)id^tung  unb 
ber  politifd^en  äBett  auf  il^n  auSfibten. 

9luS  ber  längeren  !antif(igen  @d&ule  toar  Sol^.  ©ottlieb  O^id^te  l^er^ 
t)orgcgangcn  unb  mi)  feinen  beibcn  erflen  anonymen  ©d^riften,  ^Rritil 
aUer  Offenbarung"  unb  ,,$Beitr&ge  jur  Seridgtigung  ber  Urtl^eite  beS 
5PuBUfum8  über  bie  franj5|ifd&c  Steoolution",  burdft  feine  ßel^rtl^fitigfeit 
in  3ena  unb  bie  Segrflnbung  feiner  SBiffenfdöaftfilel&re  in  einer  ffteil&e 
gleicbjeitiger  Serie  (1794—1799)  gu  bem  Slnfel^en  be8  genialjlen 
$^iIofo^]^en  ber  ®egentt)art  emporgeftiegen.  Aant  l^atte  im  3a]^re 
1797  feine  SBirffamleit  auf  bem  Äatjeber  befd^Iolfen  unb  im  folgenben 
3a]^re  bie  le^te  feiner  ©dgriften  l^erauSgegeben.  ^51berlin,  ber  Ofid^ten 
in  3ena  l^örte,  fd^ilberte  i^n  brieflich  alis  einen  ©eifteStitanen.  ^ 

©dgon  xoax  ber  junge  ©c^etting,  ber  bereits  mit  fiebjel^n  3a]^ren 
einen  Sluffa^  Aber  ^aii^tl^en,  l^iflorifdge  ©agen  unb  $^ilofop]^eme  ber 
diteflen  3cit*  in  5PauIufi'  SKcmorabiUen  DeröffentUd^t  l^atte,  bem  S5or= 
bUbe  O^ic^teS  mit  beflügelten  ©dbritten  gefolgt.  (Sr  l^atte  n)&]^renb  beS 
3eitraum8  Don  1794—1801  in  ber  erflen  ®xnppt  feiner  ©c^riften 
(1794—1796)  ben  ©tanbpunft  ber  SBiffenfcfeaftSleirc  felbftönbig  ent= 
loidEelt  unb  auf  baS  {)ellfte  erleud&tet,  bann  in  einer  gioeiten  ®ru))))e 
(1797—1799)  ben  ©tanbpunft  ber  Slaturpl&ilofopl^ie  begrünbet,  toomit 
er  über  O^id^te  l^inauSging,  unb  gule^t  bie  SluSfü^rungen  begonnen, 
totii^t  ber  fedgSunbaiDangigi&l^rige  SJlann  «,2)arftellung  meines  ©^ßemS 
ber  ^P^ilofopl^ie"  genannt  l^at  (1801).  S)iefeS  Softem  toar  baS  ber 
3bentitat8))l^ilofo))]^ie.    Unmittelbar  vorangegangen  toar  fein  ,,©9{lem 

^9}g(.  tiefes  aBert.  Sb.  V.  (2.Kuf(.)  (9b.  VI  ber  Subilftutn^QuSgabe.)  Su^II. 
dop.  n.  6.  261-263,  6.  268-270. 


^egeU  etubien  in  bet  S^ioeia.  25 

beS  ttanSfcenbentalen  dbeansmud",  unter  ben  3ugenbtt)erlen  Sd^elltngS 
baS  am  tneifien  butd^gearbeiiete,  forniDoIIenbete  uttb  umfaffenbe.^  9lod^ 
fianb  et  eifl  am  Snbe  feiner  alabemifd^en  Sel^rjal^re  unb  n)ar  nod^ 
tflbinger  @tiftler,  aU  ^&lberlin  ben  amangigiftl^rtgen,  l^od^begabten, 
nac^  SrIenntniB  unb  Slul^m  burfligen  Ofi^eunb  mit  ben  Sßorten  tröflete: 
^@ei  rul&ig!  ffiu  Bift  fo  toeit  toieSitftte;  idft  l^abe  il^n  ja  gel^ört/ 

\  3u  bcr  3ett,  t)on  ber  toir  reben,  »ar  ©d^etting  ber  beutfcfie  3ufunft8« 
pl^ilofo))]^«  Staute  ^SHeligion  innerl^alb  ber  ©rengen  ber  Bloßen  Ser^ 
nunft",  SfidfetcS  „©runblegung  ber  gefammten  SBiffenfdftaftglel^re'', 
©d^eOingS  @d^riften  „lieber  bie  3nöglid^!eit  einer  S^o^tn  ber  ^l^ilo» 
fopl^ie  uberj^aupt",  „SBom  3^6  afe  5Princt()  ber  ^Jl^ilofopl^ie"  unb  feine 
„99riefe  Aber  2)ogmatidmuiS  unb  AriticiSmuS''  teurben  k)on  ^egel 
todl^renb  feine«  Slufentl&alteS  in  Sern  eifrig  gelefen  unb  flubirt*/^  S)er 
lungere  f^eunb  iDurbe  auf  bem  SBege  ber  ^l^ilofopl^ie  fein  93orbiIb 
unb  O^fi^^si^/  bie  @(i^rtften  @(i^ellings  erfd^Ioffen  unb  erleid^terten  il^m 
ba^  9}erftAnbni§  ber  fiii^tefdgen;  mit  langfamen  @d^ritten,  loie  eS  in 
fetner  Statur  lag,  iji  er  il&m  nad^gefolgt;  ber  ScitpunH  »irb 
fommeU;  n)0  bie  (Sinfic^t  in  bie  S>ifferen3  jteifii^en  gfid^te  unb  ScigeHing 
il^n  bie  Slufgabe  erbliäen  lA|t,  gu  bereu  fiSfung  er  felbft  berufen  toar; 
er  tDtrb  biefe  Slufgabe  löfen  unb  eS  bem  frül^eren  O^reunbe  in  ber 
tJfortbilbung  ber  $]^iIofo))]^ie  juDortl^un.  9BaS  ^riftoteleS  ))on  Slna^a« 
goraS  gefagt  l^at,  inbem  er  i^n  mit  (SmpeboKeS  Derglid^,  gilt  aud^ 
öon  §egel  in  feinem  ffierl^öltniffe  ju  ©d^eDing:  b^m  ?ttter  mii  frül^er, 
ben  SBJerlen  nad6  fpftter  (i^Xixicf  «pötepoc,  Ip^otc  oatepoc). 

2.  S)eutf4e  2)td^tung.    @4tller. 

3m  aJlai  1789  l^attc  ©d&iffer  fein  ßel^ramt  in  3^na  ongetreten, 
f d^on  bamals  t)on  Stant^  gefd^idgtsp^ilofopl^ifd&en  3been  erfflUt.  äBdl^renb 
feiner  burd^  Aranfl^eit  ergmungenen  äJlu^e  l^atte  er  fid^  in  bie  fantifd^en 
^au))tioer!e,  namentttdg  in  bie  Aritif  ber  UrtJ^eilsIraft  ))ertieft  unb 
aud  congenialem  3)range  ben  Sntfdglug  gefaxt,  bie  lantifd^en  3been 
auf  bem  ®ebiete  ber  3(eft^etil  fortgubilben.  S)iciS  gcfc^a)^  in  ben  3a]^ren 
t)on  1792—1796  in  einer  Sleil^e  ©(^riften,  unter  toetd^en  bie  „SBriefe 
Aber  bie  ftftl^etifd^e  Srgtel^ung  beS  äftenfc^en"  unb  bie  Slbl^anblung 
„lieber  nait)e  unb  fenttmentalifd^e  S)id^tung'',  bie  legten  unb  bie  um= 
faffenbften  toaren,  ju  bem  SBcpen  gel^örenb,  loa«  bie  beutfd&e  fß^xlo- 

1  «gt.  biefe«  Sßöet!.  »b.  VL  (2.  «uf!.)  (3u6U..au8g.  »b.  VII.)  »u«  n. 
»6f4n.I.   (Siap.I.   6.282-286;   C^ap.  II.   €.289-294. 


26  $egel  als  ^auSle^tet  in  8etn. 

]o}ß^t  in  ber  Sleftl^eti!  unb  $oettI  l^erDorgefirac^t  l^at«  SBttt  matt  bte 
®ten3en  ber  ))I^Uofo))]^tfd&ett  ^eriobe  ©c^tHetS  burdg  btd^terifd^e  Zermitit 
bcgctd&ncti,  fo  ficl^ctt  atn  ©ingangc  „®ie  ÄflnfMer''  (1789)  unb  am 
SluSganflc  „3beat  unb  ßebcn"  (1795),  ba8  öottfemmcnfic  SBcrl  unferer 
^l^ilofopl^ifd^en  S^ttf,  geboren  aus  ben  3been,  toetci^e  @d^tller  in  feinen 
93riefen  Aber  bte  dfil^eiifd&e  Srjiel^ung  auSgefül^rt  l^atte.  S>er  2)urd^- 
brud^  aus  bem  3beali8mu8  ber  !riiifd6en  ^^ilofopl^ie  in  baS  objjectiDe 
gfelb  ber  SOBirllid^feit  tfl  gwcrii  in  ber  Slefll&etil  flefdfeel^en,  unb  g^cir 
burd^  @(^iller.  Seine  oben  genannten  Briefe  l^at  ^egel  in  9em  ftubirt 
unb  in  il^rer  aÄeifierf(i6aft  gcroürbigt.^ 

3m  TOai  1794  »ar  ©d&iffer  t)on  feinem  grl^oIungSauf enthalte  in 
Stuttgart  (tool^tn  er  ftd^  Don  Submigdburg  im  S)ecember  1793  begeben) 
nacb  3ena  aurflrfgefebrt,  mit  bem  5PIan  jur  ©rflnbung  ber  „^oren", 
XDÜäit  ben  nftdgfien  ^nla%  gur  litterarifd^en  SInInflpfung  mit  ©oet^e 
boten,  ©c^on  im  folgenben  3)lonat  begann  ber  Srieftoedgfel  beiber, 
unb  eS  entflanb  jener  l^errlid^e  t^reunbfdgaftsbunb  toeci^felfeitiger  Oförberung 
unb  @4iaffen8freubigleit,  ber  bis  gum  £obe  ©dgiOerS  fortgebauert  l^at 
unb  redgt  eigentlidb  bie  golbene  Sera  unferer  neueren  Sichtung  be- 
geic^net.  ©dgiUer  l^at  feine  !urge,  fünfunbgttangigiäl^rige  Saufbal^n  mit 
feinen  tragifdgen  SSerlen  gtorreid^  begonnen,  glorreid^er  k)oDenbet.  @o 
entfpra*  eS  feiner  3Jliffton.  3n  bie  atftt  Saläre  ber  TOitte  (1788  biö 
1796)  fallen  feine  l^ifiorifd^en  unb  J)]^iIofop]^ifct)en  C>auptfd6riften,  bie 
]§iftorif(!^en  SBerfe  ti)urben  burd^  bie  tragtfd^en  l^erDorgerufen  unb  um- 
geleiert:  auf  bie  Zragbbie  beS  3)on  AarloS  ift  bie  „®^]iiWt  bed 
SIbfattS  ber  3iieberlanbe  Don  ber  fpanifd^en  ^errfc^aft"  gefolgt,  auf 
bie  ©efd^idgte  beS  breigtgjiäl^rigen  AriegS  bie  £ragöbie  beS  SBaQenftein 
in  ©eflalt  einer  Srilogie  (1796—1799),  lool^I  ha^  Dottfommenfte  aller 
äBerle  unferer  tragifdgen  Sid^tlunfl,  ti)eld^ed  aud^  ©dritter  felbfi  in  feinen 
fpAteren  SBerfen  nid^t  übertroffen  l^at. 

3.  S)aS  neue  SOßeltoIter. 

@S  loar  eine  l^iftorifdge,  nationale  unb  gugleic^  geitgemftge,  Don 
bem  ®ei{l  ber  ®egentoart  infpirirte  £rag5bie,  benn  bie  ©egenmart 
batte  ben  äBeltlrieg  unb  bie  $erfon  eines  rubm-  unb  glfldEumßra^Uen, 
betounberungSioflrbigen  unb  Don  aDer  SBelt  betounberten  (^Ibl^errn  in 

1  aneine  84ifler-64rtften.  (2.  Kuff.)  »b.  n.  (1891.)  »ud^  II.  dap.U. 
6.  19-34.  dap.  VI.  6.  106—170.  €ap.  IX.  6.209-224.  »tiefe  Don  unb 
an  ^egel,  I.  6.  17.    (»r.  16.  «Dril  1795.) 


Tegels  6tubien  in  ber  S^toei).  27 

ber  $erfon  beS  jugenblidgen  ©enetals  SVa^oteon  93ona))arte  Dor  ^ugen« 
®Ietd^a^itta  mit  SdbiHetS  SBaKenflein  ftnb  bte  S^^IbjAfle  SVapoIeonS 
in  Italien  unb  9{eg^))ten,  bie  Siege  Don  Sobi,  Saftigtione,  Slrcole, 
bie  @4Iad&t  bei  btn  ^^ramiben,  bie  dlflcKel^t  nad^  $Qrid,  ber  @tur}  beS 
2>irectotium8,  bie  Srtid^tung  ber  Sonfutarl^errfd^aft.  9[n  ber  @))i^e 
tJfranfreii«  jiel^t  ber  breifeigiftl^riBe  Sona|)arte,  bcm  yiarmrt  nadfe  erjler 
SonfuI,  bem  SBefen  nad^  ^Ueinl^errfd^et,  ber  nad^  Italien  eilt,  um  ben 
Stul^m  ber  franjöftfd^en  Sßaffen  tt)ieber]^erauftellen  unb  rul^mgehönt 
nai)  ber  ©d^Iad&t  t)on  3Äarcngo  (14.  3uni  1800)  jurutßclftrt.  ffier 
Siegesjubel  ergreift  gang  O^^anheid^  unb  bringt  Bis  in  bie  3)ad^fQmmern 
Don  ^PoriS,  toie  in  einem  feiner  fd^önflen  ßicber  S36ranger  biefe  ©iege«» 
begeifierung  unb  neue  Scitjlimmung  befungen  l^at:  «A  Marengo  Bona- 
parte est  vainqueuri  Le  canon  gronde,  un  autre  chant  com- 
mence»  u.  f.  f. 

2fm  fotgenben  Starre  ber  gfriebenfifdglu^  oon  SaneDiUe.  O^tanheidg 
ift  fd^on  ein  SBeltreid^,  feine  ®ren)en  finb  ber  Stl^ein  unb  bie  @tfd&, 
feine  re^ublilanifd&en  Stad^barlinber  fo  gut  U)ie  feine  $roDingen:  bie 
botaDifd&e,  l^elDetifd^e,  ligurifd^e,  ciSalpinifd^e  Stepublü.  ^m  Saufe  beS 
erfien  SeceniumS  unfereS  ^al^rl^unberts  loirb  SSonoparte  als  3l(OfoUon  I. 
Äaifcr  ber  {Jrangofen  unb  nad^  feinen  neuen  ©iegen  über  Defterreidö 
unb  0tug(anb,  Aber  ^reugen  unb  Stuglanb,  gule^t  toieber  aber  Oefter- 
reid^  ift  unb  ffll^It  er  fidg  als  ^errfd^er  ber  SBelt. 

2)ie  frangöftfd&e  SteDoIution  l^at  nad&  Zalle^ranbs  DorauSfagenbem 
9[uSf))rudg  i^re  Steife  um  bie  Sßelt  gemad^t  unb  DoDenbet:  bie  erfte 
Station  xoax  bie  Aanonabe  Don  Salm^  (20.  @e))tember  1792)  unb 
ber  StfldEjug  ber  Derbflnbeten  ^eere  Oeflerreid&S  unb  $reu§enS,  tozli^t 
ausgesogen  unb  in  O^ranfreid^  eingebrungen  loaren,  um  ben  Aönig  gu 
befreien  unb  5PariS  gu  beflrafen.  ©oetl^e,  ber  biefen  Sfrfbgug  mitgemadfet, 
l^at  ben  Sag  Don  SBalm^  als  Sugengeuge  erlebt  unb  ben  $erfonen 
in  feiner  Sßdl^e  bie  i)rop]&etifd6  treffcnbcn  SBorte  gugerufen:  „JBon  l^ier 
unb  l^eute  gel^t  eine  neue  Spod^e  ber  Sßeltgefdgid^te  aus,  unb  il^r  I5nnt 
fagen,  bafe  il^r  babci  getoefen".^ 

Unb  Sd^iller,  ber  bie  Sd^Iad^t  Don  Slufterli^  nid^t  mebr  erlebt 
l^at,  lool^l  aber  SJlarengo,  bie  U)eltumgeßaltenben  OftiebenSfdglfiffe  unb 
bie  Äaiferlrönung;  l^at  ftirg  Dor  feinem  SCobe  feinem  Jfteiterliebe,  biefem 
Sd&Iugdgor  in  ,,9BaIIenfleinS  fiager**,  nod^  eine  Sdglugftropl^e  l^ingu- 


>  ®oetH  f  Ammtl.  a&erle  (1851).   Sb.XX.    6.44. 


28  ^egel  ole  ^auSle^rer  in  f&titu 

gefflgt,  burdgbrungen  )Don  ben  !riegerifd^en  Sm^ftnbungen  unb  2:rtum))]^en 
bet  ©egcniDart: 

Huf  bes  2)efien9  Spil^t  bte  SQßelt  Je^t  lieat, 

2)Tttm  frol^,  (Der  ben  2)egcn  je^t  filmtet, 

Unb  bleibt  nur  toadtx  jufammengefügt, 

Si%x  atDtngt  baS  ©lud  unb  regieret. 

(Ee  flt^t  leine  Itrone  fo  fefi  unb  fo  %o^, 

S)er  mutfiioe  6))rtnger  erreicht  fle  bo^.^ 

3)icfer  mutl^tgc  ©prtngcr  toat  JRapoIeon.  SÄan  mufe  ftd&  bie 
^crrfd^öft,  tocld^e  bicfcr  cingigc  SWonn  nid&t  Mofe  auf  bic  Umgcftaltung 
ber  SBelt,  fonbern  audg  auf  bie  StnbtlbungSfraft  ber  ©emüt^er  aus- 
geübt ]^at,  toüfjH  DergegenlDärttgen,  um  eS  }u  Derftel^en,  tote  ^egel,  atS 
er  am  Sage  Dor  ber  ©d^I^^t  bei  3ena  bett  flaifer  gefeiten  l&atte,  toic 
er  burd6  bie  ©tabt  ritt,  einem  tJfrcunbe  fd^retbcn  lonnte:  „3d&  l^abe 
bie  SBeltfcele  reiten  feigen". 

IL  5p]^iIofoi)]^if(i6e  ©tubien. 
1.  S^eologif^e  Probleme. 

SBir  finb,  um  baS  Silb  ber  Seit  äu  DcröoHfidnbigen,  einige  3a]&re 
))orauj3geeiIt  unb  leieren  in  baS  fti^tDeijerifd^e  ©tillleben  Tegels  unb 
feine  bamaligen  pl^ilofopl^ifd^en  ©tubien  jurfld.  Sßie  et  im  Januar 
1795  bem  (Jfreunbe  in  Tübingen  fc^rieb,  l^atte  er  „feit  einiger  Seit" 
bas  ©tubium  ber  lantifd^en  ^l^ilofopl^ie  lieber  aufgenommen  unb 
tofinfd^te  nun,  entfernt  k)on  bem  litterarifii^en  ©dgaupla^,  toie  er  mar 
unb  burd^  eine  fel^r  l^eterogene  t)xtl\a(Si  unterbrod^ene  £]^&tig!eit  ge- 
l^emmt,  ))on  bem  too^lgefc^ulten,  mit  ber  ^uiSfül^rung  eigener  ©d^riften 
fd^on  eifrig  befd^dftigten  ©d^eUing  auf  bem  Saufenben  gel^atten  unb 
unterrichtet  au  Serben.  2)ieiS  mar  ber  ®runb,  meSl^alb  er  ben  brief* 
lid^en  SSerlel^r  mit  il^m  auffuc^te  unb  fortfe^te. 

©d^etting  ^ai  fomol^l  «pro  magisterio»  aU  «pro  candidatura» 
nid^t  blog  bifputirt,  fonbern  aud^  eigene  ju  biefen  Sieden  beftimmte 
Sbl^anblungen  Derfa^t:  baS  bebeutfame  Sl^ema  ber  erften  toax  bie 
mofaifdge  (Srjftl^Iung  k)om  ©flnbenfaH,  baS  ber  gleiten,  meldte  im  ^erbft 
1795  erfd^einen  follte,  betraf  ben  dgriftlid^en  ©noftiler  ÜTlarcton,  bem 
filfd^Iid^ermeife  bie  (Smenbation  ber  paulinifd^en  SBrtefe  augefd^rieben 
toorben  (de  Marcione,  epistolarum  Paulinaniin  emendatore).  3n 
ben  Sal&ren  1794—1796  l^atte  ©d^eüing  bie  bereits  genannten  pl^ilo« 

'  64iIIerS  fämmtl.  e^riften.  ^ifl.-ItU.  Ku^gabe.  SSb.  xn.  50^.  II.  6.  59. 


legete  Stubien  in  ber  e^v>t^.  29 

fopl^ifdgen  €d6tiften  }ur  Sfoitbtlbung  ber  lanttfd^en  Seigre  in  ftd^tefd^em 
@tnne  erfcbetnen  laffett.^  SBqS  et  barin  auSfül^rte  unb  begtiinbete,  iDar 
ouf  hitifdger  (Sninblage  ein  montflifdgeS  @9^em  t)on  ))Qnt]&eißifd^ent 
(Sfjaxaftzx:  !ut}gefagt  eS  toar  lanttfciger  &pxnoix&mui,  iDOtauS  bie 
9iatut))]^iIofop]^ie,  ber  tranSfcenbentale  ^bealilSmuS  unb  baS  dbentttdts- 
f^fiem  l^etDorgegangen  finb  unb  ^erDorgel^en  niu|ien.  Sluf  btefer 
Sal^n  ijl  tl^m  §cflcl  gefolgt. 

l  SBenn  ^egel  Don  ber  äBieberaufnal^me  feines  @tubtum8  ber 
!Qnnf4en  $^iIofo))]^ie  rebet,  fo  ifl  borunter  l^auptf&dgUii^  AantS  @))0(i^e 
maii^enbe  unb  |ang{l  erfd^ienene  ©d^rift  ^Sleligion  innerl^olb  ber  ©rengen 
ber  BIo§en  ä^emunff'  }U  k)erfie]^en,  toetd^eS  SBer!  ^egel  in  bem  erfien 
3a]^re  feines  Slufentl^alteS  in  ber  ©dgteeig  gelefen  l^at  (1794),  tief  oon 
bemfelben  ergriffen  unb  äbergeugt,  bag  eine  burd^gängige  Al&rung  ber 
tl^eologifc^en  SSegriffe  notl^toenbig  getoorben  fei.  Unb  eben  in  ber 
{^ffung  unb  SSel^anbtung  biefer  Slufgabe  fam  il^m  ©d^eDing  l^filfreidb 
entgegen,  / 

Ss  n)aren  befonberlS  brei  $un!te,  meldte  au  burd()ben!en  unb  Har» 
aufteilen  ^eget  baS  bringenbe  93ebärfni6  em))fQnb.  Aant  l^atte  in  feiner 
Aritif  ber  ))ra!tifd^eu  SSernunft  bargetl^an,  bag  ber  (glaube  an  (Sott 
unb  Unfterblidgleit  nid^t  auf  StaturaioedEe  unb  natfirlidge  3toedEmftgig!eit; 
fonbem  lebigli(^  auf  bie  moralifd^e  (Setoigl^ett  unb  ben  ntoralifd^en 
(gnbatoedP  au  grfinben  fei,  bog  eS  !eine  $^^ft!ot^eoIogie,  fonbern  nur 
Stl^ilo«  ober  äJloroItl^eoIogie  gebe  ober  geben  bärfe.  9lun  entftanb  bie 
Sfrage,  toie  loeit  bie  Stl^itotl^eologie  auf  bie  $]^^fi!otl^eoIogie  aurüdEioir!e 
unb  biefetbe  loieber  gur  ®ettung  bringe. 

f  Rani  l^atte  in  feiner  SReligionSlel^re  n)o^I  unterfd^ieben  a^if<%^n 
(Sl^rifluS  ate  bem  SogoS,  bem  (Sottmenfc^en,  bem  Sor»  unb  @inn- 
bilbe  belS  religiöfen  (Glaubens,  unb  ber  $erfon  Sefu,  aU  bem  göttUdg 
gefinnten  3Äenfd6en,  bem  Stifter  ber  (ftrifilid&en  Jfteügion,  bem  l^iftorif d^en 
€l^ara!ter*:  ber  Unterfdgieb  betraf  bie  $erfon  (Sf^nflx,  aU  (Segenftanb  beS 
lird^lid^en  unb  bogmatifc^en  (Glaubens,  unb  bie  $erfon  3efu,  aU  (Segen» 
ßanb  einer  gefd^id^tlid^en  93etrac^tung  unb  SarfteHung.  ^ier  entflanb 
bie  Qfrage,  toie  es  fid6  mit  bem  toirlüdöen  ütUn  3cfu  nad6  ber  3lid6t= 
fd^nur  unb  Uebereinßimmung  ber  (Sk)angetien  mit  ^u8fd^lie|ung  ber 
SBunber  Derl^alte? 


1  6.  oben  (iap.  UI.  6.  25.  —  «  »gl.  btefe«  2Ber!.    »b.  V.  (4.  «uff.) 
Su^n.   C^at».  IV.  6.  311-315,  6.326  f[gb. 


30  ^eget  als  ^auSlel^ter  in  SBetti. 

(Snblt(^  l^Qtte  Rani  amifc^en  bem  teinett  SleltgionSglauben  ober 
bcr  SJcrnunftreligton  unb  ber  t)opttoctt  (ßcoffcnbartcn)  Sleligion  ober 
bem  flQtutattfci&en  Aird^engtauBen  fel^r  nac^brüdCItd^  unterf(|teben;  unb 
ivoax  fo,  ba%  er  jeite  biefer  entgeflcnfe^t  unb  gunt  3iele  Qt\t^t  l^atte, 
morauS  bie  Slufgabe  l^erDorgtng ,  baS  SSerl^ftltnig  beiber  burd^  eine 
^ttif  ber  pofitiDen  IReligion  fefljufieDen. 

3)iefe  O^^agen  erfflDten  ^egels  ÜJlebttationen.  3)te  erfle  f^rage 
l^at  t^n  bis  in  jene  ti)üften  Sfetegegenben  beS  oberen  ^aSlitl^aleS  Der^ 
folgt,  too  au^  bem  gläubigfien  S^l^eologen  bie  ^l^^füotl^eologie  Dergel^en 
müfete;  bie  jtoeite,  auf  ben  l^ifiorifd&ett  6l&rtftu8  gerid^tetc,  fud^te  er  fid6 
ju  löfen,  inbem  er  fettp  ein  „ßeben  3efu"  nieberfd&rieB  (Dorn  9.  TOai 
bis  24.  3uli  1795);  unb  ttaS  bie  britte  Qfrage  anging,  fo  t)erfa§te  er 
eine  fe^r  auSfäl^rlid^e  ,,AritiI  beS  93egriffS  ber  pofiliDen  Steligion" 
(in  ber  Seit  ateifd^en  bem  20.  9lot)ember  1795  unb  bem  29.  STpril  1796)./ 
Sflofenfeana  l^Atte  in  ben  ,,Urfunben",  loeld^e  er  im  Slnl^ange  feiner 
S9iogra|)l^ie  mitgeil^eilt  ^at,  biefe  beiben  @d^rifien  loortgetreu  unb  k)oQ- 
ftftnbig  geben  foQen,  a^mal  er  Don  ber  x^zxtm  fagt,  bag  fte  „an 
popvX&xn  Araft  ber  2)iction  baS  SSoQenbetfte  fei,  loaS  ^egel  ge- 
fd&rieben  l^abe".^ 

3n  ber  SSenoerfung  beS  gett)5^nli(!6ctt  ÄantianiSmuS,  ber  alt' 
fantifdöen  Sd^ule  (toetd^e  bie  „neufantifd&c"  t)on  l^eute  »ieberl^erficttcn 
möd&te)  toaren  bie  gfreunbe  einoerftanben.  3tt  bem  ©ebraudfte,  ber  Don 
bem  moralifc^en  ©otteSbetoetS  gemad^t  mürbe,  trat  ber  9lfldEgang  in 
ben  S>ogmatiSmuS  unb  bie  veralteten  @otteSibeen  redgt  beutlidg  a^ 
Sage.  „^^  bin  feji  überaeugt",  fd&reibt  ©d^etting,  „ba§  ber  alte 
Slberglaube  nic^t  nur  ber  pofttiDen,  fonbern  audg  ber  fogenannten 
natürlid^en  Steligion  in  ben  köpfen  ber  meiften  fc^on  mieber  mit  bem 
lantifd^en  JBudbflaben  combinirt  ifi.  68  ifi  eine  ßuft  anaufel^en,  toie 
fte  ben  moralifd&en  SBetoeiS  an  ber  ©dfenur  au  iitf)tn  miffen,  —  el^e 
man  fid^'S  Verfielet,  fpringt  bcr  deus  ex  machina  l^erDor  —  baS  ptx- 
fönlid^e  inbiDibuelle  SBefen,  baS  ba  broben  im  ^immel  ft^tr^ 

1  ^egeU  Hieben.  6.54.  Utlunben.  V.  gragmente  tl^eologif d^er  ©tubien.  (6.490 
bis  514.)  ^aS  Seben  3efu  fftßte  neunse^n  gefd^rtebene  SBogen;  bie  Ihtti!  beS 
IBegrtffS  ber  ))o1ttit)en  ^Religion  bretgig.  S)ie  gftogmente  tl^eologifc^et  @tubien 
aetfaEen  in  folgenbe  fieben  9lbf(!initte:  ^^it  ®ef$t$te  ber  3uben.  S)a8  @4icl- 
fal  unb  feine  SDetfbl^nung.  S)ie  Siebe  unb  bie  S^am.  2)et  OotteS-  unb  ber 
ÜJlenf^enfo^.  S)qS  9(benbma^I.  2)as  SEOunber.  S)ie  Zaufe.'  •-  >  fßx.  bom 
5«  Sanuar  1795.  S)ie  erfte  feiner  Unttoorten  an  $egel.  Sriefe  bon  unb  an 
§egel.  21^.  I.  6. 11-13.  3lnmfg. 


^egcls  6tubien  in  ber  e^toeia»  31 

3)enfeI6eit  Zabel  t)eTbtent  in  ^egels  Slugen  aud^  3^t<^t^8  Ariti! 
otter  Offenfiatung,  toorin  ber  ®otie96egrtff  auf  folfd^e  Strt  Tnoralijtrt 
unb  babuidg  in  alter  Sßeife  bogntatiftrt  toorben  fei.  ,»3u  bem  Unfug, 
tt)0))on  bu  fd&reibfl,  l^at  aber  unflreitig  gfid^te  in  feiner  ßritil  ber 
Offenbarung  Zl^flr  unb  Slngel  geöffnet;  er  felbft  l^at  nt&gigen  ©ebrauc^ 
gemad^t,  aber  loenn  feine  ®runbfä^e  einmal  feft  angenommen  finb,  fo 
ift  ber  t^eologifd^en  ßogi!  lein  3iri  unb  2)amm  mel^r  ju  fe^en;  er 
r&fonnirt  au8  ber  ^eiligleit  ®otteS,  tt)a8  er  DermSge  fetner  9latur 
t^un  mflffe  unb  foHe,  unb  l^at  baburd^  bie  alte  2Ranier  in  ber  ^oq^ 
matil  3tt  bemeifen  lieber  eingeffll^rt  —  eS  lol^nte  DieHeidgt  ber  3JtSÜ)t, 
es  ndl^er  ju  beteud^ten.  SBenn  id^  Seit  l^fttte,  fo  n)firbe  id^  fudgen,  eS 
nftl^er  gu  beftimmen,  toie  »eit  toir  nad6  Sefeftigung  bcS  moralifdfeen 
©laubenS  bie  legitimirte  3bee  Don  ®ott  je^t  rfidEioftrtS  braudgen,  g.  SB. 
in  SrIlArung  ber  B^^dEbegiel^ung  u.  f.  \o.,  fte  t)on  ber  Stl^ilo^ 
tl^eologie  l^ier  |e^t  gur  ^l^^fifotl^eologie  mitnel^men  unb  ba  j[e^t  mit  il^r 
toalten  bflrfen."  3n  biefen  SBorten  ifi  baS  Sl^ema  entl^alten,  beffen 
tt)ir  oben  gebadet  l^aben.^ 

2.  Ott^obo^ie  unb  $l^t(ofop^te. 

Sludg  über  ben  ®egenfa^  gtoifd^en  Drtl^obo^ie  unb  ^l^ilofopl^ie, 
®taubendgn)ang  unb  ®eifte8frei]^eit,  tt)aren  bie  Sfreunbe  k)öllig  ein« 
Derftanben  unb  ergriffen  unter  ben  eintrieben  ber  rek)olutionftren  3eit'' 
ftrömung  unb  il^rer  lugenblidfeen  SBeltauffoffung  mit  leibenfd&aftlid6em 
Sfeuer  bie  @ad&e  ber  ®eijle8frei]^eit  unb  $^ilofo))]^ie.  ^egel,  ti)ie  er 
eS  in  feinem  Sriefe  Dom  3anuar  1795  auSfproc^,  fanb  baö  ortl^oboje 
@^ftem  als  bas  ber  fianbeSlird^e  bergeftalt  mit  ben  tt)eltlid^en  Sntereffen 
beS  Staates  Derquiät  unb  auf  biefelben  gefttt^t,  ba§  bie  ortl^oboje 
fiel^re  bei  bem  äBortfram,  ben  fie  il^re  Uebergeugungen  nenne,  bel^agtid^ 
unb  unerfd^fltterlid^  bel^arre,  loaS  man  il^r  au^  entgegenßeUe;  fie 
braud^e  baS  Iritifd^e  93augeug  gur  93efeftigung  il^reS  gotl^ifd^en  £emt)elS 
unb  gum  6d6u^  gegen  bie  ÖfeuerSbrunjl  ber  ®ogmatif,  toeldfte  ber 
hitifd^e  Sd^eiterl^aufen  anguftedPen  brol^e;  aber  inbem  fie  bem  le^teren 
il^r  Saugeug  entffll^re,  nel&me  fie  gugleid&  audg  brennenbe  Äol&len  mit 
unb  Derbreite  auf  biefe  %ct  toiber  SBiHen  ))]^ilofo))l^ifd^e  Sermini  unb 
3been.* 


1  IBttefe  ))on  unb  an  $cgel.    SBr.  Dom  Januar  1795.    S}gl.  oben  @.  22 
u.  23.  -  «  »tiefe,  Z^,  I.  6.  11. 


32  ^egel  aU  ^auSlel^ter  in  93em. 

\2)te  ^l^ilofopl^ie,  t)on  beren  ä^oUenbung  ^eget  bte  gtfinbtidbjle 
3bcenrcöolution  crtoartct  unb  fd^on  DorBcteitet  fielet/  tfi  baö  lantifd^c 
S^fletn.  ^@r  l^at  t)on  neuem  bte  ltrtti{  ber  ))ra!tif(l&en  Vernunft  ge» 
lefen,  itnb  bte  Seigre  ))on  bzm  $rtmat  bec  praütfti^en  Setttunft  unb 
beren  ^ojlulQten,  Don  ber  äBütbe  ber  ^erfonlidglett,  ber  aRenfc^entoarbe 
als  bem  moralifd^en  ünhimd  im  ©egenfa^e  )U  ben  Dorl^anbenen  Su- 
ß&nben  ber  menjd^Itd^en  ©efeUfd^aft  l^at  il^n  ergriffen  unb  fiberjeugt. 
„Snon  iDtrb  fdgioinbetn,  bei  biefer  l^öd^ßen  ^bf)t,  tooburdg  ber  S^enfd^ 
fo  fel^r  gel^oben  mtrb,  aber  luarum  ifl  man  fo  fpit  barauf  gelommen, 
bie  SBürbe  beS  ÜTlenfd^en  l^öl^er  onaufd^Iogen,  fein  93ermögen  ber  f^ei= 
l^eit  onjueriennen,  baS  il^n  in  bie  gleid^e  Drbnung  ber  ©eifter  fe^t? 
3d^  glaube,  eS  ifl  lein  beffereS  3ei(i&en  ber  Seit  aU  biefed,  bag  bie 
3Renfd^^eit  an  ftdg  felbft  fo  ad^tungStoertl^  bargefleHt  loirb;  eS  ifl  ein 
SSeloetS,  bag  ber  9timbu8  um  bie  ^dupter  ber  Unierbrüder  itnb  ®ötter 
ber  (Srbe  t)erfd^n)inbet.  S)ie  ^l^ilofop^en  beioeifen  biefe  SEBürbe,  bie 
aSölfer  loerben  fie  fügten  lernen  unb  il^re  in  ben  @taub  emiebrigten 
Siedete  nid^t  forbem,  fonbern  felbft  loteber  annel^men  unb  fid^  aneignen. 
Sleligion  unb  $ülitil  l^aben  unter  einer  S>ed(e  gefpielt,  jene  l^at  geleiert, 
maS  ber  SeSpotiSmuS  tDoIIte:  SSerad^titng  beS  ÜJlenfc^engefd^Ied^tS,  Un« 
f&l^igfeit  beffelben  gu  irgenb  einem  ®uten,  burd^  fid^  felbft  etiuaS  ju 
fein.  SWit  SJcrbreitung  ber  3bcen,  toie  attefi  fein  foll,  toirb  bie  3n« 
boleng  ber  gefegten  Seute,  emig  alleS  gu  nel^men,  mie  eis  ift,  Derfd^minben. 
S)ie  belebenbc  flraft  ber  3been  —  fofften  fie  aud6  immer  nod6  ©in« 
fd^rftnlenbes  an  ftdg  l^aben,  mie  bie  bed  3)aterlanbed,  feiner  SSerfaffung 
u.  f.  tt).  —  lotrb  bie  ©emütl^er  erl^eben,  unb  fie  ti)erben  lernen  il^nen 
aufguoi)fem,  ba  gegentoftrtig  ber  ©eifi  ber  SSerfajfungen  mit  bem  6igen= 
nu^  einen  93unb  gemad^t,  aud^  il^m  fein  Steid^  gegrflnbet  l^at.''^ 

3.  e^eCing  a(S  Sfftl^rer. 
9tun  fielet  er  auf  bem  SBege  gur  SSoIIenbung  beS  lantifdgen  @^{lem9 
ben  jungen  Sd^etting  t)orbringen  unb  93al^n  bredgen;  er  ift  ftolg  auf 
ben  gfreunb  unb  DoUer  SDanI  für  bie  SSelel^rungen,  loeld^e  er  feinen 
beiben  erften  Sd^riften  ^lieber  bie  ÜTlöglic^Ieit  einer  {^orm  ber  $]^iIo« 
fopigie  fiberl^au^t"  unb  „S3om  3d&  aü  $rinci^  ber  ^l^ilofopl^ie"  fd^on 
Derbanit.    „3)ie  ©efd^enfe,  mein  SBefter,  bie  ®u  mir  gefc^iit  l^ajl,  fo* 

^  99rlefe  Don  unb  an  ^gel.  €.  15  ftgb.  S)tefer  Don  teDoIution&rem  9at6o8 
erfüllte  SBrief  Dom  16.  flptü  1795  ift  unmittelbar  na^  ben  oligar^if^en  SBa^l- 
fe^en  in  SBem  gef^rieben  (6. 14),  beren  toir  gebaut  l^aben.  (6.  oben  @.  20  vu  21.) 


^egete  @tubien  in  bei  64)Deta.  38 

toic  ®ein  Sricf,  l^oBcn  mit  btc  IcBl^aftcfte  ^tcubc  öcrurfad&t  unb  bcn 
tetdgflen  ©enug  gemalert,  unb  id&  Bin  S)tr  aufs  dugerfte  bafür  t)er= 
Bunbcn.  ©eine  erjic  ©d&rtft,  ber  JBcrfud^,  gfid^tcö  ©runblage  gu  ftubtren, 
jum  S£]^eil  meine  eigenen  Sll^nungen  l^aBen  mi(fi  in  ben  Stanb  gefegt, 
in  S)einen  ®eijl  eingubringen  unb  feinem  ®Qnge  gu  folgen,  t)tel  mel^r 
aU  id^  es  nod^  Bei  2)einer  erjien  ©dgtift  im  Staube  toar,  bie  mir 
aBer  je^t  burdö  ©eine  jtteite  erltdrt  »irb.  3d6  toor  einmal  im  Segriff, 
eS  mir  in  einem  Stuffa^  beutlid^  ju  m'ad^en,  toaS  eS  l^ei^en  lönne,  fid^ 
@ott  ju  nöl^em,  unb  glauBte,  barin  99efriebigung  beS  ^ofiuIateS  gu 
finben,  ba§  bie  ))raliifd^e  SSemunft  ber  3BeIt  ber  Srfd^einungen  geBieie, 
unb  ber  fiBrigen  ^oftulate.  3Ba$  mir  bunlel  unb  unentoidEelt  t)or- 
fdgtDeBte,  l^at  mir  ©eine  @d^rift  aufS  l^errlid^fie  unb  Befriebigenbfle  auf= 
gettftrt.  ^anl  fei  ©ir  bafür  —  fflr  mid6,  unb  j[eber,  bem  baS  §eil 
ber  SBiffenfdöaften  unb  ba^  SBeltBcjie  am  ^erjen  liegt,  toirb  ©ir,  toenn 
aud6  je^t  nid6t,  bod6  mit  ber  3eit  banlen."  „©u  l^ajl  fd^toeigenb  ©ein 
SBort  in  bie  unenblid^e  S^it  getDorfen;  l^ie  unb  ba  angegrinft  ju  toerben, 
baS,  toet§  id^,  öerad^teji  ©u."  „SBemerfungen  flBer  ©eine  ©d&rift 
fannft  bu  öon  mir  nid&t  ertoarten.    3d&  Bin  l^ier  nur  ßel&rling/^ 

©d^on  ©c&ellingS  erfte  ©d^rift  l^atte  auf  §egel  einen  fo  Bebeutenben 
©inbrudE  gemad^t,  ba§  er  in  bem  üorl^ergel^enbcn  ©riefe  mit  ber  l^öd&iien 
Slnerlcnnung  baüon  gerebet.  „©otoeit  id5  bie  §au})tibeen  aufgefaßt 
l^oBe,  fel^e  id&  barin  eine  JBoIIenbung  ber  SBBiffenfd^aft,  bie  un8  bie 
frud6tBarPcn  JRefuftate  geBen  »irb,  —  iä)  fel^e  barin  bie  SlrBeit  eine8 
Stop%  auf  beffen  Sfteunbfd^aft  id^  fiolj  fein  lann,  ber  ju  ber  toid^tigen 
9let)otution  im  Sbeenf^ftem  t)on  gang  ©eutfd^Ianb  feinen  großen  S3ei- 
trag  liefern  toirb/'* 

4.  2)te  Sfrage  beS  anontSmuS. 

9iad6bem  $egel  Jene  Beiben  erfien  ©d&riften  be8  jüngeren  3freunbe8 
gelefen  unb  burd^brungen  l^atte,  loar  il^m  tool^I  eine  Orrage  entfd^ieben. 
toeli^e  nadg  ber  SBjeberaufnal^me  feinet  ©tubiumS  ber  lantifdgen  ^l^ilo- 
fo})]^ic  lurj  toorl^er  nod&  ungelBfi  unb  ungejjrflft  t)or  il^m  gelegen.  ©ic= 
felBe  Betraf  bie  9luffaffung  ber  neuen  $]^Uofo))]^ie  unb  bie  ©runbridgtung 
il^reS  OrortgangS:  koie  loar  bie  lantifdge  ißel^re  gu  nel^men:  bualiflifd^ 


1  »riefe  öon  unb  an  ^egel.  L  6. 17—21.  SJet  »rief  Dom  30.  «uflufl  1795 
(ber  le^te  an  ©Delling  au8  ber  64tt)eta)  ift  batirt:  i,2:f(^ugg  (ei  (Srlad^  über 
»ern".  2)ie  ^ingufügung  ^^Ux  »em"  beget^net  ni^t  bie  Sage,  fonbem  ben 
bamaligen  ^Pojienlauf.  -  *  (Ebenbaf.  I.  6. 14. 

gfifcftex,  Oef4.  b.  Wlof.  Vm.  «.«.  8 


34        ^egel  aU  ^auSle^rex  in  8em.    Tegels  6tubten  in  bei  Bäfiotx^. 

ober  tnoniftifd^?  ®tefc  gragc,  angetocnbet  auf  bte  ©otteSibee,  l)n%t: 
lote  ift  bie  lanttfdge  ©otteSlel^re  unb  tl^r  moratifd^et  SSeioetS  3U  Der« 
flel^en:  tl^eiftifdg  ober  ))ant]^etf}ifd^?  3ji  ntdgt  ber  inoraItf(|e  SnbsioedE 
baS  koeltbel^errfd^enbe,  barum  antSi  baS  loeltorbnenbe  $rtnci))?  9Rug 
olfo  bie  (St^tfotl^eologte  m(!^t  bie  ^l^^fitotl^eotogie  ftd^  unterorbnen, 
bebtngen  unb  in  einem  neuen  ©eift  toieberl^erfteHeu?  ^ege(,  toie  mir 
gefeiten,  befdg&ftigte  fid^  oiet  mit  biefer  C^rage;  ber  junge  ©d^elling 
moHte  fte  im  moniftifd^en  unb  pantl^eiftifd^en  Sinne  entfd^eiben.  Sr 
l^aite  in  feinem  99riefe  t)om  5.  Januar  1795  ben  il^eifttfd^en  ©ebraud^ 
beS  morolifd^en  SSeioeifeS  mit  äBorten  t)erf))ottet,  toeldge  ben  f^reunb 
in  Sern  fhi^ig  gemad&t  l^atten.  „(&^  ift  eine  ßujl  au  feigen,  toie  fte 
ben  moratifd&en  SetoeiS  Qn  ber  ©d6nur  ju  jiel^en  toiffen  —  el^e  man 
fid^'S  üerftel^t,  f))ringt  ber  deus  ex  machina  l^erüor,  baS  ))erfönHd^e 
inbiüibueffe  SBefen,  ba8  ba  oben  im  §immet  fi^t!"  3m  ^inMidE  auf 
btefe  SBorte  l^atte  ^egel  geantmortet:  r,@inen  SudbrudE  in  2)einem 
äSriefe  üon  htm  moralifd^en  SSeioeife  üerjiel^e  id^  ntd^t  ganj,  ben  {ie 
fo  gu  l^anbl^aben  loiffen,  ba§  bad  inbtüibueQe  ))erfönlid&e  SBefen  l^eraui^- 
f<)ringe?    ©laubft  ®u,  toir  reid^en  eigentKd&  nid^t  fo  tteit?"* 

Sd^ettingS  @))ott  galt  jener  9lrt  t)on  £]^eiSmu8,  morin  ber  alte 
Stberglaube  fotool^I  ber  ))ofitit>en  als  aud^  ber  fogenannten  natürlidgen 
Steligion  ftdg  mit  bem  tantifdgen  93ud^fta6en  combinirt  l^atte.  ä3e= 
frembet  unb  jioeifelnb  fragt  ^egel,  ob  bie  neue  $]^iIofo))]^ie  toirSid^ 
nid^t  im  ©tanbe  fei,  ben  SC^eiömuS  ju  begrflnben,  toftl^renb  ©d^etting 
übergeugt  ift,  bag  fie  genDtl^igt  fei,  il^n  gu  Verneinen. 

S)iefe  jungfontifd^e  ^^ilofopl^ie,  inbem  fie  bie  ©d^ranlen  beS 
Sil^eiSmuS  burdgbrid^t  unb  gur  ^Heinl^eitSlel^re  fortfd^reitet,  dnbert  mit 
ber  ©otteSibee  audg  baS  ©otteSbetougtfein  unb  ben  @tanb))un!t  ber 
9teItgion;  t)ielme]§r  fie  erfdgeint  fid^  felbft  als  ber  Anfang  einer  neuen 
religiöfen  S))od^e,  als  ber  ©amen,  koorauS  bie  unfidgtbare  Jiird^e  l^er- 
))orge^t  unb  mit  il^r  baS  Sfteidg  ©otteS,  baS  ba  lommen  foQ.  S)ie 
$]^ilofo))]^ie  toirb  gur  Steligion.  Segeifterte  ©efül^Ie  koerben  getoedEt, 
t)on  benen  audg  ber  fc^einbar  fo  nüd^terne  ^egel  ergriffen  unb  fort* 
geriffen  loirb.  ©eine  JBriefe  an  ©d&etting  geben  baüon  S^wgTiiB-  «ßofe 
uns  oft  ® einen  3uruf  toieberl^oten :  «ttir  toollten  nid&t  gurüdfbleiben»." 
„S)a8  Sleid^  ©otteS  lomme,  unb  unfere  ^änbe  feien  nid^t  mü§ig  im 


1  abriefe  k)on  unb  an  ^ege(.  I.  6. 18.  9(nm!g.  2.  6.  oben  dccp,  HL  6. 30. 


^08  (Enbe  beS  Aufenthaltes  in  bei  €4tDeia.    ^egel  unb  $51berlin.       85 

©^oo^!"    »rSBctnuttft  unb  Sfrcil^eit  Bleiben  unfete  ßofung  unb  unfer 
S^eretmgung8))unlt  bte  unfid^tbate  j^itd^e." 

Sin  Sßott  aus  ^ippA^  Sebendiclufen  nad^  Quffleigenber  Sinie 
^Qtte  ^egel  bamaU  ju  feinem  SBa]^lf))rud6e  gentad^t.  „3dg  rufe  ntir 
immer  au8  bem  ßefienSlftufer  ju:  «Strebt  ber  Sonne  entgegen,  ^reunbe, 
bamit  bad  ^eil  beS  menfd^Hdgen  ®efAIed^tS  balb  reif  koerbe!  SBa8 
tDoDen  bie  l^inbemben  Slätter,  tDoS  bie  ^efte?  Sdglagt  eudg  butdg  gut 
Sonne,  unb  ermübet  i^r,  qu4  gut!    ®efto  beffer  Iftfet  ftd&  fd^Iafcn!»^ 


aSierteS  &apxUl. 
Htbtt^ilms  nadif  Frankfurt 


beff^  eic 


I.  ®ie  neuen  SDl^fterien, 
1,  ^er  brttte  im  S^unbe. 

®er  ©ebanfe  ber  göttUd&en  Sltteinl^eit,  toeld^e  man  in  ber  S£iefe 
eigenen  SBefenS  ju  erleben  unb  ber  ftum))fen  SBelt  }u  offenbaren 
l^abe,  toar  bie  ®runbibee,  toortn  Sd^eDing  unb  ^egel  ftd^  einüerflanben 
f Hielten.  Sd  gab  in  biefem  93unbe  oud^  einen  britten,  im  tübinger 
Stift  mit  beibcn  bcfreunbet  unb  fd&on  bamoIiJ  mit  Jener  3bee  bid^terif(% 
t)ertraut:  ^ölberlin,  ben  feine  SBanberial^re  erft  nad^  Sl^ftringen,  bann 
toieber  in  bie  ^eimatl^  unb  öon  l^ier  im  S^nuar  1796  nad6  Öftanifurt  a.  3Sl. 
gefül&rt  l^atten.  3n  3ena  l^atte  er  mit  Sd^iller  in  nftl^erem  JBerlel^r 
gelebt,  Sid&te»  SJorlefungen  mit  Segeifterung  gel&ört  unb  benfelben  in 
feinen  Sriefen  an  $egel  aU  einen  SCitanen  gefd^ilbert,  ber  fflr  bie 
äJlenfd^l^eit  !&m))fe  unb  bef[en  SBirlungSlreiS  geioiB  ntd^t  tnnerl^alb  ber 
SSdnbe  beS  ^ubitoriumd  bleiben  loerbe.  9lud6  t^id^teS  (Sonflicte  mit 
ben  Stubentenorben  l^atte  er  bem  {^reunbe  berid^tet,  unb  mie  fel^r 
^egel  Don  biefen  SinbrfidEen  erfflKt  mar,  jeigt  unS  einer  feiner  ba« 
maligen  99riefe  an  Sd^eding:  „tJfid^te  bauert  midg.  SSiergldfer  unb 
SanbedDdterbegen  l^aben  alfo  ber  Rxa\t  feines  ©elftes  toiberflanben. 
SBirKid^  l^ätte  er  mel^r  auSgerid^tet,  menn  er  il^nen  il^re  SRol^l^eit  ge^ 
laffen  unb  fid^  nur  t)orgefe^t  l^dtte,  fidg  ein  fliUeS,  auSermäl^lteS  ^duflein 
ju  }te]^en.    Sber  fdg&nblid^  iji  eS  bod^  mol^l,  feine  unb  Sd^iKerS  93e= 

1  abriefe  oon  unb  an  ^egel.   Zfi.  I.   @.  12,  13,  16.    $it)t)el:  Sebensl&ufe 
u.  l  f.  (1781.)  2^.  8.  I.   ©.  260. 


86  S)as  (Snbe  beS  ^(ufentl^alteS  in  ber  &äfiot\^. 

l^anblung  t)on  fctntoollenben  5p]&itofoi)]&cn.    Sölctti  ©ott,  »aS  für  Sud&« 
ftabenmcnfd&cn  unb  ©Hauen  finb  nod&  baruntct!"* 

9lQd6bcm  bcr  Bricfüdöe  JBerfel&r  Bcibcr  (Jreunbe  längere  3cit  gerul&t 
l&atte,  erl^tclt  ^egel,  als  er  im  Sluaufl  1796  t)on  feiner  SHijenreife 
nadg  Sfdgugg  jurfidEgeiel^rt  tt)ar,  toteber  S^ad^rid^ten  üon  ^olberlin  gu» 
gleid^  mit  bem  eintrage  einer  ^auiSlel^rerfteKe  in  (^ranlfurt  am  9Rain. 
^od^erfreui  über  bie  eröffnete  Slüdffiel^r  nad&  2)eutfd&Ianb  unb  bie  SBieber» 
toereinigung  mit  bem  geliebten  ^reunbe,  l^at  §egel  in  feiner  flüd^tig  unb 
ungenau  batirten  Slnttoort  (,,SEfd6ugg  bei  Sem,  ^erbjl  1796")  bie  ©teile, 
fo  Diel  an  il^m  lag,  fogleii!^  angenommen.  Haltung  unb  £on  ber  Slntmort 
bejeugen  l^inlclngli^,  bag  ber  99riefn)ed&fel  einige  3ett  ))aufirt  l^atte, 
benn  fte  beginnt  glei4  mit  ben  SBorten:  „©o  toirb  mir  bod6  einmal 
bie  Orteube,  tnieber  etmaS  üon  2)ir  gu  t^emel^men;  aus  j[eber  3cil^ 
S)eineS  93riefeS  fpridgt  2)eine  unioanbelbare  (^reunbfdgaft  gu  mir;  iäf 
!ann  S)ir  nidgt  fagen,  tüit  t)iel  {^reube  er  mir  gemad^t  l^at,  unb  no(i^ 
mel^r  bie  Hoffnung,  S)id&  balb  felbft  gu  feigen  unb  gu  umarmen".* 

9Bir  erinnern  uns  jenes  ©tammbud^blatteS  aus  ber  tübinger  Seit, 
U)eld^eS  ^ölberlin  feinem  Orteunbe  ^egel  getoibmet  l^atte:  eS  entl^ielt 
bie  äJlal^nung  gu  großen  Sl^aten  mit  ben  SBorten  beS  ©oetl^efd^en 
^^labeS,  benen  xoxt  ein  gel^eimnigtooKeS  Seifigen  l^ingugeffigt  toar: 
„©^mbolum.  'Ev  xal  wav."  6s  toar  ein  ßieblingSioort  ^ölberlinS, 
bas  fid6  aud&  in  einem  SBriefe  an  feinen  ©tiefbruber  (granlfurt,  2. 3uni 
1796)  toieberfinbct.» . 

Ütunmel^r  l^atte  biefeS  SBort  für  ^egel  eine  gang  anbere  unb 
tiefere  93ebeutung  gewonnen,  als  eS  n)o]^l  beim  erften  ^nblid  gel^abt 
l^aben  modgte.  2Bar  eS  nid^t  in  ber  bünbigften  t^ormel  baS  Sl^ema 
ber  neuen  unb  neueften  $]6iIofo))]^ie,  ber  ©runbgebanle  aller  9fleligion 
unb  $]^ilofo))]^ie,  baS  3ei(|en  il^rer  Sinl^eit,  bas  groge  SR^fterium  ber 
SBelt?  3BaS  l^ätte  man  audg  gu  SleufiS  in  allerlei  3etd^en,  ©inn« 
bilbem  unb  ©eftalten  SlnbereS  unb  SiefereS  üeriflnbigen  teoUen  unb 
!onnen,  als  baS  göttliche  Mleben  in  ben  (Srfd^einungen  ber  SSelt? 
2)iefe  ©ottl^eit  angufdgauen,  fid^  il^r  mit  völliger  ©elbftent&ugerun^ 
l^ingugeben,  in  il&re  Xiefe  fid&  gu  öerfenlen,  mit  il^r  fid&  gu  bereinigen 

1  »tiefe  bon  unb  an  ^egel.  I.  @.  17  u.  22.  (16.  9l|}ril  unb  30.  Sugult  1795.) 
neber  gfi^teS  Sonfticte  mit  ben  Stubentenoxben  in  3ena  t)gl.  biefeS  SBerf«. 
38b.  V.  (2.  auft.)  »ud6  n.  dop.  m.  6.  278—388.  —  «  S3tiefe  Don  unb  an 
^egel.  I.  ©.  23—26.  -  •  »gl.  oben  «q«).  L  6.  14.  gfr.  «JÖlbetlin«  fammtl. 
as^ette.    ^etauSg.  ton  df^x.  Sl^eobor  S^toab.  »b.  II.  @.  28. 


^egel  unb  ^dlbetltn.    Ueberfleblung  na^  gftanffurt.  37 

—  toat  tDol^l  baö  3iel,  toeld^cö  bie  cleujtnifd&ett  aSeil^en  nt^flifd&  unb 
f^mbolifd^  batpclltcn. 

3loä^  in  Sfdguga  l^ot  ^egel  jur  freier  beS  Slll^Stnen  unb  beS 
Sfreunbcö  eine  Sltt  SBeil&cgefQng  gebidötet  unb  „(gicufis  an  ^ölberltn" 
genannt.  S)er  §^ninu3  ip  bem  SBriefe  flefolgt  unb  fe^t  benfetten  öotau8. 

2.  (EleufliB* 
®Ieid&  bie  etfien  Sßotte  bringen  baS  äBeil^egeffllgl  }um  ^uSbrudE, 
toetd^eS  bie  nAd^tlidge  Sinfam!eit  geioedt  l^at.    S)ie  @lintmung  ift  ber 
bed  t^uft  nad^  feinem  Dpexf))a3iergange  toergleid^bar:   ,,93erlaffen  l^ab' 
td^  fjfelb  unb  Sluen,  bie  eine  tiefe  Stadgt  BebedK''. 

Um  mx(i,  in  mir  iDo^nt  9lu^e.    ^er  gefdg&ft'gen  Stenf^en 

^te  mübe  @otge  fdgläft.    @te  geben  gfreil^eit 

Unb  SRuge  mir.    ^anl  bir,  bu,  meine 

»efreierin,  o  SRad^t!  —  aWit  toeifeem  SIebeiPor 

Umaie^t  ber  SRonb  bie  ungeioiffen  ®xenaen 

S)er  fernen  ^ügel.    gfreunblidg  blidCt  ber  l^ede  6treif 

S)ed  @ecjB  herüber. 

(Ex  ntol^nt  ben  {Jreunb,  be8  atten  SBunbe«  Sreue  feftjul^alten; 
S)eS  S3unbc<,  ben  lein  Gib  beftegelte, 
^er  freien  SBa^rl^eit  nur  au  leben, 
Sfrieben  mit  ber  @a|ung, 
2)ie  a^einung  unb  €m))finbung  regelt,  nie, 
nie  einaugel^enl 

2)iefe  SBorte  entl^alten  in  iQrjefier  O^affung  bte  SLenbeng  feiner 
ftirg  üorl^er  auSgefttl&tten  „ßritif  beS  Segriffö  ber  Jjofitiöen  SReügion". 
SQ5a3  er  bem  (Jreunbe  öerlanbet,  ifl  mysterium  magnum:  er  foff 
t)erne]^men,  maS  eS  ^eigt,  ftd^  ber  ©ottl^eit  ncll^em,  fte  erreid^en,  in 
i^r  öerfd&tDtnben: 

aUein  ^ug'  erl^ebi  fi^  au  beS  en>*gen  ^immeU  SB5Ibung 

3u  bir,  0  gl&naenbeS  @ef}im  ber  IRa^t! 

Unb  aller  SQßfinf^e,  aller  Hoffnungen 

SBergeffen  firbmt  aus  beiner  dEioigfeit  l^erab. 

S)er  Sinn  verliert  ft($  in  bem  ^nfd^au'n, 

aODaS  mein  i($  nannte,  fi^ioinbet. 

34  gebe  mi4  bem  Unermeglid^en  ba^in, 

34  bin  in  ilftm,  bin  HlUs,  bin  nur  ed. 

^em  iDieberle^renben  ©ebanlen  frembet, 

3(m  graut  bor  bem  Unenblic^en,  unb  ßaunenb  fagt 

(Ex  biefeS  nn]6^am*i  %xtU  ni^t. 

SBaS  aber  Sinne  unb  [Reflexion  ju  faffen  aufeer  ©tanbe  finb, 
baS  Vermag  bie  ^l^antafie  in  äSilbern,  @innbilbern,  bebeutungSDoKen 


38  S)a9  d^nbe  htü  9(ttfentl^aUe8  in  bei  64tx>cts. 

©eftalten  barjufleDen,   meldte  baS  groge  ©el^etmnig  gugletd^  Derl^flllen 
unb  entl^flUen.    S)arm  befleißen  il^m  bie  (Sleupnifd^en  STl^fterien: 

2)em  @tnne  nd^ert  $^antafte  baiS  (Etoige, 

iDermäl^U  eS  mit  ®eftalt.  —  SBittlommen,  i^x 

Sxl^abne  (Beißet,  l^ol^e  €4atten, 

S3on  beten  Stitne  bie  S^oKenbung  fltal^It, 

CEtfdgtedet  nidgt.    3d6  fül^r,  %»  ift  au4  meine  ^eimat, 

2)et  ®Iana,  bet  (Etnß,  bet  eu4  umftieftt. 

$a!  fpt&ngen  je|t  bie  ^fotten  S)etneiS  ^eiligt^umd, 

€  6)eted,  bie  bu  im  (SIeuflS  t^tonß! 

aSegeiftetung  ttunlen  fül^'  id^  jet^t 

2)ie  Stauet  2)einet  9lftie, 

S3et{i&nbe  2)eine  €ffenbatungen, 

34  beutete  bet  S^ilbet  ^ol^en  €inn,  t)etnS^me 

^ie  ^^mnen  bei  bet  (Böttet  SRa^Ie, 

2)ie  l^ol^en  @))tüd^e  il^tes  Statins. 

S)te  ©Otter  ®rie(|entanb8  {tnb  fflr  immer  entf$munben  unb  t)on 
il^ren  „entheiligten  SHtdren"  jum  Dl^m})  l^eimgelel^rt,  bie  2Ä^jierien 
t)on  SleujtS  finb  für  immer  toerftummt;  !ein  (Singemeil^ter  l^at  biefe 
©el^eimntfje  Denat^en,  leine  Ororfd^ungiSneugierbe  fie  entr&tl^felt.  S)er 
eingige  SBeg  gu  il^rer  iSrIenntnig  ift  bie  Siebe  gur  SEßeiSl^eit,  aus  toeld^er 
bie  9leIigion  ber  Siebe  unb  äBeid^eit  l^erüorgel^t.  S)ai$  gebanfenreid^e 
unb  bebeutungStooQe,  in  ber  Oroi^m  fel^r  unt^oQIommene  ©ebid^t  (menn 
tt)ir  es  fo  nennen  tPoKen)  fdgliegt  mit  ben  äBorten: 

9(tt(!b  biefe  9la4t  betna^m  i4,  l^eifge  (Bott^eit,  bidgl 

2)i4  offenbatt  mit  oft  au^  bcinet  ftinbet  Seben, 

^i4  al^n'  i^  oft  a(8  Seele  il^tet  Saaten! 

^u  bift  bet  ^ol^e  @inn,  bet  tteue  (Blauben, 

^et  einet  (Bottl^eii,  loenn  au4  aUeS  untetge^t,  nidgt  koanlt«^ 

Unfere  Sefer  loerben  in  ber  SBiebergabe  biefeS  SBeil^egefangeS 
tool^l  gemerlt  l^aben,  ba%  bei  gettiffen  ©teilen  bem  SJerfaffer  „bie 
®5tter  ©ried^enlanbS"  unb  „bie  Ättnfiler"  t)orgef(5tt)ebt  l^oBen.  §egel 
l^otte  aud^  bie  „äSriefe  über  bie  Aftl^etifii^e  Srgie^ung  beS  ajlenfd^en" 
gelefen  unb  afe  SWeiftertterl  betounbert.*  §ier  toar  au8  lontifd&en 
(Srunbfft^en  gum  erftenmal  bargetlgan  toorben,  ba^  bie  Sd^önl^eit  auS 
bem  SBefen  ber  SBelt  l^eröorgel&e,  ba&  bie  aKenfdö^eit  in  il&rem  (gut« 
toidEelungSgange  t)om  SRotl^ftoot  gum  äJernunftPaat,  biefem  Sl^emo  unb 
Snbgiel  ber  SBeltgefdgidgte,  burd^  bie  Slnfd^QUungen  ber  ©dgönl^eit  unb 


»  Wofetthang:  ^egel«  Öeben.  6.  78—80.  —  *  »tiefe  oon  unb  an  ^egel. 
I.   6. 17.  [fdx.  16.  54)tU  1795.) 


^egel  unb  ^Slbeclin.    Ueberfieblung  na4  Sfxanifutt.  39 

ber  Auttft,  b.  \).  Afll^etifd^  ju  erjtel^en  urtb  ju  Derebetn  fei.  S)te  ®ott- 
l^eit  unb  bte  Sd^önl^eit  in  ber  SBelt  l^dngen  genau  jufammen.  2)ie 
©dbonl^eit  ift  bic  Qfreil&eit  in  il^ret  ©tfd&einung  ober  bie  (Stfiftcinuna 
in  il^ter  g^reil^eit.  2)ie  innermeltttd^e  ©otil^eit  unb  bte  Sdgönl^eit  ber 
SBelt  öer^alten  jtd&  tote  Orunb  unb  gfolge.  3n  bem  SBilbungSflange 
ber  aßenfd^lgeit  gab  ed  ein  Seitalter,  in  toeld^ent  bie  Sd^önl^eit  gel^errfii^i 
l^Qt:  bad  ^eHenentl^um. 

^ölberlin  fud^te  feinem  großen  SanbSmanne  ju  folgen,  nidgi  ato 
bem  ^xä^Ux  ber  Stduber,  beS  (^ieSlo,  ber  StahaU  unb  Siebe  unb  beS  S)on 
Carlos,  fonbem  als  bem  SHd^ter  ber  Orreunbfd^afiSobe,  ber  ))]^iIofO' 
))]^ifdgen  SSriefe  atoifdgen  Julius  unb  fficOfffad,  ber  ®5tter  ®ried^enlanbs 
unb  ber  Afinftler.  €eine  @eele  fdgtoelgte  im  ßntl^uftadmud  für  bie 
griedgifd^e  SBelt  unb  in  ber  @e]§nfudgt  nadg  i^r,  aU  bem  Verlorenen, 
einft  leibl^aftig  erlebten  jparabicfe  ber  ?Kenfd6]6eit.  3n  biefem  ß^ris» 
muS,  biefer  toeid^en,  elegifdgen  (£m))ftnbung  Derjel^rte  fidg  feine  btd^te- 
rifd&e  Äraft,  fie  trug  bie  SobeSfel^nfud^t  unb  ben  SEobeöIeim  in  fid&, 
toie  er  e8  in  ber  ©d&lugftrorte  feines  fd^önen,  fd^on  frül^er  erttftl&ntcn 
©ebidgteS  auSgef))rod^en  l^at: 

!DH$  Dexlaitgt  xn*i  beffere  Sanb  l^infibex 

9la4  SllcftuiS  unb  ^nafteon. 

Unb  t($  f^Uef  im  engen  ^aufe  lieber 

IBei  ben  ^eiligen  in  aHaxat^on. 

1141  es  fei  bie  le^te  meiner  Sl^r&nen, 

2)te  bem  l^eil'gen  Grte^enlanbe  rann, 

Sagt,  0  Tarsen,  laii  bie  @($cere  t5nen, 

2)enn  mein  ^era  gel^ört  ben  Xobten  an.^ 

n.  §5lberlin  im  ^aufe  ©ontarb. 
1*  2)ie  Staia^xopf^t. 
3n  bem  angefel^enen  ^aufe  beS  ©rogl^ftnblerd  ©ontarb  ju  x^xanh 
fürt  a.  2R.  mar  ^olberlin  im  Anfange  beS  Sal^reS  1796  mit  ber  ßr» 
jiel&ung  ber  öier  Äinber  betraut  toorben,  wofür  ber  SJater  nad&  feiner 
eigenen  SluSfage  gar  fein  a5erjiÄnbni§  unb  tool^l  ebenfo  toenig  3ntercffe 
l^atte;  er  Derftanb  fid^  auf  ben  ä33rfenlur3  unb  bradgte  feine  Sbenbe 
im  ®lub  gu.  Um  fo  Icbl^after  unb  inniger  toaren  SSerfianbnife  toie 
Sntereffe  Don  feiten  ber  fjrau  ©ontarb,  ber  Sod&ter  eines  rcid^en  Kaufes 

1  drie^enlanb.  21. 6t  SHefeS  ®ebid|t,  toit  bie  beiben  anbem,  „^aS  64idC' 
fal'  unb  i,2)em  (BeniuiS  ber  Ml^n^eit«  Sine  ^^mne",  tearen  in  €4itler<  neuer 
S^alia  erf^ienen  (5.  u.  6.  $eft)  1794. 


40  3)08  (Enbe  beS  Kufent^oIteS  in  btx  e^toeia* 

au8  Hamburg  (@ufette  Sorlenl^etm);  fte  l^atte  ben  ))oeitfd&en  @tnn  Don 
il^rer  SRutter  geerbt,  bte  fär  Stlop^tod  gefd^toärmt  unb  aud^  baS  ^od^- 
gettsfefl  il^ret  Xod^ter  mit  unb  bei  bem  2)id6ier  gu  Dttenfen  gefeiert 
i^atte.  Sfrau  ®ontarb  mar  t)on  einer  fo  feltenen  unb  t)oIIenbeten 
@eelen-  unb  Aör|>erfd&5n]^eit,  ba^  SBort  im  clafjtfd^en  @inne  genommen, 
ba§  i^r  Slnblid  unb  äBefen  ben  an  Salären  jüngeren  Srgiel^er  il^rer 
Äinbcr,  bicfen  ©d&todrmer  für  §clIo8  unb  „bie  jparabiefe  ^ßlatoS''  in 
einen  9taufd^  beS  SntjüdenS  t)erfe^te,  Don  htm  feine  gleidgjeitigen,  Der- 
trauteften  äSriefe  erfüllt  finb.  S)ie  jkoifd^en  beiben  l^errfi^enbe  äBal^t« 
Derkoanbtfdbaft  tourbe  burdg  geiftige  Sflitt^eitungen  unb  ®ef))r&(i^e  tftg- 
lid^  genftl^rt  unb  erl^Dl^t.  Sluf  tttdifd^e  Slrt,  Don  feiten,  toie  e§  fdgeint, 
einer  BoSl^aft  unb  eiferfüdgtig  gefinnten  ©efeüfdgafterin  koar  bie  (Sifer- 
fud^t  beS  Don  ^usbrüd^en  jdl^er  ^eftigteit  l^eimgefud^ten  SDIanneS  erregt 
tt)orben,  unb  eS  !am  im  @e))tember  1798  eines  ^enbS  ju  einer  plö^« 
lid^en,  Igödgß  ))einHdgen  @cene,  ju  einer  fd^nöben,  DieHeid^t  fdgim))flidgen 
Sel^anbtung  ^ölberlinS,  nad^  »eldger  biefer  fofort  baS  $au8  für  immer 
Derlieg,  o^ne  ba§  bie  leibenfdgaftlid^e  Segiel^ung  gmifd^en  il^m  unb 
(^rau  ©ontarb  unb  ber  brieflid^e  SSerlel^r  beiber  einen  ^bbrud^  erlitten« 
Sie  ift  bie  2)iotima  feiner  S)idgtungen  unb  Igat  bie  Stata^xop^t  nur 
toenige  Saläre  überlebt.    @ie  parb  im  Saläre  1802.^ 

2,  dtrfal^Yten  unb  (l^ttbc. 

^ölberlinS  92erDen  toaren  feit  jener  gekoaltfamen  unb  t)Io^lid&en 
Sirennung  l^eiHod  erfdgüttert,  er  felbfl  in  dugerft  reijbarem  Suftanbe 
unb  in  beftSnbiger  Unrul^e;  ed  trieb  il^n  Don  Drt  gu  Drt,  einige  3eit 
Dertoeitte  er  bei  feinem  Qfreunbe  3.  Don  Sinclair  in  ^omburg,  bann 
ofe  ßel^rer  erft  in  bem  §oufe  ßanbauer  gu  Stuttgart,  balb  nad^l^cr  in 
^au))tiDiI  bei  €t.  ©allen,  gule^t  im  ^aufe  bei$  l^amburgifd^en  €onful8 
^etl^mann  gu  ä3orbeau|;  audg  l^ier  bulbet  eS  il^n  nid^t,  nadg  loenigen 
äJlonaten  ergreift  er  Don  neuem  ben  Sßanberftab  (^uni  1802),  burd^» 

^  Ueber  ^blberUnft  bttcfli^e  Säuberungen  biefer  Sfrau  ügl.  man  feine 
»riefe  an  Öubto.  S^leuffer  öom  SWarg  1796,  10.  3uni  1796,  10.  gebr.  unb 
10.  3uU  1797.  (@ämmtl.  SBerle.  ^erauSg.  bon  S^r.  Xl^.  @d^n>ab.  SBb.  U, 
6.  114—120.)  S)ie  abriefe  sioif^en  ^ölberlin  unb  ®oniarb  ftnb  in  ben  8eflt 
feines  StiefbruberjS,  beS  ^ofbom&nenrat^d  üarl  t)on  ®od,  gelommen  unb  ton 
ben  IRa^tommeit  feintr  Softer  in  ^eibelberg  aufbena^rt,  Diefleidgt  berni^tet 
iDorben.  ($er  Kaufmann  (Bontarb  koar  bon  einer  fo  unbegäl^mbaren  ^efttgleit, 
baft  er  fi^  M  üinb  in  ber  SQßtttl^  ein  ^uge  ausgeflogen  (at  unb  in  gfolge  babon 
auf  bem  einen  Kuge  blinb  toar  unb  mit  bem  anbem  f^ielte.) 


^egel  unb  ^dlbetUn.    tXebetfieblung  na^  gfranlfutt.  41 

pilgert  mitten  im  l^etgen  Sommer  ©übfronlretdg,  burd^  bie  93enböe 
ttaci^l  tparis  unb  erfd^eint  im  Suli  1802  bei  ben  Seinigen  in 
SRürtingen,  elenb,  obgeriffen,  öertoal&rlofl,  fronl  an  ©cele  unb  ßeib. 
3n  biefem'  3uftanbe  l^at  il^n  Sd^elling  gefeiten  unb  ben  traurigen 
Slnblid  in  einem  SSriefe  an  ^egel  gefd^ilbert.  @till,  in  ftdg  geiel^rt^ 
menfd^enfdgeu,  rettungStod  melandgolifd^,  l^at  ber  ungifldlidge  3>id^ter 
nodg  Aber  Dierjig  ^al^re  in  ber  3laä^t  bes  äBa^nfinnd  gelebt,  in  bem 
^aufe  eines  ^anbmerferd  in  Tübingen,  Dom  ^erbft  1806  bis  ju  feinem 
Sobe  am  7.  3uni  1843. 

9Jlan  l^at  ^ölberlinS  ^erfon  unb  Sd^idEfale  bisioeilen  mit  Xaffo  Der* 
glid^en,  fte  finb  bem  loirKid^en  S£affo  mol^I  ft^nlid^er  a(S  bem  ®oet^efdgen. 
S)aS  bid^terifd^e  ^bbUb  feiner  elegifdgen  SebenSanfdgauung  unb  ©emütl^S» 
art  ift  fein  I^rifd^er  9loman  „$9))erion  ober  ber  Sremit  Don  ©rted^em 
Ianb'\  ber  einft  in  Tübingen  begonnen  unb  in  f^ranlfurt  DoQenbet 
»urbe  (1793—1798),  bie  erfien  fSxnä^^Mt  erfd&ienen  in  ©döitterS 
neuer  Sl^alta  (1794).  §ier  Dereinigen  ftd6  bie  ©ifeioftrmerei  unb  §in= 
gebung  für  ^eKaS  mit  ber  für  S)iotima,  unb  bas  @nbe  biefer  S)o))))eI- 
liebe  ift  tragifdg.  3Benn  man  bie  leibenfdgaftttdgen  ^ßl^antafien  unb 
6rfd6fltterungen  §^j)erionS  in  feinen  ^Briefen  an  3)iotima  Derfolgt,  fo 
toirb  man  Don  bem  SinbrudE  einer  ungefud^ten  Slel^nlidgleit  mit  bem 
©oetl^efd^en  Sßertl^er  betroffen.  SHeDeidgt  finb  SBertl^erS  Seiben  in 
äBir{Iid^!eit  Don  feinem  fo  erlebt  unb  erlitten  D3orben  als  Don  ^5lberHn. 
Slud^  einer  feiner  Snttofirfe  ber  Sragöbie  „@mt)eboIIeS"  fSQt  in  bie 
SDflitte  ber  (Jranffurter  (gpifobe  (1797),  toeld^e  toir  l^ier  nur  bcSl&att 
etmaS  auSffll^rtid^er  beleud^tet  l^aben,  loeil  ber  ein3ige  (^reunb,  ber  fie 
in  ndd^fter  9la^e  miterlebt  unb  miterlitten  l^at,  ^egel  loar. 

lü.  ^egel  im  ^aufe  ®ogeI. 
1.  6te1Iung. 

\  SRad^bem  ^eget  im  Döterlidgen  ^aufe  einige  3eit  jugebrad^t  l^atte, 
etmaS  trüb  unb  in  fid^  geleiert,  toie  bie  Sd^toefter  berid^tet,  fo  begab 
er  fi(!6  gegen  Anfang  beS  ^al^reS  1797  nad^  Oftanifurt,  um  bei  bem 
Kaufmann  ®ogeI  am  9togmar!t  feine  ^auSlel^rerfteUe  anautreten.  lieber 
feine  l^ftuSlid^en  JBerl^altniffe  in  biefer  Stellung,  feine  Söglinge  unb 
ergiel^erifd^e  SCl^dtigfcit  toiffen  D3ir  nid&tS  Stdl^ereS  unb  fönnen  nur  auS 
ben  ©tubien  unb  9lrbeiten  todl^renb  feines  DierjÄl^rigen  Slufent^alteS 
fd^Iiegen,  bag  er  fid^  l^ier  be^agUd^er  gefül^It  unb  me^r  ^uge  gel^abt 
]§at  als  in  bem  $aufe  beS  berner  ^atricierS. 


42  <S>ai  (Snht  beS  Kufent^alteS  in  ber  ©^toei}. 

2.  2)et  Derleibete  SlufentlMt. 

©ein  Dcrtrautejicr  Umgang  toax  ^ölbcxKn,  ber  in  feinen  bantals 
]^5dgft  aufgeregten  ©emüt^dguft&nben  bie  3lSf)^  biefeS  OfteunbeS  getoünfdgt 
unb  ^erbeigefül^rt  l^atte.  /tBalb  nadg  Tegels  Slnluifft  fd^reibt  er  an 
5Reuffer  (16.  gebr.  1797):  „§egel8  Umgang  tft  fel^r  ttol&Itl^fttig  für 
mid^.  3($  tiebe  bie  rul^igen  ä^erfianbedmenfdgen,  toeit  man  ^6^  fo  gut 
bei  il^nen  orientiren  !ann,  menn  man  ntdgt  mi%  in  toel^em  tfddt 
man  mit  pd&  unb  ber  SBelt  begriffen  ift."* 

3n  einer  foldöen  ®emüt^8lage  befanb  fid^  ^ölbertin;  er  toar  wn 
einer  Seibenfd^aft  ben)&ttigt,  tteld^e  fein  ©etniffen  gu  betäuben,  il^n  felbfl 
in  @d&ulb  unb  SSerberben  ju  ftflrjen  brol^te.  ^udg  ^egel,  bem  er  fidg 
gemig  anvertraut  l^at,  toermod^te  nidgt,  il^n  bergeftalt  gu  „orientiren", 
ba§  er  bie  ^crrfd^aft  über  feine  ßage  getoannASeit  jener  Äatafiro})]^e 
im  ^aufe  ®ontarb,  koeld^e  ben  S^ob  2)iotimaS  unb  ben  SBal^nfinn 
§ölberlin8  in  ilferem  ©efolgc  gel^abt  l^at,  toar  (Jranffurt  aud&  für 
$egel  ein  unglüdEIid^er  Drt  geworben  unb  ber  Slufent^alt  il^m  Derleibet., 
^I8  il^m  Sinclair,  fein  unb  ^ölberlind  gemeinfamer  O^reunb  nod^  t)on 
Tübingen  l^er,  eine  Slectoratsftelle  in  ^omburg  t)or  ber  ^öl^e  angeboten 
l^atte  (16.  Sluguft  1810),  fagte  ^egel  am  ©d6Iu§  feiner  einige  ^affxt 
lang  Dergögerten  Slntn)ort:  „®rü|e  mir  aud^  ben  l^ol^en  (^elbberg  unb 
Sniin,  nad^  bem  id&  Don  bem  unglüdQidgen  g^ranlfurt  fo  oft  unb  fo 
gern  l^inflberfal^,  loeil  id^  bid^  an  il^rem  {^uge  mu^te".' 

3.  Sob  beS  93atet8.    OefnnomifAe  Sage. 

SBenige  äßonate  nad^  jenem  unglüdEfeligen  Sreignig  traf  il^n  ein 
fd6merglid&er  aSerluji.  3n  ber  ?lad&t  beS  14.  3anuor  1799  »ar  fein 
JBater  geporben,  fanft  unb  ru^ig,  toie  bie  ©d&toefier  fd^rieb.  Jladöbem 
bie  ^interlaffenfd^aft  feftgefteKt  unb  bai$  Däterlidge  9}erm5gen  im  99e- 
trage  Don  ungef&l^r  10500  ©ulben  fo  get^eilt  mar,  bag  feber  ber 
beiben  93rüber  gu  ©unften  ber  ©dgmefter  etmad  weniger  als  ben  britten 
Sil^eil  erl^ielt,  fa^  ftd^  ^egel  im  93efi^e  eines  €at)ttate  Don  3154  ©ulben, 
iDOgu  nod^  bie  (£rf))arniffe  !amen,  toeldge  er  aU  ^auSle^rer  erübrigt  l^atte. 

4.  SuIunftSpldne. 

9{unme]^r  !onnte  er  $Ian  unb  99eginn  ber  alabemifd^en  fiaufbal^n 
n&l^er  ins  Sluge  faffen,  fobalb  er  ftd^  koiffenfd^aftlid^  bagu  Dorbereitet 

1  ^ölbetltnS  f.  SED.  (6((iDab.)  n.  6. 118.  —  >  SBriefe  Don  unb  an  ^egel. 
I.   6.268-274.    SSgl.  9iof enttang.  €.271. 


^egel  unb  ^blbexlin.    Uebetfteblung  na4  Sfianlfutt.  43 

genug  fül^tte.  3)tc  SBal^l  beö  Dttö  erregte  leine  unfd&Iüffigen  Sebenfen, 
3ena  mar  bontate  bie  ^au))tfiabt  ber  beutfd^en  $]§iIofo))^ie,  äBeimar 
bie  ber  beutfd^en  SDid^tung  unb  bramattfdgen  Aunft;  @(^tller  tnar  nad^ 
aaBcimar  ttBerflcfiebeU  (1799);  gfid&te  in  golge  beS  Slt^etSmuSjireitg  unb 
feines  ©onflictg  mit  ber  toeimarifd^en  Stegierunfl  l^otte  3ena  öerlaffen 
unb  feinen  3Bo]^nft|  in  SSerltn  genommen  (1800),  unb  Sd^eQing  aU 
aufeerorbentlid&er  ^ßrofeffor  ber  5ß]&iIofo})]^ie  (1798)  voat,  nad^bem  er 
einige  äJlonote  in  99am6erg  gemeilt  l^atte,  nad^  2tena  jurüdCgelel^rt 
(Dctober  1800).  V 

©eit  bera  Slugufi  1795  finbet  ftd^  für  uns  in  bem  »rieftoedöfcl 
beiber  fjreunbe  eine  lange  jpaufc,  ba  §egel8  ©rief  Dom  20.  3uni  1796 
Derloren  i{l.  Sd^neKen  fiaufeS  toar  ©d^eQing  im  (Fortgänge  feiner 
6d6riften  öon  1795  bis  1801  emi)orgefticgen  unb  ftanb  als  felbfis 
leudgtenbeS  ©eftirn  in  ber  ^ö^e,  ko&l^renb  ^egel  nod^  im  XnnUl  voax. 
3natoifd6en  l^atte  fid&  ganj  in  ber  6tiße  fein  3}cr]^attni§  gu  ©cfeeffing 
bod^  etmas  geSnbert,  namentlidg  in  bem  SBemugtfein  ^egels  felbft:  er 
toar  nid^t  mel^r  berfelbc,  ber  im  Stuguji  1795,  als  er  bie  ©d^rift 
„JBom  3d6  als  5Princip  ber  jp^itofopl&ie"  gelefen  l^atte,  barttber  faum 
3U  urtl^eilen  koagte,  fonbern  bemflt^ig  unb  befdgeiben  fd^rieb:  «2ld^  bin 
l^icr  nur  ein  ßcl^rling".* 

\^c§t  am  Snbe  feiner  franifurter  3cit  l^at  er  aus  eigenjier  6r» 
mögung  ben  @ntfd^Iu§  gefaxt,  nad^  3ena  ju  gelten  unb  bort  neben 
©c^eUingS  fd^on  ermorbener  ©röge  unb  fd^on  bem&l^rter  Sel^rfoaft  bie 
feinige  ju  Derfudgen./  @in  !fi^ner  Sntfd^Iug,  t)or  beffen  SluSfül^rung  er 
feine  JBorbcreitung  ganj  ungeftört  in  einer  anberen  ©tabt  gu  öottenben 
mfinfd^te,  eS  fei  nun  Srfurt  ober  Sifenad^  ober  am  Uebften  Bamberg, 
um  bort  bte  lat^olifd^e  Sieligion  in  ber  Sldl^e  gu  betrad^ten.  9liemanb 
lönne  i^m  bejfer  ratzen  als  ©d^etting,  ber  fid6  ja  felbft  einige  3Äonate 
lang  foeben  in  Bamberg  aufgel^alten  l^abe. 

3n  biefer  Slbfid^t  fd^reibt  il^m  ^egel  am  2,  5Roöembcr  1800: 
„3d&  benfe,  lieber  ©d^etting,  eine  Trennung  mel^rerer  ^dfyct  lönne  mid^ 
nid^t  t)erlegen  madgen,  um  eines  particulSren  äBunfd^eS  miHen  beine 
©efalligfeit  anguf})rec6en.  2Äeine  Sitte  betrifft  einige  Slbreffen  nad6 
Bamberg,  mo  iä)  mid^  einige  3^it  aufgul^alten  münfdge.  2)a  id^  mic^ 
enblid&  im  ©taube  fel^e,  meine  biSl^erigen  SSerl^öltniffe  gu  öertaffcn, 

>  «ßl.  biefe«  Sröerf.  ob.  VI.  (2.  «ufl.)  öu«  L  ©ap.  HI  u.  IV.  6.  29  bis 
47,  (3ubiWttm«auSgabe  ob,  VII.)  —  «  »riefe  Don  unb  an  ^egel.  I.  ©,  21. 
(SBr.  30.  SluQ.  1795.)    €.  oben  (So)).  lU.   6.  38. 


44  2)ai  €itbe  bed  Kufentl^alted  in  ber  S^toeta. 

fo  bin  td&  entfdgloffen,  eine  3ett  lang  in  einer  unoBl^ängigen  Sage  gugu« 
Bringen,  um  fic  angefangenen  ©tubien  unb  Slrbeiten  ju  toibmcn.  (£^e 
tdg  niid&  bent  litterarifdöen  ©aus  unb  SrauS  t)on  3ena  anjuöertrauen 
iDage,  n)ill  id^  tnidg  Dorl^er  burd^  einen  9luf enthalt  an  einem  britten 
Drte  ftSrlen/  „3)aS  Uebrige  gletdg,  tDürbe  idg  eine  latl^oltfd^e  ©tabt 
einer  ))roteftantif(i^en  Dorgie^en,  id&  toxtl  jene  9teIigion  einmal  in  ber 
Jfiai^c  fe^en." 

^ier  folgt  nun  eine  für  $egel  ebenfo  d^aralteriftifd^e  ald  für  unS 
intereffante  ©rHörung  über  fein  toiffenfd6afttid6e8  aSerl^ältnife  ju  ©d^etting: 
ein  fdöfinc«  3eugni6  jugleidö  feiner  SBefd^eiben^eit,  feiner  neiblofen  ^J^eube 
an  ben  S^erbienften  beS  anberen  unb  audg  feines  eigenen  burd^  felbft- 
{!&nbige  Ororfd^ung  errungenen  ©elbftgefül^IS.  ,;2)einem  dffentitdgen 
großen  ®ange  l^abe  id^  mit  Sdemunberung  unb  gfreube  gugefe^en.  2)u 
erlAgt  eS  mir,  enttDeber  bemütl^tg  barüber  ju  fpred^en  ober  midg  aud^ 
bir  geigen  gu  looDen,  td^  bebiene  midg  beS  SRittelloortS,  ba^  iä)  l^offe, 
ba§  toir  unS  afe  fjreunbe  toieberfinbcn  toerben.  3n  meiner  toiffcm 
fdgaftlid^en  äSilbung,  bie  Don  untergeorbnetern  93ebürfnif[en  ber  äRenfdgen 
anfing,  mugte  id^  gur  SBiffenfd^aft  borgetrieben  loerben,  unb  baS  Sbeal 
beS  Jünglingsalters  mugte  {td^  gur  SleflejcionSform,  in  ein  ©^{tem  gugleidg 
))ern)anbeln;  td^  frage  mid^  je^t,  loftl^renb  ic^  nodg  überaus  befdgSftigt 
bin,  toAäit  StüdEIel^r  gum  (Singreifen  in  baS  Seben  ber  äRenfd^en  gu 
finben  tft.  ä^on  allen  ällenfd^en,  bie  td^  um  mid^  fel^e,  fel^e  id^  nur 
in  bir  benjenigen,  ben  id6  aud&  in  SlüdEfid^t  auf  bie  2leu§erung  unb 
SBirfung  auf  bie  SBeft  meinen  ^reunb  ftnben  möd^te,  benn  id6  fel&e, 
ba§  bu  rein,  b.  1^.  mit  gangem  ®emüt^  unb  ol^ne  Sitelleit  ben  SRenfdgen 
gefagt  l^aft.  3d^  fdgaue  barum  aud^  in  StüdEfid^t  auf  mid^  mit  fo  Diel 
3utrauen  auf  bid^,  ba§  bu  mein  uneigennüfeigeS  Seftreben,  wenn  feine 
©))]§ftre  aud^  niebriger  lodre,  erlennft  unb  einen  SSertl^  in  i^r  finben 
fönneft.  93ei  bem  äBunfdg  unb  ber  Hoffnung,  bir  gu  begegnen,  mug 
td^,  loie  toeit  eS  fei,  audg  baS  ©d^idEfal  gu  e^ren  toiffen,  unb  Don  feiner 
©unft  ertoarten,  wie  mir  unS  treffen  »erben.  "^ 

1  SBriefe  Don  unb  an  ^egel.  I.   6*  27  u«  28. 


Tegels  ftanffutter  @tubien  unb  ^tbeiten.  45 

OfartfteS  f^apiUl 


I.  3)ic  Utfotm  bc8  ©Aftern». 
1.  2)ie  ^ufaeid^itungen. 

^  Son  ben  brei  %^^iUn,  tocld^c  bo8  l^egclfdöc  ©Aftern  in  feiner  ent= 
totdelten  ©eßalt  umfagt,  n&mlid^  Sogt!  unb  aReta^il^^ftl,  3latuxpf)xlD^ 
fopl^te  unb  ®etf}eS))]^iIofo))]^te,  ftnb  toal^tenb  ber  frcmifutter  ^al^re  bie 
(SnttDttrfe  ber  Beiben  erften  auf  l^unbertsmei  Sogen,  ber  beS  britten, 
nftmlid^  bie  Seigre  Dom  ©cifl  ober  Don  ber  ©ittUdfefeit  (gtl^il)  auf 
breifeig  Sogen  niebergefd^rieben  toorben/ben  Snl^alt  biefer  l&unbertjtoeis 
unbbrei^ig  Sogen  l^at  9lofen!ran3  in  »ortgetreuen  SluSgügen  nad^  fetner 
SBal^I  auf  jkoeiunbbiergtg  ©eiten  barjufteQen  gefugt.  ^ 

S)ie  ©pro(i&e  biefer  (Sntttürfe  loic  il^rer  ?lu8jüge  ift  fo  unbel^olfen, 
gel^emmt  unb  fdötoerfftCig,  bafe  eine  genaue  unb  tool&Iorientirte  Äenntnife 
beS  gangen  ©^fientS  in  feiner  ööttig  enttoidelten  Qform  bagu  gel^ört, 
um  biefe  erften  Uniriffe  einigermaßen  bcrftänblid^  |u  finben.  ®inc 
fold^e  SorauSfe^ung  burfte  tool^t  eine  SebenSbefdgreibung  be§  $^iIofot)]^en 
mad^en,  bie  fid^  als  „©u)}))Iement''  gu  feinen  3Ber!en  gab  unb  \>ox 
einigen  fünfgig  Salären  gefd&rieben  tourbe,  aber  fie  tottrbe  bem  3toedCe 
unb  ber  (Sinrid^tung  biefeiS  unfereS  SBerleS  tt)iber{lreitcn,  baS  t)on  bem 
SebenS^:  unb  Cl^aralterbilbe  bei$  $l^ilofo))]^en  gu  ber  €ntmidttung  unb 
S)arjiellung  feiner  ßel^re  fortfd&reitet. 

2.  (Bntnbt^ema.    SHe  9ie(igton  als  98en))toUem. 

@$  toar  ein  ©runbtl^ema,  ml(f)t^  x^n  nadg  ber  Stidgtung  unb 
bem  ©ange  feiner  ©tubien  frfil^  ergriffen,  unaufl^örlid^  befd^iftigt  unb 
feine  gefammte  ßel^re  t)on  il^ren  Slnfdngen  bis  gur  JBoffenbung  geleitet 
unb  bel^errfd^t  l^at.  S)iefeS  ST^ema  toar  bas  SBefen  ber  Keligion,  nidgt 
als  eines  ©egenflanbeS,  mit  bem  eS  bie  S^l^eologie  in  6efonberer  SBeife 
gu  tl^un  ^at,  fonbem  als  beS  9BeIt))robIemS. 

2)ie  fontifdge  fReligionSlel^re  l^atte  btn  ©egenfag  gloifd^en  bem 
aOBefen  ber  Sleligion  unb  il^rer  l^iflorifd&ctt  ©cfd^einung,  gtoifd^en  ber 


1  Äof entrang:  ^eöet«  öeben.  6.99—141, 


46  ^egeU  ftanifurter  @tubten  unb  Strbciten. 

unfttigtbaren  unb  ftd^tbaren  Stxxä^t,  teeld^e  leitete  irt  einer  flaatlid^  unb 
l^ierard^ifd^  be^errfc^ten  S^oßS-  unb  (SuItuSreltgion  t)or  Sugen  ftonb, 
auf  baS  @$Srffte  erleud&tet.  2)er  iugenblid^e  ^eget  nal^m  feine  Stellung 
in  bem  entfd&iebenftcn  ©eijl  ber  lantifd&en  ßel&re.  Sr  Derlangte  bic 
©eltung  ber  reinen  ^Religion,  ber  unfid&tboren  Äird^c.  i^SBir  tooffcn 
nid^t  gurfldEMeiben!"  @o  l^atte  il^nt  Sd^eQing  zugerufen.  ,,S3ernunft 
unb  gfreil^eit  bleiben  unfere  ßofung,  unfer  2JereinigungS})unR  bie  un= 
fi^tbare  Äird&e!"  l&otte  il^m  ^egel  ertoiebert.* 

lieber  ben  Urf))rung  ber  ^riefter^  unb  @taat8reIigionen,  tDeI$e  ja 
anä^  bie  €uItuS=  unb  ä^oltereligionen  finb,  l^atie  bie  ^ufllftrung,  ins« 
befonberc  bie  franjofififte,  bie  Änfid^t  öerbreitet,  ba§  ber  SBetrug  ba- 
bei  bie  ^auJfttoUe  gef))ielt  l^abe;  S)eS))oten  unb  Pfaffen  feien  bie  93e- 
trflger,  baS  obergldubifd^e  SBoIf  bie  betrogenen  geteefen.  2)emgemä§ 
l^Qtte  bie  fronjöpfti&e  Sleöolution  bie  Slollte  ber  ©ered&tigleit  fl)ielen 
unb  bie  9lad^e  ber  ^Betrogenen  an  ben  33eträgern  t)oD{tre(!en  motten. 
„SBenn  an  beS  legten  ^Pfaffen  ©arm  ber  le^te  Äönig  l^ängt!"  @o 
lautete  ba8  fd^redCIidbe  SBort  ©iberotS.  «Ecrasez  rinfämel»  lautete 
aSoItaireS  ceteram  censeo!  (gg  gab  eine  3eit,  tt)0  aud&  §egel  im 
©inne  ber  Sluflldrung  gemeint  toar,  bafe  jur  §enf(i&aft  ber  })oftttöen 
aieligion  unb  beS  ort^obojen  ©Aftern«  „Steligion  unb  ^Jolittl  unter 
einer  2)e(ie  fpielen  unb  jene  lel^re,  loaS  ber  2)eSt)otidmu8  tooKe''.^ 

2)iefe  ganje  Slnfd&auungSmeife  l^atte  nod^  toft^renb  feines  Slufent- 
l^alteS  in  ber  ©c^tteij  eine  toid^tige  Umgepaltung  erfal^ren  unb,  gtoar 
nidgt  Uo%  burd^  ben  untoilllürlid^en  Sinflug,  toeld^en  ba^  confertoatiDe 
5Patricier]§auS  auf  il^n  ausübte,  ©ab  eS  bodft  eine  aSoIfö-  unb  ©ultuS- 
retigion,  bie  au8  retigiofen  Siaturanfd&auungen  l^erborgegangen.  bid^te^ 
rifdg  auSgeftaltet,  !ünftlerifd^  t)oIIenbet  toar  unb  burd^  il^re  ©d^Snl^eit 
baS  Snt Juden  ber  9Belt,  t)or  allem  bas  SntaüdEen  ber  aufftrebenben 
beutfd&en  3ugenb,  bie  Don  SBinfelmann  unb  ßeffing,  Don  Berber, 
©oetl^e  unb  ©dritter  l^erlam.  SBer  Ig&tte  behaupten  motten,  bag  bie 
©Otter  ©ried^enlanb«  au8  eigennü^igen,  betrügerifc^en  SWotiüen  Don 
?Prieflem  unb  3)e8j?oten  erfunben  toorben  feien?  SBal^rlidö  nid^t  unfere 
brei  tübinger  ©tiftler:  ^ölberlin,  ^egel  unb  ©d^etting!  Unb  bodft 
toaren  biefe  ©ötter  auc^  ©taatSgötter,  toeld&c  nid&t  l^atten  bulben  motten, 
ba§  man  fie  begmeifle  ober  Demeine,  unb  benen  bie  altgläubigen 
^tl^ener  fogar  ben  ©ofrateS  geopfert  l^atten. 


^  e.  oben  dop.  HL  6.  35.  -  >  «benbaf.  6.  31  u.  32. 


^egeli  frantfuiter  6tubien  unb  fCrbeiten.  47 

n.  S)te  SteltgtonSenttDidEIung. 
1.  2)a<  (Enbatel. 

Sßenn  aber  bte  ]^ellemf(|e  Sfteltgion  niiit  auf  betn  SBege  bei  Sflge 
unb  beS  93etrug8  gu  @tanbe  gefomtnen,  fonbem  aus  beut  Sßefen  ber 
Sleltgton  unb  bem  gef(i^id&tHdgen  (Sänge  bet  3Jlenfdg]^ett  entflanben  \% 
fo  tt)irb  eS  ftiig,  bte  @a(i^e  im  ®rogen  unb  ©anjen  Betradgtet,  mit 
ben  l^iftotifd^en  unb  ))ofttit)en  Steligionen  tool^I  dl^nlid^  Dermaßen.  Aant 
l^atte  bie  unftd^tbare  RxxtS^e  ber  fiii^ibaren  ntd^t  blog  entgegen-,  fonbem 
Qud^  gunt  3 tele  gefegt  unb  ben  reltgiöfen  Untoertl^  unb  SBertl^  ber 
Unteren  na(i^  bem  SJlage  gefcbft^t,  in  toeldgem  fte  ber  unftd^tbaren 
Äird&e,  b.  ^.  bem  SBefen  ober  SBegriff  ber  Sleligion  toiberftreitet  ober 
entf))rid^t,  gutotberlöuft  ober  fid^  annAl^ert. 

9lud^  jiant  ]§atte  geleiert,  ba§  ber  tbeale  ober  gftttlidg  geftnnte 
3ölenfd&  baS  3tel  ber  ?Kenfd6]&eit,  ber  enbgiDedE  ber  ©(]6öj)fung,  ber 
SogoS,  ber  en)tge  Sol^n  ©otteS  in  feiner  gefdgid^llid^en  Srfd^einung  bie 
$erfon  ^efu  Sl^rifti  fei,  ba§  bemnad^  baS  SBefen  ber  [Religion  in 
nid^td  anberem  befleiße  als  in  bem  ))ra!tifd&en  ®Iauben,  b.  1^.  in  ber 
Slad^folgung  ^t\vi  S^rifti,  loie  fd^on  bie  alten  äR^ftiler  SdEarbt,  £auler, 
Sil^omaS  a  AempiS  Derianbet  Ratten;  ber  SBeg  beS  religiöfen  STlenfd^en 
]^at  bie  Srreid^ung  ®otted,  bie  SSereinigung  mit  il^m,  bie  ®ottU)erbung 
jiim  3tel:  nid^t  bie  JBergöttcrung,  fonbem  „bie  Sergottung",  loie  bie 
37l^{ti!er  biefeS  DöQige  Slufgel^en  in  ®ott  genannt  l^atten.  SBenn  bie 
Slnnäl^erung  an  ®ott  nid^t  ein  blofeeS  ®erebe  fein  fott,  fo  mu§  bie 
ßneic^ung  ©otted  unb  baS  Slufgel^en  in  il^m  ^ine  3Jl5gHd^!eit  fein, 
U)a$  eine  ®otte8ibee  DorauSfe^t,  meldte  nid^t  in  bem  S)ualidmu8  gioifd^en 
®ott  unb  3BeIt  befangen  unb  ftedEen  bleibt,  fonbem  bie  SBelt  in  fid^ 
fdgßegt,  freilid^  in  einem  tieferen  @inn,  als  ber  gemSl^nlidge  ^antl^eis« 
muS  auIS^t,  nadg  toeliibem  SldeS,  mie  es  gel^t  unb  fielet,  in  ®ott  ift. 
Die  ^rage  jener  ^nndl^emng,  baS  SBort  emfll^aft  genommen,  l^atte 
unferen  §egel  fd^on  lange  bcfd&ftftigt.  3d6  erinnere  an  jene  fel&r  be» 
merfenStocrtl^e  Sleufeerung  in  feinem  ©riefe  an  ©döctting  t)om  30.  Slugujl 
1795:  „3<^  )Dar  einmal  im  99egriff,  eS  mir  in  einem  Sluffa^e  beutUd^ 
)u  mad^en,  toaS  eS  l^ei^en  !önne,  fid^  ®ott  gu  nftbem,  unb  glaubte 
barin  SSefriebigung  beS  ^oftulats  gu  finben,  ba^  bie  ))ra!tifd^e  fßtx^ 
nunft  ber  äBelt  ber  Srfdbeinungen  gebiete,  unb  ber  übrigen  ^oftulate".^ 

Sluf  bi'efem  SBege  fortfdgreitenb,  lam  er  gu  feinem  eleufinifd^en 
SDl^fierium,  gu  bem  ©runbgebanfen  feiner  »rgleufis": 

1  »tiefe  Don  unb  an  ^egel.  I.   6, 16.    6.  oben  Hap.  111.  6.  33. 


48  Tegels  franffutter  6tubien  unb  SCrbeiten. 

99aS  mein  id^  nannte,  fd^ninbet. 
34  gebe  mid^  bem  UnennegUd^en  ba^in. 
3d^  bin  in  il^m,  bin  Stiles,  bin  nur  ti. 


2.  !p^tIofo))^ie  unb  9leIigion.    6d(teietmad(etS  Sieben. 

Sie  fran!furter  aRobificQtioncn  l^aBen  btcfe  3been  auf  bie  d&rifts 
Ii$e  SReltgton  angeiDenbet  idoI^I  unter  bem  mittDtr!enben  ßinflufye  ber 
Sleid^iettigen  SReben,  toeld^e  @dgIeiennQ$er  „lieber  bie  9leKgton  an 
bie  ©ebilbeten  unter  il^ren  aSerad^tern"  gerid&tet  l^atte  (1799).  aOBirb 
in  ber  Steligion  ®ott  in  SBal^rl^eit  erlebt,  fo  ftnb  in  il^r  ba8 
gdttlid^e  unb  ntenfd^Hd^e  ober  baS  unenblid^e  unb  enblid^e  Seben  toirt 
lidg  t)ereinigt,  nidgt  blog  baS  Unenblid&e  unb  Snbli^e.  3n  einigen 
Setradjtungen,  toeld&e  mit  bem  3)atum  beS  14.  September  1800  unter« 
geid^net  ftnb  unb  barum  afe  ©djlufepunft  ber  franffurter  5|Jeriobe  gelten 
bürfen,  legt  ^egel  einen  fel^r  nad^brüdlid^en  %on  auf  ben  Unterfdgieb 
glDifdgen  ber  (Sin^txt  beS  Unenblid^en  unb  (Snblidgen  unb  ber  ßin^eit 
beS  unenblid^en  unb  enblid^en  ßebenS.  3)enn  bie  lebenbige  Sin^eit 
befd^rSnft  fid^  nidgt  auf  ben  ©efül^ISgufianb  unb  fdglie^t  bie  ben!enbe 
93etrad^tung  nidgt  t)on  ftdg  auiS,  aU  oh  fte  berfelben  gar  nid^t  bebttrfe. 
SEBie  fid^  in  ber  Steligion  bie  benlenbe  ääetrad^tung  gu  ®ott  t)txfiüt, 
fo  t)er]§att  fid&  bie  ^l^ilofop^ie  gur  Sleligion. 

3n  feiner  tiefftnnigen,  fprad^Iid^  etlDaS  gel^emmten  unb  unftflfftgen 
Slrt  fagt  ^egel:  „Xa^  ben!enbe  Seben  l^ebt  aus  ber  ©eftalt,  aus  bem 
@terblid^en,  aSergSnglid&en,  unenblid^  Sntgegengefe^ten,  fid^  SSelSrnpfenben 
l^erauS  baS  ßebenbige,  X)om  SBergel^en  Sreie,  bie  Sejiel^ung  ol^nc  ba8 
Sobte  unb  fid&  SBbtenbe  ber  SWannid&faltigfeit,  nid&t  eine  (Einl^eit,  eine 
gebadete  ääegiel^ung,  fonbem  alllebenbigeS,  alßrAftigeS,  unenblid^es  fieben 
unb  nennt  eS  ®ott.  Siefe  Crl^ebung  beS  SWenfd^cn  nidfet  üom  ©nb« 
lid5en  jum  Unenblid^en,  —  benn  baS  finb  nur  ?Probucte  ber  bloßen 
Sleftejion  unb  als  fold&e  iji  il^re  SCrennung  abfolut  — ,  fonbem  üom 
enbli^en  gum  unenblid^en  ßebcn  ifl  Steligion."  „SBenn  ber  9)lenfd^ 
baS  unenblid^e  8e6en  als  ©eiji  beS  ®angen  gugleid^  auger 
fid5,  toeil  er  fclbfi  ein  ajefd&rdnites  ifl,  fegt,  fid&  felbfi  gugleidö 
auger  fid^,  ben  befdgrAntten  fegt  unb  ftd^  felbfl  gum  Sebenbigen 
tmpoxfftU,  aufs  Snnigfte  fid&  mit  il^m  t)ereinigt,  fo  betet  er  ®ott 
an."  „S>iefeS  Zl^eilfein  beS  fiebenbigen  ]§ebt  ftd^  in  ber  Stetigion  auf, 
bas  befd^rSntte  Qeben  erl^ebt  fid&  gum  Unenblidgen,  unb  nuD  baburd^^ 
bag  baS  Snblid^e  felbfi  Seben  ifi,  trdgt  eS  bie  2R5glid^!eit  in  ftd^,  gum 


Tegels  ftantfurtet  @tubten  unb  9(tl6citen.  49 

unenbHd^en  fieben  ftdg  }u  ergeben.  2>te  ^|^tIofo))]^ie  mvL%  eben 
borum  mit  her  aicUgion  aufhören."* 

SBitb  bie  Sinl^eit  beS  Unenblid&en  unb  Snblid^en  in  baS  ©efül^l 
flefejt  unb  barüber  reflectirt,  \o  gcl^t  boS  SQBefen  ber  ©adfec,  bie  objjccs 
ti))e  Sntpfinbung  ))erIoren  unb  toirb  in  bie  ^Rannid^faltigleit  ber  eingelnen 
fttl^Ienben  ©ubjede  aufgelSfl.  ,,®5ttIid&eS  ©efai^I,  baS  UnenbUdge  t)om 
(&nhl\(btn  geftt^It,  toirb  erft  baburii^  &ert)oIl[flSnbi8t,  bag  Sleftesion  l^in- 
gu!ommt,  übet  il^m  t>txtDtxlt.  (Ein  ä^erl^dltnig  berfelben  gunt  ©efül^I 
tp  aber  nur  ein  (gtfennen  bcffelben  afe  eine»  ©ubjectiDen,  nur  ein 
JBetoufetfein  be8  ©efül^I«,  getrennte  ÄefteEion  über  bem  getrennten  ©e« 
fül^L"'  @$  ifl  tDol^I  nt(^t  3u  Derlennen,  bag  ^egel  an  biefer  @teDe  ©d^leier« 
mad&erS  SReben  t)or  Singen  l^at  unb  il^ren  @tQnb))unIt  ber  ©efül^Ureligion 
beldmpft,  toie  er  aud^  in  ber  Qfolge  bicfen  ©egenfa^  ftet«  fejtgel^atten. 
9tid&t  in  bem  ©efül^I,  tool^t  aber  in  bem  SSetoultjein  unb  ber  benfenben 
93etrad^tung  ift  bie  9lot]^tDenbig!eit  entl^alten,  bag  bie  Sleltgion  fttig 
bifferenjirt,  b.  )§.  in  befonberen  SleligionSarten  unb  ©tufen  entttitfett. 
^ier  geigt  fid^  fd^on  ^egels  eigener  StanbpunH  im  Unterfd^iebe  nid^t 
bIo§  üon  ©(fileiermad&er,  fonbem  aud&  t>on  gidfete  unb  ©d&ctting. 

@r  fagt:  „9teIigton  ift  (Srl^ebung  beS  Snblid^en  gum  Unenblid^en, 
unb  eine  fold&e  ift  notl^toenbig.  benn  jeneiS  ift  bebingt  burd^  biefeS. 
Slber  Quf  toeld^er  ©tufc  ber  6ntgegenfe^ung  unb  Bereinigung  bie  be= 
ftimmte  Statur  eined  ©efd^ted^tis  üon  aßenfd^en  ftel^en  bleibt,  ift  gu» 
fallig  in  SlüdEftd^t  auf  bie  unbeftimmte  92atur.  S)te  t^oQIommenfte 
ä^oÜftanbigleit  ift  bei  fÖblUxn  m5gtid&,  bereu  geben  fo  toenig  als  mSg- 
Kd5  gerriffen  unb  gertrennt  iji,  b.  1^.  bei  glüdUd&cn.  UnglüdtKd&ere 
fönnen  nid^t  iene  Stufen  erreidgen,  fonbem  muffen  in  ber  Trennung 
um  Srl^altung  eineiS  ©liebeS  berfelben  um  @elbftanbig!eit  fid^  be« 
!ümmem.  @ic  bürfen  biefc  nid^t  X)crlieren,  il^r  l^od^jicr  ©tolg  muß 
fein,  bie  Trennung  feft  unb  balS  @ine  gu  erl^alten,  man  mag  biefeS 
nun  t)on  feiten  ber  ©ubjjectiDität  als  ©elbftSnbigfeit  betrad^ten  ober 
t>on  ber  anbem  ate  frembeS,  entferntes,  unerreid&bareS  Dbiect."* 

3.  ^ie  SOßeltreltgtonen« 

S)ie  beiben  g^actoren,  teeld^e  baS  SBefen  ber  ^leligion  auSmad^en, 

finb  bas  unenblid^e  unb  enblid^e  ober  baS   göttlid^e  unb  menfd^Iidge 

ßeben:  t>on  ber  Slrt  il^rer  ©ntgegenfe^ung  l^ängt  bie  Slrt  il^rer  Ser« 

einigung,  alfo  aud^  bie  ^rt  ober  ©tufe  ber  9leIigion  ab;  nun  ift  bie 

1  9lof enf rana.  @.  95  ftgb.    -    >  Sbenbaf.  €.  96.   —   »  Sbenbaf.  €.  98. 
Sifd&er,  «efd^.  b.  WM.  Vm.  K.  «.  i 


50  ^egeU  franlfuttet  6tubten  unb  9(tbeiten. 

%ü  folDol^I  ber  Sntgegenfe^ung  aU  audg  ber  ä^eretnigung  burd^  bad 
S^oÜSbetDu^tfetn  itnb  beffen  em))mfd^ei$  S)afetn  bebtngt:  ballet  bas 
SBcfen  ber  3lcUflion  notl^toenbigcrtocifc  fid&  in  l^ijiorifd&cn  ©cflaltcn 
auSprSgt  unb  entfaltet. 

(SS  giebt  gtoei  Sitten,  auf  xotlä^t  fomol^t  bte  (Sntgegenfe^ung  als 
aud^  bte  aSereintgung  jener  betben  g^ctoren  ftd^  DoOgtel^t:  ,,@S  ift  gu- 
fällig,  tocldfee  ©eite  baS  95etou&tfein  aufgreift,  ob  bie,  einen  ®ott  gu 
fürd^ten,  ber  unenblid^  über  aEer  ^inintel  Fimmel,  über  aUer  93er:: 
binbung  Slngel^ören  erl^aben,  über  ber  9tatur  fc^ioebenb  —  überrndd^tig 
fei;  —  ober  fid^  als  reineS  2[d^  über  ben  SLtümmem  biefeS  SeibeS  unb 
ben  leud^tenben  @onnen,  über  ben  taufenbmal  taufenb  ä8elt!örpem, 
Aber  ben  fo  t)iele  mal  neuen  @onnenf^ftemen,  als  eurer  aOe  finb, 
il^r  leud^tenben  ©onnen  —  ju  fe^en.  SBenn  bie  Trennung  unenblid^ 
ip,  fo  ifi  baS  Qfisi^^«'^  i>cS  ©ubjectiüen  ober  Dbiectit^en  gleidjgültig, 
aber  bie  (Sntgegenfe^ung  bleibt,  abfoluteS  SnblidgeS  gegen  abfoluteS 
Unenblid&eS."^  3)ie  Sfijirung  beS  ©egenfafeeS  in  ber  erfien  gform  i|t 
bie  ntofaifd&e  Steligion,  bie  in  ber  gtoeiten  bie  fid^tefd^e. 

9lud^  bie  93ereinigung  gefd^iel^t  auf  bo))))elte  Slrt:  enttoeber  in  ben 
®eftalten  etoig  gültiger  menfd^lid^er  2[beale  ober  in  ber  Srfd^einung 
eines  eingigen  toirflid^en  3Renfd^en,  in  beffen  ©efd^id^te  bie  ©ottl^eit 
il^r  SBefen  offenbart.  S)ie  Steligion  ber  Srl^abenl^eit  ®otteS  ift  baS 
2[ubent]§um,  bie  ber  ntenfd^Ud^en  @d^ön^eit  baS  ^ellenentl^um,  bie 
ber  SDlenfd^toerbung  ©otteS  baS  Sl^riftentl^um. 

3BaS  bemnad^  baS  SSerl^Sltnig  beS  göttlidgen  unb  menfdglid^en 
fiebenS  (®ott  unb  äSelt)  betrifft,  fo  ftnb  es  brei  ^au})t=  unb  ®runbs 
formen,  toeld^e  baS  menfd^lidge  SBetougtfein  erlebt  unb  burdglduft:  1.  bie 
SSereinigung,  toeld^e  aDer  Trennung  unb  €ntgegenfe^ung  üorauSgel^t, 
barum  füglid^  als  bie  natürlidge  Sinl^eit  (®ott  in  ber  9tatur)  begeid&net 
toerben  lann,  2.  bie  Betreibung  ber  natürlid^en  ©inl^eit  ober  bie  6nt» 
gegenfe^ung  beiber  Söctoren:  ®ott  über  aller  SWatur,  3.  bie  ginl^eit, 
toeld^e  bie  Sntgegenfe^ung  t)orauSfe^t  unb  auS  il^r  ]^ert)orge]^t,  b.  i.  bie 
Sieligion  ber  3Biebert)ereinigung  ober  93erfö]^nung,  in  toeldäer  bie 
©runbibee  aller  9leligion  befielet,  benn  baS  3iel  if^  <^ud^  baS  SBefen 
ber  @ad&e.    S)aS  Se^te  ift  auc^  baS  Srfte. 

S)ie  toeltgefd6id6tlid&en  formen  beS  religiofen  SäetoufetfeinS  finb 
bemnad^:  1.  bie  Staturreligion  unb  bereu  l^öd^fte  SSlütl^e  unb  g^rud^t 


mofcnftana.  6.99. 


Tegels  franlfutter  6tttbien  unb  arbeiten.  51 

bie  l^ellenifd^e  äTl^il^oIogie,  toeld^e  SBtr!Itd^!ett  unb  $oefie,  Statur  unb 
®efd^tdgte,  S)id&tung  unb  Aunfl  in  ftd^  Deretntgt,  aber  in  !etne$  btefer 
Elemente  ftdg  auflofen  lagt,  2.  bie  jübifd^e  9leIigion,  beten  XtAger  baS 
3ertif|en|!e  aller  93öl!er  ifi,  3.  bie  (i^riftli(^e  Steligion,  bie  auiS  ber 
iübifd^en  ^ert^orgel^t,  toie  bie  ^eQenifd^e  aus  ber  natfirlid§en. 

4.  di^axalin  ber  4ti|ili<Qen  fReltgton. 

3m  SJttttetpunft  ber  d&rifllid^en  ©laubensibeen  {tel^t  bie  $erfon 
Cl^rifti.  2Ritten  in  einer  flottentfrembeten,  flottöerlafTenen,  öößig  ent 
gStterten  SBelt,  bie  loie  ,,ein  entoeil^ter  Seid^nam"  baliegt,  ift  unter 
allen  SJlenfd&en  bicfcr  ber  einjige,  ber  fid&  ^mit  bem  Slbfoluten  eins 
ttei§",  bicfe  Sut)erfid6t  in  fid&  trägt  unb  bie  Äraft  l^at,  fie  in  anberen 
gu  toeden.  SRan  ntug  jt(i^  ben  l^iftorifd^en  SBettguftanb  xoofjli  t)ergegen= 
tD&rtigen,  auS  iDeld^em  bie  $erfon  Sl^rifti  l^ertoorgel^t.  S)aS  römifdge 
SBeltreid^,  fd^on  in  ber  ©eflalt  ber  SlQeinl^errfd&aft,  l^at  bie  lebenbigen 
3nbit)ibualitftten  ber  fBblUx  gerf dalagen;  baS  SIQgemeine  ift  ol^ne 
lebenbige,  inbit)ibuene  ©lieberung,  bas  Singeine  unb  SJereingelie  ift 
ol^ne  SrfaUung:  jenes  ift  unlebenbig,  biefeS  ift  unt)erfö]^nt,  bie  SBelt 
iji  8be  unb  langtoeilig;  bie  cingige  Offenbarung  ©otteS  in  ber  SOBelt 
ift  baS  religifife  Setoufetfein  biefeS  2Renf(i6en,  ben  bie  SBelt  öeriiiftt 
unb  üerad^tet,  mit  allen  Seiben  überl^duft,  ben  fd^mad^^  unb  quatooltften 
2;ob  fterben  Isgt.  SBaS  in  ben  Slugen  ber  SBelt  baS  Sdgmdl^lid^fte 
unb  Sntel^renbfle  ift,  ber  ©algen,  U)irb  als  Areug  baS  @^mboI  beS 
d^riftUd^en  ©laubenS,  baS  S3egeid^nenbfte»  gleid^fam  baS  Signal  feines 
Sl^arafterS.  ^ 

3n  grniebrtgung  unb  ßeiben,  in  Sob  unb  Sluferpelöung  offenbart 
ftd^  ©Ott  in  ber  SBelt  unb  ^Jlenfd^l^eit:  bie  ©efdgidgte  Sl^rifti  ift  bie 
©efdgid^te  ©otteS.  Unb  toie  ber  lebenbigfte  ©olt  iebeS  ä^oUeS  ftets 
als  beffen  Jlationalgott  erfd^eint,  fo  iji  ©l^riftuS,  ba  in  il^m  ber  alleinige 
©Ott  fein  SBefen  bartl^ut  unb  offenbart,  „ber  3iationaIgott  ber 
SKenfdftl&eit".  SBie  aber  bie  menfd&Ud&e  ©efd&id&te  3efu  unb  bie  gott= 
lid^e  ©efdbid^te  Sl^rifti  in  ber  et)angelifd^en  ©efd^id^te  3efu  S^rifti  fidb 
gufammengefflgt  unb  X)crcinigt  l^aben:  biefc  grage  l^at  §egel  unerörtert 
getaffen. 


1  SHofenfrang.  €•  35—40. 

4* 


52  ^egeU  frantfurtet  Gtubten  unb  9(rBeUen. 

III.  fRcüßion  unb  ^ßl^ilofopl^tc, 
L  2)te  neue  Stufgabe. 

3m  @:^rtfient]^um  ift  bte  SBelt  tnit  ®ott  t)erf5^nt  unb  toirb  bal^er 
glDar  ntd^t  toieber  t)erg5ttert,  tote  in  ber  l^eUenifd^en  SDl^tl^ologte,  tool/t 
aber  toiebet  Qtmxfit  unb  gd^eiligt.  3)ie  aScreinigung  ber  SBleufd^l^etl 
mit  Sl^rifluS  üoQjtel^t  fi<^  im  €uliu8:  t)or  allem  in  bem  @acrament 
beS  Slbenbrnal^lS;  bie  ®efd6i(i^te  ©otteS  toirb  in  gbttUd^en  unb  l^eUigen 
©eftalten  gur  %nf(^auung  gebrad^t:  bieS  gefd^iel^t  burd^  bie  Aunft; 
unb  ba  bie  ©efdgid^te  ©otteS  ein  Sl^ema  Don  etoigem  ^nl^alt  ifl  unb 
aU  fot^ed  eine  etoige  SBal^rl^eit  auSmad^t,  \o  miQ  biefelbe  gebanlem 
tnftgig  gefaxt  unb  fi^irt  fein:  bieS  gefd^ie^t  burd^  baS  2)ogma,  oor 
Quem  burdb  bad  ber  Zrinitftt. 

2)ai$  S^riflentlgum  ald  fd^one  9leItgion  ifl  ber  Aatl^oIiciSmuS. 
2>a  aber  bie  Offenbarung  aU  ett)ige  SBa^r^eit  nidgt  blog  angefd^aut, 
nid^t  Mo6  bogmatifdfe  feftgefteHt,  fonbern  in  ber  il^r  allein  gemäßen 
Oform  beS  ©ebanlenS  er!annt  unb  getougt  fein  toiO,  fo  mug  ber  @nt- 
toidSungdgang  beS  S^riflentl^umS  oom  Aat^oticidmuS  bur((  ben  $ro» 
teftantismud  gur  ^^ilofopl^ie  fortfd&reiten.  S)er  3sitpun!t  ift  gefommen, 
in  toeld&em  baS  ©^rifientl^um  im  Segriff  jiel^t,  biefeS  3irf  ju  erretd^en. 
S)ie  $^iIofo))]^te  l^at  mit  ber  9leIigion  aufjul^Srcn,  unb  bie  Sleligion 
mit  ber  ^l^Uofopl^ie.  3n  biefem  AreiSlauf  befielet  unb  OoIIenbet  ftd^ 
baS  Softem  ber  le^teren.  3n  einer  fold^en  religiöfen  ^l^tlofopl^ie  unb 
))]^iIofo))]^ifdgen  9fteIigion  fal^  ^egel  fd^on  in  O^ranlfurt  bie  gettgemSge 
Slufgabe  ber  ^^ilofopl^ie  unb  erlannte  barin  bie  feinige.  SBir  fönnen 
fagen»  bag  bie  f^ftematifd^e  Sbfung  biefer  ^lufgabe  ben  €]^ara!ter  unb 
bie  93ebeutung  berjenigen  Seigre  fonnjeid^net,  toeI($e  man  l^egelfd^e 
!p]^iIofo))]^ie  nennt. 

Caffen  ©ir  ben  5|J]^iIofol)^en  felBfi  reben:  ^9lad&bem  nun  ber 
$roteftantiSmu3  bie  frembe  SBeil^e  auSgejogen,  (ann  ber  ©eift  fid^  aU 
©eifi  in  eigener  ©eftalt  gn  l^eiligen  unb  bie  urfprflnglidge  ä^erfol^nung 
mit  ftd^  in  einer  neuen  SReligion  l^ergufteQen  toagen,  in  n)eld^e  ber 
unenbli($e  @d^merg  unb  bie  gange  @(^toere  feines  ©egenfa^e§  auf» 
genommen,  aber  ungetrübt  unb  rein  fidg  auf(öß,  toenn  eS  nSmlid^  ein 
freies  93oIf  geben  unb  bie  SSemunft  i^re  Slealitdt  als  einen  fittUd&en 
©eift  toiebergeboren  ^aben  toirb,  ber  bie  Aül^nl^eit  l^aben  fann,  auf 
eigenem  Soben  unb  auS  eigener  aRajefldt  fid&  feine  reine 
©efialt  gu  nel^men.  3eber  Singeine  ift  ein  blinbeS  ©lieb  in  ber 
Rette  ber  abfoluten  9?ot]^»enbig!eit,  an  ber  fid&  bie  SOBelt  fortbilbet. 


Tegels  franlfuYter  Gtubicn  unb  9(r(etten.  53 

3cbcr  (Einjelnc  lann  fid&  jur  ^errfd^aft  über  eine  Qxb^nt  ßattße  btcfcr 
Äelte  allein  ctl^eben,  xotnn  er  erlennt,  tool^in  bie  flrofee  SRotl^toenbigleit 
toiQ  unb  aus  biefer  Srienntnig  bie  3aubern>orte  auSfpred^en  lernt,  bie 
il^re  ©eftalt  l^erDorrufen.  S)iefe  Srienntnig,  bie  gange  Energie  beS 
fieibenS  unb  belS  ©egenfaffed,  bie  ein  paar  taufenb  ^al^re  bie  SBelt 
unb  alle  ({formen  il^rer  StuSbitbung  Bel^errfd^t  l^at,  gugleid^  in  ftd^  }u 
fd^Iiegen  unb  fi(i^  ilber  il^r  gu  erl^eben,  biefe  (Erlenntnig  t)erma0  nur 
5ß]^iIofop]^ie  gu  geben/ ^ 

2.  2)ie  ®runtibee:  bet  abfotute  ®ci9. 

2)'te  SBeltreligionen  ftnb  bie  Stufen,  toeld^e  baS  ®otte8ben)ugtfein 
ober  bie  ©otteSerfenntnig  t)on  feiten  ber  äJlenfd^l^eit  erlebt  unb  burd^- 
iSuft.  S)a  nun  ®ott  allein  in  allem  iß  unb  auger  il^m  niii^tiS,  fo  mug 
jener  S38clt=  unb  ßrfenntnifeprocefe  fo  gefaxt  »erben,  baft  er  auS  bem 
SBefen  ©otteS  ]^ert)ors  unb  in  baffelbe  gurfidgel^t,  bag  alfo  ©ott  biefe 
beiben  SBefeniSeigentl^flmli^feiten  t)ereinigt:  1.  er  ifi  baS  unenblid^e,  in 
fid^  t)oIIenbete  ober  befd&Ioffene  @ein,  baS  abfolute,  toie  audg  @))inoga 
©Ott  ens  absolute  infinitum  genannt  l^at;  2.  er  ifi,  ba  er  fid5  im 
(£rfenntni6})roce&  offenbart,  felbft  erlennenben  SBefenS,  b.  1^.  ©eift. 
©Ott  ifi  bemnad^  ber  abfolute  ©eifl,  ber  fid^  im  SffieltproceS,  b.  1^.  in 
bem  SnttoidlungSgange  ber  SBelt  nad^  en)igen  ©efe^en  offenbart,  inS« 
befonbere  in  ben  Steligionen  ber  SBelt,  beren  l^od^fte  leine  anbere  fein 
lann  als  bie  „Steligion  beS  ©eifted",  n)ie  fte  im  S^riftentl^um  gu 
Sage  tritt. 

©dfeon  in  ben  fran!furter  95etrad6tungen,  in  ben  erftcn  Umriffen 
beS  @^ftem8,  finb  bie  folgenben  ^Begriffe  gleid&toert^ig:  balS  abfolute 
©ein  =  baS  «bfolute  =  ©ott  =  ber  abfolute  ©eifl  =  SJemunft 
(abfolute  SJcmunft)  =  ©clbjierlenntniB  (©elbflunterfd^eibung)  =  ©elbfl« 
Derboppelung  beS  Slbfoluien.  S)ie  „93erbo))peIung"  befagt,  bag  in  ber 
©elbfter!enntnig  unb  ©elbftunterfd^eibung  beS  ^bfoluten  ber  ©egenfianb 
lein  btogeS  ©egenbilb,  lein  blog  t)orgefteIl[te8  ober  gebadetes  Objject  ifi, 
fonbem  ebenfaDS  abfolut,  b.  1^.  in  fid^  üollenbet,  felbftSnbig  ober  real, 
bas  toal^rl^aft  „9lnbere",  in  meld^em  ©ott  fomol^I  fid&  felbft  anfd^aut 
unb  er!ennt  als  t)on  i^m  angefd^aut  unb  erfannt  toirb.  Sion  nun  an 
ift  unb  bleibt  ber  abfolute  ©eift  unb  feine  Offenbarung  in  ber  SBelt- 
enttoidtung  ber  ©runbbegriff  unb  baS  ©runbtl^ema  ber  l^egelfd^en  fiel^re. 


1  Slofenfratts.  €.  140  u.  141. 


54  Tegels  franffutter  6tubten  unb  SttBeiten. 

3.  2)te  eiieberung  beS  S^ftemg. 

3n  bcm  g^flem  bcö  Qbfolutcn  ©cifieS  finb  brci  ^QUptformen  ober 
©tufcn  ju  untcrfdöctben,  bic  toir  in  bcr  Äürgc  afe  feine  3bee,  feine 
Srfd^einung  unb  feine  S^oDenbung  bejeid^nen  fönnen.  9lnberS  auS- 
gebrücft:  bcr  abfolute  ©eijl,  ©ie  er  an  ftd&  ifi,  toie  er  in  bcr  SBctt 
ober  aU  äBett  crfdgcint,  toic  er  ats  Stcligion,  (toomit  Aunfi  unb  ^l^ilo- 
\op^xt  auf  bas  ®cnaucfie  gufantmcnl^ängcn)  gu  fid^  gurflcücl^rt. 

S)iefen  Untcrfd&icbcn  Qtmi^  fliicbert  ftd^  baS  ©^jicnt  junftd^fl  fo, 
bafe  ber  religiifc  ®eift  ober  ©lauBc  ate  bcr  pttlidöc  ©cmcinaeifl  gefaxt 
toirb,  tocld^cr  alle  erfttQt  unb  fid^  in  Sitte  unb  Staat,  in  9leIigion  unb 
®uttu8,  in  Äunfl  unb  SBijfenfdöaft  barftefft.  3)er  abfolutc  ®eijl  ent=: 
faltet  fein  SBcfcn  afe  3bcc,  SRatur  unb  ©ittli*feit.  Sic  5ß^iIofop^ie 
afe  bic  (5r!cnntni§  beS  abfolutcn  ©eifleS  t^eilt  fid&  bemnadj  in  bic 
ßcl&re  t>on  bcr  3bce,  t)on  bcr  SRatur  unb  t)on  bcr  @ittlid6!cit,  b.  ^.  in 
bicfe  brci  SE^cilc:  ßogif  unb  3Rttap^^l  SRaturpl^ilofopl^ic  unb  etl^ü. 

3n  bcn  franifurtcr  Umriffcn  finb  Sogil  unb  TOctapl^^fit  oBttol&I 
in  einer  SBäijfcnfdJaft,  bod&  t)on  einanber  nod&  gefd^icbcn:  bic  ßogif  iji 
bie  ßcl^re  X)om  ©ein,  S)cn!en  unb  grfennen,  bic  SWctajjl^^fil  bie  ßcl&rc 
4)on  bcn  ©runbfa^cn,  t)om  SBcfcn  ber  3)ingc  unb  üom  3d6.  9lfe  bie 
ßcl^re  X)om  JBcfcn  ber  S)ingc, .  ndmlidö  t)om  SBäcfcn  bcr  ©cclc,  bcr  Seit 
unb©ottc8  nennt  jte  ^cgcl  „bie  SWctapl^^fil  ber  DbiediDitöt" ;  afe  bic 
ße^re  t)om  3cl^,  namlicfi  t>om  tl^corctifd&cn,  praftif^en  unb  abfoluten 
3(ft,  nennt  er  fic  „bic  ajletapl^^fi!  bcr  ©ubicctiDitdt",  ttoBci  pd6  un= 
fd&tocr  ericnnen  Wfet,  bafe  il^m  unter  iener  bie  atte,  toolfifd&e,  X)on  ßant 
öcrurtl^cilte  SWctapl&^pI  bc3  ffiogmatiSmuS,  unter  bicfer  bagcgen  bic 
neue,  öon  ßönt  bcgrünbetc,  t)on  gfid^tc  unb  ©cficßing  fortgcfttl^rte 
3Reta))]^9{tI  ber  ©egenmart  t)or  9lugcn  ftanb. 

4.  (Bin  politifd^er  CnttDutf. 

SBai^renb  ^cgcl  bantit  bcfdgäftigt  toar,  bcn  @ntn)urf  unb  bie  Utn= 
rijfe  eines  ))^itofo))l|ifd6cn  SBcItf^ftcntiS  ju  gcftaltcn,  tourbe  er  int  3al^rc 
1798  Don  poUtifd^cn  O^ragcn  auS  bcr  unmittelbaren  ©egenmart  feines 
rcformbcbürftigen  f)cimat]^Ianbc8  fo  tief  ergriffen,  bafe  er  bcn  5|Jlan 
fafete,  bic  barouf  Bcjügüdöcn  fragen  unb  Sorbcrungen  in  einer  5Iug= 
Wrift  auSjufül&ren,  tocld^e  feinen  ßanbsicutcn  gctoibmet  unb  „an  baS 
ttürttcmbcrgifd&e  SSoIf  gcrid^tet  tocrbcn  follte.  S)a8  SCl^cma  l^ic§:  „Safe 
bie  ©ürttcmbcrgcr  aJlagiftrate  öom  SJoII  getoöl^lt  werben  müjfcn''. 
Ober  „t)on  bcn  Sürgern".    3n  bcr  legten  Qfaffung:  „lieber  bie  ncucflcn 


^egeliS  frantfuttet  €tubien  unb  9(tbetten,  55 

inneren  SSetl^dUniffe  aOBürtteraberflg,  Befonbet«  über  bie  SWagi^ 
fhateöerfaffung".  StaiS  brieflid^er  SBeraftung  mit  einigen  fjrcunben 
in  ©tuttgort  ntuBte  ftd^  ^egel  fiberjeugen,  bag  feine  ©dgrift  gut 
Äenberung  unb  Seffcrung  ber  politifd^en  Supönbe  feines  ^eintatl^IanbeS 
nid^td  betoirfen  ober  beitragen  toerbe.  @o  ift  bie  ©d^rift  bis  auf  einige 
93rudgftä(!e  t)erIoren  gegangen.  2)er  3eit))un!t  i^rer  Slbfaffung  ifi  fel^t 
bemerlensioert]^.  2lm  6d&Iuffe  beS  3a^re8  1797  l^atte  in  SOBürttemberg 
ein  SEl^rontoed&fel  fiattgefunben,  im  anfange  be«  Saläre«  1798  l^atte 
bas  beutfd^e  (römifdge)  Sleid^  auf  bem  @:ongreg  gu  Slaftatt  baS  linle 
Äl^einufer  an  5ranfreid&  abgetreten. 

@eit  ben  Xagen  ber  frangofifd^en  SleDoIution  toar  ein  93Ub  bejferer 
unb  gered^terer  3^iten  lebl^after  in  bie  @eelen  ber  SJlenfd^en  gefommen, 
bie  @el^nfud^t,  baS  @eufgen  nad^  reineren  unb  freieren  3uft&nben  l^at 
alle  ©emfltlger  betoegt  unb  mit  ber  993irIIidg!eit  entgleit.  2)a8  Staats- 
geb&ube,  toie  eS  je^t  nod^  befielet,  ift  unl^altbar  unb  biefeS  ®effl]§I  ift 
allgemein  unb  tief.  S)ie  Oftage  ift:  toaS  gur  Unl^altbarleit  gel^Srt? 
ällle  (Sinridgtungen  unb  a3erfaf[ungen,  alle  ®efe^e,  bie  mit  ben  Sitten,  Se» 
bürfniffen  unb  2Reinungen  ber  SDtenfdfeen  nid&t  mel^r  gufammenjiimmen, 
aus  benen  ber  ©eift  entflol^en  ift,  bürfen  nid&t  länger  bejiel&en;  fie  finb 
©rftber,  meldte  nid^t  mel^r  mit  fdgönen  Sorten  gu  übertflnd^en  finb. 

3)a§  SSeranberungen  notl^toenbig  finb,  fü^ft  jeber,  aber  fobalb 
gur  ©ad^e  gefd^ritten  mirb,  ^üten  bie  meiften  ängfllid^  il^ren  SJortl^eit 
unb  looDen  üon  93erönberungen  nid^ts  toiffen,  als  foioeit  biefelben  il^ren 
$articularintereffen  nid^t  gun)iberlaufen:  fie  gleid^en  ben  äSerfd^menbern, 
bie  genfitl^igt  finb,  il^re  SluSgaben  eingufd^rSn!en,  aber  fobalb  gur  @ad^e 
gefd^ritten  toirb,  jeben  Slrtifel  il^rer  bisherigen  SluSgaben  unentbel^rlid^ 
finben.  3)iefe  ßeute  merben  gu  ben  SJerdnberungen  burd^  bie  Stngjl 
üor  ber  ©efal^r  getrieben,  toeld&e  ber  ©infturg  beS  ©taatSgebftubeS  brol^t, 
mSl^renb  bie  anbern  burd^  bie  3bee  ber  ®ere(^tig!eit  fi(^  über  il^r  Keines 
3nteref[e  erl&eben  unb  mutl^ig  bie  politifd^en  ^Reformen  X)erlangen.  S)ieS 
ifi  ber  Unterfc^ieb  gtoifd&en  ber  „Sing ft,  bie  mufe"  unb  bem  „5Kut^, 
ber  ©iir. 

6S  ift  ein  S^abel,  toeld^er  bie  äßittl^eilung  ber  {Fragmente,  oiel- 
lei(^t  bie  @d^rift  felbft  trifft,  ba^  mit  leinem  Sßorte  gefagt  toirb,  toaS 
„bie  loürttembergifd^en  SWagiprate"  finb.  Offenbar  üerftel^t  ^egel 
barunter  nid^t  ftdbtifdge  Obrigleiten,  aud^  nidgt  bie  l^ergoglid^e,  allem 
fjortfdferitt  abgeneigte  SBeamtentoelt,  fonbern  bie  ßanbiiftnbe,  inSbefonbere 
ben    lanbfiönbifd&en   SluSfdJuB    unb    beffen    Seamte   ober   Dfficialen, 


56  ^egetS  franffuttet  @tubten  unb  $(xbeUen. 

SfbDocaten  unb  (Sonfutenten  u.  f.  f.  (£s  l^anble  ftd^  um  eine  totale 
Umaepattung  bet  toürttembcrgifd^cn  SScrfajfung  unb  il^reS  9leprafcntatit)= 
f^ftemS,  iDoju  bie  3ntttatit)e  Don  ben  SanbftSnben  auSgel^en  unb  mä^ 
einem  Sßal^Imobud  gejtd^ert  toerben  muffe,  bet  il^re  SBal^t  in  bie  ^anb 
unabl^ängiger,  aufgellartcr  unb  red^tfd&affencr  aRdnner  bringe.  Sie 
attn)ürttembersifd^e  S^erfaffung  fei  fo  eingerid^tet,  ba^  fidg  in  il^r  „am 
®nbe  atteS  um  einen  SWenfii^en  l^erumbrel^e,  ber  ex  Providentia  ma- 
jorum  aDe  ®en)Qtten  in  fid^  t)ereinigt  unb  für  feine  3lner!ennung  unb 
Sld^tung  ber  SJlenfd^enred^te  !eine  ©arantie  giebt". 

SBie  bie  S)inge  liegen,  fo  merbe  ber  lanbftanbifd^e  SluSfd^ug  unb 
mit  il^m  ba^  fianb  t)on  ben  Dfftcialen  belS  SluSfd&uffeS  an  ber  9lQfe 
gefül^rt,  Slidjt  ber  SluSfd6u§  fei  QnmQfeenb,  er  fei  nur  inbolent  unb 
geban!enIoi$,  tool^t  aber  bie  SDflftnner,  xoüift  er  l^inter  fid^  l^at,  bie  fflr 
il&n  reben,  fd&reiben,  au(i&  tool^I  bcn!cn;  feine  Dfpcialen,  feine  9lbt)ocaten 
unb  Sonfulenten  feien  anmagenb,  eigeuffl(^tig  unb  eigenmäd^tig.  Aein 
©eifUid^er  l^abe  je  eine  grSB^re  STlad^t  über  bie  ©etoiffen  feiner  SSeid&t- 
finber  gel^abt,  al8  biefe  })oKtif(ften  Scid^töftter  über  baS  SlmtSgemiffen 
ber  9lu8fd^ugt)ertoQnbten.  93i§n)eilen  l^abe  ber  STuSfc^uB  aud^  SJlänner 
}u  Sonfulenten  gel^abt,  bie  Aopf  unb  ^erg  am  redeten  O^IedE  l^atten, 
bie  itoax  ben  SluSf^ug  gdngelten,  toeil  er  aQein  gu  gelten  nid^t  gelernt 
l^abe,  aber  il^n  nie,  n)enigftenS  nid^t  n^iffenttid^  unb  kool^IbebSd^tlid^ 
in  ben  Aotl^  fül^rten.  S)ie  @onfuIenten  gelten  a(S  ein  toefentlid^er  93e- 
ftanbtl^eU  ber  lanbfidnbifc^en  SSerfoffung,  unb  fte  l^aben  oft  genug  baS 
3nlereffe  ber  ßanbf(^aft  an  ben  jürften  oerratl^en.  „3)er  SluSfd^ufe 
felbfl  toar  nie  anma&enb.  ©eine  ©onfulenten  unb  Slbüocaten  toaren 
es.  (Sr  mar  nur  inbolent  unb  gab  gebanlenloS  gu  allen  Sigenmäd^tig» 
leiten  jener  ben  Flamen  l^er.  2)iefe  toaren  eS,  bie  ben  SIujSfd^uB  S^ 
einer  Ofreigebig!eit  gegen  ben  ^of  t)erleiteten,  ber  nichts  gleid^fommt, 
aU  bie  O?nl)olit&t  ber  ©rünbe,  burdg  bie  man  bergleid^en  S)eDotion8' 
begeugungen  gu  redgtferttgen  fudgte.  @ie  maren  eS,  bie  ber  $of  gu 
getoinncn  fud^te,  »eit  er  ftd^er  »ar,  feinen  3»edE  gu  erreid&en,  toenn 
er  ben  Slböocaten  unb  ben  ©onfulenten  in  fein  3[ntereffe  gu  giel^en 
getoufet  l^atte."^ 

%n^  biefen  g^ragmenten  erl^eOt  fo  oiel,  bag  ^egel  eine  in  mobernem 
®eift  umgeftaltete  re))rftfentatit)e  93erfaffung  SBürttembergd  begn)edEte, 
gur  Sinfd^rdnhing  ber  erbmonard&if(!^en  ®en)att  unb  gur  ^bfc^affung 

1  9lofenIrana:  ^cgetd  Beben.  @.  90—94.  ÜBgl.  ^a^m:  SSorlefung  IV. 
e.  65-67.  StuTOfg.   6.  483-485. 


^egel  in  3ena.  S)ie  etlien  f e^S  dal^te  fetner  littetarifd^en  u.  alab.  aSitlf amf eit  57 

%CT  aRifebraud^e.  %U  et  jtoaTtatfl  Sal&rc  fpdlcr  (1817)  feine  öffent- 
lid^e  S3eurt]^eUuns  bed  tDArttentbergifd^en  ajerfaffung^ftreiteS  fdgrieb,  in 
toAibtm  bxt  QanbftSnbe  bie  SBteberl^erflellung  ber  altottttiembergifd^en 
Serfanung  forbetten,  fianb  er  auf  feiten  beS  ÄintgS. 


©ed^fie«  Sapitel. 
i^esel  in  3tm.    9te  trpen  fei^s  3aljn  feiner  litt^rortri^en  mi 


I.  ßitterarifd&e  SBirIfamlett. 
1.  $(|t(ofo^^if4e  €4nften. 

V;:^Ieid6  nQd^  bem  Seginne  unfereS  ^al^r^unberts,  im  ^Qnuar  1801, 
tfl  §egel,  ol^ne  jenen  3»if(i&enQufent]&Qlt,  ben  er  im  ©inne  gel^abt  l^atte, 
X)on  gronffurt  nadö  Sena  gefommen;  er  ift  l&ier  bis  in  ben  SDWrj 
1807  geblieben  unb  l&at  in  biefer  l&öd&jl  bebeutungS«  unb  fd^idtfalSöoHen 
3eit  bie  erfle  ipcriobe  feiner  8ffentlid&en  SBirf jamfeit  üoffenbet. 

aRit  einer  ©d^rift,  beten  S£^ema  il^n  Diel  befd^äftigt  l^atte  unb 
au«  feinen  ©tubieu  unmittelbar  l^etöotging,  „Uebet  bie  SJiffeteng  beS 
gfi(fttefd&en  unb  ©d&eßingfd&en  ©^jiemS  bet  ^pi^tlofopl^ie",  l^at  et  feine 
littetatifd&e  ßaufbal^n  begonnen  unb  mit  einet  Slb^anbtung  übet  bie 
^lanetenumlAufe  (de  orbitis  planetarum)  an  feinem  31«  ©ebuttSlage, 
ben  27.  Slugufi  1801,  feine  a!abemifd&e  ßaufbal^n  etoffnet;  et  l^at  im 
SBunbe  mit  ©d&eHing,  mit  »eld^em  et  aud&  in  bet  etften  3eit  jufammen» 
xod^nU,  ein  „Ätiiifd&eS  Soutnal  bet  ^pi^ilofoplöie"  löetauSgegeben  (1802), 
ba«  il^tet  gemeinfamen  ))]^iIofo))]^ifd^en  Slnf^auung  gum  Otgan  bienen 
unb  bet  Unpl&ilofopl^ie  mit  attetl^anb  SOBaffcn,  „Änittel,  5|Jeitfd6ett  unb 
5Ptitfd&en",  mie  ^egel  einem  ftanffuttet  fjteunbe  im  3)ecembet  1801 
fd^etjenb  fd^teibt,  ted&t  betb  ju  ßeibe  gelten  foBte:  et  l^at  enblid^,  »aS 
bie  ^auptfad^e  ift,  in  3ena  bad  gtunblegenbe  SBet{  feines  neuen 
©^fiemS  auSgeatbeitet  unb  untet  bem  SCitel:  „©Aftern  bet  Sffiiffenfd&aft, 
etpet  S£]&cil.   ?P^änomenologic  beS  ©eifteS"  Detöffentlid&t. 

6t  ^atte  aud^  bie  9lbjtd&t,  jum  ®ebtaud&  füt  feine  SBottefungen  ßel^t^ 
Hiitx  J^etauggugeben,  fotool^I  füt  bie  SSotlefungen  übet  ßogif  unb  aÄeta= 
pl^\)[\t  als  aud^  füt  bie  übet  baS  gange  ©^fiem,  alfo  ein  ßel^tbud^  bet  ßogi! 
unb  SRetapl^^fi!  unb  ein   ßel^tbui^  bet  ))]^iIofo))]^if(^en  (Snc^!Io))dbie; 


58  gefiel  in  3cna. 

in  feinen  Slnfünbiflungen  fielet  immer  üon  neuem  ju  lefcn,  bafe  fein 
Sel^rbud^  in  ben  ndd^flen  SBod^en  ober  toft^renb  bed  laufenben  @emefter8 
erfc^einen  toerbe,  aber  eS  if}  nie  baju  gelommen.  /@eine  neue  Sogit 
nid^t  aU  Sel^rbud^,  fonbem  als  jmeiteS  ^auptoerf  lam  erft  in  9lflrn» 
berg,  bie  (Snc^I(o)}äbie  eifl  in  ^etbelberg  gu  @ianbe. 

2.  Sine  ))oltttfd^e  €4tift. 

@8  mar  ein  iDettl^tflorifdgeS  ^al^r,  in  meldgem  ^egel  nac^  ^ena 
!am  unb  feine  alabemifd^e  Saufbal^n  begann:  baS  beS  g^rtebeni^  gu 
8anet)tDe,  mit  meldgem  ber  gmeiie  SoaütionSfrieg  befd^Ioffen  unb  baS 
©nbe  beS  taufenbjälörigen  römifd^en  SleidöeS  beutf(^er  Station  (801 — 1801) 
fd&on  befiegctt  toar;  ber  Sll^ein  l^atte  aufgel&Brt  ber  beutfd^e  Strom  gu 
fein,  er  toar  nur  nodfe  bie  beutfc^e  ©renge.  §egel  füllte  fic^  innerlich  be- 
rufen,  Iritifdfte  Setradfetungen  ber  3lrt,  toie  er  öor  einigen  Salären  in 
fjranlfurt  gur  Seleud&tung  ber  toürttembergifd&en  3uft4nbe,  il^rer  ©runb» 
übel  unb  ^Reformen  niebergefd^rieben  l^atte,  nun  auf  baS  beutfdge  Steid^ 
unb  bie  9teid^dt)erfaffung  angun)enben,  um  bie  Urfac^en  il^reö  Untergang^ 
unb  bie  2RitteI  gur  SBiebererneuerung  anä  ßid&t  gu  jiellen./ 

3)ie  ©d&rift  felbji,  beren  Slbfaffung  nid&t,  »ie  Slofenfrang  an» 
genommen  l^at,  in  ber  3ßit  oon  1806—1808,  fonbem,  »ie  ^o^m  bar« 
getl^an,  in  bie  Saläre  oon  1801—1803  (alfo  nad&  ben  öfrieben  X)on 
SflneDiUe  unb  oor  ben  9leid^8be))utation8]bauptf(blu6)  f&nt,  ift,  loie 
iene  frühere,  ungebrudt  geblieben.  2)er  Untergang  beS  Steigs  lag 
oor  3(ugen,  aber  feine  legten  @d^idEfa(e  maitn  nod^  nid^t  etffltlt.  S)ied 
gefd^al^  erft  burd^  bie  (Srrid^tung  beS  Stl^einbunbeg  unter  bem  ^rotec» 
torate  3lapoUon^  unb  bie  Slbbication  beS  römifdäen  AaiferS  Strang  ü. 
(3uli  unb  Sluguii  1806).  »on  biefen  (greignijfen  ift  in  legete 
©d^rift  nid^t  bie  Siebe,  ber  le^te  griebenSfd&Iufe,  ben  fie  ertoftl^nt,  ift 
ber  t)on  SüneDiDe.  S)ag  bie  Sd&rift  l^inter  bem  @ang  ber  @c^idEfaIe, 
bie  alsbalb  über  2)euli(^(anb  ^ereingebrod^en  ftnb,  gurfldftanb,  barf  als 
ein  ®runb  i^rer  Slid^toerSffentUd^ung  gelten.^ 

2)eutfdglanb§  @6idEfat  in  Slnfel^ung  feiner  2)ecentraIifation  unb 
Seriifltfelung  ift  bem  3taüen8  gu  Dergleidfeen  unb  Tegels  })olitifd6e 
^nf(^auung  ber  3)lad&iat)eni8,  toeld^er  bie  Sinl^eit  Italiens  gemoDt 
unb  gur  ^luSfü^rung  biefeS  3^edEd  einen  politifd^  unb  Iriegerifc^  tl^at- 


1  «ofenfranj.  €.235—246.    »gl.  §a^m:  »otlefung  IV.  6.60-83.  «n- 
metlungen.  @.  485 — 492. 


^ie  etßen  fe^S  Saläre  feinet  littetarifd^en  unb  alabemif^en  aQßttlfamfett.    59 

hSfttgen  O^rften  geforbert  l^at.  ^egel  tougte  bte  SSebeutung  unb 
geiftige  @röge  37lad&ia))elItlS  üoDIommeii  gu  toürbigen  unb  fanb,  bog 
gfriebridb  bet  ®roge  gtoat  in  feinem  ^ntimad&iat)eQi  bie  ®runb|ä^e 
be§  ttatientfd^en  Staatsmannes  be{&mpft  unb  t)erleugnet,  ober  in  feiner 
ftrie98))oIiti!  praltifdg  befolgt  l^at. 

2)a8  ©runbüerberben  2)eutfd^Ianb8  ift  feine  JtriegSuntüd^tigleit 
unb  fein  STlangel  an  Sl^atlraft  ober  feine  OI§nma(^t  }u  l^anbeln;  bie 
Itrfad^e  aber  biefer  Uebel  liegt  ieineStoegS  in  ben  93efd&affen]§eiten  beS 
fßdlts,  fonbern  (ebtgUii^  in  ben  3u{t&nben  feiner  SSerfaffung,  in  bem 
SJled^aniSmuS  beS  (Bangen.  2)iefe$  ift  ein  unbel^fllfUdger  Körper,  in 
meldgem  leine  SSetoegung  fo  gefc^ie^t,  mie  fie  gefe^mägigertoeife  gu  ge- 
fd^e^en  l^at.  ®er  politifd&e  3ujianb  SJeutfd&lanbfi  ift  eine  üerfaffungS- 
magige  @efe^IofigIeit,  loeSl^alb  ein  frangofifd^er  SdgriftjteQer  t)on  bem 
beutfd&en  Steige  treffenb  gefagt  ^at,  e8  fei  eine  ^conftituirteSlnardfeie". 

2)eutfd&Idnb  ift  buri^  feine  S^erfaffung  gur  Zl^atlofigfeit  ffirmlic^ 
t)etbammt,  benn  ber  Uebergang  Dom  ©ebanfen  gur  Sl^at,  oom  ^Begriff 
in  bie  SRealitdt  ift  geld^mt  unb  biefe  Sft^mung  oerfaffungSm&Bis  ^^i^' 
niftrt,  meSl^alb  ^egel  baS  beutfd^e  9lei(^  einen  „©ebanfenftaat"  ge« 
nannt.  ®r  l^at  bicfen  ßdl^mungSgufianb  öortrefflid^  gefd^ilbcrt.  «6« 
n)irb  eine  allgemeine  Slnorbnung  gemad^t,  bie  foQ  ausgeführt  unb  im 
Weigerungsfall  gerid^tlidg  t)erfa]bren  toerben.  äBirb  bie  SBeigerung, 
ba%  geleiftet  mirb,  nid^t  gerid^tlidg  gemad^t,  fo  bleibt  bie  StuSfül^rung 
an  fidfe  Hegen.  SQBirb  fie  geri(fttHd6  gemadöt,  fo  fann  ber  ©prud^  t)er= 
l^inbert  merben.  Aommt  er  gu  @tanbe,  fo  loirb  il^m  nidbt  O^olge  ge» 
leifiet.  S)ieS  ©ebanlenbing  Don  SBefd^Iug  foQ  aber  auSgefül^rt  unb 
eine  Strafe  Derl^ftngt  toerben.  So  toirb  ber  93efel^I  ber  gu  ergloingenben 
a3oDftred(ung  gegeben.  S)iefer  SBefel^l  mirb  mieber  ni($t  ooQftreät.  So 
mufe  ein  SBefd&Iufe  gegen  bie  Jiid^tDottftredtenben  erfolgen,  fie  gum  SSoffs 
firetfen  gu  gtoingen.  ffiiefem  toirb  ©ieber  nid^t  (folge  geleijiet;  fo 
mug  becretirt  toerben,  bag  bie  Strafe  DoQgogen  n)erben  foD  an  benen, 
loeld^e  fie  an  bem  nid^t  DoHgiel^en,  ber  fie  ni(^t  DoQgiel^t  u.  f.  ko. 
S)ieS  ift  bie  trodEene  ®efd^id^te,  toie  eine  Stufe  nad^  ber  anbern,  bie 
ein  ®efe^  ins  SBerl  rid^ten  foU,  gu  einem  ®ebaufenbing  gemad^t  toirb." 
3ener  Uebergang  Dom  Segriff  in  bie  9lealit4t  ift  unmogUd&,  benn 
bie  SßiUfür  unter  bem  Sd^ein  irgenb  eines  9led^tS  !ann  fid^  auf  jeber 
Stufe  ber  SluSfä^rung  ber  93efc^lüffe  Dernid^tenb  entgegenfteDen. 

Seitbem  Seibnig  über  bie  Sid^erl^eitSguft&nbe  beS  beutf(^en  Sleid^S 
feine  berül^mte  StaatSfd^rift  Derfagt  l^at  (1670),  ift  in  ber  ))]^iIofop]^ifd^- 


60  ^egel  in  3ena. 

^oltiifd&en  Ü3ttteratur  ba3  innere  SIenb  ber  alten  äfteid^Stoerfaffung  ti)o]^[ 
nirgenbs  fo  treffenb  gefd^tlbett  toorben  als  in  ber  eben  angeffll^rten  @teDe. 
2>er  leibnijifd^en  ©d^rift  ging  ber  Sll^einbunb  t)om  ^al^re  1658  t)ors 
au«,  ber  l&cfletfd&en  folgte  ber  fRl^einbunb  t>om  ^affxt  1806;  bie  lieget» 
fd^e  ©l^araKeriftif  erinnert  uns  an  bie  leibnijifd&en  SQBorte:  „Unb  felbji 
koenn  aDe  biefe  @d^tDiertg!eiten  fiberiDunben  toerben  fönnten,  fo  barf 
man  fidger  fein,  bag  ber  ©efd^AftSgang  mit  feiner  $arabe  bie  Singe 
t)etfdgle))pen  unb  nid^ts  ^auptfSd^Iid^eS  ausrid^len  toerbe".^ 

2>ie  Sel^eniS«  ober  ä^afaUenftaaten  be§  beutfd^en  SRittelalterS  toaren 
im  ßaufe  ber  3«l  reid&Sunmittelbarc,  felbjidnbigc  Territorien  unb, 
nad^bem  ber  OfeubaliSmuS  in  ber  SBäirfUd^feit  entfd&iounben  xoax,  gule^t 
bad  gange  9leid^  ein  ^aufe  fouDerSner  ©ebiete  t)on  t)erfd&iebenartigfter 
@r5ge  getoorben,  beren  iebelS  fein  Kontingent  fieDen  mugte  ju  bem 
buntfd&eäigen  S)inge,  toeld^eS  man  bie  Sleid^Sarmee  nannte.  S)iefe 
S;rup})encontingcnte  fonnten  an  Saldi,  Setoaffnung,  milit4rifd&er  Uebung 
unb  Sdgulung  nid^t  ungleidgartiger  fein.  (Sin  Steid^gftanb  fieDte  ben 
SLrommler,  ein  anberer  bie  Srommel;  bie  @oIbaten  einer  9leid6iSjiabt8> 
mad^e,  bie  Seibgarbe  eines' SlbtS  u.  f.  f.  toaren  $arabefoIbaten,  aber 
feine  ßrieger,  {eine  Seute  t)on  militSrifd^em  @elbflgeffi^l,  n)eld6e8  mit 
ber  ®rö6e  ber  Slrmec  jieigt  unb  faßt.  SBd^renb  fonjl  eine  grofee, 
hiegöbereite  unb  ttol^Igeorbncte  SWajfe  oon  ©olbaten  einen  erfd&retfenben 
unb  furd^tbaren  (SinbrudE  mad^t,  fo  loirlt  im  ©egentl^eil  ber  Slnblid 
ber  beutfd^en  9teid6garmee  erl^eiternb  unb  ift  ein  gemol^nter  ©egenfianb 
beö  ©})otte8,   ben  fte  bei  ffreunb  unb  g^einb  l^eröorruft  unb  öerbient. 

Saju  {ommt,  um  bie  Ariegduntfld&tig!eit  bed  Steid^S  gu  DoUenben, 
bie  Unfid^er^eit  ber  großen  (Sontingente,  ba  bie  Sleidfespönbe  Jraft 
i^rer  ZerritoriaH^ol^eit  bai$  unerl^örte  Siedet  l^aben,  S3flnbntffe  fomol^I 
unter  einanber  aU  anä)  mit  auSmärtigen  STlAd^ten  ju  f(^Iiegen,  freilid^ 
mit  bem  SSorbel^alte,  infofem  fold&e  Sünbnijfe  ben  ^Pflidfetcn  gegen 
Äaifer  unb  Steid^  nid&t  »iberfprcd^en,  aber  toenn  fie  fogar  gegen  Äaifer 
unb  9teidd  unb  gum  Unl^eile  beS  le^teren  gefd^toffen  toerben,  fo  iß 
!eine  SKad&t  oorl^anben,  um  bie  ?PfIid&tX)ergef[enen  gu  ftrafen  unb  gur 
(grfflUung  il^rer  5ßflid&ten  gu  gmingen.  «S3ei  ben  großen  Kontingenten 
{ann  baS  9leidd  meber  auf  il^re  gefe^m&gige  Störle  gAl^Ien,  nod^  barauf, 
baß  fie  flberl^au^t  gefleüt  toerben,  nod^  baß  auc^  nid^t  ber  @tanb,  ber 
aud&  fein  Kontingent  gefieüt  ^at,  mitten  im  Äriege  unb  in  ben  gefai^r* 

»  Sögl.  biefe«  SOÖerf.  »b,  III.  (3.  «ufl.)  »u«  I.  (&ap.  V.  @.  79-83.  @.  86, 


2)ie  etilen  fe^S  Sa^re  feiner  Uttetaxif^en  unb  afabemtfd^en  SQ3irlfamIeit.    61 

Kcftpen  SDlomcnten  für  fidd  Sleuttalitätfi»  unb  griebengöctträge  mit 
bem  9lcid(|8feinb  eingebt  unb  bie  angegriffenen  aJlitjiänbc  il^rcr  eigenen 
@d&n)ft(ige  unb  ber  t)ernid&tenben  Uebermad^t  belS  S^einbeS  ))retlSgiebt.'' 
„Unb  ntd^t  blog  bie  Xl^at,  fonbern  ft&nbifd&e  9lei$StaglSt)otQ  lonnen 
bal^in  gelten,  bog  il^nen  il^re  fonfiigen  SSerbinbungen  ni(i^t  erlauben, 
an  ber  ^uffleOung  eines  Sleid^ScontingentS  unb  an  ber  Slbfai^rung 
ber  93eitrftge  gu  bem  Ariege  tl^eiljunel^men." 

2)ie  ©efunbl^ett  beS  Staates  offenbart  ftd&  nid^t  fomol^I  in  ber 
Stulpe  beS  O^tiebenS  aU  in  ber  93emegung  beS  Kriegs,  toeil  in  btefem 
bie  Araft  beS  Sufammenl^angeS  aller  mit  bem  ©anjen  erfd^eine,  toie 
t)tel  t)on  il^nen  forbem  gu  lönnen  ber  Staat  ftd^  eingertd^tet  l^at,  unb 
mie  Diel  baS  taugt,  loaS  fte  auS  eigenem  5£rieb  unb  ©emtttl^  fflr  il^n 
tl^un  mögen.  „@o  l^at  in  bem  Ariege  mit  ber  frangdfifd^en  9lepublt! 
SDeutfdglanb  an  ftd^  bie  Srfal^rung  gemad^t,  n>te  eS  fein  @toat  mel^r 
ift,  unb  ift  feines  politifd^en  SujtanbeS  fomol^t  an  bem  Ariege  felbft, 
ate  an  bem  ^rieben  inne  geworben,  ber  biefen  Ärieg  enbigte  unb 
bcffen  l^anbgreiflid&e  Slefultate  fmb:  ber  SBerluP  einiger  ber  fd^Bnflen 
beutfd&en  ßänber,  einiger  aHiHionen  feiner  JBeiool^ner,  eine  ©d&ulben= 
lafl,  auf  ber  fübUd&en  §alfte  flarfer  als  auf  ber  nörblic^en,  toeld^e 
baS  Slenb  beS  AriegS  notig  toeit  l^inein  in  ben  Gerieben  t)ertSngert; 
ba§  auger  benen,  toeld^e  unter  bie  ^errfdgaft  ber  Eroberer  unb  gugleid^ 
frember  @efe^e  unb  Sitten  gelommen,  nod^  Diele  Staaten  baSjenige 
Verlieren  toerben,  »oS  i^r  l^bt^fteS  ®ut  ift,  eigene  Staaten  gu  fein."^ 

S)iefeS  l^odgfte  ®ut  ]§at  S)eutfdglanb  oerloren.  „@S  ift  !ein  Staat 
mel^r."  ®ie  Sd&ulb  trägt  feine  bisl^erige  SJerfaffung  in  il^rer  t)er= 
faffungSmäfeigen  ©efe^lofigfeit,  in  il&rem  2Rangel  aKer  energifd&en 
gentralfroft,  in  il^rer  „Staatlofigleit"  unb  „gfinanglofigfeit".  3n 
einer  DerfaffungSrnftfeigen  ©oncentration  feiner  militarifd&en  unb  finan- 
gießen  Aräfte  liegt  bie  erfie  Sebingung  gu  einer  SBiebererneuerung 
beS  beutfd^en  Sleid^S. 

2Ba8  §egel  mit  biefer  feiner  Sd&rift  über  S)eutfd6Ianb  t)or  allem 
begtoedt  gat,  toar  ein  Qfortfd&ritt  beS  beutfd&en  »etoufetfeinS.  SBaS 
bas  beutfd&e  9leid6  nunmel&r  toar  unb  getoorben  toar,  toollte  er  erleud&tenb 
ins  allgemeine  SBemufetfein  erl^eben,  bcnn  baS  rid^tigc  Setou&tfein  über 
unfereSBergangenl&eit  unb  ©egentoart,  über  baS,  »aS  loir  erlebt  unb  erlitten 
Igaben  unb  nunmel^r  l^abcn  unb  finb,  ifl  ber  unumgdngR(fte  Slnfang 


1  Sögt.  fRofenttang.   ©.  239  u.  240.    ^o^m.  @.  481 1 


62  ^egel  in  3ena. 

einer  neuen  bejferen  3ctt.  Unb  td^  weine,  bafe  eine  foI(!ö«  ©(i^rift  ganj  im 
Sßege  unb  in  ben  Sluf gaben  beS  $^iIofo))]^en  log,  toeld^er  bte  „^^äw 
ntenologie  bed  ®ti\it^"  fti^reiben  n^ollte  unb  fd^rieb.  @r  fagt  ed  felbft: 
„2)ie  ®ebanfen,  »eld^e  biefe  @d&rift  entl^ftlt,  lönnen  Bei  i^rer  öffentlid^en 
äleugerung  leinen  onbem  S^^ä  nod^  SBirfung  l^oben  aU  baS  ä^er^ 
pelzen  beffcn,  tood  ift,  unb  bamit  bic  rul^igcte  2lnfid&t,  fotoie  ein 
in  bet  mirltid&en  93erfl^rung  unb  in  äBotten  geniSgigteiS  Ertragen 
berfelben  ju  beförbem". 

n.  ajabemifdöc  SaBirffamfeit. 

L  ä^orlefungen. 

^§egel8  Slnfflnbigungen  erjireden  pdö  nad^  bcm  jenaifiäöen  Driginols 
faialög  (Don  bem  bie  Unit)etfttAt8bibnot^e!  nur  ein  einjigeS  €£emp(ar  auf» 
betOQl^rt  l^at)  burd&  einen  Seitraum  t)on  breijel^n  @eme{tern:  t>om  SBinter 
1801/1802  bis  gum  JBinter  1807/1808.  3n  bem  ©emeper  nad&  ber 
©Alad&t  (1806/1807)  feP  fein  9lame.  3tt  ben  beiben  ©tm^^txn 
1807  unb  1807/1808  toar  er  nidftt  mel^r  in  Scna,  f onbem  auf  Urtaub 
fd^on  in  93amberg:  bal^er  rebucirt  p$  bie  Sd^^  feiner  j[enaifdgen  ©emeßer 
auf  gel^n.  2)ag  er,  n)ie  9tofen{ranj  annimmt,  in  ben  beiben  ©ommer« 
femepem  1802  unb  1804  nid^t  gelefen  l^aben  foD,  ba  er  bod^  a3or= 
lefungen  angefttnbigt  l^at,  n)ügte  id^  nid^t  gu  Begrflnben.  Ütid^i  immer 
tP  bie  ©tunbe  ber  SSorlefungen  angegeben,  niemals  bie  S^tfil  ber 
©tunben  unb  bie  SBoc^entage. 

3n  ben  t)ier  erpen  ©emePern  (1801—1803)  fjat  er  nod&  mit 
©d&eßing  gufammen  geleiert,  ia  in  bem  erpen  ©emePer  (1801/1802) 
fogar  ein  ))^tIofo)}]^ifd^eS  2)iSputatorium  unter  feiner  unb  ©d^eDingd 
gemeinfamer  ßeitung  onge!ünbigt. 

S)ie  burdbgSngigen  ^au))tt]^emata  feiner  S^orlefungen  koaren  ßogil 
unb  37letap]^^fi!,  baS  breitl^eilige  ©^pem  unb  9laturred^t  ((e^tered  PetS 
nad&  ffiictaten).  3)ie  ßogif  unb  TOetapl^^p!  l^eifet  „fpeculatiöe  5p]^iIo=: 
fo))]§ie''  im  Unterfdfeiebe  oon  ber  empirifdfeen  (grlenntniftlel^re;  al8  3n= 
begriff  ber  Sbeenlel^re  l^eifet  Re  ^tranSfcenbentaler  3beoIi8mu8",  im  Unter» 
fd^iebe  t)on  toeld^em  bie  Statur»  unb  ©eipeSpl^ilofopl^ie  aU  „9teaU)l^iIo- 
fopl^ie"  begeid&net  »irb.  3m  SBinter  1805/1806  l^at  §egel  gum  erPem 
mal  ©efd^id^te  ber  ^ßl^ilofop^ie  gelefen,  unb  für  ben  ©ommer  1807 
3um  erpenmal  Sogif  unb  SJletapl^^pI  nad^  t)orauSgegangener  ^l^Ano» 
menologie  beS  ©eipeS  mit  gu  ©runbelegung  feines  nunmel^r  er- 


2)te  erflen  fed^S  3a(Te  feiner  littetarif^en  unb  afabemtf^en  äBirtfamtett.    63 

fd^iettenen  SßerfeS  ottgeßlnbigt,  aber  biefe  93orIefuttg  ntd^t  gel^alten, 
bentt  et  loot  ttid^t  ntel^r  in  ^ena. 

3n  bcn  ©cmeficrn  1805/1806,  1806  unb  1807  M  €>e8cl  Qud& 
93orIefungen  Aber  reine  STlat^emati!  ongelfinbigt  unb  jtear  ^xiti)^ 
nietil  nod^  bem  2t^ibnä^  Don  Stölzl  unb  ©eometrte  nad^  bem  Sel^rbuc^ 
t)on  Sorenj,  ober  nur  in  ben  beiben  erflgenannten  Semefiern,  gel^alten. 
SBarum  Slofenhanj  be]^QU))tet,  bag  er  biefe  93orIefung  nur  ein  eingigeS 
mal  gel^alten  l^abe,  ift  aus  feinen  SBorten  nidfet  erftd^tlid^.^X 

3(6  laffe  onmerfungötoeife  bie  Slnfünbigunflen  feiner  ienaifd^en 
SJorlefungen  folflen,  toie  fte  im  ßectionölotalofle  Derjeidönet  finb.* 


^  SlofcnfranaenS  Angaben  (6.  161  flgb.)  finb  na4  ben  obigen  ju  benötigen, 
s  2)ie  SBorlefungen,  toeld^e  ^egel  bom  ^etbß  1801   bid  Oftem  1808  im 
jcnaif^en  UnibetfÜ&tdfQtalog  angejeigt  ^at,  ftnb  folgenbc: 

VIS  9Tit)atbocent. 

1.  aOßinter  1801/1802:  Ge.  Wilh.  Frid.  Hegel  D.  privatim  Logicam  et 
Metaphysicam  docebit  b.  VI — VII,  gratis  introdactionem  in  philoso- 
pbiam  tractabit  et  disputatoriam  pbilosopbicum  communiter  com 
Excell.  Schellingio  diriget. 

2.  Sommer  1802:  G.  W.  F.  H.  Logicam  et  Metapbysicam  sive 
Bystema  reflexionis  et  rationis  secundam  librum  sub  eodem  titulo 
proditurum  b.  V— VI,  deinde  jus  natnrae,  civitatis  et  gentium 
ex  dictatis  b.  III— IV  tradet. 

3.  SBinter  1802/1803:  G.  W.  F.  H.  1)  Logicam  et  Metapbysicam 
secundum  libmm  nundinis  instantibus  proditarum  b.  VI — VU;  2)  jus 
naturae  ex  dictatis  b.  X— XI  tradet. 

4«  ©ommet  1803:  G,  W.  F.  H.  1)  Pbilosopbiae  universae  deline- 
ationem  ex  compendio  currente  aestate  (Tub.  Cotta)  prodituro,  deinde 
2)  jus  naturae  ex  dictatis  tradet 

5.  SGÖintet  1803/1804:  G.  W.  F.  H.  privatim  1)  Jus  naturae  b.  HI— VI; 
2)  pbilosopbiae  speculativae  systema,  oomplectens  a)  Logicam 
et  Metapbysicam  sive  Idealismum  transscendentalem;  b)  pbilo- 
sopbiam  naturae  et  c)  mentis  b.  VI — VII  e  dictatis  exponet. 

6.  ©omni er  1804:  G.  W.  F.  H.  Pbilosopbiae  systema  Universum  ita 
tractabit,  ut  aliis  lectionibus  Logicam  et  Metapbysicam  et  pbilosopbiam 
mentis,  aliis  pbilosopbiam  naturae  doceat. 

7.  SBintet  1804/1805:  fe^lt  ba«  betreffenbe  ©tfld  befi  Katalogs. 

VIS  auftetorbentlid^eT  ^ofelTor. 

8.  Sommer  1805:  G.  W.  F.  H.  Totam  pbilosopbiae  scientiam,  i.  e. 

a)  pbilosopbiam  speculativam  (Lo^cam  et  Metapbysicam),  naturae 
et  mentis  ex  libro  per  aestatem  prodituro  b.  VI— VII  vespertina; 

b)  jus  naturae  ex  eodem  b.  IV — V  tradet. 


64  ^egcl  in  3ena. 

2.  SBeförbetungen. 

^octl^c,  bei  ©etcgcnl^cit  bcr  SBermftl^Iunflöfeicr  bc8  6tb})rittaen 
Äarl  gricbrid&  mit  ber  tufpfd^cn  ®ro6fürjiin  ajlaria  ^ßautotona  aur 
„ßEccKcnj"  ernannt,  loar  unfercm  ^egel  unb  feiner  ©ad&e  günflig  9e= 
finnt  unb  förberlid^.  3m  fjebruar  1805  tourbe  ^egel  Don  ben  fürjts 
lid^en  ßrl^altern  ber  UniDerfitftt  3ena  gum  aufeerorbenttid^en  ^Profeffor 
ernannt  unb  im  folgenben  Saläre  t)on  SBeimar  mit  einer  jäl^rUd&en 
Sefotbung  Don  l^unbert  SCl^atern  bebad&t,  waä  il^m  ©oetl^e  in  einer 
freunblid^en  Sufd&rift  Dom  27.  3unt  1806  mitgetl&eilt  l&at^  S)ie  »e= 
folbung  toar  freilidö  fel^r  Hein,  aber  aud&  ba8  ßanb  toar  Kein,  bie 
jtaflen  erfdgö))ft,  ber  Arieg  in  @id^t  unb  ber  ^ergog  in  ber  ©enel^migung 
neuer  SluSgaben  Äu6erji  fifetoierig.  „Selben  @ie  SeüommenbeS",  fd^rieb 
©oet^e,  „aü  einen  Semeis  an,  bafe  id&  nid&t  aufgel^ört  l^abe,  im  ©tillen 
für  @ie  ju  n3ir!en.  3^cir  loünfd^te  id^  mel^r  angulünbigen,  allein  in 
fold^en  Sollen  ift  manche«  für  bie  3ufunft  getoonnen,  toenn  nur  ein- 
mal ber  Slnfang  gemadfit  ip."* 


9.  ä&tnter  1805/1806:  G.W.  F.  H.  a)  Mathesinparam,etqiiidem  Arith- 
meticam  ex  libro:  Stahls  «Anfangsgründe  der  reinen  Arithmetik», 
2te  Aufl.,  Geome triam  ex  libro:  Lorens'  erster  Cursus  der  reinen 
Arithmetik  h.  n — III.  b)  philosophiam  realem,  i.  e.  naturae  et 
mentis  ex  dictatis  h.  IV— V.  c)  historiam  philosophiae 
h.  VI— VII  tradet. 

10.  Bommtx  1806:  G.  W.  F.  H.  a)  Mathesin  puram  et  quidem  Arith- 
meticam  ex  libro:  Stahls  «Anfangsgründe  der  reinen  Arithmetik», 
2te  Anfl.,  Geometriam  ex  libro:  Lorenz'  Grundriß  der  Arithmetik 
und  Geometrie,  2te  Aufl.,  h.  11— III.  b)  philosophiam  specula- 
tivam  8.  logicam  ex  lihro  suo:  «System  der  Wissenschaft»  proxime 
proditnro  h.  IV— V.  c)  philosophiam  naturae  et  mentis  ex  dic- 
tatis h.  VI— VII  tradet. 

11.  SQßinter  1806/1807:  S)te  anlünbtgung  ^egelS  fel^It. 

12.  ©ommer  1807:  G.  W.  F.  H.  a)  Mathesin  puram  etc.  (tt)ie  oben); 
b)  Logicam  et  Metaphysicam,  praemissa  Phaenomenologia 
mentis  ex  libro  suo:  System  der  Wissenschaft,  erster  Theil  (Bamb. 
u.  Würtzb.  hey  (roebhardt  1807).  c)  philosophiam  naturae  et 
mentis  ex  dictatis.    d)  historiam  philosophiae  docebit. 

13.  SB  int  er  1807/1808:  G.  W.  F.  H.  Lectiones  suas  phUosophicas  redux 
ex  itinere  indicabit. 

>  IBrtefe  Don  unb  an  ^eget.  I.   @.  39. 


2)ie  erften  fe^s  3aite  feiner  litteratif^en  unb  atabemif^en  aOßitlfamteit.    65 

ni.  ScnQifcftc  3ujiÄnbc  unb  ?Jerfonen. 
1«  S)er  litteratif^e  SRfldgang. 

®cr  littcrarifd&e  ©au8  in  3cnQ,  locld^en  ^cgcl  gefflrd&tct  l^atte, 
tt)ar  fdgon  im  Slüdgange  begriffen.  2)ie  ®ebrflber  @d^legel  unb  S^ted, 
biefe  §ftut)tet  ber  neuroniantif(ften  ©d^ulc,  l^atten  3ena  öerlaüen. 
gricbritft  ©(Rieflet  ^atte  jum  erften-  unb  einjigenmal  im  SBintetfemefler 
1800/1801  aSorlefungen  über  5£rQndfcenbentaI))]^iIofo))]^ie  unb  bie  99e- 
ftimmung  be8  ©elel^rten  gel^alten;  9{oDQÜd  mar  geflorben,  Bä^iUtx  nad^ 
SBeimar,  tJfidgte  nadg  99etlin  flbergefiebelt.  2)ie  allgemeine  Sitteratur» 
aeitung,  mit  ©cld&er  31.  SQB.  ©cölegel  unb  ©d&elling  fo  l^Äfelicfte  ^ftnbel 
gel^abt  l^atten,  ftanb  im  93egriff,  nad&  einer  ad^tjel^niftl^rigen  aBirIfam= 
feit  (1785—1803),  Don  großen  S5erfi)re^ungen  gelotft,  unter  ©ottfrieb 
©d^ü^,  il^rem  Segrünber,  in  bie  bcnad&barte  preufeifd&e  UniDerptät 
^QÜe  Q.  @.  au8}un)anbern,  lo&l^renb  ©oetl^e  fd^on  für  bie  Unternel^mung 
unb  Segrünbung  einer  neuen  ßitteroturjeitung  in  3ena  ©orge  ge= 
tragen  l^atte,  toeld^e  unter  (gic^pabt»  Ceitung  mit  bem  1.  Sonuar  1804 
ins  Seben  trat. 

a)ie  3eitöer]^Ättniffe  ftanben  für  ^ma  ungünjKg.  ©eit  bem  leibigen 
Sltl^eiSmudftreit  unb  ber  Sntlaffung  (^idgteS  l^atte  ftd^,  toie  ©oetl^e 
fd^reibt,  ein  l^eimlid&er  Unmutig  ber  ©emütl^er  bemftd&tigt;  baju  !am 
baS  JBorgefü^l  eines  beDorfiel^enben  SBerfallä,  ju  toeldftem  Diele  Urfad&en 
jufammengettjirft  l^aben.  SDer  3ug  bon  3cna  fort  lam  jur  §errfd&aft 
unb  übertoog  bie  anjiel^enbe  unb  feft^altenbe  Araft,  tt)eld^e  3ena  in 
ben  testen  3)ecennien  beS  vorigen  ^al^rl^unbertS  fo  glänjenb  beioiefen 
unb  feit  ber  3Ritte  biefeS  Sal^rl^unbertd  Don  neuem  ausgeübt  ^at. 

6ine  ftarle  Sugfaßft  ging  gerabe  bamals  Don  ber  lur-  unb  neu» 
ba^rifdöen,  neu  organifirten  UniDerptöt  SBürjburg  aus,  tool^in  ber 
3urift  §ufelanb,  ber  Drientalift  unb  SEl^eoIoge  jpautuS  unb  ©d&elling 
im  §erbjl  1803  gerufen  mürben.  ?JauIuS  l^atte  no^  lurj  Dorl^er  pd^ 
in  3ena  ben  älul^m  erisorben,  bie  erpe  ©efammtauSgabe  ber 
SBBerfe  ©pinojaS  auf  eigene  ßoften  beforgt  ju  l^aben.  ®er  erpe 
Sanb,  Don  §cgel  freubig  begrüßt,  toar  Dpern  1802  erfd^ienen. 

2.  Immanuel  ^liet^ammer. 

N^Ieid^jeitig  mit  ^auIuS  unb  ©dgeQing  ^atte  nod^  ein  britter  SanbS= 

mann  ^egels  3ena  DerlaPen,  um  bem  Stufe  nad^  äBürjburg  i^olge  ju 

leipen:  Sfriebr.  Immanuel  3?iet]^ammer  aus  JBeitPein,  unter  Tegels 

i^reunben  tool/l  ber  treuepe,  ))robe]^altigpe  unb  ^ülfreid^pe.  ^  Sr  l^atte 


66  (Qt^tl  in  3ena. 

ate  aufectorbentlt^er  ?Ptofcffor  bcr  ?p]^iIofo>]^tc  flcmciitfam  mit  Si^te 
ba8  ^rtUofo^l^ifcfte  3oumar  (1795—1797)  l&erauSflcgcben,  toorin  icnc 
gorbergsOfi^tcfd&en  SluffS^c  crfdfitcnen  loaren,  toct^e  bic  Slnflage  unb 
93erfoIgung  loegen  Sltl^eiSmud  l^etDorriefen.  3n  ber  Sad^e,  in  il^ter 
SSertl^eibigung  unb  getic^tlid^en  SSerantoortung,  toax  ^lietl^ammer  mit 
Sfic^te  gana  einDerflanben  gmefen,  nid^t  ober  in  ber  Slxt  unb  SBeife, 
tt)te  biefer  bie  loeimatifd^e  Slegierung  Dor  ber  Sntfdgeibung  bebrol^t  unb 
baburd^  ben  93ertt)ei8  unb  bie  Sntlaffung  gleic^fam  an  ben  paaren 
l^erBeigcjogen  l^ottc* 

3n  feiner  93efonnen]^eit  l^atte  er  bie  mol^Igemeinte  SBarnung  ru^ig 
über  {td^  ergel^en  kffen  unb  feine  Sel^rfreil^eit  fo  ungefr&nft  betool^rt, 
bag  biefer  megen  SUl^eidmud  angeKagte  unb  t)erfoIgte  $rofeffor  ber  ^l^ilo- 
fopl^ie  an  berfelben  UntDerfität  nad^l^er  als  $rofeffor  ber  Sll^eologie 
unb  Seiter  bed  l^omiletifd^en  Seminars  n)ir!te.  Sin  fold^er  QaU  ifl 
faum  ie  in  einer  alabemtfd^en  Saufbal^n  t)orgeIommen.  3e^t  mürbe 
SWetl^ammer  als  eDangelifdfter  DBerpfarrer  unb  5Profeffor  „ber  ©ection 
ber  für  bie  JBilbung  ber  religiöfen  SJoßSle^rer  erforberlic^en  Äenntniffe" 
berufen.  @o  l^ieg  in  ber  Qpxaiit  ber  neu  organiftrten  UniDerfit&t 
fürflbifdgöflid&en  %nben!enS  bie  tl^eotogifd^e  O^cuItAt. 

Slls  bie  ba^rifc^e  ^errfd^aft  in  SBürjburg  nad^  bem  i^rieben  Don 
^e^urg  (26.  2)ecember  1805)  ein  DorlüufigeS  ©nbe  genommen  l^atte, 
blieb  9Het]^ammer  in  ba^rifdgen  3)ienflen  unb  tourbe  jur  Seitung  ber 
tl^m  anvertrauten  Unterric^tSangelegenl^eiten  erft  nad&  93amberg  als 
„SanbeSbirectionSratV  (1805),  bann  nadg  ailflnd^en,  ber  ^auptflabt 
beS  neuen  J!önigreid^S,  als  ,,&ntralfd^ul'  unb  Stubienratl^"  {Dhex- 
fd^ulratl^)  im  ^^^l^jal^r  1807  berufen.  6r  lebte  in  einer  fel^r  glüdt» 
lidgen  &^t  mit  ber  äBittioe  beS  Z^eologen  unb  Airdgenratl^S  3)öberlein, 
ju  beren  ©J^arafteriftil  l^ier  nur  bemerft  fei,  ba§  §egel  mit  il^r  auf 
baS  tJrreunbfd&aftlid&pe  berlefirt,  aud6  correfponbirt  l^at  unb,  fo  oft  er 
il^rer  gebeult,  fie  gern  „bie  befie  Qfrau"  a^^  nennen  })flegt.* 

3.  ^^Uofop^if^e  2)ocenten. 

S£ro^  bem  SBeggange  ber  S^elebritAten  unb  ber  ^bnal^me  ber 
i^requenj  blieb  bie  Heine  UniDerfit&t  nod^  eine  3eitlang  Don  pl^ilofo- 


1  »ßl.  bief e«  2Bet!.  »b.  V.  (2.«uf[.  3ub..Slu«ö.  ©b.  VI.)  »u*  n.  (S.Qp.lV. 
6. 284—303.  —  s  SBon  ben  274  fflummem,  locl^e  ^egels  gefammter  adneftte^fet 
3&^lt,  tommen  auf  feinen  S9rieftt)e$fel  mit  Slietl^ammet  101,  Don  benen  $egel  84, 
9liet^ammer  17  gefd^riebcn  (at  (bagu  1  SSrief  an  bie  Srrau). 


^ie  etflen  fe^S  Sa^re  feinet  IttteTattf^en  unb  afabcmifd^cn  SQßirtfamteit.    67 

l)]^if(ften  ßel^rfrfiften  gerabcgu  übcrf^iDemmt.  3m  ©omtnct  1803  bc= 
trug  bie  ©efammtial^I  aUet  S)ocenten  52;  baDon  l^ielten  12  pj^tlo^: 
fo))]^if(^e  äJorlefuitgen:  3  otbentUd^e,  2  augerorbentitdge  $rofe{foren 
unb  7  ^Priöatboccntcn.  3)tc  Sö^I  ber  ^PrtDatboccnten  bet  5piöitofo})l^ie 
Derl^iett  ftdg  ju  bet  3^^I  bet  ^riüatbocenten  bet  ))]^tIofo))]^tfdgen  i^acuttat 
toie  7:9.  3m  SBinter  1803/1804  gab  eS  48  ©ocentcn,  alle  geregnet; 
12  baDon  l^telten  ))^iIofopl^tf^e  93otIefuttgett,  alfo  budgflabltd^  bet  Dtette 
5£tizil  bed  ganjen  ßel^tperfonals.  3tn  @ommet  1804  jA^Ite  bie  ))]^iIo= 
fo))]^tfAe  f^cutt&t  fieben  $rtt)atbocenten,  barunter  fec^S  ^rit)atbocenten 
far  $]^t(ofo))]^te;  bie  S^U  ber  ))]^iIo[o))]^ifdgen  Seigrer  Derl^iett  ftdg  ju 
ber  3^^!  ctDec  Seigrer  xoit  9  :  42.  Sd  toai  ein  ^idi^t  t)on  Special- 
coQegen,  in  meldgem  ^egel  ftedte.  9teben  i^m  lefen  loir  in  ber  an^^ 
gefeierten  Seit  bie  SRamen  Äirften,  3.  3t.  gfrieä,  Ä.  gl^r.  Äraufe, 
3.  S.  @*ab,  SBermel^ren,  Sr.  9lfi,  ®.  ©ruber,  ®.  ^enrici. 

Srft  mit  ber  Sdglad^t  unb  in  t^olge  berfelben  ftnberten  ftd^  biefe 
unnatürliti^en  unb  ungefunben  SBerl^AItniffe,  bie  SSudgerungen  ber  ^j^ilo^: 
fopl^ie  l^örten  auf,  aber  bie  gange  UniDerfitAt  geriet]^  nunmel^r  in 
9%üd(gang,  in  einen  tiefen  unb  lange  anbauernben  ä^erfaff. 

4.  (Befelltge  ittetfe. 

S)er  gefeQige  SSerlel^r,  einfad^,  vielfältig  unb  ergö^ttd^,  U)ie  er  an 
bem  anmutl^igen  Drte  geioefen  unb  geblieben  ift,  l^atte  burd^  bie  3totf) 
unb  bie  Unbilben  ber  3eit  leine  bauernbe  @inbu§e  erlitten.  3n  einigen 
Käufern,  beren  jjebed  aDe  Dierjel^n  S£age  feinen  ©efeQfdgaftSabenb  l^atte, 
tt)ie  bod  {^rommannfdge,  jtnebelfd^e,  ©eebedfc^e  ^oud,  isar  ^egel  ftets 
ein  gern  gef eigener,  l^eiterer  unb  unterl^altenber  ®afl,  ben  man  ungern 
cntbel^rtc  unb  jiets  in  guter  unb  vergnügter  (Erinnerung  bel^ielt.  3)er 
ajlaior  R.  ßubtoig  Von  Änebel  toar  im  ^a^^x  1805  von  SBeimar  nad^ 
3ena  übergefiebelt;  ber  ^l^tjfüer  ä^ljomad  ©eebed,  berül^mt  burc^  feine 
^ntbedungen  ber  SEl^ermoelettrtcitat  unb  ber  entoptifd^en  t^arben,  l^atte 
adöt  ^df^x^  l^inburcö  feinen  5ffio]&nft§  in  3ena  genommen  (1802—1810) 
unb  fid^  bort  mit  ^egel  befreunbet.  @ie  l^aben  fid^  fpftter  in  92ürnberg 
unb  jule^t  in  JBerlin  »ieber  Vereinigt.  3n  3ena  tourbc  il|m  fein 
©ol^n  3Äori§  geboren  (8.  S^nuar  1805),  beffen  einfid&tS«  unb  froft* 
Vollem  ßurotorium  bie  Univerfitftt  3cna  in  ber  jioeiten  ^ölfte  biefeS 
3a]^r]eunbert3  il^re  gtoeite  SBlütl^e  verbanlen  follte.* 

^  9>gl*  meine  ,, (Erinnerungen  an  SJloti^  @ee(ed'.  lln^ang  von  ©oetl^e  unb 
X^omofi  eeebed.    (^eibelbetg  1886.)    Sap.  I.  @.  1—21. 


68  ^cgel  in  3ena. 


/ 


IV.  S)ic  Jpi^aitomcnologie  unb  bic  ©(ftlod&t. 
1.  2)afi  SQßett  unb  ber  Streit  mit  bcm  S^etlegcr. 

Stani  l^atte  bcn  vierten  unb  legten  Il^etl  feiner  metopl^^fifcöen 
3latur=  ober  Äötperlel^re  (SetoegungSlel^re)  ^l^ftnomenologic  genannt, 
ba  l^ier  bie  ©runbfä^e  Don  ber  SRobalilftt  ber  aSetoeguna,  b.  1^.  Don 
ber  2lrt  unb  SBeife,  toie  btc  Bewegung  Dorgefiettt  toerben  muß  ober 
toie  biefelbe  erfc^eint,  auögefül^rt  lourben:  bie  Seigre  Don  ben  ©rfdöeinungS« 
arten  (^^dnomena)  ber  Seloegung.^  3)ad  ^anpttoexl,  loeldged  $egel 
in  3ena  Derfafet  l^at  unb  fdöon  ju  ßnbe  beä  ^al^reS  1805  l^erauö« 
gugeben  hoffte,  l&anbcfte  Don  ben  ©rfdöeinungSarten  (nid^t  ber  Setoegung, 
fonbern)  beS  SBiffenS,  Don  ben  not^toenbtgen  (SntioidlungSftufen  beS 
93eU)ugtfetnS  Don  ber  niebrigften  ber  finnlid^en  ©etoig^eit  bt§  gur 
l^oc^flen  beS  abfoluten  SBiffenS;  bie[e  feine  Se^re  Don  ben  €ntioi(!(ungd- 
formen  ober  ©rfd&einungSarten  (5P5änomena)  beS  SBiffenS  nannte  er 
„^pi^ÄnomenoIogie  beS  ©eifteS". 

2)ad  SBer!  foKte  bei  bem  93ud&]^dnbler  ©öbl^atbt  in  Samberg 
gebrudt  unb  Derlegt  merben,  aber  ^egel  befolgte  nid^t  ben  loeifen  ©runb» 
fa§  Äant3,  ber  ben  ®rudE  feiner  SBerle  erft  beginnen  liefe,  toenn  bie» 
felben  Dom  erflen  bis  jum  legten  Sud^ftaben  fertig  auf  bcm  Rapier 
ftanben,  gefdgrieben  unb  abgefd^rieben.  SBdl^rcnb  bie  ^l^dnomenologie 
nod^  in  ber  SIrbeit  mar,  befanb  ftd^  baS  unDoüenbete  SBer!  fd^on  im 
S)rud(.  Srttt  ben  93ogen  foDten  18  ©ulben  bejafjlt  n)erbcn  unb  bie 
erfle  ^filfte  bed  ^onorarS  föDig  fein  nad^  Slblieferung  beS  gangen 
SDlanufcril)t8.  6«  ijl  miBKd&,  Don  einem  unter  ber  5eber  befinbUd^en 
SBerl  gu  bcfiimmcn,  toetd&eS  bie  erfle  ^cltfte  ift. 

3m  Sf^bruar  1806  l&atte  bec  ®rudE  begonnen,  im  ©e})tember 
toaren  21  ©rudtbogen  fertig  gefieüt  unb  §egel  beS  ^onorarS  in 
öufeerfier  SBeife  bebürftig,  aber  ber  SBcrIeger,  nadöbem  er  bie  Dertragä« 
möfeigc  3ö^t  ber  ©jemptare  Don  1000  auf  750  l^erabgefe^t  unb  bem= 
gemAg  bad  Honorar  abgeminbert  l^atte,  Dermeigerte  |ebe  S^^ltung,  el^e 
baS  gange  ajlanufcript  in  feinen  ^dnben  fei.  $egel,  Dotter  aJlifetrauen 
gegen  bie  9leblid&leit  beS  SSerleger«,  ber  guglci^  ber  Suc^l^önblcr  unb 
Suc^brudEer  loar,  l^atte  bie  ^ülfe  feinet  i^reunbeS  Stietl^ammer  in- 
Sambcrg  angerufen,  unb  biefer  l^atte  in  einem  SJerlrage  Dom  29.  September 
1806  ftd6  anl^eifd&ig  gemad&t,  bie  gange  Sluflage,  fotoeit  fte  gebrudtt 
©ar,  gu  laufen  unb  gtoölf  ©ulben  für  jebeS  ejemplar  gu  gol^Ien,  toenn 

1  aSgtbiefeÄSQÖerl.  93b.  V.  (4.aup.)  »ud^I.  €a<).I.  6.8.  (S.ap.iy.  ©•45fl8b. 


^ie  erftcn  fe^il  3a^te  feiner  litterarifAen  unb  ofabemtf^en  SDirtfamtett*    69 

ntc^t  ba8  ganjc  SKanufcript  Bis  gum  18.  Dctobcr  abgeliefert  fei.  3l\xn 
gal^Ite  ber  ä^etleger  boS  Honorar  für  24  Sogen  ate  bie  angenommene 
^Älfte  beö  ©anacn.  3Jlit  biefer  feiner  Sürgfd&aft  l^atte  SRietl&ammer 
bem  S^eunbe  in  3ena  einen  mal&ren  ^^eunbfd&aftfibienft  ertoiefen, 
,,einen  l^eroifd&en",  fagte  ^egel,  ber  nun  auc^  feine  SBer^ftiti&tung  um 
jeben  $reis  erfflOen  tooQte.    Sis  gum  18.  October! 

„SDic  §auptfad6e,  baS  Slbgel^en  be«  gangen  SOfianufcriptS,  foK  un« 
fel^Ibar  biefe  SBoc^e  öon  mir  erfolgen."  @o  fd^rieb  er  SWontag  ben 
6.  Dctober.  8(m  8.  Dctober  fenbet  er  bie  §Slfte,  bie  anbere  foll 
Freitag  ben  10.  nad&folgen.  „Sie  ®rö§e  meines  ©anfeS  für  S^te 
^reunbfd^aft  !önnte  ic^  nur  gang  fagen,  menn  i$  S^nen  befc^riebe,  in 
toeld^er  jperplerität  icft  über  biefe  ©ad6e  getoefen  bin."  „®inge  ein 
Sll^eil  biefed  97lanufcri))t3  Verloren,  fo  loügte  id^  mir  !aum  gu  l^elfen, 
i4  toürbe  a  \i^totx  loieberl^erflellen  iSnnen,  unb  biefeS  ^al^r  nod^ 
tonnte  bann  bad  3Ber!  gar  nid^t  erfd^einen."^ 

2.  2)ie  64Ia4t  bei  3enQ. 

3n  feinem  ©riefe  öom  17.  September  l^atte  ^egel  gefürtfttet,  ba6 
allem  Slnfc^eine  nad&  ber  Ärieg,  „ber  ®ott  fei  bei  un8",  ausbrechen 
n)erbe;  er  l^atte  bann  auf  baS  Selben  ber  i^riebenSlüfte  „ber  Cctober- 
gepl^^re"  umfonfl  gel^offt,  nad^bem  fd^on  3lapoUon  in  93amberg  baS 
))reugif(^e  Ultimatum  erl^alten  (7.  October)  unb  bie  Jtrieg8))ro!Iamation 
an  fein  $eer  erlaffen  l^atte.  3e^t  ging  aOeS  na))oIeonif^,  b.  ff.  UHj- 
fernen.  2)er  SluSbrud^  beS  jtrieged  xoax  ba;  er  ftanb  nid^t  blog  Dor 
ben  Il^oren  3ena8,  fonbem  war  fd^on  in  feinen  SWauern.  Slm  13.  Dctober 
tourbe  bie  ©tabt  t)on  ben  grangofen  befe^t,  9iapoleon  felbft  toar  er= 
fd&ienen.  „Sen  Äaifer,  biefe  SBeltfeele,  fal^  idö  burdft  bie  ©tabt  gum 
SlecognoSciren  l^inauäreiten;  —  e8  ifi  in  ber  SEl^at  eine  ©unberbare 
@m))finbung,  ein  fotd^ed  3nbit)ibuum  gu  feigen,  baS  l^ier  auf  einem 
5ßunlt  concentrirt,  auf  einem  5Pferbe  ft^enb,  über  bie  SBelt  übergreift 
unb  fie  bel^crrfd&t."  „33on  SonnerStag  bis  5Wontag  finb  foldfie  fjort« 
f (dritte  nur  biefem  augerorbentlid^en  äJlanne  mögli^,  ben  eS  nid^t 
möglid^  ift,  nid^t  gu  beiounbern."  93on  feiner  SBol^nung  aus  fielet 
^egcl  um  11  Ul^r  nad^ts  auf  bem  gangen  3Äarfte  bie  Qfeuer  ber  fran= 
göpfd^en  SBataiüone,  Dor  fid&  baS  Ie§te  nod^  übrige  3Äanufcril)t  ber 
$^anomenologie. 


1  abriefe  Don  unb  an  ^egel.  I.  6.  66.    0&x,  \>om  8.  Oct.  1806.) 


70  ^egel  in  3ena« 

Slm  18.  OctoBer  rtd^tete  ©oet^e  ein  Stunbfd^retBen  an  bte  gfreunbe 
in  ^ma,  um  gu  etfol^ren,  ipte  eS  il^nen  gel^e  unb  tt)Q8  fie  in  ben 
Zogen  ber  Sdgtai^t  gu  erletben  gel^abt.  Sine  feinet  Slbreffen  lautete: 
„2ln  §errn  5Profeffor  ^egel  auf  bem  alten  Sed^tboben".  ^cget  gel^ötte 
gu  ben  ®e))tfinberten  unb  befanb  \iä^  in  einer  fotdgen  ©elbnotl^,  ba| 
®oet]^e  j!nebeln  beauftragte,  il^m  „Bis  gu  gel^n  Zl^alern"  gu  geben 
(28.  Dctober). 

Snbtid^  am  20.  Cctober  fonnte  er  ben  äfteft  beS  äRanufcriptS, 
bie  legten  loenigen  Sogen,  xoAäit  er  fett  ber  9{ad^t  beS  breigel^nten 
in  ber  5£af(^e  mit  fid^  l^erumgetragen  l^atte,  nad^  Bamberg  fdgidFen. 
3m  3anuar  1807  folgte  bte  SSorrebe.  Site  er  bie  3ufenbung  beS 
SBerleS  feinem  gteunbe  ©d^elling  in  5Wand^en  anfünbtgte  (1.  SKai  1807), 
bemerÜe  er  im  ^inblidt  auf  bie  ©t^lugabfdgnitte:  „Xie  größere  Unform 
ber  legten  ^artieen  l^alte  S)eine  9lad^{tdgt  aud&  bem  gu  ®ute,  bag  id^ 
bie  SRebaction  überl^aupt  in  ber  ajlitternad6t  öor  ber  ©cftlad^t  bei  3ena 
geenbigt  l^abe**.^ 

ein  SKenfc^enalter  f})öter  l^at  ^riebr.  Stapp  fein  @d^rift(^en* 
„®.  SB.  Qf.  §egel  ate  ®^mnafialrector"  mit  ben  SBorten  begonnen: 
,,Unter  bem  ©onner  ber  ©d&lad^t  bei  3ena  l^atte  §egel  feine  jpi&dno- 
menologie  beS  ®eißed  t)oIIenbet.  3Slan  l^at  bie  oft  mieberl^olte  Eingabe 
biefer  SEl^atfa^e  ffir  gefud^t  gel^atten.  9Bir  beginnen  aber  mit  berfelben 
unfcre  ^arftettung"  u.  f.  f.  S)iefe  freilidö  oft  toieberl^olte  Slngabe  ifi 
nid^t  bloß  gefud&t,  fonbem  falf^.  @o  tl^eatralifd&  bie  ?P^rafe  Hingt, 
fo  unDorfteDbar  ift  bie  @adge.  9Bir  l^aben  bie  SSorgdnge  gefd^ilbert, 
wie  jte  in  SBirftid^feit  getoefen  finb. 

8.  2)te  etfie  2)t{fcren3  gtotf^en  S^etftng  unb  ^egel. 

Sd^etting  l^atte  Don  bem  SBer!e  groge  (Srioartungen  gel^egt,  fo- 
lange  er  §egel  gu  ben  ©einigen,  b.  1^.  gu  feinen  SRa^folgern  gäl&lte./ 
,,Sluf  ®ein  enblid&  erfd^einenbeS  SBcrf",  fd&rieb  er  ben  11. 3anuar  1807; 
„bin  id6  Doli  gef})annter  (Ertoartung.  SBa8  muß  entfielen,  toenn  ©eine 
Steife  {td^  nod^  Seit  nimmt,  il^re  ^xüä^U  gu  reifen!  3d^  mfinfd^e  3)ir 
nur  ferner  fo  rul^ige  Sage  unb  äJluge  gnr  SluSffi^rung  fo  gebiegener 
unb  gleid^fam  geitlofer  SBerfe."  ^te  er  baö  SBerf  erhalten  unb  an- 
gelefen  l^atte  —  er  l^atte  nid&tS  toelter  gelefen  ate  bie  SSorrebe  — ,  fo 
antwortete  er  nad^  einem  l^alben  Saläre,  fid^tlid^  gereigt  unb  oerflimmt 


^  99tiefe  Don  unb  an  ^ege(.  I.  6.  71  u.  202.  —  >  aRinbcn  1885. 


^ie  etilen  fed^S  3a(te  feinet  littetattfdften  unb  atabemifdften  SSittfamteü.    71 

aber  bte  93erurtl^ei(ung  feinet  9lad&(eter,  totli^t  in  bet  SSortebe  ju  lefen 
ftanb.  3R\t  biefem  99ttefe  Dom  2.  9lobetnber  1807  enbet  bte  Sorte- 
fponbeng  gmifd^en  Sd&eQing  unb  ^egel,  unb  Don  feiten  @d^e1ItngS  aud^ 
bie  8fteunbf(i6Qft.>^SDie  Beiben  el^emoUgen  ^wunbe  Don  Xflbingen  unb 
3ena  l^er  l^aben  ftd^  nod^  gtoeimal  loiebetgefel^en:  im  October  1812  in 
Slümbetg  unb  am  3.  B^ptmUx  1829  in  Äattebab.* 

V.   Sleue  ßebenöplftne. 
1.  2)et  SBtief  an  3.  $.  SSo^. 

\3laä)  ber  unglücflidgen  Sd^Iadgt  mugte  ^egel  auf  eine  ^enbetung 
feinet  Sudeten  ßebenSDetl^ftttnijfe  Sebad&t  nel^men.  ©ein  Heines  33ets 
mögen  xoax  längfl  DetbtQud^t  unb  feine  Sinnol^men  burd^  Schriften, 
SBotlcfungen  unb  Sefolbung  biet  ju  gering,  um  bat)on  leben  ju  lonnen; 
bie  ItniDerfttfit  loar  im  Stüdgange  begriffen,  bie  t^requen}  gefunfen, 
@tabt  unb  Sanb  in  ArtegSnotl^  unb  SIenb.  $ren§en,  o^nm&d^tig,  jer- 
tiffen,  Don  AriegSf Bulben  erbrüdt,  lag  barnieber  unter  ber  Saft  bed 
i^riebenS  Don  Slilfit  OuU  1807),  loogegen  bie  St^einbunbftaaten  unter 
bem  Sunbe  mit  ^lopoleon  florirten,  toxt  99a^em,  SSurttemberg,  ©ad^jen 
unb  bad  neue  Aurfürftent^um  SSaben. 

%uf  biefes  le^tere  l^atten  fid^  ^egete  ndd^fte  Hoffnungen  fd^on  Dor 
ber  ©d^Iod^t  gerichtet:  auf  eine  5Profeffur  an  ber  UniDerfitÄt  ^eibelberg, 
»eld&e  einfi  Äurfürft  gtupred&t  Don  ber  Jpfalj  gegrünbet  (1386)  unb 
ie|t  Äurfürft  Äarl  griebrid^  Don  Saben  unter  bem  Slamen  „9luperto= 
garola"  erneuert  l^atte  (1803)/ SJon  bem  SBunfc^e  nadö  einer  ?Profe|fur 
in  ^eibelberg  beniegt,  fc^rieb  ^egel  an  ^oif.  ^einridb  93o§,  ber  in  ben 
3a]^ren  1802—1805  in  3ena  gelebt  l&atte,  unb  je^t  Don  Äarl  griebridö 
mit  einer  5ßenfion  nad&  ^eibelberg  berufen  toar,  toie  einfi  ÄlopfiodC 
na^  Äarterul^e.  6r  liefe  in  fein  ©^reiben  ein  SQBort  einfließen,  toeld&e8 
bei  5Bofe  eine  gute  ©tStte  fanb;  Sffiie  ßutljer  bie  Sibel,  5Bo§  ben 
Homer  beutfc^  l^aben  reben  laffen,  fo  l^abe  er,   ol^ne  ftd^  mit  fold^en 


^  SBtiefe  ton  unb  an  ^eget.  I.  6. 102  u.  103  SnintQ.  (SBambetg,  1.  IDlai 
1807.)  »fil.btefe«  2Bet!.  »b.  VI.  (2.auP.)  »udj  I.  6a|).  XI.  6. 145  u.  146.  - 
3  (JEbenbaf.  a9u4  L  ^op*  XVI.  6.  215  f[gb.  Sdtiefe  Don  unb  an  ^cgcl.  L  6.  350. 
(SBt.  an  9liet]^ammet  oom  23.  Oct.  1812.)  IL  6.  326.  (SBt.  ^cgeU  an  feine  Sftau 
in  Aatifibab  Dom  3.  @e^tembet  1829.)  SS^ie  ^egel  übet  6(ieaing8  etfle  gftau 
(AatoUne)  gebadet  fiat,  fe^en  lott  aufi  einet  Stelle  feines  S3tiefe8  an  9liet^ammet 
Dom  4.  €ctob.  1809.  Stiefe.  I.  G.  248.  @o($e  Sftauen  »aten  gat  ni^t  m^ 
feinem  Ginn. 


72  ^tgel  in  3ena. 

SSorgingern  irgenbloie  Dergleidgen  ju  loollett,  ben  93etfu(%  geioagi,  bie 
beutfd&e  Spradge  in  bie  9lu8bTU(!dtt)eife  ber  ^l^itofopl^te  eingufai^rett. 
S3og  ^atte  alsbalb  mit  bem  Stegierungdbeamten  (D.  IReijenfleiti)  ge^ 
f))rod&en,  tt)e((%er  bie  Slngelegenl^eiten  ber  neubabifd^en  Unit)etfitai  }U 
leiten  l^otte,  biefer  aber  l^atte  mit  SBebauern  erll&rt,  bog  bie  Aaffe  ber 
2l!abemie  auf  bringenbe  SBebürfniffc  cinaufc^ranlen  fei.  SBal^tf^einlid^ 
©ar  über  bie  Sefcfeung  ber  rtilofortifd&en  ?Jrofef|ur  fd^on  t)erfügt. 

„®ott  fegnc  3]&rcn  entfd&Iufe",  l&atte  SSofe  in  feiner  Slntioort  be= 
merlt,  «bie  ^P^ilofopl^ie  au8  ben  SBolfen  toieber  jum  freunblid^en  SJer- 
lel^r  mit  tool^Irebenben  5Dlenf^enIinbern  jurttdfjufü^ren!  68  fd&eint 
mir,  bog  ein  inniges  Sf^ernel^men  unb  Smpfinben  auger  ber  traulidgen 
^erjenSf))rad^e  nid^t  einmal  mögli^  fei,  unb  baB  unfere  reid^e  Urf))rad^e 
für  bie  freieflen  unb  jarteften  Biegungen  beS  ©eifteS  enttoeber  93Ubung 
l^abe  ober  gefd&meibige  Silbfamleit.  6in  DI^m})ier  in  ^irtengefialt 
toürbe  größere  SBunber  tl^un,  afe  burd&  übermenf(^Iid&e  (Erfd^einungen.^ 

Unter  Tegels  ©pecialcoHegen,  Don  beren  Uebergal^I  toir  fd&on  ge- 
fproc^en  l^aben,  loaren  gniei,  bie  burd^  il^re  fpdtere  SBir!fam!eit  fid^ 
einen  92amen  ertoorben  unb  @d^ule  gemad^t  l^aben:  3ac.  g^riebr.  t^rieS 
aus  S3arb^  unb  Ä.  ©l^riflian  ^riebr.  Äraufe  auS  6ifenberg.*  3ener, 
innerl^alb  ber  fantifd&en  ©d&ule  ber  bel^arrlic^e  ©egner  ber  metapl^^fi- 
fc^en  unb  moniftifc^en  Slid^tung,  loeld^e  in  Steinl^olb  il^ren  Anfang  ge« 
nommen  unb  in  ^^id^te  unb  @dgelling  il^re  feitl^erige  ^öl^e  erreid^t 
^tte,  toar  im  3a]^re  1805  nad&  ^cibelberg  berufen  toorben,  tool^in 
fi(^  ^egel  gett)flnf(^t  l^atte;  biefer,  fdgon  mit  21  3al^ren  $rit)atbocent 
(1802),  ber  fid&  innerl^alb  ber  öon  bem  Sbentitätäprtncip  bel^errfdfiten 
Siid^tung  mit  einem  ))anent^eiftifd^en  @))ftem  trug  unb  eine  neue  beutfd^ 
lautirenbe  ^uäbrudtStoeife  ber  jtoedtlDibrigfien  unb  abftrufeften  8(rt  in 
bie  ^]^iIofo))]^ie  einfttl^ren  looDte,  xoat  nad^  2)reiSben  gegangen:  „ber 
aufgeblafene  Traufe",  fagte  SRietl^ammer.^ 

2.  2)ie  SSenifung  nad^  SBamberg. 

^^egete  Slidte  rid^teten  fid^  nadö  Sägern  unb  fpftl^ten  uml^er  nac^ 
einer  il^m  angemeffenen  alabemifd&en  5Profeffur.  35a  aber  Sürjburg 
nid^t  mel^r  unb  (Erlangen  nod^  nidgt  ju  93a^ern  gel^örte,  unb  ajlund^en 

1  »tiefe  öon  unb  an  ftegel.  I.  6.  57.  (?Br.  ö,  24.  Stug.  1805.)  —  •  ©gl. 
biefe»  SBer!.  »b.  V.  (4.  «uP.)  »u*  IV.  €q|).  V.  6.  630  flgb.  6.  637.  -  •  »riefe 
Don  unb  an  $egel.  I.  @.  48  u.  56.  »t.  9liet^.  SOßüraburg,  19.  2)ec.  1804.  »r. 
^eget«.  3eno,  4.  IDiara  1805. 


SHe  erfien  fe^S  ^al^re  feinet  Ittterarifc^en  unb  alobemtf^en  äßtilfamfcit.    73 

nodg  leine  UntDerfttAi  l^otte,  fo  gab  e8  bomals  feine  anbete  bo^ttfdge 
Unimptat  als  ßonbg^ut  toomit  angolfiabt  feit  bem  Salute  1800  t)et= 
einigt  toat.  ^ict  abet  fanb  pcft  feine  füt  ^egel  offene  ©teile.  a)ie 
afqbemif^en  Pdne  mußten  t)otI&uftg  gutfldgefteHt  metben  gegen  bie 
loutnoliftifdgen.  3(m  liebften  l^dtte  et  in  SOtfln^en  ein  ftttifd^eS  Soutnal 
bet  beulfd^en  Stttetatut  gegtfinbet,  unb  gn3Qt  im  Slnfdglug  an  bie  bott 
neu  geftiftete  lontgltd&e  SKabemie  bet  SBiffenfd&aften,  beten  5Ptafibent 
3acobt  unb  einflu§teid&e8  5Witgtieb  ©d&eQing  roax,  obet  biefet  felbfl 
to)ibentetl^  ben  ^kn  unb  lieg  3acobtS  ungünftige  unb  Able  Sinftüffe 
fütd&ten. 

3)a  etSffnete  i^m  9lietl)ammetd  befteunbete,  flets  l^ülfbeteite  ^anb 
ben  Sugang  ju  einet  ))ublicifttf(j^en  5£]^fttig!eit  nid^t  unettoünfd^tet  unb 
einttÄgtid^et  3ltt.  68  l^anbelte  ftd^  um  bie  Slebaction  bet  SBambetget 
Seitung,  toeld^e,  im  5ßtit)at6efi§  befinblidö,  untet  bet  Slufft^t  bet  ßanbeS» 
bel^otbe  ftanb  unb  Don  einem  ftonjöfifd^en  Smigtanten  tebigitt  n^otben 
tt)Qt,  toeld&en  bet  aJlatfd^aH  S)Qt)oufi  mit  ficft  genommen  l^atte;  bann  loat 
jte  in  bie  ungefd&idtten  ^ftnbe  eines  5Ptofeffot  Staubet  getatl^en,  bet 
bie  ^(bonnenten  nid^t  angog,  fonbetn  Detfd^euc^te.  S)et  ©e^eimtatl^ 
S3a^atb  l^atte  9liet]^ammetn  felbft  bie  Stebaction  ongettogen,  biefet 
abet,  aU  SanbedbitectionStatl^  fdgon  mit  9lmt8ge{d^aften  flbetl^auft, 
l^Qtte  obgelel^nt  unb  feinen  t^teunb  ^egel  in  93otfdglQg  gebta(%t.  93a^Qtb, 
ein  l^eOet  unb  getoanbtet  J!o))f,  ging  gleid^  auf  bie  ©adge  ein,  befeitigte 
fd^nett  einige  nod&  im  SBeg  befinblid^e  ^inbetniffe  unb  tebigitte  felbfl 
bie  3fitung,  bis  §eget  3ena  Detloffen  fonnte, 

9lo^  el^e  et  lam,  loot  9lietf|ammet  aU  (Senttolfdgul^  unb  ©tubien- 
tatl^  nacö  aKünd^en  Detfe^t  tootben,  toobutd^  fein  SBitlungSfteiS  be= 
ticad^tlid^  etioeitett  unb  übet  baS  gonge  neuba^njc^e  Aönigteidg  auSge» 
bel^nt  tüutbe.  3Jiii  bem  Sßotte  be8  gelteugigten  ©d^ad^etS  fc^tieb  ^egel: 
„§ett,  toenn  ®u  in  ©ein  9leid&  fommfl,  gebenle  mein,  toitt  idö  beten!*\/ 

1  SBriefe  ))on  unb  an  $egeL  I.  ©.  61.  (S3t.  Dom  6.  ^ugufl  1806.)  9)g(. 
6. 145.  ßBt.  t)om  23.  a)ecembet  1807.)  »gl.  ©.  83-89.  (»tiefe  öom  16.  unb 
20.  Bfebt.  1807.) 


74   Tegels  pudiciftif^c  unb  pftbagogif^e  9BitIfamleit  im  ü5niQ¥et4  Sa^cni« 


@te6entel^   €apttel. 
Aajmi*    9te  (SdlnHung  feines  ^mtspattlies. 


I.  S)tc  SBombcrger  S^itung. 
1.  2)ad  Sflebaction8gef$&ft. 

\  @dgon  auf  bie  erfle  Stnfrage  t)on  feiten  SltetJ^ommerd  ^atte  $egel 
geantmortet,  bog  il^n  baS  StebocttonSgefd^Aft  tntereffiren  totxht,  benn 
er  ]^a6e  bie  SBeltbegeben^eiten  fietd  mit  9leugierbe  Derfolgt.  Sr  tarn 
im  anfttj  1807  unb  blieb  bid  ©übe  SloDember  1808,  alfo  etmaS  über 
anbertl&alb  Saläre.  SBft^renb  bc8  erften  Sabreä  (öon  Dftcrn  1807  bi8 
Dftern  1808)  galt  er  ate  beurlaubter  ?Profe|for  in  3ena,  fo  ba§  er 
noc^  ein  3al^r  long  feine  bortige  Sefolbung  bejog.  9iad&bem  bie  Sin- 
!ünfte  ber  Seitung  fo  georbnet  maren,  bag  ber  ©etoinn  gmtf^en  93e= 
ft^er  unb  Slebacteur  }u  gleidgen  Hälften  Dertl^eilt  tourbe,  fo  !onnte 
C»egel  feine  bamberger  ginnal^me  auf  1300 — 1400  ©ulben  jäl^rlid^ 
Deranfd^Iagen. 

3)ie  «^Samberger  S^itung  mit  Jtöniglid^^aQergn&bigfter  t^reil^eit", 
in  Quartformat  auf  Söf(i^))a))ier  gebrudt,  erfd^ien  tAglic^  im  Umfange 
eines  l^alben  Sogeng,  ber  au8  jioei  93(attern  ober  ac^t  Spalten  beflanb, 
beren  le^te  unb  (tl^eilmeife)  Dorle^te  gu  Hein  gebrudten  Socalnad^irid^ten 
unb  93elanntma4ungen  Dern3enbet  mürben.  SSerlag  unb  Stebaction 
blieben  ungenannt;  fogenannte  fieit=  ober  ^orrefponbenjartüel  gab  eS 
fo  gut  tt)ie  leine,  bie  £ageiSereignif|e  l^erDorragenber  Slrt,  an  benen  bie 
Seit  rcid&  unb  überreif  \oax,  mürben  aus  anbern  S3Iöttern  gefammett, 
in  ber  Äürje  mitgetl^eilt,  flberftdötKd^  jufammengefiellt  unb  georbnet» 
Sine  ber  mic^tigften  ^auptqueQen  mar  ber  «$arifer  äRoniteur".  Sin 
einjigeS  mal  mer!t  man  ben  pl^ilofopl^ifd^en  Stebacteur:  in  ber  99e- 
ridftterßattung  über  einen  ®ebäi^tnig!ünfller,  ber  in  $ariS  feine  j!unfl- 
ftüde  jum  SJeften  gegeben  l^at,  in  ber  SBeurtl^eilung  biefer  ailnemo- 
tedbnü,  bie  ein  S^i^^n  ber  äJerrüdt^eit  m&re,  menn  fie  nid^t  gefliffentlid^ 
unb  fpielenb,  fonbern  unbelougt  unb  gleid^fam  im  natürlichen  ®ange 
beS  ©eifleS  ausgeübt  mürbe.  ^ 

1  IBambergetSeitg.  9lr.  16.  19.  aRdr^.  %l.$a^m.  SBorl.  XII.  e.270f[Qb. 
e.  505. 


^te  ®¥ünbun$|  feines  ^auUftanbeH.  75 

2.  2)te  SBeltbegeben^etten. 

SBtr  {tnb  im  na))oIeonifd6en  SBeltteidge,  in  ber  xitiUt  uttb  auf  bet 
^bfft  fetner  3Slai^t,  nod^  nid^t  auf  bent  ^ödgfien  ®ip\tl  3loäi  tft  bet 
fieareid&e  Äriefl  mit  Stufelanb  unb  ?Pteu§en  (1806—1807)  nid&t  beenbet, 
nodg  ^Qt  ber  ftegreid^  Arieg  gegen  Oeflerreii!^  (1809)  ttt^t  Begonnen. 
3lapoUon  als  Aatfer  ber  f^ronjofen  unb  A5nig  Don  dtolien,  als 
iProtector  beS  Stl^einbunbe»  (feit  12.  3uK  1806)  pe^t  an  ber  &p\^t 
ber  SBelt.  Sag  l^eiKge  romifd&e  IReiiS  beutfd^er  Station  ifl  unter- 
gegangen (6.  Sugujt  1806).  UnDerföl^nlid^  bauert  ber  Arieg  auf  Seben 
unb  Stob  jmifd&cn  3tanlretd&  unb  gngtanb. 

SBenn  loir  bie  Beiben  Sal^rgÄnge  ber  SamBerger  S^itung  Don  1807 
unb  1808  burdöBlattern,  toeld&e  SWaffe  ungel^eurer  welterfd^ütternber 
Sreigniffe  gte^t  an  un8  DorüBer:  bie  ©c^lac^t  Bei  ß^lau  (7.  ^eBr.  1807), 
bie  einnal^me  Don  Sangig  burtft  SeffeDre  (21.  3Jlat  1807),  bie  ©d&Iadöt 
Bei  grieblanb  (14.  3uni  1807),  ber  triebe  Don  lilpt  (3uli  1807), 
Don  fetten  ber  93eftegten  bie  9Iner!ennung  beS  ©rogl^ergogtl^umd  SBarfd^au, 
beS  AönigreidgiS  Sad^fen,  beS  neufran3öftf(i^en  ftönigreid^S  SBeftfalen 
unter  ^ieron^muS  9la))oIeon,  beS  neufrangöftfd^en  jtöntgreid^d  ^oQanb 
unter  SouiS  3lapolton,  beS  $rotectorat8  beS  IRl^einBunbeS  unb  ber 
Sonttnentalfperre,  bie  fraugöftfd^e  (S£))ebition  nadg  Portugal  unter  3unot, 
bie  2]^ronentfe^ung  beS  ^aufeS  Sraganja  in  Portugal,  bie  englifd^e 
€s))ebition  nad^  Jtopenl^agen,  bad  93omBarbement  ber  Stabt,  bie  SuS* 
lieferung  ber  bfinifd^en  (Jlotte  (©e<)t.  1807),  ber  Sl^ronflreit  in  ©})anien 
jtoifdöen  SSater  unb  ©ol^n,  Äarl  IV.  unb  g^binanb  Vn.  (^ßringen 
Don  Slflurien),  bie  £]^ronentfe^ung  beS  ^aufeS  SourBon  in  ©panien, 
baS  neufpanifd&e  Äonigrei^  unter  Sofepl^  Slapoleon,  ber  franjöfifd^» 
englifd^e  ßrieg  auf  ber  p^renäifd&en  ^alBinfet,  ber  franjöfifd&e  ßrieg 
in  ©))anien  mit  bem  Slufftanb  bed  fpanifd&en  93oI!e8  (^ier  lag  ber  aud^ 
Don  yiapoUon  Dorempfunbene  Äeim  feines  SSerberBenS),  ber  Don  3lapoUon 
gelabene  gürftencongrefe  ju  @rfurt,  too  in  ben  Dctobertagen  1808  bie 
Äl^einBunbfürjiett,  an  ber  ©pi^e  bie  flönige  Don  Sägern,  SffiürttemBerg 
unb  ©a^fen,  fic^  um  bie  flaifer  oon  gfranlreidö  unb  Slufelanb  f^aarten, 
bie  gl&njenben  tlf^fte  in  SBeimar,  bie  ©efprdc^e  Stapoleond  mit  ®oet^e 
unb  SBielanb,  (auter  @reigniffe  ber  erftaunlid^ften  unb  intereffanteften 
Slrt,  loorüBer  $eget  Don  AneBel  als  Slugengeugen  entjüdte  3Jltt' 
tJ&eilungen  unb  ©d^ilberungen  erl^telt.^  3)er  ßaifer  Don  Deperreid^  toar 

1  »riefe öon unb  on^egel.  1.  6.184—186,  6.187-190.  (©riefe öom 28. 6e|)t. 
«.7.Oct.l808.)  a39I.a5amber9er3eug.l8O8.  Sflr.  277-295.  (3.  bi«  21.  Oct.  1808.) 


76   ^egets  ^ub(ictfiif4e  unb  ))ftbago(|tf4e  9BtrIfam!eit  im  Aömgreid^  SBa^cm. 

m$t  getaben  unb  nttjgt  erfd^ienen.  3)te  antinapoleonifd^en  @timmungen 
in  SBicn,  in  bct  SScrmel^runfl  unb  ©tcigerung  begriffen,  trieben  jum 
Ariege  Don  1809,  loomit  fid^  Slapoleon  auf  ben  ®i))fel  feiner  äJlad^t 
unb  ^errfd^aft  erl^ob. 

£)bglei(6  bie  3eitung,  Don  äugen  betrautet  unb  mit  heutigen 
Slugen,  ein  red^it  elenbed  Sludfel^en  l^at,  fo  lann  man  burd^  Strt  unb 
3n]^alt  il^rer  SSeric^terflottung  {td^  nod^  l^eute  gefeffelt  füllen  unb  U)irb 
einige  loeittragenbe  SSegebenl^eiten  mit  gefpanntem  3nteref[e  Don  93Iatt 
gu  Slatt  Derfolgen,  n)ie  nomentlid^  ben  fpanifdgen  Xl^ron-  unb  i^omilien- 
fireit,  ber  in  feiner  gangen  Sudbel^nung  Dorgefül^rt  unb  gefd^ilbert 
n)irb,  Dom  $3belaufftanbe  in  9(ran|ueg,  ber  ®efangennal^me  beS  S^rtebeniS- 
fflrften  unb  ber  Slnlunft  9la))oIeon8  in  Sa^onne  bis  gur  Sll^ronentfe^ung 
bed  ^aufed  93ourbon  unb  ber  ©rünbung  bed  neuen  AönigreidgS  unter 
3ofe))]^  S3onat)arte,  in  aQen  @cenen,  bie  ftd^  in  3(ranjueg,  3Jlabrib  unb 
bem  ©d&lojfe  SWarrac  abgefpielt  l^oben.  * 

aWan  toirb  e3  unferem  3ßitung8rebacteur  nic^t  im  ©mfle  gum 
93ortt)urf  mad^en,  bag  berfelbe  in  ^Bamberg,  mitten  in  einem  Aönigreid^ 
Don  iüngper  napoleonifd^er  ©d&öpfung,  fclbft  DoHer  Sewunberung  Dor 
Sla<)oIeon8  militärifd^em  unb  poKtifcftem  ©enie,  Dor  il^m  als  g^bl^erm, 
Staatsmann  unb  ©efe^geber,  «,bem  grogen  StaatSred^tSlel^rer  Don  $arid", 
fid6  nid^t  in  Datriotifd^er  Siebe  toiber  bie  Srembl^errfd&aft  ergangen  l^at. 
S)agu  pa^\t  loeber  bie  S^it  nodb  bie  Seitung  nod^  ber  3Slann.  Sin 
antinapoIeonifc^eS  SBort,  unb  bie  Seitung  loar  Derloren.  2)ie  Stimm- 
ungen, »eldie  in  ben  Salären  1807  unb  1808  l^errfd^ten,  toaren  toeit 
entfernt  Don  ben  Stimmungen,  »eldge  in  ben  ^al^ren  1813,  1814  unb 
1815  gur  ^errfd^aft  unb  gum  Siege  gelangen  foQten. 

3.  (Ein  bro^enbcr  6;onf[ict. 

Sie  e«  mit  ber  Seaufftdötigung  ber  Jprejfe  im  Äönigreid&  Sägern 
ftanb,  l^atte  ^cgel  gelegentli^  gur  ©enflge  erfal^ren.  3n  einem  Slrtilel 
„3Jlfindben,  ben  13.  Sluguft"  l^atte  er  bie  Sladgrid^t  gebradgt,  bag  nad^ 
föniglid^em  3)ecret  bie  ba^rif^e  Slrmee  in  it)ren  brei  2)iDi{ionen  brei 
UebungSlagcr  bei  ?piattling,  3tugSburg  unb  Slürnberg  begiel^en  fotte.* 
3)ie  Sa^e  loar  fd^on  in  anbern  Seitungen  berid^itet  n)orben.    SufAUig 

»  JBamberaet  Seitung  uon  fflx.  98  on  (17.  npxxl  1807  bifi  aHabrib,  ben 
19:  an&ra  1807)  bie  forttauf enben  Säuberungen  ber  f^anif $en  SSorgänge.  Regeln 
X6&tigf eit  rei^t  bis  sunt  anfange  bet  SBuHetiniS  bet  flrmee  in  epmxtn,  9lr*  SSO 
bi«  833  (1808).  —  >  Sbenbof.  9lr.  232,  ben  19.  Hugufl  1808. 


2)ie  Gtfinbung  feines  ^ouSflanbeil.  77 

xoat  il^m  ein  @tfldE  Don  einer  Sl6f^rift  beS  föniglid^en  S)ectet3  in  bie 
^dnbe  ge!ommen,  unb  er  l^otte  um  ber  ®enauig{eit  toillen  ben  äBort== 
taut  in  ben  Slrtüet  aufgenommen.  Pö^Ud^  tourbe  er  Don  feiten  beS 
9)lini{ierium8  mit  ber  @u$))enfion  ber  3eitung  (mag  mit  bem 
ofonomifdben  9luin  beS  99efi$er8  unb  StebacteurS  gleici^bebeutenb  toar) 
bebrol&t,  loenn  er  nidfet  bic  SWiUtftrperfon  nenne,  toeld&c  il§m  bie  SWit- 
tl&eilung  gemalt  l^abe.  6r  geriet)^  in  bic  peinlid&ftc  SJcrlegenl^eit  unb 
fd&rieb  an  SRictl^ammer:  ^S)a  in  einem  fold^en  fjQlIe  f^Ieunige  §ülfe 
notl^ig  ifl,  fo  »ürbe  id&  feinen  9iatti  finben,  aU  in  aWüncften  felBft 
burd&  |)erf5nlid6e  (Begentoart  ®nabe  gu  erfKel^cn".^ 

Sr  loar  fd^on  in  9lfim6erg,  als  er  erful^r,  bog  bie  Samberger 
Seitung  plo^Iid^  Verboten  unb  bie  ^reffen  Derfiegelt  morben  feien;  er 
begog  bie  ÜJta^regel  auf  jene  frühere  Slnbro^ung  unb  geriet)^  abermals 
in*  bie  l^cftigfte  Unrul^e,  bi«  er  pdfeer  toar,  ba^  Jtoifd&en  beiben  SSor« 
fällen  lein  3ufammen]^ang  befleiße.* 

II.  S)er  Uebergang  gu  einem  neuen  ßel^rami 
1.  2)tc  ScitungSgalecre. 

^ber  eine  fotd^e  abgefd^iebene  Unabl^Angigfeit,  beren  fic^  ein 
SeitungSrebacteur  in  einer  ba^rifd^en  ^roDingialftabt  erfreuen  !onnte,  xoai 
IeineStt)egS  nad&  Tegels  3Bunf$  unb  Sinnesart,  benn  er  xoat,  toie 
feine  ßel&re,  öiel  ju  fiaatlidö  gepnnt,  um  in  einer  arbeit  JBefriebigung 
gu  finben,  bie  nid^t  in  bie  Orbnung  unb  baS  ®efüge  ber  offentlid^en 
3ntereffen  eingegliebert  toar  unb  nid^t  felbfl  an  il^rer  ©teile  förbemb 
unb  leitenb  in  baS  @ange  eingugreifen  Dermod^te.  Sel^r  balb  feufgte 
er  über  ba8  „3"tung8iod6",  über  bie  ^SeitungSgaleereV  ©d^on  ben 
30.  SDlai  1807  fd^reibt  er  an  SRietljammer:  „®iefc  Arbeit  lann  nid^t 
als  ein  foIibeS  gtabliffement  angefcl^en  toerben".  „©o  Dcrfül^rerifdö 
bie  ifolirte  Unabl^öngigleit  ifl,  fo  mufe  jebe  im  Sufammenl^ange  mit 
bem  ©taat  unb  in  ber  Slrbeit  für  benfelben  jtel^en.  3)ie  Scfriebigung, 
bie  man  im  ipriöatleben  gu  finben  glaubt,  ifi  boc^  tdufd&enb  unb  un= 
genügenb."'  Unb  ein  Sal^r  ]\iäkx:  „6in  Slufentl^alt  in  einer  5ProDingiaI= 
ftabt  fann  immer  ats  eine  SSertoeifung  angefel^en  toerben,  toenn  man 
eS  aud^  l'elbft  toftre,  ber  fid&  öertoiefe.    SRur  eine  Uniöerfitftt,   bie  ftd& 


1  »tiefe  tt.  f.  f.  I.   6. 183.    (»r.  öom  25.  6e|)t.  1808.)  -  «  «benbaf.  L 
6. 220  Pub.  (»r.  an  Sflietl^ammer  tom  20.  gfebr.  1809.)-  »  ©benbof^  I.  6. 112. 


78    Regelt  ))ublict|}ifdic  unb  pabagogifd^e  SOßtrlfamlett  im  Adnlgrcid^  Säa^ent. 

gleid^faÜS  jutn  oberften  Sientrum  Don  £]^dttg!eit  unb  3ntereffe  ntod^t, 
!ann  mit  einer  ^auptftabt  rtDalifiren  unb  ftdg  felbft  }u  einer  machen. ''^ 

2.  9iarnberg,  mtorf,  Erlangen. 

^^egete  fcl^nlid&fler  SBunfdft  ging  auf  eine  Ba^rifdbe  Uniöerfttftty 
3n  5olfle   ber  9H^einbunbSacte  (12.  3uli  1806)  tourbe   baS  ®ebt^ 
ber  otten  unb  berül^mten  9leid^Sftabt  9tflmBerg  mit  ber  baguge^örigen 
Uniöerjttftt  Slltorf  bem  Äönigreidfe  SBa^em  einöerleiBt.    Sie  Unitoerfitdt 
Sntorf  n)urbe  im  Solare  1809  oufgel^oben  unb  mit  (Sriangen  bereinigt. 

S)q8  Orfi^li^ntl^um  Sa^reutl^  mit  ber  il^m  }uge]^5rigen  Unit>erftt&t 
Erlangen,  öon  1791—1806  unter  ^rcufei^cr  8legicrung,  t)on  1806 
bis  1810  unter  franjoftfc^er  Sertoaltung,  tourbe  ebenfall«  bem  Äönig* 
reidfte  SSa^ern  cinDcrleibt  (29.  3uni  1810).  6in  löniglid&eS  SJecret 
bom  25.  9lot>ember  1810  t)erlflnbete,  bag  nunmel^r  baS  AönigrSid^ 
93a^ern  iXod  DoOftdnbige  UniDerfttdten  l^aben  foKte:  Sanbdl^ut  unb 
Sriangen.  3ene8  tt)ar  bie  !at]^oUfd^e,  biefeS  bie  proteftantifd^e  SanbeS= 
uniüerfitftt.  >^eitbem  concentrirten  fid&  Tegels  SDBünfdöe  auf  eine  ?Pro- 
feffur  ber  ^^Uofopl^ie  an  ber  UniDerftt&t  Sriangen.  2)od&  lag  biefeS 
3iet  in  ber  3ferne  unb  lonnte  im  Saläre  1808  nod^  niddt  in  3frage 
lommen.  / 

Sine  proteftantifd^e  UniDerfit&t  l^atte  il^m  fd^on  in  ^Bamberg  ate 
Siel  feiner  SBünfdfte  öorgefdöwebt.  „2lIfo,  befier  gfreunb",  fd^rteb  er 
ben  23.  SJecember  1807  an  JRietl^ammer,  «eine  mel^r  ober  toeniger 
^roteftantift^e  Uniberfität  n)erben  @ie  und  gen)i^  not^  belommen  ober 
gurid^ten,  unb  bann,  in  biefem  Sl^rem  Sleid^e,  gebenlen  Sie  meiner! 
§icr  unb  an  ber  Scitung  laffen  ©ie  mid^  ntd^t."* 

8.  2)er  neue  @4uI|)Ian. 

2ll8  Oberfdftulrat]^  in  aWünd^en  unb  einflufereid^ßeS  SWitglieb  ber 
„©ection  für  bie  öffenttid&en  Untcrrid6tS=  unb  Srjiel^ungSanflalten" 
l^atte  ?(iet^ammer  ben  neuen  @d&ul=  unb  ©tubienplan  ausgearbeitet, 
ber  burdö  ba8  löniglic^e  Sbict  t)om  3.  SRoöember  1808  ©efefeeSiraft 
erl^ielt  unb  als  «?lßgemeinc8  SRormatit)  für  bie  Sinrid&tung  ber  öffent= 
lidften  Unterrid&tSanftaltcn"  ben  SBel^örbcn  öerlünbet  tourbc.  2)lan 
nannte  il^n  aud^  ben  Slietl^ammerfd^en  Sd^ulplan. 


»  abriefe  bon  unb  an  §egel.  I.  6. 169.    (»r.  t>.  20.  fOiax  1808.)  —  «  dEben« 
baf,  I.  B.  145.    $gr.  biefeS  SBerl  oben  iS^ap.  VI.   6.  731. 


S)ie  ®tfinbuno  feine»  ^auSftanbeS.  79 

ajtefcm  ^ßlane  gcntäfe  folltc  bcr  öffcntlid&c  Untertid^t  ton  ben 
@(ementarfd^ulen,  b.  f).  ben  in  gioei  klaffen  obgefluften  ^rim&rfdguten 
ju  ben  Jßrog^mnaficn  unb  Sleal»  ober  SBürflerfd^uten  fortfd&reiten,  bann 
ju  ben  ©^mnafial-  imb  Slcaltnftituten  auffieigen,  fo  bafe  bie  ß^ceen 
eine  getoiffc  Stoifd&cnflellung  gtoifdftcn  ©^mnapnm  unb  Uniöetfttftt 
fibrig  bel^ielten,  ol^ne  ein  not]^n)enbige8  2)urd^gQnggflQbiuni  ju  fein. 

S)ie  Slufgabe  ber  ©^mnofien  foQte  boS  geleierte  Sprad^flubium 
fein,  bie  bcr  Jftealinflitute  (beren  eS  gtoei  gab:  in  Slfirnberg  unb  in 
Augsburg)  boS  geleierte  ©addftubiuni;  ber  ^l^ilofopl^ifd^e  Unterrid^t  follte 
bort  in  ber  „Einleitung  in  boS  fpeculotiüe  @tubium  ber  3i>een",  l^ier 
in  »bem  contem))Iatit)en  @tubium  ber  ^^been"  befleißen.  9uf  biefe 
3lri  gelangte  bie  ^^ilofop^ie  ju  einer  ungemeinen  ^fibagogifd^en  ®eltung. 
3n  jeber  ber  t)ier  ©^mnapalclaffen  (Unterclajf e .  untere  unb  obere 
ajlittetclaffe,  Dberdaffe)  foHte  ber  pl^ilofopl^ifd&e  Unterridftt  in  öier  ©tunben 
loöddentlid^  bergeftolt  ertl^eilt  merben,  bag  in  ber  Untercloffe  (Unter* 
fecunba)  Sogil,  Sted^tS-  unb  ^flid^tenlel^re,  in  ber  unteren  3JlitteIs 
claffe  (Dberfecunba)  Aodmologie  unb  notärlit^e  Sll^eologie,  in  ber 
oberen  Söiittelctaffe  (Unterprima)  5Pfl)d(|oIogie  unb  6tl^il,  unb  in  ber 
Dberclaffe  (Oberprima)  pl^ilofop^ifd^e  (Snc^flopfibie  gu  leieren  toar.  S)ie 
©runbtage  beS  gefammten  ©^mnaftalunterridgtg  blieb  bas  @tubium 
ber  alten  ©pradden  unb  Sitteratur.^  9liet^ammer  l^atte  feine  päba= 
gogifd^en  ©runbanfd^auungen  in  einer  gleid^geitigen  @d^rift  über  ben 
„©treit  beö  ?piöiö^t^^opini8mu8  unb  Humanismus"  öffentlid^  bargetl^an, 
er  l^atte  barin  bie  beiben  entgegengefe^ten  Stid^tungen  ber  $&bagogiI, 
U)eld&e  man  l^eute  als  bie  realiftifd^e  unb  ^umaniftifdge  begeid^net, 
in  il^rer  Sebeutung  getoürbigt,  il^re  SBered&tigung  erörtert  unb  bie 
©ijmnafien  in  il^rem  gangen  Umfange  ffir  ben  l^umaniftifd^en  Unterrid^t 
in  3lnfpru4  genommen.* 

ni.  S)a8  Slectorat  beS  ©^mnafiumS  in  Siürnberg. 

1.  Berufung  unb  SebenStoenbepunft. 
3loäi  n)ar  baS  allgemeine  Slormatib  nid()t  erlaffen,  al§  9liet]^ammer 
fd^on  am  26.  Dctober  1808  bem  gfrcunbe  in  Bamberg  fd&rieb:   „3d& 

1  lötiefe  t)on  unb  an  ^egel.  I.  6.  204—207.  —  «  S)et  Zxitl  biefer  ton 
^egel  l^b^n^  gebilligten  €4rift,  al8  beten  SSerfaffer  9liet6ammer  fid^  mit  allen 
feinen  2:iteln  genannt  ^atte,  ^ie^:  ,^er  Streit  bed  ^^ilantl^TopiniSmuS  unb 
Humanismus  in  bet  S^eorie  bed  $rsie^ungd*Unterrid^t8  unfrei  Seit,  bargefteHt 
bon  Sfrieb.  Smman.  !Riet^ammer,  bet  pl^ilof.  unb  t^eol.  S)oct.;  bet  A5nigl.  9l!abemie 


80    $egeU  ^uMictfiifd^e  unb  ^ftbagogifd^e  SBittfamTeit  im  Itdnigteid^  S^o^ern. 

l^obe  S^nen  gu  tnelben  ben  Stuftrog,  bog  Sie  gum  ^ofeffcr  ber  ^]§Uo- 
fot)]^tf(i&en  93or6ereitungdn)t{fenf(!^Qften  unb  gugleidd  gum  9lector  beS 
©^mnoftumS  gu  9{ürn6erg  etnannt  n)orben  ftnb,  unb  bog  ntau  n)flnfd^t, 
@te  mSd^teu  ^l^re  9leife  fo  einrid^ten,  bag  @te  fd^on  im  Anfang  ober 
fpdteftenS  in  ber  Witte  ber  folgenben  SSod&e  in  9lfirn6erg,  too  2[^re 
Slntoefenl^eit  bringenb  erforberIi«i&  »erben  toirb,  eintreffen".*    / 

^egel  fül^lte  ftd^  burdg  biefe  feine  3lufna^me  in  ben  actiD^  Staats» 
bienft,  burd^  biefe  93erufung  in  ein  ^l^ilofopl^ifc^eS  unb  p&bagogifd^eS 
Sel^r«  unb  SSerlpaltungeamt  l^öc^ft  beglfldt  unb  befriebigt;  gugleid^ 
rfll^rte  il^n  tief  biefer  neue  SemeiS  ber  @d^ft^ung  unb  ber  freunbfd^aft- 
lidden  ©efinnung  t)on  feiten  Slietl^ammerd ;  benn  er  gel^örte  gu  ben 
S]^ara!teren,  toeld^e  ber  S)an!  unb  bie  S)an!e8fd^ulb  niddt  brüdEt,  fonbem 
l^ebt,  bie  gern  unb  au8  freubigem  ^ergen  ban!6ar  ftnb.  „S)ie  Siebe 
meiner  gfreunbe  gu  mir,  bie  n&dgfl  meiner  Sßiffenfd^aft  ober  loenn  biefe 
Seite  nid^t  gum  @tfldEe  gel^ört,  allein  baS  ®IüdE  meines  SebenS  auS- 
mad^t,  toerbe  id^  gu  erl^atten  mid^  beftreben,  mein  meitereS  ®tüdE  aber 
ber  Seit  unb  meinem  bergen,  unabl^Angig  bon  nid^t  gebieterifd^en  Um- 
flftnbcn,  flberlaffen  unb  anvertrauen."* 

^n  feinem  Seben  toar  ein  SBenbepunß  eingetreten.  @8  fdgien 
i^m,  als  ob  baS  SdgtdEfal  gleidgfam  feine  ^flid^t  gegen  il^n  erfüQt 
l^abe.  Unb  er  Derbanite  eS  bem  üielbetoA^rten  i^reunbe,  ba^  nun  aud^ 
baS  Sd^idfal  feine  Sd^ulb  begal^tt  l^atte,  n)ie  er  eS  i^m  gu  berban&n 
gel^abt,  ba§  einft  ber  SSerleger  ber  ^l^änomenologie  bie  feinige  abge» 
tragen,  „^tn  gangen  SluSbrudC  meiner  Sefriebigung  lann  id&  nid&t  ]^ier= 
]§er  fd^reiben,  l^^ute  alfo  trete  id^  in  biejenige,  in  loeldger  man  Don 
bem  Sd^idEfal  nid^tS  meiter  gu  forbern  ]§at,  um  baS  gu  tl^un,  toai  man 
Dermag,  nod^  auf  baffelbe  eine  Sdgulb  fd^ieben  !ann  in  ^(nfel^ung 
be{fen,  toai  man  nid^t  tl^dte.  Sie  ftnb  biefer  mein  Sdgöpfer,  id^  ^^^x 
®efd&opf,  baS  3]&rem  SQSerfe  mit  bem  ©efü^I  entfpred&en  »irb  unb, 
toill'S  ©Ott,  b.  ^.  je§t  id&,  mit  ben  S38er!en,  unb  id&  toitt  efi."* 

2.  nmili^t  S^er^aitnifTe  unb  ttcbelitanbe. 

§egete  nftd&fler  »orgefe^ter  in  ben  Salären  1808—1810  toar  ate 
Sd^ulratl^  bes  $egni^(reifeS  (jtreisfd^ulratl^  in  92ümberg)  ber  il^m  Don 

ber  aOSiffenf^.  su  STlfinten  augerorbentl.  ttntl^I.,  Sa^erif^.  €entTaI-@4uI-  unb 

6tubien«lRat]^  bei  bem  @e^.  9Rini{t,  beS  Ämtern.  3ena  bei  Sfrieb.  Sfromman.  1808. 

1  »riefe  bon  unb  an  igt^tl.  I.  6. 191  flgb.  —  >  Qbenbaf.  I.   @.  195.  (8t. 

t>.  28.  October  1808.)  —  *  (Ebenbaf.  @.  195  u.  196.    (»r.  b.  29.  October  1808.) 


2)te  Otftnbung  feines  ^audßanbet.  81 

3ena  ttnb  93aniberg  ]§er  idoI^I  befonnte  itnb  Befreunbete  ^rcfeffor 
^QitlitS,  bet  in  betnfelben  SSettoaUungSjipeige  fpiter  nad^  SlnSbad^  ber^ 
fc^t  (1810)  unb  noii  in  bemfelBcn  Sol^r  ate  ^itofeffot  ber  S^^cologic 
unb  $]^iIofop]^ie  an  bie  neubabifdge  Uniüetfttät  ^eibelberg  Berufen  tourbe« 
2)a8  @d^ulamt  in  9%arnBerg  Btad^te  ber  SDIftngel  unb  UeBelftftnbe, 
nantentlidö  todl&renb  ber  erflen  3a^rc,  redöt  öiele  mit  ftd^;  bie  6infünfte 
tDoren,  mit  benen  in  SSomBerg  üerglid^en,  um  ein  drittel  geringer. 
ai8  ?Profei|or  erlieft  §egel  900  ©ulben  ift]&rad&,  ate  SRector  100  ©ulben 
mit  freier  SQBo^nung,  toafi  ber  Slbminiflratör  unBegreifüd&er«  unb 
unanjtänbigermeife  fo  auslegte,  ats  oB  eS  gel^eigen  l^dtte  „l^unbert 
©ulben  ober  freie  SBo^nung",  in  toeld^em  {JaÖe  §egel  entfd&Io|fen 
toar,  baS  Slectorat  aBjuIel^nen.*  \3!)ie  finanjietten  SJerl^ftltniffe  toaren 
fc  loenig  georbnet,  ba%  eS  immer  SBefoIbungSrfldEftdnbe  gaB,  unb  ^egel 
mitunter  in  bie  Sage  lam,  ben  t&glid^en  SeBenSunterl^alt  nid^t  Begal^Ien 
ju  ISnnen./  6«  toar  lein  Jpebett  Dorl&anben,  lein  Ro^ifl,  lein  ?lt)erfum 
für  Sd^reiBmaterialien,  bie  priDilegirten  Sd^uIBud^l^anblungen  bertauften 
bie  ©d^uIBfld^er  tl^eurer  ate  bie  geioSl^nlid^en  SBud^l^anblungen !  2)ie 
©dgullocale  maren  in  elenbem  3uftanbe  unb  ol^ne  @d(iu^  gegen  bie 
©onnenBIenbung;  unb  load  enblid^  einer  ber  unertrdglid^ften  unb 
fd5impfli(jfien  UeBelp&nbe  toar,  toorüBer  ^eget  in  feinen  Sriefen  an 
9liet]^ammer  immer  t)on  neuem  berB  unb  braftifd^  ßagen  unb  jammern 
mu^te:  baS  ©^mnafium  loie  bie  Beiben  ^rim&rfd^ulen  in  9lürnBerg 
(@eBaIbu8=  unb  ßorenjfd&ule)  entBel^rtcn  jegttd&er  ßloaleneinriddtung.* 

3.  Sogt!,  $TO))abeuttI  unb  IRectoratSteben. 

\  Stm  12,  3)ecemBer  1808  l^atte  ber  Unterrid^t  in  bem  neuBa^rifdöen 
©^mnaftum  gu  9%firnBerg  Begonnen.  2)ie  2)inge  rüdEten  ftd^  aUmftl^Iidg 
gured&t  unb  lamen  in  einen  geregelten  rul^ig  fortfd^reitenben  ©ang. 
Sie  ad&ti&^rige  Sauer  feiner  S33irlfamleit  ate  5profeffor  unb  SRector 
be8  Slegibieng^mnafiumS  ju  JlümBerg  bilbet  im  ßeBen  ^egete  eine 
fel^r  arBeitdüoQe,  fel^r  fru(^tBare  unb  glfldEIid^e  ^eriobe.' 

2)ie  $]^&nomenologie  bed  ©eifteS  loar  ate  «, Softem  ber  SBiffen- 
fd&aft.  ®r^er  Sl&eil"  erfd6ienen  unb  l&attc  ben  ©tufengang  beS  35etou6t= 
feinS  t)on  ben  niebrigflen  Slnfftngen  Bi8  jur  toal^ren  6r!enntni6  ober 
3um  «aBfoIuten  äßiffen"  bargetl^an.    3l\xn  mugte  ate  3n)eiter  Sl^eil  baS 

1  »riefe  öon  unb  an  ^egel.  L  6.  217.  (ör.  b.  12,  gfebt.  1809.)  -  «  ©ben- 
baf.  6,  216—218.  —  »  ^tx  erfte  »tief  aud  Slümbetg  xft  öom  14.  S)ecembeT  1808, 
ber  letzte  t)om  16.  October  1816. 

fiW^tx,  «ef(^.  b. mW.  VIII.  n. «.  6 


82    Tegels  ))uBticijlif4e  unb  pAbagogifd^c  aßirffamfeit  im  (t5nigtei4  SBa^ern. 

©^pcm  bcS  abfolutcn  SBijfen«  folgen,  bcffen  ©runblagc  unb  toicberum 
erfler  Sl^etl  bie  So  gif  audmadgte.  @8  n)ar  eine  neue  Sogt!,  meldte 
in  ber  @efd()td^te  biefer  Stffenfd^oft  eine  Spod^e  bilbet.  S)ie  erfle 
€pod&e  ift  begeid^net  burd^  9[riftoteIe§,  bie  gtoette  burd^  Aant,  bie  britte 
burd^  ^egel.  Sie  fid^  bie  ^l^önomenologie  ^egels  gut  jenaifdgen 
!ßeriobe  berl^&U,  fo  Der^&It  ftdg  bie  Sogil  jur  närnberget:  il^re  erfien 
beiben  SCl^cile  erfd&ienen  1812,  ber  britte  unb  le^te  1816. 

Site  ?Profeffor  ber  pl^ilofopl^ifdöen  SJorbereitungStoiffenfd&aften  f)at 
^egel  mit  einiger  Slbtoeid^ung  bom  SlormottD  in  ber  Unterctaffe  9ted&t8= 
unb  ?PfIid&tenIe]^rc  (inbegriffen  bie  ^olitifdften  unb  religiöfcn  5PfKd^ten), 
in  ber  SWittelcIaffe  ^I^Snomenotogie  unb  ßogif,  in  ber  Dberclaffe  p]^ilo= 
fo))]^ifd^e  (Snc^itopibie  geleiert.  3luS  feinen  Crtginall^eften  unb  qu8 
ben  9lQd^fdgriften  feiner  2)ictQte  U)ie  feiner  münblic^en  @rlftuterungen 
ifl  btefe  feine  „?p]^iIofol)]^ifd&e  ^PropftbcutiT,  bie  in  ben  Salären 
1809—1811  entpanben  toar,  bon  gtofenfranj  ate  ber  XVIII.  S3anb  ber 
SBerle  l^erou^gegeben  U)orben  (1840),  2)q  bie  ßogi!  gloeimal  t)orIommt: 
1.  ate  Unterrid^tfiobicct  ber  SWittelcIaffe  unb  2.  ate  erfier  Sl^eil  ber 
t)]^iIofo))]^tfc^en  Snc^IIopdbie,  ml6)t  ba§  Unterrid^tSobiect  ber  Dberclaffe 
auSmaddt,  fo  umfaßt  ^e  bei  toeitem:  ben  größten  S^^eil  ber  ^ro^ibeuti! 
(80  ©eiten  Don  205)  unb  entfprid&t  aud&  baburdö  bcm  ßl^aralter  ber 
nürnberger  ?Periobe. 

©d&on  in  ^Bamberg  l&atte  il^n IRictl^amnier  aufgeforbert,  ein  ßel&r- 
bud^  ber  Sogi!  gu  fd^reiben,  gugleidg  looHte  er  i^ni  eine  ©teile  ate 
SteligionSlel^rer  an  einem  bortigen  @eminar  Derfd^affen.  ^ber  gtoif(|en 
ienen  pant^eiftifd^en  @otteS»  unb  9leIigionjSibeen,  toeld^e  er  in  ber 
©d^toeig  gel^egt  unb  fp&ter  logifdö  entroidEelt  l^atte,  unb  einer  ateligionS» 
lel^re  nad^  bem  ©inne  einei^  proteftantifd^en  ©eminard  in  99amberg 
mar  ein  fo  greHer  Sontrajt,  bag  ^egel  über  bie  3umut^ung  ber  beiben 
gleid^geitigen  ©efd^&fte  einen  l^umoriftifd^en  ©dgredEen  empfanb  unb  bie 
©ad&e  ablel^nte.  „S^eologifdften  Unterrid^t  geben  unb  ßogif  fd&reiben, 
toiffen  ©ic  »ol&I,  toftre  SBei^tünd^er  unb  ©d^ornfieinfeger  gugleid^  fein/ 
a33iener  Xränfd&en  nel^men  unb  Surgunber  bagu  trinfen,  —  ber  xä^ 
Diele  3a]^rc  lang  auf  bem  freien  Sfelfen  bei  bem  Slbler  nijiete  unb 
reine  ©ebirgi^Iuft  gu  atl^men  gen)o]^nt  toar,  foQte  ie^t  lernen,  Don  ben 
ßeic^namen  Derftorbener  ober  (ber  mobernen)  tobtgeborenen  ©ebanfen 
leieren  unb  in  ber  Sleiluft  beö  leeren  ©efd^m&^cS  Degetiren;  —  benn 
Sl^eologie  auf  einer  UniDerfttät  tooKte  idg  gern  Dortragen  unb  l^dtte  eS 
tool^l  nad&  einigen  ^al^ren  fortgefe^ter  pl&itofopl&ifd&er  SSorlefungen  ge= 


^te  Qrünbung  fetned  ^autflanbeS,  88 

t^an,  aber  a)  aufgeüdrte  SteltgtonSlel^re,  ober  ß)  für  ©deuten, 
aBcr  t)  itt  SBa^crn,  aBer  8)  unter  ber  2lu8ftd&t  bcr  barau«  cntpcl^cnbcn 
Slnfprüd&c  bcr  d&riillid^  protcflantifdöcn  J&icfiacn  itirdde  an  mid^,  — 
eine  Serül^rung,  beren  ©ebonle  mir  eine  ßrfd^ütterung  burd^  aQe 
92erDen  giebt,  als  ob  bie  d^rtfUid^e  Aird^e  eine  gobanifd^e  Sotterie 
toftre  e,  C,  >3  tt.  f.  f.  —  §err  gieb,  bo^  biefer  Äeld^  öorübergel^e!"^ 

2[n  feiner  nürnberger  ^ropibeuti!  k>ertragen  fid^  Sogif  unb  Steli» 
gioni^Iel^re  fel^r  toofjH  miteinanber  unb  l^&ngen  genau  jufantnten.  9{ad^ 
bem  3a]^re§beridbt  beS  ©^mnaftumd  Don  1812  l^at  ^eget  in  ieber  ber 
brei  Slaffen  iDöd^entUdd  nid^t  Dier  pl^ilofopl^ifd^e  Unterrid^tSfiunben  ge= 
geben,  fonbern  brei  unb  eine  ©tunbe  JfteUgionSlel^re.^ 

Sin  fd^ßneS  S)en!mal  ber  ©^mnaftaHeitung  ^egeld  ftnb  feine  fünf 
^lectoraiSreben,  ipeldde  er  am  @d&Iuffe  beS  Sd^uIial^reS  aur  Of^ier  ber 
?Prei8üert]^eiIung  unb  ber  Slbituricntensgntlaffung  gel^alten  l^at:  am 
29.  @ej)tember  1809,  14.  September  1810,  2.  September  1811, 
2.  September  1818,  80.  augufl  1815.» 

@Ieid^  bie  erfle  biefer  hieben  erleud^tet  bie  Slufgabe  unb  Sebeutung 
ber  l^umaniftifd^en  Sd^ule  in  einer  fo  l^errlid^en  Alarl^eit,  bag  koir 
einige  il^rer  Stellen,  ba  fie  bie  ©efinnung  unb  2)en!Qrt  be§  9tebner8 
d&arafterifircn,  unferen  ßcfem  toorfül^ren.  ^S)er  ©eijl  unb^SwedE  unferer 
Slnftalt  ifi  bie  Vorbereitung  aum  geleierten  Stubium,  unb  jttar 
eine  SSorbereitung,  loeld^e  auf  bem  ®runb  ber@ried()en  unb  9l5mer 
erbaut  ijt.  Seit  einigen  ^al^rtaufenben  ifl  baS  ber  SBoben,  auf  bem 
aQe  fiultur  gefianben  l^at,  au8  bem  fie  berDorgefprogt  unb  mit  bem 
fie  in  beft&nbigem  Sufammenl^ange  geioefen  ifl.  SBie  bie  natürlid^en 
Drganifationen,  ?PfIanjen  unb  Siliere,  fidft  ber  Sd^toere  enttoinben, 
aber  biefeS  SIement  il^red  3Befen§  nid^t  Derlaffen  lönnen,  fo  ifl  aQe 
Aunft  unb  SBiffenfd^aft  itntm  93oben  entuad^fen,  unb  obgleid^  in  ftd^ 
felbjiftnbig  getoorben,  l&at  fie  fidft  oon  ber  ©rinnerung  jener  Älteren 
93ilbung  nid^t  befreit.  SBie  ^nt&u§  feine  Ar&fte  burdg  bie  SSerül^rung 
ber  mtttterlid&en  6rbe  erneute,  fo  l^at  jeber  neue  Sluffd&toung  unb  SBe- 
feäftigung  ber  SBiffenfd^aft  unb  93ilbung  fid^  au§  ber  SlüdEfel^r  gum 
Sntertl^um  ans  ßid&t  geboren."  „ßaffen  toir  eS  aber  gelten,  bafe  flber- 
l^aupt  t)om  aSortrefflidgen  auSgugel^en  ijt,  fo  l^at  für  baS  l^ßl^ere  Stubium 


1  »riefe  tjon  unb  an  §egel  I.  6.  138.  (»amBetß,  Sloüember  1807.)  — 
«  Cbenbof.  I.  6.  330.  Unrnfg.  -  »  »ermif«te  ©djriften.  »b.  I.  (»b.  XVI  ber 
aSöetle.)  6.131-199. 

6* 


84    Tegels  ^uBIicißifAc  unb  ))abQG0fitf4e  SSHtlfamleit  im  |{5mgTet4  ada^etn, 

btc  ßittctatur  bcr  ©ttcd&cn  bomc]^tnKd6  unb  bann  bie  bcr  Sftömer  bte 
©runblage  ju  fein  unb  gu  Heiben.  3)ic  JBottenbung  unb  ^errltd^* 
leit  bicfer  SKeiflertoerlc  mu^  ba8  geifltge  Sab,  bie  profane  Saufe  fein, 
toeld&e  ber  Seele  ben  etfien  unöerlierbaten  Son,  bie  Xinitur  für  ®e= 
fd&matf  unb  SQSiffenfc^aft  gtebt.  Unb  gu  btefer  Cintoeil^ung  ifl  nidftt 
eine  affgemeine,  ftufeere  Sefanntfd^aft  mit  ben  Sitten  l^inreid&enb,  fonbern 
tote  muffen  un8  tl&nen  in  ßofl  unb  SBol&nung  geben,  um  il^re  ßuft, 
tl^re  Sorfiettungen,  il^re  ©itten,  felbfl,  toenn  man  toill,  il^re  3rrt]§ümer 
unb  SSorutt^eile  eingufaugen,  um  in  biefet  Sffiett  einl^etmifd^  gu  Serben, 
—  ber  fd&önfien,  bie  je  getoefen  ifl.  SBenn  ba8  erfie  ?Parabie8,  ba« 
^arabieS  ber  3Renfd&ennatur  tpar,  fo  ift  baS  gtoeite,  baS  l^öl^ere, 
ba«  5Parabieö  be«  SRenf^engeifleS,  ber  in  feiner  fd^öneren  9latür= 
ttddfeit,  Sfreil^eit,  Xiefe  unb  ^eiterleit,  toie  bie  Sraut  aus  il^rer  Äammer 
]^ert)ortritt.  S)ie  erße  loHbe  ^rad^t  feines  SlufgangS  im  9RorgenIanbe 
ift  burd&  bie  ^errlic^feit  ber  fjorm  umfd&rieBen  unb  gur  ©d&onl^eit  ge= 
milbert;  er  l^at  feine  Stiefe  nid&t  mel^r  in  ber  SJenoorrenl^eit,  SrüB- 
feligleit  unb  Slufgeblafenl^eit,  fonbern  fie  liegt  in  unbefangener  Älarl^eit 
offen,  feine  $eiter!eit  ift  nid^t  ein  linbifd^eS  Spielen,  fonbern  Aber  bie 
SBel^mutl^  l^ergebreitet,  loeld^e  bie  ^Arte  beS  @d()i(!fals  lennt,  aber  burd^ 
fie  nid^t  auS.  ber  greil^eit  über  fic  getrieben  unb  auS  bem  fOla^t  ge- 
trieben loirb.  3d&  glaube  nid^t  gu  oiet  gu  bel^aupten,  loenn  id^  fage, 
bag,  U)er  bie  Serie  ber  Sitten  nid^t  ge!annt  l^at,  gelebt  l^at,  ol^ne  bie 
©d^önl^eit  gu  lennen.''^ 

3n  feinem  erfien  Sriefe  aus  Slflmberg,  nad^bem  er  baS  SRormatit) 
lennen  gelernt  unb  bie  barin  entl^altene  Sßfirbigung  ber  clafftfd^en 
©tubien,  fd&reibt  §egel  an  SRietl^ammer:  „SWeinen  S)anl  fage  id&  Sinnen 
nid^t  nur  ffir  baS  @ange,  fonbern  bomel^mlidg  aud^  für  bie  6m))or- 
l^ebung  beS  @tubiumS  ber  ©riedden;  feien  @ie  bafür  brei,  fieben  unb 
neun  mal  gepriefen,  fomie  für  baS  9legatiD  ber  SluSmergung  aller  ber 
©d&nurrpfeifereien,  toie  Sed&nologie,  Defonomie,  ^apittonfangen  u.  f.  f., 
toie  bie  toeife  ©laffensSertl^eilung  u.  f.  f.,  für  SJertoeifung  nid^t  biefer 
2)inge  an  bie  Stealabtl^eilung,  fonbern  für  bie  (Erridgtung  eines  gleid^» 
falls  grünblid&en  ©tubiumS  ber  toal^ren,  b.  1^.  ber  toiffenfd&aftlidften 
Äeallenntniffe  in  berfelben".* 

SßaS  baS  SSerl^alten  Tegels  als  9lector  unb  Seigrer  gu  ben  ©d^ülem 
betraf,  fo  l^at  einer  feiner  filteften  ©d^üler  unb  fpdterer  SlmtSnad^folger, 

^  fStxmiWt  €4nften.  6. 135,  138  u.  189.  SSgl.  S3r.  an  Sriiet^ammer.  — 
«  »riefe  üon  unb  an  ^egel.  I.   6.  211  flgb.    (SBr.  b.  14.  SJecember  1808.) 


2)ie  OtfinbttitQ  feinet  ^auSflanbed.  85 

Slector  ßod&ner  barüber  einige  intcrcffante,  an  §a^m  ßcrid^tete  brief^ 
tid^e  9Ritt]§eiIungen  gemaci^t,  bie  aud^  loir  unferen  Sefern  niddt  t)orent- 
l^Qlten  KDoUtn.  @r  mugte  ben  @(i6ülem  gegenüber  (Srnft  unb  äBfixbe 
mit  tl&cilnel^menber,  bie  SSerl^ältniffe  bcr  ßinjelnen  bcratl^enber  gfreunb= 
Kd^!eit  ju  Dereinigen.  3laä^  altem  ^erlommen  mnrben  bie  @d&filer 
im  ©^mnafialgebdube  im  [Reiten,  Ofe^ten  unb  ä^ottigiren  untenid^tet, 
fte  brad^ten  nebft  Tlappt  unb  SSfld^ern  aud^  bie  9fta))iere  mit  in  bie 
@d^ule  unb  fod^ten  mit  einanber  ip&l^renb  ber  @d^ul))aufen  im  ^ofe,  in 
ben  ©ängen  unb  in  ben  eia{fen.  @o  !amen  ftubentifd^e  @itten  in  t)or= 
jeitige  Slufnal^me  unb  fül^rten  gule^t  au  Suetten  mit  gefäl^rlid^em  2lu8« 
gange.  9lod^  im  legten  ^al^re  beS  l^egelfd^en  9lectoratS  mu^te  biefen 
Unfttten  burd&  JBerbote  unb  ©trafen  energifd&  entgegengetreten  toerben. 
3&ax  eine  Snorbnung  getroffen  unb  feftgefteQt,  fo  l^ielt  ^egel  mit  aller 
Strenge  auf  beren  (Sinl^attung.  3m  ^a%x^  1812  l^atte  ein  Sang» 
meifter  feinen  Unterrid^t  mit  (Sriaubnig  beS  StectorS  ben  @d^fltern  bed 
©^mnaftumd  angeboten,  unb  fa^  aOe  l^atten  fubfcribirt.  S)ann  loottten 
bie  meiften  ol^ne  triftige  ©rfinbe  gurfldEtreten  unb  fd^idEten  Sod^nem 
unb  nodd  einen  SRitfd^aler  ju  ^ege(,  um  beffen  (Sriaubnig  gu  erbitten. 
„Slber  toie  mürben  toir  angelaffenl  Äaum  toeift  id&  nod&,  toie  »ir  bie 
Sreppe  l^inabfamen.  Offenbar  toottte  er  ba8  bem  SDlanne  garantirte 
@in!ommen  nid^t  gefd^mdlert  feigen,  unb  toir  mußten  taugen,  bis  ber 
©ommer  gu  6nbe  toar."^ 

IV.  2)ie  ©rfinbung  beS  ^auSftanbed. 
1.  2)te  Sfrage  beS  e^elid^en  Qlücft. 

\^8  §egel  nad^  Jiflrnberg  lam,  l&atte  er  ba«  38.  ßebenäjal^r  über» 
fd^ritteH,  unb  nod6  l^aben  toir  nirgenbg  eine  emfte  ^nbeutung  gefunben, 
ba^  er  btn  3unggefellenfianb  aufgugeben  getoiQt  ober  beftrebt  geioefen 
fei.  @r  loar  foineSmegiS  ein  grunbfd^Iid&er  ^ageftolg,  aber  er  liegte 
Don  bem  SSefen  unb  SBertl^  ber  el^elid^en  ©emeinfd^aft,  bon  ber  9lot]^= 
toenbigleit  toed&felfeitiger  Sefriebigung  fo  burd&bad&te  unb  rid&tigc  a5or= 
fteüungen,  ba^  er  93eben!en  trug,  ob  er  ftd^  eigene,  in  einem  Sl^ebunb 
glfidEUd^  gu  fein  unb  glfldEIid^  gu  mad^en.  @etn  ))]^iIofo))]^i{d&er  93eruf 
lapete  fddtoer  auf  feiner  ©eele;  er  muftte  mit  ben  3beett  unb  il^rem 
SluSbrudE  ringen,  er  l^atte,  toie  SDIofeS,  eine  fd^mere  3unge  unb  eine 
fd^tt)ere  ©prad^e  unb  pflegte  gu  fagen,  bag  ®ott  il^n  Derbammt  l^abe, 

1  ^a^m.   93orI.  XII.   6.  276.  attmlg.  6.  505  u.  506. 


86    Tegels  ^uMictfit((!6e  unb  ))&bago(|tf4e  aßittfamlcit  im  Itönigteid^  SBa^em. 

^Pl&ilofoi)]^  ju  fein. /»et  folgen  intettectuetten  Unrul^en  unb  dualen 
mo^te  er  too^  itotx^An,  ob  er  fflr  ein  retneS  SebengglfidE  gefd^affen 
fei,  noä)  bagu  fAr  bad  ^opptlQlüd  beS  el^eßd^en  SebenS, 

9^cn  ben  fd^Iimmen  unb  bofen  Slffecten,  biefen  ©emaltl^abem  ber 
menfd^Kd^en  Statur  unb  ä^erberbern  beS  menfd^Iid^en  ©lüdES,  loar  ^egel 
gang  frei;  eS  regte  fid^  in  il^m  nid^ts  Don  3Ri^gunfi  unb  9%etb,  nidgts 
t)i)n  ^od^mutl^  unb  (Sl^rgetg,  nid^td  Don  Sitellett,  S)änlel  unb  f^alfd^- 
l^eit.  Um  fo  unberbtenbeter,  o^ne  aDe  93itter!eit  ftets  mit  einem  An- 
fluge t)on  @d^erj  unb  ^umor  Dermod^te  er  bad  ©etriebe  ber  meufd^» 
ttd^en  2)tnge  unb  ^anblungen  im  ©rogen  unb  im  fileinen  ju 
beurtl^eUen.  !Stefer  ^egel,  grunbgefd^etbt  unb  grunbel^rlid^,  lebendüug 
unb  gugleidd  gang  natfirlid^,  einfad^  unb  unDerfteQt  in  fetner  fdgtodbifdden 
Srt  unb  @))red^n)eife,  l^od^geftnnt  unb  gefeÜig  l^eiter  unb  letd^tlebig, 
tro§  einer  getüiffen  grämlid&en  Slrt,  bie  il^m  Don  jefter  anl^aftete, 
toar  n)irHid&  eine  fe^r  liebenötoürbigc  unb  intereffante  jperfönlid&feit, 
loenn  man  ben  @tnn  l^atte,  il^n  gu  ttflrbigen,  unb  bie  {^ül^Iung  für 
ben  Aern  feines  tief  gegrflnbeten  äBefenS. 

2,  STlaria  t)on  Xu^er. 

\S)ie  Sebeutung,  id&  möd&te  fagen  ben  SöuBer  btefe«  SDlanne«  l&atte 
SJlaria  Don  Sudler  em))funben,  bie  Zod^ter  eines  berfll^mten,  frei- 
l^errtid^en  ©efd^led^ts  ber  alten  Sleid^Sftabt  9lflrnberg.  ^l^r  SSater, 
3.  SQ3.  ®arl  ^reil^err  Sudler  Don  ©immelsborf,  toar  Senator  ber 
^leid^Sftabt  geioefen,  il^re  9Rutter  @ufanne,  geb.  gfreitn  Malier  Don  ^aüer» 
ftetn,  loar  bie  Sod^ter  bed  SReid^gfd^uItl^ei^en,  ber  erften  obrigleitlic^en 
?Perfon  Don  Jiürriberg,  fte  felbfl,  geb.  ben  17.  SWdrg  1791,  bie  ftltefte 
Don  fieben  ®efd&tt)iflem.  ^ 

SBir  !ennen  ntd^t  bie  SBorgefd^id^te  i^rer  Siertobung,  bie  nad^ 
längerem  gefeßigen  JBerlel^r  im  Slpril  1811  pattgefunben  l^at  unb  Don 
^eget  mit  iubeinber  Seele  in  ©ebid^ten  gefeiert  tourbe,  bie  unS  mel^r 
burdg  bie  £tefe  il^rer  ßmpftnbung  als  burdg  bie  ©Idtte  unb  ben  SBol^l« 
Hang  il^rer  JBerfe  anmutigen.* 

3n  ben  DertrauKd^en  ^usfpred^ungen  ber  SJerlobten  finb  aud^  in 
ber  Seele  ber  Sraut  mitunter  Stoeifel  an  ber  Sidfterl&eit  il&reS  toei^fet 
feitigen  ©IfidEs  erregt  iDorben.  @S  l^atte  i^r  toel^  getl^an,  in  bem  93riefe, 
toeld^en  fte  an  ^egels  Sd^toefter  gefd^rieben  ^atte,  folgenbe  Don  feiner  ^anb 

1  Stofenlrana  t^eilt  bie  beibcn  ®ebidftte  bom  13.  unb  17.  Kpril  1811  mit 
unb  Ift^t  bie  93erIobung  in  ber  Stvifd^engeit  gefd^e^en  fein.    (6.  260—262.) 


2)ie  erflnbung  feine«  ^auSjlanbeS.  87 

l^injugefügtc  SQSortc  ju  lefen:  „Xn  fiel^ft  barau«,  toic  glüdflidfe  td^  für 
mein  gangeS  äbrigeS  Sßefen  mit  il^t  fein  !ann,  unb  toie  glflcüidg  mtd& 
fold^er  ©eminn  einer  Siebe,  auf  ben  id^  mir  !Qum  nod&  Hoffnung  in 
ber  SBelt  mad^te,  bereits  fddon  mod^t,  infofern  ®IüdE  in  ber  ä3e- 
flimmung  meine«  ßebenS  liegt".  5Dtefe  ginfd&räniung,  biefeS  „3nfo« 
fern"  \oax  i^x  fc^merjlid^  oufgefaden.  €in  93r&utigam,  ber  in  Be» 
geifterten  JBerfen  i^r  feine  Siebe  betl^euert  l^atte,  unb  nod6  im  3toeifel 
fein  !onnte,  ob  eS  in  ber  93eflimmung  feined  Seben§  liege,  gfAdüä^ 
gu  fein! 

3(tebQlb  fud^te  ^egel  fte  in  einem  99riefe  gu  berul)igen.  „^i^ 
l^abe  beinal^e  bie  gange  9tad^t  l^inburd^  an  bid^  in  @eban!en  gefd^rieben. 
SS  mar  nid^t  nur  biefer  unb  jener  etngelne  Umftanb  gmifdden  uns,  um 
ben  ed  in  meinen  @ebanlen  ging,  ionbem  ed  ging  notl^toenbig  um 
ben  gangen  @eban!en:  »erben  n)ir  und  benn' unglüälid^  mad&en?  @3 
rief  in  ben  liefen  meiner  ©eele:  bieS  fann,  bie«  foQ,  bieö  barf  nid&t 
fein!  68  toirb  nid&t  fein!"  „3d6  erinnere  bid&  baran,  liebe  SWarie, 
bag  audg  bid^  bein  tieferer  @inn,  bie  93ilbung  beineS  $5]^eren  in  bir, 
e$  geleiert  l^at,  ba^  in  nid^t  oberftädglidgen  ©emfltl^ern  an  aDer  Smpfinbung 
beS  ©IfldEd  fidg  aud^  eine  (Smpfinbung  ber  SBel^mutl^  anlnü^ft!  2td^ 
erinnere  bid^  ferner  baran,  ba^  bu  mir  Derf^rod^en,  für  baS,  loaS  in 
meinem  ©emütl^  bon  Unglauben  an  Bufriebenl^eit  gurüdE  toire,  meine 
Heilerin  gu  fein,  b.  1^.  bie  JBerföl^nerin  meine«  toal^ren  inneren  mit  ber 
2lrt  unb  2Beife,  toie  id6  gegen  ba8  SBirHidde  unb  für  ba«  SBirlÜd&e  — 
gu  ^äupg  —  bin;  ba§  biefer  ©efid^tg^junlt  beiner  SBejlimmung  eine 
l^öl^ere  Sebeutung  giebt,  bag  id&  bir  bie  @t&r!e  bagu  gutraue,  ba§  biefe 
©tfirle  in  unferer  Siebe  liegen  mufe"  u,  f.  f. 

€in  aubereS  mal  l^atte  in  einem  i^rer  t)ertraund()en  3tt>iegefpr&c^e 
^egel  il^rer  ©efül&temoralit&t  bie  £auglid&!eit  gu  praltifdgen  ®runb= 
fd^en  beftritten,  looburd^  er  fie  abermatd  peinlid^  berührt  unb  eine 
Seugerung  i^reiS  UntoiHend  l^erborgerufen  l^atte.  fflnn  lann  nid^ts 
Ueben8n)ürbiger  unb  liebreid^er  fein  als  ber  Srief,  kooburd^  er  fie  Der- 
föl&nt.  „3ule§t  toeiftt  bu,  bafe  e8  böfe  Scanner  giebt,  bie  bie  Stauen 
nur  barum  qudlen,  bamit  il^nen  au8  bem  SSerl^aften  berfelben  babei 
i]6re  ©ebutb  unb  Siebe  gur  Bepönbigen  SInfd&auung  lomme.  3d&  glaube 
nid&t,  fo  böfe  gu  fein,  aber  »enn  einem  fo  lieben  SBefen,  toie  bu  bifl, 
nie  toel^  getl^an  toerben  fott,  lönnte  a  mir  beinal^e  nid^t  leib  barum 
fein,  bag  id^  bir  loel^e  getl^an,  benn  id^  fül^le,  bag  burd^  bie  tiefere 
Snfdgauung,  bie  id^  baburd^  in  bein  SSSefen  l^inein  erl^alten  l^abe,  bie 


88    Tegels  ^uMict{ltf((e  unb  ^ftbagogifd^e  BttlfainleU  im  |{5nigrei(!6  Saliern. 

^nnigleit  unb  ®rünbH(i&!ett  meiner  Siebe  gu  bit  nodi  Detmel^rt  toorben 
ift;  trdfle  bid^  barunt  aud^  batflber,  bog,  loaS  in  meinen  ßrmieberungen 
nnItebeDoHeS  unb  untoeid^eS  gelegen  l^aben  mag,  baburd^  oDeS  üer» 
l^inberi,  ba§  id&  bid^  immer  tiefer,  burd^  unb  burd^  liebenStofirbig, 
liebenb  unb  liebetooQ  füllte  unb  erlenne.  —  3d&  mu6  in  bie  ßection. 
ßebe  too^I,  liebfie.  tiebpe,  l&olbfclige  SWarie."* 

SSSenn  eS  nod^  eines  @d^riftbeloeifeS  bebarfte,  toie  fe^r  ^egel  SRarie 
üon  Xud^er  geliebt  l^at,  fo  lo&re  e8  biefer  93rief.  S)aS  SHd^tigfte  toax, 
bag  Quem  enblofen  9ftef[ectiren  unb  3tocifeln  über  glfldEIid^  fein  unb 
glfldEIic^  mad^en  baburd^  nod^  e(^t  l^egelfd^er  Srt  ein  @nbe  gefegt  tourbe, 
bag  man  gur  Sod^e  fd^ritt  91m  16«  September  1811  mürbe  gmifd^en 
bem  41  iftl^rigen  5|J]^iIofol)l&en  unb  bem  20iä]^rigen  fjrdulein  in  ®egen= 
mort  bed  beflen  f^reunbeS  unb  ber  beften  i^rau  ber  Sl^ebunb  gefd^loffen, 
ber  in  gmangigi&^riger  S)auer  einer  ber  ben!bar  glüdEli(!^ften  fein  unb 
merben  foQte.  2)enn  baS  ed^te,  aus  bem  3nnerften  queHenbe  ©tfldE 
Dermel^rt  ftd&  flünblid&.* 

SDie  tud^erfd^en  S}ermögen8t)er]§&Itni{fe  iparen  fo  eingefd&r&n!t  ober 
fo  ungleid^  Dertl^eilt,  bog  bie  Sod^ter  nur  eine  ^uSfteuer  erl^ielt  unb 
einen  iöl^rlid&en  Sufdfeu^  Don  100  ©ulben.'  »einölte  l^fttte  aus  ©elb» 
mangel  bie  ^od^geit  aufgefd^oben  toerben  muffen,  benn  ^egels  Sefolbung 
U)ar  mieber  einmal  im  9lfldEftanbe.  93ier  SSod^en  t)or  ber  ^od^geit 
fd^rieb  er  an  Stietl^ammer:  „(&f^  fel^It  am  beflen,  ndmlidg  an  ®elb. 
Srl^alte  id&  nimlid^  nid^t  in  !urgem  bie  SluSgal^Iung  ber  5  monatlid^en  93e« 
foIbungSrüdEftinbe,  ferner  ber  flbrtgen  mir  fd^ulbigen  (Smotumente  ober 
loenigftenS  bie  beftimmte  S^erfid^erung  Aber  ben  Xermin  biefer  SuS'» 
gal^Iung,  fo  vermag  id^  ol^nebin  !aum  sustentare  vitam  quotidianam 
als  Sinfiebler,  k>ieltt)eniger  als  S^oeifiebler/ 

N^nimai^Iid^  befferten  fid^  bie  ö!onomifd(ien  Sufi&nbe.    9lad^  gioei 
Salären  mürbe  ^egel  Sd^ulratl^  unb  erl^ielt  als  fold^er  ein  OfunctionS» 

^  aSriefe  t)on  unb  an  ^egel.  I.  @.  320—824.  (Sdriefe  an  aVlarie  bon  %n^tx. 
@ominer  1811.)  —  *  9la4  bem  SSerlujI  einer  Sod^ter,  bie  balb  na4  ber  ®eburt 
ftarb,  linb  au%  biefex  d^^e  )mei  loürbige  6ö^ne  l§ert)orgegangen:  ber  filtere  (nad^ 
bem  ®ro^t)ateT  genannt),  Aarl  ^egel,  ber  aU  Vrofeffor  ber  ®ef4i(We  an  ber 
Unit)er1it&t  {U  (irlangen  am  7. 3uni  1898  fein  85. 3a^r  DoQenbet,  unb  ber  iüngere 
(na4  feinem  $at^en 9iiet^ammet  genannt),  Immanuel  ^egel,  ber  aU  Gonftflonal- 
))ra^bent  ber  ^ot)ina  Stanbenburg  )u  ben  Sfü^rem  ber  lirdtrli^^ort^obosen  $artei 
ge]^0Tte  unb  Iura  na4  bei  9lieberlegung  feine»  9imM  am  26.  Slobember  1891  in 
»erlin  flarb,  77  Sa^re  alt.  —  •  ©riefe  t)on  unb  an  ^egel.  I.  6,  817,  (»r.  ö. 
16,  «ugttfi  1811.) 


2)te  (Srünbung  feines  ^auBflanbeH.  89 

gcl^alt  tooburdö  feine  idl^rUd&e  Scfolbuna.  alleg  ßeted^net,  fid&  auf 
mel^r  ote  1500  ©ulbcn  erl^öl&te.  2lm  25.  JRoöemBet  1813  l^at  er  biefeS 
neue  Slmt  angetreten.  3ni  crflen  SQBinter  feiner  (Sfjt  tourbe  ber  erfle 
Sl^eil  feiner  ßogil  in  stoeiaSfid&em  gcbrudt,  berDjlem  1812  erfd&ien.  / 
„^n  meiner  ßogil  finb  9  Sogen  gebrudEt",  fd&ricb  er  am  5.  gfebrua/ 
1812  an  JRietl^ammer,  „öor  Dpern  foQen  btetteid&t  noäi  20  mel^r  ge= 
brudEt  toerben.  SffiaS  !ann  id^  t)crl&uftg  baDon  fagen,  aU  baS  bie 
25—30  Sogen  nur  ber  erfle  %^til  finb,  bafe  fte  öon  ber  getoöl&ns 
lid^en  fogenannten  Sogtl  nod^  nid^ts  entl^alten,  bag  fie  bie  nteta^l^^fifd^e 
ober  ontologifd&e  ßogil  finb;  erfieS  Sud&  t)om  ©ein,  jtoeite«  Dom  SBefen, 
toenn  anberS  baS  atoeite  nod^  in  ben  erften  Xl^eil  !ann.  ^[d^  ftedEe  bis 
über  bie  Dl&ren  barin;  eö  ift  leine  Äleinigleit,  im  erften  ©emefler 
feiner  SJer^eiratl^ung  ein  »udft  beS  abflrufefien  Sn^att«  bon  30  Sogen 
au  fd&reiben."  auf  biefe«  SQBerl,  beffen  Snl^alt  er  fettfl  al«  ben  Der« 
borgenden  Bejeid&net,  toerben  toir  ein  l^eitereö  SÖort  au8  ben  erften 
SSSod^en  feiner  (Sfjt,  toomit  er  bie  junel^menbe  33erftdnbHd&!eit  feiner 
Sortrftgc  in  SluSpd&t  ficßt,  nid&t  bejiel^en  bürfen:  ,,id&  fül^le  mid&  jebeS 
3a]Ör  l&erablaffenber,  bottenbS  bieg  3a]§r,  feit  idft  gl^emann  bin".* 

äßieber  \Dax  in  feinem  ßeben  ein  SSenbepunIt  eingetreten,  loeld^er 
il^m,  ber  ftd^  nid^ts  oon  Iflnftigem  SSeltrul^m  trdumen  lie^  unb  gar 
nidfet  barnad^  geijte,  toie  ein  2lbfd&lu§  erfd^ien.  „SDlein  irbifd&eS  3iel 
ifl  erreid&t",  fd^rieb  er  am  10.  Dctober  1811  an  Slietl^ammer,  ,,benn 
mit  einem  Smte  unb  einem  lieben  SDBeibc  ift  man  fertig  in  biefer  SBelt; 
eS  finb  bie  $au))tarti!el  beffen,  maiS  man  für  fein  ^nbibibuum  ju 
erftreben  l^at,  baS  übrige  finb  leine  eigenen  Sapitel  mel^r,  fonbern  nur 
^arogra^j^en  uxA  Slnmerfungen."* 


1  S3nefe  t)on  unb  an  ^egel.  I.  @.  880.    (S9r.  an  iRiet^ammer  t)om  10,  £)ct. 
1811.)    Cbenbaf.  6.  334  Pöb.  —  »  «benbaf.  L   6.  324118b. 


90  seit-  unb  Tteu-Sa^ern.    2)ie  ba^xifd^e  gfinjIeTniB  unb  SReactton. 


^d^teS  Sapttel. 


I.  »Q^rifd&e  anängcl  unb  UcBcIflftnbc. 
1.  SDie  buteaufratifd^e  (S^entralifotion. 

3n  bem  furgcn  Seittaum,  bcr  Dorn  Stieben  gu  ßflneöillc  unb  bcm 
9letd^8be))utQticnSl^au))tfd^Iug  (1801  unb  1803)  6t8  gu  ben  beiben 
Ofriebendfddtfiffen  in  $atis  (1814  unb  1815)  unb  bem  Songreg  in 
S38ten  (1815/1816)  teid&t,  ifl  ber  mobernc  Staat  »a^crn,  toie  er  nod^ 
l^eute  befielet,  betgeßalt  gufammengefe^t  ober,  rid^ttger  gefagt,  gufammen- 
getoflrfeU  toorben  —  bcnn  ba^  SBürfelfpiet  ber  Ärießc  toar  babci  einer 
ber  ^au^tfactcren  — ,  ba§  beut  altBa^rifdden  ^ergogtl^unt,  U)eld^eS  als 
i^ü^rer  ber  latl^otifci^en  Siga  im  brei^igjäl^rigen  Ariege  ftdg  bie  SOIad^t 
unb  äßfirbe  eines  fiurfflrftent^ums  gen)onnen  J^aite,  eine  äKenge  neuer 
93e|tanbt]^eile  l^ingugefflgt  lourben:  bifd^öflid^e  ^errfd^aften,  tote  äBfirg« 
bürg,  aSamberg,  ?Paffau  u.  f.  f.,  reiddsfläbtifd&e  ©ebiete,  loie  3lümberg, 
Slugöburg,  9legen8burg  u.  f.  f.,  marlgräffi^sbranbenburgifdfte,  toie  ?ln8« 
bad^  unb  SSa^reutl^,  gefürftete  ^opfleien,  toie  93er(^teSgaben  u.  f.  f. 
S)a  mürben  Sänber  l^ingugetl^an  unb  loieber  loeggenommen  unb  mieber 
l^ingugetl^an,  lote  SBflrgburg,  anbere  einverleibt  unb  loieber  abgetrennt, 
loie  2^rol  unb  ©algburg.  3n  bicfem  auf=  unb  abflutl^enben  Cänber- 
gemifd^  gab  eiS  gun&d^fl  !eine  anbere  ©taatSeinl^eit  als  bie  bureaulratif($e 
ber  gentraüfation  nadö  frangofifd5em  Souper,  toie  fte  unter  bcm 
SDfliniflerium  SKontgela«  (1799—1817)  eingefül^rt  unb  auggeübt  tourbe, 
ol^ne  SRüdC jtdfet  auf  bie  l^iftorifd^en  SBefonberl^eiten,  auf  bie  Unterfd&iebe 
beS  ©laubenS  unb  ber  Sitten,  ber  !at]^oIifd^en  unb  ^roteftantifci^en 
SBeoöKerungen:  bal&er  biefe  ©cntralifation  mit  ben  ©runbfä^en  ber 
ZoUxaui  unb  SlufHftrung,  ber  ®lauben8=  unb  ©etoiffenäfreil&eit  ate 
politifd&en  Jlotl&ttenbigleiten  Der!niH)ft  loar. 

3Jtit  ber  neuen  StaatSeinl^eit  foHte  aud^  eine  neue  SSilbungS»  unb 
Aultureinl^eit  ^anb  in  ^anb  gelten,  bas  neuba^rifd^e  Aönigreid^  foHte 
ein  SJhtfterftaat  ber  ^ttteOigeng  U)erben,  loomöglid^  ber  erfte  in  S)eutfd^s 
lanb,  toomöglidb  in  !flrge{ter  3eit.    2)eS]^aIb  berief  man  eine  SJlenge 


Tegels  S^it-  unb  SBeltanfd^auung.  91 

Betfll^mtet  unb  geleierter  SRänner  in  baS  Sanb,  toxt  bte  3enenfer 
$QuIuS,  ^Itetl^amnier,  Sd^eOing  u.  o.  ^nbeffen  liegen  fidd  fold^e  2)inge, 
tDie  SSoUsbilbung,  nid^t  \>Dn  oben  l^erunter  mad^en  unb  importiren, 
fonbern  loollten  bon  innen  l^eraus  erjogen  unb  entoidEelt  merben. 

Siefer  *Ärt  ber  ©entralifation  gab  man  eine  Sejeid&nung,  bic  fie 
am  aOertoenigflen  toerbiente:  man  nannte  fie  «Drganifation".  UnauS- 
gefegt  tDurbe  crganifirt  unb  bie  gemaci^te  Drganifation  koieber  DerAnbert, 
toas  man  fdfterjl^aft  „SJerorganifiren"  nannte.  Äeiner  ber  neuen  SBeamten 
fül^fte  ben  SBoben  fefl  unter  feinen  fjügen,  fonbern  immer  bebenb.^  Sie 
einen  n)aren  „organifationSneugierig"  bie  anbem  „berorganifationg- 
gierig''.  Sine  neue  SD^obe  ^ennl^flte  nannte  man  ^.DrganifationSl^fite''. 
S)a  ^egel  feinen  f^reunb,  ben  Sd^ulratl^  Paulus  in  93amberg,  gern 
bort  bel^alten  looQte,  fdgrieb  er  an  Slietl^ammer:  „äierorganifiren  @ie 
un8  nur  nid&t  ben  Jpaulus!" 

2.  2)er  Unangel  an  ^utotit&t  unb  $ubUcU&t. 

2)ie  SRetl^obe  ber  fogenannten  Organifation  litt  an  gioei  @runb- 
mingeln,  loeld^e  ^egel  mit  aller  Sd^&rfe  er!annt  unb  in  feinen  ^Briefen 
an  SRietl&ammer  erlcud&tet  l^at:  eö  fel^Ite  bie  rid&tige  ärt  ber  9lutorität, 
als  totliit  nid^t  blog  im  Aommanbo  befleißt  unb  bie  rid^tige  ^rt  ber 
^ublicit&t,  ol^ne  loeld^e  t)on  SSoIIderjiel^ung  unb  SSolIdfreil^eit  nid^t 
bic  SRebe  fein  lann.* 

2)em  litterarifd^en  unb  mi^fenfc^afttid^en  Seben,  toeldgeS  einen  fel^r 
U)efentlid&en  Zl^eil  ber  nationalen  SBilbung  auSmad^t,  gebred^e  eine 
öffentlidöe,  getoid^tige  Autorität,  ein  litterarifd&er  SWoniteur,  toeld&er  im 
©tanbe  fei,  bie  unreifen  unb  fd&Ied&ten  ©eburten,  pruritus,  toie  jic 
^egel  nennt  gleid^  aus  bem  Sege  ju  fdgaffen,  bie  fonft,  menn  man 
jte  geto&l^ren  I&gt  unb  fd^ioeigt,  nid^t  ol^ne  SBirlung  bleiben,  benn  fte 
l^aben  ben  ungel^euren  SSortl^eil  ber  9lebe  Aber  bie  ©tumml^eit.  6r  l^atte 
elenbe  ©döriften  Dor  Äugen,  toie  bie  eines  getoijfen  Slottmanner  über 
SacobiS  9flebe  in  ber  9l!abemie,  bie  eines  geioiffen  StitterSl^aufen  über 
©dfeettingS  0lebe.  ^SaS  cigentlid&e  SWittel,  bergleid^cn  pruritus  gu 
begegnen,  fel^It  ^l^nen",  fc^teibt  ^egel  an  Slietl^ammer,  „benn  fie  l^aben 
!einen  äJtoniteur.  S)aS  ungen)afdeene  äßaul  mug  man  burd^  Slutoritit 
begäl^men  unb  fd&Kefeen."  „SSon  ber  Slutorität  muffen  toir  ol^nebin 
anfangen,  b.  1^.  Don  bem  ©tauben,  ba§  um  il^reS  Slul^meS  miUen  — 

i  STtcfc  Don  unb  an  ^egel.  I.  6.  188f(gb.  (^egel  an  fliet^ammer. 
öambetg,  15.  ^tpt.  1808.)  —  «  (gbenbaf.  I.  6. 149-154.  (»r.  b,  22.  3an.  1808.) 


92         tttit  unb  ffltvi'Sba\)txn,    ^ie  Ba^rtf^e  Sfinßemifi  unb  SReaction. 

bie  anbern  }un&d&fl  um  bed  ^nfel^end  in  einem  Staate  toitten  — 
$tato,  ^riftoteleS,  toenn  koir  fte  f($on  nici^t  berftel^en,  b.  1^.  toaS  fte 
jagten,  als  fdgled^teiS  3eug  finben,  inbem  jje^t  unfere  @eban!en  unb  bie 
irrigen  einanbet  entgegenftel^en,  fte  mel^r  Sutrauen  aU  unfere  ®ebanlen 
öerbiencn"  u.  f.  f.  ^ 

^egeliS  9Reinung  Betrifft  einen  fel^r  mid^tigen  päbagogifd^en  ©runb» 
fa^,  ben  loir  tool^l  am  (eften  mit  bem  goetl^efd^en  Sßorte  auSfpreci^en: 
„3fl  ©el^orfam  im  ©emütl^e,  »irb  nid&t  fem  bie  ßiebe  fein".  Sa8 
gilt  au$  t)on  bem  inteQectueQen  ©el^orfam,  ber  iener  Slutoritat  bebarf, 
Don  meld^er  ^eget  fddreibt:  ,,93on  ber  9lutorit&t  mug  man  ol^nel^in  an- 
fangen" u.  f.  f. 

S)ann  fdl^rt  er  fo  fort:  „©ie  litterarifd&e  ©eite  eines  SWoniteur 
mu^  übrigens  als  9le(enfadde  erfd^einen,  unb  bie  ^auptfad^e  bleibe 
baS  politifc^e  Sleugere  unb  innere,  maS  eben  auf  jene  aud^  einen 
©d^ein  öon  Slutorität  toirft.  Slttein  ©ie  l^aben  aud^  leinen  ^olitifd&en 
äJtoniteur;  um  baS  SSort  gu  tranfd^iren,  €ie  l^aben  ©d^reib-  unb 
5Pre§-  (l&ätte  fd^ier  gefagt  5«6-)  Steilheit,  aber  leine  ?PubIicität, 
b.  1^.  ba^  bie  Stegierung  il^rem  3)oI!e  ben  3uftanb  beS  ©taateS  Dor^ 
legt,  SJertoenbung  ber  ©taatSgelber,  ©d&ulbenaefen,  Drganifation  ber 
»el^drben  u.  f.  f.  —  S)ieS  ©pred&en  ber  [Regierung  mit  bem  JBolIe 
Aber  i^re  unb  feine  3ntercffen  ifi  eines  ber  größten  ©lemente  ber 
firaft  beS  frangofifdgen  unb  engUfd^en  SSoIIS.  @S  U)irb  t)iel  gu  biefem 
©l)red6en  erforbert,  Dor  aQem  aber  SKutl^."* 

©d^on  ben  8.  3uli  1807  Igatte  ^egel  gefd^rieben:  „Sfber  t)on 
äJlfind^en  auS  fc^eint  bie  ^ublicitftt  nid^t  geliebt  ober  gefudgt  gu  toerben. 
Unb  bodd  ift  bie  ^ublicitdt  eine  fo  götttid^e  ajladdt,  gebrudEt  fielet  bie 
©adde  fo  oft  gang  anbers  auS  als  gefagt  unb  getl^an,  il^re  ©d^iefl^eiten 
fommen  ebenfo  fe^r  an  ben  £ag  als  il^re  SSortrefflidgleit,  bie  il^ren 
©lang  baburc^  erl^&lt.  —  ©iefen  Haren  unb  un^jarteiifd&en  ©piegel  in 
feiner  ^leinl^eit  gu  erlgalten,  bagu  l^abe  id^  aud^  fdbon  baS  alleinige 
getrau*  (fügt  er  fd^ergenb  l&ingu),  „inbem  id&  je^t  ettoaS  loeifeereS  5papier 
gu  meiner  S^itung  nel^men  laffe." ' 

3n  ber  SBamberger  Scitung  fianb  in  ber  3lx.  Dom  8.  {februar  1808 
unter  ben  SJermifd&ten  9lad6rid&ten  gu  lefen:  w3n  mel^reren  Sl^einbunb* 
lanben  toirb  bon  ©infül^rung  beS  Code  NapolÄ)n  unb  ber  confiitu» 


^  a3riefe  t)on  unb  an  ^egel.   L   6.  151.    (aSambeTg,  22.  Januar  1808.) 
—  «  «enbaf.  6. 151  u.  152.  —  »  «benbaf.  L    6,  119. 


fl^t^tU  Seit*  unb  aßeltanf^auun]}.  93 

tiottellen  tJfortnen,  loeld^e  6et  ber  Otgantfatton  beS  Aöntgretd^S  SBeft- 
falen  3U  ®runbe  gelegt  loerben,  aU  )oon  einem  nal^e  6e)}otfle]^enben 
ßreignife  gefprod^en".  SKit  Sejiel^ung  auf  biefe  SRadörtd^t  fd&reibt 
^egel  einige  Soge  fpflter  an  Stiet^ammer:  „©ie  SBid^tigfeit  beS  Code 
fommt  ober  nod&  in  leinen  äJergleiciö  mit  ber  SBid^tigleit  ber  Hoffnung, 
bte  man  barauiS  fd^ö))fen  !5nnte,  bag  aud^  bie  ferneren  Sl^eile  ber 
franjöpfd^en  ober  toefifdlifd^en  ©onflitution  eingeffli&rt  toürben.  — 
SfrcttoiDig  gel^t'g  fd6tt)erlicl&,  aM  eigener  ®infid6t  —  benn  too  ift  biefe 
Dorl^anben?  —  aud6  nid^t;  toenn  eS  j|ebo(ö  nur  beö  §immete,  b.  1^. 
bes  fronjöfifd^en  AaiferS  äSiQe  ift,  bog  eS  gel^t,  unb  bie  feit^erigen 
d^aralteriftifd^en  SDtobQlitdten  ber  ©entratifation  unb  Organifation 
Derfd^toinben,  in  toeld^en  !eine  ®ered^tig!eit  feine  ©arontie,  leine  Popu- 
larität ift,  fonbern  bie  SBiöfilr  unb  Älügelei  be8  ©njelnen.  —  3d& 
toeife  nid^t,  ob  pe  bieS  fflr  einen  Befonbcren  5PunIt  bei  ber  SBeanttoortung 
anfeilen  looKen,  aber  barum  erfudge  id^  @ie  loenigftenS  meine  anfangenbe 
Hoffnung,  ob  toir  und  weiterer  Sladgal^mungen  ju  )}erfe]^en  l^aben,  für 
ein  Heined  ^nftdgen  anjufe^en,  looran  mein  ganjeS  politifd^es  ©emütl^ 
l^öngt.  3n  ber  3eitung  ift  Don  einem  Äunbigen  ettoaS  ber  2lrt  ju 
Derflel&en  gegeben  toorben."^ 

3)iefe  SQSorte  entl^alten  ein  Scicnntnife.  SBa«  er  Dertoünfd^t,  tfl 
bie  ©entralifation  ol^ne  ©onjittution.  3)ie  Hoffnung  auf  einen  SBcr« 
faffungSfiaat  ift  baS  5pünltd&en,  tooran  fein  ganjeS  potitifd^eS  ©emütl^ 
l^angt. 

3.  S)ie  altBa^rif^e  SftnjteTnig. 

3n  Slttba^em  lagen  bte  ©cifiegguflanbe,  Derfd^Ioffen  unb  un= 
empföngltdö  gegen  baS  Sid^t  ber  SReuaeit,  »ie  fte  toarcn,  in  bidCem 
®unlel.  „ffiiefeS  Sägern  ijt  ein  toal^rer  ©intenRedEs  im  Sid^ttableau 
S)eutfd&Ianbg'',  l^atte  §egel  gelegentlid^  gef))rad^§n)eife  gu  bem  ©el^eim» 
ratl^  Sa^arb  gefagt,  ber  bie  SDtontgelaS'fd^c  SlufHdrung  in  ©d^u^  nal^m 
unb  pd^  große  ®inge  baDon  Derf))rad6.  3n  feinem  Sriefe  an  ?liet= 
l^ammer  l^atte  §egel  biefe  ^eugerung  loieberl^olt  unb  barauf  l^ingen^iefen, 
in  »eld^em  3uftanbe  ber  SLrdgl^eit  unb  3lid6tigleit  fid^  bie  ^ö^cte  ©e» 
lel^rfamfeit,  $^iIoIogie  unb  ^l^ilofopl^ie  in  Sägern  befdnben.  @eit 
fflnfjig,  Dtetteid^t  feit  l^unbert  Sal&ren  fei  in  Sägern  leine  bemerlen8= 
mertl^e  Ausgabe  eined  claffifd^en  Slutord  erfd^ienen,  ber  SectionSfotalog 
ber  SanbeSuniDerfität  SanbSl^ut  entl^alte  gar  !eine  pl^ilofopl^ifd^en  SSor» 

^  SBxtefe  bon  unb  an  ^egel.  L  6.  158  u.  159.  (9lninl0.)  (S3antberg, 
11.  gebr.  18080 


94         Sirt-  unb  9^eu-9}a^ern«    2)ie  ba^rifd^e  Sfinflerntg  unb  8leaction. 

lefungen  tnel^r,  nid^t  einmal  foldge  fi(er  ßogtl;  in  9(tborf  fei  nid^t  ein- 
mal ein  5ßrofeffor  her  ^ßl^ilofoDl&ie  Dot^anben  u,  f.  f.  ^ 

äBie  es  mit  ber  9}oIfd6iIbung  in  99a^ern  auSfal^,  Igatte  ^egel 
feinem  (^reunbe  in  SDlündgen  an  einem  ifingft  erlebten  t^aU  mitten  aus 
ber  ©egenioart  gefdgilberi  SSa^rifd^e  ©olbaten,  bie  im  ^al^re  1809 
lüiber  £)eßerrei(!^  inS  (^etb  rftden  foQten  unb  naib  einigen  XageSmftrfdgen 
bie  bo^rifd^en  ®rengen  nod^  nid^t  überf(!^ritten  l^atten,  glaubten  in  ber 
S£ür!ei  gu  fein  unb  l^ielten  bie  Slltba^ern  für  SLürfen.' 

4.  2)er  fanatifd^e  ^^o^otiStnuS. 

3)a8  2llte  unb  9leue  gingen  in  bem  gufammengctoürfelten  Äönig= 
reid^  nid^t  gufammen.  S)ie  altba^rifd^e  O^inftemig  toar  bem  Sid^t  ber 
SIeujeit  nid^t  bIo§  abgelDenbet,  fonbem  audg  t)on  ©runb  oud  abgeneigt 
unb  erboft  über  aKe  bie  neuen  3Jl&nmx,  tt)eld^e  man  gur  ©rünbung 
unb  Verbreitung  jeitgemöfeer  Silbung  ins  ßanb  gerufen  l^atte.  ®iner 
ber  l^öl^eren  SBeamten  in  aRfind^en,  Sl^rifio^]^  t)on  Slretin,  l^atte  eine 
fogenannte  5Patrioten|)artci  gefliftet  unb  gegen  bie  neuberufenen  pro* 
tepantifd^en  ©elel^rten  ge^efet.  3acobi  tourbe  im  Sweater  öffentli(i& 
bef einimpft,  91.  {^euerbad^  burd^  $obeI^aufen  in  feiner  SBol^nung  l^eim- 
gefud^t  unb  infultirt,  £]^ierf(!^  burd^  ein  m6rberif(!^eS  Attentat  bebrol^t, 
Jacobs  leierte  fo  \i)mU  als  möglid^  nadg  ©ot^a  jurüdE  u.  f.  f. ' 

§egel  bejeid^ncte  biefe  unerl^örten  ©ccnen,  2IuSbrüd&e  ber  Slol&l^eit 
unb  bes  toitben  OfonatiSmuS,  mit  bem  SBorte  „^^ojoiSmuS",  um  nid^t 
in  gutem  Sd^mSbifd^  „@auU)irtl^fd^aft"  gu  fagen,  tt)as  er  übrigens  aud^ 
fagte  unb  mit  aUtn  bajugel^örigen  ienngeidgnenben  SBorten  aud^ 
auSfül^rte.* 

n.  3)ie  ba^rifdfte  JReaction. 

1.  2)ie  €onf[icte  in  ber  @tubtencommifflon.    9ltetl^atnmer8  9lteberlage* 

93alb  aber  tourben  bie  SSerl^&Itntffe  loeit  fd^Iimmer  unb  bebrol^Iid^er, 
als  bie  9leaction  aus  ben  Slbgrünben  beS  ^öbels  auf  bie  ^öl^en  ber 

1  Stiefe  üon  unb  an  $egeL  I.  6.  168—177.  (SBamberg,  20.  fOiai  1808.) 
2)tefer  93rtef  (9lr.  54)  ifl  einet  ber  auSfü^rlid^lten  unb  toid^tigflen.  —  *  (Ebenbaf. 
I.  6. 226-230.  (Sflümberg,  7.  an&rg  1809.)  —  »  SBgL  biefeS  SÖßert  ob.  VT. 
(e^eQing.)  2.  fbifL.  SBud^  I.  (S.ap.  X.  6. 126—130.  2)ie  ertD&l^nten  6cenen  gegen 
91.  Sfeuerba«  unb  Sl^ierf«  l^atten  am  15.  Hpril  1810  unb  28.  gfcbr.  1811  liatt- 
gefunben.  —  *  »riefe  t)on  unb  an  §egel.  I.  6. 265—267.  (SHümberg,  7.  5lug. 
1810.)  6.  274—277.  (Slürnberg,  27.  6eJ)t.  1810.)  HI«  ©egel  biefen  »rief  f^rieb, 
toar  3acoW  gfatnilie  fd^on  na4  ®ot^a  burd^gereili.  (6.  276.)  »gL  »riefe  I. 
€  254f[gb.    (»r.  t>.  15.  Sn&ra  1810.) 


^egeliS  3eit>  itnb  SBeUanfd^auung.  95 

aicgieruttß  empotfüeg  unb  fclbfl  bcn  Äöntß  SDlaj  1.,  ber  jene  5Pobel« 
fcencn  ^SBuBcreicn"  genannt  unb  Dcrurtl^ciU  l^attc,  gefangen  nal^m. 
Sladö  bem  Slbfatte  JBa^ernS  Don  yiapoUon  im  SBertrage  ju  [Rieb 
(8.  DctoBer  1813),  nad^  bem  Betounberung8mürbigen,  aber  unglüdfid^en 
f^elbjuge  Slapoleond  im  3a^re  1814,  DoÜenbS  nad^  feinem  Untergange 
auf  bem  gfelbe  Don  SBatertoo  (18.  3uni  1815),  dnberte  fid&  bie  ßage 
unb  Slid^tung  ber  3)inge.  ©eit  bem  oflerreid&ifien  €injlu§  lam  in 
SBa^ern  bie  ®eltung  ber  flodfat^olif^en  Partei  inS  Uebergeioid^t,  toaS 
t)or  aDem  9ltet]^ammer  in  feiner  Stellung  gu  fällen  befam. 

3loii  im  t^rü^jal^r  1811  l^atte  92iet^ammer  trium))^irt.  @r  l^atte 
aU  ))roteftantifc^eS  Sflitglieb  ber  @tubienfection  beim  Aönige  feine 
@nt(affung  ober  bie  feineg  !at^oIif(!gen  ©egnerS  (SBiSma^r)  verlangt, 
bie  Untere  toax  erfolgt  unb  fein  Sinflug  t)on  neuem  befe^igt.  SlidgtS 
!onnte  unferem  §egel  nad^  feiner  eben  erfolgten  9}erIobung  erfreulid^er 
fein  al8  biefe  Stad^ri^t:  „Seit  gefiem  toeife  id6,  bo§  ber  Äönig  unter* 
fd^rieben  l^at.    3d6  bleibe  alfo.    Quod  felix  faustunque  sit/^ 

8fünf  3a]^re  \p&Ux  fallen  bie  3)inge  ganj  anberS  au8.  3n  einer 
@i^ung  ber  @tubiencommiffion  Dom  26.  Slpril  1816  toar  9lietl^ammer 
fiberftimmt  unb  ed  toar  burdg  bie  latl^olifd^e  SDtel^rl^eit  (loogu  iener  SBiSma^r 
unb  ber  un8  Don  ©dfeetting  l^er  belannte  ©aj;  SBeiller  gel&örte)  befd^loffen 
tt)orben:  bag  für  ben  Eintritt  in  bie  ^rog^mnaften  baS  Sllter  ber 
Söglinge  l^erabgefe^t  »erben  fotte,  tooburd^  ber  (Slementarunterrid^t  be» 
fd^Ieunigt,  Derfürjt  unb  alfo  Derfdgled^tert  tt)urbe,  unb  bag  in  ben 
©Qmnafien  ber  Unterrtd^t  in  ber  SJlatl^ematif  unb  in  ber  ))]^iIofop]^if(!^en 
5Borbereitunggtt)i|fenfd6aft  aufgul^eben  fei*  darüber  toar  e8  in  ber 
@i^ung  aum  Streit  gefommen.  Slietl^ammer  l^atte  ftd^  abermalig  an 
ben  Äönig  getoenbet  (28.  Slpril)  unb  Dorgefteöt,  bo§  jene  SBefd^lüffe 
auf  bie  |)rotefiantifd&e  ©rjiel^ung  unantoenbbar  feien.  S)er  Äflnig  aber 
l^atte  in  feinem  Jftefcript  Dom  4.  3uni  1816  bm  ©egnern  Siedet  gegeben, 
il^re  SBefd^lüffe  belröftigt  unb  bem  Dberfdöulrat)^  Jlietl^ammer  ,,ba8 
atter^öd^fie  aWifefaDen"  eröffnen  laffen,  fowol^l  über  fein  SBene^men  in 
iener  ©i^ung  als  aud&  inSbefonbere  borüber,  ba§  berfelbe  in  feiner 
©ngabe  fi(i&  „bie  3let)rdfentantfd^aft  bes  protefiantifdöen  ffteligionStl^eife 
in  ©d^ulfad^en"  angemaßt  l^abe,  to&l^renb  in  ©cigulfad^en  bie  S^onfeffton 
nid^t  in  fjrage  lomme.* 


1  SBriefe.  I.  6.  303.    (»rief  Slietl^Qinmer«  Dom  7.  a^ai  1811.)  —  •  Cben- 
bQf.  I.   ©.  396-398,    (^iietl^ammer  an  ftegel  D.  16.  Suni  1816.) 


96  9llt-  unb  9leU'S9a^etn«    2)ie  ba^tifd^e  gfinftetnig  itnb  8leactton. 

3lictl^Qtnmcc  l^attc  t)on  einer  fold^en  3lel)räfcntQntfd6aft  md6t  gc^ 
tebet,  fonbem  blog  üon  fetner  Slmtdpfitd^t  unb  ber  bartn  entl^altenen 
aSeranttoortltd&feit  68  toäre  ben  ©egnern  fidfeerlid^  ertoünf^t  gctoefen, 
luenn  9ltet]ganimer  feine  (Sntlaffung  genommen  l^dtte,  aber  er  toax  t)iel 
3u  Befonnen  unb  ta))fer,  um  fein  fjetb  ju  öerloffen,  afe  boS  trübe 
SBetter  l^ereingebrodgen  koar,  toie  er  t)oraudgefe]^en.  @d&on  in  feinem 
Srtefe  Dom  19.  3loöember  1815  l^atte  er  feinem  Qfreunbe  ^egel  t)ers 
ffinbet,  bQ§  eine  attgemetne  Sleaction  im  SInauge  fei,  unb  bereu  3etcl&en 
gefd^ilbert.  „SQSie  bie  SBürmer,  tJröfd^e  unb  anbercS  ©efd&meis  oft 
bem  Siegen  noc^aiel^en,  fo  bie  SBeiller  unb  ©onforten  bem  trflben  SLag, 
ber  fid6  über  bie  ganje  ciDilifirte  SBclt  ausbreitet,  Sn  ber  allgemeinen 
(©ünb=)  gftuti  in  ber  alles  SBcrattete  aurüdflrömt,  gtaubt  biefe«  litte« 
rarifd^e  unb  |)äbagogif4e,  toie  ba«  übrige  ©efinbel  feinen  SMoment 
gefunben  au  l^aben;  unb  id^  fürd^te  faft,  eS  l&at  il^n  gefunben!  SBaS 
id6  ^^ntn  fd^on  münblid^  öon  JBorfd^tägen  aur  Slufl^ebung  ber  5ßrimftr= 
fd^ulen  gefagt  l^abe,  ^at  ftd^  inbeg  toeiter  umgetrieben,  unb  man  ift  in 
ber  Sfred^l^eit  fo  toeit  gelommen,  ba§  man  bie  5Profefforen  nitfet  nur 
ber  $]^ilofop]^ie,  fonbem  fogar  ber  SRatl^ematif  an  ben  ®^mnaften 
für  entbe]^rli(iö  unb  nad&tl&eilig  erHört  unb  gerabeau  6  glaffen  (3lubt* 
ment,  ©rammatif,  $oefte  unb  Sll^etorif)  als  bad  @ine,  toaS  notl^  fei, 
|)rebigt;  —  unb  bergtcid^en  nid^t  ettoa  nur  tauben  Dl&ren!  SBaS  barauS 
toerben  toirb,  ifi  mir  an  fid^  fel^r  gleid^gültig,  ni^t  bIo§  für  meine 
5Perfon,  fonbem  felbji  beinal^e  aud&  fd^on  für  bie  ©adfte.  3)a8  bumme 
5ßfaffettDoK  in  SBa^em  toirb  faul  unb  bumm  bleiben,  toenn  man'S  fo 
l^aben  toiQ  —  aum  ©lud  bebarf  bie  93ilbung  il^r  Slf^I  nid^t  mel^r  in 
äSa^ern  au  fud^en,  too  man  fie  ol^nel^in  nur  l^ereingelodt  au  ^aben 
fd^eint,  um  fie  tobtauf  dalagen!  916er  fie  foQen  uns  bod^  nit^t  fo  im 
@tillen  abtl^unl  unb  fte  foQen  uns  nid^t  nadg  bem  @d^nitt  t)ormaHger 
SDflond^fd^uIen  unfere  protcfiantifd^en  ©tubienanfialten  Derftümmeln! 
S)agegen  toill  id^  mid^  toel^ren  bis  auf  ben  legten  SDIann,  ber  id^  nod^ 
au  fein  l&offe/^ 

SQSie  rid^tig  feine  Äuffaffung  unb  JBeurtl^eilung  ber  3citlage  toar, 
betoieS  i^m  baS  Iflniglid^e  3lefcript  Dom  4.  3uni  1816,  „ein  mcrl= 
toürbigeS  SDocument  ifi  attcrbingS  biefe  atterl&öd&fte  entf(i&Ue§ung,  mir 
infofern  nidfet  unertoflnfd^t,  als  eS  mir  aum  ffletoeiS  bient,  bafe  bie 
5Protefianten  in  biefem  ßanbe  förmtid^  ret^tloS  ftnb."* 


1  »riefe.  L  @.  387  u.  388.  —  >  (Ebenbaf.  I.   €.  898. 


$(0eU  Sttt*  unb  SBeltanfd^auttttg.  97 

2.  aHontgelad'  QEntlonititg  unb  baS  (Soncorbat. 
am  2.  {Jcbtuar  1817  toutbc  bo»  aRiniftctium  SWontflcIafi  etit= 
laffen  uttb  im  Saufe  beS  Sal^teS  gioifdgen  99a^em  unb  Stom  ein  (S^on- 
corbat  gefdgloffen,  ,,ba8  ©eineSgleid^en  gor  nid^t  l^at".  @o  fd^rieb 
9tiet]^Qmmer  am  27.  S)ecem6er  1817.  Siner  ber  ^auptgefd^ftftlSfül^tet 
biefeS  @:oncorbat8  luar  Safimir  ^Affelin,  99ifd&of  i.  p.  t)on  @:^erfone9, 
Don  bem  S^ietl^ammer  berid^tet,  ba^  er  felbft  bei  einer  amtlidgen  ©elegen- 
l^eit  3euge  toor,  to\t  biefer  93ifd&of  fidg  im  Streifet  barttber  befanb,  ob 
bad  9leue  £efiament  jur  93ibet  gehöre  ober  nid^t.^ 

8.  ^egeU  S^itanfd^auung  unb  Hoffnung. 

^egel  lebte  ber  Ueberjeugunfl,  bafe  mit  bem  ©turg  unb  ber  ©elbfl« 
jerftörung  3lol)oleon8  ba8  Zeitalter  ber  franjöfifdöen  giebolution  Dottenbet 
unb  ba^  beS  betougten  unb  befonnenen  S^i^^tfd^rittS  ber  Stößer  unb 
ber  großen  SOlajfen  gelommen  fei. 

3laäi  ber  ^bbanlung  3lapoUon^  in  Sfontainebleau  (IL  9[))ril  1814) 
fd^rieb  er  an  9lietl^ammer:  »@d  finb  große  S)inge  um  uns  gefd^el^en, 
eS  ift  ein  ungelgeures  ©d^aufpiel,  ein  enormes  ©enie,  fi(!^  felbß  g^rftören 
ju  feigen  —  ba«  ift  baS  tpa^ixcöTaTov,  baS  eg  giebt;  bie  ganje  SDflaffe 
beS  Jülittelmfißigen  mit  feiner  abfoluten  bleiernen  ©d^toerlraft  brfldEt 
ol^ne  Slafi  unb  SBerföl^nung  fo  lange  bleiern  fort,  bis  eS  baS  ^öl^ere 
l^erunter,  auf  gleid^em  9tiüeau  ober  unter  fid^  l^at;  ber  3Benbepun!t 
beS  ©anjen,  ber  ©runb,  baß  biefe  SWaffe  ©etoalt  l&at  unb  als  ber 
(Sf)Ot  übrig  unb  obenauf  bleibt,  ifi,  bag  bie  große  ^nbiDibualität 
felb{l  baS  Sted^t  baju  geben  muß,  fomit  fid^  felbfi  gu  ©runbe  rid^tet. 
S)ie  gange  UmtoSlgung  l^abe  xä^  übrigens,  voit  iäf  midg  rül^men  tt)ill, 
t)orauSgefagt  in  meinem  SBerfe,  baS  idg  in  ber  Stadgt  üor  ber  @(!^Iad^t 
t)on  3ena  DoDenbet"  u.  f.  f.* 

Unb  teaS  fagt  er  gu  ber  ba^rifd^en  9leaction,  bie  il^m  Slietl^ammer 
gkoei  3a]^re  fpdter  fo  l^anbgreiflid^  gefd^ilbert?  „S)ie  allgemeineren  Sßelt= 
begebenl^eiten  unb  Srtoartungen,  foioie  bie  ber  naiveren  j^reife  oer- 
anlaffen  midg  meijl  gu  allgemeineren  93etrad^tungen,  bie  mir  baS  @ingelne 
unb  fflli^tu,  fo  fel^r  eS  baS  ©efül^I  intereffirt,  in  ©ebanfen  meiter 
toegrüdEen.  3d^  l^alte  mid6  baran,  baß  ber  SQBeltgeiji  ber  3eit  baS 
@:ommanbon)ort  gu  aDanciren  gegeben;  fold&em  @^ommanbo  toirb  parirt; 
bieS  SBefen  fd^reitet  toie  eine  gepangerte,  feftgefd^Ioffene  ^l^alans  untoiber- 

»  »tiefe.  I.  ©.  13.  (9lietl^ammer  an  ©egel.  anündjen,  27.  a)ecembec  1817.) 
-  «  CbenbQf.  I.  6.  371.    (ör.  ü.  29.  «pr«  1814.) 


98  ^egel  al8  $rofeffox  ber  $6Uofi)p^te  in  ^etbelberg. 

ftel^Iid^  unb  mit  fo  untnerUtd^er  S3ett)eguttg,  als  bte  @ontte  fdgreitet, 
t)ortDfttt§,  burd^  btd  unb  bann;  ungftl^Ibare  leidste  £ru))pen  gegen  unb 
für  boffclbe  flanfiren  brum  ^erum,  bte  tnciften  totffen  öon  gar  ntd&ts, 
um  toaS  ed  fic!^  I^anbelt,  unb  friegen  nur  @töge  burc!^  ben  Ropl  tote 
öon  einer  unfid&tbaren  §anb."  —  „®ie  fidöerfie  ?Partic  iji  tool^I,  ben 
SlDancirriefen  feft  im  Sluge  gu  bcJ^altcn,  fo  lann  man  fogar  l^inpel^en 
unb  3ur  (Srbauung  gefammter  üielgefcigäftiger  unb  eifriger  @:omt)anfd^aft 
felbfl  ©d^ul^ped^,  boS  ben  Sfliefen  feft^alten  foD,  mit  anfd^mieren  l^elfen 
unb  jur  eigenen  ©emüt^Sergö^Iid^Ieit  bem  ernft^aften  (Betriebe  JBors 
fd^ub  leiften.  S)ie  Steaction,  üon  ber  toir  fo  t>xA  bermalen  f^red^en 
]^5ren,  l^abe  i(6  ern}artet,  fte  toxU  i^r  Sted^t  l^aben:  la  v^ritö  en  la 
repoussant,  on  l'embrasse,  ifi  ein  tief  finniges  3acobtfd^e8  SBort/'^ 

Sd^t  l^egelfd^e  SBorte!  äBorte  Don  bem  unnad^a^mlidgen  @temt)el 
biefeS  $]^tIofo^]^en.  3)er  äBeltgeifi  ift  nid^t  pxt]fxxt.  S)ie  äBeltgefd^itite 
ifi  ber  fjortfc^ritt  im  SBetoufetfein  ber  fjrei^eit.  Sioc^bem  bie  gro§e 
SnbiDibuontftt  in  einer  ungeheuren  Zragöbie  fid^  felbfi  gerflört  l^at, 
bleibt  nid^ts  übrig  qI8  ber  g^l^or.  3e^t  !ommt  ber  @]^or  obenauf  unb 
beginnt  gu  l^anbeln.  S)a3  Sommanboioort  beiS  SBeltgeifteS  ^eigt:  bie 
3Raffen  a)}anciren! 

SßaS  ^egel  im  Stnfang  beS  neunjel^nten  ^al^rl^unbertd,  nad^  ben 
S£agen  Don  tJfontainebleau  unb  SBaterloo  DorauSgefel^en  unb  DorauS- 
gefagt  ]§at,  bad  ift  ^eute,  am  (Snbe  biefeS  ^al^r^unberts,  tool^I  ein  gemein- 
Derftönblic^eS  Sßort.    @r  l^at  gefagt:  bie  äKaffen  aDanciren. 


9leunteS  (S^apittt 

l^tstl  ül»  |lr0fe|f0r  htt  ffiüoft^plflt  in  l^txhtlbtts. 
(1816—1818.) 


I.  3)rei  SBerufungen. 

1.  Stiangen. 

\©eit  bem  25.  SloDember  1810  lag  bie  Uniöerptät  ßrlangen  in 
ber  ba^rifd^en  SD^ad^tfpl^&re,  unb  toir  tt)iffen,  nield^e  inbrünftigen,  Don 
DHetl&ammer  unterfiü^ten  unb  beftörltcn  Hoffnungen  §egel  feit  lange 

1  »riefe.   I.    6.  401  u.  402.    (f&x.  t>.  5,  3uli  1816.) 


^egel  aU  $rofe{{ot  ber  fp^Uofop^ie  in  ^eibeOberg.  99 

getabeouf  biefe  Uniüerfttät  gerid^tet  l^atte.  Qi^on  im  9Rat  1811  ^atte 
i^m  9lietl^Qmmer  gef(|ne6en,  bag  feine  93erufung  nad^  Srlongen  un« 
gmeifell^aft  fei  unb  fpSteftenS  nad^  bem  @d^Iuffe  beS  loufenben  @d^ul- 
jial^ted  erfolgen  toerbe.^  9lid^t8  erfolgte.  Umfonß  martete  ^egel  üon 
^a^i  gu  3a]^r  unb  am  @nbe,  beS  SßartenS  unb  ^offenS  mflbe  unb 
überbrfiffig,  fo^te  er  ben  bel^ergten  Sntfd^Iug,  ba  er  üernal^m,  bag  man 
in  (Srlangen  einen  $rofef[or  ber  ^^tlologie  nötl^ig  l^abe,  fic^  ber 
ba^rifc^en  9legierung  aus  freien  @tadEen  ju  biefer  @telle  felbft  anzu- 
bieten.*/ 

/  2.  »erlin. 

®Iet(!^3etttg  mit  ber  93a))arifirung  SrlangenS  loor  bie  Uni))erfit&t 
SBerlin  gegrünbet  toorben,  gleid^aeitig  mit  feinen  neuen  SluSfid^ten  auf 
eine  SlnfleQung  in  Erlangen  erftffneten  ftd^  für  ^egel  günftige  ^M- 
fid^ten  auf  eine  SBerufung  nad^  Serlin,  too  bie  feit  bem  3anuar  1814 
erlebigte  ^rofeffur  fjid&te«  nod6  immer  nid^t  befe^t  toar.  Unter  ben 
93orfd^Iögen,  bie  ^on  feiten  ber  f^acult&t  jur  äBieberbefe^ung  biefer 
@telle  gemad^t  tt)erben  foUten,  loar  aud^  fein  SRame.  {^riebrid^  üon 
9laumer,  ber  mit  bem  SDIinifler  t)on  @d&udmann  gute  SSejiel^ungen 
unterl^ielt  unb  fid^  fflr  bie  @ad^e  unb  bie  $erfon  nad^  feiner  lebhaften 
2Irt  interefprte,  l^atte  auf  einer  Qforfd&ungSreife  nadft  Italien,  bie  er 
gum  S^^dte  feiner  ^ol^enflaufengefc^id^te  unternommen,  ben  ^^ilofopl^en 
in  3lürnbcrg  befud^t.*  S)er  SOlinifler  Don  ©d^udfmann,  ber  öon  Slicbul^r 
tougte,  bag  ^egel  eine  93erufung  nad^  93erlin  toünfd^e,  l^atte  fd^riftlid^ 
bei  bem  $l^iIofot)]^en  felbß  angefragt,  ob  er,  fc^on  feit  ^al^ren  bem 
nlabemifd^en  Aatl^eber  fern  unb  DieDeid^t  entfrembet,  nod^  bie  Aroft 
beS  lebenbigen  unb  einbringenben  SSortrogS  DoDig  beft^e,  bie  gur  SluS- 
Übung  beS  ))]^iIofop]^ifd&en  Cel^rfad^S  unumg&nglit^  nötl^ig  fei,  nament» 
lidö  iefet,  too  baö  leibige  treiben  in  ben  SBrobfiubien  überall  fic6  be= 
merlbar  mad^e,*  S)o  §egel  fid&  bie  ^Berufung  »ünfd&te,  fo  mugte  er 
fid^  bie  fraglid^e  Araft  loo^l  gutrauen.  S)a  er  od^t  ^df^x^  long  als 
?Profeffor  am  ©^mnofium  ju  Jiürnberg  tl^ötig  getoefen,  fo  ^atte  er 
feine  ßel^rfraft  nid^t  ungeübt  gelaffen,  fonbern  betoäl^rt.  3)ie  ^rage 
be«  2Kinifler8  »ar  offen,  gut  gemeint,  aber  red^t  überjlüjfig.    Äurj 

1  »tiefe.  I.  6.  301.  («r.  t>.  5.  SDlai  1811.)  »qI.  ©.  308-320.  (»r.  ^egcU 
öom  27.  «ug.  1811.)  -  «  Cbenbaf.  I.  6.395fCöb.  (»r.  ö.  8.  3uni  1816.)  »gl. 
über  etlangen:  6.  319  u.  333.  —  »  Cbenbof.  I.  @.  410-413.  (IRaumer  qh  ^egel. 
anfingen,  ben  7.  9(ugufl  1816.)  —  «  CEbenbof.  I.  6.415  u.  416.  (»erlin,  ben 
15.  Huöup  1816.) 

7» 


100  ^egel  aU  $rofeffot  bet  ^^ilofoplftie  in  ^eibelbetg. 

nod^l^er  l^ottc  Slietl^ainmer  bei  feiner  Slntoefenl^eit  in  SBetlin  mit  bem 
©toatSTotl^  3HIoIot)iu8  über  bie  Slngelegcnl^cit  ßefproiften  iinb  mar  Don 
ber  ©id^erl^eit  ber  Berufung  Tegels  überjeuflt.  Sber  bie  ©tunbe  für 
a3erlin  l^atte  im  ßeben  ^egeld  no(!^  nid^t  gef^Iagen.^ 

3,  ^eibelbetg. 

^nSi  in  ^etbelberg,  iDol^in  ^egel  fiigon  t)or  elf  ^^^ten  nad^  jenem 
©riefe  an  3.  §.  SSofe  ftd6  eine  »emfunfl  fletoflnfd^t  ^atU*,  jeißten  fid& 
neue  ^udftc^ten.  S)Qmal8  loar  3.  t$.  gfrieS  bagteifdgen  getreten  unb 
lüurbe  ie|t  aU  ^rofeffor  ber  $]^i(ofot)^ie  unb  $^^fi!  iDieber  naA  3ena 
berufen.  S)ie  SteDe  voax  frei.  3m  Sluftrage  ber  bobtfd^en  [Regierung 
fd^rieb  ber  ^rorector  ber  Uniüerfit&t  an  ^egel,  um  il^m  bie  orbent- 
lid^e  ^rofeffur  ber  ^I^Hofopl^ie  anjutragen  mit  einer  93efolbung  Don 
1300  ®ulben  unb  einigen  Slaturalien.  S)er  $rorector  bed  loufenben 
©tubienjal^reS  loar  Aarl  2)aub,  feit  gujanjig  Sorten  $rofeffor  ber 
£]^eo(ogie  in  ^eibelberg,  einer  ber  tiefften  t^eologifd^en  S)en!er,  toüä^tt 
Don  Aant  ju  Sd^eQing  fortgefd^ritten  luar  unb  unter  bem  Sinflug  ber 
fd^eÜingfd^en  gfreil^eitdlel^re  feinen  ,,3uba8  Sfd^ariotl^  ober  baS  93öfe  in 
SSer^ältnig  gum  ©uten"  ausarbeitete  unb  baS  erfte  §eft  l^atte  erfdgeinen 
laffen  (1816).  @r  loar  fd^on  Don  bem  @tubtum  ber  i^egelfci^en  $^iIo« 
fopl^ie  ergriffen  unb  l^at  fid^  il^r  balb  mit  ganger  @eele  gugeioenbet. 
S)ag  bie  ^Berufung  burdg  biefen  3Rann  gefd^al^,  burfte  aU  eines  ber 
günftigften  Slufpicien  gelten. 

ffiaub  f(i&rieb:  „3lun  toürbe  aber  ^eibelberg  an  3^nen,  toenn  ©ie 
ben  Stuf  annfil^men,  gum  erjten  mal  (©pinoga  »urbe  einji,  aber  Der= 
geben»,  l^ierl^er  berufen,  toie  ©te  Dermutl^lidö  ttiffen)  feit  ©tiftung  ber 
UniDerfttat  einen  ^P^ilofcpl^en  l^aben.  {Den  gfleife  bringt  ber  ^Jl^ilofo})]^ 
mit,  unb  ber  ^l^ilofopl^,  ber  ^egel  l^ei^t,  bringt  nod^  Dieied  anbere 
mit,  ttoDon  freili^  bie  toenigflen  l^ier  unb  —  überaß  bis  Je^t  eine 
Sll^nung  l^aben,  unb  toa^  burd^  bloßen  ^n^  nidgt  errungen  n^erben 
lann"  u.  f.  f.  „ßrleb'  id6'8,  ba§  ©ie  ber  UniDerfität  ^eibelberg  an» 
gel^ören,  bie  id^  tote  meine  Pflegemutter  liebe  unb  bis  anS  Snbe  lieben 
teerbe,  fo  ift  ein  reiner  unb  erquidEenber  Sid^tftral^I  in  mein  2^Un 
gefallen."' 

„S)ann  loürbe  ^eibelberg  gum  erften  mal  feit  ©tiftung  ber  Uni- 
Derfitftt  einen  ^ßl^ilofo^en  l^aben."    Sin  grofteS  DielumfaffenbeS  SEBort! 

^  SSriefe.  J.  6. 425  tt.  426.  Oeno,  ben  13.  September  1816.)  —  *  6.  oben 
Cap.  VI.   6.  71.  —  •  »riefe.  I.  6.  406-408.  (^etbelberg,  ben  80.  3ttU  1816.) 


^egel  als  $rofe1Tor  bet  ^^lofopl^ie  in  ^txhtlUx%.  101 

3(te  S)au6  btefe  äBorte  fdgriefi,   sdl^Ite  bie  UniDerfitAt,   bie  dltefie  beS 
beutfd^en  älet^S,  430  ^al^re! 

ffia  ^cgcte  nürnberger  ßinfünfte  1560  (Bulben  betrugen,  fo  mad&tc 
bie  93efoIbungSbifferen3  nodg  eine  fleine  @c^miertg!eit.  @r  mar  freubig 
bereit,  bem  Stufe  (^olge  ju  leiften,  menn  man  il^m  freie  äßol^nung  unb 
bie  3ufage  einer  !flnftigen  ®e]^alt8)}ennel^rung  geben  tooUz.  3Jlan 
tx^b^tt  bie  93efoIbung  auf  1500  (Bulben,  toomit  bie  ©d^mierigleit  DoK« 
lo  muten  aud  bem  SBege  geräumt  mar.^ 

Xsim  24.  Sluguft  1816  l^atte  ^egel  fein  (SntlaffungSgefudg  aud 
ba^rif(!^en  S)ienfien  eingereiht.  Unter  bem  4.  September  1816  Der- 
ffinbete  bad  St.  SBa^rifd^e  9legierung8b(att,  bag  am  25.  9(ugufi  bie 
ffiirectorflefle  an  bem  i)l^iIoIogifc^en  ©eminar  gu  erlangen  nebft  ber 
orbentlid^en  fiel^rfteDe  ber  S3erebfamfeit,  S)i(i^tfunß,  bann  ber  claf jtfd&en, 
gried&if(6en  unb  rftmifd^en  Sitteratur,  bem  bisl^erigen  Stector  unb  $rofeffor 
am  ©^mnaftum  ju  Slürnberg,  ®.  SB.  gr.  §egel,  t)erUelöen  toorben  fei.* 
(Srtangen  toax  um  einen  STag  gu  fpöt,  99erlin  nodg  nidgt  gu  redgter 
@tunbe  gefommen.  S)er  SBeg  Don  92ümberg  nadg  93erKn  ging  burdb 
§eibelberg. 

n.  3tt)ei  Saläre  in  ^eibetberg. 
1.  2)ie  €nc^tIopftbie. 

92ad^bem  ^egel  in  ber  Oberclaffe  beS  närnberger  ©^mnafiume 
ad^t  3a]^re  l^inburd^  in  ber  p]^iIofot)^if(i^en  ßnc^Hopäbie  unb  to&l^renb 
beffelben  3eitraum8  in  ber  Unterclaffe  unb  SWittelclaffe  in  ben  rtiIo= 
fopl^ifd^en  £]^eitmiffenf(|aften,  mie  frfll^er  ertDiül^nt,  unterrid^tet  l^atte, 
lonnte  gur  ßrneuerung  feiner  alabemifdften  ße^rtl&fttiglcit  unb  im  (Snt* 
midlungdgange  ber  le^teren  nidgts  n&^er  gelegen  fein,  ate  bie  (£nc^f(o= 
))öbie  gum  ©egenftanb  feiner  erften  SSorlefung  unb  gum  Xl^ema  feines 
erfien  litterarifd^en  SBerleS  gu  nel^men.  (Sr  lad  gleiiig  im  SBinter  Don 
1816—1817  über  bie  ^(gnc^flopabie  ber  pl^ilofop^ifd&en  SBiffenfdfeaften", 
im  folgenben  @emefter  über  Sogil  unb  äJletap^^fil  „mä^  Anleitung 
feiner  bemnfld&ft  erfc^einenben  (Snc^Hopäbie  ber  pl^ilofopl^ifd^en  SBiffen* 
fd&aften",  unb  im  ©ommer  1818,  feinem  legten  @em«per  in  Reibet 
berg  über  „bie  ipi^ilofopl^ie  in  il&rcm  gefammten  f^jiematifd&en  Umfange" 
nac^  feinem  enc^flop&bifdben  Se^rbud^.     S)af[elbe  toar  im  Sfrül^ial^r 

^  Tegels  ^InttDOTten  an  2)aub  ftnb  bom  6.  9(ugu1i,  20.  91uq.  unb  8.  6ept. 
S)ie  er|le  \ft  untcraeiiinet  ^^egel,  ©d^ultat^  unb  Slectoi".  aSriefe,  I.  6.  408  bis 
410,  @.  417-419,  6«  423  u.  424.  -  >  (ibenbaf.  I.  @.  423.  llnmfQ. 


102  ^egcl  aU  ^rofeffor  ber  ^^ilofopl^te  in  ^eibelBerg. 

1817  erfd&ieticn,   btc  Sortebe  Pammt  auS  bcm  SMai  bicfcg  Sol^reS, 
„enc^IIopäbie  ber  t)]&ttofop]^tfd6cn  aBiffenfdÖQftcn  im  ®runb- 

rtffc*.    3loä)  6ci  fcineit  Scbjctten  ^at  ^cgel  jtoct  neue  ^^luftogen  ber 

enc^Mopabie  erlebt,    1827  unb  1830,  bte  vierte  ftammt  Don  aiofem 
frona  (1845.) 

SBie  ftd6  bie  5ß]^anomenotoflie  gu  ^egelg  ienaifd^er  5ßertobe  unb 

bte  ßogif  ju  feiner  nürnberger  öerl&ält,  fo  Derl^ftU  jid^  bie  ßnc^flopöbie 
3ur  l^eibelberger. 

2.  SBorlefungen  unb  ^Imtlgenoffcn. 

MBJai&renb  feiner  öier  ©emefier  in  ^eibetberg  l&ot  §egel  fed&8  Dcr= 
f<i6iebene  JBorlefungen  gel&ütten.  3u  ben  fd^on  in  3ena  gel^oltenen 
SBorlefungen  Aber  ßogif  unb  aJletap^^pI,  JRatur'  unb  ©toatSred^t  unb 
®efd^id^te  ber  $^iIofo))l^ie  fommen  bie  SSorlefungen  Aber  p^ilofop^ifd^e 
ßnc^Mopöbie,  über  SCnt^ropologie  unb  5ßf^d&oIogte  unb  über  aepl^etif/ 
©ie  ®efd6id6ie  ber  5P^iIofop^ie  ^ebt  fid&  in  ben  ^eibelberger  Sortefungen 
loeit  mel^r  ^ttoox  aU  in  ben  jenaifd^en,  er  l^at  barüber  in  ben  beiben 
SQSinterfemeftern  (1816/1817  unb  1817/1818)  gelefen;  ba8  erfle 
mal  l^eigt  eS  in  ber  Slnfflnbigung:  „nadg  eigenem  ^lan";  bad  jteeite 
mal:  „mit  auSffil^rlid^er  Sel^anblung  ber  neueren  ald  3ur  Einleitung  in 
bie  ^l^tlofopl^ie,  nod^  ffiictaten".  ®ie  erfigenanntc  SBorlefung  l^ftlt  er 
fed^Sjiflnbig,  bie  anbere  fünffiünbig. 

ais  ^egel  »a^renb  beS  SBinter«  1805—1806  jum  erfJen  mal 
bie  ©efd^ic^te  ber  $]&i(ofo^^ie  in  3ena  vortrug,  mürbe  bie  ©d^lacigt 
üon  ^J(ufterli^  gefd^Iagen  unb  ber  9t§etnbunb  gegrilnbet.  Slls  er  fte 
gum  jtteiten  mate  vortrug  unb  feine  Se^rt^atigfeit  in  §etbelberg  am 
28.  Dctober  1816  bamit  eröffnete,  toar  bie  äBett  im  (^rieben  unb 
3lal)oleon  auf  6t.  ^elcna.  ®ie  3«it  ber  SBcltbetra(i&tung,  ber  ßinfel^r 
beS  ©eifteS  in  ftdb,  ber  ^^ilofopl^ie  mar  gelommen.  ^egel  \pxaii  e8 
in  feiner  Slntrtttdrebe  aus  unb  na^m  ben  ®eniuS  beS  beutfdgen  SSoIfS 
fflr  bie  !ß]^iIofop]^ie  in  ^[nfpruc!^.  »98  ir  l^aben  ben  l^öl^eren  93eruf 
öon  ber  SRatur  erl^atten,  bie  Semal^rer  biefeö  l^eiligen  geuer«  gu  fein/ 
,,Sßir  ftnb  fiber]^au))t  je^t  fo  toeit  gelommen,  gu  fold^em  größeren  Srnfl 
unb  SSeiougtfein  gelangt,  bag  uniS  nur  Sbeen,  unb  baS,  toag  fid^  t)or 
unferer  93ernunft  red^tfertigt,  gelten  !ann;  ber  ))reu§tfd^e  Staat  ifl  eS 
bann  nai^r,  ber  auf  3ntettigeng  gebaut  ifi."  „ßaffen  ©ie  un8  ge« 
meinfd^aftlid^  bie  SOlorgenröt^c  einer  fd&öneren  3ett  begrttfecn,  ttorin 
ber  bisher  nadg  äugen  geriffene  ®eifl  in  fid^  gurAdEgu!e]^ren  unb  gu  fid^ 


^egel  al8  $iofef[or  ber  ^^tlofop^ie  in  ^eibelberg.  103 

felbft  ju  !ommen  Detmog  unb  fflr  fein  eigent^fimltd^elS  9tetd^  0lQum  unb 
Sobcn  gctotnncn  lann,  too  btc  ©emütl^cr  ü6cr  bic  Sntetcffcn  bc8  Stoge» 
ft(!^  erl^eben  unb  für  bog  äBal^re,  @tt)tge  unb  ©öttttd^e  em))f&ngU4 
ftnb,  empfänglic!^  boS  ^öd^fle  ju  betrad^ten  unb  ju  ctfoffen/  „3dg 
l^abc  mein  ßcbcn  bcr  SBiffcnfd&aft  getocil^t,  unb  e§  tfl  mir  erfrcuttdö, 
nunmehr  auf  einem  Stonbortc  mid&  gu  befinben,  too  i4  in  l&öl&erem 
Sna^e  unb  in  einem  auiSgebel^nteren  äBir!ung8!teife  gur  SSerbreitung 
unb  Belebung  bed  l^öl^eren  toiffenfd^aftltdgen  3ntereffed  mitmirlen  unb 
gunödfefi  gu  3^rer  ßinleitung  in  baffelbe  beitragen  !ann."  „®er  3Kut^ 
ber  SBa^rl^eit,  ber  ®Iaube  an  bie  äJlad^t  beiS  ©eifleS  ift  bie  erße  93e- 
bingung  bcr  ^Pl^ilofopl^ie.''^ 

Seine  Sel^rt^ötigleit  in  ^eibelberg  toar  eine  fel^r  eifrige  unb  an- 
gef))annte.  3m  erften  unb  legten  @emefler  l^at  er  {e  gn)ei  ä^orlefungen 
gu  fünf  unb  fecös  ©tunben  unb  »fl^renb  ber  beiben  mittleren  ©emeffer 
(t)on  Dpern  1817  bis  Djiern  1818)  je  brei  SBorlefungen  gel^alten,  fo 
bag  er  tobS^mÜi^  fed^Sgel^n  Stunben  laS.  „SaS  mid^  betrifft'', 
fd^reibt  er  am  11.  S)ecem6er  1817  an  Sliet^ammer,  „fo  tefe  t(ö  in 
biefem  ©emeper  brei  ©ollegien,  bie  mir  fo  gut  aU  alle  meine  ©tunben 
toegnel^men,  ic^  bin  erfl  ein  ange^enber  Unit)erfitdt8t)rofeffor,  unb  in» 
bem  id^  bie  SBBiffenf(ftaften,  bie  ic^  Vortrage,  etgentlidö  meiji  erfl  gu 
maiitn  l^abe,  fo  erttören  ©ie  fid&  l^ierauS  bie  fonft  SBortourf  öerbiencnbe 
©elten^eit  meiner  brieflichen  Sleufeerungen."* 

3d&  taffe  anmerfungdtt)eife  bie  geitlid^e  9leil^enfoIge  fetner  S3or- 
lefungen  folgen,  toic  fie  in  ber  urfunblid^en  ,,?(ngeige  ber  SJorlefungen" 
Dergeidönet  ifi.* 

»  SBetfe.  SBb.Xin.  (©ef*. b. $^iIof.  I.)  6.8-6.  —  »»riefe.  IL  6. 11  flgb. 
—  >  ®ie  Flamen  ber  fünf  Sff^cult&ten  feigen:  «®ottedgeIa^rt^eit,  IRe^tS- 
gele(rt(ett,  Strancigelal^rt^eit,  StaatdtDirtl^fiiQft  unb  gur  p]^iIofot>^tf(ien  gfacultftt 
ge^brige  SelrfA^cr,  tt>eld^e  leiteten  folgenbe  fed^d  gf&^et  umfaffen:  Sittetar- 
gef^id^te,  p^ilofop^ifd^e  aOtilenfiiaften,  $$iIoIogte  unb  $[ltert^umslunbe,  ^ijtorte 
neb^  i^ten  ^Ülf8>  unb  9lebenn)inenfd^Qften,  ÜTlat^ematif^e  SBifTenf^aften,  Tlatur- 
funbe. 

L  Sßintetl^Qlbial^t  1816—1817:  1)  Snc^no|)abie  ber  pl^ilofopl^if^en 
aSiffenfd^aften,  4  6tunben  toöd^entli^,  üon  10—11  U^r. 

2)  Qef^i^tc  ber  V^üofop^ie,  na^  eigenem  ^lane,  6  ©tunben,  bon  3—4  U^r. 

IL  ©ommer^albjal^r  1817:  1)  Sogil  unb  SO^etap^^flf  müi  SCnleitung 
feiner  bernnft^fl  erfd^etnenben  QEnc^IIo|)dbie  ber  ^16iIofo|)$if4en  SOiffenf^aften 
(^eibelberg,  bei  K.  Ogtoalb),  6  ©tunben  tob^entlid^,  Don  11—12  U^r,  tooDon  bie 
©tunbe  am  ©onnabenb  bon  ber  3Ritte  beS  ©emeflers  einem  (Sonberfatorium  ge> 
toibmet  tDirb. 


104  (Qt^tl  all  $Tofe{for  bet  ^l^ilofoplftie  in  ^eibelberg. 

\S>tc  3o^I  bcr  Sul^fttcr  toar  ju  Slnfatiß  fc^r  QmnQ  uttb  l^at  fiäi 
m&]^tenb  beS  erfien  SetnefletS  na^  einigen  @tunben  in  ber  Snc^Ro- 
p&bit  auf  einige  smanjig,  in  ber  ©efd^id^te  ber  $]^i[ofo))^ie  auf  einige 
breigig  gel^oBen.  @ine  bie  @tubenten[d^Qft  (eloegenbe  unb  in  äJlenge 
ergreifenbe  Sßirffamfeit,  toeldfee  Srabition  ober  gar  Bi^nlt  ^fltte  ftiften 
unb  l^interloffen  lönnen,  l^at  ^egel  in  §eibeI6erg  taum  ausgeübt,  ba« 
ju  toar  bie  ^rt  feiner  Qel^rDortr&ge  ni(!^t  geeignet  unb  aud^  bie  S)auer 
berfelben  gu  lurj.  / 

S)ie  Uniüerfttöt  toax  in  fünf  t^acultdten  getl^eilt,  t)on  benen  bie 
loierte  bie  ftaatstoirtl^fd^aftlid^e  l^ie^.  Unter  ^egels  ^mtdgenoffen  leud^teten 
in  ber  tl^eologifcigen  O^acultöt  bie  Flamen  5i>avib  unb  $au(u8,  in  ber 
iuriftifd^en  £^i6aut  Dor  aßen  unb  Aarl  @al.  3ad&ari&  Don  Singen- 
tl^al,  bcr  äJetfaffer  ber  öierjig  a3üd&er  Dom  ©taat,  in  ber  mebicinifcften 
ber  Anatom  £iebemann  unb  in  ber  pl^ilofop^ifd^en  ber  $l^i(otoge 
®eorg  tJriebr.  ©reujer,  ber  feit  Dflern  1804  in  §eibelberg  »eilte, 
burd^  feinen  d^aralterlofen  ßiebeSl^anbel  mit  bem  3frAu(ein  Caroline 
Don  ©ünberobe  ben  ©elbflmorb  berfelben  (26.  3uli  1806)  Derfd&ulbet\ 
burc^  fein  SQSerl:  ^S^mbolif  unb  SW^t^otogie  ber  alten  JBölfer,  BefonberS 
ber  ©ried^en"  ftd^  eine  groge  geitgemd^e  unb  jeitmeilige  SBerül^mtl^eit 
erworben  unb  bie  erbitterte  ©egnerfd^aft  Don  3.  ^.  93o§  l^erDorgerufen 
l^at.  SltS  biefe  A&m))fe  bie  UniDerfitat  in  toeiten  Areifen  aufregten, 
D)ar  ^egel  nid^t  mel^r  in  §eibelberg. 

Paulus  unb  S)au6  »aren  ^(ntipoben,  2)aub  unb  @:reu}er  gingen 
gufammen  unb  gaben  gemeinfam  bie  „©tubien"  l§erou8,  §egel  unter« 
^ielt  freunbfd^aftlid^e  unb  geifieSDertoanbte  93ejie^ungen  }u  S)aub  unb 
Sreuger,  am  lebl^afteflen  gu  Sreuger,  mit  bem  er  bie  gemeinfamen 


2)  Hnt^TopoIogie  unb  ^f^d^ologte,  nad^  S)ictaten,  5  6tunben  tDöd^entltd^, 
üon  5—6  U^r. 

3)  Sefl^etif  na^  Pietäten,  5  6iunben  tDÖd^entlt^,  üon  4—5  U^r. 

m.  aSintcr^albja^r  1817—1818:  1)  Stnt^ropologie  unb  ^f^^ologte,  an 
ben  f&nf  etilen  SBo^entagen,  t)on  4—5  U^r. 

2)  Qej^i^te  ber  $^tIofop^te,  na4  2)ictaten.    5  mal,  Don  8—4  Ul^r. 

8)  9laturTe4t  unb  StaatStDiffenf^aft,  na4  S)ictaten,  6  mal,  üon  10—11  Ulftr. 

IV.  Sommerhalbjahr  1818: 1) ^(ilofo^^ie  in i^rem  gefammtf^flemattf^en 
Umfange  naii  feinem  Se^rbu4  Snc^flopftbie  ber  pl^ilofop^ifd^en  SBiffenf^aften 
unb  crlftutemben  S)ictaten,  t&gUd^  t)on  10—11  U(r. 

2)  Sefl^etif,  na((  Pietäten,  5 mal  iD5d(entIt4,  Don  5-6  U^r« 

1  Sfrieb«  dttuitt  unb  Caroline  Don  Ülünberobe.  IBriefe  unb  ^i^tungen« 
^erauSg.  oon  CErioin  IRo^be.  ^eibelberg  1896. 


^egel  aU  ^rofcffor  ber  $^iIofo))^te  in  ^etbelbetg.  105 

99erü^run8S))un!te  ber  gtiedgifd^en  9leUgton  uttb  $]^Uofot)]^te,  inSbefonbere 
ber  tieuplatontfd^en  $^tIofo))^te,  itamentKd^  beiS  $ro!(u8  l^atte,  mit 
beffen  ^erouggabe  Sreujer  befc^Sftigt  toar.  S^agegen  erlitt  feine  fünf- 
jel^niäl^rige,  in  3ena,  Bamberg  unb  9lärnBerg  genftl^rte  (Jfreunbfd&aft 
mit  $QuIuS  einen  @ti)§  unb  ging  in  bie  93rüc^e.  Sin  neuer  SlmtSgenoffe, 
beffen  äSefanntfd^aft  ^egel  no(!()  mad^en  fonnte,  unb  beffen  loieliöl^rige 
SBirffamleit  ald  Seigrer  unb  @d&riftfteDer  ber  Uniüerfitftt  }u  l^ol^em 
Slul^m  gereid^t  l^at,  toax  ber  ^iftoriler  ^^rifto^l^  t^riebrid^  @d^Ioffer, 
ber  in  bemfelben  ©emefter  feine  £el^rt]^ötig!eit  begann,  als  ^eget  bie 
feinige  befd^Io^.  6S  toax  ber  ©ommer  1818.  ®ie  für  ben  ©tanb^ 
punft  ©dglofferS  d^aralteriftif(!^e  SSorlefung  l^ieg:  „^Qgemeine  ©efd^ic^te 
ber  ©uttur,  öorjüglidft  in  Stüdffic^t  auf  bie  ßitteratur  Don  ben  Seiten 
ber  9lömer  biö  auf  bie  neuen  3citcn".^ 

m.  3)ie  l^eibelbergifc^en  Sal^rbüd^er. 
1.  Sr.  §.  3afobi8  Sffiette. 

"^eit  bem  Saläre  1808  toar  mit  ber  neubabifd^en  Uniuerfttöt  eine 
feitifd^c  3eitfd&rift  berbunben,  ;,bie  l^eibelbcrgif^en  Sal&rbüt^er  ber  ßitte* 
ratur",  on  toeld&cn  ^eget,  Don  ©reujcr  aufgcforbert,  fdfton  in  Slflrnberg 
mitgearbeitet  l^atte  unb  je^t  für  eine  Sleil^e  geleierter  ßifteraturjtoeige 
(au(^  für  bie  tj^eologifd^en)  baS  ©efdgäft  ber  9lebaction  fibernal^m./ 
©eine  beiben  erfien  ^Beiträge  betrafen  ben  ^pj^ilofoDl^en  gr.  ^.  Safobi, 
Don  beffen  gefammelten  SBerlen  ber  erfie  unb  britte  Sanb  in  ben 
3o]&reri  1813  unb  1816  erfddienen  toaren. 

^egel  l^at  über  3afobi  brei  Sluffö^e  Deröffentlid^t:  ben  erfien  in 
bem  fritifdften  3ournat  in  3ena,  toeldfeeö  er  mit  ©(fieding  gemeinfam 
l^erauSgob  (1802),  bie  beiben  anbern  in  ben  J^eibelbergifd^en  Sal^r^ 
bfld&em  (1813  unb  1816).  3n  jenem  Stuffa^,  bem  gtoeiten  Sl^eil 
einer  größeren  Slb^anblung  über  ©tauben  unb  SBiffen,  l^atte  §egcl  in 
Doffem  ßinDerfiänbnife  mit  ©cbeüing«  3bentität8le]ere  bie  ©tanbpunfte 
ber  lantifdfeen,  iafobifd&en  unb  fidötef^en  tp^ilofojjl^ie  als  fotd^e  gefügt 
unb  beurtl^eitt,  toeldöc,  ttie  alle  9lcfIeEion8|)]eiiofop]eie,  in  ber  bnaliftifdöen 
^nfdeauung§U}eife,  toeld^e  UnenbUcbed  unb  Snblid^eS,  ®ott  unb  äBelt  trennt, 
)urüdE-  unb  ftedEen  geblieben  fei.    3afobi  l^abe  eS  bem  @t)inoja  3um 

»  ai8  t^  toöl^Tenb  meine«  erfien  €ommeryemefler8  la«,  ^ielt  64Ioffer  feine 
le^te  SBoxIefung,  bie  i^  gel^ört  ^abe.  <£d  toar  ber  Sommer  1851.  2)ie  SSor* 
lefung  l^anbelte  «Ueber  bie  ^ifiotifd^-^nlittf^e  Sitteratur  feit  bem  amerilanif^en 
Äriege*. 


106  $egel  aU  ^rofeffot  ber  ^^lofopl^ie  in  ^etbelBerg. 

SSomurfe  gemad^t,  bag  berfelbe  aUen  S)ualtSmu8,  aDe  €nblt4leit  unb 
3eitlid6feit  in  bcm  SBefen  ©ottcS  aU  bcr  einen  unenbliificn  ©ubfionj 
l^abe  aufgeben  xooUtn,  aU  ob  €t)inoja  biefe  Sluf Hebung  l^atte  t>tX' 
nteiben  fönnen  unb  follen,  als  ob  jte  nid^t  gerabe  baS  £l^enia  ttnb  ber 
StDtd  feiner  gangen  Se^re  gen^efen  loSre.  S)iefer  Sabel  erfd^ien  in 
ben  klugen  ^egels  fo  ungereimt,  bag  er  il^n  läd^erlidg  mad^te  unb 
3aIobi  mit  einer  alten  0leid&8ftabttt)ad6e  öerglid&,  ttJeld^e  bem  fjeinbe, 
als  er  anrfldtte,  jurief:  er  möge  um  ©otteäwiOen  nid&t  fd^iefeen,  e8 
lönnte  fonji  ein  UnglüdE  geben.^ 

2l(S  nun  ^eget  fo  Diele  Saläre  fpäter  feine  beiben  STuffa^e  in  bie 
]^eibelbergifd6en  Sa^rbüd^er  fd^rieb,  l^atten  fid6  ingteifdöen  feine  SSer^ätt« 
niffe  fotto^t  ju  Salobi  afe  aud6  gu  ©döeöing  fel^r  geänbert,  ni^t  bloß 
bie  t)^itofop]^ifd^en,  audg  bie  perfönlidgen  SBejiel^ungen.  3toifd&en  l^alobi 
unb  ©Delling,  bie  in  SDtünd&en  ate  Sßabemiler  lebten,  einanber  un- 
f^mpat^ifdg  unb  abgemenbet,  toai  eine  litterarifd^e  Stobfeinbfd^aft  aus» 
gebrod^en,  naci^bem  3afobi  feine  @d^rift  „ä^on  ben  göttticigen  S)ingen 
unb  i^rer  Offenbarung"  (1811)  unb  ©d&etting  atebalb  feine  ©cgem 
f^rift  ,,a)enfmal  ber  ©d&rift  öon  ben  göttlid&cn  ©ingen  u.  f.  f.  be8 
§errn  ^riebridö  ^einridfe  Salobi"  (1812)  oeröffentlid^t  l^atte.'  3»if(i6en 
©d^eHing  unb  §egel  lag  bie  $]^&nomenologie  unb  bie  ßogil,  b.  1^.  bie 
l^egelfd^e  ^^ilofoplgie,  für  ©d^eÜing  ein  unflberioinblici^er  ©tein  beS 
SlnftogeS  unb  beS  ^ergerniffeS.  9lun  ^atte  ^egel  burd^  Slietl^ammer 
ben  Safobi  perfönlid^  lennen  gelernt  unb  liebgemonnen,  er  l^atte  in  biefer 
^erfönlic^feit  aud^  ben  $^ilofo))]^en  unb  ©^»riftfteller  tt)ieber3uer- 
lennen,  ja  felbß  3U)if(!^en  ber  ße^re  3<^{obiS  unb  feiner  eigenen  toefent- 
lic^e  Uebereinftimmungen  aufgufinben  gen^ußt,  ol^ne  bie  SDifferenj  au8 
ben  Sugen  gu  laffen.  fßon  biefem  ^aud^e  ber  äJerel^rung  unb  Siebe 
finb  feine  äuffft^e  in  ben  ^eibelberger  Sal^rbflcöern  bewegt.  Sl^re 
Uebereinftimmung  liegt  barin,  bag  na($  beiben  ^^ofopl^en  baS  Slbfo« 
lute  JU  f äffen  ifi  als  ®eift,  Qfrei^eit,  ©clbfibetoußtfein,  toftl&renb  iftre 
S)ifferen}  barin  liegt,  baß  naii  3afobi  bie  @rfaffung  bed  ^bfoluten  im 
unmittelbarem  SBiffen,  b.  1^.  im  ©effll^l  unb  ©lauben  befielet,  ^egel 
bagegen  in  ber  t)emiittelten  unb  k)ermiltelnben,  b.  1^.  met^obifdben 
@r!enntniß  ben  Sl^ara!ter  unb  bad  ®en)id^t  feines  ©^ftemS  entfaltet. 
„3aIobt  l^atte  biefen  Uebergang  üon  ber  abfoluten  ©ubftanj  jum  ah^ 

1  $e(^elS  |)l^Uofo|)^tfd6e  9[6^anblungen.  L  (SBetle.  S3b.I.  6.52—115.  6.62.) 
-  »  »gl.  btefc«  aOöerf.  »b.  VI,  (2.  «uff.)  öu*  I.  €ap.  XI.  6.  156-161. 
öu*n.   abf*n.IV.   6ap.  XXXIX.   6.668-686. 


^egel  als  ^rofenot  bei  ^^Uofopl^te  in  ^eibelbcrg.  107 

folutcn  ©cipc  in  feinem  Snncrpen  gemalt  unb  mit  untoiberftel^lic^em 
©efül^I  ber  ©etoifel^eit  ausgerufen:  „®ott  ift  ®eift,  baS  3t6foIute 
ifi  frei  unb  petfönlidö".  S>ie  unerfd^ütterii^c  ®ett)i§]&ett  biefer  Ueber» 
jcugung,  öon  »cld&er  Safobt  getrogen  ift,  onerfennt  ^egel  ats  beffen 
nid^t  genug  311  fd^ö^enbe  pofttiDe  93ebeutung;  bag  biefe  Ueberjeugung 
leine  anbcre  gform  l^at  unb  lennt,  q(S  bie  be§  unmittelbaren  Sett)u6t= 
feins  unb  ©efü^IS,  ber  93erficl^erung  unb  Sl^nung,  bes  ©laubenS  unb 
ber  intettectuellen  2lnfc6auung,  ift  unb  bleibt  ber  d6arafteripifcl&e  50langel 
feiner  ^^ilofopl^ie.  „SBad  aber  bem  93ortrage  Don  Serfid^erungen  unb 
bem  bloßen  Serufen  auf  fold^e  ©runblagen  bie  Irodfenl^eit  benimmt, 
ifl  ber  eble  ©eift,  baS  tiefe  ©emtttl^  unb  bie  ganje  Dielfeitige  Silbung 
be«  öere^rten  liebevollen  SnbiDibuumS."^ 

2.  S)te  toürttembergifd^en  Sanbft&nbe. 

Stuf  ben  ^ergog  Aarl  Don  äBürttemberg  toaren  fc^nell  nad^  einanber 
feine  Jbeiben  93rüber  Subioig  Sugen  unb  Ofnebric^  Sugen  gefolgt,  mit 
meldiem  Unteren  (Sd^miegerDoter  beS  AaiferS  $auld  I.  Don  9luglanb) 
bie  aJl&mpelgarber  Sinie  belS  ^aufeS  SBinnent^al  auf  ben  Sl^ron 
SBflrttemberg«  lam,  too  fie  nocö  l^errfd^t.  64on  am  23.  ffiecember  1797 
folgte  i^m  fein  @o]^n  Sfi^tebrid^,  ber  eben  ^erjog  gemorben  mar,  aU 
§egel  in  Oftanffurt  feine  un«  befannte  ©d^rift  Aber  bie  SRotl^menbigfeit 
mürttembergifd&er  ffteformen  Derfafete.* 

2)er  ^ergog  S^riebrid^  ^atte  an  bem  gleiten  @^oalitiondhiege  gegen 
3fran!rei(i&  tl&eilgenommen,  aber  bei  3«iten  feinen  ©eparatfrieben  ge* 
mad&t  unb  nad^  einer  erflen  ©ebietSDermel^rung  bie  SBürbe  eined  Aur- 
fürflen  angenommen,  loie  fein  fRaifiax,  ber  SRarfgraf  Aarl  gfriebridb 
Don  93aben.  9lad^  einem  in  Stuttgart  mit  9tat)oleon  perfbnlid^  ge« 
fdgloffenen  SlQianjDertrage  unb  einem  neuen  Sänberjukoad^S  in  t^olge 
beS  Sfrieben«  Don  5Pre6burg  rourbc  er  Äönig  Don  SBürttemberg  unb 
eröffnete  mit  ber  feierlid&en  ©rHärung  biefer  (Srl^öl^ung  feiner  ^erfon 
unb  feines  SanbeS  baS  ^di^v  1806.  3llS  baS  ©eftirn  9tapoleonS  M 
jum  Untergange  neigte,  erilörte  ber  JtSnig  im  äJertrage  gu  {^ulba 
(2,  3loDember  1813)  feinen  Stbfaö  Don  Jftapoleon  unb  feinen  Uebertritt 
ju  ben  Sllliirten. 

©emö§  feiner  politifc^en  Älugl^eit  unb  trofe  feiner  getoalttl^ötigen 
unb  bcSpotifdften  ©innefiart,  bie  i^n  für  feine  Umgebungen  gu  einem 

>~  Setmif^te  ©Stiften.  I.  (SOBerfe.  XVI.  @.  203-218.)  »b.  n.  (9SÖerte. 
XVII.  6.  3-37,  6.  9,   6.  28.)  —  •  6.  oben  Cap.  V.   6.  54-57. 


108  ^eget  al0  $rofe(|or  ber  $^Uofop]^te  in  ^eibelBerg. 

fel&r  a^fürd&tcten  SKonnc  modele,  toor  Äönig  Oftiebrid^  I.  t>on  SQßflrttcm» 
Berg  bcr  crfic  beutfd&c  SunbeSfürp,  ber  feinem  iteumürttemBergifd&en 
jtönigteid^,  iDeld^ed  um  baS  boppelte  gröger  ald  boS  Dormalige  ^erjog- 
ll^um  mar,  eine  StaotSDerfaffung  gab.  9Iuf  ®runb  biefer  SJerfaffung 
l^at  ber  StbniQ  bie  Sonbfl&nbe  gufammenberufen  unb  benfelben  in  feiere 
lidger  ©i^ung  am  15.  3Jldr)  1815  bie  93erfaffung8ur!unbe  gur  SSe- 
rat^ung  unb  Slnnal^me  flbergeben,  nad^bem  er  felbft  ftd^  barauf  Der- 
))flidgtet  l^atte.  S)a8  neue  fiönigreid^  SBflrttemBerg,  nad^  äugen  ge- 
grünbet  unb  feftgefteEt,  foDte  nad^  innen  einen  DerfaffungdmftBiS^n 
@taat  bilben  au8  einem  ®ug,  reprdfentirt  in  einer  Aammer  burdb 
fünfjig  93irit{limmen  unb  breiunbfiebjig  geio&l^Ite  Slbgeorbnete;  bie 
actiDe  SBftl^Ibarleit  follte  in  einem  ^(ter  Don  25  Sauren  unb  200  ©ulben 
iäl^rlid^en  Ertrages  au8  liegenben  ©rftnben,  bie  ))afftt)e  SBäl^Ibarfeit 
in  einem  Sllter  Don  30  Salären  befleißen.  2)en  @tänben  toai  bie  Zl^eit- 
nal^me  an  ber  ©efe^gebung,  baS  Stecht  ber  SteuerbeiDiOigung,  ber 
®eie^e8Dorfd^Uge,  ber  Petitionen,  SSejd^ioerben  u.  f.  f.  gugefid^ert.« 

SBon  feiten  ber  ©tänbe  tourbe  biefe  SBerfaffung  abgelel^nt  unb  bie 
SSieberl^erfteDung  ber  fadifd^  unb  formell  aufgel^obenen  altmürttem« 
bergifd^en  SanbeeDerfaffung  unb  beren  Uebertragung  auf  bie  neuen 
fianbedtl^eile  geforbert.  @o  loar  gioifdden  bem  Aönige  Ofriebridg  I.  unb 
feinen  Sanbft&nben  ein  93erfaffung8f)reit  entflanben,  meld^er  bis  jum  £obe 
beS  ßönigS  (30.  Dctober  1816)  gemährt  l^at  unb  erfi  unter  feinem 
€o]^ne,  bem  Könige  SBill^elm  I.,  jur  enbgültigen  Sofung  gelangt  ifi 
(1819). 

S)ie  Stimmung  beS  SanbeS  im  ©angen  unb  ©rogen  loar  auf 
feiten  ber  ßanbfiänbe.  ®ie  ^Parole  l^ie^:  „ba8  alte  gute  Siedet!",  fo 
n)ie  Submig  Ul^Ianb  in  feinem  be{annten  gleidgnamigen  unb  gleid^geitigen 
Siebe  eS  auSgefprod^en  ^at: 

9Bo  je  bei  altem  guten  SBetn 
^er  äBfirttemberget  se^t, 
2)a  fod  ber  erfle  Xtinffpru^  U\n: 
2)al  alte  gute  Sle^t. 

®ie  aSerl^anblungcn  ber  ßanbftänbe  toölötenb  ber  SDauer  be« 
©treiteS  unter  3friebrid&  L  bilben  ben  ©egenflanb  einer  Äritif  §egel8, 
meldte  ben  britten,  an  SSebeutung  unb  Umfang  loeitaud  U)id)tigften 
feiner  ^Beiträge  in  ben  l^eibelbergifd&en  Sal^rbüd&ern  auSmad&t:  „SBe« 
urt^eilung  ber  im  S)rudE  erfd^ienenen  SBerl^anblungen  in  ber  SBerfamm» 


^egel  aU  $rofeffor  bet  $M(ofo|)]^te  in  ^eibelBerg.  109 

lunfl  bcr  ßanbfianbc  bc8  Äönigreid&S  aBfltttcmBerg  in  bcn  Saluten 
1815  unb  1816.    abt^ettung  I-XXXIH".* 

3la6i  bcm  2Iu8brud5  bcö  aSetfoffuitgSfirctteS  l^ottc  Ä.  31.  ^xtifftn 
Don  SBanflcnl^cim,  feit  1806  im  S)icnftc  bc8  ÄJnig«  gfriebrid&  I.  nnb 
in  l^ol^cn  toütttcmBcrflifd&cn  ©taatöftmtern,  eine  ©d&rift  öctöffenttid^t: 
n^k  3bee  bcr  ©toateöerfajluna  in  Slntocnbunfl  auf  SBütttemberg« 
alte  SanbeSöcrfaffung  unb  ber  €ntmurf  gu  beten  ßmeuetung"  (1815). 

^ier  tft  nun  ber  $unft,  to)o  $aulu8'  unb  ^egets  SBege  ftd^  fflr 
immer  getrennt  l&aBen  unb  i^re  Bisl^er  bejianbene  gteunbfd&aft  ju  6nbe 
ging,  ol^ne  in  eine  foldfee  offene  unb  gel^äffige  fjfeinbfd&aft  QuSjuorten, 
to)ie  fie  3n)if(6en  ipoulud  unb  @d&eDing  fd^on  in  Sßflrgbutg  entftanben 
toar  unb  bi«  in  il^re  f})ateften  Soge  fortgcbauert  ^at.  ?JauIu8  fd^rieb  für 
bie  @ad^e  ber  loarttembergifdgen  Sanbßänbe,  ^egel  baioiber,  beibe 
toaxtn  in  SSejiel^ung  auf  ben  to)ärttembergifd&en  ^erfaffungSflreit  bie 
auSgemadgteften  ®egner.  $auIuS  l^atte  eine  „$^iCofop]^i|d^e  Seurtl^eilung" 
ber  eben  ermftl^nten  SBangenl^eimfd&en  „3bee  ber  ©taatSDerfaffung" 
u.  f.  to.  öeroffentlid&t,  toorüber  ^egel  an  SRiet^ammer  fdferteb:  „©ein 
Wangenheimium  exenteratum  ift,  quoad  personam,  l^ämifd^  unb 
quoad  rem  l^öd&fi  pl^itifterl^oft  unb  gemeinen  SWenfdfeen  DerjianbeSmdfeig" 
u.  f.  f.  „er  ifi  ber  ®ott  ber  ßanbflänbe."*  3im  blog  »)ubUcipifd&, 
fonbern  aud^  ))erf5nltd^  agitirenb  l^at  fid^  $auIuS  in  bie  93erfaffunge= 
l^änbel  feines  ^eimatl^Ianbed  bergeftalt  eingemifd^t,  baB  A5nig  S&iU 
l^elm  I.  il^n  ou8  SBürttemberg  auStoeifen  lie§,  als  er  unter  bem 
©d^ein  einer  gferienreife,  um  feinen  Ironien  ©ol^n  in  ©tuttgort  ju 
befud^en,  im  3uU  1819  nadg  SubmigSburg  lom,  n)o  bie  SonbeSDer- 
fommlung  tagte  unb  bie  Derföl^nenbe  9(uSgIeid6ung  beDorjtonb. 

legete  SBeurtl^eilung  be3  ȟrttembergifd^en  SBerfaffungSfireiteS  ijl 
eine  l^ifiorifd^  -  })]^ilofop]^if d&e  ©d^rift,  fo  burd&brungen  öon  bem  ©eift 
feiner  ße^re,  bofe  man  beren  etl^ifd&cn  ©l^orafter  nnb  gefd&id&t8i)]§ilo» 
fol)^ifd6e  SJenlort  fel^r  gut  borouS  erlennt;  fie  iji  jugleidö  fo  einteud^tenb, 
bünbtg  unb  mit  einer  fo  l^etten  Seic^tigleit  gefd&rieben,  bog  man  in 
biefem  5ßubliciflen  mit  SSertounberung  ben  SJerfoffer  ber  ^^anomeno= 
logte,  ber  ßogil  unb  ber  €nc^Ho})äbic  toieberfinbet,  ®a8  Sl^ema  lag 
i^m  feit  longe  öotlig  im  ©riff.    Unb  eS  »ar  für  ben  SBerfoffer  ber 


»  ^eibelbergiWe  Sa^rbü^er  ber  ßittetatur.  1817.  mx.  66-68,  73-77. 
SBetmif^te  64Ttften.  Sb.I.  (aBßetfe.  »b.XVI.  ©.  219-361.) —  »  »tiefe.  II. 
©•  6.    (SBr.  öom  19,  fipxil  1817.) 


110  ^egel  aU  $rofeffor  btx  $]^Uofo))6te  in  ^eibelberg. 

^ßl^finomenologie,  bie  eS  ja  tnit  ben  SBiberf))rfl(^en  bed  93etüugtfetnd 
}U  tl§un  l^at,  eine  intereffante  älufgoBe:  eine  toorl^anbene,  in  feinen 
ßonbßleuten  l^errfdfeenbe  5orm  be«  ffletoufetfeinS  ju  fd^itbern  unb  ted&t 
intenftö  gn  etleud&ten,  »eld&e  einen  Raufen  alter  unb  fcfelimuier  Um 
redete  für  „ha^  a(te  gute  9ted^t"  anfal^.  ;,SBir  l^aben  fd^on  mond^en 
@d&tt)abenfireid&  flemad&t,  fo  ober  nodb  feinen",  fd&tieb  er  an  ^ietl&ammer, 
ber  eine  leife  ©^mpat^ie  für  bie  @adge  ber  Sanbft&nbe  liegte. 

1.  2)Qd  Sdnberaggregat,  to)eld^e8  nunmehr  fiönigreidg  Sßflrttemberg 
l^ieB,  beburfte  ber  ©taatiSeinl^eit,  um  einen  felbftönbigen  poUtifd^en 
Kdrper  }u  bilben;  bie  93e{)anbt^eile,  miä)t,  mie  bas  ^ergogtl^um 
Sßflrtteniberg,  Sleid^Slel^en  geioefen  loaren,  l^atten  biefen  Sl^arotter  un= 
iDieberbringlid^  t>txloxtn,  nac^bem  baS  l^eitige  r&mifd^e  9leid^  beutfc^er 
Slation,  biefe  ,,conjiituirte  Slnard^ie",  unter  ben  ©türmen  ber  3eit 
gufammengebrod^en  U)ar  unb  fein  t»erbienteS,  fd^impftid^eS  @nbe  für 
immer  gefunben  l^atte.  2)em  neutüürttembergifdgen  Aönigreidge  ben 
Sl^orclter  eines  einl^eitlidgen  unb  fouDeränen  Staates  gu  geben:  barin 
(ag  ber  Sinn,  bie  Slufgabe  mie  bie  93ebeutung  ber  löniglid^en  SSer- 
faifung.  S)er  i^üx^t,  meld^er  ald  ^ergog  ^on  SBürttemberg  bie  ba- 
matige  ßanbegöerfajfung  befcfemoren  l^atte  (1797),  mu^te  aU  Äönig 
t)on  SBürttemberg  biefelbe  aufl^eben  (1806),  ba  fte  factifd^  ))ernid^tet  mar. 

2.  6s  gab  brei  Slrten,  mie  bie  Sanbjiänbe  gu  ber  Dom  Itönige 
Derliel^enen  ober  bargebotenen  SSerfaifung  ftd^  Derl^alten  !onnten:  fie 
lonnten  entmeber  bie  ^nnal^me  berfelben  nad^  t»orangegangener  ^üfung 
ober  bie  Slnnal^me  mit  nad^folgenber  OfortentmidEtung  ober  enblid^  bie 
unbefel^ene  SBertoerfung  befci^Iiefeen,  felbfl  eine  SBerfaffung  mad^en  unb 
beren  Slnnal^me  Dom  ßönige  forbem.  93on  biefen  brei  SSerl^altungS- 
arten  möl^tten  bie  Sanbftänbe  bie  britte,  meldte  „bie  ungefd^idtefle,  un= 
fc^idfUc^fte  unb  unDergeil^Iid^fte"  mar.  S)a  fie  bie  93erfaffung  toermarfen, 
auf  ®runb  beren  fie  boc^  gufammenberufen  unb  gufammengelommen 
maren,  fo  l^atte  biefe  SanbegDerfammlung  ntd^t  einmal  bie  ©emigl^eit, 
ob  fie  ejiftire  ober  nid&t, 

3.  S)ie  Sanbfiinbe  forberten  bie  SBieberJ^erfleEung  ber  attmflrttem- 
bergifd^en  93erfaffung  mit  gemiffen  SRobificationen,  meldte  aus  bem 
@tubium  beS  fianbeSard^iDS  als  ber  OueDe  pofitioer  Siedete  unb  ^ritoi« 
legien  erft  gu  ergrünben  unb  feftguftellen  feien:  aus  alten  Dermoberten 
^Papieren.  „SBeld^er  SDlob  erbe  griff  einer  SBerfaffung!"  ruft  ^egel 
aus.  €r  Dergleidgt  biefe  Sanbfldnbe  mit  einem  Kaufmann,  ber  fein 
ganges  93erm5gen  auf  einem  @d^iff  l^atte,  baS  @d^iff  ift  burd^  Stürme 


^egel  als  ^rofeffor  ber  $M(ofo))(ie  in  ^eibel^erg.  111 

t»erni($tet  iDorben,  ober  ber  Kaufmann  toid  fortleben,  als  ob  ©d^tff 
unb  @d^a^  nod^  Dorl^anben  lo&ren;  er  t)ergleid^t  fte  aud^,  um  baS  93ilb 
naäi  beiben  Seiten  audjufül^ren,  mit  einem  ®utdbeft^er,  bem  eine 
to)ol^tt]^itige  Ueberfd^U)emmung  feinen  ©anbboben  mit  frud^tbarer  2)amm= 
erbe  über}ogen  f^ai,  aber  ber  (Sutdbefi^er  n)ia  nid^t  mit  bem  frud^tbaren 
93oben  mirt^fd^often,  fonbern  ben  alten  @anb  mieber  l^aben. 

4.  Dl^ne  Silb  gu  reben:  biefe  Dernid&tenben  ©türme,  biefe  tool^l* 
tl^ötige  Ueberfd^ttemmung  finb  bie  legten  fünfunbjttanjig,  meift  fürd^- 
terlid&en  Saläre  getoefen  (1790—1815),  ©ol^l  bie  reid^jien,  toetd^e  bie 
SBeltgefd^id^te  gel^abt  l^at,  bie  lel^rreid^flen  für  uns,  ba  unfere  SBelt 
unb  unfere  SJorftellungen  biefem  Seitalter  angel^ören.  (Ss  !onnte  laum 
einen  furd^tbareren  ailörfer  geben,  um  bie  falfd^en  Sled^tlSbegriffe  unb 
SSorurt^eile  über  ©taatSDerfaffungen  gu  gerftampfen,  als  bad  ©erid^t 
bed  legten  SSierteljal^rl^unberS,  aber  bie  mürttembergifc^en  Sanbft&nbe  finb 
unt)erfe]^rt  barauS  l^eröorgegangen,  fo  toie  fie  t>orl§er  toaren.^  ©ie  »ollen 
bas  £obte,  unmieberbrtnglid^  SSergangene  »ieber  beleben,  fie  f orbern 
bie  SBieberl^erfieaung  feubaler,  mittelalterlid^er,  Verrotteter  3uftftnbe 
unb  legen  baburd^  an  ben  S£ag,  „bog  fie  ))on  il^ren  Aufgaben  nid^t 
bIo6  leinen  Segriff,  fonbern  feine  Sll^nung  l^aben*.  S)ie  äJerl^anb* 
lungen  biefer  fianbest)erfammlung  bilben  ein  merfmürbiges  SBiberfpiel 
gur  frangöfifd^en  9tek)olution:  l^ier  f))ielen  bie  fianbftAnbe  ancien  regime, 
unb  ber  jtonig  re))räfentirt  bie  ©taatSDernunft  unb  ben  Vernünftigen 
©taat.  3n  bem  Sta\np\  beS  Vernünftigen  ©taatSred^tS  mit  ber  ailaffe 
))ofitit)er  9led^te  unb  Privilegien,  finb  eS  bie  Sanbftftnbe,  meldte  aU  bie 
93ert^eibiger  ber  Privilegien  unb  ^articularintereffen  erfd^einen. 

5.  einer  ber  n)efentlidgften  unb  eigentl^ümlidgften  SSefianbtl^eile 
ber  altttürttembergifd^en  SSerfaffung  roax  ber  t)ermanente  ft&nbifd^e 
SluSfdguB  in  ©tuttgart,  ber  bie  ©teueifaffe  beS  SanbeS  nid^t  b(o§  gu 
bekoal^ren  unb  gu  controliren,  fonbern  au$  gu  vermalten,  93eamte 
unb  €onfuIenten  anguftellen  l^atte,  Sefolbungen  unb  93efoIbungSgu- 
fc^üffe,  9lemunerationen  unb  ^enftonen  ol^ne  aUe  Sontrole  anorbnen 
burfte,  tvaS  eine  ^rivatplünberung  ber  ©taatsfaffe,  eine  innere  3er- 
rüttung  unb  fittlid^e  SBerfum^jfung  gur  ^olge  l^attc  unb  bagu  führte, 
ba§  in  ben  26  ^al^ten  Von  1771—1796,  bem  Seitraume  gwifd&en  ben 
beiben  legten  SanbeSVerfammlungen,  Von  feiten  beS  ftAnbifdgen  S(u8- 
fd^uffeS  nad^gemiefenerma^en  nid^t  V)eniger  als  4238000  ®utben  ge- 
fe^toibrig  verttenbet  »orben  finb.    5Bon  bem  Siedet,  Steuern  nid^t 

»  aOÖerfe.  fflb.  XVI.   ©.266. 


112  (egel  aX»  ^rofeffor  bet  $(i(ofop(te  in  ^eibelberg. 

6(o§  }u  betDiDigen,  fonbern  ju  t)etn)Qlten  unb  gu  toerioenben,  tfi  eS 
ntd^t  to)eit  6tS  gu  bem  SRed^t,  £rit))))en  gu  werben  unb  gu  l^olten,  to)te 
bie  Stabt  Smben  in  OflfrieSlonb  ein  fold^es  SRed^t  befa^. 

3n  ber  oltmürttembergifd^en  SBerfaffung  ftanben  Ofürft  unb  ßinbifd^er 
^usfd^ug  mie  gmei  StegierunsSgettalten ,  to)ie  Staat  unb  (Segenflaat 
einanber  gegenüber,  ba^er  lonnten  gn)if(i^en  Beiben,  loie  e8  aud^  in 
9BirIIid^!eit  gefd^al^,  ^Anbel  unb  €d^U)ierigIeiten  entftel^en,  loeld^e  t)on 
einer  l^ö^eren,  fd^iebdrid^terlic^en  ©ekoatt  aufigemad^t  unb  entf (Rieben 
»erben  mußten.  S)iefe  ^öl^ere  ©ettalt  mar  Aaifer  unb  9%eid^.  Aaifer 
unb  SReid^  finb  nid^t  mel^r;  bal^er  aud&  ein  fold^er  bualiflifd^er  @taat 
unb  eine  fold^e  bualiflifd^e  @taatlSt)erfaffung,  koie  bie  alttDflrttem* 
bergifd^e  geU)efen  to)ar  unb  bie  Sanbßdnbe  in  ben  Sauren  1815  unb 
1816  gurfläforberten,  nid^t  mel^r  fein  fann,  benn  bie  feubaliftifc^e 
©runblage  unb  93orau8fe^ung,  Don  benen  fie  abl^tng,  ftnb  fttr  immer 
gefallen. 

6.  2>iefe  3ufammenge]^5rig!eit  ber  altn)ürttembergifd^en  lanb- 
ßAnbifd^en  93erfaffung  mit  bem  l^eiligen  römifd^en  SReid^  (legt  am  £age. 
ginige  Heinere,  ))ormate  reid^SunmittelBare  ®ebiete,  loie  g.  99.  bie 
©raffd^aft  Simpurg,  maren  bem  Adnigreid^  SBürttemBerg  einverleibt 
morben,  unb  i^re  S^ertreter  gel^drten  in  ber  neuen  SBerfaffung  gu  ben 
aSirilpimmen.  3lun  erICdrte  ber  SJertreter  ber  ©raffd&aft  ßimpurg, 
bag  fftr  biefe  baS  l^eilige  römifc^e  9teid^  nod^  befleiße,  ba  baS  l^od&grftf» 
lidge  ^au3  bie  ^bication  beS  rdmifdEien  AaiferS  (6.  Slugu^  1806) 
nid^t  anerlannt  lsabel  3)ie8  tüar  eine  ber  Dielen  gegenflanbsleeren  SSe» 
grttnbungen  unb  S)ebuctionen,  toeld^e  §egel  ate  «quereile  d'allemand» 
begeid^net  l^at,  Don  benen  bie  9}er]§anb(ungen  ber  mttrttembergifd^en 
Sanbß&nbe  n)immelten:  „S)er  ®eifi  beS  (^ormatidmuS  unb  ber 
$articularit&t  l^at  be{anntlid^  Don  je^er  ben  ^l^aralter  unb  baS 
UngtüdE  S)eutfd^Ianbd  in  ber  ©efd^id^te  gemad^t;  btefer  ©eifl  l^at  fidg 
l^ier  in  feiner  gangen  ©tfirfe  gegeigt.  SaSitt  man  il^n  ©eutfd^l^cit 
nennen,  fo  l^atte  nid^td  beutfd^er  fein  fönnen,  als  bie  ©eftnnungen 
ber  alttoürttembergifd^en  S)eputirten,  ben  ?lbel  miteingefd&toffen.  SBer» 
{Iftnbe  man  aber  unter  S)eutfd6^eit  etmad,  bei  aller  S^erfd^iebenl^eit 
ber  Xerritoriall^errfdgaft  feinem  93egriffe  nad&  allgemeines  unb  S^er^ 
nflnftigeS,  fo  tt)irb  eS  fd^mer  fein,  etioaS  ttnbeutfd^ereS  gu  finben, 
ate  iene  ©efinnung."*  „€8  entjiel&t  aud  fold^er  SluSeinanberfe^ung 
baS  gen)5]^nHd^e  enblofe  ^in-  unb  ^erreben,  loeil  fold^e  ©rflnbe  unb 

Mibcnbaf.  6.  295. 


^egel  a(9  Vtofcffot  bet  $]^tlofo|)ile  in  ^ibelletg.  113 

©egengr&nbe  !eine  le^te  Sntfd^eibung  in  ftd^  l^aben,  koenn  ber  $r&tor 
fel^lt,  ber  btefe  (Snifd^eibung  geben  mü^te.  äSotouf  eS  anlommt,  ifi 
alletn  bie  Statut  ber  Sod^e,  nnb  btefe  iß  in  t)orIiegenbem  Qati  fel^r 
einfad^.  2)te  äJerftnberung,  bie  fid^  feit  ^a^rl^unberten  Dotbeteitet  unb 
\p&t  genug  t)oDenbet  \)at,  ifl  ber  fd^on  genannte  Uebergang  ber  Be- 
trftd^tUd^eren  beutfdgen  fiSnber  auS  bem  SSer^ältntg  Don  91  ei(!^  Sielten 
in  ba«  gSerlöaltniB  Don  fouöerSncn  ßänbern,  b.  i.  Don  Staaten."^ 
7.  Unter  ben  Scfd&toerben  öon  fetten  ber  ßanbpanbe,  befonberS 
aus  ben  neutüürttembergifd^en  ©ebieten,  tüurbe  als  eineiS  ber  aUer« 
fd&Ummften  Unioefen  unb  Uebet  ber  @d^reiberunfug  aufgeführt, 
meiere  Sinrid^tung  ben  altttfirttembergifd^en  S^erfaffungSguft&nben  an- 
l^ing  nnb  barin  U)ur}elte.  3n  bem  testen  £^et(  feiner  ,,93eurtl§eitung" 
l^atte  ^egel  ben  ©d^reiberunfug  aU  eine  ber  unertrdgttd^ften  Sanb- 
))Iagen  fel^r  anfti^auUd^  gefd^ilbert  unb  9itet^ammern  auf  btefe  ^uS- 
ffll^rungen  tn  feiner  @d^rift  ganj  befonberS  l^ingemiefen.'  2)te  ©d^reiber 
toaren  juriftifd^e  unb  lameratijiifd&e  5ßraftifer,  ungebitbete  unb  un- 
fiubirte  ßeute,  feiner  toar  aus  ber  Stajfe  ber  ftubirten  3uripen;  in 
iebem  93e)irf  gab  eS  einen  @tabt=  unb  SlmtSfc^reiber,  ber  aUeS,  tt)aS  in 
biefem  SSejir!  StnttlidgeS  unb  ©eridgtlid^eS  gu  red^nen  unb  ju  fd^reiben 
xoai,  fd^reiben  gu  laffen  baS  97lono))ot  l^atte,  U)ie  SSerträge,  (Sl^epacten, 
Seftantente,  (Srbfd^aftSt^eitungen,  €omntunaIredgnungen  u.  f.  f.  t^ür 
biefe  ®ef(^&fte,  mogu  nid^ts  als  eine  gemiffe  9t  outine  gel^orte,  l^atte 
ber  SlmtSs  ober  ©tabtfd&reiber  mel^rere  ©d&reibfubjecte  ober  @d&reib= 
gefellen  gu  feiner  ä^erfagung,  meldte  in  bie  frieden  unb  S)5rfer  gefd^idt 
mürben  unb  bie  ßeute  branbfd^a^ten.  $ier  lag  ein  meiteS  ^^elb  ber 
SBittlür,  SebrüdEung  unb  Seutelfd&neiberei.  ®ie  ©d&reibgebül^ren  über« 
fd&ritten  atteS  2Ra§  unb  betrugen  in  mand&cn  33egir!en  ein  JBielfad&eS, 
biStoeilen  baS  ©ec^S^  bis  ©iebenfad6e  ber  Sal^rcSfteuer,  toobei  bie  in« 
faniften  ^Prellereien  nid6t  ausblieben.  ®ine  aied&nungSanfertigung,  toeld&e 
in  einem  ber  neumttrttembergifd^en  SanbeStl^eite  1  ©ulben  30  Areuger 
gefojiet  l^atte,  mufete  nad&  alttoürttembergifcfien  ©d^reibgebfil^rcn  mit 
50  ©utben  begol^It  toerben.  ®er  ©d^reiberunfug  trug  an  feinem 
SEl^eile  bie  ©d&ulb  ber  aSoIISDerarmung  unb  l^at  in  Sllttoflrttemberg 
bie  l^äuftgen  ^uStoanberungen  inS  ^uStanb  Derurfac^t,  mie  über]§au))t 
bie  alten  SSerfaffungSguftAnbe  t)iele  SluSkoanberungen  gur  {^olge  gel^abi 
Unb  foId^eS  pxit^  man  als  ,,baS  alte  gute  Sted^t".^ 


1  (gbtnhal  6.  257.  —  »  »gl.  ebenbaf.  6.  826f[öb.  6.  380.  —  •  »riefe.  H. 
8f  i  f  4  e  T,  «d«.  b.  fp^tlof.  Vm.  91.  IC.  8 


114  ^cfiet  al0  $rofe|for  bei  $^tIofo))l^te  in  (eibelbeTg. 

8.  9lud^  in  ber  Dom  Aöntge  nad^  mobentem  @d^ema  t)erKe]^enen 
aSerfajIung  fonben  ftd^  93otfd&riften  unb  SBeßimmungen,  mit  iDeld^en 
^egel  feine8to)eg8  Obereinftimmte,  mie  natnentlidg  bie  9trt  ber  93e- 
btngungen,  morauf  bie  SSft^Ibatfeit  beruhte.  %(ter  unb  S^ermSgen 
finb  SSefd^affenl^eiten,  bie  bad  einjelne  Subject  fflr  ftd^  l^ot,  unabl^&ngig 
Don  feinen  SSegiel^ungen  im  unb  gum  Staate,  unab^dngtg  t)on  fetner 
93ebeutung  in  ber  ©üeberung  unb  im  3)ienfte  beS  ©anjen.  <Sine 
fold^e  93ebeutung  giebt  ein  Slmt,  bie  angefe^ene  Stellung  in  einer 
Korporation,  eine  ©etoerbegefd^icHid^feit,  eine  SReifterfd^aft,  ein  S£a(ent 
u.  f.  f.  SBenn  iemanb  ein  Slmt  l^at,  fo  ifi  er  in  ben  klugen  ber  Seute 
ettoaS;  U)enn  er  bagegen  nichts  totxttx  \)at,  ate  eine  ^Injal^I  Saläre 
unb  eine  Slnjal^I  ©ulben,  fo  ifl  er  in  ben  Slugen  ber  SBelt  nid^ts 
unb  foDte  aud^  nid^td  reprafentiren.  ^egel  Dertoirft  biefe  atomifitfd^e 
©taatSanfd&auung  ate  eine  „frans5itfd&e  Stbftraction",  toetd&c  ju  »er« 
laffen  fei.  „93eftimmungen  fold^er  9trt,  loeldge  baS  !BotI  ftatt  als 
einen  Staat  tielmel^r  als  einen  Raufen  t)orau8fe^en  unb  biefen  nun 
nadg  Slnjal^t  in  befonbere  Raufen  unb  nad^  Slter  unb  einer  einzelnen 
93erm5genSbef}immung  in  }ioei  6^(affen  fiber^au))t  abtl^eilen,  !önnen 
eigentlid^  nid^t  StaatSeinric^tungen  genannt  loerben.  Sie  reid^en 
nid^t  l^in,  beut  Slntl^etl  beS  äJoUeS  an  ben  allgemeinen  Sngetegenl^eiten 
feine  bemoftatifd^e  Unf3rmlid^!eit  )u  nel^men  unb  nftl^er  ben  S^td, 
fünftige  S)e))utirte  fflr  bie  Sanbed))erfammlung  ju  erl^alten,  bem  3u- 
fatt  gu  entjiel&en/^ 

9.  2)a]^er  l^at  ^ege(  eS  aud^  getabeft,  baB  nad^  ber  föniglid^en 
aSerfaffung  Staatsbeamte,  ®eifllid&c,  Slergte  u.  f.  f.  Don  ber  SQBft^Ibar- 
feit  gu  S)e^utirten  auSgefd^Iojfen  fein  foQten,  {eineSmegS  aber  bie 
SlbDocaten,  in  benen  bod^  ber  ®eifl  beS  $riDatredgt8  l^errfd^t,  unb  ber 
Staatdfinn,  b.  1^.  ber  Sinn  fflr  ben  Staat  fel^It.  @§  l^at  Diel  gu 
ber  ISntgfinbung  unb  ber  ^artn&dEig!eit  bed  auSgebrodgenen  SSerfaffungS- 
fireiteS  beigetragen,  bag  btefer  ftreit»  unb  eigenffl(^tige  „9lbDocaten= 
geift"  in  ber  Säerfammlung  ber  tofirttembergifdöen  Öanbflänb.  m» 
l^eimifdg  loar. 

£)b  bie  SluSfd^liegung  ber  fflrfUid^en  Smtdbiener  ober  ber  !öniglid^en 
Seamten  Don  ben  fianbfiänben  geredet  unb  Dernflnftig  ifl,  l^dngt  Don 
ben  gegebenen  3eitDer^iltniffen,  b.  1^.  Don  bem  gefdgid^tlid^en  Suflanbe 
beS  93oIId  ab.    (^rfll^er  toar  eine  fold^e  ^uSfd^Iiegung  Dernflnftig,  jie^t 


»riefe,   n.   6.240-244. 


^egel  al8  ^ofeffor  btx  $(Uofo))]^ie  in  ^eibelbug.  115 

ifi  fie  a  ntd^t  tnel^r.  „Sd  ifl  gerabe  bie  ©efdgid^te,  »el^e  bte  UmflAnbc 
erfcnncn  Iftfet,  unter  benen  eine  »erfajfunflSBcflimmung  t)ernflnftifl 
to)aT,  unb  l^ier  3.  93.  baS  Slefultot  %xtU,  bag,  menn  bie  ^udfd^Iiegung 
ber  föniglidgen  93eamten  t)on  ben  Ißanbßftnben  fra^exl^m  t)emflnftig 
toai,  nunmel^r  unter  anbcren  Umjiftnben  eS  nit^t  mel^r  ift."^ 

2)er  ©taatdfinn  forbert,  ba^  ber  @ad^e  beS  SSaterlanbeS  aUe 
$rit)Qt"  unb  ^articulartntereffen  untergeorbnet  unb  aufgco))fett  toerbert 
muffen.  2>iefe  $ro6e  l^aben  bie  marttembergifdgen  Sanbftdnbe  fd^Iedgt 
bejianben.  S)a8  größte  Sßeltereignig,  meld^eS  to&^xtnb  il^rer  SSer» 
fammlung  unb  gleid&  nad^  beren  Sufammentritt  fiottgefunben  ffat,  toax 
bie  9fia(!!e^r  StapoIeonS  Don  SIba  nad^  Oftaniretdg.  S)er  SBelttrieg 
ftanb  Dor  ben  2:i&oren  unb  bebrol&te  ®cutfd&Ianb,  bie  toflrttembergifd&en 
Sanbfianbe  aber  mad^ten  il^re  £)))fertt)inig!eit  t)on  ber  SEBieber^erfienung 
ber  altlQnbß&nbifd^en  SSerfaffung  ab^&ngig. 

2)te  äJerl^onblungen  biefer  Sanbftftnbe  ftnb  refuttatloiS  geblieben 
unb  l^aben  baS  Sßort  t»eriftcirt,  koeld^ed  ber  Oberfd^uttl^eiB  Sleinl^arb 
Don  Ober-Sglingen  in  il^rer  SDlitte  aulSgeft)ro$en  l^ot:  „9Benn  bie 
6d^iDQben  freien  SBiQen  l^aben,  fo  gefdgiel^t  gar  nid^td".  3u  einem 
ftlgnlid^en  @c^Iu§ergebni§  !ommt  ^egetd  93eurtl^eilung.  ^9lad&  biefer 
fo  toeitlAuftgen  S)arfleIIung,  beren  ©egenflanb  man  t)er!ennen  to)flrbe, 
iDenn  man  il^r  ben  3tt)eä  einer  SJertl^eibigung  Don  ettoaS  anberem, 
ate  toon  bem  mit  bem  l&5d&flen  Sntcreffe  öer!nlH)ften  Segriffe  ber 
Sanbflanbe  gegen  bie  il^m  fo  unangemeffene  unb  bod^  fo  anmaglit^e 
SBirIIid^!eit,  bie  ftd^  burd^  ben  2)ruä  il^rer  SSerl^anblungen  bem 
?Publi!um  gefd&ilbcrt  unb  jur  Seurtl&eilung  ^ingeficttt  l^at,  unterlegen 
toollte,  —  ifl  nun  nod^  baS  mcrtoürbige  ©nbrefultat  anjufül^ren,  baS 
Sd^idEfal  biefer  SJerfammlung  nSmlid^  burd^  ben  gangen  Sauf  il^res 
langen  unb  tl^euren  Sufammenfeind,  ol^nel^in  nid^t  eine  Ueberein!unft 
mit  bem  Äönige,  aber  aud&  nid^t  innerl^alb  il^rer  felbft  irgenb  einen 
Sefd^tuB  über  irgenb  einen  3nl§alt  eine3  JBerfaffungögegenftanbeS  3U= 
toege  gcbrad&t  ju  l^aben."* 

^egete  aSetra^tungSart,  toie  er  fie  in  feiner  Seurtl&cilung  aus« 
gefttl^rt  unb  gleidg  im  Eingänge  berfelben  erftirt  l^at,  ifl  bie  ))]^iIo' 
fol)]&if*-]^iftorifd&e.  „®ie  fogcnannten  geheimen  Sriebfebern,  Slbfid&ten 
eingetner  Swbiöibuen,  2lne!botcn  unb  fubjcctiDe  ©ntoirfungen  tourben 
in  einer  nod^  Dor  jturgem  beliebten  pf^dgotogifd^en  Slnfid^t  ber  ®e- 


1  aSriefe.  n.  6.  280-239.  -  «  «ficnbaf.  ®.  359  u.  360. 


116  ^cgel  aU  $tofe1fot  bet  $trUofo|)]^te  in  ^etbd^erg. 

fd^id^te  fflr  baS  Std^tigfle  ge^alien.  S)tefe  9tn{ic^t  iß  iebod^  nun  auger 
Arebit  gelommen,  unb  bie  ©efd^tdgte  jirebt  lieber  na6)  tl^ter  äBtttbe, 
bie  yiatux  unb  ben  ©ong  bet  {tubftantiellen  @ad^e  batiuftellen  unb 
bie  S^Qtaftere  bet  l^anbelnben  ^erfonen  ouS  bem,  toaS  fie  tl^un,  }u 
erlennen  au  geben;  bie  Ueberjeugung  tfl  allgemein  gettotben,  ba^  auiS 
SufdUigfoiten  tteber  bie  @a$e  nod^  bie  S^ataftere  in  il^ter  ©ebiegem 
l^eit  ]§eröorge]&en  unb  gu  crfennen  finb/^ 

SBiQ  man  bie  StK&rung  au8  t>f^(%otogifd^en  Zriebfebern  unb 
a^otitoen  auf  Tegels  SBeurt^eilung  fetb^  anmenben,  fo  i{i  eS  mo^I 
glaublid^,  bag  ber  ajlinifter  t)on  äBangenl^eim  ftd^  gu  biefem  StoedEe 
an  ben  l^eibelberger  ^^Uofopl^en  geioenbet  unb  il^m  bie  AanglerfteDe 
ber  UniDerfxtdt  Tübingen  in  au8p4t  gejiellt  l^abe.  §a^m  berichtet  e8 
mit  ber  S9emer!ung:  „3d^  ftä^e  mid^  ffir  biefe  Angaben  auf  bie  mfinb= 
lid&e  aRitt^cilupg  eines  ni)d&  Sebenben,  bei  biefer  Slngelegenl^eit  Se« 
tl&eiligten".*  €in  fold^er  SlebcngtoedC  toürbe  ben  obiectitoen  SOBert^  feiner 
93eurt]^eilung  nid^t  im  minbeflen  abf d^loädgen ;  aud^  gioeifeln  toir  nid^t, 
baB  ^egel  mie  bie  SfAl^igleit,  fo  ben  äßunfd^  gel^abt  ^at,  bie  lel^renbe 
SC^dtigfeit  mit  einer  getoiffen  regierenben  unb  tertoaltenben  S^dtigfeit 
gu  t)erbinben,  DieDeid^t  fid^  gang  bem  leitenben  @taatsbienfle  gu  loibmen* 
als  er  fein  2lbfd&ieb8gefud&  an  bie  babifd&e  Slegierung  rid&tete,  um  bem 
Stufe  nad6  Scrlin  gfotge  gu  leiten,  l^at  er  e3  gerabegu  auSgefprod&en, 
bafe  er  bie  ©elegenl^eit  fuc^e,  bei  toeiter  toorrfidtenbem  Sllter  Don  ber 
pxMxm  gfunction,  5p]^iIofol)]&ic  an  einer  Uniöcrritdt  gu  bociren,  gu 
einer  anberen  Z^dtigleit  übergugel^en  unb  gebraud&t  »erben  gu  fönnen.* 

IV.  5ß]^iIofop]^ifd&e  ßintoirfungen.    ®te  Slnfdnge  ber  ©d&ule. 

1.  ^^AfitL 
^egel  fal^  baS  gtoette  feiner  ßel^rfemefier  in  ^eibelberg  toor  fid^, 
ate  im  fjfrftl^ial^r  1817  eine  epi^tdubifd^er  (Sbelmann  unb  ©utsbefi^er, 
93orid  Don  ^£ffill,  ber  aU  9littmeifler  in  ber  laiferlidg-ruffifd^en  ©arbe 
ben  Ärieg  gegen  3ftanfreid&  mitgemad^t  l^atte,  fid6  bei  iixa  einftellte, 
Dotter  SBegierbe  unb  toott  SBertraueng,  bie  Quinteffeng  atte«  SQBiffenS 
öon  il^m  leidet  unb  fd&nett  gu  emi)fangen.  3iad&bem  er  ben  ^ßrofeffor 
befudgt  unb  in  il^m  nid^tS  to)etter  ate  einen  einfad^en  unb  fd^Ud^ten 
3Äann  fennen  gelernt  l^atte,  laufte  er  ftd&  beffen  Süd&er,  um  fie  in 
atter  l^duSlid^en  »el^agKd&feit  gu  lefen.    gr  taS  unb  öerftanb  nid^t«, 

*  »riefe.  IL  6.  220.  -  »  ^a^ra:  »otlef.  XIV.  ©.  350.  »gt  6,  507. 
«nmfg«  18.  —  •  CEbenbaf.  14.  €.  356. 


^egel  al0  ^ofeffot  ber  ^ülofo^l^ie  in  ^eibelbet^.  117 

<£t  ging  in  bie  S^orlefungen,  fd^tteb  naä^,  lad  }u  ^Qufe,  \oai  er  ge< 
fd^Tteben  l^atte,  unb  t»etflanb  bie  eigenen  ^efte  nid^t.  .^egel  rietl^  tl^m, 
einen  fd^utoiffenfd^aftU^en  Surfui^  nad^trftgtid^  burd^jumad^en  unb  ein 
))^ilofo))^ifd6e8  9te))etitorium  ober  Sont)erfQtortum  bei  einem  jungen 
SRanne  anjune^men,  ber  feine  Sorlefungen  l^örte  unb  bie  9tb{id^t 
liegte,  fid^  für  l^egelfd^e  $]^ilofo))]^te  in  ^eibelberg  gu  l^abilitiren.  S)ie 
meiflen  3(nregungen  emt)fing  ^li&ti  Don  ^egel  felbfl  im  ))erfönlid^- 
freunbfd^aftlid^en  SSerlel^r,  ber  briefltd^  fortgebouert  l^at,  oIS  $^flQ  in 
toeiter  gerne  toar,  auf  großen  SQßeltreifen  in  ©fanbinaöien,  Stufelanb 
unb  im  Orient  begriffen.  UeberaU  führte  er  Regele  Sogi!  mit  fi(^. 
6r  l^at  in  9lu§Ianb  ben  öielreifenben  S^anj  Don  Saaber  lennen  gelernt 
unb  f))dter  in  93erlin  bie  perföntic^e  93e!anntfc^aft  beiber  $l^iIofo))l^en 
Dermittelt, 

$eget  l^atte  bie  rid^tige  SSorauSfid^t  ber  großen  ßnttoidEIung  unb 
3u!unft  Stu^IanbS  unb  gab  feinem  Of^eunbe  unb  ©dualer,  ber  nid^t 
rec^t  gu  »iffen  fd^ien,  nmS  er  mit  fid^  anfangen  foQte,  ben  guten  ffiatti, 
fid^  einen  koirifamen  $la^  in  ätuglanb  gu  fud^en.  ,,@ie  ftnb  fo  glüdC- 
iid6'',  fd^rieb  \im  ^egel  am  28.  SRoöember  1821,  „ein  SJaterlanb  gu 
l^aben,  baS  einen  fo  großen  $(a^  in  bem  ©ebiete  ber  SEBeltgefd^id^te 
einnimmt  unb  baS  ot)ne  3n)eifel  eine  nod^  t)iel  Igölgere  93eftimmung 
l^at.  2)ie  anbern  mobemen  ©taaten,  fSnnte  eS  ben  Slnfd^ein  l^aben, 
Ratten  bereits  mel^r  ober  weniger  baS  3iel  il^rer  Snttoiätung  erreid^t; 
t»ieQeid^t  l^fttten  mand^e  ben  SuIminationdpun!t  berfelben  fd^on  l^inter 
fid^  unb  il^r  Suftanb  fei  ftatarifd^  geworben,  Stugfanb  bagegen,  fd^on 
t>ielleid&t  bie  ftdrffie  SWad&t  unter  ben  übrigen,  trage  in  feinem  6d6oo§ 
eine  ungel^eure  äJlöglic^feit  Don  SntmidEIung  feiner  intenfiDen  92atur. 
@ie  l^aben  baS  perfSnlic^e  ®Iüä,  3^r  SSermögen,  S^re  Talente  unb 
Äenntniffe,  für  bereits  geleiftete  S)ienflc  bie  nfi^ere  Slnmartfc^aft  gu  l^aben, 
in  biefem  coloffalen  ©ebftube  eine  nid&t  btofe  untergeorbnete  ©tettung 
eingunel^men."^ 

Sener  junge  SWann,  bei  bem  (toie  Äofenirang  berid^tet)  ^jlütt 
auf  ^egels  9tat^  ein  ))]^iIofot)]^ifd^eg  SonDerfatorium  befud^t  l^at,  mar 

>  aiofenftang.  ©.  802—305.  3n  ben  .©riefen  öon  wnb  an  ^eßel*  fel^It 
bet  Jiamt  ^S^üll.  Slofenfrang  (at  loa^rfd^einlii^  briefli^e  ^opitxt  qu8  bet  i(ni 
belannten,  fe^r  angefe^enen  baltif<l(en  gfamtlie  etl^alten  unb  benü|t.  SBatum 
aber  f^ai  et  ben  fe^t  intereffanten  93rtef  Tegels  unter  Slnffl^rungSgeid^en  in  l^olb 
btrecter,  ^alb  inbirecter  Cprad^e  tt)iebet0egeben? 


118  (egel  aU  $tofe|for  ber  ^p^ilofopl^ie  in  ^eibelberg. 

^enn.  ffx.  SBtIlg.  ^inrid^S  aus  DIbenBurg,  ber,  nadg  $eibeI6erg  ge^ 
fomtnen,  um  ^ed^tsmiffenfd^aft  gu  ftubiren,  ftdg  burdg  ^egels  SSor» 
lefungen  unb  6d6rtften  gefeffelt  füllte  unb  fein  ettt^uftafitfd^er  Sd^üler 
)ourbe,  lool^I  ber  eingige  in  bem  bantaligen  ^eibelberg  unb,  abgefel^en 
Don  ®abler,  ber  f(^on  tn  3ena  ^egels  SSortefungen  gel^öri  ^at,  eines 
ber  erpen  unb  ilteften  ©Heber  ber  @d&ule.  ^inrid^d  tft  »ol^t  ber  erfte 
@d^üler  ^egefö  gemefen,  ber  bie  empfangene  Seigre  fogletd^  auf  bem 
a!abemifd^en  Aatl^eber  fortjupflanjen  gefud^t  unb  auf  btefe  Sßeife  ben 
Anfang  ber  l^egelfd^en  @dgute  in  ber  [Reil^e  ber  UniterfitAtSle^rer 
gemad^t  l^at 

6r  l^at  {id^  in  $etbe(6erg  im  Saläre  1819  |a6t(itirt,  feine  Sel^r^ 
tl^Atigleit  mit  gutem  Srfolge  begonnen,  ftd&  t)on  3)au6,  Sreuger  unb 
©d&Iojfcr  tl^eilnel&menber  fjförberungen  erfreut  unb  Aber  „bie  [Religion 
in  tl^^em  inneren  SJerl&ältniffe  gur  ^P^itofopl^ie"  eine  ©dferift  »erfaßt, 
tt)eld^e  ^egel  ni$t  blo^  burd^  nfi^Iid^e  Statl^fd^lAge  geförbert,  fonbem 
fogar  mit  einer  SSorrebe  terfel^en  unb  baburd^  auSgegeid^net  l^at  (1822). 
3n  9otge  bat)on  ift  ^inrtd^S  ate  augerorbentttd^er  ^ofeffor  nadg 
SreSlau  unb  gttei  2lal^re  fpdter  als  orbentKc^er  ^rofeffor  an  bie  Uni- 
toerfit&t  ^aDe  -  SBittenberg  berufen  loorben,  too  er  nad^  toieliä^riger 
äBir!famfeit  fein  Seben  befd^Ioffen  l^at  (1861),  ein  3Renfd&enatter  nad^ 
bem  £obe  ^egels. 

8.  C^arot)^. 

Unter  ben  l^eibelberger  3u]^5rem  unb  ^nl^ftngem  Tegels  ißOftiebrtd^ 
SBUl^elm  Sarot)^  aus  Sobleng  gu  ertoAl^nen,  ber  gttiar  burd^  feine  9lb« 
ftammung  unb  3ugenb  toftl^renb  ber  frangöftfd^en  Seiten  fetner  ä^ater* 
fiabt  !at^oItfd&  unb  frangöfifc^  ergogen,  aber  beutfd^  gefinnt  »ar,  als 
l^eibelberger  Stubent  an  ben  burfd^enfd^aftUdgen  SSemegungen  fel^r  leb^ 
l^aften  9tnt^eil  nal^m,  ^egels  SSorlefungen  eifrig  ]^5rte  unb  fp&ter  eine 
9lei]^e  Sdgrtften  über  „aUeinfeligmad^enbe  Airdge",  „baS  g^oelibatgefe^  beS 
römifd^=fat^oßfdgen  ßleruS",  «3)ie  testen  2>inge  beS  rSmifd^en  ßat|o- 
lictömuS  in  3)eut{d&tanb''  toäl^renb  ber  Sa^re  1826—1832  in  beutfdft 
unb  frei  geftnnter  Slid^tung  gefd^rieben  ]§at;  bagu  lommt  ein  93ud^  aber 
,,@t.  Simonismus  unb  bie  neuere  frangofifd^e  $]^iIofo))]^ie  (1831)  unb 
cHerl^anb  Settr&ge  gur  Sitteratur,  ©efd^tdgte,  Sultur  unb  Aunfigefd^id^te, 
bie  unter  bem  SEitel  ^^Sieorama"  erfd&ienen  ftnb  (1838).  3n  ber  SJor« 
rebe  beS  erftgenannten  SBerfeS  fagt  er  Don  ftd^:  „Seine  Ainbl^eit  »ar 
in  eine  3^it  gefaQen,  in  toeld^er  ein  fd^ioereS  ©efd^idE  ft($  aber  feine 


^egel  alfi  $rofe|for  ber  $^Uofop^te  in  ^eibelberg.  119 

^eimat^  Derbrettet  unb  ein  allgemeines  Ungifiä  bie  S^erfd^iebengläubigen 
burd^  3flo\^  mit  einonber  toerfd^iDifteri  l^atte.  S)ie  SlufÜ&rung  loar 
Vorangegangen  unb  l^atte  ben  @tnn  für  baS  ^llgemetnsSJlenfd^- 
lid^e  eröffnet  @o  !am  eS,  bag  bad  ©effil^t  unb  boS  99ebUrfntg  beS 
»trütd^  Singemeinen  bem  93etDugtfein  ber  ^bfonberung  bur^  bie 
©onfeffion,  toeld&er  er  burd^  bie  ©eburt  einverleibt  toorben,  voranging/* 

4.  Soufln. 

6in  junger  frangöfifd&er  ^Pl^ilofo»)]^,  SBictor  ©ouftn  auS  5Pari3, 
@d^filer  unb  9la(^foIger  beS  jur  fti^ottifd^en  @d^ule  gel^örigen  $]^iIofopl^en 
8flo5er=6;oirarb  (1813),  ?Jrofeffor  ber  ©cfd&id&te  ber  5pi&iIofopl&te  an  ber 
«facultö  des  lettres»  unb  an  ber  <^cole  normale»,  l^atte  na$  jtoeis 
iäl^rigen,  fe^r  angeftrengten  SBorlefungen  fid&  fo  ermübet  unb  er^otungSs 
bebürftig  gefül^It,  ba§  er  in  ber  legten  3uUiood6e  1817  eine  Serien» 
reife  unternal^m,  um  S)eutfd^Ianb  unb  beutfd^e  ^l^ilofopl^en  lennen  ju 
lernen.  6r  fanntc  bie  beutfd6e  ^Pl^ilofopl^ie,  inSbefonbere  bie  ber  ncueften 
Seit,  eigentlid^  nur  vom  ^örenfagen.  3»ar  l^atte  er  bie  Äriti!  ber 
reinen  SSernunft  in  SornS  tateinifd^er  Ueberfe^ung  mit  mfll^feliger 
SSergleid^ung  bed  beutfd^en  Originals  gu  ftubiren  gefud^t  unb  bie|etbe 
aud^  fo  weit  verftanben  ju  l^aben  geglaubt,  bag  er  in  feinen  SSorlefungen 
leidet  unb  getoanbt  barüber  fVrad^. 

3n  3ftan!furt  a.  9DI.  l^atte  er  ft(!&  einige  Seit  aufgel^alten  unb 
mit  bem  ©rafen  Steinl^arb,  bamals  franjöftfddem  93unbeStagggefanbten, 
befreunbet,  einem  geborenen  ©d&toaben,  gett)efenem  tübinger  ©tiftler, 
ber  in  ber  franjöfifd^en  Sle^jublif  unb  unter  yiapolton  eine  gWnjenbc 
biplomatifd^e  Saufbal^n  gemacht  ^atte  unb  mit  ©oetl^e  einen  freunb- 
fd&aftlid&en  Sriefioed^fet  unterhielt*;  er  l^atte  aud&  ben  burd&  feine 
magnetifd^en  ßuren  befannten  ^Irjt  ^affavant,  5^iebrid&  ©d^toffer  unb 
5riebrid&  ©d&Iegel,  bamalS  öflerreid&ifd^en  ßegationSratl^,  !ennen  gelernt 
unb  fi($  mit  bem  le^teren  viel  unterhalten.  @c^tegel  l^atte  in  Vor- 
güglid^em  S^ranjöfifd^  i^m  auSeinanbergef e^t ,  bag  ber  unvermeiblid^e 
Sßeg  ber  ip^ilofopl^ie  von  jtant  au  f^idgte,  Von  biefem  ju  ©d^eUing  fül^re, 
bag  bie  brei  eminenteften  ^l^ilofopl^en  beS  gegenU)ärtigen  3)eutfd^IanbS 
3aIobi,  ©d&elltng  unb  x^xani  von  Saaber  feien  unb  ba|  ein  neuerer, 
l^öl^erer,  d^riftlid^er  unb  ürd^Iid^er  @m))iriSmuS  bie  Aufgabe  unb  ba^ 

^  Ueber  a1IctnfeItgtno4enbe  Aix^e.  Sßonebe.  @.  IX.  ^ai  S9udi  l^at  3  Sßtb> 
»ungen,  8  !Olotti,  eine  93ortebe  t)on  50  6citen,  tDorauf  toiebetum  6  Sllotti  folgen, 
^er  Se^t  toimmeU  t>on  Sperrungen.  —  *  Staxl  Sfriebr.  Sleinl^arb  aus  S^ombotf 
(1761-1837). 


120  ^egel  al0  ^rofcffor  bei  ^(Uofo^l^te  in  ^eibelberg. 

nad^pc  ju  ctfircbenbc  3irf  ber  5pi&iIofoj)]&ic  fein  müffc,  3ener  ^ricbriift 
©d&IoRcr  aber,  öon  bem  ©oufin  in  feinem  Jfteifcberid&t  rebet,  ift  fein 
anbetet  aü  gtiebtid^  @l^ti|iot)]§  ©d^loffet  qu8  3et)et  in  DpftieS- 
lanb,  bet  untet  Satbetg  ote  ?Jtofe||ot  bet  ©efd&idfetc  am  ß^ceum  in 
Oftanffutt  angeMt  (1812)  unb  eben  je^t  aU  ^tofeffot  bet  ©efdgidgte 
nad&  ^eibelbetg  betufen  »otben  toat  (1817).  €t  toat  fein  8leife8efefl= 
fd^aftet  nad^  ^eibelbetg  unb  l^abe  il^n,  um  beutfd^e  ^^ilofopl^ie  unb 
5P]&iIofot)^en  lennen  ju  Ictnen,  an  feinen  (Jteunb  S)aub  getoiefen;  biefet 
abet  l^abe  il^n  bebeutet,  ba§,  wenn  in  ^eibetbetg  nad^  ?p]^iIi)foi)]^en 
geftagt  tt)etbe,  nut  öon  ^egel  bie  Hiebe  fein  fönne.  ®a  il^m  füt 
feinen  ^ufentl^alt  in  ^eibelbetg  nod^  ein  paar  @tunben  abtig  waten, 
fo  l^abe  et  biefe  benäht,  um  ^egel  }u  befud^en,  et  fei  butd^  beffen 
5ßetf5nlid&!eit  unb  ®efptäd6  tto§  feinem  fcfeled&ten  5tangofifd&  fo  angetegt 
unb  gefeffelt  Wotben,  ba§  et  nid^t  ein  paat  ©tunben,  fonbetn  ein 
))aat  Sage  geblieben  unb  mit  bem  SSotfa^  gefc^ieben  fei,  auf  bem 
SlfldEwege  langete  3^it  in  ^eibelbetg  3U  t)etweilen  unb  im  nftdgfien 
^ol^te  wiebetgufommen. 

ßoufin  ]&at  auf  biefet  feinet  etften  Steife  in  ©eutfd^tanb  in  3ena 
ben  ?P]^itofo)3]&en  3ftie3,  in  SQBeimat  ©oetl^en,  in  ffletlin  ben  aU  St^eo= 
logen  unb  ßanjeltebnet  betül&mten  ©d&Ieietmad&et  befuc^t.  3ftie8  flanb 
im  Säegttff  nad^  (Sifenad^  ju  bem  bet^Sngni§t)oDen  unb  folgeteid^en 
SBattbutgfeft  (18.  Detobet  1817)  gu  teifen,  unb  fptad&  Diel  t>on  ben 
in  Sluffd^wung  begtiffenen  (ibetalen  3been.  9lm  26.  Detobet  Wat 
bet  junge  ftangöftfd^e  !ß]^iIofo))]§  nac^  ^eibelbetg  gutüägefel^tt  unb  blieb 
l^iet  bis  jum  14.  SRoöembet  1817. 

©oufin  etfteute  fid5  einet  öößigen  ))oIitifd&en  Uebeteinflimmung 
mit  C^egcl,  es  ^abe  in  feinem  tiietjel^njäl^tigen  Setfel^t  mit  ^eget  !einen 
3eitt)unlt  gegeben,  bet  biefe  Uebeteinflimmung  toctönbett  l^abe,  unb 
feinen  gweiten  SDlann,  mit  toeld&em  fein  politifc^eS  6inbetftdnbni§  fo 
butd&göngig  in  aßen  Seiten  fid&  gteid&  geblieben  fei.  SQBie  et  felbji, 
fo  l^abe  aud^  ^egel  bie  ftanjofifd^e  SleDoIutton  ^oc^gefd^&^t  unb  getn 
t)on  il^ten  Segebenl^eiten  unb  ©tofet^aten  gefptoc^en;  Wie  et  felbfl,  fo 
Wat  aud^  ^egel  libetal  unb  monatd^ifd^  gefinnt,  „et  wat  blau",  fagt 
(Soufin  mit  einem  SQBotte,  Weld^eS  SRapoIeon  öon  fid&  felbfl  unb  feinet 
politifd^en  f^atbe  gebtaudgt  l^aben  foE,  ftnnbilblid^  nadg  ben  ftangöfifd^en 
9lationaIfa;:ben.^ 

1  S&qL  Revue  des  deux  mondes.  T.  XL  (1851.)  pg.  545-560.  T.  LXIV, 
(1866.)  pg.  594— 619.   pg.  606. 


^cgel  al0  ^cofelfot  bet  $l§itofo))]^tc  in  ^tbellerg.  121 

SnberS  t)etl^telten  fidg  t^te  9[n{idgten  unb  S^mpatl^ten  auf  bem 
@ebiete  bet  9leUgion  unb  ^l^ilofopl^te.  Souftn,  tote  ed  feine  ^etfunfi 
unb  Stjiel^ung  mit  fid^  brad^ien,  fianb  auf  feiten  bet  römifd^-fat^olifd^en 
Stilist,  6f)nt  aVen  S^^natiSmus,  toftl^renb  ^egel  ein  fel^r  entf^iebener 
^oteftant  toax  unb  ben  ^roteflantidmuS,  n)ie  er  eS  oft  genug  in 
feinen  SStiefen  an  9lietl^ammer  gut  unb  treffenb  au8gef))to4en  l^at, 
nid&t  bIo6  für  eine  ©onfef jton  anfa^,  fonbem  fftr  einen  anbern  l&öl&eren 
v99ilbungd}ußanb'\  Domel^mlidg  aud^  beS  f&olU,  ^eget  mit  feinem 
iDeiten  l^iflorifd^en  SlidE  mugte  bie  frangöfifd^e  $^iIofo))l^ie  beS  ad^t» 
gel^nten  Slal^rl^unbertiS  in  il^rer  gangen  SSebeutung  gu  fc^ft^en,  toft^renb 
Soufin  mit  feinem  fd^ottifd^en  @piritualijSmu8  berfelben  abgeneigt  toax. 

3lnn  brannte  Souftn  t»or  S3egierbe,  bie  l^egelfd^e  Jp^ilofopl^ie  fennen 
gu  lernen,  öon  toeld&er  5riebrtd&  ©d^Iegel  in  3franffurt  il^m  nur  ge« 
legentUdö  bemerlt  l^atte,  fie  fei  ,,fubtir';  er  felbft  glaubte  gu  toiffen, 
bag  ^egel  t)on  Sd^eDing  in  ber  9laturp]^iIofi)))]^te  abl^änge  unb  inner- 
]§alb  biefer  gur  Seit  in  S)eutfd^tanb  l^errfd^enben  ©d^ule  loo^I  bie 
midgtigfte  Srfd^einung  fei,  aber  Don  Sd^eUing  unb  ber  9taturt)^i(ofot)]^ie 
l^atte  Souftn  einigermaßen  eingebenbe,  Hare  unb  genauere  äJorfteQungen 
fo  gut  toie  gar  leine.  S)a8  jüngpe,  eben  erfd&ienene  SQßer!  ^egete  toar 
bie  (Snc^Kopftbie  ber  t)^tIofo))l^tfd6en  SBiffenfd^aften.  SRit  ^ülfe  Sarongs, 
ber  frangofifdg  fprac^  unb  Tegels  3u]^5rer  unb  9(nl^&nger  mar,  l^offte 
Soufin  baS  gel^eimni^DoOe  93ud&  fd^nell  gu  burd^bringen.  ^n  bem 
l^eibelberger  Sd^Ioggarten  unb  auf  bem  $^iIofo))^entoege  ^aben  bie 
beiben  jungen  SWönner  in  ben  ^erbfltagen  beS  3a^re8  1817  gemein= 
■  fame  Spagiergänge  gemacht,  bie  (Snc^flopäbie  in  ber  ^anb,  meldte 
SaroDö  nad^  SBort  unb  @inn  gu  Derbotmetfd^en  fud^te.  Slbenbs  gur 
St^eeftunbe  erfd&ienen  pe  bei  §egel  unb  fragten  ba8  Drafel,  ba  6aroö6, 
mie  CEioufin  balb  bemer!t  l^atte,  ))on  bet  eigentlid^en  ©ad^e  laum  mel^r 
ijerfianb  al8  er  felbft.  (Sx  fül^tte  fi4  öon  ungelöften  fragen  unb 
^Problemen  beftürmt,  aU  er  öon  §egel  Slbft^ieb  na^m  mit  bem  Snt« 
fd&IuBf  im  näd^ften  3a^re  to)teberguIommen  unb  nad^  3Rflnd^en  gu  gel^n, 
um  bort  Don  jenen  „brei  eminenteflen  ^^ilofopl^en  ber  ©egenmart" 
bie  beiben  anmefenben  lennen  gu  lernen:  3acobi  unb  Sd^eOing. 

93ei  bem  SRüdEblidE  auf  feinen  erften  ^(ufentl^att  in  S)eutfd&Ianb, 
in  ber  SRad^t  öor  ber  9lüdEfel&r  in  fein  SBaterlanb,  am  15.  3loöember 
in  ßel^I,  fud^te  Souftn  bie  gemonnenen  (Sinbrüäe  gu  fammeln.  2)ie 
Unterfudftungen  ber  beutfd&en  Äritif  mit  il&ren  flreitigen  unb  bejlrittenen 
Srgebniffen  ummirbelten  i^n  mie  ein  S^aoS:  eS  foQte  !eine  römifdgen 


122  (c^el  all  ^cofcffot  bcr  $^i(ofo|)^ie  in  ^t\htlUx%, 

jtöttige  tnel^r  geben,  aud^  !etnen  dornet,  fonbetn  nur  ^omeriben,  ^piotoS 
SBerf  „bie  ©efcfee''  foHten  nid&t  t)on  ipiato  l^crrü^ren,  baS  erfte  Sud& 
anoftS  (®enefiiS)  erft  nadg  ber  bob^Ionifd^en  ©efangenfd^aft  toerfagt  unb 
k)on  mebo))erftfd&en  aSorfteEungen  erfüllt,  bie  Si^angelien  erfl  gegen  Snbe 
beS  gmeiten  ^al^r^unbertd  ju  @tanbe  ge!ontmen  fein,  unb  ed  fel^Ite 
nid^t  ))tel,  fo  tt)ar  ber  92ame  3efu  Sl^rifti  ein  SH^t^uS,  loie  ber  beS 
^omer!^ 

3n  bem  a3rief»ed&fel  legete  ifi  ber  le^te  fetner  l^eibelBerger  Srtefc 
(t)om  5.  Slugufl  1818)  an  ©ouftn  gerid&tet,  ben  er  fflr  feine  fübbeutfd&e 
Sleife  mit  ßmpfel^tungen  für  Stuttgart,  Tübingen  (€fd&enmater)  unb 
SKünd^en  auSftattet,  tDo  er  ^acobi  unb  ©d^eUing  lennen  lernen  foK, 
aber,  wenn  er  mit  bem  einen  Don  beiben  fpred^e,  j[a  nid^t  fagen  möge, 
bag  er  ben  anbem  lenne.  Unb  ba  Soufin  ^eibelberg  in  fo  guter 
(Erinnerung  bel^alten  unb  eS  brieflid^  fein  9lbo))ttt))3aterlanb  genannt 
l^obe,  fo  l^offe  ^egel  il&n  auf  feiner  9iüdEreife  nod&  in  ^eibelberg  »ieber» 
jufe^en,  t)or  ber  Ueberfieblung  nad^  93erlin,  toelc^e  im  Saufe  beS 
näd^fien  3Jiomt^  betoorftel^e.  * 

\Stoifd&en  ^egel  unb  ßoufin  l^ottc  pdfe  ein  Sanb  ber  Qfreunbfd&oft 
unb  loed^felfeitigen  Slnl^ftnglid^fett  gefnflpft,  toeld^eS  bis  jum  Slobe 
Tegels  beftanben  unb  auf  beiben  @etten  eine  Slei^e  benfkoürbiger  Sr^ 
lebniffe  jur  Ofolge  gel^abt  l^at,  loeld^e  loir  in  ben  nftd^ften  ^bfd^nitten 
erg&l^len  merben. .  Unb  mie  eS  fid^  aud^  mit  €ouftn8  aSerftdnbnt^  ber 
l^egelfd^en  unb  beutfd^en  ^l^ilofop^ie  über]^au))t  Derl^alten  l^aben  möge, 
fo  ifl  bod^  nidgt  ju  t)er!ennen,  ba%  er  ^egels  93ebeutung  unb  ®rö§e 
foglei(i^  empfunben,  für  feine  gefd^id^tspl^ilofopl^ifd^en  3been  unb 
®ef))rftd^e  fid&  tebl^aft  intereffirt  unb  baS  meifie  bagu  beigetragen  l^at, 
ba%  ber  9tame  ^egel  in  {^ranheiii^  rül^mlid^  belannt  lourbe.  SUS 
^egel  auf  ber  ^bf)t  fianb,  ))flegte  @oufin  ju  fagen:  „id^  l^abe  i^n 
l}rol}]§ejeit  unb  fd&on  nad&  meiner  erjien  SRüdffcl^r  öon  S)eutfd&lanb  Der« 
!flnbet,  baf^  id^  einen  STlann  Don  ®enie  gefunben". 


»  Revue  des  deux  mondes.  T.  XL  (1857.)  pg.  548—560.  pg.  551. 
—  s  9[uB  bemfelbcn  SBtiefe  erfaßten  toir,  bai  ^cgel  im  Sfrü^ial^T  einige  Sage 
in  6tuttgaTt  bcnoeilt  (ot,  )ttm  erflen  mal  feit  s^oangig  ^a^ren  unb  too^l  gum 
leisten  mal  in  feinem  Seben«  %U  bie  jüngfle  (eibelbetger  6tabtneuigfeit  erjft^t 
et  bem  Sfteunbe  in  $ari0,  bab  bie  2:o(l^tet  be0  S^eologen  $ou(u0  ft4  borgeflern 
(3.  9(uguP)  mit  K.  909.  ©Riegel  derlobt  ^abe.  Km  30.  Kuguft  folgte  bie  $o4)ett, 
»el^et  na4  toenigen  klagen  bie  €4eibung  folgen  fottte.  IBriefe  bon  unb  an  ^egel. 
IL   6.19-22. 


^egel  als  Vrofeflox  bet  ^^ilofopl^ie  in  ^eibelberg.  123 

5.  J^aub. 

Tegels  gt5§ter  ©d^fller  in  ^etbeUers  toat  unb  Mieb  ber  tief- 
finnige  S)Qub;  er  Derfenite  fidg  in  bad  ©tubiurn  ber  SEBerfe  Tegels, 
als  biefer  fd^on  in  Berlin  iDar,  er  burd^brang  bie  Cogif  unb  t)erfianb 
nun  erp  bie  ^pi^onomenologie:  biefen  nad&  logifd&er  JDletl^obe  erieud&teten 
993eg  bed  menfd^tid&en  SetDugtfeinS  jur  ISrfenntnig  ©otteS.  Hßa^  l^Stte 
für  Sl^eologie  @tubirenbe  nfl^Iid^er  unb  lDi(|tiger  fein  !önnen  aU  bie 
(ginfül^rung  in  eine  fold^e  SBiffenf^oft?  S)aub  Ia8  im  ©ommerfemefier 
1821  über  bie  l^egelfd^e  ^l^dnomenologie  beS  ©eifleS  Dor  einer  ^al^t- 
reid^en  Sul^örerf^aft  unb  Heg  nad^l^er  feine  Einleitung  in  biefe  SSor- 
tefung  bruäen.  SSon  aQen  ^ulbigungen,  meldte  ^egel  erlebt  l^at,  giebt 
ed  n)O^I  !eine,  bie  geioid^tiger  kofire,  aU  biefe  Seilen  beS  fiebenunb- 
fünfjigiftl^rigen  S)aub:  „Sluf  ba«  Slngeftrengtejie  l^ab'  id^  3]&re  ßogi! 
ftubirt  unb  erft  fo  ifl  mir  enbKd^  ber  Slnl^alt  ^l^rer  $]^dnomenoIogte 
be9  ©eifted  gang  offenbar  tt)orben'\  ,;S)te  Umgebungen,  baS  duger- 
Kd&e  ßeben  unb  feine  3laritftten  »aren  mir  längji,  fd^on  Dor  Sl^rem 
^ierfein  gleidggüttig;  burd^  €ie  aber,  ©ro^er,  ebler  SJlann!  bin  idg, 
feit  ben  legten  beiben  Salären  erfi  eigenttid^  in  ber  SBiffeufd^aft  ein» 
I^eimifd^  U)orben,  unb  l^off  id^,  loirb  mir  anberS  baS  innere  Qeben  nodd 
einige  Stal^re  gefriftet,  nodg  burd^  bie  Sl^at  gu  beioäl^ren,  ba§  im  Süben, 
toie  im  Slorben,  flrenge  SBiffenfdöaft  gebeil^e/^ 


^  aStiefe  Don  unb  an  $egel.  IT.  6.  80.  {fßx.  S)aub8  tom  30.  €ept.  1820.) 
fßi^.  €.  44-46.  (C^egel  an  S)aub.  »ctlin,  9.  ^pxxl  1821.)  «benbof.  @.  55-58. 
(eteuger  an  §egel.  ^cibelberg,  8.  6ept.  1821.)  6.  58-60.  (SJaub  an  ^egel. 
^eibelberg,  19.  @ept.  1821.)  2)te  9Inaeige  bet  biet  in  9lebe  fie^enben  SDotlefung 
l^ic^:  .(Einleitung  in  bo8  6tubium  bet  t^eologifdgen  aj^oral,  Sfteitag  unb  6onn- 
ttbenb  t>on  8—9,  öffentU^V 

SBgl.  ben  fdgbnen  Sluffa^  toon  ^.  gfr.  Sttaufe:  e^Ieiernta^et  unb  S)aub 
in  il^tet  SSebeutung  ffit  bie  ^^eologie  unfetet  Seit  (1889).  @ttau6'  (S^ataftetiftilen 
unb  Ätitifcn  (1844).    6. 1-212. 


124  ^egeU  Setufung  na^  IBetlin. 

Tegels  ßttnfmi  ntOi  ßtxütL 


I.  ®a8  SDflintflertutn  Slltetiftctn. 
1.  6tetn8  Slefotmen. 

2lm  3.  WoDember  1817  l^atte  ^riebridö  SBill^elm  HL  eine  ßabinete« 
orbre  etlaffen,  Iraft  beten  auS  einer  Bifil^erifien  ©ectton  ober  Sfttl^eilung 
im  SWittiperium  beö  3nnern  ein  befonbercS  aRiniftetiunt,  ba8  ber 
©eiftlid&en«,  Unterrid^tgs  unb  aJlebicinalanaelegenl^eiten  gefd&affen  unb 
ber  ©taotfiminifier  ^rei^err  Don  SKtenflein  an  beffen  ©pi^e  geftettt  tourbe. 

Rad  @iegmunb  g^reil^err  Don  @tein  gum  ^Itenflein  aM  3(n86ad& 
(geboren  ben  7.  Ddober  1770),  Don  altfränüfdöem  Slbel,  l^atte  unter 
^arbenberg,  aU  t)reugifcl&em  ©taatsminijler,  feine  Saufba^n  im  93er« 
»oltungsbienjl  ber  bamalß  mit  ^ßrcufeen  Dereinigten  frdnKfdöen  5ürjien= 
tl^flmer  StnSbad^  unb  Sa^reutl^  begonnen,  er  toax  bann  naä^  Berlin 
in  ben  preugifd^en  @taatd-  unb  f^inanjbienft  berufen  loorben  unb  l^atte 
2U  ben  äJt&nnern  gel^ört,  neld^e  mä^  ber  @d^Ia$t  bei  3ena  fi(^  in 
Königsberg  jufammenfQnben,  um  im  ©laubcn  an  bie  Sufunft  ?Preu6en8 
baS  SBerl  feiner  Umgefialtung  unb  Siegeneration  Dorjubereiten  unb  )u 
begrflnben.  Sin  ber^@j)i|e  biefer  i)atriotif(!ö  unb  reformatorifdft  ge- 
Rnnten  2Jlftnner  fianb  ber  gfreil&err  Don  Stein,  »el^er  nad6  bem 
^rieben  Don  Stilpt  bie  ßcitung  beS  t)reu6ifd{ien  ©taatefi  übernal^m  unb 
auf  bem  SBege  neuer,  befreicnber,  bie  Kräfte  beS  SoKeS  loedenber  unb 
entfaltenbcr  ©efe^e  fortfül^rtc,  btfi  ber  Äönig  burdft  Slapoleon  ftdft  ge* 
üwungen  fal^,  il^n  ju  enttaffen  (SloDember  1808). 

SBenn  ein  @taat  fid^  Deriflngen  miS,  fo  mug  er  feine  iugenblid^en 
SSoIISlräfte  planm^gig  zntrDxdAn,  b.  1^.  erjiel^en,  um  fte  ben  großen 
StaatSjioedEen  bienftbar  ju  mad^en,  er  mug  bie  nationalen  ©eftnnungen 
fiärlen  unb  erl^öl^en.  3e^t  toar  für  ben  mobemen  Staat  bie  3eit 
gelommen,  too  er  ein  öffentUdgeS  Srjie^ungSf^ftem  auSbilben  unb  feinen 
Aufgaben  gemäg  ein  (Srjiel^ungSflaat  merben  mugte,  loie  einft  ber 
gried^ifdge  Staat  nad^  ben  3been  beS  $(ato  unb  beS  ^riftoteleS  eine  ben 
StaatSjioeäen  bienfibare  (Srjiel^ung  bejioedEt  l^atte.  3ene  ßrjiel^ungSart, 
loeld^e  $eflaIoj3i  im  Seginne  ber  neueften  3eit  entbedEt,  auf  bie  inteU 
lectueDe  Selbftt^dtigleit  (Snfddauung)  gegrflnbet,  in  il^ren  elementaren 


^egeU  SBetufung  na4  Setlitt.  125 

Sformen  auf  bad  atme  niebere  SSott  angelDenbet  unb  er))ro6t  l^atte, 
foQte  eriDeitett,  fiufenm&gtg  geotbnet  auf  baS  gefammte  93oIf  aus- 
gebel^nt  unb  Dom  Staate  fetbft  geleitet  tt)erben.  S)ie8  tt)ar  Steins 
SIbftddt,  iDomit  audg  O^d^te  gan}  flbereinfiimmte,  ber  n)ai^renb  feine« 
Slufentl^alteS  in  A5nigS6ers  bie  SJletl^obe  beS  il^m  Befreunbeten  $efta< 
lo}ji  jtubitte  unb  bie  Slationalergiel^ung  in  biefem  Sinn  alsbalb  }um 
SE^ema  feiner  „Sieben  an  bie  beutfd&c  Slation"  mad&te  (1808).^ 

2.  mtenfiein»  2)en!f4nft.    2)eT  erße  preu^if^e  (SuItuSminifier. 

Son  bicfen  3been  erfüHt,  mit  Stein«  Sieformen  unb  ?Reformi)ianen 
einDerfianben,  ein  ^reunb  ber  fid&tefien  5p]&iIofol)]^ie,  l^at  SHtenfiein 
nad6  bem  {^rieben  Don  3;ilfit  über  bo8  neu  gu  geflaltenbe  ßrjie^ungfi» 
toefen  eine  fficnffcjrift  Derfafet,  tocld^e  er  Dorl^er  mit  §arbenbcrg, 
Sd65n  unb  SRiebu^r  berat^en  (1807).  SWad^  ber  (Entla|fung  Stein« 
tourbe  er  Staatfiminificr  unb  mit  ber  ßeitung  ber  gfinanjen  Betraut, 
um  bie  SJlittel  unb  SBege  jur  SlBjal^Iung  ber  ungelgeuren  AriegSfd^nlb 
^reugen«  auSfinbig  gu  mad^en.  2)a  er  biefe  Aufgabe  finangieQ  nid^t 
gu  löfen  Dermod^te,  fo  rietl^  er  bem  Itönige  gu  neuen  ©ebietdabtretungen, 
wogegen  §arbenberg,  feit  1810  i)reu6ifd5er  StaatStangler,  SHtenpein« 
(Sntlaffung  empfahl,  oBmol^t  er  beffen  aufrid^tiger  t^reunb  unb  ®önner 
loar  unb  BlieB. 

3m  3a^re  1813  tourbe  SKtenjiein  ©DilgouDcrneur  Don  Sd&lcfien 
unb  gtoei  Saläre  fpöter  nad6  5Pari8  gefenbet,  um  mit  SBUl^elm  Don 
^umBoIbt  bie  älflänal^me  ber  im  Kriege  geraubten  JTunftfd^ä^e  gu  Be= 
forgen.  Seine  ßaufBal^n  l^atte  il^n  mit  bcn  erfien  Scannern  ber  Seit, 
wie  Stein,  ^arbenBetg,  Qä^bn,  SRieBu^r,  SB.  D.  fcumBoIbt  u.  a.  in  ent= 
fdöeibenben  SWomcnten  unb  bcbeutungSDolIen  SBirffamteiten  gufammen* 
gefül^rt,  BeDor  er  am  3.  JloDemBer  1817  „SuItuSminifter"  tourbe,  ber 
erfie  biefer  Segeid^nung,  ben  ^reugen  gel^aBt  ]§at,  unb  einer  ber  rfll^m«' 
Keiften,  D)ft]^renb  einer  SlmtSfQl^rung,  koeld^e  gtoei  ^al^rgel^nte  flberbauert 
]^at  (3.  JloDember  1817  Bi«  28.  S)ecemBer  1838). 

3.  ttniberfltftten.    (drünbungen  unb  ©efal^ren. 

S)a«  Derl^eigungSDoDe  unb  troftreid^e  9Bort  be«  ^önig«,  bag  ber 

Staat  an  geipigen  Ärftften  erfe^en  muffe,  loa«  er  an  pl^^fifd^en  Der« 

loren  l^aBe,  foQte  burd^  bie  neue  flaatlid^e  SSoIIdergiel^ung,  burd^  bie 

©rflnbung  neuer  Sd^ulen  unb  UniDerfit&ten  erfüllt  loerben.    SBftl^renb 

i  28gT.  biefes  aBext  »b.  V.  (gfi^te.  2.  «ujl.)  »u«  II.  dop.  V.  6.  SUfföb. 
SBu4  IV.   Cap.  vn.  6.  731-747.    (3wbüÄ«m»ou«gabe  SSb.  VI.) 


126  Tegels  S3erufund  na4  Serlin. 

SB.  t).  $um6oIbt  bttS  ^reugtfd^e  Unterttd^tSioefen  leitete  (1809),  gebtel^ 
bie  Iftttgft  ge))lQnte  ©rünbung  einet  UntDerftt&t  in  93erlin  jur  Steife; 
mit  bem  ^etbfl  beS  folgenben  Sal^reiS  trat  fie  inS  Seben.  ®(eidg  im 
erften  Semefter  laS  Sd^Ieiermad^er  Aber  bie  ßnc^Kop&bie  ber  tl^eologifd^en 
SBiffenfd^aften,  ©aDign^  über  römifd&e«  9ied6t,  Siiebul^r  über  römifd^e 
@ef(j(|i(!bte,  ^.  9(.  äBoIf  über  ben  2;^u!^btbeS  unb  über  bie  Slnnalen  ba 
£acitu9,  ^bäf)  über  bie  @nc^!Io))ftbie  unb  aJleil^oboIogie  ber  gefammten 
t)]^iloIogifd^en  SBiffenfdgaften,  x^xi^U  über  baS  @tubium  ber  $l^iIofo))l^ie 
unb  über  bie  SBiffenfc^aftSlel^re.  Sr  tt)ar  ber  erße  gett)ft]^Ite  9lector 
ber  UniöerFttät.^ 

3n  ben  preugifdgen  Sanben  gab  eS  einige  aufjul^ebenbe  Uni^lr- 
fitöten,  bie  auö  ÜÄangel  an  Srequenj  ober  »egen  il^rer  blo§  jjroDin» 
aielten  SBebeutung  überflüfftg  unb  unnü^  gett)orben  maren,  tt)ie  2)uiiSs 
bürg,  t^ranlf urt  an  ber  Dber,  @rf urt  unb  SBiitenberg ;  anbere  nunmel^r 
notl^iDenbige  tt)aren  }u  grünben:  bie  altm&rüfd^e  UniDerfitftt  in  ^$ran^ 
fürt  a.  b.  Dber  mürbe  aufgel^oben  unb  m<b  ^reiSlau  Dertegt  (1811),  tt)o  bie 
erfte  preugifd^e  UniDerftt&t  mit  itoti  tl^eologifd^en  t^acult&ten  entftanb;  bie 
Uniöerptät  in  §atte  a.  ©.  tourbc  »ieberl^ergcflellt  (1813)  unb  2Bitten= 
berg  mit  il^r  Dereinigt  (1817);  bie  erfte  fd(|öt)ferifd&e  3(ufgabe,  mli^t 
baS  SJliniflerium  ^Itenfiein  gu  löfen  unb  ju  ben^ftUigen  l^atte,  ba  t)iete 
@d^n)ierigleiten  auS  bem  SSege  gerftumt  merben  mußten,  toax  bie 
©rünbung  ber  neu))reuBifd&en  unb  r^einlänbifd^en  UniDerfitftt  in  93onn 
(1818). 

3n)U)tfd^en  l^atte  fidg  mitten  in  ber  afabemifd^en  Sugenb  ein  burd^ 
bie  Ofreil^eitSlriege  erniedEter  ®eifl  ))atriotif(l6er  a3eftrebungen  unb  t)oIi' 
tifd^en  SleformeiferS  unter  bem  92amen  ber  beutfd^en  93urfd^enfd^aft  er- 
l^oben,  bie  im  3uni  1815  ju  3ena  gefiiftet  toorben  toar,  fi*  fd&nett 
über  bie  beutfd^en  UniDerfitäten  inSgefammt  ausgebreitet  l^atte  unb 
nunmel^r  „bie  allgemeine  beutfd&e  Surfd6enfd6aft"  l^ie§  (1818).  818 
il^r  ju  erftrebenbeiS  3iel  galt  bie  Sinl^eit  unb  SKad^t  beS  großen  beutfd^en 
JBaterlanbefi  im  ©egenfa^e  ju  bem  ol^nmfid^tigen  unb  aerflüfteten 
S)eutfd^Ianb,  loeldgeS  in  bem  neubeutfdgen  93unbe  unb  93unbedtage  t)or 
ben  Slugen  ber  9BeIt  fianb.  Stud^  bie  2:urnanflatten,  mlö)t  einen  fo 
iDefentliÄen  93eftanbt]^ei(  ber  neuen  aSoRSerjiel^ung  auSmadgten,  unb 
beten  erfte  gf.  ß.  3a]^n  auf  ber  ^afenl^aibe  ju  Serlin  erbffnet  l^atte 
(1811),  tl^eilten  bie  burfd&enfd&aftlid&en  3been  unb  »irften  gu  beren 


»  »gl.  biefe«  ©etl.  »u*  IL   €ttp.  V.  6.  315-318. 


^edeU  iBetufuttd  nadft  Seilin.  127 

SSexbrettung.  S(n  bem  SBartburgfefie  am  18.  Dctober  1817  \Dax  bte 
beutfd^e  9}etgansett]^ett  unb  3ulunft  in  f^retl^eitSreben  gefeiert  unb  eine 
llnjal^l  üer^agter  unb  mißliebiger  @d^riften  Verbrannt  iDorben,  baninier 
bie  bee  Sid^terS  9.  Ao^ebue,  ber  aü  ein  potttifd^  tt)te  moraßfd^  elenber 
unb  grunbDerberbßd^er  @(|riftfteDer  galt.  @8  !onnte  nid^t  ausbleiben, 
bag  biefe  gemeinfame  ent]^ufiaftif(!be  Srregung  ber  3ugenb  aud^  in 
fanatifd^e  SluSartungen  unb  Sbloege  geriet^.  2)ie  Dereinjelte  Xl^at  eines 
fold^en  (Fanatismus  toai  bie  Srmorbung  beS  @dgriftfieDerS  9.  Ao^ebue 
in  SDlannl^eim  burdg  St.  ü.  @anb  (23.  Ti&xi  1819),  n)eld^er  jenaifd^er 
©tubent,  SWitglieb  ber  allgemeinen  bcutf d^ien  Surfd&enfdftaf t  unb  Surncr  »ar. 
®em  Sflrpen  SKetternidö  in  SBien,  bem  SBcl&errfd&cr  beS  beutfd&en 
93unbeStageS,  lam  biefeS  SSerbred^en  als  ein  toilllommeneS  €ignal  gur 
Unterbrfidhing  beS  gangen,  auf  ben  Uniüerfttäten  in  SJortr&gen,  @d^riften 
unb  aSerbinbungen  l^errfd^enben  t^reil^eitSmefenS:  bie  larlsbaber  SBe^ 
fd^laffe  mürben  gefaßt  unb  Dom  SunbeStage  am  20.  September  1820 
fanctionirt.  2)ie  burfd^enfd^aftlid^en  SSerbinbungen  mürben  Derboten, 
bie  £umanftalten  gefd(|Ioffen ,  ^rofefforen  unb  Stubenten  auf  baS 
@trengf)e  flbermad^t,  SentraIunterfud^ungS!ommiffionen  eingefe^t,  fRegier» 
ungSbeDoHmfid^tigte  als  SBftddter  ber  UniDerfitftten  ernannt  u.  f.  f. 
3R\t  einem  SBorte,  bie  UniDerfit&ten  mürben  nad^  bem  ^uSbrudEe 
2)al^(mannS  „fe))tembrifirt'' ;  aud^  9liebu]^r,  ber  bie  93adgerDerbrennung 
auf  ber  SBartburg  mit  Siedet  eine  „xfxa^t"  genannt  l^atte,  erbüdfte  in 
ben  farlsbaber  93efA(flffen  eine  Derberblidge  SRagregel;  aber  Aönig 
griebrid&  SBil^elm  ÜL,  fc^on  Aber  6.  3».  «rnbts  ,®eift  ber  Seil" 
fo  Derfiimmt,  baß  er  ben  @tiftungSbrief  ber  UniDerftt&t  93onn  beinal^e 
gurflägel^atten  l^fitte,  Don  ben  burfd^enfddaftlid^en  93emegungen  an  ben 
UniDerfitftten  beunrul^igt  unb  angemibert,  über  baS  9>erbre$en  @anbs 
auf  baS  Sleußerfte  empört,  ließ  ftd^  Don  9)letternid&  für  baS  @^jiem  ber 
9ieaction  unb  UnterbrüdEung  geminnen.  fjürfi  SDBittgenfiein  jiimmte 
mit  aRetternid^  unb  l^atte  baS  D^r  beS  AönigS.  3ur  Suffpflrung  unb 
SBerfolgung  ber  fogcnannten  Demagogen  biente  unter  ben  preußifd&en 
S3eamten  gang  befonberS  Ü.  Sl.  Don  Aamp|  als  SSorftanb  ber  €ection 
beS  $oIigeimefenS  im  ajlinifterium  beS  Innern  (1817).  @r  mar  aud^ 
ber  SSerfaffer  einer  @d(irift,  bie  man  auf  ber  SBartburg  Derbrannt  l^atte. 

4.  S)aft  aetigem&ge  @^ßem. 

©0  jlanben  bie  3eid&en  ber  3eitr   als  in  bem  genannten  3eit= 
punfte  ^ttenftein  baS  preußifd^e  SuItuSminifterium  übernal^m:   gmei 


128  ^t^M  aSerufung  na4  Setlin. 

Sßodgen  Dotl^er  boS  SBattburgfefi,  ein  Sal^r  ttod^  biefem  bte  SonfUtu- 
irunfl  bcr  allaemetnen  beutfdjien  SutWenfd&aft  (18.  DctoBer  1818),  fünf 
ajlonate  f))dter  bte  (Srmorbimg  jto^ebued!  S)ie  @tiftung8ur!unbe  bet 
allgemetnen  SSurfdgenfd^aft  l^aile  erflftrt,  bag  bte  auf  bett  beutfdgen 
^od^f deuten  fiubirenbe  3ugenb  ein  ©anjeS  audmadgen  loolle,  „gegrünbet 
auf  baS  SSerl^ältnig  bet  beutfd^en  3ugenb  3u  ber  loerbenben  (Einheit 
beS  beutfd^en  SSoHs".  9Bte  eS  bem  öfterretd^tfd^en  @taat8lan}Ier,  feinen 
älnl^ftngem  unb  gefügigen  SBerljeugen  fd^ien,  fo  maren  bie  beuifdgen 
UniDerfttäten  in  einem  Sufrul^r  begriffen,  loeldger  um  ieben  ^eid  ]u 
unterbrfldEen  unb  auSjuIof^en  n)ar,  loftete  es  aud^  ba^  fieben  unb 
ßebendUdgi  ber  UniDerfttaten  felbf). 

2)ie8  aber  tt)ar  !eine8tt)eg8  bie  SJleinung  beS  t^teugifd^en  @taat9« 
langlerd  unb  aller  iener  Staatsmänner,  bie  an  ber  Siegeneration 
$reugen$  gearbeitet  unb  fid&  um  ben  Staat  bie  größten  93erbienfte 
ertDorben  l^atten.  @iner  biefer  SR&nner  loar  Slttenftein.  6r  tt)oQte 
aud^,  bag  bem  unreifen  @eba]^ren  ber  ftubirenben  Sugenb,  il^rer  t)or- 
}eitigen  (Sinmif^ung  in  bie  pra!tifd^e  ^olitü,  il^rer  (etbenfd(iaftKd&en 
93erfo{gung  unbefiimmter  Siele  ernftlid^  entgegengetreten  tterbe,  aber 
auf  bem  SBege  nid^t  ber  ©ttoolt,  fonbern  ber  Sßiffenfdgaft  unb  ber 
93ele]^rung.  9let)oIutionen  ftnb  in  ber  Siegel  bie  S)urd(ibrfld^e  gettjalt» 
fam  gel^emmter  (Snttt)idEIungSju{tönbe.  Sine  rid^tig  geleitete  @nttt)id^ 
lung  !ann  eine  UmiD&Igung  üerl^fiten  unb  bie  ret)oIution&ren  eintriebe 
2um  ®uten  koenben.  Unb  burd^  baS  rid^tig  geleitete  SSerft&nbnig 
ber  9BeItjuft&nbe  unb  ber  SBeltenttDidttung  toirb  biefer  groBe  S)ienfl 
bem  Staate  Don  fetten  ber  SBiffenfd^aft  geleiftet,  unb  gtear  einer 
))]§iIof o))]^ifd6en  äBiffenfd^aft,  loeld^e  im  Staube  ift,  ben  @ntn)idEIung8> 
gang  ber  Sßelt,  indbefonbere  ber  ftttßc^en  unb  politifc^en  äBelt,  metl^o» 
bifdd  2U  erleudgten  unb  ju  leieren. 

\  Unter  allen  l)]((ilofortif<ä{lcn  3eitrid6tungen  gab  eS  im  Saläre  1817 
nur  ein  einjiged  S^^em,  tteld^eS  biefer  gforberung  entf))rad(i:  ein 
Softem,  loeld^eS  bie  Seigre  ton  ber  geifligen  SBeUentmiätung  fomol^t 
pl^dnomenologifdd  ate  audg  logifdg  begrflnbet  unb  enc^Üopftbifd^  aus- 
geführt l^atte.  S)iefeS  in  ber  Se]^rmir!fam!eit  begriffene  unb  aufßrebenbe 
Softem  mar  bas  l^egelfd^e.  Unb  eS  gereid^t  ber  Sinfid^t  beS  neuen 
SuItuSmintfterS  gur  guten  $robe,  bag  er  gleid^  in  ben  erflen  Stagen  feiner 
SlmtSfübrung  an  ^egel  gefdgrieben  unb  il^m  ben  nodd  immer  Garanten 
Sel^rflul^I  gi^teS  angetragen  l^at  (26.  Secember  1817).  3n  bem 
rid^tigen  @efü]^I,  ba%  feine  Seit  für  ^Berlin  unb  ebenfo  umge!e^rt  ge- 


^egeU  Sexufuns  na4  SSetltn.  129 

lomwien  fei,  toax  ^egel  jur  Slnnal^me  bereit.  ./®ie  JBebingunflen  xoavtn 
bie  gflttfltgflett:  bie  angebotene  99efo(bung  betrug  }n)ettQufenb  Sl^ater, 
bie  Sntfd^ftbigung  ffir  ben  Umaug  taufenb,  unb  jebe  n)ünf(i^en8iDext]^e 
Odrbetung  fflr  bie  3u!unft  lourbe  in  ber  el^renDoDfien  SBeife  in  9ud= 
fid^t  gefteKt.  ,;2)aS  STlinifierium  fd^Ugt  ben  ©eminn  eines  fo  tiefen, 
mit  gtfinbH(|er  SBiffenfd^aft  anSgerflfteten  unb  oon  fo  emfient  unb 
tid^tigem  ©tteben  befeelten  ©enfer«  unb  atabemifd^en  Cel^rerö  gu  l^od^ 
an,  als  bag  eS  nid^t  gern  aOeS  beitragen  foQte,  n)a8  gur  Erleichterung 
3l&re8  l^iefigen  Slufentl^alteS  nötl^ig  fein  follte.  S^flr  je^t  tofinfd&t  eS 
nid^t  uiel^r,  ate  ba«  SBerlangen  fo  Dieler,  bie  auf  bie  fflefe^ung  beS 
Sel^rfiul^td  ber  ^l^ilofopl^ie  fd^on  lange  gel^ant  l^aben,  red^t  batb  t)oII> 
lommen  befriebigt  gu  fel^en.**^ 

Tegels  9(nfid^ten  Aber  $reu§en  Igatten  fidö  mit  ben  Seiten  ge&nbert; 
bie  Seiten  toaren  in  biefem  5alle  toeItgefd6id&tUd6e  Ärifen  getoefen, 
3n  feiner  Äritif  ber  SBerfaffung  ffieutfd&Ianbfi,  bie  bor  ber  ©d^tad&t 
bei  3ena  gefd&rieben  mar,  l^atte  er  ben  abfolutiftifd&en  SWiUtftrftaat 
t)or  Sugen,  morin  aOeS  Don  oben  Igerunter  geregelt  unb  commanbirt 
mar,  mie  in  ber  centralifirten  frangöfifd^en  9lepub(il  (Sin  fotdgeS 
@taatsmefen  entf))radg  leinesmegS  ber  @taatsibee  Tegels.  „9Ba8  in 
einem  fold^en  mobernen  @taat,  morin  Wlt^  Don  oben  l^erunter  ge^ 
regelt  tjt,  —  mie  ftd&  bie  frangöfifd^c  gfiet)ubnf  gemad&t  l^at  —  für 
ein  leberneS  geijHofe«  ßeben  fi^  ergeugen  mirb,  ifi  in  ber  3u!unft 
erfl  gu  erfol^ren ;  aber  meldjieS  ßeben  unb  meldte  ffiürre  in  einem  anbcm 
ebenfo  geregelten  Staate  l^errfdgt,  im  ^reugifdgen,  baS  fftDt  jebem  auf, 
ber  baS  erfte  2)orf  beffelben  betritt,  ber  feinen  DöSigen  SJlangel  an  miffen- 
fd^aftUd^em  ober  Iflnfllerifd^em  ®enie  fielet,  ober  feine  @t&r!e  nid^t  nad^ 
ber  epl^emerifdgen  Energie  betrad^tet,  gu  ber  ein  eingelneS  ®enie  il^n 
für  eine  Seit  l^inaufgugmingcn  gemußt  l&at/"  SRad&bem  nun  5Preu§en 
aus  feiner  Jiiebertage  Iraft  feiner  eigenflen  Siegeneration  nid6t  bto§ 
als  ein  neuer  Snilitärfiaat,  fonbern  gugteid^  als  ein  neuer  SrgiebungS^ 
flaat  l^erDorgegangen  mar,  lonnte  ^egel  in  feiner  l^eibelberger  Antritts» 
rebe  am  28.  Dctober  1816  mit  {^ug  unb  Sfled^t  fagen,  baß  bie  ^err- 
fd^aft  ber  Sbeen  begonnen  l^abe,  unb  baß  eS  n&^er  ber  ))reußifd&e 
Staat  fei,  meld^er  auf  SnteQigeng  qtbant  fei.^ 


^  9lofen!rana.  6.  SlSffgb«  Seiber  fel^Icn  mit  einet  HuSna^me  in  ben 
.^Tiefen  Don  unb  an  ^egel'  bie  gtotf^en  f[Iten{letn  unb  $egel  detoe^fetten 
»tiefe.  —  s  Sflofenhana.  6.  244.  —  >  @«  oben  Qiap,  IX.  @.  102. 

9if4eT,  «cf«.  b.  Wlof.  Vm.  9t  «.  9 


130  it%M  Berufung  na4  SBetlin. 

n.   3o]^annc8  ©d&ulje.^ 
1.  SilbungSgang  unb  dugenbf^idfale. 

?lod5  in  bemfclben  3a^rc,  in  »cld&cm  ^egcts  SBerufung  erfolgt 
mar,  l^atte  $[(tenftetn,  Don  9lnfang  barauf  Bebad^t,  bie  SltbeitSlräfte 
in  feinem  Dietumfaffenben,  mit  fd^toeten  ^rbeitslaften  flbetl^ftuften 
SWinifterium  ju  öermel^tcn,  eine  Dotaftglid&e  Äraft  in  bem  iugenb- 
li^en  3o]^anne8  @d^ul}e  gett)onnen,  ben  er  auf  ^arbenbergS  aus  ^erfön» 
lid^er  jtenntnig  gefd^ö^ften,  nad^brüdEHd^en  em))fe^Iung  ate  Stat^  für 
ben  3toeia  ber  l^ö^eren  Unterrid^tiSanflalten,  }un&d6fl  ber  ©^mnaften, 
bann  audd  ber  UniDerfii&ten  in  baS  preugifd^e  SuItuSminifterium  be- 
rufen l^attö  föufi  1818). 

3ol^.  Sd^ulje  aus  2)ömi^  in  3Jled((enburgs€d&n)erin  (geboren  in 
bem  ©täbtd^en  93rflel  ben  15.  Januar  1786),  ©ol^n  lool^Il^abenber 
(Eltern,  auf  ben  geleierten  Sd^ulen  gu  ^anau  in  Reffen  unb  jtlofler 
93erge  in  $reugen  gum  @tubium  ber  $]^iIoIogie  Vorbereitet,  in  ^alle, 
loo  audg  S^teiermad^erS  93orträge  ifin  tief  ergriffen  unb  angeregt 
l^atten,  entl^uftafiifdeer  Sd^üler  beS  großen  $^iIoIogen  9-  ^*  SBolf  unb 
3nitglieb  feines  ©eminarS,  in  Seipjig  unter  ©ottfrieb  ^ermann  ge» 
f^ult,  burdg  O^tang  $af[o)o,  mit  bem  er  in  Vertrauter  unb  beft&nbiger 
t^reunbfd^aft  Derbunben  loar  unb  blieb,  an  ba§  @^mnafium  nadg 
SBeimar  gur  SSilbung  unb  SluSbilbung  einer  @electa  im  ©ried^ifdgen, 
unb  oon  l^ier  nad^  einer  faft  Dierjäl^rigen  SBirIfamleit  (@e))t.  1808 
bis  ÜJlarg  1812)  nad^  Reffen  gur  Umgeftaltung  unb  Seitung  ber 
©d&ule  in  §anau  berufen,  toar  er  im  Srül^ia^r  1816  mit  tJreubcn 
einem  SRufe  als  Sc^ulratl^  nadg  Sobleng  gefolgt  unb  !onnte  auf  einen 
unvergleid^lid^  intereffanten,  l^öd^fi  erinnerungS«  unb  fd^idCfalSreidgen 
ßebenSlauf  gurfldEblidEen,  als  er  mit  gtoeinubbreifeig  Salären  feinen  neuen 
SBirlungSireiS  in  93erlin  antrat,  ben  er  Aber  mergig  ^al^re  (1818  bis 
1859)  gum  9lu|en  ber  ^ireugifd^en  UniVerfttaten,  tote  gum  eigenen  fRul^m 
auSfflHen  foKte. 

6r  l^atte  in  ^atte  bie  Spod^e  beS  Untergangs  erlebt  unb  er« 
litten:  bie  ßrfd&cinung  JRapoIconS,  bie  Slufl&ebung  ber  Uniberfitftt, 
bie  Vertreibung  ber  ©tubenten,  beren  einer  er  felbfl  toar.  6r  toar 
nad^  Serlin  getoaubert  unb  bort  an  bem  Sage  eingetroffen,  an 
loeldgem  9la^oIeon  an  ber  @))i|e  feiner  fiegreid^en  Slrmee  trium))]§irenb 


^  3u  togl.  Dr.  (S,  S^atrentta^)):  Sol^anned  64u(se  unb  baS  l^ö^ere  |)teu6tf4e 
UnteTTt^tStDefen  su  fetner  Seit.    8ei))gig,  Seubner,  1889. 


^gell  SBetttfuna  na4  SSetlin.  181 

butd^  baS  branbenburger  Zl^or  einsog,  ftnftet  bUdCenb,  in  feinem  grauen 
9{od,  leintet  fid^  bad  (befolge  bet  3Jlatf(!6dlIe  unb  ©enerale  in  \ixa^U 
DoDem  @d^mu(!;  er  l^atte  am  anbem  £age  ben  Aaifer  gefeiten,  mie  er 
im  Suflgarten  unter  feine  @oIbaten  bie  Sl^renlreuge  auStl^eilte;  bann 
iDar  er  in  feine  ^eimatl^  nad^  2>fimi^  gurüdgefel^rt ,  um  bei  ben 
S)ur(i&3flgen  ber  franjöfifd^en  Zxnpptn  l^älfreid^en  SSeifianb  )u  leifien,  unb 
l^atte  bei  biefer  ©elegen^eit  2)rouet,  ben  $oflmetfler  Don  €t.anene]^ouIb, 
fennen  gelernt,  ber  bie  ©efangennal^me  Subioigd  XVI.  in  SSarenneS 
Betoirlt  l^atte.  3n  Mpm,  tool^in  er  ben  ©rafen  Don  5PüdEler  begleitet, 
l^at  er  bie  Sfreunbfd^aft  @eumeS  gewonnen  unb  ftd^  in  ben  £)iben  ber 
fifreimaurer  aufnehmen  laffen,  um  in  ber  Soge  ju  ben  brei  $almen 
t)atriotif(!be,  ben  franaSfif^en  @))&]^em  Derborgene  Sieben  ju  l^alten. 

3n  SSeimar  toar  er  balb  nadd  feiner  Stniunft  ein  Sfugenjeuge  ber 
gifinjenben  ^apoleonöfefie,  toel^e  ber  Dom  Äaifer  ber  Qfranjofen  in 
ben  Octobertagen  1808  gelabene  Of&i^fiencongreg  gu  (Srfurt  mit  ftd^ 
brad^te.  3n  ber  ^Begleitung  SflapoteonS  mar  S^atte^ranb,  ber  baS  gro§e 
3agbfeft  am  6.  Dctober  mitjumad^en  meber  bie  $f[id&t  nod^  n)eniger 
bie  Suft  ]§atte,  fonbern  eS  Dorgog,  in  SBeimar  gu  bleiben  unb  fid^  bie 
SBibHotl^el  geigen  gu  laffen,  mogu  @d^ulge,  ber  frangöfift^en  ©prad^e 
mftd^tig,  ben  Sluftrag  erl^ielt.  Unter  ben  @d^ä^en  ber  SBibUotl^el  ^at 
ber  frangöpfdfte  Staatsmann  mit  befonbercm  3ntereffe  ßucafi  eranad^ö 
^anbgeic^nungen  gu  Cutl^erS  SSibelfiberfe^ung  unb  S^ifd^beinS  ^omer« 
iQuftration  in  forgf&Itigen  Slugenfdgein  genommen.  SIm  9benb  biefeS 
£age8  toaxm  im  parterre  bed  ^oft^eaterS  gu  SBeimar  Abnige  unb 
tJürflen  Derfammelt,  in  bereu  SRitte  bie  beiben  Äaifer  tl&ronten;  ber 
£ob  SdfarS  mürbe  auf gef flirrt,  S£alma  f))ielte  ben  S^Afar.  93on  ber 
©alerie  au8  betrad&tete  ©d^ulge  bie  beiben  granbiofcn  6d&auft)icle  im 
parterre  unb  auf  ber  SSül^ne.  31m  ^benb  beS  folgenben  SEageS  flanb 
er  in  SCatmaS  JWftl^e  unb  fonnte  beobad^ten,  toie  biefer  mit  gefl)anntem 
unb  befriebigtem  Sntereffe  baS  @))iel  beS  %  9.  äBoIff  in  ber  9lolIe 
be«  5Pofa  Derfolgte.  SHJeldjie  ©ontrajle:  gcflern  f})iett  Xalma  ben  3;ob 
€afar8,  l^eute  ergoßt  er  {td^  an  ber  S)arfteDung  beS  fd^iHerfd^en  $ofa! 

Um  ))atriotifd&  gu  n)ir!en,  ift  @d^ulge  audd  in  ber  ^malienloge  gu 
äSeimar  ate  fRebner  aufgetreten,  unb,  maS  eines  feiner  mer!mfirbigften 
Sriebniffe  ift:  er  l^at  im  ^ril  1809  bie  Stnrebe  an  SBielanb  gel^alten,  aU 
biefer  in  ben  ©unb  ber  (Freimaurer  eintrat,  bem  aud&  Äarl  atugufl  unb 
®oet]^e  angel^örten.  2)er  loeltbargerlidgen  ©eifteSart  bed  9lejlor8  ber 
beutfd^en  S)id{iter  gegenüber  l^at  er  in  fetner  fRebe  bie  ))atriotifd&en 


132  ^cgeU  SBerufung  na4  Setlttt. 

(Seftnnungen  unb  ^fltd^tgefai^Ie  nad^btttdEtid^  l^erDorgel^oben  unb  gefeiert. 
(Sr  mar  breiutibjiOQngig  alt,  SBielanb  fed^Suttbftebjig.  —  S)er  2)rQng  gu 
rebnerifd^r  unb  l^crgbetoegenber  SBirffamfcit  »ar  in  il&m  fo  ftaxt,  baß 
er,  ol^ne  burd^  bas  Siubium  ber  Sl^eologie,  burd^  Prüfung  unb  Drbi» 
nation  bagu  t)orbereitet  unb  berufen  gu  fein,  als  religiöfer  Stebner 
bie  Aongel  betrat  unb  fott)o]^{  in  ber  @tabtlir$e  gu  SBetmar  als  audg  in 
ber  alten  @d^Iog!ir$e  gu  @d&tt)argburs  eine  Stetige  Don  ^rebigten  gel^alten 
(Dom  SioDember  1808  Big  gum  ^erbfi  1810)  unb  in  gtoei  Sammlungen 
l^erauSgegeben  Igat  (1810  unb  1811),  bereu  gioeiie  bem  erften  latl^o- 
lifdden  Airdgenfürften  beS  bamaligen  S)eutfd(|Ianb8,  Aarl  Don  2)aI6erg, 
bem  $rima9  beS  9ll^ein6unbeS,  gett)ibmet  ifl.  Unter  ben  Sd^fllern  unb 
SSerel^rern  ©d^Ieiermad^erS  ift  3o]^.  @d^ulge  lool^I  ber  erfte  gen)efen,  ber 
bie  Jtangel  ^erberS  beftiegen  l^at.  9(8  er  fein  fünfgigi&^rigeS  3)ienfts 
iubilaum  feierte  (1858),  ifl  in  ber  tt)eimartfd6en  @tabtfirdE)e  jener 
^rebigten  rfl^menb  unb  banibar  gebadet  morben.  S)ie  fflrfUid^en  gfrauen, 
tt)ie  bie  ®ro^l^ergogin  fiuife,  bie  Srbgrogl^ergogin  äJlarta  ^aulomna, 
bie  $ringefftn  Caroline  (bie  audg  litterargefd^id^tlid^en  Unterrid^t  Don 
il^m  em))fing)  unb  bie  t^flrftin-^Tlutter  Caroline  Don  IRuboIfiabt 
l^aben  i^n  gern  gel^ört.  f^rau  S^arlotte  Don  @d(|iller  ffll^Ite  fid^  burd^ 
bie  Sinfad^^eit  ber  l^erberfd^en  ^ebigt  mel^r  angefprod^en  aU  burdg 
bie  entl^uftaftifd^e  UeberfflUe  ber  Sieben  @^ulge8,  bodg  mar  fte  il^m 
Don  bergen  freunblid^  unb  ban!bar  geftnnt  unb  l^atie  bagu  audg  aQe 
Urfad^e,  ba  er  aus  Rietst  unb  Semunberung  far  ben  großen  2)id&ter 
i^ren  Sol^n  Srnfl  foiool^l  an  feinen  Sel^rftunben  im  (S^mnafium  Stl^eil 
nel^men  Keg  aU  t)riDatim  unenigetbUdd  unterrid^tete.  9[u$  f^rau  Sulie 
Don  Sengefetb  unb  ^xau  AaroKne  Don  SBoIgogen  (©d^illerS  Sd^mieger» 
mutter  unb  @(!biofigerin)  l§at  er  fennen  gelernt  unb  ber  le^teren  auf 
il^ren  SBunfd^  bie  Sragöbien  beS  ©opl^olles  in  Siolbergd  Ueberfe^ung 
Dorgetefen. 

91m  SO.  Sanuar  1811,  bem  ®eBurt8tage  ber  ©rog^ergogin  Suife, 
tt)urbe  SalberonS  erl^abened  5{:rauerf))iel  „2)er  ftanbl^afte  $ring"  gum 
erften  mate  im  meimarifd^en  SEl^eater  aufgeffll^rt  unb  3o]^.  @d(iulge  Don 
biefer  tiefftnnigen  religiöfen  S)id&tung  fo  mftd&tig  ergriffen,  ba§  er  eine 
SdEirift  baraber  Deröffentlid^te,  bie  gtt)ar  auf  ben  SQSunfd^  ©oetl^eS  Der« 
fa§t,  aber  burd^  il^ren  gu  aberfdgm&nglid^en  Sa{beron«Sultu8  gar  nid(|t 
nadg  feinem  @inne  ausgefallen  loar.  SBeit  mel^r  bem  @inne  unb 
SBunfd^e  ©oetl^eS  gemftg  loar  bie  Verausgabe  ber  SBer!e  SBindEel» 
mannS,  inSbefonbere  ber  Aunftgefd^idgte,  mogu  3ol^.  @(^ulge  fi^  mit 


Tegels  aSentfung  na4  Berlin.  138 

^einri^  SDte^er  ouf  ben  S(nttte6  beiS  leffteren  Deretntgt  l^atte.  9)ltt 
tooller  Eingebung  l^ai  et  biefe  Arbeit  aui^gefül^tt  unb  tl^t  einige  Sa^re 
l^inburd^  feine  äJlugefiunben  gen)ibmef.^ 

3(6  öermntl^e,  ba§  im  Qfrül^iQl^r  1811  bie  Äufffll&rung  be8  jlanb= 
l^aften  ^n}en  in  SBeimat  toiebetl^olt  iDorben  ifl,  unb  bag  bamols 
ein  iunger,  nod&  in  feinen  a!abemifd&en  ßel^tjal^ren  begriffener  SKonn 
jenen  tiefen  unb  forttoirfenben  (ginbrudE  erlebt  ^at,  ben  feine  fpöteren 
@(i^riften  bejeugen:  id^  meine  9[.  @$o))en^auer,  ber  in  ben  Solaren 
1808  unb  1809  ba9  teeimarifd^e  ®^mnafium  befuc^t  Igat  unb  als  ein 
@Iieb  ber  @e(ecta  ni(i&t  blog  ^affotoS,  fonbern  aud^  3.  ©d^uIjeS 
©dualer  gen^efen  ift.  93on  allen  feinen  @dgalern  toai  @($open]^Quer 
ber  merlwflrbigpe  unb  nad&mals  berfl^mtefte.  5Dod&  l^at,  fo  Diel  xtb 
fel^e,  Sd^ulge  fid^  niemals  biefeS  Sd^ftterg  erinnert,  unb  Qi^opm^amx 
niemals  biefeS  Sel^rerS.  Slud^  bag  ein  ße^rer  @dgot)en]^auerS  ein  fo 
tDiddtiger  @d^fl(er  ^egels  gemorben  ifl,  n)ie  Sol^anned  ©d^ulge,  bärfte 
ftdg  lool^I  nur  ein  einjigeS  mal  gugetragen  l^aben. 

3lad6  einer  fafl  Dierjiöl&rigen  2Birffamleit  in  SDBeimar  toirb  er  im 
gfrül^jal^r  1817  Don  Äarf  Don  S)afterg,  bem  ©rogl^erjog  Don  gfran!furt, 
als  Oberfd^ulrat)^  unb  @(!6uIbirector  nad^  ^anau  berufen,  um  bie 
bortige  „l^ol^e  ßanbesfd&ule"  gu  reorganifiren  unb  gu  leiten.  ®ie  Se= 
rufung  neuer  ßel&rfräfte  ifl  i^m  anDertraut.  6ine  ber  erjlcn  Serufungen 
ift  gfriebridö  9lüdfert,  ?PriDatbocent  ber  5ßl^ilotogte  in  3ena  (1811), 
ber  bie  Berufung  Dom  1.  2)ecember  1812  annimmt,  nad^  ^anau 
lommt,  fid^  mit  @d^ulge  befreunbet  unb  Dertraulid^e  3n)iegefprdd&e 
pflegt,  aber  nod&  Dor  ber  Eröffnung  beS  neuen  ©^mnaftumS  (1.  Sfcb» 
ruar  1813)  p\b^\xiSi  ol^ne  Sfbfd^ieb  Derfdfttoinbet  unb  ben  f^reunb  brief= 
lid^  um  @d^onung  bittet,  ba  er  Don  Sd^koermutl^  niebergebrflät  fei. 
S)ie  3eitl&ufe  finb  l^öd^ft  fd^iäfalSDoII  unb  J^öd^ft  aufregenb.  2)ag 
3a]^r  1812  fal^  ben  Selbgug  9la})oIeonS  gegen  fRufelanb,  ben  SBranb 
Don  9}toSlau,  ben  9lüdEgug  unb  Untergang  ber  großen  Strmee. 

€S  loar  am  16.  ©ecember  1812  3iad&mittag8,  als  ©d&ulge  im  ©afl« 
l^aufe  gum  ^Riefen  am  gfenfler  fianb,  auf  bie  tiefbefdfeneite  Strafte  l^erab* 
blidfenb.  „(gin  ©d&ütten  ful^r  Dor,  id6  erlannte  beim  Slußfieigen  SlaDoIeon 
unb  eilte  l^inein,  bem  ©afltoirtl^  ©bermaier  Äunbe  gu  geben.  ©d^toerfftDig 
beloegte  er  ftd^  aus  bem  ©aftgimmer  unb  hl^rte  balb  feud^enb  mit  ber 


1  S)et  ölette  f8anh  ber  Äunligefc^idjte  erfc^ien  Oftern  1815,  bie  SBorrebe 
iP  öom  22.  aR&TS  1815,    »gl.  S8orrentra<)p.   6. 176. 


134  ^cgeU  Berufung  na4  iBerlin. 

3lai^xiä)t  gurfldE,  bog  ber  Aaifer,  um  ein  2)tner  bei  il^m  einjunel^men, 
Itd^  in  einem  Simmer  beS  etften  @to(in)erl8  befinbe.  Reiter  tänbelte 
ber  Aaifet  mit  ber  il^m  aufioartenben  Sfrau  Sbermaier  tinb  eilte 
SlbenbS  aber  {^ran!furt  tro|  beS  (SiSgangd  im  Sll^ein  nadg  ÜJlainj." 
@o  fddilbert  ©d^ulge  biefeS  ßrle&nig  in  feinen  S)en!n)firbia!eiten;  er 
fei  ber  erfte  gen)efen,  ber  3lQpoUon  erfannt  l^abe. 

3)a8  3a]^r  1813  brad^te  bie  Srl^ebung  2)eutf(i6IanbS,  bie  groge 
europdifdge  ßloaUtion  gegen  ba8  franjöfifd^e  Aaiferreidg,  bie  ^uflöfung 
beS  Stl^einbunbeS,  bie  SSSlforfdglad^t  bei  Seipsig,  3lapoUoni  Slfldjug 
nad^  Of^anfreid^,  ber  burd^  bie  @d&lQd(|t  bei  ^anou  nod^  erlftm))ft  loerben 
mugte.  93on  bem  Sl^urm  feines  ®^mnaftum8  l^at  3.  ©d^ulje  bie 
@d&Ia$t  gefeiten,  biefe  le^te  Sd^Iod^t  ytajfoUoM  auf  beutfdgem  99oben. 
9lun  lonnte  Siadert  feinem  get)regten  bergen  ßuft  madSien,  er  t^t 
es  in  ben  „gel^arnifdöten  Sonetten",  toelc^e  bie  ^Befreiung  ©eutfd&Ianb«, 
bie  aSernidgtung  3lapoUon^  jaud^jenb  t)erfflnbeten,  unb  beren  eines 
Qud&  ben  ^elbentob  2:^eobor  AornerS  get)riefen  l^at. 

SS  tarn  bie  3eit  ber  Sieftauration,  unb  3-  ©^ulge  l^ot  in  ^anau 
nod^  bie  Slnfdnge  ber  l^effifd^en  Steftaurotion  erlebt  unb  erlitten,  er 
]§at  in  bem  n)ieberge!ommenen  Aurfürfien  SBill^elm  I.  ben  X^))US  eines 
gflrften  Dor  Sugen  gel^abt,  Don  bem  baS  SBort  in  DoIIer  äBal^rl^eit 
galt,  bag  fie  nidgtS  gelernt  unb  nid^ts  ))ergeffen  l^aben.  SDiefer  gurfld^ 
ge!ommene  AurfQrft  offm  Aur  tooUtt  aUeS  fo  toieberl^ergefteQt  feigen,  mie 
eS  DormalS  gett)efen  roax,  felbft  bie  SipU  ber  Solboten,  S)q  3.  Sdgulje 
aber  ausgelebte  3uftftnbe  loieberl^ergufteEen  gar  ni^t  geneigt,  Dietmel^r 
neues  geiftigeS  Seben  gu  fd^affen  aus  allen  Säften  beftrebt  loar,  fo 
rid^teten  ftd^  feine  SBünfdge  nad^  ^reugen,  unb  gtoar  nad^  ben  neu« 
preugifd^en  Sll^einlanben,  too  bamals  3ofef  ®öneS,  ber  93egrfinber 
unb  Herausgeber  beS  „Sll^einifd^en  3Rer{ur"  in  ßlobleng,  feiner  SSater» 
ftabt,  ben  öffentlid^en  Unterricht  gu  leiten  l^atte  unb  ie^t,  Dom  Offner 
beS  S)eutfd6t^umS  ergriffen  {xdiz  Dorl^er  Don  bem  beS  f^rangofentl^umS 
unb  f))&ter  Don  bem  beS  UltramontaniSmuS),  bem  entl^uftaftifd^  ftets 
erregbaren  ©d^ulge  i,S)onner  unb  99li^e"  in  feiner  3^itfd^rift  gu 
reben  fd&ien.  (&x  »ürbe  ©örreS'  Slntrftgen  gern  gefolgt  fein,  aber  fie 
ffil^rten  gu  feinem  SRefultat,  ba  fie  nid^t  bie  Unterftfi^ung  ber  9tegierung 
fanben.  SQSirfungSDoDer  tt)aren  bie  Smpfel^lungen  Don  @$leiermad^er, 
SBolf  unb  namentlid^  @flDern  in  Serlin,  loeld^er  le^tere  htm  ^öl^ere^ 
Unterrid^tsn)efen  im  ällinifterium  beS  Innern  Dorftanb.  3m  Slprit 
1816  tturbe  @d^ulge  als  ^roDingialfd^ulratl^  nad^  €obleng  berufen  unb 


^t^M  ^etitfttitg  na4  S^erlin.  135 

mit  bet  Slufgabe  Betraut,  bte  rl^etntänbtfd^en  G^tnttafien  }u  teorgamfiteti. 
3ur  SluSfai^tuns  btefeiS  Stotdfi  l^at  er  in  ber  oberflen  Alaffe  beS 
(S^rnttaftumS  gu  Soblen}  felbfl  ben  Unterrtdgt  in  ben  alten  ®pxaä^tn 
ertlgeilt.  Stner  feiner  bamaligen  @d^fller  n)ar  ^ol^anned  SÄäUer 
aus  Soblenj,  ber  nadg  ber  Slbftd^t  feines  SSaterS  ^anbtottUx  unb  nadg 
bent  Statine  Sd^uljed  ein  SJlann  ber  Siffenfcigaft  merben  foKte  nnb  ber 
berfll^mte  ^l^^fiobge  geworben  i{l,  ber  feine  SBiffenf^aft  reformirt 
unb  ber  UniDerfitftt  99erUn  ju  l^ol^em  Stul^me  gereicht  l^at. 

2)a  Sd^ulge  guglei^  äRitglieb  beS  (S^onfifioriumS  ti)ar,  fo  lieg  er 
fid^  bte  Orbination  gum  !ird(|{id^en  Siebner  ertl^eiten  unb  l^at  aU  fold^er 
gteei  ^ebigten  gel^alten:  bie  erfie  gur  Xobtenfeter  ber  ©efaQenen,  bie 
gtteite  gum  9teformation$fefte  am  31.  Dctober  1831.  3Jlxt  bcm  Slefor- 
mationSfefte  l^atte  ber  Siebner  bie  Don  t^riebridg  SBUl^elm  m.  gteid^- 
geitig  fiefliftete  Union  ber  eDangelifclen  Äird&e  gu  feiern. 

2)er  na(fe  feinem  Stange  erfte,  bebeutenbfte  unb  intereffantefte 
SRann,  bem  3.  @d^ulge  gteid^  mä^  fetner  Slnlunft  in  Sobleng  ftdg  Dor- 
gufteSen  l^atte,  loar  ber  commanbirenbe  ©eneral  9leib]^arbt@rafk)on 
®neifenau,  Aber  beffen  $erfönK(i^{eit  unb  6inbru(f  er  bie  entgüdCteflen 
Briefe  an  feine  (Jrau  g^fÄneben.  ©neifenau  fam  mit  bem  Ucberfe^er 
beS  Slrrian  atebalb  auf  ^ej:anber  ben  ®rogen  unb  toeiter  auf  9lapoIeon 
gu  fpredöen,  unb  biefem  ®efprftd&c  gab  ber  gro§e  Örfbl^err,  toeld&er  fo 
\>\d  gu  bem  @iege  Don  SBaterloo,  bem  enbgflitigen  unb  Derni^tenben 
@iege  aber  9lapoIeon,  beigetragen  l^atte,  bie  fd^Sne  unb  treffenbe  Sc^tug- 
toenbung:  „Unfere  Alug^eit  l^at  il^n  nid^t  flbertounben,  fonbern  bie 
l^ol^e  il^m  unDerfiftnbUd^  gebliebene  93egeißerung  unb  93aterlanbsliebe 
be«  preufeifd&en  JBoIte".^ 

9lun  lernte  er  aud^  ben  Sbef  beS  ©eneralftabd  A.  Don  Staufe- 
D)i|  iennen,  ben  bur($  feine  nad^gelaffenen  3Ber!e  fo  beräl^mten  äJlilitdr- 
fddriftfteOer,  toel^en  il^m  @neifenau  als  feinen  n&d^ften  g^reunb  begeid^nete^ 
unb  ber  ate  ber  üflgfte  unb  toiffenfd^aftUd^fie  Offigier  ber  gangen 
t)reu6ifc&en  Slrmee  galt.  Äeine  größeren  ©egenfft^e  lonnte  man  pc& 
Dorftetten  ate  ©örreS  unb  €taufen)i|,  bem  bei  fei"^^  ©etool^nl^eit  an 
bie  militärifdgen  Orbnungen  unb  an  bad  concrete,  beftimmie  unb  präcife 
©enfen  toie  Sieben  bie  t)oKtifd6en  SIgitationen,  bie  unbeflimmten  3been  unb 
baS  beclamatorifd^e  Untoefen  beS  anbem  Don  ©runb  au8  guD)iber  »aren, 


1  S^artentrap^.  6.  180.    SSgl.  in  SBeatel^ung  auf  ba9  SSot^crgel^enbe  qu4 
146  u.  6. 156. 


136  fQt^tU  SBetufung  na4  »etliii, 

tDftl^renb  ©d^ulje  feiner  fiflrmtfdgen  Stebegetoalt  nad^gafi  unb  fogar  eine 
polttif^e,  Don  ®ötreS  Detfagte  nnb  an  ben  Rbnxq  serid^tete  S(breffe, 
meldte  bie  S3itte  um  aSecfaffung  entl^ielt,  untergetd^nete,  toa^  tl^m  eine 
offtjielKe  9tfige  gujog,  bie  einjige,  bie  er  ie  erl^olten. 

£ro^  ber  leibenfd^aftlid^en  Erregungen,  bie  il^n  fflr  ober  loiber 
fiefiflrmten,  mar  er  in  feiner  Slnttdffll^rung  ein  l^öd^ft  pf^id^ttreuer,  \aä^ 
lunbiger  unb  auSgegeid^neier  ©efd^&ftSmann.  918  fid^  ber  }>reu6tfd^e 
©taatölangler  im  3al^re  1817  in  ben  9t^einlanben  aufl^ielt,  lernte  er 
il^n  ))erfönnd^  lennen  unb  feine  amtlichen  9)erbienfte  unb  Talente 
fd^d^en,  unb  eS  gefd^al^  auf  feine  Sm))fe]^Iung,  ba^  il^n  Stttenftein  im 
3uU  1818  3u  fid^  nad^  93erlin  rief.  2)er  in  ben  Sll^einlanben  bt^ 
koanberte  unb  Bemftl^rte  ©d^ulratl^  !onnte  il^m  bei  ber  eben  im  äBerfe 
befinbUdden  ®ranbung  ber  UniDerfit&t  SSonn  gute  S)ienfte  leiften. 

2«  2)ie  SBerbft^ttgungen. 

93id  au  meldten  Unge^euerlid&!eiten  bie  SBefflrddtungen  Dor  ben 
UniDerfitftten  unb  ben  fogenannten  bemagogifd^en  Umtrieben  unb  nad^ 
bem  3na§e  ber  g^urd^t  au4  bie  SSerbftt^tigungen  gro§  gemad^fen  maren, 
bat)on  l^at  Sd^ulge  in  ben  Slnfftngen  feiner  SBirffamleit  ate  ©el^eimer 
Oberregierungfiratl^  im  preugifd^en  SultuSminiflerium  ju  Serlin  eine 
red^t  merlmflrbige  $robe  erfal^ren,  loeld^e  il^n  felbfl  betraf.  S(uf  einer 
3nf))ectiondreife  im  ^erbf)  1819  l^atte  er  bem  93efu^  ber  @d(|u())forte 
einige  S£age  genibmet  unb  eines  @onntagd  Don  l^ier  aus  einen  SluS» 
f[ug  nad^  €d&Iog  SDornburg  unternommen,  um  eine  bort  anioefenbe, 
il§m  Don  Sßeimar  l^er  befreunbete  ^amt  toiebergufel^en.  @r  tt)U§te 
nidgt,  bag  audg  ber  ©rog^ergog  Aarl  Slugufi  fid^  3U  berfelben  Seit 
bort  aufl^ielt.  Siefer  aber,  aU  er  Don  @c^uI}eS  Snmefenl^eit  ge]()ört 
l^atte,  iDünfd^te  il^n  gu  fpred^en.  Sie  DUtraulid^e  Unterrebung,  bei 
joeld^er  nur  bie  Erbgrogl^ergogin  unb  gmei  ^ofbamen  jugegen  toaren, 
betraf  bie  3)emagogenunterfud6ungen,  bie  bem  ©rogl^ergog  fd^on  Diel  gu 
f Raffen  gema(!^t  unb  Dielen  ^erger  unb  UnmiQen  erregt  l^atten.  @d^ulge 
fpradd  fid^  gegen  biefelben  au8  unb  fd^ilberte  fie  als  übertriebene  unb 
im  SQSefentlid^en  grunblofe  äJlagregeln.  2)iefeS  ©efDrAdg  tourbe  aus« 
fpionirt,  nad^  93erlin  berid^tet  unb  !am  au<!b  bem  ^bnig  gu  Clären. 
9lun  l^atte  @d^ulge  bei  SHtenfiein  ein  förmlid^eS  93er]^5r  gu  befleißen,  loorin 
es  il^m  leidet  gelang,  ben  SJlinifter  burd^  bie  (Srgdl^Iung  beS  Hergangs 
DöDig  gu  berul^igen,  aber  bie  Sn&nner  ber  SDemagogenfurd^t,  gu  benen 
aud^  ber  Aönig  gel^örte,  bel^ielten  i^n  argioo^nifdd  im  9uge,  unb  er 


$e()ell  Serufimg  na4  SSeilin.  187 

l^otte  Saläre  lang  )u  fai^Ien,  bog  feine  $etfon  nid^t  gel^euer  erfdgien. 
@8  loar  bie  3stt  nadd  Ao^ebueS  Srmorbung.  2)et  iprofeffor  2>e  äBetie 
in  Setiin  lourbe  loegen  feines  £ro{lbtiefe6  on  bie  SRutter  @anbs  ah^ 
S^f^lt  @d)Ietetmad^er8  $rebigien  t>on  einem  ^otigetagenten  flbemad^i, 
9tnbt8  Sorlefungen  verboten,  beibe  SSeldEer  in  Sonn  gefftl^rbet,  unb 
bei  ©rog^etjog  Aart  3(ugu{)  t)on  Sad^fen-äBeintar  loat  in  ben  %ugen 
SD^etternid^S  bet  Derl^agtefle  aOer  (^firßen  unb  l^teg  bei  il^m  ,,bet  Sllt« 
burfd^e'',  ate  ob  er  eS  gekoefen  fei,  bei  bie  93urfd(ienfd^Qfi  gemod^i  l^abe. 

in.  ^egel  unb  ^ol^anneS  @d^u(}e. 

Sßir  l^aben  fd^on  ber  93ebeuiung  gebadet,  loeld^e  in  biefen  Seiten 
gtoeifad&er  SSewortenl&eit  bie  Seigre  ^egeU  l^atte  unb  Slltenftein  mit 
t>oUtm  Siedete  i^r  audg  jufd^rieb;  fie  toax  in  feinen  Slugen  baS  befle, 
ftiff  unb  tief  toirfenbe  Heilmittel  gegen  bie  l^errfd^enbe,  nad6  beiben 
Seiten  um  ftd^  greifenbe  Detberbtid^e  Sonfufion.  9lu8  eigenem  eintrieb, 
tDoi)l  QUd^  angeregt  bur$  bie  @d(|S^ung  bed  äJlinifteri^,  em^fanb  ©dE^uIje 
baS  SBebfirfnig,  biefe  Seigre  fennen  gu  lernen  unb  aM  pl^ilofopl^ifd^em 
@tanb))un!te,  beffen  StuSbitbung  burd^  eigene  @tubien  il^m  bisl^er  ge« 
fel^It  l^atte,  fid^  Aber  ben  UmfreiS  unb  3ufammen]^ang  ber  Sffiiffen- 
fc^aften  enc^flo))ftbifd^  gu  orientiren.  Soffen  n)ir  il^n  felbfl  reben. 
r,3d&  befd&Io^',  fo  ergö^It  er  in  feinen  ©entoürbigfeiten,  „gunfidfefi  ein 
umfaffenbeS  @tubium  ber  $l^iIofop^ie  in  il^rem  neueften  @^fiem  um 
fo  mel^r  eintreten  gu  laffen,  als  idg  baffelbe  bisl^er  auf  @pinogad  @t]^it 
auf  Sd^Ieiermat^erS  SSorlefungen  fiber  bie  ))^iIofop]^ifd&e  unb  «ibriftlidge 
Stl^it,  auf  AantS  Aritil  ber  reinen  S3ernunft  unb  auf  einige  toenige 
fpecuIatiDe  S)iaIoge  $IatoS  befd^rdnft  l^atte.  3u  biefem  3toedEe  befud^te 
id&  Don  1819—1821  tdglid6  in  gioei  Slbenbftunben  fftmmtUdöe  JBor- 
lefungen  ^cgels  über  Snc^ßop&bie  ber  p]^iIofo))l^if$en  äBiffenfdgaften, 
Sogif,  ^f^c^ologie,  ^l^itofopl^ie  beS  ^let^tS,  ©efd^id^te  ber  ^l^itofopl^ie, 
9}aturt)]^iIo|op]^ie,  ^^ilofopl^ie  ber  Aunfi,  $]^tIofop]^ie  ber  ®ej(!^id^te 
unb  ^^ilofopl^ie  ber  Steligion  unb  fd^eute  bie  SDRül^e  nid^t,  mir  ben 
Snl^alt  f Ammtitdder  SSorlefungen  burd^  forgfältige,  t)on  mir  nad^gef d^riebene 
^efte  nur  no<!b  mel^r  angueignen.  9}ad6  Seenbigung  feiner  SSorlefungen 
pflegte  er  midg  burd^  feinen  93efuc^  in  meiner  SBo^nung  gu  erfreuen 
ober  bei  einem  gemeinfd^aftlid^en  @pagiergang  auf  bie  Weitere  @r= 
örterung  eingelner  Don  mir  aufgetoorfencr  fragen  über  ©egenpSnbe 
feine«  äJortragS  cingügel^en."  „SBie  Diel  id&  feinen  aSorlefungen,  feinen 
SBerlen  unb  feinem  Dertrauten  Umgange  in  SJegug  auf  meine  n)iffen= 


188  $c0eU  aBirffamfeit  in  Serlin. 

fd^aftltd^e  StuSbttbung,  meinen  folaered^t  6e]§QU))teten  t^olitifd^en  Stanb» 
punÜ  unb  meine  l^terburdEl  bebingte  9ffentlid^e  SEßttIfam!ett  ju  bQn!en 
]§Q6e,  Detmag  td^  loentget  in  Stngell^etlen  aufjuiDeifen,  aU  idg  mid^ 
melmel^t  aud  inntget  $iet&t  gegen  meinen  l^eimgegangenen  gfreunb 
t)et^)f[i$tet  fül^Ie,  fteimütl^ig  ju  Befennen,  bog  er  mir  jiets  in  ^inftd^t 
auf  Se^anblung  beS  ^öl^eren  Unterrid^tsmefend  im  t^reugifc^en  Staat 
ein  treuer,  einfic^tiger,  felbjHofer  Seratl^er  gewefen  i^."^ 

®iefe  SBorte  finb  ein  5Wenfd6enaIter  nad&  ben  ©rtebniffen,  toeld&e 
fie  berid^ten,  niebergefd^rieBen  tDorben.* 


elfte«  gapitet. 
^ts^lB  Hirkfamkeit  in  Berlin* 

I.  2lfabemif(i&e  unb  litterarifd&e  SQBirlfamleit. 
1.  2)ie  Stnfänge.   6oIger. 

3n  bem  fidleren  unb  l^eiteren  SSorgefül^I  einer  naiven  unb  erfolge: 
reid^en  3u!unft  l^at  ^egel  ben  @ommer  1818,  fein  t)ierted  unb  Ie|ted 
©emefter  in  ^eibetBerg,  gugebradgt  unb  feiner  {^rau  loSl^renb  il^reiS 
jhiraufentl^altel}  in  Sd^toalBad^  Dergnfigte  93riefe  gefd^rieben.  Doli  frol^er 
SluSfidgten  auf  93erttn.  S)ie  Umft&nbe,  unter  benen  er  nad^  S3ertin 
ging,  iDaren  bie  freunblidgflen.  2)ie  Sd^toefter  be$  äKinifterd  Don 
Sntenflein  l&atte  felBfi  bie  SBol^nungöangelegenl^eit  beforgt."  —  ©ein 
nftd^fter  SlmtSgenoffe  unb  St^ecialtoQege,  Aarl  SBill^.  f^erb.  @oIger  aus 
©d&loebt,  jprofeffor  ber  ^pi^itofopl^ie  gu  ffranffurt  a.  b.  Ober  (1809  Bis 
1811),  tDO  man  il^n  gum  OBerBfirgermeifler  l^atte  to&l^len  tooQen,  nac!^ 
Slufl^eBung  ber  UniDerfit&t  als  ^rofeffor  ber  $]^iIofo))]^ie  nad6  93erlin 
gerufen,  Ueberfe^er  beö  ©opl^oHefi,  JBerfaffer  beS  „erttin"  (1815),  Der- 

^  Sögt.  Saxtentrapp.  6.  432  flgb.  —  >  ^ierauS  ertl&rt  eS  fi^  too^l  aU 
eine  @eb&4tnt6t&uf4ung,  bog  in  ben  genannten  doloren  e^vl^t  nt(!gt  alle  Don 
i^m  angefahrten  Sorlefungen  Tegels  in  ben  Stbenbftunben  t)on  4—6  gel^ört  ^aben 
!ann,  ba  a*  93.  bie  fel^r  tt)i<ttige  SDorlefung  über  $l^iIofop]^ie  bet  SBeltgefd^i^te  in 
eine  fp&texe  Seit  f &at.  —  >  ^egeliS  exfie  SBo^nung  lag  in  bex  Setpsiger  Strafe,  bie 
5b)eite  an  bex  @t)xee,  bem  ®axten  Don  3)^ontbijou  gegenübex,  bie  bxitte  toax  !Rx.  I  am 
Aupfexgxaben,  »ber",  toie  9lofen!xans  (8.  319)  [4xeibt,  «bux^  i(n  fo  toeltbexü^mt 
gettoxbcn,  toie  €an8fouci  bux4  feinen  I5nigli4en  $(iIofop(en'.  Obioo^l  bieje 
^araQele  ftUer  ifi  aH  ein  ^albeS  Sa^r^unbext,  fo  ^ätte  fie'bo^  nie  gemalt  »exben 
foQen,  benn  fie  ift  nid^tig. 


$egcU  BiTffamfcit  in  SBetUn.  189 

trautet  {^reunb  Ü.  Zxtäi,  l^atte  ^egels  SBerufung  8ett)flnfd^t  unb  U- 
antragt.  ®r  fd&rctbt  feinem  Qfreunbe  Sie*  (26.  aj)ril  1818):  ^3d& 
bin  begierig,  mad  ^egets  ©egenmart  fflr  eine  9QSir!ung  mad^en  toirb. 
®e)Dig  glauben  biete,  bag  mir  feine  SlnfteKung  unangenel^m  fei,  unb 
bod^  l^abe  id^  tl^n  ^uerft  borgefd^Iagen  unb  lann  flberl^aupt  t)erfid&ern, 
bag,  »oenn  id^  ettoaS  t)on  il^m  ermarte,  eS  nur  eine  grSgere  93elebung 
bed  Sinnes  für  $]^iIofot)l§ie,  alfo  etmaS  ®ute8  ift.  9llS  id&  nod^  neben 
Oid&te  flanb,  l^atte  x(b  ae^nmal  fo  Diel  3u]^örer  atiS  ie^t.  3d^  Dere^re 
^egel  fel^r  unb  ftimme  in  Dielen  @tüden  l^öii^ji  auffaQenb  mit  il§m 
überein.  3n  ber  S)ialeltt!  I^aben  toir  beibe  unabl^&ngig  Don  einanber 
faft  benfelben  Seg  genommen,  D^enigflenS  bie  @ad^e  ganj  an  berfelben 
unb  jD^ar  neuen  Seite  angegriffen.  Ob  er  fi$  in  mand^em  anberen, 
als  mir  eigentl^ttmlid^  ifl,  ebenfo  mit  mir  Derftel^en  n)&rbe,  meig  \(b 
nid^t.  3c^  m5d^te  gern  bad  2)enlen  mieber  ganj  in  baS  ßeben  auf» 
gelten  Iaf[en''  u.  f.  f.  S)iefe  legten  äßorte  bebeuten  bei  @oIger,  ba§ 
bie  2)iatefti!  n)ieber  als  lebenbigeS,  lunftmfigig  geflalteteS  ®efpr&d^, 
b.  ^.  als  S)iaIog  bet^ötigt  loerben  foQe,  unb  er  l^atte  gur  S)arlegung 
ber  ©runbibeen  beS  SBal^ren,  @uten,  ©d^bnen  unb  ©ottlidgen  in  ben 
Dier  @efprad^en  feines  Srmin  baS  STlufter  eines  fold^en  biatogifd^en 
$l§iIofot)birenS  gu  geben  Derfud^i  S)aS  93ud^  blieb  ungelefen.  2)aS 
))latonifirenbe  ®ef))räd^  mit  feinen  aus  lünftterifd^en  SJlottDen  geredet- 
fertigten  Hemmungen,  S)igreffionen  unb  rüdt&ufigen  Sßenbungen  ent« 
fprad^  ju  tütniQ  bem  S)en{-  unb  SrIenntniBbebürfnig  beS  S^italterS, 
baS  in  feinen  inteDectueDen  93e{trebungen  nidfit  burd^  bialogifd^e  93er^ 
toidClungen  aufgel^alten  fein  looQte,  unb  bie  bertinifdge  ®eijteSart 
DoQenbS,  tütlSit  fdbneU  unb  birect  auf  baS  Sxd  loSjugel^en  liebt,  toax 
ben  bialogifd^en  @d&n)ierig!eiten  unb  Ummegen  abgeneigt.  S)urd6  biefen 
SRigerfolg  fül^lte  fid^  ber  eble  unb  liebenSmürbige  SRann  tief  Der» 
fiimmt;  er  toürbe,  toenn  eS  nad^  il^m  gegangen  toäre,  bie  UniDerfit&t 
in  tJftanffurt  ber  in  Serlin  Dorgejogen  l^aben.  §egel  l^atte  feine  ßel^r» 
tl^fttigfeit  in  93erlin  eben  begonnen,  als  @olger  am  22.  9loDember  1818 
an  StiedE  fd^rieb:  „^äj  toar  begierig,  n)aS  ber  gute  ^egel  l^ier  für  einen 
@inbrudE  mad^en  toüxht.  SS  f^rid^t  niemanb  Don  i^m,  benn  er  i{t 
fiill  unb  fleißig.  @S  bürfte  nur  ber  bümmfte  92ad&beter  ^ergelommen 
fein,  bergleid&en  fte  gor  gerne  einen  l^fttten,  fo  toürbe  großer  ßärm 
gefd^lagen  unb  bie  Stubirenben  3U^eil  unb  Sflettung  il^rer  @eelen 
in  feine  (SoHegia  getoiefen  merben."^  SluS  biefen  Sleufeerungen  cr= 
^  Slofenhana.  6.  319  u.  820. 


140  ^egeU  SBirffamfeit  in  »ctlin. 

l&cfft,  tote  tief  ©olflet  Verbittert  toar.  Unb  fo  l^Qt  anäi  ^egel  in  fetner 
jtritil  ber  nadflgelaffenen  ©d^riften  @oIgerS  biefe  Stelle  genommen 
(bie  er  anfttl^rt,  tnbem  er  bie  JDSorte  „ber  gute"  bei  feinem  Flamen 
toegläBt).  ^5Won  fonn  nid^t  obne  fdömerjlid&e  €m))finbun9  fold^ 
©döilberung  ber  bis  jum  äeu^erfien  ßel&enben  aSerjiimmunfl  unb  be8 
Ueberbruffe»  an  bem  ©eifte  feigen,  beffen  SBilb  ©olgcr  fid^  quo  fetner 
erfaJ&rung  gemod&t  l^ot/  „3nbcm  ©otger  biefe«  »ilb  feiner  ©rfol^rung 
8U  mädötifl  in  ftd&  fein  lägt,  mu^te  er  bo8  tiefere  »ebflrfniS,  baS  in 
feiner  nnb  jeber  Seit  borl&anben  ip,  »erlennen  unb  fid&  abl&Qlten  laffen, 
feine  Stl&ätigfeit  unb  Arbeit  nur  nod^  ber  Statte,  bie  berfelben  toürbtg 
iji,  3u  rid&ten,  bafetbft  feine  SBirfunfl  ju  fud^en  unb  ju  ertoarten/^ 
SDlan  fie^t,  toie  ^egel  bie  peffimijiifd&e  »erbüfierung  ©olgerg  tool^I 
erflftrt,  ober  im  ^inblidt  auf  bie  in  feiner  unb  jeber  Seit  Dorl&anbenen 
tieferen  »ebürfniffe  nid^t  gelten  iS&t.  „SBo  aber  fold&eö  ©ebarfnig 
nid&t  t)or]^anben  unb  ber  ganje  Suftanb  bes  toiffenfd&aftlic^en  unb  flber= 
l^aupt  beS  geiftigen  3ntereffeS  burd^  unb  burd^  gu  einer  gleigenben 
Dberfiftd&e  getoorben,  toie  ©otger  eine  fold^e  ?lnfd&auung  t)or  fi(^  l^at, 
ba  ift  fold^e  grfinbtid^e  SSerfladgung  il^rem  Sd^idfale,  bem  ®lüdt  il^rer 
eiteßeit,  ju  überlaffen."*  2)er  ©taube  an  bie  unDertoüftlid&en,  oft 
DerbedEten,  nie  DertUgten  Siefen  ber  SRenfd^^eit  ifl  bafi  in  ^egelS  ^er» 
fönlid&feit  unb  feiner  Seigre  eingetourjelte  ©egengift  toibcr  atten  5Pefft= 
miSmuS.  SJie  beiben  SOUftnner  l^aben  nur  ein  Sol^r  gufammengetoirft. 
SBöl^renb  biefer  beiben  ©emefler  l^at  Solger  tlber  2)iale!ti!  unb  ^olitit 
Aber  bie  ©runblel^ren  ber  ^^ilofopl^ie  unb  Sleftl^etil  gelefen.  (Sx  ftarb 
am  25.  Dctober  1819,  erfi  neununbbrei&ig  Saläre  alt^ 

2.  S)te  SlntttttStebc. 

Slm  22.  October  1818  l^at  ^egel  feine  SSorlefungen  mit  einer 
Slnrebe  an  bie  Sul^drer  eröffnet,  toeld^e  @inige8  \)on  bem  toieberl^olte, 
toa«  er  jtoei  3a^re  früher  (28.  Ddober  1816)  bei  bem  gleid&en  änlaß 
in  ^eibelberg  gefagt  l^atte:  bag  bie  beutfd^e  Station  ben  93eruf  l^abe, 
baS  l^eilige  f^euer  ber  ^l^ilofo^l^ie  gu  betoal^ren  unb  fortgupflangen, 
bag  mit  bem  Sfrieben  bie  S^it  gelommen  fei,  biefe  Slufgabe  gu  erfflKen; 
bog  in  bem  ^üuifi  gur  SBal^rl^eit  unb  in  bem  ©lauben  an  bie  straft  ber 

*  Viibtx  @oIgerd  na^gelaftene  @d^Tiften  unb  S3rtefioe((feI.  $etau8g.  Don 
Subtoig  2:iecl  unb  Sfriebttd^  Don  Slaumer.  2  SBänbe.  Setpatg  1B25.  ^egeld 
Axittt:  3a^Tbü4ex  für  loinenfe^aftlie^e  ftritü.  1828.  ^egeU  SBetle.  S3b.  XVI. 
6.  436-506.   (6.  497  fiflb,)  —  «  Cbenbaf,   6.  498. 


^efleU  BtTtfamlelt  in  SBctlin«  141 

aSexttunft  au  beten  (Stlenntnig  bie  Sdebingungen  Befleißen,   meldte  bie 
$^Uofo))]§te  t)orauSfe|e.  ^ 

3e^t  I^Qtte  er  in  bie  äBagfd^ooIe  ber  $]^tIofo))]^te  nod^  baS  ®t- 
tDxä^t  ju  legen,  loetd^eS  bent  ))reugif(6en  Staate  inn)ol^nte,  bais  {lAr!{}e 
®e)Didgt  in  bem  miebergeborenen  SDeutfd^Ianb,  bie  3Raäit  eines  @taate8, 
bet  bie  SluSbilbung  unb  Sraiel^ung  allet  intellectueQen  93oI!8!rAfte, 
bad  ©ebeil^en  unb  Smporblfl^en  ber  SEBiffenfd^aften  als  eine  feiner 
t)orgügUd^{len  Slngelegenl^eiten  unb  Slufgaben  nid^t  6Io^  anfal§,  fonbern 
betrieb.  9lun  foQte  in  bem  (Sebiete  ber  nationalen  (SeifteSbilbung 
unb  (Srjiel^ung  aud^  bie  $^itofo))]^ie  gu  einer  n)ir!famen  Säebeutung, 
gu  einer  ffll^renben  ©tellung  gelangen.  3u  einer  fold^en  Slufgabe 
fül^Ite  fid^  ^egel  berufen  burdfi  fein  ßel^ramt  an  ber  neugegrünbeten 
UniDerj^tAt  im  9]tittelpun!te  biefeS  @taated.  @r  badete  über  bie 
93ebeutung  ^Berlins  ganj  anberS  aU  @oIger:  gar  nid^t  romantifd^, 
fonbern  ^olitifd^.  fSon  biefer  Slufgabe  mar  ^eget  erfQQt,  mie  Don 
einer  ajliffton.  C«  toar  feine  SWiffion.  gfreilid^  mu§te  er  bagu  eine 
^l^ilofo^l^ie  l^aben,  koetd^e  auf  bem  SBege  ber  (Srgiel^ung,  b.  ff.  ber 
met^obif^en  Ofortfdgreitung  ober  SutmidEIung  beS  2)enlen8  jur  @r= 
!enntni§  beS  SEBefend  ber  SBelt  unb  bed  SRenfd^en  fttl^rte:  bied  n)ar 
feine^^l^ilofo^l^ie  unb  feine  SRetl^obe.  S)a]^er  aud^  erllArt  fid^  ^egel 
mit  aller  ©d^roff^eit  gegen  bie  Seigre  Don  bem  UnDermbgen  ber  menfdg- 
Ud^en  SBernunft  unb  il^rer  Unf&^ig!eit  jur  Srlenntnig  beS  SBefenS  ber 
S)inge,  gegen  ^ibiefe  Se^re  Don  ber  Untoiffenl^eit,  ber  bie  !ritifd^e  ^J^ilo- 
fo))]^ie  ein  gutes  ©emiffen  gemad^t  l^abe'';  er  fleSt  feine  ^l^Uofopl^ie 
ber  httifdgen  aufS  fd^rofffte  entgegen,  als  ob  guoifd^en  beiben  ein  W>- 
grunb  lAge  unb  Aant  einer  lAngft  übertt)unbenen  Sergangenl^eit  an- 
gel^5rte;  er  lA^t  bie  lantifdge  $]^iIofo))]^ie  bie  [Rotte  beS  ^ilatuS  fpielen, 
ber,  als  Sl^rifluS  Don  ber  Sßal^rl^eit  rebet,  bie  Oftage  tl^ut:  .,9BaS  ifl 
SBal^r^eit?''  SQSenn  bie  @r!enntnig  ber  SBa^rl^eit  Demeint  loerbe,  fo 
bleibe  nid^tS  äbrig  als  bie  @eid^tig!eit  beS  SBiffenS  unb  bie  (Sitelfeit 
ber  älleinungen.  6r  nennt  feine  9tamen,  ober  man  fielet  »ool^I,  bag 
bie  frieftfd^e  ^l^ilofopl^ie  unb  bie  SEBartburgfdgioArmereien  fdgon  bie 
Obiecte  feiner  $oIemiI  flnb.  ^Ißad^bem  bie  beutfd^e  Station  flberl^aut)t 
il^re  SlationalitAt,  ben  ®runb  atteS  lebenbigen  ßebenS,  gerettet  l^at,  fo 
tft  bie  3eit  eingetreten,  bog  in  bem  Staate,  neben  bem  Sflegimente 
ber  loirüid^en  SBelt  aud^  baS   freie  Sleid^  beS  ®ebanIenS  felbftAnbig 


^  S.  ol^en  ^ap.  IX.  6. 102  u«  103. 


142  Tegels  SBttlfamfeit  in  SSexIin. 

€in})0t61ü]6e/  ^SBq8  im  ßeBen  tüdf^x,  qxo%  unb  95tttt(i6  ifl,  tji  e8 
bur(5  bie  3bcc;  ba8  Siel  bcr  ?p]^itofo})]^ic  x%  ftc  in  il^rcr  toal^rcn 
©ejlalt  unb  Slffgemeinl^cit  ju  ctfaffen/  „3d6  borf  toflnfd^en  unb 
l^offen,  bag  e8  mit  gelingen  loetbe,  auf  bem  SEBege,  ben  loit  betreten, 
3]&r  aSertrouen  ju  gewinnen  unb  ju  Derbienen.  Sunftd&ji  aber  batf 
id^  nid^tS  in  ^[nft^rud^  nel^men  aU  bied,  ba^  Sie  ä^ettrauen  unb 
®lQu6en  au  fid^  felbft  mitbringen.  S)er  SRutlg  ber  SEBal^rl^eit,  ©tauben 
an  bie  ^aijt  bed  ®et{te8  ifl  bie  erfte  Sebingung  bed  ))Pofot)]^ifd^en 
etubiumd;  ber  Snenfdg  foQ  fi^  felbft  eieren  unb  itd^  beS  ^Sd^ften 
Mrbig  od&ten."* 

8.  2)ie  aSortebe  gut  ffttd^UpWo^opf^it. 

3n  feiner  Sntrittötebe,  biefem  münbtid&en  S5ortoort  feiner  SSor* 
lefungen,  in  beren  Steil^e  guerfi  bie  9led^tS))]^tIofo))]^ie  ftanb,  l^atte  ^egel 
im  Stilgemeinen  unb  ol^ne  Flamen  gu  nennen,  loie  eS  am  $ta^e  toar, 
bie  UntDertl^e  geiDiffer  im  Sd^ioange  beftnbtid^er  SSorfteDungSarten  be» 
3eidgnet,  toeld^e  bad  Sffenttid^e  Qeben  ))erberben  unb  in  bte  3rre  filieren; 
er  l^atte  ats  ben  ®runb  bie  ©eidgtigleit  bed  SBiffenS  unb  bie  Sitelteit 
ber  SReinungen  IgerDorgel^oben.  3n  ber  gebrudEten  SJorrebe  feiner 
9led6t8))^iIofo))]^ie  Dom  25.  3uni  1820  Igat  er  nun  bie  unbenannten 
®rögen  jener  Unioertl^e  realifirt  unb  l^anbgreiftid^  gemad^t.  SttS  ben 
,,^eerfü^rer  ber  ©eid&tigfeit"  nennt  er  ben  5p]&itofol)]^en  Qfrieö,  inbem 
er  fid^  auf  ein  in  ber  Einleitung  feiner  SBiffenfd^aft  ber  ßogil  oud- 
Sef))rod^eneS  Urtl^eit  juradbegiel^t  loetd^ed  über  adgt  Saläre  Atter  mar.' 
Um  aber  bie  (Sitelfeit  ber  SDleinungen  gu  esemt)tificiren,  lAgt  er  auS 
ber  SEBartburgrebe  beffetben  97lanne8  einige  Sffenttid^  belannte  @&$e 
l^erDortreten:  ^^n  bem  fßolU,  in  metd^em  ed^ter  ®emeingeifl  l^errfd^e, 
mürbe  jebem  ®ef(!^Aft  ber  bffenttid^en  Stngelegenl^eiten  ba8  Seben  Don 
unten  aus  bem  SSotfe  !ommen,  mürben  jebem  eingelnen  Sßerle 
ber  a3ot!9biIbung  unb  beS  t)ot!iSt]§ümtid^en  S)ienfte8  ftd^  tebenbige 
®efeQfd^aften  meil^en,  burdg  bie  l^eitige  Araft  ber  (^reunbfd^aft  um 
Derbrüd6lid6  Dereinigt "  unb  bergteid&en.  „©icS",  fo  fAl^rt  §eget  fort, 
«,ifl  ber  ^auptftnn  ber  ©eid^tigfeit,  bie  Sßiffenfdgaft  ftatt  auf  bie  Snt- 
mid(elung  beS  ®eban!end  unb  93egriff8,  Dielmel^r  auf  bie  unmittelbare 
SBal^mel^mung  unb  bie  gefAKige  Sinbilbung  gu  ftelten,  ebenfo  bie  reid^e 


»  «gl.  aBette,  »b,  VI.  6.  XXXV-XL.  -  « «enbaf.  »b.  Vni.  (2.  fCufl.) 
Sorrebe.  «gl.  €.3— 20.  aBßincnf 4aft  ber  Sogif .  (Mmbetg,  1812.)  (Eint.€.XVn. 


$egeU  SBitffamfeit  in  SBetlitu  143 

©Iteberung  beS  ©itttid^en  in  fid^,  toetc^e  bet  @taat  ifl,  bie  Std^ttettoni! 
feiner  aJemünftigfeit,  bie  burd&  bie  bcftimmte  Unterfdöeibung  ber  Äreifc 
beS  9ffenttt(fien  ßebenS  unb  tl^re  Sered^tigungen  unb  butd^  bie  Strenge 
bei»  aRaogeS,  in  bem  ftd^  jeber  Pfeiler,  Sogen  unb  @trebung  l^Alt, 
bie  €tdr!e  beS  ©anjen  aus  ber  Harmonie  feiner  ©lieber  l^erDorgelgen 
mattet,  —  btefen  geBilbeten  Sau  in  ben  Srei  «be«  ^erjcnS,  ber  (Jfreunb* 
fd^aft  unb  SBegeijierung»  aufommenflieSen  au  laffen/  ,,2Rit  bem  eim 
fad^en  ^auSmittel,  auf  baS  ©efül^t  baS  ^u  fteKen,  toaiS  bie  unb  )tt)ar 
nte^rtaufenbjäl^rige  Strbeit  ber  Vernunft  unb  il^rel»  Seiftanbed  i%  xft 
freilid^  aDe  bie  äJlai^e^ber  ))on  bem  ben!enben  Segriff  geleiteten  Ser« 
nunfteinfid^t  unb  (Srlenntnig  erfdgSpfL  fffitpfji^opfitUS  bei  ©oetl^e 
—  eine  gute  Slutorit&t  —  fogt  barüber  ungefül^r,  loaS  id&  aud&  fonfl 
angeffll^rt:  «Seradfite  nur  Secftanb  unb  SBiffenfd^aft,  beS  SJlenfdgen 
aQerl^odgjle  ®a6en,  fo  l^afl  bem  Xeufel  bid^  ergeben  unb  mugt  )u 
®runbe  gelten»."* 

3n  ber  SBirHidgfeit  l^errfd^en  ©efe^e,  in  ber  fittlid^en  fo  gut 
\Dxt  in  ber  natürlid^en;  e8  fdllt  !einem.  Vernünftigen  ein,  bie  ©ettung 
ber  9laturgefe|e  gu  bejtt^eifeln,  ju  befreiten  unb  ftatt  il^rer  nur  perfSnlid^e 
Sneinungen  unb  ©efttl^Ie  gelten  laffen  gu  tooKen.  S)iefelbe  Stnerfennung 
Derbient  unb  forbert  aud^  bie  ftttitdge  SEßelt  ober  ber  Staat  als  eine 
gefe^Iid^e,  tebenbige,  gefd^id^tlidge  Drbnung  ber  S)inge,  loeld^e  nid^t  erfl 
))on  l^eute  batirt  ober  ))on  l^eute  ju  morgen  gemad^t  koirb,  fonbern  in 
ber  Sergangenl^eit  tourgeU  unb  @ntmid(etung9gefe|en  gel^ord^t,  bie 
man  erlennen  unb  ))erfte]^en  mug,  um  fie  nad^  ben  n^al^ren  Sebfirfniffen 
ber  ©egentoart  gu  Anbem.  S)er  @taat  ifl  ein  9teid^  ber  gfreil^eit, 
nidgt  ber  SSilRfir.  SBo  ©efe^Iid^ieit  l^errfdgt,  ba  ifl  Semflnftig!eit, 
er!ennbare  unb  gu  er!ennenbe  Sernunft.  9tidgtS  ift  fatfd^er  unb  tl^örid^ter, 
ate  bie  );)oIitifdge  Srfenntnig  unb  SBiffenfd^aft  burd^  fogenannte  SoI!8» 
freunbfd^aft  erfe^en  gu  tooKen.  „S)aiS  ©efe^  ift  barum  bal»  ©d^ibbo- 
ietl^,  an  bem  bie  falfd^en  Srüber  unb  gfreunbe  beS  fogenannten  Solls 
fid&  abfd^eiben/ 

S)a  nun  baS  ©efe^  allein  in  ber  SEBelt  Seftanb,  S)auer  imb  SEßir!« 
Ud6!eit  l^at  unb  gugtei^  ba§  Sernflnftige  ift,  bie  er!ennbare  unb  gu 
erlennenbe  Sernunft,  fo  l^at  ^egel  SBirllid^Ieit  unb  Semunft  einanber 


^  $egel  toüibe  gut  getrau  (abeit,  feine  (Sitate  in  biefem  Qfall  tote  in  ftl^n« 
U4en,  nidftt  au8  feinem  (Bcbft^tnift,  toel^ed  bie  SBorte  entffeQi,  fonbern  aul 
bem  Se£te  felbfl  angufü^ren. 


144  $cgel»  aOOttlfamfeit  in  IBerliit. 

glettfigefe^t  unb  in  aller  Afltje  gejagt:  „SEBaiS  toitüidg  ifl,  baS  ifl 
Dernfinftig,  unb  maS  Dernflnfttg  ifl,  baS  tfl  iDtrllid^".  @ine8 
feinet  abfc^redenben,  Derbu^enben  unb  aÜeiDerfd^rieenfien  SEBorte,  ob- 
gleid^  bet  @a$,  loenn  man  lool^I  beadgtet,  load  il^m  ))or]^ergel§t  unb 
nad^fotgt,  ftd^  Don  felbß  Derßel^t.  <Ss  iji  in  ber  $]^iIofo))l^ie  JDon  jelger 
fo  Diel  öott  «bem  loal&rl^aft  SBirflid^en"  bie  Siebe  getoefen,  ba§  man 
voofjH  tttffen  !onnte,  eS  gebe  audi  ein  nid^t  toal^tl^aft  SBirüidged,  eine 
unioal^re  Sßit!Itd&!ett,  loogu  g.  93.  bie  fdgle(|ten  S^iftenjen,  bie  t^&rid^ten 
SReinungen,  bie  elenben  SSefttebungen  u.  f.  f.  geböten. 

99acon  Igat  bte  Sßal^tlgeit  bie  Zoä^ltx  bet  3eit  genannt  unb  feine 
eigene  $]^itofo))]^te  bie  grfigte  ®ebutt  bet  3ett.  ^993ie  iebeS  Stibi« 
mbuum  ein  ©ol^n  feinet  3eit  ifl'',  fagt  ^eget,  „fo  ift  aud^  bie 
$]^ilofop]^te  il^te  3eit  in  ®eban!en  etfa^t."  9ltemanb  !ann  feine 
3eit  fl6etf))ttngen,  bie  ©egenmatt  ift  bet  @d^au))Ia$  unb  ®egenftanb 
unfetet  SGBitffamfeit;  aud&  fflt  bie  ^]^iIofoJ)]&ie  gilt  ba«  SBott:  «hie 
Rhodus,  hie  saltus».  2)te  S^etnunft  ald  ^l^itofopl^ie  unb  bie  SBet» 
nunft  als  Dotl^anbene  Sitflid^Ieit  finb  fteilid^  feine  einfädle  ©leid^ung, 
benn  bie  Dotl^anbenen  ©eiftedauftSnbe  ftnb  Dielfad^  gel^emmt,  gebunben 
unb  unftei.  3n  tl^tet  fteien  pl^ilofop^ifd^en  Entfaltung  gleid^t  bie 
aSetnunft  bet  9lofe;  in  il^ten  nod^  gebunbenen  (Seifledgufl&nben  gleid^t 
bie  Dotl^anbene  SBitQidgleit  obet  ©egentoatt  bem  Ateuj.  S)atum  fagt 
Regelt  ^ffiie  SJetnunft  iji  bie  Slofe  im  Äteug  bet  ©egentoatt".  (Sin 
bunHeS  SBott,  tottäit^  man  nid^t  anfül^tt,  toeil  man  ed  nic^t  Detjtel^t; 
eS  befagt  bie  9lidgtibentitöt  jloifd^en  SSetnunft  unb  SBitllid^feit,  toAl^tenb 
man  jenes  ftül^ete  SEBott  Don  bet  3bentitdt  juoifd^en  äSetnunft  unb 
aStt!lid^!eit  fo  oft  angeffllgtt  unb  Detfd^tieen  f^at,  fletS  in  falfd^em 
unb  mi^Detftanbenjtem  @inn. 

S)ie  tp^ilofopl^ie  l^at  ben  93etuf,  nidgt  bie  9EBit!(td&!eit  ju  mad^en, 
fonbetn  bie  gegebene  unb  gegentoöttige  gu  etlennen.  „S)aS,  toaS  ift* 
ju  begteifen,  ifl  bie  8fufgabe  bet  jpi^ilofopl^ie."  ©ie  fe^t  bie  SBitl- 
lid&!eit  Dotaud  unb  itoat  in  DöIIig  enttoidEelten  unb  geteiften  ©etfleS» 
gufldnben,  loeld^e  il^te  SJlittagSl^&l^e  fd^on  fibetfdgtitten  l^aben  unb  ^if 
bem  Untetgange  guneigen.  S)atum  fd^liegt  fein  SSotaott  gut  Sted^tS- 
t)]^ilofo))]^ie  mit  biefem  etl^abenen  unb  fd^5nen  9uSf))tud6:  ;,Sßenn  bie 
^l^ilofop^ie  il^t  ©tau  in  ©tau  malt,  bann  ijt  eilte  ©ejlcflt  beS  SebenS 
alt  geiDotben,  unb  mit  ©tau  in  ©tau  lägt  fie  fid^  nid^t  Detiflngen, 
fonbetn  nut  etlennen:  bie  Sule  bet  JDlinetDa  beginnt  etfi  mit  bet  ein» 
bted^enben  2>ammetung  il^ten  Slug". 


Tegels  aOßuffamfeit  in  Sexlin.  145 

S)a  bie  Sdelel^ntng  ü6er  ba§  SEBefen  unb  bte  93ebeutuna  beS 
Staate  eine  ber  iDtd^ttgften  unb  geitgeniftgeften  Aufgaben  ^egels  auS« 
ntad^te,  fo  loar  eü  too^lbzbaä)t,  bog  gletdg  bie  erfle  mit  jener  SlntrittS» 
tebe  eröffnete  SJorlefung  „Slaturred^t  unb  6taQt8tt)iffenfd&aft"  ju  i^rem 
ongelänbigten  SEl^ema  l^atte.  2)ad  einzige  Serl,  toeld^eiS  ^egel  »odl^renb 
feiner  breigel^njA^rigen  3Btr!fam!eit  in  93erlin  l^erauSgegeben  ^at,  toax 
bie  „9le(i6tS<)]^i(ofo))]^ie''  (1826),  t)on  ber  man  fogen  fonn,  bofe  p^ 
biefelbe  ju  feiner  berliner  ^eriobe  Derl^olte,  loie  bie  @nc^Ho))äbie  jur 
l^eibelberger,  bie  Cogil  3ur  nürnberger  unb  bie  ^l^dnomenologie  bed 
©eifleS  gur  jenaifÄcn.^ 

4.  2)ex  ®ang  bet  IBoxIefungen  unb  bie  (Einffl^rung  neuer. 

Um  bie  biba!ti|d^e  Orbnung  feiner  Qel^rDortrdge  abgurunben  unb 
gu  DoIIenben,  tooren  noc^  gioei  Sll^emata  auSguffll^ren:  bie  StdigionS- 
))]^tIofot)]^ie  unb  bie  ®e|(Iiid^tS))l|ilofo))]^ie;  er  \)at  Aber  bie  $]^iIofo^]^ie 
ber  ^Religion  gum  erfien  mal  im  ©ommer  1821  (Dierfiflnbig  Don 
4—5),  über  bie  Jpi^itofo^l^ie  ber  SBcItgefd^id&te  gum  erften  mal  im 
SBinter  1822/1823  (öierjiünbig  öon  4—5)  getefen. 

3d^  gebe  nodg  bem  amtlid^en  Sectiongt>ergeid^nig  bie  berliner  SSor^ 
lefungen  an,  toie  id&  eö  frül&er  mit  ben  SSorlefungen  in  3ena  unb  in 
^eibelberg  gel^alten  l^obe.  S)er  ©ong  unb  bie  SReil^cnfoIge  erfiredfen  fid^ 
ununterbrod^cn  burd&  26  ©emcpcr  (öom  22.  Dctobcr  1818  bis  gum 
11.  SRoöember  1831).  3d&  beobad&te  bie  S^itfolge  ber  ©tunben  unb 
l^ebe  bie  neuen  9}orIe{ungen  burc^  ben  S)rudE  ]^ert)or.^ 

1    6.  oben  €q^  VH.  6.  81  u.  82. 

a    I.  SBintet  1818:     1)  IRaturre^i  unb  etaoUtoijfenfe^oft,  5 mal  t^on  4—5. 
2)  Gnc^Ho^äbie  ber  p^iIofo:p^if4en  SBiffenf^aften  nadft 
feinem  Scitfaben,  5  mal  Don  5—6. 
II.  Sommer  1819:  1)  Sogi!  unb  SReta^l^^ftt  na4  Anleitung  feines  Se^xbu^iS, 
(«nc^n.    ber     pftilof.    SDÖilfenf^aften    §   12-191), 
5  mal  Don  4—5. 
2)  ®ef4i((te  ber  $^Uofop]^ie  mit  auSfa^rlt^exer  S3e(anb« 
lung  ber  neuexen,  5  mal  üon  5-6. 
IIL  aOßinier  1819:    1)  92atur^]^tIofop^iena4  Anleitung  feines  Se^rbud^SCdEnc^' 
no^äbie.  §  191-298),  5mal  üon  4-5. 
2)  Ü^atuxxe^t  unb  @taat8b)tifenf4aft  obex  $]^ilofop^te  bed 
IRediitg,  5mal  t^on  5—6. 
IV.  ©ommex  1820:  1)  ßogi!  unb  IDletalJ^^fit  (wie  oben),  5 mal  oon  4—5. 
2)  Slnt]6ro<)ologie  unb  ^f^ejologie  (€nc^n.,  §  299-399), 
5  mal  oon  5 — 6. 
fjfif^er,  Oef«.  b.  Wlol  vni.  91.  «.  10 


146 


^egeU  aßittfamfeit  in  SBetlin. 


V.  SQÖinter  1820 : 

VI.  eommct  1821 
VII.  SBinter  1821: 


IL  elftem  wnb  Qä^nlt. 

1.  Sle^eUtotien  unb  (SonDerfatorien.    Henning. 

SSenn  @oIger  glaubte,  bog  oud^  in  il^tem  tJ^origange  bie  afo- 

bemifd^e  3BtrIfam!ett  Tegels  fo  ftiQ  unb  gerftufd^IoS,  fo  unBemerft  unb 

un6ef))rod6en  bleiben  merbe,  xoit  bei  intern  erflen  3(nfang,  ba  niemanb 

1)  Oefd^i^te  ber  $^tIofo:p^te,  5  mal  Don  4—5. 

2)  Hell^eti!  obet  $^tIofo^^ie  ber  üunfl,  5ntal  Don  5-6. 

1)  9le(igiond^^iIofo^l^ie,  4mal  Don  4—5. 

2)  Sogt!  unb  aJletapl^^ftt  (rote  oben),  5  mal  Don  5—6. 

1)  SlationeHe  VW^  o^^^  $^tIofo|)^te  bet  9latur  na4 
feinem  (Sompenbium  (dEnc^!!.),  4  mal  Don  4—5. 

2)  9lQtuTxe4t  unb  6taat8to)iifenf4aft  obet  $liiIofo))liie 
be9  IRed^tS  na^  feinem  Se^tbu^  vGtunbltnien  ber 
$^iIofop^ie  be<  9le4tS'  (Serlin  1821),  5 mal  Don 5-6. 
9)^tt  beiben  SBorlefungen  toerben  Siepetitionen  Det> 
bunben. 

1)  9lnt(ropo(ogie  unb  $f^4ologie  (ßnct^tV),  4  mal  Don 
4-5. 

2)  Sogt!  unb  Titiap^^f,  5  mal  Dou  5—6. 

1)  $^ilofop(ie  ber  SBeltgef^i^te,  4mal  Don  4—5. 

2)  9latur-  unb  etaatiSred^t  ober  9^iIofop^ie  bei  Sle^ts 
naA  feinem  8e^rbu4,  5  mal  Don  5—6. 

1)  «cü^eti!  ober  $]^ilofop]§ie  ber  Aunfl,  4mal,  4—5. 

2)  Sogit  unb  arietap^^fit  ((inc^tl.),  5  mal  Don  5—6. 

1)  $^ilofop^ie  ber  9latur  ober  rationelle  $1^4ftf  nadft 
feinem  ©ompenbium,  4  mal  Don  4—5. 

2)  ®ef4td^te  ber  ^^ilofop^ie,  5  mal  Don  5—6. 

1)  9leligion8p^ilofop(ie,  4mal  Don  11—12. 

2)  Sogit  unb  STletapl^t^fif,  5 mal  Don  12-1. 

1)  9latur-  unb  6taatdre4t  ober  $%ilofop^ie  beS  9le<ttd 
na4  feinem  Sc^rbud^,  5mal  Don  12—1. 

2)  $^ilof  op^ie  ber  Sßeltgef  ^id^te,  4mal  Don  5—6. 

1)  Sogit  unb  SRetaplt^ftf,  5  mal  Don  12—1. 

2)  Slnt^ropologie  unb  ^f^^ologie  ober  ^^ilofopl^ie  bei 
®ei{!ciS  (Snc^fl.),  4  mal  Don  5—6. 

1)  ®ef4id6te  ber  ^^Uofop^ie,  5  mal  Don  12—1. 

2)  $^ilofop^ie  ber  9latur  ober  rationelle  ^^^fif  (Snc^tl.), 
4  mal  Don  5—6. 

1)  Sogif  unb  aRctapl^^fit  ((Sno^H.);  5  mal  Don  11—12. 

2)  Sleft^etit  ober  $^ilofop^te  ber  üunfi,  4  mal  Don  5—6. 

1)  ünc^IlopAbie  ber  p^lof.  aBiffcnf^aftr  5mal  Don  12—1. 

2)  ^^ilofopMeberaOSeltgefd^idite,  4malDon5— 6. 

1)  Sogit  unb  anctap^^fit  (finct)tU),  5  mal  Don  11-12. 

2)  9leligionlp(ilofop(ie,  4mal  Don  5-6. 


VIII.  @ommer  1822 

IX.  SBinter  1822: 

X.  eommer  1823; 
XI.  gSßinter  1823: 

XII.  €ommer  1824: 
Xin.  gSßinter  1824: 

XIV.  ©ommer  1825: 

XV.  SBinter  1825: 

XVI.  Sommer  1826: 
XVn.  SBinter  1826: 
XVm.  Sommer  1827: 


^egeU  aSittfamfeit  in  Setiin.  147 

bttöon  fpradö,  fo  l^atte  er  fid&  fel&r  geirrt.  ®ie  ©taleftil,  mlt^e  ^eßcl 
auSäbte,  iDar  eine  lel^r«  uitb  lernbare  SJletbobe,  toeld^e  naS^Qtafjmt,  ge- 
brandet, angemenbet  n^erben  lonnte  unb  tooUU,  eine  frud^tbare  äJletl^obe, 
tt)eld&e  in  bie  a33if[enfd6often  einbringen,  fie  l)]&iIofot)]eifd&  in  geftalten, 
gu  t)erfnü))fen,  enc^Ilopabifd^  gu  orbnen  tQugte.  S)ie  Seigre,  loeldge 
^egel  vortrug,  roat  ein  einleut^tenbed,  im  SBerben  nnb  Sßad^dtl^unt  be= 
griffeneS  Sßer!  ber  SQSiffenfd^aft  unb  @rfenntniB,  meld^ed  ber  Snitmirtung 

XIX.  SBintet  1827:     1)  ©efdJiiäStc  ber  ^fttlofop^ie,  5  mal  öon  12-1. 

2)  $f))4oIogte  unb  Snt^ropoTogte,  4  mal  bon  5—6. 
XX.  6ommer  1828:  1)  Sogif  unb  aRetap^^fif  (Snc^fl.  2.9(ufl.),  5nial  t)on 
12-1. 
2)  ^^ilofop^ie  ber  9latur  ober  lattoncHe  !P^^fiI,  4  mal 
bon  5-6, 
XXI.  lEßinter  1828:     1)  Slelll^eti!  ober  $^ilofop^ie  ber  Aunfl,  Smal  bon  12—1. 
2)  V^ilofop^ie  ber  SBeltgef  ^i^te,  4mal  bon5— 6. 
XXII.  ©ommer  1829:  1)  Uebet  bieSäetoeife  bom  2)afetn  (BotteS,  anitt- 
)x)0(!g  bon  12—1. 
2)  Sogi!  unb  SRetapl^^fit  (Snc^fl.),  5  mal  bon  5—6. 

XXIII.  aBinter  1829:    1)  Gef^i^te  ber  ^l^ilofoljiie,  5mal  bon  12-1. 

•  2)  $f^(!goIogie  unb  !(nt^TO))orogie  ober  $^ilofop(ie  beS 

eeijled  ((Snc^ü.  2.  «[ufl.),  4mal  bon  5—6. 

XXIV.  €ommer  1880:  1)  Sogi!  unb  aneta)>4^ft!  (Snc^fl.  8.  HuSg.   1.  9(b^.), 

4mat  bon  12-1. 
2)  $]^tlofop^ie  ber  9latur  ober  rationelle  $^^fl(  (na<t 
bemfelben  Sel^rb.   2.  ^ht%),  4  mal  bon  5—6. 
XXV.  aßintet  1830:     1)  ^latur«  unb  StaaUre^t  ober  ^^tlofopl^te  beS  ÜRe^tS, 
5  mal  bon  12—1. 
2)  2)er  erfle  X^eil  ber  $l|tlofo|)Me  ber  SSelt' 
gefd^icgte,  4mal  bon  5—6. 
XXVI.  @ommec  1881:  1)  Sogt!  nad^  bem  Se^rb.  (Snc^fl.  3..9ufl.),  5  mal  bon 
12-1. 
2)  SHeligionSp^tlofop^ie,  4mal  bon  5—6. 
XXVII.  SBintet  1831:    1)  92atut-  unb  6taat8te4t  na^  feinem  Se^tbu^,  5mal 
bon  12-1. 
2)  ®efd^ii(te  ber  $]^ilofo))l)ie,  4  mal  bon  5—6. 

aOie  aus  biefem  Itataloge  l^etborge^t,  l^at  ^egel  U)&]6tenb  ber  etflen  elf 
€emefter  (bom  ^erbfl  1818  bis  gum  gfrül^ia^r  1824)  feine  beiben  SSorlefungen 
in  ben  beiben  9^a4)mittaQ«Punben  bon  4—6  gel^alten,  im  gtoölften  €emefiet 
(kommet  1824)  lad  er  bon  11—1,  unb  loftl^renb  ber  le|ten  breiae^n  @eme|ler 
(bom  ^erbfl  1824  bis  ^um  ^erbjl  1831)  f^ai  er,  U)o]^l  gu  feiner  ürleid^terung,  bie 
Seitfolge  ber  beiben  S^orlefungen  getrennt  unb  bie  eine  immer  a^ormittags,  ge- 
tt)5inlid>  bon  12—1,  einige  mole  au4  bon  11—12,  bie  anbere  ftets  bon  5—6 
gehalten« 

10* 


148  Tegels  SEBlrffamtett  in  SBctIin. 

fieburfte  unb  baju  anregte  unb  einlub.  @o  U)utbe  ber  $]^tlofo^]^  ein 
Sneifier,  ber  fel^r  batb  @d^fller  fanb,  tnel^r  ober  loemger  gelel^rtge, 
tnel^r  ober  toenifler  gefdöidte,  bte  in  feine  5u6paj)fen  traten  unb  il^m 
nad^fotgten. 

©dgon  nad^  fed^S  ©emeflern  n^ar  Don  ilgm  unb  feinen  SBorlefungen 
fo  Diel  bie  Äebe  getoefen,  fie  l^atten  fo  t)iel  3ntereffe  unb  ßerneifer 
erregt,  ba§  ^egel  felbp  im  SBSinter  1821  ju  feinen  beiben  SSorlefungen 
(Ißaturpl^itofopl^ie  unb  9ledgtS))]^ilofo))]^ie)  Siepetitionen  anfflnbigte, 
koeld^e  bamit  t)er(unben  fein  foDten.  €o(d^e  dlepetitionen  toaren  redgt 
etgentlid^  bie  Slufgabe  lel^renber  ©dualer.  @d^on  im  @ommer  1822 
Iflnbigte  fieopolb  Don  {>enning  an,  bag  er  über  beibe  SBorlefungen 
^egetS,  nAmlid^  Sogil  unb  SJletQpIg^rtl/  $f^dgoIogie  unb  Slnt^ropologie, 
tt)0(!^enllid^  jtoeimat  [Repetitorien  unb  @onDerfatorien  ju  l^alten  bereit 
fei,  unb  im  folgenben  ©emefter  erioeiterte  er  feine  3In!anbigung  bal^in, 
bag  er  über  jebe  ber  beiben  Sorlefungen  ^egels  (SledbtSpl^ilofopl^ie 
unb  $]^iIofo))]^ie  ber  SBeltgefdgid^te)  möc^entli^  gtoei  9fie))etitorien  Italien 
toerbe  unb  augerbem  nod&  ein  @onDerfatorium.  ^ 

€8  toar  aber  nic^t  genug,  bag  ber  3Jlcijier  feine  SBorlefungen 
]&iett  unb  gleidftjeitig  einer  feiner  Sünger  ate  3)ocent  biefe  ajortejungen 
ben  3u]^orern  in  ^^orm  ange!flnbigter  9le))etitorien  unb  SonDerfatorien 
toieberl^otte,  erörterte  unb  einübte:  berfelbe  3)ocent  l^at  in  ber  gotge 
JU  loieberl^olten  malen  €>eget8  SJorlefungen  gu  ©egcnftönben  eigener 
ajorlefungen  gemad&t,  er  l^at  über  ßogil  unb  SWetapl&^rif  unb  über 
9ledbt8))]^iIofo))]^ie  nad^  ^egels  fiel^rbüd^ern,  b.  1^.  er  l^at  über  Igegeifcbe 
^pi^ilofoDl^ie  SBorlefungen  ongefünbigt  unb  gel^atten  (1823—1827),  tt)or= 
aus  auf  baS  S)eutlid6fte  er^eQt,  bag  bie  Igegelfdge  Seigre  in  93erlin  fe^r  ft^nell 
als  ©d^ulp^ilofopl^ie  unb  €d^utf^ftem  gu  n)irfen  begonnen  l^at.  S)a3 
Seifpiel  ^enningS  blieb  feineStoegS  öereinjelt.  Äu«  ber  »ad&fenben 
So^l  fetner  ©d&üler,  feiner  Sul^örer  unb  ßefcr  traten  immer  Don  neuem 
iugenblid^e  ße^rfräfte  l^erDor,  bie  fid6  berufen  füllten,  unter  ben  Singen 
beS  3ReifterS  bie  neue  ßel^re  ju  Derbreiten  unb  auSgubilben,  Don  il^m 
felbft  baju  angeregt  unb  gefSrbert, 

2.  2)et  gcfd^t4t8:p4i(ofop^tf4e  S^araftcr  bei  6^ftcind. 
9tad^bem  bie  $l^ilofo))]^ie  ber  9leligion  unb  bie  ^l^ilofopl^ie  ber 
SBeltgefd&idöte  in  ben  Äreiö  feiner  SBorlefungen  eingefül^rt  toaren,  lag  in 

^  Henning  ^at  fi4  Ofletn  1821  l^aBilittTi  unb  ifl  1825  augeroTbentU^er, 
1835  orbentli^cr  ^xofeffot  geworben. 


^egell  SBitffamteii  in  SBcrlin.  149 

ben  SBerfen  unb  SBoricfungcn  ^cgds  ein  öoUjiftnbig  gcsKcberteS  ©Aftern 
öor,  »Die  ein  fold&es  feit  ben  Seiten  ßl^rijiiQn  SBoIf«  in  ber  bentfi^en 
unb  neueren  $]^ilofo))^ie  aberl^oupt  nxiii  gefeiten  tQotben.  9tad&  bem 
neunten  ©emefter,  im  Srü^Ql^r  1823,  toax  biefer  ^öl^epunlt  crteid^t. 
Wxi  fpred^en  je^t  Don  bem  ©Aftern  bet  Seigre  bbg  6iogrQ))]^ifd^  unb 
ergö^lenb,  nid6t  barftcBenb,  gefd^toeige  beurt^eilenb,  ttjaS  erfl  in  bem 
folgenben  S3ud^e  gef^el^en  foQ.  2)Qd  ©^{tem  mar  in  ber  ^au))tfad^e 
ein  gefd^id^tSpl^ilofopl^ifcl^ed.  Sin  n^efentlid^er  Stl^eil  ber  fReligiond« 
p^ilofopl^ie  xoax  pl^ilofopl^ifdge  9%eIigion8gefcf)id6te,  ein  toefentlid^er  %^nl 
ber  Sleft^etit  t)]^iIofo))l^if(4e  Aunflgefd^idgte  unb  bie  ©efdgidgte  ber  $]^iIo= 
fopl^ie  tt)Qr  })]&iIofo})^ifd6e  ©efiftid&te  ber  ^^ilofopl^ie.  3n  ber  fpäteren 
©ommlung  ber  SBer!e  erfd^einen  bie  SSorlefungen  aber  ^I^Uofop^ie  ber 
aäJeltgefd&id&te,  gicligionfip^ilofopl^ie,  »eftl^etit  unb  ®efd&id6ie  ber  ^ßl^ilo« 
fopl^ie  (nid&t  ber  3öl&lung,  m^l  aber)  ber  ©rSfee  unb  ©onberung  nad^ 
in  ber  flattlid^en  Slnjal^I  t)on  neun  Sönben,  toelc^e  äße  SBerfe,  bie 
^egel  felbft  l&at  brudtcn  laffen,  inbegriffen  feine  Slbl^anblungen,  an 
Umfang  bei  »eitern  übertreffen. 

8.  anor^einefe;  ®an8,  f^enning,  STli^eUt,  ^otl^o,  füHl^tx,  aBetber. 

S)er  erfJe  unb  öltcfie  ©d^fller  §egel8  in  SBerlin,  ber  fid6  fil^nlidö 
ju  il^m  Derl^ielt,  »ic  Äarl  3)aub  in  ^eibelberg,  toar  fein  tl&eotogif^er 
STmtSgcnoffe  Jß^iti^p  SOflarl^einele  au8  C^ilbeSl^eim  (1780—1846), 
einft  ^rofeffor  ber  l^omiletifd^en  unb  bogmatifdgen  Stl^eologie  in  ^eibelberg 
(1805—1810),  bann  an  ber  Uniöerptftt  ju  Serlin,  ber  er  feit  il^rcr 
Eröffnung  in  einer  fafl  Sejöl^rigen  8e^rt§ätig!eit  als  ^rofeffor  unb  Uni= 
Derfitätg^rebiger  angeljört  l^at.  Unter  bem  €inf[u6  ber  SBerfe  unb 
JBorlefungen  Tegels  l^at  3Jlar^eineIe  ftl^nlidö  toit  ®aub  ftd&  Don  ©d&effing 
ber  ße^re  Tegels  jugetoenbet,  ttjie  au8  ber  gmeiten  Sluftage  feiner 
„Orunbtel^ren  ber  S)ogmatif"  (1827)  erl^eHt. 

@8  ift  bemerfensmerll^,  bag  aus  ber  afabemifd^en  ;3ugenb  einige 
3uri{ten,  Don  Tegels  9led^tgp]^Uofo))]^ie  getodft  unb  gefejfelt,  ben  (S^titlM 
feiner  JBorlefungcn  burd&gcarbcitet  unb  fic&  ber  afabcmifd^en  ßaufba^n 
getoibmct  l^aben,  bie  pe,  mit  einer  2lu8nal&me,  in  ber  <)]^iIofo<)^ifd&en 
f^acultät  gefud^t  unb  gefunben.  @$  finb  Dier  geborne  SSerliner:  (Sbuarb 
©an«  (1798—1839),  ber  in  ber  iuriftif^en  SaculWt  ftdb  l^abilitirt 
unb  feine  ßaufbal^n  gemad&t  l&at  als  ^ßrofeffor  beS  römifd^en  9led&t8, 
SJerfaffer  ber  ©efd&id&te  beS  ©rbred^ts  auf  toeltgefdftid^tlid&er  (uniDerfafc 
red^tSgefd^id^tüd^cr)  ©runblage,  9%iDaI  unb  ©egner  ©aDign^S,  bem  atS 


150  Tegels  aOßitffamleU  in  SetUn. 

bem  Segtünber  ber  l^ifbrtfd^en  Sfled^tiSfd^uIe  er  bie  ))]^tIofo^]^tfd&e  ent- 
gegenfe^en  sollte;  Seopolb  Don  Henning,  bem  ate  Stepetenien  ber 
l^cflelfd&en  aSorlefungen  toir  fd&on  begegnet  finb,  unb  ber  feine  Sl^fttig* 
!eii  befonberd  auf  bie  S^ortbilbung  ber  reti^td-  unb  fiaatSp^ilofopl^ifd^en 
@eite  beS  ©^fiemS  geridgtet  l^at;  Statt  Subkoig  aRidgelet  (1801  bis 
1894),  ber  einige  ber  etl^ifdgen  ^i^tx  auSjubilben  unb  bie  ©efdgid^te 
ber  neueflen  $]^iIofop]^ie  feit  jtant  borjufteDen  beftrebt  toar;  im  3ctl^r 
1892  toor  er  unter  ben  Berliner  SJocenten  ber  SRefior,  ber  brei  SWenfd&cn* 
alter  fal^,  unb  iDurbe  aU  fold^er  begrübt;  ^einrid^  ®ujlaD  ^otl^o 
(1802—1873),  ber  über  enc^Hopdbie  ber  <)]&itofo})]öifd&en  SBiffenfc^aften 
aber  bie  ©efdgit^te  ber  öft]^etif(!ben  @^fteme  feit  SBoIf,  über  $oeti!  u.  f.  f. 
S3ortefungen  gel^alten  unb  ftii^  f^&ter  burd^  feine  lunfll^iftotifd^en  SSerfe 
über  bie  ©efd^id^te  ber  beutftfien  unb  nieberUnbifd^en  SKalerei,  über 
bie  äJtaterfd^uIe  Huberts  Dan  (E^dE  u.  f.  f.  einen  auSgejeid^neten  92amen 
ertoorben  l^at.* 

3n  feinen  SSorlefungen  über  bie  ®efd^id^te  ber  ^l^ilofopl^ie  l^atte 
^eget  über  bie  93ebeutung  unb  Sd^ulb  bed  @ofrate8,  über  baS  SBefen 
unb  ben  S^aralter  ber  platonifdgen  unb  ariflotelifd^en  ^l^ilofopl^ie  eine 
ailenge  neuer  3been  nid^t  blog  audgeftreut,  fonbem  im  3iif<^Tnmen]^ange 
beS  (Sangen  enttoidCett  unb  aud  bem  S^italter  fo  einleudgtetfb  l^erDor* 
gelten  taffen,  bag  eS  eine  fel^r  lodEenbe  unb  lol^nenbe  Aufgabe  tt)ar, 
biefe  3been  in  SBorlefungen  unb  äRonograpl^ien  genauer  auSguffll^ren. 
@o  !am  eS,  ba^  einer  feiner  frfll^eften  @dgüler,  ^einrid^  £]^eobor 
3l5tfd&er  aus  3»ittentt)albe  (1803—1871),  ber  afe  p]^iIofot)]öifd6er 
S)ocent,  gleid^jeitig  mit  ®anS,  Henning,  SO^id&elet  unb  ^otl^o,  geleiert  unb 
SSorlefungen  über  bie  ©eft^id^te  ber  alten  $I^Uofo))l^ie,  über  Pato  unb 
SlrifloteleS  gel^alten,  eine  Sdgrift  über  „Sriflopl^aneS  unb  fein  3eit« 
alter"  »erfaßt  l^at  (1827),  ttjorin  Tegels  »nfid&ten  über  ben  ©ofrateS 
entmidfett  tourben.  Slbtfdger  ift  f))ftter  @^mnafia())rofeffor  in  Sromberg 
geiDorben  unb  l^at  als  ^riDatgelel^rter  in  SBerlin  fein  ßeben  befd&loffen, 
er  l^at  feine  litterarifd^-pl^ibfopl^ifdge  £l^dtig!eit  in  Dorgüglid^er  SEBeife 
ber  bramatifd^en  Aunß,  foaol^t  ber  2>id^tfunfl  als  aud^  ber  ©d^aufpiel- 
tunfi,  gugeiDenbet  unb  burd^  feine  ©dgriften  fel^r  Diel  jur  Srleud^tung 
bramatifdger  Sl^araltere,  gur  n)i{fenfd^aft(id6en  Srienntnig  unb  Hebung 
ber  ©d^aufpießunft,  gur  SBürbigung  grofeer  ©d&aufpieler  beigetragen, 

1  aSon  ben  benannten  l^at  fid^  Henning  Cßern  1821,  ajli^elet  1826,  ^ot^o 
1827  l^abtlUirt;  ber  etfte  i|l  1B25  augerotbentlid^er  $Tofeffor  getoorben,  biebeibcn 
anbem  1829.    Henning  »urbe  1835  otbentli^cr  frofeffor. 


^getd  aBitIfamteit  in  S^erlin«  151 

toie  burd^  feine  ßebenSgefd^ifi&te  @e^belmann8;  it.  f.  f.  €r  tofitbe  nie 
btefer  ©d^rtflfleller  gemorben  fein,  ol^ne  bie  ääefrud^tung  unb  SluS» 
bilbung  feines  Talents  burd^  bie  l^egelfdge  $]^tIofo))]^ie. 

3d^  mug  ben  fRamen  ^otl^o  unb  Slötfd^er  einen  britten  l^inju- 
fügen:  Äatt  SBerber  aus  »etltn  (1806—1893),  ber  nod&  qua  ber  un« 
mittelbaren  ©d^ule  ^egete  ]§ert)otgegan8en,  aber  erft  einige  Salute  nad^ 
bem  S^obe  beS  ÜTleifterS  ald  S)ocent  ber  $]^iIofo))]^ie  aufgetreten  ift 
(SBinter  1834),  $^iIofot)]^  unb  S)idgter,  nidgt  fo  ))ielfeittg  unb  Diel» 
tl^Attg  aU  bie  genannten,  er  l^at  anregenbe  S^orlefungen  Aber  8ogt! 
gel^atten,  aud^  über  ben  erften  ^bfdgnitt  (QuaKtöt)  eine  ettoaS  ))]^ans 
tapifdöe  ©d6rift  l^erauögegebcn  (1841),  BcfonberS  anregenb  aber  burd& 
feine  SBorlefungen  über  ^amlet,  SDlacbetl^  unb  ©d^itters  SBattenflein 
geiDirlt  unb  fortgettirft. 

4.  aSatfe,  @ttQu6,  SSntno  SBauet,  3.  üb.  (Srbmann,  9loten!tana,  ^intidftS  utib  (BaMer. 

9Bie  legete  Sled^tSpl^Uofo^^ie  unb  feine  SSorlefungen  über  jtunft- 
))]§iIofo))^ie  unb  ©efd^id^te  ber  ^^i(ofot)l§ie  eine  SRenge  Slufgaben  ent- 
stielten, bie  l^erDorgel^oben  unb  bearbeitet  fein  »ooKten,  fo  Derl^iett  ed 
ftd^  aud^  mit  feinen  93or(efungen  über  SleligionSpl^Uofopl^ie,  mit  feinen 
3been  über  bie  jjübifd^e  unb  dgrifllid^e  Steligion,  über  bie  Sleligion  beS 
^ten  unb  beS  bleuen  SeftamentS.  Um  bie  %rt  unb  3eitfolge  ber 
biblifd^en  9leIigionSibeen  )u  er!ennen  unb  fefljufleDen,  bagu  loar  bie 
I^iftorifdg-Iritifd^e  Unterfud^ung  unb  (Srforfdgung  beS  AanonS  erforber- 
lid^,  bie  itoax  t>on  bem  ©eijl  unb  ber  Einlage  ber  l^egelfdgen  $]^iIofo))]^ie 
nid^t  auSgefd^Ioffen,  Dielmel^r  geforbert,  aber  ber  ))er{önUd6en  @etfteSart 
Tegels  felbfl  nid^t  gemäß  toar  unb  bem  erften  SQBurf  be8  ©^pemS 
fel^tte.  SBad  bie  Ariti{  beS  AanonS,  namentlid^  bie  beS  Snten  Sefia- 
ment«  betraf,  fo  l^atte  SK.  8.  2)e  SBette  auS  Ulla  bei  SBcimar  (1780 
bis  1849)  burd^  feine  ffleitrfige  jur  Einleitung  in  baS  Site  Stepament 
(1807)  unb  feine  l^iporifd&^Iritifd^e  ßinlcitung  in  bie  Sibet  Sitten  unb 
9teuen  SeftamentS  (1817)  bie  Spodge  auf  bem  ©ebiete  ber  altteßament» 
lidben  Sll^eologie  begtfinbet,  toeldge  bis  in  bie  jflngflen  Oforfd^ungcn  l^inein 
forttoirft.  6r  l^atte  in  ben  tl^eologifd^en  CJocuttäten  ju  3ena,  Reibet» 
berg  unb  99erlin  feit  Eröffnung  ber  UniDerfit&t  geleiert  unb  l^ier 
wegen  feine«  SroflbriefeS  an  bit  SDiuttcr  ©anbs  fein  ßcl^ramt  auf 
Sefel^l  bcs  Äönigs  öerloren  (1819),  in  feinen  j)]^ilofo))^if(6en  Stnpd^ten 
l^iett  er  eS  mit  fJrieS  unb  ©dftleiermad&er,  ben  ©egnern  Tegels.  3ni 
Sal^r  1828  flanb  an  bem  $la^e,  loetd^en  S)e  SBette  innegel^abt  l^atte. 


152  ^egell  9BirffQm!ett  in  Sctlin. 

^engflen&erg  mit  fetner  ff<Sk)angeUfd^en  jttrd&engettung''.  3m  t)oIIf}en 
©egenfa^e  ju  ^engftenberg  unb  in  ber  ^Bftd^t,  bte  rationelle  SSibel- 
forfd^ung  in  bem  Don  S)e  Sette  Begränbeten  ]^tftorifdg»!rittf(i&en  ®eifte 
fortjubilben,  etf^ien  quS  ber  l^egelfd^en  @d^ule  SBill^elm  fSatU  auS 
»erlin  (1805—1882),  ber  im  SBinterfemePer  1830  feine  t^eolojjifd^eßel^rs 
tl^&tig!ett  begonnen  unb  im  Solare  1835  ben  erften  unb  einjigen  S:i^eil 
feiner  Biblifd^en  Stl^eologie,  „bie  Sleligion  beS  SKten  SeflamentS",  oer» 
öffentli(^t  l^at,  ein  SBert  meldgeS  man  aU  bie  gemeinfame  ^^luti^t  ber 
Igiftorifd^^fritifd^en  unb  ber  pl^ilofopl^ifd^en  SteligioniSgefd^id^te  tejeid^nen 
!ann.  ©(eid^jeitig  erfd^ien  nod^  ein  onbi^reS,  geifteSDertoanbte^,  bem 
Ofelbe  ber  neuteftamentlid^en  S^l^eologie  angel^örigeS,  burd^  fein  Stl^ema, 
feine  Srgebniffe  unb  feine  bemunberungdn)ürbigen,  litterarifd^en  Sigen» 
fd^aften  n)ettbeit)egenbeS,  bis  gum  l^eutigen  Sage  burd^  feine  ä3ebeutung 
fortroirfenbeS  SQSerl:  baS  ßeben  3efu  Don  S)aD.  Sfriebr.  ©traufe  au8 
ßubttigsburg  (1808—1874),  ber  im  ffiintcrfcmefler  1831  nad6  Serlin 
gelommen  toar,  um  §egel  unb  ©d^Ieiermad^cr  ju  l^ören,  unb  ju  feinem 
größten  ßeibn)efen  bie  Stad^ric^t  Don  bem  S^obe  legete  aus  bem  SJlunbe 
©d^Ieiermad^erS  Dernal^m. 

SDlit  bem  Sal&rc  1835  beginnt  bie  SDifferengirung  ber  l^egclfd&en 
©d^ule,  in  bie  beiben  Stid^tungen,  meldte  ©traug  mit  ber  regten  unb 
linfen  ©eite  eines  Parlaments  Derglid^en  l^at.  ^uf  bem  tl^eotogifd^en 
Selbe  gilt  SWarl^einefe  olS  Äepräfentant  ber  redeten,  ©traufe  bagegen 
als  S^fll^rer  ber  linlen.  2)rei  ^a^xt  nac^  bem  3:obe  beS  äJleiflerS  ge= 
lo&l^rt  bie  b^g^If^^e  ©d^ule  in  i^rer  @oncentration  an  ber  UniDerfttdt 
Sertin  einen  fel^r  ftattlid&en  SlnblidE.  3m  SBinterfemefier  1834  leieren: 
JDlarl^einefe,  Sruno  Sauer  aus  ©ifenberg  (1809 — 1881),  bamals  noc^ 
auf  ber  öu^erfien  red&ten,  SBatfe,  ®anS,  Henning,  SDWc^elet,  Cl^^l^o, 
SBcrber,  3o]&.  ©b.  ©rbmann  aus  SBolmor  in  SiDlanb  (1803—1892), 
ber  fein  9lmt  als  ?ßrebiger  in  feiner  JBaterftabt  oufgegebcn  unb  fidb  für 
l^egelfd^e  ^l^ilofopl^ie  in  99erlin  l^abilitirt  l^atte,  er  tourbe  im  3^^^^  1836 
na^  §alle  gerufen,  tt)o  er,  toie  ber  SBerfaffer  biefeS  SBSerfeS  auS  eigner 
(Srfa^rung  bejeugen  lann,  als  einer  ber  beliebtefien  unb  burd^  feine 
biboftifc^e  Aunfi  Dorjflglic^ften  S)ocenten  faft  gtoei  SDlenfd^enalter  ^in- 
burd^  gen)irlt  l^at. 

S)ie  ©enannten  finb  f&mmtlid^  unmittelbare  ©dualer  Tegels.  93on 
feinen  berliner  ©d^fllern  leierte  Aarl  9%ofen!ran}  aus  3}lagbeburg 
(1805—1879)  feit  1833  in  ÄSnigSberg,  Don  feinen  l&eibelbcrger  ©(ftülern 
leierte  ^inridgs  feit  1824  in  ^aUe  a.  ©.,  Don  feinen  jenaifc^en  ©d&fllern 


^egeU  aBirIfamlett  in  IBeTÜn.  153 

Icl^rtc  ©corg  «tibreaß  ©abicr  aus  SKtorf  (1786—1853)  ote  Slector 
be8  ©^mttaftumS  gu  SSa^reut^  fett  1821  unb  tDurbe  aU  ä^erfaffer  eines 
üt^xbni^^  ber  ))l^iIofo))]^if(i^en  ^ropöbeutil  1827,  .bte  auf  ^egeld  ^^öno» 
menologte  gegrfinbet  loar,  im  {^rfil^ial^r  1835  ber  9tQ(|f olger  ^egetS 
in  SBerKn.  ©r  l^otte  beffen  le^te  SBorlefungen  in  3ena  »ftl^renb  ber 
3a^re  1805  unb  1806  gcl^ört. 

SBir  l^obennod^  einen  bem  berliner  Areife  ber  Slnl^dnger  unb 
i^reunbe  Tegels  gugel^örigen  SRonn  6ert)or)u]^eben,  ber  2tt)Qr  fein 
ftubentifd^er  Sul^&rer  geioefen,  aud^  fein  lel^renber  ©dgflier  beS  ^l^ilo» 
fopl^en  geroorben  ifl,  aber  fein  begeiflerter  SSerel^rer  unb  treuer  §au8= 
unb  gamilicnfreunb  toor:  3ricbrid&  Qförfter  auS  SWflnd&engofferftäbt 
im  Äreife  ©oalfelb  (1791—1868),  Iü^o»fd&er  3äger  unb  fjreunb 
Ä5mer8,  ©id&ter  unb  l^iflorifd&er  ©(i^tiftpeller,  er  l^at  als  fotcfier  fid^ 
namentlid^  burd^  feine  ©d^riften  unb  Slrbeiten  über  SSodenfiein  belannt 
gemod^t,  beffen  93riefe  er  l^erauSgegeben  unb  beffen  ^roce^  er  bargefteUt 
l^at,  um  feine  ©d&utblofigfeit  in  Slnfel&ung  beö  ^od&öerratl^«  nad^ju* 
loeifen.  Site  er  ftdi  forfd^ungSl^alber  in  $rag  auffielt,  l^at  ^egel  in 
l^eitercr  Scitfd^rift  il^m  6m<)fe^lungen  nad&gefenbet,  um  feinen  SwedEen 
bel^ülflicft  ju  fein.^  (gr  ijl  ber  ältere  »ruber  beS  aU  Äunfifd6rift= 
fteöer,  JBerfaffer  eines  JReifel^Qnbbut^S  fflr  3talien  unb  burd&  feine 
©d&riftcn  über  Seon  5PauI,  feinen  6d()n)iegert)ater,  tool^lbefannten  6rnfl 
görfier. ) 

in.  greunbe  unb  Sfeinbe. 
1.  2)ie  ^eibelbergcT  gf^eunbe. 

S)er  Sluf  ber  rofd^en  (grfolge  Tegels  l^atte  fid6  balb  Derbreitet 
unb  bei  ben  O^teunben  in  ^eibelberg  miQfommene  ^ufnal^me  gefunben, 
iDte  aus  einem  93riefe  SreujerS  t)om  30.  SKai  1820  erl^eQt:  „3a,  eS 
ifi  in  fo  furger  Seit  tounbcrbar  fc^nell  mit  ben  SBirfungen  3]^rer  SSor« 
träge  gegangen,  roit  uns  aQe  junge  Seute  t)erfid^ern,  bie  t)on  bort  gu 
uns  l^ergetoanbert.  S)ieS  ift  fo  bie  toal^re  Strt  bes  ©eifteS,  ber  mit 
untoiberflel&Iid&er  $Dlad&t  fid&  aöer  bemciftert,  bie  ba  felber  nid^t  ganj 
unb  gar  Don  il^m  öertaffen  finb.  S)aS  l^aben  toir  tool^I  gefül&It,  S)aub 
unb  id&;  unb  barum  loar  id&  aud&  bis  gur  Subringtid&feit  Derlangenb,  ©ie 
l^ier  feftgulgalten.  Sie  aber  lonnten  fid^  l^ier  nid^t  l^eimifd^  füllten  auf 
einem  SSoben,  ber,  fo  reid^  auSgeftattet  t)on  ber  ©unfl  ber  9latur,  bod^ 


1  ^Briefe  k>on  unb  an  ^egel.    U.    (ßx.  D.  8.  Oct.  1829.)    6.  320  u.  321. 


154  ^egeU  aOßirffamIcit  in  IBetlin. 

fo  mattd^em  ^l^ilifterium  eine  breite  unb  loeidg  bequeme  Unterlage  bar- 
bietet.  €o  mußten  loir  €ie  too^l  ^iel^en  loffen,  aber  mir  bilben  uns 
tttoa^  barauf  ein,  @ie  eine  SBeile  befejfen  ju  l^aben,  unb  unfere  guten 
SBflnfd^e  mflffen  tote  @ei{ier  unfi($tbarer  SBeife  intmer  um  @ie  fein/  ^ 

2.  fLnotit^mt  ^einbe. 

99ei  feiner  errungenen  ^öl^e  unb  toeitl^in  anerlannten  93ebeutung 
lonnte  eS  natarUd^ertoeife  ntc^t  ausbleiben,  bag  balb  aud^  S^inbe  unb 
@egner  ins  fjfelb  rädten,  perfönlid^e  unb  fadgUdge,  anonyme  unb  offene, 
neibifd^  fd&mäl^ffld^ttge  unb  el^rlidg  bewaffnete,  ßaum  mar  bie  Sled^tS- 
t)]^ilofo))]^ie  mit  il^rer  gel^arnifd^ten  ä^orrebe  etfc^ienen,  fo  !amen  anonyme 
Slnfeinbungen  in  ben  l^eibelbergifdgen  3ci^tbfld^ern  unb  ber  ^aOifd^en 
allgemeinen  Sitteraturgeitung.  2)er  l^eibelbcrger  ^non^muS  mar  nad^ 
Tegels  mol^I  gutreffenber  Uebergeugung  fein  alter  Sanbsmann  $aulu8, 
feit  ben  uns  belannten  mürttembergifd^en  ^Anbetn  fein  erbitterter 
Ofeinb.^  2)er  l^aUifd^e  Slnon^muS  l^atte  ^egelS^SluSfdlle  gegen  {^ried 
befonberd  Abel  emt)funben  unb  als  eine  t>^^fbnlid&e,  an^  uneblen 
SO^otiDen  begangene  jträniung  unb  ^erabmflrbigung  eines  fd^on  feines 
t)]^ilofot)]^if<^en  Sel^ramteS  Derluftigen  SRanneS  ^ingefteüt.  @oIdbe  SBe- 
]^aut)tungen,  unter  bem  SedEmantel  ber  9(non^mitdt  t)orgebrad^t,  maren 
freitid^  @c^mä]^ungen,  gegen  meldte,  als  derflbt  in  einer  preugifc^en, 
Don  ber  Slegierung  unterfifl^ten  3eitung,  ^ege(  a(S  „preugifd^er  93e' 
amter''  €d^u^  unb  ©enugtl^uung  bei  bem  üninijterium  nad^fud^te. 
3lttenflein  lie^  ber  Slebadion  eine  brol^enbe  SWiBbilligung  gufommen, 
im  flbrigen  aber  DermieS  er  ^egel  auf  ben  SBeg  ber  geric^tlid^en  Ulage, 
ben  biefer  nidgt  betrat.^  3ni  ^inblic!  auf  feine  9led^tS))]^iIofo))]^te  l^atte 
er  2)aub  gefc^rieben:  ,,9Rit  meinem  Sormort  unb  einfc^Iagenben 
Sleu^erungen  l^abe  ic^  allerbingS,  mie  Sie  gefeiten  l^aben  merben,  biefer 
lal^Ien  unb  anmagenben  @ecte,  —  bem  jtalbe,  mie  man  in  @c^maben 
gu  reben  ))flegt,  ins  Sluge  f erlagen  mollen:  fie  mar  gemol^nt,  unbebingt 
baS  SBort  gu  ^aben,  unb  ift  gum  2:^eU  fel^r  Dermunbert  gemefen,  bag 
man  Don  miffenfd^aftlic^er  @eite  nichts  auf  fte  l^alte  unb  gar  ben 
SWut^  l^abcn  I5nne,  öffentlich  gegen  fie  gu  fpred&en"  u.  f.  f.*  3lad5 
feiner  foeben  angefttl^rten  SlebenSart  lonnte  er  fid^  füglid^  nid^t 
munbern,  menn  geblo{t  mürbe. 

1  SStiefc  Don  unb  an  $eaeL  IL  6.  25.  —  *  6.  oben  dap.  XL  6. 109ftgb. 
—  »  Äofenfrana.  6.  336  u.  837.  —  *  »riefe  Don  unb  an  ^egel.  II.  (»r.  Do« 
9.  «pril  182L)  6.  46. 


^edeli»  aBittfamteit  in  »erlin.  155 

3.  din  t)^Uofo))|if4er  Gegner:  (Eb.  SSenefe. 

3d&  ^obt  in  bem  neunten  93anbe  biefeS  SBerlS,  ber  t)on  ©i^optn- 
Iraner  ^anbeli,  eines  jungen  ^l^ilofopl^en  gebadet,  ber  ben  äJerfaffer 
ber  „SBelt  aU  SSftiKe  unb  SSorfteDung''  burd^  feine  9tecen{ton  unb  bie 
SIrt  il^rer  (Eitate  auf  baS  Steugerfle  ergürnt  unb  fid^  eine  Uiterarif^e 
3uTüdn)eifung  in  fd&rofffler  O^orm  t)on  i^m  gugegogen  l^otte:  Sbuarb 
»enele  au8  SBerlin  (1798—1854),  ber  einige  3«t  nad^  ©d^openl^auer 
ebenfalls  in  ber  ))]§iIofot)]^ifdgen  g^acultät  aU  $rit)Qtbocent  auftrat.^ 
93eibe  lafen  in  t)öl[tg  entgegengefe^ten  9lid&tungen  Aber  bie  ©runb- 
legung  ber  gefammten  $^iIofo))^ie,  (eibe  fteUten  nod^  !urger  3cit  i^re 
aSorlefungen  ein:  @d^o))en^Quer  aus  3RangeI  an  i^uft  unb  an  3u]^5retn, 
SBenefe,  »eil  il^m  ba3  SRinifierium  bie  venia  legendi  entgog,  unb 
giDar,  tDie  eS  l^eigt,  auf  ben  äBunfdl^  unb  bie  93eranlaffung  Regele. 
6r  ]§atte  gmei  @emefier  l^inburcb  fel^r  fleißig  gelefen  (^erbfi  1821  bis 
^erbfi  1822):  ^Ueber  bie  ©runblegung  ber  ^^ilofopl^ie  mit  3ugie]^ung 
ber  t)on  il^m  l^erauSgegebenen  Srfal^rungSfeelenlel^re  ats  ©runbtage 
alles  SBiffenS,  über  Sogt!  unb  SRetapl^^fil,  Aber  9leIigionS))l^iIofo))]^ie 
unb  über  Seeten!ron!]^eiten".  35ie  8ln!ünbigung  ber  erflen  SBortefung 
begeic^net  feinen  @tanbt)un!t.  Unmittelbar  erfennbar  aus  innerer  (Er- 
fahrung ift  nid^t  blog  ber  SBiQe,  mie  @d6o))en]^auer  lel^rt,  fonbern  unfer 
ganges  pf^d^ifd^eS  Sein:  bal^er  bie  em|)irifd^e  ^f^dgologie  bie  @runblage 
altes  SBtffenS;  bal^er  ^at  ßant  t)on  ®runb  aus  geirrt,  als  er  ber 
empirifdgen  ^f^dgologie  bie  @rlenntni§  t)om  Sßefen  ber  @eele  abf))ra(%; 
bal^er  ifl  bie  nad^Iantifc^e  $^ibfo))]^ie  in  lauter  9lbn)ege  unb  ^irn- 
gcf<)innfle  geratl^en,  öor  aDen  gidfete  mit  feiner  ßel^re  Dom  3d6,  ben 
Sd^eQing  ergängt  unb  gu  »eld^em  ^egel  gurfldgefü^rt  \)at  9lid^t  auf 
bie  3netat)]^9fi!  ifl  bie  ^f^c^ologie  gu  grfinben,  toit  ^erbart  Derlel^rter^ 
meife  verlangt,  fonbern  umgele^rt  auf  bie  $f^(^oIogie  bie  SO^etap^^fif, 
toie  bie  IReligionSlel^re,  bie  @ittenlel§re  unb  bie  (Srgiel^ungSlel^re.  Tlan 
lann  fagen,  bag  biefer  jüngfle  ^ßriöatbocent,  —  er  toar  fafl  ein  aKenfd&en= 
atter  jünger  als  ^egel  —  mit  QfrieS,  ^erbart  unb  ©döopcnl^auer  in 
gemiffem  €inne  t)ereinigt,  gegen  ^egel  gu  O^^Ibe  gog,  obtool^I  er  aucb 
leben  ber  brei  genannten  ^l^ilofo^b^t^  be!amt)fte. 

£^alfa(^e  iß,  ba§  bem  $ridatbocenten  SBenele  bie  venia  legendi 
entgogen  unb  fünf  3abre  fpöter  toicbergegeben  tturbe  (1827),  unter 
unb  Don  bemfelben  SJlinifterium.  ^at  bie  (Sntgie^ung  auf  ^egels 
93eranlaffung  ßattgefunben,  fo  n)irb  aud&  bie  3urflÄgabe  gur  3(it  feiner 

^rTbiefe«  SKerf.  »b.  IX.  »u«  I.   i&np.  IV.    6.  60-64. 


156  ^egel«  aBiilfamfeit  in  IBetlin. 

t)olI{}en  äBtrlfamleit  tttd^t  ol^ne  fein  6int)erfiänbni§  erfotgt  fein.  SSeld^e 
Sloöe  ^eget  bei  tiefen  fonbcrbaren  JBorgftngen  Qt\piAi  l^at,  barüber  ip 
bisl^er  ouS  urlunblidgen  3eugnif{en  nid^ts  belannt.  Stofenican)  fagt  nid^td 
t)on  ber  @Qd&e,  ^o^m  ebenfotoenig,  bo(i^  fdbreibt  3o^.  @b.  Srbmann,  ber 
treue  @d^ü(er  unb  Serel^rer  ^egeliS,  in  feinem  ©runbrig,  ba^  ^egete 
^nbenlen  burd^  fein  SSet^oIten  gegen  93enele  befledt  tDotben  fei,  er  ^at 
biefeS  fcblimme  SBort  niebergef(i^rieben  o^ne  jebe  naivere,  gefd^meige 
urlunblid^e  SBegranbung,  er  l^at  in  feinem  früheren  oui^fa^rlic^en  SBeile 
nidöts  t)on  ber  ©ac^e  gefügt.^  3n  ben  ©riefen  t)on  unb  an  $egel 
lommt  ber  92Qme  93enefe  nid^t  Dor.  @iS  l^eigt,  bog  feine  ^©runb- 
legung  jur  5ß^^fi!  ber  ©itten"  (1822)  SBebenfen  gegen  feine  ©ittentel^re 
erregt  l^abe,  aU  ob  fie  jum  <St)i!ureiSmu8,  olfo  Sltl^eiSmuS  ffll^re  u.  f.  f. 
äBad  l^Qt  man  in  ienen  3eiten,  »o  ber  tad^gierige  Sd^atten  ßo^ebueS 
in  93erlin  umging,  ni<^t  aUeS  gefagt  unb  t)erbä(!6tigt!  2>er  Staats« 
rat^  @dbul^  toar  als  ber  StegierungSbeDoHmöd^tigte  ber  UniDerfität 
aus  einem  l^armlofen  SDann  ein  mfltl^enber  2)emagogenDerfoIger  ge- 
tt)orben;  @dgma(},  ber  erfte  t)om  ßönig  ernannte  Stector  ber  Uniderfitat 
SBerlin,  DrbinarinS  ber  3uriftenfacultät,  l&atte  fogar  ben  „Xugenbbunb" 
bemagogifd^er  Senbenjen  Derböi^ttgt,  ber  jtönig  felbfl  ^atte  befohlen, 
bag  SSorlefungen  Aber  OlenS  9^aturp]^i(ofo))]^ie,  meldte  ein  geföiffer 
Dr.  gfenner  für  S)amen  l^alten  »oßte  (getoife  ein  l&öd&fl  ungereimte« 
Unternel^men)  ju  derbieten  feien,  ttorflber  fid&  §cgel  im  ©ommer  1821 
brieflich  gegen  @reuger  auSf))rac^:  „2)er  JtSnig  l^at  t)or  einigen  SBodgen, 
als  ein  frember  Dr.  Renner  —  ein  Sropf  —  ben  unfere  gfacuUät 
abgemiefen  l^atte,  SSorlefungen  für  2>amen  Aber  OfenS  S'taturpl^ilo- 
\o)p^xt  bölten  »oute,  —  bieS  inl^ibirt  unb  ben  3Winifter  öeranttoort« 
lid^  gemacht,  bag  biefe  9latur))l^i(ofot)^ie  unb  anbere  ä^nlid^e  $^iIo- 
fo^jl^ie,  bic  auf  Sltl^eiSmuS  ffll^re,  auf  feinen  UniDerptfitcn  nidfet  geleiert 
toerbe".  „3d&  fagte  ju  unferem  SiegierungSbeüoDmädötigten  barttber: 
eS  laffe  fidg  aUe  fpeculatide  $^i(ofop^ie  Aber  bie  9leIigion  auf  ben 
Stl^eiSmuS  führen;  eS  fommt  nur  barauf  an,  teer  fie  fül^rt,  —  bic 
eigentfeümlid&e  3fr5mmig!eit  unferer  Seit  unb  ber  üble  SBitte  ber 
S)emagogen,  bei  benen  belanntlicb  bie  Of^ömmigteit  l^od^  blü^t,  mirb 
leidet  für  foldfee  fjü^rer  forgen  unb  baS  faji  dergeffene  ©c^Iagttort: 
Sltl^eiSmuS  n)ieber  in  ^ufnal^me  bringen".^ 

1  9o^.  (Eb.  ^rbmann:  !Berfu4  einer  toi{Tenf(|aftIidien  2)arfleEung  ber  neuen 
Wlo\op^t.  93b.  IIL  2.  %m.  (1853.)  §  46.  6.  686-709.  Grunbrig  ber  ®ef4. 
b.  ¥§ilofop^ie.  (1870.)  5Bb.  H.  §  334.  6.  633.  —  •  SSriefe  öon  unb  an  ^eßel, 
II.   6.  53  u.  54. 


^eftels  Birffamfeit  in  IBetTtn.  157 

Um  tiefen  fcltforncn  unb  Dtel  be^roifieneti  SJorgang  ju  t)et|ie]^en, 
mu^  man  ftd^  bie  eben  gef^ilberte  S^itlage  t>ergegenn)&rttgen  unb  ju^ 
gleich  batan  erinnern,  ba§  nad^  ben  befle^enben  ^unbeSgefe^en  iebem 
^riöQtbocenten  bie  venia  docendi  tt)iberrufli(i6  ertl^eilt  »urbe  unb  ber 
9legterung  bie  STlod^tbefugnig  guftanb,  btefe  Srlaubnig,  mnn  eS  il^r 
}»edEbienIi(&  fd^ien,  ju  fufpenbiren  ober  aufju^eben,  tod^renb  biefelben 
SunbeSgcfe^e  jebem  beuifd^en  ©toate  unterfagten,  einen  fold&en  öer« 
botenen  2>ocenten  irgenbmie  ote  Se^rer  angufteQen.  @etne  ^octnUn- 
laufbo^n  xoax  Dernid^tet.  2>ie  Slnkoenbung  fo  gemalttl^ättger  STlaBregeln, 
koenn  nid^t  bie  oDertriftigfien  ®rflnbe  Dotliegen,  toai  bal^er  l^öd&fi 
unbillig  unb  unitug.* 

1  SRan  fonn  ni^t  fagen,  ba%  ®rünbe  foI((eT  Srt  baS  IBetfal^ren  totber 
Sende  gcTe^tfertigt  ^aben.  (Et  (atte  eine  Sd^rift  t>erfa6t,  bie  f(|on  in  il^tem 
Sitet  ben  geflinentUten  Qegenfa^  totber  PoniS  @tttenle^re  au8fprad^:  »(Brunb« 
legung  nid^t  sux  aJletal>(^fit  fonbern  jur  $l^^fi!  bei  bitten!"  (E<  gebe  feine 
aügemetnen  unb  not^toenbigen  ©ittengefe^e,  feine  enbgflitige  STloralitAt,  au4  bie 
@ittU4feit  fei  t)on  natürlichen,  emptrif^en  SBebingungen  abl^ängig  unb  borum 
buT^gftngig  telatiü.  3n  biefer  Vnftd^t,  bie  feineStoegS  neu  XDax,  tooVte  ba< 
SJltniflerium  eine  gefö^rlid^e  dnletre  etblicfen.  So^annef  ©^ulge  in  feinem 
QuSfü^tli^en  Guta^ten,  ba8  in  ben  Sitten  aU  (Korreferat  auftritt,  ^at  bie  €4rtft 
als  einen  „fur^tbaren  ^rtt^um*  beaet(|net,  bet  ^empörenbe  gfolgerungen'  nad^ 
ft4  Sie^e  unb  ben  93erfoifer  aU  gur  Su8fibung  ber  pVtIofop^if4<n  Se^rerlaubnig 
untaugU^  eif feinen  loffe,  fo  lange  er  in  biefer  S}erblenbung  beharre.  €cbuI4, 
ber  au^crorbentn^e  9legierung8bet)o1Imft((tigte,  gut  SBeri(|terftattung  oufgeforbert, 
ging  in  ber  .^erurt^eilung  no(i  toeiter  unb  empfahl  ni^t  bIo|  bie  etn{!u)eiltge, 
fonbern  bie  gSnali^e  (Entfernung  SBenefeS  t)om  afabemifd^en  Aat^ebet.  Unter  ben 
IDlinifterialrät^en  toax  nur  einer,  ber  baS  getoaltfame  CEinf(|reiten  gegen  SBenefe 
auf  baS  (Entf^iebenße  toiberriet^:  9licoIot>iuS  in  feiner  (ErflArung  Dom  9.  gfebr.  1822. 
^ie  SBorlefungen  SBenefeS  mürben  fufpenbtrt  auS  IBebenfen  gegen  feine  p^iCo- 
fo)7^ifd)e  Se^rfä^igfeit  unb  (Sinfi^t,  mie  il^m  ber  HJlinifter  fd^riftlicb  unb  münbli(| 
erflart  tat.  %n  biefem  Scugniffe  ifl  bie  in  SBeimar  gebegte  SCbft^t,  il^n  na(^ 
3ena  gu  berufen,  gefd^eitert.  9tad6bem  er  einige  ^al^re  in  (Bbttingen  gelehrt  unb 
neue  6d6rtften  herausgegeben  ^atte,  lourbe  er  in  ^Berlin  burd^  ben  STlinifter  Sllten« 
flein  tel^abilitirt  (19.  «prir  1827). 

^ol^anneS  ©d^ulge  l^atte  mtberratl^en,  Don  ber  tl^eologifd^en  unb  ptilofop^if^en 
Qfacultät  (dutadftten  über  IBenefe  einaufnrbern,  bie  t^eologifd^e  merbe  ausmei^enb 
anttoortcn,  in  ber  ptilofop^if^en  aber  fei  nur  ein  einziges  SRitglieb,  meines  ba& 
Qfadi  ber  ^^ilofopl^ie  reprftfenttre.  SBer  ben  €tanbpunft  unb  bie  SIBeife  biefeS 
IDlanneS  fenne,  miffe  im  ooraud,  mie  berfelbe  über  93enefe  urtl^eiten  muffe,  toenn 
er  nid^t  mit  ftd(  felbfl  in  SBiberftreit  getat^en  tooQe;  oielmel^r  fei  bie  p^ilo* 
fop^ifd^e  QfacuU&t  barfiber  aur  SBeranttoortung  gu  ^ufitn,  ba%  fte  einen  SRann 
toie  IBenefe  gur  Habilitation  gugelaffen  l^abe.  ^ieS  toar  im  6ommer  1820  ge« 
fd^el^en,  alfo  burd^  ^egel. 


158  Tegels  aBirffamfett  in  ^Berlin. 

4.  ©oetl^e  unb  $egel. 

Unter  ben  Orteunben,  toeld&e  bte  Itunbe  t)on  ^egeld  erfotgtetd^er 

SBirlfamleit  in  SBetUn  gern  t)ernQ]^men,  iDor  oudg  ©oetl^e,  beffen  il^m 

iDol^Igeneigte,  in  fetner  jenaifd^en  3ett  mel^rfac^  UtoSf^ttt  ©efinnungen 

toir  fennen  fleternt  l^aben.     ?lun  ft^rieb  il^m  ©oetl&e  nad&  ^Berlin: 


^ierattS  exl^ellt,  bag  5ur  Slnflage  ober  9)erbft4tigung  8ene!e9  ^egel  leinen 
6d(ritt  get^an  ^ai,  ber  fein  9(nben!en  Witt  beflecfen  lönnen,  toie  Srbmann  ge« 
fagi,  ober  bur^  ni^ts  eil^ftriet  l^ot,  ni((t  einmal  but^  S^eingrünbe.  (Ebenfo 
unrid^tig  xfi,  tooS  Xteitfilfe  in  fetner  ^eutf(|en  ®ef(|i(|te  am  64Iu|  einer  tool^I- 
gef^riebcnen  unb  treffenben  ©d^ilberung  ber  Se^re  ^egeU  unb  il^rer  Sebeutung 
(in)ufügt:  ,3n  feinen  legten  3a|ren  f^tog  er  fi^  eng  an  bte  Slegiernng  an 
unb  benu^te  unbebenfU^  bie  ®unfl  SlltenfleiniS  unb  9o^anned  Bä^uUti,  um  feine 
YDiffenfö^aftli^en  (Begner  gu  befeitigen'.^  2)er  einsige  gfall  biefer  ^xt,  ber  in 
Siebe  unb  in  ben  STlunb  ber  Seute  gelommen  ifl,  betrifft  Senefen;  biefer  einzige 
SfaH  fpieCt  ni(|t  in  ben  legten  ^al^rm  bei  SBirffamfeit  $egeU  in  Setlin,  fonbent 
in  ben  erflen  (1822);  biefer  einsige  gfaH  ^at  ni(|t  flattgefunbcn,  bie  barfiber  lanb> 
lAufig  getooxbene  Ißegenbe  ifi  falf4  unb  ßammt  au<  felbßgefStligen  Keu6erungeu 
tBenefes,  tote  man  auf  ben  Sobf^riften  erlennt,  bie  i§n  sum  ©egenftanbe  baben.' 

2)ie  pMlofopbifd^e  SfacuUät,  fiber  93ene!e  unb  feine  Sorlefungen  su  gut> 
a^tli^ei  (Srllörung  aufgef orbert ,  bat  einflimmig  geurtl^eitt,  bag  SSenefc  ein 
fleißiger,  unbemittelter  9Rann  fei,  beffen  toiffenf^aftn^e  Sebeutung  na4  feinen 
bidbcTigen  IBetflungen  nur  mittelmäßig  erfd^eine  unb  au4  niä^t  su  größeren 
Hoffnungen  bered^tige  (2L  3anuar  1822).  ®Iei(|  im  S9eginn  bes  ®uta(iten< 
»urbe  erftSrt:  .2)ie  aJlitglieber  ber  8facu(t&t  finb  toeit  entfernt,  ibre  Slnft^t  ber 
$^iIofo|)^ie  monopolifiifdi  aU  bie  einsig  rid^tige  aufsufletten'.  Unter  ben  unter- 
Seid^neten  Snitgliebem  flehen  bie  9lamen  fbbd%  Seifer  unb  ^eget.  SJlan  toirb 
bem  Herausgeber  unb  (Erllftrer  ber  gfragmente  beS  $^tbagoreerd  $biToIao<,  bem 
Herausgeber  ber  SSerfe  beS  !p(ato,  beS  9(rif)oteteS  unb  bes  6e£tuS  (EmpirifuS 
too^t  nid^t  baS  9ied^t  unb  bie  gfftbtgteit  beftreiten,  obiectit)  ftber  bie  SSebeutung 
eines  pbtlofop^ifd^en  Potenten  stt  urtbciten.  S)iefe  IDlftnner  finb  toegen  ibreS 
abfd^ä^igcn  Urt^eitS  nid^t  alS  bie  SOßiberfa^er  SBenefeS  su  betrad^ten.  ^affetbe 
gilt  t)on  H^gel. 

2)an{  @.  (g.  bem  Abnigl.  prrußifd^en  ^uUuSmtnifier  H^^rn  Dr.  IBoffe, 
babe  idi  t)on  ben  in  ber  ®ebeimen  9legiflratur  beS  SRinifterii  ber  (Beiflttd^en  Sn« 
getegenbciten  unb  beS  Unterrid^ts  befinblid^en,  ben  Vrofeffor  Dr.  (Eb.  Sdenefe  be> 
treffenben  Scten,  DoQe  (Einfidit  nehmen  bürfen,  unb  auf  biefe  Quelle  ats  bie 
urlunblid^e  grünbet  fid^  meine  ^arfiellung. 

^  2)eutfd6e  f^efdii^te  beS  neunse^nten  Sa^rbunbertS  t)on  H^inrid^  Don  XreUfd^Te. 
ULXbeil.  4.  «ufl.  (Seipsig  1896).  €.721.  —  •  ^ftbagogifd^cS  Sabrbud^  fflr 
Sebrer  unb  Sd^ulfreunbe  Don  ^bolpb  ^ieflertoeg.  dabrgang  VI.  SBerlin  1856. 
STlit  bem  SBilbniß  SSenefeS.  IBiograpbifd^e  d^arafteriflif  t>on  Gd^mibt.  €.  1—23. 
SBieberersäblt  in  cFr.  £d.  Beneke,  the  man  and  his  pfailoBophy».  An  intro- 
dnclory  study  by  Fr.  B.  Brand.    New- York.    1895.   6. 15—25. 


^egeU  SBitffatnfeti  in  »erltn.  159 

„Wxi  greuben  l^ör'  id6  t)on  matid&cn  Orten  ^cr,  bQ§  Sl^rc  SBemü^ung, 
iungc  aJlÄnncr  nad&juBilbcn,  bic  BcPcn  3früd&tc  bringt*  (7.  Dctobct  1820).  ^ 
3n  bcm  natur<)]^ilofoj)]^tfd&en  %^t\l  feiner  gnc^!Io})äbte  (1817)  l^attc 
^egel  feine  Uebereinftimntung  mit  (Soetl^eS  gfarbenlel^re  Htterarifd^  be« 
urlunbet  (§§  317—320)  unb  boburd^  ©oetl^en  ouf  baS  §ö4fie  erfreut; 
bie  Sorlefungen  Aber  Snc^flopftbie  gel^drten  gu  feinen  erfien  unb  ^ertobifd^ 
iDieberl^oIten  Vorträgen  in  99erlin.  3um  erften  male  l^ielt  Q.  Don 
Henning  im  ©ommerfemefler  1823  eine  öffenttit^e  SSortefung  „über  bie 
Sfarbenlel^re  nad^  ®oet]§e  t)om  Stanbpunlte  ber  9lQtur))]§Uofo|)^ie  aus". 
9luS  ©(^openl^QuerS  gum  Smd  feiner  Habilitation  in  SSerlin  Derfagtem 
cVitae  curriculum»  l^alte  §egel  biejenigen  ©teilen  mit  befonberem 
Sntereffe  gelefen  unb  fid&  abgefd^rieben,  mlä)t  Don  feiner  Sinftt^rung 
in  bie  goetl^efc^e  gfarbentel^re  burd&  ©oetl^e  felbß  l^anbelten.* 

©d^on  am  8.  3uli  1817  l^atte  ®oet^e  folgenbe  3eilen  an  $egel 
nadg  ^eibelberg  gerid^tet:  ,,Sio.  Sol^Igeboren  fo  tt)tIIIommene  als  ent= 
fd^iebene  ^rt,  fid^  gu  ©unften  ber  uralten,  nur  Don  mir  aufd  neue 
Dorgetragenen  gfarbentel&re  ju  erflören,  forbert  meinen  aufrid^tigllen 
2)anf  bo))))eIt  unb  breifad^,  ba  mein  (Sntfc^lug  Aber  biefe  ©egenfiänbe 
mid^  n)ieber  bffentlidg  Deme^men  gu  laffen,  ft(^  nad^  S^reunben  unb 
S^eilnel^mern  umfielet.' 

3n  bem  eingigen  unS  erl^altenen  Sdriefe  ^egels  an  ©oetl^e  Dom 
24.  g^ebruar  1821  l^atte  er  ben  großen  geizigen  SRaturjtnn  gerül^mt, 
toomit  ©oet^e  ba8  SJBefen  ber  6rfd&einung  in  il^rer  etnfad&fien  fjonn 
ald  „UxJf^nomen*'  gu  erfaffen  toiffe  in  färben,  SQBoßen,  ©teinen, 
^ftangen  unb  jtnod^en;  er  l^atte  bas  Urpl^änomen  nad^  ©oetl^e  mit 
bem  Ur^jrincil)  ober  bem  9lbfoIuten  nad6  friner  eigenen  ßel^rc  Derglid&en 
unb  bafür  in  ber  Slnttoort  ©oetl^eS  ein  3eid&en  beS  angenel^mfien 
2)anle8  geerntet.  S)aS  SBefen  ber  Sf^rbe,  biefer  SSermft^Iung  beS 
Sid&te8  mit  ber  Sinflemiß  (SWaterie),  »ie  ©oetl^e  lel&rt,  bepelzt  in  ber 
Srflbung  be8  Reffen  unb  in  ber  ©rl^effung  be8  S)unfetn.  3ene  Trübung 
ift  baS  ©elbe,  biefe  (Srl^eDung  ba8  93Iaue.  9lun  fenbet  er  bem  $^iIo- 
fo^jl^en  ein  giertiefte«,  gelb  gefärbtes  3;rinlgla8,  gefüDt  Don  einem  ©tfldC 


»  »riefe  J>on  unb  an  ^egel.  11.  ©.  32.  —  «  ü.  €4openl^auet»  fämmll. 
aSßcrIe.  ^erauSg.  Don  erifeba«.  »b.  VI.  6.  247-252.  (8.  259f[gb.)  Uebet 
(Boet^eS  Sfarbenle^re  unb  ©d^openl^QuerS  fßtx^aUtn  au  bctfelben  Dgl.  IBb.  VIII. 
biefe«  SBer!«.  a3u4  I.  <Sap.  III.  6.  42-47.  $Bu4  II.  (S.ap.  UI.  6. 189--193. 
—  >  abriefe  t)on  unb  an  ^ege(.  II.  6.  7.  (S}on  ben  a^t  »riefen  Ooetl^eS  an 
^egel  ift  biefer  ber  britte.) 


160  Tegels  aBittfamfett  in  aSertin. 

fd&iDQtactt  ©eibettgcugS,  tocid&es  ba8  ®cI6c  Mqu  burd^fd^eincit  Ift^t,  mit 
bcr  ciflenl^änbigen  3uf<fetift:  „3)em  Slbfolutcn  cnH)fie]^ft  fidö  fd&önfien8 
gu  freunblid^er  Slufnal^me  baS  Urpl^änotnen.  SSetmar.  Sommers  9[n« 
fanfl  1821."  1 

2)er  erquidlid^fte  unb  fdgöttfle  feiner  93riefe  an  ^egel  ifl  im  3Rai 
1824  gefd^rieben,  ber  ^uSbruc!  eines  fel^r  bebeutfamen  S^HpunlteS  im 
Seben  beS  2)idgterS  unb  ein  3cugnig  feiner  fortbouernben  unb  fiets  be« 
iDäl^rten  S^mpot^ie.  Sie  Sufd^rift  f daliegt  mit  ben  Sorten :  „SRöge  odeS, 
loaS  id^  nod&  ju  leiften  f&^ig  bin,  ftd&  immer  an  basjenige  anfd&Iiegen, 
tooS  Sie  gegranbet  l^oben  unb  auferbauen.  Srl^alten  @ie  mir  eine 
fo  fd^öne,  Ungfl  l^erldmmlid^e  Steigung  unb  bleiben  überjeugt,  bag  id^ 
mid^  berfelben  ald  einer  ber  fdb5nflen  Slfit^en  meines  immer  mel^r  unb 
mel^r  fi((  entmideinben  @eelenfrfl^lings  ju  erfreuen  burd^auS  Urfac^e 
finbe."* 

SBeld&eS  öelenntnife!  3n  feinem  75.  3a]^re  erfreut  ftd^  ©oet^e 
feines  immer  mel^r  unb  mel^r  ftd^  enttt)idelnben  @eeIenfrfl]^UngSl 
3m  3a]^re  1824  l^at  ©oetl^e  unter  ben  ®intoir!ungen  ®dEermannS  ben 
Sntfc^Iug  gefagt,  ben  jmeiten  2:^cil  feines  f^aufl  bid^terif(^  ju  geftalten 
unb  auSjuarbeiten.  2)iefeS  fein  (e^teS  SBerl  ift  im  2:obeSla]^re  ^egelS 
t)ottenbet  toorben.' 

5.  ^etberg. 

2)a  in  ber  auSl&nbifd^en  ^Verbreitung  ber  l^egelfd^en  ^l^ilofopl^ie 
ftd&  ©Ianbinat)ien  unb  befonberS  SJänemar!  l^erDorget^an  l^at,  fo  ifl 
l^ier  ber  3lamt  beS  l^od^üerbienten,  in  feinem  SSaterlanbe  toirlungS» 
reid^en  SRanneS  gu  nennen,  ber  burdg  eine  ))]^ilofo))]^ifdge  ®elegen]^cits= 
fd&rift  ^eget  unb  feine  ßel^re  guerft  in  ffidnemarf  belannt  gemaiftt: 
3o]^.  ßubttig  §eiberg  aus  Äopenl^agen*  (1791—1860),  ber  als  ßector 
ber  bönifdgen  @))rad^e  unb  Sitteratur  an  ber  Unit)erfität  ßiel  nad^ 
93erlin  ge!ommen  mar,  Regeln  gel^ört,  aud^  ))erfönlidg  in  feinem  ^aufe 
befu(^t  unb  il^m  balb  nac^l^er  eine  in  bänifd^er  @))rad6e  t)erfagte  @d^rift 
^lieber  bie  menfd&Iid&e  S^reil^eit,  in  JBeranlaffung  ber  neuefien  Streitig^ 
feit  über  biefen  ©egenflanb"  gugefenbet  l&at  (20.  Ofebr.  1825).  ®er 
93rief  ift  erfaDt  t)on  ^usbrflden  perfönfid^fler  SSerel^rung  unb  Slnl^Ang- 
lid^Ieit;  unb  bag  ^eiberg  mit  ber  beutfd^en  ^l^ilofop^ie  tiefer  Dertraut 


1  IBitefe  t)on  unb  an  ^egel.  II.  €.  47.  (2)er  SBrtef  iß  Dom  13.  Hpril  1821.) 
—  »  Cbenbaf.  II.  6. 145.  —  «  »ßl.  mein  aöerf  über  .©oetl^e«  gaup*.  (3.  Hüft.) 
»u4  II.   6. 111-113. 


^egeU  SBirlfamfeit  in  SBetlin.  161 

mar,  etl^eDt  quS  einer  93emetfung  Aber  baS  SEl^etna  feinet  9{6I^Qnb(ung: 
er  begeid^net  ben  Streit  Aber  ^^reil^eit  unb  ^lotl^toenbigfeit  ald  „bie 
äBtebergeburt  ber  britten  lantifd^en  8(ntinoniie''.  3ur  »eiteren  ^u8- 
bilbung  ber  l^egelfd^en  3beenle]^re  ftanb  er  im  SSegriff,  „®runbHnien 
}u  einem  @^{lem  ber  Sfefl^eti!  ab  f))eculatit)er  SBiffenfc^aft"  in  beutfd^er 
Sprad^e  ju  fd^reiben  itnb  gu  t)er5ffentlid^en.  @r  ift  im  ^al^re  1829 
Sl^eoterbic^ter  in  Aopenl^ogen  geworben  unb  loar  in  ben  ^al^ren  1844 
bis  1856  2)irector  beiS  föntglid^en  S^l^eaterS,  n)ä]^renb  Siol^.  Sutfe  $ei- 
berg,  feine  ©atttn,  als  ]^oci&  gefeierte  ftünfileritt  toirlte.^ 

IV.  2)ie  ^rflfungScommiffion  unb  ber  ))]^iIofo))]^if(^e 
(S^mnafialunterrid^t. 

^egeld  SBorlefungen,  in  ber  Siegel  gel^n  @tunben  möd^entlid^.  Aber 
äBiffenfd&often,  totli^t  er,  tDie  eS  in  einem  feiner  l^eibelberger  93rtefe  an 
SRietl^ammer  l^eifet,  fettfl  erfl  gu  mad&en  unb  ju  geflalten  l^otte*,  waren 
fo  gewaltige  unb  anflrengenbe  ©eifieSarbeiten,  bag  baneben  eine  amt- 
lid^e  Zl^ätigleit  anberer  unb  geitraubenber  3(rt  nid^t  auf  bie  2>auer 
fortbejiel^en  fonnte.  Sine  fold^e  l&atte  unfer  ^Pl^ilofopl^  als  2JlitgIieb 
ber  teniglid^en  toijfenfd&aftlidöcn  5ßrüfungScommiffion  ber  5ßroöing 
SBranbenburg  in  ben  Salären  1820—1822  auSguflben;  er  mu^tc  in 
biefem  2lmt  bie  8el6ramt8canbibaten  prüfen,  bie  Don  ben  ©^mnajicn 
eingelieferten  ^biturientenarbeiten  nebft  ben  barüber  gefällten  Urtl^eilen 
ber  Seigrer  burd^fel^en,  3lid&tabiturienten,  toeld&c  bie  3ulaffung  gum 
Uniöerritfttgflubium  unb  Stubcntentl^um  begel^rten,  auf  i^ren  Silbung8= 
guflanb  prüfen  unb  über  aDc  biefc  Singe  an  bas  SOWnifierium  bcrid&ten. 
»icüeid&t  l&at  ber  Umflanb,  baß  ^eget  in  bem  SQSinterfemefler  1822/1823 
gum  erften  male  feine  SSorlefung  über  bie  $]^iIofop]^ie  ber  SBeltgefdgi^te 
Ratten  tDoIIte,  il^n  mitDeran(agt,  nod^  Dor  bem  93eginn  biefeS  @eme{terS 
feine  ßnttaffung  au8  ber  ^ßrüfungScommiffion  gu  betoirlen,  um  feine 
Seit  ungel^emmt  braud^en  gu  fönnen. 

Slm  1.  9tot)ember  1822  l^atte  baS  SOflinifterium  ben  ^l^ilofopl^en 
aufgeforbert,  über  ben  Srfotg  ber  l^enningfdöen  3lepetitionen  gu  U- 
rid^ten  unb  gugleid^  über  bie  StoedEmägigleit  unb  ^rt  beS  pl^ilofopl^ifd^en 
Unterrid^tö  auf  ©^mnafien  feine  9Infid&t  gu  fagen.  Ueber  biefcn  gleiten 
5Pun!t  ]^at  §egel  unter  bem  7.  gebruar  1823  feinen  SBerid&t  bal^in 


1  IBttefe  k>on  unb  an  ^cgel.  IL  6. 176- 179.  —  >  Gbenbaf.  II.  (SBr.  t>. 
11.  a)ec.  1817).   6.  llfföb. 

Sfifil^er,  «cfd^.  b.  9(iIof.  Vm.  91.  H.  U 


162  ^egete  SBttIfamlett  in  SSetUn. 

crfiattet,  ba^  er  bic  fernere  Sulaffung  Don  SRid^tabiturtenten  jur  3mmQ= 
trtculation  unb  gum  Untt)erfitfttsfiubimn  entfd^ieben  toiberrAt]^,  bagegen 
bie  t>^Ko{o))]^i[(^e  äJorberetiung  bcr  3(btturtenien  burd^  ben  ©^mnafial- 
untent(^t  fär  gmedmdBtg  erad^tet  unb  bie  WA  beS  il^m  au8  eigenfter 
(Srfal^rung  vertrauten  Unterrid^tS  barlegt:  ber  @toff  beS  ))]^tIofo))l^tfd^en 
©^mnajtalunterrtd^tS  fei  burdg  bie  claffifd&en  @tubien  unb  bie  d^rifl- 
tid^e  IReligionSlel^re  gegeben;  bie  {^orm,  b.  i.  ber  förmlidge  t)]^iIofo))]^ifd^e 
(S^ninafialunterrid^t  möge  (nid^t  ettoa  in  ©efd^id^te  ber  ^l^ilofop^ie, 
fonbern)  in  empirif^er  ^f^c^ologie  aU  erftem  unb  in  ben  anfangs« 
grünben  ber  Sogi!  (Segriff,  Urtl^eil,  ©d&IuB,  Slrten  ber  ©d&Iüffe, 
S)efinitton,  Sintl^eilung,  SSetoeid)  als  gmeitem  Sl^eile  befleißen  unb  in 
itoti  @tunben  loöd^entlic^  iD&l^renb  eines  ^al^reS  ertl^eilt  toerben.  S)er 
logifd^e  Unterrid^t  möge  fid^  auf  bie  lantifc^e  Seigre  Don  ben  jtategorien 
erflreden  unb  bie  @d^ttler  barauf  l^intoeifen,  ba§  eS  reine  ©ebanlen 
unb  ein  Softem  ober  9leic^  berfelben  gebe,  ^egel  bemerlt,  ba§  er 
als  gtoölfidl^riger  ©dualer  in  Stuttgart  SBoIfS  Seigre  Don  ber  ßlarl^eit 
unb  2)eutlid^leit  ber  SSegriffe  unb  gtoei  ^al^re  fpäter  audg  bie  Se^re 
Don  ben  @d^Iflffen  innegel^abt  l^abe;  bag  eS  ratl^fam  fei,  Don  SBoIfS 
natflrlid^er  3:i^eoIogie  bie  SBekoeife  Dom  2)afein  ©otted  al8  baS  eingige 
€tädE  ber  STletapl^^ftl  in  ben  ))]^iIofopl^if(^en  @dbulunterrid^t  aufgu* 
nel&men.  „®er  ©^mnafialunterrid^t  »irb  Don  felbjl  ben  Sufammens 
l^ang  ber  Seigre  Don  ®oit  mit  bem  ©cbanlen  Don  ber  Snblid^feit  unb 
3ufdl[igleit  ber  toeltlidgen  2>inge,  mit  ben  3^((Ibe}ie]^ungen  in  ben» 
felben  u.  f.  f.  nid^t  umgel^en  lönnen,  bem  unbefangenen  SRenfd^enfinn 
aber  loirb  fotd^er  3ufammen]^ang  eloig  einleud^tenb  fein,  maS  auc^  eine 
Iritifd&e  5p]^iIofo|)]^ie  bagegen  eintoenbe.  3ene  fogenannten  SBetoeife  ent= 
l^alten  aber  nidgts  ald  eine  förmlidge  ^uSeinanberlegung  ieneS  Snl^altS, 
ber  fid^  Don  felbft  beim  ©^mnaftalunterridgt  einfinbet.  @ie  bebflrfen 
gioar  einer  loeiteren  93erbejferung  burd^  bie  fpecuIaüDe  $l^iIofo))]^ie, 
um  bem,  loaS  ber  unbefangene  @inn  bei  feinem  ®ange  ent^&It,  gu 
entfpred&en/'  ©ieS  mar  audft  ber  ©runb,  toarum  §eget  im  ©ommer 
1829  Aber  bie  99etoeife  Dom  2)afein  ®otteS  eine  öffentUdge  IBorIcfung 
gel^alten  l^at. 

t  ©ämmtl.  aööerfe.  »b.  XVH.  6.  357-367.  —  «  ^ege»  SBetfe.  »b.  XVII. 
e.  857-367.  (6.  365.) 


.  Tegels  Sfetienteifen  ttaft  99tftffel,  SEBten  unb  ^ati«.  168 

3tt)oIfteS   Kapitel. 
^tgtlB  ftxxtnxtxfM  mii  ütrfiffel,  Wfen  m^  |lttri$* 


L  fluSflflge  nadg  Stflgett  itnb  S)re8ben. 

3lad&  bcn  Stnjltettattngcn  bcr  ©cmcfier  fül^ttc  jid6  ^cgcl  bei  bcm 
(Eintritt  bcr  6otntnerferien  Tc$t  erl^olungSbebürfttfl  unb  fud^te  burd& 
Heinere  unb  größere  SReifen,  ju  tDct^cn  legieren  ba8  Unterri^tßminiflerium 
il^m  gern  unb  freigebig  bie  Sölittet  getoai^rte,  eine  il&ni  toolöltl^uenbe 
Srfrifdgung  unb  9[u8f))annung.  S)ie  et^en  ^uSfläge  gingen  nadg 
giügen  (1819)  unb  S)re8ben  (1820),  tt)o  e8  il^m  fo  gut  gefiet,  bofe  er 
mit  feinen  l^eibelberger  O^reunben  Sufamnteniflnfte  in  2)reSben  ))Iante 
unb  borttber  an  Sreujer  fd&rieb.^  S)ie  brei  größten  Steifen  in  ben 
gal^ren  1822,  1824  unb  1827  tooren  nadft  ben  SRiebertonben,  Defler^ 
reid&  unb  5ran!reid&  gerid&tet  unb  l^atten  ju  il^ren  3irf>>un!ten  SBrüffet, 
SQBien  unb  ^ßaris. 

n.  ©ie  Steife  in  bie  Slieberlanbe. 
1.  ®.  t>an  ei^ett. 

3ln  ben  Siicberlanben  tebte  einet  feiner  erfien  unb  banlbQrften 
©d&üler  nod&  au8  ben  Slnfftngen  bcr  ienoifd&en  3eit:  5ßeter  ©abriel 
Dan  ©l^ert,  bon  fot^olifd&er  ^erlunft  (1782—1852),  Don  })]^iIofop]^ifd&eni 
Srlenntnigburfte  nadg  3ena  getrieben,  l^atte  juerft,  ba  er  lein  2>eutfd^ 
Derftanb,  Ulri^S  <)l^iIofo|)l^ifd&e  SBorlefungen  in  toteinifier  Qpxaä^t 
gel&ört  unb  toar  unbefriebigt  gu  §egel  gelomnten,  ber  fid&  feiner  an= 
genommen,  i^n  nid^t  bIo6  burd&  feine  JBorlefungen,  fonbem  burt^ 
unterrid&tenben  5Prit)att)erIe^r  in  feine  Seigre  eingefül&rt  unb  in  il^m 
fid&  einen  ber  eifrigficn,  treuejien  unb  banibarflen  ©d^fller  für  immer 
getoonnen  l^otte.  Unter  ßouiS  3lapolton  toar  er  in  ben  l^ottönbifd^en 
©taatsbienfl  getreten  (1809)  unb  l^atte  eine  Stellung  im  6uftu8= 
minijierium  erl^alten,  toorin  er  gur  Drgonifation  beS  öffenttid^en  Unter= 
ridgtS  mittoir!en  foDte.  %li  balb  nad^l^er  ^ollanb  franjöfifd^eS  2)e- 
partement  getoorben,  tourbe  er  im  Sntereffe  feine«  S)ienfte3  nad&  ?Pari8 
gefenbet,  too  er  mit  ©utjot,  SSiQemain  unb  g^ouftn  Derlel^tt  l^at.  3laäi 
bem  Sturje  9ta))oIeon8  unb  ber  ©rünbung  beg  niebetl&nbifc^en  @in= 

^  Sriefe  Don  unb  an  ^cgel.  II.  (IBetlin.  im  ©ommet  1821).  6.  54. 

11* 


164  ^egeU  gfetienreifen  nad^  SBtüfTel,  SBiett  unb  ^arU. 

l^ettdflQQieS  unter  ber  oranifd^en  Jt5ntgi$]^etrf(&Qft  iDor  üon  @]^eri  jut 
Sötbctung  bcr  oronifd^cn  ^JJoIttif  unb  i^rcr  SwedEc  befitcbt,  bic  pro* 
teftanttfdgen  unb  fatl^olifdgen  €(eniente  ber  nieberlänbifd^en  SSeDöIIerung 
auf  bem  Sege  ber  93oI!dbt(bung  unb  beS  öffentlid^en  Unterrid^tS  ein» 
anber  gu  nSl^crn.  3n  biefer  2lBfid6t  würbe  in  aSrüffcl  ein  coUegium 
philosophicum  gegrunbet,  toorin  bte  Iflnfttgen  5ßriefler,  beöor  jic  in 
bie  Bifd&oflid&cn  ©eminore  eintraten,  in  ben  allgemeinen  SBiffenfd^aften, 
Sprachen,  ©efc^ic^te  unb  Sitteratur,  unterrichtet  »erben  foQten.  %xo^  aDen 
Einräumungen  tDottte  bie  oppofttionell  gefinnte,  fatJ^olifd^sürd^Uc^e  Partei 
eine  fold^e  im  @inne  ber  SEoIeranj  geftiftete  Slnftalt  nic^t  bulben  unb 
l^örte  ntdgt  auf,  biefelbe  angufeinben,  bis  fte  ben  @l^aralter  einer  ftaat- 
li$en  Unterric^tSanftalt  einbüßte  unb  am  6nbe  gang  aufgel^oben  würbe. 
Unter  bem  A5nige  SSid^elm  ü.  na^m  Dan  ®l§ert  feinen  Sbfd^ieb  unb 
ftarb  fiebaigiftl^rig,  nad^bem  er  nodg  lur}  Dor  feinem  Zobe  einen  S^IIud 
Don  aOortr&gen  über  ^egel  unb  feine  Seigre  eröffnet  l^atte.^ 

Aaum  war  baS  unbeftimmte  unb  fpate  ©erüdgt  ju  il^m  gebrungen, 
bag  $egel  (in  O^olge  ber  @(^Ia(^t  bei  3ena)  in  ö!onomif(^ed  SIenb 
geratl^en,  3eitungdfd^reiber  unb  €onrector  in  Bamberg  geworben  fei, 
als  er  fogleidg  einen  93rief  in  beutfdger  @prac^e  üoQer  Q^ijUtx,  aber 
audg  DoDer  Siebe  unb  3&rlli(^er  2>anlbar{eit  an  ben  Derel^rten  Seigrer 
rid^tete  unb  ftd^  an^eifd^ig  madgte,  il^m  eine  ^rofeffur  ber  ^l^ilofopbie 
in  ^oDanb  mit  6000  ®ulben  93efoIbung  unb  für  feine  €d^riften  eine 
gut  jal^Ienbe  93ertagdl^anblung  in  bem  Don  SSrodl^aufi  gegrflnbeten 
Äunjt-  unb  Snbujhiecontor  in  Slmfierbam  gu  Derfd^affen.  ©er  SBrief 
Dom  4.  Slugufl  1809  begann  mit  ber  Serfid^erung,  bag  er  Don  ben 
^eiligften  ©efül^Ien  ber  Sld^tung  unb  (^reunbfc^aft  erfaßt  fei,  unb  alleS, 
was  ^egel  angelte,  il^n  mel^r  interefftre  als  bie  gange  äBelt.  Sifrig 
erfunbigt  er  fid&,  ob  ber  jweite  Sl^eit  „ber  gottliien  5pi&ftnomenotogie" 
unb  bie  9laturp]^iIofop]^ie  nodg  nid^t  erfdgienen  fei?  91IS  ^egel  biefen 
räl^renben  SSrief  am  15.  October  1810  beantwortete,  war  er  fd^on 
Aber  )Wei  ^al^r-e  Stector  in  Stürnberg  unb  feine  Sage  weit  trßflHdger, 
als  fid^  ber  g^reunb  in  9[mfterbam  DorgefleDt  l^atte;  bodg  war  er  leineS- 
Wegs  abgeneigt,  unter  ben  in  ^uSfid^t  gefteüten  Sebingungen  einem 
Stufe  nad^  ^oDanb  ju  folgen.  2)er  briefliche  SSerlel^r  beiber  Sn&nner 
bauerte  fort.  2)er  nieberlänbifd^e  Orteunb  flberrafd^te  ben  beutfc^en 
$l^iIofop]^en  mit  einem  ^rad^te^emplar  ber  Ser!e  3[aIob  SBöl^meS  (beS 


1  IBrief e  Don  unb  an  $cgeU  IL  6.  286  flgb. 


^cgeld  gfcttcntcifen  na4  a3tüffel,  SDien  uitb  9atid.  165 

etgeittlid^  erßen  beutf(6en  $]^tIofo|)]^en)  unb  ^egel  fettbete  att  batt  ®^zxt 
feine  Sogt!  t)ott  9lflrn6erg  unb  feine  Snc^f(o|)&bie  Don  ^eibelberg  auS.^ 

2.  2)ie  8fa6tt  no4  Stfllfel  unb  bie  mdU^x. 

S)a8  3iet  feiner  ntcberianbifc^en  Sleife  (15.  6e})tentber  bis  19.  Dc= 
tober  1822)'  toor  93raffel,  loo  Dan  ©l^ert  bamals  lebte  unb  feinen 
fleliefcten  ßel^rer  einige  Sage  bei  fi(%  bel^erbergte;  er  l^at  il&n  auf  bo8 
€d&la(^tfelb  t)on  SBaterloo  begleitet  unb  loar  ein  3euge  ber  tiefen  SSe^ 
loegung,  toontit  ^egel  bie  loalbbetoad^fene  ^(nl^öl^e  betrachtete,  Don  n)o 
aus  fflapohon,  „ber  O^flrft  ber  Sd^Iadgten",  feinen  Untergang  Dor 
^ugen  gefeiten  unb  bei  ber  Snlunft  beS  ))reuBif(i&en  9[rmeecor|)S  unter 
SBüIott)  ausgerufen  l^at:  „3fran!reid&  ifl  Verloren!" 

93ei  einem  SRanne  tote  ^egel  ift  eS  nid^t  gleicbgültig,  toeld^e 
Srten  t)on  Db^jfee  er  erlebt,  toeldje  ©tftbte,  ÜJlenfd&en  unb  Sitten  er 
Icnnen  gelernt  l^at.  SWit  lebl^aftem  Sntereife  Verfolgen  »ir  bie  Sleife» 
berid^te  an  feine  O^rau.  Sßdre  eS  nad^  il^m  gegangen,  fo  to)flrbe  er 
ant  liebflen  gar  nid^t  gereift,  fonbem  ju  ^aufe  geblieben  unb  feine  freie 
3eit  ^toifd^en  t^antilie  unb  Stubien  getl^eilt  l^aben.  fflnn  aber  l^atte 
er  Don  feiten  beS  SninifleriuntS  baS  ©elb  gu  feiner  Sr^olungS"  unb 
©efunbl^eitßfal^rt  fd&on  erhalten  unb  mu^tc  gleid^fant  nolens  volens 
auf  Steifen  gelten.  @8  fel^lte  nicbt  Diel,  bag  er  Don  3Jlagbeburg  nod^ 
einmal  umge!el§rt  to)äre  nadg  93erlin.  SRit  ber  Steid^l^altigleit  unb 
®röge  ber  6inbrfidEe  loud^S  auii  bie  Steifelufi  unb  ber  ^umor,  obtool^l 
bie  Sorge  um  bie  Seinigen,  bie  93egierbe  9la((rid^ten  gu  l^aben  unb 
baS  ^timtotf)  mit  ber  Entfernung  gunal^m  unb  er  eigentlidg  beftänbig 
auf  ber  SlüdErcife  begriffen  loar. 

S)ie  erfie  TOerltoürbigleit,  bie  er  auffud^te,  toar  ber  Derbannte,  in 
))reuBifd&er  ^aft  gu  ÜJlagbeburg  lebenbe  Sag.  9licolaS  ÜRarg.  @arnot, 
einft  TOitglieb  be3  SBol&lfal&rtSaufifd&uffeß,  ÄriegSminijler  unter  bem  S)i= 
rectorium  unb  bem  Sonfulat,  Ȋl^renb  ber  l^unbert  Sage  Don  9la))oleon 
gum  ©rafen  unb  $air  Don  gfranfreid)  ernannt,  ber  ©ro^Dater  beS  @abi 
€arnot,  toeld^er  in  ber  britten,  no(^  beftel^enben  frangöftfd&en  9le))ubli! 
ber  Dierte  5ßräfibent  toar  unb  Don  einem  italienifd^en  Änard^iflen  er= 
morbet  tourbe.  ®ie  Slufmerlfamfeit,  toeld&e  §egel  burdö  feinen  SBefudö 
bem  berül^mten  @amot  ern)iefen,  l^atte  benfelben  fid^tlidg  erfreut.    3D)ei 


1  IBtiffe  Don  unb  an  ^egel.  I.  6.  238—240,  e.  278-280,  €.  315  u.  316. 
-  «  «benbaf.  n.  6.  87-173. 


166  ^cgeU  Sfettenmfen  na^  aStüffel,  SBien  unb  !Parid. 

groge  Erinnerungen  aud  ben  Seilen  ber  9te))oIution  unb  beiS  ßatfer» 
reid^S  bejeid^nen  Slnfang  unb  Snbe  btefer  nteberl&nbifd^en  Steife  ^egeld: 
Sarnot  unb  SBoierloo. 

Son  SBcrIin  nad&  S3rttj|el  ginfl  bie  Sleife  über  SWagbeburö,  Sraun= 
f(%tt)eig,  ©ötttngen,  Staffel,  ®teBen,  Soblena,  äSonn,  A&tn,  ^ad^en  unb 
Sattt(|,  bie  Sladreife  aber  @ent,  ^ntmerpen  (bis  tool^in  Dan  ®l^ert 
il^n  begleitet  l^atte),  93reba,  2)ortred&t,  9lotterbam,  2)elfft,  ^aag 
(@c^et)eningen),  ^mfterbam,  Utreci^t,  2>et)enter,  Osnabrüd,  Bremen  unb 
Hamburg.  SSorgflglid^  l^aben  bie  großen  ®egenß&nbe  ber  Aunft,  n)el$e 
bie  Steife  i^m  barbot,  ^egete  S^ntereffe  unb  9lufmer!famleit  in  ^nfprud^ 
genommen:  bie  berfil^mten  Airii^en,  3(Itarbilber  unb  @emätbefammlungen, 
bie  S)ome  gu  Aöln  unb  ^ntmerpen,  bie  SBaOraffd^e  ©emälbefammlung 
in  Aotn,  bie  SSettenborffd^e  in  ^ad&en,  bie  Siubend  unb  Dan  S)^I  in 
SnttDer^jen,  bie  Sflcmbranbt  in  Slmilerbam.  ,,®cn  S)om  in  Stbln", 
fd^reibt  er,  ..l^abe  ic^  gleid^  aufgefuc^t,  eS  !ommt  einem  barin  ein 
anberer  Suponb,  eine  onbere  SWenfd&enteelt,  fo  »ie  eine  anbere  Seit  in 
iebem  @tnne  red^t  lebl^aft  Dor  %ugen.  @$  ifl  aber  nii^t  eine  Sdraud^» 
barleit,  ein  ®enu§  unb  Vergnügen,  ein  befriebigteS  SebfirfniB,  fonbem 
ein  toeitmantlidgeS  ^erumtoanbeln  in  l^ol^en,  fflr  fidg  beftel^enben  ^aQen, 
benen  ed  gleid^fam  gleid^gflltig  ift,  ob  3Jlenfc^en  fic^  il^rer,  ju  toeld^em 
3»edEc  eß  fei,  bebienen,  —  ein  leereS  Dpernl^auä,  eine  leere  Äird^e  ifl 
ein  9JlangeIl^afte8  —  l^ier  ifi  ein  ^od^toalb  unb  jtoar  ein  geiftiger, 
lunfireic^er  — ,  ber  für  fidö  fielet  unb  ba  ifl,  ob  3Jlenf(ften  ba  brunten 
berumfried^en  unb  gelten,  ober  nidgt,  ed  liegt  il^m  nichts  baran,  er  ifl 
filr  fid6,  loaS  er  ifl,  er  ift  fflr  fid^  felbfl  gemad^t,  unb  mer  fi((  in  il^m 
ergel^t  unb  betet,  —  Derliert  fid^  fammt  bem  Aflfler  Dor  il§m;  bieS 
aDeS  ifl,  n)ie  eS  in  il^m  fielet  unb  gel^t,  in  il^m  nur  Derfc^tounben/ 
Unb  im  StfldEblitf  auf  bie  jtatl^ebralen  Don  ®ent  unb  SInttoerpen  l^eigt 
es  fil^nlid^:  «Sie  eS  fid^  barin  fo  loeitl&ufig  unb  frei  l^erumtoanbett!" 
i,S)ie  Aird^en  in  ®ent  unb  Slntioerpen  mug  man  feigen,  xotnn  man 
erl^abene  latl^oUftfte  Äird&en  feigen  loiB  —  grofe,  toeit,  gotl^ifd^,  maje« 
flfttifd^."* 

3n  ^odanb  ift  il^m  tool^I  unb  bel^aglid^,  l^ier  ifl  il^m  gang  anberd 
gu  fDlntii  als  einfl  auf  feinen  ^penmanberungen  in  ber  @d^ioeig. 
„^oUanb  ifl  ein  l^errlid^eS  fianb  gum  @))agierengel^en,  l^ier  ift  Statur 
unb  Äunft  in  Dotter  Uebereinflimmung,  man  reifl  unter  lauter  5PotterS 


^  SBricfe  Don  unb  an  ^egel.  II.  6,  98.  6. 105  u.  106. 


f^t^tU  Sfettentcifeit  ita4  IBrüffel,  9Bten  unb  !partil.  167 

unb  S3erg]^emd,  jebe  @tabt  rein,  ntebU(i^,  teid^ttd^  mit  il^ten  RanÜtn 
itttb  93aum((ftngett,  !ein  Derfallened  ^auiS,  !ein  gi^tbtüd^igeS  2)ad6, 
feine  öerfaulten  Xl^ore,  feine  jctbrodöenen  Srettjler."*  6r  iji  Don  ben 
gegentt)ätiigen  Sinbrflden  fo  erfüllt,  bag  er  mit  feiner  @iI6e  t)on  ber 
SJergongenl^eit  rebet:  er  ifl  in  ©elfft  unb  benft  nid^t  an  ben  großen 
Oranier,  ber  l^ier  ermorbet  tourbe,  er  ift  in  SSreba  unb  benft  nid^t  an 
S)eScQrteS  unb  ben  ^ringen  50lori$  öon  3la|fQu,  er  iji  in  Slrnfterbam 
unb  befud^t  beibe  Synagogen,  ol^ne  fic^  ber  Sd^idfale  SpinojQS  }u 
erinnern. 

3n  biefen  Slcifebriefen  jtnb  aud^  bie  fleinen  genrebilbUd&en  3iebem 
erjftWungen  bemerfen^toertl^  unb  d&Qrafteriflifd&.  $ier  finb  ein  paar 
foldger  3flge  ed^t  l^egelfc^er  Slrt.  ^uf  bem  SBege  Don  ß5(n  nad^  Slad^en 
ift  unter  feinen  IReifegef&l^rten  „ein  ^btocat  aus  Stbln,  ber  ©oetl^eS 
fjaufi  ate  feine  Sibet  immer  auf  bem  ßeibe  trägt,  babei  unbefangener 
SBeife  fid^  felbfi  tool^Igefäßt".  3n  Slad&en  toirb  il&m  ber  Stul^l  gejeigt, 
auf  bem  Jtarl  ber  ©roge  als  Seid^e  einige  ^al^rl^unberte  getl^ront  l^aben 
foÖ,  unb  nad&malö,  toie  ber  Äüfter  t)erfid&ert,  32  Äaifer  gefrönt  toorben 
feien.  „3d&  fe^te  mid&  auf  biefen  ©tul^I  fo  gut  ttie  ein  anberer,  unb 
bie  ganje  ©atisfaction  iji,  ba§  man  barauf  gefeffen  l^at."* 

@ani  erfflUt  Don  ben  angenel^men  SinbrfldEen  feiner  nieber» 
lonbifd&en  9leife  loar  $egel  nad&  SBertin  jurüdtgefel^rt.  3)ie  iüngjl  er= 
lebten  ©egenfiSnbe  toaren  il^m  fo  gegenioSrtig,  ba§  er  fid&  gegen  einen 
@tubenten,  ber  eben  gefommen  toar,  um  fidg  fflr  bie  äBtnterDor(efungen 
3u  melben,  in  manidgf altigen  unb  lebenbigen  @d^itberungen  ^ollanbs 
erging.    S)iefer  ©tubent  foKte  einer  feiner  bebeutenbjien  @d&üler  »erben 


1  »tiefe  öon  unb  an  ^egel.  n.  ©.  108.  — «  €benbof.  II.  ©.  100  u.  101.  .€« 
toitb  immer  t)iel  C^reibetei",  bemerlt  ^egel  in  einem  feiner  IReifebert^te  an  feine 
gfrau,  vtoenn  i^  au4  meine,  ni(|t  Diel  gu  er^ft^Ien  gu  ()aben;  i(|  \Dtxbt  ba<  gur  lluf> 
munterung  bem  Sfreunbe  beS  ® te^ener  €tubenten  f agen,  ber  einige  Stationen  mit  uns 
fu^r'.  SBei  ber  Kbfol^rt  Don  (Biegen  l^atte  ^egel  gehört,  toie  ein  mitreifenber  @tubent 
Don  feinem  Sfreunbe  mit  ben  SBorten  Slbfil^ieb  na^m:  «Sebe  toobi  unb  f treibe 
mir  gleiil'.  „äOie  foQ  i(|  bir  benn  f^reiben,  i(|  b^^be  bir  ja  nid^tS  )U  fcbreiben', 
antUDortet  ber  Sfreunb.  ^S^reib^  mir  nur  gleicb,  leb'  \doW  ruft  no^  einmal 
ber  9teifenbe  unb  bamit  f(!^U)an9  er  fidb  mit  Stiefeln  unb  6|)oren  in  ben  $of!« 
toagen  (@.  98).  3m  Stillen  Dergleid^t  ^egel  feine  Situation  mit  ber  bed  (die^ener 
Stubenten,  ber  f^reiben  foU  unb  ni^ts  gu  fd^reiben  b^t.  Snbeffen  botte  ^ege( 
aSieleS  unb  ^ntereffanteS  gu  berieten  unb  gebord^te  gern  ber  Stimme,  bie  ibm 
am  ber  gfeme  surief:  ,,S4Tetb*  mir  nur  glei(b'. 


168  ^egefö  gfetientetfen  na4  SBtüffel,  Wxtn  unb  $atiS. 

unb  fid^  in  ber  ®efd^t$te  ber  l^egelfdgen  !ß]^tIofot)]&te  tt)te  in  ber  fünft* 
gefd^i^tltd^en  Sitteratur  einen  tt)i$tigen  Stamen  erkoerben:  ^.  ®.  ^otl^o.^ 

in.  Sie  Steife  nadg  Sßien. 
1.  S)eT  9uf enthalt  in  SBten.    2)ie  ttalientf^e  €per. 

S>ie  nädgfie  gferienteife  nal^m  bie  entgegengefe^te  Stiftung,  fie 
ging  nad^  Often  unb  l^atte  ju  il^rem  Siet  ben  3(ufent]^Qlt  in  SBten 
»öl^renb  einiger  §erbptDod6en  beS  Sal^reö  1824.  SSon  allen  feinen 
Steifen  toat  biefe  bie  ungetrftbtefie  unb  ergö^Iid&fle.  2)ie  erjle  unb  le^te 
Station  toar  SDreSben  (7.  ©cptember  unb  11.  Dctober),  bie  Beiben 
Stoifd^enaufentl^alte  S^epli^  unb  $rag.  $ier  madgte  er  bie  93e!annt- 
fiftaft  eines  ber  ndd^jien  JBertoanbten  feiner  grau,  be8  greil&errn  Rätter 
t)on  ^atterfiein,  ber  al8  Dberfl  ba8  Stegiment  Äutfd^era  in  5Prag  Be* 
fel^ligte,  feinen  Berül^mten  Steffen  au8  JBerlin  mit  öertoanbtfd&aftlid^er 
§erjlid6Ieit  aufnal^m  unb  in  beffen  ^Briefen  fietS  als  „ber  §err  Dnlel" 
pgurirt. 

3n  äBien  ift  unferem  ^l^ilofopl^en  aQeS  intereffant  unb  gefällig: 
bie  alte  enge  @tabt,  bie  großen  Weitläufigen  93or{täbte,  bie  93af}eien 
unb  ®(actS,  bie  näd^ften  börflid^en  unb  länblid^en  Umgebungen,  bie 
weite,  fiftöne,  mannic^faltige  Umgegenb,  bie  SBolfögärten  unb  SBoUst^eater, 
bie  l^errli^en  jtunftfdgä^e  unb  Sammlungen  (S3elt)ebere,  Sid^tenftein, 
(Sfterl^aj^),  bie  erftaunlidgen  Sammlungen  Don  ^anbgeidgnungen  unb 
ltut)ferfti(i&en  im  Seft^e  bed  ^rgl^erjogS  Aarl  u.  f.  f.  SBaS  i^n  aber 
in  bag  l^ödgfte  SntjfldEen  Derfe^ie,  foba^  er  bie  $en(icl^!eit  unb  @(j&5n= 
l^eit  biefcr  ©ad^e  gar  nid&t  genug  t)reifen  !onnte,  war  bie  italienifdöe 
Dl) er.  Sie  Sänger,  wie  Stubini,  SDonijetti,  8ablad6e,  bie  Sängerinnen, 
wie  bie  (^obor  unb  bie  SDarbaneQi,  Stoffinid  93arbier  Don  SeDiQa 
(ffigÄto),  Dtl&etto  u.  f.  f.  „3wci  SCcnore,  Stubini  unb  SDonijetti,  weld^e 
Ael^Ien,  Weldge  SJtanier,  8iebli${eit,  äSoIubilität,  Stärle,  ^lang,  baS 
mu§  man  l^ören!  @in  S)uett  berfelben  Don  ber  l^ödgften  {force.  S)er 
Saffift  Sabiadge  l^atte  feine  $au))troIIe,  aber  fd^on  l^ier,  wie  mu§te  i^ 
feine  fd&öne,  fräftige,  eben  fo  al8  licblid^e  SaPimme  bewunbem!  3a, 
biefe  aJlännerfiimmen  mu§  man  l^ören,  ba  iji  Älang,  Steinl^cit,  Äraft, 
DoDfommene  greil^eit  u.  f.  f."  „So  lange  baS  ®elb,  bie  italienifd&e 
£}ptx  unb  bie  ^eimreife  gu  beja^Ien,  retd^t,  bleibe  id^  in  äBien.''  „®egen 
baS  SJtetall  biefer,  befonberS  ber  SJtännerftimmen,  l^at  ber  jtlang  aOer 

1  a^otfiubien  für  8eben  unb  Stmft  Don  Dr.  $.  ®.  ^ot^o.  ((Sotta.  1835).  6. 884. 


^egeU  afcrientcifen  na$  aSxfilfcI,  SSien  unb  tpatil.  169 

@timmen  in  Sertin,  bte  SRilber  tote  immer  ausgenommen,  ein  Unreines, 
Stolpes,  Staul^eS  ober  Sd^toad&Iid&eS,  —  toie  99ier  gegen  burd^fid^tigen, 
golbenen,  feurigen  JSBein,  —  feurigen  Sffiein  füge  id^,  —  feine  Sfaufc 
l^eit  im  Singen  unb  $ert)orbringen  ber  Zone,  niii^t  feine  Section  auf= 
gefagt,  fonbem  ba  ifi  bie  ganje  !ßer)on  brin,  bie  @Anger  unb  SOta- 
bame  {fobor  inSbefonbere  erjeugen  unb  erfinben  Koloraturen  auS  fidg 
felbft;  es  finb  Rün^Ux,  SompofiteurS  fo  gut,  als  ber  bie  Oper  in 
ajlufil  gefegt/  „3d&  laS  l^eute  in  einem  Sßiener  Zl^eaterblatte,  bag 
bie  Srfal^renften  barüber  eins  feien,  bag  nad^  il^rer  Idngften  (Erinner- 
ung fett  fflnfjig  3a]^ren  leine  fold^e  italienifd^e  ®efeQfd&aft  in  Sßien 
geioefen  ifi  unb  getoi^  bie  n&d^fien  fflnfjig  3a]^re  nidgt  loieber  !ommen 
toerbe."  —  „SKorgen,  —  toaS  fagjl  Su  baju  —  ifl  gigaro  oon  SKojart 
—  ßablad^e,  Qfobor  unb  Sonijetti!"  —  „3d6  öerjiel^e  nun  oottfommen, 
toarum  bie  Stoffinifdge  äRufil  in  S)eutfd&(anb,  insbefonbere  SBerlin  ge» 
fd&mftl^t  toirb",  —  „eS  ifl  nid&t  bie  SKufil  als  fold&e,  fonbern  ber 
®efang  für  ftd^,  für  ben  aUeS  gemad&t  ift;  bie  Mufi!,  bie  für  ftd^ 
gelten  foH,  fonn  aud^  gegeigt,  auf  bem  f^ügel  gefpielt  toerben  u.  f.  f., 
aber  Sloffinifd&e  SRufif  l^at  nur  @inn  als  gefungen/^  „SBarbier  oon 
©eotlla  ))on  Sloffini!  gum  gioeiten  male;  id^  l^abe  nun  bereits  meinen 
®efd^maä  fo  oerborben,  ba^  biefer  9loffintfd^e  gfigaro  mid^  unenblid^ 
mel^r  oergnügt  l^at  als  SJlogartS  9lo3je,  —  ebenfo  toie  bie  @ftnger 
unenblid^  mel^r  con  amore  fpielten  unb  fangen;  loaS  ifl  baS  l^errli^, 
untoiberPel^lii^,  fo  bafe  man  nid6t  oon  SQBien  fortfommen  tarn."  „Sei 
ben  Italienern  ift  gleidg  fel^nfud^tslofer  A(ang  unb  baS  SRetall  beS 
SiaturettS  Oom  erfien  Slugenblitf  an  entjünbet  unb  im  Suge,  ber  erfte 
Älang  ifl  gfreil^eit  unb  ßeibenfd&aft,  ber  crfJe  %on  gel&t  fogIeid6  aus 
freier  Srujl  unb  ©eele  feiig  ins  Sßug!  —  baS  göttlidfie  gfurore  iP  Oon 
$auS  melobifd^er  Strom  unb  befeligt  unb  burdgbringt  unb  befreit  jjebe 
Situation!"     „Äofpnifd&e  !Dlufif  ifl  anup!  fürs  C^era."* 

2.  ^ic  Mdxti\u    2)reSben. 

Sein  Slufentl^alt  in  Sßien  mar  fo  genugreid^  unb  freubenl^eH,  bag 
er  nid^t  einmal  burdg  ^eimtoel^  getrübt  lourbe.  ^IS  er  auf  feiner 
IRüdreife  am  10.  October  ^benbs  nad^  SreSben  gefommen  toar,  ging 
er  fogleid^  gu  XiedE,   loo   er  feinen  Sd&üler  §inrid6S  traf,   auf  bem 

1  »riefe  öon  unb  an  §egel.  II.  (ör.  o.  21.  u.  23.  6ept.),  ©.  154—156. 
(28.  ©ept.)  6. 159.  —  «  «benbaf.  H.  (»r.  0.  25.  ©epl.)  6. 159  u.  160.  (»r.  ö. 
29.  €ept.)    ©.  164  u.  165.    (ör.  0.  2.  u.  4.  Octob.)  6. 169,  @.  172  Pöb. 


170  Tegels  aferienreifen  na4  Sr&lfel,  Sßien  unb  $ati9. 

UmiDege  t)on  99reSlau  nadg  ^aOe  Begriffen;  aud^  S^riebrtd^  t)on  €dglegel 
toar  unter  ben  ^ntoefenben,  maS  ^egel  aber  er^  erful^r,  nad^bem  jener 
fid6  entfernt  l^atte,* 

2(m  anbern  Sage  (11.  Dctober  1824),  bei  feiner  2(breife  t)on 
ffireSben,  traf  er  ^ier  t)on  unßefäl^r  SJictor  6ouftn  auf  feiner  britten 
Steife  in  SDeutfd^lanb,  mol^in  er  auf  ben  Sunfd^  ber  (Semal^Iin  beS 
aWarfd^an«  Sanncg,  ^erjogin  t)on  SWontebetto,  beren  ©ol^n  begleitet 
l^atte  unb  nun  auf  eine  ^öd^fl  unertoartete  unb  unfreitt)iaige  %[rt  Don 
2>reS^ben  nad^  Säerlin  gelangen  foQte. 

IV.  Tegels  a)er^dltni§  ju  ©oufin  unb  Steife  nad&  5Pari8, 
1.    €oufln8  Slufent^alt  in  93erlin. 

SEBir  l^abeu  Don  (Soufln  anlegt  gel^ört,  a(8  berfelbe  auf  ber  fH&ä^ 
It^x  t)on  feiner  jtoeiten  Steife  in  S)eutfd&lanb  (1818)  ^eibelberg  berfil^reit 
fottte,  too  il&n  ^egel  nod&  bor  feiner  Uebcrfiebelung  nad&  Serlin  toieber« 
gufe^en  l^offte.*  Sladfe  5ßari8  jurfltfgefel&rt,  ^atte  Soufin  burd&  feine 
Sorlefungen  in  ber  ©orbonne  fo  t>iA  SBeifaÄ  unb  Auffeilen  erregt,  ba§ 
bie  Eröffnung  eines  neuen  @urfu8  Don  ber  Stegierung  gel^emmt  unb 
burd&  eine  9lote  im  SDtoniteur  unterfagt  tourbe  (29.  SloDcmber  1820). 
@8  loar  ein  3eid^en  ber  SteftaurationSpoIitil  unter  fiubtoig  XVIII. 
(Soufin  ald  ©dualer  unb  Slnl^änger  Stößer  SoDarbS  mar  eine  pl^ilo« 
fot)]^ifd&  Derbdd^tige  $erfon,  unb  er  lourbe  burd6  fein  vertrautes  gfreunb* 
fd^aftSDerl^Altnig  au  bem  @rafen  @anta  Stofa,  beut  ))iemontefif(6en 
SteDolutionftr  unb  SflftAtUng,  mit  bem  er  in  ber  SSerborgenl^eit  Don  Sluteuil 
eine  Seitlang  aufammengeiool^nt  ^atte,  audg  t)oIitifd6  Derbäc^tig.  <S8 
l^atte  far  Soufin  bie  Seit  einer  ad^tj&l^rigen  Surfidgejogenl^eit  unb 
SDtuge  begonnen,  toeldge  er  au  feiner  Ofortbilbung  unb  aur  ^uSfül^rung 
einer  Stetige  pl^ilofopl^tfdger  SBer!e  Dortrefflid^  a^^  benu^en  getougt  l^at. 
3n  bie  SWitte  biefer  Seit  fallt  feine  britte  Steife  nad6  SDeutfdöIanb  (1824). 

$ier  ftanb,  loie  toir  loijfen,  bie  SDemagogenernte  in  DoQen  ^almen. 
Stuf  Verlangen  ber  t)reugifd&en  $oliaei  mürbe  Soufin  in  2)reSben  Der» 
l^aftet  unb  nad^  93erlin  in  bie  ^auSDogtei  geliefert,  aus  meldger  ^aft 
i^n  au  befreien,  ^egel  burdg  fein  an  ^errn  Don  Sd^udEmann,  ben 
SRinifter  beS  Innern,  geridgteteS  Sd^reiben  mefentlid^  beigetragen  l^at 

1  ^egel  brüdt  fi4  barübet  in  bem  93nefe  an  feine  Srau  ettoaS  unKar  auf: 
.34  traf  bott  $rofeffor  ^inti^il  nebfl  $ertn  gfriebri^  Don  €$IegeI,  ber  mir 
iebo4  txft,  na4  feinem  SGOeggel^en  belannt  tourbe.'  (U.  6. 176.)  —  >  6.  oben 
€a|).IX.  6.122. 


^egcU  Sfettenteifcn  na^  a3xft1fel,  SBien  unb  $art9.  171 

6t  l^ot  in  btefcm  6d5reiBen  bcm  SWiniper  bic  Art  unb  Sauer  [einer 
93e!Qnntfd^aft  mit  Soufin  bargelegt,  beffen  tDtjfenfd^aftltd^e  93ebeutung 
unb  SIrbeiten  begeic^net,  bie  Unbefd^oltenl^eit  feinet  S^^arofterS  Derftd^ert, 
bag  er  nod^  !arjlid^  benfelben  in  SreiSben  getroffen,  bie  Or^eunbfc^aft 
erneuert,  unb  ba§  Bei  feiner  SJerl^aftung  ein  unerHftrter  Srrtl&um  ol^ne 
3tDeifeI  obgetoaltet  l^abe;  er  bitte  um  bie  (Srlaubnig,  ben  Derl^afteten 
Ofteunb  feigen  unb  \pxt(btn  gu  bürfen.^ 

fftaä^  feiner  (^reilaffung,  unter  poligeili^e  Sluffidgt  gefteKt,  blieb 
Soufin  Aber  fed^S  SRonate  in  S3er(in  (Don  @nbe  October  1824  bis 
Anfang  SDlai  1825),  bejlftnbig  in  freunbftftaftUd^em  ©eifteSöerfel^r  mit 
^egel,  eifrig  beftrebt,  beffen  ßel^rc  ju  fiubiren  unb  ju  burd&bringen. 
3n  biefer  S(bji$t  lieg  er  ftdg  Aber  ^egelfd^e  9ted^td))]^ilofop]^ie,  ßogü, 
0leIigionS))]^iIofo))]^ie  unb  ^eßl^eti!  ä^orlefungen  in  franjöfifdger  Sprad^e 
Don  ®and,  SOtid^elet  unb  ^otl^o  polten,  er  fudgte  fid^  forgf&ltig  nad^« 
gefd^riebene  ^efte  l^egelfd^er  SSorlefungen  gu  Derfdgaffen,  um  fie  über= 
fe^en  gu  laffen;  namenttidg  toai  i^m  fel^r  Diel  baran  gelegen,  jtoei  Don 
^ot^o  nad^gefd^riebene  ^efte  ber  ®efdgid^te  ber  $]^iIofo))]^ie  unb  ber 
$l§iIofo))]^ie  ber  ©efd^id^te  fflr  einige  Seit  benu^en  ju  lönnen,  unb  er 
f)at  nod^  fpater  Don  $arid  au$  ^eget  loieberl^oU  unb  bringenb  gebeten, 
il^m  boju  bel^iUflidg  gu  fein.^ 

S>ie  Srüd^te  feiner  Dieljäl^rigen  972u§e  beftanben  tl^eits  in  eigenen 
pl^ilofortifd&en  SttJ^onblungen,  bie  unter  bem  Flamen  «Fragments 
philosophiques»  Deroffentlidgt  lourben,  t^eils  in  ben  ausgaben  ber 
SBerle  beiS  2>e8carte8,  beS  $ro!Iu8  nad()  ben  in  $QrtS  befinblic^en 
§anbfd&riften,  unb  be8  5piato  in  feiner  eigenen  frangöfifdöen  Ueber« 
fe^ung.  6r  l^at  ben  Dierten  S^l^eil  feiner  ^rofluSauSgabe  (Kommentar 
bed  ^roüuS  über  ben  $armenibe8)  beiben  getoibmet:  ^egel  unb  @d^eQing 
afö  feinen  gfreunben  unb  ben  tmxmi  ber  gegenmirtigen  $]^itofo))^ie 
(«amicis  et  magistris,  philosophiae  praesentis  ducibus»  1821); 
ber  britte  SBanb  feiner  5ßIatoüberfe^ung,  toeld^er  ben  5protagora8  unb 
©orgiaS  entl^telt,  ift  Regeln  gugeeignet  als  S^tdgen  feiner  {^reunbfd^aft 
unb  feines  2)anfe8  ffir  bie  Errettung  aus  ber  preugifd^en  ^aft.  ^egel 
]^Qt  biefe  &)xt  banibar  angenommen  unb  fdgergenb  bemerlt,  ba%  ber 
preugifd^en  ^oligei  tro^  il^rer  9intt)iffenl^eit  ber  platonifd^e  ©orgiad 
»ol^l  ftets  ein  Verborgener  Drt  fein  unb  bleiben  toerbe.* 

1  9fiofen!rana.  6.  368  u.  869.  —  >  SBtiefe  Don  unb  an  ^egcl.  IL  (SSr. 
Q^oufinS  t>om  h  ^uguß  1826  unb  15.  STldrg  1827).  6.  235.  —  >  Sbenbaf.  IL 
(SBerltn,  1. 3ttU  1827).   6.  243. 


172  $cgeli(  Sfetienteifen  na^  SStüftel,  SS^iett  unb  $oril. 

€reujer  l^otte  Urfad^e,  mit  S^ouftn  fel^r  un}uftteben  )u  fein,  bet 
ilgm  fär  bie  Ueberlaffung  feiner  Sammlungen  gum  ^roHuS  eine  ge^ 
ringe  Summe  ®elbes  geboten  unb  in  ber  93orrebe  ju  feiner  Xudgabe 
erllArt  l^atte,  bog  ^egel  unb  er  Sreugern  Vergebens  ]ur  ^eraudgobe 
be8  5ProHu8  gebrängt*  „9lber  unfer  ^err  5Profeffeur  ©oufin",  fc^rteb 
(S^reujer  an  ^egel  (30.  SRoi  1820),  „Igat  fid^  nici^t  fdgön  gegen  mic^ 
benommen.  Sßad  l^elfen  aQe  (^(atterien?  @ie  miffen  bodb,  bag  er 
felbft  fagte,  er  üerftel^e  lein  ®ried^ifd^.  3lnn  mutl^ete  er  mir  gu,  id^ 
foQe  il^m  meine  Sammlungen  gum  $ro!IuS  abgeben,  unb  bietet  mir 
500  Oulben  —  ol^ne  bie  STOfll^e;  id&  fotte  il^m,  bamit  er  ben  ?ProfIu8 
l^erauSgebe,  einen  beutfd^en  93erleger  fud^en.  3d&  badete,  leine  9(ntmort 
ift  audg  eine,  unb  lieg  eine  SlnEflnbigung  bruäen.  9tun  lommt  er  mit 
feinen  lateinifdgen  Ueberfe^ungen  Don  Stflden  be9  ^roQud,  bie  grogen- 
tlgeitt  bei  O^briciuS  ftel^en,  fd^idEt  idg  meig  nid^t  tt)aS  aud  Siebemann 
unb  Sennemann  t)orau8  unb  Derfid^ert  baS  publicum,  mein  $ro!IuS 
loerbe  in  etoiger  3^it  nid^t  erfdgeinen.  3d&  l^abe  alfo  barauf  bem 
publicum  bod^  fagen  muffen,  bag  loirflidg  an  meiner  Sbition  gebrudEt 
loirb,  unb  bog  ^err  Soufin  mel^r  t)erftd^ert,  aU  er  loiffen  fann,  unb 
loorum  il^n  niemanb  gefragt  l^at."^ 

SDiefer  S3rief  ift  gur  99eurtl^eilung  SoufinS  redgt  beadgtensmertl^. 
@ein  Sl^rgeig  loar  größer  als  feine  ©elel^rfamfeit  unb  pl^ilofopl^ifd^e 
^Begabung;  er  glaubte  mirfUdft,  auf  bem  SEBege  eines  fpiritualiftifdg  ge- 
finnten  (SKelticiSmuS  ben  Sl^ron  ber  mobernen  $]^iIofot)]^ie  erreid^en 
gu  fönnen,  feine  Sfelbgüge,  loie  er  feine  polemifdgen  ^efhebungen 
nannte,  gingen  gegen  SodEe,  SonbiUac,  ^elretiuS,  Voltaire,  SabaniS 
u.  f.  f.;  eS  toar  il^m  teic^tig  fagen  gu  lönnen,  Sd^eOing  unb  ^eget 
feien  bie  beiben  größten  $l^i(ofo))]^en  bed  gegenm&rtigen,  ibealiftifd^  ge- 
ftnnten  2>eutf(6IanbS,  fte  feien  unter  fidd  uneinS,  aber  in  gemiifen 
$auptt)unEten  flimmten  fie  flberein,  unb  biefe  t^ül^rer  ber  beutfdgen 
3eitp^i(ofop]^ie  feien  beibe  feine  guten  Orteunbe.  6r  glaubte  fid^  bem 
Siele  nal^e,  ats  er  am  30.  Oftober  1829  an  Sd^eKing  fcbrieb:  „(&» 
ift  meiner  S3e^arrlid&Eeit,  meinem  Sifer,  meiner  !(ugen  Umftd^t  gu 
banlen,  bag  ber  ©efdgmadE  an  ber  ^l^ilofop^ie  in  t^ranlreid^  gunimmt. 
3d6  bin  in  $ari8,  nid^t  in  2)eutfd(|lanb,  unb  $ari8  bebeutet  ßonbon, 
bebeutet  Cbinburg,  bebeutet  Selgien,  bebeutet  3talien."* 

1  ^Briefe  Don  unb  an  ^cget;  II.  6.  28  u.  29.  ~  >  Sbenbof.  II.  Hnlftang. 
6.384-886.  —  S)er  »xicftDe^fel  5tt)tf4cn  (Soufln  unb  $egel  bcße^t  an»  22  »riefen, 
Don  benen  iencr  17,  biefer  5  geftricben  l^ot;  ^cgel  antwortet  {letl  in  fransbftf^er 
6|)ta4e,  toofjlL  mtf^t  gur  Uebung  aU  aus  Uebung. 


f^t^tU  Sfectenteifen  no^  aSrflflel,  !Bten  unb  $aTt9.  173 

®an8,  ber  ©ouftn  ntd&t  Mo§  in  Serlin  fcniien  gelernt,  fonbern 
gu  üerfd^iebenen  Seiten  unb  auf  t)erfd6iebenen  @tufen  fetner  Saufbal^n 
in  $artS  miebergefel^en  unb  ju  beobod^ten  ©elegenl^eit  gel^abt  l^at, 
rebet  feinem  (Sl^arafter  lein  ftünftigeg  Seugnift.*  !Kad&  bem  SEobe 
Tegels  mad^te  er  mit  Sd^eHing  gemeinfame  @Qd^e  unb  lieg  eine  neue 
STuflage  feiner  ^gfrogmente"  Don  biefem  in  einer  SBeife  beöortoorten 
(1833),  bie  bem  abgefdgiebenen  $]^Uofot)]^en  gur  ^erabloürbigung  unb 
SBegtoerfung  gereid^en  foQte.*  68  toar  nidgt  unDerbient,  toenn 
§.  $eine  im  Slnl^onge  gu  feiner  ©d&rift  Aber  »»Seutfd^lanb"  (1835) 
ben  frangSfifc^en  ^l^ilofopl^en  fai^rifd^  burd^l^ed^elte.  „^err  Soufin 
l^at  in  ber  Sl^at  einige  Seit,  ber  Demagogie  berbdd^tig,  in  einem 
beuifd^en  ©ef&ngniffe  jugebrad^t,  eben  fo  gut  toie  Safa^ette  unb 
[Rid&arb  ßotoenl^erj.  3)a§  ober  §err  Soupn  bort  in  feinen  3Ku§e« 
flunben  Aants  Itriti!  ber  reinen  SSernunft  ftubtrt  l^abe,  ifl  au8  brei 
©rünben  gu  begtoeifeln.  ßrftenS,  biefed  93ud^  ift  auf  beutfd^  gefd^rieben. 
3toeiten8,  man  mug  beutfd^  Derfiel^en,  um  biefeS  »ud&  lefen  gu  lönnen. 
Unb  brittens,  §err  ßoufin  Derjiel^t  fein  SDcutfdfe/' '  Äurg  öorl^er  l^atte 
in  ben  S3erliner  Sal^rbfld^em  (^uguft  1834)  ^inrtd^S  eine  jtritif  Aber 
unb  gegen  Soujin  t)er&ffentlid^t,  um  nad^gumeifen,  bag  berfelbe  bie 
beutfd^e  $l^ilofo))]^ie  nid^t  t)erftanben  l^abe. 

2.  Tegels  9itx\t  na^  $aris. 

SBir  feieren  in  bie  3(it  gurfldE,  )oo  nad^  feinem  Sufentlgalte  in 
Serlin  CoufinS  freunbfd&aftUd&e  SBegiel^ungen  gu  ^egel  unb  ben  a3erliner 
Hegelianern  in  DoQer  Slfltl^e  ftanben.  9Id  bie  @ommerferien  beS 
3al^re8  1827  l^erannal^ten,  lourbe  ^egel  t)on  bem  ©ebanlen  einer  äleife 
nad^  $arid  angetoanbelt,  ben  er  in  einem  Sriefe  an  Soufin  ertoAl^nte 
unb  toie  ein  Suftfd^Iog  J^infteQte.  2)a  nun  biefer  DoK  feurigen  unb 
^)raftifd6en  ßifcr«  auf  bie  3bee  einging  unb  feine  ^ßerfon,  Seit  unb 
SBol^nung  gu  i^öQiger  SSerfügung  ftellte,  fo  nal^m  baS  fiuftfdgloB  greife 
bare  Oformen  an  unb  gebiel^  gu  einem  9leife))Ian,  ber  binnen  ad^t  S93od^en 
auögefül^rt  mirbe  (19.  Sluguii  bis  17.  Cftober  1827).* 


>  9l1i(!Mtdfe  auf  ?Perfonen  unbSupanbe  (1886).  ©•  2fröb.  o*  a.  O,  —  « »gl. 
blefe«  SBÖetl.  »b.  VI.  (C^efling.  2.  «uft.  3ub.  VII.)  »u«  I.  dap,  XVI.  6.  215 
bi«  229.  -  »  §eine:  Ueber  a)eutf*lQnb.  25.  ZW>  (1815).  6.  SB.  (1875).  «n^ang. 
€.  283—294.  (6.  287).  —  *  JBon  ben  16  SHeifebttefen  an  feine  ffrau  lommen  7 
auf  ben  Snfent^alt  in  $ari9,  biefer  ^^au^tflabt  ber  cit^iltfiTten  a&elt'  ()?om  3. 
U»  30.  6e))tembet).    »riefe,  n.   6.  249-281. 


174  Tegels  fferienrcifcn  no^  aSrüffcI,  SS^ien  unb  $ari0. 

S)ic  JReifc  ginfl  Aber  ©oblenj,  SEricr,  ßujcnburg,  SÄc^,  SJcrbun 
burdg  baS  2;]^qI  bet  3Jlaxm  unb  bie  g^lgantpagne;  et  fal^  bte  aRfi^Ie 
t)on  SSalm^  unb  gebadete  belS  20.  September  1792,  eines  ber  ®egen- 
pdnbe,  tDoran  er  in  fetner  Sugenb  ba8  größte  3nterc|fe  genommen.* 
3n  $QriS  betDol^nte  er  eine  chambre  gamie  nal^e  bem  ®arten  Sugem^ 
bourg,  er  toax  tftgli(6  mit  Soufin  jufammen  unb  l^at  in  feiner  ®efeD« 
fd^Qft  aUt  Orte  befud^t,  tDO  bie  benimürbigjlen  Säegebenl^eiten  ber  fran- 
göfifd^en  9let)oIution  gefpielt  l^aben,  Qudg  bie  Umgegenb  bon  $ari8, 
SSerfailleS  unb  SDlontmorenc^  mit  feinen  Erinnerungen  an  Stouffeau, 
]^Qt  er  lennen  gelernt;  Don  ben  ©egenftänben  bed  inneren  ^orid  l^oben 
il^n  bie  ©emälbefammlung  im  Sout)re  unb  bie  S^eoter  üotiflglid^ 
intereffirt,  er  l^at  bie  berühmte  3Jlax^  gefeiten  unb  auS  il^rem  be» 
tounberungöroürbigen  ©piel  in  SWoIifere«  3;artüffe  erfl  erlannt,  toarum 
bas  @tfldE  ben  €^ara!ter  einer  Itomöbie  l^at;  in  einer  englifd^en 
S3ül§nengefeQfd&aft  fol^  er  ben  ^amlet  in  ber  2)arftell[ung  Don  j!emble 
unb  Derglid^  bie  beutfdge  ©dgaufpiellunft  mit  ber  englifdgen  fel^r  jum 
9lQd^t]^eiIe  ber  le^teren.  S3on  3(bel  älemufat  eingelaben,  l^at  ^egel 
einer  ©iftung  in  ber  tAcademie  des  inscriptions»  beigetool^nt,  einer 
jmeiten  in  ber  «Äcademie  des  sciences»,  bei  meldten  ®e(egenl^eitett 
er  Diele  geleierte  unb  berfll^mte  5Perfonen  gu  fe^en  unb  gu  f<)red6en  belom. 

Zxo^  ber  t^fllle  neuer  (Sinbrfide,  oon  benen  er  gu  fd^reiben  unb 
}u  ergAl^ten  l^atte,  bemer!te  feine  S^rau  mit  Siedet  unb  gu  il^rem  Se- 
fremben,  ba§  feine  Sriefe  an^  5ßQri8  meniger  getoetft,  l^citcr  unb  mit- 
t^eilfom  feien,  afe  Dor  brei  S^^ren  feine  SSriefe  Don  SBicn.  (&x  gab 
il^r  bie  gutreffenbe  CrHftrung,  bag  er  fid&  in  ?Pari8  in  CJolge  einer 
!DlagenDerflimmung,  loeldge  il^n  einige  ^lage  an  ba$  99ett  gefeffelt  unb  bie 
er  bem  @einemaffer  gufc^rieb,  unmo^I  gefill^It,  unb  baß  bie  ungeheure 
@tabt,  bie  coloffalen  ßntfernungeu,  ber  SCumuIt  neuer  unb  ge= 
toaltiger  Sinbrüde  i^n  in  einen  3uftanb  ber  Betäubung  Derfe^t  l^abe, 
ber  auf  bie  Sauer  befd^toerlid^  fei,  unb  aus  bem  er  ftd^  l^erauSfel^ne. 
@eine  ®runbfiimmung  in  Sßien  toar  luftig,  in  $arid  bagegen  gebrfidEt. 

S>ie  angenehme  StfldEreife  in  ®emetnfdgaft  mit  Soufin  ging  burdg 
bie  5picarbie  nac6  S3rüffel,  too  er  nod^  einmal  feinen  Qfreunb  Dan  ©l^ert 
loieberfal^,  unb  Don  l^ier  über  Sömen,  Süttid^  unb  Stadien,  )oo  er  nod^ 


oben  (S.ap,  I.   6. 12 1 


^cgeld  Serienteifcn  na$  Sdrüffel,  Sßien  unb  $ai;t8.  175 

einmal  bie  ©atigfactton  bt^  Stax\tx^n\jHfx^t^  genoffen,  nadg  Rbln,  big 
iDol^in  ©ouftn  il^n  beftleitet  l^at.  2)iefet  ergäl^Itc  einige  Sa^re  f^)4tcr,  ba§ 
^egel  beim  SnblicE  bet  ^Anblet,  meldte  t)or  bem  @ingQngg))ortQl  beS 
2)omed  geteeil^te  SRebaiDen  unb  ^eiligenbilber  gum  SSertauf  anboten, 
untoiDig  ausgerufen  l^abe:  „S)ad  ifl  eure  latl^olifdge  äleligion  unb  ber 
@{anbal,  ben  fie  barbieiet!  SBetbe  idg  fierben,  beDot  id^  baS  aUed 
l&abe  fallen  feigen?"  ©oufin  toill  barauS  bie  Slu^antoenbung  giel^cn, 
bag  ^egel  in  ben  ä^oturtl^eilen  ber  $]^ilofo))]^ie  beS  ad&tgel^nten  ^al^r» 
IgunbertS  fteden  geblieben  fei,  toogegen  ©d^eDing  in  bem  legten  S^l^eil 
feined  fiebenS  fid^  gu  neuen  erl^abenen  unb  ))^ilofo))]^if(!6en  Slnfidgten 
emporgel^oben  l^abe.* 

V.  3)er  le^te  Slufentl^alt  in  SBeimar. 

S>ie  gnbftation  ber  Stfldreife  xoax  SBeimar,  loo  ^egel  am 
16.  DItober  Slbenbd  eintraf  unb  fid^  aliSbalb  gu  ©oetl^en  begab,  ber  im 
ßreife  ber  ©einigen  il&n  auf  bafi  ©afilidöfle  unb  ^erglid^fie  aufnal^m. 
^ud^  Stiemer  unb  3^lter  tearen  ba.  @r  fanb  baS  ^auS  iSuminirt. 
S)er  ©rog^ergog  l^atte  fid^  anfagen  laffen,  blieb  einige  ©tunben  unb 
unterl^ielt  fid&  mit  §egel  über  ?Pari8.  „Ooetl^e  ftanb  babei  immer, 
idg  mer!te  biefem  nad^  unb  nad^  ab,  bag  ber  ^err  ettoaS  taub  toar, 
unb  bag  man,  toenn  eS  ftiU  mit  bem  ©pred^en,  nidgt  il^n  gu  unter- 
l^alten  fud^en,  fonbem  warten  foDe,  bi$  il^m  lieber  ettoaS  einfdUt; 
fonfl  ging  alles  gang  ungenirt,  id&  mufete  ein  paar  ©tunben  auf 
meinem  ©ofa  genagelt  ausl^alten."  2lm  anbern  Sage  ful^r  er  in 
©oetl^eS  SBagen  mit  Seiter  nadg  %elt)ebere,  um  bie  neuen  l^errlidgen 
®artenanlagen  gu  feigen,  n)ogu  ber  ©rogl^ergog  il^n  eingelaben  ^atte. 
„2)ann  einen  ®ang  in  bie  alten  befannten,  Dor  25  Salären  begangenen 
2Bege  beS  fd^önen  5ßarle8,  JBegrügung  ber  Ufer  ber  Keinen  3lm  unb 
il^rer  leifen  Sßellen,  bie  mand^eS  unfterblidge  fiieb  gel^ört.  Um  gtoei  U^r 
gum  SKittageffcn  gu  ©ötl^e,  baS  öorttefflid^  unb  t)om  beßcn  ?lj)petit 
^onorirt  tourbe/'  „3d&  mu^te  ©otl^e  t)on  ben  politifd^en  unb  literarifd&en 
Slnfic^tcn  unb  Sntcreffcn  in  5ran!reid6  Diel  ergftl^len,  eS  intcreffirte  il^n 
atteS  fcl^r;  er  ifl  gang  fröftig,  gefunb,  überl^aupt  ber  alte,  b.  1^.  immer 
iunge  —  ettoaS  fiiller  unb  ein  fold^eS  el^rtoürbigeS,  gutes,  fibeleS 
$au))t,  ba%  man  ben  ^ol^en  37lann  Don  ©enie  unb  unDerftegbarer 
(Energie  beS  SlalentS  barüber  Dergigt;  toir  fmb  als  alte  tteue  fjreunbe 

1  Vict.  Ck>U8in:  Souvenirs  d'Allemagne.  Eevue  des  deox  moDdes  1866. 
S^dl.  S3riefe  Don  unb  an  gefiel.  U.  6. 388.    , 


176  9luf  ber  $5^e  feinet  IQ^ttffamfeit 

olgnel^in  nid^t  auf  bent  S^uge  ber  fdtobaä^tnn^,  lote  et  jtdg  geige  ober 
maS  er  gefprod^en,  fonbern  corbat  sufammen,  unb  iiidgt  um  bed  Stul^med 
ober  ber  @l^re  koiDen,  bied  t)on  tl^m  gefeiten  utib  gel^ört  gu  l^aBen 
u.  f.  f.  S>er  @o]^n  l^ot  mir  itad^  SÜfdg  fe^r  QuSbrfidFtid^  gejagt,  loie 
®5t]^e  fidg  ber  Hoffnung,  bag  idg  bei  il^m  auf  meiner  9tü(f reife  Don 
$Qri8  t)orft)redge,  erfreut  l^abe;  et  fpradg  mir  über]^au))t  audffl^rlid^ 
t)on  feinen  SSerl^aUniffen  unb  6mt)finbungen  gu  feinem  Sater  in  ieber 
9tüäfid^t,  unb  man  mug  ©otl^e  in  feinem  Sllter  unb  Sebioeife  glfldEIid^ 
|)reifen,  il^n  in  fold^er  Siebe  unb  Pflege  gu  miffen  unb  ben  @o]^n 
barum  ad^ten  unb  lieb  l^aben."  —  ^egel  l^atte  feinen  $Ia^  gkoifdgen 
©oetl^e  unb  Ulrife  Don  5PogtDifd&,  bie  übrige  Sifd&gefettfd&aft  bepanb 
Qud  Seiter,  SSogel  bem  ^rgt,  Scfermann,  bem  @o]^n  Sfugujt  Don  ®oet]^e 
unb  ben  beiben  Sn!eln  SBaltl^er  unb  SBoIfgang.  (Sr  blieb  Dom  16. 
bis  gum  19.  Dctober,  um  mit  Seiter  gemeinfom  nad^  SSerlin  ju  reifen.^ 
@r  l^Qtte  gum  legten  male  Sßeimar,  Itarl  ^ugufi  unb  ©oetl^e  ge» 
feigen:  e8  loar  nod^  bad  alte  SBeimar,  toeld^eS  ein  l^albeS  3<^^i^^unbert 
frül^er  bad  Junge  ^ieg.  Sldgt  äRonate  fp&ter  fiarb  ®rog^ergog  Aarl 
Sluguft  (ben  14.  3uni  1828  in  ®rabi^  bei  SCorgau).  ^egel  jianb 
auf  ber  ^öl§e  feiner  SBebeutung  unb  feineiS  Stul^meS,  mogu  er  ben 
®runb  in  3ena  gelegt  l^atte.  Stoangig  3a]&re  Djaren  feitbem  Derftoffen. 


2)reige]^nteS  Sapitel. 
3inf  ber  Hiülit  feiner  Vtrhfamheit* 


I.  S)ie  legten  fünf  Saläre. 
1.  2)te  ®eBurt8taa9feicr« 

Tegels  S93irlfam!eit  in  99erlin  l^atte  fidb  Don  Sal^r  gu  ^a^x  immer 
einftugreid^er  entfaltet  unb  eine  fold^e  f^flKe  banlbarer  Snerlennung 
getoonnen,  ba§  feine  Slnl&dngcr  unb  (frcunbe  il§re  SJercl^rung  öffentlidfe 
gu  begeugen  unb  ben  27.  3lugufi  1826  in  folenner  SQBeife  gu  feiern 
loünfc^ten.  ^eget  lourbe  an  biefem  Sage  56  Saläre  alt  unb  l^atte  furg 
Dorl^er  baS  fed^Sgel^nte  @emefter  feiner  berliner  Sel^rtl^Atigfoit  DoÜenbet. 
3n  biefen  Stielen  lag  lein  SInlag  gu   einer  freier,  fie  l^atten  leine 


»  abriefe  Don  unb  an  ^egcr.  II.  B.  276—281. 


a«f  ber  $55e  fein«  aSßirlfamfeit.  177 

pertobifd&e  SBebeutung,  aber  SJcrel&runfl  unb  Sonfbatfcit  l^aben  aud& 
leine.  68  bilbete  fid&  ein  gfepcotniti  au8  etoa  a^ö^äifl  ^Perfoncn: 
8fßr|ier  ate  g^potbiter,  ©an«,  §otl&o,  bem  Hauptmann  Don  hülfen, 
einem  eifrigen  Sul^örcr  ^egefe,  bem  ßanbWaftSjeici^ncr  0löfel,  Setter, 
bem  S)irector  ber  ©ingalabemie  u.  f.  f.  2)er  3KittelJ)un!t  ber  geier 
lag  in  bem  Sfejimal^I,  toeld^eS  am  Slbenb  in  einem  ©afil^auS  unter 
ben  ßinben  ftattfanb.  Unter  ben  ©ratulanten,  bie  fidfe  5Bormittag8 
eingepettt  i^atten,  toar  aud&  ber  Supijminifter  Don  Äamp§,  ber  öiel 
gefflr(|tete  unb  gel^agte  S)emagogenDerfoIger.  Sei  bem  {feftmal^I  er» 
fd^ien  eine  Deputation  Stubierenber,  bie  bem  ©efeierten  einen  Sl^ren^ 
polal  unb  eine  Slnjal^I  gebunbener  ©ebidgte  flberreid^ten.  ßiner  ber 
61^reng&ße  toar  !ßrofeffor  SBid^mann  mit  bem  auftrage,  bie  99fifie  ^egete 
anjufertigen,  bie  je^t  in  ber  Slula  ber  UniDerfttftt  fielet.  SWan  Der» 
längerte  bie  freier  Aber  SJlitternad^t  l^inauS,  [oba§  man  ben  ®eburts= 
tag  ©oetl^eS  bamit  oerinflpfen  lonnte.  9m  anbern  SKorgen  in  ber 
gfrül^e  fam  nodg  ein  |)oetif(6er  ®rug  Don  ^einrid^  ©tiegli^.  S)a  feine 
0rau  mit  ben  @5]^nen  abmefenb  toar  unb  fidg  bei  ben  93ern)anbten  in 
Nürnberg  aufl^ielt,  fo  fd^ilberte  il^r  §egel  mit  Dergnflgten  SBorten  biefeS 
jftngfte  @rlebnig.  „2)u  !annft  nidgt  glauben,  ttield^e  l^erjlid^en,  tiefge- 
fttl^Iten  äSegeugungen  beS  SutrauenS,  ber  Siebe  unb  S($tung  id^  an  ben 
lieben  Sreunben  —  gereiften  unb  jüngeren  —  erfal&ren;  eS  iji  ein  für 
bie  Dielen  SRül^en  beS  ßebenS  belol&nenber  Sag/* 

2.  S)ie  3a^rBü()^er  für  kDiffenf^aftli^e  Uritif. 

Sffiir  toiffen,  toie  eifrig  §egel  bie  ©rünbung  einer  !ritif (i&en  Öitteratur« 
geitung  im  ©ienfie  ber  gebiegenen  ^Pl^ilofopl^ie  unb  SBiffenfd&aft  flets 
betrieben  unb  erfirebt  l^at.  ©(eid^  bei  feinem  Sintritt  in  bie  alabemifd^e 
ßaufbol^n  l^atte  er  gemeinfam  mit  ©d|ening  jenes  „flritifd&e  3ournal 
ber  5p]^iIofoJ)]^ie''  in  3ena  herausgegeben,  beffen  erfie  ^efte  in  ben  Salären 
1802  unb  1803  erfd^ienen  finb,  aber  nid&t  fortgcfe^t  lourben.  Sic  JBam« 
berger  Seitung,  loeld&e  er  rebigirte,  l^atte  nid^tS  mit  feinen  lournalifÜfdöen 
Slbfidöten  ju  tl^un.  3n  SRürnbcrg  trug  er  fid&  mit  bem  5pian  einer  in 
SWünd&en  ju  grünbenben  Iritifd&en  Seitfd&rift,  bie  mit  ber  bort  neu 
geftifteten  Slfabemie  ber  SBiffenfdöaften  als  einer  Dom  ©taat  autoriprten 
geifligen  TOad&t  DerfnüJ)ft  fein  fottte.  3n  §eibelberg  Djaren  bie  bor= 
tigen  Sal^rbüd^er,   Don  ber  ^Regierung  gegrünbet  unb  unterftü^t,   Don 


1  »riefe  öon  unb  an  ^ejjel.  H.   (»r.  ö,  28.  Slußuft  1826.)  ©.  209-212» 
gfitifter,  ®eW.b.Wtof.  Vin.  9».«.  12 


178  Slttf  btx  m^  feinet  SBirffamleit. 

ber  ltntt)etfttdt  ocgantftrt  unb  geleitet,  als  ^egel  l^inlam.  3e|t  in 
SBerlin  fa^te  et  ben  $lQn  einer  in  SSerlin  aU  ber  ^au))tjiabt  beS 
preugifdgen  SteidgS,  al$  bem  @i^  ber  ))reugif$eti  Sllobemie  ber  Sßiffen- 
fd^often  unb  ber  ^QU))tuni))er{it&t  beS  gangen  SanbeS  }U  errid^tenben 
hitifd^en  3eit[d^rift  ber  Sitteratur,  toeld^e  nadg  bem  SSorbilbe  unb  ber 
Änoloflie  beS  €  Journal  des  savants»  eine  SlegierungSanftalt  fein,  ben 
Spanien  beS  SuItuSminifteriumS  an  ber  ©pi^e  tragen,  Dom  Staate 
autoriftrt,  t)on  ber  oberften  Unterridgtdbel^örbe  abl^Angen  unb  t)on  einem 
SoQegium  geleierter  unb  ertodlglter  STlänner  geleitet  toerben  follte.  (Sine 
fold^e  Seitfd^rift  foQte  bie  bebeutenben,  ber  tDiffenfd^aftlid^en  SBelt- 
litteratur  angel^örigen  SBerle  beurtl^eilen  unb  fennen  Icl^ren,  fte  foHte 
ben  auSgef|)rodeen{ten  ©egenfa^  loiber  bie  üorl^anbenen  Slecenfiranftalten 
bitten,  toorin  bie  SWittelmä^igfciten  jid6  gegenfeitig  beftönbig  fotool^l 
))f[egen  als  l^erabfe^en,  unb  loeldge  red^t  eigentUdg  für  i,ben  S)ünger  }u 
Italien  finb,  ber  bie  Oftud^tbarfeit  biefer  SnittelmäBifll^it  ind  Unenblid^e 
erl^ol^t".  @S  fe^Ie  in  ^eutfd^Ianb  an  „einem  imponirenben,  loiffenfddafts 
lidgen  unb  Utterarifd^en  3nittel))un!te'',  an  einer  baS  öffentlidge  Urtl^eit 
über  ben  SBertl^  ttiiffeufd^aftlidger  SBerie  normirenbenStid^tfd^nur:  „ballet 
biefe  ©ud^t  nac^  etn)a$  93efonberem,  bie  ju  einem  negattt)en  ®eift  gegen 
bas  ®ebiegene,  ®eltenbe,  SlnerEannte  loerbe,  bal^er  bie  3Aenge  falfd^et 
Originale,  iDie  fd^on  93oltaire  Don  S)eutfdeianb  6emer!t  l^abe,  ed  fei  «un 
pays  fertile  en  mauvais  originaux».  SaS  »irlfamfte  SKittel  gegen 
biefe  Uebelftönbe  fei  ein  beurtl^citenbeS  Snflitut,  auSgerüflet  mit  bem 
®etDid(|t  ber  ftaatlid^en  ^utoritdt.  „S)ie8  SBebürfnig  einer  Slutoritdt, 
um  fid^  bei  il^r  gu  berul^igen,  ober  erft  auf  fie  l^in  felbft  angufongen, 
ifl  ber  toid^tigfte  Umflanb,  ber  bie  fritifd^slitterarifdge  Sßirifamteit  nad^ 
außen  einleitet  unb  begünftigt  unb  bann  fie  fclbfl  gum  Slnfel^en  erl^ebt." 
3>iefen  feinen  ©nttourf  einer  in  SBertin  gu  grünbenben  ßitteratur= 
Seitung  l^at  ^egel  bem  preugifd^en  UnterridgtSminifterium  Vorgelegt, 
baffelbe  aber  nid^t  für  bie  ÄuSfül^rung  getoonnen.^ 

SDurd^  eine  {^ügung  günftiger  Umftdnbe,  teobei  fomol^I  Preußen 
als  aud^  ^egel  gang  außer  bem  @))iel  blieben,  ift  nun  eine  bem  Ie|teren 
toilHommene  S^itfd^rift  bod^  gu  @tanbe  gelommen.  SBenige  3eit  nad^ 
SoufinS  Slufentl^atte  in  93er(in  unternal^m  ®anS,  Don  feinem  O^reunbe 
^ot^o  begleitet,  in  ben  @ommerferien   1825  feine  erfte  Steife  nad& 


1  Uebct  bie  (Sinti^tung  einer  fritifd^en  Seitf^rift  ber  Sitteratut.  IQ^erfe. 
»b.  XVII.  6.  368-393.    SBftl.  oben  Cop.  VIII.   6.  91  fKßb. 


Auf  her  ^ö^e  feiner  SDirlfamfeit.  179 

$att§  au  einem  längeren  ^ufentl^alte,  ber  6iS  gum  (Snbe  be§  ^al^reS 
QttoSf)xt  ^at  3n  ber  franjöfifd&en  ©prad^e  etn]^einttf(i&,  in  bie  ?PQrifer 
ä}er]^ftltntffe  unb  Sufl&nbe  Balb  mit  SBol^IgefaDen  eingelebt,  l^atte  er  in 
bem  @aIon  beS  SD^alerS  ®irarb  eines  Slbenbs  ben  beutfc^en  ©rog» 
inbuftrietten  unb  Bcrül^mten  JBerlagSbud&l^ftnbler  Sol^.  gfricbr.  gfrcil^errn 
Don  Sotta  Eennen  gelernt,  unb  biefer  l^otte  Bei  einer  neuen  Begegnung  im 
Saufe  bed  ©efprAd^S  i^m  ben  SBunfti^  einer  litterorgefdgäftlid^en  fött- 
binbung  auf  angenel^m  entgegenlommenbe  Strt  geäußert.  SDlit  (Ifteuben 
l^atte  ®anS  biefen  Antrag  ergriffen,  unb  e8  »urbe  ju  nöl^eten  S^ft- 
fteKungen  eine  3ufammen!unft  fogteid^  t)erabrebet,  teel^e  auf  ber  Stfid» 
reife  ber  Beiben  berliner  ^l^ilofop^en  im  ^aufe  SottaS  gu  Stuttgart 
ftattfinben  foDte.  93ei  biefer  3ufammen!unft  l^at  ®ang  ben  Pan  einer 
n)iffenfd6aftnci6en,  in  fflerlin  §u  errid&tenben,  auf  bie  neue  Unitoerptat 
unb  bereu  l&erDorrogcnbe  geifiige  Äräfte  ju  grflnbenben  Seitfd^rift  bem 
groggeftnnten  ®efd^dftsmann  t)orgetragen,  ber  bie  SBid^tigleit  ber  @ad^e 
fogleid^  anerlannte  unb  barauf  einging,  naci^bem  einige  ber  t)on  il^m 
erl^obenen  Sebenfen  in  Slnfcl^ung  fotool&l  feiner  au§erpreu§if(i^en  ^ßerförn 
liddleit  als  aud^  ber  gu  geiDinnenben  großen  SJlenge  tflci^tiger  3Jlitarbeiter 
befcitigt  toaren.  „^ier  lam  mir",  fo  berici&tet  ®anS,  „gum  erfien  male 
eine  gang  lounberbare  ßrfd^einung  Dor.  2[d6  l^atte  eine  beftimmte 
Oforberung  an  €otta  gefteDt  über  baS,  toaS  man  ben  t)erf(^iebenen  ®t^ 
leierten  anbieten  follte,  er  ging  ni(ftt  barauf  ein,  aber  in  einem  anbem 
@inne  als  baS  gemö^nlid^  gefd^iel^t;  er  looDte  bas  Honorar  erl^öl^t 
toiffen."  „3(i&  glaube  bcrjenigc  gu  fein",  fagteSotta,  „ber  guerfl  ben 
größeren  (Sl^renfolb  ben  ©elel^rten  gegenüber  einfül^rte,  unb  id^  l^abe 
in  ^aufdg  unb  S3ogen  nie  ©elegenl^eit  gel^abt  eS  gu  bereuen.  S>ie 
ßitteratur  fann  fi*  nur  lieben,  tocnn  man  fie  toirflic^  ad^tet,  unb  bie 
@mt)fdnglidg!eit  beS  ^ublicumS  fielet  in  genauefter  9ßed6feltt)ir{ung  mit 
bem  Selbe  fiber]^aut)t,  baS  man  ben  ©elcl^rten  eröffnet/^  SDiefe  SBorte 
c^ara!terifiren  ben  SJlann:  ben  93erleger  ber  3Ber!e  ®oet]^eS  unb 
©d^iHerS. 

3la(Si  S3erlin  l^eimgelel^rt,  l^at  ©ans  mit  bem  fertigen  $lane  einer 
fritifd^en  ßitteraturgeitung  im  3.  ®.  6ottafd&cn  SJerlage  feinen  ßel^rer 
unb  gfreunb  $egel  angenel^m  überrafdöt,  er  l)ai  bie  ©ad^e  gunöd&ft  mit 
§egel  unb  JBarnl^agen  t)on  (gnfe,  ber  fie  entl^ufiaftifc^  aufnal^m,  bc= 


1  ®anS:  mdblxdt  u.  f.  f.    S)ie  etiftung  ber  3a(rbüd^er  für  tDtf[cnfd^Qft> 
li^e  Artti!.   e.  215-256.   6.  226  u.  227. 

12* 


180  Huf  ber  $o^e  feinet  aGOtrffamteU. 

fprod^en,  unb  nadgbem  ^egel  bie  einletienben  Sd^ritte  fietl^on,  mutbe 
in  feiner  SBol^nunfl  am  23.  3uH  1826  „bie  ©ocietöt  für  toijfcnfd&aft 
lidge  Itrtti!''  gegrflnbet  unb  in  brei  @ectionen  getl^eilt:  bie  t)l^iIofo))^ifd^e, 
natur»iffen|d&aftli(i&e  unb  })^iIoIo9tf(^=]&tjiorifd&e;  jum  ©ecretör  ber  erpen 
tDurbe  ®anS  gettiftl^U,  ju  bem  ber  jmeiten  @d^ul^  Don  ©d^ul^enftein 
unb  JU  beut  ber  brttten  §einrid&  ßeo;  bie  3eitf(4rift  fottte  „3a]&rbfld6er 
für  tt)tffenfd6QfiUd&e  Itrittl''  l^etgen  unb  in  iDöd^eniUd^en  Sieferungen 
mit  bem  ^[nfanfle  be8  Sal^reS  1827  erf^einen. 

.  S^tfdgcn  ^egel  unb  ©c^leiermad^er  beftanb  ein  Slntagonidmud 
perfdnltdder  unb  pl^Uofopl^ifd^er  Slrt,  meldten  bie  Saläre  ntdgt  abgefdgmftt^t, 
Dtelmel^r  burd^  unnfi^e  $olemi!  t>on  beiben  @eiten  gefd^ärft  unb  Der« 
bittert  l^atten.  ^egel  l^atte  in  fetner  SSonebe  au  ^inrid^S'  9leItgton8- 
pl^ilof Opiate  burd^  ein  böfeS,  ungered^ifertigted  unb  redgt  überflüfftgeS 
fSioxt  t)iel  )u  biefer  Sd^irfung  beigetragen.  Sßenn  fidg  bie  ^Religion 
nur  auf  ein  ©efül^I  grünbe,  baS  aU  foId^eS  lein  anbereS  ald  baS  ber 
^bl^Angigleit  fein  lönne,  „^o  toäre  ber  ^unb  ber  befte  Sl^rift,  benn 
er  trdgt  biefeS  am  fiftrlfien  in  fid^  unb  lebt  Dornel^mKd^  in  biefem 
®efü]^I.  Slud^  @rl5fung8gefü]^(  l^at  ber  ^unb,  menn  feinem  junger 
burd&  einen  Änod&en  SBefriebigung  toirb."^  ©d&leiermad6er  l^at  bie 
3(ufna]gme  Tegels  in  bie  !önigltd^  ^reugifd^e  9l!abemie  ber  SBijfen- 
fd^aften  gu  Derl^inbern  getDugt,  tooburd^  ber  Stellung  unb  Sßirifamleit 
Tegels  in  SBerlin  ein  bauernber  ^bbrudg  gefd^al^  unb  il^m  t)erfönlid^ 
eine  fel^r  empfinblid^e  unb  ungered^te  Iträntung  augefügt  tourbe.  9(ls 
nun  in  einer  Si^ung  ber  genannten  €ocietftt  bie  unumgdngKd^e  gfrage 
entftanb,  ob  ni(^t  @dgleiermad&erd  S^l^eilnal^me  an  ben  S^^rbüdgern 
au  tofinfd^en  unb  au  bemirlen  fei,  fo  geriet!^  ^egel  in  bie  teibenfd^aft- 
lid^fte  SSerftimmung  unb  erüArte,  ba%  biefe  Sinlabung  feine  3^ertrei6ung 
bebeute.  &  loar  eine  ftürmifc^e  @i^ung,  bie  einaige  foldger  9rt.  S)ie 
Sinlabung  unterblieb,  toal^rfd^einlidg  loürbe  fie  @(^Ieiermadger  abgelel^nt 
l^aben,  aber  bie  ^uSid^Iiegung  eineiS  äJlanneS  t)on  feiner  93ebeutung 
l^atte  bie  fdblimme  Sfolge,  bag  nun  bie  ^df)xhüä)tx  aU  eine  auSfdgliegenb 
l^egelfd&e  Scitfdftrift  erfd&icnen  unb  bon  ben  ©egnern  „bie  §egel* 
aeitung''  genannt  »urben.* 

>  SBetfe.  »b.XVII.  6.295.  -  >  GanS:  Slüdbliclc.  6. 251  flgb.  3ene 
fiarmifte  Si^ung  ^at  im  ^ecember  1826  ßattgefunbcn.  3u  ben  cingelabencn 
anitt^Itebern  ber  Socictfit  gehörten  t}on  ber  aScTÜnet  UniDetfitat:  SBocd^,  93o)))),  9lat- 
l^einele,  (S^axl  Glittet,  t)on  9laumeT  u.  o.,  bann  in  SBerlin:  ^o^anneS  S^ulae, 
SBatn^ogen  unb  »aogen  (€.  233).  <^a^u  tarnen  U%  sum  3a^re  1828:  ®oet^e,  Seffel, 


9(uf  ber  ^hfit  feinet  SS^itlfamfett.  181 

SBeDor  bie  Seitfd&tift  mit  bcm  1.  Sanuar  1827  ins  ßcben  trat, 
mußten  nod^  einige  gefd^Aftlid^e  S3exl^anb(ungen  mit  Sotta  gepfKogen 
unb  eine  unuermutl^ete  @dgmietigleit  aus  bem  Sßege  gerdumt  werben. 
3u  biefem  Stotä  reiften  ©ans  unb  ^otl^o  erft  nadg  ffl&xnUxQ,  um 
t)on  einem  bortigen  ä^ertrauenSmann  SottaS  ju  erfal^reu,  mo  biefet 
jur  3eit  fid&  auffielt/  bann  nadö  Stuttgart,  too  bie  Confcrenjen  mit 
€otta  pattfanben,  unb  enblidö  auf  beffen  SBunfd^  nad&  SDlünd&en,  »eil 
es  fidg  um  bie  Sf^age  l^anbelte,  ob  in  ber  neuen  Sitteraturgeitung  ein 
3ufammcntt)irfen  ber  berfll)mten  ©elel^rten  beiber  ^auptftöbte,  ber 
preugifdgen  unb  ba^tifd^en,  gu  betoerlfteOigen  fei.  fftai^btm  baS  ©egen- 
tl^eil  fefigefleDt  mar,  nal^m  bie  Sad^e  il^ren  ungel^emmten  gfortgang.^ 

2)a  bie  33erU)aItungSgefd^dfte  für  ©anS  ju  lAftig  unb  geitraubenb 
lourben,  fo  übernal^m  Henning  baS  Slmt  eines  ©eneralfecretArS.  9ta4 
bem  Sobe  ^o%  gfr.  ©ottaS  (1832)  lamen  bie  Sal^rbüd&er  in  ben  »er« 
lag  ))on  S)unrfer  unb  ^umblot  gu  Serlin  unb  l^aben  nadb  einer  fafl 
gtoangifliai&rigen  SBirlfamleit  gu  erfd^einen  aufgel^ört  (1846),  als  bie 
Jüngere  l^egelfd&e  ©d&ule  burdö  bie  l^attifd&en  Sal^rbüd&er  (Januar  1838 
bis  1.  3uni  1841)  biefe  in  ben  ©d&atten  gebrftngt  l^atten. 

8.  ^egeld  SQ^itlfoinleit  in  ben  3a^Tbü((ent.    Hamann. 

Tegels  gtDeiter  unb  le^ter  Seitrag  in  ben  l^eibetbergifdgen  ^df)X' 
büd&ern  l^atte  Don  3fr.  §.  3acobi  gel^anbelt;  fein  britter  ^Beitrag  in  ben 
neuen  Sa^rbüd^ern,  meldte  man  gern  bie  berliner  nannte,  obtool&l  fte 
biefen  9?amen  toeber  l^atten  nod&  l^aben  moDten,  l^anbelt  öon  3.  ®.  Hamann, 
beffen  SQBetfe  in  ber  Don  gr.  9lot]&  beforgten  ©efammtauSgabe  in  ben 
Salären  1821—1825  crfd&ienen  maren  (ber  ad^te  unb  le^te  S3anb  fianb 
nod&  gurüdt).  SBie  $egel  in  ber  S^aralteriflif  3acobiS  ben  5PunIt  ber 
Uebereinflimmung  mit  ber  eigenen  ßel^re  befonberS  l^eröorgel^oben  unb 
erleud&tet  l^at*,  fo  t^at  er  je^t  bajfelbe  in  Slnfcl^ung  Hamanns,  beffen 
felbfiergäl^tte  3ugenbgefd6id&te  (1730—1758),  eigent^ümlid^e  Sreunb^ 
fd&aften,  eigentl^ümlid^e  gfrömmigfeit,  ©d^riften  unb  ©d&reibart  er  t)cr= 


as^il^elm  üon  ^umbolbt,  91.  D.  ©i^^Iegel,  t>.  SBaer,   SBoiffer^e,  Sreuget,  GcfeniuS, 
«toalb,  afx.  IRücfert,  X^iBout,  SOÖeldcr  u.  q.   (@.  250). 

1  ®an«:  SlüdfMidfe.  6.238-248.  »gl.  ^Briefe  öon  unb  an  ^egel.  U. 
Gans  an  ^egel:  StfteS  SBuIIettn  (9iarnbetg,  20.  etpt  1826).  Stoeited  S3u(Ietin 
(etuttgatt,  ben  26.  @ept.  1826).  ^egel  on  ®anjS  (S3erlin,  3.  Octobex  1826). 
6.  212-222.  —  «  6.  oben  €al).  IX.   @.  105-107. 


182  ^uf  bet  $ö]§e  feiner  SS^ttffamfeit. 

ftinbnt^t)oII  Qufaufaffen  unb  in  feinet  ^arfteHung  bed  mer!n)ürbigen 
SRanneS  gu  t)ettDeri]gen  geU)ugt  ^at^ 

2)en  $unft  ber  burd^gftngigen  Uebereinftimmung  fott)o]gI  oIS 
Stfferena  2n)if$en  il^m  unb  ^omann  l^at  ^egel  treffenb  bejei^net  unb 
bem  ßcfer,  id&  mo^tc  fagen,  brQJHfd&  t)ot  ^ugen  geratft.  ffiiefcr  5Punft 
liegt  in  ber  Seigre  öon  bet  ßinl^cit  ber  ©egenfd^e  (coincidentia  oppo- 
dtoram)  in  bem  SBefen  ®otteS,  ber  SSielt  unb  beS  SJlenfd^en,  in  ber 
Strt  unb  Sßeife  ber  2)Qr(egung  biefer  Seigre,  bie  ©iorbano  93runo  in 
feiner  ©d&rift  de  Uno  Der!ünbet  Igatte.  Sie  Igamannfd&e  Raffung  biefeS 
$rinci))S  t)erglei$t  ^eget  mit  ber  gebauten  gfauft,  bie  feinige  mit  ber 
offenen  entfalteten  ^anb,  inbem  er  ein  t)on  Hamann  gebraustes  ©leidg* 
ni§  ftd&  aneignet.  SieÄeidgt  giebt  es  leine  anbere  ©tette,  in  toelcfier 
^egel  feine  ßcl&re  fo  futj,  fo  bilblidg  unb  fo  treffenb  auSgeflJrod&en 
Igat,  als  Igier  in  biefem  ^uffa^  über  Hamann.  „SDIan  fielet,  ba^  bie 
Sbee  beS  g^oincibirenS,  loeldge  ben  ©elgalt  ber  ^^ilofoplgte  aus«' 
ma$t  unb  oben  in  S3ejie]gung  auf  feine  Slgeologie,  foU)ie  auf  feinen 
SlgaraHer  fdgon  bef))rodgen  loorben  unb  t>on  ilgm  an  ber  €))tac6e 
gleid^nifetoeife  öorjiettig  gemad&t  toerben  follte,  bem  ©eipe  Hamanns 
auf  eine  ganj  fejte  SBeife  t)orfle]gt;  ba§  er  aber  nur  bie  «gebaute  Qfauji» 
gemacigt  unb  baS  SBeitete,  fttr  bie  SEBiffenfdgaft  allein  S^erbienftlidge, 
«fie  in  einer  ftadgen  ^anb  ju  entfalten»  bem  Sefer  Aberlaffen  Igat. 
Hamann  Igat  jidg  feinerfeitd  bie  a^ülge  nidgt  gegeben,  toeldge,  menn 
man  fo  fagen  I5nnte,  ®ott,  freilidg  in  Igö^erem  Sinne  fidg  gegeben  Igat, 
ben  gebauten  jtern  ber  SBalgrIgeit,  ber  er  ift,  in  ber  äBir!Udg!eit  ju 
einem  ©Elftem  ber  IMatur,  ju  einem  S^ifiem  beä  ©taat«,  ber  Sted&tU^- 
!eit  unb  Sittlidgleit,  gum  €^{tem  ber  SBeltgefdgicigte  gu  entfalten, 
gtt  einer  offenen  §anb,  beten  Qfinger  auSgejiredt  finb,  um  be8  SWenfdgen 
®eift  ju  erfaffen  unb  }u  fi$  gu  gtelgen,  loeldger  ebenfo  nidgt  eine  nur 
abftrufe  SnteDigeng,  ein  bum))fe8,  concentrirted  Sßefen  in  fidg  felbft, 
nidöt  ein  blofecS  gaiglen  unb  5Prafttciren  ijt,  fonbem  ein  entfatteteö 
elftem  intelligenter  Drganifation,  beffen  formale  6j)i^e  bafi  ®enlen/* 

S)ie  Uebereinfiimmung  mit  ®.  JBrunoö  (ginl&eit  ber  ®egenfä^e, 
bie  fo  oiel  bebeutet  als  bie  SBefenSetnIgeit  aller  2)inge  ober  bie  Sßelt- 
einlgeit  (äJloniSmud),  ging  in  Hamann  §anb  in  ^anb  mit  feiner  dgrifi» 
lidgen  unb  lutlgerifdgen  ®runbäber)eugung  in  ber  Seigre  oon  ber  Sreteintg- 


»  3aM.  fftt  »tffenf^aftl.  Uritif.   1829.    SBÖerle.  »b.  XVIL   ©,  38—110. 
—  »  aBÖerle.   5Bb.  XVIL  6.  87  u.  88. 


«uf  ber  «ö^e  feinet  9(Bix!fQmIeii.  183 

feit  ©otteS  unb  öon  bet  ated&tfertiflung  blo§  burd&  ben  ©laubcn,  toic  er 
aud^  biefe  beiben  ©runbübeigeugungen  gegen  äJlenbelfol^nS  „^erufalem" 
in  ber  bcbeutenbpen  feiner  ©d&riften  „©olgatl^a  unb  ©d&eblimini" 
bejeugt  l^ai.  @r  galt  bei  ben  frommen  @eelen,  fotool^I  bei  ben  @tUIen  im 
ßanbe,  toie  Qfräulein  bon  Älettenberg  in  granffurt  a.  SÄ.,  ate  Qud6  bei  ben 
Iird&lid&  unb  lat^olifd^  Qftommen,  »te  bie  gfürftin  ®alli|in  in  aJlflnfier, 
»etd^e  bie  ä3ibel  unb  ben  AatedgiSmuS  nici^t  fannte,  als  »ber  3Ragu8 
im  Slotben",  wftl^renb  er  ber  3«taufHärung,  namentUd^  ber  berlinifd^en, 
ber  beiftifd^  gefinnten  lote  ber  gottlofen,  Don  ®runb  ber  @eele  ab- 
geneigt »ar  unb  griebrid^  ü.  fpotttoeife  «Salomon  du  Nord>  nannte. 
9Rit  bem  Snl^alt  ber  ^amannf(|en  ©runbübergeugungen  oon  bem 
3Koni8mu8,  ber  Srinität  unb  ber  sola  fides  toar  ^egel  einöerftanben, 
aber  bie  2lrt,  toie  jener  fie  au8fpra(§,  ber  Ungufammenl^ang  unb  baS 
Unf^ftem  feiner  3been,  bie  abfid^tlid^e  SDunfell^eit  feiner  Siebe,  bie  ge« 
fud^te  äl&tl^fet^aftigleit  feiner  ^[udbrflde  fliegen  il^n  ab  unb  loaren  il^m 
guAtber.  ©erabe  im  ©egenfo^e  gu  Hamann  mollte  ^egel  in  feiner 
eigenen  Seigre  bie  religiöfen  ©runbtoal^r^eiten  beS  S^riftent^umS  f^fte- 
matifd^  unb  metl^obifd^  beloiefen  ^aben.  SDieS  einleud^tenb  gu 
mad^en,  nftmlid&  biefe  Uebereinflimmung  unb  biefen  ©egenfa^  gtoifd^en 
ibm  unb  Hamann:  barin  beflanb  baS  leitenbe  3)lottt)  feines  erften 
Sluffa^eS  in  ben  3al^rbttd&ern  für  loiffenfd&aftUd&e  Äritü. 

4.  ®5f(!^el8  %pf^ox\9mtn, 
S)a]Öer  gereid^te  e8  unferm  ^ßl^ilofopl^en  gu  fjreube  unb  S)anl,  aU 
eben  je^t  ein  angefel^ener  SKann  mit  einer  ©d&rift  ]§ert)ortrat,  toorin 
biefer  6l§aralter  feiner  ße^re  erfannt  unb  ^epriefen  tourbe.  S)ie  ©d^rift 
l^iefe:  „2ll)]&ori8men  über  3iid6ttt)iffen  unb  abfoIuteS  SBiffen  im  S5er= 
l^&ltnife  gur  d&riftUd&en  ®Iauben8erfenntni§.    ein  Beitrag  gum  a5er= 

ftänbnife  ber  5ß^iIofo})]&ie  unferer  Seit.    SBon  6arl  ffriebridfe  © V^ 

®er  aSerfaffer  toar  Äarl  ^rtebridö  ©ofc^el,  DberlanbeSgeridfetSrat]^  in 
SRaumburg  (1818—1834),  f})äter  6onfiflorialt)rdrtbent  in  JWagbeburg 
(1845-1848);  er  iü  1861  ad&tgtgjäl^rig  geflorbcn.  ©öfd^el  l^atte  ftd6 
Diel  mit  ber  l^egelfd^en  5ß^iIofo})]^ie  bcfd^öftigt  unb  fd&on  öor  fünf 
3a]^ren  (1824)  in  feiner  ©d^rift  „Ueber  ©oetl^eS  Sauft  unb  beffen 
Sfortfe^ung"  »ol^I  ben  erften  SBerfudö  gemad^t,  biefe  ^pi^itofopl&ie  gur 
Srllftrung  biefeS  ©ebtdgteS  angutoenben,  auf  bogmatifd^e  SBetfe,  b.  1^. 
ol^ne  ftd6  um  bie  (gntfie^unggart  be§  goetl&efd^en  SBerleS  gu  fümmern. 

1  »etUn  bei  Sronflin  1829. 


184  Kuf  bet  ^5(e  feinet  98irltamleit. 

3n  feinen  „^p^oximtn"  l^atte  ©öfd^el  bie  brei  ©tanbpunfte 
untcrfd^icben:  1.  ©laubcn  unb  SRid&totffcn;  2.  abfolute«  SBiffcn  im 
SBiberfttcite  mit  bem  ©lauten;  3.  ©tauben  unb  SBiffen,  bie  ©IauBen8= 
erlenntnig,  baS  obfoluie  Sßiffen  im  SinHange  mit  ber  f^fiUe  beS 
©laubens.  Sluf  bem  erfien  @tanb))un!te  fielet  Sacobi  unb  bie  fdgönen 
@eelen  beS  jacobifd^en  unb  l^amannfd^en  AreifeS,  il^r  ©laube  ifl  Sufionb, 
ni$t  ©egenflanb,  fte  l^aben  bie  QüUt  beS  ©laubenS,  nid^t  beffen  Sid^t. 
Stuf  bem  giDeiten  @tanb))un!t  erfd^eint  baS  abfotute  SQSiffen  ats  ben 
©tauben  nid^t  erteud^tenb,  fonbein  t)er3e]§renb,  atS  ein  Sßiffetr  ©otteS, 
ipetd^eS  nidgt  @ein  in  ©ott  ifl,  fonbem  ©otteg  @ein  fetbft,  ba^er  t>on 
feiten  beS  menfd^tid^en  SSetDugtfeinS  baS  abfotute  SQSiffen  ober  baS  Sßiffen 
©otteö  ats  ©etbfibergöttcrung  crfd^eint,  toetd^er  SSortourf  bem  5ßans 
tl^eismus  mit  Siedet,  bet  l^egetfd^en  $]^itofo))]^ie  bagegen  mit  Untedgt 
gemadgt  tt)erbe.  Stuf  bem  britten  @tanb))un!t  ift  ber  ©taube  fotool^l 
Sufianb  at3  ©egenjianb,  fotool^t  ^fllle  at8  ßid&t;  l^ier  toattet  bie 
©taubenderlenntnig,  unb  ba§  äÖSort  beS  9t))oftetd  $autu§  toirb  jur 
SBal^r^eit:  „3d6  toeife,  an  »cn  id6  gtaube".  6g  ift  ein  I9jitid&  SDing, 
bag  bas  ^erg  fefl  toetbe,  unb  eS  toirb  feft  unb  gett)ig,  loenn  es  loeig, 
an  totn  eS  g täubt.  3m  ©tauben  fügten  loir  und  abl^ftngig  Don 
©Ott;  t)on  ©Ott  abl^dngig  fein  l^eigt  frei  fein,  3lb]^Angig!eit  t)on  ©ott 
ift  Ofteil^eit  in  ©ott.  S)er  ©taube  ift  bie  SBiebergeburt,  ol^ne  loetd^e 
!einem  baS  Steidb  ber  SQSal^rl^eit  aufgellt.  SDer  ©taube  filiert  burd^  bie 
SBal^rl^eit  jur  Ofrei^eit:  toenn  il^t  gtaubt,  fo  toerbet  il^r  bie  SBal^rl^eit 
erlennen  unb  bie  SBal^rl^eit  toirb  eud6  frei  madften.  ?lud&  in  bet 
$^itofo))]^ie  lann  ol^ne  @etbftt)erteugnung,  b.  1^.  ol^ne  Sßiebergeburt  unb 
©tauben  baS  Steid^  ber  SBal^rl^eit  nid^t  aufgellen  unb  bie  Sludgiegung 
beS  götttid^en  ©eifleS  ntd^t  big  gu  ben  ^o^en  ber  begreif enben  93er- 
nunft  emporfteigen.  2lud^  bie  5ß]^itofop]^ie  l&at  il^r  ?Pfingftfeft,  beffcn 
Slnbrud^  ber  SSerfaffer  ber  SI})]&ori8men  in  ber  l^egetf^cn  ^^itofopl^ic 
erbtidtt  unb  feiert.  S)arum  l^at  §eget  biefe  ©t^rift  in  ben  Sa^rbfld^em 
fo  freubig  begrübt  atd  „bie  äRorgenrötl^e  beS  Or^iebeng"  jtotfdgen 
©tauben  unb  aSBiffen,  atg  ein  guteg  Seugntß,  abgetegt  Dom  ß^rifiem 
tl^um  über  bie  ^pi^itofopl^ie.  „®ie  ©efal^r  beg  bofen  ©d^eineg  ber 
?ßarteitid6Ieit  für  bie  eigene  ©ad&e  l^at  ben  9lef.  nit^t  abl^atten 
fönnen,  mit  freubiger  ^nerlennung  beg  ©el^attg  unb  beg  SSorfd^ubg 
2U  f))redgen,  toetd^en  fie  ber  SQSa^r^eit  getrau  unb  t^un  toirb,  nod^ 
bat)on,  gnm  ©d^tuffe  bem  §rn.  5Berf.,  ber  perfönlid^  bem  9lef.  un- 
belannt  ift,  für  bie  ©eite  ber  nöl^eren  Segiel^ung   ber  ©d&rift  auf 


9luf  bet  ^6^e  leinet  Sßitffamleit.  185 

bcffen  arbeiten  für  btc   fpeculatiöe  ipi^ilofopl^ic,   bie  §anb   banfbat 
gu  brflden."  ^ 

5.  ä}etb&(!^ttgttngen  unb  ^tnfetnbungcn.    «2)Qd  (^eftnbel." 

Sd^on  ouf  bet  gifldfrcifc  bon  ^Patt«  l^atte  ^egel  in  (Slbetfelb 
(12.  Octobet  1827)  feinet  gftau  fd&etgenb  flefdfttieben,  bog  er  bie  fd&önen 
Uni))eritt&tSgebäube  in  Sfittid^  toie  in  Sötten  unb  ®ent  beirad^tet  unb 
fid^  bort  nad^  einem  bereinjiigen  9lu]^e))lQ|  umgefel^en  l^abe,  ttenn  bie 
5ßfaffen  in  Serlin  il&m  felbjl  ben  ßu})fer8rQben  boBenbg  entleiben;  bie 
„Äurie  in  9iom  toftre  auf  ieben  i^aU  ein  el^rentoertl^erer  ©egner,  als 
bie  atmileligfcitcn  eine»  armfeliaen  ^ßfaffengefdd&ö  in  Serlin*.  ©eine 
Seigre  xoax  toegen  Undgtiftlic^Ieit  bei  bem  Aönige  ))erbdd&tigt  unb  t)on 
!at^oIifd^en  Aitd^enbel^ötben  bei  bem  SRinifler  ))er!lQgt  »orben  ttegen 
getoiffet  ^eugerungen,  bie  übet  bie  iotl^olifd^e  Vbenbmal^tele^te  in  feinen 
aSorlefungen  Dotgelommen  fein  folKten.* 

2)et  S)enunciQnt  unb  Slnfldget  mat  ein  Kaplan  bet  @t.  ^ebtoigg- 
ürd^e  in  ä3erlin,  bet  auf  ber  OuAflur  einen  $Ia^  im  ^ubitorium 
legete  belegt  l^atte  unb  in  fpionitenber  $[bfi(^t  regelmäßig  unter  btn 
Sul^örern  erfd&ien,  big  eine  ®emerlung  §egcl8  auf  bem  ftatl^eber  eine 
©cenc  l^erborrief,  bie  il^n  fflr  immer  Derfd^eud^te.  3n  feinem  SRed^t» 
fertigungSfd^reiben,  baS  er  auf  amlüd^^DertrauIidgem  SBege  an  ben 
SRinifler  gelangen  ließ,  l^at  er  ftdg  fo  entfdbieben  tt)ie  treffenb  gegen 
fold^e  Slngcbereien  Dermal&rt.  „®a8  SImt  eineö  5ßrofejfor8,  inSbefonbere 
ber  ^l^ilofopl^ie,  mürbe  bie  penibelfte  Stellung  fein,  menn  er  fid^  auf 
bie  äbfurbitAten  unb  SoS^eiten,  bie,  mie  anbere  unb  id^  genug  bie 
ßrfal^tung  gemad^t,  über  feine  SJortrSge.in  Umlauf  gefegt  tperben, 
ad^ten  unb  einlaffen  ttoQte.  @o  finbe  id^  unter  ben  mir  angefd^ulbigten 
Sleußerungen  DieleS,  tt)a8  id^  mit  ber  Oualitftt  Don  SRißoerftftnbnijfen 
!ur2  abmeifen  unb  bebeden  lönnte,  aber  eS  mir  fc^ulbig  gu  fein  glaube, 
nAl^er  einen  Stl^eil  für  Unrid^tigteiten  unb  äJtigt^erfiftnbniffe  eined 
fd^madgen  SSerftanbeS,  eine  anbere  nid^t  blog  bafür,  fonbern  für  Un- 
mal^rl^eiten,  unb  einen  S£l^eil  aud^  nidgt  bloß  für  falfdge  ©d^lüffe  aus 
falfd^en  ^ßrAmiffen,  fonbern  für  boshafte  SJerunglimpfungen  gu  et= 


1  3oftrb.  f.  toiR.  Stxltxf.  1829.  SOÖetfe.  »b.  XVII.  6.  110-148.  ^a6^ 
btcfcr  9lecenfton  ^at  fldft  Göf^el  tn  Hoffnung  auf  eine  ffinfttgc  pexfönli^e  aSelannt« 
t^oft  bem  ^^üofop^en  btteflid^  genjil^ett  unb  für  bie  Slnerlennung  gebanlt 
(9louraburö,  14.  Octobet  1829).  »tiefe  oon  unb  an  ^cget.  II.  6.  332—335,  — 
«  »tiefe.  IL  ©.  276  «nrnfg. 


186  9(uf  bct  $54e  feiner  aSitlfamleit. 

Haren."  Äat^olifd^c  Sul^örer,  bie  an  flctoijlen  Sleu^crungen  Änftoft 
neunten,  loürben  beffer  tl^un,  i^pl^Kofop^tfd^e  3}or(efuttgen  auf  einet 
eDQngeKfd^en  Unt))erfitdt  bei  einem  $rofef[or,  ber  ftd^  tfll^mt,  ote 
ßutl^eraner  getauft  unb  etgogen  in  fein,  eS  ift  unb  bleiben  toitb", 
nid^t  gu  befugen,    (»erlin,  ben  8.  STprit  1826.)^ 

©leid^geitig  mit  ®5fd^e(S  3l))^oriSmen  toot  eine  anonyme  @d^rift 
erfd^ienen,  loeld^e  im  ©egenfa^  gu  jener  bie  ^egelf^e  ^l^ilofopl^ie  ber 
€elb{it)ergötterung  befd^ulbigte  unb  il^r  bie  Seigre  t)om  abfoluten  Sßiffen 
im  t)ant^eiftif(i6en  Sinne  gufdörieb:  ^lieber  bie  l^egelfd&e  ße^re  ober 
obfolutes  SBiffen  unb  mobernen  ^Pantl^eigmug".*  ®er  anonyme  SBer- 
foffer  biefer  confufen,  bofil^often  unb  untoiffenben  ©d^rift  lom  tovifjH 
au8  bem  fatl6olifd&en  ßager  ber  Sf^inbe.  Sr  »irft  bem  ^pi^ilofopl^en 
beibeS  t)or:  @elbfl))ergötterung  unb  Selbjlbegrabation.  2>ie  3(rt  unb 
Sßeife,  »ie  {)egel  baS  SSerberben  ber  Aird^e  gefd^ilbert  l^abe,  fei  eine 
2>egrQbQtion  beS  ^immelS;  loer  aber  ben  ^immel  begrabire,  begrabire 
fid^  felbfl.  2)Qg  ^egel  in  feiner  9led&td})^ilofo))l^ie  baS  SBermögen  ftd^ 
felbfl  gu  t)erfiammeln  unb  gu  tSbten  oIS  einen  ber  Unterfd^iebe  an« 
gefttl^rt  l^abe,  toeld^e  ber  SReufd^  t)or  ben  Stl^ieren  t)oxan^  l^abe,  be^ 
trad&tet  ber  SBerf.  als  eine  Stl^eorie  ber  ©elbfiöerjiümmelung  unb  ©elbfl« 
tobtung,  bie  ftdg  mit  bem  S^^rifientl^um  nid^t  Dertrage  unb  nid^t  in 
ein  9laturred^t  gebore,  teeld^eS  in  einem  d^riftttd^en  Staate  gefd^rieben 
fei.  2)er  93erfaffer  ift  unfähig,  gegebene  @d^e  tid^tig  aufgufaffen  unb 
fo  gu  nel^men,  mie  fie  finb:  biefeg  Unvermögen  !enngeid^net  ^egel  atS 
eine  S&l^mung  feines  SSerftanbeS;  bagu  !ommt,  iDag  fdblimmer  i%  nod^ 
bie  S&l^mung  burd^  bie  l^^pod^onbrifd^en  Effecte  ber  93o8]^eit  unb  ©d^mftl^- 
fud^t,  Iraft  beren  bie  gegebenen  @d|e  nidgt  blog  unrid^tig  aufgefaßt 
fonbern  nod^  t)erbte]^t  unb  ))erf&Ifd^t  toerben,  um  fte  verunglimpfen  gu 
lönnen.  SBaS  in  bem  SBuft  von  SDeclamationen  unb  falbungdrei^en 
^l^rafen  nod^  gebanlenmdgig  erfd^eint,  ift  aus  ber  ^l^ilofopl^ie  ent- 
nommen, loeld^e  et  verunglimpft  unb  fd^mdl^t.  6r  Verl^dlt  ftd^  gu  ^egel 
als  ein  fredger  ^araftt,  er  fd^maro^t  unb  fd^impft,  gemig  ber  Xenie: 
„^at  man  @d^maro|er  bod^  nie  banibar  bem  SÖSirtl^e  gefeiten!'' 

^Siefe  ©d&rift",  fagt  §egel  am  ©d^Iuifc  feiner  Ätitif,  „ip  l&in 
unb  tt)ieber  far  fel^r  bebeutenb  unter  ber  ^anb  ausgegeben  ivorben;  e8 
ifl  bem  aief.  fauer  angefommen,  gu  bocumentiren,  »ie  fte  befd&affen  ip; 


^  $Q^m:  ^egel  unb  feine  Seit.    Snmerlungen  6.509—512.  —  *  Seipgtg 
1829  bei  S^r.  üollmann. 


9(uf  beT  $5l^e  feiner  aßirffamfeit.  187 

tt)etin  es  erlaubt  toire  parva  componere  magnis,  fo  l^fttte  er  fid^  mit 
bem  ©d&iiffole  eine»  Qxo^m  ÄSnigg  getröflet,  ber  einen  Raufen  bon 
^albbarboren  (fd^Iimmere  als  bie  gongen)  einem  SBegteiter  mit  ben 
SBorten  geigte:  «©iel&t  er,  mit  fold&em  ©epnbel  mug  id&  mid&  l^erum- 
f  dalagen  >/^ 

6.  Sine  i^f^äMge  ^olcmit'. 

3n  feinen  beiben  legten  ^Briefen  on  §egel  Dom  9.  SKai  unb 
17.  augufi  1827  l&atte  ©oetl&e  mit  lebhaftem  ^ntereffc  Don  einem 
jungen  3Ranne  gerebet,  bem  er  bur(!^  {)egete  Sinflug  eine  Aufteilung 
in  SerKn  ju  Derfd&affen  loünfd&te,  er  l^at  in  bem  erpgenannten  ©riefe 
biefe  Sl^eilna^me  erbeten  unb  für  bereu  93etl&ätigung  in  bem  jtoeiten 
gebanft*:  ber  junge  SWaun  toar  Äarl  grnft  ©d^ubart^,  ber  ein  gtoei- 
b&nbigeS  SBer!,  „Sw  S3eurt]^eilung  ©oetl^es  mit  93egie]^ung  auf  Sitteratur 
unb  ßunjl",  audft  eine  ©d^rift  über  «^omer  unb  fein  3eitatter"  Der» 
fafet  l^atte  unb  im  ^af)xz  1830  „SJorlefungen  über  ©oetl^e«  gfauft" 
]§erau8gab,  bereu  9ti(!^tig!eit,  93ertt)orren]^eit  unb  t)]^iIofo))]^ifd^e  Unfa^ig- 
!eit  93ifd^er  in  feinen  jlritifdgen  ©äugen  nad^  SSerbienfi  getoflrbigt  l^at. 
©d^ubartl^  l^abe  etioaS  Don  ber  Sbee  ber  SE^eobicee  gel^5rt  unb  fpiele 
nun  mit  biefem  ))]^iIofop]^ifd&en  ©eban!en,  tt)ie  bie  Affen  in  ber  ^ejcen» 
!ttd^e  mit  ber  gl&femen  Augel.^ 

2)iefer  ©oet^efd^maroffer  ^atte  bie  Anmaßung  unb  £^or]§eit,  im 
Sdunbe  mit  feinem  v^reunbe  Sargantco  in  ä3erlin,  öffentlid^  gegen  ^eget 
aufgutreten  unb  ben  2)an!,  ben  er  il^m  fd^ulbig  toar,  in  einer  feinblid^ 
geftnnten  ©dgrift  abgutragen:  „lieber  $^i(ofop^ie  über]^au))t  unb  ^egeto 
Suc^Hot)ibie  ber  ))]§itofo))]^ifd&en  Sßiffenfc^aften  inSbefonbere.  6in  93et« 
trag  gur  SBeurtl^eilung  ber  festeren."*  SDa  bie  l^egelfd&e  ^pi^ilofopl^ie 
„baS  bergeitig  intereffantefte  ©eifte8))]^ftnomen"  fei,  fo  nal^m  fie  ©d^ubart^ 
aufs  Äorn  unb  Derf<>rad&  fid6  Don  feiner  5ßoIemif  toegen  biefer  il&rer  „S)er= 
geitigleit"  einigen  SEageSrul^m.  Um  auf  eine  ))]^i(ofo))]^ifdge  Seigre  ©el^&ffig« 
!eit  gu  tterfen,  giebt  eS  auger  ben  politifd^en  SSerbdc^tigungen  fein 
beffered  äJlittel,  als  il^r  ben  ©lauben  an  bie  Unfterblid&feit  ber  ©eele 


»  3o^r5.  f.  »iff.  Ätitif  1829.  Söerle.  »b.  XVII.  6.  149-197.  -  «  SBriefe 
Don  unb  an  ^cgel.  n.  6.  236—238,  6. 248  flgb.  —  *  Sfr.  2:(eob.  fß\\6^tx:  Ihitif^e 
®&ngf.  (Xttbingen  1844.)  9b.  II.  6.  69,  (G^ubartl^  iDurbe  aU  $rofeffor  ber 
Sttteratur  unb  ®ct4i4te  am  (B^mnofium  au  ^irf^berg  [1830],  f|)ftter  an  ber 
Unioerftt&t  )u  SBreSlau  angejlellt  [1841].)  —  «  Serlin,  dnslinfdfte  aSu^^anblung 
1829. 


188  auf  bet  §ö^e  feiner  SDÖulfamfeit, 

aBgufpred&en  ober  bie  93erneinutig  beffeI6en  Dorgunoerfen.  SDtefen  93ortt)urf 
Ttd^teie  ©d^ubortl^  gegen  bie  l^egelfd^e  ^l^tlofopl^ie:  eS  fel^Ie  in  x%x  bie 
ßcl6re  Don  Stob  unb  Unperblid&feit;  in  bem  l)f5(i6oIo9ifd6en  Steile  ber 
(Snc^!to))&bie,  loo  t)on  ben  ßebenSoItern  gel^anbelt  loirb,  l^Atie  bie  Seilte 
t)om  S^obe  {teilen  foUen,  er  l^abe  fie  bort  Dergeblid^  gefud^i.  (Sr  ^at 
—  fo  öerbeutlid^t  §egel  bie  ?lbfurbitftt  bicfe«  SiniourfS  —  „baS 
SebenSalter  beS  SobeS"  üetmigt.  3laä^  feiner  elenben  Sudgt  )u 
fd^Ied&ten  ©pägen  l^aite  @d^u6artl^  gefragt:  ob  ^egel  glaube,  ba§  er 
ben  £ob  nic^t  fd^meäen  unb  bei  lebenbigem  Seibe  gen  ^immel  fal^ren 
ober  aU  etoiger  3wbe  auf  ber  @rbe  uml^ertoanbern  toerbe?  SDie  Art 
toie  bie  SCenbenj  feiner  5ßoleniiI  ijl  baburift  gur  ©enüge  gelenngeid^net. 
„®ine  5ßotemiI,  bie  fid&  auS  gel^äfftgen  Snpnuationen  unb  l^öftnifd^  fein 
foüenben  Slbgefd^ntacft^eiten  gufammenfe^t,  ifl  gu  örmlid^  —  man  toeig 
nit^t,  ob  eS  gu  t)iel  loäre,  pe  fdöäbig  gu  nennen  — ,  um  pd^  nic^t  mit 
6Iel  babon  abgutoenben  unb  pe  in  ber  üDleinung  roxt  in  bem  ©enuffe 
ber  felbpgcl)riefenen  «gel^origen  Siefe  unb  ©rünblid^Ieit»  toeiter  un- 
gepört  gu  laffen."^ 

7.  SubtDTg  Sfeuerbadft. 

äßie  Armlid^  unb  fd^&big  biefe  ^olemil  aud^  fein  modgte  unb  loie 
üergePen  bie  beiben  9tamen,  bie  gu  bem  elenben  äJlad^toerle  pc^  gu- 
fammengetl^an  l^atten,  fo  toollen  loir  boc^  nidgt  unbemerft  laPen,  bag 
bie  toidfetige,  fpäter  t)iel  öerl^anbelte  Sfrage  nad5  bem  5Ber]§aitni6  ber 
l^egelfd^en  $]^iIofo))l^ie  gur  Unperblid^ieitSlel^re  l^ier  lool^l  gum  erPen 
male  litterarifd^  aufgetaud^t  unb  ))on  ^egel  fad^Iit^  unbeanttoortet  ge« 
blieben  ip.  Or^p  gleidggeitig  erfd^eint  in  Ttflrnberg  eine  anonyme,  bem 
Unperblid^leitstl^ema  geloibmete  ©d^rift:  „®ebanlen  über  2;ob  unb 
Unperbücftleit"  (1830),  toorin  ber  ©laube  an  bie  l)erf5nlid&e  ober  inbi= 
bibueUe  v^ortbauer  ber  @eele  mit  aQer  Seibenfd^aft  unb  aQem  ^ag 
einer  ))ant]^eiftifd^en  ©runbanfc^auung  Verneint  unb  t)erf))ottet  toirb; 
ber  Stejct  bePel^t  gum  grögten  S^l^eil  in  SSerfen,  furgen  9leim))aaren 
(Änitteberfen)  unb  „fat^rifdö^tl^eologifd^cn  S)ipid&en*;  bie  SBerfe  pnb 
fd^led^t,  bie  S)ipid^en  namentlid^  gel^ören  gu  ben  ungefd^idtepen,  bie  in 
bcutfdfeer  ©prad&e  gemad&t  pnb,  eg  pnb  ber  ^erfe  beiber  Slrten,  felbp  wenn 
pe  beffer  geratl^en  toSren,  Diel  gu  Diele,  aud&  abgefel^en  Don  fl)fiteren  3u« 
tl&aten.    S)a8  Sntereffe,  tocld^e«  bie  ©d^rift  geioöl^rt  unb  Derbient,  liegt 


»  3o^rbü*er  ffit  toiifenft!^.  Äritil  1829.   Söerfe.  »b.  XVII.    6. 197-228. 


9tuf  bei  ^öl^e  feiner  äBttIfamfcit.  189 

in  tl^tcr  Xenbenj  unb  in  ber  5ßcrfon  beS  JBcrfaffer«.  9lid^t  blo^  bcr 
©laube  an  bie  ))erfönlid6e  Unflerblid^Ieit,  gegrünbet  auf  ben  ©lauben 
an  bie  leiblid^e  ^ufetflel^ung.  aud^  bie  bogu  gel^öiige  $rifilt$e  SHeligion 
unb  S£]^eoIogie,  bie  ortl^obo^e  loie  bie  rotionaliflif^e  unb  m^fltf^e, 
au($  bie  baju  gel^örige  ft)eculQttt)e  $]^iIofo))l^ie  unb  ))l^iIofo))l^if(i^e  5Dog- 
matif  geböten  nadg  ber  9(nftd^t  beS  äJerfafferi^  in  bas  9let$  ber 
5£aufd^ung  unb  Sflge  unb  foOen  noc^  feinet  ^bfid^t  beut  Spott  unb 
ber  93erntd&tung  anl^eimfallen. 

S)er  aSerfoffer  ift  ßubtoig  SlnbreaS  gfeuerBad^  auS  ßanbsl^ut 
(1804—1872),  Don  ben  fünf  ©öl^nen  be8  Berühmten  griminaltjien 
Slnfelm  t)on  Ofeuerbad^  ber  vierte;  er  l^atte  boS  ©^mnaftum  in  SlnSbad^ 
burd^gemad^t  unb  fic^  bem  @tubium  ber  SEl^eoIogie  guerft  in  ^eibelberg 
gettibmet.  Stat^bem  er  l^ier  .ein  Saffi  ftubirt  l&atte,  angetoibert  t)on 
$QuIu§,  mäd^ttg  angezogen  unb  ergriffen  t)on  2>Qub,  loar  er,  um  ^egel 
gu  Igoren,  nod^  93erlin  gegangen  unb  l^ier  }U)ei  ^al^re  geblieben  (Oftern 
1824  bis  Dflern  1826),  toä^renb  toeldfeer  3ett  er  alle  Sorlefungen 
^egete  geprt  l^at,  färnnttUdfee  gfäd&er  feines  ©Aftern«  mit  9lu8na]§me 
ber  aefil^etif.  ßr  füllte  fid&  t)on  ber  SBal&r^eit  ber  ^egelfd&en  5p^iIo« 
fopl^ie  üoQtg  burd^brungen  unb,  ba  er  biefelbe  mit  ber  S£]^eoIogie  nid^t 
ju  Dereinigen  Dermod&te,  fo  fd&rieb  er  im  SWftrg  1825  feinem  SSater 
(loa«  biefen  felfer  übel  afpcirt  l^at):  „3(^  lann  nid^t  mel^r  S^eologic 
flubiren".  3n  bie  ^eimatl^  gurüdfgeJe^rt,  l&at  geuerbadö  in  griangen 
promoDirt  unb  fid&  aü  5ßrioatbocent  ber  ^pi^itofopl^ie  ^abilitirt  mit  einer 
im  Oeift  ber  l^cgelfd&cn  ßel^i^e  öerfafeten  3nauguroIbiffertation  «De 
ratione  una,  universali,  infinita»,  loeld&c  er  bem  aJleifier  in  SBerlin 
mit  einem  fel&r  eingel^enben,  jur  Äenntnig  unb  SBeurtl^eilung  geuer= 
badgS  Augerfi  mertofirbigen  93riefe  oon  SlnSbad^  auS  gugefenbet  (ben 
22.  SRoDember  1828).  SBir  reben  l^ier  oon  geuerbadö  um  biefeg  »riefeS 
toitten,  bcr  bie  größte  93ere]^rung  unb  S)anlbarleit  für  §egel  an  ben 
Sag  legt  unb  barum  ju  ber  ßenngeid^nung  ber  3eit  gebort,  toorin 
^egefö  SBirIfamfeit  in  S3erün  fid6  auf  il^rer  ^öl^e  barfiettt.  3)er  ganje 
geucrbadö  in  feiner  ungebulbig  fortbrängenben  Spanier  unb  leiben* 
fd^aftlic^en  Sbeenl^afi  fielet  oor  unfercn  Slugen;  nur  feine  ©dftreibart 
l^at  nid^tS  Don  bem  ejptopöen  ßl^arafter,  bcr  fie  fpätcr  fo  einbringUd& 
unb  für  Diele  „padfcnb"  gemad&t  l^at.  3n  bem  Briefe  an  §cgel  finb 
bie  ©Ä^e  fe^r  auSgebel^nt,  lab^rintl^ift^,  toeitläupg  unb  gefd^ad^tclt, 
einer  5Periobe  Don  31  3cilcn  folgt  unmittelbar  eine  jtoeite  Don  29  Seifen. 
SBenn  5cuerbad&  für  baS  grofee  ^Publicum  fold^e  ©ä§e  gefd^rieben  l^ätte, 


190  Stuf  bcT  ^ö^e  fetner  SBtTlfamfett. 

toie  an  ^cflel,  fo  toürbe  er  ntd6i8  bon  bcm  (gffecte  crrcidöt  l^abcn,  ber 
il^tn  mit  SHed^t  ju  S^^etl  geiDorben. 

S)ic§  ip  bcr  conceiitrirte  3n^alt  bcS  ®ricfe8.  6r  fei  jtoei  3ö|re 
long  Tegels  unmittelbarer  ©d^üler  gemefen  unb  l^abe  beffen  lel^rretdgen 
unb  bilbenben  Unterrid^t  genoffen,  babur(i^  feien  Sbeen  in  il^m  erjeugt 
ober  getoedft  toorben,  loeli^e  fd&affenb  in  il^m  forttoirften,  unb  er  glaube, 
ba6  oud&  feine  S)iffertation  bei  atten  i^ren  5WöngcIn  bod&  eine  ©pur 
bon  einer  3(rt  beS  ^l^ilofopl^irenS  an  fid^  trage,  meldte  man  bie  93er- 
tt)irnic6ung  unb  SSertoeltlid^ung  ber  3bee,  bie  SnfarlofiS  ober  ^ncar^ 
nation  beS  reinen  8ogo8  nennen  fonnte.  (Sine  foldfte  Slrt  beö  ^pi^ilo« 
fopl^irenS  gSl^re  in  feinem  3nnern.  3n  ber  nad6  §egel  genonnten 
$]&Uofopl^ie  l^anMe  eS  fid^  nid^t  um  eine  @ad^e  ber  @d^ule,  fonbem 
ber  SWenfc^l^eit,  ber  ©eifi  biefer  neueften  ?P^iIofopl&ie  bringe  bal^in, 
bie  Sdgranlen  ber  @d&ule  ju  burd^bred^en  unb  allgemeine,  toeltgefd^id^t^ 
Ixä^z,  offenbare  Slnfd&auung  ju  loerben;  biefer  ®eift  entl^alte  ben  Samen 
}u  einer  neuen  SBettperiobe,  eS  gelte  ie^t,  ein  9%eid^  gu  ftiften,  bad 
9teidg  ber  3bee  beS  pd^  in  aQem  2)afein  fd^auenben  unb  feiner  felbfl 
betougten  ©ebanfenS,  aQen  2)uaIiSmu8  gu  (vertilgen  unb  jene  £ebenS- 
anfdgauung  „t)om  St^rone  gu  ftargen,  bie  feit  Anfang  ber  d^riftlid^en 
?{era  befonberS  bie  SBelt  bel^etrfd&t  l^at",  „auf  ba§  bie  3bce  »irlKd^ 
fei  unb  l^errfd^e,  ein  Sidbt  in  allem  unb  burd^  alle§  leud^te  unb  baS. 
alte  äleicig  bes  Drmugb  unb  Sll^riman,  bed  S)uaIiiSmu8  fiberl^aupt,  über« 
tounben  loerbe".  „€s  tt)irb  unb  mug  enblid^  gu  biefer  SlQeinl^enfc^aft 
ber  SSernunft  lommen."  „68  lommt  bal^er  je^t  nid&t  auf  eine  Gnt« 
toidttung  ber  33egriffe  in  ber  ^orm  il^rer  Slögemeinl^eit,  in  il^rer  äff« 
gemeinen  SReinl&eit  unb  abgefd^loffenem  Snfid^fein,  fonbem  barauf  an, 
bie  bisherigen  toettgefd6id&tlid&en  Slnfd&auungStoeifen  bon  Seit  unb  Job, 
©ieffeitS  unb  3enfeitg,  3d&r  3nbiöibuum,  Jßerfon,  ©ott  u.  f.  f.,  in  »eld&cn 
ber  ©runb  ber  bisl^erigen  ©efd^id^te  unb  aud^  bie  OueDe  be8  @^ftemd 
ber  dörifilid^en,  fotool^I  ortl^obojen  afe  rationalijiift^en  SSorfteöungen 
entlöölten  ifi,  toal^rl^aft  gu  öernid^ten,  in  ben  ©runb  gu  bol^ren"  u.  f.  f. 
„3)ie  aSemunft  iP  bal&er  im  Sl^riftentl^um  tool^I  nod^  nic^t  erlöft.  Auf 
eine  gang  geip(ofe  SQSeife  gilt  bal^er  audg  nod^  ber  STob,  oblool^l  ein  blog 
natflrlit^er  Slct,  für  ben  unentbel^rlidbften  SCagelöl^ner  im  SQ3einberg  beö 
§erm,  für  ben  bas  SBerl  ber  Srlofung  erft  gang  Doffenbenben  9lad&= 
folger  unb  ©ef&^rten  g^rifti."^ 

^  Subtttg  Sfeuerba((  in  feinem  Sneftoe^fel  unb  ffia^lai.   S3on  üarl  ®rfttt. 
(1874.)  a3b,  I.  ©.  214-219.   »gt.  »riefe  Don  unb  an  §egel,  n.  6.  247.  Öeiber 


«uf  bcr  ^öl^e  feiner  2Dirffainfett.  191 

SDiefer  ®rief  3f uertadfe»  entl&ftlt  fd^on  einen  Äuö^  unb  SBorblicf 
auf  feine  Probleme  unb  S£]§emato.  Sr  l^at  fein  Programm  auSgeffil^tt. 
Um  bie  loal^re  $(nf(!^auung  bom  £obe  batjutl^un  unb  bie  falfd^en,  in 
ber  d^tiftlid^en  Steligion  unb  Zl^eologie  einl^eimifdgen  9}orfieIIungen 
Don  ©ieffeits  unb  3enfeit8  gu  gerßören,  fdftreibt  er  jene  „Oebanlen 
über  2ob  unb  UnperMid&Ieit''  (1830).  Um  bcn  ©egenfaff  itoi\ä^tn 
ber  ^l^ilofopl^ie  unb  ber  c^rißlid^en  [Religion  gu  crleud^ten  unb  ben 
falfd^en  ober  fftlfd^Iid^en  @d^ein  il^rer  Uebereinflimmung  gu  Dernid^ten, 
fd&reibt  er  in  bie  l^attifd^en  SoJ^rbfid^er  ben  Sluffo^  „Ueber  5p^iIofop]^ie 
unb  6§riftent]&um''  (1889).  Um  ben  ®ott  be8  ©J^riPent^um«,  ber 
nid^tö  anberes  fei  aU  bas  unbelougt  Vergötterte  Sßefen  bed  SRenfd^en, 
gu  entl^fiHen  unb  gu  enttl^ronen,  bamit  ber  d^rifiUd^-buQUfUfd^en  SQSelt» 
unb  ©otteSanfd^auung  Don  ®runb  aus  ein  6nbe  gemad^t  loerbe,  Der- 
fagt  er  feine  ^auptfd&rift  „5Da8  äßefen  beS  Sl^riflentl^umS'',  bie  ge^n 
Sa^re  nad^  bem  5tobe  ^egete  erfdgeint  (1841).  SBieOeid^t  tt)Qr  baS 
SBort,  iDomit  S^euerbod^  im  9lfldFbIidE  auf  feine  gefammle  fd^riftjlellerifd^e 
Saufbol^n  in  einer  ungebrudKen  SSorrebe  feinen  pl^ilofopl^ifd^en  @tanb- 
^un!t  begeidgnen  iDoCte,  ber  gem&gefle  StuSbrudE:  er  nannte  il^n  „anfijxo- 
J)oIogifd6en  ^Pantl&cigmu»".  @«  »drc  red^t  interejfant  gu  toiffen,  »aS 
^cgel  gu  jenem  obigen  93ricfc,  ber  tl&m  in  otter  g^rerbietung  unb 
^ulbigung  mit  ber  befdgeibenen  SRiene  beS  @dgfl(er8  eine  9leDoIution 
an!flnbigt,  gefagt  l^at.  S)a  jiebe  @))ur  einer  Slntloort  fe^ft,  fo  ift  tool^I 
mit  ©ic^er^eit  angunel^men,  baß  er  ben  ®rief  unbeantioortet  gelajfen 
unb  gu  jenen  lugenblid^en  ©d^todrmereien  gered&net  l^ot,  bereu  il^n 
bamalS  Diele  angetoel^t  ^aben. 

n.  S)ag  Snbe  ber  Sßirifamleit  unb  beS  ßebend. 
1.  S)a8  Slectoiat. 

5ür  baS  ©tubienial^r  Don  Dctober  1829  bis  gum  Dctobcr  1880 
tt)or  §egel  gum  Slector  ber  UniDcrfitfit  getodl^It  »orben.  6r  l^at 
toöl^renb  feiner  SlmtSfül^rung  gtoei  öffentlid^e  Sieben  in  lateinifd^er 
©})rad&e  gel^alten:  bie  erpe  nadft  üblicher  SBcifc  gu  feinem  SlmtSantritt 
am  18.  Dctober  1829,  bie  gmeite  im  Auftrage  beS  afabemifd&en  ©enatS 


l^at  bet  herausgebet  ber  leiteten  btefen  SStief  nid^t  abbruden  laffen,  toobur^  toii 
um  bte  genaue  unb  cotrecte  äBiebergabe  beffelben  getommen  ftnb,  benn  bie  ®rünf(!^e 
SS^iebetgabe  ijl  incotrect,  ba  bet  herausgebet  na^  feinet  eigenen  SluSfage  fe^t 
toiele  @t)ettungen  l^tneingettagen  l^at,  bte  im  S^ejt  nid^t  Dotl^anben  tt^aten. 


192  $(uf  ber  ^d^e  feiner  SBtrltanileit. 

)ur  brüten  Sdcularfeter  ber  Uebergobe  ber  augSburgifd^en  (Sonfeffton 
am  25.  3um  1830. 

3n  feiner  STntrittörebe  ^al  er,  nad^  SluSfftl&rung  ber  l&criömm« 
lid^en  rebnerifdgen  Oro^tnalii&ten  unb  ^rttg!etten,  ben  @tubirenben  ben 
nötigen  ©ebraudb  ber  olobemifd^en  S^reil^eit  ans  ^erg  gelegt  unb 
fte  Dor  bem  SRigbraud^  geioarnt,  tt)orau§  allerl^anb  3ügeni){tg!etten 
]^er))or gelten;  ber  ridgtige  ©ebrauc^  befleiße  in  ber  g^reil^eit  gu  flubtten, 
um  ftd^  bie  )pert]^))oIIen  ®üter  angueignen,  iDetd^e  bie  Unt))eTfitftt  in 
i^ren  QfacuItätJtoiffcnfd&aftcn,  ßel^ranjlatten  unb  ßel^rbortrftgcn  barbiete.* 

S)a8  %f)tma  ber  SubU&umSrebe  toar  bie  d^riftlid^e  (jfreil^eit, 
aU  iDet(i^e  baS  SQSefen  beS  ^oteßontiSmuS  aui^mad^e:  biefe  l^abeSutl^er 
tt)iebererobert  unb  gur  «Magna  Charta  ber  et)ange(ifd6en  Itird^e»  ge« 
mad^t,  nad^bem  er  in  bem  SSerlel^r  gtoifd^en  ®ott  unb  fSRtn^ä^  bie 
@d6eibett)anb  niebergeriffen,  biefcS  «schisma  religionis»,  bie  ftluft 
gn)ifd^en  ^rieflertl^um  unb  Saientl^um,  neld^e  bie  römtfdge  Aird^e  auf= 
getl^an  unb  fijirt  l^atte;  er  l^at  bie  ©runblagen  ber  ^terard^ie  gerftört, 
on  bereu  SBiberftanbc  alKe  früheren  xeformatorifd&en  SJerfud^e  gefti^eitert 
iDaren.  S)er  ^roteftantiSmui^  begrQnbe  unb  erltAre  baS  allgemeine 
^rieflcrt^um  ber  gläubigen  ßl^rifien,  ba  j|cber,  um  gu  ®ott  gu  ge« 
taugen,  {tdft  felbft  unb  fein  etgenffld^tigeS  ^erg  gu  o))fern  l^at:  eben 
barin  beßel^t  baS  loal^re  £)))fer))rieftert]^um.  Unb  toie  nun  (Sfft  unb 
Ofamilie,  9(rbeit  unb  Sigentl^um,  UebergeugungS-  unb  ^{Udgttreue  gur 
Slufopferung  ber  @elbftfudgt  beitragen  unb  gel^ören,  fo  bienen  fie  aud^ 
gur  Heiligung  beS  SebenS,  tD&l^renb  bie  ©elflbbe  beS  c5Ubatiren 
2>afeinS,  ber  befi^Iofen  Slrbeit  unb  be§  blinben  ©el^orfamS  Dermerflid^ 
feien,  toie  alle  SBerll^eiligleit.  ^ 

%m  3.  Sfugufl  1830  ate  am  ©eburtiStage  beS  AönigS,  l^atte  ^egel 
als  Slector  ber  UniDerfttät  bie  feierlid^e  93er!anbigung  ber  greife  unb 
$reiSaufgaben  in  ber  $(ula  gu  ))er!flnbigen.  S)ie  })^iIofo))]^ifd^e  S^acult&t 
l^atte  eine  Unterfud&ung  «De  Düa  fatalibus»  (über  bie  ©d&idtfategott« 
l^eiten)  gur  ^PreiSaufgabc  gcfteDt,  fünf  Slrbeiten  toaren  eingeliefert 
tDorben,  eine  baDon  erl^ielt  ben  $rei8.  ^egel  Derlünbete  baS  Urtl^eil 
ber  Qfacultät  unb  entftegelte  ben  JRamen  beS  SBerfafferS:  «Aperio  sche- 


^  ao^etfe.  S9b.  XVII.  6. 314  fTgb.  3n  bem  ilectorotsial^re  ^egel«  toaren 
2)efone:  Snatl^eincle,  t)on  SancisoQe,  SBagner  unb  Don  ber  ^agen.  3ni  Senat 
Hieben  €traui  unb  S3e((er,  bie  neugetoft^Iien  Senatoren  toaren  S35d(,  SBilfen 
unb  ®on0.  -  «  aöetfe.   »b.XVU.   6.818-330.    (6.320,  323f[gb.) 


9luf  bet  $ö(c  feiner  2DitIfam!eit.  193 

dulam,    invenitur    nomen    Carolus    Ferdinandus   Gutzkow 
Berolinensis».^ 

2.  2)ie  Sttitxeüolutton. 

SßA^renb  biefer  alabemifd^e  %ct  ))or  fid^  ging,  ivaren  bie  berliner 
3ettunflen  erfüllt  öon  ben  toefterfd^fltternben  Segebcnl^eiten,  bie  fid&  in 
ber  legten  SuIitDod^e  in  $ortS  angetragen.  SRan  nannte  biefe  Zage 
„bie  groge  SBod&e".  3m  Slugufl  1829  l^atte  Äönig  Äarl  X.  ba8 
SQWniperium  SWartignac  cntlaffcn  unb  feinen  greunb,  ben  mit  ben 
3efuiten  eng  üerbünbcten  gfflrflen  5PoUgnac,  gum  SWtnijlcrt)raftbenlen 
berufen.  S(m  26.  3uU  iDaren  im  SRoniteur  bie  föniglid^en  Orbonnanaen 
erfd^ienen,  tDoburd^  bie  ^regfreil^eit  fufpenbirt  unb  ein  neues  fEiaffU 
f^jiem  eingefül^rt  »erben  foBte.  6g  folgte  bie  jproteftation  ber  ^ow> 
naie  unb  ©(J^riftpelKer,  an  beren  ©pi^e  Stl^ier«  fianb.  3n  ben  ©trafen« 
!ftmpfen  ber  nftd^ften  Zage  tourben  bie  {dnigli^en  Gruppen  befiegt, 
ber  Aönig  unb  fein  ^aM  mürben  enttl^ront  unb  bertrieben,  bie  fBti^ 
faffung  nad^  bem  principe  ber  93oI!8fou))erftnitAt  umgeftaltet  unb 
bie  Arone  bem  ^ergog  Souis  $^ili)))>  t)on  Drl^nS  (bem  ©ol^ne  beS 
^l^ilip))  £galit^)  angeboten  (3.  Stugujl).    6r  nal^m  fie  an  unb  beftieg 


1  dol^annes^xoclg:  2)a«  junge  S)eutf4Ianb  (Stuttgart,  dloita  1892).  6.  273. 
St.  Sf.  eu^Iott)  (1811—1878)  im  3(|)tU  1829  in  ber  t)iUofo|)^tf(!^en  Sfacultfit  imma- 
triculirt,  l^atte  bei  $cgel  8ogi!  unb  ^tiapl^^^fif,  9laturpiiIofo|)]6ie,  ^^ilofop^ie 
bet  Sßeltgef^t^te  unb  im  @ommet  1881,  bem  lej^ten  Scmcftex  ber  Sel^tt^ftttgleit 
Tegels,  no4  9le(igion8p^i(ofot)6ie  gel^ört.  Uebetgeugt,  bag  bie  großen  ^nteteffen 
bei  GegenioaTt  moToIif^et,  t^olitif^er,  religiSfet  unb  ^](|tIofo|)^if4et  %xt  aud^  bie 
Gegenf&nbe  ber  SageSittteratur  fein  foHten,  l^atte  er  aur  SBeurt^eilung  ber  le^teren 
fd^on  aU  neunsc^nj&l^riger  @tubent  eine  Settfd^rift  in  S3erlin  gegrfinbet:  ^Sforum 
ber  3outnanittetQtuT',  bie  auiB  Sllangel  an  flbonnenten  in  luraer  3^it  einging. 
2)ann  beigab  er  ft^  au  SBolfgang  SJflenael  nad^  Stuttgart  unb  betrat  bie  fel^r 
ungettiffe  unb  bomenDoHe  Saufbal^n  eine«  SagcSfd^riftlteEerS,  unter  ben  Sfftl^tem 
ber  neuen  Sitteraturri^tung,  toel^e  man  ,ba8  iunge  2)eutfd^Ianb'  nennt,  einer 
ber  begabteflcn  unb  tenntnifireidftiten.  ^Vorangegangen  loar  ^einrid^  Saube 
aus  6|)rottau  in  6d^(efien  (1806—1884),  unb  als  SSorbilb  in  feinen  Sieifebilbern 
unb  Siebem,  ein  l^rif^er  S)i4ter  erficn  9langes,  ^einrid^  $eine  au8  2)üffe(- 
borf  (1799  (?)— 1856),  einft  §egel«  eifriger  SuWrer  in  »erlin  (Ojiern  1821  bi» 
£)fitxn  1823),  nad^  bem  6iege  ber  3ttIiret)oIution  in  9aris,  er^  in  freitoiUiger, 
fpAter  in  not^gebrungener  SBerbannung.  6ein  Grab  ftnbet  ftd^  auf  bem  üird^- 
iofe  Don  STlontmartTC  au  $aril,  feine  anarmorjlatue  oon  einem  bfinif^en  SBilb» 
Iraner  liegt  au  €orfu  in  bem  Sfeen|)ala1i  ber  l^aiferin  (SHfabetl^  üon  Oefterreid^, 
feine  8iebcr  leben  in  aa^llofen  muftlalifd^cn  Som|)ofttionen. 

(If  t  f  4  e  t,  ocfd^.  b.  $(tiof .  vm.  n. «.  is 


194  «uf  bet  §55e  feiltet  gööitlfamfeit. 

ofe  „fiönig  ber  Stongofen"  bcti  SEl^ron  granlreid^»,  ber  ctpc  unb 
eingtge  SleprAfeniant  ber  S^^noftie  beS  ^oufeS  Orleans. 

®q8  9lei(i&  ber  liberalen  Sourgeoifie  war  gefotnmen.  SJictor 
ßoufin  tcurbe  ©taatSrat)^  unb  aJlitglieb  ber  Unterrid&tgfiel^örbe,  in 
toeld^er  ©tettung  er  im  SWoi  1831  nod&  einmal  in  SBerlin  erfd5ien,  um 
bas  ))reugi[dge  Unterrid^tStoefen  !ennen  gu  lernen.  (Sx  ift  im  folgenben 
Saläre  gum  ^air  bon  gfranfreidö  crnonnt  toorben  unb  im  Saläre  1840 
einige  JWonate  Unterrid&tSminijier  in  bem  SWiniperium  getoefen,  toeld^em 
S^^ierS  t)orftanb. 

2)ie  ^uUreDoIution  unb  bie  europdifdben  @rfd6üiterungen,  bie  fteg» 
reid^e  Belgifd^e,  bie  unglüdlid^e  ^olnifd^e  9le6eIIion  unb  allerl^anb  Un- 
rul^en  aud^  in  2)eutfd6Ianb,  bie  il^r  auf  bem  OfuB^  gefolgt  xoaxtn,  ent- 
fprad^en  leinesmeg«  bem  ©inn  unb  ben  (Srtoartungen  ^egete.  6r 
^atte  geglaubt,  bag  bie  Slera  ber  9let)olution  unb  ber  ©taatSumm&lgungen 
mit  bem  ©turge  9lapoleond  DoUenbet  unb  nun  bie  3eit  einft$t8t)olIer 
Setrod&tung  unb  gfortfdöreitung  gelommen  fei,  toie  er  e8  in  feinen 
2lntritt8reben  in  ^eibelbcrg  unb  Serlin  öerfflnbet  l^atte:  bie  Slera 
rul^iger,  betou^ter  unb  befonnener  @ntn)i(!lung,  bie  aud^  in  feinem 
©^ftem  als  ber  SSetSl^eit  le^ter  ©d^lu^  galt,  bie  ßt^olution  ber  ©e- 
red^tig!eit  in  ber  SSelt,  wlä^t  audg  na(!b  Aant  bie  Slufgabe  ber  3u!unft 
fein  follte.  9lid&t  ba3  3citalter,  nur  ber  erfte  Set  ber  Slebolution  toar 
mit  bem  Sal^r  1815  gu  ßnbe  gegangen,  bie  fflufgeJ^niäl^rige  Slejlau* 
ration  erfc^ien  loie  ein  3n)if(i&enact.  2)ie  StuSbrfld^e  ber  SteDotution 
tobten  Don  neuem  auf  ber  SBeltbül^ne  unb  getoftl^rten  bem  ^Jj^ilofo^en 
^egel  tt)ie  bem  ©efd^idgtsforfd^er  9liebu]§r  einen  l^Sd^ft  unertoarteten 
unb  U)tbertt)&rtigen  OfemblidE.  ©elbfi  ber  englifd^en  SSerfaffung  brol^ten 
burd^  bie  in  S^rage  unb  ©treit  ftel^enbe  Sleform  beS  Parlaments  ret)o- 
lution&re  ©efal^ren. 

3.  S)ie  engttf^e  9lefotm(iIl. 

@S  ftnb  brei  ^anpii^tmaia,  loeld^e  ^egel  lodl^renb  feiner  ala= 
bcmifd&en  ßel^rtl^ätigfeit,  bie  ein  $Kenfd6enalter  gebauert  (1801-1831), 
gu  ©egenflftnben  feiner  politifd^en  ä3eurt^eilungen  unb  ©d^riften  ge» 
nommen  l^alte:  bie  beutfdftc  9leid68berfaifung,  ber  toürttembergifd&c 
SBerfaffunggfireit  unb  bie  engüfd&e  SHeformbill.  ®ie  erfte  biefer  ©d&riften 
fällt  in  bie  ?lnfänge  feiner  ienaifd^en  3eit,  bie  gtoeite  in  bie  ber  ^eibcl= 
berger,  bie  britte  in  ba8  (Snbe  feiner  SBirffamIcit  in  Serlin.  Jftur 
bie  beiben  le^igenannten  l^at  er  Deroffentlid^t:  bie  erftere  in  ben  ^eibel» 


/ 


^uf  bex  ^ö^e  feinet  SBirlfamfeit«  195 

bergifd&cn  3o]^rbüd&crn,  bic  testete,  toeld^c  feine  le^te  ©d^rift  überl^aupt 
iß,  in  ber  })reu6ifc^en  ©taatögeitung.  3tt)ifd&en  biefen  beiben  bebeutcn= 
bcn  unb  interejfQnten  l)ubliciftifd6cn  ßeiftungen  §egel8  liegen  bie  brei 
Öuflra  ber  Sleflauration  unb  bie  3ulitage  1830.  9luS  ber  toerftnberten 
Seittage  eifldrt  fid^  bie  t)et&nberte  ©runbanfd^auung  unb  ©runb- 
{iimmung  beS  $]^iIofo))]^en.  3n  feiner  jtritif  ber  SSerl^anblungen  ber 
tDürttembergifd&en  ©tönbe  Dertl&eibigt  er  ba§  neue  ffizä^i  gegen  baß 
atte,  ba8  rationelle  gegen  ba«  l&ijiorifd&e,  bic  ©toatSeinl^eit  unb  bereu 
3let)rafentQtion  nod^  frongöfifd^em  aJluper  gegen  bie  ottttürttembergifd^e 
ßanbeSDerfaffung  unb  Steci^töguflAnbe;  l^ier  bagegen  in  feiner  93eur= 
tl^eilung  ber  englifd^en  gieformbitt  fielet  er  auf  feiten  be«  alten  SRed^tS 
gegen  bas  neue,  be8  l^ijiorifd&en  gegen  baS  rationette,  ber  altenglifd&cn  JBer* 
faifung  unb  il^rer  Sled&tdgufl&nbe,  bie  grogentl^eite  ein  Aggregat  ))ofittt)er 
93eftimmungen  ^rit)atre(!^tUd&en  UrfprungS  bilben,  gegen  baS  mobeme, 
quantitati))e,  auf  @enfuS  unb  S^umeruS  gegrflnbete  SBal^If^ftem  nad^ 
frangöfifcöem  ©d^emo:  gegen  biefe  „franjöfifd&en  Slbflractionen"  mit 
il^ten  ffir  bie  Srl^altung  unb  ben  93eftanb  beS  britifd^en  Sleid^S  gefäl^r- 
lid^en  Sonfequengen.  3m  ©runbe  I^Att  er  es  mit  ben  ^od^tor^S  unb 
f^m})at]Öifirt  mit  SBeffington  unb  9lobert  5PeeI  gegen  bie  ^Parlaments» 
reformer  ®re^  unb  Sol^n  fftuffel. 

2)ie  ))ofitit)eu  äledgtSgufl&nbe  Ratten  bal^in  gefai^rt,  ba^  t)erfattene 
SBurgfleden  t)on  fleinfter,  ©t&bte  t)on  geringer  (Siniool^nergal^t  baS 
Sßal^Ired^t  befa^en,  loäl^renb  groge  ^anbelsplö^e,  t)oI!reid^e  ©tdbte  ))on 
l&unberttaufenb  unb  mel^r  (Sintool^nern,  toie  SBirmingl^am  unb  50lan= 
d&efter,  baDon  auSgefd^Ioffen  toaren.  ©oldften  Uebeljiänben  abjul^elfen 
erf^ien  bie  JReformbiff;  fte  tourbe  im  folgenben  3ta^re  (1832)  ®efe§ 
unb  bobur(5  bie  englifd&e  SBfil^lerga]^!  t)erbo})l)elt.  3n  ber  3eitfoIge 
ftnb  bie  Sleformbejirebungen  unb  SReformbittS,  erfi  burd^  S)i8raeli,  nadft 
il^m  burd^  @Iabftone,  loeitergeffil^rt  unb  im  Saufe  eines  l^alben  3a]^r= 
l^unbertS  ift  bie  fd^on  üerbo))))elte  ScifjH  ber  englifd^en  SB&l^Ier  mel^r 
als  üergel^nfad^t  loorben. 

S)od6  fianb  bie  ©ad6e  ber  Steform  im  Saläre  1831  nod&  fo  frag» 
lidö,  ba6  t)on  bem  3ufatt  einer  ©timme  bic  SKajoritöt  abl^ing,  burdfe 
toeld^e  bie  93itt  gur  gioeiten  Sefung  gelangte.  5Diefe  il^m  nod^  ungemiffe 
unb  bcbenflid&e  ßagc  loar  eS,  bie  Tegels  SBetrad^tungen  in  ber  l)reu§if(!6en 
©taatSgeitung  l^eröorrief. 

aaSie  irrationett  audft  bic  gegebenen  3ufiänbe  beS  englifd^en  fl&di)U 
red&ts  fein  mo(!6ten,  fo  »aren  bic  Sflcfultate  öortrefftid^  unb  na(!6  bem 

13* 


196  9tuf  bei  ^öl^e  feiner  Birlfamfeit, 

Seugnife  öon  ajlfinncrn  »ic  SBcttington  unb  JftoBcrt  5Peel  fonnte  bie 
93ef$affen]^ett  be§  Unterl^aufeS  nid^t  beffet  unb  bem  Sßol^Ie  Snglanbd 
eifprieglid^et  fein,  aU  eS  tl^otf&d^Iid^  ber  OfaQ  toax.  SBeQtngton  kDamte 
t)or  bem  Ätämcrtl^um,  bem  in  gfotgc  ber  9ieformbitt,  toenn  fie  ©efe^eS- 
Iraft  erl^telte,  bog  UebergekDtd&t  im  Parlament  )ufQlIen  toerbe.  ©erabe 
bie  Heinen  öcrfaffenen  SBurgfteden  (rotten  boroughs)  mit  i^ren  Idufs 
lid^en  ober  t)on  einzelnen  3nbtt)tbuen  unb  Of^iniKen  abl^ingigen  3BqI^I- 
{limmen  l^oben  ))orjügU(i&en  ©taat^minnetn  unb  fad^Iunbigen  SSertretern 
ber  größten  ftnongieOen  Sntereffen  ben  3us<^ttg  jum  Parlamente  er- 
öffnet, ^egel  beruft  ftd^  gern  auf  bie  kleben  beiS  ^erjogS  t)on  SSeOing- 
ton,  ,,ber  gioar  nic^t  baS  Slnfel^en  eines  9tebnerd  ^at,  loeil  i^m  bie 
tt)ol^IfIie§enbe,  flunbenlang  fortunterl^altenbe  unb  an  ©elbftofientation 
fo  ret$e  ®ef(i^n)ä^tglett  abgel^t,  burdft  loeld^e  Diele  ^arlamentSgtteber 
ju  fo  großem  9lufe  ber  Serebfamleit  gelangt  finb,  beffen  SSorträgc 
aber  tro^  bes  Sbgeriffenen  ber  @a^e,  loaS  il^m  jum  SSoriourf  gema^ 
tt)irb,  eines  ©e^altö  unb  baS  SQSefen  ber  ©ad^e  treffenber  ©eftdgtspunite 
ni(i&t  ermongctn".  SBom  3al^re  1688  an  (bem  Saläre  ber  SleDolution, 
mel^e  baS  foil^olifd^  gefinnte  ^auS  Stuart  t)om  S^l^ron  flürgte)  bis 
ie^t,  burd^  ben  93erein  Don  Sleid^tl^um,  Talenten  unb  mannigfad^en 
Äenntntffen,  ber  bie  großen  3titereffen  beS  Äönigreid^S  reprflfentirte, 
finb  nad^  bem  ^usfprudfte  SBeQingtonS  bie  ^ngelegenl^eiien  beS  SanbeS 
auf  bas  93efte  unb  Slul^mtonfte  geleitet  toorben. 

SDaß  bie  SBal^Ircform  in  2(nfe]§ung  toirHid&er  ©c^dben,  loie  beS 
Sel^nten,  ber  gutsl^errlidgen  9le$te,  ber  ^agbred^te  u.  f.  f.,  praKifd^en 
Jlu^en  fiiften  merbe,  läßt  §egel  aus  ©rünben,  bie  er  mit  genauer 
Sa^fenntniß  erörtert  l^at,  fel^r  3n)eifel]§aft  erfdgeinen.  93or  aQem  aber 
befürdgtet  er,  baß  bie  ©eltung  ber  realen  3ntereffen  teerbe  abgeminbert 
unb  gefd^te&d^t  loerben  burd^  bie  ftdg  DorbrAngenbe  ©eltung  fogenannter 
©runbfä^e  ober  ^ßrincipien,  baß  gegen  bie  thommes  d'ötat»  bie 
thommes  k  principes»  im  SBertl^e  fieigen  unb  baS  abfiractc  8laifonnc= 
ment  mel^r  Sinfluß  geloinnen  tt)irb,  als  il^m  gebül^rt.  ,,2)er  ©egen» 
fa^  ber  hommes  d'^tat  unb  ber  hommes  k  principes,  ber  in  3franf= 
reid^  ju  Stnfang  ber  SleDoIution  gleid^  gan)  fd^roff  eintrat  unb  in 
(Snglanb  nod^  leinen  Ofuß  gefaßt  ]§at,  mag  m^l  burd^  bie  (Sröpung 
eines  breiten  SBegeS  für  SJarlamentSfi^e  eingeleitet  fein;  bie  neue  Älaffe 
fann  um  fo  leid&ter  gfuß  faffen,  ba  bie  ^ßrincipien  felbfl  als  fold^e 
t)on  einfad^er  9latur  finb,  beSttjegcn  fogar  Don  ber  Untoiffenl&eit  fd^nett 
aufgefaßt  unb  mit  einiger  ßeid^tigleit  beS  StalentS  (»eil  fte  um  il^ret 


9(uf  bet  $5]^e  fetneT  SlBirlfomleit.  197 

Mgemeinl^eit  totllen  ol^nel^in  bte  $r&tenfton  f)aUn,  ffir  alles  auSju« 
xtxä^m),  foiote  ntit  einiger  (Snergte  beS  Sl^oralierS  unb  beS  ßl^tgeijed 
f&r  eine  erforbetlid^e,  alleS  angreifenbe  Seiebfamleit  austeilten  unb 
auf  bie  aSernunft  bet  jugleid^  ebenfo  l^ietin  unetfal^tenen  SJlenge  eine 
blenbenbe  Sßitfung  ausüben;  toogegen  bie  Aenntnig,  Stfal^tung  unb 
©efd^aftStoutine  bet  hommes  d*ötat  nid^t  fo  leidet  fid^  anfd^affen  laffen, 
toeld&e  füt  bie  Slntoenbung  unb  (Sinfül^rung  bet  öetnünftigen  ©tunb» 
fa^e  in  boS  toitllid&e  ßeben  gleid^  notl^toenbig  ftnb."  Unb  bet  Äantpf 
gtoifd&cn  ben  })ofitit)en  3ntctejfen  unb  ben  fjotbetungen  bet  teetten 
Steilheit  toetbe  um  fo  geffil^tlidöct  fein,  aU  bie  monatd^ifd^e  Oetoalt 
in  Snglanb  gu  fd&mad^  ift,  um  bagmifd^en  gu  tteten  unb  gu  betmitteln. 
„S)ie  anbte  9Kad&t  toütbe  baS  SSoß  fein,  unb  eine  Oppofition,  bie  auf 
einen,  bem  99eflanb  beS  ^atlaments  bisl^et  ftemben  ®tunb  gebaut, 
im  ?ßatIoment  bet  gegenübetpel^enben  ?Pattei  fic^  ni^t  getoad^fen  fül^Ite, 
toütbe  öetleitet  toetben  fönnen,  im  JBoIfe  il^te  ©tdtfe  gu  fud&en  unb 
bann  ftatt  einer  Steform  eine  Steöolution  l^etbeiguf ulkten. "^ 

$Wit  biefet  Äaffanbtaßimmung  fd&Keßt  ^egelS  Ie|te,  etft  in  ben 
gefammten  SBetJen  öoüftdnbig  Detöffcntlid&te  ©dfitift, 

4.  2)ie  Sl^oletaeptbemte.  $er  99rief  an  ^.  S3eet.  2)a8  6d^retben  an  ®an8. 
Sine  fe^t  bttflete  Seit  toat  ge!ommen,  als  im  @ommer  1831  bie 
afiatifc^e  ß^l^oleta  gum  etjlenmale  bie  ©tengen  3)eutfd&IanbS  fibetfdgtitt 
unb  in  Setiin  lobtbtingenb  um  ftd&  griff.  ^Witten  untet  ben  a5et= 
l^eetungen  bet  Atanll^eit  l^atte  ^egel  baS  (Snbe  beS  @ommetfeme{letS 
glfldElid^  etteid^t  unb  loat  alsbalb  gu  ben  ©einigen  in  baS  €d&l5gd&en 
im  ®tunon)'fd^en  ©atten  am  Kteugbetge  l^inauSgegogen,  teo  et  bie 
Samilie  gum  6d6u|  bot  ben  Slnftedtungen  bet  Seud^e  bei  Seiten  ge« 
botgen  l^atte.  §ict,  im  Äteife  bet  ©einigen,  l&at  et  bie  ©ommctfetien 
tul^ig  unb  bel^aglid^  gugebtad^t. 

6nbe  Sluguft  toat  feinem  gteunbe  §eintid6  Seet  (bem  Stubet 
beS  @om})oni{len  ©iacomo  SOIe^etbeet  unb  beS  btamatifc^en  3)i(^tetS 
3Jiid5ael  SBeet)  ein  ©o^n  im  ftü^en  Änabenaltet  geftotben.  SJon  feinet 
©atteniool^nung  auS  fd^tieb  il^m  ^egel  einen  ä3tief  üoQ  innig^et  unb 
ttöftlidöet  Sl&eilnal^mc  (1.  ©et)tembet  1831).  ©eine  SEtofigtünbe  waten 
bie  einfad&ften,  natütlit^ften  unb  feltenften.  ßt  ttöjiete  ben  ttauetnben 
aSatet   nit^t   mit   bet   Unbetgönglid^Ieit    beS    l^immlift^en  jenfeitigen 


1  m^.  pxeu6.  ©taatsgeilung   1831.     !Rr.  115-118.    SBetfe.    »b.  XVII. 
©.  425-470.    (6.  446  u.  447,  461,  479.) 


198  Stuf  bei  $ö^e  fetner  aBirffamfeit. 

ßcfien«,  fonbcrn  mit  ber  SJcrgängltd&Icit  beS  irbtf^en  unb  gcacntoätttgen. 
SQSenn  totr  ein  löfHid^eS  ®ut  Derlieren,  fo  liegt  in  beut  SSertufte  ber 
©dgnterj,  barin  aber,  bag  mir  baS  ®ut  gel^abt,  befeffen,  erlebt  l^aben, 
ber  unjerftörbare  unb  troftreid^e  ©eioinn.  Di  man  mol^I  iDünfd^en 
möd&te,  ein  foId&eS  ®nt,  um  baffclbe  nid&t  ju  verlieren  unb  ju  cnt« 
beirren,  lieber  gar  nid^t  gel^abt  gu  l^aben?  „3d^  l^ätte  @ie  nur  bieS 
fragen  fönnen,  toaS  i$  meine  grau  bei  einem  öl^nlid&en,  aber  frfll^ern 
aSerluft  beS  nodft  einjigen  ÄinbcS  fragte:  ob  fie  e8  borjiel&en  fönntc, 
bad  @lü(!  ein  fotddeS  Ainb  gel^abt,  unb  in  feiner  fdgönften  3eit  gel^abt 
3u  l^aben  unb  beffen  toerluftig  gu  Serben,  ober  aber  biefed  ©enuffeS 
gar  nid^t  tl^eill^aftig  geioorben  gu  fein?  ^l^r  ^erg  toirb  bem  erften 
8<iff,  ber  ber  Sl^rige  iji,  ben  SSorjug  geben."* 

als  ber  @))at]^erbft  unb  baS  neue  ©emefler  l^eranna^te,  loar  bie 
@))ibemie  in  ber  ^[bnal^me  begriffen  unb,  n)ie  eS  fd^ien,  im  S^er- 
fd^toinben.  ^egel  unb  bie  Seinigen  toattn  in  il^re  SQSol^nung  am 
Äu))fergrabcn  gurfldgefel^rt,  er  l^atte  für  ben  SBinter  gtoei  JBorlefungen 
angefanbigt:  StedgtSpl^ilofopl^ie  (bie  er  aud^  im  erften  @emejier 
gelefen  l&atte)  oon  12—1  unb  ©efdöid&te  ber  5P]^itofot)]^ie  t)on  5—6. 
3)a  t)affirte  bei  ©elegcnl^eit  ber  Slnfd&laggettct  im  Unit)erfitÄt8= 
gebftube  ein  il^m  red^t  ürgerlid^er,  t)on  ©ans  t)erfd&ulbeter  SSor- 
faH.  S)iefer  n&mlid^  l^atte  Unit)erfalred^tSgefd&id^te  unb  ©efc^idgte  ber 
Snpitutionen  bcS  römifd^en  JRed&tS  angelünbigt.  3ttifd&en  ber  ti^- 
genannten  93orlefung  unb  Tegels  9led&tS))]^ilofo))]^ie  fd^ien  eine  S^on- 
curreng  gu  befleißen.  5lud5  toar  bat)on  gteifd^en  beiben  bie  SRebe  gc* 
toefen.  5lutt  l&atte  ©anS  auf  feinem  Stufd^laggettel  biefer  ©oncurreng 
gebadet  unb  ben  ©tubirenben  ben  S3efud&  ber  SSorlefungen  ^egete  nadö* 
brüdElid&  empfol^len.  ®ie  6m))fe§lung  toar  in  feiner  SBeife  übel,  aud& 
nid^t  anfprud&S))oIl  gemeint,  aber  fie  loar  in  l^ol^em  ©rabe  ungefd^idEt 
unb  unfd^idnid^  unb  ))errietl^  etmas  t)on  jener  Unfeinl^eit,  t)on  jenem 
SKangcl  an  verecundia,  weld&en  ©dftopenl^auer  für  einen  ©runbgug 
beS  jübifdgen  Sl^aralterS  erfl&rt  l^at.  ©ans  toar  Tegels  ftets  banfbarer 
unb  pietötooffer  ©d^üler,  einer  feiner  ßieblinge,  fein  College  unb 
28  Saläre  jünger  als  jener,  ßr  l^atte  il^m  ben  Snfd&lag  felbji  gu« 
gefd^idt.    2)arauf  erlieg  ^egel  an  ©anS  ein  @d^reiben,  toeld^eS  in 


1  Briefe  bon  unb  an  ^egel.  IL  6.  365.  Uebet  ^einrit  ®cer  unb  beffen 
Qfreunbf^aft  mit  ^cgel  Dgl.  ^einri^  ^einc'f  farfaßif^e  2)atPell[ung  in  feinen 
»«eflftnbniffen-.    Sßerfe.   »b.  XIV.  6.  277  flgb. 


a[uf  ber  ^dl^e  feiner  SBtxlfamfctt.  199 

einem  einjigen  ©a|c  befionb,  ber  nid^td  ungefagt  lojfen  »ottte,  barutn 
auä)  bte  SSBorte  ni^t  fporte,  fo  bog  er  tro§  feiner  Sinl^eit  lang  genug 
auSfieL  S)er  @q^  lautet:  »Suf  baiS,  tnie  id^  e8  nennen  iDtD,  a(en= 
teuerlic^e  SlugfunftSmtttel,  ouf  ba«  Sie,  tDertl^efier  ^err  5Profeffor, 
öetfatten  pnb,  einen  Snfd&Iag  gu  mad&en,  toorin  6ie  ben  be||)rod&enen 
Untfianb  einer  ßoncurren}  an  bie  @tubenten  bringen  unb  eine 
6nH)fel^lung  meiner  SJorlefungen  on  biefelben  gu  geben  fid6  erlauben, 
lonnte  id&  ei$  mir  fd^ulbig  gu  fein  fd^einen,  Don  meiner  ©eite  einen 
öffentlid^en  ^nf(^Iag  gu  mad^en,  um  bem  nal^eliegenben,  mid^  in  ein 
albemeS  Sic^t  fe^enben  ©d^eine  bei  Kollegen  unb  @tubirenben  gu  be= 
gegnen,  ate  ob  fold^er  Sil^r  Slnfc^Iag  unb  9tecommanbation  meiner 
aSorlefungen  Don  mir,  toie  @ie  in  2S]&rem  Sillete,  mit  Sbgel^ung  Don 
meinen  SluSbrflden,  mir  faft  gu  Derftel^en  geben,  gemoKt,  Veranlagt, 
aU  ob  i(^  bamit  einDerftanben  fei;  bie  Hoffnung,  ba6  toenigftens  toer 
midg  !ennt,  fold^es  S)erfal^ren  nic^t  auf  meine  Sled^nung  fe^t,  unb  bie 
Säeforgnig,  3^nen  gu  neuen  Ungefd^idlid^feiten  ober  Ungefd^idEtl^eiten 
®elegenl^eit  gu  geben,  veranlagt  mid^,  Sinnen  meine  9(nfidgt  Don  ^l^rem 
9[nfd(|Iage  nic^t  burd^  einen  fold^en,  fonbern  mit  biefen  Seilen  gu  er» 
Hüren.  3l§r  ergebender  §egel/  3)a8  ©dftreiben  toar  batirt:  „SBerlin, 
ben  12.  gfloDember  1831".^  6g  ftnb  tool^I  bie  legten  Seilen,  »eld&e 
$egel  gefd^rieben  l^at 

5.  Xob  unb  aScgrftbntg. 

Sn  DöQigem  SBol^Ifein  ^atte  ^eget  2)onnerStag,  ben  10.  9loDember, 
feine  SSorlefungen  eröffnet  unb  am  folgenben  S^age  fortgefe^t;  er  l^atte 
mit  ungeioöl^nlid^er  Araft,  mit  ungemöl^nlid^em  (Jfeuer  gerebet  unb  feine 
begierig  laufd^enben  Sul^öter  mit  fid^  fortgeriffen.  „@S  ift  mir  l^eute 
befonberS  leidet  geioorben'',  fagte  er  gu  feiner  (Jfrau,  aU  er  l^eim- 
ge!e^rt  mar. 

@onntag  ben  13.  SSormittagd  et{ran!te  er  plb^Iid^,  Don  l^eftigen 
ajlagenfi^mergen  befallen,  toogu  Srbred^ungen  !amen.  2)en  eingelabenen 
Sifd^g&ften  lourbe  abgefagt.  3laä)  einer  fdglaflofen  unb  qualDoQen 
5Wadbt,  SWontagS  frül^,  fd^ien  er  pc^  beffer  gu  ffll^Ien,  bie  ©d^mergen 
maren  Derfd^tounben,  aber  bie  AraftIofig!eit  mar  fo  grog,  bag  er  nid^t 
aufguftel^en  Dermod^te.  @r  lag  mie  im  ©d^tummer.  VLm  brei  Ul^r 
fiettten  fid&  SBrufifrümpfe  ein,  bie  ©lieber  fingen  an  gu  erfalten,  um 

^  S)ori)tt):  S)enlf4riftcn  unb  Stiefe  gur  C^^araltcnfiit  ber  SDßerlc  unb 
8Uteratur.  S9b.  VI.  »etltn  («lesanbcr  ^nndtx  1840).  6. 147-177. 


200  Stuf  ber  ^öl^e  feinet  9Birffamfeit. 

5^4  Ul^r  toar  er  Dcrfd&iebcn,  ol&nc  bcn  34)b  flcfcftmerft  unb  mit  tl^m 
gerungen  }u  l^aBen.  Slud^  bte  legten  ^ugenblide  ftnb  il^nt  &>ie  bte 
legten  SBorte  auf  bem  Aatl^eber  leidet  geU)orben.  Sie  SfamiKe  !ntete 
an  feinem  Sett,  ber  einjige  iJreunb,  ber  il^n  fierben  fa]&,  tjon  ber 
grau  l^erbeigcrufen,  war  So^anneS  ©d^ulje.  ®ie  2lerjtc,  toeltfee  fogleid^ 
gugegen  unb  juerft  unbeforgt  maren,  l^aben  feine  Aranl^eit  aU  i,bie 
ei&olera  in  il^rer  intenfiöften  Sorm"  bejeidönei  %n  bemfelben 
Sage  115  Sa^re  Dor  i^m  (ben  14.  3flot)ember  1716)  »ar  ßeibnij 
in  ^annot)er  geflorben. 

ajltttiDod^,  ben  16.  9tot)ember  9lad&mtttagiS  um  3  Ul^r  l^at  baS 
feierli^e  SBegribnife  ftattgefunben.  3n  ber  Slula  ber  UniDerfitfit  l^iett 
SDiarl^einefe  als  Slector  bie  Xrauerrebe,  am  ©rabe  l&at  (Jörfler  ate 
(^reunb,  SJlarl^einele  als  ^rebtger  gefprod^en.  S)a3  @rab  ift,  \oit  §egel 
es  gemfinfci^t  l^atte,  ntUn  bem  ®rabe  f^idgteS  unb  in  ber  3lSf)z  Don 
bem  ©olgerS.^ 

2)ie  fo  bered^iigten  ©efttl^Ie  ber  £rauer,  Siebe  unb  93e)Dunberun8, 
nod^  m&d^tig  erl^öl^t  burdg  ben  SinbrudE  bei$  t)tö|Udgen  SBerluftelS,  l^aben 
fid^  in  beiben  Sieben  au§get)ragt  unb  ben  Slbgefd^iebenen  mit  t>oUtx 
93egeifterung  Derl^errlid^t,  audg  in  fiberfd^m&ngüd^en  StuSbrüdEen.  Tlax- 
l&einefc  l^at  ben  Deretoigten  ®enler,  beffen  gange  ßel^re  auf  bie  ßnt* 
tDtdlung  unb  @r!enntniB  bed  SogoS  gerid^tet  toar,  mit  bem  fleifd^- 
geworbenen  ßogoS  felbji  öerglid^en.  3n  einer  anbern  ©teile  Wfet  er 
uns  bie  ^erfönlid^en  Sl^araltergflge  ^egels  in  il^rem  natarlidgen  unb 
wol^ltl^uenben  Siddte  erfd^einen.  ,,SBir  !önnen  bem  Sobe  !ein  Sted^t 
Vergönnen  Aber  il^n,  er  Igat  uns  Don  il^m  nur  entriffen,  toaS  nid^t  @r 
felber  toar.  S)ieS  ift  Dielmel^r  fein  ©eift  —  toie  er  l^inburd&blidEte 
burdg  fein  gangeS  SBefen,  bas  l^olbe,  freunblid&e,  wolglwottenbe,  wie  er 
ftd6  gu  er!ennen  gab  in  feiner  eblen  l&ol^en  ©efinnung,  wie  er  fid&  ent* 
faltete  in  ber  Steinl^eit  unb  Siebend wflrbig!eit,  in  ber  ftillen  ©röge 
unb  finblid^en  (Sinfad^l^eit  feines  gangen  @l^ara!terS,  mit  weld^em  aud^ 
iebeS  S^orurtl^eil,  würbe  er  ndl^er  erlannt,  fid^  leid&t  Derfö^nte:  fein 
©eift,  Wie  er  in  feinen  ©d^riften,  in  feinen  gal^treid^en  SBerel^rern  unb 


1  Ucber  ben  Xob  ^cgcls,  feine  letzten  Sloge  unb  Stunben  t>gl.  bcn  SBticf 
feiner  gfrou  an  feine  Bäfiotfitt  Sl^rißiane,  bte  biete  Salute  (itsie^crin  in  bei  grftf« 
Ii((  SBeTU4ingenf((en  gfamilie  im  64lo{fe  au  3ag{t^aufen  getoefen  unb  ft>&ter  in  ein 
fd^toereS  ®e^trnletben  betfallen  wat,  futg  beoot  fte  bie  Ülad^ti^t  bom  2obe  i^tef 
SBtubetd  eui))fing ;  baS  ßeben  wat  il^t  eine  unetttfiglid^e  8ap  gen>otben,  bon  ber 
fte  ft4  anlegt  in  ben  SBeUcn  bct  9lagoIb  befteit  l^at.    9lofen(tana.  8.  422—426. 


^egeU  SBetfe  utib  beten  ®efammtauSgabe.  201 

6d6fllem  lebt  unb  unDergdnfllic^  leficn  tDirb/'^  (Jör|ier  fotttc  tl&n  mit 
htm  ]§eiHgen  @etft  nid^t  blog  Detglid^n,  fonbern  ate  foldgen  bejetd^net 
l^oben,  eine  Serteumbung,  »eld&c  SBoIfgoitfl  Menjcl  nadft  feinet  Slrt  t)er- 
breitet  unb  S).  (^r.  @trau^,  bet  bei  bent  ßeid^enbeg&ngni^  Sugegen  toai, 
aU  Slugen«  unb  DJ&renjeugc  toiberiegt  l&üt.* 

SKit  Steifet  Ifeabcn  bie  Slebncr  bie  forttoirtenbe  Ätaft  feine«  ©cniuS 
unb  feiner  SBerfe,  bie  Unftetblidfeleit  feines  Spaniens  gefeiert;  mit  3led&t 
Ifeaben  fie  fidfe  unb  bie  SrauerDerfammlung  glücflidfe  ge))rtefen  unb  ge* 
tröftet,  bofe  fie  biefen  SWann  in  ilferer  SDflitte  gehabt,  in  feiner  SBir!= 
famteit  erlebt,  erfQlferen  unb  genoffen  öaben.    ©dfet  l&egelfdfee  Sroflgrünbe! 

Sir,  bie  n)ir  am  @nbe  beS  neungelfenten  ^[Qlferlfeunbertd  flelfeen, 
fd&on  im  britten  SDflenfd&cnalter  ber  nodfelfecgelfdfeen  3eit,  bürfen  ]fein3u= 
fflgen,  »aS  bie  SHebner  nic^t  fogen  unb  felfeen  lonnten,  A)o^I  aber  bie 
6t)äteren  erfannt  Ifeaben:  bafe  §egel  nidfet  blofe  fanft,  fonbern  audfe  tDo]feI= 
jeitig  (eöxaepwc)  geworben  i^,  in  ber  DoQjien  Äraft  ber  Salfere,  ber 
SBerle  unb  beS  Stul^mS;  er  Ifeatte  bie  ilfem  Ifeifiorifdfe  geworbene  Slufgabe 
qIS  ))lfeUofo))]^ifdfeer  @<!ferift{leller  unb  Selferer  in  feinen  9Ber!en  unb  in 
feinen  SJorlefungen  t)on!ommen  erfüllt.  SRid&tS  an  i^m  toax  überlebt, 
ate  er  ftarb. 


SSiergel^nteS  ßopitel. 


L  2)ie  Don  ^egel  felbft  IfeerauSgegebenen  SBerfe. 
1.  3ena. 

®Q  toir  in  ber  ßebenSgefd&id^te  beS  5ß^iiofo))lfeen  Don  ber  ©nt* 
ftelfeung  feiner  @dferiften  unb  SBer!e  fdfeon  ausfülferli^  gelfeanbelt  Ifeaben, 
fo  finb  Ifeier  bie  un§  belannten  litterarifd^en  ä^lfeatfadfeen  nur  überfid^t- 
lidfe  unb  dferonologifd^  ju  Derjeidfenen.  @ämmtlidfee  @d^riften  fallen  in 
bie  Salfere  feiner  ßelfert^ötigfeit  3u  3ena,  Sftürnberg,  ^eibetberg  unb 
»erlin  (1801-1831), 

1.  ©iffereng  beS  gfid&te'fcifeen  unb  @d&etKing'f(^en  ©^fiemS  ber  5p]feiio= 
fopliie  in  Sejielfeung  auf  Sfieinlfeolbs  Beiträge  §ur  lei^teren  Ueberfidfet 


1  Slofenfrana.   6.  562—566.  —  «  a)otiib  &riebridj  ©ttauft:  ©ttettWriftcn 
(Xübinflen  1837).    S)ntte8  ^eft.  ©.  212  flgb. 


202  ^egeld  SOßetfe  unb  beten  ®efammtaudgabe. 

beS  SuflanbeS  ber  $I^Uo|o))]^te  bei  bem  Sfnfatige  be§  neungej^nten  2[Q]^r» 
l^unbertd,  erfled  ^eft.  2t^na  in  ber  afabemifd^en  SBud^l^anblung  bei 
©eibler  180L    SDie  »orrebe  ift  batirt;  ,,3ena  im  3uli  1801\ 

2.  Dissertatio  philosophica  de  Orbitis  planetarum.  (Pro  venia 
legendi.   Jenae  1801.)   S)ie  ^abititotion  flef^al^  am  27.  Slufluft  1801. 

3.  flritifd&eS  Sournal  ber  5piöiIofot)]^ic,  l^erauSflegeben  Don  3fr, 
2Bi(]^.  ^o]tp^  Sd^eUing  unb  @e.  SBill^elm  ^x.  ^egel.  Sfibingen  in 
ber  3.  ®.  6ottafd6en  »ud^l^anblung  1802— 1803.  ®ie  atoei  JBönbdöen 
bed  Journals,  beren  iebeS  brei  Stade  i&m  (ba§  le^te  mit  ber  ^al^reS« 
ififjH  1803)  entl^alten  ad^t  fritifd^e  9(uff&^e,  beren  ungenannte  SSerfaffer 
bie  Herausgeber  jtnb  ober  fi(j&  ate  foldde  geben.  SBon  biefen  8luffft§en 
finb  folgenbe  fed&8  in  ^egelö  SBetfe  aufgenommen  »orben,  id&  nenne 
fie  nüd6  ber  Sieil^enfolge  im  3ournai: 

1.  Sinleitung.  Uebcr  bad  Sßefen  ber  ))]^itofot)]^ifd&en  Ariti{  über- 
]^aut)t  unb  il^r  93er]§&(tnig  gum  gegenm&rtigen  Suftanb  ber 
5ß^iIofopl^ie  insbefonbere.   I.  @t.  1. 

2.  SBie  ber  gemeine  SWenfi^enöerjianb  bie  5p]^iIofo))]&ie  nel^me,  — 
bargepellt  an  ben  SBerlen  beS  §erm  Ärug8.   I.  ©t.  1. 

3.  aSerl^&Itnig  be§  ©lepticiSmuS  jur  ^l^ilofopl^ie,  3)arftellun8 
feiner  berfti^iebenen  SWobificationen  unb  SBergleiiJ  beä  neuefien 
mit  bem  alten.   I.  ©t.  2. 

4.  Ueber  ba«  »erl^aitnife  ber  9laturplöiIofot)]&ie  jur  ^pi^ilofopl^ie 
flberl^aupt.   I.  ©t.  3. 

5.  ©lauben  unb  2ßiffcn.  ®ie  3lefIeEion8t)^iIofop]öie  ber  ©üb« 
lectiDit&t  in  ber  93oIl[ft&nbig!eit  i^rer  g^ormen  ald  jtantif(^e, 
3acobifd&e  unb  afidfttefd&e  ^pi&ilofopl^ie.   II.  ©t.  1. 

6.  Ueber  bie  miffenfd^aftlidgen  SSel^anblungSarten  bed  9laturre(ibtör 
feine  ©teQe  in  ber  praftifd^en  ^l^ilofopl^ie  unb  fein  ä^erl^&ltnig 
ju  ben  pofitit)cn  3flc(6tSn)iffenfd5aften.  11.  ©t.  2.  unb  3.^ 

SßaS  bie  Dierte  ber  erftgenannten  ^l^anblungen  betrifft,  fo  M 
©d^eßing,  oon  bem  ßeipjiger  ^pi^ilofoDl^en  6^r.  ^erm.  SBeifee  über  bie 
Äutorfd&aft  befragt,  fd(irifHid&  erlldrt,  bafe  biefelbe  il^m  jufomme,  too» 
gegen  SDflicbelet  au8  bem  2Äunbe  Tegels  gel^ört  l^aben  toiff,  ba^  btefer 
bie  ©d&rift  Derfafet  l^abe.  Sie  ?lutorf(baft  ift  alfo  in  biefem  ^Punlte 
fireitig  unb  barum  fraglid&.  ®er  3luffa|  jiel^t  nun  in  ben  SBerfen 
beiber  5p]&iIofot)]^en.    3.  6.  ©rbmann  unb  §a^m  l^aben  fid&,  ieber  aus 

>  S>ie  9(uffftte  1—3  ße^cn  in«  ben  a&etlen  a9b.  XVI,  wogegen  bie  9Iuffa|t 
4—6  in  anbetex  Dtbnung  in  ben  SBetlen  SBb,  I  gu  finben  finbl! 


^egeld  SOßexIe  unb  beten  ©efammtouSfiabe.  208 

eigenen  ©rflnben,  für  bie  Stutorfdfeaft  ©(feettingS  auSgefproi^en.  ^  SRad^ 
ber  ©d^reib-  unb  2)arfteQung8Qrt  gu  uttl^etlen,  totrb  man  il^nen  itu 
jiimmen  ntflffen,  ber  ^ragc  felbji  aber  lein  »eitereg  ©etoid&t  gu- 
fd^reiben  fönnen. 

4.  ^pi^änomenologie  beS  ©eipeS.  ©^pern  ber  SDßiffenfdöaft. 
erjier  SEl^eiL  Hamburg  unb  aBflrjburg,  bei  ©öBl^arbt.  1807,*  SWad^ 
24  Salären  toar  t)on  biefem  SQBerf  eine  jtDeite  ^luflage  nötl^ig  getDorben, 
mit  bereu  SJorbereitung  §egei  furj  öor  feinem  Sobe  befd^öftigt  toar. 

2.  Sflünibetg. 

Sa3iffenfd&aft  ber  ßogif.  ©rfler  X^eil:  S)ie  obiectit)e  ßogü. 
@rfte  Slbtl^eilung:  2)ie  Seigre  Dom  ©ein.  3tt)eite  Slbt^eilung:  S)ie 
ßel^re  Dom  SBefen.  SRflrnberg  1812.  3toetter  SEl^eil:  ®ie  fubjectiDe 
8ogi!  ober  bie  ßel&re  Dom  Segriff.  SRürnberg  1816.  S)ie  SBorrebe 
Sum  erjlen  Sl^eil  ip  batirt:  5Rürnberg  ben  22.  SWftra  1812,  bie  gum 
gtoeiten:  9lflrnberg,  ben  21.  3uU  1816.' 

^egel  toar  mit  einer  neuen  Auflage  biefeS  feineg  gioeiteu  ^aupt« 
loer!8  befdgäftigt,  aU  ber  S£ob  bie  (Jfortffil^rung  unterbrad^.  2)ie  93or- 
rebe  gu  ber  neuen  $[uflage  beS  erften  93udg8  ber  ßogi!  toar  lool^l  feine 
le^te  ben  SDßerfen  angel&orige  ©d6rift,  fie  ifi  batirt  „SBerlin  ben  7.  SRo« 
Dember  1831".    6ine  S&oi^t  Dor  feinem  SEobe. 

3.  ^etbelberg. 

1.  (Snc^üopAbie  ber  ))]^iIofot)]^ifdgen  Siffenfd^aften  im 
©runbriffe.    3um  ©cbraud^  feiner  SJorlefungen.* 

S)iefe8  SBerl  ]§at  Dier  Sluflagen  erlebt.  §egelg  SBorrebe  gur  erfien 
iji  batirt  „^tihzlbtxi  im  5Dtai  1817",  gur  gioeiten  (gel^n  Saläre  ft)atcr): 
^Serlin  ben  25.  SWai  1817",  gur  britten:  „Serlin  ben  19.  ©ep« 
tember  1830";  bie  Dierte  unDcrftnberte  Sluflage  l^at  9iofen!rang  Deran= 
paltet  unb  mit  einem  JBortoort  Detfel^en:  „ÄönigSberg  ben  29.  Dc= 
tober  1844". 

2.  „Ueber  fjr.  3acobi8  SBerle,  britter  Sanb.  ßeipgig,  bei  ©.  ®er= 
^arb  5Ieifd&er  bem  jüngeren  1816."  ^eibelbergifd^e  3a5rbüd6er  ber 
ßitteratur  1817.^ 


1  3o^.  (B.  (Erbmann:  SSetfu^  einer  miffenf^aftli^en  S>arftell[unfl  ber  d^ef^. 
ber  neueren  ?J|iIofot)iie.  DI.  2.  fLbt^.  (ßeiwig,  SSogel,  1853.)  6.  693  fiflb.  — 
91.  ^a^m:  ^egel  unb  feine  Seit  (SBerlin,  Gaertner,  1851.)  SSorlefung  VII.  6.  495. 
-  2  »gl.  oben  €(0).  VH.  ©.  68-70.  —  '  «benbaf.  (lap.  VII.  6.  81  Pflb.  — 
*  Cbenbaf.  (&ap,  IX.  6. 101  flgb.  —  »  mwc  biefer  «uffa^  über  Sacobi  tjl  üon 


204  ^egeU  äDerle  unb  beten  ©efammtauSgabe. 

3.  SBrudöflüdfc  ber  im  ®ru(f  ctfd&ienencn  aSerl^anblungen  in  bcr 
Setfatumtuttg  ber  SanbfiSnbe  beS  Aönigtetd^d  SQßfirttemberg  im  ^aJ^re 
1815  unb  1816. 1.  —  XXXHI  «bt^.  ~  ^eibelbergifd&c  Stal&rbüd&er  1817.^ 

4.  a3erlin. 

1.  ©runbUnicn  bcr  5p]^iIofot)^ic  bc8  Sied^ts  ober  3latnx' 
rcd&t  unb  ©toatgtoiffenfd&aft  im  ©runbriffe.  SBcrlin  1821. 
S)ie  aSorrebe  ifi  botirt  .»erKn  ben  28.  3uni  1820".« 

2.  Sd&t-auffä^e  in  ben  SQl^rbüd&ern  für  toiffenfd&aftlid&e  Äritil 
aus  bem  3a^re  1827—1831. 

1.  9lecen{ton  Don  „Ueber  bie  unter  bem  Flamen  ä3]^a8at)ab=®itQ 
be!annte  (£))tfobe  beS  SDlal^abl^arata;  Don  9B.  D.  ^umbolb, 
»erlin  1826".    Sal^rbüd&er  für  loijfenf^af«.  Äritif.     1827. 

2.  lieber  „©olger 8  nad^gelaffene  @d^rtften  unb  »riefmed^fel. 
^eraujSgegeben  Don  Subioig  %xtä  unb  f^riebrtd^  Don  IRaumer." 
ebenbof.  1828. 

3.  Ueber  „^amannS  ©dftriften,  l^erauSgegeben  Don  {Jriebrid6  9lot^. 
Vn  SE^eile.  Serlin  bei  Sfteimer  1821—1825."  gbenbof.  1828, 

4.  Ueber  ..Slpl^oriiSmen  über  9lid&tn)if[en  unb  obfoluted  Sßiffen  im 
Sßerl^dltnig  gur  d^riftlidgen  ©laubenSerlenntnig;  Don  Statt 
gfriebri*  ® I".    gbenbaf.  1829. 

5.  SRecenfton  bcr  ©d^rift:  „Ueber  bie  l^egelfci^e  ßel&re  ober  abfo* 
lutciS  SStffen  unb  mobemer  ^ant^eismud".    Sbenbaf.  1829. 

6.  Slecenfion  ber  ©d^rift:  „Ueber  ^]§iIofot)]^ie  flbcrl^QUpt  unb 
Tegels  Snc^flopäbie  bcr  ))]^tIofo))]^if(!ben  SBiffenfd&aften  indbe« 
fonbere".  Sin  SSeitrag  jur  Scurtl^cilung  ber  legieren;  Don 
D.  Ä.  g.  ©(^ubari^  unb  D.  ß.  21.  ©arganico.  (Sbenbaf.  1829.« 

7.  Ueber  ^3)er  abealrealiSmuS.  (Srfter  Sl&cil.  SSon  D.  Sllbert 
ßeopolb  3uKuS  D^Iert."     gbenbaf.  1831. 

8.  SRecenfton  ber  ©d&rift:  „Ueber  bie  ©runblage,  ©lieberung 
unb  Seitenfolge  ber  SBeUgefd^id^te.  3)rei  Vorträge,  gehalten 
an  ber  ßubü)ig'9DlaE=UniDcrfität  gu  SKünd&en;  Don  3.  ©orre»/ 
ebenbaf.  1831. 

^egel,  nidjt  aber  ber  über  3acobtÄ  SBetfe  »b,  I.  (^etbelbergiWe  Sa^rb.  1813), 
ber  irrt^flmli^  in  bie  Ausgabe  ber  S&exfe  ^egeU  (9b.  XVI)  aufgenommen  toorben 
iß.    34  bitte,  bemgemftg  bie  obige  Angabe  (6. 105—106)  gu  dnbern. 

»  6.  oben  ddp.  IX.  6.  105-107.  Cbenbaf.  €ap.  IX.  6.  107— II«, 
—  «  übenbaf.  €ap.  XL  ©.  142—145.  —  »  »gl.  über  bie  3—6  genannten  Slecen- 
flonen  oben  Co»).  XIII.   6. 181-188. 


$cgcU  90er!e  unb  bereit  (Befammtaui^gabe.  205 

3.  Uebcr  bie  englif^e  gtcformbtll.  Mitmüm  preufetfd^c  Staat«- 
gcitunfl  1831.  ^icr  crfd&ien  toegcn  jjctDijfct  eenfurfd&toierigfeiten  nur 
bcr  crfie  SEl&eil  bt^  äuffa^eS,  her  t)ottfiftnbi9  etji  in  bcr  ®efammtau8== 
gäbe  bet  SBerfc  Sb.  XVII  abgcbrurft  tourbe. 

n.  2)ie  ©efamnttauSgabe. 
1.  ^ie  Aufgabe. 

®Icid6  nad&  bem  Sobc  ^cgcls  t)ercint9ten  jtd&  feine  Serlinet 
gfreunbe  unb  ©d&üter  gur  SBeranfiattunfl  einer  t)oIIfianben  SluSgabe  ber 
©d&riften  beS  SUleifierS,  toorin  bie  fd^on  gebrudften  (ginjeltocrfe  unb 
Sluff&^e  gefammelt,  bie  nad^gelaffenen  SBerle  an  baS  Sid^t  treten  unb 
baS  ©anje  fo  eingerid^tet  unb  georbnet  fein  foffte,  ba§  fotool^I  bie 
d^ronologtfd^e  al§  aud^  bie  f^ftentatifd^e  Sleil^enfolge  aur  ©eltung  !&nien. 
3n  ben  ))ter  gebrud(ten  ^auptaerlen,  ^^änomenologte  beS  ©eifteS,  Sogt!, 
@nc^I(o))ftbie  unb  Sted^tSpl^tbfopl^ie,  toar  bie  ^ifiorifd^e  Ofolge  audb  bie 
fQ{tematif(%e.  2)te  naddgekffenen  SQSerfe  beftanben  in  ben  fdgriftlid^en 
3lufieid&nungen  ber  ßel^rborträge  tl^eitfi  i)on  ber  ^anb  beS  3Jleifler8, 
tl^eite  in  auSerlefenen,  BefonberS  braud^baren  SRadöfd^riften  t)on  ber 
§anb  ber  3uprer.  ®ie  (^ronologifd&e  Sieil^enfolge  biefer  SBorlefungen 
in  l^anbfd&riftlidöer  ©cflalt  tDar:  ©efd^ic^te  ber  ^pi^ilofopl^ie,  Slefll^etif, 
9leIigtonS))]^iIofo))]^ie  unb  $]^iIofo))]^ie  ber  ©efc^id^te.  9lad^  §egel  bilbet 
ben  erften  S^^eil  beS  @^{temS  ber  SBiffenfd^aft  bie  $l^ftnomenologie  beS 
©eijieS,  ben  jtoeiten  bie  ßogif  unb  5Dteta})l§^fif,  ben  brüten  bie  SRatur- 
unb  ©ei}ieS})]^ttofot)]^te;  bie  le^tere  aber  gliebert  fid&  ttieberum  in  brei 
Xl^eile  ober  ©tufen:  fie  ift  aU  bie  2Biffenfd&aft  öom  fubj[ectit)en  ©eiji 
Slntl^ropologie  unb  $f^d^ologie,  als  bie  3Biffenf(^aft  Dom  obiectit)en  ©eifl 
9ledgt§=  unb  StaatSpl^ilofopl^ie  unb  ^l^ilofopl^ie  ber  SBeltgefd^id^te,  als  bie 
SQBijfenfdöaft  öom  abfoluten  ©eiji  Slefi^etif  ober  Äunfi))]^ilofo))l^ie,  afle= 
IigionS))]^iIofo))]^ie  unb  ©efd^i^te  ber  $l^iIofo))]^ie.  2)ie  Slaturpl^ilofopl^ie, 
unb  2lntl&ro<)ologte  (^Jf^d&ologie)  l^at  §egel  nur  in  ber  ®nc^fIo})ftbie 
auSgefül^rt. 

©iefer  Stnorbnung  gentftfe  ntufete  fid&  bie  ©efammtauägabe  ber 
SBerle  geftalten  unb  gliebern. 

2.  2)te  herausgebet  unb  bie  ICuSgabe. 

3ur  §erfiellung  berfelben  l^atten  ftdö  fieben  ©elel^rte  bereinigt, 
fftnimtlid&  legete  greunbe  unb  ©d^üler  unb  mit  Sluönal^me  beS  erften  unb 


206  ^egeU  äBetle  unb  beten  ®efammtau8gaBe. 

legten  anä)  feine  goKegen:  Sol^anneS  ©ci^uljc,  5pi§tlipp  Sölarl^etncfe, 
Sbuatb  ©ans,  Seopolb  Don  Henning,  ^einrid^  ©ujlat)  ^oil^o,  Aatl 
ßubtoig  aJlid&cIet  unb  gfriebrid^  fjörfter,  lauter  unS  tool&lbefünntc  ®e= 
ftalten.  2)er  ©eneraltitel  l^ieg:  »©eorg  äßil^etm  (Jfriebridg  ^egelS 
äBetle:  SSoDflSnbtge  SluSgabe  butd^  einen  ä^etein  Don  f^teunben  beS 
SSetetoigten:  (folgen  bic  peben  Flamen  in  bet  obigen  JReil^enfoIge).'' 
3ebeiS  2;itelblait  fäl^rt  aU  aRotto  bas  iDol^Igetoa^Ite  fopl^oHeifd^e  SBort: 
TaXT)*§(;  isl  TcXstatov  lo^osi  Xö^oo.^  ®te  3lu§gabe  etfdöien  ini  SSer« 
läge  Don  3)un(!er  unb  ^umBTot  ju  93erlin. 

3)ie  Herausgeber  Ratten  fid^  in  bie  9(rbeit  fo  getl^eilt,  ba| 
3.  ©dftulje  bie  ^pi^änontenologie,  SDlarl^cinele  bic  SBorlcfungen  über  bie 
5leKgion8rtiIofo))]^ie  nebfl  einer  ©d^rift  über  bie  ffletoeife  Dom  ©afein 
©otteS,  ©ans  bie  fRed^tSpl^ilofopl^ie  unb  bie  SSorlefungen  über  bie  ^l^i» 
lofopl^ie  ber  ©efd^id^te,  Henning  bie  SBiffenfd^aft  ber  ßogü,  ^otl&o  bic 
SDorlefungen  über  bie  ^[efl^eflit,  ^Jlid^elet  bie  ))]^ilofo))]^if$en  ^]^anb= 
lungen  unb  bic  93orIefungen  über  bie  ©efiigid^te  ber  $]^i(ofo))]§ie,  Henning, 
SDlid^elet  unb  ßubtoig  93ountann  bie  @nc^ßo))&bie,  f^örfier  unb  93oU' 
mann  bie  Dermifd^ten  6d&riften,  unb  fiarl  Siofenlrana  bie  pl^ilo^ 
fopl^ifd^e  ?Jrot)räbeuti!  (au8  ber  nürnberger  Seit)  l^erauSgaben,  ®te 
©ammtung  jöl^tt  ad^tgel^n  Sönbe  unb  erfc^ien  in  einem  Seitraum  Don 
ad6t  Salären  (1832—1840).  SJa  aber  bie  brei  Seile  befi  SBanbeS, 
totlä^tx  bie  ä^orlefungen  über  bie  Sleft^eti!  entl^ielt,  ebenfo  gut,  loie  bie 
beiben  Steile  ber  SReligionSpl^ilofopl^ie  unb  bie  brei  Sl^eile  ber  ©e- 
fd&id&tc  ber  5p]&iIofot)]&ic  l^dtten  35 a übe  fein  unb  l^eifeen  !önnen,  fo  be= 
lief  ftd^  bie  ©ammlung  ber  ©töge  nad&  auf  jtoangig  93dnbe,  tooju 
bie  SSriefe  Don  unb  an  §egel  in  jwei  SSönben  (XIX  1.  unb  2.)  unb 
Hegels  ßebenSgefc^i^te  Don  S^ofenfranj  nebfl  ben  angel^ängten  Ur!unben 
als  „©ut)plementbanb"  gefügt  tourben. 

3n  bem  legten  Saläre  beS  genannten  S^itraumS  finb  bie  9led&tS* 
})^iIofop]&ie,  bie  SSortefungen  über  bie  ^piftilofopl^ie  ber  ©efd&id&te,  über 
bie  SleligionSpl^ilofopl^ie  unb  über  bie  ©efd^id^te  ber  ^l^ilofopl^ie  in 
jtoeiter  Sluflage  erfd&ienen  (1840).  ®er  ^ttan^tUr  ber  atociten  ?luf« 
läge  ber  SBorlefungen  über  bie  5p]^Uofo))5ie  ber  ©efd^id^te  toar  ber 
HiPorifer  Äarl  H^ß^I- 


^  2)a8  SBort  fie^t  im  9(n^angc  autn  SflotiUgtum  beS  ©tobttul».  fSitintdt, 
9(u8g.  bed  Stobaeus  IV,  pg.  242,  A.  Kauck :  tragicorum  Graecorum  fragmenta, 
pg.  244. 


^egeU  U&txU  unb  beten  GefammtauSgabe.  207 

93on  biefen  gmongig  93änben  fomtnen  neun  auf  Me  93orlefungen, 
unb  tDenn  man  bie  ))^iIofop]^ifd^e  $ro))äbeuti{  baju  red^net,  gel^n,  fo 
bag  bie  ^ftlfte  bed  ©anjen  in  ben  nad^gelaffenen  SBer!en  befielet. 

®ie  ^Reihenfolge  ber  SBönbc  i|i  biefe:  93b.  I  5p]öiIofo))]^if(ie  2l6r 
l^anblungen,  SSb.  11  ^ßl&änomenologie  beS  (BeipeS,  a3b.  III— V  bie  SQBi|fen= 
f(i&aft  ber  ßogÜ,  SSb.  VI  unb  VII  (1  unb  2)  bie  (gnc^Hopdbie,  Dermel^tt 
butd^  Sufä^e  unb  SluSfü^rungen  aus  ben  93ortefungen  unb  ^eften, 
a3b.  Vm  bie  dtt^ÜpVi\o\t)p^k,  a3b.  IX  bie  SBorlefungen  über  bie 
?p]&iIofo})]Öie  ber  ©efd^id^te,  SSb.  X  in  brei  Xl^eilen  bie  SBortefungen  über 
bie  Sleftl^eti!,  SBanb  XI  unb  XII  bie  JBortefungen  über  bie  9leIigion8= 
gefd&id&te,  S9b.  XIII— XV  bie  Sorlefungen  über  bie  ©efd&id&te  ber 
5ß^iIofo})^ie,  SSb.  XVI  unb  XVII  »ermifd&te  ©d&riften,  SSb,  XVIH  bie 
))]^i{ofop]^ifd6e  ^ropAbeutil. 

6«  ift  3U  tabeln,  baß  ^egelS  ^abilitationSfd^rift  De  orbitis 
planetarum  erft  im  XVI.  SSanbe  fielet  fiatt  im  erften  an  erfter  ober 
3tt)eiter  ©teile.  SBarum  liegen  in  ber  ©efammtauSgabe  ber  9ßer!e 
Tegels  merjel^n  93önbe  gmifd^en  bem  erfien  ä3anbe  unb  ber  erfien*@(i&rift 
Tegels?  @§  ifl  aus  bemfetben  ©runbe  ju  tabeln,  bag  t)on  ben  Regeln 
gugefd^riebenen  Sluff&^en  aus  bem  iritifd^en  Journal  ber  ^^ilofopl^ie 
bie  brei  legten  in  SBanb  I  unb  bie  brei  erfien  in  SSanb  XVI  ber  ©e= 
fammtauSgabe  gu  tefen  flel^en.  ^[ud^  n)ürbe  eS  rid^tiger  gemefen  fein, 
mnn  man  bie  (Snc^Kopöbie,  tDie  biefelbe  in  3.  Sluftage  aus  ^egels 
Ie§ter  §anb  l^erDorgegangen  ift,  ol&ne  3ufft|e  unb  JBermel^rungen  Don 
fecunbftrem  SBertl^,  in  bie  ©efammtauSgabe  als  SSb.  VI  eingereil^t  l^ötte. 

III.  ®ie  Quellen  gur  SluSgabe  ber  SBorlcfungen. 
1.  2)te  $l^trofot>^ie  ber*  ©ef^i^te. 

Ueber  bie  ^l^ilofopl^ie  ber  ©efci^id^te  l^at  ^egel  erft  in  93erlin  93or- 
lefungen  gel^alten  unb  gtoar  in  bem  3eitraum  t)on  1822—1831  aKe 
gtoei  3a§rc  to&l^renb  beS  SBinterS,  im  ©angen  alfo  fünfmal;  er  l&at 
baS  erftemal  breiDiertel  feiner  3eit  auf  bie  Einleitung  unb  ßl^ina  Der» 
toenbet,  er  l^at  baS  le^tcmal  (im  Saläre  1830)  eine  förmlid^e  2luS= 
arbeitung  ber  Einleitung  begonnen  unb  breiöiertel  bat)on  auSgefül^rt 
(73  ©eiten  Don  98),  toeld&eS  ©tüdt  als  ein  ^tQA'\iftx  2orfo  um 
toer&nbert  in  bie  SluSgabe  aufgenommen  tourbe. 

®er  Herausgeber  ber  erfien  Sluflage  (©ans)  l&at  als  Quelle  gtoeiten 
SRangeS  bie  nad&gefd&riebenen  ^efte  Don  3.  ©d^ulge,  ^otl^o,  SBerber, 
^eimann,  Aarl  ^egel  unb  beS  Hauptmanns  Don  ©rieSl^eim  benü^t, 


208  Tegels  SBetle  unb  beten  ®efammtauSgabe. 

eines  auftnerlfamen  unb  fleißigen  Sul^öretS,  ber  forgfSlttge  unb  6taud^- 
bare  $efte  nadbfd&rieb,  bte  t)on  ben  ^erauSacbern  »icbetl^olt  unter  ben 
^ülfSquetten  genannt  »erben,  ©an«  l^at  pdö  befonberfi  nad&  ben  5Bor^ 
tefungen  in  le^ter  ©eflalt  (1830—1831)  gerid&tet.  * 

2)a  aber  in  ben  frfil^eren  Sal^rg&ngen  ber  ^l^itofopl^ifd^e  S^a« 
ra!ter  ber  SBorlefung  ntel^r  entioidelt  unb  auSgefül^rt  toar,  in  ben 
fpütercn  bagegen  ber  ]§iftorifd&e  €^arafter  ober  bie  erjül^Ienbe  Sar« 
fteDung,  fo  l^at  naäi  ®and'  Sobe  (1839)  ber  Herausgeber  ber 
jmeiten  Sluflage,  Aarl  §egel,  in  genauem  ^Infdglug  an  bie  eigen- 
l^&nbigen  Slufseid^nungen  feine«  9}ater«  betbe  2)ar{teIIung«arten  gu  er- 
gangen unb  namentlid^  gelüiffe  SluSbrfide  ber  erflen  in  il^rer  urfprflngs 
lid&en  Äraft  unb  gfrifd&c  toteberl^erauftetten  gefud^t,  toa«  aud6  3.  ©d&ulje, 
Henning  unb  ^oif)o,  gleid^fant  fein  S^l^orat  in  ber  S3earbeitung  ber 
}tDeiten  Sluflage,  gebilligt  l^aben. 

.  3tt  feinen  JBorlefungen  über  bie  Jßl&ilofoplöie  ber  ©efd&idöte  l^at 
H^gel  bie  gleiij^e  n)öd^entlid^e  ©tunbenaal^I  aufgetoenbet  al«  }u  feinen 
SSorlefungen  über  bie  $[eftl^eti!;  betbe  SSorlefungen  finb  in  il^ren  manb» 
lid^en  9lu«fü^rungen  gleid^  gro§.  SBenn  man  fie  aber  in  ben  gebrudKen 
5lu«gaben  Dergleid&t,  fo  finb  bie  SJortefungen  über  bie  Slefil^etif  fafl 
breimal  fo  groB  at«  bie  über  bie  ^l^ilofopl^ie  ber  ©efci^id^te:  bie 
©eitenjal^I  biefer  (»b.  IX)  belauft  ft(i§  auf  547,  bie  ©eitenjal^I  jener 
(SBb.  X  in  feinen  brei  Slbtl^eilungen)  auf  1593.  Hieran«  erl^ettt,  bafe 
ber  t^ortgang  in  ben  SSorlefungen  über  bie  ^l^ilofopl^ie  ber  ©efd^id^te 
toeit  langfamer,  bie  S)etaiQirung  unb  ©Keberung  toeit  geringer,  bte 
SBieberl^oIungen  ineit  jal^Ireid^er  gemefen  ftnb  al«  in  ben  SSorlefungen 
über  bie  STeftl^etil. 

2.  S)te  9[efi]^etif  ober  ftunftp^Uofop^ie. 

^ä^  mU  e«  fogleid^  ]^ert)or]^eben,  bag  unter  allen  SluSgaben  ber 
l^egelfd^en  SBortefungen  biefe  bie  Dorjüglid^fte  unb  befie  i%  3laS^ 
feiner  lünfHerifc^en  3)enl=  unb  ©eifle«art,  »eldöe  bie  @olger=3;iedf'fd6e 
unb  ^tid]i^z  ^nfd^auung«toeife  in  fid^  Dereinigt,  l^at  H^tl^o  ftd^  ju 
feiner  Slufgabe  Derl^alten,  loie  ein  treugefinnter  Sleftaurator  }u  einem 
alten  ©emdibe,  ganj  Derfenft  in  ba«  SBerf,  ganj  erfüllt  Don  bem  SBe« 
fireben,  in  ber  H^^^^ung  nid&t«  Don  fid&  felbfi,  nidftt«  Don  feinen 
Hin^ufügungen  unb  Slenberungen  mer!en  gu  taffen.  @r  fal^  in  ben 
eigenl^dnbigen  Slufjeid^nungen  ^tQtU  bie  Sügje  Don  ber  H<^ii^  ^^ 
äUeifter«,  in  ben  nad^gefd^riebenen  Haften  9lu«fü]§rungen  Don  ber  ^anb 


Tegels  SQßctfe  unb  beten  d^efammtauSgabe.  209 

bet  ©d^fiter,  dlaäjlbxlhtx,  in  benen  bte  Süfle  unb  ber  $u{8fd&lag  beS 
fieben«  erlofd^en  toatcn,  unb  bie  ftd&  gu  bem  Silbe  bcr  toirHid&en  5Bor- 
lefungen  Detl^ielten,  mie  bie  SobtenmaSfo  junt  ^ortrdt. 

^udg  über  bie  ^eftl^etil  Igat  ^egel  fünfmal  gelefen:  }uerft  in 
^eibetterg  »ftl^tenb  beö  Sommers  1818,  bie  folgenben  mole  in  SBerlin 
in  ben  @ommer)emeftern  1820,  1823,  1826  unb  gute^t  im  SBinter 
1828/29.  2)ie  frül^efle  l^anbfd^riftlid^ie  Sufaeidgnung  aus  bem  Saläre 
1818,  tool&l  f$on  in  SHümberg  enttoorfen,  paragrapl^ifd^  georbnet  unb 
au  3)ictaten  beflimmt,  toie  audg  bie  3[n!ünbigung  ber  3(efl^eti{  im 
^eibelberger  ßectionS))erjei4)nig  befagt\  toaren  in  ben  Slugen  ^egetS 
veraltet,  ote  berfctbe  in  Serlin  bie  Äejil&etil  jum  Stoecf  feiner  SBor» 
tefungen  im  ©ommer  1820  ganj  bon  SReuem  bearbeitete  unb  bie  Sluf- 
aeidgnungen  mad^te,  toeld^e  bie  fortbeftdnbige  ®runb(age  aKer  fotgenben 
93orIefungen  geblieben  ftnb  unb  bie  ^auptqueffe  unferer  9{uSgabe  auS= 
mad&en.  SJie  Sinleitung  ift  ft^lifirt,  bas  Uebrige  bejiel&t  jum  größten 
£l^eil  in  (atonifd^en  AerniDorten,  {urgen,  unjufammenl^&ngenben  @&^en, 
baju  Eommen  Don  ^al^r  a^  Sal^r  gel^&ufte,  bunt  burd^einanber  ge- 
fd^riebene  Stanbanmerfungen  mit  Seid^en,  bie  balb  Don  oben  nad^  unten, 
balb  Don  linlS  nad^  re^tS  toeifen  unb  eine  augenbli(ftid^e  Orientirung, 
toie  fie  ber  Seigrer  auf  bem  Aatl^eber  nötl^ig  l^at,  redgt  erfdgtoeren. 
®ie  abftnberungen  au8  ben  Salären  1823,  1826,  1828/29,  toeld&e 
tt)efentU(^er  Slrt  finb,  jiel&en  auf  einjelnen,  beigefügten  SBIdttern.  3n 
ben  3a]&ren  1823—1827  Ht  §egel  auf  feiner  ^öl^e;  e«  ifl  bie  ge» 
]&attrcid6|ie  3eit  aud&  in  ber  fortfd&reitenben  ©urd^arbeitung  feiner  JBor« 
lefungen;  ber  SBertl^  unb  bie  93ebeutung  ber  ©egenft&nbe  erl^öl^t  fidg 
in  feinem  ©etft,  fo  oft  er  fie  Don  9leuem  burdgbentt  unb  bearbeitet. 
S)ie8  gilt  namentlid&  unb  DorgugStoeife  Don  ber  3lep]^etif. 

SltS  ^ülfSqueQen  bienen  aud^  l^ier  bie  nad^gefd^riebenen  ^efte: 
aus  bem  Saläre  1823  l^at  ^otl^o  fein  eigenes,  auS  bem  3a]^re  1826 
l^at  er  gur  93enu^ung  bie  ^efte  Don  ©rieSl^eim,  bem  9leferenbar  SBolf 
unb  bem  3)id&ter  ©tiegli^,  aus  bem  SBinter  1828/29  bie  Don  Sruno 
JBauer,  5Profeffor  S)ro^fen  unb  ßicentiat  S5at!e. 

S)er  ä^erein  ber  Herausgeber  ]§atte  ber  SQßelt  Derfprod^en,  ba§  in 
ben  SSortefungen  Sßort  unb  SluSbrud  fo  gefaxt  toerben  foQten,  toie 
fie  bem  ©inn  unb  ©eijie  beS  SSerftorbenen  am  meijien  entft)rftd^cn.  6s 
fönten  bie   l^egelfd^en   SSorlefungen   nid^t   bto§    in    gebrudHe  99üd^er 


>  @.  oben  (&Qp.  IX.  6. 104  KnmYg. 
9t f 4 er,  «ef4.  b.  V^ilof.  vni.  91.  «.  U 


210  $egeU  aOS^erfe  unb  beten  d^efammtauSgabe. 

t)eTiDanbett  mxbtn,  fonbern  in  SBfld&er,  ioeldge  ft)red^en;  unb  )tt)Qr  fo 
fpred^en,  tute  ^egel  felbfi,  bet  anä^  anberiS  gefpro(^en  afö  gefd^tteben 
l^atte,  bamit  feine  el^entaligen  3u]^5rer  il^ren  Sekret  &>iebererlennen,  bie 
neuen  Sefer  aber  ben  ^l^ilofopl^en  nidgt  blog  lefen,  fonbern  aud^  l^5ren 
follten.  SWorl^einele  unb  SWid&elet  l^aficn  in  ben  SSorreben  tl^rer  3Iu8floben 
fid&  auf  biefeS  SSerfpred&cn  berufen,  um  il^r  SSerfal^ren  au  bcflrünben.  ^otl&o 
]§at  biefe  $[ufgabe  ber  SBieberbelebung  unDertoanbt  Dor  ^ugen  gel^abt  unb 
auf  baS  ®Ifl(!(idgfle  gelöfl.  @S  toar  il^nt  nidgt  barunt  gu  tl^un,  bem 
l^anbfdgriftlid^en  unb  nad^fd^riftlii^en  97lateriat  ber  l^egelfd^en  äJorlefungen 
Aber  bie  Slefil^etil  burdg  ©t^Iiftrung  einen  bu(!^li(]^en  ^axaltti  gu 
geben,  looburd^  niii^tö  anberes  }U  @tanbe  getommen  toiu,  aü  ein 
tobteS  93udg;  aud^  nidgt  barum,  burd^  9lad&befferung  in  Slnfel^ung  ber 
©lieberungen,  ber  ©eift)iele  unb  ber  Uebergftnge  u.  f.  f.  getoiffe  innere 
©ebred^en  gu  l^eilen  (toie  ntand^e  iDoQten),  looburdg  lein  beffereS  93udg 
entflanben  n)Sre,  lool^I  aber  ein  tobteS  unb  ein  falfci^eS  gugleidg:  audb 
bie  ä^erdnberungen,  &>o  fte  notl^ioenbig  fd^ienen,  fofften  bem  €inn 
unb  ®eifl  ber  l^egelfd^en  SSorlefungen  angepaßt  unb  eingefügt  totxbtn 
bamit  ba$  93ud&  lebe  unb  ft)red&e,  bem  Original  dbnlid^,  nur  befreit 
Don  ben  3nf&ni gleiten,  toeld^e  ber  münbtid^e  SSortrag  mit  ftd^ 
bringt.  3u  biefem  3tt>edE  mufete  an  mand^en  ©teilen  bie  Slnorbnung 
bed  @toff8  fiberftd^tlid^er  unb  Harer  geflaltet  toerben.  „Sßer  aud^  l^ierin 
ein  Unredgt  feigen  loiQ",  fagt  ber  Herausgeber,  „für  ben  neig  idb  gut 
Sid^erfteKung  nid^tS  aU  eine  breigel^nt&l^rige  93ertraut^eit  mit  ber 
l^egelfd^en  ^l^itofopl^ie,  einen  bauernben  freunbfd^aftlid&en  Umgang  mit 
il^rem  Url^eber  unb  eine  noci^  in  nidgtiS  gefd^io&d^te  Erinnerung  an  bie 
9hlancen  feines  93ortragd  entgegengufe^en."  „3Rtxn  §au))taugenmer{ 
toar  barauf  gerid^tet,  bem  aus  f o  vielartigem  97lateriat  mfi^fam  gufammen« 
gefteOten  Se^t,  foioeit  eS  biefe  SHebactionStoeife  forberte  unb  baS  ©Ifld 
es  gulieg,  bie  @eete  unb  innere  Sebenbigleit  toxthtx  eingul^aud^en, 
n)elc^e  fid^  burdg  alles  l^inburd^gog,  toaS  ^egel  fagte  unb  fdgrieb/ 
,,9Ser  bem  eigentl^fimlid^en  Vortrage  ^egels  I&ngere  3eit  mit  Sinftci^t 
unb  ßiebe  gefolgt  ifi,  toirb  bie  SBorgflge  beffelben,  aufeer  ber  2Rad&t 
unb  gfflQe  ber  ®ebanlen,  l^auptf&d^lidg  bie  unftci^tbar  burdg  baS  ®ange 
l^inburd^leud^tenbe  Sß&rme,  fotoie  bie  ©egentoArtigleit  ber  augenblids 
ltd6en  Steprobuction  anerlennen,  aus  ioel(^er  fid§  bie  f(^&rffien  Unter« 
fdgiebe  unb  Dollften  SBieberDermittlungen,  bie  granbiofeften  Slnfdgauungen, 
bie  reidgflen  Singell^eiten  unb  loeiteften  Ueberfidgten  glei(!^fam  in  lautem 
©elbftgefprdd^  beS  ftdg  in  ftd^  unb  feine  SSal^rl^eit  Dertiefenben  ®eifteS 


Tegels  SBcrfe  unb  beren  d^cfammtauSgabe.  211 

etgeugten  ttnb  gu  ben  Hetnfien,  in  t^ren  (Seiool^nl^eiten  immer  bod^ 
neuen,  in  il^ren  9[bfonbetHd^!eiten  immer  boäi  el^riDfirbigen  unb  altei= 
tJ^fimUdgen  Sorten  t)er!5rt)erten.  9(m  tounberbarften  aber  xoaxtn  jene 
erfd^flttemb  gttnbenben  S3Ii^e  beS  ®enieS,  ju  benen  ^6^  meifl  unerlDariet 
Tegels  umfaffenbfte«  ©eftfl  concentrirte  unb  nun  fein  SieffteS  unb 
Heftes  au^  innerftem  ©emütl^e  ebenfo  anfd^auungSreid^  a(d  gebanlenRor 
fflr  bie,  n)eldge  il^n  gang  gu  foffen  befai^igt  n)oren,  mit  unbefdgreibbarer 
SBirlung  auSfprad^.  S)ie  ^ugenfeite  bes  SJortragS  bagegen  blieb 
nur  für  fotd^e  nid^t  l^inberlidg,  benen  fie  burdg  langeiS  ^5ren  bereits 
fo  fel^r  gur  ©etool^nl^eit  geU)orben  tt)ar,  bag  fte  nur  burd^  Seid^tig!eit, 
@{ätte  unb  eteganj  fid^  tDfirben  geftört  gefunben  l^aben/^ 

8.  S)tc  9^t(ofot>(te  ber  9leUgion« 

Sin  ]§albes  Stal^r  nad^  bem  Xobe  ^egeld  l^at  SRarl^einele  fd^on 
bie  ä^orrebe  }u  feiner  9lui$gabe  ber  SSorlefungen  Aber  bie  $]^tfo[o))]^ie 
ber  gieligion  untergeidftnet:  ^^»erttn  ben  6.  SWai  1833",  »innen  Sa^re^ 
frifl  erfd^ien  biefc  Ausgabe  in  il^ren  gtoei  ȟnben  (XI  unb  XII);  pe 
mar  bie  erfle  auf  bem  Pa^  ber  ©efammtauSgabe  ber  SBerle;  binnen 
3a]&re8frifi  erfdftienen  audfe  bie  beiben  Sönbe  ber  „gtoeiten,  t)erbeffertcn 
aufläge"  (1840). 

^egel  l^at  Aber  bie  9fleligii)n§))]^ilofo))]^ie  erft  in  93erlin  SSorlefungen 
gel^alten  unb  gioar  biermal  in  bem  Sal&rgel^nt  öon  1821—1831, 
toöl^renb  ber  ©ommerfcmefler  1821,  1824,  1827  unb  1831.  ®ie 
eigenl^&nbigen  Sufgeidgnungen  ^egels  flammen  aus  bem  ^al^re  1821; 
ber  Hauptmann  Don  ©rieSl^cim  l^ot  fein  nad^gefd^riebeneg  §eft  (1824) 
abfc^reiben  laffen  unb  bie  Sbfd&rift  Regeln  gum  ©efd^enf  gemad&t,  ber 
fie  mit  3ufft|en  Derfel^en  unb  auf  bem  flatl^eber  gebrandet  l^at  (1827). 
S)affelbe  gilt  Don  bem  ^eft,  toeldgeS  SRe^er  auS  ber  @d^toeig  nadg- 
gefd^ricben,  unb  beffen  il^m  gefd^enlte  Slbfd&rift  ^egel  ebenfattS  mit 
Suffixen  Derfel^en  unb  auf  bem  flatl^eber  gebraud&t  ^at  (1831).  SluS 
biefem  legten  @emefter  flammt  baS  nadggefdgriebene  §eft  Don  Aarl 
^egel. 

SBäl^renb  bie  erfle  Sluflage  ber  SSorlefungen  Aber  bie  ^l^ilofopl^ie 
ber  Steligion  fidg  l^auptfädgUd^  an  bie  le^te  ©eflalt  berfelben  (1831) 
gel^atten  l^at,  fo  ifl  bie  gioeite  9tuflage  baburdg  Dermel^rt  unb  Derbeffert 


1  SBerfc,    »b.  X.    »orrcbe   bei»  ©crauBaebcr»    6.  XII-XIII,    6.  XV. 
IBb.X  in  feinen  brei  ^llbt^eilungen  etf^ien  in  ben  Sauren  1835—1838. 

14* 


212  ^egeU  fB^txU  unb  btxtn  Gefammtaui^oabe. 

iDorbeit,  bog  auf  bie  erfte  SSorlefung  unb  ^egels  eigenl^anbige  9{uf> 
ieid&nungen  juriliigegangen  unb  bie  nad^gefd^riebenen  ^efte  \>on  ^erniing 
(1821),  TOiiftcIct  unb  gfötjlcr  (1824),  S)ro^fcn  (1827),  ©eljet. 
9letdgeno)D  unb  9luienberg  (1831)  benfl^t  tootben  ftnb.  3)a  SDlorl^etnefe 
üugleid^  mit  ber  StuSgabe  ber  SSerfe  3)au6s  befdg&ftigt  mar,  fo  ifl  für 
bie  ^erßellung  biefer  glDeiten  Sluflage  bed  XI.  unb  XII.  93anbe8  ber 
l^egelfAen  SBerfe  bie  ^fllfeleiftung  bed  Qicentiaten  93runo  93auer,  bamate 
$rit)atbocenten  in  93onn,  Don  ganj  befonberem  SBettl^e  geioefen.  SKar- 
]§eineie  rttl^mt  feine  „(Sinrtd^t  unb  ®ele]^rfam!eit,  fein  ^l'^culatibeft 
Xdent  unb  feinen  %aci".  Stoet  Sai)xt  ]p&Ux  erfd^ien  feine  „Aritif 
ber  @^not)tifer",  um  bie  SReboIution,  toeld^eSaD.  Qfr,  ©troufe  mit  feinem 
„ßeben  3efu"  auf  bem  ©ebiete  ber  biblifdgen  Sl^eologie  l^erDorgerufen 
]§atte,  }u  flberbieten  unb  nati^auiDeifen,  bag  bie  eüangelifd^  2)arftet[ung 
bes  Sebend  3efu  nidgt  m^t^ifd^,  fonbern  {^iction,  bemugte  Unmal^r^eit 
unb  2&ufdgung  to&re. 

4.  S)ie  ®ef4i$te  ber  $|ilofo))(ie. 

lieber  !einen  ®egenftanb  l^at  ^egel  l^&ufiger  getefen;  er  l^at  über 
bie  @efd^id&te  ber  $]^iIofot)]^ie  in  3^na,  ^eibelberg  unb  93erlin  93or* 
iefungcn  gel^alten:  in  3cna  einmal  (1805/1806),  in  §eibelbcrg  jmei* 
mol  (1816/1817  unb  1817/1818)  unb  in  »erlin  fed&ömal  (1819, 
1820/1821,  1823/1824,  1825/1826,  1827/1828,  1829/1830),  alfo 
im  ©anjen  neunmal,  unb  er  l^atte  bie  S^orlefungen  über  biefeS 
S:^ema  }um  gel^nten  male  begonnen  unb  jtoei  @tunben  (am  10.  unb 
11.  Sloöember  öon  5—6)  barüber  gelefen,  als  ber  Job  feiner 
Sel^rtl^&tigleit  ein  fo  fd^neOeS  unb  pIö^KdgeS  6nbe  fe^te.  2)ie  3}or« 
lefung  tourbe  fänfftünbig  unb  mit  SfuSnal^me  beS  @ommer§  1819 
in  SBinterfemeftem  gel^alten. 

^ie  $aut)tquene  fflr  bie  SluSgabe  ber  SBorlefungen  über  bie  ®t^ 
fcjid&tc  ber  5p]^iIofol)ie  im  XIII.— XV.  »anbe  ber  SBerfe  pnb  bie 
eigenl^dnbigen  Slufjeii^nungen  ^egel8  in  bem  jenaifd^en  Quartl^eft  au8 
bem  Saläre  1805  unb  ein  in  ^eibelberg  öerfafeter  fürgerer  ?ftri6  ber 
©efd^idgte  ber  ^l^ilofopl^ie  mit  ben  gu  beiben  $anbfd§riften  gel^örigen 
Sufä^en,  9tanbbemer!ungen,  einjetnen  931&ttern  u.  f.  f.  2)a}u  fommen 
aU  ^ülfSqueOen  bie  9lad^fd&riften  Don  SD^id^elet  (1823/1824),  ©ried' 
l^eim  (1825/1826)  unb  flampe  (1829/1830).  68  ifi  fel^r  bemerfenS« 
toertl^,  bag  bie  SluSarbeitung  ber  ^l^änomenotogie  bed  ©eifteS  unb  bie 
ienaifd^en  Slufjeid^nungen  über  bie  ©efd^id^te  ber  ^l^ilofopl^ie  gleid^- 


^coels  fBkxtt  unb  bereit  ®efammtaulfiaBe.  218 

geitigen  Utf))rung8  ftnb,  6etbe  flammen  aud  ben  Saluten  1805  unb 
1806.    ^ier  entmidEeln  {td&  bie  ®runblagen  beS  sangen  @))fiem9. 

£)btt)o]^t  ^egel  über  bie  ©efdgid^te  ber  $]^tIofopl§te  fflnfftünbtg  lad, 
fo  toar  baS  Sl^enta  nad^  fetner  Slrt  ber  Sluffaffung  unb  SSel^anblunfi  bod& 
toeit  größer  aU  ein  alabemifci&eS  Semefler,  beffen  erpe  ^olfte  tjorüber 
mar,  beDor  er  ben  SCttfloteleS  ))etlaffen  lonnte,  unb  ba8  @emefler 
neigte  ftd^  gu  Snbe,  )oenn  bie  neueflen  Stfci^etnunaen  ber  $]^iIofo))l^ie, 
3a!obi,  Aant,  t^id&te,  @(i&ell[ing  u.  f.  f.  bargefteQt  loerben  foQten.  S)ie 
l^ifiotifc^en  ®egenftdnbe  loaten  fo  ungleid^  t>ert]§eilt^  bag,  nad^  bem 
Umfange  ber  gebruäten  ä^orlefungen  gu  red^nen,  tiroa  ber  elfte  Sil^eil 
beS  ®angen  auf  bie  ®efd^id^te  ber  neueflen  $]^Uofo))]^ie  ))ern)enbet 
tt)urbe.*  S)iefer  SJlangel  ber  l^egelfd&en  fflorlefungen  l^at  ben  §erau8« 
geber  ))eranlagt,  über  bie  ©ef^id^te  ber  $]§iIofo^]^ie  feit  Aant  fotool^t 
SSorlefungen  gu  l^alten  als  aud^  ein  93ud&  gu  fd^reiben. 

3n  bem  aJlaterial  gu  feiner  SulSgabe  ber  legelfd^en  SSorlefungen 
ToxU  äRid^elet  brei  Elemente  unter fd^ieben  iDiffen:  1.  ,,bie  reiflid^  burd^- 
badöten^erioben",  b.  )§.  bie  auSgefill^rten  unb  fl^Urirten  Sl^eile,  barunter 
nomentlid^  getoiffe  ?Jartien  ber  (Einleitung,  2.  bie  münblidfeen,  t)om  Sugen« 
bliä  eingegebenen  ^robuctionen  auf  bem  Aatl^eber,  3.  bie  fd^riftlid^ 
i^^^  függirten,  mfinbßd^  au§guffl]^renben  ^ufgeid^nungen.  3m  ^inbltdE 
auf  baS  t)on  bem  ä^erein  ber  Herausgeber  bem  ^ublifum  gegebene 
ajerfpred^en  l^at  SRic^elet  befonberS  baS  gn)eite  l^er))orgel^oben  ober, 
loie  er  ^d^  mit  einer  curiofen  Umfd^reibung  auSbrüdCt,  ,,baS  erfte  t>on 
ben  beiben  legten",  loetd^eS  ber  Sefer  lool^l  am  leid^teften  er!ennen 
»erbe.  * 

S)ie  a^orrebe  gur  erften  9luflage  ift  ben  28.  ^pxxl  1833  batirt, 
bie  gur  gleiten  ben  8.  September  1840  (alle  brei  Ȋnbe  finb  in  ben 
Salären  1840,  1842  unb  1844  erfd&ienen).  3tt  Slnfelöuna  biefer  gleiten 
Sluflage  ^erftel^e  idg  nidgt  red^t,  loaS  ber  Herausgeber  gemeint  l^at, 
menn  er  fagt:  „id^  l^abe  bie  für  bie  erfte  Sfuflage  benfi|ten  CueDen 
burd^gftngig  umgearbeitet"  (?).  „^abei  führte  id&  bie  SSerfd^melgung 
ber  5ß^rafe  (sie)  t>ottfifinbiger  als  in  ber  erften  SluSgabe  burd^"  u.  f.  f.* 

1  3uT  löerflleii^unö:  a)er  Umfang  ber  toon  ftotl^o  ]fterau«geflebenen  SBor« 
lefungcn  übet  bie  ICefl^etit  (S9b.  X  iit  brei  Hbt^eilungen)  beirftgt  1593  6ettett, 
ber  Umfang  ber  SSorlefungen  über  bie  $bUofop]^te  ber  fteligton  (S^b.  XI  unb 
XII)  beträgt  1009  Seiten,  ber  Umfang  ber  ajorlefungen  über  bie  ©ef^i^te  ber 
V^ilofop^ie  (»b.  Xin,  XIV  unb  XV)  betragt  1516  Seiten,  tooDon  188  ber  ®e* 
f^i^te  ber  neueften  $^Uo{op^ie  getoibmet  finb.  —  >  SS^erte.  8b.  XIII.  Söorrebe. 
6.  Vin  unb  IX.  —  »  Cbenbaf,  Söortoort  gur  gtoeiten  «ufigabe.  6.  XVII. 


214  Tegels  Bette  unb  beten  (BefammtauSgabe. 

IV.  gefiel  auf  bcm  Äatl^ebcr. 
1.  2)ie  $etfönn4!eit. 

^egel  erfd^ten  auf  bem  Aatl^eber  mit  bem  sanjen  9lfifiseug  feiner 
SJorbereitung,  immer  bctoaffnet  mit  feinen  QfoUoboflcn,  bie  mit  Sufd^en, 
9lanbbemerlunsen  u.  f.  f.  bebeät  »aren.  Sßie  eS  unter  ben  SluSgaben 
feiner  S^orlefungen  leine  beffere  giebt  aU  bie  feiner  SSorlefungen  über 
bie  S(ef)]^eti!  ))on  ^otl^o,  fo  giebt  es  ouc^  leine  beffere,  nadg  bem  Seben 
getroffene  @d^ilberung  feiner  ^erfönlid^feit  unb  Sel^rart,  ate  iDetd^e  un8 
^otl^o  am  ©d^Iug  feiner  ,,93orfiubien  fttr  Seben  unb  Aunft''  gegeben 
l^Qt.  6r  l^atte  in  ber  l^egelfdgen  SBeltbetrad^tung  gefunben,  loaS  er 
aus  innerem  S)range  fiets  gefud^t:  bie  ä^erföl^nung  ))on  Seben  unb 
Aunft,  ))on  SßirHitj^Ieit  unb  $oefte.  „@8  toar",  fo  fd^ilbert  unS  ^otl^o 
btn  erften  Sinbruä  beS  3Jlannt^,  „noc^  im  99eginn  meiner  @tubien= 
ial^re,  als  id^  eines  3JlorgenS,  um  mid^  il^m  DoraufteQen,  fd^eu  unb 
bod&  autrauungSDoQ  gum  erften  male  in  Tegels  3immer  trat.  Sr 
fag  Dor  einem  breiten  ©d^reibtifd^e  unb  tt)ü^Ite  foeben  in  unorbentlid^ 
übereinanber  gefd^id^teten,  burd^einanber  gett)orfenen  SBfid^ern  unb 
papieren.  2)ie  frül^  gealterte  O^ifiur  loar  gebeugt,  bod^  Don  urfprfing» 
lid&er  SluSbauer  unb  Araft;  nadgUfftg  bequem  fiel  ein  gelbgrauer 
@c^tafrodE  t)on  ben  @d&ultern  über  ben  eingegogenen  Seib  bis  gur  6rbe 
l^erab;  toeber  k)on  im))onirenber  ^ol^eit  no^  Don  feffeinber  9fnmut§ 
geigte  fid^  eine  Augerlid^e  &pvii,  ein  3ug  altbürgerlid^  el^rbarer  ®rab- 
|eit  loar  baS  üRAd^fle,  toaS  fid^  am  gangen  SSel^aben  bemer!bar  mad^te. 
S)en  erften  (SinbrudE  beS  (Sefi^tS  loerbe  id^  niemals  Dergeffen.  Ofol^t 
unb  fd^Iaff  l^ingen  alle  3üge  mie  erftorben  nieber,  leine  gerftörenbe 
Seibenfd^aft,  aber  bie  gange  SSergangenl^eit  eines  Xag  unb  9{a(||t  Der- 
fd^toiegenen  fortarbeitenben  S)enIenS  f Riegelte  fid^  in  i^nen  loieber;  bie 
Cuat  beS  3u)eifelS,  bie  ©dl^rung  befc^ioid^tigungSlofer  @eban!enftarme 
fd^ien  biefeS  Diergigi&l^rige  ©innen,  @ud&en  unb  {^inben  nidgt  ge|)einigt 
unb  uml^ergetDorfen  gu  l^aben;  nur  ber  rafttofe  2)rang,  ben  frttben 
Aeim  glfidElid^  entbedter  SBal^rl^eit  immer  reid^er  unb  tiefer,  immer 
ßrenger  unb  unabto)enbbarer  gu  entfalten,  l^atte  bie  @tirn,  bie  SEBangen, 
ben  aJlunb  gefurd^t/  »9ßie  lofirbig  mar  baS  gange  ^aupt,  loie  ebel 
bie  9tafe,  bie  l^ol^e,  toenn  aud^  in  etioaS  gurfidfgebogene  @tirn,  baS 
rul^ige  Ainn  gebilbet;  ber  Slbel  ber  Sreue  unb  grflnblid^en  9ted^tßd6- 
leit  im  ®rd|ten  lote  im  llleinften,  beS  Haren  SBeiougtfeinS,  mit  beften 


^cflclil  9Ber!c  unb  beten  ®cfammtau<gabe.  215 

ArAften  nur  in  bet  Sßal^rl^ett  eine  le^te  93efriebigung  gefud^t  gu  l^aBen, 
to)ar  aQen  gfotmen  aufs  inbit)ibueQfie  f))red^enb  einge|)r&gt/ ^ 

2.  ^et  Aatl^eberbortrag. 

„9l(S  id^  il^n  mA  loenigen  %a%m  auf  bem  Sel^rflul^le  toieberfol^, 
!onnte  id&  ntid^  }unä#  toeber  in  bie  9[rt  bed  Augeren  SBortragS  nod^ 
ber  inneren  Sebanlenfotge  l^ineinfinben.  9ngef))annt,  grAmltd^  fag  er 
mit  nieberge6fldftent  Aopf  in  jtd^  jufamntengefaQen  ba  unb  blätterte 
unb  fud^te  immer  fortf))red6enb  in  ben  langen  f^oliol^eften  t)ortDftrtS 
unb  rflätDArtjS,  unten  unb  oben;  baS  jtete  9tAuft)ern  unb  Ruften  ftörte 
allen  f^lug  ber  Siebe,  jeber  @a^  ftanb  Dereingelt  ba  unb  lam  mit  Sin* 
ftrengung  itx^üdt  unb  burd^einanber  geto)orfen  l^etauS;  iebeS  SBort, 
iebe  @ilbe  löfte  {td^  nur  iDibertoiSig  loS,  um  Don  ber  metaKleeren 
Stimme  bann  im  fd^ioAbifd^  breiten  S)iale!t,  als  fei  jebed  baS  loid^tigfte, 
einen  to)unberfam  grünblid^en  SRad^brud  gu  erl^alten.  2)ennod^  gioang 
bie  gange  ßrfd^einung  gu  einem  fo  tiefen  9lef|)ect,  gu  fold^  einer 
@m))finbung  ber  SBürbig!eit  unb  jog  burd^  eine  SlaibetAt  bed  aber- 
mAltigenbften  SrnßeS  an,  bag  idg  mid^  Bei  aDer  ajligbel^aglic^leit,  ob= 
fdgon  id^  loenig  genug  Don  bem  @efagten  mod^te  Derftanben  l^aben, 
unabtrennbar  gefeffelt  fanb.  Aaum  loar  id^  j[ebod^  burcl^  Sifer  unb 
€onfequeng  in  lurger  3eit  an  biefe  3(ugenfeite  beS  99ortrag8  getodl^nt, 
al8  mir  bie  inneren  JBorgüge  beffelben  immer  l^cOer  in  bie  ?lugen 
f))rangen  unb  ftd^  mit  jenen  StAngeln  gu  einem  ©angen  t>erti)ebten, 
loeld^eS  in  fid^  felber  allein  ben  SJlajsftab  feiner  SSoQenbung  trug." 
„dl  l^atte  bie  mAdgtigften  (Sebanfen  aus  bem  unterften  ®runbe  ber 
S)inge  ]^eraufguf5rbern,  unb  foQten  fie  lebenbig  eintoirien,  fo  mujsten 
fie  fid^,  toenn  aud&  jal^relang  guDor  unb  immer  Don  9leuem  burd^fonnen 
unb  verarbeitet,  in  ftets  lebenbiger  (Segenioart  in  il^m  felber  lieber 
ergeugen.  Sine  anfd^aulid^ere  $lafti!  biefer  @d^U)ierig!eit  unb  l^arten 
SRül^e  Iftgt  fic^  in  anberer  SEBeife,  als  biefer  SSortrag  fie  gab,  nid^t 
erfinnen.  9ßie  bie  Alteften  ^ropl^eten,  je  brangDoQer  fie  mit  ber  €))rad^e 
ringen,  nur  um  fo  !emiger,  toaS  in  il^nen  felber  ringt,  bett)Altigenb 
l^alb  unb  l^alb  überlounben  l^erDorarbetten,  !Am))fte  unb  fiegte  aud^  er 
in  fd^ioerfAHiger  ©ebrungenl^eit.  ®ang  nur  in  bie  ©ad^e  Derfen!t, 
fd^ien  er  biefelbe  nur  auS  il^r,  il^rer  felbft  loiQen  unb  !aum  auS  eigenem 
®eift  ber  ^6rer  n)egen  gu  entto)iäeln,  unb  bod^  entf))rang  fie  aus  il^m 


f^oii)Oi  a}orPubien  fflr  Sebeit  unt  ftunfl.   @.  883—389. 


216  $egeU  aO^ctlc  unb  beten  Oefatnmtaulgabe. 

allein,  unb  eine  faft  Däterlid^e  ©orge  um  Alarlgeit  mUberte  ben  {hatten 
(Srnfi,  bet  Dot  ber  ^ufnal^me  fo  mül^feliger  ®ebanlen  ^Atte  3urfl(!- 
fc^redfen  !önnen.  StodEenb  fd^on  begann  er,  floate  toeiter,  ftnfi  nod& 
einmal  an,  l^iett  iDteber  ein,  fprad^  unb  fann,  baS  treffenbe  SQBort  fd^en 
für  immer  ju  fel^len,  unb  nun  erfl  fd&lug  e8  am  ftci&erfien  ein,  eS 
fd^ien  geiDöl^nlidb  unb  loar  bod&  unnad^al^mltd^  ))Qffenb,  ungebrftud^tid^ 
unb  bennod^  baS  einjig  redete.  S)a8  (Sigentlid^fle  fd^ien  immer  erfl 
folgen  )u  foUen,  unb  bod^  mar  ed  fd^on  unDermerÜ  unb  fo  toUftAnbig 
als  mdgUd^  aujSgeft)rod6en.  9lun  l^atte  man  bie  Kare  ISebeutung  eines 
€a|eS  gefaxt  unb  hoffte  fel^nlid^fl  toeiterjufd^reiten.  S^ergebend.  S)er 
©ebanfe  ftatt  DormArtS  3U  rfidFen  brel^te  fid^  mit  ben  Al^nlid^en  Sorten 
ftets  toieber  um  blnfelben  $un!t.  Stl^meifte  jebod^  bie  erlal^mte  9uf- 
mer{famleit  jerftreuenb  ab  unb  leierte  nad&  ä^inuten  erft  ))Iö^Iid^  auf« 
gefd^redH  ju  bem  SSortrage  jurfldE,  fo  fanb  fte  gur  Strafe  fid^  auS 
aQem  3uf<^mmen]^ange  l^erauSgeriffen.  S)enn  leife  unb  bebac^tfam  burd^ 
fd^einbar  bebeutungSlofe  3JlitteIgIieber  fortleitenb,  l^atte  ftd^  irgenb  ein 
t)oQer  ©ebanfe  }ur  (£infeitig!eit  befd^rAn!t,  }u  Unterfd^ieben  auSeinanber» 
getrieben  utib  in  SBiberft)rfld6e  Dermidfelt,  beren  ftegreid&e  Cöfung  erft 
ba$  SBiberftrebenfle  enblid^  )ur  SBieberDereinigung  gu  begtoingen  IrAftig 
mar."  „3n  ben  liefen  be«  anfc^einenb  Unentgiff erbaren  gerabe  mü^lte 
unb  toebte  biefer  getoaltigc  ®cifi  in  großartig  felbftgcmiffer  SBe^agUd&- 
leit  unb  Stulpe.  S>ann  erft  erl^ob  ftd^  bie  @timme,  baS  Sluge  bU|te 
fdgarf  fiber  bie  SSerfammelten  l^in  unb  leud^tete  in  ftiU  auflobembem 
Qfeuer  feines  flbergeugungStiefen  ©langes,  loAl^renb  er  mit  nie  mangeln* 
ben  SEBorten  burd^  alle  ^ol^en  unb  liefen  ber  @eele  griff."  „9lur  im 
Ofagli^ften  mürbe  er  fi^merfAlliig  unb  erm&benb.  @r  toanbte  unb 
brel^te  ftd&,  in  allen  3figen  flanb  bie  3Wi§launigfeit  gefd&rieben,  mit 
ber  er  ftd^  mit  biefen  2)ingen  ]^erum))Iagte."  „2)agegen  bemegte  er 
fi^  mit  gleid^er  STleifterfc^aft  in  ben  finnlid^!eitSlofeften  Slbftractionen, 
mie  in  ber  regften  S^äQe  ber  (Srfd^einungen.  3n  einem  biSl^er  un- 
erreid^ten  ®rabe  oermod^te  er  fid^  auf  j[eben,  aud^  ben  inbitibueUften 
@tanb))un!t  gu  ))erfe^en  unb  ben  gangen  UmheiS  beffelben  l^erauSgu» 
fteffen."  «3n  biefer  SBeife  ej)od&en,  »ölfer,  »egebniffe,  3nbit)ibuen 
gu  fdbUbem,  gelang  il^m  ))oQfommen;  benn  fein  tief  einbringenber 
93IidE  lieg  il^n  überaQ  baS  2)urd&greifenbe  erlennen,  unb  bie  Energie 
feiner  urfprflnglici^en  Sfnf^auung  t^erlor  felbft  im  SKter  nid^t  i^re 
iugcnblid&e  Äraft  unb  fjrifc^e." 


219 


I.  SOloniSmug  unb  SbcntitdtSlel^re. 

9Ba3  l^eutjutage,  am  @nbe  unfereS  ^ol^rl^unberts,  SJlonidtnuS 
genannt  toirb,  ba8  ]^tc§  im  Slnfange  bcffclbcn,  als  ^egcl  feine  l)l&iIo= 
fo|)]&if(ä6e  SQufbal^n  begann,  3bentität  ober  5ßrincip  ber  3betttität. 
93eibeS  bebeutet  (Sinl^eitSlel^re,  b.  i.  eine  Seilte,  toeld^e  bad  äBeltaÜ  auiS 
einem  einjigen  principe  l^erjuleiten  unb  ju  exüdren  fud^i  S)ad  burdg- 
gängige  £]^ema  biefer  Sinl^eitdlel^re,  foiDol^l  bed  3Jloni8muS  als  ber 
3bentitatSt)]^iIofo:|)]^ie,  ifi  bie  3bee  ber  SQSettenttoiälung  ober  (gDoIution 
aller  Srfd^einungen  ber  äBelt,  indbefonbere  aKer  ßrfd&etnungen  beS 
SebenjS,  baS  3Bort  @k)o(ntion  fo  ))erftanben,  bag  e§  ben  SSegciff  ber 
(Srjeugung  ober  ©eneration  (ßpigenefis)  in  fid&  fdöliefet. 

1.  Sie  engUf^e  @nttoi(I(ungSlc^Tc.    S)ct  SattoinidmuS. 

3n  ber  jtoeiten  ^dlfte  unfereS  Sal^rl^unbertS  jtnb  eS  bie  eng- 
lifc^en  9laturforf(j^er  unb  2)en!er  geioefen,  loelc^e  bie  6nttt)idE(ungd(e]^re 
aus»  unb  ))orge(ilbet  l^aben:  auf  beut  ®ebiete  ber  ©eologie  d^axUl 
Sijett  (1797—1875)  bur(^  feine  5Principien  ber  ©eologie  (1830—1833) 
unb  feine  Unterfud^ungen  Aber  bad  9Iter  bed  9)lenfd^engefd^Ied^td  (1874), 
auf  bem  ©ebiete  ber  Biologie  (Sl^arled  2)arn)in  aus  ©l^reioSbur^ 
(1809—1882)  unb  Jl^omaS  ^ujle^  (1825),  ber  legiere  bur^  feine 
9lrbeiten  auf  bem  Sfibe  ber  ))ergleid^enben  9lnatomie  unb  feine 
Unterfud^ungen  über  bie  ^bftammung  beS  STleufd^en  unb  ben  Urfprung 
beS  ßebenS,  enblid^  in  ber  $l§i(ofop]^ie  Herbert  Spencer  burd^  fein 
Softem  ber  f^ntl^etifdgen  ^l^ilofopl^ie  in  einer  Steige  barauf  bejOglid^er 
2Ber!e  (1860—1880). 


220  Regelt  ttuSflongS^^unttc  unb  Kufgaben. 

2)er  eigentlid^e  f^ül^rer  ber  mobernen  Gntoidlungslel^te,  bie  t>on 
il^tn  Stid^tuttg,  f^orm  unb  3lamm  empfangen  ^at,  ifl  S)QttDtn  burd^ 
feine  epod^emad^enben,  l^öd^fl  lel^rreic^en  unb  ItdbtooQen  SBerle  t)on  ber 
Sntfiel^ung  ber  Wirten  ))emiöge  ber  notttrlid^en  Sud^ttoal^t  (1859),  ^on 
ber  9[6fiammung  beS  9J}enfd&en  Vermöge  ber  notürßd^en  unb  ber  ge- 
fd^tedgtUd^en  Sud^ttoal^I  (1871)  unb  ))on  ber  aiuSbrudEsmetfe  ber  Effecte 
bei  bem  SWenfd^en  unb  bei  ben  Silieren  (1872). 

2.  ^CT  beutf<l^e  ^amintSmuS. 

SntwidEIungfilel^re  unb  S>arU)ini3mud  gelten  in  unferer  3ett  fflr 
ibentifd^.  2)eutfd6e  9iaturforfd&er  finb  in  ber  9[u8-  unb  Sfortbitbung 
ber  SntmidFIungSlel^re  bem  SSorbilbe  beS  ßngl&nberiS  gefolgt,  nic^t  auf 
fd^filerl^ofte  Slrt,  fonbern  felbfi  als  aO^eifter  unb  gffi^rer:  auf  bem  Ge- 
biete ber  menfd^Iid^en  unb  ber  Dergletd^enben  Slnatomie  jtarl  ©egenbaur 
aus  Sßarjburg  (1826)  burdb  feine  Unterfud^ungen  unb  Cel^rbfid^er 
(1864—1898),  auf  bem  ©ebiete  ber  Soologie  unb  »iologie  (gmfl 
^ddel  aus  $otSbam  (1834)  burdg  feine  „®enerelle  SDlorpl^ologie  ber 
Organismen"  (1866)  unb  feine  SBorlefungen  über  bie  ^notflrIid6e 
Sd^öpfungSgefd^id&te"  (1868),  n)orin  er  ben  einl^eitlid^en  (mono- 
pl^^Ietifd^en)  Stammbaum  ber  SQBirbeltl^iere  bargufteUen  unb  bie  tl^ierifd^ 
Slbftammung  beS  SRenfd^en  auf  eine  Slrt  nad^gutoeifen  gefud^t,  toetd^ 
^arn)in  einige  3a]§re  fp&ter,  als  er  feine  Unterfud^ungen  fiber  biefefi 
Zl^ema  unb  beren  Srgebniffe  ))eröffentUd^te,  im  t^oQflen  SRage  an- 
erfannt  unb  befl&tigt  l^at. 

3.  Soologif^c  $(Uofo)>]^tc  unb  p^tIofo)>^if4c  Soologie. 

2)ie  <Sntn)idElungSle]^re  felbft  l^at  ftc^  entttiäeln  mfiffen,  unb  il^re 
@runbibeen  finb  !eineSn)egS  erfi  im  Aopfe  S)arto)inS  entflanben.  S>en 
Sforfd^ungen  ber  SnglAnber  unb  S)eutfd&en,  mie  to)ir  fie  in  ber  @egem 
iDort  ))or  uns  feigen,  finb  in  bem  ®ebiete  ber  3ootogte  unb  Der* 
gleid^enben  Slnatomie  bie  frangöfifdgen  9laturforfd^er  Vorangegangen, 
etiennc  ©eoffro^  6aint«$i(aire  (1772—1844)  tootttc  in  bem  »üu 
unb  ber  93ilbung  ber  tl^ierifd^en  Drganifationen  bie  <Sinl^eit  beS  ®runb» 
planS  (l'unit^  de  composition  organique)  entbedEt  ^aben  unb  nal^m 
bie  Gattungen  unb  Wirten  als  beffen  3)lobificationen,  lodl^renb  Sutiet 
(1769—1832)  bie  gonfiang  ber  X^pen  ober  «rten  oertl^eibigte  unb 
feftl^iett.  2)er  @treit  beiber  Slfabemiter  loar  fo  intereffant  unb  l^eftig, 
bog  aud^  bie  3eitungen  baran  tl^eilnal^men,  unb  ®oetl^e,  gong  auf 


S)ic  3bee  ber  SBeltenttoidlung.  221 

feiten  be8  ©eoffro^  Saint  «^ilaire,  bie  flleiddgeitiae  3uIiret)oIution 
borüBcr  öergo^  ober  Jjielmel^r  gering  fd^ä^te.  ©dion  ein  J^olbe«  ^dfix- 
]§unbert  Dor  ©arwin  l^atte  Sean  ßantartf  (1744—1829)  bie  entfiel^unfl 
ber  Slrten  niii^t  burd^  @d^ö))fung,  fonbern  burci^  Slbftammuna  unb 
Umgeftaltung  (2)efcenbena  unb  Transmutation)  )u  erflären  gefud^t 
(1809).  93eibe  Oforfd^er  lougten  tool^I,  bag  bie  @runbibee,  toetd^e  il^re 
9{nfd^auungStueife  belgenfddte  unb  berfelben  jur  Siic^tfd&nur  biente, 
^)]^ilofol)l&ifd6er  Slrt  unb  ^crfunft  toar,  guöier  nannte  fein  SBerl 
aooloflifdöe  ^pi&ilofopi^ie  (philosophie  zoologique),  ßamard  baS  feinige 
|)]§iIofop]§ifd&e  Soologie  (zoologie  philosophique). 

4.  ^ie  pl^ilofop^tf^e  (l^ntn)icl(ung6le^re  dot  Üant.    Seibnia. 

®ie  brei  großen  ajlctart^pler  ber  neuen  Dorlantifd&en  3cit  pnb 
3)eScorte3,  ©pinoga  unb  ßeibnig.  Sl^re  ©runbibeen  jlnb  bie  brei 
©runbioal^rl^eiten,  meldte  aus  bem  gegebenen  SBeltjuflanbe  jebem  ge* 
reiften  unb  offenen  ©inn  fofort  einleud^ten:  1.  3n  ber  Slatur  ber  3)ingc 
]§enfd&t  ein  burd^gdngiger  ©egenfa^,  ber  pe  in  gtoei  Srten  trennt: 
bett)ugtIofe  unb  (etoujste  SEBefen  ober  ßörper  unb  ©eifter;  2.  in  ber 
9latur  ber  2)inge  l^errfd^t  ein  burd^gdngiger  Sufamnienl^ang,  ber  alle 
S)inge  mit  einanber  t>erfnlH)ft;  3.  beibe  J^errfd^cn,  ber  ©egenfa§  unb 
ber  Sufammenl^ang;  fte  l^errfd^en  t>ereinigt,  inbem  bie  SBeltorbnung 
einen  ©tufengang  bilbet,  ber  t>on  ben  nieberen  Crbnungen  gu  ben 
l^öl^eren,  Don  ben  ß5rt)em  gu  ben  ©eiftern  emt)orfteigt  unb  ftetig  fort- 
fdfereitct. 

S)ie  erfte  ©runbtoal^rl^eit  ifi  ber  äBeltbualiSmud,  bie  gtoeite  ber 
SBeltgufammenl^ang  ober  bie  SBelteinl^eit,  bie  britte  bie  äBeItet)oIution. 
Aein  $]^i(ofo))]^  l^at  ben  SBeUbnalidmuS  fo  ^eU  unb  grunbfä^Iid^  er= 
leuchtet  loie  2)e8carteS,  !einer  ben  SBeltgufammenl^ang,  bie  SBelteinl^eit, 
bie  ^errfd^aft  ber  S^aufaKtdt  fo  toie  @))inoga,  !einer  bie  SBelteDolution, 
loeld^e  er  aud^  bie  SBeltl^armonie  genannt  l^at,  fo  toie  Seibnig,  bas 
SBort  SDoIution  bei  il^m  fo  Derftanben,  baß  eS  bie  Sntftel^ung  ober 
<Srgeugung,  bie  ©eneration  ober  S))igenefi8  Don  itd^  auSfd^Iiegt.  2)ie 
@ntn)idt(ung8le]^re,  toie  fie  Seibnig  in  feiner  SJlonabenlel^re  bargefteHt 
l^at,  i{l  entfd^ieben  antibualiftifd^  unb  antimoniftifd^^ 


»  »aL  biefe«  aöetf.  »b.  I  (4.  «ufl.  1897).  S9u«  U.  6q|).  XII.  6.  443flöb. 
»b.  II  (alte  ausgäbe.  3.  «ufl.).  SBu«  II.  ©ap.  vm.  ©.  455-463.  i^ap.  XIX. 
6.  599-608  (inSbefonbete  6.  601-604), 


222  Tegels  f(u8Qanfi8))un!tc  unb  ^(ufgoben. 

5.  2)ie  !antif$e  CnitDtdlungSlel^Te. 

®ie  fantifdftc  ?p]^tIofoJ)]^te  ifl  Don  ber  3bce  ber  aBeltenttoidlung 
crffiöt  unb  burd&btunflcn,  nid^t  ettoa  nur  in  il^rer  DorIrittfd6en  ?Pcriobe, 
fonbern  Qud6  in  ber  SJernunftfrttif  felbji  unb  in  allen  folflenben, 
Don  tlgr  abl^Angigen  SBerien,  loenn  man  btefe  Sd^riften  nid^t  nadg 
bem  93ud^ftaben,  fonbern  nai^  bem  @inne  unb  ®eift  beS  ©angen  ju 
»flrbigcn  öcrftel^t.  6in  3al§rl&unbert  Dor  ©artoin  l^ot  Äont  ba8  ge« 
tDid^tifie  SBort  au89efl3rod6en,  bafe  toir  jtoar  eine  9iaturbefd&reibunfl, 
aber  nod^  leine  9{aturgefd^id&te  l^aben;  eS  fei  „toal^re  $]^Uofo))]^ie,  bie 
JBerfd^iebenl^eit  unb  5IRannid^fottigfeit  einer  ©a^e  burd^  alle  3«ten 
gu  »erfolgen*.  6r  l^at  bie  allflenteine  SRaturgefdöid^te  befi  ^immets 
felbji  außgefül&rt  unb  gtoar  als  ber  ©rfte,  ber  biefe«  ^Problem  gu  faffen 
unb  gu  lofen  getoufet;  er  l^at  bie  ©efd&id&te  ber  ßrbe  unb  il&rer 
orflanifd&en  ©efd^ö^fe  geforbert  unb  leine  anbere  Drbnung  ber  Siliere 
gelten  lajfen  als  ben  Stammbaum  ober  bie  ©enealogie:  er  l^at  bem- 
gem&js  bie  9laturgefd^id^te  ber  menfc^lid^en  Slacen  gu  geben  unb  in 
feiner  S3ernunft!riti!  bie  ©ntpel^ung  unb  gnttoidflung,  ben  ©tufengang 
unb  bie  ©rl^ebung  unferer  a5orpenung8=  unb  @rlenntni§guflänbe  gu 
erforfd^en  unb  bargulegen  gefud^t;  er  l^at  nid^t  blo§  bie  med&anifd^e, 
organifd^e  unb  inteQectueQe,  fonbern  aud^  bie  fociale  unb  politifd^e, 
bie  moralifdöe  unb  religiöfe  ©nttoidElung  ber  SBelt,  ber  JBernunft  unb 
ber  aJlenf^l^eit  in  il^ren  SRotl^toenbigfeiten  er!annt  unb  bie  öfH^ctifd^e 
bcrgeftalt  begrflnbet  unb  vorbereitet,  baja  ©d&iller  in  feinen  SSriefen 
über  „bie  öftl^etifd&e  €rgiel&ung  be8  5Kenfd&en"  biefe«  Sl^ema  ergriff 
unb  feinem  S^italter  gur  Slufgabe  mad^te.  Aurg  gefagt:  Aant  l^at 
bie  SBeltenttoidClung  au8  ber  Siefe  feiner  ?Princi))ien  fo  an  baö  ßid&t 
gebrad^t  unb  crleu^tet,  ba§  biefelbe  nid^t  anberg  berftanben  »erben 
lann,  benn  als  bie  Srfd^einung  ber  2)inge  an  fid^,  b.  1^.  beS  SBiQend 
ober  ber  Sfreil^ett.  3)a§  bie  SBeltgefd&id&te  ber  gfortfd^ritt  im  SBetou^tfein 
ber  tJtetl^eit  ifi:  biefer  ©a^,  ben  $egel  unter  fein  S3ilb  gefd&ricben 
l^at,  itammt  fd&on  auS  ber  lantifd^en  ßel^re. 

3d&  l^abe  in  meiner  ©arftettnng  unb  Seurtl^eilung  ber  fantifd&en 
$]^ilofo))]^ie  alle  biefe  fünfte  fo  genau  unb  auSfai^rlid^  erörtert,  aud^ 
einen  bemer!en$tt)ert]^en  @inti)urf  ober  Stoeifel  bagegen  fo  loenig  gu 
Dernel^men  gel^abt,  ba%  iä)  mid^  l^ier  barauf  gurfidbegiel^e.^    3n  ber 

^  Söfil.  biefe«  SBctI:  3ubUftuin<au<g.  990.  IV  u.  V  (4.  «ufl.).   3n8befonbete  ~ 
fflb.  V.    fduii  IV.    (Pthif  ber  fantifdjen  ^^ilofop^ie.)  6ttp.  ni.   B.  567-585. 
anetne  „$t|Uofop(tf4e  64nften'.  @.  202—223. 


2)ie  3bce  ber  aBeltenttoicflund.  223 

foctolen  SnttDidElung  bet  aRenfd^l^eit  l^at  Aant  „ben  3(ntQgoniSmuS 
bcr  Snteteffcn",  b.  1&.  bcn  Äamt)f  um  ba8  S)Qfein,  Qfe  einen  fel^r 
toefcntU<i&en,  fortbetoegenbcn  Factor  erfannt,  ol^ne  ben  iene  nQtürlid&e 
Su^ttoal&I  nid^t  flattfinben  fönnte,  tootau«  ©artoin  bie  ^ßetfectionen 
unb  entporfietgenben  Ofomten  beS  tl^terifd^en  SebenS  l^erlettet.  2)a  man 
in  S)eutfd^lQnb  ben  beutfd^en  ^l^ilofo^^en  Aant  \>on  neuem  unb  bejfet 
als  t)or]^er  fennen  gu  lernen  belam,  nad^bem  man  foeben  ben  englifdgen 
9{aturforf(i&er  S)atto)in  unb  feine  Seigre  r>on  ber  (Sntflel^ung  ber  Srten 
fennen  gelernt  l^otte,  fo  fing  man  an,  t)on  „lantifdftem  ffiartoiniömu«" 
}U  reben,  iDa§  ein  red^t  curtofeS  oatspov  Trpötepov  to)ar. 

6.  2)ie  ft^tef^e  Snt)otcf(unglIc]^te. 

SBic  entfielet  unfere  gemeinfame  ©innenttelt?  SBte  ijl  Srfal^rung, 
Siaturtoiffenfd^aft,  bie  Slatur  felbft  möfllid^?  S)iefe  fragen  unter  bem 
@efid^tS))unfte  ber  !ritifd^en  ober  tranSfcenbentalen  $l§iIofo))]^ie  finb 
))ofl!ommen  gleidgti)ert^ig.  dlun  ift  k)on  ben  93ebingungen,  loeld^e  unfere 
gemeinfame  @innentDe(t  ermöglid^en,  inbem  fie  biefelbe  mad^en,  bie 
tieffte,  aQe  anberen  in  fidi  fd^liegenbe  unfer  gemeinfame^,  t)on  aller 
inbiDibueKen  SSefonberl^eit  unabl^ängige,  barum  reine  SSeiougtfein,  baii  3d^ 
ober  bie  trandfcenbentale  (Sinl^eit  beS  @eI6Peto)ugtfein8  mit  feinen 
notl^iocnbigen  Qformen  ober  §anblungen,  »eld^e  !eine  anberen  finb  at§ 
bie  reinen  aSerftanbeSBegriffe  (Äategorien),  toie  Äant  in  feiner  „tranö* 
fcenbentalen  S)ebuction  ber  reinen  SJerpanbeöBegriffe"  tiefbenlenb  Be» 
grflnbet  unb  auSgeffll^rt  l^at.  S)a6  3«^  ift  bas  ^xxndp  affeS  SSiffeniS, 
bal^er  ift  bie  Seigre  t>om  ^Si  unb  feinen  notl^toenbigen  ^anblungen 
bie  ©runblage  ber  gefammten  äBiffenfd^aftSlel^re  unb  iene  2)ebuction 
in  ber  lantifd^en  ^l^ilofopl^ie  bie  SBurgel,  auS  toeld^er  bie  fidgtefdge 
l^erDorgegangen  ift  unb  l^erborgel^en  mu|te.  2)ie  Seigre  Dom  3d6  unb 
bie  metl^obifdge  @£))Iication  feiner  notl^ttenbigen  ^anblungen,  beren 
Urtl^at  ber  SBille  ift,  biefeS  ®runbtl§ema  ber  fid^tefdgen  ^l^ilofof^l^ie 
ift  bie  (SnttoidElungSlel^re  beS  ©eifteiS,  loeld^e  aQer  9ßeltenttt)iälung  )u 
©runbe  liegt.  „STOir  l^ilft  ber  ©eifl,  auf  einmal  fel^'  id6  Slatl^  unb 
fd&reib*  getrojl:  im  Anfang  »ar  bie  Sl^at!"  ffiiefer  2lu8ruf  beö 
goetl^efd^en  f^auft  barf  afö  ein  Urioort  gelten,  toeld&eS  baS  SBefen  ber 
gleid^jeitigen  beutfd^en  $]^Uofo))]^ie  entl^üQt  unb  erleud^tet  l^at.^ 


1  Uebct  Sfi^tc  togl.  btcfe«  mtxt  a3b.  V  (alte  KuSfiabc).  »ud^  m.  (£ap,  III. 
6.428-432.  (6.431.) 


224  Regelt  9(u<Qang<)>unfte  unb  Suf^^aben. 

S)te  Uirtl^aten  ober  ^anblungen  be8  3d^  finb  bte  Ut>  ober  ®runb- 
fd))e  ber  SBiffenfd^oftStel^re:  bte  @etbfife))ung,  bie  ©elbflunterfd&eibung 
unb  bie  SSeretnigung  ber  Sntgegengefelten.  SlQeS,  loaS  ifi,  ifl  unb 
gefd^tel^t  im  3d^  unb  burd^  bajfelbe.  2)ie  @etbftunterfd^eibung  be8 
3d^  ifl  feine  Sntgegenfe^ung,  alfo  bie  @e^ung  beS  9li(l^t=3d&«  3n  ü^rer 
a^ereinigung  aber  t^erl^alten  ftd&  bie  Sntgegengefe^ten  not]^to)enbigern)eife 
fo,  bog  bie  aSermel^rung  ber  einen  @eite  in  gleid^em  3Jla%t  bie  S^er- 
minberung  ber  anberen  mit  fid^  bringt  unb  umge!e]^ri  9Bq8  ftd^  t)er» 
meieren  unb  lierminbern  Idgt,  baS  ift  tl^eilbar.  S>Qrum  lel^rt  Ofi^te: 
,,2)a8  34  W  im  3<^  i>^«i  tl^eilbaren  3d&  baS  tl^eitbare  9iidgt:^3d&  ent» 
gegen''.  X]^eilbar!eit  ifl  OuantitotSfdl^igfeit.  ^ier  ober  lann  bie 
Xl^eilbarleit  unmoglid^  im  estenfit»en  @inne  genommen  toerben,  aU  ob 
es  ftd^  um  Steile  ober  @tflde  bed  3<^  l^anbelte;  fie  fann  nur  im 
@inn  ber  intenfi))en  ®röge  gelten.  3d&  unb  92td&t'3<%  finb  Sl^eite« 
b.  ^.  (nid^t  StüdEe,  fonbem)  Stufen  belS  34  SCl^eilborlcit  in  an= 
fel^ung  bei^Sd^  bebeutet  9tbfiufung:  ^otenjirung  unb  S)e))oten}irung. 

S)a$  tl^eilbore  3d^  unb  9iid^t=3d&  finb  bemnad^  %^tiU  ober  ©lieber, 
b.  J).  Stufen  ober  ^otenjen  einer  unb  berfelben  SReil^e,  n)eld^er  eine 
gemeinfd^aftlid^e  SSoftS  ober  SEBurjel  )u  ®runbe  liegt  unb  ba  baS  3d& 
äffe«  in  M  fd6He&t  (3d&  =  Ma),  fo  ifl  biefc  SReil^e  gleid&  bem 
UniDerfum  ober  ber  SBeltentoidnung.  SEBir  fe^en,  tote  aus  ber  SBiffen- 
fd^aftslel^re  bie  3bee  ber  SBeltentmidEtung  auf  eine  l^öd^fl  einfädle  unb 
einleud^tenbe  9lrt,  id&  mödgte  fügen  auf  lürjeftem  SBege  l^erborgel^t. 
S)iefen  SBeg  l^at  Sd^eQing  erleud^tet  unb  ben  ,,2)urdibrud&  in  bqs  freie, 
offene  8frft>  bbiectiöer  SBiffenfd^aft"  genannt.^ 

7.  2)ie  f(|entngfdie  Cntlotdlttngfilc^Te. 
2)ie  Stufen  ber  SBeltenttDidEIung  finb  9lid^t»3d&  unb  3d&  ober 
92atur  unb  ®eifl.  3um  Stufengange  beS  @eifleS  gel^Srt  aud^  baS 
Steidb  feiner  SSorflufen:  biefeS  9leid&  ifl  bie  9latur;  jur  (Entloidlung 
beS  Seiougtfeind  gel^Srt  aud6  baS  9leid^  beS  Unben^ugten,  loorauS  jenes 
entfielet  unb  l^eroorgel^t:  biefeS  9leid^  ifl  bie  9latur;  bal^er  jener  2)urd^ 
brud^  in  bie  offene  Slnfd^auung  unb  @r!enntnig  ber  SBelt,  ber  mit 
Sd^ettingS  „3been  au  einer  ^ß^ofo^ie  ber  SRatur"  (1797)  feinen 
Anfang  nal^m.  ^erber  l^atte.  fein  gefd6id6tS))]^iIofot)]^ifd^e8  Sßerf  »3been 
jur  ypofo»]^ie  ber  ®cfd6id6te  ber  SWenfd&^eit"  genannt  (1784—1791). 
'  ä^ftL  biefcS  »Ber!.  8b.  V.  »ud»  m.  (la)).  IH  bU  V.  6.  443-454.  6. 462 
bi«  465.  »b.  VI  (alte  «uSgabc).  2.  9(ttf[.  »u«  U.  ^er  flbf(|nitt.  C^p.  V. 
6.  307-312. 


S)te  3bee  bet  SOßcItenitoidlung.  225 

3)ic  anfange  bcr  9ioturt)Pofort«  (1797—1799)  lagen  nod6 
tnncrl^att  ber  aBijfenfd6Qft8le]^re,  tt)ie  ba8  5Rid&t'3d6  im  ©cMcte  be8 
3(|.  f[ud5  bas  ^@9^em  bed  transfcenbentalen  ^bealt^ntud"  (1800), 
eines  bet  auSgefai^rtejien  unb  f(i^tiftfleQertfd^  beften  äBerle  @(j^ellinge, 
trennte  fid^  nod^  nid^t  gtunbf&^Hä  Don  ber  ftd^tefd^en  Seigre,  ^nbeffen 
trugen  btcfe  ©d^riften  ben  Äetm  ber  2;rennüng  unb  ßoöreiBung  fiä^on 
in  fid^,  benn  bie  @nttDtdElung8ftufen  ber  SBelt  (ba§  tl^eilbare  ^ä)  unb 
bad  tl^eilbare  92tdgt=3d^)  galten  als  ^otengen,  aU  ©lieber  einer 
0leil§e,  tteld^r  aU  gemeinfd^aftlid^e  S3aftS  ein  unb  baffetbe  Urn)efen 
}u  @runbe  lag:  bie  einl^eitlidge  SEBurjel  unb  baS  SEBefen  aller  2)inge, 
meld^eS  fomol^l  Statur  aU  ®e\%  jugleid^  aber  loeber  blog  9latur  nod^ 
blog  @eift  fein  unb  Igeijsen,  barum  aud^  nid^t  bem  fid^tefd^en  3d&  in 
feiner  ©elbftfe^ung,  ©elbjiunterfd^eibung  u.  f.  f.  gleid^gefe^t  »erben 
burfte.  ^ier  tt)ar  bas  3Jloii\>,  n)eld^e8  bie  beiberfeitigen  Seigren  Don 
einanber  trennte.  ©c^eHing  nannte  biefeS  neue  5Princit>,  um  feine 
ginl^eit  unb  ®iefelbig!eit  auSjubrüdfen:  3bentitit  abfolute  3bentitdt, 
auc6  fd^Iedöttoeg  baSSlbfoIute.  S5on  bem  barauf  gegrfinbeten  ©^fiem 
ber  ^pi^ilofopl^ie  fagte  er:  „®ieS  ift  mein  @^fiem",  unb  nannte  bie 
einjige,  SBrud&fiudE  gebliebene  S)arfteffung  beffelben:  „®arfiettung  meines 
©^flems  ber  5ß]&iIofot>]&ie"  (1801).  ©r  ]§at  biefen  3eitl3unft  afe  feine 
epoc^e  bejeid&net.  „3m  Saläre  1801,  als  i^  baS  ßid&t  erblidfte." 
Slel^nlidg  l^at  S)eScarteS  Don  jenem  3eit))un!t,  too  il^m  in  ber  (Sinfam^ 
feit  ber  SQSinterquartiere  gu  Nienburg  an  ber  ®onau  baS  «cogito  sum» 
aufging,  gefagt:  „Slm  10.  9ioDember  1619,  als  mir  baS  öid^t  einer 
lounberbaren  SntbedEung  tagte". 

IL  S)aS  abfolute  3bentitätSf9fiem. 
1.  S)er  2)ur4Btii4. 
SRad^  Dielen  3al)ren,  als  ©dftcKing  in  SWünd^en  »ieber  baS  ala- 
bemifc^e  Äatl^cber  betreten  l&atte  (1827),  fagte  er  im  SftüdEblidt  auf  jene 
feine  Slnfdnge:  „SllS  id6  Dor  balb  brei^ig  Salären  juerft  berufen  lourbe, 
in  bie  öntmidflung  ber  p]§ilofo))]^ifd&en  Xl^ätigleit  einjugreifen,  bamalS 
bel^errfd^te  bie  ©d^ule  eine  in  fid&  frftftige,  innerlid^  l^öd^ft  lebcnbige, 
aber  aQer  SEBiillidgleit  entbel^renbe  $l^ilofo))]^ie.  SBer  l^dtte  eS  bamalS 
glauben  foOen,  ba§  ein  namenlofcr  ßel^rer,  an  Salären  nod&  ein  3üng= 
ling,  einer  fo  möd^tigen  unb  il^rer  leeren  Slbftractl^eit  ol^nerad^tet  bod6 
an  mand^e  SieblingStenbengen  fid^  eng  anfd^lie^enben  $^ilofo))l^ie  foHte 
SWeiper  loerben?    Unb  bennod^  ift  eS  gcfd&el^en,  unb  er  fann  ben  S)an! 

^ifd^ev,  Oefd^.  b.Wlof.  VUI.  91.  V.  15 


226  ^cgeU  9(u8gan09ptttt!te  unb  Aufgaben. 

unb  bte  freubige  Slnedennung,  bte  t§m  bamaU  t)on  ben  erflen  ®et{{ern 
bet  Station  ju  Sl^etl  lourbe,  nie  tergeffen,  totnn  aud^  l^eutjutage  toenige 
mel^r  tDtffen,  t)on  toeld^en  @dgrQn!en  unb  äSonben  bie  $]^itofo|)]^te 
bamate  befreit  loerben  mugte,  bag  bet  2)urd^brud6  in  bas  freie  offene 
Ofelb  ber  obiectiüen  SBiffenfd&aft,  biefe  O^t^eil^eit  unb  Se6enbig!eit  beS 
S)enlen9,  hamaU  errungen  toerben  ntngte/^ 

2.  ^er  Stufetifiattd  bet  SBcIt. 

entttidlung  ifl  ©ifferenjirung:  bcSl^olb  l^at  ©d&eHing  baS 
Urtoefen  ober  Urt)rinci)),  toeld^ee  aller  SEBeltenttotdlung  3U  ©runbe 
liegt,  barum  nid&t  felbft  in  bie  S)ifferenjirung  eingeigt,  al8  bie  „totale 
Snbifferenj  beg  ©ubjectiDen  unb  Dbiectiöen"  Bejeici6net.  SBaö  in  SBirf- 
liileit  egipirt  ober  erfdöeint,  ift  bie  Sbentität  be8  @ubiectit>en  unb 
DbjlectiDen,  aber  bie  bifferenjirte,  b.  1^.  bie  grabuette,  ober  eine  5potenj 
ber  Sbentitftt,  loedl^alb  ftdg  bie  äBelt  ober  bie  enblofe  Sleil^e  ber 
eingelncn  S)inge  in  gtoei  JReil^en  tl^eilt:  bie  reelle  unb  bie  ibeeffe; 
jene  ift  d^aralterifirt  burd^  baS  Uebergett)id6t  beS  objecttDen  f^actorS, 
biefe  burdft  bie  be8  fuBjectiöcn;  bie  reelle  Slcil^e  befielet  in  ben  betoufet^ 
lofen  ?Probuctionen  ber  Statur,  bie  ibeeße  in  ben  Betoufeten  ^Probuctionen 
ber  Einteiligen}  ober  beS  ©eifteS.  Um  in  ber  SBeife  @))inogad  unb 
nad^  beut  3Slunht  @d^eQing8  gu  reben,  fo  ift  bie  reeOe  Steil^e  (Statur) 
bem  «ordo  rerum»,  bie  ibeette  (®eiji)  bem  «ordo  idearum»  unb  baS 
SBeltaff  in  feiner  Srfd&einung  ber  öbentitöt  Beiber  tergteid^Bar  («ordo 
rerum  idem  est  ac  ordo  idearum»). 

2)emgem&§  unterfd^eibet  ftdg  baS  @^{tem  ber  aBfoIuten  3bentitat, 
loetd^eS  Sd^eDing  fein  ©Aftern  ber  ^l^iIofot)l^ie  genannt  l^at,  in  gioei 
^auptt^eile,  nämlid^  in  bie  2)arftel[ung  ber  reeUen  unb  bie  ber  ibeetten 
Steige:  jene  ift  bie  92atur))]§iIofop]^ie,  biefe  bie  £ranSfcenbentaI))]^iIo« 
fo))]&ie  („elftem  beS  trangfcenbentalen  SbealiSmu«").  ®aS  Sl^ema 
ber  3laturp]^iIofo))]^ie  liegt  in  ber  ^rage:  „SBie  fomntt  bie  SRatur  gur 
Sntettigeng?"  S)ag  ber  3;ran8fccnbentaIJ)]^iIofo))]^ie  liegt  in  ber  Qfrage: 
„SBie  lommt  bie  Snteßigeng  gur  Statur?"  68  toirb  gegeigt,  »ie  in 
ber  auffleigenben  füti^t  iffxtx  ^Potengen  bie  9latur  im  meufd^Iid^en 
Organismus  bie  3ntettigeng,  unb  tote  in  ber  auffleigenben  Jfteil^e  feiner 


'  Sgl.  biefcs  mtxt  (oCte  »umgabt).    8b.  VI.  2.  %u!i.  »u«  H.   CEo)).  V. 
6,  307—318. 


S)te  Sbet  ber  98eUentiDi(flttng.  227 

Stufen  ber  ©etfl  im  tnenfci^ttd^en  ®enie  unb  burd^  boffelBe  bie  9kiur 
ote  Äunfttoetl  l^ertJorbringt.  ^ 

3.  Gd^eHing  unb  @))inoso. 

3nbeffen  ftnb  ttt  bet  Seigre  ©(j^etfingS  iette  beiben  Stetigen  {3latux 
unb  ®etp)  einanbet  fcineStDcg»  paxaUtl  ober  coorbinirt,  toxt  in  ber  ßel^e 
€))ini)3aS.  S)ie  Sergleid^ung  Iginft  nic^t  Mog,  fonbern  ijl  folfd^  unb 
oerbirbt  baS  SSerfianbnt^  ber  3bentität9))]^itofo|)]^ie.  3ene  €oorbination 
n)irb  bebingt  unb  geforbert  burc§  ben  cartejtanifc^en  S)uati8muS  t)on 
2)enlen  unb  STuSbel^nung,  loetd^er  bie  Seigre  @))ino3QS  nod^  bel^errfd&t, 
über  t>on  Seibntj  burd^  ben  Segrtff  ber  SRonabe  flbertüunben  Sorben 
ift  unb  feitbem  feine  onbere  93ebeutung  ntel^r  l^aben  fann  ate  eine  rüdf- 
fällige,  ©d^elling,  ber  fo  gern  ber  Qpxnoia  feines  3citaIterS  l^eigen 
tooUU,  %at  jener  falfd^en  äSergleid^ung  ba8  SBort  gerebet;  baffelbe  ^at 
aud^  ^egel  getl^an  in  bem  3eit))unfte,  t>on  beut  loir  reben.' 

Um  bie  ©ad^e  üar  gu  fieDen,  fo  t)er]^alten  fid&  in  bem  3bentitAt8- 
f^ftem  jene  beiben  0lei]^en  felbfl  ote  ^otenjen:  bon  ber  reellen  Sleil^e 
tt)irb  fortgefdöritten  jur  ibeeHen.  S)q5  SSBeltatt  bilbet  eine  ©tufenreil^e, 
bie  Don  bem  STOinimum  ber  ©ubiecttöitftt  (SOTosimum  ber  ObiectiDitdt) 
oIS  ber  niebrigften  Stufe  em})orfieigt  gu  bem  SDla^imum  ber  Subjectioität 
(Sninimum  ber  £)biedit)it&t)  aU  gu  ber  l^Odgßen:  t)on  ber  beiougt- 
lofeften  3Jlaterie  biiS  gu  ber  im  ftorften  93etougifein  leudgtenben  SEBol^r' 
l^eit  unb  Sd^onl^eit.  @o  erfdgeint  bie  SBeltentioidnung  im  Sid^te  ber 
3bentitatd(e]^re  aU  bie  fortfd^reitenbe  Steigerung  ber  @ubiectit)itat. 


1  SOgl.  übet  bie  Se^te  6dieffing8  biefeS  aBexf  (frü^cte  9(uf gäbe).  S3b.  VI. 
(3ttbiI.-«M8g.)  JBb.VIL  »u*IL  «rfterabf^n.  ©op.!— IV.  6.281— 807.  3»etteT 
mm.  aat>.  VI-VII.  6.815-382.  S)ritter  «bf«n.  6a»).  XXVIII -XXXII. 
6. 491  -565.  —  *  ®Iei(|  in  bem  crflen  6tücle  bei  Iritif  d|en  SournaU  finbet  ft(|:  ,Ueber 
ba«  abf olute  ^bcntitätsf^flem  unb  fein  SBeil^ältni^  au  bem  neueflen  (SRein^oIbif^en) 
S)uan«mu«.  ein  ©efpTftdS  Steiften  bem  S8erf äffet  unb  einem  gfreunbe*  (6. 1—90), 
Sex  SBerfaffer  foiDO^I  be«  in  9lebe  fle^enben  €^ßcm«  aU  au4  biefeS  ®efpr&(|d 
ift  6dieaing,  bet  gfteunb  iß  ^egel.  ,34  glaube",  fagt  bet  Sftcunb,  «nun  beutlidft 
3tt  fe^en,  baft  bet  (Begenfa^  t)on  9latut»)l|Uofo)>^ie  unb  2tan<fcenbentaI|)^iIofo»)^ie 
bei  Sinnen  feinen  anbeten  6inn  l^aben  fann,  als  e8  f^at,  locnn  S»>inoga  baS  etfle 
!Bu4  feinet  dEtl^if  de  natura,  bon  bet  SlH^eit,  ba8  gtoeite  de  mente  obet  Dom 
3*  übetfdjtieben  ^at.*  3)et  S5etfaf[et  antioottet:  »Äeinen  anbeten'  (6.  14). 
9(bct  ba8  etfte  Sdui^  bet  diW  l^anbelt  nid^t  «de  natura»,  fonbetn  de  Deo,  unb 
ba8  gleite  Ifianbelt  «de  mente»,  ni^t  al8  Dom  34f  fonbetn  aU  bon  einem  SDlobuS 
beS  ^tnttni, 

15  ♦ 


228  ^egete  Hu90Qnod))unfte  unb  Huffiaben. 

3n  einem,  gteic^jeitigctt  Sluffafe  ,, lieber  ben  tOQl^tett  SBefltiff  her 
gflaturp^Uofopl^ie'*  (1801)  foflt  ©(^ettttifl  gatij  im  ©tun  unb  Oeift 
feiner  ^bentitätrtel^re:  ,,€§  fliebt  nid&t  jiDei  öerfd^iebene  SBetten,  fonbem 
nur  bie  eine  fettige,  in  toetd&er  oOeS  unb  aud&  baä  begriffen  ifi,  toa» 
im  gemeinen  SBemufetfein  als  Statur  unb  ®eifi  fi<i  entgegengefe^t 
toirb'\  „®iefe  SQ3eltanfd6auung  l^alte  x^  für  bie  allein  toal^re;  bur<i  pe 
toirb  aller  ®uali8muS  auf  immer  öcmidfetet  unb  alle»  abfolut  eine»/  ^ 
Sßol^lgemerÜ:  aller  S)ualidmu8,  alfo  au$  ber  im\i^tn  S)enfen  unb 
auöbcl^nung,  toeldfeer  in  ber  Seigre  @})ino8a8  fortbeftel^t  unb  burd^  il^r 
ganjeS  @^flem  ]^inbur$tt)irft!  @$elling8  ^Igilofopl^ie  ifi  entmidlung»^ 
leiere,  xoa^  @finoga»  ^l^ilofopl^ie  nid^t  ift  unb  fein  !onnte. 

4.  2)te  neuen  ^ufgabetr. 

3n  biefer  entoidlungdlel^re,  to)ie  fie  €cbelling  im  Saläre  1801 
begrflnbet  unb  f^ßematifirt  l^at,  finb  jmei  ä^eftimmungen  entl^alten, 
tt)eld^e  ben  @]^aro!ter  bed  ganjen  €^ftemS  betreffen  unb  O^i^agen  ober 
Aufgaben  ungel5{ter  unb  unentn)t({elter  9lrt  in  ftd^  fdgliegen.  (S8 
^anbelt  fid^  um  ba8  ^rincip  unb  ben  (^ortfd^ritt. 

1.  @d^elling  l^at  bas  $rincip  als  bie  abfolute  ^bentitdt  (@ub)ect- 
Dbject)  ober  bie  totale  Snbifferenj  beS  ©ubjectitoen  unb  Objectiöen, 
als  bie  SBernunft  ober  baS  abfolute  ©elbflerlennen  bejeid^net,  »orin 
alle  Strien  beS  @einS  als  eto)ige  3been  begriffen  finb.  @S  ifl  aber 
nid^t  genug,  baS  ^rincip  gu  begreifen  unb  burd^  SBorte  gu  erfldren, 
bie  tioieber  gu  eiftären  finb,  fonbern  alle  in  il^m  entl^altenen  9e= 
fitmmungen  moQen  georbnet  unb  entmidelt  werben.  S)ie  lurje  O^^age 
l^eigt:  SBaS  ifl  bie  ^bentitdt  ober  bie  93ernunft,  bie  fid^  in  allen  (Sr- 
fd&einungen  offenbart?  ffiie  entioidEelte  Slnttoort  auf  biefe  Sfwge  ge- 
l^ort  in  baS  ^^bentitdtsf Aftern  als  beffen  ©runblel^re  ober  ^etapl^^fiL 
eine  fold^e  aJlctapl^^fil  fel^lt  bem  ©^jicme  6d&eHingS,  toic  er  baffelbe 
im  3a]^re  1801  beurlunbet  unb  in  biefer  ©eftalt  niemals  t)erleugnet  l^at. 

2.  S)ie  SJemunft  ober  baS  abfolute  ©elbfierlennen  erfd^eint  in 
ber  SSelt  als  ^roceg,  als  ber  @tufengang  beS  SrlennenS  bon  ber 
niebrigfien  ©tufe  tiefper  93ett)u6tIoftg!eit  (9Äaterie)  bis  jur  l^öd^jien 
Stufe  beS  aSetPufetfeinS,  too  bie  3bentität  olS  SBal^rl^cit  unb  ©^ön^eit 
einleud^tet.  SBaS  im  Slbfoluten  3becn  finb,  baS  finb  in  ber  Statur 
^otenjen.     S)iefe  fortfd^reitenbe   Steigerung  ber  ©ubjecti^it&t,   !raft 


(Ebenbaf.   »ud^  II.   Smeiter  SCbf^n.  (S,ap.  XXIV.   @.  454. 


2)ie  3bee  bet  SOßcItentttticnunfi.  229 

beten  bolS  @u6jectit)e  aud  jeber  Objecttk>irutt3  ftdg  ju  einet  neuen  Stufe 
obet  $oten)  feinet  £^ätig!eit  etl^ebt,  l^at  Sd^eUing  „bie  äJletl^obe  bet 
$oten)en  obet  beS  ^otenjitens''  genannt,  et  l^at  biefelbe  ald  feine  (Sx- 
ftnbung  ftets  in  Slnf^tud^  genommen,  niemals  t)etleugnet,  abet  aud^ 
nie  logifci^  batgelegt  unb  getel^tt.^ 

8.  SBit  mflffen  biefen  beiben  9lufgaben  noäi  eine  btttte  ]^in)ufflgen. 
©d^eUing  l^at  bie  3BeUentn)idIung  mit  einem  lebenbigen  Aunftn)et!e 
t)etgUd^en,  unb  nid^t  blog  t)etglid^en,  fonbetn  aU  ein  foId^eS  bettad^tet, 
aU  ein  lebenbiged  Aunftmet!,  n)etd^'eS  in  bem  dfil^etifd^en  Aunftmetl 
ald  bem  menfd^Iid^en  @enie))tobucte  gipfelt  unb  fein  SSefen  offenbatt. 
(St  ]^at  beSl^atb  bie  ))bUofot)bifd^e  SBeltetfenntnig  mie  bie  St!enntni^ 
eines  AunfliDetfs  genommen,  bie  nid^t  in  einet  nod^  fo  genauen  SBe» 
f(^teibung  beftel^t,  fonbetn  in  einem  bet  genialen  ©d^öpfung  congenialen 
SSetftanbe,  bet  baS  Aunftn)et!  nad^fd^afft  obet  teptobucitt.  Songenialität 
ifl  aud^  ©enialität,  ^lad^fd^öpfung  ift  aud^  ©d^öpfung,  9le))tobuction 
obet  äteconfttuction  ift  aud^  Sonfttuction.  2)ie  Sßetle  bet  Statut  mie 
bie  beS  ®enieS  ftnb  t)et!5t))ette  3been,  bie  als  fold^e  nid^t  etfannt 
toetben,  inbem  man  fie  blog  anfd^aut,  toie  bie  Stbxpex,  aud^  nid^t,  in- 
bem  man  fte  bIo|  tnteKigitt,  n)ie  bie  3been,  fonbetn  inbem  man  beibe 
(Stfenntnigatten  in  bet  intellectuellen  ^nfcigauung  (tntuiti^et  SBet= 
ftanb)  t)eteinigt,  meldte  Aant  t)on  ben  menfd^Iid^en  SBetnunftt)etmogen 
auSgefdgloffen  l^atte,  @d^eQing  bagegen  als  baS  eigentlid^e  @tfenntnigotgan 
bet  $^iIofo))]^ie  anfielet  unb  angefel^en  toiffen  toiä.  @inet  fold^en  Sin- 
fc^auung  etfteute  fid^  @oetl^e  in  feinet  3(tt,  bie  9iatut  ju  bettad^ten. 
„3d&  bin  ftol^,  bafe  id6  meine  3been  feigen  fann",  fagte  et  in  einem 
feinet  etjien,  unDetgeffenen  ©efptöd&e  mit  ©drillet  (1794),  als  et  biefem 
feine  Seilte  t)on  bet  $f[an3enmetamot))]^ofe  ootgettagen  unb  ben  Utt^puS 
bet  $flanje  auf  bem  ^apiet  t)otge2eid^net ,  ©drillet  abet  ben  ed^t 
lantifd^en  (Sintioutf  gemadgt  l^atte:  ^S)aS  ifl  feine  Stfd^einung,  fonbetn 
eine  Sbee'/ 

SBcnn  man  ©d^ettingS  ^pi^ilofo^jl^ie,  toie  öftet  gefd&e^en,  mit  bet 
platonifdgen  ^etgleidgt,  fo  batf  man  fid^  l^auptfäd^lid^  auf  biefe  jmei 
$un!te  betufen:  auf  feine  Seilte  bon  ben  2tbeen  ats  ben  eföigen  Sitten 
beS  ©eins  unb  auf  feine  ^nfd^auung  bet  SSklt  als  eines  lebenbigen 
AunftioetlS. 

1  Cbenbof.  fBu*  IL  3»etlet  Hbfdjmtt.  (&ap.  XXIV.  6.  454.  Col).  XXV. 
6.  461.  dap.  XXXII.  ©.  548-563.  JBgl.  »ietter  ^Ib^nitt.  ©ol).  XLVm. 
6.  828-831.    SSgt.  »u*  I.   ©ap.  XIX.   6,  265-267. 


230  $egel  im  SBiinbe  mit  ©beding. 

5.  2)eT  SBeg  ^ux  SBal^rl^eit. 

9lun  aber  liegt  gn)if$en  bem  geioöl^ntid&en  99e)Dugtfetn  uttb  ber 
genialen,  gum  erfenntniSorgan  ber  ?P^i(ofo»)]^ie  B^'^öxiflen  Seflabung 
eine  Aluft,  loel^e  feine  Seilte  auSguffiQen  unb  gu  ebenen  Detmag. 
SBenn  bie  ^pi^itofopl^ie  bic  (grlenntnil  ber  SBal&rl&eit  fein  fott  unb 
min,  fo  mag  fte  au$  ber  SBeg  gur  SBal^rl^eit  fein,  fte  inu§  ben 
993ea  geigen  unb  fahren,  ber  t)on  ben  Anfängen  bed  gemol^nüd^en  93e« 
toufetfeinß  t>on  ©tufe  gu  6tufe  em})orfieigt  bis  gu  ben  ^öJ^en  beö  ai^ 
fotuten  ®eifle8,  ber  fxäi  im  äBettüH  offenbart  unb  baffelbe  burd^maltet, 
unb  gttar  bebarf  eS,  um  biefen  SEBeg  gu  finben,  feiner  genialen  ober 
^ribilegirten  ®eifle8art,  fonbern,  mie  eS  im  äßefen  ber  ^l^itofopl^ie 
liegt,  nur  ber  aufrichtigen  Siebe  gur  SSal^rl^eit,  benn  t&  ift  ber  SSal^r- 
l^eitdtrieb,  ber  bad  meufd^Iiii^e  ä)elDugtfein  betoegt  unb  fortf freiten 
mad^t  bid  gum  (Snbgiet,  loo  bie  eneid^te  Sal^rbeit  gleid^  ifl  ber  ge- 
mottten  unb  gefud^ten.  lERid^tiS  anbereS  aU  bie  el^rlid^e  Siebe  gur  3Ba^r^ 
l^eit  ifl  ber  (&ompa%,  ber  baS  menfd^lid&e  99etougtfein  auf  feinem  äBege 
gur  SBal^rl^eit  leitet  unb  ftufenm6§ig  bis  gu  bem  ©tanbpunft  erl^ebt, 
mo  il^m  baS  Sßefen  ber  Singe  einleudgtet.  S>iefer  @tufengang  ifl  bie< 
ienige  Sutmiillung  beS  93elDugtfein8  ober  beS  ©eifteS,  meldte  ber 
))l^itofot)]^ifd^en  Srfenntnig  DorauSgel^t  unb  biefelbe  begrünbet.  S)iefe 
Stufen  finb  bie  @tanb)^un!te,  meldte  bas  93ett)ugtfein  auf  feinem  SSege 
burd^Iduft  unb  tooburd^  bie  9lrt  unb  SBeife  bebingt  ifl,  mit  bem  Se^ 
ta)u§tfein  bie  Objecte,  bem  ^l^ilofopl^en  aber,  ber  bem  ®ange  be9 
SBetou^tfeinS  nad^forfdbt  unb  gufiel^t,  beffen  äSetrad^tungStioeifen  unb 
Srten  be9  SßiffenS  erfd^einen:  biefe  SSorflufen  ber  ))]^iIofo))]^ifd&en  Sr» 
!enntni§  finb  barum  bie  Srfd^einungen  be§  SBiffenS  ober  bie  $^&nomena 
be9  ®eifled,  unb  bie  SBiffenfd^aft  biefer  äSorflufen  eine  „^^nomenologie 
beS  ®eifle8\ 

S)ie  n&dgflen  Aufgaben,  ald  ^eget  im  ^al^re  1801  an  ©d^eOingS 
Seite  trat,  lagen  in  ber  JBert^eibigung  ber  Sbentitfttölel^re,  in  ber 
SBegrdumung  unb  äkmid^tung  miberflreitenber  Vnfidgten,  bie  in  ben 
Slid^tungen  ber  5£age9^]^ilofop]^ie  t)on  feiten  ber  kleinen  unb  ber  ®rogen 
fid^  ber  neuen  Seigre  in  ben  SBeg  fleSten.  Unter  ben  Ateinen  erfc^einen 
Steinl^olb  im  99unbe  mit  93arbili,  ber  fogenannte  gefunbe  Sleufdgen^ 
toerflanb,  uoie  benfelben  9ß.  %x.  Arug  in  feinen  Sd^riften  (1800  unb 
1801)  nal^m  unb  reprAfentirte,  ber  @!e))tici8mu9,  loie  i^n  ®.  6.  Sd^ulge 
(«enefibemud)  in  feiner  «Aritif  ber  tl^oretifd^en  $]^Iofo))l^ie''  (1802) 
erneuert  l^atte;  unter  ben  ®ro6en  finb  bie  fantifd^e,  jacobifd^^e  unb 


^egel  im  SBnnbe  mit  64eQing.  231 

fiddief^e  $]^tIofD))]^ie  ju  t&c^efitn,  bie  als  bualifltfc^e  €^ftetne  6ef&m^ft 
itnb  9ie{Ir£tonSt)]^ilofot)ldien  genannt  loerben.  Unb  ba%  9tetnl^oIb  ben 
Untcrfdöicb  stoifd^cn  ber  SBiffcnfcfiaftfilel^re  unb  ber  3bentitat8^)]^iIofop]die 
nod^  nid^t  begriffen  l^atte,  gab  bie  SSeranlaffung  gu  ber  „3)tfferen3  bed 
fid^tefd^en  itnb  fd^elllingfdden  @4ßemd  ber  ^l^ilofopl^ie'',  momit  ^gel 
feine  t^J^ilofopl^ifdge  Saufbal^n  als  Sd^riftfleller  erö^nete. 


Stpeite«  «apiteL 
^egel  im  Umit  mit  Si^eUins* 


L  a)ie  erften  ©d^riftcn. 
1.  2)te  ^lanctcnbal^nett. 

^te  ^egel  auf  bem  ©ianbpunfte  ber  SbentitätSpl^ilofopl^ie,  bie 
tt)ir  aU  Sinl^eitS-  unb  SntmidnungSlel^re  er!I&rt  l^aben,  feine  3been 
f^fieinatifil  )u  orbnen  begann,  um  ein  aDumfaffenbeS,  butd^gdngig 
gegliebetteS,  lel^rbaieS  ®anje§  baraud  ju  mad^en,  fa^  er  biefe  bret 
Slufgaben  &or  fi^:  bie  metapl^^fifd^e,  bie  metl^obologifd^e,  meldte 
mit  ber  logifd^en  ^anb  in  ^anb  gel^t,  unb  bie  pl^ftnomenologifd^e. 
6r  ]&ot  nie  einen  früheren  ©tanbpunit  gel^abt,  er  l^at  ben  ergriffenen 
auÄgebilbct,  aber  niemal«  t)erdnbert,  aud^  nid&t  in  bem  Sinne,  in 
»eld&em  t)on  Sfid^te  unb  ©d&etting  gcfagt  toerben  barf,  bafe  fie,  ol^ne 
))on  fidg  abjufaQen  (mie  man  unDerftänbigerioeife  oft  gemeint  l^at),  eine 
9lei6e  &on  @tanbt)un!ten  Dor  ben  Sfugen  ber  SBett  burdggemadgt  unb 
in  ©d^riften  befunbet  l&aben.  ffiiefe  tJfefiiglcit  unb  Cinmüt^igleit  in 
bem  S]^ara!ter  be8  l^egelfci^en  @^ftem8  bat  mit  Siedet  )u  feinem  Slnfel^en 
in  ben  Slugen  ber  SBelt  fel^r  Diel  beigetragen. 

a)a8  ?Prinap  ber  3bentität  beS  Sbealen  unb  Slealen  ober  ber 
S5ernunft  unb  9latur  (identitas  rationis  et  naturae)  in  Slntoenbung 
auf  bie  ®efe^e  ber  ^lanetenbal^nen  ifl  ber  ®runbgeban{e  biefer  l^egelfd^en 
3nauguraIbiffertation.*  68  fott  gejeigt  toerben,  ba§  SBernunftgefe^e 
in  ben  ^tanetenbal^nen  l^errfd^en,  tt)a8  aDe  t)ier  fünfte  betrifft:  bie 
t^orm  ber  SSal^n,  ba8  SSerl^ältnig  ber  Seiten  unb  9ldume  innerl^alb 
ber  Sal^n,  ba8  SSer^dltnig  ber  Umlauf8)eit  gu  ben  Entfernungen  t)on 


aSÖerle.   SBb.XVI  (de  orbitis  planetarum).   6.1-29.   (6.28.) 


232  ^eget  im  S3unbe  mit  e^etting. 

bet  ©onne  unb  baS  SBerl^ftlttiift  biefcr  gntfernungcn  fclbfl.  3n  An- 
fel^uug  bet  bret  ecjien  $un!tc  l^ertfci^en  bte  t)on  bem  großen  beutf^en 
3(flconomen  ^ol^ann  Aepler  entbeäten  ®efe^e:  1.  bie  platteten  be* 
fireiben,  toie  e«  intern  aScgriffe  cntfpridöt,  ba  fie  tl^r  gentrum  fotool^l 
in  ftdg  ate  äuget  ft^  l^aben,  eine  escentttfd^e  Senttalbemegung,  b.  ff, 
eine  S(Ii))fe;  2.  in  biefet  93ett)egung  befd^teibt  bet  StabiuS  t)ectot  in 
gteidgen  Seiten  gteid^e  @ectoten;  3.  in  ben  Umläufen  bet  Planeten 
t)et^Qlten  ftd^,  loie  eS  ben  93egtiffen  bet  Seit  unb  beS  9laumed  ent= 
f))ti$t,  bie  Ouabtate  bet  UmlQufSjeiten  toie  bie  Auben  bet  mittleten 
@ntfetnungen  beS  ^kneten  Don  bet  €onne, 

SEBqS  abet  bie  @ntfetnungen  obet  Sbfidnbe  bet  Planeten  t)on  bet 
€onne  bettifft,  fo  foQte  baS  ®efe^  bet  batin  l^ettf^enben  ^topottion 
noc6  entbeät  tioetben.  Aant  im  a^ten  ^auptflüä  feinet  allgemeinen 
9iatutgefd6id^te  bed  ^immelS  l^atte  ben  ungel^euten  3tx>ifd^entQum  )to)ifd6en 
bem  t)ietten  unb  fttnften  Planeten,  jmifd^en  äRatd  unb  3u))itet,  gtöget 
aU  bie  v$flä(i^e  allet  unteten  ^anetenlteife  gufammengenommen,  aus 
bem  SJted^anidmud  bet  (Stgeugung  beg  3u^itet  gu  etKdten  gefud^t: 
biefet  gtögte  aUet  Planeten  l^abe  gu  feinet  SJlaffe  ben  Utftoff,  bet  einft 
jenen  3tt>ifd&entaum  ausfante,  an  fid^  getafft  unb  Detbtaud^t.  S>a]^et 
bie  ßeete.^ 

9lun  l^atten  bie  Slfttonomen  93obe  in  93etlin  unb  S^itiuS  in  Sitten- 
betg  eine  atit^metifd^e  ?Ptogteffion  aufgehellt  (»obe^XitiuS'fd^e  Sleil^e)^ 
na^  meldtet  jene  Stbßdnbe  betgeftalt  fottfd^teiten,  bag  an  fttnftet  @teDe 
eine  3<^^I  ftanb,  bet  gto)at  !ein  k)ot^anbenec  planet  entf))tad6,  abet  ein 
nod^  gu  entbedEenbet  gmifd^en  SJtatS  unb  ^npxitx  entfpted^en  foUte. 
(2)ie  9teil^e  i{l  butd^  f))dtete  (Sntbedungen  l^infdQig  geiDotben.) 

^egel  tabelte  unb  )}etto)atf  ben  gangen  SSetfudd  als  unt)]^iIofD))l^ifd&, 
ba  baS  SBetnunftgefe^  l^iet  eine  Slei^e  fotbete,  bie  ni(6t  nad^  atitl^- 
metifd&en  ®iffetengen,  fonbetn  nad&  5Potengen  fotifd^teiten  muffe;  ballet 
meinte  et,  ba|  bie  ^i^tl^agoteifd^e  S^^^^Ientei^e  im  SiimduiS,  toeld^e  nac^ 
$otengen  bet  3cil^len  2  unb  3  fottfd^teite,  loeit  ti(^tiget,  toeit  natut» 
unb  mnunftgemdget  fei.  St  ift  biefet  ^^potl^efe  gu  fiiebe  in  ein 
ted^teS  9lefl  t)on  ^^tttl^fimetn  getatl^en:  et  l^dtte  etftenS  ni^t  fagen 
foQen  bie  p^tl^agoteifd^e  3<^^Ientei]^e  im  S^imduS,  fonbetn  bie  plo' 
tonifd^e  3<i^tentei]^e  im  £imdud,  et  l^dtte  gto)eitenS  bie  geocenttifd^e 
unb  bie  mu{t!alifd^e  93ebeutung  biefet  3al^Ien  nic^t  äuget  ^d^t  laf[en 

^  PantS  aS^erff .  ^attenfieinf^e  ®efammtau9galbe.  (8ei))gio  1838.)  a9b.  VIII. 
€.  356  flab. 


^egel  im  SSunbe  mit  6(ffeaittg.  233 

foKcn,  Qudg  l^at  et  in  ben  urfunblid&cn  Sal^Ien  eine  SBertefferung  an= 
bringen  iDoIIen,  bie  baS  ©egent^eil  mar.  2)te  utEunblid^en  Bohlen 
fmb  1,  2,  3,  2^  3»,  2»,  3^  ülfo  1,  2,  3,  4,  9,  8,  27.  ©latt  8 
tDottte  ^egel,  um  ben  gfortfd^ritt  nidfet  aufaul^alten,  16  lefen.  SBoS 
aber  bie  ^au))tfa(i&e  mar:  an  t)ierter  ©teile  ftanb  bte  Sa^l  4,  an  fflnfter 
bie  So'&t  9;  jener  entfprad^  in  ber  ^pianetenrei^e  ber  SWarS,  biefer  ber 
3ui)iter,  ba  laß  nun  ber  grofee  Stoifd&enraum  gmifc^en  3Jlar8  unb 
Supiter  offen  unb  Har  t)or  aller  klugen.* 

ffiä^renb  ^egel  am  27.  Slufluft  1801  in  3ena  biefe  feine  ®iffer» 
tatton  mit  ber  99e]^aut)tung  ju  tertl^eibigen  l^atte,  bag  gioifd^en  SKard 
unb  3upiter  fein  ?}lanet  ju  fud&en  fei,  mar  Don  ^Piagji  in  ^Palermo 
am  1.  3anuar  1801  a»if^en  SOiarS  unb  3u^)iter  ftfton  bie  ©eres  ent« 
betft  morben! 

S)arüber  ifl  nun  bei  ben  ©egnern  ber  $l()iIofo))]^ie,  insbefonbere 
ber  l^egelfd^en,  beS  ©elftd^terS  unb  3ubeld  lein  @nbe  gemefen,  nament» 
Ud&  bei  fold&en,  bie  Don  ^egel  unb  feinen  äSerfen  an^  eigenem  @tubium 
nichts  lennen  gelernt  unb  burci^  ^drenfagen  aud^  !aum  mel^r  erfal^ren 
l^atten  ate  biefen  3rrt^um.  3u  tabeln  ift  ^egel,  menn  man  eS  einen 
Sabel  nennen  »itt,  bafe  il^m  bie  einige  SWonote  frfil^er  in  ^Palermo 
burd^  ^taggi  flattgefunbene  Sntbedung  ber  Sered  unbelannt  geblieben 
toar,  UebrigenS  »ar  ber  entbedte  ©tern  lein  5pianet,  fonbern  ein 
<)Ianetenä^nU<|er  Äör})cr,  ein  „^ptanetoib  ober  Slfteroib\  »ie  man 
beren  gioif^en  äRarS  unb  3u))iter  im  Saufe  unfereS  3<i^t^unbertS  fo 
Diele  entbedt  l^at,  ba^  [xS^  beten  S<^i^  nunmel^r  tool^I  gegen  Dierl^unbett 
beläuft. 

9lud6  mug  x(b,  mi$  felbft  beridgtigenb,  barauf  l^inmeifen,  bog 
^egel  ni^t  in  ber  fjorm  einer  Sel^au^)tung,  fonbern  einer  bloßen 
^^potl^efe  auSgefprod^en  l^at,  ba^  bie  fifläe  3to)ifdgen  SKard  unb 
3upiter  einleud^te,  menn  bie  Don  i^m  angeführte  9teil^e  rid^tiger  unb 
naturgemäßer  fei  als  jene  aritl^metifdfee  ^Progtcf fion :  «quae  series 
si  verior  naturae  ordo  sit>  etc.  3n  biefer  unb  äl&nlit^en  fragen 
finb  Don  jel^er  mannid^fad^e  ^^potl^efen  gemad^t  n)orben,  aus  beren 
Siicfetigleit  ben  ©rfinbern  fein  SBormurf  ertoädöfl,* 

^  «Qaae  series  si  verior  naturae  ordo  sit,  quam  illa  arithmetica  pro- 
gressio,  inter  quartum  et  quintum  locum  magmim  esse  spatium,  neque  ibi 
planetam  desiderari  apparet.»  (S.  28.)  —  »  Sgl.  barübcr  3).  3fr.  ©trauß' 
!(einen  unb  tteffenben  Kuffa);:  „^te  Slftcroiben  unb  bie  ^^ilofoip^en".  (1854.) 
®efammeltc  Gd^riften.  S9b.  IL  @.  353-356. 


234  ^egel  im  IBunbe  mit  G^etting. 

3m  SSorbergruttb  ber  Sd^rtft  aü  baS  ju  betdnipfenbe  Obiect  ftel^t 
9tett)ton  tnit  feinet  matl^ematifd^en  SegtUnbung  ber  !e))terfdgen  ®efe|e 
unb  ©rKärung  ber  ^lanetenBol&iien,  toic  fiift  biefelbe  in  feinem  be« 
Tül^mten  SBerl:  „3)ie  mat^ematifcfeen  iprincipien  ber  9?atut})]^itofop]^ie'' 
finbei  993it  foQen  und  DorfteQen,  to)te  bie  $immel8{ör))er,  n)eld&e  bie 
©onnc  umfreifen,  burd&  Äcäfte  getrieben  toerben,  tote  bie  Slepfel,  bie 
gut  (Srbe  l^erabfaDen,  unb  bie  Steine,  bie  gefd^Ieubett  toerben  unb  itQ(!^ 
burd^toufener  {^ugbo^n  aud^  lieber  jur  €tbe  l^erobfaKen.  S)ie  ^(aneten 
mttffen  Iroft  i^rer  eigenen  ©$n)ere  beflftnbig  faOen  unb  Iraft  i^re« 
Don  ®ott  empfangenen  @toged  gugleidg  befiänbig  fliegen,  medl^atb  fte 
gen5tbigt  finb,  nad^  bem  ^aradelogramm  ber  Ar&fte  in  jebem  unenbßd^ 
Keinen  3eitt^eil  bie  biagonale  9%id^tung  ju  nel^men,  b.  1^.  fi(^  in  heis* 
förmiger  Sal^n  ju  betoegen.  S)ie8  aUeS  n)trb  matl^ematifd^  ober  geo« 
metrifd^  Deranfä^auHd^t,  burcb  $un!te  unb  Cinien,  bie  $un!te  finb  bie 
Sentra,  bie  geroben  Sinien  bie  Ardfte  unb  bereu  Slid^tung,  bie  Zentri- 
petal- unb  (Zentrifugal-  ober  Sangentiallraft;  bie  OueDe  ber  erften 
Araft  ifl  bie  SRaterie,  bie  ber  jtoeiten  ifl  ®ott  beibed  ifl  auf  matl^e» 
matifd^-med^anifd^e  SBeife  unbegreifßd^  unb  m^fieriöS,  bct  man  nic^t 
begreifen  !ann,  mie  ®ott  flö^t,  unb  ebenfon)enig,  toit  bie  allgemeine 
Slttraction  ober  ®raoitation,  bie  in  unb  burd&  aOe  Qferne  toirlt,  olfo 
ol^ne  ffirudt  unb  ©tofe,  einen  Äörper  betoegen  lann.  3)ie  SD^latl^ematif 
l^ai  e8  mit  bloßen  ®rögen,  bie  9lf}ronomie  bagegen  mit  9laum  unb 
S^ü,  SRaterie  unb  Gräften,  ^immeldfSrpern  unb  beren  freier  fdt- 
n'egung  }u  t^un:  bal^er  bie  Möge  SKatl^ematit  nid^t  l^inrei^t,  bie 
pl^^fifaUf^e  ^{Ironomie  ju  begrfinben  unb  bie  $tanetenba]^nen  ju  n- 
üdren.  2)a)u  gel^ört  ber  naturpl^ilofopl^ifd^e  ^griff  ber  9Raterie  unb 
i^rer  not^menbigen  Sntjioeiung  ober  2)ifferen3irung  (2)iremtion)  in 
entgegengefeftte  Äräftc.  ^ 

3lid6t  biefelbe  Äraft  ift  eS,  toie  SRetoton  geleiert  l^at,  bie  ben  Äpfel 
3ur  (Srbe  giel^t  unb  ben  Planeten  um  bie  @onne  betoegt.  SDie  Sepfet, 
toie  ^eget  an  biefer  ©teile  fd^erjl^aft  bemerlt,  l^aben  in  ber  SBett  Diel 
Unl^eU  angeridfttet,  namentlid^  bicfe  brei:  ber  ^fel  ber  (Boa,  ber  be« 
$ari8,  unb  gule^t  ber,  n)eld6en  9lett)ton  gefeiten  l^at,  tt)ie  er  Dom  99aume 
l^erabfiet,  bei  beffen  StnblidE  i^m  bie  ©ruDitationSlel^re  aufgegangen 
fei.  ©0  lautet  ba«  abgegriffene  ^iftördöen  (tritissima  historia).  S5er 
erfte  Gipfel  l^abe  ben  t^Q  ber  STlenfc^l^ett,  ber  }tt)eite  ben  Untergans 

*  De  orbitis  planetamra.    6.  5—17. 


iQt^tl  im  a^nbe  mit  G^eHing.  235 

SEtoiaS,  ber  bttttc  bie  aRifetien  bet  äjironomie  öerf<|u{bct.  ®ic  5p^iIo« 
fo^te  möge  ftcft  Dor  bcm  9fl)fel  in  2lc6t  nel&mcn,  er  i^  ein  fi^Iimnie« 
Dmen!^ 

3la^  SiceroS  Sßorten  l^obe  SohateS  bie  $l^iIofop6ie  t)on  ber  a3e= 
trad^tung  beS  ^immels  auf  bie  Srbe  l^erabgeftt^rt,  um  baS  menft^« 
lid^e  Seben  gu  erlennen  unb  ju  lAuiern;  eS  fei  nunmel^r  Seit,  ba% 
bie  !ß^iIofo))^ie  lieber  jum  ^immet  emporfieige,  um  nad^  StoptxnxlM, 
®alilei  unb  Aepter  bie  ^lanetenbal^nen  &on  9leuem  gu  betrad^ten  unb 
il^re  ®efe^e  fo  gu  erfennen,  bag  baraud  bie  Sbentitdt  ber  äSernunft 
unb  ber  ?latur  einleuchte.* 

2.  ISic  p^ilofo))^if4c  S)ifTeTcna  gtoif^en  Si^te  unb  ^d^clling. 

gßenn  man  biefe  erpe  ©d&rift,  toeld&e  ^egel  in  SBudbform  l^erauÄ» 
gegeben  l^at,  mit  feinen  Suffö^en  im  Iritifd^en  Journal  Dergleid^t,  fo 
finben  ficft  eine  9leil()e  bon  $un!ten,  meldte  bort  als  felbftdnbige 
Sil^emata  auftreten  unb  l^ier  im  Saufe  ber  Sbl^anblung  ato  einfc^Idgige 
Ofragen  t^eils  berftl^rt,  tl^eild  erdrtert  »erben,  toie  3.  93.  bie  gefd^id^tlid^e 
Snfidgt  ber  ^l^ilofopl^ie,  bie  ))]^iIofo))l^ifd^e  Aritü,  ber  gefunbe  SReufd^en- 
oerftanb,  bie  Steflesion  als  ^njtrument  ber  ^l^ilofop^ie  u.  a.'  Ueber» 
^au))t  entl^dlt  baS  fleine  SBud^  fdgon  einen  angefammelten  SSorratl^ 
l^egelfd^er  Sbeen,  bie  fi((  bem  Jttenner  ber  !anftigen  Seigre  aU  Aeime 
entmidUungdbebfirftiger  unb  ent)oidE(ungdfd^iger  Strt  barfteUen.  Ofi^eilic^ 
entbel^rt  bie  @))rad{)e  nod^  }u  fel^r  bie  gur  99elel^rung  beS  SeferS  cr> 
forberlidge  plaftifd^e  S)eutli(^!eit  unb  9Iue))rägung  unb  I&gt  in  i^rer 
abfiracten,  farblofen  Haltung  ol^ne  aUe  ^nfd^autid^feit  bie  ^d^toierig- 
feiten  unb  äJl&ngel  em))finben,  »eld^e  bie  Alagen  Aber  bie  UnDerft&nb- 
Ud^feit  l^egelfd^er  @d^reibart  nic^t  mit  Unre^t  ]^er))orgerufen  l^aben. 

1.  3>ie  n&c^fte  SBeranlaffung  ju  ber  genannten  @d6rift  mar  burc^ 
SReinl^oIb  gebmmen,  ber  in  feinen  „SBeitrdgen''  bie  9leul^eit  unb 
Driginalitdt  ber  fc^eQingfd^en  ^^ilofop^ie  beflritt  unb  biefelbe  immer 
nod^  aU  einen  Sprogting  unb  SIebengmeig  ber  fid^tefc^en  SBiffenfc^aft^- 
(el^re  angefel^en  miffen  moQte.  3n  ber  beftdnbigen  STletamorp^ofe  feines 
t)]^ilofo))^ifd^en  @tanb))unltd,  bie  man  eine  ..SRetempf^c^ofe"  genannt 
^at,  mar  9leinl^oIb  üon  Aant  gu  Ofid^te,  ))on  Orid^te  gu  3acobi,  t>on 
3acobi  gu  93arbiU  fortgegangen  ober  öielmel^r,  toie  ^eget  meinte,  er 

*  De  orbitis  planetarum.  6.  17-18.  —  «  «enbaf.  »b.  XVI,  ©.2.  — 
•  ^iffcreng  beS  ftd^^en  unb  f^eOingfi^en  @^ftem9  ber  $tiIofo))]iie.  9Betfe. 
3öb.  L   ©.  159  -296. 


236  ^egel  im  SSunbe  mit  e^eQing. 

iDQt  auf  biefem  feinem  testen  Sßege,  ber  tl^n  gu  SSarbtli  geffil&rt  l^atte, 
n)teber  )u  feinet  eigenen  „Slementarpl^Uofopl^ie''  gutflägegangen  unb 
ftanb  nunmel^T,  nad^bem  er  biefen  ßteielauf  tioUbxaiit,  im  Sunbe  mit 
Sarbili  gegen  ©d^eKing  im  93unbe  mit  ^egel,  meldten  (enteren  bie 
©efd^iäe  ber  bautfd^en  ^l^ilofopl^ie  far  bie  näd^fle  3u{unft  anoertraut 
tDoren.^    Sel^r  ungleid^e  ©egner! 

2.  3lun  xoax  ed  bie  Slufgabe  ^egeld,  bie  S)ifferenj  ber  beiben 
))^i(ofo))]^ifd&en  S^fleme,  3tt)ifd^en  benen  ber  ©treit  um  bie  Hegemonie 
gu  fahren  tt)or,  in  il^rem  gangen  Umfange  unb  in  il^rer  gangen  ä3e- 
beutung  gu  erleud^ten;  er  l^atte  na4)gun)eifen,  bag  Ofi^te  gioar  bie 
3bentität8p]^ilofo^)l^ie  begrttnbet  unb  il^r  5princip  fefigeftettt,  Ieine8= 
megd  aber  au8-  unb  gu  Snbe  gefül^rt  l^abe.  2)ied  fei  burc!^  ©d^eUing 
t)ermöge  feiner  S^aturpl^ilofot^l^ie,  feines  transfcenbentalen  ^bealiSmuS 
unb  ber  S)arfleQung  feined  @^ftemS  ber  $^i(ofopl^ie  gefd^el^en,  bed- 
l^alb  fei  er  als  ber  eigentlid^e  Slepr&fentant  beS  @^ftemS  ber  abfoluten 
2lbentitAt  unb  als  ber  fiegreid^e  $^iIofo))]^  auf  ber  ^öl^e  ber  Segen» 
»art  gu  betrad(ften. 

3n  bem  obigen  ©a^tel  öon  ^ber  3bee  ber  SBeltcnttoidlung", 
bie  ii)  gefliffentHc^  an  bie  €))t^e  biefeS  gleiten  SBud^eS  gefteKt  ^abe, 
finb  fc^on  im  SSefentlid^en  bie  S)ifferengen  bargetegt  n)orben,  meldte 
gtoifd^en  ber  ftd^tefd^en  unb  fd^ellingfd^en  ^]^iIofo))]^ie  obtioalten  unb  aud^ 
baS  SEI^ema  beS  l^egelfc^en  93üd^leinS  bilben.^ 

3.  anit  t)on{ommener  9lid^ttg{eit  l^at  ^egel  in  AantS  fiel^re,  in 
ber  SSernunflfritil  unb  gtoar  in  ber  S)ebuction  ber  reinen  SSerfianbeS» 
begriffe  bie  SBurgel  erlannt,  n)orauS  bie  fid^tefd^e  ^l^ilofopl^ie  l^erbor» 
gelten  mugte.  3n  biefer  Unterfuci^ung  l^atte  j!ant  entbedFt,  loie  baS 
34  ober  baS  reine  99en)ugtfein  auS  feinen  SinbrädFen  unb  reinen 
Sfnfc^auungen  (Staum  unb  3eit)  bie  @rfd^einungen,  aus  feinen  Sr» 
fcbeinungen  unb  reinen  SSerfianbeSbcgriffen  (Aategorien)  bie  Srfal^rungS- 
Dbjecte  unb  beren  3ufammen§ang,  b.  1^.  unfere  gemeinfame  @innenU)e(t 
]^ert)orbringt  unb  t)orflent.  S>iefeS  3d^  ift  baS  reine,  nanbellDfe,  ftd^ 
felbft  gleidge,  mit  ftd^  ibentifd^e  3d&.  ^ier  ift  baS  $rinci))  ber  3bem 
titat:  3d&  =  3d&  nad&  bcm  ©a^e  A  =  A,  tocId^eS  gfid&te  an  bie 
epitie  feiner  äBiffenfd^aftSlel^re  gefteQt  l^at.' 

>  a^gl.  über  9ieinboIb  bicfe«  SOS^ert.  9b.  V  (alte  9(u«gabe).  SBu4  U.  (S4ip.  I. 
e.  118^129.  UebcT  9ietn4olbS  Se^re:  eoD.  II— V.  6.129-171.  Sgl.  S)tffeTeng 
«.  f.  f.  6.  290—293.  —  «  »gl.  oben  8u4  n.  6ap.  I.  6.  219.  —  »  «enbaf. 
6.  222-224.    «egd«  9ßcTle.   »b.  I.   6. 161  f[gb. 


^egel  tm  Sunbe  mit  ©Delling.  237 

SDiefeö  3^  iß  ba8  unfete  öemcinfamc,  ofciectiöc  SBclt  ]^crt)or* 
bringenbe  unb  t)orfteIl[enbe  3d6,  bal&cr  bic  3bentitat  beS  3(i&  unb  bcr 
SBelt,  beS  Sbealen  unb  9teaten,  beiS  @ubiectit)en  unb  £)6iecttt)en,  bei$ 
3*  unb  be8  3lit]&t=3(ft:  l^ict  tfi  ba«  3bcntität8i)rinci)):  3*  =  «HcS 
nadg  bem  €a$e  Ä  =  B,  red^t  etgentlid^  baS  ©runbtl^ema  ber  ftdgtefd^en 
$]^tIofo))]^te.  2)QiS  3$/  ^te  ^egel  in  larjefler  Ofotmet  fagi  ift  Subject- 
DBject;  es  tft  ©ubicct=Dbicct  al8  3(i6,  b.  1^.  eS  iji  ,,fubiccttt)e8  ©ubiect» 
Dbiect",  3n  biefer  Sfaffung  liegt  bie  unflbertounbene  unb  innetl^alb 
ber  SBiffenfd&aftdtel^re  aud^  unftbertoinbliii^e  Stnfetttg{ett  unb  @dgrQn!e 
ber  fid&teWen  5P^iIofo})]^ie.  ^2)08  reine  ©enlen  fetner  felbfi,  bie  3ben= 
tität  beä  ©ubject«  unb  beS  Dbiect«,  in  ber  gform  3*  =  3*  tft 
^rtncip  bed  ftd^tefd^en  S^flemS;  unb  menn  man  fi(^  unmittelbar  an 
biefed  $rinci^,  foiDte  in  ber  fontifd^en  ^l^ilofopl^ie  an  bad  tranSfcen- 
bentale,  toeldged  ber  2)ebuctton  ber  Kategorien  ju  @runbe  liegt,  aSein 
l^Alt  fo  l^at  man  baS  Ifll^n  auSge{))rod^ene  äd^te  ^rinci^  ber  Specu» 
lation."  Ober  toic  eS  in  einer  frül^eren  ©tetfc  J^et^t:  „3^  bem  ^Princip 
ber  2)ebuction  ber  J!ategorien  ift  biefe  $l^i(ofo))]^ie  ftd&ter  3beatt8muS; 
unb  biefed  5Princi))  iji  eS,  toaS  gfid^te  in  reiner  unb  ftrenger  5orm 
l^erauSgel^oben  unb  ben  ®ei{t  ber  lantifd^en  $]^Uofopl^ie  genannt  l^at". 
,,3n  jener  SDebuction  ber  SSerftanbeSformen  ifl  baS  ^rincip  ber  @pecu> 
lation,  bie  3bentit2t  beS  ©ubiects  unb  bed  Objecto  aufS  Seflimmtefte 
auSgefprod^en.  S>iefe  5£^eorie  beS  SSerftanbed  ift  t)on  ber  SSernunft 
aber  bie  SCaufe  gel^alten  toorben."^ 

4.  3lun  aber  forbert  ba«  ^Princip  ber  3bcntität  3d&  =  ?lüe8  bie 
fotgertd^tige  €rgdngung,  bag  aud^  SlQed  (mitl^in  aud^  baS  9lid6t=3d^, 
b.  1^.  bie  Jftatur  unb  bie  SBell)  =  3d&  fei  ober  gefegt  »erbe.  SäJiö 
man  fid^  biefen  3beengang  in  ber  (^orm  eined  ©^Qogismud  t)or{leIIen 
—  toir  Iftaben  eö  l^ier  mit  ibentif^en  ©ö§en  ju  tl^un  — ,  fo  lautet 
berfelbe:  3d&  =  3*,  3*  =  «ttes,  alfo  SlDeS  =  3d&.  ®ie  «uSfü^rung 
aber  biefed  testen  ©a^e8  bebeutet  nid^ts  ©eringereS  ald  ba8  loerbenbe 
3d&,  bie  »erbenbe  3ntenigenj,  b.  1^.  ben  ©tufengang  ber  Sfflelt,  bie 
©nttoidttung  ber  Statur  unb  beS  93ett)u§tfein8 :  biefe  beibcn  großen 
S^l^emata  ber  9latur))]^iIofot)]^ie  unb  be§  transfcenbentalen  3beali8mu§. 
S)a§  5Princi})  ber  3bentität  3d&  =  3d&  impticirt,  tote  au8  ber  obigen 
©dölu^form  fogleid^  erl^eOt,  ben  ©a^  ,2ltteS  =  3d&",  b.  %  ben  ©tufen= 
gang  ber  9tatur  unb  be8  ©eifteS  ober  bie  SBeltentttidlung;  btefeS 


»  a)iffetena  u.  f.  f.  Söetfe.  »b.  I.   Söoretinnerunfi.  @.  161  PQb.  6. 163. 


288  ^egel  im  SBunbe  mit  Stelling. 

3benttt&t8))rinci))  forbert  ben  „S)urd56tud&  in  baS  freie  offene  gttb 
ber  objectitoen  SBtffenfd&oft"  unb  in  biefem  ®ebiet  feine  S)urd6fa]^rung 
unb  aSonenbuno,  ol^ne  tt)eld&e  ba8  34  in  Sßal^rl^eit  nidgt  gteid^  3(j&  ifl. 

5.  2)ie8  aber  l^at  Ofi<%te  n)eber  getl^an  nod^  t)etniodbi;  er  ffat  bie 
gforberung  seflellt,  aber  nid^t  erffiQt.  S>Ql$  fidgtefci^e  @^^em  beginnt 
mit  bem  $rinci^  3dg  =  3(16  unb  enbet  mit  bem  ^tnci)):  bad  3(i|  foU 
gletd^  34  fei«-  ®e^  «i^P«  @ö|  öertoanbelt  fidfe  im  Sfortgonfle  befi 
@9{tem8  in  ben  jtoeiten,  ober  um  in  ber  l^egelfd^en  O^otmel  gu  reben: 
bad  Ißrinci))  ber  fi^tef^en  ^l^ilofopl^ie  i^  3bentität  bed  €ubjeä9  unb 
beS  Obiectd,  eS  ifl  Subject-Dbiect,  aber  nur  fubiectioeS;  baS  $rincit)  ber 
f^eUingf^en  $l^iIofo))]6ie  ift  Sbentitftt  beS  6ubiectd  unb  beS  DbiectS,  eö 
ifi  ©ubject'Obiect,  aber  o6|ectit)e3  ober  t^ietmel^r  foiool^I  fubiectik>ed  aU 
obiectioed,  eS  ifl  beibeS  t)ereiniat.  S>iefen  Unterf^ieb  l^at  Steinl^olb 
nidbt  ju  erfennen  Oermod^t.  ^3n  feinen  SBeitrftgen  ift  foiool^I  bie  ©eite, 
^on  toel^er  bad  fitfttef^e  ©Aftern  ftd^te  @t>ecuIation  unb  alfo  $l^iIo« 
fopl^ie  ift,  überfeinen  loorben,  aU  aucb  bie  Seite  bed  fd^etiingf^en 
€^ftemS,  ^on  mltbtx  biefeS  fid^  Dom  fid^tefc^n  unterfd^eibet  unb  bem 
jubjectioen  ©ubject^Object  ba8  objecti^e  @ubiect-Obj[ect  in  ber  Statur« 
p]^iIofo))]^ie  entgegenfleUt  unb  beibe  in  einem  ^bl^ern,  aU  ba9  Subject 
ift,  oereiniflt  barfteHt".* 

6.  S^id^te  l^at  bur^  bie  93ebeutung  unb  Energie  feiner  3been 
Suffe^en  unb  S))od^e,  aber  burdg  beren  @infeitigleit  unb  @d|ran!e 
Ieine9n)egS  ®IfldF  gemad^t,  benn  bie  inteHedueQen  93ebflrfniffe  beS  Seit« 
alters  maren  fd^on  nadg  jener  entgegengefe^ten  @eite  ber  SBelt  unb 
Stenfddl^eit  gerietet,  toeld^e  bie  fid^tefd^e  ^^ilofop^ie  unbebaut  lieg. 
S)te  entl^ufiaftifd^e  Slufna^me,  toel^e  Sddleiermad^erd  Sieben  Aber  bie 
Steligion  gefunben  l^atten,  nal^m  ^egel  aU  ein  @^m))ton  ber  geiftigen 
Snftincte  befi  Seitalterfi,  bie  nad&  SBelt,  Statur  unb  Äunfi  u.  f.  f. 
trad^teten.  „äBenn  (Srfd^einungen,  loie  bie  Sieben  fiber  bie  Steligion, 
baö  f))eculatit)e  Seb&rfnig  nic^t  unmittelbar  angelten,  fo  beuten  fie 
unb  il^re  Slufnal^me,  nod^  mel^r  aber  bie  Sflrbe,  n)eld^e  mit  bunderem 
ober  bemugterem  ®t\iü)l  $oefte  unb  Aunft  fiber^aupt  in  il^rem  toal^ren 
Umfange  gu  erl^alten  anfingt,  auf  baS  SBebflrfnig  nad^  einer  ^l^ilo- 
fo))^ie  l^in,  oon  meld^er  bie  Statur  fttr  bie  ajtigl^anbtungen,  bie  fte  in 
bem  lantifdden  unb  ftd^tefd^en  Softem  leibet,  Derföl^nt,  unb  bie  Sernunft 
felbfi  in  eine  Uebereinftimmung  mit  ber  Statur  gefegt  »irb."* 


SHfferena  w.  f.  f.  I.   6. 164.  —  «  «benbaf.   ©.  166. 


^rgel  im  SBunbe  mit  GAeOing.  289 

7.  S)ie  gefd^i(!^Uid^e  Sltiftd^t  l^at  in  ben  t)or]^anbenen  @^ftemen  ber 
$]^tIofo))]^te  bidl^ex  tiid^td  anbexeS  gefeiten  als  eine  SoQection  t)on 
SKumien  unb  einen  Raufen  t)on  SufAlIigleiten:  fie  l^at  nid^t  et!annt, 
bag  es  SBal^rl^eit  giebt  2)iefe  ift  ^u  aQen  3eiten  eine  unb  bie- 
felbe,  ndntli(i&  bie  @r!enntnig  bed  9{b[oluten ;  bad  Slbfolule  ift  ju  ollen 
Seiten  @ined  unb  baffetbe,  näntlidg  bie  ßin^eit  ober  bie  3bentit&t  ber 
l^errfd^enben  ©egenfd^e,  )3on  benen  ber  menfd^Iid^e  @et{l  ftc^  bergeftalt 
tnnerlid^  ergriffen  unb  entgmeit  ffil^It,  bag  er  nad^  ber  Ueberminbung 
unb  aSerfSl^nung  biefer  ®egenfd^e  ftrebt;  in  biefem  Streben  beftel^t  bad 
aSebflrfnig  ber  $]^ilofo))]^ie,  unb  audg  biefed  93ebfirfnig  ift  gu  aQen 
Seiten  ein  unb  baifelbe,  feine  jQueHe  ift  bie  SntjiDeiung  bed  ©eifteS, 
unb  eine  fol^e  Sntgtoeiung  ift  notl^menbig,  ba  ber  ®eift  eto)ig  entgegen« 
fe^enb  fid^  bilbet.  ,,9Benn  baS  9(6foIute,  tt)ie  feine  Srf ((einung,  bie 
Siernunft,  eiDig  ein  unb  bojfelbe  ift  {toit  ed  benn  ift),  fo  l^at  jebe  SBer- 
nunft,  bie  ftd^  auf  fid^  felbft  gerid^tet  unb  fidd  erlannt  l^at,  eine  toal^re 
$l^iIof^^ie  ))robucirt  unb  fid^  bie  Aufgabe  gelöft,  meldte,  tioie  il^re 
Sluflofung,  gu  aQen  Briten  biefelbe  ift/'  ,,2)te  ©egenfä^e,  bie  fonft 
unter  ber  (^orm  t)on  ®eift  unb  SJtaterie,  Seele  unb  )8eib,  ©tauben 
unb  93erftanb,  S^reil^eit  unb  9tot(to)enbig!eit  u.  f.  \o.  unb  in  einge» 
fd^rfinlteren  @^l^dren  nod^  in  mandgerlei  %rten  bebeutenb  toaren,  ftnb 
im  t^ortgange  ber  93ilbung  in  bie  Sform  ber  ©egenfd^e  t>on  SSernunft 
unb  @innlid^{eit,  SnteQigeng  unb  9tatur,  abfoluter  SubjectiDitAt  unb 
abfoluter  Dbiectibitdt  übergegangen/^  3n  biefer  ßntgtociung  liegt  ber 
3uftanb,  in  feiner  SSerföl^nung  bie  Slufgabe  beS  gegenn^&rtigen  ©eifted. 

8.  3n  feiner  „ffiarfteQung  be«  ©Aftern«  ber  fid&tef4en  5pi&iIofoi)^ie" 
l^at  nun  ^egel  bie  fdgon  bargelegten  d^ara!teriftifd^en  ©runbmdngel  im 
Singeinen  t)erfoIgt  unb  an  ber  tl^eoretifd^en  unb  t)t<^Ittfdgen  9Bi{fen= 
fd&aftSlel^re,  an  ber  Sted5tS=  unb  ©ittenlel^ire  nad&getoiefen:  toie  Jlnfang 
unb  Snbe,  ^rincip  unb  StefuUat  bed  fxd^tefd^en  @^ftemd  !einedtoegS 
fibereinftimmen,  n)ie  ba§  3d&  fid^  felbft  obiecti))  fein  voxU  unb  foQ,  aber 
nid^t  toirb,  öielme^r  baS  5Princi^)  3<ft  =  3^  im  Qfortgange  be« 
e^ftemS  fid&  in  ba§  ^Princip  ,,3d&  foll  =  34  fein"  öertoanbett  unb 
bamit  eigentlid^  in  fein  ©egentl^eil  ,,3d^  nidgt  =  3<%"  terlel^rt,  n)ie 
bie  3bentitdt  beS  Subjects  unb  bed  ObjectS,  biefeS  $rinci))  bed  gangen 
€^ftemS,  am  Snbe  nur  aU  @nbgiel,  aU  3bee  im  lantifd^en  @inn,  b.  1^. 


^  2)iffereng  u.  f.  f.    «ünand^erlei  gformen,  bie  bei  bem  ie^igen  ^ßl^ilofo^lftiTen 
borfommen.    QefAiAtn^e  9(nftd^t  )}^t(ofo^^if4cr  e^ßeme/   I.  8. 167—169. 


240  ^egcl  im  Sunbe  mit  G^elling. 

in  beflänbigem  ©egenfa^e  jum  tDirllidgen  ßeben  gilt  unb  ju  gelten  l^ot, 
n)te  biefe  3bentit&t  nic^t  erlebt,  fonbetn  immer  nur  etftrebt  lotrb 
unb  erfltebt  toerbcn  fofl,  fo  ba§  ein  „cnblofes  Streben  unb  ©ottcn* 
ber  SEBeiSl^ett  legten  Qpxxid^  in  ber  ftd^tefc^en  Seigre  audmad^t.  Suc^ 
bie  @taQt8n)etiS]^eii  lann  l^ter  baS  bürgerlidde  Seben  nur  burd^  ein 
enblofed  SBefttmmen  unb  SteguHren  bel^errfd^en,  roit  eS  ft(6  red^t  beut^^ 
ltc6  in  bem  unerträglid^en  ^oltjeU  unb  ^agf^ftem  jeigt,  mlä^ti  O^td^te 
)ur  äSerl^inberung  unb  SSerl^fitung  ber  ä^erbred^en  ouSgebad^t  f)at. 
„«3)ic  ®cmemfd&aft  vernünftiger  Sffiefen»  erfd^eint  al8  «bcbingt»  bur(6 
bie  not^ttenbige  93efd|r&nhtng  «ber  Oftetl^cit,  bie  fid^  felbft  bad  @efe| 
giebt,  ft(6  ju  beftferinfen»."  ,,Unb  ber  Segriff  be«  Sef darauf enfi  con« 
jlitutrt  ein  9teid^  ber  S^reii^eit,  in  n)eld^em  jebeS  loal^rl^aft  freie,  für 
fid^  felbfl  unenblid^e  unb  unbefd^ränlte,  b.  %.  fd^öne  äBed^felt)erl^altni§ 
bes  ßebend  baburd^  Dernid^tet  n^irb,  bag  boS  Sebenbige  in  93egriff  unb 
SWaterie  jerriffen  ift,  unb  bie  Siatur  unter  eine  Sotmäfeigfeit  tommt." 
„^ti  9lot^ftanb  unb  feine  unenblid^e  ^uSbel^nung  über  aQe  Biegungen 
beS  CebeniS  gilt  aU  abfolute  9tot]^tt)enbigfeit.  2)ie|e  ©emeinfd^aft  unter 
ber  ^errfdftaft  be8  Söerfianbes  »irb  nicbt  fo  öorgeftellt,  bag  fte  felbfl 
es  fi^  gum  oberften  ©efe^e  mad^en  mügte,  biefe  3lot\i  beS  SebenS,  in 
bie  es  burc^  ben  SSerftanb  gefegt  mirb,  unb  biefe  Snbloftgteit  beS  93e- 
flimmenS  unb  SBe^errfd^enS  in  ber  loal^ren  Unenblidg!eit  einer  fc^onen 
©emeinf^aft  oufjul^eben:  bie  ©efe^e  burdg  Sitten,  bie  SfuSfd^meifungen 
beS  unbefriebigten  SebenS  burd^  gel^eiligten  ©enug  unb  bie  SSerbred^en 
ber  gebrühten  Araft  burdg  m5glid&e  £^atig!eit  für  groge  Dbjecte  ent^ 
bel^rlidft  ju  mod^en;  —  fonbern  im  ©egentl^eil  bie  ^errfd&aft  bc8  Se* 
griffs  unb  ber  Aned^tf^oft  ber  Statur  ift  abfolut  gemad^t  unb  ind  Un- 
enblicbe  auSgebel^nt."  SDiefer  fd^önen,  für  ^egels  3)en!Qrt  bot^fl  dbaral- 
teriftifd^en  Stelle  füge  id^  nocb  bie  fotgenbe  l^ingu,  bie  ed  bem  fid^tefd^en 
S^fteme  t)or^öIt,  bog  bie  ©ered^tigfeit  in  feinem  Sinn  bie  Sßelt  nit^t 
befreit  unb  J)erfdf|önt,  fonbern  öcrunpQltet  unb  öertoüflet.  ^Fiat  jus- 
titia,  pereat  mundus  ifl  baS  ©efe^,  nid|t  einmal  in  bem  Sinne,  tt)ie 
eö  Aant  aufgelegt  l^at:  «SDolS  Siedet  gefd^e^e,  unb  menn  aud^  aDe 
Scbelme  in  ber  SBelt  )u  ©runbe  gelten»;  fonbern:  bo8  Siedet  mug 
gef^e^en,  obfd&on  bedtoegen  SSertrauen,  Suft  unb  Siebe,  ade  ^otenjen 
einer  ädbt  fttttid^en  ^bentität,  mit  Stumpf  unb  Stiel,  toie  man  fagt, 
ausgerottet  »erben  toürben"*. 

»  S)ifferens  u.  f,  f.   ^^arfiellung  bei  ftd^tef^en  S^ficm«.*  aßette.  I.  6.  205 
bii  249.  v®.  236flgb.,  6.238-240,  6,242|l8b0 


^egcl  im  iBunbe  mit  S^eOing.  241 

9.  9lu9  ber  „SBergletd^ung  bei»  fd^ellittgfd&en  Ißrtncips  ber  ^l^ilo- 
fo^l^ie  mit  betn  fid^tef^en"  erl^eEt  nunntel^t  bte  SDifferettg  beiber,  meldte 
eben  bann  beftel^t,  ba§  bte  ^beniitdt  ber  @ubj|ectit)ttdt  unb  £)biectit)i= 
tftt  bte  ald  foldge  alle  ©egenfA^e  in  ftdd  bereinigt  unb  barum  bte  ab» 
folute  3bentitdt  ^eigt,  ni(^t  blog  ber  SSelt  k>orf(i^tt)ebt  als  bie  3bee 
ober  ba8@nb3iel,  bad  fietS  gu  erfhebenbe  unb  nie  gu  errei^enbe,  fon« 
bem  ber  äBelt  aU  il^r  innerfteS  SBefen  )u  ®runbe  liegt  unb  fie  betioegt, 
pdö  in  il&r  offenbart  unb  in  ber  fortfd^reitenben  ©tufenreil^e  ber  3)inge 
erf^eint,  b.  1^.  in  ber  SntioidKung  fouool^t  ber  Statur  als  beS  @ei|teS, 
toeSl^alb  au$  bie  äBiffenfd^aft  ))om  ^bfoluten  ober  bie  $]^iIofo))]^ie  fid^ 
in  jtoei  SBif[enfd^aften  barfteUt,  n&mlid^  in  ber  Staturpl^ilofopl^ie  unb 
in  bem  transfcenbentalen  ^bealiSmuS.  „Aeine  ber  beiben  äßiffenfdgaften 
fann  ftd^  aU  bie  eingige  conftituiren,  !eine  bie  anbere  aufl^eben.  S)a8 
Slbfolutc  toürbe  l^ierburd^  nur  in  €iner  Qform  feiner  SjiPenj  gefegt; 
unb  fo  tt)ic  efi  in  ber  5otm  ber  ©siftenj  fid^  fe^t,  mu6  eS  ftd6  in 
einer  3n)ei^eit  ber  O^orm  fe^en.  S)enn  Srft^einen  unb  Sidgentgioeien 
ijl  6inS.  SBegen  ber  inneren  Sbcntitdt  beiber  SBiffenfdöaften  —  ba 
beibe  baS  Slbfolute  barfteKen,  loie  e8  fid^  auS  ben  niebrigen  S^otengen 
einer  ^orm  ber  ©rfd^cinung  gur  Zotaütdt  in  biefer  Qform  gebiert  — 
ifl  icbc  SBiffenfd&aft  il^rem  Sufammenl^ange  unb  il^rer  Stufenfolge  nad^ 
ber  anberen  gleid^.  €ine  ift  ein  äSeleg  ber  anbern,  toie  ein  diterer 
^l^itofo))]^  bat)on  ungefdl^r  fo  gefprod^en  l^at:  «S>ie  Orbnung  unb 
ber  3ufammen]^ang  ber  Sbeen»  ,(beS  ©ubjectiöen)'  «ifl  berfelbe,  als 
ber  Bufammenl^ang  unb  bie  Drbnung  ber  SDinge»  ,(beS  £)bj[ectit)en)'. 
JlDeS  iji  nur  in  einer  STotatitdt,  bie  objectiöe  STotaHtdt  unb  bie  fub= 
iectit)e  Stotalitdt,  baS  ©Aftern  ber  Statur  unb  baS  ©Aftern  ber  3ntcÜi= 
gcng  iji  eines  unb  baf[eI6c;  einer  fubicctiDen  Sepimmtl^cit  corrcfpon» 
birt  Atn  biefetbc  obiectit)e  Säeftimmtl^eit/ ^ 

SDer  diterc  ^Idilojo})]^ ,  toeld^en  ^cgel  audft  angefül^rt  l&at,  ift 
©pinoga  im  gtoeiten  Sudft  feiner  etl^ü.  SBir  l&aben  fd^on  oben  biefer 
93erglei(^ung  beS  fc^ellingfd&en  ©QftemS  ber  $^iIofo))]^ie  mit  bem  ©Qfteme 
©pinogaS  gebadet,  unb  ba§  ©d&etting  unb  §egcl  il^r  baS  SBBort  gerebct 
l^aben,  aud^  bafe  fie  bem  erftcren  fel^r  toiüfommen  »ar;  aber  fofern  biefe 
aSerglcid&ung  gur  erlduterung  unb  gum  aSerftdnbnife  ber  ßel^re  ©Dellings 
bienen  fott,  mu6  fie  gurüdEgetoicfcn  »erben,  benn  fie  ift  falfd6  unb 
filiert  in  bie  3rrc.    S)ie  angefül^rten  ©d§e  ©pinogaS  grünben  fidft  auf 

^  SDiffexena  u.  !•  f.  »SSetgletd^ung  beS  f^eUingfdlen  $rinct))8  bei  $|tlofo))^te 
mit  bem  fidJteWen/   I.  ©.  250-272.  (6.  263.) 

fjifcftet,  «eT4.  b.  Wlof.  Vm.  51.  H.  16 


242  ^cgel  im  Sunbe  mit  ^d^eOing. 

ben  bölltgen  Dualismus  gtt)ifd^en  S)etilen  unb  SluSbel^nung  ate  ben 
beiben  göttlid^en  9(ttri6uten,  baS  @^{lent  Sd^eQtngd  bagegen  toiD  t)5Dt8 
anttbualiflt^  fein  unb  legt  auf  biefen  feinen  anttbuatiflifiiben 
Sl^QTQlter  ein  fel^r  nad&brflcIKd^ed  ®ett)i(i^t.^ 

3n  ber  Seilte  ©pinoja«  finb  bet  ordo  rerum  unb  ber  ordo  ide- 
aram  3tt)ei  einanber  cootbintrte  9lei]^en  unb  muffen  ed  fein;  in  ber 
fiel^re  @d^eUtng8  bagegen  finb  fte  in  einer  unb  berfetben  continuirlidg  fort^ 
f^teitenben  Sleil^e  Begriffen  unb  mttffen  e8  fein,  benn  fie  Bitten  bie 
Stufen  ber  SBeltentmidlung  unb  Vermitteln  ben  reellen  (Segenfa^ 
))on  9latur  unb  ®ei{l.  S)arfiBer  Id^t  ^egel  leinen  3u>eifel.  ,r9BetI 
baö  «Bfolute  in  beiben  baffelBe  iji,  fo  ftnb  bie  aBiffenfd&aften  felBfl 
nidgt  in  ibeeQer,  fonbern  in  reeller  Sntgegenfe^ung  unb  beStoegen 
muffen  fie  3uglei<|  in  Siner  Kontinuität  old  eine  iufammen^dngenbe 
3Bijfenf(^aft  barge^eOt  uoerben/  „2)ad  SDlitttere,  ber  ^unftbeS  Ueber^ 
gangiS  Don  ber  fi<|  ots  9latur  confiruirenben  3bentitAt  ju  il^rer  Son^^ 
flruction  ald  3nteQigena.  ift  bad  ^nnerlic^merben  beS  Sid^tS  ber  Statur; 
—  ber,  tt)ie  ©d&etting  fogt,  «einfd&lagenbe  SBIi^  be8  3beetten  in  ba« 
SteeOe»."  „S)iefer  $unlt,  ald  Vernunft  ber  Sßenbepuntt  Beiber  SBiffem 
fd^aften,  ift  bie  l^Sd^fle  Spi^e  ber  Iß^ramtbe  ber  Statur,  il^r  le|ted 
3>robuct,  Bei  bem  fie,  fid^  öottenbenb,  anlommt."* 

8.  2)ic  ^l^tlofop^ifd^e  ISitferctis  stoifii^en  G^eÜitig  utib  ^egeL 

1.  €8  entfielet  nun  bie  Qfrage,  oB  ^egel,  inbem  er  bie  „ffiifferenj 
bed  fidgtef^en  unb  fd^ellingfd^en  @^ftem8  ber  ^^ilofopl^ie''  auSeinanber^ 
fe^t,  mit  bem  legieren,  tote  eS  ben  Snfd^ein  l^at,  DöQig  üBereinftimmt, 
ober  oB  ni$t  im  (Fortgänge  biefer  feiner  t>ergteid^enben  unb  {ritif^en 
Setrad^tung  audg  ber  S)ifferen3))un!t  gmifien  Sc^eDing  unb  il^m  jtoar 
mtSft  in  ^er)3orgel^oBener  unb  audbrfidli^er,  bod^  in  BemerlBarer  Sffieife 
}um  93orfdgein  fommt?  2)a  bie  hitifd^e  S^ergleid^ung  biefer  Beiben 
iflngfien  unb  toidgttgften  S^fteme  ber  nod^tantifdgen  ^l^ilofopl^ie  ftd(> 
Bid  gu  beren  Sntgegenfe^ung  ft)annt,  fo  loar  ed  ber  l^egelfd^en  9e« 
tradgtung  unb  S)enlart  fel^r  nal^e  gelegt,  aud^  l^ier  bie  SSerfö^nung  ber 
®egenfd|e  gu  fud^en  unb  eine  S^ntl^efe  gmifd^en  f^id^te  unb 
@d^eUing  gu  erfireBen,  geioiff ermaßen  bie  Sbentitdt  Beiber,  bie  bann 
einen  neuen  il^r  eigenen  @tanbt)un!t  auSmadgen  loilrbe.    @4on  in 


e.  oben  aSudi  n.  (2£ap.  I.  6.  228.  —  *  2)iiretens  u«  f.  f.  I.  6.  267  u.  268. 


^egel  im  Sunbe  mit  Gd^eHing.  248 

feinen  ftanlfutter  @tubien  tOQt  ein  fold^er  Stonb^unft  angelegt  unb 
öorbereitet.* 

2.  3u  biefem  Stt'ed  mußten  bie  $rincit)ien  ber  beiben  entgegen- 
gefegten  S^fteme  aufornmengeboc^t  unb  ineiniSgefe^t  werben :  ba%  3<^ 
im  !antifd&-fi4tefd^en  @inne  unb  bie  absolute  ^bentitftt  im  Sinne 
Sd^eaingS,  baS  Slbfolute  unb  baS  ^i)  aU  Selbßbetougtfein  ober  ®eifl, 
IDOYQUS  jtd^  Quf  !ürgeflem  Sßege  bie  3bee  bed  absoluten  ®etfte8 
ergiebt,  als  baS  burd^gftngige  $rinci)>  unb  Zl^ema  ber  l^egelfd^en 
$]^iIofo))]§ie,  ate  bereu  Stnfang,  3Ritte  unb  Snbe. 

3.  Sn  baiS  Softem  ber  fc^eOingfd^en  $I^Uofo))l^ie,  loie  mir  bie- 
felbe  im  Saläre  1801  Dor  unS  feigen,  tfl  eine  Sfrage  au  flellen,  loeldge 
a^ar  nid^t  unbeantwortet,  aber  ungelbft  bleibt,  eine  ®runbfrage  Don 
tieffler  Sebeutung:  mie  Derlgdlt  fidg  baS  Sfbfolute  iu  ben  SHngen,  }u 
ber  SBelt  unb  SBettentkoidEIung?  ec^eOing  ^at  biefeS  ä^erl^dltnii  fo 
erllart,  bag  baiS  Slbfolute  in  ber  „totalen  3nbifferenj  beS  ©ubiectiöen 
unb  CbiectiDen",  bie  SBelt  bagegen  in  ber  SDifferenairung  beiber  befielet 
unb  barum  ato  Sntloicftung  erfd^eint,  fomobi  ald  reeDe  toie  als  ibeeOe 
Steil^e,  bort  mit  bem  flbern)iegenben  $oIe  bed  Obiectiüen,  Igier  mit  bem 
beS  SubjectiDen,  3nner]§alb  ber  abfoluten  ^bentitAt  gtebt  eS  leine 
©rabunterfdgiebe  beS  SubjectiDen  unb  CbiectiDen,  bie  le^teren  !önnen 
ba^er  (loenn  fie  finb)  nur  au^erlgatb  ber  erßeren  fein  unb,  ba  biefe 
glei$  ifl  ber  abfoluten  STotalitAt,  augerl^alb  biefer.  „SBaS  augerbalb 
ber  abfoluten  Totalität  ifl",  fagt  ©d&elling,  „nenne  idj  in  biefer  Slü* 
fidftt  ein  einjelneö  ©ein  ber  SDinge*.  SKitl&in  ifl  bie  3)ifferen3irung 
beS  ©ubject'ÖbiectS  ber  ®runb  aQer  Sbflufung  unb  Snttoidlung,  aQer 
Sinjelnlgeit  unb  Snblidgleit.' 

^ier  jeigt  ftdg  in  bem  Softem  ber  fdgeOingf^en  $]gi(ofot)lgie  ein 
neuer  2)uaU8mu8  att>if(%en  bem  abfoluten  unb  ber  SQSelt,  ber  ben  ein- 
l^eitlidgen  unb  antibualiflifdgen  @^l§ara!ter  beS  ©^flemd  gefdl^rbet  unb 
n)eldgen  au  tilgen,  jule^t  au  behAftigen  ©c^eKing  Diele  Seit  unb  aRfilge 
aufgeioenbet  Igat,  nidgt  melgr  in  ber  Sf^l^Iung  unb  im  Sinllange  mit 
feinem  Settalter.  2)arflber  ifl  ein  IgalbeS  ^algrlgunbert  Vergangen,  bie 
erfle  ^dlfte  beS  neunaelgnten. 

Slun  ifl  fein  Sweifel,  bafe  §egel  biefen  ber  ßelgre  ©Dellings  in= 
loobnenben  bualiflifc^en  ®runbaug  mol^I  er!annt  Igat  unb  felbfl  bebadgt 


1  6.  oben  Sdudft  I.   dop.  V.   @.  53.  —  >  SSgL  biefeS  SDßeil  (frü^ete  SuS- 
gäbe),  »b.  VI.  »u«  n.  2)rUteT  llbfd»nUt.  (&ap.  XXXII.  @.  551, 

16* 


244  ^eget  im  SBunbe  mit  Sdftelling. 

tt>ar,  ben  etnl^eitltd^en  obet  tnonifltfd^en  Sl^orolter  ber  SbentiidtS^l^tli)- 
fopl^ie  gu  loal^ren  unb  fefigul^attett.  ^ter  liegt  bie  2)tfferen3  atDtfd^n 
Sd^eDing  unb  xfjtn,  bte  in  feiner  @d^rift  über  bie  2)ifferen}  jtDifd^en 
Sfid^te  unb  Sc^eKing  unauSgefproc^ene,  gefcfiioeige  in  gegnerif^er  SBeife 
berfll^rte,  tDol^I  aber  qu8  il^ren  g^onfequengen  erlennbare. 

2)ie  Sonfequengen  nAmliti^  ftnb  folgenbe:  bie  Sßelt  unb  il^re  Snt= 
nidlung  ift  nid^t  augerl^alb  belS  abfoluten  ®ei{}e8,  fonbem  in  il^nt, 
t)on  il^m  burd^brungen,  geleitet  unb  gu  feinem  SBefen  gel^örtg,  fo  ba^ 
ber  abfolute  ®eifl  in  bie  Sßeltentmidlung  eingeigt  unb  biefe  felbft  bie 
Gefd^id^te  beS  ^[bfoluten  ober  ®otteS  oudmad^t,  bie  3engung  unb  jOffen^' 
barung  be8  Sogo8.  SS  ifl  l^ier  nid^t  ber  Ort,  fiber  unb  gegen  biefe 
Suffaffung  O^^agen  unb  Siniofirfe  gu  ergeben,  biefe  gel^ören  in  bie 
Seurt^eitung  bed  l^egelfd^en  @9fiem8,  n^etd^e  ber  S)ar^eIIung  beffetben 
nad^gufolgen  l^at;  es  ifi  l^ier  nur  feftguflellen,  bag  ^egel  fd^on  in 
feiner  @d&rift  fiber  bie  2)iffereng  gloif^en  t^idgte  unb  ©d^etting  er^^ 
Hart  l^at:  bie  Sntgloeiung  ober  S)ifferengirung  beS  ©ubjectiDen  unb 
ObiectiDen,  b.  1^.  bie  9Bettentn)idIung  ift  nid^t  augerl^alb  beS  S(bfo= 
luten,  fonbern  in  il^m.  S)Qnn  aber  ift  baS  Slbfolute  aud^  nid^t  „bie 
totale  3nbiffereng  beS  @ubiectit)en  unb  £)biectit)en'\  twn  toeld^er  ^egel 
in  ber  äSorrebe  feiner  $]gdnomenoIogie  benier!t  l^at,  „fie  fei  bie  3ia^i, 
in  ber,  loie  man  gu  fagen  ))f(egt,  alle  Afil^e  fd^loarg  ftnb''.  @r  %at  eS 
nid^t  erft  bort,  fonbem  fd^on  l^ier  gefagt,  mnn  aud^  nidgt  mit  ben- 
fetten  ©orten.* 

3n  biefer  SSegiel^ung  mfiffen  folgenbe  Stellen  als  ]^5$ft  bebeutfam 
unb  Aarafteriftifd^  erfd^einen.  „S)a8  Slbfolute  ift  bie  9lad^t  unb  bas 
Sid^t  iftnger  als  fte,  unb  ber  Unterfd^ieb  beiber,  fo  loie  baS  $erau8= 
treten  beS  ßid&ts  au3  ber  9lad&t,  eine  abfolute  ©iffereng;  —  baS  SRid^t« 
ba8  Srfle,  looraud  alled  €ein,  alle  Snannid^faltigleit  beS  Snblid^en 
]§ert)orgegangen  ift.  2)ie  Slufgabe  ber  $]^iIofot)]§ie  beftel^t  aber  barin, 
biefe  SJorauSfe^ungen  gu  Vereinen,  baS  @ein  in  baS  9tid&tfein  als 
9Berben,  bie  @ntgtt)eiung  in  baS  Slbfolute  als  beffen  Srfd^ein^ 
ung,  bas  @nblid^e  in  baS  Unenblid^e  als  Qeben  gu  fe^en/'  „2)ie 
aSernunft  fe^t  fte  (nftmlid^  baS  Subfect  unb  bas  Obiect)  als  @ub= 
jcct-Dbiect,  alfo  als  baS  Sttfolute  —  unb  baS  eingige  Slnfid^  ifi 
bas  abfolute.  @ie  fe^t  fte  als  @ubiect^Dbiect,  meil  fte  eS  felbft  ift, 
bie  fid^  als  9tatur  unb  als  3nteQigeng  probucirt  unb  fid^  in  il^nen 

>  $6anomenoIogie.  Söortebe.  aBeife.  9b.  II.  6. 13. 


^cgeU  Suff&t^e  im  Irttifd^en  Soutnal.  245 

crfctmt."  ^S)ic  UTf|)rünflIid&c  Sbentität  —  mufe  beibe»  öcrciniBctt  in 
bte  ^InfdgQuung  beS  fid^  felbft  in  Dottenbeter  Xotalitdt  obiectit)  merbenben 
Slbfoluten:  in  bie  Slnfd^auung  ber  eioigen  SRenfd^tDerbung 
®otteS,  bed  Beugend  beS  SBortiS  t)om  ^Infang/^ 


2)rttte8  €apitel. 
l^titlB  Tittfßfft  im  kritiff^ett  SnutnaL 


I  $]§ttofo))]^te  unb  Unp^Iofopl^te. 

1.  S)ie  t)]6tIofot)]6tf4e  Ihtttf. 

Stoanjig  Sal&te  »oren  feit  ber  erfd&einung  ber  fanttfc^en  »er« 
nunftfriti!  Derftoffen,  aU  ©d^eUing  unb  ^egel  im  S^^re  1801  baS 
Irittfd^e  Journal  grflnbeten,  um  bem  Stnjuge  il^rer  neuen  ^l^tlofopl^ie 
ben  äBeg  gu  bereiten  unb  ber  Un))]giIofo))]^ie,  loie  ^t^tl  feinem  franf^ 
furter  f^reunbe  gegen  @nbe  bed  ^al^reS  gefd^rieben  l^atte,  mit  aÜerl^anb 
SBoffen,  Änitteln,  ipritfd&en  unb  5Peitfd&en  red&t  berb  gu  ßeibe  gu  gelten.*  6r 
toax  es,  ber  bie  SBoffen  gu  fül^ren  l^otte.  Sie  möd&tigen  unb  unöergleid&= 
lid&en  Slnregungen,  bie  Don  ben  SBerfen  Aants  ausgegangen  unb  in 
bie  »eiteflen,  geifitg  belegten  Areife  eingebrungen  toaren,  l^atten  bie 
))]^iIofot)l^ifd^en  3ntereffen  augerorbentlid§  geförbert,  bie  ))]^tIofo))]^ifdgen 
Steigungen  unb  Xalente,  xoa\)xt  unb  eingebilbete,  gemedft,  p^ofopl^ifd^e 
93erfud^e  unb  @^fteme  in  3}lenge  ]^er))orgerufen,  mit  einem  Sorte  eine 
))]&iIofo^]^ifc^e  €aat  auSgeftreut,  bie  in  ü))t)igfter  SBeife  em))orgefd^offen 
toar.  9tod^bem  groge  SDid^ter  in  ber  @prad^e  gel^errfd^t  Igaben,  loerben 
bie  SJerfe  tool^Ifeit.  „SQBeil  ein  SSerS  bir  gelingt  in  einer  gebilbeten 
Sprad^e,  bie  für  bid§  bidgtet  unb  beult,  meinft  bu  ein  Sidgter  gu  fein?" 
SRad&bem  gro^c  SDenfer  bie  SSerftanbeScuItur  öerDielföUigt  unb  gefd&firft 
l^aben,  toerben  bie  3been  tool^tfcil,  unb  nun  beireiben  Diele  ba8  3been= 
gefd^&ft,  bie  fid^  gum  $^Uofo))]^en  Derl^alten,  tt)ie  fener  ä^erfemad^er 
gum  3)id6ter.  Sei  ber  großen  ©oncurreng  unb  bem  2[ngebot  p^ilo- 
fopl^ifd^er  5ßrobucte,  bie  auf  ben  Südfeermarft  lommen,  ifl  gu  fürd^ten, 


1  ^tffetena  u.  f.  f.  S^ebfixfnig  ber  ^^ilofopl^ic.  @.  177,  SBetglei^ung  beS 
ffleningf^en  9rtnct^S  ber  9]6tIoiot)]6ie  mit  ber  fi^teft^en.  6.  257.  6.  269.  (3$ 
l^abe  bie  SBotte  gefpetrt,  bie  i4  bem  Sefer  Dot  Kugen  rüden  tooUte.)  —  '  @. 
oben  S3u4  I.  (S^ap.  VI.   6.  57. 


246  ^egclB  Kuffdf^e  im  fritifdften  Soumal. 

bafe  bie  ßefet  in  ©ottfufton  unb  in  bte  3rrc  gcrotl^en,  toenn  pe  ni^t 
über  bcn  SBertl^  unb  bcn  Untoettl^  bcr  pl^tlüfo^l^ifcften  S38aarcn  belel^rt 
toerben  unb  boburd^  lernen,  ®oIb  unb  Aa^engolb  3U  unterfdgeiben. 
SDtefe  SBele^rung  ertl^etlt  bte  t^l^ttofopl^ifd^e  Aritil.  SDarum  l^at  ^egel 
feine  ioumaliftifd&e  Il^atigfeit  mit  bem  2fuffa§  „UeBer  bo«  SBefen  bcr 
^]&tIofo»)^if(6en  Äritil"  eröffnet.* 

SBie  bie  Aun{|{ritt!  bie  3bee  ber  [d^önen  Stnn%  fo  fe^t  bie  p^filo* 
fopl^if^e  Ariti!  bie  3bee  ber  ^pi^ilofopl^ie  Doraud,  um  i^r  bad  gegebene 
))]^iIofo))]^ifd^e  SBerl  gu  fubfumiren  unb  nad^  biefer  Stic^tfd^nur  3U  be* 
«  urtl^eilen.  3)a  nun  bie  3bee  ober  Aufgabe  ber  ^l^itofopl^ie  in  ber 
6rfenntni6  ber  aSernunft'beftel&t,  biefe  aber  eine  ifl,  benn  eS  giebt 
nid^t  Diele  unb  t)erfd^iebene  SSernünfte,  fo  ifl  auc^  bie  $l^i(ofo))]^ie  nur 
eine,  ilgre  SBerle  aber  finb  Derfd^ieben  na6)  ber  ^rt  unb  bem  ®rabe, 
toie  bie  3bee  ber  ^pi^ilofo^l&ie  in  benfelben  l^eröortritt,  unb  nac^  bem 
Umfange,  in  loeld^em  fte  fi$  ju  einem  toiffenfd^aftlid^en  @^ftem  ber 
$]^iIofo;)]^ie  l^erauiSgearbeitet  ]§at.  2)ie8  finb  bie  $un{te,  tteld^e  bie 
))]^i(ofot)]^ifdge  Ariti!  in  bas  $(uge  ju  faffen  unb  beutlidg  gu  mad^en  l^at. 

68  giebt  auii  l)]^tlofo})]§ifd6e  !3[been,  bie  Sntercffc  erregen  unb 
oeibienen,  aber  unentloidFett,  alfo  ol^ne  Umfang  geblieben  finb  unb 
bleiben,  bol^er  fte  leinen  anberen  Sßertl^  ]§aben,  ald  bie  ©eburten  ober 
SbbrfldCe  fd^5ner  @eelen  ju  fein,  n)e(d^e  bie  Arbeit  beS  2)en{euS  gefd^eut 
l^aben,  ober,  toie  ^egel  fagt,  „bie  gu  träge  voaun,  um  ben  @finbenfall 
beS  2)en{en9  gu  begel^en". 

Ober  bie  3bee  ber  ^l^ilofopl^ie  tritt  uns  rooijH  in  entloidfelteren 
Sformen  entgegen,  aber  burd&  bie  ©ubiectiöität,  es  fei  nun  ate  ?Jerfon 
ober  (xU  ^rincip,  gel^emmt  unb  getrflbt,  toenn  nid^t  gar  unterbrflcft 
unb  beldmpft;  ber  Äern  ifl  in  ber  ©d&aale  ber  ©ubjectiDität  fiedfen 
geblieben  unb  nidgt  gum  toal^ren  2)urd^6rud&  gelangt,  toenn  er  ni(6t 
etma  gar  oon  biefer  ©d^aate  geh)alifam  gurfldgel^alten  unb  am  2)urd^' 
brud&  gel^inbcrt  loirb.  „Sfn  ben  l^ierburd^  getrübten  ©d^cin  ber  ^P^ilo« 
fopl^ie  l^at  fidg  bie  Ariti{  Dorgüglid^  gu  loenben  unb  il^n  l^eruntergU'^ 
reißen. "  @ie  loirb,  too  fie  bie  3bee  im  Suflanbe  ber  Hemmung  finbet, 
baS  @treben  beS  ^l^ilofopl^en  anerlennen  unb  bie  ©d^aale  aufreiben, 
bie  bas  innere  ^ufftreben  nod^  ^inbert,  ben  £ag  gu  feigen;  fie  loirb, 
too  fie  bie  Subjectioitat  im  Aampf  mit  ber  3!bee  finbet,  bemül^t,  ftdb 
berfelben  gu  erwel^ren,  bie  9BinIe(güge  unb  bie  Ol^nmad^t  biefeS  Aamt)fe8 


«  aBctfe.   SBb.  XVI.   6.  33-49. 


^egeU  KuffiH^e  im  hitif^en  3ourna(.  247 

aufbeden.  ,,3)enn  Wtffxt  (Snergte  ienet  3bee  ttnb  @ubiecttt)itdt  i{i 
unüertraglid^/'^  SDtefer  9{u8f))tud6  ^egelS  tfl  fel^r  toid^tig  unb  erKAri 
uns  Sltd^ttng  unb  ®ang  fetner  !ntif((en  Sfuffd^e,  er  eniJ^Alt  fd^on 
bie  9[n!ünbfgung  feines  O^IbjugS  gegen  bie  @ubiecttDttdt8^l^iIofo;)]^ten 
beS  S^ttalterS. 

@S  tfl  Don  benjentgen  Slrten  t)]^itofot)]&ifd&er  SBer!e  bie  Siebe  ge- 
»efen,  toeldje  ettooS  mit  ber  3bec  ber  5ß]^ilofo^]^ie  gemein  l^aben.  9lun 
aber  giebi  eS  au$  fold^e  fogenannte  ))]^tlofo))]^ifdge  Serie,  »eld^e  mit 
biefer  3bee  gar  nid^ts  gemein  l^aben,  bie  leerer  SSiortbunft  ftnb  ol^ne 
allen  inneren  ©el^alt,  nur  ^ä^aaU  ol^ne  allen  Aern,  eitles  ®erebe 
ober  üielmel^r  .»©efd^ttd^",  bie  f^ormen  unb  Sorte,  in  loetd^en  groge 
))]^iIofo;)]^ifd6e  @Qfteme  fid^  auSbrädfen,  nad^&ffenb,  leer  unb  toegen  biefer 
Seere  aQgemein  terftdnblid^:  lauter  äBer!e,  bie  nid^tS  anbereS  re))r&fen- 
tiren  als  bie  Un)>]&iIofot)]^ie  unb  bie  ^tattl^eit.  „S)a  eS  nid^tS 
@IeI^aftereS  giebt  als  biefe  SSerloanblung  beS  (SrnfieS  ber  $]^iIofo))^ie 
in  $(att]^eit,  fo  l^at  bie  Aritif  aQeS  aufzubieten,  nm  bieS  UngIfldE  ab- 
»eieren. "  „Stefe  öerfd&iebenen  gformen",  fo  ffi^rt  §egel  fort,  „finben 
ftdg  im  ungemeinen  mel^r  ober  mentger  l^errfd^enb  in  bem  je^igen 
beutfdgen  $^i(ofo^]^iren,  loorauf  biefeS  Iritifd^e  Journal  geridgtet  ift."^ 

©old^e  ]^aIb))^iIofo))]§ifd^e  unb  t)öll[ig  unpl^ilofo^l^ifd^e  ^robucte 
finb,  ba  baS  $]^tiofo;)]^iren  in  bie  SJlobe  gefommen  tfl,  in  äJlenge 
t)or]^anben,  unb  ba  bei  ber  £eid^ttg{eit  beS  $]^iIofo))]^irenS  ieber  S)ilettant 
ein  Originalpl^ilofo))]^  fd^einen  möd^te,  fo  !önnte  man  fid^  üerfud^t  fttl^len, 
baS  gegenioärtige  3eitatter  in  SDeutfd&Ianb  mit  jenem  Sufianbe  ber 
5ß]^iIofo})]^ie  in  ©riedfeentanb  ju  öergleid&en,  als  j[cber  öorjüglidöere 
t)]§i(ofo))]^ifdge  Ao;)f  bie  3bce  ber  $]^i(ofo))]§ie  nad^  feiner  2^nbit)ibualit&t 
ausarbeitete.  3lber  bie  SBiell&eit  unb  aWannid^faltigleit  ifi  nid&t  gleid^ 
ber  gfrud&tbarfeit,  unb  bie  Originalität  beS  ©enieS  ift  öerfd&ieben  Don 
ber  SBefonberl^eit,  bie  fid6  für  Driginalitfit  l&ött  unb  auSgicbt. 
„(Sine  aScrfammlung  fold&er  origineller  S^enbenjen  unb  beS  mannid&= 
faltigen  fflefirebenS  nad&  eigenen  formen  unb  ©^jiemen  bietet  mel&r 
baS  ©d&aufpiel  ber  Dual  ber  SBerbammten,  bie  enttoeber  il^rer  a3c= 
fcftrfinlt^eit  etoig  Derbunben  finb  ober  Don  ber  einen  ju  ber  anbern 
greifen  unb  atte  burd^betounbern  unb  eine  nad&  ber  anbern  tocgtoerfcn 
muffen,  als  baS  ©Aaufpiel  beS  freien  Slufwad&fenS  ber  mannid^faltigpen 


1  Söerfe.  »b,  XVI.   ®.  38-38.  -  «  «benbaf.  ©.  38. 


248  ^egeU  Suffdj^e  im  hittfdben  3ottmat. 

lefienbigen  (Beflalien  in  ben  ))]gtIofo))]§if(i6en  (Sdrten  (Stted^enlanbS  bar/^ 
Unter  ben  «ä^etbantmten'',  bie  alled  burd^bemunbern  unb  loiebet  \x>tQ» 
merfen,  fielet  und  Steinl^olb  Dor  Singen. 

2.  2)er  gemeine  SDlenfc^enDet^anb. 

1.  SBenn  bte  f))eculQttt)e  ^l^tlofopl^ie  gu  Stgebmffen  geffll^rt  l^at, 
toAS^t  bem  geioSl^nltd^en  S3ett)u§tfein  mit  feiner  natfirlid^en  Slnfid^t  ber 
2)tn8e  iDtberftreiten,  fo  erlgebt  fid^  bie  le^tere  ote  «bon  sens»  ober 
^gefunber  SJlenfd^enDerftanb"  unb  mad^t  baS  9^ed^t  ber  natürlid^en  ^df)X' 
l^eitcn  geltenb,  bie  nid^t  ju  beftreiten,  nid^t  tDegjureben,  aud^  nid^t  gu 
begrünben  finb,  ba  fie  Dielmel^r  alle  onbem  SBal^rl^eiten  ju  begrünben 
l^aben.  @o  l^at  in  ber  beutfd^en  S[uf!iarung  ßngefö  „^pi^ilofop]^  fflr 
bie  Sßelt"  fid^  3U  ben  meta))]^^fifd^en  @Qjlemen  ber  neuen  3^it,  fo  aud^ 
Stomas  9teib  unb  bie  fd^ottifd^e  @d^ule  ju  ^unte  uerl^alten.  2)iefer 
I^Qtte  fomol^I  bie  Subftantialit&t  ber  2)inge  aU  aud^  beren  notl^menbigen 
3ufamnten]^anfl  (goufoKtät)  befiritten  unb  in  2lbrebe  geftettt;  Il^onta« 
9teib  unb  bie  fd^ottifd^e  €dgule  fteOten  beibeS  unter  ben  unantaftbaren 
6c6u^  be8  €  common  sense»  ober  „gemeinen  9Dlenfd^cnt)cr|iQnbe8".  SRun 
fud&te  gegenüber  bem  tronsfcenbentolen  3beaIiSmuS,  toie  fid&  berfelfie 
in  Aant,  Oriente  unb  Sd^eOing,  namentlid^  in  ben  beiben  le^teren  ent« 
ttidCelt  ^otte,  9BiI]§.  S^raugott  Arug  mit  feinen  „SSriefen  über  bie 
aBiifenfd^aftSlel^re",  „Ueber  ben  neuejien  3bcQli8m"  unb  feinem  „€nt* 
njurf  eines  neuen  DrgQuon»  ber  ^pi^ilofopl^ie"  (1800  unb  1801)  ein 
a^nlid^eS  S^erl^&ttnig  einjunel^men.  @r  toax  mit  ^egel  gleidgaltrig 
(1770—1842),  bamaU  äbiunct  ber  t)^itofo»)]6ifd6en  Sacultftt  in  bitten« 
berg  unb  ifi  in  ber  golge  als  ?Profeffor  in  (Jranlfurt  a.  D.,  Äönig8= 
berg  unb  Sei^jig  ein  maglofer  93ielfdgreiber  geworben,  als  h)eld&en  er 
fid6  fd^on  in  ben  genannten  ©d^riften  angcfünbigt  l^at.  2)ie  ?lrt  unb 
äBeife,  toit  Ihug  mit  feiner  nüd^ternen,  bün!elt)oQen  unb  langn)eiligen 
üRanier  bie  Sted^te  beS  gefunben  SRenfd^enDerfianbeS  gegen  ben  £ief'' 
finn  ber  £ranSfcenbental))]gilofo))]^en  jur  ©eltung  bringen  xootiU,  erfd^ien 
in  Tegels  klugen  als  ein  befonberer  Sf^Q  beS  ©egenfa^eS  ber  Un* 
))]^ilofo))l^ie  gegen  bie  ^l^ilofopl^ie;  bal^er  fd^rieb  er  ben  Sluffa^:  «SBie 
ber  gemeine  SWcnjd&enuerflanb  bie  ^jJ^ilofojjl^ie  nel^me,  —  bargefiettt  on 
ben  3Berfen  beS  ^errn  Ärug*.* 

»  SBÖerfe.  »b.  XVI.  6. 139  u.  140.  -  «  Ptit.  3outnaI.  I.  6t.  1.  (1802.) 
SBöetfe.   »b.  XVI.   6.50-69, 


Tegels  Kuff&f^e  int  Itittfdften  3oumaI.  249 

2.  S>er  gange  Stuffo^  trägt  bie  gtobfat^tifd^e  SfArbung,  todtbt 
ßtug  fd^on  burd^  feine  t&d^erlic^  manieritte  Sd^reibart,  bie  ortl^ograpl^tfcfie 
tt)ie  bie  grammatifdge,  l^erauSgeforbert  Igatte.  @r  f(!^rieb  ^2)ebu!ston'', 
^Slbftrafaion"  u.  f.  f.;  er  fdbrieb  bie  Sermint  jur  SBejeid&nung  p]&ilo= 
fopl^tfd^er  IRid^tungen  unb  ^Begriffe  in  einer  Sßeife,  bie  loeber  grted^tfd^, 
nod^  lateinifd^,  nod^  franjöftfd^,  fonbern  ftnn-  unb  gefd^madloS  loar: 
„S)ogmati8m",  „abealiöm",  SfleaUöm",  „DrganiSm",  unb  bedinitte 
fte  aud^:  „beS  2)ogmati8me8",  «^bem  2)ogmattdme''  u.  f.  f. 

3.  S)a8  SD^ateriat  feiner  ^^Uofopl^te  loaren  ,,bte  STldatfa^en  beS 
93ett)ugtfein8'\  barunter  bret  ©runbtl^atfad^en  als  pl^Uofop^ifd^e  (Ifunba» 
ntentallDal^rl^eiten,  ndoiltc^  bie  imeifellofen  ©etotgl^eiten  bed  eigenen 
2)afein8,  be8  S)afein8  anberer  S)inge  unb  beS  3ufanimen]^angS  beibet. 
2)a8  gefammte  SRaterial  I&gt  fi^  juradCffll^ren  auf  eine  eingige  ®runb- 
fomt,  ndmlid^  bie  SJerbinbung  ober  @^nt]§efe  gtDifd^en  SSetDugtfein  unb 
Sll^atfadge,  toorin  bie  SranSfcenbentalpl^ilofopl^ie  unb  bie  Srfal^rungS- 
))l^iIofo;)]^e  Dereinigt  ftnb,  benn  jene  legt  i^r  ©etDidftt  auf  baS  93ett)ugt- 
fein  unb  biefe  ba8  irrige  auf  bie  Xl^atfad^en.  SDal^er  nennt  Arug 
feinen  Stanbpunit  „ttanSfcenbalen  S^ntl^etiSm''.  S8  giebt  ber  ZljaU 
fad^en  be8  SSemugtfeinS  gal^Hofe  ol^ne  ©ammlung,  Orbnung  unb  @in- 
l^eit,  nadg  Tegels  ©pottDerS:  ,,@8  gel^t  MeS  burd^einanber,  tt)ie  SD^dufe- 
bredE  unb  Aortanber".  2)iefe  Xl^atfad^en  gu  orbnen  unb  eingutl^eilen, 
ifl  bie  Aufgabe  eined  neuen  OrganonS  ber  ^l^ilofopl^ie,  gu  beffen 
3(u8ffil§rung  Arug  ad^t  93dnbe  in  SluSftdgt  {teilt. 

4.  S)iefe  STI^atfad^en  foDen  georbnet,  nidbt  aber  bebucirt  toerben, 
XDxt  bie  S£ranSfcenbentaI))]^iIofo))]^en  bie  notl^menbigen  ^anblungen  ber 
SnteDigeng,  ber  bemugtlofen  unb  ber  beiDugten,  bebuciren  unb  forbern, 
ba§  fie  bebucirt  werben.  Um  pe  ad  absurdum  gu  fül^ren,  Deriangt 
Arug  Don  €d^elling,  ba&  er  feine  (ArugS)  @(^reibfeber  bebuciren 
möge,  als  ob  biefe  feine  ©d^reibfeber  eine  notl^nenbige  ^anblung  ber 
SnteDigeng  todre,  ba  fie  bod^  nid^t  einmal  ein  gufdDigeS  SBerlgeug  ber 
3nteIIigeng  ift!  2)urd^  eine  fold^e  ^bfurbitdt  eine  fo  loid^tige  loie 
fd&tt)ierige  Slufgabe  ber  5pi^iIofo|)]&ie  ad  absurdum  führen  gu  tooÖen, 
toax  in  ber  Zl^at  fel^r  (dd^erlid^,  unb  ^egel  l^at  audg  biefe  als  93eif))iel 
ausgebotene  @d^reibfeber  ArugS  nadg  ©ebäl^r  Idd^erlid^  gemad^t. 

5.  3)ie  £]^atfad^en  ftnb  im  93en)ugtfein,  unb  baS  93en)ugtfein  ift 
(nid6t  gleid^  3d&;  fonbern)  im  3d&,  als  ob  baS  3d&  ein  großes  ©efdfe 
»dre,  baS  alleS  ailögUdge  in  ft(^  fd^Iiegt.  2)aS  ift  nun  ArugS  eHeHifdge 
SIrt,  bie  mit  bem  gemeinen  50lenf(^enDerftanbe  ^anb  in  ^anb  gel^t. 


250  Tegels  SCuffftj^e  im  frittf^en  3otttna(. 

^9lad^  betn  fBxÜjtxiim'* ,  foflt  ^egel,  „inu§  bcr  ©^ntl^cttgmu«  be« 
^rn.  Ar.  auf  folgenbe  äBeife  gebadet  iDecben:  3Ran  fteOe  ftd^  einen 
Ärug  öor,  iDorin  reinfjoIbifÄeS  SBaffer,  fantif^efi  abgefianbene»  SBier, 
aufHärenber  ©^ruj),  ScrliniSmu«  ßenannt,  unb  anbete  berßteiiften 
^ngrebtenaten  buri^  irgenb  einen  3ufaa  aU  Sll^atfadgen  entl^alten  finb; 
ber  ftrug  ifi  baS  ©^ntl^etifd^e  berfelben  =  3d&;  nun  ober  tritt  ©inet 
l^inju  unb  bringt  in  ieneS  ©eföbel  baburdg  eine  (Sinl^eit,  bag  er  bie 
3)inge  fonbert,  eines  nad^  beut  anbern  ried^t  unb  fd^medt  ober  toie 
bas  gu  ntad^en  ifl,  Domel^mlidg  t)on  anberen  1^,  loaS  ba  l^ineiu^ 
gelommen  fei,  unb  nun  ätu  thetfilffimi  1)aüon  mad^t;  biefer  ift  nun 
bie  formale  Cinl^eit  ober  pl^ilofojjl^ifd&eS  SBetoufetfein/  ^SBenn  id5'', 
fagt  Arug,  „nur  bie  S^l^atfadgen  meines  a9ett)ugtfeinS  ridgtig  aufgefaßt 
unb  t)crjidnblid&  bargefteDt  l^abe,  fo  »irb  fein  ?pi|itofol)^  in  ber  SBelt 
bie  Don  mir  aufgeflellten  ^inci))ien  ableugnen  !önnen;  fetbft  ber 
6!et)tiler  »irb  fie  jugeben  muffen."  ^ 

3.  2)eT  neuefle  6leptict8mu8. 

SDer  ©lejjlifer  fam  mie  gerufen.  5ßor  jeftn  Sfal^ren  (nid^t  ad6t, 
toie  ^egel  fd^rieb)  mar  ®.  @.  Sd^ulge  unter  bem  Flamen  beS  alten 
@fet)ti!erd  SlenefibemuS  n)iber  Aant  unb  9lein^olb  aufgetreten  unb 
l^atte  bie  äJemunfthritil  beS  einen,  bie  6Iementart)]&itofo|)l&ie  beS  anberen, 
inöbefonbere  bie  ßel^re  beiber  »on  bem  3)inge  an  ftd&  mit  einer  Sleil^e 
t)on  ©rflnben  angefod^ten,  ioet(^e  bie  bejtoedCte  SBiberlegung  ber  {ritifd^en 
$]^iIofo))^ie  gtear  leineSkoegS  erreidgt,  »ol^I  aber  eine  loid^tige  Ser- 
önberung  im  äJerfiänbnife  berfelben  unb  in  ber  Äuffaffung  il&rer  ßel^re 
oon  htm  Singe  an  fid6  gur  (folge  gel^abt  l^atten.*  Se^t  nad&bem 
gfid&te  unb  ©beding  il^re  fortfd^reitenben  ©^fieme  auSgeffll^rt,  erfd&ien 
©d^ulge  Don  Steuern  auf  bem  ©d^aupla^  mit  einem  fel^r  umfangrei^en 
SBert  beffen  erfter  Sanb  öier  SHp^abete  gdl&lte:  „Äritil  ber  tl^eoretifd^cn 
^ß^ilofop^ie"  (1802). 

1.  Sei  ber  Sebeutung,  n)eld^e  ber  @!e;)ticiSmuS  in  ber  ®efd^id6te 
ber  $l^itofo))]§ie,  ber  filteren  tt)ie  ber  neueren,  gel^abt  unb  Derbient  ^at 
!ann  natütlicb  ni^t  bie  Olebe  baDon  fein,  il^n  gur  Un))]^i(ofo))l^ie  gu 
red^nen;  lool^I  aber  mug  im  äBefen  beffelben  bie  eble  ^rt  Don  ber  ge^^ 
meinen  unterfcbicben  »erben:  bie  gemeine  2lrt  gel^ort  gur  Unp^ilofortie, 
biefer  neuefie  fd^ulgefdge  ©lepticiSmud  ift  Don  ber  gemeinen  9lrt  unb 

>  «Bcrfe.  »b.  XVI.  6.  65.  6.  69.  —  »  »gt.  biefe«  Söcrl  (frühere  «u«. 
gobe).   SBb.  V.   »u*  I.   Hap.V.   ©.164-171. 


$e(|eU  StuffAj^e  im  fritif^en  Sountol.  251 

ein  6EenH)eI  bei  UtH)]^iIofo|)]&ie.  ©al^er  fd6rcibt  ^cgcl  feinen  !titif($en 
auffa§:  ,,a5er]^altni6  beö  ©leptictSum«  gut  5P]&lIofo»)]&ie,  ©atjiellung 
feinet  Derfd^iebenen  Snobiftcationen  unb  ^ergleid^ung  beiS  neuefien  mit 
bem  atten".^ 

2.  @d^on  bie  Sit  unb  SBeife,  tote  btefer  neuefle  9(eneftbemu8  feinen 
@Ie))ttctDTiH4,  b.  t.  bie  Seigre  \>vn  ber  Unmöglid^feit  einer  (Erlenntni§ 
bet  legten  @rflnT)e,  «I|d  t)on  ber  ^tnfällts!eit  aDer  Snetop^^ftf  unb 
tl^eoretifd^cn  ipi^ilofopl^ie,  begtHnkt^  ip  ein  red&teS  Seifpiel  ber  Un= 
))^iIofo))]§ie.  SBeil  bie  ))^tlofo))l^ifd&en  3ln{t($)enim^^€^me  nid&t  flber= 
einpimmen,  fonbern  einanber  »ibetflreiten;  toeit  bie  ©eftrebungen  „f^ 
t)teler  mit  ben  flröfeten  Solenten  unb  manniiftfattigjicn  einfidbten  Der» 
fel^ener  TOänner"  fid6  als  etfolgto«  erliefen  l^abenl  S)a8  l^cifet  bem 
ä^oRe  fo  red^t  naäi  unb  aus  bem  äJlunbe  reben:  bie  Uebereinflimmung 
aller  gilt  ate  ein  Kriterium  ber  ffial^tl^eit,  tDdl^renb  fie  Diel  el^er  olS 
ein  Äriterium  ber  Sl^orl^eit  gelten  fottte.  2lu8  ber  Ungunjt  beö  ßr» 
folg«  ober  be8  ©d^idfafe  toirb  auf  ben  Untoertl^  ber  SSefirebungen 
gefd&Ioffen.  ^S38enn  ia  bie  (grtoögung  beö  ©d&idffote  ein  3Jloment  in 
ber  Sichtung  unb  Ergreifung  einer  ?p]^i(ofo))]^ie  »erben  lönntc,  fo  müfete 
nid^t  bie  Slffgemeinl^eit,  fonbern  im  ©egentl^eil  bie  Slic^tattgemeinl^eit 
ein  äJloment  ber  @mpfe]^Iung  fein,  bo  es  begreifßd^  ift,  bog  bie  äd^teften 
?p]^itofot)]^en  nid^t  bie  pnb,  »eld&e  allgemein  »erben/- 

3.  2)iefe  SSegrflnbung  beS  @fe))ticiSmuS  auS  bem  aRangel  ber 
SnigemeingflUigleit  unb  $o))uIarit&t  ber  @^fteme  tfl  nidgt  Uo%  gan} 
un;)]^iIofo))]gifdg,  fonbern  aud^  tl^atfädglid^  folfd^.  SBenn  man  bie  be» 
beutenben  ©^fteme  öergteid&t  —  nid&t  ieber  „©ebanlenjjila'*  ifi  ein 
©^jiem  ober  eine  ?ß^iIofo)?^ie  — ,  fo  i|i  il^re  Uebereinftimmung  »eit 
grftfeer  olS  il^re  ©iffereng.  „^ij  l^abe  gefunben",  fagte  ßeibnij,  M% 
bie  @dgulen  gum  größten  Zl^eil  in  il^ren  Behauptungen  Stedgt  l^aben, 
nid&t  in  bem,  toas  pe  Verneinen/'  3)er  Streit  ber  6^pemc  beweift 
ifire  Uebereinpimmung  in  ben  ?Principien,  benn  fonp  wfire  lein 
©treit  möglid^:  «contra  principia  negantes  non  est  disputandum». 
aßenn  aber  nad6  einer  rul^igen  unb  tiefer  bUdfenbcn  SSergleid^ung  ber 
©^peme  in  ben  ^aujjtfad^en  bie  Uebercinpimmung,  in  ben  5Rebenfad6en 
bie  SJifferenjen  bepel^en,  fo  ip  eS  baS  3eid&en  einer  fel^r  oberPäd^Uc^en 
?lnpd6t  ber  »jl^ilofopl^ifd^en  @^peme,  wenn  man  nur  i^re  3)ifferenjen 
erblidft.    Sluf  einer  fo  oberPftc^lid^en  unb  folfd&en  Slnpe^t  oon  ben 

»  Ärit.  3ournaI.  I.   €t.  2.   (1802.)  gOßetfe.  93b.  XVI.   ©.70-130. 


252  ^cgeU  Xuffdf^e  im  Iritif^en  doutnaL 

^iflorifd^  gegebenen  ^^Uofopl^ien  berul^i  ber  neuefte  @Ie^ttciiSmu8.  $tet 
^nbet  fi$  !ein  ®iunb,  an  ber  Sr!enntnig  ber  Sßal^rl^eit  gu  gmetfetn 
ober,  tote  ^egel  fid^  auSbrttift»  tnbcm  er  feine  Sorte  lateinifd^  com 
firuirt:  „e^  t^Qi  bte  Sdefd^etbenl^eit  unb  bie  ^offnungsloftgleit  loeg, 
baS  ju  eneid^en,  looS  nur  bte  oberflfid^Iidge  Stnftd^t  ben  el^riofirbtgen 
9Rdnnem  mißlungen  )U  fein  ftd^  berebet".^ 

4.  BoU  bennod^  bie  toal^re  (Srienninig  ber  2)inge  unmögliii^  fein 
unb  bleiben,  fo  mu^  fid^  biefeft  UnDermbgen  ber  menfd^tiil^en  Vernunft 
auf  einen  Srbfe^Ier  grttnben,  loeliiben  ©d^ulge  in  feinem  SBerfe  ent« 
bedft  unb  bargetigon  l^aben  toill.  SDiefer  Srbfel^Ier  liege  barin,  bag 
tt)ir  unfer  SBemu^ifein  nit^t  }u  äberfd^reiten  unb  bie  il^m  t)erborgenen 
3)inge  nid^t  gu  er!ennen  Dermögen,  alfo  in  ber  Uner!ennbar!eit  ber 
Singe  an  fidg.  SQSir  l^aben  Dor  uns  bad  O^^Ib  ber  gemeinen  Srfalgrung 
ober  SBirHid^!eit  unb  t)ermui]§en  l^inter  il^m  bie  2)inge  an  ftdg  »ate 
@ebirge  Don  einer  ebenfo  gemeinen  SBirlUdgleit,  bie  jene  anbere  SBtrl^ 
lid^Ieii  auf  il^ren  @d^uliern  trage".  „3)a8  93ernflnftige,  baS  Slnficb 
!ann  fidb  $r.  @d^.  gar  nid^t  anberS  DorfieDen  ate  lote  einen  O^Ifen 
unter  Sd^nee."  „Ss  ift  nid^t  möglid^,  baS  SJemfinftige  unb  bie 
©Jjeculation  auf  eine  rol^re  Jffleife  aufgufajfen/  „©r  l^at",  fagt  §egel 
an  einer  f))dteren  Stelle,  „bie  {antif(^e  $^i(ofo))]^ie  in  bie  möglid^fl 
fraffejie  Oform  gegoffen,  tt)ogu  ber  SBerf.  burd&  ben  SBorgang  ber  reim 
^olbifd^en  Xl^eorie  unb  anberer  Kantianer  aÜerbingS  bered^ttgt  toat, 
unb  fte  nid^t  anberS  als  in  ber  ©eftalt  beS  Iraffeften  S)ogmati8mu8 
begriffen,  ber  eine  Srfd^einung  unb  Sad^e  an  fid^  Igat,  bie  l^inter 
ber  Srfd^einung  n)ie  unbanbige  Zittere  l^inter  bem  SSufcb  ber  ßr^ 
fd&einung  liegen."* 

5.  2)em  neuejien  SfeneftbemuS  gelten  „bie  Zl^atfad^en  beS  SSelougt- 
feind",  bie  äußeren  @m))finbungen,  bie  Srfal^rungen,  bie  bogmatifd^en 
SSiffenfd^aften,  mie  ^l^^ft!  unb  ^ftronomie,  aQe  Siffenfd^aften  mit 
SluSnal^me  ber  $]gi(ofo))]^te  f&r  unleugbare  ©emig^eiten;  nur  Don  ben 
2)ingen,  bie  auger  ben  efiftirenben  S)ingen  e^iftiren,  laffe  fid^  ni(bts 
loiffen.  S)iefe  aM  grellem  3)ogmatiSmu3  unb  ber  migDerflanbenen 
Seigre  Don  ber  Unerlennbarfeit  ber  2)inge  an  fid^  gufammengefe^te 
Ariti!  ber  t^eoretifd^en  $biIofo))]^ie  ift,  tote  ^egel  treffenb  fagt,  ein 
93aftarb  Don  ©lepticiSmuS,  oigne  aQe  bie  eblen  S^araftergQge,  loelc^e 
bad  äBefen  ber  anti{en  6Ie))fi9  auSgemacbt  l^aben;  bal^er  XeneftbemuS^ 

»  äöcrfe.  »b.XVI.  6.  70-73.  -  »  »enbaf.  6.  74-77.  6.  127  u.  128. 


Tegels  Kuffftf^e  im  ftitif^en  Soumaf.  253 

@<i&ulae  fein  Sfted^t  l^at,  fi($  auf  ben  @e£tuS  @m];)irtfu8  unb  ben  ed^ten 
Äenepbewu«  ju  Berufen.^ 

6.  SestuS  I^Qt  in  ben  Stid^tungen  bet  griec^ifiigen  ^^ilofoDl^ie 
fetneStDegS  nur,  toie  @(6ulje  meint,  S)osmaiifer  unb  SIeptiler  untere 
fc^ieben,  fonbern  SJogmatüer,  ©fejjtifet  unb  Äfabemiler,  »eldfte 
leitete  aus  ber  t)tatonifd^en  Sd^ule  l^etDotgingen.  %ud^  loar  bei  ben 
^ten  leinegmegd,  me  ©d&ulje  meint,  ber  @!e];)tici8muS  Don  ben 
@9ftemen  ber  bogmatif^en  $]§Uofo^]^ie  nur  (odgetrennt  unb  benfelben 
(log  entgegengefe^t,  fonbern  er  toar  in  biefen  felbft  enil^atten  als  beren 
negative  ©eite,  benn  il^re  SSBal^rl^eit  beflanb  in  ber  fiegrei^en  lieber- 
loinbung  beU  S^eifete.  2)er  ffeptifd^e  g^arafter  ifl  in  jebem  ed&ten 
Softem  ber  $]§iIofo))]^ie  implicite  entl^alten ;  er  ifi  auf  baS  S>eut(id^{le 
bargelegt  unb  e|];)licirt  in  bem  platonifd^en  ^ParmenibeS.' 

7.  ©er  gried&if^e  ©lejjticiSmuS  in  feinem  Qfortgange  Don  ben 
diteren  }u  ben  f))dteren  @tanb^un!ten  toar  gegen  bie  ©d^eingemi^l^eiien 
ber  finnlid^en  SBal^mel^mung  unb  beS  bogmatifd^en  SDenlenS  gerid^tet 
unb  erfd^eint  aU  baS  DdQige  ©egentl^eil  beiS  neueften  €fe^tici8mu8. 
®erabe  bieienigen  ©emig^eiten,  toeld^e  ber  neue  Slenejtb^mud  für  bie 
ftd^erften  auSgiebt,  bie  Z^atfad^en  beS  ftnnlid^en  93etou6ifeinS,  l^at  ber 
atte  SeneftbemuS,  ber  ben  ^^rrl^onidmud  erneuert  l^at  unb  Dielleic^i 
ein  Seitgenoffe  bed  Sicero  mar,  für  bie  unfic^erften  erflArt. 

2)ie  alten  SIeptifer  reben  nid^i  Don  ©runbfö^en,  fonbern  nennen 
il^re  SeloeiSgrflnbe  SQBenbungen  ober  Srojjen  (xpöwot).  3n  ben  fieb= 
ael^n  Zrojjen,  tocld&e  ©ejtu8  anführt,  Derfolgt  §egel  ben  Sfortgang 
Don  ber  Alteren  @!e))fiS  beS  ^^rrl^o  gu  ber  fpdteren:  bie  er^en  ge^n 
ZxoJßtn  (SlenefibemuS)  ftnb  gegen  bie  ©id^erl^eiten  ber  ftnnlid^en  SBaJ^r- 
nel^mung  gerid^tet,  bie  folgenben  fünf  (Stgripjja)  gegen  bie  beS  bog= 
matifd^en,  DerftanbeSm&^igen  2)enfenS,  alfo  gegen  ben  2)ogmatigmuS 
ber  ^^itofo})]^ie.  3[ene  befleißen  in  ben  §intt)ei|ungen  auf  1.  bie  SJer- 
fd^tebcnl^eit  ber  Siliere,  2.  ber  aRenfd^en,  3.  ber  ©inne,  4.  ber  Um= 
ftftnbe,  5.  ber  ©teOungen,  gntfernungen  unb  Derter,  6.  auf  bie  a5er= 
mifd&ungen  (burd^  meiere  ben  ©innen  fid&  nid&tö  rein  barbietet),  7.  bie 
Derfd&iebenen  ®rö§en  unb  Sefd&affenl^eiten  ber  S)inge,  8.  bie  a5er= 
l^ftttniffe  (ba§  ndmlid^  attcS  nur  im  SBerl^ältnijfe  ju  einem  anbern 
ifl),  9.  ba«  l^dufigere  ober  feltenere  ©efd&el^en,  10.  bie  »erfd^ieben^ 
l^eit  ber  ©ittcn,   ©efc^e,   beS  m^tl^if d&en  ©lauben«,  ber  SBorurtl&eile. 


>  aDöetle.  »b.  XVI.   ©.77-83.  —  »  Cbenbaf.   ©.84-88. 


254  ^egeU  Suffft^e  im  (ritif^en  Soutnal. 

®iefe,  bie  fünf  fpftteren  Sropen,  toeld&e  bie  ciflcntü^e  SHüfllammcr 
ber  Sßaffen  voihtx  b^  3)ogmattSmu8  enil^alten,  befleißen  in  ben  ^in- 
toeifuttgen  1.  auf  bie  ä^erfd^iebenl^eit  ber  menfd^ttd^en  9}leinungen  unb 
^(nftdftten,  bie  SSetfdgiebenl^eit  ber  pl^Uofopl^iid&ett  ^nftti^ten  unb  @^{tente, 
unb  bie  äSerfd^tebenl^eit,  totli^e  glDifd^en  beiben  obiDaltet,  ben  geto5]§nlt(|en 
unb  ben  pl^ilofopl^ifd^en  Slnftd^ten  (btefer  erfte  S£ro))o8,  lurjgefagt,  be= 
fielet  in  ber  S)iQ^]^onie),  2.  bie  Snbloftgleit  beS  99egrfinben9,  3.  baS 
Serl^dttnil  ober  bie  burd^gängige  9flelatit)it&t  ber  93el§au))tungen,  4.  bie 
unbemefene  ä^oraudfe^ung  unb  5.  bie  ®egenfettig!eit  (S>iaIIeto6),  t)er> 
möge  beren  bas  93en)tefene  jum  SSeiDeidgrunbe  bient,  A  burd^  B  unb 
B  burd&  A  betoiefen  totrb.^ 

8.  Slud  ber  t)öQtgen  Unfidgerl^eit  unferer  ftnnlid^en  ^orfleDungS- 
arten,  loelt^e  bieerflen  jel^n  2;ro^en  feflgefieOi  l^oben,  eigiebt  fid^  bie 
Unmogtid&!eii  ber  93e]§auDtungen,  bie  9tot]§menbtg!eit, .  jt(6  aller  93e« 
]^au))tungen  unb  oDeS  Urtl^eilenS  3u  entl^atten  {im^i),  unb  l^ierauS 
folgt  ber  Suflanb  einer  unerfci^fltternd^en  @eelen=  unb  ®emütl^Sru]^e 
(atapaS(a);  looburdg  ber  antile  @Ie))tict8mug  nid§t  in  ber  ©eflatt  einer 
ßel^rart  ober.  6d&ute  (aTpeaic)  auftritt,  fonbern  ben  ©l^arafter  einer 
Sebendrid^tung  unb  SebenH^ffll^rung  (&t<>>>T^)  annimmt,  alfo  einen  fitt- 
Ud^en  £^t)ud  geiotnnt,  toeld^er  bem  neueften  @Ie))ticiSmu8  ebenfatts 
gänglidö  fel^It.* 

9.  hieraus  erl^ellen  nun  jur  ®enflge  bie  3)ifferengen  bed  antifen 
unb  neueften  ©leptictSmuS,  gtoifd^en  toel^en,  loenn  man  $^rr]§o  mit 
@d^ulje  t)erg(eid^t,  mel^r  aU  ffoti  ^al^rtaufenbe  liegen.  S)em  le^teren 
festen  aOe  eblen  S^araftergüge  beS  @!e^ticiiSmu8;  er  ifi  SDogmatidmuS 
unb  itoax  auf  ber  unterften  @tufe,  loo  ber  SlepticiSmuS  unb  ber  ge« 
meine  3Ren|d^en))erftanb,  @$ul}e  unb  jtrug  mit  einanber  gelten  unb 
einDerjlanben  ftnb.  „3laib  unten  faOen  2)ogmatiSmu8  unb  @!e))ti- 
ciSmuS  gufammen  unb  beibe  reichen  ftd^  bie  freunbbräberlid^fle  ^anb. 
S)er  fd^ulgifd^e  SIepticidmuS  bereinigt  mit  fid^  ben  rol^eflen  2>ogma- 
ttdmue,  unb  ber  Irugifd^e  2)ogmati8mu8  trägt  gugleid^  jenen  @!e))tts 
ciSmud  in  fu^/  ^2)iefer  93arbarei,  bie  unleugbare  @ett)ig]^eit  unb 
äßal^il^eit  in  bie  S;]^at[ad^en  beS  S3ett)ugtfein3  gu  legen,  ]§at  fid^  toeber 
ber  frül^ere  ©!eptici8mu8  nod&  ein  ajlaterialismu»,  toenn  er  nid^t  ganj 
tlöierifdö  ifi,  fd&ulbig  gemad^t,  pe  ifl  big  auf  bie  neueften  Seiten  in 
ber  5ß]&iIofoj)l^ie  unerl^ört/' 

»  äüerfe.  SBb.  XVI.  6.  95-102.  -  «  Cbenbaf.  6.  99  flgb.  -  »  «benbof. 
6.95.   6.108. 


^egel«  Kuffftj^e  im  fritifd^en  Sournal.  255 

IL  @Iau6en  unb  SBtffett.    2)ie  9lefle£tond))]gtlofo))]^ten. 

@eit  ber  S))od&e  Aantd  unb  but4  biefelbe  l^at  ftd^  baS  ä^erJ^Altnig 
jiDif^en  (Stauben  unb  SQSiffen  Don  ®runb  au8  gednbett.  Sfrfllgex  iDor 
btefeS  93er]gAlinig  gleid^  bem  jmifii^en  9leltgton  ober  S^^eologie  unb 
$]^itofo))]^te,  b.  \).  bie  $]^itofot)]^ie  ftanb  auf  ber  einen  @ette  unb  Der» 
l^ielt  ftA  jum  ®Iau6en,  jur  Steltgion  ober  Xl^eologie  als  gu  ber  anberen. 
Sfuf  bem  ^dl^enflanbe  ber  Sd^olaflil  tourbe  bte  $]^Uofot)]gie  Don  ber 
lird^ttd^en  Steligion  bel^errfii^t  unb  l^ieg  bte  SD^agb  ber  X^eologie.  @o 
»ar  eS  im  elften,  jioölften  unb  breije^nten  3al^rl^unbert.  S)ann  lourbe 
btefeS  Sanb  burd^  bte  Sd^olaflil  felbft  aufgelöft,  unb  bte  Snigegen» 
fe^ung  beiber  filierte  }ur  @r]g5]^ung  bed  ®Iauben8  unb  jur  ^erabfe^ung 
ber  fp^Uof Opiate:  ber  fupranaturale  €^ara!ter  unb  ^nl^alt  beS  ©laubend 
lourbe  oon  fetten  ber  ^l^ilofopl^te  als  ber  meufd^Iid^en  SJernunft  ent« 
rüdt  unb  unbegretflid^  anerlannt  unb  bejal^t,  loftl^renb  fie  felbfl  jtd^ 
auf  baS  ®ebtet  ber  loeltlid^en  unb  ftnnlicj^en  2)tnge  etnfd^r&n!te:  fo 
mar  eS  im  oterjel^nten,  fflnfgel^nten  unb  fed^gel^nten  ^algrl^unbert.  3n 
ber  xfoxia  einer  frommen,  glaubenel^eQen  unb  gottinnigen  3Jl\)^xl,  toxt 
biefelbe  im  2Rei|ier  ßdart,  in  ber  „bcuifd^en  Il^eologie"  unb  tn  ßutl^er 
gu  Zage  tritt,  l^at  bie  SleKgton  fid^  Don  ber  $^i(ofo))]^ie  abgemenbet 
unb  biefe  i^re  SBege  gelten  laffen,  toeldge  in  bie  @d^u(e  ber  Sitten  ge« 
f&]^rt  l^aben.  SluS  bem  3eitalter  ber  Sieformation,  „bem  Sefen  beS 
^roteftantismus",  nac^bem  beibe  Iird^li(ig  ausgelebt  unb  erf((ö))ft  maren, 
ift  im  fiebjel^nten  ^algrl^unbert  bie  neuere  ^l^ilofopl^ie  l^erDorgegangen 
unb  ]§at  im  a^tjel^nten  gegen  bie  Steligion  unb  beren  ^ofitiDen 
®lauben8in]galt  ben  $roceg  ber  Sluffl&rung  ftegreic^  gef&l^rt,  bis 
gule^t  „bie  gebilbeten  äJeröd^ter  ber  ^Religion"  felbft  Don  i^r  ergriffen 
mürben  unb  audg  bie  ^l^ilofo^l^ie  fi$  bem  ®lauben  untermarf,  mie  eS 
SU  gef^el^en  pflegt,  koenn  bie  eroberte  unb  beftegte  SOIa^t  bie  geiflig 
^Sl^ere  auSmad^t.  9lun  ifi  ber  ©taube  in  bie  $l§ilofo];)l^te  felbft  ein= 
gebrungen  unb  l^ot  in  il^r  eine  l^errfd^enbe  Stellung  eingenommen,  ber 
ftd^  baS  Sßiffen  unterorbnet.  @S  ift  nid^t  mel^r  mie  frfll^er,  bag  in 
bem  äSerl^altnig  gmifd^en  ®lauben  unb  SBiffen  bie  $]§ilofo^^ie  auf  ber 
einen  ©eite  fle^t,  fonbern  fie  umfafet  beibe  in  il^rem  eigenen  ®ebiet. 
3n  bem  Primat  beS  ®laubenS  befielt  einer  ber  mefentlid^ften 
®Tunbjüge  ber  neueften  ^l^ilofopl^ie,  mie  fid^  biefelbe  in  il^ren  brei 
C>auptDertretem:  Äant,  3acobi  unb  ^id^tc  barftcHt.  „3)ie  grofee  3form 
beS  aBettgeijieS  aber,  meldte  fid^  in  ienen  5p]^ilofo;)]öien  erfannt  ^at, 


256  Tegels  Suffä^e  im  fTttif^en  Soutnol. 

ifl  baS  $rtnct))  beS  92orben8  unb,  eS  teligiöS  angefel^ett,  beS  $ro' 
tejiQntiSmu«  —  bic  ©uBicctibität,  in  tocl^cr  ©dftönl^ctt  unb  SQSal^rl^it, 
in  ©effll^Icn  unb  ©cfinnungen,  in  ßiebc  unb  Serftanb  jtd6  barPellt: 
bte  9leIigton  baut  im  ^etjen  beS  ^ubiDtbuumS  il^re  Semmel  unb  ^Itfire, 
unb  ©eufjet  unb  ®ebete  fud^en  ben  (Sott,  beffen  Slnfd^auung  eiS  ftd^ 
Derfogt,  iDeil  bte  (Sefal^r  beS  SSerftanbeS  t)or]^anben  ift,  iDetd^er  baS 
9(ngef$Qute  als  2)tng,  ben  ^ain  als  ^öljet  er!ennen  lofitbe/ 

2)er  Primat  beS  (glaubend  l^errfd^t  in  ber  !antifd^en  $]^iIofo)i]&ie 
als  ))ra!tif(]^e  SSetnunft,  in  ber  jacobifd^en  aU  ®effl]^I,  in  ber  fii^tefdgen 
a(8  bie  S^ntl^efe  Beiber.  2>ad  SBiffen  aber  ober  bte  $]gitofo)>]^te  im 
engeren  @inn  ift  unb  (leibt  €ad^e  ber  tl^eoretifdgen  SSernunft,  b.  1^. 
beS  aSerflanbed,  ber  jBerfianbedtl^fitigleit  ober  beS  refKectirenben  SDenlenS, 
neSl^alb  biefeS  93er^Altnig  3ioifdgen  (Blauben  unb  SBiffen  ^bie  Ste^ 
PeponSpl^ilofopl^ie  ber  ©ubjectiDitöt"  genannt  »irb;  fie  bleibt  im 
2)uaIiSmuS  befangen  unb  ba^er  im  SBiberftreit  mit  ber  ^bentitdtS' 
pl^ilof Opiate,  tDeld^e  ben  2)uansmu8  überiounben  unb  l^inter  ftd^  l^ot. 
Um  nun  bem  ginjugc  biefer  ben  2Beg  ju  bereiten  unb  ju  erlÄm))fen, 
Toat  bie  Sßiberlegung  jener,  bie  il^r  bid^t  im  SBege  ftanben,  eine  not^ 
menbige  S(ufgabe  beS  hitif^en  Journals.  S93ir  l^aben  fd^on  oben 
angebeutet,  bag  ein  fold^er  Sfelbgug  beDorftanb.  2)e8^alb  fd^rieb  ^egel 
biefen  feinen  auSffll^rtid&fien  Sluffa^  im  Iritifd^en  Journal:  „(Stauben 
unb  SBiffen  ober  bie  9tefle£ionS))]§iIofo))l^ie  ber  Subiectiüitftt, 
in  ber  SBoIIfiänbigfcit  il^rer  (formen  als  lantifd^e,  jacobifd^e 
unb  fid&tefd&e  5|J^iIofo^)^ie^* 

1.  2)ie  !antt{4e  $^itofot)Me. 

2)er  ^au))t))unlt  in  ber  SSeurtl^eilung  ber  !antifd^en  $]^iIofot)l^ie 
betrifft  baS  SSerl^&Itnig  t)on  (Stauben  unb  SBiffen,  b.  1^.  baS  S^erl^&ttnig 
ber  prahtfd^en  unb  t^eoretifd^en  S^ernunft  (SSemunft  unb  SSerßanb), 
ben  Primat  jener  unb  bie  Unterorbnung  biefer.  ^egel  l^atte  fd^arf 
unb  richtig  erfannt,  bafe  Äant  in  feiner  S)ebuction  ber  reinen  äJer- 
flanbeSbegriffe  nad^getoiefen  unb  entbedCt  l^atte,  mie  haft  unferer  tl^eo- 
retifd^en  äJemunft  unfere  gemeinfame  Sinnentoett  auS  beren  93es 
bingungen  entfielet  unb  l^erDorgebrad^t  mirb';  er  fal^  aut^,  bag  bte 

^  Ittitif^eS  3ournal  bet  $^iIofot)6ie.  995.  II.  et.  1.  (1802.)  ^egeU  aOetfe. 
SBb.  I.  6.  1-157.  Cinleüunö.  6.  3-17,  (6.  5  Pgb.)  »gl.  oben  6.247.  — 
*  SBgl.  btefes  SBetl  (neue  «uSgabe).  99b.  IV.  4.  Kufl.  Sauden.  Sap.  V.  6.401 
bt0  415.    93g(.  oben  SSu^  H.   ^CLp.  II.   6.  236. 


Tegels  ^uff&^e  im  Iritif(ien  ^ouTnal.  257 

iransfcenbentale  @tn]^eit  bet  ^t)|)erce];)tion  ober  beS  reinen  93elDugifetnd 
(3d&)  nic^t  blofe  ben  Urfjjrung  unb  btc  DBiectiDität  ber  reinen  SSegriffe 
erllait  unb  red^tfertigt,  fonbern  aud^  bie  @Qntl§efe  ber  3(n[d^auungen 
unb  Segriffe.  Unb  feine  ßinfidfet  brang  nod^  tiefer  in  ben  ©eifl  ber 
fantifdfeen  Seigre:  unfere  flemeinfame  ©innenioelt  entfielet  ol^ne  9leffeEion 
unb  i)or  oüer  SiefleEion;  fic  ftel^t  ba,  el^e  toir  auf  unb  über  biefelbe 
refKectiren,  fie  ifl  alfo  ein  SQBerf  ber  betoufetlofen  ?Probuction,  beren 
SOßcrfweifter  unfere  })robuctiöe  ßinbilbungSlroft  ift,  bog  betoufettoS 
probucirenbe  3d&.* 

es  ifl  l^ier  nid&t  ber  Ort,  ^egete  Seurtl^eilung  ber  fantifd&en 
5P]^ilofot)]^ie  felbft  ju  beurll^eilen  unb  in  bie  Sroge  einjugel^en,  oB  unb 
inmietoeit  er  bie  S3ebeutung  ber  tantifd^en  ${|iIofo|)]^ie  il^rem  ganjen 
Umfange  nadfe  gu  ȟrbigen  gctou^t  l^ot;  er  ^at  ju  toieberl^otten  ntalen 
il^re  «großen  SEl^corien",  il^rc  „unfterblid&en  aScrbienfte"  gerül^mt  unb 
getoiffe  (ginfid&ten  getoid^tiger  unb  orientircnber  2(rt,  toie  j.  93,  bie 
6rfcnntni§  ber  ßaufalitot  unb  beS  Unterfd&iebeS  a^if^äö^n  bcm  SSegriff 
ber  Urfadöc  unb  bem  bcS  ©runbeS,  alä  fold^e  bejeid&net,  bie  toir  nödbfl 
biefem  ^pi^ilofopl^en  ben  ©öttem  öerbonlen,  atfo  iljm  allein.  Unter 
ben  gerühmten  ginfid^ten  ÄantS  ertoöl^nt  er  nid&t  beffen  ßel^re  öon 
Seit  unb  Slaum, 

2tm  meiften  n)iberfprad&  il^m  Äant«  ßel^re  ton  ber  Unerfennbarleit 
©ottes  unb  ber  UnbetoeiSbarfeit  feines  SDafeinS,  feine  Äritil  ber  fpecu= 
Iatit)en  SEl^eoIogie,  nantentlid^  bie  ^rt  unb  SBeife,  xok  Rani  ben  onto- 
logifd&en  SSemeiS  genommen  unb  loiberlegt  l^atte,  h)eil  biefe  SBiberlegung 
barauf  gegrünbet  »ar,  ba§  SSegriff  unb  Oleatitfit  ober  ©siftenj  grunb* 
öerfd&ieben  feien  unb  bie  ejipenj  fein  3JlerImal  ober  5ßräbicat, 
toeld^eS  man  aus  bem  Segriff  „l^erausltauben"  lönne.  SRid^tS  war 
bem  3bentitätSt)]^iIofot)]Öen  mel^r  jutoiber  afe  biefer  lantifd&e  3)uaU8mu8 
jtt)ifd&en  fflegriff  unb  ^Realität:  „ber  bornirte  SBerftanb  geniest  l^ier  feines 
SErium})]^eS  über  bie  SBernunft,  »eld^e  ift  abfotute  Sbcntität  ber  l^öd&flen 
3bee  unb  ber  abfoluten  SReaKtfit,  mit  böttig  mifetrauenlofer  ©elbft- 
genügfamleit.  ßant  l^ai  fidg  feinen  S^rium)))^  baburd^  nod^  gl&njenber 
unb  bel^agüdger  gemai^t,  bag  er  baS,  loaS  fonft  ontologifd^er  S3eh)eis 
fürs  S)afein  ©otteS  genannt  lourbe,  in  ber  fd^Ied^teften  JJorm,  toeld&er 
er  fdl^ig  ift,  unb  bie  il^r  t)on  JDtenbelSfol^n  unb  anbercn  gegeben  lourbe 


1  ^ejjel:  (BlauBen  unb  SöiRem  aOÖctfc.  I.  A.  Äantift^e  ^ffilofopWe.  6.18 
bis  51.  (@.  21—27.) 

afift^er,  eef($.  b.  Wtof.  VIII.  3».  «.  17 


258  ^egeld  ^uffdtfe  im  {ritifcgen  Soutnal. 

—  locldöc  bic  ©Eiftena  ju  einer  ©igetifd^aft  mad&te,  »oburd^  alfo  bie 
Sbentttät  ber  3bec  unb  ber  SRealitat  als  ein  ^injutl^un  t)on  einem 
SScgriff  gu  einem  anberen  erfd&eint  — ,  aufgenommen  ^at;  toie  benn 
flant  ü6er]^au<)t  burd&auS  eine  Unmiffenl^eit  mit  |)]^iIofol)]^if(i&en  ©^flemen 
unb  aJlangel  an  einer  Äenntnife  berfelfien,  bie  ü6cr  eine  rein  l^iflorifd^e 
3lot\i  ginge,  befonberS  in  ben  SBiberlegungen  berfelben  seigte.''^  S)iefcr 
5Eabel  flaut«  in  Slnfel^ung  feiner  Äenntni§  ber  l^iftorifc^en  ©^fteme 
ift  feineStoegS  unberetfetigt, 

®ic  lantifdfee  ßel^rc  geratl^e  mit  fid6  felbft  in  SBiberfprud&,  ba  fie 
auf  ber  einen  ©eite  ben  ontologifd^en  SemeiS  öerurtl^eile,  meil  jt<fe 
berfelbe  auf  bie  3bentität  be8  Segriff«  unb  ber  Jftealitöt  grünbe, 
mäl^renb  fie  auf  ber  anberen  ©eite  ben  praftifd^en  ©lauben  an  ®ott 
forbere,  ber  boc^  bic  Sbentitöt  beS  Segriff«  (©otteSibee)  unb  ber 
Siealität  DorauSfe^e.  3n  bicfem  ©tauben  ift  „nid&ts  anbere«  au8- 
gebrütft  als  bie  3bee,  bafe  bie  Vernunft  gugleidö  abfolute  ^Realität  l^abe, 
bafe  in  biefer  3bee  aller  ©egenfa^  ber  gtei^eit  unb  ber  SRotl^menbigfeit 
aufgel^oben,  bafe  bag  unenblid^e  S)en!en  jugleid^  abfolute  SRealitftt  fei, 
ober  bie  abfolute  3bentität  beS  ®enfen8  unb  beS  ©ein«.  S)iefe  3bec 
ift  nun  burd^auS  leine  anbere  als  biejenige,  toeldfte  ber  ontologifd&e 
aSeioeiS  unb  alle  malere  5ß^ilofop]&ie  als  bie  erftc  unb  einjige,  fowic 
allein  toal&re  unb  pl^ilofopl^ifdöe  erlennt."* 

Sreilid^  öerbirbt  Äant  biefc  feine  ©otteSibee  toieber  burd^  feine 
Seigre  öom  €nbätt)edEc  ber  SBelt  unb  ber  SKenfd^l^eit,  nftmlid^  burd&  feine 
3bee  beS  l^öd&ften  ©utS,  meldfee  nid^t  real  ift,  fonbern  §u  realiftren; 
unb  loaS  realiprt  ;oerben  foll,  ift  nid&ts  l^öl^ereS  als  bie  Harmonie 
öon  5Woralität  unb  ©IfldEfeligfeit,  biefeS  3beal  beS  gemeinen  SKenfc^en« 
öerfianbeS  unb  ber  gemeinen  SlufHflrung,  ober,  ttiie  §egel  fidft  t)or= 
tt)urfSt)ott  unb  d6aralterifiifd&  auSbrüdEt:  „fo  toaS  ©d^led&teS,  toie  eine 
folcfte  3Jloralität  unb  ©lüdffeligleit'M* 

S)er  5ßrimat  ber  praftifc&en  Vernunft  forbert  bie  ^errfd^aft  ber 
fittlid&en  SBeltorbnung  ober  ber  ^reil^eit,  toeld^e  aber  in  ber  Entgegen» 
fe^ung  jur  ©innentoelt  unb  ju  ber  SHotl^menbigfeit  ber  Slatur  befangen 
unb  im  S)ualiSmuS  ber  praltifd^en  unb  ber  tl^eoretifd^en  Vernunft 
ftedEen  bleibt,  toie  bie  le^tere  in  bem  ©ualtSmuS  einer  reinen  JBernunfts 
einl^eit  unb  einer  JBerfianbeSmannid&faltigfeit.     „2llS  ^reil^eit  fott  bie 


1  ebenbaf.  I.   8.  38.  —   ^  gbenbaf.  ©.  48.  —  »  (Sbenbaf.  @,  48. 


^egtU  9(uffa^e  im  Iritif^en  ^outnal.  259 

SBernunft  afifolut  fein,  aber  bos  SQScfen  bicfcr  Steilheit  Bepelzt  barin, 
burd^  ein  gntgegengefelteS  gu  fein.  2)ie§  ifl  ber  bem  !antifd^en  @^{lem 
unübertoinblid&c  unb  boffelfie  jerftorenbe  SBiberfprud^."* 

^ie  tieffle  Sntbedung  AantS  liegt  nad^  ^egel  in  ber  2)ebuction 
ber  reinen  SBerpanbeSbegriffe  unb  jtoar  in  ber  „orgonifd^en  3bee  ber 
@in6ilbungdlraft'\  loelc^e  (qI8  betougtlod  t)robucirenbeS  3d^)  unfere 
gemeinfame  ©innentDelt  ans  bem  gegebenen  Stoff  ber  Smpfinbungen 
ober  ©inbrüdfe  ergeugt,  beren  Urfad&en  bie  S)ingc  an  fid^  fmb.*  S)ic 
für  §egel  intereffanteften  5PunIte  be8  fantifd&en  ©^fientS  finb,  »ie  man 
tjorausfel^en  lonnte,  in  benjenigen  Seigren  entl^atten,  toeld^e  ber  3ben» 
titöt8)>]§i(ofop^ie  am  n&d^ften  lommen  unb  biefelbe  aud^  unmittelbar 
))otbereitet  unb  l^erDorgerufen  ^aben:  eS  iji  bie  3bee  ber  ©d^öul^eit 
unb  bie  3bee  bes  ßebenS,  toie  fie  Äant  in  feiner  tiefftnnigen  Äritil 
ber  Urtl^eifelroft,  bem  britten  feiner  ^QUptloerle,  entmidCelt  l^ot.  5£>aS 
burdögängige  Zi^tma  ifl  bie  3bentitftt  ber  3bee  unb  ber  9lealitÄt:  bie 
3bee,  toie  fie  uns  erfd^eint  in  ber  ©d^önl^eit  unb  (Erl^abenl^eit  ber 
ffiinge,  unb  bie  3bce,  toie  fte  fid^  \>nlbxpttt  in  bem  ©tufenreidö  ber 
Drganifationen.  S)ie  3bee  erfd&eint,  fie  toirb  angefd^Qut:  toir 
ffil^Ien  uns  emporgel^oben  auf  ben  ©tQnb<)unIt  ber  intettectuetten  Sin« 
fd^auung,  bie  ))robuctit)e  @inbilbungs!raft  erl^ebt  fid^  in  bie  $oten} 
beS  intuitiven  SßerftanbeS,  fie  »irb  ober  i^  intuitit)er  Serpanb. 
®Q  ober  Äant  einen  foltften  intuitioen  aSerjlanb  t)on  ber  ßinrid^tung 
unferer  S3ernunft  als  eine  bem  SWenfdöen  unmogtid&e  6rlenntni§art 
QuSgefdbtoffen  ^at,  fo  bleibt  anij  unfere  Aftl^etifd^e  unb  teleologifd^e 
3lnfd6auung  nid&ts  toeiter  als  ein  reflectircnbeS  Urt^cil,  eine  3Jlajimc 
ber  Sleflesion,  eine  jtoar  notl^toenbige,  aber  tjollig  fubjectiöc  Se« 
trad^tungStoeife. 

SBir  ftnb  unb  bleiben  in  ben  ©dferanlen  einer  bualifiifd&en  SQBeU= 
Qnfdöouung  befangen.  „SJiefer  g^arafter  ber  !antifd&en  ^P^itofopl^ie 
ifi  ber  aÖgemeine  6^ara!ter  ber  9flefIeEionS<)]^ilofo})]^ien,  von  benen 
toir  fpred^en."^ 

2,  ^ie  iacobifd^e  ^^ilofoplftte.  .  BäftUittmaä^tx, 

ajiefer  jtoeite  2(rtilel  feines  Sluffa^eS  über  ©lauben  unb  Siffen 
iji  öon  einer  ganj  anberen  STrt  ber  ©d^d^ung  3acobiS  unb  ber  ®e= 
finnung  gegen  il^n,  als  jene  uns  fd^on  belannte  Äritif  ber  2Ber!e, 


'  (Sbenbaf.  I.    ©.  35.  —  «  dbenbaf.  ©  26  u.  27.  -  »  Cbenbof.  6.  50. 

17* 


260  ^egeld  ^uffä^e  im  fritif^en  Sournal. 

iDcId&c  ^egel  tjicrjcl^n  ^a^xt  fpötct  in  bic  l^cibelbcrßtfd&en  Sal^rbüd^cr 
9cf(i^ric6cn  l^at  (1816),  um  in  3luSbrüdEen  toärrnftcr  STncrlcnnung  bie 
i^m  f^nipQtI)ifd6c  unb  öcrmanbic  ©eite  bcr  Seigre  SacobiS  ju  ericud&ten, 
nämlid^  feine  Sejal^ung  bcr  Steilheit,  5ßerfönüd&!cit  unb  bc8  abfolutcn 
©cificS. 

®ie  Sd&riften  3acobig,  auf  Xodä^z  ^eflel  in  feiner  Slbl^onblung 
t)om  Saläre  1802  l^inroeijiS  ftnb  bie  „»riefe  über  ©pinoga*  (1785), 
baS  ©efpräd^  „S)Q))ib  ^ume  über  ben  ©lauben  ober  ^bealidmuS  unb 
SiealiSrnuä"  <1787)  unb  in  ben  reinl^olbifd^en  SBeitrdgen  ber  Sluffafe 
„lieber  baS  Unternel^nien  beS  ÄriticiSmuS,  bie  SBernunft  gu  SScrfianbe 
ju  bringen  unb  ber  ^ß^ilofopl&ie  überl^aupt  eine  ntnz  Äbfid&t  gu 
geben"  (1801).  9lun  gereid^t  eS  ben  im  fritifd^en  Sournol  enthaltenen 
SluSeinanberfe^ungen  nid^t  eben  jum  ßobe  unb  il^rcn  ßefern  gett)i& 
nidöt  jum  ®anle,  bafe  §egel  fid&  in  feiner  Äritif  ber  jacobifd^en  Äritif 
ber  ßel^re  @<)inoja8  unb  ber  ßel^re  ÄantS  crgel^t,  ol^ne  gutjor  mit  einer 
©ilbe  ben  ©tanbpunit  3acobi8  unb  ben  ©tanb  ber  ^rage  feflgejieflt 
gu  l^aben.  (Sr  beginnt  gleid&  mitten  in  ben  SDkterien  unb  fe|t  ßefer 
öoraus,  toeldfee  mit  ben  ©cgenftinben  nid^t  blofe  titterarifdö  öertraut, 
fonbern  gteid&  il^m  felbft  befd^öftigt  unb  in  biefer  Sefd^öftigung  be« 
griffen  ftnb;  roie  man  benn  überl^aupt  ben  ©d^riften  §egel8  aus  ben 
Salären  1801  unb  1802,  fotool^I  bem  S3ud&e  über  bie  „SDiffereng  beö 
fid6tefd6en  unb  fd&eHingfd&en  ©ijftemS  ber  ^ßl^itofopl^ie",  aU  aud&  feinen 
?luffħen  im  Iritifd&en  Sournal,  nur  gu  fel^r  anmer!t,  bafe  feine  ©d&rcib= 
unb  ßel^rart  nod^  gar  nid^t  burd^  bie  ©d^ule  unb  3ud^t  beS  J^atl^eberS 
ergogen  ift. 

3lai^  SacobiS  grlenntnifelel^re  befielt  aÜe  SetoeiSart  in  ber 
fortfd&reitenben  ®emonftration  na^  bem  ^Principe  beS  aBiberfprud^S 
Obentität)  unb  bem  ©a§e  bcS  ©runbe«,  toeld&er,  logifd^  genommen,  auf 
ben  ©a^  ber  Sbentitöt  gurüdffül^rt,  »fil^renb  ber  ©a§  ber  ©aufatitöt 
aus  ber  (Srfal^rung  ftammt.  „3)ie  3lrt,  mie  er  bieg  bartl^ut,  iji  ein 
merlttürbigeä  ©tüdC  bcS  lodfefd^cn  unb  l^umefd^en  empiriSmuS,  in 
mli^tn  ein  ebenfo  greQeS  ©tüd  Don  beutfd^em  ana())firenben  S)og= 
motiSmuS  l^ineingefnetet  ift,  Don  tt)eld&er  befreit  toorben  gu  fein,  bie 
SBelt  ben  ©öttern,  näd&ji  Tanten,  nid&t  genug  banfen  lann/* 


1  ebenbof.  I.  B.  atacobtWe  ^l^ilofop^ie.  6.  52-115.  »ftl.  tiefe«  SBerl 
(frühere  «u^ßabe).  JBb.  V.  »u«  I.  (Jap.  X.  @.  216-234.  -  «  ^egel«  Söetfe. 
I.   6.55. 


^tqM  Stuffa^e  im  Irittfdften  Sournol.  261 

3acobi  ]&q6c  bic  ßcl^rc  ©pinojoS  falfd^  toicbergcfleben  unb  Der« 
unpaltct,  tocil  er  in  bcn  Scgriff  bcS  etoigcn  Qfolgcn«,  ttftmltd&  ber 
SQSal^rl^eitcn,  bic  t)on  6»igfcit  gu  6tt)ifl!cit  fmb,  bic  ©oufalitöt  unb 
Seitfolflc  einaemtfiftt  unb  baburdft  beut  ©pinojQ  bcn  ungeteimtcn  Se= 
griff  bcr  „elüigen  Seit"  gugef^ricben  l^abc;  »Äl^renb  3eit  ©uccefpon, 
cmt)iri|4eS  ©efdöcl^en  Bei  ©pinoja  JBorjiellungSQrten  bcr  Smagination 
jtnb.  Sreilic^,  tt)a8  bic  ßaufalität  betrifft,  fo  l^ftttc  3ocobi  gegen 
^egel  ftdg  barauf  berufen  lönnen,  bog  ©pinoaa  au8brfldf(i(&  geleiert 
l&Qbe,  ©Ott  fei  bic  bctoirlenbe  Urfad&c  (causa  efficiens)  nid&t  Blofe  befi 
SBcfcn«,  fonbcrn  oud&  bc8  SJafeinS  aller  2)inge  (Eth.  I.  Prop.  XXV).^ 

3)ie  ^Quptpunltc  aber,  gegen  weld&c  §egel  feine  Singriffe  fammclt 
unb  fd^ftrft,  betreffen  3acobiö  5poIemi!  tt)iber  Äant,  bic  2lrt  unb 
Xcnbcnj  biefer  ^ßolcmil;  er  nennt  ftc  bitter  unb  bifpg,  gel^äffig  unb 
]&ämifd&,  t)erf(i&reienb  unb  t)erunglimj)fenb,  in  gebanlcntccrcr  S38cifc 
Dolternb  unb  ganfenb  unb,  maS  bag  @(!^Iimmf}e  ifi,  ungered^t  unb  falf($, 
ba  3acobi  bic  ßel&re  ÄantS  nid&t  Mofe  fd^mäl^füd^tig  bel^anbelt,  fonbern 
fatfd^  citirt  unb  „galimatl^ifirt" ,  b.  1^.  burd&  falfd&e  Crüärung  unb 
S)entung  flants  ©inn  in  Unfinn  Dcrlel^rt  l&abe;  toie  er  ja  anä)  ben 
©pinoja  burd&  bic  il^m  gugefd^tiebene  Slbfurbitflt  einer  ctt)igen  3eit 
„galimatl^ifire''.  S)ie  ?PolemiI  3acobi8  fonnte  nid^t  fd^ärfer  öcrurtl^eilt 
»erben:  pe  bc^iel^c  aus  brei  Sefianbtl^cilen:  ©d&mol^en,  falfd^cm  ©tiren 
unb  „©alimatl^ia«".* 

Äant  l^at  gctel^rt,  ba§  e8  im  SBcd^fel  ber  Srf^cinungen  cttoaS 
SBcl^arrlid&eS  geben  mflffc,  bafe  biefeS  Sel^arrtid^e  bic  ©ubftang  unb  bic 
cinjige  er!ennbare  ©ubpanj  bic  SWatcric  fei;  bagegen  fei  baS  3d&  lein 
©cgenftanb  ber  6rfat)rung,  alfo  ol^nc  ericnnbarc  Sieatitat  unb  @ub= 
flantialität  (SBcl&anllc&Ieit).  3lun  laffe  3acobi  t^n  Icl^rcn:  „baS  3d& 
borge  feine  Siealitflt  unb  ©ubjJantiatitftt  öon  bcr  SKatcrie". 
„Reifet  nidftK,  fo  fäl^rt  ^egel  fort,  inbem  er  jencß  crfd^rcdfenbc  SQSort, 
baS  ßcfjing  in  feinem  ©efpräc^  mit  Socobt  t)on  bcr  2lrt  unb  S33eifc 
gebraud^t  ^at,  loie  bic  ßeutc  noc^  ie^t  ben  ©pinoja  bcl^anbcln,  nun= 
mel^r,  inbem  er  eS  Dcrftftrit,  auf  3acobi8  aSer^alten  gegen  flaut  an» 
toenbet:  „l^eifet  nid&t  flaut  fo  gu  citiren  unb  be^anbeln,  mit  il&m 
fc^ilcd^tcr  als  mit  einem  tobten  ^unbe  umgel^cn?"* 

flants  grofec  Sl^coric,  bafe  ber  SBerfianb  nur  ßrfc^einungen  er= 
!enne,  ni(!^t3  aber  t)on  ben  S)ingen  an  fidg,  flantS  unfterbüd^eS  SDer^ 

'  Tegels  ©erfe.  I.  6.  62-79.  (6.  64.)  —  «  Cbenbaf.  6.  79-97.  (©.  84.) 
-  »  CEbenbaf.  6.  83. 


262  ^egell  ^Cuffa^e  im  intif^en  Soutnat. 

bienfi,  jmifdgen  2)tng  an  ftdg  unb  Srfdgeinung  unterfd^teben  unb  baburd^ 
bie  burd^gfingtge  Sonfufion  ber  bogmatijd^en  ^^ilofopl^te  für  immer 
Qufgel^oBen  unb  jerjlort  gu  l^aben:  btefe  et)0(|emQ(^enbe  Stl^at  Aantd 
l^abc  Socobt  nid^t  gu  crfcnnen  unb  gu  ȟrbigcn  gctoufet,  ba  er  fclbjl 
bte2)inge  unb  bte  S)tnge  an  fid^  nid^t  unterfd^eiben  lonnte  unb  nid^t 
untcrfdöicbcn  l^at,  ©araufi  erflärt  fid&,  bofe  i^m  bic  fantifd^e  6r- 
fdöcinungfitoctt  als  t)öfftg  Bobcn=  unb  tocfcnloS,  als  burd&  unb  burdö 
nid^tig  unb  gefpcnftif^  oorlam  unb  ebenbcS^alb  6nt[c^cn  unb  ©d^aubcr 
erregte*  „®a6  fold^e  Sfbfoluta  ber  objcctben  ßnbliifeit  negirt  unb 
als  ni^ts  an  fid6  ernannt  unb  confequenter  SBeifc  ebenfo  bie  fubjecttöe 
gublidöleit,  baS  finnUd^e  unb  reflectirt  benlenbe  3d&,  mein  2ttte8,  aud& 
nur  leeres  S3Ienbn)er!  ))on  (&troa^  an  fid^  märe:  bag  mein  enbUd^eS 
SldeS  ebenfogut  t»or  ber  93ernunft  gu  ©runbe  gel^t,  als  baS  ^QeS  beS 
objectitjen  ßnbUd^cn;  —  ba«  ifl  für  3acobi  ba8  Cntfe^Kd^e  unb 
Sd^auberl^afte.  2)ie  Sßerabfdgeuung  ber  93erni(^tung  beS  Snbltd^en  ifi 
ebenfo  fijirt,  als  baS  Sorrefponbtrenbe,  bie  abfolute  ©ettifel&ett  beS 
Snblid^en,  unb  loirb  fid6  aU  ben  ©runbd^arafter  ber  iacobifdöen  ^J^ilo» 
\op^k  burd&au8  ertoeifen/* 

Sag  bte  2)inge  auger  uns  unb  unabl^&ngtg  t)on  unS  in  aller 
SBa^rl^eit  unb  SBtr!Iid^{eit  ejctjliren:  baS  ifl  für  Sacobi  @ad&e  ber 
Cffenbarung  unb  beS  ©laubenS.  ^uf  biefen  ©lauben,  bem  bte  lantifd^e 
$l^i(ofo))]^ie  fd^nurfiradFS  gutoiberUuft,  grünbet  ftdg  aQe  loeitere  jjacobifd^e 
5J}]&tIofop^ie.  „SBir  »erben  alle  im  ©(auben  geboren  unb  muffen  im 
©tauben  bleiben.  S)urd^  ben  ©tauben  miffen  loir,  bag  loir  einen 
florl)er  l^aben,  unb  ba§  außer  uns  anbere  ßörper  unb  anbere  benfenbe 
SBefen  t)or]^anben  finb.  (Sine  mal^rl^aft  teunberbare  Offenbarung! 
a)enn  wir  empfinben  bod6  nur  unferen  Äör^jer,  fo  ober  anberS  bc» 
fc^affen;  unb  inbem  mir  i^n  fo  ober  anberS  befdftaffen  füllten,  »erben 
mir  nid^t  altein  feine  SSeränberungen,  fonbern  nodg  etmaS^  baDon  gang 
äierfd^iebeneS,  baS  toeber  btog  Stnpfinbung  nod^  ©eban!e  ifl,  anbere 
toirftid&e  ®inge  getoal^r  unb  gtoar  mit  eben  ber  ©eteigl^eit,  mit  ber 
toir  uns  getoal^r  werben;  benn  ol^neDu  ifi  baS  3d&  unmöglid^.  SBir 
ermatten  atfo,  btog  burdfe  SBefcftaffenl^eiten,  bie  mir  annel^men,  äffe  SJor* 
fießungen,  unb  eS  giebt  feinen  anberen  Sffieg  reefler  ßrfenntnig;  benn 
bie  SBernunft,  wenn  fie  ©cgenftönbe  gebiert,  fo  finb  eS  ^irngefpinjic. 
So  l^aben  toir  benn  eine  Offenbarung  ber  5latur,  metd&e  nid^t  affein 


(g6enbQf.   6.59. 


^cgel«  9(ufföfte  im  {Tttif<|en  Journal.  263 

beficl^It,  fonbern  olle  unb  jebe  lDlcnf(i6en  atoingt,  su  glauben  unb 
burd^  ben  ©louben  etoige  SBal^rl^ett  anjunel^tnen/' ^ 

99ei  jtant  unb  ^idgte  ifl  bad  S^l^ema  beS  ©laubenS  bog  9lbfoIute 
unb  Sttige,  toorin  atte«  6ingclnc  unb  3eitlici&e  t)crfd&tt)inbct  unb,  toie 
^egel  fagt,  „bic  SJlüden  bcr  ©ubiccttt)ttät"  tjcrjel^rt  toerben;  bei  ^ocobi 
iß  baS  %J)tiaa  beS  ©laubenS  bie  Slealilät  ber  @innentt)eU,  bet  n)ett= 
liä^tn  unb  aud^  ber  göttlid^en  2)inge,  beS  9lbfoIuten  unb  (Smigen,  morin 
er  feine  eigene  ©ubjectiöitat  öernid&tet  unb  jugleid^  gerettet  fü^lt,  fid& 
felbft  ffll^It  aU  eine  Don  ©ott  ergriffene  $erf&nli(i)!eit,  bie  un- 
gefd&riebenen  ©efe^e  bed  ©uten  im  ^erjen,  eine  fitttid&  f(^one  Snbi« 
Dibualität,  erlauben  über  bie  gemeine  ^Pflid^tcnlcl^re  unb  bie  2;^rannei 
lontifd^er  ©ittengebote:  „bu  foflfi  nid^t  lügen,  betrügen,  morben,  eib* 
brüd^ig  toer'ben"  u.  f.  f.  3n  feinem  Sriefe  an  gid^te  l^at  3acobi 
biefe  fittlidfee  ©eelenfd&önl^eit  in  einer  ontifantifd&en  SBeife  auSge- 
fprod^en  unb  belannt,  weld&e  Qud&  §egel  fd^ön  unb  gonj  rein  finbet: 
«3a,  id6  bin  ber  Sltl^eifi  unb  ©ottlofe,  ber  bem  SBittcn,  ber  nid&ts 
toiü,  jutDtber  lügen  xdiü,  ttie  ^eSbentona  fterbenb  log;  lügen  unb  be- 
trügen toitt,  tt)ie  ber  für  Drefi  fid&  barfteücnbe  ^P^tabeg;  morben  wiß, 
n)ie  5£imoIeon;  ©efe|  unb  @ib  bred^en,  mie  SpaminonbaS,  n)ie3o]^ann 
be  2Bitt;  ©elbflmorb  befd^Uefeen,  »ic  Dt^o;  S^empelraub  begel^en,  toic 
3!)at)ib  —  ja,  Slel^ren  ausraufen  am  ©abbatl^,  aud&  nur  barum,  loeit 
niid&  l^ungert  unb  baä  ©efe^  um  ber  aWenfdöen  toißen  gemad&t  ift, 
nid^t  ber  STlenfd^  um  beS  ©efe^eS  miHen.  2)enn  mit  ber  l^eiligften 
©ett)i|l^eit,  bie  id&  in  mir  l^abc,  toeife  td&,  ba§  baS  Privilegium  aggra- 
tiandi  loegen  fold^er  S5erbred&en  toiber  ben  reinen  SBud&fiaben  beS 
abfolijt  allgemeinen  SSernunftgefe^eS,  bag  eigentlid^e  SJtaiefi&tSred^t 
beS  5Kenfd&en,  baS  ©iegel  feiner  SBürbe,  feiner  göttlid^en  SRatur  ift.» 
„SBir  l^aben",  fügt  §egel  l^inju,  „biefe  ©teile  3acobi8  ganj  rein  gc« 
nannt,  benn  baS  ©prec^en  in  ber  erften  $erfon:  3d&  bin  unb  3d& 
toill,  lann  il&rer  Dbiectiöität  nid&t  fd^aben."* 

2)oc^  finbet  ^egel,  loenn  aud^  nic^t  an  ber  angefül^rten  ©teUe, 
biefeS  ^eröorl^eben  ber  eigenen  Jßerfon,  biefcS  9iid6tIo8fommen!6nnen 
öon  fid6  felbft  unb  ber  eigenen  Stibioibualität  für  ben  ©tanbpunlt 
3acobi8  überhaupt  tt)ie  aud^  für  bie  ^rt  feiner  Sloman^elben,  9llln)ill 
unb  Solbemar,  burdgauS  bejeidgnenb  unb  d^ara!teriftifc^.  2)iefe  eioige 
©elbfibefd^auung,  biefeS  a3e]^aftet=  unb  SefledEtfein  unb  »bleiben  mit  fid& 


»  «benbQf.  6.  99.  —  *  (gbenbof.  6. 105  u.  106. 


264  ^egeU  Kuffftt«  im  fritifdften  3ottrnat 

feI6fl  ]^Qt  ^egel  ats  einen  inneren  ©o^enbienft,  als  eine  ^öUe  beS 
SetoufetfeinS  beaeid^net  unb  ftc^  auf  bie  großen  ©ici^ter  berufen,  toeld^e 
erlannt  l^aben,  mag  eU)ig,  unb  toaS  enbüdg  unb  t)erbammt  ift:  bie 
Sitten,  S)ante  unb  ©oetl^e  in  feinem  fd^on  im  ßeben  eine  Seitlang  ber 
^bUt  l^inaegeBenen  Dreft.  a)iefc  §ötle  ifl  nid&tg  anbereS  als  „baS 
etoige  SSerbunbenfein  mit  ber  fubjectiöen  SEl^at,  ba8  Sltteinfein  mit  feinen 
eigenen  ftd^  felbft  Stngel^örigen  unb  bie  unfterbtidge  93etrad^tung  biefeS 
©igentl^umS".  „@o  feigen  toir  on  ben  gelben  ^UmU  unb  SBoIbemar 
eben  biefe  dual  ber  emigen  93efd^auung  il^rer  felbft  nid^t  einmal  in 
einer  SEl^at,  fonbern  in  ber  nodft  größeren  ßangetocile  unb  flraftlofigleit 
beS  leeren  ©ein8,  unb  biefe  Unjud&t  mit  fid&  felbfi,  al8  ben  ©runb 
ber  Äataftropl^e  il^rer  unromanl^aften  SBegebenl^eiten  bargefiettt,  aber 
gugleid^  in  ber  Sluflöfung  biefeS  ^rincip  nid^t  aufgel^oben,  unb  aud^ 
bie  un!ataftro)>]^irenbe  5£ugenb  ber  ganjen  Umgebung  t)on  G^^aralteren 
»efenttid^  mit  bem  3Rt^x  ober  SBeniger  jener  ^otte  tingirt/^ 

®ie  etoige  ©ebftbeia^ung  ber  eigenen  3nbit)ibualitat,  baS  5cft= 
l^ftngen  on  bem  geitlid&en,  lieben  3d6,  fei  eS  in  ber  gorm  beö  @elbfl= 
genuffeS  ober  ber  ©elbftqual,  bie  aud&  jum  ©enuß  loerben  !ann,  mar 
unferm  5ßl6ilofol)l&eu  in  ber  ©eele  jumiber;  fie  erfd&ien  il^m  tragifd^  in 
bem  Silbe  bc8  goetl^ef^en  DrefieS,  pl^ilofopl&ifcb  gel^egt  in  3acobi  unb 
feinem  Äreife,  lomifdö  unb  ^)ofprlid6  in  jener  el^rlidfeen  8leic^gftabtmad6e, 
bie  bem  xiexnbt  jurief,  er  möge  ja  nid^t  fd^ießen,  »eil  eS  fonfi  ein  Un= 
glüdC  geben  lönne.  €ben  biefe  aSergleid&ung  l^at  fidfe  au8  ber  erften 
flritil  SacobiS  in  bie  jtoeite  fpdtere  fortge<)flan3t,  too  toir  berfelben 
fc^on  begegnet  pnb.* 

^[acobis  ©laube  bejal^t  bie  Slealität  ber  loettlid^en  unb  aud^  ber 
göttlid^en  S)inge,  baS  3eitlid^e  unb  audg  baS  €mige,  baS  Snblidge  unb 
auc^  ba«  Unenblic^e.  ®ie  l^ö^ere  (Jform  unb  baS  3id  biefer  ©lauben8= 
rid^tung  befielet  nun  barin,  baß  man  beibe  SSejal^ungen  ))ereinigt  unb 
ftd&  mitten  im  6nblid&en  eine«  fü^lt  mit  bem  Unenblid&en,  mitten  im  Seit- 
lid&en  eine«  mit  bem  ©migen,  mitten  in  ber  2BeH  eine«  mit  ©ott.  ©iefeS 
3iel  ifi  erreid^t  in  ©dfeleiermad&erS  Sieben  über  bie  gieligion.  „SaS 
jacobifdöe  ^ßrinci))  l^at  bie  ^öc&jle  ^ßotenjirung  erreid&t,  beren  e«  fällig 
ift,  unb  ber  ^ßroteflantiSmuS,  ber  im  ®ieffeit8  »erföl^nung  fud&t,  l^at 
fi(^  auf  baS  ^ödgfte  getrieben,  o^ne  aus  feinem  €^aralter  ber  @ub= 


»  Cbenbof.    ©.  108  u.  109.   -   *  Cbenbaf.   6.  62.    »gl.  oben  »u«  I. 
Sap.  IX.   6.  106. 


^tqM  9(uffate  im  fritif^en  3outnaI.  265 

icctiüitftt  l^eraitSjutretcn.  3tt  bcn  Sieben  über  bte  Sleliflion  tft 
biefe  ^Potenjirung  gcfd^^^cn."  Selbe  Seiten  beS  iocobifd&en  ©laubenS, 
bie  fubjectiöe  toie  bie  obiectit)e,  Rnb  in  bie  l^öd^fie  ^ßotena  erhoben: 
bie  objectiöe  erfd&eint  qIs  bo8  göttlidfee  Unit)erfum,  bie  fuBjectitje  olS 
ber  religtofe  jtftnftler,  als  ber  ä^irtuofe  be$  SrbauenS  unb  ber  33e= 
geiflerung,  an  beffen  Sigent^flmlic^feit  aud^  biejentgen  tl^etlnel^men, 
mläjc  i\)it  teligiöfen  Snfd^auungen  t)on  t^m  empfangen.  ^(Ss  foK 
einer  fubjectiDen  (Sigenl^eit  ber  Slnfd^auung  Obiot  l^eigt  einer,  infofern 
Sigenl^eit  in  i^m  tfl),  fiatt  fte  ju  t)ertilgen  unb  menigftenS  nid^t  an- 
3uer!ennen,  fo  Diel  nachgegeben  mihzn,  ba^  fte  balS  $rtnci)>  einer 
eigenen  ©emeinbe  bilbe,  unb  bag  auf  biefe  SEBeife  bie  ©emeinbd^en 
unb  S3efonber]&eiten  ins  Unenblic^e  fid&  geltenb  mad^en  unb  DcrDiel« 
fältigen,  nad&  SufStttgleit  au8  einanber  f^ioimmen  unb  gufammcn 
ftd^  fud^en,  unb  aQe  ^ugenblidEe  toie  bie  Srtguren  eineS  bem  @t>iel  ber 
SBinbe  preisgegebenen  €anbmeerS  bie  ©ruppirungen  Anbern  —  unb 
in  einer  aUgemeinen  ^tomiftif  aUe  ru^ig  neben  einanber  bleiben 
fönnen." 

$ier  l^aben  mir  in  aQer  Aürje  unb  Sd^drfe  bie  fd^on  in  ben 
franifurter  ©tubien  ^egelS  berül^rtc,  nunmehr  offene  unb  fortbejiftnbige 
2>ifferen}  gtoifc^en  Sd^Ieiermac^er  unb  ^egel,  n)eld&e  ber  le^tere  an 
biefer  ©teile  (ol^ne  ben  Siamen  6d6leiermad6er8  gu  nennen)  erleud&tet, 
inbem  er  ber  fubiectiöen  ©effli&lsreligion  ben  obiectiöen  Segriff  ber 
Sieligion  unb  ber  religiöfen  Sefonbet^eit  ber  ©emeinbe  unb  ©e« 
meinbd^en  ben  Segriff  ber  Airc^e  entgegenl^ält.^ 

3.  2)ie  ft^tefd^e  $^tIofop^ie. 

©eit  bem  3.  3uli  1799  lebte  ber  aus  3ena  öerbrdngtc  gid^te  in 
Serlin,  in  alter  Qpreunbf(ftaft  mit  Qfriebticö  ©dfelegel,  in  neuer  mit 
©d&leiermad^er,  in  ber  SBoHenbung  ein^r  ©d&rift  begriffen,  Don  toeld&er 
er  feiner  Qftau  gefd^riebcn  ^atte:  „3fd6  l^abe  bei  9luSarbeitung  meiner 
gegenwärtigen  ©d^rift  einen  tieferen  SlidC  in  bie  Sieligion  get^an  als 
nod&  je".*  ®iefe  ©4rift  toar  „bie  »eftimmung  beS  SDlenfd&cn"  (1800), 
unb  an  fie  l^at  fic^  ^egel,  toie  er  eS  aud^  auSfpric^t,  in  bem  brüten 
Sl^eil  feiner  ^b^anblung  über  „©laubenunbSEBiffen''  Dor^üglid^  gel^alten. 

6S  finb  bie  brei  ©tanbpunfte  unb  ©tufen  ber  menfd^lic^en  ©elbft= 
Betrachtung,  toeld^e  gid&te  in  biefer  feiner  ©d&rift  bialogifc^,  b.  1^.  in 


1  §egel«  SOßerfe.    I.   ©.  112-115.     »ßl.  oben  Öu*  I.    (Jap.  V.    ©.  48. 
—  s  S3gl.  biefeS  9BetI  (frühere  9luftgabe).  935.  V.  »u^  II.  (Sap.  V.  6.  306  flgb. 


266  $ege«  Kuffft^e  im  ftitifc^en  3ournaI. 

belel^renben  ©efpradgen  enttotdelt,  tt)o6et  baS  „^ä^"  aU  ber  ju  6e« 
lel^renbe  ©d^M^t  crf^etnt.  ©ol^er  l^cifet  biefc8  3(J6  bei  ^efld  „bcr 
3d&".  3«tic  brci  ©tanbpunltc  aber  ftnb:  bcr  bogmatifd^e,  bcr  trottS- 
fcenbeniale  unb  ber  reltgtöfe,  ober  um  e§  mit  Ofi<%teS  SQBorten  }u  fagen: 
bie  Srfal^rung,  bas  SBiffen  unb  ber  ©taube.  S)er  erfte  Stanbpunlt 
grünbet  fid^  auf  bie  Srfal^rung  unb  fragt  nad^  ber  Sntftel^ung 
unfereS  natürlid^en  2)a{einS  aü  etneS  ©liebed  in  ber  Aette  ber  2)inge. 
hieraus  ergiebt  {td&  ein  9laturf))fiem,  loelc^eS  bie  fjfreil^eit  üerneint  unb 
audfd^Iiegt.  S)er  joeite  @tanbpun{t  grflnbet  ft((  auf  baS  Selbfibe- 
touBtfein  unb  fragt  nad^  ber  (Sntftel^ung  ber  ßrfal^rung  ald  unferer 
not^menbigen  3BeItt)orfteIIung;  ber  britte  @tanb))unlt  enbKidb  erleud&tet 
bie  gHeaUtöt  ber  finnUd&en  unb  überfinnlidben  SBelt  alö  bie  Offenbarung 
unb  (Srfd^einung  beS  etoigen  gottlid^en  Sebend,  aus  ber  ßin^eit  mit 
toeld^em  in  un«  „ba3  feiige  ßeben"  aufgellt. ^ 

SBad  baS  2;^ema  bed  ®la übend  betrifft,  nftmlic^  bie  9ftealit&t 
ber  3BeIt  unb  ©otteS,  fo  ift  fjfid^te  ju  einer  t)5lltgen  Uebereinftimmung 
mit  3acobi  gelangt  unb  felbfl  baöon  fo  ergriffen,  baß  er  jenen  neben 
Aant  als  einen  gleid^jeitigen  Steformator  ber  $]^iIofo))]^ie,  als  einen 
ber  erften  SOfänner  beS  3eitatterS  t)er{änbet.^  SBaS  baS  äSerl^Altnig 
©otteS  jur  SBelt  betrifft,  fo  fe^en  mir  Sid&ten  üon  ber  3bec  ber  gött« 
Hd^en  ^Qeinl^eit  erfäQt  in  Uebereinftimmung  mit  ©dgleiermad^er,  nid^t 
unberfll^rt  t)on  bem  (Sinfluffe  ber  Sieben  über  bie  Sleligion.  yiun  l^at  eS 
$ege(  mit  bem  SBer^&Ktnig  }tt)ifd6en  ©tauben  unb  SEBiffen  gu  tl^un  unb 
fielet  in  einer  fdgarfen  @ntgegenfe^ung,  tozli^t  mir  lennen  gelernt  ^aben, 
fomol^I  gegen  3cicobi  ats  gegen  ©c^teiermadger.  O^id^teS  S^mpatl^ien 
unb  Tegels  2lntipatt)ien  treffen  in  benfetben  ©egenftänben  jufammen 
unb  auf  einanber;  eS  ift  tjorausjufel^en,  ba%  an  ber  ©teile,  loo  toir 
finb,  bie  93e^anbtung  ber  fid^tefc^en  ^l^ilofopl^ie  t)on  feiten  ^egelS  am 
menigften  f^mpat^ifc^  ausfallen  mirb,  toeit  weniger  als  in  ber  ©d^rift  über 
bie  „S)ifferenj  beS  fid&tefdöen  unb  f(ftellingfcben  ©^jiemS  ber  ^pj^ilofop^ic", 

2)ie  fic^tefd^e  Ce^re  tfi  teineSmegS,  toie  3acobi  ))on  i^r  geäußert 
^at,  ein  ©anjeS,  ein  gebiegeneS,  aus  einem  ein}tgen  ©tfidE  formirteS 
©^{tem  ber  $l^itofop]^ie,  fonbern  i^re  ^aupit^eite,  jene  ©tanbpunite 
unb  ©tufen    ber   menfd^Iid^en  ©elbftbetrod^tung,   finb    jufammen  ge^ 


»  SSgl,  biefe«  aOöet!  (frühere  «uögaae).  fflb.  V.  SäudS  IV.  Cap.  U  u.  III. 
6.  651-680.  —  *  «benbüf.  6.668  (in  ber  ©djrift  .©onnenflarer  öericöf 
u,f.f.).  (1801.) 


^egeU  Sluffäte  im  fritiftcn  ^outnat.  267 

jiütft  nadö  fubicctit)cn  aSebürfniffen  unb  ©efül&Ien:  bur(]6  bic  ©cfül&Ie 
ber  9ltd&tbeftiebigung  unb  ber  (Smpörung,  beS  äJlangelS  unb  ber  Seere, 
be§  ©d^tnetjeS  unb  ber  ©e^nfud^t.  ^ug  bem  Statutf^ftem  gum  {^rei- 
l^eitsf^flem  gefd^tel^t  ber  Uebetfiang  burd^  baS  g^reil^eitSbebürfniB  unb 
bie  @e]^nfud^t  nadg  bem  3d^.  2)a3  Ortetl^^itdbebflrfntg,  tote  ed  an  btefer 
@teQe  erfd^eint,  als  eine  Sntpörung  gegen  bie  9latur  unb  il^re  ©efe^e, 
qIS  ein  Jffiibertoitle  gegen  bie  ©inl^eit  ntit  bem  Uniöerfum,  ficl)t  fo  fel^r 
im  SBiberfprudft  mit  bem  ©eift  ber  Sbentitätg^J^ilofopl^ie,  bafe  §egel 
biefc  fid6tefc6en  ©efül^fejujiÄnbc  in  ben  fcferoffficn  StuSbrüdCen  bejeit^net 
unb  tjertoirft.  „®iefer  ungcl^eure  ^odömutl^,  bicfer  SQBal^nfinn  beS 
S>ünfel3  biefeS  3d&,  fid6  t)or  bem  ©ebanlen  ju  cntfe^en,  i^n  ju  t)er= 
obfc^euen,  loel^mütl^ig  ju  »erben  barüber,  bofe  e8  6in8  fei  mit  bem 
UniDeifum,  bag  bie  etoige  92atur  in  il^m  l^anble:  feinen  S^orfa^,  fid^ 
ben  etoigen  ©efe^en  ber  Siotur  unb  il^rer  l^eiligen,  ftrengen  3iot^- 
toenbigfeit  ju  untertoerfen,  ju  öerabfdöeuen,  fidfe  barüber  gu  cntfe^en  unb 
»el^mflt^ig  gu  toerben :  in  Ser)meifl[ung  ju  gerollten,  h)enn  er  nid^t  frei 
fei,  frei  \>on  ben  etoigen  ©efe^en  ber  Slatur  unb  i^rer  firengen  Slotft* 
toenbig!eit:  fid^  unbef(6reibli4)  elenb  burd^  jenen  ©el^orfam  gu  mad^en 
gu  glauben  —  fe|t  äberl^au^)t  f^on  eine  öon  aDer  SBernunft  entblößte 
aÜergcmeinftc  Slnfid^t  ber  SRatur  unb  be«  SBerl&ältniffeä  ber  Sinjetnl^eit 
JU  il^r  öorauS;  —  eine  Slnfid^t,  toeld&er  bie  abfolute  Sbentität  beS 
©ubiectS  unb  DbiectS  burd6au8  fremb,  unb  beren  ^ßrincip  bic  abfolute 
S'lid&tibentität  ifi."  „aSon  ben  ©cfe^en  ber  SRatur  toirb  öfters  toieber- 
l^ott,  bafe  «in  il&r  SnnereS  fein  erfc^affener  ©eift  bringe»/'  „9ll8  ob 
fie  zttoa^  gang  anbreS  toären  a(§  Vernünftige  ©efe^e."^  2)iefe  l^aKerfd^e, 
ins  (Snblofe  nod^geleicrtc  5ß]^rafe  t)om  „3nnern  ber  Dlatur"  u.  f.  f. 
^at  ^egel  ebenfo  ungereimt  unb  falfd&  befunben  aU  ©octl^e. 

S)er  Uebergang  aus  bem  Sfi^eil^eitSf^ftem  ober  bem  SBiffen  (SBiffen- 
fdgaftSlel^re)  gum  ©tauben  gefc^iel^t  burdg  baS  ©efül^l  beS  37langels 
unb  ber  ßeere  im  3d&  unb  ber  ©e^nfud&t  nadft  ©ott.  S)ie  SBiffen» 
fd^aftSlel^re  geigt,  toie  baS  3d^  mit  fid^  gu  tl^un  l^at  unb  immer  nur 
mit  fid6,  toie  eS  fid6  empfinbet,  fein  @m^3pnben  anftftaut,  fein  2lnfd6auen 
tjorpeKt,  fein  SBiffen  toeife,  lauter  leere  SSorfteDungSlreifc  giel^t,  in 
bereu  SWittelpunlte  eS  fielet  unb  befangen  bleibt,  untjermögenb  bie 
Areife  gu  burd&bredgen  unb  bie  SBirllid^feit  gu  ergreifen,  ^eget  Der- 
gleid^t  biefeS  fi(^tefd^e  3c^  mit  einem  leeren  ©elbbeutel,  aus  bem  baS 


«>egel«  aöerfe.  I.   6.  132.   6. 141  u,  142. 


268  Tegels  SCuffA^e  im  trUifd^en  dournat. 

(Selb  l^erjulcitett  tft  aU  baSicntgc  Sing,  todd&e«  borin  fein  fotite,  aber 
ttid^t  i%  afe  bo«  baju  a^^örige  Dbiect  mit  bem  negatiben  SBorjeid&en. 
SBic  fid&  ber  leere  ©elbbeutel  ju  bem  ®elb,  fo  tjerl^alte  fid6  ba«  ficfttefd^e 
3((  )u  ben  2)ingen.  SluS  bem  leeren  SSeutel  lann  bo8  ®etb  unmittel- 
bar bebucirt  toerben,  toeil  eS  in  feinem  SDtangel  unmittelbar  gefegt  \% 
©0  öerl^alte  eS  fid&  mit  ber  S)ebuction  ber  ©innenmett  au«  bem  reinen 
aOBiffen.* 

Stud^  ber  SßiKe,  ber  bem  tl^eoretifiJ^en  3(^  unb  feiner  (SntloicHnng 
gu  ©runbe  liegt  unb  beffen  aSorfteDungStl^Atigleit  beft&nbig  treibt  unb 
erl^ö^t,  fott  auf  ba8  3lid&t-3d&  »irfen  unb  eS  übertoinben:  „S)iefe 
Oforberung  ift  ber  Aulmination8))unIt  beS  @^{iemS:  Sd^  foU  gleid^ 
9li4t'3d&  fein,  aber  e«  ift  lein  3nbifferenj<)unft  in  il^m  gu  erfennen". 
S)aS  ^ii  ate  bie  (Sinl^eit  ber  SBeltgegenf&^e,  als  bie  SbentitAt  bes 
©ubjectiüen  unb  Cbjectiöen  l^at  biefen  feinen  Segriff  gu  realifiren. 
SBenn  eS  feinen  Stoed  erfüßt  unb  biefe  Slufgabe  getöft  l^at,  bann  gilt 
im  toal^ren  ©inne  be«  SOBortS  fottol^I  ber  ©a§  «3<ä&  =  3(i&'\  ctte  aud^ 
ber  6a§  ,,3d6  =  Sli*t«3d6".  S«un  aber  ifl  in  ber  fid^tefd^en  ^pi^ilo^ 
fot)]^ie  biefeS  3i^I  nie  gu  erreidben,  eS  !ommt  nic^t  gum  ©ein,  fonbern 
bleibt  beim  ©ollen.  @ben  barin  befielet  nad^  ^eget  ber  ©runbmanget 
ber  fid^tefd&en  Seigre:  bie  3bentität  be8  ©ubiectit)en  unb  Dbiectiöen 
bleibt  ein  SenfeitS  unb  lommt  nid^t  im  SBiffen,  fonbern  nur  im 
@Iauben  gu  ©tanbe.  2)iefen  mefentlid^en  äJlangel  unb  inneren  SBiber= 
fprud^  ber  ftc^tefdben  !ß^iIofop]^ie  l^at  ^egel  fomo^I  in  feiner  ©d^rift 
über  bie  ,,®iffereng  beS  fic^tefd^en  unb  fc^eüingfc^en  ©^ftemS'',  a(8  audg 
in  feiner  Slbl^anblung  über  ,,®Iauben  unb  SBiffen"  erleud^tet  unb 
nad^getoiefen.  68  ift  bol^er  bei  aller  fonjligen  SBerfd^iebenl^eit  lein 
SBiberfprudg  gn)if(^en  ben  beiben  genannten  ©d^riften,  toenn  in  ber 
erfien  baS  ^auptgetoid^t  barauf  gelegt  toirb,  bafe  3d&  =  3d&  fein  foll, 
aber  nid&t  »irb,  unb  in  ber  gtoeiten  barauf,  ba§  3d6  =  yiiä^U^äi  fein 
foU,  aber  nid^t  mirb.^  2)a8  3d&  besagt  fi^  in  bem  ©efül^te  ber 
frud&tlofen  @r^aben§eit  feines  SBoIIenö  unb  ©offenS.  „Unb  e«  bleibt 
nid^ts  als  bie  l^ol^le  S)eclamation,  bag  baS  ®efe^  um  beS  ®efe^e8 
toitten,  bie  ^ßflid^t  um  ber  ipflidfet  toillen  erfüllt  »erben  muffe,  unb 
tt)ie  bas  3d&  ftd^  über  baS  ©innlic^e  unb  Ueberftnnlid^e  erl^ebe,  über 
ben  SErümmern  ber  S38elten  fd&toebe"  u.  f.  f.* 


'  Tegels  SOßerfe.  I.   6. 123.    -    >  fß%h  oben  SBu«  II.   €ap.  U.  @.  238. 
^egeU  9BcrIe.  »b.  I.  @.  117  u.  6. 163flgb.  6.  209  u.  210.  -  *  «benbaf.  6. 139. 


Tegels  9(uff&te  im  fxitifc^en  douTttal.  269 

Wit  einem  fold^en  ©efü^l  ber  ßrl&abenl^eit  über  btc  SBeü;  toie 
fic  i|i,  gcl^t  natürlid&enoeifc  bie  JBorftcffung  t)on  ber  ttiebrigen  unb 
fd6Icd&tcn  Seld^affenl^cit,  \>on  bem  p^^|ifd6en  unb  moralifdöen  ßlenbe 
ber  toirüid^en  SOSelt  ^anb  in  ^anb.  ^egel,  tief  burd^brungen  unb 
fiberjeugt  Don  bem  SBert^e  unb  ber  SSemünftigleit  beS  SBeltaQ^,  nennt 
bie  Srgiegungen  feneg  erl^abenen  Selbftgefül^te  eine  .^l^ol^Ie  S)edamation" 
ober  „eine  erl^abene  ^o^Il^eit"  unb  bie  fliagen  über  bie  ©d^Iedötigleit 
ber  mirllidgen  Sßelt  „bie  gemeinfien  Sitaneien".  ßant  l^abe  ben  S£on 
beS  ?Pefpmi8mu8  angeflimmt,  toorin  il^m  Qfid&te  gefolgt  fei;  gegen  beibe 
erfd^eine  SSoItoire  rül^mensmertl^,  ber  nad^  bem  gefunben  SDlenfd^en« 
üerjianbc,  ttomit  er  in  einem  fo  l^ol^en  SKaa^e  begabt  »ar,  in  feinem 
cCandide»  ben  $effimiSmu8  jur  rid^tigen  unb  tt)o]^tt]^uenben  ®eltung 
gebrad^t  l^abe,  nämlid^  im  ©egenfa^e  ju  einem  frommeinben  Dpii- 
mismus,  ber  nad^  ben  Siegeln  ber  $]^^{i!otl§eotogie  in  ber  empirifd^en 
SQSelt  alles  tounberfd^on  finbe;  ba  fei  eS  benn  gong  in  ber  Drbnung 
unb  mol^l  angebrad^t,  auf  bie  Uebel,  plagen  unb  ßeiben  l^injumeifen, 
toeld^e  biefelbe  emt)irifd&e  SBelt  erfüllen;  ba  »irb  ber  5Peffimi8muS  nid^t 
geprebigt,  fonbern  als  berechtigte  ©egenftimme  gel^ört  unb  erl^ält  als 
fold^c  feine  relative  SBal^rl^eit,  bie  fofort  tjerloren  gel&t,  mnn  |te  atS 
aügemeingflitige  SBal^rl^eit  ouSpofaunt  loirb.  „S)a  eine  ^)]^ilofol)]&if4e 
3bce,  in  bie  ßrfdbeinung  I)erabgegogen  unb  mit  ben  ^ßrincipien  ber 
ßmpirie  öerbunben,  unmittelbar  eine  ©infeitigleit  toirb,  fo  ftettt  ber 
toal^rl^aft  gefunbe  aJlenfd6ent)erjianb  i^r  bie  anbere  ©infeitigfeit,  bie 
fid&  ebcnfo  in  ber  6rfd&einung  finbet,  entgegen  unb  jeigt  bamit  bie 
Unioal&rlÖeiten  unb  ßäd6erlic&feiten  ber  erpen."^ 

S)ie  5ßef|tmiften  muffen  „bie  SRotl^toenbigleit  ber  als  SBeltlauf 
eEifiircnben  SBeiSl^eit''  öerneinen  unb  ebenfo  toaS  5ßlato  Don  ber  SBelt 
gefagt  l&at,  ba§  „bie  SBcrnunft  ©ottcS  fie  als  einen  feiigen  ©ott  ge= 
boren  l^abe".*  ©ie  bel^alten  nid^ts  übrig,  als  baS  Setoufetfein  ber 
eigenen  SEugenb  unb  moralifd^en  SBortrefflid^Ieit  im  ©egenfa^e  gur 
übrigen  SQ3elt  unb  jur  ^errfd^aft  ber  ©efe^e  unb  ©ittcn.  ®aS  ift  ein 
fel^r  bebenllid^er  ©tanbpunft,  ber  auf  ©elbflgered&tigleit  l^inauSläuft. 
„2Benn  bie  loal^re  ©ittlid^Ieit  ber  ©ubjectiöität  aufgel^oben  ift,  fo  toirb 
bagegen  burdö  jenes  moralifd^e  Sctoufetfein  baS  SSernidöten  ber  @ub» 
iectiöitöt  ©enufe  unb  bamit  bie  ©ubjectiöität  in  il^rem  SBernid^ten  fetbft 
feftgel^alten  unb  gerettet,  unb  SEugcnb,  inbem  fie  fi^  in  ajloralitftt 


^egeld  9Ber{e.  I.   @.  143  u,  144.  -  >  Cibenbaf.  @.  146. 


270  ^egeU  Sluffätfe  im  fritif^en  Sournal. 

Dcrtoonbelt,  gum  notl^wcnbigen  SBijIcn  um  tl^rc  Suftenb,  b,  1^.  jum 
5p]^arifäi8mu8."^ 

a)ie  9lcfleEion8pl&itofo<)]^ie,  »ctc^e  ^t^^l  fd^on  in  feinen  franifurter 
©tubien  ,,bic  SKctopl^^nf  ber  ©ubjcctiDität"  genannt  f^at  (»etd&en 
^uSbrudE  er  Qudg  l^ter  toieberl^oU),  l^at  in  Rani,  ^ocobi  unb  t^iditt 
i^rc  ©tonbpunftc  burd&Iaufcn  unb  bic  teflectircnbc  SCl^ätiglcit  ober  boS 
fubfecttDe  S)enlen  bid  ju  einer  Or^tnl^eit  unb  ^ol^e  entn)i(!elt,  tt)el(i^e 
im  ©ebiete  ber  bilbenben  5£l^&tig!eit  bte  Sec^nil  erreid^t  l^aben  mug, 
beDor  unb  bamtt  bie  fd^öne  Aunft  eintritt.  SBie  bie  SSoDfommenl^eit 
ber  fd^önen  Aunfl  gur  SSoÜlommenl^eit  ber  bilbnerifc^en  SEedgntI,  fo 
Derl^ftlt  fi^  bic  f^)eculQtioc  5P^iIofop^ie  jur  reflectirenben.  ^3)enn,  tote 
bie  aSoUenbung  ber  frönen  Aunfi  burd^  bie  SSoÜenbung  ber  med^anifd^en 
©efd^idFIid^feit,  fo  ift  Qud^  bie  reiche  Srfd^einung  ber  ^l^ilofopfaie  burd^ 
bie  aSottjidnbigleit  ber  S3ilbung  bebingt;  unb  biefc  SBoUftdnbigteit  ifi 
burd^laufen."* 


SSicrte«  &apxUL 

Sd^on  in  Ofranlfurt  l^otte  C^egcl  fein  ©Aftern  ber  fpeculatiöen 
^l^ilofopl^ie,  toie  er  eS  bomate  enttoorfen,  in  brei  ^aupttl^eile  gegliebert 
unb  ben  britten,  toelc^er  bic  gefammtc  ®eifte§p]&itofop^ie  auSmodfeen 
foKte,  bie  2Biffcnfd&Qft  ber  ©ittli(^Icit  ober  ßtl^il  genannt,  toorunter 
bie  Seigre  t>on  ber  fittlid^en  3latnx,  Don  bem  menfd^Iid^en  9lcd^t§gu= 
jianbc  ober  bem  3loturred&t  ju  öerftel^cn  toar,  ba§  SBort  im  tocitefien 
©inne  genommen.    S)a  nun  ^cget  guerft  auf  biefem  ©ebiet  feine  neue 

>  «^egel«  Sßerte.  I.  ©.  150.  —  «  Cbenbaf.  6.  155-157.  S)iefc8  Äefultol 
SieM  ^egel  in  einem  nat^tT&alicben  Sd^Iugfa^,  ber  26  3<i(tn  beträgt  unb  auft 
SBorberfa^  unb  9lad^fat  befielt;  ber  SSorberfa^  beträgt  20  3<i(en  mit  gtoet  ein« 
gefd^alteten  ^arentbefen  (6. 155  u.  156).  3d^  ma^e  biefe  SBemer!ung,  bomit  ber 
Sefer  eine  93or{le1Iung  Don  ben  flilifiif^en  Sd^loierigfeiten  erbftlt,  meldte  bei  ber 
Xiefe  feined  S)enfen«  bie  Unbe^olfenbeit  feiner  @cbreibart  unb  9(usbru(!dn»eife 
berurfod^t  bat.  —  9(u((  bie  Stüx^t  tonn  aud  grammatif d^en ,  {iiliflifdien  unb 
logif^en  ©rünben  f^toierig  fein.  @o  begegne  i(6  in  ^a^mft  SBorlefungen  fiber 
^egel  gerabe  in  feinen  Erörterungen  fiber  ben  in  SRebe  fiebenben  Stuffo^  ^egeU 
einem  6atfe  Don  fraglid^er  S9ebeutung;  er  befinbet  ftdb  att)if4en  itotx  fünften, 
bellest  in  ^toti  Söorten  unb  lautet:  ,Unb  ebenfo\    (»orlefung  IX.   6.  200.) 


2)ie  iDtnenf^aftnAen  Se^anblungSatten  beS  iRatutte^ti».  271 

ßcl^re  öffcntUdö  bartl^utt  unb  ben  öorl^anbcncn  ©^fiemcn  unb  Slic&tunaen 
cntgeflcnfc^cn  xooUk,  fo  mußte  er  gut  n&l^excn  Sefiimmung  ber  ©ad^e 
brct  5Punftc  erörtern  unb  feftfteöen,  toetd^e  bie  toiffenfcfeaftKd^e  SSel^anb^ 
lungSart  beS  Slaturred^tS,  feine  ©teile  in  ber  <)rQftif(i6en  ^ßl^ilofopl^ie 
unb  fein  Serl^öltniB  äur  <)ofitiöen  9le(^tStoiffenf(i6Qft  betrafen.  3u 
biefem  Swedfe  fc^rieb  er  im  ©ommer  1802,  feinem  gioeiten  jenaifd^en 
©emefier,  in  toelc^em  er  über  Staturred&t,  ©taatSred^t  unb  SBöRcrredfet 
nad^  S)ictaten  loS,  biefen  Sluffa^,  ben  legten  im  fritifd^en  Journal: 
„Ueber  bie  tt)iffenfd6aftlid&en  JBe^anblungSarten  beS  3laturredE)t8,  feine 
©teile  in  ber  praftifd^en  ^pi&Uofopl^ie,  unb  fein  SBerl^ältnife  ju  ben 
pofitiDen  SRed&tSroiffenfd^aften".  6«  finb  brei  toiffenfd6aftUd6e  a9e]&anb= 
lungSarten  gu  unterf Reiben:  bie  enH)irifd&e,  bie  reftectirte  unb  bie 
f^)eculatit)e;  ber  ©egenpanb  ber  le^teren  ift  „bie  abfolute  ©ittUc&Ieit".^ 

I.  ®ie  empirifd^e  Sel^anblungSart. 
1.  2)te  ^^potl^efen  Dom  !Ratursuf)anbe. 

2luf  bem  ©tQnb})unft  beS  6ml)irigmu8  follen  bie  S^atfod&en, 
mläjt  bie  ©rfol^runa  giebt,  gergliebert  unb  auf  bie  toefcntlid^en  Se= 
bingungen  gurüdtgefül^rt  »erben,  tt)orau8  pe  l^eröorgel^cn.  SSon  ben 
SEl^atfad^en  gu  ben  Urfadöen:  fo  lautet  bie  Seigre  unb  Segtoeifung 
SSaconS.  S)iefe  Slufgabe  unb  @r!larungsart  l^at  ^obbeS  auf  bie  Stl^ü, 
auf  ben  9flt(^t3guftanb  unb  ©taat  angetoenbet  unb  bie  C^rage  gefleQt: 
toie  folgt  auS  ber  l)]^^fifd^en  SWatur  bie  fittlid^e,  an^  bem  status 
naturalis  ber  status  civilis?  SBie  !ommen  bie  atomen  menfd^Iic&en 
3nbit)ibuen  ol^ne  aßen  Sufammenl^ang,  toie  fie  öon  3latur  pnb, 
gu  bem  3uftanbe  ber  ffiinl^cit  unb  Orbnung?  3n  feiner  S)arlegung 
ber  eml)irifd6cn  Sel^anblungSart  be3  Slaturrcd&tS  ^at  ^eget  ben  ^obbeS 
öor  Slugen  gel^abt,  ol^ne  i^n  gu  nennen. 

S)ie  eml)irifd&e  ßtl^i!  folgt  bem  S3eif^3iel  unb  SSorbilbe  ber  em= 
pirifd&en  ^JJI^^jtl,  bie  gur  (Srüfirung  ber  natttrlidfeen  SE^atfad&en  unb 
Drbnungen  einen  Suftanb  be§  €l^ao3,  aU  beS  t)oIIigen  ©egentl^eils 
aller  Drbnung,  unb  barin  ©toffe,  firöfte,  Vermögen  u.  f.  f.  t)orau§= 
fefeten,  toeld^c  gur  ©rlldrung  ber  9latuierfdf)einungen  fid&  fel^r  bequem 


^  Jööl.  oben  SBudJ  I.  (S,ap.  V.  ©.  45  u.  54.  Sap.  VI.  ©.  62.  Ärit. 
gournol.  SBb,  IL  ©.  2  u.  3  (1802-1803).  JlBerle.  I.  6.321-423.  (S)ie  em- 
t>xxi]^t  Seftanbtunglart  6.329-343,  bie  rcflectirte  6.343—371,  bie  abfolute 
6ittli4feit  6.  371-423.)    SBfll.  unten  6.  278  antnfg. 


272  ^egeld  ^uff&^e  im  frtttf(|en  Journal« 

brausen  taifen,  toeit  fic  au8  eben  biefen  Singen  flefci&öpft  ober  ah 
fira^irt  fmb. 

©ana  dl^nlidg  t)er]^ält  eS  ficg  mit  ben  ^^potbefen  beS  empirijd^en 
9laturred6t8.  95orau8flefe|t  toitb  ein  5IÄenfd6end6ao8,  ber  fogenannte 
Slaturaujianb  ober  ber  SDlenfd&  im  SRQturjuftunbe,  ber  nadte  SRatur- 
menfdö,  ein  ^robuct  ber  9l6ftraction  t>s>n  allem,  toaS  ©eftttung  unb 
SBitbung  qu8  bem  5ölenfd5en  gemad&t  l^aben.  3n  biefem  Jlaturauilanbc 
l^errfd^t  ber  flrieg  aller  gegen  alle  unb  mit  il&m  eine  5üÜe  t)on  UeBeln, 
toeld^e  ber  JRed&tSjuftanb  tilgen  fott  unb  barum  notl^toenbigertoeife  ein» 
tritt,  fei  e«,  bafe  e8  ber  ©ettfierl^attungStrieb  ifl,  toeldfeer  bie  Sinjelnen 
jtoingt,  ben  gefäl^rlidöen  3ufianb  ju  öerlaffen,  ober  ber  ©efeHigIeitS= 
trieb,  toeld&er  fte  nötl^igt,  fid&  gu  cinanber  gu  gefetten,  ober  bafe  bem 
Ariege  baburd^  ein  (Snbe  gemalt  toirb,  bag  bie  Sinen,  meldte  bie 
SWäd&tigeren  finb,  bie  3lnberen,  ober  bafe  ®iner,  toeld^er  ber  SDtac^tigfte 
ifl,  Sitte  untertoirft  unb  auf  biefen  3uftanb  ber  Untertoorfenl^eit  unb 
Unter jod^ung  bie  attm&c^tige  ©taatSgemalt,  baS  SJtaieftätgred^t  ber 
^enf^aft  als  baS  irbifc^e  äbbilb  ber  ©ottl)eit  grünbet.^  M  fel^tt 
nun  bei  jener  ©(Reibung  bem  6m<)iri8mu8  furS  ßrfte  überl^aupt  atteS 
Äriterium  barüber,  too  bie  ©renje  gteifd^en  bem  3uffittigen  unb  9lotl&» 
loenbigen  gel^e,  loaS  alfo  im  S^^aoS  beS  9laturgu{tanbe3  ober  in  ber 
Slbftraction  beS  2Ken}d6en  bleiben  unb  toaS  toeggelajfen  toerben  muffe. 
S)ie  leitenbe  SBepimmung  lann  l^ierin  nid^t«  anbereS  fein,  als  ba§  fo 
oiel  barin  fei,  aU  man  für  bie  S)arfiettung  beffen,  toag  in  ber  SBirllid^^ 
leit  gefunbcn  toirb,  brandet:  baS  rid&tenbe  ^ßrincip  für  j[ene8  9l^)riorif(6c 
ifi  baS  2lpoiieriorifd6c."*  3)a  ber  Statur juftanb  ober  baS  menfd6lid&e 
Sl^aoS  t)5ttig  ftaatSloS  fein  fott,  fo  mu§  gefli{fcntlid&  atte3  t)on  i^m 
abgefonbert  toerben,  toaS  gum  ©taate  gel&ört,  ober  toic  §egel  fid6  au8- 
brüdEt,  inbem  er  feine  Sorte  toieber  einmal  lateinifd^  confiruirt,  „toaS 
in  SBegiel&ung  auf  ben  ©taat  gu  fein  erfannt  toirb". ^ 

2.  a)ie  prafltfdSen  3toecle. 

3n  ber  em^)irifd6en  SSe^anblungSart  beS  5laturred&tS  ejiftiren  bie 
5ParticulargtoedEe  unb  Sfifl^lid&Ieitcn,  toie  Re  baS  3ufammenlebett  mit 
itd6  bringt,  gur  SBegrünbung  ber  SftedötStjerl^ältniffe,  fotool&l  ber  priöaten 
ate  ber  öffcntlid^cn.    @o  toirb  g.  33.  ba8  ei^ered^t  burd^  ben  StoedC 


1  gefiel«  SDÖetle.  I.   6,  333-338,    -   «  Cbenbof.  6.  335.   -   »  ebenbof. 
e.  334. 


^ie  tDinenfd^aftÜilen  9cliQnbIun(iSQTtcn  btS  S^atuTTe^td.  273 

ber  Ainberetieugung  ober  ber  ©fltergetneinfdgoft  u.  f.  f.,  bas  Strafred^t 
burd^  ben  S^oed  ber  93e{ferung  bed  SSetfired^erS  ober  ber  Sfbfcdredfung 
onberer  Dom  SSeibred^ett  ober  ben  ))f^d^oIo8if(i6en  3tt)Qttg  unb  bie  noil^= 
menbig  au8}ufül^renbe  Slnbrol^ung  ber  Strafe  u.  f.  f.  begranbet.  ^ 

3.  ^ie  untl^eotetif^e  $rQsU  unb  bie  unpraftifd^e  Sl^eone. 

UebrtgenS  ffll^rt  ber  emptrifd^e  @tQnb))unIt  tro$  aDen  feinen 
tl^eoretifdgen  äßdngetn  bie  großen  ä^ortl^eite  ber  €rfa Irrung  mit  fid^, 
meldte  mitten  im  Sufammenl^ang  ber  S)inge  fte^t,  in  ber  lebenbigen 
ätnfdgauung  beS  ©ongen  lebt,  burd§  bie  praftifd^e  Sted^tSaudfibung  bie 
SWftngel  ber  Sl^eoric  erfennt  unb  aufbedft,  »eSl^olb  biefe  @mpirie  il^re 
3nconfequen2en  ben  unproftifdgen  SEI^eorien  ber  ^l^ilofopl^en  unb 
SRetQpl^^filer  mit  Siedet  oorjie^t.  2)iefen  ä^orjug  ber  proltifdgen  SRed^tS» 
auSttbung  ^ai  ^egel  fel^r  nadgbrfldlid^  unb  umftAnblid^  ]^ert)orge]^oben, 
bo  nad§  feiner  eigenen  $lnfdgauung  bie  lebenbige  Sted^tSerfal^rung  einen 
mefentlid^en  SSeftonbtl^eil  be^ientgen  SuftonbeS  auSmad^t,  meldten  er 
felbfl  a(S  bie  abfolute  @ittltd()leit  bejeidgnet.'  @r  fagt  QuSbrfldf(id^ : 
»3n  biefer  ßraft  ber  ^nfdgauung  unb  ®egentt)Qrt  liegt  bie  Araft  ber 
@ittlid^leit  überl^aupt  unb  natilrlid^  audg  ber  @ittlid^leit  im  ä9efonbern'\^ 

IL  S)ic  reflectirte  Sel^anblungäart. 
1.  2)te  groge  6eite  ber  Ianitf4-fi4tef4en  9^iIofo))^ie. 

SBenn  §egel  auf  bie  unpraftifd^en  Sl^eorien  ber  SRetapl^^fifer 
unb  5p]^ilofop]^en  l^intoieS,  fo  l^atte  er  gugleic^  als  baS  SBeifpiel  ber 
reflectirten  SSel^anblungSart  beß  9laturred6t3  bie  fantifd6=jtd&tefd&en 
ßcl^ren  bid6t  oor  Slugen,  insbefonbere  bie  fantifc^e  SKoral  unb  bie 
fid^tefdöe  ?PoIttif:  er  öerurtl^eilt  ÄantS  Seigre  öom  ©ittengefe§  unb 
gid&tcS  ßc^re  t)om  ©pl^orat  afe  2;i&eoricn,  toeld&c  nid&t  unpraftifd^er 
unb  g»e(f»ibriger  fein  fönnen,  als  fic  finb.  (gß  ift  jum  britten  male, 
ba§  mir  in  ben  Anfängen  feiner  fcöriftfteQerifc^en  Caufbal^n  §egel  im 
fritifd^en  Äampfe  gegen  Äant  unb  gfid^te  begriffen  feigen,  unb  gmar 
mit  gunel^menber  ©d&ftrfe  ber  9legation:  in  ber  ©d^rift  über  bie 
.S)ifferena  beS  fid^tefc^en  unb  fd&eüingfd&en  ©^fiemS",  in  ber  9lb^anb= 


1  ftcgel«  Söerfe.  I.  6.  329—333.  —  «  „*Dtc  (gnH)irie  gic^t  —  Dor/    SOßenn 
toir  »iffen  tooHen,  toa8  fie  toem  öoraic^t,  fo  muffen  toir  elf  3«iJ^«  Icfen,  um 
bon  bem  „ste^t'  su  bem  „1)07"  au  gelangen  (8.  841).   (itn  fti(t{)if4eS  ip^änomen 
mcTfmütbiger,  aber  nid^t  I5blid^er  tCttl  —  >  ^egels  SQS^eile.  I.   @.  357. 
Sfifdiet,  9efd&.  b.  Wlof.  Vin.  91.  «.  18 


274  ^egeU  tCuffft^e  im  Irttif^en  ^outnol. 

tung  Aber  ,,®lQubcn  unb  SBiffcn"  unb  ic^t  in  bcm  5luffa§c  ^Ucber 
bie  tt)t{fenfd^aftltci^en  93e]^anblung8arten  beS  Slaturrec^tS''/ 

(S9  ift  }un&(^{l  bie  Sntgegenfe^ung  ber  SSernunft  gegen  bie  ^t- 
fal^rung,  eS  ift  bie  9lpriorttät  ber  ))rQltif(i6en  SSernunfterfenntnig,  tQeld^e 
bie  @tQnb))unIte  jener  Betben  ^l^ilofopl^en  d^arafterifirt;  unb  batin, 
ha^  ber  ^Pflid&tBeariff  eine«  ift  mit  bem  Sßefen  be8  benlenben  unb 
tooDenben  @uBiectö,  Befielet  „bie  groge  @eite  ber  lantifdgen  unb  ftd^tefd^en 
?ß^iIofol)]^ie".  SJon  biefer  ©eite  Bctrad&tet,  jcigt  biefe  ?P^iIofol)]^ie  i^re 
UeBereinpimmung  mit  ber  SbentitötSlel^re:  Bcibe  Bejal^en  bie  Sbentität 
ber  SSernunft'  unb  ber  @ittengefe^e,  bie  3bentii&t  ber  @uBiedi))it&t 
unb  ber  ftttlid&en  DBicctiDitöt,  aBer  nid^t  eBenfo  toirb  Don  Beiben  bie 
3bentitftt  ber  ©uBjectiöitöt  unb  ber  natflrlid6en  ober  finnlid^^n 
£)Biectit)ttftt  Bejal^t;  Dielme^r  l^errfdgt  in  ber  lantifd^sfid^tefd^en  ^ffilt^ 
fop^ie  ber  Dolle  ©egenfa^  gtt)if(igen  bem  SBefen  beS  Sled^tS  unb  ber 
^flid^t  auf  ber  einen  @eite  unb  bem  Sßefen  ber  Dielen,  eingelnen,  finn- 
Itd^en  @uB)ecte  auf  ber  onberen,  gioifd^en  ber  ä^ernunft  unb  ber  @inn- 
lid^feit,  bie  fid^  gu  einanber  Derl^alten,  wit  bie  reine  ßinl^eit  }ur  SBiel» 
l^eit.  „S)er  em))irifd^e  unb  ))0))uläre  %n^hxud,  looburd^  biefe  SSorfteKung, 
toel^e  bie  ftttUd^e  9tatur  Blog  Don  ber  @eite  il^rer  relatiten  Sbentit&t 
auffaßt,  ftdg  fo  fe^r  em))fo]^(en  l^at,  ift,  bog  ba^  9teeIIe  unter  bem 
mamen  Don  ©innli^feit,  Steigungen,  unterem  93egel^rungSDermögen  u.  f.  f. 
(3)loment  ber  SSiell^eit  beS  SSer^ftltniüefi)  mit  ber  SSernunft  (Slloment 
ber  reinen  (gin^eit  beS  äJerl^dltniffeö)  nid^t  flBcreinftimme  (aWomcnt 
ber  ßntgegenfe^ung  ber  Stnl^eit  unb  SSiell^ett);  unb  bag  bie  SSernunft 
bartn  Beftel^e,  ouS  eigener  aBfoIuter  @eIBftt^&tigIeit  unb  Autonomie 
ju  mollen  unb  jene  @innltd^!eit  etnjufd^rdn!en  unb  gu  Bel^errfdgen 
(SWoment  ber  SBepimmt^eit  biefeS  SBcrl^ftltniffeS,  bofe  in  il^r  bie  (gin* 
l^eit  ober  bie  9{egQtion  ber  ä^iel^eit  baiS  Srße  ifl).''* 

2.  2)ie  Unflttli4!ett  ber  lantif^en  Sittenlehre. 

^a^  Artterium  bed  ©ittengefe^es  Beftel^t  nad^  Aant  niddt  im 
3n]&alt,  fonbern  in  ber  gorm  beS  SBittenfi,  nid&t  in  bem  toaö,  fonbem 
mie  geiDont  loirb,  in  ber  gemoQten  ^lUgemeingflltigfett  ber  9]|a£ime, 
b.  1^.  in  ber  9Bfidgt  ober  in  ber  ©efinnung,  tt)eld^e  mit  bem  ®efe^ 
fiBereinftimmt.  €in  foIdgeS  €iitengefe^  ift  leer,  eS  fagt  nid^t,  maS 
unter  aDen  Umft&nben  gu  moDen  unb  gu  tl^un  ift,  fonbern  roa»  nid^t; 


^«gel«  aOÖerle.  I.  6.  860.  -  «  Cbenbaf.  6.  348. 


Sie  noinenf^aftliilen  Se^anblundiaTten  bei  9laturre(|ti.  275 

eS  iji  nidöt  pofitiD  abfoliit,  fonbern  „ticgaüD  übfolut",  gatig  unbefttmmt 
ober  „unenblid^",  bo8  Sittetigefe^  inug  feinem  SBefett  nad^  abfolut 
unb  ))ofittD  fein:  borunt  ifl  boS  fontifd^e  ©ittengefe^  nid^t  ftttlid^. 
S)er  SSerfud^,  in  bem  negottt)  Slbfoluten  ein  lool^rJ^aft  SlbfoIuieS  Quf- 
augeiflen,  iji  falfd&.* 

2)a8  unbeftimmte  ober  unenblidge  Urt^eil  (A  ifl  lein  Non-A)  x% 
))ofttir)  QU^gebradCt,  ber  @q$  be8  SBiberfpruddS  *  ober  ber  ^bentiiftt 
A  =  A,  b.  u  eine  S^outotogie;  ba6  lontifdge  @tttengefe$,  meld^eS  Btog 
in  ber  ©efe^ntdgigleit  ber  a)lQ{ime  befleißt,  «,in  ber  Oform  ber2:QUg= 
lidgteit  ber  3Jlai\me  ber  SilHflr  gum  oberfien  ©efe^e",  ifl  ol^ne  aUt 
93eßtmntt]^eit,  unüerntogenb,  aud^  nur  eine  SRel^rlgeit  t)on  ®efe^en  qu8 
ftd6  ]^ert)orfle^en  gu  loffen,  e8  ifl  unb  bleibt  nur  fidö  felbfi  gleidö,  »ie 
ber  @a^  A  =  A.  „Unb  in  ber  ^robuction  t)on  ^Tautologien  befielet 
nad^  ber  äBalirl^eit  ba6  erl^abene  SSermögen  ber  Slutonomie  ber  ®efe^= 
gebung  ber  reinen  ^raltifd^en  SBemunft.  Sie  reine  2tbentit&t  beS 
aSerftonbed,  im  Xlgeoretifd^en  aU  ber  @q$  beS  9Biberf))rud6d  au6- 
gebrfldt,  bleibt,  auf  bie  ))rQfttfd&e  t^orm  gelehrt,  ebenbaffelbe.  SBenn 
bie  Ortage:  tt)Q8  ifi  äBa^rl^eit?  an  bie  Sogi!  gemad^t  unb  Don  il^r  be» 
Qutmortet,  Aanten  ,,ben  beladgenSioertl^en  SlnblidE  giebt,  bag  einer  ben 
SBodE  melft,  ber  anbere  ein  Sieb  unterl^ält",  fo  ifi  bie  {Jrage:  tooS  ifl 
9led§t  unb  ^flidgt,  an  jene  reine  ))rQ!tifd6e  Semunft  gemod^t  unb  üon 
il^r  beanttoortet,  in  bcmfclben  gotte".* 

SSoQte  man  3.  S.  ein  2)e))ofiium,  beffen  9lieberlegung  unbetoeid- 
bar  ift,  ableugnen,  um  fein  SSermogen  auf  ftd^ere  %ct  gu  )}ergrögern, 
fo  tt)ürbe  ein  foId^eS  3)lottt)  nad^  fantifdger  SDloral  niemote  gur  äRa^tme 
loerben  tonnen,  tt)eil  beren  ^(Igemeingflltigteit  aDe  2)e))ofttQ  unm5glid^ 
madgen  mflrbe.  S)agegen  ober  lägt  fi(^  ber  (Sinmurf  rid^ten:  ,,9BaS 
tl^ut  e6,  menn  ed  leine  SDepoftta  giebt?''  Unb  moDte  man  gur  meiteren 
Segrünbung  jener  5IÄoraI  fortfahren  unb  fagen,  bafe  ol^ne  bie  9W5g- 
lid^feit  ber  2)e))ofita  bie  Slufbemal^rung  beS  ßigent^umd  fel^r  erfd^tt)ert 
unb  am  @nbe  baS  @igent^um  felbfi  unmöglid^  gemacht  loerbe,  fo  liege 
ftd§  audg  jener  Sinmurf  tttonitxn,  auf  ba^  Sigentl^um  felbfi  antt)enben 
unb  ber  grunbfä^lid^en  93e]a]^ung  beffelben  bie  grunb)ö^lidge  SSerneinung 
entgegenfleHen.  63  giebt  nad6  fantifd^er  ?lrt  !ein  ©ittengefe§,  beffen  a9e= 
flimmtl^eit  unmittelbar  burd^  fid&  felbft  einleud&tet,  unDermifd&t  mit  anber« 
n^eitigen  93eflimmungen,  ol^ne  loeitere^  unb  ol^ne  SBiberf))rud^.    3ebeS 


1  ebenbaf.  I.   6.  349,  -  «  «benbof,  6,  350  u.  351, 

18* 


276  ^egeU  StuffA^e  im  tritifd^en  dournal. 

beftimtnte  @ittengefe^  tfl  eine  leere  93e]^au^tung,  eine  md^tsfagenbe 
Sautologie  nad6  ber  gformel  A  =  A  (ba8  a)et)ofitum  ifl  bo»  ^tpo» 
fttum,  baS  @tgent^um  ift  bod  (Sigentl^um  n.  f.  f.)«  (S8  giebt  aud^ 
!etne  93eflimmt]^eit,  bie  fid&  nid^t  jur  äRosime  ber  Sßtlltür  modgen 
unb  }ur  Oform  ber  Slllgemeinl^eit  erl^eben  liege,  loetdde  Aunfi  bie  @Ifli!- 
feligfeitSmoral  unb  bie  il^r  gleid^wertl^ige  ^roBQbilitfttdmoroI  ber 
^efuiten  belonntlidg  fel^r  gefd^idt  auSjuflben  Derfionben  ^at  unb  t)erfte]^t.  ^ 

Slber  bie  fantifd^en  @ittengefe$e  in  il^rer  jur  unbebtngten  ®eltung 
gefteigerten  Sefiimnttl^eit  finb  ni^t  Mog  bem  äBiberfprud^  anberer 
ausgefegt,  fonbem  fie  miberfpredgen  ftdg  felbft,  fie  toerben  baburd^  in 
il^r  ©egentl^etl  Derle^rt  unb  ^eben  ftdg  auf.  2)q8  @ittengefe^  gebietet: 
„^i(f  ben  Slrmen!"  S(ber  bie  mirHidge  ^ilfe  befleißt  barin,  bog  fie 
Don  ber  9[rmut^  erl&fl  toerben;  ober  mit  ber  Slrmutl^  l^ören  audg  bie 
Slrmen  ouf,  olfo  oud^  bie  ipflidgt,  il^nen  gu  l^elfen.  Sftgt  man  aber 
um  ber  ^llmofen  miDen  qu$  bie  9rmen  fortbefiel^en,  fo  loirb  burd^ 
baS  93efte]^en{Qffen  ber  ^Irmutl^  unmittelbar  bie  S^ftid^t  nidgt  erffidi 
„Bo  bie  9Dla{ime,  fein  IBaterlanb  gegen  bie  S^tnbe  mit  (El^re  ju  Der- 
tl^eibigen  unb  unenblid^e  mel^r  lieben  ftd^  als  $rinci))  einer  allgemeinen 
©efe^gebung  gebadet  auf;  benn  jene  3.  99.  fo  ern)eitert,  l^ebt  fotool^t 
bie  ^eftimmt^eit  eines  9)ater(anbe8,  ate  ber  O^inbe  unb  ber  Ser« 
tl^eibigung  auf".*  (SDiefeS  l^egelfd^e  jparabojon  ift  mol^l  fo  ju  Der= 
ftel^en,  ba^  bie  $flid^t  bie  Sluf Opferung  für  baö  ä^aterlanb  bis  gur 
Eingebung  beS  eigenen  2)afein6  gebietet;  nadd  bem  Xobe  aber  giebt 
e6  fein  SSaterlanb  mel^r,  aud^  {eine  gf  inbe,  aud^  feine  SSertl^eibigung.) 

2Ba6  ^eget  ber  lantifd^en  ©ittenlel^re  gum  fiugerften  SDorlourfe 
utac^t,  liegt  barin,  bag  burc^  biefelbe  ein  beftimmter,  barum  bebingter 
Snl^alt  eine  abfolute  ©eltung  gewinnt.  „fBo  aber  eine  SBeftimmtl^eit 
unb  Singelnl^eit  gu  einem  Slnfid^  erl^oben  toirb,  ba  ift  93ernunfttt)tbrig» 
feit  unb  in  93egiel^ung  aufs  @tttlid6e  UnfittUd^feit  gefegt."  6ine  foldde 
93eftimmt]^eit  fdgliegt  audg  bie  aRöglid^feit  einer  anberen  in  ftd&,  ,,in 
toeldfeem  möglid&en  SlnberSfein  bie  Unftttitd&feit  liegt".* 

3.  2)er  ft(|tef4e  Stcd^td^toang.    Strafe  unb  Spl^orat.« 
3n  3lnfe^ung  ber  ©ittenlel^re  trifft  §egete  Äritif  unb  ber  SJor^ 
n)urf,  bag  fte  eine  unpraftifdde  S^eorie  fei,  l^auptfädglid^  bie  fantifd^e 

'  @benbaf.  6.  350-355.  -  «  «benbof.  6.  356.  -  «  «bcnbof.  6.  354. 
6.  859,  -  *  Uebet  gfi^te«  9le4t«Iebte  toßl.  biefe«  SOßerf  (frühere  «uÄfiabe).  »b.  V. 
»u4  III.  60p.  VIII.  ©.  512-516.  ©ap.  IX.  6.  516-526.  ftegeU  SBerfe. 
fBb.L   6.362. 


S)ie  toiffenfd^aftU^en  SBcl^anblutialKatten  bed  iRaturred^td.  277 

?P^iIofot)]^ie,  in  Slnfel&ung  ber  Sled^tSlel^rc  feiert  fid&  betfelbe  SBortourf 
gegen  bte  ftd^tefdde,  meldte  naS)  Tegels  ^(nftd^t  bte  9le(l^t8))rinci))ien 
auf  bem  @tQnb))unfte  btefer  nod&  im  S)uQli8mud  befangenen  Sleflesiond- 
)>]^Uofo))l§ie  am  confequentefien  bargeftellt  Igabe.  2)a9  Problem  beS 
9te(i^t§guftanbe8  grflnbet  fid^  auf  bie  Sntgegenfe^ung  ber  allgemeinen 
unb  ber  inbiDibueDen  ober  einzelnen  O^reil^eit  unb  befielet  barin,  bie- 
jenigen  SBeronPaltungen  ju  treffen,  burdft  »eld^e  bie  Uebereinpimmung 
beiber  bett)ir!t  unb  im  92ot]^faIIe  erjtDungen  totrb.  S)tefer  97oi]^faII  ift 
bie  geiDoDte  Ungered^ttg!eit  ober  baS  9Ser6red^en,  t)on  feiten  ber  einjelnen 
5Perfonen  bie  gefefeioibrige  §anblung,  Don  feiten  ber  SRegierungSgetoalt 
bie  SSerle^ung  ber  StaatSgrunbgefe^e. 

S)te  ganje  Seigre  Dom  Sled^tdgioange  berul^t  auf  ber  falfd^en  33orauS= 
fe^ung  Dom  2)UQlidmu8  jmifd^en  ber  aDgemetnen  unb  inbiDibueUen 
Sfrei^ett,  bie  in  bem  tt)Q]^r]^aft  fittlid^en  Sled^tSguflanbe  bergeftatt  Der» 
einigt  finb,  bafe  fie  gar  nid^t  getrennt  toerben  fönnen.  SJie  Sfrei^eit 
ift  nid&t  ju  Dernid^ten;  fie  toirb  aud6  im  SJerbred&en  burd&  bie  ©träfe 
leinedD^egd  Dernid^tet,  fonbern  toieberl^ergefteDt.  „^it  Strafe  lommt 
aus  ber  S^reil^eit  unb  bleibt  felBft  als  bein)ingenb  in  ber  t^reil^eit. 
SBenn  l^ingegen  bie  ©träfe  al8  3toang  DorgefteÖt  toirb,  fo  ift  fie  blofe 
als  eine  S3eftimmt^eit  unb  aU  ettt)aS  fd^Ied^tl^in  (Snblid^eS,  leine  S3er= 
nänftigfeit  in  ftd&  fttl^renbe«  gefegt  unb  fdöt  gonj  unter  ben  gemeinen 
JBegriff  eine«  befiimmten  SDingeS  gegen  ein  anbercS  ober  einer  SBaare, 
für  bie  etioas  anbered,  n&mlid^  ba§  S3erbred^en,  gu  erlaufen  ifl.  S)er 
©taat  l^ölt  als  ridöterlid&e  ©eioatt  einen  SKorlt  mit  SBepimmtl^eiten, 
bie  aSerbredöen  l^ei^en,  unb  bie  il^m  gegen  anbere  Sepimmt^eiten  feil 
pnb,  unb  baä  ©efe$bud&  ip  ber  5Prei8courant."^ 

S)ie  SSeranpoItung  aber,  meldte  gegen  bie  SlegierungSgetoalt,  tt)enn 
pe  bem  ©taatSgrunbgefe^  a^^ii^^^^^ni^clt'  i>^n  Sioang  angutoenben 
bered&tigt,  ip  bie  ©inrid&tung  einer  gtoeiten  beaufpdötigenben  ©taat8= 
bel^orbe,  ber  6l)]^oren,  benen  bas  8ledf)t  unb  bie  Sefugnife  gupe^en  fott, 
im  Dermeintlid&en  Slotl&faö  baS  ©taatsinterbict  ouSgufpred^en,  bie  5Rc= 
gierungSgemoIt  gu  fu8})enbiren,  bie  ©secutoren  gur  SSeranttoortung  gu 
gießen  unb  Dor  ber  Dcrfommelten  S3oI!ögemeinbe  gerid&tlid&  gu  Derfolgen. 
9lid^t8  fann  un))raltifd^er  fein,  aU  eine  foldge  Sinridgtung,  als  eine 
fold&e  möglid^e  ©etoalt  neben  ber  loirllid&en,  als  eine  fold^e  ,,gtt)eite 
getoaltlofe  ©jipeng  beS  gemeinfamen  SBittenS".    ?llS  ob  bie  wirflid&e 


&>tnhal  6.367—371. 


278  f^t^tU  9[uffa|e  im  Iritif^cn  3outna(. 

®emalt  nttt  bet  SD^oii&t,  bie  fte  beft^t,  bte  tnöglid^e  ©emalt  ol^ne  3ilaä^t, 
tote  btefelbe  tft,  beilegen  lajfen,  unb  ein  ©taatsfiretd^,  bet  bie  tjorl^onbene 
9)erfQ{funs  aufi^ebt,  nic^t  gugleid^  i^re  madgilofen  SB&d^tet  mittDegfegen 
»flrbe!  Offenbar  l&atte  ^egel  bei  bem  @taQt«jireid&,  auf  toeld^en  er 
Qnf))ielt  unb  l^tnmeiP,  ben  18.  Srumairc  1799  öor  Singen.^ 

ni.  SDic  abfülute  ©ittn^teit.« 
1.  S)aS  aSoK  unb  bie  SS&Itct.    2)et  pttU^e  OtganiSmui. 

Sin  äBort  in  ber  aRitte  biefer  Slb^anblung,  meldte  ^egel  felbft 
„bie  5p]öiIofo|)]&ie  ber  ©ittUd6feit"  genannt  l^at,  bicnt  jur  ßrleud^s 
tung  unb  S^araltertfti!  beS  ©anjen;  eS  giebt  ju  biefem  3tt)e(!e  !eined, 
baS  einfad^er  unb  DerfidnbU(!6er  märe,  „fl&ix  bemerlen  l^ier  au4 
eine  3lnbeutung  in  ber  ©pradfte,  bafe  eS  nftmlicft  in  ber  Jlatur  ber  ab« 
foluten  @ittli(!61eit  ifl,  ein  Sllgemeined  ober  Sitten  3U  fein,  bag  alfo 
ba8  gried^ifd^e  äBort,  mlä^a  @ittlid&!ett  bebeutet,  unb  baS  beutfdde 
biefe  i^re  Statur  Dortrefflid^  auSbrfiden;  bag  aber  bie  neuern  C^fleme 
ber  @ittlid^leit,  ba  fie  ein  gffirftd^fein  unb  bie  Sinjelnl^eit  jum  $rincip 
mad^en,  nidgt  ermangeln  lönnen,  an  biefen  äBorten  il^re  SSejie^ung  auS- 
aufteilen,  unb  biefe  innere  ^nbeutung  ftd^  fo  mäd^tig  ermeift,  bag  jene 
@^fteme,  um  il^re  @ad&e  gu  begeidgnen,  jene  äBorte  nidgt  baju  mig« 
braud^en  fonnten,  fonbern  bad  SBort  a)lora{itftt  annal^men,  maS  gmar 
au(!6  feinem  Urfprunge  nadg  gtetdgfaSd  ba^in  beutet,  aber  meil  eis  mel^r 
ein  erjl  gemad^teS  äBort  iß,  nid^t  fo  unmittelbar  feiner  fd^Ied^teren 
Sebeutung  miberftrftubt.    S)ie  abfolute  ©itttid^feit  aber  ift  nadd  bem 


1  «benbttf.  6. 361-867.  (365.  366.)  -  «  IRa*  Slofenfrani  ael^ört  »ba« 
6^{)em  ber  eittli^teit"  in  ben  britten  S^eil  bei  ]^egelf(!gcn  €^ficini  in  ben 
frontfuttet  SCufaeid^nungcn  üom  ^erbfi  1799;  tia4  ^a^m  bagegen  fott  bai  S^ßem 
bet  6itÜi4!eit  brci  ^a^re  f^ftter  im  ^etbfl  1802  in  3ena  t>erfa6t  fein  unb  )tDar 
in  birectet  SSeaie^ung  unb  aSorbeteitund  )u  ber  Sotlefung  über  bai  9laturTe((t, 
bie  für  ben  äBinter  1802/1803  angelfinbigt  loar*  3n  ber  elften  ftnmerlung  ju 
feiner  a^ten  SSotlefung  bemerlt  ^^m  turstDeg:  «S)a4in  ift  bie  Kngabe  ))on 
9lofen!tQna  6. 103  gu  berid^ttgen'  (6.  496).  ^a  i^  au4  im  Ztii  bie  gureid^enbe 
SBegrünbung  üermiffe  unb  t4  mir  nid^t  üorffeHen  tann,  bog  ^cgel  fo  gut  loie 
gleid^geitig  ,,bai  Brifttm  bet  Sittli^Teit'  gefd^tieben  unb  ben  Huffotf  übet  «bie 
unffenfd^aftUdften  SSe^anblungiatten  bei  iRatutte^ti'  l^abe  btuden  laffen,  fo  bin 
i4  bet  tofenftanaifd^en  2)atftenung  gefolgt  (f.  oben  IBud^  I.  <Sap.  V.  unb  9ud6  II. 
(&ap,  IV.  @.  271)  unb  gebe  ben  ®ang  bei  S^ftemi,  loie  ^t%tl  benfclben  öffentlid^ 
beutlunbet  f^i,  toobet,  mai  bie  Gintid^t  in  bie  (Sntftel^ung  bet  Seilte  bettifft, 
nid^ti  SBefentlid^ei  üerloten  ge^t. 


2)ic  tDtffenfd^aftU^en  »cl^anblungdatten  beS  9laium4».  279 

SätiSl^erigen  fo  mefentlidg  bte  @ittUd&!eit  oller,  bag  man  tion  il^r  nt(^t 
fügen  lann,  fie  f))ieale  fid^  ate  fold^e  am  ßinjelnen  ob.  S)enn  fte  ifi 
fo  fel^r  fein  SBefen,  al8  ber  bic  Jlatur  bunftbringenbe  Stetiger  ba§ 
untrennbare  SBefen  ber  ®eflalten  ber  9latur  iß  unb  al8  bte  3bentitAt 
il^rer  erfdfteinenben  Qformen  berJftaum."  ^@ie  lonn  fi(i§  ni(^t  im  ßin- 
gelnen  auSbrüden,  loenn  fte  nid^t  feine  ©eete  ift,  unb  fte  ift  es  nur^ 
ittfofem  fie  ein  Slllflemeineö  unb  ber  reine  ©eifl  eines  SJolteä  ift.  'S)a9 
5ßofitiüe  ip  ber  Jlatur  nadfe  el^er  oU  ba«  DiegatiDe,  ober,  toie  9lriflo= 
tele«"  (flleid&  im  ?lnfanfle  feiner  5PoUtiI)  „e8  fagt:  «S)a8  Sol!  ift  el^er 
ber  9iatur  nadg  als  ber  Singelne;  benn  loenn  ber  Sinjelne  abgefonbert 
nid^ts  @elbft&nbigeS  ift,  fo  mu§  er  gleid^  aDen  Zueilen  in  einer  @in- 
l^eit  mit  bem  ®an}en  fein;  toer  aber  nid^t  gemeinfj^aftUd^  fein  iann,. 
ober  aus  ©elbftftnbigfeit  nid^ts  bebarf,  ift  {ein  Sl^eil  beS  SSolIeS,  unb 
barum  entioeber  Silier  ober  ®ott>/^  »3n  änfel^ung  ber  ©itttid&feit 
ift  bas  SBort  ber  n^eifeften  aßftnner  bes  Stltertl^umS  allein  baS  SBa^re: 
fittlid^  fei  ben  Sitten  feines  SanbeS  gemAg  ju  leben;  unb  in  3lnfel^ung 
ber  Srjie^ung  baS,  loeld^eS  ein  ^^tl^agoreer  einem  auf  bie  Of^cige, 
loeld&es  bie  bejte  ©rgiel^ung  für  feinen  ©o^n  loftre?  antioortete:  «SäJenn 
bu  il^n  juin  Bürger  eines  lool^letngeridgteten  SSolfeS  mad^ft»."' 

SBaS  im  Slaturjuftanbe  e^iflirt,  ift  ein  ^aufe  Don  Snbiotbuen, 
ein  SRenfd^end^aoS;  unb  loas  aus  bem  ^laturguftanbe  l^erDorgel^t,  ift 
eine  S^ereinigung  t)on  3nbit)ibuen,  eine  SKeng«,  ein  9)lenfd6enaggregat 
ober  g^oDectiDum,  loelt^eS  in  irgenb  einer  93etfaffungSform  bie  $err- 
f((aft  auSfibt.  2)a  giebt  eS  {ein  SoK;  baS  S3ol{  {ommt  nid^t  auS 
bem  S^aoS,  fonbern  auS  bem  $lut  itnb  ber  ^bflammung.  äBenn  eS 
fidd  um  ein  ©anjeS  unb  beffen  5£^eile  l^anbelt,  fo  {ommt  alles  barauf 
an,  U)aS  Don  beiben  frfll^er  ift:  bie  Sl^eile  ober  baS  ©anje?  SBenn 
bie  Sl^eile  frai^er  finb,  fo  ift  baS  ®an}e  ein  $lggregat,  ein  @ammel= 
mefen,  tt)ie  teuer  Staat,  ber  aus  bem  S^aoS  l^erDorgel^t«  Sßenn  aber 
baS  ®an}e  früher  ift  als  bie  S^l^eile  nad^  bem  @a^e  ber  ^(ten:  «t6 
8Xov  ÄpöTspov  töv  iJLepöv»,  fo  l^aben  toir  ein  ®anjeS,  loeld&eS  fid&  felbff 
t^eilt,  orbnet,  gliebert,  b.  1^.  nid^t  ein  Sfggregat,  fonbern  einen  Dx- 
ganismus  bilbet.  @in  fold^eS  ®angeS  ift  eine  i^SotalitAt".  Unb  toenn 
baS®an}e  ein  93ol{  ift,  f o  ift  fein  @taat  ein  fittlid^er  Organismus. 
Um  bie  $^ilofo})]^ie  ber  @ittlid6{eit  gu  begränben,  „fe^en  mir",  fagt 
^egel,  ,,bas  ^ofitioe  DorauS,  bog  bie  abfolute  fittlidge  Slotalit&t  nid^ts 


>  aöerte.  I.  6.  396  u.  397.  —  »  ßbenbof.  @.  400. 


280  ^cgeto  9(uff&|e  im  hitif^en  Sournal. 

anbcrcö,   als  cm  SBoK  ift",  unb  boS  abfolut  @ittlid6e  nid&tö  anbete» 
3U  feiner  Sebingung  unb  SKateric  l^at,  als  „einem  JBolfe  angel^ören". 

2.  ^ie  ftttlt^e  Qefunbl^eit  unb  bet  Krieg. 

®ie  SöHer  fmb  Snbiöibuotitäten  unb  öerl^alten  fid6  tt)ie  bicfe;  fie 
fiel^en  ju  einanber  foiDo^I  in  pofitiDer  als  in  negativer  SSejiel^ung:  bie 
})ofitiöc  ift  ber  griebcn,  bie  negative  ber  Ärieg.  Unb  ba  im  Suflanbe 
langen  O^riebend  ber  fittlidge  Organismus  in  bie  (Sefal^r  gerätl^  ju 
iiagniren,  ju  Derfnöiftern,  fefijutoerben  unb  in  fortbauernber  fouler 
tRul^e  felbft  in  faulen,  fo  giebt  eS  jur  ©enefung  unb  Sßieberl^erflellung 
ber  fittlid^en  ©efunbl^eit  !etn  !rftftigereS  Heilmittel  als  ben  Arieg, 
ber  ben  äSeftanb  ber  5Dinge  Bis  auf  baS  Seben  felbfl  t)on  ®runb  aus 
erfd^üttert  unb  bie  Slid^tigleiten  ber  Söelt  als  baS  erfd^einen  l&gt,  tt)aS 
fie  finb.  3loSi  beüor  @d^iller  burd^  ben  @^or  in  ber  Sraut  Don 
SJleffina  eS  auSf))rad^,  ba^  ber  STlenfd^  im  t^rieben  Derlümmere,  unb 
baS  ßeben  nidgt  ber  ©fiter  l^DdgfteS  fei,  l^at  ^egel  im  dgarafterifiifd^en 
©egenfa^e  gu  Aant  unb  gu  beffen  3bee  beS  etoigen  O^riebenS,  als  beS 
^od^ften  fittlid^en  ®uteS,  ^ier  an  ber  Stelle,  tpo  mir  finb,  bie  fittlid^e 
C^eillraft  beS  AriegeS  gepriefen.  „@S  ifl  burd§  biefe  3tt)eite  Seite  ber 
»egiel&ung  für  ©efialt  unb  3nbit)ibualität  ber  fittlic^en  Sotalitftt  bie 
9}otI|tt)enbigfett  beS  AriegeS  gefegt;  ber  (tt)eil  in  il^m  bie  freie  9R5g« 
üijlttxt  ift,  bag  nid^t  nur  eingelne  ^eftimmtl^eiien,  fonbern  bie  @elbft= 
fldnbigleit  berfelben  als  Seben  t)ernidgtet  n)irb,  unb  gn)ar  für  baS  9lb= 
folute  felbft  ober  für  baS  SSolf)  ebenfo  bie  Rttlid^e  ©efunbl^eit  ber 
S55l!er  in  i^rer  Qnbiffereng  gegen  bie  Sefümmtl^eiten  unb  gegen  boS 
9ngem5l^nen  unb  Or^ftmerben  berfelben  erl^ftlt,  als  bie  93e)oegung  ber 
SBinbe  bie  Seen  t)or  ber  3fäulni§  betoal^rt,  in  toeld^c  fie  eine  bauernbe 
©titte,  tt)ie  bie  SJolfer  ein  bauernber  ober  gar  «ein  etoiger  Qfrtcben» 
öerfe^en  Mrbe."^ 

3.  ^te  Organifttung  ber  @tänbe  unb  SnbiDibuen. 

3n  bcm  Suftanbe  ber  ftitlid^en  ©efunbl^eit  ift  bie  @ittlid^Ieit  ab- 
folut,  tt)eil  t)oIl!ommen  lebenbig,  ba  iebeS  eingelne  ^nbimbuum  ein 
@lieb  beS  fittlid^en  ©efammtorganiSmuS  ifi  unb  ftdg  als  fold^eS  ffil^lt 
unb  betl^ätigt:  l^ier  n)irb  nid^t  erft  barüber  reflectirt  ober  nadggeba^i, 
tt)aS  gu  teoDen  unb  gu  t^un  fei,  unb  ob  bie  gemeinfamen,  in  täglidger 


(Ebenbaf.  @.  373. 


S)ic  lotfTcnfilQftli^cn  fBe^anblungSarien  beS  !naturte4tiB,  281 

Srfadung  Begriffenen  3n)e(ie  aud^  bte  guten  unb  ri(!^tigen  ftnb;  ed 
XDxxb  über  ben  gflufe  bc8  fittlidfeen  ßeben»  eben  fo  »entfl  reflcctixt  nnb 
aefitflbelt,  tt)ie  über  ben  be8  })]^5fifd&en  ßebenS:  ob  man  bie  ßuft  ein* 
unb  auSd^men  unb  ba8  S3lut  in  ben  ©efdgen  bejS  AörperlS  Ireifen 
loffen  foKe?  (Sine  $]^iIofo})]^ie,  loie  bie  lantifd^e  unb  Iritifd^e,  xo&xt 
für  ben  Suflanb  ber  abfoluten  ober  lebenbigen  @iitKd^Iett  glei^  ®tft, 
»es^alb  ja  ^egel  bie  tontifd^e  @ittenle]^re  oudg  unfittUd^  genannt  l^atte. 
^I8  @oIrate8,  mit  toetd^em  Aant  Derglit^en  3U  tt)erben  p^t^i,  über  bad 
@ute  unb  Sd^öne,  über  bie  menfd^Iid^en  Xugenben  unb  ßeben82tt)ede  ju 
xcflectircn  begonnen  unb  in  ©ef^röd^cn  bie  3ugenb  an  fold&e  Unter» 
fud^ungen  getoö^nt  l^atte,  fo  erfd&ien  biefe  neue  ?lrt  ber  {ReflejionÄ« 
unb  @ublectiDitfttd))]^iIofo))]^ie  aU  ein  Seid^en,  n)enn  nidgt  gar  aü  bie 
Urfad^e  be8  eingetretenen  ä^erfaQd  unb  SSerberben^.  Unb  bod^  n)ar 
6oIrat«8  Don  bem  ©eift  ber  abfoluten  unb  lebenbigen  Sittlid^Ieit  fetbft 
nod&  bergepalt  erfüöt,  bafe  er  ben  ©cfe^en  feineÄ  ffiaterlanbes  ge- 
6ord^en  unb  barum  lieber  flerben  aU  fliegen  moHte,  benn  er  l^abe 
fd^on  in  feinen  SItem  ))rae£i{tirt  als  ein  aSürger  Sltl^enS.  3lu8  biefem 
©efit^tdpunlt  l^at  $egel  bie  tragifd^e  @d&ulb  bed  €ofratefi  unb  bie 
SBebeutung  feiner  6pü(^e  in  ber  gried^ifd&en  5p]&iIofol)]öie  toie  in  ber 
®cfd6i(ftte  ber  5p]^itofol)]^ie  überhaupt  mit  einem  XiefblidE  erlannt  unb 
in  einer  SBeife  erleud^tet,  bie  einer  SntbedEung  gtetc^fam.  Slud^  l^ier, 
an  unferer  ©teile,  finbct  fid&  fc^on  eine  auf  biefen  6]^ara!ter  ber  foIra= 
tifdgen  @))od^e  l^inioeifenbe  Slnbeutung.  «Sine  $oItS»,  fagt  $Iato, 
«l^at  eine  jum  Setounbern  ftar!e  9latur.>  ,,€ine  fo(d6e  fittlid§e  Dr= 
ganifation  n)trb  fo  g.  93.  ol^ne  ©efal^r  unb  Stngft  ober  SReib  einzelne 
©lieber  ju  S^tremen  beS  Salentd  in  ieber  jtunft  unb  SBiffenfd^aft 
unb  ®ef^idflidg{eit  l^inauiStreiben  unb  fie  barin  ju  etioaS  93efonberem 
mad^en,  il^rer  felbfl  fid&er,  baft  foltfte  göttlid^e  SDtonftruojttdten  ber 
Sd^önl^eit  il^rer  ©eftalt  nid^t  fd^aben,  fonbern  lomifdge  3üge  finb,  bie 
einen  3)loment  il^rer  ©eftalt  erweitern.  S(IS  foI(^e  l^eitere  (Srl^öl^ungen 
einjelner  3üge  loerben  tt)ir,  um  ein  beftimmteS  ä^ol!  anaufül^ren,  ben 
#omer,  ^inbar,  9lefd§^Iu8,  ©opl^oHeS,  5ßIato,  Slrifioj)]^aneß  u.  f.  f. 
anfeilen  lönnen;  aber  au((  foiool^I  in  ber  ernftl^aften  9teaction 
gegen  bie  ernftl^after  n^erbenbe  93efonberung  bes  ©olrateS 
unb  üoDenbS  in  ber  Steue  barüber,  aU  in  ber  ))uQuIirenben  äJlenge 
unb  l^ol^en  Energie  ber  gugleid^  aufleimenben  SnbiDibualifirungen  nid^t 
Der{ennen:  bag  baS  bie  innere  Sebenbtgleit  bamit  in  i^re  S^treme 
l^erauSjutrelen ,  in   ber  Sfteife  biefer  ©aamenlörner  il^re  Äraft,   aber 


282  ^egeld  Huffä^e  im  tritif^en  ^outnal. 

Qud^  bie  3l&^t  beS  SobeS  biefeS  Rbipn^,  ber  fie  trug,  an» 
fflnbigte/^ 

S)cr  jtttltcHic  DrgantStnuS  ift  in  ©tänbc  unb  SnbiDibuen  flcglicbert, 
mli^t  ^egel  nad^  bem  93ot6t(be  ^atod  in  feinem  ,,  Staatsmann 
(icoXtttxöc)"  unb  feiner  ^©taatslel^re  («oXiteJa)"  barfteöt.  5piatü  gliebert 
ben  @taat  in  bie  brei  @tönbe  ber  äBiffenben,  loeldge  bie  ®efe^geber  unb 
älegierenben  finb,  ber  Arieger  unb  ber  Slrbeiter:  in  biefen  @tänben 
t)er!ör))ern  fid^  bie  2;ugenben  ber  SGBeiSl^eit,  %ap^txUxt  unb  äJl&gigteit, 
beren  ridgtiged  SSer^ältnig  bie  ©eredgtigfeit  im  ©rogen  ober  ben  Staat 
ausmacht,  ^eget  fagt  bie  Reiben  erften  @tanbe  in  einen  gufammen, 
toeld^cr  ber  erfte  ifi,  unb  nennt  i^n  ben  ©tanb  ber  ^freien;  er  unter* 
fdgeibet  ben  britten  @tanb  in  ^mi  @tdnbe:  bie  ®eU)erbetrei6enben  unb 
bie  SldFerbauer  ober  99auern,  meldte  Unteren  ton  ber  S^ugenb  ber 
3:a))ferfeit  unb  ber  93aterlanbdt)ert]6eibigung  nid§t  ausgefd^loffen  ftnb. 

5Die  @efe^e  foKen  gelten,  aber  nid^t  bie  tobten,  fonbern  bie 
lebenbigen,  })erfonlidäen,  tteld^e  in  ben  SOFlfinnern  ber  geborenen  unb 
entniidelten  anteiligen)  Detlör))ert  finb.  „@8  ifl  Kar",  fagt  ^ato  in 
feinem  @taatlSmann,  „bag  gu  ber  iSniglid^en  Aunft  bie  ©efe^gebungS- 
fünft  gel^ört.  S)a8  93efte  aber  ift,  nid^t  bag  bie  ®efe^e  gelten,  fonbern 
ber  äJlann,  ber  n^eife  unb  f5niglid^  ift."  ,,5DaS  ®efe^  feigen  U)ir 
gerabe  ouf  @in  unb  S)affelbe  fid^  l^inrid^ten,  mie  ein  eigenfinniger  unb 
rol^er  SRenfdg,  ber  niddts  gegen  feine  Slnorbnung  gef^e^en  nod^  aud^ 
oon  jemanb  fi(6  barfiber  fragen  (ögt,  mnn  einem  etttai^  Ruberes, 
93effered  üorfommt  gegen  baS  ä^erl^öltnig,  baS  er  feftgefegt  l^at;  e8  ifl 
alfo  unmöglid^,  bog  ffir  baS  nie  @id^felbftgleid§e  bas  fidg  burc^auS 
©elb|igleid&e  gut  fei/'* 

2)er  Staub  ber  S^reien  ift  baS  ^nbioibuum  ber  abfoluten  Sittlid^- 
{eit,  beffen  Organe  bie  einjelnen  3nbit)ibuen  finb,  feine  Sil^itigleit 
befielet  in  ber  Sr^altung  bed  ©anjen,  beS  ftttlid^en  Organismus,  il^ 
gel^ört  unb  gebührt  baS  icoXttsöstv,  b.  1&.  in,  mit  unb  fflr  fein  95oK 
(eben,  ein  allgemeines,  bem  Oeffentlid^en  ganj  gehöriges  Seben  fftl^ren, 
toomit  baS  $^i(ofo))]§iren  als  bie  @r!enntnig  b'eS  ^Mgemeinen,  bes 
SBal^ren  unb  Smigen  üerbunben  fein  foD:  bie  regierenbe  unb  bie  ))]^iIo- 
fop^ifd^e  X^ätigleit  gel^ören  gufammen,  bal^er  beibe  ®efd&ftfte  $(ato 
nacb  feiner  l^öl^eren  Sebenbigfeit  nid^t  getrennt,  fonbern  fdgledgtl^in  Der- 

>  (S6cnbaf.  @.  389.  S^  l^abe  btejenigen  fiOSorte  (eroorge^oBen,  um  beten- 
loiaen  xä^  biefe  ©teile  angefft^rt  (abe.  —  ^  Cbenbaf.   S.  876  \u  377. 


2)ie  toiffenf^Qftli^en  Sel^anMungiBaTttn  be(S  ^laturre^tiS.  283 

fnfl})ft  fc^en  toiff,^  §ier  l^crrfd^cn  bte  ©toatßjtoctfe  unb  bic  ©taatS' 
intercffen:  bic  SWftnncr,  »cld^c  |te  t>txlbxptxn,  ftnb  bie  ^crrfd^cr. 

3>er  @tanb  ber  Unfreien  ift  ber  btenenbe,  bieienigcn  ®efd6äfte  be^ 
treibenb,  loeldge  gnr  })^9ftfd^en  unb  öfonomifd^en  (Srl^oltung  beS  ©anjen 
notl^ig  ftnb;  bas  St^ema  biefer  ©efc^dfte  ftnb  bie  93ebürfniffe  unb  bereu 
Sefriebigunfl,  bte  ftrbeit  unb  ber  Srtoerb,  ber  ^e|t§  unb  baS  eigene 
tl^um,  baS  ^raßifd^e  unb  bod  Sled^tttd^e,  b.  t.  baS  ganje  untergeorbneie 
))ralttfd^e  Seben  unb  bie  boju  gel^Srige  9le(i^tdf))]^dre.  ^ier  l^errf^en 
bte  ?PriöQtjtoede  unb  bie  ?Jriöatintereffen,  xotl^t  inSgefornrnt  ju 
bem  fittüdöen  ßeben  fiti^  öerl^alten,  »ie  bie  unorganif^e  9latur  $ur 
organifdgen.  9lid^tS  anbereS  ifl  gemeint,  toenn  ^egel  für)  t)or^er 
fagt:  ^äBir  werben  gletd^  feigen,  maS  biefe  unorganifd^e  Statur  beS 
©ittlic^en  ip,"* 

5Die  beiben  @t&nbe  in  il^rer  })oIittf(^en  Ungleid^l^eit  gel^ören  aU 
©lieber  beS  ©anjen  notl^n)enbig  gu  einanber;  n)enn  ber  erfte  ni(i^t  mel^r 
ifl,  fo  ifl  Qud^  ber  gtoeite  nidgt  me^r  unb  umgelel^rt.  91(8  im  römifc^en 
Katferreiti^  bie  politifdge  Ofteil^eit  gu  ®runbe  gegangen  toar,  fo  gab 
es  nur  nod^  einen  jlDeiten  €tanb,  biefer  aber  ti)ar  nid^t  ettea  ber  erfte 
gelDorben,  fonbern  er  toar  ber  einzige,  eS  gab  überl^aupt  feine 
©tftnbe  mel^r,  fonbern,  bie  $erfon  beS  ^errfd&erS  ausgenommen,  nur 
jpriDatleute,  ^ßriDatgefc^äfte,  ^ßriDatgefinnungen  unb  bie  unenblid^e 
Setriebfamleit  beS  5Priöatred&t8,  loeld&e  f(fton  ?P(ato  in  feinem  Staate 
mit  ber  ^^bra  Derglidgen  l^atte.  Um  biefen  Sufianb  ber  vernichteten 
©ittlid^Ieit  gu  fc^ilbern,  ^at  ^egel  ben  9(u8f))ru(i&  ©ibbond  angeffll^rt: 
«S)er  lange  Orriebe  unb  bie  gleici^förmige  ^errfd^aft  ber  9lömer 
fül^rte  ein  langfameS  unb  gcl^eimeS  ©ift  in  bie  ßebenslrftfte  be§  SleidöS. 
S)ie  ©efinnungen  ber  SWenf^en  teuren  allmä]&lid6  auf  eine  ©bene  ge= 
brad^t,  baS  treuer  beS  ©eniuS  auSgelofd^t  unb  felbft  ber  militArifd^e 
©eifl  terbunpet.  3)cr  perfönlid^e  JWutl^  blieb,  ober  fie  befugen  nic^t 
mel^r  biefen  öffentlid&en  SWutl&,  »eld&er  öon  ber  ßiebe  jur  Unab* 
l^üngig!eit,  bem  ©inne  ber  SRationale^ie,  ber  ©egenmart  ber  ©efal^r 
unb  ber  ©etool^nl^eit  ju  befel&Ien  genöl^rt  toirb.  ©ie  empfingen  ©efe^e 
unb  SBefel^tSl^aber  öon  bem  SQBiUen  il^reS  SWonord^en,  unb  bie  SRat^» 
!ommenfd&aft  ber  fül^nften  Häupter  toar  mit  bem  9tang  öon  ^Bürgern 
unb  Untertl^anen  jufrieben.  3)ie  l^öl^er  ftrebenben  ©emüt^er  fammelten 
fid&  JU  ber  tJa^ne  ber  Äaifer.    Unb  bie  öerlaffenen  Cönber,  politifd^er 


»  (Ebenbof.  6.  380  u.  881.  -  «  «benbaf.  6.  879.  ©•  881  Pftb. 


284  ^egeU  9(uffa^e  im  ttitif^en  Sournal. 

©tÄrfc  ober  (Sinl^eit  Beraubt,  fanlcn  unmer!tid&  in  bie  matte  ®Ieid&» 
gültififcit  be8  ?Prit)otIeben8.»^ 

4.  Siagdbie  unb  l^omdbie.    2)te  3i>nen  btS  ©ittli^en. 

atudö  innerl§al6  ber  organif^cn  unb  abfoluten  ©ittUd&Ieit,  toie 
fid^  biefelbe  in  ber  gried^ifd^en  äBelt,  am  grogarttgften  unb  f(!6ön{ten 
in  bem  golbenen  Scitolter  Sltl^en»  offenbart  l^at,  gebül^rt  bem  ?Priöot= 
unb  gfamilicnrcddt  eine  il^m  ongcmeitene,  öon  bem  ©eiftc  ber  öffent- 
lid^en  ©ittlid^feit  n)o]^I  untetfd^iebene  @tötte  ber  3(ner!ennung  unb 
©eltung.  (SS  ift  bieS  ber  endige  Stnl^att  einer  S^ragöbie,  bie  ftd^  im 
äfeid^e  beS  @itllid^en  jutrdgt  unb  t)on  ^egel  in  ben  Sumeniben  bed 
2Iefd&^tu8  angefd^aut  »Irb,  toie  er  \p&ttt  ben  tragifd&en  (Sonflict  atoifd6en 
ben  aJldd^ten  beg  ftttlid&en  ©eifteS  in  ber  ^ntigone  beS  Bop^olU^ 
bargefteKt  feigen  tooKle.  ^aS  S^eid^  beS  ©ittlid^en  erfd^eint  unferem 
^]^iIofo)}]^en  in  bem  93oIf  Don  %ti^m,  beffen  l^öddfter  ©erid^tdl^of  ber 
SIreo))ag  if);  ber  ©ott  ber  öffentlichen,  lid^tDoDen  ©ittlid^feit  ift  ^poQo, 
bie  bunllen  3Rä6te,  bie  baS  $rit)at=  unb  Orc^milienred^t  befd^ü^en  unb 
ben  aSerbred&er,  ber  boran  gefrevelt  l^at,  verfolgen,  finb  bie  ßrinn^en;  fic 
l^aben  ben  SDluttermörber  Orefted,  ben  Mä^tx  beS  93ater8  unb  Aönigi^,  bid 
nacö  Sitten  verfolgt;  fie  finb  bie  Slnf läger,  2H)oIIo  ifi  ber  SBertl^cibiger, 
ba3  93oI!  im  ^reopag  rid^tet;  bie  Stimmen  in  ber  Urne  finb  gleid^ 
get^eilt  gtoifd^en  SSerbammung  unb  gfreifpred^ung;  ba  crfd^eint  ^t^ene, 
bie  @Sttin  3(tl^end,  bie  @tifterin  beS  $[reopag8,  ber  fe^t  feinen  erften 
SRid^terfprud^  gefftHt  l^at,  unb  erllört,  bag  bie  ®lei(^t^eilung  ber 
stimmen  t^reifpred^ung  bebeute;  aber  bie  Srinn^en  toerben  beSl^alb 
nid^t  fortgetoicfen  unb  bel^alten  nid&t  Unred^t,  fonbern  fie  toerben  ote 
bie  Täterinnen  ber  natürlidgen  fftti^U  in  ben  99ejirl  Don  Sltl^en  auf- 
genommen, fie  pnb  ate  fold^e  nunmel^r  tool^Igefinnte  ©ott^eiten  unb  SWit« 
betool^ner  befi  fittlid&en  3ieid&3:  pe  finb  nic^t  mel^r  gfurien,  fonbcm 
@umeniben.  S)er  SluSgang  biefefi  $rogeffelS  gtoif^en  ^poDo  unb  ben 
erinn^en  befielet  alfo  barin,  bag  «bie  ^t^ene  Slt^enS  mit  ber  ©d^eibung 
ber  SRöd^te,  bie  an  bem  SSerbred^en  beibe  Z%M  l^atten,  aud^  bie  SSer» 
fö^nung  fo  Dornimmt,  bag  bie  Sumeniben  Don  biefem  93oIIe  aU  gott= 
lid^e  SDiäd^te  geeiert  toflrben  unb  il^ren  @i^  ie^t  in  ber  @tabt  ^fttten, 
fo   bag  il^re  toi(be  Statur  beS  ^Infd^auend  ber  i^rem  unten  in  ber 

'  Cbcnbaf.  @.  383. 


2)te  tDtffenf^aftl^cn  SBe(anb(ung«arten  bei  9laiutTe4tiB.  285 

Stabt  errtdgteten  SHiare  gegenäber  auf  ber  93uts  l^od^  tl^ronenben 
Sltl^ene  genöffe  unb  l^ierburc^  6erul^tgt  \Din."^ 

äBeitn  bie  ftttlid^en  Suftdnbe  utt8  in  einet  fold^en  SBeife  bargeftellt 
unb  entl^adt  merben,  bag  toir  bie  9li(igtig!etten,  Ungereimtl^eiten  unb 
Sdd^erlid^Ieiten  bec  menfd^Ii(%en  99eflre6ungen;  (Stnielintereffen  unb  @igen- 
l^eitcn  in  g^araftcrcn  unb  ^anblungcn  öor  Slugen  feigen,  fo  crfd&eint 
un6  baS  menfd^Ii^e  Seben  in  ber  ©eftalt  einer  jtomöbie.  Unb  ba 
baS  Sleidg  beiS  ©ittlidgen  in  bie  beiben  3onen  jerfäHt,  bie  ber  abfotuten 
@ittlid6!eil,  in  »eltßer  bie  erl^abenen  unb  gottlid&en  Stoedte  ]^errf(i&cn, 
unb  bie  beS  ?Prit)QttcbeniJ,  toorin  bie  Ilcinen  Sntereffen  il&r  nid^tifleS 
unb  bflnMl^QfteS  &pxtl  treiben,  aU  ob  fie  bie  l^öd^ften  tt)ären,  fo  ent= 
toidFett  ftd^  bentgemag  oud^  bie  jtomobirung  beS  menfd^Ii(!6en  fiebenS 
in  ben  bciben  Oefiolten  ber  „alten"  ober  „flöttlid^en"  unb  ber 
„neuen"  ober  „mobernen  Äontöbie".  3)aS  Sll^ema  ber  erfien  finb 
bie  bem  erl^abenen  99au  bed  fittlid^en  Organismus  jutoiberlaufenben 
@onberbeflrebungen  ber  Singelnen,  bie  mefenlofen  ©egenfd^e  in  il^rer 
groteS!en  Ungereimtl^eit  unb  fiädgerlid^!eit,  baS  S^ema  ber  }meiten 
bie  in  i|r  f (eines  ©el^Aufe  eingef))onnenen,  ftc^  tt)i(i^tig  unb  abfolut 
bünlenben  5Prit)atintereffen  unb  bercn  ©etriebe.  „3)ie  Äomdbie  trennt 
bie  gloei  3^tien  beS  @ittlid&en  fo  Don  einanber  ab,  ba^  fie  jjebe  rein 
fflr  fid&  fletoftl^ren  Iä§t,  bafe  in  ber  einen  bie  ©egcnfä^e  unb  baS  ßnb* 
lid^e  ein  loefenlofer  Schatten,  in  ber  anberen  aber  baS  Slbfolute  eine 
SEAufd^ung  ift.  S)aS  tt)a]^r]^afte  unb  abfolute  9}erI|d(tniB  aber  ift,  ba^ 
bie  eine  im  Srnfte  in  bte  anbere  fdgetnt,  )ebe  mit  ber  anbern  in  Ieb= 
l^after  93e}ie]^ung,  unb  bag  fie  für  einanber  gegenfeitig  baS  ernfle  @(^idEfa( 
ftttb.    3)a«  abfolute  SBerl^ältnig  ift  alfo  im  2rauerf»)iel  aufgefteöt/'* 

S)er  fittUd&e  Organismus  ift  fein  jiarreS  ©ebdube,  fonbcrn  traft 
feiner  ©lieberung  fo  befd^affen  unb  Veranlagt,  bag  aus  feiner 
fittlidgen  unb  geiftigen  fiebenSfüDe  einzelne  l^od^begabte,  talentDoIIe, 
geniale  ^fnbioibuen  l^erDorgel^en,  bie  burd^  geiftesl^errli^e  äBerfe  in 
jebem  ©cbiete  ber  Äunft  unb  SDSiffenfd&aft  biefe  ©eftalt  ber  fitt= 
lid§en  SBett  jugleid^  erl^öl^en  unb  erl^eitern.  §ier  nennt  lieget  bie 
3lamm  §omer  unb  ^inbar,  9lefd^^IuS  unb  Qop^olU^,  ^riftopl^aneS 
unb  $Iato.  6ine  fold&e  ^eröorragung  großer  ©eifter  trägt  fd^on  bie 
©efal^r  ber  3lbfonberung  in  fid&,  bie  fortfd&reitenbc  SBcfonberung  fül^rt 
gur  ßrl^ebung  mibcr  baS  Sfteidö  ber  fd6öncn  ©ittlid&feit  unb  gu  beffcn 


1  (gbenbaf.  6.  386  u.  387.  -  «  gbenbaf.  ©.  387-391. 


286  ^egeli  Suffft^e  im  tritif^en  Soumal. 

Sluflöfutifl.  §ter  ift  eö,  tDO  ^cflel  ben  SRamcn  bc8  ©ofrate«  nennt, 
um  btefe  „ernftl^after  toerbenbe  SSefonberung''  gu  dgaroltenftren.  SßaS 
bie  alte  Aomdbie  in  @d^attenbi(bern  gefd^ilbert  l^atte,  btefe  )>olittfd^en, 
|)]^tIofo))]^tf(igen  unb  ftttlid^en,  centrifugal  geridgteten  @onberftte6ungen, 
loud^S  etn))ot  )u  einem  fibermftd^ttgen,  üerberblid^en  Sdgidfal.  3n  ben 
SBoIIen  beS  Slriftopl^aned  ^atte  SofrotelS  bie  9loDe  beS  Idd^erlidgen  unb 
abfurben  ^l^ilofopl^en  gejpielt;  ber  neue  ®otter  mac^t  unb  eine 
neue  (Srjiel^uns  ju  Zöge  förbert;  ))terunbin)an3ig  ^al^re  fpftter  l^oBen 
il^n  bie  ^tl^ener  aM  eben  biefen  ©rflnben  )um  Xobe  Deturt^eitt,  toeil 
er  neue  ©oltl^eiten  eingeffll^rt  unb  bie  ^ugenb  berborben  l^abe.^ 

5.  9loturte4t,  SRoral  unb  ))oflttt)e  9lc4t8tDtffenf4aft. 

3Bit  fe^en  ben  @egenfa^  }n)ifc]^en  bem  l^egelfd^en  unb  jenem 
frül^eren  naturaliftild^  geftnnten  !RQturredgt,  baS  qu8  bem  tollen,  ge- 
fd^id^islofen  Staturgufianbe  auf  bem  SBege  ber  Sertröge,  toeld^e  bie 
eingelnen  atomen  Sinbiüibuen  fd^Iiegen,  bie  ))rit)aten  unb  loeiter  bie 
öffentlid^en  SFled^tSgufi&nbe  l^atte  l^erleiten  tooDen.  ,,3u  ben  neuen 
3eiten  l^at  in  ber  inneren  ^auSl^altung  beS  ^Raturred^tiS  biefe  fingere 
©ered^ttglett  ftd^  eine  bcfonbere  Oberl^errfd^aft  über  baS  @taai8»  unb 
S3öl!erred&t  ertoorben.  3)ie  9orm  eineö  folgen  untergeorbneten  JBer« 
l^attniffed,  toie  ber  SSertrag  ift,  l^at  fid^  in  bie  abfolute  SRaieftfit  ber 
ftttltd^en  Sotalitfit  eingebrfingt;  unb  eS  ifl  g.  5B.  bie  SDlonord&ie  — 
balb  nad^  bem  SBeDoHmfid^tigungSüertrage  als  ein  SBerl^Altnig  eines 
oberften  Staatsbeamten  gu  bem  ^bftractum  beS  @taats,  balb  nad^ 
bem  SSerl^filtnig  beS  gemeinen  SSertragS  überl^au|)t  als  eine  @ad^e  3tt)eier 
beftimmten  Parteien,  beren  jebe  ber  anberen  bebarf,  als  ein  93er^ältnig 
gegenfeitiger  ßeiftung  begriffen  unb  bur(^  foldfte  SSerl^filtniffe,  »eld^e 
gang  im  6nbfid6en  finb,  unmittelbar  bie  3been  unb  abfolute  SRaiefifit 
Dernid^tet  tporben.  @o  mie  eS  aud^  an  1t(6  tt)iberfpred6enb  ift,  toenn 
fflr  baS  93öIIerred^t  nadg  bem  SSerl^filtniffe  beS  bfirgerlid^en  SßertragS, 
ber  unmittelbar  auf  bie  ©ingelnl^eit  unb  Slbl|öngig!eit  ber  ©ubjede 
gel^t,  baS  SSerl^&ttnig  abfolut  felbftfinbtger  unb  freier  fßblUx,  toeli^e 
fttttid^e  Zotalitfiten  finb,  beftimmt  merben  foD."^ 

5DaS  dlalnnti^i  im  @inne  Tegels  Der^fitt  fid^  gur  fttttid^en  9latur 
nidgt  als  ©runb,  fonbern  als  gfolge,  eS  fe^t  biefelbe  t)orauS,  gel^t  aus 
il^r  ]^ert)or  unb  fott  bartl^un  ober  „confiruiren,  toie  bie  fittlid^e  Slatur 

1  Cbenbaf.  6.  388  n.  389.    »gl.  281.  -  «  Söerle.  I.   6.  410  u.  411. 


2)te  toiffenf^aftn^cn  aBc^anblungiarten  bei  92aturTe(|ti.  287 

)u  t^rem  loal^rl^aften  Sted^te  gelangt".^  Sbenfo  t)er]^&It  {t(^  ber  @in« 
gellte  )ur  fittlid^en  Sotalitftt  nid^t  als  ®runb,  fonbern  aU  ©lieb;  ba- 
^et  i^  bie  ©ittlid^Ieit  beS  ßtnjelnen  in  bet  abfoluten  @ittlid^!ett, 
toeldge  boS  Ceben  beS  (Sangen  ifl,  „ein  ^utsfc^log  bed  gangen  S^ftemS". 
S)te  3fort))f(angung  beS  ftttlid^en  ©eifieS  ober  bae  S3)etben  ber  Sittlich' 
!ett  gefd^tel^t  burd^  bie  Srgiel^ung,  beren  SBefen  unb  ))oftlit)er 
(Stfaxalttx  nad^  ^egete  treffenbem  %udbrucf  barin  befielet,  ba^  „baS 
Äinb,  an  ber  Sruji  ber  attflenteinen  ©itllid&fctt  getränft,  in  i^rer 
'  abfoluten  Stnfd^ouung  guerft  a(S  eines  fremben  SBefenS  lebt,  fie  immer 
mel^r  begreift  unb  fo  in  ben  allgemeinen  ßetft  fibergel^t".  2)a]^er  anä^, 
mie  n)ir  ben  l^egelft^en  äBorten  l^ingufflgen  tooDen,  $Iaio  unb  SliifioteleS 
Staaten  gelehrt  unb  geforberf  l^aben,  loeld^e  bei  aDer  fonftigen  SSer^^ 
fd^ieben^eit  Srgiel^ungSfiaaten  toaren,  benn  beibe  $]^iIofo))]^en  an- 
er!annten  bie  organifd^e  €ittltd^Ieit  ober,  toa^  baffelbe  l^eigt,  bie 
Priorität  beS  ©angen  öor  feinen  Sl^eilen.* 

S)ie  StocdEtl&atigleiten  be8  ftttlicften  Organismus,  bie  fid&  in  feinen 
©liebern,  ben  @tdnben  unb  ^nbiDibuen,  ))er!ör))ern,  finb  feine  Sigen- 
fd&aftcn:  bie  etl^i!  ift  „bie  9laturbefd&reibung  biefer  (gigenfd&aften", 
@tmaS  anbereS  ift  bie  971  oral,  beren  ©egenftanb  bie  SDIoralität 
ober  bie  fubiectiDen  £ugenben  ftnb.  SRoral  ift  Xugenblel^re,  bie 
Sugenben  pnb  nid&t  angeborene  unb  ergogene,  b.  1^.  „anorganifirte" 
fittUd^e  Stgenfd^aften  unb  ©efinnungen,  fonbern  entmeber  großartig 
erl^b^te  Energie  unb  SCl^atlraft,  mie  bei  ben  gelben  beS  Slltertl^umö  — 
^egel  nennt  in  ettoaS  feltfamer  3ufammenftell(ung  ßpaminonbaS,  $annt= 
bal,  ©ftfar  — ,  ober  fie  finb  bie  ermorbenen  SSorgüge  ber  eingelnen,  in 
ber  JBefonberung  befinblid&en  ©ubjecte,  b.  f).  „bie  fittlid^e  5Ratur  beS 
gmeiten  ©tanbeS,  bie  ©ittUd&feit  beS  Bourgeois  ober  beS  ?ßriöatmenfd6en".^ 

S)a  bie  ©ittlidgleit  in  ber  ©eftalt  ber  ©itten  ejciftirt  unb  biefen 
ber  ß^aralter  ber  9lttgemeingültig!eit  unb  ^errfd&aft  gu!ommt,  fo  muß 
aud^  bie  gform  unb  baS  ©Aftern  ber  ©efe^gebung  il^nen  entfpred^en, 
CS  mu6  aus  ben  ©efefeen  eiuleud&ten,  „toaS  in  einem  SBoKe  red^t  unb 
in  ber  SBirllidfeleit  ip" ,  unb  eS  ifl  ein  3cid&en  ber  Unlultur  unb  aSar= 
barei,  toenn  ben  ©itten  entmeber  bie  3fürm  unb  baS  ©ejjräge  ber  ©e* 
fefemäftigfeit  feljtt,  ober  bie  t>or^anbenen  ©efefee  mit  ben  ©itten,  b.  1^. 
mit  bem  ßeben  eines  SSolfeS  nid^t  übereinjiimmen.    3n  feinen  ©itten 


1  ebcnbaf.  6.  397.  -  «  ebenbaf.  ©.  899.    »gl.  oben  6.  279.  -  »  Sßerfe 
I.  6.  398  u.  399. 


288    ^egelft  9[uf f .  im  f rit.  Soutnd .  S)ie  toinenf d^.  SBe^onblungSaTten  b.  9laturre4t8. 

^errfd^t  bei  ©eniud  beS  SBolfeS,  bte  nationale  ©ott^eit,  bie  ate  fotd^e 
aud6  öoracfteHt,  Dcrcl^tt  unb  angcfd&aut  fein  toitt:  biefe  SBerel^runfl  ifl 
bte  äteltgion,  biefe  ^nfdgauung  ber  jtuItuS. 

SBaS  enblidö  baS  »er^ftniB  ber  ?p]^itofot)l^ic  ber  ©itttldöleit  unb 
bed  Slaturrecbtö  jur  t)ofittt)en  SftedgtStoiffenfd^aft  betrifft,  fo  ifl  nid^t 
einjufel^en,  t)on  toeld^er  ärt  biefe  „^ßofitiöttät"  fein  fott,  um  bie  8fled&t8= 
toiffenfd^aft  öon  einer  enttoiÄelten  unb  ausgebreiteten  ?P^ilofo»)]öie  auS« 
gufd^lieien  ober  il^r  entßegengufe^en.  gntweber  nömlidö  ifl  biefeS  ?ßo- 
fitiöe,  baö  fid6  auf  grfal^rung  unb  aBirflid^Ieit  beruft,  gar  ntd6t« 
JRealeö,  toie  g.  39.  ber  SBegriff  be8  Swöngeä  gur  Segrttnbung  ber 
Strafe,  ober  baS  5pofitiöe  ijl  eine  Keatitdt  unb  gel^ört  gur  ?P§iIofortie 
unb  in  biefelbe,  fei  eS  als  Dbject  ober  aU  Slufgabe,  benn  „alles  in 
ber  ?P^itofot)^ie  ijl  9leaUtät\ 

@oId^e  9lealitaten  finb  g.  99.  bte  geograt)l^ifd&e  unb  l^iflortfd^e  S9e« 
flintmt^eit  eines  SSolIS,  feine  Himatif^e  Sage,  feine  99orgefdgid^te  unb 
ber  3eitt)unft,  in  bem  eS  fielet,  xok  bie  Aulturfiufe,  auf  loeldger  eS 
fid^  befinbet.  „9BaS  in  ber  (Segentoart  leinen  n)a]^r]^aft  lebenbigen 
®runb  l^at,  beffen  ®runb  ifl  in  einer  39ergangen]^eit,  b.  1^.  eS  ifl  eine 
3eit  aufgufud&en,  in  wlä^n  bie  im  ®efe^  fisirte,  aber  erflorbene  39e* 
jlimmt^eit  lebenbige  ©itte  unb  in  Uebereinfiimmung  mit  ber  übrigen 
©efe^gebung  ©ar."  äffe  gactorcn,  beren  ^ßrobuct  bie  tebenbige  3n= 
bi))ibualit&t  unb  ben  S^arafter  eines  99oI{eS  auSmad^t,  tooQen  erlannt 
unb  gufammengefagt  toerben,  um  barauS  bie  nationalen  Sitten  unb 
©efe^e  gu  erfiAren,  niie  eS  SRonteSquieu  in  feinem  unfterblid^en  9ßer!e 
oom  „®eifl  ber  ©efege"  auSgufül^ren  gefudgt  l^at. 

S)ie  l^egelfd^e  $]^iIofot)]^ie  ber  @ittlid&!eit  ober  bie  Stl^it  l^at  ftd^ 
nodg  nic^t  bifferengirt  in  bie  Seigren  ))om  fubiecti))en  unb  Dom  objjec^ 
ti))en  ©eifl  ober  in  ^f^d^ologie  unb  (St^if,  fie  erfd^eint  gunadbfl  nur 
a(S  ein  ©runbrig  ber  le^teren;  aber  fie  toeift  fdgon  l^inauS  auf  bie 
!ß]^iIofot)^ie  ber  SBeltgefd^id^te  unb  nod^  l^ö^er  auf  bie  ^l^ilofopl^ie  bed 
abfotttten  ©eifleS,  bie  fid^  in  bie  5P^itofoi)]^ie  ber  Äunfl,  ber  Sfieligion 
unb  ber  ©efd^id^te  ber  $lgUofo^^ie  bifferengiren  toirb.  ^aS  3i€l 
leud^tet  fd^on  l^od^  in  ber  (^erne,  ber  9Beg  bal^in  ifl  fc^toierig  unb  fteil. 
S)iefen  SBeg  gu  entbedFen  unb  gu  leieren  ifl  bie  $[ufgabe  unb  bas  S^ema 
ber  $]^&nomenotogie  beS  ©eifleS. 


S)ie  V^&nomenologie  beS  d^tifiti.  fQvxxtht,  (BinUWm^  uiib  Cint^eilung.       289 


OfanfteS  Sapttel. 


I.  JBorxebc.    ®tc  Slufgobe  ber  neuen  ßel^re. 
1.  2)te  Sform  bet  SDßinenfd^aft. 

äBaS  ^eget  in  feiner  etften  2)ruäfd^nft  t)om  Solare  1802  jur 
SBejal^ung,  SSegrflnbung  unb  SluSbtlbung  ber  ^bentitat^Iel^re  erfiftrt 
l^Qtte,  entl^iett  fd^on  bie  jtetme  fetner  neuen  Don  Sd^eQing  Derfd^iebenen 
Se^re,  bie  fid^  n)ä]^renb  fetner  ßel^rtl^ättgfett  in  3enQ,  nadg  bem  SBeg- 
gange  ©d^eKingS,  t)om  ^erbfl  1803  bis  jum  ^erbfl  1806  ju  einem 
^©^pent  ber  Jffiiffenfd&Qft"  entfaltete,  beren  erfler  S^eil  unter  bem 
9lamen  einer  „^l^&nomenologie  beS  ©eified''  im  O^rfl^iol^r  1807  an 
ba§  fiid()t  trat.  SBir  l^oben  bie  Sntfiel^ungSgefd^id^te  biefeS  SBerleS 
ouSfül^rlldö  lennen  gelernt.^  Sc^n  3Ql)re  toaren  feit  ben  Slnfängen 
ber  fd&eßingfd^en  SHaturpl^ilofopl^ic  tjerfloffen.  S)ie  beiben  Sreunbe 
maren  nunmel^r  innerlid^  fflr  immer  getrennt.  Jturg  r>t)x  feinem  legten 
SBriefe  an  ^egel  (2.  SRobember),  ber  eine  fel^r  öerfiimmte  Slntroort  auf 
bie  3ufenbung  ber  $^dnomeno(ogie  loar,  l^atte  ©dgeSing  in  ber 
3({abemie  gu  äJländ^en  feine  9lntritt8rebe  aber  ,,baS  SSerl^altnig  ber 
bilbenben  fiflnjle  3ur  Statur''  gehalten,  bie  ben  Jtront)rin3en  ju  lauter 
99en)unberung,  Sacobi,  tt)ie  e8  l^ie^,  jum  Staunen  l^ingeriffen  l^atte.' 

3m  offensten  ©egenfa^e  nid&t  blofe  gegen  bie  fd&ettingfd6e  ©dbute 
unb  aiid^tung,  fonbem  gegen  ben  ß^aralter  ber  fc^ellingfd&en  ße^re 
felbfl  tDar,  ol^ne  Flamen  gu  nennen,  bie  SJorrebe  gur  ^^änomenologie 
Derfagt,  bie  nad^  ^a^mS  treffenber  93emer!ung  eine  Slbl^anblung  „über 
bie  ©iffereng  beS  fc^eßingf^en  unb  l&egelfd&en  ©Aftern»  ber  5p^ilofol)]^ie" 
l^fttte  l^ei^en  fönnen.  3)er  l&auptfftd&lid^e  ©ifferenjpunft,  toeld^er  aöe 
anberen  gur  O^olge  l^atte,  lag  barin,  bag  bie  ^^ilofopl^ie  SBiffenfd^aft 
fein  muffe  unb  biefe  nur  in  ber  gform  eine«  6^ftem8  auSgemad&t 
werben   lönne;   toeS^alb  §egel  aud&   feine  neue  ßel^re   „  Softem  ber 

»  JBöI.   biefeö  aBer«.    JBu«   I.  «ap.  VI.    6.  57,    6.  68—71.    S3u«  II. 

Sap.  II.    S.  242—245.   —    «  »gl.  meine  ©ef*.   b.  neuem  ?f^tIof.    »b.  VI. 
öu*  I.   dap,  XI.   @.  147  u.  148. 

gtfd&et,  ^\it.  b.  WIoT.  VIII.  W.  «.  19 


290  ^te  96ftnomenüloaie  be<  OeifieS. 

aBtffettfd6aft"  a^^önnt  utib  bic  5p]^änomenotoflic  ots  bereit  etften  %\)til 
bejetd^net  l^at. 

hieraus  folgt,  bag  aSeS  gegentl^etltae  SBefen,  tote  bte  ®efa^l8= 
utib  ^InfdgauuttgSpl^tlof Opiate,  bte  93e8eifterungS=  uitb  StbauuitgSpl^tlo« 
fot)^te,  bte  ®&]^rung  uttb  (Sfftafe,  baS  entl^ufiafttfd^e  utib  ptopl^etifil^e 
©erebe  für  nichtig  erlldrt  toirb.  @8  gtebt,  fogt  ^egel,  eine  leere  Stefe, 
tote  es  eine  leere  93reite  gtebt,  beibe  finb  oberfUdglidg.  „^it  toal^re 
©eftalt,  in  toeld^er  bie  SBo^r^ett  e^iftirt,  !ann  aKetn  ba^  totffenfd&Qft:' 
Kc^e  ©Aftern  berfelben  fein."  „Saron  mitjuarbeiten,  bafe  bie  ^Pl^itofopl^ic 
ber  5orni  ber  SBiffenfdöaft  nä^er  lomme,  —  bem  3iri«r  i^ten  Stanten 
ber  Siebe  jum  Siffen  oblegen  gu  fSnnen  unb  toirÜid^eS  SBiffen 
in  fein  — ,  ifi  eS,  toa«  id&  mir  t)orgefefet."  —  „S)o8  Slbfolute  foB  niil^t 
begriffen,  fonbem  gefül^lt  unb  angefd^out,  nid^t  fein  Segriff,  fonbcrn 
fein  ©effll^I  unb  Snfd^auung  foKen  baS  SBort  filieren  unb  au8geft)ro4en 
toerben."  „S)a8  ©dftöne,  ^eilige,  ßmige,  bie  Religion  unb  ßiebe  finb 
ber  jtöber,  ber  geforbert  mirb,  um  bie  Suft  gum  Snbeigen  }u  er» 
Toecfen,  nitbt  ber  Segriff,  fonbem  bie  (Slftofc,  nid^t  bie  lalt  fort« 
fd^reitenbe  9>lot]^toenbigIeit  ber  @ac^e,  fonbem  bte  gfil^renbe  93egeiftemng 
foQ  bte  C^oltung  unb  fortfd^rettenbe  Ausbreitung  beS  9%ei(^tbumS  ber 
©ubfianj  fein."  „S)ic  5p]^ifofop]^ie  aber  mu6  fid6  lauten,  erbouKdö  fein 
}U  moOen."  ^^nbern  fie  fidg  bem  ungebAnbigten  ®d]^ren  ber  Subfiana 
überlaffen,  meinen  fie,  bur*  bie  ßinl^üllung  beS  ©elbftbetougtfein« 
unb  Slufgeben  bed  Serflanbed,  bie  Seinen  ju  fein,  benen  ®ott  bie 
SßeiS^eit  im  @d()lQfe  giebt;  »aS  fie  fo  in  ber  %\)at  im  @d^Iafe 
empfangen  unb  gebaren,  finb  barum  auc^  nur  Srfiume."^ 

S)ie  Oform  ber  SBiffenfd^aft  unb  ber  f^ftematifciien  SluSbilbung 
f daliegt  bie  ber  allgemeinen  9>erftanblid^!eit  in  ftti^,  toomit  aQem 
efoterifd^en  treiben  ein  Snbe  gefegt  unb  bie  O^orberung  audgeft)rodben 
toirb,  bag  bie  ^^itofopl^ie  nunmel^r  e^oterifdg,  begreiflid^,  le^r»  unb 
lembar  gemadfet  toerbe.  „S)ie  t)erjlanbige  Sorm  ber  Sffiiffenfdöaft  ip 
ber  aOen  bargebotene  unb  fflr  aOe  gleid^gemad^te  9Beg,  ju  i^r  unb 
burd^  ben  Serflanb  jum  t)ernünftigen  SBiffen  ju  gelangen,  ifl  bie  ge* 
redete  Oforberung  beS  33etougtfeind,  baS  jur  SSiffenfd^aft  l^injutritt, 
benn  ber  Serfianb  ifl  ba8  S)en!en,  baS  reine  3dg  flber]^au))t,  unb 
baS  Serfiänbige  ift  baS  fdgon  93e!annte  unb  baS  ©emeinfcbaftlicbe  ber 
aßiffenfdgaft  unb  bed  untoiffenfd^aftUd^en  93etougtfeinS,  tooburd^  biefeft 


Tegels  SOerfe.    S9b.  II.    (^^Anomenotogie  bed  OeifteS.)    SBorr.   6.  6—9. 


SBorrebe,  CEinleitung  itnb  gintl^etlung.  291 

unmittelbar  in  jcncfi  cinjutTeten  öermag/*  Slunmel^r  l^cbt  fid6  toiebcr 
ber  SBcrtl^  be8  tcflectirenben,  berftanbigen  ®enfen8,  bcr  begtifflidften 
99eftininit]^ett,  beS  Spoc,  !ur3  QDer  jenet  9%ef[e|ton€ifotmen,  toeld^e  bie 
allgemein  t^erftAnbli^e,  eiotetifdge  $]^itofot)l^ie  not^toenbig  braud^t,  unb 
auf  toelifte  bic  cfotettfti&e  in  il^ter  trüben  SBegetfierung  berä(i&tlid6 
l^erabftel^t. 

2.  2)ie  6ubflana  <^l<  ^uBject.    2)a8  Vrinctp  aU  9lefultat. 

@d  ift  natfirlic^  bie  erße  93ebingung  einer  fotd^en  allgemein  ))ers 
Pönblic^en,  im  befien  ©inne  beS  SBortS  efoterifd^en  ^pi^tlofo^l^te;  bog 
il^r  ?ßrtncit)  ober  bie  Slttgemeinl^eit  fo  gefofet  toirb,  ba§  fie  nid^t  etwa 
baS  ©elbfibetDufetfein  unb  bamit  bie  SDlöglidöfeit  aüeS  ©rfennenS  unb 
©rfanntroerben«  auftebt.  So  oer^ielt  eS  fid^  in  ber  ßel^re  @t)inojaS 
mit  bem  ^rincip  ber  @inen  Subflanj,  bie  a\i8  i^rem  SBefen,  barum 
an^  aus  bem  ber  S)inge  boS  SelbflBemu^tfein  unb  mit  il^m  bie 
Sn&gliddfeit  QÜed  @r!ennen§  audfd^lo^.  ,,S93enn  ®ott  als  bie  @ine 
©ubfiang  ju  f offen,  baS  S^üölter  empörte,  toorin  biefe  Seftimmung 
auSgefprod^en  tourbe,  fo  lag  ber  ©runb  l&ieröon  in  bem  3nftinct,  ba§ 
barin  baS  ©elbflbetöufetfein  nur  untergegongen,  nid&t  erl^olten  ifl/ 
S)iefe  S^ffung  läßt  in  ben  Slugen  Tegels  ben  @l)inoji8mu8  ol«  un= 
möglidö  erfc^einen,  unb  ba  ber  Segrflnber  ber  3bentitftt8p^ilo|o^]&ie 
jugleid^  ber  Erneuerer  beS  ©pinojiSmuS  fein  wollte,  fo  nimmt  §eget 
ben  le^teren  als  a3eift)iel,  gleid&fam  al8  bie  prärogatiöe  Snftanj,  um 
boron  feinen  Unterf(^ieb  Don  @d()elling  red^t  l^ell  ju  erteud^ten.  „2)ieS 
eine  SBiffen,  bofe  im  äbfoluten  aÜeS  gleidft  iji,  ber  unterfd^eibenben 
unb  erfüllten  ober  Erfüllung  fud&enben  unb  forbcrnben  ©rienntnife  ^ 
entgegenjufe^en,  ober  fein  SlbfoluteS  für  bie  ^od^t  ouSjugeben,^ 
worin,  wie  man  gu  fagen  |)flegt,  äffe  flü^e  fdftwarj  finb,  ift  bie 
Siaioitdt  ber  ßeere  an  ßrlenntnife. "  * 

S)ie  aWöglidöfeit  ber  jpi^ilofopl^ie  l^öngt  alfo  babon  ob,  bofe  t^te        j 
©ubftanj  ober  baS  Slbfolute  eine   fold&e  jfead^t   nid&t  ift,   öielmel^r    W 
Unterfd^iebe  in  fid&  l^ot,  ober,  nö^er  gefagt,  m^  fie  fid&  in  fid^  unter»     * 
fd&eibet,  bafe  fie  al8  ©elbftunterfd^eibung  ober  ©elbfttl^fttigfeit,  b.  ^. 
als  @ub  je  et  gefaxt  wirb.    3efet  erfi  Derftel^t  man  bie  für  je  unb 
bünbigc  €rHdrung  §egete,  bie  jebem  unöertrouten  ßefer  unferer  SBor= . 


1  ^benbaf.  6. 10  unb  11.  —  *  (Sbenbaf.  6. 13  u.  14.  SSgl.  oben  SBud^  II. 
6ap.  IL   6.242-245. 

19* 


292  S)te  $^ftnomenologie  befi  ®eifie<. 

rebe  tDunberlid^  unb  bunfet  erfdgetnen  tnug:  „@d  !oinmt  na<!6  meiner 
Sinftd^t,  tDelc^e  ftd^  tiut  burdg  bie  S)atfteIIuns  beS  @^{temd  felbft  ted^t- 
fettigen  mug,  aKed  batouf  an,  baS  SBal^te  mdgt  als  @ubfianar 
fonbcrn  ebenfo  fel^r  ate  ©uBjcct  aufjufajfen  unb  au^jubtüdEen".' 
Seibe  O^orberungen  finb  gletdgtoertl^fg  unb  gleicgbebeutenb:  etfienS  bag 
bie  $]^iIofo))]^te  Siffenfdgaft,  @^flem  bet  9ßi{|enfd6aft,  Derftdnbli^  unb 
ej:otetifdg  fei,  unb  ))oeitenS  bog  bie  Subßanj  als  @ubiect  gefogt 
n)erben  muffe. 

9Bie  midgtig  nun  ani^  biefeS  ^rinct^  ift,  fo  befleißt  in  ber  rid^tigen 
i^ffung  beffe(ben  nodb  nidgt  bie  aßa^t^eit  bed  €^{temd;  baS  SBal^te 
ift  baS  ®an)e,  baS  @^flem  gleid^t  bem  streife,  ber  feinen  Sauf 
DoQenbet,  inbem  er  in  feinen  Einfang  jurfldEfel^rt;  in  ber  S3ernunft^ 
erlenntnig  l^errfd^t  ber  S^^^,  tt>ie  in  ber  Statur  na<!^  S(rifioteIeS;  \do 
aber  bie  3»edtt]^ätigfeit  toaltet,  ba  fefeen  wir  einen  Segriff  Doraufi, 
ber  fid^  t)ertDir!(id^t  unb  gleid^  bem  streife  in  feinen  Anfang  jurüdE- 
!el^rt:  ^ier  ift  S^oKenbung,  ber  Anfang  ift  aud^  ba§  @nbe,  baS  $rinci)i 
iß  aud&  baS  Slefuttat,  ber  93egriff  ift  burd^  feine  ä^ertDirflid^ung  ju 
ftd^  fetbft  gelommen:  er  ifi  nun  ^fflr  fid^"  geworben,  »ad  er  im 
Slnfange  nur  „an  fid&"  »ar.  @o  ip  ber  gmbr^o  jtoar  an  fid& 
ÜTlenfc^,  aber  nod^  nid^t  für  fic^,  mag  erft  burd^  bie  @ntioidE(ung  unb 
Ofortbilbung  gefd^iel^t,  in  loeld^er  bie  ©eburt  unb  baS  SBeiDugtfein 
Spodgen  finb:  „für  fid^  ifl  er  eS  nur  aU  gebilbeie  SSernunft,  bie 
fid6  gu  bem  gcmacbt  l^at,  »aS  fie  an  fid&  ift",* 

(£8  lommt  aQeS  barauf  an,  bag  bie  ©ubftan}  als  Subject  gefaxt 
»irb:  Subject  bebeutet  l^ier  nidgtS  anbereS,  als  bie  Setbftüenoirf- 
lid^ung  beS  Begriffs,  b.  1^.  feine  SnttDidEIung.  ^anbelt  ed  fid^  aber 
um  bie  SntmidEIung,  fo  !ommt  ed  fel^r  toefentlid^  barauf  an,  nid^t 
i)lo%  iDaS  im  anfange  voai,  fonbern  »aS  am  Snbe  geworben  ift,  loaS 
bei  ber  gangen  Sadbe  ^erauSlommt,  b.  1^.  auf  baS  9tefuttat.  SSir 
iDoQen  nic^t  blog  ben  Rtxm  feigen,  fonbern  ben  93anm  mit  feinen 
Ofrüdbten,  ntd^t  b(o§  bie  @id^el,  fonbern  bie  Sid^e.  3n  Snfel^ung  ber 
Sntu)idE(ung  gUt  gang  Dornel^mtid^  ber  @a^:  „^n  il^ren  O^rfid^ten  follt 
i^r  fie  erfennen!"  Sin  fogenannter  ©runbfa^  ober  ^rtncip  ber 
$lgitofo))]^ie,  menn  er  toal^r  ift,  ift  barum  auc^  falfd^,  infofem  er  nur 
als  ®runbfa^  ober  !ßrincit)  ift.  €8  ift  beSioegen  letd^t,  il^n  gu  loiber^ 
legen. ' 


^egeU  aOßerfe.  U.  6. 14.  -  *  dbenbaf.  8. 16.  —  >  (Ebenbaf.  6. 18. 


aSotrebe,  (Einleitung  unb  dEint^etlung.  293 

S)icfcr  Scfltiff  ift  anjutocnbcn  auf  bo«  Sbfolute  fclbfl  ober  ©ott. 
@$on  barin,  bo^  ®ott  als  bie  motalif^e  äBeltotbnung  ober  bte 
Siebe  u.  l  f.  gefaxt  »urbe,  letgte  ft(i  bas  SBebflrfntg,  t^n  als  @u6ject 
Qufjufaffen.  „2)as  9QBort  ®ott,  fflt  fidg  fienotnmen,  ifl  ein  ftnnlofer 
Saut,  ein  bloßer  Stome,  erft  boS  $t&bicüt  fagt:  voai  er  ift,  unb 
feine  SrfäQung  unb  93ebeutung;  ber  leete  9[nfang  loirb  nur  in  biefem 
@nbe  ein  tDirÜic^eS  SBiffen/  «S)ad  SSol^re  ifl  bais  (Sänge.  S)aS  ©ange 
aber  ifi  nur  baS  butdg  feine  SntiDidEIung  fi$  DoKenbenbe  SBefen.  6d 
ift  Don  bem  SIbfoluten  )u  fagen,  bag  eS  mefentlid^  9lefultat,  bag  eS 
erfl  am  @nbe  boS  ifi,  load  e8  in  SBal^r^eit  ifi;  unb  l^ierin  eben  be* 
fle^t  feine  Statur,  äBirltid^eS,  Subject  ober  @i(!^feIbfltoerben  )U  fein. 
@o  toiberfpred^enb  eS  fdgeinen  xaaQ,  bag  baS  Slbfolute  toefentlid^  al^ 
Stefuttat  gu  begreifen  fei,  fo  fteOt  boc^  eine  geringe  Ueberlegung  biefen 
Sd^ein  Don  SBiberfprud^  jured^t/  S)er  gange  9Biberft)rud&  fdQt  toeg, 
fobalb  man  fid^  !lar  ma^t,  bag  ©ott  unb  baS  göttlid^e  Seben  9QBir(= 
Iic^{eit  ift,  ni(6t  blog  ein  Spiel  unb  Spielen  mit  fic^,  fonbern  toal^r- 
l&afte  JRealität  unb  beren  Uebertoinbung.  „S)a8  ßeben  Qotteö  unb 
ba^  göitlid^e  @rfennen  mag  alfo  lool^l  als  ein  Spielen  ber  Siebe  mit 
fi(6  felbft  auSgefprod^en  merben;  biefe  2[bee  finft  gur  Srbaulid^feit  unb 
gur  gfabl^eit  fterab,  wenn  ber  Crnfi,  ber  ©d^merg,  bie  ©ebulb  unb 
Slrbeit  beS  5Regatit)en  barin  fel&lt."*  SÄit  anbern  SBorten:  ber  gange 
Srnft  unb  bie  Arbeit  ber  Sßeltgefd^id^te  gel^Srt  in  baS  götttidge 
Seben  unb  gu  feiner  Offenbarung,  ol^ne  meldte  er  nic^t  toAre,  xoa9  er 
an  ftd^  ift:  ©eifl,  abfolutet  ©eift.  ^^a^  bad  äBal^re  nur  als 
6^flem  »irflidö,  ober  ba§  bie  ©ubfiang  toefentlidö  ©ubject  ifi,  ifl  in 
ber  SJorfteKung  audgebrüdEt,  meldte  baS  ^bfotute  als  ©eif!  ausfprid^t, 
—  ber  erl^abenfte  Segriff,  unb  ber  bet  neuen  3^it  nnb  il^rer  Dteligion 
gebort.''  „2)er  ©eift,  ber  fid^  fo  entloidEelt  als  ©eift  toeig,  ift  bie 
SBiffenfd^aft.  3)a  ift  feine  SirHid^Ieit  unb  baS  [Reid^,  baS  er  fic^ 
in  feinem  eigenen  Elemente  erbaut.""  3n  biejen  @&^en  fiedt  bie  gange 
l^egelfd^e  ^^ilofopl^ie.  Um  iljren  @inn  bid()terifd&  auSgubrfldEen,  tooQen 
toir  fc^on  Igicr  baS  fd^iUerfd^e  SBort  tiorwegnel^men,  womit  ^egel  feine 
^^dnomenologie  beS  ©eifteS  befc^loffen  l^at:  SluS  bem  field^  beS  gangen 
6eelenreid&e8  fd^öumt  i^m  bie  Unenblidbleit.  * 

»  «benbaf.  6.  15  Pflb.  -  «  «benbaf.  ©.  15-19.  Sögl.  @.  591.  ^egel,  ber 
feine  (S^itate  gem5f)nlid6  aui  bem  Itopfe  unb  barum  feiten  ganj  bem  Zt^it  gemft§ 
SU  Siage  fbrbert,  fagt:  „%ui  bem  l^et^e  biefeS  (deifleTrei^ed  fd^&umt  i^m  feine  Un> 
enbli^Ieit'. 


294  S)ie  ^^ftnomenologie  bed  GeifieS. 

8.  S)ie  Setter«    2)te  GnttDidlung  beS  SEBiflend. 

S)ie  Sßtffenfd&aft  Dom  abfotuten  ®eift  ober  baS  a6fo(ute  SStffen 
ift  bemnad^  bas  gemeinfame  3iel,  lool^in  unfer  SBeg  fü^rt,  ber  Dom 
unmittelbaren  SBeiou^tfetn,  b.  1^.  t)on  ber  unterflen  Stufe  beS  äBiffend 
aUmäJ^Iid^  aufioArtS  fteigt  Don  Stufe  ju  Stufe  unb  barum  eine  fel^r 
(äuge  unb  loeite  StredFe  ju  bur(%n)anbern  unb  burd^  biefelbe  {t<!6  l^in- 
burd^juarbeiten  l^at.  SllleS  loal^re  Sßtffen  ift  begrünbet  ober  Dermtttelt, 
b.  ]^.  eS  refultirt,  bal^er  bad  fogenannte  unmittelbare  SBiffen  auf  ber 
nie^rigfien  Stufe  fielet  unb  niii^t  btn  S^aralter  eines  StefuItatS  ^at, 
fonbern  nur  ben  bed  StnfangS.  hieraus  erl^etlt,  loie  ungereimt  ^bie 
93egeifterung  ift,  bie  mie  aud  ber  $iftoIe  mit  bem  abfoluten  SBijfen 
unmittelbar  anfängt  unb  mit  anberen  Stanbpunften  baburd^  fil^on 
fertig  ift,  bo6  fte  feine  Slotij  baDon  ju  nel^men  erHart''.* 

2)aS  3nbiDibuum  Verlangt  mit  ätecbt,  ba^  3ur  Srl^ebung  auf 
ben  Stanbt)un!t  ber  abfoluten  (Srfenntnt^  il^m  bie  ßeiter  gereid^t  unb 
in  i^m  felbft  bie  Stotl^ioenbigfeit  biefeS  StanbpunIteS  aufgezeigt  toerbe. 
S)er  Stufengang  beS  äBiffenS  ift  barjufteOen:  eben  barin  befielet  bie 
Slufgabe  ber  $]^Anomenologie  bed  ©ei^eS,  beren  Segeid^nung  tt)ir 
fc^on  frül^er  erllfirt  l^aben.  Soiool^l  als  Stufen  beS  Siffend  (©eifteS), 
tote  ald  bie  ©egenftönbe  ber  pl^itofop^ifd^en  93etrad^tung  beiden  bie 
Dbiede,  bie  nunmel^r  erfannt  toerben  follen,  ^ß^dnomena  beß  ©eifieS 
unb  beren  Sßiffenfc^aft  „^l^dnomenologie  beS  ©eifted".' 

4.  SBorurt^eile  unb  6elbflt&uf4ung. 

3Ran  möge  uns  nic^t  einmenben,  bag  eine  fold^e  ^iffenfd^aft 
unnötl^ig  fei,  benn  nid^ts  in  ber  äBelt  fei  befannter  als  baS  eigene 
Setoufetfein  unb  beffen  unmittelbare  (Erfahrungen.  S)a8  Sefannte 
ift  feineSmegS  er!annt.  @S  bafflr  ju  nel^men  ift  eine  ber  gemöl^m 
Ui^ften  Selbfttäufcbungen  unb  eine  ber  fcblimmften,  ba  fte  uns  ben 
SBeg  jur  SBal^rl^eit  Derfperrt,  3u  biefen  Selbfitöuf^ungen  gel&ört  audg 
bie  S^orfteOung,  toeld^e  man  Don  ber  SBal^rl^eit  ju  l^aben  ffl^gt»  bag  fie 
ein  für  allemal  fertig  unb  ausgeprägt  fei,  meSl^alb  eS  Don  einer  unb 
berfelben  Sa(fte  nicbt  Derfc^iebene  SBal^rbeiten  geben  lönne.  3)ieS  mar 
ber  Strrtl&um  beS  lefpngfd&en  Salabin,  als  er  Don  Slatl^an  miffen 
tooDte,  melc^eS  bie  ma^re  Sieligion  fei,  unb  bie  Antwort  in  aQer  Aürge 

'  Sbenbaf.  S.  21.  -  >  33gl.  oben  »u«  II.  (S.ap.  I.  6.  230  u.  231. 
(Sap.  II.   8.242-245. 


SBottebe,  Sintettung  unb  (Eint^eilung.  295 

unb  @(i&ncßiflfeit  üerlatigtc.  ^SOSal^rl^cit,  SBal^rl^cit!  Unb  toitt  fic  fo, 
—  fo  baat,  fo  blani,  —  al8  ob  bic  Sffio^rl&cit  SRünjc  todrc!  —  SBie 
©etb  in  &ad,  fo  ftridge  man  in  Aot)f  aud^  SSBa^r^eit  ein?"  Sine 
untDtlßüttiii^e  ^araHelfleQe  bagu  finbet  fidg  l^ier  in  ber  föoxxtbt  jur 
^4}]&anomenoIogie  ganj  an  intern  $Ia^.  «S)a3  SBa^re  unb  S^alfdge 
fle^ott  ju  ben  befiimmten  ©ebanfen,  bie  betoegunflrtoS  für  eigene  SEBefen 
gelten,  beren  eine«  brüben,  boS  onbere  l^üben  ol^ne  ©emeinfi^aft  mit 
htm  onbern  ifolirt  unb  fefiftel^t.  S)Qgegen  mug  bel^auptet  »erben,  bog 
bie  fflal^rl^eit  nic^t  eine  ausgeprägte  aKünje  ifi,  bie  fertig  gegeben  unb 
fo  eingeftrid&en  »erben  !ann."* 

S)ag  bie  SBal^rl^eit  felbfl  in  einer  fortfdgreitenben  entioidlung  be- 
fielet unb  fid^  DoKenbet,  unb  ^xoax  in  ber  il^r  abaquaten  Ororm  bei» 
93egriffS  ober  bed  reinen  ©ebanfenS,  biefe  Sinfidgt  geigt  Aber  bie 
^Igönomenologie  IginauS,  bie  eg  nur  mit  ben  Srfdgeinungen  bei^ 
SBewufetfeing  ju  tlgun  Igot,  fie  gelgört  in  ben  att>eiten  Slgeil  beS  @#em8 
ber  SBiffenfdgaft;  bie  Seigre,  loeli^e  bie  reinen  äBefenlgeiten  barfieQt  unb 
aufbaut,  barum  aucg  bie  SRet^obenlelgre  entlgait,  ift  bie  Sogil  ober 
bie  fpeculatibe  ?P^ilofop]gie.  ^ 

3n  ben  ©dglufettorten  ber  SJorrebe  fpridgt  Rcft  ntit  aller  @ic^er= 
Igeit  unb  aller  3urfl(f^aUung  bie  Ueberjeugung  ^egels  aud,  bag  bie 
Seit  fflr  ilgn  unb  feine  neue  ßelgre  gefommen  ift,  fte  ift  in  aller  ©tillc 
Igerangereift  unb  mit  ilgr  ein  empfängtidgcS  5ßublifum.  S)ie  Seid&en 
ber  ßpodge  einer  neuen  ©eifteögeburt  finb  ba.  S)ie  aBiberfirebcnben 
pnb  bie  SEobten  unb  bie  hinfälligen.  SSon  jenen  Igei^t  eS:  „ßaffet 
bie  Sobten  ilgre  Stobten  begraben!"  JBon  biefen:  „Sie  gfüfee  berer, 
bie  bidg  IginauStragen  »erben,  flelgen  fdgon  t)or  ber  SElgürr'  S)er  neue 
©eifl  unb  feine  3üngcr  toirb  in  einiger  Seit  bie  SWilttelt  gewinnen 
unb  nadg  biefer  audg  eine  ^ladgmelt  Igaben,  bie  anbem  bagegen  nidgt. 
3(ig  ttiC  bie  bebeutfamen  Sorte  felbfi  anführen.  „SOBir  muffen  über- 
jeugt  fein,  ba§  baS  SBalgre  bie  Sftatur  Igat,  burdgjubringen,  wenn  feine 
Seit  gefommen,  unb  bafe  es  nur  erfdgetnt,  »enn  biefe  gelommcn,  be8= 
»cgen  nie  gu  frülg  erfdgeint,  nodg  ein  unreifeö  5PubliIum  pnbet.  §ier= 
bei  aber  ifl  Igäuftg  baS  5publilum  oon  benen  ju  unterfdgeiben,  toeldge 
fidg  aU  feine  Slepräfentanten  unb  ©precger  betragen.  3ene8  öerlgölt 
fidg  in  monc^en  SflädEfidgten  anberS  aU  biefe,  ia  felbfl  entgegengefe^t. 

1  ^egeU  lZSer!e.  II.  SBott.  6. 29.  S3gt.  meine  @4rift  über  Sef[ingd 
JlQtian.  (4.  «uP.  €olta  1896.)  6. 144-150,  ©.  188-190. 


296  ^ie  ^^ftnomettotogic  hH  ®eifle9. 

äBenn  eS  gutmüt^tger  993etfe  bte  @(^ulb,  bog  tl^r  eine  t)]^tIi)fo))i]^ifi|e 
6d&rift  nic^t  i\i\aQi,  cl^cr  ouf  fid5  nimmt,  ]o  fc^teben  l^inflcgen  biefe, 
i^rei  Sompetena  geiDig,  aDe.  @d^ulb  auf  bie  @d&ttftfteller.  2)ie  SBirfung 
ift  in  jenen  ftiQer,  als  bas  Z^nn  biefer  Sobten,  loenn  fte  il^re  Xobten 
begraben.  Sßenn  je^t  bie  aQgemeine  (Einfid^t  flberl^aupt  gebilbetet, 
bie  9leugierbe  toaii^famer  unb  il^r  Urt^eit  fd^neDer  beftimmt  ifl,  fo  bag 
bie  i^ü^t  btxtx,  bie  bic^  l^inauStragen  loerben,  fd^on  Dor  ber  %\tüxt 
fielen,  fo  ifl  l^ieTüon  oft  bie  tangfame  9Bir!ung  ju  untetfc^eiben,  toüi^ 
bie  3(ufmer!fam!eit,  bie  burd^  imponirenbe  SSerfid^erungen  ergioungen 
toutbe,  fon)ie  ben  Derioerfenben  Sabet  berid^tigt  unb  einem  Steile 
eine  9nitn)elt  erft  in  einiger  Seit  giebt,  m&lgrenb  ein  anberer  nad^ 
biefer  feine  Sttad&mett  me^r  l&at/* 

SRan  möge  nidbt .  Dergeffen,  bag  bie  SSorrebe  jur  ^l^änomenologie 
nadg  ber  ©d^lad^t  Don  3ena  gefd^rieben  ift,  im  9Benbet)un!t  ber 
3a^re  1806  unb  1807. 

II.  Einleitung. 

1.  ^ai  ^rtenntnigüermögen  aU  aBerfaeug  unb  anebtum. 

@egen  bie  SRöglid^Ieit  ber  ^l^dnomenologie,  ald  toetd^e  ben  SBeg 
beS  natürlid^en  93en)u§tfeind  jur  abfoluten  Sr!enntni^  ^dxdo^  bart^ut 
als  burdblauft,  ergeben  ftd&  ©tfttoiertgleiten  unb  Stocifel  »cld^ie  fftmmt= 
lid^  baS  menfd^Iid^e  @r!enntnigt)ermögen  betreffen:  ob  baffelbe  nad^  9(rt 
unb  Umfang  im  Staube  fei,  bie  genannte  3(ufgabe  gu  löfen,  unb 
nic^t  bielmel^r  Iraft  feiner  9latur  baS  3«^  öerfe^len  unb  in  bie  3rre 
gerat^en  muffe?  ®enn  baS  meufd^Iidöe  erfenntnifeöermögen  gilt  ent^ 
h)eber  atS  bad  3Ser!)eug,  loeld^eS  bie  ®egenftdnbe  auS  bem  S)unfel  in 
baS  8id6t  be«  93ett)u§tfein8  bringt,  alfo  ergreift,  bearbeitet  unb  baburd& 
Derdnbert,  ober  als  baS  äJlebium,  moburd^  uns  bie  ©egenft&nbe  er^ 
fc^einen  unb  eiuleud^ten,  aber  jugleid^  nad^  bem  ©efe^e  gleid^fam  ber 
©tral^Ienbred&ung  biefeS  SWebiumS  mobificirt  unb  öcränbcrt  merben, 
fo  bag  toir  in  beiben  göffen  bie  ©egenftänbe  nicfit  unb  nie  erfcnnen, 
toie  fte  finb,  fonbern  ftets  nur,  loie  fte  uns  erfc^einen,  ober  loir  ge- 
nSt^igt  finb  fie  ju  betrachten.  S)amit  aber  loirb  bie  ganje  $l^&no« 
menologie  beS  ©eifteS  als  jene  Seiter,  bie  fte  fein  foQ  unb  mitL,  als 
jener  38eg  ber  mal^iren  @rfenntnig  unb  jur  maleren  Srfenntnig  jielloS 

»  ^egel«  aöetfe.  II.   Söotr.  6.  55  u.  56. 


fßoxxtht,  Einleitung  unb  dEintl^eitung.  297 

unb  Ijinfftttig.    ©tott  bes  ^iminelS  bet  SBol^tl^eit  crfaffen  »ir  fletS 
nur  bie  SBotlen  beS  ^irtl^umd.  ^ 

Sßenn  bie  obigen  älnna^men  rid^tig  xo&xtn,  fo  Mrbe  bie  ^J^Sno« 
inenologte  nid&t  „bcr  erfte  Sl^eil  beS  ©^jicmS  bet  SBBi|fenfd6Qft",  fotibern 
Don  Doml^erein  bie  93eute  beS  SfepticiSmud  fein;  bod^  ifl  {te  bem 
leiteten  ungugänglid^  unb  unübettoinblid^,  {te  l^at  il^n  nid^t  ju  fflrd^ten, 
ba  fie  il^n  in  fid^  trägt,  mit  fid^  ffll^rt  unb  als  einen  n)efentlid^en 
O^Qctor  i^rer  äJletl^obe  [elbft  ausübt.  S)ieS  3u  geigen  unb  ju  t)erbeut= 
Itdgen,  ift  ted^t  eigentlid^  ba§  Sllgema  i^rer  ,, (Einleitung". 

2.  S)ie  falf^e  ®Tunblage  bed  StoetfelS.    2)a8  erfd^etnenbe  SBiffen. 

S)ie  obigen  Slnnal^men  unb  9luffaffungen  finb  falfd^,  benn  fie  U- 
rul^cn  auf  jener  bualiftifd&en  ©runbibee,  nac^  melc^er  2)inge  unb  S)enfen, 
DbiectiüeS  unb  SubiectiDeS,  bie  ©egenftönbe  unb  baS  93elDugtfein,  bag 
SKfoIute  unb  boS  @r!ennen  getrennte  unb  teie  burd^  eine  jtluft  ge- 
fd^iebene  SBBefen  finb:  ba«  Slbfolute  auf  ber  einen  6eite,  bag  griennen 
auf  ber  onberen.  Unter  biefer  Söorausfe^ung  freilidö  erfdfeeint  affeS 
SBiffen  unb  bie  gefantmte  barauf  gerid^tete  $]^änomenoIogie  als  un= 
niöglid&.  Slber  biefe  SSorauSfe^ung  felbft  ijl  grunbfalfd^  unb  fd^eitert  an 
ber  SEl^atfad&e  be§  SQäiffenS,  be3  erfd^einenben  unb  fortfd&reitenben  SBiffenS, 
an  ber  Srfd^einung  beS  unma^ren  loie  beS  toaljren  SBiffenS  unb  ber 
Sl^atfadfte  beS  Soii^tgangö  t)on  jenem  ju  biefem.  S)iefen  Sottgang  in 
feinem  ganjen  Umfange  f^fiemotifc^  ju  begreifen  unb  auSjufü^ren: 
eben  barin  beftel^t  bie  gegen  aQen  buatiftifc^  gefinnten  SlepticiSmuS 
tool^lbegrflnbete  Aufgabe  ber  jp^dnomenologie.* 

SSBaS  bie  Öojung  ber  3lufgabc  betrifft,  fo  follen  bie  ©tufen,  b.  1^. 
bie  Oformen  ober  Srfd^einungen  beS  9Biffen3  fotool^l  in  ber  S3ollft&nbigs 
feit  als  in  ber  51  otl^ioen bi gleit  i^rcr  Sieil^enfolge  erlannt  unb  bar« 
geftefft  toerben.  „Sieje  ©arfteüung",  fagt  ^egel,  „!ann  als  ber  SBeg 
beS  natürlid^en  SetoufetjeinS,  baS  jum  »a^ren  SBiffen  bringt,  genommen 
toerben,  ober  olS  ber  2ßeg  ber  6eetc,  toeld^e  bie  JReil^e  il^rer  ®e» 
ftaltungen,  als  burd&  il^re  9latur  il^r  borgeficdCter  Stationen  burd^« 
toanbert."  „3)ie  Siei^e  feiner  ©epaltungen ,  »eld&e  baS  Setoufetfein 
auf  biefem  SBege  burd&läuft,  ift  bie  auSfütirtid^e  ©efd&id&te  ber  a3ilbung 
beS  SBetoufetfeinS  felbft  jur  SBiffenfd^aft."    2)ie  S5olIftönbig!eit  biefer 

1  ebenbaf.   dinleitunö.  6.57  u.  58.  —  «  Cbenbaf.  ©.58—61. 


298  S^ie  $^ftnoinenoIogie  btü  ®etfle<. 

©eftaltungen  erl^eüt   aud   ber  9tot]§tDenbig!ett   i^reS  t^ortgangS   utib 

S)er  htm  93eiDugt)ein  intDol^nenbe  StoedE  xoxU  erfäKt  loetben:  biefeT 
Stoetf  ip  lein  anbetet  al8  bet  SQBiHe  jum  gtlennen  obet  SBijfen,  toe«- 
I^q16  ^egel  fagt,  boS  natütltc^e  Setougtfein  fei  ,,nut  bet  93egtiff  beft 
S38iffen8  obet  ntd&t  teatc«  SBiffen",  abet  eS  l&abe  bicfcn  SBegtiff  (Stoedt) 
ju  teaKRten,  alfo  bie  JReatität  feinet  iebefimaliflen  ©tlenntnife  obet  bte 
äBal^tl^eit  beS  getoonnenen  SBiffend  gu  ptfifen,  b.  1^.  bie  gewollte  obet 
bejtoeiite  SBal^tl^eit  mit  bet  etteid^ten  gu  Detgletd^en  unb  babutd^  bie 
Stfal^tung  gu  ntadgen,  bog  ein  anbetet  fRefultat  etgielt  ein  anbetet 
ettett^t  tootben.  Unb  gn)at  t)et(öuft  btefet  gange  $toceg  aus  bem 
eigenften  Slntttebe  beS  SetoufetfcinS  felbfi,  ol^ne  ba§  eS  t)on  außen  be* 
le^tt,  geti)iefen  unb  gegängelt  toitb;  eS  ift  butd^  ftd^  felbft  genötl^igt, 
an  ftd^  unb  mit  ftd^  Stfal^tungen  gu  machen,  unb  groat  befielet  bad 
butd^gangige  ST^ema  aOet  feinet  (Stfal^tungen  batin,  baß  bie  Slefultate 
fletd  anbetS  audfaQen  als  bie  Slbfid^ten  obet  S^otauiSfe^ungen,  bag  im 
aSettauf  feines  6t!ennenS  immet  am  (Snbc  jebet  Station  etwa«  gang 
anbeteS  l^etauSfommt,  als  im  93eginn  gefuc^t  unb  gemeint  toat,  ba§ 
aus  jebet  feinet  ©tufen  baS  Setoufetfein  als  ein  anbeteS  l^etöotgel^t, 
als  l^ineingel^t.  @oId^e  Stfa^tungen  finb  eS,  butd^  bie  man  bele^tt 
n)itb;  ballet  I5nnte  man  bie  l^egelfd^e  ${)dnomenologie,  bie  baS  menf<!^' 
lid^e  93eiou§tfein  ben  t)oIIftänbigen  S^KuS  folt^et  Stfa^tungen  mad^en 
unb  etleben  läßt,  füglidö  unb  ttcffenb  bie  ßel^tial^te  beS  SBetoufet* 
feinS  nennen,  baS  SQBott  fo  genommen,  »ie  cS  ©oetl&e  in  feinem 
9BiI]^etm  SJleijtet  angeioenbet  l^at.^ 

@S  liegt  in  bet  Statut  unb  bem  ®ange  beS  93eiougtfeinS,  baß  eS 
eine  beftimmte  Sßal^t^eit  etgteift,  fic^  aneignet  unb  burd^btingt,  eben 
babutd^  in  il^tet  9tid(|ttgTeit  erfemit  unb  niiebet  aufgiebt,  fo  baß  fein 
SBcg,  nut  Don  biefet  ©eite  bettadfetet,  als  bet  S38eg  beS  3ti>eifelS,  ja 
bet  aSetgmeiflung  etfd^eint,  »enn  baS  Slcfultat  bet  Slefuttate  fein 
anbeteS  ift  als  bie  9lid^tigfeit  aQet.  Unb  bie  ^l^dnomenologie,  tnbem 
fte  biefen  S35eg  beS  3weifelS  etleud^tet  unb  batfteüt,  ift  felbft  ,,bet  auf 
ben  gangen  Umfang  beS  etfd&einenben  SBiffenS  fid&  tid^tenbe  ©fepti- 
ciSmuS'\  bet  abet  !eineSn)egS  niljilifiifd^  gu  nel^men  ift,  als  ob  eS  mit 
aKen  äBa^t^eiten  eitel  nid)tS  mdte,  fonbetn  eS  ^anbelt  ftd^  ftetS  um 
eine  beftimmte  SBa^tl^eit,  bie  etlebt  unb  ausgelebt,  butd^bai^t,  gu  Snbe 

»  dbenbaf.   einleihmg.   S.  61  u.  62.   —   «  Cbenbaf.   6.  68  u.  64. 


^onebf;  Q^inleitung  unb  (Sint^eilung.  299 

gebadet  unb  Verneint  iDttb,  tDorau9  ftd^  ate  baS  Snbrefultat  {eineStuegS 
Stid^tS,  fonbeTtt  eine  neue  unb  I^SI^ere  SBol^rl^eit  ergiebt.  S)er  SSerlufi 
jeber  beßimmten  SBal^rl^eit  i{l  ber  @elDtnn  einet  neuen,  ebenfalls  be- 
ftimmten.  S)ie  SSebeutung  bed  f^ortgangS  ift  ballet  ntd^t  ni^tüfiifd^, 
VDo\)l  aber  negatit),  baS  2Boct  in  bem  eben  erKAtten  €inn  Detßanben. 
,,2)er  @!e))ticiSntuS,  ber  mit  ber  ^bfiraction  beS  9'iic^tö  ober  ber  Seer» 
^eit  enbigt,  !ann  t)on  biefer  nid^t  meiter  fortgeben,  fonbern  ntug  eS 
ern)arten,  ob  unb  toad  i{)m  etma  Steuer  ftd^  batbietet,  um  eS  in  ben- 
fetben  leeren  Slbgrunb  gu  »erfen.  3nbem  bagegen  baö  SRefultot,  xoit 
eS  in  SQBö^t^eit  ift,  aufgefaßt  wirb,  als  bejlimmte  5Regation,  fo  iji 
bamtt  unmittelbar  eine  neue  Oform  entfprungen  unb  in  bet  9legation 
bet  Uebetgang  gemaiftt,  toobutc^  fid6  bet  f^ottgang  butd6  bic  t)ott= 
jiänbige  Sfleil^e  bet  ©ejlalten  t»on  felbji  etgiebt/* 

3ur  aSoKftänbigfeit  bet  Steige  gel^ött  baS  3iel.  3)et  Qfortgang 
ift  toeber  ergebnislos  noci&  jielloS.  S)aS  Settju^tfein  ift  genöt^igt,  fiber 
jebe  feiner  (Sefialten  ober  Srfc^einungen  l^inauSjugel^en,  bis  eS  nid^t 
weiter  lann.  Um  bie  ©cwatt  biefer  9'lotl^wenbigleit,  bie  Unoufl^altfam* 
feit  biefeS  gfortgangS  red^t  beutlic^  auSjubrflden,  bejeid^net  fte  ber 
^ß^ilofoj)]^  als  ein  „^^inauSgetrieben«  unb  ^inauSgeriffenwerben".  ©er 
$un!t,  Aber  weld^en  baS  99ewugtfein  nid^t  me^t  l^inauS  fann,  ift  baS 
3iet,  wotin  eS  Stu^e  unb  93eftiebigung  finbet.  SBelc^eS  biefeS  3iet 
fein  wirb,  Id^t  fidg  DotauSfel^en.  S)ie  ®eftaUen  obet  Stfd^einungen 
beS  SSewu^tfeinS  ftnb  gleid^fam  ^fillen,  bie  Don  @tufe  gu  Stufe  butc^» 
fid^tiget  wetben,  bis  bie  le^te  ^üDe  fällt  unb  nunme^t  in  baS  DoUfte 
ßid^t  tritt,  was  aüen  Stfd^einungen  gu  ©tunbe  lag  unb  pe  l^erDor= 
getrieben  l^at.  2)ann  i{l,  bilblic^  ju  reben,  baS  SBilb  Don  @a'iS  ent= 
fc^leiett.  Unb  WaS  anbereS  l^at  allen  biefen  €rf(6einungen  gu  ©runbe 
gelegen,  tl^ren  fiern  unb  i^r  Sßefen  auSgemad^t,  als  baS  SBewugtfein  felbft, 
baS  SBiffen?  S)ieS  war  ber  gu  tealifitenbe  fflegriff,  baS  I^ema  bet  gangen 
Cntwidtlung.  SQSenn  nun  baS  SBBiffen  felbft  gum  ©egenjianbe  bcS  Se« 
wufetfeinS  gewotbcn,  baS  SBiffen  als  fold&eS,  baS  teine,  unDettittüte, 
abfolute  SBiffen,  fo  ift  baS  i^ema  ausgeführt:  bet  SBegriff  ift  gleidö 
bem  ©egenjianbe,  bet  ©egenftonb  ift  gleid&  bem  SBegtiff,  beibc  ent» 
fpred^en  einanber  DoDIommen.  @o  erflört  fid^  bie  folgenbe,  fc^wierige 
unb  für  baS  SSerfiönbnife  ber  ^Phänomenologie  ]^5(Jft  wid^tige  ©teile: 
„S)oS  3iet  aber  ift  bem  SBiffen  ebenfo  notl^wenbig,  als  bie  Sflei^e  beS 


1  Sbenbaf.   Einleitung.   8.  62  u.  63* 


800  2)ie  $^&nomenoIo|)te  bed  (BeifteS. 

OfottgangeS,  geftedt;  eS  tft  ba,  too  t8  ntd^t  tnel^r  fl6er  ftd^  feI6fl  l^ittauS» 
guge^en  nötl^ig  f^at,  tDO  eS  fi(^  felbfi  ftnbet;  unb  btx  S3egriff  betn 
©egenftanbe,  btx  ®cgenf!anb  betn  S3egriffe  etitfpttd^t.  2)er  Ofo^tgattg 
gu  biefem  Stele  tft  ba^er  aud&  uttaufl^altfam,  uttb  auf  !ettter  frü^erett 
Station  tft  93efriebtgung  ju  finben.  9Ba8  auf  ein  notürlidgeS  Seben 
befd^rAnlt  ifl,  Derntag  butd^  ftd^  felbft  nidgt  fiber  fein  unmittelbares 
S)afein  l^inauSguge^en;  aber  eS  mirb  burd^  ein  anbereS  barüber  l^inaud- 
getrieben,  unb  bieiS  ^inauSgeriffeniDerben  ift  fein  S^ob.  S)a8  SBetougt« 
fein  aber  ift  für  ft*  felbfi  fein  »egriff."* 

3.  S)ie  SO^et^obe  ber  9(uftfü^rung. 

1.  S)er  gefammte  Qfortgang  beS  SBetoufetfeinö  t)on  ber  niebrigften 
€tufe  bis  gur  l^öd^ften  gefdbielgt  burdg  bie  immer  erneute  Srfal^rung, 
bag  ber  ©egenftanb  in  Sßal^rl^eit  ntd^t  fo  ift,  iDie  baiS  Semugtfein  ge^ 
meint  l^at,  ha^  er  fei,  bog  er  bem  93egriff,  toeld^en  bad  99etDu6tfein 
Don  il^m  gefaxt  unb  gel^egt,  nid^t  entfpric^t:  ber  ©egenftaitb  unb 
ber  93 e griff,  baS  finb  bie  beiben  äJtomente,  in  beren  ä^ergleid^ung 
baS  burdggdngige  Xl^ema  beS  SSemu^tfeinUb^ftei^,  ber  S9egriff  ift  ber 
äJtaagftab,  ber  an  ben  ©egenftanb  gelegt  unb  mit  biefem  ))ergli(i6en 
loirb,  um  gu  ))rfifen,  ob  beibe  einanber  gleichen  ober  nid^t,  ob  ber 
©egenftanb  bem  93egriffe  entf))rtd^t  ober  toiberftrtitet.  ,,2)enn  bie 
^Prüfung  befleißt  in  bem  anlegen  eines  angenommenen  SJlaa^fiabeS 
unb  in  ber  fic^  ergebenben  ©teid^l^eit  ober  Ungleid^^eit  beffen,  loaS 
geprüft  n)irb,  mit  i^m,  bie  @nt)d^eibung,  ob  ed  rid^tig  ober  unrid^tig 
ift,  unb  ber  SJlaagftab  flberl^aupt,  unb  ebenfo  bie  äBiffenfd^aft,  »enn 
fie  ber  3}iaagftab  todre,  ift  babei  als  baS  äBefen  ober  baS  S(nfid5 
angenommen."*  * 

2.  S)aS  93etougtfein  Derl^&It  fid^  jum  ©egenftanbe  auf  gn^eifad^e 
%rt;  es  mug  ftd^  fomol^I  auf  btn  ©egenftanb  begießen  als  r>on  bem- 
fetten  unterf d&eiben :  in  ber  Segic^ung  beS  SSewu^tfeinS  auf  ben  ©egen- 
ftanb befielet  baS  SBiffen:  baS  ift  ber  ©egenftanb,  mie  er  im  a3etDu6t« 
fein  ftd^  barfteHt  ober  erfd^eint,  ber  gefugte  ©egenftanb;  nun  aber 
fommt  bem  ©egenftanbe  als  fold^em  aud^  ein  Dom  93emugt[ein  unter« 
fc^iebeneS,  i^m  felbft  angel^origeS  @ein  gu,  ein  Sein  an  fid^  fettft. 
6s  finb  bemnatft,  mas  ben  ©egenftanb  betrifft,  biefe  beiben  9Jlomentc 
U)o]^I  gu  unterfd&eiben:  fein  (auf  baS  SSemugtfein)  93egogenfein  unb 


ebenbaf.   Einleitung.   S.  63.  —  «  ©benbaf.   B.  64. 


93otrebe,  (Einleitung  unb  Sint^eilung.  301 

fein  (Dom  SSetDugtfein)  Unterfd^iebenfetn;  unb  ba  ein  anbetet  ber 
©egenfianb,  ein  anbereS  boS  SBelou^tfein  tft,  fo  fann  bad  SBejogenfein 
beS  ©egenßanbed  ober  ha8  Sein  beffelben  für  baS  93etDU^tfein  aud^ 
fein  ^ütanbereSfein  g^nönnt  »erben,  S)ie  beiben  in  Slnfel^unfl  beS 
©egenfianbe«  tool^l  gu  unterfd^eibenben  Seiten  ober  aWontentc  finb 
bemnad^  fein  „SütetnanbreSfein"  unb  fein  ^Slnfid&felbfifein". 
S)iefe  abftracte  unb  flreng  logifd^e  SfuSbrudFsioeife  ift  nid^t  Don  ^ege( 
erfunben,  fonbern  in  il^rer  Slnioenbung  auf  ba8  93eU)u^tfein  unb  beffen 
(SntioidElungSgang  fd^on  Don  g^id^te  Dorgebilbet.  ^ 

S)qS  93eiougtfein  bejiel^t  unb  unterfdgeibet:  z»  unterfd^eibet  bie 
3lrt,  toie  ber  ©egenfianb  il^m  erfc^cint  (für  baS  SBeiou&tfein  ober  für 
ein  anbereö  ift)  unb  toie  er  an  fid&  felbfl  ifl,  eS  unterfd&eibet  bie  6r= 
fd^einung  beS  ©egenfianbed  Don  feinem  SBefen  unb  Dergleid^t  beibe: 
eben  barin  bepelzt  feine  ^Prüfung  unb  bie  SRotl^toenbigfeit  feine«  3fort= 
fdgrittd.  SBqS  bol^er  bad  SBefen  ober  boS  Wnfidg  beiS  ©egenflanbeS 
genannt  loirb,  ift  leinesioegs  augetfialb  beS  SeD^u^tfeinS  unb  unab- 
l^öngig  Don  il^m,  fonbern  ebenfalls  für  baS  SSeiougtfein  unb  burd^ 
boffclbe.  6onft  fönnte  ia  audfe  baS  SBetoufetfein  ben  ©cgenjtanb  unb 
feinen  Segriff,  ben  ©egenjlanb,  »ie  er  für  ein  anbereS  unb  toie  er  an 
fid6  ifi,  nid^t  mit  einanber  Dergleid&en,  toenn  nidfet  beibe  SOtomente  DoÖs 
lommen  in  baS  99etDugtfein  felbfl  fielen.  „S)aS  9BefentIi(^e  aber  ifi, 
bieS  für  bie  gange  Unterfud^ung  feftgul^alten,  ba^  biefe  beiben  SJlomente, 
Segriff  unb  ©egenpanb,  fJüreinanbreS*  unb  Slnfidöfelbpfein, 
in  baS  SBiffen,  baS  loir  unterfud^en,  felbfl  faffen  unb  l^iermit  wir  nid&t 
nötl^ig  l^aben,  Sfflaafefläbe  mitgubringen  unb  unfere  ginföffe  unb  ©e= 
ban!en  bei  ber  Unterfud^ung  gu  at)^Iiciren;  baburd^,  ba^  wir  biefe 
weglaffen,  erteid^en  wir  eS,  bie  @ad^e,  wie  jte  an  unb  für  fid)  felbfl 
ifl,  gu  betrad&ten/* 

3.  SKer  Ofottfd^ritt  beS  93ewugtfein§  Don  einer  @tufe  gur  anberen 
berul^t  auf  bem  SBiberflreit  gwifd^en  bem  ©egenftanbe  unb  feinem  Se* 
griffe,  gwifc^en  ber  ßrfd&einung  beS  ©cgenftanbeS  unb  feinem  SBefen, 
gwifd^en  feinem  gfflreinonbreSfein  unb  feinem  Slnfidöfelbflfein:  auf  biefem 
bem  SBewu^tfein  einleud^tenben  SBtbcrftreit;  biefer  SBiberflreit  felbft 
aber  erl^etlt  aus  ber  Prüfung,  wie  fid^  jene  beiben  äJlomente  gu  einanber 
Derl^alten,  unb  biefe  Prüfung  befleißt  in  ber  S^ergleid^ung  beiber,  bie 
fid6  ol^nc  jebeS  anberweitige  3utl^un  au8  bem  Scwufetfein  felbfl  ergiebt 

^fß^l.  biefes  aBerl  (altere  fluSgabe).  »b.  V.  »u«  III.  ^ap.  V-VH.  @.  462 
bis  465  flgb.  (@.  465—498.)  -  »  ^egelS  Söeife.  IL   ßinl.  6.  66,    JOgf.  ©.  69. 


302  2)ie  ^^änomenologte  beS  ©elfte«. 

unb  red^t  etgentlid^  beffen  Xl^etna  ttnb  £]^ättg!eit  auSmad^t.  2)q  nun 
boS  Sefen  ober  boS  ^nftd^  bed  ©egenfionbeS  nad&  bem  2)offlr]^aIten 
be§  93etDu^t{etnS  felbft  btefem  gor  nid^t  anfitl^rt,  fonbem  DöKig  auger» 
l^alb  feiner  liegt  unb  DDUig  utiabl^Angig  Don  ilgm  befleißt,  ober,  anberS 
QuSgebrficft,  ha  baft  99en)ugtfetn,  inbem  ed  Don  ber  Srfd^etnung  beS 
©egenfionbeS  bad  SBefen  ober  9(nfid&  beffelben  unterfd^eibet,  fi(^  ber 
SSoifteOung  beS  (edieren  ol8  feine§  ©egenftonbeS  unb  feines  ®e= 
banlend  gor  nid^t  beiougt  \%  fo  gefd^iel^t  feine  Prüfung  unb  SSergleic^ung 
unto!nfflTnd6  unb  unbetouftt,  unb  ebenfo  unn)itt!ürKd&  unb  un= 
betonet  ber  barauf  gegrünbete  Qfortfc^ritt,  b.  1^.  bie  JBeränberung  feines 
StonbpunltS,  unb  mit  bent  @tanb))unfte  beS  SBetou^tfeinS  (SSiffenS) 
Qud^  bie  SSerdnberung  feines  ©egenftanbS.  „S)er  ©egenftanb  fc^eint 
gioar  fttr  baffelbe  nur  fo  gu  fein,  lote  eS  il^n  n)eig;  eS  fd^eint  gleidgfam 
nid^t  bal^inter  lommen  gu  fönnen,  toie  er  nid&t  fflr  baffelbe,  fonbern 
teie  er  an  fid^  ifi,  unb  alfo  aud^  fein  SBiffen  nid()t  an  il^m  prfifen  ju 
!önnen.  Slllein  gerabe  barin,  ba^  es  überl^aupt  t)on  einem  ®egen= 
flanbe  n)eig,  ift  fd^on  ber  Unterfdgieb  Dorl^anben,  ba^  il^m  etioaS  baS 
Slnfid^,  ein  anbereS  äJloment  aber  baS  SSiffen  ober  baS  @ein  beS 
©egenftanbeS  fflr  baS  Setou^tfein  ift.  Stuf  biefer  Unterfd^eibung, 
tt)eld&e  Dorl^anben  ifi,  berul^t  bie  5ßrüfung.  6ntfprid6t  ftd&  in  biefer 
SSergleid^ung  beibeS  nid^t,  fo  fd^eint  baS  SSeiougtfein  fein  SBiffen  finbem 
}u  mflffen,  um  eS  bem  ©egenftanbe  gemäg  ju  ma($en,  aber  in  ber 
!Derdnberung  beS  äBiffenS  änbert  ftd()  il^m  in  ber  S^l^at  aud^  ber  ®egen= 
flanb  felbft."  1 

4.  SBaS  bem  SSemu^tfein  als  ber  toirltid^e  ©egenftanb  erfdgien, 
l^ört  auf  ats  fold^er  gu  gelten,  er  gel^t  im  Setougtfein  unter  unb  ftnft 
l^erab  in  bie  Stegion  ber  fubjectiDen  äJleinungen  unb  SSorfteOungen 
irriger  ^rt;  loaS  bagegen  baS  93etou^tfein  als  baS  SBefen  ober  baS 
Slnfi^  beS  Objects  angefel^en  ^t,  ge^t  nunmel^r  auf  ais  ber  toal^re 
unb  neue  ©egenftanb.  (Eben  barin  befte^t  bie  umoiKfürlid^e  unb  un- 
befugte SRetamor^l^ofe  beS  SeiougtfeinS,  »eld^e  gu  erlennen  unb  bar- 
gufteOen  baS  Sl^ema  ber  $^&nomenoIogie  ausmacht.  „3)ies  bietet  ft(^ 
^ier  fo  bar,  bag,  inbem  baS,  loaS  guerft  ats  ber  ©egenftanb  erfdgien, 
bem  93en)ugtfein  gu  einem  äBiffen  Don  il^m  ^erabfinlt,  unb  baS  Sfnf  id& 
gu  einem  fflr  baS  93ett)ugtfein  @ein  beS  Snfidg  n)irb,  bieS  ber 
neue  ©egenftanb  ift,  loomit  aud^  eine  neue  ©eftalt  beS  93en)ugtfeinS 


Sbenbaf.  Einleitung.  €«67, 


aOonebc,  (ginleitung  unb  üitit^eilung.  803 

ouftritt;  mlä^tx  ettnaiS  onbereiS  baS  SSefen  ift,  aU  ber  üorl^ergelgenben: 
biefer  Umflanb  iß  ed,  toeld^er  bie  ganje  O^olge  ber  ©eflalten  beS  93e- 
»ugtfetniS  leitet.  9lur  biefe  9lot]^tDenbigIett  felbft  ober  bieSntftel^ung 
beiS  neuen  ®egenfianbeS,  ber  bem  93ett)uBtfetn,  o^ne  )u  tt)tffen,  n)te 
ilgm  gefd^tel^t,  ftd^  borbtetet,  ifi  eis,  idqS  für  und  gleid^fam  l^tnter  feinem 
Sftüdten  t)orfle^t."^ 

5.  S)aS  ntenfd^Itd^e  Seben  gleid^t  barin  einem  ®ef))räd&,  bag  fid^ 
im  fioufe  ber  Lebensalter  unb  SebenSerfa^rungen  unfere  Slnftd^ten  t>on 
SJlenfdgen  unb  2)ingen  aümdlglid^  umgeftalten  unb  t)eränbern,  tt)ie  bie 
SReinungen  ber  Unterrebenben  im  Saufe  eines  frudbtbaren  unb  ibeen^ 
reid^en  ©efpr&d^s.  3n  biefer  untt)iDffirli(i^en  unb  notJ^toenbigen  Um« 
geftaltung  unferer  SebenS-  unb  SBeltanfidgten  befleißt  red)t  eigentlid^ 
bie  @rfal^rung,  toit  mir  fd^on  eben  bargelegt  l^aben.'  S)arum 
^at  ^egel  ben  ®ang  beS  99eiDugtfeinS,  inbem  er  benfelben  mit  bem 
©onge  eines  ijl^tlofopl^ifd&en  ®efl)rad&S  (8iaXiYsa*at)  Dergleid^t,  mit 
bem  äBorte  S)iale{ti{  ober  bialeftifd^e  SSetoegung  bejetd^net,  meld^er 
^(uSbrud  fd^on  t)on  $Iato,  SriftoteleS  unb  Aant  in  l^erüorragenbem 
unb  öerfd&iebenem  ©inn  gebroud6t  ttorben  ifi,  ober  in  feinem  ©^flem 
eine  fo  umfaffenbe  93ebeutung  erlangt  l^at,  als  in  bem  l^egelfd^en. 
„Siefe  bialeltifd^e  93ett)egung,  tt)eld^e  bas  93eli)ugtfein  an  i^m  felbft,  > 
fottol^l  an  feinem  SSBiffen,  als  an  feinem  ©egenjianbe  ausübt,  infofern  1 
i^m  ber  neue  toa^xt  ©egenftanb  barauS  entfpringt,  ifi  eigentlid^  ( 
basjenigc,  tt)aS  ßrfal^rung  genannt  »irb."' 

@o  totxt  bie  92ot]^tDenbigIeit  l^enfd^t,  fo  toeit  erftredft  ftd^  baS 
®ebiet  ber  Sßiffenfd^aft.  Ser  ®ang  beS  93etDugtfeinS,  ba  er  ben 
Sl^aralter  ber  9lot]^menbig{eit  l^at,  ift  ®egenf}anb  einer  Sßiffenfc^aft: 
S)iefe  aSiffenfd&aft  ift  bie  ?J^ftnomenologie.  SBir  l&aben  fd&on  gefagt, 
ttie  auf  ber  l^öd^jien  ©tufe,  »o  ber  ®ang  beS  SetoufetfeinS  enbet,  baS 
Jffiiffen  ober  bie  SBiffenfdftaft  felbft  als  ber  roal^re,  bem  Segriff  völlig 
gemäße  ®egenftanb  an  baS  Sid^t  tritt.  3)arum  fagt  ^egel  t)on  bem 
not^toenbigen  ®ange  beS  SetoufetfeinS  unb  feinem  3i«fe:  «©urd^  biefe/ 
3lot^tt)enbigfeit  ifi  biefer  SBeg  jur  Sffliffenfdfeaft  felbP  fdfeon  5!Biffen=i 
fd^aft  unb  nadg  il^rem  ^nl^alte  l^iermit  9Eßiffenfd^aft  ber  @rfa]^rung 
beS  SBetoufetfeinS".* 

6.  SBenn  )oir  bemnad^  bie  ^J^dnomenologie  mit  il^rem  ©egenfianbe 
Dergleidgen,  fo  trägt  biefer  fo  fel^r  ben  6^aralter  ber  inneren  fRoÜ)' 

1  (gbenbttf.  6.  69.  —  •  6.  oben  6.  298,  ©.  302.  —  •  ^egeU  Sßetle.  n. 
(EtnI.  6.  67.  -  *  aSgl.  oben  €.  299  ftgb.    ^egclS  SBerte.  II.  iBinl  6.  69. 


304  2)te  ^^ftnomenologie  bed  ©eifiei». 

koenbigleit  unb  eigenen  ©efe^mAgigtett  in  fid^,  ba%  biefe  nid^tg  qnbreS 
ju  tl^un  l^at,  aU  ben  ®ang  beS  ädelDU^tfeind  ju  Verfolgen  unb  ju  be« 
ttad^ten.  @8  bleibt  il^r,  »ie  ^egel  fagt,  ,,nur  bad  reine  Bufe^en". 
.,9ltd^t  nur  nad^  biefer  Seite,  bog  93egriff  unb  ®egen{tanb,  ber  Tlaa^» 
{tab  unb  baS  }u  ^rüfenbe,  in  bent  SSelouBtfein  felbfl  Dor^anben  i{t, 
toirb  eine  Sutl^at  t)on  und  flberflüffig;  fonbem  )Dir  toerben  aud^  ber 
3Slti^t  ber  93erglei(l6ung  beiber  unb  ber  eigentlid^en  ^rflfung'über^ 
^oben,  fo  bog,  tnbem  boiS  93eto)ugtfein  ftd^  felbft  prfift,  und  au((  t>on 
biefer  Seite  nur  ba9  reine  3ufel^en  bleibt/'  ^ 

Stmad  aber  l^at  ber  SSetrad^ter  t)or  feinem  ©egenfJanbe  üorauS, 
unb  eben  barin  unterfd^eibet  ftd^  bie  ^l^ftnomenobgie  beiS  ©eified  t^on 
il^rem  ©egenftanbe,  nftmlid^  bem  in  feiner  unioilßarlid^eit  Umgefialtung 
unb  aJletamorp^ofe  begriffenen  aSemugtfein:  mag  nad^  bem  ilMhtndt 
$^g^Id  ^gleid^fam  l^inter  bem  StfldEen  beiS  99elDugtfein8  gefd^iel^f,  bad 
ift  bem  t^j^ftnomenologifd^en  Setrad^ter  einleud^tenb  unb  gefd^iel^t  Dor 
feinen  Sugen.  ^aS  93emugtfein  glaubt,  bag  ieneiS  Slnfid^,  iDomit  ed 
ben  ©egenjianb  t)ergleid6t  unb  ))rflft,  au^erl^alb  feiner  @))lgare  ifl  unb 
MQig  unabhängig  t)on  feinem  SSiffen  unb  äJleinen,  e8  meig  nid^t,  baB 
biefed  Snftc^,  ber  SJlaagftab  feiner  93ergleid^ung  unb  Prüfung,  auc^ 
fein  ©egenftanb  unb  @eban!e  ift;  bied  aber  mti%  ber  ))^anomenoIogifc(e 
Setrad&ter.  S)ie  ^erfonen,  bie  eine  ®efd6id6tc  erleben,  toiffen  nW, 
tt)ol^in  fie  treiben;  »ol^I  aber  toeig  eS  ber  ßrjöl^Ier,  ber  bie  ®efd^id^te 
mit  t)ölltger  Dbiectiüitöt  fd^reibt  unb  biefelbe  genau  fo  gefd^e^en  {dgt, 
ttie  fie  in  SBal^rl^eit  t)erlaufen  ift.  SBie  ftd^  bie  @r)äl^Iung  t)on  ben 
^erfonen  il^rer  ©efd^icftte  unb  bereu  ©d^idtfalen  unterfd^eibct,  fo  unter- 
ftfeeibet  fid6  bie  ^l^dnomenologie  t)on  bem  ®ange  unb  ben  Srlebniffen  ober 
Erfahrungen  bed  SemugtfeinS.  3u  bem  ®ange  unb  ben  Erfahrungen 
beS  93ett)ugtfetnd  gel^ören  eine  9lei^e  not^toenbiger  S^Aufc^ungen  unb 
©elbfttaufdöungen,  bie  erlebt  unb  erlitten  »erben  muffen,  um'erlannt 
}u  loerben;  bie  ^l^dnomenologte  bagegen  burdgfd^aut  biefe  Zftufd^ungen 
unb  iß  felbfl  baDon  frei. 

III.  3)er  Stufengang  bed  SSemugtfeind. 
1.  2)ie  ^au^tftufen. 

2)a  baS  SBemugtfein  fidg  felbfl  fottol^l  auf  bie  ®egenftAnbe  bejie^t 
als  baDon  unterfd^eibet,  fo  finb  bie  S)inge  unb  baS  eigene  @elbfl  bie 

1  Sbenbaf.  ^Einleitung.  6.  66. 


S)ie  9^änomenolx)gic  beS  ®et{ie8.  SSorrebe,  (iinIcUung  unb  (iint^ctlung.      305 

Sl^emata  fetner  (etben  erßen  ^auptftufett:  bie  erfte  Stufe  iß  bad  gegen- 
ftAnbUd^e  99eto)ugtfetn,  bie  jmeite  ba0  SeKfibetDU^tfein.  9ßit  miffen 
bereits,  bag  bie  l^d(^jle  unb  le^te  Stufe  baS  reine,  unüerl^Uttte  ober 
abfolute  SBiffen  fein  toirb.*  SDamit  ftnb  brei  ^auptflufen  gegeben,  bie 
beiben  erflen  unb  bie  le^te:  baS  99eto)u^tfein,  baS  @elbf}ben)ugt= 
fein  unb  baS  abfotute  äBiffen. 

2)ad  gegenftdnblid^e  Semugtfein  unb  baS  @elbflben)ugtfein  Der- 
maßen fid6,  »ie  bie  ©egenjlftnbe  unb  unfer  ©elbji,  »ie  Dbiectiöe«  unb 
©ubjectiDeö,  beren  ßinl^eit  ober  Sbentität  gemftfe  ber  abentitfttslel^re 
bie  äJernunft  ift:  bal^er  ift  bie  SJernunft  baS  Z^tma  ber  britten 
^auptftufe,  bie  fid^  q(3  baiS  SSernunftbetougtfein  lennjeid^nen  I&gt. 
3)ie  SJemunft  aber  nad6  l^egelfd^er  ßel^re  ift,  um  eä  in  l^egelfd&en  SluS= 
brflden  ju  fagen,  nidöt  ©ubjianj,  fonbern  ©ubject,  b.  1^.  fie  ift  felbji= 
betDU§te  aSernunft  ober  ®eifi;  bie  Offenbarung  beö  ©eifieS  ift  bie 
SBeltorbnung  unb  beren  l^öd^fte  @tufe  bie  ©otteSibee  in  ber  SSelt, 
b.  i.  bie  95orfteIIung  be§  ©öttlid^en  (9lbfoluten)  ober  bie  JUeHgion, 
bie  fid^  in  ber  toal^ren  ©otteiSerfenntnig  DoIIenbet.  2)ie  malere  ©otteS« 
erlenntnig  ifl  bai^  abfolute  SBiffen. 

2)emnad6  unterfiigeibet  bie  ^l^Anomenotogie  jioififien  ber  jloeiten 
unb  legten  ©tufe,  atDifc^en  bem  ©elbfibetoufetfein  unb  bem  abfoluten 
SBiffen  biefe  brei  §au|)tftufen:  bie  „Vernunft",  ber  „©eiji"  unb 
bie  „Sleligion". 

2,  ^ie  ttiabtf(|e  Otbnung. 
Um  nun  bie  (Sintl^eilung  ber  ^I^AnomenoIogie  mfigUd^ft  in  ber 
il^m  mufiergflitigen  triabifd^en  Drbnung  barjupeßen,  ^at  ^egel  brei 
^au))tftufen  unterfd^ieben  unb  bie  le^te  Dierfad^  gegliebert.  S)iefe  brei 
^aut)tiiufen  finb:  ^A.  Setoufetf^it,  B.  ©elbpetoufetfein,  C.  Vernunft", 
bie  Dier  ©lieber  ber  britten  ©tufe  finb:  „AA.  SBernunft,  BB.  ber 
©eift,  CC.  bie  Sfteligion  unb  DD.  baö  abfolute  SBiffen".  3n  biefer 
2lrd6ite!toniI  erfdfeeint  bie  SSernunft  jioeimal:  fie  ijt  bie  britte  ^aupt» 
fiufe  C.  unb  jugleid^  beren  erjieS  ©lieb  C.  (AA.).* 

3.  S)te  ®rensen. 
S)ie  erfte  ©tufe  beS  gegenftdnblidöen  SäetoufetfeinS  fann  feine  anbere 
fein  als  bie  ber  finnlid^en  ©ettifel^eit,  toie  aud6  5piato  in  feinem  Sl^eätet 

»  6.  oben  ©.299.  —  «  A.  SBctoufttfeln.  6.71-126.  B.  ©elbflbetoufttfein. 
©.127-168.  0.  (AA.)  aSernunft.  ©.169-316.  BB.  S)er  ®eiii.  ©.317-491. 
CC.  S)ic  Siciijjion.   ©.492—573.   DD.  3)a«  abfolute  SBiUen,   ©.574-591. 


306  2)a8  flegeitfi&nbltd^e  IBctou^feiit. 

bte  alodifja!!;  ali  bte  erße  unb  untetfle  @tufe  beS  SßiifenS  er- 
flfttt  l^Qtte.  2)er  ®ang  bed  a3eto)u§tfein8,  toxt  bte  ^^dnomenotogte 
benfelben  barfteOt,  erfiredt  ftd^  ballet  toon  ber  ftnnlid^en  ®eto)i§^t  bU 
3um  Qbfoluten  äBiffen. 


@ed^{le8  Sapitel. 
9ii$  gegenfUnMii^f  irnnftfetn. 

I.  2)ie  finnlid^e  ®ett)tg]^ett. 

1.  2)ic  obiectiDfie,  tct^fie  unb  concrctefie  tBal^r^eit. 

3eber  Stnfang  gefd^iel^t  unmittelbar,  benn  toaS  oertnittelt  tt)irb, 
fangt  nid&t  on,  fonbern  tfl  fd&on  im  Ofortgange  beflriffen.  S)a8  um 
mittelbare,  toeil  burd^  !eine  befugte  ®eban!enfoIge  t)ermittelte  SBiffen 
ift  ftnnli^,  unb  ba  allein  unmittelbare  SSiffen  ben  (Sf^axalUx  ber  ®e- 
toig^eit  l^at,  fo  !enn)ei$net  ftd^  ber  Anfang  unb  bie  erfte  @tufe  bed 
93ett)ugtfeind  aU  bie  ber  finnlid^en  ®ett)ig]^eit.  Sem  93etDuitfein 
felbjt  erfd^eittt  biefe  ®e{lalt  feines  SBiffend  al§  bie  gegenftfinblid^fte 
ober  reatfte,  ate  bie  reid^fte  unb  aU  bie  loal^rl^afteße:  fie  erfd^eint  als 
bie  gegenßftnblid^fte,  benn  ber  ftnnlid^e  ®egenf}anb,  tpie  biefeS  93etcugt- 
fein  meint,  ift  bie  ameifellofe  Siealitftt,  er  lönnte  nid^t  empfunben 
iDerben,  loenn  er  nid^t  m&re,  er  ift,  gleid^Diel,  ob  xdxx  il^n  empfinben, 
t)or{ieaen  unb  loiffen.  2)ag  ber  ®egen{}anb  ift,  bieg  iflbaS  Sßefent> 
lid^e;  ba%  er  gemußt  n)irb,  ift  unmefentlid^,  gleid^gültig  unb  gufAlIig; 
baS  @ein  be8  ®egenftanbeiS  ift  bie  ^auptfad^e,  baS  Sein  beS  l^etougt« 
feinS  bie  t)bllig  abhängige  9lebenfad^e,  bie  au(^  eben  fo  gut  gar  nid^t 
ju  fein  brauchte.  2)ie  finnlid^e  ®etDig^eit  erfd^eint  fid^  ate  baS 
reid^fte  äBiffen,  »eil  feine  ®egenftanbe  ftcb  fo  »eit  erftreden  als  3eit 
unb  SRaum;  enblid^  gilt  fie  il^m  als  baS  mal^rl^aftefte,  meil  t>oU' 
ftAnbigfie  SBiffen;  benn  fie  ligt  il^re  ®egenftdnbe,  mie  fie  finb,  fie 
nimmt  nid^ts  t>on  i^nen  n)eg,  mie  eS  baS  SDenlen  oermöge  feiner  Vb- 
flraction  tl&ut.^ 

2.  2>te  fulbiectiDile,  ftrmfie  unb  abjlractefte  SS^a^rl^cit. 

93ei  n&^erer  ^[hrilfung  aber  jeigt  ftd^  aldbalb,  bag  eS  ftd^  mit  ber 
finnltd^en  SBa^rl^eit  feineStoegS  fo  toerl^ilt,  toie  baS  Semugtfein  glaubt: 

i  übcnbaf.  II.  A.  Setoufttfein.  I.  ^ie  flnnlt^c  Oetotgl^ett  ober  bai  SHefei 
unb-  bai  aOlleuicn.  6.  71—82.   6.  71  flgb.  6.  75  flgb. 


S)aiS  gegenflftnbli^e  Sdetougtfein.  307 

fte  i{l  nid^t  Don  allen  SBal^rl^etten  bte  realfie,  rei(^jie  unb  concretefte, 
fonbetn  im  ©egentl^eil  bie  fubjectiDfie,  ärmfie  unb  abfiractefte.  Unb 
itoax  fiefd^iel^t  biefe  ^tfifung  nid^t  burd^  und,  fonbetn  burd^  bie  finn- 
litte  ©etoiBl^eit  felbft,  inbem  fte  il^ren  ©egenfianb  auf  bie  ^obe  fleQt 
unb  mit  ber  t>ermeintlid^en  äBol^rl^eit  t>ergleid^t.  2)a]§er  gem&l^rt  fie 
uns  fogleid^  ein  SSeifpiel  bed  im  Dorl^ergel^enben  Sapitel  enttt)idEe(ten 
X^pud  jener  ^rflfung,  bie  ben  Gang  bed  99ett)u§tfeinS  belegt  unb 
Dotloartö  treibt. 

2)Qd  Dbject  ber  ftnntid^en  ®en)ig]§eit  ifi  ettoaS  fd^led^t^in  Sin- 
aetneS,  ein  S)iefed  im  Unterfd^iebe  t)on  allem  anberen,  geitlid^  ge^ 
nommen,  ein  Se^t,  rfiumlid^  genommen  ein  ^ier:  btefeS  gegenftdnblid^e 
3e^t;  biefes  gegenftAnblid^e^ier,  beneu  aU  Subject  biefeiS  einjelne,  ftnnlid^e 
3d^  entfprid^t.  5Diefe8  Se^t,  tt)eldge8  ba8  einjelne  ftnnlit^e  3d^  t)orfteIIt, 
ift  ytaä^t,  nad^  einiger  3^it  tft  eS  nit^t  mel^r  IRad^t,  fonbern  STlittag, 
»ieber  nad&  einiger  3ßit  5lbenb  u.  f.  f.,  aber  immer  ift  unb  bleibt  eS 
„biefe«  ^e^t".  S)o  nun  „biefem  ^e^t"  unenblid^  t)iele  eingelne  Seit* 
beftimmungen  julommen,  ba  eS  fotool^I  9lad^t  als  aud^  SJlittag  fein 
!ann  unb  toeber  IRad^t  nodg  STlittag  au  fein  brandet,  fo  ift  biefeS  ^t^t 
nif^t  ettoaS  fd^Ied^t^in  SinjelneS,  fonbern  ))ielme]^r  ettoaS  fd^Ied^tl^in 
allgemeines.^  S)iefelbe  Setoanbtni^  l&at  eS  mit  „biefem  ^ier", 
toeld^eS  93aum,  ^aus  u.  f.  f.  fein  lann;  biefelbe  93ett)anbtnig  l^at  es 
mit  bem  einjelnen,  ftnnlid&en  3d&,  »eld&eS  jeber  fein  lann.  SDie  finn= 
lid^e  ©etoi^l^eit  erfährt  bemnad^,  ba§  meber  il^r  ©egenflanb  nod6  i^r 
©ubject  ben  €l^arafter  ber  Sinjelnl^eit  l^at,  »orauf  fie  pod^t  fonbern 
bag,  bei  fiidgt  befel^en,  b.  Ig.  nAl^er  geprfift,  ftdg  beibe  als  bie  abftractefie 
SlQgemeinlgeit  ertt)eifen. 

MeS  bemnadg;  n)aS  bie  ftnnlidge  ®ett)i§]geit  Don  i^rem  ®egen* 
ftanbe  unb  ftdg  auSfagt  unb  ausfagen  !ann,  finb  lauter  Slllgemein* 
l^eiten.*  SDiefeS  3e§t  fmb  alle  möglichen  S^tpunfte,  biefeS  $ier  aße 
mbglidgen  DrtSbeftimmungen  unb  2>inge,  biefeS  3d6  aVe  möglidgen 
^erfonen.  S)ie  ftnnlid&e  ©etoi^^eit  Igat  auS  ©rflnben  ilgrer  Selbfi= 
Prüfung  ftd^i  über  ilgre  ©egenftftnbe  unb  il&r  eigenes  3d&  ju  erflären, 
b.  ^.  auSaufpret^en.  Sinen  ©egenflanb  auSfpredgen,  Igeigt  benfelben 
DeraQgemeinem,  loie  eS  bie  logifdge  ober,  toie  ^egel  fagt,  ,,bie  g5ttlidge 
Slatur  ber  ©pradge"  mit  ftd&  bringt. 


»  ebenbttf.  6.  72-76.  -  •  Cbenbaf.  6.  76-79. 

20* 


308  S)aS  gegcnfi&nbli^e  SetDugtfein. 

3.  Xai  9IuSfptc4en  unb  baS  Hufaeigcn. 

3)te  ftnnttd^e  ®ett)igl^ctt  erf&l^tt,  fofialb  ftd^  biefelbe  in  SBorten 
erll&rt,  baS  (Segentl^eil  t)on  bem,  loaS  fte  eigentltd^  meint;  ha^  Sinjelne, 
»eld^eS  fte  meint,  ift  unfagbar.  SBiQ  fte  an  il^tem  ©egenftanbe  feft- 
l&altcn,  biefem  3c§t,  biefem  §icr,  fo  mu§  fte  an  bie  ©teile  ber  fpraiift« 
lid^en  SrHArung  bie  J^anbgreiflid^e  S>emonjh:ation  treten  laffen,  fte  mug 
ben  ©egenftonb  auf  geigen,  biefeS  Dbiect,  unbelflmmert  um  ade  anbern, 
boS  etnjelne  €ubj[ect  muB  ed  tl^un,  unbelammert  um  ade  anbeten 
©ubjecte. 

äBenn  aber  baS  SBefen  unb  bie  SBal^rl^eit  ber  @ad^e  barin  be« 
fielet,  ba%  fie  gejeigt  unb  geiDiefen  ttirb,  toa^  aOein  burd^  bag  ftnn« 
tid^e  ©ubiect  gefcbel^en  fann,  fo  ift  au(^  nidgt  mel^r  ber  ©egen^anb 
baS  9Be[entIid^e,  t)on  bem  ba8  9ßiffen  abl^Angt,  fonbern  bie  ®ett)igl^eit 
gel^t  in  baS  ©ubject  gurfldE  unb  biefeS  mit  feinem  ^anbgreiflid^mad^en 
ift  bie  ^auptfad^e.  „Beigen  mflffen  mir  eS  und  laffen,  benn  bie 
9Sal^r^eit  biefer  unmittelbaren  SSejiel^ung  ifl  bie  SBal^rl^eit  biefed 
3(6r  bad  ftd^  auf  ein  3e^t  ober  ein  ^ier  einfd^ranlt."  ^@d  erlgeQt 
bag  bie  2)iale!ti{  ber  finnli(^en  ©emig^eit  ni(^t8  anbereiS  als  bie  ein- 
fädle ®efdgic(te  il^rer  99emegung  ober  i^rer  Srfal^rung  unb  bie  ftnn- 
lidge  ®en)ig]^eit  felbfl  nidgtd  anbereS  ate  nur  biefe  ®efd^i(^te  ift." 

SBie  unfelbfiftnbig  unb  nid^tig  bem  ©ubject  gegenflber  bie  finn- 
Ixittn  Dbjecte  finb,  erbeut  nod^  befonberS  aug  ben  ))raftifd^en  SSe- 
giel^ungen,  au9  il^rem  ®ebraud^  unb  SSerbraud^  ber  3Jl\tUl,  namentliiib 
ber  92a]^rung8mittet,  tt)orauf  ^egel  auSbradflid^  m^t^ologtfirenb  l^inmeift. 
,,a9ei  biefer  Berufung  auf  bie  allgemeine  Srfal^rung  lann  eiS  erlaubt 
fein,  bie  SRadfid^t  auf  bafi  ^raltifdge  gu  antictpiren.  3n  biefer  Stfid- 
fi(^t  lann  benjenigen,  n)eld&e  iene  SBeiSl^eit  unb  ®emigl^eit  ber  Siealitat 
ber  ftnnlid^en  ®en)i§^eit  bel^aupten,  gefagt  loerben,  haf^  fie  in  bie 
unterfte  ©tufe  ber  SBeiSl^eit,  nftmlid^  in  bie  alten  eleufinifd&en  SDl^perien 
ber  €ere8  unb  beS  Sacd^uS  gurfidautoeifen  finb,  unb  bad  ®e]^eimnig 
beS  SffenS  bed  Srobed  unb  beS  Sprintend  bed  äßeined  nid^t  gu  lernen 
^aben,  benn  ber  in  biefe  ®e^eimni{fe  Singemei^te  gelangt  nid^t  nur 
gum  3tt)eifel  an  bem  ©ein  ber  ftnnlid^en  2)inge,  fonbern  gur  93ergtDeif= 
lung  an  il^m  unb  )}oIIbringt  in  il^nen  t^eite  felbft  i^re  9{id^ttgleit, 
tl^eils  fielet  er  fie  t)ot[bringen.  Sludg  bie  3:^iere  finb  nid^t  t)on  biefer 
SBeiS^eit  auSgefd^loffen,  fonbern  ern)eifen  ftdg  oielmel^r  am  tiefften  in 
fte  eingetoeil^t  gu  fein,  benn  fie  bleiben  nit^t  oor  ben  finnlid^en  2)ingen 
ald  an  fid^  feienben  fiel^en,  fonbern  t)ergtt)eifeln  an  biefer  Stealitftt,  unb 


2)aS  gegenpdnbU^e  SBetoufttfein.  309 

in  bcr  ööttigen  ©etoifel^cit  il^rcr  JHti&tigfcit  langen  Itc  ol^nc  SBeitcreS  au 
unb  jel^rcn  ftc  auf;  unb  bie  ganje  9?atur  feiert,  »ie  fte,  btefe  offen« 
boren  äß^flerien,  roAä^t  ed  lehren,  toa^  bie  SSal^rl^ett  ber  finnltd^en 
©inge  ip.^" 

IL  2)a3  toalrnel^ntenbe  SSetDugtfetn*' 
1.  2)aS  2)tng  unb  bie  ^iigenftj^aften. 

SluS  ber  ©ioleftif  ber  finnlicfeen  ©ettifel^eit  folgt  i^r  ©egcnt^eil: 
fie  bel^QUptet;  bag  i^r  ©egenftanb  ettoaS  fd6led|)t]^in  @tnjelned  ift,  unb 
mufe  erfol^ren,  boft  biefeö  cinjelne  S)ing,  biefeö  3e|t,  biefe«  §ier  u.  f.  f. 
aQeS  SJtdglidge  fein  lann,  bog  il^m  eine  9)lenge  einjelner  93eftintmungen 
3u!ommen,  beren  Inbegriff  ntd^t§  @ingelne9  if},  fonbern  ettoaS  fd^let^t- 
^tn  Slllgemeined.  S>q8  fc^led^tl^in  Stnaelne  ift  bad  UnauSfpred^= 
lid^e,  Unt)ernflnftige,  6lo§  ©emeinte;  baS  9lefultat  ober  bie  SSa^rl^eit  ber 
finnlid^en  ©eioiBl^eit  tfi  bemnod^  bas  finnlidge  S)ing  nid^t  in  feiner 
©injelnl^eit,  fonbern  in  feiner  Slffgemeinl^eit,  ni(i&t  in  feiner  Unmittel« 
barleit,  fonbern  in  feinem  burd^  eine  Sleil^e  ))on  Sefttmmungen  t)tv 
mittelten  2)afein.  3RH  beut  ©egenftanb  dnbert  fid^  audg  ber  €tanb- 
:pun!t  beS  93eu)ugtfein8:  eS  \>txfi&lt  ftd^  3U  feinem  ©egenflanbe  nod^ 
aufnel^menb,  ober  eS  nimmt  benfelben  nidgt  me|r,  tote  bie  finnlid^e 
©ekoigl^eit  meinte,  bog  er  fei,  fonbern  eS  nimmt  il^n,  to)ie  er  in  SBol^r» 
^eit  i|i,  b.  1^.  e8  öer^ftlt  fi(^  ju  feinem  ©egenftanb  ttol^rnel^menb.* 

SDaS  lool^mel^menbe  9}en)ugtfein  ift  foiool^l  gegenftdnblid^  aU 
ftnnlid^.  @ein  ©egenfionb  ift  bod  finnlid^e  2)ing,  nt(^t  in  feiner 
ßinjelnl^eit,  fonbern  in  feiner  Slttgemeinl&eit,  bie  Diele«  umfaßt  unb 
in  ^ä^  fd^liegt.  @d^on  bie  finnlid^e  ©emigl^eit,  inbem  fie  il^r  £)biect 
oufjeigte,  mußte  an  biefem  ^ier,  um  eis  gu  lennaeic^nen,  t)iele  firtlid^e 
Sepimmungen  unterfd&ciben.  ©benfo  öerl^att  eö  fid&  mit  bem  3e§t. 
S)o8  3e§t  ttirb  aufgejeigt,  fd&on  ift  eö  üergongen,  eS  ift  lein  t)or- 
l^onbeneg  3e^t  mel^r,  fonbern  ein  getoefened,  ober  gilt  nod^  aU  3^^t. 
Sllfo  toirb  bos  3e§t  erweitert,  fo  baß  Diele  3e^t  in  il^m  entl^olten 
ftnb,  es  ift  ein  allgemeines  3e^t,  nid^t  mel^r  ein  S^itpunlt,  fonbern 
eine  3^tt,  toie  man  bon  ber  ©egentoort  im  gefd^idbtlid^en  @inne  rebet 
unb  fie  im  fd^led^ten  unb  mißtönenben  S)eutfd&  „bie  3e§tjeit"  nennt. 

3n  bem  ©egenfionbe  bed  lool^rne^menben  SetoußtfeinS  ftnb  bem= 
nad|  t)iele  SSeftimmungen  unb  Unterfd^iebe  gu  einer  Sinl^eit  gufommen« 

^  Cbenbaf.  @.  80.  —  <  Sbenbaf.  II.  $ie  SQßal^mel^inung  ober  baS  2)ing 
unb  bie  Xäufftung.  6.  82-97.  —  »  ftbenbaf.  @.  80-82. 


310  ^ad  gegenfiftnblid^e  Setoufttfein, 

gefaxt,  ^tefe  Sin^eii  ^eigt  Sing,  btefe  Unterfd^iebe  Me  Sigenfd^aften 
beiS  2)tnged.  5Dte  Objecte  bet  SBol^rnel^mung  fiitb  bte  iDtrntd^en  2)inge, 
bie  Augeten  ©egenjiinbe,  beten  Aenntnii  erji  ben  äleid^t^um  be8 
SBiffenS  auSmad^t,  meieren  bie  ftnnU(^e  @eiDt^l^ett  ntit  Unred^t  in  Xn» 
tprud^  nal^m;  baS  reidge  SSiffen  gel^Srt  in  bo8  ®e6iet  bet  SBa^tnel^mung. 
Unb  ba  bie  tt)itni(igen  äugeten  2)inge  alled  üorl^anbene  objectiüe  Safein 
umfaffen,  fo  lommt  il^nen  ntit  bem  toeitejlen  Umfang  aud^  bie  grSgte 
Mgemeinl^eit  3u. 

2.  S)aiS  Sttf^elben  unb  9(ufgctobenfctn. 

S>ie  finnlid^e  ®ett)igl^eit  unb  baS  tDal^tnel^menbe  99ett)ugtfetn  ^aben 
etoafi  gemein:  bad  finnlid^e  Dbject  abet  mft^tenb  bet  finnlid^en  ©e- 
nig^eit  biefeS  Dbject  in  lautet  Sinjelnl^eiten  aetf&Qt,  loetben  biefe 
leiteten  t)on  bem  toal^tnel^menben  SBeiou^tfein  t)etfnfipft  unb  ju  einet 
Sinl^eit  jufammengefagt,  to)otau8  bie  SSotfteOung  bet  «.Singj^eif  unb 
beS  r.SingeS"  ]^ett)otge]^t.  S>a8  SSetl^Altnig  biefet  beiben  Stanbpunite 
bed  SetDu^tfeinS,  beS  niebeten  unb  l^Dl^eten,  gu  bejeid^nen,  l^at  $ege( 
einen  fel^t  glAdHid^en  unb  tiefgebad^ten  XuSbtud  gettft^lt,  bet  in  feinem 
Softem  eine  ebenfo  tt)i(^tige  unb  umfaffenbe  93ebeutung  gewonnen  l^at, 
roie  bet  StuSbtudE  ^Sialettif.  @t  I&^t  ben  Stanbpunit  bet  finnlid^en 
®ett)ig^eit  in  bem  beS  iDa^tnel^menben  93etDu^tfein8  „aufgel^oben 
fein"  unb  koeifi  auf  bie  bo))))eIte  SSebeutung  biefeS  XudbtudiS  l^in: 
„e8  ifl  ein  9tegiten  unb  ein  Slufbemal^ten  jugleid^".  Siefen  beiben 
Sebeutungen  ifl  nod^  eine  btitte  l^injugeffigt  tootben,  bie  aud^  in  bem 
SBotte  «aufgeben"  liegt,  nämlid^  bie  beS  Strebend  obet  St^ö^enS: 
bie  niebete  €tufe  ifl  in  bet  ^öl^eten  oetneint  obet  negitt,  aufbema^tt 
unb  et^öl^t  (negare,  conservare,  elevare).  ?ln  unfetet  ©teile  toetben 
nut  bie  beiben  etften  93ebeutungen  lenntlid^  gemacht  unb  gtoat  an  bem 
©egenfianbe  felbfl.  9Ba8  auf  bet  @tufe  bet  ftnnUd^en  ©emigl^eit 
audeinanbetfaDenbe  (Sinjeln^eiten  finb,  etft^einen  auf  bet  beS  roa^x- 
nelgmenben  Setou^tfeinS  al8  aufammengefagte  @igenfd^aften.  2)a, 
fo  t)iel  id^  fe^e,  l^iet  jum  etflenmale  biefe  XuSbtudEsiDeife  gebtau(^t 
unb  etöttett  tt)itb,  fo  toxU  id^  bie  fel^t  bebeutfame  Steife  felbft  anfaßten. 
,,S)a8  2)iefeiS  ifl  alfo  gefegt  aU  nid^t  S>iefeS  obet  aU  aufgehoben 
unb  bamit  nid^t  9tid|tS,  fonbetn  ein  beftimmteS  3lii^t9,  obet  ein  Slid^tS 
Don  einem  ^nl^alte,  uAmlidg  bem  Siefen.  2)a8  €innlicbe  ifl  l^iet^ 
burd^  felbfl  nod^  t)ot^anben,  abet  niddt,  toie  eS  in  bet  unmittelbaten 
®ett)i^]^eit  fein  foOte,  als  bad  gemeinte  Gingelne,  fonbetn  ali  allgemeines 


2)Qf  gegcnfl&nbUile  aSetougtfein.  311 

ober  aU  baS,  toaS  fid^  aU  (Sigenf(^aft  befittnmen  tohb.  2)ad  Stuf» 
lieben  fteOt  feine  »al^rl^aft  gebopt^elte  SBebeutung  bar,  toeld^e  toir 
an  bem  9tegatit)en  gefe^en  l^aben;  ed  iß  ein  9legiren  unb  ein  %uf- 
betoal^ten  augleid^;  ha&  9lid^t8  ate  9lid^tS  beS  liefen  ben)Q]^rt  bie 
Unmittelbotieit  auf  unb  ift  felbfi  finnlid^,  aber  eine  allgemeine  lln» 
mittelbarlcit."^ 

8.  2)a9  %^tma  unb  $toMetn  bet  9Sa|rne]^mung:  bie  d^in^ett  beiS  l^ingeft  unb 
bie  SSicI^eit  ber  CEigenfd^aften.    2)ie  2:ftuf(l6un({. 

SSie  bie  finnlit^e  ©emigl^eit,  fo  t>tx^lt  fi(^  aud^  baS  toal^rnel^ntenbe 
9eto)ugtfein  3U  feinem  ©egenflanbe  empfangenb  unb  aufnel^menb.  S>a8 
Obiect  erf^eint  il^m  ate  i^iAm,  aU  ba9  ^au))tfäd^Ud6e  unb  Sßefentlid^e, 
bagegen  nebenfftt^Iid^  unb  untt)efentli(i^,  ob  eS  gett)ugt  toirb  ober  nid^t. 
3Cber  in  ber  ?lrt  i^rer  ©etoifel^eit  unterfd^eiben  ftd^  biefe  beiben  ©tufen 
beS  gegenflAnblid^en  !Bett)uBtfetnd.  2)ie  erfte  ift  tl^reS  ©egenftanbeS, 
ba  berfelbe  etmas  fdglet^tl^in  ßinjelneS  ifi,  baS  aufgejeigt  unb  bemonflrirt 
werben  fann,  »ie  biefeS  3e§t,  biefeö  §ier  u.  f.  f.,  unmittelbar 
gen)t§,  loai^renb  bie  jloeite,  ba  il^r  ©egenjtanb  etioas  SlQgemeineS  unb 
S^ermittetted,  SineS  unb  SSieleS  jugleidg  xft,  ber  unmittelbaren  @eU)ig- 
^eit  entbel^rt  unb  in  il^ren  eigenen  9(ugen  ber  „Xftufd^ung"  au8> 
gefegt  ift.  2)enn  e8  fragt  fid6  nid^t  bIo§  für  uns,  fonbern  für  baS 
mal^rnel^menbe  ä9eiougtfetn  felbft,  loaS  fein  ©egenftanb  in  äBal^rl^eit 
ift  unb  ob  Cinl^eit  ober  SBieD^eit  ober  beibeS  gugleidö?  ©e^en  tt)ir, 
ba§  äBefen  beS  ©egenftanbeS  befiele  in  einer  S^ieD^eit  t)on  93eftimmungen, 
fo  fällt  feine  ßinl^eit  in  baS  »al^rnel^menbc  SSetoufetfein ;  fe§en  toir, 
baS  SBefen  beS  ©egenftanbeS  befiel^e  in  ber  Sinl^eit  beS  2)ingeS;  fo 
fftQt  bie  S^iell^eit  ber  Sigenfd^aften  in  baS  mal^rnel^menbe  SSetougtfein; 
fe^en  mir  enblid^,  baS  äBefen  beS  ©egenftanbeS  bejtel^e  in  beiben,  in 
ber  ©in^eit  be«  S)inge8  unb  in  ber  JBiell^eit  ber  ©igenfd^aften,  fo  ent= 
fielet  bie  i^rage  nai!^  bem  993  ie  ober  nadg  ber  Strt  beS  3ufammen^angS. 

S)a  nun  ber  ©egenftanb  bie  $au))tfad6e  unb  baiS  SBefentlid^e, 
fein  SBa^rgenommen»  ober  ©emufetmerben  baS  SRebenföd&Kdöe  unb  Un= 
mefentlid&e  iji,  fo  ift  im  erften  Satt  bie  gegenfiänblid6e  ober  fadöKd&e 
(Sinl^eit,  im  jtoeiten  bie  gegenfianblid^e  ober  fad^Iic^e  SSiel^eit  ©dgein 
unb  5EÄufd6ung.  Dber,  »aS  baffelbe  Reifet:  baS  ma^rnel^menbe  SBemufet* 


(lEbenbaf.  B.  83.    SSgl.  bicfed  SBetf  oben  @.  298  u.  299. 


812  ^a«  gegenflänblt^e  S3etDu6tfein. 

fein  täufd^t  fid6  im  crjlcn  gfatt  über  bie  6inl&eit,  im  gtoeiten  über 
bie  Steilheit  feines  ©egenftanbeS«  Senn  nid^t  blog  n)tr  fe^en  bie  obigen 
SJlbglid^Ietten  ober  x^&tit,  nidgt  blog  mir  mad^en  biefe  ^nnol^men,  im 
bem  n)ir  über  baS  loal^rnel^menbe  99elou^tfein  reflectiren,  fonbem  biefeS 
felbfl  mad^t  fie,  inbem  eiS  feinen  ©egenftanb  nimmt  unb  }u  nel^men 
l^at,  toie  er  in  SBa^rl&eit  iji.* 

fl&ai  olfo  bas  aSerl^Altnig  beS  SDingeS  unb  feiner  Sigenfd^aften 
betrifft,  fo  l^oben  n)ir  e8  mit  brei  97löglid^!eiten  }u  tl^un.  3m  erften 
x^aU  finb,  load  n)ir  bie  Sigenfdgaften  nennen,  in  SBal^rl^eit  ,,9]flaterien", 
bie  gleid^güttig  neben  einanber  unb  beifammen  ftnb  unb  toon  bem  loQ^r- 
nel^menben  Semugtfein  gu  einer  (Sin^eit  jufammengefagt  tt)erben,  bie 
nid^t  aU  5Ding,  fonbem  aU  „Singl^eit"  ju  beaeic^nen  ift.  @o  bilben 
3.  SB.  bie  9)taterien  ber  toü^tn  S^arbe,  ber  lubifd^en  ©eftalt,  ber  @d^irfe, 
ber  beßimmten  @dgtt)ere  u.  f.  f.  ein  3ufammen  ober  eine  2)ing]^eit, 
bie  loir  Qali  nennen.  3m  atoeiten  ^^H  erfd^eint  ber  ©egenflanb  ate 
eine  tt)efentlid^e  (Sin^it  oii  ein  für  ftd^  befiel^enbeS  SSefen,  ein  auS- 
fdöliefeenbe»  ©ins,  nid^t  q18  eine  ^©ingl^eit",  fonbern  aU  ein  „3)ing", 
beffen  <£igenf(^aften  nid^ts  anbereS  finb  als  bie  SSiel^eit  unferer  Sinnes^ 
toal^rnel^mungen:  in  Seaiel^ung  auf  unfere  Slugen  ift  eS  toti^,  in  B^ 
giel^ung  auf  unfern  ©efd^mad  fd^arf,  in  äSejiel^ung  auf  unfer  Xaftgefül^I 
!ubi|*  u.  f.  f.* 

2lm  erften  O^aQ  l^aben  tt)ir  eS  nid^t  mit  (Sigenfd^aften,  fonbem 
mit  SOtaterien,  im  gtoeiten  nid^t  mit  fad^Iid^en,  fonbern  mit  ftnnlid^en, 
nid&t  mit  obiectioen,  fonbern  mit  fubjectioen  Sefd&affenl^eiten,  alfo  in 
feinem  ber  beiben  gfftQe  mit  @igenfd^aften  im  maffttn  @tnne  beS  SBorteS 
au  t^un:  bal^er  ift  in  feinem  ber  beiben  O^&Qe  bie  eigentlidge  O^rage 
bed  n)a]^rne]^menben  SemugtfeinS  gelöft,  benn  bie  Sigenfd^aften  gel^Sren 
bem  2)inge,  fie  finb  fein  eigen,  fie  conflituiren  baS  äBefen  unb  ben. 
S^aralter  beS  S)ingeS,  unb  bie  ganje  O^rage  a^el^t  ftd^  bemnad^  in 
biefen  ^ßunlt  aufammen:  fflie  Derl^ölt  fid&  im  SBefcn  unb  in  ber 
yiaiux  beS  ®egenftanbe§  bie  (Sinl^eit  beS  SDingeS  au  ber  9}iell^eit  feiner 
(Sigenfd^aften?  @S  I&^t  fid^  t)orauSfe]^en,  ha%  in  ber  3luf(5fung  biefer 
{^rage  baS  toa^rnel^menbe  %en)uBtfein,  auS  einem. @£trem  ins  anbere 
getrieben,  genotl^igt  fein  loirb,  nod^  nid^t  über  feine  ®egenft&nblid^{eit, 
tt)o]^I  aber  über  feine  Sinnlid^Ieit,  b.  1^.  über  bie  SBal^rnelgmung 
l^inauSguge^en. 


^egel«  gOBerfe.  IL   6.86-90.  —  »  Cbenbaf.  ©.85-89. 


2)0«  gegentlftnblid^e  SBctoufttfcin«  813 

4.  S)ie  aSiel^eit  bcr  ^tngc  unb  (Etgenfd^aften.    ^ie  Sogil  unb  bie  @op^ifietetei? 

äBie  jebe  Sigenfdgoft  Vermöge  il^rer  S3efitmmt]^eit  t)on  anbern 
uittetfd^ieben  iß  unb  barutn  in  einet  ä^iell^eit  t)on  Sigenfc^aften  gel^ori, 
fo  iji  Qudg  jlebeS  S>ing  t)enn&ge  fetner  SBefUmmtl^ett  t)on  anbern  unter« 
fd^ieben  unb  batum  ein  2>ing  unter  fielen.  S)Q]^er  mug  iebem  2)inse 
ein  bo))))elteiS  unb  entgegengefe^teS  @ein  gugef (^rieben  loerben:  ein 
Sfflrfid^fein  unb  ein  O^flranbereSfein:  e8  ift  fttr  ftd^  ober  ^in  jtd& 
refKectirt",  toie  ^egel  fogt,  infofern  eS  ein  für  fi(^  befiel^enbe»  SBefen, 
ein  auSfd^IiegenbeiS  (Sind  auSmad^t;  eS  ift  fftr  anbereS,  infofem  e8 
burä  feine  Sefiimmt^eit  bon  ben  anbern  fingen  unterfd^ieben,  auf 
biefelben  bejogen  ift  unb  mit  i|nen  sufammenl^angt.  S)iefed  ,,3nfo= 
fern"  bejeid^net  bie  ^rt  ber  Unterfd^eibung,  loeld^e  nunmel^r  bie  Sogi! 
beS  n)a]^rne]^menben  SelougtfeinS  gu  ntad^en  ftd^  genSt^igt  fte^t.  Sben» 
fo  ntug  eS  bie  Sigenfd^aften  in  »efentlid^e  unb  unn)efentlid6e 
unterfd^eiben:  loefentlid^  finb  biejenigen  @igenfd^aften,  bie  bem  5Dinge 
als  foldgem  ober  an  fid^  jufommen  unb  fein  O^ürfid^fein  auSmad^en, 
untoefentlidg  bagegen  biejenigen,  toeld^e  in  feine  Segiel^ung  nadg  äugen 
faQen  unb  feinem  gfflranbereSfein  angel^dren.  2)a  nun  aber  bicfe  93e« 
3ie]^ungen  ebenfalls  notl^ioenbig  ftnb,  fo  gerötl^  bie  Cogil  ber  äBal^r- 
ne^mung  in9  ©ebrdnge  unb  in  äBiberftreit  mit  ftd^  felbft,  fo  bag  fie  ge« 
nötl^igt  lotrb,  il^re  StuiSfagen  loteber  aufjul^eben  unb  biefelben  fotool^l  gu 
bejal^en  aU  gu  bemeinen.  S)arin  beftel^en,  n)ie  ^egel  treffenb  fagt,  bie 
„©opl^iftereien  ber  SBal^rnel^mung",  bie  fid&  für  ben  gefunben  9Jlenfd6en« 
t)erftanb  ausgeben  unb  baburd^  für  bered^tigt  galten.  „2)iefer  fßn^ 
lauf,  ein  beß&nbig  abtoed^felnbeS  93eftimmen  beS  SBal^ren  unb  ^uf« 
lieben  biefeiS  99eftimmend,  mad^t  eigentlid^  baS  tägliche  unb  beftänbige 
Seben  unb  treiben  beS  SBal^rnel^menben  unb  in  ber  SBal^rl^eit  fid^  gu 
belegen  meinenben  99elougtfein8  aus.  Ss  gel^t  barin  unaufl^altfam  gu 
bem  9lefultate  beS  gleid^en  Slufl^ebenS  aKer  biefer  mefenttid^en  S9efttmmt- 
l^eiten  fort,  iji  aber  in  jebem  eingelnen  aJloment  nur  biefer  ©inen 
93eftimmt]^eit  als  beS  SSal^ren  ftc^  betougt  unb  bann  n)ieber  ber 
entgegengefe^ten.  6S  »ittert  wol^l  il^re  Untoefenbett;  fie  gegen  bie 
brol^enbe  ©efal^r  gu  retten,  gel^t  eS  gur  €o))^ifterei  über,  baS,  maS  eS 
eben  felbfi  als  baS  Sltd^ttoal^re  bel^auptete,  ie^t  als  baS  Sßal^re  gu  be- 
l^aupten.  SQßogu  biefen  SBcrflanb  eigentlid&  bie  SRatur  biefer  unioal^ren 
SBefcn  treiben  toiU,  bie  ©ebanlen  t)on  jener  ^Dgemeinl^eit  unb  Stngeln« 
l^eit",  „Don  iener  Sfflefentlid^feit,  bie  mit  einer  Untt)efenttid&!eit 


314  S)ad  gegenfiftnbli^e  a9ctDu6tfetn. 

not^iDcnbig  t)erlnfl))ft  i%  unb  t)on  einem  Untoefentüd^en,  baS  bod^ 
not^toenbia  ifi,  —  bie®ebon!en  oon  biefem  Unmefen  jufammen» 
jubr tagen  unb  fte  baburd^  aufjul^eben,  bagegen  fttftubt  et  ftd^  bur(^ 
bie  @ta^en  beS  ^nfofern  unb  bet  )}erfd^iebenen  SlfldEfi^ten  ober 
baburd^,  ben  einen  ®ebanlen  auf  ftd^  gu  nel^men  unb  ben  anbern  ge- 
trennt unb  als  ben  maleren  gu  erhalten.  Slber  bie  Statur  biefer  Slb- 
ftractionen  bringt  fte  an  unb  für  ftd^  gufamnien,  ber  gefunbe  SBerßanb 
ifi  ber  9tQu6  berfelben,  bie  il^n  in  il^rem  to)irbelnben  Areife  um^er- 
treiben."  * 

@o  lange  baS  93ett)ugtfein  ftc^  bie  SBelt  üorßeQt  ate  einen  3m 
begriff  Don  S)ingen,  beren  jebe«  für  fid&  bepelzt  unb  bie  aUe  mit 
einanber  gufammenl^Angen,  beren  jebeS  feine  mefentUc^en  unb  untoefent- 
Ud^en  Sigenfdgaften  l^at,  bleibt  e8  in  ben  €d^tt)ierigfeiten  unb  SBiber^ 
f))rfic(en  fieden,  bie  mx  bargetl^an  l^aben,  unb  tt)eldge  baS  »a^rne^menbe 
»etougtfein  felbft  auf  Sdgritt  unb  Xritt  erfAl^rt. 

S>er  Siberftreit,  rein  Iogif(^  auSgebrfldt,  befielet  gtoifd^en  bem  Ofür- 
ft(^fein  ber  Singe  unb  i^rem  Offtvanberedfein,  b.  \),  gioifd^en  ben  2)ingen 
ate  Singetoefen  unb  i^rem  3u)ammenl^Qnge.  „2)er  3ufammen]^ang 
mit  anberen  ift  bad  9(uf^oren  beS  Ofürfid^feinS.  2>urd6  ben  abfoluten 
6^]^arafter  gerabe  unb  feine  (Sntgegenfe^ung  Derl^ölt  eS  fid^  gu 
anberen  unb  ift  mefentlid^  nur  bieS  93er^a(ten;  baS  93er]^aitni^  aber 
ift  bie  9legation  feiner  @e(bftanbig!eit,  unb  ba8  2)ing  gel^t  t)ielme^r 
burd^  feine  mefentlid^e  Sigenfd^aft  gu  ®runbe."' 

2)a3  93ett)u6tfein  ifl  genfitl^igt,  ben  S)ingen  auf  ben  ®runb  gu 
gelten  unb  biefen  üorgufteQen.  S)er  ®runb  ber  2)inge  ift  loeber  ein 
Sing  nod^  bebingt.  Slufgel^obene  Singelnl^eit  ift  SDgemeinl^eit,  auf- 
gel^obene  Sebingtl^eit  Unbebingtl^eit.  Sie  SorfteDung  ber  unbebingten, 
abfoluten  SfQgemein^eit  ift  nid^t  mel^r  finnlid^,  fonbern  reiner  SSegriff, 
ber  Aber  bag  ®ebiet  ber  SBa^rne^mung  l^inauSgel^t.  ^SaS  SSeiougt- 
fein  tritt  ^ier  erft  loal^rl^aft  in  baiS  9leid&  bed  SBerfianbed  ein/' 

m.  SaS  9leid&  be8  »erftanbe«.* 
1.  Ataft  unb  Seubcning.    2)q8  Bpitl  btx  Atftfte. 
Sag  unbebingt  ober  abfolut  3(IIgemeine  ift  nod^  gegenftftnblid^, 
aber  nid^t  mel^r  ftunUd^;  eS  ifi  ein  reiner  Segriff,  ben  aber  ber  35er» 

»  ebenbaf.  6.  90-96.  —  ^  (gbenbaj.  B.  94.  —  »  Cbenbaf.  6.  95.  — 
*  Sbenbaf.  III.  »J^raft  unb  )8eTJ!anb,  dErftbeinung  unb  überfinnUite  fBitlL' 
6.  97-126. 


^as  gegenfiftnblid^e  aSttoufttfein.  315 

ftanb  als  ®egen{lanb  nimmt  unb  aU  bas  äBefeit  ber  S>tnge  betrad^tet. 
®a§  Sl^ema  ber  finnU(^en  ©etoigl^eit  »ar  baS  f(^led|t]^tn  Stnaelne, 
btefeS  ^tl^t,  biefeiS  ^ier  u.  f.  f.,  baS  S^l^ema  be8  iDol^me^menben  SSe» 
muBtfeinS  loaren  bte  2)tn8e  unb  t^re  Sigenfd^aften,  baS  Zl^ema  bed 
93erf}anbeS  ift  bte  Ataft  unb  i^te  Sleugerung.  —  S>o8  Unbebingte  ift 
burd^  ntd&tS  anbeted  bebtngt  fonbern  bte  SBebingung  QQed  anbeten, 
ballet  iß  ed  un)}ermittelt  unb  in  btefem  6inne  unmittelbar:  ber 
93egriff  beS  unbebingt  Slllgemeinen  Dereinigt  bal^er  ben  S^ara!ter  bed 
Unmittelbaren  unb  be8  SHIgemeinen.  @o  bemftl^rt  ftd^  aud^  l^ier  baS 
Ser^ftltniB  ber  Stufen:  bie  Cl^araftete  ber  finnlid^en  ®en)i§^eit  unb 
ber  SBa^rnel^mung  finben  fid^  aud^  auf  ber  britten  unb  l^fid^ften  Stufe 
bed  gegenfldnbUd^en  SetDugtfeinS  fottol^l  aufgelgoben,  a(8  aud^  entl^alten 
unb  Dereinigt.  „S>em  SSelDu^tfein  ifi  in  ber  SDiafefttl  ber  finnlidgen 
©emigl^eit  baS  ^5ren  unb  Selben  u.  f.  to.  Vergangen,  unb  aU  äBaJ^r« 
ne^mung  ift  eS  ju  ©ebanlen  gelommen,  koeldbe  ed  aber  nid^t  im  uu> 
bebingt  ^gemeinen  aufammenbringt."  ^ 

2)ad  unbebingt  ungemeine  ift  ber  ®runb,  meld^er  bie  @rf(^einung 
ber  2)inge  unb  il^rer  Sigenfd^aften  l^etDorbringt:  biefer  iDirffame 
®runb  unb  feine  Ofolge  l^eigt  Araft  unb  Steugerung.  Sine  Araft, 
bie  ftd^  nid^t  Äußert,  ift  leine  Araft;  eine  Araft,  bie  in  ber  ^eugerung 
erlifdgt  unb  ju  fein  auf^drt,  ift  aud|  leine;  barum  erllArt  ^egel  bie 
eigentlicbe  Araft  als  ^bie  auS  i^rer  3(eugerung  in  ftd^  jutüdEgebrangte", 
b.  i.,  tt)ie  iDir  fagen  iDflrben,  bie  gelabene  Araft,  bie  Araft  im  3u= 
ftanbe  ber  Sateng  ober  in  ber  @))annung.  93on  ber  Sinl^eit,  tt)eld6e 
unmittelbar  in  bie  Entfaltung  flbergel^t  unb  Don  biejer  mieber  in  bie 
9febuction  jurfldfgel^t  fagt  ^egel:  «2)iefe  Semegung  ift  aber  bad jenige, 
toad  Araft  genannt  mirb:  baS  eine  3Dtoment  berfetben,  nAmUd^ 
fie  als  9(uSbreitung  ber  felbftfinbigen  SRaterien  in  i^rem  @ein  ift 
il^re  Sfeu^erung;  fie  aber  aU  bad  3)erf(^tDunbenfein  berfelben  ift  bie 
in  fid^  aus  i^rer  9leugerung  jurftdEgebrdngte  ober  bte  eigent- 
U«e  Araft/'« 

Um  fidb  3U  iugern  ober  Don  bem  3uftanbe  ber  9tid^tftugerung  iti 
ben  ber  Sleu^erung  ju  gelangen,  mu^  bie  Araft  erregt  ober  foQicitirt 
»erben:  ba^er  Derboppelt  fid6  ber  JBegriff  ber  Araft;  eS  finb  jtoei 
Ar&fte  notl^toenbig,  bie  fid^  Derl^alten  als  bie  foOicitirenbe  unb  foQi- 
citirte,  erregenbe  unb  erregte,  t^Atige  unb  leibenbe.   SBie  jur  ^eugerung, 


»  «enbaf.   6.  97.  —  *  ebenbaf.   6.  99  u.  100. 


1 


816  2)a«  gegenflftnblitj^e  aSetDU^tfcin. 

ebenfo  bebarf  bte  Ataft  au$  gut  dtüdlt^x  aM  bet  Steugerung  ttt  ft(J6 
(Sutfidgebrdngtoerben)  bet  Erregung  ober  SoDicitatton.  Unb  ba  leine 
Araft  ftd^  dugert,  ol^ne  t)on  einer  anberen  erregt  gu  fein,  fo  ift  jebe 
ber  beiben  Ärdfte  fotool^t  foKicittrenb  aU  foHicittrt.  SBeibe  erregen 
einanber  medgf elfeitig :  barin  befielet  .»baS  @))tel  ber  Arftfte"  unb 
in  i^m  bie  SBirllid^feit,  tt)ie  fte  bem  SJerponbe  erfd^eint.  »S)iefe8  toal^rs 
-fl^ofte  SBefen  ber  2>inge  l^at  ^d^  ie^t  fo  beflimmt,  bag  eS  ni^t  unmittel- 
bar für  ba^  Settufetfein  ifi,  fonbem  bog  biefeö  ein  unmittelbare«  5Ber* 
l^öltnig  gu  bem  !3nnern  l^at  unb  als  SSerftanb  burd^  biefe  STlitte 
bes  Spiels  ber  Arftfte  in  ben  »al^ren  ^intergrunb  ber 
S)inge  blidtt/*  Cr  blidt  in  ben  toal^ren  ^tntergrunb  ber  3)ingc, 
ol^ne  il^n  gu  burd^fd^auen  unb  gu  erfennen.  SBad  ber  93erftanb  er» 
blidt;  iß  immer  nur  bie  burd^  baS  @))iel  ber  Aröfte  (Araftftugerung) 
betoirfte  Srfd^einung,  im  Unterfdgiebe  toon  toeld^er  baS  Sßefen  ber 
2)inge,  jener  koal^re  ^intergrunb  berfelben,  nunmel^r  baS  innere 
auSmad^t. 

2.  S)a8  innere  unb  bie  (JBtf^etnung. 

2)ie  Strt  beS  SSetou^tfeind,  toit  fid^  biefelbe  auf  ber  eben  begeid^« 
neten  Stufe  bem  Setradgter  barflellt,  lögt  fid^  nid^t  beffer  d^aralteri> 
firen,  als  mit  ben  Sßorten  beS  ^}]^ilofo))l^en  felb{}:  „Unfer  ®egen- 
ftanb  ifl  l^iermit  nunmel^r  ber  @d^lug,  totli^tx  gu  feinen  @£tremen 
baS  3nnere  ber  ®inge  unb  ben  SJerftanb  unb  gu  feiner  SDlitte  bie  6r= 
fd^einung  l^at;  bie  93en)egung  biefeS  ©d^luffeS  aber  giebt  bie  Weitere 
93eftimmung  beffen,  maS  ber  SSerftanb  burd^  bie  STlitte  l^inburdg  erblidEt, 
unb  bie  Srfal^rung,  mAä^e  er  über  biefeS  SJerl^dltniB  beS  Sufammen- 
gefd^loffenfeins  mad^t."^ 

S)ie  ®egenftftnbe  beS  93erftanbeS  finb  (Srfd^einungen  unb  nur 
ßrfd^einungen.  ^egel  l^at  eS  ber  93ernunftlritil  als  eine  il^rer  grdgten 
Sinfid^ten  nad^gerül^mt,  bag  Aant  biefe  @ntbedung  gemalt  unb  feft- 
gefteÜt  bat.  3BaS  nid^t  Srfc^einung  ift,  lote  baS  innere  ber  2)inge, 
bleibt  ffir  ben  SSerflanb  aud^  ungegenftänbti(i^.  SDaS  unbebingt  ^U- 
gemeine  galt  guerft  als  ber  Segriff  unb  ©egenfianb  beS  S^erflanbeS; 
nunmel^r  l^at  ftcb  aus  bem  S9egriffe  ber  Araft  unb  beS  Spiels  ber 
Ar&fte  ergeben,  baB  r^als  beren  älefultat  baS  unbebingt  SlQgemeine 
als  Ungegenftänblid^eS  ober  als  inneres  ber  2)inge  l^erüorgel^t''/ 

»  ebenbaf.  6. 105.  S5ßl.  6. 109.  -  »  gbenbaf.  ©.  105-107.  —  »  Cben- 
baf.  6. 101. 


^aS  gegenflftnbli^e  S9eto)u^tfein.  317 

2)emna(jg  untetfd^eibet  unb  fpaltet  ftd^  bie  SBelt  belS  93er{}atibe9 
in  eine  gegenftartblid^e  imb  ungegetifiänblicge,  erfd^einenbe  unb  nidgt 
erfd^einenbc  Onnereö),  finntidöc  unb  überftnnH(6c,  in  ein  S)ieSfeit8 
unb  Senfeitö  beS  Sdeiougtfeind.  2)a  nun  aUeS  ®egenf}anbli(^e  unb 
Srlennbare  in  ben  Srfd^einungen  liegt,  fo  Detflel^t  eS  fid^  Don  felbfl, 
bag  ba8  3nnete  leer  ifl  unb  nidgis  batin  gu  erfennen;  ber  JBerftanb 
t)et]^Alt  fi(!^  3U  btefem  Innern,  tote  ber  ^Hnbe  gu  ben  Sf^rben  ober 
ber  @elgenbe  gum  reinen  Sid^t  unb  gur  reinen  Oftnfiernig,  beibe  feigen 
nid^tg.  ,,2)aniit  in  biefem  fo  gang  ßeeren,  »eld^elS  anä^  ba§ 
^eilige  genannt  mirb,  bod&  etnaiS  fei,  bliebe  nid^tS  flbrig,  aU  eS  mit 
Sr&umereien,  Srfd^einungen,  bie  baS  93en)u§tfein  ftd^  felbft  ergeugt, 
gu  erfüllen;  eS  mügte  {t(!^  gefallen  laffen,  bag  fo  fd^Ied^t  mit  il^m  um= 
gegangen  mirb,  benn  eS  to)&re  feines  befferen  loflrbig,  inbem  Träume- 
reien felbfi  nod&  beffer  finb,  al8  feine  Seerl^eit/ ^  2lud&  öerfiel^t  eS 
fid6  öon  bem  Innern  als  bem  SenfcitS  beS  SemufetfeinS  t)on  felbfi, 
bag  n)ir  nid^ts  t>on  il^m  loiffen  lönnen.  9)tit  biefer  Seerl^eit  unb 
Unerfennbarfeit  ifl  alfo  nid^ts  »eiter  gefagt  als  eine  ärmlid^c  SEau- 
tologie. 

3.  2)a«  3nnete  aU  ®efe^.    ^ai  ^txüi  ber  0efc^e. 

2)ie  @rfd^einung  Bilbet  bie  SJlitte  gmifdgen  bem  Serßanb  auf  ber 
einen  ©eite  unb  bem  3nnern  ober  bem  SBefcn  ber  ®inge  auf  ber 
anberen,  ?lls  biefe  aWitte  ifl  bie  (£rfd&einung  Don  ben  beiben  Seiten 
fotool^l  unterfd&ieben,  als  auf  biefelben  begogen:  ol^ne  biefcn  Unterfd^teb 
unb  biefe  Segiel^ung  lann  fte  tocber  fein  nod&  gebadet  toerben.  3n  bem 
SBegriff  ber  ßrfd^einung  finb  fogleid^  gtoei  Sfragen  cntl^alten:  »aS  I 
erfd^eint  unb  toem  erfd&eint  eS?  2luf  bie  le§le  fjrage  ifl  in  Slnfel^ung 
affer  6rfd6einungen  gu  antworten:  fie  finb  für  ben  SSerftanb,  benn  ber 
Serjlanb  ifl  baSjenigc  Setoufetfein,  beffen  ©egenflänbe  ßrfd^einungen 
finb,  SRun  fielet  bie  ^ragc  gu  beantworten:  toaS  erfd^eint?  SBaS  ift 
bie  ßrfd^einung  in  ffiegiel^ung  ouf  baS  innere  ober  baS  SBefcn  ber 
2)inge,  ol^ne  n)eld^e  Segiel^ung  Don  Srfdgeinung  überl^aupt  gar  nidgt 
gerebet  »erben  fann?  2)ie  Dbjecte  ber  finnlid^en  ©etoifel^eit  unb  aOBal^r» 
nel^mung  l^aben  nod^  !ein  inneres  als  €orrelatum  unb  finb  beSl^alb 
aud^  leine  Srfd^einungen. 

SBaS  ift  baS  Snnere  im  Unterfd^iebe  Don  ber  ©rfd^einung?  ©S 
ifl   leer   unb    unerf cnnbar:    fo  lautet   bie  erfte  5lntttort,   bie  aber 

1  ebenbaf.  S.  101-108. 


818  lZ)a8  geflenjlftnbli^e  SBetDufitTein^ 

feineStDegS  bie  le^te  unb  einjige  tfl.  3e^t  tDtrb  gefragt:  maS  tfl  bai 
Snnere  in  fetner  unouflöSlidgen  Sdejiel^ung  auf  bie  Srfd^einung,  }u  ber 
eis  notl^toenbig  gel^ört?  fiaffen  n)ir  ben  $]^iIofo))]^en  fetbfl  teben: 
^S)a8  3ttnere  ober  ba^  Uberfitintidfee  S^nfeiW  ifi  aber  entfianben, 
es  fommt  aus  ber  (Srfd^einung  l^er,  utib  fte  ifl  feine  93ennittlung ; 
ober  bie  (Srfd^einung  ifi  fein  SBefen  unb  in  ber  £]^ot  feine  <Er» 
ffiDung.  2)a8  Ueberfinnlid^e  ifi  baS  €innlid^e  unb  Sßal^rgenommene, 
gefegt,  n)ie  e§  in  SBal^rl^eit  ifl;  bie  Sßal^rl^eit  beS  ©innlid^en 
unb  SBal^rgenomntenen  aber  ift,  Srfd^einung  gu  fein.  SDag  Uebers 
jpnnlidbe  ift  alfo  bie  ©rfd^einung  alfiJSrfd&einung:  —  SHJenn  ba» 
bei  gebadet  loirb,  baS  Ueberfinnlic^e  fei  alfo  bie  ftnnlicbe  SBelt  ober 
bie  SBelt,  toit  fte  für  bie  unmittelbare  finnlic^e  ©en^iglgeit 
unb  SBal^rnel^mung  ifl,  fo  ift  bieS  ein  berlel^rteS  SSerfiel^en;  benn 
bie  (Stfd^einung  ift  t)ielnte]^r  nidgt  bie  SBelt  beS  ftnnlic^en  993tffen8 
unb  SBa^rnel^ntenS  als  feienbe,  fonbern  als  aufgehobene  ober  in 
SQßal^r^eit  als  innere  gefegt.  Ss  pflegt  gefagt  }u  werben,  baS  Ueber= 
finnlic&e  fei  nid^t  bie  Srfdgeinung;  babei  »irb  aber  unter  ber  Sr» 
fd&einung  nid^t  bie  ©rfd&einung  öerftanben,  fonbern  öielmel^r  bie  finn= 
lid^e  SBelt  als  felbft  reelle  S)ir!ltd^!eit/' ^  S)ie  angeführten  SBorte 
finb  ein  93eifpiel  fdgtoiertger,  bunfler,  anfd^einenb  parabo^er,  in  SBal^r* 
l^eit  fd&arf=  unb  tiefgebac^ter,  lurger  unb  treffenber  Siebe, 

S)aS  innere  in  feiner  unauflöslichen  S3ejie]^ung  gur  Srfdgeinung 
I  ift  bie  Srfd^einung  felbft,  b.  1^.  beren  SBefen  ober  toefentlidger,  aUge^ 
',  meiner,  fidg  gleid^bleibenber  ^nl^alt,  baS  93eftönbige  unb  (Sonftante  im 
SBec^fel  berGrfdgemungen:  baS  ®efe|  ber  Srfcgeinungen,  ober,  ba  alle 
@rf(^etnungen  Itraftöu^erungen  finb,  unb  baS  @piel  ber  Gräfte  ftd^  in 
il^nen  barfteDt,  baS  ®efe^  ber  Kraft.  „SBaS  in  biefem  abfoluten 
Sffied^fel  ifl,  ift  nur  ber  Unterfd&ieb  als  allgemeiner  ober  als  ein  fold&er, 
in  toeld^en  ftdö  bie  Dielen  ©egenffl^e  rebucirt  ^aben.  SJiefer  Untcr= 
fd^ieb  als  allgemeiner  ift  bal^er  baS  Sinfadge  an  bem  ©ptel 
ber  Kraft  felbft  unb  baS  SBal^re  beSfelben:  er  ift  baS  ®efe|  ber 
Äraft."» 

4.  (JErf^einung,  ®t\t^  unb  Praft. 

2luf  bie  tJtage:  „für  »en  pnb  bie  @rfd6einungen  ober  toem  er= 

Md6 einen  bie  Singe?"  lautet  bie  Slntloort:   für  ben  SJerflanb..    Auf 

bie  f^rage:   „tt)aS  erfd^eint  ober  toaS  ift  ber  toefentlid^e  3n^alt  ber 


Sbenbaf.  6. 108  u.  109.  -  *  Gbenbaf.  @.  110. 


2>a«  degcnliftnbli^e  SBctoufetfein.  819 

^rfdgetnungen?"  lautet  bie  9lnttt)ort:  baS  ®efe^.  2)q8  ®efe^  aber, 
bo  es  beflimmt,  atfo  üon  anbern  untctfd&icben  i|i,  Befielt  in  einer 
!BieI]^eit  bon  ©efe^en,  in  einer  georbneten  SSiell^eit  ober  einem  ,,9%eid^ 
Don  Gefe^en"..  S)qS  ®efe|  ifl  ^boS  (eftftnbige  93ilb  ber  unflftten 
Srfd^einung.  ^S)ie  übetfinnlid^e  äBelt  ifl  l^iermit  ein  rul^igeS 
SHeid^  t)on  ®efe^en,  atoar  fenfeits  bet  tt)Ql^rgenommenen  9Belt,  benn 
biefe  fiellt  boiS  ®efe$  und  burdg  (eftönbige  a^erönberung  bar,  aber  in 
il^r  ebenfo  gegenm&rtig  unb  i^r  unmittelbares  fiiQeS  Slbbilb/.^ 

S)te  (Einheit  bed  ®efe|eS  als  beS  tt^efentlidgen,  fid^  gleiddbleibenben 
3n]^alt8  ber  ©rfd^einungen  entfprid&t  bem  aSerjianbe,  beffen  5Prtncip 
bie  unbebingte  SLDgemeinl^eit  unb  Sinl^eit  ift,  unb  aus  eben  biefem 
@runbe  toibetjlreitet  il^m  bie  ä^iel^eit  ber  ®efe^e:  bal^er  fud^t  ber  ä^er^ 
ftanb  bie  SSiel^eit  bet  ®efe^e  gu  bereinfad^en,  auf  allgemeinere 
®ete^e  gurfldjufft^ren,  »o  möglid^  auf  eineS.  @o  i{!  g.  fd.  baS  gfaQ= 
gefe^  ber  irbifd^en  Aorpet  unb  baS  ber  l^tmmlifd^en  Dereinigt  morben 
in  bem  ®efe^  ber  allgemeinen  Slttraction  ober  @raDitation,  »obei 
freilid^  bie  Sinl^eit  beS  ®efe^eS  nur  burd^  bie  9BegIaffung  ber  Untere 
fd^iebe  getoonnen,  alfo  nidgt  bie  Sinl^eit  ber  beftimmten  ®efe^e  er» 
reid^t  toirb.  Slbet  ,,ber  ^uSbruä  ber  allgemeinen  ^ttraction  l^at 
batum  infofern  groge  SBid^tigleit  als  er  gegen  baS  geban!enIofe 
a^orflellen  gerid^tet  ift,  loeld^em  atteS  in  ber  ®eftalt  ber  Suf&Higfeit 
fid&  barbietet,  in  toeld^em  bie  93eftimmt]^eit  bie  g^orm  ber  ftnnlidgen 
©elbftönbigfeit  f)aV^  Sie  abflracte  (Sinl^cit  beS  ©efe^eS  ifl  nid&ts/ 
anbeteS  als  bie  Sinfadgl^eit  ber  Araft,  loie  benn  bie  allgemeine  I 
?tttraction  niddtS  anbereS  bebeutet  unb  befagt,  a(S  bie  Itraft  ber 
9(ttraction.  Araft  unb  ®efc|  l^aben  benfelben  3n^alt  unb  biefelbe 
Sefd^affenl^eit,  bal^er  eines  für  baS  anbere  gefegt  unb  burd^  baS  anbere 
begrünbet  toirb:  bie  (Srfd^einung  burd^  baS  ®efe$,  baS  ®efe^  burdg  bie 
Itraft,  unb  bie  ßraft  »ieberum  burd^  baS  ®efe^.  S)ie  a3eioegungS= 
erfd&einung  befielet  barin,  bafe  ein  Äorper  in  einer  getoiffen  3«t  einen 
getoiffen  Sflaum  burd&lduft;  nun  l^eifet  baS  beflimmte  äJer^ftttnife  Don 
[Raum  unb  3eit  baS  ®efe^  ber  93ett)egung.  Sa§  in  ber  faOenben 
ober  {teigenben  Seioegung  ber  Stbxpzx  bie  St&ume  ftd&  Derl^alten  (nid^t 
toie  bie  3eiten,  fonbern)  toie  bie  Ouabrate  ber  3eiten:  biefes  3itxf)ilU 
nig  Don  [Raum  unb  3eit,  melcgeS  nid^ts  anbereS  ift,  als  ber  toefent^ 
lid^e  Sinl^aU  biefer  93en)egungSerfd^einung,  nid^ts  anbereS  als  bie  @r» 

^  (Ebenbaf.  ©.  119.   -   «  «btnbaf,   ®.  111  u.  112.    »gl.  oben  SBu«  H. 
eop.II.   6.234f[öb. 


320  S)aS  geoen1ianbli4e  SBetDultfein. 

fd^einung  ber  befd^Ieuntgten  ©efd^iotnbtgbti,  nennt  man  boS  Sfall- 
gefel.  Unb  ben  ®tunb  beS  SfaQgefe^eS  nennt  man  bte  Of^^Dfraft. 
€o  toirb  boS  ®efe^  ber  ©d^toere  bur^  bte  ßraft  ber  Sd^lDere  be^ 
grünbet  unb  eBenfo  umgelel^rt.^ 

5.  2)ie  S^dtigfeit  beS  erUftrenS. 

9(uf  biefe  SBeife  totxbm  Segrtffe,  tote  Srfdgeinung,  straft,  ®efe^, 
unterfd^ieben  unb  einanber  gletd^gefe^t,  alfo  Unterfd^iebe  gemadgt  unb 
aufgehoben,  Unterfd^iebe  gefegt,  toeld^e,  bei  Stdgt  gefe^en,  {eine  ftnb. 
93et  Sid^t  befe^en!  SBenn  man  biefe  Unterfc^iebe  erleud^tet,  fo  ^ören 
fte  auf,  Unterfd^iebe  gu  fein:  baS  Ungleid^e  toirb  gleid^.  Sßenn  man 
bie  Sinl^eit  beS  unbebingt  SIDgemeinen  erleud^tet,  fo.  muB  man  fie 
unterfc^eiben  in  flraft  unb  ?leu§crung,  in  foHicitirenbc  unb  follicitirte 
Itraft,  in  Itraft  unb  @efe^  u.  f.  f.:  baS  ©teic^e  toirb  ungleid^. 

S)a9  burd^göngige  X^ema  biefer  ganzen  inteHectueUen  äSetoegung 
—  benn  eS  ifl  eine  Setoegung  ber  Segriffe  —  Idfet  jtd&  lurj  in  bie 
äBorte  faffen:  «idern  per  idem,  A  burd^  A».  S)iefeS  tautologifd^e  9)er> 
ftel^en  l^eigt  er!lftren,  unb  barin  befielet  red^t  eigentlid^  bie  SerftanbeS» 
tl^&tigfeit.  S)a8  SrIlSren,  loeit  eS  fidg  in  Xautologien  beioegt,  ift 
barum  leineSmegS  leer  ober  nid^tsfagenb,  fonbern  biefeS  beftftnbige 
@e^en  unb  ^ufl^eben  ber  Unterfd^iebe,  biefeS  beftftnbige  Unterfddeiben 
unb  ®Ieid^fe|en  beS  Unterf^iebenen  ift  ein  toirflic^eS  Srleud^ten.' 

6.  Uebetgang  gum  6elb{l6etott6tfein. 

3nbem  nun  bie  ®inge,  »ie  eS  nidbt  anberS  fein  fann,  auf  biefe 
Slrt  betrad^tet  unb  erÜ&rt  toerben,  erf^einen  fie  bem  93ett)uBtfein  im 
8id&te  beS  JBerflanbeS  unb  bamit  erfd^eint  il^m  biefeö  Öidfet  felbp.  ®em 
aSemu^tfein  aU  S3erfianb  »irb  fein  eigenes  ßidftt  gegenfiftnbUd&,  unb 
bamit  erfennt  eS  fid^  felbfl:  bieS  ift  ber  einfache  unb  einleud^tenbe 
Uebergang  t)om  ä3ett)ugtfein  jum  Selbflben^u^tfein. 

2)ie  X^ötig!eit  beiS  erltSrenben  93erßanbeS,  toeld^er  Unterfd^iebe 
fe|t  unb  aufl^ebt,  ®(eid^e$  ungleid^  unb  Ungleidged  gleidg  fe^t,  l^at 
^eget  burdg  baS  ®efe^  ber  ^olaritöt  auSgefprod^en,  nad^  toetd^em 
®Ieid^namigeS  fidg  abflögt,  Ungleid^namigeS  fid^  anjiel^t,  ober  ^bentifdgeS 
ftdg  entgegenfe^t  unb  Sntgegengefe^teS  fid&  bereinigt.  Sben  barin  be« 
flel)t  aud^  bie  2;]^&tig!eit  bed  €eI6ftbelou6tfeinS,  bag  fidg  bad  93en)ugt' 


(Ebenbaf.  6.  112-116.  -  «  «benbaf.  6.  116  vu  117, 


2)a8  BttbftbtxonWtin,  321 

fein    Don    fid^  felBfl  untetfdgetbet  unb   baS   Unterfd^tebene  mit  fid^ 
ibcntifdö  fe^t  unb  tt)ei§,^ 

S)er  $]^Uofo^^  fagt  bte  S)iQ(eIti!  belS  gegenfl&nblic^en  99en)uBt:= 
feinS  ate  beS  SDetfianbeS  in  fotgenbem  @d^(ugtt)ort -gut  unb  treffenb 
jufammen:  „dx^oUn  über  bie  SBal^mel^mung,  fleQt  fid^  baS  BetDU^t» 
fein  ntit  bem  Ueberftnnlid^en  burdg  bie  SRitte  ber  Srfd^einung  gufammens 
gefd^Ioffen  bat,  burdg  n^eld^e  eS  in  biefen  ^intergtunb  fddaut.  S)ie 
beiben  (Extreme,  bad  eine  beS  reinen  Snnern,  baS  onbere  beS  in  bieS 
reine  innere  fd^ouenben  inneren,  finb  nun  sufontmengefaDen,  unb  n^ie 
fie  als  Gjctreme,  fo  ift  aud^  bie  3MU,  aü  etoaS  anbereS  aü  fte,  t)er= 
fd^munben.  S)iefer  SSorl^ang  ift  olfo  Don  bem  Innern  tt^eggegogen  unb 
baS  @d^uen  bed  Innern  in  ba^  innere  Dorl^anben;  baS  Sd^auen  beS 
ununterfd^iebenen  ©(eid^namigen ,  koeld^ed  fid^  felbfl  abflögt,  ate 
unterfd^iebened  SnnerelS  fe|t,  aber  fflr  meld^eS  ebenfo  unmittelbar  bie 
Ununterfdgiebenl^eit  beiber  ift,  baS  Selbftbemugtfein.  Ss  jeigt 
fid^,  ba^  l^inter  bem  fogenannten  Sl^or^ange,  »eld^er  baS  innere  Der« 
beden  fod,  nid^ts  gu  fe^en  ift,  toenn  tt)ir  nidgt  felbft  ba^intergel^en, 
ebenfo  fe^r  bamit  gefeiten  »erbe,  als  bag  etmas  bal^inter  fei,  baS  ge» 
feigen  toerben  lann.  Slber  eS  ergtebt  fid^  gugleid^,  bag  nidgt  ol^ne  alle 
Umftftnbe  ba^inter  gegangen  »erben  Unne;  benn  bieS  Siffen,  »aS  bie 
SSal^rl^eit  ber  SSorfteUung  ber  Srfd^einung  unb  il^reS  Snnern  ifl, 
ift  felbft  nur  Stefultat  einer  umfiönblic^en  Semegung,  »oburd^  baS 
aSefen  beS  SBettugtfeind,  bad  3Reinen,  SBa^mel^men  unb  ber  SJerftanb 
Derfdgtoinben;  unb  ed  tt)irb  fid^  ebenfo  ergeben,  ba%  bad  Sriennen  beffen, 
toaS  bas  93ett)ugtfein  totx^,  inbem  eS  fid^  felbft  toeig,  nod^ 
Doeiierer  Umftftnbe  bebarf,  beren  SluSeinanberlegung  baS  gfolgenbe  ift.' 


Siebented  @:a))itel. 
HiüB  SelbfUremigtfttn.^ 

I.  ®a8  6elbfibetou§t|ein  unb  fein  Dbject. 
1.  SDeralei^ung  mit  bem  gegenfi&nbU^en  ^etDu|tfein. 

Sie  ©etoift^eit  liegt  im  »ewußtfcin,  bie  SBal^rl^eit  im  ©egen= 
fianbe.    3)a  nun  auf  allen  ©tufen  bc8  gegenftftnblid^en  SetoufetfeinS 

1  «benbaf.   6.  121—124.   -   «  Cbenbof.  @.  125  u.  126.  —  »  Cbenbaf. 
B.  ©elbfibetoufttfeln.  6.  127—168. 

9  i  f  4  e  T ,  Oef4.  b.  tatüof .  VUI.  91.  «.  21 


322  2)ai»  6eIBflbekDu6tfetn. 

ein  anberes  bog  99etDU§tfein,  ein  anbereS  ber  ©egenftanb  iß,  ber  au^er 
bem  äSeiDu^tfein  unb  unobl^ängig  t)on  i^m  befielet  ober  aU  ein  fold^et 
angefel^en  toirb,  fo  lönnen  ^ier  SBol^t^eit  unb  ©ettigl^eit  fid^  nid^t 
bedfen,  fonbern  wflffen  QuSeinanber  fatten.  ®a8  SBetoufetfein  mad^t 
mit  bem  ®egenftanbe  feine  (Stfal^rungen,  in  S^olge  beten  bie  gemeinte 
SBal^rl^eit  Derfcgminbet,  unb  bie  3(uffaffung  unb  SSorfteUung  bon  bet 
SBal^rl^eit  beS  ©egenftanbed  ftc(  Derdnbert.  @o  l^at  ed  {td^  mit  bem 
feienben  Objecte  ber  finnlid^en  ©etoigi^eit,  mit  bem  concreten  2)inge 
ber  SBa^rnel^mung  unb  mit  bem  l^roftbegriff  bed  9[^erßanbej$  berl^alten. 
SlnberS  bagegen  üerl^fttt  eS  ftdg  auf  bem  @tQnb))un!te  beS  @eIbft6eD}u§t= 
feinS.  ^ier  fallen  ©egenftanb  unb  93etpu^tfein,  alfo  aud^  SBa^r^eit 
unb  ©emigl^eit  böQig  gufammen,  toeS^alb  ^egel  bie  @tufe  bed  @el6ft- 
beföugtfeinS  ate  „bie  äBal^rl^eit  unb  ©en)ig]^eit  feiner  felbfl" 
d^ara!teriftrt  unb  burd^  biefe  äSegeid^nung  t)on  bem  gegenftänblidden 
Setou§tfein  unterfd^eibet.  ^ 

2)ie  Stufen  bed  gegenftdnblid^en  Säemu^tfeinS  finb  im  €elbft« 
bemu^tfein  aufgel^oben  unb  a(8  Snomente  enthalten  in  bem  fdgon  er- 
S&rten  unb  gu  toieberl^olten  malen  e£em))Iificirten  @inn.  S)a8  S^ema 
ber  finnlidgen  ©emi^l^eit  u>ar  bie  Singelnl^eit  als  ein  2)iefeiS,  bad  ber 
SBal^rnel^mung  mar  bie  finnlidge,  bad  beS  Sßerftanbed  bie  unbebingte 
Allgemeinheit.  S)a3  @elbflbett)u^tfein  unterfd^eibet  unb  ermeift  fi(6  als 
biefeS  eingelne,  audfd^Iiegenbe,  fürfid^feienbe  SBefen,  als  biefeS  finn» 
lid^  inbi))ibuene  unb  gugleid^  unbebingt  altgemeine  @e(bft.  S)o- 
burd&  finb  feine  Dbjecte,  fein  SSerl&alten  gu  benfelben  unb  bie  Slrt  biefeS 
aSerl^attenS  befiimmt:  eS  unterfdöcibet  fi(^  fomol^t  öon  btn  S)ingcn  al« 
Don  anberen  felbftbemugten  Sßefen,  eS  ^at  barum  einen  gebot)pelten 
©egenftanb:  erftenS  bie  Dbjecte  ber  finnlic^en  ©eloigl^eit  unb  SBal^r^ 
nel&mung  unb  bann  ftd6  felbfi. 

S)aS  gegenftdnblid^e  93eiDu^tfein  lenngei^net  ftd^  aU  baS  äBiffen 
))on  Ruberem,  baS  Selbftbemugtfein  aU  baS  SBiffen  üon  ftd^.  S)ie 
SBal^rl^eit  befielet  barin,  ba^  Segriff  unb  ©egenftanb  übereinjlimmen. 
SJiefe  Uebereinjiimmung  ift  im  Selbflbeioufetfein  gegeben,  benn  e«  ift 
bie  (Sinl^eit  beiber,  bie  Stbentitdt  t)on  @ubject  unb  £)bject.  S)arum 
fagt  §egel:  „9Äit  bem  ©elbftbewu^tfein  jinb  toir  alfo  nun  in  baS 
einl^eimifdfte  ?Reid&  ber  SBa^rl^eit  eingetreten".* 


«  ebenbaf.    VI.  ^ic  SBal^rlfteit  unb  ©etotfel^eit  feiner  felbfl,  6.  127-135. 
«  Cbenbaf.   ©.  127  u.  128. 


2)ad  6eIb|lbekDtt6tfetn.  323 

2.  ^ad  6eIbflbetougtfetn  oU  S^egierbe. 

S)Q8  ©cftflBctoufetfein  ifl  SBiffcn  bon  ftd^  felBp:  bicS  iil  fein 
Sl^etna  uttb  feine  Slufgobe.  Um  aber  ju  totffen,  loaS  eiS  ifl,  l^ot  ed 
mit  bem  eignen  @elbfl  feine  (Srfal^rungen  au  madgen.  SDiefed  @elbft  mug 
ftd6  bolzet  öerfleflenftänMidfeen,  eS  mu^  ^ä)  als  flraft  fiuftern,  aU 
änncres  etfd^einen,  es  mu^  bie  ©efefee  feine«  SBefenS  erfüllen,  furj 
flefagt,  es  mufe  fid&  betl^fttigen,  um  im  ©tanbe  gu  fein,  fid^  ju  er- 
fennen.  6tfi  aus  feiner  ©ettftbetl^fitigung  ergiebt  fi(6  feine  Settjis 
erfenntnife.  @i(i6  betl^fttigen  aber  l&eifet  fid&  praüifd^  öerl^alten  ober 
l^anbeln;  bie  ©runbiraft  unb  Xriebfeber  alles  ^anbelnS  ifl  SBoden 
ober  Segel^ren :  barum  l|at  §egel  baS  ©ettfibett)u|tfein  in  erfier  ßinie 
als  SBegterbe  d&arafterifirt.  „Siefer  ©egenfa^  feiner  (£rf(%einung  unb 
feiner  SBal^rl^eit  l^at  aber  nur  bie  SBal^rl^eit,  nämlid^  bie  Ginl^eit  beS 
©elbfibetoufetfeins  mit  fi(i&  felbjl  gu  feinem  SBefen:  biefe  mu6  il^m 
»efenttidft  toerben,  b.  ^.  eS  ifl  JBegierbe  über]^au^)t."* 

6s  Derl^ölt  fidfe  mit  bem  ©elbfibeteufetfein,  biefem  ©l^arafter  ber 
3Jlenf(^]^eit  im  allgemeinen,  n)ie  eS  fid^  mit  bem  ß^l^aralter  jebes 
SRenfd^en  im  93efonbern  Derl^ölt.  S)er  Sl^ara!ter  tfl  bie  ©runbqueHe 
unb  ber  Slealgrunb  feiner  ^anblungSioeife,  bie  ^anblungStoetfe  ifl  ber 
6rfenntni§grunb  beS  SfeötafterS.  Sßiemanb  fennt  einen  meufd^tid^en 
©l^arafter,  aud&  ben  eigenen  nid^t,  beDor  er  gel^anbelt  l^at;  fo  »enig 
man  toeig,  n^ie  Diel  3<tt  ein  9)lenf4  braud^en  toirb,  um  eine  @treäe 
SBegeS  gu  gelten,  bet)or  man  gefeiten  l^at,  toie  er  gel^t. 

$[ud^  barin  unterfd^eibet  fid^  ber  €^ara!ter  beS  gegenfldnblid^en 
93ett)u§tfeinS  k)on  bem  beS  ©elbflbelou^tfeinS:  jenes  l^at  unb  nimmt 
feine  ©egenftänbe  als  gegebene  unb  Derl^ält  ftd^  barum  toefentlid^ 
t^eoretifd^  ober  betrad^tenb,  biefeS  bagegen  foH  fid^,  baS  eigene 
@etbft,  gum  ©egenftänbe  mad^en  unb  Derl^&It  ftd^  barum  toefentUd^ 
t)raltifd&,  b.  1^.  I^anbelnb,  »ottenb,  begel^renb. 

8.  2)ie  Obiecte  alS  lebenbige  2)inge. 

SBaS  alfo  bem  ©elbflbeioufetfcin  gunfid^jl  gegenüberfte^t,  finb  bie 
finnlit^en  3)inge  als  ©egenftänbe  nid&t  mel^r  ber  5öetrad&tung,  —  biefe 
gel^ort  bem  gegenfiönblid^cn  aSeloufetfein  — ,  fonbern  ber  SBegierbe;  noc^ 
nid6t  als  felbfibetoufete  SBefcn  ober  5Perfonen,  todf)i  aber  als  felbftdnbige 
unb  felbfitl^ätige,  bie  fid&  aud&  praftifd&  öerl^atten,  beren  SEl^dtigleit  aud& 


»  (gbenbaf.   6.  128  u.  129. 

21* 


824  2)a8  6tIbi)betDuBtfein. 

in  ber  ©clbftBct^ätiflung  Bepelzt,  inbem  pe  aus  eigener  flraft  1id&  fettjl 
gepalten  unb  gliebern,  fid^  felbfl  crl^alten  unb  fortpflanjen,  furjaefofit- 
inbem  fte  leben,  iebeS  in  feiner  ?lrt  unb  auf  feine  Slrt.  S)ie  ©elbp« 
bet^dtigung  ber  S)inge  reidgt  nid^t  loeiter  als  ber  QebenS))roce6,  unb 
biefer  bepelzt  in  ber  ©elbflentoicftung  beS  natürlid&en  2)afein8,  toie 
^egel  aQeS  gufammenfaffenb  fagt:  ^S)iefer  gange  Itreidlauf  ntad^t  bad 
8eben  aus,  totbti  bai,  toaS  guerfi  auSgefprod^en  tt)irb,  bie  unmittel- 
bare (Sontinuitdt  unb  ®ebiegen]^eit  feines  äBefenS,  nod^  bie  beflel^enbe 
®eftalt  unb  baS  fflr  ftd^  feienbe  S)iScrete,  nod^  ber  reine  ^oceg  ber» 
felben,  nod^  baS  einfache  3ufammenfaffen  biefer  SOtomente,  fonbern  baS 
fid^  entn)id(elnbe  unb  feine  Snttoidlung  auffbfenbe  unb  in  biefer  99e« 
toegung  fid&  einfadd  erl^altenbe  Gange/ ^ 

S)aS  SetbjibetDugtfein  ifl  99egierbe,  feine  Obiecte  finb  bie  lebenbigen 
S)inge,  gu  benen  eS  ftd^  praltifd^  t)nii&lt,  b.  %.  eS  betl^fttigt  ftd^  als 
beren  äJlad&t  unb  SBal^rl^eit,  ober,  negatit)  auSgebrildCt,  eS  erlebt  unb 
erf&^rt  beren  9lid^tigleit,  inbem  eS  fie  Derbraud^t,  Dergel^rt,  geniest  unb 
baburd^  bernid^tet. 

S)iefe  9tid6tigleit  ber  eingelnen  finnlid^en  2)inge  l^atte  ^egel  fd^on 
früher  als  baS  tl^eoretifc^e  Slefultat  ber  finnlid^en  (Setoigl^eit  auSge« 
fprodgen  unb  babei  fdgUeglidd  gur  93erfiftr!ung  beS  SetueifeS  „bie  fUtid- 
ftdiit  auf  baS  $ra!tif((e  anticipirenb''  ermftl^nt.  ^Darunter  n^ar  bai$ 
aSer^alten  beS  SelbftbeiougtfeinS  gu  t)erfie]^en,  bon  bem  toir  foeben  ge» 
rebet  l^aben.* 

n.  ^errfd^aft  unb  jlned^tfdjiaft. 
1.   Sie  a!)erbop))eIung  bcB  6cIbflbc)ou|tfetn8. 

S)er  natflrlidge  Sfortgang  ber  2)inge  Don  ben  leblofen  gu  ben 
lebenbigen,  bon  ben  (ebenbigen  gu  ben  befugten  f)at  gur  Ofotfi^^  bag 
bem  @elbflbeU)ugtfein  baS  @eIbflbeiDugtfein,  bem  einen  baS  anbere 
gegenflbertritt,  bafe  fid&  bas  6elbflbett)u6tfein  \>tibop)ftlt  unb  öerDiel» 
fftitigt.  S)a  nun  baS  praltifd^e  SSer^alten  beS  SelbftbetougtfeinS  ober 
feine  @elb{lbet^ötigung  barin  befielet,  ba^  eS  ben  ©egenfianb,  auf  ben 
eS  fid^  gu  begießen  l^at,  begehrt,  t>ernid^tiget,  aufgebt  unb  baburdg  be- 
friebigt  in  fid6  gurüdCIel^rt.  fo  toirb  bie  ©ad&e  bop^)eIfinnig,  unb 
gtoar  in  allen  brei  SWomenten.'    ®enn  ber  ©egenflanb  iji  baS  ©elbfl« 

^  (Ebenbof.  6. 132  u.  138.  —  <  S^gt.  oben  6. 808flgb.  $b&uotnenoIogie.  6. 80. 
—  •  ebenbaf.  A.  ©elb^&nbigfeit  unb  Unfetbftftnbtgicit  beB  eelbflbetoufitfeinS; 
^etrfdSaft  unb  Pne«tf(J6oft,  6. 135-145. 


2)oS  6el(f}betDuBtfetn.  825 

6ett)u§tfetn  in  anbetet  @eßQlt,  alfo  ein  anbetet  unb  gugleic^  eS  felbft; 
biefer  2)oppelfinn  trifft  audg  baS  Slufl^eben  unb  bie  9)fidEfe]^t  in  ftd^. 
@o  etHftten  ftd^  Tegels  SBotte:  „S)ie8  bopt)eIftnnige  Sluf leben  feines 
bo))))eIfinnigen  3[nbet8feinS  ifl  ebenfo  eine  bo^))eIftnnige  Stfidlel^t  in 
fidb  felbfi;  benn  etfllid^  et^dlt  eS  butdg  bas  Stuf^eben  ftd^  felbfl  ju- 
xüä,  benn  ed  n)itb  fid^  tt)iebet  gleid^  butd^  baS  ^ufl^eben  feines 
SlnbetSfeinS;  gtt^eitenS  abet  giebt  eS  baS  anbete  €elbPen)U§tfein 
il^m  tt)ieber  ebenfo  autild,  benn  ed  n)at  fid^  im  Slnbetn,  eS  l^ebt  bieS 
fein  ©ein  im  Anbeten  auf,  entlftfet  alfo  ba8  3|nbete  toiebct  ftei".* 

Um  baffetbe  in  allet  Afltje  unb  S)eutlid61eit  3u  fagen,  fo  l^anbelt 
ed  fi($  um  bie  (Einheit  bes  ©elbflbemugtfeins  in  feinet  SJetbo^^elung: 
eS  ^anbelt  ftci^  batum,  bag  fid&  baS  eine  Selbflbetou^tfein  im  anbetn 
toei^  unb  ebenfo  umge!el^tt,  alfo  batum,  baB  beibe  fid^  gegenfeitig 
anet!ennen  unb  biefet  i^tet  9lnet!ennung  fid^  bemüht  finb.  »3ebe8 
ifl  bem  3(nbetn  bie  3Jliitt,  butd^  totti^t  jebeS  fid^  mit  fid^  felbfl  bet» 
mittclt  unb  gufammenf(i6Ue6t,  unb  iebeö  fid6  unb  bem  Änbetn  unmittel= 
bateS  ffit  fid^  feienbeS  äÖefen,  n^eld^eS  gugleid^  nut  butd^  biefe  93et= 
mittlung  fo  ffit  fidg  ift.  @ie  anerlennen  fid^  als  gegenfeitig 
fid&  anetfennenb/* 

2)iefe  ^fnettennung  abet  i{!  nicgt  mit  einem  ©dgtage  bot^anben 
unb  fettig,  fonbetn  fie  ifl  ein  $toce§,  bet  t)on  bet  du^etflen  Ungleidg- 
|eit  gut  Gleid^l^eit  fottfd^teitet:  ein  aDm&l^IidgeS  ®Ieid&U)etben,  beffen 
flufenmftgigen  Sfottgang  toit  nfll^et  gu  bettad^ten  l^aben.  S)ie  StuS- 
ffi^tung  beffelben,  ben  ^bfd^nitt  t)on  bet  «r^ettfd^aft  unb  Itnedgifd^aft, 
bet  @e(bflftnbig!eit  unb  Unfelbfl&nbigleit  beS  SelbflbettugtfeinS"  ted^nen 
toit  gu  ben  gelungenßen  ^attien  bet  ^^Anomenotogie,  gu  ben  ^tobe- 
unb  aReifletftflcfen  bet  l^egelfdgen  S)ialeftil. 

2.  !^et  $tamp\  auf  Scbcn  unb  £ob.    ^ie  ZobeBfur^t. 

S)ie  öu^etfle  Ungleid^l^eit,  U)eld^e  ben  Slnfang  madgt,  befielet  in 
bet  abfoluten  (ginfeitigfeit  beS  SlnetfennenS:  nut  baS  eine  ©elbfl» 
bctougtfein  ijl  anetfannt,  Ȋl^tcnb  baS  anbete  fid6  nut  anet!ennenb 
t)et]^ölt.  9(bet  audg  biefeS  SJetl^dttnig  ifl  nid^t  unmittelbat  gegeben 
unb  nidgt  bad  etfie,  nidgt  etgentlid^  bet  SCnfang,  fonbetn  Detmittelt  unb 
ettungen.  S)ie  beiben  ®e{la(ten  beS  ©elbflbemugtfeinS  fc^Iiegen  einanbet 
Ddllig  auS:  jebeS  ift  ein  unmittelbateS,  eingelneS  3nbit)ibuttm,  bem  ein 


»  Cbenbaf.  6. 136.  —  •  Cbenbof.  @.  137. 


826  2)a8  @erbftbett)ugtfein. 

anbereS,  ebenfo  untnittelbareS,  einjelneS  3ttbit)ibuum  gegenüber-  unb 
entgegenflel^t,  febes  bie  93ernt($tung  bed  anbeten  begel^renb,  bolzet  ifl 
i^r  gegenfettigeS  praltifd^eS  9}er]^alten  ber  ltQm))f  auf  fieben  unb  %üh. 

Slun  aber  ifl  baS  ßeben  bie  natürlid&e  ^Joption  beS  SBett)u§tfetnö, 
ber  SEob  bie  natürlidöe  3legatton  beffelben,  bal^er  »irb  mit  htm  Sobc 
beiber  3nbit)tbuen  ober  aud^  nur  beis  einen  ))on  beiben  nid^t  erreid^t 
tt)aS  bad  Selbßbemu^tfein  erreid^en  toiti:  e$  {ann  nömlid^  baS  93ett)u§t- 
fein  nid^t  bernid^ten  tDoQen,  ba  eS  fa  in  bemfelben  fid&  obiectioiren  unb 
betl^ötigen  tt)iQ;  eS  \%  loie  ^egel  Don  beut  ßam))f  ber  3nbi))ibuen 
trcjfenb  fagt,  baS  ©})iel  ber  Ärftfte,  ba8  fid6  l^ier  barfiellt,  „aber  im 
Setoufetfein".  SJal^er  fann  bem  ©inn  unb  3irfe  beS  ©elbfibemufet« 
feinS  gem&g  ber  Aam^f  nur  fo  enben,  ba§  SetDugtfein  unb  ßtitn 
erl^alten  bleiben,  unb  ba8  eine  ber  beiben  Snbiöibuen  enttteber  im 
Aam))fe  unterjod^t  mirb  ober  aus  Siebe  gum  Ceben  unb  aud  Ofurdgt 
öor  ber  XobcSgefal^r  fid&  freitoittig  unterioirft.  ®enn  bie  3lrt,  toie 
baS  93etougtfein  negirt  unb  negirt  loirb,  ift  nid^t  bie  brutale  beS  Zobt- 
fdglageniS,  fonbem  „bie  9legation  bed  93ett)u^tfein§,  n)eld^e8  fo  auf- 
gebt, ba§  eis  baS  Slufgel^obene  aufbetoa^rt  unb  erl^Slt  unb  l^iermtt 
fein  Slufgel^obentoerben  überlebt".* 

S)ad  ©elbftbemugtfein  l^at  feine  erfie  Srfal^rung  gemad^t.  €8  er» 
fdgeint  aU  „jtoei  entgegengefe^te  ®e{talten  beS  93ett)ugtfeiniS;  bie  eine 
ba^  felbftönbige,  n)eldgem  baS  g^ürfid^fein,  bie  anbere  baS  unfelb» 
ftftnbige,  bem  bas  ßeben  ober  ©ein  für  ein  anbereS  bais  Sßefen  ift: 
ieneS  ift  ber  §err,  bied  ber  flnedfet".* 

S)em  Aned^te  ifl  fein  natürlid^ed,  finnlid^eS  SDafein  lieber  ald  bie 
^erfonlid^Ieit;  baiS  Möge  ÜtUn  lieber  als  ber  auf  bem  ©elbftbetougt^ 
fein  rul^enbe  SBertl^  bed  SebenS^  er  fd^&^t  fid^  nid&t  l^öl^er  ald  ein  Sing 
unter  2)ingen,  il^m  gilt  baS  2)ingfein  ober  bie  S)ing]^ett  als  bad 
äBefentlid^e,  baS  SBemugtfein  als  baS  Unmefentlidge:  eben  barin  befleißt 
baS  Inedgtifd^e  93etougtfein.  SBaS  ben  ^errn  3um  ^erm  mad^t, 
ift,  bag  er  ben  Sob  nidbt  gefürd^tet  unb  fein  Seben  baran  gefegt  unb 
gemagt  ^at  SBaS  ben  Anedgt  gum  Itned^t  mad^t,  ift,  bag  er  ben  2ob 
gefürd^tet  unb  fein  fieben  über  aUeS  gefdgä^t  ^at,  ganj  Derfenft  in  fein 
))l^9ftfd^eS2)afein:  „baS  ift",  tote  ^egel  fdgön  unb  trejfenb  fagt,  <, feine 
Itetie,  t)on  ber  er  im  Aampf  nid^t  abftral^iren  !onnte  unb  barum  fid^ 
als   unfelbftänbig ,    feine  ©elbftinbig!eit  in  ber  2)ing]^eit  gu  l^aben, 

»  SBflI.  oben  6,  310.  ^^ftnomenologie.  6. 137—140.  —  «  «enbaf.  6. 141. 


S)aS  @elbpett)ttgtfein.  827 

ftd^  emieS.  2)er  ^err  aber  ift  bie  SRadgt  Aber  bieS  @ein,  benn  er 
erioteS  im  Kampfe,  ba^  e8  il^m  nur  aU  ein  9legatit)ed  galt;  inbem 
er  bie  äRad^t  barüber,  bieS  @ein  aber  bie  SDIad^t  Aber  ben  9(nbern,  fo 
f)ai  er  in  biefem  ©bluffe  biefen  Slnbem  unter  fld&."  * 

3nbe|fen  liegt  in  ber  ^urd^t  öor  bem  SEobe,  als  bem  abfoluten 
^erm,  fc^on  bag  ©efül^I  ber  Stid^tigteit  beS  eigenen  SDafeinS  unb  barin 
ein  Aeint  gur  (Srl^ebung  bed  Inedgtifd^en  äSeiou^tfeinS.  ,.S)ie8  93ett)u^t- 
fein  ^at  n&mlid^  nidgt  um  bie[eS  ober  jenes,  nod^  für  biefen  ober  jenen 
Slugenbliä  9(ngft  gel^abt,  fonbern  um  fein  ganges  SBefen ;  benn  eS  l^at 
bie  f^urd^t  beS  %ohti,  beS  abfoluten  ^errn,  em))funben.  Ss  ift  barin 
innerlidö  aufgetöfi  toorben,  l^at  burd^auS  in  fid&  felbjl  erjittert,  unb 
aDeS  f^i^e  ^at  in  i^m  gebebt.  S)iefe  reine  allgemeine  93en)egung,  baS 
abfolute  Oflüfftgmerben  aOeS  äSeftel^enS,  ift  aber  baS  einfädle  SBefen  beS 
SelbPemugtfeinS,  bie  abfolute  9legatit)it2t  baS  reine  f^firfid^fein, 
baS  l^iermit  an  biefem  Setoufetfein  ifi/* 

3.  ^err  unb  Stnt^t    ®e^or{am  unb  $iett|t.    Arbeit  unb  SBUbung. 

3un&d^ft  l^at  ber  Anedgt  baS  @eIbftbetDU§tfein  unb  beffen  erl^abeneS 
fjfürjtd&fein  im  ^errn  Dor  Äugen,  nur  in  il^m:  ber  §err  beftel^lt  unb 
l^errfd^t,  ber  Itned^t  ge^ord^t  unb  bient;  er  tl^ut,  maS  ber  ^err  xoxti, 
fein  SCl^un  ift  eigentlid^  baS  Sigun  beS  ^errn.  2)iefer  bejiel^t  ftd^  auf 
beibeS,  auf  ben  Aneckt  unb  bie  SDinge,  fomol^t  unmittelbar  als  mittel^ 
bar:  er  begiel^t  fid^  auf  ben  Anedgt  mittelbar  burd^  bie  SDinge  unb 
auf  bie  S)inge  mittelbar  burd^  bm  Aned^t.  Slud^  ber  Aneckt  bejiel^t 
fid^  burd^  ben  ^errn  auf  bie  SDinge,  b.  1^.  er  l^at  bie  SDinge  nidgt  gu 
genießen,  fonbern  nad&  bem  SBiflen  beS  §errn  gu  bearbeiten:  ber 
flncdfet  arbeitet,  ber  §err  geniest.  „SDer  §err  aber,  ber  ben 
Itned^t  gtt)if(^en  eS"  (bie  @elbfidnbigleit  beS  3)ingeS)  „unb  fidg  einge» 
fd^oben,  fd^liegt  fid&  baburd^  nur  mit  ber  Unfelbftönbigleit  beS  SingeS 
gufammen  unb  geniest  eS  rein;  bie  Seite  ber  @elbftönbig!eit  aber 
ttberlöfet  er  bem  flned^te,  ber  eS  bearbeitet."* 

S)er  ©el^orfam  unb  3)ienft  beS  flned&teS  befielet  in  ber  Arbeit, 
biefe  aber  barin,  ba§  er  bie  SDinge  gum  ®ebraud&  unb  ©enuffe  beS 
§erm  bearbeitet,  b.  ^.  gefialtet  unb  formirt.  ©efiatten  unb  formtreu 
l^ei^t  bilben.  3nbem  ber  ßnedgt  burd^  fein  eigenes  SE^un  bie  2)inge 
bitbet,  bilbet  er  fid^  felbft.    3(rbeit  ift  unb  mad^t  93ilbung.     2)urd^ 


Cbenbof.  6. 141.  —  *  Cbenbaf.  ©.  143.  —  »  ©benbaf.   ®.  141  u.  142. 


328  2)ai  eelbjIbetDufctfeiit. 

bte  3(rbett  lommt  baS  93eiDugtfetn  beS  Rmi^ia  gu  ftd^  fetbft  unb 
erl^ebt  fid^  über  feine  SDingl^eit.  9tunme]^r  voxxb  ber  Aned^t  fetner 
ft(i  bemüht.  ®e]^orfam,  2)ienfi  unb  9[rbeit  tfi  bte  Sud^t,  looburd^ 
baS  {ned^ttfd^e  93ett)u§tfein  ftd^  bilbet,  erl^ebt  unb  befreit,  ed  fommt 
auf  biefem  SSege  gu  ftd&  felbft  unb  ifi  nunmel^r  nid^t  hU>%  fflr 
ben  ^erm,  fonbem  audg  für  fid^.  @o  erlebt  unb  beftfttigt  ftd^  baS 
biblifd&e  SBort;  „®ie  (Jfurd&t  be«  §crrn  ifi  ber  SBeig^cit  «nfang".* 

9lunme^r  ift  bai  SelbftbemuBtfetn  beS  Aned^teS  ntd^t  VU>%  on  ftd^ 
t)or]§anben,  fonbem  aud^  für  ftd^  geworben,  b.  1^.  eS  ift  an  unb  für 
fid^,  bte  3Jlomtnit  feiner  fortfdgreitenben  (Erl^ebung  unb  SSefreiung  finb 
bie  SobeSfurc^t  unb  bie  Orurd^t  beS  ^errn,  ber  ©el^orfam  unb  S)ienft, 
bie  9[rbeit  unb  SBUbung.  „^m  ^errn  ift  t^nt  baS  Ofürfid^fein  ein 
anbereS  unb  nur  für  eS;  in  ber  Sfurd^t  ift  bad  Sfürfid^fein  an  i^m 
felbft;  in  bem  Silben  toirb  baS  grürftd^fein  aU  fein  eigenes  für  eS, 
unb  es  lomntt  gum  SSeiDU^tfein,  bog  eS  felbß  an  unb  für  fid&  ift." 
„Ol^ne  bie  3udgt  beS  S)ienfteS  unb  ©el^orfantS  bleibt  bie  Ofutdjit  beim 
Oformeüen  fte^en  unb  verbreitet  ftd^  ni^t  über  bie  bett)ugte  3BirQidi|- 
{eit  bes  S)Qfein8.  Dl^ne  ba^  Silben  bleibt  bie  gfurd^t  innerlid^  unb 
ftumm,  unb  baS  99ett)ugtfein  »irb  nidgt  für  eS  felbft/' ' 

4.  2)te  Sb^Angigfcit  beS  ^etrn  unb  bie  Unabl&ngigfeU  beS  Pned^tf. 

SDie  S)iale!ti!  beS  @elbftben)u§tfeind  in  bem  Serl^öltniffe  ber 
^errfd^oft  unb  Anedgtfd&oft  l^at  bemnad^  bie  O^olge,  ba^  iebe  ber  beiben 
@eiten  fid^  in  i^r  ©egent^eil  Verfe^rt.  S>er  ^err  geniest,  toaS  ber 
Itned^t  erarbeitet,  unb  teirb  baburd^  ab]^ftngigt)om  Itned^t;  biefer  aber, 
inbem  er  bie  S)inge  geflaltet  unb  bilbet,  gewinnt  bie  ^errfdgaft  über 
biefelben  unb  baburd^  aud^  bie  ^errfd^aft  über  ben  ^errn,  fo  ba§  am 
Snbe  baS  gange  Serl^dltnig  fidg  umle^rt:  ber  ^err  toirb  ab^&ngig 
Dom  Itned^t  unb  biefer  unabl^ftngig  Dom  ^errn;  ber  ^err  mad^t  fid^, 
ntoralifd^  genommen,  ium  Itned^te  beS  Itned^tS  unb  biefer  gum  ^erm 
beS  $errn.  S)ag  ed  ftdg  fo  Der^ftlt,  erlebt  unb  geigt  bie  Sßeltgefc^id&te 
in  il^ren  großen  unb  baS  Suftfpiel  in  feinen  Keinen  2)imenfionen.  „2)ie 
SBa^rl^eit  beS  felbftönbigen  Semu^tfeinS  ift  bemnac^  ba^  Ined^- 
tifd^e  99eiou6tf^tn.  SHefeS  erfd^eint  gtoar  gunAd^fl  auger  fid^  unb 
nid^t  als  bie  SBal^r^eit  beS  @eIbftbetougtfeittS.  Slber  toie  bie  ^errfd^aft 
geigte,  baß  i^r  JBJefen  baS  SSerlel^rte  beffen  ifi,  toaS  fte  fein  toiff,  fo 


A  (ibtnbaf.  @.  142-144.  ~  «  (Sbcnbof.  6. 144  u.  145. 


2)a8  BtllftUtDVLii^tin.  829 

koirb  Qud^  tool^l  bte  ßnedgtfdbaft  ütelmel^r  in  il^rer  SJoIIbringuna  autn 
©egentl^eite  bejfen  toerben,  lood  fte  unmittelbar  ifi;  fie  toixh  aU  in 
,,ftd&  jutädgebrftngteS  SBemu^tfein  in  fidg  gelten  unb  au  toal^rer 
6elbjl&nbigleit  ftd^  umlel^ren''.^ 

5.  S)te  SSefreiung  bes  2)enlen0. 
Sie  STrbeit  beS  flned&tö  flejd^iel^t  atoar  nad^  bem  SBillen  unb  bem 
©inn  be8  ^ertn,  alfo  nad^  frembem  ©inn,  aber,  ba  fie  im  Oeftalten 
unb  93ilben  befielet,  fo  totdl  unb  enttoiäelt  fte  notl^ioenbig  in  bem 
^[rbeitet  ben  eigenen  ©inn,  b.  ^,  baS  eigene  SHadfebenlen  unb  SJcnlen. 
arbeit  ifl  gel^emmte  »egierbe  unb  fül&rt  aur  ©eIbfibe]§eTrf(i6ung.  SJurd^ 
bie  Slrbeit  mirb  bas  SSetDu^tfein  feiner  eigenen  ßraft  unb  Sl^itiglett 
inne  unb  lommt  a«  ftd&  felbfl.  „68  »irb  alfo  burd^  bieS  SBieber^ 
finbcn  feines  burc^  fid&  felbfi  eigner  ©inn,  gerobc;  in  ber  2(rbeit, 
njorin  eS  nur  frember  ©inn  au  fein  fd^ien/'^  Unb  ba  baS  fned^* 
tifdge  ääetpu^tfein  in  ber  abfoluten  SobeiSfurd^t  ftd^  Don  aDer  fd^Iecgten 
(Sigenl^eit  geläutert  unb  befreit  l^at,  fo  ifl  biefer  fein  eigener  ©inn 
ni(^t  „eitler  eigener  ©inn"  ober  „ßigenfinn",  ate  loeld&er  nod&  in 
ber  Äned&tfd^aft  ftel^en  bleibt,  fonbern  in  fid&  gelehrte»,  reincg  unb 
freies  Senfen. 

in.  S)ie  greil^eit  beS  ©elbfibetoufetfeinS.* 
1.  ©toicifimuS. 
^m  2)en{en  ift  baS  93etPugtfein  bei  ftd^  felbfl  unb  barum  frei, 
unabl^dngig  Don  ben  gegebenen  SBelt«  unb  ßebenSaupÄnben,  fei  eS  ber 
^errlid&Ieit  ober  beö  (SIenbö,  frei  auf  bem  Sl^rone  toie  in  Äetten,  als 
^err  »ie  als  ©claDe,  gana  in  fid&  felbfl  gcgrünbet  unb  auf  fid^  felbfl 
berul^enb,  bem  Sßeltgetriebe  gegenüber  DoÜ!ommen  gleid^ga(tig  unb  DoD- 
fommen  erl^aben.  S5a8  eigene  SJenlen  allein  entft^eibet  ben  SBegriff 
beö  unbebingt  Stttgemeinen  in  tl^eoretifd&er  »ie  i)raltift6er  C^infidftt, 
ndmlid^  bie  ©eltung  beS  Salären  unb  ®uten.  3)a$  ifl  biejenige  t¥ret= 
l^eit  beS  ©elbftbemugtfeinS  unb  ©efinnungSart,  meldte  mon  ©toiciSmuS 
nennt.  S)ie  gönalid^e  Slbl^öngi gleit  Don  ßeben  unb  S)afein  mdd^t  baS 
SSemu^tfein  aumÄnedgt,  bie  gdnalid^e  Unabl^&ngigleit  boDon  mad^t  ed 
aum  ©toüer:  bad  Inedgtifcge  äSetou^tfein  ifl  bie  Itette,  meldte  ba^ 


>  aUnhal  @.  141  u.  143.  -  >  Sbenbaf.  ®.  145.  -  >  Q^benbaf.  B.  gftei- 
^cit  bc8  ©elbßbetou^tfeini;  @toicidxnu9,  @lepttciSmuS  unb  baS  unglüdlic^e  S9e* 
tDugtfein.  @.  145-168. 


330  SDa«  6eI6{lBc)Dugtfcin. 

3nbtt)tbuum  feffelt  unb  fefil^dtt;  baS  ftotjdge  93ett)ugtfetn  ifl  in  unb  t)on 
ftetteit  frei,  oud^  loenn  baS  3nbtmbuuin  fte  tt&gt.  „S)tefe  Sftei^ett  beS 
@eI6ft6ett)u6tfettt8  l^at  befonntltd^,  inbem  fie  ate  il^re  bemühte  St« 
fd^eiitung  in  ber  ®efd^id&te  bed  ®eifieS  aufgetreten  ift,  @totciSmuS 
ge^eigen.  @ein  $rinci))  ifl,  bog  boS  93ett)ugtfein  bentenbeS  SBefett 
x%  unb  etmaS  nut  SBefenl^eit  für  baffelbe  l^at  ober  tua^r  unb  gut  fär 
e«  tfi,  aU  bag  Setoufetfein  ftdft  bartn  als  ben!enbe8  SBcfen  ber^ält."^ 

2)ad  Ser^&Itnig  ber  ^errfd^aft  unb  Itned&tfdgaft  unb  bie  bnrd^ 
Slrbeit  unb  9lad^benfen  errungene  SSilbung  d^aralterifiren  bieienigen 
Sufidnbe,  aus  n^eld^en  baS  floifd^e  93ett)u6tfein  l^erüorge^t  unb  l^ißorifd^ 
l^erüorgegangen  ift,  tote  $egel  aud^  mit  einigen  SBorten  bemerft, 
mo  er  bie  felBftdnbige  eigene  SDen!-  unb  Sinnesart  beS  @toi!erS 
t)om  Srol  unb  (Sigenfinn  fein  unb  rid^tig  unterfdgeibei  „S)er  @igen= 
finn  ifl  bie  ^reil^eit,  bie  an  eine  ginjelnl^eit  fid&  befefiigt  unb  inner* 
l^alb  ber  Aned^tfd^aft  fielet,  ber  ©toiciSmuS  aber  bie  S^rei^eit,  meiere 
unmittelbar  immer  auS  il^r  l^er  unb  in  bie  reine  ^lllgemeinl^ett 
beS  ©ebanfenS  jurüdCfommt  unb  als  allgemeine  ^oxm  beS  SBeltgeifieS 
nur  in  ber  3eit  einer  allgemeinen  t^urd^t  unb  Aued^tfd^aft,  aber  aud^ 
einer  allgemeinen  Silbung  auftreten  fonnte,  meldte  baS  Silben  bis  jum 
S)enfen  gefteigert  l^atte."* 

2)arin  liegt  audg  bie  Sc^möc^e  ber  floifd^en  S)enlart:  fie  ift  in 
il^rer  ber  äBelt  abgeloenbeten  Stid^tung  abftract  unb  unföl^ig,  fid^  in 
bie  2BirI(id&!ett  auSjubreiten  unb  biefelbe  gu  burd^bringen,  bal^er  fte 
baS  Itennjeid^en  ober  Kriterium  ber  SQ3aI)r]&eit  nid^t  in  bem  lebenS» 
öoüen  ©el^atte  ber  SBelt  unb  SBirflid&Ieit,  fonbern  nur  in  ber  formellen 
Ofeftig!eit  beS  fubjectiüen  2)enIenS  ju  finben  vermag,  unb  il^re  allge- 
meinen SBorte  Don  bem  SBal^ren  unb  ®uten,  t)on  ber  SBeiSl^eit  unb 
Sugcnb  too^I  er^ebenb  pnb,  aber  auf  bie  3)auer  ermübenb  unb  lang- 
weilig »erben.' 

2.  @fc|)ticUtnu8. 

SBaS  bem  Selbflbetou^tfein  beS  @totciSmuS  entgegenflel^t,  ifl  baS 
auf  bie*  ®eltung  ber  S)inge  unb  3uft&nbe  gegrflnbete  SBeltbemugtfein; 
bal^er  muffen,  um  bie  ®eltung  beS  floifd^en  @eI6ftgeffll^(S  gu  befefligen, 
aQe  objecttDen  Sßal^rl^eiten,  aDe  ^ofitionen  beS  äBeltbetougtfeinS  auS 
bem  SBege  ger&umt  metben :  aDe  iene  Sic^erl^eiten,  tteld^e  bie  finnli(^e 

»  Cbenbof.  6.  145-147.  -  »  «6enbaf.  6.  148.  -  »  «benbaf.  6. 148 
u.  149. 


2)a«  etlhfibttouitUin.  881 

©etoifel^eit,  bie  S33Q]&me]6mun8,  bct  JBerflQnb,  btc  l^errfd&cnbcn  ©ttten  unb 
©efe^c  u.  f.  to.  Bieten,  ©iefen  JDienfl  letftet  bcr  ©fcpticiömuö,  ber  beS« 
l^alB  mit  bem  @toici9tnuS  ttot^iuenbig  Detbuttben  ift  unb  gufQmmenge^t. 
äSeibe  Det^alten  fid^  »ie  ^err  unb  2)ienet;  ber  @fepitci8mu8  reolifirt 
ben  StoiciSmuS,  er  erarbeitet  bie  @id^er^eit  unb  ^errfdgaft,  »eld^e 
iener  begel^rt  unb  braud&t,  inbem  er  attc  »iberfireitenben  ?Pofitioncn 
beS  SemugtfeinS  umftfirjt  unb  nid^ls  fibrig  Idgt,  aU  bie  Unerfd^ütter» 
Iid^!eit  ober  Sltarosie  beS  eigenen  2)enlen§.^ 

%Ut  bad  fbptifd^e  @elbftben)u^tfein  gerdt^  mit  unb  gegen  fidg 
fetbfl  in  ein  ^eer  unauftöSlid^er  Sßiberfprfld^e,  ba  eS  genDtl^igt  ifl, 
baffelbe  gu  bejal^en  unb  gu  berneinen,  praltifd^,  b.  1^.  in  feinem  %f)nn 
toieberl^ergufieffen,  »aS  eS  tJ^eoretifd^,  b.  1^.  in  feinem  SDenfen  erfc^üttert 
unb  umgeftürgt  l^at;  eS  ift  gugleid^  biefed  eingelne,  em|)irif(i^e,  gufdüige 
@ubiect  unb  biefeS  allgemeine,  unmanbelbare  99en)ugtfein,  baS  uner= 
fd^fltterlid^  auf  fidg  felbft  rul^t;  tp&l^renb  baS  em))irifd^e  @ubject  t)on 
aSorftcüungen,  beren  feine  SBcfianb  l^ölt,  Dermint  »irb,  toie  öom 
@4»inbel  einer  fid^  immer  ergcugenben  Unorbnung  befallen.  „6S  iji 
bieS  für  fid&  felbft,  benn  e8  felbft  erl^ött  unb  bringt  biefe  fid&  be= 
toegenbe  SSertoirrung  l^erDor.  68  bcfennt  fid^  barum  audg  bagu,  e« 
bcfennt,  ein  gang  guffinigcS,  eingelneS  Seioufetfein  gu  fein,  —  ein 
äSeiDugtfein,  ba§  em))irifd^  ift,  ba$  fid^  nacb  bem  rtdgtet,  n)aS  feine 
afleolität  für  eS  l^at,  bem  gel^ord&t,  toaS  i^m  fein  SQBefen  ifi,  baS  tl^ut 
unb  gur  SBirflid^feit  bringt,  roa^  il^m  feine  SBal^rl^eit  l^at.  SIber  ebem 
fo,  iDie  es  [xä)  auf  biefe  äBeife  als  eingelned,  guf&lligeS  unb  in 
ber  %Jial  tl^ierifd&ed  Seben  unb  ))erIorene8  €eIbftbeU)ugtfein  giebt, 
mad^t  eS  fidg  im  ©egentl^eil  aud^  U)ieber  gum  allgemeinen,  fid^ 
felbjl  gleid&en,  benn  eS  i|i  bie  Jiegatiöitdt  aller  ©ingelnl^eit  unb 
alles  Unterfd&iebeS.  SJon  blefer  ©id&felbfigleic^^eit  ober  in  i^r  felbfl 
Dielmel^r  fdllt  eS  »ieber  in  jene  Sufdßigfeit  unb  SScrmirrung  gurüdt, 
benn  eben  biefe  ftcg  beroegenbe  92egatiDitdt  l§at  eS  nur  mit  (Singelnem 
gu  tl^un  unb  treibt  fid&  mit  SuföHigcm  l^erum.  ®ie8  SBenjufetfein  ift 
alfo  biefe  bciouBtlofe  ^afelei,  öon  bem  einen  Sjtrem  beS  fit^  felbft 
gleidften  ©elbfibctoußtfeinS  gum  anbern  beS  gufdlligen,  Dertoorrcnen  unb 
Dertoirrenben  SetoußtfeinS  l^inüber  unb  l^erüber  gu  gelten.  (£ä  felbft  bringt 
biefe  beiben  ©ebanfen  feiner  felbft  nid^t  gufammen;  cS  erfennt  feine 
^rei^eit  immer  als  (grl^ebung  über  äße  aSertoirrung  unb  SufdÜigfeit 


Cbcnbaf.   6. 149-151. 


332  2)a0  6eIbPeiDu6t{etn. 

beS  2)afetniS  unb  be!enttt  ftdg  ebenfo  bas  anbete  mal  toieber  als 
ein  SurfidfaQen  in  bie  Untnefenttid^fett  unb  als  ein  herumtreiben 
in  il^^^.  €8  I4§t  ben  untocfenttidöen  ^n^alt  in  feinem  ®enlen  bcr» 
fd&tt)inben,  aber  eben  barin  ijl  es  baS  SBetoufetfein  eines  UntoefentUd&en, 
es  fprid^t  baS  abfolute  SSerfd^minben  aus,  aber  baS  9(uSft)red&en  ift, 
unb  bieS  SBeiou^tfein  ijl  baS  auSgeft)ro(^ene  SSerfd^ninben;  eS  fprid&t 
bie  Slid^tigfcit  beS  ©el^enS,  ^örenS  unb  fofort  auS,  unb  eS  fielet, 
^ört  unb  fofort  felbfi;  eS  fpridgt  bie  9lid^tig!eit  ber  ftttlid^en  äBefen* 
l^eiten  auS  unb  mad^t  fte  fe(bf}  au  ben  STldd^ten  feines  ^anbelnS.  @ein 
Xl^un  unb  feine  SBorte  toiberfpred^en  fid6  immer,  unb  ebenfo  l^at  eS 
felbft  baS  gebopt^elte  miberfpredjienbe  Säetou^tfein  ber  Unn)anbelbarlett 
unb  ©leid^l^eit  in  ber  ))ö([igen  SufADigleit  unb  Ungteidg^eit  mit  fid^."  ^ 

8.  2)aS  un0lfl(I(i4e  »elougtfein. 

3n  bem  SSerl^äHniB  Don  ^errft^aft  unb  Äned&tfd&aft  erfd&eint  baS 
t)etbo))))elte  Selbftbemu^tfein  in  jmei  Derfd^iebenen  ©eftalten;  in  ber 
Sfrei^eit  beS  SelbflbelDugtfeinS,  im  @toiciSmuS  unb  @!e))ticiSmuS  er- 
fd&eint  eS  in  einer:  ber  ©toifer  fraft  feiner  erl^abenen  ©elbftbel&errfd&una 
ip  fotool^t  fein  eigener  ^crr  als  aud6  fein  eigener  Äned&t,  fein  benfcn= 
beS  @elb1}bett)u§tfein  ijl  ber  ^err,  fein  finnlid^eS  unb  begel^renbeS 
©elbjibewufetfein  ift  ber  flned&t,  ber  möd^tig  nicberge|attene  unb  untere 
brüäte;  ber  unn)anbelbaren  2)en!-  unb  ©ertnnungSart  beS  @toi!erS 
gegenüber  Derjiummen  bie  ©eijler  ber  ©inntid&Ieit,  »eld^e  ber  ©feptüer 
auSfü^rlid^  reben  lägt  unb  anl^Srt,  bereu  tl^eoretifd^e  ©emigl^eiten  er 
tt)iberlegt  unb  t)ertt)trft,  iD&l^renb  er  (gleid^  bem  gemöl^nlid^en  99en)ugt= 
fein)  pe  praftifd&  l^errfd^en  Iä§t;  feine  ^ßrajiS,  b.  1^.  fein  SEI^un  unb 
SEreiben,  toiberftreitet  feiner  Sl^eorie,  fein  tocd^felnbeS,  »anbelbareS, 
giDifd^en  Xl^eorie  unb  ^ra^iS  ^in  unb  l^er  gelDorfeneS  SSemu^tfein 
preitet  mit  Jenem  unwanbelbaren  Semufetfein,  mit  iener  ätarajie  beS 
S)cnfenS,  toorin  ber  @fe})tifer  mit  bem  ©toifer  wetteifert.  Unb  fo 
geigt  pc|  ber  €!et)ticiSmuS  als  ein  nidgt  blog  in  pdg  gebo))))eUeS, 
fonbern  pdg  jelbp  toiberßreitenbeS  unb  entgegen  gefegtes  93en)u6tfein, 
jerllüftet  gleid^fam  in  ben  bo^^tten  ©egenfaft  jtoif^cn  SJenlen  unb 
i^un  (Sl^eorie  unb  ^PrajiS),  unb  gwifd&en  ber  toanbelbaren  unb  un= 
toanbetbaren  ©epnnung. 

1  (gbenbaf.  6. 151—158. 


S)ad  eeaflbetDubtfetn.  383 

2)iefer  SBtbetftteit  ifl  im  f&pttfd^en  Sdetougifetn,  ntd&t  für  ed. 
SBaS  im  93elDugtfein  lebt  unb  l^ettfdgt,  mu^  aud&  im  Sid^te  beffelben 
erfdgeinen.  9Bq8  bad  aSeiDugtfein  an  fi^  ifl,  mug  eS  aud^  für  fi(i^ 
fein;  ballet  mug  qu8  bem  SIepticiSmuS  eine  neue  ©eflaU  beS  Semugt- 
feinS  ]^ett)orgel^en.  3)a  nun  biefe  neue  ©eflalt  ftd^  il^ter  3et!Ififtung 
unb  inneren  (Segenfä^e  betougt  ifl,  unb  )lDar  ate  unt)erf&]^ntet,  unb 
na(b  bem  SOVaage  ber  eigenen  Araft  unt)etf&l^nlid6er  ®egenfft^e,  fo  l^at 
^egel  biejelbe  „ba$  ungladtid^e  aSetougtfein"  genannt.  (Is  gel^ört 
}ur  S^teil^eit  beiS  €eIbflben)uBtfein8,  ha  e$  in  bem  ^roceg  feiner  SBe« 
freiung  eine  notl^toenbige  @tufe  bilbei;  eS  ifl  bie  britie  @tufe,  ba  ed 
ben  @toici8muS  unb  ©le^iicidmud  t)orQU8fe^t  unb  aus  bem  legieren 
refuUirt.  ^3)iefe  neue  ®eflaU  ifl  ^ierburd^  ein  foI(i^e8,  »eld^eS  für 
fid^  baS  gebopt)ette  SdeiDugtfein  feiner,  ate  be$  fidg  befreienben,  un» 
toanbelbaren,  fid^  fetbfl  gleid^en,  unb  feiner  als  beS  abfolut  fid^  t>tX' 
toirrenben  unb  t)er!e^renben  —  unb  baf^  93en)u6tfein  biefeS  feines 
SBiberfprudgS  ifl.  —  3m  @toici8muj^  ifl  bad  @elbflbemugifein  bie  ein- 
fädle Orteil^eit  feiner  felbft;  im  SfepticiSmud  reatifirt  fie  fid^,  t)emi(l^tet 
bie  anbere  ©eite  beS  be^immten  S)QfeinS,  aber  t>txboppAt  fidg  t)iel- 
mel^r  unb  ifl  fid^  nun  ein  3)Deifad^e8.  ^ierburd^  ifl  bie  93erbo))))eIung, 
U)eld&e  frfll^er  an  gloei  (Sin)elne,  an  ben  ^errn  unb  an  ben  RntS^t, 
fid^  t)ertl^eilte,  in  SineiS  einge!el^rt;  bie  9}erbo))))eIung  bed  @elbß- 
bekougtfeinS  in  fid^  fetbfl,  meldte  im  Segriffe  beS  ®eifle8  mefentlid^  ifl, 
ifl  l^iermit  t)or]^Qnben,  aber  nod^  nid^t  il^re  Sinl^eit,  unb  baS  un- 
glüdlid^e  aSemugtfein  ifl  bas  93elDugtfein  feiner  als  bed  gebo^))eIten 
unb  toiberf^)red6enbett  SHJefenS.''* 

S)iefeS  in  fidg  geboppelte  unb  miberf))rudgSt)oIIe  99en)ugtfein  !5nnte 
man  oud^  al8  baS  feinem  SBefen  entfrembete,  als  baiS  entjtoeite  ober  )er- 
riffene  93ekougtfein  bejeid^nen,  n)eld^en  ^uiSbrüdEen  loir  in  einem  f))ateten 
^bfdgnitte  ber  $l^ftnomenoIogie  begegnen  loerben,  mo  eS  fid&  barum 
l^anbelt,  eine  ßebenSanfdgauung  unb  ©efinnungsart  )u  d&aralteriftren, 
loeldge  ber  t)terten  ^au))tflufe  be$  99en)ugtfeinS  angel^ört  unb,  l^iflorifd^ 
genommen,  in  bem  SntioidKungSgange  ber  3Renfdgl^eit  auiS  bem  S^i' 
alter  ber  9luf!I&rung  f)txt>ox'  unb  ber  Sßettepod^e  ber  IReüoIution  un- 
mittelbar Doraudgegangen  ifl,  mie  ber  ©toiciSmuS  unb  @Ie))ticiSmud 
ber  beS  (S^riflentl^umd.  Sin  unb  baffelbe  93elDu^tfein,  meldgeS  t)on 
entgegengefe^ten  SOflAd^ten  bemditigt  ifl  unb  fidg  bemditigt  ffil^It: 


1  Ofbenbaf.  €.  153  u.  154. 


834  2)ad  eelbftbetDufttfein. 

Stoei  €eelen  lool^nen,  ad^!  in  meiner  fßxuft, 
2)ie  eine  toiU  fl4  ^on  ber  anbern  trennen; 
S)ie  eine  l^ait,  in  berbcr  SiebeSluft, 
6td^  an  bie  SDOelt,  mit  Kammemben  Organen ; 
^ie  anbre  (ebt  geioaltfam  fi^  t^om  2)uft 
Su  ben  ®efl(ben  l^o^er  9(^nen. 

3n  einem  foldgen  3)o^))eI6elDu6tfein,  tote  eS  bie  SBorte  l}eS 
Boetl^efdgen  gfauft  auSfDred^en,  ifl  eine  foldge  gfäUe  Don  ßtQft=  unb 
@el6ftgefü]^I,  t)on  (St^e6ung  unb  ^errlidg!eit  enthalten,  bag  man  Don 
i^m  nidgt  fagen  fann,  eS  fei  unglfidlidg.  S)iefe  @eftalten  beS  mobernen 
aSetoufetfeinS,  bie  ats  Serrtjfen^eit,  SBeItf(i6meta  u.  f.  f.  fotool^l  gelten 
ate  gelten  tooHen,  loiffen  ftdg  Diel  gu  Diel  mit  intern  Ungtfld  unb 
madgen  bamit  Diel  gu  Diel  Staat,  um  in  SBal^rl^eit  unglfläli^  3u  fein. 
S)a2U  gel^ört  baS  Slenb  unb  bie  Ol^nmad^t  beS  SBtffenS.  3)atum  l^at 
^egel  baS  ungtfltflid^e  93emugtfein,  loeld^eS  in  ber  $l^dnomenoIogie  ber 
gegenko&rtigen  @teDe,  nftmlidg  ber  jtoeiten  ^au))tftufe  beS  93en)u§tfein8 
angel^ört  unb  biefelbe  DoQenbet,  Don  jenen  mobernen  ®eftalten  tooijl 
unterfdgieben. 

3)ie  entBegenBefe^ten  3R&ä)h,  xottä^t  hai  unglüdnidge  93en>ugtfein 
als  feine  3D}ei  Seelen  in  fid^  trdgt  unb  nidgt  ^ufammengubringen  unb 
3u  Dereinigen  Dermag,  mflffen  tl^m  ebenbeS^alb  als  getrennte  unb 
etnanber  frembe  Sßefen  erfdgeinen,  als  ©egenmdd^te,  bie  einanber  ber= 
gefialt  auSfd^Iiegen,  ba^  jebeS  bie  ©eftalt  eines  einzelnen,  fflrftd^feienben 
SBefenS  annimmt.  S)ie  beiben  SJlAd^te  finb  baS  unn)anbelbare  unb 
baS  toanbelbare  99en>u6tfein :  jenes  erf d^eint  als  bie  einjelne,  unioanbeU 
bare,  göttlidge  ^ietfon,  biefeS  als  baS  einjelne,  em))irif^e  unb  gufAttige 
Subject,  als  ein  foId&eS  gilt  fid^  baS  unglfldtlid^e  SSeiougtfein  felbft. 
3toifd&en  beiben  befielt  eine  unübetpeigUdöe  Äluft,  fie  Dermaßen  ftd^, 
tt)ie  3enfeitS  unb  2)ieffeitS,  ber  Suflanb,  ttortn  fid6  bie  aftöd^te 
bes  SetougtfeinS  befinben,  ift  ber  eines  unfibetminbßd^en  S)uaIiSmuS, 
ber  bie  Seeleneinl^eit  s^^f^^^t  ^^^^^  ^^^  ä3eD}ugtfein  unglfidfelig 
unb  »al^rl^aft  unglfidHidg  mac^t  unb  bie  Segeid^nung  motiDirt,  loeld^e 
ber  antibuatiftifdg  gefinnte  ^pi^itofo))]^  gemd^It  l^at:  „baS  ungtfldKidge 
Setou§tfein'\  „biefeS  unglüdtltd^e,  in  fid&  cntgtoeite  Setoufet- 
fein".^ 

9lunme]^r  finb  bie  ®egenftfinbe  ober  Sl^emata  biefeS  SeiougtfeinS 
ju   entioidfeln.     S)aS  @rfte  ijt    feine  Sesie^ung   ju   jener  göttlidöen 

'  (Sbenbaf.  6. 154. 


^a8  6eI6fl(etDU^tfein.  335 

$erfon,  aU  loeld^e  t^m  baS  umoanbelboTe  SelbfibeiDu^tfein  etfd^eint; 
ed  erfd^ctttt  il^m  als  ein  obfolute»  SenfeitS,  mit  »eld&em  6in8  gu  fein 
baS  Subject,  Don  bem  mir  reben,  ebenfo  notl^ioenbig  mie  t)ergeblidg 
trad^tct:  biefeä  ©tteben  nodö  einem  uncrteid^baten  3iel  ift  bem  unglüds 
lid^en  93etDugtfein  eigen  nnb  gel^5tt  gu  feinem  SBefen,  eS  bejeidgnet  ben 
©ipfel  unb  bie  ©d^ranfe  feine«  SBiffeng,  eS  ift  fein  „teine«  Sett)u§t= 
fein,  nid^t  aber  reined  S)en!en,  fonbexn  eS  gel^t,  fogufagen,  nur  an 
ba«  2)en!en  ^in  unb  ift  Slnbad^t.  ©ein  3)enlen  als  fold^e  bleibt 
baS  geftaltlofe  ©aufen  beS  ©lodengeläuted  ober  eine  loorme  Siebet» 
erfflttung,  ein  mufilatifd^eS  ©enlen,  baS  nid^t  gum  ^Begriffe,  ber  bie 
eingige  immanente  gegenftönblid&e  SQBeife  todre,  fommt,"  68  bleibt 
„reines  ©emütV'  ober  ©efül^l/ 

S)a  nun  baS  ©ubjlect  beS  unglüdEIidben  a3eti)ugtfein8  ein  eingelneS, 
eml)irifd&eS,  ftnnUd^eS  ©ubject  x%  fo  erfdgeint  il^m  baS  3enfeit8  als 
ein  finnlid^eS,  b.  1^.  rfiumlid^eS  unb  geitlidgeS  2(enfeitS,  unb  jenes  un- 
n)anbeI6are  ©elbftbemu^tfein,  bas  ats  Singelmefen  tl^m  jenfeitig  gegen« 
flberftel&t,  erfd^eint  in  uncrreid^barer  geitU^er  Qferne,  b.  fj.  als  ein  Der= 
fd&wunbcnes,  gewefeneS,  »ergangenes  ßeben,  öon  bem  nid^ts  flbrig 
geblieben  ift,  als  fein  @rab.  ©o  entfielet  aus  bem  ©efül^Ie  ber  ^n^^ 
bad^t  bie  ©el^nfud^t  nadg  bem  ^nilid,  nad^  ber  ©egentoart  unb  bem 
Sefi^e  biefeS  ©rabeS.  „©tatt  baS  SBefen  ergriffen  gu  l^abcn,  »irb 
nur  bie  Unn)efentli(^!eit  ergriffen/  „ä8o  eS  gefud^t  toerbe,  !ann  eS 
nid^t  gefunben  toerben,  benn  es  foQ  eben  ein  ^enfeits,  ein  foId^eS 
fein,  toeld^eS  nid^t  gefunben  toerben  !ann.  @S  als  (SingetneS  gefud^t, 
ift  ©egenftanb  ber  unmittelbaren  finnlid^en  ©etoißl&eit,  unb  eben  barum 
nur  ein  foId^eS,  »eld^eS  berfd^njunbcn  ift.  ®em  Setoufetfein  fann 
ba^er  nur  baS  ©rab  feines  SebenS  gur  ©egenioart  lommen.  ^ber 
ttie  btes  felbft  eine  SBirlUd&feit,  unb  eS  gegen  bie  SRatur  biefer  ift, 
einen  bauernben  a3efi§  gu  getoö^ren,  fo  ift  aud&  bie  ©egentoart  beS 
©rabeS  nur  ber  Äomi)f  eines  Semül^enS,  ber  öerloren  toerben  mu§."* 

Dbnjol&l  §egel  fid&  aller  ndl^cren  ^iftorifirung  entl&atten  l&at,  um 
bie  ©efdgid&tS))^iIofo))]^ie  nid(it  mit  ber  $^dnomenologie  gu  t)ermifd&en, 
fo  toirb  bei  ber  angeführten  ©teile  bod&  nicmanb  öerlennen,  bafe  er 
auf  bie  ©emfit]^St)erfa{|ung  ]^inn)eifen  moQte,  auS  beren  Stnbadbt  unb 
©el^nfud^t  bie  fiömpfe  um  ben  SSefi^  beS  l^eiligen  ©rabeS  ]^eröor= 
gegangen  finb:   bie  fireuggüge,   in  toeld^cn  ber  döriftlid^c  SReliquien» 

»  ebenbof.  ©.  154—159.  —  ^  übenbaf.  6. 160. 


386  S)a8  6eI({lbetDuBtfein. 

unb  ®x&6etcutt  feilten  ^öl^epunlt  etreidgt  ffat.  3n  ber  ©egenlDatt 
unb  im  99eft^e  beS  ©rabeS  foDte  biefeS  93eti)u§tfein  erfahren,  ba§  e8 
fid^  getftufdgt  l^abe.  ,,@tatt  baS  SBefen  ergriffen  ju  l^aben,  ^otte  ed 
nur  bie  Unmefenilid^Ieit  ergriffen/'  SBenn  man  ein  Seifpiel  bafflr 
l^aben  toiQ,  toie  baS  menfd^Iid^e  SBemugtfein  in  feinem  (SntoidKungS- 
öange,  b.  1^.  in  feinen  ßel^rial^ren,  jebe  ©tufe  mit  ganj  anbern  6t= 
nmrtungen  betritt  a(S  t)erl&gt  unb  immer  etmaS  gan}  anbereS  fud^t 
ate  finbet,  fo  giebt  eS  tool^I  feines,  meld^eS  größer  unb  gett)altiger  mfire, 
als  bie  Areugjfige.  Sine  fold^e  ©elbfttöufd^ung,  baS  ^enfeits  mit  ber 
gr5gten  3nbrun{t  gefui^t  unb  baS  S)ieffeit8  in  ber  öbeften  @eftalt 
gefunben  gu  ^aben,  !onnte  nur  baS  unglüdHid^e  Semugifein  erleben. 

©ein  €^ara!ter  unb  fein  Unglüd  befielet  eben  barin,  bag  eS 
})oifdgen  3enfeit8  unb  2)ieffeit8  befidnbig  get^eitt  ift  unb  bleibt.  ,,2)iefe8 
unglüdüd^e,  in  fid^  entgmeite  93eti)u&tfein  mug  alfo,  mil  biefer 
Sßiberfprud^  feines  SBefenS  jid^  (Sin  99ekou^tfein  ifi,  in  bem  einen  93e= 
nugtfein  immer  aud^  baS  anbere  l^aben  unb  fo  aus  jebem  unmittelbar, 
inbem  eS  gum  Siege  unb  gur  Stulpe  ber  Sinl^eit  gelommen  gu  fein 
meint,  toieber  barauS  ausgetrieben  merben/^ 

^6  ein  finnlid^eS  ©ubject  ftel^t  biefeS  93ett)u6tfein  mitten  in  ber 
mirHid^en  SBelt,  gu  ber  eS  ftd^  audg  moDenb  unb  begel^renb,  geniegenb 
unb  arbeitenb,  ermerbenb  unb  beft^enb  t)erbdtt,  aber  eS  mu§  fein 
tl^fttigeS  S)ieffeitS  beflAnbig  auf  baS  SienfettS  begiel^en  unb  fommt  beS« 
l^alb  gu  feiner  ©ekoigl^eit  feiner  felbfi,  gu  feiner  Seti^ft^rung  feiner 
Xl^ätigfeit,  gu  feiner  maleren  Slnfcbauung  ber  gegenftdnMid^en  SEBelt, 
fonbem  eS  bleibt  bei  einer  „gebrod^enen  ©etbftgelDigl^eit'',  einer  ,,ge« 
brod^enen  SSemd^rung"',  „einer  entgmei  gebrodgenen  SSirflid^feit" :  feine 
eigenen  tl^ierifd^4eibli(!^en  Ofunctionen  erfd^einen  il^m  als  ffinbl^aft'«  bie 
gfrfld^te  feiner  Slrbeit  unb  Zl^fttigfeit,  Srmerbung  unb  Sigent^um,  er» 
f(!^einen  il^m  als  „®aben  t)on  oben",  bie  eS  als  foldge  anguerfennen, 
banfenb  gu  empfangen  unb  gu  genießen  l^at;  aud^  fül^tt  eS  fidb  ju 
Gegengaben  feinerfeits  t)erl)flid^tet,  gu  geloiffen  ^Aufopferungen,  fon)o]^l 
maS  fein  burdg  Arbeit  ermorbeneS  ftugerlidgeS  Sigentl^um  als  ben 
®enu§  betrifft,  eS  muB  etu^aS  Don  bem  Sigentl^um  ablaffen  unb  für 
ben  gel^abten  ®enu§  fidg  toieber  ben  ®enu§  t)erfogen  unb  baS  ®egen' 
t^eit  auf  fid&  nel&mcn,  inbem  eS  fici^  fajteiet  unb  fafiet.    3)iefe  ®egen- 


dbenbaf.  @.  154.  -  >  dbtnbal  €.  161. 


2)aS  ScIbllbetDitfitfetit.  387 

gaben  gelten  ats  Oj)f ergaben,  ate  S)anIe8oi)fer,  bie  man  bem  ien= 
fettigen  @eber,  bent  ®eber  t)on  oben,  fd^ulbet.^ 

€o  ift  baS  ungtflditdge  33en)u^tfetn  in  ben  2>uali8mus  jioifd^en 
3enfeit8  nnb  ©ieffeitiJ  t)erftri(It  unb  burdSgftngig  t)on  il^m  be^errfd^t. 
®ie  SBejiel^ung  gtt)ifd6en  ben  beiben  3lcid6en  ijt  beftSnbig,  bie  Äluft 
jtütfd^en  beiben  unüberfteiglid^;  ballet  bebaxf  baS  bem  2)uali9mu§ 
nntermorfene  93ett)ugifein  bet  SRiitelSperfonen  ober  93ermittler,  bte  aU 
beiS  3enfett8  {unbige,  il^m  geloei^te  2>iener  gelten  unb  bie  dnU 
fd^Kefeungen  beS  bieffeitigen  93ett)u§tfetn8  berotl^en  unb  leiten.  „2)iefer 
Vermittler,  ofe  mit  bem  untoanbelbaren  SBefen  in  unmittelbarer  Se- 
aiel^ung,  bient  mit  feinem  9tat]^  aber  baS  9le$te.  S)ad  ungtfltflid^e 
a9eti)ugtfein  t)oQenbet  feine  Untertt)orfen]§eit,  inbem  eS  etioad  Don  SlHem 
oufgiebt,  toaS  ju  feiner  Sigenl^eit  unb  @elbftfinbtgfeit,  barum  audg  gu 
feiner  ©elbftbefriebigung  gel^ört:  ben  eigenen  6ntf(fttu|,  ben  eigenen 
93eft^,  ben  eigenen  ®enug;  eS  ifl  ^örig  unb  fd^ulbig,  eS  fd^ulbet  t)on 
feinem  ßigentl^um  baS  D))fer  unb  ffir  feinen  ®enug  bie  Aafleiung. 

SBenn  toir  biefe  ©runbjflge  beS  unglüdEHd^en  Seiou^tfeinS  l^iftori» 
pren,  ©aS  ^egel  nid^t  get^an  unb  t>xtUtxä^t  gefIiffcntKd6  Dermicbcn 
l^at,  unb  aus  ben  obftracten,  unbeftimmten  unb  barum  bunllen  Oformen 
feiner  Spiai^t  an  bad  Sid^t  lieben,  fo  feigen  mir  ba§  d^riftlid^e  33e= 
tougtfein  beiS  ürd^Iidgen  STlittetalterS  t)or  uns,  baS  römifd&'!at]^olifdge, 
für  toeld&eS  baS  ßeben  unb  SQBer!  Sfefu  S^rifti  ein  t)onbra(6teS  gjoctum, 
eine  jenfeitige,  einmal  für  immer  fertige  SE^atfad&e  ift,  loonad^  ben 
©Idubigen  nid^ts  anbereS  fibrig  bleibt,  aU  ber  IReliquiencuIt  unb  bie 
SBafffal^rt,  afö  bie  ^ierard&ie,  bie  jtt)if(^en  ScnfcitS  unb  S)icffeit8  Der= 
mittelt,  bie  Äußeren  D^jfer  unb  bie  STsIefe.  S)iefe8  ärmUdfec  unb 
toert^Iofe  Sl^un  gilt  bem  unglüdlid^en  SSemu^tfein  aU  l^öd^fie  @elb{i= 
befriebigung,  alß  fetiger  ©enufe  unb  abfoIuteS  Sl&un.  ®arin  bcftel^t 
ber  ©i^jfel  feiner  SBerlel^rtl&eit.  JBcnn  eS  biefe  JBerfel^rt^eit  burd^fd^aut 
unb  bicfelbe  nid^t  bIo§  an  il^m,  fonbern  für  e§  gctoorben  ijit,  bann 
]&at  eS  aufgel^ört,  unglüdtlid&eS  Senjufetfein  ju  fein.* 

SBaS  bas  Senjufetfein  an  fid6  ifl,  muft  e«  aud6  für  fid6  fein  unb 
»erben  nad^  bem  uns  ttol^Ibelannten  ©runbgefe^c  feines  SBefenS  unb 
feiner  ßntioidtlung.   ®ieS  gilt  je^t  öon  bem  ungtüdEIid^en  Sctoußtfein. 

»  ebenbof.  @.  164—166.  —  •  SBflI.  oben,  »hiermit  öcriieren  %iun 
itnb  @enug  aQen  allgemeinen  Snl^alt  unb  SBebeuiung."  „^\x  feigen 
nur  eine  ouf  fi(!b  unb  il^r  ÜeineS  2:^un  bef(!bTftn!te  unb  fi4  bebrütenbe,  ebenfo 
unfilfiiiltdie  ale  ftrmli^e  ^exfönlt^feit/  (€.  164  u.  165.)  S3gl.  biefeS  S&er!.  6.175. 

9if«eT,  «efd^.  b.  «l^ilof.  VUI.   91.  tC.  22 


888  2)a8  SDentunfibeiDu^tfcin. 

Sie  SelbfUAufdgung,  bie  eS  gefangen  nimmt  unb  t)on  feiner  buqlifiifd^n 
9[nf4QUungSn)eife  l^ertfil^tt,  liegt  in  ber  falfc^en  unb  t)er!e]^rten  €d&a^ung 
jenes  ärmlicden  unb  tt)ertl^Iofen  2:i^unS,  baS  in  lautet  eingelnen,  .ftu§er= 
tid^en  Serjid^tleiftungen  unb  Slufopferungen  befielet,  lauter  Sd^ein« 
o)>fern,  ba  fie  bod^  im  @runbe  bad  SBol^I  unb  ben  SSortl^eil  beS  lieben 
3(i8  mit  feinem  bieffeitigen  ©etriebe  gum  3»e(f  l^aben,^ 

Um  aUe  biefe  )>artieDen  unb  frut^tlofen  Sleftgnationen  einmal  für 
immer  lod  gu  toerben,  muB  biefe  i^te  SQSutjet,  ba$  eingelne  ©ubiect, 
bie  befd^Tftnlte  3nbiüibualitat,  baS  liebe  3^  mit  feinem  bieffeitigen 
(betriebe  aufgeo)>fert  toerben.  SDamit  ift  ber  S)ualidmuS  3tt)if(i&en 
SenfeitS  unb  3)ieffeitS,  auf  bem  bad  gange  unglfldKid^e  Setougtfein 
rul^t,  entmurgett,  unb  ftatt  feiner  erl^ebt  fi^  im  SSemugtfein  bie  (Einheit 
ber  ienfeitigen  unb  bieffeitigen  SBelt,  bie  (Sinl^eit  beS  @elb{tbemuBtfein8 
unb  ber  SBirllid^Ieit,  beS  @ub|ectiDen  unb  £)b)ectit)en.  3)iefe  Sinl^eit 
ift  bie  ä^ernunft,  mit  beren  Slnerlennung  unb  ©emgl^eit  ber  (Snt- 
midElungSgang  beS  93ett)u6tfetn8  gu  feiner  britten  ^au^tftufe  gelangt.' 


Sld^teS  (S^aptitl 


I.  £]^ema  unb  Slufgabe. 

3)a  bie  ä^ernunft  bad  innerfte  SBefen  beS  €elb{tbett)ugtfein8  unb 
ber  gegenfldnblid^en  äBir!li(i&!eit,  foti)ol^l  beiS  fub|ectiüen  als  beS  objectiDen 
Seins,  auSmad^t,  fo  ifl  fie  bie  OueDe  aUer  ©emigl^eit  unb  SBa^rl^eit, 
bal^er  ^egel  baS  SCI^ema  biefer  britten  ^auptftufe  beS  93eU)uBtfeinS 
als  «©etoigl^eit  unb  SBa^rl^eit  ber  ä^ernunff'  begeid^et  l^at.^  S)aS 
SCl^ema  enthält  bie  gu  löfenbe  Aufgabe.  S)ag  bie  93emunft  ade  SlealitAt 
ift:  biefe  ©etoigl^eit  foU  gur  SBal^r^eit  etl^oben  toerben  unb  als  fbld^e 
bem  93en)ugtfein  einleudgten;  fie  foD,  um  in  ber  t^pifd^en  gformel  gu 
reben,  im  93emugtfein  nid^t  blog  an  fid^  gelten,  fonbern  fflr  eS  fein. 

SDagu  gel^ort  nun  1.,  bag  bie  SSernunft  in  ber  obiectit)en  9Belt 
gefunben  mirb,  nid^t  gufäDig,  fonbern  fte  toirb  gefud^t  unb  gefunben, 

i  $^&noinenoIogie.  fßStxtu  II.  €.  166  u.  167.  —  >  dbcnbaf.  6. 167  u. 
168.  »fli.  6.  154.  —  •  «benbaf.  G.  (AA.)  »ertiunft.  6.  169-816.  V.  Oc 
toiW^i  unb  maf^tfitxt  bet  SBemunft.  6. 169—176. 


^te  bcobad^tenbe  SSernunft  839 

toeldged  gef[tffentlt(!^e  ttnb  itotdm&^x^  ongefteKte  @ud^en  bteienige  Se» 
trad^tungiSatt  ift,  toüä^t  man  SSeobodgtuttg  ttenttt;  2.  tnfiffen  bie 
fubjecttoen  ä^etnunftaiDeÜe,  bie  ttod^  !etne  9tealttat  l^ofeen,  in  ber 
o6|ectit)en  SBett  gut  @eltung  gelangen,  maS  ^egel  ^bie  SSexmirflid^ung 
beiS  t)ernflnftigen  @eIbßbelDugtfetnS  burd^  fid&  felbfl"  genannt  i)at; 
enbltdg  ifl  3.  ju  jetgen,  mortn  bie  Dernunfigemage  Sßitl(td^!eit  im 
fubjectiüen  nie  objectiDen  @inne  befleißt. 

n.  S)te  beobati^ienbe  93ernunfi 
1.  2)et  ©tanbpunit  beS  3beaU8inu9. 

„Sie  aScrnunft",  fagt  ^egel,  „iji  bie  ©etoiglöeit  beS  ffletoufetfeinS, 
alle  9lealitdt  ju  fein;  fo  fj)rid&t  ber  3beaUsmu8  il^ten  SBegriff  au8."^ 
S)er  @tanb);)unft  beS  3beaIiSntuS  ifl  nid^t,  um  einen  fcfll^eren  l^egelfd^en 
^uSbrud  3U  braud^en,  „mie  aus  ber  $iftoIe  ju  fdgiegen",  fonbern  ein 
langer  SnimidlungSgang  beS  aSenugtfeinS  ift  nötl^ig,  um  il^n  }u  be- 
gränben,  ein  gmeiter,  um  il^n  auSjufül^ren.  S)er  erße  S93eg  ifl  burd^'^ 
laufen,  ber  jiDeite  liegt  Dor  unS.  2)ie  ^l^ftnomenologie  fd^eibet  ftdg 
l^ier  in  biefe  Beiben  ungleid^en  ^Alften. 

3m  gef[iffentlid^en  ©egenfa^e  ju  allen,  loeld^e  ben  2ibeansmu8 
Derfid^ern,  fiatt  il^n  ju  bcgrünben,  toeift  §egel  auf  ben  SBeg  ber  JBe« 
grflnbung  unb  beffen  Stationen  gurüd.  ,,2)ad  Selbftbemu^tfein  ift 
aber  nid^t  nur  für  fid^,  fonbern  aud5  an  fid^  aQe  IRealit&t  erft  ba- 
burd^,  bag  eS  biefe  IRealitit  n>irb,  ober  t)ielme]^r  fid^  aU  ]olä^t  er= 
toeift.  @$  ertoeift  ftd^  fo  in  bem  SBege,  morin  guerft  in  ber  bia- 
leüifdgen  93en)egung  beS  SJleinend,  SBal^rnel^menS  unb  beS  93erf}anbe3 
baS  ^nberSfein  als  an  fidg  unb  bann  in  ber  Setoegung  burd^  bie 
€elb{tfiftnbig!eit  beS  93etougtfein8  in  ^errfd^aft  unb  ßned^tfdgaft,  burd^ 
ben  ©ebanlen^ber  Orteil^^it,  bie  fleptifd^e  ^Befreiung  unb  ben  ^am))f 
ber  abfoluten  93efieiung  beS  in  fidg  entgleiten  93eiougifetn3  ba§  SlnberS^ 
fein,  infofern  eß  nur  für  eS  ift,  für  eS  felbft  öerfd&winbct.  68  traten 
gtoei  ©citcn  nad&  einanber  auf,  bie  eine,  morin  baS  SQBefen  ober  baS 
SBal^re  für  baS  93en)U^tfein  bie  93efiimmt]^eit  beS  ©eins,  bie  anbere, 
toortn  eS  bie  l^atte,  nur  für  eS  gu  fein.  Slber  beibe  rebucirten  fid^ 
in  Sine  SBal^rl^eit,  bag  loaS  ift,  ober  baS  $[nfid^  nur  ift,  infofem  es 
für  baS  Setougtfein,  unb  toaS  für  es  ift,  aud^  an  fid^  ift«  3)aS 
93eti)uBtfein,  ti^eld^eS  biefe  SQSal^r^eit  ift,  l^at  biefen  SBeg  im  9lflden  unb 


A.  SBeobod^tenbe  IBemunft.  6.  170,  @.  176-254. 

22* 


840  2)oS  IBernunftbetou^tfetn. 

t)ergeffcn,  inbcm  eS  unmittelbar  ote  SJernunft  auftritt,  ober 
btefe  unmittelbar  auftretenbe  SBernunft  tritt  nur  ol8  bie  ©cttifel^eit 
jener  SBa^r^eit  auf.  @ie  t)crfi(i^ert  fo  nur,  alle  SlealitÄt  ju  fein, 
begreift  bieg  aber  felbfl  nicftt;  benn  jener  öergeffene  SBeg  ifl  baS  Se» 
greifen  biefer  unmittelbar  auiSgebrfldten  93el^au|)tung.  Unb  ebenfo  ifl 
bem,  ber  il^n  niddt  gemadgt  l^at,  biefe  Se]^au))tung,  menn  er  fie  in 
biefer  reinen  tJform  l^ört  —  benn  in  einer  concreten  ©eftalt  mad&t 
er  fte  »o^I  felbfi  — ,  unbegreiflid^/ ^ 

2.  2)aS  fünflU^e  unb  itatürlt^e  6^{tem  ber  ^inge.    ®efc|  unb  (Ss))enment. 

3n  ber  ©ettiftbeit,  bafe  bie  SBett  ein  8*eid&  ber  Vernunft  ober, 
toie  ^egel  mortf))ieIenb  fagt,  baS  €ein  ba$  Seine  ifi,  ge^i  bas  9)ers 
nunftben)ugtfein  an  bie  SSetradgtung  ber  2)inge.  „2)ie  ä^ernunft  ]§at 
je^t  ein  äff  gemeine«  Sntereffe  an  ber  SQBelt,  toeil  pe  bie  ©emifel^eit 
ifi,  ©egentoart  in  il^r  gu  ^aben,  ober  bafe  bie  ©cgentoart  Vernünftig 
ifl,  ©ie  fud^t  il^r  ?lnbere8,  inbem  fie  mcife,  baöon  nid^tö  anbere«, 
aU  fid6  felbfi  ju  beft^en;  fie  fud&t  nur  il^re  eigene  Unenblid^Wt.  3uerfl 
fiäi  in  ber  SBirHid&feit  nur  al^nenb  ober  fie  nur  ald  baS  3l&rige 
überl^aupt  miffenb,  fdgreitet  fie  in  biefem  @inne  jur  affgemeinen  93e- 
fi^nel^mung  beS  i^r  Derfid^erten  @igent]^um$  unb  ^flangt  auf  äffe 
§ö]&en  unb  in  äffe  3;iefen  baS  S^idfeen  il^rer  ©ouöerftnetftt/*  3n 
il^rer  gortfd^reitung  rid^tet  ftd6  baS  beobad^tenbe  SSerfal^ren  auf  bie 
Slatur,  ben  ©eifi  unb  bie  ßinl^eit  beiber  im  aJlenfd&en." 

®ie  beobad&tenbe  SBernunft  Derloanbett  bie  pnnlid&en  Dbjecte,  ba8 
9leid6  il^rer  ©innlid^Ieit,  in  ©egriffc,  inbem  fie  bie  SDlerlmale  ber 
3)inge  l^erDorl^ebt,  gru))l)irt  unb  orbnet:  biefeiS  l^erDor^ebenbe  (£r!ennen 
ber  SDlerfmale  befielet  im  93efd&reiben  ber  ®inge,  bie  gru})J)irenbe 
5£]^Atig{eit  barin,  bag  fie  bie  toefentlid^en  SRerlmale  t)on  ben  un« 
toefentlid^en  unterfd^eibet;  bie  SWerlmate  »erben  georbliet,  inbem  bie 
affgemeinen  Don  ben  befonberen,  bie  gemeinfamen  Don  ben  f|)ecififd6en 
unterfd^ieben  toerben,  unb  ouf  biefe  JBeife  in  fortfd^reitcnber  SBefonberung 
fid&  eine  Söegriffswelt  gefialtet,  bie  Don  ben  ©attungen  burdfe  bie 
Slrten  unb  Unterarten  l^erabfteigt  bis  gur  unfagbaren  ä^ereingelung 
ber  S)inge.* 

S)ie  DernunftgemAge  93eobad^tung  ift  Don  ber  ftnntidgen  Sßal^r- 
ne^mung  tool^I  gu  unterfd^eiben,  Djeldger  le^teren  eS  um  bie  ^ergil^Iung 

i  «benbaf.  6. 170  u.  171.  —  «  (Pbenbaf.  ©.  177.  —  »  «benbaf.  @.  178|lgb. 
—  *  (Benbaf.  ©•  179  u.  180. 


3)ie  beobad^tcnbe  a^crnunft.  341 

bcr  jtnnüd&ett  6i9cnf(i6aftcn,  nod6  fetneStoegS  um  btc  Drbnunfl  unb 
bas  Softem  bcr  ©inge  ju  t^un  ijl;  bie  Seobad&tutig  bagcgcn  gcfit  auf 
boö  SBefcn  ber  SDiitge,  auf  bereit  inneren  Sufommenl^Qng  unb  (Sin- 
Iieit,  fie  ip  auf  ben  Stotd  ber  erfenntnife  gerietet  unb  Don  bcmfetten 
geleitet.  3n  biefer  äbfidöt  unterfd&eibet  fie  bie  toefentlid&en  SWerlmoIe 
t)on  ben  unmefentlid^en.  „SBenn  eS  btefem  @u$en  unb  S9ef4rei6en 
nur  um  bie  2)inge  gu  tl^un  ju  fein  fdgeint,  fo  feigen  mir  eS  in  ber 
SI^Qt  ni(^t  an  bem  finnlidgen  äBal^rne^men  fortlaufen,  fonbern 
baiS,  moran  bie  2)inge  er!annt  merben,  ifi  il^m  »id^tiger  als  ber 
ftbrige  Umfang  ber  finnlidgen  Sigenfd^aften,  meldte  baS  2)tng  felbft 
nid&t  entbel^ren  lann,  aber  beren  baS  Semufetfcin  fid&  entflbrigt.  ®urd& 
biefe  Unterfti^eibung  in  baS  SBefentlid^e  unb  UntoefentUdge  l^ebt 
fidg  ber  SSegrtff  auS  ber  ftnnlidgen  Serfireuung  tmpdx,  unb  baS  @r= 
fenneu  crllört  barin,  ba§  e«  i^m  toenigftenS  eben  fo  mefentUd^  um 
fid^  felbft,  ats  um  bie  3)inge  gu  t^un  ift."^ 

S)a  nun  bie  mefentlid^en  SDfter!maIe  gugleidg  bie  toefentlid^en  (Er- 
fenntnifegrünbe  finb  ober  fein  foHen,  fo  rebet  §egel  l^icr  Don  „biefer 
gebopJ)eIten  SOBefentlidöIeit",  auf  bie  ft(^  alle  Dernunftgcmöfee  ©rlenntniS 
bcr  S)inge  grünbet,  benn  pe  grönbet  pd6  barauf,  bap,  toaS  bie  SJer= 
nunft  als  bie  toefentitd&en  Unterfd^iebe  erlennt,  aud^  in  ber  SRatur  ber 
S)inge  bie  mefentlidfeen  Unterfd^iebe  pnb.  „S)ie  SWerlmale  foHen  nid&t 
nur  mefentlid^e  93e}ie]^ung  auf  bas  Srlennen  l^aben,  fonbern  aud^  bie 
toefentlidöen  SBepimmt^eiten  ber  ®inge,  unb  bas  Iflnftlid^e  @^pem  fott 
bem  @9ftem  ber  9?atur  felbp  gema§  fein  unb  nur  biefeS  auSbrütfen."* 

2)iefe  Uebereinftimmung  }n)if(i^en  bem  logifd^en  unb  bem  natflr« 
tid&cn  ©Aftern  ber  S)inge,  jicifd^en  begriff  unb  SirlKd&Ieit,  3tt)ifd6eu 
S)en!en  unb  Sein  ift  red&t  cigcntlidö  baS  S^l^ema  unb  3iel  ber  be= 
obad&tenben  SSernunft.  SBeDor  biefe  (Sinl^eit  gefunben  unb  feftgepeflt 
ift,  ttaltet  in  bem  ©ud&en  ber  toefenttid^en  TOerf male  ber  un©ittfürtid&e 
6r!enntni§trieb  ber  SBernunft  ober  ^ber  Sernunftinpinct",  tote  ^egel 
tteffenb  fagt,  „benn  bie  SSernunft  Derl^filt  fid^  hur  ate  fold&er  in  biefcm 
Seobadöten".« 

3u  ber  SRatur  ber  a)inge  gel^ören  il^re  SBerÄnberungen  unb  beren 
mefentlid^e  SJlerlmale  unb  93ebingungen;  bie  mefentlid^en  SSebingungen, 
unter  melden  bie  SSerönberungen  gefd^el^en,  pnb  bie  ®efe$e,  ba^er 
lann  ol^ne  bie  @rlenntnig  ber  ®efe^e  ber  loal^re  unb  reine  93egrtff 


(gbenbaf.  6,  180  u.  181.  -  «  «benbaf.   ©.  181.  —  »  «benbaf.  e.  181. 


342  2)ad  SBemunftbetDu^tfein. 

ber  @ad^e  ntd^t  gefunbett  unb  feflgefieQt  Serben;  baS  ®efe^  aber  liegt 
nid^t  am  SCage,  tote  bte  finnlidgen  Sigenfd^aften,  fonbern  i^  verborgen 
unb  mu6  ballet  etgrflnbet  ober  etforfdgt  loerbett.  S)iefe  Stforfd^ung 
gefd^iel^t  burdg  ben  SSerfud^  ober  baS  @{pertment,  loeld^eS  bal^er  eine 
mefentlic^e  unb  d^araiteriftifd^e  Slufgabe  ber  beobad^ienben  SSemunft 
bilbet.  Sacon  atö  ber  SBegrflnber  ber  Srfal^rungd^^tlofop^te  ^atte 
bog  Ssperintent  2ur  SluSübung  ber  naturmiffenfd&oftlid^en  unb  pl^ilo» 
jopl^ifd^en  3Wetl^obe  geforbert  unb  aU  «experientia  quaesita»  ebenfo 
bflnbig  toie  treffenb  erflSrt;  er  ^otte  bie  toefentlt^en  93ebingungen 
einer  6rfd6einung  «vera  diflferentia»  genannt,  »eit  jie  gefunbeit 
loerben,  inbem  man  t)on  ben  gegebenen  93ebtngungen  bie  unn)efent(id&en 
abjtel^t.  ^  Ol^ne  99acon  )u  nennen,  l^at  ^egel  biefeS  ä^erfal^ren  ber  ei^ 
^erimeniirenben  93eobad^tung  ganj  nadg  beffen  93orbiIb  gefd^ilbert.  @r 
fogt  t)om  93ernunftin{tinct:  „(&x  fteQt  93erfud^e  aber  bad  ®efe^  an. 
Sßie  bas  ®efe^  guerft  erfd^eint,  fteDt  es  fid^  unrein,  uml^fillt  t)on 
einjelnem,  finnüd^em  ©ein,  unb  ber  Segriff,  ber  feine  SRatur  auSmad&t, 
fid6  im  empirifd6en  ©toff  t)erfenft  bar.  ®er  SBernunftinjiinct  gel^t  in 
feinen  ä)erfudgen  barauf,  au  finben,  toaS  unter  biefen  unb  ienen  Umftdnbeit 
erfolgt."  —  «2)iefe  Sforfd&ung  ^at  bie  innere  SBebeutung,  reine  ©e= 
bingungen  beS  ©efe^eS  gu  finben;  ma$  nid^tiS  anbereS  fagen  toxti 
{mnn  aud^  bas  S3ett)u^tfein,  maS  fid^  fo  auSbrädt,  meinen  foQte,  eS 
fage  bamit  etn)a8  anbereS)  als  baS  ®efe^  gang  in  bie  ®eftatt  bed 
33egriffd  gu  erl^eben  unb  alle  ®ebunbenl^eit  feiner  SOtomente  an 
bcftimmteö  ©ein  gu  tilgen."* 

3.  ^ie  organifd^e  9latUT  unb  ber  Stoedbegrtff.    (üielme^er  unb  ©d^eOing.) 

Um  ben  reinen  Segriff  eined  3)ingeS  gu  geminnen,  meldten  ber 
3Jernunftin|linct  fud^t,  muffen  bie  fammtlid^en  5Werfmate  beffelben  U- 
fd^rieben,  bie  loefentlid^en  unierfd^ieben,  bie  ®efe^e  feines  S)afein8  unb 
feiner  Jßerftnberungen  auf  ejperimentettem  SBege  erlannt  fein,  ffiiefe 
®efe^e  finb  not^menbige  SSegiel^ungen,  beren  Seiten  Srfd^einungen, 
dugere  Objecte,  feienbe  Seftimmtl^eiten  finb.  2)ieS  gilt  nur  t)on  ben 
Singen  ber  unorganifc^en  9latur.^  ^nberS  terl^&It  ed  fi(!6  mit  ben 
S)ingen  ber  organifdgen  SBelt,  beren  ®efe^e  ber  beobad^tenben  Semunft 


^  9)gl.  mein  9Bert  über  gfrancis  93acon.  (2.  fLnU.  Seipgigr  S^odlftauft 
1875.)  »u«  n.  6a|).  IV  u.  V.  ©.  177  flgb.,  6.  200-210.  —  « «Phänomenologie, 
aS^erfe.  U.   6. 185  u.  186.  -  >  Ofbenbaf.  €.  218. 


2)ie  beoba^tenbe  S^etnunft.  348 

nid^t  ebenfo  augSnglid^  finb^  ba  eS  ftdg  l^tet  um  bie  Sdejtel^ungeit  jtDtfd^en 
einem  inneten,  bem  SSItde  ber  ä^entunft  t)erfd6U)ffenen  SBefen  unb 
duBeten  Srf(!^etnungen  l^anbelt  (um  SSegtel^unsen  tti^t  }tt)ifd6en  Seugerem 
unb  Sleugerem,  fonbetn  gtptfd^en  innerem  unb  Sleu^etem).  9lun  fielet 
bie  beobad^tenbe,  auf  bie  Äußeren  Objecte  geridgteie  Semunft  fid^  Qt- 
nöt^igt,  bai  Snnete  einem  Sfeugeren  gleiti^jufe^en  unb  bobutd^  t)öDig 
}U  t)er!ennen  unb  ju  t)et!e]^ren;  fie  n)irb  in  biefer  Settad^tungSari 
bis  ju  einem  Sjrtrem  fortfdbteiten,  au^  n^eld^em  bie  SSetfel^tti^eit  ein- 
leud^tei  unb  babutd^  eine  Umn)anblung  beS  93eiDugtfeind,  b«  1^.  feine 
Srl^ebung  auf  eine  neue  @tufe  l^erbeigefül^rt  toirb. 

S)ie  93eira(!^tung  ber  organifd^en  S)inge  etloedEt  in  ber  beobad^ten» 
ben  ä^emunft  einen  93egtiff,  ol^ne  n)eld^en  biefe  £)b|ecte,  bie  fid^  felbft 
gliebexn,  erl^alten  unb  fort^flanjen,  b.  1^.  fi(i  felbf!  entmideln,  nid^t 
gebadet  nerben  fönnen,  b.  i.  ber  3tt>edEbegtiff  ober  bie  £eIeoIogie. 
©iefer  SSegriff  toitt  auf  btei,  immer  tiefer  einbringenbe  Strien  gefaxt 
merben:  1.  ats  bie  äußere,  iU)e<fm4§ige  93e}ie]§ung  ber  organifd^en 
Statur  auf  bie  unorganifdge,  ber  tebenbigen  Sßefen  auf  bie  dugeren 
Sebendbebingungen,  ate  ba  finb  fiidgt,  £uft,  SBaffer,  Srbe,  Sonen, 
.ßlimate  u.  f.  f.;  2.  als  bie  jmedtl^Stige,  intelligente  Araft,  n)eld^e  bie 
organifd^en  SBefen  baut  unb  geflaltet,  ttie  ber  SJledganüer  feine 
3Waf(iine;  benn  ber  3toedfbegriff  ifl  fotool^l  ein  be»u§ter  äJemunft« 
begriff  al8  aud^  gegenßAnUid^,  alfo  m\x%  er  ..in  einem  anbern  fUtt- 
panbe"  fein,  ber  ate  5Ber!meifier  ber  organifd^en  ®inge  gilt;  enbßd& 
3.  als  ber  ben  organifdgen  äBefen  felbft  iniool^nenbe  SebenSjiDed, 
aU  bie  organifd^e  (Einl^eit,  mld^t  nad^  bem  SSorbilbe  beS  SlriftoteleS 
(ben  ^egel  nid^t  nennt)  mit  bem  SBorte  @eele  )u  bejeid^nen  ift.^ 
92un  fud^t  bie  beobad^tenbe  93ernunft  bie  9frt  unb  SBeife  gu  er!ennen, 
mie  bie  @eele  unb  @eelent]^&tig!eit  erfd^eint,  ober  baSjenige  Sleu^ere, 
U)eld^e8  ber  SluSbrudE  biefeS  Innern  (Seele)  ift.  3d^  lofigte  nid&t  !ür}er 
boS  S^ema  auSguf^red^en,  n^eld^eS  bie  $]^&nomenologie  unter  ber  Ueber= 
fd&rift  „öeobad&tenbe  SBernunft"  in  einem  il^rer  Idngflen  unb  f})rad6Iid& 
fc^toierigften  Slbfd^nitte  auSfÜl^rt.' 

3n  aDer  3tt)edEt]^&tig!eit  l^anbett  eS  fid^  um  bie  SBertoirllid^ung 
eine«  öegriffS:  ber  )u  Dertoirltid&enbe  Segriff  ifi  ba«  Crfie,  ber  Der^ 
iDirHid^te  ift  boS  Se^te;  jener  t)erl^filt  fid6  3U  biefem,  mie  ber  ^lon 
bes  ^aufeS  iu  bem  ^lanmAgig  auSgeffll^rten  99au.    3)a§  auf  biefe 


»  Cbcnbaf.  6. 187-191,  6.  194.  —  •  «benbaf.  B.  169-ai6. 


344  2)a8  93ernunftbe)Du6tfein. 

SBeife  baS  @ttbe  in  ben  Sfnfang  gurttdlel^tt  unb  ein  SBefen  {t(i^  felbß 
mteber  J^ert^otbringt:  eben  borin  befleißt  ber  AreiMauf  beS  SebenS,  ben 
ber  3»etfbeBtiff  bel^errfd&t,  ober  biefcr  Stoed  felbfl  ift  ber  Seobadötung 
Derborgen.  „®ie  Sfiotl^iöenbigleit  ift  an  bem,  toa«  gcf^iel^t,  tjetborgen 
unb  3eigt  ftdg  etfl  am  @nbe,  abet  \o,  ba^  eben  bied  Snbe  geigt,  ba^ 
fte  au(j^  baS  Srße  geloefen  ifi.  3)aS  @nbe  aber  jeigi  biefe  $rioritAt 
feiner  {elbfi  babur^r  bag  bur$  bie  SSerftnberung,  loeldge  bad  Zl^un  Dor» 
genommen  l^at,  nid^ts  anbereS  l^erauslommt,  aU  \x>ali  fd^on  n)aT. 
Ober,  roznn  toir  Dom  Srjien  anfangen,  fo  ge^t  biefe^S  an  feinem  Snbe 
ober  in  bem  Stefultate  feines  ZffüM  nur  }u  fid^  felbft  juräd;  unb 
eben  ^ierburcj^  ermeifi  ed  ftd^,  ein  foId^eS  ju  fein,  ti^eld^eiS  fidb  felbft 
in  feinem  @nbe  l^at,  alfo  als  SrfieS  fd^on  }u  ftd^  jurfidgelommen  ober 
an  unb  fflr  fid^  felbft  ift.  SBaS  eS  alfo  burdg  bie  99emegung  feined 
SEI^unS  erreid^t,  ift  eS  felbfl,  unb  bag  eS  nur  fidg  felbft  erreid^t,  i^ 
fein  ©elbflgefü^l/  —  „2)a8  S^ier  enbigt  mit  bem  ©elbflgeffll^le/' 
—  „S)a8  Drganifdöe  jeigt  fid^  als  ein  ©id&felbfterl^altenbeö  unb 
3nfid^}urfldE!el^renbeS  unb  SurädEgelel^rteS.  9l6er  in  biefem 
©ein  erfennt  bieU  beobad^tenbe  SBeioufetfein  ben  3toedEbegriff  nid&t,  ober 
bieS  nic^t,  bag  ber  dn)edEbegriff  nid^t  fonft  irgenbtt)o  in  einem  93erftanbe, 
fonbern  eben  l^ier  e^iftirt  unb  als  ein  2)ing  ift."  ^ 

2)ie  ©runbformen  ber  ßebenSt^Atigleit  ober  bie  ®runb!rafte  beS 
Gebens,  inSbefonbere  beS  animalifd^en,  finb,  mie  eS  ber  fiebenSgiDedE 
unb  beffen  ©elbftüermirnid^ung  mit  ftd^  bringt,  @elbftem))finbung, 
©elbftbemegung  unb  ©elbfterl^altung  fomo^l  ber  2;i^eite  beS  ^nbioi» 
buumS  aU  ber  @attung,  ober  Senf ibilitftt  (@m))finblid&!eit),  Irri- 
tabilität (9fleiaem))fänglid^Ieit  unb  IReactionSfft^igleit  auf  em))fangene 
Steige)  unb  Steprobuction  (Sßieberl^ertorbringung  beS  3nbiDibuum8 
mie  ber  ©attung).  S)iefen  QebenStl^&tigtetten  entf))red^en  bie  Organe, 
beren  Functionen  fte  finb,  unb  jtoar  ber  ©enfibilitat  baS  5lert)enf  ^flem, 
ber  3tritabilitöt  baS  9Jlu8!elf4ftem,  unb  ber  9te))robuctton  bie  Sin» 
geioeibe.  lieber  biefe  organifdgen  jtrftfte  ober  Sigenfc^aften  ^atte 
Ä.  gfr.  Äielme^er,  ?)rofeffor  ber  ^ol^en  Äarlsf^ule  ju  Stuttgart,  am 
11.  {^ebruar  1793,  bem  legten  @eburtstage  beS  ^erjogS  ßarl,  feine 
berfll^mte  Siebe  gehalten:  „lieber  baS  ä^erl^ättnig  ber  organifd^en 
Gräfte  unter  einanber  in  ber  Steil^e  ber  t)erfd^iebenen  Organ  ifationen, 
bie  ®efe^e  unb  ^folgen  biefer  Serl^dltniffe".    9luf  baS  ®efe|  i^rer 


Cbenbaf.  @.  190-192. 


S)ie  htohaÜ^Utibt  SBernunfi.  345 

93ettl^etlunB  l^atte  Atelme^er  baS  Snttoidlungdgefe^  ber  Organtfation, 
„bm  $Ian  ber  3lainx",  tote  er  eS  nannte,  gegrünbet.  Sr  toar  ber 
Seigrer  guDier^S.  Sluf  biefe  Stebe  Aielme^eriS  l^atte  fid^  Sd^elltng  be- 
}ogen,  als  er  in  feinem  „Stfien  ßntmurf  be$  @^ftemS  ber  3lal\it- 
l)]&iU)jo^)]^te''  bie  b^nantif elfte  ©tufenfolg«  ber  organifd^en  SWatur  con* 
flruirte."^ 

Aielme^er  Iftatte  bod  (Srunbgefe^  ber  orgonifc^en  SBelt  burd^  bie 
©rößenöerWltniffe  ber  ©enpbilität  unb  ^rritobilitöt,  ber  ©enpbUität 
unb  Ste^robuction,  bad  birecte  ber  beiben  erflen,  baS  inbirecte  ber 
beiben  onberen  beftimmen  moQen.  $egel  nannte  meber  SdfteDing  nodft 
Aietme^er,  aber  man  fielet  beutlidft,  bag  er  bie  2:^eorie  beS  legieren 
t)or  Singen  l^at  unb  t)ertDirft;  er  finbet  ed  „ein  (eered  ©piel  bes  ©e« 
fe^gebenä",  »enn  man  im  ©inne  ber  beobad&tenben  SBcrnunft  ®cfe§e 
beiS  organifdften  gebend  fudften  unb  feftfleQen  woDe,  nodft  bagu  burdft 
quantttatitke  SSerl^dltniffe  ber  organifd^en  Gräfte,  n)a8  ein  ungereimter, 
im  ©runbe  ntii^tsfagenber  Serfu^  fei.  ^n  bem  Organifd^en  fei  bie 
SorfteDung  bes  ®e|e^eS  im  ©inne  ber  beobadfttenbeu  S3ernunft  üer- 
loren.*  S)a8  ©#em  ber  organifdften  Äröfte  ücriftalte  fid^  gu  bem 
©Aftern  ber  Organe  (bie  ©enfibilitAt  gum  !Rert)enf^ftem  u.  f.  f.),  xoxt 
baS  innere  jum  Sleufeern,  mie  ber  flüffige,  unaufl^örlicbe  ßebenS^jrocefe 
ju  ber  äußern  feften  Oeftalt,  ba^er  toeber  bie  met^felfeitigen  93e= 
jie^ungen  ber  organifdften  Arftfte  nodft  beren  Begleitungen  gu  ben 
fingeren  Organen  fidb  in  bie  f^orm  ber  ©efe^e  bringen  laffe,  mt  bie 
beobadfttenbc  SJernunft  foldfte  tjerlangt  unb  fu^t,* 

@3  giebt  feine  ber  ä3eobadfttung  einteuc^tenbe  ©efdftii^te  bed  ox- 
ganifdften  SebenS,  toie  eS  eine  ©efd^idftte  be§  Sen)ugtfein8  giebt,  in 
xotiäitx  bie  beobadfttenbe  SBernunft  felbft  eine  beftimmte  ©tufe  ein= 
nimmt,  eine  9leil^e  nieberer  Stufen  hinter  fidft,  eine  JÄeil^e  l^öl^erer  Dor 
fidft  l^at;  biefeS  ©^ftem  ber  ©eftaltungen  beS  Seföugtfeind  bilbet  bie 
äHitte  gtoifdften  bem  allgemeinen  ©eiß  unb  feiner  Singein ^eit  ober  bem 
finnüdften  SBewugtfein,  aber  gioifdften  bem  allgemeinen  ßeben  unb  bem 
lebenbigen  (Singelroefen  giebt  e«  leine  anmft]^Iid&  fortfdftreitcnbe  3Jermilt= 
lung.  ©egeben  ift  ber  SSeobadfttung  bie  unföglidfte  O^üDe  beS  (Singel- 
(ebenS.     „3nbem  alfo  in  feiner  SBirflidftleit  bie  Stllgemeinl^eit  beS 


1  SBßl.  biefe«  Söett  »b.  VI.  SBu«  IL  tlbf*n.  II.  ©ap.  X.  6.  342-347, 
€op.XX.  6. 410-444.  -  « $WnoraenoIogie.  SOÖerfe.  U.  ©.  192-202,  6. 199  Pöb., 
6.202.  -  »  «benbaf.   6.196-201. 


346  2)ad  93ernunftbeiDuBtfetn. 

organif^en  SebenS  ftd^,  ol^ne  bie  mal^r^afie  ffltftd^feienbe  SSermitt- 
tung,  unmtttettat  in  ba§  Sjctrem  ber  Sinjelnl^ett  l^erunterfallen 
Id^t,  fo  l^at  bad  beobad^tenbe  SSeiou^tfein  nur  baiS  SOteinen  als  S)tng 
t)or  fi(6,  unb  »enn  bie  SSetnunft  baS  müBigc  Sntereffe  l^abcn  lann, 
biefed  SJleinen  au  beobad^ten,  tfi  fte  auf  baS  93ef(i&teiben  unb  ^erjAl^len 
t)on  SOteinungen  unb  einf&Qen  ber  fflatnx  befdgrAnlt.  2)iefe  geifllofe  Oftei- 
l^ett  beS  3JleinenS  tt)trb  gtear  QÜentl^alben  SInf&nge  t)on  ®efe^en,  Spuren 
t)on  Stot^iDenbigleit,  Slnfpielungen  auf  Orbnung  unb  Steigung,  mi^ige 
unb  fd^einbare  93e}iel^ungen  barbieten,  ^ber  bie  SSeobad^tung  lommt 
in  ber  SSejiel^ung  beS  Organifd^en  auf  bie  feienben  Unterfd^iebe  beS 
Unorganifd^en,  bie  SIemenle,  3onen  unb  Alimate,  in  Snfel^ung  bed 
@efe|e8  unb  ber  92otl§n)enbig!eit  nid^t  fiber  ben  großen  @influ6 
hinaus/  Unb  auf  ber  anbern  ©eite,  in  Slnfel^ung  ber  3nbit)ibuaHtat, 
„!ann  eS  bie  99eobad^tung  ntd^t  aber  artige  93emer!ungen,  in- 
tereffante  SSegie^ungen,  freunbUd^eS  @ntgegen!onimen  bem 
^Begriffe  l^inauSbringen.  Aber  bie  artigen  SBemerlungen  finb  fein 
SBiffen  ber  3lot^toenbig!eit,  bie  intereffanten  Sejie^ungen 
bleiben  bei  bem  ^ntereffe  flehen,  baS  Sntereffe  ift  aber  nur  nod6  bie 
SOteinung  Don  ber  93ernunft;  unb  bie  g^reunblid^Ieit  bed  3nbim- 
bueOen,  mit  ber  e8  an  einen  SBegriff  anfj)ielt,  i|l  eine  finblid&e  gfreunb« 
Ud^Ieit,  meldte  linbifd^  ift,  toenn  fte  an  unb  fflr  fid^  ettt)a8  gelten  roiti 
ober  fott/^ 

4.  fiogif(!6e  unb  ))f^dfroIogif4e  Gefej^e. 

^[nnerl^alb  ber  beobad^tenben  SSernunft  loieberl^olt  fid&  ber  ®ang 
beö  SBetoufetfeinS,  ber  ju  i^r  gefül^rt  l^at  unb  t)on  ben  ©egenftänben 
ober  ©ingen  gu  bem  ©elbfibemufetfein  fortgefd&ritten  mar;  bie  ©eob^ 
ad^tung  l^at  ^d^  auf  2)inge,  ßigenfd^aften,  ®efe^e  gerid^tet  unb  ifl 
barin  mit  ber  finnlid^en  ©emigl^eit,  ber  SSSal^rnel^mung  unb  bem  ä^er« 
ftanbe  gu  t)ergleid^en.  93on  ber  93eobad^tung  bei$  ßebenS,  ber  leben« 
bigen  3nbit)ibualitdt  erl^ebt  fid^  bie  93ernunft  jur  93etrad^tung  beS 
SemugtfeinS,  ber  felbftbemugten  !3nbit)ibualit&t  unb  fommt  gu  fid^ 
felbft,  2U  ber  93eobad^tung  i^rejS  eigenen  inneren  ßebenS,  ber  ®efe^e 
i^rer  ®eifte8t^&tig!eit,  i^reS  t^eorettfd^en  unb  );)ra!tifdgen  S^erl^altend, 
il^reS  S)enlen8  unb  SSoDenS:  jenes  ftnb  bie  S)enlgefe^e,  biefeS  bie 
))fQ4ologifd^en  ®efe^e.    2)a  biefe  ®efe^e  blog  beobad^tet,  b.  1^.  als 

1  «benbaf.   6.  216-218. 


2)ie  Uoha^ttntt  SDcrnunft.  347 

Begebene  Jjorgefunben  finb,  fo  lönncn  fte  bie  Äraft  ber  SBefonberung 
unb  concreten  ©eltiing  ebenfo  toentg  in  9[nf))rud^  nel^men,  tote  bie 
©efe^e  beS  Sebens/ 

2)ie  ©runbformen  beS  ^enfenS  ftnb  baS  @e^en  einer  93eßimmung, 
bas  Unletfd^eiben  unb  baiS  93ejieben  ober  a3erfnfl^fen.  SDtefen  O^ormen 
enif))redgen  bie  fogenonnten  2)enlgefe^e  ber  ^^bentitAt,  beS  Untetfcbiebed 
(ä^erfd^iebenbeit,  ©egenfa^,  Sßiberf^rud^)  unb  beS  ©runbeS.  Sieje 
2)en!gefe^e  ftnb  (ebigltd^  formal,  abftract  unb  leer,  ba^er  obne  3nbalt, 
obne  SfiealitAt  ifnb  SBo^rbeit.  3bte  SSielbeit  flebt  im  SBiberftieit  mit 
ber  Sinbeit  bed  ©elbftbetougtfeind.  SDie  g^rage  nacb  ber  Sinl^eit 
unb  93egrOnbung  biefer  fogenannten  S)enlgefe^e,  bie  !eine  mirflicben 
©efe^e  finb,  bleibt  offen  unb  ift  Dom  @tanb))unft  ber  93eoba(itung 
nicbt  3u  beantworten.' 

SDie  l)f^d^oIogifd^en  ©efe^e,  toie  ^egel  fie  nennt,  begieben  ficb  auf 
bog  tbötige  ober  b^^tbelnbe  SSeiougtfein  unb  betreffen  eincrfeits  bie 
äBtQenSarten  unb  IRid^tungen  beS  felbftbetougten  i^nbimbuumS,  anberer- 
feits  bie  Sebingungen,  aujS  benen  baffelbe  betDorgebt,  unb  tooburcb 
e$  befiimmt  toirb,  fo  unb  n\ä)t  anberS  3u  fein  unb  ju  b^nbeln.  2)ie 
Säeobad^tung  finbet  in  bem  3nbiDibuum  eine  SRenge  Don  SiQenSarten, 
ttJie  SBegierben,  Steigungen,  Seibenf(baften  u.  f.  f.,  bie  als  SQBitten«!räfte 
gefaxt  »erben  unb  glei(b  ben  SBorfiettungfifrfiften  atte  inSgefammt  in 
bem  ©eifte  ftedten  foBen,  „xok  in  einem  Bad".  SDie  ©nbeit  biefer 
Dielfod^en  (^äbisl^eiten  ifi  bie  loirlücbe  3nbiDibuaIität  in  ibrer  be- 
ftimmten  SBiUeniSrid&tung  unb  ^anblungsmeife,  bie  toir  au(b  aU  ibren 
(Sbarafter  bejeicbnen  !onnen.  9lun  aber  ift  biefe  felbftbemugte  unb 
^aralteriftifd^e  ^nbiDibualität  fetnestoegs  DorauSfe^ungSloS  unb  nur 
in  fi(b  gegrünbet,  fonbern  fie  bot  gu  ibrer  SBorauöfe^ung  eine  SBelt, 
in  ber  fte  entfj)ringt,  au8  ber  fie  bexDorgebt,  auf  ber  fte  berubt,  unb 
ju  toelcber  fie  fi(b  Derbält,  tote  baS  lebenbige  Snbioibuum  gur  um 
organijcben  Statur.  @o  ^ai  aucb  ber  inbioibueOe  @batalter  gleiibfam 
feine  unorganifd^ie  9latur:  bag  finb  bie  Umftänbe,  bie  ibn  bebingen 
unb  ftcb  in  ibm  au^px&itn,  ber  SBeltauftanb  unb  bie  SBeltlage,  tReligion 
unb  aSoIf,  ©itten  unb  ©etoobnbeitcn  u.  f.  f. 


1  ebenbaf.  2)ie  SBeoba(btung  bes  GelbftbetoubtfetnS  in  fciiur  IRetnbeit  unb 
feiner  Segtel^ung  auf  ftugere  SBirKid^feit;  logif^e  unb  ^f^d^ologif^e  ®efe|e. 
6.  218-224.  -  8  «benbaf.  ©.  218-220. 


348  2)aS  S^ernunftlbetoubtfcin. 

2)te  3Bett  in  bem  angefül^rten  @tnn  unb  ber  inbtt^ibueDe  €^a« 
raüer  ober  baS  t^&tige  SSeiDugtfein  Derl^alten  ftd^  }u  einanber,  unb 
in  ber  S3ejiel^una  biefer  beiben  @eiten  finb  „bie  ^f^d^olügifc^en  ®e= 
fe^e"  entl^alten,  »eld^e  bie  beobad^tenbe  SSernunft  fu^t,  aber  nid^t  Qud^ 
}umQd&en  k)ermQa,  benn  bie  SSejtel^ung  ifl  toed^  feifeit  ig.  S)q8  ^nbi- 
Dibuum  n)irlt  ebenfo  fe^r  auf  bie  993eItDer^dltntffe  gurüd,  biefelben 
DerAnbernb  unb  umgeftaltenb,  aU  eS  il^re  Sinftüffe  empfängt  unb  in 
fid^  ausprägt.  „2)a  um  biefer  Ofteil^eit  »iden  bie  SEßirHid^leit  biefer 
geboppelten  Sebeutung  fd^ig  tft,  fo  iß  bie  SEßelt  beS  SnbioibuumS  nur 
aM  biefem  fetbft  gu  begreifen,  unb  ber  Stuf  lug  ber  aSirlHd^feit 
tt)eld^e  aU  an  unb  für  fid^  feienb  t)orgefteIIt  toirb,  auf  boS  SnbiDibuum 
erl^&It  burd^  biefed  obfolut  ben  entgegengefe^ten  @inn,  bag  eS  enttoebet 
ben  Strom  ber  einfliegenben  9Eßir!Iic^{eit  an  il^m  getoA^ren  Idgt 
ober  bag  ed  i^n  obbrid^t  unb  k)er!el^rt.  ^ierburc^  aber  toirb  bie 
pf^d^ologifdge  Slot^toenbigleit  ein  fo  (eereS  Sßort,  bag  Don  bem, 
maS  biefen  Sinflug  foU  gehabt  l^aben,  bie  abfolute  SRöglic^Ieit  Dor* 
Rauben  ift,  bag  eS  i^n  auc^  l^dtte  nid^t  l^aben  {önnen/^ 

5.  $^4flognomt(  unb  St^&beHel^te.* 

2)ie  9)ernunft,  inbem  fie  bie  Seit  Uoiad^M,  fud^t  il^r  eigene^ 
SBefen  in  ber  Statur  ber  2)inge  tt)ieberjufinben  unb  in  bie  gform  t>on 
®efe^en  gu  faffen,  »eld^e  bie  93ejie^ung  gioifd^en  ber  Snnen-  unb  ber 
9[ugenn)elt  bergeftalt  bel^errfd^en,  bag  ein  ^eugereS  ber  SluSbrud  bed 
3nnern  ift  ober  als  fold&er  gilt.  Sei  ben  Oefe^en  ber  organifd^en 
3lalnx  l^anbelte  eS  fid^  um  bie  93egie^ung  gtt)ifd(ien  ber  organift^en 
Sin^eit  (€eele)  unb  ben  dugeren  SebenSorganen;  bei  ben  2)enfgefe$en 
um  bie  SBegie^ung  gn)ifd^en  bem  S)enlen  unb  ben  2)tngen;  bei  ben 
pf^c^ologifc^en  (Sefe^en  um  bie  93egiel^ung  gtoifd^en  bem  felbßbemugten 
dnbiDibuum  unb  ber  9BeIt.  9lunme]^r  ^anbelt  eS  ftd^  um  bie  f&t» 
gic^ung  gtt)ifd^en  einem  Innern  unb  Beugern,  meiere  beibe  in  ben 
SRilrofoSmuS  ber  felbjtbemugten  Snbimbualit&t  fallen:  auf  ber  einen 
Seite  ber  inbiDibueQe  S^arafter,  biefer  inteDectueDe  unb  moralifc^e 
S^arafter  in  feiner  gangen  (Sigentl^ümlicbleit,  mit  feinen  Einlagen  unb 
trieben,   feinen  Segabungen  unb  93egierben,  auf  ber  anberen  Seite 

1  Gbrnbof.  6.  220—224.  —  «  SBcobac^tung  unb  SBcatel^uns  bei  Bühp 
bett)u6tfein<  auf  feine  unmittelbare  äBitftic^Yeit;  ^^l^floQnomil  unb  G^dbelletre. 
6.224-254. 


SHe  beoBa((tenbe  SBemunf».  349 

bie  äußere  (Stfd^einung  beS  ^nbiDtbuumS,  bei  i^m  angebotene  unb 
burd^  eigene  £l^ftttgleit  angebilbete  unb  geflaltete  Seib. 

3Jlan  lönnte  t)erfud&t  fein,  aU  ba$  Sleugete,  toeld^eS  bet  SluSbtudf 
beS  3nnexn  fein  fott,  ein  Drgan  beö  ßeibeö  gelten  ju  laffen,  toie 
ben  f))re(i^enben  3!ft\xnb,  bie  arbeitenbe  ^anb,  ober  bie  SBetle  bet 
©ptQC^e  unb  Sltbeit  offenboten  baS  Snnete  bet  SnbiDibuolitöt  t^il« 
}U  t)iel,  tl^eite  gu  »enig:  3U  Diel,  ba  fte  bad  ^nnete  in  feinet  fteien, 
felbfibetougten  3;i^dtigfeit  gut  Satftellung  btingen,  gu  menig,  ba  bie 
993et!e  bet  @))tad6e  unb  Stbeit  in  bie  SuBenmelt  faDen  unb  biefet 
angel^öten.  2)iefe  SBitfungSioetfen  ftnb  nid^ts  SleugeteS,  fonbetn 
äleu^etungen;  bie  SSegiel^ung  abet,  um  bie  e8  bet  beobad^tenben 
SSetnunft  gu  t^un  ift,  befielet  gtsifd^en  bem  inbit)ibuellen  (Sl^ataltet  auf 
bet  einen  unb  feinem  leiblichen  !3)afein  auf  bet  anbeten  Seite. 

S)tefe  93egie]^ung  ift  nid^t  in  ben  SBegen  bet  Slfitologie  unb  &)\xo' 
mantie  gu  fud^en.  2)enn  in  bet  9lfttoIogie  beftel^t  bie  SSegiel^ung 
gtt)ifd&en  biefet  ßonpettation  bet  ©ejiitne  unb  ben  ßebenfifd&idfalcn 
biefed  3nbik)ibuums,  alfo  (nid^t  gioifc^en  ^nnetem  unb  Sleugetem, 
fonbetn)  gtoifd^en  Sleugetem  unb  9(eugetem,  ftetlid^  batf  man  nidE)t 
an  bie  goetl^efd^e  Slfltologie,  ben  „Sämon"  nad&  bem  ot^l^ifd&en  SQBotte 
beulen:  „SBie  an  bem  Sag,  bet  bid&  bet  äBelt  Detliel^en,  bie  ©onne 
fianb  gum  ©tufee  bet  5ßlaneten"  u.  f.  f,  ?lm  el^eften  teütbe  fic^  bie 
^anb,  biefeS  Otgan  bet  Otgane,  bagu  eignen,  als  bet  SluSbtudE  bet 
inneten  @l^ata!teteigent]^ümti(^feit  beiS  3nbit)ibuumS  gu  gelten.  „@te 
ift",  fagt  §egel  fd^ön  unb  tteffenb,  „bet  befeelte  SBetlmeifiet  jeinc« 
®lüdE8;  man  fann  t)on  i^t  fagen,  fte  ift  baS,  mag  bet  äJlenfd^  tl^ut, 
benn  an  il^t  als  bem  tl^dtigen  Ctgane  feine«  Sid^felbfiDoÖbtingen«  ijl 
et  als  93efeelenbet  gegenmöttig,  unb  inbem  et  utiptänglid^  fein  eigenes 
©döidffal  ijl,  ttitb  fie  alfo  bieS  Slnfid^  auSbtüdfen."^  2)a  in  biefen 
Dtganen,  mie  äftunb  unb  ^anb,  baS  S^un,  alfo  baS  ^[nnete  als  fo{(^eS 
gegentoättig  ift,  fo  finb  Älang  unb  Umfang  bet  Stimme  bie  inbit)i* 
buelle  Sdeftimmtl^eit  bet  @))tad^e,  bie  einfad^en  3üge  bet  ^anb  unb 
bie  ^anbfd^tift  meniget  als  SleugeteS,  benn  als  Sleugetlid^Ieit  unb 
SleufeetungSroeifen  gu  bettad&ten,  meldfee  in  bem  SSetlcl^t  gtoifd^en  bem 
3nbiDibuum  unb  bet  Slufeenmelt  gleid&fam  bie  9Jlitte  bilben.' 

»  Gbenbaf .  @.  228.  —  «  €benbaf.  @.  229  ffgb.  Um  ber  jiiliflif^en  ©igen- 
tl^ümltd^fett  totUen  laffe  t^  ^egel  teben:  „^enn  nftmli^  bie  Organe  überl^aupt 
battttn  ni^t  aU  SluSbiüde  beg  Innern  genommen  loetben  sn  fönnen  fl4  geigten, 
\Dtxi  in  tl^nen  baS  Sll^un  aU  2:]^un  gegentvätttg,  ba§  Sl^un  aU  2:i^at  abet  nur 
SleuBeteS  t{l'  u.  f.  f.    2)et  @q^  ift  lateinifd^  gebaut. 


350  Sad  SBernunftbeiDufittein. 

S)q8  etnjige  Organ,  toelt^eS  baS  innere,  d^arafteriflifd^e  £^un  qIs 
ein  6Iei6enbe9  ausprägt  unb  an  jid^  %at,  nid^t  aU  eine  äteu^erung, 
fonbern  ald  ein  SleugereS,  iß  ba8  ©efid^t,  ber  (Sefid^tdauSbrud  ober 
bie  ^l^^fiügnomie,  unb  bad  @tubium  ber  Dernteintlid^en  ®efe$e,  tueld^e 
bie  Sejie^ung  be«  Snneren  ju  biefem  3Ieu§eren  bel^^rrfien  fotten,  ift 
bie  Jpi^^fiognomif.  ®8  giebt  eine  natürlidöe,  auf  ben  a5emunft= 
tnflinct  gegrünbete  ^^^ftognomil,  bie  in  ben  ©efid^tSjfigen  bie  inneren 
SSorgAnge  erlennt  ober  2U  er!ennen  meint  unb  eS  3.  S3.  einem  unmittet 
bar  anfielet,  ob  eiS  il^m  mit  bem,  toas  er  fagt  unb  tl^ut,  €mfl  ifl  ober 
miit  S)a  aber  baS  @elbftben)u§tfein  {raft  feiner  tJfrei^eit  fein  9[eu6ere8 
}u  bel^errfd^en  unb  ju  nnterbrflcfen  k)ermag,  fo  {ann  baS  ©eftd^t  au4 
ein  loiDfarlid^ed  Seid^en  fein,  um  innere  SBorgAnge,  ®ebanfen  unb 
^bftc^ten  fotoo^I  2u  Derratl^en  als  }U  Der&ergen,  fotool^I  gu  bejeid^nen 
als  gu  k)er]^eimli(^en.  S)a8  Slienenfpiel  Derl^dlt  fid^  gu  ben  inneren 
aSorgdngen,  n)ie  bie  Siebe:  bas  ©efid^t  ifl  Organ  unb  S^id^ctt,  bie 
$]^^ftognomie  ift  (Sefid^t  unb  SDtadfe;  bal^er  gtoifd^en  bem  inbiDibueDen 
S^aralter  unb  bem  (Sefid^tSauSbrudE  {eine  gefe^mftgigen  93egie^ungen 
folifeer  9(rt  l^errfd^en,  bag  fie  baS  @eI6ft6etougtfein  nic^t  gerreigen  iönnte. 

Sefanntlic^  l^atte  2(.  S.  Sak)ater  in  feinen  ,,^^l^^fiognomifd^en 
Sfragmenten"  (1775—1778)  bie  ^piö^fiognomif  al«  ben  JBSeg  genialer 
unb  untrüglicher  SRenfd^enfenntnig  gepriesen  unb  il^r  ein  auger- 
orbentlid^eS  ^(nfel^en  k)erf(6afft,  er  l^atte  aud^  feine  ®egner  gefunben, 
unter  benen  ber  ^l^^filer  ®.  €^r.  Sid^tenberg  in  ©öttingen  befonberS 
]^ert)ortrat;  feine  $o{emi{  flutte  ftd^  auf  bie  Stad^t  beS  menfd^Iid^en 
SelbftbemugtfeinS  unb  ber  menfd^Iid^en  gfreil^eit.  ^egel  ^at  ben  9lamen 
SaDater  nid^t  genannt,  »ol^I  aber  ben  Sid^tenbergS,  beffen  t^erurtl^eilenbe 
9lu8[prüd^e  er  anffil^rt  unb  befr&ftigt.  S)ie  Stnfid^ten  ber  ^ß^^fiognomiler 
fd^ö^t  ßidgtenberg  als  toert^Iofe  SReinungen,  bie  in  feinen  9lugen  nid^t 
^ö^er  flehen,  als  bie  3Better{unbe  ber  Ardmer  unb  Hausfrauen.  „Ss 
regnet,  fo  oft  3al^rmarft  ifl",  fagt  ber  Ärdmer.  „CS  regnet,  fo 
oft  idb  SBAfd^e  ^abe",  fagt  bie  ^ausfrau.  „®efe^t,  ber  $]^^fiognom 
l^afdgte  ben  SRenfd^en  einmal,  fo  {fime  eS  nur  auf  einen  braDen  (SnU 
fcblug  an,  fi^  toieber  auf  Sal^rtaufenbe  unbegreiflid^  gu  mad^en/ 
„Sßenn  jemanb  fagte,  bu  l^anbelfl  gtoar  toie  ein  el^rtid^er  SDlann,  id^ 
fe^e  aber  auS  beiner  Qfigur,  bu  gtoingft  btd^  unb  bift  ein  ©d&elm  im 
bergen;  fürioal^r  eine  fold^e  Stnrebe  toirb  bis  ans  (Enbe  ber  SBelt 
t)on  iebem  brauen  Aerl  mit  einer  Ohrfeige  ertoibert  toerben/  @o 
ßiifitenberg.  * 

MEbenbaf.  6.  231,  6.  233  u.  234. 


2)ie  beoBa((tenbe  SBetnunft.  851 

(Eine  bei  ©xunbüberjeugungen  ^egels  itnb  feiner  Seigre  liegt  in 
bent  @a^,  ba^  ber  menfdglid^e  (Seift  genau  baS  ift,  toogu  er  ftdg  felbft 
gemad^t  l^at,  nid^t  mel^r  unb  ntd^t  n>entger,  gleid^Diel  toeld^e  gfäl^igleiten 
er  im  Uebrigen  ^at,  tooS  er  barnad^  atteS  l^dtte  fein  unb  merben 
fönnen;  gletc^Diel  loie  ber  äRenfd^  im  Ue&rigen  ausfielet.  @ein  loal^r» 
l^aft  SeuBered  x%  toaS  er  k)oIl[brad^t  l^at:  bad  ifl  fein  9EBerI  unb  feine 
S;^Qt  Sein  n)a]^r]^Qft  inneres  ift  feine  |ert)or&ringenbe  (Seifle8>  unb 
SBiDenSfraft,  nid^t  aber  aQerl^anb  SfA^ig!eiten  unb  anlogen,  fonbern 
tDoS  bie  (Sl^araiterenergie  borauS  gemoddt  unb  eniioidFelt  ^at.  (Sang 
anberd  urtl^eilt  ober  M^nt  bie  ^l^^ftognomü.  2)ie  %f)at  unb  ba8 
SBer!  eines  SRenfd^en  gilt  il^r  als  ,,ba9  unttefentlid^e  Sleugere'';  ba> 
gegen  bie  ^ai^igfeiten  unb  Einlagen,  alled,  toaS  ber  3Renfd^  I^Alte  toerben 
lonnen,  au4  to^nn  nid^ts  baraud  gett)orben  ift,  aDe  biefe  Stöglid^feiten 
unb  9lid&tm5glic^!eiten  gelten  i^r  aü  ,,baSi  loefentlid^e  innere". 
S)ad  9leu§ere  in  i^rem  @inn  ift  nid^t  baS  loal^re  Sleugere,  fonbern 
ein  gemeintes  3(eu^ereS,  baS  innere  in  i^rem  Sinn  ift  nid^t  baS 
»al^^e  Snnere,  fonbern  ein  gemeinte«  3nnere8,  unb  pe  felbft  ijt  bie 
93egie^ung  gttifd^en  biefem  gemeinten  3nnem  unb  biefem  gemeinten 
Sleugern:  auf  eine  folc^e  SSejiel^ung  grflnbet  fie  il^re  oermeintlid^en 
(Befefee.* 

(Ss  bleibt  ber  beobad^tenben  Siernunft  bie  in  bem  SleuBeren  ber 
felbßbetou^ten  3nbit)ibuaUtAt  ben  SludbrudE  beS  inneren  fuc^t,  nur 
nod^  ein  ©d^ritt  äbrig,  um  biefen  SEßeg  il^rer  gforfdöung  gu  DoQenben. 
(Sefudtit  tt)irb  ein  foId^eS  3[eugereS,  in  meld^em  ba8  ^[nnere  nid^t  in 
fpredgenber,  betoegter  unb  betteglid^er  ©egentoart  fidg  barfleUt,  U)ie  in 
ber  !ß^9ftognomie,  fonbern  bem  eS  inmol^nl,  als  einem  rul^enben,  um 
belegten,  feienben  2)inge:  ein  SeugereS,  baS  ftd^  baS  innere  felbft» 
tl^dtig  auSgett)ir!t,  gebilbet  unb  gleid^fam  gebaut  l^at,  fo  bag  giDifd^en 
beiben,  bem  inneren  unb  biefem  Sleu^eren,  ein  Saufalgufammenl^ang 
ftottftnbet  t)eTmittett  burdg  baS  leiblid^e  Organ  beS  S)en{enS  unb  beS 
SelbftbelougtfeinS.  2)iefeS  Organ  ift  baS  ©el^irn,  biefer  93au  ift  ber 
©d^abel,  in  beffen  Unebenl^eitcn,  Änorren,  Patten  unb  Sliefen  fid6 
bie  rdumlid^en  formen  beS  ©el^imS  abbilben.  3lnn  mxbtn  bie  k)ers 
fd^iebenen  Einlagen  unb  @inne,  fo  Diele  beren  finb,  bie  tnteDectüeDen 
tt)ie  bie  moralifdgen,  ber  @inn  gu  bid^ten,  mie  ber  gu  flel^len  unb  gu 
morben  u.  f.  f.,  an  gekoiffe  ©teilen  beS  (Sel^imS  Dertl^eilt,  benen  getoiffe 

i  Sbenbaf.  6.  231—233.  Ueber  bie  yi^^ftognomif  im  (Sangen:  @.  224  bis 
235. 


352  2)aS  ^etnunftbetDultfetn. 

@leQen  bed  @(i^öbeIiS  entfpted^en,  fo  ba§  auf  ber  Oberfldd^e  beS  leiteten 
bie  ganje  (Stnrtd^tutig  beS  inneren  SD^enfd^en  betaftet,  alfo  auf  baS 
^anbgreifliddfle  erfonnt  unb  beobadgtet  n)etben  lonn.  SJi&ten  biefe 
©teilen  empftnbltd^,  fo  iDurbe  eS  einen  „3)ieb8«  SRötberg-  Sid^terS« 
Aot)f!i^er'  geben.  SBte  eine  natürlid^e  ^l^^ftognomil,  fo  giebt  eS  aud^, 
fogt  ^egel  fpottenb,  eine  natarlidge  Sd^äbelmiffenfd^aft,  bie  über  bte 
©dbtanfen  beffelben  SnbibibuumS  l&inauSgel^t:  „fie  urtl&eilt  nicfet  nur, 
ba^  ein  fd^Iauer  äJlenfdg  einen  faufibtcfen  Unorren  l^inter  ben  Olgren 
fi^en  ^abe,  fonbern  fie  fteUt  auc^  k)or,  ba%  bie  untreue  Sl^efrau  nid^t 
felbft,  fonbern  baS  anbere  el^elid^e  3nbit)ibuum  Anorren  an  ber  €time 

S)a8  äu6erfte  ®strem  ift  erreidgt,  »eldöe«  bie  beobadötenbe  SJet« 
nunft  inflinctit)  gefugt  l^at;  fie  Igat  nadd  einem  @ein,  nac^  einem 
S)tnge  gefuc^t,  auf  toeldgeiS  fie  l^intoeifen  unb  fagen  !önnte:  „Sielte  ba! 
l^ier  bin  idg!"  S)iefe8  S)ing  f(6eint  gefunben:  ber  ©eifi  ifi  auf  ber 
@dgäbel{ldtte  angelangt.  Sßtr  finb  fo  meit  gefommen,  bag  im  bu(b= 
{tdblidgen  Sinne  ge[agt  toirb:  „2)aS  @ein  bed  ©eifteS  ift  ein  Stnoä^tn". 
„S)amit  fdgeint  aber  aud^  bie  beobad^tenbe  SSernunft  in  ber  Z^at  i^re 
©pi^e  erreid^t  8U  Igaben,  öon  »eld^er  fte  fidg  felbfi  t)erlaffcn  unb  ftdb 
überfdglagen  mug;  benn  erft  baS  ganj  @d^Ied^te  l^at  bie  unmittelbare 
9iotl^toenbig!eit  an  fid&,  fidg  gu  t)erf eieren."  „@o  ift  biefe  le^te  ©tufe 
ber  beobadgtenben  äSernunft  i^re  fdgledgtefte,  aber  barum  ilgre  Um!e^rung 
notl^mcnbig."* 

$ng  ^egel  einen  längeren  Slbfd^nitt  ber  !ß]gftnomenoIogie  biefer 
feiner  jtritil  unb  SBerurtl^eilung  ber  ©d^öbede^re  tt)ibmete,  bie  ftdb 
f|)dter  unter  bem  92amen  ^l^renologie  weiter  audgebilbet  unb  bis  in 
unfere  Seiten  fortgepftangt  ^at,  loar  biefelbe  eben  erft  burdg  feinen  8anbS^ 
mann  Strang  3of.  @all  in  Slufnal^me  unb  3Robe  gelommen.  SSBtt 
erinnern  uns,  bag  ^.  @d&o))en^auer  gerabe  bamals  aU  ^anblungd- 
befliffener  in  Hamburg  bie  JBorlefungen  fel^r  eifrig  befu(^t  l^at,  toelcfec 
©all  über  feine  ©dfedbellel^re  ]&ielt.®  ^egel  l^at  toie  ben  ßaDater  fo 
audb  ben  ®aD  ungenannt  ge(affen,  er  l^at  bie  Sl^eorieen  beiber  Der- 
U)orfen  unb  gur  l^anbgreifliclbsn  SEBiberlegung  ber  le^teren  fid^  Sichten- 
berg«  SJerfal^ren  toiber  ben  ^pi^^fiognomiler  gum  JBorbilb  genommen. 
„SBenn  einem  50lenfd&en  gefagt  U)irb,  bu  (bein  3nnere8)  bip  bie«, 
meit  bein  Anodgen  fo  befdgaffen  ifi,  fo  Igeigt  e«  nidgts  anbered,  aU 

>  (Sbenbaf.  6.  248,  6.  245.  —  «  (Sbtnbal  6.  249.  -  »  »fil.  biefe«  aOÖer!. 
»b.  EX.  (2.  «uff.)  6.  25. 


^ie  tl^&ttde  HBemunft  unb  baS  ffiti^  bet  in  fl4  befrtebigtcn  3nbit)ibuen.   858 

id^  fel^e  einen  Ihtod^en  für  beine  9ßtrIUd&!ett  an.  S)ie  bei  bei 
^^^{tognomt!  etniAl^nte  SrtDtbetnng  eines  fold&en  Uttl^eils  burd^  bie 
Ol^rfeige  (ringt  gunAd^fl  bie  loetd&en  Xl^eile  aus  il^rem  Slnfe^en  unb 
Sage  unb  erioeift  nur,  bag  biefe  !ein  loal^reS  Snfic^,  nid^t  bie  9BirI= 
lüjleit  beö  Oeiflcö  finb;  —  ffiti  müfete  bie  drtoiberunfl  eigentlid^  fo 
votit  gelten,  einem,  ber  fo  urtl^eilt,  ben  @d^&bel  einjufd^Iagen,  um  ge« 
rabe  fo  greiflid^,  als  feine  äßeisl^eit  i{i,  }u  ermeifen,  ba|  ein  Anoden 
für  ben  SRenfd^en  nid^ts  3[nfid6,  biet  weniger  feine  n)a]^re  äSirüid^» 
feit  iji/^ 


9leunte8  (S^apittl 

9aB  UnrnunfUr^nrnftfiein.    B.  Mt  t^fitlge  Hornunft  nn]i  ^m  ^tüi 
^tx  in  |tf^  befrt^Mgten  3nMmbu^n. 

I.  fftüdhiid  unb  ä^orblid. 

3n  ber  ©d^äbellel^re  toar  bie  BeoBad&tenbc  Vernunft  ju  einem 
9lefultate  gelangt,  aus  beffen  UnmSglid^feit  bie  9lot]^tt)enbtgIeit  beS 
©cgentl^eilS,  b.  1^.  ber  Umfel^rung  fofort  einlcud^tcte.  §egel  l^atte  biefe 
Umfel^rung  einen  Umfd&Iag  genannt,  gleid&fam  bie  ^Peripetie  in  bem 
SnttoidFIungSgange  beS  Setou^tfeinS.  Unmöglid^  ift,  ba^  bie  SSemunft 
einem  äußeren  ©inge  gleid^gefc^t  toirb,  il^rc  [Realität  tjl  fein  S)ing, 
fonbern  eine  9[ufga6e,  fte  i^  nid^t  in  ber  ©eftalt  eines  gegebenen 
2)afeinS  niirflid^,  fonbern  als  abfoluter  S^otd  ju  k)ern)irfltd^en  burd^ 
il^re  eigene  Energie.  3)arum  erl^ebt  fid^  auS  ber  beobadgtenben  93er- 
nunft  bie  t^fttige,  bereu  erfleS  Zl^ema  ^egel  als  „bie  Siermirflid^ung 
beS  vernünftigen  ©elbjibemufetfeinS  burc^  fid^  fclbji''  fennjcid6net. 

Um  nun  bas  Si^l  biefer  neuen  (Sntmtdiung  fogIei(^  ins  9(uge  gu 
faffen,  fo  tootten  toir  gubörberji  auf  bie  Slnfftnge  beS  ©elbftbettufetfeinS 
jurüdfblidEen,  auf  beffen  2Jerbo})})eIung,  ben  Äampf  bcS  einen  ©e(bji= 
bett)u§tfeinS  mit  bem  anbern,  baS  SSerl^ältnife  bon  ^errfd^aft  unb 
Ihted^tfd^aft.  2)ort  geigte  ftd^  fd^on  fe^r  einleudgtenb,  tool^in  ber  SBeg 
fül^rt:  er  begann  mit  ber  öugerften  Ungleid^l^eit  guiifd^en  bem  einen 
3d&  unb  bem  anbern,  feine  ^ortfd&reitung  beflanb  in  bem  attmöl^tid&en 
®Iei(^n)erben  beiber,    baS  3tel    fonnte   fein    anbereS    fein   a(S    bie 


^  ^l^ftnomenologie.  Tegels  2Be¥le.  II.  6. 248.   Uebet  bie  64abelle]^re  im 
©angen.  ©.235—254. 


854  S)a8  S^ernunftbctougtfein. 

tDed^felfetttge  %ner{ennung  unb  ba$  93ett)u^tfetn  bed  gegenfettigen  Sn» 
erfanntfeinS.  ^  3n  biefem  allgemeinen  ©elbftbetou^tfein,  toeld^e»  bic 
felbftbemufeten  Snbibibucn  in  fid&  bereinigt,  beftel&t  bet  ®eifi  unb  baS 
9leid^  ber  ©ittlid^Ieit.  3d6  toill  bie  Stelle,  auf  bie  idg  ^ier  aurüdioeife, 
mit  Tegels  eigenen  SBorten  anfüllten,  „hiermit  iji  fd^on  ber  SBegriff 
bed  ®eifle8  für  unS  k)or^Qnben.  SSaS  fflr  bas  93en)ugtfein  toeiter 
tDirb,  ifl  bie  Srfal^rung,  toaS  ber  ®ei{i  ift,  biefe  aSfoIute  gubftang, 
mläat  in  ber  k)oQIommenen  tJfreil^eit  unb  @eIbflAnbig!eit  il^reS  ®egen= 
fa^eS,  nftmlid^  k)erfd^iebener,  für  fid^  feienber  @eI6flben)ugtfein,  bie  (Sin- 
^eit  berfelben  ift:  3d&,  baS  SBir,  unb  SBir,  bog  3d&  ijl.  3)08  »e= 
tDufetfcin  ]^at  erfl  in  bem  ©elbftbetoußtfein,  ate  bem  Segriffe  beS 
®eifte8,  feinen  9Benbe))unft,  auf  ben  eS  aud  bem  farbigen  ©d^etne 
bed  ftnnlid^en  2)ieffeit8,  unb  aud  ber  leeren  9lad^t  bed  flberfinnlit^en 
3enfeit8  in  ben  geiftigen  Sag  ber  ®egentt)art  einfc^reitet."* 

Sßad  ^egel  unter  bem  ,, Steige  ber  @ittlidgleit"  Derftanben  »iffen  toxfi, 
l^atte  er  fd^on  in  bem  legten  unb  n)td^tigften  feiner  Sluff&^e  im  Aritifd^en 
Journal  entn)idfelt  unb  an  bem  93eif))iele  ber  daffifd^-l^eUenifd^en  3BeIt 
l^iflortfd^  bargetl^an.®  9S}enn  n)ir  in  ber  ^l^AnomenoIogie  bie  ^us^ 
füi^rungen  lefen,  toeld&e  bie  „SSertoirflid&ung  bed  Vernünftigen  @elbfi= 
betoufetfeind  burd^  fid&  feftii"  einleiten  unb  auf  beren  3iel  l^inroeifcn, 
fo  fül^Ien  loir  und  ganj  in  jenen  9(uffa^  über  „bie  »iffenfdgaftlid^en 
Se^anblungdarten  bed  3laturred&td"  jurüdberfe^t,  indbefonbere  in  ben 
Slbfd^nitt  über  „bie  abfolute  ©ittlit^feit".  ^ier  iji  jtoifd&en  beiben 
bie  fpred&enbe  5ParaffeIe:  „3)iefe  allgemeine  ©ubftang  rebet  i^re  aU= 
gemeine  @prad^e  in  ben  @itten  unb  ®efe^en  bed  ä^olld;  aber 
bied  feienbe  untoanbelbare  SBefen  ifi  nid^td  anbered  ald  ber  Sudbrud 
ber  il^r  entgegengefe^t  fd^einenben  einzelnen  SnbiDibualitftt  felbft;  bie 
®efe^e  f))red^en  bad  aud,  toa^  jeber  Sinjelne  ift  unb  tl^ut;  bad  Snbi- 
Dibuum  ertennt  fie  nid^t  nur  ald  feine  allgemeine  gegenftAnblic^e 
S)ing]^eit,  fonbern  ebenfo  fel^r  fid&  an  il^r  ober  ald  bereinjelt  in 
feiner  eigenen  Snbiöibualit&t  unb  in  jebem  feiner  SÄitbürger".  „3d& 
fd^aue  ed  in  allen  an,  ba§  fie  für  fid^  felbfi  nur  biefe  felbftAnbigen 
SBefen  ftnb,  ald  3c^  ed  bin;  3c^  fd^ciue  bie  freie  Sinl^eit  mit  ben 
Ruberen  in  il^nen  fo  an,  bag  fie  toie  bur^  !Dltd^,  fo  burd^  bie  Snbern 
felbfi  ift.  @ie  ald  3Rid&,  3Rid&  ald  @ie.  3n  einem  freien  »otfe  ifi 
barum  in  Jffial^rl^eit  bie  SBernunft  DertoirHid&t ,   fie  ift  gegentoftrtiger 

1  @.  oben  @.  324  u.  325.  --  >  $^&nomenoIogie.  SOeTte.  n.  @.  135.  Sgl. 
6.  254-256.  —  »  »al.  oben  6.  278—288. 


2)ie  tl^&ttQe  SBernunft  unb  baS  ^t\(i  bet  in  ft^  beftiebtgten  3nbit)ibuen.    855 

Ie6enbiger  ®etjt,  toorin  baS  3nbik)ibuum  feine  SSeftttnmung,  b.  1^. 
fein  allgemeines  unb  eigenes  9S}efen,  nid^t  nur  auSgefptod^en  unb  ald 
2)ina]^eit  Dorl^anben  finbet,  fonbern  felbfl  biefed  9Befen  iß  unb  feine 
93eftimmung  aud^  erreid^t  ^at.  2)ie  toetfeflen  9J{anner  beS  ^(tettl^umS 
^a(en  barunt  ben  S(u8fj0rud&  getl^an:  ba^  bie  993eifi]^ett  unb  bie 
Sugenb  barin  befleißen,  ben  @itten  feines  fßolU  gernftg  ju 
leben."* 

S)a8  Siel,  auf  weld&e«  toir  loSfieuern,  ijl  ber  fittlid&e  Oeijl,  bie- 
ienige  (Sinl^eit  ber  felbftbelDu^ten  3nbiDibuen,  n)el(^e  ^egel  gern  unb  gut 
bie  „gebiegene  ffiinl^eit"  nennt.  916er  baS  ©elbftbetoufetfein  ip  nid&t 
3U  binben.  @S  ifi  k)orauS3ufe]^en,  bag  aud^  biefe  gebiegene  Sinl^ett 
fidb  auflöfen  unb  jerfe^en  wirb,  toorauS  neue  ©efJalten  beS  Settufet* 
feinS  ]^ert)orge]^en.  SBir  unterfd^eiben  bemnad^:  1.  biejenigen  ©eftatten 
beS  SBelDugtfeinS,  Uield^e  bem  fittlid^en  ®eifl  t)orau§ge]^en,  ben  Uebergang 
gu  il^m  bilben  unb  bie  Stationen  ber  tl^tigen  äiernunft  auSmad^en; 
2.  ben  ftttlic^en  ®eift  felbft;  8.  biejenigen  ©efialten  beS  SetoufetfeinS, 
loeld^e  aus  il^m  ]^erk)or'  unb  über  il^n  l^inauSgel^en.  S)tefcS  finb  bie 
ttod6  auSjufül^renben  SE^emata  ber  ^Phänomenologie.* 

n.  Sie  tl^ötige  SBernunft. 
1.  2)ie  IBuft  unb  bie  9lot^loenbigYeit    (Sauß.) 

@S  gab  ein  gmifd^en  SenfeitS  unb  2)ieffeitS  ftets  getl^eilteS,  in 
fid^  entjtoeiteS  unb  gebrodgeneS,  barum  in  Sßal^rl^eit  unglfidEüd^eS  93e- 
toufetfein.  3m  öoöigen  ©egenfa^e  baju  giebt  es  ein  toal^rl^aft  glüdE^ 
lid^eS  SdelDU^tfein:  eS  befielet  in  jener  gebiegenen  Sinl^eit  beS  fittUd^en 
©eifteS,  toorin  jeber  einjelne  als  ©lieb  fid6  tool^l  unb  befriebigt  fül^lt. 
S)iefeS  ©lud  mirb  gefud^t,  erreid^t  unb  »teber  t)erloren.  (Sin  SlnbereS  finb 
bie  ©eßalten  beS  ^etougtfeinS  nac^  bem  93erluft,  ein  SlnbereS  bor  ber 
6rreid^ung:  biefe  le^teren  gelten  ben  SBeg,  ber  oor  uns  liegt.  SlUe  ©e= 
ftalten  ber  tl^atigen  SBernunft  fud&en  infiinctmäfeig  in  ber  2Belt  ©lüdC 
unb  SBcfriebigung:  barin  befielet  i^r  gemcinfameS  Sl^ema.  S)a§  fte 
biefeS  3i^l/  i^be  auf  il^rem  SBege,  Derfel^len:  barin  befleißt  il^re  3Belt= 
erfal&rung.  Sluf  jeber  biefer  ©tufen  finben  tt)ir  bie  felbfibetoufete  3nbi- 
DibualitAt  im  ©egenfa^e  gur  3Belt  unb  in  k)ermeintlid^er  Srl^aben^eit 
über  biefelbe  il^re  botte  ©elbpefriebigung  fud&en  unb  berfel^len.  3n 
biefer  il^rer  öermeintlid^en  ßrl^abenl^eit  liegt  bie  ©elbfitöufd^ung.  S)arin, 

1  ^PWnomenoIoöie.  SBÖetle.  IL   ©,  257  u.  258.  —  » (Ebenbaf.   6.  254—262. 


356  ^ad  SBernunftbetougtfein. 

bQ§  fie  an  bei  SBelt  fdgeitetn  unb  bie[e  mAd^tiget,  gel^alt-  unb  loett^- 
t)vUti  befunben  tt)irb,  als  fte  gemeint  l^aben,  liegt  bie  Sßeltetfal^rung.  ^ 
S)ad  3nbt))ibuum,  fo  tt)te  eS  ifl,  in  feinem  etl^abenen  @e(b{lgef&^I 
toiU  bie  Seit  an  fi(6  reiben,  fi(6  in  bem  93eA)ugtfein  ber  anbem  aud^ 
|)tagen  unb  genießen,  nid^t  auf  bem  9S}ege  ber  Sßiffenfdgaft  unb  Sr» 
!enntni6,  ber  SSeobad^tung  unb  Aenntniffe,  ber  Sitten  unb  ®efe|e, 
aDe  biefe  Sformen  ^at  ed  „aU  Sl^eorie,  ate  einen  grauen,  tbtn  t)er= 
fd^toinbenben  ©d&atten  l^inter  fid6"  — ,  fonbern  burd&  bie  Oetoolt  feine« 
unmittelbaren  SBolfend,  feines  ÜtaturtriebeiS  unb  feiner  99egterbe.   Dl^ne 
ben  Flamen  ju  l^bren,  feigen  toir  ben  fjfaufi  beö  goetJ^^fd^en  Qfragment« 
(1790)  Dor  uni$,  als  ben  Stepr&fentanten  biefeS  toettbege^renben  unb 
tDeltftflrmenben  @eIbflbett)u§tfeinS/  Don  bem  ^egel  gut  unb  treffenb 
fagt:    „es  ift  in  eS  ftatt  beS  l^immlifdg  fd^einenben  ®etfte8  beS  SU« 
gemeinen  beS  SßiffenS  unb  S^unS,  morin  bie  ßmpfinbung  unb  ber 
©enufe  ber  ©njelnl^eit  fd^ioeigt,  ber  grbgeijl  gefahren,  bem  baS  ©ein 
nur,  meldgeS  bie  993irHid&{ett  beS  einjetnen  93eiou§tfetnS  ift,  ato  bie 
tDal^re  SßirHid^Ieit  gilt.    Ss  k)erad^tet  Sierflanb  unb  SBiffenfc^aft,  be§ 
Stenfc^en  aDerl^öd^fle  ®aben,  eS  l^at  bem  £eufel  fic^  ergeben  unb  mug 
2U  @runbe  gelten.    €s  flürjt  alfo  ins  Seben  unb  bringt  bie  reine 
3nbi))ibuatitAt,  in  loeld^er  eS  auftritt,  3ur  ^usffil^rung.    Ss  mad^t 
ftd^  weniger  fein  ®tfldE,  als  bag  eS  ba^elbige  unmittelbar  nimmt  unb 
geniest.    2)ie  @d^atten  Don  9S}iffenf((aft,   ®efe^en  unb  ®runbfö^en, 
bie  allein  jtoif(^en  il^^  unb  feiner  eigenen  SBirflid^feit  fiel^en,  Der« 
fd^minben  als  ein  leblofer  Stebel,  ber  eS  nidgt  mit  ber  ®en)ig]^eit  feiner, 
ätealitat  aufnel^men  !ann;  eS  nimmt   fid^  baS  Seben  toie  eine  reife 
3frud&t  gepflüdt,  toeld&e  ebenfo  fei^r  felbji  entgegenkommt,  als  fte  ge= 
nommen  toirb."^ 

3)ie  (Srfüffung  ber  SBegierbe  ift  bie  ßufi,  ber  ®enu§  ber  ßufi. 
SBaS  biefem  toettbegel^renben  @elbfibetou§tfein  gegenüberfiel^t  unb  feiner 
(Sinjelnl^eit  Sro^  bietet,  fic^  burd&  feine  ©etoalt  ergreifen  unb  an  fid& 
reiben  I&gt,  ift  bie  Sßelt  als  ber  fefte  Sufammenl^ang  ber  2)inge, 
biefe  ebenfo  l^arte  als  continuirlidge  SBirtlid^Ieit,  an  loeld^er  baS  3nbt- 
Dibuum  gerfiöubt  unb  fc^eitert.    2)iefer  3ufammenl^ang  ifl  bie  9lot]^= 


1  €benbaf.  8.258-262.  —  >  ^benbaf.  6.262  u.  263.  2)ie  »Borte  bei 
S)i4tetS  flnb  ungenau  unb  mangeD^aft  angef&l^rt.  —  ,6«  nimmt  ft4  bat  Seben', 
11((  nel^men  tjt  ))ofttit)  in  t^erße^en  (sibi  sumere),  ntd^t  negatiü«  Uebct  bie 
etcHe  t>%l  Vttin  aSerl:  ®oct^e8  Sfaufl.  (3.  9(uf[.  Stuttgart,  (Eotto«)  »uit  U. 
(^ato.IV.   @.92flab. 


^ie  tl^Atige  SBernunft  unb  baS  Ket4  bei  in  ft4  Befrtebigten  Snbibibuen.    857 

toenbigieit  ober  ba^  Sd^tdfal.  Um  ben  3ufatnmenl^ang  unb  baS 
innere  9Befen  bei  SBett  ju  etfaffen,  gte&t  e8  nur  einen  etnjigen  9Seg, 
ben  ber  93ernunft  unb  S^iffenf^aft,  ber  lebendt)ol[flen  unb  gebanlen» 
reid^ften  Xl^eorie.  S)iefen  SBeg  f^ai  jenes  toeltburftige  ©elbpeiougtfein 
))on  ftd^  geiDiefen,  eS  l^at  baS  geiftige  ißeben  in  fid^  jerftort,  unb  erf&l^rt 
bie  Sfolgen  biefer  @elbftjerftörung.  @o  erleud^tet  ftdg  bag  bunlle  993ort 
^egete:  „fiatt  QUS  ber  tobten  Zl^eorie  in  baS  Seben  ftri^  gefifirgt  gu 
l^abeU;  l^at  eS  fid^  t)telme]^r  nur  in  boS  a9en)u6tfein  ber  eigenen  Se6> 
lofigteit  geftürjt  unb  mirb  ftd^  nur  aU  bie  leere  unb  frembe  9tot]^- 
»enbigfeit,  ote  bie  tobte  SBirüic^&it  }u  Zl^eil".  „€8  erfAl^rt  ben 
S>o))pel{tnn,  ber  barin  liegt,  toad  ed  t6ut,  ndmlid^  fein  S eben  ftd&  ge- 
nommen 3u  ^aben:  eS  nal^m  baS  Seben,  ober  t)ielme]^r  ergriff  e8 
bomit  ben  Sob."^ 

2.  Xai  Qefel^  bei  ^erjenS  unb  ber  Sßal^nftnn  beS  üigenb&nlels. 

2)q8  erfte  Sl^ema  beiS  Selbftbeiougtfeind,  baiS  in  ber  Sßelt  fid& 
gu  ))ertt)irni$en  unb  gu  befriebtgen  fud^t,  ift  ber  3Seltgenu§,  ber 
rojltofc,  in  toelc^em  ba8  3nbit)ibuum  bie  SBelt  öcrgel^ren  mßd^te,  aber 
öon  il^r  Dergel^rt  toirb,  benn  bie  ?Partie  fielet  ungleid^:  auf  ber  einen 
Seite  ba8  eingcine  ©elbflbemufetfein  unb  il^^  gegenüber  auf  ber  anbern 
bie  Orbnung  ber  2)inge,  bie  unbegriffene  äJlad^t  ber  SlDgemeinl^eit, 
bie  3?ot]^n)enbigfeit  ober  bas  ©d&idtfal,  looran  bas  Snbiöibuum  gu 
©runbe  gel^t  unb  fd&eitert.  ?[ber  bas  ©elbftbetoufetfein  an  fid^  über^ 
lebt  biefen  Untergang  unb  mad^t  feine  (Srfal^rung  mit  ber  3Bett.  9lun 
toitt  e«  ben  Oegenfafe  gtoifd&en  feiner  Snbiöibualitöt  unb  ber  SBelt 
nid^t  mel^r  befleißen  laffen  unb  barin  befangen  bleiben,  eiS  toiD  biefen 
©egenfo^  Dielme^r  aufibfen  unb  mit  ber  SQBelt  in  einer  toeit  l^ö^eren 
Qform  ein«  toerben  als  im  ©enuffe  ber  ßuft:  eS  toitt  bie  Stotl^toenbig» 
leit  nid^t  mel^r  erleiben,  fonbern  felbß  fein,  baS  @d^idfal  nid^t  mel^r 
ertragen,  fonbern  bel^errfd&en,  ber  allgemeinen  Drbnung  ber  S)inge 
nidbt  unterworfen  n)erben,  fonbern  biefelbe  aus  eigener  Araft  unb  nad^ 
feinem  eigenen  äBiffen  gehalten.  Aurggefagt:  eS  lotQ  bie  3Rad^t  fein, 
toeld^e  bie  S3e(t  orbnet. 

2)a]^er  ift  baS  neue  Sl^ema  beS  SelbjtbetougtfeinS,  baS  in  ber 
Sßelt  ftd^  gu  Dermirllid^en  unb  gu  befriebigen  fud^t,  (nid^t  mel^r  ber 


1  $^&notnenoIoQte.  SS^erfe.  11.   6.265  u.  266.   2)er  gange  Hbf ((nitt:  ,,$ie 
IBufl  unb  bie  9lotl^n)enbiafett\   @.  262—267. 


358  S)a8  SBemunftbeiDttBtfein. 

JBBeltgenuS,  fonbertt)  btc  aSBcltDcrbeffetung.  Der  SBißc  Qfter  gut 
9Settt)et6efferung  ift  nod^  Sinjelioille  unb  StgeniDtde,  bet  9S}tlIe  biefeS 
!3nbtt)tbuumd;  er  begtoedt  bie  Drbnung  ber  S)in8e:  bal^er  iÜ  btefer 
äBtlle  ©efe^  unb  gilt  ftdg  als  foId^eS,  aber  baS  ®efe$  aU  fol^ed  foO 
unb  miD  unabl^öngtg  t>on  ben  ^nbtmbuen  gelten;  l^ier  gilt  ed  gunftd^fl 
nur  aU  biefer  inbik)ibueDe  Sinjel-  unb  Sigentt)iQe,  ate  ein  3n)e(ierfflQteS 
Segel^ren,  baS  tt)ir  mit  bem  SBorte  ^erg  begeid^nen;  baS  ®efe^,  Don 
bem  tDtr  reben,  ifi  bal^er  „bofi  ®efe$  be3  §ergen8",  toeld^eS  in  ber 
SBirflid^feit  jur  ©ettung  unb  ^errfd^aft  gelangen  miU.  ^erg  ifi,  xoit 
^eget  [agt,  „bie  unmittelbar  allgemein  fein  toottenbe  ©ingelnl^eit'', 
®efe^  bes  bergend  ifl  ,,ein  $erg,  baS  ein  ®efe^  an  il^m  ^at''.^ 

2)amit  eröffnet  ftd^  ein  neuer  ®egenfa^:  ber  gn)ifd^en  ^erg  unb 
SBirllid^Ieit,  gn)if(!^en  bem  bergen,  in  meinem  ®efe$  unb  (EigeniDiOe 
unmittelbar  unb  untrennbar  Derf^molgen  finb,  unb  ber  SBelt,  bie  il^ren 
eigenen  ®efe^en  folgt,  unbefflmmert  um  ba8  belieben  unb  bie  Sßflnf^e 
ber  Singelnen;  es  ift  ber  ®egenfa$  gtoifd^en  bem  ®efe^e  beS  ^ergenS 
unb  bem  ftarren  ®efe^e  ber  äBirllid^feit:  auf  ber  einen  @eite  baS 
®efe^  be§  bergend  mit  feinem  guten,  in  ber  SBelt  gu  Dermirllic^enben 
3toe(f;  auf  ber  anbern  bie  entgegengefe^te  SBirÜid^feit,  bie  il^r  aU  eine 
ieinedUiegS  n)ol^It]^dtige;  fonbern  gett)altt]^atige  Orbnung  ber  2)inge  er- 
fd^eint,  unter  beren  t^rannifdgem  S)rudE  bie  äRenfd^l^eit  feufgt.  2)en 
Seibenben  foll  gel^olfen,  ber  graufamen  9{otl§n)enbtg!eit  foU  bie  ®en)a(t/ 
»etdge  fie  l^at  unb  ausübt,  entriffen  koerben:  baS  SBol^I  ber  SDtenfdb« 
l^eit  ift  baS  ®efe$,  meldged  bem  n)ettoerbeffernben  3nbik)ibuum  am 
bergen  liegt,  k)on  i^m  gehegt  unb  gepflegt  loirb.' 

S)iefe3  3nbik)ibuum,  loie  eS  ber  SBelt  gegenflberfte^t  unb  ftd^ 
fa^tt,  l^at  in  unb  an  feinem  ©elbftgefül^l  aud^  feine  ßuft  unb  S3e« 
friebigung;  eS  ift  fid^  ber  ^ol^en  Srnftl^aftigleit  feines  3n)ede8  unb  ber 
SBortrefflid^Ieit  beS  eigenen  SßefenS  tool^t  betonet,  e§  ffl^It  unb  gefdUt 
fid^  in  btefer  feiner  perfönlid^en  Srl^abenl^eit:  bad  SBeltelenb  k)or  feinen 
9lugen  unb  bie  SBeltDerbefferung  in  feinem  bergen!  S)iefe  Sr^aben^eit 
freilid^  gel^t  fogletd^  oerloren,  koenn,  n)ie  es  bod^  bie  Slbftd^t  beS  3nbi- 
mbuums  ift,  boS  ®efe^  beS  ^ergenS  in  bie  S3irnid6!eit  eingeigt;  bann 
löfi  ftdd  ber  ®egenfa^  gteifd^en  ^erg  unb  SSirUidgleit,  bie  Aluft  ebnet 
fid|,  bie  @rl^abenl^eit  ber  einen  Seite  k)erfd^n)inbet,  baS  ®efe^  beS 
^ergenS  ifi  auSgefai^rt,  bie  SBelt  ifi  gut  geworben,  bie  3BeItt)erbefferung 


Cbenbof.  @.  273.  —  «  «enbaf.  6.  267-269. 


2)te  t^ätifie  S^etnunft  unb  baS  9lei4  bei  in  lic^  befttebidten  3nbit)ibuen.    359 

ifi  flefd&el^cn,  olfo  ber  aBeltöertefferer  ntd&t  tnel^r  bon  nötigen.  3jl 
bas  ®cfe§  bc8  ^«aeng  a«^  ^ertfi^aft  ßclaitflt,  fo  ift  eS  bcm  Sigen- 
tttttcn  cnttfldt,  cä  ifi  nunineftx  ®efe$,  aber  ittd&t  tnel^r  ®cfe§  be« 
^eraeniS.  „2)ad  ®efe$  beg  ^eraeniS  l^ört  eben  burdg  feine  SBetiottf» 
lidgung  auf,  ®efe^  beS  ^eraenS  a^  f^^"*  ^^^^  <^  ^^^^^^  ^^^^^  ^^^ 
Oform  bes  ©eins  unb  ip  nur  allgemeine  SWad^t,  für  toeW^e  biefeS 
^eta  fileid^s&tttg  tfl,  fo  bag  baS  3nbtk)ibuum  feine  eigene  Otbnung 
baburcfe,  bafe  eS  fic  aufhellt,  nid^t  mel^r  als  bie  feinige  finbet."^ 

S)a8  weltöerbeffernbe  Snbibibuum  mad^t  mit  ber  SBelt  tDieberum 
feine  @rfal^Tungen,  loorauS-eS  gana  anbetS  ]^erk)orge]^t,  aU  eS  l^inein^ 
ging.  S)ie[e  SBelterfal^tung  l^at  brei  gföDe.  <Sntn)ebet  gelangt  bag 
®efe^  beS  $eraen§  inx  ^etrfd^aft  unb  ift  al8  l^errfd^enbeS  ®efe^  ein 
ebenfo  fiatreS,  ebenfo  unbeugfameS  ®efe^,  als  baS  t)eTabfd^eute;  ober 
bie  SBirllidöfeit  ijl  gar  nid^t  bie  graufame  unb  t^rannifc^e  Slotl&toenbigs 
feit,  »eld^e  belämpft  »trb,  fonbem  eine  belebte  Drbnung  ber  S)inge, 
toorin  fid^  bie  SRenfd^en  bel^aglid^  unb  aufrieben  ffll^Ien  unb  barum 
ntd^tS  öon  bem  ®efe^e  beS  ^eraenS  unb  Don  bem  $eraen  biefeS  3n« 
biöibuumS  toiffcn  toollen,  baS  fid5  il^nen  aufbringt  unb  i^re  Slul^e 
ftört:  bann  erfd^einen  bie  3Renfd^en  bem  äBeltDerbefferer  nid^t  mel^r 
als  bemitleibenstoert)^,  fonbern  als  abfc^eutid^  unb  aQer  SSerbefferung 
unf filzig  unb  untoürbig;  ober  enbUdö  jebeS  3nbtt)ibuum  folgt  bem  ®e= 
fe^e  feines  ^eraenS,  eS  lebt  feinen  93egierben,  SBftnfd^en  unb  ^ntereffen 
nad^  unb  geniegt  fein  Qthtn,  fo  Diel  eS  Dermag  unb  fo  lange  eS  !ann: 
barin  befielet  ber  SBeltlauf,  bem  ber  SBeltDerbefferer  mit  bem  ®efe^e 
feines  ^eraenS  nid^t  beifommt,  benn  bie  ©oncurrena  ifi  in  grofe. 

Slber  nid^t  blog  mit  ber  SBelt  unb  SBirfHdgleit,  fonbern  nod^ 
mel^r  unb  nod^  fd^limmer  mit  ftd^  felbft  geröt^  baS  loeltDerbeffernbe 
3nbimbuum  in  unaufl5Slid^e  SßiberfprUd^e,  bie  fein  SSemugtfein  a^t- 
rfttten.  3nbem  eS  feinen  B^edf,  baS  ®efe^  feines  ^eraenS,  Derioirflid^t, 
aerßbrt  eS  augleid^  feinen  SigenmiDen,  ber  bod^  in  feinem  äBefen  unb 
e^arafter  gel^ßrt;  feine  ©elbflbejal^ung  ijl  iniUxä)  feine  ©elbftent= 
frembung,  feine  ©elbfiDertoirllid^ung  a^gleidö  feine  ©elbfibernid^tung; 
btefer  ganae  SBibcrpreit,  biefer  gegen  fid^  felbft  gefeierte  SlntagoniSmuS 
ift  fein  SBefen  unb  erfc^eint  il^m  auc^  als  fold^er:  bal^er  ift  fein 
SBefen  im  ^nnerften  DerrfldEt.  i,2)ie  betben  Seiten  gelten  il^m  nad^ 
il^rem  SBiberfprud&e  unmittelbar  als  fein  S35efen,  baS  alfo  im  Sfnnerfien 
Derrfldft  ift."^ 

1  ebenbaf.  6.  269.  -  »  Cbenbaf.  €.  272. 


860  SDod  SBemunftbetDuBttein. 

@8  giebt  in  ber  Seit  k)iele  SEßeltDerbeffereX;  bie  eS  ftitb,  nid^t  aud 
refütmototifd^em  93eruf,  fonbern  aus  SelbflbemuBtfetrtr  aud  gefietgertem 
@elbftgefül^l,  ani  ^erjenSbrattg  itnb  ^eraendbflttf el :  baS  ®efe^  i^teS 
Zeigend  ift  !etn  toal^red,  fonbern  ,,etn  blog  gemeinte^,  ba$  ni^t  mie 
bie  beflel^enbe  Orbnung,  ben  £ag  oufigel^atten  l^at,  fonbern  bielmel^r, 
toie  ed  ftdg  btefem  geigt  iu  ®runbe  gel^t".  ©olbene  äBorte!  2>iefe 
®e|e$e  bed  ^ergeniS  ftnb  unmal^r.  2)q8  Kriterium  ibrer  Unmal^rl^eit 
ift,  ba^  fte  bie  9Eßtr!H(l&!eit  nid^t  vertragen  {5nnen.  @ut  unb  treffenb 
toerben  biefe  SBeltberSefferer  Don  ^egel  ddaralterifirt:  „2)ad  $er)!Io)>fen 
fflr  baiS  fBofjH  ber  SRenfd^l^eit  gel^t  barum  in  bai$  Xoben  beS  Derrildten 
^igenbünleld  über,  in  bie  SBut^  beS  93ett)ugtfeini3,  gegen  feine  Stt' 
fldrung  ftd^  gu  erl^alten,  unb  bad  boburd^,  ba^  eiS  bie  S3er!e]^rt^eit, 
meldte  es  felbfi  i%  auS  fid^  l^erauStoirft  unb  fte  als  ein  anbereS  an> 
jufel^en  unb  auSjufpred^en  fi(b  anflrengt".^  äBie  oft  ^at  bie  Sßett 
foldbe  Sßeltüerbefferer  erlebt,  bie  einen  Zag  auf  ber  SBeUbfll^ne  gauleln 
unb  gegaulelt  l^aben!  @ie  gel^ören  nid^t  in  bie  äBeltgefd^i^te,  toofjli 
aber  in  bie  $l^ftnomenoIogie. 

2)er  SigentoiKe  mit  feinem  @igenbün{el  unb  feiner  (Sigenfud^t 
ift  ba^  ^xincxp  ber  93erlel^rt]^eit  unb  ä^erfel^rung.  S)emgem&^  fie^t 
ber  Dermeintftc^e  SBettöcrbefferer,  felbft  öon  biefem  principe  bel^errfifit, 
aud^  bie  Orbnung  ber  2)inge  auger  i^m  in  biefem  k)erf eierten  Sid^te: 
er  ftel&t  überaß  fanatifd&e  ?Priefter,  fd&toelgenbe  ffiefpoten,  ni^tStottrbige 
3)iener,  bie  fid^  erniebrigen,  um  anbere  toieber  emiebrigen  gu  tonnen. 
S)aS  ®efe^  beS  ^ergens,  tteldgeS  bas  SSol^I  ber  Steufd^l^eit  loill,  er« 
fd^eint  in  ber  SßirHid^Ieit  Döllig  k)er!el§rt  unb  t)emid^tet,  benn  bie  Dor» 
*^y^aM  l^onbene  ^errfd^aft  begmedEt  unb  bemirJEt  nid&ts  anbere«  als  bas  namen- 
lofe  eienb  ber  betrogenen  SReufdöl^eit.  *  @o  fie^t  bie  3)inge  ber  Det« 
meintlid^e  SBeltDerbefferer. 

aSenn  nun  baS  @e{bftbeU)ugtfein  feine  Sßelterfal^rung  gemad^t 
unb  bie  Sinbilbungen  burd^fd^aut  |at,  bie  bem  ®efe^e  bes  ^ergenS  gu 
®runbe  liegen,  fo  entfielt  eine  neue  ®eflalt  beS  93eU)ugtfeinS:  baS 
®efe$  beS  ^ergenS,  biefeS  gemeinte  ®ute  toirb  aufgegeben,  unb  an  feine 
@teDe  tritt  baS  n)a]^r]^aft  ®ute,  baS  nur  erreid^t  merben  (ann  burd^ 
bie  3[ufot)ferung  ber  3nbik)ibualitat  mit  aller  i^r  anl^aftenben  Sigem 
Hebe.  S)iefe  Aufopferung  ift  bie  Sugenb.  SQBaS  il^r  entgegenfle^t, 
i^  baS  egoiftift^e  ®etriebe  ber  menfd^Iid^en  3ntereffen,   baS  loir  mit 


Sbenbaf.  @.  272  u.  278.  —  *  Sbenbaf.  S.  278  fi^h. 


S)te  t^fttifie  SBetnunft  unb  boS  9let4  ber  in  fi4  befriebtgten  3nbiotbuen.    861 

^egel  als  ben  äßelllauf  bejeid^net  l^aben.^  2)a8  SLl^enta  unb  bte  9[uf- 
QQbe  ber  Xugenb  befielet  in  bem  Aompf  mit  bem  SBeltlauf  unb  in 
bcm  ©icge  barflber. 

3.  2)te  Slugenb  unb  bei  SBeltlauf.* 

^a^  @el6ftbeu)u§ifetn,  bolS  fi(^  in  bet  SBett  t^erlDitlttd^en  unb 
befriebigen  foQ,  l^at  brei  Zl^emata:  bas  er{!e  toat  ber  SSeItgenu§,  baS 
jtocite  bic  SOBcliöerbeffcrunfl,  baö  btittc  ift  bic  SBeltbcfämpfung.  (£8 
ijl  bic  3rogc,  ob  bie  Sugenb  im  Äampfc  mit  bem  ffieltlauf  bcffere 
Erfolge  baöontragen  toirb,  olg  bic  ßujl  gegenüber  ber  Slotbtoenbigleit 
unb  ba%  ®efe|  beiS  ^ergenS  gegenüber  ber  n)tr!ttd6en  SBelt? 

S)ie  Sugenb,  Don  ber  tt)ir  reben,  ip  leineStoegS  bie  Slufo<)ferung 
ber  ganjcn  ?PerfonIi(^feit,  benn  il&r  J)erfönlid&e8  Setoufetfein  opfert  fic 
nidgt  auf,  üielmel^r  beti)a]^rt  fie  baffelbe  unb  l^äU  groge  @tü(ie  barouf ;  aud^ 
gel^ort  cö  ju  il^rem  Sffiefen,  bQ§  pc  bie  ßrl^abenl^ett  il^rer  3toc(fe  »reijl 
unb  gern  baüon  rebet;  il^r  Smd  aber  ift  bie  abfolute  ©eltung  bed 
SBol^ren  unb  @uten,  aU  tt)et(i^em  bie  fSJlaä^t  iniool^nt,  ftd^  felbfl  gu 
))ern)irHidgen,  totifioXi  ber  9titter  ber  Sugenb  @piegelfed^terei  treibt, 
toenn  er  für  fie  fdmpft. 

Slffe  SWittel  unb  SBoffen,  bie  bem  Jffial^ren  unb  Outen  bienen, 
erf ((einen  bem  tugenb^aften  93eU)uptfein  aU  ®üter  ober  ,,eble  Xl^eite 
bes  ©Uten"  unb  finb  oI«  fold&e  gu  fd&ft^en  unb  gu  betool^ren.  ©old&e 
SSerlgeuge  unb  SEßaffen  finb  bie  menf(i^U((en  ©oben,  t^a^igfeiten  unb 
Ärdfte,  bie  brad&  liegen,  toenn  fie  bas  3nbit)ibuum  nid^t  gur  SJerwirl» 
lid^ung  feiner  3ti)e(ie  brandet  unb  baburd^  in  93ett)egung  unb  Z^atig- 
feit  fefet.  S)ie8  tl^ut  nun  ber  SBcttlauf  Quf  ©d^ritt  unb  Sritt,  benn 
feine  3nbit)ibuen  finb  unouSgefe^t  für  i^re  3roedEe  rührig  unb  toirffam; 
bol^er  ber  a33elt(auf  für  bic  Sugenb,  too  fie  il^n  Qud6  anfaßt,  unan- 
greifbar, unücrmunbbar,  barum  aud6  unbcfieglid^  crfd6eint.  S)enn  bie 
©aben,  (Jfäl^iglciten  unb  Äräfte,  toeld&e  ber  SBeltlauf  in  Slrbeit  unb 
Xl^ätigfcit  fe^t,  erad&tet  bie  Xugenb  felbft  aft  gu  fd^ü^enbe  unb  gu  er= 
l^altenbc  SBaffen. 

S)ie  5£ugenb  glaubt  an  bas  SSal^rc  unb  ©utc  unb  m5d^te  biefen 
©lauben  gum  @d^auen  erl^eben  unb  ba^  ©utc  DertoirfUd^t  feigen;  fic 
lebt  alfo  in  unb  bon  ber  Uebergeugung,  bafe  baS  ©ute  nid^t  tt)irflid&, 
ha%  es  nid&t  in  ber  JBJelt,  fonbern  nur  in  bem   tugenbl^aften  Sc« 


«benbof.  6.  275.  -  «  übenbaf.  ©.  275—284. 


362  2)a9  SBernunftbetou^tfeiit. 

»ufetfein  gegenmftrtig  fei,  unb  mit  tiefet  abfirocten,  leeren  unb  t^at= 
lofen  STttgemeinl^ett  tritt  fte  bem  arbeitSöotten  SQBeltlauf  entgegen,  ©iefet 
fämpft  unb  arbeitet,  bie  SCugenb  fte^t  mflfeig  unb  rebet.  3)er  Ritter 
ber  Slugenb  braud^t  feine  SBaffen  nid^t,  fonbern  ift  nur  barauf  bcboc^t, 
fie  blonf  ju  erl^alten.  Äeine  S^agc  bal^er,  ba§  ber  SBeltlouf  gegen« 
über  ber  Sugenb  nid^t  bIo§  unbefiegbor  ift,  fonbern  fiegreid&.  ^3)ic 
SEugenb  toirb  alfo  öon  bem  SBclttauf  befiegt,  toeil  baS  abflracte  un= 
»trflid^e  SSefen  in  ber  Z^at  if^x  S^oedf  ift,  unb  metl  in  9{nfel^ung 
ber  SBirHid^teit  il^r  Zl^un  auf  Unterfdgieben  berul^t,  bie  aQein  in 
ben  äBorten  liegen."  „2)er  äBelttauf  fiegt  alfo  über  baS,  toai  bie 
Sugenb  im  ©egenfa^e  gegen  il^n  auSmadgt;  er  fiegt  über  fie,  ber  bie 
toefentofe  Slbftraction  bad  SBefen  ift.  @r  fiegt  aber  nidbt  über  etioaS 
gieeBeg,  fonbern  über  baS  ©rfd^affen  t)on  Unterfd^ieben,  loeld&e  feine 
finb,  über  biefe  ^ompl^aften  hieben  Dom  93eften  ber  STienfdgl^eit,  Don 
ber  Unterbrüdfung  berfelben,  öon  ber  Slufo^ferung  für'3  ®ute,  oon  bem 
3Wi§braud&  ber  Oaben;  —  fold&crlei  ibeale  SBefen  unb  3w«dte  finfen 
ate  leere  3Borte  gufammen,  n^eld^e  ba^  ^er}  erl^eben,  aber  bie  ä^ernunft 
leer  laffen,  erbauen,  aber  nid^ts  aufbauen,  2)ec(amationen,  toetd^e  nur 
biefen  ^nl^alt  beftimmt  auSfpred^en,  bag  baS  SnbiDibuum,  toelc^ed  für 
fold^e  eble  Stotde  gu  l^anbetn  üorgiebt  unb  fold^e  Dortrefflid^e  Sieben^'' 
arten  fül^rt,  fic^  für  ein  Dortrefflicfeeg  SBefen  gilt;  —  eine  Slnfd&weßung, 
loelc^e  ftd^  unb  anbern  ben  j^o^f  grog  madgt,  aber  grog  Don  einer 
leeren  ?lufgeblafen]&eit."  „Sic  3li(6tigfeit  jener  Slebnerei  fd^cint  aud6 
auf  eine  beiougtlofe  3trt  für  bie  93ilbung  unfereS  3eitalterg  ®en)i6]^eit 
erlangt  ju  l^aben,  inbem  aus  ber  ganjen  SRaffe  jener  9fteben9arten 
unb  ber  SBeife,  fid^  bamit  aufiuft)rei3en,  aOeS  3ntereffe  Derfd^munben 
ift,  ein  SBerluft,  ber  fid^  barin  auSbrüdtt,  bafe  fie  nur  ßangetoeile 
mad^en/'^ 

luc^  baS  tugenbl^afte  SSetougtfein  geioinnt  feine  SBelterfal^rung. 
€d  mug  erfal^ren,  ba%  feine  S£ugenb  leer  ift,  !eine  toir!lid^e  Sugenb, 
fonbern  eine  blo§  gemeinte  (barum  anä^  nic^t  mit  ber  antuen  £ugenb 
}u  Dergleichen  ober  gar  ju  Dermed^feln);  bie  SSorfteQung  unb  baS  ©e^ 
rebe  Don  bem  an  fid^  ®uten,  toeld^eS  nodb  leine  SBirHic^Ieit  l^at,  ifl 
ein  leerer  9Äantel,  in  toeld&em  ber  Slitter  ber  Sugenb  ein^erfloljirt, 
er  t|ut  gut,  ben  SRantel  faxten  ju  laffen;  er  mug  erfahren,  bag  audb 
ber  SBeltlauf  fo  übel  nid^t  ift,  als  er  auSfal^;  bag  bie  eigennü^igen 

>  «benbof.    6.  281-283. 


^te  tl^atige  I93ernunft  unb  hai  92ei4  bet  in  fi4  befricbigten  ^nbibibuen.    363 

Slbjtd^ten  unb  äBorte  feiner  3nbit)ibuen  äBerljeuge  ftnb,  bie  bem  ©uten 
btenen,  Beffer  btenen,  als  boS  Sieben  Aber  bie  Siugenb.  Sie  gemeinte 
Sugenb  iioirb  befiegt  burd^  ben  äBeltlouf,  unb  ber  gemeinte  SBeltlouf, 
ber  bem  tugenbl^aften  SSetoufetfein  nur  lofierl^aft  erfd^eint,  toirb  befiegt 
burd^  ben  iDQl^ren  SBeltkuf,  in  XDtlä)tm  boS  ®ute  ftdg  felbft  t)oD6ringt. 
„(&^  ift  alfo  baS  2;]^un  unb  treiben  ber  3nbit)ibuQlitdt 
Stted  an  fid^  felbft;  ber  ®ebraud&  ber  Äräfte,  ba«  @j)iel  ber 
STeufeerungen  ifl  eS,  mag  i^nen,  bie  fonfi  bo8  tobte  2lnfid&  tDfiren, 
geben  giebt,  ba§  on  ftdg  nidgt  ein  unauSgeffll^rteS,  e^ifien^lofeS  unb 
abftracteS  allgemeines,  fonbern  eS  felbft  ift  unmittelbar  biefe  ©egen- 
toart  unb  SBirflid^Ieit  be8  5Proceffe8  ber  3nbit)ibuttlität."* 

III.  3)a8  3leid&  bet  in  fid6  befriebigten  3nbiöibuen.* 

S)q8  vernünftige  ©elbfibeioufetfein  l^at  feine  Slufgaben  gelöfl,  e8 
l^at  bie  Sl^emata  feiner  ©clbjiöertoirfUd&ung  in  ber  SBelt  QuSgefül^tt 
unb  bie  negativen .  6rfoIge  feiner  ©rfal^rungen  fid&  jur  JBelel^rung 
bleuen  laffen.  Jlunmel^r  ifi  feine  3nbimbuoHtdt  ntd&t  mel^r  ju  t)er= 
tt)irfüd^en,  fonbern  tt)irflid& :  fie  ift  reell.  SDiefe  Sfteolitat  iji  nic^t  blo6 
feine  Seftimmung,  fonbern  fie  iji  t]&Qtfftd&tid&  erfüllt,  fo  bafe  man  i^r 
nid^t«  ai^  unb  jutl&un  fann,  fie  ift  aU  t)oIIenbete  SEl^atfad^e  in  bem 
Sctoufetfein  ber  3ttbit)ibualität  felbft  öorl^anbcn :  biefe  (entere  ifi  bal^cr 
nidfet  blofe  reell,  fonbern  „an  unb  für  fid&  reell".  Unb  jmar  ift  biefe 
il^re  toDe  SBirHidöfeit  nid^t  blo§  für  uns,  ben  3ufd&auer,  fonbern  ber 
agirenben  3ttbimbualit4t  felbft  bergeftalt  einleud^tenb  unb  gegenioärtig, 
ba§  biefeS  Setoufetfein  il^r  ganjeg  ©ein  unb  STl^un  bel^errfd&t.  Um 
aud&  biefe  reflejioe  SBejieldung  genau  ju  beaeid^nen,  l^at  §egel  baä 
Z^^ma  ber  brüten  Stufe  be§  SBernunftbetoufetfeinS,  toeld&e  bie  be= 
obad&tenbe  unb  t^ötige  SBcrnunft  in  fidfe  bereinigt,  in  folgenben  SluS« 
brudC  gefaxt:  „2)ic  3nbit)ibualität,  loelt^e  fi(^  an  unb  für  fic^  rcett 
ift".  ein  ettoaS  unbel^otfener  unb  gunödöft  unöcrftönblid^er  ?lu8brudf, 
ber  SrHärung  bebürftig,  bie  tt)ir  gegeben  l^aben. 

SDer  SQBeltlauf  gegenüber  ber  SCugenb  lieg  lein  anbereS  Sftefultat 
erioarten.    SDer  gemeinte  ober  oermeintlid^e  ffleltlauf  ift  baS  ©etriebe 


1  CEbenbaf.  €.  283  u.  284.  —  >  Sbenbof.  „%\t  3nbit7tbualit&t,  loel^e  \\^ 
an  unb  füT  fi^  reell  ifi/  6.  284-316.  —  >  2)aS  geiftige  S^icnetd^  unb  ber 
aSctrug  ober  bie  ©a^e  felbft.    6.  286—304. 


364  2)a8  S^etnunftbeiou^tfetn. 

bei  etgennfi^tgen  3tibtotbuen,  ber  iDOl^re  äBelttauf  ift  btefeS  ®etriebe 
als  bas  unbetDugte  SBerljeug  beS  ®uten  in  bem  $rocej|e  feinet  Selbft- 
t)ern)ir!(id&ung.  3n  beiben  ^i&\i^u  ift  bie  Slod^t  ber  SBirtfamleit  bei 
ben  teelttAufigen  3nbit)ibuen  (3nbtt)ibuen  beS  SBeltloufd),  nid^t  weit 
fie  eigennü^ifl,  fonbern  toeil  pe  rfll^tifl,  betriebfam,  »etltl^ätig  finb, 
»A^renb  bie  Sugenb  mägig  fielet  unb  Sieben  l^Att.  Slber  Sigennu^ 
unb  SBerttl^atigfeit  finb  ni(i^t  ju  trennen,  biefe  iDAre  nid^t,  xotnn  jener 
nid^t  tt)dre.  S)qB  g^l^anbelt  toirb  unb  bie  Arifte  in  Xl^dtigleit  finb: 
barin  liegt  baS  ©etoid^t  unb  bie  Sriebhaft. 

2)ie  3nbik)ibuen  !önnen  alfo  gunfid^ft  nidgtS  SefferelS  tl^un  als  il^te 
@ad^e  betreiben,  jebeS  bie  feinige,  unbelümmert  um  aQe  anbertoeitigen 
Stoedfe,  Städfid^ten  unb  a3orfd&riften.  ,,S)a$  93emugtfein  l^ot  l^iermit 
aDen  ©egenfo^  unb  oQe  93ebingung  feinei^  Xl^unS  obgeloorfen;  eS  gel^t 
frifd()  üon  fid^  aM,  unb  nid^t  auf  ein  onbereS,  fonbern  auf  fi(b 
felbft.  Snbem  bie  3itbit)ibuQKtdt  bie  aBirHid&!cit  an  i^r  fclbfi  ifl, 
ifl  ber  Stoff  beS  SßirlenS  unb  ber  StoedE  be8  Sl^uniS  an  bem  Z^un 
fetbft/^  2)aiS  3nbioibuum  !ann  bal^er  nid^ts  Seffcred  unb  nid^ts 
SlnbereS  t^un  ofe  fid^  ungenirt  gelten  loffcn  unb  fid6  in  feiner  SBirf' 
Kd&Ieit  todf)l  unb  bcfriebigt  füllen,  toie  ber  Qfifd^  im  SBaffcr,  toie  bie 
Xl^iere  in  il^ren  Slementen,  toeSl^alb  ^egel  biefe  SSelt  betougter  unb 
in  fidg  befriebigter  ^[nbtüibuen  gut  unb  treffenb  „baS  geifttge  Silier- 
reidö''  genannt  l&at.*  SBarum  l&at  er  l^injugcfügt:  „unb  ber  SBetrug 
ober  bie  @ad&e  felbft"?  6in  rdt^fell^after  unb  curiofer  Slul^brutf, 
beffen  S3ebeutung  erflört  fein  toiff. 

S)a  bie  Snbtüibualitöt  an  unb  fflr  fid^  reell  ift  unb  fidg  als  fold^e 
fe(b{l  fai^It  unb  betrad^tet,  fo  brandet  fte  nid^t  ftd^  }u  erarbeiten  unb 
^erüorjubrtngen,  fie  brandet  nur  fid^  ju  geigen  unb  barguftellen,  aus 
bem  aSerborgenen  ans  ßid^t,  auS  ber  fßad&t  ber  3R5gIi^feit  an  ben 
£ag  ber  ®egentt)art  gu  treten,  tote  eS  ^egel  gu  loieberl^olten  malen 
l^eroorl^ebt.  @r  fagt  Don  biefer  ©elbfibetl^dtigung  be9  SnbioibuumS: 
«2)a8  £]^un  ift  an  il^m  felbft  feine  SBal^rl^eit  unb  SBirltid^Ieit,  unb  bie 
S)arflenung  ober  ba§  9lu9fpred^en  ber  3nbit)ibualitdt  ift  il^m 
Smd  an  unb  fttr  fid^  felbft".  „S)a9  Sl^un  üerdnbert  nichts  unb  gel^t 
gegen  nid6t8,  c8  ift  bie  reine  Qform  bcS  Ueberfe^en»  au8  bem  310^1- 
gefel^enmerben  in  bo8  @efel&entt)erben"  u.  f.  f.  „SDaS  Il&un  ifl 
ndmlid^  nur  reined  Ueberfe^en  aus  ber  S^orm  beS  nod^  nid^t  bar- 
geflellten  ©ein«  in  bie  be8  bargcftettten  ©ein«/" 

i~«benbQf.  6.  285.  -  «  Cbenbaf.  6.  287.  —  •  «benbaf.  6.  285,  286,  288. 


2)ie  ti&tige  93exnunft  unb  bai  9let4  bet  in  fi4  beftiebigten  3nbtoibuen.    365 

2)et  Sn^alt  fetnei^  Xl^unS  ifl  unb  !ann  ntd^tS  anbered  fein  als 
bte  gegebene  9latur  beS  3nbtt>tbuum8,  loie  biefelbe  urfprflngltd^  bc- 
fiimmt  tfl  burd^  Anlage  unb  t^d]^tg!eit,  burd^  Xalent  unb  S^arofter; 
Qud^  tt)irb  btefeS  Xl^un  nid^t  ettoa  burd^  Slufgobe  unb  Seruf  l^erDor- 
gerufen,  fonbem  burd^  bte  UmflAnbe  unb  baS  Sntereffe.  S)te  Untfl&nbe 
mod^en  ben  Slnfong  bel^  £^un8,  boS  ^ntereffe  ifl  ber  3tt)edE,  S^öl^tg- 
leiten  unb  (St^axalitx  ftnb  bte  TlitUl  2)er  ^nl^alt  unb  bad  Stefultat 
bed  Sl^und  tfl  boS  3&txt,  in  toelc^em  boS  ^nbiüibuum  geigt,  moe  eS 
ifi;  boS  aßer!  ifl  baS  ftd^tbar  geworbene,  in  bie  S)arfieIIung  getretene 
3nbit)ibuum,  toelc^eS  felbfl  nid^t  toiffen  lann,  loaS  ed  ifi,  beüor  e$ 
gel^onbelt  l^at,  bal^er  !ann  eS  oud^  !einen  3^^d  l^oben,  ber  feinem 
^anbeln  DotauSginge  unb  baffe(6e  erfl  t)erurfad^te  unb  ermöglid^te. 
,,@6en  barum  l^at  eS  unmittelbar  anzufangen,  unb  unter  meldten 
UmftAnben  ed  fei,  ol^ne  loeitered  93eben!en  um  SInfang,  SRittel  unb 
@nbe  3ur  S^fitigfeit  }u  fd^reiten,  benn  fein  993efen  unb  an  fid^  f  eienbe 
9latur  ifl  aOeS  in  Sinem,  Slnfang,  SJlittel  unb  @nbe.  %U  Anfang 
ift  fte  in  ben  Umfldnben  bed  ^anbelnS  üorl^anben,  unb  baS  3n« 
tereffe,  loeld^eS  baS  ^nbiDibuum  an  Sin)aS  finbet,  ifl  bie  fd^on  gc» 
gebene  Slntloort  auf  bie  S^age,  ob  unb  toaS  l^ier  gu  i^un  ifl."^ 

S)a8  3nbik)ibuum  ifl,  loie  e8  ifl;  eS  !ann  loeber  beffer  nod^  fd^Ied^ter 
fein;  baffetbe  gilt  üon  feinem  SBer!.  2)ie  begriffe  beS  @uten  unb 
Sd^Iedgten  l^aben  in  bem  Sleid^e  beS  99eU)uBtfein$,  Don  bem  toir  reben, 
leine  ®e(tung,  benn  fte  fe^en  3tt)edEe  Doraud,  in  SSergleid^ung  mit  U)eld&en 
bte  S)inge  (bie  ^nbiüibuen  unb  il^re  SBerle)  enttoeber  gut  ober  fdgled^t 
pnb,  Je  nad&bem  fte  biefe  Stoedfe  erreid&en  ober  öerfel^Ien,  enttoeber  me^r 
ober  toeniger  erfüllen,  ©old&e  3toedEe  giebt  c8  im  geifligen  Sl^ierreicft 
nid^t,  e8  giebt  l^ier  feine  ^anblungen,  bie  )u  erl^eben,  gu  beflagen  ober 
)u  bereuen  mdren.  2)a8  ^nbitribuum  enei^t  immer  feinen  Stotä  unb 
!ann  bal^er  nur  ^^reube  an  fid^  erleben.  Aein  SBort  erleud^tet  unb 
d^aralterifirt  ba8  SBefen  beS  geifligen  Sll^ierreid^S  fo  treffenb  unb  glfldf= 
lid^  loie  biefes.  SKan  !ann  ben  @a^  umfel^ren  unb  fagen:  bie  3n- 
biDibuen,  loeld^e  immer,  loie  e8  aud^  gel^t  unb  fielet,  O^reube  an  fid^ 
erleben,  gel^ören  inS  geiflige  S£l§ierreid^  unb  lommen  aM  Ufm.  „(&9 
finbet  bal^er  über]6aut)t  meber  (Srl^ebung  nod^  ftlage  nod^  Sleue 
flatt;  benn  bergleid^en  alles  !ommt  aus  bem  ©ebanlen  l^er,  ber  fid^ 
einen  anberen  ^nl^alt  unb  ein  anbereS  Slnficb   einbilbet,   al$  bie 


^  (übenbaf.  @.  289. 


366  ^a«  aSexnunftbetou^tfein. 

urft)rfingltd^e  Statut  beS  ^nbtütbuumS  unb  il^re  in  ber  SBtrHtd^Ieit 
üorl^anbene  ^uiSfai^rung  tfl.  SBoS  eS  fei,  ba$  eS  tl^ut,  unb  t^m  n)iber* 
fö^rt,  biel^  l^Qt  eS  getl^an  unb  ift  e$  felbfi/'  ,,S>a8  3nbit)ibuum  !ann 
alfo,  ba  ed  U)eig,  bag  eS  in  feiner  Sßttlüd^teit  nid^tS  onbreS  finben 
{ann,  old  il^re  Sinl^eit  mit  xf)m,  ober  nur  bie  ®en)ig]^eit  fetner  felbfl 
in  il^rer  SBal^rl^eit,  unb  bag  eS  alfo  immer  feinen  3tt)ed  erreid^t,  nur 
fjreube  an  fid&  erleBen."* 

SBenn  nun  im  geiftigen  Xl^ierreidg  alles  St^un  barin  befielet,  ba§ 
fid^  bas  Snbiüibuum  feigen  lägt  unb  geigt,  fo  begiel^t  eS  fid^  baburd^ 
auf  bie  anbren  Snbiüibuen  unb  mad^t  fid^  unb  fein  3:^un  ju  einem 
©egenflanbe,  ber  Don  ben  anbern  loal^rgenommen  loirb  unb  fein  toiO. 
S)iefe$  fein  gegenft&nblid^ed  Sl^un  ift  unb  l^eigt  fein  SBerl.  SS^ir 
l^aben  ©egenfidnbe  ber  SBal^rnel^mung  !ennen  gelernt,  uoeld^e  baS  93e^ 
toufetfein  öorfinbct  unb  als  gegebene  anfielet;  fte  erfd&einen  il^m  als 
t)on  äugen  gegeben.  2)iefe  ©egenft&nbe  finb  bie  S>inge.  2)iefe  finb 
bem  3nbi))ibuum  gegeben,  nid^t  burd^  baffelbe;  fie  finb  t)on  il§m  t)or= 
gefunbcn,  niiftt  aber  gemad&t,  fic  finb  fein  Dbject,  nid&t  fein  SBerl. 
fS)a^  SQBerl,  toorin  baS  Snbitibuum  feine  ?lotur  fotool&l  ftd&  fcttfl  öö 
onbern  gegenftfinblid^  mad^t,  ift  nid^t  S>ing,  fonbem  @ad^e.  Unb  ba 
in  biefer  @ad^e  Xl^un  unb  @ein  beS  3nbioibuumS  bereinigt  finb  unb 
ftd&  jufommen  barin  barfieffen  unb  geigen,  fo  ift  eS  feine  beliebige 
@ad^e,  fonbem  eS  ift  bie  @ad6e  felbft.  ^egel  fagt  Don  ber  @ad&e: 
irfte  ift  ber  aus  bem  ©etbftbetougtfein  als  ber  feinige  l^erauSgeborene 
©egenfianb''.  „hierauf  berul^t  ber  Unter fd&ieb  eines  S)inge8  unb 
einer  ©ad&e."* 

@S  giebt,  U)ie  aud^  ber  @t)rad&gebraud^  lel^rt,  feine  binglidge,  lool^I 
aber  eine  fad^Iic^e  ©eftnnung,  loorunter  man  „baS  el^rlid^e  Se» 
mugtfein"  Derfiel^t,  bem  eS  nur  auf  bie  Sad^e  anlommt  unb  nur  um 
biefe  gu  tl^un  ift,  nid^t  um  bie  eigene  $erfon  unb  beren  S^ort^eile  ober 
3ntereffen.  Slunme^r  erlennen  toir  ben  Sufammenl^ang  gtoifd&ett  bem 
„geifiigen  Zl^ierreid^"  unb  „ber  ©ad&e  felbft",  aud&  gtoifd&en  biefer  unb 
bem  „el^rlidgen  SSemugtfein",  baS  ia  nid^ts  anbereS  ift  als  bie  fadglid^e 
©eftnnung;  aber  toie  lommt  baS  el^rüd^e  ffletougtfein  in  baS  geifligc 
Zfjxtixtiä^,  beffen  loerKl^&tige  3nbit)ibuen  nur  barauf  bebadgt  finb,  il^r 
©ein  unb  Xl^un,  b.  f).  pd&  felbft  ol^ne  »eitere  Stüdffid^t,  gur  S)arfieffung 
unb  ©eltung  gu  bringen? 


ebenbaf.  8.  291  lu  292.  -  '  (ibenbaf«  B.  297. 


2)ie  tlftätige  IBentunft  unb  bas  9leid^  bei  in  fi(^  befriebigtcn  Snbiüibucn.    867 

@d  t)er]^&It  fi(6  mit  betn  el^rltd^ett  SBett)ugtfetn,  tt)te  frfll^et  mit  htm 
SBeltlauf.  S)iefer  toax  tiid^t  fo  Abel,  qIS  er  auSfal^;  baS  el^rlid^e  Se^ 
toufetfein  ifi  ntd^t  fo  cl^riid^,  ote  el^  ben  änfd&ein  Ifeot.  S38qS  bo«  3n= 
bioibuum  Qud^  tl^ut  ober  nid^t  tl^ut,  erreid^t  ober  nid^t  erreid^t,  immer 
f)at  es  bie  @Qd^e  ooObrad&t  unb  offen  @runb,  mit  fid&  gufrieben  }u 
fein.  3ft  nid^tiS  get^an  toorben,  jo  l^at  baS  3nbit)ibuum  e§  menigfienS 
nid^t  am  SBoffen  f eitlen  laffen,  unb  biefeS  SBoUen  »ar  bie  @Q(^e;  ifi 
nid^t  alles  gefd^el^en,  ober  etmaS  erreid^t  »orben,  fo  toar  biefes  StmoS 
bie  @Qd^e.  3{1  fein  SBerl  burc^  anbere  Dernid^tet  morben,  fo  l^at  boS 
3nbit)ibuum  bie  onbern  bogu  gereijt,  eS  trägt  felbfi  bie  @d^ulb,  unb 
biefe  Sd^ulb  ift  bie  Sod^e.  3ft  nidgtS  getl^an,  nid^tS  erreid^t,  nid^t 
einmal  etioaS  Derfud^t  unb  geteoDt  loorben,  fo  l^at  bad  3nbit)ibuum 
nid^t  gemocht,  unb  biefeS  fein  9lid6tgemod&tl^aben  »ar  bie  @ad&e  u.  f.  f. 
@enug,  eS  mag  gelten,  loie  ed  n)iQ,  immer  l^at  bas  3nbit)ibuum  feine 
€ad6e  üoQbrad^t  unb  erreid^t.^ 

2Ba3  alfo  baS  el^rlid^e  ober  fad^tid^e  93elDugtfein  betrifft,  fo  feigen 
voxx,  tt)ie  eS  bamit  fielet.  Unter  bem  Sd^ein  ber  @ad^e  felbfi  ift  eS 
bem  3nbit)ibuum  nur  um  fid^  unb  feine  @ad&e  }U  t^un.  „(&^  tritt 
bamit  ein  B\>xd  ber  Snbiöibualitäten  miteinanber  ein,  toorin  fic  fo« 
mol^I  fid^  felbft  aU  fid^  gegenfeitig  fomol^l  betrügen  als  betrogen  finben/' 
„6§  ift  ebenfo  93etrug  feiner  felbft  unb  ber  anbern,  loenn  eS  nur  um 
bie  reine  @ad^e  ju  tl^un  fein  foll;  ein  SSemugtfein,  baS  eine  fold^e 
auftl^ut,  mad^t  Dietmel^r  bie  Srfal^rung,  bag  bie  anbern,  loie  bie  t^iegen 
gu  frifdg  aufgefteQter  Wlilä^,  l^erbeieilen  unb  ftd^  babei  gefd^&ftig  miffen 
looQen;  unb  fie  an  il^m,  bag  eS  il^m  ebenfo  nidgt  um  bie  @ad^e  als 
©egenpanb,  fonbern  als  um  bie  feinige  ju  tl^un  ifi."* 

Se^t  !ann  in  bem  geiftigen  Zl^ierreid^  baS  ^nbioibuum  toirlKd^ 
nur  ^reube  an  fid^  erleben,  ba,  toie  eS  gel^t  unb  fielet,  loaS  es  tl^ut 
unb  I&gt,  es  immer  bie  Qaiit  toat,  bie  eS  getooDt,  betrieben  unb  DoII= 
brad&t  l^at.  @S  l^eifet:  ,,bie  ©ad&e  felbji".  Unter  biefer  Qftagge 
fegclt  boS  3nbit)ibuum  too^Igemutl^  mit  feinen  fieben  ©ad^en.  S)a8 
fad^Hd^e  ober  e^rlid^e  $ett)ugtfein  ift  alfo  mirllid^  nid^t  fo  el^rlid^i,  als 
es  ben  Slnfd^ein  l^at;  eS  ift,  bei  Sid^t  befel^en,  €elbftbetrug  unb  n)ed^fel= 
feitiger  93etrug.  @S  liegt  alfo  bocb  eine  red^t  tiefe  unb  menfd^enlunbige 
6infid6t  in  ben  SBorten  unterer  Ueberfd&rift:  „baS  geiflige  Silier» 
reidö  unb  ber  SBetrug  ober  bie  @a(^e  fetbft". 

»  «bcnbaf.   6,  299-301.  —  «  «bcnbaf.  @.  801  u.  302. 


868  ^aS  SDernunftbciDu^tfcin. 

2.  2)te  gefetsebenbe  IBetnunft.^ 

©0  lange  unb  ido  immer  baS  gcifitge  Zl^ierretdö  befielt  —  eS  ifl 
ia  in  getDiffem  Sinne  offflefleniDartig  — ,  toirb  boS  falfd&e  6ptel  mit 
ber  @Q(i^e  getrieben.  S)iefe9  @))iel  liegt  ^etl  am  Xage  unb  bamit  aud^ 
ber  SBeg  gur  Srl^ebung  auS  bem  geifltgen  £l§ierreid^  unb  Aber  bajfelbe. 
9Rit  bem  ©piel  mug  ein  @nbe  unb  mit  ber  Sadge  felbfi  mu6  Smfl 
gemacht  loerben:  bann  bient  fte  bem  ^nbiDibuum  aud^  nid^t  mel^r  }u 
felbflgefattiger  2:&ufc^ung,  fonbem  fte  ifi  bie  aOe  burd^bringenbe,  be» 
lebenbe  unb  bel^errfd^enbe  ©ad&e:  ^bie  abfolute  ©ad^e",  bie  fttt« 
Kd&e  ©ubpanj  unb  ba8  SBetoufetfein  berfclben  „ba8  fittlid^e  a9ett)u6t= 
fein".  3)ie  @ad&e  erfüllt  iebefi  @elbjibetou§tfein,  fie  ip  gleid^  3d&,  unb 
bas  3d&  ifi  gleidg  ber  @a$e,  fte  ifl  ^ba$  @ein,  baS  3d6,  ober  3d&,  bad 
©ein  ift".*  —  9lun  ip  eS  au8  mit  bem  geifiigen  SC^ierreid6,  eö  erbebt 
ftd^  ber  (Seift  unb  mit  i^m  baiS  Steid^  ber  ©itttid&Ieit,  mie  toir  eS 
fd^on  oben  erH&rt  ^aben,  als  ber  SBeg  unb  bad  ^xt\  ber  tl^dtigen 
JBernunft  ju  bejeid^nen  toar.' 

2)a  xm  un^  aber  no$  in  bem  ®ebiete  ber  mad^tt)oIIIommenen, 
in  ftd^  bef riebigten  3nbit)ibuen  befinben,  bie  aus  ber  ,,5BertDirlHd6ung 
bes  öernflnftigen  ©elbjlbetDufetfeinS  bur(5  fid6  felbfl"  ^eröorgegangen 
.finb,  fo  toirb  aunAd^fl  baS  t)emflnftige  ©elb^beiougtfein  Don  fid^  aus 
^anb  an  bie  ©ad^e  legen,  bie  fittlidge  ©ubfianj  feftjuftellen,  i^re  ®e« 
fe^e  gu  unterfd^eiben  unb  gu  beftimmen  fudgen.  S)iefen  S^erfud^  ma^t 
.,bie  gefe^gebenbe  93ernunft'\  bie  als  gefunbe  93emunft  unmittelbar 
xm%  U)aS  red^t  unb  gut  ift.  „©o  unmittelbar  fie  eS  toeig,  fo 
unmittelbar  gilt  eS  il^r  aud^,  unb  fte  fagt  unmittelbar:  bieS  tft  red^t 
unb  gut.  Unb  gioar  bieS:  eS  finb  beftimmte  ©efe^e,  eS  ift  erfflilte 
in]&alt8t)otte  ©ad&e  felbjt."* 

S)ie  ^uSfprfld^e  ber  gefe^gebenben  SSernunft  foOen  ber  ©efinnungS^ 
unb  ^anblungsmeife  gur  Sti^tfdgnur  bienen  unb  ftnb  bal^er  ®ebote, 
loeldge  unbebingte  unb  allgemeine  ®eltung  in  Snfprudg  nehmen,  n)d]^renb 
fte  burdg  baS  unmittelbare  93ett)ugtfein  ber  gefunben  JBernunft  bebingt, 
alfo  fubjectioen  unb  guf Affigen  Urft)rungS  finb;  bal^er  bie  unbebingte 


>  (i6enbaf .  8.  804—309.  —  (üin  ttagift^eS  !BetfpieI,  tote  bie  6adfte  bagu  bient, 
bie  fi^tecIUdften  Seibenf^aften  ber  (üiferfu^t,  IRa^fud^t  unb  STlorbgier  )tt  be« 
fdftönigen.  KIS  Othello  bie  drmotbung  bei  2)ejSbemona  bcf^Ioffcn  (at,  ruft  er 
au8:  ySHe  6a4e  )mVi%  bie  Ga^e  )bM%  mein  ^era!'  (It  is  the  caase,  it  is' 
the  caase,  my  Bonll  V.  2«)  —  *  $^ftnomeno(ogie.  aSerle.  II.  6.  808f[gb.  — 
•  6.  oben  6«  254f[9b.  —  «  $(ftnomenologie.  aSerfe.  n.   6.  805. 


S)te  tl^&tige  SBcmunft  unb  baS  9lei4  ber  in  fld^  befxtebigten  ^nbibibuen,    369 

5ortn  bicfer  ©cbot^  mit  ber  SBcbinßtl^cit  unb  SufftÜisfeit  beö  Stil^dtfi 
in  SBibetf))rud&  gerdtl^.  @o  mirb  3.  93.  geboten:  lieber  foQ  bie  SEBal^r^ 
l^eit  fpred^en".  (SBir  fommen  t>om  fleiftigen  2l&ierrei(3&  l^er,  »0  jeber 
bte  Untoal^rl^eit  ft)rad^,  inbem  er  fid&  unb  onbere  mit  bem  SDorl^oUen 
ber  @Qd6e  tdufc^tel)  S)aS  ®ebot  l^at  !etnen  @inn  ol^ne  bie  nöl^ere  99e= 
ftimmung:  i^ieber  fott  bie  aBaJ^rl^eit  fi)reci&en,  toenn  er  jtc  tt)ci§;  er  foff 
fte  ft>red&en  nad^  feiner  lebeiSmaligen  ftenntnig  unb  Ueberjeugung". 
3ene8  unbebingte  ®e6ot  fann  nur  erfüOt  »erben  unter  SSebingung^n, 
bie  t)on  lauter  3uf&Qig!eiten  abl^&ngen.  Sautet  aber,  um  biefe  3u- 
f&aig{eiten  loSjumerben,  bad  ®ebot  fdgled6ttt>eg:  „jeber  foll  bie  SSal^r^ 
l&eit  tti-ffen",  fo  fteigert  ftd&  ber  SBiberffrudö  jur  Unmögli(i&!eit  3ltte8 
SQBijfcn  ttitt  begrünbet  unb  Vermittelt  fein;  bie  geiioufete  SBal^rl^eit  lonn 
barum  niiftt  unmittelbar  auSgefagt  loerben  unb  eine  fold&e  SluSfage 
nid^t  ber  ©egenftanb  eined  unmittelbaren  ©eboted  fein. 

^el^nlid^  t)erl^dtt  eS  fid^  mit  bem  berül^mten  ®ebot  ber  Ti&d^fien- 
liebe:  „2)u  follft  bcinen  Jläd&fien  lieben,  toie  bid&  felbfi".  SBenn  biefe« 
®ebot  in  ber  Slbtee^rung  aDer  Uebel  unb  in  ber  aüfeitigen  @orge 
für  ba8  aSBol^I  beö  JRöd&ften  nid&t  mit  ber  gfürforge  be8  Staates,  biefcS 
grö&tcn  aller  SBol^U^ftter,  in  gonflict  geratl^en  foII,  fo  bleibt  ju 
feiner  (SrfüQung  nid^ts  weiter  übrig,  als  bie  augenblidflid^e  unb  ju* 
fattige  3lotmW 

3.  ^U  gefet^pTÜfcnbe  S3etnunft. 

S)ie  ®efe^e  muffen  ioiberft)rud^3loS  fein,  n)ie  ber  @a^  A  =  A, 
baS  ®efe§  ber  3bentitftt,  baö  ^ßrincij)  ber  formalen  Slllgemeinl^eit. 
Salier  muffen  bie  ®efe^e  geprüft  unb  in  bie  gorm  ber  toiberfprud&S« 
lofen  SlDgemeinl^eit  gefaxt  toerben.  S)ie3  gefd^iel^t  burd^  „bie  gefe^- 
prüfenbe  »ernunft\* 

Snbeffen  ift  bie  SBibcrfprud&Slojtgfeit  ober  2;autologie,  biefe  leere 
SlUgemeinl^eit,  leineStoegd  ein  Kriterium  beS  Siedeten  unb  ®uten,  föaS 
bod&  nad^  bem  StuSfprudö  ber  gefunben  SBernunft  ber  Slnl^alt  ber  ®efe^e 
fein  foII.  ®efefee  fönnen  einanber  t)olIfommen  toiberjireiten,  loöl^renb 
jebeS,  für  fid&  genommen,  toiberf))rud6Slo8  ifi,  toie  ber  @a§  A  =  A. 
SBaS  ifi  nun  red^t  unb  gut?  (Sigentl^um  ober  3lid6t=6igent^um?  2)a3 
@efe^,  loeld^eS  bas  (Sigentl^um  für  notl^ttenbig  erll&rt,  fd^liegt  leinen 
S8iberft)rud^  in  fidg,  aber  bag  gegentl^eiltge  ®efe^,  n)eld&ejS  bas  9lid^t- 


1  «benbaf.  6.304—308.  -  «  Cbenbaf.  ©..309—316. 

af  i  f  «5  e  t ,  ® ef*.  b.  mHol  Vin.  «.  «.  24 


370  S).  S^etnunftbetott^tfein.  2).  t^ätige  S3etn.  u.  b.  9let4  b.  in  M  befneb.  3nbttib. 

Sigentl^utn,  bte  ^errenloftglett  ber  3)tnge  ober  bte  ©fltergetneinfdgaft 
für  notl^tsenbig  erKört,  fd^Iiegt  aud^  feinen  äBiberf))ruc^  in  ftd&.  gfrei^ 
lid^  treten  bie  SBiberfprfld^e  fogleid^  l^etüor,  xotnn  jebeiS  ber  beiben 
®efe^e  n&l^er  Beflimntt  b)erben  foll.  2)te  (Sütergemeinfd^aft  grflnbet 
ftd^  Quf  bog  ^rincip  ber  (Steid^l^eit;  ba gegen  in  ber  ®fltert)ertl§eilung, 
menn  iebem  jugetl^etU  loerben  foII,  mad  er  gur  93efrtebigung  feiner 
aSebürfniffe  Brandet,  erl^ebt  fid^  atebalb  bai  ^rincip  ber  Ungteid^l^eit. 
Sßir  feigen  nunmel^r,  bag  bie  gefunbe  93ernunft  mit  il^rem  un= 
mittelbaren  93etDugtfein  beS  Siedeten  unb  ®uten  unb  oller  borouf  ge^ 
grünbeten  ©efe^mod&erei  nid^tfi  au8rid&tet.  „3ene8  unmittelbore 
Oefe^gcben  ifl  ber  t^rannifdfte  ^reöel,  ber  bie  S33iQ!ür  aum  ®efe^ 
mad&t  unb  bie  ©ittlid^Ieit  ju  einem  (Be^orfam  gegen  fie."  „So  toic 
boS  jtoeite  Moment,  infofern  e8  ifolirt  tji,  ba«  ?Prflfen  ber  ®efe|e, 
baS  ^emegen  beg  Unbettegboren  unb  ben  S^ret)el  beS  äBiffenS  bebeutet, 
ber  t)on  ben  obfoluten  ®efe^en  frei  rdfonnirt  unb  fie  für  eine  frembe 
SßiDIfir  nimmt.  2)ie  ®efe^e  U)erben  nid^t  gemad^t  unb  erKügelt, 
fonbern  fie  finb  t)on  göttlicher  ^er!unft  unb  eioigem  93eftanbe.  „@o 
gelten  fie  ber  Slntigone  bed  ©opl^olled  a(S  ber  ®ötter  ungefd^riebeneiS 
unb  untrüglid^ed  fUt^t:  «nid^t  ettoo  je^t  unb  geftern,  fonbern  tmmer= 
bar  lebt  e8,  unb  feiner  toeift,  öon  toannen  eS  erfd&ien>.  ©te  finb. 
SBenn  id^  nad^  il^rer  (Sntflel^ung  frage  unb  fie  auf  ben  $untt  il^rel^ 
UrfprungS  einenge,  fo  bin  td&  barüber  l^inaudgegangen ;  benn  id^  bin 
nunmel^r  bad  SlUgemeine,  fie  aber  baS  99ebtngte  unb  93efd^rAnIte. 
SBenn  fie  fid&  meiner  ßinfitftt  legitimiren  foDen,  fo  l^abe  id&  febon  il^r 
unttanfenbeS  Slnftd^fein  bett)egt  unb  betrad^te  fie  als  StmaS,  baS  t)iel= 
leidet  loal^r,  t)ielleid^t  aud^  nid^t  föal^r  für  mid^  fei.  2)ie  fittlid&e  ®e- 
finnung  befielt  eben  barin,  unöerrüdCt  in  bem  fefl  ju  bel^orren,  »aS 
bas  Sted^te  ift,  unb  fid^  alleS  SeioegenS  unb  Slüttelnd  unb  SurücE^ 
führen«  beffelben  gu  entj^alten."^ 

i  Sbenbaf.  @.  314  u.  315. 


3>tx  (&tift.    SM  tütiit  bei  eUtliitlttt  unb  bn  Re^ttjuftanb.         871- 

Sel^nteS   dapHtl 
!Dnr  (Setß.    A.  9ia$  Httd)  in  SttUti^iutt  vmi  ürr  l{«#$|n^aiili. 

I.  2)qS  ©emeiniDejen.    2)a8  gSttltd^e  unb  menfd^Iic^e  @efe^. 
1.  SfamUte  unb  @taat« 

©d&on  in  feinen  fronlfurter  ©tubien  l^otte  ^egel  bie  (gtl&i!  ober  bie 
Sffiiffenfd^aft  toon  ber  ftttlid&en  SHJeB,  toorin  ber  ©eifl  fein  toal^re»  SBefen 
üetmirKid^t,  als  ben  britten  unb  legten  5£t)üi  beS  @^|tem8  ber  $]^itofot>]^ie 
Bejeidbnet.  3n  feinem  Sluffa^  über  „bie  toiffenfd&aftlidöen  a3e]^anblunfl8= 
arten  be8  Slaturred&tS"  erfd&ien  „bie  ^pi^Uofopl^ie  ber  ©ittfid&feit"  aü 
bie  %bii^t  biefer  äSel^anblungSarten  unb  aU  beren  ©egenftanb  „bie 
abfolute  ©itttid^Ieit'',  bie  in  einem  ©emeintoefen,  in  bem  Seben  eines 
93oI!8,  in  ber  ©Keberung  eines  fitttid^en  ©an3en  gur  Sßirfltd^Ieit  ge- 
langt, toie  fidg  biefelbe  in  ber  claffifd^^l^eSenifcl^en  SBelt  unb  in  bem 
Sbealftaate  ^atoS  bargefteHt  l§at.  Um  bie  Studföl^nung  unb  lieber- 
einfiimmung  jmifdgen  bem  ^^«^mUienred^t  unb  ber  ©taatSgered^tigfeit, 
unb  bie  ©fll^nung  ber  Stutfc^ulb,  bie  au8  bem  Or^milienred^t  unb  ber 
Ofamiüenrad^e  ]^ert)orgegQngen  n)ar,  in  bilblid^-bramatifd^er  Oform  bar= 
jutl^un,  l^atte  $egel  ben  ©treit  ber  @rinn^en  mit  bem  9lt)oIIon  über 
bie  ©dgulb  beS  CrefieS  unb  bie  Sntfd^eibung  beS  ©treiteS  burd^  ben 
^reopag  ton  Sltl^en  unb  bie  ®5ttin  Silibene  in  ben  @umeniben  beS 
äefd^^Iog  uns  öor  2lugen  gefttl^rt.* 

Sben  biefer  Segriff  beS  ©eifteS  als  beS  fttttid^en  ©emeintoefenS 
ift  eS,  ber  fid^  nun  in  ber  $^&nomeno(ogie  als  baS  älefuUat  aQer 
öorangegangenen  ©tufen  ergeben  l§at  unb  l^ier  in  bem  (gnttt)iÄIungS= 
gange  beS  93etDugtfeinS  bie  Dierte  ^au))tftufe  bi(bet.  ^ud^  in  ber 
$]§dnomenoIogie  felbfi  l^atte  ^egel  f^on  )u  n)ieber]^oIten  malen  auf 
biefen  99egriff  beS  ©eifieS  als  beS  3U  erreid^enben  3i^ls  l^ingetoiefen: 
auf  biefeS  ©etbftbetDugtfein,  loetd^eS  ©emeinbeiougtfein  ift,  auf  biefeS 
3d^,  toeld&eS  äBir,  auf  biefeS  SBir,  n>eId^eS  3d^  ifi,  ober,  tt)ie  fid^ 
^egel  an  ber  gegento&rtigen  ©teQe  auSbrüdEt:  „2)er  ©eift  ift  baS  fitt= 
lid^e  ßeben  eineS  SSoüS,  infofern  er  bie  unmittelbare  SBaJ^r« 
l^eit  ijl;  baS  3nbit)ibuum,  baS  eine  SBelt  ift".* 

1  «gl.  oben  »u«  I.  dap.  V.  6.  53  u.  54.  JBu«  II.  ©ap.  VI.  6.  278 
bis  288.  —  >  S3gl.  oben  (S,ap.  IX.  6.  354  u.  855.  ^l^ftnomenologte«  Sßerle. 
II.  6.  819.  A.  S)er  toabre  ©eip  unb  bie  ©Ittlic^teit.  ©.  320—348. 

24* 


372  3)er  ®ei{l. 

S)a8  ©cmcintoefcn  aU  SBoH  totrb  öon  itotx  ©efc^cn  ober  ®efe|e«* 
atten  bel^crrfd^t,  bic  in  feinem  SBefen  beßtiffen  finb:  t)on  bem  ©efeft 
ber  gemeinfamen  Sfbftantntung  unb  Don  bem  ber  gemeinfomen  Sebend- 
orbnung;  j[eneS,  in  ber  SButjel  ber  !Boll8gemeinf(i(iaft,  alfo  in  ber 
Ziefc  il&reS  S)afein8  gelfgen,  l^eifet  «baS  unterirbifd&e  ®efe^",  aud& 
.»bad  göttliche",  ba  eS  unabl^Angig  t)on  aller  menfd^lid^en  SBittfür 
l^errfc^t,  un))orbenIIid^en  UrfprungS  unb  untoiberfiel^Iid^er  ©ettung; 
biefeö,  bie  befannten  ©efe^e  unb  ©itten  in  fid&  faffcnb,  ijl  bog  menfc^- 
lid^e  ©efe^,  auS  bem  ©emeinbemu^tfein  l^ert^orgegangen  unb  offen» 
funbig,  wk  boS  ßx6)t  beS  Soges. 

3)em  unterirbifd^en  unb  götttidöen  ©efefe  cntfpri(i6t  in  ber  SDoßS- 
gemeinbe  bie  gfamiUe,  biefe  cIementQrif(l6e  ©runblage  aller  @ittüd&* 
lett  unb  aOeS  ©emeinlebenS,  l^ier  l^errfd^t  ber  ©ötter  ungefd^riebenes 
unb  untrflglid^eS  Siedet,  t>on  bem  ed  ^eigt:  „nic^t  etwa  ie^t  unb 
gefiern.  fonbem  immerbar  lebt  eö,  unb  feiner  toeife,  Don  toannen  c8 
erfddien".*  3)em  menfd&tid&en  ©efe^  entfpridöt  baS  bürgerlid&e  ßeben 
im  Staat.  2)ie  S^imitie  Derl^&It  fid^  inm  Staat,  mie  bie  Renaten 
}um  allgemeinen  ©eift. 

€ine  anbere  ©eltung  l^at  baS  Snbitibuum  atS  S^amiliengUeb, 
eine  onbere  als  93ürger.  3(te  f^milienglieb,  im  9leid&e  ber  Renaten, 
gilt  es  als  biefer  Sin^elne,  fd^Ied^tl^in  unerfe^Iid^e;  als  93ürger,  im 
Sleid^e  beS  öffentlii^en  ©eifles,  gilt  eS  nad^  feiner  ^anblungSioeife  unb 
feinem  SSertl^,  nad^  feinen  2)ienfien  unb  93erbienften;  ba  ifi  (in  normalen 
3ufiänben)  leiner,  ber  nid^t  ju  erfe^en  toäre.  ffier  gamilientoert^  beS 
3nbioibuumS  liegt  in  feiner  ©eburt,  in  feiner  ongeborenen  3ttbi0i= 
bualitdt,  biefer  unfagbaren  unb  unDergleid^baren  (Sinjelnl^eit,  bie  ein- 
mal war  unb  nie  wieber  lommt;  ber  bürgerliche  ober  politif^e  Sßert^ 
beS  3ttbiDibuum8  liegt  in  feiner  ßeifiung,  in  feiner  öffentlid^en  ober 
allgemeinen  93ebeutung. 

S>arum  ifl  audg  bie  (Srl^altung  unb  Pflege  beS  @in}elnen  als 
fold&en  bie  ^flid^t  ber  Familie  unb  ber  5omilient)ietftt.  S)iefe  barf 
nidf)t  bulben,  bag  ber  Slngel^örige  nad^  feiner  äJoKenbung,  b.  %  nad^ 
feinem  Stöbe,  ben  »ilben  3;^ieren  ober  ben  gerjiörenben  Katurirftften 
l^ingettorfen  unb  |)reiSgegeben  toirb,  fonbern  fte  erfüllt  an  bem  SBoff* 
enbeten  bie  le^te  unb  barum  audg  l^öd^fle  il^rer  $fli(^ten,  inbem  fte 
il^n  beftattet  unb  bem  mütterlid^en  @c^oo^e  ber  Srbe  Derm&l^lt.    2)a8 


8.  oben  €.  870.    ^^ftnomenologie.  @.  814. 


2)a«  9let4  bei  eutltdftleit  unb  ber  9lc4t«aufianb.  873 

SBer!  ber  entel^renben  3et{iöTung  l^&It  bie  Or^^milte  t)on  bem  SEobten 
ab,  „fe^t  bad  irrige  an  bie  Stelle  unb  DerntAl^U  ben'  SSerlDanbten  bem 
Sd^ooge  ber  @rbe,  ber  elementartfd^en  unDerg&ngUci^en  3nbit)tbuaUt&t; 
fte  mad^t  tl^n  baburd^  gum  ©enoffen  etned  (Semetnmefend,  meld^ed 
t)telme^r  bie  Äröfte  ber  einjcinen  ©toffe  unb  bie  niebrigen  ßebenbig^ 
leiten,  bie  gegen  il^n  frei  »erben  unb  i^n  jerflören  »ottten,  über= 
toÄlttgt  unb  gebunben  l^filt."^ 

2.  Tlann  unb  fjfrau,  (SItcrn  ttnb  Hinbcr,  ^tuber  unb  e^mejier. 

3ebe8  ber  beiben  Oefe^e  l&ot  feine  Unterfd^iebe  unb  ©tufen.  3)q8 
obere  ober  bürgerlid^e  ©emeintoefen,  „baS  an  ber  ©onne  geltenbe", 
ber  ©taat  im  Unterfd^iebe  Don  ber  Of^milte,  fagt  fid^  in  ein  3nbi- 
oibuum  gufammen,  toeld^ed  ben  l^Sd^fien  äSStHen  reprdfentirt  unb  au8= 
flbt.  3)iefe8  Snbioibuum  ifi  ber  §errfd&er  ober  bie  Slegterung.  S)ie 
]§od^fte  $f[id^t  ber  ©taatSgetealt  ift  bie  Srl^altung  bed  ©anjen  auf 
Aoflen  ber  @inje(nen,  bie  @rl^altung  ber  ^errfc^aft  beS  ©emeiniool^IS 
Aber  bie  ©injelintcreffen;  toenn  aber  biefe  Unteren  fid&  ifoKren,  ba« 
©emeinteol^I  überioud^ern  unb  ba9  ©anje  gefAl^rben,  fo  ift  bie  $fl(id^t 
ber  3legterung,  ton  3eit  gu  3^it  burd&  friegerifdbe  ©rf^ütterungen  bie 
©efunb^eit  beS  SSoIIS  ju  erneuern  unb  gu  üerjüngen,  bamit  baS  Seben 
beS  ©an Jen  nid^t  ftagnire,  fonbern  in  ^ni  bleibe.  „Um  fie  ntd^t  in  biefeS 
3foIiren  einmurjeln  unb  feftioerben,  l^ierburc^  baS  ©ange  audeinauber- 
faOen  unb  ben  ©eip  Verfliegen  ju  kffen,  l^at  bie  ^Regierung  fie  in  il^rem 
3nnern  Don  3^it  ju  3"t  burdft  Äriege  ju  erfd&üttern,  il&re  fid&  jured&t« 
gemad^te  Orbnung  unb  Siedet  ber  ©elbftftdnbigfeit  baburdb  gu  Derte^en 
unb  gu  Dermirren,  ben  3nbiDibuen  aber,  bie  ftcb  barin  Dertiefenb  Dom 
©angen  lodreigen  unb  bem  unDerlegbaren  Orürfid^fein  unb  ber 
©id&erl^cit  ber  ^Perfon  gufireben,  in  jener-  auferlegten  Arbeit  il&ren 
^errn,  ben  Stob,  gu  ffil^fen  gu  geben.  3)er  ©cip  wel&rt  burcft  biefe 
äluflofung  ber  Qform  be8  93efiel&en8  baS  SBerfinlen  in  bafi  natürlid&e 
S>afein  aniS  bem  fittlid^en  ab  unb  erl^ebt  unb  erl^ölt  baS  ©elbft  feines 
33erou6tfein8  in  bie  gfrei^eit  unb  in  feine  Äraft/* 

SBenn  nun  al9  Opfer  beS  .ßriegS  ein  Aömpfer  fddt,  bem  a(3 
einem  Or^inbe  be9  ©taatS  ber  ^errfc^er  bie  el^renDoOe  93eftattung  Der- 
Weigert,  bie  t^amttienpietät  aber  unDergügUd^  geiodl^rt  unb  angeheilten 


»  ebcnbaf.  6.  820-327.  -  »  (ibenbaf.  6.  328  u.  329.    ©fli.  oben  SBu«  II- 
eop.  IV.   ©.280. 


374  2)er  ®et{l. 

Iftfet,  fo  crl^cbt  fid&  jtDifd&en  bicfcn  bciben  ptttic^en  Mftd^tcit,  ber  Sfamtite 
unb  Um  Staat,  bcm  unterirbtft^en,  göttKd&cn  unb  bcm  Bffentlid5en, 
mcttfcl&üd6en  ®cfe^  ein  J^eiUofer  ©onfßct.  j- 

S)te  Samiltcngemeinfd&aft  unb  ti^rc  SoIKommenl^cit  beftcl^t  int)f«ta 
äJerl^&Itni^en,  bie  }u  itnterfd^eiben  unb  abguflufen  finb :  bal^  äietl^dltniB  ' 
iiDtf(6en  Mann  unb  S^tau,  baS  iDed^felfettige  SSerl^&Uni^  jmifd^en  Sltern 
unb  Atnbern,  baS  SSerl^dltnig  ber  ®efd^tt)tfier.  ^n  biefen  SSet^Altniffett 
erfd^eint  bie  grau  in  tierfadjer  ©eftalt:  al8  Oottin,  SWutter,  Softer 
unb  Sd^mefier.  3ebeiS  biefer  S^erl^dltniffe  l^at  feinen  eigentl^flmUd&en 
Sl^araHer,  t)on  bem  fein  SBertl^  unb  feine  iBoD!ontmen]geit,  feine  ^öl^e 
unb  Sfleinl^eit  abl^Angt.  2)a8  SSerl^Sltnig  3n)ifd&en  SDlann  unb  O^au 
befielt  in  ber  gegenfcitiflen  Slnerfennung  ber  ©leitfil^eit,  eS  ifi  natura 
U$  unb  sefd^Ied^tlid^  bebingt  unb  berul^t  auf  ber  93egierbe  unb  Sufi. 
2)a8  SSerl^Altnig  jmifd^en  SItern  unb  jtinbern  bei  aller  med^felfeiiigen 
t^milienpietät  ift  dgarafteriftrt  burc^  bie  Ungleid^l^eit  ber  ©eneration: 
bie  Altern  finb  baS  untergel^enbe,  Derfdg^inbenbe,  bie  Ainber  baS  auf- 
gel^enbe  neue  SDlenfd^engefd^Ied^t,  unb  auf  ben  beft&nbig  ftd^  forttoAljenben 
®ef(^Ied^tern  berulgt  ber  99eftanb  bed  äioUd;  bie  SItern  l^aben  in  ber 
aufflrebenben  ©elbfiAnbigfeit  ber  Äinber  i^ren  Untergang,  bie  Äinber 
in  bem  93erf(^n)inben  ber  SItern  ben  9(ufgang  il^rer  @eIbpAnbigfeit  Dor 
9(ugen.  Unter  ber  ^errfd^aft  ber  Or^milienpietAt,  n)eld^e  @ltem  unb 
Äinber  bereinigt,  trennt  beibe  bie  Ungleidö^cit  ber  ©eneration,  fie  Der* 
galten  fid^,  tt)ie  SSergangenl^eit  unb  3ufunft.  3n  bem  Serl^AItni^  ber 
®efd^tt)ifier  gleid^en  ©efd^Ied^tS  feimen  eiferffld^tige  Biegungen,  bie  ben 
©runbton  ber  S^amilienpietAt  (©efd^tt)iftetliebe)  ftören.  Slber  eS  giebt 
in  Änfel^ung  ber  ©efti^toifier  ein  SJerl^Ältnift  einjig  in  feiner  Urt,  mit 
leinem  anbern  Dergleid^bar,  beftimmt  burd^  bie  93erf(^iebenl^eit  beS 
©efd^Iec^td,  bie  ®(eid&]^eit  ber  ©eneration,  bie  reine,  t)öl[ig  begierbe^ 
lofe  (Smpfinbung:  bad  SBerl^AItnig  jloifdgen  äSruber  unb  @d^n)efler. 
9lid&t  aU  ©attin,  nid^t  aU  SRutter,  nic^t  aU  Xod^ter,  mo^l  aber  ali 
@d^tt)efter  erfd^eint  bie  Oftau  in  ber  ganzen  ^öl^e  unb  Steinl^eit  il^teiS 
93erufS  gur  ^eiligl^altung  ber  Renaten,  gur  Setoal^rung  ber  ^milien- 
fttt(id(|!eit,  gur  SrffiDung  beS  unterirbifd^en  unb  göttlid^en  ©efe^eS, 
jenes  ungef^riebenen  unb  unträgtid^en  Sted^tS  ber  ©ötter,  baS  nic^t 
etloa  ie^t  unb  geflem,  fonbern  immerbar  lebt,  unb  feiner  XDti%,  Don 
loannen  eS  erfi^ien.  Unb  mie  baS  ä^erl^Altnig  jioifc^en  93ruber  unb 
©d^mefier  einjig  ifi,  fo  gilt  aud^  ber  @d6tt)efter  bal^  Seben  beS  93ruber8 
als  ein  unt)ergtei($Ud^eg  ®ut  unb  fein  £ob  als  ein  unDergleit^tid^er, 


2)afl  [Ret4  htx  €tttlt(^lett  itnb  btx  Sle^tiaußanb,  875 

burd^  ntd^ts  3U  etfe^enbet  ä^erlufl.  2)te  Sltern  ftnb  bal^  unaufl^altfatn 
Detgel^enbe  ©efd^Ied^t,  nt(i(|t8  lonn  fie  bouemb  erl^alten;  Atnber  lönnen 
erfe^t  toerbett,  benn  fie  ftnb  baS  unaufl^altforn  ftd^  erneuenbe  ®efd^Ied^t, 
aber  bet  93ruber  tft  fflr  bie  @d&toefter  unetfe^Kc^.  „2)a8  urtt)eimtj($te 
SBetl^attmS  finbet  jtt)ifd&en  »ruber  unb  ©Ätocfler  ftatt.  ©te  ftnb 
baffelbe  99(ut,  baS  aber  in  tl^nen  in  feine  Stulpe  unb  ©leid^geioid^t 
gefoinmen  ifl.  Sie  begel^ren  bal^er  einanber  ni(i(|t,  nodd  l^aben  fie  bieS 
Offirfidbfein  einer  bem  anbem  ititicn,  noe^  empfangen,  fonbern  fie 
ftnb  freie  3nbi))ibualitdten  gegeneinanber.  S)ad  SEBeiblid^e  l^at  bal^er  als 
Sc^ioefier  bie  I^Sd^fle  Sll^nung  beS  fittUd^en  SBefenS;  gum  fBtton^U 
fein  unb  ber  ä8ir!U(i(|!eit  beffelben  lommt  el^  nid^t,  toeil  baS  ®efe^ 
ber  Sfamilie  bae  anfidg  feienbe  innerlid^e  SBefen  \%  bad  nic^t  am 
Xage  bed  SBemuBtfeinS  liegt,  fonbern  innerlid^ed  ©efül^t  unb  baS  ber 
SirHid^feit  entl^obene  (göttliche  bleibt.  %n  biefe  Renaten  ift  baS  SBeib^ 
Ii(i(ie  gelnüpft."  „Xtx  SSerlu^  bed  93ruberS  ift  ber  ©d^mefter  unerfe|= 
li(^  unb  il^re  ^Pflid^t  gegen  tl6n  bie  ]^5d&fie."^ 

SBenn  nun  bie  @taatSgemalt  in  ber  $erfon  beS  ^errfdgerS  biefen 
93ruber,  ber  für  fein  t^amitienredgt  im  jtampfe  gegen  ben  @toat  ge- 
fallen ift,  ben  toiiben  Zitieren  }um  {(rage  ]^inU)irft  unb  um  bie  le^te 
@^re  ftraft,  fo  toirb  bie  ©d^mefier,  bie  fidg  al8  folc^e  ffi^U  unb 
il^rem  äBefen  entfprid^t,  nid^t  einen  SlugenblidC  }ögern  unb  il^re 
l^eilige  ^flic^t  erfflKen,  inbem  fie  ben  tobten  93ruber  beftattet.  @o 
^anbelt  bie  Slntigone  beS  ©opl^oIIeS,  au8  bereu  Zl^at  unb  6d(iulb 
bie  Xragöbie  l^eroorgel^t,  U)eld&e  ^egel  ftets  für  bie  größte  unb  tioU- 
!ommenfte  aQer  5£ragöbien  erfidrt  l^at. 

3.  S)cr  tragifi^e  donftict,    2)ie  €4ulb  unb  baS  64tdfal.> 

2)ie  beiben  ®runbgefe^e  ber  fiitUc^en  SBelt  finb  einanber  toeber 
entgegengefe^t  nodb  fremb,  fonbern  l^Angen  bergeftatt  gufammen,  bag 
baS  menfd^Iid^e  ®efe^  t)on  bem  göttlid^en,  ba8  auf  Srben  geltenbe  Don 
bem  unterirbifdben,  bad  bemühte  Don  bem  bemugtlofen  audgel^t  unb 
ebenfo  bal^in  gurüdfel^rt,  Don  tt)o  ed  ausging;  fie  l^aben  an  Of^^milie 
unb  aSoK  il^rc  SBirfßd&feit,  an  Mann  unb  grau  il&r  natürli(fte8  ©etbfl 
unb  i^re  bet^ötigenbe  3nbiDibuaKtÄt.  „S)a8  ftttlid&e  gieid&  ift  auf 
biefe  SQBeife  in  feinem  Sefiel^en  eine  unbefledtte,  burtft  feinen  3»icfpQK 


'  d^benbaf.  6.  830  u.  381.   —   *  ,S)ie  fittlt4e  ^anblung,  baS  mtnWxt^t 
unb  göttlid^e  SSiffen,  bie  S^ulb  unb  bas  e^idfol.«  €.  335>848. 


876  S)er  ®ei{l. 

Verunreinigte  SBelt.  Sbenfo  ift  feine  SSemegung  ein  rul^igel^  SBirlen 
her  einen  5Wü(^t  beffetten  jur  onbern,  fo  ba§  jebc  bie  onbere  felbft 
erhalt  unb  l^erDorbringt."  S)te  beiben  ©efe^e  ftnb  in  bem  notfirlid^en 
©elbfibcwufetfein  beS  SWanne«  unb  ber  grau  inbiöibnoKfirt  unb  l)er= 
fonificirt. 

2)ie[e8  SetbftbetDugtfein  ifl  aU  fittlid^eiS  93en)ugtfein  bie  einfädle 
reine  9lid^tung  Quf  bie  fttilid^e  SBefenl^eit  ober  bie  ^flid^t.  „Aeine 
SBiDtür  unb  ebenfo  lein  Aantpf,  leine  Unentfc^iebenl^eit  ift  in  il^m, 
inbem  baS  ®eben  unb  baS  prüfen  ber  ©efe^e  aufgegeben  toorben, 
fonbern  bie  fittUd^e  Sefenl^eit  ift  il^m  bae  Unmittelbare,  Un» 
tt)anlenbe,  SBiberfprud^Slofe/'  „S>a8  fittlici^e  Setougtfein  n^eig,  toa9  ed 
3U  tigun  l^at,  unb  ift  entfc^ieben,  e$  fei  bem  göttlidgen  ober  bem  menfc^- 
lid^en  ©cfe^e  angugcl^örcn."^ 

2)iefe  entfdgiebene,  burd^  nid^ts  gu  beirrenbe  unb  abjulenfenbe 
SiKenSridgtung  ifi  ber  6^]^arafter;  bie  3Jlaiit,  Don  ber  ftdg  ber 
@E)arofter  getragen  fül^It,  unb  meldte  il^n  treibt,  ift  baS  $at]^oS.  @o- 
ba(b  fid^  bad  $at]^o8  erl^ebt  unb  als  S^l^at  ]^er))ortritt,  t)erl^AIt  e8  fidb 
audfd^Iiegenb  unb  gegenf&^Iid^;  nun  erft  toirb  ber  €^ara!ter  ftd&  feiner 
bemugt  unb  fär  fid^,  mas  er  im  Steid^e  ber  @ittlid^feit,  loo  beibe 
9)lö(^te  frieblid^  bei  einanber  unb  gleid^fam  latent  finb,  an  fid&  tt>ar. 
,,$ierburd^  erl^alten  bie  fittUd^en  SDlöd^te  bie  93ebeutung,  einanber  au8- 
juf fliegen  unb  entgegengefe^t  gu  fein;  fie  finb  fo  bem  @elbftbe&)u^t- 
fein  für  ftd&,  toie  fie  im  Sleidbe  ber  ©ittlid&!eit  nur  an  fidft  finb." 

3eber  ber  beiben  €^ara!tere  in  feinem  ]&o(!6gefDannten  ^atl^od 
fielet  nur  auf  feiner  Seite  bie  ^flid^t  unb  bie  Stot^toenbigleit,  bagegen 
bie  red^tlofe  SBirHid&feit  auf  ber  anbern.  „3nbem  eS"  (baS  fittlicftc 
©elbftbetoufetfein)  ^baS  ?Red6t  nur  auf  feiner  ©eite,  ba8  Unred&t  aber 
auf  ber  anbern  fiebt,  fo  erblidEt  ton  beiben  baSienige,  loelc^eS  bem 
göttlid^en  ©efe^e  angel^ört,  auf  ber  anbern  Seite  menfd^Iii^e  jufdDige 
©etoalttl^fitigfeit;  baS  aber  bem  menfd^Udgen  ©efe^e  juget^eift  ift, 
auf  ber  anbern  ben  Sigenfinn  unb  ben  Ungel^orf am  beS  innertidgen 
0fürfi(!bfein9;  benn  bie  SBefel^Ie  ber  9legierung  ftnb  ber  allgemeine  am 
Xage  liegenbe  öffentlii^e  Sinn;  ber  SBiQe  beS  anbern  ©efe|eS  aber 
ifl  ber  untcrirbifdbc,  ins  3nnere  öerfd&Ioffene  ©inn,  ber  in  feinem 
S)afein  als  SBiUe  ber  (Sigenl^eit  erf(^eint  unb  im  9S)iberft)rud^  mit 
bem  erften  ber  tJrcöel  ifl."* 

»  Cbenbaf.  ©.  332-334,  6.  836.  -  «  (gbenbaf.  6.  837. 


S)a«  9lei4  ber  6tttlt41ett  unb  bcr  Sled^tSaufianb.  377 

3n  biefen  SBotten  l&at  ^egel  bic  Stntiflonc  unb  ben  Äreon  öor 
kugelt.  S)ie  %f)at  ift  bie  @(fiulb,  benn  fie  ift  bas  offene  ^eroustreten 
ber  ®eftnnung  in  bie  9Bir!U(i^Ieit,  h)oburd&  bie  unbetoegten  S^Qd^te  ber 
le^teien  in  SSelDegung  unb  Slufrul^r  gebrod^t  metben.  ,,Un[d^uIbtg  ifl 
bolzet  nur  bod  IRidgttl^un,  tt)ie  baS  @ein  eines  @teine8,  ntd^t  einmal 
eine«  ÄinbeS."  3)ic  ?frt  il&rer  Stfiulb  ifl  auf  feiten  ber  beibcn  ßj^arafterc 
nid&t  biefelbe.  S3on  fetten  be§  menfd&lidften  ©efe^eS  l^at  ber  ®etoaft= 
l^aber  bie  i^olgen  feiner  Zffat  nid^t  DorouSgefel^en,  er  l^at  fid^  an  bem 
gött(id^en  ©efe^e  Derfünbigt,  unb  e8  ifl  feine  Srinn^e,  toeld^e  bie  Städte 
betreibt;  benn  feine  ^nbitibuttlität,  fein  SBIut,  lebt  im  ^aufe  fort.  6r 
mug  bie  f^otgen  feiner  Z^t^at  erleiben,  um  feine  Sd^ulb  gu  erlennen: 
^tocil  toir  leiben,  anerfennen  mir,  bafe  toir  gefcl&lt".  „3lber  ba« 
fittlid^e  93en)ugtfein  ift  üoHjl&nbiger,  feine  @d^ulb  reiner,  n)enn  e8  bad 
®efe^  unb  bie  SJlad^t  Dorl^er  lennt,  ber  eS  gegenüber  tritt,  fie  für 
©eioalt  unb  Unred&t,  für  eine  fittliiiöe  SufäDigfeit  nimmt,  unb  toiffent^ 
lid6,  tt)ie  3lntigone,  ba«  Söerbred^en  begel^t."^ 

SQBie  ou8  ber  SE^at  bie  ©d&ulb,  ebenfo  notl^menbig  folgt  au«  ber  ©dftulb   j 
baS  ©dSTidtfal.    Unter  ben  SWdddten  bcr  S3Bir!lic^fcit,  beren  JBetoegung 
unb  Slufrul^r  bie  Stl^ot  beS  t)on  feinem  3w)edEe  leibeufd^aftlic^  ergriffenen 
(S^aralterS  t)erurfod&t  unb  barum  Derfd^ulbet,  iji  eine,  bie  ftd&  toiber 
il|n  erl^ebt  unb  il^n  gu  ©runbe  rid&tet.    3n  jebem  t)on  il^rem  ^Jatl^o«     .        . 
leibenfd&aftlidb  getriebenen  unb  erfüllten  5|iaJI)o8  liegt  eine  Serblenbung,  (^Kdf^äM.  y 
fie  l^at  bie  SBirflid&feit  in  bem  ©egenftanbe,  ben  fie  betrifft,  feft  unb 
euer  gif  d^  im  Stuge,   eben  baburdb   DerbunMt  fid^   ber  S^aralter  bie 
anberen  SDtäd&te  bcr  5ffiirKid6!eit,  unb  fo  fc^afft  er  ficft  felbp  eine  bunfle 
aJladöt,  loeld&e  Rd^  gegen  il^n  auft^ürmt.    SDicfe  bunlle,  lid&tfd&eue  aJlad&t 
ift  baS  ©d^idEfal. 

S3on  biefem  gegenüber  ber  SBirflid^feit  nadb  ber  einen  ©eite  leiben- 
fd^aftlid^  erleud&teten,  nad&  ber  anbern  eben  baburdfe  terbunfclten  a3e= 
toufetfein  fagt  Regelt  „68  entfiel&t  l&ierburd)  am  aSemufetfein  ber  ©egen* 
fa$  beS  ©emugten  unb  be$  ^lic^tgeiou^ten,  roxt  in  ber  ©ubftanj, 
beS  93eU)ugten  unb  99eU)ugtlofen;  balS  abfolute  Stecht  bed  ©elbft« 
bett)u6tfein8  lommt  mit  bem  göttlid&en  9led6te  beiJ  SBefenS  in 
©treit".  DebipttS  fielet  in  bem  Seteibiger,  ben  er  erfd&lägt,  nidfet 
ben  aSater,  in  ber  Äönigin,  bie  er  jum  SQBeibe  nimmt,  nid^t  bie 
Mutter,  er  toeife,  baft  er  fold&e  ©d^idtfale  ju  fürd&tcn  l^at,  unb  fflrd^tet 

1  (iUnbal  6.  339  u.  340,  6.  341  u.  342. 


378  S)er  ®ei{}. 

fie,  er  l^fttte  jtc  mit  einiger  SBefonnenl^eit  Dermeiben  Önnen,  oficr  eben 
biefe  SSefonnenl^eit  ))erträgt  fid^  nic^t  mit  ber  Srt  feines  S^arafterd 
unb  feiner  Seibenfd^aft.  „2)em  fittlid^en  €eI6ftben)u^tfein  ftellt  auf 
biefe  SBeife  eine  lid^tfd^eue  3IlQd)t  naä),  totliit  erfl,  loenn  bie  Zl^oi 
gefdgel^en,  l^erüorbrid^t  unb  eiS  bei  il^r  ergreift;  benn  bie  ttMtai^tt 
Z\)at  ift  ber  aufgel^obene  ©egenfa^  be§  toiffenben  @elbfl  unb  ber  i^r 
gegenüberflel^enben  SBirHid^Ieit/  Stief finnig  unb  treffenb  fagt  ^egel 
t)on  bem  tragifd^en  ß^l^aralter:  ,,inbem  burd^  bie  Sl^at  aud^  baS  9li<%t' 
»ijfen  fein  SBerl  iji,  feftt  er  fid&  in  bie  ©d&ulb,  bie  il^n  Derjel^rt".^ 

3)08  ©d&idCfal  ifl  bunfel,  ,toeil  e8  ber  ßl^arafter  in  ber  Oetoalt 
feines  $atl^od  burd^  feine  5£]§at  unb  ©d^nlb  ftcft  felbfl  Derl^aUt;  e8 
ift  gerecht,  meil  eS  bie  beiben  toiber  einanber  emt)5rten  unb  Io8» 
ftürmenben  SWöcfite  ber  fittlid&en  SBelt  unterwirft  unb  öerfd&Iingt.  „€r|l 
in  ber  gleid^en  Unterwerfung  beiber  Seiten  ifl  baS  abfolute  9ted^t  t>oII- 
brad^t  unb  bie  fittlid^e  ©ubftan)  als  bie  negative  SRad^t,  weld^e  beibe 
Seiten  Derfd^Iingt,  aU  baS  oDmdd^tige  unb  geredete  ©d^idfal  auf- 
getreten."* 

• 

IL  S)er  gied6t83uftanb.^ 
1.  S)er  Uebergong. 

3n  bem  Sd^idfal,  melc^eS  bie  beiben  Snödbte  ber  fittlid^en  äBelt, 
biefe  Slncarnationen  beS  göttlid^en  unb  beS  menfd^Iid^en  ©efe^eS,  Der- 
fd^Iungen  unb  bamit  aud^  il^ren  lebenbigen  (Sinllang  Dernid^tet  l^at 
ifl  boS  9teid^  ber  @itt(id^!eit  felbft  au  ©runbe  gegangen  unb  lägt 
nid^tS  übrig  aU  bie  Stemente,  bie  au§  feiner  ^uflöfung  l^erDorge^en. 
aSir  fennen  ja  ba$  SBefen  beS  fittlic^en  ®eifte§:  jenes  3d6,  weld^eS 
SBir,  jenes  Sßir,  meld^eS  2ld^,  jenes  3nbit)ibuum,  meldgeS  eine  SBelt 
ift.'^  2)iefe  Sßelt  ijt  untergegangen,  eS  bleibt  nid^ts  flbrig  als  baS  3d^; 
baS  SBir  ift  aufgelöft  unb  I&gt  nidgts  gurüd  als  baS  3dg,  baS  leere, 
unerfüllte  3d6.  Sie  fittlid&e  SBcU  ift  in  baS  ©elbfibetoufetfein  surüdf« 
gegangen,  auS  bem  fie  l^ertjorgegangen  mar.  S)iefeS  ©elbftbemufetfein 
ift  baS  Sd^idEfal,  meld^eS  fie  Derfd^Iungen  l^at. 

S)as  ©d&idfal  l^at  ftcb  uns  in  brcifad^er  SBebeutung  bargeftettt 
unb  erflärt:  als  baS  bunlle  ©(biäfaf,  meldgeS  man  Serl^fingnig  nennt, 
oIS  baS  geredete  ober  bie  IKemeftS,  gulefet  als  baS  leere,  beffen  Slotl^« 

>  ebenbüf.  S.  337  u.  838,  ©.  341,  6.  343.  —  «  Cbenbaf.  6,  343,  - 
»  «benbaf.  6.  348-354.  -  *  6.  oben  6.  354  flgb.,  6.  373, 


S)a9  9let4  ber  Sttta^Iett  unb  ber  9le4tiau|ianb.  379 

menbiglett  „nid^tS  anbete»  tft  ate  baS  3(i^  beS  @eI6fl6etx)u§tfein8".* 
3)QbuTd^  ift  bte  ®e{lalt  befttmmt,  gu  n)el(|er  iDtr  buT$  ben  Untergang 
be«  |tt«i<l|cn  ©eifleö  gefül^tt  merben. 

2.  a)ie  ?etfonen. 

S)ad  9tetdg  ber  Sittlid^feit  gerfe^t  ftd^  in  feine  SItome.  SEBenn 
baS  38 ir  ntci^t  mel^r  gufammenl^&It,  fo  }erf))Iittert  e8  in  bie  Sltome 
ber  abfolut  Dielen  3nbit)ibuen,  beren  iebed  ein  felbjl&nbigeS  OrQ^fi^f^in 
ausmacht  unb  ntd^tis  mittt  ift  als  ein  leeres  @in8.  S)er  ftttlic^e  ®eifl, 
ber  in  aDen  Ie6enbige,  ift  tobt,  „biefer  geflorbene  (Seift  ift  eine  ®Ieid^» 
l^eit,  toorin  Sllle  als  3ebe,  als  5Perfonen  gelten".  3)aS  neue 
SeBenStlgenta  ijl  baS  SOtein  unb  S)ein,  ber  93efi^  unb  baS  Sigentl^um, 
b*  f),  ber  allgemein  aner!annte  unb  gültige  SBefi^,  ber  bie  0led^tSgemein« 
fd^aft  t)orauSfe^t,  biefeS  geiftlofe  ®emeinmefen,  bem  bie  abftracte 
@eI6ft&nbig!eit  beS  Singeinen  (bie  im  StoiciSmuS  gebadete  O^reil^eit) 
gu  ©runbe  liegt.  «9Bie  oorl^in  nur  Renaten  im  SSoIISgeifie,  fo  gelten 
bie  leb enb igen  93oIISgeifter  burd^  i^re  ^nbiüibualitöt  je^t  in  einem 
allgemeinen  ©emeintoefen  gu  ®runbe,  beffeu  einfad&e  ?ingemein= 
l^eit  geiftloS  unb  tobt,  unb  beffen  ßebenbigleit  baS  eingelne  3nbi= 
Dibuum  als  @tngeIneS  ift.  2)ie  fittlic^e  ®eftalt  beS  ®eiftes  ifl  t)ers 
fd&»unben,  unb  eS  tritt  eine  anbere  an  il^re  ©teße."* 

3.  2)er  $err  ber  as^eü. 

SBie  fid^  bie  $erfonen  gum  diedgtsftaat,  fo  t)er]^alten  unb  Der» 
einigen  fid^  bie  9}ol!sinbit)ibuen  gum  aSeltreid^.  S)aS  aSeltreid^  bebarf 
ber  (Sinl^eit.  SS  giebt  l^ier  aber  leine  anbere  Sinl^eit  als  baS  Sltom, 
bieS  Snbiöibuum,  ben  ?Punft,  loorin  jene  Sei^ftteuung  in  bie  abfolute 
93iel|eit  ber  ))erfdnlid^en  Sltome  „in  Sinen  il^nen  fremben  unb  ebenfo 
geifllofen  ^unft  gefammelt  ifl".  S)iefer  Sammelpunit  ifl  burd&  feine 
$erf5nlid&leit  ben  anbern  ^erfonen  fomol^l  gleich  als  entgegengefe^t: 
gleid^,  ba  er  ebenfalls  eingelne  aSirtlic^Ieit  unb  leere  Singelnl^eit  ifl; 
entgegengefe^t,  benn  er  ^at  jenen  gegenüber  bie  SBebeutung  aUeS  3n- 
l^altS,  er  ifl  bie  allgemeine  ^ac^t  unb  abfolute  SBirllic^Ieit.  ,,2)iefer 
§err  ber  ÜBelt  ift  fld6  auf  biefe  SBeife  bie  abfolute,  gugleidö  aüeS  S)afein 
in  fid&  befaffenbe  5Perfon,  für  beren  SBetoufetfein  fein  l^öl^erer  ®eift  ejiflirt." 
6r  ifl  iperfon,  aber  bie  eingelne  iperfon,  toeld^e  311  len  gegenübergetreten, 


Cbenbaf.  6.  349.  —  «  €benbaf.  6.  347. 


380  ^er  (Beifi. 

btcfe  alle  tnod&cn  bic  gettenbc  Slllgemcinl&ett  bcr  ^ßcrfon  aus,  benn  ba« 
ginjdne  al8  foId&eS  ifl  toa^r  nur  olfi  allgemeine  SSiel^eit  ber  (Sinaelnl^eit 
t)on  biefer  abgetrennt  tjl  baS  cinfame  ©elbft  in  ber  Sl^at  ba«  unmirlKd&e 
Iraftlofe  ©clbft.  Sugtei*  ift  e8  bag  »etoufetfein  beS  ^nl^atts,  ber 
jener  ottgemeinen  ?PerfönIid&feit  gegenübergetreten  ift.  S)icfer  ^nl^alf 
aber,  t)on  feiner  negativen  SOlad&t  befreit,  ifl  ba8  S^aoS  ber  geijiigen 
aWäd^te,  bic  entfeffelt  als  elementarif^e  SBefen  in  »über  Sluöfd&meifung 
fi(i6  gegen  einanber  tott  unb  gerfiörenb  bewegen;  il&r  Iraftlofe«  ©etbfl= 
bemuBtfein  ift  bie  mad^tlofe  Umfd^liegung  unb  ber  S3oben  t^reS 
2;umulte8.  „©id^  fo  als  ber  3nbegriff  attcr  ttirUicfeen  3Hftd6te  »iffenb, 
ift  biefer  ^err  ber  Sßelt  bas  ungel^eure  Selbftbemugtfein,  baS  ftc^  ald 
ben  mirlticben  ©ott  mi^;  tnbem  er  aber  nur  baS  formale  @elbft  ifl, 
baS  fie  nid^t  gu  bAnbigen  ))ermag,  ift  feine  S3etoegung  unb  @elbftgenug 
bic  eben  jo  ungcl^cure  SluSfd&toeifung."^ 

4.  S)te  SftQU  im  8%e4t8su{ianbe. 

3m  Sleid^e  ber  ©ittlid^fett  toar  bie  O^rau  bie  SBetoal^rerin  beS 
unterirbifd^en,  göttlidgen  ©efe^eS,  fte  n)ar  ber  ®eniuS  ber  @itte  unb 
gfamiticnpietöt,  bie  ber  ?Pftege  beS  (Sinjclnen  als  biefeS  3nbit)ibuumS 
galt,  tt)ie  eS  aus  bem  Sd&oo§e  ber  Familie  l^eröorgebt  unb  nad6  feiner 
5Bottenbung  bem  mütterlid^en  ©ci&oofee  bcr  6rbe  Dermd^lt  mirb.  9lun 
l^at  fid&  bcr  ^crrfd^er  im  Siamen  beS  menfd&lid&en  ©efe^eS  burdft  baS 
i'^t  gugefügte  gcmalttl^&tigc  Unred^t  an  ber  SBeiblid^Ieit  feinen  inneren 
fjfeinb  erjcugt.  «3)iefc  —  bic  etoige  Sronic  beS  ©emeinioefenS  — 
tcrönbert  burd^  bie  ^ntrigue  ben  attgemeinen  3n)edE  ber  9legicrung  in 
einen  ^riDatamed,  t»crtoanbelt  i^re  attgemeinc  Sll^&tiglcit  in  ein  SBerl 
bicfcS  beftimmten  ^nbiDibuumS  unb  t)crfe]^rt  baS  attgemeinc  Sigentl^um 
beS  ©taateS  8U  einem  »efi^  unb  5ßu§  ber  gfamilie/*  „S)er  tat)ferc 
3flngting,  an  n)eld&em  bic  33eiblid^Ieit  il^re  Suft  l^at,  baS  unterbrfldEte 
^rincip  beS  9}erberbenS  tritt  an  ben  Za^  unb  ift  baS  ©cltcnbe." 

1  (Bbtnhaf.   6.  851  u.  852.  -   >  (ibenbaf.   @.  346  u.  347. 


2)eT  fi4  cntfiembete  unb  bei  feinet  felbß  gekDtffe  ®eift.  381 

elftes  (SQpitel. 
9tr  <Sf iß.  6.  9tr  fii^  etttfrm)»ete  nnft  )»tr  reiner  ftlbß  ]|mt|f(  <Sfiß« 


I.  3)ie  SBelt  beS  fid^  entfrembeien  ©eifted.^ 
1.  2)ai  9lei4  ber  SBUbung. 

äStr  orientiren  uns  gern  Aber  ben  äBeg,  ber  Dor  uns  liegt,  unb 
über  baS  3tel,  bem  toir  }uflreben.  Unfer  SBeg  fül^rt  Don  bem  Steige 
ber  @ittKd&{ett  unb  beffen  ^uflöfung  in  ben  IRedgtSguftanb  gur  Tloxa^ 
litdt:  t)on  bem  fittlid^en  ®eift  jum  moralifd^en,  ber  lein  Stei^  ift,  leine 
SBelt  t)on  3nbit)ibuen,  $erfonen  unb  äSöIIern  auSmad^t,  fonbern  (ebigs 
lid^  in  ber  abfoluten  f^reil^eit  unb  Stiefe  beS  SelbfibemugtfeinS .  lourjelt, 
toeSl^alb  ^egel  il^n  als  ben  feiner  felbft  gemiffen  (Seift  fennjeid^net. 
S)iefe  ©tufe  mufe  erlebt,  erfal^ren  unb  flberiüunben  »erben,  um  jur 
SSoQenbung,  gum  abfoluten  ®eijt  unb  mit  il^m  }u  ben  IgSd^ften  ^e* 
friebigungen  ber  9teIigton  unb  beS  äBiffenS  gu  gelangen,  mit  beren 
2)arlegung  bie  $^dnomenoIogie  il^ren  fiauf  befd^Iie^t.  2)ie  a^oralität 
als  ber  feiner  felbji  geioiffe  ®eifl  fe^t  einen  SBeltgufianb  DorauS,  ben 
itoax  ber  ®et{t  aus  fid5  gebilbet  l^at,  mortn  er  aber  fid^  leineSioegS 
^eimifdg  unb  U)o]^I,  fonbern  fremb  ffll^ft.  S!)aS  ift  im  Unterfd^iebe  t)on 
bem  3uflanbe  ber  fd^önen  Sittlid^feit  unb  ber  innerlid^en  9D^oraIit&t 
,,bie  SBett  beS  fic^  entfrembeten  ®eijteS'\  eine  SBirKidgleit,  mogu  ber 
®eijt  fid^  boppelt  )Dtxf)&ii:  foiool^t  il^ren  SBertl^  unb  Untoertl^  beurtl)eilenb 
unb  fd^&^enb  als  aud^  il^r  eine  SBelt  beS  ®laubenS  entgegenfteQenb, 
gu  tteld^er  fid6  baS  reine,  ber  SBübung  abgetoenbete  SBetoufetfein  erl^ebt, 
unb  gegen  »eld&e  ber  ®eift  in  ber  ®efiatt  ber  2luf!lärung  fid6  rjj^tet. 

Um  ab^r  fogleid^  ben  neuen  unb  eigent^flmlid^en  S^aralter  biefer 
Silbung  l^eröorgul&eben,  beren  3flcid&  fid&  eröffnet,  fo  finbet  fic&  öon 
einer  fold&en  SBilbung  nid&ts  in  ber  Sd&önl&eit  unb  ßebensfüüe  ber  fitt= 
lid&en,  in  fid&  gegUeberten  SBelt,  too  ein  ®eift,  beioufet  ober  unbetoufet, 
aUt  burd^bringt  unb  erfflDt;  eS  ^anbelt  fid^  je^t  um  fold^e  SilbungS- 
gufidnbe,  toeld&e  ber  ®eift  be»er!ftelligt  unb  macfit,  gugleid^  erfennt 
unb  abfd^&^t,  beurtl^eilt  unb  berebet,  baS  SBefen  biefer  3uftönbe  nadg 

1  Sbenbaf.  I.  S)ie  äSelt  beS  ft4  entfrembeten  ®etfteS. .  @.  836  u.  837. 
a.  »a)ie  »ilbung  unb  t^t  «eldj  bei  2Btr!Ii«fett.-    ©.  357-384. 


S82  2)er  ®eift. 

ollen  Stid^tungen  ix9  in  il^te  SSerborgenl^eiten  l^inein  fd^arf  unb  grell 
ctleud&tcnb,  fo  bofe  bicfc  Slrt  geiflreid&ct  SBUbuna  unb  ©ci&IaflfcttigWt 
beS  Urtl^etU  in  SBitHicfefcit  bcn  ^crm  unb  2Weijicr  nW  blofe  fpielt, 
fonbern  bet  §err  unb  SWeiper  in  SBal^tl&eit  tfl.  SDcgl^aft  J^ot  ^cgel 
biefe  ©eflolt  beS  Setou§tfein8  in  bet  Ue6etf(|rift  6e}eid&net  ote  «bie 
»Übung  unb  il^r  Äeid&  bet  aBirKi4Ieit\ 

2.  StaatSma^t  unb  9lei4t^um.    S>a8  ebelmüt^ige  unb  bai  niebevtr&^ttge 

SBetougtfetn. 

2)ie  beiben  Mädgte  ber  SEBirnidgleit,  U)eld^e  au8  bem  äledgtdguflanbe, 
aus  bem  Sted^tsflaate  unb  bem  SBeltreidge,  quS  bem  Staat  unb  aud 
bem  Siedet,  aud  ber  ^errfdgaft  unb  aud  bem  S3efi^e  ]^ert)orge]^en,  finb 
bie  ©taatsmad^t  unb  ber  üleid^tl^um,  bie  fo  t)iel  Slnfe^en  unb 
@^re  getoinnen,  ald  baS  93en)u^tfein  il^nen  gufdgreibt,  bie  fo  gut  unb 
fo  fd^Ied^t  finb,  aU  baS  S3etougtfein  finbet,  bälget  biefeS  in  bie  beiben 
Sitten  bet  Seuttl^eilung  obet  SSertl^ung  auSeinanbetgel^t:  nämlidg  baS 
anetlennenbe  unb  bag  megioetfenbe,  ba$  gleid^finbenbe  unb  baS  ungleid^» 
finbenbe  Seioufetfein. 

3)aS  Sewufetfein  fielet  jiDifd^cn  Beiben  unb  ffll^It  fid6  frei;  e8  fann 
jmifd^en  beiben  n)&|Ien,  aud^  leined  t)on  beiben.  Ob  bie  €ad^e  gut 
obet  fd^Ied^t  ift,  l^&ngt  gan]  boDon  ab,  loie  ba9  SelbPetou^tfein  ftd^ 
baju  t)et]^&tt  unb  ben  ©egenflanb  anfielet:  e8  finbet  in  bet  ©taats* 
madbt  ben  ©tunb  unb  bie  ßueKe  bet  Untetbtüdtung  unb  finbet  fic 
batum  fd^Ied^t;  e8  et!ennt  im  üleidgtl^um  ben  allgemeinen  SBol^Itl^Atet, 
ben  taufenb^Snbigen  ®ebet,  unb  finbet  i^n  batum  gut.  €8  fie^t  in 
bet  €taatSmad^t  ben  @tunb  unb  bie  Ouelle  allet  ©efe^Iidgleit  unb 
beftel^enben  Otbnung  unb  finbet  fie  batum  gut,  im  üleid^t^um  bagegen 
ni^tS  aU  eitlen,  t)etganglid^en,  t)et&d()tlid&en  S3e{i^  unb  finbet  il^n 
batum  fdgled^t. 

@o  loerben  ®ut  unb  Sd^Ied^t  93egriffe  t)on  gang  entgegengefe^tem 
Snl^alt,  $röbifate,  bereu  iebeS  entgegengefe^te  ©ubjecte  l^at,  ie  nad^bem 
baS  SBetoufetfein  bie  Sad^e  nimmt  unb  beurtl^eilt.  S)al&er  ift  ber  eigent* 
Itc^e  ®runb  unb  @i^  beS  ©uten  unb  €dgled&ten  ba8  SSetou^tfein  felbfl 
in  feinen  entgegengefc^ten  Sejiel^iungen  ju  jenen  beiben  realen  SBefem 
Reiten.  3)a8  SciouBtfein  iji  gut  ober  fd^led&t:  ba8  anerfennenbe,  toeld&e« 
bie  realen  3RAc{|te  ber  Sßelt  fid^  gleidg  finbet,  ift  baiS  gute  SSemu^tfein; 
bad  megtoerfenbe,  metd^eS  bie  realen  äR&d^te  ber  3BeIt  fid^  ungleid^ 
finbet,  ift  baS  fd^led^te  93etouBtfein.    3ene8  Derl^filt  fidg  ber  ©taatdmad^t 


2)ex  fl4  cntfrembete  unb  ber  feiner  felbft  getoiffc  @etfl.  383 

gegenüber  gel^orfatn,  bienenb,  oufopferungSlDillig  unb  bem  Stetd^t^ume 
gegenüber  fflr  bie  eni))fQngenen  SBol^It^aten  ban!bar:  eS  ifl  baS  ebel= 
mfit^ige  äSetou^tfein;  biefeS  bagegen,  baS  f^Ied^te  93en)ugtfein,  fül^It 
bie  ©taatömadgt  nur  al8  O^effel  unb  Unterbrüdung,  ed  bient  n)tber= 
iDiHig/  eis  ifl  l^etmtüdUd^  gel^orfam  unb  immer  auf  bem  ©prunge  3um 
Slufrul^r,  es  nimmt  bie  SSol^Itl^aten  beS  Stetc^tl^umS  o($  toerg&nglid^e 
unb  üerid^tltc^e  ©enüffe,  eS  entttertl^et  ftd^  bie  realen  MAd^te  ber  SBelt 
unb  ift  f0ritt)dl^renb  beftrebt,  fie  l^erunter-  unb  l^erabjufe^en;  e$  mad^t 
oHeS  niebertrdc^tig  unb  ift  felbft  nieberirfidgtig,  barum  nennt  e8  ^egel 
ba§  niebertr&d^tige  99eiDuBtfein. 

S)a$  ebelmütl^ige  SSemu^tfein  l^at  leinen  anberen  Sto^ä  cil8  bie 
Eingebung  an  bie  @taatdmadgt  in  aufo))ferungdt)oIIer  ®efinnung,  bie 
€taatiSmad6t  foK  erl^öl^t,  perfonificirt,  jum  abfoluten  {»errfd^er  ge» 
jtetgert,  aU  irbifdge  ©ottl^eit  t>^xif)xt  merben;  baS  @elbfibemu^tfein 
unb  gfflrfidöfein,  beffen  fid&  i^r  gegenüber  baS  eble  SBetoufetfein  burd& 
feine  freimiDige  unb  entl^uftafiifd&e  Untermcrfung  entöuftert,  toirb  ber 
©taatSmadöt  glcidfefam  eingeflößt,  fie  ttirb  baburd&  belebt,  befeelt,  Der» 
göttert.  ^tm  Sntdußerung  unb  biefe  SSergötterung  l^dngen  genau 
jufammen  unb  öerl^alten  fid^i,  mie  bie  Sebingung  gum  Sebingien,  »ic 
bie  ©runblage  jum  ©ebAube,  mie  bad  $ofiament  jur  93ilbföu(e.  SBo 
Slufopferung  ifi,  ba  ifl  ^eroiömuS.  3ene  ©elbftentöufeerung,  bie  ben 
(S^aroher  ber  freiwilligen  unb  entl^ufiatifdgen  Unterorbnung,  b.  1^.  ber 
3luf Opferung  beä  eigenen  ©elbfteS  l^at,  beftel^t  in  bem  „^eroiSmuö 
beS  ©ienfteS";  aber  ber  2)ienft  ifi  ftumm  unb  ftolg,  er  Dermag  nid^t 
bie  ganje  ^errlid&!eit,  bie  im  ^errfd^cr  angefd^aut  »erben  foö,  bie 
Sebeutung  beffclben  in  il^rer  Slttgcmeinl^eit  unb  SnbiöibuaKtät  (5per= 
fönlii^Ieit)  ol^ne  allen  SSorbel^alt  unb  SflfldEl^alt  auSgubrüden.  S)aS  t>tt= 
mog  nur  bie  @prad^e.  ^ter  l^at  ^egel  iDo^I  gum  erften  male  in  ber 
SQSelt  jtoei  ^Begriffe  combinirt,  bie  fonfi  ben  dufeerfien  ©egenfa^  ju 
bilben  pflegen,  er  l^at  biefe  beiben  SBegriffe  in  einen  SluSbrudE  gufammem 
gefoSt  »eld&er,  rid&tig  Derftanben,  einen  ganjen  Suftanb  bc8  »eioufet* 
fcin§  treffenb  lennjeid&net :  ber  Heroismus  be§  ©ienjieS  DoDenbet  fld6 
im  „C^croiSmuS  ber  ©d^meid^elei".  3d6  laffe  i^n  felbfl  reben. 
„6§  ttirb  l^ierburcö  ber  ®eift  biefer  3Jlad&t  —  ein  unumfc&ränüer 
aWonardö  ju  fein  —  unumfd&rdnft,  bie  ©prad^e  ber  ©d^meid^elei 
erl^ebt  bie  Sölad^t  in  il&re  gelduterte  9lUgemcinöeit."  „SSeftinimter 
erl^ebt  fie  bie  ßingelnl&eit;  bie  fonfl  nur  ein  ©emeintcS  ift,  baburcft 
in  il^re  bafcienbe  Jfteinl&eit,  ba§  fie  bem  SWonard^en  ben  eigenen  Flamen 


384  S)eT  ®eifl. 

gtebt,  benn  ed  ift  oDein  ber  3lamt,  mottn  ber  Unterfd^ieb  bt^ 
ginjctncn  x>on  aUtn  Slnbern  nid^t  gemeint,  fonbern  t)on  aüen  xoitU 
lid^  gemad^t  mtrb;  in  bem  Atomen  gilt  ber  Sinjelne  als  rein  (Sinjelner 
nid&t  mel^r  nur  in  feinem  SBeiou^tfein,  fonbern  im  Setoufetfein  flffcr. 
2)ur(l^  il^n  alfo  toirb  ber  aHonard^  fd^Ied^t^in  Don  Wim  abgefonbert, 
ausgenommen  unb  einfam;  in  i(|m  ifl  er  bad  %tom,  bog  Don  feinem 
SBefen  nid^ts  mittl^eilen  lonn  unb  nid^t  feines  ©leidgen  l^at/  „(&x, 
biefer  ©injelne,  »eiß  umgelel^rt  baburdft  fid&  biefen  ©injelnen 
als  bie  oDgemeine  SRad^t,  ba^  bie  @beln  nid^t  nur  aU  3um  2)ienfi 
ber  Staatsmacht  bereit,  fonbern  als  3ierrat]&en  fid&  um  ben  SEI&ron 
fteDen,  unb  ba§  fie  bem,  ber  barauf  fi^t,  eS  immer  fagen,  maS  er 
ift/  „a)ie  ©prad&e  i^reS  ?JreifeS  ifl  auf  biefe  SBeife  ber  ®eift,  ber 
in  ber  Staatsmacht  felbft  bie  beiben  @£treme  gufammenfd^liegt;  fie 
reficctirt  bie  abjtracte  3Wad&t  in  ftd6  unb  giebt  il^r  baS  SDloment  beS 
anbern  SjctremeS,  baS  moHenbe  unb  entfd^eibenbe  t^flrfidbfein  unb 
l^terburd^  felbftbemuBte  Stiften};  ober  baburd^  lommt  bieS  etngelne 
mirllid^e  ©elbftbemugtfein  baju,  ftd^  als  bie  äJladgt  gett)i§  )u 
»iffen.  ©ie  ift  ber  ?Punft  beS  ©elbfi,  in  bem  burcft  bie  gntäufeerung 
ber  inneren  ©emiftl^eit  bie  oielen  ?Punfte  gufammengeftoffen  finb."^ 

3)er  SuItuS  ber  monard^ifd^en  StaatSmad^t  unb  ber  monard^ifd^en 
®eftnnung,  loorauS  baS  ©elbftbemu^ifein  beS  äJlonard^en  l^erDorge^t 
ober  in  tteld^em  ber  9Konarcft  erft  jum  SBetoufetfein  feiner  felbfl  fommt, 
lann  nidgt  tiefer  erfaßt  unb  gefd^ilbert  loerben,  atS  in  ben  angefül^rten 
SBorten  gefd^el^en  ifl.  3)iefer  SOlonardö,  in  ben  burdö  il&re  ©elbPent« 
iufeerung  „bie  oielen  ?Punfte  jufammengefloffen  finb*,  fagt  mit  öollem 
Siedete  t)on  fid&:  «ber  Staat  bin  id&";  il^n  greift  unb  vergöttert  bas 
aOBort:  «le  roi  soleil».  ^egel  l^at  ben  Flamen  ßubtoigS  XIV.  nid&t 
genannt,  aber  er  l^at  bie  Stufe  unb  ben  S^^aralter  beS  SSemugtfeinS 
gefd^ilbert,  b.  1^.  entmidelt,  auf  baS  fi(!^  bie  teud^tenbe  unb  aDeS  Aber- 
ftral^Ienbe  ^errlid^Ieit  biefeS  AönigS  gegrfinbet  ^at. 

S)ag  ^egel  ben  9{amen  beS  SonnenlönigS  nid^t  nennt,  gefd^ic^t 
gefliffentlidö  unb  ift  rid&tig,  benn  bie  ©eftalten  beS  S9ett)u§tfeinS,  toeld^e 
bie  ^l^önomenologie  entmidfelt,  finb  nicftt  an  l^iflorifd&c  Seitpunfte  ge« 
bunben.  S)arum  toar  eS  aud^  nid^t  bie  Slbfic^t  beS  $]^i(ofo))l^en,  fie 
ju  l^ifioripren;  eS  ift  eine  falfd&e,  obwol^t  oft  gel^örte  9lnfid&t,  nac6 
meldger'bie  ^l^dnomenologie  unter  anbern  ülollen  auc^  bie  einer  ^l^Uo^ 

»  Cbenbaf.  6.  372-374. 


^er  ftd^  entfiembete  unb  bei  feiner  felbfl  getoiffe  ®etji.  385 

fo))]^te  ber  ®efd^idgte  f))ielen  foD.  €d  giebt  mel^r  Stoibr,  b.  1^. 
jloifci^ed  aSemultfein  in  ber  3nenj(i6^ett,  als  im  xSmtfdgen  fiaifetrei^ 
unb  ntel^r  ro^attflifd^e  ©eftnnung  aU  in  O^rantreid^  }ur  3^it  Sub- 
migS  XIV.  Sto^aKfüfd^e  @eftnnung  ober  monar^tfci^  geftnnteS  fßt- 
n)u6tfetn,  »o  fte  auci^  ftnb,  06  in  äierfaiHeS  ober  in  !Potdbam,  beßelit 
im  ^erotj^muS  be8  2)ienjled  unb  im  Heroismus  ber  @(|mei(i&elei.  2)qS 
ift  eS,  tt)Q8  bie  ^l^önomenologie  in  ben  angeffil^rten  Stellen  befogt: 
baS  @elbfibemugtfein  beS  SOtonard^en  grflnbet  ftd^  auf  baS  monarc^ifdge 
Setoufetfein  ber  Untertl^anen. 

3.  2)a8  ieiretgenbe  unb  aerriffene  SBekDufttfein.    (9lameQU*i  9leffe.) 

3nbe{fen  ifl  bie  ®runblage  ber  ganaen  monard^ifc^n  ^errlid^teit 
nid^t  ))on  ©ranit;  fie  befielet  in  bem  @eifl  be8  3)ienQe8  unb  ber 
ä^erel^rung,  ber  nid^t  fefl  unb  fiill  fielet,  fonbern  feines  3uflanbe8  tnne 
loirb,  ju  {1(6  !ommt,  jum  O^ürfid^fein  gelangt  unb  nun  bie  ungel^eure 
Aluft  unb  Ungleidgl^eit  ertennt  amifdben  bem  ^errfdger  unb  bem  Unter= 
tl^an.  Sßte  fidg  biefe  Ungleichheit  im  93en)ugifetn  erleud^tet,  fo  ift  bie 
unDermeiblid^e  O^olge,  ba%  an  bie  Stelle  bed  gleid^finbenben  99etDuBt' 
fein8  bod  ungleid^finbenbe  tritt,  meld^eS  fid^  toiber  feine  Ungleid^l^eit 
^etmlid^  em))ört;  ba^  2)ienft  unb  @d^meid^elei  ftd^  auf  ben  ^interl^alt 
ber  Sntereffen  ftü^en  unb  aufl^ören  l^eroifd^  gu  fein,  ber  2)ienfl  totrb 
interefftrt,  b.  %  egoiftifdö,  bie  ©d^meid^elei,  wenn  fie  fortbQUcrt,  toirb 
gur  3RaHt,  fie  geftaltet  fidb  gur  ^eud^elei  unb  Sr^^Ifd^l^eit,  momit  baS 
ebelmfltl^ige  SSetougtfein  feinen  (Si^axaHn  aufgegeben  unb  fi(6  auf  bie 
S3afig  feines  ©egentl^eilS  gefleüt  l^at.  „&  erl^eUt,  bag  bamit  feine 
S3e{ttmmt]^eit,  bie  eS  im  Urtl^eile  gegen  bas  l^atte,  loeld^eS  nieber» 
träd^tigeS  99etougtfein  l^ie^,  unb  l^ierburd^  audE)  biefed  t)erfd^n)unben  ift. 
®q8  le^tere  l^ot  feinen  StoedC  erreid&t,  ndmlid^  bie  aEgemeine  SKoddt 
unter  ba«  Qfürfid&fein  gu  bringen."  „3nbem  alfo  bas  SSerl^ältnife 
biefeS  Scttufetfein«  mit  biefer  abfoluten  S^rriffenl^eit  terfnüi)ft  ift,  fdHt 
in  feinem  ©eifte  ber  Unterfcfeieb  beffelben,  als  ebelmfitl^igeS  gegen  baS 
nicbertrftd&tige  befiimmt  gu  fein,  l^inioeg,  unb  beibe  pnb  baffelbe."^ 

2)ie  Ungleid^l^eit  gtoifd^en  bem  SBeltguftonbe  mit  feiner  gefeUigen 
93ilbung  unb  bem  93ett)ugifein  ift  aufd  l^Sd^fte  geftiegen  unb  tann  nic^t 
mel^r  größer  fein,  aU  fie  ift,  als  fie  gebadet,  beurtl^eilt  unb  auSgef))rod6en 
toirb;  jebeS  ä3anb,  loelc^es  bie  aBirfiid^Ieit  mit  b^m  S3elougtfein  ))er= 


»  ebenbaf.   6.  375,  6.  377. 

afif*eT,  ©ef4  b.  «Pöilof.   VIII.    9*.  «.  25 


886  2)er  (&tift. 

fniU)ft,  alles  ©leid^e  unb  aDeS  SSeftel^en  totrb  setriffen,  unb  ba  aud& 
biefeS  SeiDugtfein  3ur  SBirfitd^Ieit  gel^Srt,  fo  gel^t  ber  fftx^  mitten  butdb 
baSfelbe  l^tttburdg;  ballet  ntitg  eS  aU  baS  jerreiBenbe  unb  jerriffene 
Semugtfein  bejeic^nel  n>erben:  eine  (Beftalt  beS  äBiffenS,  auf  bie  toir 
l^tngetotefen  l^aben,  als  t)on  bem  ungladfltci^en  SeiDU^tfein  bie  9tebe 
»ar,  unb  bie  unS  je^t  ))or  Stugen  fielet.  ^ 

2)er  9teid^i]^um  erfdgeint  nid^t  mel^r  ate  ber  taufenbl^finbige  SEBol^I- 
tl^Ater  unb  @eber,  ber  2)anl  Derbtent  unb  erntet,  fonbem  er  tfl  ber  l^od^ 
m&tl^ige  Sd^melger,  ber  burd^  eine  SRal^ljeit  fid^  ein  frembeS  ^  unb 
beffen  innerfte  Untertoerfung  ertoirbt  ober  gu  ertoerben  glaubt;  aber  er 
tdufd^t  ftd^:  bem  Uebermutl^e  bed  9teid^en  entfpridgt  auf  ber^anbexn 
Seite  bie  6m))örung  beS  Klienten,  ber  bem  Sleid^en  gegenüber  gmar 
bie  St^tadge  ber  fd^led^ten  unb  uneblen  @(6meid&elei  rebet,  aber  fid^  ber 
eigenen  SSertoorfenl^eit  t»6Dig  betDugt  x%  bod^  fid^  mit  ber  SRal^Iiett, 
mit  bem  Soufe  ber  SBelt  unb  feiner  SSerad^tung  bed  Steid^en  fo 
toeit  tröflet,  bo§  er  bie  eigene  SBertoorfen^eit  toieber  öerioirft.  S)ie 
(Siteßeit,  @d^Ied^tig!eit  unb  93ern)orfen]^eit  ifl  fo  allgemein  unb  l^enfc^enb, 
ba^  aud^  ber  ©d^maro^er  mitten  in  feiner  Selbfloerad^tung  fid^  mol^t 
ffll^It  unb  bie  9Btr!Iidg{eit  ftd&  gleid^  finbet  ,,S)ie8  SelbftbemuBtfnn, 
bem  bie  feine  SJertoorfenl^eit  öertoerfenbe  Empörung  gufömmt,  ifi  un^ 
mittelbar  bie  abfolute  ©id&felbfigleid&l&eit  in  ber  abfoluten  Serriffenl^eit, 
bie  reine  5BermittIung  beg  reinen  ©elbflbetoufetfeinö  mit  fid&  felbfl."* 
„fSüa^  in  biefer  Sßelt  erfal^ren  mxh,  ift,  bag  loeber  bie  n)irllid&en 
SBefen  ber  9)lad^t  unb  beS  dleid^tl^umd  unb  il^re  befiimmten  93egriffe, 
®ut  unb  €d&led^t  ober  ba$  SBemugtfein  beS  ®uten  unb  @d^Ied^ten,  bad 
ebelmfitl^ige  unb  niebertrAd^tige  93en)u§tfein,  Sffial^rl^eit  l^aben,  fonbem 
aQe  biefe  äRomente  oerlel^ren  fid^  Dielmel^r  eines  ins  anbere,  unb  |ebe8 
ifl  ba«  ©egentl^eU  feiner  felbfi."* 

aber  nid^t  biefe  SBeltjupönbe  »oDer  ßug  unb  Xrug,  toorin  ber 
Uebermut^  in  ber  3JtaSh  ber  ©ro^mutl^  unb  Sol^Itl^at,  ber  Unbanf, 
bie  93era(btung  unb  (£mt)örung  in  ber  SRaSle  ber  2)an!barleit  unb 
@d^metd&elei  il^re  9toDen  fpielen  unb  fi(b  )oed^feIfeitig  an^eud^eln,  ifl 
bie  @ad^e,  auf  bie  eS  antommt,  fonbem  baS  Setou^tfein,  baS  biefe 
SßeltmaSlerabe  erlennt  unb  burdgfd^aut,  mit  ©eift  erleud^tet  unb  be^ 
urtl^eilt,  biefe  geiflreid&e  ©pradbc  ber  3erriffen]^eit,  gleid^fam  bie  SRuftf 
ju  biefem  (SarneMl  ber  SBett  unb  ©efeQfdgaft,  ijt  in  ber  6:^ara!teri{ttE 

'  @.  oben  93u4  IL  Sap.  VIL  6.  332  u.  333.  -  >  ^egel.  aOBerle.  II. 
6.  379  u.  380. 


2)cr  ftd^  entfrembete  unb  bei  feiner  felbfi  gemilfe  ®ei{i.  887 

btefer  (Seftalt  beS  »elDugtfeütS  boS  eigentlid&e  unb  SBefentltc^,  baS  ift 
ber  tDO^re  ®eift,  t)on  bem  ^egel  fagt:  „Stin  S)afein  ift  bod  oiKsejnetne 
@))xe4en  unb  getreigenbe  Urtl^eilen,  »eld^em  oDe  jene  STtomente, 
bie  als  Sßefen  unb  )DtrIIi(i^e  ©lieber  be8  ®anaen  gellen  foDen,  ftc^ 
aufI5fen,  unb  mlä^ti  ebenfo  Med  ouftöfenbe  €)>tel  ntit  fid^  felb^  ifl. 
S)te8  Urtl^etlen  unb  Spred^en  ift  ballet  bog  SSBal^te  unb  Unbejming» 
bore,  mAl^renb  ed  oDed  flberiDAftigt,  badjenige,  um  n>eId&eiS  ed  in  biefer 
realen  Sßelt  allein  toal^r^aft  au  tl^un  ifl.  3eber  zitil  btefer  Seit 
iommt  barin  bagu,  ba^  fein  (Seift  audgef))ro4en,  ober  ba|  mit  (Seift 
iwn  il^m  gefljrodöen  unb  gefagt  toirb,  n)Od  er  ift/  „S)er  3nl&alt  ber 
Stebe  beS  (Seifted  Don  unb  über  fidg  felbjt  ift  alfo  bie  Serlel^tung  aller 
93egrtffe  unb  Stealitdten,  ber  allgemeine  Setrug  feiner  felbft  unb  ber 
anbeten,  unb  bie  @(6amlofigIeit,  biefen  Setrug  au  fagen,  ift  tbtn  barum 
bie  grS^te  äSa^rl^eit.  S)iefe  9tebe  ift  bie  SSerrücftl^eit  bed  3)lufi{erd, 
«ber  brei^ig  Slrien,  italienifdge,  frana5ftf$e,  tragifd^e,  lomifc^e  Don  aller 
9[rt  (Sl^oralter  I^Aufte  unb  Dermtfd^te;  balb  mit  einem  tiefen  Saffe 
flieg  er  bid  in  bie  ^öQe,  bann  jog  er  bie  jtel^te  aufammen,  unb  mit 
einem  (ififtelton  a^^^i^  et  bie  ^ol^e  ber  ßüfte,  med^feltoeife  rafenb,  be« 
fdnftigt,  gebieterif<$  unb  fl)öttif(!ö»/  „S)em  ruhigen  Setoufetfein,  ba« 
el^rUd^ertoeife  bie  SJtelobie  be8  (Suten  unb  SBa^ren  in  bie  ©leid^l^eit 
ber  Jone,  b.  f).  in  (Sine  SWote  fe§t,  erfd&eint  biefe  0tcbe  aU  «eine 
Ofafelei  Don  äSa^rl^eit  unb  S^oD^ett,  als  ein  ®emtfd&  Don  ebenfoDiel 
©efd^td  als  Sttebrigleit,  Don  ebenfo  rid^tigen  ate  falfdgen  3been  unb 
Don  einer  fo  DöDigen  9}er{el^rtl^eit  ber  Smpftnbung,  fo  DoDflommener 
6(i^änblidg!eit,  als  g&naUdger  Offenl^eit  unb  SSal^rl^eit»."  ^ 

S)er  Derrfldie  SRufilud  ift  „9^ameau^8  S^effe",  ba8  rul^tge  unb 
el^rlid^e  93en)U§tfein  ift  2)iberot,  ber  unter  bem  £itel  „Slameau'd  9}effe'' 
ein,(Sef))rA(i^  ^interlaffen,  loelc^eS  (Soetl^e  aU  ein  l^ödgjt  geniales  SBerl 
gefd^&^t,  in  bie  beutfc^e  Sitteratur  eingeffll^rt  unb  als  ein  DoDft&nbigee^ 
unb  treffenbeS  (Sem&Ibe  ber  ganaen  menfd^Udgen  (SefeQfd^aft  beaeid^net 
l^at.  2)iberot  l^at  fein  (Sefpr&d^  tool^I  nidgt  Dor  bem  3a^re  1765 
ntebergefd^rieben,  menn  fc^on  in  ber  erften  SIbfaffung  Don  ber  burd^ 
SSottaire  betoirften  geric^tüdgen  @r!lörung  ber  Unfd^ulb  beS  l^ingerid^ieten 
3.  galas  bie  Siebe  mar.  ©oetl^e,  bem  ©dritter  eine  Slbfdbrift  beS  nad&= 
gelaffenen  JffierleS  mitgetl&eitt,  l^at  baffelbe  im  Sanuar  1805  flberfe^t; 
in  biefer  @efta(t  ift  baS  biberotfdge  Ser!  nod^  in  bemfelben  ^al^re  er« 


Sbenbaf.   @.  380  u.  381. 

25* 


888  3)eT  Oeifl. 

fd^ienen  unb  l^at  auf  $egel  offenbar  ben  tiefge^enben  SinbrudE  getnacibt» 
bog  in  bemfelben  ber  3uftanb  bed  ftttltd^en  äierberbenS,  mie  er  in  bei 
franjöfifd^en,  insbefonbere  partfer  ©efeUfd^aft  unter  Qubmig  XV.  ge- 
^errfd^t  unb  in  ber  fron}5ftfd^en  Sieoolution  ein  Snbe  mit  Sd^redEen 
genommen  l^at,  unflbertre^id^  gefd^ilbert  fei.  S)a8  9Ber{  lam  i^m  tote 
gerufen;  ed  mar  eine  l^od^fl  intereffante  parallele  gu  ben  ®eflalten  bti 
SetDugtfeinS,  bie  er  als  „bte  äBelt  beS  ft((  entfrembeten  Seifted",  als 
«bie  SBilbung  unb  il^r  0letd^  ber  SBirHidgleit"  in  ber  ^l^änomenologie 
barjuflcQen  bie  Aufgabe  l^atte.  2>a]^er  bie  9tei]^e  oon  Slnf|)ielungen 
unb  ^nfül^rungen,  bie  ftd^  auf  baS  goetl^e-biberotfd^e  SBert  bejiel^en.^ 

S)ie  ^^ilofop^ie,  bie  in  bem  ©efprftc^e  l^errfd^t,  ifi  bie  bed  ^el^ 
t)etiud  unb  beS  äJtaterialiSmud;  bie  93egriffe  beS  ®uten  unb  Söfen, 
ber  "SRoiai  unb  O^i^eil^eit  finb  Unioefen,  bie  Sntn^idtung  bed  Sltenfdb^n 
ifi  beterminirt  burd&  bie  35ererbung:  «manes  suos  quisque  patimur». 
2>ie  Sr}ie]^ung  Ireugt  bie  93ererbung  unb  ))er]^ungt  ben  SOtenfd^en,  fie 
madgt  ^rten,  aber  !eine  3nbtt)ibualitAten.  ^3ft  er  beftimmt,  ein  red^t- 
lid^er  SKann  gu  »erben",  fagt  9lameau'8  SReffe  Don  feinem  ©ol^n,  ^fo 
mfirbe  id^  nit^t  fd^aben;  aber  mollte  bie  Srbfafer,  bag  er  ein  Stauge» 
nid^ts  iDürbe,  tt)ie  fein  Spater,  fo  loftre  bie  fdmmtUd^e  3Mf)e,  i^n  gu 
einem  el^rlid^en  3Ranne  gu  mad^en,  il^m  fe|r  fd^äbHdg.  3nbem  bie  dt^ 
giel^ung  immer  ben  ^ang  ber  Srbfafer  burd^Ireugt,  fo  mflrbe  er,  lote 
burd^  gtt)ei  entgegengefe^te  ^&fte  gegogen,  ben  SBeg  beS  Sebend  nur 
f(6tt)anlenb  gelten,  teie  man  beren  fo  Diele  fielet,  bie  fid^  gleidb  linlifcb 
im  ®uten  mie  im  S3öfen  benel^men.  2)ad  l^ei^en  mir  @8))eced;  ooti 
aQen  @))i^namen  ift  bieg  ber  fürc^terlid^fte,  %enn  er  begeid^net  bie 
3JlitteIm&BigIeit  unb  brüdft  bie  l^öc^^e  @tufe  ber  IBerad^tung  au8. 
@in  groger  2:augeni(6t8  ifi  ein  groger  Saugenid^tS,  aber  er  ift  leine 
espece." 

2)tefer  fel^r  d^ratteriftifd^e  SuSfprudg  ift  baS  erfte  9ßort,  meld^8 
^egel  au3  bem  biberotfd^en  2>iaIoge  angeffll^rt  l^at^:  e8  enthält  bie 
gange  Sntmert^ung  beS  Sdlgemeinen,  alfo  auc^  beS  Salären  unb  ®uten, 

>  (Ebenbaf.  6.356-385.  ^gl.  Goethe:  .SHamcatt'S  9lc1fe.  dxn  S)taIog 
Don  ^iberot.  ttiti  bem  !Dlanufcript  fibctfe^t.'  6&mtn(I.  Betfe  in  30  »ftnben 
©ollQ  1851).  ob.  XXIII.  6.211,  212,  217,  218.  -  <S>\t  genannten  6tflcfe  ber 
$tänomenoIoQie  finb  mo^I  im  ^erbfi  1805  üerfagt  toorben,  ein  ^a^r  Dor  ber 
B^la^t  bei  3ena,  in  toeld^em  Seitpuntte  ba8  SBer!  befanntlicb  fein  Cnbe  erreiilbt 
f^at.  »gl.  oben  »u4  1.  (lap.  VI.  6. 68-70.  —  >  Sbenbaf.  6.  388.  —  «oetl^el 
aOBerfe.  XXIII.   S.  217flgb. 


\ 


.  'J<y    %  •*'^y  ^ 


2)CT  ft4  eittfrembcte  unb  bei  feiner  felbfl  gekDtffe  ®eifl.  889 

boS  93etfpie(  einer  guten  ^anblung,  bU  bet  Srjä^Iet  ertDfil^nt,  toirb 
als  etoaS  abfolut  9)eretn3elte8  angefel^en  unb  nur  als  Slnelboie  ge« 
tüürbtgt.  S^tgt  balS  einfädle  99eU)ugtfetn,  bog  baS  SSortrefflid^e  lein 
leerer  fflamt,  fonbern  Dor^anben  ift,  „fo  fielet  bie  allgemeine 
9Bir!lidgfeit  befi  t)er{e^rten  S^l^unS  ber  gangen  realen  SSelt  entgegen, 
n)orin  jenes  Seifpiel  alfo  nur  ettoaS  gang  äJereingelteS,  eine  S8))ece  aus- 
niad^t,  unb  baS  Dafein  beS  ®uten  unb  @beln  als  eine  eingelne  Stnelbote, 
fte  fei  fingirt  ober  toal^r,  bar^eDen,  ip  baS  Sitterfle,  toaS  oon  il^m 
gefagt  merben  lann".  S)iefeS  gerreigenbe  unb  gerriffene  93en)U^tfein 
ift  xod^jii  im  @tanbe,  baS  SubjtantieUe  gu  beurtl^eilen,  aber  eS  l^at  bie 
Sföl^igfeit  Derloren,  eS  gu  faffen.^ 

(\     ! 
4.  2)a<  glaubenbe  ©etoujtfein.«      ..  mm; 


3nbeffen  befielet  im  (Segenfa^e  gu  bem  gerriffenen  SBetoufetfcin  unb 
ber  il^m  gemäßen  SBirflid^feit  nodg  ,,baS  reine  SBeiou^tfein",  melc^eS 
in  ber  Or^rm  ber  religiöfen  ©emigl^eit  ben  ®lau6en  an  baS  SSal^re 
unb  ®ute  beioal^rt  unb  beffen  SrfflDung  unb  SSoUenbung  in  einer 
SBelt  beS  ®tau6enS  erblidt,  bie  eS  ber  »irfUdgen  SBelt  entgegenfteQt. 
2>ie  SJldc^te  ber  (enteren  ftnb  @taatSmad^t  unb  9%eid&tl^um  unb  ber 
©eift  beS  2)tenfieS  unb  beS  $reifeS  als  uneble  unb  falfc^e  ©((meid^elei 
im  3Jlunbe  ber  C^^fünge  unb  ber  @d&maro^er.  3n  ber  äSelt  beS 
©laubrnS  l^errfci^t  ®ott,  bie  malere  unb  abfolute  äJlad^t,  bie  gur  €r= 
löfung  ber  äfteufd^^eit  fid^  felbfl  Eingegeben  unb  aufgeopfert  l^at:  baS 
ift  ber  abfolute  unb  loal^re  9teid^tl^um,  bie  »al^re  unb  abfolute  ®fite; 
in  ber  t)om  gSttlid^en  ®eift  burd^brungenen,  Don  Slnbad^t  unb  2)anl 
erfüllten  ®emeine,  in  biefem  teal^ren  ®eift  beS  2)ienfteS  unb  ^reifes, 
ifl  baS  abfolute  SBefen  gu  fi(6  gurfidgelel^rt  unb  DoDenbet.  3toif<l6en 
biefer  SSelt  beS  ®IaubenS  unb  ber  n^irüidben  äBelt  ber  93ilbung  befte^t 
eine  geioiffe  Sufammengel^örigfeit.  2)ie  Sn&c^te  jener  Derl^alten  fi(E  gu 
ben  SRöd^ten  biefer,  »ie  bie  äBal^r^eit  gur  Süge,  loie  baS  ^ibeal  gur 
jtaritatur,  n)ie  bie  f^ülle  beS  göttlid^en  breieinigen  SebenS  gur  eitlen, 
leeren  unb  gerriffenen  93ilbung  beS  menfd^lid^en. 

2)ie  l^ier  befinblic^en  Erörterungen  über  baS  reine  93en)ugtfein, 
»eld^eS  ben  ®lauben  unb  bie  reine  Sinfid^t  in  fid^  fc^Iiegt,  gel^ören 
gu  ben  bunlelften  93lättern  ber  $l^önomenologie  unb  erl^alten  i|r  Sid^t 


S{^ 


'  ^egeU  aOßerfe.  II.  @.  383  u.  384.  —  >  (Sbenbaf.   2)er  (glaube  unb  bie 
reine  (Einfi4t.  @.  885-398. 


390  S)et  ®etfl. 

QuS  bem  eben  gebadeten  SSetl^dltntg  foiDol^I  ber  Stitgegenfe^ung  q(8 
ber  3ufammenge]^öttglett  unb  ^oraKele  gtoifd^en  ber  SBelt  bed  ®Iauben3 
unb  ber  SBcIt  ber  Silbung.  3)er  ^l^tlofot)^  tebc  felbp:  „®te  ©ette 
be§  9ln«  unb  g^ürfid^feinS  im  glaubenben  93en)u§tfein  tft  fein  abfoluter 
©egenftonb,  beifen  ^nl^alt  unb  93eftimntung  fid^  ergeben  l^ot.  S)enn 
er  ift  nad^  bem  ^Begriffe  bed  ©laubenS  nic^lS  anbereS  als  bie  in  bie 
^IKgemetnl^eit  beS  reinen  SemugtfeinS  erl^obene  reale  Seit.  2)ie 
@Ueberung  ber  le^teren  mad^t  bal^er  aud^  bie  Organisation  ber  erfiereit 
aus,  nur  bafe  bie  Xl^eile  in  biefer  in  il^rer  Segeijlung  jid&  nidftt  cnt= 
fremben,  fonbern  an  unb  ffir  fid^  feienbe  SBefen,  in  fid^  jurüdEgelel^rte 
unb  bei  ftc&  felbft  bleibenbe  ©eifler  jtnb."  „@ie  nad&  ber  du|eren 
Seflimmung  il^rer  gorm  furj  3U  nennen,  fo  ifl,  toie  in  ber  SBelt  ber 
93ilbung  bie  @taatdmad^t  ober  baS  @ute  baS  @rfte  mar,  aud^  ^ier 
ba9  erfte  ba8  abfolute  SBefen,  ber  an  unb  ffir  fid^  feienbe  ®etft, 
infofern  er  bie  einfädle  etoige  ©ubftanj  ifl.  3n  ber  9lealiftrung 
i^reg  S3egriff$,  ®eifi  ju  fein,  gel^t  fie  in  baS  Sein  fär  anbereS 
Aber,  il^re  ©id^felbftgleid^l^eit  mirb  gum  mirllic^en  fid^  aufo))fernben 
abfoluten  SBefen,  eS  toirb  jum  ©elbp,  aber  jum  tjergönglid^en  @elbft. 
2)al^er  ift  bag  britte  bie  ütfläfelgr  beS  entfrembeten  @elbftS  unb  ber 
erniebrigten  ©ubftang  in  il^re  eifie  Sinfad^l^eit,  erft  auf  biefe  äSeife  ifl 
ftc  al8  ®eift  öorgefteHt."  ^ 

SBenn  aber  baS  glaubenbe  SBetougtfein  baju  gelangt  ifl,  ®ott  ald 
®eifi  oor}uftellen,  fo  lann  autb  bie  religiöfe  Snbad^t  nid^t  bobei 
flel^en  bleiben^  nur  an  ®ott  gu  benfen  unb  fid&  in  biefe  SBorfteBung 
gläubig  gu  oerfenlen,  fonbern  fie  mug  bagu  fortfd^reiten,  bag  ®oit 
mirflid^  gebadet  toirb  (gum  ®ebad^tmerben  ®otted),  unb  eS  mug  aus 
bem  @lauben  als  beffen  Orolge  unb  Or^ud^t  bie  reine  Sinfid^i  ^ertor^ 
gelten.  2)arum  l^ei^t  baS  Xl^ema:  „^tx  ®laube  unb  bie  reinig  <Ein= 
ßd^t",  meldte  beibe  baS  reine  SSetougtfein  in  {td&  begreift.  SEBeil  biefeS 
bie  Sflud^t  au8  ber  SBirflid^Ieit  in  eine  ienfeitige  3Belt  ift,  barum  i^ 
es  ©laube;  meil  eS  99en)u^tfetn  beS  SefenS,  b.  1^.  beS  einfad^en 
3nnern  ifi,  barum  ift  eS  3)en!en.  3)iefeS  ift  „baS  ^auptmoment  in 
ber  9tatur  beS  ®(aubenS,  ha^  geioSl^nlidg  flberfel^en  toirb''.  9Bie  baS 
Semugtfein  gum  @elbPetougtfein,  fo  mug  aud^  bas  glaubenbe  Semugt* 
fein  gur  felbftbemugten  9}ernunft  fortf (freiten:  eben  barin  befte^t  bie 
reine  ©infid&t.     „©ie  ift  nid&t  nur  bie  ©etoife^eit  ber  felbfibetoufeten 

1  Sbenbaf.  @.  388  u.  389. 


S)cr  fl4  cntftembctc  unb  bei  feiner  felbft  geioiffe  (Beiß.  391 

93etnunft,  alle  äBol^rl^eit  )]u  fein,  fonbetn  fie  toti^,  bag  fte  bied  tft." 
,,2)tefe  reine  Sinfid^t  ift  alfo  ber  ®eijl,  ber  allem  Semugtfein  juxuft: 
feib  für  eu(ft  felbfi,  loaS  il&r  alle  an  eu(%  felbft  feib,  —  Der' 
nftnftig."' 

5.  S)ic  ttufKärung. 

3)ie  @infi(6t  ift  ixoax  bie  fj^olge  unb  S^rud^t  beS  ®lau6en$  unb 
ber  il^m  intoo^nenben  ®ebanlen,  aber  fte  mu^  al8  (Sinfic^t  beut 
3uftanbe  bed  gtaubenben  93en)u^tfeinS  entgegentreten,  biefeS  als  t^r 
©egent^eil,  als  fatfcfte  einfielt,  als  Srrt^um  unb  Sorurtl^eil,  b.  ^. 
ate  Slberglauben  auffaffen  unb  als  fold^en  bet&mpfen:  in  biefer  il^rer 
Sntgegenfe^ung  unb  SSerbreitung  mirb  bie  reine  Sinfidbt  gur  %uf» 
IlArung.  @d  ifl  bie  i^iaQt,  toeld^er  9lrt  ber  Stampf  ber  9lufflärung 
mit  bem  Slberglauben  ift,  unb  morin  il^re  Sa^rl^ett  befielt?* 

1.  3n  ber  erften  5orm  gel^t  bie  9lufllftrung  §anb  in  ^anb  mit 
jenem  jerreifeenben  unb  jerriffenen  Seiou^tfein,  toelcfiefi  bie  l^errfcficnben 
3uft&nbe  ber  Sßirflicfefett,  barunter  aud^  bie  ®lauben8juft&nbe  geiflreid^ 
unb  mi^ig,  ä^enb  unb  aufl5fenb  beurt^eilt  unb  berebet,  auf  melc^em 
Sßege  fidg  bie  3luf!(ärung  g(eid^  einem  penetranten  2)ufte  unmerllid^ 
ausbreitet  unb  baS  glaubenbe  93eU)u§tfein  anftedEt.  @o  ^at  bie  Stuf- 
Ilärung  gar  ntd^t  nSt^tg,  als  eine  befonbere  (Sinftdbt  über  bie  äBelt 
ber  Silbung  aufzutreten;  „biefe  l^at  t)ielme]^r  felbft  baS  fd^merjlid^fte 
®effi]^l  unb  bie  mal^rfie  Sinftdgt  über  fid^  jelbft,  baS  ®efü^l,  bie  Sluf* 
lüfung  aDeS  fid^  93efeftigenben,  burd^  aQe  aJlomente  i^reS  2)afeinS 
l^inburd^  gerabert  unb  an  allen  ^noc^en  }erfc^lagen  ju  fein;  ebenfo  ift 
fie  bie  Spradge  biefeS  ®efü^ls  unb  bie  beurt^eilenbe  geiftreid^e  0lebe 
über  aOe  Seiten  iljreS  3uftanbeS".'  S)er  3)uft  ber  3luf!lärung,  überall 
einbringenb,  mirft  fo  aUmd^lid^,  bag  bie  9lnftedEung  erft  gemerft  mirb, 
nac^bem  fie  gefc^e^en  ift,  mie  Stameau^S  Steffe  biefen  Uebergang  Dom 
®lauben  jum  Unglauben,  ber  bem  ®ö^en  ben  ^als  bricht,  fd^ilbert: 
«Sin  einem  fdgönen  äJlorgen  giebt  fie  mit  bem  SQbogen  bem 
Aameraben  einen  Sc^ubb  unb  99au|!  93arabau^!  ber  ®ö^e  liegt  am 
Soben».  „2ln  einem  fd^önen  aJlorgen,  bcffen  IDlittag  nic^t  blutig 
ift,  toenn  bie  SInfiedCung  äße  Drgane  beS  geifiigen  SebenS  burc^brungen 
i)at;  nur  baS  ®ebdd^tnig  bemal^rt  bann  noc^  als  eine,  man  meig  nicbt 


'  Sbenbaf.  6.  388,  6.  391-393.  —  »  Sbenbaf.  II.  2)ie  ^ufK&tung.  6.  393 
bxi  426.  a.  S)er  l?ampf  bei  StufH&rung  mit  bem  Slberglauben.  6.  395-419. 
b.  a)ie  aOÖQ^r^eit  ber  «ufflftTung.    ©.  419—426.  —  »  ebenbaf.  6.  393. 


392  2)eT  ®eift. 

mie,  Dergangene  ®e|d^id^te  bie  tobte  äBeife  ber  Dortgen  ®e{lalt  bed 
©elftes  auf;  unb  bie  neue  für  bie  Anbetung  erl^dl^te  ©dglange  ber 
SBeiSl^eit  j^at  auf  biefe  Sßeife  nur  eine  melfe  ^aut  ft^merjIoS  ab= 
ftreift."* 

2.  3n  ber  jtoeiten  gform  erfd^eint  bie  Sfufllärunfl  nid&t  mel^r  gletife 
einem  3)uft,  ber  ftd^  in  ber  Stille  Derbreitet  unb  il^r  ©egentl^etl  ge- 
räufc^IoS  fiberioältigt«  fonbem  im  lauten  unb  lärmenben  Aampf  mit 
bem  ©lauben,  ben  fie  als  einen  falfdgen  ®(auben,  als  Aberglauben 
Derfd^reit,  als  ein  0lei(^  beS  ^rrtl^umS  unb  ber  S^orurtl^eile,  als  Sug 
unb  Srug,  looburdg  man  bie  groge  3Ra{fe  betl^ört  l^at  unb  im  Suftanbe 
ber  Unterbrfldung  ]§&It.  SDal^inter  ftel^t  in  böjer  Ab^d^t  eine  betrfigerifcbe 
^iefterfc^aft  im  93unbe  mit  ben  toeltlidgen  ^errfd^ern,  beibe  aus  (Stgett- 
nu^,  aus  Habgier  unb  ^errfc^fud^t  Dereinigt  unb  Derfd()moren,  bad 
fßott  gu  täufd^en,  ju  Derbummen  unb  in  ber  ©eifleSDerbunletung  ju 
erl^alten.  S)a]^er  rid^tet  ftdg  ber  Aampf  ber  9(uf!lSrung  nad^  brei 
Seiten,  fie  fämpft  gegen  bie  S^oIfSreligion,  gegen  bie  $riefterfd^ft 
unb  gegen  bie  S)eS))oten:  gegen  2)umm]^eit,  93etrug  unb  UnterbrfidEung. 

3.  S)ieS  ifl  nun  gleid&fam  baS  ®ogma  ober  bie  fable  convenue  ber 
Aufft&rung,  nad^  roeld^er  ber  Urfprung  ber  üleligion  in  lauter  fiügen 
unb  unlauteren  3ö>edCen  befielen  foß.  S)iefe  Stupdöt  aber  ifl  grunb- 
falfdö,  unb  jtoat  Dom  ©tanbpunfte  ber  2lufH4rung  felbft,  bie  eS  ja 
ber  JBolfSreligion  jum  SBortourfe  mac^t,  baft  in  feinem  ©louben  an 
®ott  baS  aSolI  fein  eigenes  SBefen  Dorfteile.  2)arflber  aber,  n>aS  baS 
SBefen  eines  9}ol!eS  ijt  unb  il^m  als  folc^eS  erfd^eint,  giebt  eS  leine 
SEftufd&ung.  !ölan  lann  SKeffing  für  ®olb,  falfd^e  SBedöfel  für  ed^te 
ausgeben  unb  eingelne  SSegebenl^eiten  erlügen  ober  Derf&lfdgen,  aber 
man  lann  einem  ä^olle  nidgt  baS  SBewu^tfein  über  fein  Sßefen,  ni(!bt 
bie  ®en)iBl^ett  feiner  felbft  anlügen.  „Sßenn  bie  allgemeine  S^rage 
aufgefteOt  »orben  ift,  ob  eS  erlaubt  fei,  ein  JBoIf  ju  töufd&en, 
fo  müfete  in  ber  S^at  bie  Slntwort  fein,  ba§  bie  gfrage  nidftts  tauge, 
»eil  es  unmöglidö  ifl,  l^ierin  ein  SBol!  ju  täufd&en."*  CS  i|t  bal^er 
eine  Süge,  unb  itoai  eine  bemühte,  toenn  bie  Slufflärung  Don  ber 
SBolfSreligion  bel^auptet,  bafe  pe  il^rem  SBefen  unb  Urfprunge  nadb 
ßüge  fei.  hieraus  erflört  fid&,  bafe  unb  »arum  ber  SBolfSreligion  in 
il^rem  rid&tigen  Selbftgefü^l  bie  SlufHörung  fetbfl  als  ßüge  erfd^eint. 

1  Cbenbaf.  ©.397  u.  398.  -  ®oetf)e«  ©eile.  »b.  XXIII.  ©,211f[8b.  — 
-  «  ^egel.   SBetfe.  n.   6.398-402. 


^er  ft4  cntfrembete  unb  ber  fetner  felbß  getDiffe  (Beifl.  393 

4.  9ßa8  bie  Sigenid^aften  ber  93oIf§reItgion  nä^er  betrifft,  fo  finb 
QU(i6  l^ier  brei  Seiten,  toeld^e  bie  3(uf!(äruitg  ins  9[uge  fa^i  unb  be« 
fämpft:  bie  ®Iauben8objecte,  bie  ©laubenSgrflnbe  unb  ben  ®Iauben8> 
ober  ©ottedbienfl,  anberS  ouSgebrfldEt:  bie  religiöfen  ®egenflänbe,  boS 
religidfe  äBtjfen  unb  baS  religiöfe  5£^un  (g^ultus).  9Ba£  fie  in  allen 
brei  Sejiel^unscn  bef&m))fi,  ift  bod  obetgldubifc^ie  SBefen,  toeld^eS  in 
^nfel^ung  ber  S^orjtellung  Don  ©ott  ate  ^(ntl^ropomorpl^ifirung  l^ertior' 
tritt,  in  Snfel^ung  ber  @(auben8s^Ant^  ober  beS  religiöfen  SBiffend 
in  bem  Minben  SJertrauen  auf  einjelne,  fogenannte  l&ifiorifd&e  9la(b= 
rtd^ten  ober  3sugni{fe  befielet,  enblid^  in  Snfel^ung  beS  religiöfen 
5£]^un3  ober  bed  Sultud  fidi  in  ber  SSerel^rung  einjelner  finnlidger 
S)inge,  toie  Stein«  unb  ^olgblödfe,  eines  Stfidd^en  SrobteigS  u.  f.  f., 
iurjgefagt  in  bem  „^ocuSpocuS  taf(i6enf))ielerifd^er  ^riefler"  barfieOt. 
^näi  erfd^eint  eS  ber  ^ufOdrung  unjmedmfigig  unb  unred^t,  bag  ficb 
baS  religiöfe  S^l^un  in  einjelnen  öugerlid^en  Opfern,  tt)ie  in  gett)iffen 
S3efi^eSentdugerungen,  gen)iffen  Sntl^altungcn,  Or^ften  u.  b.  offenbaren  foD. 

2)arin  befielet  bur(i6g&ngig  ber  Unmertl^,  baS  Unreii^t  unb  bie 
Otinmad^t  ber  ^ufHörung  gegenüber  ber  SSoüSreligion,  bag  fie  in  beren 
S3ett)ugtfein  nid^t  einjubringen,  nid^t  aus  biefem  l^erauS  gu  urtl^eilen 
oerfiel^t,  fonbem  öon  Stufen  l^erein  rebet  unb  beSl&alb  in  ibren  Urtl^eilen 
unb  5Berurtl|eUungen  baS  Object  nid^t  trifft,  öielmel^r  in  ben  Slugen 
ber  SSoIfSreUgion  als  SSerbrel^ung  unb  SUge  erfd^eint. 

3)ie  Slntbropomorpl^ifirung  @otteS,  melcbe  bie  Slufftörung  oertotrft, 
grünbet  fid^  in  ber  93oIfSreIigon  auf  baS  tiefe  unb  malere  93ebürfni§ 
nad6  ber  8ebenbig!eit  ©otteS,  ol^ne  tocid&e  oon  einer  3ncarnation  unb 
^nnertteltlid^feit  ©otteS  nidfet  bie  Siebe  fein  lann.  S)ie  2(uf!Iftrung 
aber,  bie  aDe  SSerenblid^ung  ©otteS,  aUt  antl^ropomorpl^ifd^en  SBefiimmt- 
l^eiten,  bie  il^m  jugcfcbrieben  toerben,  als  «ein  ftrfiflidbeS  Seilager"  Der* 
urtl^eitt,  aus  bem  bie  Ungel^euer  bcS  3(berg(aubcnS  geboren  toerben, 
Idgt  oon  ©Ott  nid^ts  übrig  als  ein  „SSacuum'',  als  baS  fogenannte 
böd&fie  pr&bicatlofc  SBefen  «l'etre  supreme»,  ber  SluSbünftung  etneii 
©afeS  t)ergteid^bar,  xoit  bie  3(ufHörung  fclbft  jenem  unaufl^altfam  fid) 
auSbreitenben  2)uft.  3n  biefer  leeren  SBorfieQung  oon  ©ott  liegt,  tt)aS 
man  „bie  ^piatt^eit"  ber  2luffl&rung  nennt,  unb  baS  ©efi&nbnife  biefer 
^tatt^eit.^ 


ebenbaf.   8.408,6.411-413.    »qI.  6. 429. 


'\v« 


394  2)er  ®eift. 

5.  3ene  ^iatS^xii^Un  unb  Seugnijfe  fiifilifd^et  unb  Iegenbarif((er 
|[rt  toerben  Don  fetten  ber  3(uf!I&tung  gletdg  SettungSnod^rtti^ten  g^ 
f(!^&$i,  ttiorauS  tt)tr  bie  jEenntntg  geiotffer  SBegebenl^eiten  fd6ö))fen, 
mäl^tenb  fie  bem  reltgiSfen  SSeton^tfein  nxäit  gut  ClueQe,  fonbem  )ur 
Seßöttgung  feines  @Iauben8  bienen,  ber  Diel  ju  tief  tDurgelt,  um  Don 
ber  Suf&Oigfeit  fold^er  9lQdgri(i6ten,  il^rer  Stufjeidgnung,  Slufbeioal^rune, 
Uebertrogung  u.  f.  f.  abl^&ngig  ju  fein.  SSienn  baS  religi5fe  93ett)u§t- 
fein  boju  fortgel^t,  biefe  Slat^riti^ten  aU  ©laubenSqueOe  angufel^en  unb 
a(8  fold^e  ju  prüfen,  fo  ifl  e$  f^on  Don  ber  9[ufHärung  angeftedt  unb 
Derffl^rt.^ 

6.  2)ie  Stufflörung  totVi  baS  religiöfe  Xl^un  nur  naä^  ^ttjug 
feines  religiöfen  €l^ara!ter8  gu  fd^&^en,  xotltbtn  leiteten  fie  nici^t  Der» 
ftel^t;  bal^er  bel^&It  fie  nid^tS  flbrig  qIS  ein  äugereS  ^anbeln,  beffen 
Unjmedmdgigieit  unb  Unrid^tigfeit  fie  Dem)irft;  fte  fielet  in  ber  ^o^ie 
ein  Stfldd^en  Srobteig,  im  £)))fern  unb  f^ften  Sntfagungen,  bie  ben 
3D)eden  unb  Siedeten  beS  natürUd^en  SnbiDibuumS  Hbbrud^  tl^un. 
Sienn  baS  religiöfe  93ett)ugtfein  baS  SBebarfnig  fül^U,  fid^  Aber  feine 
natflrlid^e  (Singetnl^eit  gu  erl^eben  unb  beSl^alb  fid^  getoiffe  notürlid^e 
(Benüffe  unb  ^Vergnügungen  ]u  Derfagen,  aud^  etmaS  Don  ben  Stitteln 
baju  freitoiQig  aufgugeben,  fo  fann  ed  in  bicfer  ^bfid^t,  olfo  in  feinem 
@inn  nid^t  gioedEmägiger  unb  rid^tiger  l^anbeln  olB  gu  o))fern  unb  gu 
foften. 

7.  ^ter  ift  ber  $un!t,  in  D)eld^em  Religion  unb  9lufII&rung  fi^ 
toiber  einonber  gufpi^en.  9lad^  ber  ^uf!(&rung  ifl  baS  natfirlid^e 
Snbioibuum,  ber  9)lenfd^  aU  bemugtes  Stl^ier  ber  @d^5))fungSgn)ed; 
nac^  bem  ©lauben  ifl  bie  Uebertt)inbung  unb  ^ufo))ferung  beS  natttr^ 
Hd^en  SRenfd^en  ber  9leligionSgtt)edE. 

2)er  äJlenfd^  lebt,  um  glüdEtid^  gu  fein,  um  fid^  feiner  unb  ber 
Seit  gu  erfreuen,  um  fo  Diel  SBergnügen  unb  Srgb^en  aU  möglich  «gu 
erleben,  um  aKe  2)inge  gu  nfl|en  unb  felbfi  lieber  fid^  gum  gemeinnü|« 
lid^en  unb  allgemein  braud^boren  SJlitgliebe  beS  %x\ipp^  gu  mad^en. 
„dl  ifl,  n)ie  er  unmittelbar  ift,  aU  natürlid^eS  93en)ugtfein  an  fid^, 
gut,  als  SingelneS  abfolut,  unb  anbereS  ift  für  il^n,  unb  gioar, 
ba  für  i^n  als  baS  feiner  ben)u§te  Xl^ier  bie  9)lomente  bie  SSebeutung 
ber  SlUgemeinl^eit  l^aben,  ifl  SlleS  für  fein  S^ergnügen  unb  Srgö|UA^ 
feit,  unb  er  ge^t,  tt)ie  er  aus  ®otteS  ^anb  gefommen  ift,  in  ber  99Belt 

'  (JEbenbaf.  S.  406. 


S)er  M  entfrembete  unb  bcr  feinet  felbfl  geatffe  Qeifl.  395 

als  einem  für  i^n  gefdgoffetten  ©orten  uml^er.  —  Sr  mug  auc^  Dom 
SBaum  ber  Srfenntnt^  bed  ®uten  unb  beS  93ö{en  gepftüdi  l^aben,  er 
beft^i  bartn  einen  92u^en,  ber  tl^n  Don  allen  Slnbern  unterfd^eibei, 
benn  suföaigermeife  ifl  feine  an  ft(6  gute  Slatur  aud^  fo  6ef(i6affen, 
ba§  il^r  ba8  UebermaaS  ber  (grflö§Ud&feit  ©d&aben  tl^ut"  u.  f.  f. 

2)08  menfd^Iic^e  S)afein  ift  Doffer  Stufen  in  actioem  tote  ))afftDem 
©inn.  SRodft  nü^lid^er  iji  bie  (Srfenntntfe,  ba  fie  ben  SWettfdfeen  oor 
@(|aben  beioal^rt  unb  i^m  bie  t^euben  beS  2)Qfetn8  fi^ert.  Unb  ba 
alles  S)afein  Don  ®ott  !ommt,  in  ber  SBejiel^ung  bed  aßenfd^en  gu 
®ott  aber  bie  fReligion  befielet,  bie  einer  folc^en  begIfldEenben  SebenS« 
anfc^auung  ju  ®runbe  liegt,  fo  ij!  bie  Steligion  unter  aller  9?fl^Ii(b' 
feit  baS  Sinernü$U(i6jie,  benn  fie  ifl  ber  reine  9lu§en  felbfl, 
fte  ift  bied  SSeftel^en  aller  2)inge  ober  il^r  S(n-  unb  Orürfici^fein  unb 
ba«  Sfattcn  aller  ®inge  ober  il^r  „Sein  für  anbere«".^  @o  beult 
bie  ^ufüdrung,  unb  eben  biefe  ^uffaffung,  toelii^e  bie  Sleligion  nad^ 
il^rem  9ifl$Iid^!eitStt)ert]^e  abf(!^d$t,  ifl  in  ben  Stugen  biefer  fd^IedEitl^in 
abfd^eulic^.^ 

8.  3nbeffen  l^errfd&t  gteifd^en  Sleligion  unb  «ufHftrung  ein  Weit«« 
jireit,  ber  niii&t  bIo§  nad&  bem  ©inn  ünb  3ntereffe  ber  Religion  ou«» 
getragen  unb  entfi^ieben  toerben  barf.  Sie«  l^iefee  bie  ^Partei  jum 
aiidfeter  mad^en.  3n  bem  fd^5nen  unb  l^armonifd&en  SÜeic^e  beS  fitt= 
lid^en  ®eißeS  lag  ber  ®egenfa$  beS  göttlid^en  unb  bed  menf(!^Iid&en 
®efe§eS,  toorauS  ein  tragifd&er  (Sonfßct  l&erDprging,  ber  ben  Untergang 
biefer  SBelt  l^erbeifül&rtc.  3n  ber  SBelt  bei  pdö  entfrembeten  ®eifleS 
unb  bem  jerllüfteten  Sfteidbe  ber  Silbung  erl^ebt  fid&  ber  ®egenfafe 
)tt)ifd^en  ^Religion  unb  StufH&rung,  gtoifd^en  bem  gSttlid^en  Steckte 
jener  unb  bem  menfd^Iid^en  9led^te  biefer,  loorauS  aud^  eine  5£rag5bie 
tierDorgel^t,  in  loeld^er  bie  9BeIt  beS  ftd^  entfrembeten  ®eifted  unb  ber 
aerriffenen  9ilbung  ein  Snbe  mit  ©c^redEen  nimmt. 

@S  l^anbelt  fid^  um  ben  @nttt)i(f(ung8gang  unb  bie  (Srl^ebungen 
beS  menfd^lid^en  Seiougtfeind:  l^ier  ftel^t  bie  ftegreid^e  ®en)alt  fletlS  auf 
feiten  beS  menfd^Iid^en  9%ed^t8.  2)ie8  gilt  aud^  Don  bem  menfd^Iid^en 
JRedbte  ber  äufflfirung.  Unb  biefe  ©ejoalt  ift  um  fo  fiegreid&er  unb 
untt)iberfie]^Kd&er,  als  in  ber  ^Religion  unb  bem  religiöfen  Seioufetfein 
felbfl  beibe  ©eiten  unb  beibe  Siedete,  ba«  göttlid&e  unb  menfd&Ud&e,  ent« 
l^alten  ftnb  unb  mit  einanber  fömpfcn.    S)a8  glaubenbe  SBetoufetfein 

>  (Sbenbaf.  6.410  u.  411.  —  <  (Sbenbaf.  6.412. 


y 


896  2)eT  Qeift. 

lebt  in  gtoei  äBeltett,  im  3en)ett8  unb  3)tejfeitd,  im  ^immel  unb  auf 
erben,  nid&t  etwa  mit  gleid^  gctl&cilten,  fonbem  mit  fo  ungleich  ge* 
tl^eilten  ^ntereffen,  ba§  beten  Uebergemid^t  in  baS  irbifd^e  S)ie{feit8 
föKt:  ^l  opfert  etioad  Don  feiner  ^obe  unb  feinen  ®enüffen,  —  ntc^t 
alles,  nur  etmad,  nur  ein  toenig,  —  um  mit  befto  größerer  ©id^er^eit 
aQeS  anbere  bel^alten  unb  genießen  gu  fönnen»  ©eine  (Sntfagungen 
finb,  bei  Si^t  betroii^tet,  SBerftd^erungen,  feine  Opfer  ftnb  (Srmerbungen, 
mo^I  angelegte,  jindtragenbe  Kapitale.  SSei  Sid^t  betrad^tet!  (Sben 
biefelS  Sid^t  l^at  bie  Slufflörung  angejflnbet,  l^ölt  tl  in  ber  ^anb  unb 
burd^leucj^tet  bas  religiöfe  93eiDU§tfein  bis  in  aDe  feine  SBinM.  Sfle 
Sntfagungen,  fie  mögen  fo  grog  ober  fo  gering  fein,  toie  fie  moOen« 
aKed  Ofaf^en  unb  Aafteien,  felbfi  bie  Sntmannung  eines  £)rigineS,  l^elfen 
nid^tS  gegen  bie  SBelt,  bie  im  3nnern  \\%i,  b.  i.  bie  SSegel^rlid^Iett 
unb  bie  Segierbe  nacb  Qufl.  Sd  ift  nait)  ju  meinen,  ba§  man  auf 
folii^e  Srt,  burdb  ein  äugereS  X^un  ober  Sfid^ttl^un  im  @tanbe  fei,  bie 
Sefiibaffen^eit  beS  SBiUenS  ju  Anbern.  „3)ie  ^anblung  felbft  ermeift 
fid^  als  ein  Au^erlid^eS  unb  einjelneS  Sl^un,  bie  99egierbe  aber  ifi 
innerlid^  eingett)utielt  unb  ein  allgemeines;  i^re  Qufi  Derf(^n)tnbet 
loeber  mit  bem  SEBerljeuge  nod^  burd)  eingelne  Sntbel^rung."^ 

3m  ^inblid  auf  biefeS  loiberfprudbSooQe  2>oppeneben,  toeld^eS  ber 
©laube  fäl^rt,  fagt  ^egel:  „2)aS  glaubenbe  Semugtfein  fft^rt  boppelted 
9Raa§  unb  ©emid^t,  eS  l^at  jmeierlei  Stugen,  gn)eierlei  O^ren,  jtteierlet 
Sunge  unb  ©prad^e,  eS  ^at  alle  SSorfteDungen  terboppelt,  o^ne  biefe 
S)oppeIfinnig!eit  )u  Dergleid^en.  Ober  ber  ©laube  lebt  in  jtoeierkt 
SBa^rnebmungen,  ber  einen,  ber  SBal^rnel^mung  beS  fd^Iafenben, 
rein  in  begrifflofen  ©ebanfen,  ber  anbern  beS  madfeen,  rein  in  ber 
finnlicöen  SBirlüd^feit  lebenben  Seiou^tfeinS,  unb  in  jeber  fülirt  er  eine 
eigene  ^auSl^altung,  —  bie  ^ufUdrung  beleud^tet  jene  l^immlifd^e  Sßelt 
mit  ben  SSorfteHungen  ber  finnlid^en  unb  geigt  jener  biefe  (Enblidb!eit 
auf,  bie  ber  @Iauben  nid^t  Derleugnen  !ann,  meil  er  Selbflbemugifein 
unb  l^iermit  bie  (Sinl^eit  i{t,  meldger  beibe  SBorfteDungStoeifen  angel^Sren, 
unb  iDorin  fte  nid^t  auSetnanberfallen,  benn  fie  gehören  bemfe(ben  un= 
trennbaren  einfad^en  @elbft  an,  in  meld^eS  er  übergegangen  ift. 
J&t  i{l  aus  feinem  9lei(6e  Vertrieben,  ober  bieS  9leid^  ifl  auSgeplünbert, 
in  bem  aQe  Unterfd^eibung  unb  SluSbreitung  beffelben  baS  load^e  99e- 
tou^tfein  an  ftd^  ri§  unb  feine  Sl^eile  aQe  ber  @rbe  als  il^r  Sigentl^um 
oiftbicirte  unb  gurüdtgab."* 

»  «benbaf.  6.  412-417.  -  «  «bcnbaf.  6,  418. 


3)cr  fi(ö  cntfrcmbctc  unb  btx  feiner  fclbft  getoifte  ©eifi.  397 

9.  2)Qd  3enfeit8  ifl  leer  geloorben.  <SlS  6Iet6t  bem  im  Siamp^ 
mit  ber  Stuffldrung  befiegten  ©tauben  mi^Ü  flbrtg  als  bie  @el^nfu(^t 
nad&  einem  leeren  3enfeit3,  b.  1^.  ein  blogeS  €ebnen.  S)er  @Iaube  ift 
auiS  bem  Aampf  mit  ber  Slufflörung  aliS  aufgeHdrter  ®Iaube  ^erDor* 
gegangen:  er  ift  bie  unbefriebigte  StufÜärung,  bie  9[uffl&rung  ifi  bie 
befriebigte.  9Bir  l^aben  nidgt  mel^r  ben  ©egenfa^  g^ifd^en  Steligiün 
unb  ^ufllfirung,  fonbern  nur  nod^  ben  in)if(i^en  ben  beiben  Srten  ber 
^ufll&rung,  ber  unbefriebigten  unb  befriebigten.  @d  giebt  nid^tS  ale 
9(utn&rung.  3)te  O^age  l^eigt:  morin  befielet  beren  äBal^r^eit  unb 
not^menbigeiS  (Srgebni^?  ^ 

2)ie  jtegreic^e  ^ufÜfirung  tl^eilt  fidb  nunmel^r  in  gn^ei  Parteien, 
benn  barin  geigt  unb  bettiäl^rt  ftd^  il^r  @ieg,  bag  il^r  ®egner  unb 
Ofeinb  nid^t  mel^r  il^r  gegenüber  unb  augerl^alb  il^rer  ftel^t,  fonbern 
innerl^atb.  „@ine  Partei  bett)d]^rt  fid^  erft  baburd^  als  bie  fiegenbe, 
ba§  fie  in  gioei  ^Parteien  gerfößt,  benn  baburdft  geigt  fie  ba«  ?PrinciJ), 
bas  fte  beldmpfte,  an  il^r  felbft  gu  beft^en,  unb  hiermit  bie  Sinfeitig= 
leit  aufgel^oben  gu  l^aben,  in  ber  fie  Dorl^er  auftrat."  »@o  ba§  alfo 
bie  in  einer  Partei  entftel^enbe  3^ictra(bt,  tt)eld)e  ein  UnglädE  fd^einl, 
öielmel^r  i^r  ®IüdE  betoeift."* 

S)ie  Ofi^age,  in  n)eld^er  bie  Parteien  fid^  fd^eiben,  betrifft  ha^ 
abfolute  SBefen,  ienfeitlS  unb  unabl^ängig  t)on  aKem  äSetou^tfein,  biefeS 
eigenfd^aftS-  unb  ))räbicatIofe  SBefen:  ob  baffelbe  als  @ott  o§ne  alle 
antl^ropomorpl^ifd^e  JBeflimmtl^eiten,  b.  1^.  al§  bas  l^öd^fte  SBefen  (1  etre 
supreme)  ober  ob  e§  aU  Rbxpn  ol^ne  oQe  ftnnlid^e  93ef(!^affen]^eiten 
(@enfattonen),  b.  1^.  als  SRaterie  gefaxt  merben  foK?  S)emnad6  unter- 
fdfeeiben  fidfe  bie  beiben  ^Parteien  ber  Slufll&rung:  bie  gläubige  unb  un« 
gläubige,  jene  ift  bie  beiftifd^,  biefe  ift  bie  materialiftifd^  gefinnte 
SlufHärung.  S)er  l^errfd^enbe  Segriff  ber  SlufHärung,  ben  beibc  ?Par= 
teien  bejahen  unb  forbern,  ift,  n)ie  xdxx  fd^on  oben  gegeigt  ^aben,  ber 
beS  9lfl^Hd^en,  b.  i.  bie  S3egie]^ung  aQer  2)inge,  ©otteS  unb  ber 
SSelt,  auf  baS  menfd^Iid^e  SBol^l  unb  baburd^  auf  ben  menfd^Iid^en 
SßiKen,  ber  in  feiner  t)6llig  uneingefd^rön!ten  g^reil^eit  für  fouoerön 
erllÄrt  unb  auf  ben  S^l^ron  ber  SBelt  erhoben  »irb. 

2)ie  abfolute  Of^eibeit  l^at  nid^tS,  baS  auger  il^r  toaxt  unb  unab= 
l^öngig  t)on  i^r:  ber  ©egenfa^  einer  jenfeitigen  unb  bieffettigen  SBelt 
^at  aufgel^brt  gu  gelten.     ,,S3a]^rl^eit  toie  ©egentoart  unb  9Birflid^Ieit 

»  Cbenbof.  6.419.  -  «  «enbaf.  6.420  u.  421. 


398  2)er  Qeiil. 

ftnb  Dereintgi  93eibe  äBelten  ftnb  Detföl^nt  unb  ber  ^intmel  auf  bie 
Sibe  l^erunter  Der)){{Qn3t/'  2)er  ®egenfa|,  ber  ^ä)  je^t  auftl^ut,  he- 
Qel^t  3tt)tfd&en  ber  obfoluten  ^retj^eit  unb  bem  Sieid^e  ber  99tlbung  mit 
allen  feinen  Unterfc^ieben  unb  Ungletd^^eiten.  ,,3nbem  bie  (Segenfd^e 
auf  bie  @))i^e  beiS  93egriff8  herausgetreten  ftnb,  tpirb  bieS  bie  nftc^^e 
@tufe  fein,  ba^  fie  jufammenfiürjen  unb  bie  Slufflfirung  bie  Orrfid^te 
il^rer  Staaten  erfäl^rt"^ 

IL  3)ie  abfolute  ^^^i'&cit  unb  ber  ©d&recfen.* 
1.  ^te  ®Iei4l^eU  unb  bie  SBetni^tuni). 

SQBir  muffen  fosleidö  an  ieneS  ©runbbogma  ber  Slufflftrung  er= 
innern,  bafe  ber  einjelne  SÄeufd^,  toie  er  au9  ber  §anb  ber  9}atur 
l^erDorgel^t,  untjerfünpelt  unb  unöcrborben  bur(^  bie  ber  S3ilbung,  gut 
ift  unb  beftimmt,  in  ber  SBelt  ate  bem  ©arten  ®oif es  gtt  mnbeln 
unb  lauter  S^reube  an  fi(!^,  ber  Sßelt  unb  feinen  ällitmenfd^en  ju  er^ 
leben,  beglüdt  unb  begifiäenb.  2)ie$  l^at  3n)ar  ber  aufll&rungdfeinblicl^e 
©taube  t)erneint  unb  beftritten,  aber  bie  auffldrungsfreunblid^e  Sleligion, 
b.  i.  bie  religiöfe,  beipifd^  gefinnte  ?lufHarung,  um  fo  flÄrfer  befrftftigt 
unb  auf  biefeS  3)ogma  eine  entl^ufiaftifd^  erl^Sl^te  unb  feurig  belegte 
fiebenSanfd^auung  gegrfinbet,  bie  fid^  unaufl^altfam  ber  ©emiltl^er  be^ 
mäii^tigt  l^at.  SOäir  rcben  Don  3.  3.  9iouffcau,  ben  ^cgel  nid&t  nennt, 
ber  i^m  aber  l&ier  unb  an  ben  oben  angefül^rten  ©teüen  feiner  ^^äno= 
menologie  ol^ne  S^^ifel  t)or  Singen  ftanb. 

%u8  biefem  ©tauben  an  bie  äBa^rl^eit  beS  natürtid^en  üAenfd^en 
ertt)ad&jt  bie  Ueberjeugung  Don  ber  Ungered&tigfeit  aller  S)ifferenjirung 
ber  3nbiöibuen  burdft  ßnttoidttung,  SBUbung,  focialc  Slbflufung,  ©tanbe8= 
untcrfdftiebe  u.  f.  f.,  furjgefagt  ber  ©taube,  ba§  bie  9Wenfd&cn  Don  Statut 
%U\(S^  feien  unb  ba%  aUt  i^re  Ungleidgl^eiten  im  Steid^e  ber  93ilbung 
unter  ber  ^errfd^aft  ber  StaatSmad^t  unb  beS  Sleid^tl^umd,  aDe  biefe 
Ungleid&l^eiten  an  SBeft^  unb  Slang,  ju  ben  Derborbenen  Sufiönben 
unb  ben  Derberblid&en  Uebeln  gel^ören,  toeld&e  man  ausrotten  mftffe. 
3u  ber  Ofteil^eit  !ommt  bie  ©leid^l^eit,  gu  ber  «Liberte»  bie  «^galite». 
aSeibe  oerl^alten  ftd^,  toie  ©runb  unb  g^olge.  2>ie  abfolute  t^eil^eit 
befielet  im  ©leid^mad^en,  im  SSertilgen  ber  Unterf(!^iebe,  in  biefer  toid^ 
litten  Ummaljung  ber  Sffiirllid^feit,  b.  1^.  in  ber  Sleöolution.  „3n 
biefer  obfoluten  3^rei]^eit  finb  alfo  alle  ©tönbe,  toeld&e  bie  geifligen 

1  (Sbenbaf.  €.  425  u.  426.  -  '  Sbcnbaf.  €.  426-436« 


i 


3)er  fi4  entftembete  unb  bei  feiner  felbf!  geatffe  ®etfl.  399 

äBefen  ftnb,  toorin  ftc^  balS  ®ange  gltebett,  getilgt;  bad  einjelne  93e- 
iDuBtfein,  bas  einem  folilgen  ®Itebe  angel^örte  unb  in  il^m  tooQte  unb 
DoDbrad^te,  l^at  feine  Qä^vanlt  oufgel^oben;  fein  3tt)e(I  ifi  bei  ollgemeine 
S^d,  feine  @))rQ(i^e  bad  allgemeine  ®efe^,  fein  SQSet!  baS  oHgemeine 
äBerf."  «rS^ieS  eingelne  99ett)u^tfein  ift  ftd^  feinet  ebenfo  unmittelbar 
ate  allgemeinen  SSillenS  bett)ugt,  ei$  ifi  fid^  bettu^t,  ba§  fein  ®egen» 
ftanb  Don  i^m  gegebenes  ®efe^  unb  Don  il^m  DoDbrad^ted  9Ber!  ift; 
in  S^l^&tigleit  übetgel^enb  unb  ®egenflanbU(i6feit  erfdbaffenb,  mad^t  ed 
nidgtiS  SingelneS,  fonbern  nur  ®efe^e  unb  €taat8actionen/ ^ 

S)ie  allgemeine  t^reil^eit  (A§t  ftd^  nici^t  t^eilen,  befonbem  unb 
untetorbnen,  fte  befielet  nic^t  im  ®el^orfam  gegen  felbfigegebene  ®efe^e, 
benn  biefe  ®efe^e  finb  nur  mittelbar  felbfigegebene,  ba  fte  t)on  ben 
9le))r&fentanten  ober  93ertretern  ber  einzelnen  3nbit)ibuen  l^errfll^ren; 
aber  baS  natürlid^e  ^nbioibuum  M%i  fid^  nid^t  burd^  feine  äleprfifen- 
tation  beim  ®efe$geben  unb  allgemeinen  5£l^un  um  bie  SBirüic^feit 
betrügen,  nid^t  um  bie  SBirflid^ieit,  felbfl  baS  ®efe$  gu  geben  unb 
nid^t  ein  einjelneS  SBer!,  fonbern  baiS  Mgemeine  felbft  }u  DoQbringen; 
benn  loobei  baS  €elbfl  nur  reprdfentirt  unb  Dorgeftellt  ifi,  ba  ift 
eS  nid^t  mitüid^;  unb  mo  es  Vertreten  ift,  ift  es  nid^t".  2)ie  abfolute 
Ofreil^eit  gel^ort  bem  eingelnen  natürlid^en  SDlenfd^en.  Stuf  biefen  $un!t/ 
bis  ju  toelc^em  bie  SufH&rung  fä^ri  unb  fortf (freitet,  lommt  eS 
mefentlidfe  an.  S)ic  Qfolgc,  toie  fie  ^egel  treffenb  bcjeid&net,  ift  eins 
leudgtenb:  „Aein  ))ofitit)eS  SBer!  nod^  S^at  lann  alfo  bie  allgemeine 
f^reil^eit  l^erDorbringen;  eS  bleibt  il^t  nur  baS  negative  Xl^un:  fie 
ift  nur  bie  f^urie  beS  ä^erfdbttinbenS."  ^ 

2.  ^te  Sfactton  unb  bie  64ulb. 

9lun  aber  !ann  bie  Staatsgemalt  nid^t  bei  allen  3nbit)ibuen  ol^nc 
Unterfd&ieb,  fonbern  nur  bei  einigen  fein,  moburd^  ber  Unterfd&icb 
gmifd&en  IRegierenben  unb  Siegierten  immer  loieber  l^erDortritt  unb  ficb 
bonnit  immer  Don  neuem  eine  Ungleid^l^eit  erjeugt,  bie  im  @inne  ber 
abfoluten  t^reil^eit,  bie  iebem  (Sinjelnen  unb  Stilen  ol^ne  Unterfdgieb 
jugel^ört,  als  eine  fdireienbe  Ungered^tigfeit  erfd^eint,  n)eld^e  alsbalb 
burdft  ben  6turj  ber  regierenben  ^Partei  ju  Dertilgen  ifi.  6s  giebt 
l^ier  eigentlid^  !eine  Parteien,  bie  burc^  baS  gemeinfame  patriotifd^e 
3ntereffe  }ufammengel^alten  finb,  fonbern  nur  {^actionen,  beren  eine 


ebenbof.  @.  429  n.  430.  —  >  (Sbenbaf.  @.  431. 


400  3)cr  ®eifr 

im  Stege  Begriffen  i%  bie  anbeten  im  9(ufnil^r.  Unb  fo  6e{}e]^t  ber 
9leDoIutton8f}Qat  in  einet  fottn^d^tenbet  Ummölgung,  bie  eine  Of<tctton 
mirb  noti^  oben  gemAljt,  bie  anbete  !ommt  untet  bie  SR&ber.  „2)te 
fiegenbe  O^action  nut  ^eigt  Siegierung,  unb  eben  battn,  bag  fie 
f^action  ifi,  liegt  unmittelbat  bie  9lot]^tt)enbtg!eit  il^teS  UntetgangS; 
unb  ba%  fte  Stegietung  ifi,  bieS  mad^i  fie  umgelel^tt  jut  Of<tction  unb 
fdiulbig/' 

€0  jetf&at  bet  SleDoIutiondftaat  immet  t)on  neuem  in  ®egenfA^e, 
bie  man  niii^t  ?Patteien  nennen  fann,  benn  fie  fmb  8f<tctionen  unb  x^tx- 
Italien  fid^  aU  Sieger  unb  93efiegte.  2)ie  Sieger  fe^en  in  ben  9e= 
fiegten  nicj^t  il^re  ®enoffen  unb  Sniibfltget,  fonbetn  nut  il^te  gu  t)er« 
tilgenben  fjfeinbe.  S)et  SBiOe  bet  Sieget  ]&ei§t  vae  victis!  3n  biefem 
99BiIIen  jut  SBetnid^tung  befielet,  loie  ^egel  tteffenb  fagi,  ,,bie  Ofutie 
beS  93etfd^U)inbeng''.  2)ie  fiegenbe  ^action  ift  bet  mitÜid^e  aQgemettie 
SBiUe,  tt)el(|et  tegiett;  il^t  gegenäbet  unb  entgegen  fielet  bet  unmirE- 
Ii(i6e  allgemeine  fE&xUt,  ber  nid^t  in  S^l^aten  unb  SBetfen,  fonbetn  nur 
in  ©efinnungen  unb  SObfid^ten  befielet,  in  aKetl^anb  ftaatsfeinblicben 
®e{tnnungen.  S)ie  fiegteid^e  $attei  ift  fd^ulbig,  benn  {te  tegiett  unb 
begel^t  babutd^  ein  SBetbted^en  an  bet  aKgemeinen  ©leid^l^eit,  bie  ft(b 
auf  bie  abfolute  O^teil^eit  gtflnbet.  SHe  ®egnet  finb  fd^ulbig,  benn 
fie  jtel^en  im  SBetbad^t  einet  ftaati^feinblid^en,  loibet  bie  fiegteid^e  Ofoction 
auftä^tetifc^en  ®efinnung.  93etbad&tig  fein  l^eigt  je^t  fd^ulbig  fein. 
SSetbad^t  ifi  Sc^ulb  unb  mitb  als  fold^e  bel^anbelt,  b.  1^.  Dettilgt:  batin 
befielet  bie  ^ettfd^aft  bed  Sd^tedEenS  obet  bet  S^ettotiSmuS.  r,ä^et- 
böd^tig  metben  ttitt  ballet  an  bie  Stelle  obet  l^at  bie  SBebeutung 
unb  SBitfung  beS  Sc^uIbigfeinS,  unb  bie  äugetli^e  Sleaction  gegen 
biefe  SBitHid^feit,  bie  in  bem  einfad&en  Snnetn  bet  Slbjtd&t  liegt,  be= 
fielet  in  bem  ttotfenen  SBettilgen  biefeS  feienbfen  SelbjlS,  an  bem  nid&ts 
fonft  »egjunel^men  ift,  alfi  nut  fein  ©ein  felbfi."^ 

3.  @4red(en  unb  2:0b. 

SeneS  ®tunbbogma  bet  SlufflAtung,  ba§  bie  3Jlenfd^en  Don  Statut 
gleidg  ftnb  unb  butd^  bie  Sultut  ungleid^  gemad^t  metben,  ift  9^^^^= 
falfdfe:  fie  jtnb  Don  Statut  ungleidfe  unb  lommen,  bei  fottfd^teitenber 
9)iffeten3irung,  auf  bem  SBege  bet  (Suttut  unb  bet  fittli^en  Otgant- 
fationen  gu  bet  med^felfeitigen  ^net!ennung  unb  motatifd^en  ®ettung, 

<  Sbenbaf.  6.  433. 


2)et  ft4  cntfrembetc  unb  bet  feiner  felbfi  getDiffe  ®eiß.  401 

koortn  bag  9Raag  bet  erteid^fiaren  unb  gefe^Iid^en  ®Iei(i61^eit  befielet: 
%bet  bie  abfolute  Ofi^eil^eit  forbett  bie  notfirlid^e  ^Uidifftit,  unb  ba 
tl^r  bad  ©egenÜ^eil  beft&nbtg  im  SBege  fielet  unb  ttibetftrebt,  nAmlid^ 
bie  Unglei^i^eit  bet  n^itllid^en  3nbtüibuen,  fo  fielet  fiä^  bie  obfolute 
Steilheit  genöt^tgi,  biefe  3Birf(id6!eii  ju  Dertilgen  unbi  bie  megen  ber 
Ungleic^l^eit  il^rer  ®eRnnungen  Derbäii^tigen  3nbiDibüen  gu  tobten, 
©leid^ntad^en  l^eigt  bie  StopU  obfci^netben,  benn  biefe  bergen  bie  Ungleid^- 
l^eiten  ber  93egabungen,  Aenntniffe,  @e{tnnungen,  Sinbilbnngen  n.  f.  f. 
SSie  bie  f^rifeute  bie  ^aare  fil^neiben  unb  gleid^mad^en,  fo  l^at  bie 
fronadftfd^e  9tet)oIution  ben  Staat  friftrt,  in  ber  (£rn)artung,  bag  bie 
Qiixtdtn  bed  Sobed  bie  Ungleid^l^eiten  ber  ®efinnungen  bis  auf  bie 
legten  Spuren  t)erfd^eu(|en  merben.  Um  bie  SDlenfd^en  ju  egaKfiren> 
^t  man  fie  becat)itirt  unb  bie  Stbp^t  abgefii^nitten,  mie  man  ^aare 
abfd^neibet.  9lie  in  ber  SBett  ift  ber  Xob  bebeutungSlofer  gen)efen. 
„S)ad  einjige  Sßer!  unb  S^^at  ber  allgemeinen  f^reil^eit  ift  bal^er 
ber  2:0b,  unb  gmar  ein  Sob,  ber  {einen  inneren  Umfang  unb  dt- 
füllung  l^at,  benn  toad  negirt  n^irb,  ift  ber  unerffiHte  $un!t  beS  abfolut 
freien  Selbjig,  er  ift  alfo  ber  föltefte,  ))Iattefle  Sob,  ol^ne  mel&r  33e« 
beutung  aU  baS  SDurd^l^auen  eines  Üofjltl^aupÜ  ober  ein  BäiUnd 
SSafferd.  3n  ber  Patt^eit  biefer  Silbe  befielet  bie  SBeiS^eit  ber 
[Regierung,  ber  SBerfianb  beS  affgemeinen  SBiffenS,  fid6  ju  Doffbringen."^ 

Snbem  ^egel  bie  abfolute  S^reil^eit  unb  ben  Sd&rcden  als  bie 
folgen  ber  SlufHSrung  f^ilbert,  al5  ben  3uftanb^  roorin  bie  Sluf- 
flÄrung  bie  grüd&te  il^rer  Sl^aten  erfäl^rt,  unb  in  ben  angefül^rten 
Sorten  ben  Sal^nfinn  unb  bie  jOebe  ber  ©leid^l^eitSmod^erei  Dortreff- 
lid^  lennjeid^net,  l^at  er  offenbar  bie  franjofifd^e  SleDoIution,  9%ouffeau, 
9iobeS})ierre,  bas  Sal^r  1793  t)or  Singen,  o^ne  irgenb  einen  Flamen 
}u  nennen,  toorauS  t)on  neuem  erließt,  bag  eS  il^m  in  ber  ^l^&no- 
menologie  nid^t  um  baS  ^ijtorifiren  ber  @tanb|)unlte  beS  93emugtfeinS 
ju  tl^un  loar,  fonbern  um  bercn  Cntbcdtung  unb  Darlegung.  Unb 
mer  fielet  benn  batoor,  ba%  ber  Stbetgkube  an  bie  natfirlid^e  ©leid^l^eit 
ber  SWenft^en  in  einer  tom  Älaffcnl^afe  fanatiprtcn  Sffielt  nid^t  »ieber* 
!e^rt  unb  mit  il^m  bie  n^al^nfinnige  SDtetl^obe  beS  (SgalifirenS,  biefe 
fjurie  beS  SSerfd&toinbenS? 

SBir  l^aben  fdgon  gu  tt)ieber]^olten  malen  erfal^ren,  tt)eId^eS  groge 
©etoid^t  ^eget  barauf  legt,  bag  ein  93en)ugtfein  burd^  bie  SobeSfurc^t 


1  übenbQf.  ©.  432.    »gl.  @.  435. 

9  i  f  4  c  T .  ®ef4.  b.  !B6iIor.  VIII.  9).  «.  26 


402  2)er  ®etfl. 

l^inbutii^gegangen  ift  unb  ben  S£ob,  btefen  feinen  abfotuten  ^errn,  ju 
fai^Ien  beloQimen  l^at.  S)ie8  gilt  nun  au(i^  Don  bem  @elbfiben)ugtfein, 
kDelii^eS  in  ber  ©c^teäenSaeit  ben  Sob  glei^font  burdblebt  unb  bte 
9ltd6tigfeit  feiner  eigenen  3nbit)ibualit&i  t&gttiib  t)or  Slugen  gefeiten  l^ot. 
,,S)iefe,  mel^e  bie  gfurd^t  i^red  obfoluten  ^errn,  bt9  XobeS,  enit)funben, 
laffen  fic^  bie  Slegation  unb  bie  Unterfd|iebe  mieber  gefaOen,  otbneit 
fid6  unter  bie  ajlaffen  unb  klaren  gu  einem  geil^eilten  unb  6ef(i^rAn!ten 
aSer!e  unb  baburd^  ju  %er  fubflontiellen  SBirlliti^feii  gurfld/^ 

2)ie  abfolute  Ofteil^eit  unb  ber  allgenteine  SBiKe  fdllt  nid^t  mt%x 
mit  bem  eingelnen  @eI6fi  unb  beffen  unmittelbarer  SBirüid^ieit  gu- 
fammen;  biefe  ifl  aU  aufgel^oben  }u  betrQ(|ten,  tt>&l^renb  bie  obfolute 
Sfreil^eit  befielet,  aber  nid^t  mel^r  ol8  ber  ungeUuterte  äBiOe  aller 
(Einjelnen  gu  faffen  ifi,  fonbern  als  ber  uneigennft^ige  ober  reine  Sßille 
unb  beffen  reineS  Selbflbemugtfein.  „Ss  ift  bie  neue  ®eftalt  be8 
moralifd^en  ®eifle8  entflanben." 

III.  SDer  feiner  felBfi  getoiffe  ober  moralififte  ®eift. 
1.  2>te  moraltf^e  aOeltanfd^auung.* 

2)iefe  neue  ©eftalt  beS  SemugtfeinS,  momit  beffen  t)ierte  ^aupU 
fiufe  fid^  t)oVenbet  l^at  il^re  l^iflorifc^e  (SntmidRung  in  ber  !antifc6en 
$l^iIofo))l^ie  gefunben,  toelti^e  ^ege(  im  Caufe  feiner  6d^riften  l^ier, 
o^ne  fie  ju  nennen,  gum  brittenmol  gum  ®egenf}anbe  einer  einge^enbcn 
aSeurt^cilung  gemod^t  l^at,  nad^bem  er  fie  frül^er  in  bem  %uffa|  aber 
«,®Iauben  unb  SSiffen"  unb  in  bem  Aber  „bie  loiffenfd&Qftti^en  Se» 
l^anblungSarten  belS  9laturred^td"  beurt^eilt  l^atte.^  Um  feiner  Se^re 
ben  Sieg  gu  bereiten,  mugte  ^egel  ben  Stam)f]  gegen  Sd^elling,  Sichte 
unb  Aant  ffll^ren.  (Segen  Oriente  ging  feine  erf}e  @d^rift  Aber  bie 
„S)iffereng  bed  fic^tefd^en  unb  fc^eDingfd^en  @))fiemS  ber  ^j^ilofopl^ie", 
gegen  Sd^eQing  bie  Sorrebe  ber  $l^änomenoIogie,  gegen  Aant  bie  brei 
genannten  Slb^anblungen,  indbefonbere  in  ber  ^^Anomenologie  ber 
abfd^nitt  aber  ben  feiner  felbft  geuiffen  (Seift  ober  bie  SDHoralitdt. 

Um  gleidi  in  aller  Aarge  gu  fagen,  teaS  ^egel  in  aDer  SuSfai^r* 
lid^Ieit  erörtert  unb  in  einer  Steige  oon  Argumenten  gerfafert  l^t,  fo 

'  (Ebenbaf.  6.434.  S^l.  biefei  »eiL  »u«  IL  (^o)».  IV.  6.280|[at. 
Ga|>.  VII.  €.  325flab.  —  >  ^ege(.  SScrfc.  II.  C.  ^ct  feiner  felb^  getoilfe  •ciff: 
bie  9RoTaIit&t.  6.  437—492.  a.  2)ie  moralif^e  SBeltanf^outtiti).  6. 438—448. 
—  <  Sgt  Mefei  »erf.  »u4  II.  Sap.  ID.  6.256-259.  Gap.  IV.  6.273-278. 


^er  fi4  entfrembete  unb  bei  feiner  \tlbfi  fletotne  Oetft.  403 

liegt  baS  ^au))tmottt)  bei  2)ar{bQung  unb  Sßtberlegung  ber  fantifc^en 
SRoralpl^ilofopl^te  unb  beS  tnoralifd^en  ®etfie8  übetl^out)!  in  folgenbetn 
$untt:  bie  !DloraIitfit  befielet  in  Sforbetungen,  notl^koenbigen  unb  un< 
bebingten  gforberungen  ober  $o{lulQten,  beten  SrfüHung  bie  Stuf- 
l^ebung  unb  Sernid^tung  ber  SRoralitftt  ift.  2>ie  SRotatttfit  ißt  }u 
intern  3iel  bie  9{i(i^tmoraIitftt!  2)ag  ber  morolifti^e  ®eift  einen  ,,Areid 
Don  ^ofiulQten"  befd^reibt  unb  fidb  barin  betoegt,  nennt  ^egel  „bie 
moralifc^e  9BeItanf(|auung''.  2)ag  in  biefett  ^oflulaten  „ein 
ganjeS  9Ie{t  ber  gebonfenlofeften  9Biberf))rfid&e''  ftedEt  (Aont  l^atte  ben 
!o8moIogif(i6en  SSemeiS  „ein  9{e{l  bialeltif^er  ^Inmo^ungen''  genannt), 
nennt  ^egel  „bie  SSerftellung",  ba  ber  moralifd^e  ®ei{t  burd^  baS 
SeiDugtfein  ber  993iberft>rfld^e  fid^  genötl^igt  fielet,  bie  Stellung  ber 
gforberungen  immer  lieber  ju  dnbern,  b.  1^.  anberS  ju  {teilen  ober  ju 
DerfteÜen.  S)a8  äBort  ifl  bo})))eIfinnig  unb  bei^l^alb  getoA^It.  2)a8 
moralifdge  SSemugtfein  DerfteHt  ni4t  blog  feine  $ofitionen,  fonbem  {tdb 
felbjt,  ba  ed  il^m  mit  ben  a3e]^au))tungen,  bie  eis  auffteüt,  nid^t  Srnft 
fei  unb  fein  !5nne.^ 

S)ad  Xl^ema  ber  moroUfd^en  SBeltanfd^auung  ift  baS  SBerl^&Itnig 
gmifd^en  ber  StoraUtfit  unb  ber  SEBelt.  2)a  bie  moralifd^en  3toede 
unbebingt  gelten  unb  auSguffll^ren  ftnb,  fo  ift  t)oraud}ufe^en,  ba§ 
a^ifd^en  ber  anoralit&t  unb  ber  SBelt,  als  bem  Qi^aupla^t  beS 
motalifd^en  ^anbelnS,  !ein  ®egenfa^  befleißt,  fonbem  Uebereinftimmung 
ober  Harmonie.  2>iefe  Harmonie  ift  gu  poftuKren.  (StmaS  ))oftuIiren 
l^eigt  forbern,  bag  ed  ate  feienb  gebadet  toerbe.  S)ie  Harmonie  ber 
SRoralitat  unb  ber  Sßelt  ifl  baS  erfte  $o{tu(at  ober  t)ietme]§r  baS  butd^- 
g&ngige  Xl^ema  aller  $oftu(ate,  in  betten  bie  moralifd^e  äBeltanfd^auung 
beftel^t. 

1.  S)ad  Xl^ema  aber  ift  breifad^.  2)ie  SBelt  ßel^t  bem  moralifd^en 
$en)u§tfein  gegenüber  aU  Slugentoelt  ober  9ktur,  bie  il^re  eigenen 
®efe^e  befolgt  unb  il^re  eigenen  3tt)edFe  ausfül^rt,  unbeffimmert  um  bie 
moralifd^en.  S)ie  moralifd^e  ®eftnnung  ift  augleid^  perfönlidge  unb 
inbiDibueKe  Ueberjeugung,  bal^er  bie  Sludfül^rbarfeit  unb  ^uSfü^rung 
ber  moralifdgen  3toedfe  einen  3ußanb  inbiDibueUer  SSefrtebigung,  tiefer 
tinb  bauernber  SSeglfldEung  mit  ftd^  fül^rt,  ber  bie  Harmonie  t)on 
9RoraUt&t  unb  ®Ifld(feligfeit  auSmod^t  unb  ju  ber  Harmonie  t)on 
anoralitat   unb   9latur   gel^ört:   fte   f&IIt   in   baS  @ebiet   beS   erfteu 


Sbenbaf.  6.  441,  @.  449. 

26' 


404  ^ti  Oeift. 

$o{tuIatS  unb  t)etl^&tt  ftd^  )u  btefetn,  tote  ber  (efonbere  gfaH  jum  all« 
gemeinen.  * 

2.  2)ie  9latur  fielet  bem  motoltfdgen  SBemugifetn  ntd^t  Uo^  a(S 
Hugenmelt  gegenüber,  fonbem  ift  in  i^m  felbfl  entl^alten  cH^  feine 
eigene  9lainx,  b.  1^.  als  Sinnli^feit  aU  Stiebe  nnb  Steigungen.  €o 
!ommt  }u  bem  erften  $ofiuIat  bat  giDeite.  2)a8  Xl^ema  be9  erflen  ift 
bie  Harmonie  jttifd^en  SßoialitAt  unb  Statut  (®lfi(ffelig!eit),  baS  beS 
gmeiten  bie  Harmonie  jmifd^en  SRotalitAt  unb  Sinnltc^feit.  Ol^ne  bie 
(Geltung  beS  etflen  !ßofluIati$  )et!(fiftet  fi4  bas  Uniüetfum  in  jlDei 
einanbet  entgegengefe^te  SBelten:  bie  SEBelt  bet  @ittengefe^e  unb  bie 
bet  9latutgefe^e;  ol^ne  bie  (Bettung  beS  gleiten  $oftuIatlS  jetUüftet 
fid6  bie  menfd^tt(i6e  Statut  in  itoti  einanbet  entgegengefe^te  Gebiete: 
baiS  bet  $fli(l6ten  unb  baS  ber  Stiebe.  2)ie  (Sinl^eit  bet  Sßeltotbnung 
fotbett  bie  teale  (Seltung  beS  etfien  ^oftulats,  bie  Sin^eit  bet  motalifd^en 
€eI6{tbeU)ugtfeinS  fotbett  bie  teale  ®eltung  beS  gmeiten;  obet  anberd 
auSgebtüdt:  bie  ^atmonie  Don  SJlotalitfit  unb  Statut  ift  bet  Snbjoed 
bet  aSelt;  bie  ^atmonie  Don  SOtoralit&t  unb  @innli(i^!cit  ift  ber  Snb^ 
iXDtd  bet  motalifc^en  @el6ftbett)ugtfeint.  ^S)at  etfte  ^oflukt  mar 
bie  Harmonie  bet  SDtotalitSt  unb  bet  gegenftAnblifi^en  Statur,  ber  Sub» 
iwd  ber  aSelt;  bat  anbete  bie  ^atmonie  bet  aitotalit&t  unb  bet 
finnlid^en  SBiKent,  bet  Snbgtted  bt^  @eIbftbeU)uBtfeint  alt  folget; 
bat  etfte  alfo  bie  ^atmonie  in  bet  gfotm  bet  3(nfid^,  bat  anbete 
in  bet  S^otm  bet  S^ütfid^feint.  2Bat  abet  biefe  beiben  egttemen 
SnbgmedFe,  bie  gebadet  finb,  alt  SDtitte  Detbinbet,  ifl  bie  Settegung 
bet  toitlUdfeen  ^anbelnt  felbfl"* 

3.  St  ifl  ein  btittet  $oftuIat  notl^teenbig,  tteld^et  bie  beiben 
^ßofiulate,  bie  beiben  ^atmonien,  bie  beiben  Subgmetfe,  bie  9BeIt- 
otbnung  unb  bat  motalifd^e  @eIbflbeU)uBtfein  Deteinigt.  liefet  leitete 
!ennt  nur  einen  S^td:  bie  reine  ^flic^t.  ,,(St  giebt  nur  €tne  Zugenb, 
nur  6ine  reine  ^JfliAt,  nur  ßine  SDtoralitftt."*  3«  Segiel^ung  aber 
auf  Statur  unb  SSelt  DerDielfAltigen  fi(^  bie  $flid^ten  unb  @ittengefe^; 
et  entftel^en  eine  SOtenge  moralifd^er  Ser^dltniffe,  bie  ju  i^rer  SBe^ 
grünbung  unb  Heiligung  ein  anberet  99ett)ugtfein  alt  bat  menfd^liiibe 
Dorautfe^en  unb  f orbern.  S)iefet  anbere  93ett)uBtfein  ift  „ein  ^err 
unb  äde^errfd^er  ber  SBelt,  ber  bie  Harmonie  ber  SDtoralitfit  unb  ber 


CbenbQf.  ©.  438-443.  -  ^  «benbaf.  ©.  443.  -  »  (ibenbaf.  S.  455. 


2)er  fi4  etitfrembete  unb  bcr  feiner  felbft  gctDiffe  (&ti%  405 

®Ifi(ifelisfett  l^ert^otbringt  unb  augleid^  bte  ^fiidgten  als  biete  l^eiligt".^ 
3n  aSergleid^ung  mit  bem  göttlid^en  Semugtfetn  erfd^eint  bas  menftfi- 
Itc^e  burd  feine  93e{(^r&nltl^eii  f o  unDoUfornmen,  butti^  fein  t»on  ber 
@innli(^feit  afficirtelS  aSoIIen  fo  unlauter,  bag  e8  bie  ©IfldffeUgleit  old 
eine  ntd^t  burd^  SBarbigleit  Detbiente,  fonbern  nur  aud  freier  ®nabe 
gefc^enlte  ermarten  (ann.  9tein  tfi  nur  fein  2)en!en.  ,,2)a8  abfolute 
SBefen  ift  eben  bieS  ®ebad^te  unb  jenfeitd  ber  äBirtli^Ieit  ))oftutirte; 
(^  ba^er  ber  ®eban!e,  in  metd^em  baS  moraltfc^  unboQIommene 
n  unb  SBoQen  für  DoIIfommen  gilt,  l^iermit  aud^,  inbem  eS 
baffelbe  für  DoQmic^tig  nimmt,  bie  @IüdEfeIig!eit  nad§  ber  9Sürbig!eit, 
nftmlid^  nad^  bem  Hfym  }ugefd^riebenen  SSerbienfte  ertl^eilt.  3)te 
SBeltanfd^auung  ifl  hierin  Doffenbet."  * 

4.  ^ier  aber  treten  und  fd^on  bie  9Siberf))rüd^e  in  ber  moralifd^en 
SBeltanfd^auung  entgegen.  S)ie  9KoraIität  ifi  enttoeber  gang  ober  gar 
nid^t,  fie  I&gt  fid^  nid^tS  abbred^en.  @ein  ober  9tid6tfein!  Sntmeber 
DoDenbete  SRoralitAt  ober  !eine.  Senn  ^flic^tbemugtfein  unb  SSirf- 
lid^feit,  feine  eigene  äBirflic^Ieit  nid^t  üBereinftimmen ,  fo  giebt  eS 
!ein  moralifd^  DoIIenbeteiS  n)irllid&e8  ©elbftbelougtfein,  alfo 
überhaupt  lein  moralifd^  mirüid^eS.^ 

^aburd^  loirb  baS  gioeite  $oftuIat  erfdbüttert:  bie  Harmonie  ber 
9}}oraTität  unb  ber  @innlid6!eit.  S)a  biefe  beiben  einanber  fortn)A]^renb 
loiberflreiten,  fo  mirb  aus  ibrer  Harmonie  eine  Aufgabe,  beren  ßöfung 
fidg  ins  Unenblid^e  l^inauSfd^iebt,  obkool^I  il^r  Snl^alt  reales  S)afein 
Derlangt.  2)aS  3nbimbuum  l^t  beft&nbig  baran  gu  arbeiten,  feine 
@innltd|feit  ber  Snoratit&t  gemfi§  gu  machen  unb  in  biefer  älid^tung 
fortgufcbreiten,  obmol^t  eS  baS  Siel  nie  etreid^en  fann  unb  barf/ 

9lun  aber  lann  eS  bem  moralifd^en  Semugtfein  mit  einer  nie  gu 
löfenben  Slufgabe  unb  mit  einem  nie  ju  erreicbenben  Siele  unmöglicb^ 
ßrnfl  fein;  bal^er  muft  eS  biefe  feine  5ßofitionen  unb  fid&  felbft  Der« 
fteUen. 

2.  S)ie  SBerfiettung.:» 

9liemals  ift  bie  moralifd^e  äBeltanfd^auung  ber  !antifd6en  $^iIo- 
fo))]^ie  auf  eine  fold^e  Steige  gegen  fte  geklärter,  epigrammatifd^er  @))i|en 
gefteüt  koorben,  als  in  biefem  ^bfcbnitte  ber  ^^Anomenologie. 

1.  2)ie  ®tädEfeIigfeit  als  Sol^n  ber  SBürbigfeit  gel^ört  an  baS 
fernfie  3iel  ber  Seiten.    Unb  bodg  fpQ  iebe  gegenwärtige  ^anblung 

1  Cbenbaf.  8.  445.  -  «  Cbenbaf.  @.  446.  —  »  ebenbaf.  @.  448.  —  *  (gben- 
baf.  @.  442.  -  *  Qbenbaf.  b.  a)ie  »eTpettuna.  6. 449-460. 


\ 


406  ^er  ®ci{l. 

gut  unb  lauter  fem;  unb  bod^  ift  jebe  gute  ^anblung  eine  OueUe  ber 
93efrtebtgung  unb  bed  ®Ifl(i8.  @o  toirb  )ur  ©egentDart  gentad^t,  maS 
nid^t  in  ber  ©egenmart  fein  foDte.  2)a8  SBetou^tfein  fprid^t  eS  olfo 
butä^  bte  S£l^at  aM,  ba%  e8  mit  bem  ^oftultren  nic^t  Srnfl  ift. 

2.  3m  Sinjelnen  unb  burci^  eingelne  ^anblungen  gefd^iel^t  in  ber 
Seit  unenbltd^  t)iel  ®ute8.  3)a8  moraltfd^e  SBetDugtfein  aber  f(6A^t 
bte  einjelnen  ^anbtungen  gering  unb  fdfjaut  empor  gu  bem  abfotut 
(Buten  aU  bem  erl^abenen,  Ober  alles  Stnjelne  »eit  l^inauSgefiellten 
SnbaiDedFe  ber  Sßelt  ober  bem  Sßeltbeften.  Unb  fo  t)erflridEt  ftd)  bas 
moralifd^e  93emtt§tfein  in  folgeuben  Sßiberfprudg:  ,,9BeU  ba§  aQgemeine 
Sefie  auSgefül^rt  merben  foH,  barum  mirb  nid^ts  ®uteS  getl^an".^ 

3.  SnieS  moralifd^e  ^anbeln  befielet  im  fortttä^renben  Itampf 
mit  ber  Sinnlid^Ieit.  Sie  in  iebem  Itampf,  fo  toirb  aud^  in  biefem 
ber  enbgültige  @ieg  erflrebt.  Sie  nad^  jebem  @iege,  fo  mug  aud^  nad^ 
biefem  ber  Stampf  aufl^ören  unb  barf  nidgt  mel^r  fortbeftel^en.  Sa^er 
biefer  Siberfprudb:  ^Sei(  baS  moralifd^e  ^anbeln  ber  abfolute  Stt>e(f 
ifl,  fo  ifl  ber  abfolute  S^^i,  bag  baS  moralifd^e  ^anbeln  gar  niefit 
öorl^anben  fei".* 

4.  %6er  ber  @ieg  ober  bie  S^oIIenbung  ber  9RoraIttät,  ba  fie  in 
feiner  ©egentoart  ftattfinben  barf,  n)irb  in  eine  !änftige  Seit  aU  in 
eine  neblid^te  Of^me  l^inauSgerfidK,  loo  nid^ts  mel^r  genau  )u  unter» 
fd^eiben  ifi,  fo  bag  in  aller  ©egenioart  unb  SirHi(fi!eit  bie  SRoralitAt 
in  3tt)if4en:  unb  anitteljuftanben  befleißt,  b.  1^.  in  einer  unt)oinommenen 
3)%oraIitAt,  bie  fo  gut  ifl  als  gar  feine. 

3)a  nun  baS  moralifd^e  Sevu^tfein  im  Settu^tfein  bes  ItampfeS 
mit  unb  beS  ®egenfa|eS  gu  ber  Sinnlid^fett  befleißt,  fo  ifl  mit  bem 
abfoluten  €iege  fiber  bie  le^tere  am  Si^tc  ber  Seiten  baS  moralifd^e 
Sevu^tfein  unb  bamit  bie  SRoralitAt  felbfl  erlofd^en  unb  aufgel^oben. 
@e$en  loir  nun,  bag  Don  jenen  Snittelguflänben  gu  biefem  abfoluten 
3iele  ein  beflänbigeS  f^ortfd^reiten  flattfinbe,  fo  mügte  biefe  fort- 
fd^reitenbe  aRoralit&t  ftd^  mel^r  unb  mel^r  il^rem  Untergange  annähern, 
alfo  ein  beflAnbigeS  Untergel^en  unb  Sbnel^men  fein.^ 

€inb  aber  alle  SRittel«  unb  3mif(fiengufl&nbe  unDoHfommene 
9RoraIitat  unb  barum  fo  gut  als  gar  feine  ober  gleicfi  ber  9tid^t= 
moralitAt,  fo  fann  audg  bie  ®IfldEfeIigfeit  nid^t  burd^  Sflrbigfeit  ikt- 
bient,  fonbern  nur  auS  freier  ®nabe  empfangen  Serben,  b.  1^.  fte  koirb 

'  (ibenbaf.  6.  451.  —  <  »enbaf.  e.  452.  -  >  CEbenbof.  6.  454. 


Ser  fi4  cntfrembete  unb  ber  feiner  felbß  gelDiffe  ®eift.  407 

nidbt  Berbient  unb  ertootSen,  fonbetn  nur  ermattet  unb  etl^offt.  „2)te 
91t(i6tmotaKt&t  fpriii^t  eben  l^iertn  aM,  toaS  fie  x%  —  bog  eS  nid^t 
um  bte  ailoraUt&t,  fonbern  um  bie  (BlOdfeligfett  an  unb  far  ftdb  ol^ne 
93e}te^ung  auf  jene  }u  t^un  ifl/'^ 

@d  fann  barum  oud^  füglid^  ntd^t  bie  Siebe  fein  Don  einer  2)i8« 
Harmonie  ber  SD^oralttfit  unb  ®lü(ifelig!eit  in  ber  fiegenm Artigen 
SBelt,  ttiorin  bie  @äter  unb  ®enüffe  fo  ungereii^t  t)ett]^eUt  feien,  bag 
eS  bem  @uten  f^Ied^t  unb  bem  Sd^Iec^ten  gut  gel^e.  SBer  ifl  l^ier  gut 
ober  fc^Iedbt  )u  nennen,  ba  bod^  bie  9li(6tmoratttät  l^errfctit,  unb  juiar 
o^ne  SluSnal^me?  „S)er  @inn  unb  Snl^alt  bes  Urtl^eite  ber  (Erfal^rung 
ift  baburd^  aOein  biefer,  bog  einigen  bie  ®lfl(ifelig!eit  an  unb  für  fid^ 
nid^t  julommen  foOte,  b.l^.  er  ift  9leib,  ber  fidft  jum  2)eämQnte(  bie 
SRoroIitfit  nimmt.  ®er  ®runb  aber,  toarum  anberen  baS  fogenannte 
®lfl(f  ju  Z^eil  toerben  foUte,  ifi  bie  gute  Ofteunbfdlaft,  bie  i^nen  unb 
fic^  felbft  biefe  ®nabe,  b.  1^.  biefen  BufaQ  gönnt  unb  mfinfd^t."' 

Sd  giebt  bemnad^  leine  ^ofttion  bed  moralifd^en  äSetou^tfeiniS, 
bie  burd^  bie  9lad^tt)eifung  ber  il^r  iniool^nenben  äBiberf))rüd^e  nid§t  }u 
erfd^üttern  toixt,  {eine  Seial^ung,  bie  nid^t  jurfldEgenommen,  anberS 
geflettt  unb  Demeint  »erben  mfigte,  fo  bog  eS  mit  ber  Sadge  Aber* 
^au)>t  nid^t^mft  gu  nel^men  ift.  2)er  $att))t))un{t,  U)eld^en  bie  l^egelfd^e 
Ariti!  unb  ^olemi!  trifft,  unb  Don  bem  fte  nad^  allen  Slid^tungen 
audflral^It,  ifl  ber  S)ualidmu8  )tt)tf(^en  äRoralit&t  unb  SEBirl« 
(id^feit,  auf  bem  bie  gange  moralifc^e  äSeltanfd^auung  rul^t,  unb 
gegen  n)eld^en  fid^  eine  neue  ®eflalt  bed  moralifc^en  @eifled  ergebt. 

3.  3)a«  OetDiffcn,  bie  f^dnc  @ecle.    ^d  IBdfe  unb  feine  SBersei^ung.' 

Xa%  eS  ein  moralifd^ed  SBemugtfein  giebt,  unb  bog  e$  (eines 
giebt;  bog  toir  genotl^igt  finb,  baffelbe  ju  Uiafitn  unb  gu  Demeinen, 
begeid^net  f^egel  aU  bie  3(nttnomie  ber  moralifd^en  SBeltanfc^auung 
unb  begrflnbet  fie  aud  bem  S)uaUdmuS  gtoifd^en  ^ßflid^t  unb  SSirKidt)» 
feit,  ber  bie  ^ßfüd^t  unwirflid^  unb  ienfeitig,  ba«  SBetoufetfein  ber 
SWoralitat  unwirffam  unb  tl^atloö  mad^t.  äu8  bicfem  t^atlofen  3u- 
ftanbe  fe^rt  ber  moralifd^e  ®eifl  in  fid^  unb  feine  Selbftgeloigl^eit  als 
bie  alleinige  Quelle  feiner  ^anblungen  |urftrf :  in  feinem  @elbfl  ifi  ber 
SSiberftreit  gtt)ifdgen  ^ftid^t  unb  aSirfiid^Ieit  aufgel&ft,  ber  2)uaIiSmuS 


'  (Ebenbaf.  @.  455.  ~  »  (Bhtnbal  B.  455  u.  456.  -  »  (Sbenbaf.  c.  S)ad 
(Bemiffen,  bie  f^öne  6eele.  baft  95fe  unb  feine  Seraei^ung.   S.  460—492. 


40S  13)er  Oetf}. 

beiber  getitgt,  ed  ift  fid^  beS  9lecbten  unb  ®uten  unmittelbar  bekougt 
unb  t^ut  ed,  ol^ne  ftd^  t)tel  mit  9%efIesionen  unb  aKetl^onb  SttoAgungen 
ju  plagen.  €etne  ^jTidgten  finb  feine  Ueberjeugungen,  feine  9leigungen 
unb  Sriebfebern.  3)a  !ann  t)on  einem  ®egenfa^  }n)if($en  Sernunft 
unb  @innlid^!eit,  jn)ifd(^en  $fli($t  unb  Steigung  nid^t  mel^t  bte  9tebe 
fein.  <Sd  l^eigt  je^t  nicfit  niel^r:  „iib  l^abe  bie  Ueberjeugung,  bag  i(6 
bte  $fli(i6t  erfaaen  foU  um  ber  $f[i(6t  wiQen",  fonbern  eS  l^eigt:  ^id^ 
^abe  bie  ^ftid^t,  nad^  meiner  Ueberjeugung  3u  l^anbeln,  uad6  meinem 
beßen  äBiffen  unb  ©emiffen,  loeit  eS  mein  Sßiffen  unb  meine  lieber* 
jeugung  ifl\ 

Siefe  (Seßalt  hti  moralifd^en  (BeifteS,  um  il^r  baS  SBort  aus  beut 
aRunbe  ju  nehmen,  i{l  »baS  ®etDiffen'\  2)aS  ©euiffen  uctl^eilt  ton 
ber  $flid^t,  roit  3efu8  Dom  Sabbat^:  S)er  SDlenfcb  iß  nid^t  um  bei 
€abbatl^8  miDen^  fonbern  ber  Sabbat^  ift  um  beS  äJlenfd^en  toUIen. 
^2)ie  $fli(bt  ift  nid^t  mel^r  bai  bem  @elbft  gegenfibertretenbe  WL- 
gemeine,  fonbern  ift  getougt,  in  biefer  ®etrenntl^eit  lein  @elten  ju 
l^aben;  eS  ift  je^t  baS  ®efe$,  ba&  um  beg  6elbßd  tMtn,  nid^t  um 
beffen  millen  baiS  @elbfi  ift."^  ^ieS  toar  e8,  ma&  fix.  Ig.  3acobi  loiber 
bie  !antif(6e  SRoratpl^ilofopl^ie  in  feinem  93rief  an  ^Wt  (1799)  gefagt 
l^atte;  unb  ed  ift  ber  @tanb))un!t  3acobid,  meldten  C^egel,  ol^ne  xfftt  ju 
nennen,  an  biefer  @teDe  feiner  ^l^Anomenologie,  in  ber  Sl^aralteriflit 
beS  ®eU)if[enS  unb  ber  moralifi^en  @d(^5nfelig!eit  Dor  Sugen  l^ai, 
tool^l  eingeben!  feiner  Seurtl^eilung  ber  t^icobifd^en  $l^iIofop]^ie  in  ber 
^bbanblung  über  „®Iauben  unb  äBiffen".' 

2)aS  ©emiffen,  meldgeS  in  Stebe  fielet,  ift  alfo  leinetoegS  baS  ge» 
meine  ^fttd^tbekougtfein,  baiS  aQe  unfere  ^anblungen  rid^tet,  ob  fie 
pflid^tma^ig  ober  :t)fltd^tmibrig  finb,  fonbern  bie  @elb{lgeu)t6l^eit  einer 
fic^  il^red  9Sert^e9  ooUbetougten  3nbioibuaIitit,  beren  @elbfibeßimmungen, 
XDtil  fie  bie  i  Irrigen  finb,  gar  niddt  anberiS  fein  lönnen  aU  p^xi^U 
mägig.  „SiejeiS  ©emiffen  ift  oon  iebem  3nl^alt  flberl^au))t  frei,  eS 
abfoloirt  fic^  oon  ieber  beftimmten  W^^t,  bie  aU  ©efe^  getten  foK; 
in  ber  Araft  ber  ©ekoigl^eit  feiner  felbft  l^at  eiS  bie  Majefldt  ber  ab* 
fohlten  Sutartie,  ju  binben  unb  gu  löfen."  „2)aiS  ©eioiffen  alfo  in 
ber  3Jlaieflät  feiner  Srl^abenl^eit  fiber  baiS  beftimmte  ©efe|  unb  jebeti 
Sn^alt  ber  ^ftic^t  legt  ben  beliebigen  3nl^alt  in  fein  SBiffen  unb 
SBoden;  eS  ift  bie  moraUfdge  ©eniaUtftt,  loeld^e  bie  innere  Stimme 

>  Cbenbaf.  6. 465.   -    >   93g(.  oben  »u4  II.   (&ap.  III.   €.  259-263. 


2)et  fi4  entfrembete  unb  bet  feiner  fclbll  geioiffe  ®etfl.  409 

i^red  untnittetbaxen  Sßiffend  aU  gottüd(^e  @ttmme  mi^";  „^t  ifl  ebenfo 
ber  ©otteSbtenfi  in  fid)  fetbft,  benn  tl^c  ^anbeln  ifl  bad  3(nf(^auen 
biefer  iftrcr  ©öttlicöfeit".^ 

S>tefeiS  ®ett)tnen  tft  fd&dnfeüg,  barum  au((  rebfeltg  unb  fc^Dit^ 
rebnerifc^.  S)q  ed  ft(6  t)ot  aQem  um  feine  ))erfönli(6en,  eigenen  unb 
eigentl^üniKd^en  Uebergeugungen  ^anbelt,  bie  nid^t  jebermann  l^at  unb 
»ei^,  fo  befleißt  bie  SBa^r^eit  berfelben  gunäd^fi  nic^t  fomol^I  in  %\)aUn, 
qIs  tn  ber  SB  er  fidler  ung,  bog  man  fol($e  Uebergeugungen  l^egt,  in  bem 
9lu8f))red6en  berfelben,  in  bem  [Reben  barfiber,  unb  gang  befonberd 
barin,  bog  [läi  bie  gletcfigearieten  €eelen  i^re  Ueberjeugungen  gegenfeitig 
mtttl^eilen  unb  einanber  in  il^rer  @en)if[enl^aftig!eit  beftät!en,  bie  mit  ben 
gemeinen  ^flidbtgefai^Ien  unb  ber  orbinären  37lora(ttftt  nid^td  gu  tl^un 
l^at  ,,S)cr  ®ei{l  unb  bie  @ubftana  i^rex  Serbinbung  ift  atfo  bie 
gegenfeitige  SBetfid(^erung  t)on  t^rer  ©emiffenl^aftigleit,  guten  ^bftd^ten, 
baS  Erfreuen  fiber  biefe  loec^felfettige  9teinl^eit  unb  baS  Saben  an  ber 
^trlid^leit  bed  SiffenS  unb  3(udfprec^en8,  be$  ^egenS  unb  pflegend 
folget  aSortrefflid^feit/* 

2)te  lantifd^e  SRoral  gebietet:  bu  \oUft  ni^t  lägen,  nie  unb  auf 
feine  9Irt!  3)u  foDfl  nid&t  tobten!  u.  f.  f.  Sagegen  ereifert  ficb  3acobt 
in  jenem  Srief  an  i^ic^te:  „3a,  id^  bin  ber  SCt^eifl  unb  @ott(ofe,  ber 
bem  äBiUen,  ber  nid^ts  koill,  gumiber  lugen  mtQ,  koie  2)e8bemona 
fierbenb  log,  {figen  unb  betrügen  toill,  mie  ber  für  Oreft  fidg  barfleDenbe 
$^Iabed,  morben  miD,  tt)ie  Ximoleon"  u.  f.  f.  3n  biefem  Sufammen^ 
l^ang  rebet  er  anä^  Dom  8(e|renraufen  am  @abbatl^,  unb  toie  ber 
Sabbatl^  fidb  gum  äJlenfdgen  berl^alte.  ^egel  l^at  biefe  Stelle  ge))riefen, 
aber  aud^  ba^  Bpxtä^zn  in  ber  erften  $erfon  „3d&  bin"  unb  „3cb 
toiir  nid&t  unbemerft  gelaffen.^  —  Um  bie  Strt  oon  ©etoiffen  unb 
@ett)iffen9^o]^eit  anfd&autid^  gu  madgen,  bie  ftc^  gleid^fam  bie  moralifc^e 
@d^lflffelgen)aft  gufd^reibt,  ift  baS  angefül^rte  äSeifpiel  t>orgflgIic^. 

@d  liegt  nun  fe^r  nal^e,  bag  in  biefer  moralifc^en  Selbftbefpiegelung 
bie  @itel!eit  mädbft  unb  bad  Sdeiougtfein  fid^ .  lieber  im  Urt^eilen  uub 
Sieben  al8  im  ^anbeln  ergel^t,  um  burd^  bie  äSerfil^rung  mit  ber  SBirt- 
lid&!cit  fidg  nicbt  bie  3:oiIette  gu  Derberben  unb  feine  äleinl^eit  gu  be» 
fledEen.  @o  entfielet  aus  bem  @emiffen  bie  fd^dne  @eele  (nid^t  im 
6inn  ber  goetl^efd^en  99e!enntniffe,  fonbern)  in  il^rer  f^toäd^Ud^en  uub 


»  ^egel.   aeßertc.   II.   6.  473,  @.  478.    -    «  (gbenbaf.  6.  478.    —    » 
btefcS  SBerf.  6.  263. 


410  2)ct  tteifl. 

fc^euen  @entimentaUiät,  toeldge  buftet  unb  i}erbuftet.  2)iefem  SeiDuBt* 
fein  fe^It  bie  Araft  ber  6nt Äußerung,  „ti  lebt  in  ber  Sngft,  bie  ^err* 
lic^Ieit  feines  Snnern  buic^  ^onblung  unb  S)Qfein  in  befletfcn,  unb 
um  bie  äletnl^eit  feines  ^erjenS  gu  betoal^Ten,  fliel^t  e<  bie  aSerfll^rung 
mit  ber  SirHid^Ieit  unb  bel^arrt  in  ber  eigenfinnigen  Araftlofigfeit 
feinem  gur  legten  Slbfiraction  jugef pikten  Selbfl  )u  entfagen".  ^^tx 
boffU  ©egenfianb,  ben  eS  fid^  erjeugt,  erffillt  eS  bal^er  nur  mit  bem 
99en)ugtfein  ber  Seer^eit,  fein  Z^un  ifl  baS  SeJ^nen",  „in  biefer  burd^ 
fiii^tigen  [Reinheit  feiner  SRomente  eine  unglfliflid^e,  fogenonnte  f(6one 
@eele  Derglimmt  fte  in  ft($  unb  f(jgn)inbet  aU  ein  geftaltlofer  2)uft, 
ber  fitift  in  ßuft  aufI^jt^* 

2)em  ®etDiffen,  U)eI(6eS  feinen  €d&n)er))unlt  nid^t  in  ben  Segriff 
ber  $f[id6t,  fonbern  nur  in  feine  ))erfönli(i&en  Ueberseugungen  unb 
äBiDendrid^tungen  gelegt  f^at,  bieten  fid6  jtoei  9Bege,  bie  ed  3u  feiner 
Selbfientfoltung  ergreift:  ber  eine  ffil^rt  burd^  boS  ^M^pttiftn  ber 
Ueberjeugungen  unb  baS  SSerftd^ern  ber  eigenen  ©etotffen^aftigteit  }u 
jenem  tl^atlofen  2)afein  ber  fd^önen  Seele,  bie  in  ftd^  verglimmt;  ber 
anbere  ffll^rt  burd^  energifdgeS  ^onbeln  auS  eigenften  SRotiDen  unb 
£riebfebern  ju  einer  folc^en  Sntgegenfe^ung  gegen  baS  affgemeine  33e« 
U)u6tfein  unb  bie  geiool^nlid^e  ^if^tmoral,  ha%  biefed  ®eu)iffen  auf 
eigene  Of^^uft  aü  eigenfinnig,  eigennfi^ig,  im  ^öd^ften  ®rabe  felbfitfdb^ 
(ursgefagt  ali  böfe  ®eftnnung  erfd^eint,  bie  in  ber  aiflaSfe  geioiffen- 
l^after  Ueberjeugungen,  unter  bem  Scheine  beS  Siedeten  unb  (Buten  bo^ 
Spiel  einer  gu  entlorüenben  ^eud^elei  treibt.  ,,@8  gefleht  ftd^  in  ber 
Ztfüt  als  SöfeS  burd^  bie  Sel^auptung  ein,  bog  eS,  bem  anertannten 
SlQgemeinen  entgegengefe^t,  nad^  feinem  inneren  ®efe^  unb  @etDiffen 
^onble.  S)enn  mAre  Med  ®efe$  unb  ©eteiffen  ntd^t  boS  ®efe^  feiner 
(Singetnl^ett  unb  äBilllflr,  fo  »Are  e8  nid^t  tttoaB  SnnereS,  (SigeneS, 
fonbern  boS  allgemein  Slnerlannte.  SBer  barum  fagt,  ba§  er  nod^ 
feinem  ®efe^  unb  ®emiffen  gegen  bie  flnbern  l^nble,  fagt  in  ber 
J^at,  ba6  er  fie  mife^anble/* 

@o  entfielet  ber  ®egenfa^  gteifd^en  bem  ,,böfen''  unb  bem  ^^be- 
urt^eilenben  99eiDu§tfein".  2)iefe8,  fiberaD  nad^  eigennfl^igen  unb 
fc^Ieddten  9lbfi($ten  fpAl^enb  unb  fiets  entlarDungdbegierig,  redgnet  av^ 
bie  großen  üRAnner  ber  SSelt  gu  ben  böfen  unb  ff^ted^ten,  ba  fie  i^re 
geiDaltigen  3n)e(Ie  ergriffen  unb  t)oDffi]^rt  laben,  niiii  nad|  ber  Stidbt- 

'  ^egel.   9Bet(e.   II.   6.480  u.  481.  >-  >  (fbcnbaf.  6.481-483. 


2)er  fi4  entftembcte  itnb  ber  feiner  felbft  getotfle  (Beift.  411 

fd^nur  ber  getoöl^nliii^en  ^fltd^teninotal;  fonbetn  im  Snttetften  boDon 
beiDegt,  aM  r>otitx  letbenfd^aftltd^eT  Seele,  f)aUn  fte  bie  gtoge  Sad^e 
fo  fel^T  3u  ber  übrigen,  ju  il^rer  eigenfien  t)erfftnU(6fien  Slngelegenl^it 
gemalt,  ba%  f)m  jkDtfd^en  (Eigennu|  unb  Eingebung  gar  nt(6t  unter« 
Id^ieben  toerben  fatin.  S)a8  beurtl^eilenbe  93eU)u6tfein  unterfd^etbet  au(& 
ittd^t,  fotibem  erÜArt  bie  SRotiDe  tnSgefatnmt  für  etgennfi^ig,  fie 
l^aben  nur  ou§  Sllu^mfud^t,  Sorget)»  ®Ifi(ifeItg!eit8trieb  u.  f.  f.  ge< 
^anbelt.  „(Es  tann  nd&  ttint  ^anblung  foltiftem  93enrt^eUen  entate^en, 
benn  bie  $f(id^t  um  ber  ^fltd^t  loiDen,  biefer  reine  S^otd,  xfl  ba% 
UnmirlUdle;  feine  SSBirHiiibleit  |at  er  in  bem  S£l^un  ber'2(nbik)tbüQlitSt 
unb  bie  ^anblung  boburdg  bie  @eite  ber  Sefonber^eit  on  il^r.  (EiS 
giebt  leinen  gelben  für  ben  Aammerbiener;  nid&t  aber,  koeil  jener  nid^t 
ein  ^elb,  fonbern  »eil  biefer  —  ber  Äammerbicner  ifl,  mit  weldftem 
jener  nid^t  als  ^elb,  fonbern  ate  €ffenber,  2rin!enber,  ftd^  Aleibenber, 
überl^aupt  in  ber  Singelnl^eit  beS  SSebfirfniffed  unb  ber  IBorfteOung  )u 
t^un  ]^Qt.  @o  giebt  eS  fflr  boS  Seurtl^eilen  leine  ^anblung,  in  »eld^er 
ed  nt(bt  bie  Seite  ber  (Stnjelnl^eit  ber  3nbik)ibuQlitit  ber  allgemeinen 
Seite  ber  ^anblung  entgegenfe^en  unb  gegen  ben  ^anbelnben  ben 
Aantmerbiener  ber  äRoralitit  mod^en  Idnne.  2)te9  beurt^eilenbe  SSe- 
n>ttgtfein  i{}  l^iermit  felBfl  nieberlrä(6tig,  toeil  e8  bie  ^nblung  tl^ilt 
unb  il^re  Ungleid^^eit  mit  il^r  felbft  l^erDorbringt  unb  fefll^ält.  6$  ift 
ferner  ^euc^elei,  loeil  eS  fotdbed  Seurt^eilen  nic^t  fflr  eine  onbere 
3)lQnier,  böfe  m  fein,  fonbern  fflr  baS  recbte  Sekougtfein  in  ber 
^anblung  audgiebt,  in  biefer  feiner  Unu)irflid&!eit  unb  Gitelteit  beS  gut 
unb  beffer  SSiffenS  fic^  felbft  aber  bie  l^eruntergcmad^ten  Zitaten  l^inauf- 
fe^t  unb  fein  tl^otlofed  Sieben  fflr  eine  ))ortreff{i(6e  9BirIIid&!eit  ge- 
nommen  toiffen  miD/  3n  biefen  SBorten  ftedEt  fd^on  bie  Sogil,  U)eld6e 
in  ^egeld  ^^itofoD^ie  ber  (Sefc^id^te  bie  Sd^ä^ung  ber  l^iftorifd^en 
®r6§en  bel^errf dbt.  ^ 

^  ((bcnbaf.  6.484-486.  SSqI.  ftegel,  »otitfungen  über  bie  ^^ilofoD^ie 
ber  ®ef4i(!^te.  SSb.  IX.  S.  39-41.  ^ter  W  ^e^el  auf  bte  oben  angeführte 
stelle  ^tngett>iefen,  o6ne  ben  Ort  gu  nennen,  tto  fie  fte^t;  ®oetbe  ^abe  ^e^n  3a(re 
f|)äter  baffelbe  gefagt,  aber  bie  9(eu6erung  ®oet]^e<  finbet  fl4  f(^on  in  ben  „föal)(« 
oettoanbtfftaften'  (1809,)  too  fie  unter  ben  fiefeftü*ten  fte^t,  bie  fi^  Ottilie  in 
i^r  Zagebit«  fitreibt  (3Berfe.  1850.  a»b.  XIV.  6.  352):  .d«  giebt,  fagt  man, 
ffir  ben  ftantnterbiener  (einen  gelben,  ba<  f ommt  aber  blog  ba|er,  tteil  ber  ^elb 
blo6  Dom  gelben  anerfannt  locrben  tann.  SDer  Aammerbiener  mxb  aber  loabr* 
f4einli4  feine«  Gleiten  su  ^ä^^i^tn  aiffen."  SO^er  ifi  ber  ,fogt  man'?  ©ottte 
man  niftt  meinen,  bag  ®oct^e8  Öttifie  einen  fblid  in  bie  ^egelf^e  $6önomcnoa 
logie  getl^on  f^abt,  loo  bie  Stelle  o(ne  ,fogt  man'  fte^t? 


412     2)et  ®eifl.    2)er  1td(  entfrembete  unb  bet  feiner  felbfi  geaiffe  ®ei{l. 

SluS  bem  SudiSmuS  Don  ^flidbt  unb  aSirRtd^tett  l^atten  ftd^ 
jene  ^o^ulote  unb  9BtbeTf))rfld&e  ergeben,  bie  boi^  Zfftma  unb  Mt 
93erfteDung''  ber  motdifd^en  aSeUanf^auung  oudmod^ten.  S>iefer 
2)uQli8mud  ift  auffielöfi:  bie  (Sinl^eit  t>on  $f[i($t  unb  SSirlUdlifeit 
(notfirlic^er  ^nbiDibuGlitAt)  ift  baS  (Semiffen,  xooxaM  auerfi  bet  ®egett- 
fo^  bed  t^athräftigen,  praüift^en  unb  beS  t^atlofen,  tl^eoretiid^ea  de» 
miffenS  in  ber  gform  ber  Mbntn  Seele"  l^eiDorgegangen  mar  unb 
}ule^t  ber  ®egenfa^  be$  ^böfen"  unb  beS  „beurtl^eilenben  9eiDu|t- 
feinS",  morin  ber  bualifiifdbe  Sl^aratter  bed  moralifd^en  ®eified  gipfelte. 
9tun  finb  bie  beibeu  Seiten  biefeS  (Begenfa^ed  einanber  gleid^  gett^orben. 
S)aiS  beurtl^eilcnbe  Seiougtfein,  »elc^eS  fid^  unb  uns  al9  ba8  aUgemetne 
99eU)U^tfein  ober  ofö  bie  Stimme  ber  Sßelt  gilt,  ift  in  ber  Zl^at  eben 
fo  beft^affen,  U)ie  bo8  nad^  feiner  SReinung  böfe  Semugtfein  geftnnt 
fei,  barunter  bie  gro^n  äR&nner  ber  SBett:  fte  feien  nid^tMflrbig^ 
egoiftif($  unb  l^eut^lerifd^.  2)Qd  99öfe  jeigt  ftd^  auf  beiben  Seiten:  bie 
Seurtl^eilungSart  auf  ber  einen  Seite  ift  ebenfo  böfe,  ebenfo  f^tedbt 
unb  gemiffenloS  ald  bie  ^anbtung8n)eife  auf  ber  onberen.  SSenn  nun, 
U)ie  e9  baS  Selbjtbemugtfein  mit  fttb  bringt,  jebe  ber  beiben  Seiten 
il^re  9li(i^tig{eiten  erlennt,  fid^  lAutert  unb  bie  Steinzeit  beS  Selbfl« 
bemu^tfeinS  ober  beS  ^äfi  U)ieber]^erfteDt,  fo  löft  fid^  ber  ®egenfa^ 
auf  unb  es  entfielt  Don  unb  auf  jeber  ber  beiben  Seiten  „bie  SSec» 
föl^nung",  tteld^e  ^egel  .»baS  95fe  unb  feine  aSetieiJ^ung"  genannt 
l^at.  „S>ie  aSunben  beS  ®etfieS  l^eilen,  o^ne  bag  Starben  bleiben/ 
2)er  ©egenfa^  ift  nid^t  Derf(6&>unben,  oietmel^r  befielet  berfelbe  in  voller 
aSirlUd^feit  unb  Araft:  auf  jeber  Seite  fte^  baS  n)ir!(i(f)e  aßiffen,  bafi 
SeIbfibeU)u§tfein,  baS  3d6,  aber  fo,  bog  fte  ftd^  gegenfeitig  nid^t  oer» 
neinen,  fonbern  aner!ennen.  ^ti^t  erft  ift  baS  Selbftbeiougtfein  im 
maleren  Sinne  beS  aSortS  Derboppelt.  3)iefe8  gegenfeitige  9Iner!ennen 
ift  ber  abfolute  ®eift.  2)er  ®egeufa^  ift  nid^t  Derfd^munben,  fonbern 
Derfö^nt.  „2)ieS  terfdl^nenbe  3a,  menn  beibe  3(6  Don  il^rem  ent= 
gegengefe^ten  2)afein  ablaffen,  ift  baS  2)afein  bed  jur  Smei^eit 
auSgebel^nten  ^ä^i,  baS  barin  ftc^  gleidb  bleibt  unb  in  feiner  DoS- 
fommenen  €nt&u6erung  unb  ®egent^eile  bie  ©ekoigl^eit  feiner  felbft 
{|at;  ed  ift  ber  erfc^einenbe  ®ott  mitten  unter  il^nen,  bie  ftcb  als  bad 
reine  aSiffen  ttiffen."  ^ 

»  «benbaf.   6.487—492. 


$te  Steligion  unb  bo8  abfolute  Riffen.  418 

3tt)olfteS  Sapttel. 


I.  SBcfen  unb  ©tufcn  bcr  9lcUflion,  S)ic  natürlid&e  StcHgion.* 

2)ie  Srfd^etnung  beS  abfoluten  @etfteS,  b.  1^.  fein  @ekDu§tiDerbcn 
ober  er  aU  ®egenftanb  beS  äSetougtfeinS  ifi  bie  9teItgion.  3n  biefer 
fünften  $au))tftufe  be$  ^en)u&tfetn9  ftnb  bie  früheren  als  aufgel^obene 
3)lomente  entl^alten:  bad  SetDugtfein,  bad  @eIbfl6en)uBtfetn,  bie  SSer» 
nunft  unb  ber  (Seift.  Slud^  finb  mir  bort  ber  9leligion  ober  bod^ 
reltgiöfen  SSorfteÄunflSarten  fd&on  in  Derfd&iebenen  gformen  begegnet:  auf 
ber  Stufe  beS  ©elbpetoufetfeinS  erfd&ien  fic  in  ber  ©eftalt  be8  unglttdE* 
lid^en  93en)uBtfein§,  in  ber  Sßelt  bed  fittUd^en  ©eifteS  old  bie  äleltgion 
ber  Untertoett,  biefe  toax  ber  @Iaube  an  bie  furd^tbore  unbelannie 
SJlac^t  beS  @(igi(!fate  unb  an  bie  SrinnQe  beS  abgefd^iebenen  ®eifte$, 
in  ber  SBelt  beS  fid^  entfrembeien  ©eifteS  aU  ba^  Steid^  beS  ©laubenS 
im  Aam:t)f  mit  ber  SlufHorung  unb  aU  bie  Sleligion  ber  3IufHörung, 
enblid^  in  bem  feiner  fetbft  geioiffen  ©eifte  als  bie  Sieligion  bcr 
aWoralität. 

®a  bie  3leIigion  baS  SQSefen  ©otteS  nit^t  burt^  SBegriffc  erlennt, 
fonbem  ftets  in  ©eftalten  anfc^aut,  fo  ifl  fie  nod^  nid^t  bie  l^öd^fte  unb 
t)oa!ommenfte  @tufe  beS  93en)ugifeind;  fie  ift  eS  in  Slnfel^ung  n)o^I 
beS  ©egenfianbei^,  nid^t  a5er  bed  SBiffenl^.  3um  Siffen  gel^ört  bie 
3form  beS  begreif enben  ®enlen8;  in  ©eftalten  benfen  l^cifet  öorflcUen: 
bieS  ift  bie  9lrt  ber  geiftigen  STl^atigleit,  an  loeld^e  bie  Sleligion  ge« 
bunben  bleibt,  unb  über  bie  fie  nid^t  l^inauSgel^en  lann. 

2)ie  Stufen  aber  ber  9leIigion  merben  burd^  bie  nö^ere  99eftimmt- 
l^eit  ber  ©eftalten  d^aralteriftrt,  bie  nac^  ber  fortf^reitenben  Crbnung 
ber  2)inge  ftd^  t)on  ben  natfirlid^en  ju  ben  gei{ligen  erl^eben,  bis  fie 
biejenige  ©eftalt  erreid^t  l^aben,  in  neld^er  ber  abfolute  ©eift  fo  er- 
fd&eint  toie  er  in  SBa^rl^eit  ift,  b.  1^.  fid6  offenbart.  S)a8  abfolute 
SBefen  erfd^eint  in  ben  SBerten  ber  Statur,  in  ben  anfd^aulid^en  3Ber!en 
beS  ©eifteS,  baS  finb  bie  jtunftn)er!e,  unb  jule^t  in  ber  il^m  abdquaten 
©efialt:   bemgemdg  unterfd^eibet  ^egel  als  bie  brei  ^auptftufen  ber 


*  Cbenbaf.  CC.  a)ie  »eligion.  6.  492-573.    VII.  S)ie  IRetigioii.  6. 492 
bU  500. 


J 


414  2)ie  fRcIigion  unb  bad  abfolute  SQßiRen. 

gieliBton   ,,bic  natütlid^e  Äcligion",    „bic  Äunfir^Iigion"    unb 
„bie  offenbare  Sieligion".^ 

2)te  Sleltgionen  merben  nid^t  getnod^t,  fonbecn  erlebt.  3tai^  ben 
€dbt(ffQlen,  toelcbe  bet  menfAlidge  ®ei{l  erffll^rt  unb  bie  i^n  an^pxigtn, 
richtet  fid6  bie  9lrt  unb  9Bet|e,  mie  t^m  ba9  @öttU$e,  b.  t.  fein 
eigenfteiS,  innerfieiS  SBefen,  erfd)eint  unb  fi(^  geftoltet.  ^n  feinen  (Sattem 
malt  fid&  ber  SRenfc^. 

1.  9leIigionifiufen  unb  9lcU0ionigef4t(l^te. 
SSenn  bie  genannten  Sleligiondftufen  mit  ber  ätettgiondgefc^icf^te 
Derglic^en  merben,  fo  l^at  unferem  $^i(ofo))l^en  bei  ber  natarlid^en  bie 
orientatifd^e  Sleligion  in  einigen  tl^rer  ^au^tformen,  bie  er  nid^t  nftl^er 
begeid^nei,  Dorgefd^ioebt;  bei  ber  itunftreligion  ^at  i^m  bie  ^ffenifdb^ 
üor  SCugen  geflanben,  bei  ber  offenbaren  bie  (bri{Uid(^e.  2)ie  parallele 
jmifd^en  ber  natflrUd(^en  unb  orienta(ifd(^en  Sleligion  motiDirt  fid&  nur 
anbeutungemeife  burd^  ^iniocifungen  auf  bie  inbifd^e  unb  dg^ptif^e 
älteligion.  ^egel  unterfd^eibet  in  ber  natflrlid^en  9teIigion  brei  fort- 
fc^reitenbe  9rten,  bie  ftd^  aü  Sid^t,  Seben  unb  Serie  begeid^nen  (äffen 
bei  il^m  l^eigen  fte  „baS  Sid^tmefen",  „bie  ^flanje  unb  bad  S^ier" 
unb  .ber  SBerlmeifler".* 

2.  :3nbif4e  unb  Qg^ptifite  9leItgion. 
3)ie  Slnfd^auung  bed  ®öttlidgen  a(8  Sic^tmefen,  in  „Sid^tgAffen" 
unb  „oerje^renben  Or^uerftrdmen"  erinnert  un8  fogleicb  an  bie  tnbtfs^c 
SmmanationSte^re:  ed  ift  bafi  Sid^t,  n)e((bed  aufgellt  unb  bai$  aßeltaO 
burd^ftrömt,  ol^ne  in  fidft  nieber^ugel^en,  b.  |.  o^ne  ficb  gu  lebenbigen 
unb  bemühten  (Srf (Meinungen  gu  geflalten;  eS  ifl  ber  ^antl^eiSmuS  be$ 
Sll'iSinen,  beffen  Attribute  ,,nid^t  gur  6elbft&nbig!eit  gebei^en, 
fonbern  nur  S^amen  bed  Dielnamigen  (Einen  bleiben.  3)iefed  ift  mit 
ben  mannid^fad^en  Ardflen  bed  S)afeini$  unb  ben  ®eftalten  ber  Sßirt^ 
lidgteit  ä(8  mit  einem  felbfilofen  @(bmude  angelleibet;  fte  finb  nur 
eigenen  SBiDenS  entbe^renbe  93oten  feiner  SRad^t,  ^[nfd&auungen  feiner 
^errlitbleit  unb  Stimmen  feine«  5ßreifeS".* 

^  A.  Slatfirlid^e  9lc(igton.  6.  500—509.  B.  2)ie  Itunß'dleligton.  €•  509 
bis  543.  C.  ^ie  offenbare  Steltgion.  @.  542—573.  ^egel  ^at  bie  gmeite  ^aupt- 
ftufe  a«  «fünPIic^e  9leIigion'  Don  «ber  natftrli^enf  unterfc^ieben  (6.  499—500), 
btcfen  9(u«brucf  aber  ali  einen  migoet^dnbU^en  unb  Derfe^Iten  bux^  ben  beffeien 
^ftunPreligion"  erfe^t.  —  >  übenbaf.  a.  2)ai  Si^ttoefen.  6.  502—504.  b.  2)ie 
Vflanae  unb  ba<  £^ier.  6.  504—506.  c.  ^er  9&er!mei1ler.  @.  506—509.  — 
»  ebcnbaf.  6.  504. 


2)ie  iReltsion  unb  baS  abfolute  äBiffen.  415 

2)ie  Unfd^ulb  ber  Slumenreligion  unb  bafi  totlbe  Z^terleben  aU 
ein  ©tnnbilb  t)ernid6tenbcr  SßöHcrfrieae,  ein  ©üb  bcr  SßbllcrfcÖQften, 
bie,  koilben  Silieren  glet^,  fid^  segenfeittg  getretgen,  bie  (Sroberung 
unb  ^Unterjod^ung  )u  Sta^tn''  erinnern  Don  neuem  an  baS  inbifd^e 
9leItgion8U)efen,  bas  ben  3(ufgang  beS  freien  @elbftben)u^tfein8  erbrütft. 

S)er  3Ber!meifier,  ate  beffen  SBerle  beif))ieten)eife  bie  ^^ramiben 
unb  ObeliSfen  angefül^rt  loerben,  bebeutet  bie  bemiutgifdde  2:i^ätig!eit 
beS  &g^))tifd^en  ©etftefi,  ber  foldge  SBerle  Don  ftarrer  Stegelnii^igleit. 
riefenl^aften  Ar^ftaffen  vergleichbar,  infKnctartig  l^erDorbringt,  mie  bie 
93ienen  il^re  3eQen  bauen;  biefer  bemiurgifci^e  ä)ilbungdtrieb  erl^ebt 
fidb  über  bie  unorganifd^en  ^formen  unb  greift  3ur  Sl^iergeftalt,  um 
in  fiummen  unb  bebeutfamen  Silbern  ft($  einen  ]^terogI^))l^ifd^en  3(uS= 
brujIF  ju  Derfd^affen,  er  Dermifd^t  bie  beuu^tlofen  ©efialten  mit  ben 
bekDugien  gu  r&tl^fell^aften  ®ebi(ben,  unb  fd^reitet  fort  bis  gur  SDlenfc^en^ 
geftalt,  gur  äJlemnonSf&uIe,  bie  aber  nod^  nidgt  Dom  (Seift  ber  @))rad^e 
bcfcelt  i%  fonbern,  Dom  erflcn  ©tral^Ie  beö  2id&t8  getroffen,  nur  er= 
Hingt.  ,,2)ie  @eele  ber  menfd^Iid^  geformten  93ilbföule  !ommt  nod^ 
nid^t  aus  bem  Innern,  ift  nod^  nid^t  bie  Sprache,  bad  2)afein,  ba§ 
an  i^m  felbfl  innerlid&  ift/  „SDer  SBerfmeifler  Dereint  bal^er  beibcS 
in  ber  93ermifd)ung  ber  natürlidgen  unb  ber  felbftbemugten  ©eftalt, 
unb  biefe  gtoeibeutigen  fid^  felbft  r&tl^fell^aften  Sßefen,  baS  SSekougte 
ringenb  mit  bem  93ett)u§tIofen,  bad  einfach  innere  mit  bem  Diel- 
gefialtigen  .^eugeren,  bie  2)unlel]^eit  beS  ©ebanlend  mit  ber  Alarl^eit 
ber  9leugerung  ))aarenb,  bred^en  in  bie  Qpxaiit  biefer  fd^ioer  Derfl&nb= 
lid^en  SBeifil^eit  au$/'^ 

IL  3)ic  Äunftreligion. 

@d  finb  bebeutfame  unb  r&t^fel^afte  ®ebilbe,  biefe  SRifd^loefen 
Don  S^ier  unb  SWenfdfi,  in  bereu  ^erDorbringung  ber  aBerfmetfter  fid& 
an  baS  Sid^t  ringt.  3)ie  Safung  beS  Sflfttl^fete  ift  ber  @ieg  beS  ®eifted 
über  bie  nieberen  t^ormen  ber  9latur  unb  feine  2)arftellung  in  ber 
il^m  aböquaten  SRenfd^engeftalt.  2)er  SBerfmeifler  ift  gum  Aünftler  unb 
geifligen  Arbeiter,  bie  Sieligion  ift  gur  Äunftreligion  geworben,  in  ber 
ftd^  alled  gum  Aunftmerf  geftaltet:  ber  jtultud,  bad  öffentlii^e  mie 
bad  geiftige  Seben.  3)er  wirllid^e  ®eift,  ber  in  ber  jtunflreligion  fein 
SSefen  barfteDt  unb  anfd^aut,  ift  „baS  freie  93olf,  morin  bie  Sitte  bie 

^  ebenbaf.  6.  506-509. 


416  tDie  Sieligion  unb  ba<  ftbfolutc  SSiffen« 

Subftana  aOer  aMmai^t,  beten  Sir!(id6!eit  unb  3)Qfein  aüt  unb  jeben 
Sinjelnen  aU  fetneu  äBiDen  unb  2:^Qt  »eig".  S)a  ber  StnltM  nicbt 
bad  t)oI!e  concrete  Seben  in  ftdb  begreift,  fonbern  qM  2em)}elbienfit  ber 
SBirflidbteit  gegenfiberfte^t  unb  ftcb  t)on  tJ^r  obfonbert,  fo  l^at  i^n  ^egel 
als  ,,ba8  abfirocte  Aunftmexf  bejeid^net  im  Unterfcbiebe  bon  htm 
„lebenbigen"  unb  beut  „geifligen  Äunfltoerl",  3ht  bicfer  bretfad&cn 
^ilbflufung  fielet  er  bie  Sntn)tdKung  ber  fiunfheligion«^ 

3n  !einem  (^elbe  feiner  ^^änomenologie  l^at  ^egel  aus  fo  trollen 
unb  entl^ufiafiifc^  beiDegten  ^nfd^auungen  gefdgöpft  al8  l^ier,  n)o  eS  ft(( 
um  ben  @eift  unb  bie  Steligton  beS  l^eDenifii&en  äiolls  l^anbelt;  unioiD^ 
türlidb  gebenlen  mir  ber  Stnflüffe  feiner  ^ugenbfreunbfc^aft  mit  ^ölberttn 
in  ben  tübinger  unb  fronifurter  Seiten;  t>on  feinen  früheren  ©d^riften 
bergegeniD&rtigen  mit  und  ben  Suffa^  „über  bie  miffenfd^aftKdgen  9^« 
^anblungSarten  be§  9laturted6t8",  insbefonbete  ben  Stbfd^nitt  fibet  ^bte 
abfolute  Sitllid^Ieit".*  S)ie  Sufifü^tungen,  roeld&e  ^bie  ÄunftreUgion" 
bel^anbeln,  ben  Slufgang  unb  Untetgang  einet  Sßelt  t)oQet  3been  unb 
Sd^ön^eit,  entl^alten  aud(^  bie  fd^onften  @teQen  bet  ^l^AnomenoIogie. 

2)ie  apodiz  ber  abfoluten  fiunfl,  mie  ^ege(  fte  nennt,  ift  babutcfe 
d^ataftetifitt  unb  bebtngt,  ba%  bie  93anbe  beS  fittlid^en  ©eified  fic6 
ff^on  gelodett  unb  gelöft  l^aben;  bad  Sdgmetgemid^t  bet  ftttlt^ett 
Subfiang,  bie  alle  Singeinen  buttbbtingt  unb  ju  ®Uebetn  einefi  l^ar- 
monifdgen  ©angen  mad^t,  ift  gel^oben  unb  leidet  gemorben^  bamit  ift 
,,ber  abfolute  Seid^tfinn  beS  ftttlid^en  ©eifteS",  bie  Oftei^eit  ber  3nbt- 
t)ibuen  eingetreten,  baS  @elbftben>u6tfein,  gugleid^  erfttOt  unb  frei,  l^at 
fid^  ber  ©ubftanj  bemd6tigt  unb  etl^ebt  i^ten  3nMt  aus  bet  nftd^t^ 
Ud^en  ä^iefe  feinet  funflletifd&en  3:i^Atigfeit  in  bie  DoQenbete  O^otm  beS 
fiunfimette.  Sin  l^Dd^ft  methofltbigeS  unb  tief  BebeutfameS  SBott, 
mie  ^egel  biefe  äJlenfd^metbung  ©otteS  butdb  bie  gtied^ifc^e  Aunfi  be* 
geid^net.  „S)iefe  O^otm  ift  bie  9lad^t,  toorin  bie  @ubftanj  üertatl^en 
marb  unb  fid^  jum  @ubject  mad^te;  aus  biefer  Stad^t  ber  reinen  ©e= 
mig^eit  feiner  felbfi  ift  eS,  bag  ber  ftttlid^e  ©eift  als  bie  t)on  ber 
Siatut  unb  feinem  unmittelbaren  2)afein  befreite  ©eftatt  aufetfie^t."' 


^  (£6enbaf.  a.  2)a<  abfiracte  Itunftoctl.  @.  509—522.  b.  Xa%  (cbenbtge 
ÄunpiDetf.  6.  522—527.  c.  ^aS  geipige  Äunfhoetf.  S,  527—542.  —  •  »gl. 
biefe«  aßet!.  a3u<6  I.  €op.  IL  6.  17—19.  dap.  IV.  6.  35-41.  SBu*  U.  6ap.  IV. 
6.  278-289.  —  '  ^egel.  3Bet!c.  IL   ©,  511  u.  512. 


S)te  9leIigion  unb  baS  abfolute  SBiflen.  417 

1.  2)er  Kultus.    Sa<  abstatte  üunlltoerf. 

3n  bem  Stempel  erfd^eint  bie  tnenfd6It(fi  geformte  Sitbfdule  beS 
®otte§,  nid^t  cils  bunHeS  ^lahtrtDefen,  ntd^t  in  tttanenl^after  Ungeftolt, 
fonbem  in  ol^mpifdger  Alar^eit  unb  ©d^önl^eit.  SBie  fic^  aud^  bie 
aWengc  baju  tjetl^olte,  betounbemb  unb  Derel^renb,  onbetenb  unb  opfernb, 
ober  auä^  einige  mit  jtennermiene  urtl^eilenb  unb  meifiernb:  ber 
ßünfiler  ijiber  ©(ftöpfer  unb  ÜKeifter  unb  fülfttt  fidfe  ol8  fold&er.  ®aS 
ftumme  Aunftkoerl  ift  lein  ©egenftonb  bed  AuItuS.  @oD  ber  @ott  in 
feiner  ©emeine  a^S^w^^ärtifl  f^in,  toie  eS  ber  ÄuItuS  forbert,  fo  muffen 
Beibe  Seiten  burd&  bie  ©prod^e  geifüg  befeclt  toerben :  bie  Sprad&e  ber 
onbäd^tigen  ©emeinbe  ifi  ber  l&^mnift^c  ©efong,  bie  ©prod&e  ber 
©Otter  finb  bie  Drofel  unb,  loie  2lntigone  gefogt  l^at,  ieneS  fiebere, 
ungefd^riebene  ©efe^  ber  ©otter,  baS  ett)ig  lebt  unb  Don  bem 
niemanb  toeife/  öon  toannen  eS  erfd&ien.  Slber  „in  ber  SRod^t, 
n)o  bie  @u6f!an3  Derratl^en  toarb  unb  fid^  2^^  ©uBiect  mod^te'',  l^aben 
audg  bie  en)igen  ©efe^e  beS  SSal^ren  unb  ©uten  aufgel^ört  bie  ©prad^e  ber 
©Otter  2^  f^in,  unb  baS  ©elbftbemugtfein,  ba$  n)iffenbe  2)enlen  ent= 
pQt  fid)  als  beren  ClueQe.  2)ie  Oralel  bleiben  bei  ben  ©öttern, 
unb  bei  ben  Drofeln  finb  nid^t  bie  allgemeinen  SBJal^rl^citen,  fonbem  bie 
befonberen  Angelegenheiten  beS  fßolU  unb  bie  nü^ßc^en  Sflat^fd^löge, 
bie  baS  3ufäBigc  unb  Sefonbere  betreffen.  „SBic  jener  SBeifc  beS 
Sntertl^umd,  toad  gut  unb  fd^ön  fei,  in  feinem  eigenen  2)en!en  fud^te, 
bagegen  ben  fd^ted^ten  guf&Qigen  ^n^alt  bed  SSiffenS,  ob  eS  i^m  gut 
fei,  mit  biefem  ober  jenem  umgugel^en,  ober  einem  Selannten  gut, 
biefe  Steife  ju  madgen,  unb  bergleid^en  bebeutungSlofe  2)inge  bem 
S)ämon  ju  »iffen  überliefe,  ebenfo  l^olt  ba3  affgemeine  Semufetfein  baS 
SBiffen  t)om  3ufftQigen  oon  ben  SSögeln  ober  t)on  ben  93öumen  ober 
bon  ber  göl^renben  6rbe,  beren  ®ampf  bem  ©elbfibetoufetfein  feine 
aSefonncnl^eit  nimmt;  benn  ba8  SufäHige  ift  baS  Unbefonnene  unb 
f^rembe,  unb  baS  fittlid^e  Semufetfein  lagt  fidg  alfo  aud^,  mie  burdg 
ein  SBürfeln,  auf  eine  unbefonnene  unb  frembe  SBeife  borüber  be= 
flimmen."^ 

2)er  anbdd^tige  ^^mnuS  ift  leine  ^anblung  unb  l^at  {ein  fort- 
bauernbeS  gegenftönblid^eS  SSeftel^en.  93eibe3  gel^ört  gum  Aultud.  2)ie 
toirflic^c  §anblung  ift  baS  Opfer  ber  SE^iere  unb  3früd()te,  bie  ^in= 
gäbe  eine«  aSefi^eS,  bie  fid&  aber  burd^  bai  Dpfermol^I  toieber  aufgebt 

1  (Ebenbaf.  6.  514-518. 
gf  i  f  di  e  t ,  ©eT($.  b.  milol  VIII.  «.  ».  27 


418  2)ie  9le(tgion  unb  baS  abfolute  SBilfeit, 

unb  in  ®enu|  l^etloanbeU;  bie  gegenftftnbli($e  Orottbouet  ber  Snbad^t 
befielet  in  bem  Sd^ntud  bet  ©dttetiool^nung  unb  in  ®ef(!6en!en,  bte 
bem  ®otte  gen)ei^t  ftnb.  „(&S  ifi  aber  nt($t  nur  bie  ©^re  be9  ®otte8, 
bie  ju  @tanbe  lommt,  unb  ber  Segen  feiner  ©eneigtl^eit  fitegt  niilit 
nur  in  ber  SSorfiellung  auf  ben  9(rbeiter,  fonbem  bie  Arbeit  |at 
anäi  bie  umge!e]^rte  93ebeutung  gegen  bie  erjie  ber  Snt&ugerung  unb 
ber  fremben  Sl^re.  2)ie  SBo^nungen  unb  fallen  beS  @otte8  finb  fflr 
ben  @e6rau(jg  beS  äJlenfd^en,  bie  @d^ä|e,  bie  in  jenem  aufbekoal^rt  ftnb, 
im  9lot^faae  bie  feinigen;  bie  Sl^re,  bie  jener  in  feinem  Sd^mudEe 
geniest,  ift  bie  Sl^re  beiS  tunflreid^en  unb  grogmfltl^gen  SSoßeS."  «@S 
i)ai  in  ber  Sl^renbegeugung  unb  2)arbringung  ber  ®aben  unmittelbar 
ben  ®enug  feines  eigenen  9leicbtl^umi$  unb  ^u^eS."^ 

2.  2)aS  (elbenbige  l^unfiioer!. 

Seiner  Sinl^eit  mit  ben  göttlid^en  Sebenl^mftd^ten  fi4  beiou^t» 
begel^t  ba^  religiöfe  Soll  bie  m^fiifd^e  gfeier  ber  SereiS,  bie  offentlid^e 
bed  f&actS^M,  unb  erfd^eint  in  ber  2)ar{teIIung  ber  eigenen  @tdr!e  unb 
Sd&önl^eit  ben  93ilbf&ulen  feiner  ®ötter  Dergleid^bar,  nid^t  rul^enb, 
fonbem  im  9Bett!am))f  ber  93en)egung  unb  Araft.  @o  entfaltet  fic^ 
bie  9leIigion  ber  Aunft  in  ben  eleufinifd^en  STi^fierien,  in  ben  2)ion))ften 
unb  in  ben  nationalen  @))ielen  als  „baS  lebenbige  ftunfttoer!'.  «^SDoS 
äJt^ftifd^e  ifl  nid^t  93erborgen^eit  eines  ®e^eimniffeS  ober  Untoiffenl^eit, 
{onbern  befielet  barin,  bag  baS  €elbft  fic^  mit  bem  SBefen  SinS  toti% 
unb  bicfeS  alfo  geoffenbort  ift.  JRur  baS  ©elbjt  ifl  [\ä)  offenbar,  ober 
toaS  offenbar  ifl,  ifi  eS  nur  in  ber  unmittelbaren  ©etoifel^eit  feiner.** 

3)er  9taub  ber  $rofer))ina^  bie  Alage  ber  (SereS,  ber  Xrium|)|iug 
beS  ädacd^us,  ber  t)om  3(ufgang  beS  SidgteS  ]^er!ommt,  l^aben  fid^  in 
ben  griedgifd^en  g^res«  unb  aSacd^uSfeften  jum  lebenbigen  ftunftioert 
geftaltet.  „Sl^eilS  jur  ftiD!rdftigen  @ubftang,  tl^eilS  aber  gur  gei^gen 
®&l^rung  ift  ber  Srbgeifl  in  feiner  3)letamor))|ofe'bort  jum  meibUd^en 
principe  ber  Srnftl^rung,  '^ier  }um  m&nnlid^en  ^inci))e  ber  ftcb 
treibenben  Araft  beS  felbflbeiougten  2)afeinS  gebiel^en."  «,9ßaS  hiermit 
burd^  ben  AuItuS  bem  felbftbenjugten  ©eifte  in  il^m  felbft  offenbar 
getoorben,  ifl  baS  einfädle  äBefen  als  bie  93en)egung,  tl^eils  auS  fetner 
nöd^tlid^en  SDerborgenl^eit  l^erauf  in  baS  Seiougtfein  ju  treten,  beffen 
fliKerna^renbe  Subftana  ju  fein,  tl^eils  aber  fid^  ebenfo  toieber  in  bie 


(Sbenbaf.  @.  522.  -  >  CEbenbaf.  6.  524. 


2)ie  ftcHgion  unb  bafi  abfolute  as^iffeii.  419 

unietirbifd^e  Slad^t,  in  baS  @elbft  3U  t)eTlteTen  unb  oben  nur  mit 
fttKer  372utterfe]6nfu(l6t  gu  t^rioeiUn.  S)er  laute  Zrieb  aber  tft  baS 
t>ielnami{ie  Sid^ttoefen  beS  SlufgangS  unb  fein  taumeInbeS  Seben,  baS 
k)on  feinem  abfiracten  6ein  ebenfo  abgelaffen,  fid^  guerft  in  bad  Qt^tn- 
ftfinblif^e  S)afetn  ber  C^rud^t  befaßt,  bann  bem  ©elbßbeiDuBtfein  fid^ 
l^ingebenb,  in  il^m  gur  eigentliiiben  SBirtlid^feit  gelangt,  —  nun  als 
ein  Raufen  fd^ioärmenber  SSBeiber  uml^erfd^ioeift,  ber  ungebAnbtgte 
Taumel  ber  Statur  in  felbfibetougter  ®efialt."  Sir  geben!en  ber 
SSorie  @d^iller8,  toie  er  ben  99acd(iu8)ug  f^ilbert:  „S^aun  unb  @at^r 
taumeln  il^m  t)oran,  um  i^n  fprtngen  rafenbe  äßAnaben"  u.  f.  f. 

UnmiHlarücb  Dergleid^t  ftd^  im  (Seifte  unfereS  $]^iIofo))^en  baS 
37l^{lerium  ber  Itunftreligion  mit  bem  ber  offenbaren  Steligion:  bie 
Eingebung  beS  menfdbgetoorbenen  9taturgetfted  mit  ber  Eingebung  beS 
menf($gett)orbenen  ®otted  (abfoluten  @eified).  @r  fagt  k)om  9taturgeift: 
,,6ein  felbftbeiougted  Seben  ift  bal^er  nur  bad  aJl^fterium  beS  SrobeiS 
unb  bed  Seins,  ber  €ered  unb  bes  93ac(^uS,  ni^t  ber  anbem,  ber 
eigentlid^  oberen  ®ötter,  bereu  ^nbiotbualität  als  toefentlid^eS  SJloment 
baS  @elbfibeiDugtfein  als  foId^eS  in  ftd^  fdbliegt.  Slod^  l^at  ftdg  i^m 
alfo  ber  (Seift  als  felbftbetougter  @et{t  nid^t  geo))fert,  unb  baS 
äR^fterium  bes  SBrobeS  unb  beS  SBeinS  ift  nocb  nic^t  baS  9}l^fterium 
beS  Ofleifc^eS  unb  beS  SluteS."^ 

2)ie  malere  Offenbarung  beS  menfd^getoorbenen  92aturgeifieS  ift  bie 
Sd^önlgeit  unb  Araft  bcS  loirüid^en  äRenfdben  unb  beffen  feftlidge 
SSer^errliddung.  r,<Sin  foldber  JtuItuS  ift  baS  Or^ft,  baS  ber  äRenfdb  gu 
feiner  eignen  ßl^re  ftift  giebt."  ^3)er  SKenfd^  ftettt  alfo  an  bie  ©teile 
ber  93ilbf&ule  fi4  felbft  als  gur  DoQIommen  freien  93en)egung  er= 
gogene  unb  ausgearbeitete  ©eftalt,  toie  jene  bie  Dolüommen  freie  S^ul^e 
ift*,  ein  befeelteS  lebenbigeS  Aunfttoer!,  baS  mit  feiner  @$ßnl^eit  bie 
St&r!e  paaxi,  unb  bem  ber  €$mud,  toomit  bie  äSilbföuIe  geeiert 
iDurbe,  als  $reis  feiner  Araft  unb  bie  @^re,  unier  feinem  fßolU  ftatt 
beS  fieinernen  (SolteS  bie  l^ödbfte  leibliche  2)arfteQung  i^reS  9BefenS  gu 
fein,  gu  Sl^eil  toirb." 

3.  2)a<  geiftige  itunfiweTf. 

2)ie  beiben  Seiten  beS  lebenbigen  AunftkoerlS  finb  gu  k)ereinigen: 
bie  bacd^ifd^e  93egeifterung  unb  bie  fd^one  Aör))erlid^leit;  in  jener  ifl 


>  (ibenbaf.   6.  521—525.  -  «  ^benbof.  6.  525  «.  526. 

27* 


420  2)ie  Sleligion  unb  bai  abfolute  aSßiffen. 

bafi  €elbfi  äuget  {id^,  in  biefer  ba9  fietfitge  aßefen;  bad  einzige 
SIement,  in  toeld^em  bie  Seteinigung  ftd&  t)all)ie]^en  l&%\,  \o  bag 
inneres  unb  9eu§ere8,  bie  aSegeifterung  unb  bie  ®ef}altung,  einanbet 
t)oDIomnien  entf))red^en,  ifi  bie  €))rQd6e,  nid^t  bie  bocd^ifdge;  fonbecn 
bie  bid^terifd^e  unb  befonnene  Segeiflerung,  nid^t  ber  jiDeibeutige  Oratel- 
f))tud^,  nid^t  bei  ^^ntnud,  ber  nur  ben  einjelnen  ®ott  ))reift,  nt($t  ba« 
in^altlofe  @tammeln  ber  bacd^ifd^en  SHaferei,  fonbem  bie  gebQn(ent)one, 
gepaltenreid^e,  mol^ItSnenbe  Sptai^t  ber  2)idbtung,  bad  ))oetifd6e  Aunft^ 
tt)erl:  boS  Spo8,  bie  Zragöbie  unb  bie  Aoni5bie. 

1.  2)er  €d^QU)){a^  ber  99egeben^eiten,  bie  baS  SpoS  erjdl^It,  he^ 
fte^t  nidgt  in  3nbit)ibuen,  tt)eld6e  bie  ©lieber  eines  fittlt($en  ®on]en 
(bed  Staats)  auSmaf^en,  fonbern  in  ben  93oItegei{lern  ober  SSöIIer^ 
fd^aften,  bie  )u  einem  ®efammtDoI!  gel^ören  unb  ftc^  unter  bent  Dber» 
befe^t  (nid^t  unter  ber  Ober^errfd^aft)  eines  il^rer  9)ol!sffirflen  gu  einer 
gemeinfamen  Unternel^mung  t)eretnigen.  2)te  SSoßSgeifter  inbiDtbuali^ 
firen  ftc^  in  il^ren  ©Ottern  unb  gelben,  ber  ätilferlrieg,  ben  uns  baS 
@poS  fd^tlbert,  in  ben  fi&ntpfen  ber  gelben  unb  in  bem  ©ötterfirett, 
ber  ben  Arieg  erjeugt  ^at  unb  in  bie  St&mp^t  ber  gelben  eingeigt, 
lieber  biefer  ganzen  3Be(t  t)oIler  Araft  unb  @d^5nl^eit  fd^mebt  baS 
blinbe  @d&idEfaI,  baS  Aber  aQe  biefe  ®eftatten>  bie  SSöÜer,  i^re  ©Btter 
unb  gelben  ben  Untergang,  baS  SooS  alles  Serg&nglid^en,  Der^dngt 
l^at.  Ss  ift  gleid&fam  ftnnbilblic^  fttr  biefe  ganje  9BeU,  ba§  bem 
!raft))oDf}en  unb  f^iönften  il^rer  gelben  befdgieben  ift,  in  DoDfter  3ugenb 
3U  fierben;  er  lennt  biefeS  fein  @d&i(ffal  unb  trauert  barflber. 

9(ber  bie  S^^aten  ber  gelben  unb  il^re  Sd^idfale  toerben  auf^ 
bewal^rt  im  ©ebdd^tnig  unb  fortgepflanzt  burdb  ben  SDlunb  beS  @änger8, 
ber  in  ber  @prad(ie  beS  6poS  bie  ©cftalten  ber  gelben  aus  bem  Der- 
gönglid^en  2)afein  in  ben  Slet^er  ber  ajorftellung  (beS  ä^orgefteOtfeinS) 
ergebt  unb  l^ter  Deremigt  „@ein  ^at^oS  ift  nid^t  bie  betöubenbe  Statur^ 
madgt,  fonbern  bie  äRnemof^ne,  bie  93eftnnung  unb  gett)orbene  ^nner^ 
lid^teit,  bie  Erinnerung  beS  Dorl^in  unmittelbaren  SBefenS.  @r  ift  boB 
in  feinem  ^nl^alte  Derjd&kotnbenbe  Organ,  nid^t  fein  eigenes  @elbfi 
gilt,  fonbern  feine  SRufe,  fein  allgemeiner  ©efang/^ 

2.  3)aS  epif(^e  @d^iäfa[  ift  leer  unb  mug  mit  bem  3nl§alt  ber 
^anblung  erfflDt  metben.  3)ie  gelben  follen  il^r  Sd^idffal  nid^t  bto^ 
etleiben,  fonbern  aud^  bemirten.    2)iefeS  @(6id(fal,  baS  bie  Sl^araftere 


»  ebenDQf,  6.  528. 


2)ie  Religion  unb  ba<  abfolute  SBiffen.  421 

(ettegt  unb  aus  i^rer  9rt,  il^rem  $at^od  unb  i^rer  ^anblungsioetfe 
l^eiDorgel^t,  ifl  bad  tragifc^e  Sd^idfal  unb  feine  S)atfieBung  in  bet 
Sprach  befi  Xitbtti^  bie  Ztagöbie.  9Sir  finb  ni^it  mtffx  auf  bem 
@(6QU))la^e  einet  aDöHerDerfammlung,  fonbem  auf  bem  93oben  be9 
fittUd^en  @eifte8»  bet  ftd^  in  ben  ®egenfa^  ber  gfamilie  unb  Stoati^- 
mac^t,  beS  unterirbifd^en  unb  oberen  Sled^tS,  beS  göttlid&en  unb  nienf(6- 
lid^n  @efe^ed,  beS  meiblid^en  unb  männ(i($en  S^araÜerd  fd^eibet;  toit 
erinnern  unfere  ßefer  an  MeS,  »aS  toxx  im  ^inblidE  auf  bie  %\)pen 
tragifd^et  Sonflicte  t)on  ^egel  Aber  bie  Sumeniben  bed  3(efd6^Ioi$  unb 
bie  Sintigone  bed  Soplfotlt^  bereits  gel^ört  l^aben.^ 

3.  ^ud^  t)ergegeniD&rttgen  »ir  und,  luad  ^egel  über  bie  unDer- 
meibUd^e  SDerblenbung  tragifdger  @:^ara!tere  tief^nnig  gefagt  l^at:  tote 
fie  burd^  il^r  ^atl^od  jugleic^  erleuchtet  unb  Derbunlelt  tt>erben,  fo  bag 
fie  bie  eine  3)la$t,  auf  toeld^e  il^re  ^anblung  ftdd  rietet,  fe^r  beutltd^, 
bie  anbete  bagegen,  toeld^e  fie  toiber  fic^  aufregen,  gar  nid^t  feigen. 
Sie  feigen  tool^l  bie  S^ede  il^tet  S^l^aten,  nid^t  aber  bereu  O^olfi^n. 
S)a]^er  ift  i^r  Sd^idfal  bo))))etfinnig:  bie  Srreid&ung  bed  S^edfS  unb 
bet  @tur)  ins  93erbetben.  S)a|et  ftnb  aud^  bie  @c^i(ffatefptfld^e  boppel* 
finnig  unb  gmeibeutig:  bie  bet  $^t^ia  ebenfo  roit  bie  bet  ^ejcen  im 
äJlacbetl^;  aud^  ^amlet  fütc^tet,  ba^  bet  (Seift  feines  93atetS,  bet  il^m 
baS  ®efd^e]^ene  offenbatt  l^at,  ein  ßflgengeift  fein  tonne.  i,2)ie  IRafetei 
bet  ^rieftetin,  bie  unmenfdblid^e  ®e^alt  bet  ^ejen,  bie  Stimme  beS 
Saumes,  beS  SDogelS,  bet  Ztaum  u.  f.  f.  finb  nid^t  bie  9Seifen,  in 
meldten  bie  SBal^tl^eit  etfd^eint,  fonbetn  loatnenbe  Seid^en  beS  93ettugS, 
bet  SRid^tbefonnenl^eit,  bet  Sinaelnl^eit  unb  SufADigleit  beS  SiffenS/' 

4.  2)aS  ttagifd^e  @d^idfal  befielet  in  bet  €fl]^nung  bet  @d^ulb 
obet  in  bet  ttagifd^en  33etf5l^nung  unb  ift  enthebet  bet  Untetgang 
bet  feinblidben  3Jl&d^te,  b.  i.  bet  S^ob,  tote  bet  Untetgang  bet  Sntigone 
unb  bet  Orantilie  beS  Ateon,  obet  bie  O^teifpteddung  nid^t  k)on  bet  Sd^ulb, 
bie  nichts  ungefd^e^en  machen  lann,  fonbetn  Don  bem  SSetbtedgen,  toie 
bie  O^tetfprei^ung  beS  OtefteS  butdg  bie  ®5ttin  9(tl^ene  in  ben  Sumeniben 
beS  %[efd6^(oS.  2)aS  ttagifdge  ©cbidfal  bet  erften  Sltt  nennt  ^egel 
„bie  Set^e  bet  Untettoelt",  bas  bet  jtoeiten  nennt  et  fel^t  fd^ön 
^bie  ßetl^e  bet  Dbettoelt".' 

5.  2ln  bem  )ufc^auenben  93etougtfein  toedt  bet  SDetlauf  bet  ttagifcben 
^anblung  eine  lÄeil^e  toeifet,  ben  Seiben.  unb  Sd^idfalen  bet  €^ata{tete 

»  «ftlToben  »u«  IL  (S^ap.IW.  6.281-286.  €a|).  X.  6.371-378.  §egel. 
aSöetfe.  IL   6.  533  u,  534.  -  »  «bcnbaf.  6.  535-537,  -  »  «benbaf.  6.  537. 


422  2)ic  Slcltgion  unb  baS  abfotutc  W\f\tn, 

angemeffener  Sefiendbetrocbtungen,  iDeldge,  ha  fte  sur  Sad^e  geboren, 
ber  tragifd^e  Aflnftler  in  fein  SBer!  aufnimmt  unb  burdt)  ben  „S^or 
beS  alters",  oIS  ben  Steprafenianien  beS  SBoIte,  Qui$ft)Te(6en  lägt. 
Unter  bem  SinbrudE  ber  ^anblung,  ber  bartn  ^errfc^cnben  Setben- 
fd^often  unb  maltenben  l^5l^eren  fOl&iiU  mirb  ber  C^or  Don  ben  ®effi^Ien 
beS  SRiileibS  unb  ber  f^urd^t  bekoegt.  „3n  ber  gfurdgt  bor  ben 
l^öl^eren  äUftd^ten,  toeld^e  bie  unmittelbaren  Srme  ber  Subftong  |tnb, 
t)or  il^rem  Kampfe  mit  einanber  unb  oor  bem  einfügen  @elbft  ber 
Slotl^menbigfeit,  baS  oud^  fie,  mie  bie  Sebenbigen,  bie  an  fte  geinfipft 
finb,  sermalmt;  in  bem  SDHtleiben  mit  biefen,  bie  eS  jugleid^  ald 
baffelbe  mit  ftd^  felbft  mx%,  ifl  für  eS  nur  ber  unt^ötige  €d6red(en 
biefer  Seioegung,  baS  ebenfo  l^fiIf(ofe  Sebauern  unb  aU  Snbe  bte 
leere  9tul^e  ber  Srgebung  in  bie  9totl^n)enbigfett,  beren  SBerf  nic^t  aü 
bie  not^ttenbige  ^anblung  beS  Sl^aratterfi  unb  nid^t  aH  baS  Zl^un 
beS  abfoluten  SBefen«  in  ftc^  felbft  erfagt  »irb/^ 

6.  3m  Ofottgonge  ber  Aunfireligion  ermeifl  fid^  immer  einbring- 
lid&er  unb  mAd^tiger  ber  totrHidge  3Renfd6  a(8  bei  fc^öpferifd^e  @runb, 
aus  bem  biefe  Sieligion  mit  i^rem  gongen  ^n^alte  ]^ert)or*  unb  in  ben 
fie  jurüdFge^t.  3m  ®tunbe  ift  eS  ber  Aflnfller,  biefer  n}irni(6e 
SRenfdg,  ber  bie  jtunftreltgion  mod^t,  er  ift  ber  Schöpfer  unb  SReifier 
ber  93ilbfaule  beiS  ©otteS  unb  oDer  i^r  gegoQten  Semunberung  unb 
93ere^rung;  er  ift  aU  2)id&ter  ber  @d^öpfer  unb  9Reifier  ber  ZragSbie, 
ol8  Sd^Qufpieler,  aU  biefer  mirRid^e  SJ^enfcb  in  ber  Staate,  ber  jtünftler, 
ber  bie  S^araftere  l^onbelnb  unb  (eibenb  borfteDt;  enblid)  finb  t^  boc6 
bie  n)ir!Ud^en  SJlenfd^en,  »eld^e  bo$  guf(6auenbc  Sdemugtfein,  baS  SoU 
unb  ben  S^or  auiSmad^en,  ber  ben  ®ang  ber  Qeibenfd^aften  unb  ber 
©d^idfaldmAdbte  betrod^tet,  erfennt  unb  fic!^  eben  baburd^  auc!^  barflber 
erl^ebt.  9luf  biefen  gfortgang  ber  jtunftrcligion,  auf  biefen  Slfidgang 
ber  9teIigion  burd^  bie  jtunft  in  bie  liefen  bed  mirüid^en  S3en)ugts 
feins,  auf  biefe  (Erhebung  beS  le^teren  legt  unfer  $t)iIofopI|  boS  größte 
©eteidgt.  (Es  gefd^ie^t  auf  bem  SBege  ber  jtunfireligion,  bog  bud 
mirÜid^e  Setougtfein  ben  ^immel  entDöIfert  unb  bie  religiöfen  3näc6te 
ber  SBett  erjeugenb,  barfteQenb,  betra^tenb  unter  ftd^  bringt,  „^x 
^elb,  ber  Dor  bem  Sufd^auer  auftritt,  gerföDt  in  feine  3}las!e  unb  in 
ben  6<|anfpieler,  in  bie  ^erfon  unb  bofi  »irtlid^e  €e(bft,  baS  Selbfi* 
bekou^tfein  beS  gelben  mug  au8  feiner  2]fta$te  l^erDortreten  unb  fti^ 
barfteHen,  n)ie  e8  fttb  aU  baS  @(6i(f fat  folool^I  ber  @5tter  bed'  (SXiOxfi 

'  (Sbenbaf.  6.  532  fCgb.,  ogl.  6.  539. 


2)ie  Sielidton  unb  baS  abfolute  Sßiffen.  423 

ate  ber  abfoluten  9)l&d^te  felbft  toeig,  unb  t)on  bem  &)ox,  bem  aD» 
gemeinen  93etDugtfein,  nidgt  titel^r  getrennt  i{}."  ^ 

7.  2)q3  U)irf(t(i^e  @elbftbeto)ugtfein  fteOt  ftd^  aU  bad  @(Kit(i{aI  ber 
(Sötter  bor.  S>ied  gefd^iel^t  in  ber  Aomöbie.  2)Qd  ©el^etmnig  ber 
®5tter  ift  an  baS  iDir!Ii(ige  SBetougtfein  t^erratl^en,  ii^re  natflrltd^e  SBefen- 
Igeit  flammt  aM  bem  Steid^  ber  (Elemente,  ^e  finb  Sßoüen  unb  t>ers 
fc^minben  U)ie2)un{t;  i^re  {tttlidge  SBefenl^eit  befte^t  in  ben  3been  beS 
@d^6nen  nnb  ®nten,  bie  gum  @t)i(I  ber  2)iale!ti!  gemad^t,  mit  jebem 
beliebigen  3nlgalt  erfütttunb  bem  8ei(6tftnn  ber  auf  foldge  Srt  t)er' 
fttl^rten  3ugenb  ^preisgegeben  merben.  (SS  bleibt  nxtbü  aU  baS  einzelne 
@elbft.  ^S)ie  Sfleligion  ber  Aunft  l^at  ftii^  in  il^m  t)oDenbet  unb  ift 
t)oI][{ommen  in  fid^  jurfidEgegangen.  2)aburd&,  bag  bad  eingelne  93e« 
lougtfein  in  ber  ©emig^eit  feiner  felbjt  eS  ift,  baS  oIS  biefe  abfolute 
ajlad^t  ftd^  barfteDt,  ^at  biefe  bie  O^orm  eined  Sorgeftellten,  t>on 
bem  Semu^tfein  fiber]^au))t  ©etrennten  unb  i^m  O^remben  t^erloren, 
iDie  bie  93ilbföule  unb  bie  lebenbige  fd^one  Adr))erlid^feit  ober  ber 
3n]§aU  bed  dpo^  unb  bie  ÜRAd^te  unb  ^erfonen  ber  Sragöbie  »aren; 
—  aud&  ift  bie  @in^eit  nid^t  bie  betougtlofe  beS  AuItuS  unb  ber 
SW^flcrien;  —  fonbern  ba«  eigentlid^e  ©elbft  beS  6d6auf))ielcr8  fällt 
mit  feiner  $erfon  gufammen,  fo  mie  ber  3ufd^auer  in  bem,  loaS  i^m 
oorgejteUt  loirb,  t)oDfommen  gu  ^aufe  ift  unb  fid^  felbft  \pHUn  fielet. 
äSag  biee  @elbftbeiougtfein  anfd^aut,  ift,  bag  in  il^m,  maS  bie  (^orm 
\>on  SBefen^eit  gegen  ee  annimmt,  in  feinem  2)enfen,  S)afein  unb 
5£l^un  fid^  oielmel^r  auftöft  unb  ))reii$gegeben  ift,  ed  ift  bie  diüdhi^x 
alles  ungemeinen  in  bie  ©eioigl^eit  feiner  felbfl,  bie  l^ierburc^  biefe 
DoQIommene  0^urd&t>  unb  SBefenIoftg!ett  aQeS  f^remben  unb  ein  SBo^I= 
fein  unb  @i(6*3Bo]^Ifeinlaffen  beS  Sdetou^tfeinS  ift,  n)ie  ftd^  auger  biefer 
Äomöbie  leineS  mel^r  finbet."* 

III.  3)ie  offenbare  Sleligion.® 
1.  S)ec  Untergang  ber  ftunftteltgion. 

S)er  ftttlid^e  ®eift  unb  bie  «Runftreligion  gel^ören  gu  einanber 
unb  bilben  gufammen  ba§  SEBefen  unb  bie  @d^ön^eit  beS  l^eDenifd^en 
SBeltalterS.  5Run  ifi  ber  fittlit^e  ©eifi  in  bem  gflet^tSguftanbc  unb 
bie  ßunfireligion  in  ber  Aombbie  untergegangen,   unb  baS  Sted^tS» 


'  ftbenbaf.   6.  539.    SBgl.  @.  531  ßgb.  —  '  Gbenbaf .   @.  541  u.   542. 
8  ebenbaf.    c.  S)ie  offenbate  9leIigion.  6.  542—573. 


424  ^ie  9leIigion  utib  baS  aMolttte  SBiffcn. 

bemugtfetn,  tote  ba9  !omtfdge  SBeiDugtfein  l^aben  ju  tl^tem  Subiect  boiS 
einjelne  tPtrflid^e  @elbft.  3e$t  gilt  her  @a^:  «ba9  6e(6fl  iß  baS 
obfolute  3Befen\^  3n  i^m  tfl  eine  äBeU  üott  ^ertltd^tt  uttb 
@d^önl^eit  Derfun!en;  in  unb  aud  i^m,  aus  bem  einjelnen  VDXih 
lid^en  €elbft,  fott  ber  ^eilanb  unb  Sriöfet  ber  SBelt  elfteren,  loeld^r 
ben  ©egenflQnb  ber  offenbaren  Steligion  audmodEit.  S)tefen  Untergang 
ber  AunfiteKgton  unb  ben  9(ufgang  bed  l^öl^eren  S3eU)ugtfein9  ^at  ^egel 
auf  einem  93Iatte  feiner  ^^dnomenologie  gefdbilbert,  toeld^eS  nad^  3m 
l^att  unb  Sform  tt^ol^I  bie  fdgßnfte  Stelle  beS  gangen  Serte  enthält, 
bie  u>ir  ate  fold^e  l^ier  anfahren,  „^n  bem  9le(!^tS)ufianbe  ift  alfo 
bie  fitttid^e  SEBelt  unb  bie  Steligion  berfe(ben  in  bem  !omifc^en  Semugt^ 
fein  ))erfunlen  unb  baS  unglücfHc^e  baS  SEBiffen  bicfeS  ganjen  93er- 
lufteS.  @ott)o^l  ber  Selbftmert^  feiner  unmittelbaren  ^erfönlid^Eeit  ift 
il^m  Verloren,  ate  feiner  vermittelten,  ber  gebadeten.  Sbenfo  ift  bas 
aSertrauen  in  bie  ewigen  ®efe^e  ber  ®ötter,  toie  bie  Dra!el,  bie  bafi 
aSefonbere  gu  »iffen  tl^aten,  öerfiummt.  ffiie  SBilbfäulen  ftnb  nur  ' 
Seidbname,  benen  bie  bebbenbe  @eele,  fo  mt  bie  ^^mne  äBorte,  beten 
®Iaube  entftol^en  ift;  bie  Sifd^e  ber  ®ötter  ol^ne  geiftige  Sptx\t  unb 
Siran!,  unb  aus  feinen  @))ieten  unb  O^eften  fommt  bem  93ett)ugtfein 
uid^t  bie  freubige  (Sinbeit  feiner  mit  bem  SBefen  jurfld.  2)en  SBerten 
ber  ÜRufe  fel^It  bie  Araft  beS  ®eif}e8,  bem  aus  ber  3ermalmung  ber 
®btter  unb  SWenfd&en  bie  ®ett)i6]&eit  feiner  felbfl  l&eröorging.  Sie 
finb  nun  ba«,  loaS  fie  für  un8  finb,  —  oom  SBaum  gebrod&ene  fd&5ne 
Sfrfld^te,  ein  freunb(i(i^e8  Sd^idEfal  reid^te  fie  unS  bar,  mte  ein  äJläbdb^n 
jene  0^rä(!bte  ))rafentirt;  eS  giebt  nidgt  baS  mirüicbe  ßeben  i^reS  S)a- 
feinS,  nid^t  ben  93aum,  ber  fte  trug,  nid^t  bie  Srbe  unb  bie  Elemente, 
bie  i§re  Subjtan},  nod^  baS  Alima,  baS  il^re  99eftimmt^eit  ausmachte, 
ober  ben  SBed^fel  ber  ^al^redgetten,  bie  ben  $roce^  i^reS  SBerbenS  be* 
l^enfd^ten.  @o  giebt  baS  Sd^idEfal  uns  mit  ben  SBerfen  jener  Aunft 
nid^t  i^re  SBelt,  nitS^i  ben  Sfrül^Iing  unb  Sommer  beS  ftttlid^en  fiebenS, 
tt)orin  fte  blfll^ten  unb  reiften,  fonbern  aDein  bie  eingel^iflÜte  (Er- 
innerung biefer  9BirfIid^!eit.  Unfer  Sl^un  in  i^rem  ®enuffe  ift  bal^er 
nid^t  baS  gotteSbtenftUdbe,  looburd^  unferm  Semu^tfein  feine  üoO^ 
lommene,  eS  auSfüQenbe  SBal^rl^eit  »flrbe,  fonbern  eS  ift  baS  duger« 
Ii(!b^  %f)ux\,  baS  t)on  biefen  t^rücbten  etma  9legentro))fen  ober  StSubd^en 
abmifdgt  unb  an  bie  SteQe  ber  inneren  Elemente  ber  umgebenben,  er= 

1  (Ebenbaf.  @.  548. 


2>te  Religion  unb  baS  obfoluie  SOßiffetu  425 

aeugenbett  unb  begeiftenben  aSirÜiiigieit  beS  6tttlt(!^en  bad  loeUIaufifie 
®erfi{le  bet  tobten  (Elemente  i^rer  dugerUd^en  @|tfienj,  ber  6pra(i^e, 
beS  ®efd6i(i&tlid&en  u.  f.  f.  ettid^tet,  nid^t  um  ft^  in  fte  l^ineinguleben, 
fonbern  nur  um  fte  in  fic^  üorjufteDen.  Slbet  tote  bad  SDtfibd^en,  bad 
bie  fle^jflüdCten  ^xüittt  botreid^t,  mel^r  ift,  ofe  bie  in  i^re  SebinguuBen 
unb  (Elemente,  ben  Saum,  8uft.  Si4t  u.  f.  f.,  ausgebreitete  Statur 
berfelben,  meldte  fte  unmittelbar  barbot,  inbem  e8  auf  eine  l^öl^ere 
aBeife  bieS  aüefi  in  ben  Stral^I  bed  felbflbetougten  3(uged  unb  ber 
barret((enben  ®eberbe  3ufammenfa6t,jfo  iß  ber  ®etft  bt§  &i^id]aU, 
ber  und  jene  Aunfttoerle  barbietet,  tne^r  aU  baS  fttttt(|e  2eUn  unb 
2BirMt(5!eit  jene«  SSoIfe,  benn  er  ip  bte  gr^Snuerung  bc8  in  i^m 
nod&  öerduSerten  ©eijieö,  —  eö  ifl  ber  ®eift  beö  trogifd&en  ©d&idfate, 
ba«  aUt  jene  inbtt)ibueDen  ®dtter  unb  Slttrtbute  ber  @ubfiang  in  baiS 
@tne  ^antl^eon  Derfammelt,  in  ben  fetner  ate  ®eift  felbfibemugten  ®eifi*"^ 

2.  2)te  aUenf^kDetbung  ®otteS. 

Um  nun  ben  $au))tunterfd&ieb  gmifd^en  ber  AunftreKgton  unb  ber 
offenbaren  Sfeltgion  itoax  ntd^t  mit  ^egete  SBorten,  aber  bem  @tnn 
unb  ®eift  feiner  $:^&nomenologte  unb  feiner  fortbeftftnbigen  fiel^re 
gemög  fogleid^  in  aQer  ßttrje  unb  @d^arfe  auS^ufpred^en,  fo  befielet  in 
ber  Aunftreligion  bie  (Sinl^eit  beS  ®öttUd^en  unb  3Renf($Itd^en  in  ber 
©ottioerbung  beS  3Jlenfd^en,  in  ber  offenbaren  ^Religion  bagegen 
in  ber  9!}}enfd^n)erbung  ®otte8.  3ene  ift  9t))ot]^eofe,  biefe  ift 
3ncarnation.  3)te  «RunftreUgion  tt)trb  gemacht  burd^  bie  ßunft,  unb 
bie  ^unft  burd^  bie  ^flnftler.  ^omer  unb  ^eftob  l^aben  nad^  ^erobot 
ben  ®ried^en  i^re  ®5tter  gemalt.  2)ie  SSilbl^auer,  bie  @önger,  bie 
tragifc^en  unb  fomifd^en  S)id(iter,  bie  Sufd^auer  unb  ber  @l^or  finb 
lauter  etnjelne  toirllidge  SOtenfd^en:  biefe  ^nb  bte  Urheber  ber  Aunft= 
religion,  nid^t  beren  ©egenftanb.  3)ie  ®5tter  ftnb  Vergötterte  STlenfd^en, 
nid^t  in  bem  eul&emeriftifcben  ©inne,  baß  jte  öcrjiorbene  5Kenfd&en,  2Bol^I= 
tl&ftter,  tJffltjien  u.  f.  f.  getoefen  pnb:  fte  finb  bie  ®ef(öö))fe  einer  öon 
ber  religiofen  Slnfd^auuttg  ber  ^laturmfid^te  gu  ben  3bealen  menfddlid^er 
Araft  unb  @d^5n]^eit  l^inaufgelöuterten  unb  bat)on  inf))irirten  $^antafie. 

2Ba8  in  ber  SRatur»  unb  flunfireltgion  SBerlmeifter  unb  Urheber 
ber  Sieligton  loar,  mirb  je^t  beren  ©egenfianb;  maS  bort  in  ber 
bunHen  Stefe  beS  ä3etDugtfetnS  t)et]^flllt  »ar,  mirb  ie^t  entl^flUt  unb 
baburd^  offenbar.    @o  forbert  eis  ber  groge  ®ang  bed  menfc^Iicben 

i  Gbenbaf.  6. 545  u.  546. 


426  2)ie  ^Religion  unb  bad  abfolute  SBIffen. 

93eiDugtfetnS,  mit  mlä^tm  bet  groge  ©ang  ber  tnenfci^Iid^en  2)tnge 
^anb  in  ^anb  gel^t.  3n  ber  l^egelfd^en  {^ormel  ju  reben:  U)q8  baS 
SBett)u§tfetn  an  fid^  n)at,  toirb  eS  nunmel^r  fät  ftd^. 

S)er  ©egenftanb  ber  offenbaren  Sleligion  tfi  ber  einjelne  tDirl» 
lid^e  aJtenfdg  in  fetner  9latürlid&!eit  ^aifsbebttrfttgfeit,  ^laät^ett,  eiS 
ift,  bibUf({^  )u  reben,  beS  aRenfd^en  €o^n,  ber  ntd^t  ^at,  mo  er 
fein  $au))t  l^tnlegt;  gugleifig  aber  ift  unb  totx^  fid^  fein  ©elbfibetDugi* 
fein  eines  mit  bem  emigen  SBefen,  bem  Urgrunbe  aUed  2)afeinS,  ed 
ift,  biblif(6  3U  reben,  bet  @ol^n  beS  lebenbigen  @otte8.  <Sr  tfi 
als  SRenfd^enfol^n  ein  3Jlenfdg,  loie  jeber  anbre;  er  ift  aU  (SotteSfo^n, 
b.  1^.  aU  religiöfeS  ©elbftbemugtfein  fd^Ied^tl^in  eingig.  2)en  Unterfd^ieb 
unb  bie  Sinl^eit  biefer  beiben  Seiten  feines  SBefenS,  b.  1^.  feines 
religiöfen  @etbftbeiDugtfeinS,  l^at  ^egel  in  einem  il^m  reii^t  etgent^üm- 
tid^en,  bun!e(n,  nad^  bem  ®efagten  t)erftän blitzen  ^uSbrudE  gu  {ennjeid^nen 
gefud^t.  ^@S  fann  ba^er  t)on  biefem  ©eijte,  ber  bie  O^orm  ber  ^nb- 
ftanj  öerloffen  unb  in  ber  ©eflalt  beS  ©elbftbetDuStfeinS  ins  S)afein 
tritt,  gcfagt  »erben  —  »enn  man  fid6  ber  aus  ber  natürli^en  Scugung 
l^ergenommenen  SSerl^&ftniffe  bebienen  miQ  — ,  ba§  er  eine  tpirüid^e 
a}lutter,  aber  einen  anfid^feienben  93ater  l^at,  benn  bie  fS&ixUiii* 
!eit  ober  baS  @e(bftben)ugtfein  unb  baS  9lnfi(^  als  bie  @ubftan)  ftnb 
feine  beiben  SJlomente,  burc^  beren  gegenfeitige  <Snt Äußerung,  jebeS 
jum  onbern  toerbenb,  er  als  biefe  il&re  (Sinl^cit  tnS  3)afein  tritt/  ^ 

S)affelbe  anberS  unb  ffirger  auSgebrfldt:  baS  abfolute  Sßefen  ift 
®eift,  b.  1^.  @e(bftbeiou^tfein.  Senn  eS  als  foId^eS  erfdgeint,  bann  er^ 
fdfecint  es  fo,  »ic  eS  in  SBBal^cl&eit  ift,  b.  5-  eS  ift  offenbar.  ©ieS  ift 
ber  €tnn  unb  baS  S^l^ema  ber  offenbaren  Sleligion.  „2)ie  Hoffnungen 
unb  @rU)artungen  ber  t)or]^erge]^€nben  SBe(t  brAngten  ft^  aQein  auf 
biefe  Offenbarung  ^tn,  anguft^auen,  »aS  baS  abfolute  SBefen  ift  unb 
fid&  felbfl  in  il^r  gu  finben,  biefe  (Jreube  »irb  bem  ©clbfibetouStfein 
unb  ergreift  bie  gange  Sßelt,  im  abfotuten  SBefen  fi({|  gu  fc^auen,  benn 
eS  ift  ®etfi,  eS  ift  bie  einfache  33emegung  jener  reinen  3Jlomente,  bie 
bteS  felbft  auSbrüdft,  bag  baS  SBefen  baburd^  erft,  ba%  eS  atS  un» 
mittelbares  Selbfibemugtfein  angefd^aut  mirb,  als  ®eift  gemußt  mirb/ ' 

3.  ^ie  (Bemeinbe. 
2)iefeS  religiSfe  @elbftben)u^tfein  ift  nid^t  gu  erlünfteln  ober  gu 
erbidbten,    fonbern  nur  gu  erleben:  eS  ift  ein  loirlUd^er  SD^lenfc^ 

'  Sbcnbaf.  6.  547.    SBgL  6.  572.  —  «  (Ebcnbaf.  6.  552. 


S)te  SRcHgton  unb  bofi  obfolufe  Sßtffen.  427 

unb  ber  ©taube  an  il^n  bie  ©emeinbe,  gleid^fam  bie  Seile,  auS  bereit 
ajeroietfaitiflunfl  unb  Orflonifirung  bie  neue  unb  obfolute  aBcItreligion 
l^etüorgel&t.  „68  ift  ber  (Staube  ber  SBcU,  bafe  ber  ©eift  ate  ein 
©elbflbettu^tfein,  b.  1^.  als  ein  tt)trf(i(l6er  SDlenfd&  ba  ift,  ba§  er  für 
bie  unmittelbare  ®ett)i|]^ett  tfl,  bag  baS  gtaubenbe  äSemugtfein  biefe 
®ott(id^Iett  fielet  unb  fül^lt  unb  l^ört.  @o  ift  e8  nidgt  Sinbilbung, 
fonbern  eS  iji  »irflid^  an  bem."  —  „3)iefe  SKcnf deiner bung  be« 
gbttlid^en  SBefenS,  ober  bag  ed  »efentUdg  unb  unmittelbar  bie  ®e= 
{talt  beS  ©elbfibemugtfeinS  l^at,  ift  ber  einfaij^e  3n^alt  ber  abfoluten 
[Religion."' 

%U  ©egenflanb  ber  ftnnlid^en  ®en)i|]^eit  ift  ber  ®ottmenf(!6 
ein  einjetneS,  ber  a3ergängli(6!eil  })reiSgegebeneS  Dbject,  »elftes  auf= 
^ört  ba  3u  fein;  um  feiner  eioigen  Sßal^r^eit  »iDen  erl^ebt  er  ft(i^  aus 
bem  9leid^e  ber  ftnnlid^en  ®egenn)art  in  baS  beS  SSorgefleOtfeinS  im 
®eift  unb  ®Iauben  ber  ®emeinbe;  nunmel^r  erfd^eint  er,  tt)ie  ed  bie 
9Beife  beS  SJorfteDenS  mit  fid^  bringt,  in  jeitlid^er  unb  rdumlid^er 
Sferne,  benn  baS  SBorfiellen  bleibt  in  ben  formen  t)on  3eit  unb  SRaum 
befangen  unb  barum  mit  bem  ®egenfa^  ober  ber  gntgioeiung  <S)on 
3enfeit3  unb  3)ieffeit8  bel&aftet:  e«  Derwed^fclt  ben  emigen  Urfprung 
mit  bem  geitlid^en,  baS  emige  €ein  mit  bem  geitUdgen  ®efd&e]^en  unb 
®efd()e]^enfein.  S)a  man  i^n  ni(6t  mel^r  fielet,  fo  roxti  man  toiffen, 
maS  biejenigen  ergäl^Ien,  meldte  il^n  gefeiten  l^aben;  ba  man  il^n  nic6t 
mel^r  l^ört,  fo  miQ  man  t)on  benen,  bie  i^n  gel^ört  l^aben,  erfal^ren, 
xoa^  er  gefagt  l^at.^ 

®emdg  ber  Statur  beS  SSorfieQenS,  »orin  bie  ®(aubenS-  unb 
©eiftedtl^atigleit  ber  ©emeinbe  beftel^t,  gerfdüt  ber  emige  93egriff  beS 
®ottmenf(^en  in  eine  3eitfoIge  Don  ^er[onen  unb  Segebenl^eiten, 
toorauS  fi^  eine  ©efd^id^te  geflaltet,  bie  SioigeS  unb  3eitIid^eS  Der« 
mifd^t  unb  bie  Sleicfee  beS  SenfeitS  unb  SDieffeitß  gu  Derfnütjfen  fut^t. 
MeS  SSorjleQen  bleibt  im  3)ua(i8mu8,  unb  bie  abfolute  [Religion, 
mie  fte  im  ®Iauben  ber  ®emeinbe  lebt,  bleibt  im  93orfteQen  befangen. 

äBirb  ber  ®ottmenfd^  DorgefteDt  aU  ©otteS  ©ol^n,  fo  mug  ®ott 
Don  il^m  unterfdöieben  unb  Dorgefiefft  »erben  ate  fein  SJater,  bie  SBelt 
unb  bie  3Jlenfd()l^eit  aU  baS  Sffier!  ober  ®efdgö))f  ©otteS,  alfo  ©ott 
at8  ber  ©t^öpfer  ber  SBelt,  bie  aRcnfdbl^eit  aber  als  ^cilsbebürftig, 
alfo  ald  Don  ©ott  getrennt  unb  abgefallen,  mesl^alb  fie  eines  3Ritl(erS, 


»  (gbenbaf.  e.  549.  -  «  «benbaf.  €.  553-555. 


428  ^ie  9le(tgton  unb  baS  absolute  SBiffeit. 

ajeriö^neriS,  ^eilanbeS  bebarf,  a(8  toelifien  ®ott  feinen  @ol^n  gejeugt 
unb  in  bie  3Be(t  gefenbet  l^at.  ^2)er  ÜRenfd^  toitb  fo  t)orge{leIIt,  bag 
eö  ßeft^e^en  ift  al«  etwa«  nirfet  Stot^toenbigeÄ,  —  bo6  et  bie  5onn 
ber  @ic^fel6f}gletc6^eit  bur^  bad  fßflfläen  Dom  SSaume  beS  (grfenntmjfeS 
be9  ®uten  unb  SBöfen  t>er(or  unb  au9  bem  Suftanbe  belS  unf(i^ulbtgen 
SemuBtfeinS,  au$  ber  QtbeitSbS  fic^  barbtetenben  Statut  in  bem 
5ßatabiefe,  bem  ©atten  bet  SEl&iere,  öetttiebcn  toutbe."^ 

SBo^et  ühn\)anpt  bet  Utfptung  bed  99öfen?  SBol^et  bet  Abfall 
Don  ®ott?  3ft  ®ott  toaS  et  in  SBa^tl^eit  ift,  ba«  abfolute  äBefen, 
fo  giebt  eS  Don  il^m  feinen  Abfall,  toebet  Don  feiten  beS  STlenfd^en  nodb 
eines  Dotmeltlid^en  Sidgtfol^neS,  no(^  in  ®ott  felbfl  eine  OueDe  bed 
aSöfen,  bie  man  ate  feinen  3otn  gu  foffen  gefud&t  l^at.  hierbei  et= 
innetn  mit  uns,  bag,  mAl^tenb  ^egel  feine  $^änomenoIogie  f(!^tieb, 
€(6eDins8  ©c^tift  «^l^ilofop^ie  unb  ^leligion"  (1804)  etfti^ien,  motin  Don 
einem  foldgen  in  ®ott  felbft  g^f ((eigenen  SlbfaQ  Don  ®ott  bie  Siebe  mat.^ 

SSaS  eS  nun  au4  füt  eine  SBetoanbtnig  mit  bem  Utfptunge  be$ 
S3öfen  l^aben  mbge,  fo  gi(t  ed  a(S  bet  S^fltft  biefet  9ße(t  bie  9Be(t 
ballet  ate  mibetgöttlid^  unb  böfe,  bie  Slbmenbung  Don  bet  SBelt,  bad 
Slbftetben  bet  @flnbe  als  baS  etfte  3Jloment  bet  ä^etfölgnung.  äBirb 
nun  bet  ©ottmenfc^  DotgefleDt  a(S  bet  anittlet,  bet  bie  abgefallene 
unb  fQnbige  3Renf(6^eit  gu  ®ott  miebet  jutfldffll^tt  unb  mit  i^m  Det^ 
föl^nt,  fo  gefdftie^t  biefe  SBetföl^nung  butcft  feinen  fteimilligen  D|)fertob, 
bet  eine  il^m  frembe  @(!^ulb  ffll^nt  unb  eine  ben  @(^u(bigen  ftembe 
®enugt^uung  leiftet.  Unb  jmat  etfdgeint  btefe  SSerfö^nung  unb  (&f 
nugt^uung  als  eine  in  bet  93ergangenl^eit  gefdge^ene,  einmal  fflt  immer 
DoDbta^te  ^anMung.  SBie  mit  bet  SSetfö^nung  unb  ®enugtl^uung, 
Det^ält  eS  ftdd  im  ®(auben  bet  ®emetnbe  aud^  mit  bet  9}Unf(^tDetbung, 
mit  2:0b  unb  Sufetftel^ung  beS  ®ottmenf4ien:  eS  ftnb  DoHbtat^te  2;^ot= 
fad^en,  toelc^e  bie  götUid^e  Siebe  gum  $ei(e  bet  SDtenfdbi^eit  l^at  ge- 
fc^el^en  laffen,  unb  bie  fic^  im  Selbftbemugtfein  bet  ®emeinbe  gum 
®laubenSbe!enntnig  auSgeftalten.  3n  biefem  ®IaubenSbefenntnig  unb 
in  bem  ®effl^(  bet  emigen  Siebe  tu^t  baS  93emugtfein  bet  ®emeinbe. 
„S>et  geftorbene  göttlid^e  STlenfi!^  ober  menfd^Iid^e  ®ott  ifl  an  ft((  baS 
aOgemeine  Selbftbemu^ifein,  et  l^at  bieS  fflr  baS  @elbftbemugtfein  gu 
U)erben/'  ,,2)er  2^ ob  beS  göttlichen  SJlenfc^en  als  Sob  ift  bie  ab- 
ftracte  9tegatiDit&t,  baS  unmittelbare  9lefultat  ber  SSetoegung,  bie  nur 

»  ebenbaf.  B.  560.  —  «  «benbaf.  6.560-562.  ©gl.  biefe«  SDÖert.  »b.  VU. 
(2.Slu|I.)  »u4ll.   Äbf4n.IIL    €ap.  XXXVI.   6.616-623. 


$te  SHeligion  unb  bot  abfoIuU  Btf(en.  '  429 

in  bie  natürlidfec  SlBgenieinl^cit  fi*  enbigt  S)iefc  natüriid&c  SBebciitunfl 
verliert  er  im  geiftigen  SelbflbeiDugtfein  ober  er  loirb  fein  fo  eben 
ongeflebener  SBegriff;  ber  %ob  »irb  Don  bent,  »a«  er  unmittelbor  6e= 
beutet,  öon  bem  SRid^tfein  biefc«  einjelncn  öerllärt  jnr  SHIacmetn-- 
l^eit  beS  ©eifteiS,  ber  in  feiner  ®emetnbe  lebt  unb  in  il^r  tftglid^  fiirbt 
iinb  Quferfiel&t."  „3nbem  an  fi*  biefe  ßinl&eit  beö  SBefenö  unb  beS 
@elbfid  2U  @tanbe  ge!ommen,  fo  l^at  baS  SBemugtfetn  qu(6  nod^  biefe 
93orfleUung  feiner  93erfö]^nung,  aber  als  SBorfteDung.  @d  erlangt 
bie  SBefriebigung  baburd^,  bag  e§  feiner  reinen  9legattt)itat  bie  pofttiDe 
SSebeutung  ber  Sinl^eit  feiner  mit  bem  äBefen  äu^erlidg  l^inguffigt; 
feine  Sefriebigung  bleibt  alfo  fclbfi  mit  bem  ©egenfa^e  eines  3enfeitS 
bel^aftet.  @eine  eigene  ä^erfö^nung  tritt  bal^er  als  ein  {fernes  in  fein 
aSettufetfein  ein,  aU  ein  Orctne«  ber  Sufunft,  »ie  bie  JBerföl^nung, 
bie  baS  anbere  ©elbft  t)oIIbrad^t,  als  ein  OrerneS  ber  SSergangenl^eit 
erfd^eint.  @o  &)ie  ber  einjelne  göttlid^e  SJlenfd^  einen  anfi(!6feienben 
93ater  unb  eine  »irüic&e  SDlutter  6at,  fo  l^at  au(6  ber  aDgemeine 
göttliche  SKeufdö,  bie  ©emeinbc,  il&r  eigenes  S^un  unb  SBiffen  gu  i^rem 
SSater,  %vl  il^rer  3Jlutter  aber  bie  emige  Siebe,  bie  fte  nur  fai^U, 
nid^t  aber  in  i^rem  93en)u^tfein  als  toxxtliä^  unmittelbaren  ©egen» 
ftanb  anfd&aut.  Sl&re  JBerfbl^nung  ifl  in  il^rem  bergen,  aber  il^r  a3e= 
mu^tfein  no(%  entgmeit  unb  i6re  SBirHtd&!eit  nod^  gebrod^en."^ 

©0  entfaltet  fid6  in  bem  üorfüettenben  Settufttfein  ber  ©emeinbe 
bie  offenbare  SleKgion  als  eine  3eitfo(ge  beS  ©efc^e^enS,  in  todä^n 
S^orm  unb  Sf^ffung  bie  eu)ige  Sßal^rl^eit  in  aDerl^anb  9Biberf|)rüd&e 
gerdtl^*  S)enn  bie  eloige  SBal^rl^eit  ift  unab^&ngig  t)on  9laum  unb 
Seit,  baS  ä^orßeDen  aber  ift  burdg  beibe  bebingt. 

IV.  SDaS  abfolute  SBiffen.* 
1.  ^Religion  unb  SQOiffenfdftaft. 
(gs  ift  bie  Ic^te  Slufgobe  unb  ©efiatt  beS  »cmufetfeinS,  toomit 
bie  ^Jl^dnomenologie  beS  ©eifteS  il^ren  ßauf  befd^Iiefet:  bafe  ber  Snl^alt 
ber  offenbaren  SReligion  in  bie  il^r  abäquate  {^orm  ber  @r!enntnig, 
aus  ber  O^orm  beS  äSorftcQenS  in  bie  beS  begreifenben  S)enIenS,  aus 
htm  3uftanbe  beS  ©laubenS  in  ben  beS  SBiffenS  erl^oben  loirb.  ^nberS 
auSgebrudEt:  bie  Sßal^rl^eit  toiU  ben  @:^ara!ter  ber  ©etoig^eit  liaben. 
S)tefer  bie  $]^dnomeno(ogie  leitenbe  €a^  gilt  aud^  Don  ber  religiöfen 

»  (gbenoaf.  6. 567,  569,  572.  -  »  DD.  3)08  obfotute  SQÖiffen.  VIII.  3)aft 
obfotute  aOSiUen.  @.  574—592. 


430  S)te  9leIigion  unb  baiS  abfolufe  SS^tffen. 

SBal^rl^eit.  2)ie  Ouelle  aller  ©eipigl^eit  ifi  bad  €eI({16eiDU^ifetn  unb 
feine  l^öd^fie  3;]^öttg!eit  ifl  baS  begreifenbe  3)enfen.  3)a8  Semugtfetn 
^at  ben  teltgiöfen  ^nl^Qlt  in  ber  (^otm  ber  ©egenfidnblid^feit  aU  i^m 
Don  äugen  gegeben  unb  geoffenbart.  2)iefe  Sdbranle  ift  gu  flbertoinben. 
2)ie  [Religion  ift  ald  baS  eigne,  innere,  felbflbemugte  Seben  gu  be- 
greifen: de  te  fabula  narraturi  „SJiefe  SBerfol^nung  beö  Se»u6t- 
fetnd  mit  bem  Selbftbeföugtfein",  tok  $ege(  bie  Aufgabe  nennt,  t)oQgiel^t 
fid&  im  abfotuten  SBiffen.  ^  „SBaö  in  ber  fReligion  ^ntjalt  ober  Qform 
beS  aSorflellenS  eines  an  bem  loar,  baffelbe  ifi  ^ter  eigene^  £^un 
beS  @eIbftS;  ber  93egriff  üerbinbet  eS,  bag  ber^nl^att  eignes  Xl^un 
beS  @eIbftS;  benn  biefer  SSegriff  ifl,  mie  U)ir  fe^en,  baS  Sßiffen  beS 
Xl^unS  beS  @elbfl8  in  ftdg  als  aüer  äBefenl^eit  unb  aOeS  2)afetnS/ 
„2)ic  äßal^rl^eit  ift  ber  ^nl^alt,  ber  in  ber  [Religion  feiner  ©emigl^eit 
no6^  ungleid^  ift.  S)iefe  ®Iei(^]^eit  aber  ifl  barin,  bag  ber  ^nl^alt 
bie  ©eftatt  beS  SelbftS  erl^alten."  „2)er  ©eift,  in  biefem  dlemente 
bem  93ett)ugtfein  erfd^einenb,  ober,  »aS  l^ier  baffelbe  ifi,  barin  Don 
il^m  l^erDorgebrad&t,  ift  bie  SBiffenfd&aft."* 

hieraus  erl^eDt,  bog  Steligion  unb  Sßtffenfd^aft  (^l^ilofopl^ie)  ben- 
felben  abfoluten  Snl^alt  l^iaben,  jene  in  ber  O^orm  ber  Sorfteüung, 
biefe  in  ber  Sform  beS  SSegriffS;  bag  bie  ^^l^itofopbi^  clvl^  ber 
SHeligion  l^erDorgel^t  unb  il^ren  3n]^a(t  Dorausfe^t,  aber  aud^  Aber  bie- 
felbe,  xoxt  fie  in  ber  {y^'tm  ber  SSorfieDung  als  ©emeinbebeiougtfetn, 
als  S3oI!S-  ober  SEBeltreßgion  e^iftirt,  entfd^ieben  l^inauSgel^t.  SBaS 
ben  Urfprung  ber  SBiffenfd^aft  ($l^iIofo))]^ie)  aus  ber  [Religion  unb 
religiöfen  SBeltanfd&auung  betrifft,  fo  l^at  fid6  ^egel  in  einer  fel^r  be= 
beutungSDoDen  @teDe  barüber  auSgef))rod&en:  „(Ss  mug  aus  biefent 
©runbe  gefagt  loerben,  ba^  nid^tS  gemugt  loirb,  n)aS  nid^t  in  ber 
Srfal^rung  ifi,  ober,  tt)ie  baffetbe  audg  auSgebrfiät  mirb,  toaS  ni((t 
als  gefül^Ite  SBal^r^eit,  als  innerlid^  geoffenbarteS  (SuigeS,  qIS 
geglaubtes  ^eiliges  ober  meldte  SluSbrüäe  fonfi  gebrandet  »erben, 
öor^anben  ift.  ®enn  bie  ©rfal^rung  ift  eben  bieS,  ba|  ber  3nl&att  — 
unb  eS  ifl  ber  ©eifl  anfid^  —  ©ubflang  unb  alfo  ©egenpanb  beS 
SBemugtfeinS  ift,  biefe  ©ubftanj  aber,  bie  ber  ©eifl  ifi,  ift  boS 
SBerben  feiner  gu  bem,  »aS  er  anfid^  ift,  unb  erft  als  baS  fid^  in 
fid^  reflectirenbe  Sterben  ifl  er  an  fid^  in  SBal^rl^eit  ber  ©eifl.  Sr 
ift  an  fid^  bie  SBetoegung,  bie  baS  Grlennen  ift."     „S)er  Önl^alt  ber 


ebenbof.  6.  574-578.    »gl.  @.  585.  -  »  «benbaf.  €.  581  u.  582. 


^ie  Sielioion  unb  bofi  abfolute  aBiffen.  4B1 

SReligton  fprid^t  barum  frfl^er  in  ber  Seit  aU  bte  SSt^enid^aft  e8  aus, 
toaS  ber  ®eiß  i%  aber  biefe  aQein  ifl  fein  ma^reiS  SBiffen  oon  il^m 
felbp."^ 

2.  $^&nomenoIogie  unb  Sooil.    S)aS  @^|iein  ber  ^^Uofop^ie. 

S)er  ®ei{i  al9  bte  offenbare  Steligion,  rotlä^t  ben  ©tauben  ober 
bad  ®enietnbebeU)ugtfein  einer  3BeIt  auSmod^i,  ift  ber  SBeltgeift,  unb 
„ifit  ber  ®eift  nid^t  an  ftd^,  nid^t  als  SBeltgeift  ftc^  t)oIIenbet,  fann 
er  nid^t  al«  felbfibetouftter  ®eifl  feine  SBottenbung  erreichen",  ©iefeö 
Siel  loitt  erarbeitet  fein  unb  forbert  einen  Slufroanb  Don  S^it  unb 
SWü^e.  ^®ie  Setteflung,  bic  3form  feines  SBiffen«  Don  fid^  ^eri>orju= 
treiben,  ift  bie  Slrbeit,  bie  er  ote  »irllid^e  ®efd6id&te  öoCbringt." 
2)enn  ber  Sr!enntni6|ianb  beS  ®IaubenS  if!  niebrig.  „3)ie  reügiöfe 
®enteinbe,  infofern  fie  guerft  bie  ©ubfiau}  beS  abfoluten  ®eifteS  ift, 
ift  baS  ro^e  93emu§tfein,  bai  ein  um  fo  barbarifc^ereS  unb  l^ArtereS 
S)ofein  l^at,  je  tiefer  fein  innerer  ®eift  ift,  unb  fein  bumpfeS  ©elbji 
eine  um  fo  l^ärtere  ?lrbeit  mit  feinem  SBefen,  bem  il^m  fremben  3n^alt 
feine«  aBctoufetfcin«."* 

2)iefe  Arbeit  befielet  in  ber  Srlenntni^  feine«  SBefen«.  9ßa«  fte 
]^ert)orbringt,  finb  nid^t  mel^r  beftimmte  ®eftalten  be«  93en)ugtfein«, 
bie  immer  mit  bem  ®e9enfa^  öon  ©ubject  unb  Dbject  be^oftet  finb 
unb  bleiben,  fonbern  beftimmte  93egriffe,  beren  ieber  ba«  SBefen  be« 
®ei{te«  ou«brüdft,  bie  alfo  reine  SBefenl^eiten  fmb,  beren  jebe  bie  ein» 
l^eit  be«  ®enIenS  (©ubject)  unb  be«  ©ein«  (Dbject)  bartl^ut.  3)ie8 
ift  «bie  2BiffenT4aft  ber  ßoflif",  bic  al«  Siffenfd&aft  fottol^l  öon 
ben  SBefenl^eiten  a(«  t)on  ben  ^Begriffen  ben  S^ara!ter  ber  Ontotogie 
unb  TOetapl^^pf  mit  bem  ber  ßogil  bereinigt.  „3nbem  alfo  ber  ®eifi 
ben  ^Begriff  gemonnen,  entfattet  er  ba«  3)afein  unb  SSetoegung  in  biefem 
%et^er  feine«  ßeben«  unb  ift  SBiffen fd^aft.  3)ie  SRomente  feiner 
S3ett)egung  fleHen  fidb  in  il^r  nic^t  me^r  at«  beftimmte  ®eftatten 
be«  Setou^tfein«  bar,  fonbcm  inbem  ber  Unterfd&ieb  beffelben  in 
ba«  ©elbft«  jurüägegangen,  at«  beftimmte  93 e griffe  unb  at«  bie 
organifd&e  in  ftrfe  fetbft  gegrflnbete  a3ett)egung  berfetben."  SJiefe 
SBiffenfc^aft  ber  Sogt!  eröffnet  ben  }n)eiien  £^eit  be«  ©^jtem«  ber 
SBiffenfd^aft  unb  bitbet  beffen  ®runbtage.* 

3)ie  ^^Igdnomenotogie  fd^tiegt  mit  einem  f^ernbtiä  auf  ben  ®ang 
unb  ba«  Sxtl  be«  ganjen  Softem«.    9tad&bem  ber  ®eift  fein  SBefen 


ibenbaf.  e.  584  u.  585.  -  >  (JEbenbaf.  @.  585.  -  >  ibenbaf.  ©.  588  u.  589. 


482  2)te  tieltgion  unb  baS  abfolule  SBiffen. 

logtfd^  etlonnt  unb  feinen  93egriff  erfaßt  l^ot,  ifl  fein  S)Qfein  ber 
©egenfionb  feines  unmittelbaren,  b.  1^.  finn(id^en  93etDU§tfein9,  er 
fd^Qut  fid^  an:  fein  @eI6ft  aU  bie  Seit  auger  il^m,  fein  Sein  aU 
9laum,  fein  SBerben  jum  ®eift,  b.  1^.  fein  (eteugtlofeö  äBetben  aU 
Statur,  fein  betoufeteS  SBerben  (»ba8  »iffenbe,  fidd  Dermittelnbe")  aU 
©efd^ic^te.  2)iefe  bilbet  ein  9teid^  geiziger  Drganifationen  in  ber 
Spornt  beS  freien  gufölligen  ©ef^el^enS,  ein  ©tufenreid^  ber  SSdller  unb 
SBoßSgeifier;  jebe  biefer  Stufen  n)irb  ertannt  unb  t)erfin!t  in  bie  Stacht 
beS  SetbftbemugtfeinS,  morin  fie  erinnert  unb  aufbemal^rt  n)irb,  unb 
U)oraud  ein  neugeborenes  2)afein,  eine  neue  SBelt«  unb  ©eifteSgefiolt 
]^ert)orgel^t.  .,3)a8  ©eijlerreid^,  baS  auf  biefe  S8eife  fid^  in  bem  3)afein 
gebilbet,  mad^t  eine  Slufeinanberfotge  aus,  iDorin  eine  ben  anbem  ob- 
Iö{te  unb  jjeber  baS  Steidg  ber  SBelt  t)pn  bem  üorl^ergel^enben  fibema^m." 
,,S)aS  3iel,  bas  abfolute  SBiffen,  ober  ber  fid^  als  @eift  miffenbe 
©eifl  l^at  }U  feinem  SBege  bie  Erinnerung  ber  ®eifier,  mie  fte  an  i^m 
felbfl  finb  unb  bie  Organifation  il^reS  SReid^S  boübringen.  3]^re  9uf= 
beioal^rung  nad^  ber  Seite  il^reS  freien,  in  ber  Oform  ber  3ufADigIeit 
erfd^einenben  2)afeinS  ifl  bie  ©efd^ic^te,  nadg  ber  Seite  il^rer  begriffenen 
Drganifation  aber  bie  SBiffenfd&aft  beS  erfd&einenben  SBiffen»; 
beibe  jujammen,  bie  begriffene  ©efd^id^te,  bilben  bie  (Erinnerung  unb 
bie  Si^äbelftötte  beS  abfoluten  ®eifteS,  bie  SBir!Hdö!eit,  Sßal^r^eit  unb 
©emig^eit  feines  Sl^ronS,  ol^ne  ben  er  bas  leblofe  ßinfame  mAre;  nur 
•aus  bem  Aeld^e  biefeS  ©eifterreid^eS  fdgduml  il^m  bie  Unenblid^{eit/ 

3Jlan  ^at  biefe  Sd^IugiDorte  ber  ^J^AnomenoIogie  ganj  falfd^  üer^ 
ftanben,  menn  man  fte  für  einen  SffldblidE  auf  bie  in  ber  $^&ni)= 
menologie  burdglaufenen  ©eftalten  beS  ä3en)ugtfeinS  nimmt;  Diel^ 
mel^r  entl^alten  fte  einen  OfernblidE  auf  ben  ©ang  unb  baS  3iel  beS 
ganjen  S^ftemS,  auf  bie  $]^ilofo))]^ie  ber  ©efd^id^te  unb  bie  ©efd^id^te 
ber  $]^itofot)l^ie,  meldte  festere  im  U)eltgef(fii(!6tlid6en  Sinn  „bie  SBiffen- 
fc^aft  beS  erfd^einenben  SEBiffenS"  unb  barum  audg  baS  le^te  ©lieb  beiS 
ganzen  S^ftemS  auSmad^t. 


S)eT  (Beoenßanb  unb  bte  SRetl^obe  bei  Sogil.  433 

2)ret}e]^nteS   S^apitel. 
Her  (S^enltatüi  tmH  iite  jMet^üiie  in  ün^k. 


I.  3)er  ©egettfianb  ber  Sogt!. 
1.  S)te  SBeTle. 

Um  uns  aunAdgfl  ben  Uttetarifd^en  X^otbefianb  311  t)er8egen- 
»artigen,  fo  fei  batan  erinnert,  bafe  ^egel  »ai^renb  feiner  nürnberger 
5Periobe  bie  SBiffenfd^aft  ber  ßogif  in  jwei  SBdnben  ausgeffll^rt  unb 
in  ben  Solaren  1812  unb  1816  X)cr5ffentli(!6t  l^at.  S)er  erfle  »anb 
entl&ielt  „bie  objectitoe",  ber  a»eite  „bie  fubjectiöe  ßogif;  jener  gab 
in  gtoei  Il^eilen  bte  Seigre  t)om  ©ein  unb  t)om  SBefen,  biefer  im 
britten  bie  Seigre  t)om  SSegriff.  S)ie  S3orrebe  jur  erfien  StuSgabe  ift 
üom  22.  3Jlärj  1812,  bie  jur  jtDeiten  SluSgabe,  »eld^c  ober  ba«  erfle 
SBui  nid&t  überf (Stritten  l^ot,  00m  7.  Sftoöember  1831,  eS  toaren  bie 
legten  »iffenfc^aftlid^en  SBorte  qu9  ^egete  {^eber.  3n  ber  ©efammt- 
ausgebe  ber  Sffierfe  bilben  biefe  brei  Sll^cite  ben  ni.— V.  Sanb. 

3n  t>erittngter  unb  compenbiöfer  O^orm,  in  ber  ©eftalt  eines 
ßel^rbud^S,  l^Qt  ^egel  bie  ßogif  in  feiner  „ßnc^Itopdbie  ber  pl&Uo» 
fop^ifdöen  SQBiffenfd^Qften  im  ©runbrife"  bargefteHt  unb  bie  ^arograpl^cn 
in  feinen  Jßorlefungen  erläutert,  SBfil^renb  feiner  afabemifdften  ßcl^r» 
t^Atigfeit,  bie  43  Semefter  jAl^Ite,  l^at  er  22  mal  fiber  bie  ßogif  ge- 
tefen,  et  l^at  biefe  JBorlefung  fÜetS  als  ßogif  unb  5KetQ))^^fif,  in  3ena 
aucb  einmal  als  „ftiecutatioe  ^^ilofopl^ie"  ober  „transfcenbentalen  ^bea» 
liSmuS"  angefünbigt.  !Kad&  ben  Jßorlefungen  iji  bie  ßogif,  t)on  bcm 
Herausgeber  mit  „(grWutcrungen  unb  3ufä§en"  öerfel^en,  als  ber  erpc 
Sl^eil  ber  @nc^flo))&bie  erfd^ienen  unb  bilbet  in  ber  ®efammtauSgabe  ber 
SDBerfc  ben  VI.  Sanb.  ©0  ejiftirt  in  ^egets  SBerfen  bie  ßogif  in 
breifa(^er  ©ejlalt:  als  baS  auSfäl^rlid^e  ^anptmxt  als  ©runbri^  in 
ber  @nc^fIo))Abie,  meldte  Hegel  felbft  in  brei  Sluftagen  l^erauSgegeben 
l^at  (1817,  1827,  1830)  unb  als  biefer  enc^flo))äbifd6c  ©runbrig,  mit 
Erläuterungen  unb  3ufA§en  üerfel^en,  in  ber  ©efammtauSgabe  ber 
SBerfe.^ 


>  ^aS  au<fü]^rli(|e  ^aupttDCif  in  ben  btet  S3&nben  ber  (SefammtouSgabe 
betr&gt  1030  Letten,  bie  Sogil  in  ber  (Enc^Hop&bte  199  6eiten  unb  241  Para- 
graphen, mit  irl&utetungen  unb  Suf&t^n  (fßb.  VI)  414  @eiten  unb  244  Para- 
graphen.   3<t  citire  bie  enc^flop&bifd^e  Sogif  als  SBb.  VI  ber  9D3erfe. 

Sfif  4cx.  «efdd.  b.  «aMiof,  VIII.  m.  «.  28 


434  ^er  ®egenftanb  unb  bie  ^JRetl^obe  bcr  Sogt!. 

2)09  &omt)enbtum  einer  ))l^iIofo))l§tf(iben  Seigre  barf  aU  eine  t)OT^ 
güglid^e  OueDe  angefel^en  loerben,  tt)enn  il^m  ein  üotumtnSfeö  9Ber! 
beffelben  93erfQffet$  unb  beffelben  ^nl^alts  vorausgegangen  ift  unb  nun 
bie  in  ber  Ausbreitung  fc^on  zxpxoblt  unb  ben)äl^rte  Araft  in  il^rer  Sott= 
centration  erfd^eint.  2)iefe  93ebeutung  l^at  bie  l^egelfc^e  (Snc^Ho^iäbie 
allein  in  9{nfel^ung  ber  ßogil,  ba  t>on  ben  fibrigen  Zueilen  beS  ©^ftemS 
nur  nod^  bie  9%ed^t3))^i(ofop]^ie  fd^riftfielleriff^  auSgeffll^rt  iDorben  ift, 
biefe  aber  ber  (Snc^HopAbie  na^folgt.  3Ba8  bie  ber  Qogif  einDerleibten, 
aus  ben  SSorlefungen  gef(i^ö))ften  3uf&^e  angebt,  fo  {tnb  biefe  mit 
aSorjtd^t  gu  braud^en,  ba  fie  mandgerlei  fe^Ierl^afte  Slad^f^reibungen 
entl^alten. 

2.  ^lufgabe  unb  Z^ema. 

2)urd^  baS  Slefultat  ber  $^dnomenoIogie  ift  bie  Slufgabe  befiimmt. 
3n  bem  ,,abfoIuten  SBiffen''  l^atte  fxi^  ber  ®egenfa^  beS  ©ubjectiDen 
unb  Dbiectioen,  morin  aDeS  93ett)u^tfein,  gule^t  noii^  baS  religiöfe, 
befangen  blieb,  t)oDfianbig  aufgel^oben.  93eibe  Seiten  roaren  einanber 
t)oDfommen  gleich  geworben.  2)ie  fubiectiDe  @eite  mar  baS  reine 
S)enEen  als  bie  begreifenbe  5£^AtigIeit,  bie  objectiDe  loar  baS  reine 
2)enfen  als  baS  Sßefen  beS  ©eifteS:  bie  Sogi!  bal^er  bie  SBiffenfd^aft 
Dom  reinen  3)en!en  im  ©lemente  beS  reinen  S)enfenS.  ©a  fie  als 
fold^e  gugleic^  bie  SBiffenfd^aft  t)om  SBefen  beS  ©eifteS  unb  baburd^ 
Dom  SEßefen  ber  2)inge  ift,  fo  Dereinigt  fte  mit  bem  Sl^ara!ter  ber 
Sogil  jugleid^  ben  ber  Ontologie  ober  9Reta))]&^ft{. 

9lad^bem  Aant  bie  ^Jlttap^fti^l  als  bie  äBiffenfc^aft  Dom  Sßefen 
ber  2)inge  (3)ingen  an  ftd^)  jerftört  l^at,  ift  baS  beutfdge  SJoß  o^ne 
aRetat)^^fi!.  »@o  merlmfirbig  eS  ift,  loenn  einem  93olfe  ).  93.  bie 
SBiffenfiigaft  feines  ©taatSred^tS.  loenn  i^m  feine  ®efinnungen,  fittli^en 
©eiDo^nl^eiten  unb  Sugenben  unbraud^bar  gemorben  finb,  fo  merfmürbig 
ift  eS  menigftenS,  loenn  ein  93ol{  feine  Snetap^^fil  Derliert,  menn  ber 
mit  feinem  reinen  SSBefen  fid^  befdgäftigenbe  ®eift  lein  mirüid^eS  S)afein 
mel^r  in  bemfelben  ^at."  „3nbem  fo  bie  SBiffenfd^aft  unb  ber  gemeine 
3Renf(^enDerflanb  ftc6  in  bie  ^Anbe  arbeiteten,  ben  Untergang  ber  Tltta: 
p^^fi!  gu  betoirlen,  fo  fd^ien  baS  fonberbare  @d^aufpiel  l^erbeigeffl^rt  gu 
werben,  ein  gebilbeteS  93ol{  ol^ne  SJletap^^fi!  gu  feigen,  —  mie 
einen  fonft  mannigfaltig  auSgefd^mfldEten  Stempel  ol^ne  Sraerl^eitigfteS."^ 


^  aSorrebe  jur  erflen  SluSgabe.  38etfe.  III.  6.  3  u.  4. 


^et  ®egenflanb  unb  bie  SRet^obe  bct  Sogif.  435 

3lQ6)bm  feit  9lrijlote(e8  bie  äBiffenfd&aften  burd^  baS  tnenfci^Itdge 
Senfen  unaelöcutc  gott^ritte  unb  Utngcfioltungett  erfol^ren  l^oben, 
ift  e8  fonberbor  genufl,  baS  bie  aBiffcnfrfeoft  t)om  3>enfen  fetbfl,  nöm« 
K(!6  bie  Sogif,  gmet  ^^^^tiaufenbe  lang  im  SSBefenttid^en  in  betn  3ufi<^nbe 
geblieben  i%  in  toelc^en  fte  SdiftoteleS  gebrodgt  unb  iDorin  et  fte  ge« 
loffen  l^at.  Um  fo  mel^r  beborf  jte  einer  totalen  Umarbeitung,  „benn 
ein  3tt)eitaufenb)&]^rige8  Ofortarbeiten  beS  ©eifted  mu§  il^m  ein  l^öl^erelS 
99ett)ugtfetn  Aber  fein  SDen!en  unb  Aber  feine  reine  äBefenl^eit  in  fid^ 
felbfi  Derfd&offt  ^aben\^ 

SBaS  Aant  einft  t)on  ber  9Reta))^9fi!  gefagt  ^at,  bag  fie  bie 
fdgaerfte  aller  Sinftc^ten  fei,  aber  nodg  niemals  eine  gefd^rieben 
tDorben,  mad^t  ^egel  Don  ber  neuen,  oöQig  umjugeftattenben  Sogil 
geltenb,  »etd&e  mit  ber  9Dfleta))]6^fif  gufammengel^t.  @ie  fei  bie  fd&tt)terigfte 
aDer  2Biffenf(^aften.  SBenn  $Iato  feine  93üd6er  t)om  Staate  ftebenmat 
umgef^rieben  l&abe,  fo  bü'rfte  ber  SBerfajfer  biefer  neuen  ßogil  fidö  eine 
Tlu^t  »flnfd^en,  bie  eS  il^m  mbglid^  madge,  biefe  SBiffenfd^aft  fieben 
unb  fiebenjig  mal  burd&guarbeiten.  ©o  fagt  §egel  in  ber  JBorrebe 
jur  jtoeiten  3(u8gabe  biefeS  Jffierfö.* 

8.  Citnlettuiig. 

2)er  $^iIofo))]^  l^at  gu  feiner  Sogil  jtoei  Sinleitungen  gefd^rieben: 
eine  fürgere,  metd&e  ben  allgemeinen  Segriff  unb  bie  ottgemeine  (Sin» 
t^eilung  ber  Sogif  bel^anbelt,  im  ^aupttoetle  unb  eine  audfül^rlidge, 
f9J)ematif(^  georbnete  in  ber  (Enc^Hopftbie.  ^ier  unterfd^eibet  er  bret 
aSotftufen  unb  begeid&net  fie  ote  „erfie,  gweite  unb  britte  ©tettung  be« 
©cbonfen«  gur  Dbiectiöität".  3m  toeiteften  ©inn  borf  bie  gange 
^l^änomenologie  aU  (ginleitung  gur  ßogil  gelten,  fie  l^ieg  auf  bem 
Sitel  „ber  erfle  Seit  beö  ©^fiemS  ber  ffliffenfdftaft",  toelcbe  Segeid^nung 
aber,  mie  ^egcl  fd&on  in  feiner  erjlen  SBorrebe  gur  ßogi!  bemerft  ^at, 
in  ber  neuen  3luflage  ber  ^pi^ftnomenologie  loegfaßen  fottte.' 

1.  Sie  erfte  ©tettung  bed  ®ebanfen8  gur  Objedioitdt  berul^t  auf 
bem  aSertrauen  ober  bem  guten  ©tauben,  ba&  bie  meufd^Iidfee  SBernunft 
burd^  georbnetes  9lad^benlen  baS  SBefen  ber  3)inge  gu  ergrfinbelt  titr- 
möge:  bie§  mar  ber  ©tanbpunft  ber  atten,  Dormatigen  90^eta)>]^^fif, 


»  ebenbaf.  «inleüung.  ©.  35.  —  «  (gbenbof.  6.  23.  —  »  »b.  III.  »on. 
€.8.  «tnleitung.  6.24-52.  »b.  VI.  »otbegtiff.  6.28—60.  A.  «tfle  6lcttung 
be«  ©ebanfen«  gur  Obiectiottat.  6.61—77.  B.  3»eite  etettung.  6.78-125. 
C.  S)ritte  eteöung.   6. 126-162. 


436  ^er  Gegenftonb  unb  bie  Siletl^obe  ber  Sogif. 

mie  Sl^rtfttan  SBoIf  benfelben  bargefleQt  unb  in  feinen  „SSentünftigen 
®ebanlen  Don  ®ott,  ber  SSSelt  unb  ber  @ee(e  bed  3Jlenf(!^en,  aut^  ollen 
fingen  üUxfjaupi"  auSflcfül^rt  l&at  (1719).*  ®Ieid&  bie  erflen  (S^apiUl 
l^anbeln  Don  bem  Sßefen  aller  2)inge  überl^oupt.  3n  biefem  erfien 
unb  aDgemeinften  S^l^eile  ber  9neta))]^^ft!,  ber  bie  Seigre  Don  ben  enüa 
ober  Don  ben  Svra  entl^j&U,  befielt  bie  Cntologie,  beren  Sebeutung 
^eget  auc^  für  feine  fiogil  in  9nft)rud^  nimmt,  menn  er  biefelbe  mit 
ber  äJletQpl^^fil  ibentificirt,  benn  feine  Sogi!  »iQ  nid^t  bie  Se^re  Don 
ber  @eele,  Don  ber  Sßelt  unb  Don  ®ott  fein. 

2)ie  moIfif(i^e  3RetQt)1^9fit  n)ei(  fte  fid^  auf  jenen  guten  ®tauben 
an  bie  menfd^Ii^e  93ernunft  grttnbet,  ifl  S)ogmatiiSmuS,  ber  ben  @fepti= 
cidmuS  tt)iber  fid^  ^erDorruft.  Sie  @{eptiler,  fagte  SBoIf  in  ber  9}or= 
rebe  }ur  jueiten  Sluflage  feiner  SJletapl^^fif,  finb  bie  3n>eifler,  bie 
aKeS  ungeioig  laffen,  bie  S)ogmati!er  aber  finb  „bie  Sel^rreid^en";  unb 
er  fetbft  tooDte  feinem  3eitalter  unb  ber  SBelt  ein  folc^er  (el^rreidber 
^l^ilofop]^  fein,  er  moQte  e8  mit  aDem  (Sifer:  barin  lag  feine  Stufgabe 
unb  fein  älul^m. 

2.  2)ie  3tt)eite  SteQung  beS  ®ebanlen8  jur  DbjlectiDit&t  grflnbet 
ftd^  auf  ben  (SmpiriSmuiS  unb  bie  Iritifc^e  ^J^ilofopl^ie.  2)eT 
SmpiriSmui^  in  feinem  folgerid^tigen  f^origange  fül^rt  jum  StaturalidmuS 
unb  SRaterialiSmud  unb  fd^eitert  an  ^umeS  @{eptici8mu8;  bie  fritifc^e 
$^i(ofop^ie  U)irb  in  i^ren  ^auptpojitionen,  ben  brei  Aritilen  ber 
reinen  SJernunft,  ber  praftifd^en  SSernunft  unb  ber  Urtl^eilShaft,  Don 
neuem  (im  SJerlauf  ber  l^egelfdgen  @d^riften  gum  DiertenmaP)  beurtl^eitt: 
e9  tt)irb  getabelt,  bag  fie  bie  Kategorien  auf  ber  bequemen  ^eet- 
firage  ber  ©dbuUogi!  nur  aufgefunben  unb  nid^t  aus  bem  3^  als  ber 
trani^fcenbentalen  (Sin^eit  bed  @el6fi6emugtfeind  abgeleitet  l^abe,  morin 
gfid^ted  tiefes  9)erbien{t  befianben;  eS  loirb  gerfil^mt,  bag  fte  bie  in 
ber  Slnmenbung  ber  Aategorien  auf  baS  SBefen  ber  2)inge,  bie  3been 
ber  @eele,  ber  SBelt  unb  ®otteS,  entl^altenen  SBiberfprfld^e  entbedt  unb 
in  ben  Antinomien  bargelegt  \iabt,  aber  fold^e  SBiberfprfld^e  feien  nic^t 
blo§  in  ben  Dier  loSmoIogifc^en  ^Begriffen,  fonbern  in  aQen  SSegriffen 
ober  S)en!bejtimmungen  enlbalten;  in  ber  SntmidEIung  biefer  Sffiiber^ 
fprüd^e  befiele  bie  S>iaIe!tiE  beS  2)enlend,  unb  eS  fei  AantS  grogeft 


^  S^ie  Dtette  tfl  Dom  3a^re  1727.  Sti^if^^n  bie  atoeite  unb  britte  Auflage 
biefeS  fS^txU  (1721-1724)  fAfft  bie  SSettietbung  lEBoIfiS  au8  ^aUe  (1723).  S)iefeft 
SBerf  IDQT  ber  ^auptgegenftanb  ber  anflöge.  —  *  SSgl.  biefeS  SBerl.  fbvi^  II. 
C^op.  XI.   6.402. 


S)et  eegenfianb  unb  bie  ÜRet^obe  ber  Sogtl.  437 

aSetbienft,  bie  Sebeutung  ber  2)iale!ti!  tDiebereriannt  unb  aur  (Seltung 
gebraut  gu  l^aben.  äßaS  ober  feine  SBiberlegung  ber  93en)eife  fflr  ha^ 
2)afein  ®otteS  betrifft,  fo  berul^en  aDe  jene  SBetoeiSarten  auf  ber 
folfi^en  aSorauSfe^ung  beS  2)uQ(t8mu8  jtoifc^en  ®ott  unb  SBett,  »Al^renb 
bo({)  bie  Sl^fttigfeit  bed  SDenlend  felbfl,  boS  fid^  Aber  bie  SBeft  ju  er» 
lieben  unb  Don  i^r  loSjureigen  t^ermdge,  eine  !9>li(6tigfeit  ber  Seit  be^ 
geuge,  melij^e  fid^  mit  ber  baatiftifd^en  ®runblage  ber  ©otteSbetoeife  nid^t 
bertrage.  SBenn  Aant  ben  ontologifd^en  a3en)eis  baburcb  jerfiöre,  ba§ 
er  ben  ©otteSbegriff  mit  bem  Segriff  üon  100  Sl^olern  Dergteid^e,  fo 
fei  biefe  (££em))Ufication  barbarifd^,  ba  100  Xl^aler  fiberl^aupt  !ein 
SBegriff  feien,  gef(!^meige  ein  mit  bem  ©otteSbegriff  Dergletd^barer.  ^ 

S)ie  Se^re  oon  ber  Stutonomie  ber  praftifd^en  Vernunft  fei  ein 
großes,  mit  DoIIem  Siedet  ^od^gefd^ö^ted  SSerbienft  AantS,  aber  mit  bem 
S)uaIiSmujS  jmifc^en  @ittlid6{eit  unb  ©Ifläfeligleit  unb  mit  bem  ®efe^ 
„bie  $flid&t  um  ber  $fUcbt  toxUtn"  lomme  man  nid^t  meiter  unb  ge» 
rat^e  jule^t,  mie  ed  aud^  Oftd^ten  begegnet  fei,  in  ben  ^rogrcg  beS 
enblofen  Sollend. 

92ad6  ber  8e^re  AantlS  finb  aDe  2)inge  Srfd^einungen  fflr  unS: 
bieg  fei  ber  @tanb))un!t  be$  „fubjectit^en  (})Iatten)  3bealidmud". 
3n  SBa^rl^ett  finb  aDe  S)inge  (Srfdgeinungen  (nic^t  btog  fflr  und,  fonbern) 
an  fid^:  biefer  €tanb))unft,  ber  ben  ©runbgebanten  ber  l^egelfd^en 
Seigre  entl^dlt,  ffl^re  gum  ^abfoluten  SbeaUsmuS".' 

^egel  ]§at  eS  ber  lantifd^en  $l^iIofot)]^ie  gu  mieberl^olten  malen 
t^orgetoorfen,  baft  fie  „bo8  ßrfennen  Dor  bem  6r!cnnen"  forbere  unb 
barin  bem  läd^erlid^en  93orl^aben  jenes  @cboIafti!ud  gfeid^e,  ber  ftdb 
nic^t  el^er  ins  SBaffer  magen  moDte,  als  bis  er  fd)n)immen  gelernt.  2)er 
aSormurf  ift  leineSmegS  gutreffenb.^  Unfere  leiblichen  unb  geiftigen 
2;^dtigleiten   gefd^e^en,   o^ne   baB   tt)ir  berfelben   beiou^t,    gefd^tteige 

1  »b.  vr.  §§  40-52.  6.  85-113.  ^egel  rfl^mt  bie  iDoIfifd^e  Snetap^^fif 
gegen  Rani  unb  üer^etgt  fi^  in  feinem  SBibertDtllcn  gegen  bie  leitete,  als  koel^e 
oHe  SRetap^^fif  be«  tteberfinnli^en  bertoorfen  Iftabe,  bi«  gu  folgenber  il^m  na«)- 
gef(!6tiebenen  Keufterung:  ,^er  %xtx  em&^nte  @tanbpunft  ber  alten  9Reio|)]^^fif 
ift  ba<  ®egentbetl  beffen,  toaS  bie  tritifd^e  ^^ilofop^e  gum  fRefuUat  (atte.  SRan 
Tann  »obl  fogen,  bog  na4  bie{cm  SRefultat  ber  SDlenfti  bIo6  auf  Bpxtn  unb 
SiT&bern  loürbe  angetoiefen  fein.  SBb.  VI.  §  28.  Sufa^.  (@.  62.)  fludb  bie 
a^oiMUixt  @pinoaa8  iaht  bie  SQßelt  nur  aU  ^^ftnomen  genommen  unb  fei  r>\tU 
mtfyc  ali  (.ntodmiSmuS'  su  be^eiilftnen,  benn  ol8  Ktl^eidmuS.  (@.  110). — 
—  *  »b.VI.  6.97.  —  »  »b.  VI,  §  10.  6.16.  §  41.  3uf.  1.  6.81.  (a)ie 
8uf&t?e  flammen  au«  ^egeI8  SBorlefung.)    6.  oben  6.  434. 


438  2)ct  Gegcnfianb  unb  bte  SRetiobe  bet  ßogif. 

iDtfTenfd^Qftli^  betDU^t  ftnb.  Wix  betbauen  ol^ne  ^^^fiologte,  bcnfeit 
ol^tte  Sogt!,  teben,  l^5ren,  feigen  olgne  ©rammotif,  9l!ufii(,  0))ti(  u.  f.  f. 
SBte  fid^  bte  ^l^^ftologte  gum  SSerbauen,  bte  Sogit  gum  natürlid^en 
S)en!en,  bte  ©rontmattl,  SKufttf,  D))ti!  )um  9teben,  ^ören  unb  Se^en 
Derl^olten,  fo  Derl^Alt  ftd^  AantS  93emunftftitt(  unb  (Srlenntniglel^re  ju 
unferem  natürlid^en  @r(ennen  unb  beut  barauf  gegtflnbeten  gemeinen 
ober  gefunben  Snenf^enderftonbe:  fie  tft  baS  (Edennen  ntd^t  ))or,  fonbem 
nad^  bem  @r!enuen.  Unb  »qS  bad  €d^tt)tninten  angelet,  fo  Derl^ölt 
fid^  Aont  gum  (Sriennen,  U)te  ftd^  gum  €({)n)immen  nic^t  jener  ©c^oIaftifuS 
Derl^ait,  fonbem  Sfr^tmebeS,  ber  boS  Sd^toimmen  erflArt  unb  bte  Se- 
bingungen  ertannt  l^at,  »eld^e  moii^en,  ba%  ein  Stbxptt  ftfetoimmt.^ 

3.  2)te  brüte  SteDung  be9  ©ebontenS  gur  Dbiectt))ttat  ift  baS 
unmittelbare  Siffen,  toit  ^acoix  boffelbe  gefaxt,  aU  @efü^(, 
®lQuben,  ^nfd^Quen  begei(&net,  bem  2)en!en  entgegengefe^t  unb  fomo^t 
miber  bte  Seigre  SpinogoS  ate  au(b  mtber  bte  Seigre- AantS  gelehrt 
l^ot.  ^Ked  S)enlen  fei  ein  93egrflnben,  Sebingen,  Vermitteln  unb 
borum  unt)erm5genb,  ®ott  unb  bie  O^reil^ett,  bad  malere  unb  mirf^ 
lid^e  @ein  gu  erfaffen.  S)tefer  ©egenfa^  gmifiiben  bem  unmittelbaren 
SBiffen  unb  bem  logifd^en  2)en(en  ift  ber  ^auptpunlt,  meieren  ^egel 
bei  aQer  $[ner!ennung  ^acobis  flets  belAm))ft  l^at,  unb  an  ber  gegen» 
m&rtigen  @teDe  feiner  @nc^I(o))Abie  feinefimegd  gum  erftenmal.  S)er 
®egenfa^  ift  grunbfalfd^  unb  gtoar  naiib  beiben  Seiten.  9((Ie  Unmittet 
barfeit,  auc^  ba8  unmittelbare  SSiffen,  ift  9lefu(tat  einer  Sermittlung; 
eS  ift,  nacbbem  ti  getoorben  ift;  unb  baS  2)enfen  ift  ni(bt  blog  Der^ 
mittelnb,  fonbem  erlennenb  unb  bte  malere  Srfenntnig  DoQenbenb. 
9Ba8  bem  unmittelbaren  SBiffen,  mie  eS  3acobi  behauptet,  feblt,  ifl 
bas  2)en!en,  unb  »aS  bem  S)en!en,  mie  eS  3acobi  anfielet,  fel^It,  ifl 
bie  SDlet^obe. 

aSon  bem  ©otte  beS  unmittelbaren  9Biffen8  lagt  ftc^  nid^td  »eiter 
bel^aupten,  ate  bag  er  ift;  im  übrigen  ift  unb  bleibt  er  ein  beftimmungS- 
Iofe8,  unerfannte«  S3Befen,  beffen  Slltor  längfl  in  Sitten  fianb:  ^bem 
unbelannten  ©otte!" 

Sßenn  bad  unmittelbare  SSiffen  nadi  3acobi  uns  ntd^td  loeiter 
unb  nid^t  me^r  gu  Derfic^ern  l^at  ali  bie  unmittelbare  ©eai|]^eit  beS 
eigenen  Seins,  ©otteS  unb  unferer  SSal^me^mung  öu|erer  S)inge,  fo 
ftnb  »ir  gurflcfoerfe^t  auf  ben  erften  metapl^^ftfdden  Stanbpunit  ber 

>  Sgl.  btcfe«  mtxt  Oubiiaumfaufflabe.)  »b.  IV.  (4.  «uft.)  »tt4  1. 
Sap.  I.  6. 12  u.  13. 


S)er  (BegenRanb  unb  bte  SOlet^obe  bet  Sogif.  439 

neuem  $]^Uofo))^te,  itötnltd^  ben  @tQnb))unft  2)eScQtted'  mit  feinem 
cogito,  ergo  sum,  Deus  cogitatur,  ergo  est  u.  f.  f.  Slid&t  oDe  ©ä^e 
finb  ©d^Iüffe,  in  benen  ba8  SBort  ergo  Doxfommt!  S)ie  angcfül^tten 
Sd^e  finb  unb  aoKen  unmittelbare  ©emigl^eiten,  SluSbrudeiDeifen  beS 
unmittelbaren  äBiffenS  fein.^ 

2)er  Unterfc^ieb  aber  3tt)if(6en  2)e8carted  unb  3acobi  befielt  barin, 
ba§  baS  cartefianifd^e  2)en(en  metl^obifi!^  ift  unb  fortfd^reitet,  wogegen 
bas  unmittelbare  SBiffen  ^acobis  aKen  metl^obifd^en  Sl^arafter  entbel^rt 
unb  au8f(|Iie§t.  „2)iefer  Stanb^unft  ))ern)irft  biefe  SRetl^obe  unb 
bamit,  tt)eil  er  feine  anbere  fennt,  alle  3)fet^oben  für  bad  SBiffen  ))on 
bem,  »aS  feinem  ©el^alte  nad^  unenblid^  ift;  er  flberlögt  fi^  barum 
ber  milben  SSiDfttr  ber  (Sinbilbungen  unb  ä^erfic^erungen,  einem 
3RoraUtatd=(Sigenbiln!eI  unb  ^od^mutl^  beS  @m))finben8  ober  einem 
ma§Iofen  ®utbfln(en  unb  9löfonnement,  meld^eg  fid^  am  ft&rlften  gegen 
^l^ilofopl^ie  unb  $^ilofo))l^eme  ertlArt.  S)ie  ^^ilofopl^ie  geftattet  nAm- 
lidi  nid^t  ein  bloieS  ä^erfid^ern,  nod&  (Sinbilben,  nod^  beliebiges  ^in» 
unb  ^erbenfen  beS  8läfonnement8."* 

Unmittelbare^  SBiffen  unb  logifd^ed  2)en(en  finb  !eine  ®egenfä^e, 
fonbem  gelten  in  einanber  über  unb  au8  einanber  ^n\>ox.  „@S  ifi 
l^iermit  aU  f actifd^  falfd^  aufgegeigt  Sorben,  bag  eS  ein  unmittelbares 
SBiffen  gebe,  ein  Sßiffen,  tteld^eS  o^ne  3)ermitt(ung,  eS  fei  mit  anberen 
ober  in  i^m  felbft,  mit  fid^  fei.  ®(eid^falls  ift  eS  für  factifd^e  Un= 
mal^rl^eit  erllArt  morben,  bag  baS  3)en(en  nur  an  burd^  anbereS 
oermitteltcn  Seftimmungen  —  »irlH^en  unb  bebingten  —  fortgebe, 
unb  bag  fid^  nid^t  ebenfo  in  ber  SJermittlung  biefe  Siermittlung  felbfi 
aufgebe.  S^on  bem  Or<^ctum  aber  fold^en  @r(ennenS,  baS  meber  in 
einfeitiger  Unmittelbarfeit,  nod^  in  cinfeitiger  SJermittlung  fortgel&t, 
ift  bie  ßogif  felbji  unb  bie  ganje  5p]^itofol)]^ie  ein  a3eif|)iel."* 

n.  Sie  aOfletl^obe. 
1.  2)ie  Itategotien.    ^ie  S)enIbe{timmunQen  unb  bie  ^enltl^äügTeit. 

S)iefelbe  äJletl^obe,  tteld^e  bie  ^l^dnomenologie  befolgt  l^at,  gilt 
aud^  für  bie  fiogif :  bort  l^anbelt  eS  fid^  um  bie  ©eftalten  unb  Stufen 


^  9Bie  (QOi^o  in  feiner  S)inettQtton  Aber  bie  caTteftf^e  fl^ilofop^ie  (1826), 
iDel^e  ^egel  citirt,  na^oetoiefen  l^abe.  Cbenbaf.  @.  144.  Knmerl.  —  <  übenbaf. 
§  77.  6. 145.  »gl.  §  64,  6. 151-158.  §  76.  6. 143—145.  —  •  dbenbaf.  §  75. 
6.  143. 


440  2)er  ®egenflanb  unb  bie  SUlet^obe  ber  Sogt!. 

beS  99e)Dugtfeind,  l^ter  l^anbelt  e8  ji^  um  bie  not^toenbigen  Senl= 
beftimmungen  ober  reinen  93egriffe,  tteld^e  ^riftoteleS  als  bie  ^tibi- 
cQte  aKed  2)enlbaren,  Aont  ote  bie  ®runbfotmen  alles  Urtl^eitend 
Kategorien  genannt  l^atte.  (Sben  btefen  ^usbrucf  braucht  nacb  betn 
Vorgänge  jener  beiben  grogen  $^iIofopl^en  aud^  ^egel,  aber  bei  i^m 
erfd^einen  bie  Kategorien  nid^t  in  ber  Ofotm  einer  Slufgdl^Iung,  toit  bei 
älriftoteleS,  audg  nid^t  in  ber  einer  SCafel,  »ie  bei  Kant,  ber  i^nen 
gern  ben  @d^ein  eined  @^{temfi  geben  möcbte,  aber  nur  eine  ®ri4>)>irung 
giebt,  fonbern  in  ber  Spornt  eines  n)ir!(i(^en  S^ftemS,  »oburd^  3UgUi4 
il^r  3ufanimenl^ang  unb  i^re  93olIftänbigteit  Verbargt  toirb.  O^ne 
Softem  !ein(  SBiffenf^aft,  o^ne  aJlet^obe  (ein  Softem:  bad  finb  uns 
»o^lbelannte  l^egelfd^e  Sfunbamentalfd^e. 

2)ie  Sogif  ift  bie  SBiffenfd^aft  ber  Kategorien.  3ebe  biefer  Kat^ 
egorien  voiU  genau  befiimmt,  grfinblid^  burd^bad^t,  erf^öpft  unb  Der^ 
neint,  bie  entgegengefe^ten  äSeftimmungen,  in  meldte  ber  99egriff  au^ 
einanber  ge^t,  tt)o(len  bereinigt  »erben.  2)eninad^  entl^Alt  ieber  @d^rttt 
unb  gfortfd^ritt  beS  S)en!enS  brei  Seiten  ber  £I^Atig!eit,  bie  xdxx  aU 
bie  beftimmenbe  (fe^enbe),  entgegenfe^enbe  unb  Dereinigenbe  begeic^nen 
lönnen.  §egel  nennt  bie  erfie  „bie  abftracte  ober  öerftdnbige",  bie 
gtueile  ^bie  bialeltifd^e  ober  negatiü-Dernflnftige",  bie  britte  „bie 
fj)eculatiöe  ober  pofitiO'Dernünftige".^ 

2.  2)eT  bta(ellifc(e  ^xocti  unb  bie  (Enttoidlung. 

S)ie  Ofortf^reitung  beS  S)en{en8  gefdbielgt  alfo  bur<^  bie  2)arlegung 
unb  ^uflöfung  ber  ben  Gegriffen  inmol^nenben  SBiberfprflc^e.  ^gel 
^at  biefen  gangen  $roceg  S)iale(ti(  genannt,  n)el(ben  %\abxnd  mix 
fc^on  in  ber  ^^änomenologie  angetroffen  unb  erd&rt  l^aben.^  6r 
rül^mt  Kant,  bag  er  in  feiner  93ernunftlriti(  bie  S)ialelti(  tt)ieber  gut 
Snerlennung  gebrad^t  l^abe;  er  felbft  aber  in  feiner  eigenen  S)ialeftif 
]^at  baS  Sorbilb  $Iato8  oor  Singen,  bei  loelddem  bie  Sialefti!  mit 
ber  99egriff8entu)iälung,  ber  99egriff8eint^eilung  unb  als  folc^e  mit  ber 
ttal^ren  erfenntnife  gufammenfdttt.  SDlit  Unred^t  ta§t  er  Pato  bei 
ben  alten  als  ben  „(gtfinber  ber  S)ialeltil''  gelten.' 


1  fflb.  VI.  §  79-82.  6.  146-160.  -  «  6.  oben  »u*  IL  €ap.  V.  6.  303. 
—  s  aSerle.  iBb.  VI.  §  81.  3uf.  1.  €.  153.  (2)te  3ufd|e  linb  na^gef^ricbene 
Hcufterungen;  cd  ift  bo4  ftagli^,  ob  ^egcl  btefc  Xeufietung  tDtrfli^  flet^n  (at, 
ob  er  na4  bemfclben  3ufQ|  (6. 154)  ben  platomf^en  ^tolagorad  {tatt  beft  SReno 
genannt  l^at?)    (@.  oben  6. 434,  437.) 


Set  Gegeitfianb  unb  bie  STlet^obe  bei  Sogtf.  441 

®er  aBtbctfpru(i&  bepelzt  in  bcm  Streit  cntgegcnflcfc^tcr  föt- 
fthnmungen,  bie  Stuflöfung  beS  SBibeifprudbi^  in  beten  93ereimgung:  in 
biefem  Sinne  baxf  bie  (Einheit  ber  ©egenfä^e  aU  baS  burd^gAngige  Sl^ema 
bet  ]§ege(f(6en  2)iQ(e!tif  gelten:  jene  ccomcidentia  oppositorum», 
iDeldbe  ®iorbano  SBruno  natutaliftifd^  unb  ))Qnt^eiftif4,  ®eotg  ^omann 
religiös  unb  m^ftifd^  gefaxt  l^atte.  S)Qrtn  kg  bie  ))on  ^egel  em))funbene 
unb  aufigefpro^ene  SBermanbtfd^aft  mit  beiben. 

3ebe  S)arlegung  eines  Sßiberfprud^S  befielet  in  ber  SSerneinung 
einer  S)enfbeftimmung,  n)eld^e  nod^  eben  gefegt  unb  bejal^t  n)erben 
niugte;  jebe  3(ufl6fung  eines  SBiberfprud^S  ift  beffen  SSemeinung. 
$[uf  biefe  SBei|e  betoegt  fid^  boS  S)enlen  burd^  gtnei  9legationen  unb 
gelangt  auf  bem  SBege  ber  bop))eUen  SSerneinung  mieber  jur  SSeiol^ung 
ober  ?lffirmation.  Duplex  negatio  afl&rmat.  ffiiefe  boi)|)eIte  SRegation 
l^at  ^egel  „bie  obfolute  9legatiDit&t"  genannt  unb  bie  S)ialeltif 
für  beren  SDtetl^obe  er!(&rt,  »eldber  StuSbrucf  nacb  Slrt  ber  ftnm))fen 
unb  geban!enIofen  Un))erfi[&nbni{fe  ffir  baS  9e!enntni^  einer  ungel^euer 
negativen  S^tii^tung  genommen  morben  ift,  n^elc^e  barauf  auSgel^e,  oQeS 
gu  ruiniren.  2)ie  SD^et^obe  ber  abfoluten  ÜKegatiDitAt  bebeutet  genau 
baffelbe  als  bie  3)f et^obe  ber  2)arlegung  unb  Sluflöfung  ber  ben  notb- 
loenbigen  S)en!beftimmungen  ober  reinen  93egriffen  inn)ol^nenben  9ßiber= 
fprfi^e.  2)er  SBiberfprucb  ift  bie  erfte  9%egation  unb  feine  9ufI5fung 
(SBemeinung)  bie  gmeite. 

©iefe  SWet^obe  aber  befielet  barin,  bafe  öon  ben  einfallen  SBe* 
griffen  gu  ben  gufammengefe^ten,  üon  ben  unmittelbaren  gu  ben  t^er« 
mittelten,  Don  ben  unbefiimmten  gu  ben  beflimmten,  üon  ben  abftracten 
gu  ben  concreten  ober,  um  aUeS  in  einem  gu  fagen,  t)on  ben  nieberen 
gu  ben  bö^wen,  Don  bem  niebrigften  gu  bem  bB#cn,  ©lieb  für  ©Heb, 
fortgef^ritten  toirb.  S)iefe  9lrt  ber  Srortfcbrcitung  giebt  bem  ^roceffe 
beS  logifd^en  S)en{enS  ben  Sl^aralter  einer  Stufenrei^e  ober  einer 
@ntai(flung. 

SBir  lennen  fd^on  aus  ber  ^l^änomenologie  baS  SSerl^ältnig  ber 
nieberen  gu  ben  b^^cren  Stufen  unb  umgefel^rt.  @S  Derl^ält  ftdb  mit 
ben  Stufen  ber  Segriffe,  tt)ie  mit  benen  bcS  93etou6tfeinS.  3>ie  l^öberc 
Stufe  ift  bie  SBabtl^eit  ber  nieberen,  benn  fie  ift  in  i^r  angelegt, 
erftrebt,  geiooKt;  bie  niebere  Stufe  ift  in  ber  l^öberen  aufgehoben 
in  jenem  bo))))eIten  unb  breifacben  Sinn,  ben  mir  in  ber  $^&nomeno= 
logie  f(bon  angetroffen  unb  erörtert  l^aben^  als  eS  fi^  um  baS  a3er= 
l^ältni^   ber   finnti^en    ©ett)i^]^eit    gum   tea^mel^menben   Seiou^tfein 


442  2)ct  ®c9enfianb  unb  bte  SRetl^obe  ber  Sogit. 

l^anbelte.^  ^ufgel^oben  fein  Gebeutet  Gemeint,  bemal^it,  erl^Sl^t 
fein,  tt)ie  tollere  erl^eben  unb  Dernid^ten  bebeutet,  meldtet  S)o))))eIfinit 
burcfe  ben  cicetonianif^en  S3Bi^  ctoUendum  esse  Octavium»  jur  öe= 
rfll^mtl^eit  gelangt  fei.^ 

Sm  ^ebel  nennt  man  bie  beiben  angreifenben  unb  gemetnfam 
mir!enben  SBeioegungelr&fte,  nftmlic^  bie  Entfernungen  unb  bie  Ge« 
to)id^te  ober  bie  8&ngen  ber  Hebelarme  unb  bie  SDlaffen  bie  nted^amfd^en 
(ftatifd^en)  SOtomente.  AeineiS  üon  beiben  mirlt  fflr  fid^  allein,  fonbem 
nur  mit  bem  anbern  gufammen.  @o  finb  in  ber  fortfd^reitenben  Snt- 
toidlung  bie  nieberen  @tufen  mitU)ir!enbe  Or^ctoren  in  ben  ^ö^eten; 
barum  l^at  ^egel,  inbem  er  il^re  SBirIfamleit  mit  ben  SRomenien 
am  ^ebel  Derglid^,  bie  nieberen  Stufen  a(S  aufgehobene  SJlomente 
in  ben  l^Sl^eren  bejeic^net.^  Unter  bem  Sinftug  ber  l^egelfc^en  $^Uo» 
fopl^ie  ift  biefe  SuSbrud8n)eife  gang  unb  g&be  geworben.  SBenn  eS 
fid^  barum  ^anbelt,  ben  SBertl^,  bie  99ebeutung,  ben  93cgriff  einer  @a(^ 
ju  fc^&^en,  fo  rebet  man  oon  ben  SDlomenten,  meiere  babei  gu  er- 
tt)&gen  unb  in  SBetrad^t  nu  giel^en  feien. 

S)ie  met^obifd^e  S)ar(egung  unb  9[ufl5fung  ber  ben  SSegriffcn 
immanenten  SBiberfprüc^e  (abfolute  9legatimtät),  ober  bie  bia» 
leftifd^e  äftetl^obe,  ober  bie  Sltetl^obe  ber  Sntttidtlung  bebeuten 
baffelbe.  Unb  ba  alle  reinen  SSegrtffe  foioo^l  2)en!«  a(8  €einfibegrtf[e 
finb,  b.  ^.  foteol^I  logif({)e  als  ontologifd^e  unb  meta))]^^ftfd^e  ®ettutig 
l^aben,  fo  iß  bte  @d^ranle  aioifciben  bem  S)enlen  unb  ben  S)ingen  auf» 
gel^oben,  baS  S)en{en  bal^er  nicbt  mel^r  befd^rAnlteS  ober  „enblid^dS", 
fonbem  „unenblic^eS  S)en{en'',  baS  in  ber  93etra(!btung  ber  S)tnge 
bei  fid^  felbft  bleibt  unb  in  bem  äBefen  ber  S)inge  fid^  felbft  unb  fein 
eigenes  SBefen  mie  im  Spiegel  (tanquam  in  speculo)  erlennt  unb 
mtebererlennt.  S)arum  l^at  ^egel  biefe  auf  bas  metl^obifc^e  (bialeitifd^e) 
ober  unenblidbe  2)en!en  gegrttnbete  Srt  ber  @rlenntnig  bie  fpeculatiüe 
$]^ilofo))]^ie  genannt  unb  indbefonbere  feine  Sogil  ate  folc^e  6e« 
lüi^mt  unb  in  feinen  jenaifd^en  Sorlefungen  audi  angelfinbigt/ 

3«  ^te  CEint^eilung. 

atte  entttJidtung  ifi  ©elbflenttoidlung,  ©elbftglieberung,  ©ettfl« 
eintl^eilung.    SEDad  fid^  in  ber  Sogil  aü  in  bem  Elemente  beS  reinen 


»  6.  oben  (Sap.  VI.  6.  810,  —  »  9Betfe.  »b.  KI.  ©.  108-105.  —  »  Cbttt- 
bof.  6. 106.  -  *  »gl.  Bb.  VI.  §  28.  3ufafc.  S.  68. 


S)ct  ®egenfianb  unb  bie  SRet^obe  bet  Sogtf.  443 

3)enfen«  entttitfdt,  ift  nid^t»  anbcrc«  ate  ber  ©egriff  ober  btc  3bce 
ber  @ttttt)t(!Iung  felbfl,  fo  bog  l^ier,  tDte  e9  ^egel  öfter  ]^er))or^ebt, 
Snl^olt  unb  gform  öottfommen  ein«  ftnb.  2)er  Crlenntnifeinl&oU  ftnb 
bie  notl^tDenbigen  2)en!6eflinimungen  ober  bie  reinen  93egriffe,  b.  ^. 
bad  reine  2)enien;  ebenbaff eibe  reine  2)enlen  ift  bie  @t!enntni§fornt. 
®er  6r!enntnt6in]^aft  ifl  bie  ©elbftentoicHung  bes  reinen  3)enfen8, 
b.  ^.  bie  3)lei^obe  ber  logifAen  (SntaidElung ;  eben  benfelben  (S^aralier 
^Qt  bie  @r!enntnigform.    2)ie  Sntmicflung  mirb  entmidelt. 

9Ba8  fid^  enltoidelt,  mu^  fidg  xooxanS  entoitfeln  unb  n)03u.  2)ie8 
finb  bie  brei  in  bem  S^l^ema  ber  (Snttoidlung  entgoltenen  ^ou^t» 
beftimmungen:  baS  SBad,  bad  SßorauS  unb  boS  SBoju.  ^a^  SBaS 
(S)afein  ober  6t©aS)  in  feiner  einfocfeflen  unb  obfiractefJen  gorm  ift 
boS  ©ein;  ba8  SBorauS  unb  JBBoburdö  (5*£v  f^  apxh  '^^  xivTjoewc) 
ift  ber  ©runb  ober  ba%  SBefen,  boö  ifiJoau  (oo  evexa)  ift  ber  3»ecf, 
b.  i,  ber  ju  realiftrenbe  ober  ftd^  felbft  reoliprenbe  SBegriff.  ®emgrtnä6 
ftnb  bie  brei  ^Qupttl^eile  ber  ßogif:  1.  bie  ßel^re  t3om  ©ein,  2.  bie 
Seigre  öom  SBefen  (®runb),  3.  bie  ßelire  Dom  »egriff  (S^edf). 

S)en  ftd&  felbft  reoliftrenben  3roe(f,  um  e3  jur  Drientirung  öorouö- 
junel^men,  Iiot  ^egel  ben  ©elbftjtoed  ober  bie  3bee  genannt:  eS  ift 
bie  l^od^fte  Kategorie,  in  loeli^er  aQe  t^or^ergel^enben  als  aufgel^obene 
STOomente  entl^alten  ftnb.  3)a^er  ift  biefer  SBegriff  gleiAfom  in  nuce 
ba8  gange  ©Aftern  ber  Äolegorien.  SBenn  man  ben  Segriff  beS  ©eI6ft= 
gmedS  grünblid)  anal^ftrt,  auSeinanberlegt  unb  in  feine  Elemente  auf» 
loft,  fo  ergiebt  ftd^  bie  Sleil^enfolgc  ffimmtlidber  Äategorien. 

3)er  ©elbftjtoecf  ift  ber  »egriff  in  feiner  ©eIbftüertoir!Iid&ung:  ba« 
^er  Derftelit  ^egel  unter  bem  93egriff  ba9  ©elbft  ober  baS  ©ubject, 
mäl^renb  ba§  3Befen,  aU  toelc^eS  allen  S)ingen  unb  Srfd^einungen  gu 
©runbe  liegt,  ben  g^aroftcr  ber  Sfiotl^wenbigfeit  ober  ber  ©ubftang 
l^at.  9lun  erinnern  mir  uns  |eneS  SBorteS  aus  ber  93orrebe  gur 
$6AnomenoIogie.  „@S  fommt  nad^  meiner  €inftd&t,  n)eld&e  ftd^  nur 
burd^  bie  S)arfteDung  beS  ©^ftemS  felbft  red^tfertigen  mug,  aKefi  barauf 
an,  baS  SBal^re  nic^t  als  ©ubftang,  fonbern  ebenfo  fel^r  als  ©ubject 
aufgufaffen  unb  auSgubrüdfen."*  (3)a6  aber  ber  SBegriff  in  feinem 
logifd^en  S^arafter  als  ©elbft  ober  ©ubject  gu  nel^men  fei,  fagt  bie 
^^anomenologie  nirgenbS,  obgleid^  fte  an  ungegA^Iten  ©teilen  baS 
SBort  „Segriff"  in  biefem  ©inne  gcbraud&t.    ©o  wirb  an  fielen  ©teDen, 


>  €.  oben  dap,  V.   €.  291  u.  292. 


444  ^ct  (Begenflanb  unb  bte  aRet^obc  bet  Sogif. 

etgentlid^  burd^gfingig,  bte  Sogt!  üott  ber  $l^&notnettoIogte  DorauSgefe^t, 
loA^renb  fte  berfelben  ttad^folgt.  fflmmt  man  ba8  SBoit  93egriff  in 
bem  gett)ö^nU(&en  logifc^ett  @intt  aü  abftracte  SorfleDung  ))on  aS- 
getneittcm  Umfang,  fo  finb  eitte  SRettge  €A^e  iit  ber  $]^Attomeno(ogi€ 
buttlel  unb  unDerft&nblid^.  S)Q{TeI6e  gilt  üon  bem  93egrtff  bet  9legQtton, 
9legQtit)ttät  u.  a.) 

S)a  nun  ber  93egrtff  im  €tnn  ber  l^egelfd^en  Sogt!  gletdgbebeutenb 
ift  mit  bem  €elbft  ober  Subject,  fo  erllArt  ftd^  auii,  toaxum  ^egel 
ben  britten  Heil  feiner  ßogil  „bte  fubjectiDe  ßogil*  genannt  ^ot 
unb  im  Unterfd^iebe  bat)on  bte  beiben  er^en  2:i^eile,  n&mlid^  bie  Oel^re 
öom  ©ein  unb  Dom  Sefen,  „bie  objectiDe  ßogif".* 

4.  S)et  Scgtiff  Gölte«  in  ber  ßogif.    ^a«  9lei4  ber  Statten. 

2)ie  Kategorien,  obto)o]^I  fte  nad^einanber,  alfo  in  einer  geitltci^en 
9lei(ienfoIge,  toie  e8  nid^t  anberS  fein  (ann,  entn^idfeU  unb  in  baS  93e> 
lou^tfetn  gel^oben  n>erben,  finb  alle  guglei^,  alfo  aetttoS  ober  eiotg 
unb  !önnen  bal^er  als  S)efinittonen  hti  Smtgen  ober  beS  Slbfoluten 
ober  @otteS  angefel^en  n>erben.  S)a^er  loirb  burd^  bie  logifd^e  3bee, 
a(8  tt)eld^e  alle  Kategorien  in  ftd^  fd&Iiegt,  baS  S93efen  @otteiS  begriffen, 
abgefel^en  Don  feinen  Sejiel^ungen  aur  Sßelt  ober  Don  feinem  €ein, 
b.  ]^.  feiner  (Segenmart  in  ber  Slatur  unb  in  bem  enblid^en  ®eifte. 
„^it  Sogif  ift  als  bas  Softem  ber  reinen  SSernunft,  als  baS  Sleid^ 
beS  reinen  ©ebanfenS  gu  faffen.  S)iefeS  9lei4  ift  bie  SBal^rl^ett, 
n)ie  fie  ol^ne  ^fllle  an  unb  für  fidi  felbft  ift.  9Ran  lann  ft4 
beSioegen  auSbrfiäen,  bog  biefer  3nMt  bie  S)arftellung  ®otte8 
ift,  mie  er  in  feinem  emigen  SBefen  Dor  ber  (Srfd^affung  ber 
9latur  unb  eines  enblid^en  (SeifteS  ift."' 

9Beil  bie  Sogil  baS  äleid^  ber  SBal^rl^eit  ol^ne  ^üKe  ift,  barum 
gea&^rt  il^r  Stubium  „bie  Kraft,  meiere  in  aKe  ^a^rl^eit  leitet'. 
Seil  i^re  ©egenftönbe  bie  einfachen,  Don  aller  ftnnlid&en  Soncretion 
befreiten  SBefenl^eiten  finb,  barum  nennt  ^egel  i^r  Softem  ^baS  Steid^i 
ber  @d&atten\  „^afi  @tubium  biefer  9ßiffenf(ibaft,  ber  SlufentMt 
unb  bie  Arbeit  in  biefem  Sd^attenreid^  ift  bie  abfolute  SBilbung  unb 
3ucbt  beS  9eiDu|tfeinS."^  2)iefe  3ud^t  befielet  barin,  bag  »ir  in  bei 
9luSflbung  beS  logifc^en  S)en!enS  uns  entmöl^nen,  an  uns  felbft  gu 

^  äOerfc.  Sab.  III.  @.  46^52.  —  >  SO^erle.  III.  Sinlettuns.  Xllfiemetner 
Sefitiff  unb  Sogtt.  8.  33.  »gl.  (Ebcnbaf.  6.  69.  S3g(.  »b.  VI.  (€nc))f(o)>&btr.l 
§  85.  6. 163.  —  >  »b.  III.   (EinleUung.  6.  44. 


2)ct  ecgcn^oiib  unb  bic  SDflctiobe  bei  Sogif.  445 

benfen  unb  unfer  3Rt\mn,  SoDett,  SSanfd^en  itt  bte  ©ebanlen  etn)U' 
tntfd^en.  „3nbem  tdg  bettle,  gebe  ic^  meitte  [ubiectioe  SBefonbet^eit 
auf,  Derttefe  tnid^  in  bte  @Qd^e,  (äffe  bad  S)en!en  fflr  lid^  gen)&]^ten, 
unb  id^  beule  fc^Ied^t  tnbem  ic^  Don  bem  SDleinigen  eltoaS  ^injutl^ue/^ 

5.  2)u  Sogt!  unb  bte  Ocf^i^te  bcr  $]^Uofop^te. 

9lu8  bem  SEl^eniQ  bet  Sogt!  erbeut,  bag  gtoifd^en  ben  Aategorten, 
aü  ben  Seftntttonen  beS  Slbfoluten,  unb  ben  ^rincipien  ber  pl^ilo» 
fo))^tf(!^en  S^fteme  eine  geioiffe  Uebereinflimmung  ^errfd^en  niug, 
»orauf  {t(6  bie  untoiQfflrUd^e  SSergleidgung  beS  (ogifd^en  (Fortganges 
ber  Kategorien  mit  bem  gefd^ictitlicfien  O^ortgang  ber  ©^fteme  grflnbet. 
9(uf  biefen  3ufammen^ang  amifi^en  feiner  Sogil  unb  ber  ©efd^id^te  ber 
$]^iIofop]^ie  l^at  ^egel  gern  unb  oft  l^ingen^iefen  als  auf  eine  le^rreid^e 
$robe,  mli^t  bie  9%i(i&tig!eit  ber  Sle^nung  nad^  beiben  @eiten  befi&tige. 
SBenn  biefe  [Red^nung  ftimmt,  fo  mug  ftd^  baS  iüngfte  unb  le^te 
@^ftem  3u  aüm  t^orl^ergel^enben  $^iIofo))]^ten  Der^olten,  tote  bie  Iogif(6e 
3bee  gu  ben  Kategorien.  3Jlit  anbern  SOSorten:  aKe  gefcfeid^tlid^en 
@^{teme  ber  ^^ilofopl^ie  finb  aufgel^obene  SDlomente  in  bem  Softem  ber 
l^egelfd^en  ^^ofop^ie.  „S)ie  ®ef(iid^te  ber  ^l^ilofopl^ie  geigt  an 
ben  Derfd^ieben  erfc^einenben  ^l^ilofop^ien  t^eilS  nur  Sine  ^^ilofopl^ie 
auf  Derfd^iebenen  SluSbilbungsjtufen  auf,  tl^eite  bog  bie  befonberen 
^rincipien,  beren  eines  einem  @^f}em  gu  ®runbe  lag,  nur  Sroti%t 
eines  unb  beffelben  ®angen  finb.  S)te  ber  3eit  nad^  le^te  ^^ilofopl^ie 
ift  bas  SRefuttat  aDer  Dorl^erge^enben  ^^tlofop^ien  unb  mug  ba^er 
bie  5Princi})ien  aöer  entl^alten;  pe  ift  barum,  »enn  fie  anberS  ^^Ho- 
fopl^ie  iji,  bie  entfaltetfte,  retd^fie,  concretefte."* 

2)iefen  3ufammen]^ang  gioifd^en  ben  Kategorien  unb  ben  $^iIo- 
fopl^ten,  gioifc^en  ber  Sogi!  unb  ber  ©efd^id^te  ber  $^ilofo))]§ie  l^at 
^egel,  als  er  bte  Kategorie  beS  @einS  mit  ber  Seigre  beS  ^armenibeS 
Derglidgen,  feinen  3u^örern  in  grogartiger  unb  ^öd^ft  einbringlid^er 
SBeife  t)orgeftettt.  „SJie  oerf^iebenen  ©tufen  ber  togifcfeen  3bee  finben 
toir  in  ber  ©efd^id^te  ber  ^l^ilofop^ie  in  ber  ©eftatt  nad^  einanber 
l^erDorgetretener  ))]^iIofo^]^ifd&er  @^fteme,  beren  jebeS  eine  befonbere 
S)efinition  beS  Slbfoluten  gu  feiner  ®runb(age  l^at.  So  n^eit  nun  bie 
Sntfattung  ber  (ogifd^en  2ibee  ftdg  als  ein  O^ortgang  Dom  Slbftracten 
gum  Soncreten  ertoeift,  ebenfo  ftnb  bann  aud^  in  ber  ®efd^id^te  ber 


1  »b.  VI.   a)ie  SGBiffenfftoft  ber  ßogif.   »orbegriff.  §  24.  3ufafe  2.  ©.  49. 
—  «  €benbaf.   VI.   (Einleitung.   §  13.  6.  21. 


446  2)eT  ®egenflanb  unb  bie  SDletl^obe  bei  Sogif. 

$]^tIofo))l^ie  bie  frül^efien  @^fleme  bie  abftracteflen  unb  bomtt  3ug(etd^ 
bie  &tm{)en.    ^oS  SSerl^öItnig  aber  ber  frfil^eren  ju  bett  fp&teren  )>^t(o- 
fop^ifc^en  @^ftemeu  iR  im  ^Dgemeinen  baffelbe,  toit  baS  93er^ä(tniB 
ber  früheren  ju  ben  fpftteren  Stufen  ber  logifcifeen  3bee,  unb  jioar  Don 
ber  2lrt,   bafe  bie  fpöteren  bie  früheren  als  oufgel^oben  in  ft(l&   ent= 
l^olten.    S)ie8  ift  bie  n)Q^re  Sebeutung  ber  in  ber  ©efd^id^te  ber  $^Uo' 
fot)]^ie  t)or!ommenben  unb   fo   oft  migDerflanbenen  SBiberlegung    be§ 
einen  ^]^iIofo))]^if(6en  @i)ftem8  burd^  ein  anbereS,  unb  ndl^er  bed  frfl^eren 
burd^   bie   fp&teren.     SBenn   Dom  SSiberlegen   einer  ^l^ilofop^ie    bie 
Siebe  ift,  fo  pflegt  bieö  gw^^^P  «"^  i«  abflract  negotiDem  Sinne  ge» 
nommen  gu  merben,   bergeßalt,   bog  bie  miberlegte  $]^iIofo))^te  fiber» 
l^aupt  nid^t  mel^r  gilt,  bog  biefelbe  Befeitigt  unb  abgetl^an  ift.  SBenn  bem 
fo  todre,  fo  mügte  bod  Stubium  ber  ©efi^t^te  ber  ^^ilofopl^ie  aU  ein 
burd^auS  trauriges  @ef^dft  betrachtet  merben,  ba  biefeS  Stubium  le^rt, 
toit  aUe  im  SSerlauf  ber  3^it  ]^ert)orgetretenen  p^ilofopl^ifd^en  S^fleme 
i^re  Sßiberlegung  gefunben  l^aben.    9lun  aber  mug,   ebenfo  gut   als 
zugegeben  ift,   bog  aQe  ^^ilofopl^ien  miberlegt  toorben  finb,  äuglet^ 
aud^  bel^auptet  toerben,  bag  (eine  $^i(ofop]^ie  toiberlegt  tt)orben  ifl, 
nod^  aud^  miberlegt  ju  werben  tiermag."     „Sie  ©efd^id^te  ber  ^j^tlo^ 
fopl^ie  l^at  eS  fomit  i^rem  toefentli^en  ^n^alte  nad^  nid^t  mit  Ser» 
gangenem,  fonbern  mit  (Smigem  unb  fd^Ied^t^in  ®egena&rtigem   gu 
t^un  unb  ift  in  il^rem  SRefultat  nid^t  einer  ©atterie  Don  SJerirrungen 
beS  menfd^Iid^en  ®eifteS,  fonbern  Dielme^r  einem  ^antl^eon  Don  ®dtter= 
geftalten  ju  Dergleid^en.    2)ie  ©öttergeftalten  aber  fmb  bie  Derfd^iebenen 
Stufen  ber  3bee,  toit  folc^e  in  bialeltifd^er  (SutmidFIung  nadg  einanber 
hervortreten."* 

6.  2)er  Anfang. 

3)er  Slnfang  ber  fiogil  unb  ber  $^iIofopI)ie  überl^aupt  befinbet 
fi(6  in  einem  2)ilemma,  toeldbeS  fd^on  bie  alten  Sfeptifer  erlannt  unb 
für  unlösbar  erKdrt  l^aben.  (Sntroeber  ift  biefer  Anfang  vermittelt 
ober  er  ift  unmittelbar:  im  crften  gaö  fel^tt  ber  Sin  fang,  benn  baS 
»ermitteln,  aSegrünben,  SSetoeifen  fül^rt  in«  (Snblofe;  im  anbern  gfaD 
feblt  bie  SBegrünbung.  S)ort  l^aben  »ir  einen  »ettjeis  ol^ne  Änfana, 
l^ier  einen  Anfang  ol^ne  SBeweiS,  in  feinem  Don  beiben  gellen  lonn 
bie  SBiffenfd^aft  beginnen.    3)iefeS  S)ilcmma  gilt,  folange  bie  ?P^ilo= 

1  dbenbof.    VI.   §  86.   3uf.  2.   ©.  166-1G8. 


2)er  Qegcnfianb  unb  bie  SRet^obe  bei  SogU.  447 

\op^it  mit  einet  Sel^QUptung  ober  einetn  @Q^e  beginnt;  eS  ifl  J^infaKig, 
fobolb  ben  Anfang  bet  ^l^ilofopl^te  ntd^t  ein  €a^  ober  eine  93e= 
^Qu))tung,  fonbern,  mie  gfid^te  geleiert  l^t,  eine  O^orberung,  ein  Snt' 
fd^Iu^,  eine  Zf)ai  aMmai^i:  „SSSerbe  bix  beiner  betonet",  ..fe^e  bein 
3*",  «t)oaaie]^e  bie  I^at  beö  ©elbjibetoufetfeinö!"^ 

Sei  ^egel  l^ot  ber  Slnfong  ber  5pi^iIofol)^ie  (ßogi!)  fotool^r  ben 
S^arofter  beS  SSiffenS  al8  ben  beS  Sollend  ober  Sntfd^IuffeS;  bei  il^m 
ift  bae  SBiffen,  meld^eS  ben  Anfang  ma^t,  fomol^I  vermittelt  als  un= 
mittelbar,  benn  aKed  Unmittelbare  ift  baS  Stefultat  einer  a}ermitt= 
lung:  eS  ift,  nac^bem  eS  gern or ben  ift.  3Ran  l^at  ben  Anfang  ber 
Sogif  3u  betrachten  als  Vermittelt  burd^  bie  gefammte  $^&nomeno- 
logie,  beren  le^ted  S^tefultat  baS  reine  SBiffen  »ar.  Slunmel^r  ift  bas 
reine  SBtffen  geworben:  eS  ift  unb  l^at  ben  dkaxalUx  ber  Unmittel= 
barleit;  nod^  aber  ifi  eS  DöQig  unbeftimmt  unb  unentmidelt.  SBaS 
eS  ift,  foQ  erft  beftimmt  unb  entmicfelt  »erben:  eben  bartn  befielet  ja 
bie  Slufgabe  unb  baS  Sl^ema  ber  Sogil.  33on  bem  reinen  äBiffen  ober 
reinen  2)enfen  als  einem  geworbenen  fRefuItat,  nunmel^r  feienbem  ober 
unmittelbarem  3uftanbe  !ann  gunäd^ft  nid^tS  weiter  auSgefagt  unb  be- 
griffen »erben,  als  bog  eS  ift.  2)a^er  Idgt  fid^  ))orauSfc]^en,  ba§  aud^ 
bie  erfte  Äatcgorie  ober  ber  erjie  93egriff,  womit  baS  Softem  ber  ßogif 
beginnt,  lein  anberer  wirb  fein  !önnen,  als  ber  SBegriff  beS  @einS.^ 

3nbeffen  ift  ber  Einfang  ber  Sogi!  nid^t  b(o§  als  ein  burd^  33er- 
mitt(ung  geworbenes,  nunmel^r  unmittelbares  SEBiffen  anjufel^en, 
fonbern  aud^  nad^  fid^tefd^er  SIrt  als  ein  toorauSfe^ungSlofer  Sntfc^Iug, 
als  eine  9tid^tung  nidgt  beS  (ErlennenS,  fonbern  beS  SBoQenS.  „Qoü 
aber  leine  SSorauSfe^ung  gemad^t,  ber  Anfang  felbfl  unmittelbar 
genommen  werben,  fo  beftimmt  er  fid^  nur  baburdb,  ha%  eS  ber  9(nfang 
ber  ßogü,  bcS  ©enfenS  fflr  fid&,  fein  foü.  9lur  ber  entfdölufe,  ben 
man  aud^  fflr  eine  Sßiißflr  anfeilen  lann,  bog  man  baS  2)enlen  als 
foI^eS  betrachten  woKe,  ift  oorl^anben.  @o  mu%  ber  Anfang  abfoluter 
ober,  was  l^ier  gleid&bebcutenb  ift,  abflracter  Sfnfang  fein;  er  borf  fo 
nid^ts  oorauSfe^en,  mug  burd^  ni^ts  vermittelt  fein,  nod^  einen 
®runb  l^aben;  er  foD  oielmel^r  felbft  ©runb  ber  ganjen  SBiffenfc^aft 
fein.  @r  mug  bal^er  fd^Iedbt^in  ein  Unmittelbares  fein  ober  toielmel^r 
nur  baS  Unmittelbare  felbft.    Sßie  er  niddt  gegen  ^nbereS  eine 


^  aSgl.  biefed  aS^ctl.   OubilAumSauSgabe.)   S9b.  VI.   a9u4  III.    Sop.  III. 
6.  428-432.  —  «  ^egel.   SGÖerle.   »b.  III.   CrPe«  SBu«.   6.  55-58. 


448  !Ste  Sc^re  t>om  @ctit. 

Sefltmmung  f^aitn  !ann,  fo  laitn  et  audg  leine  in  fid^,  feinen  3n^alt 

enthalten,  benn  bergleidgen  todre  Unterfd^eibung  unb  Sejiel^ung   t>on 

Derf^iebenen  ouf  einanber,  fomit  eine  SBermittlung.    S)er  Anfang  ift 
Qlfo  ba«  reine  ©ein."^ 


aSiergel^ntcS  ®Q|)iteI. 
Sie  Ce^re  ti0m  Sein.    A.  Sie  ($nalitat 

I.  2)a8  reine  €ein. 
1.  @etn  unb  !fli4U. 

2)er  erfle  ^Begriff  ift  Don  oDen  ber  einfac^fie,  abfiroctefie  unb  un- 
mittelbarfie,  er  ifi  noc^  DöIIig  unentmidelt,  unbejlintmt,  barum  in^atts* 
loÄ  ober  leer.  S)iefer  Segriff,  toie  ftifeon  erHftrt  toorben,  ifl  boS  reine 
ober  blo^e  Sein.  „@6  ifl  bie  reine  Unbeftinimtl^eit  unb  Seere.  €8 
ift  nic^td  in  il^m  angufd^ouen,  toenn  Don  Slnf^Quen  l^ier  gefprocben 
loerben  !ann;  ober  eS  ift  nur  bieiS  reine,  leere  Stnfd^ouen  felbfl.  SS 
ift  ebenfo  wenig  etmoS  in  il^m  ju  ben!en,  ober  ed  ift  ebenfo  nur  bted 
leere  2)enlen.  2)ad  Sein,  baS  unbeftimmte  Unmittelbare  iß  in  ber 
2:]^Qt  9li4td  unb  ni^t  me^r  no(^  weniger  alis  SUcbtd."' 

SBie  in  ber  legten  unb  ^öc^ften  Kategorie  alle  Dorl^ergel^enben 
als  aufgel^obene  SDlomente  entl^alten  finb,  fo  in  ber  erften  unb  niebrigfien 
aQe  ^olgenben  ate  unentmicfelte  Einlagen.  2)iefed  im  @ein  begriffene, 
aber  nod^  DoQig  unentn)i(felte,  barum  inl^altslofe  2)eu(en  ift  fomo^I 
rein  als  leer,  fottol^l  @ein  als  Sticht 8.  @ein  unb  Slid^td  ftnb 
baffelbe,  benn  fie  finb  ber  ^JluiSbrucf  beS  reinen  S)en!en8  in  feiner  ein- 
fädelten O^orm;  bad  €ein  ift  ber  po[iim  9tudbruä  beffelben,  bad  Slid^td 
ber  negative.  S)aS  Sein  ift  Stid^tS,  benn  e8  ift  nid^ts  in  i^m  au  er^ 
lennen,  meil  eiS  inl^altSloS  ober  leer  ift.  Sein  unb  9}id^t8  finb  aber 
nid^t  blog  baffelbe,  fonbern  aud^  unterfd^ieben:  baS  Sein  befagt,  bag 
baS  3)en!en  ift;  ba8  9lid&t§  befagt,  bag  eS  nod^  D5Dig  unentmidelt 
unb  inhaltslos  ifl.' 

S'^id^tS  lann  einleu(6tenber  fein  als  biefe  (Sinl^eit  unb  biefer  Unter- 
fd^ieb  gtoifd^en  bem  Sein  unb  bem  ^lic^tS;  mir  muffen  Don  bem  93e- 


^  €benbaf.  SBb.  III.  6.  59.  —  >  C^bcnbaf.  CEtflet  $(bf<J6nitt.  SBe^rantt- 
^eit.  (Dualität)  «rfte«  gapitcl.  @ein.  A.  ©.  73.  »flL  »b.  VI.  §  86.  6. 165, 
—  3  UL  abfdjnitt  I.  »eRimmt^eit,  (OualitÄt.)  «nmetf.  2.  6.  88-85. 


S)ie  Dualität.  449 

griffe  beS  @ein8,  ba  in  il^m  tuetter  nid^td  }u  er!ennen  ifl  als  bie 
^m^altloftgieit  unb  bie  Seete,  ju  bem  äSegriffe  beS  9%id^tS  fortgel^en, 
nur  JU  il^m.  S)iefe  betben  S)en(6eflimmungen,  baS  Sein  unb  baS 
^xä^t8,  ftnb  ungettennt  unb  untrennbar:  in  biefer  Ungetrenntl^eit  ober 
Untrennbarleit  befielet,  loie  ^ege(  auSbrAcflidg  iitxt)Oif)tf>i,  xffxt  (Sin^ett, 
n)eld&e  alfa  letneSWegS  2)iefelbig!ett  ift,  fonbern  ben  Unterfd^ieb  in  fid^ 
fd^Ke^t  unb  bie  ^Bereinigung  forbert. 

2,  S)a8  as^erben.    (gntfielien  unb  S^erge^en. 

2)ie  SSereinigung  Don  @ein  unb  üßidgts  (üßid^tfein)  ift  baS  SQSerben, 
n)ortn  jene  beiben  aufgel^abene  SDlomente  ^nb.  S)a8  im  SBerben  be- 
griffene ©ein  ift  baS  entfielen,  baö  im  SBerben  begriffene  Slid^tfein 
ifi  bas  93  er  gelten.  ,,2)ie  SSal^r^eit  beS  @einS,  foioie  bed  fflxä^U  ift 
bal^er  bie  ßinl^eit  beiber;  biefe  ßinl^eit  ijl  baS  SBerben/'^ 

2)er  €a^  ))on  ber  Sinl^eit  beS  @einS  unb  beS  9lid^td  l^at  bie 
äufeerjien  aJlifeDerflfinbnilfe  l^eröorgerufen,  inbem  man  an  bie  ©teöc  ber 
obftractepen  SSegriffe  bie  concreteften  aSorfteOungen,  »ie  baS  ©ein  ber 
3)inge,  be«  aRenfä^en,  ©otteß  u.  f.  f.  gefegt  unb  fo  ben  ©inn  in 
Unfinn  t^erlel^rt  l^at.  ©ei  eS  ettt)a  einerlei,  ob  ein  ^auS  ift  ober  nid^t 
i%  ob  toir  felbfi  finb  ober  ni(6t  finb,  ob  ®oit  ifl  ober  nic^t  x%  ob 
]§unbert  5£l^aler  finb  ober  nid^t  finb?  u.  f.  f.  ^egel  l^at  gar  ju  gern 
unb  barum  gar  gu  oft  fid^  bie  l^unbert  X^aler  geliehen,  loel^e  Aant 
3ur  SBiberlegung  beS  ontologifd^en  SetoeifeS  gebrandet  unb  t)erbraud^t 
^atte.    Slud^  an  ber  gegenioüirtigen  ©teile  lommt  er  barauf  jurüä.^ 

SBeil  aber  ber  2lnfang  feiner  ßogil,  bie  fogenannte  ßinl^eit  üon 
©ein  unb  Slid^tS,  l^äufig  fo  Diel  unDerftdnbigeS  Aopffd^ütteln  unb  un= 
nötl^iged  Aot)f3erbred&en  Derurfad^t  l^atte,  fo  mad^te  ^egel  ben  ,,a3or= 
Wc^i  3ur  ®üte'\  bog  man  mit  bem  Slnfange  felbft  anfangen  möge: 
mit  bem  S3egriffe  be«  Slnfangg,  aus  beffcn  änal^fe  fid&  bie  ßinl^eit 
t)on  ©ein  unb  Tlid^tfein  fogteid^  ergebe.  SBaS  ju  fein  erft  anfange, 
fei  nod^  nid^t  unb  bod^  aud&  fd^on,  loeil  eS  anfange  3u  fein.  3eber 
Anfang  ift  ein  SBerbejuftanb,  aKeS  SBerben  aber  entl^atte  ©ein  unb 
9li(!^tfein  jugleid^,  )oaS  noc^  niemanb  Der!annt  ober  beftritten  l^abe,  eS 
mü^te  benn  fein,  ba^  man  bas  SBerben  flber]^au))t  in  ^brebe  ftelle.' 


1  SBb.  IIL    6.  102  Pgb,    —   «  (gbenbaf.   ©ein.    «nmer!.  1.    @.  77-80. 
»gl.  VI.   §  88.   ©.  172jlflb.  -  »  m.   e.esPöb.    »gl.  VI.   §  88.   6.  174. 
Sri f 4 er.  «ef^.  b.  $«tIof.  VUI.   91.  %.  29 


450  ^ic  fid^te  tu)m  6cin. 

S)ie  eieatett  ^abtn  ben  93egttff  beS  €einS  gum  ^rtitctpe  ber 
$^iIi)fo))]^ie  gemad^t  unb  Itnb  babutd^  bie  Segrüttber  ber  Ontologte 
ober  9Reta))^^fit  gemorben.  ^armenibeS  ^at  erflftrt:  «,nttr  baS  €etn 
tfl,  unb  balS  9li(^td  (SKd^tfein)  i{i  gar  iric^'',  tootanfi  bie  Unm5glid^ 
foit  beS  SBerbenS  folgt.  S)er  ttefjtttmge  ^eraüit  1)aU  ben  Segriff 
bed  SBerbenS  }um  $rtncit)  ber  $^iIofo))]^ie  genuuit  ba  eS  bin  blogeft 
€ein  gebe,  fonbern  aOeS  im  beß&nbigen  SSerben  oba  Sftuffe  Begriffen 
fei,  baS  SBerben  aber  fei  bie  (Einheit  t)on  @ein  unb  92i(^tfein.^ 

S)er  @a^  Don  ber  ltnnt5gti(i^!eit  beS  SßerbenS  ober  bog  aui$ 
nid^td  nid^tS  loerben  !5nne  (ex  nihilo  nil  fit)  flreitet  nic^t  mit  bem 
Segriffe  beS  SSBerbenS,  fonbern  mit  ber  @(i^9^fung  aM  9K(l^tS, 
inbem  er  bie  Cioigfeit  ber  3Äaterie  beftäftigt,  tteSl^alb  §egel  bie  JBer= 
neinung  beS  SßerbenS  ffir  einen  (Srunbfa^  beS  ^ant^eiSmuS  anfielet, 
atd  ob  bie  Seigre  beS  ^eraKit  nid^t  aud^  Pantheismus  fei!^ 

S)er  @a§  beS  ^craflit  l^eifet:  „Sein  unb  9lid&tfein  finb  baffelbe', 
„toir  pnb  fotoo^l  ate  toir  nid^t  pnb",  „aDeö  ift  im  SBerben  begriffen, 
alles  fliegt,  n&vca  psi".  3ugletd&  lägt  man  ^egel  bem  ^erafftt 
einen  €a$  jufd^reiben,  meldten  biefer  $^iIofop]§  unm5g(id6  gefagt  l^aben 
lann.  2)er  @a^  gel^ört  in  bie  atomiftifd^e  Se^re  unb  flammt  ton 
S)cmofrit:  „tö  8v  o&Äv  |i.dXXoy  4otI,  toö  (f})  8vtoc",  baS  ©eienbe  tfl 
nidgt  in  l^öl^erem  SRage  als  baS  9lidbtfeienbe,  biefeS  ifi  ebenfo  fe^r  als 
baS  Seienbe.  Unter  bem  €eienben  ifi  «baS  SoDe",  unter  bem  9Kd^t' 
feienben  „baS  ßeere"  ju  toerfle^en.  »eibeS  ifl  in  gleid^er  SBeife:  baS 
SoSe  ]o\oofiH  als  baS  8eere.  ^egel  fannte  ben  €a^  unb  feine 
^erfunft  fel^r  tool^I  unb  l^at  in  feinen  Sorlefungen  über  bie  ®e== 
fd^id^te  ber  ^^ilofopl^ie  benfelben  atS  einen  HuSfprud^  beS  2)emotrit 
angefül^rt.' 

S)aS  Serben  ifi  Sntfiel^en  unb  SSergel^eu;  aber  biefe  Bctben 
SItomente  finb  im  SBerben  nid^t  etn^aS  geitlid^  unterfd^ieben  unb  Auger^ 
lidg  Oerfnüpft,  fo  bag  erft  baS  Sntftel^en,  bann  baS  Serge^en  ftatt= 
f&nbe,  unb  gioifd^en  beiben  nodg  eine  bur^  baS  SBörtd^en  «unb"  be= 
jeid^nete  Serbinbung  Pa^  ^Atte.  Stfifd^en  beiben  giebt  eS  nidbts 
S)ritteS.    2)as  dntfte^en  ift  an  il^m  felbfl  baS  Sergel^en:  baber  ift  baS 

i  m.  6.  «nmert.  8.  6.  88.  -~  t  ni.  6.  «nmcr!.  1.  6.68fl0b.  f^h 
VI.  §  88.  6. 174.  -  »  »fli.  »b.  VI.  §  88.  Sufot.  6.  177  mit  »b.  XIU. 
(2.  9ufl.  1840.)  @.  825.  —  SRan  barf  ben  SufAten  aU  na^gef^ncbcnen,  oon 
bem  Herausgeber  nid|t  gerabe  mit  Ititifdler  Sorgfalt  beianbelteit  fCeulerungen 
(ie  unb  ba  mtfitrauen,  loie  an  ber  foeben  angeführten  6te0e. 


2)ic  Ouatitat.  451 

Setben  ein  befldnbigeS  SSergel^en  ober  ^erfd^minben,  eS  i{l  bais  3er- 
gelten  beS  Sergel^end  ober  baS  SJerfd^iotRben  be«  äkrfd^iombenS:  eS 
lonn  bal^r  nur  begriffen  merben  als  bergangenes  99ergel^n,  als  t^r« 
fd^vunbeneS  Serfdftminben,  a(S  Vergangenes  Serben  ober  ®en)orben- 
fein,  b.  1^.  als  S)afein. 

SßUlt  man  ft(]^  ben  Segriff  beS  SBetbenS  unb  biefen  Uebergang 
t)om  Serben  ium  2)afein  anfd^auKd^  mad^en,  fo  gieM  eS  fein  beffereS 
a9eif)>iel  als  bie  Seit,  nrie  aud&  ^raSit  fogletd^  auf  bie  S^t  als  bie 
anfd^ttlid^fie  xSotm  beS  SerbenS  ^ingen)iefen  l^at.  SHe  S^t  iß  baS 
beflftnbige  93ergel^en  ober  bielmel^r  SSergangenfein.  3(1^  erinnere  an 
ben  fc^iKerfc^en  @))nid6  beS  SonfuciuS:  „2)reifad^  iß  ber  Sd^itt  ber 
3eit/  g5gemb  fontmt  bie  Sufunft  l^ergejogen,  ))feilfd^nett  ift  baS  3e^ 
entflogen,  etoig  {KD  ßel^  bie  SBergangenl^eit".  3)ie  l^rgangene  Seit 
ift  ba,  baS  (Befd^el^ene  lann  lein  (Sott  ungefd^el^en  mad^en;  eS  ifl  baS 
^erfectum,  »eld^eS  ^räfenS  ift:  Tl^ova  =  id^  bin  ba. 

n.  S)aS  S)afein. 
1.  Oualttftt«    (ElttKiS  unb  Slnbere«. 

3n  bem  93egriffe  beS  2)afeinS  ift  baS  SDa  toeber  Srtlidg  nod&  itxU 
lid^,  fonbern  logtfd^  ju  nel^men,  als  ein  beftimntteS,  fo  ober  fo  it- 
fdgaffenes  Sein,  als  ein  SaS  ober  ein  Ouale;  biefe  mit  bem  6ein 
ibentifd^e,  toon  il^m  unabtrennbare  SBeftimmtl^eit  ifl  bie  duaUtAt, 
mit  roeld^em  9lamen  ^egel  baS  erße  (SxipiUl  feiner  Sogi!  fiberfd^rieben 
l^at,  totxl  ber  ^Begriff  ber  Oualitftt  im  3RitteI))un{te  ber  erßen  ®tvüfpt 
ber  Kategorien  ßel^t  unb  biefelbe  gleid^am  bel^errfd^t.  2)aS  2)afein 
ift  bcflimmtcs  ©ein  ober  feienbe  Seftimmt^eit,  bie  als  fold&e  ben  Unter* 
fdfeicb  t)on  anberem  3)afein,  alfo  baS  IRii^tfein  ober  bie  Jiegation  in 
fid&  fd&Iie^t,  »eSI&affi  ^egcl  „älealitftt  unb  SRegation"  fogleidft  als 
bie  beiben  SRomente  begeic^net,  meldte  ben  93egriff  beS  SDafeinS  auS- 
mad^en.  (Sx  legt  baS  grdgte  ®e)oid^t  barauf,  ba%  im  2)afein  ber 
99egriff  ber  9}egation  in  feiner  Seftimmtl^eit  an  baS  Sid^t  tritt, 
inbem  er  auf  ben  ©a^  ©pinojaS  l^inloeifl:  «omniß  determinatio  est 
negatio».  Unter  ber  Jlegation  in  il^rer  »ejiimmt^eit  ifl  bie  3u« 
fommengcl&&rig!eit  beS  ©eins  unb  Slid^tfeinS  (ÄnberSfein*)  ju  Der» 
ftel^en,  ol^ne  n^eld^  fein  Stberf))rud^,  fein  Seben,  !eine  (SntmidSung 
ftattfinben  !5nnte. 

2)aS  SDafein  ift  nid^t  me^r  baS  unbeflimmte  ©ein,  meld^eS  gleid^ 
n^ar  bem  Slid^ts,  fonbern  ein  burd^uS  befUmmteS  ©ein  ober  dualitAt. 

99» 


452  Sie  Se^te  t)om  6cin. 

2)a  aber  atteS  blo^e  Sein  immer  unbeflimmt  iß  unb  bleibt,  fo  mug 
baS  Safein  nodg  nöl^er  beflimmt  unb  unterfd^ieben,  ed  mug  ate  ein 
unterfc^iebeneS  S)Qfein,  b.  1^.  ds  ein  2)afeienbeS  ober  Qtioag  gefaxt 
n)erben,  n^eld^eS  mit  anberem  fo  unmittelbar  gufammen^ingt  unb  Der- 
{nüt)ft  ift,  bag  9lealitat  unb  Tlegation  als  (&ttoa9  unb  3(nbere8 
bie  3nomente  bed  SafeinS  ftnb.  93eibe  99e{timmungen  gel^bren  ju 
einanber  unb  Idnnen  nid^t  getrennt  loerben,  baS  (StioaS  !ann  nid^t 
für  ft(^  fein,  audg  nid^t  bas  SInbere,  jebe  ber  beiben  93eftimmungett 
ifl  bas  Rubere  bed  Ruberen,  jebe  ift  etn)a8  anbereiS,  U)ie  tt)ir  im 
2)eutfd^en  fagen:  «ein  3(nbere8  —  ein  $[nbereS",  ober  „etn)aS  SlnbereS 
—  ettoaS  atnbereS"  ober  im  ßateinifd^en  «aliud  —  aliud»,  ober  bei 
5ptato  bas  SlnberSfeitt  fd&te^ttoeg  (tö  itepov  =  därspov)  im  ©egenfa^e 
3u  bem,  loaS  fid^  gleid^  ober  baffelbe  bleibt  (taoröv). 

2.  (£nbU4cS  unb  Unenbli^eS.    2)ie  9}erätibeTung. 

(&ttoa9  unb  SlnbereS  l^&ngen  bergeftalt  gufammen,  ba§  }n}ifcben 
beiben  nid^tS  S)ritteiS  ift.  993ad  loir  aU  «»unb"  bejei^net  l^aben,  ift 
il^re  ®ren}e,  »eld^e  beibe  ebenfo  unmittelbar  t)er!nflt)ft  toie  unter» 
fd^eibet.  (StioaS  ift  burc^  anbereS  begrenzt  unb  ebenfo  umgele^rt 
93egren}t  fein  l^ei^t  enblid^  fein.  2)ad'@nblid^e  l^&ngt  mit  anberem 
bergeftalt  )ufammen,  bag  e8  mit  i^m  bel^aftet  ift  unb  e8  an  fidg  l^at, 
n)e8]^alb  @))ino)a  baS  (Snbli(6e  (^JlobuS)  gut  unb  treffenb  ate  bad» 
ienige  erll&rt  l^at,  tt>aS  in  anberem  ift  unb  o^ne  anbereSMtid^t  begriffen 
loerben  !ann  (quod  in  alio  est,  per  quod  etiam-  coucipitur).  S)a8 
SttoaS  Dermbge  feiner  93egren}tl^eit  ober  @nblid^!eit  ift  unmittelbar 
foiool^I  Don  anberem  unterfddieben  als  auf  anbereS  bejogen;  ballet 
finb  in  il^m  biefe  beiben  3Jlomente  gu  unterfdbeiben:  fein  Unterfd^ieben- 
fein  unb  fein  99egogenfein;  jenes  ift  Sein  an  fid^,  biefeS  ift  @ein 
für  anbereS.  93eibe  93eftimmungen,  bie  in  ber  ^l^inomenologie  eine 
fo  groge  9loDe  gef))ielt  unb  ben  @ang  beS  SBemugtfeinS  bel^errfd^t 
l^aben,  treten  uns  ie^t  im  Elemente  beS  reinen  S)enIenS  in  i^rer  93e= 
beutung  als  Kategorien  entgegen.  Sie  fe^r  man  aud^  bemül^t  ift, 
fie  ju  trennen  unb  auSeinanberjul^alten,  fo  faKen  fie  in  eines 
}ufammen,  ba  baS  StmaS  Dermöge  fetner  ©renge  beibeS  jugteid^  ift: 
es  ift  an  ftd^,  »aS  eS  fflr  anbereS  ift;  eS  gel^t  ol^ne  S^teft  auf  in  feine 
93e}ie]^ung  auf  anbereS  ober  fein  @ein  fflr  anbereS.  ^ä^  braudbe,  um 
biefe  Sßalgrl^eit  red^t  beuttidg  )u  mad^en,  ein  93eif))iel  aus  bem  geloben- 


3)te  Duolitat.  453 

Itdgen  Seben  unb  bem  geiDöl^nltd^en  Sptad^gebraud^.  SRon  fagt: 
^btefe  @a(^e  l^at  fflr  unS  einen  grogen  Sßertl^,  an  fi^  ift  fie  tuettl^- 
lod",  b.  ]^.  bte  @Q(i6e  ift  in  Sejiel^ung  auf  und  tt)ert]^t)oD,  in  äSejiel^ung 
Quf  QQe  anbeten  ift  fie  xottttflo^;  fo  ift  audg  il^t  ^nfi<$  (ebiglidg  il^re 
a3e}ie]^ung  auf  ober  il^t  @ein  für  anbereS.  S)arin  befielt  ber  ^l^arafter 
beS  gnblidgen,  bag  eiS  bad  anbete  an  fid^  Igat  unb  ol^ne  9teft  in  baiS 
@ein  für  anbetet  aufgellt.  SS  ift  \oxDofjll  SlnbereS  aU  au^  fHi^i- 
anbereS.  2)ie  Sinl^eit  Don  @ein  unb  9li<$tfein  ift  SBeiben,  bie  @in- 
]§eit  Don  SlnbereSfein  unb  9li(^tanberedfein  ift  S{nber§n)erben  ober 
S3eränberung.  2)a8  SttoaS  ift  enbli^  unb  Derdnberlid^;  eS  ge^t 
ni6t  erft  in  bie  aSerSnberung  über,  fonbern  ift  in  ber  SBerönberung 
begriffen,  loie  baS  @ein  unb  Stid&tfein  im  SBerben.  ^egel  fagt  Dom 
2)afein:  „Sial^er  ift  baS  SlnberSfein  nid^t  ein  gleichgültiges  auger  il^m, 
fonbern  fein  eigenes  9Jloment".  „6tD)a8  ift  burd^  feine  Duolitftt  erft» 
lid^  enblidg  unb  jioeitenS  Dcranberüd^,  fo  ba%  bie  Snblid^feit  unb 
5BerftnberUd&!eit  feinem  ©ein  angel^ört."  „(&txoaS  voxxb  ein  SlnbereS, 
aber  baS  9(nbere  ift  felbft  ein  StmaS,  alfo  n)irb  eS  gleitJ^faHS  ein 
Slnbere«  unb  fo  fort  in«  Unenblid^e."  ,,S)iefe  Unenbtid&feit  ift 
bie  fc^led^te  ober  negatiDe  Unenblid^teit,  inbem  fie  niti^ts  ift  als  bie 
9legation  beS  (Sublimen,  »eld^eS  aber  ebenfo  lieber  entfielet,  fomtt  eben 
fo  fe^r  nid&t  aufgel^oben  ift,  —  ober  bicfe  Unenbüt^feit  brfldCt  nur 
baS  ©oUen  beS  Sluf^ebend  beS  gnblidgen  auS/^ 

SBir  finb  an  einer  l^Sdgft  tt)id^tigen  @teDe.  SSon  ber  fd^Ied^ten 
Unenblicftfeit,  bie  nitifetS  anbereS  ift  afe  ber  enblofe  5Progre§,  ift  bie 
toafiu  Unenblid&feit  gu  unterfd^eiben.  6s  l^anbelt  fi^  l^ier  nm  bie 
93eftimmungen  beS  (Snblid^en,  Snblofen  unb  tt)a]^r]§aft  Unenblidgen,  alfo 
um  baS  SSer^Sltnig  beS  Snblid^en  unb  Unenblid^en  in  ber  abftracteften, 
rein  logifd&en  gorm,  bie  in  ber  concreteften  fortbeficl^t  unb  il^r  gu 
@runbe  liegt:  ed  l^anbelt  fid^  um  eine  ©runbanfd^auung  unb  ©runb^ 
ibee  ber  gefammten  l^egelfd^en  Seigre. 

2)a8  (Snblid^e  foU  feinem  Segriffe  gem&B  ^in  Snbe  nel^men,  eS 
foU  enben,  aber  in  feinem  Snbe  ift  eS  immer  burd^  ein  SlnbereS 
begrenjt,  baS  mieber  burd^  ein  SlnbereS  begrenjt  ift,  unb  fo  gel^t  eS 
fort  ins  @nbIofe.  2)a8  (Snblidge  ift  ins  Snblofe  enblid^,  eS  nimmt 
lein  @nbe,  eS  ift  nit^t  enblid^,  fonbern  enbloS,  loeSl^alb  ^egel  baS 
Snblofe  bie  negatiDe  Unenblid^Ieit  genannt  l^at.    S)ie  ©renge  unb 

»  »b.  VI.   §  92.   ©.  181.   §  98.   §  94.   6.  184. 


454  ^ie  Seilte  oom  6ein. 

mit  il^t  bie  SnbKd|feit  ftnb  immer  toieber  ba,  biefe  fottbe^nbige  ober 
))erenntrenbe  Gtenae  ifl  Bi^xanU.  S)er  enbtofe  $togteg  ober  be^e^i 
barin,  bo§  )iDei  entgegengefeite  SBefttmmungen  ))ereinigt  loetben  foffett 
unb  nidbt  !5nnen,  toeSl^Ib  fte  mit  einonber  toed^feln  unb  biefen 
SaSedgfel  in9  Snblofe  fottfe|en. 

2)tefe  beiben  Seflimmungen  im  Segriffe  beS  Snblid^en  finb  bQ§ 
Xnfidgfein  unb  ba«  6einffltanbere8  ober  fein  SlnbereSfein  unb  9Kii^ 
anbereSfein:  bieS  finb  bie  beiben  im  begriffe  hei  2)QfeinS  ober  beS 
@tma8  entl^altenen  SRomente:  SttoaS  unb  9nbereS.  StloaS  gel^t  in 
anbereS  aber,  bad  fetbft  »ieber  StmaS  ifl  unb  in  anbereS  fibec 
gel^t  u.  f.  f.  3n  bem  logifii^en  Segriff  ber  93erftnberung  erfd^int  in 
feiner  abfirodeßen  Ofotm  ber  enblofe  ^rogreg.  S)er  SBiberftreit  gmeier 
Se^immungen  in  Sinem  ifl  ber  SEBiberf)»rud^;  beider  befielet  ber  enb« 
lofe  $rogre^  flberall,  mo  berfelbe  erfd^eint,  in  einem  nngelö^en 
äBiberf|)ru(b.  S)enn  fobalb  ein  2Biberf))rud&  nüi^t  geldft,  fonbem  figirt 
mirb,  bleibt  niibts  meiter  fibrig,  att  il^n  gu  loieberl^olen  unb  bie  beiben 
SBe^immungen  (A  unb  B,  6tma8  unb  StnbereS),  bie  nid^t  gufammen 
!ommen  iSnnen,  alterniren  )u  laffen.  Sben  biefe  SSieberl^oIung  ifl 
ber  enblofe  $rogreg:  ein  enigeS  (Einerlei,  bad  nit^t  erl^aben  ifl,  fonbem 
(angioeilig  unb  einftl^Idfernb,  totifjalb  ^egel  ben  enblofen  $rogre§ 
treffenb  bie  fd^Ied^te  UnenbUd6!eit  genannt  l^at. 

3n  ber  anftigaulit^flen  unb  fflr  bie  meiflen  erflaunli^flen  Of^rm 
tritt  und  biefe  %rt  Unenblid^feit  in  ber  Seit  unb  im  9taum  entgegen : 
bie  enb(ofe  Seit,  ber  enblofe  9tauml  di  nimmt  {ein  Snbe,  ienfeits 
jeber  begrenzten  Seit,  iebeS  begrenzten  9laume8  ift  immer  tt)ieber  Srit, 
immer  tt)ieber  9laum!  3n  ber  !antifd^en  unb  fiibtefd^en  !Pbi(ofo))l^te 
be^el^t  aud^  bie  ajloralit&t,  ber  SSiberftreit  unb  itamp^  gloifd^en  $fli^l 
unb  Steigung,  in  einem  enbtofen  Streben  unb  @oDen.  2)iefe  !pi^iIo- 
\opfiit  „giebt  aU  ben  l^bd^flen  $un!t  ber  SufUfung  ber  9Biberf)»rfi(be 
baS  SoKen  an,  mad  aber  t)ielme]^r  nur  ber  @tonbt)unIt  beS  99ebarren§ 
in  ber  Snblidlteit  unb  bamit  im  Sßtberfprm^e  ift".  M^  @oUen 
ifl  (StmaS  Aber  feine  Qi^ianU  erl^aben,  umgelel^rt  aber  ^t  t» 
nur  aU  @oUen  feine  6(i6ranfe.  93eibe8  ifl  untrennbar."  ,,2)tt 
!ann9,  meil  bu  follft,  —  biefer  SluSbrudE,  ber  Diel  fagen  foHte, 
Hegt  im  Segriffe  beiS  ©oOend."  ^Stber  umgelel^ri  ifl  eS  ebenfo  richtig: 
bu  fannfl  nid&t,  eben  tt)eil  bu  follfl.  2)enn  im  SoDen  liegt 
ebenfo  febr  bie  Sd^ranfe  aü  Sd^ranle:  jener  gformaliSmuS  ber  SRög« 
lid^feit  l^at  an  il^r  eine  StealitAt,  ein  qualitatibed  SlnberSfein  ftd^  gegen* 


2)ie  Cualit&t.  455 

fiBer,  unb  bte  Sejtel^ung  Betber  auf  einanbet  tft  bet  SBiberfpxud^,  fo« 
mit  bad  9tt(igt-Aönnen  ober  bielmel^r  bie  UnmögUcBfeit/^ 

SBetm  ein  Siberf))tud^  ttngelö^  Hetbt  ober  ftdg  ft£trt,  fo  faQen 
bie  beiben  Seiten  beffelben  onBeinonber  unb  bilben  einen  unt)etfö]^n< 
litten  ®egenfa^  ober  ^ualiimu^;  bal^er  fiberoll,  wo  eine  bnali^ifd^ 
2)en!art  l^errfd^t,  ber  enblofe  $rogreg  aÜ  Seid^en  ober  Ofotge  ber^ 
felben  l^etkwtttitt,  totsifalb  ^gel  nad^  feiner  anlibuolifitfdgen  2)en!art 
gegen  ben  enblofen  $rogreg  in  aOen  feinen  ®eftalten  ju  gfelbe  giel^t 
unb  il^n  t>or  alleni  in  feiner  logifdgen  ®runbform  be!&m))ft  unb  fiber- 
toinbet.  Sr  maii^t  e»  bem  gemdl^nlidgen  Semugtfein  unb  au6i  ber 
$]^i(ofo))l^ie,  inSbefonbere  ber  fantifd^en  unb  fic^tefd^en,  aunt  93ortt)urf, 
bag  He  ben  enblofen  ^rogreg,  fei  e9  in  ber  O^orm  beS  6einS  ober 
beS  Sollend,  bejal^en,  beiounbern  unb  fomit  bie  fd^Iec^te  Unenblid^Ieit 
ftatt  ber  molaren  gelten  laffen. 

2)er  SDualiSntuS  bel^errfd^t  bie  gete5^nli(^e  ä^orfteQungBtoeife  aud^ 
in  ber  Slrt,  tt)ie  fte  bad  SSerl^ättnig  be9  Snblidgen  unb  Unenblidgen 
betrad^tet:  beibe  merben  einanber  entgegengefe^t,  bad  eine  l^flben,  baS 
anbere  brfiben  unb  gmifd^en  beiben  eine  unüberfleiglid^e  ßluft.  6S 
bebttrf  feiner  befonberen  logifd&en  ©djarffid&tigfcit,  um  8U  feigen,  ba§ 
auf  biefe  Strt  beibe  S3egriffe  in  il^re  ©egent^eile  berfel^rt  toerben.  2)qB 
Unenblid&e,  meld^eB  bem  Snblid^en  entgegengefe^t  toirb  unb  boffelbe 
Don  ft(6  auSfdftlieBt,  l^at  an  il^m  feine  @d&ranfe  unb  tt)irb  baburd^ 
felb^  befd^Tfinlt  unb  Derenblid^t;  baS  SnbUdde  aber,  toeld^eS  bem 
Unenblid^en  gegenüberftel^t,  nimmt  lein  Snbe  unb  tt)irb  Derunenblid^t.^ 
hieraus  erbeut  fogleid^,  toie  baS  teal^rl^aft  Unenblid^e  baS  Snblid^e 
nid&t  auSf^Iiegt,  fonbern  einfd^Iiegt  unb  baS  (Snblidge  nidgt  auger  ftd^ 
^at,  fonbern  in  fid6. 

SDaS  (Snblofe  ift  barum  mangell^aft,  toeil  il^m  etn^aS  fel^It.  Sßas 
i^m  fel^It,  ifl  baS  Snbe,  n^eld^eS  erreicht  tt)erben  foQ  unb  nidgt  !ann. 
SBenn  a  fein  6nbe  erreid^t,  bann  ifl  eS,  tt)ie  bie  beutfdge  Sprad&e  Dor« 
trefflid^  fogt,  Dollenbet.  S)o«  Cnblofc  ifi  unDoDenbet:  barin  befielet 
fein  üAangel.  2)arum  ^aben  anä^  bie  ^^tl^agoreer,  meil  fte  nad^ 
l^eQenifd^er  2)enfart  bie  Oform  l^öl^er  gehalten  l^aben  als  ben  Stoff, 
baS  äretpov  in  Sergleid^ung  mit  bem  nipa<:  als  baS  SRiebere  unb 
Geringere  angefel^en.    9lu8  eben  biefem  ©runbe  l^at  STriftoteleS  baS 


»  »b.  m.   ß.  a)ie  eeSranfe  unb  baS  ©offen.  6.  183—189.  »b.  VI.  §  94. 
3ufoi.   6.  184-186.  —  »  »b.  VI.   §  95.   6.  186fl8b, 


456  ^ie  Seigre  t)om  6etn. 

areXec  ote  baSienige  bejeid^net,  toaS  bie  geftattenbe  Statut  ntd^t  fud^t, 
fottbern  mcibet. 

9lun  tfi  im  Segtiff  ber  aSerAnberung,  toenn  tDtr  benfelben  nid^t 
tn§  (Snblofe  fortfe^en  unb  tmmet  baffelbe  fagen  xooUtn,  ber  Segriff 
beS  t)ol[enbeten  SDafeind  entl^atten.  (SttoaS  loirb  SitbereiS.  S)a  eS  an 
fid^  felbfl  SlnbereS  x%  fo  toirb  ed,  tt)Q8  e§  an  fid^  i^,  eS  gel^t  alfo 
tnit  fi^  fe(6{l  jufQtnmen  ober,  tote  ^egel  fagt,  eS  !ommt  bei  ftdg  an, 
es  erreid^t  fein  @nbe  unb  3tel,  b.  1^.  eS  iDtrb  DoIIenbet.  2)a8  DoK^ 
enbete  2)afein  tfl  nid^t  mel^r  ouf  anbered  begogen,  fonbem  auf  ftc^«. 
eS  ift  ni^t  mel^r  burd^  onbereS  begrengt,  fonbern  burd^  unb  in  fidb» 
es  tfl  ttid^t  mcl^r  fftr  onbere«,  fonbern  fflr  fid&.  ©icfc  begriffe  ftnb 
bal^er  glei^bebeutenb:  t)oIIenbeteS  2)Qfetn  =  unenbUd^eS  @ein  = 
gfürfid&fein.^ 

III.  ©Q§  Sflrfid&fein. 
^aS  unenblid^e  ©ein. 

Um  bie  begriffe  bed  Sublidgen,  Snblofen  unb  loal^rl^aft  Unenb^ 
lidgen  fogleidg  in  ber  anfc^aulid^ften  gform  borgufteUen,  fo  Derftnnlid^t 
bie  gerabe  Sinie  AB  ben  Segri^  be§  (Snblid^en  (Segrenjten),  bie  über 
il^re  ®renjpun!te  ^inauS  ins  Snblofe  forttoufenbe  gerabe  Sinie  ben 
a3egriff  beS  (Snblojen,  bie  in  il^ren  SlnfangSpunft  A  gurfid!el^renbe, 
!reisförmige  Sinie  ben  begriff  beS  Unenblid^en,  toie  benn  aud^  t>on 
iel^er  ber  AreiS  aU  ein  @inn6ilb  ber  Unenblid^teit  ober  Su)ig!eit  ge^ 
gölten  l^at.  S)er  ÄreiS  ift  bie  DoDenbete  Sinie,  ein  in  fid^  gefdgloffener, 
fürfidgfeienber  9taum.^ 

3m  6inn  unb  ©eift  ber  l^egelfd&en  Seigre  fönnte  man  biefe  SBer- 
gleidgungen  fortffligren  unb  erl^öl^en.  @o  ift  bad  93ebfirfnig  bad  ®e= 
ffi^l  eines  aWangelS  unb  aU  foId^eS  ein  »eifpiel  ber  ©d^ronle  unb 
gnblid^teit,  baS  ^eer  ber  93ebflrfniffe,  bie  ftd^  immer  Don  neuem  er= 
jeugen,  ein  Seifpiel  ber  (Snblofigfeit,  ber  ®cnu§  unb  bie  aSefriebigung 
ein  aSeifpiel  ber  Unenblid^teit  unb  beS  f^ürfid^feinS,  U)ie  man  benn  im 
Supanbe  boBer  »efriebigung  fid6  niifct  nod&  aufeen  unb  auf  anbete« 
bejogen  ffi^tt,  fonbern  für  fid&  ift.  3lu8  fold^en  5BcrgIeid6ungen  erl^ettt, 
toie  tiefftnnig,  gel^a(treid^  unb  auSbrudSDoH  bie  beutfdge  ©pradge  in 


>  «Ibenbaf.  e.  188.   -   ^  S3b.  III.   2)ie  affltmatioe  UnenbUdftleit.  6. 152 
bU  155. 


2)ie  Oualitat.  457 

ber  SluSt)rdgung  btefer  SBotte,  n)te  baS  Slnfid^fein,  boS  @einfäranberei», 
baS  t^flrftd^fetn  u.  f.  f.  \%  tote  ^egel  bem  ©entuS  ber  @)n:a(i6e  gemag 
biefe  SluSbtuddmeifen  ergriffen  unb  gebraud^t  l^at.  S)te  @elbftfud^t  tft 
auSft^Iiegenb  unb  bor  um  enblid^,  fte  t{]t  gierig,  unerfatilidg,  toie  baS 
Sfag  ber  S)anQtben,  ein  &ff$tpov,  unb  borum  enblos,  aber  bie  Siebe, 
toeld^e  bie  @emüt]^er  t)ereinigt,  fo  bog  etneS  fid^  im  anberen  n)eiB. 
nur  im  onberen  n)a]^r]^aft  bei  unb  für  fid^  ifl  unb  fi^  ffl^U,  ifl  un= 
enblitig. 

3<i^  m5(|te  aud^  borauf  l^inioeifen,  bog  bie  j^elfenifd^e  SR^tl^oIogie 
in  i^rem  Slbfdgeu  Dor  bem  (Snblofen  für  bie  l^öd^flen  Oftet)eI  feine  fd^red^ 
lidgeren  ^BDen^ofen  gu  erftnnen  iDu^te,  ate  bie  Srtragung  be$  enb- 
lofen  SBed^fete  immer  berfelben  SuftAnbe,  mie  ben  junget  unb  S)urft 
bed  XantaluiS,  ben  @tein  beS  6if9t)]^u$,  baiS  Stab  beS  3sion,  bod  @ieb 
ber  SDanaiben  u.  f.  f.  SDie  d&rijilid^e  ßegenbe  l^at  ben.  endigen  3uben 
unb  bie  grauenDoUfte  oder  Strafen  erfunben:  bie  enblofe  (Sjpifüenj  auf 
ber  erbe.* 

SDie  toäffxe  Unenblit^feit  ift  aufgel^obene  (SnbUdgfoit,  tt)ie  bie  loal^re 
@n>ig!eit  nid^td  anbereS  ift  als  aufgel^obene  3eitlid&{eit.  S)a  mm  bod 
SDafein  unb  mit  il^m  baS  Sublid^e  gleic^gefe^t  toorben  ift  ber  9lealit&t, 
fo  ift  baS  Unenblidge  bie  aufgel^obene  9tealitat  ober  bie  3bealitdt. 
Um  aber  bei  bem  SSorte  ;,ibear  nid^t  an  bad  3bea(  bed  6d^onen  unb 
toas  bamit  gufammenl^Angt  gu  ben!en,  tooQte  ^egel  ftatt  „ibeal"  baS 
Sßort  „ibeeir  gebraud^t  tt)iffen.  5Da8  Snblid^e  ober  9teale  fei  im 
Unenblid^en  aufgel^oben  ober  ibeeU  gefegt.  SDie  Sbealitdt  in  bem  eben 
erüArten  Sinn  loirb  ber  IReatttät  nidbt  etioa  entgegengefe^t  ober 
coorbinirt,  fonbcm  ße  ift  beren  Aufhebung,  b.  1^.  in  ber  loal^rcn  6t= 
!enntnig  ber  2)inge  ift  baS  (Snblid^e  nid^t  ate  ha&  Subgültige,  fonbern 
als  baS  9lid6tige  ju  betrad^ten.  „SDie  SBal^rl^eit  bed  (Snblid^en  ift  Diel* 
me^r  feine  Stbealitfit/'  „2)iefe  3bealität  beS  (Snblid^en  ift  ber  ^aupt- 
fa^  ber  $]^tIofo))]^ie,  unb  jebe  malere  ^Igilofoplgie  ift  besmegen  3bea- 
liSmuS.  es  fommt  aQein  barauf  an,  nidgt  baS  als  baS  Unenblic^e 
ju  nel^men,  toaS  in  feiner  Seftimmung  felbft  fogleid^  ju  einem  9e- 
fonberen  unb  Sublidgen  gemad^t  n)irb.    9uf  biefen  Unterfd^ieb  ift  beS= 


1  Steine  Öogl!  unb  aJUetort^fil  ober  9DÖtffenWaft«Ie]^re,  2.  «ufl.  (1865), 
feit  lonae  öetgriffen;  x<i  citite  biefelbe,  um  ben  Cef  et  toiHen  )u  laffen,  baft  bie 
angeffl^Tte  6telle  oon  mit  l^ettfil^rt  unb  5ut  (Etl&utetung  bet  l^egelfd^en  Sogil 
bienen  ]oU.    »u«  II.   abf«n.  I.   ©o^.  I.  §  84-87.   6.  238-248. 


458  $ie  fiel^re  Dom  6etn« 

loegen  l^ter  iDetiläufiset  oufmerffam  getnad^t  motbett.   2>et  Oruttbbegtrff 
bet  $]§tIofot)]^te,  bas  t^al^rl^Qfte  Unenblidge,  l^dngt  babon  a6/^ 

SunSt^fl  ifl  ber  Segriff  bc«  unenbH(Jen  ©cinö  ober  be«  affltfiifts 
feinS,  fo  abjhact  ttte  er  i%  logifdg  }u  entiDtdeln.  2>er  Segriff  beS 
2)afetn8  ifl  DoQenbet,  eS  l^at  baS  9(nbere  nt(|t  tnel^r  an  fi4  fonbtm 
in  ft(^,  es  i^  nidgt  auf  anbereS  begogen,  nidgt  mel^r  fttr  anbereS,  fonbent 
für  fi^.  S)al^er  ift  t)on  einem  Qebergel^en  in  anbereS  ober  t^on  einer 
SSerAnberung  nid^t  nte^r  bie  Siebe.  SDie  OualttAt  als  folt^e  ift  Der' 
Anberlid^  unb  in  ber  S^erdnberung  begriffen.  9(ufge]§o6ene  aSerftnber^ 
Ud^teit  unb  SBerdnberung  i{l  oufgel^obene  Oualitit.  3Bo  ä^er&nberung 
unb  äSed^fel  ifi,  ba  ifi,  nad^  ntenfd^Iid^er  Srfal^mng  gu  reben,  aui^ 
äRäl^fat  unb  Oual,  ba  i^  ber  Ort  ber  Uebet,  xoxt  bie  Slten  gefogt 
l^aben.  2)iefed  ©effl^I  l^at  ber  ungelel^rte,  aber  tief  finnige  3üco( 
935]^nie  gel^abt,  als  er  „Qualität"  unb  „Qual"  gufammengebrad^t 
unb  Don  ber  SBerdnberung  als  einem  „Oualiren"  ober  „Snqualiren* 
gerebet  l^at. 

5DaS  Dollenbete  2)afein  ober  Offitftd^fein  ift  als  auf gel^obene  QualitAt 
ein  unDerAnberlic^eS  @ein,  b.  1^.  ein  foId(feS,  baS  in  aDe  Smig* 
feit  eineSunbbaffelbe  bleibt.  9Bie  baS  SDafein  als  S)afeienbeS  ober 
etioaS/fo.  ift  baS  Of&rfid^fein  als  Ofürfid^feienbeS  ober  CineS  ju  faffen; 
baS  @tnS  aber  als  beftimmteS  @ein  i^  Don  anberen  unterfd^ieben, 
beren  iebeS  aud^  SinS  ift.  SDaS  tjfflrftd^fein  ifl  bemnad^  Diele  Sin§ 
ober  @inS  unb  Spieles. 

3ebeS  eins  ift  fflr  fid^  unb  fdgUegt  bie  anberen  SinS  Don  ftd^ 
auS:  bal^er  i^  baS  ä^er^Altnig  ber  Dielen  SinS  baS  ber  tottbUl* 
fettigen  SluSfd^Iiegung,  barum  ani^  ber  koed^felfeitigen  9e* 
Stellung,  dlnn  ift  bie  Segte^ung  fold^er,  bie  etnanber  auSf^liegen, 
eine  Augere  93egiel^ung  ober  3ufammenge]^örig!eit,  in  toeld^er  jebeS 
®Iieb  bleibt,  toaS  eS  ift,  unb  !eine8  in  baS  anbere  flbergel^t:  tl^re  fßtt^ 
Inü))fung  ift  bal^er  eine  Äußere,  toeld^e  toir  mit  bem  SBbrtd^en  „unb" 
auSbrfiden.  @o  entfielet  bie  aggregatiDe  Stetige:  „<SinS  unb  6inS  unb 
SinS"  u.  f.  f.  $ier  giebt  eS  !eine  anbere  93erAnberung  als  bie  ä^er- 
me^rung  unb  SSerminberung,  b.  1^.  bie  quantitatiDe  SSerAnberung. 
SDieS  ift  ber  Uebergang  Don  bem  93egriffe  ber  CualitAt  gu  bem  ber 
QuantitAt.  SBeber  ift  bie  dualitAt  eine  eingelne  Kategorie,  —  fie  i^  ein 
@^fiem  Don  Aategorien,  D)aS  DorauSfid^tlid^  aud^  bie  QuantitAt  fein 

1  ^egcL  SOerfe.  III.  c.  ^ts  affirmative  Unenbli(l^!eit.  C  157,  Sttmerf. 
JBb.  VI.    §  95.  6. 188  u.  189. 


2)ie  OualUftt.  459 

»irb,  —  nod^  ift  bte  Cluaiititdt  eine  ber  Oualttdt  nebetigeotbnele 
unb  Don  üugen  l^tnjugefflgle  Aotegorie,  man  toeig  ni^tr  tooldet  fte 
lommt;  fonbetn  ^e  gel^  ouS  bem  Segttffe  bet  Oualitftt  l^erbor,  fte 
refulttrt  ant  beten  logifd^et  Snttoidlung:  fte  ifl  bie  aufgel^obene  Oualttät 
unb  trSgt  btefe  ob  SDbment  in  fid^,  fo  ba%,  mie  ft(i&  t^otouSfel^en  lägt, 
bie  Ouanltt&t  jute^t  toieber  in  bie  OualitAt  gurfldEgel^en  toitb.^ 

@d  ifl  gtoax  gott)  rid^tig  nnb  notl^toenbig,  bag  gut  (ErHdtung  unb 
OfefIfieOung  ber  niebeten  Kategorien  fddon  bie  l^dl^eren  au8  fprat^Iici^en 
©rünben  gebrauibt  »erben,  aber  eS  ifl  nid^t  ridgtig,  bag  ^öl^ere 
Aategorien  als  ®Iieber  in  ber  Sleil^e  ber  nteberen  auftreten.  60  ge» 
l^drt  ber  93egriff  ber  Ataft  ni(6t  in  bie  Kategorien  ber  Qualität, 
flber]^au)»t  ni(i^t  in  bie  beS  €ein8.  9le))nIfion  unb  Sttraction 
finb  Kräfte,  toetd^e  Kant  gur  b^namifd^en  Sonftruction  ber  SRatetie 
gebraud^t  l^at,  unb  ^egel,  inbem  er  Kant  tabelt,  gur  logifd^en  64)n- 
ftruction  ber  Ouantität  einfül^rt.  5Die  9lepuIfton  foll  bie  t)ielen  €inft 
fe^en,  inbem  baS  SinS  ftd^  Don  fid^  felbft  abflögt;  bie  9tet)uIfion  foQ 
abflogenb  unb  audfd^Kegenb,  bie  flttraction  gufammenfe^enb  unb  Der» 
einigenb  toirlen.  SDaburd^  i^  ber  Uebergang  Don  ber  Qualität  gur 
Quantität  ol^ne  9tot]^  befd^toert  unb  erfi^toert  loorben;  ed  toixt  ju 
mflnfd^en  gemefen,  bag  bie  (Snc^IIot)äbie  aud^  an  biefer  @teDe  ben 
®ang  ber  @ad^e  Dereinfad^t  unb  DieteS  toeggelaffen  l^ätte,  maS  auf  bem 
großen  @d^iff  gum  SaDaft  gel^Drt  l^at. 

Sßie  in  ber  ®ef(^id^te  ber  $]^iIofot)]^te  bie  SIeaten,  inSbefonbere 
^armentbeS,  bie  Kategorie  be9  SeiniS,  ^eraKit  bie  Kategorie  beS 
SBerbenS  aU  $rincip  unb  (Brunbbegriff  bargefieOt  l^aben,  fo  l^aben 
bie  Sltomiflen,  inSbefonbere  S)emofrit,  baffelbe  in  Slnfel^ung  be$ 
Sürfid^feinß  unb  ber  Dielen  ®n«  (äroji-a)  get^an,  beren  jebeS  ein  un« 
Deränberlid^  @eienbeS  ift.  3]§re  toed^felfeitige  SluSfc^Iiegung  ifl  baS 
Seere,  i^re  äußere  3ufammenffigung  finb  bie  Sltomenaggregate, 
ttorin  bie  toirllid^e  9latur  ber  S)inge  be^el^t.  ^egel  tagt  aud^  l^ier 
bie  9le))uIfton  unb  Slttraction  i^re  StoUe  fpielen,  toogu  bie  atomiftifd^e 
Seigre  felbfl  gar  leine  ^anbl^abe  bietet;  er  loeifl  mit  IRet^t  au(^  auf 
bie  politift^e  Stomifiif  l^in,  toorin  bie  menfdblid^en  3nbiDibuen  bie 
?ltome  finb,  il^re  toedöfelfeitige  Äugft^Kegung  mit  bem  bellum  omnium 
Derglid^en  toerben  foQte,  il^re  äußere  Sufammenfflgung  als  ©efeOfd^aftS- 
Dertrag  erfd^eint.    „2)ie  atomi^ifd^e  $l^i(ofop^ie  ifl  biefer  Staub- 


«benbaf.  6. 178-200.  »b.  VI.  §  97.  Sufa^.  6. 191  flftb. 


460  2)ie  Se^re  Dom  @etn. 

))unlt,  auf  toeld^em  ftdg  bad  Slbfolute  als  Offirftti^fein,  ate  Sind  unb 
aU  Diele  Sind  beftiinmt.  %te  il^re  @tunblraft  ift  autfi  bie  im  S3e^ 
griffe  beS  (Sind  fidg  jeigenbe  Slepulfion  angenommen  tootben;  ntc^t 
aber  fo  bie  Slttraction,  fonbern  ber  Sufall,  b.  i.  baS  ©ebanfenlofe, 
foK  fie  jufammenbringen.  Snbem  bad  Sind  als  Sind  ft^irt  ifl,  fo  ifi 
bad  3ufammenlommen  bef[el6en  mit  anbern  aDerbingd  ald  ettoad  gati} 
^eu^erlid^ed  angufel^en.  SDad  Seere,  melti^ed  ald  bad  anbere  $rinct|) 
gu  ben  9(tomen  angenommen  mürbe,  ifi  bie  9le))uI{ton  felbft,  norgefiellt 
ald  bog  feienbe  9lid6td  }tDi|(6en  ben  Sltomen/'  „3toäi  tt)i(i&ttger  ald 
im  ^l^^fifd^en  ifi  in  neueren  Seiten  bie  atomtflifd^e  Slnftd^t  im 
^olitifd^en  geioorben.  3laii  berfelben  ift  ber  SBiOe  ber  Singelnen 
ald  fold^er  bad  $rinci|)  bed  @taatd,  bad  Slttral^irenbe  ift  bie  $arti= 
cutaritAt  ber  SSebflrfniffe,  Steigungen,  unb  bad  Mgemeine,  ber  @taat 
felbfi,  ift  bad  ftu^ertid^e  »erl^ftttnife  bed  »ertragd/^ 


Sfänfjel^nted   eat)itel. 
Sie  ^t\fxt  wm  Sm.    B.  9U  (^uantttfit. 

I.  2)ie  reine  OuantitSt. 
1.  Gontinuit&t  unb  ^iScrction. 

SDie  Sluf^ebung  ber  QualitAt  l^at  junStigfl  bie  negatit)e  Sebeutung, 
ba^  bie  aSermel^rung  ober  SSerminberung  bed  @eind  mit  feiner  9e= 
fd^affen^eit  nid^td  gu  tl^un  l^al,  fonbern  @r5ge  unb  Qualität  einonber 
gleid^gültig  finb.  SDer  Sßatb  bleibt  SBalb,  ob  er  grd^er  ober  Heiner  ift; 
baffelbe  gilt  oon  Slder,  SBiefe  u.  f.  f.  2)a  loir  bei  bem  SBort  ®roge 
an  beftimmte  ©rbgen  ju  beulen  p^titn,  fo  l^at  ^egel  für  gut  ge- 
funben,  ben  aOgemeinen  unb  unbeftimmten  Segriff  ber  ®r&ge  ald 
^^Cuantitat"  }u  bejeic^nen  unb  im  Unterf(i&iebe  babon  bie  beftimmte 
/^  ©röfee  ald  Quantum.* 

©egeben  finb  und  aU  Slefultat  ber  borl^ergel^enben  Sntioicflung 
biele  (Sind,  bereu  jebed  für  fid^  ifi,  oon  ben  anberen  fomol^l  bSHig 
unterfdgieben  ald  aud^  nid^t  unterfd&ieben,  fonbern  jebem  gleid^.  SBeil 
bie  Dielen  (Sind  einanber  DöDig  gleid^  ßnb,   barum  bilben  fte  eine 

»  »b.  VI.  §  98.  6.  192  u.  193.  »ßt.  »b.  III.  6. 176-200.  —  «  «ben- 
baf.  «nmerl.  6.  202  u.  203. 


^te-OuantUat.  461 

Sinl^eit  unb  gmar  eine  ununterbrod^ene  ober  ftetige,  benn  ed  gtebt 
jtDtfd^en  Sims  unb  SinS  nid^ts  2)riiteS.  SDtefe  Ununterbrod^enl^ett  ifl  boS 
üRoment  ber  @tettglett  ober  SontinuitAt,  toeld^eS  f|um  SBefen  ber 
®r5ge  gel^Srt.  äBetI  aber  bte  t)ieten  6tn9  gttar  nid^t  Derfdgteben,  lool^I 
aber  unterfti^teben  ftnb,  ntd^t  burd^  t^re  Sefd^affenl^eti,  benn  fte  ftnb 
quQ(ttAt8loiS,  fonbern  nur  burd^  i^re  @onberung,  ober,  anberS  au8- 
gebrfiät,  mil  fte  nid^t  ju  btflinguiren,  ttiol^t  über  gu  biScemiren  ftnb, 
fo  befielet  in  biefer  Xrt  ber  Unierfd^eibung  (Sonberung)  bad  SRoment 
ber  2)iScretion,  loeld^eS  ebenfatts  jum  äBefen  ber  ®r5§e  gel^ört. 

2)a]§er  ift  eS  falfdg,  Don  Sontinuit&t  unb  SDiScretion  ßl^  9rten 
ber  ®r5ge  ju  reben,  ate  ob  eS  continuirlic^e  unb  bidcrete  ®r5gen 
gäbe  als  einanber  nebenjuorbnenbe  Wirten;  (S^ontinuitftt  unb  SDidcretion 
ftnb  nidgt  bie  Strien,  fonbern  bie  SRomente  ber  ®r5ge:  jebe  ®röge 
als  folcbe  ifl  fo^ol^I  continuirttd^  ate  biScret.  9Vad&bem  ^egel  jur 
(SrflSrung  ber  t)ielen  (SinS  in  il^rer  toed^felfettigen  SluSfd^Iiegung  unb 
Säejiel^ung  bie  jtrifte  ber  ätepulfion  unb  3(ttraction  eingeführt  ^atte, 
fül^rt  er  nun  au^  bie  SRomente  ber  QuantitAt  auf  biefe  Gräfte  ber- 
geaalt  }urädF,  bag  bie  SDiSaetion  aus  ber  9le))ulfion,  bie  6^ontinuität 
aus  ber  ^ttraction  l^ergeleitet  mirb.^ 

S)ie  conttnuirli^e  @rbge  ifi  nid^t  fo  ju  Derftel^en,  als  ob  fte  aus 
biScreten  ®rögen  als  auS  il^ren  Elementen  gufammengefe^t  m&re, 
oietmel^r  ift  bie  SDiScretion  in  ber  (Sontinuitftt  als  ein  aufgel^obeneS 
9)loment  entl^alten;  in  bem  SBefen  ber  ®röB^  cils  eines  (SontinuumS 
ift  unenblid^  Diel  ju  unterfd^eiben,  bereu  jebeS  SinS  ift;  b.  1^.  bie  ®r5Be 
Dennöge  il^rer  g^ontinuitAt,  alfo  jebe  ®röge,  ift  ins  Unenblidb^  tl^eilbar. 
2)ie  ^ufl^ebung  beS  Untl^eilbaren  ift  bie  logifd^e  @e|ung  ber  unenb- 
lid^en  S£]^eilbar!eit,  toaS  leineStoegS  foDict  l^ei^t  als  unenblid^eS  ©e» 
tl^eiltfein  ober  eine  unenbtidge  97lenge  gegebener  SEl^eile,  moburd^  ber 
begriff  ber  ®rö§e  ungereimt  unb  unbenibar  gemad^t  loirb. 

2.  3cno,  HriftoteleS,  Itont. 

@oba(b  bie  2)iScretion  nid^t  als  äJloment,  fonbern  als  baS  alleinige 
äBefen  ber  Ouantitit  ober  biefe  nur  als  biScret  gefaxt  loirb,  fo  Der» 
ftriät  ftd^  ber  Segriff  ber  ®rbBe  in  lauter  SBiberfprflt^e  unb  Slbfur» 
biböten,  bie  il^n  als  logifdg  unm5glicb  ober  unbenibar  erfd^einen  laffen. 
Unter  biefem  ®eftd&tSi)untt  l^at  3eno  ber  ßleat,  biefer  eigentlid^e  6r= 

1  d^beitbaf.  A.  ^e  reine  Ouantit&t.  @.  204  flgb.  )8gl.  B.  Sontinuirlt^e 
unb  biÄcrete  ©röfte.  ©,  220  u.  221.  »b.  VI.  §  100.   1.   S.  201, 


462  ^ie  Se^u  tum  Sein. 

ftnber  ber  2)tale{tif,  feine  SSemetfe  geften  bie  3JlbqJAi^Uii  ber  9ro§e 
tinb  ber  SeiDegung  gefül^tt.  SBte  {td^  baS  Sind  aur  Ouantttdt,  fo  Der- 
l^lt  fidi  ber  $un{t  gum  Staum,  ber  }ett(ofe  Stoment  jur  3etL  6S 
l^et^t  9t(mr«  unb  3eit  oemetnen,  menn  man  jienen  cÜM  }ufam«en9€fe|t 
aus  (auter  SRauml^unften,  btefe  att  gufammengefejjt  au€  lauter  Sttt- 
))un!ten  f äffen  tooQte.  äBenn  «bie  Sinie  AB  fi)e0en  tl^rer  unetiblidben 
2^eit6ar!ett  als  ins  Unenblt^e  getl^eilt  ober  als  aus  einer  unenbtUi^ 
^enge  Dan  Zueilen  6efite|enb  augefe^u  mtrb,  fo  ifl  btefe  ®rdge  foioo^I 
begrenjt  a(S  unbegrenjt,  b.  ^.  unoiöglid^,  fo  tft  eS  aud^  unui5gli{^,  ba§ 
biefe  unenbliii^e  ®r&|e  in  einer  enblid^en  3<it  burd^Iaufen  unrb,  b.  ^. 
bie  Semegung  ift  unm&glidft,  fo  fann  Sd^iKeS,  ttenn  er  im  $unCte 
A  ftel^t,  bie  @c6Ublr5te  im  ^nlte  B  nie  erreid^en  ober,  menn  bcibe 
fünfte  als  beioegt  gelten  foSen,  niemals  einl^olen.  SRag  nun  2>iogeiieS 
no(i&  fo  oft  oor  bem  3eno  auf-  unb  abgelaufen  fein,  um  nadg  9Irt  beS 
gemeinen  äRenfd^enDerftanbeS  il^m  bie  Setoegung  ad  oculos  gu  benunt= 
ftriren,  fo  bel^ätt  3eno  äted^t.  SBir  mögen  uns  (Sr&ge  unb  Semegitng 
finnUdb  borfielfen  ober  imaginiren,  aber  toir  fönnen  fie  nicfet  benfen, 
fte  finb  logifdb  unmdglid^,  menn  bie  S)iScretion  nic^t  ein  in  ber  ®rö§e 
enthaltenes  SJloment,  fonbern  bereu  Sßefen  auSmad^t.  S)ag  3eno  bte 
bialeftifc^en  äBiberft)rtt(6e  in  ben  Segriffen  ber  ®r5ge  unb^SBettegung 
erfannt  unb  in  feinen  9en)eifen  toiber  bie  9R5glid&!eit  beiber  auSgeffil^rt 
i^abe,  gereid^e  il^m  gur  l^fidgflen  S^re,  toxt  bem  Slri^oteleS  bie  ®egen= 
beweife.  ^ 

2)ie  ^iScretion  ifl  in  ber  continuirlid^n  ®rS^e  aufgel^oben,  mie 
ber  $un!t  in  ber  fiinie,  ber  als  fol(6er  erft  l^erbortritt,  too  bie  Sinie 
aufl^ört  (©renae),  in  il^r  felbfl  aber  nidfet  als  ftr  ficb  befte^enbe« 
Clement  entl^olten  ift,  —  benn  bie  Sinie  ift  feine  @umme  Don  $unltcit, 
—  fonbern  biefe  finb  ber  SWöglidWeit  nad^  ober  potentiett  in  i^r  «iit= 
l^alten.  2)arauf  gränbeten  fi6  bie  ®egenbeiDeife  beS  Sri^oteleS,  todi^t 
%  Sa^le  tpitoyable»  gefunben,  loeil  er  fie  nidfet  oerfianben,  er  l^abe 
y^  nid^t  oerftanben,  maS  eS  l^eigt,  ba%  bie  Slaterie  nur  ber  anögltd^- 

feit  na (6  ins  Unenblid&e  t^eilbar  fei;  er  ermibert,  loenn  bie  SRaterie 
ins  ttnenbli^e  tl^eilbor  fei,  fo  entl^lte  fie  »irflidg  eine  unenblii^ 
3Äenge  Don  Sielen.  Dies  fei  alfo  nid&t  ein  Unenblid^eS  en  puis- 
sance,  fonbern  ein  Ilnenblid^eS,  baS  reeO  unb  actuell  est^ire.* 


1  995.  m.  (irliee  (S^aptitl  2)te  Ouantttat.  A.  ^ie  reine  Ouantit&t.  Vn« 
merf.  1.  6.  206,  6.  218—220.  —  •  €benbftf.  6.  21».  P.  Bayle:  Diotionnaire 
Art.  Zenon. 


2)te  Ouaniit».  463 

Strb  bte  conttnuirUdge  ®röge  aU  eine  gufamtnen gefegte  be* 
ttaä^tti,  loeU^e  au8  ben  biScreten  (Elementen  aü  tl^ren  etnfa$en 
S^^etlen  befielt,  fo  ift  t9  um  bie  unenblid^  Xl^eilbarleit  ber  Quantit&t 
beS  9laume§,  ber  Seit»  ber  SRaterie  u.  f.  f.  gefdbel^n.  2)te  beiben  SRo^ 
mente  ber  Quantit&i,  ß^ontinnttdt  unb  S)t9cretion,  toerben  einanber  ent' 
6^8^naefe|t,  auf  unberfdl^ttlüi^e  Srt  getrennt,  unb  ber  93egrtff  ber  GuantitAt 
gerate  in  eine  grunUofe  Vntinomt«.  @o  Derl^AIt  es  ftcft  mit  ber  jn»eiten 
fontifd^en  Slntinomie,  meld^  in  il^rer  Sil^efis  bie  Stotl^toenbigleit 
ber  einfad^en  @ubficm)en  bartl^ut,  meil  ol^ne  fte  bie  }ttfammengefe|ten 
Subftangen,  \otlä^z  in  äBal^rl^it  esiftiren,  ni(!|t  ben!bar  feien,  in  i^rer 
SlntitHiS  bagegen  bie  Unmdglid^ieit  einfati^er  Subßon^en  bemeifi, 
iDeil  fie  in  einfügen  StAnmen  e^iftiren  mflgten,  bie  q(S  fold^e  unmdg= 
Iid&  finb.  ^egd  l^at  bie  SBeweiSfü^rung  ber  Xntitl^efiS  ein  9teft  fe|Ier= 
^after  SSeftimmungen  genannt,  xotil  baS  Subetoeifenbe  immer  lootaM- 
gefegt  toerbe.  „2)ie  gan}e  9nttnomte  rebucirt  fidg  olfo  auf  bie 
Trennung  unb  birecte  93e]^QUptung  ber  beiben  SDlomente  ber  Quantität 
unb  gttar  berfelben  als  fdglecl^tl^in  getrennter.  9ta4  ber  bloßen  SiS« 
cretion  genommen,  ftnb  bie  Subftanj,  97laierie,  9laum,  Seit  u.  f.  f. 
f^ledgtl^in  getl^eilt,  bad  (Sind  i{t  il^r  $rindt).  3laä^  ber  @ontinuitAt 
ift  biefeS  Sing  nur  ein  aufgel^obeneS;  baS  Zl^etlen  bleibt  Z^eitbarleit, 
eS  bleibt  bie  aRöglidftieit  au  tlgeilen  als  SR&glid^eit,  ol^ne  nntüid^ 
ouf  baS  SItome  ju  fommen/'* 

3[nbeffen  i^  bie  S)iScretion  nid^t  MoB  als  ein  aufgel^obeneS  SRüment 
t)otentteIl[  ober  ibeeO  in  ber  Duantitftt  entl^alten,  toie  ber  $unlt  in 
ber  Sinie,  fonbern  aud^  als  ein  d|araIteriftif(|eS  Slomeni,  loeldM  bie 
OuantitSt  beflimmt  unb  begrenzt,  toie  ber  !Pun!t  bie  Sinie.  @onft 
mflrbe  bie  Ouantität  i^ermbge  il^rer  @^ntinuit&t  ins  Snblofe  fortfliegen. 
S)ie  ttirlHdge  Bereinigung  ber  @4)ntinuitat  unb  SHScretion  ifl  bie  be- 
gren)te  ober  beftimmte  Quantität,  b.  1^.  baS  Quantum,  toeld^eS  fid^ 
jur  reinen  unb  unbeftimmten  Quantität  t^erl^dlt,  mie  baS  SDafein  gum 
reinen  unb  unbeftimmten  ©ein. 

U.  2)as  Quantum. 
1.  9(nsa^I  unb  (Sinl^eit.    Sa^t  unb  3&Men. 

2)ie  3)iScretion  ift  im  Quantum  entl^alten  als  beftimmtc  93ieII)ett 
ton  (Eins  ober  als  ^njal^I,  bie  Kontinuität  als  bie  beftimmte  ä[)er= 


»  «benbaf.  JBb.  m.   6.  208-218.  (©.  217  Pgb.) 


464  3)ie  Se^e  Dom  ©ein. 

einigung  berSiitS  ober  als  ©inl^ett  2)te  Stnl^eit  ifl  nic^t  melgi  baS 
dxn^,  fonbent  bie  Sind  (Sinl^eii),  ntii^t  tnel^r  @r5gent)rtncip,  boS  fic^ 
in  ber  Oröfte  aufl^cbt,  toie  bcr  ?ßunft  in  ber  ßinie,  bcr  SKoment  in  bcr 
3ett,  fonbetn  fie  ifl  ®rö§ent^ei(,  tt)e(d&er  gu  jftl^Ien  ifl  unb  gejäl^U  mtrb. 

S)aS  Ouantum  ifl  Derntöge  feiner  ©renge  ober  Seflimmt^eit  Don 
anberen  OuantiS  unterfc^ieben,  mie  baS  (SttoaS  t)on  anberem.  3)er 
ttnterfd^ieb  ber  Cluanta  befielet  in  il^ren  ntel^r  ober  weniger  6in8,  b.  %. 
in  il^ren  ntel^r  ober  loeniger  gleid^en  (Einheiten.  2)ie  Sftoge  l^eigt:  loie 
grog  ifl  bie  Snga^l  folc^er  Sinl^eiten?  2)iefe  ^njal^l  mug  benimmt, 
b.  1^.  bie  (Sin^eiten  muffen  gegäl^It  koerben.  2)a^er  fonn  boS  Quantum 
ni(!^t  anberS  a(8  numerifcl  begriffen  &>erben.  SDer  SogoS  ift  l^ier  ber 
9lumeru8  ober  bie  3^^!-    3)ie  Sinl^eiten  jAl^Ien  l^eigt  numeriren. 

2)a8  9lumeriren  ifl  bad  SiW^  ber  (Sinl^eiten,  n)eld6ed  fortfc^reitenb 
jur  (Sinlgeit  bie  Sinl^eit  l^injufägt.  @o  entfielet  bie  Steil^e  ber  t>eT- 
f(i&iebenen  Soif)Un,  in  meld^er  bie  nSd^flfoIgenbe  flets  um  eine  (Sinl^feit 
größer  ifl,  al8  bie  nöd^ifl  t)or]^erge]^enbe:  1,  2,  3  n.  f.  f. 

2.  3&^I<n  unb  Sled^nen. 

2)aS  3&l^len  ber  So^W^  ^ci§t  Sted^nen;  unb  ba  bie  Saluten  ftc^ 
nur  SuBerlic^  gu  einanber  Derl^alten,  fo  lönnen  fie  fottol^I  Derbunbcn 
aU  getrennt,  fon)o]^(  comt)onirt  als  becomponirt  merben.  2)ie  ®runb= 
formen  aOeS  äled^nenS  finb  bal^er  Sufammengäl^Ien  unb  ^bgftl^Ien. 
SS  giebt,  logifti^  genommen,  nid^t  oerfd^iebene  Sted^nungSarten,  bie  fo- 
genannten  @pegie8,  fonbern  nur  eine:  bie  foeben  genannte.  Slbex  bie 
Aufgabe  bed  ^ed^nenS  l^at  brei  logifd^  gu  unterfd^eibenbe  ^Ue,  ie 
nad^bem  bie  gu  gftl^Ienben  3a^tsinl^eiten  oerfc^ieben  ober  gleid^  unb  il^re 
Slngal^I  beliebig  ober  nid^t  beliebig  ift. 

1.  (gegeben  ftnb  t)erfd^iebene  3al^len  in  beliebiger  Sngal^L  3i^te 
fie  gufammen:  bied  gefd^iel)t  burd^  baS  9(bbiren.  S^W  f^^  ^^n 
einanber  ai,  bie  Heinere  oon  ber  größeren:  bied  gefd^iel^t  burd^  baS 
@ubtral^iren. 

2.  (Begeben  finb  biefelben  S(^W^  (gleidge  3üi^tsin]^eiten)  in  be^ 
liebiger  ^ngal^I.  3Q^e  fte  gufammen:  bieS  gefd^ie^t  burdb  baS  anultt= 
))Iigiren,  b.  i.  ein  mit  ^ülfe  beS  SinmaleinS  befd^IeunigteS  Slbbiren. 
2)aS  entgegengefe^te  ^(bgäl^Ien  ifl  baS  S)it)ibiren,  loeld^eS  geigt,  mie 
oft  (quoties)  eine  Sa^l  in  ber  anberen  (bie  Heinere  in  ber  größeren) 
entlgalten  ifl. 


2)ie  Ouantitftt.  465 

3.  ©egeben  ftttb  biefelben  So^W^  (flieidfte  Sct^teinl^iten)  nic^ft  in 
beliebiger,  fonbern  in  berfelben  (gleiten)  Slngal^I,  b.  1^.  fo  oft  als  bie 
gegebene  Sal^l  «inl^citen  gäl&It:  2X2,  3X3  u.  f.  f.  Säl^Ie  pe  jufamnten: 
bie§  gefdgiel^t  burd^  baS  $oten}iren  (junädg^  Ouabxiren).  2>ag  ent^ 
gegengefe^te  Slbgftl^Ien  ifi  bad  äSurjelgiel^en  (}und(i^{l  baS  3iei^en  bet 
jQuabrattDurgel).  S)ie  ^oteng  ifl  ein  !ßtobuct  au8  gleid^en  gfoctoren, 
ttie  baS  $robuct  eine  @umme  aus  gleidften  ©ummanben.^ 

fßon  l^iet  aud  loffen  ft(i^  bie  pofitiDen  unb  negativen,  bie  gangen 
unb  gebrod^enen,  bie  commenfurablen  unb  incommenfurablen,  bie 
rationalen  unb  irrationalen  Sctl^ten  u.  f.  f.  logifti^  leidet  unterfc^iben. 

3.  ^ad  estenfitoe  unb  intcnflbe  Ouantum  (Otab). 

SDaS  Ouantum  fd^Uegt  innerl^alb  feiner  Grenge  Diele  Sinl^eiten 
in  fid^.  äBerben  biefe  aU  biScrete  ®rögen  ober  aU  Sonbergrdgen  be» 
trad^tet,  fo  bilbet  il^r  Sufammen  ober  il^r  äußerer  Inbegriff  eine  37lenge 
(Raufen),  b.  i.  eine  ©amntel*  ober  €ottcctit)grö6e,  toie  in  concreto 
g.  93.  ber  Sßalb,  bie  ^eerbe,  bad  ^eer  u.  f.  f.  SSSenn  nun  eine  97lenge 
fold^er  Sinl^eiten,  tt)ie  eS  ber  Segriff  ber  Ouantitdt  forbert,  ein  U- 
fttmmteS  Quantum  ober  eine  ®r&^eneinl^eit  bilbet,  fo  entftel^t  unS 
ber  99egriff  bed  e£tenfit)en  Ouantum 8,  n)eld6e8  nid^t  ol^ne  bie  9Kenge 
feiner  ®rö^ent^etle  gebacbt,  aber  feineSwegd  ber  SJlenge  gleid^gefe^t 
unb  ol8  folddc  begriffen  »erben  barf.  SDaS  eEtenfit)e  Ouantum  ifl  ein 
ß^ontinuum,  maS  bie  @ammelgr&ge  nit^t  ift:  biefe  ifl  coIIectit)ifd6,  aber 
nid^t  continuirlid^;  24  gtunben  finb  eine  9Renge  €tunben,  aber  il^re 
@r5Beneinbeit,  ber  Sag,  ber  fie  in  fid^  begreift,  ifl  ein  @^ontinuum 
unb  als  foI^eS  ein  e^tenfiDeS  Ouantum,  toie  bie  @tunbe  in  Slnfel^ung 
il^rer  60  SJlinuten,  bie,  für  jtcö  genommen,  eine  SJlenge  ober  ein  Raufen 
oon  SJlinuten  finb. 

2)a3  Ouantum  als  e£tenftt)e8  ß^ontinuum  ifl  in8  Snblofe  tl^eilbar, 
e3  ift  als  begrengte  OuantitAt  „einfa^e  93eftimmt]§eit'',  untl^eilbareS 
@inS,  toeld^eS  bie  93iell^eit  in  ftd^  entl^Alt  nidgt  als  9Kenge,  fonbern 
als  93erm5gen,  nid^t  fummarifd^,  fonbern  t)otentiel[,  nicbt  als  @£tenfion, 
fonbern  a(S  ^ntenfitSt.  2)aS  intenftDe  Ouantum  ift  ber  @rab.  2)er 
numerifdge  SluSbrudF  ber  @rabe  finb  nid^t  bie  9lumeratien:  1,  2,  3  u.  f. f., 
fonbern  bie  Drbinalgal^len:  ber  erjle,  ber  gtoeite,  ber  britte  u.  f.  f. 
^ier  geigt  ft^  fd^on,  maS  tt)ir  gleid^  im  Seginn  ber  Ouantitat  torl^er» 

1  »b,  m.  ©ap.  n.  Duantum.  A.  a)ie  3«^.  ©.  224— 236.  »b,  VI. 
§  101  u,  102.   6.  202—205, 

^ifdftcT,  «ef(2^.  b.  W(of.  VIII.  9}.«.  30 


466  $ie  ütixt  t)om  6ein. 

gefeiten,  bag  fte  aU  aufgel^obene  Qualität  in  ben  Segtiff  ber  Oualitäl 
aurfldgel^en  tt)etbe.  3tt)ifdben  Sind  unb  (Sind  ifl  gar  lein  Unterfd^ieb, 
jtDifc^en  bem  Srften  unb  S^oeiten  ein  gtoBer.  (.ȧieber  ber  (Erfte  im 
%I))enftabt(l&en,  ate  in  fHom  ber  Streite!"  foQ  Sdfar  gejagt  Igaben.) 

S93ie  bie  continuirlidge  unb  biScrete  ®r5ge,  ebenfo  »enig  finb  hai 
e£tenfit)e  unb  intenfiDe  Quantum  Slrten  ber  ®xv%e;  fonbern  jebe  ifl 
jugleid^  bie  anbere.  Ss  giebt  !eine  e^tenfibe  ®r5ge  ol^ne  3nten{Uftf 
unb  umgelel^rt.  SDie  ej^enftDen  ajlaflen  werben  intenfiD  burdg  bai  @e^ 
tDid^t,  bad  fte  l^aben,  unb  ben  ^tud,  ben  fie  audBben.  SDer  )tt)an2tgfte 
®rab  SB&rme  ift  ein  ®rab,  aber  entl^Slt  eine  gleid^  groge  Sßdrtne^ 
menge,  mie  man  audg  fagt:  ed  finb  3»anjig  @rab  Sßarme.  3ugleid& 
erf(i^eint  biefer  @rab  an  ber  QuedfilberfAuIe  beS  Zl^ermometerS  aU 
e^tenfiDe  ©röge.  2)er  menfd^Iic^e  Sl^arafter  ift  in  Snfel^ung  feiner 
®ei{led-  unb  SBilfenSfifirle  eine  intenftt)e  ®r56e,  ber  eine  getoiffe  SRenge 
Don  Seiftungen,  eine  geteiffe  SluSbel^nung  beS  SBirlungSfreifeS  entfj^ri^t. 
2)en  militärif^en  ®raben  entfpred^en  bie  SJlengen  ber  befel^Iigten  3Jlann= 
fd^aft,  bie  ®r5gen  ber  ^eereiSabtl^eilung  u.  f.  f.^ 

3n  bem  ®rabe  getuinnt  bie  Quantität  eine  gettiffe  Säefd^affenl^eit 
unb  2)iflinction.  SDie  Sefd^affenl^eit  ift  t)erAnberU(6.  3eber  ®rab  ifl 
ein  @rd§engu{tanb  unb  bilbet  als  fold^er  ein  ®Iieb  in  einer  @fala 
ober  Stufenleiter  Don  ®r56cnaujiänben  berfelben  ©efdöaffenl^eit.  SDie 
Steil^enfotge  fold^er  Derfd^iebenen  ®r5§eniuftAnbe  finb  eine  @r5genDer= 
änberung,  bie  burdg  fteigenbe  ober  faKenbe  ®rabe,  burd^  pofttii>e8 
ober  negatiDed  SBad^St^um  fortfc^reitet.  Uta  Don  einem  ®rabe  gum 
anbern  gu  gelangen,  mflffen  aöe  Sroifd&engrofeenjuflanbe,  beren  unenb= 
lidi  Diele  finb,  burdglaufen  toerben.  SKeS  gefd^ie^t  ^ier  grabatim,  b.  ^. 
aUmäl^Iidg  unb  ftetig.  S)ie  grabueDe  ®r5genDeränberung  ifl  ein  Son= 
tinuum.  3ebe  i^rer  ®rögen}uftAnbe  i{l  bur^  bie  anberen  DoUIommen 
bebingt,  alfo  nid^t  mel^r  eine  gegen  anbere  gleid^gültige,  fonbern  auf 
anbere  bejogene  ©röfee,  b.  1^.  ein  ®rö§enDer]^attni6.* 

ääefd^affenl^eit,  SBeränberung,  SBejiel^ung  auf  SnbereS,  93er^altni| 
finb  fd^on  qualitatiDe  Seftimmungen,  bie  in  ber  gntmidEelung  ber 
Quantität  mit  bem  93egriffe  beS  ®rabe8  unb  burd^  benfelben  toieber 
l^erDortreten. 


1  ößt.  »b.  III.  B.  6.  242—253.  VI.  §  103.  6.  203-207.  —  »  »enbaf. 
C.  2)ie  quantitaüDe  Unenblt^fcit.  c.  S)ic  Unenblt(i!cit  beS  OuantumI«  6.  269 
bis  272.    SBqL  ineine;^Sogtf.  (2.  flnfi.)  6.  288  f(gb. 


S)ie  Ouantitat  467        /      / 

in.  Die  quQntitatit)e  UnenbU(i6fcit. 
1.  S)te  f^Ieittc  quantitatit)e  Unenbliitfeit. 

2)te  ä^ermel^ruiig  unb  SBerminberung  ber  üuantttfit,  mie  bie  3al^I 
unb  ha%  S^W^t  fl^^t  inS  Snblofe  fort,  bte  SSertnel^rung  na6  ber 
@eite  beS  UnenbItd^=®rogen,  bte  SSermtnberung  nad^  ber  beS  Unenbltd^- 
jtleinett;  eS  gtebt  Igier  leine  ©renje,  mo  tnir  ^alt  tnod^en  tnflBten,  Aber 
toeld^e  ber  Segriff  ber  duantitöt  und  nic^t  l^inaudioiefe  unb  l^inouS- 
fdgidte  in  ein  3enfeit8  bon  ©rögen,  bie  toieber  begrenjt  finb,  unb  fo 
fort  ins  Snblofe.  2)ieS  i^  ber  quantitative  enblofe  ?h:ogreg,  nadftbem 
toir  ben  qualitatioen  fdfton  fennen  gelernt. 

@S  giebt  im  $^iIofot)^if4en  »ie  im  äJlotl^ematifdben  itdti  Srten 
ber  Unenblid&Ieit:  bie  [d^Ied^te  unb  bie  toal^re,  jene  ift  ber  enblofe 
^rogreB/  biefe  ifl  aufgel^obene  Snbloftgleit.  2)ie§  gilt  in  ber  OuantitAt 
xoxt  in  ber  Oualit&t.  SDie  fd^Ied^te  Unenb(id6!eit  erfd^eint  in  ben  klugen 
ber  SBelt  al8  bie  toal^re,  unb  nirgenbs  erfdfeeint  fte  impofanter,  er= 
^abener,  [a  erbaulid^er,  fo  ba§  ein  förmlidger  ©ottesbienft  mit  il^r  ge« 
trieben  »irb,  ol8  in  i^ren  quantitativen  formen,  in  ber  aSorftettung 
ber  unerme6lid&cn  9loume,  Seiten,  ©terntoelten  u.  f.  f. 

J&egel  gebeult  jener  berül&mten  SBerfe,  in  benen  81.  t).  IgaUti  burd& 
bie  Häufung  coloffaler  OuantttSten,  }ule^t  burdg  bie  Slufl^ebung  aQer 
bie  Sttigfeit  gefd^ilbert  l^at.  Aant  l^atte  biefe  Sd^Uberung,  tt)eil  fie 
ben  @d6auber  beS  @r]^abenen  erjeuge,  „eine  fdgauberl^afte  93efd^reibung 
ber  ßtoigfeit"  genannt: 

S^  l^ftufe  ungel^eure  3al^l(n, 

(Bebirge  SJltdionen  auf, 

34  feje  Seit  auf  Seit 

Unb  aOOelt  auf  äBelt  au  ^auf, 

Unb  tDcnn  i^  »on  ber  gtaufen  S^bV 

SJflit  @4n)inbeln  toieber  na^  bir  fel^': 

3fi  alle  aHa^t  bei  Sal^I, 

fßtxmt^xt  SU  taufenbmal, 

9lo4  nt<|t  ein  Xl^eil  Don  bir, 

34  siel^'  fie  ab,  unb  bu  liegft  gang  Vor  mir. 

jtant  erblidFte  in  ben  coloffalen  Quantitäten  ben  SluSbrudE  l^öd&fter 
erl^abenl^eit,  §egel  fanb  fie  ©d&ioinbel  erregenb  unb  langtoeilig  unb 
legte  aOeS  ©eioid^t  auf  bie  le^te  3eUe.^ 


1  $egel.  9Ber!e.  f8h,  III.   C.  2)ie  quantitatiüe  Unenbli^leit.  €.  253—260. 
»fit.   VI.   §  104.    3uf.  2.    6.  209  u.  210. 

80* 


468  2)ie  Se^te  Dom  6ein. 

2.  2)ie  ctfle  fanitf^e  Antinomie« 

Set  Segriff  ber  continutTlid^en  unb  biScteten  ®röge  l^atte  unfern 
ißl^ilofopl^en  Detanlagt,  bie  jioeite  lantifdge  Snttnomte  Don  ben  nufoininen' 
gefegten  unb  etnfad^en  ©ubflanjen  auf  ben  ©egenfa^  ber  Sontinuit&i 
unb  SiScretion  jutflägufül^ren  unb  gu  jeigen,  bag  bie  su  ieteeifenbe 
€ad&e  ntd^t  beriefen,  fonbern  k)orQu8gefe^t  iDotben  fet.^  3e^t  fud^t  er 
btefelbe  Arittl  auf  bie  erfle  Slnttnomie  angumenben,  inbem  er  biefelbe 
auf  ben  (Segenfa^  ber  un6egren)ten  unb  begrengten  Quantität  jurttdE» 
filiert.  Sie  S^e^S  Don  bem  }eitli((en  anfange  unb  ber  rftumlic^en 
Segrenjung  ber  SBelt  loirb  beioiefen  burd^  bie  UnmSglid^foit  einer  Der» 
floffenen  Unenblid^Ieit  ober  abgelaufenen  @U)ig!eit,  bie  Sntitl^efiS  bur<6 
bie  Unmöglid^Ieit  ber  leeren  Seit  unb  beS  leeren  StaumS.  Xo%  eine 
enblofe  ober  anfangdlofe  3eitretl§e  (leinedioegS  gleid^bebeutenb  mit  ber 
Sloigteit)  biiS  gu  bem  gegentoArtigen  3eitpun!t  abgelaufen  fei,  istrb 
baburd^  beriefen,  bag  ber  gegenioärtige  Seitpunit  fefigel^alten  unb 
fijcirt  loirb,  als  ob  bie  3eit  nid^t  beftSnbig  fortfliege  unb  Dergel^e.  S)ag 
eS  einen  fold^en  ftgen  3sitpun!t  unb  mit  il^m  eine  Derfloffene  Unenb« 
lid^Ieit  gebe,  ijl  alfo  nid^t  beioiefen  nodg  beweisbar,  fonbem  Dorau^ 
gefegt.  Sbenfo  loirb  in  ber  Slntit^efiS  baS  anfangdlofe  unb  unbegrenjte 
Safein  ber  SBelt  burd^  bie  Unmöglic^feit  ber  leeren  3sit  unb  beS  leeren 
SlaumS,  b.  ^.  burd^  bie  Unbegrenjtl^eit  ber  SBeltgröge  nid^t  bemiefen, 
fonbern  oorauiSgefe^t.^ 

3.  !^ie  UnenbU^fcit  bc8  Ouantumd.  | 

@d  lönnte  fd^einen,  als  ob  bie  93ermel§rung  unb  Serminberung  i 
bed  DuantumS  einem  erreid^baren  3iele  ju^rebe:  bort  loinK  in  ber  j 
Sferne  baS  Itnenblid^-lSroBe,  l^ier  bad  Unenblid^'ltleine;  aber  bei  | 
nSl^erer  93etrad^tung  jerfliegen  beibe  in  nid^tigen  9tebel  unb  @d^ein; 
ed  finb  immer  toieber  ®rögen,  jenfeitd  beten  mieber  ®rögen  finb.  2)er 
quantitative  enblofe  $togre|  i{i  gu  ooQenben  unb  aufgu^eben,  toie  ber 
qualitatioe.  9lun  ifl  bie  jQuantitit  in  il^rer  SBurgel  aufgel^obene 
Dualität,  ba^er  bie  aufgel^obene  Ouantit&t  boppelt  negirte,  b.  1^.  be= 
lallte  unb  loieberl^ergefteQte  Qualität,  lurggefagt  qualitative  Ordgen» 
beftimmtl^eit  fein  mug. 

2)ad  Unenbltd&-®roge  iji  nad^  mat^ematifdger  Seftimmung  eine 
®rbge,  ate  meldte  eS  eine  größere  nid^t  giebt;  umgelel^rt  t)er]^&lt  eS 

>  ©.  oben  6. 403.  —  •  ^egel.  Sflöetfe.  »b.  III.   <S>tx  quantitattoe  «ueiib- 
li^e  $rogrc^.    Unmetl.  2.  6«  264—269. 


2)te  Ouantttdt.  469 

ftd^  mit  bem  UnenbHd^»Ateinen.  2)q  nun  jebed  Ouantum  nod&  Der- 
meiert  unb  Dermtnbert  iDctben  lann,  fo  ftnb  baS  Unenblid^-Oroge 
unb  Unenblidg'AIetne  Ouania,  bte  tetne  Duanto  mel^r  ftnb.  ^egel 
l^at  Aber  „bte  äSegriffSbeftimmtl^eit  beiS  motl^ematifcl  Unenbli^en'', 
über  „ben  3a>e(!  bed  3)ifferentiQlcQlcald''  unb  „nodg  anbete  mit 
ber  quoIitatiDen  @r5|enbe{ttmmtl^eit  iufammenl^Angenbe  O^^tmen"  in 
feiner  großen  Sogil  brei  iDettlSufige,  in  ber  giDeiten  Slufloge  no(j^  \>n^ 
meierte  3(nmetlungen  gefd^rieben,  mxxn  er  bie  Seigren  Aber  ben  ^n- 
finitefimalcalcfll,  mlä^t  Sanob)  (Seigrer  yittotoni),  3lm\on,  Seibni), 
6u(er,  ßagrange  unb  Sarnot  t)orgetragen  l^aben,  eingel^enb  bel^anbett. 
S)iefe  Sfnmerlungen  ftnb  in  ber  enc^flop&bifd^en  Sogit  mit  9le$t  ganj 
U)eggeblieben.  „^a^  unenblid^  Ouantum",  fo  l^eigt  ed  in  ber  erften 
Snmerlung,  „enthält  erjlens  bte  Sleugerli^feit  unb  jmeitenS  bie  9tegation 
berfelben  an  il^m  felbft;  fo  ifi  es  nidgt  mel^r  irgenb  ein  enbUdgeS  Duantum, 
ni^i  eine  @r5gebefiimmtl^eit  bie  ein  2>afein  als  Ouantum  l^&tte, 
fonbem  eS  ifi  einfacj^,  unb  ba^er  nur  ate  Stoment;  ed  ifi  eine  ©röge- 
beftimmtl^eit  in  qualitatit)er  O^otm;  feine  Unenblidgfeit  ift,  aU  eine 
qualitottoe  Seftimmtl^eit  ju  fein/^ 

@S  finb  einige  togif$  bemerlenStoertl^e  ^nlte,  loelc^e  ^egel  be« 
fonberd  ]^ert)orl^ebt. 

1*  2)ie  f Alerte  Unenblidgteit  ift  ber  enblofe  ^rogreg,  aritl^mettfd^ 
bie  enbtofe  Sleil^e,  loie  ber  nie  ju  öottenbenbe  ®ecimolbrud&,  j.  S.  *A  = 

0,285714  ....  ober  -j^  =  l+a+a«+a» ....    SDer  enbU(^e  »ru* 
X""~*a 

ifi  ber  t>offenbete,  mangellofe  SuSbruc!  ber  enbtofen  Steil^e  unb  Derl^ält 

fid^  barum  ju  biefer,  loie  bie  tt)a]^re  UnenbliAIeit  jur  fd^Iei^ten.  @t)tno2a 

l^at  ben  enblofen  $rogreg,  biefe  f^Ied^te  Unenblic^Ieit  mlä^t  bie  @im 

bilbung  far  bie  todfixt  l^ält,  bad  «infinitum  imaginatioms»  genannt 

unb  bie  SoQenbung  beffelben  in  einer  gefd^Ioffenen  unb  begrenjten 

®rö6e  baS  nirKid^  ober  »al^rl^aft  Unenblidbe,  «infinittun  acta».    S)aS 

S9ilb  ber  legieren  finb  bie  beiben  ungleid^en,  nid^t  concentrifd&en  Areife, 

Don  benen  ber  größere  ben  Heineren  umfd&Iiegt;  il^r  Stoifd^enraum  iji 

begrengt  unb  entl^Att  unenblid^  Diele  Ungleid^^eiten,   bie  aud&  begrengt 

finb.    9ßo  bie  beiben  Areife  am  loeitefien  Don  etnanber  abfiel^en,  ifi 


^  iSbcnbaf.  Ouanttttn.  C.  ^ie  quantttattDe  Unenbli^feit.  c.  ^ie  UnenbU^teit 
bH  jQuantum«.  6.  269—865.  Slnmctt  1.  @.  272—815.  (6.  278.)  tCnmerf.  2. 
e.  315-851.  9(nmerf.  3.  6.  852-365. 


470  2)ie  Se^re  bom  6cin. 

tl^r  3Ra£imum;  U)o  ber  9[6ftanb  ber  Ilemfle  i%  il^t  aRtntmum.  S>iefe$ 
93ilb  bet  S^offenbung  unb  be§  loal^rl^aft  Unenbßd^cn  iDor  bem$]^Uo[i)t»]^eit 
fo  »td^tig,  bag  er  eS  }um  SJlotto  fettieS  ^Qut)tn)erl8  gemalt  ^at.' 

2.  2>er  93tud^  '/?  ifi  ber  ^[udbrudE  ober  Sgponent  eines  qiiantt^ 
tatiDen  SSerl^attniffed,  innerl^afb  beffen  StnjQl^I  unb  (Sinl^ett  (3&l^Ier  unb 
Stenner)  unenblic^  Diele  Sßertl^e  burd^Iaufen  lönnen,  loäl^renb  il^r  (Rfr 
ponent  conftant  bleibt.  2)en  SBert^en  2,  i,  6,  8  u.  f.  f.  auf  ber 
einen  @eite  entft)red6en  auf  ber  anbern  bie  SBert^e  7,  14,  21,  28  u.  f.  f. 
SBenn  aber  eine  ©röge  unenblidg  üiele  befonbere  ober  bestimmte  S^f^U 
XDtxÜft  l^aben  tann,  fo  Derl^ilt  fie  fid&  ju  biefen  als  allgemeine  ober 
unbeftimmte  ®r5ge,  bie  al8  fold^e  ni^t  numerifii,  fonbern  algebraifc^ 
begriffen  unb  nid^t  burd^  Stielen,  fonbern  bur$  93ud^fiaben  bejetf^net 
fein  will.  „Xtx  Sru^  */b  fd&eint  ba^er  ein  paffenberer  ?lu8brucf  be« 
Unenblid^en  gu  fein,  loeil  a  unb  b  aus  il^rer  99e)iel§ung  auf  einanber 
genommen,  unbeßimmt  bleiben  unb  au(6  getrennt  leinen  befonbem 
eigentl^flmlid^en  SBertl^  l^aben."^ 

3.  2)ie  geometrifd^en  ®rogen  befleißen  in  ®rogent)er]^&ltniffen,  bie 
als  fold^e  algebraifd^  unb  burd^  ©leid^ungen  ertannt  loerben  (anal^tifc^e 
®eometrie).  @o  loirb  bie  Sage  jebeS  $un{te8  einer  geraben  Sinie 
burd^  bie  Sfinge  ber  i^m  gugel^Srigen  Orbinate  (y)  beftimmt,  meiere 
felbft  abhängig  ift  t)on  ber  S&nge  ber  il^r  jugel^örigen  Slbfciffe  (x),  unb 
ba  bas  93er]^&ltnig  ^/x  bie  conjlante  ®röge  (a)  ausmacht,  fo  ift  y  =  ax 
bie  ©leid^ung  ber  geraben  Sinie.  9ll8  bie  Don  x  abl^dngige  @ro§e 
l^eiftt  y  bie  Function  Don  x. 

SBenn  aber  nid^t  y,  fonbern  y*  fidft  ju  x  Derl^ält  unb  ber  com 

flaute  Quotient  p  iji,  fo  entfielet  bie  ®lei(l6ung  ber  jparabel:  —  =  p 

(Ißarameter)  ober  y*  =  px.  „SRid^t  x  unb  y,  fonbern  nur  x  unb  y* 
l^aben  einen  beftimmten  Ouotienten.  2)aburd^  finb  biefe  Seiten  bed 
93er]^ältniffeS,  x  unb  y,  erftenS  nic^t  nur  leine  beftimmten  Ouanta, 
fonbern  gmeiteni^  il^r  äJerl^Altnig  ift  nid^t  ein  fijed  Cuantum  (nocfi 
ift  babei  ein  fold^eS  toit  a  unb  b  gemeint),  nid^t  ein  feßer  üuotient, 
fonbern  er  ift  als  Ouantum  fd^led^tl^in  Derdnberlid^.  S)ied  aber 
ift  allein  barin  entl^alten,  bag  x  nid^t  )u  y  ein  SSerl^dltnig  l^at,  fonbern 
3um  Ouabrate  Don  y.  2)a8  SSerl^dltnig  einer  ®roge  jur  ^otenj 
ift  nid^t  ein  Ouantum,  fonbern  toefentlic^  qualitatiDefi  Serl^iltniB; 

»  Op.  ed.  Paulus.  Vol.  I.  Ep.  XXIX.  pg.  581.  VoL  JI.  E&ica.  pg.  1. 
fß%l  «eaeU  IIL  @.  28.5  flgb.  -  >  ^(enbaf.  6.  279  u.  280.   9^g(.  6.  287  u.  288. 


S)ie  jQuantiiüt«  471 

baS  $oten)Der]^&Uni|  tjl  ber  Umftatib,  bet  aü  ®runb« 
beflimmunö  anjufcl^en  iji.  —  3it  bcr  fjunclton  bcr  gcraben  ßinie 
y  =  ax  aber  ifi  ^U  =  a  ein  getoöl^nlUler  Srud^  wb  Ouottent;  biefc 
t^unction  tft  bal^er  nur  formell  eine  O^unctton  t)on  DerAnberlid^en 
@rögen,  ober  x  unb  y  finb  l^ier,  toaS  a  unb  b  in  ''jt,  fie  finb  nid^t 
in  berienigen  ä3eftimmung,  in  meld^er  bie  2)ifferenttQl^  unb  integral« 
red^nung  fie  betrachtet."  Sie  f^unctionen  beS  erften  (Srobed  mie  bie 
®Ieid^ung  ber  geraben  Sinie  gel^&ren  fo  menig  in  bie  ]^5l§ere  Stnal^fid 
unb  ben  ^nftniteftmolcalcfil  aU  ber  93rud^  ^Ih,  ber  unenblic^  toiele 
Sal^Itoertl^e  burd^Iaufen  tann,  xotnn  nur  ber  Sjcponent  fid^  gleid§  bleibt. 
4.  Slber  eiS  iji  nod&  eine  weitere  @tufe,  auf  ber  bad  matl^ematifd^ 
Unenblid^e  in  feiner  Sigentl^ftmUd^Ieit  l^erbortritt.  3n  einer  ©(ei^ung, 
moriu  X  unb  y,  gundd^fi  aU  bur$  ein  ^otenjenüerl^Altnig  beftimmt, 
gefegt  finb,  foDen  x  unb  y  a(8  fold^e  nod^  Öuanta  bebeuten;  biefe 
SSebeutung  nun  gel^t  DoDenbS  in  ben  fogenannten  unen blieb  f leinen 
2)ifferen}en  g&n}Iid^  Derloren.  dx,  dy  finb  !eine  üuanta  mel^r, 
nod&  follen  fie  foldge  bebeuten,  fonbern  l^aben  allein  in  il^rer  Sejiel^ung 
eine  Sebeutung,  einen  @inn  blog  aU  SOtomente.  @ie  finb  nid^t 
mel^r  ditoas,  baS  @ttt)a8  aU  Ouantum  genommen,  nic^t  enblid^e 
3)ifferen3en;  aber  aud^  nid^t  9{id^tS,  nid^t  bie  bejiimmungSlofe  9luO. 
Sluger  il^rem  S^erl^Altniffe  finb  {te  reine  flutten,  aber  jte  foDen  nur 
ate  äRomente  beS  93er]^&ltniffeiS,  aU  93e{timmungen  bed  2)ifferentials 

©oefficienten  j-  genommen  »erben.    3n  biefem  Segriff  beS  Uncnb* 

Ud&en  ijt  baS  Ouantum  »al^rl^aft  gu  einem  qualitativen  2)afein  DoQ- 
enbet;  ed  ift  ate  mirlUd^  unenblid^  gefaxt;  eS  iji  nid^t  nur  aU  biefeS 
ober  jenes  Ouantum  aufgel^oben,  fonbern  als  Duantum  fiberl^aupt. 
(Ss  bleibt  aber  bie  OuantitdtSbejiimmtl^eit  ald  Clement  Don 
CuantiS  $rincip,  ober  fie,  toie  man  aud^  gefagt  l^at,  in  il^rem 
erften  Segriffe."  ^  

IV.  2)a8  quantitative  93erl§iltnig. 
1.  ^ie  ^erl^ftltnigarten.« 

Duanta  üerl^alten  fid^  gegen  einanber  gang  fingerlid^  unb  gleid^- 
gfiltig.    Stber  bag  quantitative  Serl^Sltnig  l^at  gu  feinen  €eiten  Ouanta, 


1  dbenbaf.    €.  289.   -   >  dEbenbaf.   (S>ap.  UI.   6.  866-380.     S^dl-  VI. 
§  lOö.  gufat.   ©.  217. 


472  ^te  .Se^te  t>om  6etn. 

bte  etnanber  ntd^t  gleid^gfilKg,  fonbern  augel^Srig  ftnb  unb  fid^  ber- 
gejlalt  auf  etnanber  begleiten,  bog  fie  nut  in  biefer  Sejiel^ung  gelten 
unb  il^r  Serl^Altnigesponent  baS  ®efe^  unb  bte  Orenje  tl^rer  Set* 
änberung  auiSmad^t.  2)te  9Romente  bes  OuantumS  ftnb  Stnjal^l  unb 
Sinl^eit.  SSenn  ^rua^l  unb  (Sinl^eit  bte  Seiten  bed  quantitativen  Set» 
l^dltniffeS  audma(&en,  fo  ifl  btefeS  unmittelbar  ober  birect.  Sßenn 
bie  Sinl^eit  bie  numerif^e  Sind  ift  (^li),  fo  ift  ber  Sjcponent  bte  9(n= 
jal^I  (a).  Um  fo  t)iel  bie  eine  @eite  Dergrögert  ober  t>ermtnbert  toirb, 
um  fo  t)iel  mug  aud^  bie  anbere  t>ergr5gert  ober  t)erminbert  »erben. 
2)a  Stnjal^l  unb  Sinl^eit  bie  9Romente  beS  OuantumS  finb,  fo  ftnb 
bie  @eiten  biefeS  unmittelbaren  ober  birecten  quantitativen  fÖttff&lU 
niffeiS  !eine  DoHft&nbigen  Ouanta.  Unb  ba  aud^  nid^t  befümmt  ift, 
toeld^e  ber  beiben  Seiten  ate  Stnaal^I  ober  als  @inl§eit  gelten  foll,  fo 
!ann  aud^  il^r  conflanter  Ouotient  ober  93er]^dItniBes))onent  foiDo^t 
Snaal^I  aU  Sinl^eit  fein. 

2)aiS  feiner  SefUmmung  entf))red&enbere  reeOere  äJerl^Sltnig  entfielt, 
U)enn  ber  Sst^onent  bie  Sinl^eit  ber  Snjaj^l  unb  SinJ^ett,  b.  )§.  baS 
conßante  $robuct  beiber  ift:  biefeS  Ser^&ltnig  ijt  baS  umge!el^rte. 
^ier  ijt  ber  @£))onent  ,,nid^t  fijre  Snjal^l  )u  bem  SinS  beS  anbem 
OuantumS  im  SSerl^Altniffe;  biefeiS  im  Dorl^ergel^enben  fefle  Ser« 
l^ältnig  ift  nun  toielmel^r  al8  Deränberlidg  g^fe^t;  tt)enn  gum  Sind  ber 
einen  Seite  ein  anbered  Ouantum  genommen  mirb,  fo  bleibt  nun  bie 
anbere  nid^tmel^r  biefelbe  Snjal^I  Von  Sinl^eiten  ber  erften."  «3)ie 
beiben  SJlomente  begrenjen  fid^  innerl^alb  beS  Ssponenten  unb  ftnb 
bad  eine  baiS  9legattt)e  beS  anbem,  ba  er  il^re  be^immte  Sin^eit  ift; 
baS  eine  nirb  um  fo  viel  mal  Seiner,  atö  baS  anbere  größer  toirb":  ,.fo 
viel  iebe  an  Stnja^l  ift,  l^ebt  fie  an  ber  anbem  ald  Slnjal^l  auf  unb 
ift,  toaS  fie  ijt,  nur  burd^  bie  9tegation  ober  <dren)e,  bie  an  i^r  Don 
ber  anbem  gefegt  toirb" ;  „iebe  l^at  nur  fo  viel  Sßert^,  als  bie  anbere 
nid^t  l§at,  il^re  gange  Seftimmtl^eit  liegt  fo  in  ber  anbem."  ^ 

3m  birecten  Serl§aitni|  finb  ^[njal^l  unb  Sinl^eit  beliebig  unb 
!5nnen  unenblid^  Viel  SSertl^e  l^aben,  nur  il^r  äSerl^dttnig,  b.  t.  il^r 
Quotient,  bleibt  conftant  unb  mad&t  bie  vielfältige  Sermel^rung  ober 
Serminbemng  beS  einen  Ouantum  von  ber  ebenfo  vielfältigen  9kr= 
mel^rung  ober  93erminbemng  beS  anberen  abl^ängig.  3m  ttmge!e^rten 
9)erl^ältnig  finb  Slngal^l  unb  (Sinl^eit  0^<ictoren  eines  conflanten  ^o- 


i  »b.  III.   6.  370-374. 


S)ie  Ouantitftt  478 

buctd  unb  6e}tel^en  ftd^  negatiD  auf  etnanber.  2)q8  quantUatiDe  äkr» 
l^ftlhiig  DoDeubet  ft(%,  mnn  Sn^al^I  unb  Sinl^eit  einanber  gletd^  ge< 
fe^t  finb,  fo  bag  bte  Slnjal^I  buc(|  bie  Stnl^ett  befitmmt  tft.  2>te 
Sttjal^I  ber  Sinl^etten  ift  bte  Sinftett  felbfl.  S)ie  $oten)  ifl  eine  äJtetige 
Don  Sml^eiten,  beren  jebe  biefe  3Renge  felbß  ifl.  2)tefe  Dolßommenfie 
Oform  ifl  baS  ^otenjenDetJ^Altnig.  ^2)ied  SSetl^ältmg  ijl  bte  2)Qt* 
ßeffttng  beffen,  toaS  baS  Ouantunt  an  ft(j^  tft,  unb  brflät  beffen  9)e« 
fttmmt^eit  ober  Oualit&t  aus,  toobutd^  es  ftd&  toon  anbem  unterfd^eibet/ 
2)a8  Ouantum  i{i  im  lßoten}ent>et]^aItnig  fo  gefegt,  bag  fein  ^inauS- 
gelten  Aber  ft(i^  in  ein  anbereS  üuantum  burd^  eS  felbfl  beflimmt  ifi.^ 
2)a8  t^pifd^e  Seifpiel,  toeldgeS  ^egel  fflr  baiS  bitecte  äJerl^dltnig 
brandet,  ifi  bad  93er]^ältnig  Don  Staunt  unb  3eit  in  ber  gleid^fSrntigen 
@efd&U)inbig!eit  ober  unfreien  Setoegung  (s/t);  baS  t^t)ifd^e  a3eif))iel 
fflr  baS  ^otenjenDerl^altnig  ifi  bad  Serl^&ttnig  Don  älaum  unb  3eit 
in  ber  befd^Ieunigten  ®ef(6n>tnbig!eit  ober  relatiD  freien  99emegung,  in 
tt)eld^er  fid^  bie  Stdume  Derl^alten,  tt)ie  bie  Quabrate  ber  3<iten 
(s/t*),  unb  baS  9)er]^Altni6  ber  Stdume  unb  Seiten  in  ber  abfolut 
freien  SBetoegung  ber  Planeten:  l^ier  Der^alten  fidg  nad^  bem  !eplerfd6en 
®efe^  bie  Ouabrate  ber  UmlaufSgeiten,  mie  bte  Sflrfel  ber  ntitüeren 
Entfernungen*  ^ 

2.  ^cx  hoppelte  ttebergang. 

Sd^on  bei  bem  Segriff  beS  ®rabed  l^atten  toir  auf  bie  ®r5Ben' 
DerAnberung  unb  auf  bad  ®r5genDerl^ältnig,  roxt  auf  ben  baburd^ 
angejeigten  9lfld(gang  ber  QuantttAt  in  bie  Oualitdt  l^ingemiefen. 
^egel  legt  ein  großes  ®en)id6t  auf  biefen  boppelten  Uebergang  Don 
ber  Oualitdt  gur  OuantitAt  unb  Don  biefer  n)ieber  gurfldE  )u  jener, 
metl  barauS  erJ^eOt,  bog  burd^  bie  93er!nflpfung  beiber  bie  Seigre  Dom 
@ein  fid^  Dottenbe.  „Xaf^  bie  Xotalitöt  gefegt  fei,  baju  gel^ört  ber 
geboppelte  Uebergang,  nid^t  nur  ber  ber  einen  Seftimmtl^eit  in  bie 
anbere,  fonbem  ebenfo  ber  Uebergang  biefer  anbem,  il^r  9lfldgang  in 
bie  erfie.  2)urd6  ben  erfien  ifl  nur  erfl  an  fid^  bie  3bentitAt  beiber 
Dor^anben;  —  bie  OuatttAt  ift  in  ber  Ouantit&t  entl^atten,  bie  aber 
bamit  nod^  eine  einfeitige  99eflimmt]^eit  ifl.  S)ag  biefe  umgefol^rt  ebenfo 
in  ber  erflen  entl^atten,  fte  ebenfo  nur  eine  aufgel^obene  ijl,  ergiebt  fid6 
im  itDtiUn  Uebergang,  —  ber  Slfidflel^r  in  boS  erfle;  biefe  93emerlung 


■; 


>  «benbaf.  6.  375-377. 


474  IDie  Seilte  t)om  6cin, 

Aber  bie  Stotl^lDenbisfett  beS  boppelten  Uebergangd  tji  Don  fito^er 
aStd&tisIett  ffir  bad  ®ange  ber  tDtffenf(|aftli(|en  Tlti^obe."  ^ 

Sßie  bie  @(eaten  ben  SSegtiff  bed  @etn8,  ^eroflit  ben  beS  SBerbenS^ 
bie  Sltomifien  ben  beS  t^ürfiii^feind  (ber  Dielen  Sind),  fo  l^aben  ^ift^a- 
goraS  unb  feine  @4ute  bie  Sctfil  unb  bie  Sol^lenDerl^Altniffe  jum 
$rincit)  ber  ^l^ilofopl^ie  gemad^t  unb  )ur  f^mboUfc^en  SBejeid^nung 
unb  %u8btU(f8U)eife  ber  SSegriffe  gebraud^t.  ^egel  I&gt  im  iQxnllid 
auf  $^t]^agora§  bie  Sa^l  ciliS  ba§  logifdge  Snittelglieb  jn^ifd^en  bem 
finnlid^en  unb  reinen  S)enlen  unb  benigemög  bie  ^^tl^agoreer  als  baS 
SJlittelglieb  )U)if(i^en  ben  ionifd^en  ^l^^fiologen  unb  ben  Sleaten  er^ 
fc^einen,  il^re  Bci^l^npl^ilofopl^ie  bilbe  ben  Uebergang  Don  ben  ^rinctpten 
ber  ®runbl5r))er  gu  benen  ber  ©runbbegriffe.  Slud^  bie  3ußfinbe 
unb  SSerl^attniffe  ber  S)inge  l^abe  ^^tl^agorad  aus  ber  S(^^l  unb  ben 
aSerl^aitniifen  ber  S^W^n  ju  eröfiren  gefud^t.  ^Sic8  ift  namentlicö 
ber  tiaü  mit  bem  Unterfd^ieb  ber  %bnt  unb  il^rem  l^armonifd^en  3u= 
fammenflimmen,  Don  loeld^em  $]^&nomen  belanntlid^  erjAl^It  loirb,  bab 
burd^  beffen  SSal^rnel^mung  ^l^tl^agoraS  }uerfi  Deranta^t  loorben  fei, 
ba«  aOBefen  ber  Singe  aU  Sa^  aufjuf offen."*  3nbeffen  l&at  ^egel  fettfl 
bie  3q^I  itid^t  al§  finnlid^en,  fonbem  aU  reinen  Segriff  bel^anbelt, 
fonft  toürbe  biefelbe  nid&t  in  feine  SBiffenfd^aft  ber  ßogif  gel^dren. 

SltteS  3ö]&lcn  unb  Sled^nen  \%  loie  eS  ber  begriff  ber  3ä]^  wit 
fid&  bringt,  ein  dugerlid^eS,  oggregatiDeS,  med^anifd^ed  Senlen,  eine 
Z^atigleit,  bie  aud^  rein  medboniftfi  Derrid^tet  merben  fann,  tt)ie  eS  bie 
Sled^enmafcbinen  bereifen.  „SBenn  man  aber  bie  Statur  bed  Sled^nenS 
nur  biefen  Umftanb  aDein  lennte,  fo  löge  barin  bie  Sntfd^eibung,  loaS 
es  mit  bem  6infaQ  fflr  eine  93ett)anbtnig  l^atte,  baS  Sted^nen  jum  ^aupU 
bilbungiSmittet  beS  ®eifted  gu  mad^en  unb  il^n  auf  bie  (Wolter,  fid^  aur 
9Wafd6ine  gu  Deroottlommnen,  ju  tegen."* 

^obbed  l^at  adeS  2)enfen  fflr  Sledgnen  mit  SBorflellungdjeid^en 
ober  SBorten  erfl&rt.  ^eflatogji  l^at  ben  päbagogifdgen  9lu|en  ber 
3a]^(  fel^r  l^od^  gefd^ä^t,   loeil,  mie  er  in  feinem  93ud6  über  ®ertrub 


^  6.  oben  6.  466.  —  ^egeL  Betle.  III.  6.  378.  -  *  III.  Sa)>.  U.  Ouan« 
tum.  Slnmeif.  2.  6.  236  flgb.  —  (Sop.  III.  2)q8  quantitative  93cx]^&Itmft.  VnmcT!. 
6.  378-380.  fBb.  VI.  §  104.  3uf.  3.  8.  211.  ^egel  f^teibt  untt^tig  ,9^t6a> 
florfter'.  ^te  ^ntbedung,  toel^e  er  im  Sinn  ^at,  ift  bie  2:onItiter  (Harmonie}, 
-  »  »b.  ni.   6.  241  u.  242. 


2)aS  fOiaai.  475 


unb  Sien^orb  fagt,   „Si^i^n  unb  Slec^nen  ber  ®runb  aDer  Dtbnung 
im  Äopf  fci\    (2^.  H.   ©.  30flflb.)* 


9»  £el|re  00m  Sein«    G.  9üb  jMaa||«^ 

I.  2)ie  fpectfifd^e  (qualitattDe)  OuantitSh 
1.  2)q8  ipecififd^e  Duantum.    $ex  SJlaagflab. 

3ener  boppelte  Uebergaitg  Don  ber  CualttAt  jur  Ouantit&t  unb 
mieber  jurücf  jur  Qualität  nöt^igt  und  beibe  ääeßimmungen  bereinigt 
ju  benlen:  ed  giebt  lein  2)Qfetn,  meld^ed  blog  SSefd^affen^eit  ober  blog 
®röge  lodre,  jebed  ift  beibeS  jugleic^,  fott)o^l  Ouale  atö  Ouantum,  bie 
untnittelbate,  feienbe  (Einheit  ber  Oualität  unb  Ouantitat.  S)tefe  @tm 
l^eit  ift  baS  SJlaag,  meld^ed  bie  beiben  SSejIimmungen  htü  €einiS  gu^ 
fammenfogt  unb  baburc^  ben  93egriff  beS  €einiS  felbjl,  toie  fid^  g^^fl^n 
n)irb,  DoDenbet  unb  aufl^ebt. 

2)iefe  Sinl^eit  ber  ®egenfS^e  nad^  ber  un8  befannten  SHid^tfd^nur 
beS  metl^obifdben  3)enfen8  (@e^ung,  Sntgegenfe^ung,  93ereinigung) 
l^at  ]u  i^rem  t^))ifdben  SluSbrud  bie  2)reifaUig!ett  (tnplicitas)  beS 
SSegriffS,  toelc^e  ^egel  l^ier  im  ^inblidE  auf  ben  93egriff  beS  SRaaged 
aU  ^bie  unenblicb  aid^tige  Oform  ber  5£ri))licität''  begeic^net,  bie  bei 
Aant  nur  als  „ein  formeOer  fiidgtfunlen"  erf^ienen  fei;  er  l§abe  bie 
2:ri))Iicitftt  nid^t  auf  bie  ©attungen,  fonbern  nur  auf  bie  Srten  feiner 
Kategorien  angenienbet.  2)er  lantifd^e  Segriff  ber  SRobalitAt  folge  U)eber 
auf  bie  Dualität  unb  Duantität  aU  britte  99eftimmung,  nod^  l^abe  fie 
bie  Sebeutung  bed  SRaageS.  9(ud^  bie  brei  ®runbbegriffe  SpinogaiS, 
Subftanj,  Slttribut  unb  SD^obuS,  bilben  fo  menig  eine  3:ri))Iicität,  mie 
bie  brei  ®öttergef}alten  ber  inbif^en  Sieligion  (Srimurti).  2)ied  finb 
2)reil^eiten  ol^ne  Sin^eit,  ol^ne  Entfaltung  ber  Sinl^eit,  ol^ne  bie  9%fld= 
le^r  ber  fubflantiellen  (ginl^eit  ju  jid^  felbft.  2)ie  Sriplicität  beS  93e» 
griffe  ift  bie  ßin^eit  in  ber  S)reil^eit  ober  bie  2)rei^eit  in  ber  @inl§eit, 
med^alb  bie  l^egelfd^e  Seigre  fi(^  Don  leider  bem  d^riftlid^en  2)ogma  ber 
Srinität  fo  Dermanbt  gefül^lt  ^at.' 

1  aRctnc  ßogif.  »u«  IL  §  94.  6. 265-267.  -  «  ^eßcr.  aöetfc.  III. 
^Mief  S9u4.  ^ie  Se^re  Dom  6ein.  S)titter  Kbf((n.  £q8  Slaag.  6.381-452. 
öfli.  VI.  C.  S)a»  SWaQfe.  6.  215-222.  —  »  SBb.  m.  6.  382  ffgb. 


476  ^te  Seilte  bom  ©ein. 

Sie  93ebeutung  ber  Aategorte  bed  3Raaged  ift  etfl  ber  l^eaemfd^n 
2)enf=  unb  (SefinnungSart  aufgegangen  unb  bel^ertfd^t  il^re  SBelt-  unb 
Sebendanfc^auung.  SBer  im  €tol3  auf  bte  ffütlt  fetner  ßebenSgOter 
ober  in  ber  ®eiDaIt  fetner  Seibenfd^aften  fein  3Slaa^  flberfd^reitet,  ftd^ 
gu  grog  ober  ju  l^ocb  mad^t,  furggefagt,  toer  ftc^  Dermigt,  ben  er» 
greift  bad  S^idfal  in  ber  ®efialt  ber  9leniefi8  unb  fd^Ieubert  t^n 
Igerab  gur  Siid^ttgfett  biefem  anberen  S^trem  beS  UefierntaageS.  2)te 
9temeftg  ifi  bie  ®ott]^eit,  toeld^e  )ebem  }umi§t,  tt)a8  il^m  gebfll^rt  unb 
toaS  er  Derbient  l^at;  eS  gtebt  eine  ri^iige  SRitte,  ein  äRittelmaag  ber 
SebenSffiQe,  loeld^eS  feiner  ungefhaft  gu  loeit  flberfd^reitet.  Uebermut§ 
ift  Uebermaa§.  Sarum  toecÜ  bie  ^^briS  bie  9lemefid,  n^etd^e  jene 
ri(i&tige  SKitte,  baS  ritjtige  3Woa6,  toieberl^erfieöt. 

Sitte«  ift  SKaa6.  Sa«  Sölaafe  l^errfd^t  in  ber  Drbnung  ber  Singe, 
in  ber  SSerbtnbung  ber  leblofen  Itörper,  in  ber  ®(ieberung  ber  leben» 
bigen,  in  ben  Proportionen  beS  ntenfcj^lid^en  Aörper«,  in  ben  ©rSgen* 
Derl^altniffen  ber  Staaten  u.  f.  f.  Unter  ben  bifil^er  entmicfelten 
Aategorien  iji  gur  Sefinition  beS  Slbfoluten  ba«  Maa%  bie  l^öc^fle: 
®ott  ift  ba»  aJlaag  unb  fe^t  atten  Singen  il^r  3!llaa^  unb  3iel. 

Sie  beiben  STlomente  beS  3)laage«  finb  Öualitat  unb  Quantität: 
e«  ift  qualitative  Quantität  unb  qualitatives  Quantum,  ^eget  XDäf^tl 
ben  SluSbrud  ^fpecififd^e  Quantität"  unb  ^fpecififd^e«  Quantum*, 
ßtload  unb  @r5ge  (Quale  unb  Quantum)  gel^Sren  unmittelbar  gufammen 
aU  bie  beiben  Seiten  ober  3)lomente  beS  SafeinS.  ^ebed  Safein  ift 
qualitative  ®röge.  SSeil  beibe  unmittelbar  gufammen  unb  gu  etnanber 
gel^Sren,  fo  ijt  baS  Sttoa«  nid^t  gleid^gältig  gegen  feine  ®röge;  bal^r 
finbert  fid^  mit  ber  ®röge  aud&  bie  SSefdgaffenl^eit,  unb  ba«  (StmaS,  U)ie 
e9  befd^affen  ift  ober  loar,  gel^t  unter;  bie  quantitative  3)er&nberung 
fü^rt  eine  qualitative,  ein  Umfd^Iagen  ber  Qualität  mit  fid^. 

^ierl^er  reii^net  ^egel  jene  Slenc^en  ober  Or<tngf4Iflffe  Der  Slten, 
bie  nadb  Slriftotele«  jeben  nötl^igen  fottten,  baffelbe  gu  bejal^en  unb  gu 
Verneinen,  alfo  fi$  felbft  gu  miberfpred^en.  @oId^e  Sfangfd^lflffe  {tnb 
g.  S.  ber  Raufen  (owpet-njc,  acervus),  ber  Äal^ßopf  (y aXaxpöc,  cal- 
Yus)  u.  a.  Sin  Aom  mad^t  (einen  Raufen,  ein  gtoeited  unb  brttteS 
aud^  nid^t,  unb  gule^t  ift  eS  ein  Rom,  metd^eS,  gum  9{id&t-{^aufen  l^in- 
gugefflgt,  biefen  gum  Raufen  mad^t,  aber  ein  Aorn  mad^t  !etnen  Raufen. 
Stefelbe  Seioanbtnig  l^at  e«  mit  bem  Slbnel^men  be«  Raufend.  Ser 
ä^erluft  eines  ^aared  macfit  {einen  Aal^Hopf,  eine«  gmeiten  unb  britten 
au(^  nid^t,  unb  gule^t  mug  e«  bod^  ber  93erlujt  eine«  ^aare«  fein, 


2)a8  fOiaa^.  All 

mia^t^  ben  9lid6t4tal^lIopf  lal^l  mQ(|t.  Slfo  ftnb,  foKie  man  fdgliegen, 
ber  ^Qufen,  ber  Aal^llot)!  u.  f.  f.  unmögltii^,  benn  fie  !ontten  »eber 
ent^el^en  nod6  Dergel^en.  SHefe  ganje  Sttt  gu  betoetfen  ober  gu«  toiber- 
legen  gehört  gu  ber  S)tQle!ttI  beS  3eno,  ijl  eleatifd^en  Urft)rung8  unb 
t)on  fopl^ilttfd^'megarif^er  Srt;  fie  gilt  ber  SBiberlegung  ber  SSiell^eit 
ober  ber  SRenge. 

3)arum  l^tte  fie  ^egel  nt$t  für  baS  SRaag  in  Snfpruc^  nel^men 
foffen.  Sin  Aorn,  ein  ^aor  u.  f.  f.  finb  quafitatioe  ®rö6en,  aber 
Raufen  unb  SRenge  finb  bloge  üuanta:  e§  l^anbelt  ftd^  l^ter  um 
ben  Uebergang  Don  ber  9{id&t«9Renge  gur  SOtenge,  ntd^t  um  ben 
Uebergang  t)on  einer  Oualit&t  gu  einer  anbern.  2)ied  bemerft  aud^ 
^egel  felbß,  xovxn  er  fagt:  „9)lan  Dergag,  bag  fidg  bie  far  ftclg  un- 
bebeutenben  Quantitäten  fummiren  unb  bie  @umme  baS  quantitativ 
®ange  audmad&t,  fo  bag  am  ^nht  ber  Raufen  toerfd^iounben  ift,  ber 
Aopf  Icüji  u.  f.  f."  Sbenfo  rid^tig  fagt  er  in  93egiel^ung  auf  iene 
@len(|en  felbft:  .,3ene  SBenbungen  {tnb  barum  au(^  fein  leerer  unb 
))ebantifd6er  @))ag,  fonbern  in  fic^  rid^tig  unb  @rgeugni{fe  eines  93e= 
mugtfeiniS,  bad  ein  3ntere{fe  an  ben  (Srfd^einungen  l^at,  bie  im  2)enlen 
Dortommen".^  9lur  ge]^5rt  baS  99et)>tel  unb  bie  Erörterung  nidgt  in 
bie  93etrad6tung  beS  SOtaaged  unb  beffen  logifdge  Snltoidlung. 

2)on  SJlaaB  lann  nur  ba  gerebet  n)erben,  too  mit  ber  Ouantit&t 
eine  Qualität  unmittelbar  gufammenl^Angt.  @o  l^at  ein  @taat  in  ber 
®r&ge  feined  @ebieted  unb  feiner  93et)ölferung  eine  gen^iffe  Quantit&t, 
mit  tt)e(d^er  eine  beftimmte  2)erfa{fung,  eS  fei  bie  bemolratifd^e  ober 
republilanifd^e,  gufammenbefiel^t,  aber  bei  fortf(j^reitenbem  SBad^Stl^um 
ber  Quantitäten  fid^  am  @nbe  nid^t  mel^r  toertrSgt,  fonbern  in  eine  anbere 
aSerfaffungSart  (Qualität)  umfd&lfigt.  2)ie  ®leid^gültig!eit  ber  Quan= 
titit  gegen  bie  Qualit&t  ift  ein  trflgerifd^er  @d&ein,  unter  bem  man 
iDäl^nt,  jene  Deränbem,  biefe  aber  unDeranbert  laffen  gu  lönnen,  n)a§ 
nid^t  angelet.  (Einige  SJlel^rauSgaben  tl^un  gun&d^ft  nid^ts,  aber,  ge» 
l^&uft  unb  fortgefe^t,  merben  fie  Derfd^ioenberifd^  unb  l^aben  im  öffent« 
Ud6en  loie  im  ))rit)aten  fieben  ben  ölonomifd^en  9tuin,  b.  1^.  einen  Der* 
änberten  3ufiönb  ber  Singe  gur  Sfolge.  SBenn  man  auf  bem  aOBege 
ber  Quantität  in  fold^er  SBeife  abfic^tUd^  unb  unmerüidg  ber  Qualität 
beigutommen  unb  ben  3u{tanb  einer  @ad^e  ober  ^erfon  gu  Derberben 
fud6t,  fo  befielet  in  einem  fold&en  »erfal^ren   „bie  ßift  be8  ©egriffs", 


dEbenbaf.  6.  391—392. 


478  ^te  Se^re  t)om  6em. 

ein  red^t  l^egelfd^er  StuSbrud,  bent  toit  aü  „2x^  ber  ä^emunft''  in  einem 
anbern  unb  l^ö^em  Sufantmenl^ange  fpäter  tDteberbegegnen  tt)erben. 
,,*3Da8  Quantum,  inbem  es  als  eine  gleid^gfiltige  ©renje  genommen 
mirb,  tfi  bte  @eite,  an  ber  ein  S)Qfein  unloetbad^tig  angegriffen  unb 
3u  ©runbe  gerichtet  tt)irb.  6S  ift  bie  Sifl  beS  93egrifflS,  ein  2>afein 
an  biefer  @eite  gu  faffen,  Don  ber  feine  OualitSt  ni(j^t  iniS  &pttl  ju 
!ommen  fd^eint,  —  unb  gaar  fo  fel^r,  ba§  bie  SBergrdgerung  eined 
@taatelS,  eines  93ennogend  u.  f.  f.,  mel$e  baS  Unglfic!  beS  Staates,  bei 
äSefi^erS  l^erbeiffll^rt,  fogar  aU  beffen  ®Ifld  aundd^fl  erfd^eint/^ 

2.  2)ie  anatl^ematt!  ber  9latur. 

3ebe  ®r5^e  xdxU  gegol^It,  b.  lg.  als  eine  ^njal^I  t)on  Sinl^etten 
begriffen  tt)erben,  aud^  bie  qualitative  ober  fpecififii^e  @roge.  ^ier 
aber  mug  bie  )u  jäl^lenbe  Sinl^eit  qualitativ  fein.  2)iefe  qualitative 
®rögenein]^eit  ifi  ber  SRaagftab.  2)en  SRaa^ftab  jAl^Ien  l^eigt  mef fen. 
9(IIe  ®r5gen  in  ber  9}atur  finb  qualitative  ober  fpecififd^e  ®r5B<n, 
bie  Körper  l^aben  il^r  fpecififd^eS  ©etoid^t,  il^re  fpecififd^e  3B&rme  u.  f.  f. 
Um  biefe  @rogen  gu  meffen  unb  baburii^  gu  er!ennen,  mug  man  ben 
il^nen  angemeffenen  äJlaagftab  erfl  finben  unb  feflfteOen,  bie  (Rtroid^l^ 
einl^eit,  bie  SBarmeeinl^eit  u.  f.  f.  2)ie  Sngalgl  bec  SSärmeeinl^eiten 
mad^t  bie  SB&rmemenge,  unb  ba  nac^  ber  Seigre  Von  ber  Sinl^eit  unb 
6rl&altung  ber  Äraft  bie  ßeifiung  ober  SCrbeitSgrofee  ber  bett>egenben 
Slaturfrfifte  gleid^  ifl  einer  getoiffen  aSfirmemenge,  bie  baburdft  entflel&t 
ober  Vergel^t  (erzeugt  tt)trb  ober  verfd^toinbet),  fo  gilt  baS  me^anif^e 
SBarme&quivalent  als  ber  STlaa^fiab  aller  bemegenben  IRaturtrofte. 
^dtte  ^ege(  bie  gro§e  (SntbedEung  feines  jüngeren  SanbSmanneS  Stöbert 
SKa^er  erlebt  unb  gc!annt,  fo  »flrbe  er  feine  fel^r  bemerfensioertl^en  ©ä^e 
von  ber  ».aKatl^ematif  ber  Slatur"  toeit  umfaffenber  unb  tiefer 
l^aben  auSfpred&en  unb  efcmptificircn  fönnen.  „S)ie  ßntbedtung  beS 
aRaafeeS,  bie  in  gfolgenbem  Verfud^t  »orben,  ifl  eine  ber  fd^ttierigflen 
3Äotcrien;  inbem  fie  an  bem  unmittelbaren  dufeerlid^en  SKaafec  an= 
fangt,  l^atte  fie  einerfcits  gu  ber  abftracten  fjortbeftimmung  beS  Quam 
titativen  (einer  SWatl^ematif  ber  JRatur)  fortgugel^en,  anbrerfeits  ben 
Sufammenl^ang  biefer  äJlaagbeftimmung  mit  ben  Qualitäten  ber 
natürlid^en  S)inge  angugeigen"  u.  f.  f.  Unb  an  einer  fpftteren,  ]&ier= 
l&ergel&örigen   ©teile:    „3n   ffiüä[\i)i    auf   bie    abfoluten  SWaafevep 


aUnhal  @.  392. 


^a%  SRaag.  479 

l^ältniffe  botf  mo^l  erinnert  werben,  bag  bte  äJlatl^emattf  ber  Statut, 
Mnn  ^e  beS  9lamenS  einer  Siffenfd^aft  iDflrbig  fein  xoxU,  tt)efenttt(b 
bie  SBiffenfdftoft  ber  aKoafee  fein  mflffe,  —  eine  SBiffenfcfiaft,  für  »el^e 
empirifd^  mol^l  Diel,  aber  eigentliii^  toiffenf^aftlid^,  b.  i.  pl^ilofopl^ifd^, 
nod^  menig  getl^an  ift.  SRatl^ematif d^e  $rinci))ien  ber  9laturp]^iIo- 
fo})^ie  —  wie  Sleiöton  fein  SBer!  genannt  l^at  — ,  ©enn  fte  biefe 
SBeftimmung  in  einem  tieferen  @inne  erffiUen  foDten,  aU  eS  baS  gange 
baconif^e  ©efd^Ied^t  Don  $]^iIofo))]^ie  unb  SBiffenf(6aft  l^atte,  mflgten  ganj 
anbete  SDinge  entl^atten,  um  ein  Si$t  in  biefe  noä^  bunKen,  aber  l^ö^ft 
betradbtungSMrbigen  Siegionen  gu  bringen/^  3nbeffen  finb  in  ber 
9Rat]^emati{  ber  9latur,  loie  ^eget  bie  Aufgabe  rid^tig  begetd^net  l^at, 
bie  großen  O^oi^tf^ritte  in  einer  leineSioegS  antinen^tonfd^en  Slitfetung 
bur(6  äJlänner,  tt)ie  9lobert  SRa^er  unb  ^erm.  Don  ^elml^ol^,  gefd^el^en. 

3.  2)af  fpccificirenbe  fOiaa^.  2)ie  Siegel. 
S)ie  qualitatiDe  ©rdge  ifl  3Jlaa^  2>a  nun  bie  S^erAnberung  ber 
®rdge  au(^  bie  äSerSnberung  ber  SSefd^affen^eit,  alfo  biefe  felbfi  be- 
ftimmt,  fo  ift  bie  qualitatiDe  ®r5ge  nidgt  blog  qualitatiD,  fonbern  aud^ 
qualificirenb,  eS  ift  ba$  fpecififd^e  Quantum  nid^t  blo§  fpecififc^,  fon- 
bern aud^  ft)ecificirenb,  unb  ba  eS  als  fpecififd^ed  Quantum  felbft  fd^on 
3Jlaai  ift,  fo  l^at  ^egel  biefe  jtategorie  baS  fpecificirenbe  SRaag  ge- 
nannt. aSenn  biefeS  Snaag  bur(^  bie  ^ngal^l  ober  äJtenge  gleid^er 
OfaQe  (»efd^affenl^eiten)  f))ecificirt,  fo  ent^&lt  eS  ben  SSegriff  ber  Siegel. 
Sie  qualitatiDe  ©rögeneinbeit  ift  ber  fDlaagftab,  ber  ftd^  gur  quali« 
tatiDen  ®r5ge  Derl^Slt,  mie  g.  SB.  ber  t¥u§  gur  menfd^lidgen  ®rage. 
(Sine  groge  Sngal^l  gemeffener  menfd^lid^er  ®rögen  beftimmt  bie  regel^^ 
mäßige  ®röge  beS  3nenf(!^en  ober  roxt  groB  bie  SRenfd^en  in  ber  Siegel 
ftnb.  €o  Derl^ält  eS  ftdg  nun  mit  ben  Seflimmungen  ber  Siegeln  aber» 
]^au))t,  ald  ba  finb  SBetterregeln,  SebeniSregeln,  @pra$regeln  u.  f.  f. 
993a8  nur  burd^  Siegeln  erlannt  unb  beftimmt  loirb,  grünbet  fid^  auf 
eine  SJlenge  gleid^er  fi&Ut  unb  l^at  eine  quantitatiDe  ®renge.  2)iefe 
ift  DerSnberlic^  unb  beloeglid^;  ba^er  l^at  bie  Siegel  aud^  toiberfpred^enbe 
OffiOe  ober  SluSnal^men.  Sie  SuSnal^men  gel^ören  gur  Siegel  nad^  bem 
logifdgen  Segriff  ber  le^teren.  Sarum  ift  eS  logifd^  tid^tig,  bag  ed 
teine  Siegel  oljne  SluSnal^me  giebt,  unb  bag  bie  SuSnal^me  bie  Siegel 
nid^t  aufl^ebt,  fonbern  beirdftigt,  ba  bie  ^ngal^l  ber  regelmäßigen  OfäOe 
fo  grog  unb  bie  ber  ^uSnal^men  fo  gering  ift.    Sie  Siegel  ift  nod^ 

'  (Ebenbaf.  @.  886.  e.  406. 


480  2)te  Se^re  tjom  Sein. 

leiti  ®efe^.  S)a8  ®efe^  begränbet,  bie  9tegel  g&^It;  jeher  tDtberfprec^enbe 
t^aU  ntad^t  baiS  ®efe^  3unt(6te,  iDOgegen  bie  SuSnal^me  bie  Siegel  nid^ 
aufl^ebt,  Dielmel^r  beji&tigt,  e8  fei  benti,  ba§  bie  SOtaffe  ber  SuSnaJ^men 
betgeftalt  anioAd^fl,  bag  bie  Siegel  ni$t  tnel^r  gilt  ober  gelten  follte 
(loie  mandge  lateinifd^e  ®enu§regeln).  S)ann  ift  eiS  toieberutn  bie  Cuon^ 
tttftt,  iDeld^e  bie  Siegel  unb  bamit  bie  Sefd^affenl^eit  ftnbert.^ 

n.  2)aS  reale  SKaag. 
1«  2)ie  fütif^t  bet  SRaa^Detl^ftttnine. 

3ebeiS  2)afein  ifi  qualitatiDe  ®röge  ober  3Jlaag  unb  bejie^i  ft^ 
auf  ein  anbered  2)afein,  bafi  aud^  qualitative  ®röge  ober  ÜJlaai  ift, 
ttorau«  ber  Segriff  eines  JBer^filtnilfe«  l^ert)orge]&t,  beffen  beibc  ©eiten 
33laa^t  ftnb,  alfo  ber  93egriff  eines  äJlaagDerJ^filtniffeS  ober  äßaageS, 
beffen  äJlomente  nid^t  nur  Gualit&t  unb  Ouantit&t,  fonbem  felbfi 
äRaage  finb.  ^ier  geigt  fid^  ber  Segriff  beS  SJlaageS  in  feiner  SoD^ 
fommenl^ett:  iebes  feiner  STlomente  ift,  toaS  eS  fein  tann,  rot^fiafb 
^egel  biefen  Segriff  baS  realifirte  ober  reale  SRaag  genannt  l^at. 
Ünb  ba  iebeS  37laag  t)ermöge  feiner  Seflimmtl^eit,  feiner  Sefd^affenl^eit 
unb  ®r5fee  pd&  toieber  auf  anbere  aRaafte  bejiel^t,  fo  entfteöen  oiele 
97laa§t)er]^ältniffe,  bie  innerl^alb  berfelben  Sefd^affenl^eit  ober  3(rt  eine 
Sleil^e  oon  SKaagüerl^altniffen  bilben. 

@o  ijt  jeber  Alang  ober  Son  ein  97laag  oon  äJlaagen,  benn  er 
befielet  aus  einer  ^ngal^l  geitlid^  gemeffener  @d^tt)ingungen  eines  AotperS 
(€aite)  Don  bejtimntter  Sefd^affenl^eit  unb  ®r5Be  ejctenftDer  tt)te  intens 
fioer  Srt.  Unb  bie  Xonleiter  bilbet  toieber  ein  3Slaa%  Don  £önen 
ober  eine  Steige  Don  XonDerl^filtniffen,  bie  nad&  bejtimntten  SRaQ^en 
Don  ber  Siefe  jur  ^öl^e  emporfieigen. 

Sie  materielle  3Belt  befielet  aus  ben  d^enttfd^en  ®runbftoffen 
unb  beren  Dielf&ltigen  Serbinbungen,  meldte  in  unabSnberlid^  feflen 
®ett)id^tSDer]^ftltniffen  gefd^el^en  unb  burd^  bie  d^emifd^e  Slnjiel^uns  ober 
Sertt)anbtfd&aft  (Slffinit&t)  bewirft  merben.  9[uf  jenen  ®ett)td^tSDer* 
l^&ttniffen,  bie  eines  ber  Dorgäglid^ften  Seifpiele  ber  in  ber  9latur 
l^errfd^enben  äRaa^Derl^ftltniffe  finb,  berul^t  bie  Seigre  Don  ben  d^emif^en 


1  $egel  ^at  fel^t  tutg  unb  unbeftimmt  fiber  bie  9legel  geiebet,  ba  et  fle  all 
vfpectficiTenbeS  !DlaQ|'  begreift  unb  bo4  gleidbfett  bem  aRaa^ab,  ber  gum 
„i^eciflften  duantum'  gel^btt.  (Ex  fagt:  ^^\t  Siegel  ober  beraRaal^ab'  u.  f.  f. 
ni.  6.  393.   VI.   §  108.    ä^ol.  meine  SogÜ,  S3tt4  II>  §  106,  6.  304—308. 


^a8  anaab.  481 

^  SlequiDalenten;  bte  d^emifd^e  SBettDanbtfd^aft  betul^t  auf  bem  ©egen» 
'  fa^  ber  @äuten  unb  99afen  (SKIalten)  unb  untetfci&etbet  ftdg  in  tifil^ete 
unb  entfenttete,  {iat!ere  unb  fd^ioäd^ete  93erU)Qnbtf4Qft6gtabe;  jene 
l^eigen  SSBal^lDermanbtfcJ^aften,  unb  ber  ^auptunterfd^teb  ber 
Säuren  befielet  in  il^rer  flröSercn  Dber  geringeren  SBaJ^Iöertoonbtfdöaft 
ju  einem  ober  mel^reren  ber  entflegengefe^ten  bapfcfien  (falift^en) 
jtörper.  SSergleid^t  man  bie  üerfd^iebenen  äJermanbtfd^aftiSgrabe  einer 
@äure  2u  ber  Steil^e  ber  baftfd^en  übipn  ober  umgelel^rt,  fo  ergeben 
ft(ig  aud  ben  äSerl^ftltnigaal^Ien  eine  Sleil^e  d^emifc^er  SRaagDerl^attniffe, 
XDtli^t  ^ege(  aud^  au&  ber  Oualit&t  ober  SigentJ^fimlidgleit  ber  l^örper 
erllärt  unb  begrünbet  miffen  looUte. 

9lls  er  in  9lürnberg  feine  Sogt!  fd^rieb  unb  l^erauSgab  (1812), 
toar  ber  berü^mtejie  ®l^emi!er  ber  3"t  ber  fronjöpfd^e  (nopoleonifd^e) 
®raf  @.  &.  S3ertl^oUet;  als  ^egel  in  99erltn  ben  erfien  Stl^eil  feiner 
Sogif  Don  9teuem  bearbeitete,  mar  ber  erfte  Sl^emifer  ber  3eit  ber 
fd6U)ebifd6e  gteil&err  3.  3.  SBerjeliu«;  in  ber  ©tette,  tteld^e  fid6  auf 
bie  dgemifd^en  SDtaagDerl^öItnijfe  unb  SBa^lDerioanbtfd^aften  be^iel^t, 
l^atte  ber  ^l^ilofopl^  in  ber  erften  ^[uSgabe  feiner  fiogif  SSertl^oDeiS 
Slbl^anblung  «über  ben  SBegriff  ber  Sßertoanbtfd&aft  in  ber  ßl^enue" 
öor  Slugen,  in  ber  jnjeitcn  Scrjcliuö'  „ßel^rbuc!^  ber  ©l^emie".  3n 
ber  @runbanf(^auung  beiber  (Sl^emiler  l^errfc^te,  toit  $ege(  fanb,  ,;bie 
Debe  ber  (Sor))uScu(artl^eorie'\  äSergeliuS  urt^eilte  abfd^ft^ig  über  bie 
in  Seutfd&Ianb  angefel&ene  ©dftule  ber  „b^namifdften  5p]§ilofoj)]&ie''.  Slun 
fül^Ite  ftc^  ^egel  Deranlafet,  ba  er  ben  Segriff  ber  SBal^löertoanbtfd&aft 
in  feine  ßel^re  Dom  SDlaag  aufgenommen  ^atte,  eine  Slnmerfung  über 
ädertl^oQetd  Slnfid^ten  unb  in  ber  neuen  SluSgabe  aud^  über  bie  beS 
Sergeliud  auSgufül^ren.  ^er  ^auptpunlt,  gegen  ben  biefe  ^nmerfung 
gerid^tet  mar,  finbet  fid^  in  ben  folgenben  Sorten  auSgefprod^en: 
,,3nbem  l^iermit  bie  SSertoanbtfd^aft  auf  ben  quantitativen  Unterfd^ieb 
jurüdEgefül^rt  ift,  ifi  fie  aU  SBal^lDerloanbtfd^aft  aufgehoben;  baS  9lu8= 
f^Ueftenbe  aber,  baS  bei  berfelben  fiattfinbet,  ift  auf  Umflänbe  aurüc[= 
gefül^rt,  b.  i.  auf  SBeftimmungen,  toetd^e  aU  et»ad  ber  SSerloanbtfd^aft 
Sleu^erli^eS  erfdgeinen,  auf  ßol^dfion,  Unauflödlid^Ieit  ber  gu  @tanbe 
gefommenen  JBerbinbungen"  u.  f.  f.  SSon  ben  aSertoanbtfdftaften  fommt 
^egel  gute^t  aud^  auf  bie  fpecififdEien  @ttDx6)te  gu  fpred^en:  „(&^  to&re 
bie  Slufgabe  Dorl^anben,  bie  aSerl^aftnifecEponenten  ber  Sleil^e  ber 
f))ecififd^en  @(!^meren  al3  ein  Softem  aud  einer  Siegel  gu  erfennen, 
meldte  eine  blog  aritl^inetifd^e  SSiell^eit  gu  einer  9flei^e  ^armonifd^er 

Of  ifd^cT,  «ef«.  b.  ^mol  Vm.  91.  «.  31 


482  2)ie  Seigre  Dom  @ein. 

Änoten  fpectficirtc.  ®tcfcI6e  gforberung  fftnbc  für  bie  6rfcnntni§  her 
Qitgefül^rten  dgentifd^en  äJertoanbifdgaftSteil^en  fiatt.  9ber  bie  9St{Teti= 
fd^aft  l^ot  nod^  tocit,  um  bol&tn  ju  flelotiftcn,  fo  toeit  aU  bal^in,  bie 
Saluten  ber  Entfernungen  ber  ^kneten  beS  @onnenf^ftem8  in  einem 
SWoaSf^flem  ju  f offen.  "^ 

Siefer  lefete  ©at|  fielet  nid&t  in  ber  erftcn  Ausgabe  ber  ßagif. 
fonbem  in  ber  jn^eiten  unb  flammt  au8  ^egels  le^ter  SeBenfigeit: 
breigig  ^al^re  toorl^er  ^atte  er  feine  ^abilitationSfd^rift  «de  orbitis 
planetarum»  t)erfa^t,  iDorin  er  Aber  bie  Entfernungen  ber  ^aneten 
eine  falfd^e  ^^potl^efe  aufgefteDt  unb  eine  Sficfe  l^atte  begrfinben  iDoUen, 
IDO  leine  mar*  „Ss  ift  nod^  meit  bal^in,  bie  Saluten  ber  Entfernungen 
ber  ^Planeten  be8  ©onnenf^ftem«  in  einem  JKaafef^jiem  gu  faffen!" 

2.  ^te  Ihtotenlinie  t)on  SRaagtietl^äUninen. 

®aS  fpeciftcirenbe  Waa%  bcfiimmt  burd^  bie  SJerfinberung  feiner 
Ouantitöt,  c8  fei  üJlenge,  ejtenfiöeg  Quantum  ober  ®rab,  bie  ber 
Oualit&t  unb  t)eränbert  baburd^  bad  SRaagDerl^dltnil  felbft.  S)q  nun 
Oualitit  unb  Ouantitftt  ftd^  junfid^ft  gleid^gfittig  unb  Sugerlid^  gegen 
einanber  Derl^alten,  fo  gefd^iel^t  bie  quantitatit)e  SSerAnberung,  tt)&]^renb 
bie  Qualität  öorberl^anb  nod6  biefelbe  bleibt,  aber  e§  tritt  in  bem  forfc 
fd&reitenben  SBad&Stl^um  bes  Quantum«,  bem  pofttiöen  toie  negatiocn, 
ber  93erme]^rung  tt)ie  ber  93erminberung,  bem  Steigen  toit  bem  ^^Uen 
ber  @rabe,  ein  $unft  ein,  loo  bie  Qualität  fi(!^  t)lö^lid&  toeränbert  unb 
umfdblägt.  2)iefe  fünfte,  morin  Quantität  unb  Qualität  loieber 
gufammenfatten  unb  einanber  gleidftfam  heujen,  l^at  §egel  „Änoten* 
unb,  ba  in  lebem  berfelben  ein  neues  SJtaaBoerl^ältnig  entfielet,  bie 
ßinie,  »eld^e  fie  t)erfniH)ft,  eine  „flnotenlinie  Don  SWaaSüerl^älts 
niffen"  genannt.*  ®er  9lu8brudt  ift  t)on  ber  Stflronomic  entlel^nt, 
loeld^e  bie  fünfte,  in  benen  bie  ellit)ttfd^en  93al^nen  ber  $immels!örper 
unfercS  ©onnenf^flemS  bie  Erbbal^n  [EHiptif]  fd^neiben,  „Änoten"*  unb 
bie  burd^  baS  @onnencentrum  gejogene  gerabe  ßinie,  bie  jene  fünfte 
t)erfnlH)ft,  „Änotcnlinie"  nennt. 


^  II.  €ap.  II.  2)aS  reale  SRaa^.  Knmetf.  6. 417-429.  (<B.  429.)  Sgl. 
dErße  Slusgabe  (1812).  Knmerf.  @.  801—806.  3n  ber  enc^flopftbifd^en  2oq\t 
ftnb  biefe  Slnmetlunqen  neBft  ben  6tcIIen,  su  benen  fte  gehören,  mit  Sle^t  toeg» 
flelaffen  toorben.  —  •  S3b,  IIL  Crfle«  Sud^.  Äbjd^n.  III.  B.  Änolenlinie  oon 
SWaafttoeTWItniffen.  6.  430-436.    »ßl.  ob.  VI.   §  109.   SufaJ.  6. 220. 


2)aS  anaag.  483 

2)ie  SSeränberung  bei  Quantität  gefdgiel^t  allm&l^Iid^,  bte  bahnxii 
l^etbeigefäl^rte  a^eränberung  ber  Qualität  plo^Iidg:  mit  einem  ©daläge 
ifl  bic  ®ad&c  öerftnbcrt  unb  ein  ganj  anberer  3ufianb  eingetreten. 
3)arum  ifl  ber  @a^  nidöt  ridötig,  ba§  eS  in  ber  Statur  feinen  ©»)rung 
gebe,  benn  bie  Sefd^affenl^eiten  toerftnbern  fid&  fprungtoeife,  nacfebem 
il^re  ©rögenauftAnbe  in  bem  9(uf  unb  S16  il^rer  @!ala  einen  gett)i{fen 
^un!t  erteilt  l^aben.  a)lan  fönnte  auf  ben  ft)rfld^mörtnd^en  SluSbrudE 
l^intteifen,  ber  im  Sinn  unb  (Seift  unferer  Äategorie  fagt:  „baS 
SRaag  ift  t>oU"\  es  l^at  ftd^  allm&I^Itc^  geffillt,  enblic^  ift  eS  Doli,  mit 
einem  male  t>oU,  eg  ifi  am  Ueberftiegen,  nun  tritt  ein  neues  90taag, 
ein  neues  SJlaa^Derl^äUnig,  eine  anbere  Qualität  ein.  6s  giebt  in  ber 
SBelt  !eine  Sleform,  ol^ne  bag  jic^  bie  Uebel  unb  SKi^bräudge  ber 
gegebenen  ßuftänbe  bergeftalt  gel^&uft  Igaben,  bag  il^re  Unerträglid^{eit, 
bie  UnmögÜd^feit  il^rer  g^ortbauer,  bie  unauf^altfame  Siotl^toenbigleit 
il^rer  Umgefialtung  ju  Sage  tritt,  ^egel  giebt  als  baS  einfad^fic/ 
qualit&tslofe  93eift)iel  bie  natürlid^e  Sci^Ienreil^e/  in  toeld^er  bie  SBieber« 
lel^r  getoiffer  Sö'&Iein^eiten,  toie  j.  33.  ber  S)efaben  im  Secimalf^ftem, 
gleid^fam  Anotent)un!te  bilben. 

(Sin  fel^r  einleud^tenbeS  93eift)iel  einer  Anotenlinie  t)on  3Jlaa^^ 
t)er]&ä(tni{fen  bietet  baS  SBaffer,  beffen  Sufl&nbe  ber  g^eftigleit  unb 
^cirte,  ber  tro})f baren  unb  ber  elaftifd^en  STfiffigfeit  ((£is,  SBaffer, 
2)am))f)  ton  ber  (Srö^e  feiner  Zzmpexatnx,  b.  1^.  feiner  SBärmemenge 
abl^&ngen;  ber  (Sefrier=  unb  ber  @iebet)unlt  finb  bie  Anoten,  in  benen 
bie  3uft&nbe  beS  äBafferS  fid^  ))Iö^Itd^  umtt)anbeln,  aus  btm  flüffigen 
in  ben  feflen  unb  bampfformigen  übergeben,  ^m  (Sänge  beS  menfdg- 
li^en  2)afeinS  ftnb  ©eburt  unb  Siob  bie  Auotenpunfte,  in  benen  baS 
inbiDibueOe  Seben  beginnt  unb  aufl^ört.  3Ran  lönnte  aud^  bie  (Srengen 
unb  <£))od^en  ber  SebenSalter  als  Anotent)un!te  betradgten,  in  benen 
baS  Sßad^Stl^um  beS  AorperS  unb  ber  äSilbung  einen  neuen  SebenS» 
guftanb  aOmä^Hd^  t)orbereitet,  plö^Iic!^  I^erbeiful^rt. 

3)ie  Äategorie  ber  Änotenlinic  löfet  fid6  aud^  im  moralifd^en  ®e= 
biete  nad^toeifen.  S)er  ßeid^tfinn  unb  bie  ßeid^tfertigleit  im  ©enuffe 
beS  ßebens  l^aben  il^r  SUlaafe,  beffen  Uebcrfd^rcitung  ju  ßafter  unb  JBer» 
bred^en  ffll^rt,  burd^  bie  ßebenS=  unb  SßiQenSart  in  baS  SSerberblid^e 
umfd^Iftgt,  9led6t  gel^t  in  Unred&t,  SEugenb  in  ßafter  über.  @o  er= 
l^alten  aud^  Staaten  burdQ  i^ren  ©rogenunterfd^ieb,  tt)enn  baS  Uebrige 
als  g(eid&  angenommen  toirb,  einen  öcrfd&iebencn  quaUtatit)en  ßl^aralter, 
©efe^e  unb  SS^rfaffung  loerben  ju  etmaS  Ruberem,  toenn  ber  Umfang 

31* 


484  $te  Se^re  üom  6etn. 

beS  Staates  unb  bte  ^njal^I  bei  ^Bürger  ftdg  etaettert.  2)er  Staat 
l^at  ein  3Raag  feiner  ®röBe,  übet  tt^eld^eS  l^inauSgetrieben,  er  l^altungS- 
Ip3  in  fid6  jerfäßt,  unter  berfelben  Serfaffung,  tteldöe  bei  einem  anbetn 
Umfange  fein  ßlüd  unb  feine  @t&r!e  audmadgte.  „Xit  SSerfaffung 
eines  Keinen  Sc^tteijeriantonS  pa^t  nid^t  fflr  ein  grogeS  9leid^,  unb 
eben  fo  unpaffenb  »ar  bie  SSerfaffung  ber  romif^en  SRepublil  in  i^rer 
Uebertragung  auf  Keine  beutfd^e  Steid^Sft&bte/' ^  2)ie  S3ergleid^ung  beS 
Staates  mit  bem  2Raage  l^at  ^egel  in  ber  (SnttoidE(ung  biefeS  Segrtffs 
glei^  im  Vuge  gel^abt  unb  bel^alten,  tteSl^alb  tt)ir  berfelben  )u  mieber- 
"f)olttn  malen  begegnen. 

m.  S)aS  aJlaafelofe. 
1.  2)a8  auftf^Iiegenbe  ÜTlaag  unb  boS  abflract  a^aaglofe. 

2)aS  3Jlaagt)er]^&Itnig,  metd^eS  eine  beftimmte  Qualität  an  eine 
beftimmte  Cuantit&t  btnbet,  nennt  ^egel  ein  auSfd^liegenbeS  3Raa%, 
burd^  beffen  Ueberfd^reitung  baS  (StmaS  in  feiner  SBefdgaffenl^eit  gu 
©runbe  ge^t.  2)ied  gefd^iel^t  burd^  bie  9tegation  feines  äRaageS,  b.  1^. 
burd^  feine  äJtaaglofigfeit.  So  loirb  ein  93erm5gen  burd^  gu  t)iele  unb 
l^&ufige  ausgaben,  eine  ©efunb^eit  burdg  ju  t)tele  unb  l^&ufige  Genfiffe 
t)erge^renber  Slrt  gerrüttet;  nun  ^eigt  eS,  bag  ber  äJermögenSjuftanb 
burd^  maaglofe  äierfd^iDenbung,  ber  ©efunbl^eitSjufianb  burd^  maag- 
lofe  ©enugfud^t  Dernid^tet  morben  fei,  obiDol^I  »eber  bie  3Renge  ber 
ausgaben  nod^  bte  ber  ©enüffe  im  eigentlichen  Sinn  maagloS  toaren. 

3n  ber  Änotenlinie  ber  aKaafeöeriftltniffe  geigt  ftdfe  auf  iebem 
fünfte  eine  fold^e  relatit)  gu  nel^menbe  3]|aa^Iofig!eit.  SCber  bie  9let§e 
ber  3]|aa^t)er]^&Itniffe  felbfl  loie  bie  Anotenlinie  gel^t  inS  (Enb* 
bfe  fort:  barin  befielet  baS  abfolut  ober  abftract  SDIaaglofe.  (ES 
ift  ber  enblofe  ^rogreg  im  ©ebiete  beS  SKaageS,  »ie  bie  S^erAnberung 
ber  enblofe  ^rogreg  im  ®ebiete  ber  Qualität  unb  bie  grengenlofe  f&tx- 
me^rung  unb  Sierminberung  ber  enblofe  ^rogreg  im  @ebiete  ber 
Quantität  »ar.  ®ie  Qualität  fül^rte  burdfe  ben  Segriff  beS  8fürftd&= 
feinS,  beS  (£inS,  ber  t)ielen  6ins  gum  Segriff  ber  Quantität,  biefe 
führte  burd^  ben  Segriff  beS  ®rabeS,  ber  ®r5^ent)eränberung,.  beS 
quantitativen  Serl^ältniffeS  gurfldE  gur  Qualität,  fo  bag  tt)ir  genöt^igt 
»aren,  bie  Sinl^eit  beiber,  b.  1^.  ben  Segriff  beS  SOtaageS  gu  benien. 


1  »b.  III.   ©.  432-436.    »öl,  »b.  VI.   §  108.   Sufofc.   6,  219. 


l^aS  anaafi.  485 

3lmmt^x  toirb  ber  ^Begriff  be8  SDIaa^ed  burd^  ben  beS  3)laagIofen 
negirt  unb  oufgel^oben. 

2.  %tx  Uebergang  jum  SBefen. 

fetter  boppelie  Uebergang,  toorauS  ber  Segrtff  beS  äJlaageS  l^et- 
t)orge]^t,  l^at  gejeigt,  tote  Qualität  unb  Quantität  ftd^  med^fetfeitig 
forbern.  3e^t  jeigt  ber  enblofe  ^rogreg  ber  3Raa^t  ober  baiS  Snaag» 
lofe,  loie  betbe.ftd^  u^ed^felfettig  aufl^eben  nnb  nunmel^r  bie  Sufl^ebung 
beS  90taage8  ober  bie  Sluf^ebung  jener  unmittelbaren  Sinl^eit  ber 
Qualität  unb  Quantität  gebac^t  »erben  mug.  Xa  nun  aOed  2)afein 
in  biefer  unmittelbaren  Sinl^eit  befielet,  fo  ift  bie  Stuf  Hebung  ober 
9tegation  beiS  2)afein$  gu  ben!en.  StlleS  Sein  mugte  aU  beftimmted 
@ein  ober  S)afetn  begriffen  »erben;  mitl^in  ift  bie  Slufl^ebung  bei$ 
2)afein8  bie  Slufl^ebung  beS  Seind  fiberl^aupt,  »omit  fid^  ber  Segriff 
beS  ©eins  unb  bai  il^m  angel^drige  Softem  ber  Kategorien,  biefer 
erfte  ^bfd^nitt  ber  Sogif,  befc^Uegt  unb  t)oQenbet. 

2)ad  aufgel^obene  SBerben  mar  t)ergangene8  SBerben  ober  ®ett)orben> 
fein  (S)afein).  @o  ift  baS  aufgel^obene  ©ein  Vergangenes  ©ein  ober 
©etoefenfein  (SBefen).  S)aS  SBefen  ift  baS  t)ergangene  ©ein  nidfet 
im  geitlid&en,  fonbern  im  logifd&en  ©inn:  baS  bem  ^Begriff  nadj  t)er= 
gangene  ober  frühere  ©ein,  ba8  logifd&e  ?Priu8  ober  Xö^cp  (yooet)  irpö- 
tspov,  baSjenige,  »aS  einem  anbern  notl^menbig  Dorl^ergel^t,  b.  i.  ber 
®runb.  ^egel  l^at  in  bem  Sßorte  SBefen  mit  Steddt  auf  bie  S3er= 
gangenl^eit  beS  ©eind,  unb  gioar  bie  geitlofe  SJergangenl^eit  l^ingemiefen; 
er  l^ätte  an  biefer  ©teDe  fflglid^  auf  ben  SlrifioteleS  l^intteifen  foQen, 
ber  ben  lerminuS  biefe«  SBegriffS  in  ber  SBebeutung  beö  ©runbeS  auf 
ba«  f(ftärfjie,  toie  fein  anberer  ^Pl^ilofopl^,  au8ge})rägt  l^at:  er  bejei(i6net 
bas  SBefen  als  baS  ©ein.  toeld&eS  »ar  (tö  tt  f^v  elvat).* 

Qualität,  Quantität,  a»aa§  finb  nid^ts  gfürftd^beftel^enbeS,  fonbern 
SBeflimmungen,  bie  einem  älnbern  julommen  ober  inl^ärent  finb.  Xu 
aiei^en  ber  SKaaftDerl^ältniffe  »offen  als  Suftänbe  gebadet  fein,  benen 
ein  ©ubftratum  ju  ®runbe  liegt,  als  il^r  Sräger,  als  2)ing,  3Jlaterie  u.  f.  f. 
„JRun  ftnb  foI(^e  aSerJ&ältniffe  nur  als  Änoten  eines  unb  beffelben 
©ubflrats  beftimmt.  3)amit  finb  bie  3Jlaa^e  unb  bie  bamit  gefegten 
©elbftänbigleiten  juSufiänben  l^erabgefe^t.    S)ie  S^eränberung  ift  nur 

>  »b.  IV.  @.  3.  »b.  VI.  §  110.  Sufa^.  ©.  221.  »fll.  meine  8ogt!. 
(2.  auf[.)  §  110.   6.  319-322. 


486  S)ie  ü^el^te  Dom  6ein« 

Slenbcrung  eines  Suftanbcö  unb  bQ8  Uefcergel&enbe  tfl  al«  bann 
baffclbe  bleibenb  gefegt."  «S)ci3  ^rinci})  i|i  itod6  ntdöt  bet  freie  35e= 
griff,  iDeld^er  allein  feinen  Unterfd^ieben  immanente  SBefiimmung  giebt, 
fonbern  baS  ?Princi^)  i|i  junafifeft  nur  ein  ©ubiirat,  eine  SWaterie*  u.  f.  f.' 
SBad  toxi  l^ier  aU  bad  ju  ©runbe  Siegenbe  ober  aU  Subfirat 
bcjeid&net  l^aben  unb  aud&  Don  ^egel  bejeiinet  finben,  i|i  ni^tS  anbereS 
ate  ber  ^Begriff  beS  SBefend.  @8  giebt  Dom  Sein  aum  äBefen  leinen 
Uebergang,  ber  einfod&er  unb  einleud^tenber  ttftre. 

8.  2)te  Itategorien  bes  Seins  unb  bie  d^ntioicflung. 

3ur  burdbgöngigen  SrI&uterung  ber  l^egelfc^en  Sogit  l^abeit  loir 
gleid^  in  ber  Einleitung  jene  i^r  eigentl^ttmlid^e  @in]^eit  ober  ^bentitdt 
oon  gorm  unb  Snl^alt  erfiftrt,  toelti^e  ber  ?pi&iIofot)]ö  fo  oft  unb  nacfe^ 
brüdlidb  an  i^r  l^eröor^ebt.  3)ie  SWetl^obe  ber  €ntn)i(Ilung  ifl  fotoo^I 
ber  Snl^olt  als  bie  gform  ber  ßogif.  SBaS  entioitfelt  wirb,  tft  bei 
öegriff  ber  entwidlung.  fflenn  toir  bie  borgepellten  Äategorien 
mit  bem  Segriff  ber  ©ntwicMung  Dergleid^en,  fo  cntl^fttt  biefer  gtoat 
mc^r  unb  tiefer  liegenbe  Segriffe,  aber  eS  ifi  ni(ftt  ju  Derlennen,  bofe 
bie  bisl&erige  fReil^e  ber  Äategorien  mit  jebem  ©(dritte  ben  Segriff  ber 
@nttt)i(ilung  aböquater  auggebrfldt  l^at.  Xa9  SBenigjle  unb  %bftracte{le, 
baS  oon  l^m  gcfagt  werben  !onnte,  »ar  ber  Segriff  beS  ©eins.  3)ie 
SntioidEIung  ifi,  aber  burd^g&ngig  unrul^ig,  loie  fte  ift,  mug  i^r  bloge« 
©ein  negirt  werben:  fie  ift  im  forttoftl^renben  gluffe  be8  2Bcrbcn8 
begriffen,  jeber  neue  3upanb  ift  baS  Sergel^en  eines  Dorl^anbenen,  fie 
ift  ein  befifinbigeS  (Sntftel^en  unb  Sergel^en,  fte  ifl  ni^t  blog  Sterben, 
fonbern  ^nberdwerben  ober  Ser&nberung,  bie  fd^on  eine  concretere 
3lrt  be«  SBerbenS  barfteßt.  SOBa«  ftd&  enttoitfelt,  ge^t  auf  ieber  ©tufe 
unb  in  jebem  SDIomente  feiner  (Sntioidlung  mit  fid^  felbfl  jufatnmen: 
bal^er  ift  baS  ©ubject  einer  (Sntwitflung  als  gürfid^fein  ober  GincS 
JU  faffen.  SBaS  ftc^  entmidelt,  ift  guglei^  6ine8  unb  SieleS,  b.  t 
es  ifl  ®roge,  biScrete  unb  continuirHc^e  ®röge,  eS  ift  n&l^er  tnten= 
fit)e  ®r5ge  ober  ®rab:  bal^er  ift  bie  @ntioidEIung  nid^t  blog  Scf 
dnberung,  fonbern  ®rögent>er&nberung,  grabuelle  unb  con- 
tinuirlid^e,  fie  ifi  in  jebem  ilferer  SWomente  unb  ©tufen  ein  SRaal, 
ein  3JlaagDerl^äItnig,  eine  9ieil^e  ober  eine  Anotenlinie  Don  SRaag' 
oerl^&Itniffen.    2)ieS  ift  bie  l^öd^fle  aller  biSl^erigen  Jtategorien  unb 


^egel.   SOßetle.   SBb.  III.    8.  488  u.  489. 


2)ad  anaag.  487 

bteienige,  loetd^e  ben  Begriff  ber  SntiDtdEIung  jmar  !etneSioegS  t)datg 
ober  DoKIommen,  aber  Dergleid^ungSiDetfe,  b.  1^.  t)ergItdoen  mit  aDen 
t)or]&ergel^eitben,  am  ab&quateften  ausbrfldt. 

Um  unfcre  entoidelten  Äategorien  mit  bem  Segriff  ber  ®ntiDitI= 
lung  t)erglei(i^en  ju  fönnen,  l^aben  loir  t)on  bem,  roa^  ftdg  entiotdelt, 
b.  1^.  t)on  bem  ©ubjjecte  ber  SntiDtcIlung  fpred^en  müffett.  ä3id  ju 
btefer  SEiefe  bringt  feiner  ber  bisl^erigen  ^Begriffe,  alle  finb  baDon  nod6 
loeit  entfernt.  2)iefen  ^Begriff  feigen  n)ir  in  ber  Ofeme  aU  bad  ®runb= 
t^ema  beS  britten  unb  legten  Zf^tiU  ber  Sogü. 

SBaS  in  ber  SntiDidlung  gefc^iel^t,  juflanbe  !ommt  unb  als  um 
mittelbares  2)afein  l^erDortritt,  ift  vermittelt  unb  begränbet;  es  ift 
einer  feiner  geniic^tigen  @&$e,  bem  mir  Don  feiten  Tegels  fo  oft  fd^on 
begegnet  finb:  bag  eS  in  einem  aDe  SSermittlung  auSfd^Iiegenben  Sinne 
gar  feine  Unmittelbarleit  giebt;  bal^er  aQe  Seigren  t)on  ber  Unmittel» 
barfeit  beS  @einS,  beS  SBiffenS,  ©laubenS  u.  f.  f.  unmal^r  unb  nid^tig 
finb.  Slße  SJermittlung  aber  bepelzt  in  ber  Segrünbung,  in  ber 
Unterf^eibung  unb  SBegie^ung  Don  ©runb  unb  gfolge,  b.  I§.  in  bem 
SSerl^ältnife  fold^er  Seftimmungen,  bie  immer  ju  unterfd&eiben  unb  nie 
gu  trennen  finb:  fie  fönnen  nid&t  fo  bereinigt  »erben,  bafe  fie  eine 
ä3e{timmung  auSmad^en,  bie  in  eine  anbere  Ubergel^t;  fte  laffen  fidg  nid^t 
fo  trennen,  bafe  fie  gleidftgftltig  auSeinanber  fallen;  fie  finb  jioei  unb 
ge^dren  jufammen,  n)ie  ä3e}iel^ung  unb  Unterf^ieb,  ®runb  unb  Ofolge, 
S)ing  unb  @igenf((iaft,  Araft  unb  3teugerung,  SnnereS  unb  Sleu^ereS, 
Urfad&e  unb  Sßirlung  u.  f.  f.  3)ie  Äategorien  ber  Vermittlung  finb 
bie  beS  fflefenS:  i^r  ©runbt^ema  ift  ber  3ufammen]^ang,  tt)ie  jebe 
SBiffenfd^aft  einen  fold^en  Verlangt  unb  gu  ergrünben  fuc^t,  u^eSl^alb 
bie  Äategorien  beS  SBefenS  biejenigen  finb,  teeld^e  in  ben  erUörenben 
SBiffenfd^aften  DorgugSioeife  gebrandet  loerben.  2)a  bei  aQen  biefen 
93e{limmungen  gugleid^  i^re  3u)ei^eit  ober  2)u))Ucitdt  unb  il^re  Ver- 
einigung in  baS  3luge  gu  faffen  ift,  fo  liegt  barin  eine  bcfonbere  il^nen 
anl^oftenbe  Sd^mierigleit,  bie  aud^  ^egel  a(S  fold^e  empfunben  l^at,  benn 
er  erMärt  bie  ßel^re  Dom  SBefcn  für  ben  fd^toerfien  SEl^eil  feiner  ßogif.^ 

S)ie  aSegriffe  bcS  ©einS  »oren  einfad^,  benimmt,  burd&  i^rc  a3e= 
ftimmtl^eit  unterfd^ieben,  mit  il^rcr  Jlegation  ober  il^rem  änberSfein 
behaftet  unb  boburd^  genot^igt,  in  anbere  93eftimmungen  übergugel^en. 
93on  einem  fold^en  Ueberge^en  ift  in  ben  Äategorien  beS  SßefenS  nid^t 


ob.  VI.   §  114.   ©.  229. 


488  S)te  Se^re  tom  SEBefen. 

mel^t  bie  9lebe:  l^ier  ftnb  immer  gmei  SBefltmmungen  }u  fe^en  unb  auf 
emanber  ju  (ejtel^en.  „^m  @ein  tft  adeS  unmittelbar,  im  ffiefen 
bogegen  ip  atteS  rclatiö."^ 


Siebael^nteS  Kapitel. 
Hu  £e^re  wm  Wtftn.    A.  Ute  lle^fri0ti.' 

L  S)ic  tftefleEioitSbeflimmuTigcn.    3)ie  3bcntitdt. 

1.  64ein,  (fiY^einung,  aOBirtli^teit. 

„2)te  SBal^rl^eit  be8  @ein8  ift  ba8  aBefen."  3Jlit  biefem  Sa^, 
ber  bie  ganje  Dorl^ergel^enbe  (Sntioidlung  in  ttdb  f^Iie^t,  beginnt  ^ege( 
ben  gmeiten  5£fitil  feiner  Sogü.  SBaS  ben  Uebergang  t)om  @ein  gum 
SBefen  betrifft,  fo  nimmt  baS  natflrlic^e  2)enlen  ganj  biefelbe  fRid^tung, 
iDie  ba8  met^obif(!6e  unb  fpecuIatiDe:  eS  glaubt  ni(!6t  an  bie  SBa^r^eit 
beS  unmittelbaren  @ein8,  gu  bem  eg  ftd^  emt)finbenb,  g&l^Ienb,  meffenb 
Derl^&It,  ]§inter  loeldgem,  tt)ie  l^inter  einem  SSorl^ange,  crft  ba8  toa^re 
@ein  verborgen  fei,  baS  burd^  9la4ben!en  ober  9teflectiren  erfannt 
fein  tooUe.  2)a8  @ein  ift  baiS  Unmittelbare.  ,,2[nbem  ba8  äBiffen  baS 
SBal^re  erfennen  iDill,  roa^  baS  @etn  an  unb  für  fic^  ifl,  fo  bleibt 
eS  nid^t  beim  Unmittelbaren  unb  beffen  SBefiimmungen  fielen,  fonbem 
bringt  burdä  baffelbe  l^inburd^,  mit  ber  S3orauSfe$ung,  ba^  l^inter 
biefem  Sein  nod&  etmaS  SCnbereS  ifl,  aU  ba8  Sein  felbfi,  bag  biefer 
^intergrunb  bie  SBal^rl^eit  bed  €einS  auSmad^t.  S)iefe  6r{cnntni§  ifi 
ein  Dermittelted  äBiffen,  benn  fie  befinbet  ftdg  nid^t  unmittelbar  beim 
unb  im  SBefen,  fonbem  beginnt  Don  einem  Slnbern,  btm  @ein,  unb 
^at  einen  vorläufigen  SBeg,  ben  SBeg  be9  ^inauSge^enS  Aber  baS  @ein 
ober  Dielmel^r  beS  ^ineingel^enS  in  baffelbe  gu  madben.  Srft  inbem 
ba8  äBiffen  ftd^  auS  bem  unmittelbaren  Sein  erinnert,  bur(6  biefe 
aSermittlung  finbet  eS  ba«  äBefen.  —  „35ie  @t)rad&e  l^at  im  S^itmort: 
©ein  ba8  äBefen  in  ber  Vergangenen  3"t:  getoefen  bel^atten;  benn 
baS  äBefen  ift  baö  vergangene,  aber  geitloS  vergangene  ©ein."' 


1  »b.  VI.  §  111.  SufaJ.  6.  222.  —  «  »b.  IV.  Sioeite«  »u*.  S>a«  SBefen. 
6. 1—235.  S3gl.  9b.  VI.  Stoette  Slbt^eilung  ber  Sogt!.  S)te  8e^re  Von  SBefen. 
6.  223—414.  —  »  »b.  IV.   6.  3.    ©.  oben  6.  485. 


2)ie  9lefIe|ion.  489 

Sßenn  bie  Streikten  eines  leu(!6tenben  AörperS  eine  fpiegeinbe  OrId<^s 
treffen,  fo  »erben  fte  gurütfgetoorfcn  ober  reflectirt.  SBie  fid&  bie 
Aörper  gum  @t)tegel,  äl^nltc^  t)er^Qlten  fid^  bie  ©egenftdnbe  jum  nienf$= 
Ud^en  ®eifl,  ber  fie  betradbtet,  in  fid^  abbilbet  unb  DorfieQt.  ,,SBir 
l^aben",  fagt  ^egel,  „fomit  l^ter  ein  ®tbopptltt9,  einmal  ein  Unmittel» 
bares,  ein  @eienbed  unb  bann  jiDeitenS  baffelbe  als  ein  93ermittelte8 
ober  ®e)e^teS.  SDieS  ift  nun  aber  eben  ber  SfaQ,  menn  mir  Aber  einen 
©egenftanb  reflectiren  ober  (mie  man  aud^  gu  fagen  pflegt)  nac^benfen, 
infofern  eS  l^ier  n&mtic^  ben  ©egenjtanb  nidgt  gilt  in  feiner  Unmittet 
barleit,  fonbern  mir  benfelben  als  t)ermittelt  mijfen  tooHen/^ 

Snbeffen  fafet  §egel  bie  Äeflejion,  toeltfte  er  bem  SBegriffe  beS 
SBefenS  gleid^fe^t,  nid^t  blo^  einfeitig,  fonbern  boppelfeitig,  n&mlid^  fo, 
baS  nid&t  bIo§  bie  eine  ©eite  reflectircnb,  bie  anbere  reflectirt  ift, 
fonbern  jebe  ber  beiben  ©eiten  bie  anbere  fotool^l  reflectirt  als  öon  il^r 
reflectirt  toirb:  bie  beiben  Seftimmungen  Derl^alten  fid^  fo  ju  einanber, 
bag  jebe  bie  anbere  gleidbfam  gurfiämirft  (reflectiit),  ba^  jebe,  »ie 
^egel  fid^  gern  auSbrüdt,  an  ber  anberen  gleid^fam  fd^eint  (t)on  i^r 
reflectirt  ttirb).  3)er  ^Begriff  A  jmingt  micfe,  ben  Segriff  B  gu  beulen, 
feinen  anbern  als  biefen,  unb  ebeufo  umgelel^rt.  3d&  fann  bie  beiben 
aScgriffe  nie  ibentificiren  unb  nie  trennen.  Sfficnn  fid^  gioei'  Segriffe 
fo  ju  einanber  toerl^alten,  fo  nennt  man  fte  SlefleEionSbeftimmungen« 
ober  aieflejionsbegriffe.  S)iefe  Sejcidinung  ftammt  nid^t  erft  oon 
^cgel  ]§er,  fonbern  pnbet  fi4  bei  flaut  in  ber  SBernunftlritif,  loo  er 
Don  ber  3tDeibeutig!eit  ober  „Slmp^ibolie  ber  ^ieflejcionsbegriffe"  l^anbelt. 
Slls  fold^e  93egriffe  nennt  er  Sinerlei^eit  unb  Serfd^iebenl^eit,  €in' 
{limmung  unb  SBiberftreit,  SOtaterie  unb  Sfotm,  inneres  unb  ^eugereS. 
@ine  anbere  ift  il^re  SBebeutung,  loenn  fte  unter  bem  ©efidbtspunlt  ber 
€innli$feit  Derglid^en  merben,  eine  anbere  unter  bem  beS  SerftanbeS. 
®arin  beflel&t  il^re  S^eibeutigfeit.  * 

@oId^e  9tef[e£ionSbegriffe  ftnb  nid^t  blog  bie  foeben  genannten, 
fonbern  aud^  alle  jene,  bie  loir  fcbon  am  @d^Iug  beS  legten  SapitelS 
beifpielsmeife  angeführt  l^aben,  unb  t)or  allem  ber  93egriff  beS  SSiefenS 
felbft,  ber  uns  gmingt,  im  Unterfd^iebe  Don  il^m  unb  in  ber  notl^ioenbigen 
Segiel&ung  auf  il^n  ben  Segriff  beS  Scheins  unb  ber  (Srfd^einung  gu 
beulen,  to)ie  ®oet^e  in  ber  ,,9iatarlid^en  Zoäiitx"  feine  Sugenie  fagen 
IftfeMH,  5): 

1  »b.  VI.  §  112.  3ufa|.  ©.  224.  —  *  »gl.  aJleine  ©tf«.  b.  niuern  «P^ilo« 
fop^ie.  (3ubilftum«au«gabe.)  S9b.IV.  (4.9(ufr.)  SBu«  IL  ^ap.  VIII.  6.461-465. 


490  2)ie  Se^re  Dom  Sßefen. 

«2)er  @((ein,  toaS  ifl  er,  bem  hcA  SSefen  fe^It? 
S)qS  SBefen  loär'  t»,  loenn  eft  nid^t  erj^iene?" 

2)a§  SBefen  ift  bte  SBalgr^eit  beS  @etn8,  btefeS  ift  aufgel^obenH 
äJloment  im  SBefen.  3lu8  btefett  beiben  ©runbbefiimmungen  erl^eSi, 
lote  SBefen  unb  Sein  (S)afetn)  ju  einotiber  fte^ett:  jenes  tfl  ba§ 
tDefentli^e  unb  loal^re,  btefeS  ift  baf^  uniDefenUid^e  unb  unioal^re  Sein, 
unb  ba  es  nid^ts  S^firftd^beftel^enbed  ift  unb  leinen  93ef}anb  in  ftdb  §Qt. 
fo  ift  es  nidgt  blog  unmefentlid^.  fonbern  mefenloS  unb  nifi^tig,  b.  % 
Biotin,  ber  im  äBefen  felbft  ift,  benn  ba^  SBefen  ijt  bie  Sin^ett  aViti 
2)Qfein8,  baffelbe  fotool^l  unterfd^eibenb  aU  Dereinigenb.  ©arum  fogt 
^egel:  „S)qS  SBefen  f^eint  in  fi^  felbft".  —  9lße8  unmittelbare  ©ein  ifi. 
toie  fd&on  gefagt,  vermittelt  ober  begrünbet:  fo  ifi  aucb  baS  ©afein  im 
SBefen  begrttnbet  unb  gel^t  auS  il^m  oIS  feinem  ®runbe  l^erDor,  eS  i^ 
balger  nid^t  b(og  Sd^ein,  fonbern  begrünbeter,  teefentltd^er  @(bein,  b.  ^. 
Srfd^einung.  3tt)ifd&cn  SBefen  unb  (Srfdgeinung  befielt  !ein  2)uali8mui 
baS  SBefen  behält  in  fid^  nid^ts  jurüdE,  U)aS  nic^t  erfc^iene;  eS  erfd^int 
gang  unb  DoUfommen,  »ie  eS  ift,  b.  1^.  eS  offenbart  fid^. 

S)er  93egriff  beS  SBefenS  entmidEelt  fidg  bemnadg  in  biefen  brei 
SSeftimmüngen:  „boS  SBefen  fd^eint  juerft  in  fid^  felbft  ober  ift 
SReflesion;  3tt)eitenS  erfd^eint  eS,  brittenS  offenbart  eS  ftdg.  ds 
fe§t  fid&  in  feiner  Semegung  in  folgenbe  SBefiimmungen:  L  als  ein^ 
fad^eS,  anfid^feienbeS  SBefen  in  feinen  äSeftimmungen  innerl^alb  fetner; 
n.  als  l^erauStretenb  in  baS  3)afein,  ober  nod^  feiner  Stiften}  unb 
@rfd^einung;  ni.  als  SBefen,  baS  mit  feiner  (Srfd^einung  eins  ifi. 
als  SBirfIi*feit/^ 

S)ag  bie  ©tnnenmelt  als  eine  @d&einn)elt  gilt,  lögt  ^egel  ben 
SIepticiSmuS  begeugen;  bag  fie  als  ßtfd^einung  gilt,  bezeuge  bei 
SbealiSmuS.^  @tatt  @fe))ttciSmuS,  ba  eS  fid^  nid^t  um  bie  Baäft  brr 
Srtenntnig,  fonbern  um  bie  beS  @einS  (SHealitat  beS  2)afeinS)  l^anbeß, 
^&tte  fad^gemdger  bie  inbifd^e  9ieIigion  mit  ilgrer  Seigre  Don  ber  SRoja 
unb  beS  ^armenibeS  Sel^rgebi^t  in  feinem  gtoeiten  ä^^eile  ton  ber 
2:&ufd^ung  (Sö^a)  genannt  merben  foQen. 

2.  2)te  2)en!gefe^e. 

9iad6  ber  gettöl^nlidöen  ßogiJ  ift  affcS  5Den!en  eine  reflectirenbe 
3:^öttg!eit,  föeld^e  bie  ©egenftdnbe  Dergleicbt,  unterfd^eibet,  auf  etnanbci 


»  «»egel.    »b.    IV.     ©.  6.     »gt.    VI.    §    112-114.    6.  228-229.   - 
«  »b.  IV.   6.  10. 


2)ie  9fle|l[esion.  491 

6e}te]^t:  ballet  koeiben  bte  StefKe^ionSbefitmiiiungen  als  2)enlgefe$e  be- 
trad^tet,  gflitis  für  alles  2)eii!en,  alles  2)eti{bare  unb  Setenbe.  2)teS  ift 
nun  in  ben  Slugen  ^egels  ein  jtDeifadber  ^rttl^um:  bte  3)enfQefe^e  loerben 
etßenS  gu  eng  gefaxt,  ba  bod^  iebe  Kategorie  nadg  ber  2)efinitton 
beS  Slri^oteleS  t)on  bem  @eienben  auSgefagt  tt)irb,  alfo  ein  2)enlgefe^ 
bebeutet,  gaeitenS  aber  ift  baS  reflecttrenbe  2)en{en  leineSttregS  alleS 
S)enlen,  n)eS^aIb  bie  9tefIe|ionSbe{ltmntungen,  als  S)en{gefe^e  genommen, 
nidgt  blog  3U  eng,  fanbern  falfd^  ftnb.  Unter  btefem  ©eftdgtfipunit 
l^at  ^egel  bte  SDenlgefe^e  betrachtet  unb  Derurtl^etlt.  S)tefe  fogenannten 
2)en!gefe^e  ftnb  baS  ber  3bentil&t,  baS  ber  SSerfd^tebenl^eit,  boS  beS 
®egenfa$eS,  beS  SBtberft)ru(I^S  unb  beS  jureid^enben  ®runbeS  (prin- 
cipium  identitatis,  diversitatis,  exclusi  tertil,  contradictionis  unb 
rationis  sufficientis). 

8.  2)ie  3bentUAt. 

äJlit  bem  @etn  ftnb  aQe  i^m  angel^örtgen  Kategorien,  mz  2)afein, 
SlnberSfein  u.  f.  f.  oufgel^obene  9ßomentc  im  SBefen:  bal^er  tp  baS 
SBefen  fogletd^  als  aufgehobenes  SInberSfein,  b.  1^.  als  €id&felb{lglei(^]^eit, 
als  2)iefelbig!ett  ober  ^bentitdt  gu  faffen,  ntc^t  im  @inne  ber  @tnerlei- 
l^ett  nad^  9Irt  ber  getoöl^nlid^en  Sogt!,  fonbern  als  bie  in  fi^  untere 
fdgiebene  (Sinl^eit.  ^egel  unterfdgeibet  gmei  %rten  ber  S^bentit&t:  bie 
concrete,  meldte  bie  Unterfd^iebe  in  fid^  fd^Iie^t,  unb  bie  oon  ben 
Unterfd^ieben  abftral^irte,  teeldöe  er  ^bie  abflracte"  ober  „formelle", 
aud^  „bte  aSerftanbeSibentit&t"  nennt,  ba  eS  bie  @ad^e  beS  äSerftanbeS 
ift,  bie  ^Begriffe  abgufonbem  unb  gu  trennen.  2)aS  2)enlgefe^  ober 
ber  €a^  ber  ^bentitAt  grflnbet  ftd^  auf  bte  abfiracte  3bentität  unb 
lautet  A  =  A,  b.  1^.  älleS  ift  mit  fid&  ibcntifdö,  ober,  negatit) 
auSgebrfidEt:  A  {ann  nid^t  gugleid^  A  unb  9lid^t-A  fein.  3)ie  t)ofitit)e 
gfaffung  bittet  ben  @a^  ber  3bentit4t,  bie  negative  ben  beS  SBiber^ 
ft)ruc^S;  jener  ift  baS  jtriterium  aDer  S)en!bar(eit,  biefer  baS  aOer 
Unbenfbarfeit. 

S)aS  fficnlen  ift  leBenbiger  unb  fortfd6reitenber  Statur,  ber  ©a^ 
A  =  A  rfil^rt  fid^  nid^t  Don  ber  Stelle.  Unb  baS  tDiU  ein  2)enfgefe^ 
fein!  Äein  SeiouBtfcin  benft,  lein  SWenfd&  rebet,  lein  S)ing  egiftirt 
nad^  biefem  ®efe^;  ber  @a^  ber  Sbentitit  ifl  bal^er  lein  S)enlgefe^, 
er  ift  nic^t  Mog  lein  3)enlgefe§,  fonbern  DoQlommen  nid^tsfagenb:  A 
ift  A,  ©Ott  ift  ©Ott,  ber  ©eift  ift  ©eifi  u.  f.  f.  ©old^e  Sö^e  finb 
nid^t  6Iog  ni(!6tsfagenb  unb  albern,  fonbern  audb,  maS  fie  am 
aöerwenigfien   fein   ttollen,   \\ä)  felbft   n)iberft)red6enb,    benn   fte   er* 


492  2)te  Seigre  Dom  SSefen. 

regen  ben  @d^ein  txnti  Urt^eiliS,  ben  fte  fogleid^  ju  ©dQanben  tna^n, 
fie  laffen,  inbem  fie  ein  Subject  fe^en,  ein  ^robtcat  emarten  unb 
bringen  ni^tö  jum  93orf$ein  qU  xoxtbtx  boS  SuBject  felbft.  3nbein 
aber  biefeS  fogenonnte  2)enl8efe^  qIs  ein  @q^  ober  Urtl^eil  auftritt, 
unterfd^eibet  e8  @ub)ect  unb  $r&bicat  unb  entl^Alt  alfo  mt^x,  als 
eS  entl^atten  tt)iQ  unb  ju  entl^alten  meint:  n&mlidb  ben  Unterfd^ieb.^ 
„€8  iji  t)on  großer  SBid^tigfeit",  fogt  §egel,  ^fidfe  Aber  bie  idqI&ic 
Scbeutung  ber  3bentität  gel^örig  gu  Derpänbigen,  tooju  bann  t)or  allen 
2)ingen  gel^ört,  ba^  biefelbe  nW  blog  als  abftracte  ^bentitftt,  b.  6. 
nid^t  als  3bentit&t  mit  9luS[$Iiegung  beS  UnterfäiebeS  aufgefaBt 
n)irb:  bieS  ift  ber  $unlt,  tt)obur(i^  ftdg  ade  fc^Ied^te  ^l^ilofopl^ie  bon 
bem  unterfd^eibet,  »aS  aOein  ben  Flamen  ber  $^iIafot)]&ie  Derbient.  Sie 
Sbentitat  in  il^rer  SOSal&rl^eit,  al«  Sbealitat  atteS  unmittelbor  ©eienben, 
ift  eine  l^ol^e  99eflimmung  fomol^I  für  unfer  religiöfeS  SBeiDugtfetn,  aU 
aud&  für  atteS  fonflige  ^tnlm  unb  Settjufetfein  fiberl^aut)!."* 

II.  S)er  Untcrfdfeieb. 

3)cr  Unterfiieb  entmidfelt  ftdj  in  breifad^er,  mit  iebcm  Schritte 
tiefer  einbringenber  gorm:  bie  crfte  ifl  ber  oufeere  Untcrfd&ieb,  baS 
Unterfdbicbenfein,  bie  gtoeite  ber  innere  ober  immanente  Unterfc^icb, 
meld^er  barin  befielet,  bag  etttaS  fid^  oon  anberem,  loeld^ed  fein  9(nbere§, 
b.  16.  fein  ©egent^eil  x%  unterfd^eibet;  bie  brittc  5orm  ift  ber  Untere 
f^ieb  feiner  öon  i^m  felbft.  Sie  erfte  5orm  be«  Unterfd&iebe«  ifl  bie 
SSerfdbiebenl^eit,  bie  imitt  ber  ®egenfa^,  bie  britte  ber  Sßtber= 
ft)rud^.  Snie  brei  O^ormeu  gel^ören  gufammen  unb  bilben  bie  ©lieber 
einer  fortfd^reitenben  9lei^e,  beren  gemetnfameS  ©runbtl^ema  ber  Unter« 
fdgieb  ift.  @o  ftnb  fie  aud^  in  ber  enc^Hopöbifc^en  Qogif  gefagt, 
richtiger  als  in  ber  großen  ßogil,  bie  in  il^rer  ©lieberung  Unterfc^ieb 
unb  SBiberfprud^  Don  einanber  getrennt  l^at. 

1.  S)ie  aSerfdgieben^eit. 

3)a8  Senlgefe^  ber  Sbentitftt  l^eigt:  „SllleS  ifl  mit  ftd&  ibcntifd^*, 
baS  ber  S3erfd^ieben^eit :  „StUeS  ift  oerfd^ieben,  jebeS  t)on  jebem,  eS 
giebt  nid^t  gioei  2)inge,   bie  DoDIommen  gleid^  ober  nid^t  gu   unter= 

^  S9b.  IV.  ^Qp.  II.  2)ie  aOßefen^eiten  ober  bie  9lef(c|ion8beflimininigen. 
6.  26-71.  A.  S)ie  3bentitat.  6.  29—36.  »fll.  JBb.  VI.  A.  ^aS  aßefen  al4 
®runb  ber  ejipenj.  ®.  229—260.  a.  ®ie  reinen  «ePeEionfibeftimmungen.  a.  ^e 
Obentitdt.  §  15.   @.  229-232.  -  ^  ^benbaf.  Sufafe.   6.  231. 


2)ie  ffitfitiion.  493 

f^etben  finb.  2)te  erße  {Raffung  ifi  bie  pofttiDe  beS  So^eS  ber  SSer- 
fc^iebetil^eit  (principium  diversitatis),  bie  jtoeite,  ber  €q^  be8  Sltd^t- 
juunterWeibenben,  bie  negative  (priDcipium  indiscemibilium).  3»et 
S)inge  finb  nidgt  blog  numerifd^  Derfd^teben,  fonbern  itnglei^. 

%IS  Seibnij  biefe  @d$e  in  feinen  9)orträgen  Dor  ber  Aönigin 
©opl^ie  ©garlotte  audseft^rodgen  l^atte,  bemfil^ten  ftdg  bie  ^ofbanten, 
jiDei  gleid^e  991&tter  }u  finben,  um  ben  ^l^ilofop^en  gu  toiberlegen. 
„@lüdixi^t  Seiten  ffir  bie  SDIetapl^^fi!,  mo  man  fidg  am  ^ofe  mit  il^r 
befd^&ftigte,  unb  tt)o  eS  leiner  anberen  ^nftrengung  beburfte,  il^re 
@&^e  3U  prüfen,  als  9)aum6I&tter  3U  t)ergleid&en/'  „@d  ift  bieS",  fagt 
^egel  an  einer  anberen  barauf  be}flgli(i^en  Stelle,  „eine  bequeme,  aud^ 
nod^  l^eut  ju  Zage  beliebte  äBeife,  ftc^  mit  SKetapl^^fif  gu  befd^&ftigen/' 
2)er  eigentliche  93en)eiS  beS  leibnijifc^en  @a^ed  liegt  tiefer,  als  bie  Der- 
glei(!6enbe  93etra(i^tung  }u  faffen  vermag;  er  Hegt  barin,  bag  bie  2)inge 
ni(!6t  blog  unterfd^ieben  finb,  fonbern  fi4  unterfd^eiben,  ober  ^bag  eS 
ben  S)ingen  an  il^nen  felbfl  gufommt,  unterfdftieben  gu  fein/^ 

3taik  bem  @a^  ber  ä^erfd^iebenl^eit  ifl  aUeS  t)erfc^ieben,  alfo  aud& 
A  ein  befiimmteS,  Don  anbern  Derfd^iebeneS  A;  bal^er  ift  ber  @a^  ber 
ä^erfd^iebenl^eit  bem  ber  3bentit&t  entgegengefe^t.  „^Is  mit  fid^  iben- 
tifc^eS  A  ift  eS  baS  Unbefiimmte;  aber  atd  beftimmteS  ift  ed  baS 
©egentl^eil  l^ierDon,  eS  l^at  nid^t  mel^r  nur  bie  3bentit&t  mit  fid^, 
fonbern  aud^  eine  SHegation,  fomit  eine  S9erfd&iebenl6eit  feiner  felbfl  Don 
fi(6  an  il^m/* 

!&ie  93erf((iebenl§eit  befielet  in  ber  Anderen,  Dergleid^enben  9leflesion. 
2)ie  ©runbbegriffe  ber  duneren  SReflesion  finb  bie  Augere  3bentität 
unb  ber  Äußere  Unterfc^ieb,  iene  ift  bie  ®leid^]^eit,  biefe  bie  Un= 
glei^l^eit;  eS  giebt  nid^t  gmei  S)inge,  bie  fo  gleid^  mAren,  bag  fie 
nid^t  unterfd^ieben  n)erben  fönnten,  ni^t  gioei  Singe,  bie  fo  ungleidQ 
tD&xtn,  bag  fie  nid^t  Dergli(!6en  totxhtn  !önnten,  in  geioiffen  9iüdEfid^ten, 
nac^  gett)iffen  Seiten,  ^ier  fpielen  bie  „^nfofern''  il^re  Stolle.  3e 
Der^edter  bie  ßteid^l^eiten  ober  bie  Ungleid^l^eiten,  um  fo  geifireic^er 
il&rc  3luffinbung  unb  ^erDorl^ebung,  im  erften  gatt  bie  aSerglcid^ung, 
im  gtoeiten  bie  Unterftfteibung.  Sxotx  ®ingc,  »ie  Derfc^ieben  fte  fein 
mSgen,  finb  fd^on  infofern  gleid^,  als  fie  S)inge  unb  jebeS  Don  il^nen 
eines  ifi.^ 

^  ob.  IV.  6.  44.  «b.  VI.  §  117.  Sufa^.  ©.  236.  —  •  ©b.  IV.  B.  2)er 
Unterf«iib.  ©.  36-55.  2.  S)ie  »erf^icbenl^cit.  6. 38-43.  «nmert.  @.  48.  - 
»  »b.  VI.  «nmerf.  ©.  43-46.  »gl.  »b.  VI.  §  117.  3ufat.  ©.  234-236.  (©.  235.) 


494  2)ie  Se^xe  tom  Gefeit. 

2luf  bte  Dcrgleidbcnbc  JfteflcEton  unb  bic  Stuffitibung  bcr  n)e|enl= 
lid&en  ©leid^l^eiten  unb  Ungleii^^l^eiten  gtflnbet  fid^  bte  Sebeutung  ber 
üergleid^enben  äBiffenfd^often,  üon  betten  ^egel  bte  Detgfetcj^nbe 
^natotnie  unb  bte  Dergletd^enbe  @t)ra(igforfdgung  befonberS  l^eiDot^bt. 
3)tefe  öcrgleidöenben  SBtifenfd&aften  ftnb  bie  unentbel&rlid&en  SBoriaufcr 
unb  ^fabfinber  auf  bem  SBege  ber  $]^iIofo))]^te  gut  (Er!enntttig  ber 
@tnl^eti  ,,<EiS  ift  nid^t  gu  t)er!ennen,  baf^  tnan  auf  btefent  23ege  gu 
manchen  fel^r  lotd^ttgen  SRefuUaten  gelangt  tft,  unb  ift  in  biefer  93e= 
gtel^ung  tnSbefonbere  an  bte  großen  Seiftungen  ber  neueren  Seit  aur 
ben  ©ebteten  ber  t)ergleid^enben  Slnatomie  unb  ber  Dergleic^enben 
Sprac^forfd^ung  gu  erinnern/  Unter  ber  Sinl^ett,  rotlä^t  bie  ^f^ilo= 
fopl^te  gu  erforfd^en  fud^t,  ift  bie  ^[bentit&t  in  il^rer  nal^ren  Sebeutung 
gu  t^er^el^en.  „SBenn  man  bie  neuere  ^^ilofop^ie  nidbt  feiten  fpott= 
loeife  ali  3bentitätSp^tbfot)]^ie  begeidgnet  ^at,  fo  ift  e8  gerabe  bie 
$^Uofot)]^ie,  unb  giDar  gunäd^fl  bie  ft)eculattt)e  fiogü,  xotli^t  bie  9{id^ttg{eit 
ber  Dom  Unterfdgieb  abßra^irenben,  blogen  93erftanbe8ibentitdt  aufgeigt, 
bann  aber  aUerbtngd  aud^  ebenfo  fel^r  barauf  bringt,  ed  nid^t  bei  ber 
bloßen  93erfd^teben^eit  ben)enben  gu  laffen,  fonbem  bie  innere  Sinl^eit 
atteö  beffen,  loaö  ba  ift,  gu  erlennen."* 

2.  S)et  9egenfa|. 

3e  beutUd^er  unb  fd^&rfer  bie  93erfd^tebenl^eit  gebadet  toirb,  um 
fo  beutlid^er  unb  fd^drfer  treten  i^re  beiben  @etten,  bie  ©letc^l^eit  unb 
Ungletd^l^eit,  l^erDor  unb  etnanber  entgegen.  S)ie  entu)idelte  S3erf(^ieben= 
l^eit  ift  ber  @egenfa^.  S)ad  britte  3)enfgefe^  ift  ber  @a^  ber  @nt= 
gegenfe^ung:  „^lU^  ift  entgegengefe^t".  ä^on  gmei  contrabictorifcfi 
entgegengefe^ten  $r&bicaten  mug  iebem  S)inge  eines  gubmmen,  ed  iß 
entn)eber  A  ober  9tid^t»A,  eS  giebt  !ein  brittelS,  bal^er  ^ei^t  btefed 
S)enfgefe§  ,,ber  @a5  be§  auSgefd&Ioffenen  SDritten  (prindpitim  ezclusi 
tertii)":  unmöglid^,  bafe  etwa»  foioo^I  A  als  ?iid&t-A,  unmöglidö,  büß  eS 
ttjeber  A  nod6  9lid6t=A  iji.  Sie  beioiefene  Unmögtid&!eit  ber  erfien 
9[rt  ift  bie  ^Intinomie,  bie  ber  gtoeiten  ift  baS  S)ilemma.  SBenn  etumS 
fomol^I  A  als  aud^  31W'A  ift,  fo  n)iberft)rid^t  eS  fid^  felbft  unb  iß 
unmöglid^,  lote  ein  geraber  AreiSbogen,  ein  t)ieredKger  Sirlel,  ein 
^ölgemeS  (Sifen  u.  f.  f.  S)er  @a^  beS  auSgefdgloffenen  S)ritten  fül^rt 
uns  gurüdE  auf  ben  @a^  beS  SBiberfprud^S,  biefen  negativen  SluSbrud 

'  d^benbaf.  §  118.   @.  237  u.  288. 


l^ie  9lef[e£ion.  495 

beS  @a^eS  ber  Sbentii&t  unb  unterliegt  benfelben  @intt)üifen,  bie  ienem 
erften  ber  fcgenonnten  S)en!gefe^e  getnadgt  morben  ftnb. 

1.  3m  ©egettfo^  finb  3bentttöt  unb  Unterfcfeieb  vereinigt.  (&nU 
gegengefe^tc  finb  tbentifd&,  bcnn  nur  Scgriffc  berfelben  ärt  (glcit^- 
arttge)  lönnen  einanber  entgegengefe^t  tDerben,  toie  g.  93.  fed&S  SReilen 
nad^  Often  unb  fec^iS  9)leilen  nad^  SBefien  ibentifd^  ober  gleichartig 
ftnb  aU  SBege;  tote  toeig  unb  fd^toarj,  l^eU  unb  bun!el  ibentifdg  finb 
als  Sic^tarten  u.  f.  f. 

2.  6ntgegengefe§tc  [inb  Derfd^iebcn,  »te  fed^g  SDleilen  nad6  Dften 
unb  fed&6  SDIeilen  nod^  SBeften  t)erf(^iebene  SBege  unb  jiDöIf  Derfd^iebene 
SWcilen  ftnb. 

3.  (Sntgegengefe^te  ftnb  entgegengefe^t  unb  \>tx^aUtn  fid^  ju 
einanber  ttie  ^ofitit)ed  unb  SlegattDeS.  @o  finb  jene  beiben  SBege 
in  SCnfel^ung  tl^rer  fRic^tung  einanber  entgegengefe^t.  SBenn  biefelben 
fed^jS  ajleilen  nac^  Dften  burd^Iaufen  unb  bann  nad^  SBeften  gurüdE» 
gelegt  toerben,  fo  ift  man  loieber  an  biefelbe  Stelle  gelommen  unb  ber 
Suflanb  ber  £)rt8t)eränberung  gleid^  9luII. 

4.  $ofitit)eS  unb  9iegati))ed  finb  9tefte£ion$6eftimmungen 
unb  gel^ören  bergefialt  gufammcn,  bag  ber  begriff  beS  $ofitit)en  leinen 
anberen  als  nur  ben  beS  9tegatit)en  l^erDorruft,  unb  ebenfo  umgefe^rt. 
^ofitiDed  unb  9tegatit)e8  aber  Derl^alten  fidg  fo  gu  einanber,  ba^  fie 
ft(^  gegenfeitig  aufl^eben,  jebe  @eite  alfo  ben  ®runb  aui^mad^t,  loarum 
bie  anbere  (gang  ober  gum  Sl^eil)  nid^t  ifi:  jebe  Seite  ifl  negativer 
@runb.  @o  ent^&It  bie  Sntgegenfe^ung  fd^on  ben  Segriff  beS 
@runbeS,  ber  baS  ©runbt^ema  aQer  SBeftimmungen  beS  SBefenS  aul^ 
mad^t.  3)ieS  mar  oudg  bad  97totit),  meld^eS  unferen  Aant  aU  il^n  ba8 
Problem  ber  ^aufalitfit  tiefer  gu  befd^ftftigen  anfing,  veranlagt  l^at, 
feine  gebanlenreid&e  ©d&rift  gu  öerf äffen:  „SJcrfu^  bie  negatit)en  (großen 
in  bie  SBelttoeiSl^eit  einguf flirren ".^ 

5.  (Es  ifi  gun&d^ft  gleichgültig,  meldte  ber  beiben  Seiten  beg 
©egenfa^ed  pofttiD  unb  toeld^e  negatit)  l^eigt,  jebe  ift  in  Segiel^ung  auf 
bie  anbere  negatit).  SBad  in  ber  einen  SSegiel^ung  negativ  ift,  gilt  in 
einer  anberen  ffir  ))ofitit).  So  ftnb  bie  Sd^ulben  negatives  S^ermögen 
in  93egie]^ung  auf  ben  Sd^ulbner,  t)ofitit)eS  bagegen  in  93egie]^ung  auf 
ben  ©laubiger. 


1  93gl.  meine  ®ef4.  b.  neuem  ^^ibfop^te.  3ubt(.-Kuftg.  SBb.  IV.  (4.  Sufl.) 
S3u4  I.   (&ap,  Xni.   @.  206  flgb. 


Jtejr::^  3«^  (Srujiiei.  'OffflrrT  mm  tei  irr  5jriaJ^e3aii»j.  Z. 
'ö  3iü''^ct  7ifi  joviifaid^  rärz  äeräct  Sracr  jatermeäei:  anfi  tf  tir* 

:in^  mäi&et  Set  3e§  Tls^ccses  folinur.    2as  Snye   'Sfliirra'      ^" 

3^«re.  H^rsd^^yre^re  dt  laä  Sonrrat  3a§  jm  finjjr^nijpgga  irr 

SeU  vAi^e:r,  ist  H  xacrSctnäarac  erdennex  xzd  mir'  "lar'.ter  ^^ 
fttee  Seüi«!  CiöTafrete.    Sccx  es  »Lfi  v  5.  aar  tet  Sgyalia  jBrz,r. 

aer  ^^aciitx:e:^^  9or  Xii^es  fjurv,  m  piereli  Tcxsuzb.  kos  löe  Soa^-u 

kes  i€^  '}U:;:tti9e:i.  €6e:i'''i3  Berf;dlt  e$  n^  seit  dcK  wlte^rsäizsr: 
B;Ti  Uf^z^.Cu%  ^j«*'2|e  pK^djca  ©ListSea  ssd  Si?inL^  25er: 
ixx:xn  3t  :t  ^e-;e(  iü  ivMx  Bttun  be#  6€geTr.z|»  mit  kcK  bicri^  crr- 
iicitemn  ^czmeutm  bei  0^:itttit  sufi  be$  U:itrrvdiede$  Btrarrnt:.  *: 
(litt  n4  mit  -^a^i  ba$  X'cntine  al$  ba$  mit  n4  SIo^  cfc 
'^t^vtlM^,  bc^  ^ke^cniot  aäer  al$  baS  bwvn,  feir.jrgru*^efeyg^  nagV^. 
ftnd  Uuuxidneibtnu  tzfüäztu.  ,XaS  5ce3Jti9(  $  btf  ftr  ici  k^ 
futfeuht  ^tit^tn^m^ti,  gegen  baS  $ontioe,  ba$  bie  SScvoikmbs  tfs 
(tv^^^cittun  (Rt^ewa:^  in,  ber  auf  fu^  bein^cibe  gam|e  Scges' 
fa5,  vx\ofi%ttnitit^  htm  mit  fü  ib««tif4«i  ©ffe|t?€nL'* 

7.  Xn  ifazatUriniiiit  Untertc^ieb  beS  ^ontomi  sab  Slcgstioe::. 
ftie  htr^tlbt  an^  U^vd^en  Orünben  einleuchtet^  beflätigt  ti4  «u6  aritb= 
wetift!^  in  bn  l:e6re  0on  ben  nesoüDen  Größen.  3iKi  Sodorca. 
beten  einet  pcntio,  bet  anbete  negatio  i^,  geben  ein  ncgatincS  ^ßrobnct 
|0ei  negotioe  /^fadoten  geben  ein  pofittDeS.  9ng  logif  #en  Orönben! 
Xet  ifadfft  —  5  lagt:  fe^  fünf  obet  fe|e  bie  Sin^  fftnfnial;  bei 
anbete  !^ctat  —  3  lagt:  fe|e  5  bteimal  entgegen,  alfo  i^  haS  ^robuc: 

»  »gl,  tUvbal  «b.  V.  4.  «ttfl.,  »u*  IL  M».  VIL  6.  378  flfib.  - 
*  l^^tU  ISttU.   9b.  IV.  €.  48  flgb. 


2)ie  »eflesion.  497 

bie  btetmal  entgegeitgefelte  fünf,  b.  1^.  —  15.  S)QJfeI6e  $robuct  er- 
giebt  fid^,  toenn  bie  3q^I  — 3  fünfmal  aU  fold^e  gefegt  ober  mtebei> 
l^olt  toitb.  @inb  bagegen  beibe  Ofactoren  negattt),  fo  mu^  bad  $robuct 
poftttü  QuSfatten,  ba  @ntgegengefe^te8  entgegenfe^en  foDtel  l^eigt  aU 
fe^en,  koie  eine  Slegation  negiren  fo  t)iet  l^eigt  als  ))ontren  ober  afftt= 
mircn.  „@o  ijl  bcnn  au(6  —  a»  —  a  =  +b,^,  bontnt,  »eil  bas 
negatioe  a  ntd^t  blog  auf  bie  entgegengefe^te  SBeife,  fonbetn  rotxl  es 
negattt)  genommen  nietben  foll.  S)ie  9tegatton  ber  9legation  aber  ifl 
ba«  Jpoptioc."^ 

3.  S)et  aOtbexf^TU^. 
Stus  ber  Statur  beS  ®egenfa|e§  erl^eUt,  bag  lebe  ber  beiben  Seiten 
notl^toenbig  auf  bie  anbere  bejogen  ifi,  mit  il^r  üufammenl^ingt,  barum 
ba9  ©ein  berfelben  fe^t  unb  forbert;  gugleid^  erl^eKt,  bog  iebe  Seite 
als  negativer  ®runb,  ber  fie  ifi,  bad  9lid^tfein  ber  anberen  Seite 
fe^t  unb  forbert,  bag  alfo  iebe  Seite  ju  ber  anberen  fid^  foiool^I  fe^enb 
als  aufl^ebenb,  fou^ol^t  pofitio  aU  auii  negatit)  Oerl^ält,  alfo  felbft 
foiool^I  pofitio  als  au(6  negativ  iji,  mitl^in  ben  ganjen  ©egenfa^  bilbet 
ober,  n)as  baffelbe  l^eigt,  fid^  felbft  entgegengefe^t  ifl.  ^n  biefem  fid^ 
felbft  &ntgegengefe|tfein  bejtel^t  baS  SSefen  beS  SBiberft)rud&S. 
C^ier  ift  ber  $un!t,  in  toeldbem  ber  ©egenfa^  jn)ifd^en  ber  f))eculatit)en 
unb  gett^öl^nlidgen  8ogi!  fidg  auf  baS  fd^&rffie  auS))rftgt  unb  jufpi^t. 
2)ie  l^erfömmlid^e  £ogi{  erHArt:  „^IleS  ift  mit  ftd^  ibentifd^,  ober 
9ltd^tS  niiberfprid^t  fid^";  bagegen  bie  f))ecuIatiDe  Sogü:  9tid^tS  ift  fid^ 
felbft  gleid^  ober  ^QeS  toiberfprid^t  ftd^.  Ol^ne  ben  9Btberft)rud6,  biefe 
Sinl^eit  entgegengefe^ter  93efiimmungen  im  SSefen  ber  S)tnge,  giebt  eS 
fein  aSBerben,  leine  SBcränberung,  feine  SBetocgung,  fein  ßeben,  feine 
@ntn)idEIung,  fein  SelbPen)u^tfein,  feinen  ®eift  u.  f.  f.  S)iefe  93e- 
beutung  beS  äSiberfprud^S  als  ber  Sinl^eit  entgegengefe^ter  SBeftimmungen 
(coincidentia  oppositorum)  j^aben  tiefe  unb  fül&ne  ffienfer,  toie  ^eraflit 
t)on  @))]^efuS,  9ltfoIauS  Don  Sufa,  ©iorbano  93runo  Oon  3lola  in  t)onem 
^aa^t  geltenb  gemad^t,  »dl^renb  bie  fiogif  ber  Sd^ule  biefe  (Sinftd^t 
nid^t  ^at  unb  baS  ©egent^eit  berfelben  bel^auptet.  ^egel  ftimmt  mit 
jienen  S)enfern  überein  unb  fteUt  bie  ©eltung  beS  äBiberft)rudgS  in  ben 
SWittelpunft  feiner  ßogif  unb  il^rer  SOletl^obe.  „SBaS  überhaupt  bie 
2BeIt  bemegt,  baS  ift  ber  SBiberf))rud^,  unb  eS  ift  I&d^erli^  gu  fagen, 
ber  SBiberfl)rud5  laffe  fid^  nid^t  benfen."* 

1  «benbaf.    ob.  IV.    6.  55.  -  »  »b.  VI.    §  119.    3ufot  2.    6.  242. 
W^tv,  Oef((.  b.  9MIof.  Vm.  91.  9(.  32 


498  ^ie  Seigre  bom  IBefen. 

Ss  gtebt  einen  notJ^kDenbigen  unb  einen  unmdgUdgen  SBibetf)iru4; 
es  i^  beSl^alb  jum  9}erfldnbniB  unb  jur  rid&ttgen  SSeuttJ^eilitng 
ber  l^egelfd&en  Sogt!  toidgtig,  bie  Seigre  t>om  9Biberf))tud^  flar  gu  fteDen 
unb  nadg  beiben  Seiten  ju  erleud^ien.  S)er  unmöglid^e  SBiberfpra^ 
befleißt  barin,  bag  einem  93egriffe  ein  n)iberf))red^enbe8  SOterlmat  bev 
gelegt  mirb,  ttoburd^  ein  unmdglid^er  ober  abfurber  93egriff  entfielet, 
toit  ber  gerabe  AreiSbogen,  ber  t>mtäx%t  3irlel,  bad  l^ölieme  (Sifen  u.  f.  f. 
S)Qgegen  ber  notl^ttenbige  9Biberf))rud&  ift  jene  im  äBerben  unb  in 
aDen  SIrten  beS  SBerbenS  entl^oltene  (Sinl^eit  t)on  @ein  unb  Sttd^tfetn, 
meldte  einen  ber  erfien  ®runb(egriffe  ber  fpecutati))en  ßogil  ausmacht  ^ 
Dl^ne  biefen  aBiberf))rud^  giebt  eS  feinen  $roceg,  atfo  aud&  leinen 
SBett^roceg.  S)arum  jagt  ^eget:  „äBaS  flber]^Qu))t  bie  SBelt  beiDegt, 
baS  ift  ber  äBiberfprud^"*.  3Ran  fönnte  biefe  beiben  Srten  beS  SEBiber^ 
f))rud^8  lurg  unb  treffenb  in  folgenber  SBeife  begeidgnen  unb  untere 
fd^eiben:  ber  unmdgtid^e  SBiberfprud^  ift,  um  in  ber  @d^ulf|)rad^e  ber 
ßogil  ju  reben,  bie  «contradictio  in  adjecto»,  ber  not^toenbige 
SBiberfprudg,  meldger  bie  SBelt  betoegt,  ift  bie  contradictio  in 
sujjjecto.  S)en  SBiberfl)rud6  in  ber  ©eftolt  ber  contradictio  in 
adjecto  l^ot  bie  ©d^ullogil,  t)on  ber  oud^  ber  9lu8bru(f  l^errü^rt,  aEetn 
im  %uge  unb  l^dtt  il^n  für  bie  eingige  {^orm  beS  aBiberfpruc^d.  2)ie 
Unmdglid^Ieit  biefeS  SBiberfprudgS  f)at,  toit  SlriftoteleS  begeugt,  aud^ 
^eroHit  nid^t  geleugnet,  toAl^renb  ^egel  ))on  einigen  99eif))ielen  jener 
unbenibaren  SBiberfprfid^e  mit  Siedet  bemerft,  bog  fte  leineSmegS  fo 
abfurb  finb,  di  man  meint;  ed  ftnb  nid^t  bie  l^ötgernen  @ifen,  fonbem 
bie  93eifpiete,  meldte  t)on  geometrifd^en  93egriffen  l^anbeln.  ^£)b  nun 
gleidg  ein  t)ieIedEiger  3ii^lel  unb  ein  gerobltniger  AreiSbogen  ebenfofe^r 
biefem  @Q^e  miberftreitet,  fo  l^aben  bie  ©eometer  boc^  lein  SSebenlen, 
ben  AreiS  als  ein  ä^ieledE  t)on  gerablinigen  @eiten  gu  betrad^ten  unb 
gu  be^anbeln."*  @S  ift  gu  bemerfen,  bafe  in  ben  ongeffll&rten  SBei^ 
f))ielen  eS  ftd^  nid^t  um  SBegriffe  unb  bereu  miberfpred^enbe  9}lerfmoIe 
(contradictio  in  adjecto)  l^anbelt,  fonbern  um  bie  ©ntftel^ung  ber 
SurDe  aus  ber  geraben  ßinie  unb  beS  AreifeS  ouS  bem  ^ol^gon,  alfo 
um  3uftdnbe  beS  SBerbenS  unb  be§  UebergangeS  auS  einem  ®r5Ben= 
guftanbe  in  einen  anberen;  l^ier  ober  l^errfd^t  ber  SBiberft)rud&,  toeld^er 
notl^menbiger»  unb  einleud^tenbertoetfe  in  allem  SBerben  ftattfinbei,  unb 
ben  toir  bie  contradictio  in  subjecto  genannt  l^aben. 


©.  oben  »u(5  II.  6ap.  XIII.  6. 441.  -  «  S3b.  VI.  §  119.  6.  239  u.  240. 


S)ie  Rellesion«  499 

III.  ®tunb  unb  S^otge. 
1.  S)er  5urci4enbe  ®xunb. 

2)er  SBiberfprudg,  melier  in  bem  ftdg  felBfl  @ntgegense[e$tfetn,  in 
„bem  Unterfdgiebe  feiner  t)on  il^nt  felbft"  befielet,  mu^  fxii  auflofen: 
bie  Sntgegenfe^ung  g^f^^i^^  ^^^  \^^  U^W  entgegengefe^te  SBefen 
ftS^t  {t(!^  t)on  {td^  felbfl  ob  unb  gel^t  in  iXoti  93eflimmungen  auS* 
einanbet,  beten  eine  bie  fe^enbe,  bie  anbete  bie  babutd^  gefegte  ifl: 
iene  ift  bet  ®tunb,  biefe  baS  SSegtAnbete  ober  bie  Sfolge.  @8  giebi 
nid^iS  UnmittelbateS;  olleS  2)afein  i{i  ))etmittelt  unb  miS  oIS  t>tX' 
mittelt,  b.  1^.  oXi  begtünbet  gebadet  toetben.  SHIeS,  toaS  ifl  unb 
gefd^iel^t,  l^at  feinen  guteid^enben  ®tunb.  @o  lautet  bafi  le^te 
ber  fogenannten  SJenfgefe^e  (principium  rationis  sufficientis).  (gigent* 
lid&  iji  e«  flbetfiflfftg  ju  fagen:  „ber  jureidfeenbe  ®runb".  SBenn 
bet  ®tunb  3um  SBegtfinben  nid^t  juteid^t,  fo  begtünbet  er  nid^t  unb 
ift  alfo  lein  ®tunb:  bolzet  mug  bie  Sejeid^nung  „jureid^enb", 
ttenn  fie  nid^t  ))Ieonaftifd^  fein  miD,  me^r  bebeuten,  aU  bet  99egtiff 
beS  ®tunbe8  befagt. .  Unb  fo  t)etl^&tt  eS  fidb  auc^  im  Sinne  Seibnijend, 
bet  baS  3)enlgefe^  in  bet  genannten  f^otmel  au8gef))tod^en  l^at.  2)a8 
blo^e  93egtanben  fttl^tt  ins  Snblofe  unb  lommt  gu  leinem  enbgüttigen, 
t)oUenbeten,  n)Q^t^Qft  guteid^enben  ®tunbe,  bet  als  fold^et  übet  ben 
3}led6aniSniug  bed  blogen  93egtünbenS  ^inauSgel^i  2)ieS  toat  Seib- 
nigenS  3bee.  9lad^  il^m  ift  bet  guteid^enbe  ®tunb  nidgt  bet  nied^anifd^e 
(bas  SBatum  beS  SBatum),  et  liegt  in  bet  Slei^e  nid^t  bet  causae 
efficientes,  fonbetn  bet  causae  finales:  e8  ift  bet  teleologifcfie 
@tunb,  b.  1^.  bet  S^^ä  unb  SnbgmedE,  alfo  in  9lnfel^ung  aUeS  beffen, 
toaS  in  bet  SBelt  ift  unb  gefd^iel^t,  ber  SBitte  bet  göttlid^en  ®eted§tig- 
leit  unb  SBetSl^eii^ 

3n  bem  SSetl^Altnig  t)on  ®tunb  unb  gfotge  finb  3bentitftt  unb 
Untetfd^ieb  aU  äJlomente  cntl^alten.  ®tunb  unb  S^olge  finb  ibentifd^ 
unb  l^aben  benfetben  3n^alt.  ®tunb  unb  {^otge  finb  t)etfd^ieben:  bie 
))on  bet  t^olge  t)erfd&iebenen  ®tünbe  finb  bie  93ebingungen  unb  Um» 
ft&nbe,  aus  beten  t)oUftänbiget  93eteinigung  bie  O^olge  tefultitt.  2)ie 
SSetfd^iebenl^eit  entn)id(eit  ftd^  gum  ®egenfa^,  bie  ))etfd^iebenen  ®tünbe 
finb  in  SBegiel^ung  auf  bie  gfolge  einanbet  entgegengefe^t:  bie  einen 
f^ted^en   bafüt,   bie   anbeten   ban)ibet.    2)aS  93egtünben  in  biefen 


»  »b.  IV.   i&ap.  ni.   6.  77-114.  «nmer!.  6.  74  w.  75.    »gl.  »b.  VI. 
121.   6.246-248. 

82* 


500  S)te  ^fixt  )9om  aßefen. 

manntd^foltigeit  Stid^tungen  be0  SrfIdTenS,  S3ebingen8,  S)QrIeflen8  unb 
Seleud^tenS  ber  ®rfinbe  pro  unb  contra  bilbet  ben  Sl^araltet  bedienigen 
2>enlend,  meldgeS  man  SRdfonnement  nennt,  baS  aQem  Sutoritfttd- 
glauben,  ber  nt^t  nad^  ©rfinben  fragt,  gumiberiftuft  unb  in  ber  ®e^ 
f($i(]^te  ber  ^^Uofopl^te  burd^  baS  Seitatter  ber  @o^l^tfti!  gut  (Er- 
fc^einung  unb  Geltung  lommt.  %IIed  9lafonnement  t|i  iDia!ttrIi4, 
unb  es  l^dngt  t>on  ben  fubjecti))en  3Jletnungen,  @((ft^ungen  unb 
3ntereffen  ab,  tteld^e  ®rflnbe  als  gute  unb  meldte  als  fd^Ied^te  gelten 
follen.  (Es  gtebt  ntd^tS,  loaS  ftdg  auf  bem  Sßege  beS  9l&fonnemeni§ 
ntd^t  begrflnben  unb  bef^öntgen  Iftgt.  i,3n  unferer  reflestonsreic^en 
unb  rdfonntrenben  3ett  mn%  eS  @tner  nod^  nid^t  mett  gebrad^t  ^aben, 
ber  ntd^t  für  aUeS,  auc^  für  baS  Sd^Iec^tefte  unb  ä^erlel^rtefle  einen 
guten  (Srunb  anjugeben  meig.  SlDeS,  toaS  in  ber  SBelt  t)erborben 
loorben  ift,  baS  i^  aus  guten  ©rünben  t)erborben  n)orben/^ 

2.  SRatetie  unb  gform, 

^egel  unterfii^etbet  in  feiner  großen  8ogi!  „ben  abfoluten  (Srunb", 
teeld^er  ber  allgemeine  (Srunb  ober  ber  (Srunb  *  im  SOgemeinen  ifi, 
„ben  beftimmten  ©runb"  unb  „bie  Sebtngung".  S)iefe  Srten  beS 
®runbeS  finb  9lefIe|ionSbeftimmungen  ober  bie  Seiten  einer  SSegie^ung, 
tteld^e  burdg  bie  gtoeite  @eite  erft  ))eri)oQftAnbigt  unb  erg&njt  tnirb. 
S)aS  ©runbtl^ema  ift  bie  Sejiel^ung  ))on  ®runb  unb  gfolge.  2)te  gfolge  ifl 
burd^  ben  ®runb  gefegt,  fie  i^  baS  begränbete  ober  t)ermittelte  @ein, 
alfo  beflimmt  unb  unterf dgieben :  fie  ift  n)efentlid6e  Seflimmtl^eit  ober 
Sform.  9BaS  aber  ber  ^orm  correfponbirt,  fid^  auf  biefe(be  be^iel^t 
unb  mit  i^r  jufammenl^ängt,  ift  ber  ®runb  als  ®runbtage  ober 
€ubftrat,  als  SRaterie  unb  als  3n^aU:  ba^er  unterfd^eibet  ^egel 
ben  abfoluten  ®runb  in  biefe  brei  SSejiel^ungen:  „t^orm  unb  SBefen, 
(Jform  unb  SWaterie,  {Jorm  unb  anmalt".' 

S)er  ZtfpM  biefer  Segiel^ungen  ifl  baS  ä^erl^&Itnig  ^on  SRatexie 
unb  f^orm.  3(Ue  toefentUd^e  99eftimmtl^eit  ift  f^orm,  „ber  t^orm  gel^ort 
11ber]^au))t  aQeS  SSeßimmte  an",  aOen  t^ormbefltmmungen  liegt  bas 
äBefen  als  baS  unbeftimmte  unb  beftimmungSfAl^ige  @ubftrat  gu  ®runbe; 
unb  ba  eS  bie  einfädle  Stnl^ett  beS  ®runbeS  unb  beS  93egrünbeten 
(®runb  unb  golge)  ifl,  b.  1^.  bie  (Einheit  beS  Unbeflimmten  unb  a3e= 

1  «benbaf.  §  121.  Sufat^.  @.  248  u.  249.  »gL  »b.  IV.  S.  100.  -- 
s  Sb.  IV.  <Sa|).ni.  3)er  ®Tunb.  @.  71~1U.  A.  S>er  abfolute  ^runb.  €.  75 
bi«  87. 


2)te  Reflesion.  501 

fttmmten,  ^fo  tann  ntd^t  gefragt  iDetben,  tote  bte  t^ottn  3um  äBefen 
]§tngu!oTnme,  benn  fie  ift  nur  baft  ©d^etnen  beJTelben  in  ftd^  felbfl, 
bie  eigene  il^m  intool^nenbe  9tefIeston".^ 

^I8  bad  un6efltmntte  unb  be^mmungSfai^tge  €u6fhat  i^  ba8 
Sßefen  bte  SDIaterie,  bte  fomtbfe,  fonnem))fdnglt(6e,  geformte  äJlaterie, 
benn  e8  gtebt  !etne  abfolut  formtofe  SRaterie,  auger  in  ber  Sbfhactton, 
benn  aOe  aOtaterte,  bie  mir  em))ftnben,  t)orfteaen,  erlennen,  ntit  einem 
äBort  alle  gegenftSnbli^e  97laterie  i^  geflaltei.  60  t>tifiält  fid^  ber 
STlarmorbtod  3U  ben  Aunftformen,  bie  au8  il^m  gema($t  »erben,  tote 
@AuIen  unb  6tatuen,  jttar  em^fAnglidg,  aber  nur  ))afftt);  bie  £]^&tig' 
leit  ift  auf  feiten  ber  t^orm  ober  ber  lanflterifd^en  ©eftaltung,  aber 
ber  aRarmorblod  i^  nidgt  an  ftd^  formlos,  fonbem  l^at  als  Steinart 
feine  beftimmte  geologifd^e  S^orm.  @o  enthalt  bie  SDtaterie  fl6erl^au|)t 
eine  in  i^r  t)erf($Ioffene  unb  angelegte  Oform,  bie  fid^  ]§erauSauge{ialten 
unb  3U  enttoideln  l^at;  bie  SRaterie  ifl  bie  f^orm  an  ficfe,  .»biefe  i^  il^re 
an  fid^  feienbe  Se^immung.  S)ie  SJlaterie  mug  bal^er  formirt 
»erben,  unb  bie  fform  mu6  fid6  materialifiren,  fid&  an  ber  SWaterie 
bie  3bentitat  mit  fi(i&  ober  ba8  Seflel^en  geben."* 

3fi  aber  bie  5orm  in  ber  SDlotcrie  entl^alten  unb  in  i^r  angelegt, 
fo  ift  bte  5£]^ötig!eit  ber  gform  gugleid^  bie  eigene  93ekoegung  ber  Sfaterie 
felbft,  unb  eS  gilt  nunmel^r  bie  Sinl^eit  üon  äJlaterie  unb  f^orm,  toelcfee 
^egel  mit  bem  SBorte  ^nl^alt  bejeidgnet:  fie  ifl  ber  Sinl^aU  alled 
beffen,  maS  ifl  unb  gefd^iel^t.  aibgefe^en  ton  ber  in  il^r  t)erfc^Ioffenen 
Oform,  ift  bie  9Raterte  formlos,  borum  unterfdgiebStoS  unb  einig  ober 
einl^eitlidi,  fo  bag  alle  ®eftalten  ber  aRaterie,  aDe  formirten  Stoffe, 
b.  ]^.  aQe  2)inge  als  SntioidElungSformen  ber  einen  aRaterie  erfd^einen. 
„SBir  erl^alten  bie  eine  SWaterie  überl^aujit,  an  toeld&cr  ber  Untcrfdbieb 
als  berfelben  öugerlid^,  b.  1^.  als  bloge  t^orm  gefegt  ift.  S)ie  Stuf» 
faffung  ber  2)inge  als  fAmmtlid^  bie  eine  unb  felbe  SRaterie  jur  ®runb- 
lage  ^abenb  unb  blog  dugerlid^,  i^rer  O^orm  nad^  ))erf4ieben,  ift  bem 
reftectirenbcn  SetDufttfein  fe^r  geläufig.  S)ie  SRaterie  gilt  l^ierbei  als 
an  ftd^  burd^auS  unbeftimmt,  iebod^  aller  93eftimmung  fällig  tfnb  jugleid^ 
fd^led^t^in  ))ermanent  unb  in  allem  SBed^fel  unb  aller  ä^erAnbentng  fid^ 
felbfl  gleicSbleibenb."* 

®en  befiimmten  ©runb  unterfd&eibet  §egct  in  ben  formellen 
unb  realen:  in  jenem  l^aben  ®runb  unb  f^olge  (SBegrflnbeteS)  benfelben 

'  (&bti\t>al  ©.  77  u.  78.  -  •  SBb.  IV.  @.  81.  »gl.  VI.  §  128.  Sufo^. 
6.  257  Pgb.  —  •  »b.  IV.  @.  83.   SBb.  VI.   §  128.  Sufat?.   6.  257. 


502  S)ie  Se^te  Dom  Befen. 

3n]^a(t,  in  btefem  Derfdgiebenen;  er  nennt  bte  ©tfinbe  ber  erfien  Vrt 
fotnteQ,  toetl  fie  in  ber  @ad^e  nid^ts  leißen,  fonbern  nur  ben  3n^alt 
ber  Srfd^etnung  ober  beS  Sdegrflnbeien  t)erbop))eIn;  man  Derlangt  loenn 
man  nad^  einem  ®runbe  fragt,  eine  anbere  Snl^altSbeftimmung,  a(8  bte« 
jienige  ifl,  nadb  beren  @runbe  man  fragt,  unb  erl^&U  biefelbe.  3n  ben 
pl^^ftfalifd^en  äBiffenf(6aften  toimmelt  ed  t)on  foldften  @d^einerQärunsen, 
t)on  fold^en  SIetiologien,  bie  im  ®runbe  Tautologien  ftnb,  tote  toenn 
bie  Sentralbetoegung  ber  Planeten  bnxii  bie  loed^felfeitige  Sngie^ung 
ber  €onne  unb  Planeten,  bie  Ar^ftaÜifation  burd^  ein  entf))re((enbed 
Arrangement  ber  9Ro(ecflIe,  bie  magnetifd^en  unb  eleltrifd^en  €r= 
fd^einungen  burdg  magnetifd^e  unb  eteftrif^e  SRaterien  u.  f.  f.  erHdrt 
»erben.  „S)er  ®runb  ifl  baS,  toorauS  baS  S)afein  begriffen  loerben 
fon,  umgefe^rt  aber  U)irb  t)on  biefem  auf  il^n  gefd^Ioffen  unb  er 
aus  bem  S)afein  begriffen."  ,,SBeiI  er  nun  burd^  bieS  SSerfal^ren  nacb 
btm  ^l^Anomen  eingerid^tet  ifl,  unb  feine  Seftimmungen  auf  btefem 
berul^en,  fo  fliegt  biefeS  freilid^  ganj  glatt  unb  mit  gfinfligem  SBinbe 
aud  feinem  ®runbe  auS.  W)tx  bie  Srienntnig  ift  ^ierburd^  nicfet  üom 
Oflede  gelommen,  fie  treibt  ftdg  in  einem  Unterfd^iebe  ber  Ofotm  ^etum, 
ben  bieS  SOerfal^ren  felbfl  umlel^rt  unb  aufgebt.  (Sine  ber  ^aupU 
fd^ioierigleiten,  fidg  in  bie  SSBiffenfd^aften  einguftubiren,  toorin  bied  ä^ei^ 
fal^ren  l^errfd^enb  ift,  berul^t  beStoegen  auf  biefer  SSerlel^rt^eit  ber 
Stellung,  baS  ate  ®runb  DorauSjufdgiden,  U)a9  in  ber  X^at  abgeleitet 
ift,  unb  inbem  gu  ben  fjfolgen  fortgegangen  U)irb,  in  il^nen  in  ber 
%S)at  erfl  ben  ®runb  jener  fein  foDenben  ®ranbe  anjugeben/  ^ 

3.  Sie  (Esiftena. 
S)ie  ^Bereinigung  ber  formellen  unb  realen  ©rünbe  giebt  ben  t)olI= 
ftdnbigen  ®runb,  ber  t^ermdge  feiner  93eftimmt]^eit  t)on  anberen  ©rünben 
unterfdgieben  ifl,  mit  benen  er  gufammenl^ängt,  oon  benen  er  abl^ängt. 
S)iefe  ®rflnbe  beS  ®runbeS  ftnb  bie  93ebingungen,  Umfi&nbe,  Sei:- 
anlaffungen  u.  f.  f.  2)ie  93ereinigung  Don  93ebingung  unb  ®runb 
mad^t  erft  bie  3bentitAt  ober  baS  ®an3e  ber  93ebingungen,  ol^ne  U)eld6ed 
nid^tS  gefd^ie^t.  SBenn  aQe  Sebingungen  einer  ©ad^e  Dorl^anben, 
loenn,  toie  bie  €d^rift  fagt,  bie  Seiten  erfflQt  ftnb,  tritt  bie  Sac^ 
]^ert)or.  S)iefe8  vermittelte,  begrünbete,  au8  bem  ®runbe  l^erauSgetretene 
Safein  ift,  koie  baS  äBort  bie  @ad^e  begeid^net,  bie  Sstfteng*  S)ofein 
unb  S^ifteng  unterfd^eiben  fidg  burdg  ben  ®runb:  jenes  i^  unmittelbar, 


»  »b.  IV.  ttnmet!.  6.  89-93.  (6.  91  «.  92.) 


S)ie  (Erft^einund.  508 

biefe  6egrfinbet.  3n  ber  Ssiflen)  tritt  ans  fitc^t,  toa9  im  @d^ooge 
bet  SBebingungen  unb  beS  ®tunbe8  t)erfd^toJTen  unb  t)erborflen  mar: 
ballet  ift  bte  (Sjcifieng  Stfd^etnuttg.^ 

S)er  ®rttnb  ate  fold^er  tfl  ntdgt  :t)tobuctil),  er  bringt  bte  gfolge 
rniii  }ftxt>ox  —  l^eröorbrinßenb  tfl  erft  ber  Stoedf  unb  ber  »egriff  — , 
fonbem  bte  (Jfolge  gel^t  aus  tl^m  fittt>ox,  toenn  bie  XotalitAt  ber  Se» 
btngungen  looxffanbtn,  ber  3u^anb  bed  ©runbeS  reif  unb  ))oQenbet  x% 
2)iefe  SSoDenbung  ift  ti,  bie  ^egel  in  Slnfel^ung  ber  (Jfolge  ,,bQS  retatit) 
Unbebingte",  in  Slnfe^ung  ber  €ad&e,  bie  jur  Srfd^einung  brdngt,  «boS 
abfolut  Unbebingte"  genannt  l^at.'  Ss  mug  t)on  ber  gfolge  gefagt 
toerben,  bag  fte  ni&t  blog  ifl  unb  gefdgiel^t,  fonbern  ^ert)orge]§t  (existit), 
fie  gefd^iel^t  nitbt  blog,  fonbem  fie  refultirt,  fte  folgt  ni(^t  blo^, 
fonbern  fte  erfolgt.  S)ie  (Erfolge,  koelc^e  ben  3uflanb  ber  S)inge  t>^x^ 
ftnbern,  treten  ein  unb  \^txt>ox,  loenn,  um  bie  frfi^ere  Aategorie  toieber 
ansutoenben,  baS  9Raag  ber  ®rflnbe  üoU  ift.  9Bie  man  ftd^  aud^  gu 
ben  (Erfolgen,  [toetc^e  bie  l^iflorifd^en  SußSnbe  umbilben,  ))erl^alten 
möge  —  erl^ebenb  unb  t)ergötternb  t)on  ber  einen  Seite,  l^erüeinernb 
unb  abfdgioad^enb  t)on  ber  anberen  — ,  fo  bleibt  il^re  logifdge  SBe- 
beutung  unantapar:  fte  finb  bte  grogen  Sel^rmeifter  ber  9Renfd^en 
unb  3)inge,  fte  madgen  er!ennbar,  b.  1^.  fie  offenbaren  ben  bis  ba^in 
t)er]^flDten  unb  ))erborgenen  Sufianb  ber  SBelt,  unb,  toie  bie  @d^rift 
fagt,  bie  S)inge  mflffen  offenbar  »erben,  um  gerid^tet,  b.  1^.  er!annt 
unb  beurtl^eitt  ju  toerben. 

SBir  lieben  biefe  "Sßnnftt  auSbrüdClid^  l^ert)or,  um  ben  @inn  unb 
®eifl  ber  l^egelfd^en  Sogi!  auf  biefem  il^rem  Uebergange  t)on  bem  SBefen 
als  ®runb  jur  (Ssiftena  ate  (£rfd^etnung  unferen  Sefem  red^t  fiar  unb 
beutlid^  einleuddten  ju  laffen. 


Sld^tje^nteS  Sapitel. 
IDie  £e^t  wm  Wefem    B.  9xt  (txf^tinms.^ 

I.  2)aS  3)ing  unb  feine  Sigenfd^aften. 
S)a8  @st{tirenbe  ift  ein  SDing.    SBie  fid^  baS  2)afetenbe  ober  baiS 
(SttoaS  )um  S)afein,  fo  ))er]^&It  fi(|  baS  S^iftirenbe  ober  baS  S)ing  gur 

1  IV.  6.118.  -  «  (Ebenbof.  C.  S)ie  »ebingung.  6.104-114.  -  »  IV. 
SloeUer  Sbf^n.  S>ie  (Etf^einung.  6. 174—177.  »gL  VI.  £.  2)ie  (Erft^etnung. 
§§  181-141.   6.  260-281. 


504  S)te  Seilte  tfom  Sßefen. 

S^tftenj.^  S)ad  GttoaS  ifl  burd^  feine  SSe^mmil^ett  Don  Xnberem 
unterfd^teben  unb  auf  SInbereS  bejogen,  tteldgeS  aucfe  ShoaS  ifl  ((EtmoS 
unb  SlnbereS);  bad  f^ürftii^feienbe  ober  (Eines  ifl  burd^  feine  ^fümmU 
l^eii  l)on  Anbetern  unterfd^ieben  unb  auf  SlnbereS  bejogen,  beten  iebeS 
Qud^  SineS  ifl  (SineS  unb  93iele8).  2)Qd  2)ing  ifl  fotool^I  (SttoaB  aü 
aud^  Sined:  bal^er  finb  notl^toenbigetkoeife  mehrere  unb  Diele  2)inge,  bie 
fid^  Don  einanber  unterfd^eiben,  auf  einanber  bejiel^en  unb  im  tot^UU 
fettigen  Sufammenl^ange  flel^en.  „S>ie  Stiften)  ifl  bie  unmittelbare 
Sinl^eit  ber  dtefle^ion  in  fid^  unb  ber  Sfleße^ion  in  Slnbered.  @te  i^ 
ballet  bie  unbeflimmte  3}lenge  Don  S^iflirenben  als  in  fi(^  teflectttten, 
bie  jugleidg  ebenfo  fel^r  in  SlnbereS  fd^einen,  relatiD  finb  unb  eine 
äBelt  gegenfeitiget  3lb^Angig!eit  unb  eined  unenblidgen  Sufammenl^ngd 
Don  ©rflnben  unb  SBegrfinbeten  bilben.  3)ie  @ranbe  finb  felbfl 
(Ssiflenjen,  unb  bie  Sjciftirenben'  nad^  Dielen  Seiten  l^in  ®ranbe  foloo^l 
Qte  aSegranbete/ 

^gefel^en  Don  ben  S3e{limmungen,  bie  bem  S)inge  gulommen  im 
Unterfd^iebe  Don  Slnberem  unb  in  äSejiel^ung  auf  Slnbere,  ift  ber  99es 
griff  beiS  2)ingei$  ein  leeres  Slbflractum,  »elcfeeS  ^egel  S)ing  an  fidft 
nennt  unb  mit  bem  lantifd^en  99egriff  beS  S>ingeS  an  fid^  Dergletd^t, 
ber  ettoaS  ganj  anbereS  bebeutet.  SBie  toenig  baS  l^egelfdge  SHng  an 
fid^  mit  bem  !antif(^en  gemein  l^at,  jeigt  fidg  in  ber  Urt  unb  SBeife, 
tt)ie  ^egel  baS  feinige  e£em))lificirt.  2)er  äJlenfdg  an  ftd^  ift  baS  Ainb 
in  feiner  äSernunftanlage  unb  93ilbung8fi]^ig!ett,  bie  ^flange  an  fld^ 
ifl  ber  Aeim,  baS  S)ing  an  ftcfe  ba8  nod^  unbeflimmte,  burd^  feine 
€ntD)iälung  näl^er  gu  beflimmenbe  S)ing.  3n  biefem  €inne  fann  ntan 
freilid^  audg  „Don  ber  Oualitfit  an  ftd^,  Don  ber  Ouantitdt  an  ftd^' 
reben,  toaS  bem  99egriff  bed  lantifd^en  2)inge8  an  fid^,  ebenfo  loie  Ainb 
unb  Aeim,  fd^nurflrad(8  gutoiberlAuft.  „S)a8  S)ing  an  fidg  ifl  nid^td 
anbereS,  ald  baS  gang  abftracte  unb  unbeflimmte  S)ing  überl^aupt/ 
„^Ut  S)inge  finb  gun&d^fl  an  ftd^,  aOein  eS  l^at  babei  nidgt  fein  Se« 
toenben,  unb  fo  mie  ber  Aeim,  toelc^er  bie  $f[ange  an  ftdg  ifl,  nur 
bieS  ifl,  ftd^  gu  entioidCeln,  fo  fd^reitet  aud^  baS  2)ing  ftberl^aupt  Aber 
fein  blogeS  Slnftd^,  ald  bie  abfiracte  9lefle£ion  in  fidg,  bagu  fort,   ftti^ 


'  6.  oben  SSud^  II.  (S^op.  XIV.  6.  451  fi^h.  ^egel.  Bb.  VL  §  128.  6.  250. 
di  fei  iiex  bemetlt,  ba^  in  ber  Se^re  Dom  SBefen  bie  groge  2o%it  ben  Mf4nitt 
Dom  S)tnge  aU  ben  Knfang  bed  stoeiten  %itiiS,  bie  enc^flopftbif^e  bagcgen  all 
ben  64Iu6  beg  elften  be^anbelt  ^at. 


S)ie  Srf^einuTig.  505 

aud^  Qte  tUt^tiion  in  SnbereS  gu  enoetfen  unb  fo  l^at  e8  (Sigetts 
f(6afteit."^ 

S)ie  aSeflimmtl^eit  eines  2)in8e8  befielet  in  feinen  SBefd&affenl^eiten, 
bie  fein  äßefen  unb  feinen  (SkaxaUtx  auSmad&en  unb  aU  il^nt  geistige 
unb  eigene  nid^t  blo^  äSefd^offenl^eiten  ftnb,  fonbern  @igenf(^afien. 
SBir  feigen  und  l^iet  auf  ein  Zl^ema  jurttdCgetDiefen,  toelij^es  ^egel  fdgon 
in  ber  $I^Anomeno(ogte  auSseffll^Tt  l^otte,  in  ber  Seigre  t)om  tDal^r- 
nel^menben  SBetDugtfein,  t)ont  SSetftanbe  unb  beten  ®egenfi&nben:  nAm» 
U((  S)ing  unb  Sigenfd^aften,  Ataft  unb  Seu^erung,  ®efe|  unb  Sr» 
fd^emung.  9Bad  bort  @tufen  beS  SBetDUBtfeinS  ober  not^menbige  fßox- 
^ellungSarien  (^I^Anomene)  tooren,  baS  finb  l^ier  @tufen  ber  Iogif($en 
3bee  ober  Kategorien.' 

3n  beut  SBegriff  be8  S)inge8  unb  fetner  Sigenfd^often  fireitet  bie 
(&inf)t\t  beft  S)inge8  mit  ber  äSiell^eit  ber  Stgenfd^aften;  l^ierauS  ent- 
fielt eine  S)enlfd&n)ierigleit,  bie  biiS  gum  SBiberfprud^  fortgel^t.  Um 
bie  (Sin^eit  beS  S)inge$  feftaul^olten,  merben  bie  (Sigenfii^Qften  ote  bie 
äSejiel^ungen  bed  S)inge8  auf  anbere  S)inge,  inSbefonbere  auf  bie  menfd^- 
lidgen  Sinne  aufgefaßt,  fo  ba^  bod  S)ing  an  fid^  genommen  eigen= 
fc^oftstod  ifl,  finnlic^  genommen  ober,  eine  SSiell^eit  fenfibler  (Sigenfd^aften 
ftd^tbarer,  l^örborer,  ried^ftarer,  fd&medEbarer,  fü^Iftorer  Art  u.  f.  f.  l^at. 
S)iefe  ßigeufd^aflen  ober  JBejiel&ungen  lommen  bem  S)inge  gu,  e8  ifl 
il^r  3n]^Qber,  ed  ^at  fie,  bad  ä^erJ^Altnig  beS  S)inge$  gu  feinen  @igen- 
fd^aften  ifl  ba$  ^aben.  S)q8  SttoaS  ifl  Sefd^offenl^eit  ober  Qualität, 
baS  S>ing  bagegen  aU  SrAger  ober  ©runblage  ber  SSefd^affenl^eiten 
^at  fie. 

2)a  aber  bie  Sigenf(^aften  gum  SBefen  ober  S^aralter  beS  2)inge8 
gel^oren,  fo  !5nnen  fie  nic^t  blo^  feine  Äußeren  SSegie^ungen  fein, 
fonbern  mfiffen  tiefer  in  ba8  S)ing  einbringen  unb  beffen  SBeftonb  aM^ 
malten;  eS  ifl  nid^t  genug  ober  oielmel^r  nid^t  fa^gemAg  gu  fagen, 
bag  ba$  S)ing  feine  (Sigenfd^aften  l^at:  eS  befleißt  au§  il^nen,  eS  ifl 
nicbt  il^r  2[n]^aber,  fonbern  il^r  ^ompUi^.  S)a]^er  mfiffen  bie  (Sigen- 
fdgaften  als  bie  SRaterien  ober  Stoffe  gefaxt  Serben,  au8  benen 
baS  2)ing  befielet.  S>ie  2)inge  unterfc^eiben  fid^  nad^  ber  Slrt  il^rer 
Stoffe,  nadg  bereu  3Q^t  unb  nad^  ben  SDlengen  il^rer  SSeflanbtl^eile. 
äBie  fie  atö  3n^aber  il^rer  Sigenfd^aften  nur  fingere  SSegiel^ungen  in 


»  »b.  Vf.  §  174.  3ufQt.  e.  252  u.  253.  ~  «  »ßl,  oben  »u«  II.    €Qp.  VI. 
6.  809-321. 


506  2)ie  Se^re  Dom  SBcfen. 

ftd^  ))eretiit8en,  fo  ftnb  fie  aU  Som))Ie£e  t^tei  3Jlaterien  ober  @ioffe 
nur  bereit  äußere  SSeretnigung  ober  ©ammlung,  ein  Sufammenl^ons, 
ber  in  SBal^rl^eit  !ein  Sufornmenl^ans  ift.  ^S)Q$S)in0  aü  btefeS  iH 
biefe  il^re  blog  quantitative  99egiel^ung,  eine  bloge  Sammlung,  ba§ 
%uib  berfelben.  d^  befleißt  au8  irgenb  einem  Ouantum  Don  einem 
@toffe,  aud&  au8  bem  eines  anberen,  au<i6  anberen;  biefen  Sufammem 
l^ang,  !einen  Sufammenl^ang  ju  l^aben,  ma^t  allein  baS  2)tng  aufi.'^ 

äBenn  ))on  ber  ))or^anbenen  Sammlung  geioiffe  Stoffe  auftfc^tben 
ober  burd^  anbere  erfe^t  merben  ober  neue  l^injutreten,  fo  ^5rt  ba§ 
S)ing  auf,  biefei^  )u  fein,  unb  toirb  ein  anbereS:  barin  befielet  bie 
93er&nberlidbfeit  unb  SSerduberung  ber  S)inge.  S)ad  S)ing  ate  bie 
äußere  SSereinigung  ber  Stoffe  mug  fo  gebadet  merben,  baB  bie  fletnfien 
5£]^eile  beS  einen  in  ben  Heinften  $oren  beS  anberen  gelagert  ftnb, 
mo}u  bie  Slnnal^me  ber  Stome  unb  beS  Seeren,  ber  STloIecfile  unb  bet 
leeren  3toif(i&enraume  ober  $oren  erforberlidg  unb  bientidg  i{t.  «Sie 
bie  $oren  (oon  ben  $oren  im  £)rgant[(^en ,  benen  beS  ^olgeS,  ber 
^aut  ift  nidgt  bie  9lebe,  fonbein  oon  benen  in  ben  fogenannten 
Sßaterien,  mt  im  t^drbeftoff,  SBArmefloff  u.  f.  f.  ober  in  ben  aRetaÜen, 
Ar^ftaDen  u.  bgl.)  nid^t  in  ber  99eoba4tung  il^re  93eu)äl^rung  l^aben, 
fo  ift  au(^  bie  SRaterie  felbft,  ferner  eine  t)on  il^r  getrennte  gform. 
gunftd^fl  baS  2)ing  unb  baS  Seflel^en  be{felben  aus  SDlaterien,  ober  ba§ 
es  felbft  befielet  unb  nur  (Sigenfd^aften  l^at,  ^robuct  beS  reflectttenben 
93erftanbeS,  ber,  inbem  er  beobachtet  unb  baS  angugeben  t)OTgiebt,  toos 
er  beobad^tete,  Dielmel^r  eine  SOteta^l^^fil  l^erDorbringt,  bie  nad^  atten 
Seiten  äBiberfprudg  ift,  ber  il^m  jebod^  t)erborgen  bleibt/' 

Suf  biefe  SBeife  fönnen  in  einem  S)inge  beifammen  fein  d^emifilb^ 
Stoffe,  auc^  SBArmefloff  (loie  bie  bamalige  ^l^^fil  nod^  fagte),  aui!(  fo^ 
genannte  magnetifd^e  unb  eleltrifdge  SRaterien  u.  f.  f.  Unb  lote  bie 
$]^^fi{  ju  ben  förperlicfeen  S)ingen,  fo  t>tx^iU  fid^  bie  $f4d^oIogte  jur 
Seele,  bie  als  ein  immaterieOeS,  mit  t)erf(^iebenen  Sigenfd^aften  unb 
ArAften  auSgerafteteS  2)ing  gefaxt  loirb;  biefe  Seelenhäfte  Derticfeten 
iebe  ibr  befonbereS  ©ef^Aft  unb  fd^lie^en  einanber  auS^  mie  Geb&dbtnig. 
einbilbungSfraft,  »erfianb,  SBiOe  u.  f.  f. 

Snttoeber  alfo  gilt  baS  2)ing  als  ber  ^nl^aber  feiner  Sigenfd^aften 
unb  biefe  als  bie  93e3ie^ungen,  »etd^e  baS  S)ing  l^at,  ober  eS  gilt  all 
ber  (&ompUi  feiner  Sigenfd^aften   unb  biefe  als  bie  SOtaterien,  ous 


1  »b.  IV.   6.  188.  —  «  S3b.  VI.   §  180,   @.  259  u. 


2)ie  Stft^einung.  507 

benen  ba^  ffiing  befielet.  3m  etjien  gott  fommt  bic  toefcntttd^e  SSiet 
l^ett,  im  jtpetten  bte  mefentUii^e  Sinl^ett,  kueld^e  betbe  )um  Sl^araiter 
beS  S)inged  gel^öten,  ntd^t  ju  il^rer  ®eItunQ.  Sben  batin  befleißt  ber 
aBibcrfprud&  im  SBcBriffc  be8  ©inflcg,  eine  jener  ffienlfddtDterißfeiten, 
bte  boS  metQt)]^^{tfc6e  2>enfen  ))on  leider  befd^&fttgt  l^aben  unb  aud^  in 
ber  na(6fQnttf(!^en  Seit  tion^erbort  )U  ben  funbomentolen  SEBiber- 
f))rfiAen  gered^net  motben  ifi,  ipeld^e  bie  SDIetapIg^fif  gu  bearbeiten  unb 
)U  berid^tigen  ^obe.^ 

II.  Srfd^einung  unb  ®efe^. 

Sßir  finb  genau  in  ber  Snitte  bed  S^flemS.  S)te  erfie  ^ftlfte  ifl 
t)on  bem  begriffe  beS  €eind  bis  gu  bem  beS  S)inge8  fortgefd^ritten; 
ben  in  biefem  ^Begriff  entl^altenen  unb  bargelegten  SBiberfprud^  t>oU' 
ftdnbig  aufgulöfen,  ifl  bie  Slufgabe  ber  gefammten  gn)eiten  ^ftlfte.  S)te 
Sluflöfung  gefd^iel^t  burd^  ben  93egriff  beS  (SrunbeS,  ber  baS  burc^» 
gängige  SCl^ema  ber  gangen  folgenben  Sntmidlung  auSmad^t  unb  mit  iebem 
©d&ritte  tiefer  ergriffen  »irb.  Stte  folgenben  Äategorien  finb  ©nt* 
midHungSformen  ht^  (SrunbeS:  baS  ®efe^,  baS  ®ange,  bie  Araft,  baS 
Snnerc,  bie  Sirffamfeit,  bie  Siot^wenbigfeit,  bie  Urfad&e,  ber  Stoedf, 
ber  Snbgipedf. 

3)a8  2)ing  ifi  fotool^I  aü  toefentlidge  Sinl^eit  xok  ali  loefentlid&e 
aSiel^eit  gu  faffen;  ed  i^  aü  Uiefentlid^e  Sinl^eit  ®runb,  eS  ifi  aü 
»efentlid^e  SSiel^eit,  a(8  S)ing]^eit  mit  il^ren  Sigenfd&aften,  SRaterien 
unb  SSerAnberungen  Srfd^einung;  ber  ®runb,  oeld^er  bie  Srfd&einung 
fe^t  unb  beftimmt,  ift  baS  ®efe^,  oie  aud^  ber  beutfd^e  SfuSbrudE 
®efe^  biefe  SBefiimmung  entl^ölt.  3)er  SQ5iberf})rud6,  ber  im  begriffe 
beS  2)inge8  unb  feiner  Sigenfd^aften  liegt,  finbet  feine  näd^fte  9luflöfung 
in  bem  SBegriff  t)on  ®cfe^  unb  6rfd6einung. 

(&i  giebt  t>\tU  unb  mannid^faltige  S)inge,  ebenfo  giebt  eS  aud^ 
t)iete  unb  mannid^f altige  Srfd^einungen:  in  ber  ÜTlannid^faltigfeit  unb 
im  SEBec^fel  ber  grfd^einungen  ifl  ba8  ®efc^  ba8  gonflante,  SBIeibenbe, 
mit  fi$  3bentif4e,  toie  g.  fd.  baiS  ®efe^  bed  O^aKd  in  aDen  (Sr^ 
fc^einungen  faDenber  Aör))er.  S^aS  ®efe^  ifl  bie  Sinl^eit  in  ber  Sr» 
fc^einung,  e8  iß  nid^t  jenfeits  ber  (Srfd^einung,  fonbem  in  berfelben 
unmittelbar  gegenmArtig  unb  mad^t  bereu  ttefentlid^en  ^nl^alt;  iebefi 
®efe^  ^at  feinen  beflimmten  3n^a(t,  ipoburc^  eS  fid^  \>on  anberen  @e- 


^  S.  meine  Sogit  unb  URctap^^fif.  Säud^  I.   §  62.   @.  131-184. 


508  S)ie  Seigre  Dom  99efen. 

fe^en  unterfdgeibet:  ballet  gtebt  eS  t>xtU  ®efe^e,  mit  ed  Dte(e  dt^ 
fd^etnungen  giebt,  ein  Steid^  ber  ®efe^e  gegenfiber  bem  Stetd^  ber  Sr^ 
fd^etnungen,  ,,bQ8  Steid^  ber  ®efe^e  t{l  baS  rul^tge  Sbbilb  ber  esifKrenben 
ober  erfd^einenben  SEBelt".  SSetbe  SRetd^e  l^aben  benfelben  mefentltc^ 
3n^Qlt,  aber  bte  Srfd^einung  enil^Att  nod^  tnel^r,  nSmlidg  ben  unmefent: 
lid^en  3nl^Qlt  il^reS  unmittelbaren  €etn$.  „S>ie  @r|d^etnung  tfl  eine 
SD^enge  naiverer  SBefiimmungen,  bie  bem  2)iefen  ober  bem  Soncreten 
angehören  unb  nii^t  im  ®efe^e  enthalten,  fonbern  burd^  ein  SnbereS 
beftimmt  finb/'^ 

9Bir  unterfd^eiben  bemnad^  bie  äBelt  ber  ®efe^e  unb  bie  ber  (Si= 
fd^einungen:  jene  ifl  bie  toefentlid^e  S&tU,  biefe  bie  erfdgeinenbe;  bie 
teefentlid^e  äBelt  i{i  ber  ®runb  ber  erfc^einenben,  ber  fe^enbe  unb 
beflimmte  ®runb.  Slber  Iraft  beiS  3ufammen]^angS,  ber  bie  2>inge 
t)er!nfl))ft,  l^oben  bie  erfd&einenben  2)inge  il^re  @rfinbe  unb  SSebtngungen 
in  anberen  erfdgeinenben  S)ingen,  mel^e  9lrt  ber  93egränbung  auc^  §» 
ben  9lot]^tt)enbigIeiten  gel^ört,  bie  ben  S^aralter  ber  ®efe|e  ^aben. 
,,S)qS,  maS  Dorl^er  ®efe^  mar,  iß  bal^er  nid^t  nte^r  nur  Sine  Seite 
bed  ®Qn}en,  beffen  anbere  bie  (Srfd^einung  al8  fold^e  toar,  fonbem  i^ 
felbft  baS  ®ange.  @ie  ifl  bie  toefentlic^e  SCotalitdt  ber  <grfd&etnitng, 
fo  ba^  fie  nun  aud^  baS  äJloment  ber  Unteefentlid^feit,  baS  nod^  biefer 
3ulam,  entl^Alt/'  „2)a8  Sfteidg  ber  ®efe^e  entl^&It  nur  ben  einfa^en, 
toanbellofen,  aber  t)erfd^iebenen  3nl^alt  ber  e^iftirenben  SBelt  3nbem 
ed  nun  aber  bie  totale  9lefIe£ion  t)on  biefer  i%  entl^&It  e8  a\x^  bai 
SWoment  il^rer  »efenlofen  SWannidbfaltigleit/ * 

S)aS  Sleid^  ber  ®efe^e  t)er]^&It  ftd^  jum  Steid^  ber  (Srfd^einungen, 
mie  baS  ®efe^  jur  (Srfd^einung.  ^egel  unterfd&eibet  bie  beiben  9tet(6e 
ate  fold^e,  bie  ttefenttid^  benfelben  3nl^alt  l^aben,  er  bejeid^net  bas 
gteid^  ber  ®efe^e  als  „bie  an  unb  fftr  fidg  feienbe'',  ba8  ber  @rfd^ei= 
nungen  ate  „bie  erWeinenbe  SBelt",  jene  fei  „bie  überfinnlidfee",  biefe 
„bie  finnlidge  SBelt",  beibe  feien  aU  fold^e  einanber  entgegengefe^t 
iebe  „bie  Derfe^rte"  ber  anberen,  fo  bafe  alle  SJerl^dttniffe  in  ber 
einen  bie  umgefe^rten  finb  in  ber  anberen,  fomol^I  bie  pl^^ßfd^en  als 
bie  fittlid^en  SSerl^dltni^e:  loaS  in  ber  einen  2BeIt  pofitio  fei,  baS  fei 
in  ber  anberen  negatit)  unb  umge!e]^rt;  toa^  in  ber  einen  böfe  unb 
unglfld(idg  fei,  baS  fei  in  ber  anberen  gut  unb  glfld((id^  unb  umge{el^rt. 


1  SBb.  IV.  6. 145  u.  146.    SBgl.  oben  ©.  817-320.  —  «  ©b.  IV.   6,  148 
m  151. 


S>ie  dEtf^einung.  509 

S)ai3  ®efe^  bleibt,  iDdl^renb  bte  Srfdgeittunsen  med^feln;  eS  ift  baS 
93letbenbe  im  SBed^fet  bet  S)inge,  ballet  nennt  t%  ^egel  oudg  bie 
@runblage  ber  (Srfd^einunsSiDelt,  toit  man  ein  ©taatSsntnbgefe^  bie 
©runblage  nennen  barf,  auf  mti^tt  bais  StaatSgeb&ube  tulgt;  bas 
®efe$  ifl  bie  Sinl^eit  ober  3bentitftt  in  ber  Sflannid^faltigfeit  ber  (Er- 
fdgeinungen:  e8  ift  bie  Sinl^eit  in  ber  SSieD^eit  (nid^t  bie  numerifd^e) 
fonbem  bie  toefentlid^e  (Einheit  in  ber  tpefentlid^en  SSiell^eit.  S)q 
biefe  beiben  Seiten  notl^toenbig  ju  unterfi^eiben,  U)ie  auf  einanber  gu  be» 
giel^en  finb,  fo  bilben  {te  ein  ä^erl^dltni^,  unb  jkQar,  ba  eS  {tc^  um  bas 
SSSefen  ber  2)inge  l^anbelt,  „baiS  toefentUd^e  ä^erl^AUni^",  beffen 
t^ormen  fi^on  bie  9lrt  unb  SBeife  barfleOen,  toie  SBefen  unb  Srji^einung 
3U  t)ereinigen  ftnb;  bal^er  ))oIIenben  biefe  f^ormen  bie  Kategorien  ber 
€rf(|einung  unb  bilben  ben  Uebergang  su  ben  Kategorien  ber  993irf- 
Iid^!eit,  toetd^e  bie  (Einheit  beS  äBefenS  unb  ber  (Srfd^einung  auSmad^t.^ 

ni.  2)a8  mefentlid^e  S^erl^&ItniB* 
1.  S)a8  ä^erl^mtnift  beS  d^anjen  unb  ber  Zf^txit* 

S)ie  erfie,  barum  unmittelbare  unb  du^erlid^e  %vt,  baS  UiefentUd^e 
SBerl^altnife  ju  faffen,  befielt  barin,  bofe  bie  SBiell^eit  als  in  ber  ßin= 
l^eit  entl^alten,  b.  1^.  als  beren  Sl^eile  unb  biefe  als  baS  ©anje  be- 
griffen koirb.  S)aS  loefentlid^e  SBerl^Altnig  erfd^eint  als  baS  S^erl^Alt- 
ni§  beS  ©angen  unb  ber  Steile.  S)aS  SSerl^AltniB  ift  loefentlid^: 
leine  Seite  fann  ol^ne  bie  anbere  gebadet  loerben,  eS  giebt  lein  ©angeS 
ol^ne  Sl^eile  unb  feine  SCl^eile  ol^ne  ©angeS.  3ebe  Seite  fe^t  bie  anbere 
DorauS:  baS  ®ange  fe^t  bie  Sl^eile  DorauS  unb  ebenfo  umge!e^rt. 

fflaii  ber  einen  Sluffaffung  iji  baS  ©ange  öor  ben  SEl^eilen,  nad6  ber 
anberen  t^erl^Alt  eS  fid^  umge!el^rt:  bte  Sl^eile  ftnb  Dor  bem  ©angen. 
2)ort  ge^en  bie  ^l^eile  auS  bem  ©angen  l^erDor,  l^ier  baS  ©ange  aus 
ben  Streuen.  Sßirb  baS  ä^erl^AItnig  beS  ©angen  unb  ber  SC^eile  auf 
ben  Staat  unb  bie  3nbiDibuen  angeloenbet,  fo  lönnte  man  bie  beiben 
antinomifd^en  S&^e  burd^  bie  ontile  unb  bie  neuere  StaatSlel^re  fel^r  gut 

^  fdh.  lY.  £.  2)te  exf^eincnbe  unb  bie  an  flt^  feienbe  SBelt.  @.  48—153. 
C.  Ituflöfung  bei  Stf^einung.  @.  153-155.  S3gl.  S9b.  VI.  B.  2)ie  (Etf^einung. 
§§  131—134.  €.  260-267.  —  2)a8  SBetl^ftltnift  t)on  Gefe^  unb  ScfcJ^einung, 
totl^ti  bie  gro^e  IBogil  in  auiSfftl^tlid^et,  ftugeTfi  ft^tDietiget  unb  bunTIer  SEBeife 
barfieQt  (6. 189—155),  be^anbelt  bie  enc^IIo^abifd^e  Sogil  fo  gut  tt>ie  gar  nid^t 
unb  bringt  Itatt  be|fen  ball  ISer^ftltnig  t)on  „3n^alt  unb  Sform"  (@.  263—266). 
tDobur^  ber  ®ang  ber  i^ategorien  einige  loid^tige  SSeflimmungen  einbüßt. 


510  S)ie  Se^te  t)om  SBefen. 

e{eni))Iifictten.  ®tli  ber  Staat  aU  Saterlanb,  fo  merbett  bte  Sinselnen 
in  utib  aud  tl&m  geboren:  er  ifl  ba8  ®anje,  baö  ben  Zweiten  dot= 
l^etgel^t,  mit  Pato  unb  ^riftoteleiS  ben  @taat  betrai^tet  l^abett  (t^ 
SXov  Tcpötepov  TfiÄv  (ispcov).  ®tlt  ber  @taat  als  9lotl^ftaat,  als  @ti!^er= 
l^ettSanftalt,  fo  gelten  i^m  bte  Stnbtotbuen  t>oxan^  unb  machen  ben 
Staat  burd^  ben  SBertrag.  3ene8  tfi  bte  organifd&e,  biefe»  bie 
nted^anifd^e  Staatdibee.  Sin  ©angeS,  loeldgeS  ftd^  gltebert,  ifl  toett 
mel^r  unb  fielet  toett  l^dl^er  aU  ein  ©anjeS,  toetd&eS  Sl^eile  ^at  ober 
getl^eilt  ift;  bal^er  ifl  bas  SJerl^ättnife  be«  ©anjen  unb  ber  Steile 
nod^  3u  niebrig  unb  unentn)td(elt,  um  ben  äSegriff  be8  Sebend  gu  faffen. 

S)a  beibe  Seiten  ftd^  gegenfeitig  t)orau8fe$en  unb  bebingen,  fo  iji 
iebe  ber  anberen  gegenüber  fotool^I  felbftAnbtg  als  cAl^&ngtg.  i,SDteS 
93erl^&ttnig  entl^ftlt  fomtt  bie  SelbftAnbigfeit  ber  Seiten,  unb  ebenfo 
fel^r  il^r  Slufgel^obenfein,  unb  beibeS  fii^Ie($tl^in  in  einer  äSegiel^ung. 
S)as  ©anje  iji  ba8  Selbflfinbige,  bie  Zf^tiU  fmb  nur  Slloinente 
biefer  (Sinl^eit;  aber  ebenfo  fel^r  finb  fte  audg  baS  Selbflftnbtge 
unb  il^re  rcftectirte  (gin^eit  nur  ein  SKoment;  unb  iebe»  iji  in  feiner 
Se(bftcinbig!eit  fd&Ied^tl^in  baS  9lelatt))e  eines  anberen.  S)ieS  aSer» 
l^dltniB  ift  bal^er  ber  unmittelbare  äBiberfprudg  an  il^m  felbft  unb  ^ebt 
fi*  auf."^ 

SEBie  jeber  SBiberfpru^,  tocnn  er  ungeißji  bleibt,  in  ben  enblofen 
5Progre§  gcratl^,  fo  aud^  biefer;  er  beftel&t  in  ber  relativen  Selbft&nbig= 
feit  ber  Xl^eile,  b.  1^.  barin,  ba%  jeber  Xl^eil  toieber  als  ein  (ganzes 
gilt,  loeld^eS  %^tiU  ^at,  beren  ieber  xoitbzx  als  ein  ©angeS  ju  nehmen 
ift,  toeld^eS  Sl^eile  l^at,  u.  f.  f.  ins  ©nblofe.  3)ie  enblofe  Xl&eitbarfeit 
ber  SWaterie,  biefe  jtteite  fantifd^e  Slntinomie,  bie  fd&on  oben  in  SHebe 
ftanb,  als  eS  ftd^  um  ben  99egriff  ber  OuantitAt  unb  beren  beibe 
SKomente,  Kontinuität  unb  S)iScretion,  ^anbclte,  tritt  uns  l&ier  öon 
neuem  entgegen.*  „SBeil  baS  ©ange  ni^t  baS  Selbjifinbige  ifl,  ifl 
ber  £]^eil  baS  SelbflAnbige;  aber  loeil  er  nur  ol^ne  baS  ®an]e 
felbflänbig  ifl,  fo  ift  er  felbftänbig  ni^t  als  S^eil,  fonbem  als 
©anjeS.  2>ie  Unenblid^!eit  beS  ^rogreffeS,  ber  entftel^t,  ifl  bie 
Ünfftl^igfeit,  bie  beiben  ©ebanlen  jufammen  ju  bringen,  loetd&e  biefe 
aSermittelung  entl^ält,  bag  nämlid^  iebe  ber  beiben  SBeflimmungen  burd^ 
i^re  Selbftcinbig!eit  unb  Trennung  t)on  ber  anbern  in  Unfelbflinbig^ 
leit  unb  in  bie  anbere  flbergel^t.' 

1  »b.  IV.  6.  59.  —  «  ebenbaf.  !tnmett.  6. 163-164.  »gl.  oben  »u4  IL 
ßa^.  XV.  6. 468.  —  »  fjcßel.   IV.   @.  164. 


2)te  dtf^einung.  511 

2,  S)a8  Ser^&ltnifi  bei  Ihaft  unb  il^re  Steufietung. 

S)er  SEBiberfprud^  liegt  in  ber  relotiDen  @el6flaitbtglett  ber  Z^tiU 
ober,  maS  boffelbe  l^eigt,  ttt  bei  i!fa{Yung  beS  Gatigen  als  eitted  „tobten 
meddanifd&en  SlggregotS".  2>ie  SluflSfung  biefeS  SSiberfptuci^iS  befielet 
in  ber  Slufl^ebung  jener  €el6jlanbtg!eit  ober  in  ber  OroJTung  beS 
©angen  aü  einer  Sinl^eit,  loetd^e  bie  SelBflAnbigfeit  ber  Steile  negirt, 
atfo,  toie  ^egel  fogt,  als  beren  „negatit)e  Ginl^ett".  3)Qd  ©anje  i{i 
bemnadb  fo  3U  begreifen,  ba§  eS  bie  Xl^eite  nid^t  ate  gegeben  l^at,  fon- 
bem  bo^  es  biefelben  mod^t,  inbem  es  niii^t  getl^eilt  tft,  fonbem  fi(i^ 
tl^eilt  unb  bifferenjirt;  bQ§  eö  bie  Sl^eile  nid&t  Hofe  entl^ftlt,  fonbem 
aud^  Sufammenfo^t  unb  gufanimen^dlt:  eS  ift,  fui;)  gefagt,  nidgt 
medganifd^,  fonbem  energifd^;  ed  ifi  Snergie  ober  Araft  beren 
Sorrelatunt  bie  Sleugerung  ift.  3)er  Segriff  beS  ©angen  unb  ber 
Sl^eile  erl^ebt  fid^  in  ben  S3egriff  ber  Araft  unb  il^rer  Sleu^erung:  bie 
gmeite  unb  l^Sl^ere  Ofornt  beS  loefentHd^en  ä^erl^AltniffeS.  SSon  ber 
nted^antfd^en  SrllArnngSart  ber  (Erfd^etnung8n)elt  toirb  fortgefd^rttten 
}ur  b^nomifcfeen. 

S)ie  Araft  ift  nidgt  gu  beulen  ol^ne  einen  StrAger,  b.  i.  ein  @ub= 
ftrat  ober  eine  Snoterie,  ber  fie  gulommt  unb  inteol^nt,  toie  bie  mog- 
netifd^e  Araft  bem  Sifen,  bie  eleftrifd^e  beut  SSernftein  u.  f.  f.  SBegen 
biefer  il^rer  Sufamntengel^örigfeit  ftnb  Araft  unb  9Raterte  aBed^fet- 
begriffe,  man  rcbet  balb  Don  ber  niagnctifd^en  unb  eleftrifd^en  Äraft, 
balb  Don  ber  mognetifd^en  unb  eleftrifdgen  SJlaterie.  60  mirb  auii^ 
ftatt  ber  Sngiel^ungShraft  ber  äJlcterie  ober  SRaffe  ein  feiner  ^etl^er 
angenommen,  ber  aQeS  gufammenl^&It.^ 

SHe  Araft  als  Sigenfd^aft  eines  S)ingeS  ober  einer  SAaterie  befinbet 
fid^  im  Suftanbe  ber  Slul^e;  in  i^rem  9Befen  liegt  aber,  bag  fie  tl^&tig 
ift,  bal^er  mu^  fie  aus  bem  Suftanbe  ber  Slul^e  in  ben  ber  5£^&tig= 
!eit  fibergel^en,  maS  nur  baburi^  gefd^e^en  lann,  bag  fie  jur  Sl^dtig- 
feit  erregt  ober  foHicitirt  toirb,  fie  mu§  einen  SlnfloS  empfangen, 
ber  auf  fie  nur  Don  einer  anberen  Araft  auSgefibt  merben  lann.  Araft 
fe^t  Araft  DorauS.  „S)ie  Zl^fttigfeit  ber  Araft  ift  burd^  ftd^  felbft  als 
burdg  baS  fid^  Slnbere,  bur(|  eine  Araft  bebingt."' 

93eibe  ArAfte  Derl^alten  fid^  fo  gu  einanber,  bag  bie  eine  foSici» 
tirt  ift,  bie  anbere  foöicitirt  toirb;  jene  giebt  ben  erregenben  Slnfio§, 


1  übenbaf.  B.  ^aS  SSetl^&Itnig  bet  ^aft  unb  i^ter  Keuficrung.  a.  S)aS 
ein  bei  Ätaft.  6. 164-167.  -  •  ©benbaf.  6. 167. 


512  S)ie  Sede  bom  SBefen. 

btefe  empfAngt  il^n.  %ber  btefer  Stnflog  fonn  ttid^i  gefd^e^en,  ol^ne 
bag  bie  foUtcititenbe  ^aft  ftd^  Sugeri  unb  in  Xlg&tigfeit  tritt;  looju 
fie  felbft  foQtcitirt  fein  toiU.  SBie  baS  ©ange  unb  bie  Xl^eile  einanber 
mec^felfeitig  Bebingen,  fo  ntflffen  bie  ArSfte  {td^  n)e<i&felfeitig  erregen 
ober  fotticitiren.  3ebe  Äraft  »itt  öon  oufeen  erregt  fein,  fie  ruft  ben 
SlnfloB,  ber  il^re  Sl^Ätigleit  toecft  unb  erregt,  felbft  l^eröor;  il&r  Solli- 
citirtnerben  ift  il^re  eigene  2:]^ättg!eit  unb  Sleu^erung.  ff2)ag  fte  foDi= 
citirt  U)irb,  i^  bal^er  i^r  eigenes  Sil^un,  ober  e8  ifl  burd^  fie  felbfi  be= 
ftimmt,  bag  bie  anbere  ^aft  eine  anbere  flber]^au))t  unb  bie  follici« 
citirenbe  ift/  „Ober  fie  ifl  foÖicitirenb  nur  infofem,  al8  fte  bogu 
befiininit  toirb,  fotticitirenb  ju  fein/  „@o  ifl  clfo  bie«,  bafe  auf  bie 
ßraft  ein  Slnftog  burd^  eine  anbere  Araft  gefd^iel^t,  bag  fie  fid^  info= 
fem  ))af  f  it)  Der^&It,  aber  ]§inU)ieber  t)on  biefer  $affit)it&t  in  bie  Sctim^ 
tat  übergebt,  —  ber  3lttdfgang  ber  Äraft  in  fie  fclbfl.  Sie  äußert 
fid&/  „S)er  Slnftofe,  looburift  fie  gur  SC^aiigleit  foHicitirt  toirb,  ifl  i^r 
eigenes  SoQicitiren ;  bie  9leu§erlid^!eit,  meldte  an  fie  fommt,  ifl  fein 
Unmittelbares,  fonbern  ein  bur(|  fie  äSermittelteS;  fo  loie  ilgre  eigene 
toefentliii^e  3bentit&t  mit  fid^,  nii^t  unmittelbar,  fonbern  burdg  tl^ie 
SRegation  Vermittelt  ifl;  ober  bie  Äraft  ftufeert  bieS,  bag  il&re  %eu§er= 
lid^feit  ibentifd&  ift  mit  il^rer  3nncrli(|feit/^ 

®cr  ©ebanfe  §egete  ifl  tief  unb  rid^tig.  2)ie  äußeren  Sinbrüde, 
tooburtib  g.  ffl.  bie  menfd&lidöen  ©eifleSfrdfte,  tnsbefonbere  bie  genialen. 
gctt)edft  unb  erregt  »erben,  finb  bur(|  bereu  Slrt  unb  Slid^tung  6ebingt, 
fie  finb  beS^alb  bie  eigenften  SleuBerungen  biefer  Arifte  unb  eben  beS» 
balb  fo  intereffant  unb  erleud^tenb. 

SBeil  es  im  SBefen  ber  Äraft  liegt,  bag  fte  foOicitirt  ober  üon 
äugen  erregt  loerben  mug,  fo  toirft  fie  nod&  nid^t  auS  unb  mit  Doller 
Ofreil^eit,  no(^  nidgt  felbftbeflimmenb  unb  gkoedEtl^Atig,  fonbern  6Iinb. 
tteSbalb  es  falfd&  ijl,  bie  Ärdfte  auf  eine  Urlraft  gurüdffül&ren  ober  boS 
Urtoefen  als  Äraft  begreifen  ju  lootten;  l&ierauS  entfielet  ,.eine  »er 
toirrung,  an  ber  §erberS  ©ott  öomcl&mlid6  leibet".* 

3.  S)a8  SBer^ftltni^  be»  Heugeren  unb  3nneten. 
S)ie  Äraft,  ©aS  fo©o^l  il^re  ©oöicitation  (©rregungSauflanb)  aU 
il^re  Sl^fttiglcit  betrifft,  dufeert  fid&  unb  nur  fid^,  il&re  Steufeerung  ifl 

1  Sbenbaf .  IV.  b.  S>te  SoUicitatbn  ber  Stxa%  c.  2)te  Unenba^leit  ber  Kraft. 
6.  168—171.  »gl.  über  bau  toefentli^e  »er^ftltnife.  »b.  VI.  §§  185—136. 
6.  267-275.  -  »  übenbaf.  §  136.  6,  270.  Sufat  1.  6.  271  u*  272. 


2)ie  (Stf^einung.  518 

fie  felbfi,  tl§r  9leu6ere8  ift  il^r  3[nnere8  unb  itmge!e]^rt  unb  betbe  btiben 
eine  „gebiegene  ßinl^ett",  eine  ööttige  Sbentttftt;  fie  finb  nid^t  mel&r 
Seiten  eines  äJerl^ftltniffeS,  fonbetn  ein  unb  boffelbe  SBefen,  m^fialb 
ftdg  mit  biefem  93egtiff  bie  Ofomten  be9  loefentlid^en  SSerl^dltniffes  DoD- 
enben  unb  aufl^eben  unb  bamit  bie  Kategorien  ber  Stfd^einung  aber^au))t. 

9lidgtl$  ifl  beliebter  unb  populärer,  nidbtd  aber  aud^  unrid^tiger  unb 
Derlel^rter  aU  3nnerel$  unb  SIeugereS  einanber  entgegenjufe^en.  StmaS 
gonj  9lnbere8  fei  baS  innere,  ettoaS  ganj  Xnbered  baS  Xeugere.  @erabe 
bie  Sntgegenfe^ung  Derfel^rt  leben  ber  beiben  ^Begriffe  in  fein  ®egentl^eil. 
SBad  btog  innerlidg  fein  foD,  ift  ebenbeS^alb  6Iog  du^erlid^  unb  um«: 
gefeiert.  @o  finb  ®ebQn!en,  bie  bIo§  innerlid^  finb  unb  fein  tüoUtXir 
bie  man  gar  ni(^t  du^ern  unb  au8fpre<ien  !ann,  offenbar  l^ödgft  un- 
enttoidelte,  unburd^brungene,  nur  ftugerlid^  angenommene  S^orfteHungen 
ol^ne  allen  SBert^  unb  ^nl^att.  @6enfo  finb  ©efinnungen,  bie  nur 
innerlich  finb  unb  bleiben,  fid^  gar  nid^t  in  ^anblung  unb  C^aralter 
dugern  unb  barfteOen,  offenbar  nur  äugerlid^,  nx6)Ü  aü  leeres  ®et]^ue 
unb  ®erebe.  SBoDon  bad  ^erg  DoQ  ift,  bat)on  gel^t  ber  3Jlunb  Aber. 
9Ba8  man  loal^rl^aft  intoenbig  loeig,  bad  \Dti%  man  auSloenbig,  cpar 
coöur»,  toie  bie  franjöftfd&e  Sprad&e  DortreffUdft  fagt.^ 

©anj  in  biefem  Sinne  ]§eigt  e8  in  Tegels  Sogü:  „Qo  ifl  ettt)aS, 
bag  nur  erfi  ein  3nnere8  ijt,  eben  barum  nur  ein  aieufeereS.  Cber 
umge!e]^rt,  etioaS,  baS  nur  ein  9 entere S  ift,  ifl  eben  barum  nur  ein 
inneres."  3)ied  jeigt  fid^  fogar  in  ber  äJtetl^obe  ber  (SnttoidEIung  felbfi. 
Solange  bie  93egriffe  nod^  in  ber  Xiefe  liegen,  nod^  nid^t  in  ber  ab- 
aquaten  (^orm  enttoidelt  unb  ausgeprägt  finb,  finb  fie  nur  erft  innerlidb 
unb  erfdbeinen  ebenbeSl^alb  jundd^ji  in  ber  aDerftu^erlid^ften  Sform,  loie 
man  g.  93.  ben  93egriff  beS  äBefenS  gunftdgft  aU  einen  duneren  ^n» 
begriff  geioiffer  gleid^artiger  Srfd^einungen  fagt  unb  Don  Sd^uIloefen, 
3eitung8toefen  u.  f.  f.  rebet.* 

StirgenbS  aber  ifi  baS  loal^re  SSerl^dltnig  beS  inneren  unb  Sfeugeren, 
ndmiidb  il^re  DöHige  ^bentitdt,  fo  einleudgtenb,  loie  in  ben  O^ormen 
unb  ®epalten  ber  JRatur,  bie,  toa«  fie  ifi  unb  Dermag,  offen  barlegt  unb 
gur  Sd^au  trdgt,  unb  gar  nicibt  im  Staube  ift,  etioag  gu  Der^eimlicben 
unb  gurüdEgul^alten.  S)arum  ift  auc^  bie  Sntgegenfe^ung  beS  3nnem 
unb  Beugern  nirgenbd  fo  ungutreffenb  unb  Derlel^rt  aU  in  il^rer  ^n» 


»  ©.  meine  Sogif  unb  SKetQpl^^lif.  »u*  IL  §  131.  6.  377—380.  —  »  ^egel. 
IV.  «nmetl.  6. 174-176. 


514  S)ie  Se^re  bom  SDefcn. 

loenbung  auf  bte  Statut,  loie  e8  91.  Don  Raffer  in  einem  feiner  frfl^ejlcB 
®ebid^te  in  jenen  Diel  ge^rief enen  unb  loieberl^olten  Serfen  Derfud^t  ^ai: 

.3ns  3nnere  bei  9latttt 

2)tin(|t  lein  erf^affenet  i&tx% 

3u  glftdli^,  toaim  fte  no4  bie  ftuftete  64aaU  oeip.' 

(^egel  citirt,  roxt  e8  il§m  l^Auftg  begegnet,  ungenau  unb  uttriiitig: 
«r3u  glfidlid^,  iDenn  er  nur  bie  Andere  @d^aale  n^eift''.)  Xuci^  9hcotai 
^at  bie  angefül^rten  S^erfe  ato  „einen  unbeftrittenen  unb  unbefirettbaien 
SuSfprud^  bed  ^]^iIofot)]^if(|en  S)id^terd"  ]§od^get)riefen.  2)agegen  ^ot  fie 
®oet]^e  aud  innerjter  ^erjenSäbergeugung  DoOig  Dertoorfen.  Sein 
bid^terifdber  ®egenn)urf  int  3.  ^eft  ber  äRorpl^ologie  (1820),  ni^t 
ol^ne  Seitenblid  auf  ben  93en)unberer  lautet: 

,3n«  3nnere  ber  9>otuT  — * 

O  bu  ^^Ui^et!  - 

.2)ringt  lein  erf^affenet  ®eifl/ 

iDli4  unb  (&t]äfiDxfitx 

iDldgt  il^r  an  foI^eS  SBort 

9lut  md^t  erinnern; 

SBir  benlen:  €rt  für  Ort 

6tnb  toir  im  3nnem. 

„eiftdfelig,  toem  fie  nur 

2)ie  ändere  @4ale  tt)eift!' 

^a%  f^bt*  i4  felsig  Sa^re  tt)ieber(oIen, 

^^  flu^e  brauf,  aber  ber^ol^Ien, 

&a%t  mir  taufenb,  taufenb  iDlalc: 

9llle<  giebt  fte  rei^U^  unb  gern; 

ffiatux  (at  toeber  Sttxn 

SdeS  i^  fie  mit  einem  HRale; 
S)i4  prüfe  bu  nur  allermetß 
üb  bu  l^em  ober  G^aU  feiß. 

3n  ber  Sammlung  ber  @ebi$te  fielet  biefeiS  unter  ber  tteberfd^rift: 
„9[IIerbingi3.  2>em  $]^^fi!er"  in  ber  eiuppt  Don  »®ott  unb  äBelt'. 
&  tarn  unferem  $l§iIofot)]^en  in  feiner  Sogil  an  ber  ©teile,  ido  toir 
ftnb,  im  ^inblid  auf  boS  93er]^&Itnig  beS  inneren  unb  Seugeren  nk 
gerufen,  er  fai^rte  bie  J^aQerf^en  SSerfe  an  unb  bagegen  bie  goet^f^i: 
9ßorte:  «,S)a8  l^ör'  id&  fed^jig  Saläre  »ieberl^olen.  Unb  flud^e  brauf. 
aber  Derfiol^Ien,  —  Slatur  l^at  »eber  jtem  nod^  @d^ate,  alled  ifl  jie 
mit  einem  ÜRale"  u.  f.  f.  SRatürlitft  lonnte  biefe  Slnfül^rung  erft  in 
ber  gtoeiten  Auflage  ber  enc^!Io|)&bifd^en  Sogil  {tattfinben.^ 
1  ©b.  VI.   §  140.   ©.  276.  «nmerlfl. 


2)ic  Grf^cinung.  515 

S)tefe  SBorte  enthalten  fo  fel^r  ®oetl§e9  ^etaenSmetnung,  bag  er 
fie  Ql8  fein  ,, Ultimatum"  »icberl^ott  unb  befriftigt  l^ot: 
Unb  fo  fag'  t(i  sunt  Ie|ten  HRale: 
9latur  l^at  meber  (ttvn 
9I04  ed^ale; 

2)u  prfife  bi4  nur  aUermeifi, 
£)b  bu  l^eni  ober  6(!^ate  feifl! 

3n  feiner  Snfd^ouung  t>on  ber  Sntflel^ung  unb  @ntlDi(!(ung  ber 
organifd^en  ©ebilbe  fommt  bie  Of^age  nod^  bem  9}erl§äItniB  beS  inneren 
unb  ^eugeren  in  il^rer  eigentlichen  unb  Dorne6mIi#en  99ebeutung  jur 
Spxaä^e.  S3elQnntIi(^  %ai  ©oetl^e  feine  morpl^ologifd^en  Sbeen  audg  in 
giDei  @ebi(^ten  bargefleDt,  bie  ju  ber  oben  genannten  ®xn}fpt  gel^ören: 
„®ie  5Dletamor|)]^ofe  ber  ißflanjen"  unb  „SWetomorpl^ofe  ber  Siliere", 
^uf  baS  erfte  ©ebiii^t  folgt  ein  dlaii]pxnii,  ein  „Spirr^ema",  loeld^eS 
in  ber  (ünbigften  unb  farjeßen  äBeife  jenes  Serl^&ItniB  fagt  unb  fefl- 
fleQt  unb  Don  $egel  geioig  ongefai^rt  toorben  m&re,  toenn  er  eS  ge- 
launt l^&tte: 

anüffet  im  9laturbetra4teu 

dmmet  (Bxni  tote  9l1Ied  a^ten; 

3l\iit^  ift  brinnen,  md^U  ifl  braugen, 

^enn  maS  innen,  ba<  ift  ou^en. 

@o  ergreifet  o^ne  ©ftumni^ 

heilig  öffentlid^  ©el^eimnift.^ 

äßtr  leieren  ju  ben  bialeltifd^en  Sludfül^rungen  ^egete  gurüd,  nad^= 
bem  beren  le^teS  Srgebnig  eine  fo  entfd^iebene  unb  fo  toörtlic^e  93e- 
ftatigung  burd^  bie  Sludfprfid^e  ©oetl^eS  erl^alten  l^at.  Innerei»  unb 
9(eu^ere8  finb  nid^t  mel^r  @eiten  eines  äier^dltniffeS,  fonbern  SRomente 
eines  unb  beffelben  äBefenS;  i^r  9}er^&ltnig  ifl  il^re  (Sinl^eit  ober^ben* 
titftt:  bamit  ifi  baS  »efentlid^e  SSerl^&Uni^  DoHenbet  unb  aufgel^oben. 

S)iefe  odQige  ^bentit&t  beS  inneren  unb  ^engeren  l^eigt  \x(S) 
Äußern,  fid^  ooHfommen  dugern,  aDeS  innere  in  9(eugereS  Der^ 
loanbeln,  „benn  loaS  innen  ifi,  ift  aufeen",  b.  1^.  fid6  offenbaren  ober 
toirfen.  2>aS  SBefen  fdgeint,  es  erfd^eint,  eS  offenbart  fid^:  eS  ift  toirl^ 
lid^.  S)amit  eröffnet  fid^  ber  93ndE  in  eine  neue  ®ru))))e  ber  jtategorien, 
bie  britte  unb  le^te  in  ber  Seigre  Dom  SBefen.     „©eine  9(eu§erli(!bfeit 

^  Ueber  biefe  brei  ®ebid|te,  „fifitxb\nQ%' ,  i,Uttiinatttin'  unb  »(Epirrl^ema', 
t^gl.  Goethes  SOßerfe  (nm^aU  ^empel.)  S9b.  XXX.  @.  123flgb.  €.492.  9lr.  33. 
(3n  bem  3.  ^eft  aur  SRorpl^oIogie  ße^t  bat  (Bebid^t  unter  bem  Xitel:  ^gfreunblid^er 
3uruf*.)  »b.  IL   @.  230  u.  237. 

33* 


516  2)te  S^tfßt  Dom  9ßefen. 

ifl  bie  STeu^etung  beffen,  toaS  ed  att  fid^  ift  unb  itibetn  fo  fein  3n^It 
unb  feine  gform  fd^Ied^tl^in  ibentifd^  finb,  fo  ifl  eS  nichts  an  unb  fflr 
fi$  als  bieiS,  fidg  ]u  Äußern.  Sd  ifl  baS  Cffenbaten  feines  äBefenS. 
fo  ba%  biefeS  SBefen  eben  nur  barin  befielet,  baS  ftd^  Offenbarenbe  )u 
fein.  2)aS  n)efentlid&e  SSer^ältniB  l^at  fid^  in  biefet  3bentitAt  ber  (Ei» 
f^einung  mit  bem  inneren  ober  bem  SBefen  jur  9Bir!Ii$!ett  be> 
Pimmt/* 


9leun}el^nte8  Sapitel. 
9te  Ceifre  Mm  mtftn.    0.  fie  )»trUt4kett. 


I.  3>aS  loal^r^Qft  3Bir!li(^e.    2)as  3[bfoIute. 

3)ie  SBirKidgfcit  iß  Don  ben  Segriffen  beS  @ein8  unb  S)afetnS, 
ber  @£tfien]  unb  Srfdgeinung  tool^I  gu  unterfd^eiben:  baS  3)ofetn  ifi 
bod  bejiimmtc  ©ein,  bie  (SEipenj  ip  baS  begrünbete  ©afein,  bic  fc 
fd^einung  ifi  bie  toefentlid^e  (äBefen  offenbarenbe)  Sjctfleng;  bie  SBitHulb' 
feit  tt)iQ  aU  äBir!fam!eit,  nidgt  als  tobte,  fonbern  als  tl^fttigc 
2BirIIid&!eit,  als  Sßirfen  gefaxt  fein,  gleid^bebeutenb  mit  bem,  toai 
bie  ^Iten  baS  loal^rl^aft  Sßirflid^e  ober  baS  loal^rl^aft  @eienbe  (to 
SvT(0(;  Sv)  genannt  l^aben.  9tad&  ber  ®runbibee  ber  l^egelfd^en  fie^fie 
ift  bie  ä^emunft  baS  abfolut  »irffame  9ßelt))rtnci^,  bal^er  lotrb  bie 
9ßirIIid|!eit  (9Bir!fam!eit)  gleid^gefe^t  ber  93emunft,  unb  eS  folgt  bie 
SrÜdrung:  „maS  mirflid^  ift,  baS  ift  Demfinftig,  unb  toaS  Demflnftia 
ift,  baS  ift  mirHid^/  SBir  finb  biefem  Sa^e  fd^on  biogra))]§ifd^  in  bei 
93orrebe  gur  9led&tS))]^iIofo))^ie  begegnet^,  er  murgelt  in  ber  Sogif  an 
ber  Stelle,  *n)o  loir  uns  befinben.  3)a]^er  l^at  ^egel  bie  SBicflic^Ieit 
^ier  gleid^  gefegt  bem  Slbfoluten,  unb  man  mdge  eS  \oofjH  beai^ten, 
bag  in  feiner  Seigre  nid^t  ol^ne  äBeitereS  baS  Stbfolute  unb  ®ott  all 
SBed^felbegriffe  gu  be^anbeln  finb.' 

3nbeffen  bient  an  unferer  @teQe  baS  Sbfolute  weniger  x^m  Sfort» 
gang  ber  Kategorien,  als  Dielme^r  ju  einer  3)igreffion  in  bie  ®ebiete 
beS  @))ino}iSmuS,  ber  orientalifdgen  ßmanationslel^re  unb  ber  leib* 
nigifd^en  $^iIofo))]^ie,  um  ju  geigen,  toie  loenig  biefe  S^fteme,  nantent^ 

'  «egcl.  »b.  IV.  6. 177.  9}gl.  »b.  VI.  §  141.  6. 281.  -  >  »fil.  oben  Sitdt  L 
i&ap.XL  6.  USfIfib.  -  >  ^cgef.  IV.  Kbf^n.  III.  2)ie  aOSirm^IeU.  <l(at».  I 
2)aS  Kbfolute.  6. 178-193. 


2)te  aS^irta^tett.  517 

lid^  bie  beiben  erfien,  bent  ^Begriffe  beS  9(bfoIuten,  ber  il^r  Sl^etna  aus» 
mad^t,  entfpred^en,  unb  tote  unrtd^ttfl  fte  bettfelben  auslegen.  SDenn 
nmS  bem  $II-@tnen  in  bet  Seigre  Spinoiai  loie  in  bent  ber  SmanationS- 
f^fleme,  »qS  fott)o]^I  ber  f))ino)i{tif(i&en  @u6{tan3,  bie  aUeS  in  fid^  fa^t, 
als  bent  Urlid^t,  Don  bent  aDeS  in  abnel^menber  SJoISontntenl^eit  unb 
junel^menber  S)un!el]^ett  auSflr&mt,  mangelt,  ifl  ^bie  9lefle£ton  in  ft(^'\ 
bie  mältfit  3u  fidg  felbß,  b.  i.  bie  3nbit)ibualit&t,  bie  $erfönKd&!eit, 
ber  @eifl,  iDoburdg  fidg  baS  9(bfoIute  DoHenbet,  b.  1^.  )u  bent  ntad^t, 
toas  e$  ift.  9lac6  bem  ©runbfa^e  ©pinojaS  iß  |ebe  2)etermination 
eine  Verneinung:  bal^er  !önnen  bie  naiveren  Seflimmungen  ber  @u6- 
flan},  bie  gal^tlofen  Slitribute,  beren  iebed  unenbtidge  Steatitdt  auSbrfldt, 
bie  beiben  beftimmten  9(ttri6uie  bed  S)en!end  unb  ber  StuSbel^nung, 
jule^t  bie  enblid^en  SSefUmmtl^eiten  ober  bie  ÜJtobi  nidgt  aus  ber 
Subflanj  felbft  ftammen,  fonbem  muffen  il^r  burdg  bie  Äußere  9lefIe£ion 
jugefc^rieben  n)erben,  tt)aS  bem  93egriffe  beS  Slbfoluten  toiberftrettet. 

S)arin  fielet  bie  (eibnijifAe  Subftan]  al8  SKonabe  l^Sl^er  mie  bie 
f))ino)ifiifd&e  unb  biefer  entgegen:  bag  fie  ftd^  auf  ba§  $rincip  ber 
SnbiDibuation  grflnbet  unb  „ben  äRangel  ber  fRefte^ion  in  fid^, 
ben  bie  fpinojiftifd^e  SluSlegung  beS  Slbfoluten  loie  bie  SmanationSlel^re 
an  il^r  l§at,  erg&ngt".  2)er  3JlangeI  aber  ber  SRonabe  befielet  barin, 
bag  il^re  Sefd^rAnlung  ober  il^re  ©renje  ,,notl^n)enbig  nid^t  in  bie  fid^ 
felbfl  fe^enbe  ober  Dorfteltenbe  SDRonabe,  fonbem  in  il^r  Slnfid^« 
fein  fftUt,  eine  ^rdbeftination,  loeld^e  burd^  ein  anbereS  SBefen, 
aU  fie  felbp  ift,  gefegt  toirb\^ 

S>ie[e  6|)ifobe  Dom  ^^Slbfoluten"  if)  in  ber  enc^Itopäbifd^en  Sogi! 
toeggeblieben.  ^ier  tt)irb  jene  Sinl^eit  ber  93ernunft  ober  3bee  unb  ber 
SBirlUd^Ieit  einleud^tenb  be^anbelt,  unb  eS  n)irb  gegeigt,  ba%  ber  beliebte 
unb  popnl&xt  ©egenfa^  beiber  auf  einer  gebanlenlofen  unb  falfdgen 
aSorfteHung  fomol^I  oon  ber  3bee  als  Don  ber  9Bir!Iid&{eit  berul^e,  unb 
ba%  l^ieraus  aud^  bie  lonblftufige  unb  fatfci^e  Slnfid^t  Don  bem  ®egen- 
fa^  ber  |)Iatonifd^en  unb  ariftoteßfd^en  $biIo{ot)^ie  folge.' 

n.  2)ie  innere  unb  dunere  Sßirüid^feit. 
1.  S)a8  9lei4  bet  SOfldgli^Ieit. 
3)ie  9Bir{Iid^!eit  atS  bie  (Einl^eit  beS  inneren  unb  9(eugeren  fd^tiegl 
biefe  beiben  SRomente  in  ftd^  unb  unterfd^eibet  fid^  bemgemd^  in  bie 

'  Sbenbaf.  SBb.IV.  S)ttttei  9lBf$n.  S)ic  aOSiria^fcit.  dop.  I.  ^ai  Kbfolute. 
@.  178-193.  (6.  191.)  -  «  »b.  VI  C.a)iegQßirfa*feU.  §  142.  3uf.  ©.  281-284. 


518  2)ie  Se^te  bom  SSDefen. 

innere  unb  dugere  SBtrIltdgfett.  2)ie  SBirlKd^fett  als  Sßirffamleit 
fd^Iiegt  bad  tDtrlfante  SBermdgen  unb  bie  baburc^  benoittte  ftugere 
Zl^atf&d&Kdbleit  in  jtd^  unb  unterfd^eibet  fi(^  bentgem&B  tn  ))otentteae 
9ßir!U(i6!eit  unb  dunere  Zl^atfad^üc^Iett.  2)ie  innere  ober  potentielle 
Sirftid^foit  ift  bie  ajldglidgleit.  3)ie  SBirüidgfeit  umfaßt  aüt^,  toas 
ejcifiirt  bie  ganje  SnannidgfaUigfeit  ber  2)inge.  9[bgefel^en  x>on  ber 
Serfd^iebenl^eit  ber  S^iflengen  unb  2)inae,  erfdgeint  bie  äRdglicifeit 
unter  bem  ®eft(^t$))un!t  ber  bloßen  ^bentitat:  aUed  ifl  mSgltcft.  toad 
mit  fic^  ibentifd^  ift  ober  fid^  nid^t  »iberfpricbt,  b.  i.  baS  SDen!bare. 
unb  alles  ift  benibar,  mad  nid^t  gerabe  ein  eiferneS  $oIs  ift,  atlt§,  au4 
baS  ^[bfurbefte.  @iS  ift  ja  benlbar,  bag  ber  3Ronb  l^eute  auf  bie 
(Srbe,  bie  Srbe  in  bie  @onne  fftDt,  bag  ber  Sultan  fic^  belel^rt,  S^rifi, 
^riefter,  ^apft  »trb,  unb  mad  bergleidgen  Slbfurbitftten  mel^r  finb. 
3n  biefer  Slrt  ©enttarleit,  b.  i.  ber  formellen  aBiberfprud&rtoftgfeit. 
befielt  bie  „abftracte"  ober  formelle  Snöglidgleit:  baS  Sleid^  ber 
gal^IIofen,  nidgtsfagenben,  l^o^Ien  SDRögüd^feiten.  ^ 

©obatb  aber  ber  93egriff  ber  äHögUdbleit  mit  ben  gegebenen 
@£i^en)en,  mit  ber  Sage  ber  S)inge,  mit  ben  99ebingungen  unb  Um= 
ftanben  Derglid^en  loirb,  bie  baS  Steid^  ber  SBirllid^Ieit  barbietet,  fo  ift 
eS  mit  bem  9lei(i^  jener  jal^Hofen  3R5gIid&!eiten  iu  Snbe,  unb  eS  ent= 
fielet  ber  93egriff  ber  beftimmten  ober  ,,realen  9^5glid^lett'',  bie 
i^re  t)erfd^iebenen  SfäDe  l^at.  S)ie  ä^erfd^iebenl^eit  gel^t  in  ben  (Segens 
fa^  Aber.  <Ss  giebt  auc^  entgegengefe^te  SRöglidbleiten,  ®egenmog[t# 
leiten,  Don  benen  bie  eine  bie  anbere  aufl^ebt.  @o  lange  titoa9  nur 
möglid^  ift,  ift  aud|  fein  (Segentl^eil  möglidg.  S)ie  aRögIid^!ett  befielt 
im  @einIonnen,  audb  9lic^tfeinlönnen,  auc^  ^nberSfeinlönnen. 

SBenn  alle  ©egenmöglid^Ieiten  auSgef^Ioffen  finb,  fo  ift  ber  Areis 
ber  93ebingungen  erfüllt,  unb  bie  Sad^e  tritt  ins  Beben,  bie,  einmal 
gefc^e^en,  nid^t  me^r  anberd  fein  !ann,  ate  fie  ift;  eis  ift  gu  Snbe  mit 
bem  @einlönnen,  aud^  Stid^tfeinfbnnen,  aud^  Slnberdfeinlbnnen.  XaS 
@ef(^e^ene  unb  SBirHid^e  l^at  ben  S^aralter  bed  Stic^tanberSfeinfönnenS. 
S)arin  befte^t  ber  93egriff  ber  9lot^tt)enbig{eit,  b«  i.  bie  enttoicfelte 
SBirüid^Ieit  ober  bie  Sinl^eit  ber  realen  9Jl5gIi(|)!eit  unb  ber  SBirllic^teit. 

2.  ^ai  9leid6  beS  Sufall«. 

2)er  3ufaII  ge^i)rt  in  baiS  ©ebiet  ber  dugeren  SBirRid^teit,  et 
fpielt  auf  ber  Oberft&d^e  ber  3)inge,   bie  dugerlid^  ft(6  auf  einonbei 

^»bTiv'.  a)titlet  llbf*n.  (Sop.  IL  A.  6.195-200.  B.  e.  200-206. 
»b.  VI.   §  143.   3uf.   6.  284-287. 


3)ie  »irflid^feü.  519 

bestellen  unb  etniDirlen,  ))on  benen  eineiS  bem  anbeten  Don  äugen  be» 
a^snet,  iVi^^i  unb  gleid^fant  guf&Ut  (accidit):  eben  barin  befielet  bie 
3ufftatg!eit.  3n  ber  Sleugerlid^Ieit,  bie  }um  SBefen  ber  äBirüidgleit 
gel^ört,  benn  btefe  tji  bie  Ginl^ett  bed  inneren  unb  %tn%txtn,  Hegt  bie 
^bQli^Uxi  beS  3ufaQi$  unb  beS  gufaaigen  ©efd^el^enS.  6in  foId^eS 
(Sefd^el^en  l^ot  !etnen  inneren  ®runb:  botum  ifl  ber  SufaQ  grunb- 
lod.  2)a  abet  nid^tS  ol^ne  ®runb  gefd^iel^t,  fo  l^at  qu(|  lebet  Sufatt 
feinen  ®runb.  Sr  folgt  nidgt  aud  bem  3ufammenl^ang  ber  2)inge,  — 
ber  SufaU  ifl  gufammenl^angSloS  unb  barum  gefe^IoS,  ed  giebt  feine 
@efe|e  beS  SufaDlS;  —  fonbern  eS  ifl  baS  Äußere  Sufamutentteffen  ber 
Umft&nbe,  tt)orau9  ber  3ufaa  erfolgt,  meSl^alb  berfelbe  ben  Sl^aralter 
eined  einjelnen  Or^ctuntS  l^at  unb  bel^ilt;  xotSkoXb  audg  iebe9  Sfactunt 
—  benn  iebeS  ift  eine  eingelne,  auS  ben  Umftinben  entf))rungene  Xl^at«" 
fad^e  —  eine  Seite  ber  Suf&Digfeit  l^at  unb  bel^ftlt.  StuSbrfldßid^  l^at 
^egel  baDor  getoarnt,  toa^  in  feiner  €d(iule  nid^t  genug  bel^ergigt 
morben  ift:  bag  man  biefe  Seite  ber  SufiDigfeit  in  ben  eingelnen 
SBegebenl^eiten  ber  SBett  nid^t  Der!ennen  unb  benfelben  burd^  fopl^ifiifd^e 
S)ebuctionen  ben  @d^ein  ber  9tot^tt)enbig!eit  Derleil^en  mdge,  als  ob  fie 
in  aQen  Singelnl^eiten  nid^t  anberS  aU  fo  ^dtten  gefc^e^en  iönnen.^ 
9ßad  in  ben  Segebenl^eiten  ber  Sufatt,  bad  ift  im  ®ebtete  beS 
menfii^adgen  äBoüend  unb  ^anbelnS  bie  Silüfir:  fie  ift  ber  3ufatt 
bed  äßoHenS,  ebenfo  grunbloS,  ebenfo  nur  dugerlid^  begrfinbet,  ebenfo 
gufammen^angSloS  unb  gefe^loS,  barum  fo  loenig  ber  gfreil^eii  gemftg, 
bag  fie  il^r  Dielmel^r  auf  baS  dugerße  loiberftreitet.^ 

3.  2)ie  9lot^lDenbtgIett. 

3)ie  9tot]^tDenbtgIeit  ift  ald  bie  (Sin^eit  ber  (rea(en)  äJlöglic^Ieit 
unb  SBirflidgleit  erfl&rt  loorben.  9BaS  gefd^el^en  ift,  fann  nid^t  un» 
gefd^e^en  gemad^t  tt)erben,  aQed  9li(^tfein!önnen  unb  SlnberSfeinfönnen 
ift  auSgefd^Ioffen:  ed  ift,  nie  ed  ift,  unb  fo  ift  ed  notl^toenbig. 

Slber  bie  9'lot]^tt)enbtgIeit  gilt  nidgt  b(og  t>on  bem,  loaS  gef(^e^en 
ift,  fonbern  im  eigentlid^en  unb  eminenten  Sinne  beiS  SBortS  oon  allem, 
ioa9  gu  gefd^el^en  l^at.  9lot^menbig  ift  etioaS  nid^t  blog,  loie  t%  ift, 
fonbern  loeil  eS  ift.  (gS  ift,  loeil  eS  ift;  eS  ift  burd^  fic^  felbft,  nur 
burc^  fid^:  barin  beftel^t  ber  S6ara!ter  ber  9tot^toenbig!eit.  SBad 
notl^ioenbig  ift,  bad  i^,  loie  ft(^  Don  felb^  Derftel^t,  aud^  begrflnbet  unb 


»  5Bb.  IV.  A.  Sufftaigleiten.  6.  195  ffab.  VI.   §  144  u.  U5.   3uf.   ©.  287 
(id  291.  -  s  (Ebenbaf.  @.  288frgb. 


520  S)ie  Se^e  Dom  Sßefen. 

Dermtttett.  äBenn  eS  abtx  nur  burd^  aitbered  unb  Augered  begrünbet  i% 
fo  ift  es  nid^t  not]§tt)enb.ig,  fonbem  gufADig  ober  nur  bebiitgungSiDetfe 
notl^tDenbig.  SHIed  3uf&0ige  tfl  beut  9tot^U)enbtgen  gegenfiber  ttid^ttg 
unb  benimmt  t)on  bemfelben  flberuunben  unb  bel^errfd^t  ju  loerbcii. 

S)a]^er  !ann  baS  9lot]^menbtge  ate  folcbeS  ntd^t  Don  jenen  9^ 
btngungen  unb  Umfl&nben,  aus  benen  bte  @Qd^e  not^n)enbigenDet|e 
J^erDorging,  abl^&ngig  fein.  SHelmel^r  Derl^&tt  eiS  ftd^  umgehört.  Ss 
ift  bie  notl^loenbige  @Qd^e  felbfl,  tDtlibt  jenen  DoDftAnbigen  JtreiS  oon 
^ebingungen,  unter  unb  aus  loeldden  bie  teole  äRdglid^teit  1t$  oep 
mirllid^t,  fe|t  nAnttid^  DorauSfe^t,  bie  gerfheuten  Umflänbe  fammelt 
unb  in  eine  fold^e  3ufammenmir!ung  bringt,  ba%  etnaS  gang  anberei, 
al9  barin  entl^alten  \oat,  barouS  l^erDorgel^t.  S)ie  not^ioenbige  @a(it 
ift  ba^er  al8  fd^Ied^tl^in  unbebingt  gu  faffen,  nidgt  bebingt  burd^ 
anbereiS,  fonbem  nur  burti^  fidg  felbft. 

2)ie  unbebingte  ober  abfolute  @Qdge  ift  3Jt aä^t,  no(b  nid^t  S^md 
unb  Snbgmed;  fie  betoirlt  fid^  felbft,  ober  fie  begioedEt  nodb  nidbt  M 
felbft,  fie  ift,  toai  fte  ift,  erft  an  fid^,  nod^  nic^t  fflr  fid^,  b.  1^.  fie 
ift  blinb.  2)arum  l^aben  bie  SUten  bie  Stotl^menbigleit  aliS  @d^t(!fa(, 
aU  blinbed  äJerl^&ngnig  (ir8icpo>|iivov,  eE[iap{jL§yY))  DorgefteOt,  bem  allei 
rettungslos  Derf&Dt.  2)aS  @dgidEfaI  ift  IroftloS  ober  I&gt  feinen  onberen 
S£roft,  als  U)eld6en  bie  SUten  au(!b  gel^abt  unb  gepriefen  l^aben,  tt&miti 
bie  unbebingte  Ergebung.  SnberS  Derl^&It  eS  ftd^  im  S^riftetitl^uni, 
meld^eS  ftatt  beS  SdgidEfalS  bie  ä^orfebung  »alten  Idgt.^ 

Um  bie  begriffe  ber  aRbglidgieit,  Suf&Qig!eit  unb  9lot]§n>enbigIcii 
beutlid^  Dor  Slugen  ju  l^aben  unb  Sertoirrungen  gu  Dermeiben,  und  iäi 
fte  burdg  tbre  ©egent^eile  d^aralteriftren.  2)ie  SJtöglic^Ieit  b<^t  i^ 
®egent]^ei(e:  9lidgtmöglid^fein,  b.  i.  bte  Unmöglid^Ieit,  unb  mbgUd^eS  9li(bU 
fein,  b.  i.  bie  gegentl^eilige  3JlögIid&Ieit  ober  eine  äJtbglic^feit  anberer  %rt. 
Sbenfo  bat  bie  9totbloenbtgfeit  gtoei  ©egentb^ile:  9ti(btnotbtt)enbigfein, 
b.  i.  bie  3ufä(Iig!eit,  unb  notbkoenbigeS  9lidgtfein,  b.  i.  bie  UnmbgUdbteü, 
n)eSbalb  bie  9totbn)enbigIeit  aus  ber  Unm5glid^!eit  beS  ®egentbei(8  aud^ 
beloiefen  unb  erbetlt  tt)irb.  2)a  nun  aDeS  SRöglid^e  unb  Suf&Oige  in 
baS  Sleid^  ber  Stotl^toenbigfeit  f&Qt,  unb  baS  ©egentl^eil  ber  Unteren 
unmöglid^  ift,  fo  berrfd^t  bie  9lotbtt)enbig!eit  als  abfoIuteS  SSerb&Itnig.' 

i~ebenbaf.  C.  «bfolute  Slot^toenbiöfeit.  6.  296—810.  VI.  §  147.  3«?. 
6.  292-298.  —  »  »gl.  SHeine  ßogi!  unb  Hnetart^fit.  §  182-187.  6.  381—396. 
—  $egcl  läftt  nur  bie  ünögli^Ieit  aU  btog  fuBjectiDe  2)cnIforin  ober  a^lobalüät 
gelten,  ni^t  aber  bie  SOi^irtlttteit  unb  bie  9lot^tt)enbigfeit.  9Bcr!e.  S3b.  VI.  §  143. 
6.284flgb. 


.     2)te  as^ttmdleit.  521 

m.  2)ad  Q6folute  SJerl^ältnig. 
1.  Sie  Sub^antiatit&t. 

S)a8  noil^menbtge  SBefen  tfl  fd^Ied^i^tn  un6ebingt,  eS  ifl  nur  burd^ 
ft(|,  alfo  etnjtg,  benn  ein  anbereiS  unbebtngteiS  SBefen  neben  ober  Qugec 
il^m  Mrbe  eS  etnfdgr&nlen  unb  in  ben  Bufionb  ber  Slbl^änsigfeit  unb 
Sebingtl^eit  öerfe^cn.  „68  ifl  aOein  felbftänbig  unb  liegt  oDen  übrigen 
©ingen  ju  ©runbe;  eSf  ifl  nitfet  Mofe  ©ubftrat,  fonbcm  ©ubpang. 
^Ife  ftbrigen  3)tnge  ftnb  nidgi  not^iDenbtg,  fonbern  guföHig  ober  acct^ 
b enteil,  ©al^cr  tjl  bie  erpe  Sform  be«  Slbfoluten  bog  „aScrI&ältnife  ber 
@ubftQntiaIitftt  unb  Stccibentaütat",  noie  bie  erfte  Oform  beS  toefent» 
lidfeen  Serl^aitniffe«  baS  SBer^ftltnife  beö  ©anjen  unb  ber  SCl^eile  toar. 
S)ie  €ubftQn3  ifl  bie  ganje,  alles  in  ftdg  foffenbe  9BtrHt(|Ieit,  auger 
toeldger  ni(^t8  tft  unb  befielet;  bie  eingelnen  2)inge  finb  nid^t  il^re 
Steile,  fonbern  il^rc  SCeufeerungen,  i^r  SleufeereS,  il§rc  SWanifeflation, 
fte  ge^en  au8  i^r  l^erDor  unb  in  fte  jurflc!.  SDte  Subftan]  aber  ifi 
baS  äSeftdnbige  unb  SSel^arrlid^e,  bie  2)inge  finb  in  unauf^örlidgem 
3Bed^feI,  fie  entftel^en  unb  Derge^en;  bie  ©ubflang  adein  ift  baS  nift^tige 
3Befen,  bie  S)inge  finb  ol^nmdc^tig,  ^infdQig,  nid^tig.  ,,S)ie  Subftanj 
manifefiirt  fid^  burc^  bie  9Btr!Iid^!eit  mit  il^rem  3n^alt,  in  bie  fte  baS 
äRögiid^e  ilberfe^t  aU  fc^affenbe,  burd^  bie  SDlöglid^feit,  in  bie  fie 
bad  SSirHid^e  gurfidffil^rt,  ate  gerflörenbe  SJlac^t.  9lber  beibed  ifi 
ibentifc^;  baß  ©d&affen  jerfiörenb,  bie  S^rftörung  fd&affcnb."^ 

2)ag  bie  2)inge  Sccibenjen  finb,  ha%  fie,  n)ed^felnb  unb  Derg&ng- 
tidg,  fu6ftan}Io8  unb  nichtig,  DoKig  unb  ol^ne  9teft  in  bie  SDlac^tfpl^ftre 
ber  ©ubflang  fallen,  bar  in  offenbart  fidg  bie  3Jlaä^i  ber  ©ubftang:  fie 
offenbart  fi(^  in  ber  Dl^nmad^t  ber  2)inge,  nur  in  biefer.  3Ran  !ann 
barum  nid^t  fagen,  bag  fie  fd^affenb  fei,  fie  ift  in  SBal^rl^eit  nur  ger^ 
ftörenb.  äBenn  bie  S)inge  nid^t  loAren,  fo  noäre  auc^  bie  €ubflang 
ni(^t,  nun  offenbart  ft(6  bie  @ubfianj  in  ber  SSemid^tung  ber  2)inge,  fie 
lebt  a(fo  üon  il^rem  ©egentl^eit,  fie  arbeitet  an  i^rer  eigenen  3ctft5rung: 
eben  barin  befielt  ber  biefem  93egriff  inioo^nenbe  äBiberfprud^. ' 

3n  ber  ©efd^id^ie  ber  ^^ilofo|)]^ie  ift  biefer  9ßiberf|)rud^  bargeftellt 
unb  auSgcffll^rt  loorben  in  bem  ©^pcnte  ©^jinogaS.  @o  oft  ftdb  nur 
bie  ©elegenl^eit  bietet,  !omntt  ^egel  auf  biefe  Seigre  gurfldE,  um  il^re 


'  Sb.  IV.  (S.Qp.  UL  fS>ai  aBfolute  »eT^ältnig.  6.  211-235.  A.  S)a8  SBer- 
^ältnifii  bei  6uBflantiaIitat.  @.  212—216.  (@.  214.)  —  >  9}gl.  meine  Sogif  unb 
mttapmt.  §§  138  u.  189.   6.  396-400. 


522  ^ie  Se^re  oom  SOSefen. 

Srl^abenl^ett  gu  preifen  unb  il^re  Sinfettigfett  unb  äRängel  jit  {enn= 
geit^nen.  2)ie  Seigre  SptnogaS  fei  ntd^t  atl^eifltfd^,  toie  man  i^r  i>or 
gemoxfen  ^aU  unb  Dormerfe,  fonbern  ))ant]^eifltf(^  unb  itoax  fo  fe^r 
pantl^etflif^,  ®ott  fei  nad^  il^rer  Slnfd^Quung  fo  fel^r  SOed  in  ätOcm, 
bag  i^r  bie  äleatttät  unb  ©elbft&nbigfeit  ber  äBelt  ate  beiS  ^nbesriffs  bei 
2)inge,  botüfier  Derfd^toinbe,  toeiS^alb  biefer  $ant^etl$niud  eigentUi^ 
„Sllodmidmud''  fei.  S)ie  ganje  3lnf(|auungiSU)eife,  nat^  melier  bie 
$errli${eit  beiS  Stnen  unb  eingigen  SBefenS  ft$  in  ber  9li(bttg!eit  aOei 
übrigen  2)inge  offenbare,  fei  orientalifd^en  (Sl^aralteriS,  unb  ^eget  unter* 
lägt  nid^t,  barauf  ^ingutoeifen,  bag  ©pinoga  jubifdger  ^erlunft  toor. 
2)ie  abenbUnbifd^e  i&zlU  unb  fiebenlSanfK^t  bejal^t  unb  begrünbet  bie 
©eltung  ber  2[nbiDibuaIit&t;  ba^er  loar  eiS  ein  notl^ioenbiger  unb 
erg&ngenber  ®egenfa^,  bag  nadb  Spinoja  Seibnij  erf((ien  ttnb  bie 
€ubftan3  als  ^nbiDibualitftt  ober  SJlonabe  gefaxt  toiffen  tooHte.  ^^it 
Subßang  iß  eine  toefentlidge  @tufe  im  SutttidEIungiSproceg  ber  logiff^en 
3bee,  iebocft  nid&t  biefe  felbfi,  nid&t  bie  abfolutc  3bce,  fonbern  bie  3be€ 
in  ber  nod^  befd^rftnften  Ororm  ber  9tot]^tt)enbigfeit/'^ 

2.  2)ie  (Saufalitat. 

2)er  äBiberfprud^  im  Segriffe  ber  ©ubflang  liegt  am  Zaqt.  S^te 
Subftan}  ifl  nidgt  eigentlid^  bie  erjeugenbe,  fonbern  nur  bie  Dernidbtenbe 
SRad^t  ber  2)inge,  fte  fe^t  bie  SDinge  niddt,  fonbern  fe^t  beren  Skifetn 
Doraud  unb  mad^t  fie  gu  Sccibengen,  offenbart  ober  manifeftirt  ftd^  in 
beren  9lid^tigleit;  fie  i^,  tt)eU  fie  bie  2)inge  nidgt  fe^t,  fonbern  als 
gegeben  Doraudfe^t,  nid^t  toal^rl^aft  unbebingt  unb  l^at  alfo  nidbt  bem 
jenigen  S^arafter  ber  9lot^n)enbigfeit,  n)e(d^en  fie  in  3(nfprud&  nimmt 
unb  forbert. 

Um  bem  begriff  ber  9lotl^U)enbig!eit  gu  entfprec^en,  mu%  bie 
@ubftang  als  bie  tt)a^r]^aft  unbebingle  ober  urf|)rangli4e  @a((e  gefoBt 
merben,  b.  1^.  als  Urfad^e,  unb  bie  3)inge  nid^t  als  i^re  Xccibenyn. 
fonbern  als  il^re  äßirlungen.  3)ie  gtoeite  unb  l^öl^ere  t^onn  hti 
abfoluten  ä^erl^dltniffeS  ifl  bie  Sauf ali tot,  loie  bie  gnoeite  unb  l^o^eie 
Sform  beS  »efentlid^en  äJer^dltniffeS  baS  SBerl^ältnig  ber  Araft  unb 
SCeugerung  noar. 

StnaS  anbereS  ifl  ®runb,  etn^aS  anbereS  Urfad^e.  S)er  @runb 
ift  nid^t  l^erDorbringenb;  fonbern  auS  bem  ®runbe,  noenn  er  reif  ift, 
b.  b.  nenn  aUe  inneren  unb  ftugeren  ©rDnbe  beifammen  ftnb,   folgt 

1  ^egel.   Söerfe.   SBb.  VI.   §  151.  3uf.   6.800-303. 


2)te  a&itfa^Iett.  523 

ober  gel^t  etoad  l^etDor.  S>te  Urfod^e  tß  ergeugenbe  ober  l^etoorbringenbe 
9ßir!fatnlett.  (StoaS  anbereS  i^  Araft,  etioaS  anbereS  Urfad^e.  2)ie 
Araft  tnug  gur  Steugerung  foDtcitirt  tterben,  bte  Urfad^e  bagegen  ifl 
initiatt)),  ^fte  ifl  felbPenoegenb,  aus  jtd^  anfangenb,  ol^ne  Don  einem 
onberen  foHtcittrt  )u  loetben  unb  felbftftnbige  Ouelle  beS  hervor- 
bringend aus  fid^;  fie  mug  tt)ir!en,  il^re  Urf))rflngUd^feit  iß  bieS, 
bag  il^re  9lef[e£ion  in  fid^  beflimntenbed  @e^en  unb  umge{el^rt  beibeS 
eine  ginl^eit  iji".* 

Srfl  aU  Urfad^e  ifl  bie  Subflang  toirffam  unb  barum  U)irl(td^. 
@tfl  in  ber  Sßirlung  geigt  fidg  bie  Urfod^e  als  Uifad^e.  „S)ie  Urfad^e 
ifl  nur  Urfad^e,  infofern  fte  eine  9Bir!ung  l^erDorbringt;  unb  bie 
Urfac^e  ift  nid^tiS  qU  biefe  SSeflimmung,  eine  9ßir!ung  gu 
l^aben,  unb  bie  äBir!ung  nidgtd  aU  bieiS,  eine  Urfad^e  gu 
l^aben/'  S)ie  Urfad^e  gel^t  in  bie  SSirfung  über,  beibe  finb  bem  3n= 
^alte  nad^  ibentifd^;  fo  ift  ber  Stegen  bie  Urfa^e  ber  9t&ffe  unb  t^eud^tig« 
leit,  unb  baffelbe  SBoffer  ifl  ber  ^nl^alt  foioo^t  ber  Urfadge  als  ber 
aaßir!ung.' 

2)a  nun  bie  SBirtung  ba9  ^erfectum  bed  9Sir!enS  ifl,  fo  offen- 
bart ftd^  bie  Urfad^e  nid^t  btog  in  ber  9Bir!ung,  fonbern  erlifd^t  aud^ 
in  il^r.  2)a  aber  bie  SBirfung  bie  Urfacbe  offenbart  unb  bem  Snl^alte 
nad^  mit  il^r  ibentifd^  ift,  fo  ift  fte  felbfl  aud^  caufal,  b.  ^.  fte  ifl  toieberum 
Urfad^e,  loetdge  3Bir!ungen  l^at  u.  f.  f.  Unb  ba  ber  Snl^alt  in  ber 
gorm  be«  ßaufatoerl^aitniffefi  ein  befiimmter  ifl,  fo  ifl  er  auc^  ein 
enblidger  unb  Derfd^iebenartiger,  fo  bag  bie  Aette  t)on  Urfad^en  unb 
SBirlungen  fid^  nad&  beiben  €eiten  inS  Snbtofe  erflredEt,  unb  gloar  in 
ben  t)erfd^iebenartigflen  ®eflalten.  9lun  toerben  aQer^anb  äußere 
©rfinbe,  toie  Sebingungen,  Umflänbe,  ä^eranlaffungen  Ueinlid^fler  unb 
geringfügigfter  9(rt,  gu  ben  Urfad^en  gered^net  unb  mit  leidbter  SDiä^e 
eine  Aette  gufommengereil^t,  in  U)eld&er  an  ben  fogenannten  fleinften 
Urfad^en  bie  aOergrögten  unb  erflaunlid^flen  3Bir{ungen  ^dngen.  92ament* 
lid^  n)irb  biefed  ©piel  gern  auf  bie  SrflArung  groger  l^iflorifd^er  dx- 
eigniffe  angeioenbet.  3)ie8  ift  eine  S&ufd^ung,  bie  Don  einer  a3eru)trrung 
^erifl^rt;  bie  SSerioirrung  aber  befielet  barin,  bag  man  bie  Slrten  beS 
©runbeS  unb  ber  ®rünbe  nidgt  gu  unterfd^eiben  m\%  unb  barum  con= 
funbirt  ober  Derioirrt.* 


»  ©b.  IV.  B.  ^a€  (KaufQlitdtdöerWItniS.  6.  216-281.  (S.  218.)  »ßl.  VI. 
158.  6.  303  flßb.   -  *  ebenbaf.   6.  218  fL%b.  -  »  €benbaf,   ©.  221  ii.  222. 


524  2)ie  Se^re  Dom  äSefen. 

(g§  ifl  aber  notJ^toenbig,  bag  bie  Sräger  beS  (SaufalititSMt^dU^ 
niffeS  enbltd^e  Subflanjen  ftnb,  unb  ber  SaufalnepS  ober  bie  AetU 
ber  Urfadden  unb  SBitfungen  barum  enbloS  ifl:  ein  enblofec  ^ßrogreB 
ffl^rt  aufm&rtd  Don  Urfoc^e  ju  Urfad^e,  ein  enblofet  $rogte^  abtoöitl 
Don  Sßirhing  }U  SBirlung. 

3.  2)ie  aBetfelmirtung. 

3)er  enblofe  @QufQ(ne£ud,  lote  bie  enblofe  aSer&nberung  laffeti  fic^ 
mit  ber  geraben  Stnte  oergleid^en,  bie  ins  Snblofe  fortl&uft,  bagegen 
baS  unenblid^e  @ein  mit  bem  Aretfe,  ber  in  feinen  Slnfang  gurflcRe^rt. 
@o  oerl^&It  e9  fi(^  audg  mit  ber  unenblid^en  Saufalit&t,  loelcbe  ben 
SSiberfprucid  ber  enblofen  aufl^ebt,  inbem  fie  biefelbe  DoDenbet.  2)er 
Kreislauf  Q6er  ber  ^aufoIitAt  befielt  barin,  bag  fie  in  il^ren  Anfang,  bie 
SBirlung  in  i^ren  Urf))rung  jurüdfel^rt.  Urfadge  unb  SEBirfung  beiDirfen 
unb  Derurfod^en  fid^  gegenfeitig:  bieS  ift  ber  Segriff  ber  SBed^feltoirfung. 
2)iefe  ift  bie  britte  unb  l^öd^fte  gform  bed  obfoluten  SSerl^AltniffeiS,  toie 
baS  SSerl^dltnig  beS  inneren  unb  9(eugeren  bie  britte  unb  p(^fte  Sfonn 
beiS  toefentlid^en  äJerl^ältniffeS  loar.  „2[n  ber  äBed^felloirlung,  obgleiii^ 
bie  (S^aufalit&t  nod^  nid^t  in  il^rer  toal^rl^aften  99eftimmung  gefegt  ift. 
ift  ber  ^rogreg  oon  Urfadgen  unb  äBirlungen  inS  Unenblicibe  ali 
^rogreg  auf  toal^rl^afte  SBeife  aufgel^oben,  inbem  baS  gerablinige 
^inouSgel^en  Don  Urfad^en  )u  SBirlungen  unb  Don  Sßirfungen  ju 
Urfad^en  in  fi(^  um^  unb  gurüdEgebogen  ift."' 

6s  ifi  fein  3toeifeI,  bag  jmifd^en  ben  2:]dei(en  einel!  lebenbigen 
Sidxptx^  ein  notl^ioenbiger  Sufammenl^ang  befielet,  ber  nid^t  als  cim 
feitige,  fonbern  als  toedgfelfeitige  ßaufalität,  als  bie  burd^gdngige 
SBed^felioirfung  ber  Organe  gefaxt  fein  n)iQ.  6benfo  oerl^ält  e8  fid^ 
mit  ben  93eflanbt^ei(en  eines  fittli(!^en  Organismus,  tt)ie  bem  (S^aratler 
unb  ben  Sitten  eines  SSoIIeS  auf  ber  einen  unb  feiner  SJerfaffung  unb 
®efe^gebung  auf  ber  anberen  Seite:  beibe  bebingen  unb  ben)ir!en  fid^ 
loed^felfeitig,  ber  93oI!Sdgarafter  mad^t  bie  93erfaffung  unb  biefe  ben 
ß^aralter.  3nbeffen  finb  bie  angefül&rten  ©egenft&nbe,  »ie  baS  ßeben. 
baS  aOoII,  ber  Staat,  bod^  gu  l^od^,  um  oon  ben  Kategorien  ber  9lot^ 
menbigleit  erreidgt  unb  begriffen  merben  gu  lönnen.  SRan  muB  bie 
3bee,  b.  i.  ben  inneren  S^edC  ober  Segriff  eines  JBoKeS,  wie  j.  93.  beS 
fpartanifd^en,  einfel^en,  um  l^ierauS  ju  erfennen,  loarum  baffelbe  ein 

1  (ibenbaf.  6.  225  flgb.  SBgl.  »b.  VI.  §  158.  @.  304  u.  305.  —  >  «cn» 
baf.  §  154. 


^te  aa)it!(i4feit.  525 

folii^eS  aSoH  mit  einem  foldgen  (Sl^ataltet,  fold^en  Sitten,  folgen  ®e' 
fe^en,  fold^en  Sc^idfalen  fein  mugte  unb  »oQte;  bann  etfc^einen  @itten 
unb  aSerfaffung  nid^t  me^r  ate  felbflAnbige  @etten  einer  9Se(i6feItt)irIung, 
fonbem  aü  bte  3Rontente  eined  unb  beffelben  99egriff8. 

@8  ift  ber  99e griff  im  eminenten  Sinne  beS  SßortS,  an  beffen 
Sd^toeQe  unb  auf  bem  Uebergange  )u  »eld^em  xdxx  {teilen:  baiS  brittc 
unb  le^te  $au|)ttl^ema  ber  Sogit  2)er  Üebergang  ifl  einleud^tenb.  3n 
bem  Segriff  ber  SBed^felioirlung  liegt,  ba^  bie  Urfad^e  in  ber  SBirhing 
nid^t  mieber  bie  Urfad^e  einer  anberen  9BirIung  ift,  fonbem  ju  fid^ 
jurfldfel^rt,  ba%  fte  in  ber  SBirlung  fid^  felbfl  als  Urfa^e  nid^t  Uo% 
offenbart,  fonbem  DertoirlUd^t,  bag  alfo  ber  Segriff  beS  not^koenbigen 
SBtrlend  fid^  in  ben  begriff  ber  @eI6ftDerU)irI(id^ung  unb  bamit  ber 
93egriff  ber  9lotl§tDenbigfeit  fid^  in  ben  ber  (^rei^eit  erl^ebt.  2)ie  {(teil^eit 
ifl  bo9  ©egentl^eil  beiS  Stranges,  nid^t  bad  ber  ^lotl^ioenbiglett;  frei 
fein  l^eigt  fid^  felbft  betl^&tigen  unb  begtteden,  in  aDer  äBirIfamfeit 
bei  fid^  felbfi  fein  unb  bleiben:  bieS  ifl  baS  @egent6eU  alles  StoangeS, 
benn  ein  fold^es  9Bir!en  ifl  eigenes  SBotten,  unb  baS  ©egentl^eil  ader 
SBiUIflr,  benn  ein  foId^eS  SBoDen  l^at  einen  not^menbigen  3nl^alt.  S)te 
^reil^eit  ifl  »bie  entl^üOte  9lotl^n)enbigIett\  «2)er  ftttlidge  Sneufdg  ift 
ftd^  beS  3nl^aItS  feines  Sl^unS  als  eines  S^otl^ioenbigen,  an  unb  fflr 
fid^  ®flltigen  betonet  unb  leibet  baburdb  fo  »enig  SIbbrudb  an  feiner 
Sfreil^eit,  bag  biefe  Dielmel^r  erfl  burd^  biefeS  93etDu§tfein  jur  tt)irHid^en 
unb  in]^altst)o0en  Ofteil^eit  tt)irb,  im  Unterfd^iebe  üon  ber  SBiQIflr  als 
ber  nod^  inl^altlofen  unb  blog  mög(td(ien  Ofteil^eit/^ 

2)aS  neue,  }u  Zage  getretene  SLl^ema  ifl  baS  @elbft  ober  baS 
@ubiect  2)er  Üebergang  ober  bie  Srl^ebung  (SSerK&rung)  ber  3loti^ 
n)enbig!eit  gur  Ofreil^eit  fäOt  jufammen  unb  ifl  gleid^bebeutenb  mit  bem 
Uebergange  ober  ber  (Srl^ebung  ber  Subflang  gum  Subject.  2)ie  @ub- 
flau]  ifl  baS  notl^ioenbige,  fd^Ied^tl^in  unbebingte  SBefen,  loeldgeS  ifl, 
meil  es  ifl:  eS  ifl  bIo§  burd^  fid^.  S^inoja  l^at  fein  Softem  mit 
einer  Sleil^e  Don  Definitionen  begonnen,  beren  erfte  ber  fflegriff  ber 
causa  sui  mar,  um  burd&  biefen  »egriff  in  ber  britten  SDefinitton 
ben  ber  Subflanj  ju  erüären.  2)ie  €ubflang  ifl  gteid^  ber  causa  sui, 
fte  ifl  bie  Urfad^e  il^rer  felbfl,  fie  ifl  fd^on  in  il^rem  innerflen  ®runbe 
ein  ©elbfl:  bal^er  mug,  toenn  ber  93egriff  ber  Subflanj  ooOfommen 
entmidelt  loirb,  loaS  burd^  bie  Orormen  beS  abfoluten  SSerl^AltniffeS, 
©ubflantiatität,   Saufalitdt  unb  3Bed^feItt)ir!ung,   gefdgiel^t,   ber  fbt- 

1  »b.  IV.  6.  238.  »b.  VI.  §  156,  3uf.  6.  308.  §  158.  3uf-  6.  810  u.  811. 


526  2)u  Seilte  t)om  Sßefen.    2)te  aBiini^fcit. 

griff  beS  @elbfl  an  baS  Sic^t  beS  SeiDugtfeinS  l^etDottteten.  ,2)ie 
9ßed&felmir!utig  tft  nur  bte  SaufoIitSt  felbfi;  bte  Urfa^e  l^at  nid^t  nui 
eine  9ßtr{ung,  fonbern  in  ber  9ßir{ung  ßel^t  fie  als  Urfa^e  mit  fi(( 
felbp  in  Segiel^unfl." ' 

S)ie  obtectiDe  Sogil  ifl  gu  Snbe,  bie  fubtecti))e  beginnt.  Sit 
lönnen  fogen,  bag  im  @ange  feiner  Sogif  an  biefer  @teUe  ^g^I  bei 
fid^  felbfl  anlommt,  inbem  toir  un8  an  feine  Sorrebe  gur  ^l^Anotneni^ 
logie  beS  ®eifled  erinnern:  ^@8  fommt  nad^  meiner  Sinftd^t,  loelcbe 
fi(^  nur  burd^  bie  2)arftell[ung  beS  @^flem8  felbfl  red^tfertigen  inu§, 
oßeS  barauf  an,  baS  SBal^re  nid^t  als  ©ubftang,  fonbern  ebenfo  fe^i 
aU  @u6ject  aufgufaffen  unb  auSgubrüden".' 

Sir  ftnb  nun  in  ber  S)arßeIIung  beS  @^fleniS  fo  toeit  fort« 
gefd^ritten,  bag  biefe  Slec^tfertigung  ftattgefunben  unb  bie  Stotl^toenbig^ 
leit  beS  SrottgangeS  Don  ber  9lot]^n)enbig!eit  gur  O^teil^^it  unb  Don  bei 
@ubfiang  gum  Subject  fid^  ertoiefen  l^ai  ,rS)iefe  äBal^rl^eit  ber  9lotb' 
menbig!eit  ifl  foniit  bie  t^rei^eit,  unb  bie  SBa^rl^eit  ber  @ub' 
fiang  ift  ber  ^Begriff/  „Xzx  93egriff  ift  l^iermit  bie  äBa^r^eit  bd 
@einS  unb  beS  SBefend."  „3nbem  ber  ^Begriff  ftd|  als  bie  SBa^rl^il 
bes  ©eins  unb  beS  SBefenS  ern)iefen  l^at,  tt)eld^e  beibe  in  il^n  als  in 
il^ren  ®runb  gurudEgegangen  finb,  fo  l^at  er  umgelel^rt  ft4  aui 
bem  @ein  als  aus  feinem  ©runbe  entloidelt/  S)ie  blinbe  9lotb 
tt)enbig!eit  ober  baS  @(^idEfaI  iß  l^art.  ^S)aS  2)enlen  ber  9lot^- 
tt)enbig!eit  ifl  bagegen  Dielmel^r  bie  Sluflöfung  jener  ^ftrte,  benn  eS  in 
baS  Sufammenge^en  ©einer  im  ?lnberen  mit  @id6  felbfi.  2)ie  a9e= 
freiung,  loeld^e  nid^t  bie  Sftud^t  ber  Slbflraction  ift,  fonbern  in  bem 
anberen  SSirltic^en,  mit  bem  baS  SBirllid^e  burd^  bie  SDlad^t  ber  9lot^ 
loenbigfeit  gufammengebunben  ifl,  fid^  nid^t  als  SlnbereS,  fonbern  fein 
eigenes  ©ein  unb  ©e^en  gu  l^aben.  SKs  fflr  fi((  e^iftirenb  l^ei^ 
biefe  Befreiung  3d&,  als  gu  il^rer  SotalitSt  entioidelt  freier  ®ei^. 
als  6m))finbung  Siebe,  als  @enug  ©eligleit.  —  2)ie  groge  Xn^ 
fc^auung  ber  fpinogifüfd^cn  ©ubftang  iji  nur  an  fid&  bie  Sefrciung 
oon  enblid^em  ^ärfid^fein;  aber  ber  93egriff  felbfi  ift  ffir  fid^  bif 
STlad^t  ber  Slotl^toenbigleit  unb  bie  toirllidbe  Qxtiffzit^ 

'  JBb.  IV.  6,  232.  -  »  6.  oben  »u*  II.  €o»).  V.  6.  291  u.  292.  - 
•  ^egel.   »b.  VI.   §  159.   6.  311—313. 


^ie  Se^re  Dom  IBegriff.    S)ie  ©ubjectioität.  527 

Sie  Cetire  trom  iBegrif.    A.  IDte  Sttb|ertiQttäh 


I.  2)er  »esriff  beg  SBcgriffS. 
1.  S3oin  Segtiff  im  KtCgemeincn» 

3n  ber  Ausarbeitung  fetned  3tt)etten  ^auptnerfiS  fal^  ^egel  Diele 
@(^lDierigIeiten  üor  ftd^,  ganj  anbetet  %tt  in  bet  objectiDen  Sogil  als 
in  bet  fubjectiDen.  SDott  l^ettfd^ie  ein  Dödiger  äRangel  an  SSotatbeiten, 
l^iet  iDimmelte  eS  t)on  Sel^tbüdgem;  bott  galt  eS,  ,,in  einem  oben  Sanbe 
eine  neue  ©tabt  ju  erbouen",  ^iet  ^ einet  alten,  feflgebauten,  in  fott* 
ttftl^tenbeni  Sefi§  unb  SeiDol^nung  etl^altenen  ©tabt  eine  neue  Einlage 
ju  geben". 

2)a2U  !omnit  in  Slnfel^ung  bet  fubjectiDen  Sogil  baS  SRi^ttauen 
ber  SBelt.  @S  l^anbelt  ftd^  um  bie  6t!enntni§  betjenigen  gfotmen,  in 
U)eldgen  allein  bie  SBal^tl^eit  gett)uBt  tt)irb,  unb  bie  naA  ben  Sel^r- 
büc^ern  als  leere  unb  l&o^le  Sotmen  gelten.  „SOSaS  ift  SBal^tl^it?" 
ftagt  Pilatus  unb  mit  il^m  bie  Sßelt,  aud^  mit  ber  SRiene,  iDie  Silop^ 
podt  in  feinem  „SWefjiaS"  ben  fragcnben  ?ßilatu8  fd^ilbett:  „mit  ber 
SOtiene  be$  ^ofmannS,  bet  {urjfidgtig,  bod^  l&d^elnb  beS  StnfteS  Sadge 
öetbammet".^ 

Unter  aQen  ftfil^eten  $]^ilofo))]§en  l^aben  nut  imi  in  bet  @efd^id^te 
bet  8ogi!  ald  Stfennlniglel^te  @pod^e  gemad^t:  AtiftoteleS  unb  jtant. 
3enet  l^at  jum  etftenmal  bie  fficnf*  unb  ©tfenntnifeformen  gleidftfam 
natutl^ipotifdg  befd^tieben,  biefet  l^at  jum  etftenmal  etleud^tet,  maS  bie 
JBegtiffe  finb  unb  toeld^en  Utfptung  fie  l^aben.  „68  ifi  ein  unenb= 
lid^eS  93etbienft  beS  SlriftoteleS,  toeld^eS  uns  mit  ber  l^Dd^ften  föv 
munberung  ffir  bie  ©tdrle  biefeS  ©eifteS  erffiHen  mug,  biefe  Sefd^reibung 
guerft  unternommen  ju  l^aben.  Slber  eS  ift  nötl^ig,  bag  meiter 
gegangen  unb  tl^eils  ber  f^ftematifd^e  3ufammen^ang,  tl^eilS  aber  ber 
fBtxtt)  ber  gfotmen  etlannt  toetbe."* 

Um  abet  ben  3Bett^  bet  begriffe  tid^tig  ju  et!ennen,  ift  Dot  allem 
nötl^ig,  bie  falfd^e  93ot{te(lung  loSgumetben,  toeld^e  in  ben  Sel^tbfld^etn 


'  ^egel.  aßetfe.  S3b.  V.  IBorberi^t.  (9lütnberg,  ben  21. 3uni  1816.)  @.  3 
U.4.  »b.  V.  6.1-843.  aSgt.  a3b.  VI.  Stritte  Kbtl^eUung  ber  Sogil.  2)te  Setire 
oom  »egriff.   §§  160-243.   6.  315-414.  —  «  »b.  V.   ©.  30. 


528  ^te  Se^re  Dom  Segriff. 

^errfd^t,  nad^  loelc^er  bte  Segrtffe  ntd^ts  anbereS  als  bte  affgemetnes 
unb  abfiracten  93or{leIIungen  ftnb,  meldte  ber  Setfianb  au8  bea 
$[nfd&auungen  geminnt,  bel^ält  unb  l^at.  3(i&  l^abe  ben  Setflanb,  im: 
baS  2)tn8  (Stgenfd^aften  f^at,  id^  ^aU  Iraft  be2  93erf}anbe6  „Segrifte' 
unb  ben  SSegriff,  „me  id^  aud^  einen  IRod,  (^atbe  unb  anbere  öu^tr 
lic^e  ßigenfd&aften  l^abe".^ 

Unter  bem  93egrtff,  Don  bem  nunmel^r  bte  9lebe  ift,  unb  tm 
beffen  tid^ttger  Sfuffaffung  baS  S)er{tänbntg  ber  l^egelfd^en  Sogtl  un^ 
Seigre  abfängt,  ift  !etn  Sbflractum  gu  t^erftel^en,  »ie  3Renf(|,  2^ 
^flanje,  Stein  u.  f.  f.,  fonbem,  toit  fd^on  am  @d6Iu§  beS  Ie|te£ 
Sapitete  barget^an  toorben  ift,  unb  loie  aM  ber  SntmidKung  ber  9t- 
griffe  ber  9tot]^menbig!eit,  ber  Subftang,  Saufalitftt  unb  SBed^felioitbnia 
b.  ]^.  „aM  ber  ®enefi6  beS  ^Begriffs"  ecl^eKt:  baS  3d&,  baS  Selbt 
bemugtfein,  ober  bie  SubjlectiDit&t,  tt)eld&e  bte  Srienntnig,  baS  loabn 
ober  objectiüe  S)en!en  begrflnbet  unb  ntad^t,  bie  Stotl^toenbigfett  an^ 
^ebt,  inbem  fie  biefelbe  t)er!tftrt,  b.  1^.  !tar  ober  erfennbar  moi^t 
S)e8^alb  nennt  ^egel  bie  (^reil^eit  fel^r  gut  ,,bie  entl^flOte  ^tot^loenbig^ 
feit'.  äBenn  ber  @))inoai8mu§  gilt  unb  bie  Subftanj  ber  ^^bi^flt  aün 
Segriffe  ifi,  fo  ift  bte  ©ubiectiöität  unb  mit  il&r  bie  Srienntitig  um 
ntöglid^,  fo  ift  unb  bleibt  bie  Slotl^loenbigleit  blinb,  fte  !ann  ft^  ni(|: 
entl^üKen,  unb  ed  lann  aberl^aupt  nid^td  entl^flQt  loerben.  S>en  6tnRr- 
gidmuS  loiberlegen  l^eigt  nad^ioeifen,  bog  biefeS  @^ftem  m(|t  ber  ffbäfit 
Stanbpunit,  bag  ber  Segriff  ber  Subftang  nid^t  bie  ^öd^fte  Aategorif 
ift,  ba§  ed  einen  l^ol^eren  Stanbfunit  giebt,  ber  ftd^  bem  St'inogttans 
nicdt  entgegenfe^t,  fonbern  benfelben  fid^  unterorbnet.  Unb  bie  ehiitg 
richtige  äBiberlegung  befielet  barin,  bag  man  ben  Segriff  bei  SuBftan; 
enttoidEelt  unb  t)oQenbet.  ,,9lber  biefe  SoKenbung  ift  nidbt  me^r  bi; 
©ubflang  felbfi,  fonbern  iji  ein^öl&ereg,  ber  Segriff,  bad  ©ubject/^ 

SBir  finb  Don  bem  Segriffe  beS  @ein8  gu  bem  Segriffe  beS  SBefenl 
fortgefd^ritten  unb  l^aben  es  nunmel^r  mit  bem  Segriffe  beS  Se= 
griffd  gu  tl^un  ate  bem  britten  unb  legten  ^anpitiftma  ber  Sogil 
Unb  ba  ift  eS  benn  Dor  allem  nötl^ig,  ba^  man  Don  bem  Segrtff  ber 
rid^tigen  Segriff  l^at,  um  nid^t  in  aUerl^anb  aRi^Derft&nbniffe  unb  Ser- 
»irrungen  gu  geratl^en.  SBir  !5nnen  Don  l^ier  auS  fd^on  eine  Ueber- 
fid^t  Aber  ben  @ang  be$  legten  Ziftmai  geioinnen.  2)ie  @u6j[ectiDitc: 
ift  ber  (Brunb  aller  erlenntnife,  aller  loal&ren  unb  objediDen  ©egrin? 
aOer  CbiectiDitdt;  bal^er  fül^rt  uns  ber  ®ang  unfereS  Xl^emad  t>on  bet 

'  «benbaf.  6.  14.  —  >  dUnbal  6.  9  u.  10. 


2)ie  6ubiectit)it&t.  529 

Subjecttüttät  }ur  OBjlectiDitai  ober  t>om  fu6iecttt)en  Segttff  jum 
objecitDen  unb  gule^t  gut  Sinl^ett  beiber,  totläit  ^eget  mit  betn  9Borte 
3b ee  begetAnet.^ 

aSBtr  l^aben  ben  Sesrtff  gletd^gefe^t  betn  Subject  ober  ber  @elb{}= 
oeriDtrfltc^ung,  loaS  ftd^  mit  ber  SubjectibUftt  becft.  jteitte  ber  biSl^er 
entmtdCelten  jtatesorten  !ommt  bem  begriff  ber  SntmidEIung  fo  gleid^ 
unb  brfldK  benfelben  fo  abftquat  auS,  tote  ber  SSegriff  ber  @etbftt)er= 
toirüid^ung,  bie  ots  fold^e  fd^on  SntmdEIung  ifl.  SBaS  ftd^  entioicfelt, 
gel^t  in  Ruberes  über  (@ein)  unb  ift  in  Snberem  ibentifd^  mit  ftd^, 
alfo  bie  Sinl^eit  ober  Sotalit&t  atter  93eftimmungen  (äBefen).  ^Xai 
Ofortgel^en  beS  SegriffiS  ift  nic^t  mel^r  Uebergel^en  nod^  Scheinen  in 
SlnbereS,  fonbern  ßntmicf (ung/ '  SDer  Segriff  ber  Selbfloerttirüid^ung 
unterfd^eibet  fiti  in  baS  @elb{t  (@ubjlecttk)it&t),  beffen  SBerioirHid&ung 
ober  9lea(ifirung  (Stealit&t  ober  ObjectiDit&t)  unb  ifl  bie  (Sinl^eit  beiber 
(@ubiects£)bieä  ober  3bee). 

3ioei  äSebingungen  mfiffen  erfflttt  fein,  um  bie  Seigre  Dom  93egriff 
3U  ber  aSebeutung  ju  erl^eben,  in  loeld^er  ^egel  biefelbe  gefaxt  unb 
auSjufül^ren  fid&  bie  Slufgabe  gefegt  l^at.  SrftenS  mußten  bie  S)enl- 
formen,  aü  ba  finb  bie  Segriffe,  Urtl^eile,  ©d&lüffe  unb  beren  JBer* 
l^ftttniffe  atd  gegebene  Sl^atfad^en  er!annt,  befci^rieben  unb  inS  Semu^t» 
fein  erl^oben  fein,  toa^,  tt)ie  fd^on  bemerft,  baS  augerorbentliAe  Serbienft 
bes  SrifloteleS  toar;  jioeitenS  mugte  bie  @ubiectik)it&t  ober  boS  Selbfl« 
bemugtfein  (34)  al8  bad  $rincit)  atteS  maleren  unb  objectitoen  S)en!en8, 
b.  ]^.  als  ber  Segriff  im  eminenten  @inne  beS  SBortS  enlbedEt  unb 
bargetl^an  fein.  SDieS  l^at  Aant  getl^an  in  feiner  Seigre  t}on  ber  f^n- 
t^etifd^en  Sinl^eit  ber  Spperception  unb  ber  transfcenbenlalen  S)ebuction 
ber  Kategorien.  »@8  gel^ört  au  ben  tiefften  unb  loid&tigften  Sinfid^ten, 
bie  ftd&  in  ber  Aritif  ber  reinen  Semunft  finben,  bog  bie  Sinl^eit, 
bie  baS  äBefen  beS  SegriffS  auSmad^t,  als  bie  urfprfinglid^s 
f^ntl^etifd^e  Sinl^eit  ber  3[))))ercet)tion,  al8  (Sinl^eit  be$  «3d6  ben!e» 
ober  beS  ©elbflbelougtfeind  er!annt  toirb.  2)iefer  @a^  mad^t  bie  fo» 
genannte  tranSfcenbentale  2)ebuction  ber  Kategorien  auS;  fie  l^at 
aber  Don  feiger  für  eines  ber  fd^ioierigflen  Stüdfe  ber  lantifd^en  ^l^ilo» 
fot)]&ie  gegolten."* 


1  (gbenbaf.  (iinl^eilunö.  6.  30-32.  -  «  »b.  VI.  §  161.  6.  317.  - 
3  S3b.  y.  6.  U.  »gl.  meine  ®ef4.  ber  neuem  $f)Uofo))^te.  3u6.-9(n<i|.  SBb.  IV. 
(4.  «up.)   !Bu((  IL   (Sap.  V.   6.401-410,  inSbef.  6.407  u.  408. 

8fit4eT,  «cf«.  b.^^ilof.  Vm.  91.«.  34 


580  ^ie  Seigre  bom  äSegriff. 

2.  ^et  attgemeinc  Scgtiff. 

5Der  Segriff  ober  baS  ©ubject,  ttie  uns  berfelbe  aus  ben  ent^ 
toxdüUn  SSegrtffen  ber  9lot]§menbtg!ett  unb  ber  Subflau)  l^erüorgegaitsci:. 
tfl  bte  freie,  unbebtngte,  urfprflnglid^e,  aQeS  in  ft4  begreifenbe  Stn^tt, 
er  ifl  als  fold^e  ber  allgemeine  Segriff  ober  baS  Sttlgemeitte,  bte 
l^erDorbringenbe  ober  concrete,  nid^t  bie  l^erborgebrad^te  ober  abfirori! 
XQgemeinl^ett.  S)iefe  le^tere  mad^t  ber  SSerflanb,  inbem  er  feine  SSor^ 
{ieQungen  Dergleid^t,  Don  il^ren  üerfd^iebenen  9Dler!maIen  abfielet  ober 
abflral^irt,  biefelben  loegl&gt  unb  bie  gemeinfamen  Dereinigt.  9uf  bec 
SBege  einer  fold^en  Sbftraction  unb  3ufammenfaffung  entfielet  hai 
abfiract  SlUgemeine  ober  ®emeinfame.  (Es  ifl  ein  groger  Unterf^ieb 
gmifd^en  bem  ttal^rl^aft  SlQgenteinen  unb  beut  ®enteinfamen.  €o  r. 
ber  loal^rl^aft  allgemeine  SBiUe  ber  Vernünftige  3BiIle,  ber  nid^ts  anbem 
miQ  als  baS  bem  93egriff  ober  Stt^ed  eines  93olfS  gemäße,  barum  au& 
ber  gefe^geberifd^e  9Bille  ift  ober  fein  foD,  lo&l^renb  ber  gemeinfaiEf 
SßiDe  ober  berjenige  SBiDe,  in  iDeld^em  alle  (Sinjelnen  flbereinfHmmes 
fel^r  Dernunft»  unb  amedfmibrig  fein  fann  unb  in  Dielen  Or^Hen  i^ 
Slouffeau  l^at  in  feinem  ccontrat  social»  biefen  Unterfd^ieb  beS  toa^r^a^ 
allgemeinen  unb  beS  gemeinfamen  SBiKenS  treffenb  bejeid^net:  er  nenn 
jenen  «la  volonte  gönörale»,  biefen  <la  volonte  de  tous»^  unb  *ct 
iDflrbe",  toit  ^egel  rid^tig  bemer!t,  „in  Sejiel^ung  auf  bie  £^eorte  bd 
Staats  ®rflnblid^ereS  geleiftet  l^aben,  loenn  er  biefen  Unterfii^ieb  immr 
Dor  Singen  gel^abt  l^&tte.  2)er  allgemeine  SSiDe  ifl  ber  93egriff  bd 
SBiKenS  unb  bie  ®efe^e  finb  bie  in  biefem  SSegriff  begränbeten  be= 
fonberen  Seflimmungen  beS  SBillenS/  SBenn  man  bie  «volonte  de 
tous»  gleidfefe^t  ber  «volonte  gönörale»,  toie  eS  bie  franjöfifc^  9lew:= 
lution  unter  bem  Sinfluffe  SlouffeauS  getl^an  l^at,  fo  merben  bie  @t 
fe^e  nid^t  mel^r  Don  ber  @taatSge)Dalt,  fonbern  in  ben  AlubS  unb  at' 
ber  ©trage  gemad^t. 

Srft  aus  bem  93egriffe  beS  loal^rl^aft  Slllgemeinen,  angettenbet  or 
ben  3Renfd^en  als  foldgen,  erl^eOt  ber  Segriff  ber  SRenfd^eniDflrbe 
ober  ber  $erfönlid&!eit,  ber  aus  einer  93ergleid^ung  ber  Sinjeliiec 
niemals  l^erDorgel^en,  niemals  als  etmas  abftract  allgemeines  obe: 
®emeinfd^aftlid^eS  aufgefaßt  toerben  tann.  2)arüber  l^at  ^egel  in  feinei 
logifd^en  93orlefungen  einbrudSDoQ  unb  bebeutfam  gerebet:  «S^as  91!' 
gemeine  in  feiner  n^al^ren  unb  umfaffenben  Sebeutung  ifl  ein  ®ebanh. 
Don  meld^em  gefagt  toerben  mug,  bag  eS  3[a]^rtaufenbe  ge!oflet  ba; 
beDor  berfelbe  in  baS  äSemugtfein  ber  SDlenfdgen  getreten  unb  xoAin 


2)te  ^ubjectbitftt.  531 

erfl  burd^  bad  ^l^tifieittl^um  ju  fetner  DoDen  9lner!ennung  gelangt  i% 
5Dte  fonfl  fo  l^oc^  gebUbeten  ©riechen  ^aben  loeber  ®ott  in  fetner 
tt)a]^ren  Sldgemeinl^ett  getougt  noc^  aud^  ben  äJlenfd^en.  2)ie  ®ötter 
ber  ®ried^en  toaren  nur  bte  befonberen  Tl&äite  beS  ®etftei$,  unb  ber 
allgemeine  ®ott,  ber  ®ott  ber  Stationen,  mar  ffir  bte  Sltl^ener  notb 
ber  verborgene  ®ott.  @o  beftanb  benn  aud^  far  bte  ®ried^en  gteifci^en 
il^nen  felbft  unb  ben  ^Barbaren  eine  abfolute  Aluft,  unb  ber  äRenfc^ 
als  foldger  tt)ar  nod&  nid^t  anerfannt  in  feinem  unenblid^en  SBertl^  unb 
feiner  unenblid^en  Sered^tigung."  „2)er  loal^rl^afte  ®runb,  noeSl^alb  eS 
im  d^riflHc^en  Suropa  leine  @cla))en  mel^r  giebt,  ifi  in  nid^ts  anberem 
als  im  principe  bed  @^riftent^umS  felbft  gu  fudgen.  2)ie  d^riftlidbe 
9leIigion  ift  bie  9leIigion  ber  abfotuten  t^reil^eit,  unb  nur  bei  ben 
€l^riften  gilt  ber  SJlenfc^  als  fold^er  in  feiner  Unenblid^!eit  unb  91D- 
gemeinl^eit.  SaS  bem  @clak)en  fel^It,  bas  ifl  bie  Slnerlennung  feiner 
$erf5nlid^!eit;  baS  ^rincip  ber  $erfönlid&!eit  aber  ift  bie  3[IIgemein« 
l^eit."  Sin  einer  anberen,  l^ierl^ergel^örigen  @tetle  fagt  ^egel:  „€s  ifl  ber- 
lel^rt,  anjunel^men,  erft  feien  bie  ®egenfl&nbe;  loeld^e  ben  Snl^alt  unferer 
SSorfteDungen  bilben,  unb  bann  l^interbrein  !omme  unfere  fubjectiDe 
S£l^ätigleit,  loelc^e  burd^  bie  Dorl^er  erio&l^nte  Operation  beS  Stbftral^irenS 
unb  beS  3ufammenfaffenS  beS  ben  ®egenftinben  ®emeinfcbaftUd^en  bie 
begriffe  berfelben  btiben.  S)er  SSegriff  ift  Dielmel^r  baS  loal^rl^aft  (Srfte 
unb  bie  SDinge  finb  baS,  loaS  fie  finb,  burd^  bie  5£]^StigIeit  beS  il^nen 
inmol^nenben  unb  in  il^nen  ftd^  offenbarenben  93egriff8.  3n  unferem 
religiöfen  Settugtfein  !ommt  bieS  fo  Dor,  bag  mir  fagen,  ®ott  l^abe 
bie  Seit  aus  9tid^tS  erfdgaffen,  ober,  anberS  auSgebrfldt,  bie  SBelt  unb 
bie  enblid^en  S)inge  feien  aus  ber  gfftlle  ber  gSttUd^en  ©ebanlen  unb 
ber  göttlichen  Statl^fd^täffe  hervorgegangen.  3)amit  ift  anerfannt,  bag 
ber  ®eban!e  unb  n&l^er  ber  93egriff  bie  unenblid^e  (^orm  ober  bie  freie 
fc^Spferifc^e  2:i^&tig!eit  ift,  loelc^e  ni^t  eines  augerl^alb  i^rer  vorlganbenen 
©toffs  bebarf,  um  ftd^  ju  realipren."^ 

3.  S)er  befonbere  ©cgriff. 

3)cr  allgemeine  Segriff  ift  nid&t  abftract,  fonbern  concret,  er  unter= 

fd^eibet  fid^  Von  ftd^  felbft,   loie  eS  im  Segriff  ber  @ub|ectivitat  (beS 

©clbftbemufetfeinS,  beS  3d&)  liegt:   er  befitmmt  fic^.    2)er  allgemeine 

SSegriff  in  feiner  Seftimmtl^eit  ip  ber  befonbere  Segriff  ober  baS  fdt- 

1  ^egcl.   V.  A.  S)er  allgemeine  »egtiff.  6.  35-41.  »b.  VI.   A.  S)er  fub« 
iectb*  »cgrtff.  a.  S)eT  »egriff  aU  folfter,  §  163.  3uf.  1.  3uf.  2.  @.  320-323. 

84* 


532  2)te  Se6re  oom  SSegriff. 

fonbete,  bie  6eftimmte  ®attung  ober  bte  %xt  S)amti  tfi  unmittelbar 
eine  äJerfd^iebenl^eU  be«  Sefonbcren,  ein  Untetfdfeicb  ber  9rteti  gefe^. 
bie  einanber  ergftnjen  unb  eine  looUt  Wtzifttizxt  auSntad^en,  an  ber  milii 
fel^It:  bied  ifl  ber  äSegriff  ber  Sini^ett  ober  93oIl{ianbtg!eit;  bü 
©attung  aber  ate  ber  Inbegriff  il^rer  Srten  ifl  bie  Zotalt tftt 

S)ie  Selbfiunterfd^eibung  bei)  StKgemeinen  ifl  feine  2)ifferen3tTung, 
93efonberung,  @t>ecification,  bie  alfo  nic^t  t)on  äugen  an  baffelbe  ^am 
gebrad^t  loirb,  fonbem  aus  il^r  felbft  ]^ert}orge]^t.  SDer  Begriff  i| 
baS  $rinci)}  feiner  Unterfd^iebe.  ,,2)aiS  $rincip  entl^ftlt  ben  Slnfang 
unb  ba8  3Befen  feiner  6ntmi(f(ung  unb  Stealifation;  irgenb  eine  anbete 
»efiimmtl^eit  beS  »egriff»  ober  ifl  unfrud&tbar."  «tte  ©elbfhitttcr= 
fd^eibung  ifl  ISntgegenfe^ung,  unb  ba  ber  Segriff  ftdg  nur  Don  üti 
felbfl  unterfdbeibet  unb  e8  !eine  anbere  SSerfd^tebenl^eit  in  i^m  gtebt,  fo 
!ann  eS  int  ®runbe  oud^  nur  aioei  Slrten  geben:  ber  beflimmte  9e= 
griff  unb  ber  unbeilimntte,  „eine  äSeflimmtl^eit  aber  ifl  bie  Unbeflinimt' 
l^eit,  tDtil  fie  beut  Seflimmten  gegenüber  flehen  foU''.  (&§  ift  bal^ 
!eine  anbere  loal^rl^afte  lEintl^eilung,  als  ba%  ber  Segriff  fid^  felbfl  aut 
bie  Seite  fteUt;  als  bie  unmittelbar  unbeflimmte  SlKgemeinl^ett;  ebea 
bieS  Unbeftimmte  mad^t  feine  Seflimmtl^eit  ober  bag  er  ein  Sefonbere^ 
ift.  SBeibeS  ifl  baS  Sefonbere  unb  ift  bal^er  coorbiniri  S3eibeiS  vi 
Qud^  als  SefonbereS  baS  Seflintmte  gegen  baS  SUgemeine;  eS  l^tBt 
bemfelben  infofern  fuborbinirt."^ 

4.  ^aS  Sinaelne. 

SDaS  Sefonbere  ift  aud^  ein  SlQgemeineS,  bie  Sfrt  ifl  audft  eine 
®attung  unb  als  fold^e  ber  ©pecification  fonool^l  beb&rftig  ats  f&l^ig. 
bie  bis  gu  einem  $un!te  fortfdgreiten  mug,  ber  ftd^  nid(|t  weiter  ^ptä^ 
ficiren  lägt.  2)te  t^oKenbete  @):>ecificQtion  ifl  bie  ^nbtoibualifirung. 
2)er  inbioibualiftrte  Segriff  ifl  baS  (Sinjelne,  biefeS  einjelne,  a&e# 
Rubere  Don  fid^  auSfd^Iiegenbe  Subject,  nid^t  bie  begrifflofe  Sinaelm 
l^eit,  nid^t  baS  eingetne  2)ing,  melc^eS  man  nur  meinen  binn  unb 
mit  bem  (Ringer  geigen  (monflriren)  mug,  um  noiffen  gu  laffen,  loai 
man  meint,  toie  bie  $^&nomenoIogie  bargetl^an  ]^at^  fonbern  bie  ht- 
grifflic^e  Singelnl^eit  ober  ber  eingelne  Segriff,  ber  bie  (Sinl^ett  hH 
^tdgemeinen  unb  Sefonberen  auSmad^t.^ 

»  »b.  V.  B.  S)et  befonbere  »euriff.  6.41—58  (bef.  6.41-43,  S.46  «.47. 
—  2  6.  oben  »u4  n,  dap.  VI.  6.  306—309.  —  »  ^eßel.  V.  C.  SkiS  Ctn^elBe. 
€.58-63.    VI.   §  164  u.  165.   6.323-325. 


2)ie  6ttbicctit)tt&t  533 

9Bie  ftd^  baS  etttgelne  mtrSid^e  Subject  jur  @u6iectiDttät,  bo^ 
eingelne  tnbiDibueKe  3(^  jutn  @eI6pett)uBtfetn,  fo  t^erl^&It  fid^  baS 
Stn}elne  gum  SSegriff  üfietl^au^t.  SlDgetneinl^ett,  SBefonberl^eit  unb 
Sinjelnl^ett  finb  bte  SRomente  beg  Segriffg.  3Ba8  im  SBefen  aU 
Steftesion  bie  3benttt&t  loar,  baS  ifi  im  Segriff  baS  SHIgemeine;  load 
bort  ber  Unterfd^ieb  toax,  ifi  l^ier  bai  SBefonbere;  toas  bort  ber  ®ntnb 
tDQt,  ifi  l^ier  baS  Sinjelne.  »^XDgemeinl^eii,  Sefonberl^eit  uttb  Sinjeln- 
]§eit  ftnb  abftrocl  genommen  boffelBe,  loaS  3bentität,  Unterfc^ieb  unb 
®ntnb.  Sfber  baS  SlQgemeine  ifi  baS  mit  ftd^  ^bentifd^e  auSbrädE- 
lid^  in  ber  SBebeutung,  bag  in  il^m  gugleid^  bo8  Sefonbere  unb 
(Singeine  entl^alten  fei.  (ferner  ifi  bad  Sefonbere  baS  Unterfd^iebene 
ober  bie  93efiimmt]^eit,  aber  in  ber  Sebeutung,  bag  e8  allgemein  in 
ftc^  unb  aü  SingelneiS  fei.  Sbenfo  l^at.  baS  (Singeine  bie  93ebeutung, 
bafe  e8  ©ubject,  (Brunblage  fei.*^ 

S)er  93egriff  ifi  fottol^I  bie  Unterfd^eibung  al8  bie  (Sinl^eit  feiner 
SRomente,  unb  gioar  bereu  unmittelbare  (Sinl^eit.  Slls  fold^e  l^at  ber 
93egriff  fid^  gu  fe^en  (auSeinanbergufe^en)  ober  gu  entmideln.  SDiefe 
feine  SntmidlungSform  ifi  bai$  Urtl^eil,  baiS  ftd^  in  feine  äJlomente  al8 
in  Subject  unb  $r&bicat  unterfd^eibet  unb  burd^  bie  @o))uIa  beibe 
unmittelbar  Der!nttpft  ober  ibentifdg  fe^t.  S)em  Subject  toirb  ba8 
$r&bicat  ertl^eilt:  biefe  (Ertl^eilung  ifi  baS  Urtl^eil,  loie  eine  gerid^tlid^e 
(Sntfd^eibung,  ein  Urtl^eil  im  eminenten  @inn,  ertl^eilt  loirb.  ^egel 
n)iD  baS  Urtl^eil  ald  eine  Ur-Zl^eilung,  urf))rttnglid&e  Sl^eilung  bes  Se« 
griffs  in  feine  SRomente  angefel^en  loiffen  unb  möd^te  bemgem&g  fic^ 
bie  (St^mologie  bed  SBorteS  einrid^ten.  ^S)ie  et^mologifd^e  93e= 
beutung  beS  Urtl^eiU  in  unferer  ©prad^e  ifi  tiefer  unb  brüdt  bie 
Sinl^eit  beS  93egriff8  al§  ba^  (Srfie  unb  beffen  Unterfdgeibung  aU  bie 
urft)rünglid&e  Sl^eitung  ani,  tood  baS  Urtl^eil  in  Sßal^rl^eit  ift.''' 

3n  ber  getodl^nlidgen  Sogi!  f))ielen  bie  93egriffe,  Urll^eile  unb 
Sd^Iüffe  unb  bereu  Sintl^eilungen  eine  fel^r  ausgebreitete  SloDe;  ba  ifi 
bie  Siebe  Don  bun!Ien,  üaren  unb  beutlid^en  Gegriffen,  le  na(^= 
bem  il^re  SJlerlmale  unterfc^ieben  ober  nic^t  unterfd^ieben  loerben,  Don 
abSquaten  unb  inabSquaten,  je  nad^bem  fte  mit  il^ren  (Segenfi&nben 
übereinftimmen  ober  nid^t  fibereinfiimmen,  Don  bem  ®egenfa^  ber  a3e- 
griffe,  bem  contriren  unb  contrabictorifd^en,  bem  Serl^&Itni^  ber  93e= 


»  »b.  V.   6.  59.    VI.   §  164.   @.  323  u.  324.    —   «   »b.  V.    6.  63/  VI. 
166.   6.326. 


534  ^ie  Seigre  k)om  SSegriff. 

griffe,   ber  Soorbtnation  unb  Suborbtnation,  üon  bem  Sn^att  un^ 
Umfang  ber  ^Begriffe  na$  ber  Sül^I  t^i^^i^  3ner!inale  u.  f.  f.     SDlerl^ 
male  ftnb  S^ic^^n  für  baS  fubjectiDe  ßrfenneit,  fär  bie  äußere  Steflertoii 
2)a  es  ftd^  in  ber  SBiffenfd^aft  ber  8ogi!  um  bie  SntmicÜung  ber  Se» ! 
griffe  unb  beren  immanente  Sefiimmungen  ^onbelt,  fo  lann  nxdiU^ 
unmiffenfd^afttidger  fein  als   bie  Seigre  üon  ben  „SRerlmalen",    loeltbe  i 
bie  Sc^uitogif  bel^errfd^t  unb  ein  red^teS  3ei(i&en  il^rer  „Serfommen^eit' 
ifi:  fiatt  ber  inneren  SBeflimmungen  beS  Begriffs  giebt  fie  bie  aRerf=  | 
male  ber  duneren  SlefKe^ion!    2)ie  O^ormen  ber  93egriffe  unb  Urt^eile , 
werben  nid^t  entmicfelt,  fonbem,  iDie  ftd^  biefelben  in  ber  ^rfo^ruiig 
oorfinben,  aufgenommen  unb  neben  einanber  gereil^t.    „3Ran  erl^Alt', 
fagt  ^egel,  „auf  biefe  SBeife  eine  empirifc^e  ßogil,  eine  fonberbate 
Siffenf^oft,  eine  irrationelle  ßrfenntnig  beS  Stationelleti."  ^ 

S)iefe  fogenannte  formale  Sogi!  betrachtet  bie  Segriffe,  Urt^tk 
unb  @(i^iaffe  als  leere  2)en!formen,  beren  SBal^rl^eit  bon  bem  ^n^alte 
abl^&ngt,  ber  il^nen  fremb  unb  gleid^gfiltig  ift.  „Sß&ren  loirDicb  bie 
logifd^en  O^ormen  beS  ^Begriffs  tobte,  untt)ir!fame  unb  gteid^fltttge  Sr- 
l^dltniffe  Don  SorfteQungen  ober  ®eban!en,  fo  loSre  il^re  Aemihtig  eim 
ffir  bie  Sal^rl^eit  fel^r  überflüfftge  unb  entbel^rlid^c  ^iftorie.  3n  ber 
Sl^at  aber  finb  fte  umgelel^rt  als  C^ormen  beS  ^Begriffs  ber  lebenbige 
®eifi  beS  SBirllid^en,  unb  oon  bem  SBirltit^en  ift  tt)a]^r  nur,  idqI 
!raft  biefer  O^ormen,  burd^  fie  unb  in  il^nen  mal^r  ift.  »2)ie 
SBal^rl^eit  biefer  formen  ift  aber  feitl^er  nie  betrad^tet  unb  unterfu^t 
©orben,  ebenfotoenig  il^r  notl^toenbiger  Sufammenl^ang/ * 

n.  SDaS  Urt^eil. 

3)aS  Urtl^eil  ift  Kategorie,  b.  ]§.  eS  ift  eine  notl^toenbige  Oform 
nidgt  blog  beS  2)enIenS,  fonbern  aud^  beS  Seins  ober  beS  SBefens  ber 
3)inge.  SBenn  ein  3)ing  feine  ßigenfd^aften  entfaltet,  fo  mantfefliit 
eS  fidg  oIS  ein  Subject,  melc^eS  feine  ^räbicate  auSeinanberlegt,  b.  b. 
eS  offenbart  fi(^  als  ein  Urt^eil.  SDaS  Problem  beS  2)ingeS  unb  feiner 
Sigenfd^aften  loar  aus  bem  Segriffe  beS  3)ingeS  nid(|t  ooDtommen  au^ 
gulöfen;  bagegen  ift  baS  SSerl^ättnig  beS  einen  SubjectS  unb  ber  SSteb 
^eit  feiner  ^rdbicate  auS  ber  @ntn)idnung  beS  SubjectS  ober  au8  bem 
Segriffe  beS  Segriffs  DoDfommen  einleuc^tenb.  3ebeS  Sing  ift  eia 
Segriff  unb  als  folc^er  ein  Subiect,  baS  ftd^  entmidEett. 


>  ©b.  V.   «nmerf.  6.  50-58.  (6.  51.)  -  «  »b.  VI.   §  162.  6.  819. 


mt  6itbiecttt)it&t.  5S5 

SDaiS  Urtl^etl  ift  eine  jtategorie  ber  @u6iecttt)itat.  2)te  Se« 
griffe  als  aOerJ^anb  (Gattungen  unb  Sitten  fleden  nid^t  blog  in  unferen 
Aö))fen,  fonbem  mir  felbfl  finb  93egriffe  ober  Subjlecie;  unb  ebenfo  ifl 
bie  Subiectiüit&t  in  il^rer  Sefonberl^eit  ober  Seflimmtl^eit  in  jebem 
2>ing  entl^alten  unb  ntad^t  baS  SBefen  bef[elben  aus. 

@S  l^anbelt  fidg  um  bie  Stlenntnigioertl^e  ber  Uril^eile,  bie  nieberen 
unb  l^öl^eren :  bieS  ftnb  bie  Stufen  beS  Urtl^eilS,  loelc^e  entloidCett  fein 
n)oIIen,  eine  Slufgabe,  meldte  ^egel  gum  erfienmale  gefleQt  unb  gu 
löfen  t)erfu(i^t  l^ot.  3)a  bie  $aut)t{lufen  beS  2)en!en8  boS  @ein,  baS 
SBefen  unb  ber  SSegriff  ifi,  fo  unterfd^eibet  ^egel  bemgemA^  als  bie 
@tufen  beS  Urtl^eilS  baS  Urt^eil  beS  S)afein8;  baS  beS  äBefenS  unb 
baS  beS  SegriffS. 

©er  aSegriff  beS  SBcfen«  tl^eilt  pdö  in  bie  »egriffe  ber  Steflejion 
(Segiel^ung)  unb  bie  ber  9{oi^tt)enbigIeit,  Don  jenen  gu  biefen  fort= 
f(6reiienb.  SDemgemdg  I&gt  ^egel  audg  baiS  UrtJ^eil  beS  3Befen9  in 
bas  Urtl^eil  ber  9tefIe£ion  unb  baiS  ber  9loi]^menbig!eit  jtd^  tl^eilen  unb 
oon  jenem  gu  biefem  forifc^reiten.  @o  unterfc^eibet  er  in  feiner  Seigre 
t)om  Utt^eil  biefe  oier  Slrten:  „hai  Urtl^eil  beS  2)Qfein8,  bad  ber 
Sleflejcion,  baS  ber  ^lotl^ioenbigleit  unb  baS  bed  Segriffs".  Stber  ^bie 
.Derfd^iebenen  Slrten  beS  Urtl^eilS  finb  nid^t  atS  mit  gleid^em  SBertl^e 
nebeneinanber  ftel^enb,  fonbem  Dielmel^r  aU  eine  Stufenfolge  bilbenb 
ju  betrad^ten,  unb  ber  Unterfd^ieb  berfelben  berul^t  auf  ber  logifd^en 
»ebeutung  beS  $r&bicatS/^ 

3!Han  mug  mo^I  unterfd^eiben  gmifd^en  @d^en  unb  Urtgeilen. 
9lid|t  ade  @a^e  finb  Urtl^eite.  9{otigen,  »efel^Ie  u.  f.  f.  ftnb  !eine 
Urt^eile.  9lur  fold^e  @ä^e  ftnb  Urtl^eile,  in  benen  eS  ftd^  um  äSe» 
grflnbungen  unb  SBegriffSbeftimmungen  l^anbelt.  Sludd  mug  man  mol^I 
unterf(^eiben  gtt)ifd5en  Urtl^eit  unb  Urtl&eil  unb  bie  begrifflid&  Der» 
fd^iebenen  Urtl^ei(e  nid^t  für  gleid^mertl^ig  anfeilen,  mie  bie  gemo^nlid^e 
Sogif  tl^ut,  bie  gmei  Urtl^eile,  mie  bie  folgenben,  nid^t  gu  unterfd^eiben 
toeife:  ,,bie  Stofe  ift  rotl&"  unb  „bie  SRofe  ift  eine  5PfIange",  „baS  ©olb 
ift  gelb"  unb  „baö  ©olb  ifl  aJletatt"  u.  f.  f. 

3)er  93egriff  ift  gunfid^ft  gmar  bie  unmittelbare  Sinl^eit  feiner 
SJlomente;  ba  biefe  aber  in  einanber  gegrünbet  finb  unb  logifc^  gu- 
fammenl^Sngen,  fo  ift  er  aud^  beren  Dermittelte  ober  begrttnbeteSin= 
l^eit,  meSl^alb  bie  Kopula   „ift",  biefer  ?lu8brudf  ber  unmittelbaren 

»  »b.  VI.  §  171.  3uf.  @.  333. 


528  2)te  Seigre  oom  Segtiff. 

^errfd^t,  nadg  loeld^er  bie  93egrtffe  ntd^tS  anbered  aU  bte  aKgemettten 
unb  abfiracten  JBorfteKungen  ftnb,  mläit  ber  aSerftanb  aus  ben 
^nfd^auungen  geminttt,  bel^ält  unb  l^at.  3dg  l^abe  ben  SBerfianb,  urie 
bas  2)ing  Sigenfd^aften  ^at,  idg  l^abe  traft  beS  93er{}anbe8  ^^SBegrtffe" 
unb  ben  99egrtff,  ,,tDie  id^  aud^  einen  IRod,  (^atbe  unb  anbete  Augei- 
lic^e  ßigeufd^aften  l^abe".^ 

Unter  bem  93egriff,  Don  beut  nunmel^r  bte  9lebe  i^,  unb  Don 
beffen  rtd^ttger  Sluffaffung  baS  S)erftänbnig  ber  l^egelfc^en  fiogt!  unb 
Seigre  abfangt,  ift  !etn  Sbfltoctum  au  Derftel^en,  »te  3Rm](b,  %f)m, 
$flan)e,  Stein  u.  f.  f.,  fonbem,  loie  fd^on  am  @d&lug  bed  legten 
@apiteli^  bargetl^an  lootben  ift,  unb  loie  aud  ber  (SnttoidDung  ber  Se« 
griffe  ber  9totl§n)enbig!eit,  ber  @u6ftanj,  Saufalitftt  unb  äBed^feltoixbtng, 
b.  ^.  „aus  ber  ®enefid  bed  93egriffd''  erl^ellt:  baS  3d^,  bas  Selbfl 
bemugtfein,  ober  bie  Subjectiüität,  loelc^e  bie  Srienntnig,  bad  loal^re 
ober  obiectioe  S)en!en  begrflnbet  unb  ntad^t,  bie  Stotl^ioenbigleit  au^ 
^ebt,  inbem  fie  biefelbe  DerU&rt,  b.  1^.  fiar  ober  er&nnbar  ntad^t. 
S)ed^alb  nennt  ^egel  bie  (^eil^eit  fel^r  gut  „bie  entl^fiDte  IRotl^toenbig' 
feit'.  äBenn  ber  @))inoaii3niug  gilt  unb  bie  @ubfiang  ber  l^öd^fie  aUer 
99egriffe  ifl,  fo  ifl  bie  Subjectiüit&t  unb  mit  il^r  bie  Sr!enntniB  um 
ntöglid^r  fo  ift  unb  bleibt  bie  Slotl^ioenbigleit  blinb,  fte  !ann  fid^  nid^t 
entJ^üKen,  unb  e6  lann  aber]§au):>t  nid^td  entl^flOt  merben.  SDen  @)>ino= 
}i§muS  miberlegen  l^eigt  nad^toeifen,  bag  biefed  ©Aftern  nid^t  ber  l^ödb^e 
SlanbpunH,  bag  ber  93egriff  ber  ©ubftanj  nid^t  bie  ^öd^fle  Aategorie 
ift,  ba§  es  einen  l^bl^eren  @tanbt)un!t  giebt,  ber  ftd^  bem  @))ino}i8mu8 
nicbt  entgegenfe^t,  fonbern  benfelben  fid^  unterorbnet.  Unb  bie  eingig 
rid^tige  SBiberlegung  befielet  barin,  bag  man  ben  93egriff  ber  @ub^an} 
entmidCelt  unb  DoQenbet.  „W)zx  biefe  ä^oUenbung  ifl  nidbt  mel^r  bie 
©ubflang  felbfi,  fonbern  ifl  ein  ^ol&ere«,  ber  SBegriff,  bad  ©ubject/* 

SBir  finb  Don  bem  93egriffe  beS  Seins  gu  bem  93egriffe  beS  SBefenS 
fortgefd^ritten  unb  l^aben  es  nunmel^r  mit  bem  ^Begriffe  beS  9t' 
griffs  gu  tl^un  als  bem  britten  unb  legten  ^au))tt]^ema  ber  Sogit 
Unb  ba  ifl  eS  benn  Dor  allem  nötl^ig,  bag  man  Don  bem  Segriff  ben 
ridgtigen  Segriff  ^at,  um  nid^t  in  aUerl^anb  aRi^Derft&nbniffe  unb  93er^ 
n)irrungen  gu  geratl^en.  SBir  fdnnen  Don  l^ier  aus  fd^on  eine  Ueber^ 
fid^t  Aber  ben  @ang  beS  legten  Zl^emaS  geioinnen.  2)ie  @u6|ectiDit&t 
ifl  ber  ®runb  aller  @r!enntni§,  aller  loal^ren  unb  objediDen  Segriffe, 
aller  ObjectiDität;  ballet  fäl^rt  unS  ber  ®ang  unfereS  Xl^emaS  Don  ber 

'  Sbenbaf.  6.  14.  -  *  Sbenbaf.  6.  9  u.  10. 


2)te  6ubiectimt&t.  529 

@tt6)ecttt)tt&i  jur  OBiecttDitat  ober  Dom  fubjecttDen  Segriff  )utn 
objectben  unb  gule^t  }ur  Sinl^eit  betber,  loeld^e  ^egel  mit  bem  SBorte 
3b cc  bejciAnct.^ 

3Btr  l^aben  ben  Segriff  gteiti^gefe^t  bem  Subject  ober  ber  @elb{}= 
t)ertt)ir!U(i&ttng,  loaS  ftd^  mit  ber  Subiectibit&t  becft.  steine  ber  bisl^er 
enttoidCelten  jtategorien  !ommt  bem  begriff  ber  (Snttt)t(!Iung  fo  gleid^ 
unb  brfldt  benfelben  fo  abAquat  aitd,  loie  ber  SSegriff  ber  Selbftber- 
loirfltd^ung,  bie  als  folti^e  fd^on  (SntioidEIung  ifl.  SBaS  ftd^  enttoidCelt, 
gel^t  in  Ruberes  über  (Sein)  unb  ifi  in  Snberem  ibentifd^  mit  ftd^, 
olfo  bie  Sinl^eit  ober  Sotatit&t  aDer  93e{limmungen  (äBefen).  ^2)a8 
Ofortgel^en  bed  Begriffs  ift  nid^t  mel^r  Uebergel^en  nod^  Scheinen  in 
atnbereS,  fonbem  enttoidtung/*  SerJBegriff  ber  ©elbliDertoirflidfeung 
unterfd&eibet  fitj  in  baS  ©elbfl  (©ubiectiöitftt),  beffen  SBcrtoirllicbung 
ober  9lea(i{trung  (Stealität  ober  DblectiDitfit)  unb  ifl  bie  (Sinl^eit  beiber 
(©ubiectsDbject  ober  3bee). 

3ioei  SBebingungen  muffen  erffldt  fein,  um  bie  Seigre  k)om  93egriff 
gu  ber  aSebeutung  )u  erl^eben,  in  loetd&er  ^egel  biefelbe  gefaxt  unb 
auSjufü^ren  ftd^  bie  3tufgabe  gefegt  l^at.  SrjlenS  mußten  bie  SDenl- 
formen,  aU  ba  finb  bie  Segtiffe,  Urtl^eile,  Sdglflffe  unb  bereu  f8n« 
l^&Itniffe  als  gegebene  Sl^atfad^en  er!annt,  befd^rieben  unb  ins  SSemu^t- 
fein  erhoben  fein,  roai,  mit  fc^on  bemer!t,  baS  au^erorbentliAe  93erbienft 
beS  SlriftoteteS  toar;  gioeitenS  mu^te  bie  ©ubjectiDität  ober  baS  @elbft- 
ben)ugtfein  (3d^)  als  bas  $rincit)  atteS  toafixzn  unb  objectitoen  S)enfenS, 
b.  1^.  als  ber  Segriff  im  eminenten  @inne  beS  SBortS  entbedEt  unb 
bargetl^an  fein.  SDieS  l^at  Aant  getl^an  in  feiner  Seigre  t}on  ber  f^n» 
t^etifd^en  Sinl^eit  ber  Slpperception  unb  ber  transfcenbentalen  2)ebuction 
ber  Kategorien.  »@S  gel^ört  ju  ben  tiefften  unb  loic^tigften  Sinfid^ten, 
bie  ftd^  in  ber  jhitil  ber  reinen  SSernunft  ftnben,  bag  bie  Sinl^eit, 
bie  baS  SBefen  beS  SegriffS  ausmalt,  als  bie  urfprflnglid^s 
f^ntl^etifdge  Sinl^eit  ber  Wfpzxttptidxi,  als  (Sinl^eit  beS  «3d^  ben!e» 
ober  beS  ©elbPeiou^tfeinS  erlannt  mirb.  S)iefer  @a^  mad^t  bie  fo- 
genannte  tranSfcenbentale  S>ebuction  ber  Kategorien  auS;  fie  l^at 
aber  t)on  feiger  für  eines  ber  fc^ioierigflen  Stüdfe  ber  lantifd^en  $]^iIo- 
fopl^ie  gegolten."* 


1  ebenbaf.  einl^eilung.  6.  30-32.  -  «  »b.  VI.  §  161.  6.  317.  - 
8  S3b.  y.  6. 14.  fß^i.  meine  ®ef4.  bet  neuem  ^l^ilofop^te.  3ub.-9(n<g.  SBb.  IV. 
(4.auf[.)   »U(6  IL   6ap.  V.   6.401-410,  in8bef.  6.  407  u.  408. 


580  Sie  Se^re  bom  äSegriff. 

2.  Set  attfiemeinc  Segriff. 

SDer  93egrifF  ober  baS  Subject,  tote  und  berfelBe  oud  ben  ent» 
iDtcfetten  SSegriffen  ber  9lot]^U)enbtg!ett  unb  ber  Subflanj  l^erDorgegcngnt, 
tfl  bte  freie,  unbebingte,  urfprflngltd^e,  aUeS  in  ft4  begreifenbe  (Sin^eit, 
er  ifl  ate  fold^e  ber  allgemeine  93egriff  ober  baS  Stllgemeine,  bte 
l^erDorbringenbe  ober  concrete,  ntd^t  bie  l^ertoorgebrad^te  ober  abflrocte 
Xttgemetnl^eit.  S)iefe  te^tere  mod^t  ber  SSerftanb,  inbem  er  feine  Sox« 
fieUungen  bergleid^t,  bon  il^ren  t>erf(i^iebenen  STlerlmalen  abfielet  ober 
abflral^irt,  biefelben  toeglA^t  unb  bie  gemeinfamen  Dereinigt.  Xuf  bem 
Sege  einer  foldgen  Sbftraction  unb  3ufammenfaffung  entfielet  bad 
abfiract  SlUgemeine  ober  (Semeinfame.  (Ss  i{i  ein  groger  Unterfd^ieb 
jtoifd^en  bem  mal^rl^oft  ^IDgemeinen  unb  bem  ®emetnfamen.  @o  ifl 
ber  loal^rl^oft  allgemeine  SSiQe  ber  Vernünftige  3BtIIe,  ber  nid^ts  anberefi 
miQ  ate  bai  bem  93egriff  ober  Su^ed  eines  93oI!i3  gemäße,  barum  aud^ 
ber  gefe^geberifd^e  9BiIIe  ift  ober  fein  foD,  ttSl^renb  ber  gemeinfame 
äßiUe  ober  berjenige  SBiKe,  in  meld^em  aQe  @in}elnen  flbereinftimtnen, 
fel^r  Demunft»  unb  jmedEmibrig  fein  !ann  unb  in  t>ielen  tS^Utn  tfl. 
Slouffeau  l^ot  in  feinem  ccontrat  social»  biefen  Unterfc^ieb  beS  loa^rl^aft 
affgemeinen  unb  beS  gemeinfamen  SBiffenS  treffenb  bejeic^net:  er  nennt 
jenen  <la  volontö  gön^rale»,  biefen  <la  volonte  de  tous»,  unb  „er 
mflrbe",  loie  ^egel  rid^tig  bemerlt,  „in  SBejiel^ung  auf  bie  Xl^eorie  bH 
Staats  ©r&nblic^ereS  geleiftet  l^aben,  n)enn  er  biefen  Unterfd^ieb  immer 
bor  Xugen  gel^abt  l^&tte.  2)er  affgemeine  SBiffe  ifl  ber  Segriff  beS 
SBiffenS  unb  bie  ®efe|e  ftnb  bie  in  biefem  99egriff  begrfinbeten  6e^ 
fonberen  93e{iimmungen  beS  3BiffenS/  SJBenn  man  bie  c volonte  de 
tous»  gleid^feftt  ber  «volonte  gönörale»,  toie  e8  bie  franjöfifd&e  Sleoo^ 
lution  unter  bem  (Sinfluffe  SlouffeauS  getl^an  l^at,  fo  merben  bie  ®e= 
fe|e  nid^t  mel^r  bon  ber  Staatsgemalt,  fonbern  in  ben  AlubS  unb  auf 
ber  ©trage  gemad^t. 

Srft  aus  btm  begriffe  bes  mal^r^aft  Slffgemeinen,  angeioenbet  auf 
ben  SRenfdgen  als  foldgen,  erl^efft  ber  99egriff  ber  SReufd^enmürbe 
ober  ber  $erfönlidg!eit,  ber  auS  einer  SSergleid^ung  ber  @in)elnen 
niemals  l^erborgel^en,  niemals  als  ettoaS  abftract  ^IffgemeineS  ober 
®emeinfd^aftlid^eS  aufgefaßt  merben  tann.  SDarüber  l^at  ^eget  in  feinen 
logifd^en  93orlefungen  einbrudESüoQ  unb  bebeutfam  gerebet:  „S)aS  Stff* 
gemeine  in  feiner  maleren  unb  umfaffenben  Sebeutung  ifl  ein  ®ebanfe, 
bon  meld^em  gefagt  toerben  mug,  bag  eS  3[a]§rtaufenbe  geloflet  l^at, 
bebor  berfelbe  in  baS  äSemugtfein  ber  97lenfdgen  getreten  unb  meldtet 


S)tc  @u(iectbttat.  531 

erft  burdg  ba^  gl^tifteittl^um  ju  feiner  DoDen  9[ner!enttung  gelangt  \% 
2)ie  fonfl  fo  l^oc^  gebtibeien  ©riechen  ^aben  meber  ®ott  in  feiner 
loal^ren  SlOgemeinl^eit  getDu^t  nocb  ciud^  ben  äJlenfd^en.  2)ie  ®ötter 
ber  ©ried^en  mren  nur  bte  befonberen  äJläc^te  bed  ®eiftei$,  unb  ber 
allgemeine  ®ott,  ber  ®ott  ber  Stationen,  mar  ffir  bie  Sft^ener  notb 
ber  verborgene  ®ott.  @o  beflanb  benn  aud^  fttr  bie  ®ried^en  jioifdden 
il^nen  felbft  unb  ben  ^Barbaren  eine  abfolute  Aluft,  unb  ber  äRenfc^ 
als  foldger  tt)ar  nod&  nid^i  anerfannt  in  feinent  unenblid^en  SBertl^  unb 
feiner  unenbtid^en  93ered^tigung."  ,,3)er  loal^rl^afte  ®runb,  melSl^alb  eS 
im  d^riflli(i^en  @uro))a  leine  @cIaDen  mel^r  giebt,  ifi  in  nid^ts  anberem 
aU  im  principe  bed  @^rifient]|umd  felbfi  gu  fu^en.  S)ie  (i^rifilidbe 
9letigion  ift  bie  9leIigion  ber  abfoluten  ^^reil^eit,  unb  nur  bei  ben 
€]^rif}en  gilt  ber  SJlenfc^  aU  folc^er  in  feiner  Unenblid^Ieit  unb  9ID' 
gemeinl^eit.  SaS  bem  ScIaDen  fel^It,  ba2  ifl  bie  9[ner!ennung  feiner 
$erfönlid^!eit;  baS  ^rincip  ber  $erfönli(^!eit  aber  ift  bie  3[IIgemein« 
l^eit."  Sin  einer  anberen,  l^ierl^ergel^örigen  ©teile  fagt  ^egel:  «(SS  ift  ber- 
fel^rt,  anjunel^men,  erft  feien  bie  ®egenftfinbe,  meldte  ben  ^nl^alt  unferer 
SSorfteKungen  bilben,  unb  bann  l^interbrein  !omme  unfere  fubjecti^e 
5£b&tig{eit,  loelctie  burc^  bie  Dorl^er  erto&l^nte  £)t)eration  beS  Slbftral^irenS 
unb  be$  3ufammenfaffen8  beS  ben  ®egenftänben  ®emeinfcbaftlidgen  bie 
begriffe  berfelben  btlben.  2)er  SSegriff  ift  Dielmel^r  baS  mal^rl^aft  Srfie 
unb  bie  2)inge  finb  baiS,  loaS  fie  finb,  burdg  bie  5£]^Stig{ett  bed  il^nen 
inn)o]§nenben  unb  in  i^nen  ftd^  offenbarenben  93egriff8.  3n  unferem 
religiöfen  SSeiougtfein  lommt  bied  fo  Dor,  bag  mir  fagen,  ®ott  l^abe 
bie  Sßelt  auS  9ti(^t8  erfc^affen,  ober,  anberS  audgebrßdEt,  bie  SBelt  unb 
bie  enblidgen  2)inge  feien  au8  ber  gfülle  ber  gottlidgen  ®ebanlen  unb 
ber  göttlid^en  9latl^fd^lüffe  ]|ert)orgegangen.  2)amit  ift  anerfannt,  bag 
ber  ®ebanle  unb  naiver  ber  93egriff  bie  unenblid^e  gform  ober  bie  freie 
fc^5t)ferif(^e  S£]§atig!eit  ift,  meiere  ni^t  eines  augerl^alb  il^rer  oorl^anbenen 
©toffg  bebarf,  um  ftd^  ju  realifiren."* 

3.  S)er  befonbete  Jöcgriff. 

2)er  allgemeine  93egriff  ift  nic^t  abftract,  fonbern  concret,  er  unter« 

fd&eibet  fid6  öon  ftd6  felbft,   toie  c8  im  Segriff  ber  ©ubiectioitit  (beS 

©elbPemu^ifeiniS,  beS  3d&)  liegt:  er  beftimmt  fi(|.    2)er  allgemeine 

SSegriff  in  feiner  Seftimmtl^eit  ip  ber  befonbete  Segriff  ober  baS  93e» 

1  ^egel.   V.  A.  S)ex  allgemeine  »egiiff.  6.  35-41.  »b.  VI.   A.  S)cr  fub- 
iectio*  »egriff.  a.  S)er  »egtiff  aU  folfter,  §  163.  3uf.  1.  3uf.  2.  @.  320-323. 

34* 


582  S)ie  Se6re  oom  93egtiff. 

fonbere,  bte  beflimmte  ®atiung  ober  bte  %tt.  SDamtt  tfi  unmittefbar 
eine  ä^erfd^iebenl^eit  be9  Sefonberen,  ein  Unterfd^ieb  ber  Xrten  gefegt, 
bte  einanber  ergftnjen  unb  eine  DoDe  äfle^l^ett  auSntad^en,  an  ber  ni^tft 
fel^tt:  bied  tfi  ber  Segrtff  ber  Sltll^eit  ober  93oU^Anbis!eit;  bte 
©Qitung  aber  al9  ber  Inbegriff  i^rer  Xrten  tfi  bie  Zotalitfti 

SDte  Selbflunterfdgetbung  beiS  ttKgenteinen  ifl  feine  2)tfferen}ining, 
Sefonberung,  €))ecification,  bie  alfo  nid^t  t)on  äugen  an  baffelbe  l^eran- 
gebrad^t  loirb,  fonbern  aus  il^r  fetbfl  l^eroorgel^t.  SDer  Segriff  tfi 
baS  $rinci))  feiner  Unterfd^iebe.  «S)ai3  ^rincip  entl^ftlt  ben  Anfang 
unb  baiS  3Befen  feiner  Sntmidftung  unb  9lealifation;  irgenb  eine  anbere 
»epimmtl&eit  be«  Segriff«  aber  tfi  unfrud&tbar/  «ffe  ©elbfiunter« 
fd^eibung  ifi  Sntgegenfe^ung,  unb  ba  ber  Segriff  ftd^  nur  t)on  ft(6 
felbfi  unterfdbeibet  unb  e8  leine  anbere  SSerfc^iebenl^eil  in  il^nt  giebi,  fo 
!ann  e$  int  ®runbe  aud^  nur  jtoet  Slrten  geben:  ber  befiimmie  Se» 
griff  unb  ber  unbefiimntte,  ^eine  Sefiimmtl^eit  aber  ifi  bie  UnbefKinrnt^ 
l^eit,  toeil  fte  htm  Sefiimmten  gegenüber  fiel^en  foQ".  Sd  ifi  bal^er 
!eine  anbere  toal^rl^afie  Sintl^eilung,  als  bag  ber  Segriff  ftd^  fetbfi  auf 
bie  Seite  fieUt,  aU  bie  unmittelbar  unbefiimmte  SlKgenteinl^eit;  eben 
bieS  Unbeftimmte  madgt  feine  Seftimmtl^eit  ober  bag  er  ein  SefonbereS 
ifi.  SeibeS  ifi  baS  Sefonbere  unb  ifi  bal^er  coorbinirt.  SeibeH  ifi 
auc^  als  Sefonbered  balS  Sefiimmte  gegen  bas  StUgemeine;  eS  ^t|t 
bemfetten  infofern  fuborbinirt."^ 

4.  Xai  Stnaelne. 

S)a8  Sefonbere  ifi  aud^  ein  SlQgemeineiS,  bie  Sri  ifi  aud^  eine 
®attung  unb  al8  folc^e  ber  S^iecification  folool^I  beb&rftig  att  fä^tg, 
bie  bis  ju  einent  $un!te  fortfd^reiten  ntug,  ber  ftd^  nid^t  loeiter  f))ed^ 
ftciren  I&gt.  2)te  DoKenbete  S^^ecification  ifi  bie  3[nbtDibuaIifirung. 
2)er  inbiüibualiftrte  Segriff  ift  baS  Sinjelne,  btefeS  einjelne,  aOeS 
Rubere  \>on  ftd^  auSfdgliegenbe  Subject,  nid^t  bie  begrtfflofe  Sinjelm 
]§eit,  nid^t  baS  eingelne  2)ing,  loelc^eS  man  nur  meinen  binn  unb 
mit  bem  (Ringer  geigen  (monfiriren)  mug,  um  miffen  )u  laffen,  soad 
man  meint,  tote  bie  ^l^&nomenologie  bargetl^an  ]^at^  fonbern  bie  be= 
grtfflid^e  Singelnl^eit  ober  ber  einjelne  Segriff,  ber  bie  Sinl^eii  bes 
StQgemeinen  unb  Sefonberen  auSmad^t.' 

1  »b.  V.  B.  a)er  befonbete  »egriff.  6.41-58  (bef.  6.41-43,  6. 46  n.  47). 
—  2  @.  oben  »tt4  n.  ©ttp.  VI.  6.  306-309.  -  »  §egel.  V.  C.  ^a<  €itt|elne. 
€.58-63.    VI.   §  164  u.  165,   6.323-325. 


2)ie  6ubiectit)it&t.  533 

9Bte  ftc^  bad  einzelne  U)irlli(i&e  @ubiect  jur  SubiecttDit&t,  boS 
einjelne  tnbit}tbuelle  34  3um  @eI6fi6eiDugtfetn,  fo  ))et]^äU  ftd^  baS 
@in}elne  gum  99egnff  überl^au^t.  Mgemeinl^ett,  SBefonberl^eit  unb 
Sinjeln^eit  finb  bte  SRomente  beS  Segriff^.  äBat  im  SBefen  aU 
9tefi[e£ton  bte  3bentttftt  tDüt,  ba8  ifl  int  Segriff  baS  Slttgenteine;  loaiS 
bort  ber  Unterfd^ieb  loar,  ifi  l^ter  bad  SBefottbere;  toas  bort  ber  ®ntnb 
toar,  ifi  ^ier  boS  (Singeine.  ,,9lIIgeniein]^eit,  93efonberl^eit  unb  Sinjeln- 
l^eit  ftnb  abflract  genommen  baffeße,  toaS  3bentitat,  Unterfd^ieb  unb 
®runb.  Sfber  baS  StOgemeine  ift  baS  mit  ftc^  ^bentifd^e  auSbrädE« 
Iid&  in  ber  Sebeutung,  bo^  in  il^m  gugleid^  boS  Sefonbere  unb 
Singeine  entl^alten  fei.  Sferner  ifl  bad  SBefonbere  baS  Unierfd^iebene 
ober  bie  93eflimmt]^eit,  aber  in  ber  93ebeutung,  bag  eS  allgemein  in 
ft(^  unb  als  (Eingelned  fei.  Sbenfo  l^at.  baS  (Singeine  bie  93ebeutung, 
bafe  eö  ©ubiect,  (Brunblage  fei.*^ 

2)er  93egriff  ifl  foiool^I  bie  Unterfd^eibung  ate  bie  Sinl^eit  feiner 
SRomente,  unb  gioar  bereu  unmittelbare  Sinl^eit.  ^U  fold^e  l^at  ber 
93egriff  ftd^  gu  fe^en  (auSetnanbergufe^en)  ober  gu  enttoidfeln.  2)iefe 
feine  SntnoidEIungSform  ift  bai$  Urtl^eil,  baS  ftd6  in  feine  äJlomente  als 
in  @ub]ect  unb  $r&bicat  unterfd^eibet  unb  burd^  bie  @opuIa  beibe 
unmittelbar  t>er!nttpft  ober  ibentifd^  fe^t.  S)em  Subject  toirb  bas 
$r&bicat  ertl^eilt:  biefe  (Srtl^eilung  ifl  baS  Urtl^eil,  toie  eine  gerid^ilid^e 
€ntf(beibung,  ein  Urtl^eil  im  eminenten  @inn,  ertl^eilt  toirb.  ^egel 
will  bas  Urtl^eil  als  eine  UrsXl^eilung,  urf))rfinglid&e  Sl^eilung  beS  93es 
griffs  in  feine  SDIomente  angefel^en  loiffen  unb  möd^te  bemgemfig  fic^ 
bie  (St^mologie  beS  SBorteS  einrid^ten.  „2)ie  et^mologifd^e  SBe^ 
beutung  beS  Urtl^eilS  in  unferer  @prad()e  ifl  tiefer  unb  brädt  bie 
Sinl^eit  beS  Begriffs  als  baS  (Srfle  unb  beffen  Unterfd^eibung  als  bie 
urfprünglid^e  £^eilung  aus,  loaS  baS  Urtl^eil  in  Sßal^rl^eit  ift/'^ 

2[n  ber  gelodl^nlidgen  Sogi!  f fielen  bie  93egriffe,  Urll^eile  unb 
Sd^lflffe  unb  bereu  Sint^eilungen  eine  fel^r  ausgebreitete  9loDe;  ba  ift 
bie  Siebe  t>on  bun!len,  üaren  unb  beutlid^en  Segriffen,  je  nad&= 
bem  il^re  SJlerimale  unterfdgieben  ober  nid^t  unterfd^ieben  loerben,  Don 
ab&quaten  unb  inabäquaten,  je  nad^bem  fte  mit  il^ren  ®egenfl&nben 
fibereinflimmen  ober  nid^t  flbereinfKmmeU;  ))on  bem  ®egenfa^  ber  be- 
griffe, bem  contr&ren  unb  contrabictorifdden,  bem  Serl^&Itni^  ber  93e- 


»  93b.  V.   6.  59.    VI.   §  164.   @.  323  u.  324.    -   «   »b.  V.    6.  63;  VI. 
§166.   6.326. 


534  S)ie  Seilte  k)om  SSegriff. 

griffe,  bet  Sootbination  unb  @uborbtnatton,  t>on  htm  3n^alt  unb 
Umfang  ber  ^Begriffe  na$  ber  SafjH  x^itx  97lerlmale  u.  f.  f.  3Rerl^ 
male  ftnb  Seichen  fflr  baS  fubjecüüe  Stfennen,  fär  bie  Äußere  Steflestoit. 
3)a  es  fid^  in  ber  äBif[enfd^aft  ber  8ogi!  um  bie  Sntmidlung  ber  93e^ 
griffe  unb  beren  immonente  99eftimmungen  ^anbett,  fo  !ann  niclitt 
unn)iffenf(|aftli(|er  fein  al8  bie  ße^re  Don  ben  „SWerlmalen",  toeld^e 
bie  @d^uIIogif  bel^errfd^t  unb  ein  red^teS  3eid^en  il^rer  ^9)er!ommen^eit" 
ifi:  ftott  ber  inneren  93e{timmungen  beS  99egriffS  giebt  fie  bie  3RtxU 
male  ber  Süßeren  Slefte^ion!  S)ie  ^^ormen  ber  Segriffe  unb  Urtl^eile 
werben  nid^t  entnoidEelt,  fonbem,  tt)ie  ftd6  biefelben  in  ber  ^rfal^rung 
oorfinben,  aufgenommen  unb  neben  einanber  gereift.  ^3Ran  erhalt", 
fagt  ^eget,  „auf  biefe  SBeife  eine  emt)irif<6e  Sogil,  eine  fonberbare 
Siffenfd^aft,  eine  trrationelle  (Sr!enntnig  beS  9tationeIten/^ 

SDiefe  fogenannte  formale  ßogi!  betrachtet  bie  Segriffe,  Urt^eile 
unb  @(i^I&ffe  atd  leere  2)en!formen,  beren  äBal^rl^eit  bon  bem  ^nl^atte 
abl^ängt,  ber  il^nen  fremb  unb  gleid^gültig  ift.  „Sßären  loirHid^  bie 
logifd^en  O^ormen  be9  Segriffs  tobte,  unn)ir!fame  unb  gleid^flltige  93e- 
l^ältniffe  t)on  SorfteKungen  ober  ®eban!en,  fo  toAre  il^re  Aenntnig  eine 
fär  bie  SBal^rl^eit  fel^r  fiberflüffige  unb  entbel^rlid^c  ^iflorie.  3n  ber 
Sl^at  aber  finb  fte  umgelel^rt  aU  Oformen  beS  SegriffS  ber  lebenbige 
®ei{l  beS  SBirüid^en,  unb  üon  bem  SBirltit^en  ifl  loal^r  nur,  )dq6 
!raft  biefer  Oformen,  burd^  fie  unb  in  il^nen  toal^r  ift.  «2)te 
SBal^rl^eit  biefer  ^^ormen  ifl  aber  feitl^er  nie  betrad^tet  unb  unterfuii^t 
morben,  ebenfouenig  il^r  notl^menbiger  Sufammenl^ang/' 

n.  S)ag  Urt^eil. 

3)a8  Urtl^eil  ift  Kategorie,  b.  1^.  e8  ift  eine  notlgttenbige  Oform 
nid^t  blog  beS  2)enfen8,  fonbern  aud^  beS  @ein8  ober  be8  SSefenS  ber 
2)inge.  äSenn  ein  3)ing  feine  @igenfd^aften  entfaltet,  fo  manifefiirt 
eS  fid^  als  ein  @ub]ect,  melc^eS  feine  ^rfibicate  auSeinanberlegt,  b.  ff. 
es  offenbart  fidg  als  ein  Urt^eil.  S>aS  Problem  beS  2)ingeS  unb  feiner 
Sigenfd^aften  loar  auS  bem  Segriffe  beS  2)ingeS  nic^t  ooQtommen  auf» 
}uIofen;  bagegen  ift  baS  Serl^filtnig  beS  einen  SubjectS  unb  ber  Siel« 
^eit  feiner  $r&bicate  auS  ber  (SntioidEIung  beS  SubjectS  ober  aus  bem 
Segrtffe  beS  SegriffS  DoDIommen  einleuc^tenb.  3ebeS  S)ing  ift  ein 
Segriff  unb  als  fold^er  ein  @ub|ect,  baS  ftd^  enttoidfelt. 


>  ©b.  V.   «nmetf.  6.  50-58.  (6.  51.)  -  «  93b.  VI.   §  162.  6.  319. 


2)te  6ubiecti))itfit.  535 

S)qS  Urtl^etl  tft  eine  Aategorie  ber  @u6iecttt)tt&t.  2)te  Se- 
griffe  als  allerl^anb  ©attungen  unb  Sitten  fteden  nidgt  blog  in  unferen 
Äöpfen,  fonbem  »ir  felbji  pnb  Segriffe  ober  ©ubiecte;  unb  ebenfo  ifl 
bte  @ubiectit)it&t  in  tl^rer  SBefonberl^eit  ober  Seftimmtl^eit  in  )ebem 
S)ing  entl^alten  unb  ntad^t  baS  SBefen  beffelben  aM. 

Ss  l^anbelt  fid^  um  bte  Srlenntnigtoert^e  ber  Urtl^eile,  bie  nieberen 
unb  ]§ö]§eren:  bieS  finb  bie  Stufen  bed  Urtl^eiU,  toeld^e  entioidelt  fein 
»offen,  eine  Sfufgabe,  toAäit  ^egel  ^um  erftenmole  geftefft  unb  3U 
löfen  oerfud&t  l^oi.  2)q  bie  ^auptftufen  beS  S)en!enS  boS  @ein,  baS 
Sefen  unb  ber  93egriff  ift,  fo  unterfd^eibet  $egel  bemgem&g  aU  bie 
Stufen  beS  Urtl^eUs  boS  Urt^eil  beS  2)afein3,  boS  bed  SBefeniS  unb 
baS  bei»  93egriffS. 

S)er  aSegriff  beS  äBefenS  tl^eilt  fid&  in  bie  Segriffe  ber  9tefIe£ion 
(Sejiel^ung)  unb  bie  ber  9lot]^tt)enbig!eit,  t)on  jenen  3U  biefen  fort- 
fd^reitenb.  2)emgemdg  I&gt  ^eget  audg  boS  Urtl^eil  beS  SBefenS  in 
baS  Urtl^eil  ber  Slefle^ion  unb  baS  ber  9tot]^ioenbig!eit  fid&  tl^eilen  unb 
oon  jenem  gu  biefem  fortfd^reiten.  @o  unterfd^eibet  er  in  feiner  Sebre 
t)om  Urt^eil  biefe  t)ier  ^rten:  „ba^  Urtl^eil  beiS  SDofeind,  baS  ber 
Sftefle^ion,  bad  ber  Ütotl^wenbigfeit  unb  bai  beS  93egriffiS".  Slber  ^bie 
•t)erfd&iebenen  Wirten  beS  Urtl^eito  finb  nidgt  a(d  mit  gleid^em  SBertl^e 
nebeneinonber  ftel^enb,  fonbem  t)ie(me]^r  aU  eine  Stufenfolge  bilbenb 
gu  betradgten,  unb  ber  Unterfdgieb  berfelben  berul^t  auf  ber  logifd&en 
»ebeutung  be«  5ßräbicQtS/^ 

9Ran  mug  mol^I  unterfd^eiben  gtoifd^en  SA^en  unb  Urtl&eilen. 
3liäit  offe  @&^e  ftnb  Urt^eile.  Stotigen,  Sefe^Ie  u.  f.  f.  finb  !eine 
Urtl^eile.  9lur  fold^e  @&^e  finb  Urtl^eile,  in  benen  eiS  fid^  um  Se« 
grttnbungen  unb  93egriffSbeftimmungen  l^anbelt.  9(ud&  mug  man  mo^I 
unterfd^eiben  jtoifd&en  Urtl^eil  unb  Urt|eil  unb  bie  begrifftid^  öer* 
fdgiebenen  Urtl^eile  nidgt  für  gleidgtt)ert]^ig  anfeilen,  mie  bie  gett)öl^nlidge 
Sogi!  tl^ut,  bie  gmei  Uril^eile,  koie  bie  folgenben,  nid^t  gu  unterfi^eiben 
tteife:  „bieÄofe  ift  rotV  unb  „bie  »ofe  ift  eine  ^Pflange",  „baS  ®oIb 
ift  gelb-  unb  ,ba8  ©otb  ift  SDfletaff"  u.  f.  f. 

S)er  Segriff  ift  gunöd^ft  gtoar  bie  unmittelbare  Sinl^eit  feiner 
SDlomente;  ba  biefe  aber  in  einanber  gegrünbet  finb  unb  logifd^  gu- 
fammenl^dngen,  fo  ijt  er  aud^  bereu  t)ermittelte  ober  begrflnbete  Sim 
l^eit,  »eSl^alb  bie  ßopula   ,,ift",  biefer  SluSbrudC  ber  unmittelbaren 


>  S3b.  VI.   §  171.  3uf.  6.  333. 


586  2)ie  Se^re  Dom  Sedttff. 

Stn^eit  3tt)ifd&en  ©ubject  unb  $r&btcat,  olfo  atui^  baS  Urt^eil  als 
fold^es,  biefe  unmittelbare  SBerinfl^fung  atotf^en  Subject  unb  ^rdbicat, 
}ur  (SntioidKung  beS  SSegriffd  ntd^t  auiSreid^t;  bal^er  mug  in  bet  (gnt- 
toidlung  unb  gfortbeftimmung  beS  Urtl^eild  ein  $unft  erreicht  mexben, 
in  loeld^em  bie  €o))uIq  „fi(^  erfflllt"  unb  bie  !Bet!nü))fung  stoifd^en 
Subject  unb  $r&bicQt  nid^t  Uo%  burd^  «Sein'',  fonbem  burdg  ,,@etn 
muffen"  QuSaebrfldEt  mirb.  SEBir  !önnen  t)otQUiSfe]^en,  bog  biefe« 
]§öd&fle  Urtl^eil  „bod  apobütifd^e**  fein  mirb,  in  toeldgem  fdgon  bei 
Sd^Iug  ftedEt  unb  aM  meld^em  berfelbe  unmittelbar  l^etDorgel^t. 

2)er  93egriff,  bad  Urt^eil  unb  ber  ©d&Iug  finb  bie  Kategorien  bei 
©ubiectiDitftt. 

1.  2)a8  Urtl^eil  bei  2)afeinl. 

3luf  biefe  erße  unb  niebrigfte  Stufe  beS  Urtl^eilS  lommeit  bie« 
jenigen  Urtl^eile  3U  {teilen,  U)eld&e  bie  gelDol^nlid&e  fiogi!  bie  qualita- 
tiven Urtl^eile  ober  bie  Urtl^eile  ber  Qualitit&t  nennt:  ba«  ))ofttit>e, 
baiS  negatioe  unb  baS  unenblid^e  Urtl^eil.  @8  gel^ört  ein  fel^r  geringe« 
Urtl^eilsoermögen  baju,  nid^ts  loeiter  als  bie  SBal^rnel^mung  finnltcl^cr 
Ouatitil&ten,  um  au  urtl^eilen  „bie  Stofe  ift  rotl^",  ,,bie  SBanb  ifl 
toeig",  ber  Ofen  i^  toarm  u.  f.  f.  SDa«  Singeine  ifl  ein  StUgemetneS 
(E  ==  A):  ba«  ))ofitit)e  Urtl^eil.  Stber  t)iele8  Slnbere  ifl  aud^  rot^, 
aud&  neig,  aud^  U)arm  ober  !alt  u.  f.  f.  S)a]§er  mug  baS  Subject 
n&]§er  beftimmt  loerben  burd^  SluSfc^Uegung  geu)iffer  ^dbicate;  bie« 
gefd^iel^t  burdg  ba«  negatit)e  Urt^eil:  ba«  Singelne  ifi  nid^t  biefe 
ober  jene  %xl  (E  nid^t  =  B).  ®enau  genommen  ift  ba«  Sinjelne 
nur  fid^  felbfl  gleich  (E  =  E),  e«  ift  ba«  Mgemeine  nad^  9[u«< 
fdölieftung  aKe«  beffen,  loa«  nid&t  E  ift  (E  =  3lid&t:'A).  S)ie  er|le 
Oform  ift  ,,ba«  ibentifd^e",  bie  gtoeite  ,;ba«  unenblidge  Urt^eit".  S« 
!ommt  alle«  auf  bie  Stellung  ber  9legation  an:  06  n&mlid^  bie  (S^opüla 
oerneint  mirb  ober  ba«  $r&bicat  (Slllgemeine).  S>ie  !Bemeinung  ber 
Sopula  bebeutet  bie  Trennung  ^mifc^en  Subject  unb  tprftbicat,  b.  L 
ba«  negatioe  Urtl^eil;  bie  !Berneinung  be«  ^rflbicat«  ober  be«  VSqp 
meinen  ijt  ba«  unenblid&e  Urtl^eil.  3n  einem  9led&t«ftreit  oerneint  |ebe 
Partei  (nid^t  ba«  9ted^t  fl&er]§aut>t,  fonbem)  ba«  Stecht  be«  ®egner«:  ein 
93eif))iel  be«  negativen  Urtl^eil«.  S>agegen  oemeint  ber  !Berbred^er  ba« 
9ted^t  unb  ba«  ®efe^  al«  foldge«,  feine  $anblung«n)eife  ift  ba«  Stid^t- 
Siedet,  ba«  9ti(6t-®efe^:    giebt  ein'  SBeifpiel  be«  unenblidgen  Urt^eil«.^ 

'  f8b.\\  Cap.n.  A.  2)alUrt^ei(  bei  2)afeinl.  6.73-89.  »gl.  »b.VI. 
§  172.   6.  384-887. 


2)ie  6ubiectit)Uftt.  537 

2,  $a«  Uttl^eil  ber  9lef(e£ion. 

S)Qrunter  t)erfie]§t  ^egel  bie  Urtl^eile  ber  jQuanttt&t,  tote  fte  in 
ber  getoö^nlid&en  Sogif  l^eigen:  bad  ftngulare,  particulare  unb  unt- 
DerfeUe  Urtl^eit.  S)te  ©ubjecte  btefeS  Urt^etlS  ftnb  bie  (Sin^elnen  in 
ber  iBegiel^ung  ju  il^reS  ©leid^en,  ju  ben  3nbit)ibuen  il^rer  Slrt  unb 
®attun8;  bie  ^rAbicate  biefeS  Urt^ei(8  ftnb  bie  mefentlidgen  93e- 
jiel&unflen,  toie  nfl^Ii^,  flefäl^rlid^  u.  f.  f.  3n  ben  Urtl^etlen  beö  ©a« 
feinS  tft  bas  ^r&btcat  bent  Snbjecte  inl^&rent,  ba  eS  eine  finnitcbe 
aSefd^affenl^eit  ift,  l^ier  bagegen,  in  ben  Urtl^eiten  ber  Steflefion,  tft 
eS  t]§m  übergeorbnet,  ba  e9  fid^  auf  Slrten  unb  ©atiungen  erftredt. 
2)ort  l^errfdgt  baS  !Bcrl^&(tnig  ber  Stnl^&reng,  l^ier  baS  ber  @u6> 
fumtion. 

S)a]^er  befielet  aud&  bie  (Sntniidlung  biefeS  Urtl^eits  in  ber  fort- 
fd&reitenben  SntttidKung  beS  @u6j[cctS:  biefer  Sinaetne,  Einige  biefer 
Slrt  ober  ©attung,  aUe  Sinjelnen;  bad  Urtl^eil  ber  Sinjelnl^eit,  baS 
ber  93efonber^eit,  baS  ber  Stillzeit.  9Ran  !önnte  als  ein  fel^r  gutes 
unb  edgt  l^egelfd^ed,  an  biefer  Stelle  nid&t  gebrauchtes  a3eif))iel  bie 
menfd&Iicfte  tJreil^eit  neunten,  „einer  tft  frei:  biefer  ßinjelne."  @o 
urtl^eitt  ber  orientalifdge  S)ef))oti8niu8 :  baS  ftngulare  Urt^eil. 
„ßinige  ftnb  frei:  ndutlicft  bie  Sflrger."  ©o  urtl^eilt  bie  ariftolratifd&e 
StepuHil  im  SHtert^unt:  baS  particulare  Urtl^eil.  „%Ut  ftnb  frei/ 
@o  urtl^eilt  baS  S^lgrifientl^uut:  baS  unioerfeUe  Urtl^eil,  baS  Urtl^eil 
ber  Ml^eii  S)a8  ftngulare  Urtl^eil  ift  ))ofitio,  baS  particutare  ifi 
foiool^I  pofttio  ate  aud&  negattO:  tt)enn  einige  frei  ftnb  (bie  93ürger), 
fo  liegt  barin,  bag  (Einige  anii  nidgt  frei  finb  (bie  @cIaoen).  2)a8 
uniOerfeUe  Urtl^eil  loeift  fdgon  l^in  auf  baS  koal^rl^aft  SlKgemeine,  ben 
Segriff  ber  ©attung,  unb  fd^reitct  fort  gu  bent  Urtl^eile  ber  SRotl^loenbigs 
!eit.  9lUe  SJlenfdgen  finb  ber  SJUeufdg.  „^aS  Slllgemeine  erfd^eint 
l^ier  nur  als  ein  äußeres  93anb,  loeld^eS  bie  für  fid^  beftel^enben  unb 
bagegen  gteid&gültigen  Singelnen  untfagt.  3n  ber  Sl^at  ift  iebod^  baS 
ungemeine  ber  ®runb  unb  Säoben,  bie  Surgel  unb  bie  @ubftang  beS 
(Singelnen."  „S)aS  Slllgenteine  ift  nici^t  nur  ettoaS  auger  unb  neben 
anbem  abftracten  Qualitäten  ober  blogen  9lefIe;ionSbeflinimungen, 
fonbern  t)ielme]^r  baS  aUeS  SSefonbere  burdgbringenbe  unb  in  fid^  93e= 
fd^Iieienbe."^ 

»  »b.  V.  B.  2)Q6  Urt^eil  ber  Weflesion.  ©.  89-98.  VI.  §  174.  3uf. 
§175fl8b.   ©.337-340.   (6.889flöb.) 


538  2)te  Seilte  Dom  S^egtiff. 

8.  2)ad  Urt^eil  ber  Slotl^toenbigfeit. 

3)ic  ]^icr]§cr  flcl^örtgcn  Urt^eile  finb,  um  mit  bcr  lantifd^en  ßoflt! 
gu  reben,  bie  Uttl^etle  ber  ^Relation:  baS  iategorifc^e,  baS  l^9)>o« 
tl^etifdge  unb  boS  bisjunctit^e.  9EBa8  in  ber  Sp^iu  beü^  Segriffs 
bai  aSerJ^ältni^  feiner  aHomente,  baS  ifl  in  ber  @))]§&re  beS  äBefeng 
baiS  notJ^toenbige  SSerJ^Altni^,  nnb  atoar  entf))rid&t  baS  Slllgemeine  bem 
Segriffe  ber  SubRanj,  ba$  Sefonbere  bem  ber  Caufalit&t,  baS  Sinjelne 
bem  ber  SBed^feIiDir!ung;  bal^er  baS  !ategorif(|e  Urt^eit  bem  !Ber]§&Itnt§ 
ber  @ubfiantiatität,  baS  l^^potl^etifd^e  bem  ber  Saufalit&t,  bas  bid- 
junctiüe  bem  ber  SBed&feltoirfung  correfl)onbirt. 

S)aS  ginjelne  toirb  befiimmt  burd^  feine  fubftantieHe  SQgemein^ 
l^eit  ober  Oattung  (E  =  A):  bieS  gefd&ie^t  im  lategorifdften  Urt^eil; 
bie  ©attung  ifi  ber  erjeugenbe  ®runb  i|rer  Sefonber^eiten  (toenn  A 
ift,  fo  ifl  B):  baS  !ategorifd^e  Urtl^eil  gel^t  in  baS  ^^))i)tlgettf4e 
Aber,  S)ie  ©ottung  ift  ber  3nbegriff  il^rer  Arten,  fte  ifi  beren  pofiüx>t 
unb  negatiöe  SEototitÄt  (A  =  fotool&l  A  qI«  B;  E  =  entoebet  A 
ober  B);  baS  poetifd^e  Aunftioer!  t)erm5ge  feines  Segriff 8  ober  feiner 
©atiung  ift  foiool^I  l^rifd^  als  epifi^  a(S  bramatifd^;  baS  ))oetifd6e 
ftunfltterl  in  feiner  Sefiimmtl^eit  ijl  enttteber  l^rif(i&  ober  e>ifd&  ober 
bramotifd^.  S)ie  g^rbe  nod^  il^rem  allgemeinen  Segriff  ift  fotool^t 
l^eUer  als  bun!(er  ^rt;  bie  beftimmte  g^arbe  gel^ört  entmeber  }u  ben 
J^eOen  ober  gu  ben  bunüen.  @o  tautet  baS  bisiunctit)e  Urt^eil  in 
feiner  ))ofiti))en  unb  negatit)en  S^orm.  Subject  unb  $r&bicat  ftnb 
gleid&  bem  Segriff.  ^ 

4.  ^afi  Uit^eK  bei  93egriffd. 
Sns  fotd&e  »in  $egel  biejenigen  Urt^eile  gefa§t  miffen.  totliit  bie 
gettö^nlid^e  Sogt!  bie  ber  3)}obaIität  genannt  l^at:  baS  affer- 
torifd^e,  ))robIematifd^e  unb  apobiftifd^e.  S)aS  ^rdbicat  befUmmt 
ob  bas  @ubiect  feinem  Segriffe  entfprid^t  ober  bemfelben  gemAg  ifi, 
b.  1^.  ob  eS  baS  ift,  loaS  eS  feinem  Segriffe  nai^  fein  foQ.  @8  l^anbelt 
fid^  l^ter  um  Seftimmungen,  tt)ie  fd^ön,  gut,  rec^t,  ))affenb  u.  f.  f.,  unb 
beren  ©egentl^eile.  2)ie  erfte  unb  unmittelbare  S^orm  biefeS  Urt^eilS 
ifl  bie  einfache  Serfidfeerung,  ba6  eS  ftd6  mit  biefcm  SBerle,  biefer 
^anblung  u.  f.  f.  gut  ober  übet  öerl^atte  (bafi  affertorifd&e  Urtl^cil). 
Stber  ebenfo  bered&tigt  ift  bie  ®egent>erfidgerung,   bag  eS  ftd&  nid^t   fo 

»  »b.  V.  C.  2)ad  Utt^e«  ber  Skotomen bigfeit.  6.  98-197.  »gl.  »b,  VL 
§177.  6.340-342. 


S)te  6ubiectiDit&t.  589 

))er^atie;  e8  !ann  fo  fein,  ober  eiS  lann  awi^  nid^t  fo  fein  (baS  pxohU- 
ntatifd^e  Urtl^eil,  meld^eS,  tote  baS  ))atttcnlare  Urt^eil,  foiDol^I  ))oftttt) 
als  negattt)  ifl).  S)a8  ^rabtcat  miU  niiit  blog  t)erft(igett,  fonbern  be« 
grfinbet  fein,  e8  grfinbet  ft(i^  auf  bie  äSefdgaffen^eit  ber  6ad&e.  S)aS 
Subject  ate  ein  fo  6ef(i&affene8  ift  fo  unb  ni^t  anberiS  gu  beurt^eilen 
(baS  apobiltifd^e  Urt^eil).  $ier  ift  bie  beftintnite  SSegiel^ung  beS 
@u6|ect8  unb  ^rdbicati^;  „fi«  ift  bie  erfflUte  ober  inl^attdoolle 
Coputa  beS  UrtJ^eilS".  „S)utd(i  biefe  (ErfflUung  ber  @:o))uta  ifi 
baS  Urt]§eil  8«ni  ©d&Iuffe  geworben. *  * 

in.  SDer  ©(^lufe. 

Der  ©d6Iu6  ifi  ber  Segriff  als  bie  Vermittelte  ©inl^eit  feinet 
SDlomente,  unb  ba  bie  SBenntttlung  ober  Segriinbung  burd^  baS  Urtl^eit 
gefd^iel^t,  fo  ifl  „ber  @dgluB  bie  (Einheit  beS  Segriffs  unb  beS  Urt^eilS". 
3Jlan  l^at  Don  jjel^er  bem  Serflanbe  baS  Vermögen  beS  Urtl^eilenS,  ber 
SSemunft  baS  beS  @dgIiegenS  gugefdgrieben  unb  bie  legiere  gugleid^  als 
bie  CueQe  emiger  unb  unbebtngier  SSal^rl^eiten  betrachtet.  Son  feiten 
i^rer  gorm  gilt  bie  SJernunft  als  ©c^Iufe  (SBernunftfdbluS),  Don  feiten 
il^reS  3n^a(tS  ift  fie  Sal^rl^eit  (SBernunftmal^rl^eit).  O^omi  unb  ^n\)alt 
finb  eines.  S)ie  SBal^rl^eit  mirb  nur  in  ber  f^orm  beS  ©d^IuffeS  ge« 
rovi%t,  benn  aUe  @rlenntni§  ift  DermitteÜ,  begrflnbet,  erfd&Ioffen  unb 
erft  in  ber  ®eftalt  beS  ©d^IuffeS  DoQenbet.  S)al^er  fagt  $ege(:  „S)er 
©dglug  ift  baS  Sernflnftige  unb  ^HeS  Sernflnftige\  Unb  ba  aUeS 
SBirHidbe  vernünftig  ift,  fo  folgt  ber  ©afe:  „«HcS  ifl  ein  Sc^lufe*.' 

S)er  ©d^Iug  ift  baS  Vermittelte  Urtl^eil.  SBir  ertt)arten  bal^er 
als  Wirten  ober  ©tufen  beS  ©d^luffeS  ben  ©d^lug  beS  2)afeinS,  ber 
Sleflejcion,  ber  Stotl^menbigleit  unb  beS  SegriffS.  2)a  aber  ber  ©d^lug 
beS  Segriffs  fd^on  in  bem  apobiftifdben  Urtl^eile  entl^alten  ift,  fo  er» 
Italien  koir  nur  biefe  brei  ^rten  ober  ©tufen  beS  ©d^luffeS:  ben  ©d^lug 
beS  S)afeinS,  ber  9lef(e£ion  unb  ber  9{otl^tt)enbig!eit. 

1.  ^tx  €4Iu6  bei  2)afeind.    ^te  S^Iugfiguren. 

3)er  ©d^lufe  Derfnüpft  bie  Segriffc  nid&t  unmittelbar,  fonbern  burdö 
ben  Segriff.    3n  Segiel^ung  auf  bie  beiben  anbern  Segriffe  (ßjtreme) 

'  »b.  V.  D.  2)aB  Urt^eil  bei  »egtiffl.  6. 107-115.  (6.  Uiflgb.)  »gl. 
VI.  §  170-180.  6.  342-844.  —  «  9BqI  ^iet  oll  bie  atoeite  ©(ftluSfiöur  ex- 
ft^eint  (B  —  £  —  A),  ift  in  ber  l^exfömmli^cn  Sogif  bie  btitte,  unb  bie  britte  an 
^ieftger  6teae  (E  —  A  —  B)  ijt  in  ber  ^erlömmli^en  Sogif  bie  atoeite. 


540  2)ie  Se^te  t^om  iBegriff. 

l&eifet  bicfer  üerfnüpfcnbe  Segriff  her  btitte  obct  tnitttcrc  99egriff 
(terminus  medius);  unb  ba  jebeiS  ber  bret  SäegriffiSmotnente  biefer 
SWittettcflriff  fein  fonn  unb  bejfen  ©teile  ouSjufüKen  l^at,  fo  ergeben 
ficft  ate  bie  ©d&lüfte  bed  ffiofetn«  bie  brei  ©d^IufePflwten :  E— B— A, 
B — ^E— A,  E— A— B,  toobet  ^egel,  tote  er  in  ber  nad&folaenben  Am 
merhing  erll&rt,  gefliffentUdg  fotool^l  oon  ber  negottDen  aU  t)on  ber 
))QrticuIaren  (Rettung  ber  @d^(ugf&^e  (in  ber  atoeiten  unb  britten  S^tgur) 
abfielet.  2)te  vierte  ©d^Iugftgur,  toelc^e  nidgt  t)on  SIrifioteleiS,  fonbem 
t)on  ®a(enu8  l^enül^rt,  f^at  ^egel  nid^t  ongefül^rt-  Dielmel^r  ^at  er  bie 
oierte,  Don  ben  brei  anberen  toerfd^iebene  @d(|(u^ftgur,  toetl  fte  nid^t 
Don  93efonber]^eiten  ober  93efd&affen]§etten,  fonbem  nur  t)on  Cuantitaten 
unb  beren  SSergtetd^ung  l^anbelt,  ben  ntatl^ematifd^en  ©d^Iug  ge^ 
nannt  (A— A— A):  toenn  jtoei  @rö§en  einer  britten  gletd&  pnb,  fo 
ftnb  fte  audg  unter  etnanber  gleid^.^ 

3n  ber  erfien  ©dölufeforin  finb  bie  beiben  ^Prämiffen  B  =  A  unb 
E  =  B  unbetoiefen  unb  unvermittelt.  %n^  ber  SSerntittlung  ber  erßen 
?ßrämiffe  B  =  A  ergiebt  ftd6  bie  jtoeite  ©d&Iu§fürm:  B  — E  — A. 
Äu8  ber  SJemtittlung  ber  gtoetten  SJrSmiffe  E  =  B  ergiebt  fid6  bie 
britte  @d&lu6fonn:  E  — A  — B.  Slber  baS  SBetoeifen  unb  SJermitteln 
fü]§rt  iniS  Snbtofe. 

S)ie  ©runbform  ber  ©dgiflffe  beS  S)Qfein8,  auf  toeld&e  bie  anberen 
gurüdtgefül&rt  »erben,  ifl  bie  erpegigur:  E— B  — A.  3)a8  €mjelne 
ift  burd^  feine  93efonber]§eit  ein  SdlgenteineS.  9lad^  ber  3rt  beS  3Jl\ütU 
begriffe  ridgtet  ftd^  ber  ©d&Iug.  3nbent  man  t)on  t)ielen  Sefonber^ 
l^eiten  ober  SSefd^affenl^eiten  biefe  ober  jene  l^eroorl^ebt,  oon  aKen  anberen 
aber  abfielet,  ligt  fidg  aQed  3}lögli($e  betoeifen.  S)er  SReufd^  ifl  ate 
ein  ftnnUd^eS  9Befen  toeber  gut  nod^  böfe;  t)on  feiner  geifiigen  unb 
moralifd^en  9iatur  ifl  nidgt  bie  0lebe.  2)eT  SJlenfd^  aU  focialeS  9Befen 
ift  ®Ueb  einer  ©emeinfd^aft,  bie  ber  alleinige  (Sigenll^ümer  aVer  ®&ter 
ift;  bal^er  ift  bie  ©iltergemeinfdgaft  notl^toenbig  unb  bas  $rit)ateigent(um 
t>emunftttibrig.  3)er  aÄenfdfe  ate  aufifd^IiefeenbeS  (ginjetoefen  ifl  oöBiger 
@goifl  linb  ^arttcutarift ;  aller  SommuniSmuiS  ifl  Unfinn.  „©o  mie 
auiS  bem  97lebiu8  SterminuS  ber  ©ocialit&t  bie  ®fltergemeinfd6aft  ber 
93ürger  gefolgert  toerben  lann;  aug  bem  3Jlebiu§  ZerminuS  ber  3nbi- 


1  SBb.  V.  eap.  III.  2)er  ©^lu^.  @.  115—174.  A.  2)er  Bäfiui  hH  2)afein<. 
6.  118-137.  Unmert.  6.  138-143.  (6.124.  ®.  ISöflßb.)  -  »gl.  »b.  VI. 
e.  344  flgb. 


2)ie  6ubiectit)it&t.  541 

Dibuattt&t  aber,  loenn  er  e6enfo  abflract  t)erfoIgt  totrb,  bie  Slufföfung 
beiS  Staates  folgt,  mie  fte  ].  93.  im  S)eutf4en  ffttiii  erfolgt  tft,  tnbem 
^ij  an  legten  aJlebiuS  5£erminu$  gelgalten  toorben."^ 

2)te  ganje  S^Kogifii!,  toie  fidg  btefelbe  in  ber  alten  Sogt!  breit 
madgt  mit  ber  9)lenge  i^rer  Sdglugfonnen,  Sdglugarten  unb  €((Iu6s 
regeln,  olgne  alle  Sinftiigt  in  ben  (Srlenntnigtoertlg  ber  6d&tfl{fe  unb 
beffen  9(bftufungen,  erfdgeint  unferem  $^iIofo))]gen  als  unnfl^er  unb 
leerer  Aram.  Seibni)  tooQte  auf  combinatorifdgem  SBege  gefunben 
Igaben,  bag  eS  2048  Sdblugmögtidb&iten  gebe,  bie  fidg  auf  24  braudb- 
bare  surficffft^ren,  loobei  aber  bie  f^rage  nadg  ben  Srienntnigtoertigen, 
fflr  loeldge  bie  SSiiffenfdgaft  ber  Sogi!  fidg  aQein  ju  intereffiren  Igat,  gar 
nidftt  in  SBetrad^t  !am.* 

2.  S)er  Bdfini  btx  IReftesion.* 

S)er  Snittelbegriff  ift  nidgt  melgr  bie  abftracte  S3efonber]geit,  eine 
unter  Dielen  — ,  benn  auf  biefem  SBßegc  Isfet  fid&  atteS  SWöglidge  betoeifen, 
alfo  niemafe  bie  SBalgrIgeit  crfennen  — ,  fonbern  ber  SKittettegriff  ift  bie 
concrete  99efonber]§ett,  bie  aQe  (Sinjelnen  in  fidb  begreift,  bie  toefentlidge 
Sagemeinlgeit  ober,  koie  $eget  fagt,  ^bie  9tefle£ion8t)oQ!ommen]§eit'', 
{urggefagt:  bie  eilige  it. 

S)er  @dglug  ber  Xlllgeit  Qe^t  unter  bem  @d&ema  ber  erften 
(Jfigur:  E-B- A.  «Ile  B  =  A,  E  =  B,  alfo  E  =  A.  &  ift 
ber  in  ben  Sel^rbüdgern  ber  8ogiI  aU  93eif))tel  unfterblidge  CaiuS. 
„SrOe  aRenfdgen  finb  ^erblidg,  9lun  ift  SatuS  ein  SJlenfdg,  Srgo  ift  (S^aini 
fterblidg/  2)er  @dglug  ift  mangetlgaft,  ba  ber  Sd^lugfa^  nidgt  burdg 
ben  Dberfa^  bettiefen  »irb,  fonbern  umge!e]gtt  btefer  jenen  DorauSfe^t. 
Um  t)on  allen  STlenfdgen  etmaS  auSjufagen,  mu^  man  fdgon  loiffen, 
bag  auii  Sa  jus  ein  STlenfdg  ifk^ 

®er  ©d6Iu6  ber  Ml&eit  ift  ju  begrünben;  bie  erfte  ^Jrftmiffe  (alle 
B  =  A)  mufe  betoiefen  loerben,  toaS  burd&  einen  SKittelbegriff  gefd&icl&t, 
ber  bie  öoHpÄnbige  Steige  ber  ginjelnen  enthält:  A— E.E.E.E . . .  .B. 
®iefer  ©dftlufe,  unter  bem  @(6ema  ber  jttciten  Qfigur  (B  —  E  — A), 
ift  ber  @dglu6  ber  3nbuction  ober  ber  Srfa^rung,  ba  er  fid) 
auf  bie  SBa^me^mung  ber  einjelnen  SElgatfac^en  grünbet.     Au))fer, 


»  »b.V.  6. 124.  -  «  «ettbof.  anmerf.  6.138-143.  -  »»b.V.  ^tx 
64Iu6  ber  fiflejlcjiott.  6. 144-156.  »gl.  VI.  §  190.  6.  355-858.  —  *  »b.  V. 
6.  145-147.  »gL  VI.  §  190.  6.  855—358.  (§iet  IJeiftt  bie  gfotmel  be«  3n- 
buctionlf^Iuffed  genauer:  B  —  £.  E.  £.  E —  A.) 


542  ^te  Se^re  Dom  Sediiff. 

©ifter,  ®oIb  u.  f.  f.  finb  elc!trifd6c  ßciter,  Äupfcr,  ©ilbcr,  ®oIb  u.  f.  f. 
ftnb  aRetoOe,  alfo  ftnb  bie  SRetalle  eteftrifd&e  Setter. 

JBemiefen  ift,  bag  biefe  aRetaUe  eleÜrifdge  Ceiter  ftnb;  ju  betoetfeit 
ift,  bag  biefelbe  Stgenfdgaft  üott  allen  aJletallen  gilt:  bie  Steige  ber 
(Singeinen  ift  }u  DertooQft&nbigen.  2)te8  gefd^iel^t  burd^  einen  Sd^Iug 
Don  einigen  auf  alle,  b.  1^.  t)on  einer  SReil^e  gegebener  eingelner  Ofäffe 
einer  geioiffen  9[rt  auf  alle  flbrigen  berfelben  Slrt:  burd^  einen 
©d^lug,  beffen  SOIlittelbegriff  in  ber  mefentlic^en  ^el^nlidgleit  ober 
Stnalogie  3U)ifd&en  ben  gegebenen  unb  aDen  übrigen  Stallen  berfelben 
Slrt  befielet  S)ieS  ifl  ber  ©d&lug  ber  Slnalogie.  „Sbit  SBal^r^ett  beS 
©d&luffe«  ber  3ttbuction  ift  bal&er  ein  foldfeer  6d6lu§,  ber  eine  €iiijeln= 
]§eit  gur  aRitte  l^at,  bie  unmittelbar  an  fic^  felbfi  ^lagemein^eit  i^, 
—  ber@d&lu6  ber  Analogie/  allein  ffleifpitf  giebt  eine  jutreffenbe 
Slnalogie,  nämlid^  bie  loefenttid&e  %el^nli(|{eit  jlcifdgen  ben  einzelnen 
aJletaQen,  meldte  ber  Sd^lu^  ber  Snbuction  anführt,  unb  aOen  übrigen 
A0r))ern,  loeld^e  aRetaOe  ftnb  unb  als  foldge  aud&  eleltrif((e  Seiter. 

Sßenn  bie  Sinalogie  oberflAd^lid^  unb  barum  nidgt  gutreffenb  \% 
fo  t&gt  ftdg  auf  eine  fotd^e  !ein  beweifenber  @d^lug,  fonbern  nur  ein 
gfel^lfc^luB  grünben;  bann  ift  bie  ajlitte  nidgt  „eine  Singetnl^eit,  bie 
unmittelbar  an  fid^  felbfl  SlQgemein^eit  i^",  fonbern  fie  i^  in  ber 
SBejie^ung  auf  baS  eine  Sjctrem  blog  ein  SingelneS,  in  ber  äSejiel^ung 
auf  bad  anbere  blog  ein  ungemeines,  nid&t  aber  beibed  iUiUxii;  barum 
bepelzt  ber  @d&lu§  nid^t  au8  brei,  fonbern  auS  Dier  Segriffen  (quatemio 
terminorum)  unb  ift  beSl^alb  nid^t  f^IIogifUfd^,  lonbern  paralogtfiifd^. 
2)a8  l^egelfdge  SSeifpiel  lautet:  ,,SDie  @rbe  ]^at  Senol^ner,  ber  SRonb 
ifl  eine  6rbe,  alfo  l^at  ber  ajlonb  ffletoo^ner".  S)ie  6rbe  aö  biefer 
planetarifd^e,  t)on  einer  ^tmofpl^äre  umgebene  ^anet  ifl  beioo^nt.  S)er 
a)lonb  ift  eine  6rbe,  b!  ^.  aud&  ein  äBeltlörper,  voxt  jebeS  ®efiim 
o^ne  Unterfd^ieb  fo  ]^ei§t.  S)ie  Segriffe  fd^lie^en  nid^t  jufammen. 
fonbern  fallen  aus  einanber.  ^ier  ift  il^re  Sierga^l:  1.  bie  Srbe  als 
biefer  planet,  2.  UmW,  3-  ber  aRonb,  4.  äBeltför))er  im  SO^ 
gemeinen.^ 

2)er  Sdglug  ber  9lef(e£ion  l^at  bie  ©d^lüffe  ber  Slll^eit,  ber 
3nbuction  unb  ber  Analogie  burd&laufen,  unb  ber  ajlittelbegriff  ifl 
nunmel^r  baS  loalgrl^aft  Slllgemeine,  b.  i.  bie  ®attung,  loelc^e  baS  Se« 
fonbere  unb  Singeine  in  fid^  begreift.    ..Ueberfel^en  loir  ben  ®ang  ber 


»b.  V.   6. 154f(9b. 


2)ie  Gubiectinitftt.  543 

@4lü{fe  ber  9lefIe£ton,  fo  ift  bte  SSermtttlung  überhaupt  bie  gefegte 
ober  concrete  (Stnl^ett  ber  fjformbeflttnmungen  ber  Sstreme:  bte 
Steflesion  beftel^t  in  biefem  Se^en  ber  einen  Sefttmmung  in  bie  anbere; 
ber  Dermitteinbe  ift  fo  bie  Slll^eit.  SHS  ber  mejentlic^e  ®runb  ber= 
felben  aber  geigt  fid^  bie  (Singelnl^eit,  unb  bie  %Qgemein^eit,  nur 
als  äugertid^e  $eftimmung  an  il^r,  al8  SSoIIft&nbt gleit.  2)ie  Wi- 
gemein^eit  ift  aber  bem  (Singelnen  mefentlidb,  bag  eS  gufammen- 
fii^tiegenbe  SQflitte  fei;  eS  ift  bal^er  aU  an  fidg  feienbeS  SlUgemeined 
ju  nehmen/ ^ 

3.  2)er  6$lu6  ber  9lot]^lDenbig(eit. 

2)iefer  @d&IuB  ift  baS  Vermittelte  Urtl^eit  ber  Ütotl^menbigleit,  alfo 
ber  iategorifd^e,  ber  ]^^))ot]^etifd^e  unb  ber  biSjunctiDe  Sdblug. 
S)aS  Singelne  ift  burd^  feine  9(rt  ober  Sefonberl^eit  ba8  Mgemeine 
ober  bie  ©attung  (E  — B  — A):  ber  lategorifd&e  ©d^Iufe.  S)a8  801» 
gemeine  ober  bie  @attung  ift  ber  erjeugenbe  ®runb  bed  93efonberen, 
ber  ^5l)ot]^etifd6e  ©d&Iufe:  SBenn  A  i^,  fo  ift  B,  nun  ift  A,  alfo  ift 
B.  S)ie  @attung  ift  bie  3;otaIit&t  ber  9(rten,  ba$  SlOgemeine  bie 
SEotatität  bed  93efonberen.  2)er  bi8iunctit)e  @d&Iu§:  „A  ift  enttoeber 
B  ober  C  ober  D;  A  ift  aber  B,  alfo  ift  A  nid&t  C  nod&  D.  Ober 
aud6:  A  ift  cntloeber  B  ober  C  ober  D;  A  ift  aber  nid&t  C  nod6  B; 
alfo  ift  es  B/« 

S)er  biSiunctiDe  @d^tu§  ift  ber  ]§dd^fte;  er  ift  biejenige  f^orm,  in 
nield&er  ber  begriff  DoQIommen  in  abftquater  SSeife  beftimmt  toirb. 
,,S)ie  t)erfd^iebenen  @atlungen  ber  ©d^lfiffe  fteOen  bie  Stufen  ber  Sr- 
fallung  ober  Soncretion  ber  ÜJtitte  bar.  3n  bem  formalen  Sd^luffe 
mirb  bie  SJtitte  nur  baburi^  als  Sotalitdt  gefegt,  ba^  alle  Scftimmt* 
l^eiten,  aber  jebe  ein j eine,  bie  Function  ber  SJermittelung  burd^laufen. 
3[n  ben  ©d^lüffen  ber  SReflcEion  ift  bie  SWitte  als  bie  bie  JBeftimmungen 
ber  ßjtreme  äufeerlidfe  jufammenfaffenbe  ßinl^eit.  3m  ©d^luffe  ber 
92ot^tt)enbig!eit  ^at  fie  fid^  jur  ebenfo  entioidFelten  unb  totalen,  als 
einfad^en  ßinl^eit  beftimmt,  unb  bie  gform  beS  ©d&luffeS,  ber  in  bem 
Unterfd^iebe  ber  3Witte  gegen  feine  ßjtreme  beftanb,  l^at  fid6  baburd^ 
aufgcl^oben.  ®amit  ift  ber  ^Begriff  flber]^au})t  realiftrt  toorben;  be- 
ftimmter  l^at  er  eine  fold^e  Stealitftt  genommen,  meldte  Dbjecti- 
t)itat  ift."» 

1  m.  V.  6.  150-155.  VI.  §  190.  3ufa|.  6.  356-358.  —  «  »b.  V. 
c.  2)er  @4Iu6  ber  9lot]^toenbigfeit.  6.155-166.  VI.  §191—192.  6.358—360. 
-  •  »b.  V.  6.  165. 


544  ^ie  Seilte  Dom  ^Begriff. 

S)a  ^egel  lein  SBeif))tet  beS  biSjuncKDen  Sd^IuffeS  gegeben  l^t 
(tt)ie  er  fiber^ai4)t  mit  93eif))ielen,  »o  fie  am  nötl^igften  ünb,  oft  am 
meiften  gurfldEl^&It),  fo  brause  i^  a^  biefent  3v>tdt  Stanü  berft^mte 
Seilte  t)on  Slaum  unb  Seit.  SlQe  SBorjteQungen  ftnb  entteeber  Sn^ 
fd^auungen  ober  Begriffe;  nun  ftnb  SRaum  unb  Seit  feine  Segriffe, 
Qlfo  finb  9taum  unb  Seit  Snfdgauungen.  Mt  ^nfc^auungen  finb  enU 
toeber  empirif^  ober  a  priori,  nun  finb  9taum  unb  Seit  nic^t  em^irtf^e 
Slnfd^QUungen,  alfo  finb  fie  Slnfd^auungen  a  priori  ober  urfprttngßilbe 
S(nf(^auungen,  S^ortnen  ber  Stnfd^auung,  b.  1^.  anfd^auenbe  @ubiectioitdt. 

S)ie  93egriff8beflimmung  grAnbet  fid^  auf  93egriffiSeintlgeiIung, 
mie  $tato  getel^rt  unb  in  ber  Storni  bisjunctioer  Sd^Iflffe  in  Seif^iden 
audgefaigrt  ^at,  beren  eines  ber  Segriff  beS  @o))^iften  toor;  barum 
galt  i^m  aud^  bie  SegriffSeint^eilung  als  bie  2)iale!ti!,  in  loeld^er 
alle  toal^re  6rfenntni6  befielet  (^l^&bruS). 

2)er  burd^gftngig  beflimmte  Segriff  ijt  ber  reale  Segriff  ober 
bas  Objlect. 


SinunbgtDanjigfteS  Sapitel. 
$te  f ei|re  tum  Kegrif.    B.  9te  Obferttnititt. 


I.  Ontologie  unb  AoSmotogie. 

Sllle  Unmittelbar!eit  ifi  t)emiittelt,  unb  aUeS  t)ermittette  S)afetn 
f^at,  loenn  eS  ))erfect  getoorben  ift,  b.  ]§.  nad&  t)oIIenbeter  unb  auf« 
gel^obener  Sermittlung,  ben  Sl^aratter  beiS  unmittelbaren  2)afein8:  bieS 
finb  amei  @runble]^ren,  meld&e  ^egel  nidgt  oft  unb  nad&brfltftidb  genug 
einfd^&rfen  !ann.  SluS  leinem  anberem  ®runbe  ^at  er  bie  |acobifd^e 
Seigre  oom  unmittelbaren  SBiffen  fo  oft  unb  nafi^brAcüid^  betempft. 

2Ba8  innerlid^  entkoidelt,  OoQtommen  bejtimmt  unb  oermittelt  ifl, 
baS  ifl  nid^t  mel^r  in  fiii^  t)erfd^Ioffen,  fonbern  e8  tritt  l^eroor  unb  nad^ 
äugen,  eS  ifl  ba,  e8  erfd^eint,  eS  ifl  nic^t  mel^r  b(og  fubjectiD,  fonbern 
obiectit):  bied  gilt  nunmel^r  oom  Segriff,  nad&bem  er  feine  Suttoid- 
lungiSformen  in  Urtl^eil  unb  @d&lu§  bur^Iaufen  l^at.^    ^SDer  Schlug 

1  93q(.  mit  ber  Seigre  t^om  fubiectioen  Segiiff  Urtl^eil  unb  6dfttv6  meine 
SoQtf.  abfd^n.  m.  dop,  vn.  §  142--I66,  6.  408-474,  inibefonbere  bie  8ette 
Dom  e4Iu6   §  156-166.   6.  448-474. 


2)te  Cbiectt))it&t.  545 

ifi  SSertnittcIung,  ber  Doffftanbifle  SScgtiff  in  feinem  ©cfe^tfcin. 
@eine  SBettegung  ifi  ba8  Sufl^eben  feinet  SBermittelung,  in  iDetd^et 
nid^tS  an  unb  für  fid^,  fonbetn  jebeS  nur  t)etmittelft  eines  anbem  ifi. 
S)a$  Stefultat  ifl  ballet  eine  Unniittelbat!eit,  bie  burd^  Sufl^eben 
bet  SBermittelung  ]&ett)otgcgangen,  ein  ©ein/  ,,S)ie8  ©ein  ift  bol^er 
eine  ©ad^e,  bie  an  unb  für  fid&  ifi,  —  bie  DbicctiDttät."  ^ 

S)er  Uebergong  öon  ber  @ubiectit)itat  jur  DbicctiDitftt,  öom  Se» 
griff  jur  SlealitAt,  Dom  logifd^en  gum  nirßid^en  ©ein,  U)eId^eS  man 
au(6  baS  äußere  S)afein  nennt,  l^at  ben  $]^iIofo))]^en  Veranlagt,  biefed 
S^ema  aDer  Ontologie  Don  neuem  }u  erörtern,  auf  ben  ontotogtfd^en 
93en)ei8  oom  S>afein  ®otte8  mieber  gurüdfju!ommen,  um  Don  neuem 
bie  !antifd&e  Ariti!  beiS  legieren  gu  entfrftften,  nadg  ioeld^er  baS  ©ein 
ober  bie  9tealit&t  ein  Ttedmal  fein  foQ,  baiS  ouS  bem  93egriff  nidgt 
lönne  „l^crauSgeltaubt*  toerben;  ber  SSegriff  ©otte«  fei  fo  toenig  bie 
S^ifiena  ©otteiS  als  l^unbert  S^l^aler  im  Ao))f  ]§unbert  SCl^aler  in  ber 
ftaffe  finb.« 

3(uiS  bem  @eifi  unb  @ange  ber  l^egelfd^en  Sogit  l^ot  ftd&  ergeben, 
bag  bie  93egriffe  ©ein,  S)afein,  S)ing,  Srfdgeinung,  Araft  unb  Sleu^erung, 
inneres  unb  SteugereS,  SBirllidgfeit,  ©ubfiong,  Saufotit&t  u.  f.  f.  in 
bem  JBegriffe  be«  JBegriffS  (©ubiectiüitfit)  aufgel^obene  SWomente  ober, 
toie  §egel  tieffinnig  unb  treffcnb  fügt,  in  i^m  „untergegangen"  finb 
unb  nunmel^r  in  ber  ©efiatt  ber  Slealitat  ober  Obiectit)itat  &)ieber  auS 
i^m  ]§cröorge]&en.  „S)ie  06iectit)itftt  ift  bie  Unmittelbar!eit,  ju  ber 
fid^  ber  SJegriff  burd^  ^uflgebung  feiner  Slbfiraction  unb  SSermittelung 
befiimmt/'  n^a^  Obiect  !ann  ate  2)ing  mit  6igenfd^aften,  al8  ©angeS 
aus  SE^eilen  befiel^enb,  aU  ©ubfiang  mit  Slccibengen  unb  nad^  ben 
anbem  aSerl^filtniffen  ber  Sleflejion  befitmmt  »erben;  aber  biefe  S5er= 
l^Altniffe  finb  äberl^aupt  fd&on  im  93egriffe  untergegangen;  baS  Dbj[ect 
l^at  ba^er  nidgt  (Sigenfd^aften  nod^  Slcctbengen,  benn  fold^e  finb  oom 
SDinge  ober  ber  ©ui&fianj  trennbar;  im  Dbiect  aber  ift  bie  SBefonbets 
l^eit  fdöled&t^in  in  bie  Totalität  reflectirt/' 

^udg  Aant  l^at  bie  Objectbität  unb  Siealitat  ber  93egriffe,  ©runb= 
fäfee  u.  f.  f.  geleiert  unb  barunter  beren  allgemeine  ©eltung  im  Unter= 
fd&iebe  öon  ber  blofe  fubjjectiöen  unb  inbiüibuetten  öerflanben:  bie 
objectiüe,  allen  t)ernünftigen  ©ubjecten  gemeinfame,  auf  bie  reine  ©ub= 


»  »b.  V.   @.  165  u.  166.    -    «  ©.  oben  »u«  IL   ©ap.  XIV.   ©.  449.  — 
»  ^egel.  SQÖexre.  »b.  V.  Stoeitct  flbfftti.  a)ie  Objectiöität.  6. 167-174.  (6. 171, 176.) 
Ofif^cT,  «ef4.  b.$(iIof.  vm.  91.«.  85 


546  $te  Seigre  toom  fBegtiff. 

j[ectit)it&t  ober  baS  reine  @el6{lbetpugtfetn  gegrünbete,  auS  il^tn  etgeugte 
SBeltDorftenung. 

;3ebe8  Obiect  ifl  ein  eingelneS,  anbere  QuSfd^IiegenbeS  Obied; 
bal^er  befielet  bie  ObiediDttAt  in  einer  3Jl^%xf|txt  ober  !BieI^eit  ton 
2)in8en,  um  eS  in  einem  jener  S^egriffe  Qu8}uf))red&en,  n^eld^e  in  bem 
beS  SubjectS  aufgel^oben  ober  untergegangen  finb.  2)a  aud^  bie 
Obiecte  ))erm5ge  il^rer  @ubiectit)it&t  Segriffe,  esiftirenbe  ober  er- 
f^einenbe  93egriffe  finb,  bie  ate  fold^e  ben  S^arolter  ber  SHIgemcinl^eit, 
Sefonberl^eit  unb  Sinjelnl^eit  ^aben,  baiS  loa^rlgaft  ungemeine  oBer 
bie  (Sinl^eit  bed  SBefonberen  unb  Sinaelnen  ift,  fo  bilbet  bie  ObjeditnUt 
eine  ^Ul^eit  ber  Objede,  meldte  fid^  in  bie  Sinl^eit  gufammenfagt,  ol\o 
bie  Sineinl^eit  ober  (Sefammtl^eit  ber  S)inge.  Site  baS  9(0  ber  5Dinge 
l^eigt  bie  ObjediDit&t  bie  SBelt;  ate  beren  Sllletnl^eit  ^eigt  fte  bad 
UniDerfum.  S)ie  Segriffe  ber  Obiedioitat  finb  bal^er  SBeltbegrtffe 
ober  !oiSmotogifd^e  Kategorien  unb  gelten  als  fold^e  nid^t  blo^  ffit 
bie  ))]^9fifd&en  Dbiede,  fonbern  aud^  für  bie  geifitgen. 

2)a]§er  bürfen  U)ir,  um  ben  SBertl^  unb  SntmidKungSgang  biefet 
Sßeltbegriffe  iool^t  }u  toerflel^en,  biefelben  nid^t  btog  auf  bie  9{atur  be^ 
giel^en,  aU  ob  l^ier  fdgon  ber  Uebergang  auS  ber  Sogit  aur  Statut^ 
pl^ilofop^ie  ftattgufinben  l^abe,  unb  n)ir  muffen  ftetS  im  Sluge  freihalten, 
bag  bie  Objede  als  ©ubjede,  b.  ff,  als  bie  fetbft&nbigen  unb  felb^* 
t^&tigen  SBefen,  loeldge  fie  ftnb,  il^re  Orbnung  unb  Sinl^eit  feßfl  J^er» 
vorbringen;  bag  biefe  @in]§eit,  bie  als  SBett  ober  UniDerfum  erfd^eint, 
aus  bem  eigenften  unb  innerften  SBefen  ber  Dhiede  felbfl  ^ert)orge]^t 
ober  folgt.  Sinjelne  Subjede,  loie  fie  fd^on  finb,  fönnen  bie  Obiecte  ftd^ 
nid^t  Dereinjeln,  fonbern  nur  tl^re  Sufammenge]^örig!eit,  SEgemeinl^tt 
unb  UniDerfalit&t  betl^Atigen  unb  beioirten. 

n.  2)er  aOled&aniSmuS. 
1.  2)er  2)etenninti»inuS. 
S)ie  erfte  S^orm  il^reS  Bufammenl^angS  beftel^t  barin,  ba%  bie 
Objede,  beren  jebeS  ein  einzelnes,  für  fid&  beflel^enbeS  Objed  ift,  eine 
STotalitat,  Dergleid&bar  ber  leibnigifdgen  Sllonabe,  einanber  loed&felfeitig 
auSfd^Iiegen,  bal^er  fid^  }u  einanber  jioar  notl^^oenbig,  aber  nur  Auger- 
tid&  üerl^alten,  alfo  leinen  anberen  Sufammenl^ang  bilben  !dnnen  als 
ben  Äußeren  ber  Buf^mmenfe^ung  ober  beS  SIggregatS.  Unb 
toie  il^r  S[^er]§aUen,  fo  ift  il^re  ^irffam!eit:  iebeS  £)b|ed  toirb  oon 
äugen  beftimmt  ober  betermintrt  buri^  ein  anbereS,  loeld^eS  toieber  burd^ 


S)ie  06jectt))Udt.  547 

ein  anbercß  t)on  Qufeen  Bcfiitnint  ober  betcrtniittrt  »itb  uitb  fo  fort 
ins  Snblofe.  S)tefer  Augerlid^e  Bufanttnenl^ang  ber  2)in8e,  ber  in  ber 
Sufammenfe^ung  ober  in  ber  aggregirten  @in^ett  befielet,  ift  ber 
^ed^oniiSmud  ober  bie  nied&anif(!6e  Orbnung;  biefe  dugere  Sßtr!» 
fomfeit  iii  ber  medöonifd^e  ?ßroce§  ober  ber  S)eternitniSmtt8.* 

(&9  giebt  eine  medganif^e  SBeltorbnung,  neU^e  bem  SBefen  ber 
S)inge  entfpri^t  unb  biefelben  bel^errfdgt,  infotoeit  jte  einanber  qu8- 
fd&ttegenbe,  Augerlid^  mit  einanber  )}erlnü))fte  unb  t)on  einanber  ab- 
l^&ngige  äBefen  finb,  unb  bied  finb  nid^t  Uo%  bie  förperlidgen,  fonbem 
auii  bie  t)or{leIIenben  unb  Dorgefiellten  S)inge;  eS  giebt  barum  aud^ 
eine  medganifd^e  SBelterll&rung  ton  unit)eri|ell[er,  aber  befd^rfinüer 
®ültigleit  leineSioegd  bie  t)oI[Iomniene  unb  ]^5dgf}e  äBetterltArung,  toofjH 
aber  eine  notl^ioenbige,  beren  erfie  @tufe  unb  S^^lfung  ber  SDeterminiS- 
ntuS  i%  }ufoIge  beffen  jebeS  2)ing  ton  äugen  fonool^t  beterminirt  ioirb 
aU  aud&  beterminirt.  S)ie  2)etermination  ift  loed^felfeitig,  fo  bag  ber 
Singriff  ben  SBiberßanb,  bie  Sction  bie  if^x  gleidge  Steaction  ausl5{}. 

2.  2)te  (Sentralifotton. 

S)ie  Objecte  ftreben  nad^  Sinl^eit,  nad^  med^anifd^er  (Sinl^eit, 
b.  ]§.  nad&  einem  G^entraloBject,  in  loetd^em  aQe  Sin^elobjecte  eines  fein 
tootten,  unb  loeld&cs  alle  in  fid5  gu  bereinigen  ftrebt;  baS  centrale 
Cbiect  ift  ein  einjelne«  ober  inbiöibuclIeS  unb  jugleid^  ein  allgemcineg, 
ba  es  alle  anberen  Dbjecte  in  fid&  oercinigt  unb  biefe  in  il^m  aufgellen 
toollen,  benn,  tool^Igemerlt,  bie  Dbjecte  pnb  nur  unfelbfidnbig  baburd^, 
ba§  fte  es  fem  tooüen,  il^re  Unfelbjianbigleit  iji  il^r  eigenes  3;]^un  unb 
Streben,  il^r  SEBiKe  unb  Strad&ten,  eS  gefd^iel^t  nidgts  n)iber  fie,  fonbern 
alles  burd6  fie  unb  auS  bem  ©runbe  i^rer  ©ubiectiöitöt.  ,,3n  ber 
centraten  SBelt  ift  eS  ber  @:entral!br))er,  ber  bie  ©attung,  aber 
inbiöibuelle  SOIgemeinl^eit  ber  einjclnen  Objecte  unb  il^reS  med&an= 
ifd&en  iproceffeS  ift.  Sic  untoefentitd&en  eingelnen  Rbxptx  öerl^alten  fid& 
fiofeenb  unb  brüdfenb  gu  einanber;  foItfteS  SBerl^ältnife  finbet  nid&t 
gtoifd^en  bem  6entraIIor|)er  unb  ben  Dbjecten  flatt,  beren  SBefcn  er 
ift;  benn  il^re  Sleugerlii^feit  mad^t  nidfet  mel^r  il^re  ©runbbefiimmung 
aus.  3§re  3bentität  mit  i^m  ift  alfo  öieltjiel^r  bie  SRul^c,  namlid^  baS 
©ein  in  il&rcm  Zentrum;  biefe  ©nl^eit  ift  i^r  an  unb  für  fid& 
feienber  »egriff."^ 

1  a3b.  V.  Sap.  I.  S)er  SDfledJaniSmu».  A.  3)a«  med^anif^c  OBject.  B.  S)ct 
me^anifd^e  ^roceft.  @.  175—188.  (6. 178,  183.)  55öl,  S5b.  VI.  §  195.  ©.  368 
lU  371.  —  «  SBb.  V.  C.  S5er  abfolute  aÄcd^onifimufi.  a.  S)a8  Zentrum,  ©.  189. 

35  • 


548  S)ie  Seigre  t)ont  Segriff. 

3.  S)et  Qlfolute  IDle^anilmul. 

^nbeffen  ift  unb  iUxit  bet  med&anif^e  $roceg,  in  toeld^em  bie 
SentraUfation  befielet,  ein  beftAnbigeS  Streben  unb  Sollen,  toetd^eS 
nie  erfttttt  »erben  !onn,  ba  mit  bem  ©ein  ber  Obiecte  im  (fontrum 
xffu  9[euBertid&!eit  unb  aJlel^rl^eit,  alfo  bie  £}biectit)it&t  unb  bie  SSBelt 
Qufgel^oben  koftre.  ^2)ie  Sinl^eit  bleibt  nur  ein  Sollen,  bie  gugleit^ 
naii  gefegter  Steugertidgleit  ber  Objecte  jener  Sinl^eit  nid^t  entf priest ' 

S)ie  Objede  ftnb  il^rem  SBefen  unb  Begriffe  gemdg  foloo^l  feI6fi= 
ft&nbig  aü  unfelbft&nbig,  fie  moHen  il^r  Zentrum  fokool^I  ouger  ft^ 
aU  anäi  in  ftd^  ]§aben  unb  innerl^alb  beS  umfd^riebenen  ®^biete3  bet 
eigenen  Selbfiänbigleit  ton  einem  gemeinfamen  ^entrolobiect  obl^&ngcn 
unb  gelenft  toerben.  2)arin  beftel^t  ber  abfolute  ober  DoSenbete  unb 
gefe^lid^  georbnete  anedganiSmuS. 

SBaS  bie  Sentralifatton  betrifft,  fo  geigt  fxii  biefelbe  in  ber  un« 
bebingten  ^errfdgaft  beS  SrbcentrumS  aber  aOe  irbifd^en  jtörper,  bie 
i^m  beftänbig  guflreben  unb  barum  fallen,  in  ber  ^errfdgaft  leibem 
fd&aftlid&  begel^rter  Dbjecte,  in  ber  unumfd6rSnIten  ©toat««  unb  8BeIt= 
l^errfdgaft:  93eif))iele,  toeld^e,  loie  man  jtel^t,  fokool^l  pl^^fifd^er  als 
pftjd^ifd^er,  etl^if^er  unb  ))oliti[dger  9lrt  ftnb.  2)er  abfolute  SRed^antd^ 
mug  erfd&eint  im  ^lanetenf^ftem,  in  bem  gefe^lic^  georbneten,  na(6 
feinen  allgemeinen  unb  befonberen  ©ebieten  abgefiuften  ©taatSioefen, 
in  ben  föberatit)en  StaatiS-  unb  935l!erorbnungen  u.  f.  f. 

2)te  Cbiecte  finb  93egriffe,  barum  ftnb  fte  aud&  Urtl^eite  unb 
Sd^lüffe.  S)aS  relatioe  Senlralobject  ijt  bem  abfoluten  Sentralobject 
untergeorbnet:  biefe  Subfumtion  ift  ein  Urtl^eil.  SDaS  einjelne  Dbj[ect 
ift  burd^  fein  relatiDeiS  Zentrum  bem  abfoluten  Zentrum  untergeorbnet: 
biefe  Vermittelte  Unterorbnung  ift  ein  Sd^lug.  @o  ift  aud&  ber  Staat 
ein  Sdglug,  ber  auiS  brei  £erminig  beftel^t:  biefe  finb  bie  Slegierung, 
bie  aSürger  (3[nbit?ibuen)  unb  bie  SBebürfniffe,  ieber  biefcr  brei  Sennini 
bilbet  bie  SJlitte,  tteld^e  bie  beiben  anberen  gufammenfd^liegt,  ber  Staat 
ift  ein  Softem  ober  ein  Sd&lufe  oon  Sd&lftffen.  „68  ift  nur  burcft 
bie  9latur  biefeS  Bufammeufd^liegenS,  burd^  biefe  S)rei^eit  t)on  Sdftlüffen 
berfelben  terminorum,  ba^  ein  ©anjeö  in  feiner  Organifation  ioa^t= 
l^aft  öerfianben  toirb."* 

m.  ®er  ©l^emiSmuS. 

S)ie  med^anifd&e  (Sinl^eit  ber  Objjecte  toKenbet  ^ä^  nidgt  in  ber 
Oform  ber  abftracten  €entralifation  unb  bie  tt)a]§re  Orbnung  ber  2)inge 

^  Sbenbaf.   @.  191-193.   S3b.  VI.    §§  196-199.   6.  371-373.  (6. 378.) 


a)ie  Objectiöitat.  549 

tttd^t  in  bet  Ofotm  bed  äRed^amStnuS.  S)ettn  Qudg  baS  abfolute  Sentral» 
object  ift  telatiD  uttb  l^at  ate  etngelneiS  £)6j|ect  immer  mieber  anbete 
Obiecte  auger  ftd^.  @o  nieit  ber  STledganiSmuS  reiii^t,  Derl^alten  fid^ 
bie  Dbjecte  &ugerlid^  3U  einanber  unb  bleiben,  koaS  fie  finb:  fie  ftnb 
unb  bleiben  bifferente  ^nbitibuen.  ©oO  ed  3U  einer  Sin^eit  !ommen, 
toeld&e  bie  Dbjecte  iDirHid^  t)ereinigt  unb  butd^bringt,  fo  mug  i^re 
SDifferenj  aufgel&oben  »erben,  b.  1&.  jte  mflffen  fid^  toed^felfeitig  nid&t 
blog  beterminiren,  fonbern  inbifferenjiren  ober  neutrolijiren:  bieS  aber 
gefdgiel^t  im  d^emifd^en  ^roceg. 

Stnberd  Derl^&It  fid^  ba^  mtd^anifd^e  Object,  anberS  ba§  dgemifd^e. 
3enem  ip  bie  SSefd&affenl^eit,  bie  eigene  loie  bie  frembe,  ganj  gleid&* 
gültig,  eis  begiel^t  ftd^  unb  noirÜ  nadg  äugen  nidgt  haft  feiner  @£ifteng, 
nid^t  tiermdge  feiner  93efd6affen]^eit,  fonbem  btog  n)eit  e8  ein  SDing,  nid^t 
»eil  eis  ein  fo  befd^affeneS  2)ing  ifi,  »ogegen  bie  d^emifd&en  Obiede  burd^ 
il^re  93efd&affen]§eit  auf  einanber  bejogen  finb  unb  nad&  il^rer  93er- 
einigung  ftreben:  fie  finb  einanber  toeriDanbt  unb,  folange  fie  nac^ 
i^rer  ^Bereinigung  fireben,  im  Sufianbe  ber  gegenfeitigen  Spannung. 
Aein  medganifd^eS  Object  ift  gegen  baS  anbere  gef))annt,  eS  giebt  !eine 
med^anifd^e  SSerttanbtfd^aft,  Uiol^l  aber  eine  d^emifdge. 

2)ie  ^Bereinigung  ber  d^emifd^en  Objecte  ifl  il^re  Steutralifaiion, 
bie  SBieberauflbfung  belS  neutralen  IßrobuctS  unb  feine  Suradffül^rung 
in  bie  urf))TangItd^en  (^ctoren  ift  bie  Stebuction.  3n  bem  neutraten 
$robuct  ift  ber  d^emifdge  $roceg  erlofdgen  unb  lann  t)on  felbft  »eber 
fid^  t)on  neuem  anfad^en  nod&  audg  bie  Stebuction  looUixt^tn.  @ott)o]^I 
bie  ^Bereinigung  als  aud^  bie  Sd^eibung  finb  tion  93ebingungen  ab^&ngig, 
bie  augerl^alb  ber  d6cmifd&en  Objecte  liegen.  „SDie  d6emifd&=bifferentcn 
Objecte  finb  baiS,  tt)a8  fte  finb,  ausbrfldflid^  nur  burdg  il^re  SDifferena, 
unb  finb  fo  ber  abfolute  %xxtb,  ftd^  burd^  unb  an  einanber  gu  inte» 
griren.''  „SIber  baS  uril^eilenbe  ^incip,  koeld^eS  baS  3ltulxaU  in 
bifferente  (S^treme  birimirt  unb  bem  inbifferenien  Objecte  flberl^aupt 
feine  S)iffereng  unb  93egeiftung  gegen  ein  anbered  giebt,  unb  ber 
tproceg  ate  fpannenbe  Trennung  fflUt  auger  jenem  erften  ^roceffe." 
„^m  neutraten  ^robuct  ift  ber  tßroceg  ertofd^en,  unb  bad  Srregenbe 
fsat  außerhalb  bcffetben."* 

SDer  S^emiSmut  ift  eine  Aategorie  ber  Dbiectioitdt  unb  betrifft 
aU  fotd^e  nidgt  blog  bie  äBorgAnge,  bie  fidg  akoifd^en  Aör))ern  t>oUixtf)m, 

1  »b.  VI.  §§  200-202.  (3ufQ|0  6.  373-875.  »b.  V.  «Qp.  H.  a)et 
€^emi8mu8.  6. 195.  6.  300, 


550  ^te  Seigre  Dom  ^tgtift* 

fonbern  audg  Me  9teutra(tfattonen  im  gemfitl^ltdien,  gefeHtgen,  loeltgefd^i^t' 
li^en  a3er!el§r,  jtotf^en  getfitgen  dnbtDtbualttdten,  SSöKern,  Sleligionen, 
^^Uofopl^ten  u.  f.  f.  SSaS  man  in  leitetet  ^infid^t  @9n!reti8mu8  gu 
nennen  pflegt,  bie  SDtifiiungen  religtöfer  unb  t>l^tIofot)^if4er  Snfd^auungfi- 
toeifen,  toie  fte  ber  93öl!ert)erfe]^r  mit  fi^  bringt,  ftnb  ein  93eif))iet 
folget  9leutraIifationen  auf  geiftigem  ©efiiet. 

2)te  Slufgabe  ber  OfiiectiDitit  Ugt  fid^  loeber  bur$  ben  met^anifi^en 
no4  burdg  ben  d^emifdgen  $roceg  auflöfen.  ®eforbert  ifl  bie  Sinl^eit 
Quer  Objecte,  bie  uniüerfeHe  (Einheit,  bie  S(E-@in^eit.  S)iefe  aber  fonn 
meber  ein  medganifdgeS  nodg  ein  d^emifdgeS  £)6j[ect  fein,  loeber  ein  ceit' 
tralefi  nodg  ein  neutrales,  benn  baS  centrale  Object  ifl  immer  loieber 
ein  einjelneS,  toel^efi  anbere  auger  fid^  l^ai,  unb  baS  neutrale  ift  ntd^t 
allgemein,  benn  eS  !ann  loeber  ftdg  fe(6^  jerlegen  unb  befonbem  nod^ 
alle  Objecte  in  fidft  Dereinigen.  3ene  uniüerfeHe  Sinl^eit  aUer  Dbiede, 
meldte  ber  93egriff  Verlangt,  ift  alfo  !ein  Ofiiect,  fonbern  jun&dg^  ein 
bloger,  Don  allen  Ofiiecten  unterfd^iebener  93egriff,  alfo  ber  fubiectit^e 
99egriff,  ber  allen  Objecten  gegenfifierfte^t  mit  ber  S£enbeng,  in  biefeCben 
einjubringen,  um  fte  gu  beftimmen  unb  )u  orbnen.  2)iefer  Segriff  ifl 
nid^t  objectiD,  aber  er  foU  eS  fein,  er  ift  auf  bie  DbiectiDit&t  not)^ 
loenbig  (egogen,  barum  audft  notl^toenbig  nodg  gu  i^r  gel^örig  aü  bereit 
le^te  unb  ^öd^fte  Aategorte.  S)iefer  99egriff,  ber  nidgt  ob|eäiD  ifi,  a6er 
fein  foU,  ift  ber  3tDedE:  eS  ifl  ber  SSegriff,  beffen  DoUflAnbige  dnU 
toidHung  baS  le^te  unb  ^öd^fte  Xl^ema  ber  gefammten  !ßogi!  auSmad^t. 

IV.  ®ic  Seleologie. 
1.  SDleAanilmui  unb  Xeleotoflie.    S)eT  ful^icctibe  Stoeif. 

2lm  ©egenfa^e  gu  bem  fubj|ectit)en,  Don  allen  Obiecten  unter» 
fd^iebenen  Segriff  in  feinem  freien  Or&rfid^fein  l^aben  Sfled^niSmuS 
unb  Sl^emiSmuS  ben  Sl^arafter  ber  9latumot^menbig!eit  unb  bfirfen 
beSl^alb  beibe  gufammen  al8  SffledganiSmuS  begeidgnet  merben,  foferti 
man  9latumot]^iDenbig!eit  unb  Slled^aniSmuS  in  ablid^er  9Beife  als 
gleidgbebeutenbe  ^Begriffe  anfielet  unb  brandet.  S)ann  finbaned^anidmulB 
unb  Xeleologie  bie  beiben  umfaffenben  SBeltbegriffe  unb  Slid^tungen 
ber  äBelterllirung. 

3m  ©egenfa^e  gu  ben  Dbiecten,  benen  ber  Segriff  gegenüberfle^t 
unb  auf  toelAe  ft^  berfelbe  Don  äugen  begießt,  um  in  ü^nen  unb  bun6 
fie  Dertoirfliddt  gu  »erben,  ifl  ber  Segriff  gunSd&fl  ber  fubiediDe,  enb* 
Ud^e  unb  äugere  3^edE,  toeSl^alb  bie  teleologifdde  Segie^ung  gun&d^ll 


S)ie  CbicctiDität.  551 

nid^t  anberS  gefaxt  iDetben  !ann,  benn  aU  fu6iecttt)e,  enbltdge 
unb  Su§ete  3tt)e(im&§i8!eit,  Don  tt)e($er  bie  innere  ober  imma- 
nente 3tee(!mftBig!eit  loo^I  3U  unierfd^eiben  ift.  S)ag  S(riftotele8  unb 
Aant  biefen  Unterfd^ieb  erleud^tet,  bie  innere  Stoeiimdgigleii  er!annt 
unb  auf  baS  Sefien  angetoenbet  ^aben,  jener  in  feinen  SSad^em  Aber 
bie  @eele,  biefer  in  feiner  Ariii!  ber  Urt^eilShaft,  gel^Srt  gu  ben  großen 
SSerbienflen  betber  $]^iIofot)l§en. 

S)er  fubjectiDe  (enbltd^e)  3^edE  l^at  einen  befonberen,  barum  mannidg- 
faltigen  Snl&alt  unb  Befielet  in  ber  Sülenge  fubjectiöer,  i)aritcutorer 
3ioedEe,  benen  bie  Objecte  untermorfen  ftnb  unb  bienen;  fte  loerben  im 
S)ien{ie  jener  Stotdt  gebraud^t  unb  Benfi^t:  bie  Äußere  3te(dEmftgig!eit 
ifi  bie  9lfl^Iid^!eit.  3n  auSffll^rlidien  93etrad^tungen  aber  ben  9lu^en 
ber  S)inge  ^aben,  um  bie  SBeiSl^eit  ®otte8  gu  ))reifen,  fotool^I  bie 
beiflifdg  geftnnte  Kufflftrung  aU  audg  bie  t>ra!tifd&e  OfrSmmig!ett  fidg 
gern  ergangen.  93eim  äBeinfiodE  tourben  bie  ^nne]^mlid&!eiten  ertoft^nt, 
toeld^e  ber  äDlenfd^  aus  feinen  tjfrädgten  getoinnt,  beim  Aorlbaum  aud^ 
beS  pfropfend  gebadet,  ber  bie  SBeinflafd^en  t)erfd^lie&t,  toie  eS  in  bem 
(Epigramm  ft)ottn)eife  l^ei^t:  «,9BeId^e  9}erel^rung  tierbient  ber  SBelten- 
fd&5|>fer,  ber  gndbig,  als  er  ben  Aorlbaum  fd^uf,  gleidg  aud^  ben 
gtflpfel  erfanb".^ 

2.  S)aS  9lei4  ber  aTltttel.    2)ie  Sifi  bct  SBemunft. 

©er  fubjectiöe  Stoedt  mit  feiner  ber  ObiectiDitdt  jugelel^rten 
5£enben3  ifl  im  3uflanbe  ber  @t>annung  unb  barum  beS  9ßiberf))rudiS, 
3tt)ifd^en  feinem  3u{lanbe  unb  feiner  Xenben),  jlDifd^en  feiner  ©üb« 
lectiDitdt  unb  feinem  SBiUen  ]ur  Dbjectitiitdt,  loeld^er  SBiberfprud^  nur 
burdg  bie  3tt)edEt]^dtig!eit,  b.  1^.  baburdg  gelöft  toerben  !ann  unb  gäöft 
toirb,  ba^  ber  3rocdE  fid6  realifirt  ober  objectiöirt,  inbem  er  fid&  ber 
Dbjecte  bemddgtigt,  fid^  biefelben  unterorbnet  unb  in  feinem  S)ienfle 
brandet.  2)ie  Unterorbnung  ober  @ubfumtion  beS  ObjectS  unter  ben 
fubjlectiöen  3wedE  ift  ein  Urt^eil;  bie  Slealifirung  be«  3wedf8  ift  ein 
BäjUn^,  in  meld^em  ber  S^^ä  burd^  bie  Objecte  fid^  mit  ftd^  felbft 
jufammenf daliegt:  er  ift  Stnfang  unb  Snbe,  Urfad^e  unb  S^A,  alfo 
enburfad^e;  bie  Sfflittel  be«  ©d^Iuffe«  aber  finb  bie  jtoedtbienüdöen 
Dbjecte.    JRirgenbS  flbt  ber  medius  terminus  feine  SBebeutung  unb 


1  fflb.  V.   dap.  m.    Xeleologic.    6.  203-211.    A.  S)er  fubjectiüe  Stoed. 
6,  211-214,    »gl.  VI.   §§  204-209.   3uf.   ®.  375-379. 


552  ^ie  2tfixt  Dom  ^egtiff. 

t^unctton  in  einer  fo  ausgefprod^enen  tlform,  tote  l^ier,  too  ber  3!fiitUU 
begriff  fettft  JDlittel  ifl  unb  1)ti%t 

S)ie  med^anifd^en  unb  d^emifd^en  £)bj[ecte  ftnb  je^t  med^anifd^  unb 
d^emifdge  3}HtteI,  meldte  bie  3n)edEt]&itig!eit,  loomit  Sr!enntni6  unb 
@rftnbung  $anb  in  ^anb  gelten,  ins  Snblofe  ))erDieIf&Itigt.  Stbet 
erreidgte  3ti)e(i  tt)irb  fogleid^  äJlittel  ]u  einem  neuen  Stoed,  ber  toieberum 
3}littet  3U  einem  neuen  S^oedEe  loirb,  unb  fo.erflreiit  fid^  bai  9ttxdf  ber 
änittel  ins  Snblofe.  Unb  anbererfeitö  niirb  lein  S^^ä  erreicht,  o^ne 
ba^  baau  eine  SDlenge  Mittd  aufgelDenbet,  b.  1^.  eine  SRenge  Dbjede 
bienfibar  gemad^t  unb  in  SDlittel  tiermanbelt  toerben,  bamit  baS  €uB^ 
ieci  ftdg  felbft  fo  toenig  als  mögtidg  brandet  unb  t)erbrQud&t  ^n  biefer 
erfinberifd^en  Aluglgeit,  flatt  ber  $erfon  bie  Objecte  arbeiten  unb  ftd^ 
abarbeiten  gu  laffen,  befielet,  loie  ^egel  fagt,  „bie  Sift  ber  fßtv- 
nunft'\  ^ier  finb  toir  an  ber  Stelle,  auf  toeldle  i(^  l^ingeiotefen 
l^atte,  als  in  ber  Seigre  t)om  3Raa^  fdgon  Don  ber  ,,Si{t  beS  Begriffs" 
bie  Siebe  loar.^ 

,,S)iefe  ääegieJ^ung",  fagt  $egel  tion  ber  gmedEmigigen  Xl^&tigleit, 
„ifl  bie  ©pl^Sre  beS  nur  bem  Btoede  bienenben  SRedganiSmuS  uvb 
€^emiSmuS,  beren  ä&al^rl^eit  unb  freier  S^egriff  er  ifL  2)ieS,  ba^  ber 
fubiecti))e  Stozd,  als  bie  SJlad^t  biefer  ^roceffe,  loorin  baS  Dbjecitt)e 
ftd^  an  einanber  abreibt  unb  aufl^ebt,  ftd^  felbfl  auger  il^nen  ^dtt 
unb  baS  in  il^ncn  fid6  erl^altenbe  ifi,  ifl  bie  8ift  ber  JBernunft* 
.,S)ie  9}ernunft  ift  ebenfo  liftig  als  m&d^tig.  2)ie  Sift  äberl^aufit 
befielet  in  ber  Dermittelnben  Sll^ätigleit,  tt)€ld&e,  inbem  fie  bie  Objede 
il^rer  eigenen  Statur  gem&g  auf  einanber  einmirlen  unb  fidg  an  einanber 
abarbeiten  lägt,  ol^ne  fid^  unmittelbar  in  biefen  ^oceg  eingumifd^en, 
glefd^tool^I  nur  i^ren  Smä  gur  SluSfa^rung  bringt  SRan  lann  in 
biefem  Sinne  fagen,  bag  bie  göttUd^e  SSorfel^ung  ftd^  ber  Sßelt  unb  il^rent 
$roceg  gegenüber  als  bie  abfotute  Sifl  )^txfiOlt  ®ott  Idgt  bie  SReufd^en 
mit  il^ren  befonberen  ißeibenfd^aften  unb  ^^ntereffen  getodl^ren,  unb  umd 
baburd^  3U  @tanbe  fommt,  baS  ift  bie  äSoHfü^rung  feiner  S(bft((ten, 
meldte  ein  anbereS  finb,  als  baSjenige,  um  toa^  eS  benjenigen,  beren 
er  ftdg  babei  bebient,  gun&d^ft  gu  tl^un  toax."  S)ieS  ift  einer  jener 
d^aratteriftifd^en  @&^e,  aus  loelc^en  Tegels  gange  fiebenS»  unb  Sßelt:: 
anfd^auung  ]^ert)orIeud^tet!^ 

>  »gl.  oben  »u4  II.  (&Qp.  XVI.  6.  478.  -  «  ^egeL  »b.  VI.  §  209. 
3uf.  @.  382.  9}gl.  »b.  V.  B.  S)ad  mUttU  @.  215—218.  C.  S)er  au»gef&^ttc 
Stoerf.  ©.  219  u.  220. 


^ie  ObiectlDitSt.  553 

8.  S)er  auBgefül^rte  Stoedt. 

2)er  fu5)ecttt)e  S^^i  fül^rt  uttS  in  bett  enblofen  $rosreB»  ba  jeber 
cncid^te  3wed!  toicber  SDflittcI  für  neue  Stoecfe  tji,  unb  j|cber  ju  crrcid&cnbe 
Stotd  TixM  forberi  unb  t)orau8fe^t.    SBie  baS  Snbltd^e  ate  foldged  I 

ben  enblofen  ^rogreg  gut  notl^toenbigen  Ofolge  l^at,  fo  gerfttl^  in  btefen    ' 
äBiberf))rud^  auc^  bie  enblid^e  unb  ftu^ere  3tDe(!mä^ig!eii    Unb  iDie  ; 

bafi  loal^rl^aft  UnenbUd^e  ben  enblofen  ^rogreg  äberl^autit  ))oQenbet 
unb  Qufl^ebt,  fo  loitb  baburdg  allein  audg  l^ter  int  ©ebiete  bet  Xeleologie 
biefer  enblofe  ^rogreg  tioHenbet  unb  aufgel^oben,  in  loeld^em  jebed 
3ÄitteI  SwedC  ifi  unb  jeber  Stozd  toieber  SOWttel  fo  bog  am  (Snbe 
nidgts  anbereS  gu  Staube  !omntt  als  lauter  ÜJtittel.  S)a8  n)a]^t]^aft 
XtnenbUd^e  ift  in  biefem  gfaH  ber  unenblidge  Stoed:  ni$t  bie  dugere, 
fonbern  bie  innere  StoetfmflBigleit. 

SHe  SluSfül^rung  be$  St^eäS  ifl,  »ie  fc^on  bemer!t  toorben,  ein 
©döluft,  beffen  SKittelbegriff  bie  SWittel  ftnb.  Sie  »egtel&ung  beS 
fubjediDen  S^td^  auf  bad  Object  als  ÜJtittel  ift  bie  erfte  $r&miffe; 
bie  SBegiel^ung  bed  SRittelS  auf  baS  Object  ate  SDlateriat  in  unb  an 
meldgeni  ber  3toe(!  ftdg  gu  geflalten  l^at,  ifi  bie  gtoeite.  3ebe  ber  beiben 
^rftntiffen  ger&tl^  in  unenblid^e  SBermittelungen,  ba  ftd^  baS  9letd&  ber 
3!flxtttl  nad^  beiben  Seiten  ins  Snblofe  erjtredEt.  2)a]^er  fontmt  bie 
fubiecti))e  Stoedtlg&tigleit  aud  ben  ÜRitteln  nidgt  l^erauS  unb  tior  lauter 
SWitteln  nidöt  gum  Stoed. 

Unb  ber  fubiectiöe  S^^d  felBft  mit  allen  feinen  SBefonber^eiten, 
feinen  gufflllfigen  unb  mannidöf altigen  Snl&altsbejlimmungen  iji,  Bei 
Si^t  befel^en,  nidgtd  anbereS  aU  baS  eingetne  Subiect,  baS  als  foIdgeS 
ein  Dbicct  iji  unb  gur  Dbiectiöitdt  gel&ört,  toie  ber  a}lenfd&  gur  9latur, 
obmol^I  er  ftiS^  t)on  berfelben  unterfd^eibet  unb  mit  feinen  ^articularen 
3tocdten  unb  3nterejfen  il^r  gegenüberftel^t  unb  fie  brauet.  S)ie 
Senologie  als  enbli(ie  unb  ftugere  StoecfmdBigleit  !ommt  fo  loenig 
aus  ben  Objecten  loie  auS  ben  Mitteln  IgerauS;  Dielmel^r  tl^eilt  ftd^  bie 
Dbiectiöitat  in  gtoci  ©ebiete:  in  baS  Sleid&  ber  gtoedfe^enben  Dbiecte 
(fubjlecte  3wede)  unb  baS  ber  gmedbicnlid^en  Dbicctc  (5KittcI).  3)ie 
Seleobgie  gel^ört  bal^er  niddt  Blog  gur  Objectitiitdt,  fonbern  ift  nodg 
gang  unb  gar  in  i^r  begriffen.^ 

a)er  toa^rl^aft  unenbli^e  3toed  l^at  feine  Sfflittel  nid&t  aufeer  fid&, 
fonbern  in  ftd^:  er  vermittelt  fid&  felbft  burd&  fid6  felbft.    ®r  ift  ber 


>  (gbcnbaf.  6.  224  u.  225. 


554 


2)ie  Seilte  \)om  iBegriff« 


ftd&  fclbfi  rcQKjtrenbe  Segriff,  bic  ftd&  fclbft  oBiectiöitenbe  ©uBiectiöitöt, 
alfo  bte  Sinl^eit  beS  93e(irtffd  unb  ber  ^Realität,  ber  @u61ectiDität  unb 
ber  £)biecti))ität:  biefe  Sin^eit  tft  bte  3bee,  b.  t.  ber  93egrtff  ntci^t 
blog,  tüte  er  an  fidg  ift  im  3}ledgQni§mu8  unb  (S^fftmimni,  nid^t  6(06 
tote  er  für  ft((  ift  als  fubjecttoer  3toeä,  fonbem  tote  er  an  unb  für 
ft(i6  tft,  ba  er  in  feiner  Slealifirung  {td&  felbft  Aar  iß  unb  einleud^iet. 
S)Q  bie  3bee  aUe  äJlittel  unb  93ebingungen  gu  il^rer  Stealiftruns 
in  fid^  fd^ttegt  fo  brandet  fie  nidgt  erß  auf  bie  ®unfi  ber  Um^nbe 
}U  tt)Qrien,  um  an  baS  SBerl  il^rer  93ern)irIItd&uns  ]u  gelten,  fte  f^at 
fidg  nidgt  blog  gu  realiftren,  fonbem  l^at  fidg  Don  @toig!ett  l^er  reolifttt, 
unb  es  ift  bie  XAufdgung  aufgul^eben,  aU  ob  ber  unenblidde  Stotd  tiod^ 
nid^t  ))oI[ffil^rt  fei*  „^m  Snblic^en  !önnen  loir  ed  nidgt  erleben  ober 
feigen,  ba^  ber  S'^^ä  toal^rl^aft  erreid^t  tt)irb.  2)qS  ®ute,  baS  abfolut 
@ute  ))oIIbringt  fidg  eioig  in  ber  äBelt,  unb  baS  Slefultat  1%  ha%  H 
fdgon  QU  unb  fflr  fid&  tioUbrad^t  ifi  unb  nid^t  erft  auf  und  gu  toarten 
brandet.  S)iefe  St&ufd^ung  ift  eS,  in  ber  tt)ir  leben,  unb  gugleid^  ifi 
biefelbe  allein  bad  SSetl^dtigenbe,  vorauf  ba»  3ntereffe  in  ber  äßett 
beruht." ' 


3toeiunbgtt)angigfte8  Sapitel. 
IDie  Ce^re  00m  ütegrtf.    G.  IDie  3itt. 


I.  S)ie  3bee  aU  ^roceg. 

S)ie  JBorftellung,  ba§  bie  abfolutcn  3toedCe  in  ber  SQBelt  erretd^t 
finb,  !Snnie  in  unferer  SebenSanfdgauung  einen  QuietiSmud  gur  Sfolge 
l^aben,  ber  ))om  Uebel  ifi,  unb  bem  bie  S^&ufd^ung  fid^  entgegenfiefft 
als  ob  jene  3^^dEe  feineSmegS  eneid^t  ftnb,  fonbem  eS  an  un5  liegt 
unb  bon  uns  abl^ftugt,  fte  gu  t)ern)irHid^en.  3nbeffen  lo&re  bie  ^nfid^t 
bag  bie  3bee  fertig  unb  bie  SluSfül^mng  ber  äßeltgtoedCe  ))oIIenbet  fei, 
eine  ebenfo  groge  S^äufdgung.  2)ie  abfoluten  3toeÄe  ftnb  ebenfomol^I 
erreid^t  als  nod&  gu  erreidgen,  tl^re  SSenoirllidgung  ifi  fotool^I  ber  enttoidFelte 
SBeltgufianb  als  bie  barauf  gegrfinbete  äßeltaufgabe,  bie  gu  erlennen  unb 
an  bereu  fortfd&reitenber  ßöfung  mitgutoirlen  bie  ©adfte  ber  fortgefd^rittenen 
unb  gur  toeltgefd^id^tlid^en  S(rbeit  berufenen  ©eneration  ifi.    (Ss  ifi 

1  eaenbaf.  6.  227  u.  228.    SBgt.  VI.  §§  211  u.  212.  3uf.  6.  883  u.  384. 


2)ie  3bee.  555 

falf$,  bte  93ettt)trIIi4ung  ber  3bee  ote  einen  fertigen  3u{}Qnb  ju 
befradgten,  ber  und  nid^te  gu  il^un  übrig  loffe*  Sd  ift  falfd^,  biejelbe 
als  eine  Sßeltaufgabe  ]u  nel^men,  bie  nunmel^r  erft  gu  ergreifen  unb 
gu  löfen  fei.  3ebe  biefer  beiben  ^tnfid^ten  ifl  eine  S^&ufd^ung.  Um 
biefe  irrigen  Sluffaffungen  logifd^  gu  enilrifien,  mu^  bie  3bee,  »ie 
$egel  auSbrädlid^  unb  tieffinnig  geleiert  ^ot,  fotool^l  ate  bie  abfotute 
Ginl^eit  ber  ©egenfd^e  loie  att  $roceg  begriffen  »erben. 

1.  2)ie  3bee  ift  bie  (Sinl^eit  ber  @ubiectit)itftt  unb  £)biecti))itSt, 
biefer  l^öd^ften  ®egenfä^e,  meldte  äffe  übrigen  ©egenfd^e  in  unb  unter 
fid^  begreifen:  fie  ift  barum  ab folute  (Stn^eit.  @te  ift  Sinl^eit,  nid^t 
93egie]^ung  ober  Stelation,  tooburd^  immer  gioei  93eftimmungen  gefegt 
finb.  S)a]^er  finb  bie  93egriffe  beS  SSefenS  (^eflejcion)  nid^t  im  Staube, 
bie  3bee  gu  faffen,  3cnem  ^Begriffe  gemäß  pnb  Sebingung  unb  Se» 
bingtei^,  Anfang  unb  Snbe,  ®runb  unb  Qfolge,  Urfad^e  unb  9Bir!ung 
immer  gteeierlei;  bagegen  in  bem  Stoedt,  ber  fidg  felbft  reaKfirt,  ift 
bad  €nbe  ber  Anfang,  bie  t^olge  ber  ®runb,  bie  2Bir!ung  bie  Urfad^e; 
es  ift  nid^t  mel^r  ein  SrfteS  unb  Se^teS,  bie  auf  einanber  begogen 
merben,  fonbem  l^ier  gilt  in  genauem  SSerfianbe  baS  SBort:  „bie  Seiten 
merben  bie  Srften  fein".  ,,9Ran  lann  Don  ber  teleologifd^en  Sl^Atigbit 
fagen,  bag  in  il^r  baS  Snbe  ber  Slnfang,  bie  gfolge  ber  ®runb,  bie 
äBiriung  bie  Urfadge  fet,  ba^  fie  ein  SBerben  beS  ®etDorbenen  fei, 
bag  in  il^r  nur  baS  fd^on  Sjciftirenbe  in  bie  @£ifteng  !omme  u.  f.  f., 
baS  l^ei^t,  bag  überl^aupt  äffe  SSerl^iltni^beftimmungen,  bie  ber  ©pl^Are 
ber  9flefIe£ion  ober  beS  unmittelbaren  @einS  angehören,  il^re  Unter« 
fdgiebe  oerloren  l^aben,  unb  toaS  aU  ein  Ruberes,  tt)ie  Sube,  (Jfolge, 
Sßirfung  u.  f.  f.  auSgefprodgen  ttirb,  in  ber  3)i>eäbegie^ung  nidgt  mel^r 
bie  93eftimmung  eines  Slnbern  l^abe,  fonbern  üielmel^r  als  ibentifd^ 
mit  bem  einfad&en  Segriffe  gefegt  ifi."^ 

2.  S)iefe  Sinl^eit  ift  aber  leinesmegS,  loie  es  ben  ^nfd^ein  l^aben 
lönnte,  eine  in  ftdg  rul^enbe  unb  befc^Ioffene,  fonbern  bie  3bee  ift  be- 
ftänbiger  $roce^,  fte  ift  ettig  (ebenbig,  fo  bag  bie  Subjjectitiitdt  nie- 
mals in  ber  £)biecti))itat,  ber  93egriff  niemals  in  ber  Stealitdt  erftant, 
))ielme^r  Aber  biefelbe  l^inauSgel^t,  in  fidg  gurfldfel^rt  unb  auS  bem 
untierfieglid^en  ®runbe  ber  @ub)ecti))itdt  ben  ^roce^  immer  Don  neuem 
anfad6t  unb  fieigert.  Sic  ©ubjectiDitdt,  toeld^e  ber  Dbjectiöitdt  nur 
gegenflberftel^t  unb  bie  eine  Seite  beS  ©egenfa^eS  bilbet,  ift  ,,bie  ein- 


»  935.  V.   6.  221  u.  222. 


556  2)te  Seigre  t)om  Scgriff. 

fettige";  bte  Subjectbität,  iDeld^e  über  bie  Objectbitat  l^tnauSge^t 
unb  in  fid&  gurüdSel^rt,  ifl  ,,bic  überateifcnbe*.  ©afe  bie  3bee  al8 
^hücefe  unb  bafe  bie  ©ubiectiöitdt  ol8  bte  fibetflreifcnbc  aufsufaffen 
fei:  biefe  beiben  @ft^e,  pl^ilofopl^ifd^  genommen  unb  ))er{tQnben,  bebeuten 
bajfelbe.  Sine  in  ber  ^bentitätiSlel^re  fel^r  gebtftud^Hdge  Ofotmel  befintrt 
bie  3bee  burdg  bie  ^(Sinl^eit  beS  Sublimen  unb  Unenblid^en,  bed  S>enIenS 
unb  @etnd,  bt^  SäegtiffiS  unb  ber  S^ealit&t,  beS  @ubiect8  unb  06^ 
jectö"  u.  f.  f.,  iDorau§  nid^t  l^erDorleud^tet,  bog  bie  3bee  ol^  ^roce^  unb 
bie  ©ubiectiöitat  ote  boS  übergreifenbc  ?Princi})  gu  faffen  fei,  Dielniel^t 
baß  ©egentl^eil  flefolgert  toerben  fönnte.  ®arum  l^at  ^eget  an  ber 
©tette,  tto  toir  finb,  jene  gformeln  für  mi6t)erfi4nbU(6  unb  cS  für 
geratl^ener  erßftrt,  fie  nidfet  gu  braud^en.  ,,933eil  bie  3bee  1.  ^roceB 
x%  ift  ber  SludbrudE  für  baS  ^bfolute:  bie  (Sinl^eit  bed  (Enbltd^en 
unb  Unenblidöcn,  be8  S)enfen8  unb  ©eins  u.  f.  f.,  toie  oft  erinnert, 
falfdi;  benn  bie  ©inl^eit  brüdtt  abfiracte,  rul^ig  bel&arrenbe  Sbentitdt 
au«.  SBeil  fie  2.  ©ubjectiöitat  ift,  ift  jener  SluSbrudE  ebenfo  falfd^, 
benn  jene  Ginl^eit  brüdt  baS  ^nfid^,  baS  ©ubftantieUe  ber  toc^x^ 
l^aften  (Sinl^eit  aus.  S)a$  UnenbUcbe  erfdgeint  fo  als  mit  Snbltc^em 
nur  neutraUfirt,  fo  baS  ©ubjectiüe  mit  bem  Dbjectiüen,  boS  2>afetn 
mit  bem  ©ein.  %ber  in  ber  negati))en  Sinl^eit  ber  3bee  greift  boS 
Unenblid^e  über  baS  SnbUd^e  l^inüber,  baS  2)en!en  über  baS  Sein, 
bie  ©ubj|ectit)iiät  über  bie  Objectiöitdt.  Sie  ßinl^eit  ber  3bee  ifl 
©ubjectiDitdt,  S)enlen,  UnenbU^!eit,  unb  baburd^  toefentlii^  x>on  ber 
3bee  als  ©ubftan]  gu  unterfd^eiben,  tt)ie  biefe  übergreifenbe  ©üb» 
iecti))itftt,  S)en!en,  Unenblid^!eit  ))on  ber  einfeitigen  ©ubjectiültöt, 
bem  einfeitigen  S)en!en,  ber  einfeitigen  Unenbttdgfoit,  menn  fie  fi^ 
urtl^eilenb,  beftimmenb  ]^erabfe|t,  gu  unterfd^eiben  ift."^ 

S)iefe  (Srflarung  ift  lool^I  gu  bead^ten,  ba  toir  anäi  bei  ^egel 
jenen  Sinl^eitSformeln  nid^t  feiten  begegnen,  bie  Don  jel^er  baS  ©tic^ 
blatt  ber  ®egner  getoefen  unb  geblieben  finb.  Um  affeS  mit  einem 
eingigen  SBorte  gu  fagen:  bie  3bee  lebt  unb  ift  Seben. 

II.  2)aS  Seben. 
1.  S)Q<  Icbenbige  Snbbtbuum. 
Stiles  unmittelbare  S)afein  ift  oermittelt,  unb  alle  ajermiittung, 
ba  fie  nidgt  inS  Snblofe  fortgel^t  unb  refuttatloS  Verläuft,  fonbern  ftd^ 


1  »b.  VI.   §  215,   6.  890  u.  391. 


S)ic  3bee.  557 

immer  »ieber  öoUcnbct  unb  auftcbt,  erfd&eint  ate  unmittettorcS  S)Qfein. 
2)Qd  unmittelbare  S)afein  ber  3bee  iß  baS  8eben  ober,  toie  $egel  fagt: 
„bie  unmittelbare  3bee  aber  ifi  ba«  ütitn**.^  SltS  Stoetf,  ber  feine 
aJlittel  nidöt  aufeer  fid^,  fonbem  in  fidö  l^at,  barum  fti^  fetbft  t)er« 
mittelt  unb  barum  nidgts  anbereiS  BeglDedt  als  fic^  felbfi,  ifi  bie  3bee 
©elBflätoedC;  fie  iji  al«  ©elbfiatoed  juflleidö  enbjmecf,  ba  fte  niiä^t 
SWittel  für  ettoa«  anbere«,  fonbern  nur  für  ftdft  feftft  ift,  nid^t  um 
eine«  anberen  ©infleg  toitten,  fonbern  um  i^rer  felbjl  toitten  ejiflirt; 
fie  befielet  bal^er  in  einem  foldfeen  aSerl^ältnig  Don  3wecf  unb  SOHittel, 
tt)eldge8  nur  aü  innere  3tt)e(!magig{eit  begriffen  werben  !ann. 

3toecf  ifl  »cflriff,  ber  ©elbftatoed  ift  ber  ftdö  felbfi  realiprenbe 
ober  obiectiöirenbe  Seflriff:  biefen  Segriff  nennt  ^egel  bie  ©eele, 
biefe  9lealit&t  ober  £)(j[ectit)itAt  nennt  er  Seib  unb  biefe  Sinl^eit  ber 
Seele  unb  beS  SeibeS  bad  lebenbige  3nbi))ibuum. 

3)er  SBegriff,  Don  bem  l&ier  bie  giebe  ifi,  ber  fi<i6  toerför})ert  unb 
Seele  l&eifet,  ifi  lein  Äbfiractum,  fonbern  baffelbe,  toad  Slrifiotele«  bie 
erfie  Snteledgie  eined  organifd^en  Aör))er8,  b.  i.  bie  il^m  inlool^nenbe 
atoedtl^ätige  ftraft,  unb  in  unferen  Zagen  6d6oJ)en]&auer  ,,bett  SBillcn 
3um  ßeben"  genannt  l^at,  b.  i.  ber  Strieb  ftd&  gu  objectitoiren.  SBenn 
man  unter  ben  Segriffen  nur  abfiracte  JBorftellungen  toerfiefit,  »ie  bie 
gemöl^nlid^e  Sd^ullogi!  tl^ut,  fo  mug  man  bie  l^egelfdgen  €a|e  finnlog 
unb  ungereimt  finben,  loie  Sdgopenl^auer  biefelben  fiets  genommen  unb 
unablöffig  öerfd&rieen  l^at.  SJon  bem  Segriff,  ber  fid&  rcalifirt  ober 
mlörpert,  fagt  ^egel:  „er  ifi  ©elbfijtoecf  unb  2rieb".  S)te  3bee 
ifl  „ber  Segriff,  ber  unterfdjicben  t)on  feiner  Dbiectiöitftt  einfad^  in 
fid&  feine  DbjectiDität  burd^bringt  unb  aU  Selbflamed  an  il^r  feine 
anittel  l^at  unb  fie  als  fein  a^ittel  fe^t,  aber  in  biefem  SRittel 
immanent  unb  barin  ber  realifirte  mit  fi^  ibentifd^e  3toedE  ifi".* 

68  fommt  barauf  an,  »ie  bai  SWittcl  ifi:  ob  e§  fünfilid&  ober 
natürlidö  iji,  ted&nifd&  ober  organifd&.  3ji  eS  tcd&nifd6,  fo  ifi  ber  3»ed!, 
bem  es  bient,  bie  ®efd&idtlid6!eit  be«  Äflnfilcr«:  fo  öerl&ält  pd^  bie 
SEl^fttigfeit  beg  3itnmermanng  jur  3ljt.  3fi  es  organifd^,  fo  iji  ber 
3tt)edt,  ben  es  erfüllt,  feine  Seele:  fo  öer^ftli  pd&  bie  Sel^Iraft  unb 
baS  Se^en  jum  Sluge.  SeibeS  ftnb  ariftotcUfc^e  SBcifpiele.  S)ie  ^lA 
ifi  ein  SOHittel,  ein  tobteS  gEBertjeug;  baS  ?luge  iji  ein  Organ*  3)as 
Icbcnbigc  3nbit)ibuum  ifl  ein  OanjeS  unb  ]§at  Stl^eile,  aber  biefeS 

'  S3b.  V.  2)ritter  W>m.  2)ie  3bee.  6. 229—843.  (^ap.  H.  S)a8  2tUn. 
@.  237.    »gl.  S3b.  VI.   §  216.   6.  391.  —  »  »b.  V.   6.  234  u.  235. 


558  2)ie  Se6te  t>om  ISegriff. 

®ange  iß  ntd^t  @utnme,  SolIecttDutn,  Aggregat,  fonbetn  eS  tfl  Stoetf, 
bet  3tt^ed!  ju  leben,  auf  biefe  beflimmte  ^rt  3U  leben;  bemgemfi^  ftnb 
oud^  bie  Sl^eile  btefeS  ©anjen  nidgt  blog  Xl^eile,  fonbem  Wtttl, 
natürlidde,  felbßergeugie  unb  enttoidfelie  fDlttiel,  b.  f).  Dtgane  ober 
©lieber:  baS  ©anje  tft  nid^t  getl^eilt,  fonbem  e8  tfl  ber  ^oceg,  ft(& 
iu  tl^etlen,  gu  organifiren,  ju  sliebern.  „S)a  il^m  ber  93egriff  immanent 
ift,  fo  tfl  bie  3ti)^iinidgtg!eit  be§  Sebenbigen  als  innere  gu  f äffen; 
er  ifl  in  il^m  ate  befitmmier,  Don  feiner  Sleugetlid^feit  unterfd^iebener 
unb  in  feinem  Unierfdgiebe  fte  burd^bringenber  unb  mit  fid^  ibentifd^r 
Segriff.  S)iefe  ObjjectiDttdt  beS  Sebenbigen  ift  Organismus ;  fte  tfi 
baS  aniltel  unb  äßerigeug  beS  Stotdf^."  „3lai^  ber  9eugerlid^!eit 
beS  Organismus  ifl  er  ein  ä^telfadgeS  nid^t  Don  Xl^eilen,  fonbem 
Don  ©liebem."^ 

3m  Organismus  begriffen,  ftnb  bie  S£]§ei(e  lebenbige  ©lieber;  Dom 
Organismus  getrennt  unb  loSgeriffen,  ftnb  fte  !eine  ©lieber  me^r, 
fonbem  tobte  ASrper,  toie  eine  abgel^auene  $anb  !eine  ^anb  me^r 
ift.  3nit  Stecht  fagt  man,  bag  im  Zobe  ftd^  bie  @eele  Dom  Seibe 
trennt/  ber  8eib  loirb  jum  Sei^nam,  unb  bie  gfrage  ift  nid^t,  ob  bie 
©eele  ben  iob  flberbauert,  fonbem  ob  jte  einen  nod6  l^öl^eren  Stoeä 
gu  erfüllen  l^at,  als  nur  ben  gu  Uim.* 

SBaS  tt)ir  Segriff,  @eele,  Organismus  genannt  l^aben,  ift  ein 
©ubiect,  ein  einfad&eS,  untl^eilbareS  Selbft,  toeld^eS,  in  feine  Seibltd^^ 
feit  ergoffen,  in  feinen  ©Hebern  aUgegentoftrtig,  Aber  biefe  3(euBerIidb« 
!eit  l^inauSs  unb  in  fid^  gurüdge^t,  auf  fid^  begogen  ift  unb  bleibt 
@onft  toAre  eS  lein  @elbft,  !ein  @ub|ect,  leine  lebenbige  3nbiDibuaKiät. 
S)arin  liegt  baS  groge  ©el^eimni^  beS  8ebenS,  feine  Unbegreiflid^leit 
fär  ben  Serftanb.  SDenn  ber  Serftanb  loitt  unterfd^iben  unb  bie 
Unterfd^iebe  ftjiren:  ein  anbereS  ift  bie  @eele,  ein  anbereS  ber  Seib; 
bie  Mgegentoart  ber  €eele  im  ßeib  ijt  il^m  ebenfo  unfa^Iidg,  toit  bie 
Slllgegenmart  ©otteS  in  ber  Sßelt.^ 

SBie  ber  Segriff  bie  SWomente  beS  Slffgemeinen,  Sefonberen  unb 
Singeinen  in  fid&  fd^Iie^t  unb  Dereinigt,  fo  Dereinigt  aud^  bie  €eele 
als  bie  lebenbige  ^nbiDibnalitat,  teeldge  fte  ifl,  biefe  brei  S^araftere 
in  ber  Oroi^nt  beS  $roceffeS  unb  ber  ©elbflbetl^Atigung:  fie  iß  all- 
gemeine ©elbpeflimmung,  bie  ©inl^eit  bcS  Seflimmten,  inbem  fie 
baffelbe  in  fid^  fe^t,  finbet  unb  ftd^  barin  empfinbet  unb  fä^lt;  „fie  ifl 

»"cbenDof.  6.  248  u.  244.  —  «  »b.  VI.  §  216.  3uf.  6.  891  u,  892. 
—  »  ©b.  V.  6,  289  u.  240.    »öt.  VI.   §  216.   3uf.   6.  892. 


S)ie  3bee.  559 

l^iettnit  erfiltd^  nur  Mgenteittl^ei^  baS  rein  nur  in  fid^  felfiji  Srjittem 
ber  ßcbenbigfcit,  bie  ©cnfiBiliidt."  „@ic  ifi  bo«  3nft(i6fcin,  tticftt  als 
Qbftracte  Sinfaii^l^eit,  fonbem  eine  unenblidde  beftimmbare  ffitctp- 
tii)itat/  „Sie  ©enfibilitat  fann  fonitt  alß  baö  ©afein  ber  in  fidö 
feienben  Seele  fietrad^tet  toerben,  ba  fte  alle  S(eugerltd6teit  in  ftd^  auf= 
nimmt,  biefelbe  aber  in  bie  DoQbmmene  Sinfadb^eit  ber  {td^  gleidgen 
Sragemeinl^eit  gurütffül^rt/'  m%  befonbere  ©elbfltl^fttififeit  tritt  fie 
ber  9lu§enn)elt  entgegen,  Dernianbelt  beren  (£inbrüd!e  in  Steige  unb  @r= 
regungen,  tierl^ält  fid^  bagu  aU  reigem))f&nglid^e  unb  erregbare 
Snbitiibualitdt,  loeld^e  ben  em))fangenen  Sinbruä  burd^  Slcte  ber  @elbfi= 
beaegung  auSibfl:  bie  @))]^&re  ber  Irritabilität.  (Snblid^  ifi  eS 
nidgt  genug,  bag  bie  Seele  fid^  t)erf5r))ert,  il^ren  Organismus  mad^t 
unb  geftaltet,  baS  Seben  ift  fein  tobteS  $robuct,  fonbem  \dxU  immer 
t)on  neuem  toiebererjeugt  ober  reprobucirt  loerben.  @o  betl^&tigt  fid^ 
bie  Seele  als  lebenbigcS  ©ngeltoefen.  S)ie  brei  5Procejfe  ber  inbi= 
))ibuellen  Selbfibetl^&tigung  finb  bemnad^  bie  Senjtbilitdt,  3rritabi(itSt 
unb  9le))robuction  ober  baS  Selbftgeffll^I,  bie  äBiberftanbShaft  unb  bie 
bejidnbige  Sffiiebergeugung,  Äeiner  biefer  ^Proceffe  iji  ol^ne  bie  beiben 
anbern:  fie  jtnb  bie  notl&toenbigen  fjormen  ber  ©elbpetl^dtigung,  bie 
Iogifd6  notl^toenbigen  Qformen,  bie  nur  ba  fiattfinben  fSnnen,  too 
Seele  ober  Selbfi  iji,  3nbioibttaKtat  im  genauen  Sinne  beS  SffiortS.^ 
SBaS  ift  (Smtifinbung?  SBte  Derloanbelt  M  ber  fiugere  Sin- 
brudt  in  Smpfinbung,  Selbjlemt)finbung?  S![uf  biefe  gfrage  muft 
ber  SSerftanb  unb  bie  fogenannte  erlUrenbe  Sßiffenfd^aft  el^rlid^erloeife 
antworten,  loaS  {te  Don  jel^er  geantuiortet  l^aben:  mysterium  magnuml 
Me  Dermeintlid^en  6r{lSrungen  finb  nid^tsfagenb  unb  laffen  bie  un* 
ergrünblid^e  Sll^atfad^e  ftel^en,  tt)o  unb  toie  fie  ftel^t.  Um  baS  Selbft 
gu  ertennen,  bagu  gel^ört  eine  Setbfterfenntni§,  toeld^e  bie  ^l^ilofopl^ie, 
inSbefonbere  bie  f))eculatit)e,  t)or  ber  bogmatifd^en  SBiffenfd^aft  unb  bie 
SSernunft  üor  bem  SSerftanbe  DorauS  l^at. 

2.  2)et  8c(en<proccg. 

S)a  aDeS  Seben  in  ber  SBelt  fid^  gu  entttidEeln  unb  eine  Sleil^e 
Don  Stufen  unb  gntioidEfungSformen  gu  burd^Iaufen  l^at,  beren  l^öd^fle 
baS  inbiöibuelle  ßeben  ift,  auS  ttjeld&em  bie  gmpfinbung,  baS  Selbfl« 
gefü^l,  baS  SelbPetou^tfein,  ber  ©eift  ^eröorgel^t,  fo  i|l  ntd^t  attcS 

1  »b.  V.   6.  248-248.    Sßfil.  VI,  §§  217  u.  218.   6.  373. 


560  S)ie  Seigre  bom  IBegriff. 

Seben  inbtoibuell,  befeelt,  fenftbel,  t^e  j.  fö.  bie  ^flanje  nod^  feine 
SnbtDibualitSt,  Um  @elbfl  tfl  unb  barutrt  aud^  !etne  Smpfinbitng  ^at. 
äBol^I  aber  ift  aUed  Seben  ©eflaltung,  (SrnSl^tuns  unb  Ofortpftangung 
ober  älrttculatton,  Slfftmttation  unb  ©eneratton.  2)te  SlffimtlaKon  i^ 
Aneignung,  baS  lebenbtge  Subject  bemAd^tigt  {t$  ber  il^m  gioedEbten- 
Ud^en  Objiecte  ber  9lugenn)elt,  nimmt  biefelben  in  fi((  auf,  DermanbeU 
fte  in  feine  SRittel  unb  Organe  unb  ertoeift  ft4  baburd^  ate  bie 
3Rad&t ,  Aber  bie  Obiecte,  als  bie  3Ra((t  beS  Slffgemetnen  ober  ber 
©attung,  „3n  biefem  Sufammcngel&en  bc8  3nbiDibuum8  mit  feinet 
junid^ft  il^m  als  gleid^gfiltig  t)orau8gefe^ten  ObjediDitAt  l^at  ed  feine 
SSefonberl^eit  aufgel^oben  unb  ficb  jur  SlUgemeinl^eit  erl^oben. 
©eine  93efonber]^eit  beftanb  in  ber  S)iremtion,  moburd^  bafi  Seben  als 
feine  S(rten  baS  inbit)ibuette  ßeben  unb  bie  il^m  Augertidge  £)biectit)itAt 
fe^te.  S)urdg  ben  Anderen  ßebenSt^toceg  l^at  es  fidg  fomit  ate  reeQeS, 
allgemeine^  Seben,  aU  ©attung  gefegt."  ^ 

3.  2)ie  Gattung« 

S)er  ©attungdproceg  ifl  bie  Igödgfte  gform  unb  @tufe  ber  fiebenS-- 
tl^Atigteit,  aber  bie  ©attung  erfddeint  nur  in  ber  Sftut^  ber  ©enerationen, 
in  bem  enblofen  Sntftel^en  unb  SSergel^en  ber  3nbiDibuen.  „©eburt 
unb  %db  —  ein  etoigeö  SKeer!"  SBieberum  ber  enWofe  SJrogrefe:  bie 
fd^ledgte  Unenbßd^Ieit  beS  gebend  I  (Sbm  barin  befte^t  ber  äBiberfpnu^ 
beS  8eben8,  toie  ber  enblofe  $rogreg,  tt)o  er  aud^  erfdgeint,  aus  bem 
äBiberf))rud&e  flammt  unb  benfelben  bart^ut  unb  ))er))etuirt.  SDie  3n' 
biDibuen  entfiel^en  unb  t)ergel^en,  unb  loenn  eS  babei  fein  S^enienben 
l^at  unb  nid^tS  meiter  erfolgt,  fo  bel^arrt  ber  ungelSfte  SBiberfprud) 
beS  ßebenS,  biefer  enbtofe  ^Progreft,  ber  felbji  ben  aRel)]^iftopl§eIc8  jur 
aSerjtoeiflung  bringt:  „Unb  immer  circulirt  ein  neue»  frifd^cS  Slut, 
fo  gel^t  es  fort,  man  mSd&te  rafenb  toerben!" 

Snbeffen  fd^reitet  baS  geben,  inbem  eS  fid^  aus  innerfter  firaft 
erl^öl^t,  baau  fort,  jenen  SSiberiprud^  gu  lofen  unb  bie  ©attung  in 
il^rer  abAquaten  unb  unDergAnglid^en  ©eflalt  gu  erzeugen,  in  ber  gform 
nid&t  ber  SnbiDibuen,  fonbern  ber  begriffe,  biefe  aber  »erben  erjeugt 
burdg  baS  2)enien,  uield^eS  ftd^  im  Srlennen  unb  SSoffen  DerlDirfiid^t. 
S)aS  3nbiDibuum  ftirbt.  Ss  ift  bie  93ebeutung  feines  XobeS,  bag  e§ 
fid^  über  baS  btoge  geben  unb  bie  inbittibueHen  SebenSgtoede,  bamit 


»b.V.   ©.251.    »öl.  VI,   §219.   3uf.   6,  393f[öb. 


2)ie  3bee.  561 

audg  ü6er  bte  eigene  ^nbiDtbualit&t  erl^efit,  bag  es  ftdg  felBft  beraU" 
gemetnert,  Dergeifltgt  unb  ben  3n)e(!en  beS  ®etfie$  lebt,  nAmUdft  ber 
@t!enntnig  ber  SBol^rl^ett.  S)Qrfl6et  l^at  bet  platonif^e  ©olrateS  im 
$^&bon  fo  tief  finnig  gerebet:  aber  biefen  Sufammenl^ang  jtoifdgen  Sob 
unb  (Sr!enntnig,  atoifc^en  Sterben  unb  $]^iIofo))]^iren;  er  j^abe  ben 
Sob  nid^t  gu  färd^ten,  ba  er  fdgon  I&ngft  gefiorben,  nämlidg  ben  3tt)eäen 
beS  bloßen  ßebenS  abgefiorben  fei.  ^9)a9  Sebenbige  fitrbt,  tt)eU  eS 
ber  Sßiberfprud^  ift,  an  fid^  bal^  Slllgemeiner  bie  Gattung  gu  fein  unb 
bodg  unmittelbar  nur  ate  SingelneS  ju  esiftiren/'  «,S)ie  3bee  beiS 
fiebenS  aber  l^at  bamit  ftdg  nid^t  nur  ton  trgenb  einem  (befonberen) 
unmittelbarem  2)iefen  befreit,  fonbern  Don  biefer  erften  Unmittel» 
barleit  aber]^au))t;  fie  fommt  bamit  gu  fid^,  gu  il^rer  SIBal^r^eit;  fte 
tritt  ]&iermit  als  freie  ©attung  für  ficfe  felbft  in  bie  gsifieng, 
ber  £ob  ber  nur.  unmittelbaren  eingelnen  Sebenbigleit  ift  baS  ^er- 
Dorgel^en  beS  ®eijicS/* 

III.  S)ie  3bee  be§  (SrIennenS  unb  beS  SBoUenS. 
1.  S)te  3bce  bed  SSSal^ren. 

3nbem  baS  inbiötbuelle  Seben  fid6  aufl^ebt,  biefe  unmittelbare 
ginl^eit  beS  SBegriffS  unb  ber  9lealit4t,  biefcS  unmittelbare  S)afcin  ber 
3bee,  fo  eröffnet  ftd^  Don  neuem  ber  ®egenfa§  ber  ©ubiediDitöt  unb 
ber  Dbiectiöität  unb  bie  3lufgabe  ber  Vermittlung  unb  Bereinigung 
bciber.  S)ie  ©ubjectiDitat  iji  ber  ©eift,  bie  ben!enbc  JBemunft,  ber 
feiner  betoufete  @clbji=  unb  ßnbgioedt,  b.  i.  bie  il^rer  betoufete  3bce;  bie 
DbiectiDitat  ift  bie  SBelt,  ber  Snbegriff  ber  S)ingc  ober  Dbjlecte,  ber 
in  feiner  3flealitöt  unb  Sleatifirung  begriffene  6elbfi=  unb  gnbgtoedE, 
aUo  aud^  3bee:  bie  beiben  Seiten  beS  ©egenfa^eS  finb  bal^er  als  bie 
fubjlectiDe  unb  bie  objectiDe  3bee  gu  begei^nen.  Sie  Sluflöfung 
unb  ^Bereinigung  biefeS  ©egenfa^eS  ift  bie  l^öd^fte  unb  le^te  Aufgabe 
ber  Sogil.  SSeibe  Seiten  beS  ©egenfa^eS,  bie  fubiectiDe  unb  objecttDe 
3bee,  finb  ibentifd&,  fie  finb  eS  an  fid&,  fie  foKen  eS  aber  aud&  für  fid& 
fein.  3)iefe  an=  unb  für  ftd&  fcienbe  (ginl^eit  ifi  baS  nod6  auSgufül^renbe 
Sl^ema.  „Sie  SScmunft  lommt  in  bie  SBcIt  mit  bem  abfoluten 
©tauben,  bie  3bentität  fe^cn  unb  il^rc  ©etoifel^eit  gur  SBal&rl&eit  er= 
lieben  gu  !önnen,  unb  mit  bem  Sriebe,  ben  für  fie  an  fid&  nid^tigen 
©egenfa^  audg  als  nid^tig  gu  fe^en."  ^ 

»  ©b.  VI.   §  221.  3uf .  §  222.  6.  395  f(flb.  -  «  «bettbaf.  §  224.  6.  396. 
9t f  4er,  Oef4.  b.  $(Uof.  Vni.   91.  9(.  86 


562  2)ie  Seilte  t^om  aSegriff. 

2)er  $roceg,  in  toeU^em  biefe  SSereinigung  DoUjogen  unb  bie 
3bentittt  ber  beiben  Seiten  g^f^t  tüirb,  tfl  im  Slffgenieinen  baS  €r^ 
lennen,  totli^t^  eine  bo))peIte  STufgabe  gu  ISfen  l^at,  ba  bie  Sinfeitig- 
!cit  ieber  ber  beiben  ©eiten,  b*  1&.  i^r  im  ©egenfa^  befongener  ^^axatttt, 
Qufaul^eben  ifl.  2)ie  (ginfeitig!eit  bei  fubjectiDen  3bee  toirb  babu»^ 
aufgel^oben,  bag  bie  gegebene  SBelt  in  ben  (Seift  aufgenommen  loitb: 
bieg  gefdgie^t  butd^  baS  Srlennen  im  engeren  Sinne,  bie  tl^eoretif(6e 
2;^ätig!eit  ber  3bee  ober  bie  3bee  beS  SBol^ren.  S)ie  einfettig!ett 
ber  objectiüen  3bee  toirb  babur$  aufgehoben,  bag  bie  Demünfttgen 
3tDed!e  bed  (BeifleS  in  bie  SSelt  eingeffll^rt  unb  in  il^r  auSgeffll^rt 
loerben:  bieS  gefdgiel^t  burii^  bie  ))ra!tifc^e  3:i^dtig!eit  ber  3bee  ober 
bie  3bee  beS  ®uten. 

S)aS  Srtennen,  meld^eS  ben  @egenfa|  jmif^en  ber  @ubjectiuitftt 
unb  ObjlectiDit&t  gu  feiner  93orau§fe^ung  f^at,  ift  enblid^  unb  befc^reibt 
gtoei  SBege  ober  SDletl^oben:  bie  erfte  SDtetl^obe  gel^t  auS  Don  bm  con- 
creten  SE^atfad^en,  bie  als  gegebene  tiorgefunben  n)erben;  fie  löfi  btefe 
Sl^atfadgen  auf  in  il^re  allgemeinen  SBebingungen,  ®efe^e,  Ar&fte, 
®attungen;  fie  gel^t  tiom  Sinjelnen  )um  Slffgemeinen,  t)on  ben  SQat^ 
fad^en  gu  ben  Segriffen  unb  ^ei^t,  toeU  fie  abftra^irenb  unb  auflofenb 
Derfftl^rt,  bie  anal^tifd^e  SJletl^obe.  S)iefe  SJletl^obe  fe^t  DorauS,  bag 
bie  S)inge  ober  £)bj|ecte  gegeben  finb,  unb  bad  @ubj|ect  gar  nid^tö  »etter 
gu  tl^un  brandet,  als  ftd^  gu  benfelben  blog  empfangenb  gu  Der^alten, 
xoit  ein  leeres  93Iait  (tabula  rasa),  um  gur  loal^ren  Sr!enntnig  gu 
gelangen.  2)ie8  ifi  freilid^  !eineSloegS,  mie  man  meint,  ber  Stanb^ 
))un!t  beS  SlriftoteleS,  tool^I  aber  ber  SodEeS  unb  affer  tmpm\i^ 
$]^iIofo))]^en,  bie  il^m  folgen»  ,,9)er  anal^tifd^  bel^anbelte  ©egenfianb 
toirb  l^ierbei  gleid^fam  als  eine  3ti)isbel  betrad^tet,  ber  man  eine  ^ut 
nad6  ber  anbem  abgiel^t/^ 

Gelten  aber  bie  2)inge  für  Srfdgeinungen,  l^tnter  meldten  baS  um 
erlennbare  S)ing  on  fid&  liel^t,  fo  gerötl^  baS  enblid&e  €rlennen  in  ber 
©eftalt  ber  anal^tifdgen  äRetl^obe  in  einen  SBiberf))rud&  mit  fid^,  looburcg 
eS  fid&  felbft  aufl^ebt.  „2luf  biefem  ©tanb|iunlte  toirb  bem  Dbied 
eine  unbelannte  2)ing^eit-an:fid^  l^inter  bem  @rlennen  gugefd^rieben 
unb  biefelbe  unb  bamit  aud&  bie  SBal^rl^eit  als  ein  abfoluteS  3enfeitS 
fttr  baS  ßrfennen  betrad&tct."  „3luS  biefer  Sejiimmung  bcS  enblid&en 
@r!ennenS  erl^efft  unmittelbar,  bag  eS  ein  SBiberfprudg  ift,  ber  ftd^ 


»  »b,  VI.   §  227.  3uf .   ®.  399. 


2)ie  3bee.  563 

felfiß  Qufl^eBt;  —  ber  SBiberff^rud^  einer  SBal^tl^eit,  bie  gugleidg  nid^i 
SBa^rl^eit  fein  foff;  —  eines  Stlennend  bejfen,  ttoS  iß,  toeld^elS  jugletd^ 
bad  S)ing  an  fid^  nid^t  erlennt/'^ 

@o  l^abe  Aont  bie  SRetapl^^fi!  beS  @eifieS,  b.  i  bie  rationale 
$f^d^oIosie,  toiberlegt,  tnbem  er  baS  SSefen  beS  ®eifle8,  baS  Selbft' 
beiDugtfein  ober  baS  3d^  fttr  ein  @d^einobiect  erfl&rte,  auf  jenen  ^ara» 
logtSmuB  gegrftnbet,  ber  aus  beut  „3d^  ben!e"  ein  benlenbeS  S)ing, 
eine  @eelenfu6fian3  ntadgt.  S)a  baS  3dg  baS  ©ubject  aller  Urti^eile  fei, 
fo  fSnne  ed  nie  fein  eigenes  Object  loerben  unb  flel^e  gu  feiner  @elb{ls 
er!enntnig  gleid^fam  fici^  felbfi  im  SSege.  „Um  Stein  l^at  biefe  VLn- 
bequemlid^!eit  nid^t;  loenn  er  gebadet  ober  toenn  über  tl^n  geurt^etlt 
nierben  foff,  fo  fte^t  er  {tA  felbft  babei  nid^t  im  993ege;  er  ift  ber 
93efd^n)erlid^!eit,  ßdg  feiner  felbft  gu  biefem  ©efd^ifte  gu  bebienen,  ent- 
l^oben;  eS  ift  ein  Ruberes  au^er  il^m,  meld^eS  biefe  SRül^e  äbernel^men 
mu|.  2)a^  bei  bem  2)en!en  beS  3d5  baffelbe  als  @ub|ect  nid^t  loegs 
gelaffen  tt)erben  !önne,  l^alten  „biefe  barbarifd^  gu  nennenben  SSor» 
fleHungen"  für  ben  5KangeI,  ber  feine  ©elbjierlenntnife  öer^inbert.* 

2)aS  enblid^e  (Sr!ennen  mu^,  um  feinen  ®ang  gu  üoffenben,  gtoei 
SBege  befd^reiben:  ber  erfle  fül^rt  tion  ben  Zl^atfad^en  gu  ben  S^egriffen, 
ber  anbere,  ber  umge!e]§rte  unb  ergSngenbe,  gel^t  \>on  ben  99egriffen  gurüdf 
gu  ben  Sl^atfad^en;  jener  ift  bie  anal^tifd^e  SD^tetl^obe,  biefer,  ber  con- 
ftruirenb  ober  gufammenfe^enb  ))erf&l§rt,  l^ei^t  bie  f ^ntl^etif d^e  STletl^obe, 
fte  beginnt  mit  ben  aSegriffSbePimmungen  {Definitionen)  unb  fd^reitet 
burd^  bie  SegriffSeintbeilung  fort  gu  ber  Orbnung  unb  0lei]^enfoIge 
ber  eingelnen  Sßal^rl^eiten  (ßel^rfä^e  ober  Sll^eoreme).  3ebe  ber  beiben 
3Ret]^oben  nimmt  einen  ben  Momenten  beS  93egriffS  entf^red^enben 
®ang:  bie  anal^tifd^e  fteigt  Dom  Singeinen,  inbem  fie  eS  auflöfi,  burd^ 
baS  SBefonbere  empor  gum  SlKgemeinen,  bie  f^ntl^etifd&e  Dom  9111« 
gemeinen,  inbem  fte  eS  befinirt,  burdg  bie  Sefonberung  beS  Mgemeinen 
(ßttttl^eilung)  abtoArtS  gum  Singelnen. 

3e  reid^er,  Dielfeitiger  unb  complicirter  ber  ®egen|ianb  iji,  loie 
g.  S3.  baS  ßeben,  ber  Staat  u.  f.  f.,  um  fo  fd&ioieriger  ifi  feine  Definition, 
unb  um  fo  mel^r  Definitionen  ftnb  möglidg;  benn  bie  Stanbpunfte, 
unter  benen  ber  Segriff  eines  fold^en  ©egenfianbeS  aufgefaßt  unb  be* 
ftimmt  loirb,  ftnb  fo  Derfd^ieben,  tt)ie  bie  anal^tifd^en  äBege,  loeld^e  gu 
jenen  @tanbt)un!ten  gefül^rt  l^aben.    Die  ®eometrie  l^at  gut  befintren, 

1  »b,  V.  A.  S)ie  3bce  beS  SBaÖten.  ©.  268.  —  «  Cbenbttf.  dcop.  II.  S)ic 
3bee  ber  «tlernitnift.  6.  255-266.   (6.  258  u.  259.) 

86* 


564  ^ie  Seigre  üom  SBegtiff. 

ba  fte  einen  fo  abflraden  ©egenflanb  l^at,  tote  ben  Staunt;  ba  ftnb 
bte  nad^fie  ©attung  unb  bte  fpectftfd^e  2)tfferen3  leidet  gu  beßtmtnen, 
n)ie  3.  93.  baS  Ouabtat  tioUIotnnten  etflärt  x%  tomn  eS  als  ein  xtd^t' 
loinlligeS  gleid^feitiged  ^araUelograntnt  befinirt  toitb.  dagegen  ^at 
bie  ^l^itofo^l^ie  bor  allen  S)ingen  bie  9lot]^n)enbig!eit  il^rer  (Segen» 
fiAnbe  barjutl^un,  loeSl^alb  n)ebet  bie  anal^tifd^e  nodg  bie  f^ntl^etifii^e 
SRetl^obe  fid^  ffir  jte  eignen.  ©leid^tool^l  ift  bie  leitete,  insbefonbere 
bie  geomettifd^e  SRetl^obe  nad^  bem  33or6iIbe  beS  @uIIibeS  auf  fte  an- 
gemenbet  U)otben.  S)a8  berfll^nttefte  Seifpiel  biefer  3(tt  giebt  €)>ino)a. 
,,3n  feinen  S)eftnitionen  ift  ba§  @))eculatit)fle  entl^alten,  aber  in  ber 
tjfornt  Don  SSerfid^erungen.    S)affelbe  gilt  bann  audg  Don  Sd^etting.'*^ 

2)ie  geometrifd^en  @ft^e  ftnb  f^ntl^etifd^,  bie  arit^ntetif^en  aber 
feien  anal^tifd^,  toftl^renb  jtant  biefelben  mit  Unred^t  aud^  für  f^n* 
tl&etifdö  erllftrt  ^abe,  »ie  ben  @a^  5  +  7  =  12;  l^ier  fei  Dom  ©ubjcct 
gum  ^rAbicat  !ein  f^ortgang  gu  ettt)a§  ^nberem,  fonbern  baS  ^t&btcat 
12  entftel^e  auf  bemfelben  SBege  unb  burd^  biefelbe  Operation,  toie  im 
€ub][ect  5  unb  7,  biefe  entfiel^en  burd^  bie  $lbbition  ber  Sin^eiten, 
ba§  ^rftbicat  entfielet  auf  biefelbe  9lrt.  S)ort  toirb  abbirt,  l^iet  mitb 
fortabbirt.  „^ier  ifl  im  ©eringjicn  fein  Uebergang  ju  einem  Snbetn, 
eS  iji  ein  btofee«  fjortfe^en,  b.  1^.  SBiebcrl^oIen  berfelben  Operation, 
burd^  toeld^e  5  unb  7  entftanben  ift."^  UebrigenS  l^at  ^egel  in  ben 
S(nf fingen  feiner  9laturp]§iIofopl^ie  gu  betoeifen  gefud^t,  ba§  aui^  ber 
geometrifd^e  @a|,  nadg  toeld^em  bie  gerabe  Qinie  al§  ber  Ifirgejle  Sßeg 
Stoifd^en  göJei  Jpunften  erflärt  toirb,  nid&t  f^ntl&etifd&,  fonbern  Qna= 
ft)tifd6  fei.' 

®ie  f^ntl^etifd^e  SOletl^obe  fd^reitct  oon  ber  Definition  jur  ©ins 
tl^eilung  fort,  bereu  ®runb  nid^t  Augerlid^,  toiHIfirlid^  unb  ffinfllid^ 
fein  barf,  fonbern  au8  ber  ©ad&e  felbfl  l^erDorge^t,  benn  ber  ©egriff 
toirb  nidgt  eingetl^eilt,  fonbern  tl^eilt  fid^  felbft  ein,  toie  baS  Sdlgemeine 
fidg  felbft  befonbert:  bann  folgen  nadg  bem  ®ange  ber  äJlet^obe  bie 
eingelnen  concreten  SBal^rl^eiten,  bie  Orbnung  ber  ßel^rfa^c,  bcren  ieber 
betoiefen  fein  toiff.  S)er  Setoei«  ift  bie  Ie|te  ©tufe  ber  f^ntl^ctifdben 
SJtet^obe  unb  bamit  bie  l^öd^fie  Seijtung  beS  enblid^en  Srfennens 
überl^aupt.  jtraft  beiS  'BetoeifelS  foll  bie  SBal^rl^eit  bem  Subject  ate 
eine  not^toenbige  einleud^ten:  bamit  erl^ebt  ftd^  aus  bem  $roceffe  beS 


1  »b.  VI.  §§  228  u.  229.  3uf.  6.  399-401.  -  »  ob.  V.  a.  S)a8  anQl^tif^e 
«ilennem  ©.270-279.  (6. 274-276.) -» S3b.  VII.  «bt^Iö.I.  §256.  6. 49  u.  50. 


2)ie  3bee.  565 

enbltd^en  (£r!ennett8  bie  ^bee  ber  9tot]^kDenbig!ett.  SDer  $roceg 
beginnt  bamit,  bag  ber  ^nl^dt  als  ein  gegebener  ober  Dorgefunbener 
genommen  nnb  anal^tifd^  bel^anbelt  loirb;  er  enbet  bamit,  bog  biefer 
^riffalt  nid^t  als  ein  gegebener,  fonbern  ote  ein  notl^koenbiger  gilt. 
„^n  ber  Slotl^koenbigfeit  als  foldger  l^ot  baS  en.blt$e  @r!ennen  felbft 
feine  SSoroulSfe^ung  unb  ben  9lu8gQngS))unft,  boS  SSorfinben  unb 
®e  geben  fein  feines  Snl^altS,  üerlaffen.  2>ie  9{ot]§n)enbtg!eit  als 
fold^e  ifl  an  fidg  ber  fidg  auf  fidg  bejiel^enbe  S9egriff.  2)ie  fubjiectiDe 
S^bee  ift  fo  an  ftd^  ju  bem  an  unb  für  fid^  SBeflimmten,  Slxä^U 
gegebenen,  unb  bal^er  bemfelben  als  bem  Subjecte-Srnmanenten 
gefommen  unb  gel^t  in  bie  3bee  beS  äBoIIeng  flber/^ 

2.  S)ie  3bee  be«  ®uten,* 

9{uS  ber  Sbee  ber  9iot]^n)enbig!eit,  toie  in  ber  Sinffll^rung  unfereS 
britten  ^aupttl^eils  auf  bem  Uebergange  Don  ben  ^Begriffen  beS  SBefenS 
gu  benen  beS  SSegriffS  fd^on  gegeigt  loorben  ift,  erl^ebt  fid&  bie  3bee 
ber  Ofteil^ett,  meldte  gufammenfallt  mit  bem  @eIbftbekDU^tfein,  ber  @ub- 
jiectit)ität,  bem  93egriffe  beS  93egriffS  im  eigentlid^en  ©inne  beS  SBortS. 
„2)ie  @))l^dre  ber  9totl^kDenbig!ett  ifi  bie  l^öc^fte  @))i^e  beS  @einS  unb 
ber  9tefIe£ion;  fie  gel^t  an  unb  für  ftd^  felbft  in  bie  Of^eil^eit  bed  ä3e- 
griffe,  bie  innere  3bentit&t  gel^t  in  il^re  ÜRanifeftation,  bie  ber  93egriff 
aU  93egriff  ift,  über.  SBie  biefer  Uebergang  aus  ber  Spl^dre  ber 
Siotl^ioenbigfeit  in  ben  Segriff  an  fi(6  gefd&iel^t,  ift  bei  SBetratfetung 
ber  erfteren  gegeigt  loorben,  fo  loie  er  aud&  als  bie  ©enefis  beS 
SBegriffS  fid&  bargeßettt  l^at.  „^it  3bee,  infofern  ber  SSegriff  nur 
für  fi(6  ober  an  unb  für  ftd^  beftimmt  ift,  ift  bie  ))ra!tifd&e 
3bee,  bas  ^anbetn."®  «3n  ben  S5orIefungen  (enc5Hoi)dbifd6e  ßogi!) 
erltftrt  ^egel  benfelben  Uebergang  in  folgenber  SBeife:  „2)ie  9tot]^- 
n)enbig!eit,  gu  toelc^er  baS  @r!ennen  burd^  ben  SSeloeiS  gelangt,  ift  baS 
©egentl^eil  oon  bem,  toaS  für  baffelbe  ben  ^uSgangS))un!t  bilbet.  3n 
feinem  9[uSgangS))un!t  l^atte  baS  Sriennen  einen  gegebenen  gufftUigen 
Snl^alt;  nunmel^r  aber,  am  @d^Iug  feiner  SSemegung,  loeig  eS  ben 
3n]^att  als  einen  notl^toenbigen  unb  biefe  Stotl^ioenbigfeit  ift  burd^  bie 
fubjectiöe  Sl^ätigleit  Vermittelt,  ßbcnfo  toar  gundd&fi  bie  ©ubjectiöitdt 
gang  abftract,  eine  bloge  tabula  rasa,  mol^ingegen  biefelbe  fi((  nun- 

»  m,  VI.  §  283.  ©.  405.  —  « fflb.  V.  B.  SJte  3bee  beS  ®uten.  ®.  810-317. 
—  »  «Ibenbaf.  6.  309  u.  810.  SBgl.  biefe«  gSßer!.  »u*  II.  6o|).  XX.  6.  527 
bt«  529. 


566  2)te  Seilte  »om  iBegttff. 

tnel^r  als  befltmmenb  emeift«  Sterin  aber  liegt  bei  Uebergang  t^on 
ber  3bee  beS  (£r!ennenS  }ur  3bee  be$  SßoQenS.  SDiefer  Uebersang 
befielet  bann  nä^er  barin,  bag  bad  StUgemeine  in  feinet  Sßal^rl^eit  ati 
€ubiectit)itdi,  als  ftd^  bett)egenber,  tl^dtiger  unb  93eftimmungen  fe^enbet 
»egriff  aufgufaffen  ifi/^ 

Sflunmel^r  gilt  bte  Sf^^eil^^it  als  ber  abfolute,  in  ber  SBelt  auSiu^ 
f&l^renbe  S^^d,  b.  1^.  als  bte  3bee  beS  ®uten,  toeld^er  bte  £)6= 
iecüDitdt  gegenüberfle^t  folDol^I  in  il^rer  9%td6tig!eit,  ha  fte  bte 
unmal^re,  ber  3bee  bSDig  inabftquate  SStrHid^Ieit  ift,  atS  aud^  in  ibrei 
UnflberttinbUd^Iett,  ba  fie  ber  SluSfül^rung  ber  3bee  beß&nbtg 
kotberflrebt  unb  biefelbe  Derl^tnbert.  3n  biefen  beiben  ber  Dbjecttüitdt  }u= 
gefc^riebenen,  einanber  entgegengefe^ten  SSertl^en  liegt  ber  3Biberf{)ru4 
koeld^er  ber  ))ralttfdgen  3bee,  ber  ^bee  beS  ®uten  unb  beS  SBoIlenS  in^ 
iDol^nt:  er  liegt  in  beut  ie|t  auf  baS  ^öd^fte  gef))annten  ®egenfa|e  itoi^äiett 
ber  ©ubjectiöitdt  unb  ber  DbjectiDitdt,  jtDifd6en  bem  ©elbflbemufetfcin 
unb  ber  SBelt.  §egel  Iftat  fid&  barüber  in  feiner  ßogil  ntrgenbs  fo 
!(ar  unb  beutlid^  au8gef))rod&en,  als  in  folgenben  €teDen.  „fB&i^xtnh 
es  ber  Sntettigenj  nur  barum  ju  t^un  ifl,  bie  SEBelt  fo  gu  nel^men, 
n)ie  fie  ifl,  fo  gel^t  bagegen  ber  i&iUt  barauf  auS,  bie  SSelt  erfi  gu  bem 
gu  maä^zn,  loaS  fie  fein  foll.  S)aS  Unmittelbare,  baS  S^orgefunbene 
gilt  bem  SEBiUen  nid&t  olS  ein  fefteS  ©ein,  fonbem  nur  als  ein  ©^etn, 
als  ein  an  fid^  9tidgtigeS.  Ss  !ommen  ^ier  bie  SBiberfpräd^e  Dor,  in 
benen  man  fid^  auf  bem  @tanbt)un!te  ber  9RoraIitdt  herumtreibt.  & 
ifl  bieS  fiber]^au|)t  in  ))ra!tifdger  SBegiel^ung  ber  €tanb))un{t  ber 
f antifdgen  unb  audg  no$  ber  f id^tef dgen  $l^itofot)]^ie.  S)aS  ®ute  foH 
realifirt  toerben,  man  l^at  baran  gu  arbeiten,  unb  ber  SiDe  i{l  nur  baS 
ftd^  betbdtigenbe  ®ute.  SBdre  bann  aber  bie  Seit  fo,  loie  fie  fein  foff, 
fo  fiele  bamit  bie  S£]^dtig!eit  beS  SßillenS  l^intteg.  3)er  SSiDe  forbeit 
atfo  felbfl,  bafe  fein  3»edE  audfe  nid^t  realifirt  »erbe,  ©ie  ßnbUcftfett 
beS  SSiUenS  i^  bamit  richtig  auSgef))tO(^en.  93ei  biefer  <^blid^!eit  ifl 
bann  aber  nidfet  flel^en  gu  bleiben,  unb  ber  ^ßrocefe  beS  SBillenS  fettjl 
i|l  es,  tt)oburd&  biefelbe  unb  ber  in  ibr  entl^altene  SBiberfprud&  ouf« 
gel^oben  »irb.  S)ie  SJerföl^nung  bejiel^t  barin,  bafe  ber  SBille  in  feinem 
giefultat  gur  SSorauSfe^ung  beS  (SrfennenS  gurüdftel^rt,  fomit  in  ber 
Sinl^eit  ber  tl^eoretifd^en  unb  ))ra!tifdgen  3bee.  SDer  SßiQe  toeig  beti 
Srotd  als  baS  ©einige,  unb  bie  3nteQigeng  fagt  bie  äßelt  als  ben 


'  ^egel.  9Ber!e.  fdb.  VI.  §  232.  Sufa^.  B,  405. 


J 


^ie  9bee.  567 

toirllidgen  S9egriff  auf.  2>ie8  ijt  bie  toal^tl^afte  Stellung  beS  Der- 
nfinfiigen  SrIennenS.  S)a8  üflid^ttge  unb  93erfdgkDtnbenbe  madgt  nur 
bie  Oberflad^e,  nidgt  baS  toal^tl^afte  SBefen  ber  SBelt  au8.  S)tefe8  ifi 
bei  an  unb  ffir  fid^  feienbe  Segriff,  unb  bie  SBelt  ifi  fo  felbfi  bte 
3bee.  2)q3  unbefrtebigte  ©treben  Derfcigtoinbet,  toenn  iDtr  erlennen, 
ba^  ber  SnbjtDedE  ber  SBett  ebenfo  DoDbradgt  x%  aU  er  ftdg  eti)ig  DoD«» 
bringt  2>ie8  ijl  ttber]^au))t  bie  Stellung  beS  äJlanneS,  toAl^renb  bie 
Sugenb  meint',  bie  Sßelt  liege  fdgled^tl^in  im  %rgen,  unb  eS  mflffe  au$ 
berfelben  erft  ein  gang  Ruberes  gemad^t  merben.  5Do8  religiöfe  93e= 
tDu^tfein  betrad^tet  bagegen  bie  SBelt  als  burd^  bie  göttlid^e  93orfe]§ung 
regiert  unb  fomit  aU  bem  entf))redgenb ,  maS  fie  fein  foH.  SDiefe 
Uebereinflimmung  öon  ©ein  unb  ©offen  ifi  inbe§  nid^t  eine  erftarrtc 
unb  proceglofe;  benn  baS  ®ute,  ber  Snbjmed  ber  SBelt,  ijt  nur,  in- 
bem  es  fid&  jtets  l^erDorbringt,  unb  jtoifd&en  ber  geifligen  unb  natür» 
lid^en  Seit  befielet  bann  nod^  ber  Unterfdgieb,  bag,  »dl^renb  biefe  nur 
beftdnbig  in  fid^  felbft  gurfidflel^rt,  in  jener  afferbingS  oudg  ein  iSoxt^ 
fd6reiten  ftattfinbet/ ^ 

SBir  erinnern  uns,  ha%  $eget  fd^on  in  ber  ^l^ftnomenologie  beS 
©eifteS  biefen  $un!t  fel^r  auSfü^rlid^  bel^anbelt  unb  bie  SSiberf))rfic6e 
.»ber  morolifd^en  SBettanfd^auung"  in  befonberem  ^inblidE  auf  bie 
{antifd^e  $^iIofot)]^ie  mit  affer  et)igrammatifdgen  ©dgirfe  bloßgelegt 
^at.  6r  felbfi  begiel^t  fid^  auf  feine  bort  gegebenen  SluSfäl^rungen 
gurudC.* 

S)ie  3bee  beS  SBal^ren  ifi  bie  Srfenntnig  ber  SBelt,  U)ie  fie  in 
SBirfltd^Ieit  ift,  bie  SBirüidgleit  fo  Derftanben,  »ie  bie  Sogi!  il^ren 
Segriff  genommen  unb  fefigeflefft  l^at.  3n  SBal&rl^eit  ijl  bie  SBett 
niemals  fertig  unb  abgefd^Ioffen,  fonbem  in  befl&nbiger  SntioidEelung 
begriffen,  beren  3i^I(  itt  i^^  f^Ibft  entl^atten  unb  angelegt  finb.  2)ie 
3{ufgaben  ber  SBett  gel^ören  aud^  }u  il^rer  SBirllid^feit,  unb  jioar  im 
eminenten  ©inne  beS  SBortS.  ^l^r  ©offen  gel^ört  ju  il^rem  ©ein. 
SBaS  fie  fein  toirb  unb  fein  foff,  ttegt  tief  begrünbet  in  bem,  »aS  fie 

1  »b.  VI.  §  234.  3uf.  6.  406  u.  407.  »ftl.  fflb.  V.  ©,  812-315.  — 
>  tiefes  Qixiat,  baS  notürli^  nut  bie  CtiginalauSfiabe  ber  $6&nomenoIogie  t)om 
3a^re  1807  t)or  Slugen  l^abeit  lonnte,  l^ot  ber  Herausgeber  gebanfenloferioeife 
{leiten  laffen.  S)er  Sefer  fu^t  baS  Citat  in  SBb.  II  ber  ^efammtauSgabe  unb 
lommt  bei  einer  gans  falf^en  6telle  an.  Um  ben  Sefer  su  orientiren,  fo  fu^e 
er  bie  €tette,  loel^e  ^egel  als  6. 453  flgb.  begeid^net,  S9b.  II.  @.  548—581,  lie 
l^anbelt  t)on  .ber  inoraIif4en  SS^eltanf^auung'  unb  ber  barin  enthaltenen  .SBer- 
nettung'.    SBgl.  biefeS  mein  Sßerf.  »u4  n.   (S^ap.  XL  6.  400-407. 


568  2)te  IBel^te  üom  Begriff. 

toax  unb  ift.    ^afftx  ifl  bte  3bee  beS  ®uten  eines  mit  ber  3bee  beS 
SBo^ren.^ 

3.  2)ie  abfolute  Sbee. 

S)iefc  ßinl^cit,  bie  3bentität  ber  tl^eoretifd^en  unb  ))tQftifd^ 
3bee,  iji  bte  abfolute  3bee,  bie  Ie|te  unb  ]§öd6fte  aller  ßategorieti,  ber 
erfülltefte,  barum  concrctefie  ollcr  Segriffe,  tteld&en  ^egel  als  folii^en 
bie  concrete  Stotalitöt  nennt.  S)a  alle  frül^cren  Segriffe  in  i^m 
aufgel^obene  aJlomente  jtnb,  fo  ift  fein  Snl^alt  baS  Softem  ber  ßogif. 
2)ie  abfolute  ^bee  ifl  gleid^fam  baS  @:om))enbium  beS  (Sangen.  SBenn 
man  biefelbe  auflöfi,  fo  »irb  man,  auf  anal^tifd^em  SQBege  rfitoarts 
fd^reitenb,  bie  georbnete  Steil^enfolge  f&mmtlid^er  Kategorien  bis  ju  ber 
erflen  unb  ärmfien,  bem  Segriffe  beS  unmittelbaren  ©eins,  barauS 
loieber  l^erborgel^en  laffen,  unb  aus  biefem  Segriffe  toirb  man,  auf 
f^ntl^etifdgem  SBege  t)ortt)irtS  fd^reitenb,  burd^  bte  georbnete  Sleil^enfolge 
fämmtlicfeer  Äategorien  toieber  gu  ber  ftöd^ften  unb  reid^flen,  bem  S3e= 
griffe  ber  abfoluten  3bee,  gelangen.  SBaS  in  ber  Xiefe  beS  anfangs 
unenttoiäelt  fdglummert,  baS  ift  in  ber  QixUt  beS  @dg(uffeS  gu  gebiegener 
Steife  enttoidelt.  S)al^er  ift  jeber  ©dferitt,  toeld^cn  bie  ßogif  in  metl^obifc^er 
SBeife  tl^ut,  eine  l^erDorl^ebenbe  Sertiefung  in  ben  Anfang  unb  eine 
DortoirtS  gerid^tete  (Srl^ebung  gum  SiA:  er  ift  beibeS  gugleid^.  „Sluf 
biefe  SBeife  ift  eS,  bag  jeber  @d&ritt  beS  OrottgangS  im  SBettet^ 
beftimmen,  inbem  er  Don  bem  unbeftimmten  Anfang  fid^  entfernt,  oud^ 
eine  StüdEannäl^erung  gu  bemfelben  ift,  bag  fomit  baS,  maS  gunöc^ft 
als  berfd^ieben  erfdgeinen  mag,  baS  rüdEtoärtS  ge^enbe  Segrünben 
beS  anfangs  unb  baS  borte&rtS  gel^enbe  SBeiterbeftimmen 
beffelben  in  einanber  faßt  unb  baffclbe  ifl."  Son  biefem  ^ortfc^reitcn 
beS  Segriffs  fagt  ^egel:  „SS  erl^ebt  auf  jebe  ©tufe  toeiterer  a3e= 
ftimmung  bie  gange  SOtaffe  feines  Dorl^ergel^enben  ^nl^alts,  nod^  lagt 
es  etn)aS  bal^inten,  fonbern  trftgt  aQeS  erworbene  mit  ft((  unb  be^^ 
reid&ert  unb  öerbid^tct  fid&  in  fid&".* 

S)iefe  (Sin^eit  ber  anal^tifd^en  unb  f^ntl^etifd^en  SRet^obe  ift  bie 
bialeltifdge  äJletl^obe,  tt)etc^e  ^egel  bte  abfolute  nennt,  inbem  et 
auf  baS  Sorbi(b  $IatoS  l^inmeift,  teeld^en  2)iogeneS  SaertiuS  als  ben 
Urheber  ber  2)iale!ti!  begeidgnet  l^abe,  tt)ie  ben  £]§aIeS  als  ben  ber 
9iatur})]^iIoforti«  wnb  ©olrateS  als  ben  ber  3JloraL    3)ic  mobeme 


»  »b.  V.  c.  3)te  abfolute  Sbee.  6.  817-343.  ob.  VI.  §§  236-244.  ©.  408 
bU  414.  -  «  »b.  V.   e.  339. 


S)te  3bee.  569 

3neta))]^^ftt  tote  bie  ^o))u(art)]§iIofo))]^te  fotool^I  in  ber  alten  al^  in  ber 
neuen  3ett  l^aben  ben  SEBertl^  unb  bie  JBebeutung  ber  S)ialeftif  nid5t 
gu  er{ennen  Dermodgt  unb  barum  Derfannt  unb  abfd^A^ig  beurtl^eilt.  ^ 

2)et  Snl^att  ber  abfoluten  3bee  ift  baS  Softem  ber  Sogü,  il^re 
f)form  ift  bie  bioleltifd^e  SJletl^obe,  t>on  ber  »ir  gu  mieberl^olten  malen 
gang  im  Sinne  ^egeld  fd^on  erlldrt  l^aben,  bag  fie  mit  bem  Snl^alt 
ibentifd^  fei.  SBa3  bal&er  ^egel  unter  bem  Segriff  unb  SHamen  ber 
abfoluten  3bee  oerfiel^t  unb  bel^anbelt,  ifi  nidgts  anbereS  als  baS  äSefen 
ber  biale!tifd&en  SDIetl^obe,  bie  in  ber  ^Darlegung  unb  ^uflöfung 
ber  ben  ^Begriffen  intool&nenben  SBiberfprüd&e  befielet.  „Unb  »a«  bie 
Seifpiele  öon  Setoeifen  l&iergu  betrifft,  fo  befielt  bie  gange  ßogif 
barin/'* 

S)er  Segriff  loirb  beftimmt,  ber  in  i^m  entl^altene  Siberfprud^ 
loirb  bargetl^an  unb  aufgelöft:  bieS  finb  bie  brei  äJlomente,  meldte  ben 
@ang  ber  biale!tifd^en  3Jttifjobz  begeidgnen.  2)aS  erfte  ifl  bie  @e^ung 
beS  Begriffs,  baiS  gmeite  ber  2Biberf))rud^  (Sntgegenfe^ung),  baS  britte 
bie  Sluflöfung;  baS  erfte  SJtoment  i^  bie  ^ofition,  baS  gioeite  bie  erfte 
9legation,  ba§  britte  bie  gmeite  9legation,  moburd^  bie  ^ofition  auf 
einer  l^öl^eren  ©tufe  toieberl^ergefleDt  ttirb.  S)er  ^ortfd&ritt  gefd&iel^t 
burd^  biefe  brei  äJlomente,  burd^  biefe  gmei  9legationen,  burd^  bie 
9legation  ber  Slegation,  n)eiS^alb  ^egel  bie  3Jlet^obe  ber  S)iate!tif  audg 
bie  ber  abfoluten  9legatit)itit  genannt  ]§at.  (£r  l^at  bie  2)rei]^eit  ber 
3Jlomente  ober  beren  S)reifaltigleit  (ba  fie  in  ber  Sinl^eit  gufammen- 
gefagt  finb)  als  bie  „S£ri))licitit''  ber  SJtetl^obe  begeidgnet,  meldte, 
ba  baS  gtoeite  ÜJloment  in  ber  €ntgegenfe^ung,  alfo  in  einer  S^cil^eit 
t)on  aWomenten  befielet,  aud&  SBierfaltigleit  ober  „£luabru})licitdt" 
]§eigen  lönne.  9lur  möge  man  biefe  £n))licität  u.  f.  f.  begrifflich,  nid^t 
fc^ematifd^  bclganbeln  unb  fiatt  ber  2>ialeftil  nidgt  blog  @onftructionen 
geben,  »aS  $egel  mit  93itterleit  tabelt,  lool^l  im  ^inblidE  auf  ba$ 
treiben  ber  bamaligen  natur))l^ilofo4>]^ifd^en  @d^ule.  „2)er  ^ormalis« 
muS  l^at  ftd^  gtoar  ber  S£ri))licit&t  gleid^faQs  bemddgtigt  unb  fid^  an 
baS  leere  ©d^ema  berfelben  gel^alten;  ber  feid^te  Unfug  unb  baS  Aable 
beS  mobernen  ))]^ilofo))]^ifdgen ,  fogenannten  @onftruiren§,  baS  in 
nidgts  befielt,  als  jenes  formelle  @d&ema  ol^ne  93egriff  unb  immanente 
93eftimmung  überall  angul^Angen  unb  gu  einem  dugerlid^en  Orbnen  gu 
gebraud^en,  l^at  jene  Oform  langtoeilig  unb  übel  berüd^tigt  gemad^t. 


Sbenbaf.  @.  326.  -  >  Sbenbaf.  6.  330. 


570  Sie  Seilte  bom  SBegrtff. 

2)urd^  bte  ©dgaall^eit  biefeS  ©ebraud^d  aber  !ann  fte  an  il^tem  inneren 
SBertl^e  nii^t  t)etlieten,  unb  ei  iji  immer  l^od^  au  fd^ft^en,  bag  aunöc&fl 
audb  nur  bte  unbegriffene  (Beflalt  beS  93ernflnftigen  aufgefunben/ ^ 

Um  aber  baS  ä^ernflnftige  in  feiner  begriffenen,  beutltd^en  (Seftatt  mit 
beutfd^em  Flamen  }u  bejeid^nen,  fo  ifi  bie  2)iale!til  im  @eifte  ^egete  nichts 
anbereS  ate  bie  3Ret]^obe  ber  SntiDidEIung,  rein  begrifftidb  ober 
logifdö  gefagt  3n  iebem  ©tufengange  ifl  bie  l^öl^ere  Stufe  bie 
äBiberlegung  unb  äSerneinung  ber  nieberen,  »eld^e  felbfl  bie  SSibei» 
legung  unb  ä^erneinung  einer  nod^  niebrigeren  toax.  !Dlan  !ann  nicbt 
Äinb,  Änabe,  3flngKng,  SDlann  u,  f.  f.  »erben,  ol^ne  fidft  enttoirlett,  b.  ^. 
bie  30tet^obe  ber  abfoluten  9}egatit)ität  ausgeübt  }u  l^aben.  S)er  3n- 
l^alt  ber  abfoluten  3bee  ifl  baS  Softem  ber  ßogü,  b.  i.  ber  SBegriff 
ber  (Sntmidlung;  bie  Ororm  biefeS  @^ftem$  ijl  bie  SRetl^obe  ber  Snt* 
midlung.  3Ba8  entföidelt  U)irb,  ifl  ber  93egriff  ber  Dernunftgem&gen 
(Snttoidlung  felbft:  bie  9}oIIenbung  biefeS  93egriffd  ift  bie  abfolute 
3bee.  Sir  l^aben  in  bem  9}erlauf  ber  frül^eren  2>arfteIIung  ftberoD« 
too  fidg  ber  ^nlag  bot,  fc^on  barauf  l^ingemiefen.' 

2)ie  abfolute  3bee  ifl  )u  betradgten  nic^t  etioa  nur  als  baS  3iel 
unb  bie  le^te  Station,  »eld^e  man  enblid^  gewonnen  Igat,  unb  too 
man  t)on  ber  Steife  auSrul^t,  fonbern  biefeS  3tel  ifl  ber  gange  $roceg 
ber  (Sntloidlung  in  allen  i^ren  aJlomenten,  bie  Steife  nid^t  um  ber 
Snbftation,  fonbern  um  il^rer  felbft  »iDen,  koie  jebe  loal^rl^aft  belel^renbe 
unb  befrud^tenbe  Steife  eine  fold^e  ®eltung  in  Slnfprud^  nimmt  unb 
l^at.  2)aräber  l^at  fi^  ^egel  mit  aUer  toftufd^ensmertl^en  2)eutlid^(eit 
auSgefprod^en.  SBftre  es  il^m  nur  Vergönnt  getoefen,  bie  gmeite  9(uS^ 
gäbe  ber  beiben  legten  ^aupttl^eile  feiner  fiogil,  ndmlid^  ber  ßel^re 
Dom  SBefen  unb  Dom  SSegriff,  auszuführen  unb  mit  gleid^er  2)eutltc^ 
{eit  gu  bel^anbeln.  „SSenn  Don  ber  abfoluten  3bee  gefprod^en  n)irb'', 
fagt  ^egel,  „fo  !ann  man  meinen,  l^ier  mxbz  erft  baS  Sterte  !ommen, 
l^ier  muffe  fic^  aKeS  ergeben,  ©el^altlos  beclamiren  fann  man  allere 
bingS  über  bie  abfolute  3bee,  in  baS  SBeite  unb  SSreite;  ber  maf^xt 
3nl^alt  ijt  inbeg  !ein  anberer  als  baS  gange  Softem,  beffen  Sntmd- 
lung  »ir  biSl^er  betrad^tet  l^aben/  ..ßbenfo  Derl^dlt  eS  fid^  bann  audb 
mit  bem  menfd^lid^en  fieben  fiUxfiavLpt  unb  ben  93egebenl§eiten,  bie  ben 
3n^alt  beffelben  auSmad^en.    Sllle  Slrbeit  i{t  nur  auf  baS  3iel  gerichtet, 

1  QEbenbaf.  &  383  u.  334.  —  >  »gl.  biefeiS  SOßet!.  »u4  H.  ^p.  I.  €.  219 
bU  231.  Sap.  V.  e.  292fl0b.  6.  300—804.  Sap.  VI.  6.  310  u.  811.  (Eap.  XIII. 
€.439-442.   Cap.  XVI.    ©.486-488. 


2)ie  3bee.  571 

unb  iDenn  bieS  ettetdgt  tfli  fo  ijl  man  t)etn)unbert,  nid^ts  anbeteS  ju 
finben,  aU  eben  ba8.  008  man  tDoUtt.  2)a8  3ntete{fe  liegt  in  ber 
ganjen  Seoegung.  Sßenn  ber  ÜJlenfd^  fein  Seben  Derfolgt,  bann  !ann 
xf^m  bQ9  Snbe  aU  U^x  befd^tAnÜ  erfd^einen,  aber  ber  gange  decursus 
vitae  iji  c8,  »eld6er  batin  jufammengenommen  ifl,  —  @o  ift  benn 
au(i&  ber  ^nl^alt  ber  abfotuten  ^bee  bie  gange  SluSbrettung,  bie  to)ir 
btSl^er  t)or  uns  l^atten.  S)aS  Se^te  ifl  bie  Sinfid^t,  bag  bie  gange 
Entfaltung  ber  Snl^alt  unb  baS  Sinteteffe  auftmad^t.  Sßeiter  ifl  bied 
bie  ))]^iIofo))l^tf(^e  S(nfid^t,  bag  Sllles,  xoafi,  fflr  fid^  genommen,  als  ein 
Sefd^rSnUeS  erfd^eint,  baburd^  feinen  Sßertl^  erl^dlt,  bag  ed  bem  ®angen 
angel^ört  unb  SDloment  ber  3bee  ift.  @o  ift  eS,  bag  mir  ben  ^nlgalt 
gel^abt  l^aben,  unb  n)aS  toir  nod^  ]§aben,  baS  ift  baiS  SBiffen,  bag  ber 
3n]^aU  bie  lebenbige  Sntmiälung  ber  3bee  ift,  unb  biefer  einfädle 
Stüäblid!  ifl  in  ber  Oform  entl^alten.  Sine  j[ebe  ber  bidl^er  betrad^teten 
Stufen  ift  ein  93ilb  beS  9lbfoIuten,  aber  gunid^ft  in  bef(^rdn!ter  SSeife, 
unb  fo  treibt  fie  fid^  fort  gum  ®angen,  beffen  Entfaltung  basjjenige 
ift,  oaS  n)ir  als  9Retl^obe  begeid^neten."^ 

SDaS  Srfennen  unb  bai  SBoQen,  bie  3bee  beS  Salären  toie  bie 
beS  (Buten,  bie  t^eoretifc^e  U)ie  bie  praltifdge  3bee  finb  SBett!ategorien, 
bie  gum  äBefen  unb  93egriffe  ber  SBir!Iid6!eit  gel^oren,  toa9,  toie  id^ 
meine,  bie  l^eutige  Seit  nid^t  mel^r  Dertounbem  fo8te,  nad^bem  fte  in 
ber  gtt)eiten  ^Alfte  unfere9  3a]^r]§unberti$  ein  Softem  in  {tdg  auf« 
genommen  ]§at,  »eld^ei»  aus  biefen  beiben  $dlf ten  befielet:  ,,bie  SBelt 
als  ä^orflellung''  unb  „bie  SBelt  als  äBille"  obej:,  um  beibeS  in 
Einem  gu  fagen:  „bie  Seit  als  ^bee",  loaS  nid^ts  anbereS  bebeutet, 
ats  bag  bie  Sßelt  einen  il^r  inmol^nenben  EnbgtoedE  l^at,  ben  fie  auS- 
fül^rt,  nid^t  erfi  ie^t  ober  !ünftig,  fonbem  Don  Emig!eit  l^er.  „S>er 
Segriff  ift  nid&t  nur  Seele,  fonbern  freier  fubjectiöer  SBcgriff,  ber  für 
fid^  ift  unb  bal^er  bie  $erf önUdg!eit  l^at,  —  ber  ))raltifd&e,  an  unb  fflr 
fid&  beflimmte,  objectiDe  93egriff,  ber  als  ^Perfon  unburd^bringlid^e, 
atome  SubiectiDitAt  ift,  —  ber  aber  ebenfo  fel^r  nid^t  auSfc^Iiegenbe 
Eingeln^eit,  fonbern  fflr-  fid^  ^Ilgemeinl^eit  unb  Er!ennen  ift  unb 
in  feinem  Snbem  feine  eigene  ObjlectiDitdt  gum  @egenftanbe  l^at. 
MeS  Uebrige  ift  ^rrtl^um,  Zrflb^eit,  äQfteinung,  Streben,  SBiaiflr  unb 
SSergdngUd^feit:  bie  abfolute  3bee  allein  ift  Sein,  untoergdngUd&eS 

'  S3b.  VI.  §  237.  3uf.  6. 409  u.  410.  S3gL  kleine  Sogil  unb  9Reto))]^^ftt. 
(2.  Kuft.)  a3tt4  U.  etilem  ber  ftategotien.  §  184.  S)er  6elbfl)tt>e(f  als  üntiotd* 
lung.  6.534—536. 


572  ^ie  Seilte  k)om  Säegtiff. 

ßeben,  fid&  toiffenbe  SBol^rl^eit  unb  ifi  atle  SBal^rl^eit."^  ^S)tefe 
©inl^ctt  tji  l^icrmit  bic  abfolutc  unb  atlc  SQBal^rl&cit,  btc  fti^  fclBfl 
benlenbe  3bec,  unb  atoor  l^ter  aU  benfenbe,  qI«  Cogifdfte  3bcc/ 
,,SiS]^er  l^aben  iDtr  bie  3bee  in  ber  @ntmt(flung  but(6  tl^re  Detfd^iebenen 
Stufen  l^tnburdg  au  unfetem  ®egenfianbe  gel^abt;  nunmel^r  aber  ift  bie 
3bee  fid&  fettfi  fle9enft&nblid&.  S)icj5  tji  bie  vönjatc  voifjoeco?,  loeliiöe 
fd^ott  9lriflotcIe8  als  bie  l^öd&fie  gorm  ber  3bee  begeidftnet  l^at"* 

3m  amölften  Sudg  ber  anetapl^^ftf  l^at  SlrifloteleS  gefagt,  bog  ®ott 
oIS  bas  DoQtommenfle  unb  befte  aller  Sßefen  auc^  in  ber  DoUIommenflen 
aller  Sl^dtigfeiten  öon  gtoigfeit  l^er  begriffen  fei  unb  ein  felige«  ßcBen 
f flirre;  bie  DoDfommenfte  aQer  Sl^&tigleiten  fei  aber  nid^t  bie  4>raftif4e, 
aud&  nid^t  bie  })oietifd&e,  fonbcrn  bie  tl^eoretifd&e,  b.  i,  baS  S)enlcii, 
unb  guar  balSjentge  S)en!en,  toeld^eS  feinen  anberen  ©egenflanb  ^ahz 
als  nur  fid&  felbfl  (aotöv  äpa  voet,  efjiep  IotI  tö  xpdttoTOv,  xal  lortv  i^ 
vöTjotc  voTijasco?  vöY]ot(;).  ®ie  Uebereinflimntung  gteifd^en  bem  ariftotelifd&en 
Segriffe  ®otted  im  Unterfd^iebe  Don  ber  SBelt,  tt)ie  berfelbe  am  @d^Iuffe  ber 
aWetopl^^fi!  erfc^eint,  unb  bem  l^egelfd^en  SBegriffe  ber  abfoluten  3bee  am 
©d^Iuffe  ber  ßogi!  I^at  bem  ^Pl^ilofopl^en  öorgefd^toebt,  ate  er  fd&on  in  ber 
Einleitung  feiner  ßogil  auf  biefen  gdtt liefen  @]^ara!ter  belS  reinen,  nur 
auf  fid^  felbft  geridgteten  2)en!enS  l^intoieS:  ,,bie  ßogi!  ift  fonad^  als  baS 
@^fiem  ber  reinen  Vernunft,  als  baS  Steidg  beS  reinen  ©ebanlenS  ju 
faffen.  3)iefe8  Sfleid&  ifl  bie  SQSal^rl^eit,  »ie  fie  ol^ne  ^ülle  an 
unb  fttr  fid^  felbft  ift.  aJlan  lann  fid&  bedmegen  auSbrfidEen,  bog 
bicfer  Snl^alt  bie.®arfleUung  ©otteS  iji,  toie  er  in  feinem  etoigcn 
SBefen  Dor  ber  Srfd^affung  ber  9latur  unb  eineS  enblid^en 
©eiftes  ifl."^  Ss  ift  alfo  in  ber  l^egelfd^en  $l^iIofot)]^ie  kool^l  ju 
unterjc^eiben  jmifd^en  bem  SSegriffe  beS  abfoluten,  bem  ber  abfoluicn 
3bee  unb  bem  beS  abfoluten  ©eifteS.  SDer  erfte  begrflnbet  bie  ßel^re 
öon  ber  SBirHid&Ieit,  ber  jtoeite  fielet  am  ©d^luffe  ber  ßogü,  ber  britte 
bilbet  ben  legten  £]^eil  be8  ganjen  @))fiemiS. 

2)a8  SBerben  ber  abfoluten  3bee  jum  abfoluten  ©eift  ift  nun  baS 
Stl^ema  ber  gefammten  folgenben,  auf  bem  @))ftem  ber  ßogif  rul^enben 
$^iIofo))]^ie.  SDie  beftinbigen  SJlittelglieber,  burd^  meiere  biefer  $roce§ 
fid^  DoKaiel^t;  finb  bie  92atur  unb  ber  enblid^e  ©eift,  »eld^er  Untere 
als  ber  fubiectit)e  ober  inbiDibueQe,  als  ber  obiectit>e,  b.  i.  ber  bie  ®e= 

1  C^egel.  SOßerfe.  ®b.  V.  ©.  317  u.  818.  —  «  »b.  VI.  §  236.  3uf.  €.  408. 
—  »  öoßif.  (Ülümberu.  1812):  €inletlunö.  6.  XIII.  (»erlin  1831.)  «inl.  ©.  33. 
9}gl.  biefeS  SBerf.   a9u4  II-   ^Cip'  XIII.   @.  444. 


^te  3bee.  578 

nteinfamlettett  beS  menfd&Iti^en  fiebenIS  geftoltenbe,  unb  als  ber  toelt- 
gcfd^tcfttttd&c  in  bcn  SJöIfem  unb  9leid6en  ber  SBelt  offenbare  ©eift 
(aBeltgeifi)  fiä^  barfleDt  unb  enttotdelt.  3)er  anbegriff  ber  SRatur  unb 
beS  ©etfieS,  beS  enbltd^en  tDte  beS  abfoluten,  ifl  ber  SSeIt))roceg  ober 
bie  aOBcU. 

SBtr  jiel^en  auf  bem  Uebergange  Don  ber  3bee  jur  Sßelt,  unb 
jtoar  aundd^fl  jur  9lotur,  benn  ber  ®etfi  mu§  fidfe  aus  ber  3iatur 
ent))or!fim))fen  unb  enit)ontngen,  um  ju  fein,  toafi  er  ift;  er  mug  gu 
fidö  felbfl  lommen  unb  barum  nid^t  bei  fi(fi,  fonbem  aufeer  fid^  fein 
im  realen  @inne  beS  SßortS.  2)ie  logifdge  3bee  tragt  il^re  gange  Of&Qe 
in  ftd^,  il^rc  ßnttoiiciung  ifl  geitloS,  nid^t  für  un8,  bie  toir  Don  Stufe 
gu  Stufe  aKmil^Iid^,  atfo  geitlid^  fortgefci^ritten  finb,  tool^I  aber  an  ftd^; 
es  ift  in  ber  Sogif,  b.  i.  in  unferer  @ntn)iälung  ber  abfoluten  3bee 
gioar  aud^  Don  9taum  unb  Seit,  Don  ber  SSirüid^Ieit  unb  älealitdt, 
Don  ber  ObjectiDitSt  unb  SSelt  bie  Stebe  gen)efen,  aber  nur  rein  begriffe 
Ud^,  nur  im  SIemente  beS  reinen  2>en!enS,  tt)obei  aUeS  reale  %uger= 
einanber,  alle  ftufeeren  einflüffe,  SRotl^toenbigfeiten  ftufeerer  Slrt  unb 
Suföttigleiten,  bie  nur  auS  biefem  realen  Slufeereinanber  ^erDorgel^en, 
Döllfig  auggefd&Iojfen  pnb  unb  bleiben,  68  ift  ein  großer  Unterfdfeieb, 
ob  id&  ben  Slaum  benfe,  ober  ob  idg  mid^  in  il^m  befinbe  unb  bie 
Sd^ranlen  beS  9taumeS  unb  ber  Seit  gu  tragen,  gu  leiben  unb  gu  fiber- 
loinben  l^abe. 

S33er  biefen  Unterfd&ieb  gtoifdöen  ber  3bee  in  ber  ©eftalt  beS  reinen 
©enlenS  unb  ber  3bee  in  ber  ©eftalt  ber  Sffielt,  biefen  Unterfd&ieb 
gn)ifd6en  bem  logifdgen  ^Proceß  unb  bem  SBeIt))roceg,  gtt)ifd&en  ©ebanlen 
unb  Sachen,  nid&t  gu  Derflel^en  Dermag,  ber  laffe  ftd^  burd&  ©d^iller« 
SQBallenflein  bclel^ren: 

üng  ifl  bie  SOßelt,  unb  bog  (Bel^im  ifl  loeit, 
Seicht  bei  einanber  tool^nen  bie  ©ebonlen, 
^o4  l^art  im  IRourne  flogen  M  bie  ©ad^en, 
aBo  (SineiS  $Iat  nimmt,  mu6  baS  Unbre  rfiden, 
SQ^er  nid^t  vertrieben  fein  toiO,  mug  bertretben, 
2)a  tierrf^t  ber  @treit  unb  nur  bie  ®t&r!e  ftegt.^ 

3Jlan  l^at  ben  Uebergang  Don  ber  logifd&en  3bee  gur  SRatur  unb  Don 

ber  8ogi!  gur  9tatur))]^iIofo))]^te  Don  jel^er  als  eine  ber  fc^mierigften 

©teilen  in  bem  l^egelfd^en  Softem  angefel^en,  loie  fte  benn  eine  ber 
/ 

»  SBattenflein«   Xob.    H.  2.   ».  787—792.   e^iütxi  6.  2Ö.   ^ifl.«!ritif(5c 

9[usgabe.  XII.  6.248. 


574  ^te  Seigre  Dom  S9egriff. 

tntgüerftanbenfien  ifl.  Sßemt  l^ier  Don  einem  ^Uebergange"  bie  Stehe 
fein  foQ,  fo  laffe  man  bie  logifd^e  ^bee,  nid^t  bie  Sogif,  jnr  3latux 
„fibergelen",  bie  ßogi!  aber  gut  Staturpl^ilofopl^ie.  (S8  l^anbelt  ft^ 
um  ben  üermeintUd^en  »Uebergang"  ber  logifdben  ^htt  gut  yiatnx,  man 
fage  nid^t:  „t^on  ber  logifd^en  3bee'\  ba  eS  bann  nid^t  bie2tbee  felbjl, 
fonbem  Dielmel^r  bie  SBiffenfd^aft  berfelben,  b.  1^.  bie  Sogt!  %%  bie  ntd^t 
gut  Statur,  fonbem  }ur  Staturpl^ilofopl^ie  fortgel^i  2)ie  Statur  ift  bie 
materielle,  Uxptilxä^t,  in  9taum  unb  3cit  erfd^einenbe  SBelt.  2)er 
Unterfdäieb  gmifd^en  ber  logifd^en  3bee  unb  ber  Statur,  loie  aus  meiner 
obigen  Skriegung  einteud^tet,  liegt  nid^t  im  ^nl^lt,  fonbem  in  ber 
Oform  bed  S)afein8,  in  ber  Augeren  Ofonn,  in  ber  Staum-  unb  3eit* 
erfaQung,  in  bem  Slugereinanber,  loeld^eS  fomol^l  ein  Stebeneinanber 
(Staum)  aU  ein  Stad^einanber  (Seit)  ift,  alfo  in  9taum  unb  3eit,  nid^t 
fofem  fie  ^Begriffe  ober  ®eban!en,  fonbem  fofern  fie  bie  realen  SOtftd^te 
ber  SQSelt  ftnb. 

2)ie  logifd^e  Sbee  ift  t)o1IflSnbig  enttoidEelt.  %üt  (SnttoidEIung  ift 
fortfdgreitenbe  9}ermittlung;  toollenbete  (EnüoidRung  ift  tooDenbete,  banim 
aufgel^obene  ^Vermittlung  ober  unmittelbares  2)afein,  benn  nac^  einer 
ber  ge|)fIogenflen  Seigren  $egel8,  toeld^er  mir  fo  oft  fd^on  begegnet  ftnb, 
ifi  aQe  Unmittelbarfeit  nid^tiS  anbereS  als  aufgel^obene  aSermittlung. 
„Snbem  bie  3bee  fidb  als  abfolute  Sinl^eit  be8  reinen  ^Begriffs  unb 
feiner  StealitSt  fe§t,  fo  ifi  fie  als  bie  Sotalitdt  in  biefer  gform  — 
Statur/  Unb  unmittelbar  Dörfer  mirb  ber  Sl^arafter  ber  logifc^en 
3bee  genau  fo  bestimmt,  mie  mir  benfelben  gefaxt  unb  erS&rt  l^aben: 
„biefe  3bee  i^  nod^  logifd^,  fie  ifi  in  ben  reinen  ®eban!en  eingefd^Ioffen« 
bie  aSiffenft^aft  nur  beS  göttUd^en  Begriffs". 

!Z)ie  logifd^e  ^btt  tr&gt  il^re  ganje  S^üIIe  in  fid|,  benn  fie  ent- 
faltet biefelbe  im  (Elemente  beS  reinen  2)en!enS.  SUS  Statur  ift  fie 
auger  ftd&,  in  bem  Sugereinanber  beS  9taumeS  unb  ber  3ett,  meldte 
ettoaS  gang  anbereS  ftnb  als  baS  reine  SDenlen.  2)amm  fagt  ^egel: 
„SDie  Statur  ift  bie  3bee  in  il^rem  ?i[nberSfein".  „S)ic  Sform 
il^rer  93e{timmt^eit  ift  bie  Sleugerlid^Ieit  beS  StaumeS  unb 
ber  Seit." 

SBaS  bie  3bee  unmittelbar  ift  ober  loaS  auS  il^rer  inneren  jeii- 
lofen  SntmidEIung  l^erborgel^t,  mug  a(S  eine  etoige  xiolzt  il^reS  Sßefens 
angefel^en  merben:  baS  mirb  bie  ^bee  nid^t  erft  unb  brandet  eS  nid^t 
erft  gu  »erben,  fonbem  baS  ift  fie  t)on  Cioigfeit  l^er.  SDal^er  mfiffen 
mir  mit  ^egel  fogcn,  nid^t  bafe  bie  3bee  Statur  toirb,  fonbem  fie  ift 


S)ie  3bce.  575 

Statur;  ballet  fann  Qudg  Don  einem  Uebergonge  bet  logtfd^en  3bee  jur 
3latnx,  bei  ßidgt  bettod^tet,  nid^i  einmal  begrifflid^,  gefd&tt)eige  aettlit^ 
gerebet  toerben,  toeSl^alb  ^eget  felbp  ba8  SEBort  Dom  „Uebergange*, 
nad^bem  er  e8  laum  gebrandet  l^at,  fogleid^  bertd^tigt.  @r  fagt  am 
Sd^Iuffe  feiner  Sogt!:  ^2)iefer  lieber  gang  bebarf  l^ier  nur  nod&  angebeutet 
3u  toerben''.  Unb  nad^bem  er  angebeutet  l^at,  bag  au^  ber  DoDenbeten 
@ntn)iälung  ber  3bee  bie  Unmittelbarhit  il^reS  @einiS  ober  bie  9latur 
l^erDorgel^t;  fdl^rt  er  fo  fort:  „^it]t  93eftimmung  ift  aber  nidgt  ein 
©etoorbenfein  unb  Uebergang,  urie  ber  fubjectiDe  93egriff  in  feiner 
Zotalit&t  gur  Cb]ectiDitdt;  aud^  ber  fubjectiDe  3tt)edE  gum  Seben 
ti)irb".  2>ieS  loaren  Ueberg&nge  rein  begrifflid&er  9lrt;  atfo  aud^  Don 
fold^en  ift  l^ter  nid^t  bie  Siebe. 

9^un  l^at  fidb  bie  (ogifd^e  3bee  in  ber  abfoluten  3bee  DoQenbet, 
b.  1^.  in  ber  3bee  beS  SBal^ren  unb  (Buten,  bie  {tdg  Don  Sn)ig!eit  l^er 
in  ber  SBett  realifirt  l^at  unb  unabWfftg  realifirt.  3)ie  3bee  beS  Outen 
roax  baS  SBoIIen  unb  äSoUbringen,  b.  i.  ber  3BiIIe  gur  SBett,  h)eld^e 
Sfiatur  ift,  alfo  ber  SBille  jur  Sßatur.  S)cr  fogenonnte  ober  Der= 
meintßd^e  Uebergang  ber  3bee  gur  Statur  ifl  alfo  gleid^bebeutenb  mit 
bem  Uebergange,  ber  Don  htm  SBiOen  gur  SBelt  ober  bem  SSiden  gur 
Statur  l^infiberleitet  gur  D)irflid^en  SSelt  ober  gur  toirflic^en  Statur, 
gur  ßörperitielt  in  Siaum  unb  3stt.  SDarum  |at  ^eget  biefen  fo^ 
genannten  Uebergang  ber  3bee  gur  Statur  in  ftiner  SBurgel  ergriffen 
unb  treffenb  begeidgnet,  teenn  er  il^n  als  SßiDen  unb  SßiDenSact 
auffaßt.  @r  fagt  Don  ber  logifd^en,  in  ben  reinen  ®eban!en  ein- 
gefdgloffenen  unb  barin  gleidgf am  Derfcgloffenen  3bee:  bag  fie  ftd^ 
auffd&Kefet  unb  entfd&tiefet,  bafe  fie  fidft  felbjl  frei  enttäfet,  il^rer  abfolut 
fidler  unb  in  fid&  rul&cnb.  „3n  biefer  greil&eit  finbet  ba^er  !ein 
Uebergang  jtatt,  baS  einfädle  ©ein,  gu  bem  fid6  bie  3bee  bejiimmt, 
bleibt  i^r  DoDIommen  burdöfid^tig  unb  ijl  ber  in  feiner  SBeftimmung 
bei  fidfe  felbft  bleibenbe  Segriff.  S)a8  Uebcrgel&en  ift  alfo  Dielmel^r  fo 
gu  faffen,  ba§  bie  3bee  fidö  felbft  frei  entlaßt/  il^rer  abfolut  ftd^er 
unb  in  fid^  rul^enb.  Um  biefer  S^reil^ett  tt)iDen  ifl  bie  O^orm  il^rer 
SBeflimmtl^eit  ebenfo  fd^led^tl^in  frei,  —  bie  abfolut  für  ftd6  felbft 
ol^ne  ©ubjectiDität  feienbe  Sleugerlid^feit  bes  9taume§  unb  ber 
Seit.*"  Unb  am  ©d&lufe  ber  enc^Ilo))dbiftien  ßogif:  „S)ie  abfo= 
lute  Sfteil^eit   ber  Sbee  ober  ifl,    ba^   fie  nid^t   bloB  inS  ßeben 


1  »b.  V.   6.  842  u.  343. 


576  ^ie  Seigre  t)om  SBegiiff«    S)te  3bee. 

überflcl^t,  nod&  olg  cnbli(i6e8  erlernten  boffctte  in  fi(i6  fti^etncn  läßt, 
fonbetu  in  ber  abfolutcn  SBal^rl^cit  il^rcr  felbfl  fid6  entld^Iiefet,  bos 
aJloment  il^rcr  SBcfonberl^eit  ober  bc8  erjicn  SBcftimmenS  unb  anbcr§= 
feinS,  bie  unmittelbare  3bee  afe  il^ren  SBiberfd^ein,  fid6  als  Statut 
frei  au8  ji(i&  ju  entlaffen."*  SJtefeS  „©idöentf^Iiefeen  unb  6t4» 
entlaffen"  l^at  man  unl)erfianbener  unb  barum  unDcrjiänbiger  SBeije 
aU  befonbere  ^anblungen  unb  gettlid^e  9}orgönge  aufgefaßt  unb  ftc!^ 
t)on  gegnerifdger  @eite  in  Spaffen  barüber  ergangen.  %ud&  ©(Delling 
in  feiner  erbitterten  unb  böfen  ßaune  toiber  ^egel  l^at  fid&  einer  folgen 
jpolemi!  befleißigt.  ^ 

3ixäiü  anbereS  aber  ift  bie  togifd^e  i^bee  in  il^rer  SJoQenbung  als 
ber  SBiKe  gur  füHtli,  ber  SBiDe  gur  Statur.  Su'ifd&en  bem  SiUen  gum 
2>afein,  gum  Seben,  gu  biefer  be^immten  ^rt  beS  fiebenS  auf  ber  einen 
unb  bem  SDafein,  bem  Seben,  biefer  beftimmten  9lrt  beS  Sebend  felbß 
auf  ber  anberen  @eite  befielet  nadg  ©d^openl^auerS  tieffinniger  unb 
rid^tiger  ßel^re  feinerici  Uebcrgang,  leinerlei  toed&felfeitige  ©aufalität, 
fonbem  beibc  finb  ööllig  eins  unb  ibentifd^.*  ©ang  ebcnfo  öer» 
l^ftlt  ftdg  nad^  Tegels  »ol^lDerftanbener  Seigre  bie  abfolute  ^^bee  gu  i^ret 
a5erföri)erung,  ber  aOSille  gur  Jffielt,  gur  SHatur,  gur  SWateric  auf  ber 
einen  gur  SBBctt,  gur  SRatur,  gur  aJlaterie  felbfl  auf  ber  anbcm  ©eitc: 
beibe  ^nb  DöDig  eins  unb  ibentifd^,  biefe  ^bentitftt  im  ©elfte  Tegels 
fo  Dcrpanben,  ba§  fie  ben  Unterftiöicb  unb  baö  9lnber8fein  nidfet  auS= 
fd&Keftt,  fonbcrn  in  fid&  begreift. 

3fe^t  laßt  fid&  in  aller  Ättrge  fagen,  toie  bie  ©ad^e  pel^t:  ber 
Uebergang,  um  toeld^en  an  ber  gegenmartigen  ©teUe  eS  ftd^  allein 
l^anbelt,  ifl  ber  Uebergang  nid&t  ber  3bee  ober  beS  ßogo8  gur  SHatur, 
fonbem  ber  Sogif  gur  Slaturpl^ilofopl^ie. 

>  fflb.  VL  §  244.  6.  413  u.  414.  -  «  «gl.  aWcine  ®ef4.  ber  neuem 
Wlo]opfixt.  3ub.-au88.  ab.  vn.  (2,  SlufC.  1899.)  öu«  I.  6ap.  XV.  6. 209 
u.  210.  S9u«  II.  abfd^n.  IV.  6a^.  XLVm.  6,  209  u.  210.  —  »  »gl.  baffefte 
Söerf.  95b.  IX.  (2.  Hüft.)  99u*  IL  ©aj).  VH.  a)ic  SCßelt  aU  miUt,  bet  aBiCe 
als  Selb.   6»  269  u.  270. 


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